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Full text of "Annalen der Chemie und Pharmacie"

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THE  LIBRARY 

OF 

THE  UNIVERSITY 

OF  CALIFORNIA 

EMIL  FISCHER  COLLECTION 


PHESENTBD  BT  HIS  SON 


Pirrf.  Hermain  Rschu: 

Badef 


i   \ 


ANNALEN 


DER 


C   H  E   M  I  E 


UND 


PHARMACDE. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

FRIEDRICH  WOHLER,  JUSTIIS  LIEBIG 
UND  HERMANN  KOPP. 


BAND  CXIX. 


{mt  EINEB  FIOURENTAFBL.) 


LEIPZIG  DND  HEIDELBERG. 

O.  V.  WISrTSB'SOHE   VBBZiAaSHAD'DIiUNa. 

186L 


Cbemlstry  Itti 


QDl 


BIOCHEM. 
ilBRARY 


inhaltsanzeige  des  CXIX.  Bandes. 


Erstes     Heft. 


Seite 
üeber   die  Aosdehnimg   der  Flüssigkeiten   beim   Erwärmen   über 

ihren  Siedepunkt;  von  D.  Men delejeff    .     .     .     .  •.    .     .        1 

Ueber  den  Peru-Guano;  Yon  Jus  tus  von  Lieb  ig 11 

Ueber  das  sogenannte  Leucinsäurenitril  und  die  Aminsfturen  der 
Glycolsäurereihe ;  von  Privatdocent  Dr.  E.  Erlenmeyer  in 
Heidelberg 17 

Ueber  Kreatinin;  von  Dr.  C.  Neubauer 27 

Ueber   die  Vertheilung   der   Electricitllt   in  Nichtleitern ;    von  H. 

Buff 53 

Ueber  einige  Derivate  der  Kohlenwasserstoffe  CJRj^ ;  yon  F.  Gu- 
thrie    83 

Untersuchungen  aus  dem  chemischen  Laboratorium  in  Ghreiüswald  : 

5.  Ueber  Traubenzucker,  Salicinsucker  und  Amygdalin- 

zucker;  von  O.  Schmidt 92 

6.  Notiz  über  Phloretin;  von  O.Schmidt  und  O.  Hesse     103 

Ueber  Cäsium  und  Rubidium;  yon  R.  Bunsen 107 

Ueber  Bildung  yon  Butylmilchsäure  aus  Buttersäqire  durch  Vermit- 
telung  der  Monobrombuttersäui'e ;   von  Dr.  Ale^*  Naumax^i^    llö 


iM6443S4 


Seite 
Ueber   Bildung   Yon  Anderthalbfach  -  Chlorkohlenstoff  durch   Ein- 
wirkung Yon  Chlor  auf  Buttersäure  ;  von  Demselben      .     .     120 

Ueber  Bromyaleriansäure  und  Brombuttersäure ;  nach  A.  Borodine     121 

Technische  Bestimmung  von  Kali  neben  Natron   in  neutralen  und 

alkalischen  Verbindungen;  yon  Dr.  Mohr        123 

Beiträge     zur     Kenntnifs     der    Hamsäuregruppe ;     yon    Adolf 

Baeyer 126 


Zweites     Heft. 


Untersuchungen  aus  dem  academischen  Laboratorium  in  Marburg  : 

XY.  Directe  quantitative  Bestimmung  der  Kohlensäure  koh- 
lensaurer Salze,  und  Braunsteinanalyse;  von  Her- 
mann Kolbe 129 

XVI.    Ueber  die  Säuren  des  Benzoöharzes ;   von  H.  Kolbe 

und  £.  Lautemann .    .    .     .     136 

XVII.  Ueber  Benzylmercaptan  und  Zweifach-Scbwefelbenzyl ; 

von  Dr.  Carl  Vogt        142 

XVIII.  Ueber  benzylschweflige    Säure;   von  Dr.  Wilhelm 
Kalle 153 

XIX.  Ueber  Benzyl-Aethyl- Aceton ;  von  Demselben     .     .     165 

XX.  Vermischte  Notizen  : 

1.  Rother   Farbstoff  aus    dem   Kreosot;    von  H. 

Kolbe  und  R.  Schmitt 169 

2.  Darstellung  des  Oxalätbers ;  von  H.  Kolbe.     172 

3.  Ueberführung  der  Dicarbonsäuren    in  die   zu- 

gehörenden Monocarbonsäuren ;   von  Dem- 
selben   173 

4.  Reduction  der  Schwefelsäure  zu  Schwefelwas- 

serstoff durch  Wasserstoff  im  Status  nascens ; 
von  Demselben 174 

5.  Bildung   von   Salpetersäure   beim  Verbrennen 

von  Wasserstoff  in  stickstoffhaltigem  Sauer- 
stoff; von  H.  Kolbe 176 

Ueber  das  Benzil;  von  N.  Zinin 177 


Seite 
lieber  die  Einfühning  von  Wasserstoff  in  organische  Verbindungen  • 

von  Demselben 179 

Ueber  einige  vom  Aethylen    sich   ableitende  Verbindungen;   nach 

V.  SaT^itsch 182 

Umwandlung  des  einfach -gebromten  Propylens  CeH^Br  su  Allelen 

C0H4;  nach  V.  Sawitsch .186 

Einwirkung  von  Chloral  auf  Katriumalkoholat ;  yonAug.  Kekul^     187 

Ueber  die  Zusammensetzung   der  Stannäthyle;   von  Demselben     190 

Ueber    das   Zustandekommen     der    thierischen   Bewegung;    von 

Carl  Voit    . 193 

Mittheilungen  aus  dem  Laboratorium  zu  Innsbruck  : 

I.     Ueber  das  Phloroglucin ;  von  H.  Hlasiwetz.     .    •     .     199 

II.     Ueber    die    Acetyl  -  Quercetinsäure ;     von    Leopold 

Pfaundler        218 

III.    Ueber  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  den  Amylalkohol ; 

von  Dr.  Ludwig  Barth 216 

Ueber   die  Krystallform   des  Fichtelits;    von   Dr.  T.   Edwards 

Clark 226 

Ueber  die  Polyglycerin  -  Alkohole   und   die  Anhydride   derselben ; 

von  A.  V.  Lourenfo     .    .     .   ' 228 

Ueber   einige  Aethylätherarten   der  Polyglycerin  -  Alkohole  ;    von 

Beboul  und  Louren90 233 

Ueber  einige  Aetherarten  des  Glycerins;  von  Denselben      .    .    237 

Analyse  der  Mineralquellen  von  Wiesau  in  der  Oberpfalz ;  von  E. 

V.  Gorup-Besanez 240 

Ueber  festes  Menthaöl  des  Handels ;  von  Demselben    .    .    .    .    245 

Vorläufige  Notiz  über  das  vierfach -nitrirte  Formen  (oder  Vierfach- 

Nittokohlenstoff) ;  von  L.  Schis chk off 247 

Vorlaufige  Notiz  über  das  zweifach  -  nitrirte  Acetonitril;  von  Dem- 
selben        ...     249 

Directe  Umwandlung  der  Kohlensäure  in  Ameisensäure  ;  von  Her- 
mann Kolbe  und  Budolf  Schmitt 251 

Ueber  die  aus  Cyanbenzjl  dargestellte  Toluylsäure;   von  S.  Can- 

nizzaro 253 

Zur  Geschichte  der  Zuckerbildung  aus  Leim;  von  Hugo  Schiff    256 


Drittes    Heft. 


Seite 
Blittheilungen  aas  dem  Laboratorium  zu  Innsbruck  : 

ly.    Ueber  dag  Galbanum;  von  P.  Mössmer 257 

y.    Ueber  die  Guajakharzsäure  und  das  Pyrognajacin ;  Ton 

H,  Hlasiwetz 266 

yL    Ueber    eine   neue   Saure   aus   dem   Milchzucker ;    von 

H.  Hlasiwetz 281 

Ueber  die  Diansäure;    von  Fr.  y.  Kobell 283 

Mittheilungen  aus  dem  Laboratorium  des  Privatdocenten  L.  Car  ius 
in  Heidelberg  : 

5.  Ueber  den  Phosphorsäuren  sich  anschliefsende  Gruppen 

neuer  organischer  Körper;  von  L.  Car  ius     .     .     .     289 

6.  Ueber  die  Einwirkung  von  Sulfophosphorsäureanhydrid 

auf  Methyl-   und  Amyl- Alkohol;    von  Dr.  A.  Ko- 
yalevsky 803 

7.  lieber   die  Üoppelsulfide   der   Alkoholradicale ;    yon  L. 

Garius 313 

yerfahren  zur  Bestimmung  der  Härte  des  Wassers;  yon  Pierce 

B.  Wilson 318 

Ueber  die  Rrystallfbrm  der  Chinasäure;   yon  Dr.  Adolph  Knop  827 

Untersuchungen  über  die  Oxyde  des  Wismuths ;  yon  Hugo  Schiff  331 

Ueber  mehratomige  Harnstoffe;  yon  J.yolhard 348 

Ueber  das  neutrale  Chininsulfat;    yon  J.  Jobst   und  Ö.  Hesse  361 

Ueber  Ceratophyllin ;    yon  O.  Hesse    .    .    , 365 

Zur  Geschichte  des  Pyrrolrothes ;  yon  Demselben 368 

Untersuchungen  über  die   Milchsäure;    yon   A.  Wurtz   und  C. 

Friedel        369 

Verhalten  des  Braunsteins  zum  salpetersauren  Natron      ....     375 

Vorläufige  Mittheilung  über  die  Zusammensetzung  des  myronsau- 

ren  Kali's       876 


I 


l  i 


; 


AimALEN 

DER 


CHEMIE  UND  PHARMACIE. 


GXIX.    Bandes    erstes    Heft. 


üeber  die  Ausdehnung  de(;  Flüssigkeiten  beim  Er- 
wärmen über  ihren  Siedepunkt ; 

von  D.  Menäelejeff. 


Die  Kenntnifs  des  specifischen  Gewichts  bildet  ein  noth- 
wcndiges  Moment  bei  der  Bestimmung  der  Cohäsion  und 
folglich  auch^  wie  es  scheint,  bei  der  Entscheidung  der  Frage 
über  die  Ursachen  der  chemischen  Reactionen.  Es  werden 
vielfache  Reactionen  in  zugeschmolzenen  Röhren  bei  Tem- 
peraturen ,  die  höher  liegen  als  die  Siedepunkte  der  ange- 
wendeten Flüssigkeiten,  vorgenommen,  und  doch  haben  wir 
bis  jetzt  noch  keine  Kenntnifs  über  die  Ausdehnung  der  ge- 
wöhnlichsten Flüssigkeiten  bei  Temperaturen  über  ihrem  Siede- 
punkt. Die  Erforschung  des  spec.  Gew.  der  Flüssigkeiten 
bei  diesen  Temperaturen  kann  zugleich  als  Material  zur  Ent^ 
Scheidung  einiger  Fragen  der  mechanischen  Wärmetheorie 
dienen.  Ich  habe  defshalb  die  folgende  Untersuchung  vor- 
genommen, die  auch  als  Fortsetzung  meiner  Untersuchungen 
über  die  Cohäsion  der  Flüssigkeiten  ^}  gelten  kann. 

Die  ersten  Bestimmungen  wurden  mit  Aether,  Alkohol 
und  Wasser   ausgeführt.      Es    dienten   dazu  Glasröhren   von 


*)  Compt.  rend.  L,  62  u.  LI,  97. 

Annal.  d.  Ghem.  a.  Pharm.  CXIX.  Bd.  1.  Heft. 


f\ 


2       Mendelejeffy  über  die  Ausdehnung  der  Flüssigkeiten 

300™  Länge,  4""  lichter  Weile  und  ungefähr  2"""  Wand- 
stärke. Ein  so  dickwandiges  Rohr,  wenn  es  gut  zugeschmolzen 
ist,  hält  andauernd  und  wiederholt  einen  Druck  Yon  mehr  als 
20  Atmosphären  aus.  Meine  Versuche  verliefen  alle  ohne 
Explosion^  obgleich  der  Aether  bis  auf  157^  und  noch  höher 
in  den  Röhren  erwärmt  wurde. 

Die  oberen  Enden  der  Röhren  wurden  in  Millimeter  ge- 
theilt  und  durch  Wägen  mit  Quecksilber  katibrirt  und  ihre 
Capacität  bestimmt.  Für  ein  jedes  Rohr  wurde  der  Ausdeh- 
nungscoefficient  gefunden  durch  Bestimmung  der  Quecksilber- 
menge,  welche  aus  dem  ausgezogenen  oberen  Ende  beim 
Erwärmen  von  0^  auf  100^  heraustrat.  Der  mittlere  Aus- 
dehnungscoefficient  ergab  sich  =  0,0000277. 

Mit  Hülfe  dieser  Daten  war  es  möglich,  bei  jeder  Tem- 
peratur und  bei  jeder  Höhe  der  Flüssigkeit  im  Rohr  den  von 
ihr  eingenommenen  Raum  zu  bestimmen. 

Man  hätte  voraussetzen  sollen,  dafs  die  Capacität  der 
Röhre  beim  Versuche  bedeutend  verändert  würde ,  weil  von 
Innen  ein  starker  Druck  auf  ihre  Wandungen  wirkt.*}  Fol* 
gender  Versuch  zeigt  jedoch,  dafs  die  Veränderungen  nur 
geringe  sind.  Eine  Röhre  wurde  zu  V4  mit  Quecksilber 
gefüllt,  dasselbe  zum  Sieden  erhitzt  und  in  Wasserdampf 
(bei  ^9^,87)  seine  Höhe  bestimmt;  dann  wurde  auf  das 
Quecksilber  Aether  gegossen  und  das  Rohr  beim  Sieden  des 
letzteren  zugeschmolzen.  Dasselbe  wurde  dann  auch  noch- 
mals im  Wasserdampf  erhitzt  (bei  99^80)  und  nun  wieder 
die  Höhe  des  Quecksilbers  bestimmt. 

Der  Unterschied  in  den  Beobachtungsresultaten  war 
0,05°"",  was,  bei  der  Höhe  der  Quecksilbersäule  von  220^^, 
einen  Fehler  von  nicht  mehr  als  0,00025  ausmacht,  während 


{ 


*)  Andrejeff  (diese  Annalen  GX,  4)  zeigte  übrigens  schon,  dafs 
bei  cylindrischen  dickwandigen  Röhren  diese  Veränderung  un- 
bedeutend ist. 


heim  Erwärmen  über  ihren  Siedepunkt.  3 

der  UnterschH^d  im  inneren  Druck  bei  beiden  Versuchen  5,5 
Atmosphären  beträgt. 

Der  beobachtete  Unterschied  zwischen  den  Quecltsilber- 
höhen  hängt  freilich  nicht  allein  von  der  veränderten  Capa- 
cität  des  Rohres,  sondern  auch  von  der  Compression  des 
Quecksilbers  ab ;  diese  letztere  sowohl,  wie  die  Ausdehnung  des 
Rohres  verkleinern  das  Volum  der  Flüssigkeiten  bei  allen  an- 
gestellten Untersuchungen.  Indem  ich  mich  nach  den  Versuchen 
von  Grassi  richtete,  suchte  ich  den  Fehler,  welcher  durch  die 
Compression  der  Flüssigkeiten  bedingt  ist,  möglichst  zu 
corrigiren.  Ich  nahm  an,  dafs  die  Compression  dem  Drucke 
proportional  ist,  und  dafs  sich  deren  Coefficient  mit  der  Er- 
höhung  der  Temperatur  regelmäfsig  vergröfsert  (für  den 
Aeiher  und  Alkohol)  oder  verkleinert  (für  das  Wasser). 
Wenn  man  weifs,  dafs  z.B.  bei  0^  und  8  Atmosphären  Druck 
der  Compressionscogfficient  des  Aethers  OyOOOld,  bei  13^,8 
aber  und  bei  demselben  Druck  0,00015  beträgt,  so  kann  man 
annehmen,  dafs  bei  einer  Temperatur  von  t^  der  Compres* 
sionscoefficient  des  Aethers  =  0,00013  -f  0,00000145  t  sein 
wird.  Für  Alkohol  ist  dieser  Coefficient  0,00008  4*  0,0000024 1 
und  für  Wasser  0,00005  —  0,0000000113  t  Wenn  wir  durch 
V  das  Volum  der  Flüssigkeit  bezeichnen,  durch  f  die  Spann- 
kraft der  Dämpfe  in  Atmosphären  *}  und  durch  k  den  Com- 
pressionscoefficienl,  so  wird  das  corrigirte  Volumen  durch 
v[i  -|-  (f  —  t)k]  ausgedrückt  werden. 

Nach  dem  Zuschmelzen  der  Röhre  ^  mit  der  zu  unter-' 
suchenden  Flüssigkeit  ( beim  Siedepunkt  derselben ,  damit 
keine  Luft  im  Rohre  bleibt}  wurde  deren  Volum  bei  0^  oder 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  bestimmt,  was  auch  zur  Be- 
stimmung des  Gewichts  der  Flüssigkeit  dienen  könnte*  Dieses 
wurde  übrigens  nach  Beendigung  der  Versuche  durch  directes 


*)  Regnaalt,  Compt.  rend.  L,  1063;  Relation  des  exp€r.  etc.  T. I. 

1  * 


4      Mendelejeffy  über  die  Ausdehnung  der  Flüssigkeiten 

Wägen  des  Rohrs  zuerst  mit  der  Flüssigkeit  und  nachher 
ohne  dieselbe  ermittelt.  Bei  jeder  Ablesung  der  Volume 
wurde  das  Rohr  mit  der  Flüssigkeit  vertical  gestellt  und 
dann  beobachtet  :  1}  Der  Abstand  des  unteren  Theiles  des 
Meniscus  vom  nächst  untersten  Striche.  (Dieses  wurde  mit 
Hülfe  der  Hikrometerschraube  eines  von  Perreauxdel'Orne 
ausgeführten  genauen  Cathetometers  vorgenommen.)  2}  Die 
Höhe  des  Meniscus,  d.  h.  der  Abstand  von  seinem  untersten 
Funkte  bis  zu  dem  Strich,  bei  welchem  die  Flüssigkeit  mit 
den  Wandungen  zusammenfällt.  3}  Die  Höhe  des  Ther- 
mometers *} ,  welches  neben  das  Rohr  gestellt  war.  Eine 
jede  Ablesung  wurde  erst  dann  vorgenommen,  wenn  sowohl 
die  Flüssigkeit  im  Rohre,  wie  auch  das  Quecksilber  im  Ther- 
mometer constante  Höhen  angenommen  hatten,  was  mit  Hülfe 
des  Fadenkreuzes  des  Cathetometers  leicht  zu  beobachten  war. 

Zum  Erhitzen  der  Röhren  wurden  die  Dämpfe  von  abso- 
lutem Alkohol,  von  Wasser,  von  Amylalkohol  und  von  ge- 
reinigtem Terpentinöl  angewendet,  indem  ein  rascher  Strom 
derselben  durch  ein  weites  Rohr,  in  welchem  die  zuge- 
schmolaene  Röhre  und  das  Thermometer  befestigt  waren,  ge- 
trieben wurde.  Nachdem  die  Dämpfe  zur  Erwärmung  gedient 
hatten,  gelangten  sie  in  einen  Kühlapparat.  Eine  solche  An- 
ordnung ist  sehr  bequem  und  vielleicht  die  einzige,  bei  wel- 
cher eine  constante  Temperatur  auf  lange  Zeit  erhalten  wer- 
den kann,  was  besonders  für  die  Erhitzung  eines  dickwandigen 
Rohres  nothwendig  ist. 

Das  Ablesen  durch  die  Dampf-  und  Flüssigkeitsschichten^ 
welche  dif»  W^andungen  der  Röhren  umgeben  oder  sich  darauf 

•)  Die  zu  diesem  Zwecke  dienenden  Thermometer  waren  von  mir 
selbst  kalibrirt  imd  deren  constante  Punkte  vor  den  Versuchen 
nochmals  constatitt,  so  dafs  der  grÖfste  Fehler  in  den  Tempera- 
turbestunmungen  (freilich  nach  den  Correctionen )  bis  100^  nur 
zu  0^,02,  über  100^  aber  ungefähr  zu  0^,10  angenommen  wer- 
den kann. 


heim  Erwärmen  über  ihren  StedepunJcL  5 

absetzen,  ist  nur  beim  Gebrauch  von  Wasser  unbequem,  weil 
sich  dieses  zu  Tröpfchen  verdichtet,  während  andere  Flüssig- 
keiten in  einer  gleichmäfsigen  Schichte  abfliefsen.  Zur  Ent- 
fernung der  Wassertröpfchen  wurde  das  weite  Rohr  in  der 
Gegend  des  Meniscus  erwärmt.  Manchmal  stieg  beim  Anfang 
des  Versuchs  die  Flüssigkeit  im  zugeschmolzenen  Rohre  bis 
zum  oberen  Ende  derselben  und  blieb  daselbst  stehen.  Zu 
deren  Entfernung  mufste  man  diesen  Theil  des  Rohres  er- 
wärmen, ohne  übrigens  den  Strom  des  Dampfes  zu  unter- 
brechen. Nachdem  das  Gewicht  p  der  in  dem  Rohr  enthalten 
gewesenen  Flüssigkeit  schon  bestimmt  war,  wurde  dasselbe 
bis  zuih  oberen  Ende  mit  Quecksilber  gefüllt,  um  die  Capa- 
cität  V  des  ganzen  Gefäfses  zu  bestimmen.  Eine  von  den 
Röhren  wurde  dann  auch  aufs  Neue  kalibrirt,  wodurch  man 
sich  überzeugen  konnte ,  dafs  während  der  Versuche  weder 
in  der  Capacität  noch  in  dem  Kaliber  der  Röhren  eine  Aen- 
derung  vorgegangen  war. 

Diese  Daten  machten  es  möglich ,  das  Volum ,  das  6e« 
wicht  und  folglich  auch  das  spec«  Gewicht  der  Flüssigkeit  zu 
bestimmen.  Vor  allem  war  es  nothwendig,  das  Volum  der 
Flüssigkeiten  zu  berechnen.     Das  Volum  des  Meniscus  nahm 

ich  an  =  Ttr  — « — ,  wo  r  den  Radius  der  Röhre  (i"  Centi- 

metern)  und  1  die  Höhe  des  Meniscus  ausdrückt.  Dieser  Aus- 
druck liegt  in  den  Grenzen  der  Beobachtuhgsfehler  bei  Röhren, 
deren  Radius  nicht  mehr  als  2""  beträgt,  wie  diefs  die  Ver- 
suche von  Desains*)  u;Rd  meine  eigenen  Beobachtungen 
gezeigt  haben.  Er  gründet  sich  darauf,  dafs  die  Fläche  des 
Meniscus  entweder  die  einer  Halbkugel  (wonach  1  =  r, 
Laplace},    oder    die    eines    Halbellipsoi'ds    ist    (wonach 


*)  Am.  chim.  phyB.  LI,  402,  422. 


6      Mendelejeffj  über  die  Ausdehnung  der  Flüssigheiten 

1   =         g      3 — ,   Desains,   wo  a*  den   CapillaritätscoefG- 

cienten  ausdrückt}.  Der  letzte  Ausdruck  für  die  Hölie  des 
Meniscus  kommt  der  Wahrheit  sehr  nahe ,  wovon  ich  mich 
schon  früher  durch  viele  Versuche,  welche  mit  denjenigen 
von  Desains  völlig  übereinstimmen,  zu  überzeugen  Gelegen- 
heit hatte. 

Er  bleibt  auch  bei  höheren  Temperaturen  richtig,  ob- 
gleich sich  dabei  a^  bedeutend  verkleinert.  Einige  Versuche 
werden  diefs  darthun.  In  einem  Rohre  von  1,94"^"^  Radius 
zeigte  der  Aether  bei  100^  einen  Meniscus  von  1,22°^°»  Höhe; 
nach    der   Rerechnung   sollte   diese    1,30^°"^    betragen.      Die 

Formel  ftr  drückt  also  das  Volum  der  Flüssigkeit  aus, 

die  sich  oberhalb  der  horizontalen  Fläche,  welche  dem  nie-» 
drigsten  Punkt  des  Meniscus  entspricht,  befindet.  Das  Volum 
der  Flüssigkeit  unter  dieser  Fläche  ist  bekannt,  wenn  man 
die  Capacität  und  das  Kaliber  der  Röhren  kennt.  Wena  man 
nachher  die  Correction  des  Fehlers,  welcher  durch  die  Com- 
pression  der  Flüssigkeit,  die  Ausdehnung  der  Röhre  durch 
die  Wärme  entsteht*),  vornimmt,  so  erhält  man  das  wirk- 
liche Volum  der  Flüssigkeit. 


*)  Als  Beispiel  will  ich  einen  Versuch  mit  Wasser  anführen.  Die 
Kalibrirung  des  Rohres  ergab  folgende  Resultate  hei  15^,2.  £s 
war  die  Capacität  hei  der  Höhe  über  dem  ersten  Strich  : 

11,46""*    =     1,8493  CC. 

44,09™"    =     2,2358  CC. 

62,49""     r=     2,4627  CC. 

83,68""  =  2,7043  CC. 
Hiemach  nimmt  die  Schicht  Flüssigkeit  von  1""  Höhe  in  dem 
ersten  Zwischenraum  0,01183  ein,  in  dem  zweiten  0,01182,  in 
dem  dritten  0,01187  CC.  Der  mittlere  Radius  des  Rohres  ist 
gleich  0,1942  Cm.  Bei  einer  Temperatur  von  ISO'^jS  (corrigirt) 
war  die  Lage  des  niedrigsten  Punktes  des  Meniscus  21,43™", 
seine  Höhe   1,43™",   folgUch   Volum  des  Meniscus   =   0,00065. 


heim  Erwärmen  über  ihren  Siedepunkt  7 

Das  Gewicht  der  Flüssigkeit,  die  das  gefundene  Volum 
einnimmt,  ist  gleich  dem  Gewicht  P  der  Substanz  in  der 
Röhre  minus  dem  Gewicht  p  der  Dämpfe.  Das  Gewicht  P  ist 
aus  directer  Wägung  bekannt,  wie  auch  aus  dem  Volum,  wel- 
ches die  Flüssigkeit  bei  0^  einnimmt,  wenn  man  deren  spec. 
Gewicht  bei  0^  kennt.  Das  Gewicht  der  Dämpfe  p  kann  man 
ziemlich  genau  bestimmen  aus  dem  Volum,  welches  sie  ein- 
nehmen. 

Dieses  Volumen  ist  gleich  der  Differenz  zwischen  der 
Gapacität  des  ganzen  Gefäfses  V  und  dem  Volumen  v,  wel- 
ches die  Flüssigkeit  einnimmt.  Drückt  also  V  —  v  das  Vo- 
lumen   der  Dämpfe  aus,   so  ist  ihr  Gewicht  ungefähr  gleich 

(V  —  v)  — TeoTfrz — A^"  wo  e  =  0,00129  das  Gewicht  eines 

Cubikcentimeters  Luft  bei  0^  und  TeO""""  Druck  ist ,  d  die 
Dichte  der  Dämpfe  und  a  =  0,00367.  Dieser  Ausdruck  des 
Gewichts  der  Dämpfe  gründet  sich  auf  die  Annahme  der 
Richtigkeit  der  Gesetze  von  Mariotte  und  Gay-Lussac. 
Obgleich  die  gesättigten  Dämpfe  in  der  Wirklichkeit  diesen 
Gesetzen  nicht  folgen ,  wie  diefs  die  mechanische  Wärme- 
theorie zeigt,  so  konnte  man  sie  doch  wegen  der  unbedeu- 


mm 


Das  Volumen  der  Flüssigkeit  von  der  Höhe  21,43  bis  11,46 
=  0,01188  X  9>97  =  0,11790,  und  das  Volum  des  Theils  der 
Flüssigkeit  unter  11,46  ==  1,8493;  folglich  das  Volum  der  gan- 
zen Flüssigkeit,  ohne  Correction  für  die  Ausdehnung  des  Ge- 
fäfses und  die  Compression  der  Flüssigkeit,  =  0,00565  +  0,11795 
4-  1,8493  =:  1,9729.  Wenn  man  die  Ausdehnung  des  Gefäfses 
durch  die  Wärme  in  Betracht  zieht,  so  mufs  man  diesen  Werth 
mit  1  +  0,0000277  (130,8  —  15^,2)  multipUciren  =  1,00320. 
Wenn  man  auch  die  Compression  herücksichtigt,  so  mufs  man 
auch  mit  1  -f-  1,74.0,00004  multipUciren;  denn  da  der  Druck 
des  Wasserdampfes  bei  130^8  2,74  Atmosphären  beträgt,  so  wird 
das  Üebergewicht  des  inneren  Drucks  1,74  Atmosphären  aus- 
machen. Das  corrigirte  Volum  der  Flüssigkeit  ist  also  i=  1,9729  • 
1,00320 . 1,00007  ^  1,9793. 


8      Mendelejeffy  über  die  Ausdehnimg  der  FliiesigJceiten 

tenden  Correctionen  gelten  lassen.  Folgender  Versach  über- 
zeugte mich ,  dafs  diese  Correction  hinreichend  war.  In 
einem  Bohre^  dessen  Capacität  V  ==  2,743  CC.  betrug,  wur- 
den zwei  Beobachtungen  mit  Aether  in  Wasserdampf  ange- 
stellt. Bei  der  ersten  Beobachtung  war  das  corrigirte  Volum 
der  Flüssigkeit  bei  99^3  =  2,6873  =  Vj,  folglich  war  fast 
das  ganze  -Bohr  mit  Flüssigkeit  gefüllt ;  V  —  vi  =  0,056  und 
die  Correction  der  Gewichtsbestimmung  pi  =  0,0011  Grm. 
Beim  zweiten  Versuche  in  demselben  Bohre  bei  99^,90  war 
mehr  als  ein  Dritttheil  des  Bohres  mit  Dämpfen  gefüllt  : 
V2  =  1,7523,  \  —  \i  =  0,991.  Die  Correction  p«  =  0,0156. 
Das  Gewicht  (corrigirtj  des  Aethers  beim  ersten  Versuche 
Pi  =  1,6364,  beim  zweiten  Versuche  Pg  =  1,0813.  Hieraus 
folgt,  dafs  nach  dem  ersten  Versuche  das  spec.  Gewicht  des 

P    —  n 

Aethers  = — ^ —     =    0,6085  ,     nach     dem    zweiten 

== — ^^—   ==  0,6082   ist.     Aus   der   Uebereinstimmung 

dieser  Zahlen  geht  die  Bichtigkeit  der  angebrachten  Correction 
zur  Genüge  hervor.  Gewöhnlich  wufde  so  viel  Flüssigkeit 
eingegossen  ,  dafs  der  Baum  für  die  Dämpfe  möghchst  klein 
und  daher  die  Correction  auch  sehr  unbedeutend  war. 

Bei  Vergleichung  einzelner  Besultate  von  vollständigen 
Beobachtungen  fand  ich  in  den  Volumen  nie  eine  grofsere 
Differenz  als  0,0006.  Wenn  man  alle  Ungenauigkeiten  bei 
der  Ablesung,  beim  Kalibriren,  beim  Wägen,  bei  Temperatur- 
bestimmung, und  solche,  welche  von  den  Correctionen  be- 
treffend den  Meniscus,  die  Compression  und  die  Ausdehnung 
des  Gefäfses  herrühren,  in  Betracht  zieht,  so  mufs  man  annehmen, 
dafs  der  gröfstmögliche  Fehler  +  0,0020  beträgt.  Die  Wahr- 
scheinlichkeit  spricht  dafür,  dafs  die  erhaltenen  Volume  etwas 
kleiner  sind,  als  die  wirklichen,  da  der  Fehler  bezüglich  der 
Ausdehnung  des  Gefäfses  durch  den  inneren  Druck  nicht 
corrigirt  wurde. 


beim  Erwärmen  über  ihren  Siedepunkt. 


9 


fc3  %^  ^\  ^h                  ■  J_  J^  ■■■  S  m_ 

.vx 

Das  mittlere 

Die  mittlere 

Beob.  und 

opec«  Urewiciib. 
(Das  Gew.  des 

Die  mittlere 

spec.  Gew.  bei 

Volumgröfse 

corrigirte 

Temperatur 

to.     (Das  Gew. 

bei  to.  (Das  Vo- 

Temperatur 

=  1  gesetzt.) 

to 

des  Wassers 

lum  bei  00  =  1 

b.4o~l  gesetzt.) 

gesetzt.) 

Versuche  mit  Äether,                  , 

1)  00 

2)  00 

0,73642 
0,73646 

00 

0,73644 

1,0000 

3)  780,12 

4)  780,30 

0,64002 
0,6398.7 

780,21 

0,63994 

1,1508 

5)  990,75 

6)  990,90 

0,60920 
0,60896 

990,82 

0,60908 

1,2091 

7)  1300,8 

8)  1310,6 

0,56047 
0,55958 

1310,2 

0,56003 

1,3150 

9)  1570,0 

0,51735 

1570,0 

0,51735 

1,4235 

- 

Versuche 

mit  absolutem  Alkohol.  *) 

10)  160,40 

0,79458 

00 

0,80832 

1,0000 

11)  990,83 

12)  990,92 

0,71611 
0,71530 

990,87 

0,71571 

1,1294 

13)  1300,8 

14)  1310,0 

0,67950 ) 
0,67960 1 

1300,9 

0,67955 

1,1895 

Versuche  mii   Wasser. 

(Spec.  Gew 

.  bei  00  =  0,99988). 

15)    990,80 

0,95903 

990,8 

0,95903 

1,0426 

16)  1300,8 

•  0,93078 
0,93123  - 

17)  1310,0 

18)  1310,1 

1310,0 

0,93079 

1,0722 

0,93035 

19)  1560,7 

0,90811 

20)  lö60,7  . 

0,90783 

> 

1560,8 

0,90770 

1,1016. 

21)  1570,0 

0,90715 

Bei  näherer  Betrachtung  dieser  Zahlen  ergiebt  sich  das 
unerwartete  Resultat,  dar^;  die  empirischen  Formeln  von  Kopp, 
welche  die  Ausdehnimg  des  Aethers,  Alkohols  und  Wassers 
bis  zu  ihrem  Siedepunkt  ausdrücken  ^  sich  mit  Erreichung 
derselben  Oenatdgkeit  für  die  Ausdehnung  bei  viel  höheren 
Temperaturen  antoenden  lassen.  Die  nachfolgende  Tabelle 
giebt  die  nach  Kopp 's  Formeln  berechneten  Zahlen,  welche 
mit  meinen  Beobachtungen  sehr  nahe  übereinstimmen. 


*)  Derselbe  zeigte  bei  16o,4  das  spec.  Gewicht  0,79458,  folglich  wird 
nach  den  Daten  von  Kopp  über  die  Ausdehung  des  Alkohols 
sein  spec.  Gewicht  bei  OO  gleich  sein  0,80832. 


10      Mendelejeffy  über  die  Ausdehnung  der  Flüssigheiten 

T<amr.ot.<iftii.  Volumiiia  nach  Volumina  nach  t\:#«-«„- 

Temperatur  ^^^  Versuchen  Kopp's  Formeln  Differenz 

Für  den  Aether. 

78^21  1,1508  1,1501  +0,0007 

99^82  1,2091  1,2095  -0,0004 

1310,2  1,3150  1,3155  —0,0005 

1570,0  -.                1,4235  1,4233  +0,0002 

Für  absoluten  Alkohol, 

990,87  1,1294  1,1294  0,0000 

1300,9  1,1895  1,1893  +0,0002 

Für  das  Wasser, 

990,8  1,0426  1,0429  -0,0003 

1310,0  1,0722  1,0716-  +0,0006 

1560,8  1,1016  1,1014  —0,0002 

Die  Formeln  von  Kopp  für  die  Ausdehnung  des  Aethers, 
des  Alkohols  und  des  Wassers  sind  folgende  : 

Aether  Vt=l+0,0014808 1  +  0,000003503 1«  +  0,00000002701  tS(v.  oo  ab) 
Alkohol  Vt=:l +0,00 10414 1  +  0,000000784  ^  +  0,00000001762 1»  (v.  OO  ab) 
Wasser   Vt=l+ 0,0000865t +0,0000031 89 1^  +  0,00000000245 ts(v.  750 ab) 

Um  mich  zu  überzeugen,  ob  diese  Uebereinstimmung  in 
den  Resultaten  der  empirischen  Formeln  mit  d^nen  der  Ver- 
suche eine  allgemeine  sei ,  stellte  ich  noch  folgende  Be* 
obachtungen  an. 

22)  Das  Benzin  hatte  nach  dem  Versuche  bei  99^6  das 
Volum  1,1380,  bei  0^  das  spec.  Gew.  0,8911.  Nach  Kopp's 
Formel  mufs  das  Volum  1,1376  sein. 

23)  Das  Chlorsilicium,  dessen  spec.  Gewicht  bei  10^.98 
—  1,50068  ist,  hat  nach  dem  Versuche  bei  99^9  das  Volum 
1,1929  und  nach  der  Formel  von  Pierre  I,l9i9. 

Die  Uebereinstimmung  der  gefundenen  Zahlen  mit  den  be- 
rechneten ist  auch  so  vollsländig,  dafs  man  annehmen  mufs, 
sie  wiederhole  sich  für  viele ,  wenn  nicht  für  alle  Flüssig- 
keiten. 

Aus  diesen  Versuchsresultaten  folgt  ferner,  dafs  die  Aus- 
dehnung der  Flüssigkeiten   über   den  Siedepunkt  nach  dem- 


beim  Erwärmen  über  ihren  Siedepunkt.  11 

selben  Gesetze  erfolgt,  wie  nnter  dem  Siedepunkt»,  dafs  der 
Ausdehnungscoäfficient  sich  unaufhörlich  und  allmSlig  ver- 
gröfsert  mit  der  Verminderung^  der  Cohäsion  der  Flüssig- 
keiten, d.  h.  mit  der  Erhöbung  der  Temperatur.  Bei  einer 
gewissen  Temperatur  für  einige  Flüssigkeiten  erreicht  er  die 
Gröfse  des  Ausdehnungscoefficients  der  Gase,  z.  B.  für  Aether 
bei  133^.  Der  Ausdehnungscoefficient  des  Aethers  steigt  bis 
0,0054  bei  der  Temperatur  seines  absoluten  Siedepunkts, 
d.  h.  gegen  190^.  Als  absolute  Siedetemperatur  müssen  wir 
den  Punkt  betrachten,  bei  welchem  1)  die  Cohäsion  der 
Flüssigkeit  =  0^  ist  und  a^  =  0,  bei  welcher  2)  die  latente 
Verdampfungswärme  auch  =  0  ist  und  bei  welcher  sich 
3}  die  Flüssigkeit  in  Dampf  verwandelt,  unabhängig  von 
Druck  und  Volum.  (Die  Vorsuche  von  Latour,  Wolff, 
Drion.)  Die  absolute  Siedetemperatur  des  Aethers  liegt 
gegen  190^  (Wolff),  des  Chlorsiliciums  gegen  230^  (meine 
Beobacht),  des  Chloräthyls  gegen  170®  (Drion).  Für  den 
Alkohol  niufs  sie  sich  gegen  250®  befinden,  für  das  Wasser 
gegen  580®. 

Heidelberg,  Januar  1861. 


üeber  den  Peru-Guano ; 
von  Justus  von  Idebig. 


Die  so  sehr  in  die  Augen  fallenden  Wirkungen  des  Peru- 
Guano  auf  die  Felder  haben  bis  jetzt  noch  keine  genügende 
Erklärung  gefunden;  gewöhnliche  werden  diese  Wirkungen 
dem  grofsen  Gehalt  desselben  an  Stickstoffverbindungen  zu- 
geschrieben, welche  vornehmlich  in  der  Form  von  Ammoniak- 
salzen und  Harnsäure  darin  enthalten  sind;  es  liegen  aber 
Thatsachen  genug  vor,  welche  zeigen,   dafs  durch  Düngung 


12  Liehig ^  über  den 

mit  Guano  einem  Felde  ein  sehr  hoher  Ertrag  abgewonnen 
worden  ist,  während  durch  Zufuhr  einer  Quantität  von  Am- 
moniaksalzen ,  welche  in  ihrem  Stickstoffgehalte  dem  des 
Guano  vollkommen  gleich  war,  auf  einem  Stücke  des  näm- 
lichen Feldes,  in  demselben  Jahre  und  derselben  Frucht,  der 
Ertrag  desselben  kaum  merklich  beeinflufst  wurde. 

Wenn  der  Stickstoff  des  Guano  der  Grund  seiner  Wirk- 
samkeit in  dem  einen  Fall  gewesen  ist,  so  bleibt  es  unver- 
ständlich; warum  die  nämliche  Stickstoifmenge  in  dem  anderen 
Fall,  in  der  wirksamsten  Form  angewendet ,  kaum  eine  Wir- 
kung hatte;  es  mufs  darum  die  Ursache  der  gröfseren  Wir- 
kung des  Guano  in  dessen  anderen  Bestandtheiien  gesucht 
werden,  und  wenn  man  von  der  Harnsäure  Umgang  nimmt, 
deren  Antheilnahme  an  der  Vegetation  so  gOt  wie  unbekannt 
ist,  so  bleiben  nur  die  phosphorsauren  Erden  und  Alkalien 
übrig,  denen  man  im  Verein  mit  den  Ammoniaksalzen  die 
stärkere  Wirkung  des  Guano  zuschreiben  könnte. 

Gegen  diese  Ansicht  sprechen  wieder  andere  Thatsachen. 
Der  phosphorsaure  Kalk^  welcher  neben  den  Ammoniaksalzen 
den  Hauptbestandtheil  des  Peru-Guano  ausmacht  (32bis36pC.), 
in  der  Form  von  Knochenmehl  besitzt,  auch  in  der  4*  bis  6- 
und  achtfachen  Menge  angewandt  die  Wirkung  des  Guano 
nicht;  durch  Zusatz  von  Ammoniaksalzen  zum  Knochenmehl 
wird  dessen  Wirkung  häufig  gesteigert,  aber  lange  nicht  in 
dem  Verhältnifs,  wie  diefs  durch  eine  entsprechende  Menge 
Guano  von  gleichem  Gehalt  an  phosphorsaurem  Kalk  ge- 
schieht. Der  Hauptunterschied  liegt  bei  beiden  in  der  Rasch- 
heit der  Wirkung  und  gerade  diese  ist  unerklärt;  die  des 
Guano  macht  sich  gleich  im  ersten  Jahre,  oft  schon  nach 
einigen  Wochen  bemerklich  und  nimmt  in  den  folgenden 
Jahren  ab,  während  die  des  Knochenmehls  im  ersten  Jahre 
gering  und  in  den  folgenden  steigend  ist. 


Peru'Ouano,  13 

Einige  Versuche,  die  ich  mit  mehreren  Sorten  Peru* 
Gaano  anstellte,  scheinen  über  das  Verhalten  dieses  Dung- 
mittels Licht  zu  verbreiten ;  sie  deuten  darauf  hin  ^  dafs  die 
Ursache  der  rascheren,  oder  wie  man  in  diesem  Falle  sagt, 
der  stärkeren  Wirkung  des  Guano  in  seinem  Gehalte  an 
Oxalsäure  liegt. 

Die  verschiedenen  Guanosorten  enthalten  eine  sehr  un- 
gleiche Menge  Oxalsäure,  wie  es  denn  bekanntlich  keine 
Sorte  von  einer  constanten  Zusammensetzung  giebt;  nach 
einigen  Versuchen,  welche  freilich  Tür  einen  sicheren  Schlufs 
nicht  zahlreich  genug  sind,  scheint  die  Menge  der  Oxalsäure 
im  umgekehrten  Verhältnisse  zur  Harnsäure  im  Guano  zu 
stehen,  d.  h.  die  an  Harnsäure  reichen  Sorten  sind  in  der 
Regel  ärmer  an  Oxalsäure. 

Uebergiefst  man  PerU'^Guano  mit  kaltem  oder  kochendem 
Wasser  und  filtrirt  die  Flüssigkeit  ab^  so  erhält  man  beim 
Verdampfen  derselben  eine  reichliche  Krystallisation  von 
neutralem  oxalsaurem  Ammoniak ;  in  der  Mutterlauge  bleibt 
eine  gewisse  Menge  phosphorsaures  und  schwefelsaures 
Ammoniak* 

Uebergiefst  oder  befeuchtet  man  den  Guano  mit  kaltem 
Wasser  und  überläfst  das  Gemenge  in  diesem  Zustande  sich 
selbst,  so  zeigen  sich  andere  Verhältnisse.  Die  Oxalsäure 
nimmt  nämlich  in  der  Lösung,  welche  sich  bildet,  fortwährend 
ab,  während  an  ihre  Stelle  Phosphorsäure  in  die  Flüssigkeit 
übergeht ;  nach  24  Stunden  schon  ist  die  Menge  derselben 
so  grofs ,  dafs  beim  Vermischen  des  Filtrats  mit  Bittersalz- 
lösung ohne  Zusatz  von  Ammoniak  beim  Kochen  ein  starker 
krystallinischer  Niederschlag  von  phosphorsaurer  Bittererde 
und  phosphorsaurem  Bittererde*Ammoniak  sich  bildet. 

Die  Erklärung  des  Löslichwerdens  der  Phosphorsäure  im 
befeuchteten  Guano  liegt  nahe  :  es  ist  klar,  dafs  das  löslich 
gewordene  Oxalsäure  Ammoniak  sich  nach  und  nach  mit  dem 


14  Lieb  ig,  über  den 

phosphorsauren  Kalke  umsetzt  in  unlöslichen  Oxalsäuren  Kalk 
and  in  phosphorsaures  Annmoniak,  und  dafs  die  Phosphor- 
säure des  Guano  nur  da/rum  in  Lösung  übergeht,  weü  er 
gleichzeitig  Oxalsäure  enthält;  denn  wenn  man  die  sämmt- 
lichen  Gxen  Basen  im  Guano  auf  die  Phosphorsäure,  Schwefel- 
säure und  Chlor  vertheilt,  so  bleiben  für  Phosphorsäure  nur 
2  Aeq.  Kalk  und  Bittererde  übrig,  die  damit  ein  in  neutralen 
Ammoniaksalzen  etwas ,  aber  wenig  lösliches  Salz  bilden ; 
dafs  in  der  wässerigen  Lösung  des  Guano  kein  Kalk  ent- 
halten sein  kann,  versteht  sich  aus  der  Anwesenheit  der  Oxal- 
säure von  selbst. 

Dieser  Erklärung  steht  die  Thatsache  entgegen,  dafs 
frisch  gefällter  phosphorsaurer  Kalk  mit  3  und  2  Aeq.  Kalk 
durch  oxalsaures  Ammoniak  kaum  eine  Veränderung  erleidet 
und  nur  Sparen  von  Phosphorsäure  in  Lösung  übergehen ;  in 
dem  Guano  wirkt  in  der  That  noch  ein  anderer  Körper  mit, 
welcher  die  Zersetzung  vermittelt,  diefs  ist  das  nie  darin 
fehlende  schwefelsaure  Ammoniak;  durch  dieses  Salz  wird 
der  phosphorsaure  Kalk  etwas  löslich  gemacht,  aber  er  geht 
als  solcher  nicht  in  die  Flüssigkeit  über,  sondern  der  Kalk 
wird  augenblicklich  durch  die  Oxalsäure  gefällt.  Da  nun 
aber  die  Wirkung  des  schwefelsauren  Ammoniaks  immer  fort- 
dauert, so  schreitet  auch  die  Zersetzung  fort. 

In  einer  Mischung  von  oxalsaurem  Ammoniak  mit  phos- 
phorsaureni  Kalk,  der  man  etwas  schwefelsaures  Ammoniak 
oder  ein  paar  Tropfen  Salmiaklösung  zusetzt,  verwandelt 
sich  der  phosphorsaure  Kalk  sehr  rasch  in  Oxalsäuren  Kalk. 

Die  Umsetzung  des  Oxalsäuren  Ammoniaks  in  phosphor- 
saures geht  in  dem  mit  Wasser  befeuchteten  Guano  bis  zu 
einer  gewissen  Grenz«  rasch,  über  diese  hinaus  hingegen 
sehr  langsam  vor  sich,  und  ist  in  einem  der  von  mir  be- 
obachteten Fälle  in  acht  Tagen  noch  nicht  vollkommen  ge- 
wesen ;  es  blieb  immer  noch  etwas  Oxalsäure  in  der  Flüssig- 


Pent'Guano.  15 

keit,  was  daran  leicht  erkennbar  ist,  dafs  der  durch  ein  zu- 
gesetztes Kalksalz  entstehende  Niederschlag  durch  Essigsäure 
nicht  wieder  vollkommen  verschwindet.  Der  Grund  hiervon 
ist  vielleicht  der,  dafs  sich  der  noch  unzersetzte  Theil  des 
phosphorsanren  Kalks  so  dick  mit  oxalsaurem  Kalk  umkleidet, 
dafs  die  Einwirkung  des  Oxalsäuren  Ammoniaks  au£serordent- 
lich  verlangsamt  wird. 

Macht  man  aber  das  Wasser,  womit  man  den  Guano  be- 
feuchtet, durch  Schwefelsäure  etwas  sauer,  so  dafs  die  Mi- 
schung deutlich  sauer  reagirt,  so  wird  die  Umsetzung  in  dem 
Grade  beschleunigt;  dats  sie  jetzt  in  wenigen  Stunden  vollendet 
ist.  Nach  dieser  Zeit  befindet  sich  in  der  Lösung  keine 
Spur  von  Oxalsäure  mehr;  an  ihrer  Stelle  enthält  dieselbe 
ein  Aequivalent  derselben  von  Phosphorsäure. 

Essigsäure,  ja  schon  kohlensaures  Wasser  hat  wie  die 
Schwefelsäure  gleiche  Wirkung  auf  den  Guano. 

In  einer  von  G.  Clemm-Lennig  in  Mannheim  be- 
zogenen Guano-Sorte,  welche  sich  durch  ihren  Reichthum  an 
Barnsäure  Csie  enthielt  18  pC.  Harnsäure )  auszeichnete  und 
verhältnifsmäfsig  arm  an  Oxalsäure  war,  gaben  100  Theiie 
an  Wasser  aufser  Kali,  Natron  und  Ammoniak  ab  : 

Phosphorsättxe  2,ß57 

Oxalsäure  4,202  ^ 

Schwefelsäure  3,371 

Durch  die  Umsetzung  des  phosphorsauren  Kalks,  be- 
schleunigt durch  einen  kleinen  Zusatz  von  Schwefelsäure, 
traten  an  die  Stelle  der  4,2  pC.  Oxalsäure  in  diesem  Guano 
beinahe  3  pC.  Phosphorsäure ,  so  dafs  durch  dieses  Mittel 
sehr  nahe  die  Hälfte  aller  im  Guano  enthaltenen  Phosphor- 
säure (13  pC.)  löslich  gemacht  wurde. 

Bei  anderen  Guanosorten  kann  die  auf  dem  angegebenen 
Wege  löslich  gemachte  Phosphorsäure  auf  10  bis  12  pC, 
d.  h.  auf  die  ganze  überhaupt  im  Guano  enthaltene  Phos- 
phorsäure  steigen. 


16  Liebig y  über  den  Peru-Giuzno. 

Wenn  ein  Feld  mit  Peru-Guano  gedüngt  wird,  so  ver- 
einigen sich  bei  Regenfällen ,  weiche  nicht  stark  genug  sind 
um  den  mit  der  Erde  gemischten  Guano  auszulaugen,  «lle 
Bedingungen  zur  Lösliohmachung  einer  gewissen  Menge  an 
Kalk  gebundener  Phosphorsäare  und  damit  zur  Verstärkung 
der  Wirkung  des  Ammoniaks«  Der  Guano  spielt  in  diesen 
Fällen  die  Rolle  des  Kalksuperphosphats. 

Starker  und  anhaltender  Regen  wirkt  durch  Auslaugen 
der  Erde  störend  auf  die  vor  sich  gehende  Umsetzung  ein, 
und  es  wäre  ganz  interessant,  wenn  die  Landwirthe  ihre  Auf- 
merksamkeit auf  das  Verhalten  des  Guano  in  Beziehung  auf 
die  Fruchtbarmachung  der  Felder  unter  diesen  verschiedenen 
Umständen   richten  wollten. 

Es  ist  wohl  kaum  nöthig  die  Aufmerksamkeit  der  Land- 
wirthe darauf  zu  lenken ,  dafs  sie  die  Wirkung  des  Guano, 
in  so  weit  dieselbe  auf  der  durch  die  Oxalsäure  löslich  wer- 
denden Phosphorsäure  beruht,  ganz  sicher  machen,  wenn  sie 
den  Guano  mit  sehr  verdünnter  Schwefelsäure  befeuchtet, 
bevor  sie  ihn  aufs  Land  bringen ,  24  Stunden  liegen  lassen. 
Die   feuchte  Hasse  mufs  sauer  reagiren. 

Die  am  häufigsten  vorkommende  Verfälschung  des  Peru- 
Guano  ist  seine  Gewichtsvermehrung  durch  Wasser;  sie  hat 
nebenbei  noch  den  grofsen  Nachtbeil,  dafs  sie  die  beschrie- 
bene Zersetzung  einleitet,  und  durch  das  Abdunsten  des 
Ammoniaks  aus  dem  entstehenden  phosphorsauren  Ammoniak 
erklärt  sich  der  Stickstoffverlust,  den  man  beim  Aufbewahren 
des  Guano  häufig  beobachtet  hat. 

Dafs  man  aus  der  Analyse  des  Guano  und  den  Preisen 
des  Ammoniaks,  der  Phosphorsäure  und  des  phosphorsauren 
Kalks  ohne  Berücksichtigung  der  Oxalsäure  nicht  rückwärts 
den  landwirthschaftlichen  Werth  der  Guanosorten  bestimmen 
kann,  liegt  auf  der  Hand. 


17 


lieber    das    sogenannte    Leucinsäurenitril    und    die 

Aminsäuren  der  Glycolsäurereihe ; 

von  Privatdocent  Dr.  E.  Erlenmeyer  in  Heidelberg. 


In  dem  Jahrgang  1859  der  kritischen  Zeitschrift  für 
Chemie  a.  s.  w.,  Erlangen  bei  Ferd.  Enke,  Seitd  333  habe 
ich  mit  Dr.  A.  Sc  hoff  er  über  die  von  Bopp  zuerst  in  den 
Hutlerlaugen  des  Leucins  aus  den  Eiweifskörpern  aufgefun- 
dene Substanz  eine  vorläufige  Notiz  veröffentlicht.  Dieselbe 
enthält  1)  eine  Beschreibung  der  Eigenschaften  dieser  Substanz 
verglichen  mit  denen  von  Leucin  und  Tyrosin,  2)  eine  Ele- 
mentaranalyse, welche  derart  ausgeführt  wmrde,-  dafs  für  jede 
Bestimmung  auf  verschiedene  Weise  dargestellte  Portionen 
verwendet  wurden.  Die  Resultate,  welche  wir  dabei  er- 
hielten ^)y  entsprechen  annähernd  dem  Formelausdruck 
C7oHa7N5SOii.  Wir  machten  zu  diesem  Ergebnifs  die  folgende 
Bemerkung  : 

„Da  eine  solche  FormeP  nicht  die  geringste  Wahrschein- 
lichkeit hat^  so  yermutheten  wir,  dafs  wir  es  mit  einer  nicht 
ganz  reinen  Substanz  zu  thun  hätten.  Wir  machten  daher 
verschiedene  Proben  mit  dem  noch  vorhandenen  Material. 
Von  der  ersten  Bereitung  aus  zwei  Unzen  Fibrin  hatten  wir 
noch  den  gröfseren  Theil  übrig,  freilich  wohl  nicht  ganz 
0,01  Grm.  Diese  geringe  Menge  hatte  ein  sehr  grofses 
Volumen,  war  kaum  gelblich  gefärbt,  verflüchtigte  sich  bei  lang- 
samem Erhitzen  in  einem  trockenen  Probirrohr  vollständig, 
bis  auf  eine  sehr  geringe  Menge  Kohle,  welche  sich  zuletzt 
beim  Schmelzen  eines  ganz  geringen  Rückstandes  von  Sub- 
stanz  bildete.  Die  Hauptmasse  schmolz  nicht,  sondern  ver- 
wandelte sich  direct  in   sehr  voluminöse,   prachtvoll   weifse 


*)  C  =  63,27  pC;  H  =  10,88;  N  =  9,84;  S  =  2,15  (0=13,91). 
Anual.  d.  Chemie  a.  -Phann.  CXIX.  Bd.  1.  Heft.  2 


18     Erlenmeyer^  über  das  sogenannte  Leucinsäurenärtl 

Flocken  9  die  sich  noch  nach  dem  Erkalten  in  dem  Rohr  auf 
und  ab  bewegten  und  erst  später  in  seideglänzenden  Nadeln 
an  die  Wände  des  Rohrs  ansetzten.  Es  entwickelte  sich 
gleichzeitig  ein  eigenthümlicher ,  von  dem  des  Schwefel- 
wasserstoffs begleiteter  Geruch  und  ein  an  die  Mündung  ge-* 
haltenes  Bleipapier  y^rurde  sofort  gebräunt.  Ganz  dieselben 
Erscheinungen  hatten  wir  früher  beobachtet  und  gerade  die 
letztere  war  Veranlassung,  dafs  wir  eine  Schwefelbestimmung 
machten.  Bei  raschem  Erhitzen  der  Substanz  schmolz  eine 
gröfsere  Menge  und  die  Schwefelwasserstoffentwickelung 
war  bedeutender. 

Leider  hatten  wir  von  der  Darstellung,  welche  zur 
Stickstoffbestimmung  gedient  hatte ,  kein  Stäubchen  mehr. 
Von  der  Kohlensloffbestimmung  war  noch  ein  Rest  von  0,02 
Grm.  übrig  und  von  der  Scbwefelbestimmung  noch  einige 
Milligramme.  Weder  bei  langsamem  noch  bei  raschem  Er- 
hitzen der  ersteren  entwickelte  sich  Schwefelwasserstoff. 
Bei  raschem  Erhitzen  der  letzteren  entwickelte  sich  so  viel 
von  diesem  Gas,  dafs  ein  Bleipapier  gebräunt  wurde,  für  den 
Geruch  blieb  es  aber  zweifelhaft.  Jedenfalls  war  die  Menge 
bei  gleichen  Quantitäten  von  Substanz  und  unter  gleichen 
Bedingungen  geringer ,  wie  bei  der  zuerst  erhaltenen  Probe. 

Es  geht  hieraus  zur  Genüge  hervor»  dafs  wir  es  mit  un- 
reinem Material  zu  thun  hatten.  Wahrscheinlich  war  der 
Körper,  den  wir  bei  dem  Synthonin  zuerst  in  gröfserer  Menge 
beobachteten ,  beigemengt.  Die  Portion ,  von  welcher  die 
Kohlen-  und  Wasserstoff bestimmung  gemacht  wurde,  scheint 
am  meisten  frei  davon  gewesen  zu  sein. 

Leider  sind  wir^  erst  nachdem  wir  die  Analysen  ausge- 
führt und  den  gröfsten  Theil  dieser  Abhandlung  schon  ge- 
schrieben hatten,  durch  eine  Anmerkung  im  Jahresbericht  für 


und  die  Aminsäuren  der  Olyeobäurerethe,  19 

Chemie  von  1857,  Seite  538  mit  einer  Arbeit  von  0.  Hess^; 
Ober  die  Fäulnirsproducte  der  Hefe  *^  bekannt  geworden. 

Hesse  analysirte  eine  Substanz,  welche  zwischen  2,5 
bis  4,2  pC.  Schwefel  and  9,8  bis  9,9  pC.  Stickstoff  enthielt. 
Er  nennt  siePseudoIeacin  und  giebt  ihr  die  Formel  CseHsgNaOiBS. 

Die  Eigenschaften,  welche  er  von  dieser  Substanz  an- 
giebt,  stimmen  ganz  überein  mit  denen,  weiche  wir  bei 
unserer  ersten  Probe  aus  Fibrin  beobachteten. 

Er  erhielt  nun  aus  dieser  Substanz  durch  trockene  Der 
stillation  im  Koblensäuresirom  einen  anderen  schwefelfreien 
Körper,  welcher  der  Beschreibung  und  dem  Kohlenstoff-  und 
Wasserstoffgehalt  nach  mit  unserer,  zur  Bestimmung  dieser 
beiden  Stoffe  verwendeten  Portion  übereinstimmt.^*}  Hesse 
stellt  dafür  die  Formel  GigHuNOs  auf  und  nennt  sie  Leucin- 
säurenitril.  Beiläufig  bemerkt,  scheint  uns  diese  Benennung, 
wenn  übrigens  die  Formel  richtig  ist,  nicht  gut  gewählt. 
Ist  die  Lencinsäure  der  Milchsäure  homolog,  so  ist  sie  zwei- 
basisch ,  und  von*  zweibasischen  Säuren  kann  es  höchstens 
Nitrile  geben  mit  Ng.  Die  von  Hesse  angenommene  Formel 
entsi)richt  aber  dem  Imid  der  Leucinsäure ;  denn  es  ist  saures 
leucinsaures  Ammoniak  minus  2  H«0.  Von  dem  Leucin, 
wenn  man  will  von  der  Leucaminsäure ,  unterscheidet  sich 
das  Leucinsäureimid  nur  durch  H2O,  welche  es  weniger  ent- 
hölt.  Die  Existenz  eines  solchen  Körpers  neben  Leucin  ist 
immerhin  möglich,  es  wäre  aber  auch  nicht  unmöglich,  dafs 
der  von  Hesse  untersuchte  Körper  das  Amid  der  Capron* 
säure  ist,  zumal  da  wir  allen  Grund  zu  der  Annahme  haben, 
dafs   in  den  Mutterlaugen  von   der  Behandlung  der  Eiweifs- 


*)  J.  pr.  Chem.  TiXX,  34. 

**)            Hesse  fand  :       wir  fanden  : 

Lencinsättreimid  verlangt : 

C             63,6                    63,27 

68,7 

H              9,7                    10,83 

9,7. 

ft. 

2* 

20     Erlenmeyer^  über  das  sogenannte  Leucmsäurenäril 

körper  mit  Schwefelsäure  ein  niederes  Homologe  hiervon, 
Acetamid,  enthalten  ist. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Hesse  und  von  uns 
scheint  aber  kein  Zweifel  mehr  zu  sein ,  dafs  er  sowohl  wie 
wir  ein  Gemenge  eines  schwefelhaltigen  Körpers  (vielleicht 
eines  dem  Glycocoll  homologen  Körpers  mit  höherem  Kohlen- 
stoffgehalt, in  welchem  die  Hülfte  oder  der  ganze  Sauerstoff 
durch  Schwefel  ersetzt  ist)  mit  einem  schwefelfreien  unter 
den  Händen  hatten  und  dafs  das  Leucinsäureimid  nicht  ein 
Zersetzungsprodnct ,  sondern  nur  ein  Gemengtheil  des  von 
Hesse  angenommenen  Pseudoleucins  ist.^ 

Ich  hatte  es  nun  übernommen,  zur  Erledigung  der  noch 
offenen  Frage  weitere  Untersuchungen  vorzunehmen,  und  be- 
schäftigte mich  zu  dem  Ende  sofort  wiedel*  mit  der  Dar- 
stellung der  Bopp'schen  Substanz.  Da  ich  für  meinen  Theil 
aber  nicht  mehr  daran  zweifelte,  dafs  dieselbe  die  Zusammen- 
setzung (GeHiiNO}  des  Leucinsäureimids  hat,  so  verbrauchte 
ich  das  erhaltene  Material  nicht  zur  Analyse,  sondern  be- 
wahrte es  auf,  um  es  mit  dem  aus  der  Leucinsäure  darge- 
stellten  Imid  vergleichen  zu  können.  Leider  hat  mir  seither 
die  Darstellung  von  reiner  Leucinsäure  aus  Leucin  so  grofse 
Schwierigkeiten  bereitet,  dafs  ich  meinem  Vorhaben  noch 
nicht  nachzukommen  im  Stande  war.  Ich  bin  jetzt  damit 
beschäftigt,  zu  versuchen,  ob  sich  nach  Peligot's  Dar- 
stellungsmethode der  Brombenzoesäure  nicht  Honobrom- 
capronsäure  erzeugen  und  aus  dieser  Leucinsäure  erhal- 
ten läfst. 

Mittlerweile  hat  Hesse  im  Verein  mit  Limpricht"^) 
eine  Mittheilung  über  das  sogenannte  Leucinsäurenitril  ver- 
öffentlicht. Die  beiden  Chemiker  haben  —  natürlich  ohne 
Kenntnifs  unserer  Notiz,  da  sie  dieselbe  nicht  citiren  —  ge- 


*)  Diese  Annalen  CXVI,  201. 


und  die  Ammsäuren  der  Glycolsäurereihe.  21 

fanden,  dafs  der  von  Hesse  aus  dem  Pseudoleuein  durch 
trockene  Destillation  im  Kohiensäurestrom  erhaltene  Körper, 
„ das  Leucinsäurenttril  %  identisch  ist  mit  der  Bopp'sohen 
Substanz.  Sie  theflen  mit,  dafs  man  dieselbe  aus  dem  rohen 
Tyrosin,  welches  man  als  Zersetzungsproduct  des  Horns  u.s.w* 
mit  Schwefelsäure  erhält,  durch  Ausziehen  mit  kochendem 
Weingeist  gewinnen  könne.  Sie  meinen  ferner,  es  sei  wohl 
anzunehmen,  „dafs  das  Leucinsäurenitril  sich  schon  bei  der 
Fäulnifs  der  Bierhefe  gebildet  hat,  sich  in  dem  sogenannten 
Pseudoleuein  schon,  fertig  vorfand  und  durch  die  Destillation 
von  dem  letzteren  nur  getrennt  wurde.^ 

Es  wäre  nicht  blofs  für  mich ,  sondern  gewifs  für  viele 
Andere  von  Interesse  gewesen ,  zu  erfahren ,  durch  welche 
Versuche  oder  Schlüsse  die  Verf.  zu  der  Hesse 's  früherer 
Ansicht  ganz  widersprechenden  Annahme  gefuhrt  worden  sind, 
dafs  das  Leucinsäurenitril  in  den  Eäulnifsproducten  der  Bierhefe 
nur  mit  dem  Pseudoleuein  gemengt  vorkomme  und  nicht  ein 
Zeraetssungsprodtbct  desselben  sei.  Der  als  Pseudoleuein  be- 
zeichnete Körper  mufs  doch  nach  Hessens  früherer  Ansicht 
in  sich  die  Bestandtheile  des  Leucinsäurenitrils  enthalten« 
Ist  das  letztere  aber  ein  fertig  gebildeter  Gemengtheil,  der 
durch  Destillation  nur  mechanisch  getrennt  wird,  so  kann 
es  doch  nicht  mit  H esse's  Pseudoleuein  gemengt  sein,  son- 
dern höchstens  mit  einem  Körper ,  der  mit  Leuoinsäurenäril 
zusammen  ein  Gemenge  von  der  Zusammensetzung  des  Pseudo- 
leudns  bildet.  Diesen  Zwiespalt  aufzuklären  hätten  die  Verf. 
nicht  vergessen  sollen. 

In  Betreff  der  Darstellung  des  B  o  p  p  'sehen  Körpers  mufs 
ich^bemerken,  dafs  man  denselben  nur  dann  aus  dem  Tyrosin 
mit  Weingeist  ausziehen  kann,  wenn  man  dieses  nach  dem 
Verfahren  von  Bopp  darstellt.  Bedient  man  sich  dagegen 
der  Methode,  welche  wir  a.  a.  0.,  Seite  326  angegeben 
haben,    so   enthält   das  gewonnene  Tyrosin  keine  Spur  des 


22     Erlenmeyer^  über  das  sogenannte  Leucinsänrenüril 

Bopp'schen  Körpers.  Dieser  scheint  nach  den  Erfahrungen, 
die  ich  darüber  gesammelt  habe,  kein  directes  Zersetzungs^ 
prodact  der  Eiweifskörper  durch  Säuren  zu  sein,  er  scheint 
vielmehr  erst  durch  wiederholtes  Abdampfen  und  Stehen- 
lassen der  leucinhaltigen  Flüssigkeit  gebildet  zu  werden. 
Wenn  man  eine  solche,  von  der  Zersetzung  des  Fibrins  mit 
Schwefelsäure  herrührende  Lösung,  nachdem  die  Hauptmasse 
des  Tyrosins  abgeschieden  ist,  rasch  bis  zur  starken  Syrup-* 
dicke  abdampft,  um  sie  zur  Gewinnung  des  Bopp 'sehen  Kör- 
pers mit  Weingeist  auszuziehen ,  so  gewahrt  man  weder 
unter  dem  Hikroscop  Krystalle,  noch  enthält  der  weingeistige 
Auszug  eine  Spur  davon.  Läfst  man  den  Syrup  einige  Tage 
stehen ,  so  wird  er  etwas  dünnflüssiger  und  man  kann  jetzt 
unter  dem  Mikroscop  deutliche  Kryslalle  wahrnehmen.  Ver- 
dünnt man  eine  kleine  Menge  dieses  Syrups  mit  Wasser  und 
filtrirt,  so  erhält  man  ein  Filzwerk  von  Krystalien  als  Filter- 
inhalt. Dampft  man  das  Filtrat  wieder  ab,  verdünnt  wie  vor- 
her mit  Wasser,  so  erhält  man  neue  Quantitäten.  Ich  habe 
ein  und  dieselbe  Flüssigkeit  zehnmal  auf  diese  Weise  be- 
handelt und  bei  jedem  neuen  Abdampfen  und  Verdünnen 
neue  Mengen  von  Krystalien  erhalten.  Aus  einer  wein- 
geistigen Lösung  von  reinem  Leucin,  die  der  freiwilligen 
Verdunstung  überlassen  wurde,  haben  sich  nadeiförmige  Kry- 
stalle abgesetzt,  die  ganz  das  Aussehen  des  Bopp'schen 
Körpers  haben.  Ich  bin  weit  entfernt  zu  behaupten,  dafs  sie 
dieser  seien,  ehe  ich  sie  analysirt  und  weiter  geprüft  habe, 
aber  es  ist  mir  sehr  wahrscheinlich,  dafs  der  Bopp'sche 
Körper  erst  aus  dem  Leucin  gebildet  wird  und  daf$  diese 
Bildung  auch  in  weingeistiger  Lösung  erfolgt  Ebenso  zwSifle 
ich  nicht  daran ,  dafs  er  als  ein  fertig  gebildeter  Gemeng- 
theii  in  den  Zersetzungsproducten  der  gefaulten  Hefe  ent- 
halten ist. 


und  die  Ämimäuren  der  Olycolsäurereihe,  23 

Da  Hesse  and  Li mp rieht  dqrch  weitere  Analysen  die 
Zusammensetzung  der  Bopp' sehen  Substanz  und  ihro  Iden- 
tität mit  dem  Fäulnifsproduct  der  Bierhefe,  H esse's  Leucin- 
säurenitril,  bestätigt  haben,  so  bleibt  mir  nichts  zu  thun 
übrig,  als  durch  eine  Analyse  zu  beweisen^  dafs  der  Körper, 
welchen  ich  als  Bopp'sche  Substanz  unter  den  Händen  zu 
haben  meine,  wirklich  die  auch  von  den  Verfassern  gefundene 
Zusammensetzung  des  Leucinsäureimids  hat.  Ich  habe  die 
Analyse  ausgeführt  und  folgende  Resultate  erhalten  : 

0,1379  Gnn.  im  Vacuum  über  Schwefelsäure  getrocknete  Substanz 
gaben  0,3211  Kohlensäure  =  0,0876  Kohlenstoff  und  0,1247 
Wasser  =  0,0138  Wasserstoff. 

0,1351  Ghn.  wurden  mit  Natronkalk  zersetzt,  das  entwickelte  Am- 
moniak sättigte  1,185  CO.  Normalschwefelsäure  =  0,0166 
Stickstoff. 

Diese  Resultate  entsprechen   folgenden  Procentmengen  : 

Die  Formel  O^H^N^  verlangt 


c 

63,50 

63,7 

H 

10,04 

9,7 

N 

12,28 

12,4 

0 

14,2 

100,0. 

Es  ist  hiernach  kein  Zweifel ,  dafs  der  von  mir  unter- 
suchte Körper  dieselbe  Zusammensetzung  hat,  wie  der  von 
Hesse  und  Limp rieht  analysirte. 

Was  nun  die  Benennung  dieses  Körpers  betriflFt,  so  ver- 
weise ich  zunächst  auf  das,  was  in  der  citirten  Notiz  bemerkt 
ist.  Aufserdem  möchte  ich  mir  aber  erlauben  ^  so  lange  an 
der  Richtigkeit  der  Bezeichnung  Leucinsäurejmid  zu  zweifeln, 
bis  es  gelungen  ist,  aus  dem  sauren  leucinsauren  Ammoniak 
das  Imid  darzustellen  und  seine  Identität  mit  der  B  o  p  p'schen 
Substanz  nachzuweisen.  Ich  für  meinen  Theil  glaube  nicht, 
dafs  diese  Substanz  das  Leucinsäureimid  ist,  eben  so  wenig 
wie  ich  annehmen  kann,  dafs  das  Leucin  die  Aminsäure  der 
Leucinsäure  ist.  Es  ist  bis  jetzt  meines  Wissens  noch  von 
keiner  Seite  der  Beweis   geliefert  worden,   dafs   die  Amin« 


24    Erlenmeyery  über  das  sogenannte  Leucinsäurenitrü 

gfluren  der  Glycolsäurereihe  identisch  sind  mit  den. Glycinen. 
Trotzdem  findet  man  in  neueren  Lehrbüchern  (Limp rieht 
11«  s.  w.}  die  Glycine  als  die  Aminsäuren  aufgeführt.  Eben 
so  werden  die  Amidosäuren  der  aromatischen  Säuren  in 
neuerer  Zeit  als  die  Aminsäuren  der  betreffenden  Oxysäuren 
angesehen  (Fester),  ohne  dafs  man  z.  B.  die  Amidoben- 
zoesäure  bis  jetzt  aus  dem  sauren  oxybenzoesauren  Ammoniak 
dargestellt  hat. 

Wir  besitzen  bereits  ein  Factum,  welches  für  die  Nicht- 
identität  der  Glycine  und  Amidosäuren  mit  den  betreffenden 
Aminsäuren  spricht.  Dessaignes'*')  hat  im  Jahr  1854  durch 
trockene  Destillation  des  sauren  tartronsauren  Ammoniaks 
einerseits  und  durch  Auflösen  von  Glycolid  (Glycolsäure- 
anhydrid,  Kekule)  in  Ammoniak  andererseits  einen  Körper 
von  der  Zusammensetzung  des  Glycins  dargestellt,  den  er, 
weil  derselbe  nicht  identisch  mit  diesem  ist  und  beim  Erhitzen 
mit  Kalilösung  Glycolsäure  liefert,  Glycolamid  genannt  hat. 
Weltzien  **)  und  Gorup  •  Besanez  *•*)  führen  diesen 
Körper,  wie  ich  es  für  ganz  richtig  halte,  als  Glycolamin- 
säure  auf.  Limp  rieht  erwähnt  desselben  als  Glycolamid 
sowohl  bei  dem  Glycolid  als  auch  bei  der  Tartronsäure,  aber 
ohne  rationelle  Formel  und  ohne  nur  darauf  aufmerksanri  zu 
machen,  dafs  es  mit  Glycin  isomer  sei.  Aus  der  Untersuchung 
von  Dessaignesf)  geht  als  unzweifelhaft  hervor,  dafs  sein 
Glycolamid  ein  anderer  Körper  ist,  wie  das  Glycin,  und  sich 
wie  die  wirkliche  Aminsäure  der  Glycolsäure  verhält.  In  der 
Constitution  der  beiden  Körper  ist  also  jedenfalls  ein  Unter- 
schied ,  der  sich  insoweit  bestimmen  läfst ,  dafs  das  Glycin 
nicht  die  wahre  Glycolaminsäure  ist. 

*)  Jahresber.  für  Chemie  f.  1854,  398 ;  Compt  rend.  XXXVIII,  44; 
diese  Annalen  LXXXTX,  339. 
**)  Systemat.  Zusammenstellung  der  organ.  Verbindungen  S.  111. 
*♦*)  Lehrb.  der  organ.  Chemie  S.  368. 
t)  Vgl.  auch  Peloaze  über  Laotamid,  diese  Annalen  LIII,  112. 


und  die  Aminsäuren  der  GlycoUäurereihe.  25 

Wenn  wir  die  Bildung  des  Glycins  aus  der  Monoeblor- 
essigsaure  (^Cahours),  sowie  die  Bildung  der  Giycolsäure 
aus  der  Monochloressigsäare  (R.  Hoff  mann,  Kekule)  und 
aus  dem  Glycin  (Strecker  und  Socoioff)  betrachten,  so 
trelen  uns  eigenthümliche  Beziehungen  in  die  Augen.  Die 
Monochloressigsäure   verhält   sich  bei    der  Einwirkung    von 

Kalihydrat  wie   das  Monochlorid   der   Glycolsäure     ^  ^HiCl' 

an  die  Stelle  des  Chlors  tritt  die  Gruppe  HO  :  e$  entsteht 
Glycolsäure.  Wenn  wir  die  Monochloressigsäure  mit  Am- 
moniak behandeln,  so  können  wir  die  Bildung  des  Glycins 
in  ähnlicher  Weise  betrachten  :  an  die  Stelle  des  Chlors  in 
dem  Monochlorid   der  Glycolsäure  tritt   die  Gruppe  NH21    es 

entsteht  das  Monoamid  der  Glycolsäure     ^  *h1nH  *^*  Wenn 

auf  das  Glycin  salpetrige  Säure  einwirkt,  so  bildet  sich  Gly- 
colsäure, indem  an  die  Stelle  von  NH^  die  Gruppe  HO  tritt. 

Die  Glycolaminsäure  verhält  sich  wahrscheinlich  wie  das 
Anhydrid  des  sauren  glycolsauren  Ammoniaks  : 

saures  glycols. '  Ammoniak  Glycolaminsäure 

€ÄOjN    _„^        ^         OÄOjN 

Sie  bildet  sich  durch  directe  Vereinigung  des  Glycol- 
sänreanhydrids  mit  Ammoniak.  Bei  längerer  Berührung  oder 
beim  Kochen  mit  Wasser  wird  sie  sich  in  saures  glycolsaures 
Ammoniak  verwandeln,  wie  diefis  bei  anderen  Aminsäuren 
ebenfalls  zu  geschehen  pflegt. 


*)  Die   Bildung   des  Alanin s   nach  Strecker's  Methode   läfst   sich 

yielleicht  so  auffassen  : 

Aldehydammoniak  Alanin 

€f,H4lO  €j[H8(OH0)]|O 

H  iNHj  H  INHj 

Die  Glycine  scheinen  sich  nach  vorläufigen  Versuchen  nicht  zu 
bilden,  wenn  man  die  reinen  Aldehyde  mit  Blausäure  und  Salz- 
säure kocht.  • 


26    ErlenmeyeTy  über  das  s.  g,  LeucinaäwemJtrü  u,  s.  w, 

* 

Wenn    die   Glycine  (also    auch    das  Leucin)  nicht   die 

• 

Aminsäuren  sind,  so  ist  voraussichtlich  der  Bopp*sche  Kör- 
per auch  nicht  das  Imid  der  Leucinsäure,  sondern  das  Iso- 
mere desselben.  Mdn  darf  ihm  daher  auch  nicht  den  Namen 
Leucinsäureimid  beilegen;  so  lange  bis  seine  Natur  genauer 
erforscht  ist ,  wird  die  Bezeichnung  ,,B  o  p  p'scbe  Substanz^ 
ausreichen. 

.  Ich  bin  weit  davon  entfernt  hier  Ansichten  über  den 
chemischen  Character  der  Glycine  und  Glycolaminsäuren  auf- 
stellen zu  wollen;  ich  möchte  für  jetzt  nur»  weil  man  in 
neuerer  Zeit  dazu  hinneigt,  die  Glycine  und  ihre  Isologen 
ohne  Weiteres  als  die  wahren  Aminsäuren  anzusehen,  daran 
erinnei-n^  dafs  sehr  wahrscheinlich  eine  Verschiedenheit  zwi- 
schen diesen  Körperreihen  existirt.  Dagegen  behalte  ich  mir 
vor,  auf  experimentellem  Wege  weitere  Beweise  für  diese 
Verschiedenheit  zu  suchen  und  vielleicht  auch  über  deren 
Ursachen  einigen  Aufschlufs  zu  erlangen.  Die  genannten 
Körperreihen  sowie  die  entsprechenden  Glycol-  und  Oxy- 
säuren  sind,  besonders  in  Beziehung  auf  homologes  und 
isomeres  *}  Verhalten,  noch  viel  zu  wenig  studirt ,  als  dafs 
man  jetzt  schon  daran  denken  könnte,  jene  Ursachen  auf- 
finden zu  wollen ;  ich  bitte  defshalb  auch,  die  oben  angedeu- 
teten Formeln  nur  für  das  zu  nehmen,  was  sie  sein  sollen  : 
Ausdrücke  einzelner  Reactionen  und  Relationen. 


*)  Es  ist  nicht  unmöglich,  dafs  es  zweierlei  Glycolsäuren  giebt 
(Milchsäure,  Fleischmilchsäure);  es  ist  sogar  nicht  unmöglich, 
dafs  es  Glycolsäuren  giebt,  welche  von  dem  Aethylen  und  seinen 
Homologen,  und  andererseits  isomere  hiervon ,  welche  von  dem 
Aethyliden  und  seinen  Homologen  deriviren,  und  dafs  vielleicht 
die  Glycine  in  nächster  Beziehung  zu  den  letzteren  stehen.  Es 
ist  defshalb  vor  Allem  nöthig,  das  Verhalten  der  Säuren,  welche 
aus  den  Glycolen  durch  Oxydation  entstehen,  mit  dem  Verhalten 
der  aus  den  Glyciven  gebildeten  zu  Vergleichen  und  besonders 
von  beiden  Säuren  die  Aminsäuren  (und  Imide)  darzustellen. 


27 


lieber  Kreatinin; 
von  Dr.  C.  Neubauer. 


A,     Ueber  den  Kreatmingehalt  des  normalen  Harns, 

Unter  den  vielen  stickstaffhaltigen  Körpern,  die  wir  als 
Prodocte  der  regressiven  Stoffmetamorphose  kennen,  gehört 
unstreitig  das  Kreatinin  mit  zu  den  interessantesten,  allein 
über  seine  physiologische  Bedeutung  sind  wir  jetzt  noch  voll- 
kommen im  Dunkeln^  ja  nicht  einmal  die  Mengen  kennen 
wir,  die  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  von  einem  gesun- 
den Manschen  innerhalb  24  Stunden  entleert  werden.  Die 
Analyse  des  Harns  hat  bis  jetzt  diesen  Körper  nicht  berück- 
sichtigt,, obgleich  die  Schwerlöslichkeit  des  Kreatininchlor- 
zinks  in  starkem  Weingeist  immerhin  ein  geeignetes  Mittel 
ist,  diese  Base  von  anderen  Körpern  mit  einiger  Schärfe  zu 
trennen  und  quantitativ  zu  bestimmen.  Man  glaubte  bis  jetzt, 
die  im  Harn  normal  vorkommenden  Mengen  seien  so  gering, 
dafs  an  eine  quantitative  Bestimmung  nicht  zu  denken  sei, 
allein  Versuche ,  die  ich  schon  vor  längerer  Zeit  anstellte, 
gaben  mir  den  zweifellosen  Beweis,  dafs  die  im  Harn  normal 
vorkommenden  Kreatininmengen  nicht  geringer  sind,  als  die 
der  Harnsäure  y  ja  letztere  wohl  noch  übersteigen.  Ich  fand 
darin  eine  Aufforderung,  diesem  höchst  interessanten  Stoff 
meine  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  der  sicherlich  eben  solche 
Beachtung  verdient,  wie  der  Harnstoff  und  die  Harnsäure.  -^ 
Die  hohe  Bedeutung ,  die  -der  Harnsäure  in  der  Arthritis  zu- 
erkannt wird,  iäfst  die  Hoffnung  aufkommen,  dafs  auch  die 
übrigen  im  Harn  vorkommenden  stickstoffhaltigen  Körper  eine 
ähnliche  Bedeutung  in  gewissen  pathologischen  Zuständen 
haben,  wie  sie  der  Harnsäure  in  der  Gicht  wohl  nicht  mehr 
ganz  abgesprochen  werden  kann.  Ich  habe  hier  in  Wies- 
baden an  den  verschiedensten  Personen   aus  .allen  Himmels- 


28  Neubauer,   über  Kreatinin, 

gegenden  die  unumstöfsliche  Gewifsheit  erlangt^  dafs  die 
Harnsäure  in  der  chronischen  Gicht  constant  verringert  ist, 
ja  in  den  meisten  Fällen  so  sehr,  dafs  auf  Zusatz  von  Salz- 
säure auch  nicht  ein  Krystall  aus  dem  Harn  sich  ausscheidet. 
Nach  kürzerem  oder  längerem  Gebrauch  unserer  in  der  Gicht 
ja  so  höchst  wichtigen  Thermen  ändert  sich  dieser  Zustand 
nun  bald;  der  Harn  wird  im  Ganzen  reicher  an  fixen  Be- 
standtheilen  und  Harnsäure  stellt  sich  oft  in  bedeutender 
Menge  ein.  Es  ist  diefs  das  Resultat  von  vielen  Beobach- 
tungen, wozu  die  exquisiten  Gichtexemplare,  die  jährlich 
hier  Hülfe  bei  unseren  Thermen  suchen  und  finden,  mir, 
durch  die  Freundlichkeit  und  das  wissenschaftliche  Streben 
vieler  unserer  Aerzte,  reichliches  Material,  lieferten.  Diese 
meine  langjährigen  Beobachtungen  stimmen  mit  den  Angaben 
Garrod's  (Lond.  med.  Gaz.  V,  3i,  S.  88),  Ranke's  (Beob- 
achtungen und  Versuche  über  die  Ausscheidung  der  Harn- 
säure; München  1858;  Diss.  pro  facultate  legendi}  und  Leh- 
mann's  (Lehrbuch  der  physiologischen  Chemie  Bd.  I,  S.  20i) 
vollkommen  überein. 

Die  Mengen  der  zur  Ausscheidung  kommenden  Harn- 
säure werden  von  der  eingenommenen  Nahrung  wenig  oder 
gar  nicht  modificirt^  sondern  scheinen  nur  von  besonderen 
inneren  Zuständen  des  Organismus  abzuhängen,  so  dafs  dieser 
Körper  in  der  That  alle  Beachtung  der  Aerzte  und  Physio- 
logen verdient.  Allein  die  Mengen  der  normal  entleerten 
Harnsäure  sind  an  und  für  sich  gering  und  selten  über- 
schreitet die  24  stündige  Quantität  0,5  Grm.  Es  ujnterliegt 
wohl  keinem  Zweifel  :  andere  im  Harn  vorkommende  und  in 
gröfserer  Menge  als  die  Harnsäure  sich  findende  Stofie  haben 
sicherlich  ähnliche  physiologische  Bedeutung,  und  zu  diesen, 
in  nicht  gar  geringen  Mengen  entleerten  Körpern  gehört 
denn  auch  das  Kreatinin,  mit  dessen  quantitativer  Bestimmung 
ich  mich  in  der  letzteren  Zeit  vielfach  beschäftigt  habe. 


Neubauer y  über  Kreatinin.  29 

Kreatinin  findet  sich  im  Muskelsaft  wie  im  Harn;  in 
letzterem  glaubte  Lieb  ig  auch  Kreatin  annehmen  zu  dürfen, 
bezeichnete  jedoch  die  Kreatininmengen  als  ungleich  bedeu-* 
tender,  als  die  des  Kreartins.  Heintz  hat  nun  schon  im  Jahre 
1849  (Pogg.  Ann.  LXXIY,  125)  durch  eine  sehr  grundliche 
und  umsichtige  Untersuchung  den  Beweis  geliefert,  dqfs  im 
Harn  kein  fertig  gebildetes  Kreatin  vorkommt ,  sondern  dafs 
das  bei  der  Zersetzung  der  Chlorzinkverbindung  immer  ge- 
fundene Kreatm  sich  durch  Aufnahme  von  2  HO  aus  dem 
Kreatinin  regenerirt.  In  der  That,  aus  dem  Harn  wird  durch 
Chlorzink  nur  Kreatininchlorzink  gefallt ,  welches  frei  von 
Kreatin  ist,  denn  letzteres  giebt  bekanntlich  mit  Chlorzink 
keinen  Niederschlag,  wohl  aber  beim  Kochen,  wobei  es  je- 
doch in  Kreatinin  übergeht. 

Dafs  die  Ansicht  von  Heintz  richtig  ist,  hat  in  der  letz- 
ten Zeit  sowohl  L i e b i g  wie  Dessaignes  bestätigt ;  Kreatin 
kann  eben  so  durch  Verlust  von  2  Aeq.  Wasser  in  Kreatinin 
übergehen ,  als  wie  es  sich  durch  Aufnahme  von  2  Aeq. 
Wasser  aus  Kreatinin  re^eneriren  läfst.  Lieb  ig  erhielt  aus 
altem,  mit  Kalkmilch  lange  gestandenen  Harn  von  Hunden  nur 
Kreatin,  aus  frischem  dagegen  nur  Krefttinin.  Reines  Kre- 
atinin in  Lösung  mit  Kalkmilch  versetzt,  lieferte  nach  8  Mo- 
naten eine  reichliche  Krystallisation  von  Kreatin.  Des- 
saignes (Journ.  pharm.  [3]  XXXII,  41)  hat  ferner  durch 
directe  Versuche  (wie  früher  auch  schon  Heintz)  nach- 
gewiesen,  dafs  die  mit  reinem  Kreatinin  dargestellte  Zink- 
verbindung in  kleiner  Menge  zersetzt  nur  Kreatin,  in  gröfserer 
Quantität  dagegen  ein  Gemenge  von  Kreatin  und  Kreatinin 
liefert. 

lieber  die  Mengen  von  Kreatinin,  die  mit  einem  normalen 
Harn  innerhalb  24  Stunden  entleert  werden ,  fehlen  bis  jetzt 
alle  und  jede  Bestimmungen  und  eben  so  wissen  wir  bis 
jetzt   über  den  Ursprung  und   die   physiologische  Bedeutung 


30  Neubauer^  über  Kreatinin. 

dieser  merkwürdigen  Base  nichts  Bestimmtes.  Da  im  Harn 
sich  nur  Kreatinin  findet^  so  kann  man  wohl  annehmen,  dafs 
das  Kreatin  der  Muskeln  theils  schon  im  Hu&kel  selbst,  theils 
im  Blute  in  Kreatinin  übergeht  und  so  zur  Ausscheidung  ge- 
langt. Allein  Lehmann  hebt  mit  Recht  hervor,  dafs  wei- 
tere Untersuchungen  noch  entscheiden  müssen ,  ob  das  Kre- 
atin nur  in  Kreatinin  übergeht,  um  ausgeschieden  zu  werden, 
oder  ob  es  auch,  wofür  einigermafsen  seine  Spaltung  in 
Harnstoff  und  Sarkosin  durch  Kochen  mit  Barytwasser  spricht, 
zur  Harnstoffbildung  mit  beiträgt.  Dessaignes  ist  freilich 
sogar  nicht  abgeneigt,  anzunehmen^  dafs  die  Flüssigkeit  dep 
Muskeln  eben  so  wie  der  Harn  nur  Kreatinin  enthalte,  wel- 
ches durch  die  längere  Einwirkung  der  Wärme  in  der  neu- 
tralen Flüssigkeit  zum  Theil  in  Kreatin  übergehe.  Allein 
diese  Ansicht  möchte  ich  nicht  Iheilen;  Städeler's  neue 
Methode,  Auspressen  des  Fleisches  mit  Alkohol  u.  s.  w.,  lie- 
fert das  Kreatin  so  schnell  und  so  .rein,  dafs  man  wohl 
schwerlich  in  so  kurzer  Zeit  eine  Zersetzung  das  gröfsten 
Theils  des  Kreatinins  in  Kreatinin  atinehmen  kann  und  darf. 
Wie  dem  auch  sein  mag,  jedenfalls  Haben  wir  vor  der  Hand, 
und  zwar  überwie^nd  aus  rein  chemischen  Gründen ,  die 
nächste  Quelle  des  mit  dem  Harn  entleerten  Kreatinins  in 
dem  Kreatin  der  Muskel  zu  suchen,  und  unsere  nächste  Auf- 
gäbe  bleibt  immer,  zuerst  die  normal  entleerten  Mengen  zu 
bestimmen  und  weiter  zu  untersuchen,  welche  Vermehrung 
oder  Verminderung  diese  normalen  Mengen  utiter  gewissen 
physiologischen  und  pathologischen  Verhältnissen  erleiden. 

Ich  beschäftigte  mich  zuerst  mit  der  «quantitativen  Be- 
stimmung der  in  24  Stunden  unter  gewöhnlichen  Verhält- 
nissen, bei  gemischter  Kost,  normal  entleerten  Kreatinin- 
mengen.  Verdampft  man  sehr  grofse  Mengen  von  Harn  zur 
Darstellung  von  Kreatinin,  so  ist  es  nicht  unwahrscheinlich, 
dafs  ein  Theil  des  im  Harn  als  solches  enthaltenen  Kreatinins 


Neubauer^  über  Kreatinin.  31 

bei  der  langen  Einwirkung  der  Wärme  in  Kreatin  übergeht  und 
sich  so  der  Ausscheidung  durch  Chlorzink  entzieht  Dessaignes 
hat  daher  einige  wenige  quantitative  Bestimmungen  ausgeführt, 
um  zu  sehen,  wie  grofse  Mengen  von  Kreatinin  aus  Harn 
überhaupt  erhalten  werden  können.  Dessaignes  nahm 
jedoch  zu  diesen  Versuchen  nur  concentrirten  Horgenharn 
und  erhielt  aus  200  CC.  desselben  0,655  Grm.  rohes  Kreati- 
ninchlorzinky  entsprechend  327  Grm.  auf  100  Liter  Harn.  Bei 
früheren  Versuchen  wurden  nur  143  Grm.  und  ein  anderes 
Hai  266  Grm.  der  Chlorzinkverbinduhg  auf  100  Liter  Harn 
gefunden*  Diese  Versuche  sind  jedoch  nicht  geeignet^  die 
24stündigen  Quantitäten  von  Kreatinin  zu  bestimmen,  und 
weitere  diese  Frage  betreffende  Angaben  habe  ich  nicht  auf- 
finden können.  (Die  in  neuester  Zeit  von  Schottin  ge- 
lieferte, diesen  Gegenstand  mit  betreffende  Abhandlung  wird 
weiter  unten  berücksichtigt  werden.} 

Das  zu  den  folgenden  Versuchen  dienende  Kreatinin 
stellte  ich  mir  in  grofser  Menge  aus  Menschenharn  dar.  Ich 
habe  dabei  in  der  Hauptsache  das  Lieb  ig' sehe  Verfahren 
eingehalten 9  das  freilich  bei  gröfseren  Mengen  von  Harn,  da 
wo  es  sich  um  die  Verarbeitung  von  vielen  hundert  Pfunden 
handelt,  etwas  umständlich  und  zeitraubend  ist  Ich  zog  es 
daher  vor,  den  frischen  Harn  (es  wurden  im  Ganzen  von  mir 
über  1000  Pfund  verarbeitet,  die  ich  theiis  im  Laboratorium, 
theils  in  der  Hilitärcaserne  im  Schwefelsäureballon  auffangen 
liefs}  über  freiem  nicht  zu  starkem  Feuer  bei  einer  der 
Siedehitze  nahen  Temperatur  auf  Vb  bis  Vio  möglichst  schnell 
einzudampfen.  Die  concentrlrte  Flüssigkeit  wurde  darauf  mit 
Chlorcalcium  und  Kalkmilch  ausgefällt  und  die  nach  24  Stun- 
den mit  einem  Heber  und  durch  Filtration  gewonnene  Mutter- 
lauge auf  dem  Sandbade  bei  sehr  mäfsiger  Temperatur  weiter, 
bis  zum  Herauskrystallisiren  des  Kochsalzes,  verdunstet.  Die 
Ausscheidung  des  Kreatinins  geschah    nun  in  der  stark  con- 


32  Neulauer,  über  Kreatinin, 

centrirten  syrupdicken  Mutterlauge  mit  etwa  dem  SOsten  Theil 
einer  sehr  dicken^  von  freier  Salzsäure  vollkommen  freien 
Chlorzinklösung.  Der  nach  3  bis  4  Wochen  entstandene 
Krystallbrei  wurde  mit  kaltem  Wasser  gründlich  ausgewaschen 
und  getrocknet;  die  Zersetzung  der  Verbindung  geschah  mit 
frisch  bereitetem  Bleioxydhydrat  nach  bekannter  Methode, 
die  Trennung  des  hierbei  sich  immer  bildenden  Kreatins  von 
der  Hauptmasse,  dem  Kreatinin,  schliefslich  durch  Alkohol.  — 
Die  Ausbeute  ist  eine  reichliche,  und  da  man  das  Kreatinin 
ja,  wie  Liebig  gefunden  hat,  leicht, in  Kreatin  überführen 
kann,  so  möchte  auch  zur  Gewinnung  dieses  Körpers  der 
Harn,  den  man  leicht  in  jeder  Menge  aus  Gasernen  beziehen 
kann,  immerhin  das  billigiste  Material  abgeben.  —  Ich  erhielt 
aus  etwa  1000  Pfund  Urin  im  Ganzen  nicht  mehr  als  350 
Grm.  bei  100^  getrocknetes,  wenig  gefärbtes  Kreatininchlör- 
zink.  Eine  zweite  gröfsere  Harnmenge  (genau  2000  Pfund)^ 
ebenfalls  in  Gasernen  aufgefangen,  verarbeitete  auf  meinen 
Wunsch  mein  Freund ^  Herr  Hofapotheker  Rüdiger  in  Bad^ 
Homburg,  und  seiner  Güte  und  Freundlichkeit  verdanke  ich 
eine  grofse  Menge  des  rohen  Kreatininchlorzinks.  Rüdiger 
erhielt  aus  2000  Pfund  Urin  etwas  über  400  Grm.  rohes, 
wenig  gefärbtes  Kreatininchlorzink ,  welches  mir  derselbe 
mit  grofser  Bereitwilligkeit  zur  Disposition  stellte.  Aus  3000 
Pfund  Harn  wurden  also  circa  650  Grm.  Kreatininchlorzink 
erhalten,  woraus  sich^  wenn  man  die  tägliche  Urinmenge  zu 
3  bis  4  Pfund  annimmt,  etwa  0,85  Grm.  pro  24  Stunden  be- 
rechnet, entsprechend  0,53  Grm.  reines  Kreatinin.  Diese 
Zahlen  können  auf  Schärfe  keinen  grofsen  Anspruch  machen, 
da  durch  die  sehr  lange  Einwirkung  der  Wärme  sicherlich 
ein  Theil  des  Kreatinins  zersetzt,  oder  in  Kreatin  überge- 
gangen sich  der  Fällung  durch  Ghlorzink  entzogen  hat. 


Neubauer^  über  Kreatinin.  33 

Quantitatwe  Kreatininbestimmunffen  mit  ühhrzinh. 

a.  Darstellung  von  reinem  Kreatinin.  —  Die  Darstellung 
von  chemisch  reinem  Kreatinin,  ohne  Beimischung  von  Kreatin, 
ist  nicht  ganz  leicht.  Wendet  man  zur  Trennung  beider 
Körper  nicht  ganz  starken  Weingeist  an,  vermeidet  man  beim 
Digeriren  nicht  alles  Erwärmen^  so  geht  immer  ein  Theil 
des  Kreatins  mit  in  Lösung  und  die  quantitative  Bestimmung 
mit  Chlorzink  giebt,  eben  weil  Kreatin  durch  Chlorzink  nicht 
gefällt  wird,  mit  solchem  Präparat  ausgeführt  immer  zu  nie- 
dere Resultate.  Ich  erhielt  mit  solchem  Kreatinin  imnier  nur 
96  bis  97  pC.  des  ursprünglich  genommenen  Kreatinins^  als 
Kreatininchlorzink  gewogen,  wieder.  Zu  den  weiteren  Be- 
stimmungen wurde  daher  das  Kreatinin  auf  folgende  Weise 
gereinigt  :  Das  durch  zweimaliges  Umkrystalliäiren  aus  er- 
hitztem'  Weingeist  erhaltene  Kreatinin  wurde  aufs  Feinste 
zerrieben  und  in  90procentigen  Weingeist  nach  und  nach 
unter  Umschütteln  im  Ueberschufs  eingetragen.  Nach  24  stün- 
digem Digeriren  bei  einer  Temperatur  von  15  bis  20^  C. 
wurde  das  klare  Filtrat  zuerst  vom  Alkohol  durch  Destillation 
im  Wasserbade  befreit ,  darauf  bis  zur  beginnenden  Krystal- 
lisation  verdunstet ,  und  die  nach  24  Stunden  erhaltenen 
Krystalle  mit  Alkohol  gewaschen,  bei  100^  getrocknet  zur 
Analyse  benutzt. 

Zur  Prüfung  auf  Reinheit  wurden  von  dem  so  zu  ver- 
schiedenen Malen  dargestellten  reine  Kreatinin  Stickstoff- 
bestimmungen  gemacht  : 

1.  0,2478  Grm.  Kreatinin  bei  100<*  getrocknet  gaben  0,0924  Grm. 

N.    Daraus  berechnen  sich  37,28  pC.  N. 

2.  0,246  Grm.  gaben  0,09135  Grm.  N,  entsprechend  37,13  pC.  N. 

3.  0,2286  Grm.  gaben  0,08505  Grm.  N. ,  entsprechend  37,2  pC.  N. 

Die  Formel  C^HriNzO^  verlangt  37,17  pC.  N. 

b.  Quantitatwe  Kreatininbestimmungen,  —  0,8938  Grm. 
des  nach  a.  gereinigten   und   durch    die  Stickstoffbestimmung 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  GXIX.  Bd.   1.  Heft.  3 


34  Neubauer^  über  Kreatinin, 

geprünen  Kreatinins  wurden  in  2  bis  3  CC.  HO  gelöst  und 
mit  absolutem  Alkohol  auf  160  CC.  verdünnt.  Je  50  CC. 
dieser  Lösung ,  in  welchen  also  0,2793  Grm.  Kreatinin  gelöst 
waren,  wurden  abgemessen  und  durch  Zusatz  von  Vs  CG. 
einer  weingeistigen  Chlorzinklösung  von  1,195  spec.  Gew. 
gefällt.  Nach  48stündigem  Stehen  im  Keiler  wurde  der  ent- 
standene Niederschlag  mit  der  Vorsicht  auf  ein  bei  100^  ge- 
trocknetes Filter  gebracht,  dafs  zum  Aufbringen  des  Nieder* 
Schlags  immer  wieder  das  erst  erhaltene  Fiitrat  genommen 
wurde.  Das  Auswaschen  mit  absolutem  Weingeist  wurde 
erst  begonnen,  nachdem  die  Mutterlauge  vollkommen  abge- 
laufen war.  Nach  dem  Trocknen  bei  100^  ergaben  sich  fol- 
gende Resultate  : 

1.  0,2793  Grm.  Kreatinin  gaben   0|4438  Grm.  Kreatininchlorzink, 

entsprechend  99,2  pC. 

2.  0,2793  Grm.  Kreatinin  gaben    0,4429  Grm.  Kreatininchlorzink, 

entsprechend  99,0  pC. 

3.  0,2793  Grm.  Kreatinin   gaben    0,4439  Grm.  Kreatininchlorzink, 

entsprechend  99,2  pG. 

Zum  üeberfloHs  wurde  noch  von  dem  hierbei  aus  weingeisti- 
ger  Lösung  erhaltenen  Kreatininchlorzink  eine  Stickstoff- 
bestimmung  gemacht  : 

0,3453  Grm.  hei  100^  getrocknet  gaben  0,0798  Grm.  N;  ent- 
sprechend 23,1  pC.  N,  während  die  Rechnung  23,21  pC. 
verlangt.  —  100  Theile  Kreatininchlorzink  bei  lOO^*  ge- 
trocknet entsprechen  demnach  62,44  pG.  Kreatinin. 

Aus  den  obigen  Bestimmungen  geht  also  hervor,  dafs 
die  Kreatininbestimmung  mit  Chlorzink  der  Kalibestimmung 
mit  Platinchlorid  an  Genauigkeit  ziemlich  gleichkommt.  —  In 
starkem  Alkohol  ist  die  Löslichkeit  des  reinen  Kreatinin- 
chlorzinks  in  der  That  sehr  gering ;  einige  direct  ausgeführte 
Bestimmungen  gaben  folgende  Resultate  : 

Chemisch   reines,    aus   weingeistiger   Lösung    gefälltes 
Kreatininchlorzink  wurde    im  Ueberst  hufs   mit   frisch    rectifi- 


Neubauer^  über  Kreatinin*  35 

cirtem  Alkohol  von  98  pC.  mehrere  Tage  bei  einer  Tem- 
peratur jvon  15  bis  20^  C.  digerirt  und  von  dem  klaren  Filtrak 
32,26  Grm.  in  einer  gewogenen  Flatinschale  vorsichtig  zur 
Trockne  verdunstet.  Bei  100^  C.  getrocknet  wog  der  Rück- 
stand 0,0035  Grm.  Es  löst  sich  demnach  1  Tbl.  Kreatinin- 
chlorzink  in  9217  Tbl.  Alkohol  von  98  pC. 

Zu  einem  zweiten  Versuch  wurde  87procentiger  Alkohol 
genommen.  63,17  Grm.  Filtrat  lieferten  nach  dem  Verdunsten 
und  Trocknen  bei  100^  C.  0,011  Grm.  Rückstand;  demnach 
löst  sich  1  Tbl.  Kreatininchlorzink  in  5743  Grm.  Alkohol 
von  87  pC. 

c.  Quantitative  Kreaümnbestimmungin  in  Harn,  — 
Nachdem  ich  mich  durch  die  obigen  Versuche  von  der 
Brauchbarkeit  der  quantitativen  Bestimmung  des  Kreatinins 
durch  Chlorzink  überzeugt  hatte  ,  versuchte  ich  die  Bestim- 
mung der  innerhalb  24  Stunden  mit  dem  Harn  normal  ent- 
leerten Mengen.  —  Nach  mehreren  Versuchen,  deren  Einzel- 
heiten Jch  hier  übergehe,  blieb  ich  schliefslich  bei  folgendem 
Verfahren  stehen  : 

300  CC.  des  innerhalb  1^4  Stunden  gesammelten,  ge- 
mischten und  genau  gemessenen  Harns  versetzt  man  mit 
Kalkmilch  bis  zur  alkalischen  Reaction  und  fügt  so  lange 
Chlorcalciumlösung  hinzu,  als  noch  ein  Niederschag  entsteht. 
Nach  1  bis  2  Stunden  wird  die  Flüssigkeit  abfiltrirt,  Filtrat 
und  Waschwasser  möglichst  schnell  im  Wasserbade  bis  fast 
zur  Trockne  verdunstet  und  noch  warm  mit  30  bis  40  CG. 
Weingeist  von  95  pC.  vermischt.  Die  gründlich  gemischte 
Hasse  bringt  man  darauf  in  ein  Becherglas ,  spült  die  Schale 
mit  kleinen  Mengen  Weingeist  nach  und  läfst  zur  völligen 
Ausscheidung  alles  Fällbaren  4  bis  5  Stunden  in  der  Kälte 
stehen.     Die  Flüssigkeit  filtrirt  man   darauf  durch  ein  mög- 

3* 


36  Neubauer^  über  Kreatinin. 

liehst  Heines  Filterchen ,  bringt  endlich  den  Niederschlag 
auch  darauf  und  wascht ,  nachdem  erstere  vollständig  abge- 
laufen ist,  mit  kleinen  Mengen  Weingeist  nach.  Ist  das  ge* 
sammte  Filtrat  viel  über  50  CG.  geworden,  so  läfst  man  es 
auf  einer  heifsen  Eisenplatte  bis  auf  40  bis  60  CG.  verdunsten. 
Nach  vollständigem  Erkalten  setzt  man  jetzt  V2  GG.  einer 
alkalischen,  absolut  säurefreien  Lösung  von  Ghlorzink  (spec. 
Gew.  1,2J  hinzu,  rührt  längere  Zeit  stark  um,  was  die  Aus- 
scheidung aufserordentlich  befördert  und  läfst  darauf  3  bis  4 
Tage  mit  einer.  Glasplatte  bedeckt  im  Keller  stehen.  Nach 
Ablauf  dieser  Zeit  bringt  man  die  Krystallisation  auf  ein 
zwischen  zwei  Uhrgläsern  gewogenes,  getrocknetes  Filter 
und  benutzt  zum  Aufspülen  immer  wieder  das  erst  erhaltene 
Filtrat.  Ist  alles  Kreatininchlorzink  auf  das  Filter  gebracht, 
so  wascht  man,  sobald  alle  Mutterlauge  vollständig  abgelaufen 
ist,  so  lange  mit  kleinen  Mengen  Weingeist  aus,  bis  dieser 
farblos  abläuft  und  nicht  mehr  auf  Ghlor  reagirt.  —  Das 
Auswaschen  sei  gründlich ,  aber  nicht  unnütz  lange.  —  Das 
Filtrat  mit  dem  Kreatininchlorzink  wird  schliefslich  bei  100^ 
getrocknet  und  zwischen  Uhrgläsern  gewogen. 

Nach  dieser  Methode  erhielt  ich  bei  meinem  eigenen 
Harn  die  folgenden  Resultate.  Zuvor  sei  bemerkt,  dafs  ich 
in  einem  Alter  von  30  Jahren  stehe ;  meine  Körperlänge  ist 
174  Gm. ;  mein  Körpergewicht  54,5  Kilogrm. ;  meine  Re- 
spirationsgröfse  3800  GG.  Meine  Lebensweise  ist  eine  sehr 
geregelte  ;  die  Nahrung  gemischt,  aber  protei'nreich.  —  Schlaf 
7  Stunden,  Bewegung  im  Freien  1  bis  2  Stunden.  —  Die 
Bestimmungen  wurden  im  Mai  und  Juni  des  Jahres  1860 
ausgeführt. 


Neubauer,  über  Kreatinin. 


37 


Hammenge  in 

300  CC.  gaben 

Kreatininmenge  in 

24  J^tunden 

Kreatininchlorzink 

24  Stunden 

1150  CC. 

0,432  Grm. 

1,034  Grm. 

1000 

» 

0,535     « 

1,113 

ff 

1800 

n 

0,203     „ 

0,760 

ff 

1650 

r» 

0,370     „ 

1,270 

» 

1500 

» 

0,380     „ 

1,186 

ff 

1650 

9 

0,353     „ 

1,212 

ff 

1600 

9 

0,4065  „ 

1,360 

n 

1680 

» 

0,8576  „ 

1,250 

ff 

1600 

» 

0,806     „ 

1,016 

ff 

1560 

r> 

0,316     » 

1,026 

» 

1700 

n 

0,3796  „ 

1,342 

j» 

1860 

j» 

0,302     „ 

1,169 

ff 

1650 

n 

0,356     „ 

1,223 

ff 

1760 

» 

0,3215  „ 

1,178 

ff 

1700 

» 

0,3706  „ 

1,311 

ff 

1600 

» 

0,387     „ 

•    1,288 

1» 

1900 

ff 

0,276     , 

1,087 

ff 

Es  wurden  demnach  von  mir  bei  gemischter  prote'in* 
reicher  Kost  und  unter  normalen  Verhältnissen  innerhalb 
24  Stunden  mit  einer  Urinmenge  von  1609  CC.  durchschnitt-« 
lieh  etwa  1,166  Grm*  Kreatinin  entleert.  Auf  ein  Kilogrm. 
Köipergewicht  also  0,0214  Grm.  Kreatinin. 

d.  Phyaikalischea  und  chemisches  Verhalten  des  beiden 
obigen  Bestimmungen  aus  dem  3arn  erhaltenen  Kreatinin- 
chlarzinks.  -^  Scheidet  man  aus  wässerigem  Harnexlract  das 
Kreatinin  mit  Chlorzink  ab,  so  erhält  man  die  Verbindung 
meistens  in  dunklen  warzenförmigen  Massen,  an  denen  man 
selbst  unter  dem  Hikroscop  kaum  eine  krystallinische  Structur 
wahrnehmen  kann.  Zuweilen  aber  sieht  man  auch  hier 
deutlichere  Krystalldrusen,  feine  Nadeln,  die  zu  besen-,  stern- 
und  igelartigen  Massen  vereinigt  sind.  Aus  alkoholischem 
Harnextract,  mit  einer  gleichfalls  alkoholischen  Lösung  von 
Chlorzink  abgeschieden^  erhält  man  jedoch  das  Kreatinin- 
chlorzink  immer  als  schwach  gelbliches  Pulver,  welches  sich 
unter  dem  Mikroscop  als  gelblich  durchscheinende ,  scharf 
contourirte  Kugeln  von  verschiedener  Gröfse  zeigt,  an  denen 
man   bei   starker   Vergröfserung   (400)   eine    concenlrische 


38  Neuhauer,  über  Kreatinin, 

Streifung  mit  Schärfe  wahrnehmen  kann.  Löst  man  von 
diesem  Pulver  in  heifsem  Wasser,  so  lassen  sich  leicht  regel- 
mäfsigere  Formen  unter  dem  Mikroscop  erzeugen.  Von  der 
fast  vollständig  erkalteten  Lösung  bringt  man  zu  diesem 
Zweck  einen  Tropfen  auf  ein  Objeelgläschen,  legt  ein  Stück* 
chen  eines  leinenen  Fadens  hinein,  doch  so,  dafs  das  eine 
Ende  des  letzteren  vollkommen  trocken  bleibt.  Nachdem 
darauf  die  Flüssigkeit  um  die  Hälfte  des  Fadens  mit  einem 
Deckgläschen  bedeckt  ist,  befeuchtet  man  das  fVeie  Ende  mit 
einem  Tröpfchen  Chlorzinklösung,  die  sich  nach  einiger  Zeit 
durch  Capillarität  mit  der  Flüssigkeit  unter  dem  Deckgläschen 
mischen  wird  und  bald  wird  man  nun  zu  beiden  Seiten  des  Fadens 
rcgelmäfsige  Krystalldrusen ,  wie  sie  dem  Kreatininchlorzink 
characteristisch  sind,  entstehen  sehen.  Ich' habe  mich  dieser 
Methode  in  der  letzteren  Zeit  häufig  bedient,  um  Krystalli- 
sationen  unter  dem  Mikroscop  auf  Zusatz  eines  Reagens, 
z.  B.  beim  salpetersauren  HarnstoiT,  zu  erzeugen. 

Zur  Beurtheilung  der  Reinheit  des  bei  den  obigen  Be« 
Stimmungen  erhaltenen,  schwach  gelb  gefärbten  Kreatinin- 
Chlorzinks  sammelte  ich  dasselbe  von  den  ersten  6  und  von 
den  folgenden  11  Bestimmungen  zur  Ausführurf'g  folgender 
Analysen  : 

i.    BuhtUim  ton  i  bii  6.  \ 

1.  0,390  Qtjxl  Substanz  bei  100^  getrocknet  gaben  0,0854  Ghrm  N, 

entsprechend  21,9  pC.  N. 

2.  0,377  Grm.  gaben  0,0826  Grm.  N,  entsprechend  21,9  pC.  N. 

3.  0,561  Grm.  wurden  in  Salpetersäure  gelöst  und  das  Chlor  mit 

salpetersaurem  Silberoxyd  gefällt.     Es  wurden  erhalten  0,414 
Grm.  AgGl,  entsprechend  0,10234  Grm.  Gl,  gleich  18,3  pC.  Gl. 

2.     Suhstaia  6  bii  17. 

1.  0,3968  Grm.  gaben  0,0861  Grm.  N;  entsprechend  21,7  pC.  N. 

2.  0,9752  Grm.  lieferten  0,730  Grm.  AgGl ;  entsprechend  18,5  pO.  GL 

Im  Mittel  aus  diesen  Analysen  ergiebt  sicii  also  in  dem^ 
bei  den   obigen  Kreatininbestimmungen   im  Harn   erhaltenen 


Neubauer^  über  Kreatinin,  39 

Kreatininchlorzink  21,8  pC.  N  und  18^4  pC.  €1,  während  das 
chemisch  reine  23^21  pC.  M  und  19,59  pC.  €1  verlangt.  Es 
müssen  also  der  Rechnung  nach  auf  21,8  pC.  N  18,41  pC.  €1 
kommen  (23,21  :  19,59  =  21,8  :  X  =  18,41),  ein  Verhält- 
nifs»  welches  also  die  obigen  Analysen  auch  ergaben* 

Diese  Analysen  lassen  auf  die  Reinheit  des  gewogenen, 
bei  den  obigen  Restimmungen  erhaltenen  Kreatininchlorzinks 
zurückschliefsen.  Legt  man  den  gefundenen  Stickstoff-  und 
Chlorgehalt  zum  Grunde,  so  enthält  das  Product  nahehin 
94  pC.  reines  Kreatininchlorzink,  und  die  oben  als  normal 
gefundene  Menge  von  Kreatinin  für  24  Stunden  ist  daher 
etwas  zu  hoch.  Rechnen  wir  hiernach  die  gefundenen  1,166 
Grm.  um,  so  ergiebt  sich  für  eine  Harnmenge  von  dwrch- 
schniälich  1609  CG.  ein  Kreaimingehalt  von  1,120  Orm.  für 
24  Stunden  bei  gemischter  Kost  und  normalem  Zustande, 
Auf  1  Kilogrm,  ,Kör per  gewicht  kommt  demnach  0,02055  Grm, 
Kreatinin. 

e.  Krealminbestimmungen  hei  anderen  Personen.  —  So 
weit  war  ich  mit  meiner  Arbeit  gekommen,  als  eine  Abhand- 
lung' ähnlichen  Inhaltes  von  Schottin  im  Archiv  der  Heil- 
kunde von  Wagner,  Jahrg.  I,  Heft  5,  Seite  417,  erschien. 
Die  daselbst  niedergelegten  Reobachtungen ,  die  24stündige 
normale  Ausscheidung  von  Kreatinin  betreffend ,  waren  für 
mich  im  höchsten  Grade  befremdend. 

Schottin  sagt  daselbst  : 

„Die  meisten  Lehrbücher  der  physiologischen  Chemie 
führen  den  Kreatiningehalt  des  Harns  als  einen  normalen 
Bestandtheii  an.  Aliein  da  ich  nirgends  in  der  Literatur  be- 
stimmte Angaben  über  die  tägliche  Ausscheidung  weder  eines 
gesunden  noch  pathologischen  Organismus  fand ,  so  sah  ich 
mich  genölhigt,  um  zur  Reurtheilung  pathologischer  Mengen 
eine  sichere  Basis  zu  erlangen,  ferschiedene  normale  wie 
pathologische  Secrele  der  Untersuchung  zu  unterwerfen. 


40  Neubauer,  über  Kreatinin. 

„Zunächst  unterwarf  ich  meinen  eigenen  Harn  der  che- 
mischen Untersuchung  auf  Kreatinin  und  befolgte  im  Allge- 
meinen die  schon  bekannten  Methoden,  indem  ich  den  Harn 
eindampfte,  mit  Spiritus  extrahirte^  das  Extract  nach  Ver- 
dunstung des  Spiritus  entweder  mit  Barythydrat  oder  essig- 
saurem Bleioxyd  behandelte ,  nach  Entfernung  des  über- 
schüssigen Blei's  und  Baryts  zur  Syrupconsistenz  verdunstete, 
mit  starkem  Alkohol  fällte,  das  alkoholische  Extract  zur 
Syrupconsistenz  verdunstete  und  aus  diesem  dann  die  Krea- 
tininchlorzinkverbindung  darzustellen  versuchte. 

„Ich  benutzte  zur  Untersuchung  meines  Urins  in  allen 
Fällen  die  in  30  Stunden  gesammelte  Menge  und  fand  darin 
bei  gemischter  Kost  nur  mikroscopische  Mengen  Kreatinin. 

„Eine  zweite  Untersuchung  bei  einer  30  Stunden  streng 
befolgten  rein  vegetabilischen  Kost  ergab  keine  Spur  von 
Kreatinin  und  selbst  als  ich  bei  einem  dritten  Versuch  bei 
rein  vegetabilischer  Kosi  binnen  24  Stunden  einen  halben 
Gramm  Kreatin  einnahm,  konnte  ich  keine  Spur  von  Krea- 
tinin auffinden.  Ein  vierter  Versuch  bei  fast  rein  anima- 
lischer Kost  ergab  0,086  Grm.  Kreatinin.^  * 

Diese  von  Schottin  erhaltenen  Resultate  stimmen  mit 
den  meinigen  gar  nicht  überein.  Ich  selbst  entleerte ,  in 
einem  Alter  von  30  Jahren ,  ziemlich  constant  innerhalb 
24  Stunden  bei  gemischter,  allerdings  proteinreicher  Kost 
etwa,  wie  die  obigen  Bestimmungen  zeigten,  i  Grm.  Kreatinin, 
während  Schottin  unter  ähnlichen  Verhältnissen  aus  seinem 
Urin  nur  mikroscopische  Spuren  erhielt.  Ich  sah  mich  in 
Folge  dieser  Abhandlung  veranlafst,  zunächst  Kreatininbe- 
stimmungen  bei  anderen  Personen  auszuführen,  wozu  es  mir 
auch  nicht  an  Gelegenheit  fehlte. 

Ich  lasse  die  erhaltenen  Resultate  hier  folgen  : 

1.     Herr  F.,    einige  iwanvig  Jahre  alt,   von   kräftiger  Constittüion» 
Chemiker.    Hammenge  1200  CC,  Ereatiningehalt  0,852  Grm.. 


Neubauer^  über  Kreatinin,  41 

2.  P.  S,i   Alier  23  Jahr f   Lahortüoriumsäiener ,   kräftiger  gesunder 

Körperbau^  hatte  die  Gewolinlieit  beim  Essen  sehr  viel  Wasser 
zu  trinken.  Hammenge  2650  CO.,  Ej*eatiningehalt  0,888  Qrm. ; 
Hammenge  1940  CO.,  Ereatlningehalt  0,820  Grm. 

3.  Soldta  S,j   22  Jahre  aU,    Hammenge   1100  CO.,  Kreatingehalt 

0,795  Grm. 

4.  Ein  Knabe  von  8  Jahren.     Hammenge  1000  CC,  Kreatininge- 

halt  0,427  Grm. 

5.  PP,,  an  Bright^icher  Krankheit  leidend.    Der  Ham  enthielt  sehr 

viel  Epithelien  verschiedener  Form  und  eine  nicht  unbedeu- 
tende Menge  hyaliner  Oylinder,  die  mit  Fettkömchen  und 
fettig  degenerirten  Epithelien  besetzt  waren.  Im  Sediment 
fanden  sich  aufserdem  sehr  vereinzelte,  in  der  Form  gut  er- 
haltene Blutzellen.  Die  24  stündige  Hammenge  betrug 
2000  00.  von  1,015  spec.  Gewicht  und  14,3  Grm.  Albumin. 
Die  gewöhnlichen  Harnbestandtheile  waren  in  folgender  Menge 
vorhanden  :  Harnstoff  ==  21,4  Grm.,  Hamsäure  0,14.  Grm. 
Ohlomatrium  5,6  Grm.  Phosphorsäure  1,23  Grm.  Gesammt- 
menge  der  fixen  Bestandtheile  49,83  Grm.  Kreatinin  wurde 
0,886  Grm.  erhalten. 

Ich  kann  mir  diese  Abweichungen  zwischen  meinen  und 
den  von  Schottin  er,haltenen  Resultaten  nicht  anders  er- 
klären,  als  dafs  Schottin  bei  der  von  ihm  befolgten  Me- 
thode durch  das  sehr  häufige  Abdampfen  und  Behandeln  in 
der  Wärme  (die  erhaltenen  Auszüge  des  ersten  Extracts 
wurden  noch  dreimal  zur  Syrupconsistenz  verdunstet}  das 
Kreatinin  mehr  oder  weniger  in  Kroatin  übergeführt  hat, 
welches  bekanntlich  durch  Chlorzink  nicht  gefällt  wird  und 
sich  also  der  quantitativen  Bestimmung  nach  dieser  Methode 
entzieht.  Weitere  Bestimmungen  des  Kreatiningehalts  des 
Harns  bei  verschiedener  Lebensweise,  Fleischkost,  Pflanzen- 
kost, zu  verschiedenen  Tageszeiten,  und  ebenso  über  den 
Kreatiningehalt  des  Harns  bei  innerlichem  Gebrauch  von 
Kreatin  und  Kreatinin  werde  ich  seiner  Zeit  folgen  lassen« 


42  Neubauer ^  über  Kreatinin. 

ß.     Zur  Chemie  des  Kreatinins. 

1.  Krea^tinin-Chlorcadmium,  —  Versetzt  man  eine  con- 
centrirte  Lösung  von  reinem  Kreatinin  mit  einer  gleichfalls 
concentrirten  Lösung  von  neutralem  Chlorcadmium ,  so  ent* 
steht  sogleich  oder  nach  kurzer  Zeit  ein  krystallinischer 
Niederschlag ,  der  unter  dem  Mikroscop  als  feine  Nadeln 
sich  zeigt.  Nimmt  man  die  Mischung  beider  Lösungen  etwas 
verdünnter  und  heifs  vor,  so  krystallisirt  die  Verbindung 
beim  Erkalten  massenhaft  in  ziemlich  grofsen ,  concentrisch 
gruppirten,  dünnen  säulenförmigen  Krystallen  heraus.  Die 
Verbindung  zeichnet  sich  durch  einen  starken  Glanz  aus; 
die  Krystalle  zind  zimlich  hart  und  verlieren  bei  100^  ge- 
trocknet ihren  Glanz  und  ihre  Durchsichtigkeit  nicht.  In 
Wasser  sind  sie  ungleich  löslicher  als  die  Chlorzinkver- 
bindung. 

Die  folgenden  Analysen  wurden  mit  einem  pAparat 
gemacht,  welches  sich  beim  Abkühlen  und  24 stündigem 
Stehen  einer  heifsen  Lösung  von  Kreatinin  und  Chlorcadmium, 
die  auf  1  Aeq.  Kreatinin  wenig  über  i  Aeq.  Cd€l  enthielt, 
massenhaft  ausgeschieden  hatte. 

1.  0,448  Grm.  bei  100^  getrocknet   wurden   in  Wasser  unter  Zu- 

satz Ton  etwas  NO^  gelöst  und  das  Chlor  mit  AgO,  NO^ 
gefällt.    Es  wurden  erhalten  0,3154  Grm.  AgGl. 

2.  0,4126  Grm.  lieferten  ebenso  behandelt  0,290  Grm.  AgGl. 

3.  0,5014  Grm.   Substanz  wurden   in    verdünnter  Salzsäui'e  gelöst 

und   das    Cadmium    mit    Schwefelwasserstoff   gefällt.      Es 
wurden  erhalten  0,177  Grm.  CdS. 

4.  0,492  Grm.  lieferten  ebenso  behandelt  0,172  Grm.  CdS. 

5.  0,3094  Grm.  gaben  beim   Verbrennen  mit  Natronkalk  0,06335 

Grm.  N,  entsprechend  20,475  pC.  N  =  55,11  pC.  Kreatinin. 

6.  0,3088  Grm.  lieferten  ebenso   behandelt  0,06335  Grm.  N,    ent- 

sprechend 20,515  pC.  N  =  55,2  pC.  Kreatinin. 

Aus  diesen  Analysen  berechnet  sich  die  Formel  C8H7N30a 
-f-  Cd€ly  so  dafs  diese  Verbindung  entsprechend  der  Chlor- 
zinkverbindung  zusammengesetzt  ist. 


Neubauer,  über  Kreatinin,  43 

berechnet  geftinden 


55,26  55,11        55,20 


C8 

Na 

Cd      56         27,38        27,45    27,19 
Ol      35,5       17,36        17,40    17,37 


204,5      100,00. 

Das  Chlorcadmiam  scheint  mehrere  Verbindungen  mit 
dem  Kreatinin  einzugehen.  Als  ich  eine  Mischung  von 
Kreatinin  und  Chlorcadmium,  die  in  der  Kälte  keine  Krystalle 
absetzte^  langsam  über  Schwefelsäure  verdunsten  liefs,  bil-> 
deten  sich  allmälig  grofse  Krystalldrusen  von  starkem  Glanz, 
die  aber  bei  100^  C.  trüb  wurden  und  zu  einem  weifsen 
Pulver  zerfielen.  Die  Chlorbestimmung  gab  16,0t  und  15,99pC. 
Chlor;  die  Cadmiumbestimmung  25,4  und  25,31  pC.  Cadmium. 
Eine  Verbindung  von  der  Formel  CsHtNsO»  +  CdGl,  2  HO 
verlangt  25,2  pC.  Cadmium  und  15,96  pC.  Chlor.  Ich  habe  diese 
Verbindung,  die  ich  in  verhältnifsmäfsig  geringer  Menge  er- 
hielt, nicht  weiter  untersucht. 

2.  ßalpeteraaurea  JSreatimn-Queckailberoxyd.  —  Beim 
Vermischen  einer  stark  concentrirten  Lösung  von  reinem 
Kreatinin  mit  einer  gleichfalls  concentrirten  ,  möglichst  neu- 
tralen Lösung  von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  entsteht 
beim  Zusatz  der  ersten  Tropfen  kein  Niederschlag  und  erst 
nachdem  eine  gewisse  Menge  der  Quocksilberlösung  zuge- 
setzt ist,  giebt  ein  Tropfen  der  Mischung  auf  einem  Uhr- 
glase mit  einem  Tropfen  Sodalösung  vermischt  eine  rein 
weifse  Fällung,  die  sich  in  einem  Ueberschufs  der  Natron- 
lösung leicht  wieder  löst.  Fährt  man  mit  dem  Zusatz  der 
Quecksilberlösung  so  lange  fort,  bis  endlich  ein  Tropfen  der 
Mischung  mit  Soda  geprüft  eine  gelbliche  Reaction  zeigt,  so 
wird  jetzt  sehr  bald,  oder  auch  schon  früher  für  den  Fall, 
dafs  die  Lösungen  concentrirt  genug  und  die  Quecksilber- 
lösung möglichst  säurefrei   waren,    Trübung  eintreten,   der 


44  Neubauer^  über  Kreatinin. 

V 

bald  eine  massenhafte  AusscheiHung  eines  weiTsen,  schweren 
krystallinischen  Niederschlags  folgt.  Dieser  Niederschlag  ist 
eine  Verbindung  von  salpetersaurem  Kreatinin  mit  Queck- 
silberoxyd.  Nach  einigem  Stehen  wird  der  entstandene 
Niederschlag  gesammelt,  mit  kaltem  Wasser  gewaschen  und 
über  Schwefelsäure  getrocknet.  Die  Verbindung  ist  in  kaltem 
Wasser  schwer »  in  faeifsem  dagegen  ziemlich  leicht  löslich 
und  aus  der  heirsen  concentrirten  wässerigen  Lösung  scheidet 
sie  sich  beim  Erkalten  in  sternförmigen  Nadeldrusen  wieder 
aus.  Bei  längerem  Kochen  der  wässerigen  Lösung  tritt 
Reduction  ein.  Die  wässerige  Lösung  reagirt  nicht  auf 
blaues  Lackmuspapier,  sondern  bläut  rothes  schwach;  fällt 
man  daraus  das  Quecksilber  durch  Schwefelwasserstoff,  so 
liefert  das  Filtrat  nach  dem  Verdunsten  im  Wasserbade ,  wo- 
bei nicht  die  geringste  Spur  freier  Salpetersäure  entweicht, 
grofse  wasserhelle  Krystalle  von  salpetersaurem  Kreatinin  bis 
zum  letzten  Tropfen. 

Sind  bei  der  Darstellung  dieser  Verbindungen  die  oben 
angegebenen  Bedingungen  nicht  erfüllt,  sind  die  Lösungen 
nicht  concentrirt  genug,  oder  ist  die  Quecksilberlösung  nicht 
säurefrei,  so  erfolgt  die  Ausscheidung  erst  nachdem  tropfen« 
weise  eine  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  bis  zur  eben 
bleibenden  Trübung  zugesetzt  wird.  Läfst  man  darauf  ruhig 
stehen,  so  erfolgt  schnell  die  Ausscheidung. 

1.  0,5743  Grm.  der  über  Schwefelsäure   getrockneten  Verbindung 

ymrden  in  Wasser  unter  Zusatz  weniger  Tropfen  Salzsäure 
gelöst,  darauf  mit  einem  Ueberschufs  von  Cyankalium- 
lÖsung  versetzt ,  wobei  schwache  Reduction  eintrat ,  und 
endlich  das  Quecksilber  mit  SchwefelwasserstofiPwasser  ge- 
fällt.    Es  wurden  0,3464  Qrm.  HgS  erhalten. 

2.  0,56  Grm.  ebenso  behandelt  lieferten  0,3402  Grm.  HgS. 

3.  0,5944  Grm.   ebenso   behandelt,    aber  von  einer  anderen  Dar- 

stellung, gaben  0,3592  Grm.  HgS. 

Demnach  wird  die  Verbindung  der  Formel  Krtn  NO 
4-  2  HgO  entsprechen. 


Neubauer,  über  Kreatinin,,  45 

berechnet  gefanden 

Salpetersaures  Kreatinin         167  43,6  —  — 

2  Qnecksilberoxyd  216  56,4  56,16    56,56 


383 


100,0.        '        ^^  ^^'27 


Durch  dieses  Verhalten  des  Kreatinins  zu  salpetersaurem 
Quecksilberoxyd  wird  dasselbe  also  auf  die  Harnstoffbestiin- 
mung  nach  Liebig  infiuiren,  was  freilich,  da  die  in  24 Stun- 
den ausgeschiedene  Kreatininmenge  nur  etwa  1  Grm.  ist,  von 
nicht  erheblicher  Bedeutung  sein  würde.  Nehmen  wir  nach 
den  obigen  Bestimmungen  an,  dafs  in  24  Stunden  mit  einer 
Harnmenge  von  1500  bis  1600  CG.  etwa  1  Grm.  Kreatinin 
entleert  wurde,  so  würden  auf  10  CG.  Harui  die  man  zur 
Harnstoffbestimmung  bekanntlich  verwendet,  0,00666  Grm. 
Kreatinin  kommen  und  diese  bedürfen  0,01274  Grm.  Queck- 
silberoxyd, was  0,165  CG.  Liebig'scher  Lösung  entspricht. 
Ob  das  Kreatinin  wie  der  Harnstoff  mehrere  Verbindungen 
mit  dem  Quecksilberoxyd,  was  wohl  zu  vermuthen,  eingeht, 
habe  ich  vor  der  Hand'  nicht  weiter  untersucht. 

3.  Salpetersaures  Kreatinm-Säberoxyd,  —  Eine  Mischung 
von  reiner  Kreatininlösung  und  neutralem  salpetersaurem 
Silberoxyd  scheidet  beim  Stehen  über  Schwefelsäure  eine 
Verbindung  beidbr  in ""  weifsen  kugel-  und  warzenförmigen 
Nadelaggregaten  aus.  Beim  Erhitzen  auf  Platin  blech  tritt 
ziemlich  starke  Verpuffung  ein  und  zurück  bleibt  reines  me- 
tallisches Silber. 

Die   Silberbestimmung   ergab   bei  Präparaten   von   ver- 
schiedener Darstellung  folgende  Resultate  : 

1.  0,2286  Grm.    gaben   bei    100^   getrocknet   nach    dem    Glühen 

0,0862  Grm.  Ag. 

2.  0,3087  Grm.  gaben  ebenso  behandelt  0,1162  Grm.  Ag. 

3.  0,2049  Grm.  gaben  0,0777  Grm.  Ag. 

+ 

Die  Verbindung  entspricht  demnach  der  Formel  Krtn  NOg 
+  AgO. 


46  Neubauer y  über  KreaUmn. 


berechnet 

gefunden 

Salpeters.  Kreatinin 

167 

59,01 

—       —        — 

Silberoxyd 

116 

40,99 

40,5     40,4    40,73 

283  100,00. 

4.  Einunrkung  von  uberrnanganscmrem  Kali  auf  Krea- 
tinin, —  Versetzt  man  eine  mäfsig  erwärmte  ziemlich  ver- 
dünnte Lösung  von  Kreatinin  mit  einer  concentrirten  Lösung 
von  übermangansaurem  Kaii,  so  erfolgt  sogleich  Einwirkung 
und  bald  scheidet  sich  Manganhyperoxyd  in  Hassen  aus.  — 
Nach  mehreren  vorläufigen  Versuchen  habe  ich  schliefslich 
bei  dieser  Zersetzung  zu  wiederholten  Malen  folgende  Ver- 
hältnisse eingehalten  :  9  Grm  chemisch  reines  Kreatinin  wur- 
den in  300  CC.  Wasser  gelöst ,  die  Lösung  mit  4  CC.  Kali- 
lauge (Verbrennungslauge}  schwach  alkalisch  gemacht  und 
darauf,  nachdem  auf  50  bis  60^  C.  erwärmt  war,  eine  con- 
centrirte  Lösung  von  übermangansaurem  Kali  so  lange  zuge- 
setzt, bis  auch  bei  dieser  Temperatur  längere  Zeit  eine  deut- 
liche Röthung  der  Flüssigkeit  blieb.  9  Grm.  Kreatinin  be- 
durften bis  zu  diesem  Punkt  14  bis  15  Grm.  übermangansaures 
Kali.  Die  letzten  Spuren  von  unzersetztem  Salz  wurden  durch 
einige  Tropfen  einer  concentrirten  Kreatininlösung  zerstört. 
Der  ganze  Procefs  verläuft  schnell  und  ohne  dafs  Ammoniak- 
entwickeluug  wahrgenommen  werden  konnte.  Die  durch 
Filtration  und  Auswaschen  des  ausgeschiedenen  Manganoxyds 
erhaltene,  stark  alkalisch  reagirende  Flüssigkeit  wurde  auf 
dem  Wasserbade  erwärmt,  das  freie  Alkali  durch  tropfen- 
weisen Zusatz  verdünnter  Schwefelsäure,  wobei  sich  nur 
höchst  unbedeutende  Mengen  von  Kohlensäure  entwickelten, 
hinweggenommen,  und  darauf  zur  Trockne  verdunstet.  Kalter 
Aetherweingeist  nahm  aus  der  trockenen  und  zerriebenen 
Salzmasse  bei  wiederholtem  Behandeln  nur  unbedeutende 
Spuren  auf^  die  nach  dem  Verdunsten  zurückblieben  und  ver- 
geblich   auf   Harnstoff  geprüft    wurden.      Das   Hauptproduct 


Neubauer^  über  Kreatinin,  47 

dieser  Oxydation  war  in  Aetherweingeist  unlöslich,  konnte 
aber  durch  kochenden  Weingeist  von  90  pC.  der  mit  Aether- 
weingeist behandelten  Salzmasse  entzogen  werden.  Das  Aus- 
kochen mit  Weingeist  wurde  so  lange  fortgesetzt ,  bis  der 
Rückstand  beim  Erhitzen  auf  Piatinblech  keine  nennenswerthe 
Graufärbung  mehr  zeigte.  Beim  Erkalten  lieferten  nun  die 
gemischten  weingeistigen  Auszüge  eine  sehr  reichliche  Kry- 
stallisation  prismatischer  Krystalle ,  die  nach  12  Stunden 
gesammelt,  und  nachdem  sie  noch  einmal  aus  90procentigem 
Weingeist  umkrystallisirt  waren,  an  der  Luft  auf  Fliefspapier 
getrocknet  wurden.  Die  Krystalle  verbrannten  auf  Piatinblech 
unter  Verbreitung  des  dem  Kreatin  beim  Verbrennen  eigen- 
thümlichen  Geruchs  leicht  und  vollständig.  Zuerst  trat 
Schmelzung,  dann  Gelbfärbung  und  Schwärzung  ein,  und  die 
schliefslich  zurückbleibende  Kohle  verbrannte  leicht.  In 
Wasser  ist  die  Vefbindung  sehr  leicht  löslich;  die  wässerige 
Lösung  reagirt  ziemlich  stark  alkalisch  und  giebt  mit  Chlor- 
calcium  einen  Niederschlag  von  oxalsaurem  Kalk.  Dieses 
Verhalten  stimmt  vollständig  mit  dem  von  Dessaignes  ent- 
deckten Oxalsäuren  Methyluramin  überein,  welches  derselbe 
bekanntlich  sowohl  aus  Kreatin  wie  auch  aus  Kreatinin  durch 
Kochen  mit  Quecksilberoxyd  erhalten  hat.  Da  ich  dieses 
höchst  interessante  Salz  bis  jetzt  noch  nicht  in  Händen  ge- 
habt hatte,  so  ^stellte  ich  mir,  zum  Vergleich  mit  dem  von 
mir  aus  Kreatinin  durch  KOMfigO?  erhaltenen,  dasselbe  ge- 
nau nach  Dessaignes'  Vorschrift,  durch  Kochen  einer  Lö- 
sung von  Kreatin  mit  überschüssigem ,  auf  nassem  Wege 
dargestelltem  und  unter  Wasser  aufbewahrtem  Quecksilber- 
oxyd dar.  Das  aus  Weingeist  krystallisirte  Präparat  hatte 
in  der  Krystallform ,  sowie  in  seinem  chemischen  Ver- 
halten eine  solche  Aehnlichkeit  mit  dem  von  mir  erhaltenen 
Salz«  da(j3  an  der  Gleichheit  beider  nicht  weiter  zu  zwei- 
feln war. 


48  Neubauer,  über  Kreatinin. 

ce*     Afiaiyie  des  Oxalsäuren  Meihyiuramins,  für  toelches  Dessaignes  die 
Formel  C^HyNs,  GjH04  +  2  HO  giebt. 

1)  0,6902  6rm.  lufttrockener  Substanz  gaben  bei  100^  0.  getrocknet 

0,0902  Grm.  Wasser,  entsprechend  13,07  pC.  HO. 

2)  0,7394  Grm.    gaben    eb^so    bebandelt   0,098  Grm.  HO,    ent- 

sprechend 13,25  pC.  HO. 

3)  0,4887  Grm.  der  bei  100^  C.  getrockneten  Substanz  wurden  in 

Wasser  gelöst  und  die  Oxalsäure  als  CaO,  Ö  geföllt.  Es 
wurden  erhalten  0,116  Grm.  CaO,  entsprechend  37,82  pC. 
C2HO4  in  wasserfreiem  Balz,  oder  32,8  pC.  in  wasser- 
haltigeuL 

4)  0,4136  Grm.    bei   100<^  0.  getrockneter  Substanz  gaben  0,1456 

Grm.  Stickstoff,  entsprechend  35,2  pC.  N  in  wasserfreiem 
Salz  =  53,1  pC.  Methyluramin  in  wasserhaltigem  und  61,2 
pC.  in  wasserfreiem  Salz. 

ct.     Wasserjkaltig  : 

berechnet  gefunden 

Mthrm  73  53,68  53,1 

C2HO4  45  33,09  ^        32,8 

2  HO  18  13,23  13,25         13,07 


fi' 


136 

100,00. 

Wasserfrei  : 

1 

Mthrm             7^ 

61,9 

61,2 

CgH04            45 

38,1 

37,8 

118  100,0. 

Jj,    Analyse  des  sal&sauren  MethyluraminplaHnchlorids. 

Fällt  man  aus  der  wässerigen  Lösung  des  Oxalsäuren  Methylur- 
amins  die  Oxalsäure  mit  Chlorcalcium  heraus,  so  liefert  das 
Filtrat  nach  Zusatz  von  Platinchlorid  und  nach  hinlänglicher 
Concentration  durch  Stehen  über  Schwefelsäure  schöne  orange- 
gelbe rhombogdrische  Krystalle  das  Platindoppelsalzes.  . 

1.  0,3242    Grm.    bei    100^   getrocknet   gaben   nach    dem    Glühen 

0,1148  Grm.  Platin,  entsprechend  35,4  pC.  Platin. 

2.  0,4915  Grm.  gaben  0,173  Grm.  Platin,  entsprechend  35,19 pC.Pt 

3.  0,5497  Grm.  einer  zweiten  Darstellung  lieferten  0,1938  Grm.  Pt 

=  35,26  pC.  Pt. 

4.  0,4416  Grm.  Platindoppelsalz,    durch  Kochen  von  Kroatin  mit 

Quecksilber oxyd  u.   s.  w.    nach   Dessaignes  Vorschrift 
dargestellt,  gaben  0,1555  Grm.  Platin  =  35,2  pC.  Platin. 


Neubauer,  über  Kreatinin^  49 

5.  0,7234  Grm.  lieferten  beim  Verbrennen  0,10724  Grm.  Stick- 
stoff, entsprechend  14,82  pC.  N  x=  26,1  pC.  Methylur- 
amin. 

Nach  der  Formel  C4H7N8eiH  +  PtOlg  berechnet  sich  : 

Berechnet  Gefunden 


C4 

24 

8,60) 

Hs 

8 

2,87^26,62 

Ns 

42 

15,05j 

Pt 

98,94 

35,30      — 

GI3 

106,38 

38,18      — 

—  26,1  —  - 

85,4         35,19        35,26        35,2 


279,32         100,00. 

Die  beim  Behandeln  mit  kochendem  Weingeist  vom.oxal* 
sauren  Methyluramin  befreite '  Salzmasse  färbte  sich  beim 
Erhitzen  auf  Platin  blech  nur  noch  unbedeutend  grau;  in 
Wasser  war  sie  bis  auf  geringe  Mengen  von  KO,  SOs  leicht 
löslich.  Die  wässerige  Lösung  gab  mit  Bleizuckerlösung  ver^ 
setzt  einen  starken  weifsen  Niederschlag,  der  abfiltrirt^  aus-* 
gewaschen  und  darauf  in  Wasser  suspendirt  mit  Schwefel- 
wasserstoff zersetzt  wurde*  Die  vom  Schwefelblei  abfiltrirte, 
stark  sauer  reagirende  Flüssigkeit  lieferte  nach  dem  Ver- 
dunsten eine  reichliche  Krystaüisation  von  Oxalsäure,  die  hier 
in  bedeutender  Menge  neben  dem  Oxalsäuren  Methyluramin 
gebildet  war.  —  Die  bei  der  Einwirkung  von  KO^MnaO?  auf 
Kreatinin  vor  sich  gehende  Zersetzung  läfst  sich  demnach 
durch  folgende  Gleichung  darstellen  : 

2  (CgH^NsOg)  +  8  HO  +  8  O  =  [2  (C4HTN8),  C^HgOs  +  4  HO]  +  GAOg. 

Die  Zersetzung  des  Kreatinins  durch  übermangansaures 
Kali  geht  schnell  und  sicher,  so  dafs  ich  zur  Darstellung  des 
Methyluramins/  dieser  Methode  unbedingt  vor  dem  lange  dau- 
ernden Kochen  mit  Qu^cksilberoxyd  den  Vorzug  geben 
möchte. 

Einwirkung  von  Jodäthyl  auf  Kreatinin,  —  Jodäthyl  und 
Kreatinin  in  einem  zugeschmolzenen  Rohre  längere  Zeit  einer 
Temperatur  von  100^  C.  ausgesetzt  scheinen  nur  langsam 
auf  einander  einzuwirken;  schneller  schon  verläuft  die  Reac- 

Ann.  d.  Chem.  n.  Pharm.  GXIX.  Bd.  1.  Heft.  4 


50  Neubauer j  über  Kreatinin, 

tioiiy  wenn  man  das  Jodäthyl  mit  dem  gleichen  Volum  Aether 
vermischt 9  am  leichtesten  jedoch,  wenn  statt  Aether  absoluter 
Alkohol  genommen  wird.  Nach  mehreren  vorläufigen  Ver- 
suchen blieb  ich  schliefslich  bei  folgender  Methode  und  fol- 
genden Verhältnissen  stehen  :  4  Grm.  chemisch  reines,  aufs 
Feinste  zerriebenes  Kreatinin  wurden  mit  etwas  mehr  als 
1  Aeq.  Jodäthyl  und  5  bis  6  CG.  absolutem  Alkohol  in  ein 
Rohr  eingeschmolzen  und  dieses  mehrere  Stunden  im  Was- 
serbade auf  100^  C.  erhitzt.  Die  Einwirkung  beginnt  schnell, 
das  Kreatinin  fängt  an  sich  zu  lösen  und  sobald  vollständige 
Lösung  in  der  Hitze  erfolgt  ist,  kann  man  den  Procefs  als 
vollendet  unterbrechen.  Beim  Erkalten  erstarrt  der  Inhalt 
der  Röhre  schnell  und  vollständig  zu  einem  nadeiförmigen 
Krystallbrei..  —  Das  so  erhaltene  Product  ist  das  jodwasser- 
stoffsaure Salz  einer  starken  Basis,  welches  in  Wasser  und 
Alkohol,  selbst  absolutem,  sehr  leicht  löslich,  unlöslich  da- 
gegen in  Aether  ist.  Der  Inhalt  der  Röhre  wurde  in  mög- 
lichst kleinen  Mengen  absoluten  Alkohols  heifs  gelöst;  die 
Lösung  war  gelblich  gefärbt  und  liefs  nach  dem  Erkalten  das 
Salz  in  langen  Nadeldrusen  von  schwach  gelblicher  Farbe 
herauskrystallisiren.  Nach  einmaligem  Umkrystallisiren  aus 
absolutem  Alkohol  erhält  man  die  Verbindung  in  weifsen 
Drusen^  die  aus  langen  stark  glänzenden  Nadeln  zusammen* 
gesetzt  sind.  Die  Krystalie  wurden  auf  einem  Filter  gesam- 
melt, zuerst  mit  Aetherweingeist  ^  darauf  mit  reinem  Aether 
gewaschen  und  an  der  Luft  getrocknet.  Aus  der  Mutterlauge 
erhält  man  nach  hinlänglichem  Concentriren  eine  zweite  Kry- 
stallisation  y  leichter  noch  auf  Znsatz  von  Aether  bis  zur  blei- 
benden schwachen  Trübung,  worauf  nach  kurzer  Zeit  eine 
massenhafte  krystallinische  Ausscheidung  erfolgt. 

Die  Krystalie  behalten  bei  100^  ihren  Glanz,  und  bei. 
dieser  Temperatur  getrocknet  wurde  die  Substanz  zur  Ana« 
lyse  genommen. 


Neubauer^  über  Kreatinin.  51 

1.  0,7551   Grm.   £efe]:t6ii   in  Wasser  geldst   Und   nach   dem   An- 

säuern   mit  NO5   durch  AgONO^   gefällt  0,6578  Grm.  Jod- 
silber, entsprechend  47,06  pC.  Jod. 

2.  0,7356  Grm.  lieferten  eben  so  behandelt  0,6405  Grm.  AgJ,  ent. 

sprechend  47,05  Grm.  J. 

3.  0,6969  Grm.  lieferten  beim  Verbrennen  mit  Natronkalk  0,10696 

Grm.  N,  entsprechend  15^34  pC.  N.    ^ 

4.  0,5791  Grm.  lieferten   eben  so   behandelt  0,0896  Grm.  N,    ent- 

sprechend 15,97  pC.  N. 

Diese  Bestimmungen  führen  zu  der  Formel  des  Jodäthyl- 
kreatinins  : 

C8H7N8O2  -)-  C4H5J  =  CigHijNsOgJ. 

Berechnet  Gefunden 


C12 

72 

26,78 

— 

— 

H12 

12 

4,46 

— 

— 

Ns 

42 

15,63 

15,34 

15,47 

O2 

.   16 

5,94 

— 

— • 

J 

.  126,8« 

47,19 

47,06 

47,05 

268,88         100,00. 

Aethylhreatinin,  —  Die  oben  besprochene  Jodverbindung 
löst  sich  selbst  in  starker  KalUauge  leicht  auf  und  wird  auch 
durch  einen  ^eberschufs  derselben  nicht  wieder  zur  Ausschei- 
dung gebracht.  Setzt  man  dagegen  der  wässrerigen,  schwach 
sauer  reagirenden  Lösung  frisch  gefälltes  Silberoxyd  zu,  so 
scheidet  sich  sogleich  gelbes  Jodsilber  aus  und  die  Flüssig- 
keit nimmt  eine  stark  alkalische  Reaction  an;  bei  dieser  Zer- 
setzung hat  man  eine»  Ueberscburs  von  SUberoxyd  sorgfältig 
zu  vermeiden,  da  die  freie  Basis  letzleres  laicht  löst.  —  Die 
sorgfältig  vom  Jod  befreite  Lösung  liefert  nach  dem  Filtriren 
ein  klares,  sehr  leicht  schwach  silberhaltiges  Filtrat  von  stark 
alkalischer  Reaction  und  bitterem  Geschmack,  welches  Eisen- 
chlorid- und  Thonerdelösung  fällt.  Es  ist  mir  bis  jetzt  noch 
nicht  gelungen,  die  freie  Basis  krystallisirt  zu  erhalten;  sie 
bleibt  nach  dem  Verdunsten  als  syrupartige,  stark   bitter  und 

4* 


52  Neubauer,  über  £reatmm, 

alkalisch  schmeckende  Masse  zurück.  Durch  Sättigen  mit 
Salzsäure  und  Eindampfen  bekommt  man  ebenfalls  zuerst 
einen  syrupartigen  Rückstand ,  allein  beim  Abkühlen  erstarrt 
die  Verbindung  sehr  bald  zu  einer  glänzenden,  aus  verfilzten 
Nadeln  zusammengesetzten  Krystallmasse.  Läfst  man  die 
Krystallisation  unter  dem  Mikroscop  vor  sich  gehen ,  so  sieht 
man  zuerst  einzelne  Nadeln  sich  bilden,  die  bald  strahlig 
zu  Rosetten  u.  s.  w.  zusammenschiefsen^  bis  endlich  der 
ganze  Tropfen  in  eine  glänzende  durchscheinende  Krystall- 
masse von  strahligem  Gefüge  übergeht.  Das  Salz  löst 
sich  in  Wasser  sehr  leicht;  auf  Zusatz  von  Platinchlorid 
krystallisirt  nach  hinlänglicher  Concentration  leicht  die  Platin- 
verbindung in  schönen  säulenförmigen  Krystalldrusen,  die  bei 
100^  C.  getrocknet  nichts  am  Gewicht  verloren. 

Die  Platinbestimmung  ergab  folgende  Resultate  : 

1.  0|2423  Grm.  bei  100^  getrocknet  gaben  0,068  Grm.  Platin. 

2.  0,2771  Grm.  gaben  0,0788  Gnn.  Platin. 

3.  0,5166  Grm.  gaben  0,1476  Grm.  Platin. 

Die  Formel  CiaHiaNsOaGl  +  PtGIg  verlangt  : 

Berechnet  Gefanden 

Balzsäure  -|-  Aethylkreatinin     248,5  ^  —  ~  — 

Platin  98,94       28,5       28,06         28,44       28,57 

847,44. 

Mit  der  weiteren  Untersuchung  des  AethyUcreatinins^  na- 
mentlich ob  sich  noch  mehrere  WasserstoflPatome  durch  Aethyl 
ersetzen  lassen,  bin  ich  augenblicklich  beschäftigt  und  werde 
meine  Resultate  seiner  Zeit  folgen  lassen. 

Wiesbaden,  im  Januar  1861. 


53 


lieber  die  Vertheilung  der  Electricität  in  Nicht- 
leitern ; 

von  H.  Buff. 


1.  Der  electrische  Vertheilungszustand  in  einem  Nicht- 
leiter der  Eleciricität  ist,  wie  bekannt,  nicht  blofs  eine  Ober- 
flachenerscheinung,  er  dringt  vielmehr  lief  in  das  Innere  der 
nichtleitenden  Hasse  ein.  Dieses  Verbalten  ist  insbesondere 
von  Faraday*}  durch  die  in  der  Uten  und  i2ten  Reihe 
seiner  Experimentaluntersuchungen  niedergelegten  Thatsachen 
aufser  Zweifel  gestellt  worden. 

In  einer  Abhandlung  :  ^zur  Theorie  des  Electrophors^, 
welche  ich  im  Jahre  1842  in  diesen  Annalen  **)  mitgetheilt 
habe,  machte  ich  auf  ein  Verfahren  aufmerksam,  welches 
erlaubt y  den  EiTect  der  Vertheilung  im  Innern  eines  Nicht- 
leiters gleichsam  aufzudecken.  Legt  man  nämlich  eine  An- 
zahl dünner,  isolirender  Scheiben  auf  einander  und  ertheilt 
dann  der  freien  Seite  der  obersten  eine  electrische  Ladung, 
z.  B.  durch  Reiben  oder  auf  andere  Weise,  so  werden  auch 
alle  übrigen  Scheiben  electrisch ,  und  zwar  empfangen  sie 
auf  der  der  direct  electrisirten  Oberfläche  zugewendeten  Seite 
die  gleichartige ,  auf  der  abgewendeten  Seite  die  ungleich- 
artige electrische  BeschaiTenheit ;  so  dafs  also  immer  zwei 
einander  berührende  Flächen  entgegengesetzte  Zustände  an- 
nehmen. 

Wenn  die  auf  einander  liegenden  Scheiben  sich  mit 
hinreichend  ebenen  Flächen  berühren,  so  kann  die  an  diesen 


*)  Pogg.  Ann.  XLVI,  537  und  XLVH,  33. 
**)  Bd.  XLI,  129.    . 


54  Buffj  über  die   Vertheilung 

Berührungsflächen  auftretende  entgegengesetzt  electrische 
Entwickelung  so  stark  werden  ^  dafs  sie  mit  sehr  verstärkter 
Adhäsion  an  einander  hängen. 

Versuche  ähnlicher  Art  hat  Matteucci^}  späterhin  mit 
Glimmerblättchen  angestellt.  Er  belegte  die  beiden  freien 
Seiten  eines  Bündels  solcher  Blättchen  nach  Art  .der  Frank- 
lin'sehen  Tafel  und  ertheilte  denselben  electrische  Ladung. 
Er  fand  dann  jedes  einzelne  Blättchen  auf  beiden  Seiten  ent- 
gegengesetzt electrisch,  so  jedoch,  dafs  die  Unterschiede 
beider  Zustände  von  den  beiden  äufsersten  Blättchen  des 
Bündels  nach  der  Mitte  hin  merklich  abnahmen.  Matteucci 
glaubte  ferner  gefunden  zu  haben,  dafs,  wenn  eine  starke 
electrische  Einwirkung  auf  das  Bündel  von  beiden  Belegun- 
gen aus  einige  Zeit  gedauert  hatte,  die  Electricität  allmälig 
so  tief  eindrang,  dafs  dann  die  Blättchen ,  von  einem  äufser- 
sten gegen  das  mitleiste  vorrückend,  auf  beiden  Seiten  gleiche 
electrische  Beschaffenheit  annahmen.  —  Das  Verfahren,  dessen 
er  sich  bediente,  um  diese  Thatsache  sicher  nachzuweisen, 
findet  sich  in  seiner  Abhandlung  nicht  angegeben. 

Auf  demselben  Wege  ist  es  mir  nie  gelungen,  die  dünnste 
Schellackscheibe,  welche  ich  mir  verschaffen  konnte,  von 
weniger  als  2°*°*  Dicke,  durch  ihre  Masse  hin  bis  zur  andern 
Seite  gleichartig  electrisch  zu  machen.  Um  eine  kräftige 
electrische  Einwirkung  auf  eine  Schicht  von  mehreren  dünnen, 
und  auf  den  beiden  freien  Flächen  metallisch  belegten  Schel- 
lackscheiben  längere  Zeit  dauernd  erhalten  zu  können,  wurde 
die  eine  Belegung  mit  der  Aufsenfläche,  die  andere  mit  dem 
Knopfe  einer  grofsen  Leidner  Flasche  verbunden,  deren  La- 
dung man  möglichst  constant  zu  erhalten  suchte.  Allein  selbst 
nach  vierstündiger  unausgesetzter  Einwirkung  war  die  Elec- 
tricität von   keiner  Seite    bis    auf  2""°"  Tiefe   eingedrungen ; 


^)  Ann.  chim.  phys.  [3]  XXVI,  163. 


der  BUectridtät  in  Nichtleitern,  55 

d.  h.  sämmUiche  Scheiben  zeigten  auf  beiden  Seiten,  nach 
gleicher  Richtung,  entgegengesetzte  Zustände.  Ganz  eben  so 
verhielten  sich  sehr  dünne  Glasscheiben  von  0,83  bis  0,23 
Millimeter  Dicke,  welche  in  Bündeln  von  6  bis  8  Blättchen, 
die  beiden  äufsersten  mit  gefirnifstem  Rande ,  auf  einander 
liegend,  in  ähnlicher  Weide  behandelt  worden.  Ich  bezweifle 
aus  diesem  Grunde,  dafs  die  Blectricität  in  isolirenden,  d.  h. 
in  solchen  Körpern ,  welehe  Aeti  Zustand  einer  statisch 
electrischen  Vertheilung  im  Innern  ihrer  Masse  zulassen^ 
bis  zu  einer  mefsbaren  Tiefe  in  der  Art  einzudringen 
vermag,  dafs  dadurch  bis  zu  dieser  Tiefe  hin  .eine  gleich* 
artig  electrische  Beschaffenheit  sämmtlicher  Theile  ent- 
wickelt wird. 

Um  die  electrischen  Zustände  der  beiden  Seiten  einer 
isolirenden  Scheibe  möglichst  unabhängig  von  einander  prü- 
fen zu  können,  wurde  dieselbe,  ähnlieh  wie  der  Kuchen 
eines  Blectrophors,  mit  Metallplatlen  belegt,  die  man  bis  zur 
Trennung  von  der  Scheibe-  in  leitender  Verbindung  erhieli. 
Je  nachdem  dann  die  Scheibe  auf  beiden  Flächen  gleichartig 
electrisch ,  oder  der  Zustand  der  einen  demjenigen  der  an- 
dern entgegengesetzt  war,  wurden  aucli  die  beiden  isolirt 
abgehobenen  Metallplatten  gleichartig  oder  ungleichartig  elec- 
trisch gefunden. 

Häufig  läfst  sich  die  electrische  BeschafTenheit  der  einen 
Seite  einer  Scheibe  unmittelbar  erkennen,  nachdem  man  die 
andere  Seite  einen  Augenblick  der  Spiritusflamme  genähert 
hat;  ich  halte  jedoch  die  vorher  beschriebene  eleotrophorische 
Prüfung smeihode  für  sicherer,  und  unbedingt  für  wirk- 
samer. 

2.  Es  ist  bekannt,  dafs  selbst  die  besten  Isolatoren, 
unter  dem  Einflüsse  eines  electrischen  Körpers,  schon  durch 
Wirkung  aus  der  Ferne  den  Vertheilungszustand  annehmen 
können I  und  die  Erfahrungen  mehr^er  Beobachter,  wie  die 


56  Buff^  über  die  Vertheüung 

von  Malteucci*)  und  Riefs**),  stimmen  darin  öberein, 
dafs  diese  Erscheinung  sehr  schnell  das  Maximum  der 
unter  den  gegebenen  Verhältnissen  möglichen  Entwickelung 
erreicht,  dagegen  aber  auch,  ähnlich  wie  bei  den  Leitern, 
nur  geringe  Haltbarkeit  besitzt,  so  dafs  sie  mit  der  Ursache 
ihrer  Erzeugung  sehr  bald  wieder  verschwindet. 

Wenn  man  an  dem  Knopfe  eines  Goldblattelectroscops 
eine  Metallplatle  befestigt,  dieser  Electricität  zuführt,  dann 
einen  guten  Leiter  allmälig  nähert,  so  vermindert  sich  be- 
kanntlich die  zuvor  eingetretene  Divergenz  der  Goldblättchen. 
Es  ist  diefs»  wie  jedermann  weifs,  die  Folge  einer  in  dem 
Leiter  eingetretenen  Vertheüung.  Wenn  man  nun  in  ähn- 
licher Weise  der  Platte  einen  von  Electricität  ganz  freien 
Isolator  nahe  bringt,  doch  so,  dafs  die  gleichzeitige  Annähe- 
rung der  Hand  oder  eines  andern  Leiters  vermieden  wird, 
z.  B.  eine  grofse  und  möglichst  dicke  Scheibe  von  Schellacl^ 
oder  von  schlecht  leitendem  und  ganz  trockenem  Glase,  so 
wird  man  ebenfalls  eine  geringe  Verminderung  die  Diverganz 
bemerken,  also  eine  Einwirkung  des  Isolators  auf  die  im 
Electroscop  vorhandene  freie  Electricität.  Sie  hört  auf,  so 
wie  man  den  Isolator  entfernt,  stellt  sich  aber  bei  erneuerter 
Annäherung  immer  wieder  her,  und  zwar  in  gleicher  Weise, 
wenn  man  abwechselnd  die  eine  oder  andere  Seite  des  Nicht- 
leiters dem  Electroscop  zuwendet,  und  selbst  wenn  dieser 
Wechsel  und  die  Annäherung  so  rasch  als  nur  immer  thuni- 
lieh  stattgefunden  hatte« 

Gleichwohl  bedarf  diese  electrische  Vertheüung  durch 
Wirkung  aus  der  Ferne  zu  ihrer  Entwickelung  gleich  wie 
zu  ihrem  völligen  Verschwinden  in  Nichtleitern  eines  merk- 
lichen und  mefsbaren  Zeitraums. 


*)  Ann.  ohim.  phys.  [3]  XXVII,  170. 
**)  Pogg.  Ann.  XCII,  849. 


der  Electridtät  in  NicMeitem.  57 

Einer  dünnen  Scheibe  von  Schellack,  von  drei  dünnen 
Gultaperchastäben  in  horizontaler  Lage  getragen^  wurde  eine 
grofse  electrische  Harzplalte  bis  auf  etwa  i  Zoll  Abstand 
nahe  gebracht.  Um  den  directen  Uebergang  der  Electricität 
sicher  zu  vermeiden ,  geschah  die  Annäherung  mit  der  nicht 
geriebenen  Seite  dieser  Electrophorplatte.  Nachdem  letztere 
einige  Augenblicke  über  der  Scheibe  gehalten  worden,  ent- 
fernte man  sie  rasch,  und  deckte  zuerst  die  obere,  dann  die 
untere  Fläche  der  Scheibe  mit  Hetallplatten ,  deren  jede  im 
Augenblicke  des.Auflegens  mit  dem  Finger  berührt  wurde. 
Hierauf  die  eine  oder  die  andere  isolirt  abgehoben,  zeigten 
sie  entgegengesetzt  electrische  Zustände,  die  sich  mittelst 
des  Säulenelectroscops  stets  sicher  erkennen  liefsen,  und  aus 
deren  Beschaffenheit  hervorging,  dafs  die  obere  Fläche  der 
Scheibe^  welche  der  Electrophorplatte  zunächst  gestanden 
hatte,  4*^9  ^^^  untere  — E  angenonimen  hatte.  Wurden 
beide  Hetallbelegungen  zugleich  entfernt,  so  verlor  sich 
dieser  Vertheilungszustand  sehr  rasch,  konnte  aber  auf 
demselben  Wege  leicht  erneuert  oder  auch  umgekehrt 
werden. 

In  derselben  isolirenden  Scheibe  konnte  eine  kräftigere 
Ausscheidung  beider  Fluida  erzielt  werden,  wenn  man  ihre 
untere  Fläche  vor  der  Annäherung  der  Electrophorplatte 
metallisch  belegte ,  diese  Belegung  während  der  Nähe  des 
electrischen  Körpers  ableitend  berührte,  unmittelbar  nach  Ent- 
fernung des  letzteren  die  Berührung  unterbrach,  dann  auch 
die  obere  Fläche  mit  Metall  bedeckte ,  dieses  einen  Augen- 
blick mit  dem  Finger  berührte,  isolirt  wieder  abhob  und 
prüfte.  Ein  directer  Uebergang  der  gebundenen  Electricität 
der  unteren  Metallbelegung  zur  Harzscheibe  ist  jedoch  bei 
diesem  Verfahren  nicht  mit  Sicherheit  zu  verhüten.  Hatte 
derselbe  stattgefunden,  so  war  diefs  leicht  dadurch  zu 
erkennen,    dafs    dann    die    untere  Fläche    des    Nichtleiters 


58  Buffy  über  die   Vertheüung 

positiv    electrisch    wurde ,    anstatt    negativ ,    wie    man    bei 
ungestörtem  Einflufs  aus  der  Ferne  erwarten  mufste. 

Eine  ähnliche  Fehlerquelle  bemerkte  ich  bei  der  Wieder- 
holung eines  Versuches,  welchen  Riefs*)  beschrieben  hat. 
Um  die  Schnelligkeit  darzuthun,  womit  eine  Schellaokscheibe 
durch  Vertheilung  electrisch  wird,  näherte  er  nämlich  dieser 
Scheibe ,  während  sie  vor  dem  Conductor  der  Electrisir- 
maschine  in  1  Fufs  Abstand  vorübergeführt  wurde,  von  der 
andern  Seite  eine  Spiritusflamme.  Die  isolirende  Scheibe 
wurde  dadurch  negativ  electrisirt.  Diefs  fand  ich  nun  zwar 
bestätigt, .  allein  ich  bemerkte  zugleich ,  dafs  diese  —  E  sich 
vorzugsweise  an  der  hinteren,  der  Spiritusflamme  ausgesetzten 
Fläche  gesammelt  hatte.  Der  Grund  liegt  darin,  dafs  die 
Flamme,  als  guter  Leiter,  ebenfalls  electrisch  vertheilt  wurde 
und  dadurch  der  hinteren  Schellackfläche  nicht  -f-  E  weg- 
nahm ,  sondern  —  E  zuführte. 

3.  In  so  weit  schlechte  Leiter  der  Electricität  denn 
doch  einen  gewissen  Grad  der  Leitfähigkeit  besitzen  können, 
und  häuGg,  zumal  an  ihren  Oberflächen,  auch  wirklich  zeigen, 
ist  es  denkbar  und  wahrscheinlich,  dafs  sie  sich  bezüglich 
der  Anhäufung  und  Anordnung  der  auf  ihnen  vortheilten 
Electricitäten  ähnlich  wie  die  Leiter  verhalten.  Allein  auch 
bei  den  besten  Isolatoren  tritt  unter  dem  Einflüsse  eines 
electrischen  Körpers  die  Vertheilung  ein,  und  erstreckt  sich 
in  gleicher  Weise  auf  alle  Punkte,  im  Innern  der  Masse 
sowohl,  wie  an  der  Oberfläche.  Die  Beweglichkeit  der  im 
Innern  eines  guten  Isolators  getrennten  Electricitäten ,  auch 
wenn  sie  den  Umfang  der  Atome  überschreiten  sollte ,  ist 
jedenfalls  auf  äufserst  enge  Gränzen  beschränkt.  Während 
der  Dauer   der  Vertheilung  müssen    sich   daher   allenthalben 


')  Pogg.  Ann.  XCII,  aSO. 


der  Ekctricität  in  Nichtleitern.        ^  59 

im  Innern  beide  Flutda  neben  einander,  nach  gewisser  Ord- 
nung gelagert  finden. 

Man  kann  sich  eine  Schellackscheibe ,  die  dem  Einflüsse 
electrischer  Verlheilung  unterworfen  worden ^  in  eine  Anzahl 
sehr  dünner  Schichten  zerlegt  denken ,  deren  jede  in  glei- 
chem Sinne,  und  bei  mäfsiger  Dicke  der  Scheibe,  oder  ver- 
hältnifsmäfsig  grofsem  Abstände  des  electrischen  Körpers  ^  mit 
ungefähr  gleicher  Stärke  electrisch  vertheilt  oder  pola- 
risirt   ist. 

Da  nun  aber  ein  wechselseitiger  Einflufs  dieser  polari- 
sirten  Schichten  nicht  ausbleiben  kann,  so  mufs  als  noth- 
wendige  Folge  eine  ähnliche  Veränderung  des  ursprünglichen 
(^durch  den  Einflufs  von  Aufsen  unmittelbar  eingeführten} 
Vertheilungszustandes  eintreten,  wie  sie  unter  der  Einwirkung 
eines  Magnetstabes  in  einer  Eisenstange  zum  Vorschein 
kommt;  d.  h,  die  Stärke  der  Verlheilung  wird  von  den 
Aufsenflächen  der  Scheibe  gegen  die  Mitte  zunehmen,  und 
daher  die  Wirkung  nach  Aufsen  von  der  Mitte  nach  der  einen 
Seite  hin  im  positiven  Sinne  ^  nach  der  andern  Seite  im  nega- 
tiven Sinne  wachsen  müssen. '  Im  Erfolge  wird  also  allerdings 
ganz  dasselbe  stattfinden,  als  ob  auf  der  einen  Seite  der 
Scheibe,  gegenüber  der  vertheilenden  Kraft,  ungleichnamiges 
Fluidum,  auf  der  andern  Seite  ,das  gleichnamige  wäre  ange- 
häuft worden. 

4.  In  Folge  der  Leichtigkeit,  womit  auch  die  schlechte- 
sten Leiter  den  electrischen  Vertheilungszustand  annehmen, 
mufs  ihre  Electrisirung,  d.  h.  die  Zuführung  von  Electricität 
zu  ihrer  Oberfläche,  stets  eine  Vertheilung  durch  ihre  ganze 
Masse  hervorrufen.  * 

Angenommen,  die  untere  Seite  (u}  einer  Schellackscheibe 
ruhe  auf  einer  abgeleiteten  Hetallfiäche,  während  der  oberen 
Seite  (o)  Electricität,  z.  B.  -f- E  zugeführt  wird,  am  besten 
dadurch,  dafs  man  sie  mit  einer  Metallplatte  bedeckt   und 


60  Buff^  über  die  Vertheilung 

» 

diese  mit  der  Electricitätsquelle  leitend  verbindet.  Entfernt 
man  nachher  die  Deckplatte,  so  bleibt  der  gröfste  Tlieil  der 
zugefiihrten  Electricität  auf  dem  Harze  zurück.  Unmittelbar 
konnte  dieses  Fluidum,  erfahrungsmäfsig ,  nur  zu  äufserst 
geringer  Tiefe  eindringen.  Allein  indem  es  die  natürlichen 
Fiuida  der  benachbarten  Harzschicht  vertheilt ,  —  B  anzieht 
und  bindet,  -|-  E  abstöfst,  tritt  diese  zu  der  nächstfolgenden 
Schicht  des  Harzes  über  und  pflanzt  so,  in  ähnlicher  Weise, 
wiewohl  mit  abnehmender  Stärke,  die  Vertheilung  fort.  Es 
bildet  sich  so  eine  Reihe  von  Schichten,  in  welchen  zwar 
+  E  und  —  E  mit  einander  abwechseln ,  jedoch  -f-  E  in 
der  Wirkung  nach  Aufsen  das  Uebergewicht  behauptet. 

Gleichzeitig  war  aber  auch  —  E  aus  der  unteren  Bele- 
gung angezogen  worden,  und  ein  grofser  Theil  davon  auf 
der  Fläche  (u)  des  Harzes  sich  einnistend,  hatte,  ähnlich 
wie  vorher  beschrieben  worden ,  die  Vertheilung  in  das  In- 
nere fortgesetzt.  Im  Inneren  der  Masse,  zwischen  den  Flä- 
chen 0  und  u,  müssen  sich  daher  beide  Wirkungen  in  einer 
neutralen  Schicht  begegnen. 

Wenn  die  untere  Seite  der  Scheibe  während  des  Zutritts 
der  Electricität  zur  oberen  keine  Metallbelegung  hat,  so 
mufs  irgend  ein  anderer  Körper,  Leiter  oder  Nichtleiter,  oder 
auch  nur  die  Luft,  die  Stelle  einer,  wenn  auch  weniger 
wirksamen  Belegung  vertreten.  Seine  natürlichen  Electrici- 
täten  werden  getrennt,  -f- E  wird  abgestofsen,  —  E  ange- 
zogen und  von  der  Harzfläche  (u)  zurückgehalten.  Unter 
allen  Umständen  mufs  daher  die  nicht  electrisirte  Seite  der 
Schellackscheibe  sehliefslich  den  entgegengesetzt  electrischen 
Zustand  annehmen. 

Mit  dieser  Auffassungsweise  im  Widerspruche  stehen 
einige  Beobachtungen,  welche  Riefs'  in  seinem  Werke 
„die  Lehre  von  der  Reibungselectricität^,  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  Theorie   des  Electrophors  mitgetheilt  hat. 


der  Electricität  in  Nichtleitem.  61 

Er  sagt  dort  ^)  :  ^An  einem  einzeln  stehenden  einseitig 
geriebenen  Harzkuchen  sind  drei  Schichten  vorhanden,  eine 
negative  auf  der  oberen  (geriebenen}  Fläche  ^  eine  positive 
im  Innern,  und  eine  negative  auf  der  unteren  Fläche. 

,,Diese  drei  electrischen  Schichten  lassen  sich  durch  den 
Versuch  aufzeigen.  Ich  nahm  eine  Schellackscheibe,  4*78  Li- 
nien dick,  5^6  Zoll  im  Durchmesser,  hielt  sie  frei  in  die 
Luft  und  rieb  ihre  obere  Fläche  mit  Pelzwerk.  An  ein 
Säulenelectroscop  gehalten  erwies  sich  diese  Fläche  negativ 
electrisch  und  eben  so  die  untere,  nicht  geriebene  Fläche.  Lag 
hingegen  die  untere  Fläche  beim  Reiben  auf  einer  Hetallplatte,  so 
ging  die  negative  Schicht  der  unteren  Fläche  auf  die  Platte  über, 
und  man  hatte  nur  zwei  Schichten  an  dem  Kuchen  ,  «oben  eine 
negative,  unten  eine  positive.^  Diese  positive  Electricität  konnte 
jedoch  nicht  unmittelbar  nachgewiesen  werden.  „Bei  dem  Anle- 
gen der  unteren  Fläche  an  das  Electroscop  wirkte  nämlich  der 
positiven  Electricität  dieser  Fläche  die  zwar  entferntere  aber 
stärkere  negative  Electricität  der  oberen  Fläche  entgegen.  Wurde 
aber  diese  negative  Electricität  durch  Annähern  der  oberen 
Fläche  an  eine  Flamme  geschwächt,  so  gab  sich  sogleich  die 
positive  Electricität  der  unteren  Fläche  am  Instrumente  zu 
erkennen,  und  dafür  erschien  jetzt  die  obere  Fläche  un- 
electrisch.^ 

Dafs  die  in  der  Luft  nur  einseitig  geriebene  Harzscheibe 
gleichwohl  auf  beiden  Seiten  negativ  electrisch  werde,  folgert 
Riefs,  wie  man  sieht,  aus  dem  Umstände,  dafs  die  eine  wie 
die  andere  Fläche,  an  das  Electroscop  gehalten,  negativ  elec- 
trische  Ladung  verrathen.  Diese  Beweisführung  ist  jedoch 
ungenügend,  weil  auf  der  geriebenen  Fläche,  wie  Riefs 
Selbst  bemerkt,  —  E  jedenfalls  im  Uebergewichte  war,  man 
daher  erwarten  durfte,   dafs  diese,   trotz  der  gröfseren  Ent- 


*)  Band  I,  S.  294. 


62  Buffy  über  die  Vertheäung 

fernung,  ihren  aaf  der  anderen  Fläche  etwa  vorhandenen 
Gegensatz  nicht  zur  Wirksamkeit  kommen  liefs.  Dieser 
Zweifel  konnte,  wie  mir  scheint,  mit  Sicherheit  nur  durch 
Anwendung  des  oben  erläuterten  electrophoriscben  Prüfungs- 
verfahrens  erledigt  werden. 

Ich  verschaffte  mir  eine  Schellackscheibe,  ungefähr  von 
denselben  Dimensionen,  wie  die  vonRiefs  gewählten.  Wurde 
diese  Scheibe  frei  in  der  Luft  einseitig  gerieben,    dann  dem 

mit  —  B  geladenen  Electroscop  genähert ,  so  vermehrte  sich 

> 

allerdings  die  Divergenz  der  Goldblättchen,  ob  die  geriebene 
oder  die  nicht  geriebene  Seite  des  Schellacks  der  Platte  des 
Electroscops  zugewendet  worden.  Hatte  man  aber  die  frei 
geworden^  — E  durch  Annähern  der  geriebenen  Fläche  an 
die  Spiritusflamme  so  weit  möglich  wieder  entfernt,  so  ver- 
hielt sich  die  nicht  geriebene  Fläche,  an  das  Electroscop  ge- 
halten, entweder  wie  unelectrisch ,  oder  es  fanden  sich  je 
nach  der  Dauer  oder  der  Wirksamkeit  des  Reibens  mehr  oder 
weniger  starke  Anzeichen  von  4~  ^-  ^^  keinem  Falle  ent- 
sprachen sie,  auch  nur  annähernd,  der  wirklich  entwickelten 
Menge  von  -f-  E ,  weil  sich  die  —  E  durch  Einwirkung  der 
Flamme  auf  die  geriebene  Fläche  niemals  vollständig  ent- 
fernen liefs.  Wurden  aber  beide  Flächen  der  geriebenen 
Scheibe  mit  Metallplatten  belegt,  diese  erst  leitend  verban- 
den, dann  isolirt  abgehoben,  so  konnte  die  entgegengesetzt 
electrische  Beschaffenheit  der  nicht  geriebenen  Fläche  mit 
Sicherheit  auch  dann  erkannt  werden,  wenn  man  die  gerie- 
bene Fläche  nicht  zuvor  in  die  Nähe  der  Flamme  gebracht 
hatte.  Schellackscheiben  von  sehr  geringer,  bis  zu  V2  Zoll 
Dicke,  deren  eine  Fläche  wenn  auch  nur  einen  Augenblick 
mit  dem  Fuchsschwanz  gerieben  worden  war,  wirkten,  nach- 
dem man  sie  ohne  Belegung  eine  kurze  Zeit  sich  selbst 
überlassen  hatte,  dann  in  der  angegebenen  Weise  prüfte,  auf 
der  nicht  geriebenen  Fläche  stets  durch  -f-  E  vertheilend. 


der  Ekctricität  in  Nichtleitern.  63 

RieTs  nimmt  an,  dafs  die  nicht  geriebene  Harzfläche, 
wenn  sie  vor  dem  Reiben  mit  Metall  belegt  werde,  ihre  —  E 
an  die  Belegung  abgebe  und  dadurch  erst  positiv  electrisch 
werde.  Diefs  fand  ich  nicht  bestätigt.  An  dem  Electroscop 
war  eine  Metallplatte  angeschraubt.  Auf  diese  wurde  eine 
Schellackschetbe  gelegt  und  deren  obere  Fläche  gerieben. 
Freilich  divergirten  dadurch  die  Goldblättchen  mit  —  E.  So 
wie  man  aber  die  Harzscheibe  entfernte,  fielen  sie  wieder 
zusammen,  oder  wenn  eine  Divergenz  zurückblieb,  so  deu» 
tete  dieselbe  auf  t|-  E ;  es  konnte  also  keine  —  E  vom  Harze 
zu  der  Belegung  übergetreten  sein.  Gleichwohl  war  die 
untere  Schellackfläche  positiv  electrisch  geworden.  In  dieser 
Weise  verhielten  sich  Scheiben  von  sehr  verschiedener  Dicke. 
Ein  Abflufs  vqd  —  E  von  der  unteren  Fläche  ist  also  jeden- 
falls nicht  notbwendig»  um  dieser  Fläche  den  enigegengesetzt 
electrischen  Zustand  einzuprägen.  Mit  Bezug  auf  die  oben 
entwickelten  Gründe  halte  ich  aber. für  wahrscheinlich,  dafs 
ein  solcher  Abflufs  unter  den  gegebenen  Bedingungen  gar 
nicht  stattfinden  kann. 

Dafs  dessenungeachtet  die  Ausscheidung  von  >{-  E  an 
der  unteren  Fläche  der  isolirenden  Scheibe  durch  die  nicht 
isolirte  Metallbelegung  sehr  befördert  wird,  erklärt  sich,  wie 
schon  bemerkt,  aus  der  Leichtigkeit,  womit  die  natürlichen 
Electricitäten  des  Metalls  getrennt  werden,  das  gleichartige 
Fluidum  sich  entfernt  und  ein  Th#il  des  ungleichartigen  sich 
auf  der  Harzfläche  einnistet.  Die  Metalldecke  der  nicht  direct 
electrisirten  Seite  des  Schellacks  verhält  sich  ganz  wie  die 
äulsere  Belegung  einer  Leidner  Flasche,  deren  innerer  Bele» 
gung  man  Electricität  zuführt.  Dieselbe  Rolle  kann  aber 
anstatt  der  metallischen  Belegung  jeder  andere  angränzende 
Körper  übernehmen,  nur,  wenn  es  ein  Nichtleiter  ist,  in 
viel  weniger  vollkommener  Weise,  / 


64  Buffy  über  die  Vert/ieüung 

5.  Ich  habe  vorher  zu  erläutern  versucht,  wie  in  iso- 
Hrenden  Scheiben^  wenn  sie  auf  der  einen  Seite  Blectricität 
empfangen ,  ein  Uebergewicht  dieses  Fluidums,  in  Folge  einer 
Reihe  von  Vertheilungseffecten  bis  zu  einer  gewissen  Tiefe, 
im  Innern  der  Masse  auftreten  kann,  ohne  dafs  man  darum 
genöthigt  ist,  ein  unmittelbares  Eindringen  der  zugeführten 
Electrioität  vorauszusetzen.  Dieses  Uebergewicht,  lediglich 
als  Folge  electrischer  Vertheilung,  läfst  sich  aber  auch  ex- 
perimentell darthun. 

Mehrere  dünne  Schellackscheiben  (4  bis  5  Stück}  wur- 
den aufeinander  geschichtet,  auf  beiden  freien  Flächen  mit 
Metallplatten  belegt  und  nach  Art  einer  Frankli  naschen 
Tafel  geladen,  indem  man  die  obere  Belegung  mit  dem  Con- 
ductor  der  Electrisirmaschine  verband,  die  untere  ableitete. 
Alle  nach  oben  gerichteten  Flächen  (o)  der  Scheiben  mufsten 
dadurch,  wie  bekannt,  mit  -f-E,  alle  nach  unten  gerichteten 
mit  —  B  behaftet  werden. 

Man  legte  nun  die  Fläche  o  der  ersten,  und  eben  so 
die  Fläche  u  der  zweiten  Scheibe  rasch  auf  abgeleitete  Me- 
tallplatten und  bedeckte  die  dadurch  frei  gewordenen  Flächen 
beider  Scheiben,  welche  vorher  einander  berührt  hatten,  mit 
zwei  gleich  grofsen,  an  isolirenden  Handhaben  gehaltenen 
Messingscheibe'n.  Die  beiden  letzteren,  einen  Augenblick 
ableitend  berührt,  dann  isolirt  abgehoben,  mufsten  natürlich 
entgegengesetzt  electrischer  Zustände  angenommen  haben. 
Jedoch  zeigten  sich  diese  nicht  im  Gleichgewicht sverhältnisse ; 
vielmehr  bemerkte  man,  wenn  beide  isolirte  Metallscheiben 
unmittelbar  nach  dem  Abheben  in  Berührung  gebracht  wur- 
den ,  nachher  einen  bleibenden  Ueberrest  von  —  E.  Da  diefs 
nun  Vertheilungselectricität  war,  so  folgt,  dafs  die  verthei- 
lende  Wirkung  der  positiv  electrischen  Fläche  o  der  zweiten 
Scheibe,  die  entgegengesetzt  vertheilende  Kraft  der  Fläche 
u   der   ersten  Scheibe   überwog.      Eine  ähnliche  Beziehung 


der  Ekctricüät  in  Ntchtteitem.  ,,     65 

zeigt  sich  zwischen  den  Flächen  o  und  u  der  dritten  und 
zweiten  und  zuweilen  auch  der  vierten  und  dritten  Scheibe, 
nur  waren  die  Unterscheide  sehr  merklich  geringer  als  vor- 
her. Dagegen  hatte  die  —  E  der  vorletzten  Scheibe  ge- 
wöhnlich das  Uebergewicht  über  die  -4-  E  der  letzten.  Diese 
Beziehungen  der  auf  einander  geschichteten  Scheiben  standen 
jedoch  in  einer  bestimmten  wechselseitigen  Abhängigkeit  und 
veränderten  sich  sehr  schnell,  ivenn  die  Schellackscheiben 
getrennt  und  von  ihren  Metallbelegungen  entfernt  wurden. 

6.  Die  Eigenschaft  isolirender  Platten ,  unter  dem  Ein- 
flüsse electrischer  Kräfte  einen  Yertheilungszustand  durch 
ihre  ganze  Hasse  anzunehmen,  bildet  die  Ursache  des  elec- 
trischen  Rückstandes  der  entladenen  Leidener  Flasche  oder 
Franklin'schen  Tafel. 

Hat  man  eine  Franklin'sche  Tafel  geladen,  so  beginnt 
alsbald    die    Yertheilung    der    natürlichen    Eiectricitäten    des 
Glases.    Die  Glastafel  zerfällt   in   eine  Reihe  von   Schichten 
von  äufserst  geringer  Dicke,  welche  sämmtlich  nach  der  einen 
Seite  hin ,    nach  der  Seite  der  positiven  Belegung ,   positiv, 
nach  der  andern  Seite   negativ  polarisirt  sind.    Die  Beweg- 
lichkeit   d^r  getrennten  Fluida  einer  Schicht  kann   indessen 
in  keinem  Falle  auf  den  Umfang  der  Atome  beschränkt  sein; 
diefs   folgt  schon  aus  der  Thatsache,   dafs  selbst  die  besten 
Isolatoren    durch   Funkenübergang    electrisirt    und    entladen 
werden  können.    So  kommt  es,  dafs  je  nach  der  Gröfse  des 
Leitungswiderstandes  und  der  Stärke  der  vertheilenden  Kräfte, 
langsamer  oder  rascher,   -f^  E  von   der  positiven  Belegung, 
—  E  von    der  negativen  Belegung,  von  Schicht   zu  Schicht, 
sich  verbindend  und  trennend,   nach  beiden  Seiten  hin   fort- 
schreiten.   Ein  Theil  der  den  Belegungen  zugeführten  Elec- 
tricitäten,  ohne  unmittelbar,  gleich  einem  Strome,  in  das  Innere 
des  Glases  eindringen   zu  können,    verschwindet   gleichwohl 
bezüglich   seiner  Wirkung  nach  Aufsen^   sei  es  durch  wirk- 

AcuAl.  d.    Chemie  u.  Pharm.  CXIX.  Bd.  1.  Heft.  5 


66  Buffy  über  die   Vertheüung 

liehe  Vereinigung  mit  seinem  Gegensatze,  sei  es  durch  Bin- 
dungy  während  gleiche  Mengen  auf  inneren  Schichten  das 
Uebergewicht  erlangen.  Eine  vollständige  Entladung  kann 
aus  diesen  Gründen  durch  eine  nur  momentane  Ableitung 
beider  Belegungen  nicht  erfolgen.  Durch  Eintritt  der  partiel- 
len Entladung  ist  ein  Theil  der  Kraft  verschwunden,  welche 
den  Vertheilungszustand  des  Glases  hervorgerufen  und  dau- 
ernd erhalten  hatte.  Das  frühere  Gleichgewicht  der  Kräfte 
ist  also  gestört  worden*  Die  vertheilten  Fluida  des  Glases 
treten  theilweise  in  den  natürlichen  electrischen  Zustand 
zurück,  der  früher  unentladbar  gewordene  Ueberrest  der 
ursprünglichen  Ladung  an  beiden  Flächen  des  Glases  wird 
dadurch  theilweise  wieder  frei  und  entladungsfähig  ^  u*  s.  w. 
Man  erkennt,  wie  eine  Folge  von  Entladungen  bei  allmäliger 
IntensiUltsabnahme  sich  mit  Nothwendigkeit  ergiebt. 

Die  genauesten  experimentellen  Untersuchungen  über 
das  Verhalten  des  electrischen  Rückstandes  verdankt  man 
Kohlrausch  ^}.  Aus  seinen  betreffenden  Messungen  geht 
hervor  I  dafs  die  Bildung  des  sogenannten  Residuums  oder 
des  nicht  entladbaren  Theils  einer  geladenen  Leidener  Flasche 
gleich  anfangs  verhältnifsmäfsig  am  raschesten  erfolgt,  sich 
aber  dann  sehr  allmälig  einem  Maximum  nähert,  <ieassen  Gröfse 
der  Dichtigkeit  des  beweglich  gebliebenen  Theiles  der  La- 
dung, so  wie  annähernd  der  Dicke  der  Glaswand  proportional 
ist.  Bei  denjenigen  Ladungsapparaten,  welche  Kohlrauseh 
benutzt  hat,  bei  wekhen  die  Dicken  der  Glaswände  in  keinem 
Falle  geringer  waren  als  die  eines  gewöhnlichen  Zuckerglases, 
ging  durch  die  Bildung  des  Rüickstandes  keine  Electrtcität 
verloren.  D.  h.  die  Mengen  von  Electricität ,  welche  nach 
und  nach  durch  eine  Folge  von  Entladungen  wieder  zurück- 
traten,   entsprachen,    nach   Abzug   des   Verlustes  durch    die 


*)  Pogg.  Ann.  XCI,  66  u.  179. 


der  Electricilät  in  Nichtleitern.  67 

Luft ,  genau  der  ursprünglich  zugeführten  Electncitäts^ 
menge. 

Nur  der  letzte  dieser  Erfahrungssätze  läfst  sich  aus  den 
Vorhergeheaden  Erläuterungen  über  die  Ursache  des  Resi- 
duums nicht  vorhersehen.  Da  von  beiden  Seiten  her  ent- 
gegengesetzte Electricitäten ,  durch  Yertheilung  von  Schicht 
zu  Schicht,  in  das  Innere  der  Glasmasse  vordringen,  so  sollte 
man  im  Gegentheil  erwarten ,  dafs  beide  Fluida  an  irgend 
einer  Stelle  in  der  Nähe  der  Mitte  sich  endlich  erreichen  und 
so  theilweise  zernichten  müfsten;  und  ist  diefs  der  Fall,  so 
würde  die  ganze  Ladung  einer  Franklin'schen  Tafel  in 
der  Summe  des  beweglichen  Theils  derselben  und  des  Rück- 
standes sich  nicht  wiederfinden  können.  Nun  hat  man  aber 
zu  erwägen,  dafs  das  Fortschreiten  der  Electricität  in  einem 
Isolator  äufserst  langsam  stattfindet,  um  so  langsamer,  je  tiefer 
sie  bereits  eingedrungen  ist  und  je  mehr  sich  unterdessen 
ihre  Dichtigkeit  vermindert  hat  Ein  merkbarer  Verlust  durch 
Ausgleichung  im  Innern  wird  aus  diesem  Grande  wahrschein- 
lich nur  bei  sehr  dünnen  Scheiben  e>ines  guten  Isolators  vor- 
kommen und  unzweideutig  sich  nachweisen  lasse».  Mit 
solchen  dünoejQ  Scheiben  bat  aber  Kohlrauach  keine  Mes- 
sungen ausgeführt. 

Wenn  man  ein  sehr  dünnes  Glas  auf  beiden  Seiten  be- 
legt, so  dafs  der  Rand  genügend  isolirend  bleibt,  dann  die 
eine  Belegung  mit  dem  positiven  Conductor  einer  Blectrisir- 
mascbine,  die  andere  mit  dem  einen  Drahtende  einea  empfind- 
lichen Multiplicators ,  und  durch  das  andere  Drahtende  mit 
dem  negativen  Conductor  verbindet,  so  kann  es  sein,  dafs 
während  des  Gangs  der  Maschine  die  Galvanometernadel 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  dauernde  Ablenkung 
erfährt,  obschon  das  belegte  Glas  ähnlich  wie  ^\e  Leidener 
Flasche  geladen  wird.  Erwärmt  man  das  Glas,  so  vermehrt 
sich    der    Ausschlag    der   Nadel ,    aber    die   Intensität    der 

5* 


66  L 

liehe  Vereinigung 
dun^,  währenil    . 
Uebergewicht   < 
aus    diesen  Gj. 
beider  ßeiefnii!. 
len  Entladung 
den  Verlheilu 
ernd  erhallen 
ist  also   g(.'>' 
Ireten    theil» 
zurück,    dl')' 
ursprUiJglic:. 
dadurch  lli< 
Han  erkeii 
Intensiliil.v 
Die    , 
das   Verl 
Kohlrü 
hervor, 
des  nie!' 
gleich 
aber  il 
der  i; 

duilL!. 


Fal' 


:■  lim- 


der  Mectrtcüät  in  Nichtleitern.  69 

und  darin  fortstrdme,  mit  geringerer  oder  grdfserer  Schwierig- 
keit, je  nach  dem  Widerstände,  walchen  ihre  Massen  der 
Leitung  entgegensetzen.  Alle  Theile ,  bis  zu  welchen  das 
Floidum  vorgedrungen  ist,  würden  demnach  gleiche  electri- 
sche  Beschaffenheit  zeigen  müssen.  Die  Unhaltbarkeit  dieser 
Annahme ,  so  weit  wenigstens ,  als  es  die  Bewegung  der 
Electricität  in  schlechten  Leitern  betrifft,  ergiebt  sich  aus 
der  Thatsache,  dafs  in  einer  Franklin'schen  Tafel,  die  aus 
einem  Aggregat  dünner,  über  ßinander  liegender  Scheiben 
gebildet  ist,  unmittelbar  nach  der  Entladung,  positive  und 
negative  Schichten  mit  einander  abwechseln. 

Kohlrausch  hielt  die  Annahme  eines  Fortschreitens 
der  Electricität  im  Innern  des  Glases  überhaupt  für  unstatt- 
haft, indem  er  sagte  :  nach  dieser  Voraussetzung  müfste  die 
vertheilende  Kraft  des  Residuums,  bezogen  auf  einen  Punkt 
derjenigen  Belegung^  welcher  die  positive  Electricität  zuge- 
führt wird,  entweder  0  oder  von  der  Art  sein,  dafs  diese 
Belegung  nach  der  Entladung  mit  —  E  behaftet  bliebe.  Er- 
steres  aber  sei^  wie  Kohlrausch  darzuthun  suchte,  unmög- 
lich, und  letzteres  in  hohem  Grade  unwahrscheinlich.  — 
Wenn  indessen  die  Belegungen  ander  isolirenden  Tafel  nicht 
festhängen  und  um  sie  isolirt  abheben  zu  können  mit  geeig- 
neten Handhaben  versehen  sind,  so  findet  man  in  der  That, 
dafs  die  anfangs  mit  -j-  B  geladene  Belegung,  nach  der  durch 
leitende  Berührung  beider  Belegungen  stattgefundenen  Ent- 
ladung eine  gewisse  Menge  —  E  zurückgehalten  hat.  Es 
ist  diefs  die  Folge  einer  vom  Residuum  bewirkten  Verthei- 
iung  und  widerspricht  also  durchaus  nicht  der  Beobachtung, 
dafs  die  ganze  von  einer  Franklin'schen  Tafel  aufgenom- 
mene Electricitätsmenge  sich  in  der  Summe  des  beweglichen 
und  unbeweglichen  Theils  der  Ladung  wiederfindet. 

Seine  eigene  Erklärungsweise  des  Residuums  gründete 
Kohlrausch   ebenfalls   auf  die  electrische  Yertheilung   des 


70  Buff,  über  die   Vertheihing- 

Glases,  bewirkt  durch  die  mit  entgegengesetzten  Electridtäten 
behafteten  Belegungen,  Sie  unterscheidet  sich  jedoch  von 
der  oben  erörterten  wesentlich  dadurch,  dafs  er  nicht  nur  das 
unmittelbare,  sondern  auch  ein  mittelbares  Eindringen  der 
Electricitat  in  die  Glasmasse  ausschliefst.  Dafs  durch  die  in 
Folge  der  Vertheilung  hervorgerufene  Polarisation  des  Glases 
ein  Einflufs,  dem  ahnlich,  welcher  das  Residuum  herbeiführt, 
wirklich  ausgeübt  werden  könnte,  hat  Kohlrausch  selbst 
befriedigend  nachgewiesen. .  Die  Schwäche  dieser  Theorie 
liegt  in  anderen  Dingen.  Erstens  setzt  sie  einen  Verthei- 
lungszustand  des  Glases  voraus,  dessen  Richtung  gerade  die 
umgekehrte  von  derjenigen  ist,  welche  nach  Entfernung  der 
Belegungen  wirklich  gefunden  wird.  Zweitens  wird  durch  die 
Annahme,  dafs  die  ganze  verdichtete  Elcctricitätsmenge,  theils 
als  beweglicher  Theil  der  Ladung  an  der  Oberfläche  der  Be- 
legung, theils  als  unbeweglicher  Theil  zwischen  Belegung 
und  Glas  hafte,  eine  Eigenschaft  des  Isolators  gefordert,  die, 
wenn  man  die  allmäligen  Uebergänge  von  Leiter  zu  Nicht- 
leiter in  Erwägung  zieht,  keineswegs  berechtigt  ist.  Drittens 
zwingt  die  verhältnifsmäfig  langsame  Bildung  des  Residuums 
in  Sinne  dieser  Theorie  zu  der  Folgerung,  dafs  die  electrische 
Vertheilung  des  Glases  (durch  Wirkung  aus  der  Ferne)'  eben- 
falls sehr  langsam  eintrete  und  wieder  verschwinde,  während 
es  im  Gegentheil  erwiesen  ist,  dafs  der  Vertheilungszustand, 
wenn  auch  nicht  momentan  doch  ziemlich  rasch  eintritt  und 
nach  Entfernung  seiner  Ursache  wieder  erlischt.  Die  An- 
dauer  der  Vertheilung  nach  Entladung  und  Entfernung  der 
Belegungen  würde  also  unerklärbar  sein  und  insbesondere 
auf  den  einzelnen  Theilen  eines  Bündels  auf  einander  ge- 
schichteter ^Scheiben  nicht  bestehen  können,  wenn  nicht  mit 
der  tief  .in  das  Innere  eingedrungenen  Electricitat  zugleich 
die  Ursache  des  Vertheilungszustandes  theilweise  fort- 
dauerte. 


der  Electricüät  in  Nichtleitern,  71 

Aus  allen  diesen  Gründen  mufs  man  sehliefsen,  dafs  das 
Auftreten  des  Residuums,  wenn  es  auch  allerdings  der  elec- 
Irischen  Vertheilung  der  isolirenden  Tafel  seine  Entstehung 
verdankt,  doch  durch  den  Vertheilungszustand  allein,  ohne 
ein  gleichzeitiges,  eben  in  Folge  der  Vertheilung  bewirktes 
Eindringen  der  Electricität ,  nicht  erklärbar  sein  würde. 

7.  Die  Einwirkung  der  Reibung  gleicht  hinsichtlich  des 
Erfolgs  einer  Zuführung  von  Electricität.  Wird  daher  ein 
schlechter  Leiter,  z.  B.  eine  Schellackscheibe,  mit  trockener 
Wolle  gerieben,  so  empfängt  nicht  nur  die  äufserste  Ober- 
fläche des  Harzes  — E,  sondern  diese  pflanzt  sich  durch 
Vertheilung  ins  Innere  der  Masse  fort,  indem  gleichzeitig 
verhältnifsmäfsige  Theile  der  unmittelbar  durch  die  Reibung 
erzeugten  Electricitätsmenge  ^entweder  gebunden  werden,  oder 
durch  vollständige  Vereinigung  mit  ihrem  Gegensatze  in  den 
natürlichen  Gleichgewichtszustand  zurücktreten.  Die  geriebene 
Harzscheibe  läfst  sich  also  betrachten  wie  aus  einer  grofsen 
Anzahl  sehr  dünner  St;hichten  bestehend ,  deren  jede  an  der 
vorderen,  dem  Reibzeuge  zugewendeten  Fläche  negativ  elec- 
trisch  und  bezüglich  der  Stärke  in  der  Entfaltung  dieses  Zu- 
Standes  im  Uebergewichte  ist  über  die  positiv  electrische  Be- 
schaffenheit der  hinteren  Fläche  der  vorhergehenden  Schicht. 
Sämmtliche  hinter  einander  befindlichen  Lagen  von  —  E  ver- 
einigen sich  daher  in  ihrer  Wirksamkeit  nach  Aufsen ,  die 
sich  aus  diesem  Grunde  weit  über  diejenige  Stärke  steigern 
läfst,  welche  sie  vermöge  der  ausschliefslich  nur  an  der 
Oberfläche,  selbst  bis  zum  Maximum  der  Dichte  angehäuften 
Electricität  würde  erreichen  können. 

.  Dieses  Eindringen  der  Electricität  von  der  geriebenen 
Fläche  in  das  Innere  und  als  Folge  Auftreten  des  entgegen- 
gesetzt electrischen  Zustandes  an  der  Hinterfläche,  wenn  diese 
nicht  gerieben  worden,  bemerkt  man  bei  trockenem  und 
schlecht  leitendem   Glase ,   Harz ,   Guttapercha ,   Caoutchouc, 


72  Buffy  über  die   Verthetlung^ 

gebranntem  und  geschwefeltem  Caoutchouc,  Schwefel;  Paraffin, 
Stearin,  stark  ausgetrocknetem  Papier.  —  Eine  dicke  Lage 
geglätteten  Papiers,  schwach  am  Ofen  getrocknet,  dann  auf 
eine  nicht  isolirte  Metailplatte  gelegt  und  auf  der  Oberfläche 
mit  Pelz  gerieben,  wurde  auf  dieser  Seite  negativ  electrisch, 
auf  der  nicht  geriebenen  Seite  positiv.  Je  nachdem  hierauf 
von  der  geriebenen  oder  der  nicht  geriebenen  Papierseite 
abgeblättert  wurde,  zeigten  die  dadurch  entblöfst  gewordenen 
Flächen  negative  oder  positive  electrische  Beschafi'enheit. 

Legte  man  zwei  ungleichartige  Körper  auf  einander, 
z.  B.  ein  Blatt  Papier  auf  Glas  oder  eine  Glasscheibe  auf 
eine  Scheliackscheibe,  so  wurde  durch  das  Reiben  des  einen 
Körpers  immer  auch  der  andere,  und  zwar  in  gleichem  Sinne 
electrisirt.  Also  die  Glasfläche  unter  dem  Papier  erhielt  —  E, 
die  Harzfläche  unter  dem  Glase  -f*  B* 

Die  bekannte  Eigenschaft  des  trockenen  Papiers,  wenn 
es,  während  man  es  reibt,  auf  einer  ebenen  Fläche  aufliegt, 
an  dieser  anzuhängen,  beruht  gerade  auf  der  Eigenthümlich- 
keit,  dafs  die  nicht  geriebene  Papierseite  und  die  Fläche 
worauf  es  liegt,  entgegengesetzt  electrische  Zustände  an- 
nehmen. 

8.  Die  Fähigkeit  des  geriebenen  Glases,  den  elecirischen 
Vertheilungszustand  durch  seine  ganze  Masse  anzunehmen, 
äufsert  einen  bedeutenden  Einflufs  auf  die  Ausgiebigkeit  der 
Glaselectrisirmaschinen. 

Auf  einer  gut  isolirenden,  übrigens  ganz  unelectrischen 
Glasscheibe  kann  durch  einen  einzigen  Strich  mit  dem  frisch 
amalgamirten  Reibzeuge  Electricität  in  ziemlich  reichlicher 
Menge  erzeugt  werden.  Wenn  man  unmittelbar  darauf  die 
Spiritusflamme  nähert,  so  verschwindet  die  entwickelte  La- 
dung, und  die  Glasscheibe,  an  das  Electroscop  gehalten,  er- 
scheint wieder  ganz  oder  fast  ganz  unelectrisch.  Hatte  man 
jedoch  der  frei  gewordenen  Electricität  einige  Zeit  gelassen. 


der  Electricüät  in  Nichtleitern.  73 

die  natürlichen  Blectricitäten  des  Glases  zu  vertheilen,  oder 
war  das  Reiben  öfter  wiederholt  worden  und  nähert  man  dann 
erst  die  Flamme ,  so  zeigt  sich  das  Glas  nachher  negativ 
electrisch,  anfangs  nur,  wenn  die  nicht  geriebene  Seite  an 
das  Electroscop  gehalten  wird,  bei  fortgesetzter  Einwirkung 
aber  scheinbar  auf  beiden  Seiten.  Gleichwohl  lehrt  die  elec- 
Irophorische  Prüfung,  dafs  in  allen  Fällen  die  geriebene 
Fläche  auch  nach  der  Annäherung  der  Flamme  positiv  elec- 
trisch geblieben,  die  nicht  geriebene  Fläche  aber  negativ 
electrisch  geworden  ist. 

Der  Vertheilungszustand^  welchen  die  Reibung  hervorruft, 
erreicht,  wie  man  sieht,  erst  nach  und  nach  seine  gröfste 
Entfaltung  und  wächst  also  einige  Zeit  während  der  Fortdauer 
der  Reibung.  In  demselben  Verhältnisse  mufs  derjenige  Theil 
der  Electricität  zunehmen ,  welcher  nach  seiner  Erzeugung 
durch  Reibung  durch  Annäherung  der  Flamme  nicht  unmit- 
telbar wieder  weggenommen  werden  kann. 

Ueberläfst  man  eine  geriebene  Glasscheibe,  nachdem  sie 
der  Flamme  genähert  worden  war  und  —  E  dadurch  das 
Uebergewicht  erhalten  hatte,  einige  Zeit,  ohne  Belegung, 
sich  selbst,  so  verschwindet  das  Uebergewicht  der  — E  und 
die  Scheibe  gewinnt  wieder  die  entgegengesetzte  Beschaffen- 
heit. Von  Neuem  kann  ihr  dann  -^  E  durch  die  Flamme 
entzogen  werden.  Hatte  man  durch  starkes  einseitiges  Reiben 
die  electrische  Vertheilung  des  Glases  hinlänglich  entwickelt^ 
so  läfst  sich  durch  abwechselndes  Annähern  der  geriebenen 
und  nichtgeriebenen  Seite  an  die  Flamme  abwechselnd  die 
negative  und  positive  electrische  Beschaffenheit  des  Glases 
zum  Uebergewicht  bringen,  wiewohl  in  stufenweise  abnehmen- 
dem Grade,  bis  endlich  alle  Spuren  von  Electricität  verschwun- 
den sind.  Ein  stark  electrisirtes  Glas,  das  man  sich  selbst 
überläfst,  wird  schlierslich  ebenfalls  unelectrisch ;  doch  ist  lange 
Zeit  dazu  erforderlich.    Mittelst  der  electrophoriscben  Prüfung 


74  Buffy  über  die   Veriheäung 

überzeugte  ich  mich,  dafs  häufig  Tage  und  Wochen  nicht 
ausreichen.  Das  wirksamste  Mittel,  eine  eiectrisirte  Glas- 
scheibe wieder  unelectrisch  zu  machen,  ist  das  Behauchen; 
es  mufs  jedoch  an  beiden  Seiten  geschehen. 

Wenn  eine  isolirende  Scheibe  auf  beiden  Seiten  gerieben 
wurde y  entweder  gleichzeitig,  oder  auf  isolirender  Unterlage 
liegend,  so  zeigt  die  electrophorische  Prüfung  auf  beiden 
Seiten  begreiflich  gleichartige  electrische  Beschaffenheit.  Nä- 
hert man  dann  die  eine  Seite  der  Flamme,  so  scheint  nach- 
her diese  Seite  in  den  entgegengesetzten  Zustand  getreten 
zu  sein,  während  die  Intensität  auf  der  andern  Seite  abge* 
nommen  hat. 

Waren  zwei  Glasscheiben  auf  einander  gelegt^  die  beiden 
Aufsenflächen  kräftig  gerieben,  endlich  die  eine  derselben 
von  der  Flamme  bespült  worden,  so  wirkte  diese,  electro- 
phorisch  geprüft,  auch  jetzt  vertheilend  mit  —  E.  Nach  der 
Trennung  beider  Scheiben  zeigten  sich  dennoch  die  beiden 
früheren  Aufsenflächen  mit  positiver,  die  Innenflächen  mit 
negativer  Electricität  beladen.  Die  Reibung  auf  beiden  Seiten 
hindert  also  weder  die  electrische  Vertheilung  der  Glasmasse, 
noch  die  Bindung  eines  Theils  der  Reibungselectricitat. 

Das  eigenthümliche  electrische  Verhalten  einer  gut  iso^ 
lirenden  Glasscheibe  mufs  sich  natürlich  bei  dem  Glase  der 
Electrisirmaschine  wiederfinden.  Bei  den  Cylindermaschinen 
kann  nur  auf  einer  Seite  gerieben  werden  ;  der  innere  Raum 
ist  vom  Zutritte  und  Wechsel  der  Luft  gewöhnlich  ganz  ab- 
geschlossen. Das  Glas  verliert  daher  nur  schwierig  und  erst 
nach  langer  Zeit  den  einmal  angenommenen  Vertheilungs- 
zustand.  Eine  vcrhältnifsmäfsigo  Menge  von  positiver  Elec- 
tricität wird  dadurch  stets  zurückgehalten  und  folglich  der 
Abflufs  der  durch  Reibung  entwickelten  -f~  ^  während  des 
Vorübergangs  der  Cy linderfläche  vor  den  Saugspitzen  ver-. 
mindert. 


der  Electrieität  in  Nichtleitern,  75 

Wenn  die  Cylindermaschine  bei  nicht  sehr  trockener  Luft, 
und  ohne  Erwärmung  durch  glühende  Kohlen  ^  eine  kurze 
Zeit  im  Gebrauche  gewesen  war,  und  wenn  man  dann  eine 
kleine  Metallscheibe  hinter  den  Spitzen  des  abgeleiteten 
ersten  Conductors  auf  den  Glascylinder  legte,  ableitend  be- 
rührte und  isolirt  wieder  abhob,  so  fand  sie  sich  mit  — B 
behaftet.  Da  diefs  Vertheilungselectricität  war,  so  folgt,  dafs 
ein  Theil  der  durch  Reibung  erzeugten  -(-  E  von  den  Spitzen, 
wie  nahe  diese  auch  der  Glasfläche  stehen  mochten,  nicht 
aufgenommen  werden  konnte.  Um  diesen  Betrag  hatte  sich 
also  die  Ausgiebigkeit  der  Maschine  vermindert. 

Der  Cylinder  dieser  Maschine  ist  40  Centimeter  lang 
und  hält  35  Centimeter  im  Durchmesser;  er  ist  von  sehr  gut 
isolirendem  Glase  verfertigt.  Um  denselben  zu  einer  kräftigen 
Wirksamkeit  zu  bringen ,  ist  es  gleichwohl  fast  immer  erfor- 
derlich, dafs  er  zuvor  eine  kurze  Zeit  der  strahlenden  Wärme 
glühender  Kohlen  ausgesetzt  werde.  Die  auf  dem  Conductor 
angehäufte  Electrieität  nimmt  dann  eine  hinlänglich  grofse 
Spannung  an ,  om  Fanken  von  8  Zoll  Länge  auf  einen  mit 
dem  Reibzeug  verbundenen  Leiter  senden  zu  können.  Die 
wirkliche  Ausgiebigkeit,  verglichen  mit  der  einer  Scheiben- 
inaschine  von  85  Centimeter  Durchmesser  der  Scheibe,  bleibt 
dessenungeachtet  nur  gering. 

Auf  einer  hinter  den  Spitzen  an  den  Glascylinder  ange- 
legten Hetallscheibe  wurde  jetzt  -|~  E  gebunden,  ein  Ueber- 
gewicht  an  negativer  Electrieität  des  Glases  andeutend.  Da 
indessen  schon  vorher  ein  Theil  der  entwickelten  -{-  E  der 
Einwirkung  der  Saugspitzen  entgangen  war,  so  ist  es  ein- 
leuchtend, dafs  auch  jetzt  nicht  alle,  durch  Reibung  erzeugte 
4-  E  auf  den  Conductor  übergetreten  sein  konnte.  Die  Atmo- 
sphärenwirkung dieses  Rückstandes  mufste  folglich  durch  das 
Uebermafs  der  auf  der  inneren  Seite  des  Cylinder^  ent-* 
wickelten  —  E  verdeckt  worden  sein. 


76  Buffy  über  die  Vertheihing 

Die  von  mir  benutzte  Scheibenmaschine  ist  so  einge- 
richtet, dafs  sich  Saugspitzen  nach  Bedürfnifs  entweder  nur 
an  einer  Seite,  oder  auch  an  beiden  Seiten  leicht  und  ohne 
Zeitverlust  anbringen  und  wieder  entfernen  lassen.  Die 
Scheibe,  von  5™°  Dicke,  wirkt  kräftig  bei  jeder  Witterung, 
und  ohne  der  Erwärmung  zu  bedürfen.  Um  die  Ausgiebig- 
keit zu  messen  bediente  ich  mich  einer  Lane'schen  Flasche 
von  6,4  Quadratdecimeter  äufserer  Belegung ,  deren  beide 
Kugeln  bei  allen  Versuchen  einen  Luftraum  von  nur  2"^°* 
zwischen  sich  liefsen* 

Der  Conductor  der  Maschine  war  mit  der  inneren  Be- 
legung, die  äufsere  Belegung  mit  dem  Reibzeuge  verbunden, 
ben  geringen  Abstand  der  Kugeln  hatte  ich  gewählt,  um 
jeden  Verlust  in  Folge  grofser  Zunahme  der  Spannung  mög- 
lichst zu  vermindern.  Einer  geringeren  Schlagweite  als  2"^"^ 
bedurfte  es  nicht  zu  diesem  Zwecke,  denn  Vorversuche  hatten 
mir  gezeigt ,  dafs  Veränderungen  in  der  Umdrehungszeit, 
selbst  bis  zur  dreifachen  anfänglichen  Geschwindigkeit,  keinen 
Einflufs  auf  die  Anzahl  Funken  oder  Entladungsschläge  hatten, 
welche  je  für  eine  gleiche  Anzahl  Umdrehungen  erfolgten. 

Wenn  die  Maschine  längere  Zeit  nicht  gebraucht  worden 
und  das  Amalgam  auf  den  ßeibzeugen  gleichförmig  aufge- 
strichen war,  erhielt  man  für  10  Umdrehungen  30  Funken, 
und  zwar  gleichgültig,  ob  Saugspitzen  an  beiden  Seiten,  oder 
auch  nur  an  einer  in  Wirksamkeit  gesetzt  wurden.  Nachdem 
ich  diesen  Punkt  durch  häufig  wiederholte  Versuche  wenig-* 
stens  für  meine  Maschine  festgestellt  hatte,  bediente  ich  mich 
in  der  Folge  meistens  nur  einer  Spitzenreihe  auf  einer  Seite 
der  Glasscheibe. 

Der  Grad  der  Lufttrockene  zeigte  sich  nicht  ganz  ohne 
Einflufs;  doch  scheint  dadurch,  auch  boi  ziemlich  feuchter 
Luft,  die  Ausgiebigkeit,  durch  Funken  von  2^^  Schlagweite 
gemessen ,    nicht  um   mehr  als  5  oder  höchstens  6  Funken 


der  Electrtcüät  in  Nichtleitern*  77 

heruntergedrückt  zu  werden.  Den  Grund  dieses  geringen 
Unterschiedes,  den  man  nach  den  an  der  Cylindermaschine 
gemachten  Erfahrungen  nicht  erwarten  sollte,  vermuthe  ich 
in  dem  Umstände,  dafs  die  Reibzeuge  an  der  Scheibe  sich 
fester  anpressen  lassen^  wodurch  letztere  schon  nach  wenigen 
Umdrehungen  von  einem  grofsen  Theile  etwa  daran  haften- 
der Flüssigkeit  befreit  wird.  Aus  demselben  Grunde  be- 
kommt man  denn  auch  gewöhnlich  nicht  gleich  das  Maximum 
der  Funkenzahl,  sondern  bemerkt  eine  Steigerung  bis  zu  den 
ersten  30  bis  40  Umdrehungen. 

Dann  erhält  sich  die  Kraft  der  Maschine  eine  Zeit  lang 
fast  constant  und  beginnt  endlich  zu  sinken,  allmälig  bis  zur 
Hälfte  der  gröfsten  Stärke.  Wenn  die  mit  gutem  Amalgam 
sehr  gleichförmig  bedeckten  Reibzeuge  durch  Federdruck  in 
möglichst  gute  Berührung  mit  der  Glasscheibe  gebracht  sind, 
so  hält  sich  die  Zahl  von  ungefähr  15  Entladungen  der  Mafs- 
fläche  für  10  Umdrehungen  ziemlich  lange  unverändert.  War 
jedoch  das  Amalgam  schon  abgenutzt  und  das  Reibkissen 
während  des  Gebrauches  staubig  geworden,  so  kann  man 
zwar  nach  längerer  Ruhe  der  Haschine  ebenfalls  28  bis  30 
Funken  für  10  Umdrehungen  erlangen,  allein  die  Abnahme 
ist  dann  auffallend  rascher  und  bleibt  auch  nicht  so  lange 
bei  der  Hälfte  der  anfänglichen  Kraft  stehen. 

Die  Maschine,  deren  Kraft  durch  einige  Zeit  fortgesetz- 
ten Gebrauch  in  der  angegebenen  Weise  abgenommen  hatte, 
erholt  sich  sichtlich  schon  nach  einigen  Minuten  der  Ruhe, 
und  zwar  ohne  dafs  unterdessen  die  geringste  Aenderung 
mit  dem  Reibzeuge  vorgenommen  wurde.  Nach  starkem 
Gebrauch  indessen,  und  wenn  die  anfängliche  Kraft  auf  die 
Hälfte  oder  noch  weiter  heruntergegangen  war,  dauerte  es 
bei  trockener  Witterung  häufig  8  und  selbst  14  Tage,  bis 
die  ganze  ursprüngliche  Wirksamkeil  sich  wieder  hergestellt 
hatte^    Dieses  Ziel  konnte  übrigens  durch  die  längere  Ruhezeit 


78  Buffy  über  die   Vertheüung 

vollständig  erreicht  werden ,  auch  ohne  das  Amalgam  des 
Reibzeuges  zu  erneuern  und  selbst  ohne  Reinigung  des 
Glases. 

Diese  Veränderlichkeit  in  der  Kraft  der  Eleclrisirmaschine 
ist  ohne  Zweifel  schon  oft  beobachtet  worden.  Dafs  aber 
die  besonderen  Umstände,  mit  welchen  sie  zusammenhängt, 
nicht  längst  genauer  untersucht  und  allgemein  bekannt  sind, 
mag  wohl  darin  seinen  Grund  haben,  dafs  die  Maschine  selten 

« 

längere  Zeit  ohne  Unterbrechung  benutzt  wird,  und  dafs,  wo 
man  bei  dauernderem  Gebrauche  eine  bedeutende  Abnahme 
vielleicht  wahrnahm,  man  eine  genügende  Erklärung  in  der 
vermehrten  Luftfeuchtigkeit  und  in  der  Abnutzung  der  Reib- 
zeuge zu  finden  glaubte.  Diese  beiden  Einflüsse  bilden 
jedoch,  wie  schon  bemerkt  wurde,  gewöhnlich  nicht  die 
Hauptursache  der  bei  anhaltendem  Gebrauche  abnehmenden 
Kraft  der  Scheibenmaschine.  Diese  Ursache  hat  man  viel- 
mehr in  den  Veränderungen  der  electrischen  Beschaffenheit 
des  Glases  zu  suchen. 

Um  eine  beliebige  Stelle  der  Glasscheibe  auf  ihren  elec- 
trischen Zustand  zu  prüfen,  wurde  das  schon  weiter  oben 
beschriebene  Verfahren  angewendet.  Man  bedeckte  die  be- 
treffende Stelle  mit  einer  Metallplatte,  die  dann  ableitend  be- 
rührt und  isolirt  abgehoben  wurde.  Sollte  aber  der  electrische 
Zustand  an  einer  Stelle  der  Oberfläche  möglichst  unabhängig 
von  dem  Einflüsse  der  gegenüberliegenden  Glasfläche  unter- 
sucht werden,  so  geschah  diefs  nach  der  electrophorischen 
Prüfung;  d.  h.  beide  einander  gegenüberliegenden  Stellen 
wurden  gleichzeitig  mit  Metallplatten  belegt  und  im  Uebrigen 
wie  vorher  verfahren. 

Auf  diese  Weise  fand  man,  dafs  alle  Stellen  der  Scheibe 
zwischen  Reibzeug  und  Spitzen  auf  beiden  Seiten,  während 
der  ganzen  Zeit  des  Gebrauches,  positiv  electrisch  waren. 
Diefs  versteht  sich   von   selbst,    da  beide  Seiten  der  Scheibe 


' 


der  Meetricität  in  Nichtleitern,  79 

gleichzeitig  gerieben  wurden.  Hinter  den  Spitzen  dagegen 
zeigt  das  Glas  ein  wechselndes  Verhalten.  Wenn  die  Scheibe 
nach  dem  Ergebnifs  der  electrophorischen  Prüfung  sich  vor 
dem  Gebrauche  noch  ganz  unelectrisch  verhalten  hatte,  wenn 
ferner  während  des  Gebrauches  der  Conductor  abgeleitet 
war,  so  wurde  nach  einmaligem  Umdrehen  in  der  an  irgend 
ekier  Stelle  hinter  den  Spitzen  angelegten  Hetallplatte  ge- 
wöhnlich auf  beiden  Seiten  des  Glases  —  E  gebunden.  Hier- 
nach schien  es,  dafs  auf  beiden  Seiten  ein  Theil  der  durch 
die  Reibung  entwickelten  positiven  Blectricität  zurückgehalten 
worden  war  Nach  wiederholten  Umdrehungen  verschwand 
dieses  Uebejgewicht  der  -f-  E  zuerst  auf  der  Seite  der  Saug- 
spitzen  und  — E  kam  zum  Vjorschein,  während  gleichzeitig 
auf  der  andern  Seite,  wo  die  Saugspitzen  fehlten,  die  ver* 
tbeilende  Kraft  der  -j-E  ebenfalls  abnahm,  jedoch  später 
erlosch  und  in  —  E  überging.  Wenn  zu  irgend  einer  spä- 
teren Periode y  während  das  Beiben  fortgedauert  hatte,  die 
Metallplatte  abwechselnd  auf  der  Seite  der  Spitzen  und  der 
andern  Seita  angelegt,  ableitend  berührt,  isolirt  abgehoben 
und  an  das  Blectroscop  gebracht  wurde,  so  zeigte  sie  sich 
von  beiden  Seiten  der  Scheibe  stets  gleichartig  mit  -j-  ^ 
geladen,  wenn  auch  am  stärksten  von  derjenigen  Seite, 
gegen  welche  die  Spitzen  gerichtet  waren.  Solche  positive 
Ladungen  durch  Vertheilung,  die  auf  ein  sehr  stark  ent- 
wickeltes UebergewichA  der  — E  im  Glase  hinweisen,  erhielt 
die  M<^Upl&tte  selbst  dann ,  wenn  sie  in  zwei  Zoll  Abstand 
von  der  Scheibe  gehalten  wurde,  sowohl  auf  der  einen  wie 
auf  der  andern  Seite  derselben*  Dessen  ungeachtet  war 
nach  der  Aussage  der  electrophorischen  Prüfung  das  Glas 
nur  auf  der  Seite  der  Saugspitzen  negativ  electrisch  gewor- 
den, auf  der  andern  Seite  während  der  ganzen  Zeit  .der 
Reibung  posjtjv  electrisch  geblieben. 


80  Buff,  über  die   Vertheäung 

Ein  sehr  stark  entwickeltes  Uebergewicht  der  negativen 
Electricität  an  solchen  Stellen  der  Scheibe,  welche  eben  an 
den  Spitzen  vorübergegangen  waren,  fallt  immer  mit  einer 
geringen  Ausgiebigkeit  der  JMaschine  zusammen.  Wenige 
Minuten  der  Ruhe  reichen  dann  hin ,  eine  merkliche  Abnahme 
jenes  Uebergewichtes  herbeizuführen;  gleichzeitig  vermehrt 
sich  wieder,  die  Funkenzahl.  Wartet  man  länger ,  so  tritt 
-f- E  zuerst  wieder  an  der  Seite  des  Glases  hervor,  wo  die 
Spitzen  nicht  eingewirkt  hatten,  später  aber  auch  an  der 
Seite  der  Spitzen.  Die  Atmospbärenwirkung  der  so  wieder 
fühlbar  gewordenen  -f-  E  bleibt  jedoch  gering  und  verliert 
sich,  gewöhnlich  nach  mehreren  Tagen ,  bis  auf  geringe 
Spuren.  Indessen  selbst  in  dieser  Periode  des  sich  verlie« 
renden  Vertheilungszustandes  kann  man  durch  die  electro- 
phorische  Prüfung  noch  starke  Ladungen,  selbst  bis  zum 
Ueberschlagen  knisternder  Funken  erhalten.  Erst  nachdem 
alle  diese  Aeufserungen  nach  vorhandener  Vertheilung  ver- 
schwunden sind,  arbeitet  die  Maschine  mit  der  ursprünglichen 
Kraft. 

Das  electrische  Verhalten  der  Glasscheibe  blieb  im  We- 
sentlichen unverändert,  wenn  man  Saugspitzen  an  beiden 
Seiten  benutzte.  Auch  in  diesem  Falle  war  die  Verminderung 
der  Ausgiebigkeit  begleitet  von  einem  allmälig  anwachsenden 
Uebergewichte  von  —  E  an  allen  Stellen  des  Glases  hinter 
den  Saugspitzen,  bis  zum  folgenden  Reibzeuge.  Aber  auch 
in  diesem  Falle  fand  sich  nach  der  electrophorischen  Prüfung 
immer  nur  die  eine  Seite  des  Glases  negativ,  die  andere 
positiv  electrisch.  Die  Richtung  dieser  Polarisation  wechselte, 
je  nachdem  man  die  eine  oder  die  andere  Spitzenreihe  der 
Scheibe  etwas  näher  stellte. 

Wenn  der  Conductor  während  der  Umdrehung  der 
Scheibe   nicht  abgeleitet   ist,   so   vermindert   sich   die  Aus- 


der  Mectricität  in  iftchtteüerti.  6i 

giebigkeit  zwar  ebenfalls,  aber  viel  langsamer  als  bei  abgelei- 
tetem Cohductor.  Als  letzterer  sammt  seinen  Saugspitzen 
ganz  entfernt  worden  war  and  erst  nach  lange  fortgesetztem 
Umdrehen  der  Scheib^e  wieder  an  seine  Stelle  gebracht  wurde, 
blieben  von  anfangs  30  Funken  der  Mafsfläche  immer  noch 
15  bis  22.  Unter  15  Funken  liefs  sich  unter  diesen  Ver- 
hältnissen die  Ausgiebigkeit  selbst  durch  mehrere  hundert 
Umdrehungen  nicht  herabdrücken. 

Aus  diesen  verschiedenen  Erfahrungen  geht  hervor,  dafs 
ungeachtet  des  Reibens  au^  beiden  Seiten  der  Electrisirscheibe 
eine  Vertheilung  der  natürlichen  Electricitäten  des  Glases 
und  in  Folge  davon  Auftreten  von  —  E  im  Inneren  und  Bin- 
dung eines  grofsen  Theils  der  durch  die  Reibung  erzeugten 
-j-  E  nicht  gehindert  werden  kann.  Die  Electricitütsmenge, 
welche  dadurch  schon  gleich  nach  den  ersten  Umdrehungen 
zurückgehalten  wird,  beträgt  ungefähr  die  Hälfte,  nämlich 
die  ganze  Menge  der  auf  der  einen  Seite  der  Scheibe  ent- 
wickelten positiven  Electricität.  So  wenigstens  zeigt  es  sich 
bei  einer  Scheibe  von  5"™  Dicke.  Undenkbar  wäre,  es  nicht, 
dafs  diinnere  Scheiben  gleich  starke  Vertheilungseffecte  nicht 
so  leicht  >¥ürden  aufkommen  lassen,  denn  es  ist  gewifs,  dafs 
die  von  beiden  Seiten  gleichzeitigen  Einwirkungen  einander 
entgegengesetzt  sind  und  daher  theilweise  sich  aufheben 
müssen. 

Abreiben  mit  warmem  Wollenzeug  oder  Pelzwerk  ist  ein 
sehr  bekanntes  Hülfsmittel,  die  geschwächte  Kraft  einer  Elec- 
trisirscheibe wieder  zu  heben.  Dieser  Vortheil  wird  aber 
nicht  blofs  (so  wie  man  früher  allgemein  angenommen  zu 
haben  scheint}  durch  die  Entfernung  von  Staub  und  Feuchtig- 
keit von  den  Glasflächen  erzielt 

In  verschiedenen  Schriften  wird  angeführt,  dafs  Reiben 
mit  Pelzwerk ,  insbesondere  mit  Katzenpelz,  das  Glas  negativ 
electrisch  mache;  bei  Gläsern  mit  reiner ,   polirter  Glasfläche 

AnnaL  d.  Chem.  n.  Pharm.  CXIZ.  Bd.  1.  Heft.  6 


82  Buff^  über  die  Vertheäung 

habe  ich  diefs  nie  gefunden.  Auch  die  von  mir/  benutzte 
Electrisirscheibe  wurde  durch  Reiben  mit  diesen  Stoffen 
positiv  electrisch.  Diese  Operation  brachte  jedoch  keinen 
oder  nur  ganz  geringen  Nutzen,  wenn  die  Maschine  lange 
Zeit  geruht  hatte.  Dagegen  konnte  die  durch  langen  Gebrauch 
fast  unwirksam  gewordene  Scheibe  allein  schon  durch  Ab- 
reiben mit  Katzenpelz  wenigstens  auf  die  Hälfte  der  anfäng- 
lichen Kraft  zurückgeführt  werden.  Dabei  kam  eis  hauptsäch- 
lich darauf  an,  das  Glas  auf  der  Seite  der  Spitzen  fest  ab- 
zureiben, auf  der  andern  Seite  konnte  diese  Operation  ohne 
merklichen  Nachtheil  ganz  unterbleiben. 

Ein  Lederkissen,  mit  Amalgam  überstrichen,  zeigte  sich 
häufig  noch  wirksamer  als  Pelz;  beide  Mittel  führten  zu  dem 
günstigsten  Erfolge,  wenn  map  si4?b  begnügte,  bei  geöffneten 
Beibzeugen  nur  d|e  den  Saugspitzßn  zugewßndete  Fläche  der 
Scheibe  wiederholt  abzureiben,  während  die  Spitzen  selbst 
abgenoinpien  waren*  Es  ist  einloMPhtend ,  dafs  hierdurch 
eine  der  frftheren  gerade  entgegengesetzte  electrische  Ver- 
theilung  im  Glase  hervorgerufen,  folglich  jen/er  frühere,  die 
Wirksamkeit  der  Scheibe  störende  Vertheilungszusjtand  tbeil- 
weise  zernichtet  wurde.  Damit  slimv^t^  auch  das  Verhalten 
der  Glasscheibe  überein,  demn  ihra  überwiegend  gewordene 
electronegative  Atn^ospbärenwirkiing  verschwand  dauernd  und 
selbst  auf  der  nicht  abgeriebenen  Glasfläche  trat  -j-  ^  wieder 
hervor. 

Durch  das  Abreiben  au|  der  3e»U  fiejt  Spitzen  kann  man 
jedoch  nur  einen  Theil,  etwa  4^e  Qälfte  bis  zu  Vs  der  durch 
anhaltenden  Gebrai^cb  verminderten  Wirksamkeit  der  Ma- 
schine wieder«  hers^telfan.  Die  ga^ze  anfängliche  Kraft  rasch 
wieder  zu  gewinnen  gelang  mir  ^veder  auf  diesem«  noch  auf 
einem  andern  Wege. 

Die  Scheibe  der  Electrisirm^schine  hat  einen  Durch- 
mesijLer  von  85  Centimete,r;   ein   y^iei^theil   ihrer  Oberfliäche 


i 


r 


der  EUetricüät  in  Nichtleitern.  83 

wird  nicht  gerieben.  Die  geriebene  Fläche  beträgt  demnach' 
4254  Quadratcentimeter.  Da  aber  zwei  Reibzeuge  vorhanden 
sind  und  beide  Seiten  der  Scheibe  gerieben  werden,  so  hat 
man  eigentlich  17016  Quadratcentimeter  geriebene  Fläche  in 
Rechnung  zu  nehmen.  • 

Die  zu  den  oben  angeführten  Versuchen  benutzte  Cylin- 
derniaschine  hat  einen  Umfang  von  HO  Centimeter  und  ihr 
Reibzeug  ist  25  Centimeter  lang ,  die  geriebene  Fläche  hat 
daher  2750  Quadratcentimeter  Inhalt.  Diese  Maschine  lieferte, 
wenn  das  Glas  durch  glühende  Kohlen  getrocknet  war  sehr 
regelmäfsig  für  20  Umdrehungen  9  Ladungen  der  Mafs- 
flasche;  die  Scheibenmaschin^,  bei  Voller  Wirksamkeit,  für 
dieselbe  Anzahl  Umdrehungen  60  Ladungen.  Die  Ausgiebig- 
keit beider  Maschinen  verhält  sich  demnach  wie  1  :  6,6, 
während  ihre  geriebenen  Flächen  im  Verhältnifls  von  1  :  6,2 
stehen.  Die  Ausgiebigkeit  ist  also  so  ziemlich  der  geriebenen 
Fläche  (deren  Gröfse  im  obigen  Sinne  genommen)  propor- 
tional, wobei  jedoch  die  Scheibenmaschine  noch  immer  den 
Vorzug  hat,  der  Erwärmung  nicht  zu  bedürfen. 


lieber  einige  Derivate  der  Kohlenwasserstoffe  CnHn ; 

von  F.  GutiiHe^ 


Dritte    Abhandlung  *}.- 

Die   Einfuhrung  von    Nitroxin  ♦*)    in    organische  Sub- 
stanzen und  die  Bildung  der  s.  g.  Nitroverbindungen  ist  bis 

*)iC]iffln.  Soc.  Q]ei.  4t  XIII)    129w     Die  beiden  Yoiamflgefaemden  Ab- 
bandlungen vgl.  diese  Annalen  GXIII,  266  a>  OXVi^  284.1    /).  R. 

**)  Es  empfiehlt  sich  die  BezeichmiuigiiVäffX)^^.  für  NO4;  «ntspoechend 
der  Benennung  Chloride,  Jodide  u.<  a.  .wären  dftnn  die  s,  g.  sal- 

6* 


84  Outhrie,  über  einige  Derivate 

jetzt,  mit  anscheinend  einer  einzigen  Ausnahme*},  durch  die 
Einwirkung  von  Salpetersäure,  für  sich  oder  mit  Schwefel* 
säure  gemischt,  bewerkstelligt  worden.  Die  Ursache  hiervon 
liegt  klar  vor  :  eine  solche  Einführung  bestand  in  jedem 
Falle  in  der  Ersetzung  von  Wasserstoff  durch  Nitroxin.  Die 
Salpetersäure  bietet  ihr  fünftes  Atom  Sauerstoff  dem  zu  er- 
setzenden Wasserstoff  dar,  während  das  Nitroxin  selbst  die- 
sen Wasserstoff  ersetzt.  Eine  solche  natürlich  als  Zersetzung 
nach  doppelter  Wahlverwandtschaft  vor  sich  gehende  Ersetzung 
läfst  sich  allgemein  ausdrücken  durch  die  Gleichung  : 

C„ . . . .  H.  +  p(0N04)  =  C« . . . .  H„-p(N04)p  +  pHO, 

und  ist  ganz  entsprechend  der  bei  der  Einwirkung  von  Chlor 
vor   sich  gehenden  Bildung  von  Chlorsubstitutionsproducten  : 

C„....H«  +  p(ClCl)  ==  C„,....Hn.pClp  +  pHCl 
und  vermuthlich  auch   entsprechend   dem  bei   dem  Einführen 
von  Chlor  mittelst   unterchloriger   Säure   statthabenden  Vor- 
gang- 

Die  Bildung  von  Amylenbinitcoxid  CioHio-SNO«  bei  der 
Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Amylen  **}  liefs  natürlich 
sofort  die  Frage  sich  aufwerfen,  ob  die  Kohlenwasserstoffe 
CnHn»  welche  sich  direct  mit  2  At.  salzbildender  Elemente 
ohne  Elimination  von  Wasserstoffsäuren  verbinden  können, 
sich  gegen  Nitroxin  in  ähnlicher  Weise  verhalten. 

Wird  Nitroxin,  durch  Erhitzen  von  wasserfreiem  salpeter- 
saurem Blei   dargestelU^    durch    ein  leeres  Geföfs  und  dann 


petrigsaaren  Salze  MONOs»  wie  schon  früher  vorgeschlagen,  als 
Nitrozide  MNO4  zu  betrachten  und  zu  bezeichnen.  Weiter  be- 
merke ich  noch  bezüglich  der  Nomenclatur ,  dafs,  wie  Bichlor- 
ttthylen  die  Verbindung  C4H3CI2  und  Aethylenbichlorid  die  Ver- 
bindung C4H4OIS  bedeutet,  so  ich  die  Verbindung  C^oHyNO«  als 
NitroxinaphtaHn  und  die  Verbindung  CioH|o(N04)t  als  Amylen- 
binitroxid  bezeichne. 

*)  VgL  unten  bei  Nitroxinaphtalin. 

••*)  Diese  Annalen  CXVI,  248. 


der  Kohlenwasserstoffe  Cj^H^.  85 

in  einen  Amylen  enthaltenden  Kolben  geleitet ,  so  findet 
sofort  Absorption  des  Gases  statt  und  das  Amylen  wird  all- 
mälig  zu  einer  taigigen  Masse  kleiner  Krystalle.  Um  Verlust 
zu  vermeiden,  wird  der  Kolben  zweckmftrsig  mittelst  einer 
Kältemischung  abgekühlt.  Das  Product  wird  auf  ein  Filter 
gegeben  y  zur  Beseitigung  einer  die  Krystalle  begleitenden 
öligen  Flüssigkeit  mit  kaltem  Alkohol  gewaschen,  dann  aus 
siedendem  Aether  umkrystallisirt  und  im  leeren  Räume  über 
Schwefelsäure  getrocknet.  So  dargestellt  ergab  die  Substanz 
die  Zusammensetzung  CioHioNsOg  : 

berechnet  gefdnden 

Cio  87,09  87,26 

Bio  6,18  6,51 

N,  17,22  17,66 

Oa  89,51  — 

Diese  Substanz  ist  somit  Amylenbinitroxid  CioHxo  .  2  NO« 
und  identisch  mit  dem  durch  Einwirkung  von  Salpetersäure 
auf  Amylen  erhaltenen  krystallinischen  Körper.  Sie  ist  inso- 
fern merkwürdig,  als  sie  die  einzige  bekannte,  dem  Oel  des 
ölbildenden  Gases  isotype  Nitroxinverbindung  ist,  aber  noch 
merkwürdiger ,  sofern  ihre  letztere  Bildungsweise  das  ein- 
zige Beispiel  im  Bereich  der  organischen  Chemie  bietet,  wo 
das  freie  Nitroxin  wie  ein  salzbildendes  Element  ohne  Elimi- 
nation von  Wasserstoff  einwirkt.  —  Amylenbinitroxid  ist  nur 
wenig  löslich  in  kaltem,  leicht  löslich  in  siedendem  Alkohol; 
es  löst  sich  auch  in  Aether  und  in  Schwefelkohlenstoff,  ist 
aber  ganz  unlöslich  in  Wasser,  Es  krystallisirt  in  kleinen 
quadratischen  und  rectangulären  farblosen  durchsichtigen 
Tafeln. 

Bei  dem  Erhitzen  in  einer  trockenen  Röhre  zersetzt  sich 
das  Amylenbinitroxid  genau  bei  95^  C,  wobei  sich  ein  Gas 
entwickelt  und  eine  Flüssigkeit  von  gröfserem  spec.  Gew.  als 
das  des  Wassers  entsteht.    Als  die  Zersetzung  in  einer  starken 


68  Outhris,  über  einige  Derivate 

zugeschmolzenen  Glasi^öbre  durch  Erhitzen  auf  100^  bewerk* 
stelligt  wurde,  entwich  bei  dem  Oeffnen  der  Röhre  viel  Gas, 
welches  feuchtes  Laekmuspapier  roth  färbte.  Eine  andere 
Portion  der  Substans  wurde  in  derselben  Weise  bei  Gegen- 
wart von  Wasser  behandelt.  Als  nach  dem  Oeffnen  der 
Röhre  das  saure  Wasser  mit  Ammoaiak  neutralisirt  und  die 
fiUririe  Flüssigkeit  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  ge- 
bracht wurde,  blieb  ein  Rückstand,  welcher  bei  dem  Erhitzen 
Stickstoff  entwickelte^  Das  aus  dem  Amylenbinitroxid  frei 
gewordene  Gas  war  somit  salpetrige  Säure  NOs  oder  Mitroxin- 
wasserstoffsäure  HNO4. 

Zunächst  wat  die  Natur  des  flüssigen  Productes  zu  be- 
stimmen, welches  bei  der  Darstellung  desi  Amylenbinitroxids 
als  Begleiter  desselben  auftritt. 

Die  abfiltrirte  und  die  vom  Waschen  des  Amylenbinitro- 
xids mit  Alkohol  herrührende  Flüssigkeit  wurden  nach 
mehrstündigem  Eindampfen  auf  dem  Wasserbad  mit  Wasser 
gewaschen  und  getrocknet ;  es  wurde  auf  diese  Art  eine 
bernsteingelbe  durchsichtige  Flüssigkeit  erhalten^  die  in  Wasser 
untersank  und  sich  mit  diesem  nicht  mischte.  Diese  Flüssig- 
keit erlitt,  eben  so  wenig  wie  das  Amylenbinitroxid,  keine 
Veränderung  bei  mehrtägigem  Erhalten  in  einer  Atmosphäre 
von  Nitroxin.  Die  bei  der  Analyse  der  Flüssigkeit  gefun- 
denen  Zahlen  entsprechen  sehr  nahe  der  Zusammensetzung 
eines  Gemisches  von  gleichen  Aequivalenten  Amylenbinitroxid 
und  Salpetersäuren!  Amyl  : 

berechnet 

CioH,o  .  2  NO4  +  CioHuO .  NO5  «e^«»iden 

G                       40,67  40,94 

H                         7,12  7,87. 

Obgleich  die  Gegenwart  von  Amyl  auf  die  Zersetzung 
eines  anderen  Moleculs  Amylen  hinweisen  würde,  erscheint 
doch  die  oben  ang^^ebene  Zusammensetzung   des   fragUcheii 


der  KoMtnwassef Stoffe  CJS^^.  87 

Gemisches  aus  feigenden  Gründen  wahrscheinlich.  Beim  Er- 
hiteen  desselben  anf  95^  ([der  Temperatur,  bei  welcher  auch 
CioHio*2N04  zersetzt  wird}  tritt  Zersetzung  ein,  wobei  die 
Temperatur  yon  selbst  auf  170^  steigt  und  der  gröfsere  Theil 
der  Flüssigkeit  übergeht.  Durch  Rectification  wurde  eine 
Portion  erhalten,  welche  fast  cönstent  bei  160^  siedete,  und 
deren  Zusammensetzung  der  Formel  CioHnO.NOs  annähernd 
entsprach  : 

berechnet  gefanden 

Kohlenstoff        45,11  46,40 

Wasserstoff  8,27  8,40. 

Bei  dem  Kochen  eines  Theils  des  Destillates  mit  alkoho- 
Ijscher  Kalilösung  wurde  salpetersaures  Kali  gebildet.  Auch 
die  ursprüngliche  Flüssigkeit  gab  unter  denselben  Umständen 
salpetersaures  Kali. 

Salpetersaures  Amyl  scheint  auch  unter  den  flüssigen 
Producten  enthalten  zu  sein ,  die  sich  bei  dem  Erhitzen  des 
Amylenbinitroxids  für  sich  bilden. 

Bei  dem  Erhitzen  des  Amylenbinitroxids  mit  Aetzkalk 
entsteht  eine  aromatische  Substanz^  welche  vom  Valeral  ver- 
schieden und  wahrscheinlich  Amylenäther  Cit)Hio08  ist. 

Die  Einwirkung  von  Schwefelammonium,  Wasserstoff  im 
Entstehungszustand  und  anderen  Reductionsmitteln  auf  Amylen- 
binitroxid  verdient  genauere  Untersuchung. 

Bis  jetzt  sind  meine  Versuche ,  Nitroxin  mit  Aethylen 
zu  vereinigen,  erfolglos  geblieben. 

Weder  Stickoxydul  noch.  Stickoxyd  wirkt  auf  Amylen 
ein.  Die  Verwandtschaft  des  Amylens  zu  Nitroxin  ist  so 
grofs ,  dafs  sich  mittelst  dieses  Kohlenwasserstoffs  eine  selbst 
geringe  Spur  von  Nitroxin  in  den  eben  genannten  Oxydations- 
stufen  des  Stickstoffs  erkennen  Ufst.  Wird  z.  B.  Amylen 
durch  eine  Trichterröbre  in  einen  Kupfer  und  Salpetersäure 
eothaltenden  Kolben  gebracht  ^   der  ganz  kalt  erhalten  wird 


88  Guthrie,  über  einige  Derivate 

»nd  aus  welchem  die  Luft  durch  das  bereits  entwickelte  Gas 
ausgetrieben  ist,  so  bilden  sich  fortwährend  wenn  auch 
langsam  Krystalle  von  Amylenbinitroxid;  läfst  man  aber  das 
Stickoxyd  erst  durch  schwefelsaures  Eisenoxydul  absorbiren, 
und  entwickelt  dann  das  Gas  aus  dieser  Lösung*)  und  läfsl 
es  durch  Amylen  in  einem  Apparate  streichen ,  aus 'welchem 
vorher  die  Luft  durch  einen  Strom  von  Kohlensäure  auisgetrieben 
wurde,  so  tritt  keine  Veränderung  ein, 

NitroxinaphtaUn  (NilronaphtalinJ.  —  Die  Untersuchungen 
Laurent's  und  anderer  Chemiker  haben  seit  langer  Zeit  fest- 
gestellt, dafs  das  Naphtalin  als  ein  dem  Aethylen  analoger 
Körper  zu  betrachten  ist**);  es  verbindet  sich  direct  mit 
Chlor  zu  Naphlalinbichlorid  C20H8CI2,  und  wenn  es  sich  auch 
mit  4  At.  eines  salzbildenden  Elements  vereinigen  kann,  wie 
in  dem  Quadrichlorid  C20H8CI4,  dem  Terchlorobromid  CgoHgCldBr 
und  den  zahlreichen  idiotypen  Substanzen  C20H6CI2CI4, 
C2oH6Br8Cl4  u.  s.  w. ,  so  ist,  wie  wir  bei  der  Untersuchung 
des  Verhaltens  von  Aethylen  und  Amylen  zu  Chlorschwefel 
bereits  gesehen  haben  und  in  dem  später  Folgenden  noch 
weiter  bewiesen  sehen  werden ,  die  Vereinigung  mit  4  At. 
eines  salzbildenden  Elementes  etwas  fUr  die  deih  Aethylen 
isotypen  Substanzen  ganz  naturgemäfs  Annehmbares.  Wie 
das  Aethylen,  verbindet  sich  auch  das  Naphtalin  mit  wasser^ 
freier  Schwefelsäure  sowohl  als  mit  Schwefelsäurehydrat,  und 
endlich  finden  wir  es  auch  noch  in  dem  Naphtalamin  CgoHgHN 
den  zweiatomigen  Character  einer  mit  dem  Aethylen  isotypen 
Substanz  bewahrend,  sofern  es  hier  2  At.  Wasserstoff  des 
Ammoniaks  ersetzt 


*)  Bunsen^s  gasometrisclie  Methoden,  S.  55. 

**)  Die    dem   ölbüdenden   Gase   sich    analog   verhaltenden    Kohlen- 
wasserstoffe bezeichnet  Gutl^rie  allgemein  als  Okfisie.      .  D,  R, 


der  Kohlenwasserstoffe  O^H^,  89 

Aus  Laurenl's  Untersuchung  der  Einwirkung  der  Sal- 
petersäure auf  Naphtalin  ging  vorzugsweise  die  Erkenntnifs 
von  drei  Nitroxinsubstitutionsproducten  hervor ,  die  nicht  mit 
dem  Naphtalinbichlorid  sondern  mit  dem  Naphtalin  selbst 
idiotyp  sind  : 

Nitroxinaphtalin         G9oH7(N04) 
Binitroxinaphtalin      OsoHeCKO^)^ 
Trinitroxinaphtalln    C|^H5(N04)s. 

In  Erinnerung  einerseits  an  die  Analogie,  welche  zwi- 
schen diesen  Substanzen  und  den  idiotypen  chlorhaltigen 
Derivaten  des  Aethylens  statt  hat,  uhd  andererseits  an  die 
oben  beschriebene  directe  Vereinigung  des  Amylens  mit 
Nitroxin ,  liefse  sich  a  'priori  als  möglich  betrachten ,  dafs 
man  Naphtalinnitroxid  oder  Naphtalinbinitroxid  durch  die 
Einwirkung  von  Nitroxin  auf  Naphtalin  erhalten  könne.  Oh 
nun  gleich  Laurent  diese  Reaction  als  ein  Verfahren  zur 
Darstellung  von  Nitroxinaphtalin  giebt,  hielt  ich  es  doch,  da 
der  von  ihm  in  dieser  Weise  erhaltene  Körper  nicht  analysirt 
worden  zu  sein  scheint,  der  Mühe  werth,  Laurents  Ver- 
such zu  wiederholen. 

Wird  Naphtalin  in  einen  überschüssiges  Nitroxin  ent- 
haltenden Kolben  gebracht,  so  findet  eine  beträchtliche  Wärme- 
entwickelung statt,  spärliche  weifse  Dämpfe  bilden  sich,  die 
sich  rasch  wieder  absetzen ,  und  eine  ölige  Flüssigkeit  ent- 
steht,  die  beim  Abkühlen  erstarrt.  Um  die  Einwirkung  eine 
vollständige  sein  zu  lassen,  wird  der  einen  Ueberschufs  von 
Nitroxin  enthaltende  Kolben  verkorkt,  und  das  Product  wie- 
derholt geschüttelt  und  geschmolzen.  Durch  nachheriges 
Umschmelzen  desselben  unter  Wasser,  Trocknen  und  Umkry- 
stallisiren  aus  Aether  wurde  eine  Substanz  erhalten,  die  bei 
der  Analyse  der  Formel  C2oH7(N04)  entsprechende  Zahlen 
ergab  : 


90  Guthrie^  über  einige  Derivate 

berechnet  gefunden 

Kohlenstoff  69,36  69,49 

Wasserstoff  4,05  4,20. 

Das  hier  gebildete  Product  ist  somit  unzweifelhaft  Nitroxi- 
naphtalin.  Nitroxin  verhält  sich  also  gegen  Naphtalin  dem 
Brom  ähnlicher  als  dem  Chlor,  denn  während  das  erstere 
Bromnaphtalin  bildet ,  läfst  das  letztere  Naphtalinbichlorid 
entstehen  : 

,  CijoHg  -y-  2  Gl     =     CjioIigClg 
Cyas  4-  2Br    =    C^HrBr     +  HBr 
CjoHs  +  2  NO4  =    C80H7NO4  +  HNO4. 

Aethylenhisulfochlorid.—  Obgleich,  wie  früher*)  gezeigt 
wurde,  Aethylen  und  Chlorbisulfid  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur und  überhaupt  unter  gewöhnlichen  Umständen  nicht 
auf  einander  einwirken ,  und  bei  dem  Erwärmen  auf  139^ 
das  Aethylenmolecul  aus  einander  geht**),  versuchte  ich 
doch  noch  einmal,  die  zwei  genannten  Körper  direct  zu  ver» 
einigen,  weil  die  entstehende  Verbindung,  falls  sie  sich  der 
isptypen  Amylenverbindung  ähnlich  verhielte,  den  Ausgangs- 
punkt fiir  eine  Reihe  sehr  wichtiger  Derivate  abgeben 
würde  ***). 

Wird  Schwefelbichlorid  in  einer  Atmosphäre  von  trocke- 
nem Aethylengas  in  einem  verschlossenen  Gefäfse  dem  directen 
Sonnenlichte  ausgesetzt,  so  vereinigen  sich  beide  Körper 
langsam  aber  fast  vollständig,  wobei  indessen  Chlorwasserstoff 
frei  wird. 

Werden  einige  Gramm  Chlorbisulfid  in  ein  wohl  ver- 
schliefsbares  Gefäfs  gebracht,  in  welchem  dann  die  Luft  durch 
Aethylengas  verdrängt  wird,  und  wird  nun,  nach  Verschlufs 
des  Gefäfses  mit  einem  mit  Wachs  bestrichenen  Stopfen   und 


^)  Guthrie   in  diesen  Annalen  GXIII ,  272,*    Niemann  daselbst 
CXIII,  290. 

**)  Diese  Annalen  CXVI,  235  ff. 

*•*)  Vgl.  die  folgende  (vierte)  Abhandlang. 


der  KoJdenwasserUofi  C^H^>  91 

fibergebundenem  Caoutchouc^  das  Gänse  zwanzig  Stunden 
hing  in  siedendes  Wasser  eingetaucht  gelassen,  so  zeigt  sich 
jetzt,  dafs  sehr  vollständige  Absorption  stattgefanden  hat, 
während  nur  eine  Spur  Chlorwasserstoff  gebildet  wCtrde.  Das 
Gefäfs  mag  nun  nochmals  mit  Aethylengas  gefüllt  und  die- 
selbe Operation  drei-  bis  viermal  wiederholt  werden.  Das 
resultirende  Product  wird  ^suan  mit  warmem  Wasser  geschüt- 
telt,  getrocknet,  mit  Aether  digerirt,  filtrirt,  das  Filtrat  im 
luftverdünnten  Räume  bis  zum  Verjagen  des  Aethers  ein- 
gedampft, nochmals  in  möglichst  wenig  Aether  gelöst,  filtrirt 
und  im  luftverdünnten  Räume  zur  Trockne  gebracht.  Die 
Zusammensetzung  des  auf  diese  Art  gereinigten  Products  ent- 
sprach der  Formel  C4H4S2CI  : 

gefunden 

25,93 

4,30 

33,47 

36,29. 

Diese  Substanz  ist. nach  der  früher  angenommenen  No- 
menclatur  als  Aethylenbisulfochlorid  C4H4 .  S2CI  zu  bezeichnen, 

Aethylenbisulfochlorid  hat  einen  nicht  unangenehmen 
aber  nicht  wohl  zu  beschreibenden  Geruch;  es  schmeckt 
intensiv  süfs  und  stechend.  Wie  das  Aethylenbichlorosulfid 
übt  es  lange  andauernd  eine  die  Augenlider  angreifende  Wir- 
kung aus*).  Es  ist  blafsgelb,  von  l,34ö  spec.  Gewicht  bei 
19^  Wie  die  früher  beschriebenen  chlor-  und  schwefel- 
haltigen Verbindungen  der  Kohlenwasserstoffe  CqH,^  wird  es 
durch  Hitze  unter  Bntwickelung  eines  unerträglichen  Geruchs 
zersetzt. 


berechnet 

C4 

26,13 

H4 

4,19 

s« 

33,51 

Cl 

37,17 

*)  Ein  Tropfen  desselben  unter  die  Zunge  gebracht  zerstört 
die  Epidermis  und  verarsacbt  mehrere  Tage  lang  anhaltende 
Schmerzen. 


92  Schmidt,  über  Traisbenzucker, 

In  einer  folgenden  Mittheilung  werde  ich  die  Einwirkung 
wasserfreier  Oxyde  und  von  Oxydhydraten  auf  diese  Sub- 
stanz beschreiben,  und  das  Verhalten  derselben  und  des  damit 
tsotypen  Amylenbisulfochlorids  zu  einigen  der  metallhaltigen 
Badicale» 


Untersuchungen  aus   dem  chemischen  Laboratorium 

in  Greifswald 


5.    lieber  Traubenzucker,  Salicinzucker  und  Amygdalin- 

zucker ; 

von   0.  Schmidt. 


Bekanntlich  hat  man  unter  dem  Namen  Glucoside  Ver- 
bindungen zusammengefafst,  die  unter  Einwirkung  verdünnter 
Säuren  oder  gewisser  Fermente  die  Elemente  des  Wassers  auf- 
nehmen und  in  Zucker  und  andere  Verbindungen  zerfallen. 
Die  Zahl  dieser  Glucoside  hat  sich  in  letzter  Zeit  bedeutend 
vermehrt^  weil  sehr  viele  Stoffe,  die  man  früher  nach  einer 
oder  der  andern  hervorragenden  Eigenschaft  oder  gerade 
wegen  Mangel  einer  solchen  zu  den  Farbstoffen,  Bitterstoffen, 
indifferenten  Pflanzenstoffen  u.  s,  w.  zählte,  jetzt  bei  genauer 
chemischer  Untersuchung  sich  als  sog.  gepaarte  Zuckerver- 
bindungen herausstellen.  Die  Untersuchungen  beschränkten 
sich  in  den  meisten  Fällen  auf  die  Stoffe ,  welche  neben  dem 
Zucker  auftraten,  indem  man  wohl  in  der  Begel  voraussetzte, 
letzterer  sei  Traubenzucker.  Diese  Voraussetzung  mag  auch 
in  vielen  Fällen  zutreffen ,  weil  der  Traubenzucker  sehr  ver- 


Salicmzucker  und  AmygddUnzucher.  9ä 

breitet  im  Pflanzenreiche  ist  and  er  wahrscheinlich  an  der 
Bildung  der  Glucoside  sich  betheiligte  oder  aus  ihrer  Zer- 
setzung hervorging.  Aber  auch  der  Rohrsucker  findet  sich 
häufig  in  den  Pflanzen,  und  macht  er  einen  Bestandtheil  einea 
Glucosids  aus,  so  kann  man  wohl  hofi'en,  ihn  daraus,  wenn 
auch  nicht  unverändert,  doch  in  so  characteristischen  Zer- 
setzungsprodacten  abzuscheiden ,  dafs  an  seinem  Vorhanden- 
sein nicht  gezweifelt  werden  kann.  Wird  z.  B.  das  Glucosid 
zur  Zerlegung  mit  einer  verdünnten  Säure  erwärmt,  so  er- 
leidet der  darin  angenommene  Rohrzucker  allerdings  auch 
eine  Umwandlung,  und  zwar,  wie  die  schönen  Versuche 
Dubrunfaut's*}  zeigen,  in  rechtsdrehenden  Traubenzucker 
und  einen  linksdrehenden  syrupförmigen  Zucker,  welches 
Gemenge  die  Polarisationsebene  nach  Unks  ablenkt.  Ich  will 
hier  schon  bemerken,  dafs  die  nach  Zersetzung  des  Salicins, 
Amygdalins  und  Phloridzins  mit  Säuren  erhaltene  Lösung  die 
Polarisationsebene  nach  rechts  ablenkt,  mithin  kein  Rohr- 
zucker aus  diesen  Glucosiden  abgeschieden  wird,  der  sich 
dann  erst  durch  Säuren  auf  angegebene  Art  zersetzte. 

Die  Darstellung  des  vom  Traubenzucker  verschiedenen 
Quercitrinzuckers  von  Rigaud**)  und  das  Mannitan  aus 
dein  Chinovin  von  Hlasiwetz  ***)  läfst  es  endlich  keines- 
wegs aU  eyie  ausgemachte  Sache  erscheinen,  dafs  bei  der 
Zersetzung  der  Glucoside  der  abgeschiedene  Zucker  nur  Trau- 
benzucker sein  könne,  vielmehr  fordern  diese  Facta  zu  neuen 
Untersuchungen  in  derselben  Richtung  auf. 

Heine  Untersuchungen  fährte  ich  mit  Salicin  und  Amyg- 
dalin  (und  Phloridzin}  aus,  weil  diese  ohne  zu  bedeutende 
Kosten    in    hinreichender  Menge    zu  erhalten   sind.     Zuerst 


*)  Compt  rend.  XLII,  901. 
**)  Diese  Annalen  XG,  283. 
*^)  Daselbst  CXI,  188. 


94  Schmidt,  über  Traubenzucher^ 

* 

stellte  ich  aber  noch  einige  Versuche  mit  dem  T^^aubenzucker 
an^  um  vollkommen  vertraut  mit  den  Methoden  zu  sein,  die 
mir  später  zur  Bestimmung  des  aus  jenen  Glucosiden  abge- 
schiedenen Zuckers  dienen  sollten. 

Traubenzucker  aus  Honig.  —  Der  Honig  wurde  mit 
kaltem  Weingeist  angerührt ,  dann  auf  ein  Filter  gebracht 
und  durch  Auswaschen  mit  kaltem  Weingeist  der  nicht  kry- 
stallisirende  Fruchtzucker  entfernt;  der  zwischen  Papier  ab- 
geprefste  Traubenzucker  wurde  in  wenig  Wasser  gelöst,  die 
filtrirte  Lösung  im  Wasserbade  zum  Syrup  verdunstet  und  die 
nach  einiger  Zeit  abgeschiedenen  blumenkohlartigen  Krystalle 
noch  zweimal  aus  heifsem  käuflichem  absolutem  Alkohol 
(97  pC.3  umkrystallisirt.  Die  aus  absolutem  Alkohol  an- 
schiefsenden  nadeiförmigen  Krystalle  des  Traubenzuckers  ent» 
halten  kein  Rrystaüwasser  und  sind  nach  der  Formel  GeHx^Oe 
zusammengesetzt.  Nach  dem  Trocknen  über  Schwefelsäure 
(wobei  der  Traubenzucker  OeHxsOe,  H^O  sein  Erystallwasser 
nicht  abgiebt}  verloren  diese  Krystalle  bei  ilO^  nur  0,8  pG., 
in  einem  anderen  Falle  0,3  pC.  Wasser,  während  der  ge- 
vröhnliche  Traubenzucker  bei  gleicher  Behandhing  9^09  pC. 
verliert.  Diese  nicht  einmal  i  pC.  betragende  Menge  Wnsser 
kann  noch  anhängende  Feuchtigkeit  gewesen  sein,  oder,  was 
mir  wahrscheinlicher  ist,  von  einer  geringen  Beimengung  des 
gewöhnlichen  Traubenzuckers  €6Hi407  herrühren«  —  Der 
krystallisirte  wasserfreie  Traubenzucker  schmilzt  bei  146^ 
(der  wasserhaltige  bei  86^),  und  anhaltend  im  Schmelzen  bei 
einer  150^  nicht  übersteigenden  Temperatur  erhalten  färbt  er 
sich  bräunlich  und  ist  nach  dem  Erkalten  hygroscopisch, 
welches  wahrscheinlich  in  einer  anhängenden  Caramelbildunf 
seinen  Grund  hat. 

Von   den   bei   110<^    getrockneten   Krjitallen.    lieferten    Q^fiSO  Ghrm. 
0,408  Grm.  Kohlensäure   und  0,1;??  Grqi.  Wiasser. 


SaUcinzucker  und  Ämygdalinzuoher.  95 


Berechnet  für  OeHig^e 

Geftinden 

0 

40,00 

39,74 

H 

6,67 

6,82 

O 

53,33 

58,44 

100,00  100,00. 

Das  optische  Verhalten  dieses  Zuckers  wurde  in  einem 
Hitscher  lieh 'sehen  Poiarisationjsapparate  geprüft,  dessen 
Rohr  200™"*  lang  war;  mit  diesem  Apparat  konfite  die  Ab- 
lenkung nur  auf  ganze  Grade  genau  abgelesen  werden ,  die 
zehntel  Grade  mufste  ich  schlitzen*  Die  gefundenen  Werthe 
sind  daher  nur  als  annähernd  richtig  zu  betrachten.  —  Eine 
Lösung,  die  12  pC.  des  Zuckers  enthielt  und  das  spec.  Gew. 
1,048  besafs,  gab  für  die  Uebergangsfarbe  unmittelbar  nach 
der  Lö^png  eine  Ablenkung  von  24,7  bis  24^8|  nach  36  Stun- 
den 13^,7.  Eine  Lösung,  die  6  pC.  des  Zuckers  enthielt,  lenkte 
nach  36  Stunden  uni  6^5  ab.  Genau  ebenso  verhält  sich 
der  Zucker  nach  dem  Erhitzen  auf  110^;  wjrd  ^r  aber  bei 
146^  zum  Schmelzen  gebracht ,  so  besitzt  er  sogleich  nach 
der  AiiQösung  die  geringere  spec.  prehkraft  (^[or]  =  57^,6^. 
Napfi  dem  ersten  Vers;uch  berechnet  sic|i  die  spec.  Drehkraft 
[o]  für  den  ohne  Krystallwasser  kry$tallisirten  Traqbenzucker 

247 
unmittelbar  nach  der  Lösung  [«]  =    q  \\ä  o  i  048  =^10^^? 

nachdem  das  Rotationsvermögen  constant  geworden  ist  [a]  = 

*^>^     . —  ^  57^0, 

0,114.2.1,048  '  ' 

Es  verhält  sich  mithin  der  ohne  Krystallwasser  krystalli- 
sirte  Traubenzucker  gegen  polarisirtes  Licht  wie  der  durch 
Erhitzen  auf  60  bis  80^  ohne  Schmelzung  (entwässerte  ge- 
wöhnliche Traubenzuekev ,  für  den  die  beiden  Werthe  [d] 
=  104<>  und  [a]  =  57o,6  beobachtet  sind. 

Noch  einige  Eigenschaften  des  lf;rystallisirten  wasser- 
freien Traubenzuckers  habe  ich  niqb^  an  dem  aus  Honig  dar- 


96  Schmidt,  über  Traubenzucker , 

gestellten,    sondern  am  Salicinzucker  und   Amygdalinzucker 
beobachtet  und  werde  sie  bei  diesen  anführen. 

Um  das  Verhalten  der  aus  den  Glucosiden  abgeschie- 
denen Zucker  gegen  Kupferlösung  zu  prüfen,  wurde  nach 
Fehling  und  nach  Städeler  und  Krause*)  bereitete 
Lösung  mit  reinem ,  bei  110^  getrocknetem  Traubenzucker 
titrirt.  Von  der  Zuckerlösung  enthielten  100  CC.  =  0,2  Grm. 
^eHisOe.  Zur  Reduction  von  10  CC.  der  Fehling'schen 
Lösung  waren  erforderlich  24  CC.  dieser  Zuckerlösung,  welche 
0,048  Grm.  Zucker  enthalten.  (Mittel  aus  10  Versuchen,  bei 
welchen  im  Maximum  24,2  CC,  im  Minimum  23,8  CC.  ver- 
braucht wurden}.  Zur  Reduction  von  22  CC.  dar  Städeler- 
und  Krause'schen  Lösung  waren  erforderlich  29,2  CC. 
Zuckerlösung,  welche  0,0584  Zucker  enthalten.  (In  10  Ver- 
suchen  wurde  jedesmal  dieselbe  Zahl  erhalten.)  Diese  Be- 
stimmung des  Zuckers  mit  einer  alkalischen  Kupferlösung 
gehört  in  der  That  zu  den  genauesten  quantitativen  Methoden. 
Da  es  mein  Hauptzweck  nicht  war,  die  verschiedenen  quan- 
titativen Methoden  der  Zuckerbestimmung  mit  einander  zu 
vergleichen,  unterliefs  ich  es,  Versuche  mit  der  Schiff- 
schen**)  Kupferlösung  und  mit  der  von  Gen  tele***)  vor- 
geschlagenen kaiischen  Kaliumeisencyanidlösung  anzustellen, 
welche  auch  schon  von  anderer  Seite  f)  als  weniger 
brauchbar  erkannt  ist« 

1.  Salicin.  —  Der  Salicinzucker  ist  von  Piriaff)  dar- 
gestellt  und  beschrieben ;  die  zum  Syrup  verdampfte  Lösung 
setzte  beim  Stehen  kleine  warzenförmige  Krystalle  ab,  welche 


*)  Jahresber.  f.  Chemie  u.  s.  w.  1  1864,  746. 
**)  Diese  Annalen  CXU,  368. 
***)  Chem.  Centralblatt  1859,  504. 

t)  Stammer,  chem.  Centralblatt  1860,  870. 
ff)  Diese  Annalen  XXX,  182. 


Salicinzucker  und  Amygdalinzucker,  97 

die  Zosammensetzung  des  Traubenzuckers  besafsen,  mit  Hefe 
versetzt  gährteo ,  von  Alkalien  gebräunt  wurden  und  mit 
Salpetersäure  Oxalsäure  lieferten. 

Ich  liefs  eine  wässerige  Lösung  des  Salicins  mit  Emulsin 
(3  Tbl  auf  50  Tbl.  Salicin)  24  Stunden  bei  30  bis  40^  in 
Berührung,  wobei  viel  Saligenin  herauskrystallisirte.  Die 
nach  dem  Erkalten  filtrirte  Flüssigkeit  wurde  etwas  coneen- 
trirt  und  dann  so  oft  (^16  mal)  mit  Aether  geschüttelt ,  bis 
das  Salige'nin  vollständig  entfernt  war,  bis  Eisenchlorid  keine 
violette  Färbung  mehr  hervorbrachte.  Die  zum  Syrup  ver- 
dunstete Lösung  setzte  nach  4  Wochen  nur  wenig  gelblich 
gefärbte  Krystalle  ab,  deren  weingeistige  Lösung  mit  Thier- 
kohle  entfärbt  und  wieder  zum  Syrup  verdunstet  wurde.  Da 
dieser  auch  nach  langem  Stehen  keine  Kystalle  lieferte,  löste 
ich  ihn  in  fast  absolutem  (97proceutigem)  Alkohol  und 
brachte  die  Lösung  unter  eine  Glocke  neben  gebranntem 
Kalk  und  Schwefelsäure;  nach  3  Wochen  hatte  sich  eine 
Kruste  farbloser  Krystalle  von  wasserfreiem  Traubenzucker 
abgeschieden,  während  der  davon  getrennte  Syrup  —  der 
wegen  schwach  gelblicher  Färbung  nochmals  mit  Thierkohle 
behandelt  werden  mufste  —  auch  nach  einem  Monate  über 
Schwefelsäure  stehend  keine  Krystalle  lieferte.  Erst  beim 
Stehen  an  der  Luft  nahm  er  Wasser  aus  derselben  auf  und 
lieferte  schon  nach  24  Stunden  Krystalle  des  gewöhnlichen 
wasserhaltigen  Traubenzuckers. 

Wasserfreier  Traubenzucker  aus  Salicin,  —  Unter 
dem  Mikroscop  erscheint  dieser  Zucker  aus  einem  Conglo- 
merat  kleiner  Nadeln  bestehend;  er  krystallisirt  leicht  wieder 
aus  einer  Lösung  in  absolutem  Alkohol.  Er  enthält  wech- 
selnde Mengen  (hygroscopisches}  Wasser,  das  über  Schwefel- 
säure bei  gewöhnlicher  Temperatur  langsam  entweicht.  Luft- 
trockene Krystalle  verloren  nach  ein-  bis  zweimonatlichem 
Stehen    über   Schwefelsäure    0,9  bis  1,5  pC.   Wasser;    nach 

Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  GXIX.  Bd.  1.  Heft.  7 


98  Schmidty  über  Traubenzucker, 

etwa  eininonatlichein  Stehen  über  Schwefelsäure  verloren 
sie  beim  Erhitzen  auf  110^  noch  i,i  pC.  Wasser,  nach  zwei- 
monatlichem Stehen  über  Schwefelsäure  bei  110^  nur  noch 
0,8  pC.  Wasser.  Dieses  Wasser,  obgleich  es  nach  2  Monaten 
nicht  vollständig  von  der  Schwefelsäure  aufgenommen  wurde, 
halte  ich  doch  nur  für  hygroscopjisches,  weil  die  Menge 
(0,8  p€«)  zu  gering  ist ,  um  daraus  eine  wahrscheinliche 
Formel  zu  berechnen.  —  Das  anhängende  Wasser  übt  auch 
einen  Einflufs  auf  den  Schmelzpunkt  der  Krystalle  aus.  Die 
lufttrockenen  Krystalle  schmelzen  bei  140^,  die  über  Schwefel- 
säure getrockneten  bei  144^  und  die  bei  110^  getrockneten 
bei  146^.  —  Der  Traubenzucker  wird  durch  das  Schmelzen 
modificirt,  er  zieht  dann  nämlich  Wasser  aus  der  Luft  an, 
was  vor  den)  Schmelzen  nicht  geschieht  :  0,227  6rm.  über 
Schwefelsäure  getrocknet  hatten  nach  24  Stunden  aus  der 
Luft  nur  0,0015  Grm.  (=  0,6  pC.)  Wasser  aufgenommen, 
während  unter  gleichen  Umständen  0,201  Grm.  bei  146^  ge- 
schmolzen nach  24  Stunden  0,023  Grm.  (=  11,4  pC.}  Wasser 
absorbirt  hatten. 

Der  krystallisirte  wasserfreie  Traubenzucker  verwandelt 
sich  durchaus  nicht  so  leicht  wieder  in  den  wasserhaltigen 
Zucker.  Als  0,226  Grm.  in  wenig  Wasser  gelöst  und  die 
Lösung  bei  gewöhnlicher  Temperatur  über  Schwefelsäure 
verdunstet  wurde,  blieben  0,233  Grm.,  es  waren  also  nur 
0,007  Grm.  =  3,1  pC.  Wasser  aufgenommen,  woraus  folgt, 
dafs  der  wasserfreie  Traubenzucker  auch  in  wässeriger  Lö- 
sung bestehen  kann,  (Es  fehlte  mir  an  Zeit,  diesen  interes- 
santen Versuch  mit  wasserfreiem  Traubenzucker  aus  Honig 
zu  wiederholen.) 

Bei   der  Analyse    des   bei    110^  getrookneten  SaUcinzuckers  gaben 
0,249  Grm.  0,362  Grm.  Kohlensäure  und  0,158  Grm.  Wasser. 


SaUcmsmcker  und  Amygdalinzucher.  99 


H 

0 

Boreohnet  nach  OfH^s^^ 
40,00 

6,67 

53,33 

Gefunden 
40,01 

7,05 

52,94 

100,00. 

vollständig. 

• 

1                              f 

! 

Mit  Hefe 

100,00 

angestellt  yergährte  er 

Berechnet 

1.  0,6  Grm.  Zacker  lieferten'0,290  Grra.  Kohlensäve  =  48,0  pC.     .^  ^    ^ 

2.  0,6  Grm.  Zucker  Ueferten  0,288  Grm.  Kohlensäure  =  48,0  pC.    ^'^  ^ ' 

'  ^  ■  . 

Von  einer  Lösung,  die  0,2  pC.  bei  110^  getrockneten 
Salicinzuckers  enthielt,  wurden  verbraucht  zur  Fällung  von 
10  CG.  Fehling*scher  Kupferlösung  24,i  C^C.,  zur  Fällung 
von  22  CG.  Stadel  er 'scher  Lösung  29,2  GG. 

Die  12  pG.  Zucker  enthaltende  Lösung  drehte  unmittel- 
bar  nach  der  Auflösung  die  Polarisationsebene  um  24®,  nach 
36  Stunden  um  13®  nach  rechts  ab. 

Dieser  krystallisirte  wasserfreie  Salicinzucker  ist  also 
identisch  mit  dem  aus  Honig  dargestellten  wasserfreien 
Traubenzucker. 

2.  Wasserhaltiger  Traubenzucker  aus  Salicin.  —  Er 
besafs  ganz  das  Ausgehen  des  gewöhnlichen  Traubenzuckers 
und  war  wie  dieser  GeHiyOe;  H2O  zusammengesetzt.  Nach 
dem  Trocknen  über  Schwefelsäure  verlor  er  bei  110®  (bei 
86^  trat  schon  Schmelzung  ein}  9,1  pG.  Wasser  (berechnet 
9,0  pG.) 

Bei    der    Verbrennung  lieferten    0,278   Grm.    0,366   Grm.    Kohlen- 
säure und  0,181  Grm.  Wasser. 

Berechnet  nach  G^Hi^Qj  Gefunden 

0  36,86  36,5 

H  7,07  7,8 

0  66,57  56,2 

I-  -  I  ,    M    I   '      I    ■  ■  III  r 

100,00  100,0. 

Der  bei  HO®  getrocknete  Zucker  zeigte  dasselbe  Ver- 
halten gegen  polarisirtes  Licht,  wie  der  gewöhnliche  Trauben- 

7* 


100  Schmidt,  über  Traubenzucker y 

Zucker   (bei   12  pC.   Zucker    unmittelbar    nach    der  Lösung 
130  Ablenkung). 

Von  einer  0,2  procenligen  Lösung  des  nicht  entwässer- 
ten Zuckers  waren  erforderlich  zur  Reduction  von  10  CC. 
Feh ling 'scher  Lösung  26,9  CO.,  zur  Reduction  von  22  CC. 
Städeler'scher  Lösung  32,5  CC;  der  Rechnung  nach  wären 
26,4  und  32,1  CC.  erforderlich  gewesen. 

Dieser  Zucker  ist  daher  identisch  mit  dem  gewöhnlichen 
wasserhaltigen  Traubenzucker. 

2.  Amygdalin.  —  Liebig  und  Wöhler*)  zerlegten 
Amygdalin  mit  Emulsin ,  verdunsteten  die  Flüssigkeit  in  ge- 
linder Wärme  und  erhielten  einen  süfsschmeckenden  Syrup, 
in  dem  sich  kleine  harle  Krystalle  bildeten  und  der  von  Hefe 
in  Gährung  versetzt  wurde. 

Da3  Amygdalin  stellte  ich  theils  selbst  dar,  theils  be- 
zog ich  es  käuflich.  Von  der  Reinheit  überzeugte  ich  mich 
durch  die  Analyse. 

1.  0,410  Grm.    über   Schwefelsäure   getrocknet   verloren  bei   120® 

0,042  Grm.  Wasser. 

2.  0,222  Grm.  über  Schwefelsäure  getrocknet  lieferten  0,380  Grm. 

Kohlensäure  und  0,133  Grm.  Wasser. 

3.  0,226  Grm.  über  Schwefelsäure  getrocknet  lieferten  beim  Glühen 

mit  Natronkalk  0,0058  Grm.  Stickstoff. 

Berechnet  nach 


Gso^87 

N011  +  3  HgO 

Gefanden 

0 

46,9 

46,69 

H 

6,4 

6,65 

N 

2,8 

2,57 

0 

43,9 

100,0. 

- 

Berechnet 

Gefunden 

Krystallwass« 

er 

10,56 

10,24. 

*)  Diese  Annalen  XXII,  21. 


Salicinzucker  und  Amygdalinziucker,  101 

Das  Amygdalin  begann  bei  i6Q^  sich  zu  bräunen  und 
verlor  bei  anhaltendem  Erhitzen  auf  180^  nur  noch  0,3  pC. 
Wasser;  es  enthält  daher  nur  3  Mol.  Krystailwasser. 

Von  diesem  Amygdalin  wurden  10  ThL  in  100  ThI. 
Wasser  gelöst  und  nach  dehfi  Vermischen  mit  einer  Lösung 
von  1  Tbl.  Emulsin  in  10  ThI.  Wasser  bei  20  bis  30^  einen 
Tag  sich  selbst  überlassen ;  es  wurde  darauf  das  Bittermandelöl 
nnd  die  Blausäure  durch  Destillation  entfernt,  der  filtrirte 
Bückstand  verdunstet  und  ein  braun  geßrbter  Syrup  erhalten» 
aus  dem  sich  der  reine  Zucker  nur  mit  vielen  Schwierig- 
keiten darstellen  liefs*  Ich  vermuthe,  dafs  Zersetzungs- 
producte  des  Emulsins,  die  dem  Zucker  noch  beigemengt 
waren ,  dieses  Verhalten  veranlafsten.  Da  Weingeist  und 
Aether  sich  als  unbrauchbar  zur  Reinigung  erwiesen,  wurde 
die  wässerige  Lösung  mit  Bleiessig  vermischt,  die  vom  reich- 
lich entstandenen  Niederschlag  abfiltrirte  Flüssigkeit  mit 
Schwefelwasserstoff  ausgefällt  und  nach  Entfernung  des 
Schwefelbleies  verdunstet.  Aber  auch  jetzt  wurde  wieder  ein 
gefärbter  Syrup  erhalten  und  die  nach  längerem  Stehen  ab- 
gesetzten Krystalle  konnten  auch  nicht  durch  wiederholtes 
Umkrystallisiren  aus  Weingeist  unter  Zusatz  von  Thierkohle 
vollständig  entfärbt  werden.  Ich  trocknete  sie  über  Schwefel- 
säure, zerrieb  sie  zum  feinen  Pulver  und  übergofs  dasselbe 
auf  einem  Filter  mit  verdünntem  Weingeist  in  kleinen 
Mengen,  der  die  braunfärbende  Substanz  zuerst  löste  und 
farblosen  Zucker  zurückliefs.  Dieselbe  Operation  wiederholte 
ich  noch  einmal  mit  dem  abgeprefsten  Rückstände,  weil  dieser 
sich  an  der  Luft  wieder  braun  färbte,  und  krystallisirte  end-  * 
lieh  aus  absolutem  Weingeist  um.  Auf  diese  Weise  erhielt 
ich  vollkommen  reinen,  wasserfreien,  in  Nadeln  krystallisiren- 
den  Taubenzueker.*}  Nach  dem  Trocknen  über  Schwefelsäure 


*)  Ich  habe  mich  noch  durch  einen  besonderen  Versuch  überzeugt, 
dafs  Bohizucker  bei  40  bis  80  und  iOO®    durch   Emulsinlösnng 


i02  Schmidt,  über  Tratäfenzucker, 

verlor  er  bei   HO®  nur  0,6  pC.  Wasser  und  schmolz  dann 
bei  1460. 

0,2105  Grm.    lieferten  0,308   Ghn.   Kohlensaure   und   0,129  Grm. 

Wasser. 
0,267    Grrm.   lieferten    0,390    Grm.   Kohlensäure   und    0,165   Grm. 

Wasser. 

Berechnet  nach  G^Hi^Q^^  Gefunden 

G  40,00  sÖi?^       39,8 

H  6,67  ,  6,8  6,8 

O  ,  53,33  53,3  53,4 

100,00  100,0  100,0. 

Aus  der  Auflösung  in  wenifjf  Wasser,  die  bei  50®  dar- 
gestellt wurde,  setzte  er  sich  beim  Stehen  über  Schwefel- 
säure in  wasserhaltigen  Krystallen  ab. 

Von  diesen  Ueferten  0,342  Grm.  bei  der  Analyse  0,453  Grm.  Kohlen- 
säure und  0,221  Grm.  Wasser. 

Berechnet  Geftmden 

e  36,36  36,06 

H  7,07  7,18. 

Ich  unterlasse  es,  hier  die  übrigen  Versuche  zu  beschrei- 
ben, die  ich  genau  so  wie  beim  Salicinzucker  anstellte ,  um 
das  yerhalten  bei  der  Gührung,  gegen  Kupferlösung  und 
polarisirtes  Licht  zu  bestimmen ;  die  Zahlen  fallen  YoUkommen 
mit  den  für  Traubenzucker  verlangten  zusammen. 


nicht  verändert  wird.  Da  durch  das  Emulsin  (oder  seine  Zer- 
setsungsproduote)  aus  der  F eh  1  in g  sehen  Lösung  Kupferoxydul 
ahgeschieden  wird,  femer  die  mit  Emulsin  behandelte  Lösung 
nicht  hinlänglich  klar  zur  Polarisation  war,  so  benutzte  ich  zur 
Erkennung  des  Traubenzuckers  neben  Rohrzucker  eine  Reaction, 
die  wie  loh  glaube  noch  xinbekann^  ist  :  Wird  eine  Trauben- 
zuckerlösung mit  Bleiessig  und  Ammoniak  Termischt,  so  entsteht 
ein  weifser,  nach  einigen  Augenblicken,  besonders  rasch  beim 
Erw&rmen  sich  roth  Hlrbender  Niederschlag,  wlüirend  Rohrzucker 
bei  gleicher  Behandlung  einen  weifBen  Niederschlag  giebt,  dessen 
Farbe  sich  beim  Erhitzen  nicht  ändert ;  geringe  Mengen  Trauben- 
Bucker,  die  dem  Rohrzucker  beigemengt  sind,  reranlassen  so- 
gleieh  die  rotfae  Fibrbung  des  Nledersohlags. 


SalictnziicJcer  und  Ämygdalinzucker,  103 

3.  Phloridzm,  —  Es  ist  mir  nicht  gelungen,  den  Zncker 
so  rein  zu  gewinnen ,  dafs  sich  seine  Eigenschaften  studiren 
lassen.  Das  Phloridzin  wurde  längere  Zeit  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  bei  80  bis  90^  digerirt,  nach  dem  Erkalten 
die  Flüssigkeit  vom  Phloretin  abfiltrirt,  mit  kohlensaurem 
Baryum  behandelt,  wieder  filtrirt  und  zum  Syrup  verdunstet. 
Der  Syrup  war  stark  braun  gefärbt  und  wurde  defshalb  mit 
absolutem  Alkohol  ausgezogen,  der  viel  der  färbenden  Sub- 
stanz ungelöst  liefs,  jedoch  beim  Verdunsten  wieder  braun 
gefärbte  Zuckerkrystalle  lieferte.  Durch  mehreremale  wieder- 
holte Ausfällung  mit  Bleiessig,  Behandlung  mit  Thierkohle 
u.  s.  w.  konnte  keine  Entfärbung  herbeigeführt  werden  und 
schliefslich  war  durch  Einwirkung  der  verschiedenen  Rea- 
gentien  der  Zucker  so  verändert,  dafs  er  über  Schwefelsäure 
nicht  mehr  krystallisirte ,  sondern  selbst  noch  nach  einem 
halben  Jahre  einen  gefärbten  Syrup  bildete.  Im  Vacuum 
trocknete  er  zu  einer  festen,  wie  es  schien  krystallinischen 
Masse  ein,  die  ^ber  an  der  Luft  rasch  zerflofs.  Es  scheint 
mir,  dafs  der  Bleiessig  allmälig  eine  Umänderung  des  Trau- 
benzuckers, vielleicht  in  Glucinsäure  bewirkt. 


6.    Notiz  über  Phloretin  ; 

von  0.  Schmidt  und  0.  Hesse, 


Phloretin  absorbirt  sehr  leicht  Chlor  und  Brom  und 
liefert  damit  Verbindungen,  die  theilweise  in  hübschen  Kry- 
stallen  anschiefsen,  mit  Chlor  dargestellt  aber  so  schwierig 
zu  reinigen  sind,  dafs  wir  uns  darauf  beschränkten,  nur  die 
mit  Brom  erhaltenen  näher  zu  untersuchen. 

Uebergiefst  man  fein  zerriebenes  Phloretin  mit  Aether 
und  tropfl  zu  dem  kalt  gehaltenen  Gemische  Brom,  so   wird 


i04  Schmidt  u.  Hesse,  Notiz  über  Phloreiin. 

dieses  unter  schwacher  Erwärmung  sogleich  absorbirt.  Findet 
eine  bemerkbare  Absorption  von  Brom  nicht  mehr  statt,  so 
hat  man  bei  Anwendung  von  etwa  20  Grm.  Phloretin  ein 
Gemenge  von  dreifach-  und  vierfach-gebromtem  Phloretin, 
aus  dem  sich  aber  durch  Krystallisation  weder  das  eine  noch 
das  andere  ganz  rein  abscheiden  läfst.  Wir  geben  die  ana* 
lytischen  Resultate  der  ersten ,  dritten  und  Tunften  Fraction« 
(Die  Substanz  wurde  vor  der  Analyse  bei  100^  getrocknet.) 

1.    0,234  Grm.  lieferten  0,277  Grm.  Kohlensäure  und  0,044  Grm. 
Wasser. 

3.    0,143  Gnn.  lieferten  0,1705  Grm.  Kohlensäure  und  0,029  Grm. 
Wasser. 

5.     0,111  Grm.  lieferten  0,139  Grm.  Kohlensäure  und  0,027  Grm. 
Wasser. 

^i6HioBr406  1,  3.  5.  GiöHnBrsOj 

0  30,51  32,2         83,6        34,1  35,21 

H  1,69  2,0  2,2  2,6  2,15. 

Diese  Analysen  zeigen ,  dafs  das  Tribromphloretin  in 
Alkohol  etwas  löslicher  ist,  als  das  Quadribpomphloretin. 

Wir  behandelten  unseren  ganzen  Vorrath  an  gebromtem 
Phloretin  wiederum  mit  Brom  und  erwärmten  zur  Unter- 
stützung der  Reaction  das  Gemisch  gelinde.  Nachdem  die 
Absorption  des  Broms  aufgehört  hatte ,  wurde  die  Substanz 
zur  Entfernung  des  Broms,  der  Bromwasserstoffsäure  und 
einiger  anderen  Verbindungen  mit  vielem  Wasser  ausgekocht, 
wobei  der  Rückstand  bröcklich  wurde,  sich  dann  in  starkem 
kochendem  Alkohol  leicht  löste  und  beim  Erkalten  in  kleinen 
Nadeln  herauskrystallisirte.  Die  alkoholische  Lösung  lieferte 
beim  Vermischen  mit  ihrem  gleichen  Vol.  kochenden  Wassers 
einen  bJafsgelblichen  krystallinischen  Niederschlag,  welcher 
mehreremal  mit  verdünntem  Alkohol  ausgekocht  und  zuletzt 
aus  starkem  kochendem  Alkohol  umkrystallisirt  wurde.  — 
Die  Krystalle  verloren  bei  100^  nichts  am  Gewicht. 


1. 

2. 

30,4 

30,3 

1,9 

2,0 

54,0 

— 

Schmidt  u,  Hesse,  Notiz  über  Phloretin.  105 

1.  Einmal  ans  Alkohol  nmkrystalHsirt. 

0,2165  Grm.  lieferten  0,2415  Grm.    Kohlenaftnre    and  0,0^7 
Grm.  Wasser. 

0,237  Grm.  lieferten  0,301  Grm.  Bromsilber. 

2.  Zweimal  aus  Alkohol  umkrystallisirt. 

0,367  Grm.  lieferten  0,408  Grm.  Kohlensäure  und  0,069  Grm. 
Wasser. 

Berechnet  nach  €i5HioBr405  * 
€  180        30,51 

H  10  1,69 

6r  320        54,23 

O  80         18,57 —  - 

59Ö       100,00. 

Das  Quadribfomphloretin  bildet  blafsgelbliche  kleine 
Nadeln,  welche  kein  Krystallwasscr  enthalten ,  zwischen  205 
und  210^  schmelzen,  sich  hierbei  dunkelroth  färben  und  unter 
Schäumen  zersetzen.  In  kochendem  Wasser  ist  es  unlöslich, 
in  kochendem  Alkohol  wenig'  löslich,  scheidet  sich  aber  beim 
Erkalten  der  Lösung  nicht  sogleich  wieder  vollständig  ab; 
in  Aether  ist  es  ziemlich  leicht  löslich  und  die  gelbe  Lösung 
ist  zwar  durch  Thierkohle  etwas  zu  entfärben  und  scheidet 
zuerst  farblose  Krystalle  ab,  die  aber  nach  kurzer  Zeit  eben  so 
gelb  gefärbt  sind,  wie  zuvor.  Natronlauge  und  Ammoniak 
lösen  es  mit  gelber  Farbe;  die  ammoniakaliscbe  Lösung 
färbt  sich  nach  einiger  Zeit  braun.  Kalkwasser  färbt  es  beim 
Kochen  violett,  indem  sich  eine  gleich  gefärbte  amorphe 
Substanz  bildet. 

Quadribromphloretin  wird  auch  bei  Behandlung  des 
Phloridzins  mit  Brom  erhalten.  Etwa  1  Grm.  Phloridzin 
wurde  mit  Aether  übergössen  und  so  viel  Brom  hinzugesetzt, 
als  absorbirt  wurde.  Es  löste  sich  fast  alles  Phloridzin  und 
die  Lösung  wurde  über  Kalk  und  Schwefelsäure  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  verdunstet.  Der  Rückstand  bestand  im 
Wesentlichen  aus  gebromtem  Phloretin  und  wurde,  um  etwa 
noch    beig^emengtes    Phloridzin    zu    zersetzen  ,    mit   wenig 


106  Schmidt  u.  Hesse,  Notiz  über  PJdorettn. 

Schwefelsäure  behandelt.     Das  Ungelöste  reinigten  wir  durch 
Umkrystallisiren  aus  Alhohol. 

0,2226  Grm.  lieferten  0,256  Grm.  Kohlensäure  und  0,0375  Grm. 
Wasser. 

Berechnet  nach  Oi5HioBr405        Gefunden 
0  30,51  31,2 

H  1,69  1,8. 

Ueberschüssiges  Brom  zersetzt  das  Phloretin,  namentlich 
in  der  Wärme.  Kochendes  Wasser  entzieht  dann  der  knet- 
baren Masse  Stoffe,  die  sich  beim  Erkalten  in  Prismen  absetzen 
und  von  Ammoniak  leicht  gelöst  werden.  Die  ammoniaka- 
lische  Lösung  ist  zuerst  braun ,  färbt  sich  allmälig  an  der 
Luft  schön  purpurviolett  und  später  wieder  braun. 

Erste  Kn/stallisatwn  :  Weifse  verfilzte  Nadeln,  zwischen 
97  und  104^  schmelzend,  beim  Erkalten  wieder  krystallinisch 
erstarrend  und  bei  90^  2,8  pC.  Wasser  verlierend. 

0,196  Grm.  bei   90°  getrocknet  lieferten  0,224  Grm.  Kohlens&ure 
und  0,041  Grm.  Wasser. 

Zweite  Kri^stallisatian  :  Blafs  röthlich  gefärbte  Nadeln, 
9,5  pC.  Krystallwasser  enthaltend. 

0,181  Grm.  der  bei  95°  getrockneten  wasserfreien  Substanz  lieferten 
0,162  Grm.  Kohlensäure  und  0,029  Grm.  Wasser. 

Der  Rest  der  beiden  Krystallisationen  wurde  mit  Brom- 
wasser behandelt  und  das  Gemisch  zur  Entfernung  des  un- 
gebundenen Broms  gelinde  erwärmt.  Die  Substanz  backte 
hierbei  zusammen,  wurde  aber  beim  Erkalten  der  Flüssigkeit 
fest,  färbte  sich  bei  80^  etwas  röthlich ,  erlitt  jedoch  einen 
so  unbedeutenden  Verlust,  dafs  sie  kein  Krystallwasser  mehr 
zu  enthalten  schien« 

0,264  Grm.  lieferten  0,2045  Grm.  Kohlensäure  und  0,030  Grm. 
Wasser. 

Die  aus  den  drei  Analysen  berechneten  Zahlen  liegen 
zwischen  denen,  welche  das  einfach-  und  das  dreifach-gebromle 
Phloroglucin  verlangt^  und  da  diese  Substanzen  sich  aulser- 


Schmidt  u.  Hesse,  Notiz  über  Phbretin,  107 

dem  gegen  AmmoniaR  dem  Phlorogluoin  ühnlich  verhalten, 
so  vermuthen  wir,  dafs  sie  Gemenge  mehrerer  Bromsubsii* 
totionsproducte  des  Phloroglucins  sind. 

OeHgBr^^s  1-  2.  3.  GeHgBrs^a 

0  86,12  314  2M  21,1  19»83 

H  2,43  2,3  1,7  1,2  0,82. 

Greifswald,  16.  Februar  1861 


Ueber  Cäsium  und  Rubidium. 

(Ads  eiikem  Schreiben  von  R.  Bungen  an  /f.  üCp.) 


Die  erste  ausführlichere  Untersuchung  der  beiden  neuen, 
von  Kirchhoff  und  mir  durch  Spectralanalyse  aufgefun- 
denen Elemente  hoffen  wir  in  kurzer  Zeit  vollendet  zu  haben. 
Beide  Körper  sind  in  ihren  Verbindungen  dem  Kalium  zum 
Verwechseln  ähnlich  und  können  weder  durch  Reagenzien 
noch  durch  das  Löthrohr  von  demselben  unterschieden  wer- 
den. Sie  lassen  sich  nur  im  Spectralapparate  in  kleineren 
Hangen  erkennen  und  machen  daher  diefs  Instrument  zu 
einem  unentbehrlichen  bei  analytischen  Arbeiten. 

Das  erste  der  beiden  Metalle  haben  wir  Rubidium  ge- 
nannt,  von  rvbidus,  dunkelroth  ,  in  Beziehung  auf  zwei  sehr 
merkwürdige  Spectrallinien  desselben,  welche  noch  jenseits 
der  Fraunhofer 'sehen  Linie  A  liegen  und  daher  in  einen 
Theil  des  Sonnenspectrums  fallen,  der  nur  noch  durch  aufser- 
ordentliche  Hülfsmittel  dem  Auge  sichtbar  zu  machen  ist. 
In  gröfster  Menge  haben  wir  das  Metall  in  den  Lepidolithen 
angetroffen  :  der  zu  Rozena  in  Mähren  vorkommende  ent* 
hält  ungefähr  Viooo  seines  Gewichts  an  Rubidiumoxyd;  reicher 


108  Bunsen^  über  Cäsium 

noch  scheint  der  sächsische  zu  sein.  Spuren  davon  finden 
sich  in  fast  allen  Soolquellen ;  das  Dürkheimer  Mineral- 
wasser enthält  ungefähr  zwei  Zehnmilliontel ,  die  dortige 
Bademutterlauge  gegen  vier  Hunderttausendstel  Chlorrubidium ; 
im  Kochbrunnen  zu  Wiesbaden,  in  der  Ungemachquelle  zu 
Baden-Baden  und  im  neu  erbohrten  Soolsprudel  zu  Soden 
haben  wir  es  ebenfalls  nachweisen  können.  In  allen  im 
Handel  verbreiteten  Kaliumverbindungen  scheint  es  in  nach- 
weisbaren Mengen  nicht  vorhanden  zu  sein.  Rein  erhält 
man  die  Rubidiumverbindungen  an)  besten  aus  Lepidolith. 
Das  Rubidium  ist  mit  nur  kleinen  Mengen  des  zweiten  neuen 
Metalls  in  dem  Chlorplatinkaliumniederschlage  enthalten,  wel- 
chen man  aus  dem  Alkalirückstande  des  Fossils  erhält.  Das 
Chlorpiatinkalium  erfordert  zu  seiner  Lösung  die  neunzehn- 
fache» das  Chlorplatinrubidium  dagegen  die  hundertachtund- 
fünfzigfache  Menge  kochenden  Wassers.  Dadurch  ist  der 
Weg  zur  Abscheidung  gegeben  :  Man  kocht  den  Nieder- 
schlag zwanzigmal  hinter  einander  mit  sehr  wenig  Wasser 
aus,  indem  man  das  letztere  jedesmal  nur  durch  Abgiefsen 
von  dem  leicht  sich  absetzenden  Niederschlage  entfernt.  Die 
Auskochungen  werden  dabei  immer  heller  gefärbt.  Der  Nie- 
derschlag zeigt  im  Spectralapparate  geprüft  schon  nach  den 
ersten  Auskochungen  zwei  neue  blaue  Linien ,  welche  dicht 
neben  der  blauen  Caiciumlinie  liegen,  die  wir  in  unsere  erste 
Spectrentafel  nicht  mit  aufgenommen  haben,  weil  sie  zu  den 
schwächeren  gehört ;  bei  der  weiteren  Behandlung  mi4  Wasser 
kommen  dann  bald  auch  die  beiden  rothen  Linien  jenseits 
A  und  noch  mehrere  andere  weniger  characterisUsche  zum 
Vorschein,  die  sich  auf  dem  Untergrunde  eines  continuirlichen 
Spectrums  in  Hell,  Orange  und  Grün  projiciren,  Reducirt 
man  den  ausgekochten  Niederschlag  durch  Wasserstoff,  so 
läist  sich  das  Chlorrubidium  leicht  durch  kochendes  Wasser 
aus  demselben  ausziehen.     Wir  erhielten   auf   diese   Weise 


und  Rubidium,  109 

aus  150  Kilogramm  Lepidolith  ungefähr  zwei  Unzen  schon 
ziemlich  kaliunifreies  Rubidinmsalz.  Um  die  letzten  Spuren 
von  Kalium  zu  entfernen,  braucht  man  nur  die  Verbindung 
aus  erhitzter,  mäfsig  verdünnter  Lösung  abermals  durch  Platin^ 
Chlorid  zu  fällen  und  die  jedesmal  durch  Wasserstoff. redu- 
cirte  Fällung  noch  zwei-  bis  dreimal  auf  dieselbe  Weise  zu 
behandeln.  Um  die  Verbindung  von  den  noch  darin  vor- 
kommenden Spuren  des  zweiten  neuen  Metalls  zu  befreien, 
hat  man  dieselbe  nur  in  kohlensaures  Salz  zu  verwandeln 
und  wiederholt  mit  Alkohol  auszuziehen,  worin  sich  die  Ver- 
unreinigung auflöst.  —Das  im  Kreise  der  Säule  in  Quecksilber 
abgeschiedene  Rubidium  bildet  ein  Amalgam  von  silberweifser 
Farbe  und  krystallinischem  Gefüge.  Dieses  Amalgam  oxydirt 
sich  an  der  Luft  schnell  unter  Erhitzung,  zersetzt  das  Wasser 
in  der  Kälte  und  verhält  sich,  mit  Wasser  und  Kaliumamalgam 
zu  einer  Kette  verbunden,  positiv  gegen  dieses.  Das  Rubi- 
dium steht  daher  in  der  electromotorischen  Reihe  noch  über 
dem  Kalium.  Sein  Atomgewicht  ist  Rb  =  85,36  (H  =s  I3, 
also  \m  mehr  als  das  Doppelte  gröfser,  als  das  des  Kaliums. 
Folgende  Verbindungen  sind  bis  jetzt  von  uns  analysirt 
worden  : 

RbH  +  dq.  :  fast  in  allen  Verhältnissen  in  Wasser  und 
Alkohol  löslich ;  beim  Erhitzen  im  Krystallwasser  schmelzend 
und  RbH  zurücklassend,  das  beim  weiteren  Erhitzen  leicht 
schmilzt,  sein  Wasseratom  dabei  nicht  verliert,  caustisch  wie 
Aetzkali  wirkt,  in  Wasser  unter  lebhafter  Erhitzung  sich  löst 
und  an  der  Luft  begierig  Wasser  und  Kohlensäure  anzieht. 

RbC  4"  ^<I-  •  undeutlich  ausgebildete ,  in  Alkohol  unlös- 
liche, stark  alkalisch  reagirende  Krystalle,  die  beim  Erhitzen 
im  Krystallwasser  schmelzen  und  RbC  als  sandiges  Pulver 
zurücklassen,  das  beim  Erhitzen  leicht  schmilzt,  an  der  Luft 
zerfliefst  und  dabei  noch  ein  Atom  Kohlensäure  aufnimmt; 
die  wässerige  Lösung  wirkt  wie  Pottasche  auf  die  Haut. 


112  Bunsen,  über  Cäsium 

reinen  Cäsiumverbindungen  haben  wir  uns  der  Mutterlauge 
des  Düirkheimer  Soolwassers  bedient.  Es  stand  uns  dabei 
ein  nur  Alkaliverbindungen  enthaltender  Salzrfickstand  aus 
ungefähr  40000  Kilogramm  des  Soolwassers  zu  Gebote,  in 
dessen  Besitz  wir  durch  Dr.  Gundlach's  zuvorkommende 
Güte  gesetzt  worden  sind.  Fällt  man  diesen  Rückstand  mit 
Platinehlorid  und  behandelt  man  die  Fällung  wie  b^i  der 
Darstellung  der  reinen  Rubidiumverbindungen  angegeben, 
so  erhält  man  ein  Gemenge  von  Chlorplatincäsium  mit  Chlor- 
platinrubidium, da  das  erstere  noch  schwieriger  in  kochendem 
Wasser  löslich  ist,  als  das  letztere.  Zur  Entfernung  des 
Rubidiums  verwandelt  man  den  Platinniederschlag  in  kohlen- 
saures  Salz,  aus  dem  sich  das  kohlensaure  Cäsiumoxyd  durch 
wiederholte  Extraction  mit  absolutem  Alkohol,  worin  es  lös- 
lich ist,  tasziehen  läfst.  Um  die  letzten  Antheile  Kali  und 
Rubidiumoxyd,  welche  das  Salz  noch  enthalten  kann,  zu  ent- 
fernen ,  macht  man  dasselbe  ungefähr  zu  Vs  niit  Barytwasser 
ätzend  und  zieht  die  in  einer  Silberschale  a1)gedampfte  Masse 
mit  möglichst  wenig  absolutem  Alkohol  aus,  wobei  sich  nur 
das  ätzende  Cäsiumoxyd  unter  Zurücklassung  von  kohlensaurem 
Kalium-  und  Rubidiumoxyd  löst.  Wiederholt  man  diese  Ope- 
ration, bis  die  Masse  im  Spectralapparat  keine  oder  nur  noch 
eine  ganz  geringe  Reaction  auf  Kalium  und  Rubidium  zeigt, 
so  erhält  man  bei  noch  weiterer  Behandlung  Producte  von 
nicht  mehr  veränderlichem  Atomgewicht.  Die  spärliche  Menge 
des  so  mühsam  gewonnenen  Materials  hat  es  uns  noch  nicht 
gestattet,  das  reine  Cäsiummetall  in  einer  zur  Untersuchung 
hinlänglichen  Menge  zu  reduciren,  was  ohne  Zweifel  durch 
Behandlung  des  kohlensauren  Cäsiumoxyds  mit  Kohle  in  einem 
erhitzten  Flintenlauf  leicht  gelingen  wird.  Das  Amalgam  des 
Metalls  läfst  sich  leicht  aus  Chlorcäsiumlösung  im  Kreise  der 
Säule  darstellen.  Dasselbe  zersetzt  das  Wasser  in  der  Kälte 
und  oxydirt  sich  unter  Erhitzung  an  der  Luft,  indem  es  sich 


und  Rubidium.  113 

mit  zerfiiefsendem  caustischem  Cäsiumoxyd  überzieht.  Es  ver- 
hält sich  nicht  nur  gegen  Kalium -,  sondern  auch  gegen 
Rubidiumamalgam  electropositiv  und  ist  daher  der  electro- 
positivste  Körper  unter  allen  bis  jetzt  bekannten  Elementen. 
Weder  vom  Kalium  noch  vom  Rubidium  läfst  sich  das  Cäsium 
durch  sein  Verhalten  gegen  Reagentien  oder  vor  dem  Löth* 
röhr  unterscheiden.  Im  Spectralapparat  erkennt  man  dagegen 
leicht,  wie  bei  dem  Rubidium,  noch  einige  Tausendtel  eines 
Milligramms;  selbst  kieselsaures  Cäsiumoxyd  zeigt  die  blauen 
Linien  Cscr,  Csß  noch  auf  die  ausgezeichnetste  Weise.  Das 
Atomgewicht  des  Cäsiums  ist  sehr  merkwürdig ;  es  ist  nächst 
dem  Golde  und  Jod  das  gröfste  von  allen  Elementen.  Ueber- 
einslimmende  Versuche  gaben  den  Werth  Cs  =  123,4  (H  =  l}. 
Die  hauptsächlichsten  von  uns  analysirten  Verbindungen  sind 
folgende  : 

CsH  -f-  8<I*  *  undeutlich  krystallisirte,  zerfliefsliche,  höchst 
caustische  Verbindung,  die  in  der  Glühhitze  ein  Atom  Wasser 
zurückhält,  Platin  angreift^  am  Draht  in  der  Flamme  erhitzt 
völlig  verdampft  und  in  Alkohol  leicht  löslich  ist. 

CsC  4- sq*  '  andeutlich  ausgebildete  Krystalle,  beim  Er- 
hitzen ein  wasserfreies,  sandiges  Pulver  bildend,  das  bei 
19^  C.  die  9,1  fache  Menge  und  bei  78^4  C.  die  5  fache  Menge 
absoluten  Alkohols  zu  seiner  Lösung  erfordert ;  sehr  caustisch, 
an  der  Luft  zerfliefsend  und  allmälig  in  das  zweifach -kohlen- 
saure Salz  übergehend.  Unter  Erhitzung  im  Wasser  fast  in 
allen  Verhältnissen  löslich. 

OsCgH  :  ziemlich  deutliche,  aber  nicht  mefsbare,  pris- 
matische, an  der  Luft  beständige,  glasglänzende,  kaum  noch 
alkalisch  reagirende  Krystalle,  die  beim  Glühen  leicht  in  das 
einfach -kohlensaure  Salz  übergehen. 

ts^  :  Wai^serfrei  wie  Salpeter,  aber  nicht  mit  diesem, 
sondern  mit  dem  salpetersauren  Rubidiumoxyd  isomorph ; 
l:ä=l:0,7135;  mit  den  Flächen  P  .00P.P2.00P2.OP.V4P; 

Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.  GXIX.  Bd.  1.  Heft.  8 


114  Bunsen,  über  Cäsium  und  Rubidium. 

wie  Salpeter  kühlend,  salzig  schmeckend;  in  der  10 fachen 
Menge  Wasser  löslich. 

CsS  :  Ebenfalls  wasserfrei,  in  undeutlichen,  harten,  nicht 
mefsbaren,  bündeiförmig  gruppirten,  luftbeständigen  Krystallen; 
ein  Theil  des  Salzes  erfordert  bei  —  2^  C.  nur  0,63  Theile 
Wasser  zur  Lösung,  das  schwefelsaure  Kali  erfordert  unter 
denselben  Umständen  12,5  Theile  Wasser.  Das  Salz '  bildet 
mit  MgS,  CoS  u.  s.  w.  Doppelsalze,  die  dein  Typus  KaS 
-f-  MgS  -|-  6  H  angehören  und  mit  den  entsprechenden  Kali- 
und  Ammoniumoxydsalzen  isomorph  sind.  CsS  -j-  CoS  -f-  6  H 
zeigte  folgende  Flächen  :  0P.(X)P.  +  P.[Poo].  +  2Pc». 
oo  P  2.  CsS  bildet  mit  AIS3  einen  in  glasglänzenden  regu- 
lären Ociaedern  krystallisirenden  Alaun. 

CsCl  :  Krystallisirt  in  Würfeln  und  unterscheidet  sich 
von  KCl  und  BbCi  dadurch,  dafs  es  wie  LiCI  an  der  Luft 
zerfliefslich  ist;  beim  schwachen  Glühen  schmelzend,  etwas 
flüchtig  und  an  der  Luft  leicht  etwas  basisch  werdend.  Chlor- 
cäsium enthält  22,3,  das  Chlorrubidium  29,7  und  das  Chlor- 
kalium 47,5  pC.  Chlor. 

CsCI,  PtCig  :  Hellgelbes  sandiges  Pulver,  das  aus  glän- 
zenden, durchsichtigen,  mikroscopischen  regulären  Octaedern 
besteht.  Ist  von  den  drei  Platindoppelchlorüren  des  Kaliums^ 
Rubidiums  und  Cäsiums  das  schwerlöslichste,  wie  die  folgende 
Zusammenstellung  zeigt,  welche  die  in  100  Tbeilen  Wasser 
löslichen  Salzmengen  angiebt  : 


• 

KCl,  PtClj 

RbCl,  PtCljj 

CsCl,  PtOlj 

QO  C. 

0,74 

0,184 

0,024 

10 

0,90 

0,154 

0,050 

20 

1,12 

0,141 

0,079 

30 

1,41 

0,145 

0,110 

40 

1,76 

0,166 

0,142   ' 

60 

2,17 

0,203 

0,177 

60 

2,64 

0,258 

0,213 

70 

3,19 

0,329 

0,251 

80 

3,79 

0,417 

0,291 

90 

4,45 

0,521 

0,332 

100 

5,18 

0,634 

0,377. 

115 

Ueber  Bildung  von  Butylmilchsäure  aus  Buttersäure 
durch  Vermittelung  der  Monobrombultersäure ; 

von  Dr.  Alex.  Naumann. 


Entsprechend  der  Bildung  von  Glycolsaure  aus  Essigsäure 
liefs  sich  das  Entstehen  der  von  Wurtz*^  durch  Behandlung 
von  Ainyiglycol  mit  Salpetersäure  schon  erhaltenen  Butyl- 
milchsäure aus  Buttersäure  voraussehen.  Es  kam  nur  zunächst 
darauf  an,  ein  Substitutionsproduct  der  Buttersäure  darzu- 
stellen, welches  an  Stelle  eines  Atomes  Wasserstoff  ein  Atom 
Chlor  oder  Brom  enthielte.  —  Durch  Behandeln  von  Butter- 
sSure  mit  trockenem  Chlorgas  im  Sonnenlicht  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  oder  schneller  bei  100^  scheint  sich  vor- 
zugsweise Bichlorbuttersäure  zu  bilden.  Wenigstens  wurden 
bei  zwei  derartigen  Versuchen  ,  welche  so  lange  fortgesetzt 
wurden ,  als  sich  noch  durch  Auftreten  reichlicher  Salzsäure- 
dämpfe eine  starke  Einwirkung  des  Chlors  kund  gab ,  Pro- 
ducte  erhalten,  deren  Chlorgehalte  sich  nach  Verjagung  der 
Salzsäure  durch  einen  Strom  trockener  Kohlensäure  bei  100^ 
zu  43,5  und  42,5t  pC.  bestimmten,  die  also  der  Bichlorbutter- 
säure nahezu  entsprachen,  welche  45,22  pC.  Chlor  verlangt. 
Dieses  Chlorsubstitutionsproduct  der  Buttersäure  liefs  sich 
ohne  Zersetzung  nicht  destilliren. 

Ein  Versuch  mit  Brom  gab  für  besagten  Zweck  günstigere 
Resultate.  Gleiche  Molecüle  Buttersäure  und  Brom  wurden 
in  einem  Verbrennungsrohre ,  das  sie  zu  etwa  ein  Drittel 
seines  Rauminhaltes  erfüllten,  eingeschlossen.  Dabei  wurde 
auf  möglichsten  Ausschlufs  von  Wasser,  welches  leicht  zu 
Explosionen  Veranlassung  zu  geben    scheint,    und    auf  Aus- 


*)  Diese  Annalen  CVII,  192. 

8« 


H6  Naumann^  Bildung  von  Butylmüchsäure 

treibung  der ^  Luft  durch  dem  Zuschmelzen  vorangehendes 
gelindes  Erwärmen  Acht  gehabt.  Das  so  zubereitete  Rohr 
wurde  im  Wasserbade  erhitzt.  Nach  einigen  Stunden  hatten 
die  über  der  Flüssigkeit  stehenden  braunen  Dämpfe  eine 
hellere  Färbung  angenommen.  Zur  Verringerung  der  Gefahr 
des  Explodirens  wurde  die  Spitze  der  erkalteten  Röhre  durch 
eine  Lampe  erweicht  und  so  das  Ausströmen  von  Brom- 
wasserstoff vermittelt.  Das  wieder  zugeschmolzene  Rohr 
wurde  nun  abermals  auf  100^  erhitzt,  bis  die  Entfärbung  der 
Dämpfe  auf  Vollendung  der  Einwirkung  schliefsen  liefs.  Die 
so  erhaltene  gelbgefärbte  Flüssigkeit  wurde  behufs  vollstän- 
diger Entfernung  von  Bromwasserstoffsäure  auf  100^  erhitzt 
und  ein  Strom  trockener  Kohlensäure  durchgeleitet.  Nach 
Austreibung  der  Bromwasserstoffsäure  stärker  erhitzt,  liefs 
die  gegen  160^  wenig  Buttersäure  übergehen  und  sich  dann 
ohne  Veränderung  auf  eine  Temperatur  von  180^  bringen. 
Die  rückständige  zähe,  gelbgefärbte  Flüssigkeit  enthielt  50,63  pC. 
Brom;  Monobrombuttersäure  erfordert  47,90  pC.  Brom.  Sie 
war  schwer  löslich  in  kaltem  Wasser ,  ziemlich  löslich  in 
heifsem,  mit  Wasserdämpfen  flüchtig,  leicht  löslich  in  Alkohol, 
mischbar  mit  Aether.  Gegen  200^  trat  unter  Entwickelung 
von  Bromwasserstoff  Zersetzung  derselben  ein.  Es  mufste 
sonach  darauf  verzichtet  werden,  die  Monobrombuttersäure 
durch  Destillation  rein  zu  erhalten.  Gleich  ungünstige  Re- 
sultate für  Reindarsteilung  der  Monobrombuttersäure  gab  der 
Versuch,  Salze  derselben  zu  erzeugen.  Durch  Neutralisation 
mit  Alkalien  und  Eindampfen  im  Wasserbade  wurde  Brom- 
metall und  ein  gelbbrauner,  durch  Aether  ausziehbarer  Syrup 
erhalten,  welcher  nach  den  Ergebnissen  einer  Analyse  im 
Wesentlichen  aus  ßutylmilchsäure  bestand,  nebenbei  aber  noch 
ein  bromhaltiges  Product,  wahrscheinlich  von  Bibrombutter- 
säure  herrührende  Brombutylmilchsäure  enthielt.  Doch  war 
diese  Umsetzung  erst  nach  längerem  Erhitzen  auf  100^  voll- 


aus  Btätersäure,  117 

ständig.  Auch  durch  Auflösen  der  kohlensauren  Salze  schwerer 
Metalle,  z.  B.  des  Blei's,  in  wässeriger  warmer  Lösung  der 
erhaltenen  rohen  Monobrombuttersäure  wurde  beim  Abdampfen 
Brommelall  erhalten.  —  Es  wurde  defshalb  von  der  Reindar- 
stellung der  Monobrombuttersäure  überhaupt  abgesehen  und 
nur  noch  die  Darstellung  der  Butylmilchsäure  im  Auge  be- 
halten^  welche  auch  auf  folgende  Weise  gelang.  Aus  dem 
nach  obigem  Verfahren  durch  Einwirkung  gleicher  Molecüle 
Brom  und  Butlersäure  erhaltenen  Producle  wurde  durch  Er- 
wärmen und  Schütteln  die  BromwasserstofTsäure  und  noch 
etwas  freies  Brom  gröfstentheils  ausgetrieben  und  dasselbe 
hierauf  mit  Natronlauge  stark  übersättigt,  so  dafs  bei  nach- 
herigem  Eindampfen  und  längerem  Erhitzen  im  Wasserbade 
stets  eine  alkalische  Reaction  vorhanden  war.  Die  so  er- 
haltene Masse  wurde  mit  überschüssiger  verdünnter  Schwefel- 
säure zusammengebracht  und  mit  Aether  geschüttelt.  Letz- 
terer hinterliefs  nach  dem  Verdunsten  einen  gelbbraunen 
sauren  Syrup,  zu  dessen  heifser  wässeriger  Lösung  kohlen- 
saures Zinkoxyd  so  lange  gesetzt  wurde,  als  noch  eine  Auf- 
lösung desselben  statthatte.  Die  von  etwas  überschüssigem 
kohlensaurem  Zinkoxyd  abfiltrirte,  schwach  sauer  reagirende 
Flüssigkeit  schied,  im  Wasserbade  bis  zur  Krystallisation 
eingedampft,  beim  Erkalten  weifse  Krystallblättchen  aus,  die 
auf  ein  Filter  gebracht  und  mit  kaltem  Wasser  so  lange  aus- 
gewaschen wurden,  bis  das  Waschwass&r  auf  Zusatz  von 
salpetersaurem  Silberoxyd  keinen  Niederschlag  mehr  gab. 
Hierauf  aus  möglichst  wenig  heifsem  Wasser  nochmals  um- 
krystallisirt  ergaben  sie  bei  der  Verbrennung  im  Sauerstoffgas 
folgende  Resultate  : 

0,2955  Grm.  des  bei  120**  getrockneten  Salzes  lieferten  0,3805  Grm. 
Kohlensäure  und  0,1425  Grm.  Wasser.  Im  Porcellanschiff- 
chen  hinterblieben  0,0895  Grm.  Zinkoxyd.  Hieraus  berechnen 
sich  folgende  Procentgehalte  : 


i18  Naumann,  Bildung  van  Butylmüchsäure 

Oefdnden  Berechnet 

Kohlenstoff         35,10  €4        35,4a 

Wasserstoff  5,34  Hy  5,16 

Zink  23,99  Zn        24,04 

Sauerstoff  35,74  O«       35,40 


100,00. 

Ferner  verloren  0,7677  Grnn,  des  lufttrockenen  bulyl- 
niilchsauren  Zinkoxyds  bei  120®  0,0902  Grm.  Wasser,  ent- 
sprechend 11,75  pC.  €4H7Zn03  +  HgO  verlangt  11,72  pC. 
Verlust.  Doch  zogen  die  bei  120®  entwässerten  Krystalle 
aus  der  Luft  schnell  Wasser  an  und  hatten  nach  24stündigem 
Stehen  im  offenen  Uhrglas  schon  80  pC.  ihres  früheren 
Wassergehalts  wieder  aufgenommen. 

Zur  Isolirung  der  ßutylmilchsäure  wurde  das  Zinksatz  in 
heifsem  Wasser  gelöst,  Schwefelwasserstoff  eingeleitet  und 
das  Filtrat  im  Wasserbade  eingedampft.  Hierbei  hinterblieb 
ein  schwach  gelbgefärbter  Syrup,  der  nach  24stündigem 
Stehen  über  concentrirter  Schwefelsäure  zu  einer  fast  weifsen 
Masse  erstarrt  war.  Diese,  wiewohl  noch  nicht  ganz  trocken, 
der  Analyse  unterworfen ,  ergab  nachstehende,  eine  weitere 
Analyse  der  vollständig  getrockneten  Säure  als  überflüssig 
erweisende  Resultate  : 

Beim  Verbrennen    im  Saiierstoffgas    lieferten   nämlich  0,2623  Grm. 
der  Säure  0,4160  Grm.  Kohlensäure  und  0,1880  Grm.  Wasser. 

Diefs  entspricht  einer  Säure  von  der  Formel  €40893 
mit  nahe  6  pC.  Wasser.     Es  wurden   nämlich  nach  Obigem  : 

gefunden  in  6  pC.  Wasser  ent- 


haltender  Säure 

(74  Hg  ö  8 

enthält  : 

Kohlenstoff        43,25 

O4 

46,15 

Wasserstoff         7,97 

Hs 

7,70 

• 

^8 

46,15 

100,00. 

Wie  schon   aus   dem  Verfahren   ihrer  Darstellung   her- 
vorgeht,   ist    die    Butylmilchsäure    leicht    löslich    in  Wasser 


aus  Buttersäure,  119 

(^sogar  zerfliefslich)  und  wird  ihrer  wasserigen  Lösung  durch 
Aether  entzogen.  Absoluter  Alkohol  löst  sie  gleichfalls.  — 
Bei  vorsichtigem  Erhitzen  verflüchtigt  sich  die  .Butylmilch- 
säure  vollständig.  Das  Sublimat  erstarrt  krystallinisch  und  hält 
sich  mit  Wasser  in  Berührung,  wenigstens  längere  Zeit, 
ungelöst,  während  die  Butylmilchsäure  selbst  zerfiiefslich  ist. 
Es  wäre  demnach  entweder  als  Butylmilchsäureanhydrid  oder 
als  eine  dem  Lactid  entsprechende  Verbindung  von  Butyl- 
milchsäure mit  ihrem  Anhydrid  zu  betrachten.  —  Das  Zink- 
salz, leicht  löslich  in  heifsem,  löst  sich  nur  wenig  in  kaltem 
Wasser  9  wird  selbst  durch  kochenden  absoluten  Alkohol 
kaum,  durch  Aether  gar  nicht  aufgenommen.  Seine  wässe- 
rige Lösung  reagirt  sauer.  —  Es  unterliegt  nach  diesen  Ei- 
genschaften des  Zinksalzes  keinem  Zweifel,  dafs  diese  Säure 
mit  der  von  Wurtz  durch  Behandlung  des  Amylglycols  mit 
Salpetersäure,  wenn  gleich  nicht  krystallisirt  erhaltenen  Säure 
identisch  ist. 


Nachdem  diese  Abhandlung  zum  Absenden  fertig  lag, 
kommt  mir  das  Maihefl  der  Annalen  zu  Gesicht,  in  welchem 
E.  v.  Gorup  -  Besanez  und  Th.  Klincksieck  ihre 
Untersuchungen  über  Monobrombuttersäure  veröffentlichen. 
Die  bis  jetzt  gemachten  Beobachtungen  Beider  widersprechen 
im  Ganzen  nicht  meinen  oben  vorausgeschickten  Bemerkun- 
gen über  Monobrombuttersäure.  Nur  insofern  findet  eine 
Abweichung  statt,  als  E.  v.  Gorup-Besanez  und  Th. 
Klincksieck  den  Zersetzungspunkt  der  Monobrombutter- 
säure unterhalb  des  Siedepunkts  der  Buttersäure  setzen,  wäh- 
rend ich,  wie  oben  angeführt,  die  durch  einen  Strom  trocke- 
ner Kohlensäure  bei  100^  von  Bromwasserstoff  befreite 
Brombuttersäure  über  den  Siedepunkt  der  Buttersäure  hinaus 


120    Naumann^  Büdtmg  von  G2CI6  durch  Einwirkung 

erhitzen  konnte,  ohne  dafs  Ströme  von  Bromwasserstoff  ent- 
wichen. 

Tübingen,  den  4.  Mai  1861. 


üeber  Bildung  von  Anderthalbfach  -  Chlorkohlensloff 
durch  Einwirkung  von  Chlor  auf  Bullersäure; 

von  Demselben. 


Unter  Benutzung  des  kräftigen  Lichts  der  vorjährigen 
Junisonne  wurde  in  Buttersäure,  welche  sich  in  einer.  Re- 
torte mit  aufwärts  geneigtem  Glase  befand,  trockenes  Chlor- 
gas eingeleitet.  Anfangs  zeigte  sich  auch  ohne  Beihülfe  von 
Wärme  durch  reichliche  Entwickelung  von  Saizsäuredämpfen 
eine  lebhafte  Einwirkung.  Als  sich  diese  später  bedeutend 
/verringert  halte  und  eine  grüngelbe  Färbung  der  zähor  ge- 
wordenen Flüssigkeit  bleibend  auftrat,  wurde  der  Bauch  der 
Retorte  in  ein  Becherglas  mit  siedendem  Wasser  gesenkt. 
Die  Einwirkung  verstärkte  sich  hierdurch  und  es  erschien 
nach  längerer  Zeit  im  Retortenhalse  ein  Sublimat  von  weifsen 
Krystallen,  während  die  Umsetzung  des  Chlors  mit  der  stets 
zäher  gewordenen  Flüssigkeit  sich  abermals  sehr  verlangsamt 
hatte.  Um  dieselbe  wieder  zu  beschleunigen,  wurde  nun  mit 
einer  Spirituslampe  stärker  erhitzt,  doch  mit  der  Vorsicht, 
dafs  nie  ein  Sieden  der  Flüssigkeit  eintrat.  Unter  anhaltend 
starkem  Chlorstrom  vermehrte  sich  nun  das  Sublimat  im 
Retortenhdlse  sehr  rasch;  die  zurückbleibende  klebrige  Flüs- 
sigkeit setzte  beim  Erkalten  Krystalle  ab.  Das  weifse  kry- 
stallinische  Sublimat  hinterliefs  bei  wiederholter  Sublimation 
stets  noch  einen  geschwärzten  Rückstand,  der  auf  dem  leicht 


»* 


/ 


von  Chlor  auf  Buttersäure.  \2\ 

sublimirbaren  Körper  hartnäckig  anhaftende  Stoffe,  wahrschein- 
lich Chlorsubstitutionsproducte  der  Buttersäure,  schliefsen  liefs. 
Auch  deutete  die  Analyse  dieser  Sublimate  auf  einen  noch 
vorhandenen ;  durch  wiederholtes  Sublimiren  abnehmenden 
Sauerstoffgehalt  hin.  Es  wurde  nun  das  ursprüngliche  Subli- 
mat aus  Aether  mehrmals  umkrystallisirt,  wobei  sich  farblose 
prismatische  Krystalle  des  rhombischen  Systems  mit  Abstum- 
pfung der  schärferen  Kanten  und  Zuschärfung  der  basischen 
Endflächen  absetzten.  Bei  der  Analyse  lieferten  dieselben 
folgende  Resultate  : 

0,1695  Grm.  gaben  0,6887  Orm.  Ghlorsilber. 

0,4696  Grm.   gaben   0,1745   Grm.    Kohlensäure   und   0,0073   Grm. 
Wasser. 

Sie  bestanden   also  aus  Anderthalbfach -Chlorkohlenstoff. 

Gefunden  Berechnet 

Kohlenstofif  10,1  €,         24  l0,13 

Chlor  89,9  Cle     213  89,87 

100,00. 

Schmelz-  (ungefähr  160^)  und  Siedepunkt  (1820)  ^^^^i^ 
sonstige  Eigenschaften  bestätigten  diefs.  Die  in  der  Retorte 
nebst  einer  zähen  Flüssigkeit  hinterbliebenen  Krystalle  er- 
wiesen sich  gleichfalls  als  Anderthalbfach- CblorkohlenstoiT. 


üeber  Bromvaleriansäure  und  Brombutlersäure; 

nach  A.  Borodine^'). 


Monobromvaleriansäure  und  Monobrombullersäure  lassen 
sich  erhalten  nach  dem  von  Peligol  **)  für  die  Darstellung 


*)  Bulletin  de  la  soci^t^  chimique  de  Paris,  s^ance  du  23  Nov.  1860. 
*•)  Diese  Annalen  XXVUI,  246.  D.  Ä. 


122  Borodine^  über  Bromvaleriansäure 

der  Monobrombenzoesäure  angegebenen  Verfahren  :  Einbrin- 
gen eines  mit  Brom  gefüllten  offenen  Glasgefäfses  in  eine 
mittelst  eingeschliffenen  Stöpsels  verscbliefsbare  Flasche, 
welche  das  Silbersalz  der  organischen  Säure,  deren  Broni- 
substitutionsproduct  dargestellt  werden  soll,  enthält.  (Alle 
Feuchtigkeit  mufs  ausgeschlossen  sein;  das  Brom  läfst  sich 
durch  Schütteln  mit  concentrirter  Schwefelsäure  von  Wasser 
befreien.)  Die  durch  den  Bromdampf  bewirkte  Umwandlung 
jenes  Silbersalzes  zu  einfach -gebromter  Säure  und  Brom- 
silber ist  vollendet,  wenn  die  Flasche  mit  röthlichen  Dämpfen 
gefüllt  erscheint.  Aus  der  Masse  wird  die  einfach -gebromte 
Säure  dann  mittelst  Aether  ausgezogeni  freies  Brom  in  dieser 
Lösung  durch  Schütteln  derselben  mit  Quecksilber  entfernt, 
der  Aether  dann  verdunstet ,  die  rückständige  bromhaltige 
Säure  mit  etwas  kaltem  Wasser  gewaschen,  in  wässerigem 
kohlensaurem  Natron  gelöst  und  aus  dieser  Lö^mg  wieder 
mittelst  Salzsäure  abgeschieden  (die  hierbei  zuerst  und  zu- 
letzt sich  abscheidenden  Portionen  enthalten  die  Verunrei- 
nigungen und  sind  zu  beseitigen},  dann  mit  Wasser  gewa- 
schen und  mittelst  geschmolzenen  Chlorcalciums  getrocknet. 
Die  Monobromvdleriansäure  ist  eine  farblose  schwere 
ölige  Flüssigkeit  von  eigenthümlichem  stechendem  Geruch, 
in  Wasser  nur  wenig  löslich.  Sie  zersetzt  sich  bei  der  De- 
stillation unter  Entwickelung  von  Bromwasserstoff  und  Hinter- 
lassung von  Kohle;  die  übergehende  Flüssigkeit  enthält  viel 
Valeriansäure  und  wie  es  scheint  auch  etwas  Valeral.  Die 
Monobromvaleriansäure  ist  eine  stärkere  Säure  als  die  Vale- 
riansäure. Ihre  Salze  mit  Kali,  Natron,  Kalk  und  Baryt  sind 
leichtlöslich,  unkrystallisirbar,  wenig  beständig;  bei  dem  Ab- 
dampfen ihrer  Lösungen  tritt  Zersetzung  ein  unter  Bildung 
von  Brommetall,  valeriansaurem  Salz  und  vermulhlich  auch 
dem  Salz  einer  der  Glycolsäure  homologen  Säure.  Das  Silber- 
salz ist  ein  weifser,  sich  rasch  verändernder  Niederschlag. 


und  Bromhtätevsäure»  123 

Die  Monobi'ombuäersäure  ist  der  Monobromvaleriansäure 
sehr  ähnlich,  gleichfalls  ein  farbloses  schweres,  bei  der  De- 
stillation sich  zersetzendes  Oel. 

Wenn  man  Bromdampf  auf  essigsaures  Silber  einwirken 
läfst,  so  erhält  man  keine  Monobromessigsäure,  sondern 
neben  Bromsilber  entsteht  ein  aus  Kohlensäure  und  einem 
riechenden  bromhaltigen  Gas  bestehendes  Gasgemische,  viel- 
leicht gemäfs  der  Gleichung  : 

GAAg^g  +  2  Br  =  BrAg  +  €0,  -|-  GHgBr. 


Technische  Bestimmung  von  Kali  neben  Natron   in 
neutralen  und  alkalischen  Verbindungen; 

von  Dr.  Mohr. 


Diese  Methode  gründet  sich  auf  die  Ausscheidung  des 
Kali's  als  Weinstein  und  Messen  desselben  durch  alkalische 
Flüssigkeiten  y  die  ganze  Sorge  geht  also  auf  die  richtige 
und  vollständige  Ausscheidung  des  Weinsteins  hin. 

Ist  das  Kali  gröfstentheils  als  kohlensaures  vorhanden, 
so  ist  das  Verfahren  folgendes  :  die  gewogene  Probe  wird 
in  Lösung  gebracht  und  aus  einem  tarirten  Glase  mit  ge- 
pulverter Weinsteinsäure  gesättigt,  wobei  man  Lackmus  zu 
Hülfe  nimmt.  Nun  wägt  man  noch  einmal  eben  so  viel  Wein- 
steinsäure ab,  als  man  schon  verbraucht  hat  und  setzt  sie 
der  Probe  zu.  Sie  enthält  jetzt  aufser  den  Neutralsalzen 
doppelt  -  weinsteinsaures  Kali  und  Natron.  Diese  Flüssigkeit 
dampft  man  zur  Trockne  ab,  läfst  die  Schale  erkalten  und 
löst  die  Salzmasse  in  kalt  gesättigter  Weinsteinlösung  auf, 
welche   durch  Schütteln,  Absetzen   und  Stehen   über  Wein» 


124    Mohvy   technische  Bestimmung  von  Kali  neben  Natron 

stein  bei  gewöhnlicher  Temperatur  bereitet  wird.  In  der 
Weinsteinlösung  sind  alle  Salze,  nur  nicht  Weinstein,  löslich 
und  es  werden  defshalb  auf  einem  Filtrum ,  das  mit  einer 
Glasscheibe  bedeckt  bleibt,  alle  Salze  aufser  Weinstein  weg- 
gewaschen. 

Wenn  das  Kali  in  neutralen  Salzen  enthalten  ist,  so 
kann  man  die  Weinsteinsäure  nicht  anwenden,  da  sie  Htneral- 
säuren  in  Freiheit  setzt,  welche  lösend  auf  den  Weinstein 
wirken.  Es  mufs  alsdann  Sorge  getragen  werden  ,  dafs  die 
Hineralsäuren  gebunden  bleiben. 

Alle  neutralen  Kalisalze  setzen  sich  mit  doppelt -wein- 
steinsaurem Natron  in  Weinstein  und  ein  lösliches  Natron- 
salz um.  Ist  eine  genügende  Menge  des  doppelt -weinstein- 
sauren Natrons  vorhanden,  so  ist  alles  Kali  in  Weinstein 
verwandelt,  allein  ein  Theil  ist  noch  in  Lösung  geblieben. 
Man  dampft  die  ganze  Masse  zur  Trockne  ein,  läfst  erkalten, 
weicht  in  gesättigter  Weinsteinlösung  auf  und  wascht  damit 
auf  einem  Filtrum  aus.  Man  mufs  sich  nun  die  Gewifsheit 
verschaffen,  dafs  man  erstlich  alles  Kali  gefällt  habe,  und 
zweitens,  dafs  man  alles  doppelt -weinsteinsaure  Natron  ent- 
fernt habe.  Diefs  findet  man  durch  eine  einfache  Probe. 
Wenn  die  erste  ablaufende  Flüssigkeit  saurer  ist  als  die 
reine  Weinsteinlösung,  so  ist  noch  doppelt- weinsteinsaures 
Natron  vorhanden  und  folglich  alles  Kali  gefällt.  Zunächst 
prüft  man  die  frische  Weinsteinlösung,  indem  man  10  CC. 
herausnimmt  und  unter  Zusatz  von  Lackmus  mit  Tropfen 
Normalnatron  blau  macht.  Es  gehören  je  nach  der  Temperatur 
5  bis  7  Tropfen  dazu.  Die  gefundene  Zahl  gilt  dann  für 
heute.  Da  das  doppelt -weinsaure  Natron  in  der  Weinstein- 
lösung auflöslich  ist,  so  wird  die  abgelaufene  Flüssigkeit 
stärker  sauer;  und  wenn  sie  sich  als  solche  zeigt,  auf  10  CC. 
etwa  25  bis  30  Tropfen  Normalnatron  verlangt,  so  ist  der 
Versuch  in  Ordnung.    Man  wascht   nun  mit  Weinsteinlösung 


I 


in  neutralen  und  alkaUachen  Verbindungen,  125 

aus,  bis  die  Zahl  der  Tropfen  herunterkommt  auf  die' der 
reinen  Weinsteinlösung,  worauf  sie  nun  nothwendig  stehen 
bleiben  mufs,  da  die  Lösung  selbst  lange  auf  Weinstein  ge- 
standen hat.  Sobald  die  Tageszahl  von  5  bis  7  Tropfen 
erreicht  ist,  mufs  auch  das  doppelt -weinsteinsaure  Natron 
ansgewaschen  sein  und  man  bestimmt  den  Weinstein  in  be- 
kannter Weise  mit  Normalnatron.  1  CC.  ist  =  Viooo  Atom 
Kali  oder  eines  Kalisalzes. 

1  Grm.  Chlorkalium  in  dieser  Art  als  Weinstein  gefällt, 
erforderte  13,4  GC.  Normalnatron.  Da  das  Atomgewicht 
des  Chlorkaliums  74,57  ist,  so  betragen  die  13,4  CC.  Natron 
13,4  X  0,07457  =  0,999238  Grm.  Chlorkalium,  statt  1  Grm., 
oder  auf  Kali  berechnet  13,4  x  0,04711  =  0,6312  Grm. 
Kali;  berechnet  0,632  Grm. 

2  Grm.  Chlorkalium  eben  so  behandelt  erforderten  26,8  CC. 
Normalnatron,  oder 

1,9985  Grm.  Chlorkalium,  genommen  2  Grm. 
1,2625  Grm.  Kali,  genommen  1,264  Grm.  Kali. 

Um  den  Fehler  zu  schätzen,  den  man  durch  das  benetzte 
Filtrum  macht,  wurde  ein  solches  von  115™™  Durchmesser 
mit  Weinsteinlösung  gefällt  und  ablaufen  gelassen.  Der  erste 
Tropfen  Normalnatron  machte  die  Flüssigkeit  blau,  was  auch 
schon  daraus  einleuchtet,  dafs  ein  solches  Filtrum  nicht  ^7$ 
oder  1,6  CC.  Flüssigkeit  aufnehmen  kann. 

1  Grm.  schwefelsaures  Kali  in  gleicher  Weise  behandelt 
erforderte  11,6  CC.  Normalnatron ,  entsprechend  1,01  Grm» 
schwefelsaures  Kali  statt  1  Grm. 

In  gleicher  Art  kann  man  auch  das  Kali  durch  Chlor- 
platin fällen,  zur  Trockne  eindampfen  und  mit  einer  ge- 
sättigten Lösung  von  Chlorplatinkalium  auswaschen.  Man  hat 
dabei  den  Vortheil,  nicht  nur  Chlorkalium,  sondern  auch 
schwefelsaures   Kali    in    dieser  Art    bestimmen   zu   können. 


126  Baej/er^  Beiträge  zur  Kenntnifs 

Die  Chlorplatinkaliumlösung  löst    alle  Salze  aurser  ihr  eige- 
nes auf  und  läfst  es  unvermindert  auf  dem  Filtrum. 

Auch  kann  man  eine  grofse  Anzahl  nicht  ganz  unlös- 
licher Salze,  wie  schwefelsauren  Strontian,  kohlensauren  Baryt, 
schwefelsaures  Blei  und  ähnliche  vollständig  ausscheiden, 
wenn  man  sie  mit  kalt  gesättigten  Lösungen  des  eignen 
Salzes  auswascht. 


Beiträge   zur  Kenntnifs  der  Harnsäuregruppe; 

von  Adolf  Baeyer. 


Im  Anschlufs  an  die  Notiz  über  das  Hydantoin  (diese 
Annalen  CXVII,  178)  theile  ich  noch  Folgendes  über  die 
Harnsäuregruppe  mit  : 

1)  Zersetzung  der  Alloxansäure  in  der  Wärme.  — 
Schlieper  hatte  beobachtet,  dafs  Alloxansäure  sich  bei  100^ 
unter  Kohlensäureentwickelung  zersetzt  und  zur  Entstehung 
mehrerer  neuen  Substanzen  Veranlassung  giebt.  Er  unter- 
suchte das  Difluan  und  die  Leucotursäure ;  von  einem  dritten 
Körper  konnte  er  aus  Mangel  an  Material  nur  eine  Analyse 
machen.     Das  Zerfallen  der  Alloxansäure  kann  man  sich  nun 

folgendermafsen  denken  : 

N2O4O5H4    =    €^8    +    NjOs^sH«  +  Hg 

Alloxansäure  Parabansäure. 

Hiernach  müfste  man  also  Reduclionsproducte  der  Para- 
bansäure erhalten,  und  in  der  That  hat  Limpricht  gezeigt, 
dafs  die  Leucotursäure  ein  Alloxantin  der  Parabansäure,  also 
das  erste  Reductionsproduct  ist.    Das  Difluan  von  Schlieper 


der  Harnsäuregruppe.  127 

ist  eine  zerfliefslicbe  Masse,  welche  die  Eigenschaften  der 
Allantursäure  besitzt  und  wahrscheinlich  zürn  grofsen  Theil 
daraus  besteht.  Die  Allantursäure  hat  die  Zusammensetzung 
der  Dialursäure  der  Parabangruppe.  Der  dritte  Körper  end- 
lich ist  nach  der  Analyse  und  den  Eigenschaften,  die  Schlie- 
per  angiebt,  nichts  anderes  als  Hydantoi'n.  Die  Entstehung 
dieser  Substanzen  würde  dann  so  vor  sich  gehen  : 

{2N2G80^sH2-|-    H2  =  N4€e06H8        Leucotursäure 
-f  NjGsOsHs  +    Hj  ==  N8G303H4       AUantursäure 
-I-  NgGsOsHj  +  2  Hg  :=:  N,€802H4+H40  Hydantoin. 

Erhitzt  man  nun  die  Alloxansäure  mit  einer  reducirenden 
Substanz,  der  Jodwasserstoffsäure,  so  erhält  man  hauptsäch- 
lich das  reducirteste  Glied  dieser  Beihe,  das  Hydantoin,  wenig 
Allantursäure  und  keine  Leucotursäure  : 

N8G4O6H4   4-    2HJ  =  GOg  +  N2G8O8H4  +  Hg^  -f  Jg 
Alloxansäure  Hydantoin. 

Diefs  ist  zugleich  die  beste  Methode  zur  Darstellung 
des  Hydantoins. 

2)  Aüüursäure.  —  Die  Allitursäure  Schlieper's  ist 
eine  Substanz,  die  mit  der  Leucotursäure  viel  Aehnlichkeit 
hat,  und  in  der  Thal  kann  man  sie  ihrer  Formel  nach  eben- 
falls als  ein  Alloxantin  betrachten,  nämlich  als  das  des  Hy- 
dantoins : 

N4Ge04He     =     N2G302H4    +     NjGg^gHg 
Allitursäure  Hydantoin. 

Es  scheint  demnach,  als  ob  das  Hydantoin  und  die  Al- 
litursäure «eine  neue,  der  AUoxanreihe  parallele  Gruppe  be- 
gründeten, die  durch  den  Austritt  von  Kohlensäure  aus  der 
AUoxanreihe  entsteht,  gerade  wie  die  Parabanreihe  durch 
Austritt  von  Kohlenoxyd.  Im  Folgenden  sind  diese  Bezie- 
hungen zusammengestellt  : 


T. 

AUoxan         N2G4O4H2 
Alloxantin    N2G40^4H2+N2G4O4H4 
Dialursäure  N8G4O4H4. 


II. 
Parabans.      NgGsOsHg 

Leucoturs.     N2G3O3H2  -(-  NgGsO  3H4 

Allanturs.      N2G80^3H4. 


128    BaeyeVy  Beiträge  zur  Kenntnifs  d.  Harnsäuregruppe. 

III. 

Fehlt  (NjGsOjHj)  ? 

AlUtursäure  N2G3O2H2  +  N20sasH4 

Hydantom  N2€80gH4. 

Das  Alloxan  der  Hydantoinreihe  ist  noch  nicht  dargestellt, 
aber  vielleicht  bietet  die  Allitursäure  ein  Mittel,  es  zu  er- 
halten. 

3)  Hyduräsäure. —  Schlieper  hatte  bekanntlich  durch 
Behandeln  von  Harnsäure  mit  verdünnter  Salpetersäure  und 
Abdampfen  eine  neue  Säure  gefunden,  die  er  Hydurilsäure 
nannte. 

Dieselbe  Substanz  erhält  man  durch  Erhitzen  der  Dialur- 
säure  in  Glycerin  auf  150^  Es  entweicht  Kohlensäure^  aber 
kein  Ammoniak,  und  es  bildet  sich  ein  krystallinisches  Pulver, 
welches  aus  hydurilsaurem  Ammoniak  besteht.  Die  hieraus 
abgeschiedene  Säure  hat  die  Zusammensetzung  :  NsGeOeHs 
und  zeigt  ganz  die  von  Schlieper  angegebenen  Eigen- 
schaften. Eine  aufserordentlich  characterislische  Eigenschaft 
dieser  Substanz  ist  die  intensiv  dunkelgrüne  Färbung,  welche 
sie  mit  Eisenchlorid  hervorbringt,  und  es  war  hierdurch 
leicht  möglich,  die  Identität  der  Schlieper'schen  Säure  mit 
dem  Zersetzungsproduct  der  Dialursäure  nachzuweisen. 

Ich  bin  mit  der  weiteren  Verfolgung  und  Untersuchung' 
dieser  Substanzen  beschäftigt. ** 


Änsgegeben   den  20.  Juli  1861. 


ANNALEN 

DER 


CHEMIE  UND  PHAEMACIE. 


CXIX.   Bandes    zweites    Heft. 


Untersuchungen  aus  dem  academischen  Laboratorium 

in  Marburg. 


XV.     Directe  quantitative  BestimmuDg  der  Kohlensäure 
kohlensaurer  Salze,    und  Braunsteinanalyse; 

von  Hermann  Kolbe. 


Seit  längerer  Zeit  bediene  ich  mich  zur  Bestimmung  der 
Kohlensäure  in  kohlensauren  Salzen  wie  auch  zur  Braunstein- 
analyse und  zu  ähnlichen  Zwecken  eines  Verfahrens,  welches 
die  Kohlensäure  direct  durch  Wägung  giebt,  und  dabei  eben 
so  leicht  und  rasch  auszuführen  ist^  wie  es  genaue  Resultate 
liefert.  Dieses  Verfahren  ist  sehr  ähnlich  dem ,  welches  wir 
bei  der  Elementaranalyse  organischer  Verbindungen  anwen- 
den; und  unterscheidet  sich  von  diesem  hauptsächlich 
dadurch  9  dafs  das  Verbrennungsrohr  durch  ein  gewöhnliches 
Gasentwickelungsgefafs  substituirt  ist.  Die  Einrichtung  des 
Apparats  ist  aus  der  auf  folgender  Seite  beigefügten  Figur 
ersichtlich. 

Das  weithalsige  Fläschchen  a  von  etwa  100  Gubikcenti- 
meter  Inhalt,  ist  durch  einen  massiven,  doppelt  durchbohrten 
Gummistopfen   leicht  verschliefsbar.     Durch  diesen   Stopfen 

Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  OXIX.  Bd.  9.  Heft.  9 


Kalbe,  Bestimmung  der  Kohlensäure 


geht  die  unterbelb  desselben  etwas  verengte  Trichlerröhre, 
deren  unteres,  dünn  ausg:ezog:enes  Ende  je  nach  Umständen 
entweder  vertical  hinabgeht  und  nahe  Über  dem  Boden 
mUndet,  oder,  wie  obige  Figur  zeigt ,  ein  wenig  aufwärts  ge- 
bogen ist.  In  die  zweite  gröFsere  Oeffnung  des  Stopfens  pafst 
das  ziemlich  weile  Ende  eines  knieförmig  gebogenen  Gas- 
leitungsrohrs mit  angeblasener  Kugel  b,  welche  mit  Baum- 
wolle gefüllt  ist,  oder  auch  ganz  leer  bleibt.  Das  Ganze  ist 
an  einem  Platindraht  frei  schwebend  aufgehängt.  —  Jene 
Kugel  dient  dazu,  das  beim  Erhitzen  der  Flüssigkeit  im  Ge- 
Wse  a  verdampfende  Wasser  zum  gröfsten  Theile  zu  con- 
densiren  und  wieder  zurückfliefsen  zu  lassen.  Die  hier  nicht 
condensirte  Feuchtigkeit  wird  in  dem  Chlorcalciumruhr  ge- 
bunden. Der  mit  diesem  weiter  communicJrende  Kaliepparat 
ist  am  Sufsersten  Ende  mit  einem,  Slilckchen  von  geschmol- 
zenem Katihydrat  enthaltenden  Röhrchen  verbunden,  welches, 
mittelst  eines  übersiegelten  Körkchens  aufgesetzt,  einen  inte- 


hohlen»,  SahOy  und  Braunsteinanalyse.  131 

grirenden  Bestandtheil  desselben  bildet.  Es  bat  den  Zweck, 
das  aus  der  Kaliflüssigkeit  beim  Hindurchstreicben  der  Luft 
verdunstende  Wasser  zurückzuhalten. 

Es  genügt  nicht,  die  zu  untersuchende  Substanz  in  dem 
Kölbchen  a  mit  Wasser  zu  üfoergiofsen  und  dann  durch  das 
Trichterrohr  die  Säure  einzubringen.  Denn  auch  wenn  letz- 
teres unten  etwas  aufwärts  gebogen  ist,  steigen  Kohlensäure- 
bläschen darin  ununterbrochen  auf.  Diese  Fehlerquelle  läfst 
*  sich  aber  leicht  dadurch  vermeiden,  dafs  man  die  Oeffnung 
mit  Quecksilber  absperrt. 

Bei  den  in  Wasser  löslichen  Verbindungen,  oder  den  in 
Wasser  unlöslichen  aber  durch  Säure  leicht  zersetzbaren  Car- 
bonaten,  welche  man  in  ganzen  Stücken  anwenden  kann, 
genügt  es,  das  Trichterrohr  unten  entweder  so  gebogen,  wie 
die  Figur  zeigt,  oder  blofs  in  eine  verticale  Spitze  ausgehend, 
in  eine  auf  dem  Boden  befindliche  Quecksilberschicht  ein- 
tauchen zu  lassen. 

Nachdem,  der  Kaliapparat  gewogen  und  mit  dem  Chlor- 
calciumrohr  verbunden  ist,  bringt  man  die  gewogene  Menge 
der  zu  untersuchenden  Substanz  ins  Zersetzungsgefäfs ,  fügt 
sodann  den  Kork  luftdicht  und  so  tief  ein,  dafs  die  Spitze 
der  Trichterröhre  unter  dem  Quecksilber  mündet,  und  zieht 
durch  letzteres  Wasser  in  hinreichender  Menge  ein,  am 
Besten  durch  Saugen  an  einem  über  das  Röhrchen  d  ge- 
schobenen Gummischlauch.  Auf  gleiche  Weise  saugt  man 
nachher  auch  die  Säure  in  kleinen  Portionen  ein. 

Die  Kohlensäureentwickelung  geht,  bei  Anwendung  von 
nicht  zu  viel  Säure  auf  einmal,  ruhig  von  Statten;  sie  wird 
gegen  Ende  der  Zersetzung  durch  Erwärmen  mittelst  einer 
kleinen  Spiritusflamme  unterstützt.  Die  Absorption  in  dem 
Kaliapparat  verläuft  ganz  so,  wie  bei  der  organischen  Ele- 
mentaranalyse; der  Gasstrom  kann  jedoch,  sobald  alle  im 
Apparat  befindliche  Luft  durch  die  Kohlensäure  verdrängt  ist, 

9* 


132  Kolbcj  Bestimmung  der  Kohlensäure 

viel  rascher  gehen,  als  bei  der  Eiementaranalyse.  Um  zuletzt 
alle  in  der  sauren  Zersetzungsflüssigkeit  noch  aufgelöste  Koh- 
lensäure zu  entfernen  und  ebenfalls  dem  Kaliapparat  zuzu- 
führen, genügt  es  nicht,  durch  Saugen  bei  d  Luft  durch 
das  Trichterrohr  hindurch  zu  ziehen,  sondern  die  Flüssigkeit 
mufs  während  dem  bis  zum  Aufkochen  erhitzt  werden. 

Die  Gewichtszunahme,  welche  nach  beendetem  Versuch 
der  Kaliapparat  erfahren  hat,  entspricht  bei  gut  geleiteter 
Operation  sehr  genau  der  Menge  der  ausgetriebenen  Kohlen- 
säure. Auch  wenn  man,  wie  es  bei  der  Analyse  von  koh- 
lensaurem Kalk,  Baryt  u.  s.  w.  nöthig  ist,  verdünnte  Salzsäure 
zur  Zersetzung  anwendet,  darf  man  nach  beendeter  Zersetzung 
die  salzsaure  Flüssigkeit  aufkochen.  Keine  Spur  Salzsäure 
gelangt  dabei  in  den  Kaliapparat. 

Hat  man    fein  gepulverte,   in  Wasser   unlösliche  Körper 
zu  analysiren,  so  ist  der  Verschlufs  des  Trichterrohrs  durch 
eine   deil  Boden   des  Gefäfses  bedeckende  gröfsere  Queck- 
silberschicht  unthunlich,    w^il   das  Quecksilber  immer   einen 
Theil    des   feinen  Pulvers  mechanisch  einhüllt  und   vor  dem 
Zutritt  der  Säure  schützt.    In  diesem  Falle  bewirkt  man  den 
Verschlufs   sehr  zweckmäfsig   durch    einen   kleinen  Qu^ck- 
silbertropfen ,    den  man  in  den  Trichter  eingiefst,   nachdem 
man  durch  denselben  die  Säure  in  das  Zersetzungsgefäfs  hat 
einfliefsen  lassen.    Dieser  Quecksilbertropfen  bleibt  immer  in 
der  engen  aufwärts  gebogenen  Spitze  des  Trichterrohrs  hän- 
gen und   hindert  vollständig  die  Communication  nach  aufsen. 
Will  man  hernach  aufs  Neue  Säure   in  das  Zersetzungsgefäfs 
einbringen,  so  giefst  man  davon  nach  Bedarf  in  den  Trichter 
und  saugt  gelinde  bei  d ;   der  Quecksilberpfropf  fliefst  dann 
aus,    die  darüberstehende  Flüssigkeit  folgt  nach  ui\d  der 
Verschlufs  wird  sofort  leicht  durch  ein   neues  Quecksilber- 
tröpfchen  hergestellt. 


kohlens,  Salze,  und  Brcmnsteinanalt/se,  133 

Ich  theile  nachstehend  einige  Eohlensäarebestimmungen 
von  Ealkspath  und  kohlensaurem  Natron  mit,  welche  die 
Genauigkeit  des  Verfahrens  beurtheilen  lassen.  Dazu  bemerke 
ich,  dafs  keine  dieser  Analysen  mit  Einschlufs  der  Wägungen 
länger  als  eine  halbe  Stunde  Zeit  in  Anspruch  genommen  hat. 

I.  Die  ans  0,442  Gnn.  eines  in  Stücken  angewandten  reinen  durch- 
sichtigen Kalkspaths  durch  yerdünnte  Salzsäure  ausgetrie- 
bene Kohlensäure  bewirkte  eine  Gewichtszunahme  des  Kali- 
apparates  um  0,195  Grm. 

n.    0,609  Grm.  desselben  Kalkspaths   gaben  bei  gleicher  Behand- 
lung 0,268  Grm.  Kohlensäurie. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich  der  Kohlensäuregehalt 
zu  44,1  und  44,0  pC.  Der  reine  Kalkspath  enthält  44,0  pG. 
Kohlensäure. 

L  0,969  Grm.  chemisch  reines  entwässertes  kohlensaures  Natron, 
mit  yerdünnter  Schwefelsäure  zersetzt,  gaben  0,401  Grm. 
Kohlensäure. 

II.    1,112  Grm.,  mit  verdünnter  Salzsäure  zerlegt,  gaben  0,461  Grm. 
Kohlensäure. 

Die  gefundene  Kohlensäuremenge  beträgt  demnach  41,4 
resp.  41,45  pC,  welche  Zahlen  mit  dem  berechneten  Kohlen- 
sänregehalt  41^5  des  kohlensauren  Natrons  fast  genau  über- 
einstimmen.  ' 

Nicht  minder  gut  unter  sich  übereinstimmende  Zahlen 
habe  ich  bei  den  folgenden  Braunsteinanalysen  erhalten.  Der 
untersuchte  Braunstein  enthielt  noch  kohlensauren  Kalk,  dessen 
Mei^ge  jedesmal  neben  dem  Sauerstoffgehalt  bestimmt  wurde. 
Eine  gröfsere  Menge  desselben,  aufs  Feinste  gepulvert  und 
bei  120^  C.  getrocknet,  wurde  noch  heifs  in  ein  mehrere 
Gramme  davon  fassendes  Füllrohr  gebracht^  und  diese  Menge 
zu  den  verschiedenen  Analysen  benutzt.  —  Man  verfährt  am 
Besten  auf  folgende  Weise. 

Das  mit  einem  Körkchen  gut  verschlossene  gefüllte 
Röhrchen  wnrd  gewogen,  dann  nach  Gutdünken  eine  passende 
Menge  des  Inhalts  in  das  Zersetzungsgefäfs  gegossen,  darauf 


134  Kolbe^  Bestimmung  der  Kohlensäure 

rasch  verkorkt  and  wieder  gewogen.  Die  Gewichtsdifferenz 
entspricht  der  Menge  der  angewandten  Substanz. 

Nachdem  der  das  unten  aufwärts  gebogene  Trichterrohr 
enthaltende  Gummipfropf  fest  aufgesetzt  ist,  wird  verdünnte 
Schwefelsäure  in  hinreichender  Menge  eingesogen ,  das  Trich- 
terrohr alsdann  durch  einen  Quecksilbertropfen  unten  ver- 
schlossen, und  nun  das  Zersetzungsgefäfs  mittelst  einer  klei- 
nen Spirituslampe  allmälig  stärker,  zuletzt  unter  anhaltendem 
Durchsaugen  von  Luft  bis  .zum  Aufkochen  erhitzt. 

Die  Gewichtszunahme  des  Kaliapparats  entspricht  der 
Menge  der  aus  dem  kohlensauren  Kalk  entbundenen  Kohlen- 
säure. Der  Kaliapparat  wird  nach  der  Wägung  sofort  wieder 
mit  dem  Chlorcalciumrohr  verbunden.  Wenn  das  Zersetzungs- 
gefäfs durch  Eintauchen  in  kaltes  Wasser  möglichst  gut  ab- 
gekühlt ist,  bringt  man  die  Oxalsäure  ein,  und  zwar  saugt  man 
gleich  die  ganze  erforderliche  Menge  dieser  Säure  in  warmer, 
ziemlich  conceutrirter  Lösung  auf  einmal  durch  das  Trichter- 
rohr ein,  welches  dann  sofort  durch  einen  Quecksilbertropfen 
abgesperrt  wird.  Noch  einfacher  ist  es,  nach  Abnahme  des 
Stopfens,  eine  angemessene  Menge  krystallisirter  Oxalsäure  ein- 
zutragen und  rasch  wieder  zu  verschliefsen ,  was  sich  ohne 
den  geringsten  Verlust  leicht  ausführen  läfst. 

Erst  bei  gelindem  Erwärmen  durch  eine  untergesetzte 
Spirituslampe  beginnt  Kohlensäure  in  erheblicher  Menge  frei 
zu  werden  und  in  continuirlichem  Strome  sich  zu  entwickeln, 
dessen  Stärke  mit  der  Flamme  leicht  regulirt  werden  kann. 
Nachdem  durch  die  Kohlensäure  alle  Luft  aus  dem  Apparate 
ausgetrieben  ist,  kann  man  die  Gasentwickelung  bedeutend 
beschleunigen,  ohne  befürchten  zu  müssen,  dafs  Kohlensäure 
unabsorbirt  durch  den  Kaliapparat  hindurchgeht.  Sollte  einmal 
der  Gasstrom  zu  rasch  gehen,  so  kann  man  ihn  sofort  und 
sicher  durch  Eintauchen  des  Zersetzungsgefäfses  in  kaltes 
Wasser  mäfsigen.  -*  Zur  vollständigen  Zersetzung  des  Braun- 


hohlens,  Salze j  und  Braunsteinanah/se,  135 

Steins  ist  es  nöthig,  die  Flüssigkeit  zuletzt  stärker  zu  erhitzen. 
Erst  wenn  schwarze  Partikeichen  darin  nicht  mehr  sichtbar 
sind,  wird  auf  die  angegebene  Weise  Luft  durch  die  zum 
Sieden  gebrachte  Flüssigkeit  hindurchgesogen. 

Nach  diesem  Verfahren  habe  ich  folgende  Resultate 
gewonnen  : 

I.  Das  Gl«wic]it  der  angewandten  Substanz  betmg  1,091  Grm., 
die  Grewiclitszimalime  des  Kaliapparats  nach  Zersetzung  des 
kohlensauren  Kalks  0,030  Grm.,  die  weitere  Gewichtszu- 
nahme desselben  nach  Zerlegung  des  Braunsteins  0,789  Grm. 

n.  Gewicht  des  aus  demselben  FüUrohr  genommenen  Braunsteins 
=  1,198  Grm.  Gewichtszunahme  des  Kaliapparats  nach 
Zersetzung  des  kohlensauren  Kalks  ss  0,032  Grm.  Gewichts- 
zunahme des  Kaliapparats  nach  Zersetzung  des  Braunsteins 
=  0,866  Grin. 

in.  Gewicht  des  aus  demselben  Füllrohr  genommenen  Braunsteins 
=  0,605  •  Grm.  Grewichtszunahme  des  Kaliapparats  nach 
Zersetzung  des  kohlensauren  Kalks  =^  0,016  Grm.  Gewichts- 
zuniAme  dei;  Kaliapparats  nach  Zersetzung  des  Braunsteins 
=  0,439  Grm. 

Hieraus  berechnet  sich  der  Procentgehalt  des  analysirten 
Braunsteins  an  kohlensaurem  Kalk  und  Hangansuperoxyd  wie 
folgt  : 


I. 

TT. 

lU. 

Kohlensaurer  Kalk 

6,25 

6,0 

6,0 

Mangansuperoxyd 

71,60 

71,6 

71,8. 

Wie  man  sieht,  läfst  die  Uebereinstimmung  der  gefun- 
denen Zahlen  Nichts  zu  wünschen  übrig.  Bei  der  Ausführung 
jener  Analysen  sind,  ähnlich  wie  bei  der  Bleroentaranalyse, 
noch  manche  kleine  Nebenumstände  zu  beachten,  deren  spe- 
oielle  Erwähnung  überflüssig  erscheint.  Jeder,  welcher  eine 
Elementaranalyse  zu  machen  versteht,  wird  sie  zu  berück- 
sichtigen wissen. 


-«._!.- 


136  Kalbe  u.  LautemanUy  über  die  Säuren 

XVI.    Ueber  die  Säaren  des  Benzoäharzes ; 

von  H.  Kolbe  und  E.  Lautemann. 


Im  Juliheft  des  letzten  Jahrgangs  der  Annalen  (Bd.  CXV, 
S.  113)  veröffentlichten  wir  eine  kurze  Notiz  über  die  Säuren 
des  Benzoeharzes,  worin  wir  mittheilten,  dafs  verschiedene 
Sorten  Benzoe,  und  besonders  die  sehr  schöne  Mandelbenzoe 
von  Sumatra,  eine  Säure  enthalten,  welche  sich  in  der  Zu- 
sammensetzung und  den  Eigenschaften  von  der  Benzoesäure 
wesentlich  unterscheide.  Wir  vermutheten  damals,  diese 
Säure  möchte  mit  der  von  Höller  und  Strecker  aus  der 
Yulpinsäure  dargestellten  Toluylsäure  *)  identisch  sein,  wofür 
besonders  ihre  leichte  Schmelzbarkeit  uild  annähernd  auch  die 
procentische  Zusammensetzung  spricht.  Die  Uebereinstim- 
mung  ihrer  Zusammensetzungen  ist  indessen  nicht  so  grofs, 
als  es  nach  einer  ersten  Analyse  schien;  denn  wenn  auch 
der  Kohlenstoffgehalt  der  analysirten  Säure  dem  der  Toluyl- 
säure sehr  nahe  kommt,  so  ergaben  zahlreiche  Analysen  den 
Wasserstoffgehalt  doch  immer  constant  um  0,6  bis  0,5  pC. 
zu  gering ,  eine  Differenz ,  welche  viel  zu  beträchtlich  ist, 
um  sie  auf  Rechnung  eines  Beobachtungsfehlers  zu  schreiben, 
zumal  bekanntlich  die  Verbrennungen  in  der  Regel  einen  kleinen 
Ueberschufs  an  Wasserstoff  finden  lassen.—  Diefs  veranlafste  uns 
zunächst,  unseren  Versuchen  eine  andere  Richtung  zugeben, 
und  wir  überzeugten  uns  bald,  daf$i  die  fragliche  Verbindung 
nicht  Toluylsäure,  noch  überhaupt  eine  einfache  Säure,  son- 
dern ein  Säuregemisch  ist. 

Ihre  Darstellung  aus  dem  Benzoeharz  geschah  nach  der 
schon  von  Scheele  angegebenen  Methode.  Viei^Theile  fein 
gepulvertes  Harz   wurden  mit  1  Theil  gelöschtem  Kalk   und 


*)  Diese  Annalen  CXm,  64. 


des  Benzo'iharzes.  *  137 

30  Theilen  Wasser  eine  Viertelstunde  gekocht  und  filtrirt. 
In  dem  ddrcb  Eindampfen  eingeengten  Filtrat  bewirkte  über- 
schüssige Salzsäure  zuerst  jedesmal  eine  milchige  Trübung. 
Erst  nach  längerem  Stehen  erfüllte  sich  die  Fli^ssigkeit  mit 
kleinen  Kristallen,  die  sich  von  der  Krystallisation  der  Ben- 
zoesäure schon  im  Ansehen  sehr  unterschieden.  Aus  der 
siedend  heifsend  concentrirten  Lösung  des  Kalksalzes  setzte 
sich  die  Verbindung  nach  dem  Vermischen  mit  Salzsäure 
stets  als  schweres  Oel  ab.  Nach  ein-  oder  zweimaligem  Um- 
krystallisiren  aus  heifsem  Wässer  war  sie  meist  rein  und 
vollkommen  weifs.  Auch  bei  recht  langsamer  Krystallisation 
erhält  man  immer  nur  unregelmäfsige  and  undeutliche 
Blättchen. 

Sie  schmilzt  bei  94^  C,  unter  Wasser  sogar  noch  leichter. 
Ihre  Löslichkeit  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  ist  nach 
oberflächlicher  Schätzung  ungefähr  dieselbe,  wie  bei  der  Benzoö- 
säure.  Sie  läfst  sich  bei  vorsichtigem  Erhitzen  leicht  und 
unverändert  sublimiren;  ihre  Dämpfe  reizen  stark  zum  Hu- 
sten. —  Uebermangansaures  Kali  erzeugt  in  der  sauren 
wässerigen  Lösung  sofort  Bittermandelöl.  —  Die  Analyse  er- 
gab folgende  Zahlen  : 

0,2218  Grm.  lieferten  beim  Verbrennen  mit  Eupferoxyd,  zuletzt 
im  Sanerstoffstrome  0,5725  Grm.  Eoblensäure  mid  0,1555  Grm. 
Wasser,  entsprechend  70,4  pC.  Kohlenstoff  und  5,3  pC.  Was- 
serstoff. 

0,270  Grm.  gaben  0,695  Grm.  Kohlensäure  und  0,132  Grm.  Wasser, 
entsprechend  70,3  pC.  Kohlenstoff  und  5,4  pC.  Wasserstoff. 

Die  Toluylsäure  enthält  70,6  pC.  Kohlenstoff  und  5,9  pC. 
WassersiofT. 

Auch  die  Zusammensetzung  des  in  undeutlichen  Krystallen 
sich  absetzenden  Kalksalzes  weicht  von  der  des  toluylsauren 
Kalks  zu  beträchtlich  ab ,  um  für  letzteren  gelten  zu 
können. 


138 


Kolbe  u.  Lautemann^  über  die  Sauren 


0,2011  Grm.  desselben  gaben  0,689  Grm.  Kohlensäure  und  0,1086 
Gnn.  Wasser,  entsprechend  61,8  pG.  KohlenstojQT  und  4,1  pG. 
Wasserstoff. 

0,2599  Grm.  gaben  0,5815  Grm.  Kohlensäure  und  0,100  Grm. 
Wasser,  entsprechend  61,0  pC.  KohlenstojQT  und  4,2  pC.  Was- 
serstoff. 

Der  toluylsaure  Kalk  enthält  61,9  pG.  Kohlenstoff  und 
4,5  pC.  Wasserstoff. 

Bei  unseren  Versuchen,  aus  obigen  Zahlen  für  die  in 
Rede  stehende  Substanz  eine  Formel  zu  construiren,  ergab 
sich,  dafs  die  gefundene  Zusammensetzung  am  Besten  und 
sehr  gut  auf  die  einer  dreibasischen  Säure  von  der  Formel : 
3  HO  .  C46H17O9  pafst ,  wie  aus  folgender  Zusammenstellung 
erhellt  : 


C4« 

Hm 


berechnet 

276  70,4 

20  5,1 

96  24,5 


gefanden 

70,4  70,3 

5,8  5,4 


femer 


392 

100,0 

berechnet 

geftmden 

C46 

276 

61,5 

61,8            61,0 

H„ 

17 

3,9 

4,1              4,2 

Ca, 

60 

13,8 

—               — 

0« 

96 

21,3 

—               — 

449  100,0. 

Ungeachtet  dieser  Uebereinstimmung  hatte  die  Existenz 
einer  solchen  dreibasischen  Säure  für  uns  zu  geringe  Wahr- 
scheinlichkeit, um  uns  mit  diesem  Resultat  zu  begnügen. 
Schon  die  Flüchtigkeit  derselben  deutet  auf  einfachere  Ver- 
hältnisse hin.  Die  Wahrnehmung,  dafs  die  Säure  mit  über- 
mangansaurem Kali  so  leicht  Bittermandelöl  erzeugt,  erinnerte 
uns  an  das  gleiche  Verhalten  der  ^Zimmtsäure  und  führte  uns 
weiter  auf  die  Idee,  daCs  die  fragliche  Säure  Zimmtsäure 
enthalten  möchte« 


des  Benzoeharze».  139 

Zieht  man  die  Formel  der  letzteren  von  der  obig^en  For- 
mel ab  ^  so  restirt  ein  Körper  von  der  Zusammensetzung  : 
C^sHigOs* 

^46^2oOi2  —  O18H8O4  =  CjsHisOs« 

Es  fällt  sofort  in  die  Augen,  dafs  dieser  Rest  die  Ele- 
mente von  2  Atomen  Benzoesäure  enthält^  und  es  schien 
uns  fortan  kaum  mehr  zweifelhaft,  dafs  wir  eine  aus  2  Atomen 
Benzoesäure  und  1  Atom  Zimmtsäure  bestehende  Säure,  ent- 
weder eine  Tripelsäure,  oder  ein  blofses  Gemenge  derselben 
in  jenem  Mischungsverhältnisse  in  Händen  hatten.  Um  hier- 
über Gewifsheit  zu  erhalten,  suchten  wir  durch  fractionirte 
Fällungen  Salze  von  verschiedener  Zusammensetzung  zu  ge- 
winnen. Gleich  der  erste  Versuch  hat  unsere  Erwartungen 
in  so  weit  noch  übertreffen,  als  es  uns  gelang,  durch  solche 
fractionirte  Fällung  des  Ammoniaksalzes  mit  salpetersaurem 
Silberoxyd  fast  ganz  reines  zimmtsaures  und  benzoesaures 
Silberoxyd  zu  erhalten. 

Wir  theilten  die  zur  vollständigen  Fällung  der  bekannten 
Menge  des  angewandten  Ammoniaksalzes  nöthige  Lösung  des 
salpetersauren  Silberoxyds  in  nahezu  drei  gleiche  Theile, 
und  fällten  zunächst  etwa  mit  der  Hälfte  des  ersten  Drittels. 
Zu  der  von  diesem  ersten  Niederschlag  abfiltrirten  Flüssigkeit 
fügten  wir  dann  anderthalb  weitere  Drittel  der  Silberlösung 
und  endlich  zu  der  von  diesem  zweiten  Niederschlage  ge- 
trennten Lösung  das  letzte  Drittel  hinzu.  Diese  drei  Nieder- 
schläge wurden  jeder  für  sich  nach  gehörigem  Auswaschen 
bei  100^  C.  getrocknet  und  analysirt. 

Er$te  Fallung  :  0,378  Grm.  gaben  0,579  COs  und  0,097  HO. 
Hieraus  berechnen  sich    41,8  pC.  C  und  2,8  pO.  H. 
Das  zimmts.  Silberoxyd  enthält  42,3  pC.  C  und  2,7  pC.  H. 

Zweite  Fällung  :  0,400  Grm.  gaben  0,583  COs  iind  0,091  HO. 
Hieraus  berechnen  sich  89,7  pC.  C  und  2,5  pO.  H.  s 


140  Kolbe  u.  Lautemann,  über  die  Säuren 

Dritte  Fällung  :  0,338  Grm.  gaben  0,455  OOg  und  0,067  HO. 
Hieraus  berechnen  sich  36,6  pC.  C  und  2,2  pC.  H. 
Das  benzogs.  Silberozyd  enthält  36,6  pC.  G  nnd  2,1  pC.  H. 

Die  aus  letzterem  Salz  wieder  abgeschiedene  Säure  besafs 
alle  Eigenschaften  der  Benzoesäure  und  gab  mit  überman- 
gansaurem Kali  kein  Bittermandelöl  mehr. 

Um  volle  Gewifsheit  darüber  zu  haben,  dafs  die  aus  dem 
Benzoeharz  ausgezogene  Säure  wirklich  aus  Benzoesäure  und 
Zimmtsäure  bestehe,  mischten  wir  reine  Harnbenzoesäure  und 
aus  dem  flüssigen  Storax  gewonnene  farblose  Zimmtsäure  in 
dem  Verhältnifs  von  zwei  Aequivalent  der  ersteren  auf  ein 
Aequivalent  der  letzteren,  und  I^^sten  das  Gemisch  in  sieden- 
dem Wasser.  Die  nach  dem  Erkalten  auskrystallisirte  Sub- 
stanz gleicht  weder  der  Benzoesäure,  noch  der  Zimmtsäure, 
aber  jener  aus  dem  Benzoeharz  gewonnenen  Säure  ganz  und 
gar,  auch  schmilzt  sie  wie  diese  unter  Wasser,  ehe  dasselbe 
seine  Siedetemperatur  erreicht  hat,  und,  im  trockenen  Zu- 
stande erhitzt,  bei  ungefähr  94^  C. 

Durch  diesen  Gegenversuch  wird  zugleich  ein  Bedenken 
beseitigt,  welches  wir  ajifänglich  selbst  dagegen  hegten,  dafs 
ein  Gemenge  des  bei  121^  C.  schmelzenden  Benzoesäure  und 
der  erst  bei  129^  G.  schmelzenden  Zimmtsäure  einen  so  auf- 
fallend niedrigen  Schmelzpunkt  von  94^  C.  haben  solle. 
Während  bei  den  Mischungen  zweier  fetten  Säuren  der 
Schmelzpunkt  niemals  10^  C.  tiefer  ist,  als  der  Schmelzpunkt 
des  am  leichtesten  schmelzenden  Bestandtheils ,  sehen  wir 
hier  bei  der  Mischung  zweier  aromatischer  Säuren  den 
Schmelzpunkt  um  26^  G.  unter  den  der  am  Leichtesten  von 
beiden  schmelzenden  Benzoesäure  herabgehen. 

Es  blieb  noch  die  Frage  zu  entscheiden,  ob  die  in  Rede 
stehende  Substanz  ihre  beiden  Bestandtheile  in  wenn  auch 
nur  loser  chemischer  Verbindung  enthält,  oder  nur  ein  blofses 


des  Benzo'dharzes,  141 

Gemenge  derselben  ist.  Für  die  erstere  Annahme  spricht 
besonders  der  Umstand,  dafs  die  Producta  von  verschiedenen 
Darsteiiungen,  ja  auch  aus  verschiedenem  Harz ,  immer  die- 
selbe Zusammensetzung  zeigten.  Darf  hier  wirklich  von  einer 
chemischen  Verbindung  die  Rede  sein ,  so  ist  sie  jedenfalls 
eine  aufserordentlich  lockere;  denn  nicht  blofs  durch  frac- 
tionirte  Fällung»  sondern  auch  durch  blofse  Krystallisation 
unter  besonders  günstigen  Verhältnissen  gelingt  es,  die  Be- 
standtheile  zu  trennen. 

Wir  haben  nämlich  nachträglich  gefunden^  dafs  wenn  man 
die  Verbindung  in  einer  grofsen  Menge  heifsen  Wassers  löst, 
und  das,  was  sich  beim  Erkalten  zuerst  ausscheidet,  rasch 
abfiltrirt,  diese  Krystallisation  aus  Zimmtsäure  besteht. 

0,337  Grm.  derselben,  bei  100^  C.  getrocknet,  gaben  0,902  Grm. 
EoMensänre  und  0,168  Grm.  Wasser,  entsprechend  72,7  pC. 
Kohlenstoff  and  5,6  pC.  Wasserstoff.  Die  Zimmtsäure  enthält 
72,9  ^C.  Kohlenstoff  und  5,4  pC.  Wasserstoff. 

Obige  Beobachtungen  dürften  auch  in  pharmacologischer 
Hinsicht  von  einigem  Interesse  sein,  da  eine  Zimmtsäure  ent- 
haltende Benzoesäure,  sei  sie  auf  nassem  Wege  oder  durch 
Sublimation  aus  dem  Harz  gewonnen,  voraussichtlich  andere 
Wirkungen  hat,  als  die  reine  Benzoesäure.  —  Will  man  sich 
rasch  vergewissern,  ob  ein  Benzoeharz  Zimmtsäure  enthält  oder 
nicht,  so  braucht  man  eine  Probe  davon  blofs  mit  Kalkmilch 
zu  kochen ,  die  filtrirte  Lösung  mit  Salzsäure  zu  fällen  und 
mit  übermangansaurem  Kali  zu  versetzen.  Ist  dann  kein 
Bittermandelölgeruch  wahrzunehmen ,  so  enthält  das  Harz 
keine  Zimmtsäure,  und  umgekehrt. 


142  Vogif  über  Benzr/lmercaptan 

XVn.   lieber  Benzylmercaptan  und  Zweifach-Schwefel- 

benzyl ; 

von  Dr.  Garl  VogU 


Die   unverkennbare  Analogie,    welche   die   organischen 

Schwefelsäuren  mit  den  organischen  Kohlensäuren ,  z.  B.  die 

Hethylschwefelsäure    mit    der  Essigsäure    und    die   Benzyl- 

schwefelsäure  mit  der  Benzoesäure  darhieten,  läfst  vermuthen, 

dafs  auch  die  anderen  Derivate  der  Kohlensäure,  die  Aldehyde, 

Acetone  und  Alkohole,  unter  den  organischen  Abkömmlingen 

der  Schwefelsäure  ihre  Analoga   haben,    wie  bereits  Kolbe 

in   diesen   Annalen  Bd.  CXIII,  317  und  318   dargelegt  hat. 

In  der  Hoffnung,  einen  der  Benzylschwefelsäure  zugehörigen 

C   H  \ 
aldebydartfgen  Körper  von  der  Zusammensetzung  :    "rj^jCSaOJ 

zu  erhalten,  welcher  zu  jener  Säure  in  dem  nämlichen  Zu- 
sammensetzungsverhältnifs  stehen  würde,  wie  das  Benzoä- 
aldehyd  zur  Benzoesäure,  unterwarf  ich  auf  Veranlassung 
von  Prof.  Kolbe  das  Benzylsulfonchlorid  :  CCi2H5}[S804]Cl 
demselben  Zersetzungsprocefs ,  wodurch  es  diesem  früher 
gelungen  war,  das  Cyanbenzoyl  in  Benzoäaldehyd  zu  ver- 
wandeln. 

Als  ich  Benzylsulfonchlorid,  welches  von  Wasser  aufser* 
ordentlich  langsam  verändert  wird,  mit  Zink  und  verdünnter 
Schwefelsäure  zusammenbrachte,  erlitt  jenes  alsbald  eine 
durch  den  intensiven  Geruch  des  flüchtigen  Productes  sich 
zu  erkennen  gebende  Veränderung.  Aber  wie  die  Zusammen- 
setzung dieses  Products  ausweist ,  verläuft  der  Procefs  in 
einem  anderen  Sinne.  Die  reducirende  Vk^irkung  des  Wasser- 
stoffs geht  weit  über  die  vermuthete  Grenzlinie  hinaus;  statt 
blofs  das  Chloratom  zu  substituiren,  entzieht  der  Wasserstoff 
dem  Benzylsulfonchlorid  zugleich  auch   alle  vier  Sauerstoff- 


und  Zweifach' Schwefelhenzyh  143 

atome  und  verwandelt  es  ganz  unerwarteter  Weise  in  Ben- 
zylstdfhydrat  :  (0i2H5)S  .  HS. 

(CijHfiXSjOJCl    +    6  H    =    (C„H5)S  .HS    +    HCl  +  4  HO 

BenzylsTilfon-  Benzylsulf- 

chlorid.  hydrat 

Ohne  das  ursprünglich  vorgesteckte  Ziel  aus  den  Augen 
zu  verlieren,  habe  ich  zuvörderst  diese  interessante  flüchtige 
ölartige  Verbindung  zum  Gegenstände  einer  Untersuchung 
gemacht,  deren  Ergebnisse  ich  nachstehend  mittheile. 

Die  Darstellung  des  Benzylsulfhydrats  geschieht  am  Besten 
auf  folgende  Weise.  In  einer  geräumigen  Digerifflasche  wird 
Zink  mit  verdünnter  Schwefelsäure  übergössen ,  und  wenn 
die  Gasentwickelung  lebhaft  im  Gange  ist,  das  Benzylsulfon- 
chlorid  ^3  zugesetzt.  Dasselbe  umlagert  sofort  das  Zink  in 
fester  Adhäsion  und  hemmt  den  weiteren  lebhaften  Fortgang 
der  Gasentwickelung.  Man  mufs  daher  darauf  Bedacht  neh- 
men ,  dafs  das  Zink  über  das  auf  dem  Boden  befindliche 
Chlorid  weit  hinausragt,  und  dafs  so  die  Gasentwickelung, 
wenn  auch  in  schwächerem  Mafse,  sich  fortsetzt.  Man  läfst 
die  Flasche  mit  ihrem  Inhalt  am  Besten  24  Stunden  stehen 
und  unterwirft  dann  erst  das  Ganze  der  Destillation.  Beim 
Erhitzen  wird  die  WasserstofTentwickelung  wieder  lebhafter, 
und  mit  den  Wasserdämpfen  geht  das  gebildete  Sulfhydrat 
über,  welches,  im  vorgelegten  Kühlapparat  condensirt,  in 
der  Vorlage  als  Oel  sich  ansammelt.  Die  rückständige  Salz- 
lösung enthält  eine  zweite,  viel  weniger  flüchtige,  feste 
Schwefelverbindung,  das  Zweifach- Schwefelbenzyl,  welche 
sich  weiter  unten  beschrieben  findet. 


*)  Dieses  Chlorid  wurde  dnrcli  Destillation  von  b^nzylschwefel- 
saurem  Natron  mit  Fünffach -Chlorphosphor  gewonnen.  Das  zur 
Darstellung  der  Benzylschwefelsäure  benutzte  Benzol  war  aus 
benzoSsaurem  Natron  durch  Destillation  mit  der  äquivalenten 
Menge  von  Kalkhydrat  dargestellt. 


144  Vogt,  i^er  Benzylmet'captan 

Man  kann  obige  Mischung  auch  sofort  destilliren,   allein^ 
die  Masse    steigt   dann    in   Folge    der   ungemein    lebhaften 
Gasentwickelung  leicht  über. 

Unterwirft  man  gröfsere  Mengen  des  Chlorids  dieser 
Reduction,  so  ist  es  gut^  das-  bei  der  ersten  Destillation  über- 
gegangene Oel  noch  einmal  auf  gleiche  Weise  mit  Zink  und 
Schwefelsäure  zu  behandeln,  um  das  noch  beigemengte  Benzyl- 
sulfonchlorid  vollständig  in  Sulfhydrat  umzuwandeln. 

Das  so  bereitete ,  über  Chlorcaicium  getrocknete  und 
rectificirte  Benzylsulfhydrat  hat  folgende  Eigenschaften.  Es 
ist  ein  farbloses^  leicht  bewegliches,  stark  lichtbrechendes 
öliges  Liquidum  von  sehr  intensivem  widerlichem  Geruch,  hat 
1,078  spec.  Gewicht  bei  24^  C,  siedet  bei  nahezu  165^  G. 
Es  ist  mit  Wasser  nicht  mischbar,  ertheilt  demselben  aber 
seinen  starken  Geruch.  Alkohol,  Aether,  Benzol  und  Schwefel- 
kohlenstoff lösen  es  leicht.  Es  brennt  mit  leuchtender  weifser 
Flamme.  Auf  die  Haut  gebracht  verursacht  es  bald  einen 
brennenden  Schmerz.  Sein  Dampf  reizt  die  Augen  und  ver- 
ursacht beim  längeren  Verweilen  in  einer  damit  imprägnirten 
Atmosphäre  Schwindel;  doch  gehen  diese  AfTectionen  bald 
wieder  vorüber.    Die  Analyse  gab  folgende  Zahlen  : 

I.  0,260  Grm.  mit  Eupferozj^d  und  vorgelegtem  chromsaurem  Blei- 
oxyd zuletzt  im  Sauerstoffstrom  verbrannt  gaben  0,626  Grm. 
Kohlensäure  und  0,129  Grm.  Wasser. 

n.    0,268  Grm.    gaben  0,641   Grm.   Kohlensäure    und    0,139   Grm. 
Wasser. 

III.  0,2783  Grm.  gaben  0,6665  Grm.  Kohlensäure  und  0,1477  Grm. 
Wasser. 

lY.  0,285  Grm.  mit  einer  Mischung  von  kohlensaurem  Natron  und 
chlorsaurem  Kali  und  zuletzt  im  Sauerstoffstrom  erhitzt  gaben 
0,589  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich  folgende  procentische 
Zusammensetzung  : 


tmd  Zweifach' SchtoefelbenzyL  145 


bereebnet 

gefdnden 

L 

"^nT 

ftr 

c„ 

72 

65,5 

65,7 

65,2 

65,8 

He 

6 

5,4 

5,6 

5,7 

5,9 

s« 

32 

29,1 

— 

— 

— 

IV. 


_       «.       —      28,4 

110  100,0. 

Das  Benzylsttlfhydrat  löst  Schwefel  mit  gelblicher  und 
Jod  mit  dunkel  rotbbrauner  Farbe.  Von  ^seinem  Verhalten  gegen 
Salpetersäure  und  gegen  Sauerstoff  bei  Anwesenheit  von 
Ammoniak  wird  weiter  unten  die  Rede  sein. 

Es  theilt  mitten  bekannten  Mercaptanen  die  Eigenschaft, 
sehr  leicht  das  eine  in  Form  von  Schwefelwasserstoff  darin 
vorhandene  Wasserstoffatom  gegen  Metalle  auszutauschen. 
Besonders  grofs  ist  seine  Verwandtschaft  zum  Quecksilber. 
Fügt  man  einen  Tropfen  davon  zu  trockenem  Quecksilberoxyd, 
so  erfolgt  eine  aufserordentlicb  starke  Erhitzung,  in  Folge 
deren  das  Ganze  umhergeschleudert  wird.  Selbst  die  Lösung 
des  Sulfhydrats  ih  viel  Alkohol  erhitzt  sich  mit  Quecksilber- 
oxyd  unter  Bildung  von  Benzylsulfid  -  Quecksilber  ziemlich 
beträchtlich. 

£ens^htdfid^N(Urmm  :  (CiaHö^S.NaS  bildet  sich  unter 
Wasserstoffentwickelung  beim  Eintragen  von  Natrium  in  Benzyl- 
mercaptan,  und  hinterbleibt  nach  dem  Verjagen  des  über- 
schüssigen Sulfhydrats  als  weifse  Salzmasse.  Es  wird  von 
Alkohol  gelöst.  Beim  Einleiten  von  Kohlensäure  in  diese 
alkoholische  Lösung  bildet  sich  eine  neue  Verbindung,  welche 
vielleicht  dem  salicylsauren  Natron  :  NaO .  CCisHftOa)[Cs02],  0 
analog  zusammengesetzt  ist  :  NaO  .  CCi2H5S2)[C802],  0. 

Die  Verbindungen  mit  den  schweren  Metallen  sind  meist 
gelb  oder  brjiunlich  gefärbt,  sehr  voluminös,  in  Wasser  un- 
löslich, schmelzen  beim  Erhitzen  und  werden  durch  stark 
concentririe  Hineralsäuren  in  die  betreffenden  Metallsalze  und 
Benzylsutfhydntf  zerlegt.  Ich  habe  von  diesen  folgende 
untersucht  : 

Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  GXIX.  Bd.  2.  Heft.  10 


146  Vogt,  über  Benzylmercaptim 

Benzylsidfid^Blei  :  (Ci2H5)S  .  PbS  fälh  beim  Vermischen 
der  alkoholischen  Lösung  von  BenzylsulThydrat  mit^  essig- 
saurem Bleioxyd  als  schön  gelber  krystallinischer  Körper 
nieder,  welcher  getrocknet  Seideglanz  zeigt  und  zerrieben 
ein  äufserst  zartes  Pulver  bildet.  Beim  Erhitzen  auf  etwa 
120^  C.  geht  die  gelbe  Farbe  in  eine  schön  zinnoberrothe 
über;  bei  stärkerem  Erhitzen  auf  200^  C.  nimmt  es  wieder 
die  anfängliche  gelbe  Farbe  an.  Ueber  230^  C.  hinaus  er- 
hitzt schmilzt  es  zu  einer  rothen  Flüssigkeit  und  erstarrt 
beim  Erkalten  wieder  zu  einer  gelben  Masse.  Die  Analyse 
gab  folgende  Zahlen  : 

I.     0,355  G-rm.  gaben   0,440  Grm.   Kohlensäure   und   0,0755  Grm. 
Wasser. 

II.    0,2735   Grm.    mit   Salpetersäure    und    Schwefelsäure    versetzt 
hinterliefsen  beim  Glühen  0,1945  Grm.  schwefelsaures  Bleioxyd. 


berechnet 

gefunden 

Ci, 

72 

33,9 

.33,7 

H5 

5 

2,3 

2,3 

s. 

32 

15,0 

Pb 

104 

48,8 

48,6 

213  100,0. 

Das  Benzylsulfid'Kupfer  setzt  sich  beim  Vermischen  der 
alkoholischen  Lösungen  von  Benzylsulfhydrat  und  essigsaurem 
Kupferoxyd  als  blafsgelber  Niederschlag  ab. 

Benzyhulfid'Quecksäher  :  (Ci2H5)S .  HgS.  —  Wie  schon 
bemerkt ,  wirkt  das  Benzylmeroaptan  auf  Quecksilberoxyd 
aufserordentlich  heftig  ein.  Am  Besten  stellt  man  die  Ver- 
bindung durch  Einbringen  von  fein  gepulvertem  rothem  Queck- 
silberoxyd in  die  alkoholische  Xösung  dei»  Sulfhydrats  dar. 
Die  resultirende  weifse  Salzmasse  wird  init  kochendem  abso- 
lutem Alkohol  mehrmals  ausgezogen  ^  woraus  das  Salz  beim 
Erkalten  in  weifsen  haarfeinen  Nädelchen  sich  ausscheidet. 
Getrocknet  hat  es  Seideglanz« 


und  Zweifach' Schwefelbenzyl,  147 

Die  Analyse  gab  folgende  Zahlen  : 

I.    0,318  Gnn.    gaben  0,400  Grm.   Kohlensäure    und  0,077  Gnu. 
Wasser. 

II.  0,3585  Grm.  gaben  beim  Verbrennen  mit  Kupferoxyd  0,1695 
Grm.  metallisches  Quecksilber,  welches  sich  in  dem  vorderen 
kalten  Theile  des  Verbrennungrohrs  oondensirt  hatte. 

Hieraus  berechnet  sich  die  Zusammensetzung  : 


berechnet 

gefundei 

c« 

72              Ufi 

34,3 

H. 

5                2,4 

2,7 

s. 

32              15,3 

— 

Hg 

100              47,8 

47,3 

209        ioa,o. 

Obiges  Salz  bildet  mit  Quecksilberchlorid  eine  Doppel- 
verbindung von  der  Zusammensetzung  :  (Ci8H5}S  •  HgS^  HgCl. 
Dieselbe  entsteht,  wenn  man  alkoholische  Sublimatlösung  mit 
der  gleichen  Lösung  von  Benzylsutfhydrat  vermischt.  Die 
aus  kochendem  Alkohol  umkry&tallisirte  Doppelverbindung 
scheidet  sieh  beim  Erkalten  in  weirsen  Krystallblättchen  aus» 
welche  nach  dem  Trocknen  Seideglanz  besitzen.    Die  Analyse 

ergab  folgende  Zahlen  : 

I.    0,7795  Gnn.  gaben  0,595  Gnn.  Kohlensäure  und  0,114  Grm. 
Wasser. 

IT.    0,2035  Grm.  gaben  0,117  Grm.  metallisches  Quecksilber. 

m.    0,711  Grm.  gaben  0,3195  Grm.  Chlorsilber. 

Diese  Zahlen  entsprechen  folgender  pröcentischen  Zu- 
sammensetzung : 


berec 

hnet 

gefunden 

Ci2 

72,0 

20,9^ 

20,8 

H5 

5,0 

1,5 

i,6 

ö. 

32,0 

9,8 

— 

Hg, 

200,0 

68,0 

57,5 

Cl 

35,5 

10,3 

11,1 

344,5  100,0. 

Das  Benssylsulfid'Silber  fällt  beim  Vermischen  alkoholischer 
Lösungen  von  Benzylsulfhydrat  und  salpetersaurem  Silberoxyd 
als  blafsgelber  krystallinischer  Körper  nieder. 

10* 


148  yogtj  über  Benzylmercaptan 

Mit  Platinchlorid  und  Goldchlorid  entstehen  Niederschläge 
von  bräanlicher  Farbe. 

Verhalten  des  Benzylsulfliydrats  gegen  Oxydationsmittel, 
—  Bringt  man  in  eine,  verkehrt  mit  dem  Liebig 'sehen 
Küblapparat  verbundene  Retorte  Benzylsulfhydrat  zu  über- 
schüssiger Salpetersäure  von  1^2  spec.  Gewicht,  so  färbt  sich 
das  Oel  alsbald  durch  Absorption  von  Stickoxyd  oder  salpe- 
triger Säure  dunkelroth.  Bei  gelindem  Erwärmen  beginnt  zu 
einem  gewissen  Zeitpunkte  eine  Reaction,  welche  sich  durch 
Ausstorsen  von  rothen  Dämpfen  bemerklich  macht.  Man  hört 
dann  auf  weiter  zu  erhitzen*  Die  einmal  begonnene  Ein- 
wirkung setzt  sich  von  selbst  fort,  und  zwar  stofsweifse  mit 
intermittirenden  kleinen  Detonationen ,  welche  bisweilen  so 
heftig  sind,  dafs  Theile  der  Flüssigkeit  in  den  Retortenhals 
und  Kühlapparat  geschleudert  werden.  Nach  beendeter  Zer- 
setzung hat  sich  das  anfangs  oben  aufschwimmerfde  Oel  auf 
dem  Boden  der  Retorte  angesammelt.  Es  erstarrt  nach  dem 
Erkalten  zu  einer  weifsen  krystallinischen  Masse,  welche 
durch  Wasser  von  der  anhängenden  Säure  möglichst  gut  be- 
freit und  dann  in  siedendem  Alkohol,  worin  es  zuerst  zu 
einem  gelblichen  Oele  schmilzt,  gelöst  wird.  Die  Verbindung 
krystallisirt  beim  Verdunsten  des  Alkohols  in  weifsen  glän- 
zenden Nadeln  von  1  bis  2  Linien  Länge.  Die  Analyse  der 
im  Vacuum  über  Schwefelsäure  getrockneten  Substanz  gab 
folgende  Zahlen  : 

I.    0,2845  Gf^rm.   gaben   0,690   Grm.  Kohlensäure  und   0,120  Grm. 
Wasser. 

II.    0,4055  Grm.  lieferten  nach  Garius's  Methode  der  Schwefelbe- 
Btimmung  behandelt  0,875  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 

III.  0,6535  Grm.   gaben   1,586  Grm.  Kohlensäure  und  0,268  Grm. 

Wasser. 

IV.  0,3115  Grm.  gaben  0,660  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 

Hieraus  berechnet  sich  folgende  Zusammensetzung  : 


tmd  Zweifach^  Bckuoefelhemyh  149 


berechnet 

gefhtiden 
L  u.  n.  ilL  u-  IV. 

Ci2 

72            66,05 

66,1            66,1 

H. 

5              4,60 

4,7              4,6 

s. 

32            29,35 

29,7             29,1 

m 
I 


109  100,00. 

Der  aus  dem  Benzylsulfhydrat  durch  Salpetersäure  ge- 
bildete Körper  ist  demnach  Zweifach-Schwefelbenzyl :  (Ci2H6)Sa. 
Seine  Entstehung  erhellt  leicht  aus  folgender  Gleichung  : 

(CiaH6)S  .HS  +  NO5  =  (Ci8H5)S8  +  NO4  +  HO. 

Das  Zweifach-Schwefelbenzyl  ist  in  Wasser  unlöslich,  in 
Alkohol  und  Aether  leicht  löslich.  Es  besitzt  einen  schwachen, 
nicht  unangenehmen  Geruch,  schmilzt  bei  60^  C.  zu  einem 
schwach  gelblich  gefärbten  Oel,  welches  während  lang- 
samen ruhigen  Erkaltens  bisweilen  erst  bei  25^  C.  wieder  er- 
starrt. Es  ist  schwer  flüchtig,  lafst  sich  aber  bei  ziemlich 
hoher  Temperatur  unzersetzt  destilliren. 

Eben  so  leicht,  wie  das  Zweifach-Schwefelbenzyl  aus 
dem  Benzylsulfhydrat  durch  Oxydation  darzustellen  ist,  läfst 
es  sich  durch  unmittelbare  Zuführung  von  Wasserstoff  wieder 
in  Benzylsulfhydrat  umwandeln.  Diese  Umwandlung  erfolgt, 
wenn  man  Zweifach-Schwefelbenzyl  zu  einer  Wasserstoff 
entwickelnden  MiSichung  von  Zink  und  Salzsäure  hinzufügt. 
Sofort  haucht  die  Mischung  den  intensiven  Geruch  des  Benzyl- 
sulfhydrats  aus ,  dessen  Vorhandensein  man  auch  leicht  an 
der  intensiv  gelben  Färbung  erkennen  kann ,  welche  ein  mit 
essigsaurem  Blei  benetztes  Papier  sofort  annimmt,  wenn  man 
es  mit  dem  ausströmenden  Gas  in  Berührung  bringt.  Ich 
habe  mich  durch  einen  Gegenversuch  überzeugt,  dafs  die 
Dämpfe  von  Zweifach-Schwefelbenzyl  Bleipapier  nicht  ver- 
ändern. 

Ich  habe  noch  eine  zweite  sehr  merkwürdige  Bildungs- 
weise des  Zweifach-Schwefelbenzyls  beobachtet,  welche  den 
Körper  in  sehr  schönen^  V2  Zoll  langen,  regelmäfsig   ausge- 


150  Vogt^  vber  Bmsylmercaptan 

bildeten  Krystallen  von  klarstem  Wasser  liefert.  Diefs  ge- 
schieht» wenn  man  Benzylsulfhydrat  in  alkoholischer  Am- 
moniakflüssigkeit löst  und  diese  Lösung  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  einem  etwa  zur  Hälfte  damit  gefüllten »  etwas 
weiten  Cylinderglase  der  freiwilligen  Verdunstung  überläfst. 
Je  langsamer  die  Verdunstung  von  Statten  geht ,  desto  schöner 
und  gröfser  werden  die  Krystalle.  Sie  sind  orthorhombische 
Prismen  mit  makro-  und  brachydiagonaler  Abstumpfung  der 
Seitenkanten  und  einem  einfachen  Doma,  Ein  auf  diese 
Weise  dargestelltes  Zweifach- Seh wefelbenzyl  hat  zu  den  auf 
Seite  148  mit  III.  und  IV.  bezeichneten  Analysen  gedient. 

Diese  Umwandlung  des  Benzylsulfhydrats  in  Zweifach* 
Schwefelbenzyl  geschieht  nicht  in  verschlossenen  Gef^fsen» 
sondern  nur  dann,  wenn  die  Luft  Zutritt  hat.  Welche  Rolle 
hierbei  das  Ammoniak  spielt,  weifs  ich  nicht  zu  erklören. 
Seine  Gegenwart  ist  dazu  nothwendig,  denn  eine  alkoholische 
Lösung  des  Benzylsulfhydrats  für  sich  setzt  beim  Verdunsten 
an  der  Luft  kein  ^weifach-Schwefelbenzyl  ab.' 

Wie  schon  oben  erwähnt ,  tritt  das  Zweifach-Schwefel- 
benzyl  in  geringer  Menge  auch  neben  dem  Benzylsulfhydrat 
bei  der  Darstellung  desselben  auf,  und  bleibt  nach  dem 
Abdestilliren  des  letzteren  in  der  sauren  Zinklösung  zurück. 
Ich  halte  es  hiernach  nicht  für  unwahrscheinlich,  dafs  das 
Benzylsulfonchlorid  in  Berührung  mit  Zink  und  Schwefelsäure 
zunächst  in  Zweifach  *  Schwefelbenzyl  übergeht  und  dafs  aus 
diesem  erst  das  Benzylsulfhydrat  entsteht. 

Endlich  bildet  sich  Zweifach  -  Schwefelbenzyl  neben  an- 
deren Producten  in  reichlicher  Menge  auch  bei  der  Behand- 
lung des  Sulfhydrat^  mit  Fünffach  -  Chlorphosphor.  Chlor- 
wasserstoffsäuregas entweicht  zugleich  in  beträchtlicher  Menge. 

In  der  Absicht ,  das  durch  Salpetersäure  auf  die  zuvor 
angegebene  Weise  in  Zweifach -Schwefelbenzyl  verwandelte 
Benzylsulfhydrat  durch  weiter  gehende  Oxydation  in  die  von 


und  2hoetfach'Schwefelbenzt/l.  151 

Ealle  entdeckte  benzylschwefligpe  Säure  (siehe  die  nächste 
Abhandlung)  zu  verwandeln,  liefs  ich  die  Salpetersäure  noch 
so  lange  weiter  auf  das  frisch  gebildete  Zweifach-Schwefel- 
benzyl  bei  gelinder  Wärme  einwirken,  bis  dieses  gröfsten- 
theils  verschwunden  war.  Die  geringe  Menge  des  ungelöst 
bleibenden  Oels  blieb  auch  nach  dem  Erkalten  flüssig  und 
hatte  einen  dem  Nitrobenzol  täuschend  ähnlichen  Geruch.' 
Ich  habe  sie  nicht  weiter  untersucht.  Die  abgegossene  saure 
Flüssigkeit  wurde  im  Wasserbade  eingedampft  und  zur  Syrup- 
coni^stenz  gebracht.  Die  syrupdicke  fast  farblose  Masse  er- 
starrt beim  Erkalten  in  grofsen  Krystallblättchen,  welche  von 
den  letzten  Spuren  adbärirender  Salpetersäure  leicht  befreit 
werden,  wenn  man  sie  ins  Vacuum  über  Aetzkalk  stellt. 

Diese  Krystalle  zerfliefsen  an  der  Luft,  schmecken  und 
reagiren  stark  sauer,  sind  aber  ganz  verschieden  von  denen 
der  benzylschwefligen  Säure.  Ich  habe  diese  Säure  in  wässe- 
riger Lösung  mit  kohlensaurem  Zinkoxyd  neutralisirl  und  das 
gut  krystallisirte  Zinksalz  analysirt. 

0,9865  Gnn.  desselben  verloren  bei  120^0.  0,213  Grm.  Wasser. 

0,781  Grm.  bei  120^  C.  getrocknet  lieferten  0,168  Grm.  Zinkoxyd. 

0,4545  Grm.  bei  120<^C.  getrocknet  gaben  0,637  Grm.  Eofalensäure 
und  0,1185  Grm.  Wasser. 

Hieraus  berechnet  sich  die  Zusammensetzung  : 
ZnO  .  (Ci2H5)S805  +  6  HO.  Das  Zweifach-Schwefelbenzyl  ist 
also  durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  zu  Benzylschwefel- 
säure  oxydirt.  Indessen  steht  zu  erwarten^  dafs  es  gelingen 
wird,  daraus  durch  andere  Oxydationsmittel  auch  das  inter- 
mediäre Glieds  die  benzylschweflige  Säure,  darzustellen. 

Ich  bin  eben  damit  beschäftigt ,  das  Benzylsulfhydrat  in 
den  betreflenden  Alkohol,  das  Benzyloxydhydrat,  zu  verwan- 
deln, und  werde  die  Resultate  dieser  Versuche  in  einer 
nächsten  Abhandlung  mittbeilen. 


152  ^ogt^  über  Benz^lmeixaptan 

Nachtrag. 

Obige  Bildung  des  Benzylsulfhydrats  aus  Benzylsulfon- 
chlorid  veranlafste  mich,  in  gleicher  Weise  auch  das  Ver- 
halten des  Aethylsulfonchlorids  gegen  Wasserstoff  im  Status 
nascens  zu  prüfen,  welches  durch  den  gleichen  Reductions* 
procefs  Aethylmercaptan  geben  mtifste  : 

(C4Hj)[S804],  Cl  +  6  H  =  (C4H5)S .  HS  +  HCl  +  4  HO 
AethylsuHbiichlorid  Aethylsulfhydrat. 

Das  Aethylsulfonchlorid  gewinnt  man  leicht  aus  Fiinffach- 
Chlorphosphor  und  dem  Natronsalz  der  Aethylschwefelsäure, 
welche  ich  mir  durch  Oxydation  des  Schwefelcyanäthyls  mit 
Salpetersäure  nach  dem  von  Muspratt  angegebenen  Ver- 
fahren bereitete.  Es  ist  ein  durch  Wasser  sehr  wenig  zer- 
setzbares, farbloses,  bei  ungefähr  160^  C.  siedendes  Liquidum 
von  stechendem  und  deutlich  an  Senföl  erinnerndem  Geruch.  *^ 

Bringt  man  ein  paar  Tröpfen  davon  zu  einer  lebhaft 
Wasserstoff  entwickelnden  Mischung  von  Zink  und  verdünnter 
SchwefelsäurCi  so  riecht  das  entweichende  Gas  augenblicklich 
stark  nach  Mercaptan.  Ich  habe  dasselbe  zunächst  durch 
einen  gewöhnlichen  Kühlapparat,  dann  durch  ein  U förmiges, 
mit  Eis  umgebenes  Rohr  gehen  lassen,  und  hernach  in  die 
Lösungen  verschiedener  Metallsalze  eingeleitet.  Der  mit  stin- 
kenden^ Mercaptandampf  geschwängerte  Gasstrom  erzeugte 
in  essigsaurem  Blei  eine  reichliche  braungelbe  Fällung,  in 
Sublimatlösung  einen  weifsen»  in  siedendem  Alkohol  schwer 
löslichen  Niederschlag,    die   Doppelverbindung   von   Aethyl- 


*)  Das  Aethylsulfonchlorid  ist  dem  Chloräthylsulfonchlorid,  welches 
ich  aus  isäthionsaurem  Natron  durch  Erhitzen  mit  Ftinffach- 
Ghlorphosphor  dargestellt  habe,  aufserordentlich  ähnlich.  —  Die 
Chloride  der  organischen  Schwefelsäuren  scheinen  allgemein  von 
Wasser  weit  schwieriger  zersetzt  zu  werden,  als  die  entsprechen- 
den Chloride  der  organischen  Carbonsäuren.  H,  Kolbe, 


und  Zweifach" SchwefelbenzyL  153 

sulfid-Quecksilber  mit  Quecksilberchlorid.  Das  in  dem  U  för- 
migen Rohr  condensirte  schwere  Oel  ist  unverändertes 
Aethylsulfonchlorid ,  welches  etwas  Mercaptan  aufgelöst 
enthält. 

Es  ist  zu  ▼ermutheui  dafs  die  Chloride  aller  organischen 
Schwefelsäuren,  welche  der  Benzylschwefelsäure  und  Aethyl- 
schwefelsäure  ähnlich  zusammengesetzt  sind,  durch  geeignete 
Behandlung  mit  Wasserstoff  im  Status  nascens  in  die  Sulfhy- 
drate  der  darin  vorhandenen  Alkoholradicale  übergehen  und 
dafs  z.  B.  das  Chlorid  der  Naphtylschwefelsäure  das  Naphtyl- 
sulfhydrat  :  (C2oH7)S  .  HS  liefert,  welches  dann  vielleicht 
weiter  die  Erzeugung  des  Naphtylalkohols  ermöglicht. 

Ich    habe    endlich    noch    das    Verhalten    des    Chlorids 


^ä?:]' 


der  Essigschwefelsäure  :  (CgHg)  1  g  q*  IcIj  wie  oben  gegen 

Wasserstoff  geprüft  in  der  Erwartung ,  daraus  Thiacetsäure  : 
(CjHa}[C802]S  .  HS  zu  erhalten^  und  diese  Voraussetzung  voll- 
kommen bestätigt  gefunden. 


XVUl.    Ueber  benzylschweflige  Säure; 

von  Dr.   Wilhelm  Kalle. 


Mit  dem  Namen  benzylschweflige  Säure  bezeichne  ich 
eine  neue  Säure,  welche  sich  der  von  Hobson  *)  entdeckten 
methylschwefligen  Säure  (von  ihm  wohl  nicht  ganz  passend 
„Methylodithionsäure^  genannt)  anreiht.  Beide  deriviren  in 
gleicher  Weise  von  ein  Atom  zweibasischer  schwefliger  Säure. 
Wie  die  methylschwefligo  Säure  ein  Atom   Methyl  als  Sub- 


* 


)  Diese  Annalen  GVI,  287. 


154  Kalle^  über  benzylschweflige  Säure, 

stitut  eines  der  vier  Sauerstoffatome  der  schwefligen  Säure 
enthält,  so  ist  in  der  benzylschwefligen  Säare  an  Stelle  des- 
selben Sauerstoffatoms  ein  Atom  Benzyl  Ci^Hs  enthalten.  Die 
Bildungsweise  der  letzteren  ist  inders  durchaus  verschieden 
von  der  der  ersteren  Säure.  Hobson  hat  die  methyl- 
schweflige Säure  bekanntlich  durch  Einleiten  von  schwefligr 
saurem  Gas  in  ätherisches  Hethylzink  erhalten ;  die  benzyl- 
schweflige  Säure  entsteht  durch  einen  merkwürdigen  Reduc- 
tionsprocefs  aus  dem  Chlorid  der  Benzylschwefelsäure  mittelst 
Zinkäthyl. 

Ich  hatte  diese  beiden  Körper  in  Erwartung  eines  anderen 
Erfolgs  in  Wechselwirkung  gesetzt.  Meinem  Versuche  lag 
die  Idee  zu  Grunde ,  dafs  die  Acetone ,  wenn  sie  nach 
Kolbe's  Theorie  von  ein  Atom  zweibasischer  Kohlensäure 
abstammen  in  der  Weise,  dafs  sie  an  Stelle  der  beiden  extra- 
radicalen  Sauerstoffatome  der  Kohlensäure  zwei  Alkoholradi-' 
cale  enthalten,  aus  den  Chloriden  der  zugehörenden  Säuren 
durch  Austausch  des  Chlors  gegen  ein  Alkoholradical  künst- 
lich sich  müfsten  erzeugen  lassen,  und  dafs  in  gleicher  Weise 
aus  den  gleichnamigen  organischen  Derivaten  der  Schwefel- 
säure, den  Acetonen  analog  zusammengesetzte  Körper  ent- 
stehen möchten,  welche  statt  des  Carbonyls  CgO^  das  Sulf- 
onyl  SsO«  enthalten,  im  Uebrigen  aber  den  Acetonen  gleich 
conslituirt  sein  würden. 

In  der  That  gelang  es  mir,  aus  dem  Chlorid  der  Benzoe- 
säure durch  Behandlung  mit  Aethylzink  ein  gemischtes  Aceton 

C   H  / 
von  der  Zusammensetzung  :    Q^o^lCCsOa]  darzustellen  : 

(C„H.)[CA],  Cl  +  CAZn  =  ^(5^^H"|t^*^J  +  ^""^^^ 

Benzozylchlorid      Aethylzink    Benzyt-Aethyl- 

Aceton 


Kalle,  über  benzylschweflige  Säure,  155 

zu  derselben  Zeit,  wo  Freund  nach  dem  gleichen  Ver- 
fahren das  Chlorid  der  Bssigsciure  in  das  eigentliche  Aceton 
umwandelte. 

Ich  glaubte  nach  diesen  Erfahrungen  ei*warten  zu  dürfen, 
dafs  es  gelingen  werde,  mittelst  Aethylzink  auf  gleiche  Weise 
aus  dem  Chlorid  der  Benzylschwefelsäure ,  welches  ich  nach 
Kolbe  „Benzyisulfonchlorid''  nenne,  den  acetonartigen  Körper 

C  H  / 

^*u^j[S204]  zu  gewinnen  : 

(C^äXS^OJ,  Cl  +  (C4H5)Zn  =  ^(5»h'|[^«^J  +  ^"^^ 

BenzylsulfoD  Chlorid    Aethylzink      acetonartige 

Verbindung. 

Beide  wirken  lebhaft  auf  einander  ein,  aber  der  Procefs 
verläuft  hier  ganz  anders,  wie  beim  Vermischen  von  Benzoe- 
säurechlorid  mit  Aethylzink.  Statt  des  Zinks  verbindet  sich 
auffallender  Weise  das  Aethyl  mit  dem  Chlor  zu  Aethylchlorür, 
welches  entweicht,  während  gleichzeitig  aus  dem  Atomcom- 
plex  :  (CiaH5)[S804]  eins  der  vier  Sauerstoffatome  zu  dem 
Zink  tritt,  und  so  benzylschwefligsaures  Zinkoxyd  entsteht  : 

(CjjHaXSgOJ,  Cl   +    (C4H5)Zn    =r    ZnO  .  (CiAXS A].  O    +    (0^)01 

Benzylsulfonchlorid    Aethylzink        benzylschwefligsaures  Aethyl- 

Zinkoxyd  chlorür. 

Die  benzylschweflige  Säure  steht  zur  schwefligen  Säure 
augenscheinlich  in  der  nämlichen  Beziehung,  wie  die  Benzyl- 
schwefelsäure zur  Schwefelsäure ;  sie  ist  als  schweflige  Säure 
[S^OslOsi  zu  betrachten,  welche  eins  der  beiden  extraradicalen 
Sauerstoffatome  durch  ein  Atom  Benzyl  substituirt  enthält, 
und  ist  demnach  nicht  mehr  zweibasisch  wie  jene,  sondern 
eine  einbasische  Säure»    Sie  ist  isomer  mit  dem  noch  zu  ent- 


*)  Diese  Annalen  CXV,  22. 


156  Kalte,  über  henzybchweflige  Säure, 

deckenden    aldebydartigen    Körper  *')    von    der   Zusammen- 

Setzung  :      ^o^  [SaOJ,  von  welchem  supponirt  wird,  dafs  er 

zur  Benzylschwefelßäure  dieselbe  Stellung  einnimmt,  wie  das 
Benzoealdehyd  zur  Benzoesäure. 

Die  Darstellung  der  benzylschwefligen  Säure  geschieht 
auf  folgende  Weise.  Reines,  zwischen  250  und  260^  C.  sie*- 
dendes  Benzylsulfonchlorid ,  durch  Destillation  von  benzyl- 
schwefelsaurem^}  Natron  mit  Fünffach -Chlorphosphor  ge- 
wonnen, wird  mit  etwa  dem  dreifachen  Volumen  wasser-  und 
alkoholfreiem  Aether  gemischt  und  in  einem  mit  trockener 
Kohlensäure  gefüllten  Kolben  mit  nicht  zu  viel  Aethylzink 
versetzt.  Es  erfolgt  nicht  sogleich  eine  Reaction ;  erst  nach 
einiger  Zeit  sieht  man  das  bis  dahin  klare  Gemisch  plötzlich 
trübe  werden,  sich  erwärmen  und  ein  weifses  Pulver  ab- 
setzen, welches  sich  fest  an  die  Glaswand  anlegt.  Wenn  die 
Reaction  beendet  ist,  wird  eine  neue  Menge  Aethylzink  hin- 
zugefügt, und  diefs  nach  jedesmal  erfolgter  Einwirkung  so 
oft  wiederholt,  bis  eine  herausgenommene  Portion  den  Ge- 
ruch nach  dem  Chlorid  nicht  mehr  zeigt.  Das  Ganze  er- 
scheint dann  als  weifse  breiige  Masse.  Dieselbe  enthält 
aufser  dem  gebildeten  neuen  Zinksalz  noch  Aether  und  über- 
schüssiges Aethylzink.  Der  Aether  wird  durch  längeres  Er- 
hitzen auf  100^  C.  entfernt,  und  darauf  das  Aethylzink  durch 
Zusatz  von  Wasser  zerstört. 


*)  Ich  war  anfangs  ^  ehe  ich  das  Auftreten  von  Ghloräthyl  bei  der 
Bildung  der  benzylschwefligen  Säure  nachgewiesen  hatte,  der 
Meinung,  in  der  benzylschwefligen  Säure  eben  diesen  aldehyd- 
artigen Körper  in  Händen  zu  haben,  und  glaubte  seine  Entstehung 
nach  der  Band  CXVI,  854  gegebenen  Qleichung  interpretiren  zu 
sollen.    Jene  Annahme  hat  sich  hernach  als  irrthümlich  erwiesen. 

**)  Die  Benzylschwefelsäure  war  mit  reinem,  aus  Benzoesäure  darge- 
stelltem krystallisirtem  Benzol  bereitet. 


Kalle,  über  hen^lsckweflige  Säure*  157 

Durch  Wasser  wird  aus  diesem  SalzrückstAnde  selbst 
beim  Kochen  Nichts  ausgezogen ;  dagegen  löst  sich  derselbe 
leicht  in  mäfsig  concentrirter  heifser  Salzsäure  mit  Hinter- 
lassung einer  geringen  Menge  eines  unangenehm  süfslich 
riechenden  Oels ,  welches  ich  aus  Mangel  an  Substanz  *) 
nicht   näher    untersucht  habe,   welches  aber  vielleicht  der 

ursprünglich  gesuchte  acetonartige  Körper  :  ^^u'lCSsOi]  ist. 

Die  von  diesem  Oel^  heifs  abgegossene  saur^  Flüssigkeit  wird 
beim  Erkalten  zuerst  milchig  Mbe,  und  erfüllt  sich  zuletzt 
mit  einer  prachtvollen  weifsen  Krystallisation.  Die  Krystalle 
sind  grofse  Prismen,  oft  von  einem  Zoll  Länge ;  sie  sind  meist 
sternförmig  gruppirt  und  besitzen  eine  federfahnenäbnliche 
Streifung.  Dieselben  enthalten  noch  von  jenem  Oel  mecha- 
nisch beigemengt^  welches  auch  die  der  Krystallisation  vorauf- 

* 

gehende  Trübung  verursacht.  Nachdem  das  Oel,  welches 
durch  beigemengte  feste  Theile  breiige  Beschaffenheit  hat, 
darch  Abgiersen  mit  der  Mutterlauge  von  den  Krystallen 
möglichst  gut  entfernt  ist ,  genügt  meist  einmaliges  Umkry- 
stallisiren  aus  siedendem  Wasser,  um  sie  völlig  rein  zu  er- 
halten. 

Diese  Krystalle  sind  die  benzylschweflige  Säure.  Die 
Analyse  der  zwischen  Fliefspapier  möglichst  gut  abgeprefsten 
und  hernach  kurze  Zeit  im  Exsicoator  über  Schwefelsäure 
getrockneten,  fein  gepulverten  Substanz  gab  folgende  Zahlen  : 

0,3873  Grm.  mit  Kupferoxyd  und  vorgelegtem  chromsaurem  Blei- 
oxyd, zuletzt  im  Sauerstoffstrom  verbrannt,  gaben  0,725  Grm. 
Kohlensäure  und  0,1607  Grm.  Wasser,  60,9  pG.  Kohlenstoff 
und  4,6  pG.  Wasserstoff  entsprechend. 


*)  Von  diesem  Oel  scheint  sich  desto  mehr  zu  bilden,  je  stärker 
sich  das  Gkmisch  von  Benzylsulfonchlorid  und  Aethylzink  bei 
der  Beaction  erhitzt. 


158  Kalle^  über  benzylschwefiige  Säure, 

0,390  Gm.  lieferten  auf  gleiche  Weise  verbrannt  0,748  6rm.  Koh- 
lensäure und  0,1665  Grm.  Wasser ,  entsprechend  51,0  pC. 
Kohlenstoff  und  4,6  pC.  Wasserstoff. 

Den  Schwefelgehalt  habe  ich  nach  der  Carius'schen  Methode  be- 
stimmt. Die  Substanz  warde  mit  JBalpetersäure  von  1,2  spec. 
Gewicht  bis  zur  völligen  Lösung  gekocht,  die  Lösung  darauf 
mit  einem  grolsen  Ueberschufs  von  kohlensaurem  Natron  ver- 
setzt, damit  zur  Trockne  verdampft ,  und  der  Salzrückstand 
über  freiem  Feuer  sehr  vorsichtig  bis  zum  ruhigen  Fliefsen 
der  Masse  erhitzt.  Der  grofse  Ueberschufs  von  kohlensaurem 
Natron  und  sehr  langsames  Erhitzen  ist  defshalb  nothwendig, 
weil  sonst  leicht  durch  die  stets  sich  bildenden  Nitroverbin- 
dungen Explosionen  entstehen. 

0,248  Grm.  auf  diese  Weise  behandelt  gaben  0,4188  Grm.  schwefel- 
sauren Baryt,  22,8  pO.  Schwefel  entsprechend. 

Hieraus  berechnet  sich  die  Zusammensetzung  :  C12H6S2O4. 


berechnet 

gefimden 

"^    * 

"  L     fir* 

c« 

72 

60,7 

50,9      51,0 

He 

6 

4,3 

4,6        4,6 

S2 

32 

22,5 

—         — 

O4 

32 

22,5 

—         — 

22,8 


142  100,0. 

Die  benzylschweflige  Säure  hat  folgende  Eigenschaften  : 
Sie  krystallisirt  in  der  bereits  erwähnten  Form,  ist  schwer 
in  kaltem,  leicht  in  kochendem  Wasser  löslich^  und  wird  auch 
von  Alkohol  und  von  Aether,  besonders  von  ersterem,  in 
grofser  Menge  aufgenommen.  Sie  reagtrt  und  schmeckt 
stark  sauer,  ist  geruchlos  und  nicht  suMimirbar.  Schon  aber 
100®  C.  fängt  sie  an  sich  zu  zersetzen,  schmilzt  noch  unter 
100®  C«  Auf  dem  Piatinblech  erhitzt  zersetzt  sie  sich  leicht 
unter  Ausgabe  unangenehm  riechender  Dämpfe,  weiche  mit 
hell  leuchtender  rufsender  Flammo  und  starkem  Geruch  nach 
schwefliger  Säure  verbrennen.  Eine  poröse  Kohle  bleibt 
zurück,  welche  nachher  ohne  Rückstand  verbrennt. 

Beim  Liegen  an  der  Luft,  oder  beim  Aufbewahren  in 
Luft  enthaltenden  GefÜfsen   wird   die  Verbindung  feucht  und 


Kall  Bf  über  benzylschweflige  Säure,  159 

zerfliefst  zuletzt ,  indem  sie  Sauerstoff  aufnimmt  und  sich  zu 
Benzylschwefelsäure  oxydirt.  Die  weiteren  Zersetzungen 
sollen  unten  besonders  besprochen  werden. 

Dafs  bei  der  Einwirkung  von  Aethylzink  auf  Benzyl- 
sulfonchlorid  nicht  wie  ich  ursprünglich  vermuthete  Chlor- 
zink ,  sondern  Chloräthyl  entsteht ,  läfst  sich  leicht  schon 
daraus  schliefsen,  dafs  nach  vollendeter  Zersetzung  das  Pro- 
duct  beim  Auflösen  in  heifser  verdünnter  Schwefelsäure  eine 
Flüssigkeit  giebt,  welche  verbältnifsmärsig  nur  wenig  Chlor 
enthält.  Ich  habe  die  Bildung  von  Chloräthyl  aufserdem  auch 
direct  nachgewiesen  auf  folgende  Weis«  :  Ich  brachte  in 
eine  tubulirle  Retorte,  in  deren  Hals  ein  Gasleitungsrohr  ein- 
gesetzt war,  eine  Mischung  von  Benzyisuifonchlorid  und 
wasserfreiem  Aether,  füllte  sie  dann  mit  trockenem  Kohlon- 
säoregas,  und  liefs  nun  durch  eine  in  den  Tubulus  einge- 
setzte, untßn  zu  einer  feinen  Spitze  ausgezogene  Glasröhre, 
welche  oben  durch  ein  mit  Quetschhahn  versehenes  Kaut- 
schukrohr  mit  dem  abwärts  stehenden  Rohr  einer  Aethylzink 
enthaltenden  einfachen  Spritzllasche  commnnicirte ,  tropfen- 
weise Aethylzink  einfliefsen.  Mit  dem  Eintritt  der  Reaction 
erfolgte  jedesmal  Gasentwickelung,  welche  sich  bei  nacii- 
herigem  Erwärmen  beträchtlich  vermehrte.  Das  entweichende 
Gas  fing  ich  in  einer  Glocke  über  Kaliltrage  auf,  welche  die 
Kohlensäure  vollständig  absorbirte.  Die  nicht  unbeträcht^ 
liehe  Menge  des  unabsorbirt  gebliebenen  Gases  verbrannte 
beim  Entflammen  an  der  Luft  mit  intensiv  grün  gesäumter 
Flamme ,  wie  Chloräthyl.  Die  grofse  Schwierigkeit ,  das 
Chloräthyl  von  dem  beigemengien  Aetherdampf  zu  befreien, 
bestimmte  mich,  von  der  Reindarstellung  und  Analyse  des- 
selben abzustehen,  zumal  da  nach  jener  Beobachtung  das  Vor- 
handensein dieses  Gases  für  hinreichend  constatirt  gelten  darf. 

Es  bleibt  noch  ein  Umstand  aufzuklären,  nämlich  wie  es 
kommt,   dafs,   wenn   aus  Aethylzink  und  Benzyisuifonchlorid 


160  Kallcy  über  henzylschweflige  Säure. 

wirklich  Chloräthyl  und  benzylschwefligsaures  Zinkoxyd  ent- 
stehen, letzteres  nachher  durch  beifses  Wasser  nicht  ausge- 
zogen wird,  da  doch  das  Zinksalz,  wie  ich  mich  durch  einen 
besonderen  Versuch  überzeugt  hatte,  in  Wasser  löslich  ist. 
Ich  vermuthete  gleich,  dafs  hier  ein  basisches  Zinksalz  ge- 
bildet sein  möchte,  welches  sein  zweites  Zinkoxydatom  sehr 
wohl  von  dem  durch  das  Wasser  zersetzten  überschüssigen 
Aethylzink  erhalten  haben  kann.  In  der  That,  wenn  man 
das  unlösliche  Zinksalz  mit  viel  Wasser  zu  einer  milchigen 
Flüssigkeit  anrührt  und  in  diese  anhaltend  Kohlensäure  ein- 
leitet, nachher  kurze  Zeit  aufkocht  und  heifs  filtrirt,  so  hat 
man  eine  reichliche  Menge  neutrales  benzylschwefligsaures 
Zinkoxyd  in  Lösung,  welches  beim  Eindampfen  auskry- 
stallisirt. 

Die  beschriebene  Darstellung  der  benzyischwefligen  Säure 
ist  so  umständlich  und  wenig  ergiebig,  dafs  ich,  wenn  auch 
vergeblich,  nach  anderen  Darstellungsmethoden  suchte.  Die 
directe  Umwandlung  der  Benzylschwefelsäure  in  benzyl- 
schweflige  Säure  auf  dieselbe  Weise,  wie  Schwefelsäure  zu 
schwefliger  Säure  reducirt  wird,  z.  B.  durch  Erhitzen  der 
concentrirten  Säure  mit  Kupfer,  gelingt  schon  defshalb  nicht, 
weil  die  Einwirkung  erst  bei  einer  Temperatur  erfolgt,  die 
weit  über  derjenigen  liegt,  wobei  die  leicht  veränderliche 
benzylschw^flige  Säure  zerstört  wird.  Man  erhält  bei  dieser 
Reaction  nur  übelriechende,  schweflige  Säure  enthaltende 
Zersetzungsproducte. 

Versucht  man  das  Benzylsulfonchlorid  durch  Zink  und 
Schwefelsäure  zu  reduciren ,  so  wirkt  der  im  stalus  nascens 
befindliche  Wasserstoff  zwar  ein,  aber  es  entsteht  nicht  benzyl- 
schweflige  Säure,  sondern  das  in  der  vorstehenden  Abhand- 
lung von  V  og  t  beschriebene  Benzylsulfhydrat  :  CigHsS  .  HS. 

Wieder  anders  verhält  sich  das  Benzylsulfonchlorid  bei 
Behandlung  mit  einem  Gemisch  von  Eisenfeiie  und  Essigsäure. 


Kalle,  über  henzylschweflige  Säure,  161 

Hierbei  entsteht  kein  Benzylsulfhydrat,  sondern  nur  Salzsäure 
und  benzylschwefelsaures  Eisenoxydul  :  FeO  .  CCi8H6)S806, 
welches  aus  der  heifs  filtrirten  Lösung  beim  Erkalten  in 
schönen  sechsseitigen  Tafeln  krystallisirt.  —  In  gleicher 
Weise  erhält  man  durch  Behandlung  des  Chlorids  mit  Zink 
und  Essigsäure  das  in  farblosen  sechsseitigen  Tafeln  kry- 
staltisirende  benzylschwefelsaure  Zinkoxyd  mit  6  Atom  Kry- 
stallwasser  :  ZnO  .  (Ci8H6)S805  +  6  HO.  Beim  Erwärmen 
mit  Quecksilber  und  rauchender  Salzsäure  erfährt  das  Chlorid 
fast  gar  keine  Verändef'ung. 

Benzylschwefligscvure  Salze, 

Die  henzylschweflige  Säure  ist^  wie  es  ihre  Zusammen- 
setzung verlangt,  eine  einbasische  Säure ;  ihre  neutralen  Salze 
sind  durchweg  in  Wasser,  zum  Theil  auch  in  Alkohol  löslich. 

Das  Ammoniaksalz,  durch  Neutralisiren  der  Säure  mit 
Ammoniak  erhalten,  krystallisirt  nach  dem  Eindampfen  in 
farblosen  seideglänzenden  Blättchen.  Es  ist  in  Wasser  leicht, 
in  Alkohol  schwer,  in  Aether  wenig  löslich. 

Das  Barytsalz  :  BaO  .  (Ci2H5)S808  erhält  man  leicht  durch 
Kochen  der  wässerigen  Säurelösung  mit  kohlensaurem  Baryt. 
Es  setzt  sich  beim  Eindampfen  der  Lösung  in  Krystallwarzen 
ab^  ist  in  Wasser  ziemlich  leicht,  in  Alkohol  weniger  löslich. 

0,1838  Grm.  lieferten  0,0925  G^rm.  schwefelsauren  Baryt,  woraus 
sich  38,1  pC.  Baryt  berechnen.  Obige  Formel  verlangt  32,7 
pC.  Baryt. 

Das  Kupf ersah  scheidet  sich  in  gelblich-grünen,  atlas- 
glänzenden Blättchen  aus ,  nachdem  man  die  durch  Kochen 
der  Säurelösung  mit  frisch  gefälltem  Kupferoxyd  erhaltene 
Salzlösung  bis  beinahe  zur  Trockne  eingedampft  bat.  Es  ist 
in  Alkohol  weniger  löslich  als  in  Wasser. 

Das  Zinksalz  :  ZnO  .  (CigHs^SsOs  erhält  man  leicht  durch 
Kochen    der  wässerigen   Säure  mit  kohlensaurem  Zinkoxyd, 

AnnaL  d.  Ghem.  n.  Pharm.  GXIX.  Bd.   2.  Heft.  11 


162  Kalle,  über  henssykchweflige  Säure. 

oder  wie  Seite  160  besprochen,  durch  Zerlegung  des  in 
Wasser  suspendirten  unlöslichen  basischen  Salzes  mit  Kohlen- 
säure. Es  ist  in  heirsem  Wasser  nicht  viel  löslicher,  als  in 
kaltem,  und  scheidet  sich  während  des  Eindampfens  in  farb- 
losen schiefen  rhombischen  Täfelchen  mit  abgestumpften 
Ecken  ab.  Alkohol  und  Aether  nehmen  nur  wenig  davon 
auf.  Auf  dem  Platinblech  erhitzt  schmilzt  es  und  verbrennt 
nachher  mit  leuchtender  Flamme,  unter  Ausgabe  von  schwef- 
liger Säure  und  mit  Hinterlassung  von  gelbem  Zinkoxyd. 

0,2667  Grm.  mit  Knpferoxyd  und  Yorgelegtem  chromsanrem  Blei- 
oxyd, znletzt  im  Sauerstoffstrom  yerbrannt,  gaben  0,4032  Grm. 
Kohlensäure  und  0,0745  Grm.  Wasser,  entsprechend  41,2  pC. 
Kohlenstoff  und  3,1  pC.  Wasserstoff.  Die  obige  Formel  ver- 
langt 41,4  pC.  Kohlenstoff  und  2,9  pC.  Wasserstoff. 

Benzylschwefligacaires  Silheroxyd  :  AgO  .  (Ci8H6)S203. 
—  Die  durch  Kochen  der  wässerigen  Säurelösung  mit  kohlen- 
saurem Silberoxyd  erhaltene  heifs  Gltrirte  Flüssigkeit  setzt 
das  in  kaltem  Wasser  schwer  lösliche  Siibersalz  beim  Erkalten 
in  farblosen,  atlasglänzenden  Blättchen  ab.  Beim  Vermischen 
der  wässerigen  Säurelösung  mit  salpetersaurem  Silberoxyd 
fällt  es  als  weifser  käsiger  Niederschlag  zu  Boden.  Derselbe 
löst  sich  in  kochendem  Wasser  auf,  aus  welcher  Lösung  das 
Salz  beim  Erkalten  krystallisirt. 

Die   Analyse   der  bei  100®  C.  getrockneten  Verbindung 
gab  folgendes  Resultat  : 

0,4055  Grm.   lieferten   0,4318  Grm.   Kohlensäure   und  0,0803  Grm. 

Wasser. 
0,7002  Grm.   mit   Salpetersäure  zersetzt  und  mit   Salzsäure  gefällt 

gaben  0,4008  Grm.  Chlorsilber. 

berechnet  nach  der  Formel  : 

AgO .  (Ci2H6)8808  gefunden 

Ci8                         72                   28,9  29,0 

H5                           5                    2,0  2,2 

Sa                          32                   12,9  — 

O4                          32                  12,9  — 

Ag        108 43,3  43,1 

249  100,0. 


Kalle^  über  henzylschweflige  Säure.  163 

Das  chemische  Verhalten  der  benzylschwefligen  Säare 
verdient  genauer  und  mehrseitiger  studirt  zu  werden ,  als  es 
mir  aus  Mangel  an  Material  möglich  war.  Ich  theile  darüber 
folgende  Beobachtungen  mit.  Wie  schon  erwähnt,  verändert 
sich  die  feste  henzylschweflige  Säure  beim  Stehen  an  der 
Luft,  auch  unter  dem  Exsiccator  in  vollkommen  trockener 
Atmosphäre ;  sie  wird  feucht,  zerfliefst  und  nimmt  bedeutend 
an  Gewicht  zu,  indem  sie  allmälig  sich  zu  Benzylschwefel- 
säure  oxydirt.  Diese  Oxydation  erfolgt  sofort  und  vollständig 
durch  Erhitzen  mit  Salpetersäure. 

Wie  in  diesem  Verhalten  ^  so  ähnelt  sie  auch  darin  der 
schwefligen  Säure,  von  welcher  sie  abstammt,  dafs  ihre  wäs- 
serige Lösung  Lackmuspapier  erst  röthet  und  dann  bleicht. 

Wie  ferner  die  schweflige  Säure  durch  Wasserstofi"  im 
Status  nascens  zu  Schwefelwasserstoff  reducirt  wird ,  so  ver- 
wandelt sich  auch  die  henzylschweflige  Säure  in  Berührung 
f  mit  Zink  und  Salzsäure  in  das  von  Vogt  beschriebene 
Benzylsulfhydrat  : 

SA  +  6  H  =  2  HS  +  4  HO. 
HO .  (C„H5)S,08  +  4  H  +  (Ci8H|j)S .  HS  +  4  HO. 

FünS'ach-Chlorphosphor  wirkt  heftig  auf  henzylschweflige 
Säure  ein.  Von  der  anfänglichen  Vorstellung  ausgehend 
(diese  Ann.  CXV,  354),   die  Substanz  sei  eine  aldehydartige 

Verbindung  von  der  Zusammensetzung :     ^^ii^l[S204]  und  in 

der  Erwartung,   es  werde  sich  durch  Erhitat^en  mit  Fünffach- 

ChlorphosRhor  die   dem   Benzoechloraldehyd   :   ^*g^|  [0201»] 

C   H  ) 
entsprechende  Verbindung  :     ^^u^j  [S2CI4]    bilden,    mischte 

ich  einige  Gramme  der  Substanz  mit  der  zweifach-äquivalenten 
Menge  Fünffach-Chlorphosphar.  Schon  beim  Vermischen  tritt 
eine  lebhafte  Reaction  ein;  die  Masse  verflüssigt  sich  mit 
orangegelber  Farbe  und  unter  Ausgabe  von  viel  Salzsäuregas. 

11* 


164  Kalte,  über  lenzyUchwefUge  Säure. 

4 

Das  Entweichen  von  Salzsäure  beweist,  dafs  hier  die  Zer- 
setzung in  einem  anderen  Sinne  verläuft.  Das  Dei^tillat  ent- 
hält aufser  der  gebildeten  neuen  Chlorverbindung  viel  Phos«- 
phoroxychlorid  und  unveränderten  Fünfifach  -  Chlorphosphor. 
Um  nicht  durch  fractionirte  Destillation  unnöthigen  Verlust 
zu  erleiden^  und  in  der  Voraussetzung »  dafs  das  entstandene 
Chlorid,  ähnlich  wie  das  Benzylsulfonchlorid ,  durch  Wasser 
nur  wenig  verändert  werde,  tröpfelte  ich  das  ganze  Destillat 
in  kaltes  Wasser.  Trotz  der  Abkühlung  war  die  Reaction 
so  heftig,  dafs  ich  den  gröfsten  Theil  des  Materials  verlor. 
Es  blieben  nur  wenige  Tropfen  eines  nicht  unangenehm 
riechenden  schweren  öligen  Chlorids  übrig,  welches  nicht 
ganz  unzersetzt  destillirbar  und  überhaupt  schwer  flüchtig  war. 
Ich  habe  es  im  luftleeren  Räume  destillirt  und  analysirt. 
Doch  war  die  Substanz,  wie  die  Analyse  ausweist,  nicht  rein. 
Statt  44,8  pC.  Kohlenstoff  und  3,1  pC.  Wasserstofl",  welche 
die  Formel  (CjaH5}[Sa08] ,  Cl  verlangt,  ergab  die  Analyse 
50,6  pC.  Kohlenstoff  und  4,1  pC.  Wasserstoff*  •—  Ich  habe 
aus  Mangel  an  Material  diesen  Versuch,  resp.  die  Destillation 
von  gleichen  Aequivalenten  benzylschwefliger  Säure  und 
Fünffach-Chlorphosphor,  nicht  wiederholen  können. 

Aus  obiger  Bildungsweise  und  den  Eigenschaften  der 
benzylschwefligen  Säure  geht  aufs  Deutlichste  hervor,  dafs 
die  organischen  Derivate  der  Schwefelsäure,  so  sehr  sie  auch 
in  manchen  Punkten  mit  den  organischen  Abkömmlingen  der 
Kohlensäure  Analogieen  zeigen ,  doch  in  vielen  wichtigen 
Punkten  sich  wesentlich  verschieden  verhalten  und  fast  eben 
so  von  einander  abweichen,  wie  die  Schwefelsäure  von  der 
Kohlensäure. 


Katle^  aber  Benzyl-Aethyl-Aceton,  165 

XIX.    Ueber  Benzyl-Aethyl-Acelon ; 

von  Demselben. 


Zu  derselben  Zeit,  wo  Freund  sich  mit  der  künstlichen 
Darstellung  der  Acetone  ^3  aus  den  zugehörenden  Säure- 
chloriden beschäftigte,  habe  ich  denselben  Gegenstand  be- 
arbeitet und  gleiche  Resultate  erhalten.  Da  mir  Freund 
jedoch  mit  der  Publication  seiner  Versuche  zuvorgekommen 
ist,  so  habe  ich  die  Arbeit  nicht  weiter  fortgesetzt.  Ich 
glaube  jedoch  nachträglich  hier  die  Ergebnisse  meiner  wenn 
auch  unvollendeten  Versuche  über  diejenigen  Verbindungen 
mittheilen  zu  sollen,  auf  welche  Freund's  Untersuchung 
sich  nicht  erstreckt  hat. 

Chlorbenzoyl  und  Aethylzink,  in  nahezu  äquivalenten 
Verhältnissen  gemischt,  wirken  auch  bei  «Verdünnung  mit 
Aether  aufserordentlich  heftig  aufeinander  ein.  Wenn  die 
Aetber  enthaltende  Mischung  sich  nicht  sogleich  zersetzt,  so 
erfolgt  meist  nach  sehr  kurzer  Zeit  plötzlich  eine  stürmische 
Reaction,  wodurch  der  gröfste  Theil  aus  dem  Gefäfse  ge- 
schleudert wird.  Dieser  Uebelstand  läfst  sich  beseitigen, 
wenn  man  etwa  20  Cubikcentimeter  Chlorbenzoyl ,  welches 
mit  dem  dreifachen  Volumen  Aether  verdünnt  ist,  in  einen 
geräumigen  trockenen  Kolben  bringt,  der  zuvor  ganz  mit 
Kohlensäure  gefülit  war,  und  nun  gewöhnliches  ätherhaltiges 
Aethylzink,  so  wie  es  aus  dem  Frank land'schen  Digestor 
abdestillirt  ist,  aus  einer  einfachen  Spritzflasche  nach  und 
nach  in  kleinen  Portionen  eintröpfelt,  wobei  man  jedesmal 
mit  dem  neuen  Zusatz  so  lange  wartet,  bis  die  Reaction  er- 
folgt ist.     Dieselbe   ist  selbst  bei  jener  Verdünnung  noch 


*)  Diese  Annalen  CXV,  22. 


166  Kalle,  über  Benzyl-Äethyl-Äceton, 

ziemlich  heftig,  und  mafs  durch  Eintauchen  des  Gefärses  in 
Eiswasser  gemindert  werden. 

Wenn  zuletzt  der  Geruch  nach  Chlorbenzoyl  ganz  ver- 
schwunden ist,  treibt  man  den  Aether  durch  Erwärmen  im 
Wasserbade  unter  Einleiten  von  Kohlensäure  vollständig  aus^ 
und  versetzt  dann  den  braunen  dickflüssigen  Rückstand  mit 
Wasser,  welches  das  gebildete  Chlorzink  löst  und  zugleich 
den  kleinen  Ueberschufs  von  Aethylzink  zerstört.  Obenauf 
schwimmt  eine  angenehm  ätherartig  riechende  Oelschichl, 
welche  zum  gröfsten  Theile  ans  dem  gebildeten  Benzyl- 
Aethyl-Aceton  besteht.  Dieses  Oel  ist  schwer  flüchtig  und 
geht  bei  nachheriger  Destillation  der  ganzen  Bhisse  mit  Wasser, 
welches  defshalb  mehrmals  erneuert  werden  mufs,  nur  lang-- 
sam  über. 

Das  überdestillirte ,  vom  Wasser  abgehobene  Oel  wurde 
über  Chlorcalcium  getrocknet  und  rectificirt.  Fast  die  ganze 
Menge  desselben  ging  zwischen  205  und  210^  C.  als  farb- 
loses, das  Licht  stark  brechendes ,  sehr  angenehm  und  fast 
genau  wie  Benzoeäther  riechendes  Liquidum  über.  Die  Ana- 
lyse dieses  Products   stimmte  indessen  nicht  gut  mit  der  aus 

Gl  H  ) 
der  Formel     qu^mCsOs]     berechneten     Zusammensetzung 

überein.  Statt  80,6  pC.  Kohlenstoff  und  7,5  pC.  Wasserstoff 
wurden  78,2  pC.  Kohlenstoff  und  8,2  pC.  Wasserstoff  ge- 
funden. 

Da  ich  vermuthete ,  dafs  jene  Differenz  zum  Theil 
wenigstens  von  einem  geringen  Gehalt  an  Benzoeäther  her- 
rühren möchte,  welcher  leicht  entstehen  konnte,  wenn  der 
zur  Darstellung  der  Verbindung  benutzte  Aether  alkoholhaltig 
war,  so  kochte  ich  das  Product  anhaltend  mit  concentrirter 
wässeriger  Kalilauge,  destillirte  darauf  das  unzersetzt  geblie- 
bene Oel  ab  und  reinigte  es  nach  dem  Trocknen  über  Chlor- 
calcium durch  Rectification.    Es  zeigte  jetzt  bei  sonst  unver- 


Kalle^  über  Benzyl-Äethyl-Aceton.  167 

änderten  physikalischen  Eigenschaften  einen  constanten  Siede- 
punkt von  210^  C.    Seine  Analyse  gab  folgende  Zahlen. 

0,242  Grm.  mit  Eapferoxyd  und  zuletzt  im  Sauerstoffstfom  Ter- 
bramit  gaben  0,714  Grm.  Kohlensäure  und  0,1902  Grm. 
Wasser,  woraus  sich  folgende  Zusammensetzung  berechnet  : 


berechnet 

gefunden 

c« 

108^^^      80^6 

80,5 

H,o 

10              7,6 

7,8 

0, 

16            11,9 

— 

134  100,0. 

Diese   Zahlen   passen   genau   auf  die  ZusBfmmensetzung 

des  Benzyl-Aethyl-Acetons  :  ^^g^jCCjO«], 

Auch  die  gefundene  Siedetemperatur  stimmt  mit  der 
berechneten   nahe   überein.     Offenbar   steht   das  eigentliche 

Aceton  ^ij*|[C202]  zu  dem  essigsauren  Methyloxyd  :  CsHsO  . 

(C2H3)Ca03  in  demselben  Verhältnifs,  wie  das  Benzyl-Aethyl- 

Aceton :    ^  g^|  [C^Os]    zu    dem    benzoesauren    Aethyloxyd 

C4H5O  .  (Ci8H5)C203 ,  und  man  darf  daher  annehmen,  dafs 
die  beiden  Körperpaare  die  nämlichen  Siedepunktsdifferenzen 
haben.  In  der  That  differiren  die  des  ersten  Paares  genau 
um  eben  so  viel ,  nämlich  um  2^  C. ,  als  die  des  zweiten. 
Nahezu  dieselbe  Differenz  findet  sich  auch  beim  Aceton  der 
Propionsäure  und  dem  Propionsäureäther. 

Die  Bildung  des  Benzyl-Aethyl-Acetons  wird  durch  fol- 
gende Gleichung  interpretirt  : 

(C«H5)[CA],  Cl    +    (CÄ)Zn     =     ^^H^ll^»^«!     +    ^^^^ 

Chlorbenzo7l  Aethylzink  Benayl-Aethyl- 

Aceton. 

Auffallender  Weise  vermag  sich  dieses  gemischte  Aceton 
nicht  wie  die  Acetone  der  fetten  Säuren  mit  saurem  schweflig- 
saurem Natron  zu  vereinigen.     Ob  das  nahe  stehende  ent- 


2 


168      ^  Kalle,  über  BenzylrAethyl'Äceton, 

C  H  ) 
sprechende  Dibenzylaceton  :    r}^^]\CiO%'\  {A^iS^enzon^ iwml 

eine  Verbindung  eingeht,  ist  nicht  bekannt. 

Es  möge  hier  noch  die  Erwähnung  eines  anderen  Ver- 
suchs Platz  finden,  welchen  ich  in  der  Absicht  anstellte ,  in 
ähnlicher  Weise,  wie  im  Chlorbenzoyl ,  auch  im  Chlorid  der 
Bernsteinsäure   zwei  Atome   Chlor  durch  Aethyl  zu  substi- 

tuiren,  im  Sinne  folgender  Gleichung  :  CCA)"!  qq   L  Cl 

+  2(C4H5)Zn  =  ^gjj;)^'j[gg;]  +  2ZnCl.   oder    daraus 

vielleicht  durch  einen  weiteren  Zersetzungsprocefs  die  Ver- 
bindung CC4H4)"[C208] ,  neben  Propionsäureaceton  zu  ge- 
winnen. 

Das  Chlorid  der  Bernsteinsäure  und  Aethylzink  wirken 
selbst  bei  starker  Verdünnung  mit  Aether  so  heftig  auf 
einander  ein,  dafs  bei  meinen  ersten  Versuchen  der  Inhalt 
des  Kolbens  jedesmal  herausgeschleudert  wurde.  Jedoch  ge- 
lang es  mir,  durch  Eintauchen  des  Gefäfses  in  Eiswasser  und 
durch  langsames  Eintröpfeln  des  ätherhaltigen  Aethylzinks 
die  zu  starke  Erhitzung  einigermafsen  zu  vermindern.  Bei 
der  Behandlung  des  Products  mit  Wasser  und  nadiheriger 
Destillation  erhielt  ich  statt  der  gewünschten  Verbindung  ein 
chlorhaltiges  Oel  von  unangenehm  brenzlichem  Geruch,  wel- 
ches offenbar  noch  kleine  Mengen  brenzlicher  Zersetzungs- 
producte  der  Bernsteinsäure  enthielt,  und  welches  so  flüchtig 
war,  dafs  es  mir  nicht  gelang,  dasselbe  vom  Aether  zu 
befreien. 

Ich  habe  aus  dem  schon  angeführten  Grunde  auch  diese 
Versuche  nicht  fortgesetzt.  Diese  letzte  Notiz  dürfte  viel- 
leicht für  denjenigen  von  Interesse  sein,  welcher  es  unter- 
nimmt, den  Gegenstand  weiter  zu  verfolgen. 


Kolhe  u.  Schmitt^  rother  Farbstoff' aus  Kreosot        169 

XX.    Vermischte  Notizen. 


i.     Roiher  Farhstojff  aus  dem  Kreosot. 

Gelegenilich  der  zahlreichen  Versuche,  welche  vor  zwei 
Jahren  im  hiesigen  Laboratoriom  angestellt  worden,  um  das 
Phenyloxydhydrat  in  Salicylsäure  umzuwandeln,  habe  ich  in 
Gemeinschaft  mit  R.  Schmitt  folgende  Beobachtungen  ge- 
macht. 

Erhitzt  man  eine  Mischung  von  1  Thl.  Oxalsäure,  IV2  Thl. 
farblosen  käuflichen  Kreosots  und  2  Thl.  concentrirter  Schwefel- 
säure in  einer  tubulirten  Retorte  auf  140  bis  150®  C,  so  geht 
bei  dieser  Temperatur  die  Zerlegung  der  Oxalsäure  in  Kohlen- 
säure und  Kohlenoxyd  ruhig  von  Statten,  während  zugleich 
Wasser  und  etwas  Kreosot  in  die  Vorlage  abdestilliren. 
Nach  und  nach  fängt  der  Inhalt  der  Retorte  an  sich  zu 
bräunen^  und  nachdem  derselbe  4  bis  5  Stunden  lang  obiger 
Temperatur  ausgesetzt  gewesen  ist,  erscheint  er  ganz  dunkel- 
braunroth.  Wenn  die  Gasentwickelung  aufhört  und  die  Masse 
anfängt  sich  aufzublähen,  giefst  man  sie  heifs  aus  der  Re- 
torte in  eine  mit  heifsem  Wasser  gefüllte  Schale  und  kocht 
unter  öfterem  Ersatz  des  verdampften  Wassers,  bis  das  bei- 
gemengte Kreosot  vollständig  verjagt  ist. 

Das  Wasser  enthält  neben  freier  Schwefelsäure  grofse 
Mengen  von  Phenyloxydschwefelsäure  gelöst;  die  darunter 
befindliche,  unlösliche,  schwarzbraune,  teigige^  Masse  erstarrt 
beim  Erkalten  zu  einem  festen  Harz.  Dasselbe  ist  sehr  spröde, 
von  glänzendem  Bruch,  ohne  Geruch  und  Geschmack,  ganz 
unlöslich  in  Wasser,  ziemlich  schwer  löslich  in  kaltem,  leichter 
in  kochendem  Alkohol,  woraus  es  sich  beim  Erkalten  zum 
gröfsten  Theile  harzartig  wieder  absetzt,  löslich  auch  in  Eis- 
essig. — *  Die  Ausbeute  an  diesem  Harz  ist  sehr  beträchtlich. 


170        Koibe  t*.  Schmitt,  roiJier  Farbstoff  aus  Kreosot 

Es  wird  mit  prachtvoll  purpurrother  Farbe  von  Ammoniak, 
noch  leichter  von  Kali-  und  Natronlauge,  auch  von  den 
kohlensauren  Alkalien  gelöst,  ohne  jedoch  letztere  sichtlich 
zu  zersetzen.  Baryt*  und  Kalkwasser  nehmen  es  ebenfalls, 
aber  in  weit  geringerer  Menge  mit  rother  Farbe  auf.  Wird 
die  wässerige  ammoniakalische  Lösung  eingedampft,  so  geht 
alles  Ammoniak  fort,  und  es  bleibt  ein  brauner  amorpher, 
dem  Schellak  sehr  ähnlicher  Körper  zurück.  —  Werden  die 
alkoholischen  Lösungen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  oder 
Salzsäure  neutralisirt,  so  fällt  die  gelöste  Verbindung  in  schön 
orangefarbenen  amorphen  Flocken  nieder.  Wenn  die  Fällung 
in  der  Wärme  geschieht  ^  so  ballen  die  Flocken  harzartig 
zusammen,  und  der  Niederschlag  erscheint  dann  je  nach  der 
Temperatur  in  verschiedenen  Nuancen  dunkler.  Der  auf 
einem  Filter  gesammelte  und  mit  kaltem  Wasser  anhaltend 
ausgewaschene  flockige  Niederschlag  bildet  nach  dem  Trock- 
nen bei  gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Luft  eine  lockere 
Masse  von  prächtigem  Orangerotb ,  ähnlich  dem  gefällten 
Alizarin. 

Der  Körper  schmilzt  bei  80^  C. ,  bei  stärkerem  Erhitzen 
in  einer  Glasröhre  wird  er  unter  Ausgabe  von  Phenyloxyd- 
hydrat  zerlegt.  Die  hierbei  auftretenden  Dämpfe  riechen  der 
schwefligen  Säure  täuschend  ähnlich.  Uebrigens  ist  keine  Spur 
von  Schwefel  darin  enthalten.  —  Auf  dem  Platinblech  erhitzt  hin- 
terläfst  er  eine  sehr  grofse  Menge  schwer  verbrennlicher  Kohle. 

Die  Analyse  gab  folgende  Zahlen  : 

I.    0,394  Grm.  mit  Enpferoxyd  zuletzt  im  Sauerstoffstrom  verbrannt 
gaben  1,0775  Grm.  Kohlensäure  und  0,1825  Grm.  Wasser. 

n.    0,4715  Grm.  gaben  1,293  Grm.   Kohlensäure   und  0,2206  Grm. 
Wasser. 

III.  0,4405  Grm.    gaben  1,2105  Grm.  Kohlensäure  und  0,2065  Grm. 

Wasser. 

IV.  0,376  Grm.  gaben  1,082  Grm.  Kohlensäure  und  0,174  Gruf.  Wasser. 

Hieraus  berechnet  sich  die  Zusammensetzung  :  CioH408. 


Kolhe  u.  Schmitt,  rother  Farbstoff  aus  Kreosot        \T\ 


bereclmet 

gefiinden 

L 

"TT"  luT 

IV.    - 

Cio 

60          75,0 

74,7 

74,8     74,9 

75,0 

H« 

4            5,0 

5,1 

5,2       5,2 

5,1 

0, 

16          20,0 

-- 

_        — 

— 

80        100,0. 

Da  jener  Farbstoff  mit  den  Basen  keine  beständigen  Ver- 
bindungen von  constanter  Zusarnmensetzung  eingeht,  so  war 
es;  unmöglich,  sein  Atomgewicht  zu  bestimmen.  Wahrschein- 
lich ist  dasselbe  noch  einmal  so  grofs,  als  jene  Formel  aus- 
drückt. Wäre  er  nach  der  Formel  C80H8O4  zusammengesetzt, 
so  würde  er  zur  Zusammensetzung  des  Alizarins  C20H6O6  in 
einfache  Beziehung  zu  stellen  sein,  von  diesem  nämlich  sich 
blofs  durch  den  Mehrgehalt  von  zwei  Atomen  Wasserstoff 
und  den  Mindergehalt  von  zwei  Atomen  Sauerstoff  unter- 
scheiden. Doch  haben  beide  wie  es  scheint  in  Wirklichkeit 
wenig  mit  einander  gemein. 

Die  wässerige  Lösung  des  Farbstoffs  in  Kalilauge  wird 
durch  Alaun  und  Zinnchlorür,  auch  durch  Kalk-  und  Baryt- 
salze nicht  gefällt.  Essigsaures  Bleioxyd  erzeugt  damit  einen 
schön  rothen  Niederschlag  von  wechselnder  Zusammensetzung. 
—  Durch  Vermischen  jener  alkalischen  Lösung  mit  Ferrid- 
cyankalium  wird  die  rothe  Farbe  noch  viel  dunkler  und  inten-r 
siver,  so  dafs  es  bei  verhältnifsmäfsig  dünner  Flüssigkeits- 
schicht einer  grofsen  Verdünnung  mit  Wasser  bedarf,  um  sie 
durchscheinend  zu  machen.  Salzsäure  fällt  hieraus  einen 
dunkelbraunen,  beim  Erhitzen  harzartig  schmelzenden  Körper, 
dem  Ansehen  nach  verschieden  von  der  anfänglichen  Substanz. 

Der  Farbstoff  verliert  seine  orangerothe  Farbe  bei  Be- 
handlung mit  Eisenfeile  und  Essigsäure  vollständig.  Aus  der 
heifs  filtrirten  farblosen  Lösung  fällt  beim  Erkalten  eine  weifse 
Substanz  in  Flocken  nieder,  welche  in  Wpsser  unlöslich  ist, 
in  Alkalien  sich  farblos  löst  und  durch  Säuren  daraus  wieder 
mit  weifser  Farbe  gefällt  wird.     Die  alkalische  Lösung  färbt 


172  Kolbe,  Darstellung  des  Oxcdäihers. 

sich  an  der  Luft  allmälig  roth.    Beim  Vermischen  mit  Ferrid- 
cyankalium  wird  sie  sofort  intensiv  roth. 

Die  wässerige  alkalische  Lösung  des  Farbstoffs  wird  auch 
durch  Behandeln  mit  Natriumamalgam  entfärbt,  gewinnt  aber 
später  ^an  der  Luft  die  frühere  rothe  Farbe  wieder. 

Sehr  bemerkenswerth  ist  die  aufserordentliche  Bestän- 
digkeit des  Körpers  in  Verbindung  mit  Alkali.  Die  alkalische 
Lösung  läfst  sich  auch  bei  überschüssigem  Kali  nicht  nur  zur 
Trockne  eindampfen,  sondern  sogar  bis  zum  Schmelzen  des 
Kalihydrats  und  darüber  hinaus  erhitzen,  ohne  sich  erheblich 
zu  verändern. 

Die  beschriebene  Verbindung  scheint  der  Rosolsäure 
von-  Runge  nahe  verwandt  zu  sein,  wenn  nicht  beide  gar 
identisch  sind.  Versuche,  sie  in  der  Färberei  anwendbar  zu 
machen,  haben  bislang  kein  erwünschtes  Resultat  gegeben. 

2.    Darstellung  des  Oxaläthers, 

Die  ergiebigste  Darstellungsmethode  des  Oxaläthers, 
welche  nach  unseren  Erfahrungen  der  von  Chancel  ge- 
gebenen Vorschrift  weit  vorzuziefhen  sein  dürfte,  ist  nach 
den  von  Dr.  Kalle  darüber  angestellten  Versuchen  folgende  : 
180  Grm.  entwässerte  Cl^^i  100^  C.  getrocknete}  Oxalsäure 
werden  mit  100  Grm.  saurem  schwefelsaurem  Kali  innig  ge- 
mengt und  in  einer  tubulirten  Retorte  auf  150  bis  180^  C. 
erhitzt.  Man  läfst  alsdann  durch  den  Tubulus  eine  Mischung 
von  250  Grm.  95grädigen  oder  noch  besser  absoluten  Alkohols 
und  25  Grm.  concentrirter  Schwefelsäure  nach  und  nach  in 
kleinen  Portionen  einfiiefsen.  Die  im  Kühlapparate  con- 
densirte  erste  Portion  des  Destillats  giefst  man  zweckmäfsig 
zu  jener  Mischung  zurück  und  führt  dann  die  Destillation 
in  obiger  Weise  langsam  zu  Ende,  wobei  Sorge  zu  tragen 
ist,  dafs  die  Temperatur  nicht  unter  150^  G.  herabsinkt. 


Kolhey    Ueherßihrung  der  Dicarbansäuren  in  die  etc.    173 

Das  gesaromte  Destillat  wird  wiederholt  mit  Wasser  ge- 
schüttelt, der  so  gereinigte  Oxaläther  über  Chlorcaicium  ge- 
trocknet und  rectificirt.  Die  Ausbeute  an  reinem  Oxaläther 
beträgt  gegen  70  pC.  der  aus  der  angewandten  Oxalsäure 
berechneten  Menge.  Aus  den  Waschwassern  erhält  man  durch 
Zusatz  von  Ammoniak  noch  ziemlich  viel  Oxamid. 

3^     Ueberführung   der  Dioarbonsäuren  in  die  zugehörenden 

Manocarbonsäuren. 

Gleich  wie  die  meisten  der  dreibasischen  Tricarbonsäuren 
sich  beim  Erhitzen  in  Kohlensäure  und  die  zugehörenden 
zweibasischeh  Dioarbonsäuren  ^  z.  B.  die  Citraconsäure  in 
Kohlensäure  und  Aconitsäure,  und  die  Hekonsäure  in  Kohlen- 
säure und  Komensäure  spalten,  so  läfst  sich  erwarten,  dafs 
auch  die  Dioarbonsäuren  durch  weitergehenden  Zersetzungs- 
procefs  unter  zu  ermittelnden  günstigen  Umständen  in  Kohlen- 
säure und  die  zugehörigen  Monocarbohsäuren  zerfallen.  So 
würden,  wie  ausführlicher  in  meinem  Lehrbuch  der  organ. 
Chemie  11  >  386  erörtert  ist^  die  Bernsteinsäure  in  Propion- 
säure und  die  Sebacinsäure  in  Pelargonsäure  sich  umwandeln 
lassen  müssen  : 

2  HO  .  (C4H4)"[^«^  J,  O,  =  HO .  (CÄKCgOJ,  0  +  C^O^ 
Bemsteinsäure  Propionsäure 

2  HO  .  (C,eHie)''[§oO'  ^*  ""  HO .  (0,  A,)[CA].  O  +  0,0^ 
SebacinsttQre  Pelargonsftare. 

Herr  Koch  hat  es  übernommen,  diese  Frage  experi- 
mentell zu  behandeln  9  und  es  ist  ihm  nach  vielen  Versuchen 
gelungen  9  aus  der  Bernsteinsäure  durch  Erhitzen  mit  Kalk- 
hydrat wirklich  reine  Propionsäure  darzustellen.  Indessen  ist 
die  Ausbeute  verhältnifsmäfsig  gering ,  weil  die  Temperatur, 
wobei  die  Bernsteinsäure  diese  Zersetzung  erfährt,  derjenigen 


174  Kolbe,  Reduction  der  Schwefehäwe 

gehr  nahe  liegti  wobei  die  Propionsaore  selbst  weiter  zerlegt 
wird.  Bei  etwas  zo  starkem  Erhitzen  mit  Kalkhydrat  geht  die 
Propionsäure  nämlich  leicht  in  Essigsäure  und  später  in  Kohlen- 
säure und  Kohlenwasserstoff  über.  Wird  Bernsteinsäare  mit 
überschüssigem  Kalihydrat  in  einer  Silberschale  so  stark  er- 
hitzt, bis  kleine  Bläschen  von  einem  entzündlichen  Cras  auf- 
treten, nnd  die  Masse  dann  rasch  abgekühlt,  so  enthält  die- 
selbe eine  beträchtliche  Menge  Yon  essigsaurem  Kali. 

Aus  jenem  Grunde  hat  Koch  aus  der  Sebacinsäure  durch 
Erhitzen  mit  Kalkhydrat  bis  jetzt  auch  nicht  die  Pelargon- 
säure^  sondern  die  ebenfalls  um  zwei  Atome  Kohlenstoff  und 
Wasserstoff  ärmere,  beständigere  Oenanthylsäure  erhalten. 
Vielleicht  gelingt  es  noch,  durch  bessere  Regelung  der  Tem- 
peratur auch  das  primäre  Zersetzungsproduct ,  die  Pelargon- 
säure,  zu  gewinnen.  —  Ausführlichere  Mittheilungen  darüber 
nebst  den  analytischen  Belegen  wird  Koch  später  geben. 

Es  möge  bei  dieser  Gelegenheil  noch  eines  Versuches 
Erwähnung  geschehen,  welchen  Koch  in  der  Voraussetzung 
anstellte^  dafs  die  Ricinelai'dinsäure  beim  Erhitzen  mit  Natron- 
hydrat andere  Producte  liefern  möchte,  als  die  Ricinusölsäure. 
Er  fand  jedoch,  dafs  die  Zersetzungsproducte  beider  Säuren 
identisch  sind,  ein  Umstand,  welcher  für  die  dereinstige  Er- 
örterung der  Frage  nach  ihrer  chemischen  Constitution  nicht 
unwichtig  ist. 

4.     Reduction  der  Schwefelsäure  zu  Schwefelwasserstoff  durch 

Wasserstoff  im  status  nascens. 

Es  ist  allgemein  bekannt,  dafs  die  schweflige  Säure  durch 
den  mittelst  Zink  und  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  ent- 
wickelten  Wasserstoff  im  status  nascens  zu  Schwefel  nnd 
Schwefelwasserstoff  reducirt  wird.  Weniger  bekannt  scheint 
es  zu  sein  und  habe  ich  nirgends  eine  Angabe  darüber  ge- 


zu  Schwefelwasserstoff  durch  Wasserstoff  im  Status  nasc,     175 

funden,  dafs  auch  die  Schwefelsäure  unter  Umständen  eine 
gleiche  Reduction  erfährt. 

Schon  vor  mehreren  Jahren  machte  ich  wiederholt  die 
Beobachtung,  dafs  aus  Zink  und  Schwefelsäure  dargestellter 
Wasserstoff  aufserordentlich  stark  nach  Schwefelwasserstoff 
roch  und  Bleipapier  sofort  schwärzte.  Ich  war  anfangs  der 
Meinung^  diese  Schwefelwasserstoffbildung  rühre  von  einem 
Gehalt  der  Schwefelsäure  an  schwefliger  Säure  her,  aber 
ich  überzeugte  mich  bald,  dafs  auch  chemisch  reine  Schwefel- 
säure  Schwefelwasserstoff  und  sogar  fast  in  noch  gröfserer 
Menge  als  die  gewöhnliche  käufliche  Säure  erzeugt.  Bei 
allen  diesen  Versuchen  wurde  die  concentrirte  Schwefelsäure 
durch  ein  Trichterrohr  in  die  das  Zink  und  Wasser  ent- 
haltende Wulf 'sehe  Flasche  eingebracht. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dafs  unter  diesen  Um- 
ständei)  die  Schwefelsäure  selbst  wirklich  zu  Schwefelwasser- 
stoff reducirt  wird.  Man  erhält  dieses  Gas^  wie  ich  gefunden 
habe,  in  desto  gröfserer  Quantität  dem  Wasserstoff  beige- 
mengt ,  je  heifser  die  den  Wasserstoff  entwickelnde  Flüssig- 
keit ist  und  in  je  concentrirterem  Zustande  die  Schwefelsäure 
mit  dem  Zink  in  Berührung  kommt. 

Wenn  man  die  Schwefelsäure  vor  dem  Einbringen  mit 
etwa  dem  doppelten  Volumen  Wasser  verdünnt ,  so  ist  das 
entwickelte  Wasserstoffgas  absolut  frei  von  Schwefelwasser- 
stoff. Läfst  man  aber  hernach  concentrirte  Säure  einfliefsen, 
so  hat  man  augenblicklich  wieder  den  deutlichen  Schwefel- 
wasserstoffgeruch. 

Diese  Eigenschaft  der  concentrirten  Schwefelsäure  ver- 
dient Beachtung,  wenn  es  sich  um  Darstellung  von  reinem 
Wasserstoff  handelt,  ganz  besonders  auch  bei  gerichtlich- 
chemischen Untersuchungen  auf  Arsenik.  Wollte  man  im 
Marsh 'sehen  Apparate  den  Wasserstoff  durch  Eingiefsen 
von  concentrirter  Schwefelsäure  entwickeln,   oder  gar  un- 


176         KolbSj  Bildung  von  Salpetersäure  u.  s.  w. 

mittelbar  nach  dem  Einbringen  der  auf  Arsenik  zu  prüfenden 
Flüssigkeit  Schwefelsäurehydrat  nachgiefsen,  so  würde  durch 
den  sofort  entstehenden  Schwefelwasserstoff  unfehlbar  ein 
grofser  Theil  der  arsenigen  Säure,  bei  sehr  kleinen  Quan- 
titäten vielleicht  die  ganze  Menge,  in  Schwefelarsenik  ver- 
wandelt werden  und  sich  dadurch  der  Nachweisung  ent- 
ziehen. Es  ist  defshalb  bei  Anstellung  der  Arsenprobe  mit 
dem  Marsh'sehen  Apparate,  wie  überhaupt  zur  Darstellung 
von  reinem  resp.  schwefelfreiem  Wasserstoff  nothwendig,  mit 
Wasser  verdünnte  Schwefelsäure  anzuwenden. 

5.     Bildung  von  Salpetersäure  beim  Verbrennen  von  Wasser- 
Stoff  in  stickstoffhaltigem  Sauerstoff 

Die  schon  früher  wahrgenommene  Entstehung  von  Sal- 
petersäure "^3  beim  Verpuffen  von  Knallgas  mit  atmosphä- 
rischer Luft  im  Eudiometer,  habe  ich  neuerdings  wieder 
unter  etwas  veränderten  Verhältnissen  beobachtet.  Läfst  man 
in  einem  aufrecht  stehenden ,  mit  Sauerstoff  gefüllten  offenen 
Kolben  Wasserstoff  verbrennen,  so  sieht  man  nach  kurzer 
Zeit,  sobald  von  der  eindringenden  Luft  eine  gewisse  Menge 
dem  Sauerstoff  sich  beigemischt  hat,  den  Kolben  sich  mit 
röthlichgelbem  Gas  füllen,  welches  nach  salpetriger  Säure 
riecht,  und  das  im  Kolben  sich  ansammelnde  Wasser  reagirt 
stark  sauer  von  aufgelöster  Salpetersäure. 

Wenn  durch  Versuche  die  für  diese  Bildungsweise  der 
Salpetersäure  günstigsten  Bedingungen  ermittelt  und  ein 
Verfahren  entdeckt  sein  wird ,  den  Sauerstoff  im  Grofsen  mit 
geringen  Kosten  zu  bereiten ,  so  läfst  sich  auf  jenes  Ver- 
halten vielleicht   eine  vortheilhafte  Methode   zur  Erzeugung 

von  Salpeter  gründen. 

H.  Kolbe. 


*)  Diese  Annalen  LIX,  208. 


177 


Ueber  das  Benzil ; 
von  N.  Zinin  *). 


Das  Benzoi'n  €1481202  wandelt  sich  bekanntlich  unter 
dem  Einflüsse  oxydirender  Substanzen  leicht  zu  Benzil  G14H10O2 
um.  Auch  die  umgekehrte  Umwandlung  läfst  sich,  rein  und 
ohne  Bildung  von  Nebenproducten,  leicht  bewirken.  Wird 
1  Th.  Benzil  in  6  Th.  Essigsäure  von  1,065  spec.  Gew.  ge- 
löst mit  1  bis  2  Th.  Eisen  gekocht ,  so  tritt  Ausscheidung 
feiner  weifser  Nadeln  von  Benzom  ein ;  kocht  man  so  lange, 
bis  die  Flüssigkeit  durch  die  sich  ausscheidenden  Nadeln 
beinahe  gesteht,  giefst  die  breiartige  Masse  von  dem  rück- 
ständigen Eisen  i^b,  wascht  nach  dem  Erkalten  das  Ausge- 
schiedene mit  Wasser  und  krystallisirt  es  aus  Alkohol  um, 
so  erhält  man  ganz  reines  Benzoin.  Benzoin  bildet  sich 
auch,  wenn  zu  einer  warmen  alkoholischen  Lösung  von  Benzil 
fein  gekörntes  Zink  und  dann  in  kleinen  Portionen  starke 
Salzsäure  gesetzt  wird. 

Während  in  dem  Benzoin  Wasserstofl'  enthalten  ist, 
welcher  durch  Säureradieale  vertreten  werden  kann  **}, 
scheint  in  dem  Benzil  solcher  vertretbarer  Wasserstoff  nicht 
mehr  enthalten  zu  sein.  Bei  der  Einwirkung  von  Fünf- 
fach-Chlorphosphor  wird  im  Benzil  nicht  Wasserstoff  sondern 
direct  Sauerstoff"  substituirt.  Die  Reaction  erfolgt  glatt  ent- 
sprechend der  Gleichung  : 

Bei  dem  Erhitzen  von  Benzil  mit  etwas  mehr  als  der 
äquivalenten  Menge  Pünffach-Chlorphosphor  bis  zum  Schmelzen 


*)  Im  Ansz.    aus  d.  Bull,  de  rAcad^mie  des  Boienoes  de  St-P^tors- 
bourg  III,  68. 

•*)  Die^e  Annalen  CIV,  116. 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXIX.  Bd.  2.  Heft.  12 


178  Zinirif  über  das  ßenzü, 

des  Benzils  begann  die  Reaction  unter  Bildung  von  Phos- 
pboroxychlorid ,  aber  ohne  dafs  Chlorwasserstoff  auftrat ;  es 
entstand  eine  gelbliche  Flüssigkeit^  die  nach  dem  Austreiben 
alles  Phosphoroxychlorids  und  nach  dem  Auswaschen  zuerst 
mit  heifsem  und  dann  mit  kaltem  Wasser  zu  einer  krystalli- 
nischen  Masse  erstarrte.  Letzteres  Product  wird  von  Zinin 
als  Ghlorbenzä  bezeichnet.  16  Grm.  Benzil  gaben  mit  17  6rm. 
Fünffach -Chlorphosphor  behandelt  20  Grm.  Chlorbenzil;  die 
sich  theoretisch  berechnende  Menge  ist  20,19  Grm. 

Das  Chlorbenzil  löst  sich  leicht  in  Aether  und  bildet 
bei  langsamer  Ausscheidung  aus  dieser  Lösung  kurze  dicke 
farblose  rhombische  Prismen,  bei  der  Ausscheidung  durch 
Erkalten  der  in  der  Wärme  gesättigten  Lösung  feine  rhom- 
bische Tafeln.  In  Alkohol  ist  es  schwieriger  löslich  als  in 
Aether ;  in  Wasser  ist  es  unlöslich.  Es  schmilzt  bei  71^  und 
beginnt  bei  etwa  65^  in  grofsen  blattartigen  rhombischen 
Tafeln  zu  krystallisiren ;  über  den  Schmelzpunkt  erhitzt,  oder 
unter  Wasser  oder  Alkohol  geschmolzen,  bleibt  es  auch  bei 
niedrigerer  Temperatur  noch  flüssig.  Die  Zusammensetzung 
ergab  sich  entsprechend  der  Formel  GuHioOCIs  : 


berechnet 

gefhnden 

Cu 

168 

68,39 

63,14 

Hjo 

10 

3,77 

3,90 

0 

16 

6,05 

— 

ci. 

71 

26,79 

26,78    26,70 

266  100,00.^ 

Bei  der  Destillation'  zersetzt  sich  das  Chlorbenzil  qnd 
man  erhält  ein  flüssiges  Product,  welches  unter  Anderem 
auch  Chlorbenzoyl  enthält.  In  starker  Salpetersäure  löst  es 
sich  ziemlich  leicht  unter  Erwärmung ;  bei  dem  Kochen  dieser 
Lösung  oder  besser  des  Chlorbenzils  mit  nicht  zu  starker 
Salpetersäure  entwickeln  sich  viel  rothe  Dämpfe,  und  auf 
Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich  reines  Benzil  aus.    (4  Grm. 


Zintn,  über  das  BenziL  179 

Ghlorbenzil  gaben  3,150  6rm.  Benzil;  die  theoretisch  sich 
berechnende  Menge  ist  3^169  Grm.)  Eine  allsoholische  Auf- 
lösung von  salpetersaurem  Silber  bringt  unter  Ausscheidung 
von  Chlprsilber  dieselbe  Wirkung  hervor,  aber  langsamer 
und  nur  bei  anhaltendem  Kochen;  andere  Silbersalze  sowie 
eine  alkoholische  Lösung  von  essigsaurem  Bleioxyd  scheinen 
bei  der  Siedehitze  des  Alkohols  nicht  einzuwirken.  Durch 
Aetzkali  wird  das  Chlorbenzil  bei  Anwendung  alkoholischer 
Lösungen  in  der  Kälte  langsam,  rascher  und  vollständiger 
beim  Erhitzen,  unter  Bildung  von  benzoesaurem  Kali  und  von 
Benzoylwasserstoff  zersetzt,  entsprechend  der  Gleichung  : 

d^Hio^Cls  +  3  KH^  =  GjB^Q  +  €yH,KO,  +  2  CIK  -}-  H^O ; 

bei  allzulangem  Kochen  mit  überschüssigem  Kali  wird  der 
Benzoylwasserstoff  weiter  zersetzt.  Wässeriges  Ammoniak 
wirkt  auf  Chlorbenzil  nicht  ein;  die  Einwirkung  des  alkoho- 
lischen Ammoniaks  scheint  sehr  complicirt  zu  sein  und  geht 
nicht  leicht  vor  sich. 


Ueber   die  Einführung  von   Wasserstoff  in   orga- 
nische Verbindungen  ; 
von  Demselben*^ 


Am  16.  November  des  vorigen  Jahres  hatte  ich  die  Ehre, 
der  Petersburger  Academie  eine  Arbeit  über  das  Benzil  vor- 
zulegen "^"^3,  welche  in  dem  am  31.  December  ausgegebenen 
Bulletin   erschienen  und  daraus  in   Nr.  12   des    Chemischen 


*)  Aus  dem  Bulletin  der  Petersburger  Academie  mitgetheilt 
**)  VgL  den  Torhergehenden  Aufsatz.  D.  R, 

12* 


180  Ziniriy  über  die  Einfuhrung 

Centralblattes  vom  13.  März  abgedruckt  ist;  in  ihr  wird  die 
directe  Einführung  von  Wasserstoff  in  organische  Körper  bei 
der  Umwandlung  des  Benzils  in  Benzo'in  durch  Hülfe  von 
Chlorwasserstofisäure  und  Zink  als  reine  Reaction  beschrieben. 
Weder  die  Idee  noch  das  Factum  einer  solchen  Einführung 
ist  neu  9  denn  z.  B.  die  Verwandlung  von  Azobenzid  in 
Benzidin  und  von  Acetylen  in  Ölbildendes  Gas  sind  solche 
Reactionen.  Jetzt  nun  lese  ich  in  dem  eben  erhaltenen,  am 
3.  April  ausgegebenen  Aprilhefte  der  Annalen  der  Chemie 
und  Pharmacie,  Seite  122,  eine  „briefliche  Hittheilung^  von 
Professor  Kolbe,  in  welcher  er  anzeigt ,  dafs  er  seit  Kur- 
zem mit  einer  neuen  Versuchsreihe  beschäftigt  sei ,  welche 
die  directe  Einführung  von  Wasserstoff  in  wasserstoffarme 
organische  Verbindungen  vermittelst  Salzsäure  und  Natrium- 
amalgams  bezwecke.  In  dieser  Hittheilung  ist  noch  kein 
concreter  Fall  von  einer  directen  Einführung  von  Wasserstoff 
in  organische  Verbindungen  angeführt,  es  wird  aber  die  Wir- 
kung der  Salzsäure  und  des  Natriums  auf  Benzoesäure  be- 
sprochen, und  diefs  nöthigt  mich,  der  Academie  eine  noch 
unvollendete  Arbeit  über  die  Einführung  von  Wasserstoff  in 
das  aus  Benzil  durch  dieselbe  Reaction  gebildete  Benzoin, 
sowie  auch  über  die  Einwirkung  von  Salzsäure  und  Zink 
auf  das  Bittermandelöl  vorzulegen. 

In  jener  meiner  Arbeit  ist  angeführt,  dafs  bei  der  Ein- 
wirkung von  Chlorwasserstoffsäure  und  Zink  auf  eine  alkoho- 
lische Benzillösung  Benzo'in  herauskrystallisirt ,  wenn  die 
Meaction  nicht  zu  weit  geführt  worden  war ;  läfst  man  aber 
die  Reaction  weiter  gehen,  also  auch  auf  das  gebildete  Ben- 
zo'in sich  erstrecken,  so  verwandelt  sich  das  letztere  in  eine 
neue  Substanz.  Sehr  leicht  gelang  mir  diese  Operation, 
wenn  ich  einer  kochendheifsen  Auflösung  von  1  Tbl.  Ben- 
zo'in in  ungefähr  3  bis  4  Thl.  75  procentigen  Alkohols  1  Thl. 
85  procentigen,  mit  salzsaurem  Gase  gesättigten  Alkohols  zu- 


von   Wasserstoff  in  organische   Verbindungen.        181 

setzte  und  nun  allmälig  Vs  Tbl.  fein  zertheiltes  Zink  eintrug. 
Wenn  die  dadurch  hervorgerufene  stürmische  Reaction  vor- 
bei war,  setzte  ich  noch  V2  Thl.  des  mit  Chlorwasserstoff 
gesättigten  Alkohols  hinzu  und  kochte  die  Flüssigkeit  bis  zur 
Hälfte  ein ,  gofs  sie  darauf  von  dem  ungelöst  gebliebenen 
Zink  ab  und  vermischte  sie  mit  Wasser^  wodurch  ein  ölartiger 
Körper  gefällt  wurde,  welcher  bald  zu  einer  krystallinischen 
Masse  erstarrte.  Durch  Umkrystallisiren  aus  Alkohol  erhält 
man  den  Körper  in  reinem  Zustande;  die  Ausbeute  beträgt 
wenigstens  eben  so  viel,  als  das  angewendete  Benzoün.  Der 
neue  Körper  kann  in  kleinen  Quantitäten  (ungefähr  bis  zu 
8  6rm.  auf  einmal}  überdestillirt  werden,  ohne  dafs  dabei 
eine  erhebliche  Quantität  zersetzt  wird,  und  man  kann  sich 
daher  der  Destillation  zur  Reinigung  bedienen.  In  kochen- 
dem starkem  Alkohol  ist  der  Körper  fast  in  jedem  Verhältnifs 
löslich;  in  Aether  ist  er  ebenfalls  sehr  leicht  löslich,  in 
Wasser  aber  unlöslich.  Aus  Alkohol  krystallisirt  er  in  rhom- 
bischen Tafeln ;  bei  55^  C.  schmilzt  er.  In  der  Zusammen- 
setzung unterscheidet  er  sich  von  Benzoin  durch  einen 
gröfseren  Wasserstoffgehalt;  durch  die  Elemcntar-Analyse  ist 
es  aber  ungemein  schwierig,  die  Zahl  der  eingeführten  Wasser- 
stoffmolecüle  auszumitteln ,  und  ich  mufs  daher  zur  Unter- 
suchung der  Umwändlungsproducte  meine  Zuflucht  nehmen. 
Bis  jetzt  habe  ich  gefunden ,  dafs  durch  die  Einwirkung  von 
Salpetersäure  zwei  Producte  entstehen,  ein  weifser,  in  Wasser 
löslicher,  blättrig-krystallinischer  Körper,  und  ein  in  Wasser 
unlöslicher,  aus  Alkohol  in  feinen  gelben  Nadeln  krystalli- 
sirender.  Mit  einem  Ueberschusse  von  Brom  behandelt  giebt 
das  hydrogenisirte  Benzoin  einen  krystallinischen  Körper. 

Löst  man  Bittermandelöl  in  mit  salzsaurem  Gase  ge- 
sättigtem Alkohol,  fügt  Zink  hinzu  und  kocht  das  Gemisch, 
nachdem  die  stürmische  Reaction  vorüber  ist,  so  sondert  sich 
auf  dem  Boden   des  Gefäfses   ein  schwerer  ölartiger  Körper 


182  Sawitsch,  über  einige 

ab,  welcher  beim  Erkalten  fest  wird  und  eine  harzartige  Be- 
schaffenheit  annimmt.  In  Alkohol  ist  er  fast  unlöslich,  in 
Aether  dagegen  sehr  leicht  löslich,  und  aus  dieser  Lösung 
setzt  sich  beim  freiwilligen  Verdampfen  ein  Theil  desselben 
in  farblosen  Krystallgruppenr  ab ,  deren  einzelne  Individuen 
dreikantig  zugespitzt  erscheinen;  der  Rest  scheidet  sich  als 
ölartige  Masse  aus,  in  welcher  mit  der  Zeit  ebenfalls  diesel- 
ben Krystalle  entstehen.  Diese  Reaction  ist  demnach  ganz 
ähnlich  der  von  Hrn.  Kolbe  beschriebenen,  allein  mein  Pro- 
duct  enthielt  nichts  von  der  in  wässeriger  Kalilauge  löslichen 
Substanz,  welche  den  gröfsten  Theil  des  von  Hrn.  Kolbe 
durch  die  Einwirkung  von  Natrium  und  Salzsäure  auf  Benzoe- 
säure erhaltenen  Productes  ausmachte. 


üeber  einige  vom  Aethylen   sich    ableitende   Ver- 
bindungen ; 
nach  V,  Sawitsch. 


Die  Bromverbindung  des  gebromten  Aethylens,  C^HsBra, 
zersetzt  sich  nach  Sawitsch'^)  bei  der  Behandlung  in 
alkoholischer  Lösung  mit  Natrium  anders,  als  das  Chloroform 
C2HCI8.  Im  letzteren  Fall  entsteht  neben  Chlornatrium  die 
von    Williamson   und   Kay*"^)  schon  früher  durch  Ein- 


*)  Bulletin  de  la  soci^t^  cbimique,  s^ance  du  27  Avril  1860. 

**)  Diese  Annalen  XCII,  346.  Zur  Bestätiguiig  Ton  Wnrtz'  An- 
sicht (diese  Annalen  G,  119),  dafs  diese  Substanz  Oi4HieO0  als 
der  Triäthyl-Aether  eines  dem  Glycerin  homologen  dreiatomigen 

Alkohols,  nftmlich  als  /r?-cr  \  \0a  zu   betrachten    sei ,    versuchte 


vom  Aethylen  sich  ableitende   Verbindungen,  183 

Wirkung  von  Chloroform  auf  Natriumalkoholat  erhaltene  Ver- 
bindung C14H16O6 ;  im  ersteren  Falle  entsteht  neben  Brom- 
natrium eine  ziemlich  flüchtige,  an  der  Luft  sich  von  selbst 
entzündende  Flüssigkeit. 

Wie  Sawitsch  später  fand  ^^3,  entsteht  hierbei  aus  der 
Bromverbindung  des  gebromten  Aetbylens,  C^HsBra,  auch 
zweifach-gebromtes  Aethylen  C4H8Br8,  welches  aus  der  resul- 
tirenden  Flüssigkeit  sich  bei  Zusatz  von  viel  Wasser  als 
schweres  Oel  abscheidet.  Dieselbe  Verbindung  C4H8Br3  wird 
auch  erhalten  dureh  Erhitzen  von  C4H3Br3  mit  festem  Kali* 
hydrat  auf  100^  (die  hier  erfolgende  Einwirkung  ist  sehr 
heftig  und  von  solcher  Wärmeentwicklung  begleitet^  dafs  die 
resultirende  Flüssigkeit  fast  momentan  überdestillirt) ,  oder 
durch  Behandeln  yon  C4H8Br8  mit  alkoholischer  Kalilösung 
und  Versetzen  der  vom  Bromkalium  abdestillirten  Flüssigkeit 
mit  viel  Wasser.  Die  Verbindung  C4HsBr8  liefs  sich  nicht 
ganz  rein  erhalten;  sie  war  immer  begleitet  von  einer  Sub- 
stanZy  deren  eigenthümlich  riechende,  die  Augen  heftig  reizende 
Dämpfe  an  der  Luft  weifse  Nebel  bilden  und  in  ammoniaka- 
lischer  Kupferoxydullösung  einen  explosiven  rölhlichbraunen 
Niederschlag  bilden.    Das  zweifach-gebromte  Aethylen  kann, 


Sawitsch  dieselbe  durch  Erhitzen  mit  krystallisirbarer  Essig- 
säure (entsprechend  der  Gleichung  A)  oder  mit  wasserfreier  Essig- 
säure (entsprechend  B)  in  geschlossener  Röhre  auf  100^  in  den 

C  Hl 

dreiatomigen  Alkohol    |t  |  Oq  oder  den  dreifach-essigsauren  Aether 

tffxs  r\\    0«  Überzuführen  : 

Diese  Versuche  liatten  indessen  nicht  den  erwarteten  Erfolg;  es 
bildeten  sich  nur  ameisensaures  und  essigsaures  Aethyl. 

*)  Bull,  de  la  soc.  chim.,  s^ance  du  26  Octobre  1860 ;'  ausführlicher 
in  Zeitschr.  f.  Chemie  u.  Pharmacie  1861,  !• 


184  Sawitsch,  über  einige 

wie  die  entsprechende  Chlorverbindung,  in  eine  isomere  feste 
Substanz  übergehen.  Es  scheint  zu  dieser  Umwandlung  die^ 
wenn  auch  nur  kurz  andauernde,  Berührung  mit  Luft  noth- 
wendig  zu  sein.  Es  scheidet  sich  dann  aus  der  vorher 
klaren  Flüssigkeit  eine  weifse  Substanz  ab,  welche  bei  14^5 
das  spec.  Gew.  3,053  und  dieselbe  Zusammensetzung,  wie 
sie  der  Formel  C4H8Br2  entspricht,  ergab  : 

berechnet  gefanden 

Kohlenstoff  12,9  12,3         12,8 

Wasserstoff  1,1  1,4  1,3 

Brom  86^0  86,1. 

Diese  weifse  Substanz  ist  unlöslich  in  Wasser  und  in 
Alkohol,  fast  unlöslich  in  Aether  und  in  Schwefelkohlenstoff; 
sie  scheint  durch  Mineralsäuren  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
nicht  angegriffen  zu  werden;  durch  wässeriges  Ammoniak 
wird  sie  in  der  Kälte  langsam,  rascher  und  vollständiger  bei 
100^  unter  Bildung  von  Bromammonium  und  Ausscheidung 
kohliger  Substanz  zersetzt;  Kali  wirkt  ähnlich,  aber  lang- 
samer als  Ammoniak;  beim  Erhitzen  der  weifsen  Substanz 
auf  Platinblech  verkohlt  sie  unter  Ausscheidung  von  Brom- 
wasserstoff und  verschwindet  dann  vollständig. 

Die  oben  erwähnte  Substanz,  welche  mit  ammoniakalischer 
Kupferoxyduliösung  einen  explosiven  Niederschlag  bildet; 
schien  Berthelot 's  Acetylen*}  zusein.  Sa  witsch  wurde 
dadurch  zu  der  Untersuchung  geführt,  wie  aus  Aethylen 
oder  einem  Bromsubstitutionsproduct  desselben  Acetylen  C4H2 
entstehen  kann.  **}  Acetylen  kann  sich  bei  Einwirkung 
überschüssiger  alkoholischer  Kalilösung  auf  Bromäthylen  C4H4Br2 
bilden  ,    indem    das    zuerst    entstehende    einfach  -  gebromte 


*)  Diese  Annalen  GXVI,  116. 
**)  Compt.  rend.  LH,  167. 


vom  Aethylen  sich  ableitende   Verbindungen.  185 

Aethylen  C4HsBr  noch  HBr  abgiebt.  Acetylen  bildet  sich 
auch  bei  einstündigem  Erhitzen  von  einfach  -  gebromtem 
, Aethylen  C^HsBr  mit. der  Natriumverbindung  des  Amylalko- 
hols, CioHuNaOs,  in  geschlossenem  starkem  Gefäfse  auf  100^; 
der  Inhalt  des  Gefäfses  verflüssigte  sich  in  Folge  der  Bildung 
von  Amylalkohol,  und  Bromnatrium  schied  sich  ab;  beim 
Oeifnen  des,  vorher  mittelst  einer  Kältemischung  abgekühlten 
Gefäfses  entwich  in  reichlicher  Menge  ein  Gas,  welches  mit 
ammoniakalischer  Kupferchlorürlösung  einen  rothen  Nieder- 
schlag gab ;  das  aus  diesem  Niederschlage  mittelst  Salzsäure 
abgeschiedene  Gas  war  nach  seinen  Eigenschaften  und  der 
eudiometrischen  Prüfung  Acetylen.  Die  Bildung  des  letzteren 
aus  einfach -gebromtem  Aethylen  erfolgte  hier  entsprechend 
der  Gleichung  : 

CÄBr  +   CioHnNaOj  =  CA  +  NaBr  +  CioHiA- 


Umwandlung    des    einfach  -  gebromten    Propylens 

CßHöBr  zu  Allylen  C6H4 ; 
nach    V.  Sawitsch.*^ 


Wie  durch  die  Einwirkung  der  Natriumverbindungen  von 
Alkoholen  auf  das  einfach-gebromte  Aethylen  CAÜgBr  Acetylen 
C4H8  entsteht,  so  durch  Einwirkung  jener  Verbindungen  auf 
einfach-gebromtes  Propylen  CeHsBr  ein  als  Allylen  bezeich- 
neter Kohlenwasserstoff  C6H4.  Die  Darstellung  des  letzteren 
wurde  in  ganz  entsprechender  Weise,  wie  nach  dem  vorher- 


0  Compt.  rend.  LII,  399. 


186     Sawitachj   Umwandlung  des  Propylens  zu  Allylen. 

gehenden  Aufsatz  die  des  Acetylens^  nur  unter  Anwendung 
der  Natriumverbindung  des  Aelhylalkohols  zur  Zersetzung 
des  einfach-gebromten  Propylens,  ausgeführt.  Bei  dem  Oeffnen 
des,  vorher  mittelst  einer  Kältemischung  abgekühlten,  Glas- 
kolbens, in  welchem  die  Einwirkung  vor  sich  gegangen  war, 
entwickelte  sich  eine  beträchtliche  Menge  eines  Gases,  wel- 
ches wiederholt  durch  ammoniakalische  Kupferoxydullösung 
geleitet  wurde.  Hier  bildete  sich  ein  voluminöser  zeisig- 
gelber, beim  Erhitzen  mit  röthlicher  Flamme  abbrennender, 
in  Brom  geworfen  unter  Zischen  und  rother  Feuererschei- 
nung sich  zersetzender,  mit  concentrirten  Säuren  schon  in 
der  Kälte,  mit  verdünnten  Säuren  und  namentlich  mit  Salz- 
säure beim  Erwärmen  ein  Gas  entwickelnder  Niederschlag. 
Auf  die  letztere  Art  wurde  das  AUylen  im  reinen  Zustande 
gewonnen.  Es  ist  farblos,  riecht  stark  und  unangenehm, 
doch  weniger  als  das  Acetylen.  Es  brennt  mit  heller,  stark 
rufsender  Flamme.  Es  giebt  mit  Quecksilberoxydulsalzen 
einen  dunkelgrauen ,  mit  Silbersalzen  einen  weifsen  Nieder- 
schlag; der  erste  zersetzt  sich  beim  Erhitzen  ohne  Detona- 
tion, der  zweite  mit  Explosion  und  röthlicher  Flamme.  Die 
eudiometrische  Analyse  ergab  für  1  Vol.  des  Gases  : 

gefcmden         berechnet 
Contraction  bei  der  Verbrennimg  :  2,04  Vol.  2 

Erzeugte  Kohlensäure  :  3,00  Vol.  3 

Verzehrter  Sauerstoflf  :  4,05  Vol.  4 

Für  eine  Bestimmung  des  spec.^  Gewichtes  des  Gases 
reichte  die  Menge  des  letzteren  nicht  aus.  —  Bei  dem  Ein- 
leiten des  Gases  in  Brom  entsteht  eine  farblose,  an  Dreifach- 
Bromallyl  erinnernd  riechende  Bromverbindung. 


187 


Einwirkung  von  Chloral  auf  Natriumalkoholat ; 

von  Aug,  Kekuli. 


Vor  einiger  Zeit  habe  ich  die  Vorstellung,  welche  man 
sich  g^ewöhnlich  über  den  Vorgang  bei  chemischen  Reactionen 
machte  (doppelter  Austausch);  durch  eine  allgemeinere  er- 
setzt. ^^3  Ich  hatte  damals  einige  Zersetzungen  aufgeführt, 
die  nicht  wohl  als  doppelter  Austausch  betrachtet  werden 
können.  Ich  hatte  unter  anderem  gezeigt,  dafs  eine  grofse 
Anzahl  von  Metamorphosen  der  fetten  Säuren  und  ihrer  Ab- 
kömmlinge ausgedrückt  werden  können  durch  das  allge- 
meine Schema  : 

Ist  n  =  1  und  R  =  H,  so  hat  man  die  Bildung  von 
Methylwasserstoff  bei  Erhitzen  eines  essigsauren  Salzes  mit 
Kalihydrat.  Bei  Bildung  der  Acetone  und  der  gemischten 
Acetone  ist  R  das  Radical  einer  fetten  Säure;  die  Bildung 
der  Aldehyde,  bei  Destillation  von  ameisensaurem  Salz  mit 
dem  Salz  einer  fetten  Säure,  ist  derjenige  specielle  Fall  der 
Acetonblldungy  für  welchen  n  ==  0  ist.  Bei  Einwirkung  von 
Chloral  oder  Trichloressigsäure  auf  Kali  entsteht  Chloroform ; 
in  beiden  Fallen  ist  n  =  1,  H  durch  Chlor  vertreten  und 
R  =  H;  für  den  Fall  des  Chlorals  ist  der  eingeklammerte 
Sauerstoff  [OJ  nicht  vt)rhanden  u.  s.  w.  In  diesem  Falle, 
wenn  [9]  nicht  vorhanden  ist,  entsteht  dabei  ameisensaures 
Salz,  während  sonst  (wenn  [O]  vorhanden)  kohlensaures  Salz 
gebildet  wird. 


*)  Diese  Anualen  CVl,  140. 


188  Kekule^  Einwirkung  von  Chloral 

Ich  hatte  bei  der  Gelegenheit  mitgetheilt ,  dafs  bei  Ein- 
wirkung von .  Salpetersäure  (R  =  NO»)  auf  Chloral  Chlor- 
pikrin  erhalten  wird,  nach  dem  Schema  : 

GClg  NO, 


€0 
H 


^9  n 


Ich  hatte  damals  schon  diesen  Versuch  in  der  Weise 
umgeändert,  dafs  ich  statt  Kalihydrat  oder  Salpetersäure 
Alkoholnatrium  auf  Chloral  einwirken  liefs ;  ich  gab  mich  der 
Hoffnung  hin,  so  äthylirtes  Chloroform ,  d.  h.  die  Substanz  ^ 
€3H5Cl8  zu  erhalten,  die  nach  dem  Schema  : 

€01,  ^«Hjh 


GOi  Na) 

Hl 

hätte  entstehen  können.  Dieser  Versuch,  den  ich  vor  einiger 
Zeit  wieder  aufgenommen  habe,  gab  nicht  das  gewünschte 
Resultat.  leb  will  nichts  destoweniger  das  Resultat  mittheilen, 
einerseits  um  andere  Chemiker  von  Anstellung  desselben 
Versuches  abzuhalten ,  dann  aber  auch ,  well  die  Zersetzung 
zwar  in  anderem  Sinne,  aber  doch  nach  derselben  allgemei- 
nen Zersetzungsgleichung  verläuft. 

Bringt  man  Chloral  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von 
Alkoholnatrium  zusammen ,  so  findet  starke  Erwärmung  statt 
und  es  entstehen  als  Hauptproducte  :  Chloroform  und  Ameisen- 
säure-Aethyläther.  Das  Alkoholnatrium  spielt  demnach  bei 
der  Zersetzung  nur  eine  untergeordnete  Rolle,  es  dient  als 
Vermittler  der  Reaction.     Diese  erfolgt  nach  dem  Schema  : 

€C1s______H|( 

€0(  G,H,  )    • 

Hf 


Alkohol  allein  bringt  diese  Zersetzung  nicht  hervor,  ob- 
gleich beim  Mischen  beider  Körper  starke  Erhitzung  statt- 
findet; alkoholische  Kalilösung  wirkt  nahezu  wie  die  Lösung 
des  Alkoholnatriums.     Stets  wird  neben  den  Hauptproducten 


auf  Natriumalkoholat,  189 

noch  etwas  Chlornatrium,  ameisensaures  Natron,  Aethyläther 
und  eine  geringe  Menge  einer  höher  siedenden  Flüssigkeit 
erhalten,  die  wahrscheinlich  Triäthylformoglycerin  (Kay 's 
dreibasischer  Ameisensäureäther)  ist. 

Aus  dem  Product  kann  entweder  direct,  oder  nach  vor- 
hergegangener   Destillation ,     durch    Wasser    eine    farblose 
Flüssigkeit   gefällt   werden,   die   wie  Chloroform  riecht  und 
trotz' wiederholtem  Waschen  und  Trocknen  über  Chlorcalcium  / 
bei  61  bis  62^  siedet. 

Ich  habe  mich  längere  Zeit  mit  vergeblichen  Reinigungs- 
versuchen und  mit  nicht  übereinstimmenden  Analysen  des  so 
erhaltenen  Körpers  abgeplagt,  bis  ich  fand,  dafs  er  ein  Ge- 
menge von  Chloroform  und  Ameisenäther  war.  Auffallender 
Weise  gaben  die  Analysen  des  Productes  von  zwei  Dar- 
Stellungen  dieselben  Resultate  und  diese  Resultate  stimmen 
fast  vollständig  mit  einer  ziemlich  einfachen  Formel  : 

berechnet  gefunden 

€s  36  18,18  18,48  18»48  18,59 

H4  4  2,02               2,25           2,48           2,38 

CI4  142  71,72  71,67  71,99  72,06 

O  16  8,08              —              —              — 

Ich  führe  diese  Zahlen  an^  um  darauf  hinzuweisen,  dafs 
die  Elementaranalyse  allein,  selbst  bei  Körpern  von  anschei- 
nend constantem  Siedepunkt,  Nichts  beweist. 

Setzt  man  zu  diesem  Product  Schwefelsäure,  so  scheidet 
sich  das  Chloroform  aus,  während  der  Ameisenäther  sich 
zersetzt,  gerade  wie  es  der  reine  Aether  auch  thut,  in  ent- 
weichendes Kohlenoxyd  und  in  Aethylschwefelsäure. 

Das  so  erhaltene  Chloroform  war  : 

Versuch  :         €pC.  =  10,17;  HpC.  =  0,90;  ClpC.  =  89,34 
Theorie  :  10,05  0,8  89,1. 

Der  äthylschwefelsaure  Baryt  gab  : 

Versuch  :       €  pC.  =  12,46  ;  H  pC.  =  2,75  ;  Ba  pC.  =  35,31 
Theorie  :  12,43  2,59  35,23. 


190  Kekulej  über  die  Zusammensetzung 

lieber  die  Zusammensetzung  der  Stannäthyle ; 

von  Demselben.   ~ 


Die  von  Löwig"^)  vor  längerer  Zeit  beschriebenen 
Stannäthyle  sind  bekanntlich  zum  Theil  bei  den  neueren 
Untersuchungen  anderer  Chemiker  nicht  wieder  beobachtet 
worden  und  man  hat  defshalb  ihre  Existenz  mehrfach  in 
Zweifel  gezogen.**)  Diefs  mag  es  entschuldigen,  wenn  ich 
im  Folgenden  eine  Interpretation  sämmtlicher  Aethylverbin- 
düngen  des  Zinns  mittheile,  nach  welcher  selbst  die  com- 
plicirtesten  und  defshalb  für  unwahrscheinlich  gehaltenen 
Zinnbasen  Löwig 's  durch  die  chemische  Natur  des  Zinns 
eine  einfache  Deutung  erhalten.  Diese  Anschauung  bietet 
aufserdem  den  Vortheil,  dafs  sie  bis  zu  einem  gewisen  Grade 
wenigstens  zeigt,  warum  die  Löwig'schen  Basen  bei  den 
nach  modiCcirten  Methoden  angestellten  neueren  Versuchen 
nicht  wieder  erhalten  worden  sind,  und  weil  sie  gleichzeitig 
die  yfege  andeutet,  auf  welchen  sie  vielleicht  erhalten  wer- 
den können. 

Ich  würde  es  unter  anderen  Umständen  vorgezogen 
haben,  die^e  Ansicht  vor  der  Veröffentlichung  durch  Experi- 
mente zu  prüfen ;  da  ich  indessen  weifs,  dafs  Herr  Professor 
Low  ig  selbst  den  Gegenstand  wieder  aufgenommen  hat,  so 
habe  ich  es  für  ungeeignet  gehalten,  meinerseits  in  dieser 
Richtung  Versuche  anzustellen. 

Das  Zinn,  als  vieratomiges  Element  (Sn  =  118);  bildet 
die  folgenden  Aethylverbindungen,  die  alle  als  Zinnjodid  be- 


•)  Diese  Annalen  LXXXIV,  308. 

**)  vgL  z.  B.  :   Strecker,   diese  Annalen   CV ,  310;     Gerhardt, 
Traitä  II,  382;  Wurta,  Repertoire  1861,  62. 


der  Stannäth/le,  191 

trachtet  werden  können,  in  welchem  Jod  durch  Aethyl  verr 
treten  ist  : 

8nJ4       =  SnJJJJ  Zinnjodid 

SnAesJ  =  Sn(€2H5)JJJ  Stannmonäthy^jodid  (unbekannt) 

(gewöhnlich : 
SnA'e^Jt  =;  Sn(e3H5(€^||H5)JJ  Stanndiäthyljodid       Stannäthyl- 

jodid) 

SnAeJs  =  Sn(€,He)(€8H6)(€2H5)J  Stanntri&thyljodid     (Stannsesqui- 

äthyVodid) 

SnAe4     =  Sn(0,H6)(08Hß)(€sH6)(€8H5)  StanntetrÄthyl  (Stanndiäthyl) 

Die  letzte  ist  der  neutrale  Aether  des  Zinns ;  die  beiden 
anderen  verhalten  sich  wie  Jodide  von  Radicalen ,  deren 
Basicität  ausgedrückt  ist  durch  die  Anzahl  der  Jodatome. 
Dieselben  Verbindungen  können  andererseits  als  Stanntetr- 
äthyl  betrachtet  werden  ^  in  welchem  Aethyl  durch  Jod  er- 
setzt ist. 

Die  Radicale  von  2  und  3  sind  isolirbar.  Sie  haben  als 
isolirte  Molecüle  eine  verdoppelte  Molecularformet.  Han  hat 
also  bis  dabin  drei  isolirte  Stannätbyle  : 

1)    Stanntetrdthyl  2)     Stanntridthyl  8)   'Stanndiäthyl 

SnAe4  Si^Ae^  Sn2Ae4. 

Gerade  so,  wie  durch  Vertretung  des  Aethyls  im  Stann- 
tetrgthyl  die  Jodide  des  Stanntriäthyls  und  des  Stanndiäthyls 
erhalten  werden ,  so  entstehen  i  wenn  Jod  das  Aethyl  im 
Stanntriäthyl  und  Stanndiäthyl  ersetzt,  neue  Jodide.  Man  hat 
demnach  zwei  neben  der  Normalreihe  herlaufende  Reihen, 
deren  Anfangsglieder  die  isolirten  Radicale  der  Jodide  der 
Normalreihe  sind. 


1) 

BnAe4 

2)        SngAee 

3) 

80^^64 

2) 

SnAesJ 

2  a)     SnjAej J 

3  a) 

SusAegJ 

3) 

SnAegJg 

2  b)     Sn8Ae4J2. 

Von  diesen  ist  nun  : 

2  a :  SngAesJ  =  alt  Sn4Ae5J  Löwig's  Aethstannäthyljodid 

2  b  :  Sn2Ae4J2  =r  alt  Sn4Ae4 Jg  =  Sn^Ae^^ J  Löwig's  Methylenstannäthyljodid 

3  a :  Sng AesJ  =  alt  Bn4Ae8J  Löwig's  Acetatannäthyljodid. 


192  Kekule,  über  die  Zusammensetzung 

Wenn  die  Radicale  dieser  Jodida  in  isolirtem  Zustande 
existiren^  wie  diefs  Löwig  für  das  Aelhstannälhyl  beobachtet 
hat,  so  haben  sie  eine  verdoppelte  MolecuIarformeL    Han  hat : 

4)        Sn4Aeio  (Aethstannäthyl.) 

In  diesem  kann  wieder  Aethyl  durch  Jod  ersetzt  werden, 
man  erhält  so  : 

4  a  :  Sti4Ae8J8  =  alt :  SngAegJg  =  Sn4Ae4J  Löwig  s  Elaylstaonäthyljodid. 

Die  Zinnäthyle  lassen  sich  demnach,  wenn  man  annimmt, 
dafs  alle  von  Löwig  beschriebenen  Verbindungen  wirklich 
existiren,  in  folgender  Weise  zusammenstellen  : 

1)  SnACi  2)      SnjAe«  3)      Sn2Ae4  4)     Sn4Aeio 

2)  SnAegJ  2  a)    SogAegJ  3  a)    SogAegJ  — 

3)  8nAe2J2  2  b)   Sn2Ae4J8  —  4  a)    Sn4Ae8J2. 

Man  sieht,  dafs  das  Aethstannäthyljodid  und  das  Methy- 
lenstannäthyljodid  zum  isolirten  Stanntriäthyl  genau  in  der- 
selben Beziehung  stehen,  wie  das  Stanntriäthyljodid  und  das 
Stanndiäthyljodid  zum  Stannteträthyl.  Das  Acetstannäthyljodid 
verhält  sich  zum  isolirten  Stanndiäthyl  wie  das  Stanntriäthyl- 
jodid zum  Stannteträthyl.  Das  Elaylstannäthyljodid  leitet  sich 
aus  dem  isolirten  Aethstannäthyl  in  derselben  Weise  ab,  wie 
das  Stanndiäthyljodid  aus  dem  Stannteträthyl. 

Dafs  diese  Beziehungen  nicht  einfach  Formelspielereien 
sind,  zeigt  unter  anderem  die  von  Frankland  gemachte  Be- 
obachtung *),  dafs  bei  Einwirkung  von  Jod  auf  Stanndimethyl- 
diäthyl  das  Methylenstannäthyljodid  (Joddistannäthyl,  Prank- 
land} gebildet  wird. 

Die  Bildung  der  Jodide  der  complicirteren  Zinnäthyle  er- 
scheint also  möglich,  einmal  durch  Einwirkung  von  Jod  auf 
die  isolirten  Radicale ;  die  Möglichkeit  einer  anderen  Bildung 
ist  ausgedrückt  durch  die  folgenden  Gleichungen  : 


*)  Diese  Annalen  CXI,  58 


der  Stannäthyle. 

Sii2Ae4 

-f              AeJ          =        Sn^AesJ 

SügAesJ 

+              AeJ          =        Sn8Ae4J, 

3n2Ae4 

+      2SnAe8J          =      2  Sn^AegJ 

8n2Ae4 

+      2  SnAesJg         =    .  2  SnsAe4Js 

SiigAe4 

•\-        SiisAe4Jg        =        Bn4AegJ2, 

193 


Andererseits  zeigen  die  Gleichungen  : 

SogAei^J         +        AeJ        =        2  SnAegJ 

Sn2Ae4J2         +         AeJ        «=  SnAesJ      -{-  SnAe2J2 

Sn4AesJ2        -f*         AeJ        =  Sn2Ae4J2  -f~  SogAegJ, 

dars  die  Jodide  der  complicirteren  Stannäthyle  bei  Ein- 
wirkung von  Jodäthyl  in  die  Jodide  einfacherer,  Zinnbasen 
zerfallen  können,  und  daraus  erklärt  sich  vielleicht,  warum  bei 
neueren  Versuchen,  bei  welchen  das  Product  der  ersten  Ein- 
wirkung längere  Zeit  mit  überschüssigem  Jodäthyl  erhitzt 
wurde,  nur  die  einfacheren  Zinnbas'en  erhalten  wurden. 

Ich  kann  mich  nicht  enthalten,  bei  der  Gelegenheit  die 
Aufmerksamkeit  der  Chemiker  von  Neuem  auf  die  Analogie 
hinzulenken ,  welche  diese  ZinnVerbindungen  mit  einzelnen 
Kohlenstoffverbindungen  zeigen ;  eine  Analogie,  die  bekannt- 
lich Low  ig  schon  zu  der  von  ihm  gebrauchten  Nomenklatur 
veranlafste  und  die,  wie  mir  scheint,  an  Interesse  gewonnen 
hat,  seitdem  das  Zinn  und  der  Kohlenstoff  als  vieratomig  er- 
kannt worden  sind. 


Ueber    das  Zustandekommen    der   thierischen   Be^ 

wegung ; 

-von    Carl  Voit.*^ 


In  dem  lebenden  Körper  des  Thiers  zersetzen  sich  unter 
der  Mitwirkung  des  Sauerstoffs  fortwährend  die  Bestandtheile 


*)  Mittheilang  aus  dessen  Buch  :  „Ueber  den  Einflufs  des  Koch- 
salzes, des  Kaffee' s  und  der  Moskelbewegungen  auf  den  Stofif- 
wechsel^  ;   München  1860. 

Annal.  d.  Chemie  a.  Pharm.  CXIX.  Bd.  2.  Heft.  13 


194  Voit,  über  das ,  Zustandekommen 

desselben  nach  Gesetzen,  welche  Prof.  Bischoff  und  ich 
durch  Experimente  festgestellt  haben.  Bei  diesem  Vorgang 
geht,  wie  man  sich  für  gewöhnlich  ausdrückt,  die  in  diesen 
Bei^tandtheilen  vorhandene  Spannkraft  in  lebendige  Kraft  über, 
wodurch  eine  Reihe  nach  Aufsen  bemerkbarer  Wirkungen 
auftreten,  von  denen  uns  bis  jetzt  vorzüglich  drei ,  nämlich 
Wärme,  Electricitätund  mechanische  Bewegungen^  bekannt  sind. 

Wenn  daher  am  Körper  eine  starke  Wärmeentwickelung 
stattfindet,  so  schliefst  man  mit  Recht  auf  eine  gröfsere 
Menge  verbrannter  Stoffe  zurück.  Die  gleiche  Voraussetzung 
macht  man  Tür  einen  Organismus,  der  mächtige  mechanische 
Leistungen  ausführt ;  denn  da  zum  Zustandekommen  derselben 
jedenfalls  vorher  Stoff  zerstört  worden  sein  mufs,  so  verstand 
es  sich  nach  den  bisherigen  Anschauungen  von  selbst,  dafs 
darnach  die  Producte  eines  verstärkten  Umsatzes  wahrge- 
nommen würden,  zudem  die  körperlichen  Anstrengungen  zum 
Theil  unserer  Willkür  unterworfen  sind. 

Mit  dieser  vorgefafsten  Meinung  behaftet,  versuchte  ich 
zu  bestimmen,  wieviel  mehr  Eiweifs  zur  Hervorbringung  einer 
Leistung  von  bekannter  Gröfse  verbraucht  wird ;  ich  wollte 
damit  den  Einfiufs  der  Nerven  auf  den  Stoffwechsel  kennen 
lernen  und  die  Menge  der  bei  der  Arbeit  mehr  einzuführen- 
den Nahrung  festsetzen.  Ich  experimentirte,  aus  Gründen, 
welche  in  meinem  Buche  nachzusehen  sind,  an  einem  grofsen 
Hunde,  den  ich  so  sehr  in  meiner  Gewalt  habe,  dafs  ich  im 
Stande  hin,  vorher  die  Harnstoffmenge  anzugeben,  die  bei  der 
verschiedensten  Nahrung  zum  Vorschein  kommen  wird.  Der- 
selbe mufste  während  einer  gewissen  Zeit  in  einem  grofsen 
Tretrade  laufen,  in  welchem  er  in  die  Höhe  stieg  und  dem 
er  dadurch  eine  bestimmte  Geschwindigkeit  ertheilte^  wobei 
er  in  24Stunden  wenigstens  150000  Kilogrammeter  Arbeit  ver- 
richtete. Trotzdem  fand  ich  in  diesem  Falle  zu  meinem 
gröfsten    Erstaunen     keine     irgend     erhebliche    Vermehrung 


der  thterischen  Bewegung.  195 

der    Harnstoffausscheidung    als    Anzeichen    eines    stärkeren 
Eiweifsumsatzes. 

Der  Eiweifsumsatz  richtet  sich  nach  meinen  Beobach- 
tungen auch  hier  nach  der  Menge  des  vorhandenen  Eiweifses 
(und  Fetts)  und  der  des  eingeathmeten  Sauerstoffs.  Weil 
nun  beim  Hungern  ohne  Laufen  alles  für  jeden  Zeitabschnitt 
disponible  Eiweifs  verbrennt,  so  verbindet  sich  der  während 
des  Laufens  mehr  aufgenommene  Sauerstoff  mit  Fett,  daher 
der  Eiwetfsverbrauch  der  gleiche  bleibt.  Reicht  man  aber 
bei  körperlicher  Unthätigkeit  viel  Nahrung,  so  ist  der  Zer- 
störung des  Eiweifses  und  Fetts  durch  den  endlich  eintreten- 
den Mangel  an  Sauerstoff  eine  Grenze  gesteckt;  wird  daher 
bei  der  Arbeit  in  Folge  der  rascheren  Athemzüge  mehr 
Sauerstoff  inspirirt,  so  kann  etwas  mehr  Eiweifs  und  Fett 
der  Verbrennung  anheimfallen. 

Das  dadurch  hervorgerufene  Plus  der  Eiweifszerstörung 
ist  jedoch  unter  allen  Umstanden  so  aufserordentlich  gering, 
dafs  damit  unmöglich  die  bedeutende  Arbeit  ausgeführt  wer- 
den konnte;  nur  die  Fettoxydation  wird  bei  der  Inanition 
in  ansehnlicherem  Mafse  gesteigert.  Aus  diesem  Grunde 
pflegen  unsere  Gebirgsbewohner  für  langwierige  Märsche 
einen  Vorrath  von  Fett  mitzunehmen,  das  den  überschüssigen 
Sauerstoff  bindet  und  ihn  hindert,  sich  an  das  Eiweifs  zu 
halten. 

Es  kann  der  Beweis  geführt  werden,  dafs  die  bei  der 
Verwandlung  des  Fetts  (oder  auch  der  Kohlehydrate)  in 
Kohlensäure  und  Wasser  gewonnene  lebendige  Kraft  aus- 
schliefslich  zur  Wärmeerzeugung  und  nicht  zur  Hervor- 
bringung von  Bewegung  der  Materie  dient.  Diefs  ist  einer 
der  wichtigsten  Sätze  in  der  Physiologie^  den  Liebig  mit 
aller  Schärfe  hervorhob ,  indem  er  die  Nahrungsmittel  in 
plastische  und  respiratorische  trennte,  und  für  welchen  die 
von   mir  gemeinschaftlich  mit  Prof.  Bischoff  unternomme- 

13* 


196  Voit,  über  das  Zustandekommen 

nen  Untersuchungen  über  die  Ernährung  abermals  vollgültige 
Beweise  beibrachten.  Die  am  Organismus  wahrgenommenen 
Wirkungen  (Wärme^  Electricität  und  mechanische  Bewegung^ 
werden  durch  die  Oxydation  von  Eiweirs  und  Fett  erzeugt; 
Eiweifs  ist  Tür  sich  allein  im  Stande,  das  Leben  zu  erhalten 
und  daher  sämmtliche  genannte  Kraftäufserungen  hervorzu- 
bringen ;  da  das  Fett  aber  die  Eiweifszerstörung  nie  aufhebt 
und  bei  alleiniger  Darreichung  desselben  das  Leben  unfehl- 
bar zu  Grunde  geht,  so  nimmt  es  offenbar  nicht  an  allen 
drei  Wirkungen  Theil,  sondern  nur  an  dor  einen  oder  ande- 
ren. Wir  wissen  ferner,  dafs  die  Gewebe,  an  denen  mecha- 
nische Bewegungen  und  electrische  Ströme  vor  sich  gehen, 
vorzüglich  aus  eiweifshaltigen  Theilen  bestehen,  deren  Lei- 
stungsfähigkeit mit  ihrem  Fettgehalt  abnimmt ,  und  dafs  das 
Fett  auf  jeden  Fall  Wärme  liefert.  Aus  dem  Allem  erhellt 
die  Bedeutung  des  Fetts  für  die  Wärmebildung  und  die  des 
Eiweifses  für  Wärme ,  Electricität  und  mechanische  Be- 
wegung. 

Bei  der  stärksten  Anstrengung  verbrennt  aber  im  Ganzen 
nicht  mehr  Eiweifs  als  in  der  Ruhe;  es  mufs  daher  beide 
Male  gleich  viel  lebendige  Kraft  entstehen,  d.  h.  die  mecha- 
nische Bewegung  wird  durch  eine  schon  in  der  Ruhe  vor- 
handene Kraftwirkung,  die  entsprechend  abnimmt,  ermöglicht, 
also  entweder  durch  Wärme  oder  durch  Electricität.  Die 
Wärme  ist  zwar  in  vielen  Fällen  die  Ursache  einer  Bewe- 
gung der  Materie  ;  im  thierischen  Organismus  sind  aber  zu 
einer  solchen  Uebertragung  die  Bedingungen  nicht  gegeben, 
sonst  müfste  das  Fett  und  die  Kohlehydrale,  die  bei  ihrer 
Oxydation  Wärme  geben,  wie  das  Eiweifs  alle  Functionen 
des  lebenden  Körpers  erhalten  können.  Zunächst  ist 
nicht  abzusehen ,  wie  hier  die  Wärme  zur  Bewegung  bei- 
tragen soll,  da  sie  nur  durch  eine  Volumenänderung  wirkt, 
die  man   bei   der   Thäligkeit   der  Nerven  und  Muskeln  nicht 


der  thierischen  Bewegung.  197 

wahrnimmt.  Es  bleibt  daher  nichts  anderes  übrig,  als  die  An- 
nahme einer  Verwendung  der  in  der  Ruhe  vorhandenen 
electrischen  Ströme  für  eine  Lageveränderung  der  Theilchen. 

Die  berühmten  Untersuchungen  von  Du  Bois  über  thie- 
rische  Electricität  haben  uns  die  Gegenwart  von  electrischen 
Strömen  an  allen  stickstotThaltigen  Geweben  des  Körpers^ 
vorzüglich  an  Muskeln  und  Nerven,  kennen  gelehrt  Diese 
Ströme  sind  an  die  Fortdauer  der  normalen  Ernährung  ge- 
bunden und  hören  mit  dieser  auf;  sie  sind  noch  an  den 
kleinsten  Theilchen  wahrnehmbar,  deren  Einzelströmchen  als 
in  sich  geschlossene  Ketten  sich  zu  einem  Gesammtstrom 
combinireU;  von  dem  man  durch  Einschaltung  des  Multiplica- 
tors  Stromzweige  ableiten  kann.  Diese  electrischen  Ströme, 
deren  Intensität  eine  sehr  grofse  zu  sein  scheint,  haben 
sicherlich  eine  Bedeutung ;  welcher  Art  dieselbe  sei,  war  bis 
jetzt  im  Unklaren. 

Die  Muskelcontraction  und  der  sie  veranlassende  Leitungs- 
vorgang im  Nerven  bestehen  in  einer  schnell  sich  folgenden 
Lagevaränderung  der  kleinsten  Theilchen  derselben,  wobei 
zugleich  gewisse  Aenderungen  in  der  Iq|ensität  der  ableit- 
baren Electricität  ersichtlich  werden;  es  tritt  dabei  nämlich 
in  der  weitaus  gröfsten  Hehrzahl  der  Fälle  eine  Abnahme 
der  electrischen  Kräfte  nach  Aufsen  ein.  Ich  folgerte  aus 
meinen  Beobachtungen  des  Stoffwechsels  die  Verwerthung 
electrischer  Kräfte  für  Bewegung*  der  Materie,  wobei  noth- 
wendig  erstere  entsprechend  an  Kraft  verlieren  müssen ; 
ich  möchte  daher  die  wirklich  beobachtete  negative  Schwan- 
kung bei  der  physiologischen  Thätigkeit  von  Nerv  und 
Muskel  als  ein  Anzeichen  dieser  Uebertragung  auffassen.  Es 
fragt  sich ,  ob  man  den  electrischen  Kräften  die  Hauptrolle 
zuschreiben  will,  indem  man  sie'direct  die  Fortpflanzung  der 
Umlagerung  der  kleinsten  Theilchen  unter  Abnahme  ihrer 
Intensität  bewirken  läfst,  oder  ob  man  ihnen  eine  noch  un- 


198  Votty  über  das  Zustandekommen 

bekannte  Nebenbedeutung  vindiciren  will.  Indem  iqh,  auf 
meine  Untersuchungen  gestützt,  das  Erstere  thue,  möchte  ich 
den  Sachverhalt  etwa  folgendermafsen  auffassen. 

Ein  äufserer  Anstofs  oder  das,  was  wir  Willen  nennen, 
veranlarst  eine  locale  Gleichgewichtsstörung  der  Theilchen ; 
dieser  Vorgang  pflanzt  sich  weiter  fort,  indem  die  nächst- 
liegenden Theilchen  durch  die  ebenfalls  dem  früheren  Gleich- 
gewichtszustand entrückten  electrischen  Anziehungen  und 
Abstofsungen  in  eine  ähnliche  Lage  gebracht  werden.  Dieser 
im  Nerven  dem  Auge  nicht  sichtbare  Vorgang  der  Umlage-- 
rung  durch  electrische  Kräfte  heifst  Leitung,  im  Muskel  aber 
Contraction. 

An  den  stickstoffhaltigen  Geweben  des  Körpers  findet  in 
jedem  Zeittheilchen  durch  die  Action  der  Zellen  die  Zersetzung 
einer  bestimmten  Menge  Eiweifs ,  proportional  der  Zufuhr 
desselben,  statt;  die  dabei  frei  werdende  lebendige  Kraft 
äufserst  sich  zum  Theil  als  Wärme,  zum  Theil  als  electrischer 
Strom,  der  wieder  in  Bewegung  der  Materie  umgesetzt  wer- 
den kann.  Damit  erkennt  man  die  Nothwendigkeit  von  elec- 
trischen Strömen  im  Thier,  da  es  durch  sie  allein  möglich 
ist,  willkürlich  eine  mechanische  Bewegung  auszuführen  und 
gleichsam  einen  Vorrath  allzeit  zu  unserer  Disposition  stehen- 
der lebendiger  Kraft  zu  haben,  während  man  sonst  grofse 
Umwege  annehmen  mufste  und  genöthigt  war,  die  Nerven 
auf  eine  unbegreifliche  Wefse  direct  in  den  Stoffwechsel  ein- 
greifen zu  lassen,  wodurch  zuerst  mehr  Stoff  zersetzt,  und 
dann  erst  die  Kraft  für  die  Bewegung  disponibel  werden 
sollte.  Jetzt  haben  wir  in  der  Electricität  eine  gewisse  Form 
der  Bewegung,  die  durch  eine  Anzahl  von  Einflüssen  eine 
andere  Form  annimmt;  wir  haben  nur  eine  qualitative,  nicht 
quantitative  Verschiedenheit. 

Daraus  erklären  sich  eine  Menge  Beobachtungen  des 
täglichen  Lebens.     Da    für  jeden  Zeitabschnitt  je   nach  der 


der  ihterischen  Bewegung.  199 

Nahrung  nur  eine  bestimmte  Menge  Eiweifs  zur  Zerstörung 
disponibel  ist,  so  ist  auch  nur  eine  bestimmte  Arbeitsgröfse 
in  jedem  Zeitabschnitt  möglich.  Wir  können  so  lange  ar- 
beiten, bis  das  zeitweilig  verbrennbare  Eiweifs  oxydirt  ist, 
dann  tritt  Ermüdung  und  Unmöglichkeit  weiter  zu  arbeiten 
ein;  nach  einiger  Zeit  hat  sich  wieder  ein  Vorrath  angesam- 
melt und  die  Arbeit  kann  von  Neuem  beginnen.  Eine  mäfsige 
Anstrengung  halten  wir  daher  continuirlich  viele  Stun- 
den lang  aus,  eine  grofse  nur  kurze  Zeit.  Will  man  mehr 
leisten,  so  mufs  man  mehr  Eiweifs  einführen,  aber  auch  der 
stärkste  Willensimpuls  ist  nicht  im  Stande,  mehr  Eiweifs  zu 
verbrennen  und  mehr  Kraft  als  in  der  Ruhe  zu  gewinnen. 


Mittheilungen   aus  dem  Laboratorium  zu  Innsbruck. 


I.    Ueber  das  Ffaloroglucin ; 

von   Ä  Hlasiwetz. 


In  meinem  ersten  Bericht  über  das  Phloroglucin,  das  ich 
als  Zersetzungsproduct  des  Phloretins  und  später  des  Quer- 
cetins  gefunden  hatte ,  konnte  ich  nur  die  empirische  Formel 
des  Körpers  GeHeOs  -\-  2  H2O  geben  und  seine  Eigenschaften 
im  Allgemeinen  beschreiben. 

Ich  habe  jetzt ,  so  weit  es  das  Material  zuliefs ,  die  Un- 
tersuchung in  Gemeinschaft  mit  Herrn  L.  Pfaundler  fort- 
gesetzt, und  die  Ergebnisse  derselben,  wenn  sie  auch  das 
Studium  des  Körpers  noch  nicht  erschöpfen,  liefern  doch 
schon  mehr  Anhaltspunkte  für  seine  Beurtheilung  und  geben 


200  Hlasiwetz^  über  das  Phloroglucin. 

von  einigen  seiner  Eigenthümlichkeiten  Bechenscbaft.  —  Es 
läfst  sich,  wie  früher  gezeigt  wurde,  der  Wasserstoff  des 
Pbloroglucins  leicht  zum  Theil  durch  Brom  ersetzen.  Eine 
ähnliche  Substitution  ist  mit  zusammengesetzten  Radicalen 
möglich.        / 

Nitrophloroghicm.  —  Die  Einwirkung  der  Salpetersäure 
auf  das  Phloroglucin  ist  sehr  stürmisch  und  erfolgt  schon  in 
der  Kälte.  Die  Temperatur  steigert  sich  von  selbst  so^  dafs 
eine  äufsere  Abkühlung  ndthig  wird.  Die  Flüssigkeit  färbt 
sich  blutroth  und  unter  starker  Gasentwickelung ,  während 
welcher- sie  wieder  lichter  wird,  geht  die  Reaction  leicht 
in  einen  Oxydationsvorgang  über,  dessen  Endproduct  Oxal- 
säure ist. 

Man  mufs,  will  man  eine  Substitution  erzielen,  äufserst 
vorsichtig  operiren,  in  die  etwas  verdünnte^  ganz  mäfsig  er- 
wärmte und  auf  gleicher  Temperatur  erhaltene  Flüssigkeit  die 
Substanz  nur  allmälig  und  in  kleinen  Mengen  eintragen. 

Die  dunkelrothe  Lösung  liefert  zunächst  dunkele,  warzig 
gruppirte  Krystalle,  die  in  kaltem  Wasser  schwer  löslich  sind, 
es  aber  doch  gelb  färben. 

Nach  dem  Umkrystailisiren  aus  heifsem  Wasser  erscheint 
der  Körper  in  rothgelben  glänzenden  Schuppen  oder  Blätt- 
chen von  schwach  bitterem  Geschmack. 

Die  Analyse  führt  zur  Formel  GeCNOs .  H5)0s. 

0,240  Grm.    Substanz    gabeu   0,370  Grm.    Kohlensäure    und  0,070 
Grm.  Wasser. 

0,228  Grm.  Substanz  gaben  16,8  CC.  Stickstoff  bei  710,6°^  Baro- 
meterstand und  7^  C. 


berechnet 

gef^inden 

€, 

72 

42,10 

42,04 

H. 

5 

2,92 

3,24 

N 

14 

8,18 

8,86 

^6 

80 

46,80 

— 

171  100,00. 


HlasiwetZy  über  das  Phlaroglucin,  201 

Äcetylphloroglticim  —  Acetylchlorid  wirkt  auf  Phloro- 
glucin  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ein.  In  der 
Wärme  9  in  einem  Apparat ,  der  ein  Verdichten  und  Zurück- 
fliefsen  des  verdampfenden  Chlorids  gestattet,  ist  die  Ein- 
wirkung unter  starker  Salzsäureentwickelung  bald  beendigt. 

Nach  dem  Verjagen  des  überschüssigen  Chlorids  wurde 
die  hinterbleibende  weifse,  in  Wasser  unlösliche  Krystallmasse 
aus  Alkohol  umki7stailisirt. 

Kleine  farblose  Prismen,  die  in  der  Hitze  Essigsäure 
entwickeln. 

I.     0,220  Grm.  Substanz  gaben  0»459  Grm.  Koblenflänre   und  0,100 
Grm.  Wasser. 

II.     0,206  Grm.  Substanz  gaben  0,428  Grm.  Kohlensäure  und  0,091 
Grm.  Wasser. 

In  100  Theilen  : 

I.  IL 

C       56,90  56,66 
H         5,05  4,90. 

Die  Acetylsubstitute  des  Phloroglucins  : 

^^(^gHgO  .  05)0-8        =    ^8^8"^4 

sind  unter  einander  polymer  und  die  Analyse  läfst  es  daher 
unbestimmt,  wie  viel  Aequivalente  Acetyl  statt  des  Wasser- 
stoffs eingetreten  sind.  Die  Rechnung  verlangt  Tür  diese 
Formeln  : 

C  67,14 

H  4,76. 

Benzoylphloroglucin,  —  Das  Product  der  Reaction  zwi- 
schen Benzoyichlorid  und  Phloroglucin  ist  fest,  krystallinisch 
und  wird  durch  Auskochen  mit  Alkohol,  worin  es  fast  un- 
löslich ist,  gereinigt. 

Weifse,  kleine,  glänzende  Schüppchen. 

Es  entspricht  der  Formel  GßCS  GyHßG  .  Hg^Os. 

0,252  Grm.  Substanz   gaben   0,680   Grm.  Kohlensäure   und   0,107 
Grm.  Wasser. 


202  HlasiwetZy  über  das  Phloroglucin, 


1)6160111161 

gefiinden 

€„ 

324             78,97 

73,69 

H,g 

18               4,11 

4,31 

^a 

96             22,92 

— 

438  100,00. 

Verbindungen  des  Phhroglucins  mit  Alkalien  entstehen, 
wenn  man  alkoholische  Lösungen  der  Aetzalkalien  mit  alko- 
holischen concentrirten  Lösungen  von  Phloro^lucin  vermischt. 
Die  Flüssigkeit  trübt  sich  und  es  scheiden  sich  alsbald  die 
Verbindungen  als  ölige  Hassen  am  Boden  des  Gefäfses  aus, 
die  bei  langem  Stehen  krystallinisch  werden ,  die  aber  ihrer 
Zerfliefslichkeit  wegen  schwierig  in  einem  für  die  Analyse 
brauchbaren  Zustande  zu  erhalten  sind. 

Amid  des  Phhroglucins  {Phloramin). —  Üebergiefst  man 
Phloroglucin  mit  Ammoniak,  so  nimmt  die  Flüssigkeit  eine 
röthliche  Farbe  an. 

Bei  gelindem  Erwärmen  löst  es  sich  dann  mit  schwach 
bräunlicher  Färbung.  Ueberiäfst  man  eine  solche  nicht  zu 
verdünnte  Lösung  (auf  10  Grm.  Phloroglucin  etwa  50  CG. 
Ammoniak}  in  einer  offenen  Schale  sich  selbst,  so  krystalli- 
sirt  nach  einigen  Stunden  aus  der  dunkelbraun  gewordenen 
Lauge  ein  Körper  in  feinen  glänzenden  Krystallen,  die,  ab* 
geprefst  und  aus  warmem  Wasser  umkrystallisirt,  äufserst 
zarte  dünne,  glimmerartig  glänzende  Blättchen  darstellen,  die 
sich  vom  Filter  als  eine  silberglänzende  Haut  ablösen. 

Die  wässerige  Lösung  ist  empfindlich  für  den  Luftzutritt 
und  färbt  sich  leicht  braun.  Der  Körper  mufs,  soll  er  sich 
nicht  färben,  schnell  unter  der  Luftpumpe  über  Schwefel- 
säure getrocknet  werden. 

Im  trockenen  Zustande  hält  er  sich  ganz  unverändert. 
Das  Phloramin  löst  sich  wenig  in  kaltem  Wasser ,  leicht  in 
Alkohol  und  ist  unlöslich  in  Aether. 

Sein  Geschmack  ist  schwach  adstringirend.  Eisenchlorid 
giebt  keine  Farbenreaction,  Bleizucker  und  Silbersalpeter  keine 


Hlasiwetz,  über  das  Ploroglucin,  i03 

Niederschläge.    Beim  Erwärmen  mit  Silberlösung  wird  Silber 
reducirt. 

Alkalien  färben  es  dunkel  und  zersetzen  es  allmälig, 
Säuren  dagegen  liefern  damit  meistens  gut  krystallisirte  Ver- 
bindungen. 

Beim  Trocknen  im  Wasserbade  nimmt  es  eine  citron- 
gelbe  Farbe  an;  es  verliert  dabei  fortwährend  an  Gewicht, 
wird  weiterhin  schmutzig -bräunlichgelb  "und  löst  sich  dann 
nicht  mehr  in  Wasser. 

Die  Analysen  der  über  Schwefelsäure  getrockneten  Sub- 
stanz führen  zur  Formel  66H7N08,  die  sich  durch  die  Zusam- 
mensetzung der  Salze  bestätigt. 

I.    0,2902   Gnu.   Substanz    gabeu    0,612   Grm.    Kohlensäure    und 
0,147  Grm.  Wasser. 

II.    0,2542    Grm.   Substanz   gaben    0,5337   Grm.   Kohlensäure   und 
0,135  Grm.  Wasser. 

III.     0,301  Grm.  Substanz  gaben  31,5  CC.  Stickstoff  bei  715"^"*  Bar. 
und  17^  C. 

berechnet  gefunden 


Gfl  72  57,60 

H7  7  5,60 

N  14  11,20 

^8  32  25,60 


125  100,00. 

Trockenes  Ammoniakgas  verwandelt  das  Phloroglucin 
ebenfalls  in  Fhloramin.  Befindet  sich  das  letztere  in  einer 
Kugelröhre,  während  das  Gas  darüber  streicht,  so  wird  dieses 
anfangs  reichlich  absorbirt.  Weiterhin  beginnt  die  Substanz 
sich^  schwach  röthlich  bis  bräunlich  zu  färben,  dann  erweicht 
sie,  schmilzt,  es  beschlägt  sich  die  Röhre  mit  Wasser ,  und 
führt  man  den  Versuch,  indem  man  die  Röhre  im  Wasserbade 
erwärmt)  bis  zum  Aufliören  der  Wasserbildung  fort,    so  er- 


204  HlasiwetZy  über  das  Phloroglucin. 

hält  man  eine  krystallinischei  ziemlich  gefSrhte  Hasse,  die 
beim  Auflösen  in  warmem  Wasser  bald  Krystaile  des  Amids 
liefert. 

Die  Farbenveränderung;  die  das  Phloramin  in  der  Hitze 
erleidet,  ist  die  Folge  einer  Zersetzung  unter  Wasseraustritt. 

Der  Gewichtsverlust  ist  stetig,  er  erreicht  nach  6 stün- 
digem Trocknen  gegen  6  pC. 

Man  fand  in  mehreren  Proben  nach  3-  bis  4-  bis  6stün- 
digem  Trocknen 

C  69,82  60.73  61,38 

H  5,82  5,77  5,70 

N  —  —  11,90. 

Die  Formeln  GigHisNaOa^ö  und  Gi2Hi2N2e3=^  2(66H7N02) 
—  Va  HjO  und  2  (GeHTNOa)  —  Hgö  verlangen  : 

C  69,75  61,63 

H  5,89  5,17 

N  11,61  12,06. 

Salzsaures  Phloramin.  —  Das  Phloramin  wird  beim 
Uebergiefsen  mit  concentrirter  Salzsäure  zu  einem  sandigen 
Krystallpulver  und  löst  sich  dann  beim  Erwärmen  mit  dunkel- 
gelber  Farbe  auf.  Sogleich  nach  dem  Auskühlen  schiefst  die 
Verbindung  in  gelben,  drusig  vereinigten,  glänzenden  Blätt- 
chen an.  Krystallisirt  man  diese  aus  Wasser  um,  so  er- 
scheinen etwas  langsamer,  als  aus  der  Lösung  in  Salzsäure, 
weifse,  nadel-  oder  blättchenförmige,  strahlig  vereinigte  Kry- 
ställchen.  Diese  enthalten  Wasser,  welches  sie  bei  100^  ohne 
sich  zu  zersetzen  entlassen,  während  sie  gelblich  werden. 

Wahrscheinlich  ist  somit  die  aus  concentrirter  Salzsäure 
krystallisirende  Substanz  wasserfrei. 

I.    0,244  Grm.  lufttrockene  Substanz  verloren  0,0^  Grm.  Wasser, 
n.    0,208  Grm.  lufttrockene  Substanz   verloren  0,021  Grm.  Wasser. 

III.  0,218  Grm.  trockene  Substanz  gaben  0,1907  Grm.  Cblorsilber. 

IV.  0,3119  Grm.  trockene  Substanz  gaben  0,5122  Grm.  Kohlensäure 

und  0,150  Grm.  Wasser. 


Blasiwetz,  über  das  Phioroglucin,  205 

berechnet  I.  IL 


«gHyNag .  HCl      161,5            — 

%           «« 

HgO 

18             10,02 

10,24        10,09 

179,5. 

* 

berechnet 

m. 

«öHgNOg 

126             — 

— 

HCl 

86,5        22,60 
161,5. 

22,25 

berechnet 

IV. 

«6 

72               44,72 

44,78 

Hs 

8                 4,95 

4,98 

N 

14                  — 

— 

O, 

82                  - 

— 

Cl 

35,5               — 

— 

161,5. 

Salpetersaures  Phhramin.  —  Schwach  erwärmte,  mäfsig 
concentrirle  Salpetersäure  löst  zerriebenes  Phloramin  schnell, 
und  bald  darauf  krystallisirt  das  Salz  in  glänzenden,  fast 
bron^efarbigen  Blältchen  oder  Nadeln.  Bleibt  das  abgeprefste 
noch  feuchte  Salz  sich  selbst  überlassen ,  so  zersetzt  es  sich, 
wie  es  scheint  unter  Bildung  einer  Nitroverbindung.  Es 
wird  immer  dunkeler  und  giebt  dann  eine  gelbrothe  Lösung, 
aus  welcher  dunkelbraune  Krystalle  anschiefsen,  wie  man 
sie  auch  bei  Anwendung  rauchender  Salpetersäure  erhält,  die 
ziemlich  heftig  einwirkt.  Sie  sind  löslicher  als  das  salpeter- 
saure Salz. 

» 

Dieses  gab  nach  dem  Trocknen  bei  100^  folgende 
Zahlen  : 

0,285  6rm.   Substanz  gaben  0,8995  Grm.  Kohlensäure  und  0,1199 
Grm.  Wasser. 

0,3038  Grm.  Substanz  gaben  40  CC.  Stickstoff  bei  7,4°*"  Barometer- 
stand und  W  C. 

^eHjNOg .  NHOj  verlangt  : 


206  Hlasiweta,  über  das  Phloroglucin. 


berechnet 

gefnnden 

e. 

72 

38,29 

38,23 

Hg 

8 

4,25 

4,67 

N, 

28 

14,89 

14,59 

^. 

80 

42,57 

— 

188  100,00. 

Schwefelsaures  Phloramin,  —  Die  Lösung  des  Phlor- 
amins  in  warmer  verdünnter  Schwefelsäure  liefert  beim  frei- 
willigen Verdunsten  das  Salz  in  spröden,  oft  ziemlich  langen, 
gelblichen  Nadeln. 

Sie  lösen,  sich  (wie  alle  untersuchten  Salze  des  Phlor- 
aminsj  auch  in  Alkohol  und  werden  beim  Trocknen  im  Was- 
serbade lebhafter  gelb.     Dabei   verlieren   sie  Krystallwasser. 

I.    0,3378  Grm.  lufttrockene  Substanz  gaben  bei  100^  0,0317  Grm. 
Wasser. 

II.    0,6164  Grm.  trockene  Substanz   gaben   0,4102  Grm.   schwefel- 
sauren Baryt 

berechnet  gefunden 

2  (€6HtN0»)  .  SHjO*        348  —  — 

2Hs0  36         9,37  9,38 


384. 

• 

' 

berechnet 

gefunden 

2  (CeH^NO,) .  H,0 

268          — 

— 

8^8 

80        23,00 

22,86 

348. 

Essigsaures  Phloramin  krystallisirt  nicht.  Die  Lösung 
des  Phloramins  in  concentrirter  Essigsäure  trocknet  zu  einem 
gelben  Firnifs  ein.  Behandelt  man  diesen  mit  Wasser,  so 
hinterbleibt  ein  lebhaft  gelbes  Pulver ,  welches  mit  der« Flüs- 
sigkeit erhitzt  nur  zum  kleinen  Theil  sich  löst,  während  der 
Rest  harzartig  schmilzt. 

Oxalsaures  Phloramin  ist  ein  krystallinisches  Salz. 

Stdfophlorammsäure,  —  Das  Phloramin  zeigt  gegen  con- 
centrirte  Schwefelsäure  ein  characteristisches  Verhalten, 
welches  zu  einer  empfindlichen  Reaction  für  dasselbe  benutzt 


Hlasiwetz,  über  das  Phloroglucm*  207 

werden  kann,  eine  Reaction,  die  auch  für  einen  andern, 
wahrscheinlich  ähnlich  constituirten  Körper  für  characteristisch 
gehalten  wird,  für  das  Tyrosin  nämlich. 

Verfährt  man  genau  nach  dem  modificirten  Verfahren, 
welches  zuletzt  Städeler*)  für  die  Piria'sche  Tyrosin- 
reaction  empfohlen  hat  :  erwärmt  man  mit  concentrirter 
Schwefelsäure,  sättigt  mit  kohlensaurem  Baryt,  kocht  auf  und 
filtrirt,  so  giebt  das  Filtrat  mit  Eisenchloridlösung  eine  noch 
bei  gröfster  Verdünnung  eintretende  schöne,  intensiv  violette 
Färbung. 

Sie  rührt  von  einer  Sulfosäure  her,  die  ihrestheils  eben«* 
falls  nach  der  Methode  S tadele r's  für  die  Darstellung  der 
Tyrosinschwefelsäure  in  Krystallen  erhalten  werden  kann. 

Man  digerirt  auf  dem  Wasserbade  etwa  eine  Stunde 
lang  Fhloramin  mit  Schwefelsäurehydrat,  verdünnt,  sättigt  mit 
kohlensaurem  Baryt,  filtrirt  und  zersetzt  die  heifse  Lösung 
des  Barytsalzes  mit  Schwefelsäure,  entfärbt  mit  Kohle .  und 
läfst  verdunsten.  Es  bilden  sich  zarte  farblose,  concen* 
trisch  gruppirte  Nädelchen,  deren  Lösung  noch  bei  Spuren 
die  erwähnte  Farbenreaction  zeigt.  Leider  reichte  das  Ma- 
terial nicht  hin,  den  Körper  quantitativ  zu  untersuchen,  allein 
es  ist  kaum  zu  zweifeln,  dafs  seine  Zusammensetzung  eine 
der  Tyrosinschwefelsäure  entsprechende  sein  wird.  (Die 
andere  für  das  Tyrosin  characteristische  Reaction  mit  sal- 
petersaurem Quecksilberoxyd  giebt  das  Fhloramin  nicht.}**) 


*)  Diese  Annalen  CXVI,  66. 

**)  Städeler  bezweifelt  die  Identität  eines  voi^  Wittstein  in  der 
Ratanhiawurzel  gefundenen  und  für  Tyrosin  gehaltenen  Körpers. 
Es  wäre  möglich,  dafs,  da  das  Phlorogluoin  in  der  Form  von 
Phloridzin  einen  Bestandtheil  mancher  Wurzeln  ausmacht,  auch 
dessen  Amid  sich  schon  fertig  gebildet  vorfände. 


208  Hlasiwetz,  über  das  Phloroglucm. 

Bleibt  eine  ammoniakaliscbe  Lösung  des  Phloroglacins 
unter  öfterem  Erneuern  des  Ammoniaks  lange  der  Luft  aus- 
gesetzt ^  so  verschwindet  endlich  das  zuerst  gebildete  Phlor- 
amin ,  die  Flüssigkeit ,  zuletzt  ganz  schwarzbraun ,  trocknet 
zu  einer  schwarzen,  spröden,  glänzenden  Hasse  ein. 

Diese  löst  sich  in  Ammoniak  und  fällt  daraus  durch  Säuren 
als  schwarzbrauner  Niederschlag,  der  nach  dem  Auswaschen 
beim  Trocknen  wieder  zu  glänzenden  schwarzen  Stücken  wird. 
Nochmals  zerrieben  und  mit  warmem  Wasser  behandelt  hin- 
terbleibt er  getrocknet  von  dem  Aussehen  zerriebener  Glanz- 
kohle. 

Dieser  stickstoffhaltige  Körper  wurde  nach  mehreren  Be- 
reitungen nicht  ganz  constant  zusammengesetzt  gefunden  und 
da  jedes  Kennzeichen  einer  völligen  Reinheit  fehlte  so  sind 
die  Resultate  der  Analysen  nicht  leicht  mit  einiger  Sicherheil 
zu  verwerthen.  (Man  erhielt  übrigens  im  Mittel  C59,6;  H4,4;- 
N  4,2.  Eine  nach  der  Gleichung  3  GeHßOa  +  NH»  +  O  = 
ßisHisNey  +  Heös  entstandene  Verbindung  3  GeHsO» .  N .  0 
würde  verlangen  60,5  pC.  C,  4,2  H,  3,9  N.) 

Die  Existenz  und  Zusammensetzung  des  Phloramins  scheint 
mir  einen  Beweis  für  meine  schon  früher  für  das  Phloro- 
glucin  vermuthete  nähere  Formel  zu  liefern. 

Ich  glaube  jetzt  um  so  berechtigter  annehmen  zu  können, 
sein  Radical  sei  einatomig  =  GeHööa?  es  selbst  =^  ^H*!^  • 


das  beschriebene  Amid  =  H 


}» 


H 

OeHßOg  .  Hs .  N 
Cl 


dessen  salzsanre  Verbindung         = 

das  Salpetersäure  Salz  =      ^«H^Og .  Hj^^j^ 

das  schwefelsaure  Salz  =  ^  (^ö^»^«)  '  ^s^  j  ^^. 

Daran  reihen    sich   an    untersuchten  Verbindungen   die 


Hlasiwetz^  über  das  Phbroglucin.  209 

Siib^ititutionsproducte   mit   den   Radicalen   der  Salpetersäure, 
Essigsäure  und  Benzoesäure,  und  dem  Brom. 
Die  Bildung  des  Amids  ist  natürlich  : 

Das  Radical  €6H502  nimmt  Hesse  in  dem  Chinonamid 


H 
€0 


OeHgOgiN,  in  der  Chinasäure  =  ^""^p  ? 


0s  und  der  Carbo- 


hydrochinonsäure  =    €0      \Q^  an.*) 

Es  liefse  sich  auch  eine  Beziehung  zu  dem  Brenzcatechin 
vermuthen,  das  zum  Phloroglucin  vielleicht  sich  verhält  wie 
ein  Aldehyd  zur  Säure  : 

v^O^^^  vQHg-Q-3 

Brenzcatechin  Phloroglucin. 

Das  Chinon  ferner,  Gi%}A4,Q%,  differirt  um  die  Elemente 
des  Wassers  von  dem  Phloroglucin. 

Ein  Ueberführen  in  dieses  durch  wasserfreie  Phosphor- 
säure gelang  jedoch  nicht.  Beim  Erhitzen  der  beiden  Sub- 
stanzen in  einer  Retorte  bis  zu  220^  entwickelte  sich  ein 
stechender  Geruch,  allein  es  sublimirte  kein  Chinon.  Die 
Masse  quoll  auf  und  wurde  lichtbraun.  Mit  Wasser  ausge- 
laugt hinterblieb  ein  amorpher  häutiger ,  schwierig  löslicher 
Rückstand. 

Trägt  man  die  Phosphorsäure  in  eine  Lösung  des  Phloro- 
glucins  in  absoluten  Aether  ein,  so  zerfliefst  sie  darin  und 
nimmt  eine  Purpurfarbe  an.  Mit  Wasser  versetzt  löst  sich 
Alles  zy  einer  kirschrothen  Flüssigkeit,  die  mit  Alkalien  pur- 
purroth  wird.    Auch  hier  fand  sich,  nach  vorsichtigem  Ver- 


*)  Diese  AnnalenCXIV,  336;  CXVII,  327.  Die  Carbohydrochinon- 
Bänre  wäre  gegenüher  dem  Phloroglucin,  was  die  Orsellinsäure 
gegenüber  dem  Orcin  ist,  Phloroglacin-Kohlensäure. 

Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  C^IX.  Bd.   2.  Hett.  14 


210  Hlaaiwetz,  iiber  das  Phloroglucm, 

dunsten  des  Aethers  und  nachherigem  Destilliren,  im  Destillat 
kein  Chinon. 

(Die  mit  dem  Phloroglucin  isomere  Pyrogallussäure  giebt 
eben  so  wenig  Chinon.) 

Endlich  konnte  auch  durch  Oxydationsmittel  kein  Körper 
aus  der  Chinonsäure  sicher  nachgewiesen  werden. 

Salpetersäure  liefert  als  festes  Product  fast  nur  Oxal- 
säure. Braunstein  und  Schwefelsäure ,  sowie  Chromsäure 
oxydiren  Phloroglucin  unter  starker  Kohlensäureentwickelung. 
Flüchtige  condensirbare  Producta  wurden  nicht  gebildet,  da- 
gegen öfters  braune  moderartige  Pulver,  die  für  die  Analyse 
wenig  geeignet  erschienen. 

Hit  einer  kleinen  Parthie  Phioramin  wurde  noch  ver- 
sucht, ob  es  sich  bei  der  Behandlung  mit  chlorsaurem  Kali 
und  Salzsäure  ähnlich  verhält  wie  Tyrosin^  welches  hierbei 
gechlortes  Aceton  und  gechlortes  Chinon  liefert. 

Anfangs  verwandelt  sich  hierbei  das  Phioramin  in  eine 
dunkelbraune  Harzmasse ,  die  allmälig,  sowie  die  Flüssigkeit 
selbst,  lichter  wird« 

Destillirt  man,  nachdem  die  Masse  sich  weiter  nicht  ver- 
ändert,  so  erhält  man  im  Destillat  eine  kleine  Menge  eines 
Öligen  Körpers,  der  dem  heftigen  Gerüche  nach  wohl  ge- 
chlortes Aceton  sein  könnte;  der  harzige  Rtkckstand  aber, 
der  sich  leicht  in  Weingeist  löst ,  gab  keine  Kryslalle  von 
Chloranil. 


Die  Bildungsweise  des  Phloramins  (und  wohl  auch  die 
des  schwarzen,  durch  die  Einwirkung  von  Ammoniak  und 
Luft  aus  dem  Phloroglucin  entstehenden  Körpers)  spielt  offen- 
bar eine  Rolle  bei  der  Entstehung  des  Phloridze'ins  aus  dem 
Phloridzin. 

Zu  der  gewöhnlich  angenommenen  Gleichung  : 


HlaaiwetZj  über  das  Pfdorogluchu  211 

^jH^^io     +     N$Hg    +  0^3    =ss:    OaiHaoNjO^a 
Phloridzin  Phloridzem 

hat  schon  Weltzien**}  bemerkt ,  dafs  hierbei  Wasser  aus« 
treten  müfste;  er  nimmt  dieses  Wasser  als  Krystallwasser 
und  schreibt  die  Formel  : 


{CjgHgO,         \ 
CiaHiAo.HVO, 


6  +  4aq. 

Es  ist  übrigens  fraglich,  ob  das  Phloridzein  das  Radical 
des  Traubenzuckers  noch  enthält ,  denn  läfst  man  Phloridzin 
in  einer  mit  Ammoniakdämpfen  und  Luft  gefüllten  Glocke  zer- 
fliefsen,  verdunstet  die  rothbraun  gewordene ,  beim  Erhitzen 
eine  schöne  Purpurfarbe  annehmende  Flüssigkeit  gelinde, 
löst  wieder  und  fällt  die  Lösung  mit  Bleizucker  aus,  so  zeigt 
die  von  dem  violetten  Niederschlag  abfliefsende  fast  farblose 
Flüssigkeit  nach  dem  Entfernen  des  Bleioxyds  mit  Schwefel- 
wasserstoff die  Zuckerreactionen  sehr  empfindlich,  und  trocknet 
zu  einer  hygroscopischen,  fade  schmeckenden  Masse  ein,  die 
mit  Zuckergeruch  verbrennt. 

Das  Phloridzei'n  ist  vielleicht  nur  ein  Oxydationsproduct 
der  gepaarten  Amide  der  Phloretinsäure  und  des  Phloro- 
glucins. 


Wenn   das    Pbloretin ,    wie  es  jetzt   bewiesen  scheint, 

P  H  O     h1^*  *^*»  ^^  '*®'^^  ^^^^  "^^'*  fragen,  ob  diese  Ver-* 
bindung  auch  künstlich  darstellbar  sei. 

Der  Versuch  hat  ergeben,  dafs  sich  Phloroglucin  und 
Phloretinsliare  in  der  That,  wenn  auch  nach  anderen  Ver- 
hältnissen, vereinigen  lassen,  was  in  diesem  Falle  von  der 
Art  des  Verfahrens  abhängen  kann. 


*)  Systematische  Zusammenstellang  11.  «.  w.  S.  493. 

14  ♦ 


212  HlasiwetZf  über  das  Phlorogbictn. 

Erhitzt  man  gleiche  Aequivalente  der  Säure  und  trocknes 
Phloroglucin  in  einer  Röhre  im  Luftbade,  so  schmelzen  sie 
bei  etwa  130^  zusammen. 

Man  bemerkt ,  während  die  Temperatur  steigt ,  fort- 
während eine  Ausscheidung  von  Wasser ,  das  die  kälteren 
Theile  der  Röhre  beschlägt. 

Während  eines  etwa  6  stündigen  Brhitzens  und  bei  einem 
Thermometerstand  von  170  bis  180^  schied  sich  aus  den 
schmelzenden  Substanzen  eine  krümliche  Masse  aus,  und 
zuletzt  wurde  das  Ganze  bei  dieser  Temperatur  f^st.  Es 
wurde  dann  der  braun  gewordene  Röhreninhalt  mit  Wasser 
behandelt. 

Er  löst  sich  (während  Phloretinsäure  sowie  Phloro- 
glucin für  sich  in  heifsem  Wasser  leicht  löslich  sind}  nur 
sehr  allmälig  beim  Kochen,  und  aus  der  filtrirten  noch  heifsen 
Flüssigkeit  fällt  sogleich  ein  Körper  in  kleinen  flimmernden 
Krystallschuppen ,  die  mit  warmem  Wasser  gewaschen  und 
aus  siedendem  umkrystallisirt  wurden ,  nachdem  die  etwas 
gefärbte  Lösung  zuvor  mit  Kohle  entfärbt  worden  war. 

So  gereinigt  erhält  man  die  Verbindung  in  fast  farb- 
losen kleinen  Kryställchen ,  die  unter  dem  Hikroscop  als 
Blättchen  von  schwer  bestimmbarer  Form  erscheinen.  Der 
Geschmack  ist  anfangs  herb ,  später  süfslich ;  die  wässerige 
Lösung  reagirt  neutral;  von  Eisenchlorid  wird  sie  violett 
gefärbt.  Die  Mutterlaugen,  aus  denen  der  Körper  auskry- 
stallisirt  war,  liefern  beim  Verdunsten  gemischte  Krystalle 
von  unverbundener  Phloretinsäure  und  Phloroglucin. 

Die  Verbindung  kann  bis  auf  150^  ohne  Veränderung 
erhitzt  werden. 

£ 

I.    0,2482   Grm.    Substanz    gaben  0,5468  Grm.  Kohlensäure  und 
0,1131  Grm.  Wasser. 

n.    0,288   Grm.    Substanz    gaben    0,634   Grm.   Kohlensäure   und 
0,123  Grm.  Wasser. 


HlaaiwetZy  über  das  Phlaroglucin*  213 

IIL    0,2325  Grm.    Substanz    gaben   0,511    Grm.    Kohlensäure   und 
0,0996  Grm.  Wasser. 

in  100  Theilen  : 
C  60,08  60,03  60,08 

H  5,06  4,74  6,17. 

Diese  Zahlen  entsprechen  einer  Verbindung,  welche  nach 
der  Gleichung  : 

Pbloroglucin    Phloretinsäure 

entstanden  sein  kann  und  demnach  4  €6H602 1  ^6  wäre.  Diese 
verlangt  : 

C  60,78 

H  4,91. 


II.    lieber  die  Acetyl  -  Quercetinsäure  ; 

von  Leopold  Pfaundler. 


In  seiner  werthvollen  Untersuchung  über  den  krystalli- 
slrten  Bestandtheil  von  Daphne  mezereum  beschreibt  Z  vir  en- 
ger (diese  Annalen  CXV^  1}  das  Daphnetin,  einen  krystalli- 
sirten  Körper  von  der  Formel  ^igHi^Oe,  ein  Zersetzungs- 
product  des  Daphnins,  eines  Glucosids,  von  Eigenschaften, 
die  es  dem  Aesculetin  an  die  Seite  stellen. 

Diese  Verhältnisse,  zusammengehalten  mit  der  gegebenen 
Formel,  liefsen  eine  Beziehung  zu  der  kürzlich  beschriebenen 
Quercetinsäure^},  dem  Spaltungsproduct  des  Quercetins,  ver- 
muthen,  die  sich  vielleicht  durch  die  Formeln  : 

^lyHijOg  Gi7    *j^^    ^8    =    ^19^4^1 

Quercetinsäure 


*)  Diese  Annalen  CXIl,  96. 


214  Pfaundler,  über  die 

hätte  ausdrücken  lassen ,  denen  zufolge  das  Daphnetin  als 
ein  Acetylderivat  der  Quercetinsäure  erschiene,  und  es  hätte 
sich  dann  erwarten  lassen,  dafs  das  Daphnetin  künstlich  dar- 
stellbar sei. 

Herr  Professor  Rochleder  hatte  die  Güte,  zur  Aus- 
führung eines  Versuchs  in  dieser  Richtung  noch  eine  Quan- 
tität Quercitrin  zu  überlassen. 

Behandelt  man  in  der  gewöhnlichen  Weise  getrocknete 
Quercetinsaure  mit  Acetylchlorid  in  einem  mit  einem  Kühler 
versehenen  Kolben  im  Wasserbade,  so  findet  fast  gar  keine 
Einwirkung  statt.  Die  Krystalle  der  Säure  lösen  sich  nicht, 
verursachen  ein  starkes  Stofsen  der  kochenden  Flüssigkeit, 
die  Salzsäureentwickelung  ist  sehr  unbedeutend,  und  selbst 
eine  stundenlange  Einwirkung  ändert  nichts  am  Erfolge. 
Schmilzt  man  dagegen  das  Chlorid  mit  der  Säure  in  Röhren 
ein  und  erhitzt  diese  im  Wasserbade,  so  ist  in  kurzer  Zeit 
die  Säure  gelöst  und  die  Reaction  beendigt. 

Nach  dem  Verjagen  des  überschüssigen  Chlorids  erhält 
man  einen  klebrigen  Firnifs,  der  mit  Wasser  behandelt  sich 
in  eine  weifse  flockige  harzartige  Masse  verwandelt. 

Diese  wurde  mit  Wasser,  in  dem  sie  ganz  unlöslich  ist, 
wohl  ausgewasohen  und  aus  Alkohol  umkrystallisirt.  Man 
erhielt  kleine  prismatische  Nadeln,  die  selbst  in  beifsem 
Wasser  unlöslich  sind,  sich  in  Alkohol  aber  leicht  lösen. 
Eisenchlorid  färbte  die  alkoholische  Lösung  nur  unbedeutend. 

Dadurch  schon  unterscheidet  sich  also  der  Körper  von 
Daphnetin.  Alkalien  lösen  ihn  mit  gelber  Farbe,  die  an  der 
Luft  in  Roth  übergeht;  er  reducirt  in  alkalischer  Lösung 
Silber-  und  Kupfersalze.    Schwefelsäure  löst  mit  gelber  Farbe. 

Die    Zusammensetzung    entspricht    einer    Biacetylquer- 
cetinsäure. 


Aceiyl'Quercetinaäure.  215 

0,2379  Grm.  Substanz  gaben  0,5134  Grm.  KoMens&nre  und  0,086 
Grm.  Wasser. 


0    2  OgHsO^v 

•"•10 

berechnet  gefanden 

C  58,87  58,86 

H  3,73  4,01 

Die  Mutterlaugen,  aus  denen  die  Verbindung  krystallisirt 
war,  gaben  mit  Bisenchlorid  jene  grüne  Färbung,  die  das 
Daphnetin  characterisirt ,  sehr  intensiv.  Es  ist  darum  nicht 
unmöglich,  dafs  doch  eine  wenigstens  isomere  Verbindung 
in  kleiner  Menge  gebildet  wurde. 

Sie  zu  isoliren  gelang  nicht,  und  eine  Wiederholung  des 
Versuchs  verbot  die  beschränkte  Menge  Material. 

Der  weifse  flockige  Niederschlag ,  den  Wasser  in  diesen 
Mutterlaugen  erzeugt,  trocknet  zu  einem  beim  Beiben  sehr 
electrischen  Pulver  ein. 

Voraussichtlich  ist  er,  falls  zwei  Verbindungen  gebildet 
wurden,  ein  Gemisch  beider.  Er  wurde  nur  analysirt,  um 
durch  die  Zahlen  zu  erfahren,  ob  diese  Vermuthung  gegrün- 
det sei.  In  der  That  kommen  diese  einer  Monoacetylquer- 
cetinsäure  (oder  dem  isomeren  Daphnetin)  sehr  nahe. 

0,2384  Grm.  Suhstanz  gahen   0,5165  Grm.  Kohlensäure   und  0,084 
Grm.  Wasser. 

In  100  Theilen  :  C    59,08 ;    H    3,91 

Zwenger  fand  im  Mittel  : 

C    59,17;    H    3,81. 

Die  acetylirten  Producte  der  Quercetinsäure  zersetzen 
sich  in  der  Hitze  unter  Essigsäurebildung. 

Löst  man  Quercetinsäure  und  Harnstoff  zusammen  in  Wasser 
auf,  so  erhält  man  bei  einem  gewissen  Verhältnifs  der  Bestand- 
theile  eine  Verbindung  beider  Körper,  während  bei  einem  Ueber- 
schufs  des  Harnstoffs  sich  beim  Stehen  in  der  gelblichen  Flüssig- 
keit allmälig  ein  gelbes  pulveriges  Zersetzungsproduct  bildet. 


216  Barth,  über  die  Einwirkung  \ 

Die  erstere  Harnstoffverbindung  wäre  vielleicht  geeignet 
zur  Entscheidung  über  das  Aequivalent  der  Quercetinsäure 
beizutragen,  und  ich  werde,  sobald  ich  wieder  Material  be- 
sitze, ihre  Verhältnisse  zu  ermitteln  suchen. 


III.      lieber    die    Einwirkung    des    Chlors    auf    den 

Amylalkohol ; 

von  Dr.  Ludwig  Barth. 


Lierse  sich  aus  dem  Amylalkohol  CsHisO  durch  Chlorung 
das  Product  GsHsCIsO  darstellen,  so  wäre  es  möglich;  dafs 
durch  Behandlung  desselben  mit  einem  basischen  Oxyde  nach 
der  Gleichung 

Angelicasäure  entstünde,  und  es  wäre  damit  ein  Yfeg  gefun- 
den, allgemein  aus  der  Reihe  des  Aethyls  in  die  des  Acryls 
zu  gelangen. 

Versuche  in  dieser  Richtung  unternommen  bestätigten 
zwar  diese  Vermuthung  nicht,  führten  aber  doch  zu  einigen 
Thatsachen,  die  vielleicht  der  Mittheilung  werth  sind. 

lieber  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  den  Amylalkohol 
machte  vor  längerer  Zeit  schon  Cahours  die  folgenden 
Angaben. 

„Leitet  man  Chlorgas  einige  Stunden  durch  ungefähr  20 
„Grm.  Fuselöl,  so  erfolgt  die  Absorption  Anfangs  unter  Bil- 
„dung  von  viel  Salzsäure,  Bräunung  und   Erhitzung  bis  zum 

» 

„Kochen ,  so  dafs  man  von  Aufsen  abkühlen  mufs ;  später 
„langsam,  und  ist  durch  gelindes  Erwärmen  zu  unterstützen, 
„bis  das  Chlor  nicht  mehr  einwirkt.^ 

„Das  gebildete  braune  Oel  wird  wiederholt  mit  Wasser 
„gewaschen ,  das  etwas  kohlensaures  Natron  enthält ,  dann 
„über  Chlorcaicium  gestellt  und  zwei-  bis  dreimal  rectificirt. 


des  Chlors  auf  den  Amylalkohol  217 

„So  erhält  man  ein  blafsgelbes  Oel,  schwerer  als  Wasser, 
^gegen  180^  siedend ,  dessen  Dunst  beim  Einathmen  Husten 
^erregt,  und  welches  erst  geschmacklos  ist,  dann  sehr  scharf 
,,schmeckt''. 

,,Die  frisch  bereitete  weingeistige  Lösung  füllt  nicht  die 
„Silberlösung,  aber  beim  Stehen  wird  sie  sauer  und  fällt  das 
»Silber,« 

„Das  „Chloramylal«  löst  sich  nicht  in  Wasser  und  alka- 
»lischen  Flüssigkeiten,  aber  in  Weingeist  und  Aether. 


berechnet 

gefiindeii 

C.0 

43,60 

44,23 

^V. 

6,18 

6,06 

(31,1/, 

38,59 

38,88 

0, 

11,63 

11,34. 

„Wahrscheinlich  war  die  Wirkung  des  Chlors  noch  nicht 
„vollständig. "    (C  a  h  o  u  r  s).  *) 

Berücksichtigt  man  die  Wirkung  des  Chlors  auf  den 
Aethylalkohol ,  die  eine  sehr  complicirte  ist,  in  Folge  deren 
Chloräthyl,  Aldehyd,  Essigsäure,  Chloral  u.  s.  w.  gebildet 
werden,  eine  Wirkung,  die  zudem  noch  ein  geringer  Wasser- 
gehalt in  der  Art  und  Menge  der  Producte  abändern  kann, 
so  ist  es  nicht  sehr  wahrscheinlich,  dafs  die  Beaction  beim 
Amylalkohol  so  einfach  verlaufe,  wie  sie  durch  das  Product 
von  Cahours  (angenommen,  es  wäre  im  reinen  Zustande 
€5H8Ci203  angedeutet  zu  werden  scheint. 

In  der  That  iiefs  sich  nicht  beobachten,  dafs  sich  der 
Procefs  der  Chlorung  bei  der.  Bildung  dieses  Productes 
irgendwie  characteristisch  abgrenzte,  so  dafs  man  ein  Stadium 
angeben  und  festhalten  könnte,  wo  die  Chlorung  vornehmlich 
diesen  Erfolg  gehabt   hätte;  im  Gegentheil  verläuft  sie  so 


•)  Gmelin's  Handbuch  V,  571. 


218  Barth,  über  die  Einwirkung 

wenig  unterschieden,  dafs  es  kaum  gelingt,  die  Zwischen- 
glieder rein  abzuscheiden. 

Eher  haben  noch  die  Endglieder  einige  Constanz  der 
Zusammensetzung. 

Der  Verlauf  der  Erscheinung,  als  genau  nach  Cahours' 
Angaben  verfahren  wurde,  war  folgender  : 

Die  Flüssigkeit  wurde  zuerst  gelb,  entfärbte  sich  sehr 
bald  darauf  wieder,  und  unter  fortwährender  Salzsäureent- 
wickelung destillirte  in  eine  angebrachte  gekühlte  Vorlage 
eine  dünne  gelbliche  Flüssigkeit,  die,  nach  der  später  damit 
vorgenommenen  Reinigung,  die  Eigenschaften  des  Amylchlo- 
rürs  zeigte. 

Die  Temperatur  der  Flüssigkeit  stieg  bis  85^  C,  wo  sie 
lange  Zeit  constant  blieb.  Besonders  in  dieser  Periode  hatte 
die  Bildung  von  Chloramyl  statt  Sie  erreichte  später  90^. 
Nach  etwa  V«  Stunden  des  Einleitens  wurde  die  Flüssigkeit 
trübe,  wie  es  schien  von  gebildetem  Wasser ;  ihr  Volum,  das 
sich  Anfangs  vergröfsert  hatte,  nahm  wieder  ab,  und  sie 
wurde  wieder  gelb  gefärbt.  —  Nach  etwa  IVa  Stunden  war 
die  Temperatur  auf  40®  gesunken.  Von  dort  an  wurde  das 
Gefäfs  in  ein  Wasserbad  gebracht  und  das  Wasser  allmälig 
bis  nahe  zum  Sieden  erhitzt.  Die  Flüssigkeit  färbte  und  ent- 
färbte sich  im  Laufe  der  Operation  noch  einmal.  Nach  drei 
Stunden  wurde  das  Einleiten  unterbrochen  und  das  Product 
nun  so  gereinigt,  wie  Cahours  es  that.  —  Bei  dem  Recti- 
ficiren  der  mit  Soda  gewaschenen  und  dann  getrockneten 
Flüssigkeit  entwich  wieder  Salzsäure,  und  die  Temperatur 
stieg  höher  als  200^ 

Die  Parthie,  die  zwischen  180  und  200®  destillirte,  wurde 
analysirt.  Sie  hatte  einen  gewürzhaften,  dabei  etwas  stechen- 
den Geruch,  und  röthete  das  Lackmus. 

0,311  Grm.   Substanz   gaben   0,055  Grm.   Kohlensäure  und  0,210 
Grm.  Wasser. 

0,3159  Grm.  Substanz  gaben  0,424  Grm.  GhlorsUber. 


des  Chlors  auf  den  AmylalkoJiol.  219 

Das   Oel   mag   in  reinem  Zustande  der  Formel  65H9CIO 
entsprechen. 


berechnet 

gefiinden 

c 

49,79 

48,67 

H 

7,46 

7,50 

Cl 

29,46 

33,20. 

Die  Chlorung  war  also  weniger  weit  gegangen  als  bei 
dem  Versuche  von  Cahours,   dessen  Zahlen  ungefähr  sich 

durch  CöHgjsCIi^öö  oder  vielleicht  S^u  ci^K  ausdrücken  lassen. 

Setzt  man  aber»  wie  es  hierauf  geschah,  die  Chlorung 
weiter  fori^  so  ist  es  bei  dem  Hangel  an  jeder  characteri- 
stischen  Erscheinung  und  der  immer  gleichen  Salzsäureent- 
wickelung mehr  oder  minder  zufällig,  wenn  man  ein  Product 
von  consianter  Zusammensetzung  erhält. 

So  wurde  noch  das  Product  einer  siebenstündigen  Chlo- 
rung in  der  angegebenen  Weise  hergestellt,  ebenso  das  einer 
zwölfstündigen. 

Es  ist  zu  erwähnen,  dafs  je  länger  die  Substanz  ge- 
chlort ist,  sie  bei  dem  nachherigen  Destilliren  unter  heftiger 
Salzsäureentwickelung  eine  um  so  kleinere  Ausbeute  an 
Rectificat  liefert,  während  sich  der  Rückstand  in  der  Retorte 
immer  mehr  zersetzt,  schwarz  und  kohlig  wird. 

Wenn,  wie  es  wahrscheinlich  ist,  man  es  hier  mit  Ge- 
mischen zu  thun  hat,  so  ist  es  schwer,  diese  durch  Destilla- 
tion zu  trennen.  Das  Sieden  beginnt  oft  schon  unter  100^ 
und  die  Temperatur  steigt ,  ohne  constant  zu  werden ,  bis 
gegen*  250^.  Bei  jeder  Rectification  entweicht  Salzsäure  und 
bleibt  ein  schwarzer  kohliger  Rückstand  in  der  Retorte.  Der 
Geruch  dieser  Oele  verändert  sich  nach  der  Dauer  der  Chlo- 
rung :  anfangs  eigenthümlich  aromatisch,  wie  er  manchen 
Amylverbindungen  eigen  ist,  wird  er  in  dem  höher  gechlorten 
Producte  terpentinartig. 


220  Barth,  über  die  Eintoirkung 

Da  inzwischen  der  Körper  €6H8Cl20  doch  in  diesen  Ge- 
mischen einen  wesentlichen  Bestandtheil  ausmachen  konnte, 
so  wurde  versucht,  die  Ueberführung  desselben  in  G5H802  in 
der  Anfangs  angedeuteten  Weise  zu  bewerkstelligen,  in  der 
Hoffnung,  dafs,  fände  sich  Angelicasäure  unter  den  Zer- 
setzungsproducten  9  sie  sich  durch  ihre  Krystallisationsfähig- 
keit  und  die  Eigenschaften  ihrer  Salze  würde  erkennen 
lassen. 

Das  verwendete  Oel  war  das  Product  einer  sieben-  bis 
achtstündigen  Chlorung  und  hatte  folgende  Zusammensetzung  : 

0,3884  Grm.  Substanz   gaben  0,580  Grm.  Kohlensäure  und  0,193 
Grm.  Wasser.  ^ 

0,2074  Grm.  Substanz  gaben  0,417  Grm.  Chlorsilber. 

In  100  Theilen  : 

C  37,22 

H  6,52 

Cl  49,73. 

Es   bestand   demnach    wohl   zum   gröfsten    Theile    aus 
€5H8Cl20,  denn  dieses  verlangt  : 

C  38,71 

H  5,16 

Cl  45,80. 

Als  dieses  Oel  in  eine  concentrirte  alkoholische  Kali- 
lösung eingetröpfelt  wurde,  zersetzte  es  sich  unter  starker 
Erhitzung  und  sofortiger  Ausscheidung  von  Chlorkalium. 

Nachdem  ein  Ueberschufs  von  Kali  hinzugethan  und  noch 
eine  Zeit  lang  in  der  Hitze  digerirt  war,  wurde  die  braun 
gewordene  Flüssigkeit  von  dem  Chlorkalium  getrennt  und 
der  Alkohol  abgezogen.  *)  Der  Rest  wurde  mit  Wasser 
vermischt  und  mit  Schwefelsäure  gesättigt.    Von  einer  kleinen 


*)  Dieses  alkoholische  Destillat  trübte  sich  mit  Wasser  milchig, 
allein  es  war  nicht  möglich,  so  viel  davon  zu  sammeln,  dals  es 
hätte  untersucht  werden  können. 


dea  Chlors  auf  den  AmylalkohoL  221 

Menge  eines  ausgeschiedenen,  etwas  gefärbten,  noch  chlor- 
haltigen und  der  Zersetzung  entgangenen  Oels  wurde  abge- 
gossen und  wieder  destillirt. 

Das  Destillat  hatte  einen  Mischgeruch,  der  zugleich  an 
Amylverbindungen  und  an  Fettsäuren  erinnerte,  und  reagirte 
stark  sauer.  Es  enthielt  niemals  (die  Operation  wurde  mehrmals 
ausgeführt)  Krystalle.  —  Es  wurde  nochmals  mit  kohlen- 
saurem Natron  gesättigt,  die  Lösung  eingedampft,  wobei  sich 
die  kleine  Menge  des  nicht  sauren  Oels  verfluchtigte,  dann 
wieder  mit  Schwefelsäure  zersetzt  und  nochmals  destillirt. 

Auch  dieses  concentrirtere  Destillat  enthielt  keine  Kry- 
stalle und  besals  weniger  einen  aromatischen,  als  einen 
schweifsartigen  Geruch.  —  Als  es  in  der  Wärme  mit  frisch 
gefälltem  Silberoxyd  bis  zum  Verschwinden  der  Reaction 
gesättigt  und  heifs  Gltrirt  war,  fiel  sogleich  eine  flockige 
Krystallisation  eines  Silbersalzes  heraus,  die  aber  so  schnell 
sich  schwärzte,  dafs  die  Gegenwart  einer  Spur  eines  aldehyd- 
artigen Körpers  hätte  vermuthet  werden  können.  Sie  mufste 
nach  dem  Abtropfen  umkrystallisirt  werden,  um  den  redu- 
cirten  Antheil  Silber  zu  entfernen.  Hierauf  erschien  das 
Salz  weifs  und  wurde  am  Licht  und  beim  Trocknen  nur  un- 
bedeutend gefärbt. 

Der  Analyse  nach  konnte  es  nur  valeriansaures  Silber- 
oxyd sein,  dessen  übrige  Eigenschaften  es  auch  zeigte. 

0,2283  Grm.  Substanz  gaben  0,2421  Grm.  Kohlensäure  und  0,0917 
Grm.  Wasser. 

0,2364  Grm.  Substanz  gaben  0,122  Grm.  Silber. 

0,4601  Grm.  Substanz  gaben  0,2376  Grm.  Silber. 

OsHgAg^s  gefunden 

C         28,71  28,92  — 

H  4,31  4,46  — 

Ag      51,67  51,61  51,64. 

Nicht  so  leicht  rein  zu  erhalten  war  das  Barytsalz;  die 
mit  kohlensaurem  Baryt  gesättigte  Lösung  der  freien  Säure 


222  Barth,  über  die  Einwirkung 

gab  zuletzt  dickliebe  Laugen,  in  denen  sich  allerdings  Kry- 
stalle  bildeten,  die  aber  von  der  Mutterlauge  kaum  zu  tren- 
nen waren. 

Da  von  den  angelicasauren  Salzen  der  alkalischen  Erden 
angegeben  ist,  dafs  sie  sehr  zerfliefslich  und  schwer  zu  kry- 
stallisiren  sind,  da  zudem  ihre  Zusammensetzung  der  der 
valeriansauren  ziemlich  nahe  kommt,  so  blieb  als  Erkennungs- 
merkmal noch  die  Krystallisationsfahigkeit  der  einen,  die 
ölige  Beschaffenheit  der  andern  Säure.  —  Concentrirte  Lö* 
sungen  der  Salze  mit  einer  passenden  Säure  versetzt,  lie- 
ferten aber  allemal  nur  ein  Oel  von  den  Eigenschaften  der 
Valeriansäure.  Niemals  wurden  auch  in  der  Kälte  oder  beim 
freiwilligen  Verdunsten  Krystalle  bemerkt. 

Ergiebt  es  sich  zunächst  aus  diesen  Versuchen,  dafs 
durch  die  Einwirkung  des  Chlors  auf  den  Amylalkohol  haupt- 
sächlich Producte  gebildet  werden,  die  nicht  von  dem  me- 
chanischen Typus  €5(114,  dem  der  Amylalkohol  selber  ange- 
hört, sondern  solche,  die  von  GsHig  stammen,  wie 

und  dafs  dieses  letztere  (dessen  Entstehung  die  Gleichung 
2  GßHijO  +  6  Cl  =  GsHsClgO  +  GsHuCi  +  3  HCl  +  H^O 
ausdrückt)  nicht  durch  eine  einfache  Substitution  von  Chlor 
durch  Sauerstoff  in  Angelicasäure  überführbar  ist  :  so  konnte 
es  noch  Interesse  haben,  die  Producte  der  weiteren  Chlorung 
zu  untersuchen. 

Es  hat  sich  gezeigt,  dafs,  um  die  Einwirkung  des  Chlors 
bis  zum  Aufhören  der  Salzsäureentwickelung  fortzusetzen, 
bei  Anwendung  einiger  Unzen  Amylalkohol  eine  8-  bis  10- 
tägige  Behandlung  nöthig  ist.  —  Die  Reaction  wurde  dabei 
durch  Erwärmen  im  Wasserbade  befördert.  (Nachdem  die 
Cblorung   einige  Tage  gedauert  hatte,  wurden  im  Halse  der 


des  Chlors  auf  den  Atm/lalkohoL  223 

aufrechtstehenden  Retorte  Krystalle  bemerkt ,  die  aber  ihrer 
kleinen  Menge  wegen  nicht  gesammelt  werden  konnten  und 
auch  später  wieder  verschwanden.) 

Das  Product  war  endlich  syrupdick  geworden,  klar^  schwach 
gelblich,  und  nachdem  es  einige  Wochen  unter  der  Luftpumpe 
über  Kalk  gestanden  war,  von  cämph erähnlichem  Gerüche  und 
brennendem  Geschmacke. 

Eine  andere  Parthie,  die  statt  in  eine  Retorte  in  einen 
grofsen  Ballon  gebracht  worden  war  und  darin  dem  Lichte 
ausgesetzt  so  lange  mit  erneuten  Chlormengen  behandelt 
wurde,  als  sich  diese  noch  in  Salzsäure  verwandelten,  war, 
obwohl  stets  getrocknetes  Chlorgas  angewendet  worden  war, 
trübe  geworden  von  gebildetem  Wasser ,  eine  in  der  Kälte 
zähe,  salbenartige  Masse  vom  Gerüche  der  vorigen. 

Die  sehr  lange  in  dünnen  Schichten  über  Kalk  im 
Vacuum  getrocknete  und  von  der  anhängenden  Salzsäure  be* 
freite  Substanz  gab  bei  der  Analyse  : 

0^55  Grm.    Bubstanz   gaben  0,500   Grm.   KohlenBäure  und  0,128 
Grm.  Wasser. 

0,337  Grm.  Substanz  gaben  0,958  Grm.  Chlorsilber. 

0,573  Grm.  Substanz  gaben  1,6145  Grm.  Chlorsilber  (von   anderer 
Bereitung). 

0,4533  Grm.  Substanz  gaben   1,3186  Grm.  Chlorsilber  (von  dritter 
Bereitung). 

In  100  Theilen  : 

C  24,57             —            — 

H  2,56            —            — 

Cl  70,32,  69,70  71,96. 

Die  Substanzen  enthielten  also  noch  eine  kleine  Menge 
Sauerstoff.  Auf  eine  weitere  Reinigung  derselben  mufste 
bei  ihrer  physikalischen  Beschaffenheit  verzichtet  werden; 
allein  die  Zahlen  nähern  sich  doch  der  in  diesem  Falle  sehr 
wahrscheinlichen  Formel  G6H7CI5. 


224  Barth y  über  die  Einwirkung 


berechnet 

gefunden 

c 

24,39 

24,57             — 

H 

2,86 

2,56             — 

Cl 

72,59 

70,32           71,96 

und  es  ist  kaum  zu  zweifeln,  dafs  der  Körper  ein  inter- 
mediäres Glied  unter  den  Chlorsubstilutionsproduclen  des 
Amylchlorürs  darstellt. 

Bauer  hat  kürzlich  durch  Chlorung  des  Amylhydrürs 
ein  anderes  Glied  dieser  Reihe  von  der  Formel  ^sHsCI«  er- 
hallen *). 

Schon  vordem  kannte  man  das  neunfach-gechlorte  Pro- 
duct,  und  diesen  beiden  ist  das  hier  erhaltene  seinen  Eigen- 
schaften nach  auch  sehr  ähnlich. 

So  hat  man  demnach  : 

GßHaCl    . 

O5H8CI4 

Diese  Reihe  noch  weiter  bis  zum  Endgliede  65CI18  zu 
ergänzen,  lag  vorläufig  nicht  im  Plane  dieser  Versuche;  es 
ist  aber  nach  dem  Mitgetheilten  nicht  zu  zweifeln,  dafs  die 
Chlorung  des  km^Xalkohols  zu  denselben  Körpern  führt,  wie 
die  des  Ami\hydrurs  oder  Amylchlorürs. 

Man  kann  einen  weiteren  Beweis  für  die  Natur  des  eben 
beschriebenen  Körpers  in  einem  Zersetzungsproduct  finden, 
welches  er  parallel  mit  dem  von  Bauer  aus  ^öHgCU  durch 
Zersetzung  mit  Kalihydrat  erhaltenen  GsHjCIs  liefert. 

Unterwirft  man  den  Körper  G5H7CI5  der  Destillation  mit 
einem  Ueberschufs  von  Kalk,  so  erhält  man,  während  eine 
gewisse  Menge  uncondensirbarer  Gase   entweicht    und    sich 


*)  Compt  rend.  XLI,  572. 


des  Chlors  auf  den  Amylalkohol,  225 

der  Inhalt  der  Retorte  etwas  schwärzt,  ein  dünnflüssiges,  zu- 
nächst bräunlich  gefärbtes  Oel  von  aromatischem,  an  Terpen- 
tinöl erinnerndem  Gerüche,  welches  wiederholt  über  Kalk 
rectificirt  farblos  wird  und  nach  dem  Trocknen  über  Chlor- 
cBlcium  erst  über  200^  siedet. 

Es  hat  einen  anfangs  brennenden,  dann  anhaltend  süfsen 
Geschmack,  wird  bei  längerem  Stehen  allmälig  dunkeler, 
sauer  reagirend  und  riecht  dann  etwas  nach  Salzsäure.  Es 
läfst  sich  mit  Kalium  nur  theilweise  entchloren  und  wird  dabei 
braon  und  harzig. 

I.     0,3581    Grm.    Substanz    gaben    0,384   Grm.   Kohlensäure   und 
0,102  Grm.  Wasser. 

II.     0,3648  Grm.    Substanz    gaben   0,391   Grm.    Kohlensäure    und 
0,0998  Grm.  Wasser. 

III.     0,3652  Grm.  Substanz , gaben  1,013  Grm.  Chlorsilber. 

Die  Formel  G6H0CI4  verlangt  : 

berechnet  gefunden 

I.     '     n.    "^Tii. 

C  28,84  29,24         29,23  — 

H  2,88  3,16  3,03  — 

Cl         68,28  —  —  68,62, 

Eine  Bestimmung  der  Dämpfdichte  ergab  : 

Teniperatur  der  Luft 16^  C. 

Barometerstand 706"^ 

Temperatur  des  Bades  beim  Zuschmelzen       .        .        .  243^  0. 

Gewichtszunahme  des  Ballons 0,9705  Grm. 

Capacitttt  des  Ballons 280  CC. 

Bückständige  Luft  nach  dem  Eindringen  des  Quecksilbers  1,2  CC. 

GgHgCl^ 

berechnet  gefanden 

7,19  7,12. 

Demnach  hätte  man  die  Beactionen  : 

OßHsCl^  +  KH^  =  GeHjClg  +  KCl  +  HgO  (Bauer) 
OßHyClg  +  CaHO  =  OßHeCl4  +  CaCl  +  HjO. 

Inzwischen  ist  der  letzte  Ausdruck  nur  ein  ungefährer, 
und  die  Zersetzung  verläuft  gewifs  nicht  so  einfach.  —  Es 
entweicht  viel  uncondensirbares  Gas^  die  Masse  schwärzt  sich 

Annal.  d.  Cliem.  a.  Pharm.  CXIX.  Bd.  2.  Heft.  15 


226  Clark,  über  die  Rry  stall  form 

von  ausgeschiedener  Kdhle  und  die  Ausbeute  an  Destillat  ist 
verliältnirsmärsig  klein. 

Es  könnte  sich  der  Vorgang  so  gestalten  : 

2  eaHyClg  ^  OgHeCl*  +  OHj  +  6  HCl  +  4  €. 

Für  die  Bildung  von  GsHjCis  aus  dem  Anfiylalkohol  lierse 
sich  mit  Uebergehung  der  einzehien  Phasen,  die  der  Procers 
hat,  annehmen  : 

OjHjs^  +  8  Cl  =  OsH^Clg  +  3  HCl  +  H^O. 


üeber  die  Krystallform  des  Fichtelits; 
voii  Dr.  .T.  Edwards  Clark, 


In  einem  früheren  Hefte  dieser  Zeitschrift  (Bd.  CHI, 
S.  236)  habe  ich  eine  Analyse  des  Fichtelits  veröffentlicht 
und  dessen  Krystallform  kurz  erwähnt,  da  die  kleinen  und 
sehr  unvollkommenen  Krystalle,  welehe  ich  aus  der  Lösung 
dieses  fossilen  Harzes  in  Alkohol  und  Aether  erhalten  hatte, 
keine  genaue  Beschreibung  erlaubten. 

Es   ist   mir  späterhin  gelungen,   durch    Wiederauflösung 
derselben  vollkommene  Krystaile  zu  erhalten,  welche  so  grofs 
sind,  daCs  sie  eine  vollständige  Messung  der  Winkel  zulassen,^ 
und  welche  also  die  Kenntnifs  der  Krystallgestalten    um  eine 
neue  und  interessante  Form  vermehren. 

Die  Krystaile  des  Fichtelits  sind  monoklinisch,  jedoch 
auf  eine  ausgezeichnete  Weise  hemimorph  (Fig.  1},  ähnlich 
wie  die  Krystaile  des  Zuckers  (vgl.  Rammeis b er g's  Hand- 
buch der  krystallographischen  Chemie  ThI.  I,  S.  398,  Fig.  3923. 
Dächte  man  sich  die  Kryslalle  vollständig,  so  wären  sie  Com- 
binationen  eines  vorderen  schiefen  Prisma's  o  mit  einem  hin^ 
teren  o\  der  Basis  o,  der  vorderen  schiefen  Endfläche  d  und 


des  FichteUts, 


227 


Fig.  1. 


der  hinteren  schiefen  Endfläche  J^  Die  Fläche  d  ist  die 
gerade  Abstumpfung  der  vorderen  Bndkante  des  schiefen 
Prisma's  o;  die  Fläche  d*  der  Endkante  des  hinteren  schiefen 
Prisma's  o*.  —  Indessen  so  vollständig  kommen  die  Krystalle 
nicht  vor;  von  den  Flächen  des,  vorderen  schiefen  Prisma's 
o  fehlen  die  rechten  Flächen  ^  sowohl  auf  der  oberen  wie 
auf  der  unleren  Seite,  von  den  Flächen  des  hinteren  schiefen 
Prisma's  o*  die  linken,  ebenfalls  oben  und  unten. 

Es  beträgt  die  Neigung  : 


von  c 
c 
d 
o 
c 
d* 

0* 

c 
d 


n 
n 


d 
d' 

0 
0 
0 

o' 

0* 


1270 

46' 

106 

26 

130 

80 

99 

— 

112 

26 

126 

40 

108 

40 

98 

39 

60. 


d*  (dem  unteren)  =     125 

Die  Krystalle  zeigen  keine  Spallbarkeil. 

Die  Basis  ist  theils  vorherrschend,  so  dafs^  die  Krystalle 
dadurch  tafelartig  erscheinen,  theils  sind  sie  in  der  Richtung 
der  Orthodiagonale  verlängert. 

Die  Messungen  macht  man  am  Besten  bei  Kerzenlicht. 

In  meiner  ersten  Notiz  über  den  Fichtelit  habe^  ich  er- 
wähnt, dafs  an  jedem  der  drei  verschiedenen  Orte  :  Bedwitz, 

15» 


228  Lourengo,  über  die  Polyglycerin- Alkohole 

Utznach  und  Holtegaard  ein  fossiles  Harz  gefunden  wird, 
welches  bei  45  bis  46®  C.  schmilzt,  dafs  sie  alle  Kohlen- 
wasserstoffe sind  und  in  dem  besonders  gut  erhaltenen  Holze 
von  Pinus  sävestris  gefunden  werden.  Von  der  Krystallform 
des  bei  Utznach  gefundenen,  des  Scheererits,  hat  Haidinger 
eine  Zeichnung  gegeben.  Er  bemerkt  jedoch,  dafs  die  Kry- 
stalle  zu  klein  waren,  um  eine  genaue  Beschreibung  zu  er- 
lauben. 

Ich  habe  neulich  aus  der  Lösung  des  Fichtelits  in  Al- 
kohol und  Aether  viele  kleine  Krystalle  erhalten,  welche  man 
ohne  die  genaueste  Besichtigung  sicher  für  die  von  Hai- 
dinger gegebenen  Figuren  halten  würde.  Alle  diese  That- 
sacben  zusammengestellt  Tuhren  mich  zu  dem  Schlüfs,  dafs 
es  sehr  wahrscheinlich  ist,  dafs  ein  und  dasselbe  fossile  Harz 
in  Bedwitz,  Utznach  und  Holtegaard  gefunden  wird,  und  dafs 
dieses  Harz  häufig  mit  anderen  ganz  verschiedenen,  aber  unter 
denselben  Umständen  vorkommenden  verwechselt  worden  ist. 


üeber  die  Polyglycerin- Alkohole  und  die  Anhydride 

derselben ; 

von  A.  V.  Lourengo  *). 


Man  weifs,  dafs  bei  der  Einwirkung  des  bromwasserstoff- 
sauren  Glycoläthers  auf  überschüssiges  Glycol  die  Polyäthylen- 
Alkohole  sich  bilden ;  die  Analogie  liefs  mich  vermuthen, 
dafs  bei  der  Einwirkung  der  Chlorwasserstoff-Verbindungen 
des  Glycerins  auf  überschüssiges  Glycerin  in  entsprechender 
Weise  sich  Polyglycerin-Alkohole  bilden  möchten;  der  Ver- 
such hat  diese  Vermuthung  bestätigt.    Ich  theile  hier   einige 


^)  Compt.  rend.  LH,  359. 


und  die  Anhydride  derselben,  229 

Einzelnheiten  von  den  in  dieser  Beziehung  ausgeführten 
Operationen  mit. 

Man  sättigt  eine  gewisse  Menge  Giycerin,  die  mit  einem 
Dritttheil  ihres  Gewichtes  an  Wasser  verdünnt  und  auf  100^ 
erhitzt  ist,  mit  ChlorwasserstoSPgas ;  man  fügt  eine  andere 
gleiche  Menge  Giycerin  hinzu  und  erhitzt  das  Ganze  in  einem 
Kolben,  weicher  mit  einer  das  Verdampfende  condensirenden 
und  zurückleitenden  Kühlröhre  versehen  ist,  12  bis  15  Stun- 
den lang  in  einem  Oelbade  auf  130^  Nachher  unterwirft 
man  das  Product  der  Destillation.  Was  bis  zu  150®  übergehtt 
besteht  aus  Wasser,  welches  Chlorwasserstoff  aufgelöst  ent- 
hält und  einige  unlösliche  Chlorverbindungen  mit  sich  reifst; 
was  unter  gewöhnlichem  Druck  zwischen  150  und  275^ 
übergeht,  besteht  aus  zweifach  -  chlorwasserstofTsaurem  Gly- 
cerinäther  und  aus  den  chlorwasserstoSPsauren  Aetherarten 
von  Polyglycerin- Alkoholen.  Die  noch  rückständige  braune, 
sehr  dicke,  in  der  Kälte  kaum  fliefsende  aber  in  der  Hitze 
leicht  bewegliche  Flüssigkeit  unterwirft  man  im  luftverdünnten 
Raum,  bei  etwa  10°^°^  Druck,  der  Destillation;  es  läfst  sich 
in  dieser  Weise  eine  bei  diesem  Druck  zwischen  220  und 
230^  und  eine  andere  zwischen  275  und  285^  siedende  Flüs- 
sigkeit isoliren. 

Die  zwischen  220  und  230®  siedende  Flüssigkeit  ist  sehr 
dick,  kaum  beweglich,  unlöslich  in  Aether,  wenig  löslich  in 
kaltem,  löslich  in  heifsem  Wasser,  nach  jedem  Verhältnifs 
löslich  in  Alkohol.  Die  Analysen  dieser  Flüssigkeit  führen 
zu  der  Formel 

die  Einwirkung,  bei  welcher  sie  sich  bildet,  läfst  sich  aus- 
drücken durch  die  Gleichung  : 


OaHß 


JOs    +    I   Xl^*    ==     {(^«H»)«|^6  +  HCl. 


230  Lourengo ^  über  die  Polyglycer in- Alkohole 

Diese  Verbindung",  welche  durch  die  Verdichtung  von 
2  Mol.  Glycerin  zu  einem  einzigen  unter  Elimination  von 
1  Mol.  Wasser  entstanden  ist,  läfst  sich,  was  ihre  chemische 
Constitution  hetrifft,  als.Graham's  Pyrophosphorsäure,  P  e- 
lo uze's  Phosphoglycerinsäure  und  der  von  mir  in  einer 
noch  nicht  veröffentlichten  Untersuchung  bearbeiteten  Cilro- 
glycerinsöure  analog  betrachten,  wie  diefs  die  Formeln 


P^l  P^l  ^sHg   I 


hJ  H4  I  ^      . 

Pyrophosphor-      Phosphoglycerin-         Citroglycerin- 
säure  säure  säure 


verdeutlichen.    Ich    bezeichne   die    neue  Substanz   als  iHgly- 
cerinalkohol  oder  Pyroglycerin. 

Die  unter  dem  Druck  von  lO"""  zwischen  275  und  285<^ 
siedende  Flüssigkeil  ist  der  vorhergehenden  in  den  äufseren 
Eigenschaften  ähnlich ,  nur  dafs  sie  noch  consistenter  und 
zäher  ist.    Ihre  Analyse  führt  zu  der  Formel 


vTa  UoA'tT'T     


^9»-^20^7 


OsHß 

H5 


W7. 


Sie  entsteht  durch  die  Verdichtung  von  3  Mol.  Glycerin 
unter  Elimination  von  2  Mol.  Wasser.  Diese  Substanz  ist 
dem  Tfiäthylen-Alkohol,  in  der  Reihe  der  Polyäthylen-Alko- 
hole, analog.  Sie  scheint  bei  wiederholten  Destillationen 
1  Mol.  Wasser  zu  verlieren  und  sich  zu  ihrem  ersten  An- 
hydrid 

(^806)8  Iri 
H3      1^8 

umzuwandeln. 

Wenn  diese  Verbindungen  übergegangen  sind,  steigt 
das  Thermometer  immer  noch  und  man  erhält,  wie  bei  den 
Polyäthylen -Alkoholen,  mehr  und  mehr  verdichtete  Producte, 
welche  in  dem  luftleeren  Räume  bis  zu  320®  ohne  bemerk- 
bare Zersetzung  überdestilliren. 


und  die  Anhydride  derselben,  231 

Das  unter  gewöhnlichem  Druck  zwischen  170  und  270® 
Uebergegangpne  ist  ein  G(Mnische  von  einfach -chlorwasser- 
stoffsaurem Pyroglycerinäther ,  welcher  gegen  270®  siedet, 
von  zweifach  -  chlorwasserstoffsaurem  Pyrogiycerinäther,  wel- 
cher gegen  230  bis  233®  siedet,  und  von  zweifach  -  chlor- 
wasserstoffsaurem Glycerinäther.  Man  isolirt  aus  diesem  Ge- 
mische die  zwischen  230  und  270®  übergehende  Portion  und 
behandelt  sie  mit  in  kleinen  Mengen  zugesetztem  frisch  ge^ 
glühtem  Kali,  wobei  man  im  Anfang  der  Operation  den  Kolben 
im  Wasserbade  auf  100®  erhitzt;  es  findet  dann  lebhafte  Ein- 
wirkung unter  Bildung  von  Chlorkalium  statt;  man  giefst  die 
überstehende  Flüssigkeit  noch  heifs,  und  bevor  sich  eine 
allzugrofse  Menge  des  Salzes  gebildet  hat,  ab,  setzt  ihr  von 
neuem  Kalistückchen  zu,  giefst  die  Flüssigkeit  wiederum  ab 
und  unterwirft  sie  der  Destillation.  Was  zwischen  245  und 
255®  übergehl,  ist  eine  fa/blose  klare  ölige  Flüssigkeit,  we- 
niger zähe  als  Glycerin ;  es  löst  sich  in  Alkohol  und  in  Wasser 
nach  allen  Verhältnissen,  ist  aber  unlöslich  in  Aether.  Die 
Analysen  dieser  Substanz  führen  zu  der  Formel 

_  jOsHöl 


Diese  Substanz,  welche  mit  dem  Glycid  —  efnem  noch 
nicht  isolirten  Körper,  dessen  Existenz  aber  durch  Reboul's*) 
schöne  Untersuchungen  über  das  chemische  Verhalten  des 
EpicMorhydrins  (des  chlorwasserstoffsauren  Glycids)  aufser 
Zweifel  gesetzt  ist  —  isomer  ist,  steht  zu  dem  Pyroglycerin  in 
demselben  Verhältnifs,  wie  das  Glycid  zu  dem  Glycerin  : 


IT        '^8    ""     ■"2'^    ~ 

-       H      ^» 

Glycid 

(«sUe)«  ^^  _  jj^^  ^ 

■"8 

Pyroglycid. 

*}  Diese  Annaleu  Suppl.  I,  218. 


232         Lourengo^  über  die  Polyglycerin- Alkohole 

Ich  werde  diese  Substanz  a)s  Pyroglydd  oder  Metaglj/- 
cerin  bezeichnen.  Zwei  Modificationen  der  Metaphosphor* 
säure,  die  von  Graham  und  die  von  Maddrell*},  scheinen 
diesen  beiden  isomeren  Substanzen  zu  entsprechen.  Es  ist 
übrigens  unbestreitbar,  dafs  einige  andere  Modificationen  der 
Metaphosphorsäure,  welche  durch  F leitmann  und  Henne- 
berg**} beschrieben  wurden,  verdichtete,  den  Polyglycerin- 
Verbindungen  oder  den  Anhydriden  derselben  analoge  Pro- 
ducte  sind.  Die  logische  Auffassung  ihrer  Zusammensetzung 
wird  mir,  wie  ich  hoffe,  gestatten,  noch  andere  Verdichtungs- 
Derivate  der  Phosphorsäure  darzustellen,  und  das  allgemeine 
Gesetz  ihrer  Bildung  auffinden  helfen,  welches  die  künstliche 
Darstellung  unorganischer  Verbindungen  mit  dreiatomigen 
Radicalen  ermöglichen  wird. 

Noch  eine  andere  Art,  wie  sich  die  Polyglycerin-Ver- 
bindungen  erhalten  lassen  ^  verdient  als  theoretisch  interes- 
sant Erwähnung.  Glycerin  verliert  bei  langsamer  Destillation 
Wasser  und  zersetzt  sich  unter  Schwärzung  und  Aufschäumen 
gegen  290^  Behandelt  man  das  unter  gewöhnlichem  Druck 
zwischen  130  und  260^  Uebergegangene  mit  Aether,  so  löst  es 
sich  Iheilweise;  das  ungelöst  Bleibende,  dessen  Siedepunkt 
bei  der  Destillation  im  luftverdünnten  Räume  unter  10""°  Druck 
bis  über  300®  steigt,  giebt  Polyglycerin- Verbindungen. 

Die  natürlichste  Erklärung  dieser  bemerkenswerthen  That- 
sache  ist,  dafs  wahrscheinlich  das  Glycerin  unter  Verlust  von 
1  Mol.  Wasser  Glycid  entstehen  läfst,  welches  durch  Ver- 
einigung mit  1,  2  oder  3  Mol.  Glycerin  Polyglycerin-Verbin- 
dungen  bildet,  eben  so  wie  das  Aethylenoxyd  durch  Einwir- 
kung auf  1,  2  oder  3  Mol.  Glycol  Polyäthylen -Alkohole  sich 
bilden    läfst.     Die   wichtige   durch  Reboul    entdeckte  That- 


*)  Diese  Annalen  LXI,  53. 
**)  Daselbst  LXV,  304. 


und  die  Anhydride  deradhen,  233 

Sache,  dars  das  Epichlorhydrin  (chlorwasserstoffsaures  Glycid) 
die  Glycerinäther  regcnerirt,  eben  so  wie  das  Aethylenoxyd 
durch  directe  Vereinigung  mit  Stturen  die  Glycoläther  bildet, 
unterstützt  diese  Anschauungsweise  in  gewichtiger  Weise. 

Diese  Thatsache  giebt  auch  eine  annehmbare  Erklärung 
für  die  Bildung  der  drei  Modificationen  der  Metaphosphor- 
säure,  welche  man  durch  Erhitzen  des  Phosphorsalzes  (POs, 
JVaO,  AmO,  HO}  oder  des  sauren  phosphorsauren  Natrons 
(PO5,  NaO,  2  HO)  auf  Z\&^  erhält ,  wie  diefs  die  folgenden 
Gleichungen  verdeutlichen  : 

Na|08  —  HjO  =  In^!^»  entepricht  |^^^*|^j; 

Saures  phosphora.  Oraham's  m«tA-  Olydd 

Natron  phoaphora.  Natron 

PO) 

Na|ö.+   |P«|ö,-H.d=  j(P«;)«!0,  entspricht  |(«g»)'|^«; 

MaddreirH  unlttol.  Pyroglycid 

metaphoaphora.  Natron 


K+  l^lS'l^«  -H,ö,=  l(^^)»|^,ent8pricht|(^g|>>'|d,. 


Na 
H, 

Fleitmann  u.  Henneberg'a  Triglycerin- 

metaphoapliora.  Natron  Anhydrid. 


Es  sind  diefs  successive  Verdichtungen,  hervorgebracht 
durch  directe  Vereinigung  der  Hetapbosphorsäure  Graham's; 
diese  Säure  wirkt  hier  wie  das  Aethylenoxyd  oder  das 
Glycid. 


üeber  einige  Aelhylälherarten   der  Polyglycerin- 

Alkohole ; 
von  Reboul  und  Louren^o*). 

Nach  den  Untersuchungen   des    einen  von  uns  **)   sind 
die   Anhydride    der   Glycerinäther    fähig,    sich   mit   Säuren, 

*)  Compt.  rend.  LH,  401. 
**)  Diese  Annalen  Suppl.  I,   218. 


234    Reboul  u»  Lourengo^  über  einige  ÄethylätheraHen 

Wasser  und  Alkoholen  zu  vereinigen,  und  die  Producle  dieser 
directen  Vereinigung  sind  Glycerinälher.  Es  wurde  hierdurch 
wahrscheinlich,  dafs  bei  der  Einwirkung  dieser  Anhydride 
auf  die  Glycerinverbindongen  selbst  sich  neue  Substanzen 
bilden y  welche  dem  Typus  eines  verdichteten  Glycerins  an- 
gehören, des  Pyroglycerins *)  nämlich,  das  zu  dem  gewöhn- 
lichen Glycerin  in  derselben  Beziehung  steht  wie  der  Diäthy- 
lenalkohol  zu  dem  Glycol  : 

(CÄ)«[o,,  =    2  |^H^«l0e~2H0;  ^^'^^^  [06=2  {^^^^JO^  -  ^  HO. 

Der  Versuch  hat  diese  Vormuthung  bestätigt.  Erhitzt 
man  Diäthylglycerin  mit  Epichlorhydrin  (chlorwasserstofTsau- 
rem  Glycidäther)  auf  200^,  so  vereinigt  sich  eine  gewisse 
Menge  dieser  beiden  Substanzen  direct  unter  Bildung  einer 
Verbindung,  deren  Analyse  Zahlen  gab,    welche   der  Formel 

Q\        Chlorwasserstoffs.     Diäthylglycerin 
Glycidäther 

entsprechen.  Man  sieht,  dafs  diefs  der  Diäthyl-chlorwasser- 
stofTsaure  Aether  des  Diglycerinalkohols  ist.  Er  ist  flüssig, 
ölartig,  schwach  gelb  gefärbt,  unlöslich  oder  wenig  löslich 
in  Wasser,  löslich  nach  allen  Verhältnissen  in  Alhobol  und 
in  Aether.  Sein  spec.  Gewicht  ist  =  1,H  bei  17^  Er  siedet 
ohne  erhebliche  Zersetzung  gegen  285^  Er  brennt  mit  grün- 
gesäumter Flamme. 

Diese  Substanz  bildet  sich  auch  (^und  zwar  wurde  $\q  in 
dieser  Weise  zuerst  erhalten),  wenn  man  ein  Gemische  von 
cblorwasserstoffsaurem  Glycidäther  und  Alkohol  in  geschlos- 
senem Gefäfse  auf  200®  erhitzt.  Die  hierbei  vor  sich  ge- 
hende Einwirkung  ist  sehr  complicirt;  aufser  Aothyl- cblor- 
wasserstoffsaurem  Glycerinäther    und   zweifach- chlorwasser- 


*)  Vgl.  den  vorhergehenden  Aufsatz. 


der  Polyglycerin-  Alkohole.  235 

stoGTsaurem  und  Diälbyl  -  Glycerinftther ,  welche  in  Folge 
einer  bereils  untersuchlen  secundären  Reaction  entstehen  *}, 
lafst  sich  die  Bildung  einer  kleinen  Onanlitäl  der  Aetherart 
CC6H5)«] 

H^    \   ^  nachweisen,   welche   sich  durch  directe  Vereini- 

Cl 
gnng  des  chlorwasserstofTsauren  Glycidälhers  m\  einem  Theil 

des  Diäthylglycerins,  auf  welches  er  im  Entstehungszustande 
einwirkt,  bildet.  « 

Diese,  durch  die  oben  erwähnte  Synthese  bestätigte  Er- 
klärung findet  auch  ihre  Anwendung  auf  die  Bildung  eines 
zweiten  Aethers  des  Diglycerinalkohols,  eines  Aethers  dessen 
Entstehung  bei  der  Einwirkung  des  chlorwasserstoSsauren 
Giycidäthers  auf  Natriumalkoholal  beobachtet  wird.  Wenn 
alles  Diälhylln ,  das  haupisächlichste  Product  dieser  Einwir* 
kung,  übergegangen  ist,  so  steigt  das  Thermometer  rasch 
gegen  280^  Man  sammelt  das  zwischen  280  und  300^  üeber- 
gehende  besonders  auf.  Eine  einzige  Rectification  dieses 
Productes  genügt  zur  Isolirung  einer  bei  etwa  290^  sieden* 

den    Substanz,    deren    Analyse    zu    der   Formel  (C4H5)3>Oio 

H     \ 

führt.  Dieser  Aether,  welchen  wir  als  Triälhyl-Pyroglycerin- 
äther  bezeichnen,  ist  farblos,  ölartig,  entzündlich,  nach  allen 
Verhältnissen  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  löslich.  Sein 
spec.  Gewicht  ist  =  1,00  bei  14^  Er  wird  durch  kohlen- 
saures Kali  aus  seiner  wässerigen  Lösung  abgeschieden.  Er 
kocht  bei  etwa  288  Ihs  290^  Mit  1  Aeq.  Phosphorsuper- 
chlorid behandelt  gab  er  uns  eine  kleine  Menge  einer  bei 
275  bis  285^  siedenden  chlorhaltigen  Flüssigkeit,  die  der 
Triäthyl- chlorwasserstoffsäure  Aether  des  Diglycerinalkohols 
zu  sein  scheint. 


*)  Diese  Annalen  SuppL  I,  234. 


236     Reboul  u.  Lourengo^  über  einige  Aethylätherarten 

Die  Bildung  des  Triäthyi  -  Pyroglycerinäthers  erklärt  sich, 
wenn  man  beachtet,  dafs  der  chlorwasserstofTsaure  Glycid- 
Sther  mit  dem  Natriumalkoholat  zuerst  AethylglycidC6H5(C4H5)04 
bildet,  welches  sich  durch  Vereinigung  mit  dem  bei  dem 
Natriumalkoholat  vorhandenen  freien  Alkohol  zu  Diätbyl- 
glycerin  umwandelt;  durch  Verbindung  mit  dem  letzteren 
giebt  dann  das  Aethylglycid  den  Triälhyläther  des  Diglycerin- 
alkohols,  welcher  wiederum  fähig  ist  sich  mit  demselben  zu 
vereinigen  und  ein  noch  um  einen  Grad  verdiohteteres  Pro- 
duct  hervorzubringen. 

Vi^enn  nämlich  bei  der  im  Vorstehenden  beschriebenen 
Operation  das  Thermometer  auf  300^  gestiegen  ist,  findet 
sich  in  dem  Destillationsgefafse  noch  ein  stark  gefärbter  öli- 
ger Rückstand ,  welcher  sich  nicht  ohne  Zersetzung  über 
freiem  Feuer  destilliren  läfst.  Läfst  man  aber  die  Destillation 
im  luflverdünnten  Räume  vor  sich  gehen,  so  kann  man  leicht 
die  Existenz  eines  constanteren  Siedepunktes,  bei  etwa  200^ 
wenn  der  Druck  10°""*  beträgt,  erkennen.  Die  hierbei  über- 
gehende Flüssigkeit  ist  schwach  gelblich,  klar,  löslich  in 
Wasser,  nach  allen  Verhältnissen  löslich  in  Alkohol  und  in 
Aether,  von  1,022  spec.  Gew.  bei  14^    Bei  der  Analyse  er- 

(0685)3) 
gab  sie  Zahlen,  welche  der  Formel  (C4H5)4>0u  entsprechen, 

H     \ 

wonach   diese   Substanz   der  Teträthyläther   des  Triglycerin- 

alkohols^^«Jj^«jOu  ist. 

Die  im  Vorstehenden  besprochenen  Thatsachen  scheinen 
uns  hinreichend,  om  die  synthetische  Bildung  der  Polygly- 
cerin-Aether  zu  characterisiren ;  sie  zeigen,  bis  zu  welchem 
Punkte  Reactionen,  welche  scheinbar  die  einfachsten  sein 
müfsten,  verwickelt  werden,  wenn  es  sich  um  mehratomige 
Verbindungen  handelt,  und  zwar  in  Folge  successive  vor 
sich  gehender  Verdichtungen;   endlich  scheint   uns   die  Un- 


der  Polygh/ceHn-  Alkohole.  237 

theilbarkeit  der  Formeln  der  von  uns  beschriebenen  neuen 
Substanzen,  namentlich  der  ersten,  eine  Controie  abzugeben 
für  die  Formein  ihrer  Typen,  der  Poiygiycerin*-Alkohole9  und 
in  einem  gewissen  Grade  die  Controie  zu  ersetzen,  welche 
die  Bestimmung  der  Dampfdichten  abgeben  könnte. 


üeber  einige  Aetherarten  des  Glycerins; 

von  Denselben  *^. 


Setzt  man  1  Aeq.  Phosphorsuperchlorid  in  kleinen  Por- 
tionen zu  1  Aeq.  Diäthyl-Glycerinäther,  so  erfolgt  lebhafte 
Einwirkung  unter  Entwickelung  von  Chlorwasserstoff;  giefst 
man  dann  das  resnltirende  Product  allmälig  zn  einer  Lösung 
von  kohlensaurem  Kali,  um  das  Phosphoroxychlorid  zu  zer- 
stören und  die  freie  Phosphorsäure  und  Chlorwasserstoffsaura 
zu  neutralisiren,  so  scheidet  sich  ein  höchst  beifsend  riechen- 
des Oel  aus,  welches  bei  ein-  oder  zweimaliger  Rectification 
eine  bei  184^  siedende  Flüssigkeit  liefert.  Die  Analyse  dieser 
Flüssigkeit  führt  zu  der  Formel  : 

Cl 

Diese  Substanz  ist  somit  der  Diäthyl- chlorwasserstoff- 
saure Glycerinäther^  entstanden  in  Folge  einer  Umsetzung, 
welche  der  bei  der  Einwirkung  von  Phosphorsuperchlorid 
auf  gewöhnlichen  Alkohol  vor  sich  gehenden  ganz  ähnlich  ist : 


(02H5)JO3  +  PCI5  =   (OjHg)«!^»    +     P0CI3    +     HCL 
H  Cf 


*)  Compt.  rend.  LH,  466. 


238     Rehoul  u.  Lourengo^  über  einige  Aetherarten 

Diese  Flüssigkeit  ist  unlöslich  in  Wasser,  löslich  nach 
jedem  Yerhältnifs  in  Alkohol  und  in  Aether,  von  1,005  spec» 
Gewicht  bei  17^  Der  Dampf  derselben  reizt  das  Geruchs- 
organ heftig  und  ruft  Thränen  hervor.  Sie  brennt  mit  grün 
gesäumter  Flamme. 

Durch  eine  concentrirte  Lösung  von  Natriumalkobolat 
wird  sie  angegriffen;  doch  mufs  man  zur  Vervollständigung 
der  Einwirkung  das  Gemische  in  einer  zugeschmolzenen  Röhre 
während  einiger  Stunden  auf  120^  erhitzen.  Nach  dem  Ab- 
destilliren  des  überschüssigen  Alkohols  im  Wasserbad  setzt 
man  Wasser  zum  Auflösen  des  Chlornatriums  zu,  und  recti- 
ficirt  die  überstehende  Flüssigkeit,  wobei  man  das  zwischen 
180  und  190^  Uebergehende  besonders  auffängt;  dieses  ist 
eine  farblose,  in  Wasser  unlösliche,  in  Alkohol  und  in  Aether 
lösliche  ölige  Flüssigkeit,  deren  Analysen  der  Formel 

0  H     I 

entsprechen.  Sie  ist  Triäthyl-Glycerinäther,  welchen  man 
auch  durch  Einwirkung  von  Jodäthyl  auf  mit  Natrium  behan- 
delten Diäthyl-Glycerinäther  erhält;  doch  läfst  er  sich  auf 
die  letztere  Weise  nicht  ganz  frei  von  Diäthyl-Glycerinäther 
darstellen,  da  die  Einwirkung  des  Natriums  auf  die  letztere 
Aetherart  niemals  eine  ganz  vollständige  ist.  Der  Diäthyl- 
Glycerinäther  liefs  sich  auch  durch  Waschen  mit  Wasser  nicht 
beseitigen,  in  welchem  derselbe  löslich  ist,  während  der 
Triäthyl-Glycerinäther  sich  in  Wasser  nicht  löst;  der  letztere 
giiBbt  den  Diäthyl-Glycerinäther  nicht  an  das  Wasser  ab. 

Ein  zweites  allgemeineres  Verfahren  zur  Darstellung  von 
Glycerin-Aetherarten  der  dritten  Reihe  beruht  auf  der  Vereini- 
gung der  Anhydride  dieser  Aetherarten,  oder  der  Glycid- 
Aetherarten,  mit  den  gewöhnlichen  Aethern.  Erhitzt  man 
z.  B.  in  geschlossenen  Gefäfsen  und  bei  200^  das  Epichlor- 
hydrin  mit  Bromäthyl,  so  vereinigt  sich  eine  gewisse  Menge 
dieser  beiden  Körper  direct   zu  einer   schweren,    in  Wasser 


des  Glycerina,  239 

unlöslichen,  in  Alkohol  und  in  Aether  nach  jedem  Verhält- 
nisse löslichen  Flüssigkeit,  welche  bei  etwa  186  bis  188^ 
siedet  und  deren  Geruch  an  den  des  Diäthyl-chlorwasser- 
stoffsauren  Glycerinüthers  erinnert,  jedoch  viel  weniger  scharf 
ist.    Die  Analysen  dieser  Flüssigkeit  führen  zu  der  Formel  : 

GfiHio^ClBr  =  GjHßt^, 

aBr 

und  die  Bildung  ging  vor  sich  entsprechend  der  Gleichung  : 

EpicÜorhydrin  ClBr 

Diese   Beispiele   genügen ,   um   die  Bedingungen ,   unter 

denen  sich  Glycerinäther  der  dritten  Reihe  bilden,  für  welche 

die  oben  beschriebenen  Substanzen  als  typen  gelten  können 

und  deren  Homologe   nach   Belieben    zu    erhalten   sind,    zu 

characterisiren.     Wir  wollen  noch  heryorheben,  was  bei  der 

Vergleichung  der  Siedepunkte    der   drei   Aethyl-Aetherarten 

des  Glycerins  : 

Diff. 

Aethyl-aiycerinÄther  230^ 

Diüthyl-Glyceri»ather  1930     ^ 

Triathyl-  GlycerinÄther  186<> 

sich  ergiobt  Die  Substitution  von  Aethyl  an  die  Stelle  des 
letzten  typischen  Wasserstoffatoms  des  Glycerins  erniedrigt 
den  Siedepunkt  nur  um  sehr  wenig,  um  8^,  während  die 
Substitution  des  zweiten  Wasserstoffatoms  den  Siedepunkt 
um  37^  und  die  des  ersten  ihn  um  50^  niedriger  wer- 
den läfst. 


240       Gorup'Besanez,  Analyse  der  Mineralquellen 

Analyse    der    Mineralquellen    von   Wiesau    in    der 

Oberpfalz ; 

s     von  E.  Tl.  Gorup-Bescmez. 


Die  auf  den  Wunsch  des  gegenwärtigen  Besitzers  der 
Analyse  unterworfenen  Quellen  des  Otto -Bades  bei  Wiesau, 
am  östlichen  Abhänge  des  Pichtelgebirges  gelegen,  geniefsen 
als  Chalybokrenen  schon  lange  eines  wohlverdienten  heilkräf- 
tigen Rufes,  und  weiin  es  ihnen  bisher  noch  nicht  gelungen 
ist,  Heilung  Suchende- aus  weiterer  Ferne  anzuziehen,  so 
liegt  diefs,  wie  die  unten  folgenden  Resultate  der  Analyse 
zeigen,  sicherlich  nicht  an  ihrer  Zusammensetzung,  der  zu 
Folge  sie  sich  den  kräftigsten  Chalybokrenen  würdig  anreihen, 
und  einer  gröfseren  Beachtung  in  ärztlichen  Kreisen  werth 
erscheinen   dürften,    als   ihnen  bisher  zu  Tbeil  geworden. 

Nachdem  die  Vorarbeiten  imOctober  1858  an  Ort  und  Stelle 
ausgeführt  waren,  wurde  die  Analyse  selbst  18^^69  in  meinem 
Laboratorium  vollendet.  Von  den  analysirten  Quellen  :  der 
Otfp' Quelle,  dem  Sprudel  und  der  Wiesen-Quelle  werden  die 
beiden  ersteren  getrunken  und  auch  zu  Bädern  benutzt,  wäh- 
rend die  erst  kürzlich  neugefafste  Wiesenquelle  nur  zu  Bä- 
dern Anwendung  findet  Die  Otto -Quelle  wird  auch  ver- 
sendet. 

i)    Analyse  der  Otto 'Quelle* 

Die  Otto- Quelle  ist  in  Holz  gefafst.  Es  erheben  sich 
aus  ihr  fortwährend  Gasbiasen,  doch  ist  die  Gasentwickelung 
eine  mehr  stofsweise.  War  die  Quelle  längere  Zeit  mit  einem 
Deckel  bedeckt  gewesen,  so  ist  beim  Wegnehmen  des  Deckels 
ein  deutlicher  Geruch  nach  Schwefelwasserstoff  wahrzunehmen. 
Das  Wasser  der  Quelle,  durch  ein  weifses  Trinkglas  betrachtet, 


von   Wiesau  in  der  Ober p falz,  241 

erscheint  etwas  opalisirend,  perlt ^  riecht  geschüttelt  nach 
Schwefelwasserstoff,  schmeckt  dintenhaft  und  erfrischend, 
und  wird  durch  Gallustinctur  sogleich  weinroth  gefärbt ;  nach 
einigen  Secunden  schon  geht  das  Weinroth  in  Schwarzblau 
über  und  es  bildet  sich  ein  schwarzblauer  Niederschlag. 

Lackmuspapier  in  die  Quelle  getaucht  wird  deutlich 
weinroth  gefärbt;  die  Röthung  verschwindet  beim  Trocknen 
des  Papiers.  Curcumapapier  wird  schwach  gebräunt.  Am 
12.  October  1858  8V2  Uhr  Morgens  bei  einer  Lufttemperatur 
von  7,8®  C.  war  die  Temperatur  der  Otlo- Quelle  10,8®  C. 
Bei  15,6®  G.  wurde  das  specifische  Gewicht  des  Wassers  der 
Otto-Quelle  =  1,00084  gefunden;  hieraus  berechnet  sich  das- 
selbe für  die  Quellenlemperatur  zu  1,0014. 

Die  Wassermenge  der  Otto -Quelle  beträgt  nach  mehre- 
ren übereinstimmenden  Versuchen  4V2  Mafs  bayr.  in  der 
Minute.  In  den  Abflufsröhren  und  dem  Abflufsreservoir  setzt 
dieselbe  reichlich  rothbraune  Ocker  ab,  und  auch  in  verschlos- 
senen  Flaschen  bilden  sich  bald  rothbraune  Absätze. 

Die  qualitative  Analyse  ergab  :  Kn  Oasen  :  Kohlensäure, 
Stickstoff,  Sauerstoff  und  eine  Spur  Schwefelwasserstoff.  — 
Sxi  fixen  Bestandtheäen  :  a)  in  wägbarer  Menge  :  Kali,  Na- 
tron, Lithion,  Bittererde,  Kalk,  Bisenoxydul,  Manganoxydul, 
Kieselerde ,  Chlor  ,  Schwefelsäure  ,  flüchtige  Fettsäuren  : 
Amefsensäure  und  Buttersäure,  und  harzartige  in  Alkohol  lös- 
liche organische  Materie.  —  b)  in  Spuren  :  Thonerde,  Am- 
moniak, Phosphorsäure,  Arsen  und  Quellsatzsäure. 

Jod,  Brom,  Fluor,  Quellsäure  und  schwere  Metalloxyde 
konnten  nicht  aufgefunden  werden. 

Die  quantitative  Analyse  sämmtlicher  Quellen  wurde  nach 
den  gegenwärtig  üblichen  und  in  den  analytischen  Hand- 
büchern beschriebenen  Methoden  vorgenommen.  Zur  Bestim- 
mung der  flüchtigen  Fettsäuren  wurde  das  von  Seh  er  er 
bei    der   Analyse   der  BrücJeenauer  Quellen   (diese  Annalen 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXIX.  Bd.  2.  Heft.  16 


242       Oorup-Besanez^  Analyse  der  Mineralquellen 

Bd.  XCIX,  S.  257)  eingeschlagene  Verfahren   in  Anwendung 
gezogen. 

2)     Analyse  des  Sprudels, 

Diese  Quelle  ist  in  Stein  gefafst  und  es  erheben  sich 
aus  ihr  interiniltirend  reichliche  und  grofse  Gasblasen ,  die 
das  Quellenniveau  in  wallende  Besfegung  versetzen.  Das 
Wasser  ist  vollkommen  klar,  schmeckt  angenehm  prickelnd 
und  etwas  weniger  dintenhaft,  wie  jenes  der  Otto -Quelle. 
Alle  übrigen  Verhältnisse,  wie  Reaction,  Verhalten  gegen 
Gallustinctur  u.  s.  w.  stimmen  mit  jenen  der  Otto -Quelle 
überein. 

Am  12.  Oclober  1858  um  8V2  Uhr  Morgens  bei  einer 
Lufttemperatur  von  7,8^  C.  war  die  Temperatur  des  Sprudeis 

9,250  C. 

Das  spec.  Gewicht  des  Sprudels  bei  16,25^  C.  wurde 
=  1,00034  gefunden,  hieraus  berechnet  es  sich  für  die 
Quellentemperatur  9,25®  C.  zu  1,0011. 

Die  qualitative  Analyse  ergab  :  An  Oasen  :  Kohlensäure, 
Sauerstoff  und  Stickstoff,  während  Schwefelwasserstoff  gänz- 
lich fehlte.  —  An  fixen  Bestandtheilen  :  Dieselben  wie  bei 
der  Otto-Quelle.  Flüchtige  Fettsäuren  waren  zwar  auch  hier 
in  Spuren  vorhanden,  es  konnte  aber  ihre  Menge  nicht  be- 
stimmt werden.  Auch  die  Menge  der  übrigen  organischen 
Stoffe  war  hier  sehr  gering. 

3)    Analyse  der  Wiesenquelle. 

Diese  Quelle  ist  in  Holz  gefafst.  Das  Wasser  derselben 
ist  stark  opalisirend,  die  Gasentwickelung  schwächer  wie  bei 
den  beiden  anderen  Quellen ;  Gallustinctur  gab  starke  Eisen- 
reaction.  Schwefelwasserstoff  war  auch  bei  starkem  Schüt- 
teln nicht  wahrnehmbar.  Der  Geschmack  der  Quelle  ist 
eisenhaft,  die  Reaction  auf  Pflanzenfarben  wie  bei  den  an- 
deren Quellen. 


I 

j 


von  Wieaau  in  der  Oherpfalz, 


243 


Am  12.  October  um  872  Ühr  Morgens  bei  einer  Luft- 
temperatur von  6,4^  C.  war  die  Temperatur  der  Wiesenquelle 
11,250  c. 

Bei  13^  C.  wurde  das  specifische  Gewicht  der  Wiesen- 
quelle =  1,00043  gefunden.  Sonach  ist  es  bei  11,25^0.,  der 
Quelientemperatur ,  1,0014 

Die  qualitative  Analyse  wies  dieselben  Bestandtheile  nach 
wie  beim  Sprudel.  Flüchtige  Säuren  und  Lithion  wurden 
qualitativ  nachgewiesen,  doch  standen  keine  zur  Gewichts- 
bestimmung hinreichenden  Mengen  des  Mineralwassers  zu 
Gebot.  Auch  die  indifferenten  Gase  wurden  bei  dieser 
Quelle  nicht  bestimmt. 

Aus  den  durch  die  quantitative  Analyse  erhaltenen  Zahlen 
berechnen  sich  folgende  Zusammenstellungen  : 


Bestandtheile 


a)  Fixe  Bestandtheile 

Schwefels.  Kali     .    . 
Schwefels.  Natron 
Ghlornatrium    .    .    . 
Ameisens.  Natron 
Butters.  Natron     .    . 
Kohlens.  Natron   .'   . 
Kohlens.  LitUion  .    . 
Kohlens.  Bittererde 
Kohlens.  Kalk       .    . 
Kohlens.  Gisenozydul 
Kohlens.  Manganoxydul 
Kieselerde    .... 
Harzartige    organische 
stanz       .... 


Suh 


Summe  der  fixen  Stoffe     . 
b)  Flüchtige  Bestandtheile 
Sogenannte  freie  Kohlensänre 


Summe  aller  Bestandtheile 
WirlcUch  freie  Kohlensäure 

c)  Gase  nach  Volumina  : 

Kohlensäure,  sog.  freie    .    . 
Kohlensäure,  wirklich  freie 
Indifferente  Gase  :  N,  O  und 
HS 


I. 

Otto-Quelle 


In 
10000 
Grm. 


0,1526 
0,1326 
0,0281 
0,0102 
0,0033 
0,3801 
0,0015 
0.5392 
0,4114 
0,7928 
0,0930 
0,5633 

0,5214 


3,6290 


18,1091 


21,7381 
17,1510 


95,85pC. 
90,5  pC. 

0,41  pC. 


II. 

Sprudel 


In 

In 
10000 
Gi'm. 

In 

1  Pfund 
s  7680 

1  Pfund 
=  7680 

Gran 

Gran 

0,1172 

0,2148 

0,1649 

0,1018 

0,0293 

0,0156 

0,0216 

0,0298 

0,0229 

0,0078 

Spur 

rt 

0,0025 

Spur 

»»  „ 

0,2979 

0,4935 

0,3790 

0,0011 

0,0045 

0,0034 

0,4151 

0,4466 

0,3429 

0,3159 

0,3673 

0,2821 

0,6085 

0,5466 

0,4198 

0,0714 

0,0477 

0,0360 

0,4325 

0,6801 

0,4839 

0,4004 

0,2199 

0,1688 

2,7937 

3,0301 

2,3199 

13,9078 

18,2961 

14,0794 

16.7015 

21,3262 

16,3993 

13,1719 

17,4677 

13,4141 

30,67  CZ. 

96,3  pC. 

30,8  CZ. 

28,9  CZ. 

91,9  pC. 

29,7  CZ. 

0,13  CZ. 

0,85  pC. 

0,27  CZ. 

III. 

Wiesenquelle 


In 
10000 
Grm. 


0,1483 

0,0406 

0,0276 

» 

0.3^ 
Spur 
0,5325 
0,4178 
0,4798 
0,0647 
0,6236 

0,1554 


2,8112 


17,2547 


20,0658 
16,4524 


91,46pC. 
87,2  pC. 


In 

1  Pfund 

=  7680 

Gran 


0,1138 
0,0312 
0,0212 

0,^464 

0,4089 
0,3208 
0,3674 
0,0497 
0,4789 

0,1195 


2,1578 


13,2525 


15,4103 
12,6354 


29,3  CZ. 
27,9  CZ. 


16* 


244       Oorup-Besanezy  Analyse  der  Mineralquellen, 

Eine  im  Jahre  1837  von  Herrn  Fikenscher  ausge- 
führte Analyse  der  Olto- Quelle  scheint  nicht  veröffenllicht 
zu  sein.  Aus  einer  mir  mitgetheilten  lithographirten  Dar- 
stellung derselben  geht  jedenfalls  so  viel  hervor,  dafs  die 
Otto-Ouelle  seit  jener  Zeit  in  Bezug  auf  ihre  wichtigeren 
Bestandtheile  keine  wesentliche  Zusammensetzungsänderung 
erfahren  hat. 

Fikenscher  fand  in  einem  bayerischen  Civilpfund  = 
8988  Gran  Otto-Quelle  Mengen,  die  auf  10000  Gewichtstheile 
umgerechnet  entsprechen  : 

Kohlensaurem  Eisenoxydul    ....  0,7955  0,7923 

Kohlensaurem  Kalk 0,4601  0,4114 

Kohlensaurer  Bittererde 0,6382  0,5392 

Kohlensaurem  Natron 0,5676  0,3801 

Kieselerde 0,6173  0,5633 

Gesammtmenge  der  fixen  Stoffe     .     .  3,6060  3,6290. 

Untersuchung  des  Wiesauer  Mineralmoors,  —  Im  Was- 
serauszuge desselben  wurden  gefunden  :  Chlor,  Schwefelsäure^ 
Kohlensäure,  Spuren  von  Phosphorsäure ,  Ammoniak ,  Kali, 
Natron 9  Bittererde,  Kalk,  Eisenoxydul  und  ManganoxyduL 
Im  salzsauren  Auszuge  :  viel  Eisenoxyd,  sonst  dieselben  Bestand- 
theile wie  im  Wasserauszuge,  aufserdem  aber  phosphorsaure 
Thonerde,  Spuren  von  phosphorsaurem  Kalk  und  Kieselerde. 
Schwere  Metalloxyde  und  Arsenik  konnten  nicht  nachgewiesen 
werden.  In  dem  mit  kohlensaurem  Natron  bereiteten  Aus- 
zuge :  beträchtliche  Mengen  von  Huminsäuren ,  namentlich 
auch  Ge'insäure.  In  dem  mit  Natron  bereiteten  Auszuge  wurde 
Quellsatzsäure  gefunden.  —  Zur  Prüfung  auf  flüchtige  organische 
Säuren  wurden  10  Pfund  trockene  Erde  mit  Wasser  der 
Destillation  unterworfen.  Das  Destillat  reagirte  schwach 
sauer.  Es  wurde  mit  kohlensaurem  Natron  neutralisirt  und 
zur  Trockne  abgedampft,  der  Rückstand  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  destillirt,  das  saure  Destillat  mit  Barytwasser 


von   Wieaau  m  der  Oherpfalz.  245 

gesättigt  und  der  überschüssige  Baryt  durch  Kohlensäure  ent- 
fernt. Das  Fiitrat  wurde  hierauf  im  Wasserbade  eingedampft 
und  der  Rückstand  mit  Weingeist  behandelt ,  der  den  klei- 
neren Theil  desselben  auflöste.  Der  Rückstand  der  wein- 
geistigen Lösung  gab  mit  Schwefelsäure  übergössen  Dämpfe 
vom  unzweifelhaften  Geruch  der  Buttersäure.  Der  in  Wein- 
geist unlösliche  Theil  der  Barytsalze  in  Wasser  gelöst  gab 
auf  das  Deutlichste  alle  characteristischen  Reactionen  der 
Ameisensäure. 

Die  bei   100^  C.  getrocknete   Moorerde  gab   bei    einer 
Aschenbestimmung  9,322  pC.  rothbraun  gefärbter  Asche. 


üeber  festes  Menthaöl  des  Handels 

von  Demselben, 


Unter  der  Bezeichnung  festes  Menthaöl  ist  neuerlichst 
ein  Product  über  Hamburg  und  angeblich  aus  Japan  stam- 
mend in  den  Handel  gekommen,  von  welchem  mein  College 
Th.  Martins  mir  eine  Probe  zum  Zwecke  einer  näheren 
Untersuchung  übergab. 

Das  Product  stellte  kleine ,  jedoch  wohlausgebildete  farb- 
lose durchsichtige  Krystalle  dar,  deren  Habitus  mit  dem  der 
Krystalle  des"  Bittersalzes  auffallend  übereinstimmt.  Der 
Geschmack  war  brennend^  der  Geruch  sehr  penetrant  und 
gleichzeitig  an  den  der  Krause-  und  Pfeffermünze  erinnernd. 
Eine  Probe  auf  Platinblech  erhitzt  verbrannte  mit  leuchtender 
rufsender  Flamme  und  hinterliefs  eine  bedeutende  Menge 
weifser,  mit  Säuren  nicht  brausender  Asche.  Das  Product 
schmolz  schon  zwischen  30  bis  40^  C.    Bei  etwa  80®  C.  zeigte 


246  Gorup'Besanez^   über  festes  MenthaöL 

sich  storsweirses  Kochen ,  ohne  dafs  etwas  Erhebliches  über- 
ging; es  schied  sich  aber  allmälig  eine  weifse  Hasse  am  Bo- 
den der  Retorte  aus^  welche  bei  der  Destillation  starkes 
Stofsen  verursachte.  Das  Thermometer  stieg  rasch  auf  213^0. 
und  es  ging  nun  bei  constant  bleibendem  Siedepunkte  ein 
farbloses,  in  der  Retorte  krystallinisch  erstarrendes  Oel  in 
Streifen  über. 

Der  in  der  Retorte  bleibende  Rückstand  war  eine  weifse 
Salzmasse,  die  sich  leicht  weifs  brannte,  dabei  schwierig 
schmolz  und  in  Wasser  bis  auf  etwas  rückständigen  Sand 
vollkommen  und  ziemlich  leicht  löslich  war.  Die  Analyse 
dieses  Rückstandes  ergab,  dafs  er  nur  aus  schwefelsaurer 
Magnesia  bestand. 

Schmelzpunkt  und  Siedepunkt  des  organischen  Antheils 
dieses  Gemenges  deuteten  darauf  hin ,  dafs  er  aus  Menihen- 
camphor  bestand;  in  der  That  schmilzt  der  Menthencamphor 
bei  34«  C.  und  siedet  bei  213«  C. 

Die  von  Herrn  Funk  ausgeführte  Analyse  des  rectificir- 
ten  und  wiederholt  umgeschmolzenen  Destillats  bestätigte 
diese  Voraussetzung. 

0,2304  Grm.  mit  Kupferoxyd  und  Sauerstoff  verbrannt  gaben  0,6531 
Kohlensäure  und  0,2648  Wasser;  diefs  entspricht 

gefanden 
20  Aeq.  Kohlenstoff  120  77,27  77,31 

20      »     Wasserstoff  20  12,61  12,77 

2      r>     Sauerstoff  16  10,12  9,92 

100,00  100,00. 

Die  Menge  des  beigemengten  Bittersalzes  wurde  = 
13,66  pC.  gefunden.  Es  geht  daraus  zur  Genüge  hervor, 
dal's  die  Beimengung  eine  absichtliche  ist;  auf  welche  Weise 
dieselbe  geschieht,  wäre  noch  zu  ermitteln.  Der  Zweck  dürfte 
wohl  kaum  ein  anderer  sein ,  wie  der ,  dem  Producte  ein 
schönes  krystallinisches  Ansehen  zu  geben. 


247 


Vorläufige  Notiz  über  das  vierfach  -  nilrirte  Formen 
(oder  Vierfach-Nitrokohlenstoff) : 

von  L.  Schischkoff. 


Man  weifs,  dars  das  Trinitroacetonitril ,  indem  dasselbe 
die  Elemente  des  Wassers  bindet,  sich  in  Kohlensäure,  Am- 
moniak und  Nitroform  (syn.  dreifach -nilrirles  Formen)  ver- 
wandelt (Compt.  rend.  XLV,  144;  diese  Annalen  CHI,  364). 

CjXgN  +  2  HgO  ^  COg  +  NHs  +  CX3H  *). 

Das  Nitroform  ist  eine  starke  Säure;  sein  Atom  Wasser- 
stoff läfst  sich  leicht  durch  Metalle,  als  :  Kalium,  Natrium, 
Ammonium,  Zink,  Quecksilber,  Silber  u.  a.,  ersetzen,  wodurch 
wahre  Salze  erhalten  werden. 

Andererseits  kann  derselbe  Wasserstoff  durch  Brom  und 
die  Gruppe  NO2  ersetzt  werden.  Im  ersten  Fall  wird  Nitro- 
form mit  Brom  einige  Tage  hindurch  dem  Einflufs  des  Son- 
nenlichtes ausgesetzt ;  die  Mischung  entfärbt  sich  nach  und 
nach,  indem  sich  Bromwasserstoff  bildet  und  sich  theilweise 
entwickelt.  Nach  beendigter  Reaction  wird  der  erhaltene 
ölartige  Körper  mit  Wasser  ausgewaschen. 

Der  auf  diese  Weise  erhaltene  Körper  ist  in  Wasser 
etwas  löslich,  farblos;  bis  -{-12^  flüssig,  jedoch  unter  dieser 
Temperatur  erstarrt  er  zu  einer  weifsen  krystallinischen  Masse. 
Für  sich  erhitzt  wird  er  bei  einer  Temperatur  von  nahe  140^ 
zersetzt;  mit  Wasser  oder  in  einem  Luftstrom  kann  er  un- 
zersetzt  destillirt  werden. 

Noch  leichter  kann  dieser  Körper  erhalten  werden,  wenn 
eine  wässerige  Lösung  des  Quecksilbersalzes,  GXsHg,  mit 
Brom  behandelt  wird.  Die  so  erhaltene  Bromverbindung  hat 
folgende  Zusammensetzung  :  CXsBr. 


*)  C  =  12.     H  =  1.     S  =  32.    X  =  NOg  =  46. 


248     Schischhoffy  über  das  vierfach- nitrirte  Formen. 

Da  es  mir  gelungen  war,  den  im.  Nitroform  enthaltenen 
Wasserstoff  durch  Brom  zu  ersetzen,  so  erwartete  ich,  dafs 
derselbe  Wasserstoff  durch  die  Gruppe  NO3  zu  ersetzen   sei. 

In  der  That  wurde  dieses  Resultat  sehr  leicht  erzielt, 
indem  ich  einen  Strom  Luft  durch  eine  Mischung  von  rau- 
chender Salpetersäure  mit  starker  Schwefelsäure  und  Nitro- 
form leitete  und  die  Mischung  auf  100^  erhitzte.  Es  destil» 
lirte  hierbei  eine  Flüssigkeit  über,  weiche  beim  Verdünnen 
mit  Wasser  einen  in  letzterem  unlöslichen  öiartigen  Körper 
ausschied.  Die  darüberstehende  saure  Flüssigkeit  wurde  ab- 
gegossen und  der  ölartige  Körper  so  lange  mit  destillirtem 
Wasser  gewaschen,  bis  alle  saure  Reaction  verschwunden  war. 

Der  so  erhaltene  Körper  kocht  bei  einer  Temperatur  von 
126^,  ohne  sich  dabei  zu  zersetzen.  Er  wurde  über  Chlor- 
calcium  destillirt,  um  ihn  zu  trocknen. 

Dieser  neue  Körper  ist  farblos,  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur flüssig,  leichtbeweglich,  und  erstarrt  bei  -f<  13^  zu 
einer  weifsen  krystallinischen  Masse. 

Er  ist  in  Wasser  unlöslich ,  dagegen  in  Weingeist  und 
Aether  leichtlöslich. 

Die  Analyse  ergab  für  diesen  Körper  folgende  Zusam- 
mensetzung :  CX4. 

Dieser  Körper  ist  merkwürdigerweise  weit  beständiger 
als  Nitroform,  da  letzteres  sich  nicht  ohne  Zersetzung  destil- 
liren  läfst. 

Bei  raschem  Erhitzen  des  viecfach  -  nitrirten  Formens 
explodirt  dasselbe  nicU^  zersetzt  sich  jedoch  unter  Entwicke- 
lung  einer  grofsen  Menge  salpetriger  Dämpfe. 

Die  neue  Verbindung  entzündet  sich  nicht  bei  Berührung 
mit  einer  Flamme;  sobald  jedoch  eine  glühende  Kohle  damit 
Übergossen  wird,  so  verbrennt  die  Kohle  mit  grofsem  Glanz. 


249 


Vorlaußge  Notiz  über  das  zweifach  -  nitrirte 

Acetonitril ; 

von  Demselben. 


Es  ist  bei'eits  früher  gezeigt  worden,  dafs  das  Trinitro- 
acetonitril  beim  Behandeln  mit  Schwefelwasserstoff  nach  fol- 
gender  Gleichung  Binitroammonyl  bildet  (Ann.  eh.  phys.  [3] 
XLIX,  310;   diese  Annalen  CI,  215)  : 

C2X3N  +  4  HgS     =     C8X8(NH4)N  +  48+2  H,0. 
Trinitroacetonitril  Binitroammonyl. 

Bei  weiterer  Untersuchung  gelangte  ich  zu  folgenden 
Resultaten  : 

Das  Binitroammonyl  ist  nichts  anderes  als  ein  Ammoniak- 
salz einer  neuen  Säure,  nämlich  des  Binitroacetonilrils  : 
CjiX^HN. 

Diese  Säure  wird  erhalten,  indem  man  eine  wässerige 
Lösung  des  Binitroammonyls ,  welche  mit  einer  äquivalenten 
Menge  Schwefelsäure  versetzt  ist,  mit  Aether  schüttelt. 
Nachdem  die  ätherische  Schicht  abgegossen,  wurde  der  Aether 
abgedampft,  wobei  eine  dickflüssige ,  syrupartige  Flüssigkeit 
zurückblieb,  in  welcher  sich  nach  und  nach  farblose,  durch- 
sichtige, voluminöse  Tafeln  ausschieden.  Diese  Krystalle 
enthalten,  nach  den  Ergebnissen  einiger  Analysen,  Krystall- 
wasser. 

Es  ist  mir  noch  nicht  gelungen,  die  Säure  in  reinem 
Zustande  zu  erhalten;  jedoch  regenerirte  ich  daraus  das  Bi- 
nitroammonyl mittelst  Ammoniak.  Andererseits  stellte  ich 
aus  dieser  Säure  die  Kalium-  und  Silbersalze  dar,  welche 
analysirt  wurden. 

Beide  Salze  sind  in  Wasser  löslich ,  krystallisirbar  und 
haben  folgende  Zusammensetzung  :  C2X2KN,  C2X8AgN, 


250       Schischkoffy  über  das  ziweifach-nitrirte  ÄcetonitriL 

Beim  Behandeln  des  Binitroacetonitrils  oder  eines  der 
Salze  mit  rauchender  Salpetersäure  wird  leicht  das  Trinitro- 
acetonitril  regenerirt. 

Alle  diese  Thatsachen  beweisen  die  Existenz  des  Bi- 
nitroacetonitrils und  stellen  seinen  entschiedenen  Säure- 
character  fest. 

Das  Silbersalz  explodirt  unter  dem  Hammer  hefligr,  ohne 
jedoch  bei  weitem  die  Empfindlichkeit  des  Knallsilbers  in 
dieser  Beziehung  zu  äufsern. 

Bei  Einwirkung  des  Broms  auf  das  Silbersalz  des  Bi- 
nitroacetonitrils in  Gegenwart  von  Wasser  bildet  sich  Broni- 
silber  und  ein  ölartiges  Product,  welches  wahrscheinlich  nach 
folgender  Formel  zusammengesetzt  ist  :  C2X8BrN. 

Ich  beabsichtige,  die  fernere  Untersuchung  dieses  Gegen* 
Standes  bald  zu  unternehmen,  glaube  indessen  nachstehenden 
Schlufs  hier  anführen  zu  dürfen. 

Wenn  man  im  Acetonitril,  oder  auch  im  Sumpfgas  auf 
indirectem  Wege  einen  Theil  des  Wasserstoffs  durch  die 
Gruppe  NO2  ersetzt,  so  ertheilt  man  den  übrigen  Atomen 
Wasserstoff  einen  metallischen  Character,  ohne  dafs  dadurch 
seine  metaleptischen   Charactere   merklich   verlöscht   werden. 

Die  Gesammtheit  dieser  neuen  Thatsachen  und  heson- 
ders  die  Entdeckung  des  Binitroacetonitrils  .«ind  nach  meiner 
Meinung  wichtige  Stützen  für  die  Annahme  der  ratio- 
nellen Formel  der  Knallsäure,  welche  schon  längst  von 
Gerhardt  vorgeschlagen  und  neuerdings  von  Kekule  ver- 
theidigt   wurde. 


251 

Direcle  Umwandlung  der  Kohlensäure  in  Ameisen- 
säure ; 

von  Hermann  Kolbe  und  Rudolf  Schmitt. 


Schon  vor  mehreren  Jahren  hat  der  eine  von  uns  viel- 
fältige Versuche  über  die  Umwandlung  der  Kohlensäure  in 
fette  Säuren  angestellt,  deren  Ergebnisse  damals  (1858}  in 
einer  der  Wetierauer  GesellschaTt  für  Naturkunde  von  der 
Marburger  naturforschenden  Gesellschaft  gewidmeten  Gratu- 
lationsschrift  zur  Feier  ihres  50jährigen  Bestehens  veröiTent- 
licht  sind.  Die  daselbst  beschriebenen  und  andere  spätere 
Versuche  haben  bezüglich  der  Erzeugung  der  Ameisensäure 
aus  Kohlensäure  kein  befriedigendes  Resultat  gegeben,  offen- 
bar weil  die  Reduction  der  Kohlensäure  durch  Wasserstoff 
immer  bei  zu  hoher  Temperatur  erstrebt  wurde. 

Von  der  festen  Ueberzeugung  durchdrungen,  dafs  die 
Kohlensäure,  welche  in  der  Pflanze  so  leicht  Sauerstoff  gegen 
Wasserstoff  austauscht,  auch  künstlich  in  gleichem  Sinne  sich 
müsse  reduciren  lassen,  und  dafs  vor  Allem  das  erste  Sub- 
stitutionsproduct,  die  Ameisensäure,  direct  aus  der  Kohlen- 
säure zu  gewinnen  sein  werde,  vereinigten  wir  uns  unlängst 
zu  gemeinschaftlichen  Versuchen,  mit  dem  festen  Vorsatz, 
von  dem  Gegenstande  nfcht  eher  abzulassen,  bis  das  Problem 
gelöst  sei. 

Gleich  die  ersten  Versuche  führten  zum  gewünschten 
Ziele.  Die  Umwandlung  der  Kohlensäure  in  Ameisensäure 
geschieht  so  überraschend  leicht  und  unter  so  einfachen  Ver- 
hältnissen, dafs  man  sich  darüber  wundern  mufs,  dafs  die- 
selbe nicht  schon  längst  beobachtet  ist. 

Kalium,  unter  einer  mit  lauwarmem  Wasser  abgesperrten 
und  mit  Kohlensäure  fortwährend  gefüllt  gehaltenen  Glas- 
glocke  auf  einer  flachen  Schale   in    dünner  Schicht  ausge^ 


252  Kolbe  u»  Schmitt,  directe  Umwandlung 

breüety    ist  nach  24  Stunden    in   ein  Gemisch  van   doppehr 
kohlensaurem  Kali  und  ameisensaurem  Kali   umgewandelt  : 

2K  +  2C2O4  +  2H0  =  KO.HC2O8  +  Hol^*^*' 

Die  erhaltene  schneeweifse  Salzmischung  wurde  in  der 
Kälte  mit  Schwefelsäure  übersättigt,  die  vom  ausgeschiedenen 
sauren  schwefelsauren  Kali  abgegossene  Flüssigkeit  destillirt 
und  das  saure  Destillat  mit  kohlensaurem  Bleioxyd  kochend 
neulralisirt.  Aus  der  heifs  filtrirten  klaren  Salzlösung  kry- 
stallisirt  beim  Verdampfen  chemisch  reines  ameisensaures 
Bleioxyd  in  langen  glänzenden  Nadeln  aus.  —  Wenn  auch 
bei  obigem  Procefs,  wie  man  leicht  begreift,  viel  mehr  koh- 
lensaures  Kali  entsteht,  als  sich  aus  jener  Gleichung  berech«- 
net;  so  haben  wir  doch  von  einer  einzigen  Darstellung  über 
vier  Gramme  reines  ameisensaures  Bleioxyd  erhalten. 

Nachdem  wir  uns  überzeugt  hatten,  dafs  die  gewonnene 
Säure  die  characteristischen  Eigenschaften  der  Ameisensäure 
besitzt,  dafs  sie  Silberoxyd  und  Quecksilberoxyd  leicht  re- 
ducirt  u.  s.  f.,  haben  wir  noch  eine  Analyse  des  Bleisalzes 
ausgeführt. 

2,002  Grm.    gaben   mit   Kupfer oxyd  verbrannt  0,593  Kohlensäure 
und  0,1234  Wasser. 

0,760  Grm.   hinterliefsen  beim  Glühen   0,589   Bleioxyd   and    0,029 
Blei  =  69,6  pC.  Blei. 

Die  hieraus  berechnete  procentische  Zusammensetzung  ist 
die  des  ameisensauren  Bleioxyds  : 


berecl 

met 

gefunden 

Pb 

103,6 

69,7 

69,6 

c. 

12,0 

8,1 

8,1 

H 

1,0 

0,7 

0,7 

O4 

32,0 

21,5 

— 

148,6  100,0. 

Wir  haben   uns   durch   einen   Gegenversuch   überzeugt, 
dafs  Kalium  unter   einer  mit   atmosphärischer  Luft  gefüllter 


der  Kohlensäure  in  Ameisensäure,  253 

Glocke  über  Wasser  blofs  zu  Kalihydrat  zerfliefst  und  keine 
Spuj^  Ameisensäure  liefert. 

Natrium,  der  24stündigen  Einwirkung  von  Kohlensäure 
und  Wasserdampf  ausgesetzt,  bildet  auch  Ameisensäure,  doch 
wie  es  scheint  in  geringerer  Menge  als  Kalium. 

Bei  der  Electrolyse  einer  concentrirten  wässerigen  Lö- 
sung von  kohlensaurem  Kali  wird  am  Wasserstoffpol  keine 
Ameisensäure  erzeugt. 

Durch  obigen  Versuch  ist  abermals  einer  der  Sätze, 
welche  Liebig'^)  vor  15  Jahren  mit  prophetischem  Geiste 
aussprach,  experimentell  bestätigt  worden,  und  wir  dürfen 
erwarten ,  dafs  es  in  nicht  ferner  Zeit  gelingen  wird ,  auch 
die  Alkohole  und  Zucker  aus  Kohlensäure  zu  erzeugen. 

Wir  sind  darüber  aus,  zunächst  weiter  zu  prüfen,  wie 
sich  die  Alkohole  oder  die  Haloi'dverbindungen  der  Alkohol- 
radicale  gegen  Kohlensäure  und  Natrium  verhalten.  Es  steht 
zu  erwarten,  dafs  auf  diese  Weise  alle  Fette  und  auch  die 
aromatischen  Säuren  aus  Kohlensäure  künstlich  sich  darstellen 
lassen. 


lieber  die  aus  Cyanbenzyl  dargestellte  Toluylsäure; 

von  S.  Cannizzaro  **). 


In  meiner  Abhandlung  über  die  Umwandlung  des  Toluols 
zu  Toluylsäure  hatte  ich  darauf  aufmerksam  gemacht ,  dafs 
der  Schmelzpunkt  der  aus  Cyanbenzyl  dargestellten  Toluyl- 
säure niedriger  liegt  als   der   der  Noad'schen  Toluylsäure. 


*)  Diese  Annalen  LVII,  337  ff.;   vgl.  Bd.  CXIII,  296. 
**)  Compt  rend.  LH,  966. 


254  CannizzarOf  über  die  aus  Cyanhenzyl 

Strecker  erhielt  dann  durch  Spaltung  der  Vulpinsäure  eine 
von  ihm  als  Alphatoluylsäure  bezeichnete  Säure,  welch^roit 
Noad's  Toluylsäure  isomer  ist  und  von  der  er  vermuthete, 
dafs  sie  mit  der  von  mir  aus  Cyanhenzyl  dargestellten  Säure 
identisch  sei.    Ich  habe  diese  Vermuthung  bestätigt  gefunden. 

Ich  habe  den  Schmelzpunkt  und  den  Siedepunkt  von 
zwei  Proben  Toluylsäure  bestimmt ,  deren  eine  aus  Cyan- 
henzyl das  aus  Benzylalkohol,  und  deren  andere  aus  Cyan- 
henzyl das  aus  Toluol  bereitet  war,  dargestellt  war.  Diese 
beiden  Proben  ergaben  den  Schmelzpunkt  76^5  und  den 
Siedepunkt  265^,5,  wie  Strecker's  Alphatoluylsäure. 

Es  giebt  also  zwei  Arten  Toluylsäure,  eine  als  Alpha- 
toluylsäure bezeichnete,  welche  durch  Spaltung  der  Vulpin- 
säure und  aus  Cyanhenzyl  entsteht,  und  eine  andere,  die  sich 
bei  der  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Cymol  bildet. 

Welche  von  diesen  beiden  Säuren  ist  nun  die  mit  der 
Benzoesäure  eigentlich  homologe ?  Strecker  vermuthet, 
dafs  es  die  Alphatoluylsäure  sei;  meine,  wenn  auch  noch 
unvollständigen,  Versuche  leiten  mich  zu  der  entgegenge- 
setzten Schlufsfolgerung. 

Ich  habe  nach  Piria's  Verfahren  die  Alphatoluylsäure 
in  das  entsprechende  Aldehyd  umgewandelt.  Ich  unterwarf 
ein  Gemenge  von  alphatoluylsaurem  und  ameisensaurem  Kalk 
der  Destillation  und  erhielt  ein  Oel,  in  welchem  eine  sich 
mit  zweifach-schwefligsaurem  Natron  zu  einer  gut  krystalli- 
sirenden  Verbindung  vereinigende  Substanz  enthalten  war. 
Ich  habe  mich  davon  überzeugt,  dafs  das  Product  der  Destil- 
lation des  alphatoluylsauren  Kalks  allein  keine  Spur  von  dieser 
Substanz  enthält. 

Die  aus  dieser  Substanz  und  .  zweifach  -  schwefligsaurem 
Natron  bestehende  Verbindung  krystallisirt  aus  wässerigem 
Alkohol  sehr  gut;  ihre  Analyse  ergab  mir  Zahlen,  welche 
mit  der  Formel  SNaHOs,  ^sHsO  vollkommen  übereinstimmen. 


dargestellte  Toluylsäure,  255 

IMan  hat  somit  hier  eine  wahre  chemische  Verbindung  von 
zweifach -schwefligsaurem  Natron  mit  dem  Aldehyd  der  Al- 
phatoluylsäure  GgHsO. 

Ich  suchte  dieses  Aldehyd  zu  isoliren,  löste  zu  dem  Ende 
die  eben  beschriebene  Verbindung  auf,  setzte  eine  Lösung 
von  kohlensaurem  Kali  zu  und  schüttelte  mit  Aether.  Die 
ätherische  Lösung  wurde  dccantirt  und  abgedampft ;  als  Rück- 
stand blieb  eine  farblose  zähe  Substanz.  Als  diese,  welche 
das  Aldehyd  der  Alphatoluylsäure  sein  mufs,  der  Destillation 
unterworfen  wurde,  spaltete  sie  sich  zu  einem  übergehenden 
farblosen  Oel  und  einem  beim  Erhitzen  sich  zersetzenden  Harz. 
Das  überdestillirende  Oel  gab  mit  zweifach  -  schwefligsaurem 
Natron  wieder  eine  Verbindung,  die  dem  Anschein  nach  mit 
derjenigen  9  deren  Zusammensetzung  oben  mitgelheilt  wurde, 
identisch  war,  und  wie  diese  letztere  gab  auch  die  jetzt 
wieder  erhaltene  Verbindung  eine  zähe  Substanz,  die  sich  bei 
der  Destillation  zersetzte. 

Dieses  Verhalten  des  Aldehyds  der  Alphatoluylsäure  läfst 
mich  daran  zweifeln,  dafs  es  jmit  dem  Aldehyd  der  Benzoe- 
säure homolog  sei.  Dieser  Zweifel  findet  in  dem  folgenden 
Versuche  noch  weitere  Bestätigung.  Wäre  die  Alphatoluyl- 
säure wirklich  mit  der  Benzoesäure  homolog,  so  müfste  das 
Aldehyd  der  ersteren  Säure  bei  der  Oxydation  wieder  Alpha- 
toluylsäure gaben.  Ich  habe  aber  gefunden,  dafs  bei  der  Ein-' 
Wirkung  von  Salpetersäure  auf  die  aus  dem  Aldehyd  der 
Alphatoluylsäure  und  zweifach-schn^efligsaurem  Natron  beste- 
hende Verbindung  eine  Säure  entsteht,  welche  bestimmt  nicht 
mit  der  Alphatoluylsäure  identisch  ist;  ihrer  Krystallisation 
nach  scheint  sie  mit  Noad's  Toluylsäure  identisch  zu  sein. 
Ich  bin  jetzt  mit  der  Bereitung  der  letzteren  Säure  aus 
Cymol  beschäftigt,  um  sie  mit  der  bei  der  Oxydation  des 
Alphatoluylsäure  -  Aldehyds  erhaltenen  Säure  zu  vergleichen 
und  aus  ihr  das  Aldehyd  darzustellen,  welches  wirklich  mit 
dem  Benzoesäure-AIdehyd  homolog  ist. 


256     Schiff  y  zur  Geschichte  der  Ztickerbädung  aus  Leim, 

Diese  Untersuchungen  scheinen  mir  einiges  Licht  auf  die 
Beziehungen  zu  werfen,  welche  zwischen  den  zwei  isomeren 
Toluylsäuren  existiren. 


Zur  Geschichte   der  Zuckerbildung  aus  Leim; 

von  Hugo  Schiff. 


Die  von  verschiedenen  Forschern  in  den  letzten  Jahren 
ausgerührten  Untersuchung^en  über  Zuckerbildung  im  Thier- 
körper,  namentlich  in  der  Leber,  haben  überzeugend  dargethan^ 
dafs  der  Zucker  nicht  aus  von  aufsen  etwa  mit  der  Nahrung 
eingeführten  Amylaceen  erzeugt  und  in  der  Leber  blofs  ab- 
gelagert wird,  sondern  dafs  derselbe  im  Lebergewebe  selbst 
aus  einer  amyloiden  Substanz  entsteht,  welche  letztere  sehr 
wahrscheinlich  aus  der  Spaltung  eines  eiweifsartigen  Körpers 
hervorgeht  Von  diesem  Standpunkte  aus  mufste  die  künst- 
liche Spaltung  von  Eiweifskörpern  in  Zucker  und  eine  oder 
mehrere  andere  Verbindungen  gewifs  von  Interesse  sein,  und 
die  Chemiker  und  Physiologen  haben  die  von  Fischer  und 
Boedeker  im  CXVIL  Bande,  Seite  111  dieser  Annalen  mit- 
getheilten  Untersuchungen  über  Bildung  von  gährungsfähigem 
Zucker  aus  Leim,  als  eine  Basis  für  künftige  derartige  Spal- 
tungen, ohne  Zweifel  mit  grofser  Befriedigung  aufgenommen. 

In  Anerkennung  der  Verdienste  eines  der  wissenschaft- 
lichen Laufbahn  leider  zu  frühe  entrissenen  Forschers  mufs 
indessen  hier  bemerkt  werden,  dafs  jene  Thatsache  keines- 
wegs neu  ist,  dafs  dieselbe  vielmehr  schon  vor  sechszehn 
Jahren  veröiTentlicht  wurde.  Wir  lesen  nämlich  auf  Seite 
244  des  im  Juni  1845  erschienenen  zweiten  Bandes  von 
Gerhardt 's  Precis  de  chimie  organique  : 

„J*ai  remarqu^,  ü  y  a  quelques  ann^es ,  que  si  Ton  fait  bouUlir 
,,pendaiit  quelques  heures  la  g^atine  animale  ayec  de  Tacide  sulfurique 
„^tendu,  ü  se  produit  une  quantit^  considerable  de  sulfate  d'ammo- 
,yiiiaque  en  meme  temps  qu'une  mati^re  sucree,  qui  ^tait  probablement 
„du  glucose ;  du  moins ,  eile  se  deoomposait  comme  lui,  au  contact  de 
„la  leTÜre  de  bi^re,  en  alcool  et  en  acide  carbonique.« 

(Deutsche  Ausgabe  Ton  Wurtz  Bd.  IT,  S.  364.) 

Bern,  den  5.  März  1861. 


Ausgegeben  den  3.  August  1861. 


ANNALEN 

DBR 


CHEMIE  UND  PHARMACIE. 


CXIX.    Bandes     drittes    Heft 


MittheiluDgen  aus  dem  Laboratorium  zu  Innsbruck. 


IV.    lieber  das  Galbanum; 

von*P.  Mössmer, 


Dr.  Sommer  hat  in  Zw  enger 's  Laboratorium  kürzlich 
gefunden,  dafs  das  Galbanum,  sowie  mehrere  andere  Harze 
und  Schleimharze,  ein  merkwürdiges  Zersetzungsproduct,  das 
Umbelliferon,  liefert,  welches  dem  Chinon  isomer  ist. 

Einige  Beobachtungen  über  das  Galbanum,  die  Herr 
Ph.  Mag.  P.  Mössmer  gesammelt  hat»  sind  darum  in  Rück- 
sicht auf  diesen  krystallisirten  Körper  und  als  Ergänzung 
der  älteren  Untersuchungen  vielleicht  nicht  ganz  ohne  In- 
teresse. 

I.  Beim  Destilliren  des  in  Stücken  zerschlagenen  Gal- 
banums  mit  Wasser  aus  einer  Glasretorte  erhält  man  etwa 
7  Procent  eines  flüchtigen  Oels  von  dem  balsamischen  Gal- 
banumgeruch,  welches  bei  der  nächsten  Rectification  mit 
Wasser  völlig  farblos  und  ziemlich  lichtbrechend  erscheint. 

Mit  Chlorcalcium  getrocknet  und  dann  für  sich  destillirt 
zeigt  es,  wenn  Platindraht  in  die  Retorte  gelegt  wurde,  bei 
160^  0.  ein  sehr  constantes  Sieden,  und  geht  zwischen  160 
und  165^  fast  ohne  Rückstand  über. 

Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.  GXIX.  Bd.  3.  Heft.  17 


258  Mössmer,  über  das  Oalbanum, 

Die  Parthie  einer  dritten  Rectification,  die  zwischen  160 
und  161^  übergegangen  war,  wurde  analysirt. 

I.    0,8197  Grm.  Substanz  gaben  1,084  Grm.  Kohlensäure  und  0,3418 
Grm.  Wasser. 

II.    0,2115  Grm.  Substanz  gaben  0,685  Grm.  Kohlensäure  und  0,2239 
Grm.  Wasser. 

m.    0,1915  Grm.  Substanz  gab6n  0,620  Grm.  Kohlensäure  und  0,202 
Grm.  Wasser. 

Diesen  Zahlen  nach  ist  das  Galbanumöl  mit  dem  Ter- 
pentinöl isomer. 

berechnet  L  II.  IIL 

Gio  88,24  88,20        88,33         88,29 

Hie  11,76  11,88         11,76         11,71. 

Das  spec.  Gewicht  wurde  bei  9^  C.  zu  0^8842  gefunden. 
-  Das  Mittel  aus  6  Versuchen  ergab  in  einem  Cylinder 
von  61°*°^  Höhe  eine  Ablenkung  des  polarisirten  Strahls  um 
11^20'  nach  rechts. 

Daraus  ergiebt  sich  die  specifische  Dr^hkraft  =  0,1857. 
Der  Brechungsexponent  des  Oels  ist  =  .1,4542. 

Bei  der  Behandlung  mit  trockenem  Salzsäuregas  färbt 
sich  das  Oel  röthlich  bis  purpurroth  und  wird  zuletzt  un« 
durchsichtig.  In  der  Kälte  scheiden  sich  dann  nach  einigen 
Tagen  Krystal)e  einer  Salzsäureverbittdung  aus,  die  abgeprefst 
und  aus  Alkohol  umkrystallisirt  einen  starken  cajeputähnlichen 
Geruch,  im  Uebrigen  aber  so  vollständig  die  Verhältnisse  der 
entsprechenden ,  aus  Terpentinöl  und  anderen  isomeren 
Kohlenwassersloffen  entstehenden  Salzsäureverbindung  zeigten, 
dafs  es  überflüssig  schien,  sie  noch  zu  analysiren. 

Mit  verdünnter  Salpetersäure  übergössen  und  stehen  ge- 
lassen färbte  sich  das  Oel  dunkel,  allein  es  hatte  sich  noch 
nach  mehr  als  3  Monaten  keine  Krystallisation  eingestellt. 

II.  Nach  dem  Abdestilliren  des  Oels  hat  man  in  der 
Retorte  eine  harzige  Hasse  und  eine  trübe  Flüssigkeit,  die 
die   gummösen,    schleimigen    und   extractiven   Bestandtheile 


Mössmer^  über  das  Oalbanufn,  259 

gelöst  enthält,   und  die  zu  einer  weichen  klebrigen  Masse 
eintrocknet.  *) 

Die  harzige  Masse  wurde  mehrmals  mit  Kalkmilch  aus- 
gekocht. Man  erhält  nach  dem  Filtriren  dunkelgelb  gefärbte 
Lösungen,  die  mit  Salzsäure  versetzt  das  Harz  in  weifslich- 
gelben  Flocken  fallen  lassen ,  die  leicht'  auszuwaschen  sind. 

Es  erweicht  und  schmilzt  schon  in  der  Wärme,  löst 
sich  in  gewöhnlichem  Aether  völlig ,  in  absolutem  aber 
nicht  ganz. 

Die  letztere  Lösung  ist  dunkel  goldgelb  und  hinterläfst 
beim  Verdunsten  das  Harz  als  honiggelbe  Masse ,  die  nun- 
mehr in  Alkalien  nicht  völlig  löslich  ist.  Auch  Schwefel- 
kohlenstoff löst  es  nur  theilweise  ,  Alkohol  am  leichtesten. 
Es  ist  nicht  möglich  gewesen,  es  in  eine  krystallisirte  Form 
oder  in  krystallisirte  Verbindungen  überzuführen.  Auch 
nitrirte  oder  bromirte  Verbindungen  zu  erhalten  gelang  nicht. 


*)  DestUlirt  man  dieselbe  mit  verdünnter  Schwefels&nre ,  so  erhält 
man  ein  trübes  Destillat,  welches  sauer  reagirt  und  einen  fett- 
säureartigen, dabei  schwach  aromatischen  Geruch  besitzt.  Sättigt 
man  mit  Soda,  dampft,  um  eine  Spur  flüchtigen  Oels  zu  ver- 
jagen, ein,  zersetzt  wieder  mit  Schwefelsäure  und  destillirt  neuer- 
dings, so  läfst  sich  aus  dem  Destillat  durch  Sättigen  mit  Silber- 
oxjd  in  der  Hitze  eine  ziemliche  Menge  eines  flockig  krystalli- 
sirten  weifsen Silbersalzes  erhalten,  welches  sich  nach  der  damit 

.    vorgenommenen  Analyse  als  metacet-essigsaures  erwies. 

0,2812  Grm.    (bei   100^  getrockneter)   Substanz  gaben   0,178 
Grm.  Kohlensäure  und  0,0635  Grm.  Wasser. 

0,300  Grm.  (bei  100^  getrockneter)    Substanz  gaben   0,1855 
Grm.  Silber. 


OaHjAgOa 

OgHsAga, 

berechnet 

gefunden 

c 

17,24 

17,26 

H 

2,30 

2,50 

Ag 

62,06 

61,83. 

17* 

260  MSsameTy  über  das  Galbanum. 

Das  durch  Lösen  in  absolutem  Aether  und  Wiederver- 
dunslen  des  letzteren  gereinigte,  geschmolzene,  völlig  aschen- 
freie Harz  gab  bei  der  Analyse  : 

0,243  Grm.   Substanz    gaben    0,642   Grm.   Kohlensäure   und  0,175 
Grm.  Wasser. 

0,264  Grm.    Substanz  gaben  0,6965  Grm.   Kohlensaure   und  0,196 
Grm.  Wasser. 


In  100  Theilen  : 

c 

72,05                  71,93 

H 

8,00                    8,24. 

In  gewöhnlichem  Aether  völlig  lösliches  Harz  von  anderer 
Bereilunor  gab  C  7i,60;  H  8,44. 

Johns  ton  fand  im  Mittel  von  fünf  Analysen  : 

C         73,9 
H  8,4. 

Eine  concentrirte  alkoholische  Lösung  des  Harzes  mit 
Salzsäure  gesättigt  und  in  zugeschmolzenen  Röhren  längere 
Zeit  auf  100^  erhitzt  liefert  als  Zersetzungsproduct  Umbelli- 
feron.  Es  löst  sich  dasselbe  bei  der  Behandlung  des  Röhren- 
inhaltes mit  Wasser,  während  sich  eine  braune  Harzmasse 
abscheidet. 

Zucker  wurde  in  dieser  Lösung  nicht  gefunden. 

Ili.  Das  Umbelliferon  wurde  schon  von  Zwenger  und 
Dr.  Sommer  auch  durch  trockene  Destillation  des  Galbanum- 
harzes  gewonnen.  *}  Dieses  so  gereinigte  Harz  liefert  es 
in  beträchtlicher  Menge.  Das  rohe  Destillat  ist  ein  grün* 
blaues  Oel  von  mildem  aromatischem  Geruch ,  in  welchem 
sich  oft  schon  im  Retortenhalse  Krystalle  ansetzen.  Gleich- 
zeitig bildet  sich  bei  der  Destillation  etwas  Wasser.  Das  Oel 
erstarrt  nach  kurzer  Zeit  völlig  zu  einem  Krystallbrei.  Man 
trennt  den  öligen  Theil  von  dem  krystallinischen  durch  wie- 


*)  Chem.  Centralblatt  1859,  370;   diese  Annalen  CXV,  IS. 


Mössmery  über  das  Oalbanum»  261 

derholtes   Auskochen    mit  Wasser  und  Filtriren   durch   be- 
netzte Filter. 

Aus  der  Lösunir  krystallisirt  das  UmbeIhTeron  bald  heraus 
und  ist  nach  dem  UmkrystaHisiren  ganz  weifs  und  völlig  rein. 
Es  gab  in  Uebereinstimmung  mit  den  von  Sommer  gefun- 
denen Zahlen   : 

0,1549  Grm.  Substanz  gaben  0,3786  Grm.  Kohlensänre  und  0,0534 
Grm.  Wasser. 

OeH^Og        gefunden        Sommer  (im  Mittel) 
C       66,67  66,66  66,60 

H        3,70  3,83  3,83. 

Der  Beschreibung  des  Umbelliferons,  die  von  diesen  bei- 
den Chemikern  vorliegt,  ist  nichts  hinzuzurUgen. 

Für  die  Formel  desselben  eine  Stütze  möchte  ein  bromirtes 
Derivat  sein,  welches  in  folgender  Weise  erhalten  wurde  : 

In  eine  Lösung  des  Umbelliferons  in  schwachem  Wein- 
geist wurde  so  lange  Brom  eingetragen,  bis  die  gelbe  Farbe 
der  Flüssigkeit  einen  Ueberschufs  von  Brom  anzeigte.  Das 
herausgefallene  flockige  Product  wurde  zuerst  auf  einem  Filter 
vollständig  mit  kaltem  Wasser  ausgewaschen,  dann  in  einen 
Kolben  gespült  und  mit  einer  zur  Lösung  unzureichenden 
Menge  Alkohol  erhitzt.  Der  Alkohol  ist  gelbroth  gefärbt, 
der  Rückstand  weifs,  und  dieser,  in  einer  neuen  Menge 
heifsen  Alkohols  gelöst,  giebt  beim  Abkühlen  schnell  drusig 
verwachsene  bräunliche  Schüppchen. 

Bromumbelliferon  ist  in  Wasser  ganz  unlöslich.  Die  Lö- 
sung mit  einem  Alkali  bewerkstelligt  zeigt  einen  lichtgrünen 
Flächenschimmer,  während  sich  das  reine  Umbelliferon  durch 
einen  schön  blauen  auszeichnet. 

I.    0,3943  Grm.   Substans    gaben   0,3925  Grm.  Kohlensäure   und 
0,034  Grm.  Wasser. 

n.    0,2691   Grm.   Substanz   gaben   0,268    Grm.   Kohlensäure    und 
0,020  Grm  Wasser. 

IIL    0,2271  Grm.  Substanz  gaben  0,3213  Grm.  Bromsilber. 


262  Mö^smery  über  das  Gcdbanum. 


OeHgBrgO, 

I.  u.  UL 

II. 

c 

27,06 

27,14 

27,16 

H 

0,75 

0,95 

0,82 

Br 

60,15 

60,19 

— 

IV.  Das  bei  der  trockenen  Destillation  des  gereinigten 
Harzes  mit  dem  Umbelliferon  zugleich  übergehende  blaue  Oel 
kann  man  rein  erhalten ,  wenn  nach  dem  wiederholten  Aus- 
kochen desselben  mit  Wasser  die  letzten  Spuren  Umbelli- 
feron durch  Behandlung  mit  ganz  verdünnter  Kalilauge  wcg- 
genommen  werden. 

Der  characteristische  blaue  Schiller ,  den  die  kleinsten 
Mengen  Umbelliferon  in  alkalischer  Lösung  noch  geben»  ist 
ein  Anhaltspunkt,  wie  lange  man  das  Oel  so  zu  waschen  habe. 

Als  er  ganz  verschwunden  war,  wurde  mit  etwas  ange- 
säuertem Wasser  das  Alkali  entfernt  und  zuletzt  lange  mit 
reinem  Wasser  behandelt 

Das  Oel  ist  ziemlich  dickflüssig  und  hat  einen  hohen 
Siedepunkt.  Besser  als  durch  Chlorcalcium  entfernt  man  die 
anhängende  Feuchtigkeit  dadurch ,~  dafs  man  es  in  einer  Re- 
torte, die  mit  einem  Aspirator  verbunden  ist,  so  lange  auf 
ilO^  erhitzt,  als  sich  noch  ein  Beschlag  von  Wasser  im 
Halse  zeigt. 

Es  wurde  dann  rectificirt,  die  ersten  und  letzten  Par- 
thieen  entfernt  und  die  mittlere  für  sich  aufgefangen. 

Diese  wurde  nochmals  mit  eingesenktem  Thermometer 
nmdestillirt. 

Man  erhielt  so  ein  prächtig  blaues  Oel,  von  so  rein  und 
tief  azurblauer  Farbe,  wie  sie  eine  ammoniakalische  Lösung 
von  Kupferoxyd  zeigt. 

Weingeist  löst  es  mit  derselben  schönen  Farbe.  Es 
läfst  sich  über  Aetzkalk  rectificiren ,  ohne  sie  zu  verlieren. 
Alkoholische  Eisenchloridlösung  verwandelt  sie  in  lichtgrün. 
Salpetersäure  färbt  das  Oel  in  der  Kälte  gelbroth,  beim  Er- 
hitzen  dunkler. 


Mössmer,  über  das  Galbanum.  263 

Brom  verharzt  es  unter  starker  Bromwasserstoffentwlcke* 
lung.  In  Aetzaikalien  ist  es  ganz  unlöslich  und  behält  die  Farbe. 

Durch  Schwefelsäure  wird  es  braungelb. 

Der  Geruch  ist  schwach  aromatisch ,  der  Geschmack 
ebenso,  dann  etwas  kratzend  und  hinterher  stark  bitter.  In 
einer  Eältemischung  wird  es  sehr  dickflijssig,  ohne  aber  zu 
erstarren. 

Sein  Siedepunkt  liegt  bei  289<>  C. 

Als  man  das  Oel  in  einer  langen  Glasröhre,  in  die  ein 
Thermometer  tauchte,  kochte,  beobachtete  man,  dafs  anfangs 
das  Thermometer  bis  264,  dann  auf  273^  stieg  und  dabei 
seine  blaue  Farbe  in  eine  dunkelgrüne  änderte.  Ebenso  wur- 
den die  früher  blauen  Dämpfe  grünlich;  das  Thermometer 
erreichte  endlich  289^  und  stellte  sich,  während  es  seiner 
ganzen  Länge  nach  den  heifsen  Dämpfen  ausgesetzt  war, 
völlig  ein. 

Bei  dieser  Temperatur  destillirte  es  dann  auch  aus  einer 
Retorte  über,  und  zwar  mit  der  schönsten  blauen  Farbe.  Die 
Analysen  sind  mit  zwei  Oelen  verschiedener  Bereitung  aus- 
geführt,  die  beide,  auch  ohne  zuvor  länger  erhitzt  gewesen 
zu  sein,  bei  289  bis  290^  abdestillirt  waren. 

I.    0,2188  Grm.  Substanz   gaben    0,6722   Grm.  Kohlensäure  und 
0,2066  Grm.  Wasser. 

II.    0,1971   Grm.   Substanz  gaben  0,6049   Grm.  Kohlensäure  und 
0,187  Grm.  Wasser. 

in.    0,2550   Grm.    Substanz    gaben   0,782  Grm,   Kohlensäure   und 
0,2375  Grm.  Wasser. 

lY.    0,2398  Grm.   Substanz    gaben   0,7373  Grm.   Kohlensäure   und 
0,2223  Grm,  Wasser. 

In  100  Theilen  : 
I.  II.  III.  IV. 

C  83,78        83,70        83,63         83,85 

H  10,49        10,57         10,35        10,30. 

Die  einfachste,  diesen  Zahlen  entsprechende  Formel  ist 
C20H15O  odef  GsoHso^)  welche  verlangt  : 


264  Mössmer,  über  das  OaJbanum. 

C  83,91 
H  10,49 
O  6,60. 

Dafür,  dafs  die  Formel  dieses  Oels  €20  (tder  ein  MuUiplum 
davon  enthält,  scheint  zu  sprechen,  dafs  durch  Behandlung 
desselben  mit  Kalium  oder  Natrium  ein  farbloses  Oel  erhalten 
wird,  dessen  Analysen  auf  die  Formel  GsoHso  passen. 

Die  Operation  wurde  in  einer  aufrechtstehenden  Retorte 
vorgenommen ,  und  das  Kochen  mit  dem  Metall  so  lange 
unterhalten,  bis  die  Farbe  des  Destillats  ganz  verschwun- 
den war. 

Der  Retorteninhalt  wird  gelbbraun ,  das  abdestillirende 
Oel  ist  farblos ,  besitzt  einen  schwachen ,  kräuterartigen  Ge- 
ruch, und  einen  milden,  gar  nicht  brennenden  Geschmack. 

Es  siedet  ziemlich  constant  bei  254^  und  löst  sich  in 
absolutem  Alkohol,  Schwefelkohlenstoff  und  Aether. 

Die  alkoholische  Lösung  wird  von  Eisenchlorid  nicht 
verändert,  Brom  wirkt  heftig  ein. 

I.    0,190  Grm.    Bubstanz    gaben   0,6176  Grm.   Kohlensäure  nnd 
0,1938  Grm.  Wasser. 

n.    0,2738  Grm.  Substanz  gaben   0,8918  Grm.  Kohlensäure  und 
0,2745  Grm.  Wasser. 

berechnet  L  II. 

Gso  88,88  88,65        88,83 

Hao  11,12  11,33         11,14. 

Die  Formeln  €2oH8oO  für  das  blaue  Oel,  und  €2oH8o  Tür 
den  Kohlenwasserstoff  drücken  die  einfache  Beziehung  der 
beiden  Körper  zu  einander  aus,  welche  die  eines  Alkohols 
zu  seinem  Hydrür  ist. 

Zwischen  diesen  beiden  steht  das  Product  der  Behand- 
lung des  blauen  Oels  mit  wasserfreier  Phosphorsäure. 

Beim  Erwärmen  damit  entfärbt  es  sich  ziemlich  schnell 
und  beim  Destilliren  erhält  man  ein  gelbliches  Oel  mit  einem 
schwach  bläulichen  Schimmer. 

Nach  dem  Rectificiren  siedet  es  bei  250  bis  253^. 


Mosamer,  über  das  Oalbanum.  265 

Sein  Geruch  ist  wenig  verschieden  von  dem  mit  Kalium 
behandelten  Oel. 

0,3514  GrnL  Substanz  gaben  0,1195  6rm.  Eohlensftore  und  0,3401 
Grm.  Wasser. 

0,2589  Grm.  Substanz  gaben  0,8235  Grm.  Kohlensftore  und  0,2514 
Grm.  Wasser. 

In  100  Theilen  : 
G  86,88  86,75  ^ 

H  10,75  10,78. 

Die  Formel  §*^[J*H0  verlangt  : 

C         86,66 
H        10,47. 

Somit  wäre   dieses  Oel  gegenüber  dem  blauen  im  Ver- 
hältnifs  eines  Aethers  zum  Alkohol. 

^2oHs9J^  blaues  OeL 

^8oHa9]^  Product  der  PhosphorsÄurebebandlung. 

^"^H**  I  P'^^^^ö*  ^^^  Behandlung  mit  Natrium. 


Man  kennt  bis  jetzt  aufser  dem  Chamillenöl  wenige  Oele 
Yon  so  eigenthümlicher  blauer  Farbe,  wie  die  des  Galbanumöls. 
Das  Chamillenöl,  im  Geruch  und  den  übrigen  Eigenschaften 
dem  Galbanumöl  sehr  ähnlich,  besteht  nach  Born  trä- 
ger*) aus  : 

C  79,8        79,8        79,5        78,2 

H  10,0        10,6        10,8  — 

und  es  ist  immerhin  zu  beachten,  dafs  diese  Zahlen  sich  der 
Formel  G20H32O2,    die  sich  von  der  des  blauen  Galbanumöls 
um  HgO  unterscheiden,  nähern. 
Sie  verlangt  :  C  78,9 ;  H  10,5. 


*)  Diese  Annalen  XLIX ,  243. 


266  HlasiwetZj  über  die  Gtuyakharzsäure 

Es  treten  aufser  dem  Umbelliferon,  dem  blauen  Oel  und 
einer  kleinen  Menge  Wasser  keine  wesentlichen  Prodocte 
bei  der  Zerselzqng  des  gereinigten  Galbanumharzes  durch 
Hitze  auf. 

Einen  Scblufs  aus  diesen  Zersetzungsproducten  auf  die 
Zusammensetzung  des  Harzes  selbst  zu  ziehen  ,  kann  natür- 
lich nur  einen  ungefähren  Werlh  haben,  da  dieses  keine 
brauchbaren  Verbindengen  eingeht,  oder  in  eine  Form  zu 
bringen  wäre,  die  eine  so  ermittelte  Formel  controliren  könnte. 

Man  hätte  aber  annäherungsweise  vielleicht  : 

^»Ha8^6     =    €fjoH«>0     +    OeH^O,     +     2  H^O 
Harz  blanes  Oel     Umbelliferon. 

berechnet  gefunden  Johnston 

72,0         71,9  73,9 

8,0  8,2  8,4 


e« 

72,6 

H« 

8,8 

ö. 

18,7 

100,0. 

Setzt  man  in  dem  Harz  einen  kleinen  Ueberschufs  an 
Sauerstoff  voraus ,  so  würden  die  Zahlen  ziemlich  genau  mit 
dieser  Formel  stimmen. 

Hlasiwelz, 


V.     Ueber  die  Guajakharzsäure  und  das  Pyroguajacin ; 

von  H.  Hlaaiwetz. 


Der  CXI.  Band  dieser  Annalen  enthält  (Seite  183}  eine 
vorläufige  Hittheilung  über  einen  neuen  krystallisirbaren  Be- 
standtheil  des  Guajakharzes ,  dessen  weitere  Untersuchung 
ich  im  Verein  mit  Dr.  v.  Gl  Im  ausgeführt  habe. 

Ueber  die  Darstellung  des  Körpers,  der  die  Natur  einer 
schwachen  Säure  besitzt,   ist  schon  berichtet.     Das   ange- 


und  das  Pyrogmjacin.  267 

gebene  Verfahren  hat  sich  auch  in  der  Folge  als  zweckmäfsig 
.bewährt. 

Nachdem  über  die  Formel  der  y^Guajakharzsäure^, 
(so  möge  dieselbe  zum  Unterschiede  von  der  Guajaksäure 
Thierry's  bezeichnet  werden),  die  zunächst  als  Kaliver- 
Bindung  erhalten  wird,  einige  Anhaltspunkte  vorlagen,  schien 
die  zuerst  nur  empirisch  als  passend  gefundene  Kalimenge, 
mit  der  man  eine  Guajakharzlösung  zu  mischen  hat,  etwas 
zu  hoch  gegriffen,  und  sie  wurde  bei  einigen  späteren  Ver- 
suchen probeweise  um  ein  Drittel  vermindert. 

Die  Ausbeute  wurde  allerdings  dadurch  kaum  geringer, 
aHein  das  abgeschiedene  Kalisalz  war  dann  nicht  von  jener 
Reinheit  und  Weifse,  wie  früher. 

Es  nahm  beim  Auswaschen  eine  schwache  Bläuung  an, 
und  lieferte  bei  der  Zersetzung  mit  Säuren  einen  Körper,  der, 
so  gut  krystallisirbar  er  auch  war,  doch  durch  eine  blaue 
Farbenreaction  mit  Eisenchlorid  und  Chlorwasser  eine  Ver«« 
unreinigung  beurkundete^  die  ihm  fremd  sein  soll.* 

Eine  andere  gute  Methode,  die  noch  leichter,  wenn  auch 
etwas  weniger  reichlich  ein  reines  Product  liefert,  besteht 
darin,  dafs  man  das  gepulverte  Harz  mit  der  Hälfte  seines 
Gewichts  zu  Milch  gelöschtem  Kalk  eine  halbe  Stunde  lang 
kocht,  dann  das  Flüssige  abseiht,  den  Rückstand  trocknet  und 
in  einem  Verdrängungsapparat  mit  heifsem  Alkohol  auszieht. 
Von  der  lichtgelben  Tinctur  (die  an  der  Luft  leicht 
grün  wird  und  defshalb  am  besten  in  mit  Kohlensäure  ge- 
füllten Gefäfsen  weiter  behandelt  wird)  zieht  man  den  Al- 
kohol ab  und  löst  den  Rückstand  in  warmer  Natronlauge 
von  1,3  spec.  Gew. 

Beim  Abkühlen  erhält  man  einen  Brei  des  Natronsalzes, 
welches  zwischen  Leinwand  in  einer  Presse  trocken  geprefst 
wird.    Es  wird  dann  zerrieben,  unter  Zusatz  von  Natronlauge 


268  Hlasiwetz^  über  die  Ouajakharzsäure 

aus  Wasser  umkrysiallisirt,   und  das  so  gereinigte  Salz  mit 
Salzsäure  zersetzt. 

.  Die  weitere  Reinigung  der  Harzsäure  kann  man  ver- 
schieden ausführen.  Alkohol  löst  sie  sehr  leicht  und  die 
Lösung  krystaliisirt  defshalb  langsam.  Die  Krystalle  bleiben 
warzig,  klein,  und  sind  von  der  Mutterlauge  schwer  gan^ 
zu  befreien.  Schöner  erhält  man  sie  aus  concentrirter 
Essigsäure,  in  der  sie  sich  beim  Erwärmen  auch  mit  Leich- 
tigkeit löst. 

Nach  kurzer  Zeit  bilden  sich  in  solcher  Lösung  strahlig- 
kugelige  Krystallansätze ,  und  weiterhin  erstarrt  die  ganze 
Flüssigkeit  zu  einem  Haufwerk  concentrisch  gruppirter  Nadeln, 
die  nicht  weich,  wie  die  aus  Alkohol  erhaltenen  schuppigen 
Krystalle,  sondern  spröde  sind. 

Sie  wurden  auf  feiner  Leinwand  von  der  Mutterlauge 
befreit,  zuerst  mit  starker,  dann  schwächerer  Essigsäure, 
endlich  mit  Wasser  bis  zum  Aufhören  der  sauren  Reaclion 
gewaschen^  waren  farblos  aber  auch  geruchlos,  während  die 
aus  Alkohol  krystallisirte  leicht  einen  schwachen  Vanillege- 
ruch  behält. 

Versetzt  man  eine  verdünnte  alkoholische  Lösung  der 
Harzsäure  mit  Wasser,  so  dafs  die  Flüssigkeit  nur  milchig 
wird  und  nicht  schon  Harzklümpchen  abscheidet,  so  ver- 
wandelt sich  diese  Trübung  über  Nacht  in  schöne  glänzende 
dünne  Blättchen. 

In  derselben  Weise  krystaliisirt  eine  mit  Wasser  sehr 
verdünnte  alkoholische  Lösung  der  Kali-  oder  Natronsalze, 
die  mit  Salzsäure  bis  zur  milchigen  Trübung  versetzt  wurde. 

Am  besten  eignet  sich  zur  Reinigung  immer  das  weiter 
unten  beschriebene  Natronsalz,  welches  man  durch  wieder- 
holtes Umkrystallisiren  blendend  weifs  herstellen  kann. 

Als  äufsere  Anhaltspunkte  der  Reinheit  der  Säure  mufs 
man   verlangen ,    dafs   sie  an   der  Luft   liegend   sich    nicht 


und  das  Pyroguajacin,  269 

verändert  und  grünlich  wird,  dafs  sie  in  Alkohol  gelöst  und 
mit  alkoholischer  Eisenchloridlösung  versetzt  durchaus  keine 
blaue,  sondern  eine  grasgrüne  Färbung  zeigt,  dafs  die  alko- 
holische Lösung  mit  Chlorwasser  versetzt  sich  nicht  bläut 
oder  grünt  y  und  dafs  die  mit  Wasser  zu  einer  Milch  ver- 
dünnte Lösung  auf  Zusatz  einiger  Tropfen  rother  Salpeter- 
säure nicht  gebläut  wird. 

Die  Krystalle  der  Guajakharzsäure  schmelzen  zwischen 
75  und  80^  C,  und  erstarren  unmittelbar  nach  dem  Schmelzen 
wieder  krystallinisch.  lieber  den  Schmelzpunkt  erhitzt  bleibt 
die  Masse  harzartig.  Auf  Platin  verbrennen  sie  mit  leuch- 
tender Flamme  ohne  Rückstand.  Die  Analysen  mufsten  immer 
in  einem  andauernden  Strom  Sauerstoff  beendigt  werden, 
sonst  waren  die  Resultate  im  Kohlenstoff  ungenau. 

I.     0,276  Grm.   Substanz    gaben  0,733   Grm.   Kohlensäure    und 
0,1941  Qrm.  Wasser. 

II.     0,2356  Grm.  Substanz  gaben  0,6245  Grm.  Kohlensäure  und 
0,1667  Grm.  Wasser. 

III.  0,2307  Grm.  Substanz  gaben  0,6150  Grm.  Kohlensäure  und 

0,162  Grm.  Wasser. 

IV.  0,2263  Grm.  Substanz  gaben  0,6043  Grm.  Kohlensäure  und 

0,162  Grm.  Wasser. 

y.     0,2261  Grm.  Substanz   gaben  0,6023  Grm.  Kohlensäure  und 
0,1647  Grm.  Wasser. 

VI.      0,2393  Grm.   Substanz  gaben  0,6331   Grm.  Kohlensäure  und 
0,1727  Grm.  Wasser. 

VII.     0,2482  Grm.  Substanz  gaben  0,6642  Grm.  Kohlensäure  und 
0,175  Grm.  Wasser. 

L  II.  III.  IV.  V.  VI.  VII. 

C  72,43         72,29         72,70         72,52         72,65        72,15         72,98 

H  7,81  7,86  7,80  7,95  8,09  8,01  7,83*). 


♦)  Von  den  vielen  Verbrennungen,  die  gemacht  wurden,  halten  wir 
die  mit  den  höchsten  Kohlenstoffgehalten  für  die  richtigsten.  Die 
übrigen  differiren  von  diesen  um  7s  bis  1  pO.  Der  WasserstojQf 
ist  immer  ziemlich  derselbe. 

Die  Substanzen  waren  von  verschiedenen  Bereitungen ,  und 
es  zeigte  sich  auch,  dafs  solche,  die  mit  Eisenchlorid  sich  mehr 


270  Slasiwetz^  über  die  Guajakharzaäure 

Diese  Zahlen  lassen  mehrere  Formeln  zu,  von  denen 
€2oHs6^4  am  besten  auch  der  Zusammensetzung  der  unter- 
suchten Salze  entspricht.    Dieselbe  verlangt  : 

€20  240  72,72 
Hae  26  7,87 
O4      64       19,41 

-    -  -         ^ 

330  100,00. 

Ouajdkharzsaure  Salze.  —  Die  Säure  verbindet  sich  in 
zwei  Verhaltnissen  mit  den  Basen  und  giebt  neutrale  und 
saure  Salze. 

Für  die  Analyse  brauchbar  sind  vornehmlich  die  der 
Alkalien,  die  wenigstens  krystallisirt  zu  erhalten  sind. 

Die  der  alkalischen  Erden  und  Metalloxyde  sind  amorphe 
Niederschläge. 

Es  sind  aber  selbst  die  krystallisirten  Alkaliverbindungen 
nicht  ganz  leicht  rein  zu  erhalten,  denn  sie  sind  sehr  zer- 
setzlich,  und  die  krystallisirte  Form,  ihre  Weifse  und  äufsere 
scheinbare  Reinheit  bürgen  nicht  immer  dafür,  dafs  man  es 
nicht  mit  Gemischen  beider  Arten  von  Salzen  zu  thun  hat. 

Bei  aller  Sorgfalt,  die  auf  die  Darstellung  und  Reinigung 
verwendet  wurde ^  waren  darum  kleine  Differenzen  in  den 
Analysen  nicht  hintänzuhalten. 

Die  neutralen  Salze  sind  von  gleichbleibender  Zusammen- 
setzung nur  bei  einem  Ueberschufs  freien  Alkali's  zu  er- 
halten. Sie  zersetzen  sich  schon  beim  Erhitzen  ihrer  Lösung, 
und  liefern  beim  Kochen  saure  Salze. 

Die  Lösung  der  sauren  Salze  zersetzt  sich  beim  Sieden 
weiter,  und  setzt  dann  Gemische  von  saurem  Salz  mit  freier 
Säure  ab,  die  oft  noch  ein  krystallinisches  Aeufsere  besitzen. 


bläuen  als  grünen,  etwas  kohlenstoffUrmer  sind.  Sie  wurden 
Tor  der  Analyse  geschmolzen,  oder  in  einem  bis  in  die  Nähe 
ihres  Schmelzpunktes  erwärmten  Luftstrome  getrocknet 


und  das  Pyroguajacin*  271 

Alle  untersuchten  Salze  enthalten  Wasser,  welches  sie 
erst  durch  anhaltendes  Trocknen  in  einem  Luftstrome  bei 
je  nach  der  Art  des  Salzes  verschieden  hohen  Temperaturen 
(120  bis  150»J  völlig  verlieren. 

Neutrales  Kalisalz,  —  Es  fällt  auf  Zusatz  einer  alkoho- 
lischen Kalilösung  zu  einer  alkoholischen  Lösung  der  Säure 
als  copiöser ,  undeutlich  krystallinischer  Niederschlags  den 
man  schnell  auf  einem  Filter  mit  kaltem  starkem  Alkohol 
wascht  und  prefst.  Wässerige  Kalilösung,  wenn  sie  nicht  zu 
concentrirt  ist,  löst  die  Säure  in  der  Hitze  auf^  und  nach 
dem  Abkühlen  fällt  das  Salz  in  feinen  Krystailen  heraus, 
die  unter  dem  M.ikroscop  drusig  gruppirte  Schüppchen  dar- 
stellen. 

Aus  ganz  concentrirter  Kalilauge  und  der  Säure  ent- 
steht ein  Brei  der  Kaliverbindung ,  die,  wenn  man  erwärnyt 
und  Weingeist  bis.  zur  klaren  Lösung  hinzufügt ,  nach  dem 
Erkalten  in  feinen  Schuppen  oder  Blätlchen  erhalten  wird. 

a.    bei  100^  getrocknet. 
I.    0,2275  Grm.   Substanz   gaben  0,4535  Grm.  Kohlensäure  und 
0,1841  Grm.  Wasser. 

II.    0,2768  Grm.   Substanz  gaben  0,5560  Grm.  Kohlensäure  uüd 

0,158  Grm.  Wasser. 
m.    0,3142  Grm.  Substanz  gaben  0,1212  Grm.  schwefelsaures  KaH. 


GaoHg^KgO^  +  2  HjO^ 

I. 

11. 

Hl. 

Gjo 

240            54,30 

54,36 

54,78 

— 

•tlgg 

28              6,33 

6,54 

6,34 

— 

K, 

78             17,66 

— • 

— 

17,28 

^e 

96             21,71 

'  — ^ 

— 

— 

442  100,00. 

I.    0,333  Grm.  dieses  Salzes  verloren  bei  140<^  0,0272  Grm.  Wasser. 
II.    0,290   Grm.   wasserfreies   Salz   gaben    0,1235   Qctau    schwefel> 
saures  Salz. 
Der  Krystallwassergehalt  berechnet  sich  zu  8,14  pC. 

gefunden     8,16  pC. 
Der  Kalig6halt  des  trockenen  Salzeä  ist  berechnet  23,15  pG. 

gefunden  23,00  pG. 


272  SlasiwetZf  über  die  Quajakharzsdure 

b.   Ein  Salz  Ton  anderer  Bereitung  ergab  nach  dem  Trocknen  bei  100^ : 

0,2823  Grm.  Substanz  gaben  0,5417  Grm.  Kohlensftore  nnd  0,1590 

Grm.  Wasser. 
0,2946  Grm.  Substanz  gaben  0,109  Grm.  schwefelsaures  KalL 


^soHjiKjjO^ 

+  SHg^ 

gefunden 

€«> 

240 

52,17 

52,33 

H«, 

30 

6,52 

6,26 

K» 

78 

16,99 

16,58 

^f 

112 

24,32 

— 

460  100,00. 

0,400  Grm.  Substanz  bei  140^  getrocknet  gaben  0,165  Grm.  schwe- 
felsaures Kali. 

Berechneter  Ealigehalt        23,15 
Gefunden 22,30. 

Bei  der  trockenen  Destillation  liefert  das  Kalisalz  eine 
grofse  Menge  schwerer  weifser  uncondensirbarer  Dämpfe^ 
etwas  Wasser  und  eine  kleine  Menge  eines  brenzlichen  Oels. 

Saures  Kalisalz.  —  Erhält  man  eine  Lösung  des  neu- 
tralen Salzes  in  verdünntem  Alkohol  einige  Zeit  im  Sieden, 
so  bildet  sich  nach  dem  Abkühlen  eine  krümlicb  -  pulverige 
Krystallisation  des  sauren  Salzes ,  das  auf  einem  Filter  mit 
kaltem  Alkohol  gewaschen  wird. 

Das  Salz  läfst  sich  auch  erhalten  durch  Vermischen  einer 
Lösung  der  Säure  in  schwachem  Weingeist  mit  einer  Lösung 
von  kohlensaurem  Kali.  Der  entstandene  Niederschlag  wird 
mit  der  Flüssigkeit  erhitzt,  und  so  lange  verdünnter  Alkohol 
zugesetzt,  bis  das  Ganze  klar  gelöst  ist. 

Beim  Abkühlen  fällt  die  Verbindung  als  ein  undeutlich 
krystallinischer  Niederschlag  heraus,  der  mit  kaltem  Wasser 
gewaschen  und  zwischen  Papier  abgeprefst  wird« 

0,3212  Grm.  Bubstanz  (bei  100<^  getrocknet)  gaben  0,7234  Grm. 
Kohlensäure  tmd  0,2082  Grm.  Wasser. 

0,4189  Grm.  Substanz  gaben  0,0921  Grm.  schwefelsaures  Kali. 


und  das  Pyroguajacin,  273 


GgoHjßKO^  +  Hj^ 

gefanden 

««0 

240             62,17 

61,42 

HjT 

27               6,99 

7,20 

K. 

39             10,10 

9,83 

^6 

80             20,74 

— 

386  100,00. 

Dasselbe  Salz  bei  120^  getrocknet  verlor  0,010  Grm. 
Wasser. 

Berechneter  Wassergehalt         4,66 
Gefundener  Wassergehalt  4,80. 

Das  neutrale  Kalisalz  zersetzt  sich  bei  längerem  Kochen 
seiner  Lösung  in  wässerigem  Weingeist.  Es  scheidet  dann 
in  der  Kälte  einen  pulverigen,  mitunter  krystallinischen  Nie- 
derschlag aus,  der,  je  nach  der  Dauer  des  Kochens  und  je 
nach  dem  Alkoholgehalt  der  Flüssigkeit,  einen  sehr  wechseln- 
den, bis  zu  8  pC.  verminderten  Kaligehalt  zeigen  kann  und 
ein  Geroisch  ist  von  wenig  freier  Säure  und  viel  neutra- 
lem Salz. 

In  der  Lösung  befindet  sich  freies  Alkali. 

Neutrales  Natronsah.  —  Eine  w^ingeistige  Lösung  der 
Säure  wird  von  einer  alkoholischen  Natronlösung  sofort 
reichlich  gefällt.  Setzt  man  noch  etwas  überschüssiges  Natron 
hinzu,,  erhitzt  das  Ganze,  und  fügt  nun  so  viel  Wasser  zu 
bis  eine  klare  Lösung  entsteht,  so  erfüllt  sich  diese  nach 
dem  Filtriren  bald  mit  schönen  glänzenden  Krystallblättchen 
des  neutralen  Natronsalzes. 

Die  anderen,  beim  entsprechenden  Kalisalz  angegebenen 
Verfahrungsweisen  liefern  das  Salz  gleichfalls. 

Beim  Umkrystallisiren  aus  verdünntem  Weingeist  mufs 
immer  etwas  überschüssiges  Natron  zugegen  sein,  sonst  er- 
hält man  vornehmlich  saures  Salz. 

I.    0,2455  Grm.  Substanz  gaben  (bei  100^  getrocknet)  0,5222  Grm. 
Kohlensäure  und  0,1507  Grm.  Wasser. 

Acnal.  d.  Chemie  u.  Pharm.  CXIX.  Bd.  9.  Heft.  18 


m  niaäiwet»,  aber  die  Ouajakharzsdure 

ifr    tttiit  Orm.  Substanz  gaben  (bei  100®  getrocknet)  0,4705  Grm. 
Koblenaäure  und  0,1365  Gnn.  Wasser. 

iii      (1,2040  (Um.  Substanz  gaben  (bei  100®  getrocknet)  0,0725  Grm. 
sohwtjfolsaares  Natron. 

IV,     O.bJHOOrm.  Substanz  gaben  (bei  100®  getrocknet)  0,1125  Grm. 
Ii0hw^felsaures  Natron. 

iJ^H,4Na,^4  +  2H,0  L  IL         lU.        IV. 

ü^  240  58,29  58,01     58,06       —  — 

H^  28  6,83  6,82       6,86       —  — 

Nh,  46  11,22  —  -        11,50     11,45 

0,  96  23,66  —  —  —  — 


410  100,00. 

Nach  dem  Trocknen  bei  i2(y  : 

0,2455  Grm.  Substanz  gaben  0,0925  Grm.  schwefelsaures  Natron. 

0,2138  Grm.  Substanz  gaben  0,0820  Grm.  schwefelsaures  Natron. 
Natriumgehalt  des  wasserfreien  Salzes  :  berechnet       12,90 
Natriumgehalt  des  wasserfreien  Salze»  :  gelonden       12^5  bis  12,45. 

Saures  NatrontcJz.  —  Das  Irockene  neulrale  Natronsalz 
löst  sich  in  einem  Gemisch  Ton  gleichen  Theilen  Wasser  und 
Weingeist  in  der  Siedehitze  vollständig  aof.  Aus  der  er- 
kaltenden Flüssigkeit  fallen  schöne  kleine  günzende  KrystalN 
blüUt'hen  des  sauren  Salzes,  wahrend  die  Fiossigkeit  stark 
alkalist  h  reagirt. 

0,2828  Grm.   bei   100<*  getrockneter  Substanz   gaben  0,555  Grm. 
KohUnsttur«  und  0,159  Grm.  Wasser. 

0,di}  Grm,    b»l    100^   getrockneter   Substanz  gaben  0,059   Grm. 

S()bw0l't)liAur«s  Natron. 

0«i>H««Na94  4.  H,9  gefunden 

O90  940  64,86  65,01 

M%1  87  7,29  7,68 

Ntt  29  6,21  6,14 

0,  80  21,64  - 

370  100,00. 

0,2844  Qnu.  btti  420"  gotrooknst  v«rk>reii  0,0114  €^m.  Wasser. 

}ltir(iülmt)(«r  Waaa^rgebalt       4,86 
Uül'uudttutir    Wa»sor|;«halt        4,01. 


und  das  Pyroguajactn.  275 

0|2914  Gnn.  bei   120^  getrockneter  Substanz   gaben  0,7256  Grm. 
Koblensäure  und  0,200  Grm.  Wasser. 

0,306  Grm.   bei  120^  getrockneter  Substanz  gaben  0,0604   Grm. 
schwefelsaures  Natron. 

€8oH2gNa^4  geiiinden 

€so  240  68,18  67,91 

H»6  25  7,10  7,62 

Na  23  6^3  6,39 

O4  64  18,19  — 

352  100,00. 


Die  Verbindungen  der  Harzsäure  mit  den  alkalischen 
Erden  sind  kreideweifse  amorphe  Pulver. 

•Die  Barytverbindung»  aus  dem  neutralen  Kalisalz  durch 
Fällung  mit  Chlorbaryum  erhalten,  gab  bei  160^  getrocknet 
32,61  pC.  Baryt.    Für  €2oH84Ba8&4  berechnen  sich  32,93  pC. 

Die  Verbindungen  des  Blei's,  Kupfers,  Quecksilbers  und 
Silbers  sind  amorphe  Niederschläge. 

Die  Silberverbindung  wird  am  Licht  graubraun,  beim  Er- 
wärmen schnell  reducirt. 

Ammoniak  löst  die  Säure  nur  zum  kleinen  Theil.  Aus 
einer  kaiischen  Lösung  fällt  Salmiak  das  Harz. 

Bromguajahharzsäure.  —  Tröpfelt  man  Brom  in  eine 
Lösung  der  Guajakharzsäure  in  SchwefelkohlenstofT,  so  wird 
die  Flüssigkeit  zuerst  carminroth,  dann  bei  weiterem  Zusatz 
bläulich  violett,  endlich  braun.  In  diesem  Zeitpunkt  wurde 
der  Zusatz  unterbrochen,  und  die  BromwasserstoiT  in  grofser 
Menge  abdunstende  Flüssigkeit  auf  dem  Wasserbade  ab- 
geraucht. 

Der  krystallinische  Rückstand  wurde  zerrieben,  und  auf 
einem  Filter  mit  kaltem  Weingeist  gewaschen,  so  lange  der- 
selbe noch  gefärbt  ablief.  Die  weifs  gewaschene  Masse 
wurde  dann  in  siedendem  Alkohol  gelöst. 

19* 


276  JSlastwetz,  über  die  Ouajdkharzsäure 

Sie   löst   sich  langfsam,    bedarf  grofser  Alkoholmengen, 
und  fällt  beim  Erkalten  schnell  wieder  heraus. 

Das  gereinigte   Product  stellt  lockere   glänzende   kurze 
farblose  Nädelchen  dar. 

I.     0,2950  Grm.  (bei  IW  getrocknet)  Substanz  gaben  0,404  Crrm. 
Kohlensäure  und  0,100  Xrrm.  Wasser. 

II.     0,3003  Orm.  (bei  100^  getrocknet)  Substanz  gaben  0,4128  Grm. 
Kohlensäure  und  0,101  Grm.  Wasser. 

III.  0,2096  Grm.  (bei  100^  getrocknet)  Substanz  gaben  0,2473  Grm. 

Bromsilber. 

IV.  0,2594  Grm.  (bei  IW  getrocknet)  Substanz  gaben  0,3018  Grm. 

Bromsilber. 


GiO^VsßT^A^A 

I. 

IL 

III. 

IV. 

^80 

240 

37,15 

37,32 

37,41 

— 

— 

H„ 

22 

3,40 

3,76 

3,76 

— 

— 

Br, 

320 

49,39 

— 

— 

49,09 

49,6 

^4 

64 

10,06 

— 

— 

• 

— 

646  100,00. 

Die  Einwirkung  des  Chlors  auf  eine  Lösung  der  Harz- 
säure in  Schwefelkohlenstoff  verläuft  ähnlich,  allein  das  Pro- 
duct ist  viel  schwieriger  zu  reinigen. 

Die  Flüssigkeit  färbt  sich  röthlich,  dann  braun,  endlich 
gelbroth,  es  entweicht  Salzsäure  in  Strömen,  und  die  Reaction 
scheint  zu  Ende,  wenn  freies  Chlor  den  Kolben  erfüllt. 

Nach  dem  Verdunsten  hinterbleibt  eine  klebrige,  harzige, 
paradiesäpfelrothe  Masse,  die  sich  gleich  leicht  in  Alkohol, 
Aether,  SchwefelkohlenstofT  und  Essigsäure  löst. 

Es  gelang  nicht,  daraus  eine  reine  krystallisirte  Substanz 
abzuscheiden. 

Schwefelsäure  löst  die  Harzsäure  mit  purpurrother  Farbe 
und  verwandelt  sie  bei  längerer  Einwirkung  in  eine  dunkel- 
rothe  Harzmasse. 

Salpetersäure  wirkt  heftig  ein ;  das  Hauptproduct  ist  ein 
gelbes,  in  der  Kälte  sprödes  Harz. 


und  das  Pt/roguajactn,  277 

Aelzalkalien  liefsen  auch  bei  andauernder  Einwirkung 
wässeriger  Lösungen  in  der  Hitze  die  Säure  ziemlich  unver- 
ändert. 

Phosphorsuperchlorid  greift  eine  Lösung  derselben  in 
Schwefelkohienstoir  unter  Salzsäureentwickelung  an.  AUrnälig 
scheidet  sich  aus  derselben  eine  weiche  caoulchoucähiiliche 
Masse  aus,  die,  völlig  amorph,  den  Lösungsmitteln  sehr  wenig 
zugänglich  ist  und  der  Reinigung  grofse  Schwierigkeiten   bot. 

Pyroguajactn,  —  Die  Guajakharzsäure  steht  in  naher 
Beziehung  zu  dem  Pyroguajarin.  Wenn  man  sie  in  einer 
Retorte  der  trockenen  Destillation  unterwirft,  so  erhält  man 
ein  gelbes  dickliches  öliges  Destillat,  welches  in  der  Vor- 
lage und  manchmal  schon  im  Retortenhals  krystallinisch 
erstarrt. 

Die  Krystaile  sind  Pyroguajacin.  Sie  sind  durchtränkt 
mit  einem  Oel  vom  brenzlichen  Geruch  des  rohen  Gunjacols. 
Guajol  wird  dabei  nicht  gebildet. 

Es  kommt  übrigens  viel  auf  die  Art  des  Destillirens  an, 
wie  der  Procefs  verläuft.  Jagt  man  die  Masse  bei  raschem 
Feuer  schnell  über,  so  ist  das  Destillat  nach  dem  Abkühlen 
eine  weiche  bernsteingelbe  klebrige  Masse,  die  zum  grofsen 
Theil  aus  unveränderter  Säure  besieht.  Sie  verwandelt  sich 
mit  Natronlauge  erwärmt  schnell  in  das  kryslailinische  Natron- 
salz. Aufserdem  hat  sich  eine  kleine  Menge  jenes  Körpers 
gebildet,  der  die  Ursache  ist,  dafs  Guajacol  mit  Alkalien  an 
der  Luft  so  schnell  braun  wird. 

Destillirt  man  die  Säure  recht  langsam,  so  ist  das  De- 
stillationsproduct  der  Hauptmenge  nach  Guajacol,  aus  welchem 
in  der  Kälte  Pyroguajacin  krystallisirt. 

Pyroguajacin  mit  dem  öligen  Product  sieben  gelassen 
verschwand  nach  einigen  Wochen  völlig. 

Mit  dem  Pyroguajacin  wurden,  so  weit  das  beschränkte 
Material  reichte,  noch  einige  Versuche  angestellt. 


278  RlasiwetZy  über  die  Guajakharzsäure 

Da  sich  zeigte,  dafs  es  mit  den  Alkalien  krystallisirte 
Verbindungen  eingeht,  war  es  möglich,  die  für  dasselbe  vor- 
geschlagene Formel  Gi9H2»Os  weiter  zu  prüfen.  *)  Pyro-» 
guajacin  löst  sich  in  kochender  Aetzkalilösung  auf  und  die 
Flüssigkeit  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einem  Brei  farbloser 
haarförmiger  atlasglänzender  Krystalle, 

Sie  wurden  abgeprefst  und  in  kochendem  Alkohol  ge- 
löst. Beim  Erhalten  fiel  das  Salz  in  schönen  zarten  Prismen 
heraus.  Diese  enthalten  über  Schwefelsäure  getrocknet  noch 
Wasser,  welches  sie  bei  100^  verlieren. 

Es  ist  eine  Eigenthümlichkeit  der  Pyroguajacinverbin- 
dangen ,  sich  beim  Erwärmen  bis  100^  grünlich ,  weiterhin 
schmutzig-blaugrün  zu  färben. 

Bei  wiederholtem  Umkrystallisiren  werden  sie  zersetzt 
und  immer  ärmer  an  Base. 

Ueber  Schwefelsäure  getrocknete  Substanz  gab  : 

0,1994  Gnn.  Substanz  gaben  0,4567  Grm.  Kohlensäure  und  0,1173 
Gnn.  Wasser. 

0,1965  Grm.  Substanz  gaben  0,0447  Grm.  schwefelsaures  KalL 

O^Hj^KOs+lVÄ^**) 

berechnet 
C  62,81  62,46 

H  6,61  6,55 

KO  12,94  12,14. 

0,203  Grm.   bei   100^  getrockneter    Substanz    gaben    0,052   Grm. 
schwefelsaures  Kali. 

KO  berechnet         13,98 
KO  gefunden         13,89. 

Pyroguajacin-Natron,  so  bereitet  wie  die  Kaliverbindung, 
stellt  irisirende  Blättchen  dar. 


•)  VgL  diese  Annalen  CVI,  339. 

*♦)  Die  Pyroguajacinsalze  entlassen  schon  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur etwas  Krystallwasser ;  der  Gehalt  des  obigen  Salzes  ist 
wahrscheinlich  gröfser  als  17»  Aequiyalent 


und  das  Pyrognajacin.  279 

Es   wird    schon    bei   mäfsigem    Erwärmen    an   der    Luft 

grün. 

0,2010  Orm.  über  Schwefelsänre  getrockneter  Substanz  gaben  0,4885 
Grm.  Kohlensäure  und  0,119  6rm.  Wasser. 

0,2151  Grm.  über  Schwefelsäare  getrockneter  Substanz  gaben  0,0455 
Grm.  schwefelsaures  Natron. 

Diese    Zahlen    entsprechen    annähernd     der    Formel    : 
GisHaiNae»  +  HgO;  genauer  2  GiaHgiNaGa  +  2V2H2e. 


berechnet 

gefunden 

c 

66,27 

66,27 

H 

6,86 

6,57 

Na 

6,72 

6,85. 

Bei  100^  getrocknet  gaben  : 
I.    0,158  Grm.  Substanz  0,0347  Grm.  schwefelsaures  Natron, 
n.    0,158  Grm.  Substanz  0,0348  Grm.  schwefelsaures  Natron. 

^i9"2tNa03 

berechnet  I.  II. 

Na  7,18  '      7,08  7,13. 

Eine  Lösung  von  Pyroguajacin*Kali  oder  -Natron  wird  auf 
Zusatz  von  salpetersaurem  Silberoxyd  gefällt.  Der  Nieder- 
schlag bräunt  und  schwärzt  sich  schnell. 

Wird  Pyroguajacin  mit  Schwefelsäure  zusammengebracht, 
so  löst  es  sieh  mit  gelber  Farbe  auf.  Erwärmt  man,  so  ver- 
wandelt sich  die  Farbe  in  röthlich ,  schmutziggrün ,  grün^ 
violblau ,  dunkelblau.  Eine  solche  dunkelblaue  Lösung  mit 
Wasser  versetzt  läfst  ein  dunkelblaues  Pulver  fallen ;  die 
darüber  stehende  Flüssigkeit  ist  ungefärbt. 

Versetzt  man  die  blaue  Schweftlsäurelösung  mit  Alkohol, 
so  löst  sich  ein  Theil  mit  blauschwarzer  Farbe  auf,  ein  anderer 
fällt  als  eben  solches  Pulver  zu  Boden.  Diese  blaue  Schwefel- 
säurereaction  entsteht  auch  in  der  Kälte,  wenn  man  der 
Säure  ein  wenig  Braunslein  zumischt ,  weniger  schön  mit 
Chromsäurcy  am  wenigsten  deutlich  und  schnell  in  rothbraun 
Übergehend  auf  Zusatz  von  etwa?  ^other  Salpetersäure. 


280  HlasiwetZy  über  die  Guajakharzsäure 

Von  Chlorwasser  wird  eine  alkoholische  Pyrogaajacin- 
lösong  beim  Erwärmen  schfnutzigroth  gefärbt. 

Eisenchlorid  ßirbt  die  alkoholische  Lösung  grün. 

Es  könnte  sein,  dafs  die  blauen  Farbenreactiönen  der 
Guajaklinctur,  die  durch  schwach  oxydirende  Substanzen  ent- 
stehen, mit  den  angeführten  in  einem  Zusammenhange  stehen. 
CDie  Guajakharzsäure 9  wenn  sie  rein  ist,  zeigt,  wie  schon 
erwähnt,  die  Erscheinungen  nicht,  die  man  an  einer  alkoho- 
lischen Lösung  von  rohem  Guajakharz  beobachtet.} 

Das  Pyroguajacin  könnte  man  mit  der  Benzilsäure  und 
der  Oxatolylsäure  von  Höller  und  Strecker*}  in  eine 
Reihe  zu  stellen  versucht  sein. 

^i4Hi8^s        Benzilsäure 

^16^16^8        Oxatolylsäare 

•     •     •     . 

OjeHgjOg        Pyroguajacin. 

Wenn  es  aber  zur  Characteristik  dieser  Körper  gehört^ 
dafs  sie  mit  Kali  erhitzt  sich  in  einen  Kohlenwasserstoff 
aus  der  Reihe  des  Benzols  und  in  Oxalsäure  spalten  ,  wie 
die  Oxatolylsäure,  so  ist  die  Beziehung  des  Pyroguajacins 
zur.  Oxatolylsäure  nur  eine  äufserliche,  denn  dieses  liefert 
bei  anhaltendem  Kochen  mit  Kalilauge  keine  Oxalsäure. 
Inzwischen  v^urde,  als  derselbe  Versuch  mit  Benzilsäure  an- 
gestellt wurde,  auch  keine  Oxalsäure  gefunden.  Das  abde- 
stillirte  Wasser  war  zwar  etwas  trübe  und  besafs  einen 
schwach  aromatischen  Geruch,  allein  es  fand  sich  kein  öliges 
Product  darin. 

Benzilsäure  Salze  färben  sich,  ähnlich  den  Pyroguajacin- 
salzen,  mit  Schwefelsäure  blau.  Benzilsaures  Silberoxyd  wird 
schon  beim  Erwärmen  auf  100^  blau. 

Es  erübrigt  nun  noch,  jenen  Körper  aus  dem  Guajakharz 
zu  isoliren,  welcher  die  intensiv  blaue  Färbung  mit  schwachen 
Oxydationsmitteln  liefert. 

*)  Diese  Annalen  CXIII,  56. 


und  das  Pyroguajacin,  281 

Die  völlige  Reindarstellung'  desselben  hat  Schwierigkeiten, 
die  wir  trotz  sehr  vieler  mühsamer,  in  dieser  Richtung  unter- 
nommener Versuche  noch  nicht  überwinden  konnten,  und 
diese  selbst  eignen  sich  daher  noch  nicht  für  eine  Mittheilung. 

Es  sei  uns  vorbehalten,  später  darauf  zurückzukommen ; 
vielleicht  gelingt  es  uns  auch  bis  dahin ,  über  die  Natur  der 
„Guajakharzsäure^  Bestimmteres  aussagen  zu  können,  als  bis 
jetzt  noch  vorliegt. 


VI.    lieber  eine  neue  Saure  aus  dem  Milchzucker  ; 

\on  H.  Hlasiwetz, 


In  dem  Milchzucker  läfst  sich  ein  Theil  des  Wasserstoffs 
durch  Brom  substituiren ,  und  dieses  Product  liefert  durch 
Behandlung  mit  Silberoxyd  eine  Säure,  die  bisher  noch  nicht 
bekannt  war. 

Man  bringt  ein  Aequivalent  Milchzucker  mit  vier  Aequi- 
valent  Brom  und  einer  angemessenen  Menge  Wasser  in  zu- 
geschmolzene Röhren  (^oder  bei  Darstellung  gröfserer  Mengen 
in  mit  einem  Caoutchouc-Kork  und  Draht  verschlossene  dick- 
wandige Flaschen}  und  setzt  diese  der  Hitze  des  Wasser- 
bades aus. 

Wenn  das  Brom  verschwunden  ist  und  die  Flüssigkeit 
nur  noch  schwach  gelb  gefärbt  erscheint,  öffnet  man  vor- 
sichtig die  GefäfsCy  wobei  etwas  Brom  Wasserstoff,  Kohlen- 
säure und  eine  wie  Bromäthyl  riechende  flüchtige  Substanz 
entweichen  y  und  erwärmt  die  Flüssigkeit  in  einer  Schale  auf 
freiem  Feuer. 

Nachdem  sie  farblos  geworden  und  wieder  erkaltet  ist, 
trägt  man   nun  so  lange  frisch  gefälltes  Silberoxyd  ein  ^   bis 


282  Hlaaiwetz^  über  eine  neue 

die  saure  Reaction  ganz  verschwunden  Ist ;  dabei  erwärmt 
sie  sich  von  selbst  nicht  unbeträchtlich. 

Man  fiUrirt  von  dem  Bromsilberschiamme  ab,  wascht  aus, 
zersetzt  die  Lösung  des  zur  Reduction  sehr  geneigten  Silber- 
salzes mit  Schwefelwasserstoff,  Gltrirt  wieder  und  verjagt 
den  Schwefelwasserstoff. 

Man  hat  nun  eine  nicht  ganz  reine  Lösung  der  neuen 
Säure  y  die  beim  Eindampfen  zu  einem  sehr  sauren  Syrup 
wird,  ohne  zu  krystallisiren. 

Unter  den  Salzen  derselben  konnte  bis  jetzt  blofs  eins 
gefunden  werden,  welches  krystallisirt  zu  erhalten  ist;  das 
ist  das  Ammoniaksalz. 

Es  mufs  als  Ausgangspunkt  zur  Reindarslellung  der 
Säure  und  ihrer  übrigen  Verbindungen  genommen  werden. 
Man  versetzt  die  Lösung  der  rohen  Säure  mit  Aetzammoniak 
bis  zum  Vorwalten  desselben,  und  kocht  bis  zum  Verschwin- 
den des  Ammoniakgeruches. 

Bei  passender  Concentration  schicfsen  dann  nach  einigen 
Tagen  Krystalle  des  Salzes  an. 

Von  den  Mutterlaugen  befreit  und  mit  Kohle  gereinigt 
erhält  man  sehr  schöne,  oft  beträchtlich  grofse,  harte,  völlig 
farblose  Krystalle  dieser  Verbindung. 

Mit  einem  basischen  Bleisalze  zersetzt  liefern  sie  eine 
Bleiverbindung.  Diese  kann  durch  Zerlegen  mit  Schwefel- 
wasserstoff wieder  in  freie  Säure  verwandelt,  und  aus  der- 
selben durch  Sättigen  mit  kohlensauren  Oxyden  oder  Oxyd- 
hydraten die  übrigen  Salze  dargestellt  werden. 

Das  ursprüngliche  gebromte  Product  aus  dem  Milchzucker 
ist  ebenfalls  ein  sehr  saurer  farbloser ,  in  der  Wärme  unter 
Bromwasserstoffentwickelung  leicht  zerset/Jicher  Syrup,  dessen 
Reindarstellung  für  die  Analyse  vorläufig  noch  nicht  erreicht 
wurde. 


Säure  aus  dem  Milchzucker.  283 

Die  durch  die  Behandlung  mit  Silberoxyd  daraus  hervor- 
gehende freie  Säure  ist  nicht  identisch  mit  einer  der  zuletzt 
von  Bödeker  aus  dem  Milchzucker  erhaltenen,  kommt  in 
mehreren  Stücken  der  Zuckersaure  am  nächsten,  und  ist 
mehrbasisch,  wie  diese. 

Herr  Dr.  Barth  ist  mit  der  näheren  Untersuchung  ihrer 
Verhältnisse  beschäftigt. 


lieber  die  Diansäure  ; 
von  Fr.  t.  Kobell 


Prof..H.  Rose  hat  einige  Bemerkungen  über  die  Dian- 
säure  gemacht*),  welche  wohl  diejenigen,  denen  der  Gegen- 
stand fremd  ist,  zu  der  Meinung  veranlassen  können,  dafs 
der  Unterschied  von  Diansäure  und  Unterniobsäure  nicht  be- 
gründet, dafs  die  Säure  des  Samarskit  dieselbe  sei  wie  die 
des  Niobit  von  Bodenmais.  Genauer  besehen  werden  aber 
meine  Angaben  durch  diese  Bemerkungen  weder  verändert, 
noch  widerlegt. 

Prof.  Rose  erkennt  nun  an,  dafs  die  blaue  Lösung  der 
von  mir  benannten  Diansäure  nicht  von  Woiframsäure  her- 
rühre, wie  er  früher  behauptet  hatte,  sondern  dafs  sie  ihr 
eigenthümlich  sei.  Ich  hatte  dieses  bereits  in  meiner  ersten 
Abhandlung  durch  eine  wahre  Kreuzprobe  dargethan,  und  da 
mir  damals  Prof.  Rose  schrieb,  dafs  die  reine  Unterniobsäure 
durch  Kochen  mit  Salzsäure  und  Zinn  zwar  blau  werde,  sich 


*)  Poggendorff's  Annalen  1861,  Nr.  3. 


284  Kobelly  über  die  Diansäure. 

aber  nicht  lö^  und  farblos  filtrire,  wie  ich  es  auch  an  der 
Säure  des  Niobit  von  Bodenmais  beobachtet  hatte,  so  konnte 
ich  die  EigenthUmlichkeit  der-  Diansäure  um  so  mehr  aus- 
sprechen und  zeigen ,  dafs  die  Säure  des  Samarskit  nicht 
Unterniobsäure  sei,  denn  sie  verhielt  sich  nicht  wie  die  Säure 
des  Bodenmaiser-Niobit.  Diese  letztere  Säure  mufste  mir  bei 
meinen  Vergleichungen  als  normale  Unterniobsäure  gelten, 
denn  sie  ist  ja  die  zuerst  von  Rose  als  solche  (damals 
Niobsäure}  bestimmte  und  von  der  Tantalsäure  getrennte 
Säure,  mit  welcher  wohl  Niemand  mehr  verkehrt  hat,  als  ihr 
Entdecker.  Um  das  Verhalten  dieser  Säure  gegenüber  der 
von  mir  benannten  Diansäure  dreht  sich  die  vorliegende 
Frage,  und  es  versteht  sich  von  selbst,  dafs  keine  Säure  als 
Unterniobsäure  gelten  kann,  die  sich  nicht  wie  diese  Boden- 
maiser-Säure  verhält.  Im  Widerspruche  mit  seiner  oben  er- 
wähnten Angabe  führt  nun  Prof.  Rose  an,  dafs  auch  die 
Bodenmaiser-Säure  die  blaue  Lösung  gebe,  wie  meine  Dian- 
säure,  und  dafs  diese  also  von  jener  darin  nicht  verschieden 
sei;  doch  fügt  er  bei,  dafs  man  solche  blaue  Lösung  nicht 
immer  erhalten  könne. 

Ich  habe  nach  dem  von  mir  ausführlich  beschriebenen 
Verfahren  bei  allen  Dianaten  ,  die  ich  genügend  untersuchen 
konnte,  und  als  solche  erkannte  ich  aufser  dem  Dianit  den 
Efuxenity  Samarskit ^  Aeschynit^  PcAyhraSy  Tyrit  und  Fergu- 
sonü,  die  blaue  Lösung  ohne  Schwierigkeit  erhalten,  von  der 
Unterniobsäure  des  Bodenmaiser-Niobit'^)  konnte  ich  aber 
bei  ganz  gleicher  Behandlung  weder  die  blaue,  noch  überhaupt 
eme  Lösung  erhalten.  Prof.  Rose  hat  nicht  angegeben,  wie 
er  diese  Säure  zur  Lösung  gebracht,  wieviel  Salzsäure  und 
von   welcher  Stärke   er   dazu   verwendet ,    wie  lange  er  ge- 


*)  Meine  Proben   wurden  von   einem  gröfseren  ZwillingskrystaU  ge- 
nommen, dessen  spec.  Gew.  6,35  war. 


Kobellf  über  die  Diansäure,  285 

kocht  u.  s.  w. ;  ich  bezweifle  aber  nicht,  dafs  er  sie  gelöst 
habe,  denn  wer  wollte  ein  bezeichnetes  Factum  bezweifeln, 
und  unter  Umstünden  kann  man  auch  die  Wolframsäure  in 
Salzsäure  auflösen;  die  Verschiedenheit  zweier  Substanzen 
kann  aber  defswegen  noch  nicht  geleugnet  werden,  weil 
Verhältnisse  vorkommen,  unter  denen  sie  sich  gleich  verhalten« 
Prof.  Rose  sagt  zwar,  er  habe  bei  seinen  Versuchen  auch 
die  von  mir  angegebene  Vorschrift  befolgt,  er  erwähnt  aber 
nur  meine  Darstellung  der  Säure  aus  der  Kalilösung,  wel- 
ches nicht  die  Hauptsache  ist ;  die  Hauptsache  wäre  gewesen, 
die  von  mir  bezeichnete  Anwendung  der  Quantität  und  Qua*- 
lität  der  Salzsäure,  Dauer  des  Kochens  u.  s.  w.  zu  wieder- 
holen, und  dafs  dann  Prof.  Rose  dieselben  Resultate  erhalten 
hätte,  wie  ich,  kann  ich  nicht  bezweifeln.  Es  ist  auff'allend, 
dafs  Prof.  Rose  das  nicht  gethan  oder  wenigstens  keine 
Mittheilung  darüber  gemacht  hat,  denn  diese  Versuche  ver- 
anlttfsten  ja  die  Trennung  der  Diansäure  und  zeigten,  abgesehen 
von  der  blauen  Lösung,  dafs  deren  Löslichkeit  in  Salzsäure 
ganz  verschieden  ist  von  der  der  Bodenmaiser-Säure.  Auf  die- 
sen sehr  aulTalhenden  Unterschied  in  der  Lösiichkeit  hat  Prof. 
Rose  gar  nicht  Rücksicht  genommen;  es  wird  aber  Niemand 
bestreiten,  dafs  die  Verhältnisse  der  Löslichkeit  eben  so  wie 
eine  wesentliche  Farbe  der  Lösung  zu  den  wichtigsten  Kenn- 
zeichen einer  Substanz  gehören. 

Die  Unterniobsäure  des  Bodenmaiser-Niobit  verhält  sich, 
mit  einer  Salzsäure  von  i,14  bis  1,17  spec.  Gew.,  wie  ich 
sie  anwendete,  gekocht,  so  sehr  verschieden  von  der  Dian- 
säure und  so  viel  ähnlicher  der  Tantalsäure,  dafs  ich  weniger 
überrascht  gewesen  wäre,  wenn  Prof.  Rose  diese  Säure 
wieder  zur  Tantalsäure,  von  der  er  sie  getrennt,  gestellt 
hätte,  als  dafs  sie  identisch  mit  der  von  mir  bezeichneten 
Diansäure  sein  soll;  denn  dafs  die  Tantalsäure  und  die  Boden- 
niaiser-Unterniobsäure   schwer  zu   unterscheiden  sind,   dafür 


286  Kobelly  über  die  Diansäurv. 

giebt  der  Umstand  einen  neuen  Beweis,  dafs  mir  Prof.  Rose 
selbst  die  ihm  mitgetheilte  Diansäure  des  Dianits  von  Tammela, 
wovon  er  das  Chlorid  darstellte,  als  Tantalsäure  erklärte, 
während  er  sie  jetzt  für  ürUerniobsäure  nimmt  und  bemerkt, 
dafs  mein  Dianit  wahrscheinlich  mit  einem  von  Norden- 
skiöld  analysirten  Niobit  von  demselben  Fundort  überein- 
komme. Als  mir  Prof.  Rose  obige  Bestimmung  mittheilte, 
hatte  er  die  Güte,  eine  Probe  reiner  Tantalsäure  beizufügen, 
damit  ich  mich  überzeugen  könne,  dafs  diese  keine  blaue 
Lösung  gebe,  und  dafs  die  vom  Dianit  erhaltene  von  Wolfram- 
säure herrühre.  Die  zugeschickte  Säure  gab  auch  die  blaae 
Lösung  nicht,  eben  weil  sie  nicht  Diansäure  war.  Wie  hier 
eine  Täuschung  über  die  Bestimmung  dieser  Säuren  vorliegt, 
so  ist  auch  nicht  zu  verwundern,  wenn  Prof.  Rose  die  Säure 
des  Samarskit  mit  der  Bodenmaiser- Säure  für  gleich  ge- 
nommen hat,  denn  ihre  Verschiedenheit  zeigt  sich  erst  deut- 
lich durch  das   früher  nicht  bekannte  Verhalten  zu  Salzsäure 

* 

und  Zinn,  wie  ich  es  beschrieben  habe. 

Aus  Allem  geht  hervor,  dafs  Prof.  Rose  ceteris  paribus 
die  Verhältnisse  aufgesucht  hat,  unter  welchen*  sich  Diansäure 
und  Unterniobsäure  gleich  verhalten;  ich  dagegen  habe  die* 
jenigen  auszumitteln  gestrebt,  unter  welchen  sie  sich  ceteris 
paribus  nicht  gleich  verhalten.  Es  bedarf  aber  wohl  keiner 
Erinnerung,  dafs,  wenn  man  Substanzen  unterscheiden  will, 
man  sie  nicht  nach  den  Eigenschaften  beurtheilen  niufs,  in 
welchen  sie  übereinstimmen,  sondern  nach  denjenigen,  in 
welchen  sie  nicht  übereinstimmen  ,  natürlich  aUes  unter 
übrigens  gleichen  Umständen.  Nicht  aus  Mifstrauen  gegen 
meine  früheren  Versuche,  denn  ich  habe  sie  oft  genug  wie- 
derholt^ sondern  nur  um  dieselben  noch  genauer  zu  geben, 
habe  ich  noch  einmal  die  betreffenden  Hauptversuche  mit  der 
Diansäure  des  Euxenit  und  mit  der  Unterniobsäure  des  Niobit 
von   Bodenmais   vorgenommen   und   dabei  die  Quantität  der 


Kobell,  über  die  Diansäure,  287 

angewendeten  Ht^lallsfluren  dem  Gewichte  nach  bestimmt  und 
von  jeder  eine  gleiche  Gowichtsmenge  im  Hydrat  bei  den 
Versuchen  angewendet. 

Ich  habe  dazu  eine  gewogene  Menge  des  Hydrats  aus- 
geglüht, um  dessen  Säuregehalt  zu  erfahren.  Es  wurde  von 
der  Diansänre  des  Euxenit  eine  Menge  des  Hydrats,  welche 
0,42  Grm.  Säure  enthielt ,  in  den  Stanioltrichter  gebracht  und 
mit  i  Cubikzoll  Salzsäure  von  l^i?  spec.  Gewicht  5  Minuten 
lang  in  einer  Porcelfanschale  auf  einem  durch  die  Gasflamme 
erhitzten  dünnen  Bleche  gelinde  gekocht.  Die  blaue  trübe 
Flüssigkeit  klärte  sich  auf  Zusatz  der  gehörigen  Menge  Wasser 
vollkommen  zur  sapphirblauen  Lösung.  Das  Kochen  hatte  ich 
auf  dem  Bleche  dem  über  freiem  Feuer  defswegen  vorgezogen, 
weil  bei  zu  raschem  Kochen  zuweilen  eine  olivengrüne  Lö- 
sung erhalten  wird,  ich  aber  die  normale  blaue  haben  wollte. 
Um  das  Minimum  der  Menge  Salzsäure  kennen  zu  lernen, 
womit  noch  eine  solche  Lösung  erhalten  werden  kann,  kochte 
ich' dieselbe  Menge  Metallsäurc  mit  einem  halben  Cubikzoll 
derselben  Salzsäure  iO  Minuten  lang  in  derselben  Weise,  und 
ich  erhielt  dann  auch  noch  beim  Verdünnen  eine  vollständig 
klare  blaue  Lösung,  aus  der  sich  erst  am  anderen  Tage  eine 
kleine  Menge  der  Metallsäure  ausgeschieden  hatte,  ein  Be- 
weis, dafs  diese  Quantität  Salzsäure  wohl  die  geringste  ist, 
womit  die  angegebene  Menge  Diansäure  noch  die  erwähnte 
Lösung  giebt. 

Ich  behandelte  nun  eben  so  dieselbe  Menge  der  Unterniob- 
säure  von  Bodenmais  und  kocht  sie  zuerst  mit  i  Cubikzoll  der- 
selben Satzsäure  10  Minuten  lang  wie  die  vorige.  Ich  konnte 
leicht  bemerken ,  dafs  keine  Lösung  auf  Zusatz  von  Wasser 
erfolgen  würde ,  gofs  daher  nur  etwas  von  der  bläulichen 
Flüssigkeit  ab  und  prüfte  sie  mit  Wasser,  wobei  die  Metall- 
säure sogleich  in  weifsen  Flocken  aus  der  farblos  geworde- 
nen Flüssigkeit  sich  ausschied.    Der  gröfseren  Menge  in  der 


288  Kobelly  über  die  Diansäure. 

Schale  setzte  ich  nun  noch  einen  halben  Cubikzoll  Salzsäure  zu, 
kochte  wieder  5  Minuten ,  und  prüfte  wieder  eine  kleine 
abgegossene  Menge  mit  Wasser,  und  so  trieb  ich  es,  bis  die 
Melallsäure  mit  mehr  als  der  5  fachen  Menge  Salzsäure  gegen 
die  bei  der  Diansäure  angewendete  gekocht  wurde,  ohne  dafs 
auf  Zusatz  von  Wasser  eine  Lösung  oder  ein  blaues  Filirai 
sich  zeigte. 

Ich  glaube,  dafs  diese  Versuche  hinreichen,  um  darzuthun, 
dafs  die  von  mir  benannte  Diansäure  und  die  normale  Unter- 
'  niobsäure  des  Niobit  von  Bodenmais  bei  gleicher  Behandlung, 
wie  angegeben,  sich  durchaus  verschieden  verhallen,  und  dafs 
jene  sowohl  durch  ihre  Leichtlöslichkeit  als  durch  das  Blau- 
färben  der  Lösung  unter  den  erwähnten  Verhältnissen  sich 
scharf  von  der  Unterniobsäure  unterscheidet,  da  beide  Eigen- 
schaften der  letzteren  nicht  zukommen.  Es  ist  dieses  das- 
selbe Resultat,  welches  ich  bereits  in  meiner  ersten  Abhand- 
lung mitgetheilt  habe^  und  es  ist  wohl  ein  verlässiges,  da 
die  Versuche  nach  Mafs  und  Gewicht  vorgenommen  und 
damit  die  Wechselfälle  eines  „mehr  oder  weniger''  ausge- 
schlossen wurden. 

Ob  die  Unterniobsäure,  wie  sie  Rose  im  Niobit  von 
Bodenmais  gefunden ,  auch  in  anderen  Mineralien ,  die  hier 
zu  berücksichtigen,  vorkomme,  mufs  weiteren  Untersuchungen 
überlassen  bleiben;  in  den  oben  genannten  kommt  sie,  wie 
ich  gezeigt  habe,  nicht  vor,  und  scheint  weit  seltener  zu 
sein  als  die  Diansäure.  Nach  den  letzten  Mittheilungen  von 
A.  E.  Nordenskiöld  (Poggendorff's  Annalen  CXI,  288) 
ist  dieser  Chemiker  auch  auf  die  Eigenthümlichkeit  der  Säure 
des  Euxenit  aufmerksam  geworden  und  hebt  hervor,  dafs 
sie  sich  in  mehreren  Eigenschaften  von  Rose's  Niobsäuren 
unterscheide.  Meine  Abhandlung  konnte  ihm  noch  nicht  be- 
kannt sein. 


289 


MittheOungen   aus    dem    Laboratoriuno    des    Priyat*^ 
docenten  L.  Carms  in  Heidelberg. 


5.    Ueber  d^n  Pbospfaorsäuren  sich  aDScbliefsende 
Gruppen  neuer  organiscber  Körper  *) ; 

'  von  L,  Garius. 


In  einer  früheren  kurzen  Hittheilung  **J  habe  ich  ge- 
zeigt, dafs  durch  Einwirkung  von  Sulfophosphorsäureanhydrid 
auf  Alkohol  neue  ätherartige  Körper  entstehen,  welche  als 
Phosphorsäureätber  anzusehen  sind,  deren  Sauerstoff  durch 
Schwefel  theilweise  ersetzt  worden ;  ferner,  dafs  wahrschein- 
lich jedem  sauerstoffhaltigen  Körper  eine  oder  mehrere  ihm 
analoger  Sulfoverbindungen  entsprechen ,  je  nachdem  er  ein 
oder  mehrere  Atome  Sauerstoff  enthält.  Ich  habe  nun  fast 
die  ganze  Reihe  der  an  die  gewöhnliche  Phosphorsäure  sich 
in  dieser  Art  anschliefsenden  Verbindungen  dargestellt  und 
dabei  nachgewiesen,  dafs  sowohl  die  Entstehungsweisen ,  als 
auch  die  chemischen  Reactionen  dieser  Sulfokörper  in  jeder 
Beziehung  denen  der  Oxyverbindungen  völlig  analog  sind, 
und  dafs  die  Sulfoalkohole   genau    in  analoger  Weise  äther- 


*)  Das  Folgende  ist  ein  Auszug  aus  meiner  Schrift  :  Beitrag  zw 
Theorie  der  mekrbasiscben  Sdwren^  besonders  auch  deren  Sulfoderir- 
vaUj  Heidelberg  bei  K.  Winter, 

**)  Diese  Annalen  CXII,  190.  —  Die  Beendigung  dieser  Untersuchung 
wurde  erst  möglich  durch  Anwendung  der  Yon  mir  gegebenen 
neuen  Methode  zur  exacten  Bestimmung  von  Bchwefel,  Phosphor, 
Chlor  u.  8.  w.  in  organischen  Körpern;  ygl.  diese  Annalen 
CXVI,  1. 

Annal.  d.  Chem.  u.  Phann.  CXIX.  Bd.  3.  Heft.  19 


290  Cariusfiib^  den  Phosphorsäuren  sich 

artige  Körper   bilden,    wie    die    entsprechenden   Sauerstoff- 
verbindungen. 

Die  dem  gewöhnlichen  phosphorsaaren  Aethyl  correspon- 
direnden  neuen  Körper  bilden  mit  diesem  die  folgende  Reihe  : 

Unter  solchen  Körpern  können,  wie  ich  früher  schon 
zeigte,  Isomerieen  vorkommen,  der  Art,  dafs  der  eine  der 
beiden  Körper  den  Sauerstoff,  der  andere  den  Schwefel  in- 
nerhalb des  Radicales  enthält.  Die  Untersuchung  hat  indessen 
bewiesen,  dafs  solche  Körper  identisch  sind ;  so  z.  B.  mono- 
sulfophosphorsaures  Aethyl^  das  einmal  durch  Einwirkung  von 
Phosphorsulfochlorid  auf  Alkohol,  und  zweitens  aus  dem  tri- 
sulfophosphorsauren  Aethyl  erhalten  wurde,  welches  letztere 
durch  Einwirkung  von  Phosphoroxychlorid  oder  auch  gewöhn- 
lichem Phosphorsäureanhydrid  auf  Hercaptan  entstanden, 
allen  Schwefel  aufserhalb  des  Radicales  enthalten  müfste  : 

Diese  Thalsache  ist  ein  weiterer  Beleg  dafür,  dafs  wir 
nicht  im  Stande  sind,  auf  chemischem  Wege  über  die  Lage* 
rung  der  Atome  in  der  Verbindung  zu  entscheiden« 

Die  neutralen  Aether  und  die  basischen  Diäthylsäuren 
der  oben  bezeichneten  Gruppe  haben  folgende  Entstehungs«^ 
weisen  ; 

i.  Einwirkung  eines  Oxy-  oder  Sulfo- Alkohols  auf 
Oxy-  oder  Sulfophosphorsäureanhydrid.  Der  Versuch  hat 
bewiesen,  dafs  entgegen  der  bisherigen  Annahme  durch  Ein- 
wirkung von  Pbosphorsäureanhydrid  auf  völlig  absoluten 
Alkohol  neutrales  phosphorsaures  Aethyl,  vorherrschend  Di- 
äthylphosphorsäure  und  nur  wenig  Monäthylphosphorsfiure 
gebildet  wird.    Diese  ReacUpoen  sind  folgende  : 


anscMtefsende  Gruppen  neuer  organischer  Körper.    291 
c.     (  8|^frO.+  P'^»  =  ».{(eA).  +  8l(efH.).H  +  (^H.). 

d.    (8|^ftH')^+  PA  =  B.|(eSl).+  «•l(e3.),H  +  (»H.V 

2.  Einwirkung  der  einfachen  Oxyde  oder  Sulfide  der 
Alkoholradicale  auf  Oxy-  oder  Sulfo-Phosphorsäureanhydrid  : 

/^jOsHs-^    4.pg    _^8l     PS       ,     0|     Pg 
*•     (  ^UlH*)a  +  ^«*»  =  [^»l(08H,)3],- 

3*  Einwirkung  des  Oxy-  oder  Sulfo-Chlorides  der  Phos- 
phorsäure auf  Oxy-  oder  Sulfo-Alkohol.  Cioäz  hat  bekannt- 
lich gefunden**),    dafs  bei  Einwirkung  von  Phosphorsulfo- 

Chlorid  auf  Alkohol  die  s.  g.  Aethylschwefelphosphorsäure  = 

Ipc 
A  H    H     entsteht ;     ich 

habe  gefunden ;  dafs  bei  Anwendung  von  absolutem  Alkohol, 
besonders  wenn  als  Verdünnungsmittel  etwas  wasserfreier 
Aether  zugesetzt  wurde,  nur  Chlorwasserstoff  und  monosulfo- 

Ipc 
(Vi  H  \    entsteht  : 

a.     (d«Ä)^  +  a.Pg    =  (CIH).  +  ö,|(ef|,)„ 

T..     {B^^X  +  Cl^O  =  (CIH).  +  ^^\^J^X\ 
c.     {f^^X  +  Cl.Pß    =  (CIH),  +  ß.|(eP»^)^. 

Neutrale  ÄetJier  der  Reihe  der  gewöhnlichen  JPhosphor säure. 

Diese  Körper  sin(i  sämmtlich  tropfbare,  auch  bei  —  18® 
nicht  erstarrende  Flüssigkeiten  von  gewürzhaftem,  um  so  mehr 


*)  Sulfophosphorsänreanbydrid  wirkt  auf  andere  AJikohole  im  AU- 
gemeinen  ähnlich,  obgleich  nicht  immer  in  derselben  V^eise  ein  ; 
vgl.  die  folgende  Abhandlung  und  über  Phenylalk'ohol  meine 
Schrift  :  Beitmg  iur  Theorie  der  mehrbasischen  Säuren  u.  s»  w* 

*♦)  Compt.  rend*  XXIV,  388. 

19* 


292  Gar  tu  8,  über  den  Phosphorsäuren  sich 

knoblauchartigem  Gerüche,  je  mehr  Schwefel  sie  enthalten. 
Der  nur  Sauerstoff  und  der  nur  Schwefel  enthaltende  destil- 
liren  unzersetzt,  letzterer  gegen  200^  als  farblose  Flüssig- 
keit, die  sich  indessen  bald  röthlich  färbt.  Die  drei  zwischen 
diesen  liegenden  Oxysulfoäther  destilliren  dagegen  für  sich 
erhitzt  nicht  unzersetzt^  sondern  geben  bei  160^  unter  hefti- 
gem Aufkochen  Schwefeläthyl  und  das  monosulfophosphors. 
Aethyl  zugleich  Aethyloxyd,  mit  dem  indessen  ziemlich  viel 
Aether  unzersetzt  übergeführt  wird;  mit  Wasserdämpfen  destil- 
liren das  mono-  und  disulfo  -  phosphorsaure  Aethyl  gröfsten- 
theils  unverändert,  während  das  tri-  und  besqnders  tetra- 
sulfophosphorsaure  Aethyl  beim  Kochen  mit  Wasser  unter 
Entwickelung  von  Mercaptan  und  Schwefelwasserstoff  zerlegt 
werden.  —  Alkalien  oder  alkalische  Schwefelmetalle,  beson- 
ders in  alkoholischer  Lösung,  bewirken  die  Bitdung  von 
Diäthylsäuren  von  gleichem  Schwefelgehalt  wie  der  Aether 
und  nur  das  tetrasulfophosphorsaure  Aethyl  liefert  gleich- 
zeitig Diäthylsäuren  von  niedrigerem  Schwefelgehalt.  Alko- 
hole wirken  dagegen  beim  Erhitzen  im  zugeschmolzenen  Rohr 
anders  auf  die  Aether  ein,  sie  bilden  als  Hauplproducte  der 
Reaction  die  1  At.  S  weniger  als  der  Aether  enthaltende 
Diäthylsäure  und  die  Sulfide  oder  Doppelsulfide  der  Alkohol- 
radicale,  siehe  unten;  die  beiden  Reactionen  sind  folgende  : 

Die  schwefelhaltigen  Aether  werden  leicht  angegriffen 
von  Schwefelsäurehydrat  und  dabei  auf  eigenthümliche  Weise 
verändert.  Es  werden  nämlich  zunächst  2  Mol  des  gewöhn- 
lichen Aethers  einmal  die  Elemente  von  Aethyloxyd  entzogen 
und  1  Hol.  eines  Pyrophosphorsäureäthers  gebildet.  Dieselben 
Verbindungen  entstehen  auch  bei  Einwirkung  von  syrupartiger 
Phosphorsäure,  oderChlorcalcium  mit  wenig  Wasser;  Schwe- 


anschliefsende  Onippen  neuer  organischer  Körper.     293 

felsfiore  bildet  dabei  gleichzeitig  Aethylschwefelsäure ,  Chlor- 
calcium  bildet  Alkohol  : 

Wirkt  die  Schwefelsäure  weiter  ein,  so  entwickelt  sich, 
besonders  in  gelinder  Wftrme,  schweflige  Säare,  und  es  ent- 
stehen  neue  Körper,  die  ihren  Reactionen  mit  Kalihydrat 
zufolge  neutrale  Aether  der  Metareihe  sind  : 

^.|(efH.).  +  (^'1^0.  =--  ^«leA  +  (^'le.£'H).+  ^h. 

oder  besser  : 

Diese  Reactionen  konnten  indefs  für  das  tetrasulfophos- 
phorsaure  Aelhyl  bis  jetzt  noch  nicht  nachgewiesen  werden. 

Phosphorsuperchlorid  bildet  mit  den  neutralen  Aethern 
der  dreibasischen  Reihe  Chloräthyl,  Phosphoroxychlorid,  oder 
bei  dem  tetrasulfophosphorsauren  Aethyl  Phosphorsulfochlorid 
und  Diäthylchloride,  z*  B.  : 

^»l(€A)3  +  ^^  =  a  t(GA).  +  ci.,  P^  +  ciOA, 

Ueberschüssiges  Phosphorsuperchlorid  wirkt  weiter  ein, 
unter  Bildung  von  Monäthyldichloriden ,  oder  endlich  von 
Phosphorsulfochlorid  : 

Aehnlich  wirkt  Phosphorjodür ,    oder  Jod  und  Phosphor. 

Die  neutralen  Sulfoäther  der  dreibasischen  Reihe  bilden 
schön  krystallisirende  Verbindungen  mit  Chloriden  und  Jodiden 
von  den  Metallen  Blei,  Silber  und  besonders  Quecksilber. 
Diese  Verbindungen  sind  analog  den  Verbindungen  der  Salze 


294  Cariusy  über  den  Phospkorsäuren  sich 

mit  Krystallwdsser  als  Aneinanderlagerongen  Eweier  Holecüle 
zu  einem  Krystallmolecül  zu  betrachten ;  da  sie  nämlich  durch 
physikalische  Einflüsse  leicht  in  die  beiden  Factoren  zerlegt 
werden^  aus  denen  sie  entstanden,  und  sie  ferner  nur  solche 
chemische  Reacüonen  geben,  bei  denen  diese  beiden  Fac- 
toren getrennt  fungiren;    ein  Beispiel  dieser  Körper  ist  : 

Schwefelhaltige  Diäthylsäuren  der  gewöhnlichen  dreibasiachen 

Reihe, 

Von  diesen  KOrpern  entsteht  nur  das  Endglied  der  Reihe, 

die  Diäthyltetrasulfophosphorsäure  Ssj/n  ii  1  H  ^^^^^^  ^^  ''^'" 

nem  Zustande;  sie  krystallisirt  in  schönen  schwefelgelben, 
durchsichtigen  Prismen  aus  der  Lösung  in  tetrasulfophosphor- 
saurem  Aethyl,  welche  das  Product  der  Einwirkung  von 
Sulfophosphorsäureanhydrid  auf  Mercaptan  ist.  Die  übrigen 
müssen  aus  ihren  reinen  Blei-,  Quecksilber*-  oder  Silber- 
salzen in  alkoholischer  Lösung  durch  Schwefelwasserstoff  ab- 
geschieden werden.  —  Die  Diäthylmono-  und  Diäthyldi- 
sulfophosphorsäure  sind  farblose  zähe,  sehr  saure  Flüssig- 
keiten, die  nach  langem  Stehen  unter  der  Luftpumpe  zu 
nadeiförmigen  Krystallen  erstarren;  sie  riechen  schw&ch 
buttcrsäureähnlich  und  zerfliefsen  an  der  Luft.  Alle  vier 
Säuren  werden  beim  Erwärmen  für  sich  schon  bei  100^  zer- 
legt; unter  den  Producten  findet  sich  stets  Mercaptan.  — 
Diäthyldisulfophosphorsäure  entwickelt  beim  Kochen  ihrer 
wässerigen  Lösung  reichlich  Schwefelwasserstoff  und  bildet 
als  erstes  Product  Diäthylmonosulfophosphorsäure ,  die  bei 
langem  Kochen  ähnlich  zersetzt  wird  : 


! 


anachUefsende  Gruppen  neuer  organischer  Korper.     295 

DiSthyUrisulfophosphor^Sare  erleidet  die  analogr^  Zer-^ 
Setzung  mit  Wasser  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  all« 
mdlig  und  läfst  sich  auch  aus  ihrer  alkoholischen  Lösung 
nicht  durch  Abdampfen  erhalten ;  die  Diäthyltetrasulfophos* 
phorsäure  endlich  wird  schon  fthnlich  sersetit  beim  Zerfliefsen 
an  der  Luft;  löst  man  sie  direct  in  Wasser ,  so  enthftH  die 
frisch   bereitete  Lösung  kleine  Mengen   von  TetrasulfophOs* 

g^    ich  dargestellt  habe. 

Die  beschriebenen  vier  Körper  gehören  su  den  stärksten 
Säuren ;  ihre  Saiae  können  durch  direcle  Neutralisation  mit 
Metalloxyden  oder  kohlensauren  Sahen ,  oder ,  die  in  Wasser 
unlöslichen ,  durch  Fillung  der  Salze  der  betreffenden  Metalle 
selbst  der  stärksten  Säuren  erhalten  werden.  Die  SaUe  der 
Diäthyltetrasulfophosphorsäure  lassen  sich  nur  erhalten  durch 
Fällung  der  Lösung  von  reiner  Säure  in  reinem  Aethyloxyd 
mit  einer  eben  solchen  Lösung  von  Hetallsalz  oder  Chlorid; 
sie  können  aber  auch  direct  dargestellt  werden  nach  folgen- 
der Gleichung  : 

Die  Salze  der  vier  Säuren  sind ,  sobald  sie  nicht  wie 
einige  der  mit  Metallen  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden 
an  der  Luft  Wasser  anziehen,  im  trockenen  Zustande  voll- 
kommen luft-  und  lichtbeständig,  und  nur  die  Silber-  und 
Quecksilbersalze  der  Diälhyltri-  und  der  Diäthyltetrasulfophos- 
phorsäure schwärzen  sich  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
etwas.  Beim  Erhitzen  werden  sie  um  so  leichter  zerlegt,  je 
mehr  Schwefel  sie  enthalten,  die  der  Diäthyldi-  und  Diäthyl- 
monosulfophosphorsäure  erst  über  100^;  beim  Glühen  hinter- 
lassen nun  die  Salze  der  Diäthylmonosulfophosphorsäure  ihren 
ganzen  Gehalt  an  Phosphor  als  metaphosphorsaures  Salz.  — 
Die  Salze  der  vier  Säuren  mit  den  Metallen  Ammonium,  Ka- 


296  Oarius,  über  den  Phosphorsäuren  sich 

lium,  Baryuni  u.  s.  w.  sind  in  Wasser  leicht  löslich,  die  der 
Diäthyloionosulfophosphorsäure  mit  den  Metallen  der  Mag- 
nesiunlgriippe y  IMg,  Zn,  Fe  (ferrosumj  wenig  löslich,  alle 
übrigen  Salze  unlöslich  und  werden  als  käsige  schwere  Nie- 
derschläge gefällt  Die  letzteren  Salze  sind  meist  unzersetzt 
schmelzbar  und  lösen  sich  überaus  reichlich  in  heifsem  Aether, 
Alkohol  oder  Benzol,  aas  welchen  Lösungen  beim  Brkalleii 
fast  alles  Gelöste  auskrystalKsirt ;  die  Form  der  Krystalle  ist 
meist  nur  mikroscopisch  deutlich  zu  erkennen,  obgleich  die 
Krystalle  oft  sehr  schön  und  grofs  sind;  besonders  characte- 
ristisch  sind  die  Formen  ^)  der  vier  Quecksilbersalze  (mer- 
curicum},  die  auch  zur  Unterscheidung  der  vier  Säuren  von 
einander  dienen  können.  Die  Diäthylmonosulfophosphprsäure 
unterscheidet  sich  aufserdem  von  den  schwefelreicheren  Säu- 
ren dadurch^  dafs  ihr  durch  Fällung  entstehendes  Eisenoxyd- 
salz amorphe  braune  Flocken  darstellt,  während  letztere 
Säuren  mikroscopisch  krystallinische  schwarze,  in  Alkohol 
mit  rubinrother  Farbe  lösliche»  körnige  Eisenoxydsalze  fällen, 
die  unter  Wasser  bald  zersetzt  werden;  ein  solches  Salz 
ist  z.  B.  : 

^6|  (P»)8 

Sämmtliche  hier  beschriebene  Salze  werden  von  den 
gewöhnlichen  Säuren  in  der  Kälte  nur  sehr  schwer  oder  gar 
nicht  zerlegt;  concentrirtes  Schwefelsäurehydrat  bewirkt  die 
Bildung  von  neutralen  Aethern  der  vierbasischen  Beihe  : 

Phosphoroxychlorid  wirkt,  wenigstens  in  einzelnen  Fällen, 
ähnlich  auf  überschüssiges  Salz.  Phosphorsuperchlorid  bildet 
als  erste  Producte  die  Diäthylchloride,  z.  B.  :  ' 


*)  Vgl.  die  auefiifarliche  Beschreibung  a.  a.  O. 


anschltefsende  Oruppen  neuer  organischer  Korper.    297 

Chloride  und  Jodide  der  dreibcisisehen  Reihe. 

Die  Entstehungs-  und  Darstellungsweisen  sind  aus  dem 

Vorigen   ersichtlich;   die  rationellen  Namen  derselben  lassen 

sich  nicht  ganz   umgehen,   und  müssen  in  folgender  Weise 

gebildet  werden. 

O  i    PS 
Diäthyldioxymonosulfophosphorchlorid  QJfXrn  g  \ , 

Aethyldisulfophosphordichlorid  /31  )g  a  • 

Die  folgende  Tabelle  giebt  sämmtliche  bis  jetzt  von  mir 
erhaltenen  Chloride,  von  denen  aber  nur  die  beiden  mit 
Sternchen  versehenen  ausführlicher  untersucht  werden  konnten. 


* 


O  1  PS  S    «  PS 

CljIGjHg»  Cl,l€jH5* 

Die  Chloride  sind  tropfbarflüssig,  von  scharfem  Geruch, 
schwerer  als  Wasser,  nicht  oder  doch  nicht  völlig  unzersetzt 
destillirbar,  zersetzen  sich  langsam  mit  Wasser,  rascher  mit 
alkoholischen  Lösungen  von  Alkalien,  wobei  die  Diäthyl- 
chlorlde  die  Diäthylsäuren  liefern;  diese  beiden  Körper- 
klassen wirken  auf  einander  ein  und  bilden  dabei  neutrale 
Aether  der  vierbasischen  Reihe  : 

B.    Reihe  des  pyrophosphorsauren  Aethyles. 

Im  Vorigen  habe  ich  mehrfach  einer  vierbasischen  Reihe 
der  Phosphorsäure  erwähnt;  die  erste  Annahme,  die  Pyro- 
phosphorsäure  sei   nicht   eine   zwei-,    sondern    vierbasische 

Säure ,   rührt  von  0  d  I  i  n  g  *3  ^^i"  9    ^^^  ^'^  ^"^  theoretische 
Betrachtungen   der  Atome    und  Aequivalente   stützte.     Eine 


*)  Ou  the  Constitution  of  Acides  and  Salts.     Gheni.  Soc.  Qu.  J.  VII,  1, 


298  CariuSf  Ober  den  Phospharsäuren  gkh 

experimentelle  Bestätiflfang  lag  bis  dahin  nicht  vor;  es  ist 
mir  gelungen,  diese  bo  geben,  hi  schwefelhaltigen  Pyro- 
phosphorsäureäthern  nämlich  läfst  sich  1  Atom  (€2115)  durch 
Metalle  vertreten ,   wodurch  Salze  entstehen   von   der  allge- 

meinen  Formel  :  ^slf^ij^lie'       Neutrales    pyrophosphor- 

saures  Aethyl  ist  daher  in  1  Mol.  »  ?(ßiEt)Sh^  Man  könnte 
darin  verschiedene  Radicale  annehmen  und  danach  dem  Aether 
die  folgenden  Formehi  beilegen  : 


?^9*L    .  f  (po^        ^»1 


Heiner  Untersuchung  zufolge  ist  allein  die  letzte  Formel 
zulässig.  In  1  Hol.  des  Aethers  sind  7  At.  Sauerstoff  ent- 
halten, und  daher  können  möglicherweise  sieben  verschiedene 
schwefelhaltige  Aether  dieser  Reihe  existiren ;  von  diesen 
sind  bis  jetzt  nur  die  beiden  mit  Sternchen  bezeichneten  aus- 
führlicher untersucht  : 

^»|(€,H,),'   ^*I(0,H5)4'      ^M(€,H5)4'    S   l(€Ä)4'    S,  ((C^H^U  ' 

»0,|  (PS),  Ol  (PS),  g  j  (PS), 

Sa  1(C,H5)4  »      S4l(€«H5)4  '      ^»»(GÄ)^- 

Die  geschwefelten  Aether  der  Pyro-Reihe  entstehen  : 

1.  Durch  Entziehung  der  Elemente  0(€sH6)2  aus  2  Hol. 
eines  neutralen  Aethers  der  dreibasischen  Reihe,  durch  Ein- 
wirkung von  Schwefelsäurehydrat,  Chlorcalcium  und  wenig 
Wasser,  und  wahrscheinlich  noch  andere  ähnlich  wirkende 
Reagentien  : 

[^s|(G,H6)8l    "    ^(^«^»>«   =   ^*I(€A)4' 

2.  Entziehung  der  Elemente  OMeg  aus  2  Hol.  eines 
Salzes  einer  Diäthylsäure  der  dreibasischen  Reihe,  bei  der 
Einwirkung  von  Schwefelsäurehydrat  oderPhosphoroxychlorid; 
von  letzterem  auf  sehr  überschüssiges  Salz. 


anschltefsende  Ortippen  neuer  organischer  Körper.     299 

3.  Einwiritang  der  oben  beschriebenen  Diäthylchloride 
auf  die  DHjfhylsftaren,  deren  Salze  oder  neutrale  Aether  der 
dreibasischen  Reihe  : 


«    Sij(«Ä),    +    ßl(eA)^    -    ciH  +    g^i(ojH^)^ 

Disulfopyrophosphorsaores  Aethyl  ist  eine  farblose  ölige 
Flüssigkeit,  fast  geruchlos,  in  Wasser  ohne  Zersetzung  ziem- 
lich löslich;  beim  Erhitzen  beginnt  sie  etwas  über  160^  zu 
kochen,  wird  aber  dabei  gröbtentheils  zersetzt ;  bein\  Kochen 
mit  Wasser  d^stillirt  sie  gröfstentheils  unzersetzt  mit  den 
Wasserdämpfen  I  ein  anderer  Theil  nimmt  die  Elemente  von 
Wasser  auf« 

Hit  zur  völligen  Zersetzung  unzureichenden  Mengen 
Kalihydrat  in  alkoholischer  Lösung  behandelt,  bildet  der  Aether 
ein  krystallisirendes  Kaliumsalz,  aus  dem  durch  doppelte  An- 
legung andere  Salze  der  Triäthyldisulfopyrophosphorsäure  er- 
halten werden  können.  Die  allgemeine  Formel  dieser  Salze  ist : 

^^  Ire  B  ^Me*     ^^  ^^^^^  Säure  läfst  sich  wie  es  scheint  aus 

diesen  Salzen  gar  nicht  erhalten,  sondern  nimmt  im  Momente 
der  Abscheidung  die  Elemente  von  Wasser  auf.  Rbenso 
nehmen  die  Salze  bei  Behandlung  mit  überschüssigen  löslichen 
Schwefelmetallen  oder  mit  Kalihydrat  oder  Ammoniak  die 
Elemente  von  Metalloxydhydrat  (oder  Hetallalkoholat)  auf, 
indekn  in  allen  diesen  Fällen  Körper  der  dreibasischen  Reihe 
erzeugt  werden. 

Trisulfopyrophosphorsaures  und  tetrasulfopyrophosphor- 
saures  Aethyl  konnten  bis  jetzt  nicht  rein  erhalten  werden  ; 
sie  scheinen  bei  gewöhnlicher  Temperatur  feste ,  leicht 
schmelzbare  Körper  zu  sein.  Alle  Reactionen ,  welche  nach 
dem  oben  Hitgetheilten  das  tetrasulfopyrophosphorsaure  Aethyl 


300  Cariusy  über  den  Phosphorsäuren  sich 

liefern  sollten,  liefern  statt  dessen  *),  oder  doch  neben  diesem 
das  pentasulfopyrophosphorsaure  Aethyl  :    c'jrh  ff\  f  ^®I* 

ches  eine  bei  71^,2  schmelzende,  sehr  schön  krystallisirende 
Substanz  ist,  die  sich  besonders  auszeichnet  durch  die  Leich- 
tigkeit, mit  der  sie  in  Salze  der  DiäthyldisulfophosphorsSure 
übergeht  : 

Das  Mitgetheilte  beweist  vollkommen,  d9fs  die  Pyro- 
phosphorsäure  vierbasisch,  und  gleichsam  als  eine  Vereini- 
gung von  1  Hol.  dreibasischer  mit  1  Mol.  einbasischer  Phos- 
phorsäure zu  betrachten  ist.  Dieselbe  Vereinigung  wird  sich 
wahrscheinlich  noch  einmal,  vielleicht  sogar  mehrmals  wieder- 
holen lassen,  und  die  dabei  entstehenden  Verbindungen  wür- 
den dann  die  folgenden  Formeln  erhalten,  z.  B. 


O2    PS 

Oj    PS 

S     (O8H5), 

»       (Gffl6)s 

^)  PS 

^     PS 

S   (€,H5 

8     GjHj 

0     PS 

■O  j  PS 

S    GJät 

S   1 O2H5 

^j  PS 

S  lOjH« 

Bei  der  ersten  Auffindung  des  pentasulfopyrophosphor- 
sauren  Aethyls  glaubte  ich  den  ersten  dieser  beiden  Körper 
zu  haben,  da  die  Analysen  besser  mit  dessen  Formel  über- 
einstimmten ,  und  in  der  That  scheint  diese  Verbindung  bei 
längerer  Einwirkung  von  Schwefelsäurehydrat  auf  disulfo- 
phosphorsaures  Aethyl  zu  entstehen ,  konnte  aber  bis  jetzt 
nicht  rein  erhalten  werden. 

Die  Metaphosphorsäure  hat  ohne  Zweifel  die  von  Odiing 

schon  vorgeschlagene   rationelle  Formel  fh]  u      9     in     der 


*)  Diefs   scheint   durch    Mitwirkung    des     gleichzeitig    auftretenden 
Schwefelwasserstoffs  bewirkt  zu  werden. 


anscAUefsende  Oruppeu  neuer  arganiacher  Körper,     30i 

also  drei  Atome  Sauerstoff  durch  Schwefel  ersetst  werden 
können.  Durch  Behandlung  von  metaphosphorsaorem  Blei 
mit  JodSthyl  habe  ich  metaphosphorsaures  Aethyl  als  eine 
farblose^  scharf  ätherartig  riechende  Flüssigkeit  erhalten,  die 
unter  100^  (sie  war  noeh  mit  etwas  Alkohol  gemischt}  destil- 
lirte  und  in  Wasser  gelöst  eine  Lösung  von  Monäthylphos« 
phorsäure  gab.  Monosulfometaphosphorsaures  Aethyl  entsteht 
bei  längerer  Einwirkung  von  Schwefelsäurehydrat  auf  mono- 
sulfophosphorsaures  Aethyl  : 

Ganz  ähnliche  Beziehungen,  wie  ich  sie  durch  die  mit- 
getbeilte  Untersuchung  zunächst  für  die  Verbindungen  des 
Phosphors  nachgewiesen  habe,  finden-  ohne  Zweifel  auch  statt 
für  die  mit  dem  Phosphor  analogen  dreiäquivalentigen  Kör- 
per. Bei  Arsenik  und  Antimon  lassen  sich  dieselben  sogar 
schon  aus  den  bis  jetzt  bekannten  Verbindungen  der  unorga-» 
nischen  Chemie  ableiten,  z.  B.  : 

^»KH,  '  ^1^^^  '  ^«  Na 

ßalz  von  Bouquet  und  Clo3z  l  K 

Auch  für  den  Stickstoff  gelten  ohne  Zweifel  den  im 
Vorigen  angedeutete  ganz  ähnliche  Beziehungen.  Ich  ver- 
muthe,  dafs  die  gewöhnliche  Salpetersäure  die  der  Meta- 
phosphorsäure  correspondirende  einbasische  Metasäure  des 
Stickstoffs  ist,  und  dafs  wie  beim  Phosphor  eine  dreibasische 
und  eine  vierbasische  oder  Pyroreihe  des  Stickstoffs  existiren. 

Wenn  es  gelänge,  für  den  Stickstoff  ebenfalls  eine  drei- 
basische  Reihe  nachzuweisen,  so  würde  dann  die  Formel  der 

IT       geschrieben  werden  müssen,  welche 

den  Eigenschaften  derselben  und  der  Stickstoffverbindungen 

!N0  ' 
u* .  Ver- 


302 


Garius^  über  den  Phosphorsäuren  u,  s.  w. 


bindongen  einer  dreibasischen  Reihe  des  Stickstoffs  werden 
wahrscheinlich  nnr  solche  erhalten  werden  können,  die  einen 
Theil  oder  allen  Sauerstoff  durch  Schwefel  ersetzt  enthalten. 
Der  sogenannte  Fünffach -Schwefelstickstoff  von  Gregory 
scheint  der  Ausgangspunkt  zur  Darstellung  solcher  Körper 
zu  sein ;  die  Substanz  wirkt  auf  Hercaptan  rasch  und  unter 
Entwickelong  von  Schwefelwasserstoff  ein,  das  Product  ist 
eine  gelbliche,  in  Wasser  unlösliche  Flüssigkeit,  die  bei  der 
Destillation  theilweise  zersetzt  wird  und  eine  niedriger  sie- 
dende, Schwefel  und  Stickstoff  enthaltende  Verbindung,  wahr- 

m  u  \  »  and  bei  150^  destillirendes  zweifach- 

Schwefeläthyl  liefert.  Die  dreiäquivalentigen  Elemente  N,  P, 
As,  Sb  (Bi)  bilden  noch  andere  Sauerstoff-  und  Schwefel- 
verbindungen ;  diese  wiederholen  unter  einander  genau  die- 
selben Beziehungen,  wie  die  gewöhnliche  Pyro*  und  Meta- 
Phosphorsäure;  die  folgenden  Formeln  mögen  diefs  an  einigen 
Repräsentanten  dieser  Körper  zeigen. 

Gewöhnliche  Reihe        Pyro-Beihe  Meta-Beihe 


*nca. 


*t(C%) 


w 


As^' 
Ba, 

A80 


S. 


■1 


«1  Pb« 


Boulangerit 


I  Ba 

Pbg 

Sb& 

Federerz 


H 


Pb 


8. 


8 


B 


B 


{ 


Sb8 


Pb 
Zinkeait 


Ganz  analoge  Beziehungen  existiren  noch  unter  den  Ver- 
bindungen von  Silicium,  Zinn  und  anderen  mehräquivalentigen 
Körpern,  und  ich  habe  dieselben  schon  mehrfach  in  meinen 
Vorlesungen  über  theoretische  Chemie  hervorgehoben,  und 
z.  B.  gezeigt;  mit  wie  grofsem  Vortheil  sie  sich  in  der 
Chemie  der  Silicate  benutzen  lassen. 

Heidelberg,  den  25.  Februar  1861. 


303 

6.      Ueber  die   Einwirkung   von  Snlfophosphorsäure-* 
anhydrid  auf  Methyl-  und  Amyl-Alkohol ; 

vQn  Dr.  A.  Kavalevsky. 


Nachdem  durch  die  Untersuchung  des  Herrn  Dr.  Carius 
die  Reaction  von  Sulfophosphorsäureanhydrid  auf  Aethyl- 
alkohol  untersucht  war,  schien  es  noch  nöthig,  zu  prüfen, 
ob  andere  Alkohole  sich  ganz  analog  verhielten. 

Reiner  Methylalkohol^  nach  der  Methode  von  Dr.  Carius 
aus  benzoSsaurem  Methyl  dargestellt,  wirkt  sehr  energisch 
und  unter  starker  Wärineentwickelung  auf  Sulfophosphorsäure- 
anhydrid ein,  es  entwickelt  sich  sehr  reichlich  Schwefel- 
wasserstoff, und  man  erhält  eine  zähe  Flüssigkeit,  die  eine» 
Lösung  von  Dimethyldistdfophoaptiorsäure  in  disulfophosphor- 
saurem  Methyl  ist.  Die  Reaction  findet  nach  folgender  Glei- 
chung statt  : 

(^^h).  +  *•*»•  =  8l(€H.),  +  %An    +   ^H.    +   8H.. 

Di8ulfophx>8phorsaure8  Methyl.  —  Um  diese  Verbindung 
darzustellen,  übergiefst  man  im  Kolben  mit  Ableitungsrohr 
1  Mol.  Sulfophosphorsäureanhydrid,  grob  gepulvert,  mit  etwas 
mehr  als  5  Mol.  reinem  Methylalkohol  und  kühlt  so  lange 
ab,  bis  die  Gasentwickelung  nachläfst;  alsdann  erwärmt  man 
so  lange  vorsichtig  im  Wasserbade,  bis  sich  kein  Gas  mehr 
entwickelt  und  alles  Phosphorsulfid  gelöst  ist.  Die  erl\^ltene 
Flüssigkeit  wird  mit  5  bis  6  Mol.  Wasser  verdünnt,  der  ab- 
geschiedene Aether  rasch  mit  Wasser  abgewaschen,  und 
unter  der  Luftpumpe  oder  im  Luftstrom  bei  höchstens  40^ 
getrocknet ;  die  wässerigen  Flüssigkeiten  enthalten  Dimethyl- 
disulfophosphorsäure  und  noch  kleine  Mengen  von  disulfo- 
phosphorsaurem  Methyl. 

Das  so  erhaltene  disulfophosphorsaure  Methyl  ist  eine 
ölige  Flüssigkeit,   die  auch  bei  —  12^  nicht  erstarrt;   es  ist 


304  Kovalevslcy^  über  die  Einwirkung  von 


farblos,  wenn  das  Phosphorsolfid  völlig  eisenfrei  war,  und 
besitzt  einen  sehr  widrigen  durchdringenden  Gerach;  sein 
spec.  Gew.  ist  wenig   gröfser  als  das   des-Wsssers.    Wird 

der  Aether  für  sich  auf  etwa  150^  erhitzt,   so  zersetzt  er 

• 

sich  unter  heftigem  Aufkochen,  es  destilliren  stinkende  Pro- 
ducte,  die  Einfach-  und  Zweifach-Schwefelmethyl  und  etwas 
unveränderten  Aether  enthalten,  während  in  der  Retorte  eine 
braune,  nach  dem  Erkalten  harte  Masse  bleibt,  die  mit  Wasser 
unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  Phosphorsäure 
liefert;  mit  Wasserdämpfen  destilh'rt  der  Aether  als  farblose 
Flüssigkeit  unzersetzt,  nur  wird  ein  Theil  desselben  dabei  in 
Säuren  verwandelt,  die  in  der  rückständigen  wässerigen  Lö- 
sung bleiben.  Fällt  man  diese  Lösung  mit  Quecksilberchlorid 
aus,  so  entzieht  absoluter  heifser  Alkohol  dem  getrockneten 
Niederschlage  ein  beim  Erkalten  in  glänzenden  Blättchen  kry- 
stallisirendes  Quecksilbersalz,  wahrscheinlich  dimethylmono- 
sulfophosphorsaures  Quecksilber.  Die  Analysen  wurden  durch 
Verbrennen  mit  chromsaurem  Blei,  oder  bei  Bestimmung  von 
Schwefel  und  Phosphor  nach  der  Methode  von  Carius*) 
durch  Oxydation  mit  Salpetersäure  im  zugeschmolzenen  Rohr 
ausgeführt;  ihre  Resultate  sind  folgende  : 

1.     2.     3.     4. 

0,2210  0,3105  0,2516  0,2840 

0,1714  0,2405  —  — 

0,1054  0,1436  —  — 

~     —  0,6868  0,7723 

—     —  0,1640  0,1846 

Berechn.  nach  der 

2  u.  4       Mittel  ^^^^^  g  *l(€Hs)a 

21,12  21,13  20,93 

5,14  5,22  5,23 

18,15 
37,36 


Angewandt 

Erhaltene  Kohlensäure    .     .     . 
Erhaltenes  Wasser       .... 
Erhaltener  schwefeis.  Baryt 
Erhaltene  phosphors.  Magnesia 


1  u.  3 

Kohlenstoff 

21,14 

Wasserstoff 

5,30 

Phosphor 

18,21 

Schwefel 

37,50 

Sauerstoff 

Mittel 

21,13 

5,22 

18,18 

37,43 


18,03 
37,20 
18,6^ 

100,007 


*)  Diese  Annalen  CXVI,  1.     Auch  die  im  Folgenden  noch  mitge- 
getheilten  Analysen  sind  in  derselben  Weise  ausgeführt 


SuifophosphorsäureanAt/drid  auf  Methyl-  u.  Amyl- Alkohol,    305 

Disulfophosphorsaures  Methyl  wird  von  Wasser  nur 
wenig  geldst,  reichlicher  aber  von  einer  wässerigen  Lösung 
der  Dimethyldisulfophosphorsäure,  und  sehr  leicht  von  ver- 
dünntem Alkohol  *  besonders  in  letzterer  Lösung  wird  es  all- 
mSIig  in  DimetbyldisulfophosphorsMure  verwandelt,  die  sich 
beim  Kochen  der  Lösung  wieder,  unter  Entwiekelung  von 
Schwefelwasserstoff  weiter  zersetzt.  Leichter  als  durch 
Wasser  wird  der  Aelher  beim  Erwärmen  mit  aUialischen 
Schwefelmetallen  oder  Alkalihydraten  unter  Bildung  von  di- 
methyldisolfophosphorsauren  Salzen  zerlegt.  —  Erhitzt  man 
den  Aether  im  zugeschmolzenen  Rohr  mit  Aethylaikohol  auf 
140  bis  150^1  so  tritt  alhnälig  Zersetzung  ein;  nach  langem 
Erhitzen  liefert  das  Product  mit  Wasser  eiuQ  Lösung  von 
phosphor-  und  schwefelhaltigen  Säuren,  deren  eine  ein  aus 
heifsem  Alkohol  in  glänzenden  Blättchen  krystallisirendes 
Quecksilbersalz  liefert  und  wahrscheinlich  Dimethylnionosulfo- 
phosphorsäure  ist;  auf  der  wässerigen  Lösung  dieser  Säuren 
schwimmt  eine  nach  Schwefelmelhyläthyl  riechende  dünne 
Flüssigkeit,  die  unter  70^  farblos  überdestillirt ;  die  Reaclion 
ist  also  wohl  ohne  Zweifel  : 

Disulfophosphorsaures  Methyl  wird  von  Schwefelsäure- 
bydrat  schon  in  der  Kälte  unter  Entwiekelung  von  schwefliger 
Säure  angegriffen ;  verdünnt  man  das  Gemenge  nach  einiger 
Zeit  mit  Wasser,  so  scheidet  sich  ein  schweres  Oel  ab,  das 
auch  bei  langem  Stehen  in  der  Kälte  keine  Krystalle  ab- 
scheidet; die  wässerige  Flüssigkeit  enthält  Methylschwefel- 
säure. Eben  so  wenig  erhält  man  krystallinische  Verbindun- 
gen bei  längerem  Stehen  des  Aelhers  mit  Chlorcalcinm  und 
wenig  Wasser.  Das  unter  Anwendung  von  Schwefelsäure- 
bydrat  erhaltene  schwere  Oel  liefert  beim  Erwärmen  mit 
Schwefelammonium  dimethyldilsulfophosphorsaures  Ammonium 

Acnal.  d.  Chemie  u.  Pharm.  GXIX.  Dd.  3.  Heft.  20 


306  Kovalevshy^  über  die  Einwvrhung  von 

und  noch  wenigstens  em  anderes  Salz,  welches  letztere  ein 
in  Alkohol  unlösliches  Quecksilbersalz  giebt;  das  schwere  Oel 
ist  daher  wahrscheinlich  ein  Gemenge  von  tetrasulfopyrophos- 
phorsaurem  Methyl  mit  einem  Aether  der  Metareihe. 

Phosphorsuperchlorid  wirkt  sehr  energisch  auf  disttifo*- 
phosphorsaures  Hethyl  ein ;  trägt  man  unter  Abkühlung  in 
1  Hol.  des  Aethers  i  HoL  Phosphorsuperchlorid  ein,  so  ent- 
steht eine  Ftässigkeit,  die  nach  Entfernung  des  gleichzeitig 
gebildeten  Chloräthyles  und  Phosphoroxychlorides  durch  yor- 
sichtiges  Erwärmen  im  Luftstrom,  zuletzt  bei  110^,  einen 
scharfen  Geruch  besitzt,  an  der  Luft  schwach  raucht,  mit 
Alkalien  Chlormetalle  und  dimethyldisulfophosphorsaure  Salze, 
aber  bei  langsamer  Zersetzung  mit  Wasser  keine  krystallini- 
sche  Verbindung  liefert.      Dieses  Chlorid   ist   ohne  Zweifel 

^\     PS 
Dimethyloxydisulfophosphorchlorid  =  S  Srau  ^ 

Disulfophosphorsaures  Methyl  löst  frisch  gefälltes  Queck- 
silberjodid  auf  und  liefert  damit  eine  in  Nadeln  krystallisirende 
Verbindung  ;  diese  läfst  sich  leichter  erhalten  durch  Erwärmen 
des  dimethyldisulfophosphorsauren  Quecksilbers  mit  Jodäthyl, 
bis  die  erst  entstandene  klare  Lösung  Jodquecksilber  abzu- 
scheiden anfängt,  wo  beim  Erkalten  die  Verbindung  krystal- 
lisirt.  Die  Verbindung  verhält  sich  wie  die  correspondirende 
Aethylverbindung ;  ihre  alkoholische  Lösung  scheidet  beim 
Kochen  ziemlich  rasch  fast  alles  Jodquecksilber  ab. 

Dimethyldisulfophospharsäure,  —  Diese  Säure  findet  sieh 
neben  wenig  Phosphorsäure  in  den  wässerigen  Fiüssigkeil^n 
von  der  Abscheidung  des  disulfopbosphorsauren  Methyles. 
Diese  Lösungen  digerirt  man  bei  30  bis  40^  nit  Marmor, 
bis  sich  in  der  noch  sauren  Flüssigkeit  eine  reichliche  Me»ge 
des  leichtlöslichen  Caiciumsalzes  befindet,  und  fallt  nach  4em 
Filtriren  mit   essigsaurem  Blei  völlig  aus.     Der  weifse  käsige 


Stdfophosphorsäureanhydrid  aufMeOiyU  u,  Amt/l^  Alkohol.    307 

Nieder»;Magf  von  fast  reinem  dimethyldisulfophosphorsaurem 
Blei  wird  nach  dem  Auswaschen  und  Abpressen  zwischen 
Papier  aus  siedendem  absolutem  Alkohol  krystallisirt.  Zur 
Darstellung  der  freien  Säure  karni  dieses  Bleisalz  alsdann  in 
verdünnter  alkoholischer  Löjsung  durch  Schwefelwasserstoff 
zerlegt:  werden;  durch  Verdampfen  der  vom  Schwefelblei 
abflürirten  Flüssigkeit  an 'der  Luft,  Abscfaeidung  von  etwas 
ausgeschiedeneoi  Schwefel  durch  Zusatz  von  Wasser,  Filtrirer> 
und  Verdampfen  unter  der  Luftpumpe  erhält  man  endlich  die 
Dimethyldifulsophosphorsäure  als  sehr  saure  zähe  Flüssigkeit, 
in  der  sich  auch  .wohl  krystallinische  Massen  bilden,  die  an 
der  Luft  zerfliefsen. 

Dimethyldisulfophospborsäure  zersetzt  sich  beim  Erwär- 
men schon  unter  100^,  wobei  stets  Methylsulfhydrat  auftritt; 
in  verdünnterer  wässeriger  Lösung  gekocht  entwickelt  sie 
aber  vorzüglich  Schwefelwasserstoff  und  in  der  rückständigen 
Lösung  findet  sich  dann  die  oben  schon  erwähnte  Säure,  die 
mit  Quecksilber  ein  aus  siedendem  Alkohol  in  glänzenden 
Blättchen  krystallisirendes  Salz  bildet,  indessen  neben  Phos- 
phorsäure  und  anderen  Säuren. 

Die  Salze  der  Dimethyldisulfophosphorsäure  mit  den  Me- 
tallen der  Alkalien  und  alkalischen  Erden  sind  in  Wasser 
leicht  löslich,  das  Ammoniumsalz  an  der  Luft  zerfliefsend ; 
man  erhält  sie  am  besten  durch  Behandlung  des  Bleisalzes 
mit  alkalischen  Schwefelmetallen.  Aus  der  wässerigen  Lä- 
sung dieser  Salze  oder  der  freien  Säure  fällen  die  Salze  der 
sogenannten  schweren  Metalle^  auch  der  stärksten  Säuren, 
oder  deren  Chloride  die  Dimethyldisulfophosphorsäure  voll- 
ständig aus  als  käsig -flockige  Fällungen  der  in  Wasser  un- * 
löslichen  Salze  jener  Metalle.  Alle  diese  Salze  lösen  sich  sehr 
wenig  in  kaltem,  reichlich  dagegen  in  heifsem  Alkohol  oder  Aether 
und  besonders  Benzol,  und  krystallisiren  beim  Erkalten  d^ir  Lösung 
zum  Theil  sehr  schön  ;    die  wässerige  Lösung  der  Dimethyl- 

20* 


308  Kovalevslcy^  iiher  die  Einwirkung  von 

disiiIfophosphorsSure  oder  ihrer  löslichen  Salze  wird  von  Eisen- 
chlorid nicht  schwarz  und  körnig,  wie  die  entsprechende 
Aethylverbindung,  sondern  hellrolhbraun,  flockig  gefällt;  der 
Niederschlag  dieses  Eisenoxydsalzes  löst  sich  sehr  leicht  splbst 
in  verdünntem  Alkohol  auf.  Quecksilberoxydulsalze  fällen 
aus  der  Säure  und  ihren  Sdlzen  sogleich  schwarzes  Schwefel- 
metall; aHe  übrigen  Salze  lassen  sich  dagegen  im  trockenen 
Zustande  auf  100^  erhitzen  und  in  alkoholischer  Lösung  ko- 
chen ,  ohne  Zersetzung  zu  erleiden. 

Dimeihyldisulfophosphoraaures  Calcium  wird  wie  oben 
angegeben  aus  dem  Bleisalze  erhalten ;  seine  wässerige  Lö- 
sung darf  in  der  Wärme  nur  sehr  wenig  concentrirt  werden, 
da  es  sonst  unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  ein 
schwerlösliches  krystallinisches  Calciumsalz  abscheidet;  durch 
Abdampfen  unter  der  Luftpumpe  erhält  man  das  Salz  in  aus 
Wärzchen  zusammengesetzten  Rinden.  Das  Salz  löst  sich 
sehr  reichlich  aber  sehr  langsam  in  Wasser ;  die  Lösung  wird 
beim  Abdampfen  syrupdick,  bevor  sie  Salz  abscheidet;  in 
Alkohol  und  Aether  löst  sich  das  Salz  nur  wenig. 

Dimeihyldisülfophosphorsaures  Blei  krystaltisirt  aus  der 
heifsen  alkoholischen  Lösung  in  schönen ,  stark  glänzenden 
weifsen  Prismen,  die  lang  zugespitzt  und  oft  Vs  Zoll  lang 
sind.  Das  Salz  ist  luftbeständig,  schmilzt  unter  100^  und 
kann  ohne  Zersetzung  zu  erleiden  in  alkoholischer  Lösung 
gekocht,  oder  trocken  auf  100^  erwärmt  werden.  Die  ana- 
lytischen Resultate  des  unter  der  Luftpumpe  über  Schwefel- 
säure getrockneten  Salzes  sind  folgende  : 

1.  2. 

Angewandt 0,5126  0,5540 

Erhaltene  Kohlensäure    .     .     .  0,1757  — 

Erhaltenes  Wasser     ....  0,1149  — 

Erhaltenes  Bleioxyd   ....         —  0,2354 

Erhaltene  phosphors.  Magnesia         —  0,2310 

Erhaltener  schwefeis.  Baryt     .         —  0,9938. 


Sulfophosphorsäureanhydrid  auf  Methyl-  u,  Amyl-AlkohoL  309 


Berechnet  nach  der  Formel 

^1 

PS        . 

1.  und  2. 

S 

€H8)jPb   • 

Kohlenstoff 

9,8d 

9,20 

Wasserstoff 

2,49 

2,30 

Blei 

39,45 

39,77 

.Phosphor 

11,64 

11.84 

Schwefel 

24,68 

24^4 

Sauerstoff 

— 

12,85 

100,00. 

•        öl      PS 
Dimethyldtsulfaphosphorsaures  Quecksilber^  Ä^iCGH  1  Hff' 

krysiallisirt  ans  heirsem  absolutem  Alkohol  oder  aus  Benzol 
beim  Erkalten  in  glänzenden,  zu  Gruppen  vereinigten  kürzeren 
Prismen  oder  Nadein,  die  aber  meist  sehr  klein  sind.  Es 
löst  sich  weniger  leicht  in  heifsem  Alkohol  und  ist  in  der 
Wärme  leichter  zersetzbar,  als  das  Bleisalz. 

Amylalkohol  Wirkt  weniger  energisch  als  Methyl-  und 
Aelhyl-Alkohol  auf  Sulfophosphorsäureanhydrid  ein  und  die 
Reaction  beendet  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  erst  nach 
langem  Stehen,  bei  gelindem  Erwärmen  dagegen  schon  in 
kurzer  Zeit.  Die  Aeaction  findet  allerdings  ähnlich  der  des 
Methylalkohols  statt,  unterscheidet  sich  aber  darin  von  letz- 
terer, dafs  nicht  disulfophosphorsaures,  sondern  tetrasulfophos-' 
phorsaures  Amyl  und  weniger  Schwefelwasserstofi^  dabei  auf- 
treten. Da  etwa  im  Ueberschufs  angewandter  Amylalkohol 
sich  nur  sehr  schwer  von  dem  gebildeten  Aether  trennen 
läfst,  so  wurden  hier  auf  1  Mol.  Sulfophosphorsäureanhydrid 
nicht  ganz  5  Mol.  Amylalkohol  angewandt,  während  bei  den 
Versuchen  mit  Methylalkohol  und  den  von  Carius  mitAethyl- 
alkohol  angestellten  stets  auf  i  Mol  Anhydrid  etwas  mehr 
als  5  Mol.  Alkohol  kamen.  Ich  vermuthete  daher,  dafs  hierin 
die  erwähnte  Verschiedenheit  der  Reaction  des  Amylalkohols 
liege,  und  stellte  auch  mit  Methyl-  und  Aethylalkohol  Ver- 
suche mit  überschüssigem  Sulfophosphorsäureanhydrid  an  ;  die 
Versuche  zeigten  indessen,   dafs  dieser  Ueberschufs  des  An- 


310  Kovalevsky y  über  die  Einwirkung  von 

Hydrides  i>n?erändert  bleibt,  sobald  nicht  zuletzt  auf  eine 
Temperatur  über  100^  erhitzt  wird,  wo  sich  dann  schon  die 
erst  gebildeten  Sauren  wieder  zersetzen;  ferner  ergaben  die 
Versuche,  dafs  die  Producte  der  unter  100^  beendeten  Re- 
action  genau  dieselben  waren,  wie  ich  für  überschüssigen 
Methylalkohol  und  Carius  für  Aelhylalkohol  gefunden  hatten. 
—  Die.Reaction  findet  wahrscheinlich  statt  nach  der  Glei- 
chung : 

(^l^l?")u+  ^P«»')»=  »•l(e,Ht).+  (?'l(ei!).H) +(<^H,),+  8H,. 

Teiramlfophosphorsaures  Ämt/L  -<*  Zur  Darstellung  ilieses 
Aethers  und  der  Diamyldisulfophosphorsäure  übergieüst  man 
1  Mol.  eisenfreies  Sulfophosphorsäureanhydrid  grob  gepulvert 
mit  nicht  ganz  5  Mol.  reinem  Amylalkohol  und  unterstützt  die 
Einwirkung  durch  gelindes  Erwärmen  auf  dem  Wasserbade, 
bis  sich  kein  Schwefelwasserstoff  mehr  entwickelt  und  eine 
klare  zähe  Lösung  entstanden  ist.  Letztere  wird  mit  dem 
mehrfachen  Volum  kalten  Wassers  gemischt,  der  von  der 
Lösung  der  Diamyldisulfophosphorsäure  abgeliobene  Aether 
rasch  mit  kaltem  Wasser  wiederholt  gewaschen  und  über 
Chlorcaicium  getrocknet ;  dem  Waschwasser  setzt  man  anfangs 
zweckmäfsig  etwas  Aelhylalkohol  zu,  um  den  etwa  vorhan- 
denen Amylalkohol  völlig  zu  entfernen.  —  Tetrasulfophos- 
phorsaures  Amyl  wird  so  als  dickflüssige  gelbe,  oder  bei 
Anwendung  von  eisenhaltigem  Phosphorsulfid  fast  schwarze 
Flüssigkeit  erhalten,  die  in  der  Kälte  nicht  erstarrt  und  schwach 
aber  sehr  widrig  riecht;  es  ist  unlöslich  in  Wasser  und 
sinkt  darin  unter,  schwimmt  aber  auf  gesättigter  Chlornatrium- 
lösung; mit  Alkohol  mischt  es  sich  nur,  wenn  dieser  völlig 
wasserfrei  ist.  Der  Aethet*  zersetzt  sich  schon  wenig  über 
100^  und  liefert  dabei  besonders  Einfach-Schwefelamyl;  beim 
Kochen  mit  Wasser  destillirt  unter  Entwickelung  von  Schwe- 
felwasserstoff Amylalkphol    und   wahrscheinlich   auch   Amyl- 


Stdfophospharsäureanhydrid  auf  Methyl-  tu  Amt/l- Alkohol.    31  i 

meroaptan ;  die  in  der  Retorte  rückständige  wässerige  Flüssig- 
keit enthält  neben  anderen  Säuren  auch  Diamyldisuifophos- 
phorsäure;  dieselbe  Säure  bildet  sich  vorherrschend  bei 
Zersetzung  des  Aethers  in  alkoholischer  Lösung  durch  Alkali- 
hydrate oder  lösliehe  Schwefelmetalle ,  während  Diamyltetra- 
sulfophosphorsäure  dabei  nicht  erhalten  werden  konnte.  -^ 
Tetrasulfophosphorsaures  Amyl  wird  von  Schwefelsäurehydrat 
heflig  und  unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  ange- 
gfriffen,  bildet  aber  keine  krystallinischen  Producte;  durch 
€hlorcalciunfi  und  Wasser  scheint  der  Aether  nicht  verändert 
zu  werden. 

Die  Analyse  eines    fast   farblosen  Präparates   führte  zu 
folgenden  Resultaten  : 

1.  2.                 3. 

Angewandt    .     .  , 0,1307  0,2799  0,1991 

Erhaltene  Kohlenstture   .     .     .     .     0,2284  0,4949            — 

Erhaltenes  Wasser 0,1030  0,2231            — 

Erhaltend  phosphors.  Magnesia  .       —  *-  0,0620 


Erhaltene 

3r  schwefe 

Is.  Baryt    . 

•                "^^ 

—             0,5005. 

Berechnet  nach  der  Formet 

1  u.  8 

2. 

Mittel 

«        PS 

Kohlenstoff 

48,36 

48,22 

48,28 

48,40 

Wasserstoff 

8,76 

8,86 

8,80 

8,86 

Phosphor 

8,64 

— 

8,64 

8,38 

Schwefel 

34,50 

— 

34,50 

34,41 

100,25  .100,32  100,00. 

IHamyldwdfophosphormure.  —  Diese  Säure  findet  sich 
fast  rein  in  der  wässerigen  Flüssigkeit,  aus  der  das  tetra- 
sulfophosphorsaure  Amyl  abgeschieden  wurde;  man  neutrali- 
sirt  dieselbe,  um  die  vorhandene  Pbo^phorsäure  su  entfernen, 
theilweise  mit  kohlensaurem  Baryt  und  fällt  die  filtrirte  Lö- 
sung mit  essigsaurem  Blei  völlig  aus.  Der  weifse  käsige 
Niederschlag  wird  nach  dem  Abpressen  zwischen  Papier  aus 
s^iedendem  Alkohol  krystallisirt,  die  Krystaile  zur  Entfernung 
kleiner  Mengen  einer  harzigen  Substanz  mit  scbwfichem  AU 


312  Kova.levaky y.iiber  die  Einwirkung  von 

kohol  abgewaschen  und  nochmals  aus  siedendem  Alkohol  kry« 
stallisirt.  —  Zur  Darstellung  ^der  freien  .Säure  wird  die  ver- 
dünnte alkoholische  Losung  des  Bleisalzes  mit  überschüssigem 
Schwefelwasserstoff  behandelt ,  das  Filtrat  an  der  Luft  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  verdunstet,  durch  Vermischen  mit 
Wasser  und  Filtriren  vom  Schwefel  befreit  und  unter  der 
Luftpumpe  eingedampft»  wo  endlich  ein  sehr  saurer  farbloser 
Syrup  von  schwachem,  Geruch  bleibt^  der  «b^r  schon  andere 
als  Zersetzungsproducte  der  Diamytdisulfophosphorsäure  mit 
Wasser  ^luftretende.  Säuren  beigemengt  enthält ;  dieselben 
Säuren  bilden  sich  rascher  unter  Entwickelung  von  Schwefel- 
wasserstoff beim  Kochen  der  wässerigen  Lösung, 

Die  Salze  der  Diamyldisulfophosphorsäure  besitzen  den- 
selben eigenthümlichen  Geruch  wie  die  freie  Säure;  die  in 
Wasser  löslichen  der  Metalle  der  Alkalien  und  alkalischen 
Erden  stellt  man  aus  dem  Bleisalze  durch  Behandlung  mit 
Schwefelmetallen  dar,  ähnlich  wie  die  dimethyldisulfophos- 
phorsauren  Salze;  das  Barytsalz  krystallisirt  in  zu  Häufchen 
vereinigten  mikroscopischen  Nädelchen.  Die  in  Wasser  un- 
löslichen Salze  der  schweren  Metalle  werden  durch  deren 
Salze  oder  Chloride  aus  der  wässerigen  Lösung  der  freien 
Säure  ode^r  eines  löslichen  Salzes  als  käsige  Niederschläge 
gefällt ;  sie  sind  alle  in  Alkohol,  Aether  und  Benzol,  besonders 
in  der  Wärme,  leicht  löslich;  die  Lösungen  können  gekocht 
und  die  trockenen  Salze  meist  über  100^  ethitzt  werden, 
ohne  dafs  eine  Zersetzung  erfolgt;  sie  schmelzen  meist 
unter  lOO». 

Diamyldisulfophosphorsaures  Blei  schmilzt  unter  70®, 
löst  sich  in  heifsem  absolutem  Alkohol  nach  allen  Verhältnis- 
sen und  ist  darin  auch  in  der  Kälte  ziemlich  löslich ;  es  kry- 
stallisirt in  vierseitigen  rhombischen  Täfelchen,  oder  bei  sehr 
langsamer  Krystallisation  in  grofsen,  sehr  regelmäfsigen  kurzen 
monoklinoedrischen  Prismen ,   gewöhnlich  nur  oo  P  .  0  P  zei- 


SulfophosphoTsäureanhydrxd  auf  Methyl-  u,  AmyUAlkohol,    313 

gend.  Die  Analyse  des  wie  oben  angfegeben  gereinigten  und 
über  SchwefelsSare  anier  der  Luftpumpe  getrockneten  Salzes 
gab  folgende  Resultate  : 


. 

• 

1. 

2.                S. 

Angewandt     .    .    • 

•    •    •    • 

0,2315 

0,3214        0,4210 

Erhaltene  Kohlensäure    .     .    . 

0,2724 

( 

Erhaltenes  Wasi^er 

•     •    •    • 

0,1275 

Erhaltenes  äleiozyd 

•    •    •    • 

— - 

.0,0957        0,1246 

Erhaltene  phosphors. 

Magneaia 

— 

0,0938        0,1290 

Erhaltener  schwefeis. 

Baryt 

— 

0,4044         0,5344. 

« 

Berechnet  nach  der  Formel 

0t     re 

1  u.  2. 

3. 

Mittel 

S     (€5Hu),Ph 

Kohlenstoff       32,09 

— 

32,09 

32,21 

Wasserstoff'        6,12 

— 

6,12 

5,90 

Blei                  37,65 

27,48 

27,66 

27,83 

Phosphor            8,15 

8,56 

8,35 

8,33 

Schwefel           17,28 

17,39 

17,33 

17,18 

Sauerstoff           — 

-^ 

♦ 

8,59 

100,00. 


Heidelberg,  den  25.  Februar  1861, 


7.    Ueber   die  Doppelsulfide  der  Alkobolradicale ; 

von  L,  Cartus, 


Da  die  sogenannten  Mercaptane  im  chemischen  Verhalten 
vollkommen  analog  sind  den  gewöhnlichen  Oxyalkohölen  *}, 
und  ebenso  die  einfachen  Sulfide  den  einfachen  Oxyden  der 
Alkoholradicale,  so  liefs  sich  mit  Sicherheit  die  Existenz  von 
gemischten  Sulfiden  voraussagen,  die  bei  einäquivalentigen 
Alkoholradicalen    in    1  Mol.  2  Atome    zweier    verschiedener 


*)  Vgl.   ohen    :    Einwirkung    der    Säureanhydride    auf   Aethylsulfo- 
alkohol. 


3i4  CarJuSf  über  die  Doppelsulfide 

solcher  Radicale  enthalten.  Herr  B.  Linnemann  stellte  daher 
Versuche  an,  diese  Körper  dara^ustelten ,  welche  indessen 
nicht  vollständig  zu  dem  gewünschten  Resultate  fahrten  (siebe 
unten}*  Später. habe  ich  diese  Körper  nach  einer  Reaction 
erhalten,  welche  vergleichbar  ist  der  von  Williams on  auf- 
gefundenen Entstehung  von  Aethylmethyloxyd  durch  Einwir- 
kung von  Methylalkohol  auf  Aethylsehwefelsäure ;  diese 
Entstehungsweise  scheint  allgemein  zu  sein  :  Einwirkung 
eines  Oxyalkohols  auf  den  Oxysulfoäther  oder  Sulfoäther 
eines  anderen  Alkoholradicales  und  einer  mehrbasischen  Säure 
bei  einer  der  Zersetzungstemperatur  des  Aethers  nahe  lie- 
genden Temperatur.  Die  Reaction  ist  aber  von  mir  bis  jetzt 
mit  Sicherheit   nur   nachgewiesen   für   die   drei  Aether   der 

Reihe  der  dreibasischen  Phosphorsiiure  : 

0,1    PS  Oj    PS  „^,  «j    PS 

und  von  Hrn.  A.  Kovalevsky  für  das  disulfo phosphorsaure 
Methyl  und  das  tetrasulfophosphorsaure  Amyl.  Die  Reaction 
ist  z.  B.  für  das  disulfophosphorsaure  Aethyl  und  Methyl- 
alkohol : 

S   l(0,H5)8     +     ^t   H      -       ^«1(G,H«)8H      +      **0H8- 

Indessen  findet  die  Reaction  niemals  ohiie  Nebenprodncte 
statt,  die  wie  es  scheint  hauptsächlich  von  der  Zersetzung 
der  entstehenden  Diäthylsäure  für  sich  bei  der  hohen  Tem- 
peratur, oder  auch  unter  weiterem  Einflufs  von  Alkohol  her- 
rühren. 

Inn 
n  ^  .  —  Zur  Darstellung  dieses  Kör- 
pers wie  der  folgenden  wendet  man  am  besten  disulfophos- 
phorsaures  Aethyl  an ,  da  dieses  von  den  Aethern  seiner 
Reihe  am  leichtesten  darzustellen  ist,  und  besonders,  da  es 
weniger  Schwefeläthyl  als  Zersetzungsproduct  liefert,  wie  die 
schwefelreicheren  Aether.    Dieser   Aether    wird   mit   seinem 


der  Älkoholradicale.  315 

• 

doppelten  Volum  von  reinem,  völlig  wasserfreiem  Methyl- 
alkohol im  zugeschmolzenen  Rohr  auf  150^  erhitzt,  wobei 
besonders  anfangs  darauf  zu  sehen  ist,  dafs  die  Temperator 
nicht  zu  hoch  wird,  da  der  Aether  schon   bei  etwa  160*  für 

* 

sich  allein  zersetzt  wird  und  dann  viel  Schwefeläthyl  ent- 
steht. Nach  ein-  bis  mehrstündigem  Erhitzen  ist  die  Reaction 
beendet ;  das  Rohr  enthält  nun  eine  dünne  bräunliche  Flüssig- 
keit und  eine  fast  farblose  glasartige  Hasse,  die  sich  leicht 
in  Wasser  löst*}.  Die  ätherartige  Flüssigkeit  ist  fast  reines 
Aethylmethylsulfid ,  sobald  man  genügend  Methylalkohol  an- 
wandte und  nicht  zu  stark  erhitzte ;  sie  enthält  stets  kleine 
Mengen  von  Aethylsulfid  und  zuweilen  von  unzersetztem 
Aether;  man  reinigt  sie  durch  Destillation. 

Schwefeläthylmethyl  ist  eine  farblose  sehr  dünne  Flüssig- 
keit, deren  sehr  unangenehmer  Geruch  mehr  an  den  des 
Schwefelmethyls  als  des  Schwefeläthyls  erinnert;  sein  Siede- 
punkt liegt  bei  58,8  bis  59^,5  C.  (corrigirtj  bei  0'°,757  Oruck, 
also  V1^,l  höher  als  der  des  MethylsulGdes,  41^0,  aber  32^2 
niedriger  als  der  des  Aethylsulfides,  91^  Die  Analysen 
wurden  ausgeführt  durch  Verbrennung  mit  chromsaurem  Blei, 
und  die  Bestimmung  des  Schwefels  durch  Oxydation  mit  Sal- 
petersäure im  zugeschmolzenen  Rohr ;  ihre  Resultate  sind 
folgende  : 

1.  2.  3.  4. 

Angewandt 0,1958  0,2246  0,2158  0,1898 

Erhaltene  Kohlensäure     ....  0,3392  0,3920  —            — 

Erhaltenes  Wasser 0,1806  0,2160  —            — 

Erhaltener  schwefeis.  Baryt    ' .     .        —  —  0,6637  0,5798. 


*)  In  dieser  Masse  lassen  sich  nachweisen  :  Diäthylmonosulfophos- 
phorsäure ,  die  fast  immer  beträchtlich  vorherrscht ,  Monftthyl- 
monosulfophosphorsäure    und  Phosphorsäure   in   kleinen  Mengen. 


3i6  CariuSy   Über  die  DoppeUulfide  ' 

Bereclmet  nach  der  Fonnel 

1  u.  3.  2.  n.  4.  Mittel  ^lOgHs 

Kohlenstoff     47,25  47,60  47,42  47,87 

Wasserstoff     10,26  10,69  ^10,47  10,58 

Schwefel         42,25  41,91  "42,08  42,10 

99,75         100,20         99,97  100,00. 

Die  Dampfdichte  wurde  nach  der  Methode  von  Gay- 
Lussac  in  Bunsen's  Wasserdampfbade*)  bestimmt  und 
dabei  folgende  Resultate  erhallen  : 


Versuch  1 

Versuch  2 

Angewandte  Substanz 

0,1752 

0,1612 

Volnm  in  Cabikcentimetem 

74,765 

70,271 

Temperatur 

100<> 

100<> 

Druck 

0",7381 

0"',7041 

Vol.  bei  0^  u.  0",76  Druck 

53,997 

47,761 

Dampfdichte 

2,5084 

2,6090. 

1  Volum  Dampf  wiegt  nach  der  Rechnung  2,6258. 

Aethyiniethylsuifid  giebt,  wie  die  bekannten  einfachen 
Sulfide  der  Alkoholradicale,  krystallinische  Verbindungen  mit 
Metallchloriden;  die  weingeistige  Lösung  zu  einer  solchen 
von  Quecksilberchlorid  gesetzt,  fallt  in  kaltem  Alkohol  sehr 
schwer  lösliche  kleine  glänzende  Blättchen ,  die  unter  der 
Luftpumpe   über  Schwefelsäure    getrocknet   bei   der  Analyse 

8,92  pC.  Schwefel  gaben,  während  die  Formel  s||"j|    HggClia 

9,22  pC.  Schwefel  verlangt.  —  Eine  kleine  Menge  des  Sul- 
fides wurde,  um  Verlust  zu  vermeiden^  im  zugeschmolzenen 
Rohre  mit  Salpetersäure  von  i,l  spec.  Gewicht  im  Wasser- 
bade erwärmt,  das  Product  der  Oxydation  nach  dem  Ab- 
dampfen der  Salpetersäure  in  Waa^er  gelöst  und  mit  kohlen- 
saurem Blei  neutralisirt ;  das  Filtrat  gab  beim  Verdunsten  nur 
Krystallblättchen  von  äthylschwefligsaurem*  Blei ,  aber  keine 
Krystalle  von  methylschwefligsaurem  Blei. 


^)  Gasometrische  Methode,  8.  52. 


der  Alkoholradicak,  317 

n*y  .  —  Zur  Darstellung  dieses  Dop- 
pelsulfides  erhitzt  man  1  Mol.  disulfophosphorsaures  Aethyl 
mit  nahezu  2  Hol.  reinem  Amylalkohol  im  zugeschmolzenen 
Bohr  einige  Stunden  auf  150^ ,  bi«  die  Ausscheidung  von 
Säuren  nicht  mehr  zunimmt;  diese  Ausscheidung  hat  dieselbe 
Zusammensetzung  und  dieselbe  glasartige  Beschaffenheit,  wie 
bei  Darstellung  des  Methyläthylsulfides;  die  davon  abgegos- 
sene Flüssigkeit  wird  der  Destillation  unterworfen ,  um  etwa 
verhandehe  kleine  Mengen  Aethylsulfid  und  noch  unzer- 
setzten  Aether  zu  entfernen;  das  zwischen  120  bis  gegen 
140^  erhaltene  Destillat  mischt  man  mit  seinem  mehrfachen 
Volum  Aethylalkohol ,  fällt  mit  Wasser,  wiederholt  dieselbe 
Operation  und  wascht  endlich  mit  Wasser,  bis  man  sicher 
sein  kann,  dafs  aller  Amylalkohol  entfernt  ist. 

Aethylamylsulfid  ist  eine  farblose,  nach  Schwefeläthyl  und 
Amyl  riechende  Flüssigkeit,  die  bei  132,0  bis  133^5  (corrigirt) 
bei  0°',758  vollständig  überdestillirt.  Ihr  Siedepunkt  weicht 
also  ebenfalls  beträchtlich  von  dem  der  gewöhnlich  vorkom- 
menden Regel  entsprechenden  ab.  Die  weingeistige  Lösung 
des  Sulfides  bringt  in  einer  Quecksilberchloridlösung  eine 
weifse  Fällung  hervor.  Bei  der  Oxydation  mit  Salpetersäure 
liefert  dieses  Doppelsulfid  nur  äthylschwefiige  Säure;  amyl- 
schweflige  Säure  liefs  sich  nicht  nachweisen. 

Die  Resultate  der  wie  bei  dem  Methyläthylsulfid  aus- 
geführten Analyse  sind  folgende  : 


1. 

2. 

3. 

Angewandt 

.     0,2855 

0,1344 

0,3016 

Erhaltene  Kohlensäure 

.     0,6645 

— 

Erhaltenes  Wasser    .     .     . 

.     0,3170 

— 

— 

Erhaltener  schwefeis.  Baryt 

•                — •• 

0,2373 

0,5298. 

Berechnet  nach  der  Formel 

1  u.  2.          3. 

Mittel 

i 

Kohlenstoff      63,48            — 

63,48 

63,62 

Wasserstoff      12,34           — 

12,34 

12,14 

Schwefel           24,25         24,13 

24,19 

24,24 

100,07  100,01  100,00. 


318 


Wilson,   Verfahren  zar  Bestimmung 


Die  Bestimmung  der  Dampfdichte,:  nach  der  Methode  von 
Gay-Lussac  und  im  Paraffinbade  ausgeführt,  gab  folgende 
Resultate  : 


Angewandte 
Bubstanz 

Volnm  in 
Cubikcentim. 

OC. 

Druck 

Vol.  bei  0<>  tu 
0"*,760 

Grm. 
0,2176 

68,567 

195,2 

0,7080 

37,417. 

■ 

gefunden  berechnet 

Dampfdichte  4,4954  4,5606. 

Heidelberg,  den  25.  Februar  1861. 


Verfahren  zur  Bestimmung  der  Härte  des  Wassers ; 

von  Pierce  B.   Wilson. 


Die  Clark' sehe*)  Methode  der  Härtebestimmung  des 
Wassers  beruht  auf  dem  Verhalten  der  alkalischen  Erden  zur 
Seife;  diese  bilden  bekanntlich  mit  Seife  in  Wasser  unlös- 
liche Verbindungen,  so  dafs  bei  Zusatz  einer  Seifenlösung  zu 
einem  kalkhaltigen  Wasser  erst  dann  beim  Schütteln  ein 
bleibender  Schaum  entsteht,   wenn  aller  Kalk  ausgefällt   ist. 

Als  Härtegrad  bezeichnet  Clark  den  Gehalt  von  1  Tbl. 
kohlensaurem  Kalk  in  70,000  Tbl.  Wasser  (1  Gran  auf 
1  Gallon),  oder  1  ThI.  Kalk  (CaO)  in  125,000  Tbl.  Wasser. 
Er  bereitet  sich  die  nothwendige  Normallösung  durch  Auf- 
lösen  von   16  Grs.   kohlensaurem    Kalk   in   Salzsäure,    Ver- 


*)  Repertory  of  Patent  Inventions  for  1841.  On  the  examination  of 
water  for  towns  for  its  hardness  etc.  by  Th.  Clark  1847.  A 
new  ProcoBS  for  purifjing  the  waters  supplied  to  the  metropolis, 
by  Th.  Clark,  London  1659 ;  J.  Moser,  Wiener  Acad.Bericfafe 
1850,  April,  844;  Jahresbericht  f.  Chemie  u.  s.  w.  f.  1850,  608. 


der  Härte  des  Wassers, 


319 


dunsten  Kur  Trockne  und  Wiederauflösen  in  70,000  Grs* 
destillirien  Wassers.  Diese  Lösung  bezeichnet  er  als  Nor- 
mallösung von  i6^  Härte.  Die  Seifenlösung  bereitet  er  durch 
Auflösen  von  Talgseife  in  Weingeist  von  56^  Tr.  =  0,921 
spec.  Gewicht  und  Verdünnen  dieser  Lösung,  so  dafs  32  Vol. 
genau  hinreichen,  um  in  100  Vol.  der  NorinalkQlktösung  von 
i6^  Härle  beim  Schütleln  einen  fünf  Minuten  lang  stehen^ 
bleibenden  Sckaom  zu  bilden. 

Da  nun  6ef  Verbrauch  an  Seifenlösung  nicht  in  demT 
selben  Verhältnifs  steigt,  wie  der  Gehalt  an  gelösten  Salzen 
der  alkalischen  Erden  zunimmt,  so  verfertigt  sich  Clark 
sechszehn  verschiedene  Lösungen,  von  1  bis  16^  Harte,  titrirt 
jede  mit  Seifenlösnng  und  stellt  die  erhaltenen  Resultate  in 
folgender  Tabelle  zusammen  : 

Anzahl  der  ver- 

braachten  CG. 

SeifenlÖsong 

1.4 


Härtegrade  : 
100  CC.  Wasser  von 


Unterschied  eines 
Härtegrades  mit  dem 
folgenden 


0<> 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 
10 
11 
12 
18 
U 
15 
16 


3,2 
5,4 
7,6 
9,6 
11,6 
13,6 
15,6 
17,5 
19,4 
21,3 
23,1 
24,9 
26,7 
28,5 
30,3 
32,0 


1,8 
2,2 
2,2 
2,0 
2,0 
2,0 
2,0 

1,9 
1,9 
1,9 
1,8 
1,8 

1,8 
1,8 
1,8 
1,7. 


Mm  nun  Wasser  auf  seinen  Härtegrad  zu  prüfen,  mifst 
man  100  CC.  desselben  mit  einer  Pipette  ab,  läfst  sie  in  ein 
300  bis  400  CC.  fassendes  Glas  mit  eingeriebenem  Stöpsel 
fliefsen  und  setzt  dann  so  lange  von  der  Seifenlösung  tropfen- 


320  Wilson^    Verfahren  zur  Bestimmung 

weise  hinzu ,  bis  sich  beim  Schütteln  ein  wenigstens  fünf 
Minuten  lang  stehenbleibender  Schaum  bildet;  alsdann  liest 
man  die  Anzahl  der  verbrauchten  CG.  Seifenlösung  ab  und 
findet  aus  obiger  Tabelle  den  Härtegrad. 

Diese  Tabelle  reicht  nur  bis  zu  16<>  Härte.  Es  giebt 
aber  Wasser,  welche  eine  gröfsere  Härte  haben.  Hat  Rian 
ein  Wasser^  für  welches  32  CC.  Seifenlösung  nicht  bioreichen, 
um  den  Schaum  zu  bilden,  so  mufs  man  einen  zweiten  Ver« 
such  anstellen ,  zu  welchem  man  nur  50  CG.  des  fraglichen 
Wassers  und  50  CG.  destillirtes  Wasser  nimmt.  In  diesem 
Falle  ist  das  erhaltene  Resultat  zu  verdoppeln. 

Auf  Fehiing's  Veranlassung  stellten  A.  Faifst  und 
C.  Knaufs'^)  eine  Reihe  von  Versuchen  an,  um  die  Brauch- 
barkeit  dieser  Methode  zu  prüfen. 

Als  Härtegrad  bezeichnen  diese  Chemiker  1  Tbl.  Kalk 
(CaO)  auf  100,000  Thle.  Wasser. 

Die  Seifenlösung  stellten  sie  auf  folgende  Weise  her  : 
30  Grm.  ziemlich  ausgetrocknete  Natronölseife  werden  in 
3  Liter  Weingeist  von  90^  Tralles  gelöst ,  die  trübe  Lö- 
sung wird  von  etwa  ausgeschiedenem  kohlensaurem  Natron 
abfiltrirt  und  in  einer  gut  verschlossenen  Flasche  aufbewahrt. 
Beim  Gebrauch  verdünnen  sie  200  Grm.  dieser  Lösung  zu« 
erst  mit  150  Grm.  Wasser,  um  den  Weingeist  der  Lösung 
auf  56^  Tr.  zu  bringen,  alsdann  mit  i30  Grm.  Weingeist 
von  56^  Tr.  Von  dieser  Lösung  sollen  45  CC.  hin- 
reichen, um  in  100  CC.  Wasser,  welches  12  Miliigrm.  Kalk 
enthält^  einen  fünf  Minuten  lang  stehenbleibenden  Schaum  zu 
bilden. 

Sie  fanden,  dafs,  wenn  man  zur  Darstellung  der  Normal- 
seifenlösung gewöhnliche  Natrontalgseife  nimmt  und  diese  in 


*)  Gewerbeblatt  aus  Würtemberg  1852,  193  bis  206;  ehem.  Central- 
blaU  1852,  513 


der  Härte  des  H^oBsers,  321 

Weingeist  von  56^  Tr.  löst,  wie  es  Clark  und  Hos  er 
vorschreiben,  diese  Lösung  sich  unter  Abscheidung  einer 
unlöslichen  Seife  zersetzt.  In  der  grofsen  Verdünnung  fan- 
den sie  den  Grund  nicht;  stärkere  Lösungen  gelatinirten, 
Sie  bemerken  jedoch ,  dafs  sich  vielleicht  nicht  alle  Seifen 
so  verhalten. 

Sie  fanden  ferner,  dafs  die  Seifenlösung  einen  ganz  be- 
stimmten Concentrationsgrad  haben  mufs,  weil  nur  dann  ein 
Schaum  hervorgebracht  werden  kann,  welcher  unter  gleichen 
Umständen  das  gleiche  Verhalten  zeigt,  und  berichtigen  hier- 
nach die  Angabe  Bolley's,  als  sei  die. Seifenlösung  so  zu 
titriren,  dafs  bei  sehr  hartem  Wasser  doch  nicht  mehr  wie 
45  bis  50  CC.  Seifenlösung  erfordert  werden.  Sie  fanden 
aber  auch,  dafs  der  Ealkgehalt  in  verdünnten  Kalklösungen 
gewisse  Grenzen  nicht  überschreiten  darf,  da  schon  bei 
Wasser,  welches  auf  100000  Thle.  mehr  als  12  Thle.  Kalk 
enthält,  auf  Zusatz  von  Seifenlösung  ein  häutiger,  stehenblev* 
bender  Schaum  gebildet  wird,  bevor  aller  Kalk  gefällt  ist. 

Zum  Titriren  der  Seifentösung  bedienten  sie  sich  neu- 
traler Chlorcalciumlösungen ,  welche  in  100  Grm.  eine  0,5 ; 
1;  1,5;  2;  2,5  bis  12  Miiligrm.  Kalk  entsprechende  Menge 
Chlorcaicium  enthielten.  Von  diesen  Lösungen  gaben  sie 
100  Grm.  in  300  bis  400  CC.  fassende  Flaschen  und  liefsen 
aus  einer  Bürette  so  lange  Seifenlösung  hinzufiiefsen ,  bis 
sich  bei  heftigem  Schütteln  ein  fünf  Minuten  lang  stehen- 
bleibender Schaum  gebildet  hatte.  Die  erhaltenen  Resultate 
stellen  sie  in  folgender  Tabelle  zusammen  : 

Normalseifen-  Diffe- 
lösung         renz 

100  Grm.  destillirtes  Wasser  erfordern  1,4  CC. 

2  0 
100     ri    CaCl-LösuDg,  worin  0,5  Mgrm.  CaO,  erfordern  3,4  ' 

100  „  »  „  1,0  «  «  „  6,4  ^'^ 

100  „  n  „  1,6  „  „  „  7,4  ^'" 

100  „  n  ,  2,0  „  „  „  9,4  »" 

100  „  „  „  2,6  «  „  n  11,3 

Ann.  d.  Ubem.  n.  Pharm.  CXIX.  Bd.  3.  Heft.  21 


4 


322  Wilson y   Verfahren  zur  Bestimmung 


Normalsei&n-    Diffe- 
lösung  ^^enz 

1,9 
1,9 


lösang 

100  Grm.  CaCl-Lösung,  worin  3,0  Mgrm.  CaO,  erfordern  13,2  CC. 

100  „  „  „  3,5  n  »  «       lö,l 

100  „  „  ^  4,0  «  «  n  17,0  1'^ 

100  „  „  „  4,5  „  «  «  18,9  1'^ 

100  „  „  n  5,0  n  n  y,  20,8  ^»^ 

100  „  „  „  5,5  „  „  „  22,6  l'Ö 

100  „  «  n  .6,0  ^  „  „  24,4  ^'^ 

100  „  „  «  6,5  „  „  „  26,2  ^° 

100  n  „  „  7,0  „  „  „  28,0  ^'» 

100  n  «  n  7,6  «  „  „  29,8  J»^ 

100  „  „  „  8,0  «  n  n  31,6  1»^ 

100  n  »»  „  8,5  „  „  ^  33,3  ^'^ 


100  „       n       »   9,0   »    n     „•   35,0 


1,7 

100  1       „       n   9,5   «    «     «   36,7       J'3 

1,7 
1,7 


100  „  „  n  10,0  ^  «  ^   38,4 

100  „  „  „  10,5  „  „  «40,1 

100  „  n  n  11,0  „  .  «   41,8 

100  „  n  n  11,5  «  „  n    43,4 

100  „  „  ,  12,0  „  „  y,       45,0 


1,6 
1,6. 


Mit  Hülfe  dieser  Tabelle  bestimmen  sie  den  Kalkgehalt 
des  Wassers,  wenn  dieser  0,00012  nicht  übersteigt;  ist  dieses 
der  Fall,  so  wird  das  Wasser  entsprechend  verdünnf^J« 

Da  der  Gebrauch  von  Tabellen  diese  Methode  für  die 
Praxiis  unbequem  macht,  habe  ich  auf  Veranlassung  des  Hrn. 
Prof.  V.  Lieb  ig  eine  Reihe  von  Versuchen  angestellt,  um 
ein  Mittel  zu  flnden,  welches  die  oben  angeführten  Tabellen 
überflüssig  macht* 


*)  Im  Jahre  1855  haben  die  französischen  Chemiker  Boutron  und 
F.  Boudet  der  Pariser  Academie  der  Wissenschaften  eine  Ab- 
handlang eingereicht,  in  welcher  das  Clark'sche  Verfahren  als 
ein  neues )  von  ihnen  ermitteltes  beschrieben  wird.  Die  Pariser 
Academie  der  Wissenschaften  hat  Boutron  und  Boudet  för 
diese  Leistung  einen  Preis  (von  2000  Francs)  zugesprochen.  Dais 
dieses  Verfahren  lange  bekannt  und  sehr  verbreitet  war,  wurde 
von  diesen  Herren  eben  so  wenig  wie  Glark's  Name  erwähnt. 
Jahresbericht  für  Chemie  u.  s.  w.  fEir  1855 ,  770;  Chem.  Central- 
blatt  1855,  343. 


der  Härte  des  Wassers.  323 

Anstatt  der  von  Clark  ang^ewandten  Chlorcalciumlösung 
benutzte  ich  zu  meinen  Versuchen  eine  Gypslösung,  welche 
ich  durch  Auflösen  von  1  Thl.  CaO,  SOs,  2  HO  in  2543  Thln. 
Wasser  bereitete.  Diese  Lösung  entspricht  der  Clark'schen 
von  16  Thln.  CaO,  CO»  in  70000  Thln.  Wasser. 

Die  Seifenlösung  bereitete  ich  nach  dem  von  Faifst 
angegebenen  Verfahren,  durch  Auflösen  von  30  Grm.  Natron- 
ölseife  in  Weingeist  von  56^  Tr.,  und  titrirte  diese  Lösung, 
dafs  32  CC.  genau  hinreichten,  um  in  100  CC.  meiner  Nor- 
malgypslösung  von  16^  Härte  beim  Schütteln  einen  Tünf  Mi- 
nuten lang  stehenbleibenden  Schaum  zu  bilden. 

Ich  habe  zuerst  dem  zu  prüfenden  Wasser  eine  gesät- 
tigte Kochsalzlösung  hinzugesetzt,  um  die  Seife  unlöslicher 
zu  machen,  indem  ich  glaubte,  hierdurch  würde  die  Reaction 
regelmäfsig  werden,  fand  aber,  dafs  das  Quantum  der  hin- 
zuzusetzenden Kochsalzlösung  für  jeden  Härtegrad  ein  wech- 
selndes ist,  so  dafs  hierfür  ebenfalls  eine  Tabelle  angefertigt 
werden  müfste. 

Alsdann  versuchte  ich,  ob  durch  Zusatz  einer  Lösung 
von  kohlensaurem  Natron  eine  Regelmäfsigkeit  der  Reaction 
bewirkt  würde.  Diese  hat  mir  das  gewünschte  Resultat  ge- 
geben. Ich  fand,  dafs  ein  Zusatz  von  4  CC.  einer  kalt  ge- 
sättigten Lösung  von  kohlensaurem  Natron  genügt,  um  die 
Reaction  zu  einer  regelmäfsigen  zu  machen.  Durch  dieses 
Mittel  werden  alle  Kalksalze  im  Wasser  in  eine  und  dieselbe 
Kalkverbindung,  nämlich  in  kohlensauren  Kalk  verwandelt, 
welcher  bis  zu  einer  gewissen  Verdünnung  gelöst  bleibt. 

Die  Versuche  habe  ich  auf  folgende  Weise  angestellt  : 
Zuerst  machte  ich  mir  aus  meiner  Normalkalklösung  von  16^ 
Härte  durch  entsprechendes  Verdünnen  mit  destillirtem  Wasser 
16  Lösungen  von  1  bis  16^  Härte.  Von  diesen  Lösungen  wur- 
den 100  CC.  mit  einer  Pipette  abgemessen,  in  ein  400  CC. 
fassendes  Glas  mit  eingeriebenem  Stöpsel  gefüllt,  4  CC.  einer 

21* 


324  Wilson j   Verfahren  zur  Bestimmung 

kalt  gesättigten  Lösung  von  koMensaurem  Natron  hinzugesetzt 
und  dann  aus  einer  Quetschbahnburette  von  der  Seifenlösung 
binzufliefsen  gelassen,  bis  sieb  beim  Schütteln  ein  leichter 
Schaum  bildete,  alsdann  wurde  die  Seifenlösung  tropfenweise 
hinzugesetzt,  nach  jedem  hinzugesetzten  Tropfen  wurde  ge-> 
schüttelt  9  bis  sich  nach  Zusatz  des  letzten  Tropfens  ein  fünf 
Hinuten  lang  stehenbleibender,  feinblasiger  Schaum  gebildet 
hatte. 

In  folgender  Tabelle  stelle  ich  die  erhaltenen  Resultate 
zusammen  : 

kohlensaure 

Seifenlösung 

1  CC. 

2 

4 

6 

8 

10 

12 

14 

16 

18 

20 

22 

24 

26 

28 

30 

32 

Um  nun  ein  Wasser  auf  seinen  Härtegrad  zu  prüfen, 
mifst  man  100  CC.  desselben  ab,  setzt  4  CC.  einer  kalt  gesät* 
tigten  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  hinzu  und  läfst  so 
lange  von  der  Seifenlösung  binzufliefsen,  bis  sich  ein  fünf 
Hinuten  lang  stehenbleibender  Schaum  beim  Schütteln  gebildet 
hat,  der,  wenn  er  zusammengesunken  ist,  durch  blofses 
Schütteln,  ohne  Zusatz  von  Seifenlösung,  wieder  hervortritt. 

Die  Anzahl  der  verbrauchten  CC.  Seifenlösung  getheilt 
durch  2  giebt  den  entsprechenden  Härtegrad.   - 


Härtegrade 
lÖO  CC.  Wasser  von 

• 
• 

00,5 

kohlensaure 
Natronlösnng 

4  CC. 

1 

4 

2 

4 

3 

4 

4 

4 

5 

4 

6 

4 

7 

4 

8 

4 

9 

4 

10 

4 

11 

4 

12 

4 

13 

4 

14 

4 

16 

4 

16 

4 

der  Härte  des  Wassers,  325 

Bei  Wasser  von  mehr  als  16®  Härte  ist  diese  Prüfung 
nicht  mehr  anwendbar.  Bei  Wasser  von  20®  Härte  entsteht 
bei  Zusatz  von  itohlensaurem  Natron  schon  ein  sichtbarer 
Niederschlag  von  kohlensaurem  Kalk.  Solche  Wasser  sind 
durch  entsprechendes  Verdünnen  mit  destillirtem  Wasser  zu 
prijfbarem  zu  machen. 

Hier  folgen  einige  Resultate  mit  Wasser  von  mehr  als 
16®  Härte  : 

koblenaatire  Seifen- 

Natronlösnng  lösnug 

a  :  100  CC.  Yon  100<>  Härte  4  CC.  140  CC.  statt  200  CC, 

b  :  50     „  4  72  „      100 

c  :  25     „  4  38  „        50 

kohlensaure       Seifen- 
Wasser  ITatronlösung      lösung 

1 0  CC.  der  Lösung  a  -f  90  CC.  =  100  CC.  yon  10<>  Härte      4  CC.        20  CC. 
10  „        „         b  +  90         =100  y,     6      „  4  10 

10  V        n         c  +  90         =100  .      2,5    „  4  5 

Um  zu  versuchen,  ob  Magnesiasalze  ein  gleiches  Ver- 
halten zeigen,  machte  ich  mir  eine  Lösung  von  1  Thl.  schwefel- 
saurer Magnesia  (MgOSOg -f  7  HO)  in  1778  Thln.  Wasser; 
diese  entspricht  meiner  Gypslösung  von  16^  Härte.  Aus  die- 
ser Lösung  stellte  ich  mir  durch  entsprechendes  Verdünnen 
mit  destillirtem  Wasser  Lösungen  von  1,4,  8,  12^  Härte  dar 
und  titrirte  diese  Lösungen ,  nach  Zusatz  von  kohlensaurer 
Natronlösung,  mit  Seifenlösung.  Wie  die  folgende  Tabelle 
zeigt,  erhielt  ich  gleiche  Resultate  virie  bei  Kalklösungen  : 


Magnesialösnng 

Härtegrad 

1  CC.               io 

kohlensaure 
Natronlösung 

4  CC. 

Seifenlösung 
2  CC. 

4 

4 

8 

8 

4 

16 

12 

4 

24 

16 

4 

32 

Da  D.  Campbell*)  fand,    dafs  Mischungen  von  Kalk- 
und  MagnesiasaJzen   etwas  weniger  Seifenlösung    erfordern, 


*)  Philos.  Magazin  XXXVII,  171;  Jahresbericht  f.  Chemie  u.  s.  w. 
für  1850,  610. 


326  Wilson f  Verfahren  zur  Bestimmung 

als  wenn  man  sie  einzeln  prüft  (welche  Angabe  übrigens  von 
Faifst  und  KnauTs  wiederlegt  wurde) ,  habe  ich  einige 
Versuche  in  dieser  Richtung  angestellt.  Wie  untenstehende 
Tabelle  zeigt,  habe  ich  gleiche  Resultate  wie  FaiTst  und 
Knaufs  erhalten  : 

kohlensaure      Seifen- 


MasnoesinlSsti  n  g 

KalklÖBung             Waraer 

NatronHwnng 

ISü 

50  CC.  Yon  W 

50  CC. 

yon  16«             =  100  von  16« 

4CC. 

32 

25           n     16 

50 

„    16  25  CC.  =  100    »»    12 

4 

24 

12,5         >     16 

50 

n    16  37,5      =  100    f>    10 

4 

20 

25           »     16 

12,5 

»    16  62,5     =:  100    »      6 

4 

12 

12,5         »     16 

12,5 

.    16  75         =  100    n      4 

4 

8 

Es    folgt    noch    die  Bestimmung   der   Härtegrade   ver- 
schiedener Münchener  Wasser  : 


1) 

Sinffelspilerbrdu, 
Bnumen  circa  25'  tief, 

25  CC.  mit  25  CC.  Wasser 
yerdünnt          

kohlensaure 

NatronlÖBong 

2CC. 

Seifen- 

lösnng 

15,4  CC. 

Uärte 

—  30«,8 

2) 

LeistbräUf 

artesischer  Brunnen  300'  tief, 
etwa  100  Schritt  vom  Singel- 
spilerbräu  entfernt,  25  CC. 
mit  25  CC.Wasser  verdünnt 

2CC. 

11,5  CC. 

=  23« 

3) 

Augustinerbräu, 
Brunnen  etwa  28'  tief,  26  CC. 
mit  25  CC.  Wasser  verdünnt 

2CC. 

11,5  CC. 

=  23« 

4) 

Isarwasser, 
100  CC 

4CC. 

18  CC. 

—    9« 

5)  Brunnen  an  der  harbrückej 

Tiefe  :  Spiegel  der  Isar  etwa 
20'  vom  Flusse  entfernt, 
100  CC 4  CC.  30  CC.    =  15« 

6)  Hoßräuy 

aus  der  Wasserkunst  an  der  Isar, 

etwa  15'  vom  Flusse  entfernt  4  CC.  80  CC.    =  15« 

7)  Chemisches  Laboratorium  *), 

Brunnen  21'  tief,  100  CC.     .  4CC.  32  CC.    =16« 


*)  Nach  einer  Controlanalyse  von  meinem  Assistenten  Hm.  Fink 
entsprach  der  Gehalt  an  alkalischen  Erden  in  dem  laufenden 
Wasser  des  hiesigen  Lahoratoriums  mit  Seifenlösung  hestimmt 
16  Härtegraden.  Durch  Bestimmung  des  Kalk-  und  Magnesiage- 
haltes in  einem  Liter  Wasser  erhielt  er  0,114  Grm.  Kalk  und  0,035 
Grm.  Magnesia,  welche  zusammen  16  Härtegraden  entsprechen. 
Herr  Fink  hält  die  Seifenhestimmung  für  noch  genauer,  als  läeine 
eigene  Analyse.  J,  L, 


rfer  Härte  des   Wassers.  327 

kohlensaure       Seifen- 
Natroiil{>simg       lösung       Härte 

8)  Brunnen  von  Hofratk  Tkiersch, 

21'  tief;  100  CC.       ....  4  CC.  32  CC.     =  16<> 

9)  Brunnen  heim  Fürst   Wallersieiny 

2V  tief,  100  CC 4  CC.  32  CC.     =  Iß*» 

10)    Residenibrunneny  4CC.  28  CC.     =:  14^ 


lieber  die  Krystallform  der  Chinasäure  ; 
von  Dr.  Adolph  Knop. 


Herr  Dr.  A.  Clemm  erhielt  bei  seinen  Untersuchungen 
über  die  Chinasäure  (diese  Annalen  CX,  345  ff.)  Krystalle 
dieses  Körpers,  welche  sich  wegen  der  Ebenheit  und  guten 
Spiegelung  mancher  ihrer  Flächen  zur  Messung  ihrer  Dimen- 
sionen eigneten.  Sie  wurden  mir  zu  diesem  Zwecke  freund- 
lichst überlassen.  Auch  meine  verehrten  Collegen,  die  Herren 
Proff.  Kopp  und  Will,  übergaben  mir  aus  ihren  Sammlungen 
Krystalle  von  Chinasäure,  während  Herr  Prof.  Metten- 
heim er  solche  aus  der  Chininfabrik  des  Herrn  Dr.  C.  Zimmer 
in  Frankfurt  a.  M.  vermittelte.  Herr  Prof.  Zwenger  in 
Marburg  hatte  die  Güte,  mir  einige  Krystalle  von  derselben 
Chinasäure  zu  überlassen,  welche  er  aus  Heidelbeerkraut  und 
aus  Kaffeebohnen .  dargestellt  hatte. 

Den  Messungen  zufolge  krystallisirt  die  Chinasäure  im 
monoklinoädrischen  System.  Alle  Krystalle  derselben,  die  ich 
gesehen  habe,  zeigten  einen  sehr  characteristischen  Eemt- 
morphismus  an  der  rechten  Seite  der  orthodiagonalen  Neben- 
axey  wenn  bei  verticaler  Stellung  der  Hauptaxe  die  klino- 
diagonale  Nebenaxe  von  oben-hinten  nach  unten-vorn  ge- 
richtet ist.     Ihr  Habitus  ist  entweder  ein  prismatischer  durch 


328  ^    Knop^  über  die  KrystaXLform 

Vorwalten  des  Prisma  oo  P,  (p),  ein  tafelförmiger  durch  Vor- 
walten der  basischen  Endfläche  OP ,  (c},  oder,  wie  in  den 
meisten  Fällen,  ein  rhombisch-sphenoidischer,  dadurch  erzeugt^ 
dafs  zwei  verticale  Prismenflächen  oo  P  der  linken  Seite  des 
Krystalls  mit  zwei  an  der  rechten  Seite  desselben  ausgebil- 
deten positiven  Hemipyramidenflächen  4~niP,  (oQ  zum  Durch- 
schnitt gelangen.  (Fig.  10  auf  Taf.  I.)  Aufser  den  oben  ge- 
nannten Flächen  wurden  noch  beobachtet  : 

das  Klinopinakoid  (c»Poo),  (b)  nur  an  der  rechten  Seite^ 

ein   Klinodoma  (mPoo),  (q)  gewöhnlich  an  der  rechten,    selten    an 

d6r  linken  Seite, 

ein  schärferes  Klinodoma  (m'  P  c»),  (q')  nur  an  der  rechten  Seite, 

ein  Orthopinakoid  ooPoo,  (a)  selten, 

ein  Hemidoma  m  P  oo  (r)  selten). 

Die  Spaltbarkeit  der  Krystalle  ist  anvoUkommen  nach  0  P. 

Es  wurde  durch  Messung  gefunden  die  Neigung  von    : 

p  :  p  =  132^20^   im  klinodiagonalen   Hauptschnitt.      Mittel    aus    30 

Messungen. 
47040/  im  orthodiagonalen  Hauptschnitt. 
""  •  P^  ^^7W|j^.^^^j  ^^g  2^  Messungen. 

c  :  q'  =  144^20',  daher  q'  ;  q'  =  108^40'. 

c  :  q  =  154^0',     daher  q    :  q   =  128<*  ungefähr. 

o':  o'=  123"  ungefähr,  wegen  undeutlicher  Spiegelung. 

c  :  o'  =  112012'. 

o' :  p  =  121020'. 

Aus  dem  spitzen  Neigungswinkel  c  :  p  und  dem  halben 
Winkel  p  :  p  im  orthodiagonalen  Hauptschnitt  ergiebt  sich 
der  Winkel  zwischen  der  Hauptaxe  und  der  klinodiagonalen 
Nebenaxe,  C  =  48<>28'. 

Heifse  die  Orthodiagonale  a,  die  Klinodiagonale  b  =  i^ 
die  Hauptaxe  c,  so  läfst  sich  das  Verhältnifs  von  a  :  b  aus 
der  Neigung  von  p  :  p  und  aus  C  =  1,6947  :  1  berechnen. 
Bestimmt  man  die  Länge  der  Hauptaxen  c  und  c'  je  aus  den  Klino- 
domen  oder  aus  der  positiven  Hemipyramide^  so  findet  man  für : 

q',  c'  =  1,6247 
für  q,  c  =r  1,1041 
für  0%  C    =  0,9844. 


der  Chinasäure,  329 

Der  Werth  von  c'  aus  dem  Winkel  q' :  q'  konnte  wegen 
guter  Spiegelung  «m  schärfsten  bestimmt  werden  ;  c  dagegen, 
sowohl  aus  q  :  q  als  aus  c  :  o'  und  o^ :  o'  nur  annäherungs- 
weise* Beide  Wertbe  von  c  kommen  aber  dem  von  Vs  c' 
=  l,083i  näher,  als  anderen  benachbarten  einfachen  rationalen 
Verhältnissen.  Nimmt  man  c  ==  Vs  ^'  als  Hauptaxe  der 
Grundpyramide  an  ,  so  kommt  dieser  das  Grundparameter- 
verhältnifs  : 

a  :  b  :  c  =  1,6947  :  1  :  1,0881 

ZU,    aus   welchem   sich   folgende  Elemente  der  vollständigen 
monoklinoedrischen  Pyramide  (Fig.  A.  und  B.}  ergeben  : 

^,     der  Winkel  der  Hauptaxe  mit  der  klinodiagonalen 

Endkante  von  +  P 66^46' 

^',    derselbe  Winkel  för  —  P 23^12' 

V,     Winkel  der  klinodiagonalen    Neben axe    gegen    die 

klinodiagonale  Endkante  für  +P 64<>46' 

v',    derselbe  für  —  P       25<>16' 

p,  Winkel  der   orthodiagonalen  Endkante  von  +^P  zur 

Hauptaxe        57025' 

cf,     Winkel  der  Seitenkante  von  +_  P  zur  klinodiagonalen 

Nebenaxe 59°27'. 

Sei  X,  Y,  Z  die  Neigung  einer  Pyramidenfläche  -f"  P 
beziehungsweise  zum  klinodiagonalen,  orthodiagonalen  und 
basischen  Hauptschnitt,  X',  Y'  und  7J  die  Neigung  einer  Fläche 
—  P  zu  denselben  Hauptschnitten  in  derselben  Folge,  so  er- 
hält man  durch  Rechnung  : 

X     =     61<>54'  X'     =     76052' 

Y     =     70<>7'  Y'     =     26<>58' 

Z     =     67055'  Z'     =     28^44' 

oder  die  Winkel  für  : 

die  klinodiagonale  Endkante  in  +  F,  A    =     2  X      =  123048' 

„  „  „  in  —  P,  A'  =     2  X'     =  151044' 

die  orüiodiagon.  Endkante  von  +  P,  B   =  Y+Y'  =r    9705' 

die  Seitenkante  von  +,  P,  D   =  Z  +  Z'  =     96039'. 


330  •  Knop,  über  die  JSrt/stallform 

üebersieht  der  Winkel  an  den  Krystallen  der  Chinasäure. 


beobachtet 

berechnet 

4-P  :  4-P 

1230  ungefähr 

123048' 

—  P  :  — P 

IÖI044' 

-HP  :  — P  (in 

B) 

9706' 

+  P  :  -  P  (in 

I>) 

96039' 

ooP  :  ooP 

132020'  und 
4704O' 

OOP  :  OP 

127^20    und 
52^40' 

POO  :  OP 

1540  ungefähr 

154025' 

POO  :  PCX) 

1280  ungefähr 

128050' 

VaPoorOP 

IO8O4O' 

(OOPOO):OP 

900 

900 

+  P  :  OP 

112012' 

11205' 

+  P  :  CX)P 

121020' 

12OO3O' 

Folgende  Combinationen  wurden  beobachtet  : 
(Die   nur  rechts   oder  nur  links  an  der  orthodiagonalen 
Nebenaxe  auftretenden  Flächen   sind  mit  der  entsprechenden 
Bezeichnung  versehen,  die  zu  beiden  Seiten  derselben  symme- 
trisch ausgebildeten  dagegen  nichtj 

Fig.  1.  ooP  .  OP,  rechts  (CJOPoo) 

Fig.  2.  ooP  .  OP  .  P*),  rechts  (ooPoo) 

Fig.  3.  00  P  .  0  P,  rechts  (00  P  00)  .  (P  00)  .  P  .  (V2  P  00) 

Fig:  4.  0  P  00  P  .  P,  rechts  (00  P  00)  .  (P  OO)  .  (V3  P  00) 

Fig.  5.  links  CX)P,  rechts  (ooPcx))  .  P 

Fig.  6.  ooP  .  cx>Poo  .  OP  •  +P00,  rechts  P  .  (V2P«>) 

Fig.  7.  dieselbe  Combination 

Fig.  8.  links  CX)  P,  rechts  (CX)  P  OO)  .  (^/g  P  CX))  .  P,  mit  0  P 

Fig.  9,  links  00  P,  rechts  P  .  (ooPoo)  .  (^/^Poo),  mit  0  P 

Fig.  10.  links  OO  P,  rechts  P. 

Die  Comb.  Fig.  11  :  links  00  P,  rechts  CV«Poo)>  «st 
nicht  wirklich  beobachtet  worden,  aber  sie  ist  eben  so  gut 
möglich,  als  die  durch  Fig.  10  ausgedrückte.    Ohne  Winkel- 


*)  Die  Flächen  P,  wenn  sie  auf  der  linken  und  rechten  Seite  des 
Krystalls  gleichzeitig  erscheinen,  sind  rechis  stets  bedeutender  ent- 
wickelt,  als  links.  \ 


der  Ghinasäure,  331 

messong  würde  man  sie  leicht  für  eine  iinksausgebildete 
correiate  Form  zu  Fig.  10  halten  können,  bei  welcher  jedoch 
die  Kante  von  +P  :  +  P,  (o'  :  oO  56^12',  dagegen  in  Fig.  11 
die  von  (»/s  P  oo)  :  (»/s  P  oo),  (q'  :  qO  '1^20'  mifst. 

Die  von  Herrn  Prof.  Z wen ger  aus  Heidelbeerkraut  dar- 
gestellten Krystalle  von  Chinasäure  stimmten  nach  Form  und 
Winkel  mit  der  Comb.  Fig.  9  überein,  dagegen  zeigten  die 
aus  Kaffeebohnen  dargestellten  einen  tafelförmigen  Typus 
und  die  Combination  : 

0  P  .  oo  P,  links  (P  oo),  rechts  P  .  (cx)  P  jo)  .  (»/j  P  cx>),  mit  (P  oo). 


Untersuchungen  über  die  Oxyde  des  Wisraulhs*); 

von  Hugo  Schiff. 


1}     Wismiähoxydul  und  Wismuthstannat 

Nachdem  verschiedene  Forscher  gezeigt  hatten,  dafs  das 
Wismuthoxyd  und  seine  Verbindungen  bei  Anwendung  der 
gewöhnlichen  Desoxydationsmittel  (Wasserstoff,  Kohlenoxyd, 
Glühen  des  Oxalats,  Traubenzucker  und  Kali}  vollkommen 
des  Sauerstoffs  beraubt  würden,  gelang  es  R.  Schneider 
(Poggendorff's  Annalen  LXXXVHl,  45),   zuerst    durch    die 


*)  Da  wir  vorerst  die  Mittel  nicht  besitzen,  für  die  im  Folgenden 
za  beschreibenden  Verbindungen  sog.  rationelle  Formeln  aufzu« 
stellen  —  wenn  wir  nicht  die  empirische  Formel  als  die  ratio« 
nellste  betrachten  wollen  —  und  wir  auch  für  jetzt  nicht  im 
Stande  sind,  die  Molecularformeln  derselben  zu  ermitteln,  so  be- 
zwecke ich  mit  den  in  der  Abhandlung  gegebenen  Formeln  nur 
die  analytisch  erkannte  Zusammensetzung  mit  dem  einfachsten 
'Aequivalentverhältnifs  auszudrücken,  und  zu  diesem  Behufe  ge- 
brauche ich  für  H  =  1   die  Aequivalente  0  =  8,  8  =  16  u.s.  w. 


332  Schiff y  Untersuchungen 

desoxydirende  Wirkung  des  Zinnoxyduls ,  das  früher  unvoll- 
ständig gekannte  Wismuthoxydul  BiOs  darzustellen.  Aus  den 
vermischten  alkalischen  Lösungen  der  Tartrate  von  Wismuth- 
oxyd  und  Zinnoxydul  erhielt  er  auf  umständlicheAi  Wege  Ver- 
bindungen von  Zinnsäure  und  Wismuthoxydul,  welche  auf  ein 
Aeq.  der  ersteren  ein  und  zwei  Aeq.  des  letzteren  ent- 
hielten,  und  aus  welchen  durch  Kochen  mit  Kali  das  Wis- 
muthoxydul abgeschieden  werden  konnte.  Eine  einfachere 
Methode  zur  Darstellung  dieses  Oxyduls  besteht  tiarin ,  dafs 
man  die  vereinigten  Lösungen  gleicher  Aequivalente  von 
Wismuthchlorid  und  Zinnchlorur  in  Kalilauge  giefst,  den  ent- 
standenen schwarzen  Niederschlag  zur  vollständigen  Ent- 
fernung der  Oxyde  des  Zinns  mit  concentrirter  Kalilauge  be- 
handelt und  ihn  dann  bei  möglichstem  Luftabschlufs  aus- 
wascht und  trocknet. 

Den  Ausgangspunkt  für  die  Anwendung  des  Zinnchlortirs 
zur  Darstellung  des  Wismuthoxyduls  bildet  eine  Beobachtung 
des  älteren  A.  Vogel  (Kastner's  Archiv  XXIII,  86),  wonach 
beim  Erwärmen  von  officineliem  Wismuthnitrat  niit  Zinn- 
chlorur ein  schwarzes  Pulver  erhalten  wird,  welches  sich  an 
der  Luft  gelb  färbt  und  im  trockenen  Zustande  erhitzt  zu 
Wismuthoxyd  (?)  verglimmt.  Berzelius  machte  in  seinem 
Lehrbuche  darauf  aufmerksam,  dafs  das  nach  Vogel's  Me- 
thode dargestellte  Wismuthoxydul  stets  zinnhaltig  sei;  bei 
einer  späteren  Untersuchung  der  Oxyde  des  Wismuths  be- 
stätigte Arppe  (Poggendorff's  Annalen  LXIV,  237)  diese 
Angabe,  und  R.  Schneider  sprach  in  der  erwähnten  Ab- 
handlung die  Vermuthung  aus ,  dafs  das  durch  Einwirkung 
überschüssigen  Zinnchlorürs  auf  Hagisterium  Bismuthi  dar- 
gestellte schwarze  Pulver  vielleicht  Zinnoxyd  als  wesentlichen 
Bestandtheil  und  metallisches  Wismuth  als  Verunreinigung 
enthalten  möge. 


über  die  Oxyde  des   Wismutha,  333 

Ueber  die  Natur  der  bei  Einwirkung  von  Zinnchlorür 
auf  Wismuthoxydverbindungen  nach  VogeTs  Verfahren  ent- 
stehenden Desoxydationsproducte  sind  bis  heute  keine  ein- 
gehenderen Mittheilungen  gemacht  worden,  und  ich  berichte 
daher  im  Folgenden  über  einige  Beobachtungen,  welche  ge- 
eignet erscheinen  möchten,  über  die  hier  statthabenden  Um- 
setzungen einiges  Licht  zu  verbreiten  und  welche  künftigen 
ausführlicheren  Untersuchungen  dieses  Gegenstandes  als  Grund- 
lage dienen  könnten. 

Ueb^rgiefst  man  Wismuthnitrat  mit  einer,  wenn  auch 
sehr  verdünnten,  Lösung  von  käuflichem  Zinnsalz,  so  nimmt 
die  weifse  Verbindung  augenblicklich  eine  tief  gelbe  Farbe 
an  und  das  Pulver  backt  zu  gröfseren  Stückchen  zusammen. 
Um  das  Wismuthsalz  möglichst  vollständig  in  die  gelbe  Ver- 
bindifng  überzuführen^  zerreibt  man  es  daher  in  einer  Schale 
mit  wenig  Lösung  zu  einem  dünnen  Brei  und  setzt  diesem 
unter  Umrühren  allmälig  mehr  Lösung  zu.  Bei  mittlerer 
Temperatur  ändert  die  gelbe  Verbindung  selbst  nach  mehr- 
tägigem Digeriren  mit  überschüssiger  Zinnchlorürlösung  ihre 
Farbe  nicht,  aber  es  geschieht  diefs  schon  nach  wenigen 
Minuten;  wenn  man  die  Digestion  in  der  Wärme  vornimmt. 
Man  bemerkt  dann  sehr  hald  einzelne  dunkler  gefärbte  Par- 
tikelchen, welche  rasch  zunehmen  und  sich  beim  Aufschütteln 
des  Ganzen  specifisch  schwerer  als  das  gelbe  Pulver  er- 
weisen. In  dem  Mafse  als  die  Bildung  des  schwarzen  Pul- 
vers fortschreitet;  färbt  sich  das  Ganze  dunkler  und  geht 
durch  die  verschiedenen  Nuancen  von  Gelb  und  Braun  zuletzt 
Yollständig  in  ein  schwarzgraues  Pulver  über,  welches  auch 
bei  mehrtägigem  Verweilen  in  der  mäfsig  erwärmten  Flüssig- 
keit seine  Farbe  nicht  mehr  ändert.  Bringt  man  jetzt  die 
Verbindung  auf  ein  Filter,  wobei  man,  um  die  Ausscheidung 
von  unlöslichen  Zinnoxychloriden  zu  vermeiden ,  zuerst  die 
ursprünglidie  Flüssigkeit   vollkommen  abtropfen  läfst,    dann 


334  Schiff,   Ontersuehungen 

zuerst  mit  kleinen  Porlionen  schwach  mil  Essigsäure  ange- 
säuerten Wassers  und  später  erst  mit  reinem  Wasser  aus- 
wascht, so  bemerkt  man,  dafs  die  schwarze  Verbindung  sich 
schon  während  des  Filtrirens  immer  heller  färbt  und  sich, 
sobald  alles  Wasser  abgelaufen  ist,  in  sehr  kurzer  Zeit  wie- 
der in  eine  gelbe  Hasse  verwandelt.  Es  geht  aus  diesem 
Verhallen  zuvörderst  hervor,  dafs  die  schwarze  Verbindung 
kein  Wismulhoxydul  sein  kann,  da  dieses  bei  spontaner 
Oxydation  im  feuchten  Zustande  nicht  in  eine  gelbe  Verbin- 
dung, sondern  in  weifses  Wismuthoxydhydrnt  umgewandelt 
wird ;  ferner  aber  zeigt  dieser  Umstand,  dafs  auch  kein  me- 
tallisches Wismuth  vorhanden  ist,  denn  feuchtes  Wismuth  im 
fein  zertheilten  Zustand  oxydirt  sich  an  der  Luft  bei  f;e- 
wöhnlicher  Temperatur  entweder  gar  nicht ,  oder  doch  nur 
üufgerst  langsam.  Die  durch  Oxydation  des  feuchten  schwarzen 
Pulvers  entstehende  gelbe  Substanz  ist  in  ihrem  chemischen 
Verhalten  von  der  aus  Wismuthnitrat  und  Zinnchlorür  in  der 
Kälte  dargestellten  Verbindung  nicht  verschieden. 

In  Bezug  auf  das  Verhallen  dieser  Verbindung  gebe  ich 
die  folgenden  Notizen.  Die  hei  100'^  getrocknete  Verbindung 
ist  orang^elb  bis  ockergelb  gefärbt,  anlöslich  in  Wasser, 
Weingeist  und  verdünnter  Essigsäure,  dagegen  löslich  in  den 
Mineralsäuren.  Die  salzsaure  und  schwefelsaure  Lösung  wird 
durch  Kali  schwarz  (zinnhaltiges  Wismulhoxydul } ,  die  sal- 
petersaure weifs  (zinnhaltiges  Wismuthoxyd)  geeilt.  Voll- 
ständig ausgewaschen  ist  die  Verbindung  frei  von  Chlor  und 
besleiit  nur  tmi  Uistnulh,  Zinn  und  Sauerstoff;  es  mufs  hier 
bemerkt  werden,  Aah  diese  und  alle  im  Folgenden  beschrie- 
ben«  Vwblniluugen  die  letzten  Spuren  von  Chlorzinn  sehr 
t  ftntfickhalten,  und  he-.i  Mengen  von  15bis20Grin. 
I  3  Ms  ti  SiNiiili'ii  mit  warmem  Wasser  aus- 
li>ii>  iU'iKin  verschwand.  —  Mit  Kaliuber- 
^  i'rhiiidiiog  sogleich  schwarz;  durch 


über  die  Oxyde  des  fVismuths.  335 

zwei-  oder  dreimaliges  Behandeln  mit  warmer  mäfsig  con- 
cenirirter  Kaiilaug^e  kann  das  Zinnoxyd  bis  auf  geringe  Mengen 
ausgezogen  werden.  Ebenso  verhält  sich  Natron  und  Am- 
moniak, aber  das  letzlere  eignet  sich  weniger  zur  Entfernung 
des  Zinnoxyds.  . 

Das  hierbei  zurückbleibende  schwarze  Pulver  ist  Wis- 
muthoxydul;  nach  dem  Abfiltriren  oxydirt  es  sich  auf  dem 
Filter  eben  so  rasch  wie  das  früher  erwähnte  schwarze  Pulver 
und  man  erhält  Wismuthoxydhydrat.  *')  Bei  Präparaten  von 
aus  Wismuthnitrat  dargestelltem  Wismuthstannat  versuchte 
man  auf  diese  Weise  die  entstehende  Menge  wasserfreien 
Wismuthoxyds  quantitativ  zu  bestimmen;  es  wurden  hierbei 
um  mehrere  Procente  von  einander  abweichende  Resultate 
erhalten ,  and  ich  wurde  sowohl  hierdurch  als  auch  durch 
die  so  sehr  schnell  vor  sich  gehende  Oxydation  der  schwarzen 
Verbindungen  auf  den  Gedanken  geführt,  dafs  vielleicht  ein 
kleiner  Theil  des  bei  Desoxydationsp^ocessen  gewifs  nicht 
förderlichen  Nitrats  unzersetzt  bleiben  und  die  Reinheit  der 
Reaction  beeinträchtigen  könnte.  Um  aufserdem  eine  Ver- 
bindung von  conslanter  Zusammensetzung  zum  Ausgangs- 
punkte zu  haben,  wurde  der  Versuch  mit  reinem,  durch 
Kochen  des  Nitrats  mit  Kali  erhaltenem,  Wismuthoxyd  wie- 
derholt, und  es  zeigte  sich  in  der  That,  dafs  die  Gegenwart 
der  Salpetersäure,  wenn  auch  vielleicht  nicht  hinderlich,  doch 
jedenfalls  nicht  nöthig  ist. 


*)  Ein  auf  diese  Weise  erhaltenes  vollkommen  weifses  Wismuth- 
oxydhydrat zeigte  lufttrocken  die  Zusammensetzung  ßiOa,  2 HO; 
über  Schwefelsäure  rerliert  es  etwas  mehr  als  1  Aeq.  Wasser. 
Bei  schwachem  Erhitzen  erhält  man  ein  sehr  schön  gelbes  An- 
hydrid, welches  indessen  am  Lichte  sehr  bald  mifsfarhig  wird. 
Auf  letztere  Erscheinung  hat  bereits  Otto  (Lehrbuch  III,  622) 
aufmerksam  gemacht.  —  Ich  hatte  Gelegenheit,  Aehnliches  auch 
bei  dem  gefällten  Quecksilberox.yd  zu  beobachten. 


336  Schiffe  Untersuchungen 

Uebergiefst  man  Wismuthoxyd  in  der  Kälte  mit  einer 
Zinnchlorürlösung,  so  erhält  man  sogleich  dieselbe  ockergelbe 
Verbindung  wie  bei  dem  Nitrat;  überhaupt  sind  die  hierbei 
auftretenden  Erscheinungen  ganz  die  früher  angegebenen, 
und  man  verfährt,  um  die  Substanz  rein  zu  erhalten,  ganz 
nach  obiger  Vorschrift,  wobei  man  das  Auswaschen  so  lange 
fortsetzt,  als  Silbernitrat  im  Waschwasser  noch  eine  Trübung 
erzeugt.  Die  so  erhaltene  Verbindung  wird  durch  eine  warme 
Zinnchlorürlösung  viel  leichter  in  die  schwarze  Verbindung 
übergeführt,  als  die  aus  dem  Nitrat  dargestellte;  auch  ist 
letztere  etwas  beständiger,  aber  es  ist  mir  doch  nicht  ge- 
lungen, "sie  rein  zu  erhalten. 

Die  bei  100^  getrocknete  gelbe  Substanz  enthält  noch 
Wasser,  von  welchem  sie  jedoch  bei  Luftzutritt  nicht  befreit 
werden  kann ,  weil  sie  sich  bei  der  hierzu  nöthigen  Tem- 
peratur verändert.  In  einem  Strome  von  Kohlensäure  erhitzt, 
welcher  zur  Entfernung  geringer  Mengen  von  Sauerstoff 
über  mit  Salzsäure  befeuchtete  Kupferspäne  geleitet ,  durch 
Wasser  von  Salzsäuredampf  befreit  und  endlich  durch  Chlor- 
calcium  getrocknet  worden,  wird  die  Verbindung  wasserfrei 
erhalten  und  stellt  dann  ein  schwarzes  Pulver  dar,  welches 
in  Wasser  von  80  bis  90^,  wenigstens  innerhalb  einiger  Stun- 
den, das  Wasser  nicht  wieder  aufnimmt. 

Die  Zusammensetzung  suchte  man  auf  die  Weise  festzu- 
stellen, dafs  man  die  Verbindung  zur  Bestimmung  des  Wasser- 
gehalts in  Kohlensäure  erhitzte,  die  entwässerte  Verbindung 
in  Salzsäure  unter  zeitweiligem  Zusatz  von  etwas  Kaliumchlorat 
auflöste,  die  Metalle  durch  Scbwefelwasserstofl^  fällte  und 
durch  Digestion  mit  gelbem  Schwefelammonium  das  Schwefel- 
zinn vom  Schwefelwismuth  trennte.  Es  wurden  folgende 
Zahlen  erhalten  : 

I.     3,006  Grm.  verloren  0,139  Grm,  Wasser. 
IL     4,212  Grm.  verloren  0,186  Grm.  Wasser. 


über  die  Oxyde  des   Wismuths,  337 

m.     2,359  Grm.  entwässerter  Verbindung  gaben  : 

2,103  Grm.  Wißmuthoxyd  =  1,887  Grm.  Wismuth 
0,333  Grm.  Zinnoxyd  =  0,186  Grm.  Zinn. 

rV.     3,018  Grm.  entwässerter  Verbindung  gaben  : 

2,696  Grm.  Wismuthoxyd  =  2,419  Grm.  YTismuth 
0,424  Grm.  Zinnoxyd         =  0,834  Grm.  Zinn. 

Für  sämmtliche  Portionen  diente  dasselbe  Wismuthoxyd 
als  Ausgangspunkt,  aber  die  Portionen  I  und  III  sind  von 
anderer  Bereitung,  als  II  und  IV. 

Nehmen  wir  an,  dafs  die  Einwirkung  des  Zinnchlorttrs 
auf  das  Wismuthoxyd  nach  der  Gleichung  : 

2  BiOg  +  2  Sna  =  ßnCl,  -f-  SnBijOa 

Stattfindet,  so  berechnen  sich  für  die  Zusammenselawing  dieser 

Verbindung  folgende  Zahlen  : 

ni.  IV. 

Sn  69  11,2  11,1  11,06 
2Bi  420  79,7  80,0  80,15 
6  0      48      9,1      —       — 

527     100,0, 

welche  mit  den   analytisch    ermittelten   Werthen    genügend 
übereinstimmen.    Wie  aus  nachstehenden  Zahlen  ersichtlich  : 

SnBijOe  527  95,13  —  — 

8  HO  27  4,87  4,62  4,40 

554  100,00 

entspricht  der  gefundene   Wassergehalt  für  die  gewässerte 
Verbindung  der  Formel  SnBigOe  +  a  HO. 

Um  die  Zusammensetzung  der  Verbindung  sowohl  auf 
analytischem  als  auch  auf  synthetischem  Wege  festzustellen, 
wurde  noch  bestimmt,  wieviel  wasserfreie  Verbindung  aus 
einer  gewogenen  Menge  Wismuthoxyd  entsteht. 

Aus  1,008  Grm.  Wismuthoxyd  wurden  erhalten  1,184  Grm.  oder  112,5  pC. 
Aus  2,173  Grm.  Wismuthoxyd  wurden  erhalten  2,439  Grm.  oder  11 2,8  pC. 

Nach  obiger  Gleichung  geben  : 

2  Aeq.  BiOs  »  468  1  Aeq.  SuBigO^  =  527. 

Es  ist  aber  468  :  527  =  100  :  112,6  pC. 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  GXIX.  Bd.  3.  Heft.  22 


338  Schiff,   Untersuchungen 

Mit  Zugrundelegung  des  Verhaltens  der  Verbindung  gegen 
Alkalien  ,  welche  Zinnoxyd  auflösen  und  Wismuthoxydul 
zurücklassen,  ist  es  erlaubt,  die  Verbindung  als  ein  Wismuth- 
oxydulstannat  von  der  Formel  Sn02,  2  ßiOs  anzusprechen. 
Die  leichte  Oxydirbarkeit  des  feuchten  VTismuthoxyduls  stellte 
steh  der  Darstellung  desselben  im  möglichst  reinen  und  oxyd* 
freien  Zustand  lange  hinderlich  in  den  Weg,  und  erst  nach 
vielen  vergeblichen  Versuchen  gab  mir  die  folgende  Methode 
ein  günstigeres  Resultat.  Drei  Kochflaschen  wurden  wie  Figur 
12  auf  Tafel  I  zeigt  miteinander  verbunden^  etwa  15  bis  20 
Grm.  gewässerter  Verbindung  auf  den  Boden  von  B  gebracht, 
mit  heifser  ziemlich  concentrirter  Kalilauge  übergössen  und 
einige  Zeit  gekocht,  wobei  der  Dampf  durch  die  Röhre  b  ent- 
weicht. Man  läfst  nun  absetzen  und  verbindet  dann  B  mit  A^ 
setzt  dieses  bei  a  mit  einem  Aspirator  in  Verbindung  und 
zieht  die  verbrauchte  Kalilauge  nach  A  über,  wobei  die  Länge 
der  Röhre  c  erlaubt,  dafs  gerade  noch  eine  dünne  Flüssig- 
keitsschicht über  dem  Pulver  bleibt.  Man  hat  dann  nur 
nöthigy  während  der  Aspirator  im  Gange  ist,  die  Röhre  b  zu 
verschliefsen,  um  so  lange  frische  ausgekochte  Kalilauge  aus 
G  nach  B  überzuführen,  als  man  b  verschlossen  oder  den 
Aspirator  in  Thätigkeit  läfst.  Man  kocht  jedesmal  etwa 
10  Minuten  und  wiederholt  die  Behandlung  je  nach  der  an- 
gewandten Menge  3-  bis  4  mal.  ^3  Das  Auswaschen  geht 
mittelst  der  beschriebenen  Vorrichtung  sehr  schnell  vor  sich. 


*)  Bei  dieser  Gelegenheit  erlaube  ich  mir,  die  Chemiker  auf  den  von 
Brunn  er  construirten  Doppelaspirator  aufmerksam  zu  machen. 
Es  findet  sich  derselbe  zwar  in  Gmelin's  Handbuch  und  Ber- 
zelius*  Lehrbuch  (Bd.  X,  Art.  Saugapparat)  beschrieben,  in- 
dessen scheint  er  in  fremde  Laboratorien  keinen  Eingang  gefun- 
den zu  haben.  Es  wurde  mir  hier  ein  solcher  durch  Professor 
Valentin  zur  Verfügung  gestellt,  und  ich  kann  den  Apparat, 
da  er  stets  gefüllt  ist,  besonders  für  längere  Operationen  als  sehr 
bequem  empfehlen. 


über  die  Oxyde  des  PFismuths.  339 

Man  hat,  nachdem  0  mit  heifsem  Wasser  geftillt  und  b  ver- 
schlossen ist,  nur  manchmal  den  Hahn  des  Aspirators  auf 
etwa  eine  halbe  Minute  lang  zu  schliersen,  damit  das  Pulver 
sich  zu  Boden  setze;  man  wascht  so  lange  aus,  als  einige 
durch  b  eingebrachte  Tropfen  gerötheter  LackmustincAr  sich 
noch  blau  färben.  Das  in  B  unter  Wasser  erkaltete  Oxydul 
hat  sich  nun  zu  einem  dichten  sammtschwarzen  Pulver  ver- 
einigt, welches  sich  leicht  filtriren  läfst.  Man  prefst  es 
zwischen  Löschpapier  aus,  treibt  die  letzten  Wasserantheile 
im  Kohlensäurestrom  weg  und  erhitzt  darin  zuletzt  auf  etwa 
120^.  —  Das  so  behandelte  Oxydul  verändert  sich  in  trockener 
Luft  nicht,  in  feuchter  verwandelt  es  sich  langsam  in  Oxyd- 
hydrat ;  in  trockener  Luft  erwärmt  oxydirt  es  sich  sehr  rasch. 
—  Es  ist  bei  der  erwähnten  Darstellungsmethode  besonders  von 
Wichtigkeit,  dafs  man  zuerst  keine  zu  verdünnte  Kalilauge 
anwende  und  dafs  das  Oxydul  nicht  mit  der  Luft  in  Beruh- 
rung  komme,  so  lange  es  noch  alkalische  Flüssigkeit  ein- 
schliefst. Befeuchtete  man  von  zwei  Portionen  Oxyduls  von 
gleicher  Bereitung  die  eine  mit  verdünnter  Kalilauge,  die 
andere  mit  Wasser,  so  war  erstere  viel  schneller  in  Oxyd- 
hydrat verwandelt,  als  letztere.  Es  wäre  möglich,  dafs  hier 
die  noch  anhängenden  geringen  Spuren  von  Zinnoxyd  im 
Verein  mit  dem  Alkali  gleichsam  wie  ein  Ferment  als  Ueber- 
tragungsmittel  für  den  Sauerstoff  dienen,  etwa  wie  das  Eisen- 
oxyd in  der  Ackererde,  welches  an  oxydabele  Substanzen 
Sauerstoff  abgiebt,  während  das  entstandene  Oxydul  sich  durch 
den  Sauerstoff  der  Atmosphäre  wieder  oxydirt.  Das  so  um- 
gewandelte Wismutboxydul  zeigt  keine  grauen  oder  schwarzen 
Punkte  mehr ,  so  dafs  auf  Abwesenheit  von  metallischem 
Wismuth  geschlossen  werden  kann. 

R.  Schneider  hat  in  seiner  Abhandlung  die  Gründe 
zusammengestellt,  welche  dafür  sprechen,  das  Wismutboxydul 
als  eig:enthümliche  Oxydationsstufe  des  Wismuths  zu  betrachten. 

22* 


340  Schiff,   Untersuchungen 

Gegenüber  der  Annahme  von  Proust  und  H.  Davy,  es  sei 
das  schwarze  Pulver  als  ein  Gemenge  von  Wismuthoxyd  mit 
Metall  zu  betrachten,  kann  ich  noch  anführen,  dafs  reines 
Quecksilber,  mit  dem  Oxydul  mit  oder  ohne  Wasser  ge- 
schüttett,  aus  demselben  kein  Wismuth  aufnimmt.  —  Bei 
einer  Portion  des  nach  angegebener  Methode  erhaltenen 
Oxyduls  wurde  die  Gewichtszunahme  bestimmt,  welche  es 
beim  Glühen  an  der  Luft  erleidet. 

1,577  Grm.  nahm.en  hierbei  um  0,054  Grm.  =  3,43  pC« 
zu,  während  die  Berechnung  für  die  Aufnahme  von  1  Aeq. 
Sauerstoff  eine  Zunahmo  von  '3^54  pC.  verlangt. 

Es  wird  noch  bemerkt,  dafs  das  Wismuthstannat  für 
die  Darstellung  von  Wismuthoxydul  noch  geringe  Mengen 
von  Zinnchlorür  enthalten  darf,  so  dafs  man  nur  einige 
Male    auszuwaschen  braucht. 

Die  Zerlegung  des  Wismuthstannats  durch  Kali  und  die 
Wägung  des  durch  Glühen  des  Oxyduls  erhaltenen  Wismuth- 
oxyds  wurde  noch  als  weitere  Controle  für  die  Richtigkeit 
der  oben  angegebenen  Zusammensetzung  benutzt.  Die  dazu 
angewandten  Präpai^ite  sind  dieselben,  wie  die  früher  ana- 
lysirten. 

I.     1,269  Grm.  gewässerter  =s  1,207  Grm.  wasserfr.  Verbindung  gaben : 
1,076  Grm.  Wismuthoxyd  =  1,039  Grm.  Oxydul. 

IL     1,043  Grm,  gewässerter  =  0,992  Grm.  wasserfr.  Verbindung  gaben  : 
0,883  Grm.  Wismuthoxyd  =  0,853  Grm.  Oxydul. 

Die  berechneten  Zahlen  : 

L  II. 

2BiOs  452  85,77  86,11  85,98 

SnOg  75  14,23  —  — 

527  100,00. 

entsprechen  auch  hier  den  analytisch  gefundenen. 

Nachfolgende  Notizen  mögen  dazu  dienen,  das  chemische 
Verhalten  des  Wismuthstannats  genauer  festzustellen.  Die 
Verbindung  wird,   bei   Luftzutritt  erhitzt,   oxydirt   und  geht 


über  die  Oxyde  des   Wismuths.  341 

in  die  entsprechende  Wismutboxydverbindung  SnOg,  2  BiOs 
über,  wobei  die  Ockerfarbe  sich  in  strohgelb  umändert.  Die 
gegltihte  Masse  wird  durch  Kochen  mit  Wasser  nicht  ver- 
ändert; durch  Kochen  mit  Kali  färbt  sie  sich  citrongelb,  in- 
dem Zinnsäure  ausgezogen  wird ,  aber  es  erfordert  sehr 
häufiges  Behandeln  mit  kochender  Kalilauge,  bis  man  fast 
zinnoxydfreies  Wismuthoxyd  erhält.  Salzsäure  lost  die  ge- 
glühte Verbindung  nur  zum  Theil  .auf  uud  läfst  ein  Wis- 
muth  enthaltendes  Zinnoxyd  zurück.  Trägt  man  ein  wenig 
Wismuthoxydulstannat  in  geschmolzenes  Kaliumchlorat,  so  er- 
folgt eine  rasche  Sauerstoffentwickelung  und  die  Substanz 
wird  in  Oxydstannat  verwandelt.  Hit  Schwefelblumen  erfolgt 
beim  Erhitzen  bis  zum  Schmelzen  Bildung  von  Schwefel- 
metallen ohne  besondere  Reaction.  Auf  der  Kohle  in  der 
inneren  Löthrohrflamme  erhitzt  tritt  keine  Reduclion  ein;  in 
Wasserstoffgas  erfolgt  dieselbe  schon  bei  mäfsiger  Temperatur. 
Was  die  schwarze  Verbindung  betrifft,  welche  bei  Be- 
handlung der  gelben  mit  Zinnchlorür  in  der  Wärme  ent- 
steht,  so  kann  ich  über  deren  Zusammensetzung  Nichts  mit 
Bestimmtheit  sagen,  da  es  mir  nicht  gelungen  ist,  sie  unver- 
ändert zu  erhalten.  Sehr  geringe  Mengen  von  Zinnchlorür 
reichen  hin,  sie  aus  dem  Wismuthstannat  zu  erzeugen.  Eisen- 
oxydulsalze bewirken  die  Umwandlung  nicht;  bei  längerem 
Durchleiten  von  schwefliger  Säure  durch  eine  wässerige 
Suspension  der  gelben  Verbindung  entsteht  allerdings  eine 
geringe  Menge  schwarzer  Substanz,  aber  es  könnte  diefs  auf 
Bildung  von  Schwefelmetall  beruhen.  —  Alkalische  oder  stark 
saure  Reductionsmittel  konnten  nicht  angewandt  werden,  da 
Säuren  und  Alkalien  schon  für  sich  allein  die  gelbe  Verbin- 
dung verändern.  —  Die  schwarze  Verbindung  geht  durch 
Erwärmen  mit  verdünnter  Chromsäurelösung  leicht  wieder  in 
die  gelbe  über.  Werden  gewogene  Portionen  der  gelben 
Verbindung  in   die  schwarze  und   diese  wieder  in  die  gelbe 


342  Schiffe   Untersuchungen 

umgewandelt^  so  erleidet  das  Gewicht  keine  irgend  bedeu- 
tende Aenderung.  Es  ist  wahrscheinlich,  dais  die  schwarze 
Substanz  eine  Verbindung  oder  ein  Gemenge  der  Oxydule 
von  Wismuth  und  Zinn  ist.  Das  sog.  Wismuthacichlorid 
BiOgCI  wird  durch  eine  Lösung  von  Zinnchlorür  weder  bei 
gewöhnlicher  noch  bei  höherer  Temperatur  verändert. 

2.     Wismuthsäure^   Wismuihoxt/d  und  Verbindungen  beider. 

Vorstehender  Untersuchung  über  das  Wismuthoxydui 
lasse  ich  einige  Notizen  über  die  Darstellung  und  Formulirung 
einiger  höheren  Oxyde  des  Wismuths  folgen.  Es  wurden 
dieselben  durch  die  Beobachtung  angeregt,  dafs  auch  die 
alkalischen  Hypochlorite  das  Wisinuthnitrat  unter  Gelbfärbung 
verändern. 

Mit  den  höheren  Oxydationsstufen  des  Wismuths  haben 
sich  zuletzt  besonders  Heinto  ui^d  Arppe  beschäftigt.  Es 
haben  diese  Forscher  besonders  das  Verhalten  des  Wismuth- 
oxyds  gegen  mehr  oder  minder  stark  alkalische  Lösungen  von 
Alkalihypochloriten  studirt,  und  es  wurden  hierbei  eine  An- 
zahl von  Verbindungen  der  Wismuthsäure  mit  Wismuthoxyd 
erhalten.  Namentlich  aus  Arppe's  Untersuchungen  ging 
eine  Anzahl  von  intermediären  Verbindungen  hervor;  so  ein 
gelbes  Hydrat ,  welches  durch  Erhitzen  mit  stark  alkalischer 
Lösung  von  Kaliumhypochlorit  in  Wismuthsuperoxyd  über- 
geht; das  rothe  Wismuthsäurehydrat  und  eine  durch  Kochen 
desselben  mit  Salpetersäure  entstehende  orangefarbene  Ver- 
bindung BiOs,  3  BiOö. 

Alle  diese  Verbindungen  lassen  sich  sehr  leicht  dar- 
stelleui  wenn  man  nur  sehr  schwach  alkalische  Lösungen  der 
Hypochlorite  anwendet,  so  z.  B.  eine  gewöhnliche  Chlorkalk- 
lösung; auch  hat  man  durchaus  nicht  nöthig,  erst  Wismuth- 
oxyd darzustellen,  da  meine  Versuche  zeigen,  dafs  das  käuf- 
liche Nitrat  zur  Darstellung  angewandt  werden  kann. 


über  die  Oxyde  des   Wismuths.  343 

Die  gelbe  Verbindung,  welche  Arppe  erhielt,  indem  er 
eine,  freies  Chlor  enthaltende  Lösung  von  Wismuth  in  Salz- 
säure oder  Salpetersäure  mit  Kali  fällte ,  erhält  man  mit 
Leichtigkeiti  wenn  man  das  käufliche  Nitrat  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  mit  Chlorkalklösung  digerirt.  Es  scheint  diese 
Verbindung  indessen  nur  ein  Uebergangsglied  zu  sein,  denn 
wenn  man  die  Digestion  etwa  zwölf  Stunden  dauern  läfst,  so 
geht  alles  in  die  orangefarbene  Verbindung  über,  welche 
sich  nun  auch  bei  längerer  Digestion  nicht  mehr  ändert. 
Sowohl  die  gelbe  als  die  orange  Verbindung  gehen  durch 
Kochen  mit  stark  alkalischen  Hypochloriten  in  braunes  Wis- 
muthsuperoxyd  über. 

Behandelt  man  jedoch  Wismuthnitrat  bei  höherer  Tem- 
peratur mit  Chlorkalklösung,  so  tritt  unter  Bildung  von  Calcium- 
nitrat  eine  reichliche  Entwickelung  von  mit  Chlor  gemengtem 
Sauerstofigas  ein  und  ^ie  anfangs  entstehende  gelbe  Verbin- 
dung geht  sehr  schnell  in  die  orangefarbene  über.  Bei 
längerem  Kochen  wird  indessen  letztere  immer  dunkler  und 
nach  etwa  V4  Stunde  ist  das  Ganze  in  rothes  Wismuthsäure- 
hydrat  umgewai^delt.  Dasselbe  enthält  nur  sehr  geringe 
Mengen  von  Chlor,  wahrscheinlich  in  der  Form  von  Wismuth- 
acichlorid ;  hingegen  ist  es  vollkommen  frei  von  Kalk.  Kocht 
man  das  Wisinuthsäurehydrat  noch  länger  mit  Chlorkalklösung, 
unter  manchmaliger  Erneuerung  derselben,  so  entsteht  zuletzt 
ein  hell  chocoladebraunes  Pulver,  welches  indessen  gröfsere 
Mengen  von  Chlor  enthält.  Es  scheint  dasselbe  stark  mit 
Wismuthacichlorid  verunreinigte  wasserfreie  Wismuthsäure 
zu  sein. 

Bringt  man  rothes  Wismuthsäurehydrat  mit  Zinnchlorür- 
losung  zusammen,  so  erfolgt  gerade  wie  bei  Wismuthoxyd 
die  Bildung  einer  gelben  zinnhaltigen  Verbindung,  welche 
auch  dasselbe  Verhalten  zeigt  wie  die  aus  dem  Oxyd  dar- 
gestellte. Ihre  Zusammensetzung  konnte  nicht  ermittelt  werden, 


344  Schiffe  üntef'suchtmgen 

da  za  gleicher  Zeit  noch  eine  weifse  flockige  Verbindung  — 
vielleicht  Wismuthacichlorid  —  entsteht,  welche  ihr  beige- 
mengt bleibt. 

Sowohl  Wismuthsäure  als  auch  das  Superoxyd  bläuen 
die  Guajaktinctur ;  erstere  besonders  beim  Erwärmen,  wobei 
indessen  eine  theilweise  Reduction  zu  Superoxyd  stattfindet. 
Weingeistige  Lösungen  von  Zucker  oder  von  Oxalsäure  redu- 
ciren  die  Wismuthsäure  nicht.  Alkalische  Zuckerlösungen 
reduciren  die  Säure  und  das  Superoxyd  beim  Erwärmen ;  es 
treten  hierbei  erst  gelbe  intermediäre  Oxyde  auf;  zuletzt 
erfolgt  Reduction  zu  Metall,  welchem  indessen  braune  Zer^ 
setzungsproducte  des  Zuckers  beigemengt  sind. 


Vorstehende  Oxyde  des  Wismuihs,  ihre  Verbindungen 
untereinander  und  gröfstentheils  auch  die  Wismuthsalze  lassen 
sich  sehr  übersichtlich  und  gleichförmig  formuliren,  wenn 
man  die  folgenden  drei  Radicale  : 

Wismuth  Bi        äquivalent  Hol.      rw     j       j 

Wismuthyl      Bio,    äquivalent  H  1"^  ^^^^  "^^ 

Wismutlioxyl  Bi04     äquivalent  H    in  der  Wismuthsäure 

annimmt.  Man  hätte  in  diesem  Falle  für  sämmtliche  Verbin- 
dungen nur  ein  einziges  Aequivalent  des  Wismuths  =  210 
nöthig.  Der  früher  von  Laurent  und  Gerhardt  gemachte 
Versuch,  einzelne  Wismuthverbindungen  wieder  auf  das  alte 
Aequivalent  70  zu  beziehen,  giebt  öfters  verwickeitere  For- 
meln, welche  theilweise  bereits  vor  15  Jahren  von  Berzelius 
als  unzulässig  bezeichnet  wurden.  Namentlich  machte  Ber- 
zelius darauf  aufmerksam,  dafs  die  Verbindungen  von 
Arppe  sich  mit  dem  Aequivalent  210  viel  einfacher  formu- 
liren  lassen.  Nach  dem  älteren  Aequivalent  würde  dem 
Chlorid  die  Formel  BiCl  zukommen^  nach  dem  jetzt  allgemein 
gebräuchlichen  wird  das  Chlorid  bekanntlich  BiCls  geschrieben. 


über  die  Oxyde  des  fVismtUhs.  345 

Die  Bestimmung  des  specifischen  Gewichts  des  Dampfes  des 
Chlorids,  von  Jacquelain  ausgeführt  und  zu  11,35  gefunden, 
spricht  nun  sehr  zu  Gunsten  der  letzteren  Formel,  indem  sich 
die  Dampfdichte  für  eine  Condensation  auf  vier  Volume  zu 
11  berechnet. 

Im  Allgemeinen  lassen  sich  die  verschiedenen  Salze  des 
Wismuths  auf  die  zwei  Formeln  des  Oxyds  : 


Bio»'  n    r,r.A    Bi'"  n 
BiOl*  ^»  ^^    Bi'"  ^« 

ieh 

en,  welchen  die  zwei  Hydrate  : 

H  ^«   """^      Hs  ^« 

entsprechen.  —  Das  erstere  Hydrat  entsteht,  wie  man  bereits 
aus  Arppe's  Angaben  weifs,  wenn  man  das  gefällte  Hydrat 
bei  100^  trocknet.  Wie  ich  im  Früheren  mittheilte,  enthält 
das  lufttrockene  Hydrat  2  HO.  Ich  habe  versucht,  ob  nicht 
bei  Anwendung  sehr  verdünnter  Lösungen  und  bei  niedriger 
Temperatur  ein  Hydrat  mit  3  HO  zu  erhalten  sei ,  aber  ich 
erhielt  stets  das  Hydrat  mit  2  HO. 

Die  folgende  Zusammenstellung  zeigt,  dafs  die  Formeln 
der  Wismuthsalze  sich  sehr  übersichtlich  geben  lassen,  wenn 
man  sie  auf  obige  zwei  Formeln  des  Oxyds  bezieht,  und  dafs 
man  nicht  nöthig  hat,  zwei  Aequivalente  für  die  Wismuth- 
derivate  anzunehmen.  Nehmen  wir  als  Princip  der  Anord- 
nung die  Gerhardt'schen  Grundformen,  so  haben  wir 
folgende  Derivate  : 

Grundform 

H|         .     BiOj»      .       BiOjl  BiSji  BlSea»  BiOaj 

Hl        •     ßiOat  eil  Clt  Cli  BrI 

Oxydul     Oxychlorid     Sulfochlorid     Selenchlorid     Oxybromid 
H)o     .     BiO^JQ  BiOgj^  BiTe^j«  BiOjJQ 

Oxydhydrat  Oxyd  Tellurwismuth     Superoxyd. 

BiOg  I  ri  BiOo  |  ^ 

N04r«  Cy   r«  '^•^•^• 

sog.  bas.  Nitrat        Oxyrhodanid. 


346  Schiffe   Untersuchungen 

H^r*    •        2Bi02r*        BiO2.Hr*      2Bi02r*      BiOg.Hr*^*®-^- 
sog.  bas.  Sulfat        Bisulfat  Chromat         Oxalat. 

Im  Allgemeinen  würden  die  meisten  sog.  basischen 
Wismutbsalze  auf  ein  Radical  BiOa  zu  beziehen  sein,  während 
die  gewöhnlich  als  neutral  angesprochenen  Wismutbsalze  als 
Bi"'-Derivate  zu  betrachten  wären  so  z.  B.  : 


H3 

Ha 

Bi              Bi 
•     Bi            eis 

Bi 
Brs 

Ha  ^« 

'    Bi  ^«        Bi  ^« 

^^      0 

Bi     n          Bi    a 
3  NO4  ^»        Cy,  "« 

Oxyd   •  Sulftiret 

orangefarbenes 
intermed.  Oxyd 

Nitrat        Rnlfocyanat 

^^     0 

Bi       g 

Bi 
PO      Ö6*)^"-W- 

Sulfat  Solfowolframiat      Phosphat. 

Wir  haben  hier  bei  dem  Wismuth  dieselben  Verhältnisse, 
wie  bei  dem  ihm  auch  sonst  ähnlichen  Antimon,  bei  welchem 
ebenfalls  Sb  als  ein  dreibasisches  und  SbO^  als  ein  ein- 
basisches Radical  betrachtet  werden  kann.  Bei  Phosphor  und 
Arsen  findet  indessen  durch  den  Zutritt  von  Sauerstoff  keine 
Erniedrigung  der  Basicität  statt;  sowohl  P  und  As  als  auch 
POs  und  ASO2  werden  als  dreibasische  Radicale  angesprochen, 
hingegen  nimmt  man  PO4  in  der  Metaphosphorsäure  als  ein- 
basisch an. 

Die  Analogie  zwischen  Arsen  und  Antimon,  die  Existenz 
der  sog.  chlorarsenigen  Säure  ASO2CI  von  Wallace^  sowie 
die  verschiedenen  Sulfantimonverbindungen  scheinen  dafür 
zu  sprechen ,    dafs  die  Gruppen  SbOa  und  ASO2  je^  nach  den 


*)  Von  dem  bei  110°  getrockneten  weifsen  schweren  Pulver,  welches 
durch  Fällung  einer  hei£sen  Ghlorwismuthlösung  mit  einer  heifsen 
ziemlich  concentrirten  Lösung  von  gewöhnlichem  Natriumphos- 
phat erhalten  wurde  ,  gaben  2,038  Grm.  in  verdünnter  Salzsäure 
gelöst  und  mit  HS  behandelt  1,640  Grm.  BiSs,  entsprechend  1,335 
Grm.  Bi  =  65,5  pC.     Obig©  Formel  verlangt  65,67  pC.  Wismuth. 


über  die  Oxyde  des  Wiamuths.  347 

Umständen  einbasisch  und  dreibasisch  sein  können.  Wir 
haben  nun  einen  ganz  gleichen  Fall  in  der  organischen 
Chemie  bei  der  Gruppe  CJif,^  welche  in  den  Allylderivaten 
die  Stelle  eines  einbasischen,  in  den  Glycerylderivaten  die 
eines  dreibasischen  Radicais  einnimmt  und  durch  Aufnahme 
von  zwei  Aeq.  Sauerstoff  in  ein  einbasisches  Radicai  CeHsOg 
Propionyl  übergeht. 

Es  mag  bei  dieser  Gelegenheit  noch  bemerkt  werden, 
dafs  der  in  der  organischen  Chemie  auch  bei  Säureradicaien 
so  häufig  beobachtete  Fall ,  dafs  einer  Zunahme  des  Radicais 
an  Wasserstoff  eine  Abnahme  der  Basicität  entspricht,  bis 
jetzt  in  der  anorganischen  Chemie  noch  nicht  aufgefunden 
wurde ;  immerhin  aber  bleibt  es  bemerkenswerth ,  dafs  die 
drei  Säuren  des  Phosphors,  namentlich  mit  den  Schwer- 
metallen, Salze  von  der  Zusammensetzung  : 

Mgre  Mg  1^*      ^**  M    1^« 

Phosphat  Phosphit  Hypophosphit 

mit  besonderer  Leichtigkeit  bilden. 
Bern,  Februar  1861. 

Nachschrift.  —  Vor  Absendung  dieser  Abhandlung  kommt 
mir  noch  eine  Züricher  Dissertation  von  Emil  Rüge  zu  Ge- 
sicht, worin  aufser  den  mit  Sicherheit  früher  bekannten  Wis- 
muthnitraten  BiOg»  SNOs  und  BiOs,  NOg  +  2H0  noch  die  Salze 
BiOg,  2  NO5  +  HO  und  2  BiOs,  NOs  +  HO  beschrieben  sind.  Es 
liefsen  sich  auf  diese  Weise  die  Nitrate  des  Wismuths  auch  : 

formuliren,  welchem  Schema  indessen  die  basische  Verbin- 
dung   nur    durch    die    minder     wahrscheinliche    Formel    : 

NO^.BiOj.Ht^«  anzupassen  wäre. 


348  Volhardf  über  mehratomige 

Oeber  mehratomige  Harnstoffe; 
von  J,  Volhard. 


Das  Studium  der  mehratomigen  Verbindungen  ist  gewis- 
sermafsen  die  Tagesfrage  der  organischen  Chemie,  Wie  den 
einatomigen  Alkoholen  die  Glycole,  den  einbasischen  Säuren 
die  zweibasischen,  den  Monaminen  die  Diamine  entsprachen, 
so  wird  nach  und  nach  jeder  Gruppe  einatomiger  Verbindun- 
gen eine  correspondirende  zweiatomige  als  Abbild  ihrer  all- 
gemeinen Eigenschaften  an  die  Seite  gestellt. 

Durch  Verbindung  der  Cyansäure  oder  der  cyansauren 
Aether  mit  Ammoniak  oder  den  Monaminen  entsteht  bekannt- 
lich der  Harnstoff  und  die  Gruppe  der  Harnstoffe,  welche 
Alkoholradicale  enthalten. 

In  ganz  gleicher  Weise  vereinigen  sich  die  zweiatomigen 
Ammoniake  mit  Cyansäure  nicht  zu  cyansauren  Salzen ,  son- 
dern zu  Körpern^  deren  Verhalten  im  Allgemeinen  dem  der 
Harnstoffe  sehr  ähnlich  ist. 

Darstellung  und  Untersuchung  einiger  solcher  Harnstoff- 
verbindungen, in  denen  der  Wasserstoff  theilweise  durch 
Ölbildendes  Gas  vertreten  ist,  sind  Gegenstand  der  Versuche, 
deren  Resultate  im  Folgenden  geschildert  werden. 

Das  Aethylendiamin ,  eine  der  vielen  durch  Einwirkung 
von  Chlor-  oder  Bromäthylen  auf  Ammoniak  entstehenden 
Basen,  wurde  zuerst  von  Cloez  dargestellt  und  unter  dem 
Namen  Formylamin  beschrieben*).  A.  W.  Hof  mann**) 
hat  später  gezeigt,  dafs  diese  Base  die  zweisäurige  Amid- 
verbindung  des  ölbildenden  Gases  CC8H4)'^H4N2  ist  und  gab 
ihr  den  Namen  Aethylendiamin. 


*)  Institut  1853,  213;    Jahresber.  f.  Chemie  u.  s.  w.  f.  1858,  468. 
**)  Compt  rend.  XLVI,  255;  Jahresber.  i,  Chem.  u.  s.  w.  f.  1858,  343. 


Harnstoffe.  349 

Eine  wässerige  Lösung  von  chlorwasserstoflPsanrem 
Aethylendiamin  wirkt  schon  kalt  auf  cyansaures  Silber  unter 
Bildung  von  Chiorsilber  ein;  rasch  und  vollständig  ist  die 
Umsetzung  bei  der  Wärme  des  Wasserbades.  Die  abfiitrirte 
Flüssigkeit,  durch  einige  Tropfen  Salzsäure  von  gelöstem 
cyansaurem  Silber  befreit,  giebt  beim  Eindampfen  und  Er- 
kalten farblose  Krystalle.  Mit  kaltem  Wasser  gewaschen  und 
einmal  aus  Wasser  oder  Weingeist  umkrystallisirt  liefern 
diese  den  reinen  Aeth^lenhamstoff. 

Die  Analyse   der   bei  100^  getrockneten   Substanz  gab 
folgende  Zahlen  : 

1.  0,4699  Grm.  mit  Kupferoxyd  verbrannt  gaben  0,5597  Kohlen- 

säure und  0,2850  Wasser. 

2.  0,1707  Grm.  gaben  0,2040  Kohlensäure  und  0,1084  Wasser. 

3.  0,2280  Grm.    gaben    74  CC.  StickstoflFgas   von  752,2°^   Queck- 

silberdruck und  80  C.  =  70,39  CC.   von  760"^   und  0<>  = 
0,0884  Grm.  Stickstoff. 

Diese  Zahlen  führen  zu  der  Formel  C4HioN40a  : 

Gefunden 

3. 


Berechnet 

1. 

2. 

c« 

48 

32,87 

32,48 

32,59 

Hi9 

10 

6,84 

6,73 

7,05 

N« 

56 

38,35 

— 

— 

0, 

32 

21,94 

— 

—  38,78 


100,00. 

Der  Aethylenharnstoff  ist  in  kochendem  Wasser  sehr  leicht 
löslich,  weniger  in  kaltem.  Die  heifs  gesättigte  Losung 
scheidet  denselben  beim  Erkalten  in  sternförmig  gruppirten 
farblosen  Nadeln  aus,  welche  unter  dem  Hikroscop  als  Ag- 
gregate gerader  Prismen  erscheinen.  Die  Mutterlauge  kry- 
stallisirt  beim  Eindampfen  vollständig.  In  absolutem  Alkohol 
ist  der  AethyienharnstofiP  selbst  beim  Kochen  schwerlöslich, 
in  wässerigem  Weingeist  nach  dem  Mafs  des  Wassergehaltes 
leichter.    Aus  alkoholischer  Lösung  durch  Abkühlen  krystal- 


350  Volhard,  über  mehratomige 

lisirt  sieht  er  dem  auf  gleiche  Weise  erhaltenen  gewöhn- 
lichen Harnstoff  sehr  ähnlich.  In  Aether  ist  derselbe  nicht 
löslich«  Weder  die  aus  Weingeist  noch  die  aus  Wasser  aus- 
geschiedenen Krystalle  enthalten  Krystallwasser.  Trocknen 
bei  100^  verändert  ihr  Aussehen  nicht,  eben  so  wenig  Stehen 
an  der  Luft.  Der  Aethylenharnstoff  ist  ohne  Reaction  auf 
Pflanzenfarben,  geruchlos  und  geschmacklos.  Er  schmilzt  bei 
192^.  Bei  höherer  Temperatur  zersetzt  er  sich  unter  Schwär- 
zung und  Entwickelung  ammoniakalischer  Dämpfe. 

Verdünnte  und  concentrirte  Mineralsäuren  lösen  den 
Aethylenharnstoff  beim  Erwärmen  leicht  auf,  um  beim  Er- 
kalten ihn  unverändert  wieder  auszuscheiden.  Ebenso  ver- 
hält er  sich  gegen  Essigsäure  und  wässerige  Oxalsäure.  Seine 
Lösung  in  concentrirter  Salzsäure  oder  rauchender  farblose^ 
Salpetersäure  kann  durch  Abdampfen  zur  Trockne  gebracht 
werden,  ohne  dafs  sich  ein  Salz  bildet  oder  Zersetzung  ein- 
tritt« Trockenes  Salzsäuregas  wird  von  dem  Aethylenharn- 
stoff unter  Erwärmen  absorbirt.  War  derselbe  vorher  gepul- 
vert, so  backt  er  dabei  zu  einer  harten  Hasse  zusammen. 
Der  Aethylenharnstoff  löst  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure 
ohne  Zersetzung. 

Gegen  verdünnte  Kali-  oder  Natronlauge,  gegen  Kalk- 
und  Barytwasser  verhält  sich  der  Aethylenharnstoff  wie  gegen 
verdünnte  Säuren.  Quecksilber-,  Blei-,  Silberoxyd  mit  con- 
centrirter  Lösung  von  Aethylenharnstoff  gekocht  werden  weder 
gelöst,  noch  reducirt. 

Der  Aethylenharnstoff  verbindet  sich  nur  mit  denjenigen 
Körpern,  die  selbst  mit  den  schwächsten  organischen  Basen 
in  der  Regel  noch  Doppelsalze  bilden. 

Phimsaiz  des  Aeihylenhamstoffs.  —  Setzt  man  zu  einer 
heifsen  concentrirten  Lösung  von  Aethylenharnstoff  Platin- 
chlorid, so  scheiden  sich  beim  Erkalten  dunkel -orangegelbe 
Krystalle  aus,  die  unter  dem  Mikroscop  als  quadratische  Pris- 


Harnstoffe,  351 

men  erscheinen.  Dieselben  sind  in  kaltem  Wasser  ziemlich 
leicht  löslich,  sehr  leicht  in  kochendem,  schwerlöslich  in  Al- 
kohol. Die  Analyse  des  bei  100^  getrockneten  Salzes  gab 
folgende  Zahlen  : 

1.  0,5921  Grm.  hinterliersen  beim  Glühen  0,1645  Platin. 

2.  0,4074  Grm.  gaben  0,1140  Platin. 

3.  0,4748  Grm.   mit  chromsaurem  Kali   verbrannt   gaben  0,2425 

Kohlensäure  und  0,1408  Wasser. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich  die  Formel  : 

C4H10N4O2,  HCl,  PtCla. 

Gefunden 

3. 
13,92 

3,29 


Berechnet 

1. 

2. 

C4 

48 

13,61    4 

— 

Hu 

11 

3,14 

— 

— 

N4 

56  • 

15,88 

— 

— 

0. 

32 

9,08 

— 

— 

ci» 

106,5 

30,21 

— 

— 

Pt 

99 

28,08 

27,78 

27,98 

100^00. 

Ooldsah  des  Aethylenhamstoffa.  —  Goldchlorid  erzeugt 
in  der  concentrirten  Lösung  des  Aethylenharnstoffs  einen 
bellgelben  flockigen  Niederschlag,  der  sich  beim  Erwärmen 
auflöst  und  beim  Erkalten  in  goldgelben,  lebhaft  glänzenden 
Schuppen  krystallisirt.  Die  Mutterlauge  läfst  sich  auf  dem 
Wasserbad  ohne  Zersetzung  eindampfen,  um  eine  neue  Kry- 
stallisation  desselben  Salzes  zu  liefern. 

0,488  Grm.    des   bei    100^  getrockneten   Goldsalzes  gaben   0,1975 
Gold. 

Diefs  entspricht  der  Formel  C^HioN^O^,  HCl,  AuCIs  : 

Berechnet  Gefunden 

Gold        40,58  40,47. 

Quecksäberverbindung  des  Aethylenharnstoffs.  —  Eine 
nicht  zu  viel  freie  Säure  enthaltende  Lösung  von  Salpeter* 
saurem  Quecksilberoxyd  giebt  mit  der  wässerigen  Lösung  des 
Aethylenharnstoffs  selbst  bei  grofser  Verdünnung  einen  weifsen 


352  Volhardy  über  mehratomige 

käsigen  Niederschlag.  Derselbe  sinkt  bei  mehrtägigem  Stehen 
in  der  Flüssigkeit  zusammen  und  läfst  dann  unter  dem  Mi- 
kroscop  krystallinische  Beschaffenheit  erkennen.  Er  löst  sich 
in  Säuren  auf  und  wird  durch  Alkalien  wieder  gefällt.  Aus 
der  über  dem  Niederschlag  stehenden  Flüssigkeit  fällen  Al- 
kalien, so  lange  noch  Aethylenharnstoff  im  Ueberschufs  vor- 
handen ist,  die  weifse  Verbindung,  wenn  durch  weiteren 
Zusatz  von  salpetersanrem  Quecksilber  aller  Aethylenharn- 
stoff in  die  Verbindung  eingetreten  ist,  gelbes  Quecksilberoxyd. 

1.  0,5465  Grm.  der  bei    100^  getrockneten  Quecksilberverbindung 

gaben    mit  Kupferoxyd  in  einem  Strom  von  Kohlensäure 
verbrannt  0,3225  Quecksilber. 

2.  0,4347  Grm.  gaben  0,2577  Quecksilber. 

Diefs  entspricht  in  Procenten  :  1)    59,0,     2)    59,2  Quecksilber. 

Eine  einigermafsen  wahrscheinliche  Formel  kann  ich 
hieraus  nicht  ableiten. 

Obwohl  der  Aethylenharnstoff  eine  weit  geringere  Ver- 
bindungsfähigkeit zeigt  als  der  gewöhnliche  Harnstoff,  so  tritt 
doch  die  Aehnlichkeit  der  Constitution  beider  Körper  aufs 
Schärfste  hervor,  wenn  man  die  Zersetzungsproducte  des 
Aethylenharnstoffs  mit  denen  des  gewöhnlichen  Harnstoffs 
vergleichen. 

Alle  bis  jetzt  bekannten  Glieder  der  Harnstoffgruppe  wer- 
den durch  Kalihydrat,  unter  Assimilation  der  Elemente  des 
Wassers^  zerlegt  in  Kohlensäure  und  Ammoniak,  beziehungs- 
weise substituirte  Ammoniake.  Diese  Zersetzung  ist  ein  cha- 
racteristisches  Merkmal  der  Harnstoffe. 

Der  Aethylenharnstoff  zerfällt  unter  denselben  Umstän- 
den in  Kohlensäure,  Ammoniak  und  Aethylendiamin. 

Wie  schon  oben  bemerkt  wird  Aethylenharnstoff  von 
verdünnter  Kalilauge  selbst  beim  Kochen  nicht  verändert. 
Dampft  man  aber  die  kaiische  Lösung  desselben  bis  zum 
Schmelzen  des  Kalihydrats  ein,  so  erhält  man  ein  stark  alka* 
lisches,  heftig  nach  Ammoniak  riechendes  Destillat.    Mit  Salz- 


Harnstoffe,  353 

säure  angesäuert  giebt  dieses  beim  Eindampfen  einen  kry- 
stallinischen  Salzrückstand,  welcher  neben  den  dendritischen 
Salmiakgruppen  unter  dem  Hikroscop  lange  farblose  glänzende 
Spiefse  zeigt.  Die  concentrirte  warme  Lösung  der  erhaltenen 
salzsauren  Salze  wurde  mit  Goldchlorid  versetzt.  Sofort 
schied  sich  ein  Goldsalz  (1)  in  langen  schönen  goldgelben 
Nadeln  aus.  Die  Mutterlauge  desselben  wurde  mit  einer  zur 
vollständigen  Fällung  unzureichenden  Menge  von  Platinchlorid 
versetzt,  von  dem  entstandenen  Niederschlag  abfiltrirt  und 
dann  mit  Platinchlorid  die  Fällung  vollendet.  Diefs  letztere 
Flatinsalz  (2)  erwies  sich  nach  dem  Umkrystallisiren  aus 
heifsem  Wasser  als  reiner  Platinsalmiak.  Obiges  Goldsalz 
war  in  kaltem  Wasser  schwer,  leicht  in  heifsem  löslich.  Es 
liefs  sich  ohne  Zersetzung  umkrystallisiren.  Seine  wässerige  Lö* 
sung  gab  auch  bei  grofser  Verdünnung  mit  Platinchlorid  einen 
reichlichen  Niederschlag,  der  in  kaltem  und  heifsem  Wasser 
schwerer  löslich  ist  als  Platinsalmiak  und  unter  dem  Mikro- 
scop  in  der  Form  undeutlich  ausgebildeter  viereckiger  Blätt- 
chen erscheint.  Die  Eigenschaften  dieses  Platinsalzes  sowie 
des  erwähnten  Goldsalzes  sind  die  der  betreffenden  Aethylen- 
diaminverbindungen,  als  welche  sie  durch,  die  Goldbestimmung 
bestätigt  wurden. 

(1)  0,6^75  Grm.    des    bei    XOO^    getrockneten    Groldsalzes    gaben 

0,3172  Gold. 

Diefs  entspricht  der  Formel  des  Aethylendiamin-G-oldsalzes  : 

CgHgNg,  (HCl,  AuCls),. 

Berechnet  GeAinden 

Gold      53,24  53,22. 

(2)  0,1780  Grm.  des*bei  100^  getrockneten  Platinsalzes  gaben  Platin 

0,078   Grm.   =    43,82  pC.   Platin.     Platinsalmiak    enthält 
44,29  pC.  Platin. 

Der  Rückstand  von  der  Zersetzung  des  Aethylenharn- 
Stoffs  mit  Kali  ist  weifs,  vollkommen  in  Wasser  auflöslicti 
und  entwickelt  mit  Säuren  eine  grofse  Hien^G  von  Kohlen* 
säure. 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXIX.  Bd.  3.  Heft.  23 


354  Volhardy  über  mehratomige 

Diese  Zersetzung  des  Aethylenharnstofiis  drückt  sich  aus 
in  der  Gleichung  : 


rU 


(coy 

(CsH4)"VN4  +  4KH0  =  2K«C08  +  2  HgN  +  CsHaNg. 
He 


Der  ungemeinen  Beständigkeit  des  AethylenharnstoiTs 
gegenüber  der  Einwirkung  von  Säuren  ist  schon  früher  Er* 
wähnung  geschehen.  Doch  wird  derselbe  bei  längerem  Ko- 
chen mit  concentrirter  Schwefelsäure  langsam  zersetzt,  und 
zwar  ganz  in  derselben  Weise,  wie  durch  Kalihydrat. 

Salzsaurer  Harnstoff,  d.  h.  die  durch  Behandlung  des 
AethylenharnstoSs  mit  trockenem  salzsaurem  Gas  erhaltene 
Massfe,  in  Wasser  aufgelöst  und  zur  Trockne  verdampft  hin* 
terläfst  salzsäurefreien  Aethylenharnstoff.  Wird  die  salzsaure 
Verbindung  trocken  auf  140  bis  150^  erhitzt»  so  schmilzt  sie 
und  bläht  sich  auf,  unter  Entwickelung  von  salzsaurem  Gas. 
Der  Rückstand  löst  sich  völlig  in  Wasser  und  besteht  fast 
gänzlich  aus  unverändertem  AethylenharnstofT;  er  enthält  nur 
unbedeutende  Mengen  von  salzsaurem  Aethylendiamin  und 
Salmiak. 

Salpetrige  Säure  zersetzt  die  wässerige  Lösung  des 
Aethylenharnstofls  unter  Entwickelung  von  Kohlensäure  und 
Stickgas.  Nach  der  Behandlung  mit  salpetriger  Säure  giebt 
die  Lösung  an  Aether  eine  Säure  ab,  die  beim  Verdunsten 
des  Aethers  als  sauerschmeckender  gelber  Syrup  zurückbleibt. 
Ihr  Kalksalz  ist  in  Wasser  leicht  löslich.  Es  wird  aus  dieser 
Lösung  durch  Zusatz  von  Alkohol  als  amorpher  Niederschlag, 
durch  Einengen  in  Form  kleiner  Krystallnädelchen  erhallen. 
Diese  Säure  ist  höchst  wahrscheinlich  Glycolsäure.  Zur  nä* 
heren  Ermittelung  ihrer  Natur  reichte  das  Material  nicht  aus. 
Glycolsäure  wäre  wohl  ein  secundäres  Zersetzungsproduct^ 
entstanden  durch   Oxydation    des   zuerst  gebildeten   Glycols» 


Harnstoffe.  355 

Diese  Zersetzung  könnte  nach  folgender  Gleichang  vor  sich 
gehen  : 


(C,H,)" 
He 


N4  +  N4O6  =  CjHeOg  +  2  COg  +  2  IIjO  +  8  N. 


Die  oben  angeführten  Analysen  der  Platin*  und  Goldver- 
bindungen des  Aethylenharnstoffs  bestimmen  sein  Atomgewicht 
in  der  Formel  C4H10N4O2. 

Wie  Aethylendianiin  sich  mit  zwei  Aequivalent  Salzsäure 
oder  Schwefelsäure  zu  neutralen  Salzen  verbindet,  so  fes- 
selt dasselbe  zwei  Aequivalent  Cyansäure  zur  Bildung  eines 
Harnstoffs.  Dieser  läfst  sich  betrachten  als  Zusammenlagerung 
von  zwei  Atomen  gewöhnlichen  Harnstoffs,  bewirkt  durch  die 
bindende  Kraft  des  zweiatomigen  Aethylens,  welches  in  jedem 
Harnstoffatom  ein  Atom  Wasserstoff  vertritt  : 

Beliachtel  man  die  Harnstoffe  als  einatomig,  so  mufs 
man  jedenfalls  den  Aelhylenharnstoff  für  zweiatomig  erklären; 
wenn  man  jene  aber  schon  für  zweiatomig  hält,  wird  diese 
nothwendig  vieratomig.  Der  Aelhylenharnstoff  tritt  aber  in 
die  Verbindung  ein  als  Aequivalent  eines  Atoms  Ammoniak, 
d.  h.  einatomig. 

A^ylirte  Äeihylmharnstqffe,  —  Aethylenbarnstoffe,  in 
welchen  Wasserstoff  durch  Aethyl  ersetzt  ist,  erhält  n^ao  in 
zweierlei  Weise  :  einn^al  durch  Verbindung  von  Aethylen** 
diäthyldiamin  mit  Cyansäure,  sodann  durch.  Vereii^igung  von 
cyansaurem  Aethyl  mit  Aethylendiamjn. 

Die  Producte  dieser  beiden  Reactionen  sind  nicht  iden- 
tisch,  sondern  isomer. 

Bromwasserstoffsaures  Aelhylendiäthyldiamin,  das  schöne 
in  perlmutterglänzenden  Blättchen  krystallisirende  Salz,  welches 
bei  der  Einwirkung  von  Brömäthylen  auf  Aethylamin  erhalten 
wird,  setzt  sich  in  wässeriger  Lösung  mit  cyansaurem  Silber 

23* 


356  Volhard,  über  mehratomige 

augenblicklich  in  Bromsilber  und  Aethylendiätfayldiaminharn- 
sloff  um.  Die  vom  Bromsilber  abfittrirte  Flüssigkeit  zur 
Syrupconsistenz  gebracht,  gesteht  beim  Erkalten  zu  einer 
Hasse  kleiner  farbloser  prismatischer  Krystalle.  Werden  diese 
einmal  aus  kochendem  absolutem  Alkohol  umkrystallisirt,  so 
liefern  sie  den  reinen  Aethylendiäthyldiaminharnstoff. 

0,204  Grm.   der   bei    100°    getrockneten  Substanz   mit  Eupferoxyd 
verbrannt  gaben  0,354  Grm.  Kohlensäure  und  0,172  Wasser. 

Diese  Zahlen  entsprechen  der  Formel  des  Aethylendiäthyl- 
diaminharnstoffs  C8H18N4O8  : 

Berechnet  Gefunden 

Cg         96  47,52  47,30 

Hl«        18  8,91  9,10 

N4         56  27,72  - 

0,         32  15,85  — 

100,00. 

Der  cr-AethylendiäthyldiaminharnstoS  ist  in  kaltem  Wasser 
leicht  löslich,  in  kochendem  nach  jedem  Verhältnifs,  sehr 
leicht  auch  in  Alkohol,  selbst  in  absolutem.  Aus  der  Lösung 
in  absolutem  Alkohol  krystallisirt  er  durch  Abkühlen  oder 
Verdunsten  über  Schwefelsäure  in  durchsichtigen  farblosen 
platten  Nadeln.  Aether  fällt  ihn  aus  der  alkoholischen  Lösung 
als  zartes  Pulver.     Er  ist  geruchlos  und  geschmacklos. 

Der  a-AethylendiäthyldiaminharnstofF  ist  weit  weniger 
constant  als  der  Aethylenharnstoff.  Er  beginnt  zu  schmelzen 
und  zugleich  sich  zu  zersetzen  bei  124^;  steigert  man  die 
Temperatur,  so  entwickelt  er  fortwährend  Gasbläschen.  Die 
bei  164®  völlig  geschmolzene  Hasse  erstarrt  beim  Erkalten 
nicht  mehr,  sondern  bleibt  syrupförmig.  Kochen  mit  Wasser 
oder  Abdampfen  der  wässerigen  Lösung  verändert  denselben 
nicht,  saure  Auflösungen  aber  zersetzen  sich  bei  längerem 
Sieden.  Mehrmaliges  Abdampfen  mit  Salzsäure  verwandelt 
denselben  völlig  in  salzsaures  Aethylendiälhyldiamin  und 
Salmiak. 


Harnstoffe.  357 

Platinsalz  des  ÄeOiylendiäihyldiaminharnstoffs.  —  Setzt 
man  Platinchlorid  zu  einer  concentrirten  wässerigen  Lösung 
von  Aethylendiätbyldiaminharnstoff,  so  bilden  sich  nach  einigen 
Minuten  örangegelbe  Krystallkörner  eines  Platinsalzes,  welches 
in  Wasser  leicht,  in  Weingeist  schwer  löslich  ist.  Dasselbe 
läfst  sich  aus  Wasser  nicht  ohne  Zersetzung  unikrystallisiren ; 
seine  verdünnte  Lösung  scheidet  beim  Abdampfen  Platin- 
salmiak aus. 

0,532  Grm.  des  im  luftleeren  Räume  getrockneten  Platinsalzes  hin- 
terliefsen  beim  Glühen  0,129  Platin. 

Berechnet  C8H18N4O8,  HCl,  PtClg  Gefanden 

Platin         24,23  24,24. 

Goldchlorid  fällt  aus  der  concentrirten  Lösung  des 
AethylendiäthyldiaminharnstofTs  ein  hellgelbes  krystalliniliches 
Salz,  das  aber  nach  wenigen  Augenblicken  unter  Ausscheidung 
von  metallischem  Gold  sich  harzig  zusammenballt.  Es  konnte 
nicht  in  einem  zur  Analyse  geeigneten  Zustande  erhalten 
werden. 

ß -- Diäihyläthylenharnstoff.  —  Jeder  Tropfen  cyansaures 
Aethyl,  den  man  in  Aethylendiamin  fallen  läfst,  verursacht 
ein  Zischen,  wie  das  Eintauchen  eines  glühenden  Körpers  in 
Wasser.  Unter  starker  Wärmeentwickelung  gestehen  beide 
Körper  zu  einer  festen  weifsen  Masse  verfilzter  Krystall- 
nädelchen.  Mit  leichter  Mühe  erhält  man  hieraus  durch  Um- 
krystallisiren  aus  Wasser  oder  Weingeist  den  Dialhyläthylen-^ 
Harnstoff  rein. 

0,3055  Grm.  der  bei  100^  getrockneten  Substanz  gaben  mit  Kupfer- 
oxyd verbrannt  0,5338  Kohlensäure  und  0,2505  Wasser. 

Diefs  entspricht  der  Formel  des  Diäthyläthylenharnstoffs 
C8H18N4O2  : 


Berechnet 

Gefunden 

c. 

96 

47,52 

47,65 

Hie 

18 

8,91 

9.14 

N4 

56 

27,72 

— 

0, 

32 

15,85 

— 

100,00. 


358  Volhardf  über  mehratomige 

Der /9-Diäthylälhylenharnstoff  ist  leicht  löslich  in  heifsem 
Wasser,  weniger  in  kaltem,  schwer  in  Weingeist,  fast  unlös« 
lieh  in  absolutem  Alkohol.  Aus  Wasser  oder  Weingefst  kry- 
stallisirt  bildet  er  weifse  verfilzte  Krystallnädelchen  yom  An- 
sehen der  Benzoesäure,  wenn  diese  aus  der  Auflösung  ihrer 
Salz^  durch  Säuren  gefällt  wird;  wie  bei  dieser  schwimmt 
immer  ein  grofser  Theil  der  auskrystallisirten  Substanz  an 
der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  und  scheint  von  der  Muttisr- 
lauge  nicht  benetzt  zu  werden.  Der  /9-Diäthyläthylenharnstofl*  ist 
geruchlos  und  geschmacklos;  er  schmilzt  ohne  Zersetzung  bei 
201®,  um  bei  185®  wieder  zu  erstarren;  bei  höherer  Tem- 
peratur zersetzt  er  sich  unter  Schwärzung.  Dem  Eioflufs  der 
verschiedenen  Reagentien  setzt  er  dieselbe  Constanz  entgegen, 
wie  der  Aethylenharnstofi';  er  läfst  sich  z.  B.  aus  concentrirter 
Salzsäure  umkrystallisiren. 

Der  /^-Diäthyläthylenharnstofi'  ist  von  so  ausgesprochen 
indifi*erentem  Character;  dafs  es  mir  nicht  gelungen  ist,  nur 
eine  einzige  Verbindung  desselben,  nicht  einmal  mit  Platin- 
chlorid, darzustellen. 

Die  angeführten  Eigenschaften  des  /?-Diäthyläthylenharn- 
stoflls  zeigen  deutlich,  dafs  derselbe  von  dem  zuvor  beschrie- 
benen Harnstoff  verschieden  ist.  Noch  mehr  tritt  diese  Ver- 
schiedenheit hervor  in  den  Zersetzungsprodocten  der  beiden 
Körper.  Ich  habe  defshalb  die  sehr  geringe  Menge,  die  mir 
von  den  beiden  Verbindungen  zu  Gebot  stand,  der  Ermittelung 
dieser  Zersetzungsproducte  geopfert. 

Beide  Harnstofib  wurden  mit  Kalihydrat  destillirt,  bis  das 
Schmelzen  des  Kalihydrats  das  Ende  der  Reaction  verbürgte. 
Die  erhaltenen,  mit  Salzsäure  angesäuerten  Destillate  gaben 
beide  mit  Platinchlorid  reichliche  Niederschläge,  welche  in 
kaltem  und  heifsem  Wasser  sehr  schwer  löslich  waren,  sich 
aber  unter  dem  Mikroscop  als  durchaus  von  einander  ver- 
schieden  erwiesen.    Das   aus   dem  Destillat  des  a-Diäthyl- 


Harnstoffe,  359 

äthylenharnstoffs  gefällte  Platinsalz  (1)  zeigte  nach  dem  Um- 
krystallisiren  aus  heifsem  Wasser  die  schönen  Octaeder  des 
Plaiinsalmiaks,  während  das  aus  dem  /9-Diäthyläthylenharn- 
stolT  gewonnene  Platinsalz  alle  Eigenschaften  (2)  des  a-Aethy- 
lendiaihinsalzes  ^atte. 

Die  Mutterlauge,  aus  der  sich  der  Platinsalmiak  abge- 
schieden hatte,  lieferte  beim  Eindampfen  dunkelrothe  Nadeln  (3), 
die  in  kaltem  Wasser  schwer,  leicht  in  heifsem  löslich  waren, 
und  welche  bei  genauer  Vergleichung  als  identisch  mit  dem 
aus  reinem  Aelhylendiäthyldiamin  dargestellten  Platinsaize 
befunden  wurden.  Auch  aus  der  Hutlerlauge  des  Aethylen- 
diamins  schied  sich  ein  weiteres  Salz  (4)  aus,  welches  in 
kaltem  und  heifsem  Wasser  leicht  löslich  war.  Die  durch- 
sichtigen sechsseitigen  rhombischen  Tafeln,  welche  dieses  Salz 
unter  dem  Mikroscop  zeigte,  liefsen  es  fast  unnölhig  er- 
scheinen ,  dasselbe  durch  die  Analyse  als  Aethylaminplatin- 
Chlorid  zu  bestätigen. 

Sämmtliche  Salze  wurden  vor  der  Platinbestimmung  aus 
heifsem  Wasser  umkrystallisirt  und  erwiesen  sich  bei  sorg- 
fältiger Prüfung  unter  dem  Mikroscop  als  vollständig  homogen. 

(1)  0,8044  Grm.  des  bei  100^  getrockneten  Salzes  hinterliefsen  beim 

Olühen  0,35'48  Platin. 
Platinsalmiak,  NHs,  HCl,  PtCl«  : 

Berechnet  Gefunden 

Platin  in  100  Thln.       44,29  44,10. 

(2)  0,3696  Grm.  gaben  0,1536  Platin. 

Salzs.  Aethylendiaminplatinchlorid  O2H8N3,  (HCl,  PtClg)s  : 

Berechnet  Gefunden 

Platin  in  100  Thln.      41,86  41,55. 

(3)  0,8338  Grm.  gaben  0,3100  Platin. 

Salzs.  Aethylendiäthyldiaminplatincblorid  CeHi6Ns,(HCl,PtCl3)s : 

Berechnet  Gefanden 

Platin  in  100  Thln.       37,43  37,17. 

(4)  0,3976  Grm.  gaben  0,1560  Platin. 

Salzs.  Aethylaminplatinchlorid  C4H7N,  HCl,  PtCl^  : 


360  Volhard,  über  mehratomige 

Berechnet  Grefanden 

Platin  in  100  Thln.       39,36  39,23. 

Der  Harnstoff,  welcher  entstanden  ist  durch  Vereinigung 
von  Äethylendiäthyldiamin  \xnA  Cyanmure,  wird  durch  Kali- 
hydrat zersetzt  in  Kohlensäure,  Ammoniak  und  Aethylendi^ 
äthyldiamin;  die  isomere,  aus  cyansaurem  Aethyl  und  Aethylen- 
diamin  gebildete  Verbindung  zerfällt  unter  denselben  Um- 
ständen in  Kohlensäure,  Aethylamin  und  Aethylendiamin  : 

C8H18N4O2  -f  4KH0  =  2K8COs  +  2  HgN    -j-  CeHieNj 
CgHigN^Og  +  4KH0  =  2K2CO3  +  2CgH7N+  CgHgNg. 

Diese  Zersetzungen  sind  so  präcis,   dafs   in  dem  ersten 
'  Fall  keine  Spur  von  Aethylendiamin ,   im   zweiten  kein  Am- 
moniak wahrgenommen  wurde. 

Die  angeführten  Thatsachen  beweisen,  dafs  durch  die 
Vereinigung  der  zwei  Atomgruppen,  aus  denen  der  Aethylen- 
harnstoff  entsteht,  die  innige  Verbindung  der  Elemente  einer 
jeden  Gruppe  unter  sich  nicht  aufgehoben  wird,  dafs  viel- 
mehr auch  in  der  gebildeten  Verbindung  die  Elemente  in 
zwei  bestimmt  verschiedenen  Gruppen  enthalten  sind. 

Die  Aelhylenharnstoffe  zeigen  in  ihrem  Verhalten  eine 
so  grofse  Aehnlichkeit  mit  den  bisher  bekannten  Harnstoffen, 
dafs  die  Vermuthung  nahe  lag,  es  möchten  manche  dieser 
letzteren,  die  gleiche  Zusammensetzung  haben  und  bisher  für 
identisch  gehalten  wurden,  bei  näherer  Untersuchung  Verhält- 
nisse von  Isomerie  erkennen  lassen,  wie  sie  im  Obigen  nach- 
gewiesen sind. 

In  der  That  ist  der  Diäthylharnstoff,  welcher  durch  Ein- 
wirkung von  cyansaurem  Aethyl  auf  Aethylamin  oder  Wasser 
entsteht,  durchaus  verschieden  von  dem  gleich  zusammen- 
gesetzten Diäthylharnstoff,  der  sich  aus  Cyansäure  und  Diäthyl- 
amin  bildet.  Während  der  erstere  durch  Alkalien  in  Kohlen- 
säure und  Aethylamin  zerfällt,  spaltet  sich  der  letztere  in 
Kohlensäure,  Ammoniak  und  Diäthylamin. 


Harnstoffe.  361 

Selbst  die  in  analoger  Weise  entstandenen  beiden  Aethyl- 
harnstoffe  bieten  einige  Unterschiede  in  ihren  physikalischen 
Eigenschaften,  obwohl  sie  unter  dem  Einflufs  zersetzender 
Agentien  gleiche  Producte  liefern.  Ich  werde  in  einer  spä- 
teren Mittheilung  auf  diese  Verhältnisse,  deren  nähere  Unter- 
suchung mich  soeben  beschäftigt,  zurückkommen. 

Vorstehende  Arbeit  wurde  im  Laboratorium  des  Herrn 
Dr.  A.  W.  Hofmann  zu  London  ausgeführt. 


lieber  das   neutrale  Chininsulfat; 
von  J.  Jobst  und  0.  Hesse. 


Nach  Baup  enthält  das  neutrale  schwefelsaure  Chinin 
20  At.  Krystallwasser  9  wovon  bis  zum  Schmelzen  der  Sub- 
stanz nur  16  Aeq.  oder  15,25  pC.  entweichen ,  während 
Regnaul  t  nachwies,  dafs  es  nur  14  Aeq.  Wasser  enthalte 
und  dasselbe  bei  120^  vollständig  verliere.  Regnauit's 
Formel  fordert  14,45  pC.  Wasser ;  indefs  fanden  wir  in  einem 
schon  schwach  verwitterten  Präparat  14,6  pC,  woraus  wir 
folgerten,  dafs  das  in  Rede  stehende  Salz  mehr  Krystallwasser 
enthalten  müsse,  was  dann  durch  alle  Versuche ,  sobald  man 
gewisse  Bedingungen  einhielt,  bestätigt  wurde. 

Wir  verwendeten  zur  Analyse  an  der  Luft  bei  8  bis 
15^  C.  getrocknetes  Salz,  sowie  Substanz,  welche  wir  bei 
derselben  Temperatur  über  verdünnter  Schwefelsäure,  beste- 
hend aus  1  Vol.  Säurehydrat  und  3,2  bis  3,5  Vol.  Wasser, 
trockneten.  Wurde  eine  Schwefelsäure  angewendet,  welche 
auf  1  Vol.  Säure  2  Vol.  Wasser  enthielt,  so  verwitterte  das 
Salz,    während  es  über  der  ersteren  Säure  nur  anhängendes 


362  Johat  u.  Hesse j  über  das 

Wasser  verlor.  Lufttrockenes  Salz  verlor  über  verdünnler 
Schwefelsäure  (1  :  3,2  bis  3,5),  wie  zu  erwarten  stand, 
nichts  oder  nur  Bruchtheile  eines  Miliigrammes  von  seinem 
Gewicht,  obgleich  aus  feuchtem  Chminsalz  unter  denselben 
Umständen  leicht  30  und  noch  mehr  Procenle  Wasser  in 
wenigen  Stunden  verschwanden. 

Endlich  wurde  das  Salz  zur  Bestimmung  des  Krystall- 
wassers  bei  HO  bis  120^  getrocknet,  bei  welcher  Temperatur 
es  alles  Wasser  verliert. 

I.     Handelswaare,  sehr  8oh5n  :  0,3835  Grm.  gaben  0,0580  Grm.  HO. 

II.  Handelswaare,  von  einer  anderen  Bereitung,  über  verdünnter 
Schwefelsäure  getrocknet  :  0,768  Grm.  gaben  0,118  Grm.  HO. 

III.  Handelswaare ,  von  einer  dritten  Bereitutig  :  0,4965  Grm.  gaben 

0,0765  Grm.  HO. 

IV.  Handelswaare,    von    einer  vierten  Bereitung,    über  verdünnter 

Sc]|wefelsäure  getrocknet  :    0,641  Grm.  gaben   0,0995  Grm, 
HO  und  0,171  Grm.  SgBagOg. 

V.  Handelswaare ,  einmal  aus  Wasser  umkrystalllsirt  und  über 
verdünnter  Schwefelsäure  getrocknet  :  0,668  Grm.  gaben 
0,103  Grm.  HO. 

VI.     Handelswaare,  u.  s.  w. ,  lufttrocken  ;  0,795  Grm.  gaben  0,1225 
Grm.  HO. 

VII.  Sulfat  aus  verdünnter  Lösung  in  Folge  'einer  fremden  Substans 
in  Formen  krystallisirt,  welche  gewöhnlich  bei  der  Kr/stall i- 
sation  des  Salzes  nicht  zu  beobachten  sind;  über  verdünnter 
Schwefelsäure  getrocknet  :  0,752  Grm.  gaben  0,116  Grm.  HO. 

* 

VIII.  Viermal  aus  Wasser  umkrystallisirt ,  lufttrocken  :  0,294  GTm. 
gaben  0,045  Grm.  HO. 

IX.     Fünfmal  aus  Wasser  umkrystaUisirt,   lufttrocken  :  0,6665  Grm. 
gaben  0,1015  Grm.  HO. 

X.  Bei  der  Analyse  einer  Rinde  erhalten ,  Itffttrocken  :  0,3725  Grm. 
gaben  0,0575  Grm.  HO  und  0,0985  Grm«  S^Ba^Og. 

XI.     Desgleichren  :  0,3500  Grm.  gaben  0,0540  Grm.  HO. 

XIL  Aus  Rohchinin  in  kleinerem  Mafsstabe  dargestellt,  über  ver- 
dünnter Schwefelsäure  getrocknet  :  1,724  Grm.  gaben  0,2695 
Grm.  HO. 

XIU.    Aus  anderer  Quelle  stammend*  es  wurde,  da  mehrere  Krystalle 
verwittert  waren,  aus  Wasser  umkrystallisirt  und  über   ver- 


neutrale  Chininmlfat,  363 

dünnter  Scbwefelsttare  getrocknet :  0,668  Grm.  gaben  0,1025 
Grm.  HO. 

Chinin,  welches  in  seinor  schwefelsBureo  Lösung  mit 
zwei  Aequivalenten  Chlor  behandelt,  nach  der  erfolgten  Ab* 
Sorption  mit  NHs  gefällt,  und,  da  es  sich  chlorfrei  und  un- 
verändert erwies,  in  das  neutrale  Sulfat  übergeführt  wurde. 
Die  Analysen  desselben  führten  zu  folgenden  Zahlen  : 

XIY.     Einmal  aus  Wasser  umkrystallisirt ,    lufttrocken  :  0,648  Grm. 
gaben  0,1000  Grm.  HO  and  0,172  Grm.  SgBagOs. 

XV.     Zweimal  aus  Wasser  umkrystallisirt,  lufttrocken  :  1,4095  Grm. 
Heferten  0,2145  Grm.  HO. 

XVI.     Desglelcben,  über  verdünnter  Schwefelsäure  getrocknet  :  0,4310 
Grm.  gaben  0,0655  Grm.  HO. 

Diese  Zahlen  führen  unzweifelhaft  nur  zu  der  einen  For- 
mel :  2  C4oH,4N204,  SjHjjOs  +  15  HO ,  welche  verlangt  : 

gefunden 
J.        II.      III.     IV.       V.       VI.     VII.     VlII.     IX. 
15HOl5,32pO.     15,12  15,36  15,41  15,52  15,41  15,40  15,42  15,30  15,22 

X.      XI.     Xll.    Xin.   XrV.     XV.    XVI.     Mittel 
15,48  16,42  15,63  15,49  15,43  15,21  15,19     15,37  pC. 

IV.      X.     XIV.      Mittel 
SjOe  9,08  pC.         9,15     9,07  .9,10         9,11  pC. 

lieber  concentrirter  Schwefelsäure  verliert  das  Sulfat 
sehr  leicht  einen  Theil  seines  Krystallwassers  und  entspricht 
dann  der  Formel  2C40H24N2O4,  SsjH208  +  4H0,  wie  aus  fol- 
genden Bestimmungen  hervorgeht  : 

I.     1,138  Grm.  gaben  bei  120«  0,053  Grm.  HO. 

IL     0,733     „  „         »       n     0,028     „         „ 

Theorie  Versuch        I.  II. 

4  HO     4,60  pC.  4,65         4,63  pC. 

Baup  fand  ber<3its,  dafs  das  Chininsulfat  an  trockener 
Luft  11J5  pC.  Wasser  verliere,  welche.  Zahl  indefs  nicht 
12  Aeq.,  wie  Gerhardt  in  seinem  Traile  de  chimie  angiebt» 
sondern  il  Aeq.  HO  entspricht.  Das  bei  120^  getrocknete 
Salz  wandelt^  sich  andererseits  an  feuchter  Luft  in  die  be- 
ständigste  Verbindung  2  C4oH24Nj,04,  SjiHsOs  +  4H0    um; 


364  Job  st  u,  Hesse  f  über  das 

denn  0,616  Grm.  wasserfreier  Verbindung  nahmen  im  Laufe 
weniger  Stunden  an  feuchter  Luft  0,031  Grm.  =  5,03  pC, 
ferner  0,406  Grm.  Substanz  0,021  Grm.  =  5,17  pC.  Wasser 
auf,  während  für  4  HO  4,82  pC.  verlangt  werden. 

Wie  rapide  diese  Wasseraufnahme  stattfindet,  zeigt  fol- 
gender Fall  : 

0,5645  Gim.  bei  120**  getrocknetes  Sulfat  wurden  in  den  Kasten 
unserer  feinen  Wage  gestellt;  nach  zwei  Stunden  hatte  sich 
das  Gewicht  um  0,0265  Grm.,  nach  drei  Stunden  um  0,0275 
Grm.  vermehrt  und  blieb  yon  nun  an  constant.  Es  hatte 
somit  eine  Wasseraufnahme  von  4,87  pG.  (berechnet  4,82  pG.) 
stattgefunden. 

Die  dem  Cinchoninsulfat  entsprechende  Chininverbindung 
erhält  man  schliefslich ,  wenn  man  das  gewässerte  Salz  aus 
Alkohol  vom  spec.  Gew.  0,852  umkrystallisirt ,  wobei  jedoch 
auf  40  Theile  Alkohol  nicht  mehr  als  1  Theil  Chininsalz  ge- 
nommen werden  darf.  Beim  Erkalten  der  Lösung  scheidet 
sich  die  Verbindung  2  C40H84N2O4,  SsH^Os  +  4  HO  in  hüb- 
schen weifsen  Nadeln  aus,  welche  dem  gewöhnlichen  Chinin- 
sulfat  im  Aeufseren  gleichen. 

Die  Substanz  wurde  vor  der  Analyse  über  verdünnter 
Schwefelsäure  getrocknet. 

I.     0,782  Grm.  gaben  bei   120^  0,0325  Grm.  HO. 

II.     0,407       „         „  „        „      0,0190  „       „ 

III.     0,429       „         „  «        „      0,0210  „       „ 

Theorie                      Versuch      I.  II.  III. 

4  HO    4,60  pC.                                4,66  4,66        5,12  pC. 

Wir  haben  ferner  die  Löslichkeit  des  Chininsulfates  in 
kaltem  Wasser  bestimmt,  weil  die  betreffenden  Angaben  von 
Baup  einerseits  und  Guibourt  und  Bussy  andererseits 
merklich  abweichen.    Chininsulfat  (^nach  Analyse  VIII}  wurde 

• 

in  kochendem  Wasser  gelöst,  die  Lösung  bei  6^  krystallisiren 
gelassen  und  die  Krystalle  -abfiltrirt.  Das  Filtrat  gab  bei 
Ifingerem  Stehen,  während  dem  es  mehrfach  umgeschüttelt 
wurde,  keine  Krystalle  mehr,  war  demnach  nicht  übersättigt; 


neutrale  ChininsuIfaL  365 

474  Grm.  desselben  lieferten  0,0685  Grm.  Baryumsulfat,  ent- 
sprechend 0,2 19i  Grm.  2  C40II24N8O4,  SsHgOs.  Die  bei  diesem 
Versuche  erhaltenen  Krystalle  (Analyse  IX}  wurden  längere 
Zeit  mit  Wasser  von  9^5  C.  geschüttelt,  schliefslich  48,72 
Grm.  Lösung  zur  Trockne  verdampft,  welche  0,0617  Grm. 
trockenes  Sulfat  lieferten.  Nach  dem  ersten  Versuch  lösen 
793  Thie.  Wasser  von  6^  nach  dem  zweiten  788  Thle. Wasser  von 
9^5  einen  Theil Sulfat:  2C40H84N8O4,  S2H8O8,  während  sich  das- 
selbe nach  Baup  in 740 Thin. Wasser  vonl3^9  nachGuibourt 
und  Bus^y  in  nur  265Thln.  kalten  Wassers  lösen  soll. 

In  Alkohol  ist  das  Chininsulfat  bedeutend  schwerer  lös- 
lich, als  man  bisher  gefunden  hat.  Unsere  Versuche  führten 
jedoch  zu  keiner  sicheren  Zahl,  da  in  dem  Hafse,  als  man 
Chininsulfat  zur  Auflösung  bringt ,  eine  Veränderung  im  Was- 
sergehalte des  Alkohols  stattfindet.  Man  kann  annehmen, 
dafs  100  bis  115  Theile  Alkohol  von  0,852  spec.  Gew.  einen 
Theil  2  C40H84N8O4,  S2HSO8  lösen. 

Das  schwefelsaure  Chinin  enthält,  wie  Batka  gefunden 
haben  will,  immer  etwas  Zucker,  welcher  durch  die  Fabri- 
kation hineinkommen  soll.  Wir  sind  weit  entfernt,  diese 
Angabe  noch  besonders  zu  widerlegen ,  da  sie  mit  der  Lös- 
lichkeitsdifferenz  des  neutralen  schwefelsauren  Chinins  und 
des  Traubenzuckers  in  Wasser  und  dem  Verhalten  des  Trau- 
benzuckers zu  Kalk  bei  Gegenwart  von  Wasser  und  Luft 
schon  genügend  widerlegt  ist. 


Ueber  Ceratophyllin ; 
von  0.  Hesse. 


Die  Eigenschaften  des  Physodins  machen  es  wahrschein- 
lich, dafs  sich    dieser  Stoff  den  Farbestoff  liefernden  Flech- 


366  Be,sse^  über  Ceratophi/Uin. 

tensubstanzen  anschliefst.  Um  mich  mit  den  Eigenschaften 
dieses  Körpers  vertraut  za  machen,  versuchte  ich  es,  den- 
selben mittelst  Kalk  aus  der  Parmelia  ceratophylla  van  phy- 
sodes  (auch  Parm.  physodes  genannt)  darzustellen,,  erhielt 
aber  eine  neue  Substanz,  welche  ich  Cerat^phyllin  nenne» 

Als  circa  3  Pfund  der  erwähnten  Flechte  mit  verdünnter 
Kalkmilch  angerührt  wurden,  zeigte  es  sich,  dafs  die  erhaltene 
gelbliche  Lösung  mit  Salzsäure  keinen  Niederschlag  gab. 
Wurde  hingegen  die  Flechte  vor  der  Extractian  mit  kaltem 
Wasser  abgewaschen,  hierauf  zur  Extraction  klctres  Kalk- 
wasser verwendet,  so  erhielt  man  eine  schwach  gelbliche 
Lösung,  welche  mit  Säuren  einen  erheblichen  Niederschlag 
lieferte,  namentlich  wenn  die  Flechte  von  stämmigen  Birken 
(Betnla  alba)  stammte  und  die  Maceration  nieht  über  15  Stun- 
den dauerte.  Der  durch  Salzsäure  in  der  alkalischen  Flüs-^ 
sigkeit  bewirkte  flockige  gelblichgraue  Niederschlag  wurde 
zur  Entfernung  der  überschüssig  zugesetzten  Säure  mehrmals 
mit  kaltem  Wasser  decantirt,  dann  gesammelt ,  an  der  Luft 
getrocknet  und  schliefslich  durch  Behandlung  mit  kophendem 
75procentigem  Alkohol  von  unkrystallinischen  Substanzen 
befreit.  Als  Rückstand  blieb  eine  dunkelgrüne ,  elastisch^ 
weiche  Masse*,  welche  sowohl  Physodin  als  auch  Usninsäure 
enthalten  konnte.  Um  diese  beiden  Substanzen  abzuscheiden, 
kochte  man  die  Masse  mit  concentrirter  wässeriger  Soda«* 
lösung  auf,  wodurch  man  eine  dunkelbraune  Flüssigkeit  er- 
hielt, welche  beim  Erkalten  keine  der  genannten  Flechten- 
stofl'e  (oderNatriumverbindungen  derselben)  abschied,  sondern 
das  Ceratophyllin.  Man  trennte  es  durch  Filtration  von  der 
Mutterlauge  und  reinigte  es  durch  Uinkryslallisiren  aus 
kochendem  verdünntem  Alkohol  und  Behandlung  mit  Thier- 
kohle. 

Das  in  weifsen  dünnen  Prismen  krystallisirende  Cerato- 
phyllin ist  in  heifsem  Wasser  viel  leichter  löslich,  ajs  in  kaltem, 


Hesse,  über  Ceratophyllvn.  367 

leicht  löslich  in  Alkohol,  Aether,  Kalilauge,  wässerigem  Am- 
moniak und  Kalkwasser.  Die  alkoholische  neutral  reagirende 
Lösung  giebt  mit  wenig  Eisenchlorid  eine  purpurviolette 
Färbung,  mit  Chlorkalklösung  eine  blutrothe  Färbung,  welch' 
letztere  durch  einen  üeberschufs  von  Chlorkalklösung  wieder 
verschwindet,  ferner  mit  alkoholischer  Bleizucker-  und  Silber- 
nitratlösung  keine  Niederschläge.  Aus  der  ammoniakalischen 
Ceratophyllinlösung  wird  die  organische  Substanz  durch  Salz- 
säure in  dünnen  Prismen  abgeschieden.  In  verdünnter  Sal- 
petersäure löst  sich  das  Ceratophyllin  ebenfalls ;  beim  Erwär- 
men färbt  sich  die  Lösung  nicht  erheblich  gelb.  Concentrirte 
Schwefelsäure  löst  es  leicht  und  ohne  Veränderung,  wirkt 
aber  beim  gelinden  Erwärmen  verkohlend  auf  die  Substanz. 

Die  Krystalle  verursachen  anfänglich  auf  der  Zunge  einen 
schwachen  kratzenden  Geschmack, .  der  bald  und  ziemlich 
stark  im  Schlünde  bemerkbar  wird;  später  entsteht  auf  der 
Zunge  ein  länger  anhaltendes  Brennen. 

Es  schmilzt  bei  147^  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit  und 
erstarrt  zwischen  136  und  138^  krystallinisch.  Bereits  bei 
der  Schmelztemperatur  beginnt  das  Ceratophyllin  zu  sublimiren, 
sublimirt  sehr  leicht  und  unverändert  in  farblosen  äufserst 
dünnen  Blättchen,,  wenn  es  darüber  hinaus  erhitzt  wird. 

Wie  man  sieht,  nähert  sich  das  Ceratophyllin  sehr  dem 
Orsellinsäureäther,  doch  besitzt  es  einen  um  15®  höher  ge- 
legenen Schmelzpunkt,  welche  Differenz  nicht  durch  eine 
Zufälligkeit  bedingt  sein  kann,  besonders  da  ich  die  wirk-- 
liehen  Temperaturen  zu  ermitteln  pflege.  Yermuthlich  unter- 
scheidet sich  das  Ceratophyllin  vom  orsellinsauren  Aethyl 
CsqHisOs  um    n  CaH«. 


368  .   Hesse,  zur  Oeschichte 

Zur  Geschichte  des  Pyrrolrothes ; 
von  Demselben. 


Das  Pyrrol  ist  besonders  daran  erkenntlich,  dafs  es  sich 
mit  Säuren  zersetzt  und  einen  leicht  erkennbaren  Körper,  das 
Pyrrolroth,  liefert.  Diese  letztere  Substanz  habe  ich  vor  län- 
gerer Zeit  bei  der  Untersuchung  der  Fäulnirsproducte  von 
Bierhefe  erhalten,  im  Band  LXX,  S.  44  des  Journ.  f.  pract. 
Chemie  beschrieben,  seine  Bildung  aber  aus  dem  Grunde  nicht 
zu  deuten  gewufst,  da  mir  ein  Gemenge  von  flüchtigen  Basen 
vorlag. 

Aus  Bierhefe  bilden  sich  überhaupt  bei  der  Fäulnirs  Ty- 
rosin,  Pseudoleucin  (Leucin  nach  Alex.  Müller),  Leucin- 
säurenitril,  ein  Stofl^,  welcher  aus  alkoholischer  Lösung  sich 
als  sandiges  Pulver  ausscheidet,  ein  anderer  Körper,  aus  Al- 
kohol in  Rhomboedern '^)  krystallisirend,  Ammoniak,  Amyl- 
amin,  Trimethylamin ,  Spuren  von  Aethyl-  und  Caproylamin, 
Essigsäure,  Propionsäure,  Buttersäure,  Caprylsäure,  Milch- 
säure und  Spuren  von  einigen  anderen  Säuren  der  Reihe 
CnHnOi.  Die  Zahl  der  Fäulnifsproducte  ist  damit  noch  keines- 
wegs abgeschlossen ;  denn  wenn  man  die  Hefenrückstände, 
aus  denen  die  meisten  vorgenannten  Stoffe  abgeschieden  wor- 
den sind,  der  trockenen  Destillation  unterwirft,  so  erhält  man 
aufser  Amylamin  viel  Ammoniak  und  eine  Substanz ,  welche 
beim  Behandeln  ihrer  erhitzten  Lösung  mit  Salzsäure  sogleich 
eine  dichte  rothe  amorphe  Masse  liefert.  Die  Quantität  der 
letzteren,  welche  nichts  anderes  als  Pyrrolroth  ist,  ist  so  be- 
deutend ,  dafs  nicht  der  Einwand  gerechtfertigt  erscheint, 
das  Pyrrol  habe  sich  bei  der  Zersetzung  von  Infusorien- 
cadavern  gebildet.     . 


*)  nicht  Rhombendodecagder. 


des  Pyrrolrothea.  369 

Die  Substanz  wurde  abfiltrirt^  gut  ausgewaschen,  im  Vacuo 
getrocknet,  wonach  sie  eine  glänzende  schwarze  Masse  dar- 
stellte, welche  beim  Zerreiben  ein  kaffeebraunes  Pulver  lieferte, 
wenig  löslich  in  Wasser,  Aether,  Säuren  und  Ammoniak, 
leicht  löslich  in  Alkohol.  Sie  enthielt  etwas  Schwefel,  doch 
ist  es  wahrscheinlich,  dafs  dieser  nur  mechanisch  beigemengt 
war,  da  sich  bei  der  Destillation  nothwendig  Schwefelwasser- 
stoffverbindungen bilden  und  bei  der  Zersetzung  mit  Säuren 
namentlich  bei  Zutritt  der  Luft  zur  Abscheidung  von  Schwefel 
Veranlassung  geben  mufsten. 

Die  schliefslich  bei  110^  getrocknete  Substanz  lieferte 
bei  der  Analyse  Zahlen,  welche  nicht  besser  mit  denen  An- 
derson's  stimmen,  als  die  Schwanert's  : 


Hesse 

Anderson 

Schwanert 

1856 

1858     _ 

1860 

c 

66,6 

71,62 

71,77     72,46 

72,20 

69,24     62,4 

H 

7,1 

7.29 

6,70       6,66 

^6,87 

6,94      4,7 

N 

8,8 

13,14 

14,05       — 

— 

11,39       — 

Stuttgart,  Mitte  April  1861. 


Untersuchungen  über  die  Milchsäure ; 
von  A.  Wurtz  und  C.  jFWede/*). 


Die  Bildihig  der  Milchsäure  durch  directe  Oxydation  des 
Propylglycols  leitete  zu  der  Ansicht,  man  könne  in  dieser 
Säure  die  Existenz  eines  zweiatomigen  Radicals,  des  Lactyls 
(GsHiO}",  annehmen,  welches  sich  von  dem  Propylen  (GsHe)" 
in   derselben  Weise  ableite ,   wie  das  Acetyl  sich  von  dem 


*)  Compt.  rend.  LH,  1067. 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXIX.  Bd.   3.  Heit.  24 


370  Wurtz  w.  Priedel,   Üniersuchunffen 

Aethyl  ableitet.  Demgemüfs  betrachtete  man  die  Milchsäure 
selbst  als  eine  zweiatomige  Säure  von  der  Form  ^-^^^^^J  jOj. 

Die  hier  mitzutheiienden  Untersuchungen  dienen  dieser  Be- 
trachtungsweise zu  neuer  Stütze.  Sie  leiteten  zu  der  Ent- 
deckung neuer  Eigenschaften  des  Lactyls ,  welche  sehr  be- 
merkenswerth  und  denen  der  anderen  zweiatomigen  Radicale 
entsprechend  sind. 

Aether  der  Mächsäure.  —  Der  Eine  von  uns  bat  früher 
den  Milchsäureäther  mit  2  At.  Aethyl  rf  *H*y '^'  |^«   ^^^  ^'® 

Aethylmilchsäure  C^sHiG)"}©»  beschrieben,   welche  letztere 

H        S 

sich  bildet,  wenn  die  erstere  Aelherart  mittelst  Aetzkali  zer- 
setzt wird.  Es  existirt  jedoch  noch  ein  anderer  neutraler 
Milchsäureäther,  welcher  von  Strecker  entdeckt  worden 
ist.  Dieser  Chemiker  erhielt  die  fragliche  Verbindung  durch 
Destillation  des  milchsauren  Kalks  mit  ätherschwefelsaurem 
Kali,  und  er  drückte  die  Zusammensetzung  derselben  aus  durch 
die  Formel  €6Hxo(€8H5)s06i  welche  man  auch  schreiben  kann 
H  / 

C€,H6)'  \ 

Wir  haben  uns  davon  überzeugt,  dafs  diese  Verbindung 
sich  mit  der  gröfsten  Leichtigkeit  bildet,  wenn  man  Milch- 
säure mit  Alkohol  in  zugeschmolzenen  Röhren  auf  170^  er- 
hitzt. Man  unterwirft  das  Product  der  fractronirten  Destillation 
und  fangt  das  zwischen  150  und  160®  Uebergehende  be- 
sonders auf.  Man  erhält  auf  diese  Art  den  Milchsäureäther 
mit  i  At.  Aethyl  als  eine  bei  753"^  Barometerstand  bei  156<> 
siedende  neutrale  Flüssigkeit  vom  spec.  Gewicht  1,0542  bdi 
0^  deren  Dampfdichte  =  4,1494  gefunden  wurde,  während 
sie   sich   zu   4,07   berechnet.     Wasser  löst   diese  Aetherart 


über  die  Milchsäure.  371 

nach  jedem  Yerhältnifs,  zersetzt  sie  aber  schon  in  der  Kälte, 
wie  Strecker  bereits  angegeben  hat,  zu  Milchsäure  und 
Alkohol. 

Kalium  löst  sich  in  dem  Hilchsäureälher  mit  i  At.  Aethyl 
unter  Entwickelung  von  Wasserstoff  und  Bildung  der  Verbin- 

^  } 

düng  (Gs^iQy'\(Sy  die  mit  <iem  äthylmilchsauren  Kali  isomer 

ist.  Behandelt  man  diese  Verbindung  in  alkoholischer  Lösung 
mit  Jodäthyl,    so    bilden  sich  Jodkalium  und  Hiichsäureäther 

mit  2  At.  Aethyl  (G3H40)"v02.    Man  welfs  andererseits,  dafs 

eWm  u  1 1  e  r  0  w  gelungen  ist ,  durch  ein  ähnliches  Verfahren 
das  äthylmilchsaure  Silber  zu  Hiichsäureäther  mit  2  At.  Aethyl 
umzuwandeln.  Diese  Versuche  lassen  die  Beziehungen  klar 
hervortreten ,  welche  zwischen  den  verschiedenen  Aethern 
der  Milchsäure,  die  in  einander  umgewandelt  werden  können, 
bestehen.  Zwei  unter  ihnen ,  die  Aethylmi|chsäure  und  der 
Milchsäureäther  mit  1  At.  Aethyl,  bieten  eines  der  sonder- 
barsten Beispiele  von  Isomerie.  Sie  werden  von  derselben 
Säure  gebildet;  sie  enthalten  beide  1  At.  Aethyl,  und  doch 
ist  die  eine  dieser  beiden  Substanzen  eine  starke  Säure,  die 
andere  eine  vollkommen  neutrale  Verbindung.  Doch  gehört 
dieser  Fall  von  Isomerie  nicht  zu  denen,  welche  sich  jeder 
rationellen  Deutung  entziehen.  Um  sich  über  diesen  Fall 
Rechenschaft  zu  geben,  braucht  man  sich  nur  zu  erinnern, 
welche  verschiedene  Rolle  die  zwei  ersetzbaren  Wasserstoff- 
atome  in  dem  Molecul  der  Milchsäure  spielen.  Das  eine 
derselben  ist  stark  basisch,  d.  h.  es  kann  leicht  ersetzt  wer- 
den durch  ein  Metall  oder  durch  eine  solche  Atomgruppe 
wie  das  Aethyl ,  und  in  beiden  Fällen  erhält  man  eine  neu- 
trale milchsaure  Verbindung,  ein  Salz  oder  einen  Aether 
der    Milchsäure.      Das   andere   Wasserstoffatom   kann    leicht 


372 


Wurtz  u.  Friedel,  Untersuchungen 


durch  sauerstoffhaltige  Atomgruppen,  z.  B.  die  Radicale  der 
einbasischen  Säuren^  ersetzt  werden ;  so  z.  B.  in  der  Benzo- 
milchsHure  und  Bultermilchsäure ;  ersetzt  man  dieses  Wasser- 
stoffatom durch  eine  indifferente  Atomgruppe,  wie  das  Aethyl, 
so  mufs  man  eine  Säure  erhalten,  da  man  das  basische  Atom 
unberührt  gelassen  hat.  Die  folgenden  Formeln*)  zeigen, 
welche  Beziehungen  zwischen  diesen  beiden  Reihen  von 
Milchsäure -Verbindungen  bestehen  : 


Milchsäure 
H 

H 


Milchs. 
KaU 


Milchs.  Aethyl 
mit  1  At  Aethyl 


Milchs.  Aethyl- 
KaH 


H 
K 


H 


K 


y} 


H 


(€,H40) 
H 


Butter-^ 
milchsäi^p 


Aethyl- 
milohsäure 


(elw  U  Aethykülcbs. 


Milchs.  Aethyl 
mit  2  At.  Aethyl. 

Lactäth/lamid  GsHuNOs.  —  Dieselben  Beziehungen  der 
Isomerie  finden  sich  wieder  bei  den  zwei  Amiden  der  Milch- 
säure, dem  Aethyl -Laclamid  oder  Lactamethan,  welches  der 
Eine  von  uns  früher  beschrieben  hat,  und  einem  neuen  Amid, 
welches  wir  durch  Behandlung  von  Pelouze's  Lactid  mit 
Aethylamin   erhalten  haben.    Diese  beiden  Körper'  verbinden 


*)  Wii  wollen  hier  daran  erinnern ,  dafs  wir  dorch  diese  Formeln 
nicht  die  wahre  Lagerung  der  Atome  in  dem  Molecul  veran- 
schaulichen wollen,  sondern  nur  die  Verwandtschafrsbeziehungen, 
die  Bildungsweise  und  gewisse  Eigenschaften  der  fraglichen  Sub- 
stanzen. 


iAer  die  Milchsäure.  373 

«ich  oiiter  Wäroieentwickelung  and  ohne  Elimination  von 
Wasser,  und  es  entsteht  einp  feste  krystallinischey  bei  48^ 
schmelzende,  bei  260^  ohne  Zersetzung  destillirende  Substanz. 
Der  auf  diese  Art  erhaltene,  von  uns  als  Lactäthylamid  be- 
zeichnete Körper  wird  durch  Kali  zu  Milchsäure  und  Aethyl- 
amin  gespalten,  während  das  mit  ihm  isomere  Aelhyi-Lac- 
tamid  durch  Kali  zu  Ammoniak  und  Aethylmilchsäure  gespalten 
wird.    Die  Formeln  : 

(GjHbV    ) 

hI^    Oder   (o^H^Oy'i' 

H  p 

geben  Rechenschaft  über  das  Verhalten  des  neuen  Amids. 

Polt/lactyl^  Verbmdunffen.  —  Das  Lactyl  besitzt ,  wie 
andere  mehratomige  Badicale,  die  Eigenschaft,  in  mehrfacher 
Anzahl  in  ein  Holecui  einzutreten  und  auf  diese  Art  Verbin- 
dungen zu  bilden,  welche  auf  condensirtere  Typen  zu  be- 
ziehen sind.  Wir  wollen  hier  einige  dieser  Verbindungen 
beschreiben. 

Düactyl'Äeiker.  —  Diese  Verbindungen  enthalten  2At. 
Lactyl.  Die  eine  derselben ,  der  Dilactyl  -  Aether  mit  1  At. 
Aethyl,  entsteht  bei  der  Einwirkung  des  Chlormilchsäure- 
äthers auf  milchsaures  Kali  in  alkoholischer  Lösung.  Man 
erhitzt  das  Gemische  in  zugeschmolzenen  Röhren  auf  100^; 
es  bildet  sich  Chlorkalium  und  ein  DilactyN  Aether  entspre- 
chend der  Gleichung  : 

Chlormilchsäure-      Milch«.  Dilactyl- 

äther  Kali  Aether. 

Der  Dilactyl -Aether  mit  lAt.  Aethyl  wird  durch  Wasser 
von  dem  Alkohol,  welcher  ihn  gelöst  hält,  abgeschieden  und 
durch  Destillation  gereinigt;    er  ist  eine  farblose  ölige  Pitts- 


374  Wurtz  u.  Fr i edel,  Untersuchungen 

sigkeil  von  1,134  spec.  Gewicht  bei  0^;  er  siedet  gegen  235^. 
Durch  Kali  wird  er  zu  Hiichsäyre  und  Alkohol  zersetzt. 

Der   Dilactyl-Aether   mit    2  At.  Aelhyl   ^%S'ji^« 

wird  sich  leicht  durch  die  Einwirkung  des  Cblormilchsäure- 
äthers  auf  das  äthyhnilcbsaure  Kali  erhalten  lassen.  Diese  Ver- 
bindungen stellen  sich  als  dieAethervon  Pelouze's  wasser«^ 
freier  Milchsäure  dar,  welche  man  als  2  At,  Lacty)  enthaltend» 

entsprechend  der  Formel  fG3H40y'f08,  befrachten  kann.  Wir 

Ha       \ 

sind  geneigt  zu  glauben,  dafs  es  entsprechende  milchsaure 
Salze  giebt,  denn  wir  haben  gefunden,  dafs  der  vollkommen 
getrocknete  milchsaure  Kalk  bei  dem  Brhitzen  auf  250  bis 
270^  Wasser  verliert,    und    zu    einer   Dilacty4« Verbindung 

(^»P*^^"*t08  wird,  gemäfs  der  Gleichung  : 


Ca^ 

2 


HCa      1^«  =  ^»^  +  («8H40)-[O8. 


In  Berührung  mit  Wasser  wird  diese  Dilactyl- Verbindung 
wieder  zu  gewöhnlichem  milchs.  Kalk. 

Trüactyl"  Aeiher.  —    Diese  Verbindung  entsteht    durch 
directe  Vereinigung  des  Lactids  mit  Mil<ihsäure  -  Aether  : 


Lactid  Milchsäure-  Trilactyl- 

Aether  Aether. 


^4. 


Man  erhitzt  beide  Substanzen  in  Glasröhren  eingeschmol- 
zen während  einiger  Tage  auf  140^  und  unterwirft  das  Pro- 
duct  der  fractionirten  Destillation.  Der  Trilactyl-Aether  geht 
oberhalb  250^  über.  Er  ist  eine  farblose,  sehr  dicke,  gegen 
270^  siedende  Flüssigkeit;  durch  Kali  wird  er  zu  Alkohol  und 
Milchsäure  zersetzt. 


über  cUe  Aßlchsäure.  875 

Bemsteinmüchsäureäther.  —  Diese  Verbindung  ist  eine 
gemischte,  zwei  verschiedene  zweiatomige  Radicale  entbal- 
lende Aetherart.  Sie  entsteht  bei  der  Einwirkung  des  Chlor- 
milchsäureäthers  auf  eine  alkoholische  Lösung  von  äthylbern- 
steinsaurem  Kali.  Erhitzt  man  das  Gemische  auf  140®,  so 
bilden  sich  Chlorkalium  und  Bernsteinmilchsäureäther  mit  2  At. 
Aethyl,  entsprechend  der  Gleichung  : 

Cl  K      j  (€A)'J 

Cblormilch  säure-        Aethylbemsteins.  Berüsteinmilch- 

äther.  Kidi  sänreäther. 

Der  Bernsteinmilchsäureäther  siedet  bei  280®.  Er  ist  un* 
löslich  in  Wasser.  Sein  spec.  Gewicht  ist  =  1,119  bei  0®. 
Durch  Kali  wird  er  zu  Alkohol,  Milchsäure  und  Bernstein- 
säure gespalten. 


Verhallen  des  Braunsteins  zum  salpetersauren  Natron. 


Durch  Glühen  von  Braunstein  mit  salpetersaurem  Natron 
ohne  Luftzutritt  entsteht  keine  Spar  mangansaures  Natron; 
dasselbe  kann  auf  diese  Weise  nicht  dargestellt  werden. 
Der  Grund  davon  ist  offenbar,  dafs  das  salpetersaure  Natron 
zu  leicht  zersetzt  wird  und  schon  zersetzt  ist,  bevor  noch 
der  zur  Bildung  der  Mangansäure  erforderliche  Temperatur- 
grad erreicht  ist.  Die  Zersetzung  ist  so  vollständig,  dafs 
man  dieses  Verhalten  zur  Bereitung  von  reinem  Natronhydrat 
anwenden  kann. 

W. 


376 


Vorläufige   Mitlheilung  über   die   Zusammensetzung 

des  myronsauren  Kalfs. 


Nach  einer  Untersuchung ,  welche  von  mir  und  Dr. 
Körner  schon  vor  der  Veröffentlichung  der  Angaben  von 
H.  Ludwig  und  W.  G.  Lange*)  begonnen  war,  wird  die 
Zusammensetzung  des  myronsauren  Kaii's  durch  die  Formel 
^loHigKMSaOio  ausgedrückt.  Es  enthält  die  Elemente  des 
Senföls,  ^iHöN&y  des  Zuckers,  GeHaOe  und  des  sauren 
schwefelsauren  Kaii's,  &04HK. 


*)  Zeitschr.  Chem.  Pharm.  1860,  430,  677. 

E.  wai 


Berichtigungen^ 


Seite  30  dieses  Bandes,  Zeile  18  von  oben  liefs  dei  statt  das. 

9     30»  ri  »Idffff         D     Kreatin  statt  Kreatinin. 

„36»  n  n       '^     n        n         n    alkoholischen  statt  alka- 

lischen. 

«38»  „  „8,)n         »     und  statt  um. 

ff      45«  ff  »5ffff„     wird  statt  würde. 


Ausgegeben  den  24.  August  1861. 


Druck  Ton  Wilhelm  Keller  in   Giefsen. 


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ANNALEN 


DER 


CHEMIE 


'UND 


PHAKMACIE. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

FRIEDRIGH  WOflDLER,  JÜSTÜS  LIEBIG 

m  mmm  kopp. 


BAND  CXX. 


LEIPZIG  UND  HEIDELBERG. 

C.   F.  WUMTJflB'aOmB  VBBI>A.Q6HAjn>IiX7Na. 

I86L 


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ANNALEN 


DER 


CHEMIE 


UND 


PHARMACIE. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

FRIEDRICH  WOHLER,  MW  LIEBIG 
UND  HERNANN  KOPP. 


NEUE  REIHE.    BAND  XLIV. 


LEIPZIG  UND  HEIDELBERG. 

C.  V.   WINTEB'SOHB  VÜItliAaSHANDIjUNO. 

18  61. 


1 


Inhaltsanzeige  des  CXX.  Bandes. 


ErstesHeft. 

Seite 
Ueber  die  Oxydationspro  ducte  der  Indigblan  -  Schwefelsäure  ;   yon 

Gustav  und  Adolph   Schlieper 1 

Untersuchung  über  das  Cjansulfid;  von  £.  Linnemann    .     .     .      36 

Ueber  die  Verbindungen  des  Zinnoxyduls  mit  Zinnsäure  und  An- 

timönsfture;   Yon  Hugo  Schiff 47 

Mittheilungen  aus  dem  Laboratorium  des  Privatdocenten  L.  Carius 
in  Heidelberg  : 

8.  Ueber  die  Doppelsulfide  der  Alkoholradicale  und  deren 

Verbindungen   mit  Jodiden;   von   E.  Linnemann 

aus  Frankfurt       61 

9.  Ueber  das  Vorkommen  des  Metastyrols ;    von  A.  K  o- 

valevsky        66 

10.    Ueber   eine    neue   Wasserstoffrerbindung    des   Eisens ; 

von  J.  A.  Wanklyn  und  L.  Carius   .....      69 

Mittheilungen  aus  dem  Universitätslaboratorium  in  Lemberg  : 

6.    Beiträge  zur  Kenntnil^   der   phenylschwefligen  und   der 

Phenylschwefelsäure ;  von  AngustFreund      .    .      76 

Umwandlung  des  Glycerins  in  Propylenglycol  und   des  Aethylen- 

glycols  in  Aethylalkohoi ;    von  A.  LoUren^o 89 

Ueber  das  Atomgewicht  des  Siliciums,  nebst  einigen  Bemerkungen 

über  Atomgewichte;  von  J.  Schiel 94 


Seite 
"^  Untersnchnngen   über   die   Platin  -  Metalle ;    von    Prof.   Wolcott 

Gibbs  zu  New- York 99 

Ueber  die  Substitution  electronegativer  Körper   an  die  Stelle  der 

Metalle  in  Sauerstoffsalzen;   von  F.  Schützenb erger    .     .     113 

Ueber  die  Producte  der  Zersetzung  des  benzoSsauren  Jods  durch 

Wärme;    von  Demselben 119 

Ueber  eine  neue  Methode   der  Darstellung   und  Nachweisung   der 

Alkaloide;  von  L.  v.  Uslar  und  J.  Erdmann 121 

Vorläufige  Notiz  über  Diazobenzo3säure ;  von  Peter  Griefs.     .     125 


• 


■ 


Zweites     Heft. 


Untersuchungen  aus  dem  academischen  Laboratorium  in  Marburg  : 

XXI.     Beitrag  zur  Kenntnifs  der  Sulfanilidsäure  und  Amido- 

phenylschwefelsäure ;    von  Dr.  Rudolf  Schmitt     129 

Ueber  einige  Beactionen  des  Bromamylens;   von  A.  Bauer  .  .  167 

Ueber  die  künstliche  Nachbildung  krystallisirter  Mineralien  .  .  176 

Zum  Nachweis  organischer  Alkalo'ide;  von  J.  Erdmann     .  .  .  188 

Mittheilungen  aus  dem  Universitätslaboratorium   in  Lemberg  : 

7.     Zur    Kenntnifs    des    Triäthylphosphinozydes ;     von    L. 

Pebal 194 

Ueber  Chromsuperoxyd  und  Chromsäure ;  von  Hugo  Schiff      .     207 

Darstellung  fester  Kohlensäure;  von  A.  Loir  und  Gh.  Drion     .     211 

Ueber  die  Oxydationsproducte  des  Toluols   durch  verdünnte  Sal- 
petersäure;  von  Rudolph  Fittig 214 

Ueber  die  Einwirkung  des  Jodphosphors  auf  Glycerinsäure ;    von 

F.  Beilstein 226 

Ueber  Darstellung   und   Eigenschaften   der  Oxaminsäure;    von  J. 

F.  Toussaint 237 

Analyse  des  Tritomits  von  Brevig;   von  Franz  P.  Möller     .     .     241 

Ueber  das  Aribin,  eine  neue  organische  Base;    von  R.  Rieth    .     247 

Untersuchungen  über  die  Bestandtbeile  des  Magensaftes;  von  Dr. 

William  Marcet 250 

Ueber  das  Camphorylchlorid ;    von  A.  Moitessier 252 


Seite 
Ltithion  in  Meteoriten 253 

Bildung  von  Oxalsäure  durch  Oxydation  von  Cyanverbindungen  ; 

nach  M.  Berthelot 254 

Berichtigung  über  die  Angabe  des  Verfassers  der  Bd.  CXX,  S.  61 

stehenden  Abhandlung;   von  £.  Linnemann 255 

Erklärung  zu  der  vorstehenden  „Berichtigung  u.  s.  w.  von  Herrn 

Linnemann";    von  L.  Garins 255 


Drittes    Heft: 


Ueber  Kreatinin;  von  Dr.  C.  Neubauer       .    . 257 

Ueber  die   Bildung   der    Bemsteinsfture   aus  Leuchtgas;    von  A. 

Geuther .     268 

Ueber  krystallisirte  wolframsaure  Salze,  insbesondere  über  künst- 
lichen Wolfram;   von  A.  Geuther  und  E.  Forsberg    .    .     270 

Ueber  Brombuttersäure   und  eine   von  derselben   sich  ableitende 

neue  Säure;   von  G.  Friedel  und  V.  Machuca    ....    279 

Ueber   die   Umwandlung   der  Propionsäure    zu   Milchsäure ;    von 

Denselben 285 

Zweite  Mittheilung  über  die  Oxydationsproducte  der  Fette;    von 

A.  E.  Arppe .    288 

Bildung   einer   zuckerartigen  Substanz   durch   Synthese ;    von  A. 

Butlerow .    295 

Untersuchungen  aus  dem  academischen Laboratorium  in  Marburg: 

XXn.    Beitrag  zur   Eenntnifs   der  Salicylsäuren ;   von  Dr. 

Eduard  Lautemann *    .    .    .     .     299 

Ueber  die  Bromsubstitutionsproducte  des  Bromäthyls  und  die  Um- 
wandlung des  Alkohols  zu  Gtycol;  von  £.  Oaventou    .    .     322 

Notiz  über  Aethylenplatinchlorid ;  von  Peter  Griefs  und  Dr.  G. 

A.  Martins 324 

Ueber  eine  Verbindung  des  Aldehyds  mit  Aethylenoxyd;    von  A. 

Wurtz .     328 

Ueber  einige  Zersetzungen  des  Acetylchlorids ;     von  H.  Hüb n er    330 

Vorläufige  Notiz  über  eine  neue,   mit   der  Benzoesäure  homologe 

Säure;   von  A.  H.  Church 336 


^  Seite 

Vorläufige  Notiz  über  einige  Producte  der  Einwirkung  rerdünnter 
Salpetersäure  auf  einige  Kohlenwasserstoffe  der  Benzolreihe ; 
von  Warren  de  la  Rue  und  Hugo  Müller    ,    ,    .    ,    ,    339 

Ueber  die  Neutralisation   der  Farbe  bei    der  Mischung   gewisser 

Salzlösungen;  von  F.  Field,       344 

Ueber  die  Einwirkung  von  Kaliumpermanganat  auf  Kaliumjodür ; 

von  C.  Weltzien 349 

Ueber  den  Menthacampher ;  von  Oppenheim 350 

Ueber  das  Joddisulfid  (S,J)f  von  F.  Guthrie 352 

Ueber  einö  neue  Bildungsweise  des  Aethylens  und  seiner  Homo- 
logen;  von  A.  Butlerow 356 

Erklärung  bezüglich  der  Bd.  CXX,  S.  61    stehenden  Abhandlung    356 


ANNALEN 

DER    ' 


CHEMIE  UND  PHARMACIE. 


CXX.  Bandes    erstes    Heft. 


Ueber  die  Oxyddtionsproducte  der  Indigblau- 

Schwefelsäure'; 
:  V(m  Quatap   und  Adolph  Sehlieper. 


Sa  genau  die  Oxydätionsprodacte  des  Indigo^s  auch  bekannt 
sind,  so  wenig  wissen  wir  im  Allgemeinen  über  diejenigen  der 
Indigblau-Sehwefeisäure,  eines  Körpers,  der  dem  Indigblau 
in  seinem  «hemischen  and  physischen  Verhalten  so  nahe  steht, 
und  nur  hoch  viel  leichter  Metamorphosen  unterworfen  ist, 
wie  dieser.  So  zersetzt  sich  die  Indigblau -Schwefelsäure  in 
alkalischer  Lösung  schon  durch  den  Sauerstoff  der  Luft^  und 
in  saurer  Lösung,  wie  bekannt,  eben  so  leicht  durch  jedes 
Agens,  Welches  im  Stande  ist,  ihr  Sauerstoff  zuzuführen. 
Es  Erschien  uns  nun  nicht  uninteressant,  die  Zersetzung  der 
IiMligbUu  *- Schwefelsäure  durch  oxydifende  Körper  genauer 
zu  Studiren,  -  besonders  dabei  zu  untersuchen,  in  wie  weit 
die  so  innig  mit  dem  Indigblau  gepaartie  Schwefelsäure  auch 
in  die  reisultirenden  Producte  mit  überginge.  Im  Verlaufe 
der  Untersuchung  stellte  sich  ein  überraschend  einfaches  Ver- 
halten der  Indigblau  «Schwefelsäure  heraus,  indem  dieselbe 
in  vollkoilimenster  Analogie  mit 'dem  Indigblau  als  fast  ein- 
ziges PrOduct  ihrer  Oxyieiiion  Isatih'Schtoe feisäur ebildeij 
deren  näheres  Studium  *  den  Gegenstand  gegenwärtiger  Hit- 
tfaeilühg  ausmacht.        •   ' 

Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  1.  Heft.  1 


2       O.  u.  A.  Schliepery  über  die  Oxydatiansproducte 

Wir  bedienten  uns  zu  unseren  Versuchen  einer  besseren 
Sorte  des  käuflichen  Indigocarinins,  bekanntlich  ein  breiartiger 
Niederschlag  von    indigschwefelsauretn  Natron ,   gemengt  mü 
schwefelsaurem  Natron,   so  wie  er  erhalten  wird  durch  Prä- 
cipitation    einer  filtrirten  und  verdünnten  Lösung  von  Indigo 
in  8  bis  9  Theilen  gewöhnlicher  Schwefelsäure  mittelst  einer 
concentrirten   Auflösung   von   Glaubersalz,    Auswaschen    des 
gröfsten  Theils  der  freien  Säure  mit  eben  dieser  Lösung  und 
schliefsliches  Neutriilisiren    mit  kohlensaurem  Ni^tron,  ,Qührt 
man  diesen  Niederschlag  von  indigblau*  schwefelsaurem  Natron 
mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  an ,  bringt  denselben  zum 
Kochen  und  setzt  nun  lBi[igsam  unter  jeweiligen  Pausen   und 
stetem  Umrühren  Salpetersäure  zu,  bis  die  urspünglich  blaue 
Farbe  in  reines  Braungelb  verwandelt  worden  ist;  oder  setzt 
man  zu  dem  heifsen  Brei  von  Indigcarmin  Schwefelsäure  und 
fügt  dann  allmalig   fein   gepulvertes  saures  chromsaures  Kali 
in  kleinen  Mengen  hinzu»  bis  zum  völligen  Verschwinden  der 
blauen  Farbe,    so  erhält  man  nach  dem  Erkalten  und  Stehen 
eine  reichliche  Abscheidung  eines  schweren   krystalliniscben 
Niederschlages   von   dunkelbrauifgelber  Farbe,   welcher   das 
Natronsalz  einer  neuen  Säure,  der  Isatin  ^^  Schwefelsäure,  re- 
präsentirt   und  als  Rohmaterial  zur  Darstellung   der  reinen 
Säure  und  ihrer  Salze  dient.    Nach  vielfach  angestellten  Ver- 
suchen haben  wir  der  Oj^ydation  der  Indigblau^Sdiwafelsäare 
mit   saurem   chromsaurem  Kali   und  Schwefelsäure   vor   der-* 
jenigen  mit  Salpetersäure  den  Vorzug   gegeben»    indem  uns 
die  Ausbeute  gröfser   erschien;,  denn  obwohl  die  neue  Ver* 
bindung  sowohl  wie  deren   Salze  im  reinen  Zustande  \  der 
Einwirkung  der  kochenden  Salpetersäure  yollkommea  wider- 
stehen j,  so  scheinen  sie  dennoch  |m  Momente  ihr^r  Bildung 
einer  höheren  Oxydation  fähig  zu  sein.;   denn  setzt  man  um- 
gekehrt Indigcarmin  nach  und  nach   zu  kochender  Salpeter- 
säure,   so  bilden  sich  unter  heftiger  Reaction  nur   leichttöa«* 


der  Indigblau '  Schwefelsäure.  3 

liohe»  braangelbe  wfid  unkrystallinische  Körper,  die  dasselbe 
starke  Färbevermögen  besitzen ,  welches  alle  anderen  Zer- 
selzungsprodacte  des  Indigo's  mit  Salpetersäure  auszeichnet. 

Da  der  käufliche  Indigcarmin  stets  wechselnde  Quantitäten 
Wasser  und  fremder  Salze  enthält,  so  ist  es  unmöglich, 
genaue  Verhältnisse  zur  Darstellung  der  fraglichen  Verbin- 
dung zu  geben;  jedoch  bat  uns  das  in  folgendem  angegebene 
Verfahren  stets  eine  reichliche  Ausbeute  geliefert  : 

In  ekier  Schale  wurden  18  Th^ile  Indigcarmin  mit  der 
gleichen  Hehge  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  angerührt, 
1  bis  2  Theile  Schwefelsäure  zugesetzt,  zum  Sieden  erhitzt 
und  während  desselben  nach  und  nach  ungefähr  1  Theil 
gepulvertes  saures  chromsaures  Kali  eingetragen ,  und  zwar 
so  lange ,  als  noch  Entfärbung  stattfand ;  giebt  man  hierbei 
Acht«  nicht  zu  grofse  Mengen  dieses  Salzes  auf  einmal  zu-« 
zugebi^,  so  kann  dabei  eine  Enlwickelung  von  Kohlensäure 
gänzlich  vermieden  werden,  die  anderenfalls  unfehlbar  ein-«- 
tritt,  wodurch  zu  höhe  Oxydation  und  natürlicherweise  Ver- 
lust an  Substanz  entsteht.  Nach  beendeter  Einwirkung  wird 
die  Lösung  möglichst  rasch  heifs  filtrirt  und  dann  der  Kry- 
stallisation  überlassen,  welche,  da  dieselbe  etwas  träge  vor 
sich  geht/  wenigstens  einen  bis  zwei  Tage  erfordert.  Da 
sich  im  Verlaufe  der  Untersuchun|f  herausstellte ,  dafs  das 
Kalisalz  der  neuen  Säure  schwerlöslicher  ist  und  leichter 
krystallisirl,  wie.  das  NatronsalZi  überhaupt  diese  Verbindungen 
in.  eoncentrirtan  Salzlösungen  yrenig  löslieh  sind ,  so  haben 
wir  es  für  sehr  zweckmäfsig  gefoifdeUi  der  filtrirten  heifsen 
Lösung  nod)  Kalisalze,  am  besten  Salpeter,  zuzusetzen.  Der 
abgeschiedene  Krystallbrei  wurde  dann  auf  einem  Filter  ge- 
sammelt und  durch  Verdrängen  mit  wenigem  kaltem  Wasser 
die  dicke,  fast  schwärzliche  Mutterlauge  davon  getrennt. 
LeUtere  liefert  beim  Abdampfen^  und  Erkalten  noch  kleinere 
Mengea  obigien  Salzes*     Man   erhält   so   eine   beträchtliche 

1* 


4       O,  u,  A.  Schlieper^  über  die  Oxydationsproducte 

Menge  roheis  isatin-schwefelsaures  Kali  als^chweres  sandiges 
Krystallpulver  von  bräunlich-gelber  Farbe,  verunreinigt  <iarch 
eine  kleine  Quantität  eines  ihm  hartnäcfkig  anhängenden  harz- 
artigen Körpers,  welcher  durch  Umkrystalliisiren  schlechter- 
dings nicht  von  demselben  zu  trennen  war.  In  Folge  dessen 
murste  ein  anderes  Verfahren  eingeschlagen  werden  ^  cUe 
Säure  oder  ihre  Salze  rein  ^u  erhalten* 

Wir  machten  bald  die  interessante  Beobachtung,  dafs 
Alkalien  dieselbe  merkwürdige  Reaction  auf  isatint schwefel- 
saure Salze  ausübten,  als  wie  auch  auf  fk'eies  Isatin,  denn 
ebenso  wie  letzteres  dadurch  in  Isatinsäure,  so  wurden-  die 
Orangeroth  gefärbten  Lösungen  der  isatin  «»schwefelsauren 
Salze  durch  Zusatz  von  Alkalien  in  4ie  der  Isfttinsäure  eat- 
sprechenden  hellcitrongelb  gefärbten  Verbindungen,  der  m\% 
Schwefelsäure  gepaarten  Isatinsäure  übergeführt.  :  Und  zwar 
geschieht  diese  Ueberführung  eben  so  wenig  direct,  als 
wie  beim  Isatin  selbst,  indem  wie  bei  diesem  auch  die 
Lösungen  der  lsatin*Schwefelsäure  nach  Zusatz  von  Alkalien 
zuerst  braunviolett,  und  erst  nach  und  nach,  beim  Kochen 
und  bei  überschüssigem  Alkali  aber  sofort,  Hellgelb  weHen 
und  in  die  andere  Verbindung  übergehen.  Ganz  .  dasselbe 
Verhalten , .  welches  Isatinsäure  gegen  Säuren  zeigt;,  indem 
dadurch  je  nach  der  Temperatur  und  der  Menge  der  zuge<^ 
setzten  Säure  sofort  oder  nach  einiger  Zeit  Isatin  regenerirt 
wird,  zeigen  auch  die  mit  Schwefelsäure  gepaarten  Verbind 
düngen,  indem  durch  stärkere  Hineralsäuren  die  UeberfUhN» 
rung  der  gelben  Isatin -Schwefelsäure  in  die  orangerotbe 
Verbindung  beim  Erwärmen  sogleich,  in  der  Kälte  nach 
einiger  Zeit  erfolgt. 

Die  Umwandlung,  der  Isatin -Schwefelsäure  in  die  der 
Isatinsäure  entsprechende  Verbindung  derselben  ist  nach  voll- 
ständiger Analogie  mit  dem  Isatin  selbst  an  eine  Aufnahme 
von  Wasser   und  Base  gebunden,    und  zwar   so,    dafs   ein 


der  IndigblaU'  Schwefelsäure.  5 

vollkommen  neutrales'  Salz  der  Isatin  -  Schwefelsäure  im 
Stande  ist,  noch  ein  Aequivalent  Base  aufzunehmen,  um  ein 
eben  so  nAitrales  Salz  der  mit  der  Isatinsäure  correspon- 
direnden  zweibasischen  Isatin -Schwefelsäure  zu  bilden. 

Der  Kürze  halber  wollen  wir  die  dem  Isatin  entsprechende 
orangerothe  Verbindung  die  einbasische ,  die  der  Isatinsäure 
entsprechende  gelbe  Verbindung  dageg;en  eweibasische  Isatin- 
Schwefelsäure  nennen.  —  Auf  obige  Reactionen  gestützt  ge- 
lang uns  nun  die  vollkommene  Reinigung  der  gepaarten 
Schwefelsäureverbindungen  auf  folgende  Weise  :  Die  erhal- 
tene Krystallmasse  von  unreinem  isatin -schwefelsaurem  Kali 
wurde  heifs  in  Barytwasser  aufgelöst,  und  so  lange  von 
letzterem  zugesetzt,  bis  die  Lösung  fast  vollständig  entfärbt 
war;  dieselbe  enthielt  nun  ein  Gemenge  von  zweibasischem 
isatin -schwefelsaurem  Kali  mit  zweibasischem  isatin -schwe- 
felsaurem Baryt.  Der  überschüssige  Baryt  wurde  mit  Kohlen- 
säure ausgefällt  und  mit  dem  kohlensauren  Baryt  schieden 
sich  alle  harzartigen  Verunreinigungen  als  unlösliche  Baryt- 
verbindungen ab. 

Die  klare,  blafsstrohgelb  gefärbte  Lösung  diente  nun 
zur  Darstellung  der  verschiedenen  Salze  und  der  Säure  selbst. 
Wurde  aus  ,der  Lösung  der  Baryt  möglichst  genau  mit 
Schwefelsäure  ausgefällt,  so  erhielt  man  eine  orangerothe 
Lösung  des  einbasischen  Kalisalzes,  welches  durch  Abdampfen 
und  Krystallisiren  daraus  gewonnen  werden  konnte.  Wurde 
die  Lösung  dagegen  heifs  mit  ungefähr  so  viel  Salzsäure 
versetzt,  als  nöthig  war,  das  eine  Aequivalent  Kali  zu  binden, 
so  nahm  die  Flüssigkeit  sofort  eine  dunkelorangerothe  Fär- 
bung an,  ungefähr  wie  eine  siedend  gesättigte  Lösung  von 
saurem  chromsaurem  Kali;  sie  blieb  einige  Minuten  lang 
klar,  es  bildeten  sich  sodann  an  der  Oberfläche  kleine  Kry- 
stallflitter,  worauf,  besonders  beim  Erwärmen,  eine  fast 
plötzliche  Abscheidung  von  voluminösen,   leuchtend  mennig- 


6       G.  u.  Ä.  Schliepetj  iiher  die  Oxydationsproducte 

rothen ,  stark  glänzenden  Krystallschüppchen  erfolgte ,  welche 
die  ganze  Flüssigkeit  fast  zum  Gesteben  brachten,  und  das 
Barylsalz  der  einbasischen  Isatin-Schwefelsäur^darstellten. 
Aus  dem  Verlaufe  dieser  Reaction  geht  klar  hervor,  dafs  die 
Ueberführung  der  gelben  zweibasischen  in  die .  rothe  ein- 
basische Verbindung  nicht  momentan  vor  sich  geht,  sondern 
je  nach  der  mehr  oder  minder  kräftig  einwirkenden  Reaction 
an  eine  gewisse  Zeitdauer  gebunden  ist.  Setzt  man  zu  viel 
Salzsäure  zu,  so  erfolgl  die  Krystallisation  schwieriger' und 
man  erhält  manchmal  eine  Abscheidung  eines  gelben  Baryt- 
salzes, welches  löslicher  in  Wasser  ist  und  erst  bei  lang 
anhaltendem  Auswaschen  oft  plötzlich  in  die  rothe  Modifica- 
tion  übergeht.  Da  die  Salze  der  Isatin- Schwefelsäure  Idchl 
und  schön  kryslallisiren ,  die  Säure  selbst  aber  sehr  leicht 
löslich  ist  und  schwierig  krystallisirt,  so  benutzten  wir  die 
ersteren,  um  die  Zusammensetzung  der  Säure  selbst  feslzu-* 
stellen.  Wir  gehen  somit  zur  Beschreibung  der  Salze  der 
einbasischen,  sodann  der  zweibasischen  Isatin -Schwefelsäure 
über  und  lassen  diejenige  der  Säure  und  ihrer  Zersetzungs- 
producte  folgen. 

Einbasisch  -  isatinsckwefelsaurer  Baratt  BaO,  C16H4NOS, 
2  SO3  -j-  4  aq.  —  Dieses  Salz  bildet  sich  mit  grofser  Leich^ 
tigkeit  überall  da,  wo  Baryt  und  Isatin -Schwefelsäure  in 
saurer  Lösung  zusammentreffen,  und  ist  wegen  seiner  charac-* 
teristischen  Form  und  Farbe  ganz  geeignet,  um  Isatin^ 
Schwefelsäure  aufzufinden  und  nachzuweisen.  Die  Verwandt- 
schaft zwischen  beiden  ist  so  grofs,  dafs  sie  diejenige  der 
stärksten  Säure  überwiegt,  denn  die  freie  Isatin -Schwefel- 
säure mit  einer  Lösung  von  Chlorbaryum  oder  salpetersaurem 
Baryt  zusammengebracht  scheidet  sogleich  oder  nach  kurzer 
Zeit  das  rothe  Barytsalz  aus;  aus  verdünnten  Lösungen  er- 
folgt die  Abscheidung  sehr  langsam,  aber  nichts  destoweni- 
ger  fast  vollständig.    Das  Salz  ist  unlöslich  in  Alkohol,  wenig 


der  IndtgblaU' Schwefelsäure,  7 

löidich  in  kaltem ,  dagegen  etwas  mehr  in  heifsem  Wasser, 
daraas  beim  Erkalten  krystailisirend.  Die  wässerige  Lösung 
isl  trotzdem  hellgelb  geförbt,  wi^il  die  Isalin  -  Seh wefelsäure 
sowohl  wie  alle  ihre  einbasischen  Salze  ein  sehr  hohes 
Farbevermögen  besitzen.  Das  Salz,  dessen  wir  uns  zur  Ana- 
lyse bedienten,  wurde  durch  Vermischen  einer  heifsen  Lö«- 
song  des  Nalronsalzes  mit  einer  Chlorbaryomlösung  darge- 
stellt; dasselbe  wurde  vollkommen  ausgewaschen  und  stellte 
nach  dem  Trocknen  ein  sehr  leichtes  lockeres  scharlachrothes 
Krystaltpulver  dar,  aus  lauter  kleinen  Blättchen  und  Schuppen 
bestehend,  die  fast  metallischen  Glanz  besafsen.  Erhitzt 
verbrannte  das  Salz  nur  sehr  schwierig  zu  schwefelsaurem 
Baryt,  wefshlalb  auch  behufs  der  Analyse  vorgezogen  wurde, 
den  Baryt  auf  nassem  Wege  zu  bestimmen. 

Zur  Analyse  wurde  das  lufttrockene  Salz  verwandt  : 

0,5935   Gnn.    gaben    bei    der    Fällung   mit   Schwefelsäore    0,210 
Grm.  BaO,  SO«  oder  0,1379  Gnu.  BaO, 

0,75B0  Grm.  mit   chromsaurem  Blei  verbrannt  gaben  0,8075  Grm. 
CO,  und  0,172  Grm.  HO. 

0,585  Grm.  bei  120^  getrocknet  verloren  0,065  Grm,  KrystaUwasser. 

0,795  Grm.  bei  120^  getrocknet  verloren  0,0875  Grm.  HO. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich    für   das  krystallisirte 
Barytsalz  die  Formel  : 

BaO,  CiÄNOg,  2  808  +  ^aq. 

berechnet  gefunden 

BaO    ,  23,15  23,23 

C  29,00  29,24 

H  2,42  2,53 

Kryat.  HO      10,88  11^11     11,01. 

0,699  Grm.   des   bei    120<^  getrockneten  Salzes  gaben  bei  der  Ver- 
brennung 0,8445  Grm.  CO,  und  0,096  Grm.  HO. 

Hieraus  ergiebt  sich  für  das  trockene  Salz  die  Formel  : 

BaO,  CißH^NOs,  2  80,.^ 
berechnet  gefunden 

C  32,59  32,87 

H  1,36  1,52. 


8       G,  u.  A.  Schlieper^  über  die  OxydaÜonsproducie 

Einbasisch  -  isatmschtoefelsaures  Kali^  KO ,  Ci6NH40sy 
2  SOs  -f-  ^  tiq-  —  Das  Kiilisalz  kann,  wie  schon  beschrieben, 
direet  aus  der  Kali  und  Baryt  zu  gleichen  Theilen  ent- 
haltenden Lösung  der  zweibasischen  Säure  erhalten  w^erden^ 
und  zwar  durch  Ausfällen  des  Baryts,  mit  Sohwefelsüure  und 
Abdampfen  der  resultirenden  rothgelben  Ldsung  zur  Krystal- 
lisation.  Auf  diese  Weise  ist  es  jedoch  häufig  mit  Natron- 
salz verunreinigt.  Wir  haben  es  defshalb  vorgezogen»  der 
Lösung  einen  Ueberschafs  von  Salpeter  zuzusetzen,  weil  das 
leichter  lösliche  Natronsalz  sich  bei  Gegenwart  von  über- 
schüssigen Kalisalzen  leicht  in  das  schwerlösliche  Kalisalz 
umsetzt,  überhaupt  dieses  in  einer  Lösung,  die  andere  Kali- 
salze enthält,  beinahe  unlöslich  ist  und  sich  fast  vollständig 
abscheidet.  Das  Salz  krystallisirt  in  kleinen  goldgelben  Na- 
deln, ein  schweres  sandiges  Pulver  bildend ,  unlöslich  in 
Alkohol,  löst  sich  in  etwa  20  Theilen  kaltem,  leichler  in 
heifsem  Wasser,  daraus  träge  krystallisirend;  dasselbe  kann 
mit  concentrirter  Salzsäure  gekocht  werden,  ohne  sich  zu 
verändern,  und  krystallisirt  aus  derselben  nach  einiger  Zeit 
wieder  unverändert«  Das  Salz  enthält  2  Aequival^nte  Kry- 
stallisations Wasser,  welches  es  erst  bei  ziemlich  hoher  Tem- 
peratur vollkommen  verliert.  Ueberhaupt  halten  alle,^^I^Q 
der  einbasischen  Isatin- Schwefelsäure  ihr  Krystallwasser  be- 
merkenswerth  fest,  und  verlieren  dasselbe  in  den  meisten 
Fällen  erst  über  100^  C. ;  sie  vertragen  alle  eine  hohe  Tem- 
peratur bis  zu  180^  und  darüber,  ohne  sich  im  mindesten  zu 
zersetzen.  Bei  stärkerem  Erhitzen  bläht  sich  das  Salz  auf 
und  verbrennt  nur  äufserst  schwierig  zu  schwefelsaurem  Kali; 
ein  öfteres  Befeuchten  mit  Salpetersäure,  um  die  schwefel- 
haltige Kohle  und  das  sich  wiederum  bildende  Schwefel- 
kalium zu  zersetzen,  ist  dabei  unerläfslich.  Zur  Analyse 
wurde  das  lufttrockene  Salz  verwandt, 

0,745  Grm.  verloren  bei  160^  getrocknet  0,048  Grm.  Wasser. 


der  Indigblau»  Schwefelsäure.  9 

0,4454  Grm.  gaben  0,1854  Grm.  KD,  SO,  =  0,07329  Grm.  KO. 

Hieraus  berechnet  sich  die  Formel  : 

KO,  CieH^NOa,  2  80,  +  2  aq., 

wie   sich   aus   der  Zusammensleilungf  der   berechneten    und 
gefundenen  Werthe  ergiebt  : 

berechnet  gefunden 

KO  16,60  16,42 

HO  6,36  6,44. 

JSnbasüch'isatinschwefelsaures  Natron,  NaO,  CicH^NOs, 
2  SOs  -f-  4  dq.  —  Das  Natronsalz  wird  auf  analoge  Weise, 
wie  das  Kalisalz ,  durch  Umsetzung  der  kalihaltigen  Lösung 
mit  einem  grofsen  Ueberschufs  von  Kochsalzlösung  erhalten. 
Vermischt  man  eine  faeifs  gesättigte  Kalisalzlösung  mit  dem 
zwei-  bis  dreifachen  Volum  einer  concentrirten  Kochsalz- 
lösung, so  scheiden  sich  an  den  Wandungen  des  Gefäfses 
bei  ruhigem  Stehen  grofse  Krystalle  des  Natronsalzes  ab. 
Dasselbe  bildet  tafelförmige  Krystalle  v^  grofser  Schönheit 
und  hochrother  Rarbe,  dem  äufseren  Ansehen  nach  fast  nicht 
von  frisch  krystallisirtem  saurem  phromsaurem  Kali  zu  unter- 
scheiden.   Das  Sa|z  ist  leichter  löslich  wie  das  Kalisalz. 

1,2721  Grm.  des  krystallisirten  Salzes  verloren   bei  160^  C.  0,1636 
Grm.  Wasser. 

0,4115  Grm.  lufttrockenes  Salz  gaben  0,101  Grm.  NaO,  SO,  =  0,0441 
Grm.  NaO. 

0,5865  Grni.    bei    160^   getrocknetes  Salz   gaben   0,178  Grm.  NaO, 
SO,  «  0,07ß5  (»rm.  NaO. 

0,721  Grm.  bei  160*^  getrocknetes  Salz  gaben  bei  der  Yerbrennuog 
1,0285  Grm.  CO«  und  0,1075  Grm.  HO. 

Aus  diesen  Wertken  berechnet  «ich  für  das  krystalli- 
sirte  Salz  die  Formel  : 

NaO,  CieH4N08,  2  SOj  -h  4  aq. 

berecbnet  gefunden 

NaO      10,88  10,71 

HO        12,68  12,86 

und  für  das  getrocknete  Salz  : 


10     O.  u,  A.  Schlieper^  über  die  Oocydattonsproducte 

NäO,  C10H4NO8,  2  808. 

berechnet  ,  gefunden 

NaO      12,45  12,87 

C  38,65  38,90 

H  1,60  1,66. 

JEünbasisch-üatinschwefelsaMrer  Kalhy  CaO,  C16H4NO3, 
2  SO3  -|-  2  aq.  —  Dieses  Salz  wurde  dargestellt  durch  Ver- 
mischen einer  Lösung  des  Nalronsalzes  mit  einer  überschüs- 
sigen Lösung  von  Chlarcaicium ;  es  krystallisirt  nach  einiger 
Zeit  in  einem  Aggregat  von  kleinen  glänzende^  goldgelben 
Nadeln,  ist  ziemlich  schwerlöslich  in  Wasser,  jedoch  leichter 
wie  das  Barytsalz.  Das  Kalksalz  verliert  bei  100^  noch  kein 
Wasser,  von  100  bis  160^  sehr  langsam  zwei  Aequivalente. 

0,6512  Grm.  krystallisirtes  Salz  verlorea  bei  160^  getrocknet  0,0462 
Grm.  Wasser. 

0,6245  Grm.  krystallisirtes   Sak   gaben   0,161   Grm.  CaO,  SOs    = 
0,06629  Grm.  CaO. 

0,6822  Grm.   krysl^sirtes  dals   gaben   0^752  Grm.  CaO,  SO«   = 
0,0721  Grm.  CaO. 

Nach  der  Formel  : 

CaO,  CieH4N08,  2S08  +  2  aq. 

berechnet  gefunden 

CaO        10,60  10,61         10,61 

HO  6,81  7,09  — 

Einbasisch -isatinschwefelsaur es  Silber  ^  AgO,  CieH^NOs, 
2  SO3  +  2  aq.  —  Das  Silbersalz  erhielten  wir  durch  Ver- 
mischen einer  Lösung  des  Natronsalzes  mit  einer  salpeter- 
sauren Silberlösung,  worauf  das  betreffende  Salz  langsam  in 
harten  nadeiförmigen,  honiggelben  Krystallen  ausgeschieden 
wurde;  dasselbe  ist  in  Wasser  schwerlöslich  und  wurde  in 
krystallisirtem  sowohl  als  trockenem  Zustande  zur  Analyse 
verwandt. 

0,6595  Grm.  krystallisirtes  Salz  verloren  bei  120<^  getrocknet  0,035 
Grm.  HO. 

1,5295    Grm.     krystallisirtes     Salz     verloren     bei      120^      0,0794 
Grm.  HO. 


der  IndighlaU' Schfcefelaäure.  11 

0>6)81  Grm.  krygtfdluiirteB  Salz  gaben  0,1683  Grm.  Silber. 
0,8585  Qrm.  kryetalUsirtes  Sak  gaben  bei.  der  Verbrennung  0,8688 
Grm.  CO,  and  0,140  Grm.  HO. 

Aus  diesen  Werthen  berechnet  sich  für  das  krystallisirte 
Salz  die  Formel  : 

AgO,  CiÄNOg,  2  80,  -f-  2aq. 
berechnet  gefunden 

Ag  80,68  80,92  — 

C  27,27  27,42  — 

H  1,70  1,80  — 

HO  5,11  5,30        5,19. 

Das   trockene  Salz  gab   bei    der  Analyse   folgende  Re- 
sultate : 

1,014  Grm.  trockenes  SaU  gaben  0,480  Grm.  AgCl  »  0,8286  Qttm. 

^über. 
0,6926  Grm.  trockenes  Salz  gaben  bei  der  Verbrennung  0,7^85  Grm. 

COg  und  0,080  Grm.  HO. 

Aus  diesen  Zahlen  ergiebt  sich   die  Formel  : 

AgO,  C^eH^NOa.  2  80«. 

berechnet  gefunden 

Ag  82,88  81,91 

C  28,74  28,68 

H  1,19  1,28. 

Einbasisch  -  isatin^hwefelsaures  Ammoniak  f  NH4O9 
C16H4NO8,  2  SOs  4-  2  aq.  —  Man  erhält  dieses  Salz  leicht 
auf  analoge  Weise  wie  das  Kali-  oder  Natronsalz,  nämlich 
durch  Umsetzung  änderet  Salze  der  Isatin- Schwefelsäure  mit 
einem  Ueberschufs  eines  Ammoniaksalzes ,  in  welchem  das 
resultirende  Salz  schwerlöslich  ist;  vermischt  man  eine  Auf- 
lösung der  Säure  oder  deren  Salze  mit  überschössiger  Sal- 
miaklösungy  oder  löst  man  das  schwerlösliche  Barytsalz  heifs 
in  einer  Salmiaklösung  auf,  so  krystallisirt  in  allen  Fällen 
beim  Stehen  oder  Erkalten  das  Ammoniaksalz  in  glänzenden 
hochgelben  Nadeln  heraus«  Kocht  man  die  freie  Säure  mit 
kohlensaoreffl  Ammoniak,  bis  der  Ueberschufs   des  letzteren 


ii      G.  u.  A,  Schlteper^  über  die  Oocydationaproducte 

verjagt  worden  i:ät,  so  erhält  man  ebenfalls  nur  eine  Lösung 
des  einbasisch  -  isatinschwefelsauren  Ammoniaks,  welche 
jedoch  in  Abwesenheit  anderer  Ammoniaksalze  nur  schwierig 
krystallisirt.  Das  Salz  ist  leichtlöslich  in  Wasser  und  enthält 
2  Aequivalente  Krystaliwasser,  welche  es  erst  bei  einer  Tem- 
peratur von  über  100^  verliert. 

1,058  Gnn.   verloren  bei    100<>  getrocknet   0,0085  Grm.  Wasser  = 
0,8  pC. ;  bei  1200  fernere  0,0695  Grm.  HO  =  6,57  pC. 

Nach  der  Formel  : 

NH4O,  C,eH4N08,  2  SO3  +  2  aq. 

berechnet  gefunden 

2  Aeq.  HO         6,87  6,57. 

Erhöhte  man  die  Temperatur  bis  auf  200^  so  verlor  es  noch 
mehr  Wasser,  schien  sich  aber  dabei  zu  zersetzen  und  wurde 
bei  250^  schwarz. 

Hit  Bleizucker  entsteht  keine  oder  nur  eine  unbedeutende 
Fällung 9  indem  das  isatinschwefelsaure  Blei  ein-  lösliches 
Salz  ist;  mit  Bleiessig  entstehen,  je  nachdem  man  Ammoniak 
zusetzt  oder  nichts  verschieden  gefärbte  Niederschläge,  welche 
sich  in  einem  Ueberschufs  von  Bleiessig  besonders  in  der 
Wärme  leicht  lösen  und  sich  beim  Erkalten  in  nicht  krystal- 
linischen  Hassen  wieder  abscheiden. 

Wir  haben  weiter  oben  schon  erwähnt,  dafs  die  Isatin- 
Schwefelsäure  oder  deren  einbasische  Salze  durch  Einwirkung 
von  Alkalien  eine  eigenthüAiIiche  Veränderung  erleiden,  welche 
die  vollkommenste  Analogie  mit  dem  .Uebergange  des  Isatins 
in  Isatinsäure  darbietet^  Isatin  nimmt  2  Aeq.  HO  auf  und 
bildet  damit  Isatinsäurehydrat,  während  bei  dem  entsprechen- 
den Uebergange  der  Isatinschwefelsaure  ebenfalls  2  Aeq.  HO 
aufgenommen  werden,  das  eine,  welches  in  die  Constitution 
der  Säure  selbst  eintritt,  und  das  andere,  welches  als  basi- 
sches Wasser  durch  andere  Helalioxyde  ersetzt  werden  kann. 


der  Indigblau' Schwefelsäure,  13 

Betrachten  wir  die  einbasische  Isatin  •  Schwefelsäure  als  : 

CieNH^OjSOs  +  80,H0, 

WO  die  Verbindung  von  Isatin  mit  wasserfreier  Schwefelsäure 
ytemgei  1  Aeq.  HO  als  vollkommen  neutraler  Paarung  fungirt, 
so  würde  dieser  neutrale  Paarlii^g  durch  Einwirkung  von 
Alkalien  in  ähnlicher  Weise  angeregt, .  wie  Isatin  selbst^  d.  h. 
Wasser  wird  aufgenommen  und  dasselbe  in  eine  Säure  ver- 
wandelt,, fähig  ebenfalls  ein  Aequivalent  Base  zu  sättigen.. 

CiePftNO*.  +  2H0..=  .Ci«HftN0„  HQ    Isatingäurehydrat- 
CieBt«NO,IJOa  +  2  HO  =  Ci^H^Np^SOfc  HO. 

Wir  würden  nach  dieser  Ansicht  z.  B..  das  Barytsalz  der  .ein-; 
basischen.  Isatin -Schwefelsäure  als  :  .. 

BaOßOa,  CtaNH^OgöO, 

und  dasjenige  der  zweibasischen  Säure  als  : 

BaOSOs,  BaOCieNH504SOa 

ZU  betrachten  haben. 

Alle  freien  Alkalien  sind  im  Stande,  die  Ueberführung 
der  einbasischen  in  die  zweibasische  Säure  selbst  in  der 
Kälte  schon  zu  bewirken,  sobald  wie  erstere  im  lieber- 
schufs  angewandt  werden;  setzt  man  dagegen  eine  ungenü- 
gende Quantität  der  Alkalilösung  zu,  so  erfolgt  eine  tief 
dunkelrothe,  in  manchen  Fällen  schmutzig -violette  Färbung, 
welche^  obgleich  vorübergehend,  doch  anzeigt^  dafs  noch  eine 
intermediäre  Verbindung  existiren  mufs.  Kohlensaure  Alka- 
lien sind  ebenfalls  im  Stande,  die  Ueberführung  zu  bewirken. 
Wie  schon  erwähnt  giebt  kohlensaures  Ammoniak  im  U^ber- 
schufs  mit  der  Säure  gekocht  anfangs  eine  dunkelroth  ge- 
färbte Lösung,  welche  in  dem  Hafse  als  das  kohlensaure 
Ammoniak  abdunstet  heller  wird  und  endlich  nur  eine  Lö- 
sung  des  einbasischen  Ammoniaksalzes  liefert.  Eben  so  wie 
die  Salze  der  einbasischen  Säure  alle  roth,  orange  oder 
hochgelb  g,erärbt  sind  und  eben  so  gefärbte  Lösungen  geben, 
so  sind  diejenigen  der  zweibasischen  Säure  alle  scliön  citron- 


14     Q.  u.  A.  Schlieper,  über  die  Oxydationsproducte 

geib  aus  nar  verfaältnifsmärsig  schwach  tingirten  Lösungen 
krystallisirend.  Essigsäure  ist  ohne  Wirkung  auf  die  gelben 
Salze  und  scheint  dieselben  selbst  beim  Kochen  damit  nicht 
zu  zersetzen ,  während  alle  stärkeren  Hineralsäuren ,  zu 
ein^r  Lösung  der  zweibasischen  Salze  gesetzt,  fast  momentan 
eine  rothgelbe  Farbe  erzeugen,  den  Uebergang  in  die  ein- 
basische Säure  anzeigend.  Eis  ist  uns  nicht  gelungen^  die 
der  Isatinsäure  entsprechende  Verbindung  zu  isoliren,  md^m 
sie  aus  den  zweibasi^chen .  Salzen  abgeschieden  nur  eine 
sehr  geringe  Besliindtgkeit  hat  und  hi  kurzer  Zeit  von  selbst, 
sofort  aber  beim  Erwärnien  wieder  in  die  einbastsch<>  SäQre 
übergeht ;  wir  müssen  uns  also  auf  die  Beschreibofig-  einiger 
ihrer  Salze  beschränken. 

Zioeibastsch'üatinschwefelsaurer  Baryt,  2  BaO,  C16H5NO4, 
2  SOs  -|-  6  aq.  —  Das  Salz  wird  am  einfachsten  dargestellt 
durch  Lösen  des  einbasischen  Barytsalzes  in  kochendem 
Barytwasser  und  Entfernen  des  überschüssigen  Baryts  durch 
Kohlensäure;  Man  erhält  so  eine  nur  schwach  gefärbte  Lö- 
sung,  die  aber  beim  Abdampfen  oder  Erkalten  prachtvoll 
glänzende  seidenartige  Nadeln  des  zweibasischen  Barytsalzes 
abscheidet.  Dieselben  sind  zolllang  und  so  voluminös,  dafs 
sie  die  ganze  Flüssigkeit  errüllen.  Die  Farbe  derselben  ist 
ein  leuchtendes  Citrongelb  von  äufserst  intensivem  und  reinem 
Farbenton.  Der  zweibasisch  -  isatinschwefelsaure  Baryt  ist 
bei  weitem  löslicher,  als  wie  das  einbasische  Salz,  besonders 
leicht  löslich  in  kochendem  Wasser,  daraus  beim  Erkalten 
zum  grofsen  Theil  krystallisirend;  unlöslich  in  Alkohol,  letz- 
terer  fällt  die  wässerige  Lösung  des  Salzes  in  voluminösen 
nichtkryslallinischen  Flocken. 

0|655  Grm.  des  krystaÜisirten  Salzes  verloren  bei  100^  getrocknet 
0,081  Grm.  HO. 

0,574  Grm.  bei   100^  getrocknert  gaben  0,8555  Grni.  Batf,  SOg  = 
0,38^1  Gm.  fiaO. 


der  IndigblaU'Sckwefebäure.  15 

Ans  diesen  Zahlen  ergiebt  sich  für  das  krystaltisirte  Sab 
die  Zusammensetzunir  : 

2  BaO,  CieH8N04,  2  SOs  +  6  aq. 

berechnet  gefunden 

BaO  40,26  40,43 

HO  12,44  12,36. 

Zvmba^üöh-isätinsdhwefehaureä  Kali^  2K0,  C16H5NO4, 
2  SOs  +  2aq.  •^  Dieses  Säte  worde  aas  dem  entsprechen- 
den Barytsalz  durch  doppelte  Zer^t^ung  mit  neutralem  schwe- 
felsaurem Kali  erhalten,  und  krystallisirte  beim  freiwilligen 
Verdampfen  nur  sehr  langsam  aus  der  sehr  concentrirten 
Lösung«  Die  Krystalle  bilden  harte  glänzende  durchsichtige 
Prismen  von  wachsgelber  Farbe  und  sind  leichllöslich  in 
Wasser.  Das  Salz  enthält  2  Aeq.  Wasser,  welches  es  erst 
bei  einer  Temperatur  von  140  bis  150®  verlierl. 

■  •  « 

0,5852  Grm.  krystallisirtes  Salz  verloren  bei  160^  getrocknet  0,035 
Grm.  HO,  und  gaben  eingeäschert  0,3002  Grm.  KO,  SOs,  ent- 
sprechettd  0,1622  Grm.  KG. 

Nach  der  Formel  : 

2K0,  C1ÄH5NO4,  2S0a  +  2  aq. 

berechnet  gefunden 

KO  27,73  27,71 

HO  5,30  5,98. 

Zweibasisch 'isatinschtßefelsaures  Blei,  2  PbO^  C16H5NO4, 
2  SOs  -|-  3  aq.  —  Das  zweibasische  Bleisalz  wurde  durch 
Vermischen  einer  concentrirten  Ldsung  des  gelben  Kalisalzes 
mit  ein^r  ebenso  concentrirten  Lösung  von  überschüssigem 
essigsaurem  Blei  gewonnen.  Das  Salz  krystallisirte  beim  län- 
geren Stehen  langsam  in  feinen  glänzenden  Nadeln;  es  hat 
eine  dunkelgelbe  Farbe  und  ist  in  Wasser  leichtlöslich.  An- 
dere mehr  basische  Verbindungen  scheinen  direct  aus  der 
einbasischen  Fsatin*  Schwefelsäure  entstehen  zu  können,  wenn 
diese  oder  ihre  löslichen  Salze  mit  überschüssigem  Bleiessig 
erwärmt  werden;   es  scheiden  sich  nämlich   beim  Erkalten 


IC    O.  u.  A*  Sehlieper,  Mber  die  (kafdationaprodmeie 

der  Uarea  gelben  Ldfoog  bellgefirbte  NiedtfseUige  aus, 
deren  Farbe  ond  Verhalten  onbedingt  auf  die  sweibasische 
Siore  hindeotet. 

0^8  Orm.  des  kijsUJlinrten  Salses  Teiioren  bei  iOO*  getrocknet 
0,(K8  GmL  HO. 

0,3665  Orrm,  des  kijstallisirteii  Salzes  hinterlielsen   beim  Yerbren- 
neu  0^302  Grm.  PbO,  80«  =  0,1695  Onn.  PbO. 

Ans  diesen  Zahlen  berechnet  sich  die  Formel.: 

2  PbO,  C|  ANO4,  2  80,  4-  3  sq.       , 

berechnet  gefnnden 

PbO         46,79  '  46,26 

HO  6,68         '  5,79. 

Zweibasüch'üaiinschtoefelsaures  S^Tifter,  2  AgO^CieHsNO«, 
2  SOs  -f"  3  aq.  —  Wir  haben  das  Silbersalz  durch  Vermischen 
einer  Lösung  des  betreffenden  Kalisalzes  mit  überschüssigem 
salpetersaurem  Silber  dargestellt.  Das  sehr  schwerlösliche 
Silbersalz  scheidet  sich  alsbald  in  kleinen,  zu  concentrischen 
Gruppen  vereinigten  sehr  voluminösen  Nadbin  aus.  Nach 
dem  Trocknen  stellt  es  eine  leichte  schwammige  Hasse  von 
blafsstrohgelber  Farbe  dar.  .Das  Salz  ist  leichter  löslich  in 
heifsem  als  wie  in  kaltem  Wass^  und  kann  ohne  Zersetzung 
gekocht  werdendes  enthält  3  Aeq.  Krystall Nasser,  die  erst 
bei  einer  Temperatur  von  über  iOO^   vollständig  weggehen. 

0,6894    Grm.    krystallisirfes   Salz    verloren    bei    126^'    getrocknet 
0,029  Grm.  HO:  '- 

0,6104  Gray,  bei  120<>  getrocknetes  Salz  gaben  0,340  Grih.  Silber. 

0,6786  Grm.  getracknetes  Sklz  gäben   mit  cbroinsatirem  Blei  rör- 
brannt  0,4425  Qrm*  00«  und  0,067  Grm.  HQ.      .     , 

Nach  der  Formel  : 

2AgO,  C,«H5N04,  2S0b  +  flÄq. 

berechnet  gefunden 

Ag  47,06  47,02 

C  20,91  20,86  ' 

H  1,09  •  ■      1,28 

8  Aeq.  HO         6,66  6,37. 


J 


der  IndigblaU' Schwefelsäure.  17 

Zfweibasisch  -  isatinschwefelsaures  Ammoniak.  —  Wenn 
man  Isatin -Schwefelsäure  längere  Zeit  mit  überschüssigem 
Ammoniak  kocht,  so  bildet  sich  das  gelbe  Ammoniaksalz; 
leichter  noch  erhält  man  dasselbe  durch  Zersetzung  des  zwei- 
basischen Barytsalzes  mittelst  schwefelsauren  Ammoniaks.  Die 
Lösung  des  Salzes  trocknet  über  Schwefelsäure  unter  der 
Luftpumpe  zu  einer  kaum  krystallinischen  gummiähnlichen 
gelben  Masse  ein.  Beim  Kochen  der  Lösung  geht  etwas 
Ammoniak  fort  und  dieselbe  Tärbt  sich  roth;  ebenso  verliert 
auch  das  feste  Salz  beim  Trocknen  bei  100^  Wasser  und 
wie  es  scheint  auch  etwas  Ammoniak;  dabei  färbt  sich  das 
Salz  dunkelbraunroth ,  kommt  theilweise  zum  Schmelzen  und 
bläht  sich  auf,  wahrscheinlich  zur  Entstehung  neuer  Amid> 
Verbindungen  Veranlassung  gebend. 

Wir^gehen  nunmehr  zur  Beschreibung  der  freien  Isatin- 
Schwefelsäure  über,  d.  h.  der  Säure ,  welche  in  den  ein- 
basischen isatinschwefelsauren  Salzen  enthalten  ist. 

Isatin-Schwefehäure,  CieNHiOs,  2  SO3HO  -f*  4  aq.  —  Die 
freie  Säure  läfst  sich  leicht  darstellen  durch  Zersetzung  des 
rothen  Barytsalzes  mittelst  Schwefelsäure^  indem  man  dabei 
die  Reaction  durch  Erwärmen  unterstützt.  Man  erhält  auf 
diese  Weise  eine  baryt-  und  schwefelsäurefreie  Lösung  von 
orangerother  Farbe  und  sehr  saurem  Geschmack,  welche 
beim  Eindampfen  zur  Syrupconsistenz  zu  einer  etwas  klebri- 
gen, strahlig -krystallinischen  Masse  erstarft.  Ueber  Schwe- 
felsäure untlr  die  Glocke  einer  Luftpumpe  gebracht,  ver- 
änderte dieselbe  nach  und  nach  ihr  Aussehen ;  in  dem  Mafse^ 
wie  sie  austrocknete^  wurde  die  Farbe  heller,  um  endlich 
eine  seidenartig  glänzende  krystallinische  Masse  von  gelber 
Farbe  zu  bilden.  Die  einmal  getrocknete  Säure  ist  an  der 
Luft  unveränderlich  und  zu  einem  hellgelben  Pulver  leicht 
zerreiblich.  Die  krystallisirte  Säure  enthält  4  Aeq.  Wasser, 
welches  sie  beim  Trocknen  bei  100^  leicht  verliert« 

Acnal.  d.  Chemie  n.  Pharm.  GXX.  Bd.  1.  Heft.  2 


18     G.  u,  A.  Schlieper^  über  die  Oxydationsproducte 

1,6505  Grm.  verloren  bei  100<^  0,204  Grm.  HO ;  auf  die  Formel  : 

C,eNH408,  2  SOgHO  +  4  aq. 

berechnet  gefunden 

4  Aeq.  HO  13,68  13,15. 

Die  Isatin- Schwefelsäure  hat  eine  grofse  Verwandtschaft 
zu  den  Basen  und  treibt  selbst  stärkere  Mineralsäuren  aus 
ihren  Verbindungen  aus,  indem  sie  jedes  lösliche.  Salz. der 
Alkalien  oder  alkalischen  Erden  zersetzt,  unter  Krystallisation 
des  entsprechenden  einbasisch  -  isatinschwefelsauren  Salzes. 
Man  kann  sogar  das  Kali-  oder  Natronsalz  derselben  in  con- 
centrirter  Salzsäure  oder  Salpetersäure  auflösen  und  kochen, 
ohne  dafs  Zersetzung  eintritt,  indem  beini  Erkalten  und 
Stehen  das  ursprüngliche  Salz  wieder  unverändert  heraus- 
krystallisirt. 

Salpetersäure  übt  selbst  bei  längerem  Erhitzen  Jieinerlei 
zersetzende  Wirkung  auf  die  Säure  oder  deren  Salze  aus, 
eben  so  wenig  wie  caustische  Alkalien,  abgesehen  von  einer 
Ueberführung  in  ein  Salz  der  zweibasischen  Säure.  Königs- 
wasser oder  ein  Gemisch  von  Salzsäure  und  chlorsaurem  Kali 
zersetzen  die  Säure  in  der  Wärme,  jedoch  nur  langsam,  unter 
Bildung  eines  krystallinischen  Körpers,  den  wir  nach  den 
damit  angestellten  Reactionen  für  Chloranil  erkannten,  und 
dem  Auftreten  des  Geruches  nach  den  gechlorten  Phenes- 
säuren.  Chlor  in  die  wässerige,  kalte  oder  erwärmte,  Lösung 
der  Säure  geleitet  scheint  fast  keine  Veränderung  hervor- 
zubringen, obgleich  wir  den  Versuch  Tage  lang  unter  Mit- 
wirkung des  directen  Sonnenlichtes  fortgesetzt  haben,  lieber- 
zeugt,  dafs  auf  diese  Weise  die  Hervorbringung  der  mit 
Schwefelsäure  gepaarten  Chlor-  und  Bichlorisatinsäure  nicht 
möglich  sei,  versuchten  wir  diese  Verbindungen  direct  aus 
dem  Indigocarmin  zu  erhalten.  Wir  oxydirten  zu  dem  Zwecke 
den  Indigocarmin  einerseits  mit  unterchloriger  Säure,  d.  h. 
einem   Gemisch   von    unterchlorigsaurem   Natron    und   Essig- 


der  IndighlaU'  Schwefelsäure.  19 

sSore^  andererseits  fügten  wir  zu  einer  heirsen  und  concen- 
trirten,  stark  mit  Salzsäure  angesäuerten  Indigcarminauflösung 
nach  und  nach  eine  klare  Lösung  von  unterchlorigsaurem 
Natron  bis  zum  Verschwinden  der  blauen  Farbe.  In  beiden 
Fällen  schied  sich  nach  dem  Erkalten  ein  krystallinisches 
Pulver  aus,  weiches  sich  aber  bei  näherer  Prüfung  als  voll- 
kommen chlorfrei  und  als  nur  aus  einbasisch -isatinschwefel- 
saurem  Natron  bestehend  herausstellte. 

Die  Isatin- Schwefelsäure  löst  sich  in  Schwefelsäure  ohne 
Veränderung  und  kann  damit  erhitzt  werden,  ohne  dafs 
Schwärzung  eintritt.  Seide  und  Wolle  werden  durch  eine 
Lösung  der  Säure  orange  gefärbt.  Die  Säure  löst  sich  in 
Alkohol  schwieriger  wie  in  Wasser,  ohne  jedoch  leichter  aus 
der  alkoholischen  Lösung  zu  krystallisiren ;  dieselbe  ist  un- 
löslich in  Aether,  Benzol  und  verwandten  Körpern.  Ein 
Versuch,  die  Säure  zu  ätherificiren ,  führte  zu  keinem  Re- 
sultate; die  Säure  in  absolutem  Alkohol  gelöst  und  mit  trocke- 
nem salzsaurem  Gase  übersättigt  schied  jsich  nach  einigem 
Stehen  unverändert  wieder  ab.  Trockenes  Ammoniakgas  in 
die  alkoholische  Lösung  der  Säure  geleitet  veranlafst  eine 
dunkelrothe  Färbung  derselben  und  giebt  beim  Abdampfen 
klebrige  dunkelbraunrothe  Körper,  wahrscheinlich  aus  Amid- 
Verbindungen  der  Isatin- Schwefelsäure  bestehend.  Jodwas- 
serstoffsäure bewirkt  keine  Reduction  derselben ,  wohl  aber 
ein  Gemisch  von  Zink  mit  Salz-  oder  Schwefelsäure;  es  er- 
folgt dadurch  eine  vollkommene  Entfärbung  der  Säure,  an 
der  Luft  findet  aber  bald  wieder  Oxydation  statt,  indem  die 
vorher  farblose  Flüssigkeit  sich  langsam  von  oben  nach  unten 
wieder  orangeroth  färbt. 

Am  Interessantesten    ist  die   reducirende  Wirkung   des 

Schwefelwasserstoffs  auf  die  Isatin  -  Schwefelsäure  und  haben 

wir  dieselbe  aus  dem  Grundä  auch*  ausführlicher  untersucht. 

2* 


20      Q>  w,  A,  Schlieper,  über  die  Oxydaiionsproducte 

Freie  Isatin-^  Schwefelsäure  reducirt  sich  mit  Schwefel- 
wasserstoff unter  Abscheidung  von  Schwefel  zu  rosenroth 
gefärbten  sauren  Flüssigkeiten;  jedoch  gelang  uns  auf  diese 
Weise  die  Isolirung  der  entstehenden  Producte  weniger ,  als 
wenn  wir  uns  des  Schwefelammons  bedienten.  Eine  Lösung 
der  Isatin  -  Schwefelsäure  oder  des  Ammoniaksalzes  derselben 
mit  Schwefeiammon  versetzt  entfärbt  sich  schon  in  der  Kälte, 
und  im  Falle  man  keinen  Ueberschufs  des  letzteren  anwendet, 
unter  sofortiger  Abscheidung  von  Schwefel  und  dem  Ver- 
schwinden des  Geruchs  nach  Schwefelwasserstoff;  setzt  man 
mehr  Schwefeiammon  zu ,  so  wird  der  Geruch  nach  Schwefel- 
wasserstoff in  der  Kälte  bleibend,  um  erst  beim  Erwärmen 
rasch  zu  verschwinden.  Um  eine  möglichst  vollendete  Reac- 
tion  zu  erhalten,  verfuhren  wir  folgendermafsen  : 

Eiae  ziemlich  concentrirte  Lösung  der  Isatin -Schwefel- 
säure, etwa  1  Theil  Säure  auf  5  bis  6  Theila  Wasser ,  wurde 

kalt  mit  Ammoniak  bis  zur  schwach  alkalischen  Beaction  ver- 

« 

setzt,  die  Hälfte  des  Volums  der  angewandten  Säurelösuilg 
an  Schwefeiammon  zugefügt  und  bis  zum  Sieden  erwärmt« 
Die  Lösung  färbte  sich  braun  von  gelöstem  Schwefel  und 
roch  stark  nach  Ammoniak.  Wir  geizten  nun  nach  und  nach 
so  lange  Schwefeiammon  zu  der  kochenden  Lösung,  bis  der 
Geruch  nach  Schwefelwasserstoff  ein  bleibender  wurde.  Der 
gebildete  Schwefel  bleibt  auf  diese  Weise  ganz  in  Lösung 
und  scheidet  sich  erst  beim  Wegtreiben  des  überschüssigen 
Ammoniaks  durch  fortgesetztes  Kochen  ab.  Man  kocht  so 
lange  als  noch  eine  Spur  Ammoniak  entweicht  und  Gltrirt 
dann  vom  Schwefel  ah.  Auf  diese  W^eise  erhält  man  eine 
neutrale  blafsrolh  gefärbte  Lösung,  welche  fast  nur  aus  dem 

» 

Ammoniaksalz  einer  neuen  S#ure  besteht,  welche  wir  Hy-- 
drindinrSchwefehäure  nennen. 

Da  die  Hydriiidin -Schwefelsäure  in  alkalischer  Lösung 
durch  den  Sauerstoff  der  Luft  leicht  oxydirt  und  in  die  roth- 


der  Indtgblau-  Schwefelsäure.  21 

gefärbte  Indin- Schwefelsäure  übergeht,  welche  Reaction 
sofort  eintritt,  wenn  die  letzte  schützende  Spur  Schwefel- 
ammon  ausgetrieben  worden  ist,  so  ist' es  zweckmäfsig,  das 
Ammoniak  bei  Abschlufs  der  Luft  in  einem  Kolben  wegzu- 
kocben;  einmal  befreit  vom  überschüssigen  Ammoniak  ist 
wenig  Gefahr  der  Umsetzung  mehr  vorhanden.  Beim  Ab- 
dampfen der  Lösung  bis  zur  Syrupconsistenz  erstarrt  dieselbe 
zu  einem  weifsen,  fein  krystallinischen  Brei.  Man  rührt  den- 
selben mit  möglichst  wenig  eiskaltem  Wasser  an^  bringt  ihn 
auf  ein  Filter  und  verdrängt  mit  geringen  Mengen  kaltem 
Wasser  die  anhängende  etwas  klebrige  Mutterlauge,  und  er- 
hält so  fast  reines  hydrindin-schwefelsaures  Ammoniak  als 
ein  schneeweifses ,  fein  krystallinisches  Pulver,  welches  als 
schwerer  Schlamm  auf  dem  Filter  zurückbleibt. 

Zur  Analyse  der  Hydrindin- Schwefelsäure  zogen  wir 
vor,  uns  des  Barytsalzes  zu  bedienen,  welches  krystallisirt 
und  bequem  rein  zu  erhalten  ist.  Man  erhält  das  Barytsalz, 
indem  man  eine  Lösung  des  Ammoniaksalzes  mit  einem 
Ueberschufs  einer  Chlorbaryumlösung  versetzt,  in  welcher 
das  neugebildete  Barytsalz  fast  unlöslich  ist.  Die  Lösung  er- 
füllt sich  sogleich  mit  voluminösen  Krystallen  des  Barytsalzes ; 
ist  dieselbe  verdünnt  aber  erst  nach  einiger  Zeit,  und  dann 
besonders,  wenn  die  Wandungen  des  Gefäfses  mit  einem 
Glasstabe  gerieben  werden.  Dasselbe  bildet  nach  dem  Trock- 
nen ein  leichtes,  aus  glänzenden  weifsen  Schüppchen  beste- 
hendes Krystallpulver,  welches  beim  Liegen  an  der  Luft  leicht 
etwas  rötblich  wird. 

Eine  qualitative  Schwefelbestimmung  durch  Schmelzen 
des  Barytsalzes  mit  caustischem  Kali,  bis  die  Masse  weifs 
wurde,  Lösen,  Ansäuern  mit  Salzsäure  und  Abfiltriren  des 
einen  Aequivalents  BaO,  SOg  ergab  in  der  klar  filtrirten  Lösung 
noch  grofse Mengen  Schwefelsäure;  es  ist  also  demnach  mehr 
als  1  Aeq.  Schwefel  in  der  Verbindung  enthalten. 


22     G.  u.  A.  Schlieper,  über  die  Oxydationaproducte 
Zur  Analyse  wurde  das  Salz  bei  100^  getrocknet  : 

1,575  GmL  verloren  dabei  0,184  Grm.  Wasser. 

0,2995  Grm.  trockene  Substanz  binterliefsen  beim  Verbrennen  0,123 
Grm.  BaO,  SOg  =  0,08076  Grm.  BaO. 

0,290   Grm.   trockene    Substanz   gaben   0,1185  Grm.  BaO,  SO3    = 
0,07783  Grm.  BaO. 

0,644    Grm.    trockene    Substanz   gaben   bei    der   Verbrennung   mit 
chromsaurem  Blei  0,8048  Grm.  CO,  und  0,129  Grm.  HO. 

Aus  obigen  Zahlen   berechnet  sich   für  das  getrocknete 
Salz  die  Formel  : 

BaO,  CieHeNO,  2SO3, 

wie  sich  aus  dem  Vergleiche  der  berechneten  und  gefunde- 
nen Werthe  ergiebt  : 

berechnet  gefunden 

BaO  27,27  2^i96"''"^87 

C  34,22  34,08  ~ 

H  2,13  2,22  — 

Das  krystallisirte  Salz  enthält  4  Aeq.  Wasser  \ 

berechnet  gefunden 

Wasser  11,37  11,68. 

Die  Hydrindin- Schwefelsäure  würde  demnach  durch  die 
Formel  : 

CieHeNOSOa,  SOgHO 

auszudrücken  sein  und  eine  einbasische  Säure  darstellen. 
Man  kann  die  Säure  leicht  durch  Zersetzung  des  Barytsalzes 
mittelst  Schwefelsäure  erhalten ;  abgedampft  trocknet  dieselbe 
zu  einer  strahlig  -  krystailinischen ,  sehr  sauer  schmeckenden 
Hasse  ein ,  welche  sich  an  der  Luft  etwas  rötUich  färbt. 
Sie  giebt  mit  den  meisten  Metalloxyden  lösliche  Salze,  wenig- 
stens entstehen  durch  die  Säure  oder  die  Lösung  des  Baryt* 
Salzes  keine  Fällungen  in  den  betreffenden  Salzauflösungen. 
Mit  salpetersaurem  Silber  entsteht  erst  nach  Zusatz  von  Am* 
moniak  ein  weifser  unkryslallinischer  Niederschlagi  sich  am 
Lichte  und  beim  Kochen  schnell  zersetzend.  Die  Säure  ist 
sehr  leichtlöslich  in  Wasser ,  weniger  leicht  in  Alkohol  und 
nicht  daraus  krystallisirend ,  unlöslich  in  Aetber. 


der  IndigblaU'  Schwefelsäure.  23 

Am  Interessantesten  ist  die  Umwandlung,  welche  die 
Hydrindin-Schwefelsäure  durch  Oxydation  erleidet ;  wie  schon 
oben  erwähnt  nehmen  alkalische  Lösungen  dieser  Säure 
begierig  den  SauerstoflP  der  Luft  auf  und  verwandeln  sich  in 
Indin-Schwefelsäure.  Die  Salze  der  letztgenannten  Säure  sind 
vollkommen  unlöslich  in  fremden  Salzauflösungen  und  scheiden 
sich  aus  diesem  Grunde  beständig   in    unlöslicher  Form   aus. 

Versetzt  man  hydrindinschwefelsauren  Baryt    heifs    mit 
überschüssigem  kohlensaurem  Kali,   filtrirt  den  kohlensauren 
Baryt  unter  Luflabschlufs  rasch  ab  und  setzt  die  wasserklare 
Lösung  in  flachen  Gefafsen  der  Luft  aus,   so   färbt  sich   die 
Oberfläche  derselben  fast  momentan  schön  roth  und  überzieht 
sich  bald  mit  dicken  krystallinischen  Häuten  von  carminrother 
Farbe,  weiche  beim  Abnehmen  oder  Umrühren  immer  wieder 
auf's  Neue  erscheinen;   und  wenn  man  nur  Sorge  trägt,  die 
Oberfläche  oft  zu   erneuern,    um   der  Luft   freien  Zutritt  zu 
verschaffen,  so   ist  in  wenigen   Stunden    die   ganze   Menge 
der  Hydrindin-Schwefelsäure  in  indinsckwefehaures  Kali  ver- 
wandelt   worden.     Hydrindinschwefelsaurer   Baryt   mit   ver- 
dünntem Ammoniak  Übergossen  und  unter  häufigem  Umrühren 
der  Luft   ausgesetzt   geht  bald   in   prachtvoll   rothgefärbten 
indinschwefelsauren  Baryt  über.    Es  ist  nicht   einmal  erfor- 
derlich,   dafs    die    Lösungen    der    Hydrindin-Schwefelsäure 
alkalisch  seien,  sondern  in  vollkommen  neutralen,  sogar  sauren 
Lösungen  findet  schon  Oxydation  statt,  wie  die  rothe  Färbung, 
welche  freie  Hydrindin-Schwefelsäure  beim  Abdampfen   an- 
nimmt^ ja  auch  schon  andeutet.    Eine  wässerige  vollkommen 
reine  und  klare  Lösung  des  Barytsalzes  röthet  sich  nach  und 
nach  an  der  Luft,  obgleich  nur  sehr  langsam,  unter  Abschei* 
düng   roth  gefärbter  Flocken;   viel   rascher  geschieht   diese 
Umsetzung,  wenn  die  Lösung  beim  Zutritt  der  Luft  gekocht 
wird,    wo    sie    bald   anfängt   indinschwefelsauren   Baryt    in 
Menge  abzuscheiden. 


24     G.  u.  Ju  SchliepeTj  über  die  Oxydationsproducte 

Setzt  man  zu  einer  alkalischen  Lösung  der  Hydrindin- 
Schwefelsäure  eine  solche  von  Kaliumeisencyanid ,  so  gesteht 
die  ganze  Flüssigkeit  sofort  zu  einem  carminrothen  Brei  von 
indinschwefelsaurem  Kali,  während  gewöhnliches  Blotlaugen- 
salz  in  Lösung  bleibt.  Ebenso  erfolgt  auch  dieselbe  Beaction 
durch  einen  vorsichtigen  Zusatz  von  unterchlorigsaurem  Na- 
tron ;  das  einmal  abgeschiedene  Salz  widersteht  dann ,  ver- 
möge seiner  Unlöslichkeit,  auch  einem  Ueberschufs  des  Oxy- 
dationsmittels,  setzt  man  dagegen  sofort  einen  Ueberschufs 
des  letzteren  hinzu ,  so  geht  die  Oxydation  im  Entstehungs- 
momente direct  weiter,  und  es  entstehen  anderweitige,  farb- 
lose und  lösliche  Producte.  Hydrindinschwefelsaure  Salze 
mit  Salpetersäure  oder  Königswasser  erwärmt  gehen  voll- 
ständig in  die  entsprechenden  indinschwefelsauren  Salze  über, 
ohne  dafs  dabei  die  Bildung  einer  Nitroverbindung  stattfindet; 
wir  haben  uns  sowohl  durch  Versuche  als  Analysen  davon 
positiv  überzeugt.  Die  freie  Säure  mit  einigen  Tropfen  Sal- 
petersäure erwärmt  verwandelt  sich  ebenfalls  in  die  blutroth 
gefärbte  Indin -Schwefelsäure. 

Wir  benutzten  die  eben  angeführte  Beaction,  um  gröfsere 
Mengen  der  Indin -Schwefelsäure  darzustellen,  indem  wir 
dazu  die  einen  grofsen  Ueberschufs  von  Chlorbaryum  ent- 
haltenden Mutterlaugen  des  hydrindinschwefelsauren  Baryts 
verwandten.  Nach  Zusatz  von  Salpetersäure  wurden  diesel- 
ben kochend  eingedampft;  die  Lösung  färbte  sich  dabei  an- 
fangs schwach  rothgelb,  bei  einem  gewissen  Concentrations- 
grade  wurde  dieselbe  fast  plötzlich  schwarzroth  und  in  dem- 
selben Momente  fand  eine  vollkommene  Abscheidung  des 
neuen  Barytsalzes  als  dunkelrothes  voluminöses  krystallini« 
sches  Pulver  statt,  während  durch  die  plötzlich  freiwerdende 
latente  Wärme  die  Masse  von  selbst  in  heftiges  Sieden  und 
Stofsen  gerieth,  so  dafs  geräumige  Gefäfse  erforderlich  sind, 
um  die  Operation  auf  diese  Weise  ohne  Verlust  auszuführen. 


I 


der  IndigblaU'  Schwefelsäure.  25 

Wir  waren  im  Falle,  dieselbe  mebreremale  mit  gröfseren 
Mengen  hydrindinschwefelsaurem  Baryt  wiederholen  zu  müssen, 
und  modificirten  dieselbe  auf  die  Weise,  dafs  wir  die  Lösung 
nach  Zusatz  von  etwa  5  bis  10  Volumproeenten  Salpetersäure 
auf  dem  Wasserbade  eindampften  und  von  Zeit  zu  Zeit  «klei- 
nere Quantitäten  auf  einem  Uhrglase  versuchten^  um  den 
Punkt  zu  erkennen,  bei  dem  die  Beaction  bald  erfolgen  mufste, 
was  bei  einiger  Uebung  nicht  schwer  war.  Wir  nahmen  die 
Schale  sodann  vom  Wasserbad  und  setzten  eine  kleine 
Menge  des  schon  fertig  gebildeten  Salzes  hinzu  ^  um  die  Re- 
action  einzuleiten,  welche  dann  auch  sehr  bald  vollkommen 
und  ruhig  erfolgte.  Die  Flüssigkeit  erstarrte  dabei  zu  einem  ^ 
fast  schwarzrothen  seideglänzenden  dicken  Brei,  blasig  auf- 
getrieben von  sich  langsam  entwickelhUer  salpetriger  Säure. 
Nach  dem  vollständigen  Erkalten  filtrirt  man  den  indinschwe- 
feisauren  Baryt  ab  und  entfernt  die  Mutterlauge  durch  Wa- 
schen mit  kaltem'  Wasser.    Es  bilden  sich  bei  dieser  Opera- 

9 

tion  noch  kleine  Mengen  anderer  Zersetzungsproducte ,  die 
in  der  sauren  Flüssigkeit  gelöst  bleiben  und  dieselbe  braun- 
gelb färben. 

Indinschwefdsaurer  Baryt^  BaO,  C16H5NO2,  2SO3+  2aq. 
—  Man  erhält  dieses  Salz  in  zwei  ganz  von  einander  ab- 
weichenden Formen,  je  nach  der  Bereitung  desselben.  Durch 
Oxydation  mit  Salpetersäure  erhält  man  dasselbe  von  dunkel- 
rothbrauner  Farbe,  ähnlich  derjenigen  des  Bleisuperoxyds, 
als  ein  aus  vielen  feinen  Nadeln  bestehendes  leichtes  Pulver, 
Eine  ganz  andere  Farbe  zeigt  dieses  Salz,  wenn  man  es  durch 
Oxydation  der  alkalisch  gemachten  Lösung  des  hydrindin- 
schwefelsauren  Baryts  darstellt.  Wie  oben  erwähnt  ver- 
wandelt sich  letzterer  mit  verdünntem  Ammoniak  Übergossen 
an  der  Luft  nach  und  nach  in  einen  sehr  voluminösen  kry- 
stallinischen  Niederschlag.  Nach  12  Stunden  ist  die  Um- 
setzung in  flachen   Schalen    in    der   Regel    vollendet;    man 


26      O.  u,  A.  Schlieper,  über  die  Oxt/daiionsproducte 

setzt  dann  Essigsäure  hinzu,  um  eine  kleine  Menge  kohlen- 
sauren Baryt  aufzulösen,  welche  sich  gebildet  hat;  das  neue 
Barytsalz  ist  darin  unlöslich,  man  filtrirt  und  süfst  mit  weni- 
gem Wasser  aus.  Nach  dem  Trocknen  stellt  sich  das  Salz 
als  ein  prächtiges  und  fein  krystallinisches  Pulver  von  einer 
schönen  und  feurigen  Carminfarbe  dar.  Das  Salz  ist  unlös- 
lich in  barythaltigen  Lösungen;  ziemlich  löslich  in  reinem 
Wasser,  aus  der  wässerigen  Lösung  scheidet  es  sich  nach 
Zusatz  von  Chlorbaryum  in  grofsen  zusammenhängenden 
Flocken  sofort  wieder  aus;  dieselben  sind  aber  von  viel 
hellerer  Farbe ^  die  wässerige  Lösung  ist  hellroth  gefärbt. 
Die  Verbindung  ist  unlöslich  in  Alkohol,  ebenso  in  kalter 
Salzsäure,  Essigsäure  und  Salpetersäure,  welche  das  Salz  nur 
beim  Erwärmen^  aber  schwierig  lösen.  Beim  Schmelzen  mit 
Kalihydrat  läfst  sich  mehr  als  ein  Aequivalent  Schwefel ,  auf 
ein  Aequivalent  Baryt  nachweisen.  Wir  haben  Analysen  so- 
wohl von  dem  dunkelbraunen,  als  von  dem  rothen  Barytsalz 
gemacht  und  die  Zusammensetzung  vollkommen  übereinstim- 
mend gefunden.  Zur  Analyse  wurde  das  Salz  bei  100^  ge- 
trocknet : 

0,410  Grm.    trockene    Substanz    gaben    0,1639  Grm.  BaO,  SOg    = 
0,1077  Grm.  BaO. 

0,313  Grm-    trockene    Substanz    gaben    0,1275  Grm.  BaO,  SOa    = 
0,0837  Grm.  BaO. 

0,4132  Grm.    trockene  Substanz  gaben    0,1662  Grm.  BaO,  SO,   = 
0,1091  Grm.  BaO. 

0,343  Grm.    trockene   Substanz    gaben   0,1388  Grm.  BaO,  SOs    = 
0,09106  Grm.  BaO. 

0,5442  Grm.  trockene  Substanz  gaben  bei  der  Verbrennung  0,6713 
Grm.  COj  und  0,099  Grm.  HO. 

0,622  Grm.  lufttrockenes  Salz  verloren  bei  100®   getrocknet  0,0402 
Grm.  Wasser. 

0,6895  Grm.  lufttrockenes  Salz  verloren  bei  100®  getrocknet  0,0445 
Grm.  Wasser. 


der  IndigblaU' Schwefelsäure.  27 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich  für  das  bei  \(Xfi  gfe- 
trocknete  Salz  die  Formel  : 

BaO,  CiflHsNOa,  2  ßO« 
berechnet  gefunden 

BaO        26,60  26,27     26,74    26,4     26,54 

C  33,39  33,64      —        ~        — 

H  1,74  2,02       —        —        — 

Für  das  krystallisirle  Salz  : 

BaO,  CjeHßNOj,  2  öOs  +  2  aq. 
berechnet  gefunden 

2  HO  5,89  6,46        6,46. 

Indinachwefebaurea  Kali^  KO,  CieHöNOj,  2  SO3  +  5  aq. 
—  Man  kann  dieses  Salz  leicht  auf  verschiedene  Weise  er- 
halten und  zeigt  es  in  der  Färbung  ein  ähnliches  Verhalten, 
wie  das  Barytsalz.  Durch  Oxydation  der  hydrindinschwefel- 
sauren  Kalilösung  an  der  Luft  oder  durch  rothes  Blutlaugen- 
salz erhält  man  es  als  einen  carminrothen  voluminösen  Nie- 
derschlag, vollkommen  unlöslich  in  kalihaltigen  Lösungen. 
Versetzt  man  dagegen  eine  heifse  Lösung  der  Indin-Schwefel- 
säure  mit  einem  Ueberschufs  irgend  eines  Kalisalzes,  Chlor- 
k0lium  z.  B.,  so  krystallisirt  das  Salz  beim  Erkalten  in  fast 
metallisch  glänzenden  verflizten  Nadeln  von  tief  dunkelrother 
Farbe,  welche  so  voluminös  sind,  dafs  sie  die  ganze  Flüssig- 
keit erfüllen.  Trocken  bildet  das  Salz  eine  leichte  Hasse, 
zu  einem  Pulver  zerreiblich,  welches  in  Farbe  der  zerrie- 
benen Cochenille  vollkommen  ähnlich  ist.  Das  Salz  löst  sich 
in  etwa  8  bis  10  Theilen  Wasser  mit  blutrother  Farbe. 

0,2135  Grm.  bei  IW  getrocknetes  Salz  gaben  0,0715  Grm.  KO,  SOg 
=  0,0386  Grm.  KO. 

0,213  Grm.  bei  100<>   getrocknetes  Salz  gaben  0,072  Grm.  KO,  SOg 
=  0,0388  Grm.  KO. 

1,2950  Grm.  lufttrockenes  Salz  yerloren  bei  100°  getrocknet  0,1845 
Grm.  HO. 

1,227  Grm.   Infttrockenes  Salz  yerloren    bei  100°   getrocknet  0,176 
Grm.  HO. 


28     G,  u.  A.  Schlieper^  über  die  Oxydationsproducte 

Hieraus  berechnet  sich  für  das  trockene  Kalisalz  die 
Formel  : 

KO,  CieHjNOg,  2  SO, 
berechnet  gefanden 

KO  18,21  18,09         18,21. 

Für  das  krystallisirte  Salz  : 

KO,  CißHßNOj,  2  SOs  +  5  aq. 

berechnet  gefunden 

HO  14,85     .  14^24"^^"1^4. 

Indinschwefelsaures  Silber y  AgO ,  CieHsNOg ,  2  SO3.  — 
Man  erhält  dieses  Salz  am  besten  durch  Vermischen  einer 
Lösung  der  freien  Indin  -  Schwefelsäure  mit  überschüssigem 
salpetersaurem  Silber,  denn  dieses  Salz  theilt  mit  allen  an- 
deren indinschwefelsauren  Salzen  die  Eigenschaft,  in  Salz- 
auflösungen unlöslich  zu  sein.  Es  scheidet  sich  in  kleinen 
braunrothen  und  voluminösen  Nadeln  ab.  Wir  stellten  diese 
Verbindung  zuerst  aus  dem  Kalisalze  dar,  durch  die  Analyse 
ergab  sich  aber  bald,  dafs  wir  es  nur  mit  einem  Gemisch 
von  Silber-  und  Kalisalz  zu  thun  hatten ;  durch  die  Unlöslich- 
keit der  indinschwefelsauren  Salze  in  jeder  Salzauflösung  ist 
die  Darstellung  derselben  durch  doppelte  Zersetzung  wohl 
unmöglich.  Das  bei  100^  getrocknete  Salz  wurde  der  Analyse 
unterworfen  : 

0,4346  Grm.  trockene  Substanz  gaben  0,1892  Grm.  AgCl  =  0,1425 
Grm.  Ag. 

0,547  Grm.    trockene  Substanz   gaben  mit  chromsaurem  Blei  ver- 
brannt 0,589  Grm.  CO,  und  0,0781  Grm.  HO. 

Aus  diesen  Werthen  ergiebt  sich  für  das  Silbersalz  fol- 
gende Zusammensetzung  : 

AgO,  CjßHjNO,,  2  SOs. 

berechnet  gefunden 

Ag        33,02  32,76 

C         29,36  29,36 

H  1,53  1,58. 


i 


der  Indiffblau- Schwefelsäure.  29 

Die  Indin  -  Schwefelsäure  läfst  sich  aus  dem  Barytsaize 
durch  Zersetzung  desselben  mit  Schwefelsäure  darstellen, 
und  zwar  erfolgt  dieselbe  bei  der  rothen  Modification  viel 
leichter^  als  bei  der  braunen;  bei  letzterer  mufs  man  anhal- 
tend mit  Schwefelsäure  kochen,  um  eine  vollkommene  Zer- 
setzung zu  Wege  zu  bringen.  Man  erhält  die  Säure  als  eine 
tief  dunkelrothe  Flüssigkeit  von  stark  färbender  Kraft;  die 
Farbe  ist  ähnlich  derjenigen  des  Schwefelcyaneisens.  Beim 
Abdampfen  erhält  man  einen  Syrup,  der  nach  einiger  Zeit 
krystallinisch  erstarrt;  die  Säure  ist  schwerlöslijch  in  Alkohol, 
Aether  fäUt  die  alkoholische  Lösung  in  rothen  Flocken.  Die 
wässerige  Lösung  färbt  Wolle  und  Seide  scharlachroth. 

Die  Säure  scheint  fast  mit  allen  Metalloxyden  lösliche 
Salze  zu  bilden;  dieselben  entstehen  leicht,  wenn  man  die 
Säure  mit  der  betreffenden  Metalloxydlösung  im  Ueberschufs 
mischt.  Das  Kupfer-,  Blei-,  Kalk-  und  Ammoniaksalz  kry- 
stallisiren  in  feinen  J)raunrothen  wolligen  Nadeln;  letzteres 
entstebt  durch  Vermischen  mit  einer  Salmiaklösung  und  hat 
grofse  Aehnlichkeit  mit  dem  Kalisalze.  Beim  trockenen  Er- 
hitzen der  Salze  sublimirt  eine  schönrothe  krystallinische 
Substanz»  unter  Verbreitung  eines  characteristischen  Geruchs, 
ähnlich  demjenigen  des  sublimirenden  Indigoblau's. 

Versetzt  man  Indin -Schwefelsäure  mit  caustischer  Kali- 
oder Natronlösung  im  Ueberschufs,  so  entsteht  Anfangs  eine 
violettrothe  Farbe ,  welche  beim  Erwärmen  sofort,  aber  auch 
schon  in  der  Kälte  nach  einigem  Stehen  verschwindet,  um 
blafsröthlich ,  fast  farblos  zu  werden.  In  einer  ähnlichen 
Weise  verhält  sich  auch  das  Barytsalz;  mit  überschüssigem 
Barytwasser  gekocht  löst  es  sich  mit  blafsröthlicher  Farbe 
auf.  Setzt  man  nun  zu  einer  dieser  entfärbten  Lösungen 
irgend  eine  stärkere  Säure ,  z«  B.  Salzsäure,  so  färbt  sich 
dieselbe  sofort  gelb ;  erwärmt  man  zum  Sieden ,  so  tritt  auf 
einmal   die    dunkelrothe    Färbung    der    Indin -Schwefelsäure 


30     G.  tt.  -4.  Schliepery  über  die  Oocydationsproducte 

wieder  ein  und  fast  momentan  beginnt  auch  die  Abscheidung 
des  Kall-  oder  Barytalzes.  Wir  haben  es  hier  unzweifelhaft 
mit  derselben  interessanten  Umwandlung  zu  thun,  durch 
welche  Isatin  in  Isatinsöure,  einbasische  Isatinschwefelsäure 
in  die  zweibasische  Säure  verwandelt  wird^  indem  die  Indin- 
Schwefelsäure,  angeregt  durch  einen  Ueberschufs  von  Base, 
Wasser  aufnimmt  und  sich  in  eine  andere  Säure  verwandelt. 
Es  gelang  uns  nicht,  die  neue  Säure  oder  deren  Salze  in 
krystallinischer  Form  zu  erhalten;  dieselben  trocknen  za 
einer  gelblich  gefärbten  Hasse  ein»  Alle  Säuren  färbten 
dieselbe  lebhaß  gelb,  beim  Erhitzen  in  Indin  -  Schwefelsäure 
übergehend ;  Essigsäure  ist  eben  so  wenig  wie  bei-  der  Isatin- 
Schwefelsäure  im  Stande,  die  Ueberfährung  zu  bewirken. 
Alkohol  fällt  die  Lösung  des  Barytsalzes  in  strohgelben  sehr 
voluminösen  Flocken,  welche  zu  einer  hellbräuniichen  hom- 
artigen  Masse  eintrockneUi  Da  die  Zusammensetzung  des 
Körpers,  welchen  Laurent  Flavindin  nennt,  einer  Verbin* 
düng  von  Indin  mit  einem  Aequivalent  Wasser  entspricht^ 
so  lassen  wir  dahingestellt  sein,  ob  die  eben  erwähnte  Säure 
nicht  eine  gepaarte  Verbindung  dieses  Körpers  mit  Schwefel- 
säure, also  Flavindin-Schwefelsäure  sei. 

Durch  Reduction  mit  Schwefelwasserstoff  entsteht  aus 
der  Indin -Schwefelsäure  wiederum  Hydrindin*Schwefelsäure, 
und  nichts  ist  leichter,  als  durch  Oxydation  oder  Reduction 
die  eine  dieser  Säuren  in  die  andere  zu  verwandeln.  Be« 
handelt  man  eine  heifse  Lösung  der  Indin<-Schwefelsäure  mit 
Schwefelwasserstoff,  so  findet  sehr  langsam,  unter  Absoheif 
düng  von  Schwefel,  eine  Entfärbung  statt;  fast  augenblicklich 
erfolgt  die  Einwirkung,  wenn  man  eine  ammoniakaliscbe  Lö^ 
sung  der  Säure  mit  Schwefelwasserstoff  behandelt,  oder 
Schwefelammon  zu  derselben  setzt;  nach  dem  Wegkochen  dei) 
Airimoniaks  und  Abfiltriren  des  Schwefels  erhält  man  eine 
farblose    Lösung    des    hydrindinschwefeisauren    Ammoniaks, 


der  IndigMau-  Schwefelsäure,  31 

welche  nach  Zusatz  von  Chlorbaryum  eine  reichliche  Krystal- 
lisation  von  hydrindinschwefelsaurem  Baryt  liefert.  Zink  be- 
wirkt ebenfalls  in  der  angesäuerten  Lösung  der  Indin- 
Schwefelsäure  Entfärbung  und  Beduction,  obgleich  langsam. 
Indin-Schwefelsaure  und  zwei  Aequivalent  Schwefelwasser- 
stoff geben  Hydrindin- Schwefelsäure,  zwei  Aeq.  Schwefel 
und  Wasser  : 

C^eHflNOgSOa,  80,H0  +  2  SH  =  CigHeNOSOa,  SOjHO  +  2  8  +  HO. 

Nimmt  man  an,  dafs,  nach  Analogie  des  Indigoblau*s  und 
Isatins,  bei  der  Verbindung  derselben  mit  Schwefelsäure  ein 
Aequivalent  Wasser  austritt,  und  nehmen  wir  die  Formel 
Laurent's  für  Flavindin  CieHeNOa  als  richtig  an,  so  müfste 
unsere  neue  Säure  eigentlich  als  Flavindin  -  Schwefelsäure 
betrachtet  werden  :  deHeNOa  4-  2  SOs  =  C16H5NO2 ,  2  SOs 
-{-  HO.  Die  physischen  Eigenschaften,  die  Färbung  vor  allem, 
hat  dagegen  eine  solche  Uebereinstimmung  mit  dem  Indin, 
dafs  wir  sie  nur  als  eine  Verbindung  dieses  Körpers  mit 
Schwefelsäure  ansehen  können ,  trotzdem  dafs  in  diesem  Falle 
die  Säure  1  Aeq.  HO  zu  viel  enthalten  würde  oder  aus  Indin 
4*  2  SOs  ohne  Wasseraustritt  entstände.  Die  Indin-Schwefel- 
säure  unterscheidet  sich  von  der  Indigblau-Schwefelsäure  nur 
durch  i  Aeq.  Wasser,  was  die  erstere  mehr  enthält  : 

Indigblau-Schwefels&ure  =  CieH4N0,  SO«,  SOgHO 
Indin -Schwefelsäure        =  CieHgNOj,  SOg,  80,H0. 

Wir  betrachten  den  Zusammenhang  der  Hydrindin-  und 
Indin-Schwefelsäure  in  ähnlicher  Weise,  wie  denjenigen  des 
weifsen  und  blauen  Indigo's,  nämlich  die  erstere  als  eine 
Wasserstoffverbindung  der  letzteren,  und  haben  demgemäfs 
den  Namen  derselben  von  der  Indin-Schwefelsäure  abzuleiten 
gesucht,  ohne  Rücksicht  auf  das  Hydrindin  Laurent's, 
welches  nur  eine  Wasseraufnahme  des  Indins  bedingt.  Lau-^ 
rent  giebt  dem  Indin  die  Formel :  C88H10N8O4,  welche  jeden- 
falls halbirt   werden  mufs,   wenn  man   nicht  annehmen  will, 


32    O.  u.  A,  Schliepery  über  die  Oxyddtionaproducte 

dafs  sich  4  Aeq.  SOs  mit  1  Aeq.  Indin  verbinden^  um  2  Aeq. 
Indin  -  Schwefelsäure  zu  bilden.  Möglicherweise  giebt  sogar 
ein  genaueres  Studium  der  Indin  -  Schwefelsäure  und  ihrer 
Derivate  den  Schlüssel  zur  besseren  Erkenntnifs  der  direet 
aus  dem  Isatyd  entstehenden  Verbindungen,  welche  bei  wei- 
tem noch  nicht  hinreichend  aufgeklärt  sind. 

Wir  können  die  Indin  -  Schwefelsäure  nicht  verlassen, 
ohne  noch  der  dicken  syrupartigen  Mutterlauge  zu  erwähnen, 
welche  vom  rohen  hydrindinschwefelsauren  Ammoniak  ab- 
filtrirt  wurde.  Dieselbe  enthält  andere  Körper ,  welche  aber 
den  Reactionen  nach  im  Zusammenhang  mit  der  Indin-Schwe- 
felsäure  stehen.  Kocht  man  die  Mutterlauge  mit  kohlensaurem 
Baryt,  bis  alles  Ammoniak  als  kohlensaures  Ammoniak  ver- 
jagt worden  ist^  und  überläfst  die  stark  eingedampfte  bräun- 
lich gefärbte  Lösung  sich  selbst,  so  krystallisirt  aus  derselben 
nach  einiger  Zeit  ein  Barytsalz  in  harten  weifsen  Krusten. 
Dasselbe  ist  in  alkalischer  Lösung  an  der  Luft  unveränderlich, 
wodurch  es  sich  vom  hydrindinschwefelsauren  Baryt  unter- 
scheidet, giebt  aber  mit  Salpetersäure  stark  eingedampft  eine 
ähnliche  Reaction,  wie  letzterer ,  obgleich  viel  träger  und 
langsamer;  es  scheidet  sich  dabei  ein  Barytsalz  als  gelatinöse 
rothbraune  Masse  ab,  welche  Aehnlichkeit  mit  indinschwefel- 
saurem  Baryt  hat,  uns  aber  nicht  als  identisch  mit  demselben 
erschien.  Beim  Trocknen  bei  120^  verlor  das  Salz  15,73  pC. 
HO  und  nach  zwei  übereinstimmenden  Analysen  des  bei  120^ 
getrockneten  Salzes  wurden  21,4  bis  21,5  pC.  Baryt,  also 
1  Aeq.  BaO  auf  6,2  Aeq.  HO  erhalten.  Es  berechnet  sich 
hieraus  ein  Atomgewicht,  welches  bedeutend  höher  ist,  als 
dasjenige  der  bisher  untersuchten  Säuren;  Mangel  an  Sub- 
stanz verhinderte  uns,  die  Untersuchung  dieser  Verbindung 
zu  vollenden. 

Bei    den   ersten  Darstellungen   des  indinschwefelsauren 
Baryts  benutzten  wir  die  Mutterlaugen  des  hydrindinschwefel- 


der  Indiffblau^  Schwefelsäure.  33 

sauren  Baryts ,  welche  jedenfalls  oben  angedeutete  Verbin- 
dungen enthielten;  wir  oxydirten  dieselbe  mit  Salpetersäure 
und  erhielten  rothe  Niederschläge  von  durchaus  wechselndem 
Barytgehalt.  Bei  den  Analysen  der  getrockneten  Verbin- 
dungen wurden  26,57  pC;  27,51  pC;  38,99  pC.  und  46,55 
pC/ Baryt  erhalten.  Diese  Barytsalze  wurden  gemeinsam  mit 
Schwefelsäure  zersetzt  und  Kalisalz  daraus  bereitet;  letzteres 
gab  bei  zwei  Verbrennungen,  einmal  38,67  pC.  C  und  1,88 
pC.  H,  das  anderemal  39,13  pC.  C  und  1,91  pC.  H,  also  ein 
relatives  Aequiyalentverhältnifs  von  Kohlenstoff  zum  Wasserstoff 
wie  16  :  4V8,  während  dasjenige  des  Kalks  zum  Kohlenstoff 
1  :  16,7  betrug;  ein  Beweis,  dafs  sich  noch  andere  rothe 
Körper  bildeten,  welche  die  Indin-Schwefelsäure  verunreinigen 
und  begleiten  können.  Wir  erhielten  erst  constante  und  reine 
Verbindungen  der  letzteren,  als  wir  uns  zur  Darstellung  der- 
selben des  reinen  und  krystallisirten  hydrindinschwefeisauren 
Baryts  bedienten. 

Wir  haben  schliefslich  noch  einer  dritten  Säure  zu  er- 
wähnen, welche  dem  Reductionsprocefs  der  Isatin-Schwefel- 
säure  mit  Schwefelammon  ihr  Entstehen  verdankt.  Wir  er- 
hielten dieselbe  vor  der  Auffindung  der  beiden  vorhergehen- 
den Säuren  und  haben  dieselbe  mehreremale  auf  folgende 
Weise  dargestellt  :  Isatin  -  Schwefelsäure  wurde  mit  über- 
schüssigem Schwefelammon  kochend  reducirt  und  der  Schwefel 
abfiltrirt;  statt  nun  wie  bei  der  Bereitung  der  Hydfindin- 
Schwefelsäure  zum  Syrup  abzudampfen,  wurde  sofort  ein 
Ueberschufs  von  caustischem  Baryt  zugesetzt  und  durch 
Kochen  alles  Ammoniak  vertrieben,  durch  Kohlensäure  der 
Ueberschufs  des  Baryts  entfernt  und  die  klare  gelbliche  Lö- 
sung stark  eingedampft.  Rasch  eingetrocknet  bildete  die- 
selbe eine  spröde  glänzende  und  gummiartige  Masse;  blieb 
die  concentrirte  Lösung  dagegen  mehrere  Tage  sich  selbst 
überlassen  stehen,  so  brystallisirte  dieselbe  in  weifsen,  dem 

Axmal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  1.  Heft.  3 


34     O.  u.  A.  Schlieper^  über  die  Oxydationsproducte 

Getäfse  fest  anhaftenden  Krusten.  Dieselben  wurden  durch 
Umkrystailisiren  in  harten,  klaren ,  farblosen  und  äufserst 
glänzenden  Krystallen  erhalten  und  bildeten  so  das  Barytsalz 
einer  neuen  Säure»  welche  wir  yorläuBg  Leucmdin-  Schwefel'' 
säure  nennen  wollen. 

Beim  Trocknen  des  Salzes  in  höherer  Temperator  findet 
unter  Wasserveriust  eine  Zersetzung  desselben  statt;  dasselbe 
färbt  sich  dabei  roth  und  bei  einer  Temperatur  von  180  bis 
200^  fast  schwarzroth ;  übergiefst  man  dasselbe  mit  Wasser, 
so  bleibt  ein  donkelrothbraunes  Pulver  ungelöst  zurück, 
weiches  indinsehwefelsanrer  Baryt  zu  sein  scheint,  während 
die  abfiltrirte  farblose  Lösung  wiederum  ein  weifses  Barytsalz 
krystallinisch  abscheidet. 

Im  Wasserbade  getrocknet  verliert  das  Salz  11,7  pC. 
und  bei  einer  Temperatur  von  110  bis  120^  14,3  pC.  Wasser, 
bei  welcher  Temperatur  jedoch  die  eintretende  rothe  Farbe 
eine  beginnende  Zersetzung  anzeigte.  Da  das  Salz  bei  hö- 
herer Temperatur  nicht  gut  von  constanter  Zusammensetzung 
erhalten  werden  konnte,  so  zogen  wir  vor,  die  Analysen  mit 
dem  lufttrockenen  krystallisirten  Salze  vorzunehmen  : 

0,593  Grm.  Substanz  gaben  0,2005  Grm.  BaO,  80,=  0,1316  Grm.  BaO. 

0,634     „  „  ,      0,2135     „  «         „   0,1402     „        n 

0,7089  Grm.  Substanz  gaben  mit  chromsaurem  Blei  yerbrannt  0,7245 
Grm.  CO,  und  0,3365  Grtn.  HO. 

0,6133  Grm.  Subutanz  gaben  0,6335  Grm.  CO,  und  0,3207  Grm.  HO. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich  die  Formel  : 

BaO,  C^eHiaNOft,  2  00, 

berechnet  geftmden 

BaO  22,27  22,19         23,09 

C  27,94  27,S7         28,16 

.H  8,78  8,71  8,99. 

Bei  iOO<»  getrocknet  vertor  dfts  SaisB  11,65  pC.  HO,  bei 
120<^    14^  pC.  HO.  ^    Wir  nehmen  in  dem  Salze  5  Aeq. 


der  IndtgbhU'  Schwefeliäure.  35 

Wasser  an;  4  Aeq.  Wasser  würden  10,7  pC.  und  6  Aeq. 
.  Wasser  15,3  pC.  HO  ausmachen. 

bereohnet  geftinden 

5  Aeq.  HO        13,1  (11,65  bis  14,3) 

Im  Mittel         12,97  pG. 

Es  ist  dieses  eine  Annahme^  welche  den  Beobachtungen 
am  nächsten  liegt. 

Der  leucindinschwefelsaure  Baryt  wfire  demnach   durch 
die  Formel  : 

BaO,  CieHgNOa,  2  SO»  +  5  aq. 

auszudrucken  und  die  Säure  selbst  hätte  demnach  die  Zusam- 
mensetzung der  äydrindin-Schwefelsäure  -j-  2  Aeq.  Wasser. 
Durch  Zersetzen  des  Barytsalzes  mit  Schwefelsäure  erhält 
man  die  neue  Säure  als  eine  farblose  Flüssigkeit^  zu  einer 
weifsen  krystallinischen  Masse  eintrocknend.  Dieselbe  ist 
schwerlöslich  in  Alkohol,  sehr  leichtlöslich  in  Wasser  und 
von  stark  saurem  Geschmack.  Von  der  Hydrin din-Schwefel- 
s'äure  unterscheidet  sich  diese  Säure  dadurch,  dafs  ihre  alka- 
lischen Lösungen  weder  durch  den  Sauerstoff  der  Luft,  noch 
durch  Oxydationsmittel  roth  werden  und  in  Indin  -  Schwefel- 
säure übergehen.  Salpetersanres  Silber  giebt  mit  dem  Baryt- 
salze keine  Fällung;  nach  Zusatz  von  Ammoniak  entsteht  ein 
weifser  flockiger  Niederschlag ,  der  beim  Erwärmen  schnell 
braun  wird.  Essigsaures  Blei  giebt  keinen  Niederschlag.  Mit 
Salzsäure  oder  Salpetersäure  gekocht  färbt  sich  die  Lösung 
des  Barytsalzes  gelblich  und  erst  beim  vollständigen  Eintrocknen 
der  Lösung  findet  eine  Reaction  stalt,  wodurch  indinschwefel- 
saurer  Baryt  entsteht.  Mit  Kalilauge  erwärmt  entsteht  keine 
Veränderung. 


3* 


36  Linnemann,  Untersuchung 

Untersuchung  über  das  Cyansulfid; 
von  F.  linnemann. 


Die  Suifocyansäure  wird  von  der  Typentheorie  dem 
Typus  Wasser   zugerechnet.    Man   stellt  sie   dar  durch   die 

Formel:  t7|&9  welche  anzeigt,  dafs  dieser  Körper  Schwefel- 
wasserstoff sei,  in  dem  ein  Atom  Wasserstoff  durch  das  Ra- 
dical  Cyan  ersetzt  ist. 

Es  sind  bis  jetzt  keine  Versuche  veröffentlicht ,  welche 
bezwecken,  auch  das  zweite  Atom  Wasserstoff  durch  dasselbe 
Radical  zu  ersetzen  und  so  das  Anhydrid  der  Suifocyansäure 
darzustellen.  Und  doch  ist  diese. Substitution  leicht '  auszu- 
führen durch  dieselbe  allgemeine  Methpde,  welche,  gewöhn- 
lich angewendet  wird,  wasserfreie  Säuren  darzustellen,  näm- 
lich durch  Einwirkung  des  Chlorids,  Bromids  oder  Jodids  des 
Säureradieales  auf  ein  Salz  der  Säure  selbst. 

Ich  habe  mich  mit  Vortheil  des  Jodcyans^J  und  Sulfo- 
cyansilbers  bedient;  die  glatte  Reaction,  wobei  nur  Jodsilber 
und  Cyansulfid  gebildet  wird ,  geht  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  kurzer  Zeit  vor  sich,  nur  ist  es  nothwendig, 
dafs  man  Jodcyan  und  Sulfocyansilber  im  Zustand  der 
Trockenheit  möglichst  innig  mische.  * 

Da  eine  mechanische  Mischung  der  beiden  festen  Körper 
unmöglich  ist,  mi|fs  man  eine  ätherische  Jodcyanlösung  mit 
der   entsprechenden  Menge  Silbersalz  unter   fortwährendem 


*)  Jodcyan  läfst  sich  leicht  in  gröfseren  Mengen  darstellen,  wenn 
man  zu  trocknem',  fein  geriebenem  Cyanqnecksilber  die  doppelte 
Gewichtsmenge  in  Aether  gelösten  Jods  giebt.  Unter  starkem 
Erhitzen  ist  die  Umsetzung  fast  sogleich  beendigt.  Man  yerdampft 
die  ätherische  Jodcyanlösung  und  das 'so  erhaltene  Jodcyan  kann 
durch  nochmaliges  Lösen  and  Verdampfen  ypn  etwas  Jodqueck- 
silber befreit  werden,  welches  ihm  in  geringer  Menge  von  dieser 
ersten  Operation  beigemengt  ist. 


über  das  Cyansulfid.  37 

« 

Kmrühren  auf  einem  warmen  Sandbade  verdunsten  und 
namentlich  so  lange  das  Gemengie  noch  breiig  ist  heftig  zu- 
sammenreiben ;  man  erhält  so  ein  feines,  gleichmäfsiges,  etwas 
zusammenklumpendes  Pulver^  welches  in  kleine  verschlossene 
Gläschen  vertheilt  sich  drei  oder  vier  Stunden  selbst  über- 
lassen bleibt. 

.Um  das  entstandene  Cyansulfid  vom  beigemengten  Jod- 
Silber  zu  trennen,  kann  man  es  entweder  sublimiren  und  so 
ein  Viertel,  öder  mit  siedendem  Schwefelkohlenstoff  ausziehen 
und  so  zwei  Drittel  der  gebildeten  Menge  erhalten.  Bei  Be- 
folgung des  letzteren  Weges  wird  die .  durch  einen  warm 
gehaltenen  Trichter  rasch  filtrirte  siedende  Lösung  durch  Ver- 
dunstung oder  besser  durch  Kaltstellen  einige  Grade  unter 
Null  gebracht,  die  Mutterlauge  von  den  Krysiallen  abgegossen 
and  das  Product  über  Schwefelsäure  im  Vacuüm  vollständig 
von  Schwefelkohlenstoff  befreit. 

Das  so  dargestellte  Cyansulfid  ist  völlig  rein,  ohne  Bei- 
mengung von  Jod  oder  Silber.  Seine  Analyse  ergab  folgende 
Resultate  :  * 

I.  Aus  Scbwefelkohlenstoff  krystallisirt  :  0,1035  Grm.  mit  NO5  im 
geschlossenen  Rohre  bei  150**  oxydirt  gaben  0,2873  Grm. 
BaO,  SOs- 

0,1191  arm.  gaben  0,63  Grm.  PtCl,,  NH4CI. 

0,349  Grm-  gaben  0,3643  Grm.  CO,. 

n.    Sublimirt  :  0,1873  Grm.  gaben  0,518  Grm.  BaO,  SOs- 
0,2762  Grm.  gaben  1,4597  Grm.  PtClg,  NH4CI. 

III.    Aus  einer  yerdunsteten  Aetherlösung  :  0,0997  Grm.  gaben  0,2759 
Grm.  BaO,  SOg. 


Woraus  sich  < 

3rgiebt  : 

• 

Gefunden 

, 

L 

"""■jiT"^ 

ni. 

Berechnet  :  CjgS 

C         28,47 

— 

• 

€2        28,57 

N        83,17 

33,29 

Ns        38,33 

S         38,09 

37^96 

37,97 

ß,         38,ia 

38  Linnemann^  ürUersuckung 

Das  Cyansuliid  oder  Sulfocyansfiureanhydrid  stellt  wasser-^ 
klare  rhombische  Tafeln  oder  längere  dünne  Blüttcben  dar, 
welche  einen  starken,  dem  Jodcyan  ähnlichen  Geruch  besitzen 
und  sich  an  der  Luft  langsam^  aber  vollständig  veiflüchtigen. 
Eine  Temperatur  von  30  bis  40^  genügt ,  um  es  in  kleinen, 
das  Licht  stark  brechenden  dünnen  Blättchen  zu  sublimiren. 
Diese  rhombischen  Täfelchen  sind  oft  von  zwei  Seiten  abge- 
stumpft oder  viere  an  einer. solchen  Ecke  zu  einem  Kreuze 
verwachsen.  Auf  60^  erhitzt  schmilzt  es  zu  einer  klaren 
farblosen  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  von  Neuem  zu  einer 
weifsen,  schönkrystallinischen  Masse  erstarrt.  Längere  Zeit 
auf  seinem  Schmelzpunkt  erhalten  oder  darüber  erhitzt  zer- 
setzt es  sich  rasch,  zumal  unter  Einflufs  der  Feuchtigkeit  der 
Luft,  indem  eine  gelbe  Materie  entsteht.  In  einer  Flamme 
entzündet  verbrennt  es  mit  Cyanfärbung  ohne  Rückstand. 

Das  Cyansulfid  ist  schwerer  als  Schwefelkohlenstoff;  es 
wird  von  Aether,  Alkohol  und  Wasser  gelöst  und  krystallisirt 
aus  den  heifs  übersättigten  Lösungen  beim  Erkalten  leicht  und 
oft  sehr  schön.  • 

Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  in  der  Kälte  ohne 
Zersetzung,  welche  beim  Verdünnen  dieser  Lösung  mit  Was- 
ser sogleich  stattfindet.  Salpetersäure  und  Salzsäure  zerstören 
es  schon  in  der  Kälte  sehr  leicht.  Aus  Jodkalium  scheidet 
es  Jod  aus,  aus  wässerigem  Cyankalium  entwickelt  es  Blau- 
säure, weder  Jod  noch  Jodcyan  verändei'n  es  in  irgend  einer 
Weise.  Hit  schmelzendem  Kalihydrat  entwickelt  es  unter 
Bildung  von  Kohlensäure,  Schwefelkalium  und  Schwefelcyan- 
kalium  Ammoniakgas,  ohne  dafs  Cyankalium  entsteht.  Kalium 
greift  es  unter  starker  Wärmeentwickelung  lebhaft  an,  indem 
Cyankalium  und  sulfocyansaures  Kalium  entsteht. 

Alkoholische  Kalilösung  veranlafst  die  Bildung  von  cyan- 
saurem  un^  sulfocyansaurem  Kalium;  die  Zersetzung  findet 
nach  folgender  typischen  Gleichung  statt  : 


über  das  Cyanstdfid.  39 

Die  Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffs,  des  Schwefel- 
kaliums  und  des  freiwerdenden  Wasserstoffs  auf  Cyansuliid 
bietet  defshalb  ein  besonderes  Interesse  dar,  weil  die  Zer- 
setzungsproducte  des  Cyansqlfids  in  diesen  drei  Fällen  die- 
selben sind ,  nämlich  Bls^usäure  und  Sulfocyansäure.  Der 
Schwefel  des  Schwefelwasserstoffs  oder  Schwefelkaliums  tritt 
nicht  mit  in  die  Umsetzung  etn,  sondern  wird  in  Freiheit 
gesetzt. 

Zur  näheren  Feststellung  dieser  Reactionen  wurden  fol- 
gende Bestimmungen  ausgeführt  : 

» 

1)  0,31  Gnn.  CygS  wurden  in  Wasser  gelöst  und   mit  Essigsäure 

und  Zink  behandelt ;  man  erhielt  0,70  Grm.  eines  Gemenges 
von  CyAg  -\-  CjAgS,    welches  15,4  pC.  Schwefel  enthielt 

2)  0,47  Grm,  CjsS  wurden  in  wässeriger  Lösung  mit  H^B  behan- 

delt; man  erhielt  0,13  Grm.  eines .  Gemenges  von  CyAg 
+  CyAgS,  welches  16,01  pC.  Schwefel  enthielt.  Die 
Menge  des  ausgeschiedenen  Schwefels  betrug  0,17  Grm. 
(Getrocknetes  H^S  giebt  mit  trockenem  Cyi^S  unter  starker 
Erhitzung  dieselben  Producte.) 

3)  0,53  Grm.  CyjS  wurden  mit  einer  äquivalenten  Menge   alkoho- 

lischer KgS-Lösung  zersetzt;  die  Lösung  enthielt  nur  Oyan- 
kalium  und  sulfocyansaures  Kalium;  die  Menge  des  nieder- 
gefallenen Schwefels  betrug  0,19  Grm. 

Aus  diesen  Zahlen  ergiebt  sich ,  dafs  sich  die  Umsetzungen 
gleicher  Molecüle  dieser  Körper  mit  einem  Holecul  Cyansulfid 
durch  folgende  analoge  Gleichungen  ausdrücken  lassen  : 

1)        Cys»  +  Hs    =  CyH  -h  CyH,  ß. 
^     2)        CygS  +  Hgö  =  CyH  -f  CyH,  S  +  S. 
3)        CygS  4-  KjS  =  CyH  +  CyK,  8  +  S. 

Man  hätte  erwarten  sollen,  dafs  das  Scbwefelkalium  in 
demselben  Sinne  einwirke,  wie  das  Kalihydrat^  und  dafs  nur 
Sulfocyankalium  entstehe,  nach  der  typischen  Gleichung  : 


^^.  +  lY  -  ?l8  +  ?1«. 


Hl 
Hl 


4ß  Linnemann,    Untersuchung 

Statt  dessen  eliminirt  Schwefelwasserstoff  oder  Schwefel- 
kaliom  seinen  Schwefel  und  wirkt  genau  wie  der  freiwerdende 
Wasserstoff  und  Kalium. 

Analog  .dem  Schwefelwasserstoff  addirt  sich  ein  Molecul 
Cyansalfid  direct  zu  zwei  Moleculen  Ammoniak  unter  Bildung 
eines  Ammoniumsulfids.    Man  hat  : 

:}» «'^''*  S:  h}8  -d  g}8  ^"^  ^:  §)»• 

Man  erhält  dieses  Cyanammoniurosulfid  als  ein  in  Aether 
unlösliches  krystallinisches  Pulver  beim  Einleiten  von  sorg- 
fältigst getrocknetem  Ammoniakgas  in  eine  ätherische  Lösung 
des  Cyansülfids.  Es  löst  sich  in  reichlicher  Menge  in  abso- 
lutem Alkohol  9  aus  welcher  Lösung  es  durch  ein  zehnfaches 
Volum  Aether  von  Neuem  krystalliniscb  gefällt  wird;  es  zieht 
begierig  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  an  und  zerfliefst.  Seine 
alkoholische  Lösung  krystallisirt  über  Schwefelsäure  in  grofs- 
krystalHnischen  Krusten.  Es  schmilzt  ohne  Zersetzung  bei 
94^  Trocken  mit  ätzenden  oder  kohlensauren  Alkalien  zu- 
sammengerieben entwickelt  es  reichlich  Ammoniak;  seine  wäs- 
serige Lösung  enthält  alsbald  Sulfocyanammonium  und  wahr- 
scheinlich Cyanamidt'    Schwefelwasserstoff  verändert  es  nicht. 

Ganz  rein  konnte  dieser  Körper  jedoch  nicht  erhalten 
werden,  da  neben  ihm  gleichzeitig  die  Bildung  einer  gerin- 
gen Menge  von  Cyanamid  beobachtet  wurde ,  welches  die 
ätherische  Lösung  enthielt;  das  gleichzeitig  in  Folge  dieser 
nebenher  laufenden  Reaction  gebildete  Sulfocyanammonium 
mufs  also  das  Cyanammoniumsulfid  verunreinigen ,  da  es  wie 
dieses  unlöslich  in  Aether  ist.  Es  konnte  auch  nicht  davon 
getrennt  werden. 

Hier  die  unmittelbaren  analytischen  Resultate  des  in 
Aether  unlöslichen  Productes  : 

I.    Aus  alköhoHsclier  LöBtmg  mit  Aether  gefällt  (fast  ganz  rein) : 
0,1224  Grm.  gai>«n  0,2589  arm.  BaO,  SO,. 

0,2709  Grm.  gaben  0,2027  Grm.  C0£  und  0,1339  Grm.  HO. 


über  das  Oyamutfid.  41 

n.    Directes  Product  :  0,1302  Grm.   gaben  0,2860  Grm.  BaO,  SO«. 
0,202  Grm.  gaben  0,4462  Grm.  BaO,  SO,. 
0,1719  Grm.  gaben  0,121  Grm.  CO,  und  0,0932  Grm.  HO. 
0,2028  Grm.  gaben  76  GC.  Stickstoflf.  bei  140,5  und  769"™. 
0,1462  Grm.  entwickelten  beim  Kochen  mit  Kali  0,04453  NEg. 

Woraus  man  herleitet  : 

in.  berechnet  auf  ^yj^^^^ 

—  €,    20,34 

—  N4    47,46 

—  He    5,09 
30,30  S     27,11. 

Stellt  man  bei  Betrachtung  der  gefundenen  und  berechneten 
Werthe  einen  Vergleich  zwischen  der  procentischen  Zusam- 
mensetzung des  Cyanammoniumsulfids  und  des  Sulfocyaham- 
moniums  an^  so  kann  man  für  die  Abweichung  namentlich  bei 
der  offenbar  unreineren  Substanz  II  nicht  verfehlen,  die  natür- 
liche Ursache  in  einer  Beimengung  von  letzterem  zu  finden. 


I. 

n. 

c 

20,40 

19,98 

N 

— 

43,88 

H 

5,49 

6,12 

S 

29,04 

30,14 

Cy,(NH8)2S 

CyNH^S 

Gg        20,34 

€ 

19,35 

N4        47,45 

N« 

22,56 

Hfl         5,09 

H4 

7,46 

6          27,11 

ft 

51,61. 

Die  im  Eingange  beschriebene  Reaction  des  Jodcyans 
auf  Sulfocyansilber  ist  nicht  die  einzige^  bei  der  Cyansulfid 
gebildet  wird^  sie  eignet  sich  jedoch  am  besten  zur  Darstel- 
lung. Hier  seien  noch  einige  andere  Beactionen  erwähnt, 
wie  JdsB  auf  CyAg,  oder  CI3S  auf  CyHg  und  JdCy  auf  Agg^. 
Wenn  die  erstere  Reaction  mit  derjenigen  des  Chloracetyls 
auf  essigsaures  Kalium  zu  vergleichen  ist,  so  sind  letztere 
mit  der  Einwirkung  von  Salzsäure  oder  Chloracetyl  auf 
Schwefelsilber  zusammenzustellen.    Man  hat  : 

(Cl,  OäO),  +||jS  =  2ClAg    und     |»HsoI*- 

Und  : 

(JCy),     +l|lS  =  2JAg      und      ^jß. 


42  LinnemanTif  Untersuchung 

Weiter  oben  habe  ich  der  Löslichkeit  des  Cyansulfids  in 
Wasser  erwähnt;  hier  mufs  ich  nun  hinzufügen,  dafs  sich 
diese  Lösung  sehr  rasch  zersetzt.  Selbst  die  Feuchtigkeit  der 
Luft  genügt^  trockenes  Cyansulfid,  sei  es  für  sich  aufbewahrt, 
oder  in  Schwefelkohlenstoff  gelöst,  in  ähnlicher  Weise  um- 
zuwandeln. 

Bei  dieser  Zersetzung  entsteht  stets  ein  gelbes  oder 
Orangeroth  gefärbtes  Pulver,  dessen  Aehnlichkeit  mit  dem 
Pseudoschwefelcyan  mich  zu  einer  vergleichenden  Untersuchung 
beider  veranlafst  hat. 

Das  Pseudoschwefelcyan  wird  von  der  Mehrzahl  der 
Chemiker  nach  Laurent  und  Gerhardt  als  Persulfocyan- 
säure  angesehen,  in  der  i  Atom  Wasserstoff  durch  Cyan  er- 
setzt sei,  und  für  welche  Ansicht  alle  Analysen  am  meisten 
sprechen,  zumal  Laurent's  Analyse,  welcher  zuerst  zeigte, 
dafs  das  rohe  Pseudoschwefelcyan  Persulfocyansäure  enthalten 
könne,  und  ein  Product  analysirte,  welches  davon  frei  war. 
Dafs  dieses  rohe  PseudoschwefelcyiEin  ein  Gemenge  verschie- 
dener Körper  sei,  ist  schon  ziemlich  lange  vermuthet  worden, 
dafs  man  ihm  aber  thatsächlich  solche  Mengen  freien  Schwefels 
und  Persulfocyansäure  entziehen  kann,  wie  mir  diefs  die 
Untersuchung  verschiedener  Pseudoschwefelcyane  gezeigt  hat, 
ist  recht  auffallend  und  beweisend. 

Vorläufig  will  ich  nur  mittheilen,  dafs  ein  mittelst  Sal- 
petersäure dargestelltes  Pseudoschwefelcyan  auf  4,49  Grm. 
rohes  Product  2,55  Grm.  in  siedendem  Wasser  löslicher,  schön 
krystallisirter  Persulfocyansäure,  0,1  Grm.  in  Schwefelkohlen- 
stoff löslichen  Schwefels  und  1,82  Grm.  Rest  ergab.  Der  so 
gereinigte  Rest  scheint  sich  in  seiner  Zusammensetzung  den 
L a  u  r  e  n  tischen  Analysen  zu  nähern.  Nicht  ohne  Belang  ist 
ferner  ein  sehr  häufiger  Kaligehalt  des  Pseudoschwefelcyans ; 
so  ergab  dasselbe  mittelst  Salpetersäure  dargestellte  Product, 
welches    mit   der  gröfsten   Sorgsamkeit   mit  kaltem   Wasser 


über  das  Cycmsulfid,  43 

gewaschen  worden,   auf  6,2  Grm.  0,091  Grm.  unverbrenn- 
lichen  Rückstands,  der  aus  Kalisalzen  bestand. 

Der  oben  erwähnte  gelbe  Körper,  der  sich  bei  der  Zer<- 
Setzung  des  Cyansulfids  in  seiner  wässerigen  Lösung  gleich-* 
zeitig  mit  etwas  Schwefel  niederschlägt,  stellt  von  diesem 
gereinigt  ein  hellgelbes,  geruchloses,  stark  electrisches  Pulver 
dar.  Seine  Eigenschaften  sind  fast  ohne  Ausnahme  dieselben, 
welche  man  vom  Pseudoschwefelcyan  angeführt  hat,  nur  dafs 
es  beim  Glühen,  wobei  Wasser  und  Sulfocyansäure  entweichen, 
anstatt  des  hellgelben  Hellons  einen  eigenthümlichen  roth- 
braunen Körper  hinterläfst.  Seine  Analyse  ergab  namentlich 
im  Kohlenstoffgehalt  eine  auffallende  Abweichung  von  der  Zu- 
sammensetzung des  PseudoschwefelcyanS;  und  läfst  sich  keine 
einfache  Formel  Tür  ihn  annehmen. 

Die  Analyse  ergab  : 

I.    Aus  0,0838  Grm.  0,8302  Grm.  BaO,  SOg. 

0,2016  Grm.  0,1192  COg  und  0,0236  Grm.  HO. 
0,1615  Grm.  0,2777  Pt. 
IL    (Von  einer  anderen  Darstellnng)  :  0,262  Grm.  0,16348  Grm.  OOg. 
0,1524  Grm.  0,5866  Grm.  BaO,  SO3. 
0,1412  Grm.  0,2354  Grm.  Pt. 

Woraus  sich  herleiten  läfst  : 

I.  II. 

C  16,12  17,00 

N  24,33  28,64 

S  53,97  52,75 

H  1,30                         — 

Was  nun  die  Zersetzung  des  Cyansulfids  in  seiner  wäs- 
serigen Lösung  selbst  anbetrifft,  so  wird  diese  Lösung  bald 
sauer,  enthält  Sulfocyansäure,  Blausäure,  Sulfocyanammonium 
und  neutrales  schwefelsaures  Ammonium;  gleichzeitig  ent- 
wickelt sich  CO2  und  vielleicht  Kohlenoxyd.  Das  Hauptpro- 
duct  ist  Sulfocyansäure,  deren  Entstehung,  so  wie  die  gleich- 
zeitige Bildung  von  Kohlensäure  und  Ammoniak  leicht  erklär- 


44  Linnemann,  Untersuchung 

lieh  ist  durch  eine  Zersetzung  des  Cyansuifids  mit  Wasser, 
analog  der  Zersetzung  mit  Kali  in  Cyansäure  und  Sulfocyansäure. 
Am  schwersten  verständlich  ist  das  Auftreten  verhSltnirsmäfsig 
grofser  Mengen  von  neutralem  schwefelsaurem  Ammonium  ^3. 
Beim  Aufbewahren  des  Cyansuifids  an  feuchter  Luft,  oder 
in  seinen  Lösungsmitteln  gelöst ,  erhält  man,  wie  angedeutet 
wurde y  gleichfalls  ein  gelbes,  im  Aeufseren  dem  Pseudo- 
schwefelcyan  ähnliches  Pulver,  das  stets,  selbst  bei  Anwen- 
dung sorgfaltigst  getrockneter  Materialien,  die  Elemente  des 
Wassers  enthält. 

Die  Analyse  ergab  : 

I.    0,4991  Grm.  gaben  0,994  Pt 

0,2884  Grm.  gaben  0,36  Grm.  CO,  und  0,0703  HO. 
0,2972  Grm.  gaben  0,7860  Grm.  BaO,  SOs. 
II  und  nr  (von  anderer  Darstellung). 
II.    0,3009  Grm.  gaben  0,2682  Grm.  CO,. 
0,0994  Grm.  gaben  0,1959  Grm.  Pt. 
0,1470  Grm.  gaben  0,4008  Grm.  BaO,  SOs. 
III.    0,ä6125  Grm.  gaben  0,7185  Grm.  Pt. 

0,0892  Grm.  gaben  0,2388  Grm.  BaO,  SO«. 

Hieraus  leitet  man  ab  : 


I. 

11. 

m. 

0 

25,38 

24,30 

— 

N 

26,11 

27,96 

28,20 

S 

36,39 

37,42 

37,60 

H 

2,01 

— 

— 

Es  ist  nicht  leicht,  aus  diesen  Zahlen  eine  Formel  zu 
berechnen.  Aber  man  sieht,  dafs  auch  dieser  Körper  in 
keinem  Zusammenhange  mit  dem  Pseudoschwefelcyan '  steht, 
und  auch  von  der  Zusammensetzung  des  vorher  beschriebenen 


*)  Auf  1  Theil  ausgeschiedenen  Schwefel  wurden  2  Theile  Blau- 
sfture,  8  Theile  des  gelben  Körpers,  10  Theile  schwefelsaures 
Ammonium  und  50  Theile  Sulfocyansäure  beobachtet. 


über  das  Cyanaulfid,  45 

• 

gelben  Products  weicht  er  stark  ab.  Seine  Zusammensetzung 
nähert  sich  vielmehr  stark  der  des  Cyansulfids,  und  das  Ver- 
haltnifs  zwischen  Kohle,  Stickstoff  und  Schwefel  ist  in  der 
That  fast  genau  dasselbe  in  beiden,  und  wenn  man  absieht 
von  den  Elementen  des  Wassers,  welche  dieser  Körper  ent- 
hält und  vielleicht  nur  als  Verunreinigung ,  so  ist  man  ver- 
sucht, ihn  zur  Hauptmasse  als  aus  einer  polymeren  Modifi- 
cation  des  Cyansulfids  bestehend  anzunehmen,  als  Anhydrid 
einer  Sulfocyanursäure. 

In  derHoffnungy  das  Bisulfid  des  Cyans  zu  erhalten,  das 
Radical,  welches  die  Wasserstoffsäurentheorie  in  der  Sulfocyan- 
säure  annahm,  liefs  ich  eine  ätherische  Lösung  von  Jod  auf 
Sulfocyansilber  einwirken.  Man  erhält  augenblicklich  Jod- 
silber und  eine  eigenthümliche  rothbraune,  sehr  flüchtige  und 
leicht  zersetzbare  Flüssigkeit,  die  ihrer  Unbeständigkeit  wegen 
nicht  näher  verfolgt  wurde.  Da  sie  jedoch  auch  selbst  bei 
grofsem  Ceberschufs  von  Silbersalz  stets  Jod  enthielt,  kann 
die  kaum  etwas  anderes  sein  als  CyJd,  S. 

« 

Bewahrt  man  nun  diesen  Körper  in  seiner  ätherischen 
Lösung  einige  Zeit  auf,  so  erhält  man  einen  reichlichen 
flockigen  Niederschlag  eines  gelben  Körpers,  der  kein  Jod 
mehr  enthält  aber  aufser  Kohle,  Stickstoff  und  Schwefel  die 
Elemente  des  Wassers,  und  mit  dessen  Analyse  ich  mich 
nicht  eingehender  beschäftigt  habe. 


Wie  ich  oben  angegeben  habe  entsteht  das  Cyansulfid 
in  geringer  Menge  bei  der  Einwirkung  von  Chlorschwefel 
auf  Cyanquecksilber,  und  es  ist  diefs  sogar  derselbe  Weg, 
auf  weichem  Lassaigne  im  Jahr^  1828  diesen  Körper  dar- 
gestellt hat  *). 


*)  Ann.  chim.  phys.  XXXIX ,  117. 


46  Linnemann^  Untersuchung 

Da  aber  anderen  Chemikern  die  Darstellung  später  nicht 
geglückt  ist  9  hat  man  seitdem  allgemein  die  Genauigkeit  der 
Lassaigne'schen  Versuche  und  die  Existenz  des  Cyan- 
Sulfids  bezweifelt. 

Jetzt,  da  die  Eigenschaften  des  Cyansulfids  bekannt  sind, 
und  Angesichts  der  vollständigen  Uebereinstimmung ,  welche 
zwischen  der  Beschreibung  des  Herrn  Lassaigne  von  den 
Eigenschaften  seines  Körpers  und  den  Eigenschaften  meines 
Cyansulfids  besteht,  kann  kein  Zweifel  mehr  sein,  dafs  dieser 
Chemiker  mit  demselben  Körper  gearbeitet  hat,  wie  ich. 

Ich  habe  es  indessen  doch  für  nothwendig  gehalten, 
mich  durch  einen  besonderen  Versuch  nochmals  zu  über- 
zeugen, ob  das  durch  die  von  Lassaigne  angegebene  Re- 
action  erhaltene  Product  dasselbe  ist,  wie  das  aus  Jodcyan 
und  Sulfocyansilber  dargestellte. 

Gleiche  Molecüle  trockenen  äufserst  fein  geriebenen 
Cyanquecksilbers  und  trockenen  Einfach-Chlorschwefels  wur- 
den in  einer  verschlossenen  Röhre  drei  Stunden  heftig  ge- 
schüttelt. Nun  war  der  Inhalt  der  Röhre  hell  orangegelb  gefärbt, 
und  nachdem  man  die  Röhre  in  einer  solchen  Stellung ,  dafs 
über  dem  festen  Inhalt  eine  kleine  klare  Flüssigkeitsschicht 
stand,  etwa  30  Minuten  der  Ruhe  überlassen,  krystallisirten 
aus  dieser  Flüssigkeit,  die  unzersetzter  Chlorschwefel  war, 
grofse  rhombische  Krystalle  von  Cyansulfid  aus.  Die  Röhre 
wurde  in  eine  Kältemischung  gebracht,  das  Flüssige  von  dem 
Festen  durch  Auspressen  getrennt,,  der  fast  trockene  Rück- 
stand mit  Aether  ausgezogen ,  rasch  verdampft ,  der  nun- 
mehrige Rückstand  zur  Entfernung  von  etwaigem  Chlor- 
schwefel mit  ganz  wenig  eiskaltem  SchwefelkohlenstoiT  ge- 
waschen, dann  mit  wenig  kochendem  ausgezogen  "^3 ,   worauf 


*)  Hierbei  blieb  eine  nicht  unbedeutende  Menge  eines  ^  weifsen 
flockigen  Pulvers  auf  dem  Filter.  Dieser  Körper,  der  ein  eigen- 
thümliches  Nebenproduct  der  Einwirkung  des  Cblorscbwefels  auf 


über  das  Oyansulfid.  47 

aus  dieser  Lösung  ein  dem  früher  beschriebenen  Cyansulfid 
in  jeder  Beziehung  gleichendes  Product  erhalten  wurde. 
Seine  Menge  betrug  0,5  Grm. ,  die  des  angewandten  Cyan- 
quecksilbers  iO  Grin.    Die  Analyse  ergab  39,6  pC.  Schwefel. 

Mit  derselben  Leichtigkeit,  mit  der  sich  das  Silber  des 
Suifocyansilbers  gegen  Cyan  austauschen  iäfst ,  gelingt  dieses 
auch  beim  Selenocyansilber,  und  es  ist  zu  erwarten»  dafs  der- 
selbe Weg  zum  Cyansäureanhydrid  führen  wird. 

Das  Cyanselenid  gleicht  dem  Cyansulfid  in  allen  seinen 
Eigenschaften  so  vollständig,  dafs  man  beide  Körper  mit 
Leichtigkeit  verwechseln  könnte,  und  da  über  die  Zusammen- 
setzung dieses  Körpers  kein  Zweifel  sein  kann,  habe  ich  mich 
mit  seiner  qualitativen  Untersuchung  begnügt. 


Ueber  die  Verbindungen  des  Zinnoxyduls  mit  Zinn-' 

säure  und  Antimonsäure ; 

von  Hugo  Schiff, 


i.    Zinnoxydvi  und  Zinnsäure* 

In    einer    früheren    Abhandlung  (diese   Atinalen  CXIX, 
331}  haben  wir  die  Veränderungen  besprochen,  welche  das 


Gyanqueeksilber  ist,  zeigte  eiiie  groOie  Lösliohkeit  in  Aether, 
konnte  aus  dieser  Lösung  nicht  wieder  krystallinisch  erbalten 
werden  und  war,  wie  sich  aus  Obigem  ergiebt,  in  Schwefelkohlen- 
stoff unlöslich.  El*  schmilzt  ohne  Zersetzung,  brennt  mit  Cyan- 
färbong  und  enthält  beträchtliche  Mengen  von  Quecksilber.  Seine 
wässerige  Lösung  gab  alle  Zersetzungsproducte  des  Cyansulfids. 
Aus  dieser  Lösung  fällen  Alkalien  Quecksilberoxydul.  Seine 
Analyse  etgäh  10,!29  pC:  Schwefel  und  64,5  pC.  Quecksilber,  er 
lä&t  sioh^  demnach  rieUei^ht  als  Cy^^^  -{-  Hg^Cy  ansehen. 


48       Schiffe  über  die  Verbindungen  des  Zinnoxyduls 

Wismuthoxyd  durch  Digestion  mit  Zinnchlortirlösung  erleidet. 
Auch  die  Zinnsäure  wird  beim  Uebergiefsen  mit  Zinnchlorür 
sogleich  verändert;  indessen  sind  die  hier  stattfindenden  Ver- 
änderungen namentlich  in  quantitativer  Hinsicht  sehr  von  den 
beim  Wismuthoxyd  beobachteten  verschieden.  Schon  von 
Fremy  wurde  gelegentlich  seiner  Untersuchungen  über  die 
isomeren  Modificationen  der  Zinnsäure  (Ann.  chim.  phys.  [3] 
XII,  460)  die  Beobachtung  gemacht ,  dafs  durch  Salpetersäure 
dargestelltes  Zinnsäurehydrat  durch  Zinnchlorürlösung  sogleich 
orangegelb  gefärbt  werde.  Das  chemische  Verhalten  der 
hierbei  entstehenden  Verbindung  hat  Fremy  genügend  er- 
örtert und  ich  komme  hierauf  nicht  weiter  zurück ;  in  Bezug 
auf  die  Zusammensetzung  der  Verbindung  bin  ich  jedoch  zu 
abweichenden  Resultaten  gelangt.  Es  ist  wahr,  dafs  eine 
genaue  Feststellung  der  Zusammensetzung  eigentlich  nicht 
vorliegt,  denn  eine  einzige  Bestimmung,  wie  viel  Wasser 
die  Verbindung  abgebe  und  wie  viel  Sauerstoff  sie  aufnehme, 
wenn  sie  in  Sauerstoffgas  geglüht  wird,  kann  nicht  als  genaue 
Pestsetzung  betrachtet  werden,  wo  die  Bildungsweise  durch- 
aus keinen  Schlufs  auf  die  Zusammensetzung  erlaubt.  So 
konnte  denn  Fremy  auch,  seinen  jeweiligen  Ansichten  über 
die  vermeintlich  wahre  Formel  der  Metazinnsäure  entspre- 
chend ,  die  gelbe  Verbindung  als  SnO,  SusOe  betrachten ,   so 

lange  er  SusOe  als  Formel  der  Metazinnsäure  annahm ,  wäh- 

* 

rend  er  später  die  gelbe  Verbindung  als  SnO,  SnaOio  an- 
sprechen konnte ,  sobald  er  vorzog , '  die  Metazinnsäure  und 
ihre  Verbindungen  auf  die  Formel  SnsOio  zu  beziehen*  Heine 
Untersuchung  ergiebt,  dafs  keine  dieser  Formeln  die  Zusam- 
mensetzung der  gelben  Verbindung  richtig  angiebt. 

Da  die  Verbindung ,  wenn  sie  bei  freiem  Luftzutritt 
geglüht  wird,  vollständig  in  Zinnsäure  verwandelt  wird,  so 
konnte  die  Zusammensetzung  am  einfachsten  auf  die  Weise 
festgestellt  werden,  dafs  man  die  Gewichtszunahme  ermittelte. 


mit  Zinnsäure  und  Antimonaäure.  49 

welche  eine  bestimmte  Menge  Zinnsäure  ,  nachdem  man  sie 
in  die  gelbe  Verbindung  übergeführt  hatte,  beim  Glühen 
erlitt.  —  Metazinnsäurebydrat  *3  wurde  einige  Stunden  mU 
Zinnchlorürldsung  bei  gewöhnlicher  Temperatur  (I  u.  II}  oder 
bei  40  bis  50^  (III)  digerirt;  man  filtrirte  dann  durch  ein 
gewogenes  Filter,  trocknete  bei  80  bis  90^  und  glühte  die 
80  erhaltene^  noch  Wasser  enthaltende  Verbindung,  nach  Ein- 
äscherung des  Filters  im  Porcellantiegel,  unter  Zusatz  von 
wenigen  Tropfen  Salpetersäure.  Beim  Auswaschen  hat  man 
die  bei  der  Wismuthverbindung  angegebenen  Vorsichtsmafs- 
regeln  zu  beachten. 

Nach    diesem  Verfahren   wurden   die   folgenden   Zahlen 
erhalten  : 

I.  IL  ra. 

Angewandte  Zinnsänre         8,893  4,079  3,330 

Gewägserte  Verbindang       4,770  5,054  — 

Daraus  Zinnstture  4,523  4,743  3,879. 

100  Theile   in  Form  von  Hydrat  angewandte  Hetazinn- 
säure  geben  also  : 

I.  II.  m.  Mittel 

Ckwäaserte  Verbindung    122,6  123,d  —  123,2 

Hierans  Zinnsänre  116,2  116,3  116,6  116,33. 


*)  Ein  zu  diesen  Versuchen  sehr  geeignetes  reines  und  fein  zer- 
theiltes  Metazinnsäurehydrat  erhält  man  in  kurzer  Zeit,  wenn 
man  eine  mäfsig  erwärmte  Zinnchlorürlösung  mit  Zink  schüttelt, 
das  ausgeschiedene  Zinn  einige  Male  durch  Decantiren  mit  heifsem 
Wasser  auswascht  und  nun  käufliche  Salpetersäure  zusetzt  Letz- 
teres darf  nur  tropfenweise  geschehen,  denn  die  Einwirkung  er- 
folgt augenhlickUch  mit  grofser  Heftigkeit.  Die  Zinnsäure  setzt 
sich  trotz  der  feinen  Zertheüung  sehr  leicht  zu  Boden  und  kann 
durch  Decantiren  mit  heifsem  Wasser  ausgewaschen  werden.  — 
Nach  hesonders  vorgenommenen  Wasserhestimmungen  ist  hei 
den  Analysen  die  im  Hydrat  enthaltene  Menge  Anhydrid  ange- 
geben. Ob  man  einfach-  oder  zweifach  -  gewässerte  Zinnsäure 
anwandte,  machte  im  Erfolg  keinen  Unterschied. 

AniuLL  d.  Chem.  n.  Phann.  CXZ.  Bd.   1.  Ueft.  4 


50       Schiffy  über  die  Verbindungen  des  Zinnoxyduls 

Es  werden  demnaeh  aus  sechs  Theilen  Zinnsäure  nach 
dem  Glühen  sieben  Theile  erhalten,  und  wenn  wir  annehmen, 
dafs  das  aus  dem  Zinnchlorür  aufgenommene  Zinn  als  Oxydul 
in  der  Verbindung  vorhanden  ist,  so  käme  hiernach  der 
wasserfreien  Substanz  die  Formel  SnO,  6  SnOg  zu. 

Es  ist  zu  beachten,  dafs  Fremy  aofser  den  früher  auf 
SusOe  und  nachher  auf  SnsOio  bezogenen  Alkalisaizen  durch 
Fällung  von  Lösungen  von  Metazinnaäure  in  Kali  oder  Natron 
mittelst  Alkohol  zwei  Verbindungen  von  den  Formeln  NaO, 
SneOis  und  KO,  SneO»  erhielt,  welche  sich  also  in  der  Zu- 
sammensetzung unserem  Zinnslannat  vollkommen  anschli^fsen. 
Hiermit  will  ich  jedoch  keineswegs  gesagt  haben,  dafs  ich 
der  als  Metazinnsäure  unterschiedenen  Modification  die  For- 
mel SneOis  zuerkennen  möchte*). 

Der  Wassergehalt  des  Zinnstannats  beträgt  nach  obigen 
Bestimmungen  (das  erhaltene  Zinnoxyd  auf  Sn70i8  berechnet)  : 

I.  II.  Mittel 

6,7  7,4  7  pC. 

entsprechend  der  Formel  SuyOis  -f-  4  HO  für  die  gewässerte 
Verbindung;  der  hiernach  berechnete  Wassergehalt  beträgt 
6,51  pC.  —  Bei  HO  bis  120^  verloren  2,272  Grm.  0,125 
Grm.  Wasser.  Es  entspricht  diefs  5,5  pC.  oder  etwa  drei 
Aequivalenten.  Die  bei  dieser  Temperatur  getrocknete  Ver- 
bindung giebt  beim  Erhitzen  im  Glasrohre  noch  Wasser  ab, 
aber  bei  der  Temperatur ,    bei  welcher    die   letzten  Wasser- 


*)  Von  verschiedenen  Mod^Qcationen  der  Zinnsäure  könnte  über- 
haupt nur  in  den  Salzen  oder  Hydraten  die  Bede  sein.  Von  ver- 
schiedenen Modificationen  läTst  sich  bei  der  wasserfreien  Zinn- 
säure eben  so  wenig  sprechen,  wie  bei  dem  Anhydrid  der  Phos- 
pborsäure,  denn  wir  kennen  nur  eine  einzige.  Bei  den  Hydraten 
der  letzteren  haben  wir  au£serdein  eben  so  wenig  einen  Fall  von 
Isomerie,  wie  etwa  bei  unterschwefliger  Säure  und  Pentathion- 
säure.  Es  sind  PHOq,  PHgOy  und  PHgO^  eben  so  wenig  Modiß- 
cationen  derselben  Sniistanz,  wie  StHsOg  und  SioHfOig.. 


mit  Zinnsäure  und  Afitimonsäure.  5  t 

antheiie  fortgehen,  tritt  zugleich  Oxydation  zu  Zinnsäure  ein. 
Im  Kohlensäurestrom  wie  bei  der  Wismuthverbindung  ent- 
wässert erhält  man,  wie  bereits  Fremy  angiebt,  die  wasser- 
freie Verbindung  von  zimmtbrauner  Farbe.  Die  übrigens 
nicht  durch  analytische  Belege  unterstützte  Angabe  von 
Fremy,  dafs  man  bei  Anwendung  von  wasserfreier  Zinn- 
säure auch  sogleich  jene  wasserfreie  Verbiiidting  erhalte, 
habe  ich  nicht  bestätigt  gefunden. 

Bringt  man  entwässerte  Zinnsäure  mit  Zinnchlorür  und 
Wasser  zusammen  ^  so  nimmt  erstere  sogleich  eine  graue 
Farbe  an ,  welche  besonders  beim  Erwärmen  sehr  bald  in  ein 
schmutziges  Chocoladebraun  übergeht.  Diese  Farbe  ändert 
sich,  mag  man  xias  Gemenge  mit  überschüssigem  Zinnsalz  in 
der  Kälte  oder  bei  50  bis  60^  Stäben  lassen ,  selbst  nach 
mehreren  Tagen  nicht  mehr  Die  Verbindung  ist  wie  die 
früheren  chlorfrei^  sobald  das  Waschwasser  durch  Silber- 
lösung nicht  mehr  getrübt  wird.  Die  Farben  Verschiedenheit 
dieser  und  der  aus  dem  Hydrat  dargestellten  und  entwässer- 
ten Verbindung  schien  mir  eben  so  wenig  ein  hinreichendes 
Argument  gegen  Fremy's  Angabe,  als  der  Umstand,  dafs  die 
braune  Verbiiidung  durch  längeres  Kochen  mit  Wasser  nicht 
in  die  gelbe  übergeführt  werden  kann;  erst  als  ich  fand, 
dafs  die  bei  100^  getrocknete  Substanz  noch  Wasser  enthielt, 
welches  ihr "^  nur  in  -einer  Kohlensäoreatmosphäre  entzogen 
werden  konnte,  fing  ich  an,  Fremy's  Angabe,  dafs  diese 
Verbindung  mit  der  entwässerten  gelben  identisch  sei,  in 
Zweifel  za  ziehen,  und  es  wurde  derselbe  durch  quantitative 
Versuche  alsbald  gerechtfertigt. 

Führte  man  abgewogene  Mengen  entwässerter  Zinnsäure 
in  die  .braune  Verbindung  über  und  bestimmte  dann  die 
beim  Glühen  zurückbleibende  Zinnsäure ,  so  erhielt  man  fol- 
gende Zahlen  :   .       ^ 

4* 


52      Schiffe  über  die   Verbindungen  des  ZinnoxyduU 


I. 

U. 

IIL 

Angewandte  Zinnsänre 

4,306 

3,680 

10,116 

Erhaltene  Zinnsäure 

4,517 

3,860 

10,610 

Ans  100  Theilen 

104,90 

104,89 

104,88. 

Die  aus  gewässerter  und  wasserfreier  Zinnsäure  enU 
stehenden  Zinnstannate  haben  hiernach  verschiedene  Zusam- 
mensetzung; während  erstere  auf  1  Aeq«  SnO  6  Aeq.  SnO^ 
enthält,  enthält  letztere  auf  1  Aeq.  SnO  20  Aeq.  SnOs-  — 
Ic)!  unterlasse  nicht,  zu  bemerken,  dafs  ich  einmal  bei  An- 
wendung von  8,360  Grm.,  und  ohne  dafs  ich  wissentlich  ein 
anderes  Verfahren  eingeschlagen  hätte,  nur  102,4 pC.  Zinnsäure 
erhielt.    Der  Wassergehalt  wurde   nicht  quantitativ  bestimmt. 

Die  braune  Verbindung  wird  ihrem  gröfserea  Gehalt  an 
Zinnsäure  entsprechend  von  Säuren  viel  schwieriger  ange- 
griffen, als  die  gelbe  Verbindung.  Salzsäure  greift  sie  kaum 
an;  nahezu  concentrirte  Schwefelsäure  löst  sie  erst  beim 
Erhitzen;  Salpetersäure,  welche  die  gelbe  Verbindung  schon 
in  der  Kälte  pxydirt,  wirkt  auf  die  braune  erst  beim  Kpchen 
ein.  Schmelzendes  Kalihydrat  löst  die  braune  Verbindung 
indessen  eben  so  leicht  wie  die  gelbe  zu  Kaliumstannat  auf. 
Die  Frage,  ob  die  Verbindung  nicht  vielleicht  mehr  Zinn- 
oxydul auf  weniger  Zinnsäure  enthalte,  suchte  man  dadurch 
zu  entscheiden,  dafs  man  in  Kohlensäure  entwässerte  abge- 
wogene Mengen  durch  Glühen  an  der  Luft  unter  Zusatz  von 
wenig  Salpetersäure  in  Zinnsäure  verwandelte.  Die  bei  ver- 
schiedenen Aniheilen  nicht  übereinstimmende  Gewichtszu* 
nähme  erreichte  noch  nicht  Vs  pC. ;  es  b^weist  diefs  wenig- 
stens, dafs  der  relative  Oxydu.^ehaJt  iHicbt  mehr  beträgt,  als 
obigeü  Verhältnifs  angiebU 

Das  aus  Zinnchlorid  gefällte  Zinnsäurehydrat  giebt  mit 
Zinochlorür  ebenfalls  eine  gelbe  Verbindung,  ganz  so  aus- 
sehend, wie  die  aus  IMetazinnsäure  dargestellte.    Es  war  diese 


mit  Zinnsälire  und  Antimonsäure.  53 

Tbatsacbe  schon  früher  bekannt^  aber  auch  über  die  Zusam- 
mensetzungf  dieser  Verbindung^  liegen  keine  Angaben  vor  und 
es  mögen  daher  die  folgenden  Noiizen  diese  Lücke  ausfüllen. 
—  Die  Darstellong  eines  normalen  Zinnsäurebydrats  nach 
Fremy  durch  Zersetzung  einer  Zinnchloridlösung  mittelst 
Calcium-  oder  Baryumcarbonat  hat  aufser  der  Darstellung 
eines  reinen  Carbonats  noch  den  Uebelstand,  dafs  ein  Ueber- 
schufs  schwer  zu  vermeiden  ist  und  dieser  dann  dem  Prä- 
parate beigemengt  bleibt.  Zur  Vermeidung  beider  Uebel- 
stände  empfehle  ich  das  Verfahren,  die  Zinnchloridlösung  in 
der  Wärme  mit  Stücken  weifsen  Marmors  so  lange  zu  dige» 
riren ,  bis  die  Kohlensäureentwickeiung  anfängt  sehr  langsam 
zu  werden»  und  dann  bis  zum  Eintritt  der  alkalischen  Reaction 
Kalkwasser  zuzusetzen. 

Ein  auf  diese  Vl^eise  erhaltenes  Präparat  zeigt  gegen 
Zinnchlorür  ganz  das  gleiche  Verhalten  wie  die  Metazinn- 
säure,  und  es  wurde  auch  zur  Ermittelung  der  Zusammen- 
setzung auf  dieselbe  Weise   verfahren.    Die    in   Form   von 

Hydrat  angewandten  Mengen  von  Zinnsäure 

I.  II. 

1,654  1,403 

gaben  nach  dem  Glühen   der 

gelben  Verbindung     .     .     .         1,922  1,636 

aus  100  Theüen 116,2  116,6.  Mittel     116,4. 

Es  hat  also  die  aus  S;  g.  normalem  Zinnsäurehydrat  dargestellte 
Verbindung  dieselbe  Zusammensetzung,  wie  die  aus  Hetazinn- 
säure  erhaltene,  und  es  spricht  dieser  Umstand  durchaus  nicht 
für  die  Annahme  von  Fremy,  dafs  beide  Hydrate  verschie- 
dene Sattigungscapacität  besitzen.  Man  möchte  viel  eher 
geneigt  sein  der  Ansicht  beizupflichten,  welche  Berzelius 
im  25.  Jahresberichte  b^i  Besprechung  der  Arbeit  von  Fremy 
ausspricht,  dafs  nämlich  Fremy  die  Annahme  einer  ver- 
schiedenen Sattigungscapacität  beider  Modificationen  nicht 
nöthig  gehabt  hätte,  wenn  er  mit  beiden  dieselben  Versuche 


54      Schiff,  über  die  Verbindungen  des  ZXnnoxydida 

unter  gleichen  Verhältnissen  vorgenommen  hätte.  Wir  sind 
heutzutage  zu  sehr  darian  gewöhnt,  je  nach  der  Darsteliungs- 
methode ,  meht  oder  min'ddr  hervortretende  Verschieden- 
heiten in  den  Eigenschaften  aufzufinden,  als  dafs  wir  hier- 
durch jedesmal  die  Aufsteilung  mehrerer  Modificationen 
begründen  wollten.  Zu  einer  Zeit  jedoch^  wo  man  das  häu- 
fige Vorkommen  solcher  Verschiedenheilen  defshaib  weniger 
beobachtete ,  weil  die  Verhältnisse  noch  inl  grofsen  Ganzen 
zu  untersuchen  waren ,  darf  es  uns  nicht  wandern,  wenn 
man  sich  von  der  durch  Graham  mit  so  vielem  Nutzen  bei 
den  Phosphorsäuren  angewandten  Unterscheidung  zu  der  Mode 
hinreifsen  Itefs,  die  damals  noch  geringe  Anzahl  solcher 
kleinen  Difierenzen  ebenfalls  als  Para^  und  Metamodificatio-^ 
nen  zu  kennzeichnen.  Die  Mode  hat  einmal  ihre  Berechtigung 
wie  im  Leben,  so  auch  in  der  Wissenschaft,  und  eingedenk 
des  Tempora  matantur  wird  es  uns  nicht  überraschen,  wenn 
die  heutige  Mode  der  Klammern ,  Schleifen  und  Schnallen 
über  kurz  oder  lang  einer  anderen  weichen  mufs.  Brauchte 
man  doch  wahrlich  die  vielen  BefestiguYigsmittel  nicht,  wenn 
das  Gebäude  auf  so  sicherem  Grunde  stünde ! 

Wenn  auch  die  aus  normalem  Zinnsäurehydrat  darge- 
stellte Verbindung  im  wasserfreien  Zustande  dieselbe  Zusam- 
mensetzung hat,  wie  die  aus  Metazinnsäure  erhaltene,  so  2etgt 
sich  doch  im  Wassergehalt  eine  kleine  Differenz.  Es  wurden 
nämlich  aus  : 

I.  II. 

Zinnsäure    .....         1,654  1,403     erhalten  : 

Gewässerte  Sübstan»     .         2,060  1,764. 

Aus  100  TheUen  also   .     124,5  125,7,  Mittel     125,1, 

und  es  entspricht  diefs  einem 

Wassergehalt  vonpO.      .  8,1  S,6,         Mittel        8,35. 

Dieser  Wassergehalt  pafst  viel  besser  zur  Formel  SutOis 
-|~  5  HO,  wonach  124>9  pG.  gewässerter  Subsianz  oder 
8  pC.  Wasser   aus  100  Theilen  :  in  Form    von  Hydrat   ange- 


mü  Zinnsäure  und  Antimmsäure.  55 

wandtefr  Zinnsäore  erhalten  werden  sollte.  Es  mufs  bemerkt 
werden  ^  dafs  dieser  Wassergehalt  vtelleicbt  auch  der  ans 
Metazinnsäure  dargestellten  Verbindung  sukömmt ,  da  die 
früheren  Analysen  einen  für  die  Formel  SuvOis  -{-  4  HO 
etwas  zu  hohen  Wassergehalt  ergeben  hatten.  Es  hatte 
dieser  Gegenstand  nicht  das  Interesse,  als  dafs  er  mich  zu 
einer  nochmaligen  Vornahme  obiger  Versuchsreihe  veranlafst 
hätte« 

Das  Verhalten  dieser  Verbindung  gegen  kochende  Kali- 
lauge, wobei  sich  ein  Theil  des  Zinns  metallisch  ausscheidet, 
hatte  bereits  Premy's  Annahme  veranlafst,  dafs  das  auf- 
genommene Zdnn  in  Form  von  Oxydul  in  der  Verbindung 
enthalten  sei.  Meine  Versuche  in  Betreff  des  Verhaltens  der 
Salzsäuren  Lösung  der  Verbindung  gegen  leicht  desoxydir- 
bare  Substanzen  bestätigen  obige  Annahme.  Wolframsäure 
oder  Ammoniummolybdat  wird  sogleich  gebläut  und  rothes 
Eisensulfocyanat  sogleich  entfärbt.  Letzteres  Verhalten  hätte 
als  Mittel  zur  Analyse  der  Verbindung  dienen  können,  wenn 
nicht  der  Umstand  hinderlich  in  den  Weg  getreten  wäre, 
dafs  die  einmal  ordentlich  getrocknete  Substanz  sich  nicht 
mehr  vollständig  in  Salzsäure  auflöst. 

2.    Antimonsäure  und  ZinnoxyäuL 

Die  Angabe  von  Framy,  dafs  die  durch  Einwirkung 
vod  Zinu(2.hlorür  auf  ^  Metazinnsäure  entstehende  gelbe  Fär- 
bung dazu  dienen  könne,  um.  diese  von  Antimonsäure  (acide 
antimoni^u^)  zu  unterschieden»  kann  sich  gewifs  nur  auf  die 
Säurehy^rate  beziehen,  da,  wie  bereits  oben  bemerkt,  die 
Unterscheidung  einer  Metazinnsäure  nur  für  die  Hydrate 
statthaft  ist  und  da  ja  ferner  auch  eine  gelbe  Färbung  nur 
bei  dem  Zxxtnsmtehydrat  hervortritt;  es  kann  sich  diese  An- 
gabe schon  defshalb  nicht  auf  die  Anhydride  beziehen,  weil 
das  Anhydrid  der  Antimonsäure  schon   an  und   für  sich  satt 


56      Schiffe  über  die  Verbindungen  des  Zinnoxydüls 

gfelb  gefärbt  ist.  In  der  Literatur  habe  ich  diese  Angabe 
nur  im  Berzelius'scben  Jahresberichte  und  im  Graham- 
Otto'schen  Lehrbuch  aufgefunden  und  in  beiden  ist  sie 
unrichtig  wiedergegeben  worden.  Berzelius  läfst  die  gelbe 
Färbung  zur  Unterscheidung  von  ^den  Oxyden  des  Antimons^ 
und  Otto  zur  Unterscheidung  von  Antimonoxyd  dienen^). 
Wie  ich  nun  finde,  hat  Fremy  diese  Angabe  nicht  am  Ex- 
perimentirtisch ,  sondern  wahrscheinlich  am  Schreibtisch  er- 
mittelt,  denn  Antimonsäurehydrat  verhält  sich  in  Bezug  auf 
die  Färbung  gegen  Zinnchlorür  eben  so  wie  die  Zinnsäure. 
Auf  das  Zinnsäurehydrat  bezogen  ist  der  Otto'sche  Lapsus 
richtig,  denn  Antimonoxyd  wird  in  der  That  durch  Zinn- 
chlorür nicht  gelb  gefärbt.  Aber  auch  die  Fremy'sche  An- 
gabe sowohl  als  die  Berzelius'sche  können  angenommen 
werden,  sobald  man  dieselben  auf  die  wasserfreien  Verbin- 
dungen bezieht.  Weder  Antimonsäure  noch  Atitimonoxyd 
zeigen  die  braune  Farbe ,  welche  Zinnsäure  mit  Zinnchlorür 
erzeugt. 

Die  gelbe  Farbe,  welche  bei  Einwirkung  von  Zinnchlorür 
auf  Antimonsäurehydrat  (aus  Chlorid  durch  Wasser  gefällt} 
bei  mittlerer  Temperatur  entsteht,  verändert  sich  selbst  nach 
mehreren  Tagen^  nicht,  aber  es  wird  die  Farbe  sehr  bald 
intensiver,  wenn  man  die  Einwirkung  bei  etwa  80^  vor  sich 
gehen  läfst.  Nach  einigen  Stunden  hat  dann  die  Verbindung 
die  Farbe  von  Ziegelmehl  angenommen ,  welche  sie  selbst 
bei  erhöhter  Temperatur  behält.  Wenn  bei  der  im  Vorher- 
gehenden beschriebenen  Verbindung  hi^chstens  einige  Stun- 
den  hinreichten,   um  in  quantitativer  Hinsicht  die  Reaction 


*)  Es  wird  hier  Berzelius  und  nicht  den Uebersetzern  der  Lapsus 
oalami  zugeschoben,  weil  die  aus  dem  Schwedischen  übersetzte 
französische  Ausgabe  von  Plantamour  mit  der  deutschen 
gleichlautend  ist  und  der  Fehler  also  bereits  im  Original  zu 
suchen  sein  wird. 


mit  Zinnsäure  und  Aniimonaäure,  57 

ZH  vervollständigeii,  so  bedarf  es  bei  der  Antknonsäure  einer 
mindestens  einen  Tag  anhaltenden  Erwärmung-  mit  Zinnchlorür. 
Man  hat  sich  zu  überzeugen,  ob  das  anzuwendende  Zinn- 
chlorür nicht  beim  Erhitzen  basisches  Salz  absetze,  und  man 
thttt  gut,  wenn  man  die  Lösung  beständig  schwach  sauer 
erhält. 

Die  rothe  Verbindung  enthält  Antimonsäure,  Zinnoxydul 
und  Wasser.  Letzteres  kann  im  Kohlensäurestrom  ausgetrie- 
ben werden  und  man  erhält  dann  die  wasserfreie  Verbindung 
von  gelbgrauer  Farbe.  Versucht  man  die  Verbindung  bei 
Loßzutritt  zu  entwässern,  so  geht  das  Zinnoxydul  zum 
gröfsten  Theil  in  Oxyd  über,  die  Temperatur  ist  aber  viel 
zu  niedrig,  um  etwaiges  Antimonoxyd  zu  oxydiren.  Die  an 
der  Luft  bei  mögliehst  niedriger  Temperatur  entwässerte 
Verbindung  nimmt  bei  Behandlung  mit  Salpetersäure  in  der 
V^ärme  nur  unbedeutend  an  Gewicht  zu;  es  hat  also  durch 
das  Zinnchlorür  keine  Desoxydation  der  Antimonsäure  statt- 
gefunden. 

Man  bestimmte  die  Mengen  von  gewässerter  Verbindung 
und  von  Zinnoxydantimoniat,  welche  aus  abgewogenen  Men- 
gen von  in  Form  von  Hydrat  angewandter  Antimonsäure  er- 
halten werden  konnten.  Es  wurde  bei  Versuch  I  14  Stunden, 
bei  Versuch  11  20  Stunden  auf  60  bis  80^  erwärmt;  es  er- 
gaben sich  folgende  Zahlen  : 


I. 

in  pC. 

II. 

in  pC. 

Antimonsäure      .     .     .     1,031 

t 

1,210 

Gewftsserte  Verbindung    1,550 

150,3 

1,835 

151,7 

Zimiozydantimoniat          1,496 

146,1 

1,764 

145,8 

Wassergehalt 

7 

7,14. 

Die  Formel  der  entstehenden  Verbindung  ist  hiernach 
SbSnOe  -f  ^  HO ;  es  verlangt  dieselbe  7,3  pC.  Wasser  und 
aus  100  Theilen  Antimonsäure  sollten  152,8  Theile  der  Ver- 
bindung oder  146,6  Theile  Zinnoxydantimoniat   erhalten  wer- 


58      Schiffe  über  die  Verbindungen  des  jSmnoxyduh 

den.  Das  ziegelfarbene  Oxydulsalz  wird  sowohl  von  Säuren 
als  Alkalien  nur  schwierig  angegriffen ;  am  leichtesten  noch 
von  heirser  concentrirter  Schwefelsäure.  Das  hellgelbe  Oxyd- 
salz ist  noch  viel  resistenter. 

Es  scheint  auch  eine  Verbindung  SnO,  2  SbOs  sich 
bilden  zu  können;  liefs  ich  Antimonsäurehydrat  mit  Zinn- 
chlorür  etwa  4  Stunden  bei  30  bis  40^  stehen,  so  erhielt 
ich  einige  Male  Zahlen,  welche  diesem  Verhältnifs  ziemlieh 
nahe  kommen. 

Wie  bei  der  Zinnsäure  verhält  sich  auch  bei  der  Anli- 
monsäure  das  Hydrat  anders  als  das  Anhydrid.  Wird  wasser- 
freie Antimonsäure  mit  Zinnchlorür  Übergossen ,  so  wird  die 
Farbe  nur  sehr  wenig  dunkler  und  verändert  sich  dann  selbst 
nach  mehreren  Tagen  nicht  mehr«  Auch  bei  10-  bis  12stiMi- 
digem  Digeriren  bei  erhöhter  Temperatur  konnte  eine  ziegel-» 
farbige  Verbindung,  wie  sie  das  Hydrat  entstehen  läfst»  nicht 
erhalten  werden.  Die  entstehende  gelbe  Verbindung  enthält 
Zinnoxydul  und  Wasser;  sie  scheint  mit  einer  anderen  grauen 
Verbindung  gemengt  zu  sein,  welche  indessen  nur  einen 
kleinen  Theil  des  Gemenges  ausmacht  und  selbst  nach  län- 
gerem Erwärmen  nicht  für  sich  erhalten  werden  konnte. 
Quantitative  Bestimmungen  wurden  hier  nicht  ausgeführt, 
weil  man  der  Reinheit  der  Reaction  nicht  sicher  war. 

Wird  wasserfreie  Antimonsäure  8  bis  10  Stunden  lang  mit 
Zinnchlorür  auf  35  bis  40^  erwärmt*),   so   erhält  man   eine 


*)  Sollen  Substanzen  längere  Zeit  anf  diese  Temperatur  erwärmt  und 
dabei  umgeschüttelt  werden,  so  ist  es  sehr  empfeblenswerth, 
selbst  Schüttelapparat  und  Wärmequelle  zu  sein,  indem  man  die 
Substanzen  in  wohlverkorkten  Gläschen  im  Hosensacke  mit  sich 
herumträgt;  man  liat  dann  noch  den  Vortheil,  dafir  man  die  Ver- 
änderung ohne  Zeitverlust  überwachen  und  mehrere  Einzelver- 
suche zu  gleicher  Zeit  ausführen  kann.  Es  hatte  sich  diese  Me- 
thode schon  früher  bei  Versuchen  Über  die  Umwandlung  der 
glycogenen  Substanz  der  Leber  als  sehr  geeignet  erwiesen.  —  Die 


mit  Zinnsäure  und  Antimonaäure,  59 

gelbe  Substanz,  welche  nichts  Heterogenes  bemerken  läfst. 
Dieser  Versuch  wurde  einmal  unter  Beachtung  der  Mengen- 
verhältnisse ausgeführt. 

0,972  Grm.  Antirnonsäare  gaben  1,305  firm,  der  gelben 
Verbindung  =^  134,3  pC. ,  welche  sich  nach  dem  Erwärmen 
mit  Salpetersäure  und  schwachem  Glühen  auf  1,266  6rm. 
^^  130,3  pC.  reductrten*  Es  entspricht  diefs  sehr  nahe  der 
Formel  2  SnO ,  3  SbOs  4"  ^  HO ,  nach  welcher  man  aus 
100  Theilen  Antimonsäure  135,2  Theile  der  gewässerten  und 
131  Theile  der  geglühten  Verbindung  erhalten  sollte.  Ich 
halte  diese  Verbindung  für  eine  intermediäre,  welche 
wahrscheinlich  nach  längerer  Zeit  oder  bei  höherer  Tem- 
peratur noch  mehr  Zinnoxydul  aufnimmt,  und  lasse  es 
dahingestellt  sein,  ob  dieses  einfache  Verhältnifs  nicht  viel- 
leicht ein  zufälliges  ist.  Dafs  die  Antimonsäure  nicht  des- 
oxydirt  worden 9  ergab' ein  specieller  Versuch,  wo  eine  im 
Kohlensäurestrom  entwässerte  Menge  durch  Salpetersäure 
oxydirt  wurde.  Die  Gewichtszunahme  betrug  2,17  pC. ;  die 
Oxydation  des  Zinnoxyduls  würde  eine  Gewichtsvermehrung 
von  2,6  pC.  erfordern. 

üeber  eine  Verbindung  SbOs,  2  SnO  vgl.  diese  Annalen 
CXIV,  118- 


Die  der  Zinnsäure  und  Antimonsäure'  analog  zusammen- 
gesetzten,,Sulfide  werden  durch  Ziimchlorür  nicht  verändert. 
Auch  auf  Bor^äurehydrat,  Kieselsäure  und  arsenige  Säure 
scheint  es;  ohne  Einwirkung  zu  sein. 

Die  blai^en  Verbindungen,'  welche,  wie  schon  früher 
beka|fint,   bei  Einwirkung  von,  Zinnchlorür   auf  Wolframsäure 

betreffenden  Besaltate  sind  in  M.  Schiffs  Untersuchungen  über 
Zuckerbildung  in  der  Leber,  Würzburg  1859,  als  Anhang  ver- 
öi&ntlioht. 


60       Schiff y  über  die  Verbindungen  des  Zinnoxyduls 

und  Molybdänsäure  entstehen,  habe  ich  zinnfrei  und  in  ihrem 
Verhalten  den  auf  anderen  Wegen  erhaltenen  intermediären 
Oxyden  ganz  gleich  gefunden. 

Der  in  einer  wässerigen  Lösung  von  Arsensänre  bei 
Zusatz  von  Zinnchlorür  schon  in  der  Kälte  entstehende 
Niederschlag!  welchen  man  früher  für  arsenige  Säure  zu 
halten  geneigt  war,  besteht  nach  meinen  Untersuchungen 
aus  Zinnoxyd  und  arseniger  Säure.  Bei  120^  getrocknet 
ist  die  Verbindung  wasserfrei  und  enthält,  wie  nachstehende 
Zahlen  mit  Vi^ahrscheinlichkeit  ergeben,  AsOs  auf  2  SnO^. 
Bei  längerem  Erhitzen  verflüchtigt  sich  fast  der  ganze  Gehalt 
an  arseniger  Säure,  und  es  hinterliefsen  : 

0,831  Grm.  Substanz  0,522  Gnu.  oder  62,8  pC» 
0,605      „  „         0,382      „         ,     63,1    » 

Bestünde  der  Rückstand  aus  reinem  Zinnoxyd  —  was 
indessen  nicht  der  Fall  ist  — ,  so  müfste  derselbe  nach  obi- 
ger Formel  60,3  pC.  betragen.  Die  Verbindung  entsteht 
wahrscheinlich  nach  der  Gleichung  : 

A8O5  -f  2  SnCl  +  2  HO  =  AbOs,  2  SnO»  +  2  HCl. 

Phosphorsäure  verhält  sich  gegen  Zinnchlorür  nicht  der  ar- 
senigen Säure  analog.  Der  entstehende  weifse  Niederschlag 
giebt  beim  Erhitzen  keinen  Phosphorwasserstofl^,  enthält  also 
kein  Phosphorigsäuresalz.  Wahrscheinlich  besteht  der  Nie- 
derschlag aus  einem  Zinnoxydulphosphat  (vgl.  diese  Annalen 
CXIV,  113> 

Zinnchloridlösungen  (durch  Einleiten  von  Chlop  in  Zinn- 
chlorür dargestellt),  welche  beim  Kochen  für  sich  keine 
Trübung  erlitten,  gestehen  beim  Erwärmen  mit  Arsensäure 
oder  Phosphorsänre  zu  steifen  durchsichtigen  Gallerten, 
ganz  vom  Ansehen  der  Kieselgailerte.  Es  wurden  schon 
früher  von  Haeffely  (Jahresbericht  für  1855,  S.  395 j 
galleitarlige  Verbindungen  beschrieben,  welche  man  erhält, 
wenn  man   die  vermischten  Lösungen   der  Natriumsalze   der 


mit  Zinnaäure  Und  Antimonsäure.  61 

ZinnsSure  und  Phasphorsäure  oder  Arsensfiiire  mit  Salpeter- 
säure versetzt.  Die  Zusammensetzung  wurde  PO5  (resp. 
ASO53,  2  SnOs -|-  10  HO  gefunden;  die  nach  obiger  Angabe 
mitteist  Zinnchlorid  erhaltenen  Gallerten  haben  wahrschein- 
lich dieselbe  Zusammensetzung. 
Bern)  im  April  1861. 


Mittheilungen   aus    dem   Laboratorium    des    Privat- 
docenten  L.  Carius  in  Heidelberg. 


8.    lieber  die  Doppelsulfide  der  Alkoholradicale   und 
deren  Verbindungen  mit  Jodiden ; 

von  E.  Linnemann  aus  Frankfurt. 


Für  die  Sulfide  der  Alkoholradicale  gelten  ohne  Zweifel 
genau  dieselben  theoretischen  Betrachtungen,  wie  für  die 
ihnen  correspondirenden  Oxyde,  was  besonders  aufser  Zweifel 
gesetzt  wird  durch  das  Verhalten  der  sog.  Hercaptane  und 
einfachen  Sulfide  gegen  Säureanhydride.  Nachdem  Letzteres 
durch  die  Untersuchung  von  Carius*}  nachgewiesen  war, 
erschien  es  wahrscheinlich,  dafs  für  die  einäquivalentigen 
Alkoholradicale  Doppelsulfide  existiren  ,  die  den  von  Wil- 
li am  son  aufgefundenen  Doppeloxyden,  Oxyden  zweier  ver- 


*)  VgL  besonders  dessen  Schrift  :  Beitrag  sttr  Theorie  der  mehrbasi" 
sehen  Säuren  u.  s.  w. ;  femer  diese  Annalen  CXII,  190  und  Mit- 
theilungen aus  dem  Laboratorium  von  Carius  Nr.  5  in  diesen 
Annalen  CXIX,  289. 


62  Linnemann,   über  die  DoppeUulfide  der 

schiedener  Alkoholradicale,  entsprechen  würden,  und  Ms  die^ 
selben  durch  analoge  Reactionen,  wie  diese  letztere,  dar- 
stellbar wären.  Die  folgenden,  auf  den  Vorschlag  des  Herrjn 
Dr.  Carius  angestellten  Versuche  hutten  den  Zweck»  über 
die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  zu  entscheiden. 

Für  die  Theorie  der  Alkoholradicailoxyde  sind  zwei  Ent- 
stehungsweisen derselben  von  besonderer  Wichtigkeit  :  die 
Einwirkung  von  Alkoholen  auf  Aether  mehrbasischer  Säuren, 
und  Einwirkung  von  Jodüren  der  Alkoholradicale  auf  Metall- 
alkoholate.  Für  die  Darstellung  der  Sulfide  schien  sich  be- 
sonders die  der  letzteren  Entstehungsweise  der  Ox^cle' analöge 
Reaction  zu  empfehlen ,  und  während  von  itiir  darüber  Ver- 
suche  angestellt  wurden,  fand  Carius  (vgl.  die  vorher- 
gehende Abhandlung,  diese  Annalen  CXIX,  313)  auch  eine 
der  ersten  Entstehungsweise  vergleichbare  Reaction  auf.  — 
Ich  versuchte  die  Doppelsulfide  darzustellen  diirch  Einwirkung 
von  Jodiden  der  Alkoholradicale  4uf  Qaecksilbersulfalkoholate; 
dabei  bilden  sich  sehr  leicht  Verbindungen  der  Doppelsulfide 
mit  Quecksilberjodid ,  aus  denen  sich  indessen  das  letztere 
nur  sehr  schwer  ohne  Zersetzung  des  Sulfides  abscheiden 
läfst,    so  dafs   es   kaum  möglich    ist,    die  Doppelsulfide   auf 

diese  Weise   rein    zu   erhalten.    Da  die  Jodüre    der  Metalle 

•  •  • '  .      .  • 

der  Alkalien  keine  den  Quecksilberjodidverbindungen  analoge 

mit  den  Sulfiden  der  Alkoholradicale  zu  bilden  scheinen,   so 

werden  die  Doppelsulfide   der  Alkoholradicale  wahrscheinlich 

leicht    dargestellt    werden    können    durch    Einwirkung    von 

Jodüren  auf  Kaliumsulfalkoholate  zweier  verschiedener  Radi- 

cale,  z.  B.  : 

Die  Darstellung  des  Kaliumsulfalkobolates  ist  indessen 
eine  sehr  unangenehme  Operation,  wefshalb  ich  den  Versuch 
in  der  Weise  modificirte,  dafs  ich  Jodamyl  auf  einß  Lösung 


Alkoholradicale  und  deren  Verbindungen  mit  Jodiden,    63 

von  Ein  fach- Seh  wefelkalium  in  absolutem  Aethylalkohol  ein- 
wirken liefs.  Zu  diesem  Zweck  wurde  geschmolzenes  Kali- 
hydrat in  absolutem  Alkohol  gelöst,  die  eine  Hälfte  der 
Lösung  völlig  mit  Schwefelwasserstoff  gesättigt,  die  andere 
alsdann  zugegossen  und  dieser  Lösung  die  entsprechende 
Menge  Jodfithyl  zugefügt.  Das  Gemenge  schied  beim  Kochen 
im  Wasserbade  im  Kolben  mit  aufsteigendem  Kühlrohr  sehr 
bald  Jodkalium  ab ;  nach  einigen  Stunden  wurde  der  Inhalt 
des  Kolbens  der  Destillation  unterworfen  und  alles  über  78^ 
Uebergehende  aufgefangen,  welches  mit  Wasser  gewaschen 
und  über  Chlorcaicium  getrocknet  zwischen  95®  und  gegen 
170®  überdestillirte  und  durch  fractfonirte  Destillation  eine 
zwischen  130  und  140®  siedende  Flüssigkeit  gab,  die  voll- 
kommen dem  von  Carius  rein  erhaltenen  Aethylamylsulfid 
gflich.  Die  mit  dieser  Flüssigkeit  erhaltenen  analytischen 
Resultate*)  sind  folgende  : 

1.  2. 

Angewandt 0,2007  0,1690 

Erhaltener  schwefeis.  Baryt    .     0,3489  0,2728. 

Berechnet  nach  der  Formel 

1.  2.  Mittel         ^^iGftHu  ' 

^jHjg  —  —  —  75,76 

Schwefel       23,88         23,57         23,72  24,24 


100,00. 

Die  bisher  bekannten,  von  Loir"^"^}  dargestellten  Ver- 
bindungen der  Alkoholradicalsulfide  mit  Chloriden  oder  Jodiden 
waren  nur  solche,  die  auf  1  Mol.  des  Sulfides  1  Mol.  des 
Hetalljodides  oder  Chlorides,  z..B.  HgCl2,  HgS2)  PtCla,  ent- 
hielten.   Bei   dem  oben  erwähnten  Versuch   zur  Darstellung 


*)  Die  hier  und  im  Folgenden  mitgetheilten  Analysen  sind  nach  der 
Methode  Ton  Carius,  siehe  diese  Annalen  GXYI,  1,  ausgeführt. 

*)  Compt  rend.  XXXVI,  1095;   Verbindungen  mit  Quecksilbeijodid, 
Compt  rend.  XL  VI,  1280.   (Ann.  LXXXVII,  369  u.  CVU,  234.) 


64  Linnemanny  über  die  Doppebulfide  der 

der  Doppelsulfide  habe  ich  Verbindungen  erhalten,  welche 
relativ  nur  halb  so  viel  Quecksilberjodid  enthalten;  ent- 
standen nach  der  Gleichung  : 

Ganz  analoge  Verbindungen  bilden  natürlich  auch  die 
einfachen  Sulfide.  Zur  Darstellung  der  beiden  folgenden  Ver- 
bindungen wurde  Quecksilbersulfoalkoholat  mit  absolutem  Al- 
kohol im  Wasserbade  zum  Sieden  erhitzt  und  der  klaren 
Lösung  iodmetfavl  oder  Jodamyl  zugesetzt.  Die  Einwirkung 
der  Jodide  auf  festes  Quecksilbersulfoalkoholat  ist  bei  gelindem 
Erwärmen  so  heftig,  dafs  die  Masse  umhergeschleudert  und 
ein  grofser  Theil  der  neuen  Verbindung  wieder  zersetzt 
wird,  unter  Abscheidung  von  metallischem  Quecksilber  und 
Schwefelquecksilber.  Die  Einwirkung  beginnt  bei  fortwäh- 
rendem Sieden  in  der  alkoholischen  Lösung  sogleich,  ist 
aber  erst  nach  einigen  Stunden  beendigt,  wefshalb  man  ein 
aufsteigendes  Kühlrohr  vorlegen  mufs.  Sollte  sich  bei  Zusatz 
des  Jodürs  oder  nachher  während  des  Siedens  eine  ölige 
schwere,  beim  Erkalten  erstarrende  Flüssigkeit  abscheiden, 
so  ist  es  nöthig,  die  darüber  befindliche  Flüssigkeit  in 
einem  anderen  Kolben  mit  mehr  Alkohol  verdünnt  weiter  zu 
kochen,  da  die  ungelöste  Verbindung  sonst  theilweise  zer- 
setzt wird.  Beim  Erkalten  der  Lösung  scheiden  sich  die 
Verbindungen  gröfstentheils  krystallinisch  ab;  den  Rest  er- 
hält man  durch  langsamßs  Verdunsten  der  Mutterlauge  besser 
krystallisirt. 

Methyläthylsulfid  mit  Quecksilberjodid  bildet  ein  schwe- 
felgelbes  krystallinisches  Pulver,  oder  sehr  kleine  gelbe 
durchsichtige  Säulchen  von  schwachem  Geruch;  es  schmilzt 
unter  siedendem  Alkohol  und  erstarrt  zu  einer  porcellan- 
artigen  wenig  krystallinischen  gelben  Masse.  Die  Verbin- 
dung löst  sich  nur  wenig  selbst  in  kochendem  Alkohol;   die 


Alkoholradicale  und  deren  Verbindungen  mit  Jodiden,     65 

Lösung  erleidet  bei  langem  Kochen  keine  erhebliche  Zer- 
setzung, kochl  man  aber  die  Verbindung  mit  zur  Lösung 
unzureichenden  Mengen-  Alkohols,  so  scheidet  sich  viel  Queck- 
silber und  Schwefelquecksilber  ab.  Beim  Erhitzen  für  sich 
schmilzt  die  Verbindung  kaum  unzersetzt,  sondern  liefert  ein 
Destillat,  welches  bei  nochmaliger  Destillation  ohne  einen 
Constanten  Siedepunkt  zwischen  40^  und  gegen  200^  destillirt; 
die  über  100^  destillirten  Antheile  färben  sich  am  Lichte  bald 
roth  und  enthalten  reichlich  Jod  und  auch  Quecksilber.  — 
Leitet  man  in  die  alkoholische  warme  Lösung  der  Verbin- 
dung Schwefelwasserstoff,  so  wird  die  Verbindung  zerlegt, 
unter  Bildung  von  Schwefelquecksilber,  Jodwasserstoff  und 
wahrscheinlich  Aethylmethylsulfid ;  letzteres  läfst  sich  aber  so 
nicht  darstellen,  da  zu  grofse  Mengen  von  Alkohol  als  Lösungs- 
mittel vorhanden  sein  müssen;  befand  sich  bei  diesem  Ver- 
suche unter  der  kochenden  alkoholischen  Lösung  noch  un- 
gelöste Verbindung,  so  bleibt  diese  fast  ganz  unverändert. 

Die  analytischen  Resultate  sind  im  Folgenden  gegeben ; 
die  Quecksilberbestimmung  ist  durch  Glühen  mit  kohlensaurem 

Pfatron  und  Wägen  des  metallischen  Quecksilbers  ausgeführt. 

1.*)         2.  3. 

Angewandt 0,3245  0,1973  0,4215 

Erhaltener  schwefeis.  Baryt    .     .  0,2508  0,1494  — 

Erhaltenes  Jodsilber       ....  0,2314  0,1356  — 

Erhaltenes  metallisches  Silber     .  0,0085  0,0076  -— 

Erhaltenes  Quecksilber  ....  —  —  0,1368. 


Berechnet  nach  d.  Formel 

mSei     (»{ISA'  ^'*  •• 


Gefunden 

1.       '  T        T. 

«eHie                     «.          _           -  —  14,52 

Schwefel            10,61     10,40         —  10,50  10,55 

Jod                      41,85     41,66         —  41,75  .               41,92 

Quecksilber         —        —         32,45  32,45  33,01 


100,00. 


*)  Diese  Analyse  wurde  schon  früher,  diese  Annalen  GXYI ,  26,  mit- 
getheilt,  dabei  aber  für  das  gefundene  Jodsilber  statt  0,2314  aus 
Versehen  0,3643  gesetzt.  Carius. 

Annal.  d.  Cliem.  a.  Pharm.  OXX.  Bd.  1.  Heft.  5 


66  Kovalevsky,  über  das  Vorkommen 

Äeihylamylmlßd  mit  Queckstlberjodtd  gleicht  der  vor- 
hergehenden Verbindung  im  Aeufseren,  wie  im  chemischen 
Verhalten  sehr;  sie  bildet  ^elbe  Krystallblättchen  ohne  deut- 
lich erkennbare  Form;  sie  schmilzt  leichter  und  löst  sich 
reichlicher  in  siedendem  Alkohol  als  der  eben  beschriebene 
Körper ;  beim  Erhitzen  für  sich  verhält  sie  sich  diesem  völlig 
analog,  es  destilliren  Schwefel,  Jod  und  Quecksilber  ent- 
haltende Flüssigkeiten,  während  das  Thermometer  zuletzt  bis 
gegen  300^  steigt.  Durch  Zerlegung  der  Verbindung  mit 
Schwefelwasserstoff  scheint  hier  die  Darstellung  des  AethyU 
amylsulfides  zu  gelingen.  Die  Analyse  der  Verbindung  gab 
folgende  Resultate  : 

Aogewandt .        0,4858 

Erhaltener  schwefeis.  Baryt        ....         0,2209 

Erhaltenes  Jodsilher 0,2100 

Erhaltenes  metallisches  Silher   ....         0,0078* 

Berechnet  nach  der  Formel 

Gefunden  (^  I  G^H*  J,»  ^^^«  " 

GuüsiSg  —  55,72 

Schwefel  8,77  8,91 

Jod  35,47  35,37 

100,00. 

Heidelberg,  den  25.  Februar  1861. 


9.     Ueber  das  Vorkommen  des  Metastyrols; 

von  A.  Kovalevsky. 


Die  Umwandlung    des  Styrols   in  •  Metastyrol   findet  nach 
den   Versuchen    von    Blyth   und    Hof  mann*)   nicht    allein 


*)  Diese  Annalen  LIII,  297. 


des  Metastyroh,    -  67 

durch  Einwirkung  einer  höheren  Temperatur,  sondern  auch 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  und  dann  besonders  an  der  Luft 
und  im  Lichte  statt.  Es  liefs  sich  daher  erwarten^  dafs  in 
dem  flüssigen  Storax  des  Handels  ein  Theil  des  ursprünglich 
vorhanden  gewesenen  Styrols  in  Form  von  Metastyrol  vor* 
banden  sei,  und  darin  zum  Theil  der  Grund  liege,  wefshalb 
der  Gehalt  des  käuflichen  Storax  an  Styrol  so  sehr  variabel 
ist.  Diese  Vermuthung  ist  durch  meine  auf  den  Vorschlag 
des  Herrn  Dr.  Carius  angestellten  Versuche  vollkommen 
bestätigt.  Zu  den  Versuchen  diente  undurchsichtiger  flüssi- 
ger Storax,  der  bei  dem  ersten  Versuche  schon  zur  Entfer* 
nung  des  Styrols  mit  Wasser  destillirt  war;  dieser  Bückstand 
wurde  mit  kalter  verdünnter  Natronlauge  nach  der  Angabe 
von  Göfs mann  von  Zimmtsäure  befreit,  der  dabei  bleibende 
Rückstand  mit  kaltem  Alkohol  gemischt  und  der  in  der  Ruhe 
gebildete  harzige  Bodensatz  dann  noch  mehrmals  mit  starkem 
Alkohol  ausgewaschen.  Dabei  bleibt  eine  fast  schwarze  feste 
Harzmasse,,  die  nach  dem  Verdunsten  des  Alkohols  in  kleinen 
Mengen  der  Destillation  unterworfen  wird;  die  Masse  schmilzt 
in  der  Retorte  und  liefert  unter  Aufschäumen  ein  farbloses, 
nach  Styrol  aber  gleichzeitig  terpentinartig  riechendes  Destiltat; 
erhitzt  man.  sehr  rasch,  so  wird  weniger  von  diesem  erhalten 
und  es  bleibt  mehr  Kohle  im  Rückstande.  Das  Destillat  wurde 
im  zugeschmolzenen  Rohr  einige  Stunden  einer  Temperatur 
von  150  bis  200^  ausgesetzt  und  dadurch  endlich  in  eine 
beim  Erkalten  nur  noch  sehr  zähflüssige,  fast  farblose  Masse 
verwandelt;  aus  letzterer  liefs  sich  durch  Auswaschen  mit 
Alkohol  zuletzt  in  gelinder  Wärme  eine  in  allen  Eigenschaf- 
ten mit  dem* Metastyrol  übereinstimmende  Substanz  abscheiden. 
—  Bei  einem  zweiten  Versuche  war  der  flüssige  Storax  nicht 
erst  mit  Wasser  destillirt,  sondern  direct  mit  Natronlauge 
behandelt  worden;  der  dabei  bleibende  Rückstand  wurde 
dann  zuerst  mit  kaltem  Benzol  und   um  dieses  wieder  völlig 

5» 


68     Rovalevsky,  über  das   Vorkommen  d,  Metastyroh, 

zu  entfernen  mit  Alkohol  ausgewaschen.  Der  Versuch  lieferte 
das  gleiche  Resultat  wie  der  erste.  —  Bei  der  Verbrennung 
des  so  erhaltenen  Metastyrols  nach  dem  Schmelzen,  Pulvern 
und  Trocknen  über  Schwefelsäure  mit  Kupferoxyd  und  Sauer- 
stoffgas gaben  : 

0,1958  Grm.  desselben  0^6613  Kohlensäure  und  0,1330  Wasser. 

Berechnet  nach  der 
Gefanden  Formel  Q^ß^  : 

Kohlenstoff  92,10  92,30 

Wasserstoff  7,55  7,70 


99,65  100,00. 

Die  Menge  des  so  vorkommenden  Metastyrols  scheint 
verschieden  zu  sein ;  bei  dem  ersten  Versuch  gaben  500  Grm. 
flüssiger  Storax  8  Grm.  reines  Hetastyrol,  bei  dem  zweiten 
Versuch,  wozu  von  einem  anderen  Kaufmann  erhaltener 
Storax  verwandt  wurde,  gaben  500  Grm.  nahe  14  Grm.  reines 
Metastyrol. 

Bekanntlich  haben  Glenard  und  Boudault  durch  De- 
stillation von  Drachenblut  Styrol  erhalten ;  da  nun  dieses  Harz 
keine Zimmtsäure  zu  enthalten  scheint,  so  enthält  es  vielleicht 
Metastyrol  fertig  gebildet,  welches  dann  bei  der  Destillation 
in  Styrol  verwandelt  wird.  Das  Metastyrol  hat  in  hohem 
Grade  die  physikalische  Beschaffenheit  eines  sogenannten 
Harzes,  und  ich  halte  es  für  wahrscheinlich,  dafs  dasselbe 
einen  Bestandtheil  noch  anderer  sogenannter  Harze  ausmacht, 
vielleicht  sogar  wesentlich  zu  deren  Znsammensetzung  bei- 
trägt. 


69 


10.     Ueber  eine  neue  WasserstofiVerbindung  des 

Eisens  *) ; 

von  «7.  Ä.   Wanklyn  und  L,  Garius. 


Zinkäthyl  wirkt  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  auf 
die  Chloride  und  Jodide  der  Metalle  Silber,  Kupfer,  Bisen 
und  Nickel  energisch  ein;  in  allen  diesen  Fällen  entwickeln 
sich  sehr  reichlich  Gase,  die  aber  nach  der  Natur  der  ange- 
wandten Metallverbindung  verschiedene  Zusammensetzung  be- 
sitzen. Wir  gingen  von  der  Ansicht  aus,  dafs  hierbei  die 
folgenden  Reactionen  vorkommen  könnten  : 

1.  (MeCl),  -f  ÄnCGjHj),  =  ZnCl,  +  (MeGjHß)^, 

2.  (MeCl)j  +  Äii(€f8H5)8  =  ZnClj  +    Me,  -f-  (G^Hg)«, 

3.  (MeCl)2  +  Zn(€,H5)8  =  ZnClj  -f    Mej  -f    Q^^^  +  G^He, 

4.  (MeCl),  +  Zii(€A),  ==  ZnClj  +  (MeH),  +  (G2H4)g. 

Die  durch  Gleichung  1.  bezeichnete  Reaction  konnten 
wir  bei  keiner  der  untersuchten  Metallverbindungen  nach- 
weisen. Die  Reactionen  2.  und  3.  finden  statt  bei  Kupferjodür 
oder  Kupferchlorid  und  bei  Chlorsilber.  Die  Einwirkung  des 
Zinkäthyls  auf  Eisenjodür  und  wahrscheinlich  auch  auf  Nickel- 
chlorör  geht  nach  Gleichung  4.  vor  sich. 

Kupferjodür^  CugJ,  dargestellt  durch  Fällung  und  sorg- 
fältig getrocknet,  oder  Kupferchlorid ^  CuCl,  erhalten  durch 
Trocknen  des  auf  nassem  Viege  dargestellten ,  zuletzt  bei 
220^,  entwickeln  in  Berührung  mit  Zinkäthyl  schon  in  der 
Kälte  unter  Erwärmung  Gas.  Wurde  dabei  die  Erwärmung 
nicht  vermieden ;  so  zeigte  sich  das  Gas  bis  nahe  zur  Hälfte 
von   Schwefelsäureanhydrid    absorbirbar,   während  der   Rest 


*)  Ueber  das  Folgende  wurde  schon  in  der  Sitzung  des  natur- 
historisch '  medicinischen  Vereines  zu  Heidelberg  vom  23.  Novem- 
ber 1860  Mittheilung  gemacht.  Carius. 


70  Wanklyn  u.  Gar  tu  8  ^  über  eine  neue 

im  Eudiometer  mit  Sauerstoff  explodirt  sich  als  Aethylwässer- 
stofT  mit  wenig  Äethylgas  zu  erkennen  gab.  Die  Menge  des 
letzteren  Gases  nimmt  aber  zu,  wenn  die  Reaction  weniger 
heftig  stattfindet;  stellt  man  endlich  den  Versuch  so  an,  dafs 
das  Zinkäthyl  mit  seinem  gleichen  Volum  reinen  Aether  ver- 
mischt zu  dem  unter  Aether  befindlichen  Kupferchlorid  gesetzt 
wird  und  kühlt  man  das  Entwickelungsrohr  in  Eiswasser  ab, 
so  besteht  das  durch  Waschen  mit  gewöhnlicher  Schwefel- 
säure und  Wasser  von  Aetherdampf  befreite  Gas,  wie  die 
eudiometrische  Analyse  bewies,  aus  Äethylgas,  mit  veränder- 
lichen Mengen,  bis  zu  20  pC. ,  Aethyleri  und  Aethylwasser- 
sloff.  —  Der  Rückstand  im  Entwickelungsgefäfs  besteht  un- 
abhängig von  der  Temperatur,  bei  der  die  Zersetzung  statt- 
fand, bei  Anwendung  von  überschüssigem  Zinkäthyl  aus  einem 
rothen  Pulver,  welches  nach  dem  Auswaschen  mit  reinem 
Aether  mit  verdünnter  Chlorwasserstoffsäure  in  der  Kälte  kein 
Gas  entwickelt  und  sich  überhaupt  wie  metallisches  Kupfer  ver- 
hält. Kupferwasserstoff,  dessen  Bildung  wir  anfangs  ver- 
mutheten,  entsteht  also  bei  dieser  Reaction  nicht. 

Chlorsüber  entwickelt  mit  Zinkäthyl  selbst  bei  Anwen- 
dung eines  starken  Zusatzes  von  Aether  sehr  rasch  und  heftig 
Gase.  Diese  sind  stets  Gemenge  von  Aethylen  mit  Aethyl- 
wasserstoff  und  Äethylgas;  der  Rückstand  besteht  ni(ch  dem 
Auswaschen  mit  Aether  aus  metallischem  Silber. 

Die  Darstellung  des  Eisenjodwrs^  FegJs,  welches  wir  zu 
den  folgenden  Versuchen  benutzten,  geschah  stets  auf  tro- 
ckenem Wege;  Eiseufeile  wurde  im  gut  bedeckten  Porcellan- 
tiegel  rasch  zum  Glühen  erhitzt  und  dabei  durch  Eintragen 
kleiner  Mengen  Jod  das  Eisen  möglichst  vor  Oxydation 
geschützt.  Die  Bildung  des  Eisenjodürs  findet  erst  in  der 
Glühhitze  statte  wefshalb  erst,  nachdem  diese  erreicht  ist, 
gröfsere  Mengen  von  Jod  eingetragen  werden ;  die  geschmol- 
zene Ma^se  wird  nun  noch  so  lange  erhitzt,  bis  sich  an  den 


WdBserstoffißerbindung  des  Eisens,  71 

Rändern  des  Tiegeldeckels   nur  noch  wenig  Joddanipf  zeigt, 
und  gut  bedeckt  erkalten  gelassen*). 

Bringt  man  zu  Bisenjodür,  welches  sich  in  einem  Ent- 
wickelungsrohr  unter  Aether  befindet,  überschüssiges,  mit 
seinem  gleichen  Volum  Aether  verdünntes  Zinkäthyl,  so  findet 
sogleich  reichliche  Gasentwickelung  statt  und  die  Temperatur 
der  Mischung  steigt  um  einige  Grade.    Die  Gasentwickeiurig 


*)  Die  glühend -flüssige  Masse  scheint  nicht  Eisenjodür,  sondern 
wenigstens  zum  Theil  eine  höhere  Jodverbindung  zn  sein.  Sobald 
nämlich  ihre  Temperatur  nur  wenig  unter  die  Glühhitze  sinkt, 
entwickelt  sie  plötzlich  grofse  Mengen  Joddampf;  im  Tiegel  bleibt 
eine  flüssige  Masse,  die  nach  dem  Erkälten  reines  Eisenjodür 
als  graue  blätterige  Masse  darstellt.  Wir  glaubten  anfangs,  dafs 
die  Entwickelung  von  Joddampf  aus^  der  geschmolzenen  Masse 
vielleicht  durch  den  Sauerstoff  der  Luft  veranlafst  würde,  und 
um  diesen  ganz  auszuschliefsen  and  die  Menge  des  wieder  ausge- 
schiedenen Jodes  bestimmen  zu  können,  stellten  wir  den  Versuch 
in  einer  Glasröhre  an.  Die  schwer  schmelzbare  Röhre  enthielt 
in  einer  Kugel  feinen  Eisendraht,  oder,  bei  späteren  Versuchen, 
in  Wasserstofigas  reducirtes  metallisches  Eisen ;  vor  dieser  Kugel 
befand  sich  eine  zweite,  die  einen  grofseu  Ueberschufs  von  Jod 
enthielt.  Die  Röhre  wurde  mit  trockener  Kohlensäure  gefüllt,  der 
das  Eisen  enthaltende  Theil  derselben  zum  deutlichen  Glühen  er- 
hitzt, der  Kohlensäurestrom  jetzt  sehr  verlangsamt,  das  Jod  als 
Dampf  über  das  Eisen  geleitet,  und  während  das  ganze  Rohr 
stark  glühte,  das  überschüssige  Jod  durch  Kohlensäure  verdrängt 
und  das  Rohr  an  beiden  Enden  zugeschmolzen.  Die  halb  ge- 
schmolzene Masse'  entwickelte,  sobald  sie  aus  dem  Glühen  kam, 
erhebliche  Mengen  Joddampf,  der  sich  später  zu  Krystallen  von 
Jod  condensirte,  wodurch  also  bestätigt  wird,  dafs  sich  in  der 
hohen  Temperatur  ein  Eisenjodid  bildet,  das  bei  niederer  Tem- 
peratur wieder  in  Eisenjodür  und  freies  Jod  zerfällt.  Der  Ver- 
such, die  Zusammensetzung  jenes  Eisenjodides  zit  bestimmen, 
scheiterte  jedoch  an  dem  Umstände,  dafs  es  nicht  gelingt,  alles 
Eisen  vollständig  zu  verwandeln.  Die  Menge  des  unverändert 
bleibenden  Eisens  ist  kleiner,  wenn  die  Temperatur  sehr  hoch 
gesteigert  wird,  und  ist  sehr  klein,  wenn  der  Versuch  im  Porcel- 
lantiegel  angestellt  wird;  im  letzteren  Falle  wahrscheinlich,  weil 
hier  tropfbarflüssiges  Jod  mit  dem  metallischen  Eisen  in  Berüh- 
rung kommt 


72 


Wanhlyn  w.  Cariua,  über  eine  neue 


wird  etwas  verlangsamt  durch  Abkühlung  in  Eiswasser,  aber 
auch  hier  entwickelt  sich  ein  bedeutendes  Volum  Gas.  Das 
von  verschiedenen  Versuchen  nach  dem  Waschen  mit  ge- 
wöhnlicher Schwefelsäure  über  Quecksilber  aufgefangene  Gas 
enthielt  stets  Aethylengas;  wasserfreie  Schwefelsäure  absor- 
birte  daraus  bei  drei  verschiedenen  Versuchen  64>95  pC, 
71,23  pC.  und  89,6  pC.  Aethylengas,  Bei  den  beiden  ersten 
Versuchen  war  das  Entwickelungsgefäfs  nur  auf  10  bis  15^ 
erhalten,  bei  dem  letzten  Versuch  aber  auf  0  bis  -f~  ^^  ^^^ 
gekühlt;  es  wird  also  bd  sehr  niederer  Temperatur  fast  nur 
Aethylengas,  bei  höherer  Temperatur  noch  andere  Gase  ge- 
bildet. Die  Analyse  dieser  Gase  vom  ersten  Versuch  gab 
folgende  Resultate  : 

Im  AbsorpHonsrohr  : 


Nach   Absorption   des 
Aetbylens      .     .     . 


0",6405 
0  ,5804 


Volum  bei  0<» 
u  1"*  Druck 


59,88 
20,98 


98,97  16,0 

38,05      I      14,4 

Das  Gas  enthielt  daher  64,95  pC.  Aethylengas ;  der  Rest  gab 

im  Eudiometer  : 


Gas 

Nach  Zulassung  von  Luft 

Nach  Zulassung  von  Sauer- 
stoff      

Nach  der  Explosion  .     . 

Nach  Absorption  derKoh* 
lensäure 

Nach  Zulassung  von  Was- 
serstoff       

Nach  der  Explosion  .    . 


51,65 
258,55 

308,76 
258,75 

216,98 

318,13 
264,91 


14,6 
15,8 

15,7 
15,4 

15,6 

15,4 
15,4 


0"",3428 

0  ,5444 

0  ,5965 

0  ,5492 

0  ,5199 

0  ,6226 

0  ,5635 


Volum  bei  0^ 
u.  1™  Druck 

16,81 
133,06 

174,17 
134,52 

106,71 

187,50    • 
141,31 


Der  Entstehungsweise  nach  kann   das  Gas  bestehen  aus 
Aethyl  und  Aethylwasserstoff,  denen   sich,   wie  wir  später 


Wasserstoffverbindung  des  Eisens. 


73 


erfahren,  Wasserstoffgas  beimengen  mufs.  Da  aber  ein  Ge- 
menge von  gleichen  Volumen  Aelhylgas  und  WasserstoiTgas 
bei  der  Verbrennung  mit  Sauerstoffgas  dieselben  Resultate 
giebt,  wie  ein  dem  des  Gemenges  gleiches  Volum  Aethyl- 
wasserstoff,  so  läfst  sich  die  Gegenwart  des  Aethyls  durch 
diese  Analyse  noch  nicht  feststellen.  Setzt  man  voraus,  das 
Gas  enthalte  nur  Aethylwasserstoff  und  Wasserstoffgas,  so 
erhält  man  durch  Rechnung  : 

Aethylwasserstoff  13,90    =^      82,17 

Wasserstoff  .  2,91     =       17,83 

16,81  100,00. 

Da  die  Absorbirbarkeit  des  Wasserstoffs  und  Aethylwasser- 
stoffs  in  absolutem  Alkohol  im  Vergleich  zu  der  des  Aethyl- 
gases  sehr  gering  ist,  so  wurde  dem  noch  übrigen  Rest  des 
äthylenfreien  Gases  durch  Schütteln  mit  luftleer  gekochtem 
absolutem  Alkohol  der  gröfste  Theil  des  Aetbylgases  ent- 
KOgen,  der  Alkohol  mit  der  Pipette  entfernt  und  dessen 
Dämpfe  durch  Waschen  mit  ausgekochtem  Wasser  fortgenom- 
men.  Das  so  behandelte  Ga$.  gab  bei  der  Analyse  folgende 
Resultate  : 

Im  Eudiometer  : 


Voltim  bei  O^ 
u.  1™  Druck 


Gas 

Nach  Zulassung  von  Sauer- 
stoff     ...... 

Nach  der  Explosion 

Nach  Absorption  der  Koh- 
lensäure     


Volum 

t 

OC. 

Druck 

20,56 

16,1 

0,3036 

66,8S 
40,48 

14,5 
14,3 

0,3460 
0,3230 

29,63 

13,9 

0,3309 

6,91 

21,96 
12,42 

9,33 


Nimmt  man  an,    es  sei   alles  Aethyl  durch   den  Alkohol   entfernt 
worden,   so  herechnet  sich  : 

Aethylwasserstoff  26,12 

Wasserstoff  73,88 


100,00. 


74 


Wanhlyn  u.  Cariut,  über  eine  neue 


I 


Ein  anderer  Theil  des  äthylenfreien  Gases,  der  noch 
nicht  mit  Alkohol  behandelt  war,  wurde  im  Absorptiometer 
mit  absolutem,  luftleer  gekochtem  Alkohol  behandelt;  dabei 
ahsorbirten  bei  10^5  C.  und  (r,750  Druck  1,51  CC.  Alkohol 
aus  30,47  CC.  angewandtem  Gase  3,54  CC.  Gas;  da  nun 
1  Vol.  Alkohol  bei  mittlerer  Temperatur  nur  etwa  1,13  Vol. 
Aethylwasserstoff  aber  18  Vol.  Aethylgas  absorbirt,  üo  seist 
dieser  Versuch  die  Anwesenheit  von  Aethylgas  in  dem  Gas* 
gemenge  aufser  Zweifel. 

Der  nach  beendeter  Reaction  im  Entwickelungsgeftlts 
bleibende  Rückstand  zeigte  nach  völligem  Auswaschen  mit 
reinem  Aelher  folgende  Eigenschaften.  Er  stellt  ein  schwarzes, 
dem  metallischen  Eisen  ähnliches  Pulver  dar,  welches  bei 
gelindem  Erwärmen  reines  Wasserstoffgas  entwickelt,  sich 
aber  bei  gewöhnlicher  Temperatur  und  bei  Ausschlufs  von 
Wasser  unverändert  aufbewahren  läfst;  in  dieser  Zersetzung 
beim  Erwärmen  ist  ohne  Zweifel  die  Erklärung  für  die  Ge- 
genwart des  Wasserstoffs  in  dem  bei  der  Darstellung  des 
Körpers  entwickelten  Gase  zu  suchen.  Uebergiefst  man  die 
Substanz  mit  destillirtem  Wasser,  so  entwickelt  sich  ebenfalls 
Gas,  ohne  dafs  Erwärmung  dabei  stattfände,  und  zwar 
ist  die  Menge  des  so  entwickelten  Gases  um  so  gröfser,  je 
sorgfältiger  man  bei  der  Darstellung  der  Substanz  Erwärmung 
vermied;  folgende  Resultate  der  Analyse  zeigen,  dafs  das 
Gas  reines  Wasserstoffgas  ist. 


Gas 

Nach  Zulassung  von  Sauer 
stoflf 

Nach  der  Explosion  .     . 

Nach    der  Absorption   der 
Kohlensäure       .     .     . 


262,72 
210,40 

209,59 


13,9 
13,7 

13,9 


I 


0",3575 

0  ,5531 
0  ,6053 

0  ,5117 


Volum  bei  0« 
u.  1™  Druck 


24,56 

138,28 
102,41 

102,06 


Wasserstoffverbindunff  des  Eisens,  75 

Diese  Eigenschaft,  bei  gelindem  Erwärmen  oder  in  Be- 
rührung mit  Wasser  in  der  Kälte  Wasserstoffgas  zu  entwickeln, 
kann  nicht  dem  metallischen  Eisen  angehören;  auch  haben 
wir  uns  durch  einen  besonderen  Versuch  überzeugt,  dafs 
durch  Wasserstoff  reducirtes  metallisches  Eisien  in  Berührung 
mit  reinem  Wasser  auch  beim  Erwärmen  auf  50  bis  60^  kein 
Wasserstoffgas  entwickelt.  Jene  Eigenschaften  beweisen  viel- 
mehr vollkommen,  dafs  der  schwarze  Rückstand  von  der 
beschriebenen  Reaction  eine  Verbindung  von  Eisen  mit  Was- 
serstoff ist;  diese  wird  bei  gelindem  Erwärmen  in  Wasser- 
stoffgas und  metallisches  Eisen  zerlegt,  in  Berührung  mit 
Wasser  zu  Eisenoxydul  und  Wasserstoff  verwandelt;  dafs 
hierbei  wirklich  Eisenoxydul  gebildet  wird,  ergiebt  sich  dar- 
aus, dafs  der  Rückstand  von  der  Behandlung  mit  Wasser  sich 
in  verdünnter  Salzsäure  fast  ohne  Gasentwickelung  zu  Eisen- 
chlorür  löst. 

Die  Versuche,  die  Zusammensetzung  des  Eisenwasserstoffs 
festzustellen,  scheiterten  daran ^  dafs  derselbe  stets  mit  me- 
tallischem Eisen .  gemengt  erhalten  wird ,  und  dafs  sowohl 
metallisches  Eisen,  wie  der  Eisen  Wasserstoff  mit  verdünnter 
Salzsäure  oder  mit  Salzsäuregas  Eisenchlorür  und  Wasser- 
stoffgas bilden.  Die  einfachste  Annahme  würde  sein,  dafs 
der  Eisenwasserstoff  dem  Eisenchlorür  correspondirend  zu- 
sammengesetzt sei,  in  1  Mol.  wahrscheinlich  Fe^Ha;  dann 
müfste  Chlorwasserstoffgas  mit  dem  Eisenwasserstoff  genau 
sein  gleiches  Volum  Wasserstoffgas  entwickeln,  nach  der 
Gleichung  : 

Fe^Hg  +  (ClH)a  =  FegCla  +  H4, 

während  metallisches  Eisen  nur  ein  halbes  Volum  des  Chlor- 
wasserstoffgases an  Wasserstoffgas  entwickelt.  Behandelten 
wir  nun  in  einem  Rohr  von  bekanntem  Inhalt  überschüssigen 
Eisenwasserstoff  mit  Chlorwasserstoffgas,  so  bildete  sich 
Wasserstoffgas,  dessen  Volum  steh  zu  dem  des  angewandten 


76  Freund,  Beiträge  zur  Kenntnifs 

Chlorwasserstoffgases    bei   gleichem  Druck   und   Temperatur 
wie  70,5  und  wie  86,2  zu  100  verhielt. 

Die  grofse  Leichtigkeit,  womit  der  Eisenwasserstoff  sich 
selbst  mit  Wasser  umsetzt,  scheint  ihn  besonders  geeignet 
zu  machen,  um  in  Verbindungen  Sauerstoff  oder  Chlor  u.  s.  w. 
durch  Wassertoff  zu  ersetzen.  Wir  sind  beide  mit  dahin 
gehörigen  Versuchen  beschäftigt. 

Heidelberg,  den  25.  Februar  1861. 


Mittheilungen  aus  dem  Universitätslaboratorium 

in    Lemberg. 


6.    Beiträge   zur  Kenntnifs  der  phenylschwefligen  und 

der  PhenylschwefelsäQre ; 

von  August  Freund. 

(Aus  den  Sitzungsberichten   der  k.  k.  Academie   zu  Wien  mitgetheilt.) 


Vor  einiger  Zeit  mit  der  Untersuchung  des  galizischen 
Steinöls  beschäftigt*),  hatte  ich  durch  Einwirkung  von  con- 
centrirter  Schwefelsäure  auf  dasselbe  krystallisirbare  \schwefel- 
haltige  Säyren  erhalten,  und  aus  letzteren  in  Wasser  lösliche 
Barytsalze  dargestellt,  deren  Zusammensetzung  es  wahrschein- 
lich machte,  dafs  diese  der  betreifenden  Gruppe  von  Körpern 
der  Phenylreihe  angehören. 


*)  Diese  Annalen  CXV,  19. 


der  phenyhchwefligen  und  der  PhenyUchwefelsäure^      77 

Um  hierüber  Gewifsheit  za  erlangen,  sah  ich  mich  ge- 
nöthigt,  vorerst  die  Prpducte  der  Einwirkung  von  Schwefel- 
säure auf  Phenylwasserstoff  und  Phenylalkohol  einer  ein- 
gehenden Untersuchung  zu  unterwerfen,  da  die  bekannten 
Angaben  meinen  Zwecken  nicht  genügten. 

Als  einen  kleinen  Beitrag  zur  Kenntnifs  dieser  Verbin- 
dungen erlaube  ich  mir,  die  Resultate  dieser  Untersuchung 
gesondert  zu  veröffentlichen. 

Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Phenylwaaaeratoff, 

Reiner  Phenylwasserstoff  (d4irch  Destillation  von  Benzoe- 
säure mit  Kalk  erhalten),  bei  82^  C.  siedend  und  bei  +  3^  C. 
vollkommen  erstarrend,  wurde  anfänglich  mit  dem  gleichen 
Volum  concentrirter  reiner  Schwefelsäure  in  einer  mit  Glas- 
stöpsel verschliefsbaren  Flasche  zusammengebracht  und  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  unter  öfterem  Umschütteln  mit  der- 
selben in  Berührung  gelassen.  Nach  einigen  Tagen  hatte  sich 
ein  Theil  des  Phenylwasserstoffs  gelöst.  Als  die  Menge  des 
letzteren  nur  noch  wenig  sich  verminderte,  wurde  er  abge- 
hoben, mit  frischen  Mengen  Schwefelsäure  zusammengebracht 
und  damit  fortgefahren,  bis  die  ganze  angewandte  Quantität 
des  Phenylwasserstoffs  in  Lösung  gegangen  war  *}• 

Das  stark  saure  und  noch  theilweise  unveränderte  Schwe- 
felsäure enthaltende,  nur  schwach  gelb  gefärbte  Product  der 
wechselseitigen  Einwirkung  beider  Substanzen  löste  sich  beim 
Verdünnen  mit  Wasser  zu  einer  vollkommen  klaren  Flüssigkeit. 
Dabei  wurde  weder  Gasentwickelung,  noch  das  Auftreten  von 
schwefliger  Saure  bemerkt. 


*)  Mitscherlich's  Angabe  (Pogg.  Ann.  XXXI,  284),  dafs  es  ihm 
nicht  gelangen  sei,  Phenylwasserstoff  mit  gewöhnlicher  concen- 
trirter Schwefelsftnre  zu  verbinden,  dürfte  ihren  Grund  darin 
haben,  dafs  die  axigewandte  Schwefelsänre  nicht  die  hinlängliche 
Concentration  hatte. 


78  Freundy  Beiträge  zur  Kenntnifs 

Pkenylschweflig saures  Baryum.  —  Die  mit  einer  hin- 
reichenden Menge  Wasser  verdünnte  saure  Lösung  wurde 
mit  reinem  kohlensaurem  Baryt  neutraiisirt ,  filtrirt  und  im 
Wasserbade  zur  Trockne  verdampft.  Der  Rückstand  neuer* 
dings  in  Wasser  gelöst,  vom  abgeschiedenen  kohlensauren 
Baryt  abfiltrirt  und  bis  zu  einer  gewissen  Concentration  ver- 
dunstet, gab  beim  Erkalten  ein  in  schönen  weiTsen  durch- 
sichtigen perlmutterglänzenden  Blättchen  oder  Tafeln  kry- 
stallisirendes  Salz.  Die  überstehende  Mutterlauge  lieferte  bei 
weiterem  Eindampfen  bis  auf  den  letzten  Tropfen  dasselbe 
Salz  in  vollkommen  reinem  Zustande»  so  dafs  ein  Umkrystal- 
lisiren  unnöthig  war^).  Die  so  erhaltenen  Krystalle  sind  in 
Alkohol  nur  wenig  löslich,  und  zwar  um  so  weniger,  je  stärker 
derselbe  ist«  An  der  Luft  verändern  sie  sich  nicht,  wohl 
aber  im  Exsiccator  über  Schwefelsäure»  wo  sie  schon  nach 
kurzer  Zeit  undurchsichtig  werden  und  nach  und  nach  ihr 
Krystallwasser  abgeben.  Für  die  Analysen  I  bis  IV  wurde 
im  Exsiccator  getrocknetes,  für  V  und  VI  lufttrockenes  Salz 
verwendet. 

I.    0,5510  Grm.  gaben  nach  dem  Erhitzen  mit  Schwefelsäure  0»2B40 
Grm.  schwefelsauren  Baryt. 

II.    0,7060  Grm.  gaben  0,3622  Grm.  (durch  Ausfällen  mit  Schwefel- 
säure) schwefelsauren  Baryt. 

IIL    0,5202  Grm.  gaben  0,6099  Grm.  Kohlensäure   und   0,108  Grm. 
Wasser  **). 

IV.    0,5300  Grm.    gaben  0,6207  Grm.  Kohlensäure   und   0,113  Grm. 
Wasser. 


*)  Gerhardt  (Trait^  de  Chimie)  sagt,  dafs  Phenylwasserstoff  in 
concentrirter  Schwefelsäure  sich  auflöse  und  beim  Erwärmen 
phenylschweffige  Säure  sich  bilde«  —  Zur  Bildung  der  letzteren 
bedarf  es  aber  des  Erwärmens  nicht,  wie  aus  Obigem  hervorgeht 
**)  Sämmtliche  Substanzen  wurden  in  Platin-  oder  Porcellansohiffchen 
mit  Kupferoxyd,  bei  eingeschaltetem  Bleihyperoxydrohr,  im  Sauer- 
stoffstrome  verbrannt. 


der  phenylschtoefligen  und  der  Phenylschwefdsävre^     79 


Berechnet 

GeAinden 

I. 

IL 

IIL 

IV. 

ۥ 

72 

31,93 

— 

^ 

31,97 

31,94 

H5 

5 

2,22 

— 

2,31 

2,37 

Ba 

68,5 

30,38 

30,31 

30,17 

— 

— 

S 

32 

14,  i  9 

\ 

— 

— 

— 

Os 

48 

21,28 

— 

— 

— 

— 

225,5         100,00. 

V.     1,1389  Grm.   verloren   bei    lOO^'  0,0437  arm,  Wawer,   entspre- 
chend 3,837  pC. 

VI.    0,2963  Grm.  gaben  nach  dem  Glühen  mit  Schwefelsäure  0,1476 
Grm.  schwefelsauren  Baryt,  entsprechend  29,29  pC.  Baryum. 

Die  Formel  2  («eHsBaSOs)  +  H^e  verlangt  in  100 
Theilen  3,838  Wasser  und  29,20  Baryum. 

Phenylschißefligaaurea  Kupfer.  —  Dieses  Salz  wurde  durch 
Zerlegung  einer  Lösung  des  Barytsalzes  mit  einer  Lösung 
von  reinem  Kupfervitriol  dargestellt;  das  Piltrat  (welches  das 
Kupfersalz  mit  überschüssig  zugesetztem  Kupfervitriol  enthielt) 
wurde  zur  Trockne  verdampft,  der  Rückstand  mit  Alkohol 
aufgenommen,  die  Lösung  vom  ungelösten  Kupfervitriol  ab- 
filtrirt,  hierauf  der  Alkohol  abdestUlirt  und  das  Salz  aus  Wasser 
krystallisirt.  Beim  Erkalten  einer  heifs  concentrirten  wäs- 
serigen Lösung,  ebenso  aus  Weingeist,  erhält  man  es  in 
grofsen  tafelförmigen,  jedoch  sehr  dünnen  lichtblauen  Kry- 
stallen,  welche  steh  an  der  Luft  nicht  verändern.  Bei  frei« 
willigem  Verdunsten  einer  wässerigen  Lösung  wurde  es  in 
wohl  ausgebildeten  Krystallen  erhalten  *}.  Von  diesen  letz- 
teren wurde  ein  Theil  zur  Analyse  verwendet. 

I.    0,4758  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes   gaben  0,5166  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,196  Grm.  Wasser. 


*)  Herr  Dr.  Handl  war  so  gütig,  die  krystallographisehen  Messun- 
gen an  diesen  und  anderen  in  der  Folge  zu  beschreibenden  Ery- 
stallen  vorzunehmen,  und  wird  seine  Resultate  demnächst  geson- 
dert veröffentlichen. 


80  Freundy  Beiträge  zur  Kenntnifs 

Berechnet  für  die  Formel 

OeHgCuÄOg  +-  SHjO  Gefunden 

C  29,66  29,61 

H  4,53  4,58. 

X  Bei  einer  Bestimmung  des  Krystallwassers  verloren  0,8042 
Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  auf  180^  C.  erhitzt  0,179  Grm,, 
entsprechend  22,26  pC.  Wasser;  die  obige  Formel  verlangt 
22,25  pC. 

Phenyhchwefltg saures  Silber^  durch  Zerlegen  einer  Lösung 
des  Barytsalzes  mit  schwefelsaurem  Silber  erhalten,  bildet 
schöne  tafelförmige  Krystalle,  welche  in  Wasser  und  Wein- 
geist löslich  sind.  Die  Silberbestimmungen  deuten  auf  einen 
Gehalt  von  8  Molecülen  Krye^tallwasser  auf  1  Molecul  phenyl- 
schwefligsauren  Silbers. 

I.    0,4646  Grm.  gaben  mit  Salzsäure  ausgefällt  0,1593  Grm.  Chlor- 
Silber,  eutsprechend  25,81  pC.  Silber. 

II.     0,6546   Grm,  gaben   ebenso  0,2273  Grm.   Chlorsilber,    entspre- 
chend 26,17  pC.  Silber. 

Im  Mitlei  der  beiden  Bestimmungen  wurde  demnach  25,99 
pC.  Silber  gefunden,  während  die  Formel  CeHsAgSOa-f- 8  HjO 
26,41  pC.  verlangt. 

Phenylschweflige  Säure.  —  Diese  wurde  auf  bekannte 
Weise  durch  Zerlegen  einer  Lösung  des  Kupfersalzes  mit 
Schwefelwasserstoff  und  Eindampfen  des  \u)m  Schw^felkupfer 
getrennten  Filtrates  bis  zur  Syrupconsistenz  dargestellt.  Die 
Säure  krystallisirt  in  sehr  zerfliefslichen  feinen  Nadeln. 

Zerlegung '  der  phenyhchwefltg en  Säure  bei  höherer  Tem- 
peratur, —  Als  eine  wässerige  Lösung  der  Säure  der  Destil- 
lation unterworfen  wurde ,  destillirte  anfänglich  ohne  Ent- 
wickelung  eines  Geruches  reines  Wasser  über;  erst  als  der 
Inhalt  der  Retorte  Syrupconsistenz  angenommen  hatte ,  begann 
bei  weiterem  Erhitzen  eine  Zerlegung.  Es  zeigten  sich  als- 
bald im  Destillate  Tropfen  einer  auf  Wasser  schwimmenden 


der  phenyhchvoefligen  und  der  Phenylschwefelsäio'e,     81 

Fiüssigkeil.  Später  destillirte  eine  zum  Theil  im  Halse  der 
Retorte ,  zam  Theil  in  der  Vorlage  erstarrende  Substanz ; 
aufserdem  wurde  der  Geruch  nach  schwefiigar  Saure  be- 
merkbar und  als  Rückstand  blieb,  jedesmal  je  nach  der  Dauer 
und  der  Stärke  des  Erhitzens,  entweder  eine  dickliche  schwarze 
Flüssigkeit,  oder  eine  leichte  glänzende  Kohle. 

Das  Hengenverhältnirs  zwischen  der  flüssigen  und  der 
festen  Substtftiz  hängt  von  der  angewandten  Temperatur  ab. 
Ich  hatte  nämlich  zu  wiederholten  Malen  zu  bemerken  Gele- 
genheity  dafs  sich  bei  allmäligem  Erhitzen  im  Oel-  oder  He- 
tallbade  eine  gröfsere  Menge  der  flüssigen  Verbindung  bildet ; 
dagegen  entsteht  bei  raschem  Erhitzen  über  freiem  Feuer 
die  flüssige  Substanz  in  verschwindend  kleiner  Menge,  in 
gröfserer  der  feste  Kdrper. 

i^Phenylwasserstqff.  —  Die  durch  Zerlegung  der  phenyl- 
schwefligen  Säure  erhaltene  ölige  Flüssigkeit  hatte  den  Ge- 
ruch des  PhenylwasserstoffSi  starkes  Lichtbrechungsvermögen, 
siedete  bei  82^  C.  und  erstarrte  bei  -^  3^  C.  vollkommen. 
Das  sind  die  Eigenschaften  des  Phenylwasserstoffs. 

Sulfobenzid. '—  Die  feste  schwefelhaltige  Substanz  wurde 
wiederholt  mit  heifsem  Wasser  gewaschen  und  schliefslich 
mehrere  Male  aus  heifsem  Alkohol  umkrystallisirt.  Dieselbe 
ist  in  kaltem  Alkohol  verhältnifsmäfsig  schwer  löslich ,  leicht 
löslich  aber  in  kochendem,  und  krystallisirt  daraus  beim  Er- 
kalten in  schönen  weifsen  durchsichtigen  rhombischen  Blätt- 
chen. Auch  Aether  löst  sie.  Kocht  man  sie  mit  Wasser,  so 
trübt  sich  letzteres  beim  Erkalten  und  allmälig  scheidet  sich 
eine  kleine  Menge  der  Substanz  in  sehr  feinen  verfilzten 
Nadeln  aus,  während  das  Wasser  fast  nichts  mehr  davon 
gelöst  enthält.  Weder  durch  verdünnte  noch  durch  concen- 
trirte  Kalilauge  wird  sie  selbst  beim  Kochen  merklich  ver- 
ändert. Erwärmte  mäfsig  concentrirte  Salpetersäure  löst  di)ß 
Substanz  auf,    beim  Erkalten  krystallisirt  sie  wieder  unver- 

Ann.  d.  Chem.  n.  Pharm.  CXX.  Bd.  1.  Heft.  6 


82  Freund^  Beiträge  zur  Kenntnifs. 

ändert  heraus.  Durch  ganz  concentrirte  Salpetersäure  wird 
dieselbe  In  ein  geJhes,  in  Wassf'r  untersinkendes  Oel  ver«^ 
wandelt  Der«  Sichmelepunkt  der  aus  Alkohol  kfystoUtsipten 
völlig  weifsen  Substa»^  wurde  bei  126^  C.  gefunden. 

0,1980   Grm.    gaben    0,4840   Grm.    Kohlensäure   and    0,0848    Grm. 
Wasser. 


Berechnet  für 

(OeH5)2SO, 

Gefanden 

C        66,05 

66,67 

H         4,59 

4,73. 

Wie  aus  den  Eigenschaften  und  der  Zusammensetzung 
ersichtlich,  ist  diese  Substanz  mit  der  von  Hitscher  lieh 
zuerst  dargestellten  und  von  ihm  Sulfobenzid  benannten 
identisch.  Da  jedoch  von  mit  der  Schmelzpunkt  höher  lie- 
gend gefunden  wurde,  als  ihn  Hitscherlich  *}  und  später 
Gericke  ^)  angegeben,  uii4  es  mir  aufäerdiem  vorgekoihmen 
war,  dafs  eine  unreinere  Substanz  schon  bei  dem  Siedepunkte 
des  Wassers  schmolz ,  so  w^r  zu  vennuthen ,  dafs  die  ge- 
nannten Chemiker  den  Schmetepunkt  einer  nicht  vollkommen 
reinen  Substanz*  bestimmt  hatten.  Um  diefs  zu  constetiren, 
wurde  des  Sulfobenzid  nach  Mitscherlich's  Methode  durch 
Auflösen  von  Phenylwasserstofi^-  in  einem  Gemenge  von  rau- 
chender und  wasserfreier  S^hwefeteäure  dargesteift.  Nach- 
dem es  mit  Wasser  voHkemmen  ausgewaschen  war,  wurde 
es  aus  heifisem  Alkohol  umkrysta^lisirt.  Die  Krystalle  halten 
dieselbe  Porm,  wie  die  durch  Zerlegung  der  phenylschwefii- 
gen  Säure  erhaltenen.  Ein  Theil  a  wurd^  nach  dem  Trocknen 
geradezu  geschmolzen ,  in  ein  Capillarröhrchen  aufgesaugt 
und  zur  SchmelSKpunktsbestimHNing  verwendet.  Da  Mitscher- 
lich  zur  Reinigung  seines  Salfobeneids  dasselbe  nach  dem 
HmkrystHilisiren  noch  einer  E^estiliation  unterworfen    hat,    so 


*)  Pogg.  Ann.  XXXI,  308  (bei  lOO^C). 
**)  Diese  Annalen  C.  207  (bei  IIÖ»  G.)i 


der  pheni/hchwefligen  und  der  Phenylschwefelsäure,     83 

warde  ein  anderer  Theil  {h)  der  umkryställisirten  Substanz 
ebenfalls  destillirt  (um  zu  sehen,  ob  durch  Destillation  die- 
selbe nicht  «twa  theilweise  zerlegt  und  dadurch  ihr  Schmelz- 
punkt herabgedrückt  werde};  und  dann  erst  auf  den  Schmelz- 
punkt untersucht.  Es  erwies  sich  hierbei,  dafs  die  Schmelz- 
punktsbestimmungen von  a  und  h  sowohl  unter  sich,  als 
auch  mit  dem  für  meine  Substanz  gefundenen  Schmelzpunkt 
übereinstimmten^},  dafs  mithin  der  Schmelzpunkt  des  soge- 
nannten Sulfobenzids  wirklich  höher-  liegt,  als  ihn  die 
genannten  Chemiker  angeben.  Bbenso  sprechen  die  überein- 
stimmenden Schmelzpunkte  der  destillirten  und  der  nicht- 
destillirten  Substanz  dafür,  dafs  durch  Destillation  dieselbe 
nicht  verändert  werde.  Was  den  Erstarrungspunkt  anbelangt, 
so  konnten  weder  bei  der  aus  phenylschwefliger  Säure,  noch 
bei  jener  durch  Einwirkung  von  Phenylwasserstoff  auf  wasserfreie 
Schwefelsäure  entstandenen  Substanz  bei  den  wiederholten 
Versuchen  übereinstimmende  Resultate  erzielt  werden.  Für 
die  auf  erstere  Weise  erhaltene '  Substanz  wurde  derselbe 
einmal  bei  105,  das  andere  Mal  bei  102,5,  und  für  die  auf 
letztere  Art  entstandene  nichtdestillirte  Substanz  bei  100, 
107,5  und  92,  für  die  destillirte  bei  97^  C.  gefunden,  unge- 
achtet die  beiden  ersten  Versuchsreihen  jede  mit  einer  und 
derselben  Parthie  der  Substanz  in  demselben  Röhrchen  aus- 
geführt wurden.  Offenbar  hängt  der  Erstarrungspunkt  von 
noch  nicht  genau  ermittelten  Umständen  ab;  so  viel  geht 
jedoch  aus  den  Versuchen  hervor,  dafs  er  weit  tiefer  als  der 
Schmelzpunkt  liegt* 

Neben  Phenylwasserstoff  und   Sulfobenzid   fand   sich    im 
wässerigen  Destillate  schweflige  Säure,   wenig  Schwefelsäure 


*)  Für  a  wurde  der  Schmelzpunkt  bei  128^5  C. ,   für  6  bei  129°  C. 
gefonden. 

6* 


84  Freund y  Beiträge  zur  Kenntnifa 

und  phenylschweflige  Säure,    welche   letztere  durch  Analyse 
ihres  Barytsalzes  erkannt  wurde. 

Die  phenylschweflige  Säure  spaltet  sich  demnach  beim 
Erhitzen  entweder  in  Phenyl Wasserstoff  und  Schwefelsäure, 
indem  ein  Molecul  Wasser  aufgenommen  wird,  und  zwar  nach 
der  Gleichung  : 

Phenylschweflige    Wasser         Phenyl-         Schwefel- 
Säure  Wasserstoff        säure, 

oder  in  Sulfobenzid  und  Schwefelsäure  nach  der  Gleichung  : 

2  (OeHgoOs)     ^     (GeH5)2Ö^g     -f-     &^4H2 

Sulfobensdd. 

Nebenher  geht  eine  secundäre  Zerlegung  unter  Abschei- 
dung  von  Kohle  und  schwefliger  Säure*}. 


*)  Nimmt  man  in  dem  hypothetischen  Schwefligsäurehydrat  das- 
selbe Radical  wie  in  der  Schwefelsäure  an,  und  schreibt  dasselbe, 
wie  diefs  mehrere  Chemiker   thun,   mit  der  rationellen  Formel  : 

H  I 
SO  wäre  dasselbe  als  das  intermediäre  Aldehyd  der  zweibasischen 
Schwefelsäure  zu  betrachten  (wie  man  die  Glyoxylsäure  als  inter- 
mediäres Aldehyd  der  Glycolsäure  ansieht),  wonach  die  phenyl-, 
methyl-  und  äthylschweflige  Säure  und  die  s.  g.  Aether  der 
schwefligen  Säure  intermediäre  Ketone,  das  s.  g.  Sulfobenzid, 
bezeichnender  Phenylosulfon  oder  Sulfuryldiphenyl,  das  eigent- 
liche Phenyl -Keton  der  Schwefelsäure  vorstellen  würden,  wie 
diefs  aus  nachstehender  Zusammenstellung  ersichtlich  wird  : 


"  TT 

RA   i  "" 


Hg  1^«  %rM 


tt 


H 

Schwefelsäure      intermediäres  (erstes)        eigentliches 

Aldehyd,  Aldehyd 

das  hypothet.  unbekannt 

Schwefligsäurehydrat 


tf 


SOs  {  S^s;  s.  g.  Sulfobenzid 

OeHftl  CgHj}  (Phenylosulfon) 

Phenylschweflige      s.  g.  schwefligs.     eigentliches   Keton. 
Säure  Aethyläther 

intermediäre  Ketone. 


der  phenjfhchwefHg  en  und  der  PhenyhchwefeUäure.     85 

Phenylschwefelsaure  Salze. 

Phenylschwefelsaures  Baryum  wurde  auf  gewöhnliche 
Weise,  durch  Neutralisiren  eines  Gemenges  von  Phenyl- 
schwefelsaure und  überschüssiger  Schwefelsäure  (erhalten 
durch  Mischen  von  Phenylalkohol  mit  concentrirter  Schwefel- 
säure) mit  kohlensaurem  Baryt,  Eindampfen  und  Umkrystalli- 
siren  des  Salzes  dargestellt.  Zur  Feststellung  der  Reinheil 
desselben  wurde  es  analysirt. 

I.  0,8751  Grm.  des  bei  100^  C.  getrockneten  Salzes  gaben  mit 
Schwefelsäure  geglüht  0,4208  Grm.  schwefelsauren  Baryt, 
entsprechend  28,27  pG.  Baryum.  Das  wasserfreie  Salz  ver- 
langt 28,36  pC. 

II.     0,6717    Grm.    des    lufttrockenen     Salzes    ergaben    0,286   Grm. 
schwefelsauren  Baryt. 

III.     0,7968  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  gaben  0,7742  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,2208  Grm.  Wasser. 

Berechnet  für  .  „  — 

2  (€leH5BaS04)  -|-  3  HgO  II.  III, 

C  26,82  —  26,49 

H  2,98  —  3,08 

Ba  26,51  25,04  — 

Phenylschwefelsaures  Kupfer,  —  Eine  Lösufig  des  Baryt- 
salzes wurde  mit  Kupfervilriollösung  zerlegt,  die  vom  schwefel- 
sauren Baryt  abfiltrirte  Lösung  zur  Trockne  verdunstet,  das 
trockene  Salz  in  Weingeist  gelöst,  vom  ungelösten  Kupfer- 
vitriol abfiltrirt,  hierauf  der  Alkohol  verdampft  und  der  Rück- 
stand aus  Wasser  umkrystallisirt.  Aus  der  concentrirten 
grünen  Lösung  krystallisirte  ein  grünlich -blaues  luftbestän- 
diges Salz  a,  welches  auf  einem  Filter  mit  kaltem  Wasser 
gewaschen  und  dann  umkrystallisirt  wurde.  Die  dunkelgrüne 
Mutterlauge  wurde  durch  weiteres  Eindampfen  concentrirt; 
beim  Erkalten  krystallisirte  ein  grünes  luftbeständiges  Salz  i, 
welches,  auch  durch  wiederholtes  Umkrystallisiren  immer  in 
grünen  Krystallen  erhallen  wurde.  Aus  einer  mäfsig  con- 
centrirten i  bei  gewöhnlicher  Temperatur  verdunstenden  Lö- 


86  Freundy  Beiträge  zur  KenrUmfs 

sung  des  Salzes  a  krystallisirte  dasselbe  Salz  in  ziemlich 
langen,  aber  verhältnifsmärslg  dünnen  Prismen.  Als  ich  aber 
dieselben  bis  auf  wenige  kleine ,  jedoch  schön  ausgebildete, 
aus  der  Mutterlauge  entfernt  hatte,  bildeten  sich  in  derselben 
über  Nacht  (wahrscheinlich  in  Folge  einer  Temperaturernie- 
drigung} grofse  dicke  wohl  ausgebildete  Tafeln  von  der 
Farbe  des  Kupfervitriols,  welche  sich  bei  längerem  Verbleiben 
in  der  Mutterlauge  noch  vergröfserlen.  (Durch  Wiederauf- 
lösen eines  Theils  und  Krystallisirenlassen  konnten  dieselben 
in  Krystallen  des  Salzes  a  erhalten  werden.)  Dieselben  {c) 
unterschieden  sich  von  denen  des  Salzes  a  aufser  durch  die 
Farbe  auch  noch  durch  die  Eigenschaft,  der  Luft  ausgesetzt 
sehr  leicht  zu  verwittern,  wobei  die  Kryslalle  weifs  und  un- 
durchsichtig wurden. 

Salz  a.       I.     1,002  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  verloren  auf  170^0. 

erhitzt  0,2086  Grm.,  entsprechend  20,82  pC.  Wasser. 

II.     0,8262    Grm.    desselben    (lufttrockenen)    Salzes    gaben 
0,1285  Grm.  Kupferoxyd. 

III.     0,7395  Grm.  desselben  Salzes  gaben  0,7434  Grm.  Koh- 
lensäure, 0,3055  Grm.  Wasser    und  0,1100  Grm-    im 
Schiffchen  zurückgebliebenes  Kupferoxyd  *). 
Berechnet  für  ^Gefunden 

G6H6CUSO4  +  3H2O  II. 

C  27,83  — 

H  4,25  — 

Cu         12,25  12,42 

Salz  6.  0,5793  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  gaben  0,6333  Grm. 
Kohlensäure,  0,2065  Grm.  Wasser  und  0,0935  Grm.  im 
Schiffchen  zurückgebliebenes  Kupferoxyd. 

Berechnet  für 
GßHgCuS^^  +  2  HgO  Gefunden 

C  29,91  29,66 

H  3,74  3,96 

Cu  13,17  12,89. 


*)  Bei  der  Analyse  der  Kupfersalze  blieb  das  Kupfer,  wie  ich  mich 
überzeugt  hatte,  als  reines  Kupferoxyd,  ohne  Jede  Spur  von 
Schwefel  y  znrüek. 


der  phenylschweflig'en  und  dtr  Pken^schwefelsäure,     87 

Salz  e.  0,7428  Onm  des  luftfro^^kotHen  -Salzes  graben  (S6786  Orm. 
Kohlensäure,  0,3400  Grm.  Wasser  und  0,1015  Grm.  im 
Schiffchen  zuräckgebliebenes  K^upferoxyd. 

Berechnet  iStt 
O^Hj^OuSO,  +  6  HgO  Gefunden 

C  24,43  24,89 

H  5,09  6,08 

Cu  10,76  10,91. 

PhenyUchwefelsayrea  Kobalt  y  in  ähnlicher  Weise  wie 
das  Kupfersalz  dargestellt,  bildet  schöne,  in  Wasser  und 
Weingeist  lösliche  luftbeständige  Krystalle,  von  der  Farbe 
des  neutralen  schwefelsauren  Kobaltoxyduls.  Die  Krystalle 
verändern  sich  au(4i  im  Exsiccator  nicht.  Bei  100^  C.  geben 
sie  schon  einen  Theil  ihres  Krystallwassers  ab  (19  pC.}» 
indem  sie  zugleich  violett  werden.  Auf  180^  C.  erhitzt  geben 
sie  ihr  sämmtliches  Krystallwasser  ab. 

I.     0,3321  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  verloren  auf  170  bis  180^  C. 
erhitzt  0,0875  Grm.,   entsprechend  26,35  pO.  Wasser. 

II.     0,4336  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes   gaben  0,4195  Grm.  Eoh- 
lensftore  und  0,1850  Grm.  Wasser. 

Die  Formel  ^eHgCoSO*  +  4  HjO  verlangt  : 

Gefunden 
I.  IL 

C  26,23  —  26,38 

H  4,74  —  4,74 

Frocente  KrystaUwasser     26,23  26,35. 

Phenyhchwefehaures  Nickel^  wie  das  vorige  erhalten, 
krystallisirt  aus  der  wässerigen  Lösung  in  prachtvollen  smaragd- 
grünen luftbeständigen  Krystallen ,  welche  auch  in  Alkohol 
löslich  sind.     Entwässert  hat  es  eine  kanariengelbe  Farbe. 

I.  0,8017  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  verloren  beim  Er- 
hitzen auf  210^  C.  0,2145  Grm.,  entsprechend  26,76  pC. 
Wasser. 

n.    0,9413  Grm.  des  lufttrockenen  Salzes  gaben  0,9151  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,4058  Grm.  Wasser. 

Berechnet  für  Gefunden 

€eHaNiS04  -f  4  HgO  I.  H. 

C  26,22  —  26,52 

H  4,78  —  4,79 

KrystaUwaBser     26,22  26,76. 


88  Freund^  Beiträge  zur  Kenntnifs 

Plienyhchwefelsaures  Kali  krysialiisirt  in  kleinen  weifsen 
seideglänzenden  Krystallen,  welche  lufttrocken  17,06  pC. 
Kalium  enthalten ,  in  Wasser  und  Weingeist  löslich  sind. 
Phenylschwefelsaures  Kali  von  der  Formel  GeHsKSO« -{~  H^O 
verlangt  16,96  pC.  Kalium. 

Phenylschwefelsaures  Silber  ist  sehr  leicht  in  Wasser 
und  ebenso  in  Alkohol  löslich  und  krystallisirt  defshalb  schwer 
und  in  undeutlichen  warzenförmigen  Krystallen.  Das  über 
Schwefelsäure  getrocknete  Salz  ergab  eine  Zusammensetzung, 
wie  sie  dem  wasserfreien  Salz  entspricht. 

PhenyUchwefelsaure  Magnesia ^  durch  Neutralisation  der 
reinen  Säure  mit  kohlensaurer  Magnesia  erhalten,  bildet 
weifse  nadeiförmige ,  in  Wasser  und  Weingeist  lösliche  Kry- 
stalle^  deren  Zusammensetzung  nicht  ermittelt  wurde. 

Phenylschjoefelsäure  wurde  in  ähnlicher  Weise  wie  die 
phenylschweflige  durch  Zerlegen  des  Kupfersalzes  a  mit 
Schwefelwasserstoff  dargestellt.  Die  vom  Schwefelkupfer  ab- 
filtrirte  Lösung  wurde  nur  so  weit  erhitzt,  bis  der  über- 
schüssige Schwefelwasserstoff  entwichen  war.  Hierauf  wurde 
ein  Theil  derselben  unter  der  Glocke  der  Luftpumpe  über 
Schwefelsäure  concentrirt.  Als  die  Lösung  syrupdick  ge- 
worden, krystallisirte  die  Säure  in  feinen  weifsen  Nadeln; 
nach  kurzer  Zeit  wurde  jedoch  die  anfangs  nur  schwach 
gelbliche  Mutterlauge  braun,  indem  sie  sich  zugleich  in  einen 
Krystallbrei  verwandelte.  Beim  Auflösen  der  Masse  in  Wasser 
wurde  eine  vollkommen  klare  braune  Lösung  erhalten,  welche, 
neuerdings  über  Schwefelsäure  gebracht,  wieder  krystallinisch 
erstarrte;  nebenbei  machte  sich  ein  schwacher  Geruch  nach 
Phenylalkohol  bemerkbar. 

Bei  der  Destillation  einer  frisch  bereiteten  Lösung  der 
Säure  destillirte  ein  schwach  gelblich  gefärbtes,  nach  Phenyl- 
alkohol riechendes  Wasser,  und  später  kam  ein  im  Wasser 
untersinkendes  Öel,  welches  an  seinem  Geruch,   der  Eigen- 


der  phenykchwefligen  und  der  Phenylachwefelsäure,      89 

scbafl,  einen  mit  Salzsäure  befeuchteten  und  wieder  ge-* 
trockneten  Fichtenspan  blau  zu  färben,  und  mit  Salpetersäure 
behandelt  Pikrinsäure  zu  geben,  als  Phenylalkohol  erkannt 
wurde.  Auch  hier,  wie  bei  der  Destillation  der  phenylschwef- 
ligen  Säure»  blieb  in  der  Retorte  ein  kohliger  Rückstand  und 
es  entwickelte  sich  schweflige  Säure. 

Der  Hauptsache  nach  zerlegt  sich  demnach  hierbei  die 
Phenylschwefelsäure  in  Phenylalkohol  und  Schwefelsäure  nach 
der  Gleichung  :  GeHeSO*-!- HaO^GßHeO+SOA. 

Schweflige  Säure  und  Kohle  treten  ^Is  secundäre  Zer- 
setzungsproducte   auf. 


Umwandlung   des  Glycerins  in  Propylenglycol   und 
des  Aethylenglycols  in  Aethylalkohol ; 

von  A.  Lourengo  *). 


Vergleicht  man  die  Formeln  solcher  Alkohole  von  ver- 
schiedener Atomigkeit,  welche  gleich  viel  Kohlenstofiatome 
enthalten,  z.  B.  den  Propylalkohol,  das  Propylenglycol  und 
das  Glycerin,  so  bemerkt  man,  dafs  sie  aus  demselben  Koh- 
lenwasserstofi*  GsHg  und  einer  wachsenden  Anzahl  von  Sauer- 
stofl^atomen  bestehen.  Merkwürdiger  Weise  läfst  das  Zutreten 
von  je  einem  weiteren  Atom  Sauerstofl^  je  ein  weiteres  Atom 
Wasserstoff  durch  Radicale  ersetzbar  werden ,  wie  diefs  durch 
folgende  Zusammenstellung  verdeutlicht  wird*^)  : 


*)  Compt.   rend.  LII,  1043.'   Vgl.  A.  W.  Hof  mann  in   diesen  An- 
nalen  Suppl.  I,  172.  D.  R. 

**)  Anf  diese  Beziehnngen  hat  schon  VTurtz  aufmerksam  gemacht; 
Tgl.  Compt.  rend.  XUII,  4dl  (diese  Annalon  C,  120). 


90  ltov,.rtinqOf  ümwandhmg  -des  Ohfcerms  in 

Propylalkoliol  Propylenglycol  Glycerin. 

Aehnliche  Thatsachen  sind  Tur  eine  grofse  Zahl  chemi- 
scher Verbindungen  bekannt,  so  z.  B.  Fiür  die  Essigsäure  und 
die  Glycolsäure,  für  die  Propionsäure  und  die  Milchsäure,  für 
die  Benzoesäure  und  die  Oxybenzoesäure  u.  s.  w.  Daid  aas 
denselben  Folgende  lär^^t  sich  allgemein  so  aussprechen  : 

Das  Zutreten  oder  das  Wegtreten  von  1  Atom  Sauer- 
stoff zu  irgend  einer  Verbindung  vermehrt  oder  vermindert 
die  Atomigkeit  deüfelben  um  eine  Einheit*). 

Wenn  dieser  Betrachtungsweise  gemärs  die  Atomigkeit 
der  Verbindungen  das  Resultat  eines  bestimmten  Verhältnisses 
zwischen  ihren  Bestandtheilen  ist,  so  mufs  die  Atomigkeit 
mit  diesem  Verhältnisse  selbst  sich  ändern ;  für  die  oben 
genannten  Alkohole  mufs  die  Möglichkeit  der  Umwandlung 
des  einen  in  einen  anderen ,  durch  Zusatz  oder  Wegnahme 
von  Sauerstoff,  vorhanden  sein.  Um  durch  neue  Versuche 
diesen  wichtigen  Punkt  der  Theorie  fester  zu  stützen,  habe 
ich  Untersuchungen  in  der  Richtung  unternommen,  einmal 
das  Glycerin  zu  Propylenglycol  umzuwandeln ,  und  dann,  das 
Aethylenglycol  in  Aethylalkohol  überzuführen;  eine  einfache 
Reaction  liefs  beide  Resultate  erzielen. 

Der  einfach -chlorwasserstoffsaure  Glycerinäther  ist  von 
dem  Propylenglycol  nur  dadurch  in  seiner  Zusammensetzung 
unterschieden,  dafs  in  dem  ersteren  i  At.  Chlor  an  der 
Stelle  von  i  At.  Wasserstoff  in  dem  letzteren  enthalten  ist; 
ähnliche  Beziehungen  finden  statt  zwischen  den  einfach- 
chlorwasserstoffsauren  Aetherarten  der  Glycole  und  den  ent- 
sprechenden einatomigen  Alkoholen,  wie  die  folgende  Zusam- 
menstellung zeigt  : 


*)  Der  Analogie  nach  läfst  sich  annehmen,  dafs  für  Schwefel,  Selen 
und  TeUur  dasselbe  gilt  wie  fUr  Sauerstoff. 


Propylenglycol  und  des  Aeth/Unglycoh  in  Äthylalkohol,    91 

Einfach-ohlorwasserstoffs.  Propylenglycol 

Glycerinäther 

Einfach'ChlorwasserstojQTs.  Propylalkohol 

Propylenglycoläther 

Einfacb-chlorwasserstoffs.  Aethylalkohol. 

Aethylenglycoläther. 

Wena  man  nun  auf  diese  chlorwasserstoffsauren  Aelher- 
arten  Nalriumamalgam  bei  Gegenwart  von  Wasser  einwirken 
iäfst,  so  können  sie  durch  umgekehrte  Substitution,  indem 
der  Wasserstoff  im  Entstehungszustand  an  die  Stelle  des 
Chlors  tritt;  in  die  eben  genannten  Alkohole  umgewandelt 
werden. 

Umwandlung  des  Olycerins  zu  Propylenglycol.  —  Bringt 
man  einfach- chlorwasserstoffsauren  Glycerinäther,  der  mit 
seinem  gleichen  Volum  Wasser  verdünnt  ist,  mit  überschüs- 
sigem Natriumamalgam  zusammen  und  läfst  das  Gemen^  bei 
gewöhnlicher  Temperatur ,  unter  zeitweisem  Umschütteln ,  in 
einem  Kolben  stehen  ^  so  zersetzt  sich  das  Natriumamalgam 
langsam  unter  Entwickelung  von  etwas  Wasserstoff  und  reich- 
licher Ausscheidung  von  Chlornatrium.  Die  Einwirkung  ist 
nach  zwei  bis  drei  Tagen  vollendet;  dann  erschöpft  man  den 
Inhalt  des  Kolbens  mit  starkem  Alkohol,  filtrirt,  neutralisirt 
die  alkalische  Flüssigkeit  mit  Essigsäure  und  unterwirft  sie 
der  Destillation ,  erst  im  Wasserbad  und  dann  im  Oelbäde. 
Wenn  der  Alkohol  und  das  Wasser  übergegangen  sind,  steigt 
das  Thermometer  rasch,  und  zwischen  180  und  190^  deslillirt 
eine  klare  ölige  Flüssigkeit,  welche  geruchlos  ist,  süfs 
schmeckt,  mit  Wasser  und  mit  Alkohol  sich  nach  jedem  Ver- 
hältnifs  mischt,  und  in  Aether  etwas  löslich  ist.    Die  Analysen 

dieser  Flüssigkeit  führen  zu  der  Formel  GsHgOa  =  ^jl^^jo»; 

dieselbe  ist  das  Propylenglycol  von  Wurtz. 


92  LourengOy   Umwandlung  des  Gfycerins  in 

Es  liefs  sich  hoffen,  dafs  der  zweifach -chlorwasserstoff- 
saure Glycerinäther  in  ganz  entsprechender  Weise  Propyl- 
aikohol  geben  möge,  gemäfs  der  Gleichung  : 

aber  einerseits  erschwert  die  Unlöslichkeit  dieses  Aethers  in 
Wasser  die  Einwirkung,  und  andererseits  zersetzt  das  sich 
bildende  Alkali  den  zweifach* chlorwasserstoffsauren  Glycerin- 
äther schon  in  der  Kälte  unter  Bildung  von  Epichlorhydrin, 
welches  bei  Einwirkung  von  Natriumamalgam  und  Wasser 
Allylalkohol  und  andere  Substanzen ,  auf  die  ich  nächstens 
zurückzukommen  denke ,  bildet. 

Mit  mehr  Erfolg  wird  sich  gewifs,  wie  man  aus  dem 
Folgenden  schliefsen  kann ,  die  Umwandlung  des  einfach- 
chlorwasserstoffs.  Propylenglycoläthers  zu  Propylalkohol  ver- 
suchen lassen. 

Umwandlung  des  Aethylenglycols  zu  AethylalkohoL  — 
Diese  Umwandlung  geht  in  derselben  Weise  vor  sich,  wie 
die  des  Glycerins  zu  Propylenglycol.  Wird  einfach -Chlor- 
wasserstoffs. Glycoläther  mit  seinem  halben  Volum  Wasser  ver- 
dünnt und  bei  gewöhnlicher  Temperatur  der  Einwirkung  eines 
Ueberschusses  von  Natriumamalgam  überlassen,  so  geht  er  in 
Aethylalkohol  über.  (Bei  höherer  Temperatur  ist  der  Verlauf 
der  Reaction  ein  anderer  und  alsdann  bildet  sich  vorzugsweise 
Aethylenoxyd.3  Nach  beendigter  Einwirkung  destillirt  man 
das  Product  im  Wasserbad;  das  Destillat  zeigt  nach  Beseiti- 
gung des  Wassers  mittelst  kohlensauren  Kali's  und  Entwässern 
über  Aetzbaryt  die  Eigenschaften  und  die  Zusammensetzung 
des  gewöhnlichen  Alkohols ,  und  um  die  Identität  der  aus 
dem  einfach  -  chlorwasserstoffsauren  Glycoläther  erhaltenen 
Flüssigkeit  mit  Aethylalkohol  aufser  allen  Zweifel  zu  setzen, 
wurde  die  erstere  in  äthylschwefelsauren  Baryt  und  in  gewöhn- 
liches Aldehyd  umgewandelt. 


Propylenglycol  und  des  Aethylenglycols  in  AethylalkohoL    93 

Die  hier  besprochene  Reaction  Igrst  eine  grofse  Zahl 
wichtiger  Verbindungen  voraussehen,  aber  sie  bietet  nament- 
lich unter  dem  theoretischen  Gesichtspunkt  Interesse.  Man 
kann  in  der  That  aus  dem  Vorhergehenden  schliersen,  dars 
die  jetzt  in  der  Wissenschaft  angenommenen  Radicale,  so 
bequem  sie  sind  um  die  chemischen  Functionen  und  die  Me- 
tamorphosen der  Körper  ausdrücken  zu  lassen,  in  dem  che- 
mischen  Molecul  selbst  keine  reale  Existenz  haben,  wie  diefs 
schon  Gerhardt  hervorhob.  So  können  einem  und  demi 
selben  Radical  in  zwei  Verbindungen,  je  nach  dem  Kohlen- 
wasserstoff von  welchem  es  abstammt,  verschiedene  Atomig- 
keiten  zukommen^  das  Radical  ^sHs  (Glycerylj  z.  B.  ist 
dreiatomig  im  Glycerin,  welches  sich  von  dem  Kohlen- 
wasserstoff ^sHs  unter  Zutritt  von  3  At  Sauerstoff  ableitet, 
während  dieselbe  Atomgruppe  einatomig  ist  in  dem  Atlyl- 
alkohol,  welcher  sich  von  dem  Kohlenwasserstoff  OaHe  unter 
Zutritt  von  1  At.  Sauerstoff  ableitet.  Die  für  die  Ueberfüh- 
rung  des  AUylalkohols  in  Glycerin  und  umgekehrt  angewen- 
deten Reactionen  unterstützen  diese  Betrachtungsweise.    , 

Auf  Grund  der  Analogieen  kann  man  schon  jetzt  be- 
haupten^ dafs  von  dem  Kohlenwasserstoff  €nHan^2  an,  welcher 
die  obere  Grenze  zu  sein  scheint ,  eine  Reihe  von  Kohlen- 
Wasserstoffen  existirt,  deren  Glieder  eine  absteigende  arith-: 
metische  Progression ,  mit  der  Differenz  H2 ,  bilden ;  jedes 
Glied  der  Reihe  kann  sicherlich  durch  Zutritt  von  1,  2  oder 
3  At.  Sauerstoff  einen  Alkohol,  ein  Glycol  und  ein  Glycerin 
bilden.  Die  physikalischen  Eigenschaften  einiger  dieser  Kör- 
per können  ohne  Zweifel  der  Isoiirung  derselben  in  den 
Weg  treten,  wenn  sich  dieselben  auch  der  Analogie  nach 
vorhersehen  lassen. 


94  Schiel,  über  das  Atomgewicht  des  StUomms, 

Üeber  das  Atomgewicht  des  Siliciums^  nebst  einigen 
Bemerkungen  über  Atomgewichte; 

von  J.  Schiel. 


Die  im  Folgenden  mitgetheiite  Atomgewichtsbestimmung 
des  Siliciums  ist  vor  ziemlich  geraumer  Zeit  gemacht,  ihre 
Mittheiiung  jedoch  durch  zufällige  Umstände  verhindert  wor* 
den.  Sie  wird  indessen  immer  noch  als  eine  Coritrole  an* 
derweitiger  Bestimmungen  dienen  können. 

Chlorsilicinm,  das  in  einem  Glaskögelchen  eingeschmolzen 
war,  wurde  durch  Zerbrechen  des  Kügelch9ns  in  einem  ver- 
schlossenen Geffifs  unter  mit  etwas  Ammoniak  versetztem 
Wasser  zersetzt,  timch  der  Zersetzung  reagirte  die  Flüssig- 
keit noch  schwach  alkalisch;  sie  wurde  mehrere  Tage  lang 
stehen  gekssen,  sodann  bis  nahe  zum  Sieden  erhitzt,  wieder 
einige  Zeit  stehen  lassen,  filtrirt  und  die  fast  vollständig  ab- 
geschiedene Kieselsäure  ausgewaschen.  Aus  dem  Fiürat 
wurde  das  Chlor  durch  eine  mit  Salpetersäure  versetzte 
Silberlösung  gefällt  und  das  Ghlorsilber  mit  etwas  salpeter- 
säurehaltigem Wasser  gewaschen.  Bei  zwei  Bestinmiungen 
lieferten  0,6738  und  1,3092  Grm.  Chlorstlicium  beziehungs- 
weise 2,277  und  4,418  Chlorsilber,  woraus  sich  für  das 
Atomgewicht  des  Siliciums  die  Durchschnittszahl  28,0i  ergiebt. 
Auch  aus  der  Dampfdichte  des  Chlorsiliciums  (5,939)  und 
des  Fluorsiliciums  (3,57)  ergiebt  sich  für  das  Atomgewicht 
des  Siliciums  dieselbe  Zahl,  indem  für  diese  Verbindungen 
nur  die  Formeln  SiCI^  und  SiF^  zu  der  Dampfdichte  stimmen. 
Das  Silicium  ist  daher  wie  das  Zinn  und  das  Titan  vier* 
alomig  oder  vierwerthig.  Eine  weitere  Bestätigung  der  Rieh-« 
tigkeit  der  Atomgewichtszahl  28,01  wird  man  ohne  Zweifel 
in  der  specifischen  Wärme  des  Siliciums  finden.  Eine  Unter- 
suchung der  Verbindungen  des  Siliciums  mit  Aethyl  u.  s.  w. 


nebst  einigen  Bemerhunffen  über  Atamgawiehte,  95 


setzte  ich  bis  auf  Weiteres  aus,  als  die  Hrn.  Prankland  und 
Duppa  (in  diesen  Annalen  CXV,  ^|^)  ankündigten,  dars  sie 
mit  einer  ähnlichen  Untersuchung  beschäftigt  seien.  Die  Exi- 
stenz derartiger  Verbindungen  habe  ich  indessen  festgestellt. 

Es  ist  meines  Wissens  bis  jetzt  nicht  klar  genug  hervor- 
gehoben worden ,  dafs  in  Beziehung  auf  das  Product  A  X  c 
von  spec.  Wärme  c  in  Atomgewicht  A  die  einfachen  Körper 
in  zwei  wohl  unterschiedene  Gruppen  zerfallen.  Die  erste 
dieser  Gruppen  mit  dem  Product  A  X  c  =  3,35  (annähernd) 
umfafst  die  gasförmigen  Elemente,  z.  B.  : 

Atomg.  A        Spec.Wärme  c 


Sauerstoff  16 

Wasserstoff  1 

Stickstoff  14 

Chlor  35,5 

Brom  80 


0,2182 
3,4046 
0,2440 
0,1214 
0,0652 


AXc 
3,39 
3,40 
3,41 
4,29 
4,41; 


die  zweite  umfafst*  die  flüssigen  und  festen  einfachen  Körper, 
das  Product  A  X  c  ist  hier  =  6,6  (annähernd),  z.  B.  : 


Jod 

Brom 

KaLiom 

Schwefel 

Arsen 

Altunininin 

Eisen 

Cadmium 

Zink 


A 
127 

80 

39,2 

82 
76 
27,5 
56 
112 
65 


c 

0,05412 

0,08432 
0,1109 

0,16855 

0,2026 
0,0814 
0,2143 
0»1138 
0,0567 
0,0055 


AXcr 

6,87 

6,74 
8,87 

6,61 

6,48 
6,10 
6,00 
6,37 
6,35 
6,20. 


Dafs  bei  den  flüssigen  und  festen  Elementen  das  Product 
A  X  c  doppelt  so  grofs  ist,  als  bei  den  ga9förmigen^,  hat 
vielleicht'  darin  seinen  Grund ,  dafs  die  spec.  Warme  eines 
einfachen  Körpers  im  gasförmigen  Zustande  nur  halb  so  grofs 
ist,  als  im  flüssigen  und  festen  Zustande.  Bei  dem  Brom, 
dem  einzigen  in  dieser  Beziehung  untersuchten.  Elemente ,  ist 
diefs  in  der  Tbat  der  Fall.  Es  ist  die  spec.  Wärme  des 
BronuL 


96  Schiel,  über  das  Atomgewicht  des  Säiciums, 

im  flüsBigen  Zustande        0,1109 
im  gasföuaigeii  Zustande   0,0552 ; 

auch   beim  Wasser  und  Schwefelkohlenstoff  findet   ein   ähn- 
liches Verhältnifs  statt. 

Dafs  die  thermischen  Atomgewichte  die  empfehlenswer- 
thesten  sind,  kann  wohl  gegenwärtig  nicht  mehr  geleugnet 
werden ;  sie  stimmen  am  besten  zu  den  chemischen  und 
physikalischen  Thatsachen  und  lassen  sich  daher  sowohl  aus 
dem  chemischen  wie  aus  dem  physikalischen  Verhalten  der 
Körper  mit  grofser  Consequenz  ableiten.  Dafs  das  Atom- 
gewicht  des  Sauerstoffs  durch  die  Zahl  16  auszudrücken  ist, 
wird  gegenwärtig  von  keiner  Seite  bestritten,  wenn  die  Zahl 
8  auch  noch  von  vielen  Chemikern  gebraucht  wird.  Es  folgt ' 
aber  hieraus  unmittelbar,  dafs  die  Thonerde  durch  die  Formel 
AI2O3  auszudrücken  ist,  in  welcher  AI  den  Werth  27,5  hat; 
diefs  ist  aber  das  thermische  Atomgewicht  des  Aluminiums. 
Eine  weitere  Bestätigung  erhält  diese  Zahl  durch  die  Dampf- 
dichte 18,6  des  Bromaluminiums,  aus  welcher  sich  für  diese 
Verbindung  die  Formel  AlaBre  ergiebt,  in  welcher  AI  ebenfalls 
27,5  bedeutet.  Wollte  man  für  AI  die  Zahl  13,7  gebrauchen, 
so  müfste  das  Bromaluminium  AUBre  geschrieben  werden, 
wozu  sich  wohl  kein  Chemiker  verstehen  wird.  Es  folgt 
aber  hieraus,  dafs  die  entsprechenden  Eisenverbindungen 
FesOs  und  Feaßre,  und  dafs  das  Atomgewicht  des  Eisens  56 
ist  *).    Das   thermische  Atomgewicht  53,6  des  Chroms  wird 


*)  Das   waaseifreie   sohwefelsaure  Eisenoxjdul   und   der  Eisenalann 
sind  hiernach 


(»^«)«k,  und  ^^;^'K  ^'^    ^^  )^* 


zu  schreiben.  In  dem  Ozydulsalze  haben  die  2  At.  Eisen  den  einen 
ihrer  drei  Verwandtschaftswerthe  gegen  einander  ausgegliofaen. 


nebst  einigen  Bemerkungen  über  Atomgewichte.  97 

durch  die  Dampfdichte  5,5  der  Chlorchromsöure,  deren  Formel 
CrCi208  ist^  bestätigt.  Auch  die  thermische  Atomgewichts- 
zahl  200  des  Quecksilbers  läfst  sich.,  wie  Cannizzaro  zu- 
erst gezeigt  hat,  aus  der  Dampfdichte  der  Verbindungen 
dieses  Metalls  ableiten. 

Aus  der  Dampfdicbte 

6,7     des  Queckailbers  (B ine  an)  und 
3,94  des  Cadmiums  (Deville  n,  Troost) 

scheint  .fast  hervorzugehen,  dafs  nicht  blofs  beim  Quecksilber 
(Cannizzaro)^  sondern  bei  den  Metallen  überhaupt,  wenig- 
stens  bei  den  geradwerthigen,  Atom  und  Molecul  einerlei  ist, 

denn  man  hat  wegen  -z^-^  -=  D 

28,9 
28,9  X  6,7     =  Atom-  und  Moleculargewicht  des  Quecksilbers 
28,9  X  3,94  =  Atom-  und  Moleculargewicht  des  Cadmiums. 

Das  Arsen  würde  sich  dann  in  dieser  wie  in  mancher 
anderen  Beziehung  von  den  eigentlichen  Metallen  unter- 
scheiden. 

Es  lohnt  der  Mühe,  zu  untersuchen,  ob  die  electrolyti- 
schen  Aequivalentzahlen  als  Controle  der  thermischen  Atom* 
gewichtszahlen  dienen  können»  Die  neueren  Untersuchungen 
von  Buff  haben  nun  ergeben,  dafs  1  Aequivalent  Electricität 
d.  i.  diejenige  Electricitäsmenge ,  welche  1  Aeq.  =  32  Th. 
Kupfer  aus  schwefelsaurem  Kupferoxyd  ausfällt,  die  folgenden 
Verbindungen  zu  trennen  vermag  (H  =  100,  Cu=32,  0  =  8, 
Cl  =  35,5)  : 

CugCl    in    Cus    und    Cl 
HgjO     in    Hg,      „       O 
HgCl     in    Hg       ^      Cl. 

In  thermischen  Atomzahlen  ausgedrückt,  vermag  daher 
die  Electricitätsmenge,  welche  i  Atom  ==  64  Kupfer  aus 
einem  Holecul  schwefelsaurem  Kupferoxyd  ausscheidet,  zu 
trennen  (Hg  =  200,  O  ==  16,  Cu  =  64)  : 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  1.  Heft.  7 


96  Sc  hielt  über  das  Atomgewicht  des  Säicimns, 

2C11CI    in    Co«    and    CU 
efe0  in     Hg,      .       O 
HgCl,  in    Hg       ,       CV 

Demnach  zerlegt  i  Aeq.  Electricital  : 

^^  • 

2  MoL  Knpferchlorfir, 

1     ,      Qnecksilberoxydal, 

1  „  Qnecksüberclilorid, 
indem  aas  diesen  Verbkidiingen  nur  äquivalente  Mengen 
Sauerstoff  und  Chlor  abgeschieden  werden.  Es  geht  hieraus 
zugleich  hervor,  dars  wir  mit  dem  electrolylischen  Gesetze 
noch  nicht  hinreichend  bekannt  sind ,  om  die  Werthigkeit 
aller  Atome  darnach  bestimmen  zo  können. 

In  Beziehung  auf  das  Product  M  X  c  von  Holecularge- 
wicht  in  spec.  Wurme  mögen  einige  Bemerkungen  hier  eine 
Steile  finden.  Dafs  dieses  Product  bei  analogen  Verbindun- 
gen gleich  ist,  ist  häufig  hervorgehoben  worden;  man  hat 
indessen  hierbei  Substitutionen  einfacher  Körper  durch  su- 
sammengesetzte  Radicale  wenig  berücksichtigt.  Vergleicht 
man  in  Beziehung  auf  M  X  c  folgende  gasförmige  Verbin* 
düngen  unter  einander  : 


so  bemerkt  man,  dafs  durch  Substitution  von  CGsHs)^  für 
Hs  das  Product  M  X  <^  der  ersten  dieser  Vorbindungen  am 
eben  so  viel  erhöbt  wird,  als  das  der  si^eiten  Verbinclung. 
Mit  anderen  Worten,   es  verhält  sich   das  Wasser  in  dieser 


M 

0 

MXc 

1. 

Wasser 

18 

0,475 

8,65 

2. 

SchwefelwasBorstoff 

34 

0,2423 

8,24 

8. 

Alkohol 

H    P 

46 

0,4513 

20,76 

4. 

Aether 

lÄK 

'74 

0,481 

35,60 

6. 

Essigftther 

^^Ä?}^ 

88 

0,4008 

35,27 

6. 

Schwefeläther 

lÄl« 

90 

0,4005 

35,05, 

nehst  einigen  Bemerkungen  über  Atomgewichte,         99 

Beziehung   zum   Aether ,   wie   der    Schwefelwasserstoff  zum 

Schwefeläther.    Durch  Vertretung  von  1  H  in  o|0  durch  das 

zusammengesetzte  Radical  Qifip,  wird  M  x  c  nahezu  um  eben 

SO  viel  erhöht,  als  durch  weitere  Vertretung  von  H  in      q^jO 

das  Product  M  X  c  der  letzteren  Verbindung  erhöht  wird, 
d.  h.  es  steht  in  Beziehung  auf  M  X  c  das  Wasser  zu  dem 
Alkohol  fast  in  demselben  Verhältnifs,  wie  letzterer  zu  dem 
Äether.  Die  Verbindungen  4,  5  und  6  sind  in  so  ferne 
gleich  zusammengesetzt,  als  sie  durch  Vertretuiig  eines  ein- 
fachen Körpers  durch  einen  einfachen  (O  durch  SJ  odier 
eines  zusammengesetzten  Radicals  durch  ein  analog  zusam- 
mengesetztes entstehen;  auch  ist  bei  ihnen  das  Product  M  x  c 
fast  vollkommen  gleich.  Dasselbe  wird  ohne  Zweifel  beim 
Alkohol  und  Mercaptan  stattfinden.  Eine  vielseitige  genaue 
Kenntnifs  dieser  Verhältnisse,  verbunden  mit  der  Kenntnifs 
der  Spannkräfte  der  Dämpfe  u.  s.  w. ,  wird  es  einst  möglich 
machen,  die  chemischen  Vorgänge,  wenigstens  die  weniger 
complicirten,  als  Bewegungserschoinungen  aufzufassen,  und 
eine  mechanische  theorie  der  chemischen  Verwandtschaft 
aufzustellen. 


Untersuchungen  über  die  Platin-Metalle ; 
von    Prof.   Wolcoü  Gibbs    zu    New  -  York  *). 


Erste   Abhandlung. 
$  1.  ^-  Das  Material,  welches  den  Gegenstand  der  gegen- 
wärttgejD  Uniersuchung  abgab»  wurde  hauptsächlich  aus  dem 


*)  Aus  dem  American  Journal  of  Science  and  Arts,   January  1861 
mitgetlieilt. 

7» 


1 00  Otbbsy   Untersuchungen 

Probiramt  der  Vereinigten*Staaten  und  der  Münze  zu  Phila- 
delphia erhalten  ;  ich  verdanke  es  gröfstentheils  der  gütigen 
Vermiltelung  der  Herren  Dr.  Torrey  und  Prof.  Bache. 
Die  Herren  Cornelius  zu  Philadelphia  haben  mir  auch 
freigebig  etwa  600  Gramm  sibirisches  Osmium  -  Iridium  zur 
Verfügung  gestellt  —  eine  Zugabe ,  welche  mir  eine  grofse 
Hülfe  gewesen  ist  und  für  welche  ich  denselben  meinen 
Dank  ausspreche. 

Die  Proben ,  welche  ich  von  der  Münze  zu  verschiedenen 
Zeiten  bekam  und  welche  verschiedenen  Processen  unter- 
worfen gewesen  waren  ,  waren  in  ihrem  Ansehen  sehr  ver- 
schieden. Bisweilen  war  das  Erz  an  deutlichen  Blättchen 
etwas  weifser,  wie  das  sibirische  Osmium-Iridium ;  in  einer 
Probe  dieser  Sorte  entdeckte  Herr  Dr.  Genth  wahrnehmbare 
Krystalle  des  rhomboedrischen  Systems.  Andere  Proben 
glichen  einem  feinen  grauen  metallischen  Sande ,  wogegen 
wiederum  andere  (die  aus  dem  Abfall  des  Probiramts  er- 
halten waren}  das  Ansehen  eines  schweren  grauen  Pulvers 
zeigten.  Beinahe  alle  diese  Erze  enthielten  mehr  oder  we- 
niger Eisen  mechanisch  beigemengt ,  welches  mittelst  des 
Magnets  ausgezogen  oder  mittelst  Säuren  aufgelöst  werden 
konnte.  Besonders  wirkte  Königswasser  heftig  auf  einige 
Proben  ein ,  aus  denen  es  sowohl  Theile  der  Platin-Metalle 
als  auch  das  Eisen  auflöste  und  sogar  auf  das  Osmium-Iri- 
dium einwirkte,  wobei  Entwicklung  von  freier  Osmiumsäure 
wahrnehmbar  war.  In  Californien  ist  das  Erz,  so  viel  ich 
weifs,  fast  immer  mit  Gold  vermischt,  von  welchem  ed  natür- 
lich unmöglich  durch  Waschen  zu  befreien  ist.  In  dem  Pro- 
biramt zu  New -York  wird  das  Gold  mit  seiner  zweifachen 
Gewichtsmenge  Silber  geschmolzen,  wobei  das  Osmium-Iri- 
dium sich  auf  dem  Boden  absetzt.  Wenn  die  Goldlegirung 
abgegossen  ist,  bleibt  eine  Masse  zurück,  die  beinahe  alles 
Osmium-Iridium ,   das   dem  Golde  beigemengt  war ,    enthält. 


über  die  Ftatin- Metalle.  101 

Diese  Masse  wird  mehrmals  mit  Silber  geschmolzen  und  die 
letzten  Spuren  des  Silbers  und  des  Goldes  endlich  durch  Be- 
handlung mit  Salpetersäure  und  Königswasser  und  durch 
darauffolgendes  Waschen  entfernt.  Das  Osmium^Iridium  wird 
an  die  Fabrikanten  von  Goldfedern  verkauft,  welche  die 
äufserst  harten  Theilchen  herausziehen,  die  als  Spitzen  der 
Federn  dienen ;  das  Uebrige  wird  an  das  Probiramt  zurück- 
geschickt. Die  so  erhaltene  Menge  des  Osmium -Iridiums 
überschreitet  kaum  ein  paar  Unzen  auf  eine  Million  Dollars, 
und  viele  Goldproben  sind  ganz  frei  davon.  Es  unterliegt 
keinem  Zweifel,  dafs,  sobald  diese  Metalle  praktische  Anwen- 
dung finden,  gröfsere  Quantitäten  des  Erzes  zu  erlangen  sein 
werden.  *) 

Die  Dichtigkeit  des  californischen  Osmium-Iridiums  variirt 
bedeutend  bei  verschiedenen  Proben.  Eine  aus  grofsen  nicht 
glänzenden   Tafeln    bestehende    Probe,    auf    welche   jedoch 


*)  Dr.  Torrey  hat  mir  freiuadlichst  folgende  Notizen  über  die  Cali- 
fornischen Osmium-Iridinm-Erze  gegeben.  „In  den  ersten  Jahren 
nach  Gründung  des  Probiramts  der  Vereinigten-Staaten  überstieg 
das  Verhältnifs  des  Osmium-Iridiums  nicht  V2  Unze  auf  1  Million 
Dollars.  Nachher  nahm  das  Yerhältnifß  schnell  zu,  bis  auf  durch- 
schnittlich 7  oder  8  Unzen  auf  1  Million  Dollars.  Dann  vermin- 
derte es  sich  während  einiger  Jahre ,  war  aber  im  letzten  eben 
so  grofs,  wie  früher.  Diese  Unterschiede  hängen  von  der  verän- 
derlichen Zusammensetzung  des  ursprünglichen  Goldes  und  der 
fortwährenden  Entdeckung  neuer  Minen  ab.  —  Die  Osmium- 
Iridium- Körner ,  die  für  Federn  geeignet  sind,  sind  rundlich  und 
derb,  ohne  zu  blättern,  wenn  sie  geschlagen  oder  erhitzt  werden. 
Sie  scheinen  eine  von  den  platten  tafelförmigen  Krystallen  ver- 
schiedene Zusammensetzung  zu  haben,  ihre  Menge  beträgt  ge- 
wöhnlich nicht  mehr  als  Vio  ^^^  ganzen  Legirung,  aber  sie  steigt 
zuweilen  bis  zu  Vs*  ^^^  sorgfältig  ausgesuchten  Körner,  welche 
die  Goldfeder-Fabrikanten  benutzen,  sind  so  klein,  dafs  10,000 
bis  15,000  auf  eine  Unze  gehen.  Die  besten  sind  wenigstens 
250  Dollars  auf  die  Unze  werth,  und  ein  Gubikzoll,  welcher  11 
Unzen  gleich  sein  mag,  ist  2750  Dollars  werth." 


10t  OiblSy  Untersuchungen 

Königswasser  ein  wenig  eingewirkt  hatte,  besafs  bei  der  Be* 
Stimmung  nach  Rose's  Methode  ein  specifisches  Crewtoht 
von  19,352.  Aber  man  kann  auf  solche  Bt^stimmongen  keine 
sicheren  Schlüsse  gründen,  weil,  wie  Berzelias  meint,  die 
verschiedenen  Tafeln  oder  Körner  wahrscheinlicb  sehr  ver* 
schiedene  Zusammensetzung  haben. 

Nach  G.  Rose  wechselt  die  Dichtigkeit  des  sibirischen 
Erzes  zwischen  19,3  und  21,1.  Dr.  Torrey  fand  unter  den 
Tafeln  des  californischen  Erzes  einige,  die  sich  unter  dem 
Hammer  dehnbar  zeigten ;  diese  waren  wahrscheinlich  Platin- 
Iridium.  Gewöhnlich  aber  sind  diese  Tafeln  nicht  dehnbar; 
einige  von  bleigrauer  oder  blüulieher  Farbe  werden  durch 
das  von  den  Goldfeder -Fabrikanten  gebrauchte  Schleifpulver 
kaum  angegriiTen.  Die  Farbe  der  Tafeln  liegt  zwischen  Sil- 
berweifs  und  Dunkelgrau. 

§  2.  —  Die  Aufschiiersung  der  Erze  des  Iridiums,  des 
Osmiums  u.  s.  w.  und  die  Trennung  der  verschiedenen  Platin- 
Metalle  von  einander,  gilt  bekanntlich  für  eines  der  schwie- 
rigsten Probleme,  mit  welchen  der  Chemiker  zu  thun  hat« 
Obwohl  die  Untersuchungen  von  Wo  Ilaston,  Berzelius, 
Wo  hier  u.  A.  viel  Licht  auf  diesen  Gegenstand  geworfen 
haben,  und  Claus  besonders  viel  in  seiner  Arbeit  „Beiträge 
zur  Chemie  der  Platin-Metalle^  gelhan  hat,  um  die  chemische 
Geschichte  dieser  Gruppe  von  den  Irrthümern  seiner  Vor- 
gänger zu  befreien;  so  habe  ich  doch  gefunden,  dafs  manches 
zu  thun  übrig  geblieben  ist,  besonders  in  Betreff  des  califor- 
nischen Erzes,  welches  sich  von  dem  sibirischen  durch  einen 
gröfseren  relativen  Gehalt  an  Ruthenium  unterscheidet.  Schon 
dieser  Unterschied  bedingt  eine  ganz  verschiedene  Behand- 
lung der  Erze.  Während  des  Verlaufs  der  Untersuchung,  . 
welche  ich  unternommen  habe,  habe  ich  Gelegenheit  gehabt, 
an  einer  beträchtlichen  Quantität  Materials  fast  alle  Auf- 
schliefsungs-Methoden  der  OsmiumrErze  u.  s.  w.,  welche  bis 


über  die  Platin- Metalle.  103 

dahin  angewendet  sind,  zu  prüfen.  Die  Erfahrong^en^  die  ich 
HÜt  grofsem  Aufwand  von  Zeil  und  Arbeit  gemacht  habe, 
will  ich  hier  so  genau  als  möglich  beschreiben,  in  der  Hofiv 
nung,  dafs  sie  Anderen,  die  späterhin  über  denselben  Gegen- 
stand arbeilen  wollen,  nütslich  sein  möchten« 

F.remy's*}  neueste  Methode  besteht  darin,  das  Erz  in 
einem  Luft-  od&r  Sauerstoffstrome  bei  Rothglühhitse  zu  rösten. 
Unter  diesen  Umständen  wird  das  Osmium  zum  gröfsten  Theil 
als  Osmiomsäure  fortgeführt,  während  die  anderen  Metalle 
mehr  oder  weniger  vollständig  oxydirt  werden.  Die  Masse, 
aus  welcher  das  Osmium  entfernt  worden  ist,  wird  dann  mit 
Salpeter  geschmolzen,  worauf  das  rückständige  Osmium  durch 
Destillation  mit  Salpetersäure  getrennt  wird.  Premy  gibt 
eine  Methode  für  die  Trennung  der  anderen  Metalle  von 
einander,  welche  diese  jedoc|j^  nicht  im  reinen  Zustande  liefern 
kann.  Die  Trennung  des  Osmiums  durch  Röstung  bat  un- 
ssweifelbaft  den  Vortheil,  reine  Osmiumsäure  in  gröfserer 
Quantität  bei  Anwendung  einer  kleinen  Menge  Materials  zu 
geben.  Andererseits  ist  dieser  Procefs  nicht  auf  alle  Varie- 
täten des  Osmium-Iridiums  anwendbar,  weil  trotz  der  Anwen- 
dung der  Röstung  nicht  alles  Osmium  entfernt  wird,  und 
defshalb  eine-  oder  mehrere  darauffolgende  Schmelzungen  mit 
kräftigen  oxydirenden  Reagentien  nicht  zu  umgehen  sind.  In 
Betreff  des  Iridiurns ,  Rhodiums  und  Rutheniums  ist  es ,  wie 
Claus  empfiehlt,  besser,  gleich  durch  Schmelzen  mit  Salpeter 
und  caustischem  Kali  zu  oxydiren.  Bei  einem  Versuche, 
welchen  ich  anstellte,  um  Fremy's  Methode  zu  prüfen,  und 
bei  welchem  ich  caiifornisches  Erz  in  Form  eines  feinen 
grauen  Sandes  anwendete  und  zur  vollen  Weifsgluth  in  einem 
Poreellanrohre  erhitzte,  erlangte  ich  nach  längerem  Erhitzen 
nur  wenig  Osmiumsäure ;   das  Rohr  verstopfte  sich  und  zer- 


*)  Compt.  rend.  XXXVIII,  1008. 


i04  Oibbsy   Untersuchungen 

brach,  und  ich  fand  nach  dem  Erkalten,  dafs  das  Erz  wirk- 
lich geschmolzen  war  und  eine  graae  Masse  darstellte,  welche 
die  Form  des  Rohres,  in  welchem  sie  geschmolzen  war,  be- 
safs.  Diese  Masse  glich  auf  dem  Bruche  dem  feinkörnigen 
Gufseisen ;  sie  war  an  den  Theilen  des  Bruches  zunächst  der 
Oberfläche  sehr  hart  und  deutlich  krystalUniscb^  Da  die 
breiten  Blättchen  des  caiifornischen  Osmium -Iridiums  über 
der  Lampe  mit  doppeltem  Luftzuge  nicht  schmelzbar  sind, 
war  dieses  Resultat  ganz  unerwartet,  und  es  mufs  ohne 
Zweifel  der  grofsen  Quantität  Eisen,  welche  das  Erz  enthielt« 
zugeschrieben  werden. 

In  einem  1835  veröffentlichten  Aufsatz  schlug  Persoz*3 
vor,  das  Osmium-Iridium  so  zu  behandeln,  dafs  man  die  Me- 
talle erst  in  Sulfide  überführte.  Das  Erz  wird  mit  kohlen- 
saurem Natron  und  Schwefel  gemischt  und  dann  in  einen 
stark  erhitzten  irdenen  Tiegel  eingetragen.  Der  Tiegel  wird 
sodann  zur  Weifsgluth  erhitzt  und  nach  dem  Erkalten  zer- 
schlagen. Nach  Persoz  besteht  der  Inhalt  des  Tiegels  aus 
drei  Lagen ,  von  welchen  die  unterste  fast  alle  Sulfide  der 
Platin- Metalle  enthält  Die  beiden  unteren  Lagen  werden 
deshalb  mit  Wasser  behandelt,  um  die  alkalischen  Sulfide  auf- 
zulösen, lind  die  zurückbleibende  Hasse  sodann  mit  Queck- 
silberoxyd  erhitzt,  wobei  —  nach  Persoz  —  das  Iridium- 
oxyd zurückbleibt ,  während  Osmiumoxyd  und  metallisches 
Quecksilber  verjagt  werden. 

Weifs  und  Döbereiner  *^3  bestätigen  die  Resultate 
Persoz 's  in  Betreff  der  UeberfÜhrung  der  Platin^Metalle  in 
Sulfide.  Sie  empfehlen,  nach  Entfernung  der  Sulfide  des  Na- 
triums und  Eisens  durch  Waschen  mit  Wasser  und  Salzsäure 
die   Metallsulfide   mit   kohlensaurem  Natron   und  Salpeter  zu 


*)  Ann.  chim.  phys.  LV,  210  (diese  Annalen  XII,  12;    XVI,  204). 
**)  Diese  Annalen  XIY,  15. 


über  die  Platin- Metalle.  105 

sehmelzen,  um  gleichzeitig  den  Schwefel  und  die  Platin-Metalle 
zu  oxydiren.  Nach  dieit'ni  Verfahren  ist  das  Erz  durch  zwei 
Operationen  fast  vollsländig  aufgeschlossen. 

Bei  Wiederholung  dieser  Versuche  mit  californischem 
Erz  erhielt  ich  dieselben  Resultate  in  Betreff  der  Bildung  der 
Metallsulfide.  Nach  Behandlung  der  geschmolzenen  Masse 
mit  Salzsäure  und  Wasser  htieb  eine  grauliche  krystailinische 
Masse  zurück,  welche  seihst  kochendem  Königswasser  wider- 
stand und  keinen  Geruch  nach  Osmiumsäure  bemerken  liefs. 
Diese  Masse  wurde  jedoch  heftig  angegriffen  beim  Schmelzen 
mit  caustischem  Kali ,  zu  welchem  Salpeter  vorsichtig  zuge- 
geben war,  oder  durch  eine  Mischung  von  kohlensaurem 
und  salpetersaurem  Kali ;  dieser  Procefs  konnte  jedoch  nur 
im  Kleinen  ausgeführt  werden,  wegen  des  heftigen  Steigens. 
Chlorgas  hat  bei  Rothglühhitze  keine  wahrnehmbare  Wirkung 
auf  das  Gemenge  der  Sulfide. 

Die  der  Schmelzung  der  gemischten  Sulfide  mit  oxydiren« 
den  Agentien  entgegenstehenden  Schwierigkeiten  könnte  man 
jedoch  leicht  durch  eine  vorhergehende  Reduction  derselben 
zu  den*  Metallen  überwinden.  Diefs  wird  am  Emfachsten  er- 
reicht nach  einer  Methode,  4ie  mir  Herr  Ür.  Genth  vorge- 
schlagen bat ;  sie  besteht  darin,  die  Sulfide  mit  einem  kleinen 
Ueberschufs  von  concentrirler  Schwefelsäure  zur  Trockne 
einzudampfen  und  dann  sehwach  zu  glühen.  Es  bleibt  ein 
grauer  metallischer  Schwamm  zurück,  welcher  alle  Platin- 
Metalle  neben  einer  geringen  Quantität  Eisen  enthält.  Der- 
selbe ist  leicht  zu  eiuem  feinen  Pulver  zu  zerreiben  und  kann 
alsdann  nach  Claus'  Methode,  welche  ich  weiter  unten  be- 
schreiben werde,  vollständig  oxydirt  werden.  Königswasser 
wirkt  auf  dieses  Metall-Gemenge  nur  äufserst  wenig  ein,  und 
ich  habe  es  unmöglich  gefunden,  mittbist  dieser  Säure  eine 
wahrnehmbare  Spur  Platin  auszuziehen. 


106  Oibbsy  Untersuchungen 

Diese  Methode  liefert,  wenn  sorgfältig  ausgeführt,  gute 
BesuUate,  ist  aber  nicht  frei  von  Uubequemliehkeiten.  Erstens 
mufs  die  Behandlung  des  Gemenges  von  Sulfiden  mit  Schwe* 
feisäure  häufig  zweimal  wiederholt  werden,  um  die  vollstän- 
dige Ueberführung  der  Sulfide  in  Metalle  sicher  zu  erreichen. 
Ferner  ist  die  Einwirkung  einer  Mischung  von  caustiscbem 
Kali  und  Salpeter  bei  höherer  Temperatur  auf  die  fein  zer- 
theilte  metallische  Masse  heftig  und  nicht  ohne  Gefahr.  Man 
kann  jedoch  die  Gefahr  vermeiden ,  wenn  man  erst  Salpeter 
und  Kali  zusammenschmilzt,  und  dann  erst,  nachdem  das  Auf- 
schäumen ganz  aufgehört  hat,  nach  und  nach  den  Metall- 
schwamm in  den  Tiegel  einträgt;  nach  jedem  frischen  Zu- 
satz mufs  man  die  nun  eintretende  Reaction  abwarten. 
Meiner  Meinung  nach  ist  die  vorherige  Ueberführung  der 
Platin-Metalle  in  Sulfide  und  die  daraufi^olgende  Reduction  zu 
Metall  umständlicher  und  zeitraubender,  als  die  directe  Auf- 
schliefsung  des  Erzes  durch  Schmelzen  mit  einer  oxydiren- 
den  Mischung. 

Versuche,  welche  ich  anstellte,  das  Erz  mit  Stahl,  Phos- 
phor, Arsenik  und  Natrium  zusammen  zu  schmelzen,  lieferten 
keine  wirklich  werthvollen  praclischen  Resultate.  Man  kann 
allerdings  eine  Legirung  mit  Stahl  durch  Schmelzen  bei  hoher 
Temperatur  erhalten.  Säuren  lösen  das  Eisen  aus  dieser 
Legirung  langsam  auf,  und  lassen  die  Platin-Metalle  in  Form 
eines  schwarzen  Pulvers  zurück,  welches  zwar  von  Königs- 
wasser angegriffen,  aber  nicht  ganz  aufgelöst  wird.  Dieser 
Procefs  ist  jedoch  langwierig  und  die  Resultate  sind  nicht 
befriedigend.  *) 


*)  Als  ich  obiges  schon  geschrieben  hatte,  erschienen  die  auafähr- 
liehen  Arbeiten  Deville's  und  Debray's  über  die  Platin- 
Metalle  (Ann.  chim.  phjs.  [3]  LVI,  385 ;  diese  Annalen  CXIV,  78). 
Ich  bin  nicht  im  Stande  gewesen,  die  von  diesen  Chemikern  an- 
gegebenen   Trennongs-    und   Ozydatiousmethoden   des    Osmium- 


üher  die  Platin-Metaile.  107 

Wo  hier 's'*')  Methode,  das  OsmiuiiHlridium  aofzusehlie- 
fsen,  besteht  darin,  dafs  man  feuchtes  Chlorgas  über  das  mit 
Kochsalz  gemischte  und  in  einem  Glas-  oder  Porcellanrohre 
zum  schwachen  Glühen  erhitzte  Erz  leitet.  Diese  Methode 
ist  für  die  Analyse  unschätzbar  und  gjebt  sehr  befriedigende 
Resultate,  wenn  mafi  mit  kleinen  Quantitäten  arbeitet.  In 
allen  Fällen  jedoch  mufs  dieser  Procefs  mehrmals  wiederholt 
werden,  um  das  Erz  in  eine  lösliche  Form  umzuwandeln. 
Andererseits  ist  es  nicht  zu  bezweifeln ,  dafs  dietse  Methode 
mit  Vortheil  sich  im  Grofsen  anwenden  liefse,  wenn  man 
Porceilangefätse  von  der  richtigen  Gröfse  und  Form  bekom- 
men könnte.  Solche  Gefäfse  könnten  in  Form  eines  langen 
flachcfi  Eltipsoides  gemacht  werden^  welches  an  jedem  Ende 
mit  weiten  Röhren  von  einigen  Zollen  Länge- tiersehen  wäre. 
Kein  Schmelz  verfahren  mit  oxydirenden  Agentlen  gleicht 
Wo  hier 's  Methode  an  Eleganz,  weil  kein  Eisen  oder  andere 
Verunreinigungen,  die  durch  die  Processe  selbst  erst  hinein- 
gebracht werden,  nachher  beseitigt  zu  werden  brauchen. 

Pritzsche  und  Struve'^'^3  behandeln  das  Erz  mit 
einer  Mischung  von  gleichen  Theilen  Kalihydrat  und  chlor- 
saurem  Kali,  wodurch  eine  mehr  oder  weniger  vollständige 
Oxydation  bewirkt  wird »  ohne  wahrnehmbare  Bntwicketung 
von  OsmiumsBurc.  Die  für  diesen  Procefs  nöthige  Tempera- 
tur ist  nicht  hoch  ,  aber  grofse  Gefäfse  sind  nöthig ,  da  die 
Mischung  zuerst  stark  steigt.  Diese  Methode  scheint  mir 
keinen  merklichen  Vortheil  vor  der  von  Claus  zu  haben, 
welche  aufserdem  werriger  kostspielig  ist  und  mit  kleineren 
Gefäfsen  ausgeführt  werden  kann. 


Iridiums  zu  wiederholen,  denke  es  mir  aber  möglich ,  dafs  die 
Zertheilung  des  Erzes  durch  Schmelzen  mit  Zink  einfacher  sein 
könnte  als  die,  welche  ich  oben  beschrieben  habe. 

*)  Pogg.  Annalen  XXXI,  161. 

**)  Journ.  für  pract.  Chemie  XXXVil,  483. 


108  Oibbsy  Untersuchungen 

Claus'*}  Methode,  um  das  Erz  aufzuscbliefsen,  besteht 
darin,  dafs  man  eine  Mischung  von  1  Theil  Erz  mit  1  Th. 
caustischem  Kali  und  2  Th*  Salpeter  eine  Stunde  lang  bei 
Rothglühhilze  schmilzt.  Die  geschmolzene  Masse  wird  auf 
einen  Stein  ausgegossen  und  nach  dem  Erkalten  in  kleine 
Stücke  zerschlagen  oder  gepulvert;  dann*  in  eine  Flasche 
gebracht,  welche  mit  kaltem  Wasser  gefüllt  wird,  und  24 
Stunden  der  Ruhe  überlassen.  Die  klare  tief  orangerothe 
Lösung  von  osmium-  und  rutheniumsaurem  Kali  wird  alsdann 
mittelst  eines  Hebers  abgezogen  und  die  schwarze  zurück- 
bleibende Masse  nochmals  auf  dieselbe  Weise  ausgewaschen. 
Die  fein  zertheilte  oxydirte  unlösliche  Masse  kann  jetzt  von 
dem  unangegriffenen  Erze  durch  Schlämmen  mit  Was^  ge- 
trennt werde»,  wo  das  schwerere  Erz  sich  zuerst  absetzt. 
Das  Unangegriffene  wird  dann  zum  zweitenmal  mit  Kali 
und  Salpeter  geschmolzen  und  wie  vorher  behandelt.  Claus 
behauptet,  dafs  er  im  Stande  gewesen  ist,  auf  diese  Weise 
das  sibirische  Os^mium-Iridium  in  zwei  Operationen  vollständig 
aufzuschiiefsen. 

Mit  dem  rohen  californischen  Erze  ist  mir  diefs  nicht 
immer  gelungen ,  selbst  wenn  es  fein  ^ertheilt  war.  Im 
Gegentheil  blieb  auch  nach  drei  oder  vier  auf  einander  fol- 
genden Schmelzungen  gewöhnlich  eine  grofse  Quantität  einer 
schwarzen  Masse  zurück,  die  in  Königswasser  unlöslich  war. 
Bei  einem  Versuch  mit  500  6rm.  des  Erzes  wurden  nur  200 
Grm.  durch  zwei  Schmelzungen  mit  Kali  und  Salpeter  löslich 
gemacht.  Ich  wende  jetzt  die  Claus'sche Methode  mit  ver- 
schiedenen Modificalionen  an,  welche  ich  als  nothwendig  be- 
trachte. Das  Erz,  welches  gewöhnlich  sehr  unrein  ist,  wird 
zuerst  mit  seinem  dreifachen  Gewichte  getrockneten  kohlen- 
sauren Natrons  geschmolzen.     Die  geschmolzene  Masse  wird 


*)  Beiträge  zur  Chemie  der  Platin- Metalle.     Dorpat  1854. 


über  die  Platin- Metalle.  109 

nach  dem  Erkalten  mit  heifsem  Wasser  behandelt,  um  die 
löslichen  Theile  zu  entfernen,  und  alsdann  werden  die  leich- 
teren Theile  von  dem  schweren  «inangegrifTeßen  Erze  durch 
Schlämmen  getrennt.  Auf  diese  Weise  kann  der  gröfste  Theil 
der  Kieselsäure  und  anderer  vorhandener  Verunreinigungen 
entfernt  werden.  Eine  vorgängige  Reinigung  dieser  Art  ist 
nicht  unerläfslich  nothwendig>  und  wenn  das  Erz  aus  Tafeln 
oder  gröfseren  Körnern  biesteht,  kann  sie  ganz  weggelassen 
werden ;  sie  ist  jedoch  sehr  wünschenswerth,  wenn  das  Erz 
ein  feines  Pulver  ist,  und  erleichtert  die  nachherige  Wirkung 
der  oxydirenden  Mischung  bedeutend.  Claus  empfiehlt  die 
Reinigung  des  Erzes  durch  Kochen  mit  einer  Lösung  von 
caustiscbem  Kali.  Es  ist  gewifs,  dafs  ein  viel  gröfserer 
Theil  des  Erzes  durch  zwei  nach  einander  folgende  Schmel- 
zungen' mit  Kali  und  Salpeter  aufgeschlossen  wird,  wenn  eine 
Reinigung  durch  Schmelzen  mit  Soda  und  Waschen  vorher- 
gegangen ist.  Durch  Abschneiden  des  obersten  Theiles  einer 
Quecksilberflasche  bekommt  man  einen  Tiegel,  in  welchem 
600  6rm.  des  Osmium-Iridiums  mit  Kali  und  Salpeter  wie 
oben  angegeben  geschmolzen  werden  könnenf  Es  tritt  hier- 
bei gar  kein  oder  nur  ein  geringes  Steigen  ein,  und  wenn 
es  eintritt  kann  man  ihm  leicht  durch  Umrühren  mit  einem 
eisernen  Stab  Einhalt  thun.  Keine  wahrnehmbare  und  ge- 
fahrbringende Quantität  Osmiumsäure  wird  während  dieses 
Processes  entwickelt.  Auf  diese  Weise  habe  ich  1500  6rm. 
des  Erzes  in  ein  paar  Stunden  in  drei  nach  einander  folgen- 
den Operationen  verarbeitet. 

Claus'  Methode,  aus  der  geschmolzenen  Masse  das  Ru- 
thenium und  Osmium  abzuscheiden,  leidet  an  einem  doppelten 
Nachtheil.  *  Erstens  ist  die  Quantität  des  Wassers,  deren  man 
zur  Lösung  bedarf,  sehr  grofs,  und  die  darauiTolgende  Behand- 
lung der  sehr  verdünnten  Lösung  bei  der  Destillation  mit 
Säuren  langwierig  und  auch  sehr  grofse  Retorten  erfordernd. 


HO  GibbSy  Untersuchungen 

Sodann  ist  es  auf  diesem  Wege  unmöglich,  sich  dem  Ein- 
flüsse der  Osmiumsäuredämpfe  zu  entziehen,  besonders  bei 
Ueberführung  der  Lösung  aus  einem  Gefäfs  in's  andere.  Ich 
ziehe  defshalb  folgenden  Procefs  vor,  welcher  in  Betreff  der 
Sicherheit  und  Annehmlichkeit  Nichts  2u  wünschen  übrig 
läfst.  Die  geschmolzen«  Masse  wird  mit  einem  Hammer  eer- 
schlagen  und  in  ein  reines  eisernes  Gefäfs  gebracht ;  ein 
gewöhnliches  flaches  Kochgefafs  mit  langem  Stiele  entspricht 
diesem  Zwecke  sehr  gut.  Kochendes  .Wasser,  welches  Vio 
seines  Volumens  starken  Alkohol  enthöh,  wird  dazu  gegeben, 
und  das  Ganze  so  lange  über  freiem  Feuer  gekocht,  bts  die 
geschmolzene  Hasse  vollständig  zergangen  ist.  Das  osmiom* 
saure  Kali  wird  hierdurch  zu  osmigsaurem  Kali  (KOSO4)  re- 
ducirt,  während  das  rutfaensaure  Kali  vollständig  zersetzt 
wird^  indem  sich  das  Ruthenium  als  schwarzes  Pulver  absetet, 
•^  wahrscheinlich  als  ein  Gemenge  von  RuOs  und  RugOs 
oder  der  Hydrate  dieser  Oxyde.  Es  ist  vortheiUiaft ,  nach 
einiger  Zeit  die  überstehende  Flüssigkeit  mit  den  leichteren 
Theilen  des  Oxyds  zu  decantiren  und  ein  zweitesmal  mit  einer 
frischen  Mischung  von  Alkohol  und  Wasser  kochen  zu  lassen. 
Man  erbäk  so  eine  Lösung  von  osmigsaurem  Kali,  eine  grofse 
Quantität  schwarzer  Oxyde  und  ein  schweres  grobes  schwar- 
zes Pulver.  Dieses  letztere  besteht  hauptsächlich  aus  unzer- 
setztem  Erz  mit  einer  geringen  O^antität  Iridinihoxyd  n.  a., 
ans  Blättchen  von  Bisenoxyd,  die  aus  dem  Tiegel  stammen, 
und,  wenn  das  Erz  vorher  nicht  gereinigt  war,  aus  den  Verun- 
reinigungen des  Erzes  selbst.  Das  gröEsere  specifische  Ge- 
wicht des  Rückstandes  macht  es  sehr  leicht ,  die  Mischung 
des  schwarzen  Oxyds  mit  der  Lösung  des  osminmsauren 
Kali's  und  der  Alkalisalze  abzugiefsen.  Diese  Lösung  sammt 
dem  aufgeschlämmten  Pulver  wird  in  ein  Becherglas  gegossen 
und  absetzen  gelassen.  Das  schivere.  schwarze  Pulver,  das  in 
dem  eisernen  Gefäfs  zurückbleibt,  wird  sodann  über  dem  Feuer 


Uh^r  die  Pf attn- Metalle.  \H 

völlig  getrocknet  und  zum  zweitenmal  mit  Kali  und  Salpeter 
geschmölzen  und  die  geschmolzene  Hasse  genau  so  wie  zu** 
vor  behandelt.  Die  schweren  Theile,  die  nach  dieser  Opera- 
tion noch  zurückbleiben,  werden  ein  drittesmal  mit  der  oxy-* 
direnden  Mischung  geschmolzen.  Wenn  jedoch  das  Erz 
vorher  durch  Schmelzung  mit  kohlensaurem  Natron  gereinigt 
oder  es  ursprünglich  in  Form  reiner  Blätlchen  gegeben  war, 
io  besteht  der  sdiwere  Rückstand  nach  zwei  aufeinander  fol^ 
geilen  Oxydationen  hauptsächlich  aus  Eisenoxyd. 

Die  das  osnrigsaure  Kali  und  die  Alkalisalze  enthaltende 
Lösung  wird  durch  einen  Heber  von  dem  schwarzen  Oxyde, 
das  sich  auf  dem  Boden  des  Gefäfses  abgesetzt  hat,  vorsich- 
tig abgezogen.  Die  Oxyde  werden  sodann  mit  heifsent 
Wasser,  dem  man  ein  wenig  Alkohol  zugesetzt  hat,  gewa- 
schen und  in  eine  geräumige  Retorte  gebracht.  Bei  diesem 
Procefs  entweicht,  wenn  er  vorsichtig  ausgeführt  wird,  keine 
Spur  Osmiumsänre ;  ein  Yortheil;  der  nicht  zu  verachten 
ist>  weil  die  Angaben  über  die  schädlichen  Wirkungen  dieses 
Körpers  auf  die  Lungen  keineswegs  tibertrieben  sind ,  und 
man  nicht  vorsichtig  genug  sein  kann,  die  Einathmung  zu 
vermeiden. 

Die  Lösung  der  Alkalisalze  enthält  nur  einen  Theil  des 
im  Erz  enthaltenen  Osmiums.  Der  andere  Theil  beCndet  sich 
bei  dem  Gemenge  der  Oxyde  und  mufs  durch  Destillation 
getrennt  werden.  Zu  diesem  Zweck  mufs  die  Retorte  mit 
einem  Sieherheitsrohre,  das  durch  den  Tubulus  geht,  und  mit 
einer  kalt  gehaltenen  Vorlage  versehen  sein,  welche  durch 
eine  gebogene  Röhre  mit  zwei  oder  drei  Woulfe'schen 
Flaschen  in  Verbindung  steht,  die  eine  concentrirte  Lösung 
von  caustischem  Kali  und  etwas  Alkohol  enthalten  und  eben-^ 
falls  abgekühlt  werden.  Hierauf  wird  concentrirte  Salzsäure 
vorsichtig  in  kleinen  Mengen  durch  das  Sicherheitsrohr  in 
die  Retoi-te  gegossen.   Die  eintretende  Reaclion  ist  oft  heftig. 


112  Qihbs^   Untersuchungen 

wobei  viel  Hitze  frei  wird  und  ein  Theil  der  Osmiumsäure 
unmittelbar  übergebt  und  sich  in  der  Vorlage  zu  farblosen 
Nadeln  verdichtet.  Wenn  ein  grofser  Ueberschufs  an  Säure 
zugegeben  ist,  die  Reaction  ganz  aufgehört  hat  und  die  Re- 
torte kalt  geworden  ist,  kann  sie  in  Einern  Sandbade  erhitzt 
werden.  Die  Osmiumsäure  destillirt  allmälig  über,  und  con- 
densirt  sich  in  der  Vorlage  und  den  Wo ulfe'schen  Flaschen. 
Resonders  ist  darauf  zu  sehen,  dafs  der  Retortenbals  nicht 
zu  eng  sei ,  weil  sonst  eine  vollständige  Verstopfung  durch 
die  condensirte  Osmiumsäure  eintritt.  Dieselbe  Vorsicht  ist 
bei  den  Verbindungsröhren  zwischen  der  Vorlage  und  den 
Woulfe 'sehen  Flaschen  zu  beachten.  Die  Destillation  wird 
noch  einige  Zeit  nach  dem  letzten  Auftreten  vou  Osmiumsäure 
in  dem  Halse  der  Retorte  fortgesetzt;  wenn  dieser  dann  heifs 
wird,  so  geht  die  condensirte  Säure  in  Form  öliger  Tropfen 
in  die  Vorlage  über. 

Wenn  die  Destillation  beendigt  ist,  täfst  man  die  Retorte 
erkalten  und  trennt  sie  von  der  Vorlage ,  welche  sofort  mit 
einem  Kork  verschlossen  wird.  Durch  allmäliges  Erhitzen  im 
Wasserbade  wird  sodann  die  darin  enthaltene  Osmiumsäure 
in  die  Woulfe'schen  Flaschen  übergetrieben,  wo  sie  sich 
in  der  alkalischen  Flüssigkeit  condensirt  und  durch  den  Al- 
kohol zu  osmigsaurem  Kali  reducirt  wird.  Die  so  erhaltene 
Lösung  wird  zu  derjenigen  gegeben,  welche  unmittelbar  aus 
der  durch  Schmelzen  des  Erzes  gewonnenen  Masse  erhalten 
war,  und  liefert  nach  dem  Abdampfen  im  Wasserbade  und 
Erkalten  Krystalle  von  osmigsaurem  Kali,  welches  nur  wenig 
in  concentrirten  Salzlösungen  löslich  ist.  Die  Mutterlauge 
enthält  nur  Spuren  von  Osmiumsäure  und  kann  als  werthlos 
weggegossen  werden. 

Die  aus  der  Retorte  gegossene  Lösung  hat  eine  dunkel- 
braunrothe  Farbe;  sie  wird  zur  Trockne  verdunstet,  wieder 
in   heifsem  Wasser  gelöst,  nochmals  nach  Zusatz  von  wenig 


über  die  Platin- Metalle.'  113 

Salzsäure  eingedunstet  und  in  dieser  Weise  wiederholt  be*. 
bandelt,  bis  kein  Geruch  nach  Osmiumsäure  bemerkbar  ist. 
Eine  kalte  und  gesättigte  Lösung  von  Chlorkalium  wird  so- 
dann in  grofsem  Ueberschufs  zugefügt.  Diese  löst  die  Chlo- 
ride des  Eisens  und  Palladiums,  sofern  sie  zugegen  sind, 
während  Platin,  Iridium,  Rhodium  und  Ruthenium  als  in  einer 
concentrirten  Lösung  von  Chlorkalium  unlösliche  Doppelsalze 
ungelöst  bleiben.  Die  ungelöste  Masse  wird  mit  einer  ge- 
sättigten Lösung  von  Chlorkalium,  welches  aus  den  oben  an- 
gegebenen Gründen  dem  Salmiak  vorzuziehen  ist,  gut  ausge- 
waschen. Hierdurch  wird  fast  die  ganze  Menge  des  Eisens  und 
Palladiums  entfernt,  während  die  unlöslichen  Verunreinigungen 
des  Erzes  bei  dem  Gemische  der  Doppelchloride  zurückbleiben. 


üeber  die  Substitution   electronegativer   Körper  an 
die  Stelle  der  Metalle  in  SauerstofTsalzen ; 

von  P.  Sdiütsenberger  *}. 


Ich  vermuthete,  dafs  man  durch  die  Einwirkung  solcher 
Verbindungen,  wie  Einfach-Chlorjod,  Einfach-Bromjod ,  Ein- 
fach-Chlorschwefel,  Jodcyan  u.  a.,  auf  Sauerstoffsalze  eine 
Substitution  des  in  den  letzteren  enthaltenen  Metalls  durch 
Brom,  Jod,  Schwefel,  Cyan  u.  a.  bewirken  könne;,  die  in 
jenen  Verbindungen  den  electropositiveren  Bestandtheii  ab- 
gebenden Körper,  Brom,  Cyan  u.  s.  w.,  könnten  an  die  Stelle 
des  Metalls  in   Folge   solcher  wechselseitiger  Zersetzungen 


*)  Compt.  rend.  LH,  135 
Annal.  d.  Chem.  a.  Phaim.  CXX.  Bd.   1.  Ueft.>  8 


m         Schützenberger,  Bubstitution  der  Metalle 

treten  ,    wie  die  folgenden  Crieichangen  für  essigfsaure  Salee 
beispielsweise  verdeutlichen  : 

CANaO^    +    CIJ    =     NaCl     +     C^JO* ; 
C4H8Ag04    +     CyJ  =    AgJ      +    ilJS.fijO^. 

Unter  den  hierbei  zu  erwartenden  Verbindungen  wäre 
die  erste  CC4H3JO4)  der  Jodessigsäure  isomer,  aber  das  Jod 
würde  in  ihr  nicht  1  Aeq.  Wasserstoff  im  Radical  Acetyi, 
sondern  den  basischen  Wasserstoff  vertreten. 

Es  ist  leicht  vorauszusehen ,  dafs  solche  Verbindungen, 
wenn  sie  existiren  können ,  ganz  besondere  Eigenschaften 
besitzen   und   namentlich  sehr   wenig  beständig  sein  müssen. 

Die  von  mir  angestellten  Versuche  haben  meine  Vermu- 
thungen  bestätigt;  konnte  ich  den  ersteren  auch  noch  nicht 
den  Grad  der  Allgemeinheit,  welcher  wünschenswerth  wäre, 
geben,  so  habe  ich  doch  die  bezüglichen  Reactionen  für  hin- 
länglich viele  Fälle  sorgfältig  untersucht  und  kann  jetzt  schon 
mit  Sicherheit  aussprechen,  dafs  sich  sauerstoffhaltige  Ver- 
bindungen  des  Chlors,  des  Broms,  des  Jods,  des  Cyans  u.  a. 
darstellen  lassen,  ebenso  wie  man  solche  Verbindungen  des 
Kaliums,  des  Bleies,  des  Quecksilbers  u.  a.  erhalten  kann. 

Ich  lasse  hier,  kurz  zusammengefafst ,  die  Thatsachen 
folgen,  auf  welche  ich  diese  allgemeinere  Schlufsfolgerung 
stütze. 

Bringt  man  wasserfreie  Essigsäure  und  wasserfreie  unter- 
chlorige Säure  bei  sehr  niedriger  Temperatur  im  Verhältnifs 
C^HsOs  zu  CIO  zusammen ,  so  mischen  sie  sich  mit  rother 
Färbung ;  nach  einer  Viertelstunde  enterbt  sich  die  Mischung 
von  selbst,  ohne  dafs  man  eine  weitere  Reaction  wahrnähme 
oder  Gewichtsveränderung  einträte.  Ein  Ueberschufs  von 
unterchloriger  Säure  verursacht  eine  dauernde  rothe  Färbung; 
diese  verschwindet  bei  dem  Verjagen  jenes  Ueberschasses 
in  gelinder  Wärme  (bei  30<>J. 


in- Sauerstoffsalzen  durch  negative  Körper.  115 

Die  Analyse  dieser  Flüssiglceit  ergab  Zahieti,  die  zu  der 
Formel  C4H8CIO4  oder  C4H3O3CIO  führen,  welche  auch  die 
der  Honochloressigsäure  ist,  von  deren  Eigenschaften  die 
des  neuen  Products  jedoch  ganz  verschieden  sind.  Nach 
Bildungsweise  und  Eigenschaften  ist  dieses  vielmehr  als  essig- 
saures  Chlor  {acitaie  de  chlore)  zu  betfachten. 

Das  essigsaure  Chlor  ist  eine  farblose  oder  schwach- 
gelbliche Flüssigkeit;  es  löst  sich  in  Wasser  sofort  und  nach 
aUen  Verhältnissen  unter  Umwandlung  zu  gewässerter  Essig- 
säure und  unterchloriger  Säure  : 

C4^8C104  +  2  HO  =  CIO,  HO  +  CÄOg,  HO. 

Gegen  100^  detonirt  es  mit  Heftigkeit »  wobei  Chlor, 
Sauersioff  und  wasserfreie  Essigsäure  auftreten  : 

CACIO4  ==  0  +  Cl  +  CäHsO«. 

In  Eis  gestellt  und  im  Dunkeln  läfst  es  sich  ohne  Ver- 
änderung aufbewahren  I  aber  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
und  im  Licht  zersetzt  es  sich  allmälig  und  die  Stöpsel  der 
Flaschen  werden  mit  Heftigkeit  weggeschleudert.  Im  leeren 
Raum  läfst  es  sich  bei  gelinder  Erwärmung  destilliren. 

Quecksilber  wirkt  auf  es  in  der  Kälte  unter  Brausen  ein ; 
es  entwickelt  sich  viel  Chlor  und  es  bilden  sich  essigsaures 
Quecksilber  und  etwas  Quecksilberchlorür  : 

C4H8CIO4  +  Hg  *=  Cl  +  C4H«H^04, 
so  dafs  hier  sonderbarerweise  «ine  Verdrängung   von  Chlor 
durch  ein  Metall   stattfindet.    Zink  wirkt-  auf  das   essigsaure 
Chlor  sehr  langsam  unter  Bildung  eines  Gemenges  von  essig- 
saurem Zink  und  Chlorzink  ein  : 

C4H8CIO4  +  2  Zn  =  C4H8Zn04  +  ZnCl. 

Jod  löst  sich   darin  sofort,   wobei  es  sich   entfärbt  und 

Chlor   entwickelt  wird,   ohne  dafs   sich  Chlorjod    bildet;    es 

entsieht  essigsaures  Jod,  ein  weifser  krystallinischer  Körper, 

welcher  mit  der  Jodessigsäure  isomer  aber  von  ''dieser  durch 

seine  Eigenschaften  auf  das  Bestimmteste  verschieden  ist  : 

C4H»C104  +  J  »  C4H8JO4  +  €L 

8* 


il6         Sckützenberger,  Suhstitiäion  der  Metalle 

Das  essigsaure  Jod  zersetzt  sich  beim  Erwärmen  über 
100^  fast  mit  Explosion,  entsprechend  der  Gleichung  : 

2  C4H8JO4    =^    J2    +    C8O4    +    C4H5(C8H8)04 

essigs.  Methyl. 

Wasser  zersetzt  es  sofort  gemäfs  der  Gleichung  : 

IOC4H8JO4  +  lOHO  =  8J  +  2  JOfi  +  IOC4H4O4. 

Wasserfreier  Alkohol  zersetzt  es  auch  in  der  Kälte  ge- 
mäfs der  entsprechenden  Gleichung  : 

10  C4H8JO4  +  6  l^TO^I  =  8  J  +  2  JOß  +  6  C4H4O4  +  5  C4H8(C4H5)04 

essigs.  Aethyl. 

Bei  dem  Mengen  gleicher  Aequivalente  von  Einfach* 
Chlorjod  und  entwässertem  essigsaurem  Natron  erwärmt  sich 
die  Masse  ein  wenig,  der  starke  Geruch  des  Chlorjods  ver- 
schwindet alimälig,  und  man  erhält  eiln  Gemenge  von  Chlor* 
natrium  und  essigsaurem  Jod.  Dieses  Gemenge,  aus  welchem 
sich  das  essigsaure  Jod  nicht  abscheiden  läfst,  zeigt  in  der 
That  beim  Erwärmen  und  bei  der  Einwirkung  von  Wasser 
öder  von  wasserfreiem  Alkohol  alle  die  eben  formulirten 
Reactionen.  Wird  das  Chlorjod  im  Ueberschufs  angewendet, 
so  erfolgt  eine  durch  die  Gleichung  : 

C4H8Na04  +  2CIJ  =  J2  H-  NaCl  +  0^04  +  CgHsCl 

Chlormethyl 

ausgedrückte  secundäre  Einwirkung. 

Die  Einwirkung  des  Chtorjods  auf  buttersaures  Natron 
ist  eine  ganz  analoge  und  läfst  sich  ausdrücken  durch  die 
Formeln  : 

CgH^NaO*  +     CIJ  =  C8H7JO4    +  NaCl; 

C8H7Na04  +  2  CIJ  =  Jg  +  NaCl  +  C8O4  +  CeH,Cl 

ChlorpropyL 

Und  entsprechend  sind  die  Zersetzungen  beim  Erhitzen, 
bei  Einwirknnsr  von  Wasser  und  von  Alkohol  : 

2  C8H7JO4  =  Cj04  +  Ja  +  CsB^{Ctßj)0^ ; 

butters.  Propyl 

10  CaH»  JO4  H-  10  HO  =  8  J  +  2  JOg  +  10  CjHsO* ; 


in  Sauerstoffsalzen  durch  negative  Korper,  \M 

10  CgHy  JO4  +  5 1  ^^^^  I  =  8  J  +  2  JO5  +  5  CgHgO^  -h  5  CSiiS^A^^t^^O^ 


butters.  Aethyl. 

Brom  löst  sich  in  der  Kälte  in  essig'saurein  Chlor  unter 
«Hmäliger  Entwickelung  des  Chlors;  die  zuerst  rothe  Mischung 
entfärht  sich  zuletzt  vollständig  : 

C4H8CIO4  +  Br  =  Cl  :}-  C4H8Br04. 

Das  auf  diese  Art  erhaltene  Product  ist  flüssig  und  zer- 
setzt sich  nach  einiger  Zeit  C^  i^is  2  Stunden}  von  selbst 
unter  Explosion.  Jod  löst  sich  darin  auf^  wobei  Brom  frei 
gemacht  und  feistes  essigsaures  Jod  gebildet  wird. 

Schwefel  löst  sich  in  dem  essigsauren  Chlor  unter  Brau- 
sen und  Entwickelung  von  Chlor  auf;  zugleich  tritt  aber  auch 
schweflige  Säure  auf  und  es  bleibt  ein  aus  wasserfreier  Es-* 
sigsäure  und  Schwefel  bestehender  Rückstand  : 

2  C4H8CIO4  +  28  =  2  C4H8O8  4-  SOg  +  8  +  2  Cl. 

Es  scheint  hiernach  der  essigsaure  Schwefel  weniger 
beständig  zu  sein ,  als  die  essigsauren  Verbindungen  anderer 
eleetronegativer  Elemente;  in  der  That  findet  bei  Einwirkung 
des  Einfach  -  Chlorschwefels  auf  wasserfreies  essigsaures  Na- 
tron, selbst  bei  Abkühlung,  unmittelbar  der  folgende  Vor- 
gang slatt  : 

2  C4H3Na04  +  2  eis  =  2  C4H8O8  +  SOg  +  S  +  2  NaOl, 

welcher  so  glatt  verläuft ,   dafs  er  mit  Vortheil  für  die  Dar- 
stellung der  wasserfreien  Essigsäure  zu  verwerthen  wäre. 

Benzoäsaures  Natron  und  Chlorjod  zeigen  bei  dem  Mi- 
schen eine  schwache  Temperaturerhöhung ;  der  Geruch  des 
Chlorjods  verschwindet.  Erhitzt  man  stärker,  so  entwickelt 
sich  viel  Kohlensäure ;  es  geht  Jod  über  und  eine  in  Wasser 
und  Kali  unlösliche  Flüssigkeit,  welche  sich  durch  fraclionirte 
Destillation  zerlegen  läfst  i)  zu  einer  jodhaltigen  farblosen 
Flüssigkeit,  die  bei  200^  siedet  und  deren  Zusammensetzung 
nach  den  bereits  ausgefiihrten  Analysen  die  des  Jodphenyls 
CC12H5J)  zu  sein  scheint,  und  2}  einem  dem  Naphtaiin  sehr 


118      Schütz enh er g er,   S^bsühOurn  der  Melmlle  etc. 


festen  Körper.    Hiemaeb  bfldei  äek  walirsebeiolich 
zoersi  bemoSnmes  Jod  entopreebend  der  dekhimg  : 

Ci^&^O«  +  CIJ  =r  HaCl  +  Ct A^O«. 

md  die  Zerselnrngsprodocte  desselben  bleiben  noeb  genaner 
m  nntersoeben.  leb  werde  aucb  Yersudien,  das  benzoesanre 
Cblor  darenstellen,  nnd  ans  dem  letzteren  reines  benzoe* 
sanres  Jod. 

Bd  scbwacbem  Brbitzen  eines  Cremenges  gleicber  Aeqoi- 
Talente  essigsaores  Silber  ond  Jodcyan  scbailzt  die  Masse 
onter  Bildong  von  Jodsilber,  obne  dafs  sieh  etwas  verflüchtigt; 
aber  bei  stärkerem  Erwärmen  zersetzt  sich  das  Prodact  öfters 
mit  Explosion.  Diese  Tbatsaeben ,  welche  ich  in  einer  spä- 
teren Abhandlong  genauer  darlegen  werde,  erklären  sich 
sehr  gat  darch  Annahme  der  Bildung  von  essigsaurem  Cyan  : 

C4H,Ag04  +  JCy  =  AgJ  +  CACyO,, 

weiches  sich  bei  höherer  Temperator  zersetzte. 

Wasserfreie  Schwefelsäare  absorbirt  die  wasserfreie 
unterchlorige  Säure  unter  Bildung  einer  dunkelrotben  Flüssig- 
keit, die  ziemlich  beständig  ist,  da  man  den  Ueberschufs 
von  wasserfreier  Säure  abdestilliren  kann,  ohne  dafs  sich  die 
geringste  Menge  Chlor  entwickelt;  aber  bei  höherer  Tem- 
peratur tritt  auf  einmal  Zersetzung  ein. 

Ich  glaube,  dafs  diese  Thatsachen  Tür  die  im  Eingang 
dieses  Aufsatzes  ausgesprochenen  Ansichten  eine  genügende 
Stütze  abgeben,  aber  ich  verhehle  mir  nicht,  wie  viel  mir 
noch  zu  thun  übrig  bleibt. 


119 

Ueber   die  Producte  der  Zersetzung   des  benzoä- 

sauren  Jods  durch  Wärme; 

von  Demselben*'). 


Schützenberger  hat  über  die  Zersetzung,  welche  das 
im  vorstehenden  Aufsatz  besprochene  benzoesaure  Jod  beim 
Erwärmen  erleidet,  noch  folgendes  Speciellere,  die  frühere 
Angabe  Berichtigende  veröffent<licht 

Wird  benzoösaures  Jod,  der  Gleichung  Ci4H5Na04  -f-  Ci«' 
=  NaCl  -}-  C14H5JO4  entsprechend  gebildet,  erwärmt,  so  tritt 
die  schon  früher  angegebene  Kohlensäureentwickelung  ein ; 
ist  diese  beendet  und  destillirt  man  nun  von  dem  Rückstand 
das  Flüchtige  ab,  so  gehen  Jod,  Benzoesäure  und  ein  nach 
dem  Beseitigen  dieser  Körper  mittelst  Natronlauge  als  schwere 
farblose  Flüssigkeit  bleibendes  Gemische  mehrerer  Zersetzungs- 
producte  über.  Durch  fractionirte  Destillation  liefsen  sich 
aus  diesem  Gemische  isoliren  i}  kleine  Mengen  Benzol, 
2}  eine  etwa  ^U  ^^^  Gemisches  ausmachende,  bei  185  bis 
190^  siedende  Flüssigkeit,  3)  ein  gegen  250^  hin  sich  ver- 
flüchtigender ,  anscheinend  dem  Naphtalin  ähnlicher  fester 
Körper,  4)  eine  gegen  300^  siedende  ölige  Flüssigkeit,  5)  ^\n 
halbfester  gelblicher,  oberhalb  300^  flüchtiger  Körper. 

Die  bei  185^  siedende  Flüssigkeit  ergab,  durch  Rectifi- 
cation  und  Schütteln  mit  Quecksilber  gereinigt  und  farblos 
gemacht,  das  spec.  Gewicht  1,69  und  eine  der  Formel  CigBsJ 
entsprechende  Zusammensetzung  (gefunden  35,10  u.  34,61  pC.  C, 
2,42  u.  2,60  H,  63,23  u.  63,81  J;  berechnet  35,29  pC.  C, 
2,45  H,  62,25  J),  weicher  Formel  auch  die  Dampfdichte 
(gefunden  7,36,  berechnet  7,02}  entspricht.  Diese  Flüssig- 
keit ist  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol,  Aether  und 


*)  Im  Auszug  aus  Compt.  rend.  LH,  963. 


120  Schützenberger^  über  die  Producte 

Benzol^  zugleich  an  Benzol  und  an  Phenol  erinnernd  riechend* 
Schützenberger  neigt  zu  der  Ansicht,  diese  Flüssigkeit, 
die  nur  wenig  Geneigtheit  zu  Zersetzung  nach  doppelter 
Wahlverwandtschaft  zeigt,  sei  als  einfach  -  jodirtes  Benzol 
und  nicht  als  Jodphenyl  zu  betrachten ;  für  ihre  Entstehung 
giebt  er  die  Gleichung  :  C14H5JO4  =  C8O4  +  GitHsJ. 

Das  weifse  feste  Product  siedet  bei  etwa  250^  und  subii- 
mirt  wie  Naphtalin  zu  glänzenden  Blättchen.  Es  ist  unlöslich 
in  Wasser,  spec.  schwerer  als  letzteres,  schnilzt  bei  120^, 
riecht  der  vorhergehenden  Verbindung  ähnlich«  Durch  Um- 
krystallisiren  aus  Alkohol  oder  Aether  wird  es  leicht  rein 
erhalten.  Seine  Analysen  (gef.  20,33,  22,60  u.  22,65  pC. 
C,  1,38  H,  75,00  i)  führten  zu  der  Formel  CisH^Ja  (her. 
21,82  pC.  C,  1,21  H,  76,97  J),  wonach  es  zweifach-jodirtes 
Benzol  wäre;  die  Dampfdichte  wurde  wegen  unzureichenden 
Materials  nicht  bestimmt ;  für  die  Entstehung  wird  die  Glei- 
chung 2  C14H6JO4  =  CjOa  +  CuHeO*  +  C12H4J»  gegeben. 

Für  die  nur  in  kleiner  Menge  zu  erhaltende  gegen  300^ 
siedende  ölige  Flüssigkeit ,  welche  unlöslich  in  Wasser ,  lös- 
lich in  starkem  Alkohol  und  in  Aether  ist,  vermuthet 
Schützenberger  die  Formel  CseHieJ^  (gef.  40,36  u.  42,40 
pC.C,  3,14  H,  51,85  J;  ber.  44,44  pC.C,  3,29  H,  52,26  J), 
wonach  sie  durch  Zusammentreten  von  3  Mol.  Benzol  und 
Ersetzung  von  2Aeq.  Wasserstoff  durch  Jod  entstanden  wäre. 
Die  Dampfdichte  konnte  nicht  bestimmt  werden. 

Der  halbfeste  Körper  endlich,  welcher  sich  oberhalb  300^ 
verflüchtigt,  kann  durch  Behandlung  mit  siedendem  verdünn- 
tem Alkohol,  in  welchem  er  sich  nur  wenig  löst,  nachheriges 
Lösen  in  wasserfreiem  Alkohol  und  Ausscheiden  mittelst  Wasser 
gereinigt  werden.  Er  erweicht  in  der  Wärme.  Die  Analy- 
sen (gef.  57,06  pC.  C,  3,62  H,  28,13  J)  lassen  sich  aus- 
drücken durch  die  Formel  C42H17JO6  (her.  56,76  pC.  C,  3,83 
H,    28,60  J},    welche   einem    durch   die   Condensation    von 


der  Zersetzung  des  benzoes.  Jods  durch  Wärme»      121 

3  MoK  Benzoyiwasserstoff  zu  einem  einzigen  und  Substitution 
von  in  durch  1  J  entstandenen  Körper  zukommt.  Sohützen- 
berger  betrachtet  diese  wie  die  vorhergehende  Formel  als 
noch  der  Bestätigung  bedürftig. 


Ueber  eine  neue  Methode  der  Darstellung  und 
Nachweisüng  der  Alkalolde ; 

von  L,  T>.  Uslar  und  J,  Erdmann. 


Die  Abscheidung  einer  giftigen  Pflanzenbase,  wenn  solche 
in  kleiner  Menge  grofsen  Quantitäten  von  anderen  organischen 
Massen  beigemengt  vorkommt,  ist  nach  den  bis  jetzt  bekannten 
Methoden  jedenfalls  eine  zeitraubende  und  mühsame  Arbeit. 
Es  ist  uns  gelungen,  eine  Methode  aufzufinden,  nach  welcher 
sehr  geringe  Mengen  sowohl  von  einer  festen  wie  auch  von 
einer  flüchtigen  Pflanzenbase,  als  z.  B.  von  Morphin,  Narcotin, 
Strychnin,  Nicotin  und  Coniin^  selbst  dann  noch  mit  einfachen 
Mitteln  sehr  leicht  und  in  kurzer  Zeit  abgeschieden  werden 
können ,  wenn  diese  auch  sehr  grofsen  Mengen'  von  anderen 
organischen  Substanzen  beigemengt  sind. 

Unser  Verfahren  gründet  sich  darauf,  dafs  die  freien 
Pflanzenbasen  in  reinem ,  besonders  heifsem  Amylalkohol 
(Siedepunkt  132^  C.)  sehr  leicht  löslich  sind ,  so  dafs  dieser 
Lösung  selbst  durch  grofse  Quantitäten  Wasser,  besonders 
wenn  dieses  alkalisch  reagirt,  nichts  von  dem  Alkalo'id  ent- 
zogen wird;  während  dagegen  die  Salzsäuren  Alkaloide  in 
Amylalkohol  schwer  löslich  sind,  und  schon  durch  einfaches 
Schütteln  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  leicht  und  vollständig 
ersterem  wieder  entzogen  werden. 


122      üslar  tu  Erdmann,  über  eine  neue  Methode 

Indem  man  dieses  Verhalten  der  Aikalo'ide  benutzt,  ver- 
fährt man  zu  ihrer  Abscheidung  folgendermafsen. 

Die  zu  untersuchenden  Massen  werden,  wenn  nöihig, 
mK  Wasser  bis  zu  dünnem  Brei  versetzt  und  mit  Salzsäure 
schwach  angesäuert  1  bis  2  Stunden  lang  bei  60  bis  80^  C. 
digerirt.  —  Darauf  colirt  man  durch  ein  mit  Wasser  ange- 
feuchtetes leinenes  Seihetuch,  zieht  den  Rückstand  mit  heifsem 
mit  Salzsäure  angesäuertem  Wasser  aus  und  versetzt  die  ver- 
einigten Auszüge  mit  so  viel  Ammoniak,  dafs  von  diesem 
ein  geringer  Ueberschufs  vorhanden  ist,  worauf  man  sie  zu- 
erst auf  freiem  Feuer  concentrirt  und  schliefslich  auf  dem 
Wasserbade  bis  zur  Trockne  bringt.  Den  Rückstand  zieht 
man  drei  bis  vier  Haie  mit  heifsem  Amylalkohol  aus  und 
filtrirt  die  Auszüge  sogleich  durch  mit  Amylalkohol  benetztes 
Filzpapier.  —  Das  meist  gelb  gefärbte  Fillrat  enthält  neben 
dem  Alkaioi'd  noch  Fett-  und  Farbstoffe  gelöst.  Um  es  von 
diesen  letzteren  zu  befreien,  bringt  man  dasselbe  in  ein 
cylindrisches  Gefäfs,  versetzt  es  mit  mit  Salzsäure  ange- 
säuertem und  fast  siedend  heifsem  Wasser  und  schüttelt  damit 
kräftig  durch.  Das  Alkaloid  wird  dadurch  dem  Amylalkohol 
entzogen  und  von  dem  sauren  Wasser  aufgenommen,  während 
Fett-  und  Farbstoffe  beim  Amylalkohol  bleiben,  welcher  mit 
einer  Caoulchoucpipette  leicht  abgenommen  werden  kann. 
Eine  Saugpipette  ist  wegen  des  schädlichen  Einflusses  des 
Amylalkohols  auf  die  Respirationsorgane  nicht  anwendbar. 
Durch  wiederholtes  Behandeln  der  sauren  heifsen  Flüssigkeit 
mit  neuen  Mengen  von  Amylalkohol  gelingt  es  leicht,  Fett- 
uod  Farbstoffe  zu  entfernen ,  so  dafs  man  zuletzt  eine  farb- 
lose Flüssigkeit  behält,  in  welcher  das  Alkaloid  an  Salzsäure 
gebunden  enthalten  ist.  Es  ist  rathsam,  diese  durch  Ein- 
dampfen etwas  zu  concentriren.  Man  versetzt  sie  alsdann 
mit  Ammoniak  in  geringem  Ueberschufs >  fügt  dann  heifsen 
Amylalkohol  hinzu  und  schüttelt  tüchtig  damit. 


der  DarsteUttng  und  Nachweisung  der  Älkahnde,      123 

Nach  vollständiger  Sonderung  der  beiden  Flüssigkeiten 
hebt  man  die  obere,  die  Lösung  des  Alkalo'ids  in  Amylalkohol, 
ab ,  zieht  die  zurlickbleibende  Flüssigkeit  noch  einmal  mit 
heifsem  Amylalkohol  aus,  und  verjagt  nun  durch  Erhitzen  auf 
dem  Wasserbade  den  Amylalkohol  vollständig,  wo  dann  das 
Alkaloid  oft  schon  so  rein  zurückbleibt,  dafs  die  Reactionen 
damit  angestellt  werden  können.  Für  den  Fall ,  dafs  es  noch 
gelblich  und  bräunlich  gefärbt  sein  sollte,  nimmt  man  es  noch 
einmal  in  verdünnter  Salzsäure  auf,  schüttelt  diese  Lösung 
mit  Amylalkohol  9  entfernt  denselben  mit  der  Pipette  und 
schüttelt  nach  dem  Ueberisättigen  mit  Ammoniak  abermals  mit 
Amylalkohol,  hebt  diesen  ab  und  verdunstet  ihn  auf  dem  Wasser- 
bad«. Nur  selten  wird  man  nöthig  haben ,  diese  Reinigung 
bei  dem  jetzt  zurückbleibenden  Alkaloid  zu  wiederholen* 

Wir  haben  eine  Reihe  von  Versuchen,  die  wir  kurz  mit- 
theilen  wollen,  nach  unserer  Methode  ausgeführt. 

Versuche  :  Zwei  bis  drei  Pfund  Speisebrei,  versetzt  mit 
0,064  Grm.  salzsaurem  Morphin ,  liefsen  wir  so  lange  (drei 
Tage}  an  einem  warmen  Orte  stehen ,  bis  deutliche  Gährung 
eingetreten  war.  Diese  Untersuchung  war  in  zwei  Tagen  be- 
endigt. Das  Morphin  wurde  durch  die  bekannte  Reaction  mit 
Eisenchlorid  mit  aller  Entschiedenheit  nachgewiesen.    . 

Bei  einem  zweiten  Versuch  wurde  eine  noch  gröfsere 
Quantität  Speisebreii  dem  ein  grofser  Tbeil  faules  Fleisch  bei- 
gemengt war,  mit  nur  0,054  Grm.  salzsaurem  Morphin  ver- 
setzt ;  dennoch  wurde  letzteres  wie  oben  mit  völliger  Sicher- 
heit nachgewiesen.  Da  wir  erkannten,  dafs  wir  fast  die 
ganze  angewandte  Menge  des  Alkalo'ids  wieder  erhielten,  so 
sind  wir  mit  der  Dosis  noch  weiter  herunter  gegangen  und 
haben  bei  einem  Versuch  7  Milligrm.  und  bei  einem  anderen 
sogar  nur  5  Milligrm.  angewendet;  aber  in  beiden  Fällen 
dasselbe  durch  deutliche  Reactionen  mit  Eisenchlorid  nach- 
gewiesen.   Scbliefslich   haben  wir  noch   einmal   einen  Kalbs- 


i24       üslar  u,  Erdmann^  iiher  eine  neue  Methode 

magen  mit  0,020  Grm.  salzsaarem  Morphin  versetzt  und  diesen 
14  Tage  lang  an  einem  sonnigen  Platz  stehen  lassen.  Der 
Hagen  war  nicht  nur  vollständig  in  Fäulnifs  tibergegangen, 
sondern  es  hatten  sich  auch  eine  grofse  Anzahl  Würmer 
gebildet;  trotzdem  wurde  das  Morphin  wie  oben  mit  Eisen- 
chlorid entschieden  nachgewiesen. 

Ferner  haben  wir  einen  Tropfen  Nicotin  zu  IVs  Pfund 
Speisebrei  und  Fleisch,  dann  zwei  Tropfen  Coniin  zu  einer 
eben  so  grofsen  Menge  Speisen  gebracht,  und  beide  Alkalo'ide 
wurden  wieder  abgeschieden  und  durch  einige  Reactionen,  be- 
sonders aber  durch  den  höchst  characteristischen  Geruch, 
welcher  beiden  flüchtigen  Basen  eigenthümiich  ist,  erkannt. 

9  Hilligrm.  Strychnin  wurden  mit  völliger  Sicherheit  nach- 
gewiesen durch  die  Reaction  mit  zweifach  -  chromsaurem  Kali 
und  Schwefelsäure,  obgleich  es  einer  sehr  grofsen  Menge  von 
Speisen  beigemischt  war. 

8  Milligrm.  Narcotin  mit  Speisen  vermischt  wurden  fast 
vollständig  wieder  erhalten,  und  besonders  durch  die  be- 
kannte Reaction  mit  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  erkannt. 

Schliefslich  haben  wir  noch  ein  Gemenge  von  0,012  Grm. 
Morphin  und  0,013  Narcotin  unter  Fleisch  und  Gemüse  ge- 
mischt. Erst  nachdem  dieses  Gemenge  vier  Tage  an  einem 
warmen  Orte  gestanden,  wurde  die  Untersuchung  begonnen. 
Nach  der  Abscheidung  der  Alkalo'ide  wurden  beide  auf  be- 
kannte Weise  mit  Hülfe  von  Aether  getrennt,  und  dann  jedes 
für  sich  durch  die  schon  erwähnten  Reactionen  erkannt. 

.Nach  diesen  Yersucheui  durch  welche  wir  uns  dieUeber- 
zeugung  verschafft  haben,  dafs  unsere  zur  Abscbeidung  von 
Alkaloiden  empfohlene  Methode  in  allen  den  Fällen  zuver- 
lässig ist,  wenn  die  Alkalo'ide  todten  organischen  Massen 
beigemengt  wurden ,  werden  wir  unsere  Untersuchungen  in 
zwei  Richtungen  ausdehnen.  Einmal  wollen  wir  feststellen, 
ob  die  Abscheidung  der  Alkaloi'de  auch   in   den  Fällen   noch 


der  Darstellung  und  Nachweisung  der  Alkalo'ide.     125 

gelingt ,  wenn  sie  den  lebenden  Organismus  passirt  sind  and 
besonders  ihre  tödtende  Wirkung  geäufsert  haben.  Wir  wer- 
den  unsere  Versuche  mit  den  verschiedensten  Dosen  der 
verschiedenen  Alkaloide  an  Thieren  anstellen.  Von  den 
Resultaten,  welche  wir  dabei  erzielen,  hängt  es  besonders 
ab,  ob  wir  unsere  Methode  den  Gerichls-Chemikern  unbedingt 
empfehlen  können.  Zweitens  sind  wird  auch  schon  damit  be- 
schäftigt, unsere  Methode  für  die  Darstellung  der  Alkaloide 
im  Grofsen  anzuwenden.  Sie  wird  sich  vor  allen  übrigen 
bekannten  Methoden  besonders  dadurch  empfehlen ,  dafs  sie 
bei  weitem  billiger  und  auch  weniger  umständlich  sein  wird. 
Das  wichtigste  nothwendige  Material,  der  Amylalkohol,  der 
an  und  für  sich  schon  kein  theurer  Artikel  ist,  wird  bei  gut 
geregeltem  Betrieb  zum  gröfsten  Theil  immer  wieder  gewon- 
nen und  läfst  sich  durch  einfache  Destillation  von  Unreinig- 
keiten  befreien,  lieber  die  Resultate  dieser  weiteren  Ver- 
suche werden  wir  seiner  Zeit  berichten. 

Laboratorium  in  Göttingen,  Juli  1861. 


Vorläufige  Notiz  über  Diazobenzogsäure; 

von  Peter  Griefs. 


Lafst  man  auf  eine  kalte  alkoholische  LöiSung  von  Amido- 
benzoösäure  salpetrige  Säure  einwirken,  so  bildet  sich,  wie 
ich  früher  gezeigt  habe,  die  Diazobenzoe-Amidobenzoesäure 

lc*H*(r&lo|-      ^^^^^   Verbindung    kann    auch,    obwohl 
weniger    zweckmäfsig,    bei    Anwendung    einer    wässerigen 


126  Oriefsy  vorläufige  Notiz 

Lösung  von  Amidobenzoäsäure  erhalten  werden.  Setzt  man 
jedoch  die  Amidobenzoesäure  in  kalter  wässeriger  oder  alko- 
holischer Salpetersäure  gelöst  der  Einwirkung  der  salpetri- 
gen Säure  aus,  so  bildet  sich  die  Diazobenzoe-Amido* 
benzoösäure  nicht;  dagegen  scheidet  sich  bei  Anwendung 
einer  concentrirten  Lösung  von  Amidobenzoäsäure  alsbald 
eine  Verbindung  in  weifsen  Krystallen  aus,  deren  Zusam- 
mensetzung^ durch  die  Formel  C14H5NSO10  ausgedrückt  wer* 
den  kann.  .  Diese  Verbindung  ist  nichts  anderes  als  Salpeter- 
säure-Diazobenzoesäure"^)  :  C14H5NSO10  ~  C14H4N8O4,  NHOe. 

Die  Diazobenzo'e-  Salpetersäure  krystallisirt  In  weifsen 
Pnsmen,  welche  sich  sehr  schwer  in  kaltem  Wasser  lösen 
und  beim  Erhitzen  heftig  explodiren.  Kochendes  Wasser 
zersetzt  sie  rasch,  unter  Entbindung  von  Stickstoff  und  Frei- 
werden von  Salpetersäure,  höchst  wahrscheinlich  nach  fol- 
gender Gleichung  : 

CiANjO^,  NHOe     +     2  HO     =     Ci^U^O^^    4.     Nj     +     NHO« 

Salpetersäure  -  Diazo-  Oxybenzoö- 

beozogs&ure  säure. 

Versetzt  man  die  Diazobenzoe- Salpetersäure  mit  einem 
Alkali,  so  fällt  freie  Diazobenzoesäure  als  gelbe,  sich  bald 
zersetzende  Hasse  nieder. 

Sahsäure  -  Diazobenzoesäure  -  Platinchlorid  (ji4!li4^%0^^ 
HCl,  PtCIs  wird  in  gelben  Prismen  erhalten,  wenn  man  eine 
wässerige   Lösung  von  Salpetersäure -Diazobenzoesäure  mit 


•)  Man  sieht,  dafs  Substitutionen  des  Stickstoffs  für.  Wasserstoff 
sowohl  in  alkoholischer  und  ätherischer,  als  auch  in  wässeriger 
und  salpetersaurer  Lösung  bewerkstelligt  werden  können ;  obwohl 
zumTheilderCharacter  des  neuen  Products  von  dem  Lösungsmittel 
abhängig  ist.  In  jedem  Falle  aber  ist  niedrige  Temperatur  ein 
Uaupterfordernifs  bei  diesen  Versuchen. 


•  über  Diazobenzo'isäure,  127 

Platinchlorid  versetzt.  Bei  der  Zersetzung  dieser  Doppel- 
verbindung mit  Schwefelwasserstoff  wird  eine  schwefelhaltige 
Säure  erhalten ,  deren  Bildung  wahrscheinlich  nach  folgender 
Gleichung  geschieht  : 

Ci4H4N,04,  HCl,  PtClt  +  4HS  =  Ci4He04S,  +  3  HCl  +  PtS, 

Platindoppelsalz  Sulphooxy- 

^  benzogfiäure. 

Salpetersäure -Diaeobenzoeäther  wird  aus  Salpeterstture-^ 
Amidobenzoeäther  dargestellt. 

Salzsäure 'Dtazobenzoeäther-  Goldchlorid 

Ci4H8(C4H5)N204,  HCl,  AuCIs 
erhält  man  beim  Zusammenbriigen    einer  wässerigen  Lösung 
der  vorig^en  Verbindung   mit  Goldchlorid.    Diese  Verbindung 
krystallisirt  aus  Alkohol  in  goldgelben  Prismen. 

Salpetersäure '  Diazobenzamid  CiAHsNjOgjjj^  jj^^^  _ 
Man  stellt  diesen  Körper  durch  Einwirkung  der  salpetrigen 
Säure  auf  eine  Lösung  von  Amidobenzamid   ^****(NH2)02Jjj 

in  Alkoholäther  dan  Er  krystallisirt  in  weifsen  explodir- 
baren  Nadeln.  Das  ihm  entsprechende  Platinsalz  hat  die 
Formel  CiÄNaOajjj^  ^q^  pj^,^ 

Aehnliche  Verbindungen  existiren  auch,  wie  qualitative 
Versuche  ergeben  haben,  noch  in  anderen  Gruppen  von 
Säuren,  z.  B.  in  der  Anis-  und  Toluylsäuregruppe.  lieber- 
haupt  zeichnet  sich  die  von  mir  aufgefundene  Methode 
der  Stjckstoffsubstitution  durch  ihre  aufserordentliche  All- 
gemeinheit ^^3    aus.     Man    kann    in    der    That    beinahe    mit 


*)  Dieses  wird  auch  durcli   neuere,    auf  diesem  Gebiete  angestellte 
Versuche  yon  Schmitt  und  Hof  mann  bewiesen.    £r[}|«rer  hat 


128     Griefs,  vorläufige  Notiz  über  Diazobenzo'esäure, 


Sicherheit  annehmen,  dafs  die  durch  dieselbe  hervorzubrin- 
gende Anzahl  von  Körpern  doppelt  so  grofs  ist,  als  die 
Anzahl  der  existirenden  Amidoverbindungen ,  indem  fast 
einer  jeden  Amidoverbindung  zwei  stickstoffsubstituirte  Kör- 
per entsprechen.  Die  Zusammensetzung  derselben  lärst  sich 
aber  mit  Leichtigkeit  erschliefsen ,  wenn  man  allgemein 
jede  Amidoverbindung  mit  CR  -|-  NH3)  bezeichnet.  Es 
kommen  dann  den  abgeleiteten  Stickstoffkörpern  die  Formeln 

Ir  II  nIj  j    ""^   (f^  +  N2)  z«5    wie   sich   durch   folgende 

Beispiele   ergiebt  : 

(C,4H,04 .  NH3)  jCiAO^.Ng 

CiAC^-NHal 


Amidobenzoe- 
säure 


Anilin 


Diazobenzoö- 

AmidobenzoS- 

säare 

C12H4 .  N2 

Azophenyl- 
diamin 


Diazobenzoe« 
sänre 


(Ci2H4^N8) 

AzopheDyl- 
amin. 


nach  meiner  Methode  die  Diazophenylschwefelsäare  dargestellt, 
welche  sich  ganz  an  die  von  mir  beschriebenen  Diazo Verbindun- 
gen aus  der  Phenylsäuregruppe  anlehnt,  während  die  von  Hof'- 
mann  auf  dieselbe  Art  aus  Göttliches  Nitrazophenylamin 
[Ci2H3(NH8)2(N04)]  erhaltene  Verbindung  ein  Analogen  der  von 
mir  entdeckten  stickstoffhaltigen  Anilinderiväte  ist. 


Ausgegeben  den  26.  October  1861. 


ANNALE» 

DER 


CHEMIE  UND  PHARMACIE. 


GXX.  Bundes    zweites    Heft. 


Untersuchungen  aus  dem  academischen  Laboratorium 

in  Marburg. 


XXI.     Beitrag   zur  Kenntnifs    der  Sulfanilidsäare  und 

Amidophenylschwefelsäure ; 

von  Dr.  Rudolf  Schmitt. 


Durch  die  vor  sieben  Jahren  veröffentlichte  Arbeit  über 
die  Anthranilsäure  und  Benzaminsäure '^)  hat  Gerland  die 
von  Kolbe  auf  theoretische  Betrachtungen  gestützte  Vermu- 
thung,  dafs  die  Anthranilsäure  von  Fritzsche  nur  isomer 
mit  der  Benzaminsäure,  aber  nicht  identisch  sei ,  bestätigt. 
Nach  der  Ansicht  von  Kolbe**)  über  die  Constitution  die- 
ser Säuren  ist  die  Anthranilsäure  die  wahre  Carbanilidsäurei 
d«  h.  sie  hat  dieselbe  Zusammensetzung  wie  die  Carbamin- 
säure.  Nur  enthält  sie  statt  Amid  Anilid;  während  die 
Benzaminsäure  eine  wirkliche  Benzoesäure  ist ,  in  wel- 
cher ein  Wasserstoffatom  im  Radical  durch  Amid  vertreten 
wird.  Dieselben  theoretischen  Betrachtungen  und  der  Paral- 
lelismus,  der  zwischen  den  organischen  Derivaten  der  Koh- 


*)  Diese  Annalen  LXXXVI,  143. 
**)  Daselbst  LXXIV,  64.  66. 
Anual.  d.  Chemie  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  2.  Heft. 


130  Schmitt y  Bettrag  zur  Kenntmfs 

lensäure  und  Schwefelsäure  besteht,  wie  letzterer  von  Kolbe 
vor  kurzem  in  richtiger  Weise  hervorgehoben  ist,  veran- 
anlassen  denselben,  auch  der  Ansicht  entgegenzutreten,  dafs 
die  Gerhard t'sche  SuIfanilidsSure  identisch  sei  mit  der 
Säure,  welche  Laurent  durch  Behandlung  der  Nitrophenyl- 
schwefelsäure   mit   Schwefelammonium    erhielt  "^3.      Er   hält 

• 

diese  beiden  Säuren  für  eben  so  verschieden,  wie  die  Benz- 
aminsäure  und  Anthranilsäure.  Nach  ihm  hat  die  Benzamin- 
säure  gleiche  Constitution  mit  der  von  Laurent  aus  der 
Nitrophenylschwefelsäure  dargestellten  Säure  y  welche  von 
Kolbe  Amidophenylschwefelsäure  genannt  ist.  Derselbe  hält 
die  erste  für  ein  Derivat  der  zweibasischen  Kohlensäure, 
während  die  letztere  von  der  zweibasischen  Schwefelsäure 
derivirt.  Beide  haben  aber  das  Gemeinschaftliche,  dafs  das 
amidirte  Phenylradical  ein  extraradicales  Sauerstoifatom  ver- 
tritt. Die  Anthranilsäure  und  Sulfanilidsäure  dagegen  deri- 
Viren  zwar  auch  von  Kohlensäure  resp.  Schwefelsäure,  ent- 
halten aber  das  extraradicale  Sauerstoffatom  durch  Anilid 
(Phenylamid)  substituirt ,  wie  dieses  durch  folgende  For- 
meln veranschaulicht  wird  : 

2  HO  .  [CjOJOg  2  HO .  [S804]0j 

Kohlensäure  Schwefelsäure ; 

HO .  (<'«|5N)f^.0,]0         HO .  (C„|gjj)[8,0j0 

Benzaminsäure  Amidophenylschwefelsäure ; 

HO .  (^*«^^!n)[c,ojo       ho  .  (^«^*!n)[s,ojo 

Anthranilsäure  Sulfanilidsäure. 

( Carbanilidsäure) 

Den  Grund  der  Verschiedenheit  dieser  isomeren  Säuren 
hat   man   auch    darin   gesucht,   dafs   sie  möglicherweise  zu 


*)  Diese  Annalen  CXIH,  8X8. 


der  Sidfanilidaäure  und  Amidophenyhchwefelsäure.     131 

einander  in  derselben  Beziehung  stehen  könnten ,  wie  das 
Alpha-  zu  dem  Betabenzol;  mit  anderen  Worten,  dafs  in 
denselben  isomere  aber  verschiedene  Radicale  enthalten 
seien.  *)  Dafs  zwei  verschiedene  Radicale  von  der  Zusam- 
mensetzung CX2H5  existiren,  steht,  wie  ich  glaube,  seit  der 
Entdeckung  der  mit  der  Benzoesäure  isomeren  Salylsäure 
aufser  Zweifel*  Es  werden  daher  höchst  wahrscheinlich  aufser 
der  Anthramlsäure  und  Benzaminsäure  noch  zwei  andere 
gleich  zusammengesetzte  Säuren  als  Derivate  der  Kohlensäure 
bestehen  y  wie  folgendes  Schema  zeigt.  In  diesem  sind  die 
isomeren  Radicale  nach  Kolbe  Phenyl  und  Benzyl  genannt 
und  durch  die  Vorsetzung  eines  p  beziehungsweise  b  bezeich- 
net worden. 

HO . b(C,2H5)[C80JO  HO^p(Ci25ß)[C20JO 

Benzylcarbonsänre  Phenylcarbonsäure 

(BenzoSsäore)  (Salylsäure) ; 

HO .  b(c.,j^jj)[C,OJO  HO .  p(.C«jgjf)[0,O,]O 

Amidobenzylcarbonsäure  Axnidophenylcarbonsäure 

(Amidobenzoesäiire)  (unbekannt) ; 

HO.  b(^»»g»JN)[C,OJO  HO .  p(°"^»|n)[c,ojo 

Benzylamidcarbonsäure  Phenylamidcarbonsäure 

(Aiithranilsäure  ?) 

Im  gleichen  Sinne  würden  neben  der  Sulfanilidsäure  und 
Amidophenylschwefelsäure  noch  zwei  andere  isomere  Ver- 
bindungen als  Derivate  der  Schwefelsäure  existiren. 

Hiernach  wäre  einerseits  bei  gleicher  Stellung  des  Amids 
durch  die  ungleichen  Radicale  und  andererseits  bei  gleichen 
Radicalen  durch  die  ungleiche  Stellung  des  Amids  eine  Ver- 
schiedenheit möglich.  Die  bis  jetzt  vorliegenden  Thatsachen 
geben  uns  nun  bei  der  Anthranil-  und  Benzaminsäure  noch 
keinen  Aufschlufs,   ob  in  beiden  das  Benzylradical  enthalten 


*)  Handwörterbuch,  2.  Auflage  I,  1100. 

9» 


132  Schmitt^  Beitrag  zfur  Kenntnifs 

ist,  oder  in  der  Anthranilsäure  das  Phenyl.  Wir  dürfen 
defshalb  um  so  eher  von  den  Radicalen  abseben  und  die 
Verschiedenheit  nach  Kolbe  in  der  Stellung  des  Amids 
suchen. 

Ich  habe  nun  auf  den  Rath  des  Herrn  Prof.  Kolbe  um 
so  lieber  unternommen ,  die  Verschiedenheit  der  Sulfanilid- 
säure  und  Amidophenylschwefelsäure  durch  den  Versuch  fest* 
zustellen,  als  ich  auch  hoffen  konnte,  durch  Bearbeitung  der 
Zersetzungsproducte  dieser  Säuren  bei  den  Derivaten  der 
Schwefelsäure  einige  fühlbare  Lücken  auszufüllen. 

SulfaniUdsäure  HO  .  (^"{J^Jn jSaOg  +  2  aq. 

Sie  entsteht  durch  die  Einwirkung  von  concentrirter 
Schwefelsäure  sowohl  direct  auf  Anilin,  als  auf  die  Anilide 
in  der  Wärme.  Gerhardt,  dem  wir  die  Kenntnifs  dieser 
Säure  verdanken  *},  erhielt  letztere  dadurch,  dafs  er  das  Ge- 
menge von  Oxanilid  und  Formanilid,  welches  als  Rückstand 
bleibt,  wenn  man  oxalsaures  Anilin  so  lange  erhitzt^  als  noch 
Gasent Wickelung  stattfindet,  mit  überschüssiger  Schwefelsäure 
zu  einem  Brei  anrührte.  Dieser  wurde  bei  gelindem  Feuer 
in  einer  Retorte  so  lange  erhitzt,  als  die  Entwickelung  von 
Kohlensäure  und  Kohlenoxyd  dauerte.  Aus  der  fast  erkal- 
teten, 'bräunlich  gefärbten  syrupartigen  Flüssigkeit  scheidet 
sich  dann  auf  Zusatz  von  kaltem  Wasser  die  Säure  als  wei- 
fser  Krystallbrei  aus.  Durch  Auswaschen  desselben  auf  einem 
Filter  mit  kaltem  Wasser  entfernt  man  die  überschüssige 
Schwefelsäure ,  durch  Umkrystallisiren  aus  heifsem  Wasser 
erhält  man  dieselbe  rein  und  schön  krystallisirt.  Auf  diese 
Weise  gelangt  man  sehr  rasch  zur  reinen  Säure,  jedoch  er- 
hält man   kaum  die  Hälfte  des  Quantums,    welches  sich  aus 


*)  Joum.  pharm.  [3]  X,  6. 


der  Sulfanilidsäure  und  Ämtdophenylschwefelsäure.      133 

der  ang^ewandten  Menge  Anilin  hätte  ergeben  müssen.  Dieser 
Umstand  erklärt  sich  daraus,  dafs  sowohl  bei  der  Ueberfüh- 
rung  des  oxal£(aureh  Anilins  in  die  Anilide,  als  auch  beim 
Erhitzen  dieser  mit  Schwefelsäure  grofse  Mengen  Anilin  sich 
verflüchtigen.  Ich  habe  defshalb  beide  Zersetzungen  in  Re- 
torten mit  vorgelegtem  Kühlrohr  zur  Wiedergewinnung  des 
Anilins  vorgenommen. 

Buckton  und  Hofmann  versuchten  die  Disulfanilid-^ 
säure  durch  die  directe  Einwirkung  von  rauchender  Schwe- 
felsäure auf  Anilin  darzustellerr,  erhielten  aber  nur  Sulfanilid- 
säure. ^3  Ich  habe  mich  aufser  der  eben  erwähnten  Ger- 
hard tischen  Darstellung  hauptsächlich  dieser  zur  Gewinnung 
der  Sulfanilidsäure,  und  zwar  in  folgender  Weise  bedient. 
In  einer  Porceilanschale  von  entsprechender  GrÖfse  wurden 
zu  einem  Theil  Anilin  zwei  Theile  stark  rauchender  Schwe- 
felsäure tropfenweise  zugesetzt.  Unter  starker  Wärmeent- 
wickelung geht  die  Bildung  des  schwefelsauren  Anilins  vor 
sich,  welches  aber  bei  weiterem  Zusatz  von  Schwefelsäure 
wieder  gelöst  wird.  Nach  vollkommener  Mischung  hat  man 
eine  braune  syrupartige  Flüssigkeit ,  die  man  in  der  Schale 
bis  zu  dem  Punkte  über  gelindem  Feuer  erhitzt,  wo  unter 
stärkerer  Bräunung  eine  reichliche  Entwickelung  von  schwef- 
liger Säure  beginnt.  Bei  diesem  Erhitzen  ist  grofse  Vorsicht 
nöthig,  da  zu  starkes  Feuer  eine  plötzliche  Zersetzung  unter 
rapider  Gasentwickelung  und  Schwärzung  der  Masse  bewirkt. 
Der  fast  erkaltete  sehr  zähflüssige  Inhalt  wird  in  kaltes 
Wasser  gegossen,  worin  sich  die  Sulfanilidsäure  als  schwarze 
verwirrte  Krystailmasse  ausscheidet.  Durch  vier-  bis  fünf- 
maliges Umkrystaliisiren  unter  Zusatz  von  Thierkohle  aus 
heifsem  Wasser  erhält  man  erst  die  Säure  frei  von  brauner 
Färbung.      Ich  habe  auf  diese  Weise  eine  viel  bessere  Aus- 


*)  Diese  Annalen  G,  163. 


134  Schmiitf  Beitrag  zur  Kenntnifs 

beate  erhalten,  als  nach  der  Gerhardt'schen  Methode^ 
jedoch  ist  das  zum  Reinigen  der  Säure  gebotene  öftere  Um- 
krystaliisiren  das  Hifsliche  dieser  Darstellung. 

Die  Reinheit  der  auf  beide  Weisen  dargestellten  Säure 
wurde  durch  die  Analyse  festgestellt.  *) 

Die  Sulfanilidsäure  ist  in  kaltem  Wasser  ziemlich  schwer, 
in  heifsem  Wasser  leicht  löslich ,  unlöslich  in  kaltem  wie  in 
kochendem  Alkohol,  sowie  auch  in  Aether«  Sie  krystallisirt 
aus  heifsem  Wasser  in  schönen  rhombischen  Tafeln ,  die  aus 
verdünnter  Lösung  von  beträchtlicher  Gröfse  erhalten  werden 
können«  Die  Löslichkeit  der  Säure  in  kaltem  Wasser  habe 
ich  nach  der  von  Kolbe  und  Lautemann  angegebenen 
Methode  **}  mit  allen  dort  empfohlenen  Cautelen  bestimmt. 

40  Cubikcentimeter  der  bei  0°  0.  gesättigten  Lösung  erfordern  zur 
Neutralisation  1)8  CC.  Normalnatronlauge. 

80  CC,  ebenfalls  bei  0<*  C.  gesättigt,   wurden  durch  3,7  CC.  der- 
selben Natronlauge  neutralisirt. 

Aus  beiden  Daten  berechnet  sich,  dafs  ein  Theil  Sulf- 
anilidsäure 128  Theile  eiskalten  Wassers  zur  Lösung  bedarf. 

Die  Sulfanilidsäure  krystallisirt  mit  2Aeq.  Krystallwasser, 
welche  sie  sehr  leicht  schon  theilweise  an  der  Luft ,  voll- 
kommen aber  bei  110^  C.  verliert.  Diese  Verwitterung  geht 
bei  Sommertemperatur  augenblicklich  vor  sich;  die  Krystalie 
verlieren  dadurch  ihren  Glanz  und  die  Durchsichtigkeit;    bei 


*)  Das  zur  Darstellung  der  Sulfanilidsäure  verwendete  Anilin  wurde 
aus  reinem  Benzol  gewonnen.  Da  das  beste  käufliche  Benzol 
und  Nitrobenzol  kaum  den  sechsten  Theil  Teines  Product  lieferte, 
so  sah  ich  mich  genötbigt,  um  wegen  der  Reinheit  des  Materials 
sicher  zu  sei»,  das  Benzol  durch  Destillation  von  benzoSsaürem 
Natron  mit  Ealkhydrat  selbst  darzustellen.  Erst  gegen  Ende  mei- 
ner Arbeit  erhielt  ich  aus  der  Knosp^schen  Farbenfabrik  zu 
Stuttgart  ein  rohes  Anilin  zu  billigem  Preis,  aus  welchem  ich 
durch  fractionirte  Destillation  über  die  Hälfte  reines  Anilin  gewann. 

**)  Diese  Annalen  CXV,  193. 


der  SulfaniHdsäure  und  AmidophenyUchwefelsäure.     135 

längerem  Einwirken    der  Temperator  zerfallen   sie  zu  einem 
bräunlichen  Pulver. 

I.    4,8485  Grm.   zwischen  Fliefspapier  rasch   getrocknet   verloren 
bei  IW  C.  0,458  Grm.  Wasser. 

n.     3,0765  Grm.  verloren  unter  denselben  Verhältnissen  0,288  Grm. 

Diese  Zahlen  weisen  auf  2  Aeq.  Wasser  hin  : 

Versuch 

Theorie  II.  L 

9,42  9,44  9,36. 

Die  Sulfanilidsäure  verträgt  eine  Temperatur  von  220^  C. 
ohne  zersetzt  zu  werden.  Steigert  man  die  Temperatur,  so 
tritt  Zerlegung  ein  unter  Ausgabe  von  schwefliger  Säure,  mit 
Hinterlassung  einer  schwer  verbrennlichen  Kohle^  welche  die 
Form  der  Säure  beibehält.  Nimmt  man  die  Zersetzung  durch 
Hitze  in  einer  Retorte  vor,  so  liefert  sie  unter  Aushauchung 
von  schwefliger  Säure  ein  öliges  Deslillationsproducty  welches 
in  der  Vorlage  zu  einer  strahligen  Hasse  erstarrt.  Es  hat 
ganz  die  Eigenschaften  des  schwefligsauren  Anilins  und  zer- 
fällt beim  Erhitzen  mit  Kalilauge  geradeauf  in  Anilin  und 
schwefligsaures  Kali. 

Mit  starker  Kali-  oder  Natronlauge  •  gekocht  erleidet  die 
Sulfanilidsäure  keine  Veränderung ,  wohl  aber  beim  Erhitzen 
mit  den  festen  Hydraten  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden. 
Hierdurch  wird  sie  nämlich  in  Anilin  und  die  betreffenden 
schwefelsauren  Salze  zerlegt. 

Die  Sulfanilidsäure  ist  eine  sehr  starke  Säure,  die  mit 
den  Alkalien  vollkommen  neutral  reagirende  und  in  Wasser 
leicht  lösliche  Salze  bildet.  Auch  alle  übrigen  Salze  dersel- 
ben, die  sich  leicht  durch  Behandlung  der  betreffenden  koh- 
lensauren Salze  darstellen  lassen,  sind  in  Wasser  leicht  lös- 
lich, ausgenommen  das  Silbersalz,  welches  schwer  löslich  ist. 

Versuche,  Verbindungen  der  Sulfanilidsäure  mit  Mineral- 
säuren darzustellen,  wie  solche  bei  der  Anthranilsäure  exi- 
stiren ,    blieben   erfolglos.      Concentrirte   Schwefelsäure  und 


136  Schmitt y  Beitrag  zur  Kenntaifs 

Salzsäure  lösen  die  Suifanilidsäure  zwar  leichter  in  der  Wärme 
als  Wasser^  jedoch  scheidet  sich  die  unveränderte  Säure  beim 
Erkalten  in  nadeiförmigen  Krystallen  aus.  MerkMrürdig  ist 
der  Umstand  y  dafs  aus  der  Lösung  in  Säuren  niemals  die 
rhombischen  Tafeln  erhalten  werden.  Auch  beim  Hinüber- 
leiten  von  gasförrhiger  Salzsäure  über  erwärmte  Suifanilidsäure 
konnte  keine  Verbiirdung  der  beiden  erzielt  werden.  Es 
scheint  demnach,  dafs  Verbindungen,  wie  wir  sie  bei  dem 
analogen  Kohlensäurederivat  kennen ,  hier  nicht  existiren. 
Der  Grund  dafür  liegt  vielleicht  in  der  stärker  sauren  Eigen- 
schaft der  Schwefelsäure  im  Yerhältnifs  zur  Kohlensäure,  so 
dafs  durch  jene  der  basische  Charakter  des  Anilids  vollkom- 
men aufgehoben  wird. 

Chlor  und  Jod  wirken  auf  eine  wässerige  Lösung  von 
Suifanilidsäure  nicht  ein.  Hingegen  wirkt  Brom  selbst  auf 
sehr  verdünnte  Lösungen  derselben.  Setzt  man  Brom  zu 
einer  heifsen  wässerigen  Lösung  von  Suifanilidsäure,  so  ver- 
schwindet dasselbe  und  es  entsteht  ein  weifser*  Niederschlag, 
der  aus  verfilzten  Nadeln  besteht.  Derselbe  vermehrt  sich, 
bis  Brom  im  Ueberschufs  vorhanden  ist.  Der  durch  Fil- 
tration von  der  etwas  roth  gefärbten  Flüssigkeit  getrennte 
Körper  ist  vollkommen  unlöslich  in  kaltem  und  heifsem  Was- 
ser, leicht  löslich  in  heifsem  Alkohol  und  Aether.  Derselbe 
schmilzt  bei  einer  Temperatur,  die  wenig  über  100^. G.  liegt 
und  snblimirt  bei  höherer  Temperatur  in  schönen  glänzenden 
Nadeln.    Von  Kali  und  Natron  wird  er  nicht  zersetzt. 

Die  Analyse  der  durch  mehrmaliges  Umkrystallisiren  aus 

Alkohol  gereinigten,    später  vorsichtig  geschmolzenen  Hasse 

wurde  mit  Kupferoxyd  und  vorgelegtem  metallischem  Kupfer 

zuletzt  im   Sauerstoffstrome  ausgeführt.     Sie  ergab  folgende 

Resultate  : 

I.    0,707  Grm.  lieferten  0,5735  Gfrm.  Kohlensäure   und  0,081  Grm. 
Waaser. 


der  Sulfanäidsäure  und  Amidophenylachwefelsäure.     137 

II.    0,7dS  Gnn.  gaben   0,6864  Gnn.  Kohlensäure  and  0,1025  Grm. 
Wasser. 

III.    0,812  Grm.  lieferten  mitAetzkalk  in  einer  Röhre  geglüht  1,3885 
Grm.  Bromsilber. 

.Diese  Daten   der  Analyse  stimmen   auf  die  Formel  des 
Tribrojnanilins  : 


berechnet 

gefimden 

Ci2 

72 

21,8 

22,1 

22,1 

— 

H* 

4 

1,2 

1,2 

1.4 

— 

Brg 

N 

240 
14 

72,7 
4,2 

^^^H 

" 

72,7 

330        99,9. 

Es  tritt  demnach  das  Brom  mit  der  Sulfanilidsäure  nach 
folgender  Gleichung  in  Wechselwirkung  : 

CiÄNS^Oe    +    6  Br    =    Ci^H^BraN    +     SgO«    +     3  HBr 
Sulfanilidsäure  Tribromanilin. 

Setzt  man  zu  einem  Theil  wässeriger  Sulfanilidsäure  nur 
halb  so  viel  Brom,  als  zur  vollständigen  Ueberffihrung  in 
Tribromanilin  höthig  ist,  so  erhält  mfin  zwar  auch  reichliche 
Mengen  von  Tribromanilin,  zu  gleicher  Zeit  bildet  sich  aber 
zweifach-gebromte  Sulfanilidsäure,  die  in  Lösung  bleibt  und 
leicht  durch  Filtration  vom  Tribromanilin  getrennt  wer- 
den kann. 

Eine  interessante  Zersetzung  erleidet  die  Sulfanilidsäure 
durch  •  salpetrige  Säure.  Leitet  man  nämlich  in  eine  heifs 
gesättigte  wässerige  Lösung  von  Sulfanilidsäure  einen  raschen 
Strom  von  salpetriger  Säure,  so  färbt  sich  gleich  im  Anfang 
die  farblose  Flüssigkeit  intensiv  braun  und  sehr  bald  beginnt 
eine  heftige  Gasentwickelung  von  reinem  Stickstoff.  Nach- 
dem die  Gasentwickelung  nachgelassen  hat,  läfst  man  erkal- 
ten, und  weder  jetzt  noch  beim  Eindampfen  der  Flüssigkeit 
scheidet  sich  unveränderte  Sulfanilidsäure  aus.  Durch  Gon- 
Centration  der  braunen  Lösung  im  Wasserbade  erhält  man 


i38  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnifs 

einen  dickflüssigen,  stark  sauer  reagirenden  Bürckstand,  der 
mit  Wasser  verdünnt  durch  kohlensaure  Salze  neutralisirt 
werden  kann.  Die  auf  diese  Weise  erhaltenen  Salze  sind 
vollkommen  stickstofiTrei,  und  es  hat  demnach,  wie  aus  späte- 
ren analytischen  Belegen  hervorgehen  wird,  die  salpeMge 
Säure  auf  die  Sulfanilidsänre  unter  diesen  Umständen  in 
gleicher  Weise  gewirkt,  wie  auf  die  Anthranilsäure.  Wir 
erhalten  eine  der  Salicylsäure  analoge  Oxyphenylschwefelsäure. 
Die  merkwürdige  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure  auf 
eine  alkoholische  Lösung  von  Amidosäuren,  deren  Kenntnifs 
wir  Griefs  verdanken,  veranlafsten  auch  mich,  in  dieser 
Richtung  Versuche  anzustellen.  Da  die  Sulfanilidsänre  in 
Alkohol  unlöslich  ist,  so  wurde  dieselbe  sehr  fein  gerieben 
in  einem  Stöpselcylinder  in  Alkohol  suspendirt  und  durch  die 
Masse  unter  öfterem  Umschütteln  ein  rascher  Strom  von  sal- 
petriger Säure  geleitet.  Nach  einiger  Zeit  nahm  die  pulve- 
rige Hasse  an  Volumen  bedeutend  zu  und  bei  hinlänglichem 
Einleiten  füllte  sich  der  gana^e  Cylinder  mit  einem  aus  feinen 
Nadeln  bestehenden  Krystallbrei  an.  Durch  Abfiltriren  und 
Auswaschen  der  krystallinischen  Hasse  mit  reinem  Alkohol 
erhielt  ich  die  anfangs  gelb  gefärbten  Nadeln  vollkommen 
rein.  Dafs  auf  diese  Weise  ein  den  Griefs'schen  Stick- 
stoffverbindungen analoger  Körper  entstanden  sei,  ging  aus 
der  Explodirbarkeit  desselben  beim  Erhitzen,  sowie  aus  seiner 
Unbeständigkeit  gegen  Kali-  und  Natronlauge  hervor.  Die 
nähere  Beschreibung  dieses  Körpers  wird  weiter  unten  folgen. 

DibromatdfanüidsäureVLOA  ^"/Brg  IN  SgOs  +  3  aq. 


/^"IbOn 


Sie  bildet  sich,  wie  schon  erwähnt,  bei  Einwirkung  von 
4  Aeq.  Brom  auf  1  Aeq.  Sulfanilidsänre ,  welches  in  Wasser 
gelöst  ist,  neben  Tribromanilin ,  freier  Schwefelsäure  und 
Bromwasserstofisäure.     Die  Reaction   geht,    wenn   miia  von 


der  Stdfantlidsäure  und  Amidophent/lschwefehäure.     139 

der  Bildung  des  Tribromanilins  absiebt,  nach  folgender  Glei- 
chung vor  sich  : 

Ci,HyNS,Oe    4-    4  Br    =    CijHjBrjNSjO«    -f-     2  HBr 
SnlfamUdsfttire  Dibromsolfanilidsäare. 

Aus  der  vom  Tribromanilin  abfiltrirten  Flüssigkeit  fällt 
man  durch  Chlorbarymn  die  Dibromsulfanilidsäure  ans.  Der 
Niederschlag,  welcher  noch  etwas  schwefelsauren  Baryt  ent- 
hält ^  ist  in  kaltem  Wasser  fast  unlöslich  ;  man  kann  daher 
die  gleichzeitig  gebildete  Bromwasserstoffsäure  und  das  über- 
schüssige Chlorbaryum  durch  Auswaschen  auf  einem  Filter 
leicht  entfernen.  Durch  Umkrystallisiren  aus  heifsem  Wasser, 
worin  das  Barytsalz  leicht  löslich  ist,  erhält  man  dasselbe 
beim  Erkalten  vollkommen  frei  von  schwefelsaurem  Baryt  in 
prachtvollen  langen  weifsen  Nadeln.  Durch  Zerlegung  des 
reinen  Barytsalzes  in  wässeriger  Lösung  mit  der  genau  be- 
stimmten Menge  Schwefelsäure  erhält  man  nach  dem  Abfil- 
triren  des  schwefelsauren  Baryts  eine  Lösung  von  reiner 
Dibromsulfanilidsäure,  welche  man  durch  Eindampfen  im  Was- 
serbade leicht  zur  Krystallisation  bringen  kann.  Alle  Ver- 
suche, die  Bildung  von  Tribromanilin  bei  diesem  Procefs  voll- 
kommen zu  hindern ,  waren  vergeblich.  Am  wenigsten 
erhält  man  von  diesem  lästigen  Nebenproduct ,  wenn  man 
sulfanilidsauren  Baryt  in  kalter  wässeriger  Lösung  mit  der 
entsprechenden  Menge  Brom  in  einem  Kolben  unter  öfterem 
Umschütteln  behandelt.  Entweder  läfst  man  hierbei  das  Brom 
tropfenweise  in  die  Lösung  fallen,  oder  leitet  es  dampfförmig 
ein.  Das  so  direct  gebildete  Barytsalz  der  gebromten  Säure 
scheidet  sich  sofort  aus  und  wird  durch  Abfiltriren,  Aus- 
waschen und  Umkrystallisiren,  wie  oben  erwähnt,  gereinigt. 

Die  Dibromsulfanilidsäure  krystallisirt  aus  wässeriger  Lö- 
sung in  grofsen  farblosen  säulenförmigen  Krystallen,  die 
bei  langsamem  Verdunsten  der  Flüssigkeit  besonders  schön 
erhalten   werden.     Dieselben    enthalten   drei  Aeq.  Krystall- 


140  Schmitt,  Beitrag  ztar  Kenntnifs 

wasser,  welches  sie  schon  an  freier  Luft  nach  und  nach  ver- 
lieren, rasch  aber  entweicht  es  bei  einer  Temperatur  von 
110^  C.  Durch  den  Verlust  des  Krystallwassers  werden  die 
durchsichtigen  und  glänzenden  Krystalle  matt  und  undurch- 
sichtig. 

1,7805  Grm.  zwischen  Fliefspapier  getrocknete  Säure    verlor  bei 
110<^C.  0,134  Grm.  Wasser.    Diese  Zahl  entspricht  3  Aeq.  Wasser. 

Theorie  Versuch 

7,53  7,52. 

Die  Dibromsulfanilidsäure  ist  sehr  leicht  löslich  in  kaltem 
wie  in  heifsem  Wasser,  schwerer  in  kaltem  Alkohol,  leichter 
in  warmem.  Die  concentrirte  wässerige  Lösung,  welche 
nicht  krystallisirt ,  erstarrt  sofort  zu  einem  Haufwerk  von 
Nadeln  bei  einem  Zusatz  von  etwas  concentrirter  Schwefel- 
säure. Diese  Krystalle  sind  die  reine  Säure  und  nicht  etwa 
eine  Verbindung  derselben  mit  Schwefelsäure ;  die  Krystalli- 
sation  wird  durch  die  Wasserentziehung  der  Schwefelsäure 
bewirkt.  Die  wässprige  Säure  hat  einen  stark  sauren  küh- 
lenden Geschmack,  sie  wird  durch  Chlorbaryum,  essigsaures 
Blei  und  salpetersaures  Silber  gefällt.  Die  Niederschläge  be- 
stehen aus  kleinen  farblosen  Nadeln  und  sind  die  entsprechen- 
den Salze  der  Dibromsulfanilidsäure.  In  der  Wärme  zerlegt 
eine  concentrirte  Lösung  der  Säure  das  Wasser  bei  Gegen- 
wart von  Zink ,  indem  sich  das  gebildete  Zinksalz  unter 
Wasserstoffentwickelung  ausscheidet. 

Die  Dibromsulfanilidsäure  ist  in  hoher  Temperatur  sehr 
beständig ,  sie  verträgt  eine  Hitze  von  180^  C.  Wenige 
Grade  über  180^  fängt  sie  an  sich  zu  zerlegen,  unter  Bildung 
von  Tribromanilin ,  welches  sublimirt;  zu  gleicher  Zeit  wird 
schweflige  Säure  frei  und  es  bleibt  eine  schwer  verbrennliche 
Kohle  zurück. 

Beim  Erhitzen  mit  Kali  oder  Kalkhydrat  giebt  die  feste 
Säure  ebenfalls  Tribromanilin,  und  nicht  etwa,  wie  man  er- 


der  Sulfanüidaäure  und  Armdophenyhchcefehäure.    141 

warten  sollte,  Dibromanilin.  Chlorgas  wirkt  auf  die  wässerige 
Säure  in  der  Art,  dafs  die  farblose  Flüssigkeit  sich  bfaun- 
roth  färbt  und  beim  nachherigen  Erhitzen  einen  ölartigen 
Körper  von  penetrantem  Gerüche  ausscheidet ,  dessen  Natur 
ich  nicht  weiter  untersucht  habe.  Die  salpetrige  Säure  wirkt 
auf  die  wässerige,  stark  kochende  Lösung  der  Dibrom- 
sulfaniüdsäure  in  gleicher  Weise,  wie  auf  die  Sulfanilidsäure. 
Die  Flüssigkeit  entwickelt  gleich  nach  dem  Einleiten  unter 
starker  Bräunung  Stickstoff.  Mach  einiger  Zeit  enthält  die 
stark  sauer  reagirende  Flüssigkeit  keine  Spur  der  ursprüng- 
lichen Säure.  Läfst  man  hingegen  die  salpetrige  Säure  auf 
eine  alkoholische  Lösung  der  zweifach-gebromten  Sulfanilid- 
säure  wirken ,  so  färbt  sich  nach  den  ersten  Blasen  die 
Flüssigkeit  etwas  dunkler  und  nach  einiger  Zeit  gesteht  die 
ganze  Lösung  bei  etwas  starker  Concentration  zu  einem  aus 
gelben  Schuppen  bestehenden  Krystallbrei.  Auch  diese  Sub- 
stanz besitzt  alle  die  Eigenschaften,  welche  diese  Art  Körper 
characterisiren. 

0,601  Grm.  bei  100^  C.  getrocknete  Dibromsnlfanilidsäure  wurden 
mit  chromsaurem  Bleiozyd*)  und  vorgelegtem  metallischem 
Kupfer  verbrannt;  sie  lieferten  0,484  Grm.  Kohlensäure  und 
0|0905  Grm.  Wasser,  entsprechend  21,9  pC.  Kohlenstoff  und 
1,66  pC.  Wasserstoff. 

Berechnet  Gefunden 

21,96 
1,66 


c„ 

72 

21,8 

H, 

5 

1,5 

Br, 

160 

48,3 

N 

1^ 

4,2 

d2 

9,6 

Oe 

48 

14,5 

*)  Die  Beobachtung  von  Garius,  dafs  nicht  bis  zum  Schmelzen 
erhitztes  chromsaures  Bleioxyd  beim  Verbrennen  von  schwefel- 
haltigen Substanzen  das  Auftreten  von  schwefliger  Säure  in  dem 
Chlorcaiciumrohr  verhindere ,  habe  ich  auch  beim  Verbrennen 
mit  Kupferoxyd  in  der  Art  benutzt,  dals  ich  eine  ungefiQir  zoll- 


142  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnt fs 

Sake  der  Dihromaulfanilidsäure,  —  Die  Darsteiittng  der- 
selben unterliegt  keiner  Schwierigkeit,  da  die  Dibromsulfani- 
lidsäure  die  kohlensauren  Salze  zerlegt.  Alle  von  mir  dar- 
gestellten Salze  krystallisiren  in  schönen  nadeiförmigen  Kry- 
stallen  und  sind  mehr  oder  weniger  in  Wasser  leicht  löslich. 

Dibrommlfanilids.  Baryt  BaO  .  |  ^"/Br»  jNS205+2aq. 

—  Dieses  Salz  bildet  den  Ausgangspunkt  zur  Darstellung  der 
freien  Säure  und  somit  auch  der  übrigen  Salze.  Seine  Dar- 
stellung wurde  schon  oben  ausführlich  besprochen.  Es  ist 
in  kaltem  Wasser  und  Alkohol  schwer  löslich,  leicht  dagegen 
in  heifsem  Wasser,  und  krystallisirt  aus  verdünnter  heifser 
Lösung  beim  Erkalten  in  prachtvollen,  oft  zolllangen  Nadeln. 
Dieselben  enthalten  zwei  Aequivalent  Erystallwasser^  welches 
sie  bei  110^  C.  vollkommen  verlieren,  ohne  ihr  Ansehen  und 
ihre  Beschaffenheit  zu  ändern.  Sie  ertragen  eine  sehr  hohe 
Temperatur  ohne  Zersetzung;  der  trockenen  Destillation  unter- 
worfen liefern  sie  Tribromanilin  als  Zersetzungsproduct. 

1,7265  Gnu.  verloren  bei  110^  C.  getrocknet  0,0867  Grm.  Wasser. 

Theorie  Versuch 

4,7  5,0. 

I.  0,573  Grm.  bei  110^  C.  getrocknet  wurden  mit  Eupferozyd 
und  vorgelegtem  chromsaurem  Bleioxyd  und  metallischem 
Kupfer  verbrannt  und  lieferten  0,3755  Grm.  Kohlensäure  und 
0,0635  Grm.  Wasser,  entsprechend  18,0  pC.  C  und  1,3  pC.  H. 

II.  0,7125  Grm.  in  kochendem  Wasser  unter  Zusatz  von  etwas 
Chlorwasserstoffsäure  gelöst  und  mit  Schwefelsäure  gefällt 
lieferten  0,2035  Grm.  schwefelsauren  Baryt  =  16,8  pC.  Ba. 

III.  0,5395  Grm.  mit  reinem  Aetzkalk  in  einer  Sbhre  erhitzt  und 
durch  Salpetersäure  zerlegt  lieferten  0,5077  Ghrm.  Bromsilber 
=  40,0  pC.  Br. 


lange  Schicht  chromsaures  Bleioxyd  im  Verbrennungsrohr  vor- 
legte. Ich  habe  bei  richtiger  Leitung  der  Analyse  in  der  ersten 
Kugel  des  GhlorcaloiuBirohres  das  Wasser  immer  ohne  saure  Be^ 
•Qtion  gefunden. 


der  Sulfanüidaäure  und  Amidophenyhchüefelsäure.      143 


Gefhnden 

Berechnet 

I. 

""^iT" 

c„ 

72,0 

18,0 

18,0 

— 

H* 

4,0 

1,0 

1,8 

— 

N 

14,0 

3,5 

— 

— 

s. 

32,0 

8,0 

— 

Br, 

160,0 

40,1 

— 

— 

Ba 

68,6 

17,2 

j 

.16,8 

0, 

48,0 

12,0 

1        _ 

— 

ni. 


—  —         40,0 


398,6        99,8. 


.(^.|&.) 


Dibromsulfamlids.Bleioayd?b0.t  ^^/Bra  lNS205  +  2aq. 

•—  Dieses  Salz  entsteht  durch  directe  Fällung  der  reinen 
wässerigen  Säure  mit  einer  Lösung  von  neutralem  essig- 
saurem Bleioxyd.  Der  Niederschlag  wird  durch  Auswaschen 
mit  kaltem  Wasser  auf  einem  Filter  vom  überschüssigen 
Pällungsmittel  befreit;  durch  Umkrystallisiren  aus  heifsem 
Wasser  erhält  man  das  Salz  beim  Erkalten  in  schönen  farb- 
losen Nadeln,  welche  zwei  Aeq.  Krystallwasser  enthalten. 
Es  ist  vollkommen  luftbeständig  und  verliert  erst  bei  110^  G. 
sein  Wasser. 

0,876  Gnn.  verlieren  bei  110<^  C.  0,035  Grm.  Wasser  =  3,9  pC. 
Die  Theorie  verlangt  3,9  pC. 

0,4135  Grm.  bei  llO^G.  getrocknet  lieferten  mit  Schwefelsäure  nnter 
Zusatz  von  etwas  Salpetersäure  0,14  Grm.  schwefelsaures  Blei- 
oxyd =  23,1  pC.    Die  Formel  verlangt  23,9  pC. 

Dibromsulfanilids.  Silberoxyd  AgO  .  j  ^^^Br»  INS2O5.— 

Das  Siibersalz  wird  wie  das  Bleisalz  leicht  durch  directe 
Fällung  der  wässerigen  Dibromsulfanilidsäure  mit  einer  Lö- 
sung von  salpetersaurem  Silberoxyd  erhalten.  Durch  Aus- 
waschen und  Umkrystallisiren  aus  heifsem  Wasser  gewinnt 
nan  es  in  sehönen  nadolförmigeai  Kry^allttn  rein.  Diese  Kry- 
Btalle,  welche  kein  Wasser  enthalt«».,  siiui  etwas  röthlich  gefärbt^ 


144  Schmitt,  Beiiraff  zur  Renntnifa 

da    durch  Kochen    mit  Wasser  Spuren   von   Silber    reducirt 
werden. 

1,122  Grm.  in  Wasser  gelöst  unter  Zusatz  von  etwas  Salpetersäure 
lieferten  mit  Chlorwasserstoffsäure  gefäUt  0,3595  Grm.  Ghlorsilber 
=  24,6  pC.  Ag.    Die  Theorie  verlangt  24,6  pC. 

Dibromsulfanilidsaitres  Kali  oder  Natron  erhält  man 
leicht  durch  Neutralisiren  der  reinen  wässerigen  Säure  mit 
den  kohlensauren  Salzen  derselben.  Sie  sind  sehr  leicht 
löslich  in  Wasser ,  schwer  Ipslich  in  Alkohol  und  scheiden 
sich  aus  concentrirter  wässeriger  Lösung  auf  Zusatz  von  star- 
kem Alkohol  in  schönen  nadeiförmigen  Krystallen^  aus. 

Das  Zink-  und  Kalksalz  erhält  man  in  gleicher  Art  durch 
Zerlegung  der  kohlensauren  Salze  derselben  mittelst  einer 
Lösung  von  Dibromsulfanilidsäure,  ersteres  auch,  wie  bereits 
erwähnt,  durch  Einwirkung  der  wässerigen  Säure  auf  metalli- 
sches Zink.  Beide  sind  in  Wasser  ziemlich  leicht  löslich  und 
scheiden  sich  in  schönen  nadeiförmigen  Krystallen  aus  con- 
centrirter Lösung  aus. 

Die  Disulfanilidsäure  durch  Einleiten  von  Salzsäuregas  in 
eine  alkoholische  Lösung  der  Säure  zu  ätherificiren ,  blieb 
ohne  Erfolg. 

Diazophenylschwefebäure  HO  .  Cigi  ^  1S2O5. 

Aufser  der  Seite  138  erwähnten  Darstellung  dieses  Kör- 
pers  bildet  sich  derselbe  auch  aus  wässeriger  Lösung,  sobald 
man  in  dieselbe  erst  dann  einen  raschen  Strom  salpetriger 
Säure  leitet,  wenn  sie  so  weit  erkaltet  ist,  dafs  eine  Aus- 
scheidung von  Sulfanilidsäure  beginnt.  Man  sieht  alsbald  die 
Diazophenylschwefelsäure  sich  in  kleinen  Nadeln  absetzen, 
die  aber  zum  gröfsten  Theil  in  der  beifsen  Lösung  unter 
SUckstoffentwickelung  eine  Zersetzung  erleiden.  Auf  diese 
Art  wird  zwar  nur  eine  geringe  Ausbeute  erhalten ,  indessen 
ist  die  Bildung  aus  wässeriger  Lösung,  wie  mir  scheint,,  nicht 


der  Sulfanilidsäure  und  Amidophenylschwefelaäure.      145 

ohne  theoretisches  Interesse ,  weil  hierin  äer  Beweis  liegt, 
dafs  durch  die  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure  auf  eine 
wässerige  Lösung  der  Amidosäuren  stickstoffhaltige  Körper 
als  primäre  Producte  entstehen.  Durch  Zerlegung  derselben 
mit  heifsem  Wasser  treten  dann  erst  die  stickstofiTreien  Kör- 
per als  secundäre  Producte  auf.  —  Es  sei  hier  noch  erwähnt, 
dafs  auch  die  Diazoverbindung  entsteht,  wenn  man  salpetrige 
Säure  gasförmig  auf  trockene  feingepulverte  Sulfanilidsäure 
wirken  läfst,  jedoch  ist  diese  Einwirkung  nur  oberflächlich 
und  nie  vollkommen. 

c 

Die  Diazophenylschwefelsäure  ist  unlöslich  in  kaltem 
Alkohol  9  von  kochendem  wird  sie  unter  Stickstoffentwicke- 
iung  zerlegt.  Dieselbe  ist  auch  in  kaltem  Wasser  unlöslich, 
leicht  jedoch  in  Wasser  von  60  bis  70^  C.  Sie  scheidet  sich 
aus  dieser  Lösung  durch  rasches  Abkühlen,  am  besteh  mittelst 
Eises,  in  farblosen  kleinen  Nadeln  aus.  Da  man  nie  ganz 
sicher  ist,  ob  bei  der  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure  auf 
die  in  Alkohol  suspendirte  Sulfanilidsäure  eine  vollständige 
Umsetzung  der  letzteren  stattgefunden  hat,  so  kann  man 
durch  vorsichtiges  Auflösen  in  Wasser  von  der  angegebenen 
Temperatur  und  Abfiltriren ,  sowie  rasches  Abkühlen  durch 
Eiswasser,  eine  Trennung  der  gebildeten  Diazosäure  von  der 
Sulfanilidsäure  bewirken.  Die  wässerige  Lösung  ist  höchst 
unbeständig  und  fortwährend  in  Zersetzung  begriffen,  was 
aus  der  steten  Stickstoffentwickelung  ersichtlich  ist,  die  bei 
etwas  höherer  Temperatur  der  Lösung  rasch  zunimmt,  sowie 
auch  bei  starkem  Bewegen  derselben. 

Die  lufttrockene  Substanz  kann  in  gröfserer  Menge  die 
Temperatur  des  Wasserbades  nicht  ertragen,  es  erfolgt  oft 
unter  heftiger  Explosion  eine  Zerlegung,  unter  Hinterlassung 
eines  braunen  wolligen  Körpers.  Dieselbe  Zersetzung  unter 
Explosion  findet  beim  Beiben  der  trockenen  Substanz  in  einer 
harten  Schale  oder  durch  einen  Hammerschlag  statt.    Einige 

Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  8.  Heft.  10 


146  Schmitt y  Beitrag  zur  Kenntnifs 

Krystallnädelchen,  in  einem  Haarröhrchen  im  Oelbade  erhitzt, 
wurden  jedoch  erst  bei  120®  C.  zerlegt. 

I.  0)4285  Grin.  Ton  der  aus  Wasser  umkrystallisirten  und  im  Vacuum 
über  SchwefelsÄure  getrockneten  Substanz  wurden  mit  Kupfer- 
oxyd unter  Vorlage  von  chromsaurem  Bleioxyd  und  metalli- 
schem Kupfer  zuletzt  im  Sauerstoffstrom  verbrannt  und  lieferten 
0,6145  Grm.  Kohlensäure  und  0,091  Qttm.  Wasser. 

IL  Die  Stickstoff bestimmung  nach  der  Dumas*schen  Methode 
ausgeführt  gab  bei  0,425  Grm.  Substanz  52,1  CC.  Stickstoff 
bei  0®  C.  und  760""™  Barometerstand,  entsprechend  0,0653 
Grm.  Stickstoff.  Diese  Zahlen  stimmen  mit  der  Formel  überein : 

Gefunden 


lJVi.\ 

3V>AlJUC/b 

I. 

c« 

72 

39,1 

39,1 

U4 

4 

2,2 

2,3 

N, 

28 

15,2 

— 

S, 

82 

17,4  ^ 

s 

Oe 

48 

26,0 

— 

15,5 


184  99,9. 

Wie  kochendes  Wasser  unter  Stickstoffent Wickelung  die 
Diazosäure  zerlegt,  so  wirkt  eine  wässerige  Lösung  der 
Alkalien  schon  in  der  Kälte.  Es  tritt  hier  eine  heftige  Stick- 
stoffentwickelung unter  starker  Bräunung  der  Flüssigkeit  ein. 
Läfst  man  statt  wässerigen  Ammoniaks  gasförmiges  auf  die 
feste  Substanz  wirken^  so  erfolgt  augenblicklich  unter  starker 
Wärmeentwickelung  und  heftiger  Explosion  eine  Zerlegung. 

Eine  gleiche  Zersetzung  unter  Stickstoffentwickelung  er- 
leidet der  neue  Körper  durch  kochende  concentrirte  Chlor- 
und  Bromwasserstoffsäure.  Es  findet  hierbei  eine  schwache 
Bräunung  der  Flüssigkeit  statt. 

Läfst  man  auf  in  Wasser  suspetidirte  Diazophenylschwefel- 
saure  gasförmigen  Schwefelwasserstoff  wirken,  so  findet  so- 
fortige Zerlegung  unter  Stickstoffentwickelung  statt.  Die 
Krystalle  verschwinden  und  die  Flüssigkeit,  welche  nach  be- 
endigter Reaction  klar,  aber  intensiv  gelb  gefärbt  ist,  trübt 
sich   nach    einiger   Zeit^  indem   sich  Schwefel  krystallinisch 


■ 


der  Sulfanilidsäure  und  AmtdophenylschwefeUäure.     147 

abscheidet.  Bin  Versuch,  ob  Aethylsalfid  eine  ähnliche  Zer- 
setzung bewirke,  wie  Schwefelwasserstoff,  blieb  selbst  in  der 
Wärme  ohne  Erfolg. 

Die  oben  erwähnte  Bildung  dieses  neuen  Körpers  ge- 
schieht nach  folgender  Gleichung  : 

CigHyNSjOe  +  NOg  =  CijHiNgSjOe  +  8  HO. 

Wir  haben  also  hier  eine  gleiche  Reaction  mit  derjenigen, 
welche  Griefs  bei  der  Einwirkung  der  salpetrigen  Säure 
auf  eine  alkoholische  Lösung  von  Amidonitrophenylsäure  be- 
obachtet hat.  Wie  dort  Diazodinitrophenol  entsteht  *J,  so 
bildet  sich  hier  Diazophenylschwefelsäure. 

Auffallen  mufs  es,  dafs  wir  durch  die  Einwirkung  der 
salpetrigen  Säure  auf  die  Derivate  der  Schwefelsäure  aus  der 
amidirten  Phenylreihe  ganz  andere  Zersetzungsproducte  er- 
halten, als  durch  die  gleiche  Reaction  auf  die  entsprechenden 
Kohlensäurederivate.  Griefs  hat  bekanntlich  die  Einwirkung 
von  salpetriger  Säure  auf  Amidobenzoesäure  und  Anthranil- 
säure  studirt  und  im  ersteren  Fall  eine  Doppelsäure  von  der 
Zusammensetzung  C28H11N8O8,  die  er  Diazoamidobenzoesäure 
nennt,  im  anderen  Fall  aber  eine  dreibasische  Säure  gefunden, 
welche  freie  Salpetersäure  mit  2  Aeq.  Diazosäure  verbunden 
enthält.    Letztere  hat  die  Zusammensetzung 

8  HO .  (yC.,H^,0.)) 

und  ist  von  ihm  Diazosalyl-Salpetersäure  genannt  worden.  *^') 
Dafs,  abgesehen  von  den  analytischen  Resultaten ,  mein 
neuer  Körper  weder  eine  mit  Sulfanilidsäure  vereinigte  Diazo- 
verbindung  ist,  noch  dafs  sie  Salpetersäure  enthält,  geht  daraus 
hervor,  dafs  beim  Kochen  mit  Chlorwasserstoffsäure  niemals 
Chlor  frei  wird,  noch  aus  der  durch  Kochen  mit  Wasser 
Verlegten     Säure     Sulfanilidsäure    erhalten    werden     kann. 


*)  Diese  Annalen  CXIII,  205. 
**)  Daselbst  CXVI,  4  und  43. 

10* 


148  Schmitt f  Beitrag  zur  Kenntnifs 

Griefs  fand,  dafs  durch  Erhitzen  der  Doppelsäure  aus  Benz- 
aminsäure  mit  Natronkalk  nur  ein  Theil  des  Stickstoffs  im 
Will- Varrentrapp'schen  Apparate  als  Ammoniak  bestimmt 
werden  konnte.  Zerlege  ich  die  Diazophenylschwefelsäure 
mit  Natronkalk ,  so  entweicht  der  Stickstoff  gasförmig  und 
keine  Spur  von  Ammoniak  wird  gebildet,  wie- folgender  ana- 
lytischer Beleg  zeigt. 

0,4175  örm.  wurden  mit  Natronkalk  geglüht  und  in  20  CO.  Nor- 
malschwefelsäure  geleitet.  Diese  erforderten  nach  Tollkommener 
Verbrennung  19,9  CC.  Normalkalilauge  zur  Neutralisation. 

Ich  erhielt  sehr  oft  beim  Einleiten  von  salpetriger  Säure 
in  eine  bis  zum  Auskrystallisiren  erkaltete  Lösung  von  Sulf- 
anilidsäure  eine  braune  Flüssigkeit  unter  Stickstoffentwicke- 
lung. Beim  Unterbreiten  des  Gasstromes  und  durch  Abkühlen 
mitteist  Eiswassers  schieden  sich  goldgelbe  Krystaliblättchen 
ab,  die  beim  Trocknen  einen  schönen  Seideglanz  annahmen 
und  keine  Aehnlichkeit  mit  Sulfanilidsäure  hatten.  Ich  glaubte 
anfangs I  diesen  Körper  für  eine  der  Griefs'schen  Doppel- 
säure analoge  Verbindung  halten  zu  dürfen,  jedoch  stimmten 
die  Reactionen  mit  der  reinen  Sulfanilidsäure  überein  und 
durch  Umkrystallisiren  erhielt  ich  letztere  auch  in  den  cha- 
racterfstischen  rhombischen  Tafeln.  Die  Analyse  lieferte 
ferner  den  Beweis ,  dafs  die  so  entstehende  Säure  gleiche 
Zusammensetzung  mit  der  Sulfanilidsäure  hat,  die  hier  nur  in 
dieser  eigenthümlichen  Krystallisation  auftritt. 

0,5065  Grm.  Substanz  gahen  0,7735  Grm.  Kohlensäure  und  0,1985 
Grm.  Wasser,  entsprechend  41,6  pC.  C  und  4,3  pC.  Wasserstoff; 
die  reine  Sulfanilidsäure  verlangt  41,6pG.  G  und  4,0  pG.  Wasserstoff. 

Oxyphenyl schwefelsaure. 

Die  Diazophenylschwefelsäure  wird,  wie  bereits  bemerkt, 
von  Wasser  über  80^  C.  unter  Stickstoffentwickelung  zerlegt. 
Es  geht  bei  dieser  Reaction  aller  Stickstoff  gasförmig  fort 
und  man  erhält  eine  dunkelbraun  gefärbte ,  stark  sauer  rea- 


der  Sidfanilidsäure  und  Ämidophenylschwefelsäure,     149 

girende  Flüssig^keit.  Dafs  hierbei  aller  Stickstoff  ausgetrieben 
wird ,  wurde  quantitativ  in  folgender  Weise  festgestellt.  In 
einem  langhalsigen  Kölbchen  wurde  eine  bestimmte  Menge 
Substanz  mit  Wasser  i^bergossen  und  hierauf  durch  ein  Gas- 
leitungsrohr, welches  durch  Caoutchouc  mit  einem  Kohlen- 
säureapparat verbunden  war,  mit  Kohlensäure  gefüllt^  während 
durch  ein  knieförmiges  Rohr  die  atmosphärische  Luft  aus 
dem  mit  doppelt  durchbohrtem  Kork  geschlossenen  Kölbchon 
entweichen  konnte.  Sperrt  man  letzteres  Rohr  unter  Kali- 
lauge durch  eine  ebenfalls  damit  gefüllte  calibrirte  Röhre  ab, 
so  kann  man  mit  dem  Erhitzen  des  Kölbchens  beginnen. 
Fängt  die  Stickstoffentwickelung  an,  so  schliefst  man  durch 
einen  an  der  Caoutchoucverbindung  angebrachten  Quetsch- 
hahn  den  Kohlensäureapparat  ab.  Die  Gasentwickelung  geht 
ruhig  vor  sich  und  ist  beim  Sieden  der  Flüssigkeit  beendet. 
Leitet  man  nun  durch  Oeffnen  des  Caoutchoucventils  wieder 
Kohlensäure  durch  den  Apparat,  so  erhält  man  allen  Stickstoff 
in  die  vorgelegte  Röhre  übergeführt.  Auf  diese  Weise 
lieferten  .: 

1,205  Grm.  Substanz  bei  0°  C.  und  TeO"™  Druck  146,2  CC.  Stick- 
stoff, welche  0,1834  Grm.  entsprechen. 

Berechnet  Gefunden 

15,2  16,2. 

Gebt  die  Zerlegung  wie  im  eben  beschriebenen  Fall  bei 
Abschlufs  der  Luft  vor  sich  und  concentrirt  man  die  im  Kölb- 
chen zurückbleibende  Flüssigkeit  durch  Eindampfen  imWasiser- 
bad,  während  immerfort  Kohlensäure  durch  dasselbe  strömt, 
so  erhält  man  eine  syrupartige,  hellbraun  gefärbte  Flüssig- 
keit, die  weder  unter  der  Luftpumpe  über  Schwefelsäure, 
noch  unter  dem  Exsiccator  krystallisirt.  Die  auf  diese  Art 
dargestellte  Flüssigkeit  liefert,  mit  kohlensauren  Salzen  neu- 
tralisirt,  die  Salze  der  betreffenden  Basen,  welche  alle  in 
Wasser  sehr  leicht  löslich   sind  und  erst  beim  Eindampfen 


150  Schmitt^  Beitrag  mr  Kenntnifs 

bis  zur  Trockne  im  Wasserbad  als  krystallinische  Massen  er- 
halten wurden.  Diese  Salze  sind  identisch  mit  denen  ^  die 
man  durch  Neutralisation  der  braun  gefärbten  Flüssigkeit  ge- 
winnt, welche  letztere  aus  der  Einwirkung  der  salpetrigen 
Säure  auf  kochende  Lösung  von  Sulfanilidsaure  resultirt. 

Da  die  Säure  selbst  in  einem  zur  Analyse' nicht  brauch- 
baren Zustand  erhalten  werden  konnte^  so  habe  ich  ihre  Salze 
analysirt  und  dadurch  festgestellt,  dafs  Oxyphenylschwefel- 
säure  gebildet  wird,  und  zwar  nach  folgender  Gleichung  : 

Ci8H4N8S20e    +     2  HO    =    C^^UJ&fi^    +     2  N 
Diazophenylschwefelsänre  Oxyphenylschwefelgänre. 

Es  hat  also  hier  ein  Austausch  von  zwei  Atomen  Stick- 
stoiT  gegen  zwei  Atome  Wasser  stattgefunden.  Nehmen  wir 
an,  dafs  die  Diazophenylschwefelsäure  das  Phenylradical ^  in 
welchem  2  Aeq.  Stickstoff  2  Aeq.  Wasserstoff  substituiren 
(zu  welcher  Annahme  uns  alle  Reactionen  dieser  stickstofi*- 
haltigen  Körper  berechtigen),  enthält,  so  müssen  wir  schlie- 
fsen,  dafs  die  Elemente  von  zwei  Atomen  Wasser  in  das 
Phenylradical  aufgenommen  werden.  Die  Hauptstütze  fär 
diesen  Schlufs  bildet  der  Umstand,  dafs  die  zwei  Atome 
Sauerstoff  keinen  Einflufs  auf  die  Basicität  der  Säure  haben. 
Denken  wir  uns  nach  Kolbe  die  Gruppirung  der  Atome 
dieses  sauerstoffhaltigen  Badicals  wie  in  der  analogen  Salicyl- 
säure,  so  erhalten  wir  dieselbe  durch  folgende  Formel  aus- 
gedrückt : 

H0-(c..|?b,)8.0.. 

Ich  habe  keine  besondere  Reaction  für  die  Oxyphenyl- 
schwefelsäure  finden  können ;  sie  wird  nicht  wie  die  analoge 
Salicylsäure  durch  Eisenchlorid  gefärbt. 

Oocyphenylschwefels.  Baryt  BaO.j  Cisj uq  jSgOs+xaq. — 

Das  Barytsalz  wurde  durch  Neutralisiren  der  Säure  mit  reinem 
kohlensaurem  Baryt  und  Eindampfen  im  Wasserbad  als  ein 


der  Sidfanüidaäure  und  Amidophenylschioefelaäure.     151 

braun  geßirbier  kryslallinischer  Rückstand  erhalten«  Der« 
selbe  zeigte  sich  unter  dem  Hikroscop  aus  feinen  Nadeln 
bestehend.  Durch  mehrmaliges  Umkrystallisiren  unter  Zusatz 
von  Thierkohle  und  Auspressen  zwischen  Fliefspapier  wurde 
die  gelbe  Färbung  so  viel  wie  möglich  entfernt,  immer  jedoch 
behielt  die  Salzmasse  einen  gelblichen  Schein  ^  der  mir  von 
dem  Eindampfen  der  concentrirten  Lösung  an  der  Luft  und 
der  dabei  stattfindenden  Zersetzung  herzukommen  scheint. 
Das  Salz  ist  aufserordentlich  löslich  in  kaltem  .wie  heifsem 
Walser,  es  verträgt  eine  ziemlich  hohe  Temperatur ^  ohne 
zersetzt  zu  werden  ;  für  sich  fnit  etwas  festem  Kali  erhitzt 
liefert  es  unter  Hinterlassung  von  schwefelsaurem  Kali  Phenyl- 
oxydhydrat  als  Destillationsproduct. 

I.  0,737  Grm.  bei  110^  C.  getrocknet  lieferten  mit  chromsaurem 
Bleioxyd  verbrannt  0,816  Grm.  Kohlensäure  und  0,1565  Grm. 
Wasser. 

II.     0,6855  Grm.    Substanz    lieferten    0,746  Grm.    Kohlensäure   und 
0,1405  Grm.  Wasser. 

III.  1,0625  Grm.  lieferten  mit  Schwefelsäure  aus  wässeriger  Lösung, 
welcher  etwas  Chlorwasserstoffsäure  zugesetzt  war,  0,502  Grm. 
schwefelsauren  Baryt. 

Diese  Daten  entsprechen   der  oben   angeführten  Formel, 
wie  folgt  : 


Gefunden 

Berechnet 

I."* 

''"^.        III. 

c,. 

72,0 

29,8 

30,3 

29,6        — 

u. 

5,0 

2,X 

2,3 

2,2         - 

s» 

32,0 

13,2 

— 

—          — 

Ba 

68,5 

28,3 

— 

—        27,7 

0« 

64,0 
241,5 

26,5 
99,9. 

— 

—          — 

DioxyphenylachiJDefeh,  Silberoxyd  A  gO .  I  Cu  \  nj)  )  S2O5.    — 

Neutralisirt  man  A\e  freie  Säure  in  kalter  Lösung  mit  kohlen- 
saurem Silberoxyd,  so  erhält  man  das  SilbersaU  in  wässeriger 
Lösung,    Durch  Eindampfen   im  Vacuum  über  Schwefelsäure 


153  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnifa 

bleibt  es  etwas  braan  gefärbt  krystallinisch  zurück.  Es  er» 
trägt  im  trockenen  Zustand  eine  ziemlich  hohe  Temperatur^ 
ohne  zersetzt  zu  werden. 

T.  0,727  Grm.  wurden  mit  Knpferoxyd  tmd  Yorgelegtem  chromsau- 
rem  Bleioxyd  und  später  im  Sauerstoffstrom  verbrannt  nnd 
lieferten  0,672  Grm.  Kohlensäure  und  0,118  Grm.  Wasser. 

II.  1,225  Grm,  wurden  in  Wasser  unter  Zusatz  von  etwas  Salpeter- 
säure gelöst  und  durch  Chlorwasserstoffsäure  gefällt  und 
lieferten  0,62  Grm.  Chlorsilber. 

Qefonden 


Berechnet 


c« 

72 

25,6 

H5 

5 

1,7 

s» 

32 

11,8 

Ag 

108 

38,4 

0« 

64 

22,8 

I.  II. 

25,3  — 
1,7 

—  38,0 


281  99,8. 

Von  den  übrigen  Salzen  der  Oxysäure  habe  ich  noch 
das  Kali-,  Ammoniak-  und  Bleisalz  dargestellt,  ohne  weitere 
Analysen  mit  ihnen  vorzunehmen.  Sie  sind  alle  drei  in 
Wasser  sehr  leicht  löslich  und  können  nur  durch  Eindampfen 
als  krystallinische  Rückstände  erhalten  werden« 

Das  Kali-,  Ammoniak-  und  Barytsalz  bilden  sich  auch 
direct  bei  Behandlung  der  Diazosäure  mit  einer  wässerigen 
Lösung  der  betrefTenden  Hetalloxydhydrate.  Die  Zerlegung 
geht  unter  Stickstoffentwickelung  schon  in  der  Kälte  vor  sich 
und  bei  Anwendung  von  concentrirter  Lösung  findet  die  Zer- 
setzung unter  sehr  rapider,  beinahe  explosionsartiger  Stick- 
stoffentwickelung statt.  Doch  liefert  diese  Darstellung  keine 
reine  Substanz,  da  es  schwierig  ist,  theils  die  sehr  braun  ge- 
färbte Hasse  zu  entfärben ,  theils  auch  die  freien  Alkalien 
von  dem  Salze  zu  trennen. 

PhenylschwefeUäure. 
Mit  absolutem  Alkohol  gekocht  erleidet  die  Diazophenyl- 
schwefelsäure  keine  Zersetzung  ^    kocht  man   sie   aber   mit 


der  Sulfanüidsäure  und  Amidophenylschwefehäure,     153 

90procentigein  Alkohol,  so  geht,  wie  früher  bemerkt  worden 
ist,  eine  Zersetzung  unter  Stickstoffentwickelung  vor  sich, 
zu  gleicher  Zeit  werden  grofse  Mengen  von  Aldehyd  gebildet. 
Die  im  Wasserbad  eingedampfte  Flüssigkeit  ist  von  tiefbrauner 
Farbe,  syrupartiger  Consistenz  und  sehr  stark  saurer  Reaction. 
Das  durch  Neutralisiren  der  wässerigen  Säure  mit  kohlen- 
saurem Bleioxyd  hervorgebrachte  Bleisalz  wurde  durch  mehr- 
maliges Umkrystallisiren  so  viel  wie  möglich  farblos  erhalten, 
jedoch  lieferte  die  Analyse  desselben  den  Beweis,  dafs  ich 
es  nicht  mit  einer  reinen  Substanz  zu  thun  hatte.  Das  Salz 
war  vollkommen  stickstofffrei  und  die  analytischen  Resultate 
deuteten  auf  ein  Gemenge  von  phenylschwefelsaurem  und 
oxyphenylschwefelsaurem  Blei  hin.  Diese  Verunreinigung 
durch  Oxyphenylschwefelsäure  schien  mir  durch  den  Wasser- 
gehalt des  Alkohols  herbeigeführt  zu  sein.  Da  der  höhere 
Siedepunkt  des  wasserhaltigen  Alkohols  der  Grund  zu  sein 
schien,  wefshalb  durch  ihn  eine  Zerlegung  der  Diazosäure 
und  nicht  durch  absoluten  Alkohol  herbeigeführt  wird,  so 
versuchte  ich,  absoluten  Alkohol,  welcher  unter  einem  höhe- 
ren Druck  zum  Sieden  gebracht  wurde,  auf  die  Diazosäure 
und  zwar  in  folgender  Art  einwirken  zu  lassen.  Ein  Kölb- 
chen  wurde  mittelst  eines  gut  schliefsendeti  durchbohrten 
Korkes  mit  einer  zweimal  rechtwinkelig  gebogenen  Glasröhre, 
deren  einer  nicht  mit  dem  Kölbchen  in  Verbindung  stehender 
Schenkel  die  Länge  von  ungefähr  380°^°^  hatte,  versehen.  In 
demselben  wurden  ungefähr  3  Grm.  der  reinen  Diazoverbin- 
dung  mit  ganz  absolutem  Alkohol  Übergossen  und  hierauf 
die  Röhre  aufgesetzt.  Nachdem  der  eine  lange  Schenkel  in 
einen  mit  Quecksilber  gefüllten  Cylinder  ganz  eingetaucht 
war,  wurde  ^das  durch  eine  KTemmschraube  festgehaltene 
Kölbchen  erwärmt.  Sehr  bald,  bevor  noch  die  Flüssigkeit 
siedet,  fängt  dann  die  Stickstoffentwickclung  langsam  an,  und 
nach    einiger  Zeit  ist   die  Säure   völlig  gelöft  resp.  zerlegt. 


i54  Schmitt  9  Beitrag  zur  Kenntnifa 

Die  etwas  braun  gefärbte  Flüssigkeit  wird  in  einer  Schale  im 
Wasserbad  eingedampft.  Es  treten  solche  Mengen  von  Aldehyd 
auf|  dafs  sie  im  geschlossenen  Raum  leicht  lästig  werden. 
Die  syrupartige  braun  gefärbte  Flüssigkeit  konnte  unter  keinen 
Umständen  zum  Krystallisiren  gebracht  werden.  Sie  zerlegt 
sich  unter  Schwärzung  bei  ungefähr  150^  C.  Da  sie  selbst 
nicht  in  einer  zum  Analysiren  brauchbaren  Form  erhalten 
werden  konnte^  so  habe  ich  mich  auf  die  Analyse  der  folgen-» 
den  Salze  beschränkt,  deren  Zusammensetzung  schliefsen  läfst^ 
dafs  die  Diazophenylschwefelsäure  durch  absoluten  Alkohol, 
welcher  unter  stärkerem  Drucke  siedet,  in  Phenylschwefel- 
säure  umgesetzt  wird.  Die  Reaction  geht  nach  folgender 
Gleichung  vor  sich  : 

CiANjSjOe      +       C^HeO,    =     C^HeSsOe     +     C4H40,-f2N 
Diazophenylsohwefels&ure   Alkohol   Phenylschwefelsäure    Aldehyd. 

Phenylschwefels,  Bleioxyd  PbO  .  (Ci2H6)S206  +  xaq.  — 
Man  erhält  dieses  Salz  durch  Neutralisifen  der  wässerigen 
reinen  Säure  mit  kohlensaurem  Bleioxyd  in  Lösung;  durch 
Eindampfen  derselben  im  Wasserbad  bekommt  es  als 
krystallinische  stark  braun  gefärbte  Masse.    Um  die  färbende 

Substanz  zu  entfernen,  habe  ich  das  Bleisalz  mehrmals  durch 

» 

Schwefelwasserstoff  aus  kochender  Lösung  zerlegt.  Auf  diese 
Art  und  durch  wiederholtes  Umkrystallisiren  gereinigt  erhält 
man  es  beim  Rindampfen  als  einen  farblosen  krystallinischen 
Rückstand.  Es  ist  so  leicht  löslich  in  Wasser,  dafs  es  selbst 
aus  sehr  concentrirten  Lösungen  nicht  in  guten  Krystallen 
erhalten  wird.    In  Alkohol  ist  es  schwer  löslich. 

I.  0,367  Grm.  hei  110^  C  getrocknet  und  mit  Kupferoxyd  bei 
vorgelegtem  chromsaurem  Bleioxyd  verhrannt  lieferten  0,3685 
Grm.  Kohlensäure  und  0,071  Grm.  Wasser. 

II.  0,801  Grm.  lieferten  mit  concentrirter  reiner  Schwefelsäure  unter 
Zusatz  von  etwas  Salpetersäure  zersetst  0,464  Grm.  schwefel- 
saures ^ioxyd. 


der  SulfaniHdsäure  und  Ämidophenybchwefelsäure,      155 


Berechnet 

C|g 

72         27,6 

H. 

6          1,9 

8, 

32         12,3 

Pb 

103,7     39,7 

0, 

48         18,4 

—         39,6 


260,7      99,9. 

Phenylschwefeh.  Baryt  BaO  .  (Ci8H5)S206  -4"  *  ®fl-  — 
Durch  Behandlung  der  möglichst  farblosen  wässerigen  Säure 
mit  kohlensaurem  Baryt  und  Eindampfen  im  Wasserbad  er- 
hält man  das  Barytsalz  als  krystallinischen  Bückstand.  Das- 
selbe ist  wie  das  Bleisalz  leicht  löslich  in  Wasser,  schwer 
löslich  in  Alkohol;  es  enthält  Krystallwasser ,  welches  voll- 
ständig  bei  110^  C.  entweicht.  Erst  in  sehr  hoher  Tempera- 
tur tritt  Zerlegung  ein. 

I.  0,5405  Grm.  gaben  bei  110^  C.  getrocknet,  mit  cbromsaurem 
Bleioxyd  verbrannt  0,636  Grm.  Kohlensäure  und  0,1235  Grm. 
Wasser. 

II.  0,8956  Grm.  in  Wasser  gelöst  und  mit  Ghlorwasserstoffsäure 
versetzt  wurden  kochend  mit  Schwefelsäure  gefällt.  Sie  gaben 
0,4465  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 

Die  Formel  verlangt  : 

31,9  pC.  C,  2,2  pC.  H  and  30,8  pC.  Ba. 

Gefunden  : 

32  pC.  C,  2,5  pC.  H  und  29,3  pC.  Ba. 

Die  auf  diese  Weise  erhaltene  Phenylschwefelsäure  ist 
gleich  zusammengesetzt  mit  der  von  Hitscherlich  durch 
Behandlung  des  Benzols  mit  rauchender  Schwefelsäure  er- 
haltenen Säure ,  welche  er  Sulfobenzidinsäure  genannt  hat. 
Aber  wie  ich  aus  den  von  mir  angestellten  Vergleichen 
schliefse,  ist  diese  mit  jener  nicht  identisch.  Die  aus  Benzol 
dargestellte  Säure  erhält  man  beim  Eindampfen  im  Wasser- 
bad als  eine  krystallisirte ,  an  der  Luft  leicht  zerfliefsliche 
Masse,   die  unter  dem  Mikroscop  aus  feinen  Schüppchen  be- 


156  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnifs 

stehend  erscheint.  Niemals  habe  ich  die  aus  der  Diazophe- 
nylschwefelsäure  dargestellte  Säure  zur  Krystallisation  bringen 
können.  Das  aus  der  Hitscherlich'schen  Säure  darge- 
stellte Baryt-  und  Bleisalz  ist  zwar  ebenfalls  in  Wasser  leicht 
löslich,  aber  dabei  krystallisirbar  und  schiefst  bei  einer  ge- 
wissen Concentration  sogar  in  wohlausgebildeten  grofsen 
Nadeln  an.  Nehmen  wir  noch  hinzu,  dafs  die  direct  aus 
Benzol  gewonnene  Säure  eine  viel  höhere  Temperatur  ver- 
trägt, so  glaube  ich  mich  zu  der  Vermutbung  berechtigt,  dafs 
wir  es  hier  mit  zwei  isomeren  Säuren  zu  thun  haben ,  die 
vielleicht  in  derselben  Beziehung  zu  einander  stehen,  wie  die 
Benzoesäure  zur  Salylsäure.  Sollte  sich  diese  Vermuthang 
durch  weitere  Thatsachen  bestätigen,  so  würden  wir  die 
Mitscherl  ich 'sehe  Säure  als  die  Benzylschwefelsäure, 
welche  dann  der  Benzoesäure  analog  wäre,  anzusprechen 
haben,  während  die  von  mir  dargestellte  die  wirkliche  Phenyl- 
schwefelsäure  zu  nennen  und  ihr  gleiche  Constitution  mit 
der  Salylsäure  zuzuschreiben  sei. 


Diazodibromphenykchwefelsäure  HO 


.  I  Ci3  Br^  IS2O5. 

V      Na  7 


Die  Darstellung  dieser  stickstoffhaltigen  Substanz,  welche 
zu  der  Dibromsulfanilidsäure  in  der  nämlichen  Beziehung 
steht,  wie  die  Diazophenylschwefelsäure  zur  Sulfanilidsäure, 
erhält  man  viel  leichter  als  jene,  weil  man  die  salpetrige  Säure  hier 
auf  eine  alkoholische  Lösung  der  Dibromsulfanilidsäure  wirken 
lassen  kann.  Sie  scheidet  sich,  wie  schon  Seite  141  erwähnt, 
sehr  bald  nach  dem  Einleiten  in  schönen  gelben  Schüppchen 
reichlich  aus.  Die  ganze  Reaction  verläuft  so  rasch,  dafs  sie 
nach  wenigen  Minuten  beendet  ist.  Die  so  dargestellte  Diazo- 
dibromphenylscbwefelsäure  wird  durch  Filtration  von  dem 
Salpeterätber  haltenden  Alkohol  getrennt  und  durch  Aus- 
waschen  mit  reinem    kaltem    Alkohol  gereinigt.     Die  luft- 


der  Sulfanüidsäure  und  Amidophenylschwefelsäure,      157 

trockene  Substanz  besteht  aus  gelblich-weifsen  Schüppchen, 
die  einen  etwas  bitteren  Geschmack  besitzen  und  sich  zwi- 
schen den  Fingern  fettig  anfühlen.  Diese  Verbindung  ist 
viel  beständiger  als  die  Diazophenylschwefelsäüre ;  sie  ver- 
trägt die  Hitze  des  Wasserbades  ohne  Zerlegung  und  erst  in 
höherer  Temperatur  tritt  die  Zersetzung  unter  VerpuflPung 
ein.  Auch  wird  sie  nicht  durch  noch  so  starkes  Reiben  in 
einem  Achatmörser  zerlegt.  In  Alkohol  ist  sie  nicht  ohne 
Zerlegung  löslich,  in  kaltem  Wasser  löst  sie  sich  kaum,  leicht 
dagegen  in  heifsem;  jedoch  darf  die  Temperatur  nicht  bis 
zur  Kochhitze  gesteigert  werden,  weil  sonst  unter  Stickstoff- 
entwickelung und  Braunwerden  der  Flüssigkeit  Zerlegung  er- 
folgt. Die  Reactionen  des  Chlor-,  Brom-  und  Schwefelwasser- 
stoffs sind  bei  ihr  dieselben ,  wie^  bei  der  nicht  gebromten 
Diazoverbindung.  Ebenso  wirken  die  Lösungen  von- Alkalien 
und  alkalischen  Erden  in  der  dort  erwähnten  Weise  zer- 
setzend. 

Versuche,  Salze  der  Diazodibromphenylschwefelsäure  dar- 
zustellen scheiterten  ebenso  wie  bei  der  Diazophenylschwefel- 
säüre. Leitet  man  in  eine  alkoholische  Lösung  des  dibrom- 
sulfanilidsauren  Baryts  salpetrige  Säure,  so  scheidet  sich 
sofort  ein  Niederschlag  aus,  der  möglicherweise  diazodibrom- 
phenylschwefelsauren  Baryt  enthält;  da  sich  aber  zu  glei- 
cher Zeit  freie  zweifach-gebromte  Diazosäure  neben  sal- 
petersaurem Baryt  bildet  und  eine  Trennung  dieser  Ge- 
menge nicht  bewerkstelligt  werden  konnte,  so  stand  ich  von 
Versuchen  in  dieser  Richtung  ab. 

Von  der  unter  dem  Exsiccator  und  später  im  Luftbad 
getrockneten  Substanz  wurden  : 

I.  0,5015  Grm.  mit  Eupferoxyd  unter  Vorlage  von  ohromsaurem 
Blei  und  metallischem  Kupfer  und  später  im  Sauerstoffstrom 
▼erbrannt  und  lieferten  0,397  Orm.  Kohlensäure  und  0,0475 
Grm.  Wasser. 


158  Schmitt^  Beitrag  «iwr  Kennini fs 

U.    0,685  Grm.  gaben  unter  denselben  Umständen  verbrannt  0,543 
Grm.  Koblensäore  und  0,0445  Grm.  Wasser. 

III.  0,645  Grm.  wurden  zur  Schwefelbestimmung  nach  Carius  in 

Salpetersäure  gelöst,  die  Flüssigkeit  bis  zum  Neutralisiren  mit 
reinem  kohlensaurem  Natron  versetzt  und  die  bis  zum  Trocknen 
eingedampfte  Flüssigkeit  so  lange  über  einer  Berzelius'- 
schen  Lampe  im  Schmelzen  erhalten,  als  sie  noch  Schwär- 
zung zeigte.  Aus  der  wässerigen  Auflösung  der  weifsen  Salz- 
masse fäUte  man  durch  ChlorbarTum  die  gebildete  Schwefel- 
säure aus.  Man  erhielt  so  0,4525  Grm.  schwefelsauren  Baryt, 
welcher  mit  allen  von  Carius  angegebenen  Cautelen  vom 
salpetersauren  Baryt  befreit  war. 

IV.  0,4824  Grm.  lieferten  nach  Dumas*  Methode  behandelt  34,7 

CG.  Stickstoff  bei  0<*  C.  und  760"^  Barometerstand-  Diese 
entsprechen  0,0435  Grm.  Stickstoff. 

V.    0,524   Grm.   lieferten    mit   reinem   Kalk    erhitzt    0,5695    Grm. 
BromfUber. 


Diese  Zahlen 

entsprechen 

der  oben  angeführten  Formel : 

Ci2 

Berechnet 
72         21,0 

I. 

21,5 

Gefanden 

11.   m.   IV.     V. 

21,6     —      —        — 

H, 

2 

0,6 

1,0 

0,7     -      -.        - 

Br, 

160 

46,8 

— 

—      _      -      46,2 

N, 

28 

8,2 

— 

—      —      9,0       — 

S, 

32 

9,4 

— 

—      9,6     -        - 

Oe 

48 

14,0 

— 

—     —      —.        — 

342       100,0. 

Demnach  verläuft  hier  die  Reaction  gerade  so  wie  bei 
der  Sulfanih'dsüure  : 

CijjHjBrgNSgOe  +  NO3  =  Ci^HaBrgNgSgOe  +  3  HO. 

Dibromphenylschwefelsäure  HO  .  1  CiajgJ  iSgOs  -f-  2  aq. 

Eben  so  wie  bei  der  Diazophenylschwefelsäore  bewirkt 
auch  bei  der  zweifach  -  gebromten  Säure  unter  höherem 
Druck  kochender  absoluter  Alkohol  eine  Zerlegung  in  der 
Art,  dafs  aller  Stickstoff  entweicht  und  Dibromphenylschwefel- 
säure unter  gleichzeitiger  Oxydation  des  Alkohols  zu  Aldehyd 


der  Sfidfanilidsäure  und  Amidophenylschwefelsäure,      159 

gebildet  wird.  Die  Zerlegung  wurde  in  demselben  Apparat 
vollzogen  y  welcher  bei  der  Darstellung  der  Phenylschwefel- 
säure  beschrieben  ist,  die  erhaltene  braune  Flüssigkeit  würde 
im  Wasserbad  eingeengt  und  erstarrte  bei  hinreichender 
Concentration  zu  einer  krystallinischen  Hasse.  Diese  löst  sich 
in  Wasser  sehr  leicht  mit  Hinterlassung  von  Spuren  eines 
harzartigen  Körpers,  den  man  durch  Filtration  trennt.  Die  sehr 
sauer  reagirende  Lösung  hat  einen  etwas  bitteren  Geschmack, 
sie  giebt  mit  essigsaurem  Blei  sowie  mit  Chlorbaryum  und 
salpetersaurem  Silberoxyd  Niederschläge,  die  in  kaltem  Wasser 
schwer,  in  heifsem  leicht  löslich  sind.  Um  die  braune  Fär- 
bung der  so  erhaltenen  Säure  so  viel  wie  möglich  zu  ent- 
fernen, stellte  ich  mir  das  Bleisalz  durch  Fällen  der  wässe- 
rigen Säure  mit  neutralem  essigsaurem  Blei  dar.  Das  durch 
Auswaschen  mit  kaltem  Wasser  gereinigte  Bleisalz  wurde  in 
kochender  Lösung  durch  Schwefelwasserstoff  zerlegt.  Durch 
Eindampfen  der  vom  Schwefelblei  abfiltrirten  Flüssigkeit  im 
Wasserbad  erhielt  i^  die  Säure  in  schönen,  noch  etwas 
gelben  Nadeln,  welche  zwischen  84  bis  86^  C.  mit  Beibehal- 
tung von  2  Aeq.  Krystallwasser  schmolzen.  Bei  höherer 
Temperatur  tritt  Schwärzung  ein. 

I.  0,577  Grm.  nnter  dem  Exsiccator  Yollständig  getrockneter  Sub- 
stanz wurden  mit  chromsaurem  Bleioxyd  verbrannt  und  liefer- 
ten 0|4ö85  Grm.  Kohlensäure  und  0,125  Grm.  Wasser. 

II.     0,665  Grm.  eben  so  behandelt  lieferten  0,523  Grm.  Kohlensäure 
und  0^114  Grm.  Wasser. 


Gefunden 

Berechnet 

L      "^. 

c,. 

72 

21,5 

21,4         21,4 

H, 

6 

1,8 

1,9           1,9 

s. 

«  32 

9,6 

—            — 

Br, 

160 

47,9 

—            — 

0, 

64 

19,1 

—            — 

334        99,9. 


160  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnifs 

Demnach  verläuft  die  Reaction^  abgesehen  vom  Krystall- 
wasser,  nach  folgender  Gleichung  : 

CijHsBrgNgSjO«  +  C^HeO,  =  Ci2H4Br2820e  +  CAOg  +  2  N 

Diazodibrompfaenyl-    Alkohol      Dibromphenyl-      Aldehyd, 
schwefelsaure  schwefelsaure 

Dibromphenylschwefeh,  Baryt  BaO .  i  Ciajg^  iSsOs  +  x  aq. 

—  Die  Salze  der  Dibromphenylschwefelsäure  entsprechen  in 
Bezug  ihrer  Löslichkeit  ganz  denen  der  dibromsulfanilidsauren 
Salze.  Man  erhält  das  Barytsalz,  wie  schon  angedeutet,  durch 
directe  Fällung  der  wässerigen  Säure  mit  Chlorbaryum  als 
weifsen  nadeiförmig  -krystallinischen  Niederschlag.  Durch 
Auswaschen  desselben  mit  kaltem  Wasser  und  Umkrystalli- 
siren  aus  heifsem  bekommt  man  das  Salz  in  grofsen  oft  zoll- 
langen Nadeln.  Dieselben  sind  schwer  löslich  in  kaltem 
Wasser,  eben  so  in  Alkohol.  Bei  110^  C.  verlieren  sie  ihr 
Krystallwasser,  in  höherer  Temperatur  bis  ungefähr  200^  C. 
werden  sie  nicht  verändert.  Erhitzt  man  das  Salz  in  einer 
Retorte,  so  erhält  man  als  Destillat,  yiter  Aushauchung  von 
schwefliger  Säure ,  Wasser  und  einen  ölartigen  Körper ,  wel- 
cher nach  Bromphenyl  riecht. 

I.  Es  wurden  mit  chromsaurem  Blei  0,56  Grm.,  die  bei  110^  C. 
getrocknet  waren,  verbrannt  und  lieferten  0,383  Grm.  Kohlen- 
säure und  0,065  Grm.  Wasser. 
II.  0,713  Grm.  derselben  Substanz  wurden  mit  reinem  AetzkaJk 
erhitzt,  in  Salpetersäure  aufgelöst  und  lieferten  mit  salpeter- 
saurem Silberoxyd  gefällt  0,701  Grm.  Bromsilber. 
III.  0,981  Grm.  in  heifsem  Wasser  unter  Zusatz  von  etwas  Chlor- 
wasserstoffsäure  gelöst  lieferten  0,297  Grm.  schwefeis.  Baryt. 

Gefunden 


Berechnet 

I. 

"^11. 

TIT. 

Ci8 

72 

18,7 

18,6 

— 

— 

Hs 

3 

0,7 

1,2 

— 

— . 

Br, 

160 

41,7 

— 

41,8 

— 

s» 

32 

8,3 

— 

— 

— 

Ba 

68,5 

17,8 

— 

— 

17,6 

Oe 

48 

12,7 

— 

— 

— 

383,5     99,9. 


der  Sulfanäidsäure  und  Ämidophenylschwefelsäure.      161 

Von  den  übrigen  Salzen  der  Dibromphenylschwefelsäure 
habe  ich  aufser  dem  Blei*-  und  Silbersalz  noch  das  Kalisalz 
dargestellt,  ohne  weitere  analytische  Bestimmungen  mit  ihnen 
vorzunehmen.  Das  Bleisalz  wie  das  Silbersalz  ist  in  kaltem 
Wasser  schwer  löslich ,  und  entsteht  direct  durch  Fällen  der 
freien  Säure  mit  neutralem  essigsaurem  Bleioxyd  resp.  sal- 
petersaurem Silberoxyd.  Man  kann  beide  aus  heifsem  Wasser 
in  schönen  Nadeln  krystallisirt  bekommen.  Das  Kalisalz  ist 
in  kaltem  Wasser  leicht  löslich,  es  krystallisirt  in  kleinen 
Nadeln,  wenn  man  die  freie  wässerige  Säure  durch  kohlen- 
saures Kali  neutralisirt  und  im  Wasserbad  eindampft. 

Oxydibromphenylschwefehänre. 

4 

Durch  kochendes  Wasser  wird  die  Diazodibromphenyl- 
schwefelsäure  unter  Ausgabe  allen  Stickstoffs  vollständig  zer- 
legt. Ich  habe  mich  begnügt,  aus  der  so  erhaltenen  zwei- 
fach-gebromten  Oxysäure  das  Barytsalz  darzustellen.  Neutralisirt 
man  die  aus  der  Diazoverbindung  durch  Kochen  mit  Wasser 
erhaltene  saure  Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Ammoniak  und 
dampft  sie  im  Wasserbad  vollkommen  zur  Trockenheit,  so 
erhält  man  das  Ammoniaksalz  als  strahlig  -  gelbgefärbte  kry- 
stallinische  Hasse.  Die  wässerige  ziemlich  concentrirte  Lö- 
sung des  Salzes  wird  durch  Chlorbaryum  gefällt.  Das  so 
erhaltene,  durch  Umkrystallisiren  gereinigte  Barytsalz  stellt 
einen  schönen  nadeiförmigen  Körper  dar  und  gleicht  in  seinem 
Aeufseren  sehr  dem  dibromphenylschwefelsauren  Baryt. 

I.  0,461  Grm.  bei  100*  C.  getrockneter  Substanz  lieferten  mit 
cbrom saurem  Bleioxyd  verbrannt  0,8065  Grm.  Kohlensäure 
und  0,044  Grm.  Wasser. 

II.     0,8035  Grm.  in  Wasser  gelöste  Substanz  lieferten  mit  Schwefel- 
säure gefällt  0,227  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 

Diese  analytischen  Daten  stimmen  ziemlich  mit  der  For- 
mel des  oxydibromphenylschwefelsauren  Baryts  überein. 

Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  CXX.  Bd.  8.  Heft.  11 


162  Schmitt^  Beitrag  zur  Kenntnifs 

Die  Formel  verlanget  : 

18,0  pC.  Kohlenstoff;  0,7  Wasserstoff  und  16,2  Ba. 

Durch  die  Analyse  wurde  gfefunden  : 

18,2  pC.  Kohlenstoff,  1,0  Wasserstoff  und  16,2  Ba. 

Aufserdem  wurde  festgestellt,   dafs   das   Salz  stickstoff- 
frei ist. 

Einwirkung    des    Schwefelwasserstoffs   auf  die   Diazophen^l- 

schwefelsäure. 

Leitet  man  in  Wasser,  worin  Diazophenylschwefelsäore 
suspendirt  ist,  Schwefelwasserstoff  ein,  so  beobachtet  man  schon 
nach  dem  Eintreten  der  ersten  Gasblasen  eine  lebhafte  Stick- 
stoffentwickelung. Nach  einiger  Zeit  ist  alle  feste  Säure  ver- 
schwunden und  man  hat  eine  röthlichgelbe  trübe  Flüssigkeit 
von  eigenthümlichem  9  nicht  von  reinem  Schwefelwasserstoff 
herrührendem  Geruch.  Dieselbe  trübt  sich  an  der  Luft  noch 
htehr  und  setzt  eine  nicht  unbedeutende  Menge  Schwefel  ab. 
Die  Ausscheidung  von  Schwefel  geht  viel  rascher  von  statten, 
sobald  man  die  Flüssigkeit  kocht ;  der  Schwefel  setzt  sich  in 
diesem  \Fali  krystallinisch  ab  und  die  röthüche  Lösung  ist 
nach  einiger  Zeit  voUkofmmen  klar.  Dampft  man  dieselbe^ 
nachdem  der  Schwefel  durch  Filtration  entfernt  ist,  im  Wasser- 
bade ein^  so  erhält  ihilii  eine  schuppig-krystallinische  Masi^. 
Um  die  färberMe  Subsfhriz  -zu  entfernen,  habe  ich  dieselbe 
zwischen  Fliefspapier  «usg:i^prerst  und  in  kochendem  Wasser 
unter  Zhi^tz  vdn  Thierkohle  aufgelöst;  aus  der  farblosen  Lö- 
sung krystallisirten  bei  dem  Erkalten  schöne  rhombische 
Tafeln  aus,  die  in  ihrer  Krystallform  ganz  der  Sulfanilidsäure 
gleichen.  Das  Verhalten  der  auf  diese  Weise  dargestellten 
Substanz  gegen  Brom  —  ich  habe  sowohl  Tribromanilin,  als 
auch  Dibromsulfanilidsäure  aus  derselben  erhalten  —  sowie 
ihre  Löslichkeit  lassen  keinen  Zweifel,  dafs  diese  durch  öfteres 
Umkrystallisiren    erhaltene   reine    Säure    Sulfanilidsäure    ist. 


der  Sulfanüidsäure  und  Amidophenyhchwefelsäure,     163 

Die  Zahlen,  welche  ich  durch  eine  Verbrennung  mit  der 
reinen  Säure  für  den  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  bekommen 
habe,  stimmen  auch  ganz  genau  mit  den  für  die  Sulfanüid- 
säure berechneten  überein. 

Bei  dieser  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  auf  die 
Diazophenylschwefelsäure  entwickelt  sich  also  nur  ein  Aeq. 
Stickstoff  gasförmig,  —  diese  Thatsache  habe  ich  auch  direct 
quantitativ  festgestellt,  —  während  das  andere  in  der  Verbindung 
zurückbleibt,  welche  noch  3  Aeq.  Wasserstoff  unter  Aus- 
scheidung des  betreffenden  Schwefels  aus  dem  Schwefelwas- 
serstoff aufnimmt.  Die  Zerlegung  veranschaulicht  folgende 
Gleichung  : 

CigH^NgSsOe  +  3  HS  =  C^gHyNggOe  +  3  S  +  N 
DiazophenylschTvefelsäure        Sulfanilidsäure. 

Ich  theile  diese  Reaction,  bei  welcher  sich  die  beiden 
gleichwerthigen  Stickstoffatome  in  der  Diazophenylschwefel- 
säure so  verschieden  verhalten,  erst  als  vorläufige  Notiz  mit, 
da  ich  aus  der  Beobachtung,  dafs  das  gleiche  Reagens  bei 
der  Diazodibromphenylschwefelsäure  nicht  die  Bildung  von 
Dibromsulfanilidsäure ,  wohl  aber  einer  mit  dieser  isomeren 
Säure  veranlafst,  schliefse,  dafs  die  Einwirkung  des  Schwefel- 
wasserstoffs auf  diese  Diazosäuren  nicht  so  einfach  ist.  Ich 
hoffe  bald  Weiteres  mittheilen  zu  können. 

Amidophenylschwefelaäure, 

Laurent  stellte  diese  der  Sulfanilidsäure  isomere  Säure 
zuerst  durch  Behandlung  des  nitrophenylschwefelsauren 
Ammoniaks  mit  Schwefelwasserstoff  dar.  "^3  Die  zur  Amidirung 
von  mir  gebrauchte   Nitrophenylschwefelsäure  ist  durch  Be- 


*)  Compt  r^nd.  XXXI,  538  (1860). 

i1  ♦ 


i  64  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnifs 

handlung  des  Nitrobenzols  *}  mit  stark  rauchender  Schwefel- 
säure in  folgender  Weise  gewonnen.  Es  wurden  in  einem 
enghalsigen  Kolben  1  Thi.  Nitrobenzol  mit  5  bis  6  Thin, 
Schwefelsäure  gemischt,  hierbei  findet  keine  bedeutende  Tem- 
peraturerhöhung statt.  Die  Mischung  wurde  unter  öfterem 
Umschütteln  an  einem  mäfsig  warmen  Orte  des  Sandbades 
mehrere  Tage  stehen  gelassen ,  bis  einige  Tropfen  des  Ge- 
menges, in  Wasser  gebracht,  keine  ölige  Ausscheidung  von 
Nitrobenzol  mehr  zeigten.  Dieser  grofse  Ueberschufs  von 
Schwefelsäure  scheint  defshalb  nöthig  zu  sein,  weil  bei  der 
Einwirkung  eine  gewisse  Temperatur  nicht  überschritten  wer- 
den darf.  Steigert  man  nämlich  dieselbe,  so  findet  unter 
starker  Erhitzung  eine  so  heftige  Reaction  statt,  dafs  der 
ganze  Inhalt  des  Kolbens  unter  reichlicher  Entwickelung  von 
schwefliger  Säure  verkohlt.  Die  dickflüssige  Masse  wird  nach 
und  nach  unter  Verhütung  von  zu  starker  Erwärmung  mit 
viel  Wasser  verdünnt  und  mit  kohlensaurem  Bleiokyd  neu- 
tralisirt.  Durch  Aufkochen  des  dünnflüssigen  Brei's  in  einer 
Porcellanschale  und  Abfiltriren  erhält  man  eine  klare  farb- 
lose Lösung  des  nitrophenylschwefelsauren  Bleioxyds.  Diese 
wurde  durch  Schwefelwasserstoff'  zerlegt  und  die  vom  Schwe- 
felblei abfiltrirte  wässerige  Säure  durch  kohlensauren  Baryt 
neutralisirt.  Das  Barytsalz  wird  mittelst  Concentration  der 
Flüssigkeit  in  warzenförmigen  Krystalien  erhalten,  von  deren 
Reinheit  ich  mich  durch  die  Analyse  überzeugte.  Dieses 
Salz  benutzte  ich  zur  Darstellung  der  Amidosäure  in  der  Art, 
dafs  ich  es  in  viel  Wasser  löste,  einen  grofsen  Ueber- 
schufs von  Barythydrat  zusetzte,  und  hierauf  so  lange  Schwe- 
felwasserstoff^ einleitete),  bis  der  intensiv  bittere  Geschmack 
der  Nitrosäure  nicht  mehr  bemerkbar  war.    In  der  sehr  braun- 


*)  Dasselbe  bereitete  ich  mir  aas  reinem,   durch  Destillation  von 
benzogsaurem  Natron  mit  Kalkhydrat  erhaltenen  BenzoL 


der  Sulfanilid säure  nnd  Amtdophenylschwefelsäure,      165 

rothen  Flüssigkeit  hatte  sich  eine  grofse  Menge  Schwefel 
und  unterschwefligsaurer  Baryt  abgeschieden,  welche  nach 
einmaligem  Aufkochen  der  Flüssigkeit  abfiltrirt  wurden.  Um 
sicher  zu  sein,  dafs  die  Amidirung  vollständig  vor  sich  ge- 
gangen sei,  wurde  noch  einmal  längere  Zeit  Schwefelwasser- 
stoff in  das  Filtrat  eingeleitet  und  der  heim  Aufkochen  sich 
etwa  wieder  ausscheidende  Schwefel  durch  Filtration  getrennt. 
Durch  Fällen  des  Baryts  mit  einer  gerade  hinreichenden 
Menge  von  Schwefelsäure  hekommt  man  die  freie  wässerige 
Amidophenylschwefelsäure. 

Diese  wird  durch  Concentrirung  der  Flüssigkeit  im  Was- 
serbad in  schönen,  farblosen,  langen  und  spiefsigen  Kry- 
stallen  erhalten.  Ist  die  Flüssigkeit  sehr  concenirirt,  so  ge- 
steht sie  zu  einem  Ki^ystallbrei  aus  kleinen  Nädelchen,  welche 
kugelförmig  gruppirt  sind.  Ich  habe  niemals  eine  Krystalli- 
sation  in  rhombischen  Tafeln  erhalten,  in  welchen  unter  allen 
Umständen  die  Sulfanilidsäure  aus  Wasser  krystallisirt.  Die 
Krystalle  enthalten  auch  nicht,  wie  die  der  Sulfanilidsäure, 
zwei,  sondern  drei  Aeq.  Krystallwasser,  welches  sie  wie  jene 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  theilweise,  vollständig  aber  bei 
100®  C.  verlieren.  Bei  dieser  Verwitterung  geht  ihr  Glanz 
und  ihre  Durchsichtigkeit  verloren,  sie  nehmen  eine  weifse 
undurchsichtige  Farbe  an.  % 

Zum  Beweis,  dafs  ich  es  mit  reiner  Amidophenylschwefel- 
säure zu  thun  hatte,  dient  folgende  Analyse  : 

0,48  Gnn.  wasserfreie  Substanz  mit  Kupferoxyd  unter  Vorlegung 
von  chromsaurem  Blei  und  später  im  Sauerstoffstrom  verbrannt 
Heferten  0,733  Grni.  Kohlensäure  und  0,187  Grm.  Wasser,  ent- 
sprechend 41,6  pC.  C  und  4,3  H. 

0,3815  Grm.  Substanz  von  derselben  Beschaffenheit  und  eben  so 
verbrannt  lieferten  0,684  Grm.  Kohlensäure  und  0,144 Grm.  Wasser, 
entsprechend  41,6  pC.  C  und  4,1  H. 

^     Aus  der  Formel  berechnen  sich  : 

41,6  pC.  C  und  4^0  H. 


166  Schmitt,  Beitrag  zur  Kenntnifs 

3,268  Grm.  zwischen  Fliefspapier  getrocknet  verloren  0,426  Gnn. 
Wasser  =  13,3  pC.    Drei  Aeq.  verlangen  13,5  pC. 

Die  Amidosäure  ist  wie  die  Sulfanilidsäure  in  Aether  und 
Alkohol  fast  unlöslich,  in  kaltem  Wasser  schwer,  leicht  in  heifsem 
Wasser  löslich.  Jedoch  ist  ihre  Löslichkeit  in  kaltem  Wasser  be- 
deutender wie  die  der  Sulfanilidsäure.  Da  mir  zur  Zeit  mei- 
nes Versuches  kein  Eis  zu  Gebote  stand,  so  wurde  die  Lös- 
lichkeit in  der  Art  bestimmt,  dafs  eine  heifs  gesättigte  Lösung 
von  Amidosäure  in  einem  Zimmer  mit  ziemlich  gleichmäfsiger 
Temperatur  von  15^0.  erkalten  gelassen  wurde.  Nach  längerer 
Zeit  trennte  ich  durch  rasche  Filtration  die  ausgeschiedenen 
Krystalle  von  der  Flüssigkeit.  Zu  derselben  Zeit  und  auf 
dieselbe  Weise^wurde  eine  Lösung  von  Sulfanilidsäure  dargestellt. 

40  CG.  von  der  Losung  der  Amidosäure  verlangten  3,4  CG.  Natron- 
lauge, während  40  GG.  Sulfanilidsäurelösung  2,0  GG.  derselben 
Lauge  erforderten.  Diese  Bestimmungen  wurden  mehrmals  mit 
verschiedenen  Mengen  der  beiden  Flüssigkeiten  wiederholt  und 
lieferten  jedesmal  ziemlich  übereinstimmende  Resultate. 

Demnach  bedarf  i  Tbl.  Sulfanilidsäure  il2  Tbl.  Wasser 
von  15^  C.  zur  Lösung,  während  1  Tbl.  Amidosäure  nur 
68  Tbl.  Wasser  von  derselben  Temperatur  erfordert. 

Auch  gegen  Brom  verhält  sich  die  Amidophenylschwefel- 
säure  ganz  verschieden  von  der  Sulfanilidsäure.  Man  be- 
kommt zwar  aus  sehr  concentrirten  Lösungen  derselben  dorch 
Brom  eine  Trübung,  jedoch  niemals  aus  der  vom  Niederschlag 
abfiltrirten  Flüssigkeit  durch  Chlörbaryum  eine  Fällung. 

Diese  angeführten  Reactionen  berechtigen  schon  voll- 
kommen zu  dem  Schlüsse,  dafs  die  theoretische  Annahme  von 
Kolbe,  die  Amidosäure  sei  eine  von  der  Sulfanilidsäure 
durchaus  verschiedene,  ihre  Richtigkeit  habe.  Eine  weitere 
Bestätigung  erhielt  ich  durch  Yergleichung  der  analogen  Salze 
der  beiden  Säuren,  die  sich  so  wesentlich  schon  in  ihrer 
Krystallform  unterscheiden,  dafs  kein  Zweifel  mehr  über  die 
Verschiedenheit  der  beiden  Säuren  sein  kann. 


der  Sulfaniltdsäure  und  Amidophenylschwefelsäure,       167 

Da  Brom  auf  alle  Verbindungen,  in  welchen  der  Typus 
des  Anilids  erbalten  ist,  in  der  Art  zu  wirken  scheint,  dars 
Tribromanitin  gebildet  wird,  und  diese  Reaction  nicht  bei  der 
Amidophenylschwefelsäure,  wohl  aber  bei  der  Sulfanilidsäure 
eintrifft^  so  ist  die  Verschiedenheit  der  beiden  Säuren,  wie 
das  Kolba  vermuthet  hat,  jedenfalls  in  der  Natur  des 
Amids  zu  suchen.  Die  Frage  aber,  ob  in  beiden  Säuren 
gleiche  oder  verschiedene  Radicale  enthalten  sind,  ist  durch 
meine  Beobachtungen  eben  so  wenig,  wie  bei  der  Benzamin- 
säure  und  Anthranilsäure,  entschieden. 

Durch  Nitrirung  und  Amidirung  der  Phenylschwefelsäure, 
welche  ich  von  der  Sulfanilidsäure  abgeleitet  habe  (s.  S.  152) 
und  die  gewifs  das  gleiche  Radical  wie  jene  hat,  wird  voraus- 
sichtlich eine  Amidosäure  entstehen,  welche  nicht  Anilid,  son- 
dern Amidophenyl  enthält.  Haben  die  Sulfanilidsäure  und 
Amidophenylschwefelsäure  gleiche  Radicale,  so  wird  diese 
Säure  wirklich  die  Amidophenylschwefelsäure,  im  anderen 
Falle  jedoch  nur  eine  damit  isomere  Säure  sein.  Auf  diese 
Weise  läfst  sich  violleicht  Aufschlufs  über  jene  Frage  erhalten. 


lieber  einige  Reactionen  des  Bromamylens; 

von  A.  Bauer  ^). 


Mit  Untersuchungen  über  das  Amylenoxyd  beschäftigt^ 
war  ich  genöthigt,  gröfsere  Quantitäten  von  Bromamylen  dar- 
zustellen;  und  benutzte  diese  Gelegenheit^  um  auch  diesen 
Körper   näher  zu  studiren,   da  über  denselben  eben  so  wie 


*)  Im  Auszug  aus  den    Sitzungsberichten  der  kais.  Academie    der 
Wissenschaften  in  Wien  mitgetheilt 


168  Bauer,  über  einige 

über  seine  Derivate  aufser  den  kurzen  Hittheilungen  von 
Cabours*)  nur  wenig  bekannt  geworden  ist.  Der  Umstand, 
dafs  das  Amylenglycol  sowohl^  als  insbesondere  das  Amylen- 
oxyd  in  manchen  Reaclionen  ein  wesentlich  anderes  Verhalten 
zeigen,  wie  ihre  Homologen  niederer  Ordnung,  bewog  mich, 
dem  Bromamylcn  eine  gröfsere  Aufmerksamkeit  zu  schenken, 
indem  vermuthet  werden  konnte,  dafs  auch  dieser  Körper 
sich  in  mancher  .Beziehung  anders  verhält,  als  die  homologen 
Brom-Verbindungen.  Man  kann  in  der  Thal  beim  Bromamylen 
beobachten,  dafs  es  sich  in  einer  ganzen  Reihe  von  Reactionen 
auf  zweierlei  Arten  zerlegt. 

Einmal  sieht  man  das  Molecul  ^sHio  als  Radical  austreten; 
ein  anderesmal  hingegen  scheidet  sich  ein  Aequivalent  Wasser- 
stoff vom  Amylen  und  wird  durch  Brom  ersetzt,  es  entsteht 
das  gebromte  Amylen  ^sHoBr,  welches  selbst  wieder  wie  das 
Amylen  als  zweiatomiges  Radical  auftritt. 

Einwirkung  von  essigsaurem  Kali  oder  essigsaurem  Sä- 
beroxyd  auf  das  Bromamylen,  —  Die  Einwirkung  des  essig- 
sauren Silberoxydes  sowohl  als  die  des  essigsauren  Kali's 
auf  Bromamylen  versinnlichen  beide  Arten  von  doppelter 
Zerlegung,  deren  das  Bromamylen  unter  gleichen  Umständen 
fähig  ist,  je  nachdem  zwei  oder  ein  Aequivalente  des  Acetates 
in  den  Procefs  treten. 

Im  ersten  Falle  wird,  wie  Wurtz  zeigte,  nach  der 
Gleichung 


<H.oBr,  +  2(eJ.ol^)=  (effe!^«  +    2KBr 


Bromkalium  und  zweifach-essigsaures  Amylenglycol  gebildet; 
im  zweiten  Falle,  den  folgende  Gleichung  versinnlicht  : 


^H.oBr,  +  ej      |ö  =  e.H,Br  +      «      |ö  +  BrK 


*)  Compt  rend.  XXXl,  294. 


Beacttonen  des  Bromamylens.  169 

entsteht  neben  Bromkaliam  und  Essigsäure  das  gebromte 
Amylen,  dessen  oben  erwähnt  wurde,  und  welches  von 
Cahours  zuerst  dargestellt  worden  ist. 

Man  kann  auch  bei  der  Einwirkung  des  dem  Brom- 
amylen  homologen  Bromäthylens  GsH^Bra  auf  essigsaures 
Silberoxyd  oder  essigsaures  Kali  das  Vorsichgehen  dieser 
beiden  Processe  beobachten.  Aber  hier  ist  der  zweitgenannte, 
nämlich  der  die  Entstehung  des  gebromten  Aethylens  GsHsBr 
veranlassende  Procers  dem  ersten,  der  die  Bildung  von  essig- 
saurem  Aethylenglycol  zur  Folge  hat,    sehr   untergeordnet. 

Beim  Bromamyien  hingegen  kann  man  beide  Processe 
sehr  leicht  nebeneinander  beobachten.  Bei  der  Einwirkung 
von  essigsaurem  Siiberoxyd  bildet  sich  allerdings  sehr  wenig 
gebromtes  Amylen  und  scheint  dessen  Bildung  durch  eine 
heftige  Einwirkung  beider  Körper  auf  einander  begünstigt  zu 
werden.  Wendet  man  nach  der,  von  Atkinson  zur  Dar- 
stellung des  Aethylenglycols  angegebenen  Methode  statt  essig- 
sauren Silberoxyds  das  essigsaure  Kali  an,  so  überzeugt  man 
sich  bald,  dafs  bei  dieser  Methode  quantitativ  so  schlechte 
Resultate  erhalten  werden,  dafs  ich  bei  der  Darstellung  des 
Amylglycols  stets  der  Anwendung  des  Silbersalzes  den 
Vorzug  gegeben  habe.  Der  Grund  ist  eben  der,  dafs  bei  der 
Anwendung  von  Kalisalz  neben  Glycolacetat  eine  beträchtliche 
Menge  von  gebromtem  Amylen  entsteht,  auf  welches  weder 
das  essigsai^re  Kali»  noch  das  essigsaure  Silberoxyd  weiter 
einwirkt. 

Darstellung  und  Eigenschaften  des  einfach- gehromten 
Amylens  und  seiner  Bromverhindung»  —  Es  entsteht  das  ge- 
bromte Amylen  nach  Cahours  aus  dem  Bromamyien  stets, 
wenn  man  auf  dasselbe  weingeistige  Kalilösung  einwirken 
läfst,  nach  der  Gleichung  : 

GjHioBr,  +  ^lo  =  G^^fir  +  H,0  +  KBr. 


170  Bauer j  über  einige 

Zu  seiner  Darstellung  ist  es  am  zweckmäfsigsten,  folgendes 
Verfahren  einzuhalten.  Das  Bromamylen  wird  in  einem  ent- 
sprechenden Gefäfs  mit  sehr  concentrirter  alkoholischer  Kali- 
lösung  zusammengebracht  und  nöthigenfalls  so  viel  absoluter 
Alkohol  zugesetzt,  bis  sich  beide  Flüssigkeiten  gut  mischen. 
Man  giebt  unter  beständigem  Umschütteln  so  viel  Kalilösung 
zu,  bis  die  Flüssigkeit  nach  einigem  minutenlangem  Stehen 
stark  alkalisch  ist.  Es  bildet  sich  hierbei  ein  bedeutender 
Absatz  von  Bromkalium;  dieser  wird  abfiltrirt,  der  Niederschlag 
mit  möglichst  wenig  Alkohol  ausgewaschen  und  die  abgelaufene 
klare  Flüssigkeit  abdestillirt,  wobei  man  nicht  versäumen  darf, 
einige  Platindrähte  in  dieselbe  zu  legen.  Man  destillirt  bis 
fast  zur  Trockenheit. 

Der  Rückstand  mufs  mit  Wasser  behandelt  diesem  eine 
stark  alkalische  Reaction  ertheilen.  Sollte  diefs  nicht  der 
Fall  sein,  so  mufs  im  alkoholischen  Destillat  etwas  Kali  auf- 
gelöst und  dasselbe  nochmals  der  Destillation  unterworfen 
werden.  Das  Destillat  wird  hierauf  mit  viel  Wasser  gemischt, 
wodurch  es  sich  trübt  und  das  gebromte  Amylen  ausscheidet. 

Nach  einigen  Stunden  ist  diefs  vollständig  beendigt;  man 
trennt  die  untere  Schichte  mit  einem  Scheidetrichter  von  der 
oberen,  welche  Wasser  ist,  und  unterwirft  dieselbe  der  theil- 
weisen  fractionirten  Destillation. 

Sie  beginnt  bei  75  bis  80^  zu  kochen,  der  Kochpunkt 
steigt  aber  beständig  und  hält  sich  am  längsten  zwischen 
100  und  1100.    Man  destillirt  bis  130^  ab. 

Bei  dieser  Temperatur  geht  aber  schon  eine  Zerlegung 
vor  sich,  die  Flüssigkeit  bräunt  sich,  und  erhitzt  man  noch 
weiter,  so  steigt  das  Thermometer  unter  Schwärzung  des 
Rückstandes,  Abscheidung  von  Kohle  und  Bildung  von  Brom- 
wasserstoff bis  auf  200^ 

Das  so  erhaltene  gebromte  Amylen  ist  eine  völlig  wasser- 
klare, nicht  unangenehm  riechende,  leicht  bewegliche  Flüssig- 


Reactionen  des  Bromamylens.  ITl 

keit,  welche  an  der  Lafl  braun  wird.  In  seinem  Verhalten 
gegen  Brom  zeigt  es  die  gröfsle  Aehnlichkeit  mit  dem  Amylen 
selbst  und  verbindet  sich  mit  demselben  zu  einer  dem  Brom- 

Br  /  . 
amylen  entsprechenden  Verbindung  ^sHeg^  .  Diese  Verbin- 
dung bildet  sich  auch  auf  eine  ganz  ähnliche  Weise  wie  das 
Bromamylen.  Um  sie  darzustellen,  mufs  man  das  gebromte 
Amylen  in  einen  langhalsigen  Ballon  bringen,  welcher  mit 
einer  Kältemischung  umgeben  ist,  und  die  für  zwei  Aequi- 
valente  erforderliche  Menge  Brom  tropfenweise  zugeben. 
Jeder  Tropfen  Brom  verbindet  sich  dabei  unter  Zischen  und 
grofser  Temperaturerhöhung  mit  dem  gebromten  Amylen.  in 
dem  Mafse  als  das  Brom  zugegeben  wird,  wird  die  Masse 
dick  und  erstarrt  endlich  zu  einem  festen  rothbraunen  Magma. 
Dieses  wird  nun  herausgenommen,  zu  wiederholtenmalen 
zwischen  Fliefspapier  ausgeprefst  und  aus  der  ätherischen 
Lösung  umkrystallisirt. 

Die  so  erhaltene  Bromverbindung  GsHgBrs  krystallisirt 
aus  der  alkoholischen  oder  ätherischen  Lösung  in  weifsen 
Nadeln  und  hat  einen  ganz  an  Campher  erinnernden  Geruch 
und  Geschmack.  In  Aether  löst  sie  sich  sehr  leicht,  in  Alkohol 
schwerer,  in  Wasser  ist  sie  unlöslich  und  wird  durch  das- 
selbe aus  der  alkoholischen  Lösung  in  krystallinischem  Zu- 
stande gefällt.  Die  Kryslalle  sind  elastisch;  bei  einem  Versuche 
sie  zu  zerreiben  bieten  sie  dieselben  Schwierigkeiten  dar,  wie 
der  Campher.  Sie  sublimiren  beim  Erhitzen  in  einer  Röhre 
unter  theilweiser  Zersetzung  und  ohne  vorher  zu  schmelzen, 
wie  diefs  beim  Kampher  der  Fall  ist.  Mit  alkoholischer  Kali- 
lösung erwärmt  wird  die  alkoholische  Lösung  dieser  Brom- 
verbindung langsam  unter  Bildung  von  Bromkalium  zerlegt, 
es  bildet  sich  der  Körper  ^öHsBrg. 

Gegen  Chlor  zeigt  das  gebromte  Amylen  ein  ähnliches 
Verhalten  wie  gegen  Brom.     Es  verbindet  sich  mit  demselben 


172  Bauer,   über  einige 

unter   Temperaturerhöhung   zu   einer   weifsen    krystallisirten 

Br 

Verbindung  von  der  Zusammensetzung  GsHgp. 

Es  war  mir  jedoch  bisher  nicht  möglich,  diesen  Körper 
in  reinem  Znstande  darzustellen.  Erstens,  da  bei  der  Ein- 
wirkung von  Chlorgas  auf  gebromtes  Amylen  noch  andere 
Processe  vor  sich  gehen,  und  zweitens,  weil  die  hierbei  ent- 
standenen Producte  sich  bei  der  Destillation  theilweise  unter 
Bildung  von  ChlorwasserstoiTsäure  zerlegen. 

Einwirkung  des  Natriumamylalkoholats  auf  Bromamylen» 
—  Ich  habe  gleich  Eingangs  auf  die  zweierlei  Processe  auf- 
merksam gemacht,  denen  das  Bromamylen  folgen  kann.  Es 
schien  mir  in  dieser  Beziehung  von  einigem  Interesse  zu 
sein ,  die  Einwirkung  des  Bromamylens  auf  Natriumamyl- 
alkoholat  kennen  zu  lernen.  Es  war  zu  erwarten ,  dafs  ent- 
weder nach  folgender  Gleichung 

Na"l^)  -=€5Hn[Os  +  2  BrNa 

Amylamylenglycol  erhalten  werde,  wobei  also  das  zweibasische 
Badical  Amylen  als  solches  an  die  Stelle  der  zwei  Aequi- 
valente  Natrium  treten  würde;  oder  dafs  nach  folgender 
Gleichung  : 

^5ÜioJ5r«  i-     Na  7^  ■"    Na  l""^«  ^       H    (^ 

eine  dem  gebromten  Bromamylen  ^sHsBr .  Brg  analog  zu- 
sammengesetzte Verbindung  entstehe,  in  der  das  Natrium 
an  die  Stelle  eines  Aequivalentes  Brom^  oder  was  dasselbe 
ist,  eines  Aequivalentes  Wasserstoff  im  Amylen  getreten  ist. 
Beide  Vermuibungen  haben  sich  nicht  bestätigt.  10  Gramme 
Bromamylen  wurden  mit  10  Grammen  von  in  kleine  Stücke 
zerschnittenem  Natriumalkohoiat  in  einen  Kolben  gethan  und 
dieser  mit  einem  Kork  geschlossen ,  in  dessen  Bohrung  eine 
Glasspirale  befestigt   war,  die  mit  Wasser  umgeben  wurde. 


Reactionen   des  Bromamylens,  173 

so  dafs  alle  sich  entwickelnden  Dämpfe  nach  ihrer  Conden- 
sation  in  der  Spirale  wieder  in  den  Ballon  zurückfliefsen 
mufsten.  Das  Ganze  wurde  hierauf  schwach  erwärmt,  wobei 
eine  heftige  Reaction  eintrat. 

Nach  Beendigung  dieser  Reaction  wurde  die  erhaltene 
Flüssigkeit  von  dem  abgeschiedenen  Bromnatrium  getrennt 
und  der  fraclionirten  Destillation  unterworfen.  Sie  Bng  bei 
75^  zu  kochen  an,  das  Thermometer  stieg  dann  bis  gegen 
120^  und  hielt  sich  einige  Zeit  bei  dieser  Temperatur,  stieg 
dann  auf  130^,  blieb  zwischen  130  und  135^,  und  erreichte 
unter  Destillation  eines  angenehm  riechenden  Productes  die 
Temperatur  von  170  bis  190®'. 

Der  Rückstand  reagirte  sehr  stark  alkalisch.  Der  zuerst 
übergegangene  Theil  wurde  der  Analyse  unterworfen, 
welche,  wie  schon  aus  seinen  übrigen  Eigenschaften  ge- 
schlossen werden  konnte,  bestätigte,  dafs  es  gebromtes  Amylen 
GöHsBr  war. 

Der  bei  130  bis  135®  übergegangene  Theil  wurde  noch- 
mals fractionirt,  um  ihn  reiner  darzustellen,  und  dann  eben- 
falls analysirt.  Dieser  Körper  erwies  sich,  wie  zu  erwarten 
war,  als  Amylalkohol. 

Der  Procefs  also,  welcher  bei  der  Einwirkung  von  Natrium- 
roylalkoholat  auf  Bromamylen  vor  sich  geht,  wird  durch 
folgende  Gleichung  versinnlicht  : 

Die  Verbindung  GsHdNaBrg  existirt  entweder  gar  nicht, 
oder  zerlegt  sich  unter  den  bei  diesem  Processe  obwaltenden 

Umständen  in  gebromtes  Amylen  und  Bromnatrium. 

Aehnlich  dieser  Reaction  ist  die  Einwirkung  des  Natriums 
oder  Kaliums  auf  Bromamylen. 

Reaction  des  Natriums  und  Kaliums  a/uf  Bromamylen*  — 
Es  schien  mir  von  besonderer  Wichtigkeit,  diese  Reaction  zu 


174  Bauer,  über  einige 

Studiren,  da  es  wahrscheinlich  war,  dafs  hierbei  keine  glatte 
Ausscheidung  des  Amylens  erfolgen  werde.  Es  scheint  mir 
beim  Amylen  die  Tendenz  zur  Bildung  des  gebromten  Amylens^ 
mithin  zur  Ausscheidung  eines  Aequivalentes  von  Wasserstoff 
in  erhöhterem  Mafse  vorhanden  zu  sein,  als  bei  den  homologen 
Kohlenwasserstoffen  niederer  Ordnung,  wie  beim  Aethylen  ^%}Ai. 

Thann  und  Wanklyn^J  haben  die  Einwirkung  des 
Natriums  auf  Jodäthylen  studirt  und  gezeigt,  dafs  hierbei  nach 
der  Gleichung 

«ÄJ«  +  Na«  =  2  JNa  +  OgH^ 

das  Aethylen  ausgeschieden  und  Jodnatrium  gebildet  wird, 
woraus  sie  den  Schlufs  ziehen ,  dafs  das  Aethylen  mit  demselben 
Rechte  als  das  Radicai  des  Glycois  zu  betrachten  sei ,  wie 
man  das  Aethyl  als  das  Radicai  des  Weinalkohols  betrachtet. 
Da  es  durch  die  Untersuchung  von  Wurtz  bereits  un- 
zweifelhaft festgestellt  wurde,  dafs  das  Amylen  so  wie  das 
Aethylen  als  die  Radicale  der  entsprechenden  Glycole  be- 
trachtet werden  müssen,  so  schien  es  von  höchster  Wichtig- 
keit, durch  Wiederholung  des  oben  für  Bromäthylen  ange- 
gebenen Versuches  für  die  entsprechende  Amylenverbindung 
zu  entscheiden,  ob  auch  hier  die  Reaction  auf  dieselbe  Weise 
vor  sich  gehe. 

Wenn,  wie  ich  vermuthete»  diefs  nicht  der  Fall  ist,  son- 
dern nur  eine  theilweise  Ausscheidung  des  Amylens  erfolgt, 
während  andererseits  eine  Ausscheidung  eines  Aequivalentes 
Wasserstoff  und  eine  Bildung  des  gebromten  Amylens  ein- 
treten würde,  so  könnte  angenommen  werden,  dafs  das 
Amylen,  wenn  auch  in  den  meisten  Fällen  als  zweiatomiges 
Radicai,  zwei  Atome  Wasserstoff  vertretend,  Reactionen  ein- 
geht,  so  doch  in   manchen  Fällen   in  einer  anderen  Weise 


*)  Diese  Annalen  CXII,  201. 


Reactionen  des  Bromamylens.  175 

auftritt  und  Reactionen  folgt,  deren  Charaliter  durch  die  Formel 
/i  II  »  III 

H  ^1  ^^^^  h1  **''5?®^''^<5'^*  >ird. 

Meine  Vermuthung  hat  sich  in  der  That  bestätigt;  ich 
überzeugte  mich,  dafs  bei  der  Einwirkung  von  Kalium  sowohl, 
wie  bei  der  Einwirkung  des  Zinkes  auf  Bromamylen,  zwei 
Processe  vor  sich  gehen,  die  durch  folgende  beide  Gleichungen 
versinnlicht  werden  : 

1.  CjHioBrjj  +  Na,  =  O^jo  +  2NaBr 

2.  GßHioBrg  +  Na  =  O^HeBr  +  NaBr  -(-  H. 

Ohne  aus  den  hier  angeführten  Versuchen  mit  Sicherheit 
schliefsen  zu  können,  dafs  man  dem  Amylen  neben  der  Formel 

GsHio  noch  die  ^  ^j*)  geben  Hidnne,  mufs  man  doch,  ge- 
zwungen durch  die  Reactionen,  die  das  Bromamylen  einzu- 
gehen im  Stande  ist,  demselben  neben  seiner  bisherigen  Formel 

rr 
■GH) 

^Br^(  ^^^^  ^'"^  andere  geben,  und  zwar  entspricht  die  fol- 

CsHgBrJ  u\ 

gende  den  angeführten  Thatsachen  :       H[  nach  Typus  u^|. 

Das  gebromte  Amylen  ^öHgBr  figurirt  hier  als  zweiatomiges 
Radical  neben  zwei  Atomen  Wasserstoff,  wovon  eines  durch 
Brom  ersetzt  ist. 

Sind  beide  Atome  Wasserstoff  des  Typus  durch  Brom 

ersetzt,  so  entsteht  das  oben  erwähnte  gebromte  Bromamylen 

-GöHeBr 

Brs] 

Das  Amylbromür  oder  ein  damit  isomerer  Körper  ent- 
spricht dieser  Formel,  wenn  beide  Wasserstoffäquivalente  un- 

vertreten  sind  :  ^^^^^{. 


*)  Weltzien,  syst.  Zusammenstellung  d.^rg.  Verb.  S.  219;    Knop, 
^andbuch  der  ehem.  Metboden  S.U72. 


176  Ueber  die  künstliche  Nachbildung 

Das  Amylhydrür,  dessen  Bildung  neben  dem  Amylen  ich 
kürzlich  nachgewiesen  habe,  kann  auch  als  eine  dem  Brom- 
amylen  entsprechend  zusammengesetzte  Verbindung  angesehen 
werden.  Die  zwei  Aequivalente  Brom  des  Bromamylens  sind 
in  demselben  durch  Wasserstoff  vertreten  und  es  entspricht 

der  Formel  ^'''*§J.  ] 

Die  Entstehung  des  dreifach-gechlorten  Amyiens  GsHtCIs 
aus  dem  dreifach-gechlorten  Chloramyl  GöHgCU,  die  ich  kürz- 
lich nachgewiesen  habe,  durch  Einwirkung  einer  weingeistigen 
Kalilösung  auf  letzteres ,  scheint  mir  Tür  diese  Annahme  zu 
sprechen. 


lieber  die  künstliche  Nachbildung  krystallisirter 

Minerahen. 


Ueber  die  künstliche  Nachbildung  krystallisirter  Mineralien 
sind  in  der  letzten  Zeit  mehrere  Aufsätze,  namentlich  von 
H.  Sainte-Claire-Deville,  veröffentlicht  worden,  deren 
wesentlichste  Resultate  wir  in  dem  Folgenden  zusammenstellen. 

Eine  erste  Hittheilung  Deville's*)  betrifft  die  Bildung 
des  Topas  und  des  Zirkons.  —  Deville  erinnert  zuerst  an 
seine  frühere  Wahrnehmung**),  dafs  Thonerde,  in  einer 
Porcelianröbre  zum  Hellrothglühen  erhitzt,  bei  dem  Ueber- 
leiten  von  Fluorsilicium  unter  Verflüchtigung  von  Fluor- 
aluminium  zu  einer  krystallinischen    Substanz   wird,    deren 


*)  Coinpt  rend.  LH,  780. 
•*)  Diese  Annalen  CVIII,  57. 


hystaüisirter  Mineralien.  177 

Krystallform  der  des  Staurolithes  ähnlich  und  deren  Zusammen- 
setzung die  des  letzteren  Minerals  (2AI2O8,  SiOj)  ist;  die 
Analysen  dieser  Substanz  ergaben  : 

geiiiiiden  berechnet 

Kieselsäure            29,1       29,5  SiOs         30,2 

'     Thonerde               70,9       70,2  2Alg08    69,8 

100,0       99,7  'iÖÖiÖ 

Deville  hatte  eine  solche  Substanz  auch  durch  die  Ein- 
wirkung von  Fluoraluminiumdampf  auf  Kieselsäure  erhalten. 
Als  der  Versuch  in  der  Art  angestellt  wurde,  dafs  in  eine 
vertical  stehende,  mit  abwechselnden  Schichten  von  Thonerde 
und  Kieselsäure  gefüllte  Porcellanröhre  bei  Hellrothglühhitze 
Fluorsiliciumgas  geleitet  wurde ,  wandelte  dieses  die  erste, 
aus  Thonerde  bestehende  Schichte  zu  der  Staurolith-Substanz 
unter  Bildung  von  Fluoraluminium  um,  dieses  die  folgende 
Kieselsäureschichte  zu  derselben  Substanz  unter  Bildung  von 
Fluorsilicium,  und  so  fort;  aus  der  letzten,  aus  Kieselsäure 
bestehenden  Schichte  trat  eben  so  viel  Fluorsilicium  aus,  als 
in  die  Röhre  geleitet  wurdet  Deville  hebt  hervor,  wie  hier 
eine  kleine  Menge  flüchtiger  Fluorverbindung  grofse  Mengen 
Thonerde  und  Kieselsäure  zu  krystaliisirter  Staurolith-Substanz 
umwandeln  kann. 

Für  den  Topas*}  fand  Deville  die  Vermuthung,  der- 
selbe könne  durch  die  Einwirkung  von  Fluorsilicium  auf  Thon- 
erde  bei  höherer  Temperatur  entstanden  sein,  nicht  bestätigt; 
unter  den  eben  angegebenen  Umständen  bildet  sich  nicht  nur 
kein  Topas,  sondern  in  die  Porcellanröhre  zu  der  Thonerde 
gebrachter  Topas   wird  sogar,  indem  er  22  pC.  an  Gewicht 


*)  Deville    giebt   nach  seinen  Analysen  die   Zusammensetzung  a> 
von  sächsischem,  b  von  brasilianischem  Topas  : 

SiOg  AlgOs  Si  Fl  Summe 

a  :     22,3  54,3  6,5  17,3  100,4 

b  :     25,1  53,8  6,8  16,7  100,4. 

Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  GXX.  Bd.  1.  Heft  \2 


x 


178  Ueher  die  künstliche  Nachbildung 

verliert,  zersetzt.  Deville  tritt  der  schon  früher  mehrfach 
ausgesprochenen  Ansicht  bei,  dafs  der  Topas  auf  nassem 
Wege  gebildet  sei. 

Auch  der  Chondrodit  oder  Humit  und  selbst  die  natürlich 
vorkommenden  fluorfreien  Silicate  von  Kalk  und  von  Magnesia 
können  sich  nicht  unter  Mitwirkung  von  Fluorsilicium  bilden. 
Magnesia  und  Kalk,  in  letzterem  Gase  erhitzt,  werden  zu 
amorphen  oder  krystallinischen  Substanzen,  deren  Zusammen- 
setzung in  keiner  Beziehung  zu  der  der  in  tiängen  und  mela- 
morphischen  Gesteinen  vorkommenden  Mineralien  steht.  Die 
Zusammensetzung  eines  solchen  mit  Magnesia  erhaltenen 
Products  entsprach  nahezu  dem  Aequivalentverhältnifs  SiOs, 
2MgO,  3  Mg,  3  Fl,  die  eines  mit  Kalk  erhaltenen  dem  Ver- 
hältnifs  SiOs,  CaO,  3  Ca,  3  Fl. 

Unter  Anwendung  von  Beryllerde,  welche  wie  die  Thon- 
erde  ein  flüchtiges  Chlorür  liefert,  hofifte  Deville  Phenakit 
zu  erhalten.  Als  er  bei  Hellrothglühhitze  Fluorsilicium  über 
Beryllerde  leitete,  erhielt  er  aufser  Fluorbieryllium  schöne 
Krystalle  von  noch  nicht  genauer  bestimmter  Form,  deren 
Zusammensetzung  (65^8  pC.  Kieselsäure,  33,3  Beryllerde, 
0,6  Eisenoxyd;  Summe  =  99,7)  aber  der  keines  bekannten 
Minerals  entspricht. 

Fluorsilicium  läfst  also  auf  trockenem  Wege  keines  von 
den  bis  jetzt  als  in  Gängen  auftretend  bekannten  Mineralien 
entstehen,  wohl  aber  den  in  vulkanischen  Bildungen  sich 
findenden  Zirkon.  Letzterer  bildet  sich  bei  der  Einwirkung 
von  Fluorsilicium  auf  Zirkonerde  in  sehr  deutlichen  Krystal- 
len,  quadratischen  Pyramiden  mit  123^20'  Endkantenwinkel. 
Auch  für  die  Entstehung,  dieses  Minerals  läfst  sich  zeigen, 
dafs  kleine  Mengen  flüchtiger  Fluorverbindung  grofse  Mengen 
Kieselsäure  und  Zirkonerde  zu  Zirkon  umzuwandeln  vermögen; 
läfst  man  bei  erhöhter  Temperatur,  entsprechend  wie  oben 
bei   dem  Versuch  über  Staurolilh-Bildung ,   Fluorsilicium   auf 


krystallisirter  Mineralien,  179 

Zirkonerde  einwirken,  welcher  eine  Schichte  Kieselsäure,  dann 
wieder  Zirkonerde  u.  s.  w.  folgt,  so  dafs  das  sich  bildende 
Fluorzirkonium  auf  Kieselsäure  und  das  hier  entstehende 
Pluorsilicium  wiederum  auf  Zirkonerde  einwirkt  u.  s.  w.,  so 
findet,  ohne  dafs  Fluor  fixirt  würde,  eine  Umwandlung  der 
ganzen  Mengen  Zirkonerde  und  Kieselsäure  zu  Zirkon  statt. 

lieber  die  künstliche  Nachbildung  natürlich  vorkommen- 
der Silicate  hat  Deville  später  noch  Folgendes  angegeben*). 
Willemit  bildet  sich,  wenn  man  bei  einer  zwischen  Kirschroth 
und  Weifsroth  liegenden  Glühhitze  Fluorsilicium  auf  Zinkoxyd 
einwirken  läfst;  es  bilden  sich  Fluorzink  und  kieselsaures 
Zinkoxyd,  welche  sich  gegenseitig  auflösen,  und  bei  der  all- 
mäligen  Verflüchtigung  des  Fluorzinks  bleibt  kieselsaures  Zink- 
oxyd in  denen  des  natürlich  vorkommenden  Willemits  ent- 
sprechenden farblosen  hexagonalen  Prismen,  welche  mit 
Säuren  gelatiniren  und  bei  einer  Analyse  26,7  pC.  SiOs  und 
73,6  ZnO,  bei  einer  anderen  73,2  pC.  ZnO  ergaben  (für 
3ZnO,  SiO»  berechnen  sich  26,8  pC.  SiOs  und  73,2  ZnO). 
Dasselbe  Silicat  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  von  Fluorzink 
auf  Kieselsäure.  —  Deville  fand  D au  bröe's  Angaben  nicht 
bestätigt,  dafs  sich  bei  dem  Ueberleiten  von  Chlorsilicium  über 
Zinkoxyd  bei  Glühhitze  Willemit  bilde,  und  eben  so  wenig 
giebt  er  zu,  dafs  Zirkon,  Disthen,  Wollastonit,  Chrysolith, 
Phenakit  und  Granat  durch  die  Einwirkung  von  Chlorsilicium 
auf  die  in  diesen  Mineralien  enthaltenen  Basen  bei  Glühhitze 
entstehen  können;  er  fand,  dafs  hierbei  —  wohl  in  Folge 
davon,  dafs  die  entstehenden  Chlormetalle  die  sich  bildenden 
Silicate  nicht  auflösen  —  nur  amorphe  Massen  entstehen,  die 
mit  den  genannten  Mineralien  Nichts  gemein  haben,  und  dafs 


*)  Compt.  rend.  LIT,  1804.    ' 

12* 


180  üeber  die  TcünsÜiche  Nachbildung 

mehrere   dieser  Mineralien   durch  Chlorsilicium  bei  Glühhitze 
selbst  zersetzt  werden. 

Bezüglich  der  Nachbildung  des  Eisenglanzes  und  mehrerer 
in  der  Natur*  krystallisirt  vorkommender  Hetalloxyde  hat 
Deville  Folgendes  mitgetheilt '^).  Leitet  man  über  amorphes 
Eisenoxyd,  welches  in  einer  Porcellanröhre  zum  starken  Roth- 
glühen erhitzt  ist,  einen  raschen  Strom  von  Chlorwasserstoff- 
gas,  so  bilden  sich  Eisenchlorid  und  Wasser«  Wird  aber  das 
Chlorwasserstoffgas  langsam  und  stetig  zugeleitet,  so  bildet 
sich  kein  Eisenchlorid,  sondern  das  Eisenoxyd  wird  nur  seiner 
ganzen  Hasse  nach  zu  schönen  Krystallen,  die  denen  des 
natürlich  vorkommenden  Eisenglanzes  ganz  ähnlich  sind. 
Wird  die  Porcellanröhre  bei  Helirothglühhitze  erhalten ,  so 
bilden  sich  namentlich  Krystalle,  die  denen  Aes  Eisenglanzes 
von  Elba  vollkommen  gleichen  und  an  welchen  die  Flächen 
des  Rhomboeders  von  86^  Endkantenwinkel  u.  a.  sich  selbst 
zu  Messungen  eigneten;  unter  diesen  Umständen  entwickelt 
sich  stets  etwas  Chlor  und  die  Krystalle  sind  dershalb,  wie 
auch  die  meisten  in  der  Natur  vorkommenden  Eisenglanz- 
krystalle,  in  Folge  eines  geringen  Eisenoxydulgehaltes  mag- 
netisch (bei  der  Analyse  solcher  Krystalle  wurden  70,4  pC.  Fe 
und  29,6  0  erhalten;  für  FegOs  berechnen  sich  70,0  pC.  Fe 
und  30,0  0).  Bei  niedrigerer  Temperatur  wird  blätteriger 
Eisenglanz,  dem  an  Vulkanen  vorkommenden  ähnlich,  ge- 
bildet« Deville  hebt  hervor,  wie  hier  eine  begrenzte 
Quantität  Chlorwasserstoff  eine  grofse  Menge  Eisenoxyd 
krystallinisch  werden  lassen  kann.  —  Nach  demselben  Ver- 
fahren gelang  es  ihm,  Zinnoxyd,  Magnesia  und  rothes  Mangan- 
oxyd krystallisirt  zu  erhalten. 


*)  Compt  rend.  LH,   1264. 


krystallimrier   Mineralien.  181 

Genauere  Angaben  liefs  Deville  zunächst  bezüglich  des 
künstlich  krystallisirten  Zinnoxyds  und  der  Titansäure  folgen*}. 
Amorphes  Zinnoxyd  wird,  wenn  bei  Glühhitze  ein  langsamer 
Strom  von  Chlorwasserstoffgas  auf  es  einwirkt,  zu  Krystallen, 
die  mit  denen  des  natürlich  vorkommenden  Zinnsteins  nach 
Form  und  Zusammensetzung  (gefunden  wurden  in  fast  farb- 
losen Krystallen  78,7  pC.  Sn  und  21,3  0)  übereinstimmen.  Wird 
das  (durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Zinn  dargestellte, 
gut  geglühte)  amorphe  Zinnoxyd  in  einem  grofsen  Platin- 
schiffchen,  das  in  eine  Porcellanröhre  geschoben  ist,  zum 
starken  Bothglühen  (Kupferschmelzhitze)  erhitzt  und  ein  lang- 
samer Strom  von  Chlorwasserstoff  durch  die  Röhre  geleitet, 
so  bleibt  alles  Zinnoxyd  in  dem  Schiffchen  und  wird  es  zu 
ziemlich  kleinen ,  doch  erkennbaren  und  manchmal  selbst 
Messung  gestattenden  quadratischen  Krystallen  umgewandelt. 
Ist  der  Gasstrom  etwas  rascher,  so  bildet  sich  stets  etwas 
Zinnchlorid  nebst  Wasser,  welche  an  weniger  heifsen  Stellen 
der  Porcellanröhre  auf  einander  einwirkend  gröfsere  und  voll- 
ständiger ausgebildete  quadratische  Krystaile  von  Zinnoxyd 
sich  absetzen  lassen.  Die  bei  der  Zersetzung  von  Zinnchlorid 
durch  Wasser  bei  Glühhitze  sich  bildenden  Krystaile  von 
Zinnoxyd  fand  Deville  bei  zahlreichen  Versuchen  stets 
quadratisch,  nach  Flächen,  Winkeln  und  Zwillingsbildung  dem 
Zinnstein  entsprechend,  also  entgegen  Daubree's  Angabe"*"*}, 
dafs  unter  diesen  Umständen  das  Zinnoxyd  in  rhombischen, 
denen  des  Brookits  entsprechenden  Formen  krystallisire. 

Auch  amorphe  Titansäure  wird  bei  dem  Glühen  in  Chlor- 
wasserstoffgas krystallinisch ;  die  entstehenden  Kryställchen 
sind  quadratisch  (Rutil  oder  Anatas},  nicht  rhombisch  (Brookit). 
Sie  sind  blau   gefärbt,    wohl   in    Folge   der   Bildung    eines 


*)  Compt.  rend.  LIII,  162. 
**)  Diese  Annalen  LXXII,   262. 


i82  lieber   die  kÜnstUche  Nachbildung 

niedrigeren  Oxydes  der  Titansäure*).  —  De  vi  He  Iheill  hier 
auch,  nach  Versuchen  welche  er  mit  Caron  gemeinschaft- 
lich angestellt  hat,  folgendes  Verfahren  zur  Nachbildung  des 
Rutils  mit.  Ein  Gemenge  von  Titansäure  und  Zinnoxydul 
giebt  bei  Rothglühhitze  eine  Verbindung,  welche  durch  Kiesel- 
säure sehr  leicht  unter  Bildung  eines  Silicats  und  Ausschei- 
dung krystaliisirter  Titansäure  zersetzt  wird.  Erhitzt  man  das 
titansaure  Zinnoxydul  in  einem  irdenen  Tiegel  (durch  dessen 
Kieselsäuregehalt  und  etwas  noch  zugesetzten  Quarzsand  die 
Zersetzung  bewirkt  wird)  zum  Kirschrothglühen»  so  bildet  sich 
eine  an  Zinn  reiche  Gangart,  welche  bis  zu  5  bis  6  Milli- 
meter lange  Krystalle  trägt;  diese  sind  am  hervorstehenden 
Ende  reine  Titansäure,  wo  sie  aufgewachsen  sind  zinnhaltig 
Csie  ergaben  85,7  pC.  TiOa  und  13,8  SnOg),  haben  ganz  die 
Form  des  Rutils,  sind  bei  Anwendung  ganz  reiner  Materialien 
farblos,  bei  Mangan-  und  Eisengehalt  derselben  von  der  Farbe 
des  natürlich  vorkommenden  Rutils. 

Weitere  Angaben  Deville's**)  betreffen  die  Krystalli- 
sation  von  Eisenoxydoxydul,  Magnesia,  Manganoxydoxydul 
u.  a.  —  Eisenoxydul,  nach  Debray's  Verfahren  durch  Ueber- 
leiten  «einer  Mischung  gleicher  Volume  Kohlensäure-  und 
Kohlenoxydgas  über  rothglühendes  Eisenoxyd  dargestellt,  gab 
in  einem  langsamen  Strome  von  Chlorwasserstoffgas,  ohne 
dafs  sich  Wasser  bildete,  Eisenchlorür  und  Eisenoxydoxydul, 
welches  letztere  in  kleinen  Reguläre ctaedern  krjstallisirt  im 
Platinschiffchen  zurückblieb  und  aufser  der  Form  des  Magnet- 
eisens auch  die  Zusammensetzung  desselben  ergab  (gef.  71,7  pC. 


*)  Durch  die  Einwirkiing  von  Chlorwasserstoffgas  auf  Titansäure  in 
einer  reducirenden  Atmosphäre  erhielt  Deville  kleine  Krystalle,  deren 
Flächen  sich  unter  rechten  Winkeln  schneiden,  von  dunkel-indigblauer 
Farbe  und  der  Zusammensetzung  TigOg  =  Ti^Oj,  TiOj  (gef.  66  pC.  Ti 
und  35  0;  ber.  66,4  pC.  Ti  und  34,6  O). 

**)  Compt.  rend.  LIII,  199. 


JcrystaUisirter    Mineralien,  183 

Fe  und  28,3  0;  für  Fe304  berechnen  sich  71,6  pC.  Fe  und 
28,4  0).  —  Wird  ein  Gemenge  von  stark  geglühter  Magnesia 
und  von  Eisenoxyd  in  einem  PlatinschiJQTchen  der  Einwirkung 
eines  langsamen  stetigen  Stromes  von  Chlorwasserstoffgas 
unterworfen,  so  erhält  man  zwei  deutlich  unterscheidbare 
Producle  :  Krystalie  von  Periklas  (Magnesia),  welche  durch 
etwas  Eisenoxyd  schwach  gefärbt  sind,  und  glänzende  schwarze 
Reguläroctaeder  mit  abgestumpften  Kanten,  deren  Pulver 
auch  schwarz  ist  und  deren  Zusammensetzung  der  eines 
Spinells  MgO,  FcgOs  entspricht  (gefunden  79,0  pC.  Fe203 
und  20,8  MgO;  berechnet  80,0  Pe208  und  20,0  MgO);  De- 
ville  betrachtet  diese  Krystalie  als  den  reinen  Magnoferrit*}. 
—  Magnesia  wandelt  sich  bei  Glühhitze  in  einen  langsamen 
Strome  von  Chlorwasserstoffgas  vollständig  zu  kleinen  farb- 
losen oder  grünlichen  oder  (bei  Gehalt  von  etwas  Eisenoxyd) 
gelblichen  Reguläroclaedern  um,  welche  denen  des  Periklas 
vom  Vesuv  ganz  entsprechen;  sie  lösen  sich  langsam  aber 
vollständig  in  Säuren  (Salpetersäure  z.  B.};  etwas  gelbliche 
Krystalie  ergaben  98,4  pC.  MgO  und  1,8  FcgOs.  —  Mangan- 
oxydoxydul krystallisirt  in  einem  langsamen  Strome  von  Chlor- 
wasserstoffgas sehr  leicht;  es  bilden  sich  spitze  quadratische 
Pyramiden,  den  natürlich  vorkommenden  des  Hausmannits 
entsprechend,  mit  104  bis  105^  Endkantenwinkel.  —  Mangan- 
oxydul, durch  Reduction  eines  höheren  Manganoxyds  mittelst 
Wasserstoff  dargestellt,  krystallisirt  sehr  leicht,  wenn  man  bei 


♦)  Die  schwarzen  Krystalie  waren  darch  längeres  Behandeln  mit 
siedender  concentrirter  Salpetersäure,  durch  welche  sie  nicht  ange- 
griffen  werden,  von  begleitender  Magnesia  befreit.  Magnoferrit 
hatte  Bammelsberg  ein  magnesiahaltiges  octaedrisches  Eisen, 
erz  genannt,  welches  sich  unter  den  Producten  der  Eruption  des 
VesuYS  von  1855  fand,  und  dessen  Analysen  nach  Abrechnung 
kleiner  Mengen  Eupferoxjd  und  unlöslicher  Beimengung  eine  der 
Formel  2  MgO,  SFegOg  oder  3  MgO,  4Fe208  nahe  kommende  Zu_ 
sammensetzung  ergaben. 


184  Ueber  die  hünstUche  Nachbildung 

Kirschrothglühhitze  etwas  Wasserstoffgas  mit  ganz  wenig 
Ghlorwasserstoffgas  auf  es  einwirken  läfst;  es  bildet  dann 
smaragdgrüne  durchsichtige  diamantglänzende  Reguläroctaeder, 
welche  76,8  pC.  Mn  und  23^2  0  ergaben  (für  MnO  berechnen 
sich  77,6  pC.  Mn  und  22,4  0),  sich  in  starken  Säuren  ohne 
Gasentwickelung  und  ohne  Färbung  lösen,  an  der  Luft  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  sich  nicht  zu  verändern  scheinen, 
beim  Glühen  aber  unter  Beibehaltung  der  Form  und  des 
Glanzes  zu  Oxydoxydul  werden.  Deville  hält  es  für  mög- 
lich, dafs  das  als  Martit  benannte  in  Reguläroctaedern  vor- 
kommende Eisenoxyd  eine  Pseudomorphose  nach  Eisenoxydul 
sei,  für  welches  letztere  nach  der  Analogie  mit  Manganoxydul 
und  Magnesia  reguläroctaedrische  Krystallform  zu  vermuthen  ist 

Ueber  die  Bildung  und  Darstellung  krystallisirter  Metall- 
Oxyde  liegen  auch  Mittheilungen  von  Debray  und  von 
Kühl  mann  vor,  welchen  wir  hier  Folgendes  entnehmen. 

Nach  Debrayf}  lassen  sich  mehrere  Metalloxyde  auf 
die  Art  im  krystallisirten  Zustande  erhalten ,  dafs  man  ein 
Gemenge  des  schwefelsauren  Salzes  eines  dieser  Oxyde  mit 
schwefelsaurem  Alkali  in  einem  Platintiegel  starker  Glühhitze 
aussetzt,  wo  das  in  dem  geschmolzenen  schwefelsauren  Alkali 
frei  werdende  Metalloxyd  krystallisiren  kann.  Debray  er- 
hielt  nach  diesem  Verfahren  schon  früher  die  Beryllerde  (in 
hexagonalen  Prismen)^  jetzt  auch  die  Magnesia  und  das 
Nickeloxydul  krystallisirt.  Schwefelsaures  Manganoxydul  gab, 
mit  schwefelsaurem  Kali  gemengt  geglüht,  durchsichtige  Kry- 
stalle  von  der  Zusammensetzung,  der  Härte  und  der  Strich- 
farbe des  Hausmannits  (MusOi),  deren  Form  sich  indessen 
nicht  genauer  bestimmen  liefs.  —  Thonerde,  Eisenoxydoxydul 
(Magneteisen}  und  grünes  Uranoxyd  lassen  sich  nach  Debray 


^)  Compt.  rend.  LH,  985. 


hiystalUsirter  Mineralien*  185 

in  der  Art  krystallisirt  erhallen,  dafs  man  ein  Gemenge  von 
phosphorsaurer  Thonerde,  -Eisenoxyd  oder  -Uranoxyd  mit 
dem  3-  bis  4  fachen  Gewicht  schwefelsauren  Kali's  oder  besser 
schwefelsauren  Natrons  sehr  stark  glüht;  man  erhält  immer 
dreibasisches  phosphorsaures  Alkali  mit  dem  überschüssigen 
schwefelsauren  Salze  gemischt  und  das  Hetalloxyd  (das  Bisen- 
oxyd zu  Magneteisen  reducirt?)  in  deutlichen  Krystallen. 

Ku  h  1  m  a  n  n"^)  beobachtete  die  Bildung  von  Manganoxydoxy- 
dnl  H.nsOA  in  Krystallen  von  der  Form  des  Manganits  Mn203,  HO 
in  einem  Ofen,  welcher  zur  Fabrikation  von  Chlorcaicium, 
durch  Glühen  eines. Gemenges  von  Kreide  mit  dem  bei  der 
Chlorbereitung  bleibenden  Rückstand  (Chlormangan  mit  weni^ 
Eisenchlorür},  sechs  Monate  lang  gedient  hatte;  es  wird 
hierbei  ein  aus  Chlorcaicium  und  Manganoxydui  bestehendes 
Product  erhalten.  In  demjenigen  Theile  dieses  Productes, 
welcher  ganz  nahe  an  der  Feuerung  längere  Zeit  der  Wir- 
kung einer  oxydirenden  Flamme  ausgesetzt  gewesen  war, 
zeigten  sich  Höhlungen,  die  mit  schönen  schwarzen  Krystallen 
ausgekleidet  waren;  oberflächlich  war  die  Masse,  wie  Kuhl- 
mann fand  in  Folge  der  Bildung  von  mangansaurem  Kalk, 
intensiv  blau  gefärbt.  Die  schwarzen  Krystalle  ergaben  bei 
der  Krystailform  des  Manganits  die  Zusammensetzung  des 
Hausmannits  MnsOi  (abgesehen  von  3,5  pC.  FegOs).  Kuhl- 
mann ist  mit  Descioizeaux  geneigt,  sie  als  Pseudomor- 
phosen  von  Hausmannit  nach  Hanganit  zu  betrachten.  An 
einer  anderen  Stelle  des  Ofens,  wo  vermuthlich  ein  Stück 
Eisen  in  dem  Mauerwerk  gesteckt  hatte,  fand  sich  eine  schöne 
Druse  von  Eisenglanzkrystallen  (Rhomboedern  mit  der  End- 
fläche). —  Kuhlmann  bespricht,   wie  4sich  jene  aus  MnsOi 


*)  Compt.  rend.  LH,  1283.  Die  krystallographische  Untersuchung 
des  in  dem  Ghlorcalcium-Ofen  krystallisirten  Manganoxydoxyduls 
und  Eisenoxyds  gab  Descioizeaux  in  Compt.  rend.  LH,  1323 
und  1325. 


186  üeher  die  künstliche  Nachbildung 

bestehenden  Krystalle  bilden  konnten ,  ohne  jedoch  zu  einem 
bestimmten  Resultat  zu  gelangen.  Er  fand  indessen  auch  bei 
Versuchen,  die  im  Kleinen  angestellt  wurden,  dafs  bei  dem 
Glühen  von  Chlorcaicium  mit  Hanganoxydul  auf  einem  Röst- 
scherben Hausmannit  gebildet  wird;  er  erhielt  auch  Eisen- 
glanzkrystalle  durch  Schmelzen  von  amorphem  Eisenoxyd  mit 
Chlorcaicium ,  und  Magneteisenkrystalle  durch  Erhitzen  von 
Chlorcaicium  mit  schwefelsaurem  Eisenoxydul  in  bedecktem 
Tiegel. 

Noch  hat  Deville  gemeinsam  m\t  Troost  über  die 
Darstellung  krystallisirter  Sohwefelmetalle ,  namentlich  des 
Schwefelzinks,  Mittheilungen  gemacht.  *}  Durch  das  Zusam- 
menschmelzen gleicher  Theile  schwefelsauren  Zinkoxyds, 
Fluorcalciums  und  Schwefelbaryums  erhält  man  eine  aus 
schwefelsaurem  Baryt  und  Fiuorcaicium  bestehende  schmelz- 
bare Hasse,  in  welcher  sich,  eingewachsen  oder  in  Drusen- 
räumen, schöne  Krystalle  von  Schwefelzink  finden  (die  Ana- 
lyse solcher  Krystalle  ergab  31,7pC.Zn,  68,2  S,  1,1  [0,1?]  Fe 
u.  Verlust}^.  Die  Form  dieser  Krystalle  ist  aber  nicht  die 
dem  regulären  System  angehörige  der  natürlich  vorkommen- 
den Zinkblende^  sondern  sie  gehört  dem  hexagonalen  System 
an  (es  sind  hexagonale  Prismen  mit  abgestumpften  Kanten, 
durch  Endflächen  begrenzt)  wie  die  des  natürlich  vorkom- 
menden Schwefelcadmiums.  ^3    Das  hexagonale  Schwefelzink 


*)  Compt.  rend.  LH,  920. 

**)  Schwefelzink  war  bisher  nur  regulär  krystalÜBirt  (als  Zinkblende), 
Schwefelcadmium  nur  hexagonal  krystallisirt  (als  Greenockit)  be- 
kannt. Dafs  beide  Verbindungen  dimorph,  und  zwar  isodimorph 
seien,  ist  nach  dem  jetzt  für  das  Schwofelzink  Gefundenen  nicht 
zu  bezweifeln.  Die  hexagonale  Modification  des  Schwefelzinks 
ist  auch  natfirlich  vorkommend  beobachtet  Friedel  (Compt. 
rend.  LH,  983)  fand  auf  einer  aas  einer  Silbergruhe  bei  Onxro 
in    Bolivia    stammenden,    aus    silberhaltigem   Schwefelantimon- 


hrystallisirter  Mineralien,  187 

läfst  sich  auch  in  der  Art  erhalten,  dars  man  Schwefelzink 
in  Schiffchen  in  einer  Porcellanröhre  zum  Lebhaftrothglühen 
erhitzt  und  durch  die  Röhre  einen  sehr  langsamen  Strom  von 
Wasserstoff  leitet ;  es  wird  hierbei  kein  Schwefelwasserstoff 
entwickelt;  in  den  weniger  heifsen  Theilen  der  Röhre  setzen 
sich  durchsichtige  hexagonale  Krystalle  von  Schwefelzink  ab. 
Das  Schwefelzink  ist  an  sich  nicht  flüchtig  (in  Schwefelwas- 
serstoff sehr  stark  erhitzt  zeigte  es  keine  Spur  von  Sublima- 
tion); Deville  und  Troost  erklären  die  eben  besprochene 
Krystallbildung  unter  scheinbarer  Sublimation  als  darauf  be- 
ruhend, dafs  bei  stärkerer  Glühhitze  Schwefelzink  und  Wasser- 
stoff Schwefelwasserstoff  und  Zinkdampf  geben,  welche  an  den 
weniger  heifsen  Stellen  des  Apparates  wieder  Schwefelzink 
und  freien  Wasssersloff  geben.  —  Nach  denselben  Methoden 
liefs  sich  Schwefelcadmium  in  hexagonalen  Prismen,  der  Form 
des  natürlich  vorkommenden  Greenockits,  erhalten. 


Sohwefelblei  bestehenden  Masse  Krystalle,  deren  chemisches  Ver- 
halten im  Wesentlichen  das  der  Zinkblende  ist;  die  KrystaUe 
gehören  aber  dem  hexagonalen  System  an.  Sie  zeigen  die  Flä- 
chen einer  hexagonalen  Pyramide  mit  einzelnen  Prismaflächen ; 
die  (horizontal  stark  gestreiften)  Pyramidenflächen  sind  in  den 
Endkanten  unter  etwa  129^  zu  einander  geneigt  (an  dem  Gree- 
nockit  kommt  aufser  einer  Pyramide  mit  139^39'  Endkanten- 
winkel auch  eine  mit  127^27' Endkantenwinkel  vor);  Spaltbarkeit 
ist  paraUel  den  Flächen  des  hexagonalen  Prisma's  und  der  End- 
fläche vorhanden.  Eine  vorläufige  Analyse  von  Krystallen,  die 
nicht  ganz  frei  von  Gangart  und  eingemengtem  Schwefelkies, 
waren,  das  spec.  Gew.  =  3,98  und  die  Härte  =  3,6  bis  4  zeig- 
ten, ergab  : 

S  Zn  Fe         Pb        8h  Cu       Summe 

32,6        55,6         8,0         2,7        0,2        Spur        99,1. 

Friedel  henennt  dieses  natürlich   vorkommende  hexagonale 
Schwefelzink  als   Wurt*it, 


188  Erdmann y  zum  Nachweis 

Zum  Nachweis  organischer  Alkaloide  \ 

von  J.  Erdmann. 


Die  Reactionen,  welche  zum  Nachweis  giftiger  organischer 
Alkaloide  dienen,  sind,  wie  bekannt,  die  Farbenerscheinungen, 
welche  erstere  bei  der  Einwirkung  von  oxydirenden  Substan- 
zen zeigen.  Und  wirklich  können  dieselben  mit  Sicherheit 
benutzt  werden,  wenn  sie  immer  mit  gleicher  Deutlichkeit 
sich  hervorbringen  lassen  und  nicht  von  zu  kurzer  Dauer 
sind.  Leider  gilt  das  nicht  von  allen  seither  bekannten  Re- 
actionen,  wie  z.  B.  nicht  von  der  eintretendeji  blauen  Farbe, 
welche  bei  Zusatz  von  ganz  neutralem  nicht  zu  concentrir- 
tem  Eisenchiorid  zu  einem  Morphinsalz  erscheint.  Dieselbe 
wird  nur  bei  ganz  reinem  Morphin  erhallen  und  ist  von  ganz 
kurzer  Dauer. 

Bei  der  Wichtigkeit,  welche  die  genaue  Erkenntnifs  der 
giftigen  organischen  Alkaloide  für  die  gerichtlich-chemische 
Analyse  hat,  wobei  in  den  kneisten  Fällen  nicht  allein  nur 
wenig  Substanz  zur  Prüfung  vorliegt,  sondern,  auch  dieselbe 
nicht  in  dem  Zustande  vollkommener  Reinheit  abgeschieden 
werden  kann,  ist  einmal  nöthig,  solche  Reactionen  zu  kennen, 
welche  unter  jenen  Umständen  immer  sicher  bleiben,  sodann 
aber  wünschenswerth,  mit  ein  und  der  nämlichen  Probe  ver- 
schiedene aufeinanderfolgende  Reactionsreihen  ausführen  zu 
können«  Vielleicht  wird  es  einmal  den  vereinten  Kräften 
nach  langer  Erfahrung  gelingen,  einen  solchen  methodischen 
Gang,  eine  Methode  der  qualitativen  Analyse  für  sämmtliche 
organische  Alkaloide  zu  schaffen ,  trotz  der  vorliegenden 
grofsen  Schwierigkeiten.  Das  Folgende ,  welches  als  ein 
kleiner  Beitrag  zur  Lösung  dieser  Frage  angesehen  werden 
darf,  enthält  solche  aufeinanderfolgende  Reactionsreihen.   die 


organischer  Alhahnde,  189 

sich  auf  Nachweis  von  Morphium,  Narcotin,  Strychnin,  Brucin 

4 

und  Veratrin  beziehen  (als  reine  Alkaloide  angewandt). 

Erste  Reihe, 

Reagens  :  concentrirte  Schwefelsäure^  die  eine  sehr  ge- 
ringe Menge  Salpetersäure  enthält. 

Darstellung  der  Säure,  —  Man  nehme  sechs  Tropfen 
einer  Salpetersäure  von  l,25spec.  Gewicht  und  mische  sie  mit 
100  CG.  Wasser.  Davon  lasse  man  zehn  Tropfen  zu  20Grm. 
reiner  concentrirter  Schwefelsäure  fliefsen.  —  Je  nach  der 
Menge  der  zur  Prüfung  genommenen  Substanz  (ein  bis  meh- 
rere Milligramme}  füge  man  von  der  Probesäure  acht  bis 
zwanzig  Tropfen  hinzu  und  warte  etwa  eine  Viertel-  bis  halbe 
Stunde. 

1)  Morphium:  YiM  violettroth  gefärbt.  Die  durch  Zusatz 
von  zwei  bis  drei  Tropfen  Wasser  bewirkte  gelinde 
Erwärmung  befördert  den  Eintritt  der  prächtig  via- 
leärothen  Farbe. 

2)  Narcotin :  wird  zwiehelroth.  Das  Hinzufügen  von  zwei 
bis  drei  Tropfen  Wasser  bewirkt  ebenfalls  aus  dem 
nämlichen  Grunde  den  raschen  Eintritt  der  Farbe. 

3}  Strychmn  :  bleibt  unverändert^  auch  nach  Zusatz  von 
zwei  bis  drei  Tropfen  Wasser. 

4)  Brucin  :  wird .  vorübergehend  roth  und  dann  gelb. 
Zwei  bis  drei  Tropfen  Wasser  befördern  ebenfalls 
das  Eintreten  der  gelben  Farbe. 

5)  Verairin :  wird  erst  gelb,  dann  gleich  ziegelroth,  nach 
Zusatz  von  zwei  bis  drei  Tropfen  Wasser  gleich 
bliUroth  und  dann   bleibend  prächtig  kirschroth. 

Zweite  Beihe, 

Reagens  :  die  in  erster  Reihe  angegebene  Schwefelsäure 
und  Braunstein, 


190  Erdmann,  zum  Nachweis 

Man  übergiefst  die  zu  untersuchende  Substanz  mit  acht  bis 
zwanzig  Tropfen  Schwefelsäure  und  fügt  kleine  linsengrofse  pul- 
verfreie Stückchen  von  Braunstein  hinzu.  Man  wartet  eine 
Stunde  lang. 

1)  Morphium  :  giebt  dann  eine  mahagonibraune  Lösung. 

2)  Narcötin  ;  eine  gelbrothe  bis  bliUrothe  Lösung. 

3)  Strychnin  :  eine  erst  violettpurpur-  und  dann  dunkel- 
zwiebelrothe  Lösung. 

4)  Brucin  :  eine  vorübergehend  rothe,  dann  gleich  eine 
gummiguägelbe  Lösung. 

5)  Veratrin  :  eine  dunkd-schmiUzigkirschrothe  Lösung. 

Dritte  Heike. 

Die  nach  Verlauf  von  einer  Stunde  erhaltenen  farbigen 
Lösungen  werden  mit  dem  vier-  bis  sechsfachen  Volumen 
Wasser  allmälig  und  unter  Vermeidung  von  Erhitzung  ver- 
dünnt und  dann  vorsichtig  mit  nicht  zu  schwachem  Ammoniak 
dem  Neutralisationspunkt  möglichst  nahe  gebracht  (nicht 
ammoniakalisch  gemacht). 

1)  Die  Morphiumlösung  wird  schmutzig  gelb, 

2)  Die  Narcotinlösung  bleibt  unverändert  roth  der  Ver- 
dünnung entsprechend. 

3)  Die  Strychninlösung  wird  prächtig  violeitpurpur. 

4)  Die  Brucinlösung  bleibt  stark  goldgelb, 

5)  Die   Veratrinlösung  zeigt  eine  schwach  brauneFeube^ 
die  auf  Zusatz  von  Ammoniak  mehr  gelblich  wird. 

Nach  dem  schwachen  Uebersättigen  mit  Ammoniak  geht 
die  Farbe 

\)  der  Morphiumlösung  in  eine   braunrothe  über  (ohne 

einen  bemerhenswerthen  Niederschlag  fallen  zu  lassen, 

dieser  erscheint  erst  später}. 
2}  In  der  Narcotinlösung  entsteht  gleich  ein  reichlicher 

dunkelbrauner  Niederschlag. 


organischer  Älkaloide.  191 

3)  Die  Stri/chninlösung  wird  gelhgrün  bis  gelb, 

4)  Die  BrucrnlÖsung  bleibt  gelblich. 

5)  In    der    Verairmlösung   entsteht  gleich    ein   grünlich- 
hellbrauner  Niederschlag. 

Werden  die  so  erhaltenen  ammoniakalischen  Flüssigkeiten 
wieder  durch  verdünnte  Schwefelsäure  schwach  sauer  gemacht, 
so  treten  die  ursprünglich  in  saurer  Lösung  vorhandenen 
Farben  wieder  auf.  Nur  die  Brudnlösung  zeigt  eine  schwach 
röthltche  Fsivbe,  was,  wie  ich  glaube,  einer  äufserst  geringen 
Verunreinigung  derselben  an  Strychnin  zugeschrieben  wer- 
den ntufs.  Am'  reinsten  und  intensivsten  tritt  die  purpur- 
violetle  Strychninfarbe  hervor. 

Da  nun  diese  farbigen  Veränderungen  der  zweiten 
und  der  dritten  Reihe  auch  zum  Vorschein  kommen, 
wenn  die  der  ersten  Reihe  schon  stattgefunden  haben,  so 
läfst  sich  aus  der  Combination  beider  ein  kurzer  methodischer 
Gang  gewinnen.  Berücksichtigt  man  hierbei  zugleich  die 
durch  die  Einwirkung  von  concentrirter  ganz  reiner  Schwefel- 
säure auftretenden  bekannten  Parbenveränderungen,  dxe.Bruciny 
Narcotin  und  Veratrin  erleiden^  so  kann  man  folgenden  Weg 
einschlagen.  Ich  habe  hierbei  auf  die  flüchtigen  Alkalo'ide 
keine  Rücksicht  genommen ,  da  ihr  Vorhandensein  ja  leicht 
an  der  flüssigen  Beschaffenheit  und  dem  eigenthümlichen  Ge- 
ruch erkannt  wird. 

A,  Man  üb'ergiefst  die  zu  untersuchende  Substanz  mit 
vier  bis  sechs  Tropfen  reiner  concentrirter  Schwefelsäure. 

a)  Die  Flüssigkeit  zeigt  kerne  Veränderung,  also  sind 
abwesend  Brucin,  Narcotin,   Veratrin, 

b)  Es  tritt  eine  rosa  Farbe  auf,  die  später  gelb  wird  : 
Brticin. 

c)  Es  tritt  sogleich  eine  gelbe  Farbe  auf,  die  gelb  bleibt : 
Narcotin, 


192  Erdmann^  zum  Nachweis 

d)  Es  zeigt  sich  eine  gelbe  Farbe,  die  sehr  bald  in  eine 
roihe  übergeht  :    Veratrtn. 

B.  Gleichgültig,  ob  Farben  aufgetreten  sind,  oder  nicht, 
man  fügt  zu  der  durch  Verfahren  A.  erhaltenen  Flüssigkeit 
acht  bis  zwanzig  Tropfen  der  bei  der  ersten  Reactionsreihe 
angegebenen  salpetersäurehaltigen  Schwefelsäure  hinzu  und 
hierauf  zwei  bis  drei  Tropfen  Wasser.  Nach  Verlauf  von 
einer  Viertel-  bis  halben  Stunde  zeigt  die  Flüssigkeit. 

a)  eine  violettroihe  Farbe  :  Morphium ; 

b)  eine  zwiehelroihe  Farbe  :  Narcotin ; 

c)  keine  Farbenveränderung  :  Stfychnin'^ 

d)  eine  gelbe  Farbe  :  Brucin. 

e)  eine  intensiv  Jdrschrothe  Farbe  :   Veratrin* 

C.  Gleichgültig,  ob  nach  dem  Verfahren  von  B.  Farben 
aufgetreten  sind,  oder  nicht,  man  fügt  zu  der  Flüssigkeit 
4  bis  6  linsengrofse  Stückchen  pulverfreien  Braunsteins. 

Nach  Verlauf  einer  Stunde  zeigt  die  Flüssigkeit  : 

a)  eine  mahagonibraune  Farbe  :  Morphium] 

b)  eine  gelbrothe  bis  blutrothe  Farbe  :  Narcotin, 

c)  eine  dunkel  zunebelrothe  Farbe  :  Strychnin ; 
d}  eine  gummiguttgelbe  Farbe  :  Brucin; 

e)  eine  schmutzig-dunkel-kirachrothe  Farbe  :   Verairin. 

D.  Man  giefst  die  erhaltenen  gefärbten  Flüssigkeiten 
in  ein  Probeglas,  verdünnt  vorsichtig  unter  guiem  Abkühlen 
etwa  mit  dem  vierfachen  Volumen  Wasser  und  fügt  so  lange 
langsam  Ammoniak  hinzu,  bis  fast  der  Neutralisationspunkt 
erreicht  ist.    Es  erscheint 

a)  eine  schmutziggelbe  Farbe ,  die  beim  Uebersättigen 
mit  Ammoniak  braunroth  wird,  ohne  gleich  einen  bemerkens- 
werthen  Niederschlag  abzusetzen  :  Morphium, 

b)  eine  der  Verdünnung  entsprechende  röthliche  Farbe, 
Beim  Uebersättigen  mit  Ammoniak  entsteht  ein  reichlich  dun- 
kelbrauner  Niederschlag  :  Narcotin, 


organischer  Alkalo'ide.  193 

c)  eine  prächtig  violetipurpurfarbene  Lösung,  die  duro}i 
einen  Ueberschufs  von  Ammoniak  gellgrün  bis  gelb  wird  : 
Strychnin. 

d)  eine  goldgelbe  Lösung,  die  durch  einen  Ueberschufs 
von  Ammoniak  nicht  wesenäich  verändert  wird  :  Brucin, 

.  e)  eine  schwach  bräunliche  Lösung ,  die  auf  Zusatz  von 
Ammoniak  gelblich  wird  und  nach  dem  Ueberschufs  einen 
grünHch'heUbraunen  Niederschlag  absetzt  :   VercUrin. 

Schliefslich  will  ich  noch  Einiges  über  die  Haltbarkeit 
der  Reactiofien  hinzufügen.  Ich  verfolgte  den  Zweck,  die 
Farbenerscheinungen 9  welche  die  giftigen  organischen  Alka- 
loide  mit  Oxydationsmitteln  zeigen ,  zu  fixiren,  um  sie^  wie 
bei  den  anorganischen  Giften  die  Metalle,  so  hier  die  auftre-* 
tenden  characteristischen  Farben  dem  Gericht  einsenden  zu 
können ,  vielleicht  in  Gemeinschaft  mit  der  aus  reinem  Alka- 
loi'd  dargestellten  Farbe.  Verdünnt  man  die  mit  der  Frobe- 
säure  der  ersten  Reactionsreihe  erzeugten  farbigen  Lösungen 
mit  reiner  concentririer  Schwefelsäure,  so  bleiben  die  Farben 
unverändert  und  scheinen  sich  sehr  lange  Zeit  aufbewahren 
zu  lassen  9  ja  treten  dadurch  noch  besser  hervor.  Ich  habe 
eine  derartige  Morphin-  und  Narcotinreaction  acht  Tage  lang 
ohne  Veränderung  stehen  gehabt.  Die  purpurviolette  Reac- 
tion  des  Strychnins,  welche  in  der  dritten  Reihe  gegen  den 
Neutralisationspunkt  auftritt,  läfst  sich  durch  Zusatz  von  einem 
gleichen  Volumen  starkem  Alkohol  haltbarer  machen,  so  dafs 
man  sie  fast  einen  Tag  lang  aufbewahren  kann.  Verdünnte 
Reactionen  auf  Strychnin  halten  sich  mehrere  Tage.  Es  gilt 
dieses  sowohl  für  die  purpurviolette  Lösung  in  saurer  Lösung, 
als  auch  für  die  gelbgrüne  in  ammoniakalischer. 

Mich  stützend  auf  die  oben  angegebene  Beobachtung, 
dafs  sehr  geringe  Spuren  von  Salpetersäure  in  der  Schwefel- 
säure durch   Morphium  noch   angezeigt  werden ,  suchte  ich 

Annal.  d.  Chemie  n.  Phann.  GXX.  Bd.  2.  Heft.  13 


194  Pebuly  zur  Kenntnifs 

annähernd  den  Punkt  auf,  wo  die  geringste  Menge  von  Sal- 
petersäure in  der  Schwefelsäure  anfängt,  die  oben  erwähnte 
Farbe  hervorzubringen. 

Sechs  Tropfen  einer  Salpetersäure  von  1,250  spec.  Gew. 
zu  100  CC.  Wasser  gegeben  und  von  dieser  Mischung  einen 
Tropfen  auf  10  Grm.  reiner  concentrirter  Schwefelsäure,  ist 
hinreichend ,  um  mit  der  letzteren  im  Beisein  einer  Spur 
Morphium  eine  deutlich  viokUroihe  Farbe  hervorzubringen. 
Auch  hier  werden  zwei  bis  drei  Tropfen  Wasser  hinzuge- 
gossen, um  durch  die  eintretende  Wärme  die  Reaction  schnell 
hervortreten  zu  lassen.  Da  selbst  geringere  Spuren  von  Sal- 
petersäure, als  oben  angegeben ,  in  der  Schwefelsäure  noch 
angezeigt  werden,  glaube  ich  mit  vollem  Recht  das  Morphium 
als  eins  der  feinsten  Reagentien  auf  Salpetersäure  (in  der 
Schwefelsäure)  empfehlen  zu  können. 

Meine  weiteren  Resultate  über  die  Reaction  der  Alkaioi'de 
werde  ich  später  mittheilen. 

Laboratorium  zu  Göttingen,  den  25.  Juli  1861. 


Mittheilungen  aus  dem  Universitätslaboratorium 

in    Lemberg. 


7.    Zur  Kenntnifs  des  Trifithylphosphinpxydes  ; 

von  L.  PebaL 


Fafst  man  die  Ketone  allgemein  als  Verbindungen  von 
Säure-  mit  Alkoholradicalen  auf,  <so  kommt  man  folgerichtig 
zu   dem  Schlüsse,   dafs   der  Phosphorsäure  ein  Körper  von 


des  Triäthylphosphmoxydes,  195 

der  Zusammensetzung  des  Triäthylphosphinoxydes  als  Keton 
entspricht.  ♦) 

Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  habe  ich  nachstehende 
Fragen  zu  beantworten  versucht. 

i}  Die  bisher  unter  dem  Begriffe  „Keton^  zusamroenge- 
farsten  Körper  werden,  wie  diefs  kürzlich  Freund  gezeigt 
hat,  allgemein  durch  Einwirkung  der  Oxychloride  einbasischer 
Säuren  auf  die  Verbindungen  von  Zink  mit  Alkoholradicalen 
gebildet.  Voraussichtlich  sollte  also  das  der  dreibasischen 
Phosphorsäure  entsprechende  Aethylketon  durch  Einwirkung 
von  Phosphoroxychlorid  auf  Zinkäthyl  entstehen.  Es  fragte  sich 
also,  ob  die  Reaction  im  Sinne  der  folgenden  Gleichung  vor 
sich  geht  : 

2  POClg  +  8  {€j|HB)jZnj|  =  2  P^(€gH5)8  +  6  ZnCl. 

2}  Gesetzt  das  letztere  wäre  der  Fall  :  ist  der  Körper 
PO(€2H5}8  identisch  mit  Triäthylphosphinoxyd,  oder  ist  er  es 
nicht  ? 

3)  Lassen  sich  an  dem  bezeichneten  Körper  Eigenschaften 
nachweisen,  welche  für  die  Ketone  characteristisch  sind  ? 

Mein  Bestreben  mufste  zunächst  auf  eine  genauere  Er- 
forschung der  Eigenschaften  des  Triäthylphosphinoxydes  ge- 
richtet sein,  da  die  Entdecker -dieses  Körpers,  Cahours  und 
Hof  mann,  denselben  nicht  rein  dargestellt  und  dessen  Zu- 
sammensetzung nur  aus  Analogieen  erschlossen  hatten.  **) 
Hofmann 's  neue  Abhandlung  macht  allerdings  einen  Theil 
meiner  Versuche  überflüssig ;  doch  möge  Folgendes  hier  noch 
Platz  finden. 


•)  Diese  AnDÄlen  CXVIII,  22. 

**)  Die  Untersuchang  wurde  vor  anderthalb  Jahren  begonnen.  Ans 
der  Abhandlung  von  Cahours  und  Hofmann  konnte  ich  nicht 
entnehmen,  dals  die  Verff.  die  Absicht  hatten,  die  Untersuchung 
des  Triäthylphosphinoxydes  wieder  aufzunehmen. 

13* 


196  Pebalf  zur  Kenntnifs 

Bei  der  Entwässerung  des  Triäthylphosphinoxydes  kommt 
es  hauptsächlich  darauf  an,  dafs  man  die  Dimensionen  des 
Destillationsapparates  der  Menge  der  concentrirten  Lösung 
von  Triäthylphosphinoxyd  möglichst  anpafst.  Als  Destillations- 
apparat dient  am  besten  ein  aus  einem  Glasrohr  geblasenes 
Kölbchen,  an  dessen  Halse,  etwa  1  CM.  über  der  Erweiterung, 
ein  nicht  zu  enges  Rohr  schief  angelöthet  ist.  Man  füllt  das 
birnförmige  Gefäfs  etwa  zu  V4  mit  der  Lösung,  welche  maii 
vorher  mit  festem  Kalihydrat  möglichst  entwässert  hat,  und 
destillirt  ziemlich  rasch  über.  Die  Concentration  der  über- 
gehenden Lösung  nimmt  schnell  zu ;  fängt  das  Destillat  an, 
im  seitlichen  Rohre  zu  erstarren,  so  erwärmte  man  letzteres, 
läfst  noch  eine  Anzahl  Tropfen  durchfliefsen ,  verwechselt 
dann  die  Vorlage  mit  einem  zweiten  gut  getrockneten  De- 
stillationsapparat von  derselben  Form,  und  wiederholt  die 
Destillation ,  indem  man  die  bei  240^  C.  übergehende  Portion 
für  sich  auffängt.  Auf  diese  Weise  kann  man  ganz  leicht 
aus  wenigen  Grammen  einer  concentrirten  Lösung  völlig  reines 
Triäthylphosphinoxyd  darstellen. 


0,4645  Grm.   der 

80  dargestellten   Verbindiuig  gaben   0,9127  Grm. 

00,  und  0,4655  Grm. 

H2O.  *) 

Berechnet 

Gefunden 

^6 

72 

53,73 

53,58 

Hi5 

15 

11,19 

11,13 

P 

31 

23,14 

16 

11,94 

- 

134  100,00. 

Die  Substanz  ist  färb-  und  geruchlos,  verdampft  schon, 
wenn  man  sie  in  einem  Proberöhrchen  zum  Schmelzen  erhitzt, 
und    hat   übrigens   die  von  Hof  mann   angegebenen  Eigen- 


*)  Die  Substanz  wurde  mit  einem  Gemenge  von  saurem  chromsaurem 
Kalium  und  cbromsaurem  ßlei  verbrannt 


des  TriäthylphospMnoQcydes,  197 

Schäften,  Nur  der  Schmelzpunkt  weicht  ab  von  Hofmann's 
Angabe ,  wonach  derselbe ,  sowie  der  Erstarrungspunktt,  bei 
44^  C.  liegen  soll.    Heine  Versuche  ergaben  folgende  Zahlen  : 

Gapillarrohr  A. 

I.Vers.  Schinelzp.52,8<^C.  Nach  vollst.  Schmelz. :  Erstarrungsp.  48,7<^C.*) 
2.  Vers.  8chmelzp.52,9<^C.  Nach  Erhitzen  auf  99^0.  ,  43,2<>C. 

S.Vers.  8chmelzp.52,6<>C.  Nach  theilw.  Schmelz.  .  51,3®C.**) 

4.  Vers.  Schmelzp.      —       Nach  vollst.  Schmelz.  „  41,7'*C. 

Gapillarrohr  B.    (Mit  Deuerdings  destillirter  Substanz.) 

I.Vers.  Schmelzp. 53,2<>C. 

2.  Vers.  Schmelzp.  53,1^0.  Nach  vollst.  Schmelz.  Erstarrungsp.  43,0°C. 

Capillarohr  C.    (Mit  neu  dargestellter  Substanz.) 

Schmelzp.  62,6®  C.  Nach  vollst.  Schmelz.  Erstarrungsp.  38,7^C. 
Demnach  als  Mittel :  Schmelzpunkt  52)9^  C.     Erstarrungspunkt  42,0^C. 

War  die  ganze  Menge  der  im  Röhrchen  eingeschlossenen 
Substanz  geschmolzen,  so  erfolgte  die  Krystallisation  bei  der 
angegebenen  Temperatur  plötzlich ;  dagegen  krystallisirte 
die  Substanz,  wenn  ein  Theil  derselben  umgeschmolzen  mit 
der  flüssigen  Masse  in  Berührung  blieb,  langsam,  sobald  die 
Temperatur  unter  den  Schmelzpunkt  sank. 

Der  Schmelzpunkt,  welchen  Hof  mann  angiebt,  setzt 
nach  meinen  Versuchen  einen  Wassergehalt  von  3pC.  voraus. 
Aber  selbst  in  diesem  Falle  liegt  der  Erstarrungspunkt'  nur 
circa  14^  C.  tiefer  als  der  Schmelzpunkt,  wenn  kein  Theil 
der  Substanz  ungeschmolzen  geblieben  war  ***y 


*)  Die  Bestimmungen  wurden  nach  der  im  Lehrbuch  von  Buff, 
Kopp  und  Zamminer  Seite  227  angegebenen  Methode  ausge- 
führt Mit  dem  Ausdruck  :  „Nach  vollständiger  Schmelzung**  ist 
gemeint  :  nach  Schmelzung  der  ganzen  Menge  der  im  Röhrchen 
eingeschlossenen  Substanz. 
**)  Das  Röhrchen  war  nur  zum  Theile  in  das  zu  erwärmende  Wasser 
eingesenkt. 
***)  Eine  Versuchsreihe  über  die  Abhängigkeit  des  Schmelz-  und 
Erstarrungspunktes  vom  Wassergehalte  werde  ich  später  mit- 
theilen. Sie  mufste ,  der  hoben  Lufttemperatur  wegen,  für  jetzt 
eingestellt  werden. 


198  Pebal,  zur  Kenntnifs 

Einwirkung  van  Phosphoroxychhrid  auf  ZinkäthyL  — 
Phosphoroxychlorid  schien  einzuwirken,  als  es  tropfenweise 
zu  einer  ätherischen  Lösung  von  Zinkäthyl  gebracht  würde. 
Nach  kurzer  Zeit  aber  erfolgte  eine  so  heftige  Reaction,  dafs 
der  Apparat  in  Folge  der  plötzlichen  Dampfbildung  explodirte, 
obschon  für  den  Fall  einer  Gasentwickelung  vorgesehen  war."^} 
Auf  erhitztes  reines  Zinkäthyl  wirkt  jeder  Tropfen  Phosphor- 
oxychlorid heftig  ein ,  so  dafs  die  Operation  ohne  Gefahr  zu 
Ende  geführt  werden  konnte.  Man  erhielt  auf  diese  Weise 
eine  farblose  dickflüssige  Substanz  ^  welche  nach  längerer 
Zeit  zu  einer  glasartigen  Masse  erstarrte.  Diese  entwickelte 
auf  Zusatz  von  Wasser  eine  grofse  Menge  eines  brennbaren 
Gases  Cofl^enbar  Aethylwasserstofl^,  von  unzersetztem  Zink- 
äthyl herrührend) ;  basisches  Chlorzink  blieb  ungelöst.  Die 
abfiltrirte  Lösung,  bis  zur  Syrupconsistenz  abgedampft,  gab 
nach  längerem  Stehen  im  Exsiccator  Krystalle,  welche  durch 
Umkrystallisiren  leicht  rein  dargestellt  werden  konnten. 

I.    0,8905  arm.  der  Krystalle  gaben  0,5396  Gnu.  €Ot  ^d  0,2802 
Grm.  HjO. 

II.     0,3862  Grm.  der  Krystalle  gaben  0,5810  Grm.  G^g  und  0,2772 
Grm.  HjO. 


*)  Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  in  allen  den  Filllen,  wo  Zinkäthyl  oder 
Zinkmethyl  mit  einem  Ozyohlorid  bei  niederer  Temperatur  zu- 
sammentrifft, zunächst  eine  chemische  Verbindung  entsteht,  in 
welcher  bei  höherer  Temperatur  erst  eine  Umlagerung  der  Atome 
und  Spaltung  erfolgt;  denn  selbst  die  ersten  Tropfen  eines  Oxy- 
chlorides  bewirken  in  der  Regel  schon  Aufkochen  der  Flüssigkeit 
dort,  wo  sie  mit  der  Zinkyerbindung  in  Berührung  kommen.  Die 
heftigen  Erscheinungen  namentlich  bei  ätherischen  Lösungen  der 
Zinkverbindnngen  lassen  sich  dadurch  erklären  ,  dafs  sich  die 
zuerst  gebildete  Verbindung  als  schwerer  zu  Boden  senkt,  während 
der  Aether  zum  Theil  entweicht,  zum  gröfseren  Theil  aber,  aus 
dem  Kühler  zorückflie£Bend,  in  den  oberen  Schichten  sich  ansammelt ; 
so  kann  der  Siedepunkt  der  unteren  Schichte  allmälig  steigen, 
bis  die  Temperatur  erreicht  ist,  wo  die  eigentliche  Einwirkung 
erfolgt. 


Theorie 

^8 

96        38,33 

H«) 

20           7,98 

eis 

71         28,34 

Zn 

32,5      12,97 

P 

31         12,38 

des  Triäthylphospfmoocydes,  199 

III.  0,3777  Qrm.  der  Krystalle  gaben  mit  salpetersanrein  Silber  ge- 
fällt 0,4298  Grm.  AgCl. 

IV.  0,8402  Grm.  der  Krystalle  gaben  mit  kohlensaurem  Natron  ge- 
fällt a.  s.  w.  0,1361  Grm.  ZngO. 

Versnch 

i.^^'Tr     inT^iv. 

87,69  37,49       —  — 

7,96       7,97       -  — 

-  —  28,14       - 

-  —  —  13,00 

'    250,6    100,00. 

Die  Krystalle  bestehen  demnach  aus  der  Verbindung  von 
Phosphäthyliumchlorid  mit  Chlorzink  : 

P(^8H6)4C1 .  ZnCl. 

Sie  sind  farblos,  durchsichtig,  leicht  löslich  in  Wasser, 
luftbeständig,  und  verändern  sich  selbst  bei  100^ C.  noch  nicht. 

Nach  Herrn  Dr.  Handl,  veelcher  die  Gefälligkeit  hatte, 
die  Krystalle  zu  messen,  sind  dieselben  (Fig.  13  und  14  auf 
Taf.  I  zu  Bd.  CXIX)  Combinationen  eines  tetragonalen  Prisma' s 
(100)  mit  der  Pyramide  (Hi)  (meist  verlängert  in  der 
Richtung  der  Prismenaxe),  sehr  leicht  spaltbar  nach  den  Pyra- 
midenflächen, wenig  spaltbar  senkrecht  gegen  die  Prismenaxe. 

Die  Messungen  gaben  die  Winkel  der  Normalen  : 

(100)(111)  =  5403' 

{iii)(m)  =  71055'. 
Demnach    ist    das    Verhältnifs    der    Hauptaxe    zu    einer 
Nebenaxe  : 

c  :  a  =  1,0533  :  1. 

Die  Bildung  der  Verbindung  erklärt  folgende  Gleichung  : 

POCls  +  2  (€,H5)2Zng  =  P(G,H5)4C1 .  ZnCl  +  Zn,0  +  ZnCl. 

Einwirkung  der  Verbindung  P(€2H5)4C1  .  ZnCl  auf  KalU 
hydrai.  —  Bringt  man  zu  der  krystallisirten  Verbindung  festes 
Kalihydrat  und  wenig  Wasser,  so  entwickelt  sich  unter  leb- 
hafter Einwirkung   ein  brennbares  Gas;  auf  der  Oberflächet 


200 


Pebal,  zur  Kennint fs 


der  concentrirten  Kalilauge  sammelt  sich  eine  ölartige  Flüssig- 
keit an,  weiche  nach  Triäthyiphosphin  riecht,  und  aus  welcher 
man  durch  Destillation  eine  Substanz  von  den  Eigenschaften 
des  Triäthylphosphinoxydes  erhält. 

Die  Analyse  des  entwickelten  Gases  ergab  folgende  Zahlen  *) : 


Vol.  bei  0^ 

und  1"* 

Druck 


Absorptionsrohr  : 

AnfangSTolamen 

Naoh  Behandlang   mit    wasser- 
freier Schwefelsäure .... 
Eudiometer  : 

Anfangsvolum 

Nach  Zusatz  von  Luft      .     .     . 
Nach  Zusatz  von  Sauerstoff 
Nach  der  VerpuflFung    . 
'  Koh 


Volum 

^C. 

Druck  in 
Metern 

38,0 

10,2 

0,5966 

37,0 

9,1 

0,6165 

98,3 
424,4 
458,6 
432,0 
404,9 

9,6 
8,9 
9,5 
9,8 
8,8 

0,1794 
0,4984 
0,5296 
0,5021 
0,4841 

21,85 

22,07 

17,04 
204,85 
234,71 
209,40 
189,89 


Berechnet  für  Aethylwasserstoff  : 

25,31 

20,24 


Nach  Absorption  der  Kohlens&ure 

Gefunden  : 
Oontraction         25,31 

Gebildete  OO,     19,51 

Unter  den  vier  zunächst  möglichen  Reactionen  : 

1)  P(€8H5)4C1  +  KHO  =  P(€8H5)8      +  KCl  +  OgH» .  HO 

2)  =  P(08H6)8      H-  KCl  +  Gä  -f  HjO 

3)  =  P(0,H5)8O  +  KCl  +  Oä  -f  Ha 

4)  =  P(CA)30  +  KCl  +  €,He 

sind  die  Reactionen  2}  und  3}  durch  die  Natur  des  ent- 
wickelten Gases  ausgeschlossen.  Ohne  Zweifel' ist  die  Glei- 
chung 4)  der  Ausdruck  der  Hauptreaction.  Da  jedoch  sicher, 
wenn  auch  in  geringer  Menge,  Triäthyiphosphin  auftritt,  so 
dürfte  wohl  eine  Umsetzung  nach  Gleichung  1)  nebenher 
laufen,  wenn  nicht  geradezu  eine  Spaltung  : 

P(€,H5)4C1  =  P(0,H5)8  +  €f,H,Cl 

erfolgt«  Eine  Beimischung,  von  Chloräthyl  hätte  sich  übrigens 
durch  eine  Volumverminderung  bei  der  Behandlung  mit 
wasserfreier  Schwefelsäure  bemerklich  machen  müssen. 


*)  Zur  Beseitigung  des  Triäthylphosphindampfcs  wurde  dem  Gase 
zuerst  atmosphärische  Luft  heigemischt.  Nach  Absorption  des 
Sauerstoffs  wurde  das  Gasgemenge  in  das  Absorptionsrohr  gebracht 


des  TViäihi/lphosphinoceydes,  201 

Die  Reaclion  läfst  sich  auch  so  auffassen,  dars  zunächst 
Phosphäthyliuinoxydhydrat  entsteht,  welches  weiter  in  der  be- 
kannten Weise  zerlegt  wird  : 

P(€f8H5)4Cl  -f  KHO  =  KCl  +  P(€,H6)4HO 
P(€8H5)4HO  =  P(€-8H5)30  +  €f,He. 

Einwirkung  von  Zinkäthyl  auf  Phosphoroaychlorid.  — 
Als  man  Zinkäthyl  zu  Phosphoroxychlorid  fliefsen  liefs,  waren 
die  Erscheinungen  ganz  ähnlich  wie  im  umgekehrten  Falle. 
(Zuerst  scheinbar  ruhige  Einwirkung,  nach  Zusatz  einer 
gröfseren  Menge  Zinkäthyls  so  bedeutende  Wärmeentwickelung, 
dafs  der  Kolben,  in  Wasser  gestellt,  zischte.)  Das  Product,  eine 
braunß  dickflüssige  Hasse,  mit  festem  Kalihydrat  und  tropfen- 
weise mit  Wasser  zusammengebracht,  gab  mne  ganz  geringe 
Menge  von  Triäthylphosphin;  über  der  concentrirten  Kalilauge 
sammelte  sich  eine  getrennte  Flüssigkeitsschichte,  welche,  mit 
festem  Kalihydrat  in  Berührung,  unter  lebhafter  Einwirkung 
ein  Gas  entwickelt.  Für  sich  der  Destillation  unterworfen 
gab  die  Flüssigkeit  Triäthy Iphosphinoxyd  (Schmelzpunkt  53,2^  C.)^ 
Aus  dem  bei  der  Destillation  gebliebenen  Rückstande  wurden 
auf  Zusatz  von  Kalihydrat  und  Wasser  unter  heftiger  Ein- 
wirkung und  Gasentwickelung  neue  Mengen  von  Triäthyl* 
phosphinoxyd  abgeschieden  :  ein  Beweis,  dafs  mindestens  der 
gröfste  Theil  der  durch  Einwirkung  von  Zinkäthyl  auf  Phos- 
phoroxychlorid gebildeten  Masse  nicht  aus  Triäthylphosphin- 
oxyd ,'  sondern  aus  Phosphäthyliumchlorid  und  Chlorzink  be- 
stand ,  aus  welchem  erst  durch  Einwirkung  von  Kalihydrat 
das  Triäthylphosphinoxyd  gebildet  wurde. 


Aus  diesen  Versuchen  folgt  also,  dafs,  meiner  Voraus- 
setzung entgegen,  bei  der  Wechselwirkung  von  Zinkäthyl  und 
Phosphoroxychlorid  zunächst  nicht  Triäthylphosphinoxyd,  son- 
dern Phosphäthyliumchlorid  gebildet  wird,  wobei  jedoch  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen   ist,    dafs  in  Folge   einer 


202  Pebal,   zur  Kenntnifs 

secundären  Einwirkung  des  Chlorides  auf  Zinkoxyd  Triäthyl- 
phosphinoxyd  entstehe. 

Triäthylphosphinoxyd  und  schwefelsaures  Kupfer,  —  Eine 
Verbindung  von  Triäthylphosphinoxyd  mit  saurem  schweflig- 
saurem Natron  darzustellen  ist  mir  nicht  gelungen.  Die 
Niederschläge,  welche  ich  durch  Zusammenbringen  concen- 
rirter  Lösungen  beider  Substanzen  erhielt,  waren  frei  von 
Triäthylphosphinoxyd.  Dasselbe  gilt  von  der  durch  Ver- 
dampfen einer  verdünnten  Lösung  der  beiden  Körper  im 
Exsiccator  ausgeschiedenen  Salzmasse. 

Aus  einem  Gemenge  verdünnter  Lösungen  von  Triäthyl- 
phosphinoxyd und  schwefelsaurem  Kupfer  krystallisirt  im 
Exsiccator  reiner  Kupfervitriol.  Bringt  man  aber  zu  erhitztem, 
reinem  oder  nur  wenig  wasserhaltigem  Triäthylphosphinoxyd 
krystallisirtes  schwefelsaures  Kupfer,  so  löst  sich  letzteres 
unter  Prasseln  in  beträchtlicher  Menge  mit  tief  grüner  Farbe 
auf,  während  ein  Theil  des  Kupfervitriols,  in  basisches  schwefel- 
saures Kupfer  verwandelt,  ungelöst  bleibt.  Die  grüne  Lösung, 
deren  Farbe  beim  Erkalten  heller  wird,  wird  blau,  wenn  man 
sie  mit  wenig  Wasser  versetzt,  und  läfst  beim  Erhitzen  eine 
neue  Menge  des  grünen  basischen  Kupfersalzes  fallen.  Aus 
der  blauen  Lösung  erhält  man  im  luftverdünnten  Baume  über 
Schwefelsäure  schön  ausgebildete  vierseitige  Prismen  mit 
schiefen  Endflächen  von  der  Farbe  des  Eisenvitriols.  Die 
Mutterlauge  wird  schwach  grünlichblau. 

Die  Krystalle  wurden  von  der  Mutterlauge  möglichst 
getrennt,  auf  getrocknetes  glattes  Filtrirpapier  gebracht ,  ab- 
geprefst,  im  Exsiccator  getrocknet,  dann  kurze  Zeit  feuchter 
Luft  ausgesetzt,  wieder  abgeprefst  u,  s.  f.  Nach  mehrmaligem 
Wiederholen  dieses  Verfahrens,  wobei  die  Krystalle  ihr  Aus- 
sehen nicht  verändert  hatten,  wurden  dieselben  im  luftver- 
dünnten Baum  über  Schwefelsäure  getrocknet  und  zur  Analyse 
verwendet. 


des  Triäthylphosphmoxydes.  203 

I.    0,3932  Grm.  gaben  0,5602  Grm.  €Oj  und  0,2864  Gh:m.  HgO. 
II.     0,3343  Grm.  von  einer  zweiten  Darstellung  gaben  0,4795  Grm. 
€02  und  0,2520  Grm.  HjO. 

III.  0,2051  Grm.  von  einer  dritten  Darstellung  gaben  0,0818  Grm. 

Ba^gO«  und  0,0268  Grm.  Cu,^*). 

IV.  0,1760  Grm.  von  derselben  Darstellung  wie  Nr.  II.  gaben  0,0766 

Grm.  Bagg^^. 

Theorie 

216  38,47) 

3  Mol.  TriÄthyl-  iH^ft  45  8,02 1    „,  ß- 

pbosphinoxyd    \V^  93  16,57 f   '^'^^ 

48  8,551 

63,4  11,291 

32  5,70  >  28,39 

64 ll,40j 

561,4  100,00  100,00 

Versuch 


1  Mol.  Schwefels. 
Kupfer 


I.  n.  III.  IV.  Mittel 

Kohlenstoff    38,86  j  39,18  —  —  i 

Wasserstoff     8,09 („„  j.«    8,37 /„  ,-      —  —  (. 


_     72,32     "^•;73,I7  _  j' 72,74 

Sauerstoff 


Phosphor  —   .«*,«*      _    V.»,..      _  _  . 


Kupfer  —  —  10,431  -     1  1 

Schwefel  —  —  5,46^,55  5,96  }29,70  ^28, 

Sauerstoff  —  —  —  j  —    j  J 


12 


100,86 

Die  Verbindung  liann  demnach  aasgedrückt  werden  durch 
die  Formel  : 

Cu,S^4  +  3P(G2H5)aO 

Die  Krystaile  sind  spröde,  leicht  zerbrechlich  und  er- 
leiden in  ganz  trockener  Luft  keine  Veränderung.  Hit  wenig 
Wasser  zusammengebracht  oder  längere  Zeit  feuchter  Luft 
ausgesetzt  zerfliefsen  sie  theilweise  und  verwandeln  sich  in 
feine  blafsblaue  seideglänzende  Nadeln.  In  mehr  Wasser 
lösen  sie  sich  ganz  auf  und  aus  der  Lösung  krystallisirt  im 
Exsiccator  reines  Kupfervitriol. 

Der  Vorgang  bei  der  Einwirkung  von  Triäthylphosphin- 
oxyd  auf  Kupfervitriol  ist  offenbar  dieser,   dafs  zunächst  ein 


*)  Das  Kupfer  wurde  aus  der  vom  überschüssig  zugesetzten  Chlor- 
baryum  befreiten  Lösung  mit  Schwefelwasserstoff  gefällt  u.  s.  w. 


204  Pebal,  zur  Kenntnifs 

Theil  der  beiden  Körper  sieb  umsetzt  zu  basischem  schwefel- 
saurem Kupfer  und  schwefelsaurem  Triäthylphosphinoxyd, 
welches  letztere  einen  Theil  des  basischen  Salzes  mit  grüner 
Farbe  auflöst '^)  ;  ein  anderer  Theil  des  Kupfervitriols  löst 
sich  unverändert.  Auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich  das 
grüne  basische  Kupfersalz  aus ,  die  Lösung  färbt  sich  blau 
und  aus  dieser  krystallisirt  die  oben  beschriebene  Verbindung 
nebst  schwefelsaurem  Triäthylphosphinoxyd,  dessen  Krystalle 
jedoch  nach  wenigen  Secunden  an  der  Luft  zerfliefsen. 

Unverkennbar  ist  die  Aehnlichkeit  der  Vorgänge  bei  der 
Einwirkung  von  Kupfervitriol  und  von  Platinchlorid  auf  Triäthyl- 
phosphinoxyd. Nach  Hof  mann  entsteht  in  letzterem  Falle 
die  Verbindung 

3  [(€8Hft)8P^],  (G8H5)8PCl„  2PtCl,. 

Beide  Reactionen  lassen  sich  durch  folgende  Gleichungen 
erklären  : 

+  CusS04  +  3(G2H5)8PO. 

SPtClg    +    4(02H5)3PO    =    PtO    +    PtClj    +    (€8H6)8PCl8 

+  PtCla  +  3(€,H6)8PO. 

Die  Stoffe  gruppiren  sich  schliefslich  wie  folgt  : 

Niederschlag  Lösung  Neue  Verbindung 

PtO     -f-     PtClj      .     (€jjH6)8PCljj       .       PtClj     .3(€2H5)aPO 
Bleibt  in      ^ 


V 

Lösung  Hofmann's  Yerbindong. 

Die  Umwandlung  der  krystallisirten  Kupferverbindung  in 
feine  seideglänzende  Nadeln  bei  Gegenwart  von  wenig  Wasser 


*)  Das  durch  Wasser  ausgeschiedene  basische  schwefelsaure  Kupfer 
ist  in  reinem  Triäthylphosphinoxyd  unlöslich;  bringt  man  einige 
Tropfen  concentrirter  Schwefelsäure  zum  Triäthylphosphinoxyd,  so 
löst  sich  das  basische  Salz  beim  Erwärmen  mit  grüner  Farbe. 
^  Die  Zusammensetzung  des  basischen  Eupfersalzes  ist  durch  den 
Versuch  nicht  ermittelt  worden.  Die  Analogie  würde  aber  selbst 
dann  wenig  beeinträchtigt  sein,  wenn  eine  basischere  Verbindung 
entstanden  wäre. 


des  Triäihylphosphinoxydes.  205 

dürfte  sich  durch  Aufnahme  von  Krystailwasser  erklären  lassen. 
Ein  Uebersohufs  von  Wasser  scheidet  das  Triäthylphosphin- 
oxyd  aus  dessen  Verbindung  mit  schwefelsaurem  Kupfer.  Es 
scheint  demnach,  dafs  das  Tnäthylpho;$phinoxyd  in  der  ge- 
nannten Verbindung  die  Stelle  des  Krystallwassers  einnimmt. 


Die  Eigenschaft  einiger  Ketone,  sich  mit  sauren  schweflig- 
sauren Albalien  zu  festen  Verbindungen  zu  vereinigen,  scheint 
mindestens  eben  so  sehr  auf  physikalischen  als  auf  chemischen 
Eigenschaften  derselben  zu. beruhen,  da  selbst  solche  Körper, 
welche  entschieden  in  die  Reihe  der  Ketone  gehören,  keine 
solche  Verbindung  eingehen.  Defshalb  kann  auch  der  Mangel 
dieser  Eigenschaft  an  einer  Verbindung  nicht  als  Grund  gelten, 
dieselbe  von  der  Reihe  der  Ketone  auszuschliefsen. 

Ich  halte  es  für  wenig  gerechtfertigt,  bei  der  Vereinigung 
der  Ketone  mit  sauren  schwefligsauren  Alkalien  eine  Wasser- 
ausscheidung anzunehmen  und  in  den  Formeln  das  ausge- 
schiedene Wassermolecül  dem  Reste  als  Krystailwasser  an- 
zuhängen (z,  B.  esHöNaSOa  +  H2O)  (Lim p rieht),  denn 
bis  jetzt  ist  keine  derartige  Verbindung  mit  Sicherheit  be- 
kannt, in  welcher  das  hypothetische  Krystallwassermolecül 
fehlt.  Der  Umstand,  dafs  diese  Verbindungen  einfach  durch 
Addition  entstehen  und  sehr  leicht  [wie  z.  B.  die  Verbindung 
mit  Acetyläthyl  bei  100®  —  (Freund)]  unter  Abgabe  des 
Ketons  zerfallen,  spricht  vielmehr  für  die  Ansicht,  dafs  diese 
Verbindungen  von  jener  Art  seien,  wie  die  Verbindungen 
von  Salzen  mit  Krystailwasser  oder  wie  die  beschriebene 
Verbindung  von  Triäthylphospbinoxyd  mit  schwefelsaurem 
Kupfer. 

Der  Sauerstoff  des  Triäthylphosphinoxydes  kann  leicht, 
zum  Theile  wenigstens,  gegen  Chlor,  und  umgekehrt,  aus- 
getauscht werden.    Auch  hierin  liegt  keine  wesentliche  Ver- 


206    Pebalj  zur  KennJtnifs  d.  Triäthylphoxphinoxi/dea. 

schiedenheit  von  den  Ketonen;  denn  nach  Priedel  (Jahres- 
bericht f.  1859,  S.  337)  entsteht  durch  Einwirkung  von 
Phosphorsuperchlorid  auf  Aceton  ein  Körper  von  der  Zn- 
sammensetzung GsHeCla. 

Der  Umstand,   dafs  durch  die  Einwirkung  von  Zinkäthyl 

auf  die  Grappe  POGIGICI 
statt  POAeAeAe 

zunächst  die  Gruppe  PAeAeAeAeCl  gebildet  wird, 

beweist  wenig  gegen  meine  anfangs  ausgesprochene  Ansicht. 
Die  Ursache  dieser  Erscheinung  kann  in  der  ganz  zufällig 
überwiegenden  Verwandtschaft  des  Zinks  zum  Sauerstoff 
liegen^  und  es  ist  denkbar,  diifs  beispielsweise  bei  der  Ein- 
wirkung von  Acetylchlorid  auf  Zinkäthyl  eine  der  obigen 
Reaction  ganz  ähnliche  Einwirkung 

GgHj^Cl  +  (G,H5)<jZnj  =  GjHs .  (G8H5)8G1  +  Zn^^ 
die  Hauptumsetzung  begleitet*). 

Obschon  sich  also,  mit  Ausnahme  der  Zusammensetzung, 
wenig  positive  Merkmale  zur  Charakterisirung  der  Verbindung 
als  Keton  auffinden  lassen,  so  kann  doch,  wie  ich  glaube, 
ein  entscheidender  Grund  geffen  diese  Auffassung  vorläufig 
nicht  geltend  gemacht  werden. 


J 


*)  Bei  der  erwähnten  Einwirkung  erhielt  man  neben  Acetylftthyl 
eine  Flüssigkeit  von  hohem  Siedepunkte  und  einem  an  die  zu- 
sammengesetzten Aether  der  Essigsäurereihe  erinnernden  Gtoraobe. 
Durch  Einwirkung  der  Verbindung  G8Hs(GgHft)8Gl  =  G^H^sGl 
und  noch  unveränderten  Ghloracetyls  auf  das  zugesetzte  Wasser 
konnte  ein  Körper  Ton  der  Zusammensetzung  des  essigsauren 
Gaproyläthers  entstanden  sein.  Es  sind  bereits  Versucihe  einge- 
leitet, welche  über  die  Natur  des  gebildeten  Körpers  entscheiden 
sollen. 


207 


üeber  Chromsuperoxyd  und  Chromsäure; 

von  Hugo  Schiff. 


1)   Ueber  Chromsuperoxyd, 

Gelegentlich  der  früher  (diese  Annalen  Bd.  CXIX,  S.  342) 
mitgetheilten  Versuche  über* die  Einwirkung  von  Chlorkalk- 
lösung auf  Wisroulhoxyd  habe  ich  auch  die  Einwirkung  auf 
Chromoxydhydrat  und  auf  violettes  Chromchlorid  einer  Prüfung 
unterzogen;  es  ergab  dieselbe  in  beiden  Fällen  eine  Ueber- 
führung  in  braunes  Chromoxyd,  wobei  jedoch  die  Flüssigkeit 
stets  etwas  Chromsäure  enthält«  Eine  Lösung  von  Chrom- 
alaun hingegen  giebt  mit  alkalischem  Chlornatron  nur  grünes 
Oxydhydrat* 

Das  braune  Chromoxyd  wird  bekanntlich  von  einigen 
Chemikern  als  ein  eigenthümliches ,  dem  Hangan-  und  Blei- 
soperoxyd analog  zusammengesetztes  Chromsuperoxyd  ange- 
sprochen, während  Andere  eine  Verdreifachung  der  Formel 
vorziehon  und  es  als  eine  Verbindung  von  Chromsäure  mit 
Chromoxyd  betrachten.  Für  letztere  Auffassung  scheint  der 
Umstand  zu  sprechen,  dafs  bei  längerem  Auswaschen  nament- 
lich der  hydratischen  Verbindung  das  Waschwasser  Chrom- 
säure aufnimmt  und  zuletzt  nur  Chromoxyd  zurückläfst.  Ich 
habe  gefunden,  dafs  auch  das  mittelst  Chlorkalk  aus  Chrom- 
oxydhydrat dargestellte  braune  Oxyd  dasselbe  Verhalten  zeigt. 

Als  eine  sehr  einfache  und  schnell  zum  Ziele  führende 
Methode  zur  Darstellung  d«s  braunen  Chromoxyds  empfehle 
ich  die  folgende,  welche  auf  der  Zersetzung  des  Nitrats  be- 
ruht. Man  bereite  ein  inniges  Gemenge  von  gleichen  Gewichts- 
theilen  rothen  Kaliumchromats  mit  krystallisirter  Oxalsäure 
und  setze  demselben  so  viel  concentrirte  Salpetersäure  zu, 
dafs  das  Ganze  einen  dicken  Brei  bildet.  Erwärmt  man  diesen 
in  einem  Porcellantiegel,   welcher  wegen  des  Aofschäümens 


208  Schiffe  über  Chromsuperoxyd 

etwa  die  dreifache  Capaeität  haben  mufs,  so  tritt  sehr  bald 
die  Reaction  ein,  in  deren  Folge  sich  unter  Entwickelung  von 
Kohlensäure  Salpeter  und  Chromnitrat  bildet.  Der  Tiegel- 
inhalt wird  bei  einer  etwas  unter  dem  Schmelzpunkt  des 
Salpeters  zu  haltenden  Temperatur  so  lange  erhitzt,  als  noch 
rothe  Dämpfe  entweichen^  und  dann  die  sich  leicht  ablösende 
poröse  Masse  im  gepulverten-  Zustand  mit  kaltem  Wasser 
digerirt.  Aus  der  hierbei  sich  bildenden  Lösung  kann  durch 
Zusatz  von  Ammoniak  noch  braunes  Oxydhydrat  gefällt  werden. 

Sowohl  ein  nach  dieser  Methode,  als  auch  ein  aus  reinem 
Chromnilrat  dargestelltes  braunes  Oxyd  wurde  durch  längeres 
Auswaschen  zerlegt,  aber  die  Zersetzung  ging  so  aufser- 
ordentlich  langsam  vor  sich,  dafs  bei  täglich  zehnstündiger 
Auswaschung  mit  Wasser  von  mittlerer  Temperatur  ein 
Gramm  der  Verbindung  selbst  nach  sechs  Wochen  noch  nicht 
vollständig  zersetzt  war.  Die  in  dem  Waschwasser  ent- 
haltenen Chromsäurequantitäten  sind  so  gering,  dafs  sie  sich 
den  gewöhnlichen  Reactionen  entziehen,  und  diefs  ist  wohl 
auch  der  Grund,  wefshalb  die  Zersetzung  des  auf  trockenem 
Wege  dargestellten  braunen  Oxyds  früher  tibersehen  wurde. 

Die  den  wirklichen  Superoxyden  zukommende  Eigenschaft, 
die  Guajaktinctur  zu  bläuen,  geht  dem  braunen  Chromoxyd  ab. 

2)  Eine  Reaction  auf  Ghromaäure. 

Bei  den  Versuchen  über  die  Zersetzbarkeit  des  braunen 
Chromoxyds  durch  Wasser  war  es  mir  um  eine  schnell  aus- 
führbare empfindliche  Reaction  auf  Chromsäure  zu  thun.  Bei 
Lösungen,  welche  Vioooo  Chromsäure  enthalten,  ist  zwar  die 
gelbe  Farbe  —  und  nach  Behandlung  mit  Weingeist  und 
Schwefelsäure  die  grüne  —  noch  deutlich  bei  nicht  zu  dünnen 
Schichten  zu  erkennen,  aber  Vsoooo  ist  hiermit  nicht  mehr 
nachweisbar.  Sehr  empfindlich  ist  das  Verhalten  gegen 
schwach  alkalisches  Bleiacetat,  aber  es  wird  auch  hier  die 


und  Chromsäure^  209 

Grenze  bald  erreicht.  Ich  wandte  mich  nun^  der  bekannten 
Thatsache  zu,  dafs  die  Chromsäure  eine  Bläuung  der  Guajak- 
liiictur  bewirkt.  Schon  früher  hatte  sich  mir  das  Guajak 
gegen  salpetrige  Säure  so  empfindlich  gezeigt ,  dafs  ich  es 
zur  Prüfung  der  Schwefelsäure  auf  Oxyde  des  Stickstoffs 
empfehlen  konnte  (diese  Ann.  CXI,  372);  bei  der  Chlorbleiche, 
wo  man  das  Guajak  als  Reagens  empfohlen,  steht  es  der 
SilberreacUon  etwa  gleich,  und  so  durfte  ich  hoffen,  dni»  ähn- 
liche Empfindlichkeit  auch  gegen  Chromsäure  statthaben  werde. 
Aber  wie  sehr  wurden  meine  Erwartungen  übertroffen,  als  ich 
eine  mit  Schwefelsäure  versetzte  fast  farblose  Lösung  neutralen 
Kaliumchromats  allmälig  noch  mit  dem  zehnfachen  Volum 
Wasser  verdünnen  konnte,  ohne  dafs  die  Reaction  aufhörte. 
Ein  kleiner  Ueberschufs  an  Schwefelsäure  begünstigt  den 
Eintritt  der  Färbung  sehr  (die  Säure  war  frei  von  Salpeter« 
säure).  Wurde  von  einer  mit  1  bis  2  CC.  Schwefelsäure 
versetzten  Lösung  von  40  Hgr.  Kaliumchromat  in  Va  Liter 
Wasser,  welche  also  im  Cubikcentimeter  Viooooo  Chromsäure 
enthält,  Vio  CC.  in  einem  Porcellanschälchen  zu  wenigen 
Tropfen  Guajaktinctun  gesetzt  (ein  Theil  Harz  auf  etwa  100  Th. 
ßOprocentigen  Weingeistjy  so,  tritt  sogleich  intensive  Bläuung 
ein.  Wird  die  Lösung  auf  Vio  verdünnt,  so  dafs  sie  nun 
Vioooooo  Chromsäure  oder  1  Mgr.  im  Liter  enthält,  so  tritt  bei 
Schwefelsäureüberschufs  immer  noch  eine  deutliche,  aber  nach 
wenigen  Secunden  verschwindende  Färbung  ein.  Bei  einiger 
Uebung  kann  die  Reaction  mit  Vio  CC.  Flüssigkeit  angestellt 
und  also  noch  Viooooooo  Grm.  Chromsäure  mit  Leichtig- 
keit nachgewiesen  werden.  Es  gestattet  diese  Reaction  den 
Nachweis  der  Löslichkeit  der  Chromate  von  Baryum  und 
Blei  in  destillirtem  Wasser.  Die  Lösungen  waren  durch  ein 
doppeltes  Filter  gegangen  und  zeigten  unter  dem  Hikroscop 
nichts  Aufgeschwemmtes.  Das  Verschwinden  der  Reaction 
nach    Behandlung   mit   Weingeist   tritt   selbst   bei  den   ver- 

Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  GX2.  Bd.  2.  Heft.  14 


210  Schiff,  über  Chromsuperoxyd 

dünntesten  Lösungen  deutlich  hervor;  beim  Schütteln  dieser 
letzteren  darf  man  das  Gefäfs  nicht  mit  dem  Finger  ver- 
schliersen,  da  eine  hierauf  erfolgte  und  wahrscheinlich  durch 
einige  losgespülte  Hautschuppen  bewirkte  Reduction  mehr» 
mals  beobaclitet  wurde. 

3}   Verhalten  der  chromsauren  zu  Weinsäuren  Salzen. 

Vermischt  man  eine  Lösung  von  Katiumbisulfat  oder 
Bioxalat  mit  einer  solchen  von  neutralem  Kaliumtartrat,  so 
bildet  sich  bekanntlich  neutrales  Sulfat  oder  Oxalat  und  man 
erhält  einen  Niederschlag  von  Weinstein.  Man  sollte  nun 
erwarten,  dafs  auch  das  gewöhnlich  als  saures  Salz  betrachtete 
rothe  Kaliumchromat  sich  ähnlich  verhalte;  aber  beide  Salze 
zersetzen  sich  nicht.  Bringt  man  andererseits  neutrales  Kalium* 
Chromat  mit  Weinstein  zusammen,  so  macht  man  die  auf- 
fallende, theoretisch  nicht  zu  erwartende  Beobachtung,  dafs 
beide  Salze  sich  zu  neutralem  Tartrat  und  rothem  Chromat 
umsetzen.  Wegen  dieses  Umstandes  löst  sich  gepulverter 
Weinstein  auch  in  ziemlicher  Menge  in  einer  Lösung  von 
neutralem  Kaliumchromat  auf.  Man  erkennt  den  Eintritt  der 
Reaction  sogleich  an  der  Aenderung  der  Farbe,  und  wenn 
man  mit  einer  concentrirteren  Lösung  in*  der  Wfirme  operirt, 
so  erhält  man  beim  Erkalten  Krystalle  des  weit  weniger  lös- 
licheren rotfaen  Chromats.  "' 

Wir  haben  hier  eine  Umsetzung,  bei  welcher  das  rothe 
Chromat  völlig  die  Rolle  eineiS  neutralen  Salzes  einnimmt,  und 
es  spricht  dieses  Verhalten  zu  Gunsten  der  von  Kekulö, 
Wurtz  und  mir  für  die  analog  zusammengefretzten  Salze 
aufgestellten  Formeln,  welche  lediglich  darauf  hinauslaufen, 
diese  Verbindungen  als  neutrale  zu  characterisiren.  Die  saure 
Reaction  mit  Lackmus  kann  hier  nicht  in  Betracht  kommen, 
da  bekanntlich,  auch  andere  neutrale  Verbindungen  die  Lack- 
mustinctur  röthen. 


1 


und  Chromsäure.  211 

Versetzt  man  eine  Brechweinsleintösung  mit  wässerigem 
neutralem  Kaliomchromat ,  so  tritt  schon  in  der  Kälte  augen- 
blicklich eine  blattgrüne  Färbung  ein ;  es  erfolgt  keine  Gas- 
entwickelung  und  selbst  beim  Erwärmen  kein  Niederschlag. 
Die  Reaction  auf  Lackmus  läfst  kein  freies  Alkali  erkennen. 
Die  grüne  Flüssigkeit  trocknet  zu  einer  firnifsähnlichen ,  in 
regelmäfsige  Stücke  zerspringenden  Hasse  ein,  welche  sich 
leicht  und  vollständig  wieder  in  Wasser  löst.  Natronsalze, 
nicht  aber  Kali-  oder  Ammoniaksalze ,  geben  SDgleich  einen 
weifsen  Niederschlag.  —  Es  scheint  hier  eine  Umsetzung  in 
der  Art  stattzufinden,  dab  das  Antimonoxyd  durch  die  Chrom- 
säure zu  Antimonsäure  oxydirt  wird  und  diese  sich  mit  dem 
Kali  der  Chromsäure  verbindet,  während  das  entstehende 
Chromoxyd  an  die  Stelle  des  Antimonoxyds  tritt.  Nehmen 
wir  Für  das  Kaliumchromtartrat  nach  Halaguti  die  Formel 
€4H4K(€r0)O6  an ,  so  möchte  die  Gleichung  : 

3  04H4K(Sb^)ö  e  +  2  €rK8^4  :s=  3  SbK^«  +  GÄK^Oe  +  2  €4H4K(€rO)Oe 

den  wahrscheinlichsten  Ausdruck   fiür   die   hier  statthabende 
Umsetzung  geben. 

Bern,  im  Juni  1861. 


Darstellung    fester    Kohlensäure ; 
vou  A.  Loir  und  CA.  Dri<m*). 


Wenn  man  einen  flüssiges  (condensirtes)  Ammoniak  ent- 
haltenden Glaskolben  —  unter  Einschaltung  eines  Gefäfses, 


*)  Aas  Compt.  rend.  LII,  749.  Das  zu  den  Versuchen  angewendete 
flüssige  Ammoniak  war  dargesteUt  durch  Einleiten  yon  Ammo- 
niakgas  in  einen  Kolben,  welcher  mit  flüssiger  schwefliger  Säure 

14* 


212  Loir  u.  DrtoUf  Darstellung 

welches  mit  Schwefelsäure  getränkte  Coaksstücke  enthält  — 
mit  einer  Luftpumpe  in  Verbindung  setzt  und  diese  wirken 
läfst,  so  sinkt  die  Temperatur  des  verdunstenden  flüssigen 
Ammoniaks  rasch;  bei  etwa  —  81^  beginnt  es  zu  erstarren, 
und  wenn  die  Luftpumpe  den  Druck  bis  auf  etwa  l'"'"  Queck^ 
silberhöhe  zu  verringern  vermag,  so  sinkt  die  Temperator 
des  festen  Ammoniaks  bis  zu  <— .  89^5.  Bei  dieser  Tem- 
peratur wird  Kohlensäure  unter  dem  gewöhnlichen  Druck 
flüssig;  leitet  man  trockenes  Kohlensäuregas  durch  eine  in 
das  Ammoniak  eintauchende  U*  Röhre,  so  wird  eine  gewisse 
Menge  desselben  zur  Flüssigkeit  condensirt,  doch  nur  wenig, 
da  die  auf  diese  Art  hervorzubringende  Temperatur  nur 
wenige  Grade  unter  der  Verfiüssigungstemperatur  für  den 
gewöhnlichen  Druck  liegt. 

Verstärkt  man  aber  den  Druck  etwas,  so  lassen  sich  in 
kurzer  Zeit  erhebliche  Mengen  fester  Kohlensäure  darstellen. 
Nach  Loir  und  Drion  verfährt  man  in  folgender  Weise« 
Man   bringt  etwa  150  CC.   flüssiges  Ammoniak   in    ein  Glas- 


umgeben  war,  deren  Verdunstung  mittelst  der  Luftpumpe  be- 
schleunigt wurde;  so  lassen  sich  nach  Loir  und  Drion  leicht 
2  Deciliter  flüssiges  Ammoniak  in  weniger  als  2  Stunden  dar- 
stellen. —  Wir  erinnern  hier .  an  frühere  Mittheilungen  Yon  Loir 
und  Drion  (Bulletin  de  la  soc.  chimique,  s^ance  du  22  Juin 
1860)  über  die  Verdichtung  Yon  Gasen  nur  durch  Temperatur- 
emiedrigung,  unter  gewöhnlichem  Druck.  Wird  Luft  mittelst 
eines  continuirlich  wirkenden  Blasbalges  gleichzeitig  durch  meh- 
rere Röhren  durch  etwa  200  Grm.  Aether  getrieben,  so  sinkt 
die  Temperatur  innerhalb  4  bis  5  Minuten  auf  — ,  34^  und  erhält 
sich  so  15  bis  20  Minuten  lang.  Bei  dieser  Temperatur  lassen 
sich  erhebliche  Mengen  Cyan  oder  schweflige  Säure  condeu- 
siren  (die  Condensation  des  Cjans  unter  gewöhnlichem  Druck 
beginnt  bei  etwa  —  22^;  ein  schwacher  über  das  flüssige  Cyan 
streichender  Luftstrom  bewirkt  sofortiges  Erstarren).  Wird  Luft 
durch  flüssige  schweflige  Säure  getrieben«  so  sinkt  die  Tempe- 
ratur der  letzteren  auf  —  50^,  bei  welcher  Temperatur  sich  Chlor 
und  Ammoniak  eu  Flüssigkeiten  rerdichten.  D.  R* 


fester  Kohlensäure,  213 

gefäfs,  dessen  Rand  mit  einer  Metallfassung  versehen  ist,  auf 
welche  eine  mit  zwei  Oeffnungen  versehene  Platte  luftdicht 
pafst.  Mittelst  der  einen  Oeffnung  wird  das  Glasgefäfs  mit 
der  Luftpumpe  in  der  angegebenen  Weise  in  Verbindung 
gesetzt;  in  die  andere  Oeffnung  ist  ein  unten  geschlossenes 

und    bis    zu    dem    Boden    des  Glasgefäfses    herabreichendes 

* 

Glasrohr  befestigt.  Die  Kohlensäure  wird  entwickelt  durch 
Erwärmen  von  variier  getrocki^tem  zweifach -kohlensaurem 
Natron  in  einem  kupfernen  Kolben,  dessen  Hals  Chlorcalcium- 
stücke  enthält  und  mittelst  eines  Bleirohrs  einerseits  mit  dem 
in  das  flüssige  Ammoniak  tauchenden  Glasrohr ,  andererseits 
mit  einem  kleinen  Manometer  communicirt.  Wenn  die  Luft 
aus  dem  Apparat  entfernt  und  die  Temperatur  des  Ammoniaks 
bis  nahe  zum  Erstarrungspunkt  desselben  erniedrigt  ist,  so 
erhitzt  man  den  Kolben  unter  steter  Beobachtung  des  Mano- 
meters, so  dafs  der  Druck  sich  zwischen  3  und  4  Atmo- 
sphären hält.  Bald  bilden  sich  in  dem  Glasrohr  durchsichtige 
Krystalle  von  fester  Kohlensäure ,  deren  Menge  rasch  zu- 
nimmt; in  etwa  Vs  Stunde  ist  der  ganze  in  das  Ammoniak 
tauchende  Theil  des  Glasrohrs  mit  einer  dichten  Krystall- 
kruste  ausgekleidet. 

Die  so  erhaltene  festie  Kohlensäure  bildet  eine  farblose, 
wie  Eis  durchscheinende  Masse,  welche  sich  mittelst  eines 
Glasstabs  leicht  in  würfelähnliche,  3  bis  ^^  grofse  Krystalle 
zertheilen  läfst.  Die  Krystalle  gehen  der  Luft  ausgesetzt 
langsam  in  Gas  über;  sie  lassen  sich  schwer  zwischen  die 
Finger  nehmen ,  denen  sie  wie  schlüpfrig  leicht  entgleiten ; 
fest  angefafst  verbrennen  sie  die  Haut  in  empfindlichster 
Weise.  Ein  Gemenge  der  Krystalle  mit  Aether  zeigt  eine 
Temperatur  von  —  81  ^ 

Die  angegebenen  Temperaturen  wurden  mittelst  eines 
Weingeist  -  Thermometers    ermittelt ,   an    welchem    als    fixe 


214  Fitttff,  über  die  Oocydattansproducte 

Punkte  0^  in  schmelzendem  Eis  and  —  4ffi  in  schmelzendem 
Quecksilber  bestimmt  waren. 


lieber   die    Oxydationsproducte  des   Toluols   dorch 

verdünnte  Salpetersäure; 

von  Rudolph  Fitüg. 


In  einer  früheren  Notiz*)  zeigte  ich  bereits,  dafs  das 
Tolool  sich  beim  Behandeln  mit  verdünnter  Salpetersäure 
ganz  anders  verhalte,  als  die  ihm  homologen  Kohlenwasser- 
stoffe Cumol  und  Cymol>  dafs  es  sich  nämlich  nicht,  wie  diese, 
unter  gleichzeitiger  Bildung  von  Oxalsäure ,  in  eine  Säure 
mit  niedrigerem  Kohlenstoffgehalt  verwandele.  Ich  habe 
seitdem  den  Versuch  mit  gröfseren  Mengen  Toluol  wieder- 
holt und  veröffentliche  einstweilen  die  bis  jetzt  gefundenen 
Resultate. 

Das  Toluol,  welches  zu  diesen  Versuchen  angewandt 
wurde,  war  aus  dem  zwischen  100  und  120^  siedenden  Theil 
des  gereinigten  Steinkohlentheeröls  abgeschieden.  Es  wurde 
dieser  Theil  so  lange  der  fractionirten  Destillation  unter- 
worfen, bis  ein  Kohlenwasserstoff  erhalten  wurde,  der  bei 
jeder  erneuerten  Destillation  vollständig  zwischen  108  und 
113^  überging.  Von  diesem  Destillate  wurden  Portionen  von 
50  bis  60  Grm.  in  einem  geräumigen  Kolben,  der  mit  dem 
unteren  Ende  eines  Liebig'schen  Kühlapparates  verbunden 
war,  mit  einem  Gemisch  von  einem  Theil  käuflicher  concen- 


*)  Diese  Annalen  CXVII,  192. 


des  Toliiols  durch  verdünnte  Salpetersäure.  215 

trirter  Salpetersäure  und  zwei  Thetlen  Wasser  S9  lange  ge- 
kocht ,  bis  keine  Entwickelung  rother  Dämpfe  mehr  stattfand« 
Die  Oxydation  geht  nur  langsam  vor  sich,  aber  schon  nach 
eintägigem  Kochen  schied  sich  in  der  Regel  beim  Erkalten 
eine  weifse  krystallinisehe  Säure  aus;  nach  4  bis  5  Tagen 
war  der  Procefs  gewöhnlich  als  beendigt  zu  betrachten»  Es 
wurde  dann  zunächst  das  noch  unsersetzt  gebliebene  oder 
theilweise  in  Nitrotoluol  übergeführte  Oel ,  welches  grofse 
Mengen  der  Säure  gelöst  enthielt,  mit  etwa  dem  vierten  Theil 
der  Flüssigkeit  abdestillirt  und  die  nach  dem  Erkalten  des 
Rückstandes  sich  abscheidende  weifse  Krystallmasse  abfiltrirt» 
mit  etwas  kalteoi  Wasser  gewaschen  und  getrocknet. 

Es  zeigte  sich  bald,  dafs  diefs  rohe  Oxydationsproduct 
ein  Gemenge  mehrerer  Säuren  von  verschiedener  Loslichkeit 
in  Wasser  war«  Die  Trennung  derselben  von  einander  ist 
mit  den  gröfsten  Schwierigkeiten  verbunden ,  weil  sie  in 
ihrem  Verhalten  eine  aufserordentliche  Aehnlichkeit  mit  ein- 
ander zeigen. .  .  Ich  versuchte  verschiedene  Methoden  der 
Trennung»  unter  denen  mir  die  folgende  als  die  beste 
erschien. 

Um  zunächst  von  dem  am  schwierigsten  löslichen  Theil 
annähernd  zu  trennen,  wurde  das  trockene  Gemenge  so  lange 
mit  kleineren  Mengen  Wasser  ausgekocht ^  bis  etwa  drei 
Viertel  der  Masse  ausgezogen  waren.  Der  schwerlösliche 
Rückstand  wurde  einstweilen  bei  Seite  gesetzt.  Die  aus  den 
vereinigten  wässerigen  Lösungen  beim  Erkalten  sich  ab- 
setzende Säure  war  unzersetzt  flüchtig  und  wurde  defshalb 
nach  dem  Trocknen  aus  einer  kleinen  Retorte  destillirt.  Sie 
schmolz  beim  Erhitzen  und  ging  bei  höherer  Temperatur  als 
ein  fast  farbloses  Oel  über,  welches  sehr  rasch  in  der  Vor- 
lage oder  im  Betortenhalse  zu  einer  steinharten  ,  scheinbar 
unkrystallinischen  Masse  erstarrte.  Diese  wurde  mit  Wasser 
Übergossen  und    mit  Marmor.  bi9   zum  Aufhören   der  sauren 


216  Fittigy  über  die  Oan/dcUtonsproditcte 

Reaction  gekocht.  Aus  der  bis  zur  beginnenden  Krysiallisation 
eingedampften  Lösung  setzten  sich  beim  Erkalten  schwach  gelb 
geförbte,  nadeiförmige  Krystalle  ab,  die  hauptsächlich  aus  einem 
Calciumsalz  von  der  Zusammensetzung  G^HsCaOs  bestanden^  wel- 
ches aber  noch  sowohl  mit  einem  schwerer,  als  auch  mit  einem 
leichter  löslichen  Salze  verunreinigt  war*  Als  Kriterium  für 
die  Reinheit  desselben  wurde  ein  constanter  Schmelzpunkt 
der  aus  einer  Probe  mit  Salzsäure  abgeschiedenen,  aus  Wasser 
umkrystallisirten  und  getrockneten  Säure  genommen.  Es 
zeigte  sich  nämlich ,  dafs  die  im  Aeufseren  so  ähnlichen 
Säuren  in  ihrem  Schmelzpunkte  so  sehr  von  einander  diffe» 
rirten,  dafs  selbst  noch  geringe  Verunreinigungen  daran  er- 
kannt werden  konnten,  dafs  eine  nicht  zu  geringe  Probe 
dann  nie  in  ihrer  ganzen  Hasse  bei  derselben  Temperatur 
schmolz,  sondern  in  der  geschmolzenen  Hasse  noch  feste 
Theile  suspendirt  blieben.  Beim  Umkrystallisiren  des  CaU 
ciumsalzes  wurden  defshalb  bald  die  zuerst  sich  abscheiden- 
den Krystalle,  bald  die  letzte  Hutterlauge  entfernt.  Nur  auf 
diese  umständliche  und  zeitraubende  Weise  gelang  es  end- 
lich nach  15-  bis  20  maliger  Umkrystallisation,  ein  in  kleinen 
farblosen  Nadeln  krystallisirtes  reines  Salz  zu  erhalten. 

Die  aus  diesem  Salze  mit  Salzsäure  abgeschiedene  und 
durch  Umkrystallisiren  aus  kochendem  Wasser  gereinigte 
Säure  hat  die  durch  die  Formel  G^ÜQQ^  ausgedrückte  Zusam- 
mensetzung : 

0,1972  Grm.  der  über  Schwefelsäure  getrockneten  Säure  gaben 
0,4407  Grm.  Kohlensäure  =  0,12019  Grm.  €  und  0,0824  Grm. 
Wasser  =  0,09155  Grm.  H. 


Berechnet 

Grefunden 

e, 

84            60,87 

60,94 

He 

6              4,35 

4,64 

«. 

48            34,78 

— 

138  100,00. 


des  Toluols  durch  verdünnte  Salpetersäure,  217 

Ich  nenne  diese  Säure  Oxytolsäure.  Sie  ist  in  kaltem 
Walser  nur  sehr  wenig  löslich,  viel  leichter  in  heifsem  und 
in  Alkohol.  Aus  der  heifs  gesättigten  wässerigen  Lösung 
scheidet  sie  sich,  wenn  sie. absolut  rein  ist;  in  kleinen  aber 
deutlichen  farblosen  glänzenden  Nadeln  ab.  Ganz  geringe 
Verunreinigungen  mit  der  schwerer  löslichen  Säure  aber 
reichen  hin ,  ihr  ein  «nkrystallinisches,  flockiges  Ansehen  zi^ 
geben.  Sie  schmilzt  ohne  vorher  weich  zu  werden  genau  bei  180^ 
und  erstarrt  bei  177^  wieder  vollständig.  Ist  sie  verunreinigt  mit 
der  schwerer  löslichen  Säure,  so  lassen  sich  in  der. bei  180^ 
geschmolzenen  Säure  noch  ungeschmolzene  Theilchen  wahrneh^ 
men;  bei  einer  Verunreinigung  mit  der  leichter  lösliehen  Säure 
wird  sie  schon  unter  180^  teigig.  Schon  bei  einer  Temperatur, 
die  den  Schmelzpunkt  nicht  erreicht,  sublimirt  sie;  bei  hö- 
herer Temperatur  läfst  sie  sich  unzersetzt  destilliren ,  ohne 
einen  kohligen  Rückstand  zu  hinterlassen.  Auch  mit  den 
Wässerdämpfen  verflüchtigt  sie  sich.  Die  trockene  Säure  ist 
geruchlos,  aber  ihr  Dampf  und  auch  die  kochende  wässerige 
Lösung  besitzen  einen  der  Benzoesäure  ähnlichen,  zum  Husten 
reizenden  Geruch. 

Das  Kaliumsalz  der  Oxytolsäure,  durch  Fällen  des  Gal- 
ciumsalzes  mit  kohlensaurem  Kalium,  Eindampfen  und  Um- 
kryslallisiren  aus  siedendem  absolutem  Alkohol  erhalten»  bildet 
sehr  kleine,  stark  glänzende  farblose  Nadeln,  die  in  Wasser 
sehr  leicht  löslich,  in  kaltem  absolutem  Alkohol  fast  unlöslich 
und  auch  iri  siedendem  nur  schwierig  löslich  sind. 

0,2608  Grm.  verloren  nach  dem  Trocknen  über  Schwefelsäure  bei 
130^  Nichts  am  Gewicht  und  gaben  0,1302  Grm.  schwefeis. 
Kalium  =  0,05853  Ka. 

Berechnet  Gefanden 

Ka      39^         22,25  22,44. 

Das  Natriumsalz  ist  in  Wasser  aufserordentlich  leicht 
löslich.    Aus  der  ganz  concentrirten  Lösung  scheidet  es  sich 


218  Fittig,  vier  die  Oxydationsproducte 

in  kleinen  KrysUllen  ab,  die  wegen  ihrer  sehr  grofsen  Lös- 
lichkeit  durch  Umkrystallisiren  nicht  gereinigt  werden  konnten. 
Durch  kalten  absoluten  Alkohol  wird  es  aus  der  eoncentrir- 
ten  wässerigen  Lö^sung  als  eine  wetfse,  sehr  voluminös« 
Gallerte  gefallt.  In  kochendem  absolutem  Alkohol  ist  es  in 
ziemlicher  Menge  löslich ,  aber  die  gesättigte  alkoholische 
Lösung  scheidet  beim  Erkalten  keine  KrystaUe  ab , .  sondern 
gesteht  vollständig  zu  einer  gelatinösen  Hasse. 

Das  Calctumaalz  bildet  kleine  farblose  Nadeln,  dje  in 
heifsem  Wasser  viel  leichter  als  in  kaltem  löslich  sind;  auch 
in  Weingeist  löst  es  sich.  Das  über  Schwefelsäure  ge* 
trocknete  Salz  bat  die  Zusammensetzung 'GrHsCa^s -4~  ^Vx  Ha 0^- 

0,620  Grm.   verloren  beim  Erhitzen   auf  130^  0,091  Orm.  Waserer. 

0,2892  Grm.  wasserfreies  Salz   gaben  0,1242  Grm.  schwefeis.  Cal- 
cium =  0,03653  Ca. 

Berechnet  Gefanden 

%H£a08  -flVsHgO 
HjO         —  '14,67  14,68 

OyKeCaPa 
Ca  20  12,74  12,63. 

Das  Bart/umsah,  durch  Kochen  der  Säure  mit  kohlen- 
saurem Baryum  dargestellt,  krystallisirt  ebenfalls  in  Nadeln, 
die  in  heifsem  Wasser  löslicher,  als  in  kaltem  sind.  Es  ver- 
liert sein  Krystallwasser  wahrscheinlich  schon  bei  längerem 
Stehen  über  Schwefelsäure  vollständig.  Nach  etwa  achttägigem 
Stehen  über  Schwefelsäure  verlor  das  Salz  beim  Erhitzen  auf 
140^  nur  3,6  pC.  an  Gewicht,  während  VaHgO  schon  4,2  pC. 
verlangt. 

I.    0,369    Grm.   wasserfreies    Salz    gaben    0,211    Grm.    schwefeis. 
Baryum  =  0,12406  Grm.  Ba. 

IL    0,310  Grm.   gaben   0,1785  Grm.   schwefeis.  Baryum  =  0,10495 
Grm.  Ba. 

Berechnet  Gefanden  ~ 

eTHftBaOg  L       ^^. 

Ba      68,5  33,33  33,62      33,85.       . 


des  Tobtob  durch'  verdünnte  Salpeter  säure,  219 

Das  Sübersalz  erhält  man  durch  Fällen  des  Ammoniam* 
oder  Caiciumsalzes  mit  salpetersaurem  Silber  als  einen  weifsein 
voIuminöBen  Niederschlag.  Bs  ist  in  kaltem  Wasser  fast 
unlöslich,  in  heifsem  löst  es  sich  leichter  und  krystallisirt 
aus  der  heifs  ffesättigten  Lösung  in  kleinen  farblosen ,  stark 
glänzenden  Nadeln,  die  sich  am  Licht  nur  langsam  gelb 
färben. 

L  0>8868  Grm.  gaben  nach  dem  Troeknen  bei  lOQ^'  0,4842  Gnn. 
Kohlensäure  =?  0>lB20ö5  Grm.  6  and  0,070  Grm.  Wasser 
=  0,007778  Grm.  H.     " 

II.     0,194  Grm.  gaben  0,0848  Grm.  Ag. 

HI.    0,2725  Grm.   gaben  0,119  Qrm.  Äg. 

Berechnet 


€7  84  84,29 

Hg  5  2,04 

Ag  108  44,08                      —          43,71         43,67 

Og  48  19,69                       —             —             — 


245  100,00. 

Die  Lösung  des  oxytolsauren  Ammoniums  wurde  nicht 
gefällt  durch  Lösungen  der  alkalischen  Erden ,  durch  Chrom- 
alaun, schwefelsaures  Zink,  schwefelsaures  Hangan,  Chlor- 
nickel, Chlorkobalt,  Quecksilberchlorid^  salpetersaures  Cad- 
mium  und  Brech Weinstein.  Eisenvitriol  gab  einen  weifsen 
flockigen,  Eisenchlorid  einen  röthlich- weifsen  Niederschlag, 
Kupfervitriol  erzeugte  besonders  beim  Kochen  einen  bläulicb- 
weifsen  Niederschlags  der  sich  in  Ammoniak  mit  blauer 
Farbe  löste;  essigsaures  Blei  bewirkte  einen  weifsen,  in  der 
Hitze  löslichen  Niederschlag;  eine  Alaunlösung  gab  eine  weifse 
und  Uraneblorid  eine  gelblich  -  weifse  Fällung. 

Aus  der  Zusammensetzung  der  oxytolsauren  Salze  ergiebt 
sich,  dafs.  die  Säure  eine  einbasische  ist.  Die  wässerigen 
Lösungen  der  Salze  reagiren  vollständig  neutral.  Vielleicht 
zeigt  sie  aber  dasselbe  merkwürdige  Verhalten  wie  die  Sali- 
cylsäure,   dafs  sie  nämlich  zweiatomig,,  aber  einbasisch  ist. 


220  Fittiffy  Hier  die  Oxydatiansproducte 

Es   fehlte  mir  leider  an  reinem  Material,    um  Versuche    in 
dieser  Hinsicht  anzustellen. 

Die  Oxytolsäure  hat,  wie  die  obigen  Analysen  zeigen, 
dieselbe  Zusammensetzung  wie  die  Salicylsäure  und  die  Oxy- 
benzoesäure.  Von  beiden  Sfiuren  unterscheidet  sie  sich  durch 
ihre  Eigenschaften  aber  so  wesentlich,  dafs  an  eine  Identität 
nicht  zu  denken  ist.  Gröfsere  Aehnlichkeit  zeigt  sie  mit  der 
Säure,  die  Laurent*)  4)ei  der  Behandlung  des  Oeles  aus 
bituminösen  Schiefern  und  des  zwischen  130  und  160^  sie- 
denden Steinkohlentheeröls  in  geringer  Menge  erhielt  und 
mit  dem  Namen  „Ampelinsäure^  bezeichnete,  aber  auch  von 
dieser  weicht  sie  in  mehrfacher  Hinsicht  wesentlich  ab.  Die 
Ampelinsäure  schmolz  erst  über  260^  und  ihr  Nickelsalz  war 
unlöslich,  während  das  Ammoniaksalz  der  Oxytolsäure  mit  Nickel- 
salzen keinen  Niederschlag  giebt.  Da  Laurent's  Säure  aus 
demselben,  freilich  höher  siedendem  Material  auf  dieselbe  Weise 
wie  die  Oxytolsäure  erhalten  wurde  ^  so  wäre  man  freilich 
versucht,  sie  für  eine  unreine  Oxytolsäure  zu  halten,  wenn 
dagegen  nicht  der  um  mehr  als  80^  höher  gefundene  Schmelz- 
punkt spräche.  Die  Ampelinsäure  ist  aber  viel  zu  unvoll- 
ständig untersucht;  als  dafs  wir  ihre  Existenz  als  bewiesen 
betrachten  könnten;  denn  bei  der  einzigen  Analyse,  welche 
Laurent  ausführte,  differirt  der  gefundene  Kohlenstoffgehalt 
um  beinahe  ein  ganzes  Procent  von  dem  berechneten  >  und 
von  ihren  Salzen  wurde  keines  näher  untersucht  und  analysirt. 
Es  scheint  I  dafs  sie  ein  Gemenge  einer  stickstofffreien  mit 
einer  nitrirten  Säure  war.  Darauf  deutet  wenigstens  eine 
Bemerkung  in  Laurent's  Abhandlung,  dafs  die  Säure  beim 
Verbrennen  einen  Geruch  entwickelte,  der  demjenigen  sehr 
ähnlich  war,  welchen  nitrirte  Substanzen  unter  denselben 
Umständen  geben.  —  Die  Zersetzungsprodücte  der  Oxytolsäure 


*)  Ann.  dum.  phy».  LXIV,  326. 


des  Toluols  durch  verdünnte  Salpetersäure.  221 

konnte  ich  noch  nicht  näher  untersuchen^  da  ich,  wegen  der 
so  aufserordentlich  schwierigen  Trennung  von  den  anderen 
gleichzeitig  sich  bildenden  Säuren,  selbst  aus  grörseren  Men- 
gen des  unreinen  Säuregemisches  nach  mönatelangem  Arbei-' 
ten  nur  geringe  Mengen  des  absolut  reinen  Calciurnsalzes 
erhielt.  Es  scheint  inders^  dafs  die  Oxytolsäure  sich  dadurch 
ganz  wesentlich  von  den  isomeren  Säuren  unterscheidet,  dafs 
bei  der  trockenen  Destillation  des  Calciurnsalzes  mit  über- 
schüssigem Kalk  keine  Carbolsäure  gebildet  wird.  Bei  einem 
Versuche,  der  freilich  nur  mit  einer  geringen  Quantität  ausgeführt 
werden  konnte,  wurde  ein  braunes  Oel  erhalten,  welches  durchaus 
nicht  den  characteristischen  Geruch  der  Carbolsäure  zeigte. 

Beim  Eindampfen  der  Mutterlaugen,  aus  welchen 
sich  das  oxytolsäure  Calcium  ausgeschieden  hatte ,  wurde 
ein  anderes  Calciumsalz  erhalten,  welches  nach  vielmali- 
gem Umkrystallisiren ,  wobei  immer  die  zuerst  sich  aus- 
scheidenden schwerer  löslichen  Krystalle  entfernt  wurden, 
grofse  concentrisch  vereinigte  Nadeln  bildete,  die  sich  schon 
äufserlich  von  den  viel  kleineren  Krystallen  des  oxytolsauren 
Calciums  wesentlich  unterschieden.  Die  Analyse  ergab  für 
dieses  Salz  die  Zusammensetzung  €7H5Ca02  4-  IVsHsO. 

I.    0,391  Qrm.  yerloren  bei  130^  0,062  Grm.  Wasser. 
II.    0,263  Grm.  verloren  bei  130^  0,0412  Grm.  Wasser. 

I.    0,2218  Grm.   wässerfreies    Salz   gaben    0,107   Grm.    schwefeis. 
Calcium  =  0,031471  Grm.  Ca. 

II.     0,329  Grm.  gaben  0,1542  Grm.  schwefeis.  Calcium  =  0,045353 
Grm.  Ca. 

Berechnet  Gefunden 

GyHgCaO,  +  iVaHgO  I.  II. 

HgO^      —         16,07^  15,86       15,67. 

GyHfiCaO, 

Ca  20         14,18^  14,19       13,79. 

Die  Lösung  dieses  Salzes  gab  mit  salpetersaurem  Silber 
einen  weifsen  voluminösen  Niederschlag,  der  aus  siedendem 
Wasser  in  kleinen  Nadeln  krystallisirte. 


«7 

84 

36,68 

Hs 

5 

2,18 

Ag 

108 

47,16 

^. 

32 

13,98 

222  Fittig,  über  die  Oxyda&mspraducte 

L  0,2188  Gnn.  des  getrockneten  krystallisirten  Salzes  gaben  0,292 
Grm.  Kohlensäure  =  0,079636  Grm.  G  und  0,0485  Grm. 
Wasser  =  0,0053889  Grm.  H. 

n.    0,3296  Grm.  gaben  0,1554  Grm.  Ag. 

Berechnet  Gefunden 

36,40 

2,46 

47,16 

229  100,00. 

Die  aus  diesen  Salzen  abgeschiedene  Säure  ergab  bei 
der  Analyse  Zahlen,  die  für  die  Formel  G7H602  pafsten.  Sie 
hatte  also  die  Zusammensetzung  der  Benzoesäure  und  sie 
schmolz  auch,  wie  diese,  genau  bei  120^  aber  im  Aeufseren 
zeigte  sie  eine  so  grofse  Verschiedenheit  von  der  Benzoe- 
säure, dafs  Niemand,  der  sie  sah,  sie  für  Benzoesäure  hielt. 
Aus  der  siedend  gesättigten  wässerigen  Lösung  schied  sie 
sich  beim  Erkalten  in  vollständig  unkrystallinischen  Flocken 
ab,  und  selbst  beim  langsamen  Erkalten  der  sehr  verdünnten 
Lösung  wurden  nur  mikroscopische  Krystallnadeln  erhalten. 
Sie  glich  im  Aeufseren  so  sehr  der  vonKolbe  und  Laute- 
mann*) beschriebenen  Salylsäure,  dafs  ich  sie  anfänglich 
für  identisch  mit  dieser  hielt.  Der  Umstand  indefs,  dafs  bei 
mehreren  Analysen  der  Kohlenstoffgehalt  constant  etwas  zu 
niedrig  gefunden  wurde,  und  dafs  sowohl  das  Baryumsalz  wie 
das  Calciumsalz  nicht,  wie  die  salylsauren  Salze,  in  Warzen, 
sondern  wie  die  benzoesauren  in  gut  ausgebildeten  Nadeln 
krystallisirten,  führte  mich  zu  der  Vermuthung,  dafs  die  Säure 
doch  Benzoesäure  und  das  so  völlig  verschieden«  Aussehen 
nur  durch  eine  geringe  Verunreinigung  mit  einer  anderen 
Säure  bedingt  sein  könnte.  Ich  krystallisirle  defshalb  die 
unkrystallinische   flockige   Säure  aus  siedendem  Wasser  mit 


*)  Diese  Annalen  CXV,  187. 


des  Toluola  durch  verdünnte  Salpetersäure.  223 

der  Vorsicht  um,  dafs  ein  g^eringer  Theil  ungelöst  blieb,  und 
in  der  That  setzten  sich  jetzt  beim  Erkalten  der  Lösung 
grofse  Krystalle  ab,  die  ganz  das  Aussehen  der  Benzoesäure 
hatten  und  deren  Zusammensetzung  bei  der  Analyse  keine 
Differenz  mehr  von  der  der  Benzoesäure  zeigte. 

0,2054  Grm.  gaben  0,5174  Grm.  Eohlensäure  »   0,14111  Grm.  € 
and  0,0935  Grm.  Wasser  =  0,01039  Grm.  H. 

Berechnet  Gefanden 

G7              84              68,85  68,70 

He                6                4,92  5,06 

O^ 82 26,23 — 

122  100,00. 

Ich  habe  mich  auch  direct  überzeugt;  dafs  geringe  Ver- 
unreinigungen im  Stande  sein  können,  das  Krystallisations- 
vermögen,  wodurch  die  BenzoösSure  so  ausgezeichnet  ist, 
sehr  zu  vermindern.^  Ais  ich  vollständig  reine  gut  krystalli- 
sirte  Benzoesäure  mit  einer  sehr  geringen  Menge  der  un- 
reinen schwerer  löslichen  Säure  zusammen  auflöste,  schied 
sie  sich  beim  Erkalten  der  Lösung  ebenfalls  in  ganz  kleinen 
Krystallen  ab.  Ich  erwähne  dieses  eigenthümlicheA  Ver- 
haltens hauptsächlich,  weil  dadurch  sehr  leicht  eine  Täuschung 
und  eine  Verwechselung  der  Benzoesäure  mit  Kolbe  unti 
Lautemann^s  Salyisänre  möglich  ist.  So  glauben  Warren 
de  la  Rue  und  Hugo  Müller*),  die  vor  Kurzem  unreines 
SteiYikohlentheeröI ,  weiches  hauptsächlich  Toluol,  Xyiol  und 
Cumol  enthielt,  mit  verdünnter  Salpetersäure  behandelten, 
unter  den  entstandenen  Säuren  Salylsäure  gefunden  zu  haben. 
Nach  den  obigen  Versuchen  ist  es  aber  sehr  wahrscheinlich, 
dafs  diese  Säure  nur  eine  etwas  verunreinigte  Benzoesäure 
war,  die  durch  Oxydation  des  Toluois  oder  auch  des  Cumols 
gebildet  wurd«. 

Die  gleichzeitige  Bildung  von  Oxytolsäure  und  Benzoe- 
säure liefs  es  mir  als  möglich  erscheinen,   dafs  die  Benzoö- 


*)  Quart  Jcram.  of  the  ehem.  Bociety,  Apiü  1861 ,  p.  54. 


224  Fittig^  über  die  Oxydatiansproducte 

säure  das  primäre  Oxydationsproduct  des  Toluols  sei  und 
dafs  die  Oxytolsäure  sich  erst  aus  dieser  bei  fortgesetzter 
Einwirkung  der  verdünnten  Salpetersäure  unter  Aufnahme  von 
einem  Atom  Sauerstoff  bilde.  Ein  directer  Versuch  bestätigte 
diese  Vermuthung  aber  nicht.  Reine  Benzoesäure  6  Tage 
lang  mit  einem  Gemisch  von*  einem  Theil  concentrirter  Sal- 
petersäure und  zwei  Theilen  Wasser  gekocht,  enthielt  nach- 
her nicht  die  geringsten  Spuren  einer  anderen  Säure.  Das 
nach  dem  Neutralisiren  mit  Marmor  sich  zuerst  abscheidende 
Calciumsalz  gab  nach  mehrmaligem  Umkrystallisiren  bei  der 
Analyse  Zahlen,  die  vollständig  mit  denen  des  benzoesauren 
Calciums  übereinstimmten. 

Es  folgt  hieraus,  dafs  die  Oxytolsäure  und  die  Benzoe- 
säure sich  gleichzeitig  neben  einander  bfldeii  müssen.  Wahr- 
scheinlich hängt  es  von  der  Concentration  der  Salpetersäure 
ab,  welche  von  beiden  Säuren  vorzugsweise  gebildet  wird. 
Ich  beobachtete  wenigstens  einige  Male,  wenn  ich  eine  etwas 
concentrirtere  Säure  anwandte,  dafs  weit  geringere  Mengen 
von  Benzoesäure  entstanden.  Es  tritt  dann  aber  der  Uebel- 
stand  ein,  dafs  gleichzeitig  gröfsere  Mengen  nitrirter  Säuren 
entstehen,  von  denen  die  Oxytolsäure  noch  schwieriger  ^u 
trennen  ist. 

Bei  der  Reinigung  des  rohen  Säuregemisches  durch  Um- 
krystallisiren liefs  ich,  wie  oben  erwähnt  wurde,  den  schwerer 
löslichen  Theil  zuri^ck.  Ich  reinigte  diesen  wie  den  mit 
Wasser  ausgezogenen  Theil  durch  Umkrystallisiren  aus  vielem 
heifsem  Wasser  und  nachherige  Destillation  der  getrockneten 
Säure.  Alle  Bemühungen  aber^  durch  Darstellung  und  Um- 
krystallisiren des  Calciumsalzes  eine  reine  Säure  mit  con- 
stantem  Schmelzpunkt  zu  erhalten,  waren  vergeblich.  Ich 
stellte  defshalb  das  Silbersalz  dar,  kochte  dieses  wiederholt 
mit  siedendem  Wasser  aus  und  liefs  einen  unlöslichen  Rück- 
stand unberücksichtigt.    Aus  der  wässerigen  Lösung  schieden 


des  Toluols  durch  verdünnte  Salpetersäure.  225 

sich  lange  farblose  Nadeln  eines  Silbersalzes  aus,  die  äurser- 
lich  keine  Verschiedenheit  untereinander  zeigten.  Nach  aber- 
maligem Umkrystallisiren  wurde  dieses  Salz  mit  Salzsäure  zer- 
setzt und  die  so  gereinigte  Säure  wieder  zur  Darstellung  des 
Calciumsalzes  benutzt.  Um  mich  von  der  Reinheit  dieses 
Salzes  zu  überzeugen,  schied  ich  es  durch  abwechselndes  Ver- 
dampfen und  Krystallisiren  in  vier  Krystallisationen  ab  und  ana* 
lysirte  jede  derselben  nach  dem  Trocknen  bei  130^    Sie  gaben  * 

U,87j  11,92,  11,84,  11,97  pC.  Ca. 

Zwei  derselben ,  bei  denen  auch  das  Krystallwasser  bestimmt 
wurde,  gaben  13,09  und  13,14  pC.  Wasser.  Die  aus  diesem 
Salzre  dargestellte  Säure  ergab  54,27  pC.  Kohlenstoff  und 
3,72  pC.  Wasserstoff.  Es  passen  diese  Zahlen  für  eine  Formel 
GTHeO«,  die  54,55  pC.  Kohlenstoff  und  3,90  pC.  Wasserstoff 
verlangt ;  auch  die  Analysen  des  Calciumsalzes  stimmen  nahezu 
mit  der  Formel  ^THsGaO*  +  IVsHaO  überein,  die  13,5  pC.^ 
Krystallwasser  und  wasserfrei  11,56  pC.  Calcium  verlangt. 
Aber  die  Säure  zeigte  keinen  constanten  Schmelzpunkt,  sie 
wurde  bei  210^  teigig  und  war  erst  bei  220^  vollständig  ge- 
schmolzen, und  bei  einer  Prüfung  nach  Dumas'  Methode 
wurde  darin  noch  ein  Gehalt  an  Stickstoff  gefunden,  der  frei- 
lich viel  zu  gering  war,  um  ihn  als  wesentlichen  Bestandtheil 
der  Säure  betrachten  zu  können,  aber  doch  zu  bedeutend, 
als  dafs  die  Verunreinigung  mit  einer  nitrirten  Säure  bei  der 
Analyse  ohne  Einflufs  hätte  «ein  können. 

Es  fehlte  mir  an  Material,  um  die  unerquicklichen  Rei« 
nigungsversuche  mit  diesem  schwerer  löslichen  Theil,  die 
mich  bereits  ein  ganzes  Vierteljahr  fast  ausschliefslich  be- 
schäftigt hatten,  fortsetzen  zu  können.  Ich  glaube  indefs 
nicht,  dafs  darin  eine  dritte  stickstofffreie  Säure  enthalten  ist, 
sondern  dafs  er  aus  Oxytoßäure  besteht,  die  mit  einer  nitrir- 
ten Säure  verunreinigt  ist,  von  der  sie  auf  dem  eingeschlagenen 
Wege  nicht  zu  trennen  ist. 

Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  2.  Ueft.  |5 


226  Seilstein,  über  die  Einwirkung 

Ich  beabsichtige  die  Oxytolsäure  einer  näheren  Unter- 
suchung' zu  unterwerfen,  und  werde  dann  nochmals  versuchen, 
auch  über  diesen  schwerer  löslichen  Theil  der  rohen  Säure 
bestimmten  Aufschlufs  su  erhalten. 

Schlierslich  will  ich  noch  erwähnen,  dafs  das  Benzol  ein 
ganz  anderes  Verhalten  gegen  verdünnte  Salpetersäure  zeigt. 
Durch  Krystallisation  gereinigtes  Benzol  wurde  durch  sechs- 
tägiges Kochen  mit  einer  Säure  von  derselben  Verdünnung, 
wie  diejenige,  welche  bei  der  Oxydation  des  Toluols  ange- 
wandt wurde,  durchaus  nicht  verändert  und  es  wurde  keine 
Spur  einer  krystallinischen  Säure  erhalten.  Bei  der  Ein- 
wirkung kräftigerer  Oxydationsmittel,  z.  B.  der  Chromsäure, 
zeigt  es  aber,  wie  Church*}  vor  Kurzem  nachgewiesen  bat, 
insofern  ein  dem  Toluol  ähnliches  Verhalten ,  als  es  in  eifi^ 
der  Benzoesäure  homologe  Säure  Ge>U4,^2  übergeht.  Vielleicht 
gelingt  es  auf  diesem  Wege,  durch  6ine  raschere  und  heftigere 
Einwirkung  der  Chromsäure  daraus  auch  eine  der  Oxytolsänre 
homologe  Säure  zu  erhalten. 

Laboratorium  in  Göttingen  ^  Juli  1861. 


lieber  die  Einwirkung  des  Jodphosphors  auf 

Glycerinsaure ; 


von    F.    Bdhtein^ 

Privatdocent  in  Göttingen. 


Die  Formeln  der  Propion-,  Milch-  und  Glycerinsaure  er- 
lauben, diese  drei  Säuren  in  eine  einfache  Reihe  zu  bringen  : 

£-836^2  Propionsäure 
08H«O8  Müchsäure 
©«HöO*  ölyoerins&ure. 


*)  Quarterly  Journ.  of  the  ehem.  sooiety,  April  1861. 


des  Jodphosphors  auf  Ofycennsäure,  227 

Bei  gleichbleibendem  Kohlenstoff-  und  Wasserstoffgehalt 
nimmt  der  Sauerstoffgehalt  um  je  ein  Atom  zu,  und  damit 
steigt  auch  die  Atomigkeit  dieser  Säuren],  so  dafs  aus  der 
einatomigen  Propionsäure  die  dreiatomige  Glycerinsäure  ent- 
steht. Dieser  Zusammenbang  ist  für  die  Propion-  und  Milch- 
säure durch  die  Versuche  Ulrich's'^}  aufser  allen  Zweifel 
gesetzt,  für  den  Zusammenhang  der  Glycerin*  und  Milchsäure 
spricht  aber  bis  jetzt  nur  die  Bildung  der  Milchsäure  beim 
Schmelzen  der  Glycerinsäure  mit  Kali**)  ""^  ^'^  Entstehung 
der  Glycerinsäure  aus  dem  dreisäurigen  Alkohol  Glycerin, 
nach  demselben  Muster,  wie  die  der  Milchsäure  aus  dem  zwei* 
atomigen  Propylglycol. 

Ich  habe  zunächst  versucht,  die  Milchsäure  in  Glycerin- 
säure nach  ähnlichen  Methoden  überzuführen,  wie  die  Milch- 
säure aus  der  Propionsäure  entsteht*  Ich  suchte  eine  Brom- 
milchsäure darzustellen,  um  daraus  durch  Behandeln  mit 
Alkalien  Glycerinsäure  zu  erzeugen.  Die  Versuche  haben 
aber  nicht  zu  dem  gewünschten  Resultate  geführt.  Brom  ist 
in  der  Kälte  ohne  Wirkung  auf  syrupdicke  Milchsäure;  erhitzt 
man  aber  die  Mischung  im  zugeschmolzenen  Rohr  bei  100^, 
sa  ist  schon  nach  einigen  Stunden  alles  Brom  verschwunden. 
Beim  Oeffnen  des  Rohrs  macht  sich  nun  eine  beträchtliche 
Spannung  kund,  während  der  Rückstand  undurchsichtig  braun 
geworden  ist.  Verdünnte  Milchsäure  wird  ebenfalls  sehr 
leicht  durch  Brom  zersetzt.  Beim  Oeffnen  des  Rohrs  ent- 
weicht Kohlensäure,  woraus  folgt,  dafs  die  Milchsäure  durch 
die  Einwirkung  des  Broms  total  zerstört  ist.  Milchsaures 
Zinkoxyd  oder  milchsaures  Zinnoxydul  werden  durch  Erhitzen 
mit  Brom  ebenfalls  total  zerstört.  Es  scheint  also,  als  ob 
Brom   auf  Milchsäure   und   ihre  Salze  ähnlich  wie  Chlor  ein- 


*)  Diese  Annalen  CIX,  268. 
*♦)  Daselbst  CIX,  227. 

15» 


228  Beilatein,  über  die  Einwirktmg 

wirkt.  Eine  inzwischen  erfolgte  vorläufige  Anzeige  von 
Oito^J  hat  mich*endlich  von  der  Fortsetzung  dieser  Unter- 
suchung ganz  abgehalten.  Otto  hat  nämlich  versucht,  das 
zweifach -gechlorte  Cyanäthyl  in  Bichlorpropionsäure  überzu- 
führen ^  welche  bei  der  Behandlung  mit  Alkalien  in  Ghlor- 
milchsäure  und  endlich  in   Glycerinsäure  übergehen  müfste. 

Andererseits  ist  es  Laute  mann  gelungen**),  durch 
eine  einfache  Reaction  die  Milchsäure  in  Propionsäure  über- 
zuführen; Es  gelang  ihm  dieses  vermittelst  des  Jodwasser- 
stoffs, eines  Reagenzes  ^  welches  inzwischen  schon  zu  den 
interessantesten  Entdeckungen  geführt  hat.  Bei  der  Einfach- 
heit und  Sauberkeit,  mit  welcher  hier  die  Reactionen  verlaufen, 
verspricht  dieses  Reagenz  zu  einem  nicht  weniger  mächtigen 
Hülfsmittel  für  die  organische  Chemie  zu  werden,  als  wie 
z.  B.  das  Phosphorsuperchlorid. 

Ich  habe  nun  Jodphosphor  auf  Glycerinsäure  einwirken 
lassen,  in  der  Hoffnung,  daraus  Milch-  oder  Propionsäure  zu 
erhalten ;  wider  Erwarten  verlief  die  Reaction  aber  ganz  anders, 
und  statt  der  oben  gensmnten  Säuren  erhielt  ich  einen  Körper 
von  der  Zusammensetzung  der  Jodpropionsäure.  Ehe  ich  aber 
zur  Beschreibung  der  Reaction  übergehe,  will  ich  ein  Paar 
Worte  über  die  Darstellung  der  Glycerinsäure  anführen. 

Darstellung  der  Ob/cerineäure,  —  Es  liegen  darüber  die 
Angaben  von  Sokoloff***}  und  Debusf)  vor.  Ich  habe 
der  Methode  des  Letzteren  den  Vorzug  gegeben;  sie  führt 
zwar  nicht  so  schnell  zum  Ziele,  wie  die  Sokoloffs,  schien 
mir  aber  eine  gröfsere  Ausbeute  zu  liefern.  Debus  schreibt 
vor,  nach  beendigter  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Glycerin 


*)  Diese  Annalen  CXVI,  195. 
**)  paselbst  CXIII,  217. 
•••)  Daselbst  CVI,  97. 
t)  Daselbst  CVI,  80. 


des  JodpJiosphars  auf  Glycerinsäure,  229 

die  Flüssigkeit  m  kleinen  Portionen  auf  dem  Wasserbade  ein- 
zudampfen; ich  konnte  aber  keinen  Unterschied  bemerken, 
wenn  ich  die  Flüssigkeit  auf  einmal  in  einer  flachen  Schale 
abdampfte.  Ich  bin  defshalb  bei  diesem  einfacheren  Verfahren 
stehen  geblieben.  Um  die  freie  Glycerinsäure  zu  erhalten^ 
mufs  das  Kalksalz  mit  der  gerade  hinreichenden  Menge  Oxal- 
säure zerlegt  werden.  Dieses  Verfahren  ist  aufserordentlich 
umständlich  und  mühsam,  und  da  ich  später  wiederholt  in  die 
Lage  kam,  reine  Glycerinsäure  haben  zu  müssen,  sah  ich  mich 
nach  einer  bequemeren  Darstellungsweise  derselben  um.  Es 
gelang  mir  dieses  sehr  leicht '  vermittelst  des  Bleisalzes, 
das  schon  Debus  in  seiner  Abhandlung  anführt*),  welches, 
wegen  seiner  geringen  Löslichkeit  in  Wasser,  sich  ganz  be- 
sonders zur  Darstellung  einer  reinen  Säure  eignet.  Der  ein- 
gedampfte Rückstand  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf 
Glycerin  wird  in  viel  Wasser  gelöst  und  mit  kohlensaurem 
Blei  oder  mit  Bleioxyd  neutralisirt.  Gegen  das  Ende  der 
Operation  unterstützt  man  die  Einwirkung  durch  Erwärmen, 
kocht  dann  auf,  filtrirt  kochendheifs  und  erhält  durch  Ab- 
dampfen und  Erkaltenlassen  rohes  glycerinsaures  Blei,  welches 
nach  ein-  bis  zweimaligem  Umkrystallisiren  völlig  rein  ist. 
Das  Salz  setzt  sich  aufserordentlich  fest  an  die  Wandungen 
der  Schale  an;  durch  Erwärmen  derselben  lassen  sich  aber 
die  Krusten  leicht  ablösen.  Dieses  Salz  mit  Schwefelwasser- 
stofl^  zersetzt  hinterläfst  beim  Abdampfen  im  Wasserbade  eine 
fast  weifse  Glycerinsäure,  die  mit  Jodphosphor  zersetzt  gleich 
eine  fast  weifse  Jodpropionsäure  liefert.  Sättigt  man  die  rohe 
Glycerinsäure  mit  kohlensaurem  Blei,  so  bleibt  die  Flüssigkeit 
auch  beim  völligen  Neutralisiren  noch  schwach  sauer,  obgleich 
das  reine  glycerinsäure  Blei  neutral  reagirt.  Wendet  man 
aber  Bleiglätte  an,  welche  sich  sehr  leicht  in  der  Glycerin- 


*)  A.  a.  O.  8.  92. 


230  Beilstein,  über  'die  Eimoirkung 

säure  löst,  so  mufs  man  sich  hüten,  den  Neutralisationspunkt 
zu  überschreiten.  Das  glycerinsaure  Blei  löst  näoiiich  Blei» 
oxyd  auf  9  und  dann  reagiren  die  Lösungen  alkalisch.  Der- 
gleichen basische  Lösungen  werden  aber  schon  durch  Kohlen- 
säure gefällt.  Das  Eindampfen  der  Glycerinsäure  auf  dem 
Wasserbade  mufs  auch  nicht  unnöthig  lang  fortgesetzt  werden^ 
denn  sie  färbt  sich  dabei  dunkler. 

Einwirkung  des  Jodphosphors  auf  Ofycerinsäure.  — 
Vermischt  man  Glycerinsäure'^) ,  die  mit  wenig  Wasser  ver- 
setzt ist,  mit  ihrem  doppelten  Gewichte  an  Jodphosphor,  so 
tritt  nach  einiger  Zeit  beim  Erwärmen  eine  äufserst  heftige 
Reaction  ein,  welche  man  zweckmäfsig  durch  Eintauchen  des 
Gefäfses  in  kaltes  Wasser  mäfsigt.  Es  entweicht  Jodwasser- 
stoff, und  leitet  man  die  sich  entwickelnden  Dämpfe  in  Wasser, 
so  wird  HJ  absorbirt,  während  noch  weifse  knoblauchartig 
riechende  Dämpfe  entweichen,  die  sich  nicht  an  der  Luft  ent- 
zünden. Die  anfangs  flüssige  Masse  im  Kolben  erstarrt  beim 
Erkalten  zu  einer  krystallinischen  Masse,  die,  wenn  die  an- 
gewandte Glycerinsäure  weifs  war,  auch  fast  weifs  ist,  im 
entgegengesetzten  Falle  aber  mehr  oder  weniger  dunkel  ge- 
färbt ist.  Es  hat  sich  während  der  Reaction  keine  Spur 
freies  Jod  abgeschieden.  Man  löst  den  Rückstand  in  sieden- 
dem Wasser  und  erhält  beim  Erkalten  Jodpropionsäure,  die 
durch  ein-  bis  zweimaliges  Umkrystallisiren  aus  wenig  sieden- 
dem Wasser  völlig  rein  ist.  So  dargestellt  bildet  der  Körper 
eine  blendend  weifse  krystallinische  Masse  von  ausgezeichnetem 


*)  Die  melBte  hier  verbrauchte  Glycerinsäure  war  aus  dem  Ealksalz 
dargestellt.  0,514  Grm.  der  über  SO^  getrockneten  KrystaDe 
verloren  bei  135^  getrocknet  langsam  0,071  Grm.  HO  nxid  hinter- 

liefsen  0,181  CaOCO^    Glyoerinsanrer  Kalk  enthftlt 

berechnet  gefunden 

HO  12,6  18,8 

Ca  14,0  14,1 


des  Jodphosphors  auf  Glycerinaäure.  231 

PerliDuUerglanze.  Ich  nenne  ihn  Jodpropionsäure ,  wie  sich 
dieses  aus  seiner  Zusammensetzung  ergiebt.  Die  Substanz 
war  behufs  der  Analyse  über  Schwefelsäure  getrocknet  worden : 

1)  0,2605  Grm.  gaben  0,173  CO'  nnd  0,061  HO 

8)  0,2095  Grm.  gaben  0,135  CO'  päd  0,0455  HO 

3)  0,434  Grm.  mit  Kalk  geglüht  gaben  0,517  AgJ 

4)  0,230  Grm.  mit  Barytwasser  gekocbt  gaben  0,271  AgJ. 

Ich  benatzte  hierbei  die  Leichtigkeit,  mit  welcber  die  Jodpropion- 
sftore  durch  Alkalien  zerlegt  wird.  Die  abgewogene  Menge  Sänre  wurde 
mit  Barytwasser  im  Ueberschufs  versetzt,  eine  halbe  Stunde  gekocht, 
dann  mit  Salpeterstture  angesäuert  nnd  nach  dem  Erkalten  mit  salpeter- 
saurem Silber  versetzt,  die  Flüssigkeit  durcb  heftiges  Umrühren  geklärt 
und  das  Jodsilber  abfiltrirt 

5)  0,1538  Grm.  gaben  ebenso  behandelt  0,1815  AgJ. 

6)  0,523  Grm.  mit  einer  Lösung  von  reinem  kohlensaurem  Natron 
Übergossen,  einige  Zeit  im  Wasserbade  erwärmt,  gaben  0,61 17  AgJ 
und  0,0013  Ag. 

Berechnet  Gefunden 


€» 

36 

18,0 

W 

5 

2,5 

J 

127 

68,5 

O' 

82 

16,0 

1.  2.           3.  4.           5.  6. 

18,1  17,6         —  —  —  — 

2,6  2,4        —  —          -  - 

—  —  64,4  63,7  63,8  63,5 


200     100,0 

Die  Jodpropionsäure  löst  sich  leichl  in  heifsern  Wasser, 
ist  in  kaltem  aber  nur  sehr  wenig  löslich ;  die  heifs  gesättigte 
Lösung  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  festen  krystallinischen 
Hasse.  War  die  Lösung  sehr  gesättigt,  so  erhält  man  stark 
perlmutterglänssende  Sohuppen;  war  die  Lösung  aber  nur 
schwach  gesättigt,  so  erhält  man  beim  Abkühlen  grofse^  stark 
glasglänzende  Krystallblätter.  Die  Mutterlaugen  der  Jodpro- 
pionsäure über  Schwefelsäure  langsam  verdunstet  hinterlassen 
grofse,  scharf  ausgebildete  Krystalle^  welche  dem  klinorhom- 
bischen  Systeme  anzugehören  scheinen. 

Die  Jodpropionsäure  löst  sich  aufserordentlich  leicht  in 
Alkohol    und    in    Aether.      Sie    reagirt    stark    sauer    und 


232  Beihteiny  über  die  Einwirkung 

zersetzt  kohlensaure  Salze  unter  Brausen.  Ihre  Lösung  in 
Wasser  kann  ohne  Zersetzung  gekocht  werden,  ihre  Salze 
werden  aber  dabei  mit  Leichtigkeit  zersetzt.  Dieses  Ver- 
halten erlaubte,  die  Jodpropionsäure  auf  eine  einfache  Art  zu 
analysiren.  Sie  schmilzt  bei  etwa  82^;  ist  sie  aber  nicht  ganz 
weifs,  oder  hat  sie  sich  beim  Einschmelzen  ins  Haarröhrchen, 
etwas  gelb  geFärbt,  so  zeigt  sie  einen  niedrigeren  Schmelzpunkt 

Eine  wässerige  Lösung  der  Jodpropionsäure  wird  in  der 
Kälte  fast  augenblicklich  durch  Silberlösung  gefällt;  es  scheidet 
sich  gelbes  Jodsilber  aus.  Wegen  dieser  geringen  Beständig- 
keit der  jodpropionsauren  Salze  habe  ich  mich  mit  der  Unter- 
suchung derselben  nicht  weiter  beschäftigt.  Man  kann  aber 
sehr  leicht  einen  Aether  der  Jodpropionsäure  darstellen.  Man 
braucht  nur  die  Lösung  der  Jodpropionsäure  in  Alkohol  mit 
Salzsäuregas  zu  sättigen,  so  wird  schon  nach  kurzem  Digeriren 
durch  Wasser  ein  öliger  Körper  abgeschieden,  den  man  durch 
Schütteln  mit  kohlensaurem  Natron  und  Quecksilber  leicht 
rein  erhalten  kann.  Er  stellt  so  eine  farblose  Flüssigkeit 
dar,  welche  schwerer  als  Wasser  ist,  sich  nicht  darin  löst, 
aber  leicht  von  Alkohol  aufgenommen  wird  und  einen  starken 
aromatischen  Geruch  besitzt.  Der  Körper  scheint  ohne  Zer- 
setzung flüchtig  zu  sein. 

Was  die  Entstehung  der  Jodpropionsäure  aus  der  Glycerin- 
säure  betriflft,  so  läfst  sich  vielleicht  folgende  Gleichung 
dafür  aufstellen  : 

€»H«0*  +  PJ8  =  €SH«JO»  +  HJ  +  PO« 
und  die  Gruppe  PO^,  welche  die  Elemente  der  wasserfreien 
phosphorigen    und   Phosphorsäure   enthielte,    zerfiele   unter 
Wasseraufnahme  in  diese  beiden  Säuren  : 

2  PO«  +  3  H«0  =  PH»08  +  PH«0*. 

Die  Mutterlaugen  von.  der  Jodpropionsäure  enthalten  nun 
wirklich  auch  Phosphorsäure.  Von  der  Gegenwart  der  phos- 
phorigen Säure  habe  ich  mich  aber  noqh  nicht  überzeugen 


des  Jodphosphors  auf  Gli/cerinsäure.  233 

können.  Bei  der  Heftigkeit  der  Reaction,  welche  die  Bildung 
der  Jodpropionsäure  begleitet^  wird  sie  wahrscheinlich  in  Phos- 
pborsäure  und  in  nicht  entzündliches  Phosphorwasserstoffgas 
zerfallen  sein  : 

4PH8a8  ^  3PH8#*  +  PH8. 

Damit  wäre  auch  das  Auftreten  der  weifsen  Dämpfe  bei 
der  Bildung  der  Jodpropionsäure  erklärt.  Man  kann  aber 
auch  die  Entstehung  der  Jodpropionsäure  als  analog  der 
Bildung  des  Jodallyis  aus  Glycerin  betrachten  : 

und 
€'"'J3J03   bildet    €'H'fj+H^O; 
denn  G^H^O«  |gi  ^  €WJO  -f-  H^O. 

Der  Unterschied  würde  also  nur  darin  bestehen,  dafs  im 
letzteren  Falle  ein  Molecül  Wasser  mit  der  Jodverbindung 
vereinigt  bliebe. 

Nach  der  ersten  Gleichung  müfsten  auf  1  Theil  Glycerin- 
säure  2,7  Theile  PJ^  einwirken,  ein  Verhältnifs,  dem  man 
sich  durch  den  Versuch  sehr  nähert,  da  man  zwar  nur  das 
Doppelte  an  PJ^  angewendet  hat,  aber  die  Glycerinsäure  in 
dem  Zustande  wog,  in  welchem,  man  sie  durch  Verdampfen 
der  wässerigen  Lösung  im  Wasserbade  erhält  und  die  also 
wohl  nicht  ganz  wasserfrei  ist.  Versucht  man  auf  1  Theil 
Glycerinsäure  nur  1  Theil  PJ^  anzuwenden,  so  erhält  man 
eine  schwarze  krystalUnische  Masse;  das  Gleiche  findet  statt, 
wenn  man  das  Anderthalbfache  an  PJ^  zusetzt;  erst  wenn  die 
zugesetzte  Menge  PJ^  das  Doppelte  beträgt,  wird  der  Rück- 
istand  von  der  Einwirkung  völlig  weifs.  Die  Gegenwart  des 
Wassers  befördert  die  Reaction  in  hohem  Grade ;  es  ist  gut, 
der  Glycerinsäure  mindestens  das  Doppelte  an  Wasser  zuzu» 
setzen,  welches  nöthig  wäre,  um  den  Jodphosphor  der 
Gleichung  PJ*  +  H*0  =  PO  4"  J^H^  gemäfs  zu  zersetzen. 


234  Beihteifif  über  die  Einwirhung 

Neutralisirt  man  eine  wässerige  Lösung  der  Jodpropion« 
säore  mit  Alkalien  ond  erwärmt ,  so  reagirt  die  Flüssigkeil 
wieder  sauer.  Hierbei  hätte  man  das  Auftreten  der  Milch- 
säure erwarten  sollen.  Als  ich  aber  durch  Zersetzen  des 
Barytaalzes  mit  schwefelsaurem  Zink  das  Zinksalz  darzu- 
stellen suchte,  erhielt  ich  statt  des  characteristischen  milch- 
sauren Zinks  ein  in  feinen  Nadeln  krystallisirendes  Salz  von 
aufserordentlicher  Löslichkeit  in  Wasser.  Auch  andere  Salze, 
die  ich  darzustellen  suchte,  zeigten  ganz  aufserordentliche 
Leichtlöslichkeit,  so  dafs  ich  einen  Moment  glaubte,  Acrylsäure 
unter  Händen  zu  haben,  welche  sich  nach  der  Gleichung  hätte 
bilden  können  : 

Qm^SQ^  —  HJ  =  0»H*O* 
Jodpropionsänre  Acrylsäiure. 

Die  Beobachtung,  dafs  das  Silbersalz  durchaus  nicht  schwer- 
löslich ist,  so  wie  die  Nichtflüchtigkeit  der  Säure  brachten 
mich  von  diesem  Gedanken  zurück. 

Versetzt  man  eine  wässerige  Lösung  von  Jodpropionsäure 
mit  Silberoxyd  und  erwärmt,  so  wird  augenblicklich  Jodsilber 
getallt  und  die  abfiltrirte  Flüssigkeit  enthält  ein  Silbersalz  in 
Lösung.  Entfernt  man  daraus  das  Silber  durch  Schwefel- 
wasserstoff und  verdunstet  die  Lösung  im  Wasserbad,  so 
hinterbleiben  feine  Krystallnadeln,  die  in  Wasser  aufser«« 
ordentlich  löslich  sind,  stark  sauer  reagiren  und  sich  beim 
Erhitzen  auf  dem  Platinblech  ohne  Rückstand  verflüchtigen. 
Diese  Säure  zersetzt  kohlensaure  Salze  unter  Aufbrausen  und 
bildet  Salze,  die  zum  gröfsten  Theil  sehr  löslich  sind.  Das 
NatronszXz  bleibt  beim  Verdampfen  der  Lösung  als  eine  kry- 
stallinische  weifse  Masse  zurück,  die  beim  Stehen  an  der 
Luft  zu  einem  Syrup  zerfliefsl.  Eine  vorläufige  Natriudl'» 
beslimmung  ergdb  einen  Natriumgehalt  von  20,4  pG.  Nä, 
während   das  milcbsaure  Natron  20,5  pC.  Na  enthält.     AU 


t  des  Jodphosphor»  auf  Glycermsäure,  235 

I 

das  Salz  bis  zu  150^  erhitzt  war,  um  es  wasserfrei  zu  er- 
hallen, war  es,  ohne  Gewichtsverlust  zu  erleiden,  geschmolzen. 

Das  Zink-,  Baryt-  und  Kalksalz  sind  aufserordentlich  leicht 
Idslich.  Die  Lösung  des  letzleren  wurde  nicht  gefällt  durch 
Kupferoxyd-,  Blei-,  Kobalt-,  Wismuth-,  Eisenoxydul-,  Hangan-, 
Thonerde-  und  Uranlösungen.  Sie  reducirte  aber  beim  Kochen 
Gold-  und  Silberlösungen,  färbte  Eisenchlorid  blutroth  und 
gab  mit  basisch-essigsaurem  Bleioxyd  einen  starken  weifsen 
Niederschlag.  Die  Niederschläge  durch  Quecksilberoxydul 
und  -Oxyd,  so  wie  durch  Zinnchlorür  lösten  sich  im  Ueber- 
schusse  des  Fällungsmittels. 

Nach  dem  Obigen  ist  die  bei  Zersetzung  der  Jodpropion- 
säure auftretende  Säure  von  der  Milchsäure  total  verschieden. 
Da  aber  die  Reaction,  wie  es  scheint,  von  allen  secundären 
Zersetzungen  frei  ist,  so  ist  kaum  daran  zu  zweifeln,  dafs  die 
obige  Säure  mit  der  Milchsäure  isomer  ist.  Die  weitere  Un- 
tersuchung der  Säure  wird  zeigen,  ob  diese  Vermuthung  ge- 
gründet  ist.  Das  eben  Mitgetheilte  bitte  ich  nur  als  eine  vor- 
läufige Notiz  zu  betrachten;  es  kam  mir  zunächst  nur  darauf 
an,  zu  zeigen,  dafs 'hier  eine  neue,  von  der  Milchsäure  gänz- 
lich verschiedene  Säure  auftritt. 

Wollte  man  die  Glycerinsäure  als  Dioxypropionsäure  be- 
trachten, so  hätte  man  bei  Einwirkung  des  Jodphosphors  die 
Bildung  der  Jodmilch-  oder  der  Dijodpröpionsäure  erwarten 
sollen  : 

e'H'(HÖ)'^|^  ^    HJ=    €'H»(Hd).J.0,^   ^     g.^ 

oder 

e.H.(HO)«0j^  +  2HJ  ^  «'H'J»^J0  +  2H.«. 

Keiner  dieser  beiden  Fälle  ist  aber  eingetreten.  —  Ich  habe 
ferner  versucht  Säureradieale  in  die  Glycerinsäure  einzuführen, 
z.  B.  eine  Benzoylglycerlnsäure  darzustellen.  Man  kann  aber 
Glycerinsäure  und  Benzoesäure  zusammenschmelzen,  ohne  dafs 


236  B eilstein f  über  die  Einw.  des  Jadphosphors  u,  s.  to, 

sich  eine  Spar  einer  gepaarten  Säure  bildet.  Erst  wenn  man 
das  Gemenge  beider  Säuren  im  Oelbade  längere  Zeit  auf 
200^  erhitzt,  scheint  sich  eine  gepaarte  Säure  zu  bilden. 

Debus  betrachtete  anfangs  die  Glyoxylsänre  als  der 
Glycerinsäure  homolog.  Die  Zusammensetzung  des  Ammoniak- 
salzes führte  ihn  aber  dazu^  der  Glyoxylsänre  1  Molecul  Wasser 
weniger  zuzuschreiben.  Die  Ansichten  der  Chemiker  sind 
defshalb  über  die  Zusammensetzung  dieser  Säure  getheilt,  und 
man  hat  in  der  letzten  Zeit  auf  verschiedene  Weise  die 
zweite  Formel  von  Debus  zu  vertheidigen  gesucht*).  Man 
hat  hierbei  aber  eine  Reaction  ganz  aufser  Acht  gelassen, 
welche  die  Frage  auf  eine  ganz  einfache  und  ganz  bestimmte 
Weise  löst.  Perkin  und  Duppa  geben  nämlich  an  **39 
durch  Zersetzung  der  Dijodessigsäure  durch  Alkalien  Glyoxyl- 
säure  erhalten  zu  haben,  und  wenn  sich  diese  Reaction  be- 
stätigt, wozu  leider  noch  die  analytischen  Belege  fehlen,  so 
ist  es  keinem  Zweifel  unterworfen,  dafs  die  Glyoxylsäure  in 
eine  Reihe  mit  Essigsäure  und  Glycolsäure  gehört  und  die 
Formel  €*H*0^  erhalten  mufs  : 

€»H*0«  =  Essigsaure 
€«H*0»  =  Glycolsäure 
€«H*0*  =  Glyoxylsäure. 

Ich  bin  gegenwärtig  mit  der  weiteren  Untersuchung 
dieser  dreiatomigen  Säuren  beschäftigt. 

Laboratorium  in  Göttingen,  den  10.  August  1861. 


*)  Diese  Annalen  CXVI,  264. 
**)  Diese  Annalen  CXII »  24. 


237 

Ueber  Darstellung  und  Eigenschaften   der  Oxamin- 

säure; 

von  J.  F.  Toussaint*'). 


Die  Entdeckung  des  hier  zu  beschreibenden  Verfahrens 
zur  Gewinnung  der  Oxaminsäure,  welches  in  kurzer  Zeit 
beliebig  grofse  Mengen  der  reinen  Säure  darzustellen  gestattet, 
.wurde  veranlafst  durch  die  im  Göttinger  Laboratorium  zufällig 
gemachte  Beobachtung  eigenthümlicher  Krystalle  in  der  von 
der  Bereitung  des  Oxamids  aus  Oxaläther  herrührenden, 
eingeengten  Fltissigkeit.  Dieselben  wurden  als  oxaminsaures 
Ammoniak  erkannt.  Es  ist  mir  gelungen,  die  Bedingungen, 
unter  welchen  diese  Krystalle  willkürlich  hervorzubringen 
sind,  ausfindig  zu  machen;  das  Oxamid  verwandelt  sich 
nämlich  beim  anhaltenden  Kochen  mit  Ammoniak  vollständig 
in  oxaminsaures  Ammoniak. 

Ehe  ich  zur  speciellen  Beschreibung  dieser  Umwandlung 
Übergehe,  mag  es  mir  vergönnt  sein.  Einiges  über  die  Dar- 
stellung des  Oxaläthers  mitzutheilen ,  von  dem  ich  glaube, 
dafs  es  insofern  nicht  unwichtig  sein  wird,  als  dasselbe  ge- 
eignet ist,  die  Unsicherheit  in  der  Ausbeute  dieses  Präparats 
nach  den  bekannten  Methoden  zu  beseitigen.  Bei  wieder- 
holten Versuchen  zu  seiner  Darstellung  zeigte  es  sich,  dafs 
man  eine  bedeutend  gröfsere  Menge  Oxaläther  erhält,  wenn 
man  das  Verhältnifs  von  Alkohol  und  Säure  zu  der  vorge- 
schriebenen Menge  sauren  Oxalsäuren  Kali's  vergröfsert. 
Folgende  Gewichtsverhältnisse  habe  ich  als  am  Besten  erkannt : 
400  Grm.  Alkohol,  400  Grm.  Schwefelsäure  auf  250  Grm. 
sauren  Oxalsäuren  Kali's. 


*)  Aas    Dessen   Inaugaral  -  Dissertation  :   Ueber   die    Oxaminstture ; 
Göttingen  1861. 


238  Toussaintf  über  DarsteBung 

Aber  nicht  allein  von  diesen  Verhältnissen  ist  die  bes- 
sere Ausbeute  abhängig,  sondern  eben  so  sehr  von  der 
Art*  der  Operation.  Destillirt  man  langsam ,  so  scheint  ein 
grofser  Theil  des  Alkohols  als  gewöhnlicher  Aether  über- 
zudestjlliren ,  ohne  mit  der  Oxalsäure  in  Verbindung  zu 
treten,  denn  man  erhält  dann  nach  dem  Verdünnen  des 
Destillats  mit  Wasser  nur  wenig  sich  abscheidenden  Oxal- 
äther.  Destillirt  man  dagegen  sogleich,  nachdem  man  das 
Gemisch  von  Schwefelsäure  und  Alkohol  auf  das  in  der 
Retorte  befindliche^  feingepulverte  Kleesalz  gegeben  hat»  so 
rasch,  als  es  das  Schäumen  der  Hasse  nur  eben  erlaubt r  so 
ist  bei  Anwendung  der  oben  angegebenen  Mengen  innerhalb 
einer  Stunde  die  Operation  vollendet,  welchen  Zeitpunkt 
man  an  dem  Aufhören  des  Schäumens  erkennt.  Ich  habe  die 
Angabe  von  Dumas  nicht  bestätigt  gefunden,  dafs,  wenn 
man  verhältnifsmäfsig  kleinere  Mengen  des  Gemisches  zur 
Darstellung  benutzt,  die  Ausbeute  an  Oxaläther  ergiebiger 
wäre. 

Handelt  es  sich  darum,  aus  dem  Destillat,  einer  gesäte 
tigten  Lösung  von  Oxaläther  in  Alkohol,  nur  Oxamid  darzu- 
stellen, so  verdünnt  man  mit  Wasser  so  lange,  bis  der 
Oxaläther  ausgeschieden  ist,  fügt  concentrirtes  Ammoniak 
zu 9  sorgt,  dafs  es  immer  im  Ueberschufs  vorhanden  ist,  und 
läfst  einige  Zeit  stehen. 

Um  aus  dem  so  dargestellten  Oxamid  die  Oxaminsäure 
zu  gewinnen,  giebt  man  die  Flüssigkeit  sammt  dem  Nieder- 
schlag in  eine  geräumige  Porcellanschale  unter  Zusatz  von 
viel  Wasser  und  kocht  heftig  längere  Zeit,  indem  man  fort- 
während dafür  sorgt,  dafs  die  Flüssigkeit  durch  immer  er- 
neuten Zusatz  von  Ammoniak  alkalisch  bleibt.  Das  Oxamid 
löst  sich  hierbei  auf  und  es  setzen  sich  bald  Krystallkrusten 
von  oxaminsaurem  Ammoniak  an  den  Wänden  der  Schale  an. 
Sobald  man  beim  Erkalten  kein  Oxamid  sich  mehr  ausschei- 


und  Eigenschaften  der  Oxaminaäure.  239 

den  siehl,  sondern  an  Stelle  dessen  feine,  zu  Drusen  ver- 
einigte Prismen  des  Ammoniaksalzes  auftreten,  ist  die  Um- 
setzung vollendet.  Man  filtrirt  kochend  in  einen  Kolben  und 
dampft  so  weit  ein,  dafs  beim  Erkallen  ein  Theil  des  sehr 
löslichen  Ammoniaksalzes  auskrystallisirt.  Das  auskrystallisirte 
Ammoniaksalz  läfst  man  auf  einem  Trichter  abtropfen,  versetzt 
die  gesättigte  Mutterlauge  mit  concentrirter  Salzsäure  und 
läfst  ungefähr  12  Stunden  in  der  Kälte  stehen.  Nach  dieser 
Zeit  hat  sich  die  Oxaminsäure  als  wetfses  Pulver  abgeschie- 
den« Es  ist  gut^  diese  Zeit  nicht  zu  überschreiten,  da  sonst 
leicht  eine  später  erfolgende  Abscheidung  von  saurem  oxal- 
saurem  Ammoniak  die  Oxaminsäure  verunreinigen  könnte. 
Die  ausgeschiedene  Säure  wird  auf  einem  Filter  gesammelt, 
mit  wenig,  möglichst  kaltem  Wasser  nicht  zu  lange  ausge- 
waschen und  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zwischen  Papier 
getrocknet.  Erst  nachdem  die  Säure  lufttrocken  geworden 
ist,  kann  man  es  wagen,  ohne  eine  Zersetzung  derselben 
befürchten  zu  müssen,  das  Trocknen  bei  einer  höheren  Tem- 
peratur fortzusetzen«  Verfährt  man  genau  nach  den  ange- 
gebenen Vorschriften,  so  erhält  man  ein  vollkommen  reines, 
oxalsäurefreies  Product,  und  zwar  bei  Anwendung  der  oben 
angegebenen  Mengen  von  2j50  Grm.  Kleesalz  durchschnittlich 
50  bis  60  Grm.  trockene  Oxaminsäure. 

Die  Bildung  der  Oxaminsäure  aus  Oxamid  auf  die  oben 
angegebene  Weise  beruht  einfach  auf  einer  Wasseraufnahme, 
und  das  Ammoniak  ist  es,  welches  hier  diese  Wasserauf- 
nahme befördert,  ohne  selbst  an  der  Bildung  des  oxamin- 
sauren  Ammoniaks  Theil  zu  nehmen  : 

C*H*N«0*  +  2  HO  =  NH*0,  C*H«NO«. 

Es  ist  diefs  eine  analoge  Wirkung,  wie  sie  häufig  von 
verdünnten  fixen  Alkalien  auf  organische  Verbindungen  aus- 
geübt wird.    Die  Verwandlung  des  oxaminsauren  Ammoniaks 

« 

Mw  Kochen  mit  verdünnten  fixen  Alkalien  in  saures  oxal- 


240  Toussaintj  über  Darstellung 

saures  Ammoniak  ist  der  Grund,  wefshalb  man  diese  nicht 
statt  des  Ammoniaks  zur  Umsetzung  des  Ojcamids  anwenden 
kann. 

Die  Oxaminsäure  bildet  ein  weifses,  beim  langsamen 
Abscheiden  als  ein  unter  dem  Hikroscop  aus  kleinen,  kurzen^ 
zusammengehäuften  Krystallen  sich  darstellendes  Pulver  von 
stark  saurem,  später  zusammenziehendem  Geschmack,  das 
von  kaltem  Wasser  ziemlich  schwer,  unverändert  aufgenom^ 
men  wird.  Beim  Kochen  mit  Wasser  verwandelt  sich  die 
Säure  ziemlich  rasch  in  saures  oxalsaures  Ammoniak,  welche 
Eigenschaft  ich  anwandte,  um  die  Löslichkeit  derselben  im 
kalten  Wasser  genauer  festzustellen. 

Zu  dem  Ende  liefs  ich  Oxaminsäure  mit  kaltem  Wasser 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  häufigem  Schütteln  wäh- 
rend etwa  acht  Tagen  stehen.  18,284  Grm.  der  von  im 
Ueberschufs  vorhandener,  ungelöst  gebliebener  Säure  abfil- 
trirten  Flüssigkeit  wurden  abgewogen  und  im  Wasserbad  zur 
Trockne  abgedampft  Der  erhaltene  Rückstand  von  ent- 
wässertem saurem  oxalsaurem  Ammoniak  wog  0,371  Grm., 
entsprechend  0,309  Oxaminsäure.  Also  waren  in  18,284 
—  0,309  =  17,975  Theilen  Wasser  von  17  bis  18<>  die 
0,309  Theile  Oxaminsäure  gelöst ;  d.  h.  :  In  100  Theilen 
Wasser  lösen  sich  1,72  Theile  Oxaminsäure,  oder^  1  Theil 
Säure  bedarf  58  Theile  Wasser  von  17  bis  18^  zur  Lösung. 

Zu  einer  zweiten  Bestimmung  der  Löslichkeit  wurde  die 
Eigenschaft  des  oxaminsauren  Quecksilberoxyduls,  in  Wasser 
fast  völlig  unlöslich  zu  sein,  benutzt.  Angewandt  wurden 
von  einer  mit  Oxaminsäure  auf  die  oben  angegebene  Weise 
gesättigten  Flüssigkeit  36,017  Grm.  Nach  dem  Zusatz  einer 
salpetersauren  Quecksilberoxydullösung  wurde  der  entstehende 
Niederschlag  auf  einem  gewogenen  Filter  gesammelt  und  bei 
100^  getrocknet.  Da  dieses  Salz,  wie  aus  den  von  mir 
ausgeführten  analytischen  Versuchen  hervorgeht,  die  Formel 


und  Eigenschaften  der  Oxaminsäure.  241 

Hg'O,  C^H^NO^  besitzt,  so  ergiebt  sich,  dafs  die  erhaltenen 
1,627  Grm.  0,503  Oxaminsäure  entsprechen.  Es  waren  mit^ 
hin  in  36,017  —  0,503  =  35,514  Theilen  Wasser  von  14« 
0,503  Säure  gelöst,  w^s  in  100  Theilen  1,41  beträgt. 
1  Theil  Säure  bedarf  demnach  71  Theile  Wasser  von  14^  zur 
Lösung. 

In  Alkohol  ist  die  Oxaminsäure  bei  Weitem  weniger 
löslich  als  in  Wasser ;  in  absolutem  fast  unlöslich.  Es  folgt 
daraus,  dafs,  wenn  man  versuchen  wollte,  die  Oxaminsäure 
aas  dem  Silbersalz  nach  den  Angaben  Balard's  nur  in 
irgend  erheblicher  Menge  darzustellen,  man  enorme  Quanti- 
täten absoluten  Alkohols  nöthig  haben  würde.  In  Aether 
löst  sich  die  Säure  so  gut  wie  gar  nicht. 

Setzt  man  die  Oxaminsäure  allmälig  einer  höheren  Tem- 
peratur aus,  so  beginnt  sie  bei  173^  unter  Aufblähen  und 
theilweiser  Zersetzung  zu  einer  strengflitssigen  Hasse  zu 
schmelzen.  Zersetzungsproducte  sind  Wasser,  Oxamid  und 
Ameisensäure. 

Hit  Aetzalkalien  oder  Erden  im  Ueberschufs  gekocht, 
verwandelt  sich  die  Oxaminsäure  unter  Wasseraufnahme  und 
Ammoniakverlust  in  Oxalsäure.  Dieselbe  Zersetzung  bewir- 
ken in  der  WtH-iBe  verdünnte  und  concentrirte  Säuren. 

Laboratorium  zu  Göttingen;  Juli  1861. 


Analyse   des  Tritomits  von  Brevig^; 
von  Frans  P.  Möller. 


Das  Hineral  hatte  bei  17^5  C.  ein  spec.  Gew.  von  4,26. 

Hit  Salzsäure  war  es  aufschliefsbar  unter  Chlorentwicke- 
lung. Die  Chlormenge  wurde  nach  der  volumetrischen  He- 
thode  von  Bunsen  bestimmt 

AnnftL  d.  Chem.  a.  Pbann.  OXX.  Bd.  2.  Heft.  16 


242  Möller f  Analyse  des  Trüomüs 

Die  bei  der  Aufschliefsong  ausgeschiedene  Kieselsäure 
gab  nach  der  Behandlung  mit  Flufssäure  einen  weifsen  Rück- 
standy  der»  gemischt  mit  Kohle,  in  einem  Chlorstrom  geglüht 
wurde.  Während  bei  der  Kohle  Ceritoxyde  zurückblieben, 
setzte  sich  dicht  hinter  der  geglühten  Masse  ein  ziemlich 
dunkelgelbes  Sublimat  an,  das  folgende  Reactionen  zeigte. 
Im  Chlorstrom  erhitzt  schmolz  es  ziemlich  leicht  zu  einer 
braunen  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  zu  einer  krystalUnischen 
Hasse  erstarrte,  an  der  Luft  aber  theilweise,  zerfliefslich 
schien.  Von  Salzsäure  wurde  es  nicht  vollständig  gelöst; 
besser,  aber  auch  nicht  vollkommen,  war  es  in  concentrirter 
Schwefelsäure  unter  Cblorwasserstoffentwickelung  löslich.  Aus 
beiden  Auflösungen  wurde  durch  Ammoniak  ein  weifser 
Körper  gefällt.  Die  Auflösung  in  concentrirter  Schwefelsäure, 
mit  Wasser  verdünnt,  gab  auf  Zusatz  von  Zink  keine  blaue 
Färbung,  färbte  aber  Curcumapapier  braun;  ebenso  verhielt 
sich  die  einmal  gefällte  Säure,  die  auch  nicht  durch  wieder- 
holtes Abdampfen  mit  concentrirter  Schwefelsäure  vollkom* 
men  in  Lösung  gebracht  werden  konnte.  Durch  Glühen 
nahm  das  Chlorid  unter  Lichterscheinung  eine  weifse  Farb^ 
an.  Mit  Kobaltlösung  befeuchtet  wurde  es  durch  nochmaliges 
Glühen  nicht  blau  gefärbt.  Mit  Soda  auf  Kohle  vor  dem 
Löthrohre  geglüht  konnte  Zinn  nicht  nachgewiesen  werden. 
Sowohl  mit  Fbosphorsalz  als  mit  Borax  gab  es,  in  der  Oxy- 
dations-  wie  in  der  Reductionsflamme ,  eine  klare  farblose 
Perle,  sogar  nach  Zusatz  von  Stanniol. 

Welchem  Körper  diese  Reactionen  entsprechen,  die  aufser- 
dem  durch  das  geringe  Material  beschränkt  wurden,  iäfst 
sich  schwer  entscheiden.  Zusammengenommen  passen  die 
Reactionen  nicht  auf  das  Verhaiten  irgend  eines  bisher  be- 
kannten Körpers  gegen  die  angewandten  Reagentien.  Weil 
aber  die  meisten  mit  denen  der  Tantalsäure  übereinstimmen, 
und  weil  das  Verhalten  zu  Curcumapapier  und  das  Zerfliefsen 


von  Brevig.  243 

des  Chlorids  die  Zirkonsäure  anzudeuten  schien,  nehme  ich 
varläufig  die  Gegenwart  dieser  beiden  Säuren  an.  Dafs  mit 
Ziak  in  der  schwefelsauren  Lösung:  keine  blaue  Färbung  ein- 
trat, mulste  danii  der  die  Reaction  der  Tantalsäure  modifi* 
cirenden  Einwirkung  der  Zirkonsäure  zugeschrieben  werden; 
unter  gewissen  Umständen  geht  ja  sonst  auch  die  Eigenschaft, 
in:  Berührung  mit  reducirenden  Körpern  blaue  Verbindungen 
zu  bilden,  der  Tantalsäure  ab.  Ich  habe  aber  keine  Gelegen* 
heilt  gehabt,  zu  untersuchen ,  ob ; die  Zirkonsäure  wirklich  in 
dieser  Weise  auf  die  Tantalsäure  einwirken  kann. 

Mit  der  Analyst  wqjrd,e.  übrigens  auf  gewöhnliche  Weise 
fortgefahren. 

Weil.  es. aber  von  Wichtigkeit  war,  zu  erfahren,  ob  das 
bei  dem  Aufschliefsen  entwickelte  Chlor  allein  von  höheren 
Oxydationsstufen  des  Hangans  herrührte,  oder  auch  von  vor- 
handenem Cerosn/d,  wurde  das  Mangan  zweimal  bestimmt, 
und  zwar  das  zweite  Mal  nach  folgendem  von  Herrn  Hofrath 
Bunsen  angegebenen  Verfahren,  durch  welches  man  das 
Mangan  direct  aus  dem  aufgeschlossenen  Mineral  in  den  Nie-. 
derschlag  bekommt,  getrennt  von  Eisen ,  Thonerde,  Kalk 
u.  s.  w.,  die  sonst  die  genaue  Bestimmung  kleiner  Mengen 
von  Mangan  sehr  erschweren. 

Das  Mineral  wurde  durch  Chlorwasserstoffsäure  aufge- 
schlossen und  im  Filtrat  von  Kieselsäure  wurde  Zinn  mit 
Schwefelwasserstoff  gefällt.  Die  von  Zinn  befreite  Flüssig- 
keit wurde  eingedampft,  um  den  Ueberschufs  von  Chlor- 
wasserstoffsäure zu  verjagen ,  in  Wasser  unter  Zusatz  von 
wenig  Salpetersäure  wieder  gelöst  und  eine  concentrirte  Lö** 
sung  von  salpetersaurem  Magnesia- Ceroxyd  zugesetzt»  Hier- 
durch wurde. Manganbyperoxyd  gefällt,  die  Fällung  war  aber 
nicht  vollstäi]idig;  nachdem  das.  niedergeschlagene  Mangan- 
hyperoxyd abfiltrirt  war,  wurde  die  Lösung  -durch  Abdampfen 
Qtwas  con^enfrjrt  und  die  Fätlnng  wiederholt.    Die  Lösung 

16* 


244  Möller,  Analyse  des  TrUomüs 

war  jetzt  durchaus  manganfrei,  aber  mit  dem  Mangan  waren 
kleine  Mengen  Ceroxyd  und  Kieselsäure  niedergeschlagen, 
die  durch  Behandeln  mit  resp.  Oxalsäure  und  Flufssäure  ent- 
fernt wurden.  In  dieser  Weise  ergab  sich  0,84  pC.  Mn, 
während  nur  0,27  pC.  gefunden  wurde  auf  dem  gewöhn- 
lichen Wege,  wo  kleine  Mengen  Mangan  in  so  viele  Nieder-  i 
schlage  hineingehen  und  die  genaue  Bestimmung  defshalb 
etwas  unsicher  bleibt 

Bezüglich  der  fibrigen  Theile  der  Analyse  sind  nur  wenige 
Worte  beizufügen.  Die  Cerit-  und  Gadolinitoxyde  wurden 
durch  Oxalsäure  von  Thonerde,  Bisen  und  Mangan  getrennt. 
Die  durch  schwefelsaures  Kali  ausgeschiedenen  Ceritoxyde 
wurden  als  reine  Erden  mit  Kohle  gemengt  und  im  Chlor- 
strom geglüht  auf  Thorerde  geprüft.  Es  setzte  sich  ein 
höchst  unbedeutendes  und  schwerflüchtiges  Sublimat  ab,  lös- 
lich in  Salzsäure^  fällbar  mit  Ammoniak  und  mit  schwefel- 
saurem Kali;  wahrscheinlich  wird  es  doch  nur  dem  Umstand 
zuzuschreiben  sein,  dafs  die  Chloride  der  Ceritmetalle  nicht 
vollkommen  feuerbeständig  in  einem  Chlorstrome  sind. 

Das  Verhältnifs  zwischen  Cer  und  didymhaltigem  Lanthan 
wurde  nach  der  von  Bunsen  angegebenen  Methode  durch 
Chlortitrirung  ermittelt. 

Kalk,  Baryt  und  Strontiah  wurden  qualitativ  mit  dem 
Spectralapparate  nachgewiesen,  ebenso  Kali^  Natron  und  die 
Nichtanwesenheit  des  Lithions. 

Quantitativ  wurden  die  Erdalkalien  auf  gewöhnliche  Weise 
bestimmt '  durch  das  Verhalten  ihrer  Chloride  und  salpeter- 
sauren Salze  zu  absolutem  Alkohol. 

Das  Verhältnifs  zwischen  Kali  und  Natron  wurde  indirect 
bestimmt  durch  Fällen  der  Chlormetalle  mit  salpetersaurem 
Silberoxyd. 

Der  Wassergehalt  wurde  durch  den  Gewichlsveriust  des 


v(ni  Brevig,  245 

bei  100^  getrockneten  Mineralpülvers  beim  Glühen  im  Kohlen- 
«äurestrom  ermittelt. 

Die  Analyse  wurd^  in  Herrn  Hofrath  Bunsen's  Labo- 
ratorium ausgeführt  und  die  Resultate  derselben  waren  fol- 
gende : 

Bio.     .....  15,38 

ßnO,    ......  0,74 

TaO,  +  ZrO,  (?)  .  8,63 

CeO      .....  14,83 

LaO  +  DiO      .    .  44,05 

YO 0,42 

MnO 0,44 

PeO      .....  2,04 

AljiO« 1,61 

MgO 0,16 

CaO      .....  6,41 

BaO 0,19 

SrO      .....  0,71 

KO       .....  2,10 

NaO 0,66 

HO      .....  5,63 

Saaeratoff      .    .    .  0,59 

99,49. 

Die  angegebene  Sauerstoffmenge  ist  nicht  die  bei  der 
Titrirung  unmittelbar  gefundene.  Das  Eisen  ist  nämlich  hier 
als  Oxydul  berechnet ,  wefshalb  zu  der  direct  gefundenen 
Sauerstoffmenge  (0,36  pC.}  noch  diejenige  addirt  werden 
niufs,  die  bei  der  Aufschliefsung  zum  Ueberführen  des 
Eisenoxyduls  in  Oxyd  (resp.  ChlorUrs  in  Chlorid)  diente. 
Wahrscheinlich  ist  es  aber  doch,  dafs  Eisen  wie  Hangan 
sich  als  Oxyde  in  diesem  Minerale  befinden,  weil  Ceroxyd 
nicht  neben  Manganoxydul  angenommen  werden  kann. 

Vertheilt  man  nach  diesen  Ansichten  den  Sauerstoff,  so 
bekommt  man  folgende  Zusammensetzung  : 


246        Möller,  Analyse  des  Tritomits  von  Breviff, 


8iO,  .... 

SnOs  .    .    .    « 

TaO,  +  ZrO,  . 

Ce,Os  .... 
Mn^Os  .    .    .    • 

FegOs  .... 

AljOs  .... 


CeO 10,66 


LaO  +  DiO 

YO  .  .  .  . 

CaO  .  .  , 

BaO  .  .  , 

SrO  .  .  , 

MgO  .  .  , 

KO  .  .  .  . 

NaO  .  . 

HO  .    . 


44,05 
0,42 
6,41 
0,19 
0,71 
0,16 
2,10 
0,56 
5,63 


99,49. 


Sauerstoff- 
verhältnifs 

8,99-9,46») 


2,51 


10,51 


5,00 


Nimmt  man  als  Sauerstoffverhältnifs  die  einfacheren 
Zahlen  4:1:4:2,  so  könnte  man  die  Zusammensetzung 
des  Tritomits  in  folgender  Form  ausdrücken  : 

£6is  +  Bk^bi  +  6ftq. 


*)  8,99  ist  für  den  Fall  berechnet,   dafs  nur  TaOg   and   kein  ZrO, 
anwesend  ist,  9,46  aber  för  den  umgekehrten  Fall. 


Heidelberg  im  Juni  1861. 


247 


Ueber  das  Äribin ,  eine  neue  organische  Base ; 

von  R.  Rieth. 


Die  neue  organische  Base ,  für  die  ich  den  obigen  Namen 
vorschlage,  ist  in  einer  brasilianischen  Rinde  enthalten,  die 
mir  Geheimerath  v.  Martins  übergab,  mit  dem  Wunsche, 
den  darin  enthaltenen  rothen  Farbstoff  bezüglich  seiher  tech- 
nischen Anwendbarkeit  untersuchen  zu  lassen.  Die  Rinde 
kommt  von  einem  in  den  Urwäldern  des  östlichen  Brasiliens 
wachsenden  Baume,  der  von  Martins  zuerst  botanisch  be- 
stimmt und  nach  dem  ursprünglichen  indianischen  Namen 
Arariba  rubra^^  genannt  worden  ist.  Sie  ist  äufserlich 
grau,  im  Innern  aber  ziemlich  schön  purpurroth,  und  wurde 
schon  von  den  Indianern  als  Farbmaterial  zum  Rothtärben 
der  Wolle  angewendet.  Da  nach  v.  Martins  der  Baum  mit 
den  Cinchoneen  verwandt  zu  sein  scheint,  einer  Gruppe,  die 
durch  das  Vorkommen  verschiedener  organischer  Basen  so 
merkwürdig  und  wichtig  ist,  so  schien  mir  zunächst  die  Auf- 
suchung einer  solchen  in  dieser  Rinde  von  gröfserem  wissen- 
schaftlichem Interesse  zu  sein,  als  das  Studium  des  Farbstoffs, 
das  später  vorgenommen  werden  soll.  Ich  übertrug  diese 
Arbeit  Hrn.  R.  Rieth  aus  Bonn,  dem  es  nach  beharrlichen 
Versuchen  geglückt  ist,  in  dieser  Rinde  wirklich  eine  neue, 
krystallisirbase  Base  zu  entdecken. 

Zur  Darstellung  derselben  zeigte  sich  das  folgende  Ver- 
fahren als  das  zweckmäfsigste  :  Die  zerkleinerte  Rinde  wurde 
wiederholt   mit   schwefelsäurehaltigem  Wasser   digerirt,   die 


*)  Die  Base  wttre  daher  eigentlich.  Araribin  zu  nennen,  allein  dieser 
Name  ist  unbequem  und  nicht  wohllautend.  Mit  Arabin,  einem 
ohnehin  zu  einer  ganz  anderen  Gruppe  gehörenden  Körper,  dürfte- 
Vohl  das  abgekür&te  Aiibln  nicht  jxl  verwechseln  sein. 


248  Riethj  vher  das  Arilin, 

Auszüge  abgeseiht»  fillrirt  und  zusammen  bis  zu  ungeföbr 
Vio  ibres  Volumens  abgedampft.  Die  Flüssigkeit  wurde  dann 
mit  kohlensaurem  Natron  nahe  gesättigt  und  mit  essigsaurem 
Blei  gefällt,  wodurch  der  gröfste  Theii  des  mit  ausgezogenen 
rothen  Farbstoffs  niedergeschlagen  wurde.  Vom  Bleisalz 
wurde  ein  Ueberschufs  zugesetzt ,  die  Flüssigkeit  vom  Nieder- 
schlage abfillrirt  und  das  Blei  dann  durch  Schwefelwasserstoffgas 
ausgefällt.  Hierdurch  fiel  mit  dem  Schwefelblei  der  Rest  von 
Farbstoff  nieder,  der  durch  das  Bleisalz  nicht  ganz  ausgeföllt 
werden  konnte.  Die  vom  Schwefelblei  abfiltrirte  Flüssigkeit 
wurde  nun  mit  kohlensaurem  Natron  versetzt  und  dadurch 
das  Aribin  noch  unrein  als  hellbraunes  Coagulum  ausgefällt. 
Hierauf  wurde  die  ganze  Masse  mit  Aether  geschüttelt,  wel- 
cher die  Base  aufnahm  und  sich  mit  ihr  gesättigt  als  leichtere 
Flüssigkeitsschicht  oben  klar  abschied.  Nachdem  er  abge- 
hoben worden  war,  wurde  die  untere  wässerige  Schicht 
wiederholt  mit  neuem  Aether  behandelt.  Die  Aetherlösung, 
weil  sie  noch  ziemlich  stark  gefärbt  war,  wurde  nicht  ab- 
destillirt,  sondern  mit  Salzsäure  geschüttelt,  welche  die  Base 
aus  dem  Aether  auszog,  indem  deren  salzsaures  Salz  in 
letzterem  ganz  unlöslich  ist,  dieser  aber  wenigstens  den 
gröfsten  Theil  der  färbenden  Materie  aufgelöst  behielt.  Da 
es  sich  gezeigt  hatte,  dafs  das  salzsaure  Salz  in  überschüsr 
siger  concentrirter  Salzsäure  unlöslich  ist  und  dadurch  kry- 
stallinisch  gefällt  wird,  so  bot  sich  hierdurch  ein  Mittel  dar, 
dasselbe  leicht  von  den  noch  anhängenden  fremden  Materien 
zu  trennen.  Es  wurde  dann  in  Wasser  gelöst,  das  Aribin 
durch  kohlensaures  Natron  gefällt  und  durch  wiederholtes 
Krystallisiren   aus  Aether  vollkommen  rein  erhalten. 

Das  Aribin  bildet  farblose  Krystalle  und  krystallisirt  in 
zweierlei  Formen,  mit  und  ohne  Krystallwasser.  Das  wasser- 
freie bildet  ziemlich  grofse  Rhombenoctaeder ,  das  wasser- 
haltige dagegen  lange  schmale,  meist  hohle  Prismen ,  die  an 


eine  neue  organische  Base.  249 

der  Luft  unter  Verlast  des  Wassers  weifs  werden.  Das 
wasserfreie  erhält  man,  wenn  die  Aetherlösung  bei  Sied- 
hitze verdunstet  wird,  das  wasserhaltige  beim  freiwilligen 
Verdunsten  an  der  Luft.  Es  enthält  29,03  pC.  oder  16  Aeq. 
Wasser.  Das  Aribin  besitzt  einen  sehr  bitteren  Geschmack, 
wiewohl  es  in  Wasser  sehr  wenig  löslich  ist,  und  reagirt 
alkalisch.  Es  schmilzt  bei  229^  ohne  Zersetzung  und  erstarrt 
wieder  krystallinisch. '  Bei  vorsichtigem  stärkerem  Erhitzen 
verflüchtigt  es  sich  unzersetzt.  Bei  der  Atomgewichtsbestim- 
mung zeigte  es  sich,  dafs  es  das  Chlorwasserstoffsäuregas 
unter  starker  Erhitzung  aufnimirfl.  Das  salzsaure  Salz  kry» 
stallisirt  in  glänzenden  Prismen ,  ist  in  Wasser  leicht  löslich, 
in  Salzsäure  unlöslich.  Die  Alkalien  fällen  die  Base  als 
weifsen  Niederschlag,  der  namentlich  beim  Erwärmen  rasch 
krystallinisch  wird.  Das  Platinchlorid-Doppelsalz  bildet  einen 
gelben  kry«taHinischen  Niederschlag.  Von  Gerbsäure  wird 
die  Base  nicht  gefällt. 

Die  von  Herrn  Rieth  ausgeführten  Analysen  haben  zu 
der  anerwarteten  Thatsache  geführt.,  dafs  das  Aribin  keinen 
Sauerstoff  enthält.  Seine  Zusammensetzung  wird  durch  die 
Formel  C^^fi^^N^  ausgedrückt;  seim  Atomgewicht  ist  352. 
Es  ist  diefs  das  erste  Beispiel ,  dafs  eine  sauerstofffreie, 
natürlich  vorkommende  organische  Base  ein  fester,  krystalli- 
sirender  Körper  ist,  denn  die  bisher  bekannt  gewordenen, 
das  Coniin  und  Nicotin,  sind  bekanntlich  Flüssigkeiten.. 

Hit  der  ausführlicheren  Untersuchung  namentlich  auch 
der  Salze  des  Aribins  ist  Herr  Rieth  gegenwärtig  be- 
schäftigt. W, 


250  Marc  et  9  Untersuchmgm 

Untersuchungen  über  die  Bestandtheile  des  Magen- 
saftes ; 

von  Dr.  -  William  Marcet 

(Gelesen  vor  der  Chemical  Society  of  London  am  20.  Juni  1861.) 


Der  Magensaft,  welcher  zu  den  folgenden  Untersnchungen 
diente,  wurde  von  zwei  mit  künstlich  angelegten  Magenfisteln 
versehenen  Hunilen  gewonnen.  Beide  Hände  waren  in  gutem 
Gesundheitszustande.    Die  Ergebnisse  waren  folgende  : 

1.  Der  Magensaft  besitzt  die  Eigenschaft,  die  Polarisations- 
ebene des  Lichtes  nach  links  zu  drehen.  Der  Hagensaft  wurde 
von  den  Hunden  gewonnen,  indem  dieselben  nach  vorher- 
gehendem  ein-  oder  zweitägigem  Fasten  mit  klein  gehackten 
weichen  Knochen  oder  Knorpel  von  der  Luftröhre  des 
Schafes  oder  Ochsen  gefüttert  wurden.  Der  so  erhaltene  Magen- 
saft drehte  in  allen  Fällen  die  Polarisationsebene  nach  links. 

2.  Dafs  diese  optische  Wirkung  des  Magensaftes  durch 
die  Gegenwart  eines  Körpers  bedingt  ist,  welcher  die  chemischen 
Eigenschaften  von  Lehmann's  Pepton  besitzt,  eines  Körpers, 
welcher  während  der  Verdauung  durch  die  Einwirkung  des 
Magensaftes  aiif  eiweifsartige  Körper  entsteht. 

3.  Dafs  reiner  Magensaft,  erhalten,  wenn  nach  zwei- 
tägigem Pasten  des  Hundes  der  Magen  sorgfältig  mit  Wasser 
ausgespült  und  die  Secretion  durch  Einführung  von  Kiesel- 
steinen durch  den  Schlund  erregt  wurde,  nicht  die  geringste 
Einwirkung  auf  polarisirtes  Licht  hat,  wodurch  Annahme  2 
bestätigt  wird. 

4.  Ich  habe  das  Drehungsvermögen  dieses  Bestandtheiles 
des  Magensaftes  bestimmt,  und  zwar  so,  dafs  ich  Lösungen 
von  bekanntem  Gehalt  mittelst  eines  Soleirschen  Saccharimeters 
untersuchte,   welches   Instrument  überhaupt  bei  allen  diesen 


über  die  Bestandtheüe  des  Magensaftes.  251 

Untersuchongen  benutzt  y^urde^  da  es  sich  besonders  dazu 
eignete.  Ich  fand  das  Drehungsvermögen  einer  Lösung  von 
0,024  Grm.  Substanz  in  25  CC.  Wasser  gleich  Einem  Grade 
von  Soleil's  Saccharimeter.  Der  Hagensaft  von  Hunden, 
welcher  ohne  vorhergehendes  Auswaschen  des  Magens  und 
mittelst  Knorpel  gewonnen  wird,  besitzt  ein  Drehungsver* 
mögen  von  20  bis  40  Grad  (Soleil).  25  CG.  dieses  Magen-^ 
safles  oder  25  Grm.  (in  ganzen  Zahlen)  enthalten  daher 
0|48  bis  0,96  Grm.  oder  2  bis  4  pC.  optisch  wirhsamien  Pep- 
tons. Der  trockene  Rückstand  eines  Magensaftes,  welcher 
31^  Ablenkung  zeigte,  «nthielt 86  pC.  optisch  wirksames  Pepton; 
der  von  einem  anderen  Magensaft,  welcher  7  Grad  Ablenkung 
zeigte  und  nach  Auswaschung  des  Magens  und  Fütterung 
mit  Knochen  erhalten  war,  enthielt  31  pC.  optisch  wirksames 
Pepton,  natürlich  unter  der  Voraussetzung,  dafs  dieser  Be- 
standtheil  allein  das  Drehungsvermögen  des  Magensaftes 
bedkigt. 

5.  Dals  ich,  gestützt  auf  eine  specielle  Untersuchung, 
alleä  Grund  habe,  anzunehmen ,  dafs  obiges  Pepton  der  ein* 
zige  optisch  wirksame  Bestandtheil  des  Magensaftes  ist.  Die 
Quantität' dieses  Peptons  kann  daher  mittelst  eines*  Polarisa- 
tionsapparates in  irgend  einer  Quantität  Magensaft  leicht  und 
sicher  bestimmt  werden. 

6.  Ich  habe  bis  jetzt  noch  nicht  bestimmt ,  ob  alle  die 
verschiedenen  Peptone  diese  optische  Eigenschaft  besitzen ; 
so  viel  habe  ich  aber  aufser  Zweifel  gesetzt,  dafs  obiges 
optisch  wirksame  Pepton  durch  die  Verdauung  von  Schafs- 
oder Ochsen -Luftröhre  und  von  knorpelhaltigen  Knochen 
gebildet  wird  und  daher  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  von 
der  Verdauung  des  Knorpels  hefrührt. 


252 


Heber  das  Camphorylchlorid ; 
von  A.  Moitessier  *y 


Das  Camphorylchlorid  bildet  sich,  wie  die  GhlorYerbin- 
dungen  anderer  Säureradieale,  bei  der  Einwirkung  von  Phos- 
phorsupercblorid  auf  Camphersäure.  Man  erhält  es  leicht 
durch  8-  bis  lOstündiges  Erhitzen  eines  Gemisches  von 
i  Aeq.  Camphersäurehydrat  und  2  Aeq.  Phosphorsuperchlorid 
auf  100^.  Die,  zuerst  sehr  lebhafte,  Einwirkung  ist,  in  Folge 
der  Entwässerung  der  Camphersäure,  von  einer  Entwickelung 
von  Chlorwasserstoffgas  begleitet;  zugleich  entsteht  Phos- 
phoroxychloridy  welches  durch  Auflösen  der  beiden  Substanzen 
die  Einwirkung  erleichtert.  Die  Operation  ist  beendet,  wenn 
die  Flüssigkeit  in  der  Retorte  beim  Erkalten  nicht  mehr  Kry- 
stalle  von  wasserfreier  Camphersäure  absetzt;  man  braucht 
dann  nur  auf  150^  zu  erhitzen ,  um  das  Pbosphoroxyehlorid 
zu  verflüchtigen,  wo  das  Camphorylchlorid  als  Rückstand  in 
der  Retorte  bleibt.  Seine  Bildung  erfolgt  gemäfs  der  Glei- 
chung : 

€ioHj«^4  +  2  PCI5  =  €?ioHi4^,CJ,  +  2  POCla  +  2  HCL 
^  Camphorylchlorid.  * 

Wasserfreie  Camphersäure  wird  durch  Phosphorsuper- 
chlorid beim  Erwärmen  nur  sehr  schwierig  angegriffen;  aber 
die  Einwirkung  erfolgt  leicht,  wenn  man  das  Gemische  bei- 
der Substanzen  in  Phosphorsuperchlorid  löst. 

Das  Camphorylchlorid  ist  eine  gelbliche,  durchdringend 
riechende  Flüssigkeit,  specifisch  schwerer  als  Wasser«  Es 
zersetzt  sich  in  Berührung  mit  feuchter  Luft  oder  mit  kaltem 
Wasser  langsam,  bei  Einwirkung  von  siedendem  Wasser 
rascher  zu  Camphersäure  und  Chlorwasserstoff.    Beim  Erhitzen 


*)  Compt  rend.  LH,  871. 


Wähler,  Lähion  in  Meteoriten.  253 

bräunt  es  sich;  gegen  200®  wird  es  vollständig  zersetzt, 
unter  Bntwickelung  von  Chlorwasserstoff  und  Sublimation  von 
wasserfreier  Säure,  und  bei  der  Destillation  geht  dann  eine 
geringe  Menge  eines  dicken  schweren,  anCitronenöl  erinnernd 
riechenden  Oels  über,  während  eine  mit  Kohle  gemengte  braune 
harzige  Substanz  rückständig  bleibt;  diese  Zersetzung  geht 
theilweise  schon  bei  lOQ®  vor  sich. 

Durch  kohlensaures  Ammoniak  und  durch  trockenes  Am- 

■ 

moniakgas  wird  das  Camphorylchlorid  zu  Camphoramid 
^loHjsNgO^  umgewandelt;  dieses  ist  löslich  in  Aether  und 
in  Alkohol  und  bleibt  bei  dem  Verdunsten  seiner  Lösungen 
als  eine  zähe  Substanz  zurück,  die  nach  einigen  Wochen  zu 
einer  Hasse  mit  krystallinischem  Bruche  erstarrt.  —  Bei 
tropfenweisem  Zusatz  von  Anilin  zu  Camphorylchlorid  tritt 
beträchtliche  Temperaturerhöhung  'ein  und  es  bildet  sich  eine 
feste,  in  Alkohol  und  in  Aether  lösliche  Substanz,  welche 
Camphoranilid  zu  sein  scheint 


Lithion  in  Meteoriten. 


In  den  Ueteoriten  ist  bis  jetzt  kein  Element  entdeckt 
worden,  welches  unserer  Erde  fremd  wäre.  Als  auf  der  Erde 
natürlich  nicht  vorkommende,  nur  den  Meteoriten  eigenthum- 
liehe  Bestandtheile  können  das  Phosphoreisen  und  das  Phos- 
phornickel, so  wie  das  fiinfach-Schwefeleisen,  die  namentlich 
in  den  Meteoreisen  fast  nie  fehlen,  betrachtet  werden.  Die 
wunderbare  Empfindlichkeit  und  Sicherheit  der  Spectraler- 
scheinungen  konnte  ein  Mittel  zur  Entscheidung  der  Frage 
darbieten,  ob  wirklich  in  den  Meteoriten  kein  ihnen  eigen- 
thümliches  neues  Element  enthalten  sei.  Prof.  Bunsen  prüfte 
zwei  Meteoriten  auf  diesem  Wege,  den  von  Juvenas  in  Frank- 
reich, gefallen  am  15.  Mai  1821 ,  und  den  von  Parnallee  in 
Süd-Hindostan ,  gefallen  am  28.  Februar  1857.    Er  fand  aber 


254         Berthelotf  Büdung  von  Oxalsäure  u,  8.  w. 

darin  nur  die  gewöhnlichen  irdischen  Elemente,  jedoch  als 
neuen  y  bisher  in  Meleorilen  nicht  beobachteten  Bestandtheil 
auch  Liädon.  W. 


BHdung  von  Oxalsäure  durch  Oxydation  von  Cyan* 

Verbindungen ; 
nach  M,  Berthetot  *). 


He  Cyan wasserstoffsäure  und  die  Cyanüre  lassen  sich  be- 
trachten als  gebildet  durch  die  Vereinigung  der  Elemente 
der  Ameisensäure,  d.  i.  des  Kohlenoxyds,  mit  den  Elementen 

des  Ammoniaks  : 

C,HN  =  CjOj  +  NHs  —  HjOj ; 

ferner  repräsentirt  die  Oxalsäure  eine  zwischen  dem  Kohlen» 
Oxyd  und  der  Kohlensäure  intermediäre  Oxydationsstufe.  Ber- 
thelot glaubte  hiernach  vermirthen  zu  dürfen,  dafs  wohl  bei 
Behandlung  von  Cyanüren  mit  angemessen  gemäfsigten  Oxy- 
dationsmitteln Oxalsäure  sich  bilden  könne.  1  Theil  gelbes 
Blutlaugensalz  wurde  mit  4  Th;  Salpetersäure  bis  zur  voll- 
ständigen Zerstörung  der  ersteren  Substanz  gekocht,  dann 
die  Flüssigkeit  eingedampft,  der  Rückstand  mit  schwach  über- 
schüssigem kohlensaurem  Kali  versetzt,  die  Flüssigkeit  mit 
einigen  Tropfen  Essigsäure  sauer  gemächt ,  die  gelöst  geblie- 
bene Kohlensäure  durch  Kochen  ausgetrieben,  und  Chlor- 
calcium  zugesetzt ;  es  entstand  in  derTfaat  ein  aus  oxal^aurem 
Kalk  bestehender  Niederschlag.  Die  Menge  der  unter  den 
genannten  Umständen  sich  bildenden  Oxalsäure  Ist  nur  wenig 
beträchtlich.  Bei  Wiederholung  des  Versuchs  unter  Anwen- 
dung von  rothem  Blutlaugensalz  wurde  dasselbe  Resultat 
erhalten. 


*)  Im  AusB.  aus  Ann.  chim.  phys.  [8]  LXI,  458. 


Linnemanuy  ßeriektigung.  255 

Berichtigung  über  die  Angabe  des  Verfassers 

der  im  Octoberheft  der  Ännalen  aus  dem  Laboratorium  des 
Privatdocenten  Dr.  L.  Carius  zu  Heidelberg  mitgetheilten 
Abhandlung  „  Ueber  die  Doppelsulfide  der  ÄUcoholradicale*  *). 

Da  ich  falschlich  als  Verfasser  dieses  Artikels  bezeichnet 
bin^  sehe  ich  mich  veranlafst,  die  Erklärung  abzugeben  : 

dafs  ich  diesen  Artikel  weder  geschrieben.,  noch  die 
zugehörigen  Versuche  gemacht  oder  die  angege* 
benen  Analysen  ausgeführt  habe.  ^*}. 

Somit  kann  ich  weder  Verdienst  noch  Verantwortung 
dieser  Abhandlung  übernehmen,  welche  von  Dingen  handelt, 
die  ich  nicht  einmal  gesehen  habe,  und  von  mir  in  einem 
Laboratorium  ausgeführt  sein  soll,  in  dem  ich  niemals  ar- 
beitete. 

Gent,  den  1.  November  1861.  E.  Linnemanm 


*)  Man  yergleiche  anch  die  Angabe  des  Herrn  Prof.  Carius,  diese 
Annalen  OXYI,  25  : 

»Diese  Verbindung  l^^^(^4'  *^^s\  ^^  ^^^  Herrn  Li n ne- 
in an  n  in  meinem  Laboratorium  dargestellt  und  wird  nächstens 
beschrieben  werden^. 

**)  Alles  was  ich  in  derselben  Richtung  gearbeitet,  beschränkt  sich 
auf  einen  vorläufigen  Versuch ,  welchen  ich  auf  Wunsch  des  Hm. 
Prof.  Carius  früher  einmal  und  zwar  im  Winter  1859  im  Labo- 
ratorium des  Hrn.  Hofrath  Bunsen  angestellt  habe. 

Ich  li^fs  Jodmethyl  auf  Quecksilbermercaptid  einwirken,  be- 
obachtete eine  lebhafte  Beaction  und  die  Bildung  eines  gelben 
Kdrpers,  den  ich  für  Jodquecksilber  hielt  Es  wurde  Tersucht, 
durch  directe  Destillation  das  intermediäre  Sulfid  vom  Jodqueck- 
silber zu  trennen,  und  die  höher  siedenden  Theile  des  Destillats 
einer  Verbrennung  unterworfen,  deren  Ziffern  sich  als  ganz  un- 
brauchbar zeigten.  Mit  diesem  Besultate  wurde  der  Versuch 
liegen  gelassen  und  von  meiner  Seite  nie  wieder  aufgenommen. 


Erklärung  zu  der  vorstehenden  ^^Berichtigung  u.  s.  w. 

von  Herrn  Linnemann^^ 


Herr  Linnemann  hat  mich  in  Eenntnifs  gesetzt,  dafs 
er  die  vorstehende  sogenannte  Berichtigung  an  die  Redaction^ 
dieser  Annalen  eingesandt  habe.  Dieser  sogenannten  Be- 
richtigung nach  möchte  es  scheinen,  als  habe  ich  zu  irgend 
einem  unrechten  Zwecke  von  mir  oder  einer  dritten  Person 
angestellte  Experimente  als  von  Herrn  L.  herrührend  an- 
gegeben* Ich  sehe  mich  daher  genöthigt,  in  folgender  Er- 
klärung zu  zeigen,  dafs  diefs  durchaus  nicht  der  Fall  ist  und 
die  Angaben  in  Linnemann's  Berichtigung  falsch  sind. 


256  Cariusy  Erklärung. 

Herr  Linoemann    hat    im   Soonnerseinester   1859   im 

academischen  Laboratorium  dahier  unter  meiner  Leitung  ge- 

tCL  n 
A^    ein- 
wirken lassen  genau   in  der  Weise,    wie   ich   in    der   unter 
seinem  Namen  veröffentlichten  Notiz  (diese  Annalen  CXX,  6I3 
angegeben    habe;   er   hat   dabei   die   beiden    krystaliinischen 

Körper  SJ|*^  ,  HgJ  und   &j|*Sj^,   HgJ   erhalten   und   ihre 

dort  bezeichneten  Eigenschaften  zur  Genüge  kennen  gelernt, 
da  er  mit  denselben  die  ebendort  beschriebenen  Versuche 
negativen  Resultates,  die  Doppelsulfide  der  Alkoholradicaie 
darzustellen,  anstellte.  Die  Beendigung  der  Untersuchung 
und  Analyse  der  Verbindungen  unterblid)  damals ,  weil  ich 
ein  Privatlaboratorium  anlegte,  in  welchem  Herr  L.  nicht 
weiter  gearbeitet  hat.  Die  weitere  Fortsetzung  meiner  Unter- 
suchung über  die  Doppelsulfide  und  Anderes  machte  es  wün- 
schenswerth,  dafs  die  Existenz  dieser  Jodquecksilberverbin- 
dungen von  Linnemann  ebenfalls  bekannt  würde.  Obgleich 
sich  nun  aus  der  Entstehung  derselben  ihre  Zusammensetzung 
ziemlich  sicher  ergiebt,  hielt  ich  doch  für  nöthig,  sie  der 
Analyse  zu  unterwerfen.  Da  die  Versuche  von  L.  ursprüng- 
lich in  der  Absicht  angestellt  waren,  die  Doppelsulfide  dar- 
zustellen,  so  hielt   ich  ferner  für  nöthig,    den  kleinen  Ver- 

u  in  Alkohol  anzustellen ,    der  sich 

in  der  Notiz  noch  beschrieben  findet.  Da  a»' der  Richtigkeit 
der  Analysen  wie  des  letztgenannten  Versuches  nicht  zu 
zweifeln  war,  so  hielt  ich  nicht  für  Unrecht,  dieselben  der 
Einfachheit  wegen  unter  Linnemann's  Namen  mit  anzu- 
führen, habe  ihm  aber  vorher  von  der  Absicht ,  Diefs  zu 
thun,  Mitlheilung  gemacht,  ohne  dafs  er  mir  gesagt  hätte, 
dafs  ihm  Das  nicht  angenehm  sei«  Bei  derselben  Besprechung 
habe  ich  Herrn  L.  gesagt,  dafs  ich,  wenn  es  ihm  Recht  sei, 
die  Notiz  unter  die  „Mit^heilungen  aus  meinem  Laboratorium^ 
aufnehmen  wolle;  er  war  nicht  dagegen.  Ebenso  hat  Herr 
L.  eine  Anmerkung  zu  einer  von  mir  angestellten  und  unter 
meinem  Namen  publicirten  Analyse,  diese  Annalen  CXVl, 
25,  einer  seiner  Jodquecksilberverbindungen  gekannt  und 
mir  über  die  Form  „in  meinem  Laboratorium  dargestellt^ 
keinen  Einwurf  gemacht. 

Die  Veröffentlichung  der  Notiz  ist   durch   zufällige  Um- 
stände um  einige  Monate  verzögert  worden ;  meinen  Abhand- 
lungen pflege  ich   stets  das  Datum  der  Beendigung  der  Ab- 
handlung beizusetzen. 
Heidelberg,  den  7.  November  1861.  L.  Carma. 

Ausgegeben  den  28.  Noyember  1861. 


ANNALEN 

DER 


CHEMIE  UND  PHARMACIE. 


CXX.  Bandes    drittes    Heft. 


Ueber  Kreatinin ; 
von  Dr.   C.  Neubauer. 


IL 

i.  Aethylhreaiinin.  ^  In  meiner  letzten  Abhandlung  (diese 
Annalen  CXIX,  27)  habe  ich  gezeigt,  wie  das  Kreatinin  durch 
Einwirkung  von  Jodfithyl  in  Jodäthylkreatinin  übergeht,  und 
dars  sich  aus  letzterem  durch  Einwirkung  von  frisch  berei- 
tetem Silberoxyd  die  Base  Aethylkreatinin  abscheiden  läfst. 
Es  war  mir  damals  noch  nicht  gelungen,  diesen  interessanten 
Körper  in  reinem  krystallisirtem  Zustande  zu  erhalten,  wohl 
aber  die  entsprechende  Platinverbindung,  deren  Platinbestim- 
mung zu  der  Formel  CisHisNsOsCl  -j-  PtClg  führte.  —  Zur 
Entscheidung  der  Frage,  ob  das  Kreatinin  mehrere  durch 
Alkoholradicale  substituirbare  WasserstofiPatonie  enthalte,  oder 
ob  das  Aethylkreatinin  schon  eine  Ammoniumbase  sei,  stellte 
ich  mir  zunächst  letzteres  in  gröfserer  Menge  aus  30  Grm. 
Kreatinin  genan  nach  der  in  meiner  letzten  Abhandlung  an- 
gegebenen Methode  dar.  Einer  concentrirten  wässerigen 
Lösung  von  reinem  Jodäthylkreatinin  wurde  mit  VorsicM  so 
lange  frisch  bereitetes  Silberoxyd  zugesetzt,  bis  eine  Probe 
des  Filtrats  keine  Jodreaction  mehr  gab,  und  die  Flüssigkeit 
darauf  voi^  dem  gebildeten  Jodsilber  abfiltrirt.  Das  Filtrat 
war    schwach,   gelblich    gefärbt ,     reagirte    stark   alkalisch, 

Ann.  d.  Ofaem.  n.  Pharm.  OZZ.  Bd.  8.  Heft.  17 


258  Neubauer f  über  Kreatinin. 

schmeckte  bitter  und  wurde  zur  Erhaltung*  des  Aethylkreatinins 
ohne  alle  und  jede  Anwendung  von  Wärme  im  Vacuum  neben 
Schwefelsäure  verdunstet,  wobei  zuerst  ein  syrupartiger  Rück- 
stand  blieb,  der  nach  längerem  Verweilen  unter  der  Luft- 
pumpe endlich  krystallinisch  erstarrte.    Hat  man  bei  der  Ab- 
scheidung des  Jod's  aus  dem  Aetbylkreatinia  einen  Ueberschufs 
von  Silber  möglichst  vermieden,  was  bei  einiger  Vorsicht  und 
wiederholtem  Prüfen  einiger  abfiltrirter  Tropfen  ziemlich  leicht 
^gelingt,  so  liefert  das  Idare  Filtrat  nach  dem  Verdunsten  im 
Vacuum  schon  eine  ziemlich  reine ,   höchstens  schwach  gelb- 
lich gefärbte,  strahlig-krystallinische  Masse  von  Aethylkreatinin. 
In  absolutem  Alkohol  ist  die  völlig  unter  der  Luftpumpe  aus- 
getrocknete Verbindung  überaus  leicht  löslich,    unlöslich   da- 
gegen in  Aetbar.    Die  in  geiindeir  Wärme  ge^liUigte  Lösung 
in  absolutem  Alkohol  lieferle  nach  dem  FiKriren  und  Erkalten 
eine  schöne  Krystallisatian  von  feinen ,  aiu  Waraen  und  Dru^ 
sen  vereinigten  Nadeto,   di^  durch  Abwaschen  mit  Aether- 
Weingeist,  zuletzt  mW  Aetbar«  in  rein  weifsem  Zustande  er^ 
balten   wurdeii.     Das  A^l^ylkreatinin  aerflieCsl  an   der  Luft 
nicht ;   die  wässerige  l^ösung  reagirt  wie  soboa  gesagt  stark 
alkalisch ;  Curcumapapier  wird  auf  der  Stelle  stark  gebräunt ; 
der  Geschjnack  ist  bitter.    Neutral«  Löwigen  vofi  Thonerde 
u^d  Eisen  werden  durch  Aethylkreatiiiin  gefällt,  Ammoniak 
aus   seinen  Salzen  beim  Erwärmen  ausgetrieben.     Bei   vor- 
sichtigem Erbitten  in  Glasröhrchen  entweicht  swerst  Wasser, 
dann  f^rbt  sich  die  Verbindung  gelb,  s^bmilj^  bei  gesteigerter 
Hitze  unter  Gasen twipkelung  zu  eiitier  gelben  ölige«  Masse, 
die  fiucb  nach  Tag^n  noch  niobt  wieder  erstarrt  war.    Beim 
Liegen  an  der  Luß  bleiben  die  Kryatalle  unveräadiert ,  allein 
bei  100^  C.  werden  sie  unter  Waaservarliist  sehr  bald  trübe 
und  verlieren  ihren  Gian?; ;  längere  Zeit  einer  Temperatur 
von  100^  ausgesetzt  tritt  G^lbtärbiiiig  unter  Zersetzung  der 
Verbindung  ein  {^g\,  ß«  259). 


'  Berechnet 

c 

42,8 

H 

8,4 

N 

25,0 

0 

28,8 

Neubauer y  über  Kreatinin.  259 

Zur  Analyse  wurde  die  zweimal  aus  absolutem  Alkohol 
umkry^tallisirte  Substanz  tagelang  unter  dem  Recipienten  der 
Luftpumpe  neben  Schwefelsäure  getrocknet.  Die  Analyse 
führte  zu  der  Formel  :  CigHiaNsOs,  HO  -f*  <^<I*9  krystallisirtes 
Aethylkreatininoxydhydrat. 

I.    0,2284  Grm.  gaben  0,3544  Gnn.  CO,  und  0,175  Grm.  HO. 
IL    0,23  Ghrm.  gaben  0,3582  Grm.  CO»  und  0,1781  Grm.  HO. 
lU.    0,256  Grm.  gaben  bei  der  Stickstoff bestünmung  0,455  Grm.  Platin. 
IV.    0,2015  Grm.  gaben  0,850  Grm.  Platin. 

Gefunden  

'  I.      '  II.  ^  HI*      IV. 
42,82    4H,6      — 

8,57      8,e      -         - 

—         —     26,18    24,6 

Eine  weitere  StickstoflPbestimmung  wurde  mit  einer  Sub- 
stanz gemacht,  die  kurze  Zeit  bei  100^  getrocknet  war. 

0,1877  Grm.  gaben  durch  Titrirung  bestimmt  0,049  Grm.  N,  ent- 
sprechend 26,16  pO.  N ,  während  das  Aethylkreatininoxydhydrat 
CiaHiaNflO«  26,4  pC.  N  yerlangt. 

Da  das  Aethylkre^tinin  bei  100^  allmälig  zersetzt  wird, 
so  war  eine  directe  Bestimmung  des  Krystallwassers  auf  die- 
sem  Wege  nicht  möglich.  0,1028  Grm. ,  welche  3  bis  4  Tage 
unter  der  Luftpumpe  nebeu  Schwefelsäure  getrocknet  waren, 
wurden  etwa  eine  Stunde  einer  Temperatur  von  100®  ausge- 
setzt. Der  Verliist  betrug  0,0062  Grm.,  woraus  Sich  ein 
Kry  stall  Wassergehalt  von  6,0  pC.  berechnet,  während  die 
Formel  5,4  pC  verlangt.  Bei  weiter  fortgesetztem  Trocknen 
stieg  der  Gewichtsverlust  auf  7,8,  10,  13,  18,2  und  endlich 
23  pC,  wo  der  Versuch  unterbrochen  wurde.  Die  Substanz 
hatte  sich  hierbei  stark  gelb  gefärbt  und  löste  sich  in  Wasser 
zu  einer  alkalischen,  aber  stark  gelb  gefärbten  Flüssigkeit 
leicht  auf. 

Die  aus  dem  reinen  krystalliairten  Aetbylkreatinin  darge- 
stellte Platinverbindung  gab  bei  der  Analyse  28,6  pC.  Platin 

17* 


260  Neubauer y  über  Kreatinin. 

(0,18  Grm.  gaben  0,0516  Grm.  Pt;  0,3406  Grm.  gaben  0,0976 
Grm.  PQ,  während  die  Formel  (CiaH^NsOjCl  +  PtClg)  28,5 
pC.  Platin  verlangt 

Zar  Entscheidung,  ob  in  dem  Aethylkreatinin  noch  wei- 
terere  durch  Aethyl  substituirbare  WasserstofTatome  enthalten, 
wurde  1  Aeq.  desselben  (5  Grm.)  mit  1  Aeq.  Jodäthyl  und 
einem  gleichen  Volum  absolutem  Alkohol  in  ein  Rohr  einge- 
schmolzen und  der  Temperatur  des  kochenden  Wassers  einig-e 
Stunden  ausgesetzt.  Die  klare  gelblich  gefärbte  Lösung  schied 
beim  Erkalten  eine  grofse  Menge  nadeiförmiger  Krystalldrusen 
aus,  die  auf  einem  Filter  gesammelt,  mit  Aetherweingeisi, 
zuletzt  mit  Aether  gewaschen  und  darauf  aus  absolutem  Al- 
kohol umkrystallisirt  wurden.  Die  so  erhaltenen  farblosen 
Krystalle  hatten  die  gröfste  Aehnlichkeit  mit  dem  Jodäthyl- 
kreatinin.    Zur  Analyse  wurden  sie  bei  100^  getrocknet. 

1.  0,3662  Grm.  gaben  0,3195  Grm.  AgJ. 

2.  0,379  Grm.  gaben  0,3312  Gxm.  A^J. 

Der  daraus  berechnete  Jodgehalt  entspricht  der  Formel 
des  Jodäthylkreatinins  CisHisNsOsJ.      • 

Berechnet  GeAinden 

Aethylkreatinin         142  52,81  52,74        52,80 

Jod     ....  126,88     47,19  47,26        47,20 

268,88. 

Eine  Substitution  von  Wasserstoff  war  also  im  Aethyl- 
kreatinin nicht  weiter  erfolgt,  sondern  Jodäthyl  und  Aethyl- 
kreatinin oxydhydrat  hatten  sich  umgesetzt  in  Jodäthylkreatinin 
und  Alkohol  : 

CiÄjNsOs,  HO  +  C4H8J  =  CijHtgNgO^  +  C4HeOt. 

Das  Kreatinin  ist  demnach  wohl  eine  tertiäre  Aminbase 
und  das  Aethylkreatinin  eine  Ammoniatnbase.  Wäre  das 
Kreatinin  eine  secundäre  Aminbase ,  und  das  daraus  durch 
Jodäthy]  u.  s.  w.  zuerst  erhaltene  Aethylkreatinin  eine  tertiäre, 
also  Nitrilbasfe»  so  hätte  letzteres  durch  eine  weitere  Behand- 


\ 


Neubauer^  über  Kreatinin.  261 

iung  mit  Jodä(hyl  wohl  eine  Ammoniumbase  von  der  Formel 
C16H16N3O2J  and  einem  Jodgehalt  von  42,7  pC.  geben  müssen, 
was  aber  nach  den  obigen  Versuchen  nicht  der  Fall  ist. 

2,  Ghloräihylhreatimn.  —  Versetzt  man  eine  wässerige 
Lösung  von  Aethylkreatininoxydhydrat  mit  Salzsaure  bis  zur 
stark  sauren  Reaction,  so  bleibt  nach  dem  Verdunsten  im 
Wasserbade  ein  syrupartiger  Rückstand,  der  bald  zu  einer 
glänzenden ,  aus  verGlzten  Nadeln  zusammengesetzten  Hasse 
erstarrt.  Läfst  man  die  Krystallisation  unter  dem  Mikroscop 
vor  sich  gehen,  so  sieht  man  zuerst  einzelne  Nadeln  sich 
bilden,  die  bald  strahlig  zu  Rosetten  von  bedeutendem  Durch- 
messer zusammenschiefsen ,  bis  endlich  der  ganze  Tropfen 
in  eine  durchscheinende,  stark  glänzende  Krystallmasse  von 
strahligem  Gefüge  übergeht.  Diefs  so  erhaltene  Chloräthyl- 
kreatinin  löst  sich  in  Wasser  ungemein  leicht  auf,  ebenso  in 
Alkohol,  nicht  in  Aether.  Die  durch  längeres  Stehen  über 
Schwefelsäure  vollständig  ausgetrocknete  Krystallmasse  wurde 
in  möglichst  wenig  absolutem  Alkohol  in  der  Wärme  gelöst, 
worauf  beim  Erkalten,  für  den  Fall  äafs  die  Lösung  concen- 
trirt  genug  war,  die  Verbindung  in  nadeiförmigen  Krystallen 
anschofs.  ,  Leichter  und  reichlicher  jedoch  erhält  man  eine 
Krystallisation,  wenn  man  der  Lösung  in  absolutem  Alkohol 
in  kleinen  Mengen  Aelher  bis  zur  eben  bleibenden  schwachen 
Trübung  zusetzt.  Sehr  bald  scheidet  sich  jetzt  das  Chlor- 
äthylkreatinin  in  weifsen  Nadeldrusen  aus,  die  auf  einem 
Filter  gesammelt  mit  Aetherweingeist,  zuletzt  mit  Aether  ge- 
waschen und  über  Schwefelsäure  getrocknet  wurden. 

I.    0,1769  6nn.  gaben  0,143  Grm.  AgCl. 
IL    0,2429  Grm.  gaben  0,192  Grm.  AgCl. 

III.  0,1025  Grm. ,  ans  sehwefelsaurem  Aethylkreatinin  durcb  Um- 
setzen mit  Chlorbaryam  \l  s.  w.  dargestellt,  graben  nach 
dem  Trocknen  bei  IW  0;0842  Grm.  AgCl. 

Das  Chloräthylkreatinin  ist  demniiph  dem  Jodäthylkreatinin 
entsprechend  zusammengesetzt. 


262  Neubauer^  über  Kreatinin, 

Ckfonden 

^<^^^  l o     in. 

Aethylkreatinin        142  80  80,08    80,46    79,7 

Chlor        .     .     .         35,6         20  .     19,97     19,54     20,3 

177,5        100. 

Schwefelsaurea  Aeihylhreatinin   habe   ich   bis  jetzt  noch 
nicht  im  itrystallisirten  Zustande  erhalten  iiönnen. 

3.  Jodwasser  Stoff  säur  es  Kreatinin.  —  Bei  der  Einwir- 
kung  von  Jodätbyl  auf  Kreatinin  entsteht  nicht  allein  Jod- 
äthylkreatinin,  sondern  die  Mutterlauge  des  letzteren  enthält 
noch  jodwasserstoffsaures  Kreatinin.  Hält  man  bei  der  Dar- 
stellung des  Jodäthylkreatinins  die  in  meiner  ersten  Ab- 
handlung angegebenen  Verhältnisse  ein,  so  erstarrt  nach 
vollendeter  Reaction  der  Inhalt  der  Röhren  zu  einer  strah- 
ligen Krystallmasse,  die  man  durch  Abwaschen  auf  dem  Filter 
mit  Aetherweingeist,  zuletzt  mit  Aether,  von  der  bräunlichen 
Mutterlauge  sehr  leicht  befreit,  so  dafs  das  Jodäthylkreatinin 
alsdann  durch  'einmaliges  Umkrystallisiren  aus  absolutem 
Alkohol  sogleich  rein  weifs  erhalten  werden  kann.  —  Die 
bräunlich  gefärbte  Mutterlauge  enthält  ein  sehr  leicht  lös- 
liches Salz,  welches  beim  Verdunsten,  zuerst  im  Wasserbade, 
zujetzt  über  Schwefelsäure ,  als  bräunliche  Krystallmasse 
zurückbleibt.  —  Durch  Pressen  zwischen  Fhefspapier  und 
öfteres  Umkrystallisiren  aus  wässeriger  Lösung  erhält  man 
schliefslich  grofse  helle,  höchstens  schwach  gelblich  gefärbte 
Krystalle,  die  jodwasserstoffsaures  Kreatinin  sind. 

Das  jodwasserstoffsaure  Kreatinin  ist  in  Wasser  und 
Weingeist  ungemein  leicht  löslich ;  die  wässerige  Lösung 
reagirt  schwach  sauer  und  liefert,  nach  Zusatz  von  essigsau- 
rem Natron  mit  Chlorzinklösung  versetzt,  sogleich  oder  nach 
einigem  Stehen  einen  Niederschlag  von  Kreatininchlorzink. 

0,4412  Grm.  bei  100^  getrocknet  gaben  in  Wasser  gelöst  und  nach 
dem  Ans&oren  mit  NO5  durch  salpetersaures  Silber  gefftllt  0,43 
Grm.  AgJ. 


I 


l 


Neubauer i  Über  Kreatinin.  J63 

Dieser  Jodgehalt  entspricht  dtft  Formel  •  (ÜgHtNsOjJH. 

Berechnet  Gefhnden 

Kreatin  li3  46,91  46,9^ 

JodwassentofF     i^lfiS     53,09  53,07 

240,88. 

4^  Kr&atiniruiMörzink.  ^-^  Obgfleicb  nach  den  Untersa- 
chungen  von  Heintz  (?oggi  Anntileti  tXX,  475}  über  die 
Zasammenset^üng  des  Kreatfitiftchlorzinks  kein  Zweifel  mehr 
ist,  so  hat  doch  Loebe*)  in  neuester  Zeit  für  diese  Verbin- 
dung die  Formel 

CgHyNjpjZiiCl .  HO 
=  CeH^NsOjClH  +  ZnO 

aufgestellt,  was  mieh  VeranMri^te,  meilie  Aufmerksamkeit  noch 
einmal  diesem  interessanten  Körper  zuzntrenden ,  namentlich 
da  auch  Lehmann  in  seinem  Handbuch  der  physiologischen 
Chemie,  siweite  Auflage,  Seite  Ii6  tiüt  von  einem  salzsauren 
Kreatininzinkoxyd  spricht. 

Das  zu  den  folgenden  Analysen  dienende  Präparat  wurde 
aus  einer  alkoholischen  Lösung  von  chemisch  reinem  Kreatinin  mit 
einer  weingeistigen  säurefreien  Lösung  von  Chlorzink  gefällt. 
Nach  ^4  Stunden  wurde  der  Niederschlag*  gesammelt,  mit 
Alkohol  gewaschen  und  nach  dem  Trocknen  bei  100^  C.  zur 
Analyse  genommen.  -^  Das  Trocknen  bei  100^  C.  konnte 
unbedenklich  geschehen,  da  nach  Loebe's  eigenen  An- 
gaben seine  wasserhaltige  Verbindung  bei  100^  C.  kein  Wasser 
verliert. 

L    0,8454  Grm.  Substanz  gaben  0,0798  Grm.  Stickstoff,  entsprechend 
23,1  pC.  N  =  62,15  pCl  Kjeatinin. 

IL  0,8531  Grm.  worden  in  Wasser  unter  Zusatz  weniger  Tropfen 
Salpeters&ure  gelöst  und  in  einer  Platinschale  mit  kohlen- 
saurem Natron  in  der  Siedhitze  geföllt  Es  wurden  erhalten 
0,0801  Grm.  ZnO  =  18,2  pC.  Zn. 


1 

*)  Journ.  f.  pract  Chemie  LXXXII,  176. 


264  Neubauer^  über  Kreatinin* 

ni.    Im  Filtrat  Ton  IL  wurde  das  Chlor  bestiiiimt  und  0,2807  Ozm. 
AgCl  erhalten  =  19,65  pG.  CL 

IV.    0,4818  Grm.  gaben  0,098  Grm.  ZnO  =  18,21  pC.  Zn. 

y.    0,3588  Grm.  gaben  0,2831  Grm.  Aga  =  19,5  pC.  CL 

VI.    0,617  Grm.  Ton   einer  anderen  Darstellung  gaben  0,137  Ghrm. 
ZnO  =  17,82  Zn. 

Diese  Bestimmungen  führen  zu  der  von  Heints  aufge- 
stellten Formel  :  CsHTNsOsZnCL 

Berechnet  Gefunden Heints  im  Ifittel 

Kreatinin  113 "~   62,44      62,15      —         ^  Z  — 

Zink  32,5      17,97  —       18,2*)  18,21  •)  17,82  17,81 

Chlor  35,5      19,59         —      19,65     19,5  —  19,16 

181,0    100,00. 

Loebe  sagt  nun  in  der  oben  citirten  Abhandlung  über 
die  Darstellung  seiner  Verbindung  Folgendes  :  ^Sehr  rein 
^und  schön  ausgebildet  erhielt  ich  Krystalle  dieser  Verbin- 
^dungy  indem  ich  eine  nicht  zu  Yerdönnte  alkoholische  Lö- 
„sung  von  Kreatinin  mit  der  Chlorzinklösung  vorsichtig  fällte 
^und  den  Niederschlag  in  möglichst  wenig  Salzsäure  in  der 
„Wärme  auflöste ;  nach  dem  Erkalten  hatten  sich  die  Kry- 
„stalle  in  grofsen  sternförmig  gruppirten  vierseitigen  Nadeln 
„mit  schiefer  Bndfläche  abgeschieden. 

„Um  hierbei  einen  Verlust  an  Substanz  möglichst  zu 
„umgehen,  verfährt  man  am  besten  so,  dafs  man  eine  Portion 
„des   Niederschlags   in   reiner  Salzsäure   unter  Zusatz   von 


*)  Das  zu  diesen  beiden  Zinkbestimmnngen  dienende  Ereatininchlor- 
zink  war  ans  alkoholischer  Lösung  mit  einem  ziemlichen  Ueber- 
schufs  Yon  Chlorzink  gefällt,  lud  hatte  zur  Yollständigen  Aus- 
scheidung 24  Stunden  gestanden.  Es  scheint  unter  diesen  Umständen 
etwas  ZnCl  mechanisch  mit  niedergerissen  zu  werden,  worin  der 
bei  der  Analyse  gefundene  kleine  DeberschuAi  tod  Zn  seinen 
Grund  haben  wird ,  da  das  gewogene  ZnO  sich  bei  der  Präfung 
als  chemisch  rein,  ToUkommen  frei  von  Alkali  zeigte.  —  Schon 
aus  diesem  Grunde  mufs  man  daher  bei  der  quantitativen  Ereati- 
ninbestimmung  mit  ZnCl  einen  TJeberscliuls  des  letzteren  sorg- 
fältigst vermeiden. 


Neuhauer ^  über  Kreatinin.  265 

„Alkohol  bei  m^rsiger  Wärme  auflösl  und  dann  von  dem 
„übrigen  Niedersehlag  so  viel  dazu  bringt,  bis  sich  derselbe 
„nicht  mehr  auflöst;  nach  dem  Erkalten  krystallisirt  daiS 
yKraatiniochlorzink  in  den  erwähnten  Nadeln  aus. 

„Diese  Krystalle  sind  wirklich  Kreatininchlorzink ,  wie 
„ich  mich  durch  Versuche  über  ihre  Löslichkieit,  sowie  durch 
„einige  Chlorbestimmungen  überzeugt  habe.^ 

Aus  seinen  Analysen  leitet  nun  Loebe  für  das  Kreati- 
ninchlorzink  die  Formel 

CgH^NAZnCl  +  HO 
=  CgHyNsOgClH  +  ZnO 

ab.  Nach  dieser  Formel  hätte  aber  die  Verbindung  folgende 
procentische  Zusammensetzung  : 

Kreatinm  59,47  pC. 

Zink  17,10  „ 

Chlor  18,68  „ 

Wasser  4,76  „ 

100,00. 

Das  aus  wässeriger  oder  weingeistiger  Lösung  gefällte 
Kreatininchlorzink  hat  jedoch  diese  von  Loebe  angegebene 
Zusammensetzung  nicht,  sondern  entspricht,  wie  die  Analysen 
von  Heintz  und  mir  zur  Genüge  zeigen,  der  Formel 
CsHTNaOgZnCl. 

Ich  versuchte  darauf  die  von  Loebe  oben  angegebene 
Darstellungsmetbode.  Eine  gröfsere  Menge  von  chemisch 
reinem  Kreatininchlorzink^  aus  einer  alkoholischen  Lösung 
von  reinem  Kreatinin  gefällt,  wurde  genau  nach  Loebe's 
und  Lehmann 's  Vorschrift  behandelt.  Einen  Theil  des  Nie- 
derschlags löste  ich  in  verdünnter  Salzsäure  unter  Zusatz  von 
Alkohol  auf  und  fügte  dieser  Lösung  so  lange  von  der  Ver- 
bindung hinzu,  bis  selbst  nach  längerem  gelindem  Erwärmen 
ein  Theil  ungelöst  zurückblieb.  Aus  der  warm  filtrirten  Lö* 
sung  s#hied  sich  beim  Erkalten  und  längerem  Sieben  nur  ein 
sehr  geringer  Theil  in  leichten  Nadeln  und  Nadelgruppen 


266  Neubauer f  über  Kreatinin. 

aas,  die  nach  24  Standen  gesammelt»  mit  Alkohol  grttndlich 
gewaschen  und  bei  100^  getrocknet  zur  Chlor^  und  Zink- 
bestimmnng  benutzt  wurden. 

0^92  Grm.  gaben  0,0879  Orm.  ZnO  und  0,3119  Grm. 
Ag€l,  woraos  sieh  17,99  pG.  2b  und  19,66  pC.  Gl  bereehnet 
Die  Formel  GgHYR^OsZnGl  verlangt  17,97  pG  Zn  und  19,59 
pC.  Gl,  während  die  von  Loebe  und  Lehmann  aligenom- 
mene Zusammensetzung  G8H7N3O2CIH  -4^  ZnO  17,1  pG/Zft  und 
18,68  pG.  Gl  erfordert. 

Es  unterliegt  demnach  Wohl  keinem  Zweifel,  dafs  die 
nach  dieser  Methode  dargestellte,  in  Nadeln  krystallisirte  Ver- 
bindung dieselbe  Zusammensetzung  hat,  wie  das  aus  wein- 
geistiger Lösung  mit  Chlorzinklösung  direct  gefällte  Krea- 
lininchlorzink. 

Die  von  diesen  Krystallen  abfiltrirte  Lösung  setzte  nach 
weiteren  24  Stunden  keine  Krystalle  mehr  ab;  ich  versetzte 
sie  daher  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  essigsaurem 
Natron,  denn  Lehmann  sagt  in  seinem  Handbuche,  zweite 
Auflage,  Seite  117  :  „Scheiden  sich  beim  Erhallen  noch  keine 
„sternförmig  gruppirte  Nadeln  aus,  so  wird  diefs  auf  Zusatz 
„von  essigsaurem  Natron  geschehen^.  Essigsaures  Natron 
bewirkt  in  der  That  sogleich  eine  krystallinische  Ausschei- 
dung, und  zwar  durch  Umsetzung  der  in  Lösung  befindlichen 
Verbindung,  denn  wie  ich  unten  zeigen  wei:de,  enthält  die 
Lösung  von  Kreatininchlorzink  in  Salzsäure  nicht  unveränder- 
tes Kreatininchlorzink  (GgHrNsOsZnGlj,  fiondem  salzsaures 
Kreatininchlorzink  (GgüyNsOgClH  4"  ZnCl},  eine  in  Wasser 
überaus  leicht  lösliche  Verbindung,  aus  deren  wässeriger  Lö- 
sung essigsaures  Natron  sogleich  Kreatininchlorzink  fällt. 

Auch  diese  aus  der  salzsauren  Lösung  durch  essigsaures 
Natron  zur  Ausscheidung  gebrachte  Verbindung  hat  nach 
meinen  Bestimmungen  die  von  Loebe  angegebene  Zusam- 
mensetzung nicht. 


Neubauer,  über  Kreatinin.  267 

0,7134  Grm.  i^aben  nach  denoTTfocikneFfi  bei  10(y>C.  0,1605 
6rm.  ZnO  und  0,5678  Grm.  AgCl,  worauf;  sich  18,05  pC.  Zn 
und  19,67  pC.  Crberechnet«  ein  Gehalt,  wie  ihn  die  alte  For- 
mel CsHTNsOaZnCI  verlangt* 

5.  Bahsäures  KreatinincMorzink,  —  Kreatininchlorzink 
löst  sich  in  etwas  überschtkssiger  Salzsäure  in  beträchtlicher 
Menge  auf,  ohne  dafs  sich  beim  Erkalten  etwas  ausscheidet. 
Verdampft  man  diese  Lösung  bis  zur  Syrupconsistenz,  so  be- 
ginnt nach  längerem  Stehen  die  Krystailisation.  Es  bilden 
sich  wasserhelle  Krystalle  von  gröfser  Schönheit,  die  oft  eine 
beträchtliche  Gröfse  erreichen.  Schon  Dessaignes  hat  die 
Bildung  dieser  Krystalle  aus  der  syrupdicken  Lösung  des 
Kreatininclilorzinks  in  Salzsäure  beobachtet,  und  nach  seinen 
Chlorbestimmungen  ist  die  Verbindung  salzsaures  Kreatinin- 
chlorzink von  der  Formel  C8H7N3O2CIH  -f  ZnCI. 

Ich  kann  diese  Angaben  von  Dessaignes  vollkommen 
bestätigen ;  das  salzsaure  Kreatinin  kann  sich  wie  das  reine 
Kreatinin  mit  dem  Chlorzink  verbinden.  Die  Verbindung  ist 
in  Wasser  und  Weingeist  überaus  leicht  löslich  und  schiefst 
aus  der  syrupdicken  Lösung  in  grofsen  wasserhellen  Kry- 
stallen  oder  Krystallmassen  an.  Versetjst  man  die  wässerige 
Lösung  dieser  Verbindung  mit  einer  concentrirten  Lösung  von 
essigsaurem  Natron,  so  scheidet  sich,  wie  schon  oben  bemerkt, 
sogleich  Kreatininchlorzink  in  deutlichen  Krystallgrnppen  aus. 

0,872  Grm.  der  bei  100<^  C.  getrockneten  Verl^indung  gaben  0,4dlÖ 

GriiL  AgCl. 
0,6336  Grm.  gaben  0,1182  Grm.  ZnO  nnd  0,8414  Grm.  AgCl. 

Diese  Analysen  führen  zu  der  Formel  CsByNsO^ClH  ^f  ZnCl. 

Berechnet  Gefunden 

Ca  4'8"^^'"^^  ""IT"^^^^^ 
Hg               8              -2  -         - 

Ns  42  -  -  - 

O,  16  —  ^         ^ 

GI2  71  32,64  82,66     82,84 

Zn  82,5  14,94  —        14,97 

217,5.  ' 


268  Geuther,  über  die  Bildung 

Ob  das  Salzsäure  Kreatinin  eine  ähnliche  Verbindung 
mit  dem  Chlorcadmium  eingeht,  wie  zu  verrauthen,  habe  ich 
vor  der  Hand  noch  nicht  untersucht. 

Wiesbaden,  im  August  1861. 

U  eher  die  Bfldung  der  Bernsteinsäure  aus  Leuchtgas ; 

von  A.  Geuiber, 


Vor  einiger  Zeit  hat  Simpson*)  Versuche  veröffent- 
licht, die  zum  Zweck  hatten,  das  Leuchtgas  in  Benuteinsäure 
zu  verwandeln.  Wenn  sich  nämlich  das  Elaylchlorttr,  -bromür 
oder  -jodür  in  die  entsprechende  Cyanverbindung  verwandeln 
liefse,  und  wenn  diese  auf  analoge  Weise  durch  Kalilauge 
zersetzt  werden  könnte,  wie  das  Cyanäthyl,  so  müfste  eine 
Säure  von  der  Zusammensetzung  der  Bernsteinsäure,  also 
möglicherweise  sie  selbst  erhalten  werden.  Unbekannt  mit 
jenen  Versuchen  und  von  denselben  Schlüssen  geleitet,  bin 
ich  wie  Simpson  zu  dem  Resultat  gelangt,  dafs  mit  Hülfe 
des  Cyanelayls  das  Leuchtgas  wirklich  in  Bernsteinsäure  ver- 
wandelt wird ;  es  können  dahier  die  im  Folgenden  mitgetheil- 
ten  Versuche  als  Bestätigung  des  von  Simpson  zuerst  er- 
haltenen Resultates  dienen. 

Simpson  benutzte  zu  seinen  Versuchen  Elaylbromür; 
ich  wandte  zunächst  das  Elaylchlorür  an.  4  Grm.  desselben 
wurden 'mit  7  Grm.  Cyankalium  und  mit  Alkohol  in  ein  Rohr 
eingeschlossen  und  einen  Tag  lang  im  Wasserbade  erhitzt.  Zur 
Vollendung  der  an  der  Chlorkaliumbildung  erkennbaren  Ein- 
wirkung   wurde   das.  Rohr  während  eines   Tages    auf    150^ 


*)  Diese  Annalen  CXVIII,  873. 


( 
I 


der  Bemsteinaäure  aus  Leuchtgas.  269 

erwärmt,  darnach  geöffnet,  der  Alkohol,  welcher  das  Cyan- 
elayl  gelöst  enthalten  murste,  abgegossen  und  aus  einer  Re- 
torte im  Wasserbade  destillirt.  Mit  dem  Alkohol  ging  noch 
unzersetztes  Elaylchlorür  über,  das  durch  Wasser  leicht  ab- 
geschieden werden  konnte.  Der  flüchtige  Retortenrückstand 
wurde  nun  bei  steigender  Temperatur  mit  eingesenktem  Ther- 
mometer überdestillirt.  Zuerst  kam  Wasser,  dann,  indem  das 
Thermometer  bis  auf  160^  stieg,  ein  gelbliches  Oel  vom  Ge- 
rüche des  Cyanäthyls.  Dasselbe  war  schwerer  als  Wasser 
und  ziemlich  leicht  löslich  in  demselben.  Als  zu  seiner  wässe- 
rigen Lösung  Kalilauge  gefügt  und  im  Wasserbade  erhitzt 
wurde,  trat  reichliche  Ammoniakentwickelung  ein.  Als  die- 
selbe vorüber  war,  also  die  Zersetzung  als  beendigt  angesehen 
werden  konnte ,  wurde  mit  Salzsäure  übersättigt,  vorsichtig 
zur  Trockene  eingedampft  und  der  Rückstand  mit  Alkohol 
ausgekocht  Derselbe  schied  zuerst  einige  Krystalle  von 
Chlorkalium  ab »  bei  weiterem  Verdunsten  aber  solche,  die 
alle  Eigenschaften  der  Bemsteinsäure  zeigten.  Nicht  viel 
über  iOO^  erwärmt  begannen  sie  sich  zu  verflüchtigen,  schmol- 
zen bei  180^ ;  ihr  Dampf  eingeathmet  bewirkte  starkes  Kratzen 
im  Kehlkopf  und  Hustenreiz.  Hit  Ammoniak  neutralisirt  fällten 
sie  Eisenoxydsalze  hellbraun  gallertartig ;  mit  Ammoniak  über- 
sättigt veränderten  sie  eine  Chlorcalciumlösung  nicht,  eine 
Chlorbaryumlösung  wurde  dann  aber,  vorzüglich  rasch  beim 
Erwärmen,  krystallinisch  gefällt;  in  verdünnteren  Lösungen 
schied  Alkohol  einen  anfangs  flockigen,  allmälig  krystallinisch 
werdenden  Niederschag  aus.  Alles  diefs  zeigt  die  Identität 
der  erhaltenen  Krystalle  mit  Bernsteinsäure. 

Die  Umsetzung  des  Elaylbromürs  mit  Cyankalium  auf  die 
nämliche  Weise  gelingt  viel  leichter,  als  die  des  Chlorürs. 
Es  genügt  eine  zweitägige  Behandlung  der  Röhren  im  Wasser- 
bade, um  vollständige  Umsetzung  herbeizuführen;  die  Ein- 
wirkung beginnt  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur. 


270  Oeuther  u.  Foraherg^  über  kr^staüisirte 

Zar  Darstellung  der  Bernsteingäure  ist  es  nicht  nölbi^j^, 
das  in  der  Retorte  nach  der  Abdestillation  des  Alkohols  blei- 
bende, in  der  Wärme  flüssige,  in  der  Kälte  kryslalliniscb  er- 
starrende, braun  gefärbte  Elaylcyanür  zu  destilliren  und  es 
so  zu  reinigen ;  es  kann  sogleich  in  Wasser  gelöst  und  noit 
Kalilauge  gekocht  werden.  Die  dann  erhaltene  Bernsteinsäure 
ist  braun  gefärbt,  kann  aber  leicht  durch  Kochen  mit  Chlor- 
wasser weifs  erhalten  werden.  Die  Ausbeute  scheint  die  be- 
rechnete zu  sein.  Es  ist  wohl  denkbar,  dafs  man  dereinst 
sich  dieses  Verfahrens  zur  Darstellung  der  Bernsteinsäure  im 
Groben  bedienen  wird. 

Laboratorium  in  Göttingen,  August  1861. 


Ueber  krystallisirte  wolframsaure  Salze,  insbesondere 

über  künstlichen  Wolfram; 
von  A.  Oeuther  und  E.  Forsberg. 


Durch  Zusammenschmelzen  von  wolframsaurem  Natron 
mit  einem  Ueberscbufs  von  Chlorcalcium  oder  Chlorblei  kann 
man,  wie  die  von  Manrofs"^)  unter  Wo  hier 's  Leitung 
angestellten  Versuche  gezeigt  haben,  die  wolframsauren  Salze 
dieser  Basen  ganz  in  der  Form  krystallisirt  erhalten,  die  sie 
bei  ihrem  natürlichen  Vorkommen  als  Scheelit  und  Scheel- 
bleierz  besitzen.  Zur  Darstellung  anderer  wolframsaurer 
Salze  im  krystallisirten  Zustande  haben  wir  uns  im  Allge- 
meinen  derselben  Methode  bedient,   dabei  jedoch  gefunden, 


*)  Dieae  Annalen  LXXXI»  243  und  LXZXU,  866. 


loolframs.  Saltse,  inabesondere  über  künstlichen  Wolfram.    271 

dafs  zur  Erzeugung  grörserer  Krystalle  ein  ZusaU  yon  Koch- 
salz nothwendig  ist,  welcher ,  indem  derselbe  die  sich  um« 
setzenden  Salze  verdünnt,  jene  günstige  Wiricung  äufserst. 
Aufser  dtfr  Bart/t-,  Magnesia*^  Zink-  und  CadmiurnoxydseV" 
bindung  baban  wir  die  Mangan-  und  EisenoxydidstrhinixiLX^gtxi^ 
sowie  gemischte  Salze  dieser  beiden  letzteren >  welche,  wie 
bekannt;  in  der  Natur  als  ^  Wolfram^  krystallisirt  vorkommen» 
dargestellt.  Bei  Anwendung  verönderlicher  Hangen  von 
Mangan-  und  Eisenchlorür  gelingt  es  leicht,  die  verschiedenen 
noMrlieken  Wolframarten  meist  in  sehr  schönen  grofsen  Kry- 
stallen  zu  erhalten.  Da  die  Mangan-  und  Eisenmenge  in 
ihnen  stets  einem  bestimmten  ^|nfacbßn  stöchiometrischen 
Verbältnifs  entspricht,  so  sind  diese  gemischten  Salze  als 
wahre  Doppelsalze  zu  betrachten. 

In  Bezug  auf  die  Krystallgestalt  \i%X  sich  ergeben,  dafs 
das  Baryt-,  Magnesia-,  Zinkoxyd*  und  wahrscheinlich  auch 
das  Cadmiumoxydsalz  dem  Kalk^  und  Bleisalz  isomorph  sind, 
also  dimetrisch  krystallisiren,  das  Mangan-  und  Eisensaiz  aber, 
sowie  die  Doppelsalze  der  letzteren,  völlig  die  Forn)  des 
patürlicheii  lYolframs  besitzen ,  aI$o  orthorhombisch  krystalli- 
sirt  erscheinen. 

Zur  Darstellung  der  im  Folgenden  beschriebenen  kry- 
stallisirten  Verbindungen  wurden  die  betretenden  Salzmengen 
in  einem  bedeckten  Porcellantiegel,  der  in  einem  mit  Magnesia 
halb  gefüllten  hessischen  Tiegel  stand,  im  Windofen  zusam- 
mengescbinolzen  und  darin  langsam  erkalten  gelassen ;  nach 
dem  Auslaugen  der  Schmelze  mit  Wasser  bleiben  die  Kry- 
stalle zurück.  Zur  Analyse  wurden  dieselben  je  nach  Be- 
dürfntfs  mit  concentr[rter  Salpetersäure  oder  Königswasser 
in  der  Hitze  aufgeschlossen,  die  Lösung  der  Basen  abfiltrirt, 
die  Wolfram&üure  in  Ammoniak  gelöst  und  wenn  hierbei  ein 
URlöfilicher  Rttckatand  blieb  derselbe  durch  erneute  Behand- 
lung mit  Säure  völlig  zersetzt    Das  Eisen  wurde  vom  Hangan 


272         Geuther  u.  Forsberg j  über  JaystaBisurte 

durch  essigsaures  Natron  getrennl^  die  Wolframsiare  nach 
dem  Glfiben  des  Ammoniaksalzes  gewogen. 

1.     Wolframsaurer  Baryt  :  BaO,  WoO«. 

Angewandt  wurden  :  2  ThL  wolframsaures  Natron,  7  TU. 
Chlorbaryum  und  4  Thl.  Kochsalz. 

Farblose  grorse  Octaeder,  ganz  Yom  Aussehen  des  Kalk- 
salzesy  durch  kochende  concentrirte  Salpetersäure  aufschliefsbar. 

0,332   Qrm.  Substanz  lieferten  0,197  Orm.  tdiwefelsanren  Barjt, 
entsprechend  0,1294  Gnn.  Baryt  und  0,1965  Gnn.  WoHraniBlare. 

Berechnet  GMonden 

BaO  89,8  '    39,0 

WoO»         60,2  59,2. 

2.     Wolframsaure  Magnesia  :  HgO,  WoO^ 

Angewandt  :  1  Thl.  wolframsaures  Natron,  2  Tbl.  Chlor- 
magnesium  und  2  Tbl.  Kochsalz. 

Grofse ,  bis  4™"  lange  farblose  octaädrische  und  säulen- 
förmige Krystalle,  durch  concentrirte  Salpetersäure  allmälig  in 
der  Hitze  zersetzbar. 

0,503  Grm.  Sabstanz  lieferten  0,202  Grm.  2MgO,  PO*  =  0,07279 
Grm.  MgO. 

Berechnet  Gefunden 

MgO  14,7  14,5 

WoO»         85,3  — 

3.     Wolframsaurea  Zinkoxyd. 

Durch  Zusammenschmelzen  von  1  Thl.  wolframsaurem 
Natron,  2  Thl.  Chlorzink  und  2  Thl.  Kochsalz  erhalten.  Färb* 
lose  quadratische  Säulen  mit  Octaäderflächen. 

4.     Wolframsaures  Cadmiumoxyd. 

Durch  Zusammenschmelzen  von  4  Tbl.  wolframsaurem 
Natron,  11  Thl.  Chlorcadmium  und  16  Thl.  Kochsalz  erhalten. 
Farblose,  wenig  gut  ausgebildete,  zerfressen  aussehende  Krystalle. 


Wolframs.  Salze^  insbesondere  über  künstüchen  Wolfram.     273 

5.     Wolframsaures  Manganoxydvl  :  MnO,  WoO^ 

Angewandt  wurden  :  1  Thl.  wolframsaures  Natron,  2  Thl. 
Chlormangan  und  2  Thl.  Kochsalz. 

Schöne  hellgranatbraune ,  bis  2"^  lange,  dicke,  stark 
glänzende  Krystalle  des  orthorhombischen  Systems. 

Aufserdem  finden  sich  noch  gelbe  nadeiförmige  Krystalle 
vorzüglich  in  der  Kochsalzmasse,  während  die  erst  erwähnten 
den  Boden  des  Tiegels  bedecken.  Dieselben  besitzen,  ebenso 
wie  die  durch  Zusammenschmelzen  von  5  Thl.  wolframsauren 
Natrons  mit  1  Thl.  Chlormangan  (also  einer  zur  gegenseitigen 
Zersetzung  genau  ausreichenden  Salzmenge}  und  16  Thl.  Koch- 
salz entstehenden  schmutzig -gelbgrün  aussehenden  Nadeln, 
die  Zusammensetzung  der  ersteren  : 

a.  dicke  braune  Krystalle  :  0,240  Grm.   Substanz  lieferten  0,059 

Grm.  Mn^O*  =  0,0549  Grm.  MnO  und  0,183  Grm.  WoO». 

b.  gelbe   Krystalle  :  0,192   Grm.    Substanz    lieferten    0,047  Grm. 

Mn^O*  =  0,0438  Grm.  MnO  und  0,149  Grm.  WoO». 

c.  grüne  Krystalle  :  ^,3885   Grm.    Substanz  lieferten  0,094  Grm. 

Mn^O*  =  0,0874  Grm.  MnO. 

Gefunden 

Berechnet  a.        b.        c. 

MnO  23,5  22,9     22,9     22,5 

Wo03  76,5  76,2    77,0       — 

Das  Pulver  der  braunen  Krystalle  ist  dunkelcanariengelb, 
das  spec.  Gew.  derselben  6 J. 

6.     Wolframsaures  Eisenoxydul  :  FeO,  WoO^ 

Angewandt  :  1  Tbl.  wolframsaures  Natron,  2  Thl.  Eisen- 
chlorür  *)  und  2  Thl.  Kochsalz. 


*)  Dasselbe  kann  man  leicht  in  gröfserer  Menge  rein  erhalten,  wenn 
maii  eine  neutrale  Eisenchlorürlösung  über  freiem  Feuer  in  einer 
Porcellanschale  möglichst  rasch  zur  Trockene  einkocht,  die  er- 
haltene etwas  oxydirte  Masse  mit  dem  gleichen  Volumen  Salmiak 
zusammenreibt    und    damit   Kochfläschchen    von    etwa   5  Unzen 

Anual.  d.  Chemie  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  3.  Heft.  18 


274         Oeuther  u.  Forsherg,  über  krystallisirie 

Dunkelschwarze  bis  3°""  langte  und  dicke,  undurchsichtige, 
stark  glänzende  unmagnetische  Krystalle  von  der  ^onn  des 
natürlichen  Wolframs.  Ihr  Pulver  ist  dunkelviolettbraun^  ihr 
spec.  Gewicht  7,1. 

0,912  Grm.  Substanz  gaben  0,246  Grm.  Fe*0*  =  0,2214  6rm.  FeO 
und  0,689  Grm.  Wol&amsäure. 

Berechnet  Gefunden 

FeO  23,7  24,3 

WoO*  76,3  75,7. 

7.  Doppelsalze  von  wolframsaurem  Manganoxydul  und  wolframr 

saurem  EisenoxyduL 

Fast  alle  diese  Verbindungen  entsprechen  ihrer  Zusam- 
mensetzung nach  natürlich  vorkommenden  Wolframarten.  Je 
manganreicher  dieselben  sind,  desto  heller  von  Farbe,  desto 
mehr  braun  erscheinen  sie,  je  eisenreicher  desto  dunkler. 
Dasselbe  gilt  von  ihrem  Pulver«  Alle  sind,  mehr  oder  weniger 
braun  durchscheinend.  Ihr  spec.  Gewicht  liegt  zwischen  dem 
des  reinen  Mangansalzes  und  dem  des  reinen  Eisensalzes. 

I.  7  (MnO,  WoO«)  -f-  FeO,  WoO»  —  Angewandt  :  4ThI. 
wolframsaures  Natron,  7  Tbl.  Chlormangan,  \  Tbk  Eisenchlo- 
rür  und  8  Tbl.  Kochsalz. 

Kleine,  braun  bis  schwarz  erscheinende  Krystalle.  Pulver 
hellbratm.     Entsprechen  wahrscheinlich  den  von  Rammels- 


Inhalt  füllt.  Dieselben  werden  auf  einem  eisernen  Ring  über 
freiem  Feuer  erbitzt,  wobei  unter  Weggang  von  Wasser  zunftchst 
eine  leicht  schmelzende  dünnflüssige,  in  der  Hitze  dunkelbraun 
aussehende  Döppe] Verbindung  entsteht,  welche  bei  stKrkerem  Feuer 
ihren  Salmiakgehalt  verliert  und  geschmolzenes  Eisenchlorür 
zurückläfst,  welches  nach  dem  Erkalten  grofskrjstallinisch  er- 
starrt und  eine  gelbgraue  Farbe  besitzt  Der  Oxydgebalt  des 
Eisenchlorürs  wird  zum  Theil  durch  den  Salmiak  reduoirt,  zum 
Theil  als  Chlorid  verflüchtigt.  Anstatt  des  Glases  kann  man  sich 
hierbei  nicht,  wie  beim  Chlormagnesium  oder  Chlormangan,  der 
porösen  hessischen  Schmelztiegel  bedienen. 


Wolframs.  Salzen  msbesondere  über  künstlichen  Wolfram.     275 

berg*)  analysirten  Wolframkrystallen  von  Schlackenwalde, 
welche  schwer  von  der  Gangart  zu  befreien  waren  und  ders- 
halb  auch  wohl  mehr  Basis  lieferten. 

0,419  Grm.  Substanz  gaben  0,096  Grm.  Mn*0*  =  0,0893  Grm.  MnO 
und  0,014  Grm.  Fe«0«  =  0,0126  Grm.  FeO. 

Berechnet  Gefunden        Rammelsberg 

7  MnO  20,5  21,3  23,1 

1  FeO  8,0  3,0  5,4 

8WoO»        76,5  —  — 

II.  2(MnO,  WoO»)  +  FeO,  WoO^  —  Angewandt: 
2  Tbl.  wolframsaures  Natron,  3  Tbl.  Cblormangan,  IThl.Eisen- 
cblorür  und  8  Tbl.  Kochsalz. 

Schwarze  Krystalle;  Pulver  cacaobraun.  Von  ihrer  Zu- 
sammensetzung ist  in  der  Natur  noch  kein  Wolfram  gefunden. 

0,708  Grm.  Substanz  lieferten  0,126   Grm.   Mn^O*  =   0,1172  Grm. 
MnO  und  0,061  Grm.  Fe'O*  =  0,0549  Grm.  FeO. 

Berechnet  Gefunden 

2  MnO  15,6  16,6 

IFeO  7,9  7,8 

3  WoO»        76,6  — 

III.  2 (MnO,  WoO»)  +  3  (FeO,  WoO»>  —  Angewandt : 
1  Tbl.  wolframsaures  Natron,  1  Tbl.  Chlormangan,.  IThlEisen- 
cblorür  und  2  Tbl.  Kochsalz. 

Grofse,  5  bis  6"^  lange  **J,  dunkele,  an  den  Kanten 
bräunlich  durchscheinende  Krystalle;  zuweilen  treten  Zwillings- 
formen auf.    Ihr  Vnl\ er  ist  violetibraun;  ihr  spec.  6ew.  =  7,0. 

0,961  Grm.   Substanz   lieferten   0,099  Grm.   Mn^O^  =   0,092  Grm. 
MnO  und  0,154  Grm.  Fe^O^  =  0,1386  Grm.  FeO. 

Berechnet  Gefunden 

2  MnO  9,4  9,6 

8  FeO  14,2  14,4 

5WoO»       76,4  — . 


*)  Vgl.  dessen  BÜneralcbemie,  Seite  309. 
**)  Selbst  bei  Anwendung  von  nur  1  Grm.  wolframsaurem  Natron. 

18* 


276  Oeuther  u.  Forsberg,  über  hystaUisirie 

Diese  Verbindung  entspricht  keinem  in  der  Natur  Yor- 
kommenden  Wolfram;  der  Wolfram  von  Zinnwald  entspricht 
dem  umgekehrten  Mangan-  und  Eisenverhältnifs  : 

3  (MnO,  WoO»)  +  2  (FeO,  WoO»). 

Wendet  man  bei  gleichbleibender  Eisen-  und  Mangan- 
chlorürmenge  so  viel  wolframsaures  Natron  an,  dafs  die  Säure 
derselben  hinreicht,  das  Eisen  und  Hangan  zu  sättigen,  also 
auf  1  Thl.  Eisenchlorür,  1  Tbl.  Hanganchlorür  und  6  Tbl.  Koch- 
salz 5  Thl.  wolframsaures  Natron,  so  erhält  man  braune 
blätterige  Krystalle  vom  Aussehen  des  Eisenrahms.  Werden 
dieselben  mit  einer  gleichen  Menge  von  jedem  Chlorid  ([des 
Mangans  und  Eisens}  umgeschmolzen,  so  erhält  man  gröfsere 
compacte  kurze  schwarze  Krystalle ,  welche  eisenreicher  und 
manganärmer  sind  und  ihrer  Zusammensetzung  nach  nahe 
mit  einem  von  Schaffgotsch  analysirten  Wolfram  aus 
Limoges  und  einem  von  Berzelius  analysirten  aus  Oumber- 
land^)  übereinstimmen.  Sie  besitzen  die  Zusammensetzung: 
MnO,  WoO»  +  3  (FeO,  WoO»}. 

0,739  Grm.  Substanz  lieferten   0,061  Grm.  Mn'O*  =  0,0567  Gnn- 
MnO  und  0,147  Grm.  Fe^O^  =  0,1323  Grm.  FeO. 

Berechnet  Gefunden  Schaffgotsch  Berzelius 

IMnO  5,8  7,6  6,05  5,7 

8  FeO  17,8  17,9  17,95  18,0 

4WoO*        76,4  —  —  _ 

Aus  dem  Vorhergehenden  folgt,  dafs  die  Wolframsäure 
gröfsere  Verwandtschaft  zum  Eisenoxydul  als  zum  Mangan- 
oxydul hat. 

IV.  MnO,  WoOs  +  4 (FeO,  WoO»>  ->  Angewandt :  2  Thl. 
wolframsaures  Natron,  3Thl.  Eisenchiorür,  i  Thl.  Cblormangan 
und  8  Thl.  Kochsalz. 


^)  Rammeisberg,  Mineralchemie,  Seite  307. 


Wolframs,  Salze,  insbesondere  über  hünsüichen  Wolfram.    277 

Nieht  sehr  grofse,  stark  glänzende,  dunkelbraun  durch- 
scheinende Krystalle^  manchmal  Zwillinge.  Pulver  dunkelbraun. 
Es  entspricht  dem  Wolfram  von  Ehrenfriedersdorf  und  dem 
von  Neudorf  am  Harz,  nach  Analysen  von  K  e  r  n  d  t  *). 

0,982  Grm.  Substanz   lieferten   0,052  Grm.   Mn^O*  =  0,0484  Grm. 
MnO,  0,210Grm.  Fe'O*  =  0,189Grm.  FeO  und  0,744 Grm.  WoO*. 

Eemdt 


Berechnet 

Gefunden 

Ehrenfriedersdorf 

Neudorf 

IMnO 

4,7 

4,9 

4,96 

4,8 

4  FeO 

19,0 

19,3 

19,16 

19,2 

5WoO» 

76,3 

75,8 

— 

— 

V.  MnO,  Wo03  +  7  (FeO,  WoO»).  —  Angewandt :  4Thl. 
wolfrarasaures  Natron ,  7  Thl.  Eisenchlorür ,  1  Thl.  Mangan- 
chlorür  und  8  Thl.  Kochsalz. 

Ziemlich  grofse  dunkele  Krystalle ;  Pulver  dunkeler  braun 
als  das  der  vorigen  Verbindung. 

Ihre  Zusammensetzung  stimmt  nahe  mit  einem  von  R  a  m- 
melsberg  analysirten  Wolfram  von  Neudorf 

0,520  Grm.    Substanz   lieferten    0,017  Grm.  Mn^O*  =  0,0158  Grm. 
MnO  und  0,126  Grm.  Fe^O»  =  0,1134  Grm.  FeO. 

Berechnet        Gefunden      Rammeisberg 
iMnO  2,9  3,0  3,5 

7  FeO  20,7  21,8  20,2 

8WöO»         76,4  —  — 

Da  die  sonst  gewöhnlich  isomorphen  Basen  :  Kalk,  Mag- 
nesia, Hanganoxydul  und  Eisenoxydul  in  ihrer  Verbindung 
mit  Wolframsäure  Salze  liefern ,  deren  Krystallformen  nicht 
auf  einander  bezogen  werden  können,  so  war  es  interessant, 
zu  versuchen,  ob  nicht  Doppelsalze  dieser  beiden  Arten  her- 
zustellen seien,  ob  nicht  etwa  ein  Dimorphismus  hier  vor- 
banden  sein  könne.  Wir  haben  defshalb  in  den  verschie- 
densten Verhältnissen  (1  bis  6  Aeq.  des  einen  Chlorürs  mit 
1  Aeq.  des  anderen)  Chlorcalcium  und  Chloreisen,  Chlorcaicium 


*)  Raipmelberg,  Mineralchemie,  Seite  S07. 


278     .    Oeuther  u.  Forsberg ^  über  hrystaUiairte 

und  Cblormangan,  Chlormagnesium  und  Chlormangan  zusammen 
angewandt,  aber  immer  getrennte  Krystalle  der  einfachen 
Salze  erhalten.  Die  weifse  Farbe  des  Kalksalzes  war  meist 
nur  ganz  wenig  gelblich  geworden,  bei  Gegenwart  von  viel 
Eisen  gelb  bis  gelbroth,  wie  häufig  der  natürliche  Scheelit 
zeigt,  aber  offenbar  wurde  diefs  durch  einen  nur  geringen 
Eisengebalt  verursacht«  Da  bei  allen  diesen  Versuchen  nur 
sehr  kleine  Krystalie  erhalten  wurden,  so  war  es  unmöglich 
sie  von  einander  zu  trennen,  um  sie  analysiren  zu  können. 
Danach  scheint  es,  als  ob  die  Annahme  einer  Dimorphie  beim 
Wolfram  unzulässig  sei. 

Wir  haben  weiter  versucht^  ein  krystallisirtes  wolfram- 
saures Chromoxyd  darzustellen,  indem  wir  3  Tbl.  wolfram- 
saures Natron,  1  Tbl.  violettes  Chromchlorid  und  10  Thl. 
Chlornatrium  zusammenschmolzen ,  haben  dabei  aber  stets 
amorphe,  manchmal  grüne,  meist  braune,  in  Königswasser  un- 
lösliche Pulver  erhalten,  von  denen  die  letzteren  Wolfram 
und  Chrom  enthielten.  Als  wir  ein  Gemenge  von  1  Thl. 
Chromchlorid,  1  Thl.  Chlormagnesium  und  4  Thl.  wolfram- 
saurem Natron  zusammenschmolzen,  wurden  3  bis  4"*°'  lange, 
durch  einen  geringen  Chromgehalt  gelbbraun  J)is  prächtig 
violett  gefärbte  durchsichtige  Krystalle  des  Maghesiumsalzes 
neben  kleinen  rhomboedrischen  grünen  Krystallen,  sehr  wahr- 
sein Chromoxyd,  erhalten.  Bei  allen  den  Versuchen  mit  Chrom- 
chlorid erschienen  im  hessischen  Tiegel  oberhalb  und  zu  Seiten 
des  Porcellantiegels  sehr  lange  (bis  iS™"*),  äufserst  dünne, 
biegsame,  rothbräunlich  gefärbte  durchsichtige  Krystalle,  die 
sich  als  wolframsaure  Magnesia  mit  Spuren  von  Chrom  zu 
erkennen  gaben  und  deren  Entstehung  offenbar  an  die  Bil- 
dung von  flüchtigem  Wolframacichlorid  fdurch  Umsetzen  von 
violettem  Chromchlorid  und  wolframsaurem  Natron  unter  Chrom- 
oxydbildung entstanden}  geknüpft  ist,  das  sich  mit  der  den 
Porcellantiegel  umgebenden  Magnesia  oder  mit  Dämpfen  von 


Wolframs.  Salze^  insbesondere  über  künstlichen  Wolfram.    279 

Chlorma^nesium   bei    Gegenwart    von  Luft  oder  Feuchtigkeit 
umsetzte. 

Scliliefslicherwühnen  wir  noch  eines  Versuchs,  ds^swolfram- 
saure  Silberoicyd  krystallisirt  zu  erhalten.  Es  wurden  2  Th. 
wolframsaures  Natron ,  7  Th.  Chlorsilher  und  8  Th.  Kochsalz 
zusammengeschmolzen.  Nach  dem  Auslaugen  der  Schmelze 
mit  Wasser  und  nachherigem  Lösen  des  überschüssigen  Chlor- 
silbers durch  Ammoniak  blieb  ein  Rückstand  von  metallischem 
Silberund  nur  wenig  eines  unter  dem  Mikroscop  aus  nur  unvoll- 
ständig ausgebildeten  farblosen  Krystallcn  bestehenden  Pulvers, 
welches  Silber  und  Wolframsäure  enthielt.  Als  salpetersaures 
Silberoxyd  und  wolframsaures  Natron  zusammengeschmolzen 
wurden,  resultirte  krystallinisches  metallisches  Silber;  die  durch 
Wasser  erhaltene  Lauge  war  alkalisch  und  enthielt  nur  wolfram- 
saures Natron. 

Laboratorium  in  Göttingen,  August  1861. 


üeber  Brombultersäure  und  eine  von  derselben  sich 

ableitende  neue  Saure; 

von  C.  Friedet  und  V.  Machuca*^ 


Bekanntlich  hat  Wurtz  (diese  Annalen  CVII,  197)  durch 
die  Oxydation  des  Amylglycols  eine  Säure  GaHs^s    erhallen, 


*)  Compt.  rend.  LU,  1027.  üeber  Brombuttersäure  und  die  daraus  ent- 
stehende Säure  Gfi^Qa  vgl.  Borodine  (diese  Annalen CXIX,  121), 
Gorup  -  Besanez  und  Klincksieck  (daselbst  CXVIII,  248) 
und  Naumann  (daselbst  CXIX,  115).  Die  Einwirkung  des 
Broms  auf  die  Buttersäure  bat  auch  B.  Schneider  (Berl.  Acad. 
Ber.  1861,  501 ;  ausführlicher  Pogg.  Ann.  CXllI,  169)  mit  folgenden 


280       Friedel  u.  Machuca,  über  Brombuttersäure 

welche  er  als  Buiylmilchsäure  {Butylactinsäure)  bezeichnete 
und  als  die  dem   Butylglycol  entsprechende  Milchsäure  be- 


Besultaten    nntersacht      Monobromhutiersdure   erhält   man    durch 
drei-   bis   vierstündiges    Erhitzen    eines    Gemisches    yon    1    Aeq. 
Buttersäure  und  2  Aeq.  Brom  in  starken  zugeschmolzenen  Röhren 
auf  140  bis  150® ;  zweckmäfsig  wendet  man  die  ButtersÄure  etwas 
überschüssig,   2   Vol.  ButtersÄure   auf  1    Vol.  Brom,   an.     Nach 
beendeter  Reaction  entweicht  bei  dem  OeflFnen  der  (möglichst  ab- 
zukühlenden) Röhre  BromwasserstoffsÄure  mit  Heftigkeit;  in  der 
Röhre  bleibt  ein  dunkelweingelbes  dünnes  Oel,  Monobrombutter- 
säure  mit  überschüssig  angewendeter  ßuttersäure  und  zurückge- 
haltenem  BromwasserstoflP,   welche   Beimischungen,    als    leichter 
löslich  in  Wasser,  durch  wiederholtes  Schütteln ,  des  Products  mit 
Wasser  beseitigt  werden  können.    Die  Monobrombuttersäure,  von 
hierbei  aufgenommenem  Wasser  durch  längere  Behandlung  mit 
trockenem  Chlorcalcium  befreit,  ist  eine  schwachgelbliche,  durch- 
dringend und  der  ßuttersäure  ähnhch  riechende  Flüssigkeit  von 
1,54  spec.  Gew.;    sie   ergab   28,75  pC.  C,   4,30  H,    47,48  Br  (es 
berechnen   sich   für  €4H7Br08   28,74   pC.  C,   4,19  H,    47,91  Br, 
19,16  O);   sie   beginnt  schon  y^enig  über  100®  sich  zu  zersetzen; 
sie    nimmt    bis   zu   20    pC.    Wasser   auf  imd   wird   dabei  dünn- 
flüssiger; sie  löst  sich  in  14,5  bis  16  Th.  Wasser,  leichter  in  Al- 
kohol und  Aether,    auch    in   Schwefelsäurehydrat   schon   in    der 
Kälte,  aus  welcher  Lösung  sie  durch  Wasser  unverändert  abge- 
schieden  wird.     Beim    Kochen  mit   Ammoniak    entstehen   Brom- 
ammonium   und    eine    Säure,    nach    Schneide r's    Vermuthung 
Amidobuttersäure.     Die  Salze  der  Monobrombuttersäure  krystalli- 
siren  gleich  denen  der  Buttersäure  im  Allgemeinen  schwierig  und 
nicht  schön;  die  meisten  sind  in  Wasser  löslich,  besonders  leicht 
die    Alkalisake ,    weniger   leicht   die    mit   schwerer   metallischer 
Basis.     Genauer    untersuchte    Schneider    das  Bleisalz   (durch 
Fällen  einer  neutralen  Lösung  des  Kalisalzes  mit  Bleizucker  als 
weifser,  sofort  zu  einer  zähen  klebrigen  Masse  zusammenballender 
Niederschlag  erhalten;  das  im  leeren  Raum  über  Schwefelsäure 
getrocknete  Salz  ergab  17,39  pC.  C,   2,77  H,  28,61  Br,  38,19  Pb, 
es  berechnen  sich  für  €4HeBrPb02  17,79  pC.  C,  2,89  H,  29,00  Br, 
38,46  Pb,   11,86  O),  das  Silbersalz  (aus  dem  Kalisalz  durch  sal- 
petersaures Silber  als  weifser  voluminöser  krystallinischer  Nieder- 
schlag gefällt,    welcher  im  leeren  Raum  über  Schwefelsäure  ge- 
trocknet 39,92  pC.  Ag  ergab,  während  sich  für  O^HeBrAgO,  39,41 
berechnen;  bei  dem  Kochen  dieses  Silbersalzes  mit  Wasser  scheidet 
sich  sofort  Bromsilber  aus  und  eine   Säure,  nach  Schneider 


und  eme  van  derselben  sich  ableitende  neue  Säure*  281 

trachtete.    Diese   Säure   hat   dieselbe  Zusammensetzung   wie 
Städeler's  Acetonsäure  (Chem.  C6ntr.  1853,  433),  welche 


wohl  Butylmilchsaure  G^B-^Oq,  bildet  sich)  und  die  Aethylverhin- 
dung.  (diese  scheidet  sich  aus  einer  Mischung  von  4  Th.  Möno- 
brombuttersäure,  2  bis  3  Th.  Weingeist  und  IV2  Th.  concentrirter 
Schwefelsäure  bald  als  schwere    ölige  Schichte   ab,   wird  durch 
Schütteln    mit    verdünnter    Sodalösung    und   dann    mit   Wasser, 
Trocknen    über    Ghlorcalcium    und    fractionirte    Destillation   im 
Eohlensäurestrom  gereinigt;   das   zwischen    178  und  190*  Ueber- 
gegangene  war  eine  farblose,  dem  Buttersäureäther  ähnlich  durch- 
dringend   riechende,    bei    etwa    186*    siedende    Flüssigkeit    von 
1,33  speo.  Gew.  bei    15*,   welche   36,72  pC.  C,  5,73  H,  40,52  Br 
ergab ;  für  OeHuBrOg  berechnen  sich  36,92  pC.  C,  5,64  H,  41,03  Br, 
16,41  O).  —  Dibrombuttersäure  wird   erhalten   durch  6-  bis  8stün- 
diges   Erhitzen    eines    Gemisches    von    1    Aeq.    Buttersäure   und 
4  Aeq.  Brom  in  starken  zugeschmolzenen  Bohren  auf  150  bis  160* 
(auch   durch    3ständiges  Erhitzen  von    1   Aeq.    Monobrombutter- 
säure  mit   2  Aeq.  Brom   auf  etwa   150*);    die  nach  vorsichtigem 
Oeflftien  der  Röhren,  wo  Bromwasserstofi  mit  gröfster  Heftigkeit 
entweicht,   darin  bleibende   hellbraune  Flüssigkeit  giebt,  so  wie 
für  die  Monobrombuttersäure  angegeben   gereinigt,  die  Dibrom- 
buttersäure   als    eine    klare   gelbe   dickölige,    eigenthümlich  aro- 
matisch und  von  der  Monobrombuttersäure  verschieden  riechende 
Flüssigkeit  von  1,97  speo.  Gew.  (sie  ergab  19,30  pC.  0,   2,86  H, 
64,10  Br;  für  G4BQBr^^2   berechnen   sich    19,51  pC.  C,   2,44  H, 
65,04  Br,  13,01  O);   sie  löst  sich  in  30  bis  31  Th.  Wasser,   zer- 
setzt sich  auch  schon  unter  ihrem  Siedepunkt.     Bei  der  Behand- 
lung der  Dibrombuttersäure  mit  Zink  und  verdünnter  Schwefel- 
säure   oder    Salzsäure    erfolgt    allmälig    völlige    Lösung    unter 
Regeneration  von  Buttersäure.    Im  krystallisirten  Zustande  liefs 
sich    die    Dibrombuttersäure    nicht     erhalten;    sie    scheint    mit 
Cahours'  Bromotriconsäure  (diese  Ann.  LXIV,  355)  nur  isomer, 
nicht  identisch  zu  sein.     Die  Salze   der  Dibrombuttersäure  sind 
denen  der  Monobrombuttersäure  ähnlich   und  krystallisiren  auch 
nur    schwierig;    sie    wurden   noch    nicht   näher   untersucht.    — 
Schneider    hat  endlich  noch  versucht,  die  TeirabrombuUersäure 
darzustellen.     Bei  20-  bis  24stündigem  Erhitzen  von  1  Aeq.  Dibrom- 
buttersäure  mit    4   Aeq.  Brom   in   zugeschmolzenen   Röhren    auf 
150  bis  180*  findet  Einwirkung   statt;   beim   Oeffnen  der  Röhren 
entweichen  Ströme  von  Bromwasserstoffgas,  und  aas  der  zurück- 
bleibenden   zähflüssigen    Masse,    die   noch   etwas    Brom    enthielt, 
schieden  sich  nach  «iniger  Zeit  lange,  in  Alkohol  und  in  Aether 


282        Friedel  u.  Machuca,  über  Brombuttersäure 

durch  die  Einwirkung  der  Cblorwasserstoffsfture  auf  ein  6e* 
mische  von  Aceton  undi  Cyanwasserstoffsäure  entsteht.  Es 
fragt  sich,  ob  diese  beiden  Säuren  identisch  oder  nur  isomer 
sind;  im  Falle  die  Identität  nachgewiesen  wäre,  würde  sich, 
abgesehen  von  dem  Vortheil  dafs  einige  chemische  That- 
sachen  sich  vereinfachen,  noch  ein  besonderes  Interesse  daran 
knüpfen,  dafs  sich  für  die  Acetonsäure  die  Bildung  des  Buty- 
lactyl-Radicals  ^S%^  gleichsam  verfolgen  liefse,  welches 
sich  dann  von  dem  Acetyl-Badical  €3030  aus  durch  Zutreten 
von  Methyl  und  dann  von  Kohlenstoff  aufbauen  würde. 

Zur  Entscheidung  dieser  Frage  versuchten  wir  wieder- 
holt die  Acetonsäure  darzustellen;  bei  Befolgung  der  An- 
gaben  Städeler's  konnten  wir  indessen  nur  so  kleine  Mengen 
dieser  Säure  erhalten,  dafs  sie  für  eine  vollständigere  Unter- 
suchung unzureichend  waren.  Doch  scheint  uns  das  Aus- 
sehen der  Krystalle  dafür  zu  sprechen,  dafs  die  Acetonsäure 
und  die  Butylmilchsäure  identisch  sind.  Die  Beschreibung 
d^r  von  Wurtz  und  von  Slädeler  untersuchten  Salze  wider- 
spricht dieser  Ansicht  nicht. 

Da  wir  auf  diesem  Wege  nicht  zu  sicheren  Resultaten 
kamen,  zogen  wir  in  Ueberlegung,  dafs  die  Acetonsäure  sich 
vielleicht  von  der  Buttersäure  in  derselben  Weise  ableiten 
könne,  wie  sich  die  Glycolsäure  von  der  Essigsäure  ableitet. 
Um  diese  Vermuthung  zu  prüfen,  liefsen  wir  während  mehrerer 
Tage  Chlor  durch,  Butlersäure  bei  dem  Siedepunkt  derselben 
streichen;  als  dasFroduct  der  fraclionirten  Destillation  unter- 
worfen wurde,  liefs  sich  eine  kleine  Menge  einer  bei  210 
bis  220^  siedenden  Flüssigkeit  aufsammeln,  welche  jedoch 
nur   21,4  pC.  Chlor   enthielt,    während   die   Chlorbuttersäure 


leichtlösliche  Krystallnadein  ab,  welche  Schneider  als  wahr- 
scheinlich aus  Tetrahrombuttersäure  bestehend  betrachtet,  aber 
nicht  in  einer  für  genauere  Untersachung  zureichenden  Menge 
erhielt. 


und  eine  von  derselben  sich  ableitende  neue  Säure.    283 

29,5  pC.  Chlor  enthalten  mufs;  der  gröfste  Theil  der  ange- 
wendeten Biittersäure  war  unverändert  geblieben.  Die  Dar- 
stellung der  Chlorbuttersäure  erschien  hiernach  langwierig 
und  schwierig;  wir  versuchten,  ob  bei  Anwendung  von  Brom 
und  verstärkten  Drucks  sich  bessere  Resultate  ergeben.  In 
der  That  erhielten  wir  durch  mehrstündiges  Erhitzen  von 
1  Aeq.  Buttersäure  und  2  Aeq.  Brom  in  a^ugeschmolzenen 
Glasröhren  auf  130^  eine  Flüssigkeit,  welche  bei  der  Destil- 
lation grofstentheils  zwischen  210  und  220^  überging;  der 
zwischen  2i2  und  217^  übergegangene  Theil  ergab  die  Zu- 
sammensetzung €4H7Br02  : 

gefunden   :  28,0  pC.  C ;  4,0  H ;  48,1  Br ; 
berechnet  :  28,7     ^     „     4,2    „     48,0    » 

Die  Brombuttersäure  läfst  sich  auf  diese  Weise  in  be- 
trächtlicher Menge  erhalten.  Es  ist  von  Wichtigkeit,  dafs  die 
oben  angegebene  Temperatur  nicht  überschritten  werde.  Als 
wir  bei  einer  ersten  Operation  die  Röhre  bis  210^  erhitzt 
hatten  y  fanden  wir  als  Inhalt  derselben  eine  schwarze  fast 
feste  Masse,  die  hauptsächlich  aus  Kohle  und  Bernstemsäure 
bestand^  letztere  Säure  wurde  durch  ihr  Aussehen,  durch 
die  Reaction  ihres  Ammoniaksalzes  auf  die  Bisenoxydsalze 
und  endlich  durch  die  Bestimmung  des  Metallgehaltes  in  ihrem 
Silbersalze  (gef.  64,9 ,  ber.  65,1  pC.  Silber)  als  Bernstein- 
säure nachgewiesen.  Die  Bernsteinsäure  bildet  sich  hier  in 
Folge    der   Zersetzung    eini^s    Theiles    der    Brombuttersäure, 

« 

dessen  Sauerstoff  zu  dem  unzersetzt  gebliebenen  Theile  «tritt; 
der  Vorgang  ist  ein  ähnlicher  wie  die  durch  Dessaignes 
bewirkte  Umwandlung  der  Bultersäure  zu  Bernsteinsäure, 
durch  Oxydation  der  ersteren  mittelst  Salpetersäure.  —  Wir 
haben  die  Bildung  einer  gewissen  Menge  Bernsteinsäure 
schon  bei  160  bis  170^  wahrgenommen. 

Die  in  der  angegebenen  Weise  dargestellte  Brombuttersäure 
wurde  bei  Gegenwart   von  Wasser  mit  der  zur  Aoscheidung 


284      Fr i edel  u,  Machuca,  über  BrombuUersäure 

des  in  ihr  enthaltenen  Broms  nöthigen  Menge  Silberoxyd 
behandelt.  Die  Einwirkung  erfolgte  rasch  und  die  dabei  re- 
sultirende  Flüssigkeit  ergab,  nach  der  Beseitigung  von  etwas 
überschüssig  angewendetem  Silber  mittelst  Schwefelwasser- 
stoff und  Sättigen  mit  Zinkoxyd,  bei  dem  Verdunsten  ein  in 
harten  strahligen  Warzen  krystallisirtes  Zinksalz ,  dessen  Zu- 
sammensetzung die  des  butylmilchsauren  Zinks  €4H7Zn03  war  : 

geftinden   :  34,7  n.  35,5  pC.  C;  5,1  u.  5,2  H;  23,8  Zn ; 
berechnet  :  35,3  n     n  ^A  »     ^^»^  n 

Wenn  aber  auch  die  Zusammensetzung  dieses  Satzes  mit 
der  des  butylmilchsauren  Zinks  übereinkommt,  so  ist  doch 
das  Aussehen  beider  Salze  ganz  verschieden;  das butylmilch- 
saure  Zink  krystallisirt  nämlich  in  perlmutterglänzenden  Blätt- 
chen und  Schuppen,  die  von  den  eben  besprochenen  Warzen 
sehr  verschieden  sind.  Auch  scheint  die  Löslichkeit  des  butyl- 
milchsauren Salzes  eine  merklich  kleinere  zu  sein. 

Eine  noch  gröfsere  Verschiedenheit  ergiebt  sich  für  die 
Säuren.  Das  Zinksalz  giebt  bei  Behandlung  mit  Schwefel- 
wasserstoff eine  stark  saure  Flüssigkeit,  bei  deren  Verdunsten 
ein  Syrup  zurückbleibt,  welcher  nur  über  Schwefelsäüte  oder 
besser  im  trocknen  leeren  Raum  krystallisirt.  Es  bilden  sich 
dann  strahlige  Rosetten  von  ungemein  grofser  Zerfliefslich- 
keity  welche  ganz  verschieden  sind  von  den  Prismen  der 
Butylmilchsäure ,  deutlichen  und  selbst  an  feuchter  Luft  sich 
vollkommen  erhaltenden  Krystallen. 

Aus  der  Brombuttersäure  entsteht  also  in  der  angegebe- 
nen Weise  nicht  Butylmilchsäure  oder  Acetonsäure,  sondern 
eine  neue  Säure,  für  welche  wir  die  Bezeichnung  Oxybutter- 
säure  vorschlagen,  da  sie  sich  von  der  Buttersäure  durch 
Oxydation  ableitet  wie  dieOxybenzoesäure  von  der  Benzoesäure. 

Für  die  Milchsäurereihe  ist  hier  das  erste  Beispiel  solcher 
Isomerien  gegeben,  wie  man  deren  in  der  Benzoesäurereihe 
schon  mehrere  kennt ,   sowohl  für  Säuren  mit  2  At.  Sauer- 


und  eine  von  derselben  sich  ableitende  nette  Säure.     285 

Stoff,    wie  Benzoesäure  und  Salylsäure,  als  auch  für  Säuren 
mit  3  At.  Sauerstoff,  wie  Oxybenzoesäure  und  Salicylsäure. 

Es  bleibt  nun  noch  aufzusuchen,  welche  Säure  —  die 
Acetonsäure  oder  die  Oxybuttersäure  —  wirklich  mit  der 
Milchsäure  homolog  ist,  und  auch  genauer  noch  zu  untersu- 
chen, ob  die  von  dem  Propylglycol  abgeleitete  Milchsäure 
wirklich  mit  der  bei  Gährungen  sich  bildenden  identisch  ist. 


Ueber  die  Umwandlung  der  Propionsäure  zu  Milch- 
säure ; 

von  Denselben.*') 


In  einer  früheren  Hittheilung  (vgU  den  vorhergehenden 
Aufsatz),  in  welcher  wir  die  Darstellung  der  OxybvMersäure 
beschrieben  haben,  wurde  die  Frage  aufgeworfen,  ob  diese 
Säure  oder  die  Butylmilchsäure  als  die  der  durch  Gährung 
entstehenden  Milchsäure  wirklich  homologe  Säure  zu  betrach- 
ten ist.  Diese  Frage  suchten  wir  in  der  Art  indirect  zu  be- 
antworten ,  dafs  wir  die  Propionsäure  in  derselben  Weise 
behandelten  wie  es  in  jener  früheren  Mittheilung  für  die 
Buttersäure  angegeben  ist.  Wir  gingen  von  der  Ansicht  aus, 
dafs,  wenn  bei  dieser  Behandlungsweise  die  Propionsäure  zu 
Milchsäure  umgewandelt  wird  "^^3 ,  sich  mit  einigem  Recht 
auf  die  Homologie  der  Oxybuttersäure  mit  der  Milchsäure 
schliefsen  lasse,  so  lange  nämlich  nicht  nachgewiesen  ist,  dafs 


*)  Compt.  rend.  LIII,  408. 
•*)  Vgl.  Ulrich  in  diesen  Annalen  CIX,  269  f.  D.  R. 


286       Fr i edel  u.  Machuca,  über  die  Umwandlung 

mehrere  Propionsäaren  existiren  und  auch  in  der  Reihe  der 
fetten  Säuren  solche  Fälle  von  Isomerie  vorkommen,  wie  sie 
sich  in  der  Reihe  der  aromatischen  Säuren  finden. 

1  Aeq.  Propionsäure  (durch  Einwirkung  alkoholischer 
Kalilösung  auf  Cyanäthyl  erhalten}  wurde  mit  2  Aeq.  Brom 
in  zugeschmolzenen  Röhren  während  einiger  Stunden  auf  120 
bis  140^  erhitzt.  Die  Propionsäure  war  dann  zu  einer  klaren 
Flüssigkeit  geworden,  die  bei  der  Destillation  fast  vollstän- 
dig bei  190  bis  210^  überging.  Die  zwischen  diesen  Tem- 
peraturgrenzen überdestiltirte  Flüssigkeit  enthielt 52,5 pC.  Brom; 
für  die  Brompropionsäure  £i^ü^rQ%  berechnen  sich  52,3  pC. 

Die  auf  diese  Art  dargestellte  Brompropionsäure  wirkt 
auf  Silberoxyd  bei  Gegenwart  von  Wasser  leicht  ein.  Durch 
Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  in  die  Flüssigkeit,  Sättigen 
des  stark  sauren  Filtrats  mit  Zinkoxyd  und  Verdunstenlassen 
dieser  Lösung  erhält  man  Krystalle,  welche  ganz  und  gar 
dem  gewöhnlichen  milchsauren  Zink  gleichen.  Die  Analyse 
erwies  auch,  dafs  dieses  Salz  ^sHsZnOs  -f  ^/sHgO  ist;  bei 
120^  getrocknet  verlor  es  18,2  pC.  an  Gewicht,  es  berechnen 
sich  i8,12.    Das  getrocknete  Salz  ergab  : 

gefunden    :  29,1  pC.  C;  4,3  H;  26,5  Zn; 
berechnet  :  29,5     „     »     4,1    „     27,0    „ 

Nach  den  vorstehenden  Resultaten  eben  so  wie  nach 
dem  characteristischen  Aussehen  der  Krystalle  unter  dem 
Mikroscop  läfst  sich  nicht  daran  zweifeln,  dafs  das  Zinksalz 
der  durch  die  Umwandlung  der  Propionsäure  erhaltenen  Säurfe 
mit  dem  Zinksalz  der  bei  Gährungen  sich  bildenden  Milch- 
säure identisch  ist.  Wir  haben  jedoch  auch  noch  das  Kupfer- 
und  das  Kalksalz  der  ersteren  Säure  dargestellt;  die  Unter- 
suchung dieser  Salze  *)  bestätigte  die  aus  der  Untersuchung 
des  Zinksalzes  abgeleitete  Folgerung. 


*)  Die  bezüglich  des  Wassergehaltes  dieser  Salze  gefdndenen  Besul- 
tate  stimmen    indessen   nicht  mit  dem  für  die  Salze  der  durch 


der  Propionsäure  au  Milchsäure,  287 

Das  durch  wechselseitige  Zersetzung  des  Barytsalzes 
unserer  Säure  mit  schwefelsaurem  Kupfer  erhaltene  Kupfer- 
salz bildete  kleine,  wenig  deutiichey  grünlichweifse  prismatische 
Krystalle ,  welche  bei  120!^  10  pC^  Wasser  verloren ;  das 
Kupfersaiz  der  durch  Gährung  gebildeten  Milchsäure  enthält 
lOpC.Was&er.  Das  bei  120^  getrocknete  Salz  ergab  26,4  pC. 
Kupfer;  für  GsHsCuOs  berechnet  sich  dieselbe  Menge. 

Das  Kalksalz  verlor  bei  120®  25,1  pC.  Wasser;  für 
GsHöCaOs  +  2  HgO  berechnen  sich  24,8  pC.  Das  getrock- 
nete Salz  ergab  32,7  pC.  C,  5,0  H,  18,35  Ca;  es  berechnen 
sich  33,0  pC.  C,  4,6  H,  18,35  Ca.  Das  Salz  hatte  sich  bei 
dem  Verdunsten  der  Lösung  in  kleinen  strahligen  Warzen  von 
dem  wohlbekannten  Aussehen  des  gewöhnlichen  milchsauren 
Kalks  abgesetzt. 

Die  Brompropionsäure  geht  somit  bei  Einwirkung  von 
feuchtem  Silberoxyd  in  Milchsäure  über,  und  die  Oxy butter- 
säure kann  als  die  mit  der  durch  Gährung  entstandenen  Milch- 
säure homologe  Säure  betrachtet  werden. 

Nachdem  wir  zu  diesem  Resultat  gekommen  waren, 
suchten  wir  die  Dibrombuttersäure  darzustellen  und  sie  mit 
2  Aeq.  Silberoxyd  zu  behandeln ,  in  der  Hoffnung  eine  der 
Glycerinsäure  €3H604  homologe  Säure  zu  erhalten. 

Läfst  man  auf  1  Aeq.  Monobrombuttersäure  2  Aeq.  Brom 
bei  140  bis  150^  einwirken ,  so  verschwindet  das  Brom  all- 
mälig  und  das  Gemische  wird^zu  einer  klaren  schwach  bräun- 
lich gefärbten  Flüssigkeit.  Dieses  Product  ist  nicht  destillir- 
bar;  es  zersetzt  sich,  wenn  man  die  Siedetemperatur  der 
Monobrombuttersäure  überschreitet.  Da  wir  die  Dibrombutter- 
säure nicht  durch  Destitlatipn  reinigen  konnten,  mufsten  wir 


Gährung  entstandenen  Milchs&ure  Bekannten  überein;  der  für 
das  Kalksalz  gefundene  Wassergehalt  ist  der  des  aus  Wasser 
krystallisirten  Kalksalzes  der  Fleiscfamilchsäure  und  nicht  der 
durch  Gährung  entstandenen  Milchsäure.  D.  A. 


288  Arppe^  über  die  Oxydationsprodticte 

das  rohe-  Product  mit  Silberoxyd  behandeln.  Aus  der  mit 
Zinko]!^yd  gesättigten  Flüssigkeit  erhielten  wir  ein  warzenför- 
mig auskrystallisirtes  Salz,  dessen  Analyse  darauf  hinwies, 
dafs  es  ein  Gemenge  von  oxybuttersaurem  Zink  und  dem 
Zinksalz  einer  sauerstoffreicheren  Säure,  wohl  dem  gesuchten 
dioxybuttersauren  Zink,  sei.  Die  kleine  Menge  Substanz, 
welche  zu  unserer  Verfügung  stand ,  erlaubte  uns  bis  jetzt 
nicht,  diese  beiden  Salze  durch  wiederholtes  Umkrystallisiren 
oder  die  beiden  Säuren  durch  fractionirte  Sättigung  zu  trennen. 
Wir  hoffen  diefs  nach  Wiederholung  der  Operationen  in  grö- 
fserem  Mafsstab  ausführen  zu  können. 


Zweite  Millheilung  über  die  Oxydation sproducle  der 

Fette ; 
von  A.  E.  Arppe, 


In  einer  früheren  Mittheilung  über  diesen  Gegenstand 
habe  ich  dargelegt ,  dafs  die  meisten  der  bei  der  Oxydation 
der  Oelsäure  gebildeten  Säuren,  welche  in  fester  Form  auf- 
treten, weit  entfernt,  wie  man  bisher  geglaubt^  pulverförmige 
oder  körnige  Körper  zu  sein,  deren  chemische  Reinheit  immer 
zweifelhaft  bleiben  mufs,  im  Gegentheil  eine  ausgezeichnete 
Krystallisirbarkeit  besitzen.  So  namentlich  die  Korksäure  und 
die  Azelainsäure.  Da  ich  den  letztgenannten  schönen  Körper 
näher  kennen  zu  lernen  wünschte,  derselbe  aber  aus  der 
Oelsäure  nur  sparsam  erhalten  wurde,  mufste  ich  mich  nach 
einer  anderen,  ergiebigeren  Quelle  für  ihre  Darstellung  um- 
sehen. Eine  solche  Quelle  habe  ich  denn  auch  in  dem  liicinusöl 
gefunden,  aus  welchem  ohne  Schwierigkeit  beliebige  Mengen 
Azelainsäure  erhalten  werden  können.    Zu  dem  Ende  bringt 


J 


der  FeUe.  289 

man  ein  oder  zwei  Pfund  Ricinusöl  in  eine  geräumige  tubu- 
lirte  Retorte,  giefst  etwas  Salpetersäure  von  1,2  bis  1,3  spec. 
Gewicht  darauf  und  erhitzt  das  Gemisch  gelinde;  wenn  das 
starke  Schäumen,  welches  bald  eintritt,  nachgelassen  hat, 
wird  neue  Säure  zugegossen ,  bis  man  2  Tbl.  Salpetersäure 
auf  einen  Theil  Ricinusöl  verbraucht  hat;  das  Kochen  wird 
einen  Tag  fortgesetzt ,  worauf  die  saure  Lösung  von  dem 
öligen  Körper  entfernt ,  neue  Säure  zugegossen  und  mit  dem 
Kochen  noch  12  Stunden  oder  etwas  länger  fortgefahren 
wird.  Die  Oxydation  kann  jetzt  abgebrochen  werden;  ^nter 
den  Oxydationsproducten  befindet  sich  in  bedeutender  Menge 
ein  flüchtiges  Oel,  welches  in  die  Vorlage  überdestillirt  und 
nach  Tilley's^  Angabe  aus  Oenanthylsäure  besteht ;  aufser- 
dem  aber  ein  nicht  flüchtiger  öliger  Körper,  theils  auf  der 
sauren  Lösung  schwimmend,  theils  darin  aufgelöst. 

Nachdem  vermittelst  eines  Scheidetrichters  das  Oel  ent- 
fernt worden  war,  wurde  die  Salpetersäure  durch  Abdampfen 
und  alimäliges  Zugiefsen  von  Wasser  ausgetrieben,  wobei 
von  dem  öligen  Körper  noch  mehr  abgeschieden  wurde.  Die 
klare  gelbliche  Lösung,  hinlänglich  eingeengt,  erstarrt  fast 
gänzlich  zu  einer  weifsen  körnigen  Masse.  Auf  einem  Trichter 
gesammelt  kann  dieselbe  durch  Waschen  mit  Wasser  in  einen 
leichter  löslichen  Theil,  welcher  hauptsächlich  aus  Oxalsäure 
besteht,  und  in  ein  schwerer  lösliches  Säuregemisch,  welches 
hier  besonders  berücksichtigt  werden  soll,  zerlegt  werden. 
Noch  einmal  in  warmem  Wasser  gelöst  kann  die  körnige 
Masse  von  Oxalsäure  und  dem  öligen  Körper  vollständiger 
gereinigt  werden.  Die  nach  dem  Erkalten  wieder  gewonnene 
Krystallisation  wird  mit  kaltem  Wasser  auf  dem  Trichter  ge- 
waschen, darauf  getrocknet ,  geschmolzen  und  nach  dem  Er- 
starren gepulvert.  Aus  diesem  geschmolzenen  Pulver  können 
nun  die  leichter  löslichen  Säuren  mit  Wasser  vollständig  aus- 

Annal.  d.  Oliem.  n.  Pharm.  CZX.  Bd.  3.  Heft.  19 


290  Arppe,  über  die  Oxydationsproducte 

gezogen  werden,  ohne  einen  erheblichen  Abgang  der  schwerer 
löslichen  Hauptmasse. 

Das  mit  Wasser  behandelte  Pulver  wird  wieder  vollstän- 
dig getrocknet,  darauf  mit  kaltem  Aether  behandelt,  wobei 
die  Azelainsäure  aufgelöst  und  von  der  Korksäure  getrennt 
wird.  Diese  Behandlung  mit  Aether  kann  entweder  in  einem 
Stehkolben  oder  in  einem  Scheidetrichter  bequem  Yorgenom* 
men  werden.  Man  übergiefst  das  Pulver  mit  ungefähr  dem 
doppelten  Volum  Aether,  schüttelt,  und  giefst  nach  einer  Weile 
die  klare  Lösung  in  einen  Kolben,  woraus  der  Aether  abde- 
stiilirt  wird.  Diese  Operation  wiederholt  man  noch  ein  paar- 
mal, wodurch  der  in  Aether  lösliche  Tkeil  vollständig  ausge- 
zogen wird.  Nach  dem  Abdestilliren  des  Aelhers  der  ver- 
schiedenen Auszüge  hat  man  Rückstände,  welche  einige  Zeit 
flüssig  bleiben  und  nur  langsam  erstarren.  Beim  Kochen  mit 
Wasser  wird  man  bemerken,  dafs  dieselben  in  einer  zu  ihrer 
Auflösung  unzureichenden  Menge  des  Lösungsmittels  schmel- 
zen und  wie  Oel  fltefsen,  in  einer  gröfseren  Menge  Wasser 
dagegen  sich  auflösen,  wobei  jedoch  im  ersten  Auszuge  der 
früher  erwähnte  ölige  Körper  wieder  zum  Vorschein  kommt 
und  ungelöst  bleibt. 

Die  wässerigen  Lösungen  der  Azelainsäure  erstarren  bei 
passender  Concentration  zu  einer  Krystallmasse ,  welche  aus 
grofsen  glänzenden  Blättern  besteht  und  sehr  voluminös  ist. 
Dieselbe  mufs  noch  warm  auf  einem  Trichter  von  der  Mutter- 
lauge befreit  und  durch  Umkrystallisiren  gereinigt  werden. 
Läfst  man  die  Krystallmasse,  bevor  sie  umkrystallisirt  wor<ien 
ist,  in  der  Lösung  vollständig  erkalten ,  so  scheidet  sich  all- 
mälig  ein  weifser  körniger  Körper  aus,  welcher  die  Krystalle 
umgiebt  und  der  ganzen  Masse  ein  körniges  Ansehen  ertheiit. 
Nach  dem  Trocknen  ist  die  Azela'insäure  blendend  weife, 
perlmutterglänzend,  und  fühlt  sich  fett  an.  Der  Schmelzpunkt 
liegt  etwas  über  100^     Eine  ausführliche  Untersuchung  der 


der  Fette.  291 

Eigenschaften  und  des  chemischen  Verhaltens  dieses  Körpers, 
welcher  unter  den  Oxydationsproducten  der  Fette  eine  sehr 
hervorstehende  Stelle  einnimmt ,  ho£fe  ich  bald  liefern  zu 
können* 

Es  mufs  hier  bemerkt  werden,  dafs  das  nicht  flüchtige 
ölige  Oxydationsproduct,  welches  die  körnige  Hasse  begleitet 
and  abgeschieden  wird,  eine  bedeutende  Menge  Azelainsäure 
enthält.  Oasselbe  mufs  daher  mit  Wasser  vollständig  ausge- 
kocht werden ;  geschieht  das  Kochen  in  einer  Retortef"  mit 
.Ktthlrohry  so  kann  man  zugleich  ziemlich  viel  Oenanthylsäure 
noch  aufsammeln.    ' 

Der  Theil  von  den  körnigen  Oxydationsproducten  des 
Ricinusöls,  welcher  von  Aether  nicht  oder  nur  schwierig  auf- 
genommen wird,  ist  Korksäure.  Man  hat  nur  nöthig,  den 
Rückstand  nach  den  Aetherauszügen  mit  kochendem  Wasser 
zu  behandeln,  um  Krystalle  von  Korksäure  zu  bekommen. 

Was  aber  den  körnigen  Körper  betrifft,  welcher  nach 
dem  Auskrystallisiren  der  rohen  Azelainsäure  sich  abscheidet, 
so  glaube  ich  die  Vermuthung  aussprechen  zu  dürfen,  dafs 
derselbe  Nichts  Anderes  als  ein  Gemisch  von  Korksäure  und 
Azelainsäure  sei.  Zu  dieser  Vermuthung  veranlafst  mich 
sowohl  der  Umstand,  dafs  aus  dem  erwähnten  Körper  Azelain- 
säure mit  Aether  wirklich  ausgezogen  werden  kann,  als  auch 
das  Verhalten  einer  Mischung  von  reiner  krystallisirter  Kork- 
^äure  und  Azelainsäure  :  in  einer  solchen  Mischung  ist  näm- 
lich die  Krystallisirbarkeit  beider  Substanzen  aufgehoben  und 
es  setzt  sich  darin  nur  ein  feines  krystallinisches  Mehl  ab. 
Da  auch  die  Korksäure  in  Aether,  wiewohl  schwieriger  als 
die  Azelainsäure,  löslich  ist,  so  kann  man  sich  leicht  eine 
solche  Mischung  beider  Säuren  vorstellen,  dafs  man  daraus  nicht 
mehr  die  Azelainsäure  in  überwiegender  Menge  ausziehen  kann, 
sondern  dafs  die  Mischung  sich  fast  unverändert  auflöst. 
Ueber  diesen  Gegenstand^  dessen  genaue  Ermittelung  für  die 

19* 


292  Arppe^  über  die  Oxydationsproducte 

Beurtheilung  der  körnigen  Oxydationsproducte  der  Fette  von 
Belang  sein  mufs,  werden  fortgesetzte  Versacbe  sicheren 
Aufschiurs  verschaffen. 

Mandelöl,  aus  bitteren  Mandeln  geprefst,  wird  von  Sal- 
petersäure unter  den  nämlichen  Erscheinungen  wie  die  Oel- 
säure  und  das  Ricinusöl  oxydirt.  Die  Oxydationsproducte 
sind  Oenanthylsäure,  ein  nicht  flüchtiges  fettes  Oel,  Oxalsäure, 
Bernsteinsäure,  Eorksäure  und  Azelainsäure,  welche  letztge- 
nannte Säure  hierbei  in  gröfserer  Menge  als  aus  der  Oel- 
säure,  wiewohl  nicht  so  reichlich  wie  aus  dem  Ricinusöl  sich 
bildet.'  Eine  körnige  Säure,  deren  Natur  sehr  problematisch 
ist,  tritt  hier  ebenfalls  auf.  Die  leichter  löslichen  Säuren, 
die  Bernsteinsäure  und  die  Oxalsäure  ,  können  von  den 
schwerer  löslichen,  der  Korksäure  und  der  Azela'insäure, 
ohne  Sublimation,  nur  durch  Behandeln  des  geschmolzenen 
Säuregemisches  mit  Wasser,  vollständig  getrennt  werden. 
Die  Azelainsäure  wird  mit  kaltem  Aether  von  der  Korksäure 
getrennt. 

WaUrcUh.  —  lieber  die  Oxydationsproducte  des  Wall- 
raths  haben  früher  Smith  und  Radcliff  Versuche  ange- 
stellt, welche  in  dies.  Ann.  Bd.  XLII,  241  u.  XLIII,  349  veröfl'ent- 
licht  wurden.  Den  Angaben  Smith's  kann  kein  wissenschaft- 
licher Werth  zuerkannt  werden,  da  er  offenbar  eine  Mischung 
verschiedener  Substanzen  für  eine  reine  chemische  Verbin- 
dung gehalten  und  als  eine  solche  beschi^ieben  hat.  Durch 
mehrmaliges  Umkrystallisiren  der  gewonnenen  Oxydations- 
producte erhielt  er  nämlich  eine  bei  148^  schmelzende  Säure, 
welche  leicht  in  federartigen  Krystallen  sublimirte  und  von 
der  er  vermuthete,  dafs  sie  die  Adipinsäure  sei;  eine  Ver- 
muthung,  die  allerdings  insofern  begründet  sein  konnte,  als 
man  mit  der  Adipinsäure  im  Aligemeinen  nichts  Anderes  als 
ein  Bernsteinsäure  haltendes  Gemenge  anderer  leichter  schmelz- 
barer  Säuren  bezeichnet  hat. 


der  Fette.  293 

Die  Untersuchung  von  Radcliff  ist  ausführlicher  und 
hat  wenigstens  das  Verdienst,  den  Oxydationsprocefs  genauer 
zu  beschreiben  und  die  ältere  Angabe  ChevreuTSy  dafs 
Bernsteinsäure  dabei  gebildet  wird,  zu  bestätigen.  Aufserdem 
aber  fand  er  eine  Säure,  deren  Zusammensetzung  mit  der« 
jenigen  der  Pimelinsäure  ziemlich  gut  übereinstimmte,  wie- 
wohl diese  Zusammensetzung  weder  beim  Umkrystaliisiren 
unverändert  blieb,  noch  durch  die  Analyse  des  Silbersalzes 
bestätigt  werden  konnte. 

Bei  der  Untersuchung,  welcher  ich  diesen  Gegenstand 
unterwarf,  war  es  meine  Absicht  nicht,  nur  das  Endproduct 
der  Oxydation  zu  erhalten,  von  welchem  man  übrigens  mit 
Sicherheit  annehmen  konnte,  dafs  es  Bernsteinsäure  sei,  son- 
dern vielmehr  die  anderen  Säuren ,  welche  neben  der  Bern- 
steinsäure auftreten  und  über  deren  Natur  sowohl  Smith 
als  Radcliff  ganz  falsche  Vorstellungen  gehabt,  genauer 
zu  Studiren. 

Die  Oxydation  des  Wallraths  wurde  defswegen  nach  der 
Methode  ausgeführt,  welche,  soviel  ich  weifs,  Laurent  zu- 
erst bei  der  Oxydation  der  Oelsäure  in  Anwendung  brachte 
und  wohl  die  die  einzige  rationelle  ist.  Der  VITallrath  wurde 
mit  der  doppelten  Gewichtsmenge  Salpetersäure  von  mäfsiger 
Concentration  (1,2  bis  1,3  spec.  Gew.}  in  einer  Retorte  un- 
gefähr 10  Stunden  unter  Zurückgiefsen  des  Destillates  gelinde 
gekocht.  Die  saure  Lösung  wurde  entfernt,  neue  Säure  zu- 
gegossen und  in  der  Art  8  bis  10  Tage  fortgefahren.  Die 
Lösungen  wurden  zusammengegossen.  Da  die  Operation 
abgebrochen  wurde ,  befand  sich  in  der  Retorte  ein  öliger 
Körper  ungelöst ,  welcher  beim  Erkalten  schwierig  erstarrte. 
Aufser  diesem  nicht  flüchtigen  Oel  bildet  sich  auch  eine  nicht 
unbedeutende  Menge  Oenanthylsäu're. 

Die  saure,  von  den  Oelen  und  der  Salpetersäure  so  viel 
wie   möglich  befreite  Auflösung    wird  ganz   nach  derselben 


294  Arppe,  über  die  Oxt/daiionsproducte 

Methode  behandelt,  nach  welcher  ich  die  Oxydationsproducte 
der  Oelsäure  und  des  Ricinusöls  isolirt  habe.  Durch  die 
Krystallisation  wird  eine  approximative  Trennung  des  löslicheren 
Theiles,  hauptsächlich  aus  Bernsteinsäure  bestehentl,  Ton  den 
schwerer  löslichen  Säuren  bewirkt.  Vollständig  gelingt  diese 
Trennung  y  indem  man  die  geschmolzene  und  gepulverte 
Mischung  mit  Wasser  auswascht.  In  dem  Theile,  welcher 
nach  dieser  Behandlung  ungelöst  bleibt,  finden  sich  drei  ver- 
schiedene Säuren,  welche  in  kaltem  Aether  und  in  Wasser 
ungleich  löslich  sind.  Erst  wird  durch  Aether  hauptsächlich 
eine  pulverförmige,  bei  90^  schmelzende  Säure  ausgezogen; 
darauf  erhält  man  ein  Gemisch  von  Korksäure  und  einer 
neuen,  bei  130^  schmelzenden  Säure,  welche  in  glänzenden 
Blättern  krystallisirt  und  mit  der  Azelainsäure  eine  gewisse 
Aehnlichkeit  hat.  Sie  ist  in  Wasser  schwerer,  in  Aether 
leichter  auflöslich  als  die  Korksäure.  Ihre  Reindarstellung  ist 
mit  nicht  geringen  Schwierigkeiten  verknüpft  gewesen.  Aus 
der  wässerigen  Mutterlauge,  woraus  diese  Säure  sich  abge- 
schieden, erhält  man  leicht  die  Korksäure  rein. 

Zu  bemerken  ist  hier  endlich,  dafs,  wenn  man  die  Beni- 
steinsäure  aus  der  körnigen  Krystallmasse  durch  Sublimation 
auszutreiben  versucht,  man  dabei  eine  neue  Säure  erhält, 
welche  schwer  löslich  in  Aether,  in  Wasser  viel  löslicher  als 
die  Korksäure  ist,  in  deutlichen,  prismatischen,  durchsichtigen 
Krystallen  anschiefst  und  bei  153^  schmilzt.  Es  ist  noch  nicht 
ermittelt  worden ,  aus  welcher  Säure  dieses  Verwandlungs- 
product  entsteht.  Die  Thatsache  aber,  dafs  beim  Erhitzen 
der  schwerer  löslichen  Säuren,  welche  aus  dem  Wallrath 
entstehen,  eine  Umsetzung  irgend  einer  derselben  vor  sich 
geht,  hat  es  nöthig  gemacht,  bei  Relndarstellong  der  aus 
den  Fetten  gebildeten  festen  Oxydationsproducte  die  Subli« 
mation  ganz  zu  umgehen  und  die  Bernsteinsäure  nur  auf  dem 
nassen  Wege  zu  eliminiren.     Wie  oben  angegeben  gelingt 


der  Fme,  295 

diei^es  auch  ganz  gut,  wenn  die  mit  Wasser  zu  behandelnde 
Masse  erst  geschrnplzen  worden  ist. 

Es  ist  mehr  als  wahrscheinlich,  dafs  die  krystallisirende, 
bei  155^  geschmolzene  SäurO;  welche  ich  aus  den  Oxydations- 
producten  der^Oelsäure  abgeschieden  und  in  meiner  früheren 
Mittheilung  nur  mit  X  bezeichnet  habe,  in  der  That  Nichts 
Anderes  ist,  als  ein  Verwandlungsproduct,  entstanden  bei  der 
Sublimation   der  bernsleinsäurehaltenden  Oxydationsproducte. 

Sollte  sich  diese  Vermuthung  bestätigen,  so  wäre  als 
aligemeines  Resultat  meiner  bisherigen  Untersuchungen  über 
die  festen  Oxydationsproducte  der  Fette  hervorzuheben,  dafs 
dieselben  gar  nicht  so  zahlreich  sind,  wie  man  bisher  ange- 
nommen hat,  sondern  im  Allgemeinen  vielleicht  nur  aus  drei 
krystallisirenden  Säuren  :  nämlich  der  Bernsteinsäure,  der 
Korksäure  und  der  Azelainsäure  oder  einer  ihr  entsprechen- 
den, und  wahrscheinlich  einer  nicht  krystallisirenden  Säure 
bestehen..  Die  Fortsetzung  meiner  Versuche,  welche  die 
Oxydationsproducte  der  verschiedenen  Fette  theils  zu  isoliren 
bezwecken,  theils  zu  einer  genaueren  Kenntnifs  der  bis  jetzt 
unbekannt  gebliebenen  führen  sollen,  wird,  wie  ich  hoffe, 
auch  darlegen,  in  wie  fern  dieses  Resultat  mit  der  Wirklich- 
keit übereinstimmt,  oder  nicht. 

Helsingfors,  den  15.  Juli  1861. 


Bildung  einer  zuckerartigen  Substanz  durch  Synthese; 

von  A.  BuÜerow*). 


Das  Dioxymethylen  ^gH^Os,  welches  ich  durch  Behand- 
lung des  Jodmethylens   mit  oxalsaurem  Silber  erhalten  habe. 


*\  n 


)  Compt  re&4.  Uli)  145. 


296    ButleroWj  Büdung  einer  zuckerartigen  Substanz 

löst  sich 9  namentlich  beim  Erwärmen,  leicht  in  verdünnter 
Kali-  oder  Natronlösung  oder  Baryt-  oder  Kalkwasser,  und 
erleidet  bei  Einwirkung  dieser  Basen  bald  eine  vollständige 
Umwandlung.  Läfst  man  das  Dioxymethylen  mit  Kalkwasser 
kochen,  so  färbt  sich  die  vorher  farblose  Lösung  bald  gelb 
und  zuletzt  braungelb;  zugleich  verschwindet  der  characteri- 
stische  Geruch  des  Dioxymethylens  vollständig  und  es  tritt 
der  nach  gebranntem  Zucker  auf.  Kein  Gas  wir^  hierbei 
entwickelt. 

Setzt  man  der  siedenden  Flüssigkeit  nach  und  nach  Kalk- 
wasser hinzu  und  hält  in  dem  Augenblick  ein,  wo  die  Färbung 
auftritt,  so  bekommt  man  eine  neutrale  Flüssigkeit,  welche 
durch  das  Einleiten  von  Kohlensäure  nicht  gefällt  wird.  Die 
so  erhaltene  Lösung  giebt,  wenn  man  sie  nach  dem  Concen- 
triren  im  Wasserbad  im  leeren  Raum  vollständig  eindunsten 
läfst,  eine  gelbliche  syrupartige  Substanz,  welcher  Krystalle 
eines  Kalksalzes  beigemengt  sind.  Bei  Behandlung  dieseis 
Rückstandes  mit  wasserfreiem  Alkohol  löst  sich  die  unkrystalli- 
sirbare  Substanz  auf,  während  das  Kalksalz  als  weifses  kry- 
stallinisches  Pulver  zurückbleibt 

Dieses  Salz  ist  ameisensaurer  Kalk ;  die  unkrystallisirbare 
Substanz  ist  ein  zuckerartiger  Körper,  welchen  ich  als 
Methylenüan  bezeichne,  weil  er  einige  Aehnlichkeit  mit  dem 
Mannitan  hat,  das  aus  dem  Mannit  durch  Austreten  von  1  Hol. 
Wasser  entsteht. 

Das  durch  Verdunsten  der  alkoholischen  Lösung  im  leeren 
Raum  erhaltene  Methylenitan  ist  eine  unkrystallisirbare,  zucker- 
artig und  an  Süfsholzsaft  erinnernd  schmeckende,  schwach 
nach  Caramel  riechende  Substanz.  Bei  dem  Verbrennen  auf 
Platinblech  verhält  es  sich  wie  ein  zuckerartiger  Körper.  Es 
hinterläfst  beim  Verbrennen  eine  geringe  Menge  aus  Kalk  be^ 
stehender  Asche,  welche  Verunreinigung  ich  niemals  voll- 
ständig beseitigen  konnte.    Bei  dem  Erhitzen  mit  Jodphosphor 


durch  Synthese.  297 

giebt  es  nicht  mehr  einfach  Jodmethylen,  sondern  es  hat, 
ähnHch  wie  bei  dem  Mannit,  eine  complicirte  Einwirkung  statt. 

Die  wässerige  Lösung  besitzt  eine  schwach  saure  Reaction; 
sie  reducirt  schon  in  der  Kälte  das  Kupferoxyd  in  weinsäure- 
haltiger alkalischer  Lösung;  in  der  Wärme  geht  diese  Re- 
duction  sehr  enefrgiscH  lA^d  fast  augenblicklich  vor  sich.  Nach 
allen  diesen  Eigenschlifllik^ndet  eine  merkwürdige  Aehn- 
lichkeit  zwischen  diesem  neuen  Körper  und  den  zuckerartigen 
Substanzen  statt^i^Aber  ich""  habe  festgestellt,  dafs  der  erstere 
kein  Rotationsvermögen  besitzt,  ebenso  wie  der  neuerdings 
von  Gorup-Besanez  untersuchte  Zucker  aus  Mannit 
(Mannitose). 

Die  Lösung  der  neuen  zuckerartigen  Substanz  scheint 
mit  etwas  Bierhefe  versetzt  nicht  in  Gährung  zu  kommen; 
doch  kann  ich  mich  hierüber  noch  nicht  definitiv  aussprechen. 

Das  beste  Mittel,  um  über  die  wahre  Natur  dieser  Sub- 
stanz Aufschlufs  zu  erhalten,  schien  mir  der  Versuch  zu  sein, 
sie  mit  einer  organischen  Säure  zu  verbinden.  Ich  habe  sie 
miehrere  Stunden  lang  mit  überschüssiger  Buttersäure  auf  100^ 
erhitzt,  und  eine  Buttersäureverbindung  erhalten,  welche  ich 
nach  dem  von  Berthelot  angegebenen  allgemeinen  Ver« 
fahren  isolirt  habe.  Diese  Verbindung  ist  eine  ölartige  Sub- 
stanz, dickflüssig  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  dünnflüssiger 
in  der  Wärme,  fast  unlöslich  in  Wasser,  an  Käse  erinnernd 
riechend,  von  bitterem  Geschmack.  In  einem  Luftstrome  über 
150^  erhitzt  verflüchtigt  sie  sieh  theilweise  unter  Bildung 
farbloser  Tröpfchen;  aber  sie  läfst  sich  unter  gewöhnlichem 
Druck  nicht  destilliren.  Durch  Verseifung  mit  Barytwasser 
erhielt  ich  buttersaüren  Baryt. 

Wie  ich  bereits  angegeben  habe,  konnte  ich  das  Methylenitan 
nicht  frei  von  unorganischen  Substanzen  erhalten.  Wahr* 
scheinlich  hielt  es  etwas  ameisensauren  Kalk  zurück.  *Unter 
dieser   Annahme   und    entsprechender   Berücksichtigung    der 


298    Butlerow,  zuckerartige  Substanz  durch  Synthese. 

kleinen  Menge  ameisensaaren  Kalks,  welche  die  von  mir  ana- 
lysirten  Proben  Methylenitan  enthalten  konnten,  ist  die  für 
diesen  Körper  gefundene  procentische  Zusammensetzung  : 


L 

n. 

Kohlenstoff 

43,86 

41,23 

Wasserstoff 

7,39 

6,95 

Sauerstoff 

48,75 

51,82. 

Diese  Analysen  stimmen  nicht  ganz  gut  überein  und  lassen 
die  Formel  des  neuen  Körpers  noch  etwas  zweifelhaft.  Doch 
geht  aus  ihnen  hervor,  dafs  der  Kohlenstoff  und  der  Wasser- 
stoff sich  darin  im  Verhältnifs  G^  :  H^n  vorfinden  und  dafs 
die  Menge  des  Sauerstoffs  etwas  kleiner  ist  als  Oq-  Die 
wahrscheinlichste  Formel  des  Hethylenitans  ist  somit  €nH2nOn— i- 
Ich  nehme  vorläufig  die  Formel  €7Hi406  an  und  erkläre  die 
Umwandlung,  welche  das  Dioxymethylen  bei  der  Einwirkung 
von  Alkalien  erleidet,  durch  die  Gleichung  : 

Dioxymethylen  Methylenitan  Ameisensäure. 

Man  könnte  fragen,  ob  das  Methylenitan  nicht  eine  Art 
Polyalkohol ,  ähnlich  den  von  dem  Giycol  und  dem  Glycerin 
sich  ableitenden,  wäre.  Die  Zusammensetzung  jenes  Körpers 
scheint  mir  indessen  dieser  Betrachtungsweise  entgegen  zu 
stehen.  Wie  dem  auch  sei :  die  Darstellung  des  Methylenitans 
glaube  ich  al£f  eine  sehr  beachtenswerthe  Thatsache  betrachten 
zu  dürfen;  sie  ist  da^  erste  Beispiel  der  Synthese  einer  Sub- 
stanz vom  Character  der  zuckerartigen  Körper,  und  zwar  aus 
den  einfachsten  Verbindungen  der  ofganischen  Chemie.  Und 
wenn  man  die  ganze  Reihe  von  Umwandlungen  ins  Auge 
fafst,  die  von  dem  Aethylalkohol  ausgebt ,  welcher  selbst 
wieder  aus  den  in  ihm  enthaltenen  Elementen  zusammengesetzt 
werden  kann,  so  läfst  sich  sagen,  dafs  hier  das  erste  Beispiel 
Tiir  die  totale  Synthese  eines  zuckerartigen  Körpers  vorliegt. 


299 


Untersuchungen  aus  dem  acadeniischen  Laboratorium 

in  Marburg. 

XXII.   ^Beitrag  zur  Kenntnifs  der  SalicylsAuren ; 

von  Dr.  Ediiard  Lautemann. 


In  einer  Arbeit  aber  die  Constitution  und  Basicität  der 
Salicylsäure,  welche  Prof.  Kolbe  und  ich  im  August  vorigen 
Jahres  gemeinschaftlich  veröffentlichten*),  theilten  wir  mit,  dafe 
es  uns  gelungeiugßi,  durch  Zusammenschmelzen  von  Jod  mit 
Salicylsäure  jffllSliöylsäuren  zu  gewinnen.  Ich  habe  diese 
Beobachtung  neuerdings  weiter  verfolgt,  nicht  blofs  um  diese 
Säuren  selbst  kennen  zu  lernen,  sondern  besonders  in  der 
Absicht,  wo  möglich  mittelst  ihrer  den#on  Schmitt**)  ver- 
mutbeten und  durch  nachstehende  Formeln  versinnlichten  Zu- 
sammenhang zwischen  Salicylsäure,  Gallussäure,  Brenzcatechin 
und  Pyrogallussäure  experimentell  zu  bestätigen. 

HO .  Q^^Ufi^Cfi^O      =      HO .  CjjjHftO  +       C8O4 

1         Salicylsäure  Phenyloxydhydrat  Kohlensäure 

HO . Ci8H504[C202]0       ^      HO.(C„H508)0     -h       C^O* 

Oxysalioylsäure  Brenzcatechin  Kohlensäure 

HO .  CijHßOelCAlO      =      HO .  (CiÄO*^     +        CjjO^ 

Gallussäure  Pyrogallussäure  Kohlensäure. 

Ich  erwartete  besonders  von  den  Jodverbindungen  der 
Salicylsäure  ein  günstiges  Resultat^  da  dieselben  im  Allge- 
meinen den  Austausch  des  Jods  gegen  andere  Elemente  oder 
Atomgruppen  leichter  gestatten,  als  die  analogen  Chlor-  und 
Bromverbindungen. 

Die  gewonnenen  Resultate  finden  sich  nachstehend  be- 
schrieben« 


*)  Diese  Annalen  GXV,  S.  157. 
**)  Daselbet  GXIV,  8.  110. 


300  Lautemann^  Beitrag  eur  KennJtnifa 

Jodsalicylsäuren. 

Man  erhält  die  Jodsalicylsäuren  neben  der  Trijodphenyl- 
sänre  auf  folgende  Weise  :  Zwei  Aequivalente  fein  gepul- 
vertes Jöd  werden  mit  einem  Aequivalent  Salicylsäure  innig 
gemischt  und  in  einem  Kocbglas  mit  breitem  Boden  ober 
einer  Lampe  erhitzt.  Sobald  die  geschmolzene  Masse  zu 
sieden  beginnt,  entfernt  man  das  Glas  vom  Feaer  and  läfst 
erkalten.  Die  braune  krystallinische  Masse  enthält  alsdann 
ein  Gemenge  von  Mono-,  Di-  und  Trijodsalicylsäure,  nicht  an- 
bedeutende  Mengen  von  Trijodphenylsäure ,  Jod  und  unver- 
änderte Salicylsäure.  Um  diese  Körper  von  einander  zu 
trennen ,  übergiefst  man  zunächst  den  Inhalt  des  Kolbens  mit 
verdünnter  Kalilauge,  welche  alles,  mit  Hinterlassung  eines  rothen 
Körpers,  von  dem  weiter  unten  die  Rede  sein  wird,  löst.  Die 
alkalische  Flüssigkeit  nltrirt  man,  versetzt  sie  mit  Salzsäure 
und  kocht  die  so  ausgeschiedenen  Säuren  mit  wenig  Wasser. 

Das  Wasser  nimmt  fast  alle  unveränderte  Salicylsäure 
auf,  während  die  Jodsalicylsäuren  und  Jodphenylsäuren,  deren 
Gemenge  unter  heifsem  Wasser  schmilzt,  in  Gestalt  einer 
später  erstarrenden  Oelschichte  auf  dem  Boden  des  Gefäfses 
zurückbleiben.  Die  wässerige  Lösung  wird  heifs  von  dem 
Oel  abgegossen,  und  die  beim  Erkalten  sich  daraus  abschei- 
dende Salicylsäure,  welche  etwas  Jodsalicylsäure  enthält,  zu 
einer  erneuten  Behandlung  mit  Jod  aufgehoben.  Wird  der 
geschmolzene  braune  Rückstand  in  überschüssigem  kohlen- 
saurem Natron  gelöst  und  die  gefärbte  alkalische  Flüssigkeit 
mit  Salzsäure  neutralisirt ,  so  scheidet  sich  die  Trijodphenyl- 
säure,  welche  nur  in  überschüssigem  Alkali  löslich  ist,  aus. 
Die  von  dieser  abfiltrirte  neutrale  Flüssigkeit  giebt  beim 
Eindampfen  zunächst  Krystalle  von  trijodsalicylsaurem  Natron, 
wenn  nicht  alle  Trijodsalicylsäure,  wie  das  in  den  meisten 
Fällen  geschieht,  schon  bei  dem  Schmelzen  während  der 
Darstellung    in  Trijodphenylsäure    und  Kohlensäure   zerlegt 


der  SalicyUäuren,  301 

war.  Bei  stärkerer  Concentration  scheidet  sich  dann  das 
dijodsallcylsaure  Natron  in  schönen  atlasglänzenden  Nadeln 
aus;  zuletzt  krystallisirt  das  Natronsalz  der  Honojodsalicyl- 
säure  in  kleinen  lanzettförmigen  Blättchen.  Die  auf  diese 
Weise  durch  Krystallisation  erhaltenen  Natronsalze  der  Jod- 
salicylsäuren  sind  noch  nicht  völlig  rein;  das  eine  enthält 
immer  geringe  Mengen  des  anderen  beigemengt.  Um  eine 
vollständige  Trennung  beider  Säuren  zu  bewirken,  scheidet 
man  sie  mit  Salzsäure  aus  den  Natronsalzen  ab  und  ver- 
wandelt sie  durch  Kochen  mit  kohlensaurem  Baryt  in  die 
Barytsalze,  mit  denen  man  leicht  die  völlige  Trennung  be- 
wirkt, da  der  dijodsalicylsaure  Baryt  aufserordentlich  schwer- 
Jöslich  in  Wasser  ist,  der  monojodsalicylsaure  Baryt  dagegen 
sich  ziemlich  leicht  löst. 

Da  die  Ausbeute  an  Jodsalicylsäuren  nach  dieser  Dar* 
Stellungsmethode  nur  aufserordentlich  gering  isi^  so  habe 
ich  mich  vielfach  nach  einer  anderen  umgesehen.  Versuche^ 
Jod  und  Salicylsäure  in  einem  verschlossenen  Gefäfs  an- 
haltend auf  160  bis  170^  C.  zu  erhitzen,  hatten  keinen 
günstigeren  Erfolg.  Die  Gefäfse  zeigten  beim  OefTnen  keine 
Spannung,  die  geschmolzene  Hasse  enthielt  neben  Jodsaliqyl- 
säuren  zugleich  beträchtliche  Mengen  unverändertes  Jod  und 
Salicylsäure.  Sodann  hab^  ich  Jod  mit  'Gaultheriaöj  umge- 
schmolzen und  im  Oelbad  erhitzt,  in  der  Hoffnung,  dafs  sich 
so  direct  jodsalieylsaures  Methyloxyd  bilden  sollte.  Auch 
dieser  Versuch  gab  nicht  das  gewünschte  Resultat;  das 
Gaultheriaöl  wurde  völlig  verharzt.  Es  ist  mir  schliefslich 
am  bequemsten  erschienen,  Salicylsäure  mit  dem  gleichen 
Gewichte  Jod  in  Weingeist  von  80  pC.  zu  lösen,  und  2  bis  3 
Stunden  lang  in  einem  Kolben,  welcher  mit  einem  aufwärts 
gerichteten  Liebig'schen  Kühlapparat  verbunden  ist,  zu 
kochet).  Man  erhält  keine  gröfsere  Ausbeute,  wenn  man  die 
Menge  des  Jods  vermehrt  und  2  Aeq,  nimmt,   wie   es  der 


302  Lautemann^  Beitrag  zur  Kenntntfs 

Theorie  nach  geschehen  müfste,  am  Alles  in  Monojodsalicyl- 
säure  zu  verwandeln.  Die  braun  gefärbte  alkoholische  Lösung 
wird  mit  Wasser  versetzt  und  bis  zur  Verjagung  des  Wein- 
geistes erhitzt,  dann  mit  kohlensaurem  Natrou  übersättigt,  die 
so  erhaltenen  Natronsalee  gerade  wie  oben  angegeben  ist  zer- 
legt^ die  Säuren  an  Baryt  gebunden  und  die  Barytsalze  durch 
Krystallisation  getrennt. 

Monojodsalicyhäure  :  HO  •  C^isH4J0s)[Cs08]0.  —  Die  aus 
dem  gereinigten  Barytsalz  abgeschiedene  Monojodsalicylsäure 
bildet  eine  weifse  verfilzte,  in  Wasser  schwer,  in  Alkohol 
und  Aether  leicht  lösliche  krystallinische  Hasse.  Sie  scheidet 
sich  aus  der  heifsen  wässerigen  Lösung  beim  raschen  Er- 
kalten in  Flocken  aus,  die  unter  dem  Mikroscop  als  Aggre- 
gate kleiner  Nadeln  erscheinen.  Trägt  man  Sorge,  dafs  die 
Flüssigkeit  recht  langsam  erkaltet,  so  krystallisirt  sie  in  klei- 
nen Nadeln,  welche  baumförmig  gruppirt,  theils  von  der 
Oberfläche  der  Lösung  in  dieselbe  herabhängen,  theils  von 
dem  Boden  derselben  nach  oben  streben.  Sie  scheidet  sich 
sehr  schön  aus  Wasser,  welches  Schwefelsäure  enthält,  in 
langen  seideglänzenden  Nadeln  ab,  ebenso  krystallisirt  sie 
gut  aus  Essigsäure.  Weingeist  setzt  sie  beim  langsamen 
Verdunsten  in  warzig  gruppirten  harten  Nadeln  ab.  Der 
Schmelzpunkt  der  Monojodsalicylsäure  liegt  bei  196^;  erhitzt 
man  sie  rasch  für  sich  in  einer  Reagensröhre,  so  spaltet 
sie  sich  in  Jodphenylsäure  und  Kohlensäure,  doch  wird  zu 
gleicher  Zeit  eine  beträchtliche  Menge  Jod  frei.  Die  Jod- 
salicylsäure  färbt  in  wässeriger  und  weingeistiger  Lösung 
Eisenchlorid  violett,  ebenso  ihre  Salze. 

Zur  Analyse  wurde  die  ans  dem  Barytsalz  abgeschiedene ,  mit 
Wasser  sorgfUtig  ausgewaschene,  bei  100^  C.  getrocknete 
Säure  verwendet.  0,3442  Grm.  gaben  beim  Verbrennen  mit 
Kupferoxyd,  über  welches  gegen  das  Ende  der  Verbrennung 
Bauerstoff  geleitet  wurde,  0,401  Grm.  Kohlens&ure  und  0,062 
Grm.  Wasser. 


der  SaKcyhäuren.  303 

0)82  Grm.  gaben  0,934  Ortm,  Eohlensänre  und  0,140  Gnn.  Wasser. 

Qie  Formel  der  Honosalicylsäure  verlangt  : 

'S 

berechnet  gefunden 

Ci4        84  ^         31,8  ^ly  ^^3 

Hj           5              1,8  2,0          1,8 

J          127            48,2  —           — 

Oe^        48             18,2  —            — 

264  100,0. 

Die  Jodbestimmung  habe  ich  bei  dem  Barytsalz  ausge- 
führty  welches  zur  Reindarstellung  der  Säure  diente  und 
dessen  Analyse  sich  unten  mitgetheilt  findet ,  und  zwar  nach 
folgendem  Verfahren. 

Die  Substanz  wurde  mit  Aetzkalk  in  einem  Verbrennungs- 
röhr  gemengt  und  geglüht,  das  heifse  Rohr  in  kaltes  destil- 
lirtes  Wasser  gebracht  und  so  zertrümmert,  wie  es  gewöhn- 
lich bei  den  Chlor-  und  Brombestimmungen  geschieht. 

Darauf  habe  ich  vorsichtig  so  viel  von  salpetrig!^  Säure 
freier  Salpetersäure ,  die  frisch  Über  Harnstoff  rectificirt  war, 
zugesetzt,  dafs  die  Flüssigkeit  noch  schwach  alkalisch  reagirte, 
dann  filtrirt  und  das  Filtrat  sorgfältig  ausgewaschen,  das 
alkalische  Filtrat  mit  wenig  Salpetersäure  angesäuert  und 
augenblicklich  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  gefällt.  Mfst 
man  die  saure  Flüssigkeit  auch  nur  einige  Minuten  stehen, 
so  färbt  sie  sich  braun  von  ausgeschiedenem  Jod  und  die  mit 
der  Flüssigkeit  ausgeführten  Bestimmungen  werden  fehlerhaft. 

Monojodsalicyhaurer  Baryt ^  erhalten  durch  Kochen  der 
Honojodsalicylsäure  mit  kohlensaurem  Baryt,  ist  in  Wasser 
leicht  löslich  und  krystallisirt  daraus  in  zarten  rosettenförmig 
gruppirten  Blättchen,  die  nach  dem  Trocknen  seideglänzend 
sind;  erhitzt  man  sie  feucht,  so  färben  sie  sich  röthlich. 

0,6123  Grm.  gaben,  nach  dem  oben  beschriebenen  Verfahren  ana- 
lysirt,  0,437  Grm.  Jodsilber. 

0,4955  Grm.  in  Wasser  gelöst  und  mit  Schwefels&ure  gefällt  gaben 
0,172  Grm.  schwefelsaoren  Baryt 


304  Lautemann  ^  Beitrag  zur  Kenntnifs 

0,4302  Grm.  mit  Knpferozyd  rerbrannt,  über  welches  spater  Sauer- 
stoff geleitet  wurde,  gaben  0,4  Grm.  Koblensäore  und  0,0545 
Gnn.  Wasser. 


berechnet 

geftinden 

Cu 

^84^^    ~^ 

26,6 

25,3 

H5 

5 

1,2 

1,3 

J 

127 

38,5 

38,7 

O5 

40 

12,0 

— 

BaO 

76,5 

23,0 

22,8 

331,5  100,0. 

Versetzt  man  die  wässerige  Lösung  des  Barytsalses  mit 
Barytwasser,  so  entsteht  ein  weifser,  in  Wasser  sehr  schwer 
löslicher  Niederschlag  von  baryumjodsalicylsaurem  Baryt. 

Monojodaalicyhaurea  Ammoniak.  —  Löst  man  Honojod- 
salicylsäure  in  concentrirter  Ammoniakflüssigkeit  auf  und 
kocht  zur  Verdunstung  des  überschüssigen  Ammoniaks  ein, 
so  schijdet  sich  beim  Erkalten  der  Lauge  das  Ammoniaksalz 
in  schwerlöslichen  Nadeln  ab. 

ManoJodscUicylsaures  Silber.  —  Versetzt  man  die  wäs- 
serige Lösung  des  Ammoniaksalzes  mit  salpetersaurem  Silber- 
oxyd, so  scheidet  sich  das  Silbersalz  als  weifse  amorphe 
Ma$se  aus,  die  beim  Kochen  mit  viel  Wasser  löslich  ist  und 
daraus  in  harten  Körnern  krystallisirt. 

Dijodaalicybäure  :  HO  .(Ci2H8J202)[C202]0.  -  Die  Dijod- 
salicylsäure  bildet,  aus  dem  Barytsalz  abgeschieden,  wie  die 
Honojodsalicylsäure  eine  weifse  amorphe  Masse,  welche  in 
Wasser  fast  unlöslich,  in  Weingeist  und  Aether  ziemlich 
leicht  löslich  ist. 

Sie  krystallisirt  aus  Wasser,  welches  •Schwefelsäure  ent- 
hält, und  aus  Essigsäure  gerade  wie  die  Honojodsalicylsäure. 
Aus  Weingeist  scheidet  sie  sich  in  nadeiförmigen  Kry- 
stallen  ab. 

Erhitzt  man  die  Dijodsalicylsäure  in  einem  Haarröhrchen 
im  Oelbad,   so  ist  sie  bei  212^  noch   ungeschmolzeti ,    doch 


der  Salicylsäuren.  305 

bräunt  sie  sich  bei  dieser  Teifiperatur  durch  beginnende  Zer- 
setzung. 

Beim  Erhitzen  in  einem  Reagensrohr  über  der  Lampe 
wird  sie  unter  Abscheidung  von  Jod  zerlegt.  Kocht  man  die 
Dijodsalicylsäure  mit  Salpetersäure,  so  wird  Jod  ausgeschieden 
und  wahrscheinlich  die  entsprechende  Nitroverbindung  ge- 
bildet. Die  Lösung  der  Dijodsalicylsäure  wie  ihrer  Salze 
färben  Eisenchlorid  violett.  Die  Salze  der  Dijodsalicylsäure 
sind  durchschnittlich  sehr  schwerlöslich;  am  leichtesten  von 
allen  Verbindungen,  welche  ich  darstellte,  löste  sich  das 
Natronsalz. 

Die  Dijodsalicylsftnre  wurde  zur  Analyse  wie  die  Monpjodsalioyl- 
säure  mit  Salzsäure  aus  dem  Barytsalz  abgeschieden,  mit  Wasser  aus- 
gewaschen und  bei  100^  getrocknet. 

0,3491  Grm.  gaben  bei  der  Verbrennung  0,279  Grm.  Kohlensäure 
und  0,0885  Grm.  Wasser. 

0,486  Grm.  gaben  0,878  Grm.  Kohlensäure  und  0,051  Grm.  Wasser. 

berechnet  gefunden 


Cu 

84 

21,6 

21,7 

21,10 

H4 

4 

1,0 

1,2 

1,15 

J« 

254 

65,2 

— 

— 

0« 

48 

12,8 

— 

— 

890  100,0. 

Das  Barytsalz  der  Dijodsalicylsäure  wird  durch  Kochen 
der  Säure  mit  reinem  kohlensaurem  Baryt  erhalten.  Es  ist 
in  Wasser  sehr  schwer  löslich  und  krystallisirt  aus  mäfsig 
concentrirter  Lösung  in  langen  atlasglänzenden  Nadeln.  Man 
erhält  es  auch  schön  krystallisirt,  wenn  man  die  nicht  zu 
verdünnte  Lösung  des  Ammoniaksalzes  mit  Chlorbaryom  ver- 
setzt. Aus  sehr  concentrirter  kochender  Lösung  scheidet  es 
sich  in  unscheinbaren  Krystallen  ab. 

0,6021  Grm.  bei  100^  getrocknet  gaben   mit  Schwefelsäure  gefällt 

0,1528  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 
0,4612  Grm.  gaben  0,3058  Grm.  Kohlensäure  und  0,041  Grm.  Wasser. 

Ann.  d.  Chem.  a.  Phann.  GXZ.  Bd.  S.  Heft.  20 


306  Laute  mann,  Beitrag  tm'  Kenntnifs 

0J214  Grm.  gaben  bei  der  wie  oben  auagefcUirten  Jodbegtimmniig 
0,742  Grm.  Jodsilber. 


berecbnet 

gefanden 

Ci4 

^'84^      ^ 

18,5 

18,1 

Ha 

8 

0,6 

0,9 

J, 

264 

55,5 

55,5 

O5 

40 

8,7 

— 

BaO 

7S,& 

16,7 

16,8 

457,5  100,0. 

^  Dijodsalicylsaures  Ammoniak,  erhalten  durch  Auflösen 
der  Dijodsalicylsäure  in  concentHrtem  Ammoniak  und  Kochen 
der  Lösung  bis  zum  Verdunsten  des  überschüssigen  Am- 
moniaks, scheidet  sich  in  mikroscopischen ,  in  Wasser  sehr 
schwer  löslichen  Nadeln  ab. 

Byodsaiieyhaiureai  Süber.  -^  Versetzt  man  die  wässerige 
Lösung  des  Ammoniaksalzes  mit  salpetersaurem  Silberoxyd, 
so  fällt  das  Salz  amorph  nieder.  Der  Niederschlag  ist  in 
sehr  geringer  Menge  in  siedendem  ViTasser  löslich  und  kry-* 

r 

stallisirt  daraus  in  mikroscopischen  Nadeln. 

Dijodaalicylsavapes  Kali.  —  K^cht  mpfisdie  Dijodsalicyl- 
säure mit  einer  Lösung  von  kohtensaurem  Kali »  so  löst  sie 
sich  auf;  beim  Erkalten  scheidet  sii^h  ausr.  dieser  Flüssigkeit 
49$  £^sf|isalz  ip  mikroscopiscbj^  Kry^tällqhen  ab,  die  in  Wasser 
ipahr  schwer  löslich  $iii4  Wegesn  seiifjerSchinrerlösUchkeit.kann 
4a$.  Kalisalz  ebenff^ljs  aur  Trennung  dpr  Dijodsalicylsäure  von 
d^r,  Honojo<isalicyl$äure  benutzt  werden,  deren  Kalisalz  in 
Was^r  leicht  lösMch  ist. 

Versetzt  man  die  LQspng  des  Ammoniaksalzes  der  Dijod- 
$alicy.U|ui:e  mit  scl^wefelsauriem  Kupferoxyd,  so  fällt  amorphes 
gelbgrünes  dijodsalicylsaures  Kupferoxyd  nieder. 

Trijodmlicybäure  i  BO  •  (.CistI{sJ^08)[C20s]a  --  Di«  Tri- 
jodsalicylsäure,  von  der  iüh  schon  aben  bemerkte,  dafs  ihr 
Natronsalz  viel  schwerer  löslich  list,    als  das  der  Mono*  und 


der  BaJ^cyhäurea.  307 

Oijodsalicylsäure ,  habe  ich  nur  in  geringer  Menge  dar3tellen 
können.  ^   Sie  scheint  außerordentlich  leicht   zerselzbar   zu 

•  I 

sein,  und  schon  während  ihres  Entstehens^  beim  Zusammen- 
schmelzen von  Salicylsäure  und  Jod,  in  Trijodphenylsäure 
und  Kohlensäure  zu  zerfallen. 

Sie  ist  in  Wasser  unlöslich ,  in  Weingeist  und  Aether 
löslich 9  und  krystallisirt  aus  ersterem  in  gelblichen,  bü- 
schelförmig vereinigten  Nadeln.  Von  Alkalien  wird  sie 
zerlegt  und  unter  Ausgabe  von  Kohlensäure  in  einen  rothen 
Körper  verwandelt,  der  sich  S*  309  ff.  beschrieben  findet.  Sie 
schmilzt  ungefähr  bei  157^  C.,  .doc|i  ..erfäl^rt  sie  schQ|n  bei 
dieser  Temperatur  eine  partielle  Zeirsetz^uog  .iinter  jBräunung 
und  ^MSgfibe  von  Kotbleasäure. 

Zur  Analyse  wurde  die  Saure  ans . Alkohpl  jomkxiffttaUisirt  und  bei 
100^  getrocknet  0,42  Grm.  gaben  0,2455  Grm.  «Kohlenstture 
und  0,034  Qrm.  ^ass^r. 

0«3761  Qrm. ,  Uc^ferten  0,5149 ,  jG^nn.  -  ^Fpdsifber. 

bprephnet  ^efund^n 

Cm         84  16,2  15,9 

Hs  3  0,5  0,9 

Js         381  78,8  73,8 

O«  48  9,5  —      . 

« — 

516  100,0. 

Salze  dieser  Säure  konnte  ich  wegen  der  geringen  Menge, 
die  mir  zu  Gebote  stand ,  nicht  untersuchen.  Das  Natroasalz. 
aus  welchem  ich  die  Säure  abschied,  war  eine  graugrüne, 
in  Wasser  sehr  schwerlösliche  Hasse. 

Trijodphenyhäure  :  HO  .  Cig^HgJsCO. 

Die  Trijodphenylsäure,  welche  scBon  beim  Zusammen- 
sphmelzen  der  Salicylsäure  mit  Jod  entsteht,  besonders  wenn 
n^ßn  mehr  als  30  bis  4Q  6rm.  in  einem  Kölbchen  verarbeitet« 
ist  ein  Zersetzungsproduct  der  in  höherer  Temperatur  zer- 
legt werdenden  Trijodsalicylsäure.    Sie  wird,    wie  ich  schon 

20* 


308  Lautemann,  Beitrag  zur  Kenntnifs 

S.  300  bei  der  Darstellung  der  Jodsalicylsäare  erwähnt  habe, 
aus  der  alkalischen  Flüssigkeit  durch  Neutralisation  mit  Sabc- 
säure  abgeschieden,  da  sie  nur  in  überschüssigem  kohlen- 
saurem Alkali  löslich  ist.  Die  so  ausgeschiedene  Trijod- 
phenylsäure  bildet  eine  graulich-weifse ,  flockige,  schwere, 
in  Wasser  unlösliche  Hasse.  Sie  löst  sich  ziemlich  leicht  in 
Alkohol  und  krystallisirt  daraus  in  kleinen  stumpfen  Nadeln ; 
die  alkoholische  Lösung  wird  auf  Zusatz  von  Wasser  milchig. 
Die  Trijodphenylsäure  ist  bei  gewöhnlicher  Temperator 
etwas  flüchtig  und  verbreitet  einen  unangenehmen,  lange 
anhaftenden,  der  Trichlorphenylsfiure  ähnlichen  Geruch;  sie 
kann  jedoch  nicht  unzersetzt  sublimirt  werden. 

0,664  GnxL  der  aus  Alkohol  mnkTystalliBirten  bei  100°  getrockne- 
ten Sabstanz  gaben  0,3818  Grm.  KohlenBÜnre  und  0,045  Grm. 
Wasser. 

0,6054  Grm.  lieferten  0,9039  Grm.  Jodsilber. 

0,6883  Grm.  gaben  0,383  Grm.  Kohlensänre  und  0,046  Grm.  Wasser. 

0,6572  Grm.  lieferten  0,978  Grm.  Jodsilber. 

berechnet  geftmden 

Ci4  72  16,27                       16,6  15,10 

Hj  3  0,63                        0,76            0,75 

J,  381  80,7  •                  80,7  80,30 

O,  16  3,4                          —               — 

472  100,00. 

Setzt  man  die  Lösung  der  Trijodphenylsäure  in  über- 
schüssigem kohlensaurem  Alkali  dem  Zutritt  der  Luft  aus,  so 
Tärbt  sie  sich  unter  partieller  Zersetzung  grün.  Trägt  man  sie 
in  überschüssige  heifse  concentrirte  Kalilauge,  so  trübt  sich 
diese  und  wird  milchig  durch  Ausscheidung  eines  ölartigen 
Körpers.  Nach  dem  Erkalten  haben  sich  in  der  alkalischen 
Flüssigkeit  zarte  Krystailblättchen  abgesetzt  und  der  ölartige 
Körper  ist  krystallinisch  erstarrt  Beide  scheinen  Verbindungen 
der  Trijodphenylsäure  mit  Kali  zu  sein.    Doch  sind  sie  sehr 


der  Saltcylsäuren.  309 

unbeständig  und  werden  schon  beim  Kochen  der  Flüssigkeit 
zerlegt,  indem  sich  letztere  vom  Rande  aus  roth  färbt. 

Kocht  man  die  Lösung  der  Trijodphenylsäure  anhaltend 
mit  Ammoniak,  so  löst  sie  sich  auf  und  verbindet  sich  mit 
demselben  zu  einem  gut  krystallisirenden ,  in  Wasser  wenig 
löslichen  Körper.  Versetzt  man  die  Aramoniakverbindung  mit 
salpetersaurem  Silberoxyd,  so  fällt  das  Silbersalz  als  gelatinöse, 
gegen  das  Licht  sehr  empfindliche  Masse  nieder  ^  die  sich 
beim  Erhitzen  auf  100<>  roth  färbt.  Beim  Erwärmen  mit 
starker  Salpetersäure  wird  die  Trijodphenylsäure  unter  Aus- 
gabe von  Jod  in  Pikrinsäure  verwandelt. 

Trägt  man  eine  Mischung  von  chlorsaurem  Kali  und 
Trijodphenylsäure  in  erwärmte  Salzsäure»  so  erfolgt  rasch 
Zersetzung  unter  Bildung  von  Chlorjod  und  Chloranil.  Zu- 
gleich entsteht  eine  andere,  Jod  enthaltende,  in  zarten  weifsen 

« 

Nadeln  krystallisirende  Substanz  in  sehr  geringer  Menge' 
vielleicht  Jodanil  oder  Cblorjodanil. 

0,3982  Grm.  des  Ghloranils  gaben,  bei  der  Verbrennung  0,4185 
Grm.  Kohlensäure,  also  28,8  pG.  Kohlenstoff;  das  Chloranil 
verlangt  29,2  pC.  Kohlenstoff. 

Unter  dem  Einflufs  von  Alkalien  und,  wenn  auch  weni- 
ger leicht,  der  alkalischen  Erden,  auch  des  Silberoxyds^  er- 
fährt die  Trijodphenylsäure  eine  eigenthümliche  Zersetzung. 
Ein  Atom  Jod  wird  aus  derselben  herausgenommen  und  an  seine 
Stelle  tritt  ein  Atom  Sauerstoff,  unter  gleichzeitiger  Abgabe 
von  einem  Atom  Wasser. 

Folgende  Gleichung  mag  den  Procefs  veranschaulichen  : 

HO .  CiÄJaO  +  KO  =  CiaHgJjO,  +  KJ  +  HO. 

Bother  Körper  :  CisHsJgOs. 

Um  diesen  Körper  darzustellen,  kocht  nkan  die  Trijod- 
phenylsäure mit  einer  concentrirten  Lösung  ^von  kohlensaurem 
Natron,  oder  schmilzt  sie  damit  in  ein  Rohr  ein  und 
erhitzt    kurze  Zeit  im  ^asserbad.     Man   erhält  ihn  oft  in 


« 

310  Lautemann^  Beitrag  ssur  Kerminifs 

grofser  Menge,  wenn  man  die  geschmolzene  Masse,  wie  sie 
bei  der  Bereitang  der  Jodsalicylsänren  dorch  Erhitzen  Ton 
föA  mit  Saücylsäüre  erhalten  wird,  in  Alkalien  unter  Er- 
wärmen auflöst;  er  bleibt  dann  als  rothe,  meist  etwas  zu- 
sammengeballte Masse  zortick.  Er  entsteht  ebenfalls,  wenn 
man  die  weingeistige  LÖsang,  dfe  man  bei  der  Darstellung 
der  Jodsalicylsäoren  durch  Kochen  von  Jod  und  Sallcyl- 
säure  erhält,  mit  Wasser  versetzt  und  kohlensaures  Natron 
zafögt,  ehe  der  Weingeist  verjagt  ist,  and  dann  kocht. 
Der  auf  die  ein^  oder  die  andere  Art  erhaltene  Kör- 
per ist  ein  Zersetzungsproduct  der  Trijodphenylsaore  resp. 
Trijodsaifcylsäare ,  welche  letztere  sich  onter  dem  Einflufs 
des  Alkali's  in  Kohlensäore  und  Trijodphenylsäure  zerlegt. 
Er  stein  eine  rothe  pulverige,  in  Wasser  und  Weingeist  nn- 
löslfcliey  in  Aether  in  aufserordentlich  geringer  Menge  lösliche 
Masse  dar.  Das  beste  Lösungsmittel  für  ihn  ist  Schwefel- 
kohlenstoflT,  welcher  ihn  mit  prachtvoll  rother  Farbe  aufnimmt 
und  beim  Verdunsten  als  braunrothe  harzige  Masse  zurück» 
läfst.  Wegen  seiner  Unlöslichkeit  in  den  meisten  Lösungs- 
mitteln ist  dieser  Körper  zur  Analyse  schwer  vorzubereiten. 
Zu  diesem  Zwecke  habe  ich  ganz  reine  Trijodphenylsäure 
mit  Wasser  übergössen,  kohlensaures  Natron  zugesetzt  und 
gekocht,  die  ausgeschiedene  rothe  pulverige  Masse  mit  heifsero 
Wasser  ausgewaschen,  mit  Alkohol  und  schliefslich  mit  Aether 
behandelt,  dann  bei  100^  getrocknet. 

0,4496  Gnn.  gaben  bei  der  Verbrennung  0,3448  Grm.  Kohlensäure 

nnd  0,037  Grm.  Wasser. 
0,563  Grm.  lieferten  0,768  Grm.  Jodsilber. 

0,3558  Grm.    lieferten    0,269   Grm.   Kohlensaure   und   0,031    Grm. 

Wasser. 

berechnet  gefunden 


Ol, 

72 

20,92 

20,90 

20,6 

H, 

2 

0,58 

0,75 

0,9 

J. 

254 

73,80 

78,70 

— 

0, 

16 

4,70 

— 

— 

344  100,00. 


Aer  SäHeytsäufen.  dll 

Der  Körper  zeichnet  ^dk  doreh  grobe  Be^tändigirek  tsus ; 
von  eoncentrirten  rafucfienden  SSuren  und  starken  AlkaiieA 
wird  er  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nicht  angegriffen ;  erst 
durch  anhaltendes  Kocheii  mit  starker  Salpetersäure  verwan« 
delt  er  sich  unter  Ausgabis  von  Jod  in  Pikrinsäure,  wie  nach- 
folgende Analyse  ausweist. 

0,514  Grm.  der  ans  Wasser  krystallisirten  und  bei  100^  getrockne- 
ten Substanz  gaben  bei  der  Verbrennung  0,585  Qrm.  Kohlen- 
sftnre  und  0,074  Grm.  Wasser,  oder  31,12  pG.  Kohlenstoff 
and  1,5  pC.  Wassersto^.  Die  ZnSatnmensetzuttg  der  Pikrin- 
säure verlangt  81,4  pC;  Koblenstbff  und  1,8  pC.  Wasserstoff« 

Kocht  man  ihn  anhaltend  mit  concentrirter  Kalilauge,  so 
wird  er  mirsfarbig»  ohne  jedoch  wesentlich  verändert  zu 
werden.  Von  chlorsaurem  Kali  und  Salzsäure  wird  er,  wie 
es  scheint,  nicht  angegriffen. 

Noch  bleibt  die  Frag^  zu  beantworten,  wohin  der  bei 
der  Darstellung  der  Jodsalicylsäuren  durch  Zusammenschmel- 
zen von  Jod  mit  Salicylsäure  eliminirte  Wasserstoff  kommt. 
Ich  habe  in  dieser  Absicht  zahlreiche  Versuche  angestellt, 
doch  ist  es  mir  nicht  gelungen^  da^Räthsel  zu  lösen;  auch  die 
Vermuthung,  dafs  die  Salicylsäure  zu  Salylsäure  redncirt 
werde,  habe  ich  nicht  bestätigt  gefunden» 

Oxyaalicylsäure  :  HO  .  CisH504[CsOs]0. 

Die  Oxysalicylsäure  entsteht  aus  der  Monojodsalicylsäure 
leicht,  wenn  man  diese  in  concentrirter  Kalilauge  auflöst  und 
die  alkalische  Flüssigkeit,  ohne  das  verdunstende  Wasser  zu 
ersetzen,  einkocht.  Bei  einer  gewissen  Concentration,  wenn 
fast  alles  Wasser  vertrieben  ist  und  das  wässerige  Kali  zu 
schmelzen  beginnt,  tritt  in  kurzer  Zeit  das  Jod  aus  der  Ver- 
bindung heraus  und  wird  durch,  die  Elemente  von  Wasser- 
stoffhyperoxyd ersetzt  Um  den  Funkt  zu  erkennen,  wo  alles 
Jod  aus  der  Verbindung  ausgeschieden  ist,  nimmt  man  von 
Zeit  zu  Zeit  kleine  Proben  der  Flüssigkeit  und  bringt  sie  in 


312  Laufemann^  Beitrcy  zur  Kenntnifs 

etwas  verdünnte  Salz-  oder  Salpetersäure;  entsteht .  ein 
Niederschlag  von  ausgeschiedener  schwerlöslicher  Jodsalicyl- 
säure,  so  ist  die  Reaction  noch  nicht  beendet.  Man  erkennt 
auch  den  Zeitpunkt,  wo  die  Einwirkung  des  Kali's  auf  Jod- 
salicylsäure  beginnt ,  an  der  Farbenveränderung  der  Masse, 
welche,  anfangs  klar  und  farblos ,  sofort  gelblich  wird  und 
sich  zuletzt  rasch  bräunt. 

Ist  alles  Jod  eliminirt,  so  giefst  man  den  Inhalt  des  6e- 
täfses  in  ein  Becherglas  mit  Wasser,  übersättigt  schwach 
mit  Salzsäure,  täfst  die  Flüssigkeit  erkalten  und  filtrirt.  Das 
schwach  gelbbraune  Filtrat  wird  so  lange  mit  Aether  ge- 
schüttelt, als  dieser  noch  etwas  aufnimmt.  Nach  dem  Ver- 
dunsten des  Aethers  bleibt  die  Oxysalicylsäure  als  braun 
gefärbte  Krystallmasse  zurück.  Diese  Krystalle  werden  in 
Wasser  gelöst,  mit  essigsaurem  Blei  versetzt  und  mit  Schwe- 
felwasserstoff behandelt.  Die  Operation  wird  so  oft  wieder- 
holt, bis  die  vom  Schwefelblei  abfiltrirte  Flüssigkeit  völli|^ 
farblos  erscheint,  worauf  man  sie  zur  Krystallisation  ein- 
dampft. Die  sich  ausscheidenden  Krystalle  bilden  stark  glän- 
zende, concentrisch  gruppirte,  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether 
leicht  lösliche  Nadeln.  Die  wässerige  Lösung  dieses  Körpers 
wird  nicht  wie  die  der  Salicylsäure  durch  Bisenchlorid  tief 
violett,  sondern  tief  königsblau  gefärbt;  bringt  man  zu  dieser 
blauen  Flüssigkeit  etwas  doppelt -kohlensaures  Natron,  so 
wird  sie  prachtvoll  violett.  Die  violette  Färbung  tritt  eben- 
falls ein,  wenn  man  zu  der  Säure  Eisenchlorid,  Weinsäure 
und  Ammoniak  setzt.  Ihre  Lösung  giebt  mit  essigsaurem 
Blei  einen  gelblichweifsen  Niederschlag,  der  in  Essigsäure 
leicht  löslich  ist,  von  Wasser  nicht  gelöst  wird. 

Salpetersaures  Silber  wird  dadurch  in  der  Kälte  nicht 
verändert,  beim  Erwärmen  aber  leicht  und  völlig  reducirt. 
Die  Salze  dieser  Säure  sind  sehr  unbeständig,  die  der  alka- 
lischen Erden  werden  bei   längerem  Stehen  ihrer  Lösung 


der  BaUcyUäuren.  313 

an  der  Luft  gebräunt  und  zersetzt.  Mit  Alkalien  zusammen- 
gebracht färbt  sich  die  Säure  augenblicklich  röthlich,  dann 
rasch  braun.    Sie  krystallisirt  ohne  Krystallwasser. 

0,3455  Grm.  der  bei  100^  C.  getrookneten  Säure  gaben  mit  Kupfer- 
oxyd  im  Sauerstoffstrome  yerbramit  0,69  Grm.  Kohlensäure 
und  0,123  Grm.  Wasser. 

Die  Formel  der  Oxysalicylsäure  verlangt  : 


berechnet 

gefunden 

0,4 

""""aP      *54,64^ 

54,4 

H, 

6              3,89 

3,9 

0, 

64            41,57 

• 

— 

154  100,00. 

Der  Schmelzpunkt  der  Saure  liegt  bei  193^  In  höherer 
Temperatur,  etwa  bei  210  bis  212^  C,  fängt  sie  an  sich  zu 
zerlegen  und  zerfällt  dabei,  analog  der  Salicylsäure  und  Gal- 
lussäure, in  Oxyphenylsäure  und  Kohlensäure  : 

HO .  Ci8H508[C808]0    =    HO  .  CijHjO      +    CjO^ 

Salicylsäure  Phenylsäure        Kohlensäure. 

HO .  CijHjOJCgOJO    =    HO.(Ci8H508)0+     CjO* 

Oxysalicylsäure  Oxyphenylsäure     Kohlensäure. 

HO .  C^HjOelCjOJO    =    HO .  (01^0^)0  +    CgO* 

GaUussäure  Pyrogallussäure    Kohlensäure. 

Diese  Oxyphenylsäure  ist  nichts  anderes  als  das  bekannte 
Brenzcatechin ,  sie  enthält  jedoch  bald  mehr  bald  weniger  von 
dem  isomeren  Hydrochinon  beigemengt,  und  ich  glaube,  dafs 
sich  letzteres  secundär,  durch  Umlagerang  der  Elemente  aus 
jenem  bildet ,  besonders  da  man  das  Auftreten  beider  Körper 
neben  einander  schon  mehr  bemerkt  hat. 

Zur  Darstellung  der  Oxyphenylsäure  aus  der  Oxysalicyl- 
säure wurde  letztere  mit  Bimsstein  gemengt  und  in  einer 
Retorte  rasch  erhitzt  (erhitzt  man  langsam,  so  sublimirt  etwas 
unzersetzte  Säure};  es  destillirt  dann  ein  dickflüssiges  Oel 
über,    welches   zum  grdfsten  Tbeil   schon  im   Retortenhals 


314  Lautemanny  Beitrag  zar  Kaminifs 

krygtallifiiich  erstarrt.  Diese  Krystalle  sind  ein  Gemeb^  yob 
Brenzcatechin  und  Hydrochinon;  sie  worden  zwischen  Pnpier 
geprefst,  in  wenig  Wasser  aofgelöst,  die  Ldsong  bei  niederer 
Temperatur  eingedampft,  daranf  d^r  Röctotand  swAielieifl  60 
bis  70^  getrocknet  und  anatysirt. 

0,2445  GniL   gmben  mit  Ku^eroxyd   im  SaaentoffistnMn  Tciliniint 
0,587  Grm.  Kohlensäure  mid  0,126  Grm.  Waaser. 

Die  Formeln  des  Brenzcatechins  ond  des  Hydrochinons 
Ycrlangen  : 

bereclmet  gefaUden 
C„               72^"   ~66,4  65,4 

H«  6  5,4  5,7 

O4  32  29,2  — 

Ans  der  nicht  zn  concentrirlen  wSsserigen  Lösung  ßllt 
auf  Zusatz  von  essigsaurem  Blei  das  Brenzcatechininblei  als 
geiblich-weifser  Niederschlag  zu  Boden^  während  die  Verbin- 
dung des  Hydrochinons  mit  essigsaurem  Blei  in  Lösung  bleibt. 
Der  Niederschlag  wurde  durch  Filtration  von  der  Flüssigkeit 
getrennt,  gut  ausgewaschen,  hiernach  mit  Wasser  angerührt 
und  durch  Schwefelwasserstoff  zerlegt.  Die  vom  Schwefel- 
blei abfiltrirte  klare  Lösung  hinterliefs  beim  Eindampfen  Brenz- 
catechin ,  welches  schliefsliöh  zwischen  zwei  Uhrgläsern 
sublimirt  wurde.  Der  Schmelzpunkt  des  Sublimates  lag  bei 
100^  C.  (uncorrigirt).  Das  reine  trockene  Brenzcatechin 
schmilzt  nach  Eisfeld  *)  bei  ill  bis  112<>C.  Jener  Körper 
krystallisirt  in  kleinen  rectangulären  Säulen,  gerade  wie 
Wagner  **^  von  dem  Brenzcatechin  angiebt ,  reducirt  in 
der  Kälte  salpetersaures  Silberoxyd ,  färbt  Eisenchlorid  tief 
dunkelgrün  und  setzt  nach  einiger  Zeit  einen  schwarzen  Nie- 
derschlag ab.     Versetzt  man  die  durch  Eisen  grün  gerärbte 


*)  Diese  Annalen  XCII,  108. 
**)  Jonm.  f.  pract  Chemie  LH,  450* 


de^  Salicykäuren*  315 

Flüssigkeit  mit  etwas  doppelt^koMetisaurem  Natron ,  so  wird 
sie  intensiv  violett;  mit  Weinsäure,  wenigf  Bisenchlorid  und 
Ammoniak  tritt  dieselbe  Färbung  ein. 

Das  Hydrocbinon  habe  ich  an  seiner  vom  Brenzcatechm 
ganz  verschiedenen  Krystallform,  ^wie  an  seinem  characte- 
ristischen*  Verhalten  gegen  Eisenchlorid,  wodwch'  es  in  grönes 
H^drot^hinon  ttbergeftihrt  wird,  uYid  an  dem  bedeutend  höheren 
Schmel2|)tmkf,  165^  C,  erkannt. 

Es  ist  mir  auch  gelungen ,  Brenzcatecbin  ans  der  Jod- 
phenylSäuire,  durch  Erhitzen  der  Honojodsulicylsäure  darge-> 
stellt,  zu  erbalten,  dadurch;  dafs  ich  die  Jodphenylsäure  mit 
Kalüaiagef  ganz  i^  derselben  Weise,  wie  Seite  311  bei  der 
Oxysaü^is#ure  angegeben  ist^  behandelte. 

Selbstverständlich  konnten  die  so  gebildeten  Mengen  nur 
sehr  gedng  sein,  da  das  Brenzcatechin  fast  ebenso  empfind- 
lich gegen  Kali  wie  PyrogaHussäure  ist,  hier  unter  für  sein 
Bestehet  so  ungünstigen  Verhältnissen  gebildet  wird.  Ich 
habe  das  so  dargestellte  ßrenzcalechin  in  seinem  Verhalten 
gegen  Eisenchlorid ,  saipetersaures  Silberoxyd  und  an  seiner 
Krystallform  erkannt. 

Neben  nter  Oxysalicylsäure  existiren  noch  drei  andere 
isomere  Säuren  ;  die  Morinsäure  *} ,  die  Carbohydrochinon- 
Säure**}  und  die  von  Strecker***)  durch  Schmelzen  der 
Piperinsäure  mit  Kalihydral  erhaltene  Verbindung.  Die  beiden 
letzten  Säuren  stimmen  in  allen  Reactionen,  auch  im  KrystaiU 
Wassergehalt  und  in  der  Zusammensetzung  der  Bleisalze 
überein.  Ich  halte  sie  für  identisch,  seit  ich  gefunden  habe, 
dafs  Carbohydrocbinonsäure,    aus  welcher  Hesse  f}  ^"1*^^ 


*)  Journ.  f.  pract.  Chemie  Lll,  472. 
•*)  Hesse,  diese  Annalen  CXlV,  294. 
•**)  Diese  Annalen  CXVHI,  280. 
t)  Daselbst  CXIV,  294. 


316  Lautemann,  Bätrag  zur  Kenntnifa 

trockene  Deslillation  nur  Hydrochinon  erhalten  hat,  beim  Er- 
hitzen mit  Bimsstein  Brenzcatechin  liefert.  Ich  habe  mich 
durch  besondere  Versuche  überzeugt,  dafs  dieses  Product  in 
Beactionen,  Krystallform  und  Schmelzpunkt  genau  mit  dem 
Brenzcatechin  übereinstimmt  Ich  halte  darum  die  von  Hesse 
gemachte  Beobachtung,  dafs  beim  Erhitzen  der  Carbohydro- 
chinonsäure  Hydrochinon  entstehe,  keineswegs  für  falsch, 
sondern  sehe  darin,  wie  in  der  Beobachtung  von  Zw  enger 
und  Siebert*},  dafs  beim  Erhitzen  des  chinasauren  Baryts 
Hydrochinon  und  Brenzcatechin  nebeneinander  auftraten,  eine 
weitere  Bestätigung  meiner  Annahme ,  dafs  Brenzcatechin 
unter  Umständen  in  Hydrochinon  übergehen  kann.  Jene  drei 
Säuren  kommen  darin  überein,  dafs  sie  beim  Erhitzen  in 
Kohlensäure  und  Brenzcatechin  zerfallen. 

» 

Dia  Carbohydrochinonsäure ,  welche  sich  in  manchen 
Punkten  wesentlich  von  der  Oxysalicylsäure  unterscheidet, 
stimmt  in  anderen  so  sehr  damit  überein ,  dafs  ich  es  für 
wahrscheinlich  halte,  dafs  beide  Säuren  unter  Umständen  in 
einander  übergehen  können.  Die  Carbohydrochinonsäure  fürbt 
Bisenchlorid  tief  dunkelgrün,  die  Oxysalicylsäure  tief  königs- 
blau; beide  Färbungen  werden  durch  etwas  doppelt-kohlen- 
saures Natron  in  Violett  übergeführt,  beide  werden  durch 
Weinsäure,  Eisenchlorid  und  Ammoniak  ebenfalls  violett; 
dieselbe  violette  Beaction  zeigen  ihre  Salze.  Der  Schmelz- 
punkt der  Carbohydrochinonsäure  liegt  bei  207^  C.  (corrigirt), 
der  der  Oxysalicylsäure  bei  193^  C.  (uncorrigirt).  Vorsichtig 
erhitzt,  sublimiren  . beide  Säuren  tbeilweise  ohne  Zersetzung. 
Die  Oxysalicylsäure  krystallisirt  in  wohlausgebildeten  Nadeln, 
die  auf  den  Flächen  oft  stark  glänzen ;  die  Carbohydrochinon- 
säure krystallisirt  auch  in  Nadeln,  aber  sie  sind  nicht  so  gut 
ausgebildet  und  lagern  sich  nach  Hesse  während  des  Stehens 


^)  Diese  Annalen  CXV,  108. 


der  Salict/bäuren.  317 

in  der  Mutterlange  leicht  in  andere  Formen  (Blättchen)  um. 
Letztere  enthält  zwei  Atome  Krystallwasser ,  erstere  keins. 
Beide  Körper  geben,  in  Wasser  gelöst,  mit  essigsaurem  Blei 
einen  Niederschlag ,  der  in  Essigsäure  löslich  ist;  eben  so 
reduciren  beide  in  der  Kälte  salpetersaures  Silber  nicht,  wohl 
aber  beim  Erwärmen.  Beide  werden  durch  Alkalien  braun 
gefärbt  und  zerstört;  die  Salze ,  welche  sie  mit  alkalischen 
Erden  bilden ,  werden ,  in  wässeriger  Lösung  an  der  Luft 
stehend,  gebräunt. 

Ich  werde  demnächst  eine  genauere  vergleichende  Un- 
tersuchung dieser  beiden  Säuren  und  ihrer  Spaltungsproducte, 
des  Brenzcatechins  und  Hydrochinons,  folgen  lassen. 

Dioxysdlicyhäure* 

Nachdem  ich  gefunden  hatte,  dafs  die  Honojodsalicyl- 
säure  mit  solcher  Leichtigkeit  ihr  Jod  unter  dem  Einflufs  von 
wässerigem  Kali  gegen  die  Atomgruppe  HOg  austauscht,  glaubte 
ich  erwarten  zu  können,  dafs  sich  die  DijodsaUcylsäure  ebenso 
verhalten  würde,  und  durch  Austausch  von  2  Atomen  Jod 
gegen  2  Atome  HOg  in  Dioxysalicylsäure,  d.  i.  Gallussäure, 
übergehen  würde.  Meine  Erwartungen  sind  zwar  bestätigt 
worden,  doch  war  der  Erfolg  nicht  ganz  der  erwünschte, 
indem  die  gebildete  Dioxysalicylsäure  durch  den  Einflufs  des 
Alkali's  gröfstentheils  weitere  Zerlegungen  erfährt. 

Läfst  man  auf  DijodsaUcylsäure  ganz  unter  denselben 
Verhältnissen,  wie  ich  bei  der  Darstellung  der  Oxysalicyl- 
säure  angegeben  habe,  heifse  starke  Kalilauge  einwirken,  so 
entsteht  leicht  Jodkalium,  und  man  erkennt  die  Beendigung 
der  Reaction  eben  so  wie  dort  daran,  dafs  die  Masse,  zu 
verdünnter  Säure  gebracht,  keine  schwer  lösliche  Dijod- 
saUcylsäure mehr  ausscheidet.  Die  entstandene  Säure,  durch 
Schütteln  der  schwach  sauren  Lösung  mit  Aether  aus  der 
Flüssigkeit   ausgezogen,    bleibt   nach    dem   Verdunsten   des 


318  Lautemann^  BeitrcLg  zur  Kenntnifs 

Aethers  als  tief  dunkelbraun  geßrbte  krystallinische  Masse 
zurück.  Diese  wurde  in  Wasser  aufgelöst;  mit  essigsaurcfsi 
Blei  gefällt ,  der  Bleiniedersehlag  auf  einem  Filter  gesammelt, 
ausgewaschen  und  mit  Schwefelwasserstofl^as  zerlegt.  Die 
vom  Schwefelblei  abfiltrirte  schwach  weingelbe  Flüssigkeit 
färbte  sich  beim  Eindampfen  an  der  Luft  braun ,  und  sefzte 
bei  liinlänglicher  Concentration  braune ,  schlecht  ausgebildete 
Krystalle  ab.  Bei  raschem  Verdunsten  der  Lösung  unter  der 
Luftpumpe  über  Schwefelsäure  erhielt  ich  eine  ziemlich  füirb- 
lose  krystallinische  Hasse,  welche  jedoch  nicht  reine  Gallus- 
säure war  und  bei  der  Verbrennung  einen  viel  höheren 
Kohlenstofi^ehalt  gab«  Bei  näherer  Betrachtung  d^r  Subsianz 
stellte  sich  heraus ,  dafs  sie  ein  Gemenge  von  Dioxysalicyl- 
säure  (Gallussäure)  und  Dioxypfeenylsäure  (Pyrogallussäure^ 
war.  Das  Kali  wirkt  demnACih  auf  die  «un  i^t^tus  n^^^s  be- 
findliche Gallussäure  wie  eine  erholile  TemperfiJbir.  Da.iph 
das  Gemenge  durch  iKrystellisaUoD  nic^it  trennen  .konnte.»  ßo 
versuchte  ich  alles  durqh-Sublinuitiop  jn  Pyi;og^i|lMsaäure  .i^u 
verwandeln  y  um  diqse  zu  ..anaLy wen.  Die  ^r)i$dtene  Menge 
war  jedoch,  nachdem  sie.g.er^igt  y^ßv,  viel  ^u  gering.,  ,9ls 
dafs  iph  eiae  Ellementaranaly^e  damit  hätte  .anstelißfi  köiuA^. 
Der  gereinigte  Körper  besafs  üt^rigeps .  aUe  fig^.i)schaft^n..dpr 
Pyrogallussäure ,  er  krystailisirte  in  d^^s^lbcin  .^läUi^h^n, 
sublimirte  beim  Erhitzen,  färbte  Ei^enphlorid  ^rp.uni  Ei^c^- 
oxydujsalze  blau,  welche  Färbung  Aurph  geringe  Ifengen 
doppelt-kohlensauren  N.atrons  violett  wurde,  r.edqcirt^e  salp^teir- 
saures  Silber  in  der  Kälte  augenblicklipb  >  färbte  Kßlkmilgh 
violett,  und  wurde  in  Berührung  mit  Aetzkali  dunkelbr^i^p. 

Versuche^  die  Gallussäure  aus  d^r  leiq)iter  dars(eUb$ifen 
Dibromsalicylsäure  zu  gewinnen,  gaben  kqin ;. besseres  Re- 
sultat; die  gebildete  Gallussäure  war  ebenfalls  mit  viel  Pyro- 
gallussäure gemengt. 


der  SdUoylsäurm,  319 

Obschon  obiges  Verhalten  nicht  bezweifeln  läfst,  dafs  die 
Dioxysalicylsäure  identisch  mit  der  Gallussäure  ist,  so  suchte 
ich  doch  nach  einem  anderen  Wege,  um  sie  wo  möglich  in 
einem  zur  Analyse  hinlänglich  reinen  Zustande  darzustellen. 
Ich  erhitzte  zu  diesem  Zweck  Dijodsalicylsäure  mit  Silberoxyd 
in  einer  verschlossenen  Röhre;  beide  wirkten  jedoch  bei  einer 
Temperatur  von  200^  C.  noch  nicht  aufeinander  ein.  Darauf 
habe  ich,  um  die  Neigung  des  Alkali's,  der  Verbindung  Kohlen- 
säure zu  entziehen,  zu  mäfsigen,  die  Dijodsalicylsäure  mit 
überschüssigem  kohlensaurem  Alkali  4  bis  6  Stunden  auf  150^  C. 
erhitzt.  Der  Inhalt  der  Bohre  war  tief  dunkelbraun  gefärbt, 
sie  hatte  beim  Oeffflea  keine  Spannung,  alles  Jod  war  an  das 
Kali  getreten  und  die  durch  das  Jod  ausgeschiedene  Kohlen-* 
siinre  von  dem  überschüssigen  kohlensauren  Kali  gebunden. 
Dw  Iniialt  der  Röhre  wurde  darauf  in  einein  Becherglas  schwach 
mit  Salzsäure  übersättigt  und  mit  Aetbei*  wiederholt  geschüttelt. 
Der  Aether  Kinterliefs  nach  dem  Verdunsten  «ine  braune 
Krystallmasse,  die  aus  einem  Gemenge  von  Saticylsäur^,  Oxy- 
salieylsäure  und  Dioxysalicyisäiire  bestond*  In  der  Dijod- 
aalicylsäitre  wmx  alse  merkwürdiger  Weise  das  Jod  theilweise 
rückwärts  durch  Wasserstoff  aufrstUuirt  worden.  Da^  Qe- 
menge  der  Säuren  wurde  in  Wass^  gelöst  und  mit  6S^- 
saurem  Blei  versetzt,  wodum^k  diojcy-p  uikd  oxy&alicylsaures 
Blei  niederfiel,  während  die  Salicylsäure  in  Lösung  J)lieb. 
A«s  dieser  Lösung  w^urde  das  überschüssige  Blei  mit  Schwefel- 
wassenrtoffgas  gielällt;  n%ch  dem  AbfiUriren  und  dem  Ver- 
donsten  derselben  blieben  lange  farblose  Nadeln  zurück,  die 
alle  Eigenschaften  der  Salicylsäure  tri^gen,  auch  Eisen  viplett 
färblen.  Bei  mehreren  Verbremiungen  ergabej;!  sie  57  bis 
58  pO.  Koblenstf^ff  und  4  pC.  Wasserjstoff;  die  Salicylsäure 
lordort  €0,8  pC.  Kohlenstoff  und  4,3  pC,  Wasserstoff.  Die  so 
erhahene  Salicylsäure  «nfthielt  «)so  Spuren  von  Oxyjialicylsäure 
beigemeogt ,  deren  Bleisali  diircb  die  von  der  Dio^y-p  und 


320  Lautemannf  Beitrag  zur  Kenntnifs 

Oxysalicylsäare  ausgetriebene  Essigsäure  theilweise  in  Lösung 
gehalten  wurde;  sie  hatte  auch  daher  die  Eigenschaft,  salpeter- 
saures Silber  in  wässeriger  Lösung  beim  Erwärmen  schwach 
zu  reduciren. 

Den  durch  Fällen  mit  essigsaurem  Blei  erhaltenen  Nieder-* 
schlag  zerlegte  ich  ebenfalls  mit  Schwefelwasserstoff  und 
dampfte  die  vom  Schwefelblei  abfiltrirte  Flüssigkeit  ein;  sie 
setzte  bei  hinlänglicher  Concentration  Krystallnadeln  ab,  deren 
Verbrennung  immer  einen  für  die  Gallussäure  um  mehrere 
Frocente  zu  hohen  Kohlenstoffgehalt  gaben,  welche  Differenz 
von  beigemengter  Oxysalicylsäure,  vielleicht  auch  etwas  Pyro- 
gallussäure,  herrührte.  Nach  wiederholtem  Umkrystallisiren 
erhielt  ich  eine  geringe  Menge  einer  Substanz,  welche  Eisen- 
chlorid schwarzblau  färbte,  salpetersaures  SUber  nicht  in  der 
Kälte,  wohl  aber  beim  Erwärmen  reducirte  und  von  concen- 
trirter  Schwefelsäure  roth  gefärbt  wurde.  0,1529  Grm.  der- 
selben bei  100^  getrocknet  und  im  Sauerstoffstrom  mit  Kupfer- 
oxyd verbrannt  gaben  0,269  Grm.  Kohlensäure  und  0,051  Grm. 
Wasser,  oder  48  pC.  Kohlenstoff  und  3,6  pC.  Wasserstoff. 
Die  Formel  der  Gallussäure  verlangt  49,4  pC.  Kohlenstoff  und 
3,5  pG.  Wasserstoff.  Der  Kohlenstoff  ist  also  um  1,4  pC.  zu 
gering  gefunden,  welche  Differenz  vielleicht  durch  die  sehr 
geringe  Menge  der  zur  Analyse  verwendeten  Substanz  ver- 
ursacht ist. 

Wenn  schon  die  Uebereinstimmung  dieser  Zahlen  mit 
der  procentischen  Zusammensetzung  der  Gallussäure  nicht  sehr 
gut  ist,  so  bin  ich  doch  davon  abgestanden,  neue  Mengen 
dieses  im  absolut  reinen  Zustande  so  schwer  darstellbaren 
Productes  zum  Zweck  d€fr  Analyse  zu  bereiten,  um  so  mehr, 
als  nicht  blofs  die  Eisenreaction  und  das  sonstige  Verhalten 
derselben,  sondern  auch  die  ganz  analoge  Bildungsweise  der 
der  Gallussäure  so  ähnlichen  Oxysalicylsäure  gar  nicht  be- 
zweifeln läfst,  dafs  die  aus  der  Dijodsalioylsäure  durch  Ein- 


der  Salicyhäuren,  321 

Wirkung  der  Alkalien  dargestellte   Säure  identisch  mit  der 
Gallussäure  ist. 


Vergleicht  man  die  Oxysalicylsäure ,  Carbobydrochinon- 
säure,  Gallussäure,  Pyrogallussäure  und  das  Brenzcatechin^  so 
erkennt  man  leicht  schon  aus  dem  ähnlichen  Verhalten  gegen 
die  verschiedenen  Agentien,  dafs  sie  einander  nahe  verwandt 
sind.  Alle  diese  Körper  werden  durch  Eisenoxydsalze,  indem 
sie  sie  zu  Oxydulsalzen  reduciren,  gefärbt.  Diese  Farben 
gehen  bei  dem  einen,  wie  bei  dem  andern  auf  Zusatz  von 
doppelt-kohlensaurem  Natron,  oder  von  Wei^isäure  und  Am- 
moniak in  Violett  tiber;  ein  Violett,  welches,  wenn  die 
Reaction  mit  der  nöthjgen  Sorgfalt  angestellt  wird,  im  Farben- 
ton bei  den  verschiedenen  Körpern  nicht  im  geringsten  ver- 
schieden ist.  Dann  zeichnen  sie  sich  durch  ihre  aufserordent- 
liche  Empfindlichkeit  gegen  Alkalien  und  alkalische  Erden 
ai|s;  die  Verbindungen  mit  denselben  werden  bei  Luftzutritt 
sämmtlich  zerstört,  indem  sie  Sauerstoff  aufnehmen  und  sich 
braun  färben;  vorzüglich  tritt  dieses  bei  dem  Brenzcatechin 
und  der  Pyrogallussäure  hervor.  Ebenso  zeigen  sie  die  gröfste 
Uebereinstimmung  in  ihrem  Verhalten  gegen  salpetersaures 
Silberoxyd  9  welches  die  primären  Säuren  nur  in  der  Wärme 
reduciren,  während  die  Spaltungsproducte  mit  der  gröfsten 
Leichtigkeit  schon  in  der  Kälte  die  Beduction  bewirken. 

Sollte  man  dahin  gelangen,  zu  erkennen,  dafs  die  Mono- 
oxysalicylsäure  und  Carbohydrochinonsäure  Modificationen  ein- 
und  desselben  Körpers  sind,  so  würde  dadurch  die  Ver- 
muthung,  dafs  die,  Salicylsäure  mit  ihren  Derivaten  zur  China- 
säure in  nächster  Beziehung  stehe ,  eine  kräftige  Stütze  ge- 
winnen; eine  Vermuthung,  für  welche  besonders  das  gleiche 
Verhalten  der  Oxysalicylsäure  und  Chinasäure  beim  Erhitzen 
spricht,  wodurch  beide  Brenzcatechin  und  Hydrochinon  geben. 

Anna],  d.  Chemie  a.  Pluunn.  CXX.  Bd.  S.  H^ft.  21 


322  CaventoUf  über d. Bromsuhstttuttonaproducte d.Bromäihyls 

Jedenfalls  deuten  diese  Thatsachen  darauf  hin,  dafs  alle  diese 
Körper  ein  gemeinschaftliches  Badical,  das  Pbenylradical, 
enthalten. 


Ueber  die  Bromsubstitutionsproducte  des  Bromäthyls 
und  die  Umwandlung  des  Alkohols  zu  Glycol; 

von  E.  C(went(m*'). 


Man  kennt  durch  Regn^ult's  schöne  Untersuchungen 
die  Beziehungen  der  Isomerie,  welche  zwischen  den  Chlor- 
substitutionsproducten  des  Chloräthyls  einerseits  und  dem 
Chloräthylen  und  seinen  Chlorsubstitutionsproducten  anderer- 
seits statthaben.  Man  weifs  attfserdem  durch  Beilstein's 
Untersuchungen,  dafs  das  durch  Substitution  aus  Aldehyd  er- 
haltene Chloräthyliden  mit  dem  gechlorten  Chloräthyl  identisch 
ist.  Weniger  ist  über  die  Beziehungen  bekannt,  in  welchen 
die  entsprechenden  Bromverbindungen  zu  einandeir  stehen. 
Die  über  diesen  Gegenstand  von  mir  ausgeführten  Unter- 
suchungen haben 'zu  Resultaten  geführt,  welche  mir  für  die 
Betrachtung  der  isomeren  Substanzen  im  Allgemeinen  beachtens* 
werth  scheinen. 

Ich  habe  die  Bromsubstitutiortsproducte  des  Bromäthyls 
durch  Erhitzen  des  letzteren  mit  Brom  in  zugeschmolzenen 
Röhren  auf  etwa  170^  nach  dem  von  Hof  mann  angegebenen 
Verfahren  dargestellt.  Durch  wiederholte  fractionirte  Destil- 
lation des  Products  liefsen  sich  zwei  bestimmte  Verbindungen 
isoliren.  Das  erste  siedet  bei  110  bis  112®,  hat  bei  0®  das 
spec.  Gew.  2,135;  es  ist  einfach-gebromtes  Bromäthyl (€sH4Br)Br 
und  mit  dem  Bromäthylen  isomer.    Das  zweite  siedet  bei  187^, 


I 


^)  Compt.  rend.  LH,  ISSO. 


und  die  UmwamUtmg  des  Alkohols  zu  Olycol.      323 

hat  bei  0^  das  spec.  Gew.  2,659;  es  ist  zweifach-gebromtes 
Brotnäthyi  (€2H8Br2)Br  und  merkwürdiger  Weise  mit  dem 
von  Wurtz*}  beschriebenen  einfacb-gebromten  Bromäthylen 
identisch.  Der  Siedepunkt  der  letzteren  Substanz  ist  nämlich 
auch  187^  das  spec.  Gew.  wurde  =  2,620  bei  23^  gefunden. 

Es  gehl  hieraus  hervor,  dafs  bei  den  Bromverbindungen 
nur  für  das  Glied  ^sH^Br^  Isomerie,  für  das  folgende  Glied 
GaHsBrs  aber  Identität  stattfindet. 

Aber  noch  in  einer  anderen  Beziehung  scheinen  sich  die 
Bromverbindungen  anders  zu  verhalten  wie  die  Chlorverbin- 
dungen. Das  gebromte  Bromäthyl  (€2H46r)Br  ist  mit  dem 
Bromäthyliden  nicht  identisch.  Letzteres  bildet  sich  bekannt- 
lich durch  die  Einwirkung  von  Phosphorsuperbromid  auf  Aldehyd. 
Ungleich  den  mit  ihm  isomeren  Substanzen,  dem  einfach-ge- 
bromten  Bromäthyl  und  dem  Bromätbylen,  läfst  es  sich  nicht 
unzersetzt  verflüchtigen.  Ich  fand  diese  schon  von  Wurtz 
erwähnte  Thatsache  bestätigt  und  zweifle  nicht  daran,  dafs 
die  eben  genannten  drei  Körper  unter  einander  wirklich  ver- 
schieden sind. 

Nachdem  die  Isomerie  des  einfach^gebromten  Bromäthyls 
und  des  Bromäthylens  constatirt  war,  erschien  es  von  Interesse, 
beide  Substanzen  denselben  Einwirkungen  zu  unterwerfen, 
«m  zu  erfahren,  welchen  Einflufs  die  Molecularanordnung 
auf  den  Erfcjg  dieser  Einwirkungen  ausüben  könne. 

Bekanntlich  giebt  das  Bromäthylen  bei  dem  Erhitzen  mit 
einer  alkoholischen  Lösung  von  essigsaurem  Kali  Bromkalium 
und  essigsaures  Aethylen  (einfach-essigsauren  Glycoläther); 
leh  habe  das  einfach-gebromte  Bromäthyl  derselben  Ein- 
wirkung unterworfen.  Nach  zweitägigem  Erhitzen  desselben 
mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  essigsaurem  Kali  auf  140^ 
hatte  sich  firomkalium  gebildet  und  aus  der  Flüssigkeit  konnte 


*)  DiOAe  Annalen  CIV,  243. 

21  * 


324  O riefe  ti.  Martins^  Notiz  über 

ich  eine  gewisse  Menge  essigsaares  Aethylen  isoliren. 
letztere  gab  durch  Zersetzung  mittelst  Baryt  Giycol,  welches 
nach  Zusammensetzung  und  Eigenschaften  mit  dem  gewöhn- 
lichen Glycol  identisch  befunden  wurde. 

Dieses  Resultat  scheint  mir  in  zweierlei  Hinsicht  beachtens- 
werth  zu  sein.  .  Einmal  thut  es  dar,  dafs  in  diesem  Falle  die 
Verschiedenheit  der  Molecularanordnung  der  beiden  Brom- 
verbindungen  verschwindet  vor  der  Energie  der  Eigenschaften 
des  Broms,  nämlich  der  vorwaltenden  Verwandtschaft  des- 
selben zu  eiirem  Metall.  Zweitens  zeigt  dieses  Resultat,  wie 
man  durch  eine  Reihe  regelmdfsiger  Umwandlungen  vom  Alkohol 
zum  Glycol  übergehen  kann. 

Diese  Untersuchungen  wurden  in  Wurtz'  Laboratorium 
und  auf  Dessen  Anregung  ausgeführt. 


Notiz  über  Aethylenplatinchlorid ; 
von  Peter  Griefs  und  Dr.  C.  A.  Martins. 


Schon  vor  ungefähr  30  Jahren  hat  Zeise  bei  der  Ein- 
wirkung von  Platinohlorid  auf  Alkohol  einen  Körper  erhalten, 
den  er  nach  der  Formel  C4H4Pt2Cls  zusammengesetzt  be- 
trachtete. Er  hat  diese  Formel  durch  die  Analyse  von  Doppel- 
verbindungen,  welche  derselbe  mit  einigen  Chlormetallen 
bildet,  controlirt.  Die  Chlorkaliumverbindung  hat  nach  ihm 
die  Zusammensetzung  :  C^H^PlsClg,  KaCI.  Aiialog  ist  die 
Chlorammoniumverbindung  zusammengesetzt.  Zeise  hat  ferner 
noch  die  Beobachtung  gemacht,  dafs  sein  Platinkörper  sich 
auch  direct  mit  Ammoniak  verbindet,  und  zwar  giebt  er  der 
resultirenden  Verbindung  die  Formel  :  CiHiPfsCIg,  NHs. 


Äeihylenplatinchlorid.  '    325 

Gegen  die  Richtigkeit  dieser  Formeln  hat  L  i  e  b  i  g ,  von 
gewissen  theoretischen  Ansichten  ausgehend,  Einwendungen 
gemacht.  Die  dadurch  angeregte  Debatte  hat  jedoch  keines- 
wegs über  die  Constitution  dieser  Verbindungen  entschieden. 
Wir  haben  versucht,  durch  die  Darstellung  und  Analyse  neuer 
Doppelverbindungen  Anhaltspunkte  zu  gewinnen,  um  besser 
den  Werth  der  über  die  Zusammensetzung  der  Zeise'schen 
Verbindungen  ausgesprochenen  Ansichten  würdigen  zu  können. 

Zunächst  haben  wir-  uns  jedoch  Aufklärung  über  die 
Natur  des  Gases  verschaffen  wollen,  welches  unter  mannig- 
fachen Bedingungen. so  leicht  aus  den  Zeise'schen  Körpern 
gewonnen  werden  kann.  Wir  haben  zu  diesem  Zwecke  das 
oben  erwähnte  Kalisalz  bis  gegen  200^  erhitzt  und  das  sich 
entbindende  Gas  in  Bromwasser  aufgefangen.  Es  wurde  auf 
diese  Weise  alsbald  eine  ölige  Flüssigkeit  erhalten,  deren 
Identität  mit  Bromäthylen  sich  mit  Leichtigkeit  nachweisen 
liefs.  Das  Auftreten  des  Gases  scheint  nach  folgender 
Gleichung  stattzuGnden  : 

CÄPtjjClg,  Kaa  =  PtjCl,  +  KaCl  +  C4H4. 

Die  Bildung  von  ölbildendem  Gas  sowohl,  als  auch  die 
Analyse  mehrerer  von  uns  dargestellten  Salze,  sprechen  mit 
Bestimmtheit  für  die  ursprünglich  von  Zeise  für  seine  Ver- 
bindungen entwickelten  Formeln^  und  widersprechen  eben  so 
entschieden  der  von  Liebig  gemachten  Annahme ,  dafs  die 
Gruppe  C4H5O  in  ihnen  enthalten  sei. 

Wir  haben  das  Aethylenplatinchlorid  ("welchen  Namen  wir 
für  die  Zeise'sche  Verbindung  vorschlagen)  sowohl  mit  ein-, 
als  auch  mit  zweiatomigen  organischen  Basen  verbunden. 
Ebenso  haben  wir  Verbindungen  desselben  mit  den  Chloriden 
dieser  Basen  dargestellt.  Wir  haben  gefunden,  dafs  die  so 
gewonnenen  Körper  sich  in  zwei  Reihen  ordnen,  welche  sich 
in  vieler  Beziehung  mit  gewissen  Klassen  von  Verbindungen 
vergleichen  lassen ,   die   das  Platinchlorür  mit  Basen  bildet. 


326  Oriefa  u.  Martins^  Notiz  über 

Betrachtet  man  das  Aethylenplatinchlorid  als  das  Chlorid  eines 
einatomigen  Radicals,  nSmiich  als  :  (ßS4F^%Ci)Cl  ^  so  stelll 
sich  in  der  That  ein  sehr  einfaches  Verhältnifs  zwischen  ge- 
wissen Platinchlorür-  und  AethylenpIatinchioridTerbindongen 
heraus. 

PUtUnehhriiirterbindtmgen,  AelkifUnplaimehloridDtrlfindumjien. 

Ente  Reibe*). 


(Pt)Cl 

(CAPt8Ci)Ci 

H4NCI,  PtCl 

H^NCl,  (CAPt|CI)Cl 

^«g*}Nci,  pta 

^«^  NCl,(CAPt|Cl)Cl 

^*g*|N8Cl„  2PtCl 

^Ä  N^ci^^  2(CAPt8C 

Zweite  Reihe. 

^l     NCl 

(CAPtgCl)  ^^* 

H,    iNCl 
Pt   j 

{CAP*»C1) 

(CA),) 

H     VNCI 

(CA),      1 
H        iNa 

Pt 

7 

(CAPt,ci)J 

CA  1 

CA        ) 

2  (C APtgCl) 

Die  in  dem  vorstehenden  Verzeichnifs  aufgeführten  Ver- 
bindungen des  Aethylenplatinchlorids  mit  Ammoniak  und 
Chlorammonium  sind  schon  von  Zeise  beschrieben  worden; 
die  übrigen  haben  wir  sämmtlich.  neu  zugefügt.  Ebenso  ist 
ein  grofser  Theil  der  verzeichneten  Platinchlorürkörper  von 
uns  neu  dargestellt  worden.  Leider  sind  wir  bis  jetzt  noch 
nicht  im  Stande,  uns  mit  aller  Ausführlichkeit  über  diese, 
zum  Theil  sehr  schön  krystallisirten  Körper  zu  verbreiten.  Es 
möge  jedoch  schon  hier  die  Erwähnung  einer  Beobachtung 
Platz  finden,  welche  dem  im  Obigen  angedeuteten  formellen 


*)  Wir  haben  es  nicht  för  nöthig  erachtet,  diesen  Formeln  Namen 
beizufügen,  da  die  angezogenen  Beispiele  Wohlbekannten  Körper- 
'  gmppen  angehdren. 


Aethylenplatinchlorid.  327 

Zusammenhangf  der  Aethylenplatincblorid-  und  Platinchlortir- 
verbindungen  eine  mehr  thatsächliche  Stütze  zu  geben  scheint. 
Wird  nämlich  der  in  Wasser   sehr  leicht  lösliche,  oben  mit 

der  Formel  :  *^*g*|N2Cl2,  2  (C4H4Pt2Cl)Cl  aufgeführte  Körper 

in  wässeriger  Lösung  gekocht,  so  entweicht  sofort  viel  Gas 
und  in  demselben  Augenblick  scheiden  sich  schöne  gelbe,  in 
Wasser   schwerlösliche   Blättchen   aus,   denen   die  Formel   : 

C4H4J 
H4>N2Cl2  zukommt.    Folgende  Gleichung  mag    diese   Um- 

Setzung  versinnlichen  : 

^*J|N,C1.,  2(CAPt,Cl)Cl    = 

Salzsaures  Aethylendiamin 
mit  Aethylenplatinchlorid 

H^VNtCl,  +  2  Ca"  +  2HC1  +  2PtCl 

Aethylendiplat- 
ammo  niumchlorür. 

Am  Schlüsse  dieser  Notiz  möge  noch  die  Bemerkung 
Platz  finden,  dafs  wahrscheinlich  die  von  Böttger,  Berthe- 
lot u.  A.  beobachteten  Verbindungen  des  Acetylengases  mit 
Kupferchlorür  und  anderen  Metallsalzen  sich  dem  Aethylen- 
platinchlorid anreihen.  Wir  werden  versuchen,  ob  sich 
letzteres  ebenfalls  direct,  durch  Einwirkung  von  Piatinchlorür 
auf  Ölbildendes  Gas,  erhalten  läfst. 


Obige  Beobachtungen  wurden  im  Laboratorium  des  Royal 
College  of  Chemistry  zu  London  gesammelt. 


328  Wurtz^  über  eine  Verbindung 

Ueber  eine  Verbindung  des  Aldehyds  mit 

Aethylenoxyd ; 

von    A.    Wurtz  *). 


Da  das  Aethylenoxyd  sich  direct  mit  Glycol  zu  Poly- 
äthylenalkoholen vereinigt,  wollte  ich  mich  vergewissern,  ob 
das  Aldehyd,  welches  mit  dem  Aethylenoxyd  isomer  ist  und 
sich  wie  dieses  mit  Säuren  verbindet,  sich  auch  mit  Glycol 
vereinigen  läfst.  Es  würden  sich  dann  Verbindungen  bilden, 
die  mit  den  Polyäthylenalkoholen  isomer  wären.  Diese  Er- 
wartung hat  sich  nicht  bestätigt;*  meine  Versuche  ergaben 
das  unerwartete  Resultat,  dafs  das  Aldehyd  aus  dem  Glycol 
Wasser  austreten  MsX  und  sich  mit  dem  auf  diesö  Art  ent- 
stehenden Aethylenoxyd  vereinigt. 

Erhitzt  man  8  Tage  lang  Aldehyd  mit  überschüssigem 
Glycol  im  Wasserbad,  so  verschwindet  die  erstere  Substanz 
ohne  dafs  das  Gemische  sich  bräunt.  Unterwirft  man  das 
Product  der  fractionirten  Destillation,  so  geht  unter  100^  eine 
flüchtige  Flüssigkeit,  dann  Wasser  und  zuletzt  Glycol  über. 
Aber  die  Menge  des  letzten  Körpers  ist  kleiner,  als  die 
ursprünglich  angewendete. 

Man  entwässert  die  zuerst  übergegangene  Flüssigkeit 
mittelst  kohlensauren  Kali's  und  reinigt  sie  durch  wiederholte 
Rectification.  Sie  ist  farblos,  klar,  von  angenehmem,  etwas 
durchdringendem^  an  den  des  Aldehyds  erinnerndem  Geruch. 
Das  spec.  Gew.  ist  bei  0^'=  1,0002.  Der  Siedepunkt  liegt 
bei  82^,5,  bei  16bß^^  Barometerstand.  Die  Zusammensetzung 
entspricht  der  Formel  €iH802>  welche  in  der  Bestimmung 
der  Dampfdichte  Bestätigung  fand.  Der  Versuch  ergab  die 
letztere  =  3,103,  während  sie  sich  =  3,047  berechnet 


^)  Compt  rend.  LIII,  378. 


des  Aldehyds  mit  Aethylenoxyd,  329 

Man  sieht,  dafs  der  neue  Körper  zweifach-condensirtes 
Aethylenoxyd  oder  Aldehyd  darstellt.  Seiner  Bildungsweise 
nach  kann  man  ihn  als  eine  Verbindung  dieser  beiden  Sub- 
stanzen betrachten 9  welche  Verbindang  entstanden  wdre  ge- 
mäfs  der  Gleichung  : 

Glycol  Aldehyd        Neue  Verbindung. 

Wenn  das  Aldehyd  Aethylidenoxyd  ist,  so  ist  die  neue 
Verbindung  ein  gemischtes  Oxyd,  Aethylen-Aelhyüden-Oxyd. 
Sie  ist  löslich  in  ihrem  IVs  fachen  Volum  Wasser,  wird  aber 
durch  Chlorcaicium  und  Kali  wieder  aus  dieser  Lösung  aus- 
geschieden. Durch  Salpetersäure  wird  sie  lebhaft  angegriffen; 
es  bilden  sich  unter  anderen  Producten  Glycolsäure  und 
Oxalsäure.  Durch  Aetzkali  wird  sie  nicht  verändert.  Sie 
reducirt  bei  100^,  aber  langsam  und  unvollständig,  die  am- 
moniakalischc  Lösung  des  salpetersauren  Silbers. 

Erhitzt  man  dieses  gemischte  Oxyd  mit  Essigsäure  auf 
140^,  so  bildet  sich  zweifach  -  essigsaurer  Glycoläther.  Es 
liefs  sich  eine  beträchtliche  Menge  des  letzteren  Körpers 
isoliren,  welcher  bei  187^  siedete  und  aus  welchem  durch 
Behandlung  mit  Barythydrat  Glycol  dargestellt  wurde.  Aber 
aufser  dem  zweifach -essigsauren  Glycoläther  bildet  sich  bei 
dieser  Reaction  noch  eine  viel  flüchtigere  Flüssigkeit,  deren 
äufserst  scharfer  Geschmack  an  den  von  Bau  er 's  Acraldehyd 
erinnert. 

Ich  habe  diesen  Angaben  noch  hinzuzufügen,  dafs  das 
Aethylenoxyd  und  das  Aldehyd  bei  mehrtägigem  Erhitzen  im 
Wasserbade  sich  nicht  mit  einander  vereinigen.  Das  Aldehyd 
verharzt  unter  diesen  Umständen,  wie  es  diefs  bei  der  Ein- 
wirkun|f  von  Aetzkali  thut.  Das  Aethylenoxyd  bleibt  unver- 
ändert, und  man  findet  es  seiner  ganzen  Menge  nach  wieder, 
wenn  das  Aldehyd  vollständig  verschwunden  ist. 


330  Hübner,  über  einige  ZerseisBimgen 

Ueber  einige  Zersetzungen  des  Acetylchlorids ; 

von  H.  Hübner. 

(Am  8.  August  1861  4er  belgiseben  Academie  sn  BrfllMMl  mitgeüieüt.) 


i.  JEXnmrkunff  van  Phosphorchlorid.  —  Die  groÜBe 
Leichtigkeit,  mit  welcher  das  Phosphorchlorid  Chlor  gegen 
Sauerstoff  austauscht,  macht  es  natüriich  zu  einem  geeigneten 
Mittel,  sauerstoffhaltige  Chloride  in  sauerstofiTreie  überzufuhren. 
Bekanntlich  wurde  es  auch  zu  diesem^Zwecke  angewandt  ^^^ 
und  es^  gelang  so ,  aus  dem  Benzoylchlorid  die  Verbindung 
GtHsCIs  darzustellen.  Dagegen  setzen  sich  der  Bereitung 
der  entsprechenden  Verbindung  aus  Acetylchlorid  und  Pünf- 
fach-Chlorphosphor  Schwierigkeiten  entgegen,  deren  Grund 
in  der  Mannigfaltigkeit  der  hierbei  eintretenden  Zersetzungen 
zu  suchen  ist.  Im  letzten  Falle  wird  nämlich  der  gröfsle 
Theil  des  Phosphorchlorids  zur  Bildung  von  Phosphorchlorür, 
Salzsäure  und  gechlorten  Acetylchloriden  verwandt,  wie  sich 
diefs  aus  der  folgenden  Mittheilung  ergeben  soll. 

Schliefst  man  Acetylchlorid  und  Fünffach-Chlorphosphor 
in  eine  Glasröhre  ein  und  erhitzt  längere  Zeit  auf  100^  oder 
wenige  Minuten  auf  190^,  so  erfolgt  eine  Einwirkung,  nach 
deren  Beendigung  nur  noch  Flüssigkeit  im  abgekühlten  Rohr 
vorhanden  ist.  Beim  Oeffnen  desselben  entweicht  ein  Strom 
von  Salzsäure,  und  aus  dem  zurückbleibenden  Flüssigkeitsge- 
misch können  dann  durch  Destillation  folgende  Bestandtheite 
abgesondert  werden. 

Zuerst  geht  als  hauptsächlichster  Antheil  des  Gemisches 
bei  78^  siedendes  Phosphorchlorür  über,  welches  daran  er- 
kannt wurde,  dafs  es  mit  Wasser  in  Salzsäure    und   phos- 


*)  Schischkoff  u.  Bosing,   Compt, rend.  XLYI ,  865  u.  F.  Beil- 
stein, diese  Annalen  CZVI»  355. 


des  Acefyhhhrida,  331 

phofige  Säure  zerfiel.  Die  entstandene  pbosphorigfe  Säure 
liefs  sich  leicht  nachweisen  durch  die  Eigenschaften ,  aus 
Sublimailösung  Calornel  zu  fällen  und  beim  Eindampfen  Phos* 
phorwffsserstoff  zu  entwickeln. 

Nachdem  alles  Pbosphorchlortir  und  etwas  Phosphoroxy- 
Chlorid  übergegangen  war ,  stieg  der  Siedepunkt  langsam 
weiter  auf  il8<^  und  blieb  dann  einige  Zeit  stetig.  Die  bei 
diesem  Wärmegrad  tibergegangene  Fiüssigkeitsmenge  erwies 
sich  als  Tricbloracetylchlond ,  da  sie  mit  starkem  Weingeist 
behandelt  den  in  Wasser  unK^lichen  Trichloressigäther  bildete, 
der  bei  der  Verbrennung  und  Chlorbestimmung  folgende 
Zahlen  gab  : 

0,2280  Gnu.  Sabstanz  gaben  0,0578  H,0  und  0,2046  0^,. 
0,2466  Grm.  Sabstanz  gaben  0,5585  AgCl. 


berechnet 

geftinden 

^4 

48 

25,06 

25,04 

H5 

5 

2,61 

2,82 

eis 

106,5 

55,61 

56,04 

0« 

32 

_ 

-    1 , 

Auf  das  Trichloracetylchlorid  folgte  bei  der  Destillation 
eine  sehr  geringe  Menge  eines  in  Wasser  unlöslichen,  stark 
riechenden  und  die  Augen  angreifenden  Oels,  aus  welchem 
sich  in  der  kalten  Vorlage  Krystalle  absetzten.  Ein  Versuch, 
das  Oel  durch  Destillation  von  den  Krystallen  zu  trennen, 
mifslangy  da  die  Krystalle  den  Siedepunkt  erhöhten  und  mit 
übergingen.  Dagegen  wurde  durch  Zufall  ein  Tropfen  dieses 
Oels  erhalten ,  der  keine  Krystalle  absetzte  und  nur  bei  60^ 
zu  sieden  schien.  Dieser  gab  zu  einer  Chlorbestimmung  ver- 
wandt folgende  Werthe  : 

0,1987  Qrm.  Sabstanz  gaben  0,6808  Grm.  AgCl, 

d.  b.  80,5  pC.  Ol;  eine  Formel  GjiHsCl,  verlangt  79,77  pG.  Ol. 

Zuletzt  blieb  im  Destillirgefüfs  noch  eine  geringe  Menge 
einer  krystallinischen ,  in  Wasser  unlöslichen  Verbindung 
zurück,  welche,  nachdem  sie  zweimal  aus  Aether  umkrystallisirt 


332  Hühner^  über  einige  Zersetzungen 

worden  war,  weibe  federförmige  Krystalle  bfldete,  die  einen 
schwachen  Gemch  beaarsen  and  bei  180  bis  181^  schmoken 
und  kochten  und  sich  bei  sehr  geringer  Wärme  TerflQchtigteii. 
Die  Menge  dieser  Verbindung  reichte  nur  su  einer  Chlorbe- 
stinunung  aus,  welche  auf  folgende  Zusammensetzung  hinweist : 

0,2435  Gnn.  Bnbstans  gaben  0,8600  AgOl,    - 

d.  h.  87,35  pC.  OL    Die  YerbiBdiing  ejäGl^  Terlaogt  87,65  pC.  GL 

Aus  diesem  Versuch  geht  demnach  hervor,  dafs  bei  der 
Einwirkung  von  Phosphorchlorid  auf  Acetylchlorid  hauptsäch- 
lich folgende  Verbindungen  entstehen  : 

€,HsC10Cl;  G^C\^QCi;  G,G1,^C1*); 

aber  wahrscheinlich  auch  : 

Da  nun  in  den  meisten  dieser  Verbindungen  mittelst 
Phosphorchlorid  Wasserstoff  durch  Chlor  ersetzt  ist,  so  lag 
es  nahe,  eine  gleiche  Einwirkung  des  Phosphorchlorids  bei 
sauerstofffreien  Verbindungen  vorauszusetzen.  Der  Versuch 
hat  nun  auch  in  einigen  Fällen  diese  Voraussetzung  bestätigt. 
So  gaben  6  Grm.  Elaylchlorür  mit  der  zur  Bildung  von  ^tHsCI^ 
nöthigen  Menge  PCIs  nach  dem  Erhitzen  auf  150^  neben 
Salzsäure  das  erwähnte  Chlorid,  freilich  etwas  verunreinigt 
durch  chlorreichere  Verbindungen,  wie  folgende  Analyse  zeigt : 

0,2582  Grm.  Substanz  gaben  0,0563  H,0  and  0,1654  OO,. 

0,2121  Grm.  Substanz  gaben  0,6842  AgCl. 

berechnet  gefanden 

d.  h.  G,  24  ~    ^17,97  17,47 

H,  8  2,24  2,42 

Ca,         106,5       79,77  80,12 

Dieses  Trichlorid  unterscheidet  sich  wesentlich  durch  den 

Geruch  von  dem  gleich  zusammengesetzten  aus  Acetylchlorid. 

Um  noch  einige  Fälle  zu  nennen^  wo  das  Phosphorchlorid 


*)  Chloral  konnte  unter   diesen  Verbindungen    nicht  nachgewiesen 
werden. 


des  Acdylchhrids.  333 

Wasserstoff  durch  Chlor  ersetzt,  mafs  erstens  angeführt  wer- 
den, dafs  auch  Jodäthyl  mit  Fünffacb-Chlorphosphor  erhitzt 
Salzsäure  entwickelt  und  eine  rothe  krystallinische  Jod-  und 
Phosphor- Verbindung  abscheidet;  es  wird  diese  Zersetzung 
noch  genauer  untersucht  werden. 

Zweitens  aber  will  ich  besonders  darauf  hinweisen,  dafs 
derartige  Zersetzungen  des  Phosphorchlorids  schon  früher 
mitgetheilt  worden  sind;  z.  B.  machte  es  Kekule"^)  wahr- 
scheinlich, dafs  einfach-gechlortes  Benzoylcblorid  mit  Phos- 
phorchlorid behandelt  in  zweifach-gechlortes  Benzoylcblorid 
übergeht.  Wurtz"^*)  stellte  mit  Phosphorchlorid  aus  ^xo^%% 
€ioH8oCl2  u.  GioHisCU  dar.  Und  ferner  hat  Henke '^'^'^)  das 
Phosphorchlorid  bei  Einwirkung  von  Acetamid  und  Butyramid 
in  Phosphorchlorür  umgewandelt. 

Die  Darstellung  von  Elaylehlorid ,  unter  gleichzeitiger 
Bildung  von  Phosphorchlorür,  durch  Einleiten  von  Leuchtgas 
in  Phosphorchloriddampf,  in  der  Art,  wie  Guthrie f)  Amy- 
lenchlorid  dargestellt  hat,  ist  mir  nicht  gelungen« 

Fafst  man  nun  die  Wirkungsweise  des  Phosphorchlorids 
auf  Kohlenstoff-,  Wasserstoff-  und  Sauerstoff- Verbindungen 
zusammen ,  so  findet  man ,  dafs  es  entweder  1  Atom  Sauer- 
stoff gegen  2  Atome  Chlor  eintauscht,  oder  zweitens  OH  durch 
t  Atom  Chlor  unter  Salzsäurebildung  ersetzt;  diefs  geschieht 
wahrscheinlich  dann,  wenn  Sauerstoff  und  Wasserstoff  in 
enger  Verbindung  stehen.  Auch  in  diesem  zweiten  Falle 
geht  Phosphorchlorid  in  Phosphorox^chlorid  über.  Drittens  aber, 
wenn  der  Sauerstoff  gleichsam  sehr  fest  gebalten  wird  (wenn 
er  im  Radical  stehtj,    wird  in  der  sauerstoffhaltigen  Verbin- 


*)  Kekul^,  diese  Annalen  GXVlI,  150. 
**)  Wurtz,  daselbst  XCVI,  368. 
**^  Henke,  daselbst  CVI,  272. 
t)  Guthrie,  Joiumal  of  the  Ohemical  Sooiety,  YoL  XIV,  137. 


334  Hühner y  über  einige  Zersetzungen 

dong  Wasserstoff  durch  CMor  ersetzt  und  es  bildet  sich  Salz- 
säure und  Phosphorchlorür.  Diese  letzte  Art  von  Zersetzung 
tritt  auch  bei  Einwirkung  des  Phosphorchlorids  auf  sauer- 
stofilreie  Verbindungen  ein ,  da  hier  gar  kein  Sauerstoff  von 
Phosphorchlorür  angezogen  werden  kann. 

2.  Einwirkung  von  Cyansilber.  —  Bei  j^er  auffallenden 
Gleichartigkeit  der  meisten  Benzoyl-  und  Acetylverbindungen 
konnte  man,  seit  Wo  hl  er  und  Liebig*)  in  ihrer  grofsen 
Arbeit  über  Bittermandelöl  das  Benzoylcyanür  beschrieben 
hatten,  das  Bestehen  eines  Acetylcyanürs  fast  sicher  voraus- 
sagen»   Der  folgende  Versuch  bat  diese  Erwartung  bestätigt 

Bringt  man  Ag€N  und  Acetylchlorid  in  der  Kälte  zusam- 
men, so  tritt  augenblicklich  keine  Einwirkung  ein;  man  hat 
Zeit,  diese  beiden  Stoffe  in  ein  Glasrohr  elnzuschliefsen ,  um 
sie  zur  raschen  Einleitung  und  Vollendung  ihrer  Umsetzung 
1  bis  2  Stunden  auf  iOO^  erhitzen  zu  können.  Bei  nach- 
herigem  Oeffnen  der  Röhre  bemerkt  man  einen  sehr  geringen 
Druck  und  einen  blausaure-  und  acetamidartigen  Geruch. 
Vereinigt  man  die  Röhre  mit  einem  Kühler  und  erhitzt  sie, 
so  geht  zuerst  eine  zwischen  80  und  90^  siedende  farblose 
Flüssigkeit  über,  darauf  bei  gesteigerter  Hitze  eine  geringe 
Menge  einer  sehr  viel  höher  siedenden  Verbindung.  Die 
zwischen  80  und  90^  übergegangene  Flüssigkeit  zeigte  bei 
wiederholter  Destillation,  durch  welche  sie  von  etwas  Blau- 
säure befreit  wurde,  einen  sehr  stetigen  Siedepunkt  von  93^ 
Ihre  Analyse  gab  folgende  Werthe  : 

I.     0,2675  Grm.  Substanz  gaben  0,1182  H,^  und  0,5142  OOg. 
II.     0,1421  Grm.  Substanz  gaben  0,0654  HgO  und  0,2699  OO«. 
0,1949  Grm.  Substanz  gaben  0,6236  H4NClPtCl«  =   0,2753  Pt 
0,1867  Grm.  Substanz  gaben  0,8444  AgON. 


tl 


*)  WShler  n.  Liebig,  diese  Annalen  III,  267. 


des  Acetylchlorids.  335 


1 

>erechn.  i 

!lr  OjHsOGN 

gefunden 

©a 

86 

52,18 

52,43      51,81 

H» 

3 

4,80 

4,91         5,11 

O 

16 

23,17 

■  \        ^^ 

N 

14 

20,29 

20,14        — 

19,34  (als  AgGN). 

Die  Cyanbestimmung  wurde  durch  Zersetzung  des  Cyan- 
acetyls  mit  salpetersaurem  Silber  in  einer  zugeschmolzenen 
Röhre  ausgerührt.  —  Das  Cyanacetyl  besitzt  folgende  Eigen- 
schaften :  Es  siedet  also  bei  93^  ist  leichter  als  Wasser  und 
löst  sich  nach  und  nach  wie  Chloracetyl  darin  auf,  und  zwar 
unter  Bildung  von  Blausäure  und  Essigsäure,  da  man  mit 
seiner  wässerigen  Lösung  einerseits  Berlinerblau  und  die 
rothe  Färbung  mit  Schwefelammonium  und  Eisenchlorid, 
andererseits  mit  Schwefelsäure  und  Weingeist  einen  sehr 
starken  Geruch  nach  Essigäther  erzeugen  kann.  Die  Ver- 
bindung riecht  natürlich  nach  Blausäure  und  Essigsäure;  an 
der  Luft  verwandelt  sie  sich  in  Krystalle,  die  in  Wasser  lös- 
lich sind.  Beim  Stehen  in  Gläsern,  die  mit  Glasstopfen  ver- 
schlossen sind,  bleibt  sie  lange  klar  und  unverändert.  In 
mit  K^rk  v^ichlossenen  Gefäfsen  aufbewahrt  oder  mit  festem 
Kalihydrat  oder  Natrium  behandelt,  geht  sie  in  ein  in  Wasser 
unlösliches  Oel  über.  Das  Kali  wirkt  erst  beim  Schütteln 
ein,  aber  dann  unter  starker  Erhitzung,  so  dafs  man  gut 
kühlen  mufs,  um  nicht  alles  Acetylcyanür  zu  verdampfen. 

Dieses  in  Wasser  unlösliche  Oel,  welches  auch  die  letz- 
ten Tropfen  des  Destillats  bei  der  Darstellung  des  Cyanacetyls 
bildet,  mit  Wasser  gewaschen,  gesteht  zu  einer  strahlig-kry- 
stallinischen  Masse,  besonders  bei  der  Berührung  mit  einem 
spitzen  Gegenstand.  Merkwürdiger  Weise  führt  die  Verbreti- 
nung  und  Stickstoffbestimmung  dieser  Krystalle  zu  derselben 
Zusammensetzung,  die  das  flüssige  Cyanacetyl  besitzt 


336         Church,  vorläufige  Notiz  über  eine  neue, 

0,2189 Grm.  Substanz  gaben  0,6954  H^NCl.PtCli  u.  0,3070  Pt. 
I.     0,1020  Orm.  Substanz  gaben  0,0496  Hg^  u.  0,1945  OO«. 
II.     0,2654  Onn.  Substanz  gaben  0,1110  HgO  n.  0,5075  OO,. 

berechnet  gefunden 

'^  '  l.           Ib 

Os             36          52,18  52,00  52,15 

H,               3            4,30  5,40  4,64 

^              16          23,17  —  — 

N               14          20,29  19,89  — 

Diese  feste  Verbindung  schmilzt  bei  69^  und  siedet  bei 
170^  und  kann  bei  geringer  Wärme  lange  flüssig  bleiben, 
nach  und  nach  krystalllsirt  sie  dann  in  sehr  grofsen  Tafeln 
aus.  Sie  ist  löslich  in  Weingeist,  Aether,  englischer  Schwefel- 
säure, starker  Essigsäure  und  starkem  Ammoniak«  Mit  Kali- 
lauge gekocht  entwickelt  sie  Ammoniak. 

Ueber  den  Grund'  der  Verschiedenheit  der  hier  be- 
schriebenen gleich  zusammengesetzten  Cyanverbindungen  hoffe 
ich  später  einige  Mittheilungen  machen  zu  können. 

Gent,  Laboratorium  des  Prof.  Kekulö. 


Vorläufige  Notiz  über  eine  neue,  mit  der  Benzoe- 
säure homologe  Säure; 

von  A.  H.  CAfircÄ.*) 


Versuche  sind  angestellt  worden,  die  Oxydation  des 
Benzols  mittelst  einer  Mischung  aus  zweifach-chromsaurem 
Kali  und  Schwefelsäure  zu  bewirken;  es  fand  sich  jedoch, 
dafs  der  Kohlenwasserstoff  unangegriff^n  blieb.  Nicht  so  ver- 
halten sich  die  anderen  Glieder  derselben  Reihe,  da  Toluol 
und  Cumol  Benzoc^säure  und  Gymol  eine  Säure  ^  von    ganz 


*)  Quarterly  Joiumal  of  the  Chemical  Society  XIV,  52. 


>         mit  der  Benzo'Ssäure  homologe  Säure.  337 

anderen  Eigenschaften  und  anderer  Constitution  liefern.  Es 
ist  mir  gelungen,  aus  Benzol  einen  anscheinend  neuen. sauer* 
Stoffhaitigen  Körper  hervorzubringen,  welcher  alle  die  Eigen- 
schaften zeigt,  die  für  eine  d^r  Benzoäsäure  homologe,  GH« 
weniger  Enthaltende  Säure  zu  erwarten  sind.  Eine  Unter- 
stützung dieser  Vermutbung  ergab  das  Resultat  eines  Ver«- 
suchs,  in  welchem  aus  Nitrobenzol  eine  Säure  erhailten  wurde, 
die  anscheinend  zu  der  ersterwähnten  neuen  Säure  in  der- 
selben  Beziehung  steht,  wie  Nitrobenzol  zu  BenzoL 

Folgendes  war  das  für  die  Darstellung  der  neuen  Säuren 
eingehaltene  Verfahren.  Reines  Benzol  wurde  in  •  schwach 
überschüssiger  Nordhauser  Schwefelsäure  gelöst  und  die 
Mischung  während  einiger  Zeit  auf  100^  erhitzt.  Sie  wurde 
dann  mit  etwa  dem  gleichen  Volum  Wasser  vermischt  und 
in  eine  Retorte  gebracht.  Kleine  Stücke  zweifach-chrom- 
saures Kali  wurden  nun  der  Flüssigkeit  allmälig  zugesetzt, 
deren  Temperatur  langsam  erhöht  wurde.  Die  Säure  fand 
sich  theilweise  auf  dem  wässerigen  Destillat  schwimmend, 
theilweise  in  demselben  gelöst.  Grofse  Vorsicht  mufs  an- 
gewendet werden,  dafs  nicht  die  Oxydation  allzu  rasch  vor 
sich  und  das  Product  verloren  gehe.  Die  Säure  ist  ein 
weifser  schmelzbarer  krystallinischer  Körper,  verschieden  durch 
gröfsere  Löslichkeit  in  heifsem  Wasser  von  d^r  Collinsäure  ^^3, . 
welcher  dieselbe  Formel  beigelegt  worden  ist.  >  Nach  den 
Analysen  kommt  der  Säure  die  Formel  ^eH^O«)  den  Salzen 
die  Formel  ^eHsMOg  zu» 

Die  Thatsache,  dafs  durch  trockene  Destillation  von  sulfo- 
benzolsaurem  Ammoniak  ^eHs .  NH«  .  SO3  wieder  jBenzol  in 
grofser  Menge  erhalten  wird,  liefs  es  mich  als  wahrscheinlich 
betrachten,  dafs  die  Säure  selbst  bei  Behandlung  mit  einem 
oxydirenden  Agens  die  Producte  liefern   möge,   welche  als 


*)  Vgl.  8.  842.  D.  Ä. 

Annal.  d.  Cbem.  n.  Pharm.  OXX.  Bd.  3.  Heft.  22 


338     Churchy  vorläufige  Notiz  über  eine  neue^  u.s.to, 

Oxydutionsproducte  des  ursprünglicben  Benzols  zu  erwarten 
wären. 

Wenn  Sulfotoluolsäure  und  Salfocumolsäure  in  ähnlicher 
Weise  behandelt  werden^  so  ist  Benzoesäure  das  entsprechende 
Product;  aus  Sulfocymolsäure  wird  ein  weifses  Pulver  er- 
halten, welches  mit  Hofmann's  Insolinsäure  identisch  zu 
sein  scheint 

Nitrobenzol  wird  nur  äuFserst  schwierig  durch  die  Mischung 
von  saurem  chromsaurem  Kali  und  Schwefelsäure  angegriffen. 
Bei  längerem  Kochen  wird  es  indessen  doch  zuletzt  zu  einer 
weifsen  Säure  umgewandelt ,  die  aus  siedendem  Wasser  in 
grorsen  perlmuttergläneenden  Tafeln  krystallisirt.  Nach  meinen 
Analysen  kommt  dieser  Säure  die  Formel  €$Hs(NOt)Os»  ihren 
Salzen  die  Formel  €6H8(N02)HOii  zu. 

Nitrotoluol  und  Nitrocuiiiol  werden  unter  ähnlichen  Um- 
ständen leichter  oxydirt,  unter  reichlicher  Bildung  von  Nitro- 
benzoesäure.  Dieses  ist  auch  der  Fall  mit  Nitrosulfotoluol- 
säure  evHeCNOt)  •  H .  &O9. 

Die  Säure  aus  Nitrobenzoi  erhielt  ich  im  Juni  1860.  In 
den  Coroptes  rendus  vom  21.  Januar  1861  kündigen  Cloez 
und  Guign  et  an,  dafs  sie  durch  Oxydation  des  Nitrobenzols 
mittelst  übermangansauren  Kali's  oder  einer  Mischung  von 
saurem  cbromsai)rma  Kali  und  Salpetersäure  eine  neue  Store 
erhalten  haben,  weicher  sie  die  Formel  GsHtCNOs^Os  bei- 
legen. Aber  es  läfst  sich  nicht  leicht  einsehen,  wie  eine 
solche  Verbindung  aus  dem  nur  €6  enthaltenden  Nitrobenzoi 
abzuleiten  wäre.  In  der  That  sind  auch  die  ebeti  genannten 
Chemiker  in  keiner  Weise  gewifs ,  dafs  das  von  ihnen  ange- 
wendete  Nitrobenzoi  rein  war,  und  sie  gehen  selbst  so  weit, 
es  als  möglich  zu  betrachten,  dafs  die  von  ihnen  beschriebene 
Säure  sich  aus  einer  Verunreinigung  des  käuflichen  Nitro- 
benzols, mit  welchem  sie  arbeiteten,  gebildet  habe. 


\ 


339 


Vorläufige  Notiz  über  einige  Produclfe  der  Einwirkung 
yerdfinnler  Salpetersäure  auf  einige  Kohlenwasserstoffe 

der  Benzolreihe; 

von  Warren  de  la  Rue  und  Hugo  MuUer.^') 


Vor  einigen  Jahren,  als  wir  mit  der  Untersuchung  des 
Erdöls  von  Burmah  and  der  bei  Einwirkung  von  Salpeter- 
säure auf  die  daraus  erhaltenen  Kohlenwasserstoffe  entstehen- 
den Producte  beschäftigt  waren ,  wurde  unsere  Aufmerksam- 
keit auf  ähnliche,  mehrere  Jahre  früher  durch  Laurent  an- 
gestellte Versuche  gerichtet,  welcher  unter  den  Producten 
der  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Steinkohlentheer- 
Naphta  und  auf  die  durch  Destillation  von  bituminösen  Schiefern 
erhaltene  Naphta  eine  neue,  als  Ampelinsäure  bezeichnete 
Säure  entdeckt  hatte,  die  mit  der  Zusammensetzung  GtH^Os 
der  Salicylsäure  isomer  wäre.  Da  wir  die  Ampelinsäure  nicht 
unter  den  Producten  finden  konnten,  welche  bei  der  Ein- 
wirkung von  Salpetersäure  auf  das  Erdöl  von  Burmah  ent- 
stehen, so  wiederholten  wir  Laurent's  Versuche  mit  Stein- 
kohlentheer-Naphta ,  doch  mit  nicht  besserem  Erfolg;  wir 
konnten  keine  Substanz  auffinden,  welche  der  von  ihm  Tür 
Ampelinsäure  gegebenen  Beschreibung  entsprochen  hätte. 
Diese  Versuche  mit  Steinkohlentheer-Naphta ,  gerade  da  sie 
in  Beziehung  auf  Ampelinsäure  ein  negatives  Resultat  er- 
gaben, beschäftigten  unsere  Aufmerksamkeit  während  einiger 
Zeit,  da  wir  begierig  waren,  die  etwas  complicirte  Natur  der 
bei  lange  andauernder  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf 
diese  eigenthümliche  Klasse  von  Kohlenwasserstoffen  ent- 
stehenden Producte  genauer  zu  erkennen.    Die  zu  den  Ver- 


*)  Qoarterly  Journal  of  the  Ghemioal  Sodety  XIV,  64. 

22* 


^    ^ 


340    Warren  de  la  Rue  u.  Müller y  Einw.  verdünnter 

suchen  angewendete  Steinkohlentheer-Naphta   bestand  haupt- 
sächlich aus  Toluol,  Xylol  und  Pseudocumol. 

Indem  wir  die  Einzelnheiten  unserer  Untersuchung  einer 
späteren  Mittheilung  vorbehalten,  wollen  wir  jetzt  nur  ein- 
fach angeben,  dafs  es  uns  endlich  gelang,  vier  verschiedene 
Säuren  aus  der  aromatischen  Reihe  zu  erhalten.  Das  einigen 
derselben  zukommende  Interesse  mag  es  entschuldigen,  dafs 
wir  unsere  Resultate  in  einer  noch  etwas  unvollständigen 
Form  mittheilen,  wo2u  uns  besonders  noch  der  Umstand 
veranlafst,  dafs,  wie  wir  zu  wissen  glauben,  auch  andere 
Chemiker  diesem  Gegenstand  ihre  Aufmerksamkeit  zugewendet 
haben.  Die  Darstellung  und  Scheidung  der  hier  in  Betracht 
kommenden  Substanzen  ist  sehr  zeitraubend,  und  die  Ver- 
vollständigung unserer  Untersuchungen  kann  sich  somit  noch 
etwas  verzögern. 

Bei  unseren  Versuchen  destillirten  wir  in  einer  geräumigen 
Retorte  Steinkohlentheer-Naphta  mit  dem  etwa  15fachen  Volum 
verdünnter  Salpetersäure  (1  Vol.  käuflicher  Säure  auf  3  Vol. 
Wasser  enthaltend).  Die  Einwirkung  der  Säure  geht  nur 
sehr  langsam  vor  sich ;  aber  nach  einigen  Tagen  werden  die 
Kohlenwasserstoffe  zu  einer  schweren  Flüssigkeit,  welche  sich 
allmälig  zu  einer  gelblich-weifsen  flockigen  Substanz  um- 
wandelt, die  theilweise  in  der  Säure  suspendirt  und  theilweise 
in  ihr  aufgelöst  ist.  Ist  keine  weitere  Aenderung  mehr  be- 
merkbar, so  läfst  man  die  Retorte  erkalten.  Die  resultirende 
gelblich- weifse  Substanz  wird  durch  Abflltriren  von  der  sauren 
Flüssigkeit  getrennt  und  mit  einer  grofsen  Menge  siedenden 
Wassers  behandelt,  welches  den  gröfseren  Theil  auflöst  und 
einige  halbflüssige  Nitroverbindungen  nebst  einigen  anderen 
Substanzen  ungelöst  läfst.  Beim  Abkühlen  der  wässerigen 
Lösung  scheidet  sich  die  darin  enthaltene  weifse  Substanz 
aus.  Um  die  noch  anhängenden  Nitroverbindungen  und  ni- 
trirten  Säuren  zu   beseitigen,  wird  die  weifse   Substanz  in 


Salpetersäure  auf  Kohlenwasserstoffe  der  Benzolreihe.    341 

Ammciniak  gelöst,  die  Lösung  mit  Schwefelammonium  versetzt 
und  gekocht,  bis  die  Nitroverbindungen  zu  Amidverbindungen 
umgewandelt  sind.  Der  resultirenden  tief-rothen  Flüssigkeit 
werden  dann  einige  wenige  Tropfen  Salzsäure  zugesetzt*,  wo 
sich  die  Amidverbindungen  als  ein. brauner  Niederschlag  ab« 
scheiden^  der  durch  Abfiltriren  beseitigt  werden  kann.  Das 
Piltrat  wird  dann  mittelst  weiter  zugesetzter  Salzsäure  voll- 
ständig gefällt,  der  aus  mehreren  Säuren  bestehende  Nieder- 
schlag abfiltrirt  und  wiederum  mit  einer  grofsen  Menge 
siedenden  Wassers  behandelt,  welches  eine  unlösliche  Säure 
zurückläfst.  Die  beim  Abkühlen  der  so  erhaltenen  Lösung' 
sich  aasscheidende  Säure  wird  abfiltrirt  und  getrocknet. 
Nach  vorherigem  Schmelzen  wird  sie  in  eine  kleine  Retorte 
gebracht  und  sorgfältig  geleiteter  Destillation  unterworfen. 
Zuerst  geht  eine  farblose  Flüssigkeit  über,  welche  bald  in 
dem  Hals  der  Retorte  ,zu  einer  der  Palmitinsäure  ähnlichen 
Hasse  erstarrt.  Nach  einer  gewissen  Zeit  kommt  eine  andere 
Substanz  zum  Vorschein,  die  in  der  Wölbung  der  Retorte, 
dicht  über  der  siedenden  Flüssigkeit,  in  langen  Nadeln  kry- 
stallisirt.  Man  unterbricht  in  diesem  Zeitpunkt  die  Destil- 
lation, und  nach  dem  Abkühlen  wird  die  ersterwähnte  Sub- 
stanz aus  dem  Hals  der  Retorte  durch  gelindes  Erwärmen 
desselben  herausgenommen.  Bei  nachheriger  Fortsetzung  der 
Destillation  geht  nur  sehr  wenig  in  den  Hals  der  Retorte 
über;  der  Rückstand  wird  allmälig  schwarz  und  fest,  während 
sich  die  obere  Wölbung  der  Retorte  mit  schönen  Krystallen 
erfüllt.  Wenn  die  Bildung  der  letzteren  aufhört^  setzt  man  das 
Erhitzen  nicht  .lärtger  fort. 

Die  palmitinsäureartig  aussehende  Masse  ist  ein  Gemisch 
von  zwei  Säuren ;  um  diese  von  einander  zu  trennen ,  wird 
die  Masse  gepulvert  und  mit  dem  bei  etwa  90^  C.  siedenden 
Theil  des  gereinigten  Erdöls  von  Burmah  (vermuthlich  Capryl- 
wasserstoff  GaHis)  zusammengebracht.    Dieser  Kohlenwasser- 


342    Warren  de  la  Rue  u.  Müller,  Einw,  verdünräer 

Stoff  töst  einen  Theil  jenes  DesÜlIates  auf,  und  läfst  einen 
anderen  zurück.  Aus  der  fiitrirten  Lösung  wird  der  Kohlen- 
wasserstoff abdestillirt,  wo  ein  flüssiger  Rückstand  in  der 
Retorte  bleibt ,  welcher  allmälig  zu  einer  schönen  krystalli- 
niscfaen  Hasse  erstarrt.  Diese  krystallinische  Substanz  ist  eine 
Säure,  die  im  Allgemeinen  die  Eigenschaften  der  Benzoesäure 
besitzt.  Eine  Verbrennung^  ausgeführt  mit  einem  von  der 
zweiten  Säure  nicht  ganz  freien  Material  (welche  zweite 
Säure  wir  erst  später  mittelst  der,  bei  unseren  ersten  Ver- 
suchen nicht  angewendeten,  Naphta  aus  Burmah-Erdöl  be- 
seitigen lernten),  gab  Zahlen,  welche  der  Formel  (^eHiO»} 
der  der  Benzoesäure  nächst  niedriger  homologen  Säure  sehr 
nahe  entsprachen.  Diese  neue  Säure  schmilzt  bei  etwa  60^  C, 
bleibt  indessen,  namentlich  wenn  nicht  ganz  rein,  manchmal 
selbst  bei  gewöhnlicher  Temperatur  flüssig.  Sie  ist  spec. 
schwerer  als  Wasser  und  mischt  sich  nach  allen  Verhält- 
nissen mit  Alkohol;  sie  ist  nur  sehr  wenig  löslich  in  kaltem 
Wasser,  leichter  in  kochendem.  Aus  einer  heifs  gesättigten 
Lösung  scheidet  sie  sich  bei  dem  Abkühlen  derselben  als 
ein  schweres  Oel  aus,  welches  manchmal  sofort,  manchmal 
erst  nach  einiger  Zeit  erstarrt.  Diese  Säure  ist  selbst  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  etwas  flüchtig,  denn  sie  überzieht 
sich  mit  schönen  Krystallisationen.  Sie  schmeckt  sehr  scharf. 
Beim  Kochen  mit  Wasser  verflüchtigt  sie  sich  in  erheblicher 
Menge.  Sie  kann  für  sich  unzersetzt  destillirt  werden,  und 
bildet  mit  den  Alkalien  gut  krystallisirende  Salze.  Aus  dieser 
Beschreibung  geht  hervor,  dafs  diese  Säure  grofse  Aehnlich- 
keit  mit  einer  Säure  hat,  welche  in  neuester  Zeit  von  F  r  ö  hd  e  *} 
beschrieben  wurde ,  der  -  sie  in  kleiner  Menge  unter  den 
Oxydationsproducten  des  Leims  und  von  Eiweifskörpern  er- 
hielt und  sie  als  CoUmaüuare  benannte«    Die  für  beide  Säuren 


*)  JoQTn.  f.  prM^  Chenoie  JiXXX ,  844  (1860).  D.  A. 


Salpetersäure  auf  Kohlemoasserstqffe  der  Benzolreihe*    343 

noch  vorhandenen  Verschiedenheiten  werden  wohl  durch 
weitere  Untersuchungen  beseitigt  werden,  denn  Froh  de 
hatte  nicht  Material  genug  für  die  Verbrennung  und  seine 
Säure  war  nicht  ganz  frei  von  Benzoesäure.  Obgleich  die 
aus  den  Kohienwasserstoffen  sich  bildende  Menge  dieser 
SHure  nicht  grofs  ist,  zweifeln  wir  doch  nicht  daran,  dafs 
diese  Quelle  das  Material  für  eine  vollständige  Untersuchung 
dieser  höchst  interessanten  Saure  liefern  wird. 

Die  durch  die  Naphta  aus  Burmah-Erdöl  (Caprylwasser- 
stofF)  ungelöst  bleibende  Säure  hat  die  Zusammensetzung  der 
Benzoäsäure,  aber  sie  ist  in  einigen  Punkten  von  der  wahren 
Benzoesäure  verschieden,  namentlich  darin,  dafs  ihr  das  grofse 
Krystallisationsvermögen  der  letzteren  abgeht.  *)  Es  ist  wohl 
nicht  unwahrscheinlich,  dafs  diese  Säure  mit  der  von  Kolbe 
und  Lautemann  vor  Kurzem  beschriebenen,  mit  der  Benzoe- 
säure isomeren  SalyUäure  identisch  ist. 

-  Das  oben  erwähnte  krystallinische  Sublimat,  welches  sich 
ah  der  oberen  W^ölbung  der  Betorte  absetzt,  ist  eine  von 
allen  bekannten  Säuren  beträchtlich  abweichende  Säure.  In 
ihren  chemischen  Eigenschaften  ist  diese  Säure  der  Terephtal- 
säure  sehr  ähnlich,  aber  sie  unterscheidet  sich  von  der  letzteren 
Säure  durch  ihre  Fähigkeit,  beim  Sublimiren  grofse  deutliche 
Krystalle  zu  bilden.  Die  durch  Sublimation  erhaltene  Kry* 
stallisation  bildet  baumförmige  Gruppen  grofser  prismatischer 
Krystalle.  Die  von  uns  erhaltene  Menge  dieser  Säure  war 
ungenügend  für  eine  vollständigere  Erforschung  der  chemischen 
Natur  derselben. 

Die  unlösliche  Säure  endlich,  welche  bei  der  Einwirkung 
von  kochendem  Wasser  auf  das  aus  der  ammoniakalischen 
Lösung,  nach  der  Behandlung  mit  Sohwefelammonium,  durch 
Salzsäure  gefällte  Säuregemische  ungelöst  bleibt,  besteht  hauptt- 


*)  Vgl.  Fittig  in  diesen  Ann.  CXX,  223.  '  D,  IL 


344  Field,  über  die  Neuiralisaiion  der  Farbe 

sflcblich  aus  Terephtalsäure  (^HeO«).  Die  Terephtalsäore 
läfst  sieh  nacii  dem  Trocknen  zu  der  entsprechenden  Chlor- 
verbindung urnwandeln,  welche  beim  Erwärmen  mit  Methyl- 
alkohol terephtalsaures  Methyl  liefert»  das  sich  durch  Umkrystal- 
lisiren  aus  Alkohol  leicht  reinigen  läft  und  dessen  Zersetzung 
dann  ein  leichtes  Mittel  an  die  Hand  giebi,  die  Terephtal- 
säure  im  reinen  Zustande  darzustellen. 


lieber  die  Neutralisation  der  Farbe  bei  der  Mischung 

gewisser  Salzlösungen  ; 

von  F.  Field  *). 


Maumenö  machte  wohl  zuerst  darauf  aufmerksam,  dafs 
bei  dem  Mischen  der  Löi^ngen  von  salpetersaurem  Kobalt- 
oxydul und  salpetersaurem  Nickeloxydul  nach  gewissen  Ver- 
hältnissen die  grüne  und  die  rothe  Farbe  der  einzelnen  Lö- 
sungen sich  gegenseitig  auslöschen  und  die  Flüssigkeit  farblos 
wird  oder  doch  nur  eine  schwache  neutrale  Färbung  zeigt. 
Uebrigens  mufs,  seitdem  die  Oxyde  von  Nickel  und  Kobalt 
auf  nassem  Wege  aus  der  sogenannten  Speise  dargestellt 
werden,  wie  diefs  in  Birmingham  seit  einer  Reihe  von  Jahren 
geschieht,  diese  Thatsache  von  den  mit  dieser  Fabrikation 
Beschäftigten  wahrgenommen  worden  sein ;  einem  mit  jener 
Thatsache  Unbekannten,  welcher  sich  auch  nur  wenig  mit 
dieser  Art  chemischer  Scheidungen  beschäftigt  hat,  mnfs  es 
auffallen ,  dafs  eine  Lösung  der  Speise ,  obgleich  sowohl  an 
Kobalt  wie  an  Nickel  sehr  reich,  fas4  farblos  sein  und  weder 


*)  Philosoph.  Magazme  [4]  XXI,  435. 


^1  bei  der  Mischung  gewisser  ScUzldsungen.  345 

die  rothe  Kobalt-  noch  die  grüne  Nickelf^rbe  zeigen  kann. 
Liebig'*'}  hat  bezöglich  der  Wirkung  dei^  Braunsteins  als 
EntfarbüngsmHtels  des  Glases  die  Ansicht  ausgesprochen^ 
dafs  diese  Wirkung  wohi  nicht  auf  der  Oxydation  des  Eisen- 
oxyduls durch  das  Hanganhyperoxyd  beruht,  da  weder  sal- 
petersaures Kali  noch  andere  kräftige  Oxydationsmittel  den- 
selben Effect  hervorbringen ,  sondern  darauf,  dafs  die  dem 
Ghs  durch  das  Hangan  mitgetheilte  violette  Färbung  zu  der 
durch  das  Eisen  hervorgebrachten  grünen  complementär  ist, 
und  durch  die  Neutralisation  beider  Farben  eine  farblose 
Masse  entsteht.  Ich  glaube,  dafs  die  Richtigkeit  dieser  An- 
sicht unzweifelhaft  ist;  denn  wenn  Borax  mittelst  Eisenoxydul 
gefärbt,  das  resultirende  Glas  in  einem  Platintiegel  geschmol- 
zen, und  etwas  von  demselben,  vorher  mit  Mangan  gefärbten 
Salze  vorsichtig  zugesetzt  wird,  so  tritt  ein  Zeitpunkt  ein, 
in  welchem  die  Mischung  weder  die  eine  noch  die  andere 
Färbung  zeigt  und  ein  fast  farbloses  Glas  erhalten  wird. 
Lieb  ig  erwähnt  auch,  dafs  bei  Zusatz  einer  schwach  rosen- 
roth  gefärbten  concentrirten  Lösung  von  schwefelsaurem 
Manganoxydul  zu  einer  schwach  grün  gefärbten  Ldsung  von 
schwefelsaurem  Eisenoxydul  eine  ganz  farblose  Mischung  er- 
halten wird. 

Ich  habe  einige  Versuche  über  das  Verhalten  auch  anderer 
Lösungen  und  Verbindungen  angestellt. 

Bei  allmäligem  Zusatz  von  salpetersaurem  Kobaltoxydul 
zu  einer  kalten  Lösung  von  zweifach-kohlensaurem  Natron 
wird  eine  schön  ametbystfarbige ,  manchmal  dem  Violett  in 
der  Farbe  nahe  kommende  Flüssigkeit  erhalten.  Die  Flüssig- 
keit hat  Nichts  von  dem  reinen  Rosenroth  des  salpetersauren 
oder  des  schwefelsauren  Manganoxyduls,  sondern  in  die  Zu- 
sammensetzung ihrer  Farbe  gebt  offenbar  beträchtlich   viel 


*)  Diese  Annalen  XC,  112. 


^46  Fieldy  über  die  Neutralisation  der  Farbe 

Blau  ein.  Wird  die  so  erhaltene  Flüssigkeit  in  zwei  gleiche 
Theile  gelheilt  und  dem  einen  derselben  einige  wenige 
Tropfen  von  wässerigem  unterchlorigsaurem  Natron  zugesetzt, 
so  geht  die  Farbe  dieser  Flüssigkeit  in  ein  intensives  Grün 
über,  das  keine  Spur  von  Blau  aber  einen  schwachen  Stich 
ins  Gelbe  hat  und  der  Farbe  einer  Lösung  von  Kupferchlorid 
in  starker  Salzsäure  sehr  ähnlich  ist.  Wird  nun  die  violette 
(unverändert  gebliebene)  Flüssigkeit  mit  der  grünen  zusam- 
mengegossen, so  erhält  man  eine  farblose  Mischung,  in  viel- 
leicht noch  auffallenderer  Weise  als  b^ei  dem  Znsammengiefsen 
der  Lösungen  von  Kobalt-  und  Nickelsalzen;  das  Blau  in  der 
Farbe  des  zweifach -kohlensauren  Kobaltoxyduls  bildet  mit 
dem  Gelb  in  der  Farbe  der  durch  den  Zusatz  von  unteirchlo- 
rigsaurem  Natron  hervorgebrachten  höher  oxydirten  Verbin- 
dung Grün,  und  letzteres,  zusammen  mit  dem  übrigen  Grün 
dieser  Flüssigkeit,  wird'  durch  das  reine  Rosenrotb  vollständig 
neutralisirt. 

Eine  verdünnte  Lösung  von  schwefelsaurem  Nickeloxydul 
(Blafsgrün)  löst  krystallisirtes  schwefelsaures  Manganoxydul 
(HeUroth);  unter  Bildung  einer  farblosen  Flüssigkeit. 

In  der  Farbe  einer  Lösung  von  übermangansaurem  Kisili 
sind  offenbar  Roth  und  Blau  enthalten,  durch  deren  Vereini- 
gung  das  für  die  Lösung  dieses  Salzes  so  characteristische 
Violett  hervorgebracht  wird.  Wenn  man  einer  Lösung  von 
schwefelsaurem  Kupferoxyd  etwas  Chlofnatrium  zusetzt,  so 
wird  in  Folge  wechselseitiger  Zersetzung  Kupferchlorid  ge- 
bildet und  die  Flüssigkeit  nimmt  eine  rein  grüne  Farbe  an. 
Fügt  man  dieser  Flüssigkeit  vorsichtig  übermangansaures  Kali 
zu ,  so  geht  die  Farbe  in  ein  schönes  reines  Blau  über ;  das 
Roth  wird  durch  das  Grün  neutralisirt,  und  das  Blau  bleibt 
allein  sichtbar.  Der  Versuch  läfst  sich  auch  unter  Anwen- 
dung von  Kupferchlorid  an  der  Stelle  des  schwefelsauren 
Kupferoxyds  ausführen.    Die  Lösung  des  säurefreien  Chlorids 


bei  der  Mischung  gewisser  Seddösungen.  347 

in  Wasser  bat  eine  biafsbläue  Farbe,  welche  auf  Zusatz  von 
einem  Tropfen  der  Lösting  von  übermangansaurem  Kali  in 
Dunicelblau  übergebt.  Wird  die  Lösung  des  Kupferchlorids 
mit  etwas  Säure  versetz!  und  die  des  übermangansauren  Kali*s 
wie  vorher  zugefügt,  so  zeigt  sich  eine  ähnliche  Wirkung, 
aber  nach  etwa  einer  halben  Stunde  verschwindet  das  reine 
Blau  und  die  Flüssigkeit  wird  grün ;  in  diesem  Falle  ändert 
die  Säure  zuerst  die  blaue  Farbe  der  Kupferchloridlösung  in 
Grün  um  und  zersetzt  später  das  übermangansaure  Kali,  und 
so  wird  durch  Zerstörung  des  Roths,  welches  durch  das  Grün 
neutralisirt  wurde,  und  des  zuerst  unversehrt  gebliebenen 
Blau's  das  ursprüngliche  Grün  wieder  sichtbar. 

Wird  eine  Lösung  von  übermangansaurem  Kali  vorsichtig 
zu  einer  Lösung  von  zweifach-chromsaurem  Kali  gesetzt,  so 
entsteht  eine  hellrothe  Flüssigkeit*  Doch  müssen  die  Lösungen 
verdünnt  angewendet  und  mit  Vorsicht  gemischt  werden.  Das 
Gelb  in  der  Lösung  des  zweifach-chromsauren  Kali's  bildet 
mit  dem  Blau  in  der  Lösung  des  übermangansauren  Kali's 
Grün,  welches  mit  dem  in  beiden  Lösungen  enthaltenen  Roth 
sich  zu  Farblosigkeit  neutralisiren  würde,  wäre  dieses  Roth 
nicht  in  Ueberschufs  vorhanden. 

Die  meisten  Chemiker  haben  wohl  beobachtet,  dafs  bei 
der  volumetrischen  Bestimmung  des  Eisens  mittelst  überman- 
gansauren Kali's  der  letzte  Tropfen  der  Lösung  des  letzteren 
Salzes,  bei  dessen  Zusatz  man  die  Beendigung  der  Reaction 
erkennt,  der  Flüssigkeit  eine  rosenrothe  Farbe  ertheilt,  welche 
von  dem  Bläulichroth  der  Lösung  des  übermangansauren  Sal- 
zes etwas  verschieden  ist.  Das  Blafsgelb  des  Eisenchlorids 
hat  sich  mit  dem  Blau  des  übermangansauren  Kali's  vereinigt, 
und  da  das  resullirende  Grün  das  stärkere  Roth  nicht  ganz 
auslöschen  konnte ,  ist  ein  Theil  des  letzteren  sichtbar  ge- 
blieben. 


348         Field^  vber  die  NeutraltscUicn  der  Farbe 

Terreil  bestimmt  das  Kupfer  mittelst  dessielben  Reagens. 
Die  Kupferlösung  wird  mitteist  schwefligsauren  Ammoniaks  des- 
oxydirt,  die  schweflige  Säure  durch  Kochen  verjagt ,  und 
übermangansaures  Kali  bis  zur  Ueberführung  der  ganzen 
Menge  Kupfer  in  Kupferoxyd  zugesetzt.  Die  Verschiedenheit 
der  durch  den  letzten  Tropfen  der  Lösung  des  übermangan- 
sauren Kali's  in  dieser  Flüssigkeit  und  der  in  Eisenlösung 
hervorgebrachten  Färbung  ist  sehr  in  die  Augen  fallend;  in 
der  Kupferlösung  bringt  dieser  Tropfen  fast  blaue ,  in  der 
Bisenlösung  röthliche  Färbung  hervor.  —  Diese  Thatsachen 
sind  für  die  qualitative  Analyse  nicht  ohne  Bedeutsamkeit. 
Nach  Gibbs*)  giebt  die  zuerst  von  Walter  Grum  ange- 
gebene schöne  Reaction  auf  Mangan ,  mit  Salpetersäure  und 
Bleihyperoxyd y  nicht  die  characteristische  Färbung,  wenn 
sehr  viel  Nickel  und  nur  wenig  Hangan  zugegen  ist;  das 
Nickelsalz  zerstört  oder  modificirt  wenigstens  jedenfalls  die  auf 
der  Bildung  von  Uebermangansäure  beruhende  Färbung.  Ist 
jedoch  auch  Kobalt  zugegen,  oder  wird  eine  Lösung  eines 
Kobaltsalzes  nachher  noch  zugesetzt,  so  wird  die  Farbe  des 
Nickelsalzes  neutralisirt  und  die  für  das  Hangan  characteri- 
stische Färbung  sichtbar. 

Wenn  Rothfeuer-Hischung,  aus  salpetersaurem  Strontian, 
chlorsBurem  Kali  u.  s.  w.  zusammengesetzt,  mit  Grünfeuer- 
Hischung,  welche  salpetersauren  Baryt  enthält ,  gemengt  und 
das  Gemenge  entzündet  wird ,  so  sind  die  rothen  und  die 
grünen  Strahlen  nicht  mehr  sichtbar,  sondern  die  Flamme  ist 
weifs  oder  richtiger  bläulich weifs;  in  dem  Carmoisinroth  der 
Strontianflamme  ist  etwas  Blau  enthalten,  welches  bei  deoa 
Auslöschen  des  Roths  durch  das  Grün  sichtbar  wird.  Wird 
die  Hischung  zu  Rosenrothfeuer  (fkus  34  Tbl.  kohlensaureai 
Kalk,   52  Tbl    chlorsaurem  Kali  und  14  Thl.  Schwefel,  oder 


\ 


*)  Diese  Annalen  LXXXVl,  59. 


bei  der  Mischung  gewisser  Salzldsungen.  349 

besser  wohl  noch  aus  23  Tbl.  trotkenem  Chlorcalcium,  61  ThL 
chlorsaurem  Kali  und  16  Tbl.  Schwefel)  mit  der  gewöhn- 
lichen Grünfeuer-Mischung  gemengt  und  entzündet,  so  wird 
rein  weifses>  Licht  hervorgebracht. 


Ueber  die  .Einwirkung  von  Kaliumpermanganat  auf 

Kaliumjodür; 

von  C.  WeÜzien* 


Durch  die  Einwirkung  von  Kaliumpermanganat  auf  Jod 
und  Jodwasserstoffsäure  entsteht  nach  P^an  de  Saint 
Gilies*}  Jodsäure,  und  er  wendet  dieses  Verhalten  zur 
volumetrischen  Bestimmung  letzterer  Körper  an.  Eine  Er- 
klärung der  vorkommenden  Reactionen  giebt  er  nicht.  Wendet 
man  Kaliumjodür  an»  so  verläuft  dieselbe  nach  folgender 
Gleichung  : 

K J  +   2  KMn«^*  +  3  H«0  =  KJ^«  +  2  KHO   +  2  (Mn^O«,  H«^). 

Das  Auftreten  des  Kaliumhydrats  ist  hierbei  nicht  ohne 
Interesse  und  das  erhaltene  Kaliumjodat  so  rein,  dafs  man 
diese  Methode  zur  Darstellung  desselben  anwenden  kann. 

I.    Feststellung  der  relativen  Mengen  von  KJ  und  KMn^0^. 

i.  Vermch  :  Angewendet  1,1624  Grm.  KMn'O^  (in  gut  ausgebilde- 
ten Erystallen). 
0,5880  Grm.  KJ  (in  Form   von   29,4  GC. 
K  J  lÖsung), 

.1.1624  .  0,5880 


169  -         166 

(Aequiv.  d.  KMn«0*)  (Aequiv.  d.  KJ) 

0,00731  :        0,00354 

2  :         1 


*}  Ann.  dum.  phys.  LV,  878;  Jahresber.  t   1858,  588. 


350  Oppenheim j  über  den  Menthacampher, 

2.  Vermeh  :  Angewendet  :  1,3084  Grm.  KHn'^\ 

0,6640      „     K J  =  33,2  CO.  KJlösong. 

1,3084  0,6640 

Tö9  •  166 

8,2  :  4 

2,05  :  1. 

II.    Bestimmung    des    bei    der  Reaction    freiwerdenden 
Kaliumhydrats. 

Angewendet  :  1,6880  Grm.  KJ  ==  42,2  CO.  EJlösung. 
8,2398     »    KMn«0*. 

Der  geringe  Ueberschufs  von  KMn^^  wurde  durch  etwas 
Alkohol  zersetzt. 

Durch  Titration   mittelst  Oxalsäure  wurde  gefunden  : 

KH^    1,840  Grm. 
1,6880  Grm.  KJ  Terlangt  nach  obiger  Reactionsgleichimg  : 

KH^    1,202  Grm. 

IIL    Bestimmung  des  JUajiganhyperoxydhydrats. 

Angewendet  :  1,3892  Grm.    des   bei    100^  G.    getrockneten  Nieder- 
schlags. 

Gewichtsverlnst   beim   heftigen  Glühen   vor   der   Gebläselampe  =: 
0,8622  Grm.,  entsprechend  26,07  pC.  an  Wasser  und  Sauerstoff. 

Mn«0*,  H«0*  soll  beim  Glühen  27,00  pC.  verlieren. 


lieber  den  Menthacampher; 
von  Oppenheim*^. 


Man  weifs,  dars  der  gewöhnliche  Campher  das  Aldehyd 
des  Borneols  ist;  ich  stellte  mir  die  Frage,  welcher  dieser 
beiden   Campherarten    der  Menthacampher    entspreche.     Zu 


*)  Aus  Compt.  rend.  Lin,  379  mit  Berichtigungen  vom  Verf.    mlt- 
getheilt. 


Oppenheim^  über  den  Menthobcampher,  351 

den  Versuchen  dienfe  Menthacampher  aus  Japan ,  welcher 
kleine  Krystalle  bildet,  die  manchmal  mit  Krystallen  von 
schwefeisaarer  Magnesia  gemengt  sind,  mit  denen  er  viele 
Aebnlichkeit  hat.  Gereinigt  schmilzt  er  bei  36^  und  kommt 
er  bei  210^>ins  Sieden.  Er  dreht  die  Polarisationsebene  des 
Lichtes  nach  Links^^  [a]  =  59,6.  Er  löst  sich^  wenig  in 
Wasser,  sehr  leicht  in  Alkohol,  Aether,  Steinöl,  Schwefel- 
kohlenstoff und  einigen  concentrirten  Säuren  :  Salzsäure, 
Ameisensäure,  Essigsäure  und  Buttersäure.  Wasser  und  Al- 
kalien scheiden  ihn  aus  diesen  LtfSungen  in  Säuren  wieder 
ab;  erwärmt  man  aber  diese  Lösungen  in  zugeschmolzenen 
Rdhren  mehr  oder  minder  stark,  so  erhält  man  die  im  Nach- 
stehenden zu  beschreibenden  Verbindungen. 

Krystallisirbare  Essigsäure  und  wasserfreie  Essigsäuro 
verbinden  sich  mit  dem  Menthacampher  bei  150^  unter  Bil- 
dung einer  dicklichen,  das  Licht  stark  brechenden  Flössigkeit, 

die  bei  222  bis  224^  siedet   und  die  Poiarisationsebene  nach 

•  G  H    ^ 

Links  dreht.    Die  Analysen  führten  zu  der  Formel  ^^u  ^{O. 

Alkoholische  Kalilösong  läfst  daraus  wiederum  Menthacampher 
entstehen. 

Buttersäure  bildet  eine  ähnliche,  bei  230  bis  240^  sie- 
dende   Aetherarty     deren    Zusammensetzung     der    Formel 

PH  ol^  entsprechend  gefunden  wurde. 

Der  Chlorwasserstoflfsäure- Aether  bildet  sich  bei  100^ 
Er  zersetzt  sich  beim  Sieden*  Die  Analysen  führten  zu  der 
Formel  ^loHigCl.  Er  ist  identisch  mit  der  von  Walter 
durch  Behandlung  des.  Menthacamphers  mit  ^  Phosphorsuper- 
chlorid erhaltenen  Substanz. 

Natrium  wirkt  auf  Menthacampher  lebhaft  ein^  unter  Bil- 
dung einer  glasigen  9  in  Alkohol  löslichen  und  mit  Wasser 
sich  zersetzenden  Substanz.  Man  kann  in  dem  geschmolzenen 
Campher  fast  .1  Aeq.  Natrium  auflösen. 


352  Guthrie,  über  das:  Joddisvlfid, 

Es  unterliegt  hiernach  keinem  Zweifel,  dafs  der  Mentba- 
campher  ein  einatomiger  Alkohol  aus  der  Reihe  des  Acryl* 
alkohols  ist.  Die  Campholsäure  scheint  die  <liesem  Alkohol 
entsprechende  Säure  zu  sein.     . 

Die  Analogieen  mit  dem  Borneol  lassen  mich  für  diese 
Campherart  die  Bezeichnung  Menthol  vorschlagien ,  und  für 
die  hier  beschriebenen  Aetherarten  die  Benennungen  essig- 
saures Menthyly  buttersaures  Menthyl  und  Chlorm^nthyl. 
Zwischen  dem  Menthol  und  dem  Menthen  bestehen  diesel- 
ben Beziehungen  wie  zvHschen  dem  Aethylalkohöl  und  dem 
Aethylen.  Brom  wirkt  auf  Menthen  sehr  lebhaft  ein ,  unier 
Bildung  mehrerer  wenig  beständiger  Substitutionsproducte. 
Bei  Behandlung  des  einfach -gebromten  Menthens  ^laHuBr 
mit  Silberoxyd  oder  alkoholischer  Kalilösung  erhält  man  nicht 
Borneol,  wie  man  hätte  hoffen  können,  sondern  einen  Koh- 
lenwasserstoff von  der  Zusammensetzung  GioHie« 

Ich  hoffe  durch  Fortsetzung  dieser  Untersuchungen, 
welche  ich  in  Wurtz'  Laboratorium  ausgeführt  habe^  die 
Beziehungen  des  Menthols  zu  dpr  Reihe  des  gewöhnlichen 
Alkohols  noch  vollständiger  darzulegen. 


lieber  das  Joddisulfid  (S2J); 
voö  F.  Guthrie*). 


Die  Untersuchung  der  Einwirkung  gewisser  Verbindungen 
von  Halöidsubstanzen  auf  einige  der  dem  olbildenden  Gas 
vergleichbaren  Kohlenwasserstoffe  liefs   mich  nebenbei  auch 


*)  Quarterly  Jonrnal  of  the  Ohemical  Society  XIV,  57. 


Guthrie,  über  das  Joddisulfid,  353 

die  Darstellung  einiger  jener  Verbindungen  in^  reinen  Zustand 
in  Betrachtung  ziehen. 

Während  unter  den  Verbindungen  der  Haloidsubstanzen 
keine  ist,  deren  Zusammensetzung  unveränderlicher  und  fester 
bestimmt  dasteht  als  die  des  Chlordisulfids ,  läfst  sich  von 
dem  Joddisulfid  kaum  sagen,  dafs  es  überhaupt  dargestellt 
sei,  ungeachtet  der  grofsen  Analogie,  die  zwischen  Chlor 
und  Jod  stattfindet. 

Es  ist  bekannt,  dafs  Jod  und  Schwefel  sich  mit  einander 
vereinigen;  es  ist  auch  festgestellt,^  dafs  diese  Vereinigung 
unter  Freiwerden  von  Wärme  vor  sich  geht;  und  da  homo- 
gene Mischungen  der  beiden  Substanzen  nach  allen  Verhält- 
nissen sich  darstellen  lassen ,  so  ist  es  klar ,  dafs  sich  auch 
ein  Körper  von  der  procentischen  Zusammensetzung  des  Jod- 
disulfids  erhaltejn  läfst.  Aber  in  dieser  Art  dargestellte  Kör- 
per haben  nur  wenig  oder  gar  kein  Recht  auf  den  Namen 
chemischer  Verbindungen. 

Erinnern  wir  uns  einerseits  der  von  mir  bei  früheren 
Gelegenheiten  mehrfach  bewiesenen  Thatsache,  dafs  1  Aeq. 
Chlordisuifid  wie  2  Aeq.  Chlor  functionirt,  oder  dafs,  wie 
einige  Chemiker  es  ausdrücken  würden,  das  Molecul  des 
Chlordisulfids  zweiatomig  ist,  und  andererseits,  dafs  minde- 
stens 2  Aeq.  Chlor  oder  Zink  nöthig  sind,  um  die  durch 
die  Gleichungen 

/)    CAJ    +    2C1    =    QJELJCi    +    ja*) 

2)    CäJ    +     2Zn   =    CAZn    +    ZnJ. 

ausgedrückten,  zur  Bildung  von  zwei  Verbindungen  Anlafs 
gebenden  Vorgänge  zu  bewirken,  so  möchte  man  auch  den 
analogen  Vorgang  : 


*)  Die  Gleichung  i)  drückt  nnr  die  erste  Phase  der  hier  unter  Bil- 
dung Yon  zwei  Verbindungen    vor'  sich  gehenden  Einwiskimg 
aus;   die  Endproducte  sind  HCl,    JClg  und   Chlor -Suhstitutions-  . 
producte  von  C4^5C1. 

Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  CXZ.  Bd.  S.  Heft.  23 


354  Guthrie,  über  das  Joddisulßd. 

3)  C4H5J    +    S,C1    =    C4H5CI    +    SjJ 
voraussehen  dürfen^   um   so  mehr,   als   bei  Anwendung  ge- 
wisser  Verbindungen,  wie  NaSn,  die  Einwirkung  gemäfs  der 
Gleichung  : 

4)  CAJ    +    NaSn    =    CASn    +    NaJ 

vor  sich  geht. 

Das  von  mir  zur  Darstellung  des  Joddisulfids  angewen- 
dete Verfahren  gründet  sich  in  der  That  auf  die  Gültigkeit 
der  Gleichung  3}.  Ganz  analoges  Verhalten  ^  wie  das  durch 
die  Gleichung  3^  für  Jodäthyl  angegebene,  zeigen  auch  Jod- 
metbyl  und  Jodamyl,  so  dafs  wir  die  allgemeine  Gleichung  : 

5)  e^H^iJ    +    SgCl    =    C^H^+iCl    +    SgJ 
aufstellen  können.    Aus  nahe  liegenden  Gründen  gab  ich  der 
Anwendung  des  JodSthyls  den  Vorzug. 

Die  gegenseitige  Einwirkung  von  Jodäthyl  und  Chlor- 
disulfid  ist  vielleicht  in  der  Art,  wie  sie  erfolgt,  ebenso 
interessant  wie  nach  den  Resultaten,  die  sie  liefert.  Die 
zwei  Flüssigkeiten  lassen  sich  nach  allen  Verhältnissen  mi- 
schen ,  ohne  dafs  man  eine  gröfsere  Veränderung  in  der 
Farbe  wahrnimmt ,  als  der  Verdünnung  der  gefärbten  Schwe- 
felverbindung durch  die  farblose  Jodverbindung  entspricht. 
Weder  wird  Wärme  frei  noch  bemerkt  man  sonst  sofort 
etwas,  was  auf  chemische  Umsetzung  schliefsen  lassen  könnte. 
Nach  12  Stunden  aber  ist  vollständige  Umsetzung  vor  sich 
gegangen.  Ist  das  Gefäfs  für  Luftzutritt  offen,  so  verdampft 
das  Chloräthyl  in  dem  Mafse  als  es  sich  bildet,  und  das  Jod- 
disulfid  bleibt  in  prächtigen  Krystallen  zurück,  verunreinigt 
jedoch  durch  die  Producte  der  Einwirkung  der  Feuchtigkeit 
der  Luft  auf  das  Chlordisulfid.  Man  läfst  defshalb  die  Um- 
setzung am  Besten  in  einer  zugeschmolzenen  Röhre  vor  sich 
gehen.  Die  Substanzen ,  die  auf  einander  einwirken  sollen, 
nimmt  man  in  den  durch  die  Gleichung  5}  vorgeschriebenen 
Mengen,  fügt  jedoch  einen  sehr  kleinen  Ueberschufs  der  Jod- 


Guthrie y  über  das  Joddimlßd,  355 

Verbindung  zu.  Oeffnet  man  eine  in  dieser  Art  beschickte 
Röhre,  die  über  Nacht  stehen  bliebe  uiid  erwärmt  sie  mit 
der  Hand,  so  entweicht  das  Chloräthyl.  Eine  gelinde  Er- 
wärmung reicht  hin ,  das  noch  vorhandene  Jodäthyl  auszu- 
treiben, wo  dann  das  Joddisulfid  in  der  Form  schöner,  wie 
Jod  glänzender  Krystalltafeln   vollkommen  rein  zurückbleibt. 

Obgleich  sich  die  Zusammensetzung  dieser  Verbindung 
aus  der  Synthese  derselben  mit  Si4>orheit  erschliefsen  iäfst, 
wurde  sie  doch  analysirt,  und  zwar  in  der  Art,  dafs  sie  in 
einer  Yerbrennungsröhre  mit  salpetersaurem  Kali  und  kohlen- 
saurem Natron  erhitzt  wurde,  wo  der  Jod-  und  der  Schwefel- 
gehalt zu  Jodmetall  und  schwefelsaurem  Salz  wurden ;  das 
Jod  und  die  Schwefelsäure  wurden  dann  in'  gewöhnlicher 
Weise  bestimmt.  Die  Zusammensetzung  ergab  sich  entspre- 
chend der  Formel  S^J  : 


berechnet 

gefdnden 

Schwefel 

20,13 

20,28 

Jod 

79,87 

79,81 

100,00  100,09. 

Obgleich  ich  hier  diese  sonderbare  Einwirkung  des  Jod- 
äthyls auf  Ghlordisulfid  nur  als  ein  Mittel  betrachtet  habe, 
die  Verbindung  SsJ  darzustellen,  ist  sie  doch  auch  vielleicht 
insofern  von  Interesse,  als  sie  zeigt,  wie  sich  die  Chlor-* 
Verbindung  eines  organischen  Radicals  aus  der  Jodverbin- 
dung desselben  darstellen  Iäfst,  weiches  Problem  bisher 
schwierig  und  beschwerlich  zu  lösen  war,  wenn  auch  die 
umgekehrte  Aufgabe  leicht  und  häufig  vorkommend  ist. 


356 

lieber  eine  neue  Bildungs weise 

des  Aethylens  und   seiner  Homologen; 

von  A.  BuÜerow*y 


Erhitzt  man  Jodmelhylen  C2H2J2  mit  Kupfer  und  Wasser 
in  zugeschmolzenen  Röhren  anf  100^  so  bildet  sich  Kupferjodür 
und  ein  Gasgemische  wird  frei^  welches  Kohlensäure,  Kohlen- 
oxyd, Sumpfgas  und  v^chiedene  Kohlenwasserstoffe  CJl^ 
enthält.  Als  das  von  Kohlensäure  mittelst  Aetzkali  befreite 
Gas  mit  Brom  behandelt  wurde,  wurden  85  pC.  des  Gases 
absorbirt;  es  bildete  sich  eine  ölige  Flüssigkeit,  ein  Gemische 
von  Bromverbindungen,  bei  dessen  fractionirter  Destillation 
das. Meiste  bei  131  bis  132^  überging  und  der  Siedepunkt 
zuletzt  bis  über  ISO^  stieg.  Das  bei  131  bis  132^  lieber- 
gegangene  war  reines  Bromäthylen  CJIiBrs,  vom  spec.  Ge- 
wicht 2,179;  der  weniger  flüchtige  Theil  war  ein  Gemisch 
von  Bromäthylen  und  höheren  Gliedern  der  Reihe  CnH^Bra. 
Es  bildet  sich  somit  bei  der  Zersetzung  des  Jodmethylens 
C2H2J2  durch  Kupfer  bei  Gegenwart  von  Wasser  kein  freies 
Methylen ,  dessen  Existenz  hiernach  noch  zweifelhafter  als 
bisher  ist,  sondern  zwei  oder  mehrere  Holecule  CgHs  treten 
im  Moment  des  Freiwerdens  zu  höheren  Gliedern  der  Reihe 
CnHo  zusammen. 


*)  Ans  Compt  read.  LIII,  247. 


'  Herr  Linnemann  in  Gent  sendet  uns  znr  Veröffentlichung  in 
diesen  Annalen  Bemerkungen  zu  Herrn  Carius'  Erklärung  (Bd.  CXX, 
8.  266),  worin  er  namentlich  bestreitet,  dafs  ihm  bezüglich  des  Inhalts 
und  der  Form  der  Notiz  Bd.  GXX,  8.  61  solche  vorgängige  Büttheilung, 
wie  in  jener  Erklärung  angegeben,  geworden  sei. 

Wir   dürfen  wohl  jetzt   die  Besprechung   dieser  Angelegenheit   in 
diesen  Annalen  als  geschlossen  betrachten.    '  D.  R, 


über 

Band  CXVII,   CXVIII,  CXIX  und  CXX 
(der  neuen  Reihe  Band  XLI,  XLII,  XLIII  u.  XLIV) 

und  Supplementband  I 

oder 

Jahrgang  1861  der  Aimalen. 


(iaehreglster< 


A. 


Absorption  :  Beiträge   zur  Eennt- 

nifs    der  Oasabsorptionsgesetze, 

von  Sims  CXVIII,  333. 
Aceton  vgl.  Acetylmethyl. 
Acetone  vgl.  Ketone. 
Acetonitril,  über  zweifach-  nnd  drei- 

fach-nitrirtes,  von Schischkoff 

CXIX,  249. 
Acetoxybenzaminsäure ,  untersncbt 

von  Foster  CXVII,  165. 
Acetyläthyl ,        untersucht       von 

Freunil  CXVIII,  3. 
Aoetylen,  Bildung  aus  Bromvinyl 

nachMiasnik'off  CXVIII,  330; 

Bildung  aus  Aethylen  -  Derivaten 

nach  Sawitsch  CXIX,  184. 
Acetylmethyl,    ♦  untersucht      von 

Freund  CXVIII,  11. 


Acetyl  -  Quercetinsäure ,  untersucht 
von  Pfaundler  CXIX,  213. 

Aconsäure,  untersucht  von  Ke- 
kuld  ßuppl.  I,  347. 

Acrylsäure,  Bild,  aus  Alkohol  durch 
Baryt  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur, nach  Berthelot  Bnppl. 
I,  144. 

Adipinsäure,  über  den  durch  De- 
stillation mit  Baryt  entstehenden 
Kohlenwasserstoff,  von  Riche 
CXVII,  267. 

Aepfelsäure,  Bildung  aus  Bem- 
steinsäure  nach  K  e  k  u  1  ^  CXVII, 
120. 

Aether,  Ausdehnung  bei  höheren 
Temperaturen  nach  M  e  n  d  e  1  e- 
jeff  CXIX,  9. 

Aetherarten,  Zersetzung  der  s.  g. 
zusammengesetzten    durch   was- 


358 


Sachregister. 


serfreie  Alkalien  nach  Berthe- 
lot n.  Flenrien  Snppl. I,  271. 

Aetherselensäure ,  untersucht  von 
Fabian  Suppl.  I,  246, 

A  ethylamyl  -  Glycerinäther ,  unter- 
sucht von  Beb  oul  Suppl.  I,  237. 

Aethyl-chlorwasserstoffs.  Glycerin- 
äther, untersucht  von  Reh  oul 
Suppl.  I,  237. 

Aethylen  :  über  eine  neue  Bil- 
dungsweise des  Aethylens  und 
seiner  Homologen,  von  But- 
1er ow  CXX,  356;  Umwandlung 
des  Aethylens  zu  complicirteren 
organischen  Säuren  nach  Wurtz 
,CXVII,  136;  Einwirkung  von 
Chlorschwefel  untersucht  von 
Guthrie  CXIX,  90;  übet  einige 
vom  Aethylen  sich  ableitende 
Verbindungen,  von  Sawitsch 
CXIX,  182. 

Aethylenbisulfochlorid ,  xmtersucht 
von  Guthrie  CXIX,  90. 

Aethylendiphosphonium,  Mischlinge 
desselben  untersucht  von  Hof- 
mann Suppl.  I,  280. 

Aethylenhamstoff,  untersucht  von 
Volhard  CXIX,  349. 

Aethylenhexäthyldiarsonium  -  Ver- 
bindungen, untersucht  von  Hof- 
mann Suppl.  I,  316. 

Aethylenhexäthyldiphosphonium  - 
Salze,  untersucht  von  H  o  f  m  a  n  n 
Suppl.  I,  177. 

Aethylenhexmethyldiphosphonium  - 
Salze,  untersucht  von  H  o  f  m  a n  n 
Suppl.  I,  287. 

Aethylenmethyltriäthylphospham- 
monium  -  Verbindungen ,    unter- 
sucht von  Hofmann   Suppl.  I, 
295. 

Aethylenoxyd  :  über  eine  Verbin- 
dung mit  Aldehyd,  von  Wurtz 
CXX,  328. 

Aethylenpentäthylphosphammo- 
nium  -  Verbindungen ,   untersucht 
von  Hofmann  Suppl.  I,   302. 

Aethylenplatinchlorid ,  untersucht 
vonGriefs  und  Martins  CXX, 
324. 

Aethylenteträthylphosphammo- 
nium-Verbindunjgen ,  untersucht 
von  Hof  mann  Suppl.  I,  296. 

Aethylentiimethyltriäthylphosph- 
ammonium- Verbindungen,  unter- 


sucht von  Hof  mann  SnppL  I, 
303. 

Aethyl  -  Glycerinäther,  untersucht 
von  Reh  oul  Suppl.  I,  239. 

Aethyl  -  Glycidäther  ,  untersucht 
von  Reh  oul  Suppl.  I,  237. 

Aethylkreatinin ,  untersucht  von 
Neubauer  CXIX,  51;  CXX, 
257. 

Aethylmilchsäure ,  untersucht  von 
Butler owCXVni,  325  (Unter- 
suchung von  Wurtz  CXVHI, 
325  f.). 

Aldehyd,  über  die  Einwirkung 
schwacher  Affinitäten  auf  das- 
selbe, von  Lieben  SuppL  I, 
114;  Über  die  Einwirkung  von 
Cfhlorzink  und  einen  neuen  mit 
dem  Aldehyd  isomeren  Körper, 
von  Bauer  CXVH,  141;  über 
eine  Verbindung  des  Aldehyds 
mit  Aethylenoxyd,  von  Wurtz 
CXX,  328. 

Aldehyde  :  über  die  Zersetzung  ei- 
niger bei  der  Einwirkung  von 
Aetzkalk,  von  Fittig  CXVU, 
68. 

Alkalo'ide,  vgl.  Basen. 

Alkapton,  Untersuchung  desselben 
von  Bödeker  CXVH,  98. 

Alkohol,  Bildung  aus  Glycol  nach 
L euren 90  CXX,  89;  Ausdeh- 
nung bei  höheren  Temperaturen 
nach  Mend ele Jeff  CXIX,  9; 
über  das  spec.  Gew.  der  Mi- 
schungen aus  Alkohol  und  Was- 
ser, nach  Baumhauer  und 
Pouillet  CXVH,  391;  über 
das  Lösungsvermögen  des  wäs- 
serigen Weingeists,  von  Schiff 
CXVIII,  362;  über  die  Oxyda- 
tion des  Alkohols  bei  Einwirkung 
von  Baryt  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur, von  Berthelot  Suppl. 
I,  144;  über  die  Umwandlung 
des  Alkohols  zu  Glycol ,  von 
Caventou  CXX,  322. 

Alkoholradicale ,  über  die  Doppel- 
sulfide  derselben,   von   Carins 

•   CXIX,  313,  vgl.  CXX,  61, 255, 356. 

Allitursäure ,  Notiz  darüber  von 
Baeyer  CXIX,  127. 

Alloxansäure,  über  die  Zersetzung 
derselben  in  der  Wärme,  von 
Baeyer  CXIX,  126. 


Sachregister. 


359 


Allylen,  untersucht  von  Bawitsch 
gXIX,  185. 

Alphatoluylsäure,  Mittheilung  über 
dieselbe  von  Cannizzaro 
CXIX,  253. 

Ameisensäure,  Bildung  aus  Koh- 
lensäure  nach  Kolbe  und 
Schmitt  CXIX,  251. 
'  Amidobenzogsäure,  Einwirkung  der 
salpetrigen  Säure  untersucht  von 
Griefs  CXVII,  2;  Umwand- 
lung zu  Acetoxybenzaminsäure 
nach  Fester  CXVII,  165. 

Amidophenylschwefelsäure ,      Bei- 

-  träge    zur  Kenntnifs    derselben 

von   Schmitt  CXX,   129,  163. 

Aminsäuren,  über  die  der  Glycol- 
säurereihe,  von  £rlenmeyer 
CXIX,  17. 

Ammoniak,  über  das  spec.  Gew. 
des  flüssigen,  von  J olly  CXVII, 
181;  Absorption  des  Gases  in 
Wasser  untersucht  von  Sims 
CXVm,  345. 

Ampelinsäure,  über  die  Existenz 
derselben,  von  Fittig  QXX, 
220,  von  Warren  de  la  Bue 
und  Müller  CXX,  339. 

Amygdalinzucker ,  untersucht  von 
Schmidt  CXIX,  92. 

Amylalkohol,  Einwirkung  des 
Chlors  untersucht  von  Barth 
CXIX,  216. 

Amyl  -  chlorwasserstoflfs.  Gly cerin- 
äther,  untersucht  von  Reboul 
Suppl.  I,  235. 

Amylen ,  Einwirkung  der  Unter- 
Salpetersäure  untersucht  von 
Guthrie  CXIX,  85. 

Amylenbinitrozid ,  untersucht  von 
Guthrie  CXIX,  85. 

Amyl  -  Glyceriiiäther ,  untersucht 
von  Beboul  Suppl.  I,  236. 

Amyl  -  Glycidäther,  untersucht  von 
Reboul  SuppL  I,  235. 

Analyse  :  über  die  Auflösung  seiner 
mafsanalytischen  Aufgabe,  von 
Mohr  CXVII,  386;  VeraUge- 
meinerung  der  acidimetrischen 
Methode,  von  Langer  und 
Wawnikiewicz  CXVII,  230; 
Analyse  durch  Spectralbeobach- 
tungen,  nach  Kirchhoff  und 
B  un  8  e n  CXVIII,  349 ;  über  orga- 
nische Analyse,  vgl.  bei  Sauerstoff. 


Anisalkohol,  über  denselben  und 
zwei  davon  sich  ableitende  sauer- 
stoffhaltige Basen,  von  Canniz- 
zaro CXVII,  238;  über  den 
Anisalkohol  und  eine  neue  der 
Anissäure  homologe  Säure,  von 
Demselben  CXVII,  243. 

Anthranilsäure ,  Einwirkung  der 
salpetrigen  Säure  untersucht  von 
Griefs  CXVn,  39. 

Antimonsäure,     über    die  Verbin- 

'  düngen  mit  Zinnoxydul,  von 
Schiff  CXX,  47. 

Arbutin,  über  einige  Verwandlun- 
gen desselben,  von  Strecker 
CXVIII,  292. 

Aribin,  untersucht  von  Rieth 
CXX,  247. 

Arsammonium- Verbindungen,  un- 
tersucht von  Hof  mann  Suppl. 
i,  275,  317. 

Arsen,  über  die  Titrirung  dessel- 
ben, von  Boedeker  CXVII, 
195. 

Arsenbasen,  untersucht  von  Hof- 
mann Suppl.  I,  306  ff. 

Atomgewichte,  über  die  der  ein- 
fachen Körper ,  Von  Stas  Suppl. 
I,  62;  Bemerkungen  über  die 
Atomgewichte  von  Schill 
CXX,  94. 

Ausdehnung  vgl.  Flüssigkeiten. 

Azelainsäure ,  untersucht  von 
Arppe  CXX,  288. 


B. 


Baryum,  Erkennung  durch  Spectral- 
beobachtungen nach  Kirchhoff 
und  Bunsen  CXVIII,  358. 

Basen,  organische  :  über  eine  neue 
Methode  der  Darstellimg  und 
Nachweisung  der  Alkalo'ide,  von 
Uslar  und  Erdmann  CXX, 
121 ;  zum  Nachweis  organischer 
Alkaloide,  vonErdmann  CXX , 
188 ;  vgl.  Phosphorbasen,  Arsen- 
basen. 

Benzaminsäure  vgl.  Amidobenzoe- 
säure. 

Benzil,  Untersuchungen  über  das- 
selbe vonZininCXIX,  177, 180. 


360 


Sachregister. 


BenzoSharz,  über  die  Sänren  des- 
selben, von  Eolbe  und  Läute- 
rn an  n  CXIX,  136. 

Benzoesäure,  Beiträge  zur  Kennt- 
nifs  derselben  von  Eekul^ 
CXVn,  145. 

Benzoesäure,  Einwirkung  von  Na- 
triumamalgam nach  Kolbe 
CXVIII,  122  ;  der  Benzoesäure 
isomere  Säure  aus  Salicylsäure 
untersucht  von  Kekule  CXVII, 
168  (vgl.  Salylsäure). 

BenzoSsäure-Anhydrid,  Einwirkung 
von  Chlorwasserstoff  und  Schwe- 
felwasserstoff untersucht  voji 
Mosling  CXVIII,  308. 

Benzols.  Aethyl,  Zersetzung  durch 
wasserfreien  Baryt  nach  Ber- 
thelot und  Fleurieu  Suppl. T, 
271. 

Benzo@8.  Jod  ,  untersucht  von 
SchützenbergerCXX,  117f., 
119. 

Benzoün,  Einwirkung  von  Wasser- 
stoff im  Entstehungszustand  un- 
tersucht von  Zinin  CXIX,  180. 

Benzol,  über  eine  durch  Oxydation 
daraus  entstehende  Säure,  von 
Church  CXX,  336;  über  die 
Einwirkung  verdünnter  Salpeter- 
säure auf  einige  Kohlenwasser- 
stoffe der  Benzolreihe,  von  War- 
ren de  la  Rue  nnd  Müller 
CXX,  339 ;  vgl.  Toluol. 

Benzoyläthyl ,  über  die  Bildung 
desselben,  von  Freund  CXVIII, 
20. 

Benzoylhypersulfid,  untersucht  von 
Mosling  CXVm,  305. 

Benzoylwasserstoff,  Einwirkung  von 
Wasserstoff  im  Entstehungszu- 
stand untersucht  von  Zinin 
CXIX,  181. 

Benzyl  -  Aethyl  -  Aceton,  untersucht 
von  Kall e  CXIX,  165. 

Benzylmercaptan  C^gHöSg ,  unter- 
sucht von  Vogt  CXIX,  142. 

Benzylschweflige  Säure,  untersucht 
von  Kall e  CXIX,  163. 

Bemsteinsäure,  Bildung  aus  Cyan- 
äthylennach  Simpson  CXVIII, 
375 ;  über  die  Bildung  aus  Leucht- 
gas, von  Geuther  CXX,  268; 
Bildung  aus  Buttersäure  nach 
Friedel  und  Machuca  CXX, 


283;  Bildung  nach  Kekul^  aus 
Fumarsäure  Suppl.  I,  133,  aus 
Maleinsäure  daselbst  134,  aus 
Monobromäpfelsäure  daselbst  362 ; 
über  die  Bromsubstitutionspro- 
ducte  der  Bemsteinsäure ,  von 
Kekul^  CXVII,  120,  von  Per- 
kin  und  Duppa  CXVII,  130 
(vgl.  Bibrombemsteinsäure) ;  Um- 
wandlung zu  Weinsäure  (Trau- 
bensäure) nach  Kekulä  CXVII, 
120,  Suppl.  I,  365,  376,  nach 
Perkin  und  Duppa  CXVII, 
130 ;  Umwandlung  zu  Aepfel- 
säure  nach  K  e  k  u  1  d  CXVII,  1 20 ; 
Umwandlung  zu  Propionsäure 
nach  Kolbe  CXIX,  173. 

Bewegung  :  über  das  Zustande- 
kommen der  thierischen  Bewe- 
gung, von  Voit  CXIX,  193. 

fii- Verbindungen  vgl.  Öt- Verbin- 
dungen. 

Bibrombemsteinsäure ,  untersucht 
von  Kekuld  CXVII,  123,  von 
Perkin  und  Duppa  CXVII, 
130;  Bildupg  nach  Kekule  ans 
Fumarsäure  Suppl.  I,  131,  aus 
Maleinsäure  daselbst  134;  über 
die  Darstellung,  die  Salze  und 
Zersetzungen  derselben,  von  Ke- 
kule Suppl.  I,  351. 

Bibrombrenzweinsäure ,  untersucht 
von  Kekui^  Suppl. I,  340,  345. 

Bibromorsellins.  Aethyl,  untersucht 
voir^  Hesse  CXVII,  315. 

Bibrompikroerythrin ,  untersucht 
von  Hesse  CXVII,  322. 

Bichlorbenzo^äther,  untersucht  von 
Kekul^  CXVn,  156  f. 

BichlororselHns.  Aethyl,  untersucht 
von  Hesse  CXVII,  315. 

Binitroacetonitril,  untersucht  von 
Schischkoff  CXIX,  249. 

Binitroarbutin ,  untersucht  von 
Strecker  CXVIII,  293. 

Blei,  Atomgewicht^  nach  Stas 
Suppl.  I,  75. 

Braunstein ,  Bestimmung  der  ver- 
schiedenen Oxydationsstufen  in 
demselben  nach  Mohr  CXVII, 
382 ;  Braunsteinanalyse  nach 
KolbB  CXIX,  129;  über  das 
Verhalten  des  Braunsteins  zum 
Salpeters.  Natron,  von  Wohle r 
CXIX,  375. 


( 


Sachregister. 


361 


Brenzoatechin,  Bildung  aus  Salieyl- 
säure  nach  Lautemann  GXY III, 
372. 

Brenzweinsäure ,  Untersuchungen 
über  dieselbe  von  Kekul^ 
Suppl.  I,  338. 

Bromäpfelsfture  vgl.  MonobromftpfeV 
säure. 

Bromäthyl ,  über  die  Bromsubsti- 
tutionsproducte  desselben ,  von 
Cayentou  CXX,  322. 

Bromäthylen  C4H4Br2  ,  Untersu- 
chungen von  Hofmann  über 
die  Einwirkung  auf  Triäthyl- 
phosphin  Suppl.  I,  151,  202,  auf 
Triäth^ larsin  Sil ;  über  einige 
aus  Brucin  nnd  Bromäthylen 
entstehende  Verbindungen,  von 
Seh  ad  CXVm,  207;  Verhalten 
eines  Gemenges  von  Bromäthy- 
len und  Brompropylen  beim  Sie- 
den, nach  Bauer  Suppl.  I,  250. 

Bromamylen  C^oHioBr^,  über  einige 
Reactionen  desselben,  von  Bauer 
CXX,  167. 

Brombenzoäsäure ,  untersucht  von 
Griefs  CXVII,  25. 

Brombemsteinsäure  vgl.  Mono-  und 
Bibrombemsteinsäure. 

Brombuttersäure,  untersucht  von 
Gorup-BesanezGXVIII,  248, 
von" Naumann  CXIX,  115,  von 
BorodineCXIX,121,vonFrie- 
del  und  Machuca  CXX,  279, 
von  Schneider  CXX,  279. 

Bromchlorwasserstoffs.  Glycerin- 
äther,  untersucht  von  Beboul 
Suppl.  I,  225,  227. 

Bromcyan  ,  Darstellung  nach 
Langlois  Suppl.  I,  383. 

Bromguajaksäure ,  untersucht  von 
Hlasiwetz  CXIX,  275. 

Brommaleinsäure  vgl.  Monobrom- 
male'üisäure. 

Bromoäthyltnäthylarsonium  -  Ver- 
bindungen, untersucht v<fli  Ho^ 
mann  Snppl.  I,  311. 

Bromoäthyltriäthylphosphonium- 
Salze,  untersucht  von  H  o  f  m  an  n 
Suppl.  I,  154  (Einwirkung  von 
Ammoniak  auf  das  Bromid  290, 
s.  g.  flubstituirter  Ammoniake 
295  ff.,  von  Triäthylarsin  306). 

Bromoäthyltrimethylphosphonium- 


Salze,  untersucht  von  H  o  f  m  a  n  n 
SuppL  I,  282. 

Brompropionsäure ,  untersucht  von 
Friedel  und  Machuca  CXX, 

,     286  f. 

Brompropylen  vgl.  bei  Bromäthylen. 

Bromvaleriansäure,  untersucht  von 
Gorup-BesanezCXVIII,  251, 
von  Borodine  CXIX,  121. 

Bromwasserstofib.  Glycidäther,  un- 
tersucht von  Reboul  :  ein- 
fach- :  Suppl.  I,  227,  zweifach-: 
230. 

Brucin  :  über  einige  aus  Brucin 
und  Bromäthylen  entstehende 
Verbindungen  ,  von  Schad 
CXVIII,  207. 

Brucin  vinyl-Ammoniumoxydbydrat, 
untersucht  von  Schad  CXVIII, 
21^ 

Buttersäure,  Einwirkung  von  Brom 
vgl.  JBrombuttersäure ;  Einwir- 
kung von  Chlor  nach  Naumann 
CXIX,  115  u.  120,  nach  Frie- 
del u.  Machuca  CXX,  282. 

Butylactinsäare  vgl.  Butylmilch- 
säure. 

Butylalkohol,  Bildung  aus  Butyl- 
glycol  nach  Wurtz  Suppl.  I,  380. 

Butylglycol,  Reduction  zu  Butyl- 
alkohol nach  Wurtz  SuppL  I, 
380. 

Butylmilchsäure,  Bildung  aus  But- 
tersäure durch  Vermittelung  der 
Monobrombuttersäure  nach  N  au- 
mann  CXIX,  115;  vgl.  Frie- 
del und  Machuca  CXX,  284. 

Butyryl  (Di-Butyryl),  untersucht 
von  Freund  CXVIII,  37. 


c. 


Cäsium,  Mittheilung  über  dasselbe 
von  Bunsen  CXIX,  107.. 

Caffern  :  über  die  Beziehungen 
zwischen  Guanin,  Xanthin,  Theo- 
bromin  ,  Caffe'in  und  Kreatinin, 
von  Strecker  CXVIII,'  151 
(Bildung  des  Caffei'ni^  aus  Theo- 
bromin  170). 

Caffeebohnen  vgl.  Kaffeebohnen. 

Calcium,  Erkennung  durch  Spec- 
tralbeobachtungen  nach  Kirch- 
hoff und  Bunsen  CXVIII,  367. 


Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  CXX.  Bd.  8.  Heft. 


24 


362 


Sachregister, 


Camphersäure  ,  Einwirkung  des 
Fhospborsuperchloridsnach  M  oi- 
tessier  CXX,  252. 

Camphorjlchlorid ,  untersucht  von 
Moitessier  CXX,  252. 

Gaprinsäure  aus  s.  g.  Oenanthäther, 
untersucht  von  Fischer  CX  VIII, 
312. 

Caprylsäure  aus  s.  g.  Oenantfaäther, 
untersucht  von  Fischer  CXVIII, 
815.  ' 

Carotin,  untersucht  von  Huse- 
mann  CXVII,  200. 

Catechusäuren ,  über  die  verschie- 
denen, von  Strecker  CXVIII, 
285. 

CeratophyÜin,  Mittheilung  über  das- 
selbe von  Hesse  CXIX,  365. 

Chinasäure,  Vorkommen  in  den 
Kaffeebohnen  nach  Z  w  e  n  g  e  r 
und  Siebert  Suppl.  I,  77  (Un- 
tersuchung von  Chinas.  Salzen 
80) ;  über  die  Krystallform  der 
Chinasäure ,  von  K  n  o  p  CXIX, 
327. 

Chinin  :  über  das  neutrale  Chinin- 
sulfat, von  Jobst  und  Hesse 
CXIX,  361. 

Chlor  ,  Atomgewicht  nach  S  t  a  s 
Suppl.  I,  75. 

Chloracetyl,  über  einige  Zersetzun- 
gen desselben ,  von  H  ü  b  n  e  r 
CXX,  330. 

Chloräthylen  C4H4CI2,  Einwirkung 
auf  Triäthylphosphin  untersucht 
von  Hofmann  Suppl.  I,  276; 
über  die  Einwirkung  von  Phos- 
phorchlorid, von  HübnerCXX, 
332. 

Chloral,  Einwirkung  desselben  auf 
Natriumalkoholat  untersucht  von 
Kekul4  CXIX,  187. 

Chlorbenzil,  untersucht  von  Z  in  in 
CXIX,   178. 

ChlorV(Bnzo6säure  vgl.  Mono-  und 
Biöhlorbenzo§äther. 

ChlorbromwasserstofFs.  Glycidäther, 
untersu  cht  von  R  e  b  o  u  1  Suppl.  I, 
230. 

Chlorbutyryl,  Einwirkung  von  Na- 
trium u.  a.  auf  dasselbe  nach 
Freund  CXVIII,  35. 

Chlorcyan,  Darstellung  des  flüch- 
tigen nach  Langlois  Suppl.  I, 
383. 


Chlorkalk,  über  das  Verhalten  des- 
selben bei  nach  un^  nach  erfol- 
gender Behandlung  mit  Wasser, 
und  über  die  Constitution  des- 
selben, von  Fresenius  CX VIU, 
317. 

Chlorkohlenstoff  C4C1^,  Bildung  aus 
Buttersäure  nach  Naumann 
CXIX,  120. 

Chlormagnesium ,  spec.  Gewicht 
der  Lösungen  nach  Schiff 
CXVIII,  90. 

Chloroäthyltriäthylphosphonium- 
Salze,  untersucht  von  Hof  mann 
Suppl.  I,  276  ff. 

Chlors.  Kali,  Zusammensetzung  nach 
Stas  Suppl.  I,  72. 

Chlorsilber,  Zusammensetzung  nach 
Stas  Suppl.  I,  64. 

Chlorwasserstoffs.  Glycerinäther, 
zweifach-,  untersucht  von  Re- 
boul  Suppl.  I,  225. 

Chlorwasserstoffs.  Glycidäther,  un« 
tersucht  von  Reboul :  einfach- : 
Suppl.  I,  221,  zweifach-  :  229. 

Chlorwasserstoffs.  Propylglycol- 
äther,  untersucht  von  Oser 
Suppl.  I,  254. 

Cholestearin ,  Notiz  über  dasselbe 
von  Planer  CXVIII,  25. 

Cholestrophan ,  Bildung  aus  Para- 
bansäure  nach  Strecker  CX  VIU, 
173. 

Chromoxyd,  über  das  magnetische, 
von  Geuther  CXVIII,  61. 

Chromsäure,  Nach  Weisung  dersel- 
ben nach  S,chiff  CXX,  208; 
Verhalten  der  chroms.  zu  weins. 
Salzen,  untersucht  von  Schiff 
CXX,  210. 

Chromsuperoxyd ,  Mittheilung  dar- 
über von  Schiff  CXX,  207. 

Citraconsäureanhydrid,  Einwirkung 
des  Broms  untersucht  von  Ke- 
kul^.  Suppl.  I,  351. 

Collinsäure  :  eine  Säure  CijH404 
betreffende  Mittheilungen  von 
Church  CXX,  337,  von  War- 
ren de  la  Rue  und  Müller 
CXX,  342. 

Cotarnin ,  untersucht  von  Mat- 
thiessen  und  Fester Suppl.1, 
331,  335. 

Cotarninsäure,  untersucht  von  Ma  t- 


Sachregister. 


363 


thiessen  und  Foster  Snppl.  I, 
335. 

Caminalkohol,  Umwandlung  zu  ei- 
ner der  Cuminsäure  homologen 
Säure  nach  Rossi  Suppl.I^  139; 
von  ihm  sich  ableitende  Basen 
untersucht  von  Bossi  Suppl.  I, 
141. 

Cuminamin-Basen ,  untersucht  von 
Rossi  Suppl.  I,  141. 

Cyan  :  Bildung  von  Oxalsäure 
durcb  Oxydation  von  Cyanver- 
bindungen ,  nach  Berthelot 
CXX,  254 ;  über  einige  Cyanver- 
bindungen  der  Platinmetalle,  von 
Martius  CXVII,  357. 

Cyanacetyl,  untersucht  von  Hüh- 
ner dXX,  334. 

Cyanäthylen,  dargestellt  von  S  i  m  p- 
sonCXVm,  374,  vonGeutji^er 
CXX,  268. 

Oyansilber,  Einwirkung  von 'Phos- 
phorchlorid untersucht  von  Hüb- 
ner CXX,  334. 

Cyansulfid,  untersucht  von  Linne- 
mann  CXX,  36. 


D. 


Daucus  carota,  Untersuchung  der 
Wurzel  durch  Husemann 
CXVn,  200. 

Di  -  Verbindungen  vgl.  Bi  -  Verbin- 
dungen. 

Diäthyl-chlorwasserstoffs.  Glycerin- 
äther,  untersucht  von  Reboul 
und  Louren90  CXIX,  237. 

Diäthylenalkohol ,  Oxydation  des- 
selben untersucht  von  Wurtz 
CXVII,  137. 

Diäthyl-Grlycerinäther,  untersucht 
von  Reboul  Suppl.  I,  239. 

Diamyldisulf ophosphorsäure ,  unter- 
sucht von  Kovalevsky  CXIX, 
311. 

Diamyl-Glycerinäther ,  untersucht 
von  Reboul  Suppl.  I,  238. 

Diamylphosphorsäure ,  untersucht 
von  Kraut  CXVIII,  102. 

Diansäure,  Mittheilung  über  die- 
selbe von  Kobell  CXIX,  283. 

Diarsonium  -  Verbindungen ,   unter- 


sucht von   Hof  mann  Suppl.  I, 
275,  316. 

Diazoanis  -  Amidoanissäure ,  unter- 
sucht von  Griefs  CXVH,  44. 

Diazobenzoö-Amidobenzo&säure,  un- 
tersucht von  Griefs  CXVII,  2. 

Diazobenzo^säure ,  vorläufige  Notiz 
über  Verbindungen  derselben  von 
Griefs  CXX,  125. 

Diazodibromphenylschwefelsäure, 
untersucht  von  Schmitt  CXX, 
156. 

Dit^zophenylschwefelsäure ,  unter- 
BU<^t  von  Schmitt  CXX,  144 
(Einwirkung  von  Schwefelwasser- 
stoflF  162). 

Diazosalyl-Salpetersäure,  untersucht 
von  Griefs  CXVH,  43. 

Diazotoluyl-Amidotoluylsäure ,  un- 
tersucht von  Griefs  CXVII,  68. 

Dibrombuttersäure,  untersucht  von 

.    Schneider  CXX,  281. 

Dibromphenylschwefelsäure,  unter- 
sucht von  Schmitt  CXX,  158. 

Dibromsulfanilidsäure ,  untersucht 
von  Schmitt  CXX,  138. 

Dicarbonsäuren,  Üeberführung  der- 
selben in  die  zugehörenden  Mo- 
nocarbonsäuren  nach  Kolbe 
CXIX,  173. 

Diglycerinalkohol,  untersucht  von 
L euren 90  CXIX,  230;  davon 
sich  abeitende  Verbb.  untersucht 
von  Reboul  und  Louren90 
CXIX,  234  f. 

Diglycoläthylensäure ,  untersucht 
von  Wurtz  CXVII,  140. 

Biglycolsäure  ,  .  untersucht  von 
Wurtz  CXVH,  139. 

Dijodacetamid,  untersucht  von  Pe  r- 
k  in  und  Duppa  CXVH,  356. 

Dijodessigsäure ,  untersucht  von 
Perkin  und  Duppa  CXVII, 
351. 

D\jodsalicylsäure,  untersucht  von 
Laute  mann  CXX,  304. 

Dimethyldisulfophosphorsäure ,  un- 
tersucht von  K^  valevsky 
CXIX,  306. 

Dioxymethylen ,  Einwirkung  der 
Alkalien  untersucht  von  But- 
lerow  CXX,  295. 

Dioxysalicylsäure ,  über  die  Dar- 
stellung aus  Dijodsalicylsäure, 
von  Laute  mann  CXX,  817. 


364 


Sachregister. 


Diphosphoninm-yerbindmigen ,  im- 
tersuchtvOD  Hof  mann  SnppLI, 
145,  177  (Einwirkmig  der  Wärme 
anf  das  Diphosphoninmhydrat 
203). 

Disulfophosphors.  Methyl,  unter- 
sncht  von  Kovalevsky  CXIX, 
303. 

Doloin,  über  die  Einwirkung  der 
Balpetersäore  ,  von  Carlet 
CXVn,  143. 


E. 


Eisenglanz,  künstlich  krystallisirt 
erhalten  von  Deville  CXX, 
180,  von  Euhlmann  GXX, 
186  f. 

Eisenoxydoxydul  vgl.  Magneteisen. 

Eisenwasserstoff,  untersucht  von 
Wanklyn  und  Carlas  GXX, 
69. 

Eiter,  Analyse  von  Giesecke 
CXVII,  110. 

Elaldehy d,  untersucht  von  Lieben 
Suppl.  I,  116. 

Electricität  :  über  die  Vertheilung 
derselben  in  Nichtleitern,  von 
Buff  CXIX,  53. 

Erdharz  von  Baku  untersucht  von 
Petersen  CXVIII,  82. 

Erythrin  ,  untersucht  von  H|e  8  B|e 
CXVII,  304. 

Erythroglycin,unter8ucht  vonH  esse 
CXVII,  327. 

Erythrogiycinschwefelsäure ,  unter- 
sucht von  Hesse  CXVII,  329. 

Essigs.  Aethyl,  Einwirkung  von 
Schwefelkalium  nach  Schiff 
CXVIII,  90;  Zersetzung  durch 
wasserfreie  Alkalien  nach  Ber- 
thelot und  Fleurieu  Suppl.I, 
272. 

Essigs.  Chlor  xmd  essigs.  Jod,  un- 
tersucht von  Schützenberger 
CXX,  115. 

Eveminsäure ,  untersucht  von 
Hesse  CXVII,  299. 

Evemitinsäure ,  untersucht  von 
Hesse  CXVII,  301. 

Evernsäure,  untersucht  von  Hesse 
CXVII,  297. 


F. 


Faulnifs,  über  Filtration  der  Luft 
in  Beziehung  auf  dieselbe,  von 
Schröder  CXVII,  273. 

Farbe  :  über  die  Neutralisation  der 
Farbe  bei  der  Mischung  gewisser 
Salzlösungen,  von  Field  CXX, 
344. 

Fette,  über  die  Oxydationsproducte 
derselben,  von  Arppe  CXX,  288. 

Fettsäure,  Über  den  durch  Destil- 
lation mit  Baryt  entstehenden 
Kohlenwasserstoff,  von  Riebe 
CXVn,  266. 

Fichtelit,  über  die  Krystallform  des- 
selben, von  Clark  CXi:5?,  226. 

Flamme  :  Demonstration  der  dun- 
kelen  Flammenzone  nach  Schiff 
CXVin,  93. 

Flechtenstoffe,  Untersuchung  einiger 
von  Hesse  CXVII,  297. 

Flüssigkeiten,  über  die  Ausdehnung 
derselben  beim  Erwärmen  über 
den  Siedepunkt,  von  Mendele- 
Jeff  CXIX,  1. 

Formen,  über  einfach-nitrirtes,  von 
Schischkoff  CXIX,  247. 

Fumarsäure,  Untersuchungen  über 
dieselbe  von  Kekuld  Suppl.  I, 
129. 


G. 


Gährung^  über  Filtration  der  Luft 
in  Beziehung  auf  dieselbe,  von 
Schröder  CXVII,  273. 

Galbanumharz  ,  untersucht  von 
Mössmer  CXIX,  257. 

Galbanumöl,  untersucht  von  Möss- 
mer  CXIX,  262. 

Gallussäure,  Bildung  aus  Salicyl- 
säure  nach  Lautemann  CXVIII, 
124  (vgl.  Dioxysalicylsäure). 

Gase,  über  die  spec.  Wärme  der- 
selben,  von  Clausius  CXVIII, 
106 ;  Bemerkungen  zu  dieser 
Abhandlung,  von  Buff  CXVIH, 
120 ;  über  die  Condensation  von 
Gasen  nur  durch  Temperaturer- 
niedrigung, von  L  oir  und  Drion 


1 


Sachregister. 


365 


GXX,  212;  Analyse^eines  brenn- 
baren Gasgemisches  aus  dem 
Salzbergwerke  zu  Wieliczka,  von 
Pebal  CXVIII,  27;  Gasabsorp- 
tion vgl.  Absorption. 

Gebläselampe ,  Constrnction  nach 
Schiff  CXVIII,  94. 

Glycerin,  Verbindungen  mit  den 
Säuren  des  Arsens  untersucht 
von  Schiff  CXVIII,  86  ;  .  über 
einige  Aetfaer arten  desselben,  von 
Beboul  undLouren9o  CXIX^ 
237;  Beziehungen  der  Glycerin- 
Aetherarten  zu  den  Aethern  des 
Glycids ,  untersucht  von  Re- 
boul  Suppl.  I,  218;  Umwand- 
lung des  Glycerins  zu  Propyl- 
glycol  nach  Louren90  CXX, 
89.  ' 

Glycerinsäure  ,  über  die  DarsteU 
lung  und  die  Einwirkung  von 
Jodphosphor,  von  Beilstein 
CXX,  226. 

Glycid  -  Aether  und  Beziehungen 
derselben  zu  den  Aethern  des 
Glycerins ,  untersucht  von  K  e- 
boul  Suppl.  I,  218. 

Glycogen,  über  Gewinnung  und 
Reindarstellung^  desselben ,  von 
Gorup-Besanez  CXVIII,  227. 

Glycol  :  über  die  Umwandlung  des 
Alkohols  zu  Glycol,  von  Ca- 
ventou  CXX,  322;  Bemerkun- 
gen über  die  Natur  desGlycols, 
von  Debus  CXVIH,  253;  Ein- 
wirkung von  Chlorzink  unter- 
sucht von  Bauer  CXVII,  141 ; 
Umwandlung  zu  Alkohol  nach 
Louren^o  CXX,  89. 

Glycole,  Allgemeines  über  diesel- 
ben, von  Wurtz  Suppl.  I,  85. 

Glycyrretin,  untersucht  von  Go- 
rup-Besanez CXVIII,    242. 

Glycyrrhizin ,  untersucht  von  Go- 
rup-Besanez CXVIII,  236. 

Glyoxal,  Bemerkungen  über  die 
Natur  desselben ,  von  Debus 
CXVIII,  253. 

Greenockit,  künstlich  krystallisirt 
erhalten  von  Deville  und 
Troöst  CXX,  187. 

Guajakharzsäure ,  untersucht  von 
Hlasiwetz  CXIX,  266. 

Gaanidin,  untersucht  von  Strecker 
CXVIII,  159. 


Guanin  :  über  die  Beziehungen 
zwischen  Guanin,  Xanthin,  Theo- 
bromin  ,  Caffeün  und  Kreatinin, 
von  Strecker  CXVIII,  151 
(Untersuchung  des  Guanins 
152  ff.). 

Guano  :  über  den  Peru-Guano,  von 
Liebig  CXIX,  11. 


H. 


Harnsäure  :  Beiträge  zur  Kennt- 
nifs  der  Harnsäuregruppe,  von 
Baeyer  CXIX,  126. 

Harns.  Natron,  über  in  durchsich- 
tigen Kugeln  erscheinendes,  von 
Baumgarten  CXVII,  106. 

Harnstoffe,  über  mehratomige,  von 

'     Volhard  CXIX,  348. 

Hausmannit,  künstUch  krystallisirt 
erhalten  von  Deville  CXX,  1 83, 
von  Debräy  CXX,  184,  von 
Kuhlmann  CXX,  185  f. 

Hemipinsäure ,  Mittheilungen  über 
dieselbe  von  Matthiessen  und 
Foster  Suppl.  I,  332  f. 

Hexaäthyrenalkohol,  dargestellt  von 
Louren90  CXVII,  270. 

Homocuminsäure ,  untersucht  von 
Boss!  Suppl.  I,  139. 

Hydantoin,  Mittheilung  über  das- 
selbe von  Baeyer  CXVII,  178. 

Hydrindinschwefelsäure,  untersucht 
von  G.  undA.  SchlieperCXX, 
20. 

Hydrocarotin,  untersucht  von  Hu- 
s em an n  CXVII,  200. 

Hydurilsäure ,  Notiz  darüber  von 
Baeyer  CXIX,  128. 


I. 


Indigblau-Sehwefelsäure,  über  die 
Oxydationsproducte  derselben» 
von  G.  und  A.  Schlieper 
CXX,  1. 

Indinschwefelsäure,  untersucht  von 
G.nndA.  Schlieper  CXX,  24. 


366 


Sachregister, 


InoBit,  leichtere  Absclieidnng  des- 
selben nach  Lane  CXVII,  118. 

Iridiam,  Cyanverbindangen  dessel- 
ben untersucht  von  Martins 
CXVII,  369. 

Isatinschwefelsäure,  nntersacht  von 
G.  und  A.  Schlieper  CXX,  1. 

Itaconsäure,  Untersuchungen  über 
dieselbe  von  Kekul^  Suppl.  I, 
338. 


J. 


Jodäthyl»  Einwirkung  des  Chlor- 
schwefeis  SgCl  untersucht  von 
Guthrie  CXX,  3ö4. 

Jodäthylen  C4H4J2,  Einwirkung  auf 
Triäthylphosphin  untersucht  von 
Hofmann  Suppl.  I,  279. 

Jodanissäure,  untersucht  vonG  r  i  e  fs 
CXVII,  54. 

Jodchlorwasserstoffs.  Glyoerinäther, 
untersucht  von  Beboul  Suppl.  I, 
226. 

Jodkalium,  über  die  Einwirkung 
des  Übermangans.  Kali's ,  von 
Weltzien  CXX,  349. 

Jodmethylen  C2H2 J«  ,  Einwirkung 
von  Kupfer  und  Wasser  unter- 
sucht von  B  u  1 1  e  r  o  w  CXX,  356. 

Jodoform,  über  die  bei  Einwir- 
kung von  Aethematron  sich  bil- 
dende Säure,  von  Butlerow 
CXVin,  325. 

Jodpropionsäure,  aus  Glycerinsäure 
dargestellt  von  Beil  stein  CXX, 
230. 

Jodpropyl,  aus  Butylglycol  darge- 
stellt von  Wurtz  Suppl.  I,  381. 

Jodsalicylsäuren ,  untersucht  von 
Lautemann  CXX,  300. 

Jodschwefel  S2J ,  untersucht  von 
Guthrie  CXX,  352. 

Jodtoluylsäure ,  untersucht  von 
Griefs  CXVII,  61. 

Jodwasserstoffs.  Glycidäther,  ein- 
fach- ,  untersucht  von  Beboul 
Suppl.  I,  227. 


K. 


Kaffeebohnen,  über  das  Vorkommen 
von    Chinasäure    in    denselben. 


von  Zwenger  und  Siebert 
SuppL  I,  77. 

Kaffein  vgl.  Caffem. 

Kali  :  technische  Bestimmung  von 
Kali  neben  Natron  in  neutralen 
und  alkalischen  Verbindungen 
nach  Mohr  CXIX,  123. 

KaUum,  Erkennung  durch  Spectral- 
beobachtungen  nach  Kirchhoff 
und  Bunsen  CXVIH,  355; 
Atomgewicht  nach  St a s  Suppl.  I, 
76. 

Ketone,  über  die  Natur  derselben, 
von  Freund  CXVIII,  1;  über 
die  den  Ketonen  beizulegenden 
Formeln,  von  Petersen  CXVIII,  1 
75. 

Knallsäure,  über  die  rationelle  For- 
ihel  derselben,  von  Schisch- 
koff  Suppl.  I,  104. 

Knorpel  :  über  Bildung  von  Zucker 
aus  demselben  und  die  Umsetzung 
des  genossenen  Knorpels  im 
menschlichen  Körper,  von  Fi- 
scher und  Bödeker  CXVII, 
111;  über  das  im  Magen  aus 
Knorpel  entstehende  Pepton,  von 
Marcet  CXX,  250. 

Kohlensäure,  Bestimmung  in  koh- 
lens.  Salzen  nach  K  o  Ib  e  CXIX, 
129;  über  die  Daratellung  fester, 
von  Loir  und  Drion  CXX, 
211;  directe  Umwandlung  der 
Kohlensäure  zu  Ameisensäure 
nach  Kolbe  und  Schmitt 
CXIX,  251. 

Kohlenwasserstoffe  :  über  einige 
Derivate  der  Kohlenwasserstoffe 
CnHa,  von  Guthrie  CXIX,  83. 

Kreatinin  :  über  die  Beziehungen 
zwischen  Guanin,  Xanthin,  Theo- 
bromin,  Caffein  und  Kreatinin, 
von  Strecker  CXVIII,  151; 
Mittheilungen  über  das  Kreatinin 
von  Neubauer  CXIX,  27; 
CXX,  257. 

Kreosot,  über  einen  rothen  Farb- 
stoff aus  demselben ,  von  Kolbe 
und  Schmitt  CXIX,  169. 

Krokonsäure,  Beitrag  zur  Kenntnifs 
derselben,  von  Will  CXVIII,  177. 

Krystallisation ,  über  Filtration  der 
Luft  in  Beziehung  auf  dieselbe, 
von  Schröder  CXVn,  278. 


Sachregister, 


367 


Kupfer,  Darstellung  von  fein  zer- 
theUtem  nach  Schiff  CXVIII, 
89. 


L. 


Lactäthylamid ,     untersucht     von 

.  Wurtz  und  Friedel  CXIX, 
372. 

Lampe  vgl.  Gebläselampe. 

Legirung ,  W  o  o  d  *s  leichtflüssige 
CXVII,  144. 

Leucin ,  über  Entschwefelung  des- 
selben, von  Gorup-Besanez 
CXVIII,  230# 

LeucindinschwefelsäurC,  untersucht 
von  G.  u.  A.  Schlieper  CXX, 
34. 
,  Leucinsäure,  untersucht  von  W  a  a  g  e 
CXVIH,  295. 

Leucinsäurenitril ,  über  das  s.  g., 
von  Erlenmeyer  CXIX,  17. 

Leukonsäure,  untersucht  von  Will 
CXVIII,  184. 

Lithion,  über  das  Vorkonmien  in 
Meteoriten,  von  "Wo  hl  er  CXX, 
253. 

Lithium,  Erkennung  durch  Spec- 
tralbeobachtungen  nach  Kirch- 
hoff und  Bunsen  CXVIII,  353. 

Lösungen,  vgl.  Salzlösungen. 

Luft  :  über  Filtration  der  Luft  in 
Beziehung  auf  Gährung,  FäulniTs 
und Krystallisation,  von  Schrö- 
der CXVn,  273. 

Luteolin,  untersucht  vonS  c  h  ü  t  z  e  n- 
b erger  und  Paraf  Suppl.  I, 
256. 


M. 


Magensaft,  über  die  Bestandtheile 
desselben,  von  Marcet  CXX, 
250. 

Magnesia  vgl.  Periklas. 

Magneteisen ,  künstlich  krystallisirt 
erhalten  von  Deville  CXX, 
182,  von  Debray  CXX,  184  f., 
von  Kühl  mann  CXX,  186. 


Magnoferrit,  künstlich  nachgebildet 
von  Deville  CXX,  183. 

Maleinsäure,  Untersuchungen  über 
dieselbe  von  Kekuli  Suppl. 
I,  129. 

Mandelöl,  über  die  Einwirkung 
der  Salpetersäure ,  von  Arppe 
CXX,  292. 

Manganoxydoxydul  vgl.  Haus- 
mannit. 

Manganoxydul,  krystallisirt  erhalten 
von  Deville  CXX,  183. 

Mannit,  über  die  Producte  der 
Einwirkung  des  Platinmohrs, 
von  Gorup-Besanez  CXVIU, 
257. 

Mannitose ,  untersucht  von  G  o  r  up- 
Besanez  CXVIII,  273. 

Mannitsäure,  untersucht  von  Go- 
rup-Besanez CXVin,  259. 

Meconin,  Mittheilungen  über  das- 
selbe von  Matthiessen  und 
Fester  Suppl.  I,  332  f. 

Menthaöl,  über  festes  des  Handels, 
von  Gorup-Besanez  CXIX, 
245 ;  Untersuchungen  über  den 
Menthacampher  von  Oppen- 
heim CXX,  350. 

Mercaptan,  Bildung  aus  Essig- 
äther nach  Schiff  CXVUI,  90. 

Metaglycerin,  untersucht  vonLou- 
ren90  CXIX,  232. 

MetalUegirung  vgl.  Legirung. 

Metastyrol,  über  das  Vorkommen 
desselben,  von  Kovalevsky 
CXX,  66. 

Meteoriten,  über  das  Vorkommen 
von  Lithion  in  denselben,  von 
Wöhler  CXX,  253. 

Methionsäure ,  Bildung  aus  Milch- 
säure nach  Strecker  CXVIII, 
291 

Methylenitan ,  untersucht  von  B  u  t- 
lerow  CXX,  296. 

Milchsäure,  über  die  Bildung  der- 
selben aus  Propionsäure ,  von 
Friedel  und  Machuca  CXX, 
285;  über  die  Einwirkung  der 
rauchenden  Schwefelsäure ,  von 
Strecker  CXVIII,  290;  Unter- 
suchungen über  Milchsäure  von 
Wurtz  und  Friedel  CXJX, 
369  ;  über  eine  der  Milchsäure 
isomere  Säure,  von  Beilstein 
CXX ,  234  f. 


368 


Sachregister. 


Milchzucker  y  über  eine  neaeStture 
aus  demselben,  von  Hlasiwetz 
CXIX,  281. 

Mineralien,  über  die  künstliche 
Nachbildung  krjstallisirter ,  von 
DeviUe  CXX,  176  ff. 

Mineralwasser  :  Untersnchung  der 
Mineralquellen  von  Wiesan  in 
der  Oberpfalz,  von  Gorup-Be- 
sanez  CXIX,  240. 

Mohrrübe,  vgl.  Daucus  carota. 

Molybdänsäure,  über  die  Darstel- 
lung und  quantitative  Bestim- 
^mung,  von  Wich  CXVIII,  43. 

Monarsonium  -  Verbindungen  ,  un- 
tersucht von  Hofmann  Suppl. 

I,  811. 

Monobromäpfelsäure,  untersucht 
von  Kekul^  Suppl.  I,  361  ff. 

Monobrombernsteinsäure ,  unter- 
sucht vonKekul^  CXVII,  125. 

Monobrombuttersfture  vgl.  Brom- 
buttersäure. 

Monobromcitraconsäureanhydrid,  . 
untersucht  von  Kekul^  Suppl. 
I,  351. 

Monobrommaleinsäure ,  untersucht 
von  Kekul^  Suppl.  I,  367  f. 

Monochlorbenzo^säure  (aus  Salicyl- 
säure)  und  daran  sich  anschUe* 
fsende  Verbindungen,  untersucht 
von  KekuU  CXVII,  160  ff., 
157. 

Monoj  odsaUcylsäure ,  >  untersucht 
von  Lautemann  CXX,  302. 

Monophosphonium  -  Verbindungen, 
untersucht  von  H  o  f  m  a  n  n  SuppL 
I,  154. 

Myrons.  Kali,  über  die  Zusammen- 
setzung desselben,  von  Will 
CXIX,  376. 


N. 


Naphtalin ,  Einwirkung  der  ünter- 
salpetersäure  untersucht  von 
Guthrie  CXIX,  89. 

Narcotin ,  über  die  chemische  Con- 
stitution desselben  und  seiner 
Zersetzungsproducte ,  yon  Mat- 
thiessen  und  Foster  Suppl. 
I,  330. 


Natrium,  Erkennung  durch  Speo- 
tralbeobachtungen  nach  Kirch- 
hoff und  Bunsen  CXVIII, 
353;  Atomgewicht  nach  Stas 
Suppl.  I,  75. 

Nicotin,  Verbindung  mit  Chlor- 
benzoyl  untersucht  durch  Will 
CXVIII,  206. 

Nitrobenzol,  über  eine  durch  Oxy- 
dation daraus  entstehende  Säure, 
von  Church  CXX,  338. 

Nitrochlorbenzogsäure ,  untersucht 
von  Kekuld  CXVII,  153. 

Nitroform,  Mittheilung  über  das- 
selbe von  Schischkoff  CXIX, 
247. 

Nitrokohlenstoff,  Vierfach-,  unter- 
sucht vonSchi#chkoff  CXIX, 
247. 

Nitroxm  s  Unter  Salpetersäure  CXIX, 
83. 


0. 


Oenanthol,  über  die  Einwirkung 
des  Aetzkalks,  von  Fittig 
CXVII,  76. 

Oenanthsäure  und  Aethyläther  der- 
selben, untersucht  von  Fischer 
CXVm,  307. 

Oenanthylalkohol  und  Derivate 
desselben,  untersucht  von  Pe- 
tersen CXVIII,  70. 

Oenanthylsäure ,  über  den  durch 
Destillation  mit  Baryt  entstehen- 
den Kohlen  Wasserstoff,  von  B  i  c  h  ^ 
CXVII,  267. 

Opiansäure,  Zersetzungen  derselben 
untersucht  von  Matthiessen 
und  Foster  Suppl.  I,  332. 

Orcin  und  Derivate  desselben,  un- 
tersucht von  Hesse  CXVU,  323. 

Orsellinsäure,  untersucht  vonH  esse 

cxvn,  311. 

Osmium ,  Cyanverbindungen  des- 
selben untersucht  von  Martins 
CXVII,  361. 

Oxäthyhriäthylphosphonium -  Salze, 
untersucht  von  H  o  f  m  an  n  Sappl. 
I,  165. 

Oxäthyltrimethylphosphonium- 
Salze,     untersucht    von    Hof- 
mann Suppl.  I,  286. 


Sachregister. 


369 


Oxalsäure,  Bildung  durch  Oxyda- 
tion von  Cyanverbindungen, 
nach  Berthelot  CXX ,  264; 
Bildung  aus  Alkohol  durch  Baryt 
bei  gewöhnlicher  Temperatur, 
nach  Berthelot  Suppl.  I,  144. 

Oxals.  Aethyl,  über  die  Darstellung 
desselben  von  Kolbe  CXIX, 
172,  von  Toussaint  CXX, 
237. 

Oxalurs.  Salze»  untersucht  von 
Waage  CXVIII,  301. 

Oxaminsäure,  über  Darstellung 
und  Eigenschaften .  derselben, 
von  Toussaint  CXX,  237. 

Oxybenzaminsäure  vgl.  Amidoben- 
zoesäure. 

Oxy  buttersäure ,  untersucht  von 
Friedel  und  Machuca  CXX, 
284. 

Oxydibromphenylschwefelsäure, 
untersucht  von  Schmitt  CXX,, 
161. 

Oxyphenylschwefelsäure ,  unter- 
sucht von  Schmitt  CXX,  148. 

Oxysalicylsäure ,,  untersucht  von 
Lautemann  CXX,  311. 

Oxytolfiäure,  untersucht  von  Fittig 
CXX,  217. 

Ozon  :  über  die  Anwendung  zur 
Reinigung  vergilbter  Drucke 
u.  a.,  von  Gorup-Besanez 
CXVIII,  232. 


P. 


Paraban  säure  aus  Guanin  unter- 
sucht von  Strecker  CXVIII, 
156;  Umwandlung  der  Paraban- 
säure  zu  Cholestrophan ,  von 
Demselben  CXVIII,  173. 

Paradiphosphonium  -Verbindungen, 
untersucht  von  H  o  f  m  a  n  n  SuppL 
I,  208. 

Paraldehyd,  untersucht  von  Lie- 
ben Suppl.  I,  115. 

Pentaäthylenalkohol ,  dargestellt 
von  Loüren90  CXVII,  270. 

Periklas ,  künstlich  krystallisirt  er- 
halten von  Deville  CXX,  183, 
von  Debray  CXX,  184. 

Pfeffermünzstearopten  vgl.  bei  Men- 
thaöl. 


Phenylschwefelsäure  C12H6S2O8,  un- 
tersucht von  Freund  CXX,  76. 

Phenylschweflige  Säure  o.  Phenyl- 
schwefelsäure CiäHßSgOe,  unter- 
sucht von  Freund  CXX,  76, 
von  Schmitt  CXX,  152. 

Philly genin,  untersucht  von  Ber- 
tagnini  und  Luca  CXVIII, 
127. 

Phillyrin,  untersucht  von  Bert ag- 
nini  und  Luca  CXVlII,  124. 

Phloramin,  untersucht  vöu  Hlasi- 
wetz  CXIX,  202. 

Phloretin,  Einwirkung  des  Broms 
untersucht  von  Schmidt  und 
Hesse  CXIX,  103. 

Phloridzinzucker ,  untersucht  von 
Schmidt  CXIX,  92. 

Phloroglucin,  Untersuchungen  über 
dasselbe  von  Hlaslwetz  CXIX, 
199. 

Phosphammonium  -  Verbindungen, 
untersucht  von H  0  f ma n  n  Suppl. 
I,  275. 

Phospharsonium- Verbin  düngen,  un- 
tersucht von  Hof  mann  Suppl. 
I,  275,  306. 

Phosphor,  über  die  Zertheilung 
desselben  durch  Harn,  von 
Schiff  CXVIU,  88. 

Phosphorbasen,  zur  Kenntnifs  der- 
selben ,  von  H  o  f  m  a  n  n  Suppl. 
I,  1,  145,  275. 

Phosphorsäure,  über  die  Titrirung 
derselben ,  von  Boedeker 
CXVn,  195;  über  Fleitmann 
u.  Henneberg' s  phos^hors. 
Salze,  von  Uelsmann  CXVIII, 
99;  über  den  Phosphorsäuren 
sich  anschliefsende  Gruppen 
neuer  organischer  Körper,  von 
Carius  CXIX,  289. 

Pikroerythrin,  untersucht  von  Hesse 
CXVII,  320. 

Piperin  säure ,  über  die  Spaltung 
derselben  durch  Kalihydrat,  von 
Strecker  CXVIII,  280. 

Platin ,  Cyanverbindungen  dessel- 
ben untersucht  von  Martins 
CXVII,  374. 

Platinmetalle  :  Darstellung  der  ein- 
zelnen aus  den  Platinrückstän- 
den nach  Martins  CXVII,  357; 
Untersuchungen  über  Platinme- 
talle vonGibbsCXX,  99;  über 


Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  3.  Heft. 


25 


370 


Sachregister, 


einige  Cyanverbindungen  der 
PlatinmetaMle ,  von  Martins 
CXVII ,  357. 

Polyäthylen  -  Alkohole ,  untersucht 
von  Louren9  0  CXVII,  269, 
besprochen  von  Wurtz  Suppl. 
I,  91;  Oxydation  derselben  un- 
tersucht von  Wurtz  CXVII, 
136. 

Polyglycerin  -  Alkohole ,  Untersu- 
chungen über  dieselben  von 
Louren9  0  CXIX,  228;  über 
einige  Aethylätherarten  dersel- 
ben, von  Reboul  und  Lou- 
ren90  CXIX,  233. 

Propionsäure ,  Einwirkung  des 
Broms  und  Umwandlung  dersel- 
ben zu  Milchsäure  untersucht 
von  Friedel  und  Machuca 
CXX,  285. 

Propionyläthyl ,  untersucht  von 
Freund  CXVm,  9. 

Propylalkohol,  Bildung  aus  Pro- 
pylglycol  nach  Wurtz  Suppl. 
I,  380. 

Propylen,  Umwandlung  des  ein- 
fach -  gebromten  zu  Allylen  nach 
Sawitsch  CXIX,  185. 

Propylenoxyd,  untersucht  von  0  ser 
Suppl.  I,  253. 

Propylglycol ,  Bildung  aus  Glyce- 
rin  nach  Louren9  0  CXX,  89; 
Keduction  zu  Propylalkohol  nach 
Wurtz  Suppl.  I,  380. 

Protocatechusäure,  untersucht  von 
Strecker  CXVIII,  285. 

Pyrocatechin  vgl.  Brenzcatechin. 

Pyroglycerinalkohol ,  untersucht 
von  Louren9o  CXIX,  230. 

Pyroglycid,  untersucht  von  Lou- 
ren90  CXIX,  232. 

Pyroguajacin,  untersucht  von  Hl  a- 
siwetz  CXIX,  277. 

Pyroweinsäure  vgl.  Brenzweinsäure. 

Pyrrolroth,  zur  Geschichte  dessel- 
ben, von  Hesse  CXIX,  368. 


0. 


Puarfri  -  Verbindungen   vgl.  Tetror- 

Verbindungen. 
Quadribromery  thrin,  untersucht  von 

Hesse  CXVII,  309. 


Quadribromphloretin ,  untersucht 
von  Schmidt  und  Hesse 
CXIX,  105. 

Quercetin,  untersucht  von  Zwen- 
ger  und  Dronke  Suppl.  I,  261. 

Quercetinsäure ,  Einwirkung  von 
Chloracetyl  untersucht  von 
Pfaundler  CXIX,  213. 

Quercitrin,  untersucht  von  Zw  en- 
ger imd  Dronke  SuppL  I,  266. 


R. 


Radicale,  über  s.  g.  sauerstoffhal- 
tige, von  Freund  CXVHI,  33; 
vgl.  Alkoholradicale. 

Rhodium,  Cyanverbindungen  des- 
selben untersucht  von  Martins 
CXVII,  372. 

Rhodizonsäure ,  untersucht  von 
Will  CXVm,  187. 

Ricinnsöl,  über  die  Producte  der* 
Destillation  desselben  mit  Na- 
tronhydrat ,  von  Petersen 
CXVIII,  69;  über  die  Einwir- 
kung der  Salpetersäure ,  von 
Arppe  CXX,  288. 

Robinin,  untersucht  von  Z  w  e  n  g  e  r 
und  Dronke  Suppl.  I,  257. 

RocceUsäure,  untersucht  von  Hesse 
CXVn,  332. 

Rubidium,  Mittbeilung  über  das- 
selbe von  Bunsen  CXIX,  107. 

Rutil,  künstlich  krystallisirt  erhal- 
ten von  Deville  CXX,  181  f. 


S. 


von 


Salicinzucker  ,      untersucht 
Schmidt  CXIX,  92. 

SaUcylsäure ,  Beitrtlge  zur  Kennt- 
nifs  derselben  von  Kekul^ 
CXVn,  145  ;  Beitrag  zur  Kennte 
nifs  der  Salicylsäuren,  von  Lau- 
te mann  CXX,  299;  Umwand- 
lung der  SaUcylsäure  zu  Gallus- 
säure nach  Lautemann  CXVIII, 
124;  über  die  Umwandlung  der- 
selben  zu    Oxysalicylsäure  und 


Sachregister. 


371 


Oxy  phenylsäure ,  von  Laute- 
mann CXVIII,  872. 

Saligenin,  Untersuchungen  über 
dasselbe  von  Beilstein  und 
Seelheim  CXVII,  83. 

Salpetersäure)  über  die  Bildung 
beim  Verbrennen  von  Wa«ser- 
stofiP  in  stickstoffhaltigem  Sauer- 
stoff, von  Kolbe  CXIX,  176. 

Salpeters.  Natron ,  über  das  Ver- 
halten zum  Brannstein  ,  von 
Wöhler  CXIX,  375.      ' 

Salpeters.  Silberoxyd,  Zusammen- 
setzung nach  S  t  a  8  Suppl.  I,  66. 

Saljlsäure,  Bildung  ans  Diazoben- 
zoe-Amidobenzo^säure  und  Ami- 
dobenzamid  nach  G  r  i  e  fis  CXVII, 
34,  36,  65;  über  die  Zersetzung 
der  Salylsäure  durch  Aetzbaryt, 
von  Cann  iz^aro  Suppl. I,  274; 
vgl.  bei  Benzoesäure. 

Salzlösungen  :  über  die  Neutrali- 
sation der  Farbe  bei  der  Mi- 
schung gewisser  Salzlösungen, 
von  Field  CXX,  344. 

Sandsteine  :  Analysen  glaukoni- 
tischer und  kalkiger  Sandsteine 
der  Kreideformation  bei  Orten- 
burg  in  Niederbayem,  von  B  o  f  s- 
hirt  CXVIII,  251. 

Sauerstoff  :  über  die  Fabrikation 
des  Gases,  von  Deville  und 
Debray  CXVII,  295;  Bestim- 
mung des  Sauerstoffs,  nament- 
lich in  den  Oxydationsstufen  des 
Stickstoffs  ,  nach  Petersen 
CXVIII,  79;  Bestimmung  der 
zur  Verbrennung  organischer 
Stoffe  nöthigen  Sauer  stoffmenge, 
von  Stromeyer  CXVII,  247. 

Schwefel,  Atomgewicht  nach  Stas 
Suppl.- 1,  75. 

Schwefeläthylamyl,  untersucht  von 
Cariu^  CXIX,  317;  vgl.  CXX, 
63,  66,  255,  356. 

Schwefeläthylmethyl ,  untersucht 
von  Carius  CXIX,  314;  vgl. 
CXX,  64,  255,  356. 

Schwefelbenzyl  (Zweifach-),  unter- 
sucht von  Vogt  CXIX,  145. 

Schwefelcadmium  vgl.  Greenockit. 

Schwefelcyan  vgl.  Cyansulfid. 

Schwefelkohlenstoff  :  über  die  Ein- 
wirkung von  Einfach-Schwefel- 
kohlenstoff     auf    Antimonsuper- 


chlorid,  von  Husemaon CXVII, 
229. 

Schwefellebem ,  über  die  Analyse 
derselben,  von  Schiff  CXVII, 
95. 

Schwefelsäure  ,  Beduction  zu 
Schwefelwasserstoff  durch  Was- 
serstoff im  Entstehungszustand, 
nach  Kolbe  CXIX,  174. 

Schwefels.  Bleioxyd ,  Zusammen- 
setzung nach  Stas  Suppl.  I,  71. 

Schwefels.  Silberoxyd,  Zusammen- 
setzung nach  Stas  Suppl.  I,  73. 

Schwefelsilber ,  Zusammensetzung 
nach  Stas  Suppl.  I,  66. 

Schwefelzink,  hexagonal  krystalli- 
sirt  erhalten  von  Deville  und 
T  r  o  o  s  t  CXX,  1 86 ;  vgl.  Wurtzit. 

Söhweflige  Säure,  über  ein  neues 
Reagens  für  dieselbe,  von  Boe- 
deker  CXVII,  193;  Nachwei- 
sung geringer  Mengen  des  Ga- 
ses nach  Schiff  CXVIII,  91; 
Absorption  des  Gases  in  Wasser 
untersucht  von  Sims  CXVIII, 
334;  über  die  Einwirkung  der 
schwefligen  Säure  auf  einige 
^  Metalle  und  Metalloxyde  bei 
höherer  Temperatur,  von  Schiff 
CXVII,  92. 

Selensäure  ,  Darstellung  nach  F  a- 
bian  Suppl.  I,  241;  Verhalten 
zum  Alkohol,  nach  Demselben 
Suppl.  I,  244. 

Silber,  Darstellung  von  reinem  und 
Atomgewicht  desselben  nach 
Stas  Suppl.  I,  64,  75. 

Silicate,  künstliche  Nachbildung 
kry  stallisirter  n  ach  Deville 
CXX,  176,  179. 

Silicium,  über  das  Atomgew.  des- 
selben, von   Schiel  CXX,  94. 

Solanidin,  untersucht  von  Z  w  e  n  g  e  r 
und  Kind  CXVIII,  140. 

Solanin,  untersucht  von  Z  w  e  n  g  e  r 
und  Kind  CXVIH,  129. 

Spectralbeobaohtungen  vgLAnalyse. 

Stannäthyle,  über  die  Zusammen- 
setzung derselben,  von  Kekul^ 
CXIX,  190. 

Stickoxydul,  Darstellung  auf  nas- 
sem Wege  nach  SchiffCXVm, 
84. 

Stickstoff,  Atomgewicht  nach  Stas 
Suppl.  I,  75  ;    Bestimmung   des 


372 


Sachregister, 


Sanentoffgelialtes  in  den  Oxy- 
dationsstufen  des  Stickstoffs  nach 
Petersen  CXVIII,  79. 

Strontium,  Erkennung  durch  Spec- 
tralbeobachtangen  nach  Kirch- 
hof f  und  B  u  n  8  e  n  CXVIII,  356. 

Snlfanilidsäure,  Beitrag  zur  Kennt- 
nifs  derselben  von  Schmitt 
CXX,  129. 

Sulfobenzid,  untersucht  von  Freund 
CXX,  81. 

Sulfophosphorsftureanhydrid ,  Ein- 
wirkung auf  Methyl-  und  Amyl- 
alkohol untersucht  von  Kova- 
levsky  CXIX,  303. 

Sumpfgas,  Vorkommen  im  Salzberg- 
werke von  Wieliczka  nach  P  eb  a  1 
CXVIII,  27. 


T. 


Ter- Verbindungen  Tgl.  Tri-Verbin- 
dungen. 

Terephtals&ure ,  Mitth^ung  über 
dieselbe  von  Warren  de  la 
Rue  und  Müller  CXX,  344. 

Terpilen  -  Dibromhydrat  dargestellt 
von  Berthelot  CXVIII,  376. 

Tetra  -  Verbindungen  vgl.  Quadri- 
Verbindungeii. 

Tetrabrombuttersäure ,  untersucht 
Von  Schneider  CXX,  281. 

Tetrasulfophosphors.  Amyl,  unter- 
sucht von K oval evsky  CXIX, 
310. 

Theobromin  :  über  die  Beziehungen 
zwischen  Guanin,  Xuithin,  Theo- 
bromin ,  Caffem  und  Kreatinin, 
von  Strecker  CXVIII,  151 
(Umwandlung  des  Theobromins 
zu  Caffeün  170). 

Titanoxyd,  blaues,  untersucht  von 
Deville  CXX,  182. 

Titansäure  vgl.  Rutil. 

Toluol,  über  die  Einwirkung  der 
Salpetersäure,  von  F  i  1 1  i  g  CX  VI  I, 
191,  CXX,  214;  vgl.  bei  Benzol. 

Toluylsäure,  über  die  aus  Cyan- 
benzyl  dargestellte ,  von  Can- 
nizzaro  CXIX,  253. 

Topas,  über  die  Bildung  desselben 
von  Deville  CXX,  176. 


Trapa  natans,  Analysen  der  Asche 
und  des  Wassers,  in  welchem 
diese  Pflanze  wuchs,  mitgetheilt 
von  Gorup-Besanez  CXVIII, 
220. 

Traubensäure,  Bildung  aus  Bem- 
steinsäure  CXVII,  132  f.  (vgl. 
Weinsäure);  über  die  aus  Bi- 
brombernsteinsäure  entstehende, 
von  Kekul^  Suppl.  I,  376; 
Bildung  aus  Dulcin  nach  C  a  r  1  e  t 
CXVII,  143. 

Traubenzucker ,  untersucht  von 
Schmidt  CXIX,  92. 

Triäthylarsin  ,  Einwirkung  des 
ßromäthylens  untersucht  von 
Hofmann  Suppl.  I,  311. 

Triäthylenalkohol ,  Oxydation  des- 
selben untersucht  von  Wurtz 
CXVII,  139. 

Triäthyl-Glycerinäther ,  untersucht 
von  Reboul  und  Louren^o 
CXIX,  238. 

Triäthylphosphin  und  Derivate  des- 
selben untersucht  von  Hof- 
mann Suppl.  ly  2  (Schwefel- 
kohlenstoff-Verbindung 26 ;  Ver- 
bindung mit  Schwefelcyanphenyl 
36 ;  Einwirkung  von  Schwefel- 
cyanallyl  47;  Verhalten  zu 
Schwefelcyanäthyl  und  Schwe- 
felcyanäthylen  53 ,  zu  Cyan- 
säureverbindungen  57 ;  Einwir- 
kung von  Bromäthylen  151,  202, 
von  Bromvinyl  209 ,  von  Chlor- 
äthylen 276,  von  Jodäthylen 
279 ;  Verhalten  zu  Bromophenyl- 
ammoniumsalzen  322,  zuCbloro- 
benzol  323). 

Triäthylphosphinoxychlorid,  unter- 
sucht von  Hof  mann  SuppL  I, 
19. 

Triäthylphosphinoxyd  und  Verbin- 
dungen desselben  untersucht 
von  Hofmann  Suppl.  I,  7; 
zur  Kenntnifs  des  Triäthylphos- 
phinoxyds,  von  Pebal  CXX, 
194. 

Triäthylphosphinsulüd ,  untersucht 
von  Hofmann  Suppl.  I,  21. 

Triäthyl-Pyroglyoerinäther,  unter- 
sucht von  Reboul  und  Lou- 
ren^o  CXIX,  285. 


Sachregister. 


373 


Trijodpfaenylsäure,  untersucht  von 
Lautemann  CX3t,  307. 

Trijodsalioylgäure,  untersucht  von 
Lautemann  CXX,   306. 

Trimethylphosphin,  Verhalten  des- 
selben untersucht  von  Hof- 
mann Suppl.  I,  59;  Einwir- 
kung des  Bromids  des  bromo- 
äthylirten  Triäthylphosphoniums 
untersucht  von  H  o  f  m  a  n  n  Suppl. 
I,  280,  des  Bromäthylens  da- 
selbst 281. 

Trinitroacetonitril,  Mittheilung  über 
dasselbe  von  Schischkoff 
CXIX,  249.  « 

Trinitrooxybenzylensäure ,  unter- 
sucht von  Griefs  CXVII,  29. 

Tritomit  von  Brevig,  analysirt  von 
Möller  CXX,  241. 


u. 


Ueberhamsäure ,  s.  g.,  untersucht 
von  Strecker  OXVIII,  155. 

Uebermangans.  Kali ,  über  die  Ein- 
wirkung auf  Jodkalium,  von 
Weltzien  CXX,  349. 

Ultramarin ,  über  die  Zusammen- 
setzung des  blauen,  von  Böck- 
mann CXVIII,  222. 

Umbelliferon,  untersucht  von  M  ö  s  s- 
mer  CXIX,  260. 

Unterschwefelsäure ,  Beitrag  zur 
Kenntnifs  derselben  von  Kraut 
CXVIII,  95. 

Usninsäuren,  untersucht  von  Hesse 
CXVU,  343. 


V. 


Valeraldehyd,  über  die  Einwirkung 
des  Aetzkalks,  von  F  i  1 1  i  g  CXVII, 
68. 

Valerolactinsäure ,  identisch  mit 
Aethylmilchsäure  nach  B  u  1 1  e- 
row  CXVIII,  326. 

Verbindungen ,  Classification  der 
organischen  nach  K  e  k  ul  ^  CXVII, 
127;   über  eine  neue  Klasse  or- 


ganischer Verbindungen,  in  wel- 
chen Wasserstoff  durch  Stickstoff 
vertreten  ist,  von  Griefs  CXVII, 
1 ;  über  neue  organische  Ver- 
bindungen, in  denen  Wasserstoff 
durch  Stickstoff  vertreten  ist,  von 
Griefs  Suppl.  I,  100;  über  eine 
neue  Klasse  von  Verbindungen 
durch  Substitution  electronegati- 
ver  Körper  an  die  Stelle  der 
Metalle  in  Sauerstoffsalzen,  von 
Schützenberger  CXX,  113; 
über  die  Einführung  von  Was- 
serstoff in  organische  Verbin- 
dungen ,  von  K  o  1  b  e  CXVIII, , 
122,  von  Zinin  CXIX,  179; 
über  den  Phosphor  säuren  sich 
anschHefsende  Gruppen  neuer 
organischer  Körper,  von  C  a  r  i  u  8 
CXIX,  289. 

Vinyltriäthylarsonium  -  Verbindun- 
gen, untersucht  von  Hof  mann 
Suppl.  I,  3ia. 

Vinyltriäthylphosphonium  -  Salze, 
untersucht  von  H  o  f  ma  n  n  Suppl. 
I,  173. 


w. 


Wärme,  über  die  spec.  Wärme  der 
Gase,  von  Clausius  CXVIII, 
106  ;  Bemerkungen  zu  dieser  Ab- 
handlung von  Buff  CXVIII,  120. 

Wallrath,  über  die  Einwirkung  der 
Salpetersäure,  von  A  r  p  p  e  CXX, 
292. 

Wasser,  Ausdehnung  bei  höheren 
Temperaturen  nach  M  e  n  d  e  1  e- 
je ff  CXIX,  9;  Verfahren  zur 
Bestimmung  der  Härte  des  Was- 
sers,  von  Wilson  CXIX,  318. 

Wasserstoff,  über  die  Einführung 
desselben  in  organische  Verbin- 
dungen,  von  Kolbe  CXVIII, 
122,  von  Zinin  CXIX,  179. 

Wau,  vgl.  Luteolin. 

Weingeist  vgl.  Alkohol. 

Weinsäure,  Bildung  ausBemstein- 
säure  nach  Kekulä  CXVII, 
120,  Suppl.  I,  365,  nach  Per- 
kin  und  Duppa  CXVII,  130 
(vgl.  CXVII,  132  f.  u.  Suppl.  I, 
376);    Bildung   aus  Monobrom- 


374 


Sachregister. 


äpfelsänre  nach  Eekal^  Snppl. 
I)  362;  Umwandlung  zu  Bem- 
steinsäure  nnd  zu  Aepfelsäure 
nach  Dessaignes  GXYII,  134. 

Willemit,  künstliche  Nachbildung 
nach  Deville  CXX,  179. 

Wismuth  :  über  Wismuthoxvdul 
und  Wismutbstannat,  von  8  c  h  i  f  f 
CXIX,  331 ;  über  Wismuthsäure, 
Wismuthoxyd  und  Verbindungen 
beider,  von  Demselben  GXIX, 
342. 

Wolfram  (Mineral),  künstlich  kry- 
stallisirt  dargestellt  von  Geu- 
ther  und  Forsberg  CXX,  270. 

Wolframs.  Salze,  über  krystallisirte, 
von  Geuther  und  Forsberg 
CXX,  270. 

Wurtzit,  untersucht  Ton  Friedel 
CXX,  186. 


X. 


Xanthin  :  über  die  Beziehungen 
zwischen  Guanin,  Xanthin,  Theo- 
bromin,  Gaffern  und  Kreatinin, 
von  Strecker.  CXVin,  151 
(über  das  Xanthin  aus  Guanin 
166). 


z. 


Zimmtsäure,  Vorkommen  in  Ben- 
zoeharz  nach  Eolbe  und  Lau- 
te mann  CXIX,  139. 

Zinkäthyl,  über  die  Darstellung 
desselben,  von  Pebal  CXVIII, 
22. 

Zinn  :  über  die  Titrirung  des  Zinns, 
von  Stromeyer  CXVII,  261. 

Zinnäthyle,  vgl.  Stännäthyle. 

Zinnoxydul  :  über  die  Verbindun-  , 
gen  mit  Zinnsäure  und  Antimon- 
säure, von  Schiff  CXX,  47. 

Zinnsäure,  über  die  Verbindungen 
mit  Zinnoxydul,  Yon  Schiff 
CXX,  47. 

Zinnstein,  künstlich  krystallisirt 
erhalten  von  D  e  ville  CXX,  181. 

Zirkon,  über  die  künstliche  Nach- 
bildung, von  Deville  CXX,  176. 

Zucker  :  Bildung  einer  zuckerarti- 
gen Substanz  durch  Synthese,  von 
Butlerow  CXX,  295;  über  die 
Bildung  von  Zucker  aus  Knorpel, 
von  Fischer  und  Boedeker 
CXVII,  111;  zur  Geschichte  der 
Zackerbildung  aus  Leim,  von 
Schiff  CXIX,  256;  über  Trau- 
benzucker ,  SaHcinzucker  und 
Phloridzinzucker,  von  Schmidt 
CXEX,  92. 


Autorenre^ster. 


A. 


Arppe  (A,  E.),  zweite  Mitthei- 
über  die  Oxydationsproducte  der 
Fette  CXX,  288. 


B. 


Baeyer  (A.),  vorläufige  Notiz 
über  das  Hydantoin  CXVn,  178. 

— ,  Beiträge  znr  Kenntnifs  der 
HarDSänregruppe .  CXIX ,  1 26. 

Barth  (h.),  über  die  Einwirkung 
des  Chlors  auf  den  Amylalkohol 
CXIX,  216. 

Bauer  (A.),  über  einen  neuen  mit 
dem  Aldehyd  isomeren  Körper 
CXVII,  141. 

— ,  über  einige  Reactionen  des 
Bromamylens  CXX,  167. 

— ,  über  eine  merkwürdige  Er- 
scheinung bei  der  Destillation 
eines  Gemenges  von  Bromäthylen 
und  Brompropylen  Suppl.  I,  250. 

Baumgarten,  harnsaures  Natron, 
in  durchsichtigen  Kugeln  er- 
scheinend CXVn,  106. 


Baumhauer  (E.  H.  v.) ,  über 
das  specifische  Gewicht  der 
Mischungen  aus  Alkohol  und 
Wasser  CXVII,  391. 

Beilstein  (F.),  über  die  Einwir- 
kung des  Jodphosphors  auf  Gly- 
cerinsäure  CXX,  226. 

Beilstein  und  Seelheim,  über 
das  Saligenin  CXVII,  83. 

Bertagnini  und  S.  de  Luca, 
über  die  chemische  Constitution 
des  Phillyrins  CXVin,  124. 

Berthelot  (M.),  über  das  Ter- 
pilen-Dibromhydrat  CXVIII,  376. 

— ,  Bildung  von  Oxalsäure  durch 
Oxydation  von  Cyanverbindun- 
gen  CXX,  254. 

— ,  über  die  Oxydation  des  Alko- 
hols bei  Einwirkung  von  Baryt 
bei  gewöhnlicher  Temperatur 
SuppL  I,  144. 

Berthelot  (M.)  undA.  de  Fleu- 
rieu,  über  die  Zersetzung  der 
Aetherarten  durch  wasserfreie 
Alkalien  Suppl.  I,  271. 

Böckmann  (A.),  über  die  Zu- 
sammensetzung des  blauen  Ul- 
tramarins  CXVIII,  212. 

Boedeker  (C),  das  Alkapton ; 
ein  Beitrag  zur  Frage  :  welche 
Stoffa   des    Harns    können    aus 


376 


Autorenregister, 


einer  alkalisclieii  Kupferoxydlo- 

lösimg  Eupferoxjdol  reduciren? 

CXVII,  98. 
Boedeker  (C),    ein  neues  Rea- 
gens für  schweflige  Säure  CXVII, 

193. 
— ,    Titrirong   der   Phosphorsäare 

nnd  des  Arsens  CXVII,  195. 
Boedecker    nnd    Fischer  vgL 

Fischer  nnd  Boedeker. 
Borodine  (A.),    über   Bromvale- 
,  riansäure   nnd    Brombuttersänre 

CXIX,  121. 
Bnff(H.),  Bemerknngen>zu  Clan- 

sins'     Abhandlung     aber    die 

spec.  Wärme  der  Gase  CXVHI, 

120. 
— ,  über  die  Vertheilnng  derElec- 

tricität  in  Nichtleitern  CXIX,  53. 
Bnnsen  (R.),    über  Cäsium  und 

Rubidium  CXIX,  107. 
Bunsen   (R.)     und     Kirchho'ff 

vgl.  Eirchhoff  und  Bunsen. 
Bntlerow  (A.),  über  die  Aethyl- 

milcbsäure  CXVIII,  325. 
— ,    Bildung   einer    zuckerartigen 

Substanz  durch  Synthese  CXX, 

295. 
— ,  /  über  eine  neue  Bildungsweise 

des  Aethylens  und  seiner  Homo- 
logen CXX,  356. 


c. 


C an n i z  z ar o  (S.),  über  den  Anisal- 
kohol und  zwei  dayon  sich  ab- 
leitende sauerstoflhaltige  Basen 
CXVII,  238. 

— ,  ^  über  den  Anisalkohol  und 
eine  neue  der  Anissäure  homologe 
Säure  CXVII,  243. 

— ,  über  die  aus  Cyanbenzyl  dar- 
gestellte Toluylsäure  CXIX,  253. 

— ,  über  die  Zersetzung  der  Salyl- 
säure  durch  Aetzbaryt  Suppl.  I, 
274. 

Carius  (L.) ,  über  den  Phosphor- 
säuren sich  anschliefsende  Grup- 
pen neuer  organischer  Körper 
CXIX,  289. 

— ,  über  die  Doppelsulfide  der  Al- 
koholradicale  CXIX,  313. 

— ,  Erklärung   zu   einer  „Berich- . 


tigung u.  8.  w.  von  Herrn  Li n n  e- 
mann*  CXX,  255. 

Carius  und  Wanklyn  Tgl. 
Wanklyn  und  Carius. 

Ca  riet  (H.),  über  die  Producte 
der  Einwirkung  der  Salpetersäure 
auf  Dulcin  CXVII,  143. 

Caventou  (£.),  über  die  Brom- 
substitutionsproducte  des  Brom- 
äthyls und  die  Umwandlung  des 
Alkohols  zu  Glycol  CXX,  322. 

Church  (A.  H.),  Yorlänfige  Notiz 
über  eine  neue,  mit  der  Benzoe- 
säure homologe  Säure  CXX,  336. 

Clark  (T.  E.),  über  die  Krystall- 
form  des  FichteUts  CXIX,  226. 

Clausius  (R.),  über  die  speci- 
fische  Wärme  der  Gase  CXVIII, 
106. 


D. 


Debray(H.),  über  die  Darstellung 
krystallisirter  Metalloxyde  CXX, 
184. 

Debray  (H.)  und  Deville  vgL 
Deville  und  Debray. 

D  e  b  u  s  (H.) ,  Bemerkungen  zn 
Eolbe's  und  Lautemann's 
Ansichten  über  die  Natur  des 
Glycols  und  Glyoxals  CXVHI, 
253. 

Dessaigne8(V.),  Aepfelsäure  er- 
halten durch  Desoxydation  der 
Weinsäure  CXVII,  134. 

Deville  (H.  Sainte-Claire ), 
über  die  künstliche  Nachbildung^ 
krystallisirter  Mineralien  CXX, 
176  ff. 

Deville(H.Sainte-Claire)und 
Debray,  über  die  Fabrikation 
von  Sauerstoffgas  CXVII,  295. 

Deville(H.  Saint e- Ciaire) and 
Troost,  über  die  Darstellung 
krystallisirter  Schwefelmetalle 
CXX,  186. 

Drion  (Ch.)  und  Loir  vgl.  Loir 
und  Drion. 

Dronke  (F.)  und  Zwenger  vgl. 
Zwenger  und  Dronke. 

Duppa  (B.F.)  und  Perkin  vgl. 
Perkin  und  Duppa. 


AiUorenregisier. 


377 


E. 


Erdmann  (J.),  zum  Nachweis 
organischer  Alkalo'ide  CXX,  188. 

Erdmann  (J.)  und  Uslar  vgl. 
Uslar  und  Erdmaun. 

Erlenmeyer  (E.),  über  dag  so- 
genannte Leucinsäurenitril  und 
die  Amins&uren  der  Glycolsäure- 
reihe  CXIX,  17. 


F. 


Fabian  (C),  über  das  Verhalten 
der  Selensäure  zum  Aethylalko- 
hol  Suppl.  I,  241. 

Field  (F.),  über  die  Neutralisation 
der  Farbe  bei  der  Mischung  ge- 
wisser Salzlösungen  CXX>  844. 

Fischer  (A.) ,      Untersuchungen 
über  die  Oenanthsäure   und  den 
Oenanthsäure  -  Aethyl&ther 
CXVm,  307. 

Fischer  '(Gr.)  und  Boedeker, 
künstliche  Bildung  von  Zucker 
aus  Knorpel  (Chondrogen) ,  und 
über  die  Umsetzung  des  genos- 
senen Knorpels  im  menschlichen 
Körper  CXVII,  111. 

Fit t ig  (B.),  über  die  Zersetzung 
einiger  Aldehyde  bei  der  Ein- 
wirkung des  cauatlschen  Kalks 
CXVII,  68. 

— ,  Torl&ufige  Notiz  über  eine  neue 
Säure  aus  Toluol  CXVII,  191. 

— ,  über  die  Qxydationsproducte 
des  Toluols  durch  verdünnte 
Salpetersäure  CXX,  214. 

Fleurieu(A.de)  und  Berthelot 
vgl.  Berthelot  und  Fleurieu. 

Forsberg  (E.)  und  Geuther 
vgl.  Geuther  und  Forsberg. 

Fester  (G.C),  über  dieAoetoxy- 
benzaminsäure ,  eine  mit  der 
Hippursäure  isomere  Säure 
CXVII,  166. 

Foster  (G.  C.)  und  Matthies- 
sen  vgl.  Matthiessen  und 
Foster. 

Fresenius  (R.),  Verhalten  des 
Chlorkalks   bei  nach   und  nach 


erfolgender  Behandlung  mit  Was- 
ser, nebst  Bemerkungen  in  Be- 
treff seiner  Constitution  CXVIÜ, 
317. 

Freund  (A.),  über  die  Natur  der 
Ketone  CXVIII,  1. 

— ,  über  s.  g.  sauerstoffhaltige 
Radicale  CXVIII,  33. 

— ,  Beiträge  zur  KenntniTs  der 
phenylschwefligen  und  der  Phe* 
nylschwefelsäure  CXX,  76. 

Friedel,  über  den  WurtzitCXX, 
186. 

Friedel  (C.)  und  Machuca, 
über  Brombuttersäure  und  eine 
von  derselben  sich  ableitende 
neue  Säure  CXX,  279. 

— ,  über  die  Umwandlung  der  Pro- 
pionsäure zu  Milchsäure  CXX, 
285. 

Friedel  nndWurtz  vgl.  Wurtz 
und  FriedeL 


G. 


Geuther  (A.),  über  das  magne- 
tische Chromoxyd  CXVIII,  61. 

— ,  über  die  Bildung  der  Bem- 
steinsäure  aus  Leuchtgas  CXX, 
268. 

Geuther  (A.)  und  Forsberg, 
über  krystallisirte  wolfiramsaure 
Salze,  insbesondere  über  künst- 
lichen Wolfram  CXX,  270. 

Gi  b  b  8  ( W.),  Untersuchungen  über 
die  Platin-MetaUe  CXX,  99. 

Giesecke  (C),  Zusammensetzung 
des  Eiters  CXVII,  110. 

Gorup-Besanez  (E.  v.),  Ana- 
lysen der  Asche  von  Trapa  na- 
tans  und  des  Teichwassers,  in 
welchem  diese  Pflanze  bei  Nürn- 
berg vorkommt  CXVIII,  220. 

— ,  über  eine  einfache  Gewinnung 
qnd  Reindarstellung  des  Glyco- 
gens  CXVIII,  227. 

— ,  über  Entschwefelung  des  Leu* 
dns  CXVin,  230. 

— ,  über  die  Anwendung  des  Ozons 
zur  Reinigung  alter  vergilbter 
Drucke,  Holzschnitte  und  Ku- 
pferstiche CXVIU,  232. 


Annal.  d.  Cbem.  u.  Pharm.  CXX.  Bd.  8.  Heft. 


26 


378 


AtUorenreffister. 


Gorup-Besanez  (£.  t.),  zur 
Kenntnils  des  Glycyrrhizins 
CXVIII,  236. 

— ,  über  die  Producte  der  Einwir- 
kung des  Platinmohrs  auf  Man- 
nit  CXVni,  257. 

— ,  Analyse  der  Mineralquellen  von 
Wiesauin  derOberpfalzCXIX,240. 

— ,  über  festes  Menthaöl  des  Han- 
dels CXIX,  245. 

Gorup-Besanez  (£.  t.)  und 
Klincksieok,  über  Monobrom- 
buttersänre  und  Bromvalerian- 
sfture  CXYIII,  248. 

Griefs  (P.),  über  eine  neue  Klasse 
organiscber  Verbindungen ,  in 
welchen  Wasserstoff  durch  Stick- 
stoff vertreten  ist,  CXVII,  1. 

c  >  vorläufige  Notiz  überDiazoben- 
zo&säure  CXX,  125. 

— ,  vorläufige  Notiz  über  neue  or- 
ganische Verbindungen,  in  denen 
Wasserstoff  durch  Stickstoff  ver- 
treten ist,  Suppl.  I,  100. 

Griefs  (P.)  und  Martins,  Notiz 
über  Aethylenplatinchlorid  CXX, 
324. 

Guthrie  (F.),  Über  einige  Derivate 
der  Kohlenwasserstoffe  C^Hn 
CXIX    83. 

— ,  über'  das  Joddisulfid  (S^J)  CXX, 
352. 


H. 


Herzogenrath  (H.),  Analyse 
der.  Asche  der  Früchte  von 
Trapa  natans  CXVIH,  223. 

Hesse  (0.),  über  einige  Flechten- 
stoffe CXVII,  297. 

— ,  über  Ceratophyllin  CXIX,  366. 

— ,  zur  Geschichte  des  Pyrrol- 
rothes  CXIX,  368. 

Hess  e(0.)  und  Job  st  vgLJobst 
und  Hesse. 

Hesse  (O.)  und  Schmidt  (O.), 
vgl.  Schmidt  und  Hesse. 

H 1  a  s  i  w  e  t  z  (H.),  über  das  Phloro- 
glucin  CXrX,  199. 

— ,  über  die  Guajakharzsäure  und 
das  Pyroguajacin  CXIX,  2^6. 

-^,  über  eine  neue  Säure  aus  dem 
Blilchzucker  CXIX,  281. 


Hofmann  (A.  W.) ,  zur  Kennt- 
nifs  der  Phosphorbasen  Suppl.  I, 
1,  145  u.  275. 

Hübner  (H.),  über  einige  Zer- 
setzungen des  Acetylchlorids 
CXX,  330. 

Husemann  (A.) ,  über  Carotin 
und  Hydrocarotin  CXVII,  200. 

— ,  Notiz  über  die  Einwirkung  von 
Einfach-Schwefelkohlenstoff  auf 
Antimonsuperchlorid  CXVH,  229. 


J. 


Job  st  (J.)  und  Hesse  (O.),  über 

das  neutrale  Chininsulfat  CXIX, 

361. 
Jelly  (Ph.),   über  das  specifische 

Gewicht  des  flüssigen  Ammoniaks 

CXVU,  181. 


K. 


Kalle  (W.),  über  benzylschwef- 
lige  Säure  CXIX,  153. 

— ,  über  Benzyl-Aethyl-Aceton 
CXIX,  166. 

Kekul^  (A.),  über  die  Bromsub- 
stitutionsproducte  der  Bernstein- 
saure  und  ihre  Umwandlung  in 
Weinsäure  und  Aepfelsäure 
CXVII,  120. 

— ,  Beiträge  zur  Kenntnifs  de^ 
Salicylsäure  und  der  Benzoe- 
säure CXVII,  145. 

— ,  Einwirkung  von  Chloral  auf 
Natriumalkoholat  CXIX,  187. 

— ,  über  die  Zusammensetzung  der 
Stannäthyle  CXIX,  190. 

— ,  Untersuchungen  über  orga- 
nische Säuren  :  Fumarsäure  und 
Maleinsäure  Suppl.  I,  129 ,  Ita- 
oonsäure  und  Brenzweinsäure 
338,  Bibrombemsteinsäure  361. 

Kind  (A.)  und  Zwenger  vgL 
Zwenger  und  Kind. 

Kirchhoff  (G.)  und  Bunsen 
(R.) ,    chemische  Analyse  durch 


Autor  enregiater. 


379 


Spectralbeobachtniigen  CXVIII, 
349. 

Elincksieck,  Analyse  der  Asche 
Ton  Trapa  natans  und  des  Was- 
sers, in  welchem  die  Pflanze 
wuchs,  CXVIII,  222,  224. 

Klincksieok  und  Gorup-Be- 
sanez  vgl.  Gorup-Besanez 
und  Klincksieck. 

Knop  (A) ,  über  die  Krystallform 
der  Chinasäure  CXIX,  327. 

K ob  eil  (F.  V.),  über  die  Dian- 
säure CXIX,  283. 

Kolbe  (H.),  über  die  Einführung 
▼on  Wasserstoff  in  qrganische 
Verbindungen,  und  die  Umwand- 
lang der  Salicylsäure  in  Gallus- 
säure CXVIII,  122. 

— ,  directe  quantitative  Bestim- 
mung der  Kohlensäure  kohlen- 
saurer Salze,  und  Braunstein- 
analyse CXIX,  129. 

— ,  Darstellung  des  Oxalätliers 
CXIX,  172. 

— ,  üeberführung  der  Dicarbon- 
säuren  in  die  *  zugehörenden 
Monocarbonsäuren  CXIX,  178. 

— ,  Reduction  der  Schwefelsäure 
zu  Schwefelwasserstoff  durch 
Wasserstoff  im  Status  nascens 
CXIX,  174. 

— ,  Bildung  von  Salpetersäure  beim 
Verbrennen  Yon  Wasserstoff  in 
stickstoffhaltigem  Sauerstoff 

CXIX,  176. 

Kolbe  (H.)und  Lautemann(£.), 
über  die  Säuren  des  Benzoöhar- 
zes  CXIX,  136. 

Kolbe  (H.)  und  Schmitt  (R.), 
rother  Farbstoff  aus  dem  Kreo- 
sot CXIX,  169. 

— ,  directe  Umwandlung  der  Koh- 
lensäure in  Ameisensäure  CXIX, 
251. 

Kovalevsky  (A.),  über  die  Ein- 
wirkung von  Sulfophosphorsäure- 
anhydrid  auf  Methyl-  und  Amyl- 
Alkohol  CXIX,  303. 

— ,  über  das  Vorkommen  des  Meta- 
styrols  CXX,  66. 

Kraut  (K.),  zur  Kenntnifs  der 
Unterschwefelsäure  CXVIII,  95. 

— ,  über  die  Diamylphosphorsänre 
CXVIII,  102. 


Kuhlmann,  über  die  Bildung 
krystallisirter  Metalloxyde  CXX, 
185. 


L. 


Lane  (L.  C),  leichtere  Abschei- 
dung des  Inosits  CXVII,  118. 

Langer(E.)undWawnikiewicz, 
Verallgemeinerung  der  acidime- 
trischen  Methode  CXVII,  230. 

Langlois,  über  die  Darstellung 
von  Chlor-  und  Bromcyan  Suppl.  1, 
383. 

Lautemann  (E.),  Torläufige  No- 
tiz über  Umwandlung  der  Sali- 
cylsäure  in  Oxysalicylsäure  und 
Oxyphenylsäure  CXVm,  372. 

— ,  Beitrag  zur  Kenntnifs  der  Sa- 
licylsäuren  CXX,  299. 

Lautemann  und  Kolbe  vgl. 
Kolbe  und  Lautemann. 

Lieben  (A.),  über  die  Einwirkung 
schwacher  Affinitäten  auf  Alde- 
hyd Suppl.  I,  114. 

Liebig  (J.  t.),  über  den  Peru- 
Guano  CXIX,  11. 

Linnemann  (B.),  Untersuchung 
über  das  Cyansulfid  CXX,  36. 

— ,  Berichtigung  über  die  Angabe 
des  Verfassers  der  Bd.  CXX, 
S.  61  stehenden  Abhandlung 
CXX,  255,  356. 

Loir  (A.)  und  Drion,  Darstel- 
lung fester  Kohlensäure  CXX, 
211. 

— ,  über  die  Condensation  von  Ga- 
sen nur  durch  Temperatnremie- 
drigung  CXX,  212. 

Lonren9o  (A.V.),  über  die  Poly- 
äthylenalkohole CXVII,  269. 

— ,  über  die  Polyglycerin- Alkohole 
und  die  Anhydride  derselben 
CXIX,  228. 

— ,  Umwandlung  des  Glycerins  in 
Propylenglycol  und  des  Aethy- 
lenglycols  in  Aethylalkohol  CXX, 
89. 

Louren90  undReboul  tgLRe- 
boul  und  Louren90. 

Luca  (S.  de)  und  Bertagnini 
vgl.  Bertagnini  und  Luca. 


380 


Autorenregister. 


M. 


MachTLca(V.)  und  Fried el  vgl. 
Friedel  und  Machnca. 

M  a  r  c  e  t  (W.) ,  Untersuchnngen 
über  die  Bestandtheile  des  Ma- 
gensaftes CXX,  250. 

Martins  (C.  A.),  über  einige 
Cyanverbindungen  der  Platin- 
metaUe  CXVII,  357. 

Martins  (G.  A.)  nnd  Griefs 
vgl.  Griefs  und  Martins. 

Matthi essen  (A.)  und  Fester^ 
über  die  cbemiscbe  Constitution 
des  Narcotins  und  seiner  Zer- 
setzungsproducte  Suppl.  I,  380. 

Mendelejef£(D.),  über  die  Aus- 
dehnung der  Flüssigkeiten  beim 
Erwärmen  über  ihren  Siedepunkt 
CXIX,   1. 

Miasnikoff  (M.)?  iiber  das  Ace- 
tylen  CXVIII,  330. 

Möller  (F.  P.),  Analyse  des  Tri- 
tomits  von  Brevig  CXX,  241. 

Mössmer  (P.),  über  das  Galba- 
num  CXIX,  257. 

Mobr  (F.),  Bestimmung  der  ver^ 
schiedenen  Oxydationsstufen  im 
Braunstein  CXVII,  382. 

— ,  Auflösung  der  mafsanaly tischen 
Aufgabe  von  Bd.  CXVI,  S.  128 
dieser  Ann&len  CXVfl,  386. 

-»,  technische  Bestimmung  von 
Kali  neben  Natron  in  neutralen 
und  alkalischen  Verbindungen 
CXIX,  123. 

Moite ssier  (A.),  über  das  Cam- 
phorylchlorid  CXX,  252. 

Mosling  (8.),  über  die  Verwand- 
lungen des  Benzoganhydrids  durch 
Chlorwasserstoff  und  Schwefel- 
wasserstoffgas CXVIII,  303. 

Mü'ller  (Hugo)  und  Warren 
de  la  Rue  vgl.  Warren  de 
la  Rue  und  Müller. 


durch  Vermittelung  der  Mono- 
brombuttersäure  CXIX,  115. 

Naumann  ( A.) ,  über  Bildung  von 
Anderthalbfach  -  Chlorkohlenstoff 
durch  Einwirkung  von  Chlor  auf 
Butters'äure  CXIX,  120. 

Neubauer  (C),  über  Kreatinin 
CXIX,  27,  CXX,  267. 


0. 


Oppenheim,   über   den  Mentha- 

oampher  CXX ,  350. 
Oser,     über    das    Propylenoxyd 

Suppl.  I,  253. 


N. 


Naumann  (A.),  über  Bildung  von 
Butylmilcbsäure  aus  Battersäure 


P. 


Paraf  (A.)  tmd  Schützenber- 
ger  vgL  Schützenberger 
und  Paraf. 

Pebal  (L.),  eine  leichte  Methode 
zur  Darstellung  von  Zinkäthyl 
CXVIII,  22. 

— ,  Analyse  eines  brennbaren  Gas- 
gemisches aus  dem  Salzberg- 
werke von  Wieliczka  CXVIII,  27. 

— ,  zur  Eenntnifs  des  Triäthyl- 
phosphinoxydes  CXX,   194. 

Perkin  (W.  H.)  und  Duppa, 
über  Dibrombernsteinsäure  und 
die  künstliche  Bildung  von  Wein- 
säure CXVII,  130. 

— ,  über  Dijodessigsäure  CXVII, 
351. 

Petersen  (T.),  über  die  Destilla- 
tionsproducte  des  Ricinusöls  mit 
Natriumhydrat  CXVIII,  69. 

— ,  Bestimmung  des  Sauerstoffs, 
insbesondere  in  den  Oxydations- 
stufen des  Stickstoffs  CXVIII, 
79. 

— ,  über  ein  Erdharz  von  Baku 
CXVIII,  82. 

Pfaundler  (L.),  über  dieAcetyl- 
Quercetinääure  CXIX,  213. 

Planer,  Notiz  über  das  Chole- 
Stearin  CXVIII,  25. 

Poaillet,     über   das   speciffsche 


Autorenregister. 


381 


Gewicht  der  Mischnngen  aus 
Alkohol  und  Wasser  CXVII, 
391. 


R. 


Rebonl,.  über  die  Aether  des 
Glycids  und  ihre  Beziehungen 
zu  den  Aethern  des  Glycerins 
SuppL  I,  218. 

Reboul  und  Louren9  0,  über 
einige  Aethylätherarten  der  Poly- 
glycerin- Alkohole  CXIX,  233. 

— ,  Über  einige  Aetherarten  des 
Glycerins  CXIX,  237. 

R 1  c  h  e  (A.)  y  über  die  zweibäsischen 
organischen  Säuren  und  einen 
neuen  Ton  der  Oenanthylsäure 
sich  ableitenden  Kohlenwasser- 
stoflP  CXVn,  265. 

Rieth  (R.),  über  das  Aribin,  eine 
neue  organische  Base  CXX, 
247. 

Rofshirt  (H.),  Analysen  glau- 
konitischer und  kalkiger  Sand- 
steine der  KreideformatioD  bei 
Ortenbarg  in  Niederbayern 
CXVIII,  261. 

Rossi  (A.),  über  eine  neue,  der 
Cuminsäure  homologe  Säure 
Suppl.  I,  139. 

— ,  über  den  Cuminalkohol  und 
drei  von  ihm  sich  ableitende 
Basen  Suppl.  I^  141. 


S. 


Sawitsch  (V.),  über  einige  TOm 
Aethylen  sich  ableitende  Verbin- 
dungen.CXIX,  182. 

— ,  Umwandlung  des  einfach  -  ge- 
bromten  Propylens  C^HsBr  zu 
Allylen  C6H4  CXIX,  186. 

Seh  ad  (L.),  über  einige  aus  Bru- 
cin  und  Bromäthylen  entstehende 
Verbindungen  CXVIII,  207. 

Schiel  (J.),  über  das  Atomge- 
wicht des  Siliciums,  nebst  eini- 
gen Bemerkungen  über  Atom- 
gewichte CXX,  94. 


Scbiff  (H.),  Einwirkung  der 
schwefligen  Säure  auf  einige 
Metalle  und  Metalloxyde  bei 
höherer  Temperatur  CXVII,  92. 

— ,  Darstellung  von  Stickoxydul 
auf  nassem  Wege  CXVIII,  84. 

— ,  Verbindungen  des  Glycerins 
mit  den  Säuren  des  Arsens 
CXVIII,  86. 

— ,  über  die  Zertheilung  des  Phos- 
phors   durch  Harn  CXVIII,  88. 

—  ,  Darstellung  fein  zertheilten 
Kupfers  CXVIII,  89. 

— ,  Meroaptan  aus  Essig&ther 
CXVIII,  90. 

— ,  spec.  Gewicht  von  Chlormag- 
nesium-Lösungen CXVIII,  90. 

— ,  Nachweis  geringer  Mengen 
gasförmiger  schwefliger  Säure 
CXVIII,  91. 

— ,  Demonstration  der  dunklen 
Flammenzone  CXVIII,  93. 

— ,  eine  Gebläselampe  CXVIII,  94, 

— ,  über  das  LÖstmgsverm^gen  des 
wässerigen  Weingeists  CXVIII, 
362. 

— ,  zur  Geschichte  der  Zuckerbil- 
dung aus  Leim  CXIX,  256. 

— ,  Untersuchungen  über  die  Oxyde 
des  Wismuths  CXIX,  331. 

— ,  über  die  Verbindungen  des 
Zinnoxyduls  mit  Zinnsäure  und 
Antimonsäure  CXX,  47. 

— ,  über*  Chromsuperoxyd  und 
ChT;om8äure  CXX,  207. 

Schischkoff  (L.) ,  vorläufige 
Notiz  über  das  vierfach -nitrirte 
Formen  (oder  Vierfach-Nitrokoh- 
lenstoff)  CXIX,  247. 

» ,  vorläufige  Notiz  über  das  zwei- 
fach-nitrirte  Acetonitril  CXIX, 
249. 

— ,  über  die  rationelle  Formel  der 
Knallsäure  Suppl.  I,  104. 

Schlieper  (G.  u.  A.),  über  die 
Oxydationsproducte  der  Indig- 
blau-Schwefelsäure  CXX,  1. 

Schmidt  (O.),  über  Trauben- 
zucker, Salicinzucker  und  Amyg- 
dalinzucker  CXIX,  92. 

Schmidt  (O.)  und  Hesse  (O.), 
•'Notiz  über  Phloretin  CXIX,  103. 

Schmitt  (R.),  Beitrag  zurKennt- 
nifs  der  Sulfanilidsäure  und  Ami- 
dophenylschwefelsäure  CXX,  129. 


382 


Autorenregüter. 


Schmitt  (K.)  nnd  Kolbe  (H.) 
vgl.  Kolbe  und  Schmitt. 

Schneider  (R.),  über  die  Ein- 
wirkung des  Broms  auf  die 
Buttersänre  CXX,  279. 

Schröder  (H.),  über  Filtration 
der  Lnft  in  Beziehung  auf  Gäh- 
ruug,  Fäulnifs  und  Krjstallisa- 
tion  CXVn,  273. 

Schützenberger  (P.),  über  die 
Substitution  electronegativer  Kör- 
per an  die  Stelle  der  Metalle  in 
Sauerstoffsalzen  CXX,  113. 

— ,  über  die  Producte  der  Zer- 
setzung des  benzoösauren  Jods 
durch  warme  CXX,    119. 

Schützenberger  (F.) undParaf, 
über  den  Farbstoff  des  Wau's 
Suppl.  I,  256. 

Seelheim  und  Beilstein  vgl. 
Beilstein  und  Seelheim. 

Siebert  (S.)  und  Zwenger  Tgl. 
Zwenger  und  Siebert. 

Simpson  (M.),  über  Oyanäthylen. 
und  Bemsteinsäure  GXVIII,  373. 

Sims  (T  h.  H.),  Beiträge  zur  Kennt- 
nifs  der  Gasabsorptionsgesetze 
CXVIIl,  333. 

Stas  (J.  S.),  über  die  Atomge- 
wichte der  einfachen  Körper 
Suppl.  I,  62. 

Stern  (F.),  Analyse  der  Asche 
TOn  Trapa  natans  CXVIIl,  223. 

Strecker  (A.),  Untersuchungen 
über  die  chemischen  Beziehun- 
gen zwischen  Guanin,  Xanthin, 
Theobromin,  Caffe'in  und  Kre- 
atinin GXVIII,  151. 

— ,  über  die  Spaltung  der  Piperin- 
säure  mit  Kalihydrat  CXVIIl, 
280. 

—  ,  über  die  Ein  Wirkung,  der  rau- 
chenden Schwefelsäure  auf  Milch- 
säure CXVIIl,  290. 

— ,  über  einige  Verwandlungen 
des  Arbutins  CXVIIl,  292. 

Stromeyer  (A.),  Bestimmung 
der  zur  Verbrennung  organi- 
scher Stoffe  nöthigen  Sauerstoff- 
menge CXVII,  247. 

— ,  über  die  Titrirung  des  Zinns 
CXVII,  261. 


T. 


Toussaint  (J.  F.),  über  Dar- 
stellung und  Eigenschaften  der 
Oxaminsäure  CXX,  237. 

Troost  und  Deville  vgl.  De- 
ville  und  Troost. 


u. 


Uelsmann  (H.),  über  Fleiimann 
und  Henneherg's  phosphorsaure 
Salze   CXVIIl,  99. 

U8lar(L.  y.)  und  Erdmann (J.), 
über  eine  neue  Methode  der  Dar- 
stellung und  Nachweisung^  der 
Alkaloi'de  CXX,  121. 


V. 


Vogt  (C),  über  Benzylmercaptan 
und  Zweifach  -  Schwefelbenzyl 
CXIX,  142. 

Volt  (C.),  über  das  Znstande- 
kommen der  thierischen  Bewe- 
gung CXIX,  193. 

Volhard  (J.),  über  mehratomige 
Harnstoffe  CXIX,  348. 


w. 


Waage  (P.) ,  über  Leucinsäure 
und  einige  Salze  derselben 
CXVin,  295. 

— ,  Notiz  über  einige  oxalursaure 
Salze  CXVIIl,  301. 

Wanklyn  (J.  A.)  und  Carins, 
über  eine  neue  Wasserstoff^er- 
bindung  des  Eisens  CXX,  69. 

Warren  de  laRue  und  H.Mül- 
ler, vorläufige  Notiz  über  einige 
Producte  der  Einwirkung  ver- 
dünnter Salpetersäure  auf  einige 
Kohlenwasserstoffe  der  Benzol- 
reihe CXX,  389. 


Autorenregister. 


383 


Wawnikiewicz  (R.)  nnd  Lan- 
ger (E.)  Ygl.  Langer  und 
Wawnikiewicz. 

Weltzien  (C),  über  die  Einwir- 
kung Yon  Kaliumpermanganat 
auf  Kaliumjodür  CXX  ,    349. 

Wich  (A.  V.),  über  Darstellung 
und  quantitative  Bestimmung 
der  Molybdänsäure  CXVni,  43. 

Will  (H.),  Beitrag  zur  Eenntniis 
der  Krokonsfture  CXVIII,  177. 

— ,  über  die  Znsammensetzung 
und  Entstehung  der  Rhodizon- 
sÄure  CXVin,  187. 

— ,  Verbindung  des  Nicotins  mit 
Chlorbenzoyl  CXVIII,  206. 

— ,  yorläufige  Mittheilung  über 
die  Zusammensetzung  des  myron- 
sauren  Kali's  CXIX,  376. 

Wilson  (P.  B.),  Verfahren  zur 
Bestimmung  der  Härte  des  Was- 
sers CXIX,  318. 

W ö hl  e r  (F.) ,  Verhalten  des  Braun- 
steins zum  salpetersauren  Natron 
CXIX,  375. 

— ,  Lithion  in  Meteoriten  CXX, 
253. 

Wood  (B.),  leichtflüssige  Metall- 
legirung  CXVII,  144. 

Wurtz  (A.),  Umwandlung  des 
Aethylens  zu  complicirteren  or- 
ganischen Säuren  CXVII,  136. 

— ,  über  die  Aethylmilchsäure 
CXVm,  825  f. 


Wurtz  (A.) ,  über  eine^ Verbindung 

des  Aldehyds  mit  Aethylenoxyd 

CXX,  328. 
— ,  Allgemeines  über   die  Glycole 

Suppl.  1,  85. 
— ,   Reduction    des   Propylglycols 

und  Butylglycols  zu  Propylalko- 

hol  und  Butylalkohol  Suppl.  1, 380. 
Wurtz    (A.)   und   Friedel    (C), 

Untersuchungen  der  Milchsäure 

CXIX,  369. 


z. 


Zinin  (N.) ,  über  das  Benzil 
CXIX,  177. 

— ,  über  die  Einfahrung  von  Was- 
serstoff in  organische  Verbin- 
dungen CXIX,  179. 

Zwinger  (C.)  und  Dronke, 
überRobinin,  ein  neues  Glucosid 
aus  den  Blüthen  der  Acacien 
(Robinia  pseud-acacia),  und  dessen 
Zusammenhang  mit  Quercitrin 
Suppl.  I,  257. 

Zwenger  (C.)  und  Kind,  über 
das  Solanin  und  dessen  Spal- 
tungsproducte  CXVIII,  129. 

Zwenger (C.)  und  Siebert,  über 
das  Vorkommen  der  Chinasäure  in 
den  Kaffeebohnen  Suppl.  I,  77. 


Ausgegeben  den  19.  December  1861. 


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Druck   Ton  Wilhelm   Keller   in   Giefsen. 


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