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THE LIBRARY
OF
THE UNIVERSITY
OF CALIFORNIA
EMIL FISCHER COLLECTION
PHESENTBD BT HIS SON
Pirrf. Hermain Rschu:
Badef
i \
ANNALEN
DER
C H E M I E
UND
PHARMACDE.
HERAUSGEGEBEN
VON
FRIEDRICH WOHLER, JUSTIIS LIEBIG
UND HERMANN KOPP.
BAND CXIX.
{mt EINEB FIOURENTAFBL.)
LEIPZIG DND HEIDELBERG.
O. V. WISrTSB'SOHE VBBZiAaSHAD'DIiUNa.
186L
Cbemlstry Itti
QDl
BIOCHEM.
ilBRARY
inhaltsanzeige des CXIX. Bandes.
Erstes Heft.
Seite
üeber die Aosdehnimg der Flüssigkeiten beim Erwärmen über
ihren Siedepunkt; von D. Men delejeff . . . . •. . . 1
Ueber den Peru-Guano; Yon Jus tus von Lieb ig 11
Ueber das sogenannte Leucinsäurenitril und die Aminsfturen der
Glycolsäurereihe ; von Privatdocent Dr. E. Erlenmeyer in
Heidelberg 17
Ueber Kreatinin; von Dr. C. Neubauer 27
Ueber die Vertheilung der Electricitllt in Nichtleitern ; von H.
Buff 53
Ueber einige Derivate der Kohlenwasserstoffe CJRj^ ; yon F. Gu-
thrie 83
Untersuchungen aus dem chemischen Laboratorium in Ghreiüswald :
5. Ueber Traubenzucker, Salicinsucker und Amygdalin-
zucker; von O. Schmidt 92
6. Notiz über Phloretin; von O.Schmidt und O. Hesse 103
Ueber Cäsium und Rubidium; yon R. Bunsen 107
Ueber Bildung yon Butylmilchsäure aus Buttersäqire durch Vermit-
telung der Monobrombuttersäui'e ; von Dr. Ale^* Naumax^i^ llö
iM6443S4
Seite
Ueber Bildung Yon Anderthalbfach - Chlorkohlenstoff durch Ein-
wirkung Yon Chlor auf Buttersäure ; von Demselben . . 120
Ueber Bromyaleriansäure und Brombuttersäure ; nach A. Borodine 121
Technische Bestimmung von Kali neben Natron in neutralen und
alkalischen Verbindungen; yon Dr. Mohr 123
Beiträge zur Kenntnifs der Hamsäuregruppe ; yon Adolf
Baeyer 126
Zweites Heft.
Untersuchungen aus dem academischen Laboratorium in Marburg :
XY. Directe quantitative Bestimmung der Kohlensäure koh-
lensaurer Salze, und Braunsteinanalyse; von Her-
mann Kolbe 129
XVI. Ueber die Säuren des Benzoöharzes ; von H. Kolbe
und £. Lautemann . . . . 136
XVII. Ueber Benzylmercaptan und Zweifach-Scbwefelbenzyl ;
von Dr. Carl Vogt 142
XVIII. Ueber benzylschweflige Säure; von Dr. Wilhelm
Kalle 153
XIX. Ueber Benzyl-Aethyl- Aceton ; von Demselben . . 165
XX. Vermischte Notizen :
1. Rother Farbstoff aus dem Kreosot; von H.
Kolbe und R. Schmitt 169
2. Darstellung des Oxalätbers ; von H. Kolbe. 172
3. Ueberführung der Dicarbonsäuren in die zu-
gehörenden Monocarbonsäuren ; von Dem-
selben 173
4. Reduction der Schwefelsäure zu Schwefelwas-
serstoff durch Wasserstoff im Status nascens ;
von Demselben 174
5. Bildung von Salpetersäure beim Verbrennen
von Wasserstoff in stickstoffhaltigem Sauer-
stoff; von H. Kolbe 176
Ueber das Benzil; von N. Zinin 177
Seite
lieber die Einfühning von Wasserstoff in organische Verbindungen •
von Demselben 179
Ueber einige vom Aethylen sich ableitende Verbindungen; nach
V. SaT^itsch 182
Umwandlung des einfach -gebromten Propylens CeH^Br su Allelen
C0H4; nach V. Sawitsch .186
Einwirkung von Chloral auf Katriumalkoholat ; yonAug. Kekul^ 187
Ueber die Zusammensetzung der Stannäthyle; von Demselben 190
Ueber das Zustandekommen der thierischen Bewegung; von
Carl Voit . 193
Mittheilungen aus dem Laboratorium zu Innsbruck :
I. Ueber das Phloroglucin ; von H. Hlasiwetz. . • . 199
II. Ueber die Acetyl - Quercetinsäure ; von Leopold
Pfaundler 218
III. Ueber die Einwirkung des Chlors auf den Amylalkohol ;
von Dr. Ludwig Barth 216
Ueber die Krystallform des Fichtelits; von Dr. T. Edwards
Clark 226
Ueber die Polyglycerin - Alkohole und die Anhydride derselben ;
von A. V. Lourenfo . . . ' 228
Ueber einige Aethylätherarten der Polyglycerin - Alkohole ; von
Beboul und Louren90 233
Ueber einige Aetherarten des Glycerins; von Denselben . . 237
Analyse der Mineralquellen von Wiesau in der Oberpfalz ; von E.
V. Gorup-Besanez 240
Ueber festes Menthaöl des Handels ; von Demselben . . . . 245
Vorläufige Notiz über das vierfach -nitrirte Formen (oder Vierfach-
Nittokohlenstoff) ; von L. Schis chk off 247
Vorlaufige Notiz über das zweifach - nitrirte Acetonitril; von Dem-
selben ... 249
Directe Umwandlung der Kohlensäure in Ameisensäure ; von Her-
mann Kolbe und Budolf Schmitt 251
Ueber die aus Cyanbenzjl dargestellte Toluylsäure; von S. Can-
nizzaro 253
Zur Geschichte der Zuckerbildung aus Leim; von Hugo Schiff 256
Drittes Heft.
Seite
Blittheilungen aas dem Laboratorium zu Innsbruck :
ly. Ueber dag Galbanum; von P. Mössmer 257
y. Ueber die Guajakharzsäure und das Pyrognajacin ; Ton
H, Hlasiwetz 266
yL Ueber eine neue Saure aus dem Milchzucker ; von
H. Hlasiwetz 281
Ueber die Diansäure; von Fr. y. Kobell 283
Mittheilungen aus dem Laboratorium des Privatdocenten L. Car ius
in Heidelberg :
5. Ueber den Phosphorsäuren sich anschliefsende Gruppen
neuer organischer Körper; von L. Car ius . . . 289
6. Ueber die Einwirkung von Sulfophosphorsäureanhydrid
auf Methyl- und Amyl- Alkohol; von Dr. A. Ko-
yalevsky 803
7. lieber die Üoppelsulfide der Alkoholradicale ; yon L.
Garius 313
yerfahren zur Bestimmung der Härte des Wassers; yon Pierce
B. Wilson 318
Ueber die Rrystallfbrm der Chinasäure; yon Dr. Adolph Knop 827
Untersuchungen über die Oxyde des Wismuths ; yon Hugo Schiff 331
Ueber mehratomige Harnstoffe; yon J.yolhard 348
Ueber das neutrale Chininsulfat; yon J. Jobst und Ö. Hesse 361
Ueber Ceratophyllin ; yon O. Hesse . . , 365
Zur Geschichte des Pyrrolrothes ; yon Demselben 368
Untersuchungen über die Milchsäure; yon A. Wurtz und C.
Friedel 369
Verhalten des Braunsteins zum salpetersauren Natron .... 375
Vorläufige Mittheilung über die Zusammensetzung des myronsau-
ren Kali's 876
I
l i
;
AimALEN
DER
CHEMIE UND PHARMACIE.
GXIX. Bandes erstes Heft.
üeber die Ausdehnung de(; Flüssigkeiten beim Er-
wärmen über ihren Siedepunkt ;
von D. Menäelejeff.
Die Kenntnifs des specifischen Gewichts bildet ein noth-
wcndiges Moment bei der Bestimmung der Cohäsion und
folglich auch^ wie es scheint, bei der Entscheidung der Frage
über die Ursachen der chemischen Reactionen. Es werden
vielfache Reactionen in zugeschmolzenen Röhren bei Tem-
peraturen , die höher liegen als die Siedepunkte der ange-
wendeten Flüssigkeiten, vorgenommen, und doch haben wir
bis jetzt noch keine Kenntnifs über die Ausdehnung der ge-
wöhnlichsten Flüssigkeiten bei Temperaturen über ihrem Siede-
punkt. Die Erforschung des spec. Gew. der Flüssigkeiten
bei diesen Temperaturen kann zugleich als Material zur Ent^
Scheidung einiger Fragen der mechanischen Wärmetheorie
dienen. Ich habe defshalb die folgende Untersuchung vor-
genommen, die auch als Fortsetzung meiner Untersuchungen
über die Cohäsion der Flüssigkeiten ^} gelten kann.
Die ersten Bestimmungen wurden mit Aether, Alkohol
und Wasser ausgeführt. Es dienten dazu Glasröhren von
*) Compt. rend. L, 62 u. LI, 97.
Annal. d. Ghem. a. Pharm. CXIX. Bd. 1. Heft.
f\
2 Mendelejeffy über die Ausdehnung der Flüssigkeiten
300™ Länge, 4"" lichter Weile und ungefähr 2""" Wand-
stärke. Ein so dickwandiges Rohr, wenn es gut zugeschmolzen
ist, hält andauernd und wiederholt einen Druck Yon mehr als
20 Atmosphären aus. Meine Versuche verliefen alle ohne
Explosion^ obgleich der Aether bis auf 157^ und noch höher
in den Röhren erwärmt wurde.
Die oberen Enden der Röhren wurden in Millimeter ge-
theilt und durch Wägen mit Quecksilber katibrirt und ihre
Capacität bestimmt. Für ein jedes Rohr wurde der Ausdeh-
nungscoefficient gefunden durch Bestimmung der Quecksilber-
menge, welche aus dem ausgezogenen oberen Ende beim
Erwärmen von 0^ auf 100^ heraustrat. Der mittlere Aus-
dehnungscoefficient ergab sich = 0,0000277.
Mit Hülfe dieser Daten war es möglich, bei jeder Tem-
peratur und bei jeder Höhe der Flüssigkeit im Rohr den von
ihr eingenommenen Raum zu bestimmen.
Man hätte voraussetzen sollen, dafs die Capacität der
Röhre beim Versuche bedeutend verändert würde , weil von
Innen ein starker Druck auf ihre Wandungen wirkt.*} Fol*
gender Versuch zeigt jedoch, dafs die Veränderungen nur
geringe sind. Eine Röhre wurde zu V4 mit Quecksilber
gefüllt, dasselbe zum Sieden erhitzt und in Wasserdampf
(bei ^9^,87) seine Höhe bestimmt; dann wurde auf das
Quecksilber Aether gegossen und das Rohr beim Sieden des
letzteren zugeschmolzen. Dasselbe wurde dann auch noch-
mals im Wasserdampf erhitzt (bei 99^80) und nun wieder
die Höhe des Quecksilbers bestimmt.
Der Unterschied in den Beobachtungsresultaten war
0,05°"", was, bei der Höhe der Quecksilbersäule von 220^^,
einen Fehler von nicht mehr als 0,00025 ausmacht, während
{
*) Andrejeff (diese Annalen GX, 4) zeigte übrigens schon, dafs
bei cylindrischen dickwandigen Röhren diese Veränderung un-
bedeutend ist.
heim Erwärmen über ihren Siedepunkt. 3
der UnterschH^d im inneren Druck bei beiden Versuchen 5,5
Atmosphären beträgt.
Der beobachtete Unterschied zwischen den Quecltsilber-
höhen hängt freilich nicht allein von der veränderten Capa-
cität des Rohres, sondern auch von der Compression des
Quecksilbers ab ; diese letztere sowohl, wie die Ausdehnung des
Rohres verkleinern das Volum der Flüssigkeiten bei allen an-
gestellten Untersuchungen. Indem ich mich nach den Versuchen
von Grassi richtete, suchte ich den Fehler, welcher durch die
Compression der Flüssigkeiten bedingt ist, möglichst zu
corrigiren. Ich nahm an, dafs die Compression dem Drucke
proportional ist, und dafs sich deren Coefficient mit der Er-
höhung der Temperatur regelmäfsig vergröfsert (für den
Aeiher und Alkohol) oder verkleinert (für das Wasser).
Wenn man weifs, dafs z.B. bei 0^ und 8 Atmosphären Druck
der Compressionscogfficient des Aethers OyOOOld, bei 13^,8
aber und bei demselben Druck 0,00015 beträgt, so kann man
annehmen, dafs bei einer Temperatur von t^ der Compres*
sionscoefficient des Aethers = 0,00013 -f 0,00000145 t sein
wird. Für Alkohol ist dieser Coefficient 0,00008 4* 0,0000024 1
und für Wasser 0,00005 — 0,0000000113 t Wenn wir durch
V das Volum der Flüssigkeit bezeichnen, durch f die Spann-
kraft der Dämpfe in Atmosphären *} und durch k den Com-
pressionscoefficienl, so wird das corrigirte Volumen durch
v[i -|- (f — t)k] ausgedrückt werden.
Nach dem Zuschmelzen der Röhre ^ mit der zu unter-'
suchenden Flüssigkeit ( beim Siedepunkt derselben , damit
keine Luft im Rohre bleibt} wurde deren Volum bei 0^ oder
bei gewöhnlicher Temperatur bestimmt, was auch zur Be-
stimmung des Gewichts der Flüssigkeit dienen könnte* Dieses
wurde übrigens nach Beendigung der Versuche durch directes
*) Regnaalt, Compt. rend. L, 1063; Relation des exp€r. etc. T. I.
1 *
4 Mendelejeffy über die Ausdehnung der Flüssigkeiten
Wägen des Rohrs zuerst mit der Flüssigkeit und nachher
ohne dieselbe ermittelt. Bei jeder Ablesung der Volume
wurde das Rohr mit der Flüssigkeit vertical gestellt und
dann beobachtet : 1} Der Abstand des unteren Theiles des
Meniscus vom nächst untersten Striche. (Dieses wurde mit
Hülfe der Hikrometerschraube eines von Perreauxdel'Orne
ausgeführten genauen Cathetometers vorgenommen.) 2} Die
Höhe des Meniscus, d. h. der Abstand von seinem untersten
Funkte bis zu dem Strich, bei welchem die Flüssigkeit mit
den Wandungen zusammenfällt. 3} Die Höhe des Ther-
mometers *} , welches neben das Rohr gestellt war. Eine
jede Ablesung wurde erst dann vorgenommen, wenn sowohl
die Flüssigkeit im Rohre, wie auch das Quecksilber im Ther-
mometer constante Höhen angenommen hatten, was mit Hülfe
des Fadenkreuzes des Cathetometers leicht zu beobachten war.
Zum Erhitzen der Röhren wurden die Dämpfe von abso-
lutem Alkohol, von Wasser, von Amylalkohol und von ge-
reinigtem Terpentinöl angewendet, indem ein rascher Strom
derselben durch ein weites Rohr, in welchem die zuge-
schmolaene Röhre und das Thermometer befestigt waren, ge-
trieben wurde. Nachdem die Dämpfe zur Erwärmung gedient
hatten, gelangten sie in einen Kühlapparat. Eine solche An-
ordnung ist sehr bequem und vielleicht die einzige, bei wel-
cher eine constante Temperatur auf lange Zeit erhalten wer-
den kann, was besonders für die Erhitzung eines dickwandigen
Rohres nothwendig ist.
Das Ablesen durch die Dampf- und Flüssigkeitsschichten^
welche dif» W^andungen der Röhren umgeben oder sich darauf
•) Die zu diesem Zwecke dienenden Thermometer waren von mir
selbst kalibrirt imd deren constante Punkte vor den Versuchen
nochmals constatitt, so dafs der grÖfste Fehler in den Tempera-
turbestunmungen (freilich nach den Correctionen ) bis 100^ nur
zu 0^,02, über 100^ aber ungefähr zu 0^,10 angenommen wer-
den kann.
heim Erwärmen über ihren StedepunJcL 5
absetzen, ist nur beim Gebrauch von Wasser unbequem, weil
sich dieses zu Tröpfchen verdichtet, während andere Flüssig-
keiten in einer gleichmäfsigen Schichte abfliefsen. Zur Ent-
fernung der Wassertröpfchen wurde das weite Rohr in der
Gegend des Meniscus erwärmt. Manchmal stieg beim Anfang
des Versuchs die Flüssigkeit im zugeschmolzenen Rohre bis
zum oberen Ende derselben und blieb daselbst stehen. Zu
deren Entfernung mufste man diesen Theil des Rohres er-
wärmen, ohne übrigens den Strom des Dampfes zu unter-
brechen. Nachdem das Gewicht p der in dem Rohr enthalten
gewesenen Flüssigkeit schon bestimmt war, wurde dasselbe
bis zuih oberen Ende mit Quecksilber gefüllt, um die Capa-
cität V des ganzen Gefäfses zu bestimmen. Eine von den
Röhren wurde dann auch aufs Neue kalibrirt, wodurch man
sich überzeugen konnte , dafs während der Versuche weder
in der Capacität noch in dem Kaliber der Röhren eine Aen-
derung vorgegangen war.
Diese Daten machten es möglich , das Volum , das 6e«
wicht und folglich auch das spec« Gewicht der Flüssigkeit zu
bestimmen. Vor allem war es nothwendig, das Volum der
Flüssigkeiten zu berechnen. Das Volum des Meniscus nahm
ich an = Ttr — « — , wo r den Radius der Röhre (i" Centi-
metern) und 1 die Höhe des Meniscus ausdrückt. Dieser Aus-
druck liegt in den Grenzen der Beobachtuhgsfehler bei Röhren,
deren Radius nicht mehr als 2"" beträgt, wie diefs die Ver-
suche von Desains*) u;Rd meine eigenen Beobachtungen
gezeigt haben. Er gründet sich darauf, dafs die Fläche des
Meniscus entweder die einer Halbkugel (wonach 1 = r,
Laplace}, oder die eines Halbellipsoi'ds ist (wonach
*) Am. chim. phyB. LI, 402, 422.
6 Mendelejeffj über die Ausdehnung der Flüssigheiten
1 = g 3 — , Desains, wo a* den CapillaritätscoefG-
cienten ausdrückt}. Der letzte Ausdruck für die Hölie des
Meniscus kommt der Wahrheit sehr nahe , wovon ich mich
schon früher durch viele Versuche, welche mit denjenigen
von Desains völlig übereinstimmen, zu überzeugen Gelegen-
heit hatte.
Er bleibt auch bei höheren Temperaturen richtig, ob-
gleich sich dabei a^ bedeutend verkleinert. Einige Versuche
werden diefs darthun. In einem Rohre von 1,94"^"^ Radius
zeigte der Aether bei 100^ einen Meniscus von 1,22°^°» Höhe;
nach der Rerechnung sollte diese 1,30^°"^ betragen. Die
Formel ftr drückt also das Volum der Flüssigkeit aus,
die sich oberhalb der horizontalen Fläche, welche dem nie-»
drigsten Punkt des Meniscus entspricht, befindet. Das Volum
der Flüssigkeit unter dieser Fläche ist bekannt, wenn man
die Capacität und das Kaliber der Röhren kennt. Wena man
nachher die Correction des Fehlers, welcher durch die Com-
pression der Flüssigkeit, die Ausdehnung der Röhre durch
die Wärme entsteht*), vornimmt, so erhält man das wirk-
liche Volum der Flüssigkeit.
*) Als Beispiel will ich einen Versuch mit Wasser anführen. Die
Kalibrirung des Rohres ergab folgende Resultate hei 15^,2. £s
war die Capacität hei der Höhe über dem ersten Strich :
11,46""* = 1,8493 CC.
44,09™" = 2,2358 CC.
62,49"" r= 2,4627 CC.
83,68"" = 2,7043 CC.
Hiemach nimmt die Schicht Flüssigkeit von 1"" Höhe in dem
ersten Zwischenraum 0,01183 ein, in dem zweiten 0,01182, in
dem dritten 0,01187 CC. Der mittlere Radius des Rohres ist
gleich 0,1942 Cm. Bei einer Temperatur von ISO'^jS (corrigirt)
war die Lage des niedrigsten Punktes des Meniscus 21,43™",
seine Höhe 1,43™", folgUch Volum des Meniscus = 0,00065.
heim Erwärmen über ihren Siedepunkt 7
Das Gewicht der Flüssigkeit, die das gefundene Volum
einnimmt, ist gleich dem Gewicht P der Substanz in der
Röhre minus dem Gewicht p der Dämpfe. Das Gewicht P ist
aus directer Wägung bekannt, wie auch aus dem Volum, wel-
ches die Flüssigkeit bei 0^ einnimmt, wenn man deren spec.
Gewicht bei 0^ kennt. Das Gewicht der Dämpfe p kann man
ziemlich genau bestimmen aus dem Volum, welches sie ein-
nehmen.
Dieses Volumen ist gleich der Differenz zwischen der
Gapacität des ganzen Gefäfses V und dem Volumen v, wel-
ches die Flüssigkeit einnimmt. Drückt also V — v das Vo-
lumen der Dämpfe aus, so ist ihr Gewicht ungefähr gleich
(V — v) — TeoTfrz — A^" wo e = 0,00129 das Gewicht eines
Cubikcentimeters Luft bei 0^ und TeO"""" Druck ist , d die
Dichte der Dämpfe und a = 0,00367. Dieser Ausdruck des
Gewichts der Dämpfe gründet sich auf die Annahme der
Richtigkeit der Gesetze von Mariotte und Gay-Lussac.
Obgleich die gesättigten Dämpfe in der Wirklichkeit diesen
Gesetzen nicht folgen , wie diefs die mechanische Wärme-
theorie zeigt, so konnte man sie doch wegen der unbedeu-
mm
Das Volumen der Flüssigkeit von der Höhe 21,43 bis 11,46
= 0,01188 X 9>97 = 0,11790, und das Volum des Theils der
Flüssigkeit unter 11,46 == 1,8493; folglich das Volum der gan-
zen Flüssigkeit, ohne Correction für die Ausdehnung des Ge-
fäfses und die Compression der Flüssigkeit, = 0,00565 + 0,11795
4- 1,8493 =: 1,9729. Wenn man die Ausdehnung des Gefäfses
durch die Wärme in Betracht zieht, so mufs man diesen Werth
mit 1 + 0,0000277 (130,8 — 15^,2) multipUciren = 1,00320.
Wenn man auch die Compression herücksichtigt, so mufs man
auch mit 1 -f- 1,74.0,00004 multipUciren; denn da der Druck
des Wasserdampfes bei 130^8 2,74 Atmosphären beträgt, so wird
das Üebergewicht des inneren Drucks 1,74 Atmosphären aus-
machen. Das corrigirte Volum der Flüssigkeit ist also i= 1,9729 •
1,00320 . 1,00007 ^ 1,9793.
8 Mendelejeffy über die Ausdehnimg der FliiesigJceiten
tenden Correctionen gelten lassen. Folgender Versach über-
zeugte mich , dafs diese Correction hinreichend war. In
einem Bohre^ dessen Capacität V == 2,743 CC. betrug, wur-
den zwei Beobachtungen mit Aether in Wasserdampf ange-
stellt. Bei der ersten Beobachtung war das corrigirte Volum
der Flüssigkeit bei 99^3 = 2,6873 = Vj, folglich war fast
das ganze -Bohr mit Flüssigkeit gefüllt ; V — vi = 0,056 und
die Correction der Gewichtsbestimmung pi = 0,0011 Grm.
Beim zweiten Versuche in demselben Bohre bei 99^,90 war
mehr als ein Dritttheil des Bohres mit Dämpfen gefüllt :
V2 = 1,7523, \ — \i = 0,991. Die Correction p« = 0,0156.
Das Gewicht (corrigirtj des Aethers beim ersten Versuche
Pi = 1,6364, beim zweiten Versuche Pg = 1,0813. Hieraus
folgt, dafs nach dem ersten Versuche das spec. Gewicht des
P — n
Aethers = — ^ — = 0,6085 , nach dem zweiten
== — ^^— == 0,6082 ist. Aus der Uebereinstimmung
dieser Zahlen geht die Bichtigkeit der angebrachten Correction
zur Genüge hervor. Gewöhnlich wufde so viel Flüssigkeit
eingegossen , dafs der Baum für die Dämpfe möghchst klein
und daher die Correction auch sehr unbedeutend war.
Bei Vergleichung einzelner Besultate von vollständigen
Beobachtungen fand ich in den Volumen nie eine grofsere
Differenz als 0,0006. Wenn man alle Ungenauigkeiten bei
der Ablesung, beim Kalibriren, beim Wägen, bei Temperatur-
bestimmung, und solche, welche von den Correctionen be-
treffend den Meniscus, die Compression und die Ausdehnung
des Gefäfses herrühren, in Betracht zieht, so mufs man annehmen,
dafs der gröfstmögliche Fehler + 0,0020 beträgt. Die Wahr-
scheinlichkeit spricht dafür, dafs die erhaltenen Volume etwas
kleiner sind, als die wirklichen, da der Fehler bezüglich der
Ausdehnung des Gefäfses durch den inneren Druck nicht
corrigirt wurde.
beim Erwärmen über ihren Siedepunkt.
9
fc3 %^ ^\ ^h ■ J_ J^ ■■■ S m_
.vx
Das mittlere
Die mittlere
Beob. und
opec« Urewiciib.
(Das Gew. des
Die mittlere
spec. Gew. bei
Volumgröfse
corrigirte
Temperatur
to. (Das Gew.
bei to. (Das Vo-
Temperatur
= 1 gesetzt.)
to
des Wassers
lum bei 00 = 1
b.4o~l gesetzt.)
gesetzt.)
Versuche mit Äether, ,
1) 00
2) 00
0,73642
0,73646
00
0,73644
1,0000
3) 780,12
4) 780,30
0,64002
0,6398.7
780,21
0,63994
1,1508
5) 990,75
6) 990,90
0,60920
0,60896
990,82
0,60908
1,2091
7) 1300,8
8) 1310,6
0,56047
0,55958
1310,2
0,56003
1,3150
9) 1570,0
0,51735
1570,0
0,51735
1,4235
-
Versuche
mit absolutem Alkohol. *)
10) 160,40
0,79458
00
0,80832
1,0000
11) 990,83
12) 990,92
0,71611
0,71530
990,87
0,71571
1,1294
13) 1300,8
14) 1310,0
0,67950 )
0,67960 1
1300,9
0,67955
1,1895
Versuche mii Wasser.
(Spec. Gew
. bei 00 = 0,99988).
15) 990,80
0,95903
990,8
0,95903
1,0426
16) 1300,8
• 0,93078
0,93123 -
17) 1310,0
18) 1310,1
1310,0
0,93079
1,0722
0,93035
19) 1560,7
0,90811
20) lö60,7 .
0,90783
>
1560,8
0,90770
1,1016.
21) 1570,0
0,90715
Bei näherer Betrachtung dieser Zahlen ergiebt sich das
unerwartete Resultat, dar^; die empirischen Formeln von Kopp,
welche die Ausdehnimg des Aethers, Alkohols und Wassers
bis zu ihrem Siedepunkt ausdrücken ^ sich mit Erreichung
derselben Oenatdgkeit für die Ausdehnung bei viel höheren
Temperaturen antoenden lassen. Die nachfolgende Tabelle
giebt die nach Kopp 's Formeln berechneten Zahlen, welche
mit meinen Beobachtungen sehr nahe übereinstimmen.
*) Derselbe zeigte bei 16o,4 das spec. Gewicht 0,79458, folglich wird
nach den Daten von Kopp über die Ausdehung des Alkohols
sein spec. Gewicht bei OO gleich sein 0,80832.
10 Mendelejeffy über die Ausdehnung der Flüssigheiten
T<amr.ot.<iftii. Volumiiia nach Volumina nach t\:#«-«„-
Temperatur ^^^ Versuchen Kopp's Formeln Differenz
Für den Aether.
78^21 1,1508 1,1501 +0,0007
99^82 1,2091 1,2095 -0,0004
1310,2 1,3150 1,3155 —0,0005
1570,0 -. 1,4235 1,4233 +0,0002
Für absoluten Alkohol,
990,87 1,1294 1,1294 0,0000
1300,9 1,1895 1,1893 +0,0002
Für das Wasser,
990,8 1,0426 1,0429 -0,0003
1310,0 1,0722 1,0716- +0,0006
1560,8 1,1016 1,1014 —0,0002
Die Formeln von Kopp für die Ausdehnung des Aethers,
des Alkohols und des Wassers sind folgende :
Aether Vt=l+0,0014808 1 + 0,000003503 1« + 0,00000002701 tS(v. oo ab)
Alkohol Vt=:l +0,00 10414 1 + 0,000000784 ^ + 0,00000001762 1» (v. OO ab)
Wasser Vt=l+ 0,0000865t +0,0000031 89 1^ + 0,00000000245 ts(v. 750 ab)
Um mich zu überzeugen, ob diese Uebereinstimmung in
den Resultaten der empirischen Formeln mit d^nen der Ver-
suche eine allgemeine sei , stellte ich noch folgende Be*
obachtungen an.
22) Das Benzin hatte nach dem Versuche bei 99^6 das
Volum 1,1380, bei 0^ das spec. Gew. 0,8911. Nach Kopp's
Formel mufs das Volum 1,1376 sein.
23) Das Chlorsilicium, dessen spec. Gewicht bei 10^.98
— 1,50068 ist, hat nach dem Versuche bei 99^9 das Volum
1,1929 und nach der Formel von Pierre I,l9i9.
Die Uebereinstimmung der gefundenen Zahlen mit den be-
rechneten ist auch so vollsländig, dafs man annehmen mufs,
sie wiederhole sich für viele , wenn nicht für alle Flüssig-
keiten.
Aus diesen Versuchsresultaten folgt ferner, dafs die Aus-
dehnung der Flüssigkeiten über den Siedepunkt nach dem-
beim Erwärmen über ihren Siedepunkt. 11
selben Gesetze erfolgt, wie nnter dem Siedepunkt», dafs der
Ausdehnungscoäfficient sich unaufhörlich und allmSlig ver-
gröfsert mit der Verminderung^ der Cohäsion der Flüssig-
keiten, d. h. mit der Erhöbung der Temperatur. Bei einer
gewissen Temperatur für einige Flüssigkeiten erreicht er die
Gröfse des Ausdehnungscoefficients der Gase, z. B. für Aether
bei 133^. Der Ausdehnungscoefficient des Aethers steigt bis
0,0054 bei der Temperatur seines absoluten Siedepunkts,
d. h. gegen 190^. Als absolute Siedetemperatur müssen wir
den Punkt betrachten, bei welchem 1) die Cohäsion der
Flüssigkeit = 0^ ist und a^ = 0, bei welcher 2) die latente
Verdampfungswärme auch = 0 ist und bei welcher sich
3} die Flüssigkeit in Dampf verwandelt, unabhängig von
Druck und Volum. (Die Vorsuche von Latour, Wolff,
Drion.) Die absolute Siedetemperatur des Aethers liegt
gegen 190^ (Wolff), des Chlorsiliciums gegen 230^ (meine
Beobacht), des Chloräthyls gegen 170® (Drion). Für den
Alkohol niufs sie sich gegen 250® befinden, für das Wasser
gegen 580®.
Heidelberg, Januar 1861.
üeber den Peru-Guano ;
von Justus von Idebig.
Die so sehr in die Augen fallenden Wirkungen des Peru-
Guano auf die Felder haben bis jetzt noch keine genügende
Erklärung gefunden; gewöhnliche werden diese Wirkungen
dem grofsen Gehalt desselben an Stickstoffverbindungen zu-
geschrieben, welche vornehmlich in der Form von Ammoniak-
salzen und Harnsäure darin enthalten sind; es liegen aber
Thatsachen genug vor, welche zeigen, dafs durch Düngung
12 Liehig ^ über den
mit Guano einem Felde ein sehr hoher Ertrag abgewonnen
worden ist, während durch Zufuhr einer Quantität von Am-
moniaksalzen , welche in ihrem Stickstoffgehalte dem des
Guano vollkommen gleich war, auf einem Stücke des näm-
lichen Feldes, in demselben Jahre und derselben Frucht, der
Ertrag desselben kaum merklich beeinflufst wurde.
Wenn der Stickstoff des Guano der Grund seiner Wirk-
samkeit in dem einen Fall gewesen ist, so bleibt es unver-
ständlich; warum die nämliche Stickstoifmenge in dem anderen
Fall, in der wirksamsten Form angewendet , kaum eine Wir-
kung hatte; es mufs darum die Ursache der gröfseren Wir-
kung des Guano in dessen anderen Bestandtheiien gesucht
werden, und wenn man von der Harnsäure Umgang nimmt,
deren Antheilnahme an der Vegetation so gOt wie unbekannt
ist, so bleiben nur die phosphorsauren Erden und Alkalien
übrig, denen man im Verein mit den Ammoniaksalzen die
stärkere Wirkung des Guano zuschreiben könnte.
Gegen diese Ansicht sprechen wieder andere Thatsachen.
Der phosphorsaure Kalk^ welcher neben den Ammoniaksalzen
den Hauptbestandtheil des Peru-Guano ausmacht (32bis36pC.),
in der Form von Knochenmehl besitzt, auch in der 4* bis 6-
und achtfachen Menge angewandt die Wirkung des Guano
nicht; durch Zusatz von Ammoniaksalzen zum Knochenmehl
wird dessen Wirkung häufig gesteigert, aber lange nicht in
dem Verhältnifs, wie diefs durch eine entsprechende Menge
Guano von gleichem Gehalt an phosphorsaurem Kalk ge-
schieht. Der Hauptunterschied liegt bei beiden in der Rasch-
heit der Wirkung und gerade diese ist unerklärt; die des
Guano macht sich gleich im ersten Jahre, oft schon nach
einigen Wochen bemerklich und nimmt in den folgenden
Jahren ab, während die des Knochenmehls im ersten Jahre
gering und in den folgenden steigend ist.
Peru'Ouano, 13
Einige Versuche, die ich mit mehreren Sorten Peru*
Gaano anstellte, scheinen über das Verhalten dieses Dung-
mittels Licht zu verbreiten ; sie deuten darauf hin ^ dafs die
Ursache der rascheren, oder wie man in diesem Falle sagt,
der stärkeren Wirkung des Guano in seinem Gehalte an
Oxalsäure liegt.
Die verschiedenen Guanosorten enthalten eine sehr un-
gleiche Menge Oxalsäure, wie es denn bekanntlich keine
Sorte von einer constanten Zusammensetzung giebt; nach
einigen Versuchen, welche freilich Tür einen sicheren Schlufs
nicht zahlreich genug sind, scheint die Menge der Oxalsäure
im umgekehrten Verhältnisse zur Harnsäure im Guano zu
stehen, d. h. die an Harnsäure reichen Sorten sind in der
Regel ärmer an Oxalsäure.
Uebergiefst man PerU'^Guano mit kaltem oder kochendem
Wasser und filtrirt die Flüssigkeit ab^ so erhält man beim
Verdampfen derselben eine reichliche Krystallisation von
neutralem oxalsaurem Ammoniak ; in der Mutterlauge bleibt
eine gewisse Menge phosphorsaures und schwefelsaures
Ammoniak*
Uebergiefst oder befeuchtet man den Guano mit kaltem
Wasser und überläfst das Gemenge in diesem Zustande sich
selbst, so zeigen sich andere Verhältnisse. Die Oxalsäure
nimmt nämlich in der Lösung, welche sich bildet, fortwährend
ab, während an ihre Stelle Phosphorsäure in die Flüssigkeit
übergeht ; nach 24 Stunden schon ist die Menge derselben
so grofs , dafs beim Vermischen des Filtrats mit Bittersalz-
lösung ohne Zusatz von Ammoniak beim Kochen ein starker
krystallinischer Niederschlag von phosphorsaurer Bittererde
und phosphorsaurem Bittererde*Ammoniak sich bildet.
Die Erklärung des Löslichwerdens der Phosphorsäure im
befeuchteten Guano liegt nahe : es ist klar, dafs das löslich
gewordene Oxalsäure Ammoniak sich nach und nach mit dem
14 Lieb ig, über den
phosphorsauren Kalke umsetzt in unlöslichen Oxalsäuren Kalk
and in phosphorsaures Annmoniak, und dafs die Phosphor-
säure des Guano nur da/rum in Lösung übergeht, weü er
gleichzeitig Oxalsäure enthält; denn wenn man die sämmt-
lichen Gxen Basen im Guano auf die Phosphorsäure, Schwefel-
säure und Chlor vertheilt, so bleiben für Phosphorsäure nur
2 Aeq. Kalk und Bittererde übrig, die damit ein in neutralen
Ammoniaksalzen etwas , aber wenig lösliches Salz bilden ;
dafs in der wässerigen Lösung des Guano kein Kalk ent-
halten sein kann, versteht sich aus der Anwesenheit der Oxal-
säure von selbst.
Dieser Erklärung steht die Thatsache entgegen, dafs
frisch gefällter phosphorsaurer Kalk mit 3 und 2 Aeq. Kalk
durch oxalsaures Ammoniak kaum eine Veränderung erleidet
und nur Sparen von Phosphorsäure in Lösung übergehen ; in
dem Guano wirkt in der That noch ein anderer Körper mit,
welcher die Zersetzung vermittelt, diefs ist das nie darin
fehlende schwefelsaure Ammoniak; durch dieses Salz wird
der phosphorsaure Kalk etwas löslich gemacht, aber er geht
als solcher nicht in die Flüssigkeit über, sondern der Kalk
wird augenblicklich durch die Oxalsäure gefällt. Da nun
aber die Wirkung des schwefelsauren Ammoniaks immer fort-
dauert, so schreitet auch die Zersetzung fort.
In einer Mischung von oxalsaurem Ammoniak mit phos-
phorsaureni Kalk, der man etwas schwefelsaures Ammoniak
oder ein paar Tropfen Salmiaklösung zusetzt, verwandelt
sich der phosphorsaure Kalk sehr rasch in Oxalsäuren Kalk.
Die Umsetzung des Oxalsäuren Ammoniaks in phosphor-
saures geht in dem mit Wasser befeuchteten Guano bis zu
einer gewissen Grenz« rasch, über diese hinaus hingegen
sehr langsam vor sich, und ist in einem der von mir be-
obachteten Fälle in acht Tagen noch nicht vollkommen ge-
wesen ; es blieb immer noch etwas Oxalsäure in der Flüssig-
Pent'Guano. 15
keit, was daran leicht erkennbar ist, dafs der durch ein zu-
gesetztes Kalksalz entstehende Niederschlag durch Essigsäure
nicht wieder vollkommen verschwindet. Der Grund hiervon
ist vielleicht der, dafs sich der noch unzersetzte Theil des
phosphorsanren Kalks so dick mit oxalsaurem Kalk umkleidet,
dafs die Einwirkung des Oxalsäuren Ammoniaks au£serordent-
lich verlangsamt wird.
Macht man aber das Wasser, womit man den Guano be-
feuchtet, durch Schwefelsäure etwas sauer, so dafs die Mi-
schung deutlich sauer reagirt, so wird die Umsetzung in dem
Grade beschleunigt; dats sie jetzt in wenigen Stunden vollendet
ist. Nach dieser Zeit befindet sich in der Lösung keine
Spur von Oxalsäure mehr; an ihrer Stelle enthält dieselbe
ein Aequivalent derselben von Phosphorsäure.
Essigsäure, ja schon kohlensaures Wasser hat wie die
Schwefelsäure gleiche Wirkung auf den Guano.
In einer von G. Clemm-Lennig in Mannheim be-
zogenen Guano-Sorte, welche sich durch ihren Reichthum an
Barnsäure Csie enthielt 18 pC. Harnsäure ) auszeichnete und
verhältnifsmäfsig arm an Oxalsäure war, gaben 100 Theiie
an Wasser aufser Kali, Natron und Ammoniak ab :
Phosphorsättxe 2,ß57
Oxalsäure 4,202 ^
Schwefelsäure 3,371
Durch die Umsetzung des phosphorsauren Kalks, be-
schleunigt durch einen kleinen Zusatz von Schwefelsäure,
traten an die Stelle der 4,2 pC. Oxalsäure in diesem Guano
beinahe 3 pC. Phosphorsäure , so dafs durch dieses Mittel
sehr nahe die Hälfte aller im Guano enthaltenen Phosphor-
säure (13 pC.) löslich gemacht wurde.
Bei anderen Guanosorten kann die auf dem angegebenen
Wege löslich gemachte Phosphorsäure auf 10 bis 12 pC,
d. h. auf die ganze überhaupt im Guano enthaltene Phos-
phorsäure steigen.
16 Liebig y über den Peru-Giuzno.
Wenn ein Feld mit Peru-Guano gedüngt wird, so ver-
einigen sich bei Regenfällen , weiche nicht stark genug sind
um den mit der Erde gemischten Guano auszulaugen, «lle
Bedingungen zur Lösliohmachung einer gewissen Menge an
Kalk gebundener Phosphorsäare und damit zur Verstärkung
der Wirkung des Ammoniaks« Der Guano spielt in diesen
Fällen die Rolle des Kalksuperphosphats.
Starker und anhaltender Regen wirkt durch Auslaugen
der Erde störend auf die vor sich gehende Umsetzung ein,
und es wäre ganz interessant, wenn die Landwirthe ihre Auf-
merksamkeit auf das Verhalten des Guano in Beziehung auf
die Fruchtbarmachung der Felder unter diesen verschiedenen
Umständen richten wollten.
Es ist wohl kaum nöthig die Aufmerksamkeit der Land-
wirthe darauf zu lenken , dafs sie die Wirkung des Guano,
in so weit dieselbe auf der durch die Oxalsäure löslich wer-
denden Phosphorsäure beruht, ganz sicher machen, wenn sie
den Guano mit sehr verdünnter Schwefelsäure befeuchtet,
bevor sie ihn aufs Land bringen , 24 Stunden liegen lassen.
Die feuchte Hasse mufs sauer reagiren.
Die am häufigsten vorkommende Verfälschung des Peru-
Guano ist seine Gewichtsvermehrung durch Wasser; sie hat
nebenbei noch den grofsen Nachtbeil, dafs sie die beschrie-
bene Zersetzung einleitet, und durch das Abdunsten des
Ammoniaks aus dem entstehenden phosphorsauren Ammoniak
erklärt sich der Stickstoffverlust, den man beim Aufbewahren
des Guano häufig beobachtet hat.
Dafs man aus der Analyse des Guano und den Preisen
des Ammoniaks, der Phosphorsäure und des phosphorsauren
Kalks ohne Berücksichtigung der Oxalsäure nicht rückwärts
den landwirthschaftlichen Werth der Guanosorten bestimmen
kann, liegt auf der Hand.
17
lieber das sogenannte Leucinsäurenitril und die
Aminsäuren der Glycolsäurereihe ;
von Privatdocent Dr. E. Erlenmeyer in Heidelberg.
In dem Jahrgang 1859 der kritischen Zeitschrift für
Chemie a. s. w., Erlangen bei Ferd. Enke, Seitd 333 habe
ich mit Dr. A. Sc hoff er über die von Bopp zuerst in den
Hutlerlaugen des Leucins aus den Eiweifskörpern aufgefun-
dene Substanz eine vorläufige Notiz veröffentlicht. Dieselbe
enthält 1) eine Beschreibung der Eigenschaften dieser Substanz
verglichen mit denen von Leucin und Tyrosin, 2) eine Ele-
mentaranalyse, welche derart ausgeführt wmrde,- dafs für jede
Bestimmung auf verschiedene Weise dargestellte Portionen
verwendet wurden. Die Resultate, welche wir dabei er-
hielten ^)y entsprechen annähernd dem Formelausdruck
C7oHa7N5SOii. Wir machten zu diesem Ergebnifs die folgende
Bemerkung :
„Da eine solche FormeP nicht die geringste Wahrschein-
lichkeit hat^ so yermutheten wir, dafs wir es mit einer nicht
ganz reinen Substanz zu thun hätten. Wir machten daher
verschiedene Proben mit dem noch vorhandenen Material.
Von der ersten Bereitung aus zwei Unzen Fibrin hatten wir
noch den gröfseren Theil übrig, freilich wohl nicht ganz
0,01 Grm. Diese geringe Menge hatte ein sehr grofses
Volumen, war kaum gelblich gefärbt, verflüchtigte sich bei lang-
samem Erhitzen in einem trockenen Probirrohr vollständig,
bis auf eine sehr geringe Menge Kohle, welche sich zuletzt
beim Schmelzen eines ganz geringen Rückstandes von Sub-
stanz bildete. Die Hauptmasse schmolz nicht, sondern ver-
wandelte sich direct in sehr voluminöse, prachtvoll weifse
*) C = 63,27 pC; H = 10,88; N = 9,84; S = 2,15 (0=13,91).
Anual. d. Chemie a. -Phann. CXIX. Bd. 1. Heft. 2
18 Erlenmeyer^ über das sogenannte Leucinsäurenärtl
Flocken 9 die sich noch nach dem Erkalten in dem Rohr auf
und ab bewegten und erst später in seideglänzenden Nadeln
an die Wände des Rohrs ansetzten. Es entwickelte sich
gleichzeitig ein eigenthümlicher , von dem des Schwefel-
wasserstoffs begleiteter Geruch und ein an die Mündung ge-*
haltenes Bleipapier y^rurde sofort gebräunt. Ganz dieselben
Erscheinungen hatten wir früher beobachtet und gerade die
letztere war Veranlassung, dafs wir eine Schwefelbestimmung
machten. Bei raschem Erhitzen der Substanz schmolz eine
gröfsere Menge und die Schwefelwasserstoffentwickelung
war bedeutender.
Leider hatten wir von der Darstellung, welche zur
Stickstoffbestimmung gedient hatte , kein Stäubchen mehr.
Von der Kohlensloffbestimmung war noch ein Rest von 0,02
Grm. übrig und von der Scbwefelbestimmung noch einige
Milligramme. Weder bei langsamem noch bei raschem Er-
hitzen der ersteren entwickelte sich Schwefelwasserstoff.
Bei raschem Erhitzen der letzteren entwickelte sich so viel
von diesem Gas, dafs ein Bleipapier gebräunt wurde, für den
Geruch blieb es aber zweifelhaft. Jedenfalls war die Menge
bei gleichen Quantitäten von Substanz und unter gleichen
Bedingungen geringer , wie bei der zuerst erhaltenen Probe.
Es geht hieraus zur Genüge hervor» dafs wir es mit un-
reinem Material zu thun hatten. Wahrscheinlich war der
Körper, den wir bei dem Synthonin zuerst in gröfserer Menge
beobachteten , beigemengt. Die Portion , von welcher die
Kohlen- und Wasserstoff bestimmung gemacht wurde, scheint
am meisten frei davon gewesen zu sein.
Leider sind wir^ erst nachdem wir die Analysen ausge-
führt und den gröfsten Theil dieser Abhandlung schon ge-
schrieben hatten, durch eine Anmerkung im Jahresbericht für
und die Aminsäuren der Olyeobäurerethe, 19
Chemie von 1857, Seite 538 mit einer Arbeit von 0. Hess^;
Ober die Fäulnirsproducte der Hefe *^ bekannt geworden.
Hesse analysirte eine Substanz, welche zwischen 2,5
bis 4,2 pC. Schwefel and 9,8 bis 9,9 pC. Stickstoff enthielt.
Er nennt siePseudoIeacin und giebt ihr die Formel CseHsgNaOiBS.
Die Eigenschaften, welche er von dieser Substanz an-
giebt, stimmen ganz überein mit denen, weiche wir bei
unserer ersten Probe aus Fibrin beobachteten.
Er erhielt nun aus dieser Substanz durch trockene Der
stillation im Koblensäuresirom einen anderen schwefelfreien
Körper, welcher der Beschreibung und dem Kohlenstoff- und
Wasserstoffgehalt nach mit unserer, zur Bestimmung dieser
beiden Stoffe verwendeten Portion übereinstimmt.^*} Hesse
stellt dafür die Formel GigHuNOs auf und nennt sie Leucin-
säurenitril. Beiläufig bemerkt, scheint uns diese Benennung,
wenn übrigens die Formel richtig ist, nicht gut gewählt.
Ist die Lencinsäure der Milchsäure homolog, so ist sie zwei-
basisch , und von* zweibasischen Säuren kann es höchstens
Nitrile geben mit Ng. Die von Hesse angenommene Formel
entsi)richt aber dem Imid der Leucinsäure ; denn es ist saures
leucinsaures Ammoniak minus 2 H«0. Von dem Leucin,
wenn man will von der Leucaminsäure , unterscheidet sich
das Leucinsäureimid nur durch H2O, welche es weniger ent-
hölt. Die Existenz eines solchen Körpers neben Leucin ist
immerhin möglich, es wäre aber auch nicht unmöglich, dafs
der von Hesse untersuchte Körper das Amid der Capron*
säure ist, zumal da wir allen Grund zu der Annahme haben,
dafs in den Mutterlaugen von der Behandlung der Eiweifs-
*) J. pr. Chem. TiXX, 34.
**) Hesse fand : wir fanden :
Lencinsättreimid verlangt :
C 63,6 63,27
68,7
H 9,7 10,83
9,7.
ft.
2*
20 Erlenmeyer^ über das sogenannte Leucmsäurenäril
körper mit Schwefelsäure ein niederes Homologe hiervon,
Acetamid, enthalten ist.
Nach den Untersuchungen von Hesse und von uns
scheint aber kein Zweifel mehr zu sein , dafs er sowohl wie
wir ein Gemenge eines schwefelhaltigen Körpers (vielleicht
eines dem Glycocoll homologen Körpers mit höherem Kohlen-
stoffgehalt, in welchem die Hülfte oder der ganze Sauerstoff
durch Schwefel ersetzt ist) mit einem schwefelfreien unter
den Händen hatten und dafs das Leucinsäureimid nicht ein
Zersetzungsprodnct , sondern nur ein Gemengtheil des von
Hesse angenommenen Pseudoleucins ist.^
Ich hatte es nun übernommen, zur Erledigung der noch
offenen Frage weitere Untersuchungen vorzunehmen, und be-
schäftigte mich zu dem Ende sofort wiedel* mit der Dar-
stellung der Bopp'schen Substanz. Da ich für meinen Theil
aber nicht mehr daran zweifelte, dafs dieselbe die Zusammen-
setzung (GeHiiNO} des Leucinsäureimids hat, so verbrauchte
ich das erhaltene Material nicht zur Analyse, sondern be-
wahrte es auf, um es mit dem aus der Leucinsäure darge-
stellten Imid vergleichen zu können. Leider hat mir seither
die Darstellung von reiner Leucinsäure aus Leucin so grofse
Schwierigkeiten bereitet, dafs ich meinem Vorhaben noch
nicht nachzukommen im Stande war. Ich bin jetzt damit
beschäftigt, zu versuchen, ob sich nach Peligot's Dar-
stellungsmethode der Brombenzoesäure nicht Honobrom-
capronsäure erzeugen und aus dieser Leucinsäure erhal-
ten läfst.
Mittlerweile hat Hesse im Verein mit Limpricht"^)
eine Mittheilung über das sogenannte Leucinsäurenitril ver-
öffentlicht. Die beiden Chemiker haben — natürlich ohne
Kenntnifs unserer Notiz, da sie dieselbe nicht citiren — ge-
*) Diese Annalen CXVI, 201.
und die Ammsäuren der Glycolsäurereihe. 21
fanden, dafs der von Hesse aus dem Pseudoleuein durch
trockene Destillation im Kohiensäurestrom erhaltene Körper,
„ das Leucinsäurenttril % identisch ist mit der Bopp'sohen
Substanz. Sie theflen mit, dafs man dieselbe aus dem rohen
Tyrosin, welches man als Zersetzungsproduct des Horns u.s.w*
mit Schwefelsäure erhält, durch Ausziehen mit kochendem
Weingeist gewinnen könne. Sie meinen ferner, es sei wohl
anzunehmen, „dafs das Leucinsäurenitril sich schon bei der
Fäulnifs der Bierhefe gebildet hat, sich in dem sogenannten
Pseudoleuein schon, fertig vorfand und durch die Destillation
von dem letzteren nur getrennt wurde.^
Es wäre nicht blofs für mich , sondern gewifs für viele
Andere von Interesse gewesen , zu erfahren , durch welche
Versuche oder Schlüsse die Verf. zu der Hesse 's früherer
Ansicht ganz widersprechenden Annahme gefuhrt worden sind,
dafs das Leucinsäurenitril in den Eäulnifsproducten der Bierhefe
nur mit dem Pseudoleuein gemengt vorkomme und nicht ein
Zeraetssungsprodtbct desselben sei. Der als Pseudoleuein be-
zeichnete Körper mufs doch nach Hessens früherer Ansicht
in sich die Bestandtheile des Leucinsäurenitrils enthalten«
Ist das letztere aber ein fertig gebildeter Gemengtheil, der
durch Destillation nur mechanisch getrennt wird, so kann
es doch nicht mit H esse's Pseudoleuein gemengt sein, son-
dern höchstens mit einem Körper , der mit Leuoinsäurenäril
zusammen ein Gemenge von der Zusammensetzung des Pseudo-
leudns bildet. Diesen Zwiespalt aufzuklären hätten die Verf.
nicht vergessen sollen.
In Betreff der Darstellung des B o p p 'sehen Körpers mufs
ich^bemerken, dafs man denselben nur dann aus dem Tyrosin
mit Weingeist ausziehen kann, wenn man dieses nach dem
Verfahren von Bopp darstellt. Bedient man sich dagegen
der Methode, welche wir a. a. 0., Seite 326 angegeben
haben, so enthält das gewonnene Tyrosin keine Spur des
22 Erlenmeyer^ über das sogenannte Leucinsänrenüril
Bopp'schen Körpers. Dieser scheint nach den Erfahrungen,
die ich darüber gesammelt habe, kein directes Zersetzungs^
prodact der Eiweifskörper durch Säuren zu sein, er scheint
vielmehr erst durch wiederholtes Abdampfen und Stehen-
lassen der leucinhaltigen Flüssigkeit gebildet zu werden.
Wenn man eine solche, von der Zersetzung des Fibrins mit
Schwefelsäure herrührende Lösung, nachdem die Hauptmasse
des Tyrosins abgeschieden ist, rasch bis zur starken Syrup-*
dicke abdampft, um sie zur Gewinnung des Bopp 'sehen Kör-
pers mit Weingeist auszuziehen , so gewahrt man weder
unter dem Hikroscop Krystalle, noch enthält der weingeistige
Auszug eine Spur davon. Läfst man den Syrup einige Tage
stehen , so wird er etwas dünnflüssiger und man kann jetzt
unter dem Mikroscop deutliche Kryslalle wahrnehmen. Ver-
dünnt man eine kleine Menge dieses Syrups mit Wasser und
filtrirt, so erhält man ein Filzwerk von Krystalien als Filter-
inhalt. Dampft man das Filtrat wieder ab, verdünnt wie vor-
her mit Wasser, so erhält man neue Quantitäten. Ich habe
ein und dieselbe Flüssigkeit zehnmal auf diese Weise be-
handelt und bei jedem neuen Abdampfen und Verdünnen
neue Mengen von Krystalien erhalten. Aus einer wein-
geistigen Lösung von reinem Leucin, die der freiwilligen
Verdunstung überlassen wurde, haben sich nadeiförmige Kry-
stalle abgesetzt, die ganz das Aussehen des Bopp'schen
Körpers haben. Ich bin weit entfernt zu behaupten, dafs sie
dieser seien, ehe ich sie analysirt und weiter geprüft habe,
aber es ist mir sehr wahrscheinlich, dafs der Bopp'sche
Körper erst aus dem Leucin gebildet wird und daf$ diese
Bildung auch in weingeistiger Lösung erfolgt Ebenso zwSifle
ich nicht daran , dafs er als ein fertig gebildeter Gemeng-
theii in den Zersetzungsproducten der gefaulten Hefe ent-
halten ist.
und die Ämimäuren der Olycolsäurereihe, 23
Da Hesse and Li mp rieht dqrch weitere Analysen die
Zusammensetzung der Bopp' sehen Substanz und ihro Iden-
tität mit dem Fäulnifsproduct der Bierhefe, H esse's Leucin-
säurenitril, bestätigt haben, so bleibt mir nichts zu thun
übrig, als durch eine Analyse zu beweisen^ dafs der Körper,
welchen ich als Bopp'sche Substanz unter den Händen zu
haben meine, wirklich die auch von den Verfassern gefundene
Zusammensetzung des Leucinsäureimids hat. Ich habe die
Analyse ausgeführt und folgende Resultate erhalten :
0,1379 Gnn. im Vacuum über Schwefelsäure getrocknete Substanz
gaben 0,3211 Kohlensäure = 0,0876 Kohlenstoff und 0,1247
Wasser = 0,0138 Wasserstoff.
0,1351 Ghn. wurden mit Natronkalk zersetzt, das entwickelte Am-
moniak sättigte 1,185 CO. Normalschwefelsäure = 0,0166
Stickstoff.
Diese Resultate entsprechen folgenden Procentmengen :
Die Formel O^H^N^ verlangt
c
63,50
63,7
H
10,04
9,7
N
12,28
12,4
0
14,2
100,0.
Es ist hiernach kein Zweifel , dafs der von mir unter-
suchte Körper dieselbe Zusammensetzung hat, wie der von
Hesse und Limp rieht analysirte.
Was nun die Benennung dieses Körpers betriflFt, so ver-
weise ich zunächst auf das, was in der citirten Notiz bemerkt
ist. Aufserdem möchte ich mir aber erlauben ^ so lange an
der Richtigkeit der Bezeichnung Leucinsäurejmid zu zweifeln,
bis es gelungen ist, aus dem sauren leucinsauren Ammoniak
das Imid darzustellen und seine Identität mit der B o p p'schen
Substanz nachzuweisen. Ich für meinen Theil glaube nicht,
dafs diese Substanz das Leucinsäureimid ist, eben so wenig
wie ich annehmen kann, dafs das Leucin die Aminsäure der
Leucinsäure ist. Es ist bis jetzt meines Wissens noch von
keiner Seite der Beweis geliefert worden, dafs die Amin«
24 Erlenmeyery über das sogenannte Leucinsäurenitrü
gfluren der Glycolsäurereihe identisch sind mit den. Glycinen.
Trotzdem findet man in neueren Lehrbüchern (Limp rieht
11« s. w.} die Glycine als die Aminsäuren aufgeführt. Eben
so werden die Amidosäuren der aromatischen Säuren in
neuerer Zeit als die Aminsäuren der betreffenden Oxysäuren
angesehen (Fester), ohne dafs man z. B. die Amidoben-
zoesäure bis jetzt aus dem sauren oxybenzoesauren Ammoniak
dargestellt hat.
Wir besitzen bereits ein Factum, welches für die Nicht-
identität der Glycine und Amidosäuren mit den betreffenden
Aminsäuren spricht. Dessaignes'*') hat im Jahr 1854 durch
trockene Destillation des sauren tartronsauren Ammoniaks
einerseits und durch Auflösen von Glycolid (Glycolsäure-
anhydrid, Kekule) in Ammoniak andererseits einen Körper
von der Zusammensetzung des Glycins dargestellt, den er,
weil derselbe nicht identisch mit diesem ist und beim Erhitzen
mit Kalilösung Glycolsäure liefert, Glycolamid genannt hat.
Weltzien **) und Gorup • Besanez *•*) führen diesen
Körper, wie ich es für ganz richtig halte, als Glycolamin-
säure auf. Limp rieht erwähnt desselben als Glycolamid
sowohl bei dem Glycolid als auch bei der Tartronsäure, aber
ohne rationelle Formel und ohne nur darauf aufmerksanri zu
machen, dafs es mit Glycin isomer sei. Aus der Untersuchung
von Dessaignesf) geht als unzweifelhaft hervor, dafs sein
Glycolamid ein anderer Körper ist, wie das Glycin, und sich
wie die wirkliche Aminsäure der Glycolsäure verhält. In der
Constitution der beiden Körper ist also jedenfalls ein Unter-
schied , der sich insoweit bestimmen läfst , dafs das Glycin
nicht die wahre Glycolaminsäure ist.
*) Jahresber. für Chemie f. 1854, 398 ; Compt rend. XXXVIII, 44;
diese Annalen LXXXTX, 339.
**) Systemat. Zusammenstellung der organ. Verbindungen S. 111.
*♦*) Lehrb. der organ. Chemie S. 368.
t) Vgl. auch Peloaze über Laotamid, diese Annalen LIII, 112.
und die Aminsäuren der GlycoUäurereihe. 25
Wenn wir die Bildung des Glycins aus der Monoeblor-
essigsaure (^Cahours), sowie die Bildung der Giycolsäure
aus der Monochloressigsäare (R. Hoff mann, Kekule) und
aus dem Glycin (Strecker und Socoioff) betrachten, so
trelen uns eigenthümliche Beziehungen in die Augen. Die
Monochloressigsäure verhält sich bei der Einwirkung von
Kalihydrat wie das Monochlorid der Glycolsäure ^ ^HiCl'
an die Stelle des Chlors tritt die Gruppe HO : e$ entsteht
Glycolsäure. Wenn wir die Monochloressigsäure mit Am-
moniak behandeln, so können wir die Bildung des Glycins
in ähnlicher Weise betrachten : an die Stelle des Chlors in
dem Monochlorid der Glycolsäure tritt die Gruppe NH21 es
entsteht das Monoamid der Glycolsäure ^ *h1nH *^* Wenn
auf das Glycin salpetrige Säure einwirkt, so bildet sich Gly-
colsäure, indem an die Stelle von NH^ die Gruppe HO tritt.
Die Glycolaminsäure verhält sich wahrscheinlich wie das
Anhydrid des sauren glycolsauren Ammoniaks :
saures glycols. ' Ammoniak Glycolaminsäure
€ÄOjN _„^ ^ OÄOjN
Sie bildet sich durch directe Vereinigung des Glycol-
sänreanhydrids mit Ammoniak. Bei längerer Berührung oder
beim Kochen mit Wasser wird sie sich in saures glycolsaures
Ammoniak verwandeln, wie diefis bei anderen Aminsäuren
ebenfalls zu geschehen pflegt.
*) Die Bildung des Alanin s nach Strecker's Methode läfst sich
yielleicht so auffassen :
Aldehydammoniak Alanin
€f,H4lO €j[H8(OH0)]|O
H iNHj H INHj
Die Glycine scheinen sich nach vorläufigen Versuchen nicht zu
bilden, wenn man die reinen Aldehyde mit Blausäure und Salz-
säure kocht. •
26 ErlenmeyeTy über das s. g, LeucinaäwemJtrü u, s. w,
*
Wenn die Glycine (also auch das Leucin) nicht die
•
Aminsäuren sind, so ist voraussichtlich der Bopp*sche Kör-
per auch nicht das Imid der Leucinsäure, sondern das Iso-
mere desselben. Mdn darf ihm daher auch nicht den Namen
Leucinsäureimid beilegen; so lange bis seine Natur genauer
erforscht ist , wird die Bezeichnung ,,B o p p'scbe Substanz^
ausreichen.
. Ich bin weit davon entfernt hier Ansichten über den
chemischen Character der Glycine und Glycolaminsäuren auf-
stellen zu wollen; ich möchte für jetzt nur» weil man in
neuerer Zeit dazu hinneigt, die Glycine und ihre Isologen
ohne Weiteres als die wahren Aminsäuren anzusehen, daran
erinnei-n^ dafs sehr wahrscheinlich eine Verschiedenheit zwi-
schen diesen Körperreihen existirt. Dagegen behalte ich mir
vor, auf experimentellem Wege weitere Beweise für diese
Verschiedenheit zu suchen und vielleicht auch über deren
Ursachen einigen Aufschlufs zu erlangen. Die genannten
Körperreihen sowie die entsprechenden Glycol- und Oxy-
säuren sind, besonders in Beziehung auf homologes und
isomeres *} Verhalten, noch viel zu wenig studirt , als dafs
man jetzt schon daran denken könnte, jene Ursachen auf-
finden zu wollen ; ich bitte defshalb auch, die oben angedeu-
teten Formeln nur für das zu nehmen, was sie sein sollen :
Ausdrücke einzelner Reactionen und Relationen.
*) Es ist nicht unmöglich, dafs es zweierlei Glycolsäuren giebt
(Milchsäure, Fleischmilchsäure); es ist sogar nicht unmöglich,
dafs es Glycolsäuren giebt, welche von dem Aethylen und seinen
Homologen, und andererseits isomere hiervon , welche von dem
Aethyliden und seinen Homologen deriviren, und dafs vielleicht
die Glycine in nächster Beziehung zu den letzteren stehen. Es
ist defshalb vor Allem nöthig, das Verhalten der Säuren, welche
aus den Glycolen durch Oxydation entstehen, mit dem Verhalten
der aus den Glyciven gebildeten zu Vergleichen und besonders
von beiden Säuren die Aminsäuren (und Imide) darzustellen.
27
lieber Kreatinin;
von Dr. C. Neubauer.
A, Ueber den Kreatmingehalt des normalen Harns,
Unter den vielen stickstaffhaltigen Körpern, die wir als
Prodocte der regressiven Stoffmetamorphose kennen, gehört
unstreitig das Kreatinin mit zu den interessantesten, allein
über seine physiologische Bedeutung sind wir jetzt noch voll-
kommen im Dunkeln^ ja nicht einmal die Mengen kennen
wir, die unter gewöhnlichen Verhältnissen von einem gesun-
den Manschen innerhalb 24 Stunden entleert werden. Die
Analyse des Harns hat bis jetzt diesen Körper nicht berück-
sichtigt,, obgleich die Schwerlöslichkeit des Kreatininchlor-
zinks in starkem Weingeist immerhin ein geeignetes Mittel
ist, diese Base von anderen Körpern mit einiger Schärfe zu
trennen und quantitativ zu bestimmen. Man glaubte bis jetzt,
die im Harn normal vorkommenden Mengen seien so gering,
dafs an eine quantitative Bestimmung nicht zu denken sei,
allein Versuche , die ich schon vor längerer Zeit anstellte,
gaben mir den zweifellosen Beweis, dafs die im Harn normal
vorkommenden Kreatininmengen nicht geringer sind, als die
der Harnsäure y ja letztere wohl noch übersteigen. Ich fand
darin eine Aufforderung, diesem höchst interessanten Stoff
meine Aufmerksamkeit zuzuwenden, der sicherlich eben solche
Beachtung verdient, wie der Harnstoff und die Harnsäure. -^
Die hohe Bedeutung , die -der Harnsäure in der Arthritis zu-
erkannt wird, iäfst die Hoffnung aufkommen, dafs auch die
übrigen im Harn vorkommenden stickstoffhaltigen Körper eine
ähnliche Bedeutung in gewissen pathologischen Zuständen
haben, wie sie der Harnsäure in der Gicht wohl nicht mehr
ganz abgesprochen werden kann. Ich habe hier in Wies-
baden an den verschiedensten Personen aus .allen Himmels-
28 Neubauer, über Kreatinin,
gegenden die unumstöfsliche Gewifsheit erlangt^ dafs die
Harnsäure in der chronischen Gicht constant verringert ist,
ja in den meisten Fällen so sehr, dafs auf Zusatz von Salz-
säure auch nicht ein Krystall aus dem Harn sich ausscheidet.
Nach kürzerem oder längerem Gebrauch unserer in der Gicht
ja so höchst wichtigen Thermen ändert sich dieser Zustand
nun bald; der Harn wird im Ganzen reicher an fixen Be-
standtheilen und Harnsäure stellt sich oft in bedeutender
Menge ein. Es ist diefs das Resultat von vielen Beobach-
tungen, wozu die exquisiten Gichtexemplare, die jährlich
hier Hülfe bei unseren Thermen suchen und finden, mir,
durch die Freundlichkeit und das wissenschaftliche Streben
vieler unserer Aerzte, reichliches Material, lieferten. Diese
meine langjährigen Beobachtungen stimmen mit den Angaben
Garrod's (Lond. med. Gaz. V, 3i, S. 88), Ranke's (Beob-
achtungen und Versuche über die Ausscheidung der Harn-
säure; München 1858; Diss. pro facultate legendi} und Leh-
mann's (Lehrbuch der physiologischen Chemie Bd. I, S. 20i)
vollkommen überein.
Die Mengen der zur Ausscheidung kommenden Harn-
säure werden von der eingenommenen Nahrung wenig oder
gar nicht modificirt^ sondern scheinen nur von besonderen
inneren Zuständen des Organismus abzuhängen, so dafs dieser
Körper in der That alle Beachtung der Aerzte und Physio-
logen verdient. Allein die Mengen der normal entleerten
Harnsäure sind an und für sich gering und selten über-
schreitet die 24 stündige Quantität 0,5 Grm. Es ujnterliegt
wohl keinem Zweifel : andere im Harn vorkommende und in
gröfserer Menge als die Harnsäure sich findende Stofie haben
sicherlich ähnliche physiologische Bedeutung, und zu diesen,
in nicht gar geringen Mengen entleerten Körpern gehört
denn auch das Kreatinin, mit dessen quantitativer Bestimmung
ich mich in der letzteren Zeit vielfach beschäftigt habe.
Neubauer y über Kreatinin. 29
Kreatinin findet sich im Muskelsaft wie im Harn; in
letzterem glaubte Lieb ig auch Kreatin annehmen zu dürfen,
bezeichnete jedoch die Kreatininmengen als ungleich bedeu-*
tender, als die des Kreartins. Heintz hat nun schon im Jahre
1849 (Pogg. Ann. LXXIY, 125) durch eine sehr grundliche
und umsichtige Untersuchung den Beweis geliefert, dqfs im
Harn kein fertig gebildetes Kreatin vorkommt , sondern dafs
das bei der Zersetzung der Chlorzinkverbindung immer ge-
fundene Kreatm sich durch Aufnahme von 2 HO aus dem
Kreatinin regenerirt. In der That, aus dem Harn wird durch
Chlorzink nur Kreatininchlorzink gefallt , welches frei von
Kreatin ist, denn letzteres giebt bekanntlich mit Chlorzink
keinen Niederschlag, wohl aber beim Kochen, wobei es je-
doch in Kreatinin übergeht.
Dafs die Ansicht von Heintz richtig ist, hat in der letz-
ten Zeit sowohl L i e b i g wie Dessaignes bestätigt ; Kreatin
kann eben so durch Verlust von 2 Aeq. Wasser in Kreatinin
übergehen , als wie es sich durch Aufnahme von 2 Aeq.
Wasser aus Kreatinin re^eneriren läfst. Lieb ig erhielt aus
altem, mit Kalkmilch lange gestandenen Harn von Hunden nur
Kreatin, aus frischem dagegen nur Krefttinin. Reines Kre-
atinin in Lösung mit Kalkmilch versetzt, lieferte nach 8 Mo-
naten eine reichliche Krystallisation von Kreatin. Des-
saignes (Journ. pharm. [3] XXXII, 41) hat ferner durch
directe Versuche (wie früher auch schon Heintz) nach-
gewiesen, dafs die mit reinem Kreatinin dargestellte Zink-
verbindung in kleiner Menge zersetzt nur Kreatin, in gröfserer
Quantität dagegen ein Gemenge von Kreatin und Kreatinin
liefert.
lieber die Mengen von Kreatinin, die mit einem normalen
Harn innerhalb 24 Stunden entleert werden , fehlen bis jetzt
alle und jede Bestimmungen und eben so wissen wir bis
jetzt über den Ursprung und die physiologische Bedeutung
30 Neubauer^ über Kreatinin.
dieser merkwürdigen Base nichts Bestimmtes. Da im Harn
sich nur Kreatinin findet^ so kann man wohl annehmen, dafs
das Kreatin der Muskeln theils schon im Hu&kel selbst, theils
im Blute in Kreatinin übergeht und so zur Ausscheidung ge-
langt. Allein Lehmann hebt mit Recht hervor, dafs wei-
tere Untersuchungen noch entscheiden müssen , ob das Kre-
atin nur in Kreatinin übergeht, um ausgeschieden zu werden,
oder ob es auch, wofür einigermafsen seine Spaltung in
Harnstoff und Sarkosin durch Kochen mit Barytwasser spricht,
zur Harnstoffbildung mit beiträgt. Dessaignes ist freilich
sogar nicht abgeneigt, anzunehmen^ dafs die Flüssigkeit dep
Muskeln eben so wie der Harn nur Kreatinin enthalte, wel-
ches durch die längere Einwirkung der Wärme in der neu-
tralen Flüssigkeit zum Theil in Kreatin übergehe. Allein
diese Ansicht möchte ich nicht Iheilen; Städeler's neue
Methode, Auspressen des Fleisches mit Alkohol u. s. w., lie-
fert das Kreatin so schnell und so .rein, dafs man wohl
schwerlich in so kurzer Zeit eine Zersetzung das gröfsten
Theils des Kreatinins in Kreatinin atinehmen kann und darf.
Wie dem auch sein mag, jedenfalls Haben wir vor der Hand,
und zwar überwie^nd aus rein chemischen Gründen , die
nächste Quelle des mit dem Harn entleerten Kreatinins in
dem Kreatin der Muskel zu suchen, und unsere nächste Auf-
gäbe bleibt immer, zuerst die normal entleerten Mengen zu
bestimmen und weiter zu untersuchen, welche Vermehrung
oder Verminderung diese normalen Mengen utiter gewissen
physiologischen und pathologischen Verhältnissen erleiden.
Ich beschäftigte mich zuerst mit der «quantitativen Be-
stimmung der in 24 Stunden unter gewöhnlichen Verhält-
nissen, bei gemischter Kost, normal entleerten Kreatinin-
mengen. Verdampft man sehr grofse Mengen von Harn zur
Darstellung von Kreatinin, so ist es nicht unwahrscheinlich,
dafs ein Theil des im Harn als solches enthaltenen Kreatinins
Neubauer^ über Kreatinin. 31
bei der langen Einwirkung der Wärme in Kreatin übergeht und
sich so der Ausscheidung durch Chlorzink entzieht Dessaignes
hat daher einige wenige quantitative Bestimmungen ausgeführt,
um zu sehen, wie grofse Mengen von Kreatinin aus Harn
überhaupt erhalten werden können. Dessaignes nahm
jedoch zu diesen Versuchen nur concentrirten Horgenharn
und erhielt aus 200 CC. desselben 0,655 Grm. rohes Kreati-
ninchlorzinky entsprechend 327 Grm. auf 100 Liter Harn. Bei
früheren Versuchen wurden nur 143 Grm. und ein anderes
Hai 266 Grm. der Chlorzinkverbinduhg auf 100 Liter Harn
gefunden* Diese Versuche sind jedoch nicht geeignet^ die
24stündigen Quantitäten von Kreatinin zu bestimmen, und
weitere diese Frage betreffende Angaben habe ich nicht auf-
finden können. (Die in neuester Zeit von Schottin ge-
lieferte, diesen Gegenstand mit betreffende Abhandlung wird
weiter unten berücksichtigt werden.}
Das zu den folgenden Versuchen dienende Kreatinin
stellte ich mir in grofser Menge aus Menschenharn dar. Ich
habe dabei in der Hauptsache das Lieb ig' sehe Verfahren
eingehalten 9 das freilich bei gröfseren Mengen von Harn, da
wo es sich um die Verarbeitung von vielen hundert Pfunden
handelt, etwas umständlich und zeitraubend ist Ich zog es
daher vor, den frischen Harn (es wurden im Ganzen von mir
über 1000 Pfund verarbeitet, die ich theiis im Laboratorium,
theils in der Hilitärcaserne im Schwefelsäureballon auffangen
liefs} über freiem nicht zu starkem Feuer bei einer der
Siedehitze nahen Temperatur auf Vb bis Vio möglichst schnell
einzudampfen. Die concentrlrte Flüssigkeit wurde darauf mit
Chlorcalcium und Kalkmilch ausgefällt und die nach 24 Stun-
den mit einem Heber und durch Filtration gewonnene Mutter-
lauge auf dem Sandbade bei sehr mäfsiger Temperatur weiter,
bis zum Herauskrystallisiren des Kochsalzes, verdunstet. Die
Ausscheidung des Kreatinins geschah nun in der stark con-
32 Neulauer, über Kreatinin,
centrirten syrupdicken Mutterlauge mit etwa dem SOsten Theil
einer sehr dicken^ von freier Salzsäure vollkommen freien
Chlorzinklösung. Der nach 3 bis 4 Wochen entstandene
Krystallbrei wurde mit kaltem Wasser gründlich ausgewaschen
und getrocknet; die Zersetzung der Verbindung geschah mit
frisch bereitetem Bleioxydhydrat nach bekannter Methode,
die Trennung des hierbei sich immer bildenden Kreatins von
der Hauptmasse, dem Kreatinin, schliefslich durch Alkohol. —
Die Ausbeute ist eine reichliche, und da man das Kreatinin
ja, wie Liebig gefunden hat, leicht, in Kreatin überführen
kann, so möchte auch zur Gewinnung dieses Körpers der
Harn, den man leicht in jeder Menge aus Gasernen beziehen
kann, immerhin das billigiste Material abgeben. — Ich erhielt
aus etwa 1000 Pfund Urin im Ganzen nicht mehr als 350
Grm. bei 100^ getrocknetes, wenig gefärbtes Kreatininchlör-
zink. Eine zweite gröfsere Harnmenge (genau 2000 Pfund)^
ebenfalls in Gasernen aufgefangen, verarbeitete auf meinen
Wunsch mein Freund ^ Herr Hofapotheker Rüdiger in Bad^
Homburg, und seiner Güte und Freundlichkeit verdanke ich
eine grofse Menge des rohen Kreatininchlorzinks. Rüdiger
erhielt aus 2000 Pfund Urin etwas über 400 Grm. rohes,
wenig gefärbtes Kreatininchlorzink , welches mir derselbe
mit grofser Bereitwilligkeit zur Disposition stellte. Aus 3000
Pfund Harn wurden also circa 650 Grm. Kreatininchlorzink
erhalten, woraus sich^ wenn man die tägliche Urinmenge zu
3 bis 4 Pfund annimmt, etwa 0,85 Grm. pro 24 Stunden be-
rechnet, entsprechend 0,53 Grm. reines Kreatinin. Diese
Zahlen können auf Schärfe keinen grofsen Anspruch machen,
da durch die sehr lange Einwirkung der Wärme sicherlich
ein Theil des Kreatinins zersetzt, oder in Kreatin überge-
gangen sich der Fällung durch Ghlorzink entzogen hat.
Neubauer^ über Kreatinin. 33
Quantitatwe Kreatininbestimmunffen mit ühhrzinh.
a. Darstellung von reinem Kreatinin. — Die Darstellung
von chemisch reinem Kreatinin, ohne Beimischung von Kreatin,
ist nicht ganz leicht. Wendet man zur Trennung beider
Körper nicht ganz starken Weingeist an, vermeidet man beim
Digeriren nicht alles Erwärmen^ so geht immer ein Theil
des Kreatins mit in Lösung und die quantitative Bestimmung
mit Chlorzink giebt, eben weil Kreatin durch Chlorzink nicht
gefällt wird, mit solchem Präparat ausgeführt immer zu nie-
dere Resultate. Ich erhielt mit solchem Kreatinin imnier nur
96 bis 97 pC. des ursprünglich genommenen Kreatinins^ als
Kreatininchlorzink gewogen, wieder. Zu den weiteren Be-
stimmungen wurde daher das Kreatinin auf folgende Weise
gereinigt : Das durch zweimaliges Umkrystalliäiren aus er-
hitztem' Weingeist erhaltene Kreatinin wurde aufs Feinste
zerrieben und in 90procentigen Weingeist nach und nach
unter Umschütteln im Ueberschufs eingetragen. Nach 24 stün-
digem Digeriren bei einer Temperatur von 15 bis 20^ C.
wurde das klare Filtrat zuerst vom Alkohol durch Destillation
im Wasserbade befreit , darauf bis zur beginnenden Krystal-
lisation verdunstet , und die nach 24 Stunden erhaltenen
Krystalle mit Alkohol gewaschen, bei 100^ getrocknet zur
Analyse benutzt.
Zur Prüfung auf Reinheit wurden von dem so zu ver-
schiedenen Malen dargestellten reine Kreatinin Stickstoff-
bestimmungen gemacht :
1. 0,2478 Grm. Kreatinin bei 100<* getrocknet gaben 0,0924 Grm.
N. Daraus berechnen sich 37,28 pC. N.
2. 0,246 Grm. gaben 0,09135 Grm. N, entsprechend 37,13 pC. N.
3. 0,2286 Grm. gaben 0,08505 Grm. N. , entsprechend 37,2 pC. N.
Die Formel C^HriNzO^ verlangt 37,17 pC. N.
b. Quantitatwe Kreatininbestimmungen, — 0,8938 Grm.
des nach a. gereinigten und durch die Stickstoffbestimmung
Annal. d. Chem. u. Pharm. GXIX. Bd. 1. Heft. 3
34 Neubauer^ über Kreatinin,
geprünen Kreatinins wurden in 2 bis 3 CC. HO gelöst und
mit absolutem Alkohol auf 160 CC. verdünnt. Je 50 CC.
dieser Lösung , in welchen also 0,2793 Grm. Kreatinin gelöst
waren, wurden abgemessen und durch Zusatz von Vs CG.
einer weingeistigen Chlorzinklösung von 1,195 spec. Gew.
gefällt. Nach 48stündigem Stehen im Keiler wurde der ent-
standene Niederschlag mit der Vorsicht auf ein bei 100^ ge-
trocknetes Filter gebracht, dafs zum Aufbringen des Nieder*
Schlags immer wieder das erst erhaltene Fiitrat genommen
wurde. Das Auswaschen mit absolutem Weingeist wurde
erst begonnen, nachdem die Mutterlauge vollkommen abge-
laufen war. Nach dem Trocknen bei 100^ ergaben sich fol-
gende Resultate :
1. 0,2793 Grm. Kreatinin gaben 0|4438 Grm. Kreatininchlorzink,
entsprechend 99,2 pC.
2. 0,2793 Grm. Kreatinin gaben 0,4429 Grm. Kreatininchlorzink,
entsprechend 99,0 pC.
3. 0,2793 Grm. Kreatinin gaben 0,4439 Grm. Kreatininchlorzink,
entsprechend 99,2 pG.
Zum üeberfloHs wurde noch von dem hierbei aus weingeisti-
ger Lösung erhaltenen Kreatininchlorzink eine Stickstoff-
bestimmung gemacht :
0,3453 Grm. hei 100^ getrocknet gaben 0,0798 Grm. N; ent-
sprechend 23,1 pC. N, während die Rechnung 23,21 pC.
verlangt. — 100 Theile Kreatininchlorzink bei lOO^* ge-
trocknet entsprechen demnach 62,44 pG. Kreatinin.
Aus den obigen Bestimmungen geht also hervor, dafs
die Kreatininbestimmung mit Chlorzink der Kalibestimmung
mit Platinchlorid an Genauigkeit ziemlich gleichkommt. — In
starkem Alkohol ist die Löslichkeit des reinen Kreatinin-
chlorzinks in der That sehr gering ; einige direct ausgeführte
Bestimmungen gaben folgende Resultate :
Chemisch reines, aus weingeistiger Lösung gefälltes
Kreatininchlorzink wurde im Ueberst hufs mit frisch rectifi-
Neubauer^ über Kreatinin* 35
cirtem Alkohol von 98 pC. mehrere Tage bei einer Tem-
peratur jvon 15 bis 20^ C. digerirt und von dem klaren Filtrak
32,26 Grm. in einer gewogenen Flatinschale vorsichtig zur
Trockne verdunstet. Bei 100^ C. getrocknet wog der Rück-
stand 0,0035 Grm. Es löst sich demnach 1 Tbl. Kreatinin-
chlorzink in 9217 Tbl. Alkohol von 98 pC.
Zu einem zweiten Versuch wurde 87procentiger Alkohol
genommen. 63,17 Grm. Filtrat lieferten nach dem Verdunsten
und Trocknen bei 100^ C. 0,011 Grm. Rückstand; demnach
löst sich 1 Tbl. Kreatininchlorzink in 5743 Grm. Alkohol
von 87 pC.
c. Quantitative Kreaümnbestimmungin in Harn, —
Nachdem ich mich durch die obigen Versuche von der
Brauchbarkeit der quantitativen Bestimmung des Kreatinins
durch Chlorzink überzeugt hatte , versuchte ich die Bestim-
mung der innerhalb 24 Stunden mit dem Harn normal ent-
leerten Mengen. — Nach mehreren Versuchen, deren Einzel-
heiten Jch hier übergehe, blieb ich schliefslich bei folgendem
Verfahren stehen :
300 CC. des innerhalb 1^4 Stunden gesammelten, ge-
mischten und genau gemessenen Harns versetzt man mit
Kalkmilch bis zur alkalischen Reaction und fügt so lange
Chlorcalciumlösung hinzu, als noch ein Niederschag entsteht.
Nach 1 bis 2 Stunden wird die Flüssigkeit abfiltrirt, Filtrat
und Waschwasser möglichst schnell im Wasserbade bis fast
zur Trockne verdunstet und noch warm mit 30 bis 40 CG.
Weingeist von 95 pC. vermischt. Die gründlich gemischte
Hasse bringt man darauf in ein Becherglas , spült die Schale
mit kleinen Mengen Weingeist nach und läfst zur völligen
Ausscheidung alles Fällbaren 4 bis 5 Stunden in der Kälte
stehen. Die Flüssigkeit filtrirt man darauf durch ein mög-
3*
36 Neubauer^ über Kreatinin.
liehst Heines Filterchen , bringt endlich den Niederschlag
auch darauf und wascht , nachdem erstere vollständig abge-
laufen ist, mit kleinen Mengen Weingeist nach. Ist das ge*
sammte Filtrat viel über 50 CG. geworden, so läfst man es
auf einer heifsen Eisenplatte bis auf 40 bis 60 CG. verdunsten.
Nach vollständigem Erkalten setzt man jetzt V2 GG. einer
alkalischen, absolut säurefreien Lösung von Ghlorzink (spec.
Gew. 1,2J hinzu, rührt längere Zeit stark um, was die Aus-
scheidung aufserordentlich befördert und läfst darauf 3 bis 4
Tage mit einer. Glasplatte bedeckt im Keller stehen. Nach
Ablauf dieser Zeit bringt man die Krystallisation auf ein
zwischen zwei Uhrgläsern gewogenes, getrocknetes Filter
und benutzt zum Aufspülen immer wieder das erst erhaltene
Filtrat. Ist alles Kreatininchlorzink auf das Filter gebracht,
so wascht man, sobald alle Mutterlauge vollständig abgelaufen
ist, so lange mit kleinen Mengen Weingeist aus, bis dieser
farblos abläuft und nicht mehr auf Ghlor reagirt. — Das
Auswaschen sei gründlich , aber nicht unnütz lange. — Das
Filtrat mit dem Kreatininchlorzink wird schliefslich bei 100^
getrocknet und zwischen Uhrgläsern gewogen.
Nach dieser Methode erhielt ich bei meinem eigenen
Harn die folgenden Resultate. Zuvor sei bemerkt, dafs ich
in einem Alter von 30 Jahren stehe ; meine Körperlänge ist
174 Gm. ; mein Körpergewicht 54,5 Kilogrm. ; meine Re-
spirationsgröfse 3800 GG. Meine Lebensweise ist eine sehr
geregelte ; die Nahrung gemischt, aber protei'nreich. — Schlaf
7 Stunden, Bewegung im Freien 1 bis 2 Stunden. — Die
Bestimmungen wurden im Mai und Juni des Jahres 1860
ausgeführt.
Neubauer, über Kreatinin.
37
Hammenge in
300 CC. gaben
Kreatininmenge in
24 J^tunden
Kreatininchlorzink
24 Stunden
1150 CC.
0,432 Grm.
1,034 Grm.
1000
»
0,535 «
1,113
ff
1800
n
0,203 „
0,760
ff
1650
r»
0,370 „
1,270
»
1500
»
0,380 „
1,186
ff
1650
9
0,353 „
1,212
ff
1600
9
0,4065 „
1,360
n
1680
»
0,8576 „
1,250
ff
1600
»
0,806 „
1,016
ff
1560
r>
0,316 »
1,026
»
1700
n
0,3796 „
1,342
j»
1860
j»
0,302 „
1,169
ff
1650
n
0,356 „
1,223
ff
1760
»
0,3215 „
1,178
ff
1700
»
0,3706 „
1,311
ff
1600
»
0,387 „
• 1,288
1»
1900
ff
0,276 ,
1,087
ff
Es wurden demnach von mir bei gemischter prote'in*
reicher Kost und unter normalen Verhältnissen innerhalb
24 Stunden mit einer Urinmenge von 1609 CC. durchschnitt-«
lieh etwa 1,166 Grm* Kreatinin entleert. Auf ein Kilogrm.
Köipergewicht also 0,0214 Grm. Kreatinin.
d. Phyaikalischea und chemisches Verhalten des beiden
obigen Bestimmungen aus dem 3arn erhaltenen Kreatinin-
chlarzinks. -^ Scheidet man aus wässerigem Harnexlract das
Kreatinin mit Chlorzink ab, so erhält man die Verbindung
meistens in dunklen warzenförmigen Massen, an denen man
selbst unter dem Hikroscop kaum eine krystallinische Structur
wahrnehmen kann. Zuweilen aber sieht man auch hier
deutlichere Krystalldrusen, feine Nadeln, die zu besen-, stern-
und igelartigen Massen vereinigt sind. Aus alkoholischem
Harnextract, mit einer gleichfalls alkoholischen Lösung von
Chlorzink abgeschieden^ erhält man jedoch das Kreatinin-
chlorzink immer als schwach gelbliches Pulver, welches sich
unter dem Mikroscop als gelblich durchscheinende , scharf
contourirte Kugeln von verschiedener Gröfse zeigt, an denen
man bei starker Vergröfserung (400) eine concenlrische
38 Neuhauer, über Kreatinin,
Streifung mit Schärfe wahrnehmen kann. Löst man von
diesem Pulver in heifsem Wasser, so lassen sich leicht regel-
mäfsigere Formen unter dem Mikroscop erzeugen. Von der
fast vollständig erkalteten Lösung bringt man zu diesem
Zweck einen Tropfen auf ein Objeelgläschen, legt ein Stück*
chen eines leinenen Fadens hinein, doch so, dafs das eine
Ende des letzteren vollkommen trocken bleibt. Nachdem
darauf die Flüssigkeit um die Hälfte des Fadens mit einem
Deckgläschen bedeckt ist, befeuchtet man das fVeie Ende mit
einem Tröpfchen Chlorzinklösung, die sich nach einiger Zeit
durch Capillarität mit der Flüssigkeit unter dem Deckgläschen
mischen wird und bald wird man nun zu beiden Seiten des Fadens
rcgelmäfsige Krystalldrusen , wie sie dem Kreatininchlorzink
characteristisch sind, entstehen sehen. Ich' habe mich dieser
Methode in der letzteren Zeit häufig bedient, um Krystalli-
sationen unter dem Mikroscop auf Zusatz eines Reagens,
z. B. beim salpetersauren HarnstoiT, zu erzeugen.
Zur Beurtheilung der Reinheit des bei den obigen Be«
Stimmungen erhaltenen, schwach gelb gefärbten Kreatinin-
Chlorzinks sammelte ich dasselbe von den ersten 6 und von
den folgenden 11 Bestimmungen zur Ausführurf'g folgender
Analysen :
i. BuhtUim ton i bii 6. \
1. 0,390 Qtjxl Substanz bei 100^ getrocknet gaben 0,0854 Ghrm N,
entsprechend 21,9 pC. N.
2. 0,377 Grm. gaben 0,0826 Grm. N, entsprechend 21,9 pC. N.
3. 0,561 Grm. wurden in Salpetersäure gelöst und das Chlor mit
salpetersaurem Silberoxyd gefällt. Es wurden erhalten 0,414
Grm. AgGl, entsprechend 0,10234 Grm. Gl, gleich 18,3 pC. Gl.
2. Suhstaia 6 bii 17.
1. 0,3968 Grm. gaben 0,0861 Grm. N; entsprechend 21,7 pC. N.
2. 0,9752 Grm. lieferten 0,730 Grm. AgGl ; entsprechend 18,5 pO. GL
Im Mittel aus diesen Analysen ergiebt sicii also in dem^
bei den obigen Kreatininbestimmungen im Harn erhaltenen
Neubauer^ über Kreatinin, 39
Kreatininchlorzink 21,8 pC. N und 18^4 pC. €1, während das
chemisch reine 23^21 pC. M und 19,59 pC. €1 verlangt. Es
müssen also der Rechnung nach auf 21,8 pC. N 18,41 pC. €1
kommen (23,21 : 19,59 = 21,8 : X = 18,41), ein Verhält-
nifs» welches also die obigen Analysen auch ergaben*
Diese Analysen lassen auf die Reinheit des gewogenen,
bei den obigen Restimmungen erhaltenen Kreatininchlorzinks
zurückschliefsen. Legt man den gefundenen Stickstoff- und
Chlorgehalt zum Grunde, so enthält das Product nahehin
94 pC. reines Kreatininchlorzink, und die oben als normal
gefundene Menge von Kreatinin für 24 Stunden ist daher
etwas zu hoch. Rechnen wir hiernach die gefundenen 1,166
Grm. um, so ergiebt sich für eine Harnmenge von dwrch-
schniälich 1609 CG. ein Kreaimingehalt von 1,120 Orm. für
24 Stunden bei gemischter Kost und normalem Zustande,
Auf 1 Kilogrm, ,Kör per gewicht kommt demnach 0,02055 Grm,
Kreatinin.
e. Krealminbestimmungen hei anderen Personen. — So
weit war ich mit meiner Arbeit gekommen, als eine Abhand-
lung' ähnlichen Inhaltes von Schottin im Archiv der Heil-
kunde von Wagner, Jahrg. I, Heft 5, Seite 417, erschien.
Die daselbst niedergelegten Reobachtungen , die 24stündige
normale Ausscheidung von Kreatinin betreffend , waren für
mich im höchsten Grade befremdend.
Schottin sagt daselbst :
„Die meisten Lehrbücher der physiologischen Chemie
führen den Kreatiningehalt des Harns als einen normalen
Bestandtheii an. Aliein da ich nirgends in der Literatur be-
stimmte Angaben über die tägliche Ausscheidung weder eines
gesunden noch pathologischen Organismus fand , so sah ich
mich genölhigt, um zur Reurtheilung pathologischer Mengen
eine sichere Basis zu erlangen, ferschiedene normale wie
pathologische Secrele der Untersuchung zu unterwerfen.
40 Neubauer, über Kreatinin.
„Zunächst unterwarf ich meinen eigenen Harn der che-
mischen Untersuchung auf Kreatinin und befolgte im Allge-
meinen die schon bekannten Methoden, indem ich den Harn
eindampfte, mit Spiritus extrahirte^ das Extract nach Ver-
dunstung des Spiritus entweder mit Barythydrat oder essig-
saurem Bleioxyd behandelte , nach Entfernung des über-
schüssigen Blei's und Baryts zur Syrupconsistenz verdunstete,
mit starkem Alkohol fällte, das alkoholische Extract zur
Syrupconsistenz verdunstete und aus diesem dann die Krea-
tininchlorzinkverbindung darzustellen versuchte.
„Ich benutzte zur Untersuchung meines Urins in allen
Fällen die in 30 Stunden gesammelte Menge und fand darin
bei gemischter Kost nur mikroscopische Mengen Kreatinin.
„Eine zweite Untersuchung bei einer 30 Stunden streng
befolgten rein vegetabilischen Kost ergab keine Spur von
Kreatinin und selbst als ich bei einem dritten Versuch bei
rein vegetabilischer Kosi binnen 24 Stunden einen halben
Gramm Kreatin einnahm, konnte ich keine Spur von Krea-
tinin auffinden. Ein vierter Versuch bei fast rein anima-
lischer Kost ergab 0,086 Grm. Kreatinin.^ *
Diese von Schottin erhaltenen Resultate stimmen mit
den meinigen gar nicht überein. Ich selbst entleerte , in
einem Alter von 30 Jahren , ziemlich constant innerhalb
24 Stunden bei gemischter, allerdings proteinreicher Kost
etwa, wie die obigen Bestimmungen zeigten, i Grm. Kreatinin,
während Schottin unter ähnlichen Verhältnissen aus seinem
Urin nur mikroscopische Spuren erhielt. Ich sah mich in
Folge dieser Abhandlung veranlafst, zunächst Kreatininbe-
stimmungen bei anderen Personen auszuführen, wozu es mir
auch nicht an Gelegenheit fehlte.
Ich lasse die erhaltenen Resultate hier folgen :
1. Herr F., einige iwanvig Jahre alt, von kräftiger Constittüion»
Chemiker. Hammenge 1200 CC, Ereatiningehalt 0,852 Grm..
Neubauer^ über Kreatinin, 41
2. P. S,i Alier 23 Jahr f Lahortüoriumsäiener , kräftiger gesunder
Körperbau^ hatte die Gewolinlieit beim Essen sehr viel Wasser
zu trinken. Hammenge 2650 CO., Ej*eatiningehalt 0,888 Qrm. ;
Hammenge 1940 CO., Ereatlningehalt 0,820 Grm.
3. Soldta S,j 22 Jahre aU, Hammenge 1100 CO., Kreatingehalt
0,795 Grm.
4. Ein Knabe von 8 Jahren. Hammenge 1000 CC, Kreatininge-
halt 0,427 Grm.
5. PP,, an Bright^icher Krankheit leidend. Der Ham enthielt sehr
viel Epithelien verschiedener Form und eine nicht unbedeu-
tende Menge hyaliner Oylinder, die mit Fettkömchen und
fettig degenerirten Epithelien besetzt waren. Im Sediment
fanden sich aufserdem sehr vereinzelte, in der Form gut er-
haltene Blutzellen. Die 24 stündige Hammenge betrug
2000 00. von 1,015 spec. Gewicht und 14,3 Grm. Albumin.
Die gewöhnlichen Harnbestandtheile waren in folgender Menge
vorhanden : Harnstoff == 21,4 Grm., Hamsäure 0,14. Grm.
Ohlomatrium 5,6 Grm. Phosphorsäure 1,23 Grm. Gesammt-
menge der fixen Bestandtheile 49,83 Grm. Kreatinin wurde
0,886 Grm. erhalten.
Ich kann mir diese Abweichungen zwischen meinen und
den von Schottin er,haltenen Resultaten nicht anders er-
klären, als dafs Schottin bei der von ihm befolgten Me-
thode durch das sehr häufige Abdampfen und Behandeln in
der Wärme (die erhaltenen Auszüge des ersten Extracts
wurden noch dreimal zur Syrupconsistenz verdunstet} das
Kreatinin mehr oder weniger in Kroatin übergeführt hat,
welches bekanntlich durch Chlorzink nicht gefällt wird und
sich also der quantitativen Bestimmung nach dieser Methode
entzieht. Weitere Bestimmungen des Kreatiningehalts des
Harns bei verschiedener Lebensweise, Fleischkost, Pflanzen-
kost, zu verschiedenen Tageszeiten, und ebenso über den
Kreatiningehalt des Harns bei innerlichem Gebrauch von
Kreatin und Kreatinin werde ich seiner Zeit folgen lassen«
42 Neubauer ^ über Kreatinin.
ß. Zur Chemie des Kreatinins.
1. Krea^tinin-Chlorcadmium, — Versetzt man eine con-
centrirte Lösung von reinem Kreatinin mit einer gleichfalls
concentrirten Lösung von neutralem Chlorcadmium , so ent*
steht sogleich oder nach kurzer Zeit ein krystallinischer
Niederschlag , der unter dem Mikroscop als feine Nadeln
sich zeigt. Nimmt man die Mischung beider Lösungen etwas
verdünnter und heifs vor, so krystallisirt die Verbindung
beim Erkalten massenhaft in ziemlich grofsen , concentrisch
gruppirten, dünnen säulenförmigen Krystallen heraus. Die
Verbindung zeichnet sich durch einen starken Glanz aus;
die Krystalle zind zimlich hart und verlieren bei 100^ ge-
trocknet ihren Glanz und ihre Durchsichtigkeit nicht. In
Wasser sind sie ungleich löslicher als die Chlorzinkver-
bindung.
Die folgenden Analysen wurden mit einem pAparat
gemacht, welches sich beim Abkühlen und 24 stündigem
Stehen einer heifsen Lösung von Kreatinin und Chlorcadmium,
die auf 1 Aeq. Kreatinin wenig über i Aeq. Cd€l enthielt,
massenhaft ausgeschieden hatte.
1. 0,448 Grm. bei 100^ getrocknet wurden in Wasser unter Zu-
satz Ton etwas NO^ gelöst und das Chlor mit AgO, NO^
gefällt. Es wurden erhalten 0,3154 Grm. AgGl.
2. 0,4126 Grm. lieferten ebenso behandelt 0,290 Grm. AgGl.
3. 0,5014 Grm. Substanz wurden in verdünnter Salzsäui'e gelöst
und das Cadmium mit Schwefelwasserstoff gefällt. Es
wurden erhalten 0,177 Grm. CdS.
4. 0,492 Grm. lieferten ebenso behandelt 0,172 Grm. CdS.
5. 0,3094 Grm. gaben beim Verbrennen mit Natronkalk 0,06335
Grm. N, entsprechend 20,475 pC. N = 55,11 pC. Kreatinin.
6. 0,3088 Grm. lieferten ebenso behandelt 0,06335 Grm. N, ent-
sprechend 20,515 pC. N = 55,2 pC. Kreatinin.
Aus diesen Analysen berechnet sich die Formel C8H7N30a
-f- Cd€ly so dafs diese Verbindung entsprechend der Chlor-
zinkverbindung zusammengesetzt ist.
Neubauer, über Kreatinin, 43
berechnet geftinden
55,26 55,11 55,20
C8
Na
Cd 56 27,38 27,45 27,19
Ol 35,5 17,36 17,40 17,37
204,5 100,00.
Das Chlorcadmiam scheint mehrere Verbindungen mit
dem Kreatinin einzugehen. Als ich eine Mischung von
Kreatinin und Chlorcadmium, die in der Kälte keine Krystalle
absetzte^ langsam über Schwefelsäure verdunsten liefs, bil->
deten sich allmälig grofse Krystalldrusen von starkem Glanz,
die aber bei 100^ C. trüb wurden und zu einem weifsen
Pulver zerfielen. Die Chlorbestimmung gab 16,0t und 15,99pC.
Chlor; die Cadmiumbestimmung 25,4 und 25,31 pC. Cadmium.
Eine Verbindung von der Formel CsHtNsO» + CdGl, 2 HO
verlangt 25,2 pC. Cadmium und 15,96 pC. Chlor. Ich habe diese
Verbindung, die ich in verhältnifsmäfsig geringer Menge er-
hielt, nicht weiter untersucht.
2. ßalpeteraaurea JSreatimn-Queckailberoxyd. — Beim
Vermischen einer stark concentrirten Lösung von reinem
Kreatinin mit einer gleichfalls concentrirten , möglichst neu-
tralen Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd entsteht
beim Zusatz der ersten Tropfen kein Niederschlag und erst
nachdem eine gewisse Menge der Quocksilberlösung zuge-
setzt ist, giebt ein Tropfen der Mischung auf einem Uhr-
glase mit einem Tropfen Sodalösung vermischt eine rein
weifse Fällung, die sich in einem Ueberschufs der Natron-
lösung leicht wieder löst. Fährt man mit dem Zusatz der
Quecksilberlösung so lange fort, bis endlich ein Tropfen der
Mischung mit Soda geprüft eine gelbliche Reaction zeigt, so
wird jetzt sehr bald, oder auch schon früher für den Fall,
dafs die Lösungen concentrirt genug und die Quecksilber-
lösung möglichst säurefrei waren, Trübung eintreten, der
44 Neubauer^ über Kreatinin.
V
bald eine massenhafte AusscheiHung eines weiTsen, schweren
krystallinischen Niederschlags folgt. Dieser Niederschlag ist
eine Verbindung von salpetersaurem Kreatinin mit Queck-
silberoxyd. Nach einigem Stehen wird der entstandene
Niederschlag gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen und
über Schwefelsäure getrocknet. Die Verbindung ist in kaltem
Wasser schwer » in faeifsem dagegen ziemlich leicht löslich
und aus der heirsen concentrirten wässerigen Lösung scheidet
sie sich beim Erkalten in sternförmigen Nadeldrusen wieder
aus. Bei längerem Kochen der wässerigen Lösung tritt
Reduction ein. Die wässerige Lösung reagirt nicht auf
blaues Lackmuspapier, sondern bläut rothes schwach; fällt
man daraus das Quecksilber durch Schwefelwasserstoff, so
liefert das Filtrat nach dem Verdunsten im Wasserbade , wo-
bei nicht die geringste Spur freier Salpetersäure entweicht,
grofse wasserhelle Krystalle von salpetersaurem Kreatinin bis
zum letzten Tropfen.
Sind bei der Darstellung dieser Verbindungen die oben
angegebenen Bedingungen nicht erfüllt, sind die Lösungen
nicht concentrirt genug, oder ist die Quecksilberlösung nicht
säurefrei, so erfolgt die Ausscheidung erst nachdem tropfen«
weise eine Lösung von kohlensaurem Natron bis zur eben
bleibenden Trübung zugesetzt wird. Läfst man darauf ruhig
stehen, so erfolgt schnell die Ausscheidung.
1. 0,5743 Grm. der über Schwefelsäure getrockneten Verbindung
ymrden in Wasser unter Zusatz weniger Tropfen Salzsäure
gelöst, darauf mit einem Ueberschufs von Cyankalium-
lÖsung versetzt , wobei schwache Reduction eintrat , und
endlich das Quecksilber mit SchwefelwasserstofiPwasser ge-
fällt. Es wurden 0,3464 Qrm. HgS erhalten.
2. 0,56 Grm. ebenso behandelt lieferten 0,3402 Grm. HgS.
3. 0,5944 Grm. ebenso behandelt, aber von einer anderen Dar-
stellung, gaben 0,3592 Grm. HgS.
Demnach wird die Verbindung der Formel Krtn NO
4- 2 HgO entsprechen.
Neubauer, über Kreatinin,, 45
berechnet gefanden
Salpetersaures Kreatinin 167 43,6 — —
2 Qnecksilberoxyd 216 56,4 56,16 56,56
383
100,0. ' ^^ ^^'27
Durch dieses Verhalten des Kreatinins zu salpetersaurem
Quecksilberoxyd wird dasselbe also auf die Harnstoffbestiin-
mung nach Liebig infiuiren, was freilich, da die in 24 Stun-
den ausgeschiedene Kreatininmenge nur etwa 1 Grm. ist, von
nicht erheblicher Bedeutung sein würde. Nehmen wir nach
den obigen Bestimmungen an, dafs in 24 Stunden mit einer
Harnmenge von 1500 bis 1600 CG. etwa 1 Grm. Kreatinin
entleert wurde, so würden auf 10 CG. Harui die man zur
Harnstoffbestimmung bekanntlich verwendet, 0,00666 Grm.
Kreatinin kommen und diese bedürfen 0,01274 Grm. Queck-
silberoxyd, was 0,165 CG. Liebig'scher Lösung entspricht.
Ob das Kreatinin wie der Harnstoff mehrere Verbindungen
mit dem Quecksilberoxyd, was wohl zu vermuthen, eingeht,
habe ich vor der Hand' nicht weiter untersucht.
3. Salpetersaures Kreatinm-Säberoxyd, — Eine Mischung
von reiner Kreatininlösung und neutralem salpetersaurem
Silberoxyd scheidet beim Stehen über Schwefelsäure eine
Verbindung beidbr in "" weifsen kugel- und warzenförmigen
Nadelaggregaten aus. Beim Erhitzen auf Platin blech tritt
ziemlich starke Verpuffung ein und zurück bleibt reines me-
tallisches Silber.
Die Silberbestimmung ergab bei Präparaten von ver-
schiedener Darstellung folgende Resultate :
1. 0,2286 Grm. gaben bei 100^ getrocknet nach dem Glühen
0,0862 Grm. Ag.
2. 0,3087 Grm. gaben ebenso behandelt 0,1162 Grm. Ag.
3. 0,2049 Grm. gaben 0,0777 Grm. Ag.
+
Die Verbindung entspricht demnach der Formel Krtn NOg
+ AgO.
46 Neubauer y über KreaUmn.
berechnet
gefunden
Salpeters. Kreatinin
167
59,01
— — —
Silberoxyd
116
40,99
40,5 40,4 40,73
283 100,00.
4. Einunrkung von uberrnanganscmrem Kali auf Krea-
tinin, — Versetzt man eine mäfsig erwärmte ziemlich ver-
dünnte Lösung von Kreatinin mit einer concentrirten Lösung
von übermangansaurem Kaii, so erfolgt sogleich Einwirkung
und bald scheidet sich Manganhyperoxyd in Hassen aus. —
Nach mehreren vorläufigen Versuchen habe ich schliefslich
bei dieser Zersetzung zu wiederholten Malen folgende Ver-
hältnisse eingehalten : 9 Grm chemisch reines Kreatinin wur-
den in 300 CC. Wasser gelöst , die Lösung mit 4 CC. Kali-
lauge (Verbrennungslauge} schwach alkalisch gemacht und
darauf, nachdem auf 50 bis 60^ C. erwärmt war, eine con-
centrirte Lösung von übermangansaurem Kali so lange zuge-
setzt, bis auch bei dieser Temperatur längere Zeit eine deut-
liche Röthung der Flüssigkeit blieb. 9 Grm. Kreatinin be-
durften bis zu diesem Punkt 14 bis 15 Grm. übermangansaures
Kali. Die letzten Spuren von unzersetztem Salz wurden durch
einige Tropfen einer concentrirten Kreatininlösung zerstört.
Der ganze Procefs verläuft schnell und ohne dafs Ammoniak-
entwickeluug wahrgenommen werden konnte. Die durch
Filtration und Auswaschen des ausgeschiedenen Manganoxyds
erhaltene, stark alkalisch reagirende Flüssigkeit wurde auf
dem Wasserbade erwärmt, das freie Alkali durch tropfen-
weisen Zusatz verdünnter Schwefelsäure, wobei sich nur
höchst unbedeutende Mengen von Kohlensäure entwickelten,
hinweggenommen, und darauf zur Trockne verdunstet. Kalter
Aetherweingeist nahm aus der trockenen und zerriebenen
Salzmasse bei wiederholtem Behandeln nur unbedeutende
Spuren auf^ die nach dem Verdunsten zurückblieben und ver-
geblich auf Harnstoff geprüft wurden. Das Hauptproduct
Neubauer^ über Kreatinin, 47
dieser Oxydation war in Aetherweingeist unlöslich, konnte
aber durch kochenden Weingeist von 90 pC. der mit Aether-
weingeist behandelten Salzmasse entzogen werden. Das Aus-
kochen mit Weingeist wurde so lange fortgesetzt , bis der
Rückstand beim Erhitzen auf Piatinblech keine nennenswerthe
Graufärbung mehr zeigte. Beim Erkalten lieferten nun die
gemischten weingeistigen Auszüge eine sehr reichliche Kry-
stallisation prismatischer Krystalle , die nach 12 Stunden
gesammelt, und nachdem sie noch einmal aus 90procentigem
Weingeist umkrystallisirt waren, an der Luft auf Fliefspapier
getrocknet wurden. Die Krystalle verbrannten auf Piatinblech
unter Verbreitung des dem Kreatin beim Verbrennen eigen-
thümlichen Geruchs leicht und vollständig. Zuerst trat
Schmelzung, dann Gelbfärbung und Schwärzung ein, und die
schliefslich zurückbleibende Kohle verbrannte leicht. In
Wasser ist die Vefbindung sehr leicht löslich; die wässerige
Lösung reagirt ziemlich stark alkalisch und giebt mit Chlor-
calcium einen Niederschlag von oxalsaurem Kalk. Dieses
Verhalten stimmt vollständig mit dem von Dessaignes ent-
deckten Oxalsäuren Methyluramin überein, welches derselbe
bekanntlich sowohl aus Kreatin wie auch aus Kreatinin durch
Kochen mit Quecksilberoxyd erhalten hat. Da ich dieses
höchst interessante Salz bis jetzt noch nicht in Händen ge-
habt hatte, so ^stellte ich mir, zum Vergleich mit dem von
mir aus Kreatinin durch KOMfigO? erhaltenen, dasselbe ge-
nau nach Dessaignes' Vorschrift, durch Kochen einer Lö-
sung von Kreatin mit überschüssigem , auf nassem Wege
dargestelltem und unter Wasser aufbewahrtem Quecksilber-
oxyd dar. Das aus Weingeist krystallisirte Präparat hatte
in der Krystallform , sowie in seinem chemischen Ver-
halten eine solche Aehnlichkeit mit dem von mir erhaltenen
Salz« da(j3 an der Gleichheit beider nicht weiter zu zwei-
feln war.
48 Neubauer, über Kreatinin.
ce* Afiaiyie des Oxalsäuren Meihyiuramins, für toelches Dessaignes die
Formel C^HyNs, GjH04 + 2 HO giebt.
1) 0,6902 6rm. lufttrockener Substanz gaben bei 100^ 0. getrocknet
0,0902 Grm. Wasser, entsprechend 13,07 pC. HO.
2) 0,7394 Grm. gaben eb^so bebandelt 0,098 Grm. HO, ent-
sprechend 13,25 pC. HO.
3) 0,4887 Grm. der bei 100^ C. getrockneten Substanz wurden in
Wasser gelöst und die Oxalsäure als CaO, Ö geföllt. Es
wurden erhalten 0,116 Grm. CaO, entsprechend 37,82 pC.
C2HO4 in wasserfreiem Balz, oder 32,8 pC. in wasser-
haltigeuL
4) 0,4136 Grm. bei 100<^ 0. getrockneter Substanz gaben 0,1456
Grm. Stickstoff, entsprechend 35,2 pC. N in wasserfreiem
Salz = 53,1 pC. Methyluramin in wasserhaltigem und 61,2
pC. in wasserfreiem Salz.
ct. Wasserjkaltig :
berechnet gefunden
Mthrm 73 53,68 53,1
C2HO4 45 33,09 ^ 32,8
2 HO 18 13,23 13,25 13,07
fi'
136
100,00.
Wasserfrei :
1
Mthrm 7^
61,9
61,2
CgH04 45
38,1
37,8
118 100,0.
Jj, Analyse des sal&sauren MethyluraminplaHnchlorids.
Fällt man aus der wässerigen Lösung des Oxalsäuren Methylur-
amins die Oxalsäure mit Chlorcalcium heraus, so liefert das
Filtrat nach Zusatz von Platinchlorid und nach hinlänglicher
Concentration durch Stehen über Schwefelsäure schöne orange-
gelbe rhombogdrische Krystalle das Platindoppelsalzes. .
1. 0,3242 Grm. bei 100^ getrocknet gaben nach dem Glühen
0,1148 Grm. Platin, entsprechend 35,4 pC. Platin.
2. 0,4915 Grm. gaben 0,173 Grm. Platin, entsprechend 35,19 pC.Pt
3. 0,5497 Grm. einer zweiten Darstellung lieferten 0,1938 Grm. Pt
= 35,26 pC. Pt.
4. 0,4416 Grm. Platindoppelsalz, durch Kochen von Kroatin mit
Quecksilber oxyd u. s. w. nach Dessaignes Vorschrift
dargestellt, gaben 0,1555 Grm. Platin = 35,2 pC. Platin.
Neubauer, über Kreatinin^ 49
5. 0,7234 Grm. lieferten beim Verbrennen 0,10724 Grm. Stick-
stoff, entsprechend 14,82 pC. N x= 26,1 pC. Methylur-
amin.
Nach der Formel C4H7N8eiH + PtOlg berechnet sich :
Berechnet Gefunden
C4
24
8,60)
Hs
8
2,87^26,62
Ns
42
15,05j
Pt
98,94
35,30 —
GI3
106,38
38,18 —
— 26,1 — -
85,4 35,19 35,26 35,2
279,32 100,00.
Die beim Behandeln mit kochendem Weingeist vom.oxal*
sauren Methyluramin befreite ' Salzmasse färbte sich beim
Erhitzen auf Platin blech nur noch unbedeutend grau; in
Wasser war sie bis auf geringe Mengen von KO, SOs leicht
löslich. Die wässerige Lösung gab mit Bleizuckerlösung ver^
setzt einen starken weifsen Niederschlag, der abfiltrirt^ aus-*
gewaschen und darauf in Wasser suspendirt mit Schwefel-
wasserstoff zersetzt wurde* Die vom Schwefelblei abfiltrirte,
stark sauer reagirende Flüssigkeit lieferte nach dem Ver-
dunsten eine reichliche Krystaüisation von Oxalsäure, die hier
in bedeutender Menge neben dem Oxalsäuren Methyluramin
gebildet war. — Die bei der Einwirkung von KO^MnaO? auf
Kreatinin vor sich gehende Zersetzung läfst sich demnach
durch folgende Gleichung darstellen :
2 (CgH^NsOg) + 8 HO + 8 O = [2 (C4HTN8), C^HgOs + 4 HO] + GAOg.
Die Zersetzung des Kreatinins durch übermangansaures
Kali geht schnell und sicher, so dafs ich zur Darstellung des
Methyluramins/ dieser Methode unbedingt vor dem lange dau-
ernden Kochen mit Qu^cksilberoxyd den Vorzug geben
möchte.
Einwirkung von Jodäthyl auf Kreatinin, — Jodäthyl und
Kreatinin in einem zugeschmolzenen Rohre längere Zeit einer
Temperatur von 100^ C. ausgesetzt scheinen nur langsam
auf einander einzuwirken; schneller schon verläuft die Reac-
Ann. d. Chem. n. Pharm. GXIX. Bd. 1. Heft. 4
50 Neubauer j über Kreatinin,
tioiiy wenn man das Jodäthyl mit dem gleichen Volum Aether
vermischt 9 am leichtesten jedoch, wenn statt Aether absoluter
Alkohol genommen wird. Nach mehreren vorläufigen Ver-
suchen blieb ich schliefslich bei folgender Methode und fol-
genden Verhältnissen stehen : 4 Grm. chemisch reines, aufs
Feinste zerriebenes Kreatinin wurden mit etwas mehr als
1 Aeq. Jodäthyl und 5 bis 6 CG. absolutem Alkohol in ein
Rohr eingeschmolzen und dieses mehrere Stunden im Was-
serbade auf 100^ C. erhitzt. Die Einwirkung beginnt schnell,
das Kreatinin fängt an sich zu lösen und sobald vollständige
Lösung in der Hitze erfolgt ist, kann man den Procefs als
vollendet unterbrechen. Beim Erkalten erstarrt der Inhalt
der Röhre schnell und vollständig zu einem nadeiförmigen
Krystallbrei.. — Das so erhaltene Product ist das jodwasser-
stoffsaure Salz einer starken Basis, welches in Wasser und
Alkohol, selbst absolutem, sehr leicht löslich, unlöslich da-
gegen in Aether ist. Der Inhalt der Röhre wurde in mög-
lichst kleinen Mengen absoluten Alkohols heifs gelöst; die
Lösung war gelblich gefärbt und liefs nach dem Erkalten das
Salz in langen Nadeldrusen von schwach gelblicher Farbe
herauskrystallisiren. Nach einmaligem Umkrystallisiren aus
absolutem Alkohol erhält man die Verbindung in weifsen
Drusen^ die aus langen stark glänzenden Nadeln zusammen*
gesetzt sind. Die Krystalie wurden auf einem Filter gesam-
melt, zuerst mit Aetherweingeist ^ darauf mit reinem Aether
gewaschen und an der Luft getrocknet. Aus der Mutterlauge
erhält man nach hinlänglichem Concentriren eine zweite Kry-
stallisation y leichter noch auf Znsatz von Aether bis zur blei-
benden schwachen Trübung, worauf nach kurzer Zeit eine
massenhafte krystallinische Ausscheidung erfolgt.
Die Krystalie behalten bei 100^ ihren Glanz, und bei.
dieser Temperatur getrocknet wurde die Substanz zur Ana«
lyse genommen.
Neubauer^ über Kreatinin. 51
1. 0,7551 Grm. £efe]:t6ii in Wasser geldst Und nach dem An-
säuern mit NO5 durch AgONO^ gefällt 0,6578 Grm. Jod-
silber, entsprechend 47,06 pC. Jod.
2. 0,7356 Grm. lieferten eben so behandelt 0,6405 Grm. AgJ, ent.
sprechend 47,05 Grm. J.
3. 0,6969 Grm. lieferten beim Verbrennen mit Natronkalk 0,10696
Grm. N, entsprechend 15^34 pC. N. ^
4. 0,5791 Grm. lieferten eben so behandelt 0,0896 Grm. N, ent-
sprechend 15,97 pC. N.
Diese Bestimmungen führen zu der Formel des Jodäthyl-
kreatinins :
C8H7N8O2 -)- C4H5J = CigHijNsOgJ.
Berechnet Gefunden
C12
72
26,78
—
—
H12
12
4,46
—
—
Ns
42
15,63
15,34
15,47
O2
. 16
5,94
—
— •
J
. 126,8«
47,19
47,06
47,05
268,88 100,00.
Aethylhreatinin, — Die oben besprochene Jodverbindung
löst sich selbst in starker KalUauge leicht auf und wird auch
durch einen ^eberschufs derselben nicht wieder zur Ausschei-
dung gebracht. Setzt man dagegen der wässrerigen, schwach
sauer reagirenden Lösung frisch gefälltes Silberoxyd zu, so
scheidet sich sogleich gelbes Jodsilber aus und die Flüssig-
keit nimmt eine stark alkalische Reaction an; bei dieser Zer-
setzung hat man eine» Ueberscburs von SUberoxyd sorgfältig
zu vermeiden, da die freie Basis letzleres laicht löst. — Die
sorgfältig vom Jod befreite Lösung liefert nach dem Filtriren
ein klares, sehr leicht schwach silberhaltiges Filtrat von stark
alkalischer Reaction und bitterem Geschmack, welches Eisen-
chlorid- und Thonerdelösung fällt. Es ist mir bis jetzt noch
nicht gelungen, die freie Basis krystallisirt zu erhalten; sie
bleibt nach dem Verdunsten als syrupartige, stark bitter und
4*
52 Neubauer, über £reatmm,
alkalisch schmeckende Masse zurück. Durch Sättigen mit
Salzsäure und Eindampfen bekommt man ebenfalls zuerst
einen syrupartigen Rückstand , allein beim Abkühlen erstarrt
die Verbindung sehr bald zu einer glänzenden, aus verfilzten
Nadeln zusammengesetzten Krystallmasse. Läfst man die
Krystallisation unter dem Mikroscop vor sich gehen , so sieht
man zuerst einzelne Nadeln sich bilden, die bald strahlig
zu Rosetten u. s. w. zusammenschiefsen^ bis endlich der
ganze Tropfen in eine glänzende durchscheinende Krystall-
masse von strahligem Gefüge übergeht. Das Salz löst
sich in Wasser sehr leicht; auf Zusatz von Platinchlorid
krystallisirt nach hinlänglicher Concentration leicht die Platin-
verbindung in schönen säulenförmigen Krystalldrusen, die bei
100^ C. getrocknet nichts am Gewicht verloren.
Die Platinbestimmung ergab folgende Resultate :
1. 0|2423 Grm. bei 100^ getrocknet gaben 0,068 Grm. Platin.
2. 0,2771 Grm. gaben 0,0788 Gnn. Platin.
3. 0,5166 Grm. gaben 0,1476 Grm. Platin.
Die Formel CiaHiaNsOaGl + PtGIg verlangt :
Berechnet Gefanden
Balzsäure -|- Aethylkreatinin 248,5 ^ — ~ —
Platin 98,94 28,5 28,06 28,44 28,57
847,44.
Mit der weiteren Untersuchung des AethyUcreatinins^ na-
mentlich ob sich noch mehrere WasserstoflPatome durch Aethyl
ersetzen lassen, bin ich augenblicklich beschäftigt und werde
meine Resultate seiner Zeit folgen lassen.
Wiesbaden, im Januar 1861.
53
lieber die Vertheilung der Electricität in Nicht-
leitern ;
von H. Buff.
1. Der electrische Vertheilungszustand in einem Nicht-
leiter der Eleciricität ist, wie bekannt, nicht blofs eine Ober-
flachenerscheinung, er dringt vielmehr lief in das Innere der
nichtleitenden Hasse ein. Dieses Verbalten ist insbesondere
von Faraday*} durch die in der Uten und i2ten Reihe
seiner Experimentaluntersuchungen niedergelegten Thatsachen
aufser Zweifel gestellt worden.
In einer Abhandlung : ^zur Theorie des Electrophors^,
welche ich im Jahre 1842 in diesen Annalen **) mitgetheilt
habe, machte ich auf ein Verfahren aufmerksam, welches
erlaubt y den EiTect der Vertheilung im Innern eines Nicht-
leiters gleichsam aufzudecken. Legt man nämlich eine An-
zahl dünner, isolirender Scheiben auf einander und ertheilt
dann der freien Seite der obersten eine electrische Ladung,
z. B. durch Reiben oder auf andere Weise, so werden auch
alle übrigen Scheiben electrisch , und zwar empfangen sie
auf der der direct electrisirten Oberfläche zugewendeten Seite
die gleichartige , auf der abgewendeten Seite die ungleich-
artige electrische BeschaiTenheit ; so dafs also immer zwei
einander berührende Flächen entgegengesetzte Zustände an-
nehmen.
Wenn die auf einander liegenden Scheiben sich mit
hinreichend ebenen Flächen berühren, so kann die an diesen
*) Pogg. Ann. XLVI, 537 und XLVH, 33.
**) Bd. XLI, 129. .
54 Buffj über die Vertheilung
Berührungsflächen auftretende entgegengesetzt electrische
Entwickelung so stark werden ^ dafs sie mit sehr verstärkter
Adhäsion an einander hängen.
Versuche ähnlicher Art hat Matteucci^} späterhin mit
Glimmerblättchen angestellt. Er belegte die beiden freien
Seiten eines Bündels solcher Blättchen nach Art .der Frank-
lin'sehen Tafel und ertheilte denselben electrische Ladung.
Er fand dann jedes einzelne Blättchen auf beiden Seiten ent-
gegengesetzt electrisch, so jedoch, dafs die Unterschiede
beider Zustände von den beiden äufsersten Blättchen des
Bündels nach der Mitte hin merklich abnahmen. Matteucci
glaubte ferner gefunden zu haben, dafs, wenn eine starke
electrische Einwirkung auf das Bündel von beiden Belegun-
gen aus einige Zeit gedauert hatte, die Electricität allmälig
so tief eindrang, dafs dann die Blättchen , von einem äufser-
sten gegen das mitleiste vorrückend, auf beiden Seiten gleiche
electrische Beschaffenheit annahmen. — Das Verfahren, dessen
er sich bediente, um diese Thatsache sicher nachzuweisen,
findet sich in seiner Abhandlung nicht angegeben.
Auf demselben Wege ist es mir nie gelungen, die dünnste
Schellackscheibe, welche ich mir verschaffen konnte, von
weniger als 2°*°* Dicke, durch ihre Masse hin bis zur andern
Seite gleichartig electrisch zu machen. Um eine kräftige
electrische Einwirkung auf eine Schicht von mehreren dünnen,
und auf den beiden freien Flächen metallisch belegten Schel-
lackscheiben längere Zeit dauernd erhalten zu können, wurde
die eine Belegung mit der Aufsenfläche, die andere mit dem
Knopfe einer grofsen Leidner Flasche verbunden, deren La-
dung man möglichst constant zu erhalten suchte. Allein selbst
nach vierstündiger unausgesetzter Einwirkung war die Elec-
tricität von keiner Seite bis auf 2""°" Tiefe eingedrungen ;
^) Ann. chim. phys. [3] XXVI, 163.
der BUectridtät in Nichtleitern, 55
d. h. sämmUiche Scheiben zeigten auf beiden Seiten, nach
gleicher Richtung, entgegengesetzte Zustände. Ganz eben so
verhielten sich sehr dünne Glasscheiben von 0,83 bis 0,23
Millimeter Dicke, welche in Bündeln von 6 bis 8 Blättchen,
die beiden äufsersten mit gefirnifstem Rande , auf einander
liegend, in ähnlicher Weide behandelt worden. Ich bezweifle
aus diesem Grunde, dafs die Blectricität in isolirenden, d. h.
in solchen Körpern , welehe Aeti Zustand einer statisch
electrischen Vertheilung im Innern ihrer Masse zulassen^
bis zu einer mefsbaren Tiefe in der Art einzudringen
vermag, dafs dadurch bis zu dieser Tiefe hin .eine gleich*
artig electrische Beschaffenheit sämmtlicher Theile ent-
wickelt wird.
Um die electrischen Zustände der beiden Seiten einer
isolirenden Scheibe möglichst unabhängig von einander prü-
fen zu können, wurde dieselbe, ähnlieh wie der Kuchen
eines Blectrophors, mit Metallplatlen belegt, die man bis zur
Trennung von der Scheibe- in leitender Verbindung erhieli.
Je nachdem dann die Scheibe auf beiden Flächen gleichartig
electrisch , oder der Zustand der einen demjenigen der an-
dern entgegengesetzt war, wurden aucli die beiden isolirt
abgehobenen Metallplatten gleichartig oder ungleichartig elec-
trisch gefunden.
Häufig läfst sich die electrische BeschafTenheit der einen
Seite einer Scheibe unmittelbar erkennen, nachdem man die
andere Seite einen Augenblick der Spiritusflamme genähert
hat; ich halte jedoch die vorher beschriebene eleotrophorische
Prüfung smeihode für sicherer, und unbedingt für wirk-
samer.
2. Es ist bekannt, dafs selbst die besten Isolatoren,
unter dem Einflüsse eines electrischen Körpers, schon durch
Wirkung aus der Ferne den Vertheilungszustand annehmen
können I und die Erfahrungen mehr^er Beobachter, wie die
56 Buff^ über die Vertheüung
von Malteucci*) und Riefs**), stimmen darin öberein,
dafs diese Erscheinung sehr schnell das Maximum der
unter den gegebenen Verhältnissen möglichen Entwickelung
erreicht, dagegen aber auch, ähnlich wie bei den Leitern,
nur geringe Haltbarkeit besitzt, so dafs sie mit der Ursache
ihrer Erzeugung sehr bald wieder verschwindet.
Wenn man an dem Knopfe eines Goldblattelectroscops
eine Metallplatle befestigt, dieser Electricität zuführt, dann
einen guten Leiter allmälig nähert, so vermindert sich be-
kanntlich die zuvor eingetretene Divergenz der Goldblättchen.
Es ist diefs» wie jedermann weifs, die Folge einer in dem
Leiter eingetretenen Vertheüung. Wenn man nun in ähn-
licher Weise der Platte einen von Electricität ganz freien
Isolator nahe bringt, doch so, dafs die gleichzeitige Annähe-
rung der Hand oder eines andern Leiters vermieden wird,
z. B. eine grofse und möglichst dicke Scheibe von Schellacl^
oder von schlecht leitendem und ganz trockenem Glase, so
wird man ebenfalls eine geringe Verminderung die Diverganz
bemerken, also eine Einwirkung des Isolators auf die im
Electroscop vorhandene freie Electricität. Sie hört auf, so
wie man den Isolator entfernt, stellt sich aber bei erneuerter
Annäherung immer wieder her, und zwar in gleicher Weise,
wenn man abwechselnd die eine oder andere Seite des Nicht-
leiters dem Electroscop zuwendet, und selbst wenn dieser
Wechsel und die Annäherung so rasch als nur immer thuni-
lieh stattgefunden hatte«
Gleichwohl bedarf diese electrische Vertheüung durch
Wirkung aus der Ferne zu ihrer Entwickelung gleich wie
zu ihrem völligen Verschwinden in Nichtleitern eines merk-
lichen und mefsbaren Zeitraums.
*) Ann. ohim. phys. [3] XXVII, 170.
**) Pogg. Ann. XCII, 849.
der Electridtät in NicMeitem. 57
Einer dünnen Scheibe von Schellack, von drei dünnen
Gultaperchastäben in horizontaler Lage getragen^ wurde eine
grofse electrische Harzplalte bis auf etwa i Zoll Abstand
nahe gebracht. Um den directen Uebergang der Electricität
sicher zu vermeiden , geschah die Annäherung mit der nicht
geriebenen Seite dieser Electrophorplatte. Nachdem letztere
einige Augenblicke über der Scheibe gehalten worden, ent-
fernte man sie rasch, und deckte zuerst die obere, dann die
untere Fläche der Scheibe mit Hetallplatten , deren jede im
Augenblicke des.Auflegens mit dem Finger berührt wurde.
Hierauf die eine oder die andere isolirt abgehoben, zeigten
sie entgegengesetzt electrische Zustände, die sich mittelst
des Säulenelectroscops stets sicher erkennen liefsen, und aus
deren Beschaffenheit hervorging, dafs die obere Fläche der
Scheibe^ welche der Electrophorplatte zunächst gestanden
hatte, 4*^9 ^^^ untere — E angenonimen hatte. Wurden
beide Hetallbelegungen zugleich entfernt, so verlor sich
dieser Vertheilungszustand sehr rasch, konnte aber auf
demselben Wege leicht erneuert oder auch umgekehrt
werden.
In derselben isolirenden Scheibe konnte eine kräftigere
Ausscheidung beider Fluida erzielt werden, wenn man ihre
untere Fläche vor der Annäherung der Electrophorplatte
metallisch belegte , diese Belegung während der Nähe des
electrischen Körpers ableitend berührte, unmittelbar nach Ent-
fernung des letzteren die Berührung unterbrach, dann auch
die obere Fläche mit Metall bedeckte , dieses einen Augen-
blick mit dem Finger berührte, isolirt wieder abhob und
prüfte. Ein directer Uebergang der gebundenen Electricität
der unteren Metallbelegung zur Harzscheibe ist jedoch bei
diesem Verfahren nicht mit Sicherheit zu verhüten. Hatte
derselbe stattgefunden, so war diefs leicht dadurch zu
erkennen, dafs dann die untere Fläche des Nichtleiters
58 Buffy über die Vertheüung
positiv electrisch wurde , anstatt negativ , wie man bei
ungestörtem Einflufs aus der Ferne erwarten mufste.
Eine ähnliche Fehlerquelle bemerkte ich bei der Wieder-
holung eines Versuches, welchen Riefs*) beschrieben hat.
Um die Schnelligkeit darzuthun, womit eine Schellaokscheibe
durch Vertheilung electrisch wird, näherte er nämlich dieser
Scheibe , während sie vor dem Conductor der Electrisir-
maschine in 1 Fufs Abstand vorübergeführt wurde, von der
andern Seite eine Spiritusflamme. Die isolirende Scheibe
wurde dadurch negativ electrisirt. Diefs fand ich nun zwar
bestätigt, . allein ich bemerkte zugleich , dafs diese — E sich
vorzugsweise an der hinteren, der Spiritusflamme ausgesetzten
Fläche gesammelt hatte. Der Grund liegt darin, dafs die
Flamme, als guter Leiter, ebenfalls electrisch vertheilt wurde
und dadurch der hinteren Schellackfläche nicht -f- E weg-
nahm , sondern — E zuführte.
3. In so weit schlechte Leiter der Electricität denn
doch einen gewissen Grad der Leitfähigkeit besitzen können,
und häuGg, zumal an ihren Oberflächen, auch wirklich zeigen,
ist es denkbar und wahrscheinlich, dafs sie sich bezüglich
der Anhäufung und Anordnung der auf ihnen vortheilten
Electricitäten ähnlich wie die Leiter verhalten. Allein auch
bei den besten Isolatoren tritt unter dem Einflüsse eines
electrischen Körpers die Vertheilung ein, und erstreckt sich
in gleicher Weise auf alle Punkte, im Innern der Masse
sowohl, wie an der Oberfläche. Die Beweglichkeit der im
Innern eines guten Isolators getrennten Electricitäten , auch
wenn sie den Umfang der Atome überschreiten sollte , ist
jedenfalls auf äufserst enge Gränzen beschränkt. Während
der Dauer der Vertheilung müssen sich daher allenthalben
') Pogg. Ann. XCII, aSO.
der Ekctricität in Nichtleitern. ^ 59
im Innern beide Flutda neben einander, nach gewisser Ord-
nung gelagert finden.
Man kann sich eine Schellackscheibe , die dem Einflüsse
electrischer Verlheilung unterworfen worden ^ in eine Anzahl
sehr dünner Schichten zerlegt denken , deren jede in glei-
chem Sinne, und bei mäfsiger Dicke der Scheibe, oder ver-
hältnifsmäfsig grofsem Abstände des electrischen Körpers ^ mit
ungefähr gleicher Stärke electrisch vertheilt oder pola-
risirt ist.
Da nun aber ein wechselseitiger Einflufs dieser polari-
sirten Schichten nicht ausbleiben kann, so mufs als noth-
wendige Folge eine ähnliche Veränderung des ursprünglichen
(^durch den Einflufs von Aufsen unmittelbar eingeführten}
Vertheilungszustandes eintreten, wie sie unter der Einwirkung
eines Magnetstabes in einer Eisenstange zum Vorschein
kommt; d. h, die Stärke der Verlheilung wird von den
Aufsenflächen der Scheibe gegen die Mitte zunehmen, und
daher die Wirkung nach Aufsen von der Mitte nach der einen
Seite hin im positiven Sinne ^ nach der andern Seite im nega-
tiven Sinne wachsen müssen. ' Im Erfolge wird also allerdings
ganz dasselbe stattfinden, als ob auf der einen Seite der
Scheibe, gegenüber der vertheilenden Kraft, ungleichnamiges
Fluidum, auf der andern Seite ,das gleichnamige wäre ange-
häuft worden.
4. In Folge der Leichtigkeit, womit auch die schlechte-
sten Leiter den electrischen Vertheilungszustand annehmen,
mufs ihre Electrisirung, d. h. die Zuführung von Electricität
zu ihrer Oberfläche, stets eine Vertheilung durch ihre ganze
Masse hervorrufen. *
Angenommen, die untere Seite (u} einer Schellackscheibe
ruhe auf einer abgeleiteten Hetallfiäche, während der oberen
Seite (o) Electricität, z. B. -f- E zugeführt wird, am besten
dadurch, dafs man sie mit einer Metallplatte bedeckt und
60 Buff^ über die Vertheilung
»
diese mit der Electricitätsquelle leitend verbindet. Entfernt
man nachher die Deckplatte, so bleibt der gröfste Tlieil der
zugefiihrten Electricität auf dem Harze zurück. Unmittelbar
konnte dieses Fluidum, erfahrungsmäfsig , nur zu äufserst
geringer Tiefe eindringen. Allein indem es die natürlichen
Fiuida der benachbarten Harzschicht vertheilt , — B anzieht
und bindet, -|- E abstöfst, tritt diese zu der nächstfolgenden
Schicht des Harzes über und pflanzt so, in ähnlicher Weise,
wiewohl mit abnehmender Stärke, die Vertheilung fort. Es
bildet sich so eine Reihe von Schichten, in welchen zwar
+ E und — E mit einander abwechseln , jedoch -f- E in
der Wirkung nach Aufsen das Uebergewicht behauptet.
Gleichzeitig war aber auch — E aus der unteren Bele-
gung angezogen worden, und ein grofser Theil davon auf
der Fläche (u) des Harzes sich einnistend, hatte, ähnlich
wie vorher beschrieben worden , die Vertheilung in das In-
nere fortgesetzt. Im Inneren der Masse, zwischen den Flä-
chen 0 und u, müssen sich daher beide Wirkungen in einer
neutralen Schicht begegnen.
Wenn die untere Seite der Scheibe während des Zutritts
der Electricität zur oberen keine Metallbelegung hat, so
mufs irgend ein anderer Körper, Leiter oder Nichtleiter, oder
auch nur die Luft, die Stelle einer, wenn auch weniger
wirksamen Belegung vertreten. Seine natürlichen Electrici-
täten werden getrennt, -f- E wird abgestofsen, — E ange-
zogen und von der Harzfläche (u) zurückgehalten. Unter
allen Umständen mufs daher die nicht electrisirte Seite der
Schellackscheibe sehliefslich den entgegengesetzt electrischen
Zustand annehmen.
Mit dieser Auffassungsweise im Widerspruche stehen
einige Beobachtungen, welche Riefs' in seinem Werke
„die Lehre von der Reibungselectricität^, mit besonderer
Rücksicht auf die Theorie des Electrophors mitgetheilt hat.
der Electricität in Nichtleitem. 61
Er sagt dort ^) : ^An einem einzeln stehenden einseitig
geriebenen Harzkuchen sind drei Schichten vorhanden, eine
negative auf der oberen (geriebenen} Fläche ^ eine positive
im Innern, und eine negative auf der unteren Fläche.
,,Diese drei electrischen Schichten lassen sich durch den
Versuch aufzeigen. Ich nahm eine Schellackscheibe, 4*78 Li-
nien dick, 5^6 Zoll im Durchmesser, hielt sie frei in die
Luft und rieb ihre obere Fläche mit Pelzwerk. An ein
Säulenelectroscop gehalten erwies sich diese Fläche negativ
electrisch und eben so die untere, nicht geriebene Fläche. Lag
hingegen die untere Fläche beim Reiben auf einer Hetallplatte, so
ging die negative Schicht der unteren Fläche auf die Platte über,
und man hatte nur zwei Schichten an dem Kuchen , «oben eine
negative, unten eine positive.^ Diese positive Electricität konnte
jedoch nicht unmittelbar nachgewiesen werden. „Bei dem Anle-
gen der unteren Fläche an das Electroscop wirkte nämlich der
positiven Electricität dieser Fläche die zwar entferntere aber
stärkere negative Electricität der oberen Fläche entgegen. Wurde
aber diese negative Electricität durch Annähern der oberen
Fläche an eine Flamme geschwächt, so gab sich sogleich die
positive Electricität der unteren Fläche am Instrumente zu
erkennen, und dafür erschien jetzt die obere Fläche un-
electrisch.^
Dafs die in der Luft nur einseitig geriebene Harzscheibe
gleichwohl auf beiden Seiten negativ electrisch werde, folgert
Riefs, wie man sieht, aus dem Umstände, dafs die eine wie
die andere Fläche, an das Electroscop gehalten, negativ elec-
trische Ladung verrathen. Diese Beweisführung ist jedoch
ungenügend, weil auf der geriebenen Fläche, wie Riefs
Selbst bemerkt, — E jedenfalls im Uebergewichte war, man
daher erwarten durfte, dafs diese, trotz der gröfseren Ent-
*) Band I, S. 294.
62 Buffy über die Vertheäung
fernung, ihren aaf der anderen Fläche etwa vorhandenen
Gegensatz nicht zur Wirksamkeit kommen liefs. Dieser
Zweifel konnte, wie mir scheint, mit Sicherheit nur durch
Anwendung des oben erläuterten electrophoriscben Prüfungs-
verfahrens erledigt werden.
Ich verschaffte mir eine Schellackscheibe, ungefähr von
denselben Dimensionen, wie die vonRiefs gewählten. Wurde
diese Scheibe frei in der Luft einseitig gerieben, dann dem
mit — B geladenen Electroscop genähert , so vermehrte sich
>
allerdings die Divergenz der Goldblättchen, ob die geriebene
oder die nicht geriebene Seite des Schellacks der Platte des
Electroscops zugewendet worden. Hatte man aber die frei
geworden^ — E durch Annähern der geriebenen Fläche an
die Spiritusflamme so weit möglich wieder entfernt, so ver-
hielt sich die nicht geriebene Fläche, an das Electroscop ge-
halten, entweder wie unelectrisch , oder es fanden sich je
nach der Dauer oder der Wirksamkeit des Reibens mehr oder
weniger starke Anzeichen von 4~ ^- ^^ keinem Falle ent-
sprachen sie, auch nur annähernd, der wirklich entwickelten
Menge von -f- E , weil sich die — E durch Einwirkung der
Flamme auf die geriebene Fläche niemals vollständig ent-
fernen liefs. Wurden aber beide Flächen der geriebenen
Scheibe mit Metallplatten belegt, diese erst leitend verban-
den, dann isolirt abgehoben, so konnte die entgegengesetzt
electrische Beschaffenheit der nicht geriebenen Fläche mit
Sicherheit auch dann erkannt werden, wenn man die gerie-
bene Fläche nicht zuvor in die Nähe der Flamme gebracht
hatte. Schellackscheiben von sehr geringer, bis zu V2 Zoll
Dicke, deren eine Fläche wenn auch nur einen Augenblick
mit dem Fuchsschwanz gerieben worden war, wirkten, nach-
dem man sie ohne Belegung eine kurze Zeit sich selbst
überlassen hatte, dann in der angegebenen Weise prüfte, auf
der nicht geriebenen Fläche stets durch -f- E vertheilend.
der Ekctricität in Nichtleitern. 63
RieTs nimmt an, dafs die nicht geriebene Harzfläche,
wenn sie vor dem Reiben mit Metall belegt werde, ihre — E
an die Belegung abgebe und dadurch erst positiv electrisch
werde. Diefs fand ich nicht bestätigt. An dem Electroscop
war eine Metallplatte angeschraubt. Auf diese wurde eine
Schellackschetbe gelegt und deren obere Fläche gerieben.
Freilich divergirten dadurch die Goldblättchen mit — E. So
wie man aber die Harzscheibe entfernte, fielen sie wieder
zusammen, oder wenn eine Divergenz zurückblieb, so deu»
tete dieselbe auf t|- E ; es konnte also keine — E vom Harze
zu der Belegung übergetreten sein. Gleichwohl war die
untere Schellackfläche positiv electrisch geworden. In dieser
Weise verhielten sich Scheiben von sehr verschiedener Dicke.
Ein Abflufs vqd — E von der unteren Fläche ist also jeden-
falls nicht notbwendig» um dieser Fläche den enigegengesetzt
electrischen Zustand einzuprägen. Mit Bezug auf die oben
entwickelten Gründe halte ich aber. für wahrscheinlich, dafs
ein solcher Abflufs unter den gegebenen Bedingungen gar
nicht stattfinden kann.
Dafs dessenungeachtet die Ausscheidung von >{- E an
der unteren Fläche der isolirenden Scheibe durch die nicht
isolirte Metallbelegung sehr befördert wird, erklärt sich, wie
schon bemerkt, aus der Leichtigkeit, womit die natürlichen
Electricitäten des Metalls getrennt werden, das gleichartige
Fluidum sich entfernt und ein Th#il des ungleichartigen sich
auf der Harzfläche einnistet. Die Metalldecke der nicht direct
electrisirten Seite des Schellacks verhält sich ganz wie die
äulsere Belegung einer Leidner Flasche, deren innerer Bele»
gung man Electricität zuführt. Dieselbe Rolle kann aber
anstatt der metallischen Belegung jeder andere angränzende
Körper übernehmen, nur, wenn es ein Nichtleiter ist, in
viel weniger vollkommener Weise, /
64 Buffy über die Vert/ieüung
5. Ich habe vorher zu erläutern versucht, wie in iso-
Hrenden Scheiben^ wenn sie auf der einen Seite Blectricität
empfangen , ein Uebergewicht dieses Fluidums, in Folge einer
Reihe von Vertheilungseffecten bis zu einer gewissen Tiefe,
im Innern der Masse auftreten kann, ohne dafs man darum
genöthigt ist, ein unmittelbares Eindringen der zugeführten
Electrioität vorauszusetzen. Dieses Uebergewicht, lediglich
als Folge electrischer Vertheilung, läfst sich aber auch ex-
perimentell darthun.
Mehrere dünne Schellackscheiben (4 bis 5 Stück} wur-
den aufeinander geschichtet, auf beiden freien Flächen mit
Metallplatten belegt und nach Art einer Frankli naschen
Tafel geladen, indem man die obere Belegung mit dem Con-
ductor der Electrisirmaschine verband, die untere ableitete.
Alle nach oben gerichteten Flächen (o) der Scheiben mufsten
dadurch, wie bekannt, mit -f-E, alle nach unten gerichteten
mit — B behaftet werden.
Man legte nun die Fläche o der ersten, und eben so
die Fläche u der zweiten Scheibe rasch auf abgeleitete Me-
tallplatten und bedeckte die dadurch frei gewordenen Flächen
beider Scheiben, welche vorher einander berührt hatten, mit
zwei gleich grofsen, an isolirenden Handhaben gehaltenen
Messingscheibe'n. Die beiden letzteren, einen Augenblick
ableitend berührt, dann isolirt abgehoben, mufsten natürlich
entgegengesetzt electrischer Zustände angenommen haben.
Jedoch zeigten sich diese nicht im Gleichgewicht sverhältnisse ;
vielmehr bemerkte man, wenn beide isolirte Metallscheiben
unmittelbar nach dem Abheben in Berührung gebracht wur-
den , nachher einen bleibenden Ueberrest von — E. Da diefs
nun Vertheilungselectricität war, so folgt, dafs die verthei-
lende Wirkung der positiv electrischen Fläche o der zweiten
Scheibe, die entgegengesetzt vertheilende Kraft der Fläche
u der ersten Scheibe überwog. Eine ähnliche Beziehung
der Ekctricüät in Ntchtteitem. ,, 65
zeigt sich zwischen den Flächen o und u der dritten und
zweiten und zuweilen auch der vierten und dritten Scheibe,
nur waren die Unterscheide sehr merklich geringer als vor-
her. Dagegen hatte die — E der vorletzten Scheibe ge-
wöhnlich das Uebergewicht über die -4- E der letzten. Diese
Beziehungen der auf einander geschichteten Scheiben standen
jedoch in einer bestimmten wechselseitigen Abhängigkeit und
veränderten sich sehr schnell, ivenn die Schellackscheiben
getrennt und von ihren Metallbelegungen entfernt wurden.
6. Die Eigenschaft isolirender Platten , unter dem Ein-
flüsse electrischer Kräfte einen Yertheilungszustand durch
ihre ganze Hasse anzunehmen, bildet die Ursache des elec-
trischen Rückstandes der entladenen Leidener Flasche oder
Franklin'schen Tafel.
Hat man eine Franklin'sche Tafel geladen, so beginnt
alsbald die Yertheilung der natürlichen Eiectricitäten des
Glases. Die Glastafel zerfällt in eine Reihe von Schichten
von äufserst geringer Dicke, welche sämmtlich nach der einen
Seite hin , nach der Seite der positiven Belegung , positiv,
nach der andern Seite negativ polarisirt sind. Die Beweg-
lichkeit d^r getrennten Fluida einer Schicht kann indessen
in keinem Falle auf den Umfang der Atome beschränkt sein;
diefs folgt schon aus der Thatsache, dafs selbst die besten
Isolatoren durch Funkenübergang electrisirt und entladen
werden können. So kommt es, dafs je nach der Gröfse des
Leitungswiderstandes und der Stärke der vertheilenden Kräfte,
langsamer oder rascher, -f^ E von der positiven Belegung,
— E von der negativen Belegung, von Schicht zu Schicht,
sich verbindend und trennend, nach beiden Seiten hin fort-
schreiten. Ein Theil der den Belegungen zugeführten Elec-
tricitäten, ohne unmittelbar, gleich einem Strome, in das Innere
des Glases eindringen zu können, verschwindet gleichwohl
bezüglich seiner Wirkung nach Aufsen^ sei es durch wirk-
AcuAl. d. Chemie u. Pharm. CXIX. Bd. 1. Heft. 5
66 Buffy über die Vertheüung
liehe Vereinigung mit seinem Gegensatze, sei es durch Bin-
dungy während gleiche Mengen auf inneren Schichten das
Uebergewicht erlangen. Eine vollständige Entladung kann
aus diesen Gründen durch eine nur momentane Ableitung
beider Belegungen nicht erfolgen. Durch Eintritt der partiel-
len Entladung ist ein Theil der Kraft verschwunden, welche
den Vertheilungszustand des Glases hervorgerufen und dau-
ernd erhalten hatte. Das frühere Gleichgewicht der Kräfte
ist also gestört worden* Die vertheilten Fluida des Glases
treten theilweise in den natürlichen electrischen Zustand
zurück, der früher unentladbar gewordene Ueberrest der
ursprünglichen Ladung an beiden Flächen des Glases wird
dadurch theilweise wieder frei und entladungsfähig ^ u* s. w.
Man erkennt, wie eine Folge von Entladungen bei allmäliger
IntensiUltsabnahme sich mit Nothwendigkeit ergiebt.
Die genauesten experimentellen Untersuchungen über
das Verhalten des electrischen Rückstandes verdankt man
Kohlrausch ^}. Aus seinen betreffenden Messungen geht
hervor I dafs die Bildung des sogenannten Residuums oder
des nicht entladbaren Theils einer geladenen Leidener Flasche
gleich anfangs verhältnifsmäfsig am raschesten erfolgt, sich
aber dann sehr allmälig einem Maximum nähert, <ieassen Gröfse
der Dichtigkeit des beweglich gebliebenen Theiles der La-
dung, so wie annähernd der Dicke der Glaswand proportional
ist. Bei denjenigen Ladungsapparaten, welche Kohlrauseh
benutzt hat, bei wekhen die Dicken der Glaswände in keinem
Falle geringer waren als die eines gewöhnlichen Zuckerglases,
ging durch die Bildung des Rüickstandes keine Electrtcität
verloren. D. h. die Mengen von Electricität , welche nach
und nach durch eine Folge von Entladungen wieder zurück-
traten, entsprachen, nach Abzug des Verlustes durch die
*) Pogg. Ann. XCI, 66 u. 179.
der Electricilät in Nichtleitern. 67
Luft , genau der ursprünglich zugeführten Electncitäts^
menge.
Nur der letzte dieser Erfahrungssätze läfst sich aus den
Vorhergeheaden Erläuterungen über die Ursache des Resi-
duums nicht vorhersehen. Da von beiden Seiten her ent-
gegengesetzte Electricitäten , durch Yertheilung von Schicht
zu Schicht, in das Innere der Glasmasse vordringen, so sollte
man im Gegentheil erwarten , dafs beide Fluida an irgend
einer Stelle in der Nähe der Mitte sich endlich erreichen und
so theilweise zernichten müfsten; und ist diefs der Fall, so
würde die ganze Ladung einer Franklin'schen Tafel in
der Summe des beweglichen Theils derselben und des Rück-
standes sich nicht wiederfinden können. Nun hat man aber
zu erwägen, dafs das Fortschreiten der Electricität in einem
Isolator äufserst langsam stattfindet, um so langsamer, je tiefer
sie bereits eingedrungen ist und je mehr sich unterdessen
ihre Dichtigkeit vermindert hat Ein merkbarer Verlust durch
Ausgleichung im Innern wird aus diesem Grande wahrschein-
lich nur bei sehr dünnen Scheiben e>ines guten Isolators vor-
kommen und unzweideutig sich nachweisen lasse». Mit
solchen dünoejQ Scheiben bat aber Kohlrauach keine Mes-
sungen ausgeführt.
Wenn man ein sehr dünnes Glas auf beiden Seiten be-
legt, so dafs der Rand genügend isolirend bleibt, dann die
eine Belegung mit dem positiven Conductor einer Blectrisir-
mascbine, die andere mit dem einen Drahtende einea empfind-
lichen Multiplicators , und durch das andere Drahtende mit
dem negativen Conductor verbindet, so kann es sein, dafs
während des Gangs der Maschine die Galvanometernadel
schon bei gewöhnlicher Temperatur eine dauernde Ablenkung
erfährt, obschon das belegte Glas ähnlich wie ^\e Leidener
Flasche geladen wird. Erwärmt man das Glas, so vermehrt
sich der Ausschlag der Nadel , aber die Intensität der
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66 L
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der Mectrtcüät in Nichtleitern. 69
und darin fortstrdme, mit geringerer oder grdfserer Schwierig-
keit, je nach dem Widerstände, walchen ihre Massen der
Leitung entgegensetzen. Alle Theile , bis zu welchen das
Floidum vorgedrungen ist, würden demnach gleiche electri-
sche Beschaffenheit zeigen müssen. Die Unhaltbarkeit dieser
Annahme , so weit wenigstens , als es die Bewegung der
Electricität in schlechten Leitern betrifft, ergiebt sich aus
der Thatsache, dafs in einer Franklin'schen Tafel, die aus
einem Aggregat dünner, über ßinander liegender Scheiben
gebildet ist, unmittelbar nach der Entladung, positive und
negative Schichten mit einander abwechseln.
Kohlrausch hielt die Annahme eines Fortschreitens
der Electricität im Innern des Glases überhaupt für unstatt-
haft, indem er sagte : nach dieser Voraussetzung müfste die
vertheilende Kraft des Residuums, bezogen auf einen Punkt
derjenigen Belegung^ welcher die positive Electricität zuge-
führt wird, entweder 0 oder von der Art sein, dafs diese
Belegung nach der Entladung mit — E behaftet bliebe. Er-
steres aber sei^ wie Kohlrausch darzuthun suchte, unmög-
lich, und letzteres in hohem Grade unwahrscheinlich. —
Wenn indessen die Belegungen ander isolirenden Tafel nicht
festhängen und um sie isolirt abheben zu können mit geeig-
neten Handhaben versehen sind, so findet man in der That,
dafs die anfangs mit -j- B geladene Belegung, nach der durch
leitende Berührung beider Belegungen stattgefundenen Ent-
ladung eine gewisse Menge — E zurückgehalten hat. Es
ist diefs die Folge einer vom Residuum bewirkten Verthei-
iung und widerspricht also durchaus nicht der Beobachtung,
dafs die ganze von einer Franklin'schen Tafel aufgenom-
mene Electricitätsmenge sich in der Summe des beweglichen
und unbeweglichen Theils der Ladung wiederfindet.
Seine eigene Erklärungsweise des Residuums gründete
Kohlrausch ebenfalls auf die electrische Yertheilung des
70 Buff, über die Vertheihing-
Glases, bewirkt durch die mit entgegengesetzten Electridtäten
behafteten Belegungen, Sie unterscheidet sich jedoch von
der oben erörterten wesentlich dadurch, dafs er nicht nur das
unmittelbare, sondern auch ein mittelbares Eindringen der
Electricitat in die Glasmasse ausschliefst. Dafs durch die in
Folge der Vertheilung hervorgerufene Polarisation des Glases
ein Einflufs, dem ahnlich, welcher das Residuum herbeiführt,
wirklich ausgeübt werden könnte, hat Kohlrausch selbst
befriedigend nachgewiesen. . Die Schwäche dieser Theorie
liegt in anderen Dingen. Erstens setzt sie einen Verthei-
lungszustand des Glases voraus, dessen Richtung gerade die
umgekehrte von derjenigen ist, welche nach Entfernung der
Belegungen wirklich gefunden wird. Zweitens wird durch die
Annahme, dafs die ganze verdichtete Elcctricitätsmenge, theils
als beweglicher Theil der Ladung an der Oberfläche der Be-
legung, theils als unbeweglicher Theil zwischen Belegung
und Glas hafte, eine Eigenschaft des Isolators gefordert, die,
wenn man die allmäligen Uebergänge von Leiter zu Nicht-
leiter in Erwägung zieht, keineswegs berechtigt ist. Drittens
zwingt die verhältnifsmäfig langsame Bildung des Residuums
in Sinne dieser Theorie zu der Folgerung, dafs die electrische
Vertheilung des Glases (durch Wirkung aus der Ferne)' eben-
falls sehr langsam eintrete und wieder verschwinde, während
es im Gegentheil erwiesen ist, dafs der Vertheilungszustand,
wenn auch nicht momentan doch ziemlich rasch eintritt und
nach Entfernung seiner Ursache wieder erlischt. Die An-
dauer der Vertheilung nach Entladung und Entfernung der
Belegungen würde also unerklärbar sein und insbesondere
auf den einzelnen Theilen eines Bündels auf einander ge-
schichteter ^Scheiben nicht bestehen können, wenn nicht mit
der tief .in das Innere eingedrungenen Electricitat zugleich
die Ursache des Vertheilungszustandes theilweise fort-
dauerte.
der Electricüät in Nichtleitern, 71
Aus allen diesen Gründen mufs man sehliefsen, dafs das
Auftreten des Residuums, wenn es auch allerdings der elec-
Irischen Vertheilung der isolirenden Tafel seine Entstehung
verdankt, doch durch den Vertheilungszustand allein, ohne
ein gleichzeitiges, eben in Folge der Vertheilung bewirktes
Eindringen der Electricität , nicht erklärbar sein würde.
7. Die Einwirkung der Reibung gleicht hinsichtlich des
Erfolgs einer Zuführung von Electricität. Wird daher ein
schlechter Leiter, z. B. eine Schellackscheibe, mit trockener
Wolle gerieben, so empfängt nicht nur die äufserste Ober-
fläche des Harzes — E, sondern diese pflanzt sich durch
Vertheilung ins Innere der Masse fort, indem gleichzeitig
verhältnifsmäfsige Theile der unmittelbar durch die Reibung
erzeugten Electricitätsmenge ^entweder gebunden werden, oder
durch vollständige Vereinigung mit ihrem Gegensatze in den
natürlichen Gleichgewichtszustand zurücktreten. Die geriebene
Harzscheibe läfst sich also betrachten wie aus einer grofsen
Anzahl sehr dünner St;hichten bestehend , deren jede an der
vorderen, dem Reibzeuge zugewendeten Fläche negativ elec-
trisch und bezüglich der Stärke in der Entfaltung dieses Zu-
Standes im Uebergewichte ist über die positiv electrische Be-
schaffenheit der hinteren Fläche der vorhergehenden Schicht.
Sämmtliche hinter einander befindlichen Lagen von — E ver-
einigen sich daher in ihrer Wirksamkeit nach Aufsen , die
sich aus diesem Grunde weit über diejenige Stärke steigern
läfst, welche sie vermöge der ausschliefslich nur an der
Oberfläche, selbst bis zum Maximum der Dichte angehäuften
Electricität würde erreichen können.
. Dieses Eindringen der Electricität von der geriebenen
Fläche in das Innere und als Folge Auftreten des entgegen-
gesetzt electrischen Zustandes an der Hinterfläche, wenn diese
nicht gerieben worden, bemerkt man bei trockenem und
schlecht leitendem Glase , Harz , Guttapercha , Caoutchouc,
72 Buffy über die Verthetlung^
gebranntem und geschwefeltem Caoutchouc, Schwefel; Paraffin,
Stearin, stark ausgetrocknetem Papier. — Eine dicke Lage
geglätteten Papiers, schwach am Ofen getrocknet, dann auf
eine nicht isolirte Metailplatte gelegt und auf der Oberfläche
mit Pelz gerieben, wurde auf dieser Seite negativ electrisch,
auf der nicht geriebenen Seite positiv. Je nachdem hierauf
von der geriebenen oder der nicht geriebenen Papierseite
abgeblättert wurde, zeigten die dadurch entblöfst gewordenen
Flächen negative oder positive electrische Beschafi'enheit.
Legte man zwei ungleichartige Körper auf einander,
z. B. ein Blatt Papier auf Glas oder eine Glasscheibe auf
eine Scheliackscheibe, so wurde durch das Reiben des einen
Körpers immer auch der andere, und zwar in gleichem Sinne
electrisirt. Also die Glasfläche unter dem Papier erhielt — E,
die Harzfläche unter dem Glase -f* B*
Die bekannte Eigenschaft des trockenen Papiers, wenn
es, während man es reibt, auf einer ebenen Fläche aufliegt,
an dieser anzuhängen, beruht gerade auf der Eigenthümlich-
keit, dafs die nicht geriebene Papierseite und die Fläche
worauf es liegt, entgegengesetzt electrische Zustände an-
nehmen.
8. Die Fähigkeit des geriebenen Glases, den elecirischen
Vertheilungszustand durch seine ganze Masse anzunehmen,
äufsert einen bedeutenden Einflufs auf die Ausgiebigkeit der
Glaselectrisirmaschinen.
Auf einer gut isolirenden, übrigens ganz unelectrischen
Glasscheibe kann durch einen einzigen Strich mit dem frisch
amalgamirten Reibzeuge Electricität in ziemlich reichlicher
Menge erzeugt werden. Wenn man unmittelbar darauf die
Spiritusflamme nähert, so verschwindet die entwickelte La-
dung, und die Glasscheibe, an das Electroscop gehalten, er-
scheint wieder ganz oder fast ganz unelectrisch. Hatte man
jedoch der frei gewordenen Electricität einige Zeit gelassen.
der Electricüät in Nichtleitern. 73
die natürlichen Blectricitäten des Glases zu vertheilen, oder
war das Reiben öfter wiederholt worden und nähert man dann
erst die Flamme , so zeigt sich das Glas nachher negativ
electrisch, anfangs nur, wenn die nicht geriebene Seite an
das Electroscop gehalten wird, bei fortgesetzter Einwirkung
aber scheinbar auf beiden Seiten. Gleichwohl lehrt die elec-
Irophorische Prüfung, dafs in allen Fällen die geriebene
Fläche auch nach der Annäherung der Flamme positiv elec-
trisch geblieben, die nicht geriebene Fläche aber negativ
electrisch geworden ist.
Der Vertheilungszustand^ welchen die Reibung hervorruft,
erreicht, wie man sieht, erst nach und nach seine gröfste
Entfaltung und wächst also einige Zeit während der Fortdauer
der Reibung. In demselben Verhältnisse mufs derjenige Theil
der Electricität zunehmen , welcher nach seiner Erzeugung
durch Reibung durch Annäherung der Flamme nicht unmit-
telbar wieder weggenommen werden kann.
Ueberläfst man eine geriebene Glasscheibe, nachdem sie
der Flamme genähert worden war und — E dadurch das
Uebergewicht erhalten hatte, einige Zeit, ohne Belegung,
sich selbst, so verschwindet das Uebergewicht der — E und
die Scheibe gewinnt wieder die entgegengesetzte Beschaffen-
heit. Von Neuem kann ihr dann -^ E durch die Flamme
entzogen werden. Hatte man durch starkes einseitiges Reiben
die electrische Vertheilung des Glases hinlänglich entwickelt^
so läfst sich durch abwechselndes Annähern der geriebenen
und nichtgeriebenen Seite an die Flamme abwechselnd die
negative und positive electrische Beschaffenheit des Glases
zum Uebergewicht bringen, wiewohl in stufenweise abnehmen-
dem Grade, bis endlich alle Spuren von Electricität verschwun-
den sind. Ein stark electrisirtes Glas, das man sich selbst
überläfst, wird schlierslich ebenfalls unelectrisch ; doch ist lange
Zeit dazu erforderlich. Mittelst der electrophoriscben Prüfung
74 Buffy über die Veriheäung
überzeugte ich mich, dafs häufig Tage und Wochen nicht
ausreichen. Das wirksamste Mittel, eine eiectrisirte Glas-
scheibe wieder unelectrisch zu machen, ist das Behauchen;
es mufs jedoch an beiden Seiten geschehen.
Wenn eine isolirende Scheibe auf beiden Seiten gerieben
wurde y entweder gleichzeitig, oder auf isolirender Unterlage
liegend, so zeigt die electrophorische Prüfung auf beiden
Seiten begreiflich gleichartige electrische Beschaffenheit. Nä-
hert man dann die eine Seite der Flamme, so scheint nach-
her diese Seite in den entgegengesetzten Zustand getreten
zu sein, während die Intensität auf der andern Seite abge*
nommen hat.
Waren zwei Glasscheiben auf einander gelegt^ die beiden
Aufsenflächen kräftig gerieben, endlich die eine derselben
von der Flamme bespült worden, so wirkte diese, electro-
phorisch geprüft, auch jetzt vertheilend mit — E. Nach der
Trennung beider Scheiben zeigten sich dennoch die beiden
früheren Aufsenflächen mit positiver, die Innenflächen mit
negativer Electricität beladen. Die Reibung auf beiden Seiten
hindert also weder die electrische Vertheilung der Glasmasse,
noch die Bindung eines Theils der Reibungselectricitat.
Das eigenthümliche electrische Verhalten einer gut iso^
lirenden Glasscheibe mufs sich natürlich bei dem Glase der
Electrisirmaschine wiederfinden. Bei den Cylindermaschinen
kann nur auf einer Seite gerieben werden ; der innere Raum
ist vom Zutritte und Wechsel der Luft gewöhnlich ganz ab-
geschlossen. Das Glas verliert daher nur schwierig und erst
nach langer Zeit den einmal angenommenen Vertheilungs-
zustand. Eine vcrhältnifsmäfsigo Menge von positiver Elec-
tricität wird dadurch stets zurückgehalten und folglich der
Abflufs der durch Reibung entwickelten -f~ ^ während des
Vorübergangs der Cy linderfläche vor den Saugspitzen ver-.
mindert.
der Electrieität in Nichtleitern, 75
Wenn die Cylindermaschine bei nicht sehr trockener Luft,
und ohne Erwärmung durch glühende Kohlen ^ eine kurze
Zeit im Gebrauche gewesen war, und wenn man dann eine
kleine Metallscheibe hinter den Spitzen des abgeleiteten
ersten Conductors auf den Glascylinder legte, ableitend be-
rührte und isolirt wieder abhob, so fand sie sich mit — B
behaftet. Da diefs Vertheilungselectricität war, so folgt, dafs
ein Theil der durch Reibung erzeugten -(- E von den Spitzen,
wie nahe diese auch der Glasfläche stehen mochten, nicht
aufgenommen werden konnte. Um diesen Betrag hatte sich
also die Ausgiebigkeit der Maschine vermindert.
Der Cylinder dieser Maschine ist 40 Centimeter lang
und hält 35 Centimeter im Durchmesser; er ist von sehr gut
isolirendem Glase verfertigt. Um denselben zu einer kräftigen
Wirksamkeit zu bringen , ist es gleichwohl fast immer erfor-
derlich, dafs er zuvor eine kurze Zeit der strahlenden Wärme
glühender Kohlen ausgesetzt werde. Die auf dem Conductor
angehäufte Electrieität nimmt dann eine hinlänglich grofse
Spannung an , om Fanken von 8 Zoll Länge auf einen mit
dem Reibzeug verbundenen Leiter senden zu können. Die
wirkliche Ausgiebigkeit, verglichen mit der einer Scheiben-
inaschine von 85 Centimeter Durchmesser der Scheibe, bleibt
dessenungeachtet nur gering.
Auf einer hinter den Spitzen an den Glascylinder ange-
legten Hetallscheibe wurde jetzt -|~ E gebunden, ein Ueber-
gewicht an negativer Electrieität des Glases andeutend. Da
indessen schon vorher ein Theil der entwickelten -{- E der
Einwirkung der Saugspitzen entgangen war, so ist es ein-
leuchtend, dafs auch jetzt nicht alle, durch Reibung erzeugte
4- E auf den Conductor übergetreten sein konnte. Die Atmo-
sphärenwirkung dieses Rückstandes mufste folglich durch das
Uebermafs der auf der inneren Seite des Cylinder^ ent-*
wickelten — E verdeckt worden sein.
76 Buffy über die Vertheihing
Die von mir benutzte Scheibenmaschine ist so einge-
richtet, dafs sich Saugspitzen nach Bedürfnifs entweder nur
an einer Seite, oder auch an beiden Seiten leicht und ohne
Zeitverlust anbringen und wieder entfernen lassen. Die
Scheibe, von 5™° Dicke, wirkt kräftig bei jeder Witterung,
und ohne der Erwärmung zu bedürfen. Um die Ausgiebig-
keit zu messen bediente ich mich einer Lane'schen Flasche
von 6,4 Quadratdecimeter äufserer Belegung , deren beide
Kugeln bei allen Versuchen einen Luftraum von nur 2"^°*
zwischen sich liefsen*
Der Conductor der Maschine war mit der inneren Be-
legung, die äufsere Belegung mit dem Reibzeuge verbunden,
ben geringen Abstand der Kugeln hatte ich gewählt, um
jeden Verlust in Folge grofser Zunahme der Spannung mög-
lichst zu vermindern. Einer geringeren Schlagweite als 2"^"^
bedurfte es nicht zu diesem Zwecke, denn Vorversuche hatten
mir gezeigt , dafs Veränderungen in der Umdrehungszeit,
selbst bis zur dreifachen anfänglichen Geschwindigkeit, keinen
Einflufs auf die Anzahl Funken oder Entladungsschläge hatten,
welche je für eine gleiche Anzahl Umdrehungen erfolgten.
Wenn die Maschine längere Zeit nicht gebraucht worden
und das Amalgam auf den ßeibzeugen gleichförmig aufge-
strichen war, erhielt man für 10 Umdrehungen 30 Funken,
und zwar gleichgültig, ob Saugspitzen an beiden Seiten, oder
auch nur an einer in Wirksamkeit gesetzt wurden. Nachdem
ich diesen Punkt durch häufig wiederholte Versuche wenig-*
stens für meine Maschine festgestellt hatte, bediente ich mich
in der Folge meistens nur einer Spitzenreihe auf einer Seite
der Glasscheibe.
Der Grad der Lufttrockene zeigte sich nicht ganz ohne
Einflufs; doch scheint dadurch, auch boi ziemlich feuchter
Luft, die Ausgiebigkeit, durch Funken von 2^^ Schlagweite
gemessen , nicht um mehr als 5 oder höchstens 6 Funken
der Electrtcüät in Nichtleitern* 77
heruntergedrückt zu werden. Den Grund dieses geringen
Unterschiedes, den man nach den an der Cylindermaschine
gemachten Erfahrungen nicht erwarten sollte, vermuthe ich
in dem Umstände, dafs die Reibzeuge an der Scheibe sich
fester anpressen lassen^ wodurch letztere schon nach wenigen
Umdrehungen von einem grofsen Theile etwa daran haften-
der Flüssigkeit befreit wird. Aus demselben Grunde be-
kommt man denn auch gewöhnlich nicht gleich das Maximum
der Funkenzahl, sondern bemerkt eine Steigerung bis zu den
ersten 30 bis 40 Umdrehungen.
Dann erhält sich die Kraft der Maschine eine Zeit lang
fast constant und beginnt endlich zu sinken, allmälig bis zur
Hälfte der gröfsten Stärke. Wenn die mit gutem Amalgam
sehr gleichförmig bedeckten Reibzeuge durch Federdruck in
möglichst gute Berührung mit der Glasscheibe gebracht sind,
so hält sich die Zahl von ungefähr 15 Entladungen der Mafs-
fläche für 10 Umdrehungen ziemlich lange unverändert. War
jedoch das Amalgam schon abgenutzt und das Reibkissen
während des Gebrauches staubig geworden, so kann man
zwar nach längerer Ruhe der Haschine ebenfalls 28 bis 30
Funken für 10 Umdrehungen erlangen, allein die Abnahme
ist dann auffallend rascher und bleibt auch nicht so lange
bei der Hälfte der anfänglichen Kraft stehen.
Die Maschine, deren Kraft durch einige Zeit fortgesetz-
ten Gebrauch in der angegebenen Weise abgenommen hatte,
erholt sich sichtlich schon nach einigen Minuten der Ruhe,
und zwar ohne dafs unterdessen die geringste Aenderung
mit dem Reibzeuge vorgenommen wurde. Nach starkem
Gebrauch indessen, und wenn die anfängliche Kraft auf die
Hälfte oder noch weiter heruntergegangen war, dauerte es
bei trockener Witterung häufig 8 und selbst 14 Tage, bis
die ganze ursprüngliche Wirksamkeil sich wieder hergestellt
hatte^ Dieses Ziel konnte übrigens durch die längere Ruhezeit
78 Buffy über die Vertheüung
vollständig erreicht werden , auch ohne das Amalgam des
Reibzeuges zu erneuern und selbst ohne Reinigung des
Glases.
Diese Veränderlichkeit in der Kraft der Eleclrisirmaschine
ist ohne Zweifel schon oft beobachtet worden. Dafs aber
die besonderen Umstände, mit welchen sie zusammenhängt,
nicht längst genauer untersucht und allgemein bekannt sind,
mag wohl darin seinen Grund haben, dafs die Maschine selten
«
längere Zeit ohne Unterbrechung benutzt wird, und dafs, wo
man bei dauernderem Gebrauche eine bedeutende Abnahme
vielleicht wahrnahm, man eine genügende Erklärung in der
vermehrten Luftfeuchtigkeit und in der Abnutzung der Reib-
zeuge zu finden glaubte. Diese beiden Einflüsse bilden
jedoch, wie schon bemerkt wurde, gewöhnlich nicht die
Hauptursache der bei anhaltendem Gebrauche abnehmenden
Kraft der Scheibenmaschine. Diese Ursache hat man viel-
mehr in den Veränderungen der electrischen Beschaffenheit
des Glases zu suchen.
Um eine beliebige Stelle der Glasscheibe auf ihren elec-
trischen Zustand zu prüfen, wurde das schon weiter oben
beschriebene Verfahren angewendet. Man bedeckte die be-
treffende Stelle mit einer Metallplatte, die dann ableitend be-
rührt und isolirt abgehoben wurde. Sollte aber der electrische
Zustand an einer Stelle der Oberfläche möglichst unabhängig
von dem Einflüsse der gegenüberliegenden Glasfläche unter-
sucht werden, so geschah diefs nach der electrophorischen
Prüfung; d. h. beide einander gegenüberliegenden Stellen
wurden gleichzeitig mit Metallplatten belegt und im Uebrigen
wie vorher verfahren.
Auf diese Weise fand man, dafs alle Stellen der Scheibe
zwischen Reibzeug und Spitzen auf beiden Seiten, während
der ganzen Zeit des Gebrauches, positiv electrisch waren.
Diefs versteht sich von selbst, da beide Seiten der Scheibe
'
der Meetricität in Nichtleitern, 79
gleichzeitig gerieben wurden. Hinter den Spitzen dagegen
zeigt das Glas ein wechselndes Verhalten. Wenn die Scheibe
nach dem Ergebnifs der electrophorischen Prüfung sich vor
dem Gebrauche noch ganz unelectrisch verhalten hatte, wenn
ferner während des Gebrauches der Conductor abgeleitet
war, so wurde nach einmaligem Umdrehen in der an irgend
ekier Stelle hinter den Spitzen angelegten Hetallplatte ge-
wöhnlich auf beiden Seiten des Glases — E gebunden. Hier-
nach schien es, dafs auf beiden Seiten ein Theil der durch
die Reibung entwickelten positiven Blectricität zurückgehalten
worden war Nach wiederholten Umdrehungen verschwand
dieses Uebejgewicht der -f- E zuerst auf der Seite der Saug-
spitzen und — E kam zum Vjorschein, während gleichzeitig
auf der andern Seite, wo die Saugspitzen fehlten, die ver*
tbeilende Kraft der -j-E ebenfalls abnahm, jedoch später
erlosch und in — E überging. Wenn zu irgend einer spä-
teren Periode y während das Beiben fortgedauert hatte, die
Metallplatte abwechselnd auf der Seite der Spitzen und der
andern Seita angelegt, ableitend berührt, isolirt abgehoben
und an das Blectroscop gebracht wurde, so zeigte sie sich
von beiden Seiten der Scheibe stets gleichartig mit -j- ^
geladen, wenn auch am stärksten von derjenigen Seite,
gegen welche die Spitzen gerichtet waren. Solche positive
Ladungen durch Vertheilung, die auf ein sehr stark ent-
wickeltes UebergewichA der — E im Glase hinweisen, erhielt
die M<^Upl&tte selbst dann , wenn sie in zwei Zoll Abstand
von der Scheibe gehalten wurde, sowohl auf der einen wie
auf der andern Seite derselben* Dessen ungeachtet war
nach der Aussage der electrophorischen Prüfung das Glas
nur auf der Seite der Saugspitzen negativ electrisch gewor-
den, auf der andern Seite während der ganzen Zeit .der
Reibung posjtjv electrisch geblieben.
80 Buff, über die Vertheäung
Ein sehr stark entwickeltes Uebergewicht der negativen
Electricität an solchen Stellen der Scheibe, welche eben an
den Spitzen vorübergegangen waren, fallt immer mit einer
geringen Ausgiebigkeit der JMaschine zusammen. Wenige
Minuten der Ruhe reichen dann hin , eine merkliche Abnahme
jenes Uebergewichtes herbeizuführen; gleichzeitig vermehrt
sich wieder, die Funkenzahl. Wartet man länger , so tritt
-f- E zuerst wieder an der Seite des Glases hervor, wo die
Spitzen nicht eingewirkt hatten, später aber auch an der
Seite der Spitzen. Die Atmospbärenwirkung der so wieder
fühlbar gewordenen -f- E bleibt jedoch gering und verliert
sich, gewöhnlich nach mehreren Tagen , bis auf geringe
Spuren. Indessen selbst in dieser Periode des sich verlie«
renden Vertheilungszustandes kann man durch die electro-
phorische Prüfung noch starke Ladungen, selbst bis zum
Ueberschlagen knisternder Funken erhalten. Erst nachdem
alle diese Aeufserungen nach vorhandener Vertheilung ver-
schwunden sind, arbeitet die Maschine mit der ursprünglichen
Kraft.
Das electrische Verhalten der Glasscheibe blieb im We-
sentlichen unverändert, wenn man Saugspitzen an beiden
Seiten benutzte. Auch in diesem Falle war die Verminderung
der Ausgiebigkeit begleitet von einem allmälig anwachsenden
Uebergewichte von — E an allen Stellen des Glases hinter
den Saugspitzen, bis zum folgenden Reibzeuge. Aber auch
in diesem Falle fand sich nach der electrophorischen Prüfung
immer nur die eine Seite des Glases negativ, die andere
positiv electrisch. Die Richtung dieser Polarisation wechselte,
je nachdem man die eine oder die andere Spitzenreihe der
Scheibe etwas näher stellte.
Wenn der Conductor während der Umdrehung der
Scheibe nicht abgeleitet ist, so vermindert sich die Aus-
der Mectricität in iftchtteüerti. 6i
giebigkeit zwar ebenfalls, aber viel langsamer als bei abgelei-
tetem Cohductor. Als letzterer sammt seinen Saugspitzen
ganz entfernt worden war and erst nach lange fortgesetztem
Umdrehen der Scheib^e wieder an seine Stelle gebracht wurde,
blieben von anfangs 30 Funken der Mafsfläche immer noch
15 bis 22. Unter 15 Funken liefs sich unter diesen Ver-
hältnissen die Ausgiebigkeit selbst durch mehrere hundert
Umdrehungen nicht herabdrücken.
Aus diesen verschiedenen Erfahrungen geht hervor, dafs
ungeachtet des Reibens au^ beiden Seiten der Electrisirscheibe
eine Vertheilung der natürlichen Electricitäten des Glases
und in Folge davon Auftreten von — E im Inneren und Bin-
dung eines grofsen Theils der durch die Reibung erzeugten
-j- E nicht gehindert werden kann. Die Electricitütsmenge,
welche dadurch schon gleich nach den ersten Umdrehungen
zurückgehalten wird, beträgt ungefähr die Hälfte, nämlich
die ganze Menge der auf der einen Seite der Scheibe ent-
wickelten positiven Electricität. So wenigstens zeigt es sich
bei einer Scheibe von 5"™ Dicke. Undenkbar wäre, es nicht,
dafs diinnere Scheiben gleich starke Vertheilungseffecte nicht
so leicht >¥ürden aufkommen lassen, denn es ist gewifs, dafs
die von beiden Seiten gleichzeitigen Einwirkungen einander
entgegengesetzt sind und daher theilweise sich aufheben
müssen.
Abreiben mit warmem Wollenzeug oder Pelzwerk ist ein
sehr bekanntes Hülfsmittel, die geschwächte Kraft einer Elec-
trisirscheibe wieder zu heben. Dieser Vortheil wird aber
nicht blofs (so wie man früher allgemein angenommen zu
haben scheint} durch die Entfernung von Staub und Feuchtig-
keit von den Glasflächen erzielt
In verschiedenen Schriften wird angeführt, dafs Reiben
mit Pelzwerk , insbesondere mit Katzenpelz, das Glas negativ
electrisch mache; bei Gläsern mit reiner , polirter Glasfläche
AnnaL d. Chem. n. Pharm. CXIZ. Bd. 1. Heft. 6
82 Buff^ über die Vertheäung
habe ich diefs nie gefunden. Auch die von mir/ benutzte
Electrisirscheibe wurde durch Reiben mit diesen Stoffen
positiv electrisch. Diese Operation brachte jedoch keinen
oder nur ganz geringen Nutzen, wenn die Maschine lange
Zeit geruht hatte. Dagegen konnte die durch langen Gebrauch
fast unwirksam gewordene Scheibe allein schon durch Ab-
reiben mit Katzenpelz wenigstens auf die Hälfte der anfäng-
lichen Kraft zurückgeführt werden. Dabei kam eis hauptsäch-
lich darauf an, das Glas auf der Seite der Spitzen fest ab-
zureiben, auf der andern Seite konnte diese Operation ohne
merklichen Nachtheil ganz unterbleiben.
Ein Lederkissen, mit Amalgam überstrichen, zeigte sich
häufig noch wirksamer als Pelz; beide Mittel führten zu dem
günstigsten Erfolge, wenn map si4?b begnügte, bei geöffneten
Beibzeugen nur d|e den Saugspitzßn zugewßndete Fläche der
Scheibe wiederholt abzureiben, während die Spitzen selbst
abgenoinpien waren* Es ist einloMPhtend , dafs hierdurch
eine der frftheren gerade entgegengesetzte electrische Ver-
theilung im Glase hervorgerufen, folglich jen/er frühere, die
Wirksamkeit der Scheibe störende Vertheilungszusjtand tbeil-
weise zernichtet wurde. Damit slimv^t^ auch das Verhalten
der Glasscheibe überein, demn ihra überwiegend gewordene
electronegative Atn^ospbärenwirkiing verschwand dauernd und
selbst auf der nicht abgeriebenen Glasfläche trat -j- ^ wieder
hervor.
Durch das Abreiben au| der 3e»U fiejt Spitzen kann man
jedoch nur einen Theil, etwa 4^e Qälfte bis zu Vs der durch
anhaltenden Gebrai^cb verminderten Wirksamkeit der Ma-
schine wieder« hers^telfan. Die ga^ze anfängliche Kraft rasch
wieder zu gewinnen gelang mir ^veder auf diesem« noch auf
einem andern Wege.
Die Scheibe der Electrisirm^schine hat einen Durch-
mesijLer von 85 Centimete,r; ein y^iei^theil ihrer Oberfliäche
i
r
der EUetricüät in Nichtleitern. 83
wird nicht gerieben. Die geriebene Fläche beträgt demnach'
4254 Quadratcentimeter. Da aber zwei Reibzeuge vorhanden
sind und beide Seiten der Scheibe gerieben werden, so hat
man eigentlich 17016 Quadratcentimeter geriebene Fläche in
Rechnung zu nehmen. •
Die zu den oben angeführten Versuchen benutzte Cylin-
derniaschine hat einen Umfang von HO Centimeter und ihr
Reibzeug ist 25 Centimeter lang , die geriebene Fläche hat
daher 2750 Quadratcentimeter Inhalt. Diese Maschine lieferte,
wenn das Glas durch glühende Kohlen getrocknet war sehr
regelmäfsig für 20 Umdrehungen 9 Ladungen der Mafs-
flasche; die Scheibenmaschin^, bei Voller Wirksamkeit, für
dieselbe Anzahl Umdrehungen 60 Ladungen. Die Ausgiebig-
keit beider Maschinen verhält sich demnach wie 1 : 6,6,
während ihre geriebenen Flächen im Verhältnifls von 1 : 6,2
stehen. Die Ausgiebigkeit ist also so ziemlich der geriebenen
Fläche (deren Gröfse im obigen Sinne genommen) propor-
tional, wobei jedoch die Scheibenmaschine noch immer den
Vorzug hat, der Erwärmung nicht zu bedürfen.
lieber einige Derivate der Kohlenwasserstoffe CnHn ;
von F. GutiiHe^
Dritte Abhandlung *}.-
Die Einfuhrung von Nitroxin ♦*) in organische Sub-
stanzen und die Bildung der s. g. Nitroverbindungen ist bis
*)iC]iffln. Soc. Q]ei. 4t XIII) 129w Die beiden Yoiamflgefaemden Ab-
bandlungen vgl. diese Annalen GXIII, 266 a> OXVi^ 284.1 /). R.
**) Es empfiehlt sich die BezeichmiuigiiVäffX)^^. für NO4; «ntspoechend
der Benennung Chloride, Jodide u.< a. .wären dftnn die s, g. sal-
6*
84 Outhrie, über einige Derivate
jetzt, mit anscheinend einer einzigen Ausnahme*}, durch die
Einwirkung von Salpetersäure, für sich oder mit Schwefel*
säure gemischt, bewerkstelligt worden. Die Ursache hiervon
liegt klar vor : eine solche Einführung bestand in jedem
Falle in der Ersetzung von Wasserstoff durch Nitroxin. Die
Salpetersäure bietet ihr fünftes Atom Sauerstoff dem zu er-
setzenden Wasserstoff dar, während das Nitroxin selbst die-
sen Wasserstoff ersetzt. Eine solche natürlich als Zersetzung
nach doppelter Wahlverwandtschaft vor sich gehende Ersetzung
läfst sich allgemein ausdrücken durch die Gleichung :
C„ . . . . H. + p(0N04) = C« . . . . H„-p(N04)p + pHO,
und ist ganz entsprechend der bei der Einwirkung von Chlor
vor sich gehenden Bildung von Chlorsubstitutionsproducten :
C„....H« + p(ClCl) == C„,....Hn.pClp + pHCl
und vermuthlich auch entsprechend dem bei dem Einführen
von Chlor mittelst unterchloriger Säure statthabenden Vor-
gang-
Die Bildung von Amylenbinitcoxid CioHio-SNO« bei der
Einwirkung von Salpetersäure auf Amylen **} liefs natürlich
sofort die Frage sich aufwerfen, ob die Kohlenwasserstoffe
CnHn» welche sich direct mit 2 At. salzbildender Elemente
ohne Elimination von Wasserstoffsäuren verbinden können,
sich gegen Nitroxin in ähnlicher Weise verhalten.
Wird Nitroxin, durch Erhitzen von wasserfreiem salpeter-
saurem Blei dargestelU^ durch ein leeres Geföfs und dann
petrigsaaren Salze MONOs» wie schon früher vorgeschlagen, als
Nitrozide MNO4 zu betrachten und zu bezeichnen. Weiter be-
merke ich noch bezüglich der Nomenclatur , dafs, wie Bichlor-
ttthylen die Verbindung C4H3CI2 und Aethylenbichlorid die Ver-
bindung C4H4OIS bedeutet, so ich die Verbindung C^oHyNO« als
NitroxinaphtaHn und die Verbindung CioH|o(N04)t als Amylen-
binitroxid bezeichne.
*) VgL unten bei Nitroxinaphtalin.
••*) Diese Annalen CXVI, 248.
der Kohlenwasserstoffe Cj^H^. 85
in einen Amylen enthaltenden Kolben geleitet , so findet
sofort Absorption des Gases statt und das Amylen wird all-
mälig zu einer taigigen Masse kleiner Krystalle. Um Verlust
zu vermeiden, wird der Kolben zweckmftrsig mittelst einer
Kältemischung abgekühlt. Das Product wird auf ein Filter
gegeben y zur Beseitigung einer die Krystalle begleitenden
öligen Flüssigkeit mit kaltem Alkohol gewaschen, dann aus
siedendem Aether umkrystallisirt und im leeren Räume über
Schwefelsäure getrocknet. So dargestellt ergab die Substanz
die Zusammensetzung CioHioNsOg :
berechnet gefdnden
Cio 87,09 87,26
Bio 6,18 6,51
N, 17,22 17,66
Oa 89,51 —
Diese Substanz ist somit Amylenbinitroxid CioHxo . 2 NO«
und identisch mit dem durch Einwirkung von Salpetersäure
auf Amylen erhaltenen krystallinischen Körper. Sie ist inso-
fern merkwürdig, als sie die einzige bekannte, dem Oel des
ölbildenden Gases isotype Nitroxinverbindung ist, aber noch
merkwürdiger , sofern ihre letztere Bildungsweise das ein-
zige Beispiel im Bereich der organischen Chemie bietet, wo
das freie Nitroxin wie ein salzbildendes Element ohne Elimi-
nation von Wasserstoff einwirkt. — Amylenbinitroxid ist nur
wenig löslich in kaltem, leicht löslich in siedendem Alkohol;
es löst sich auch in Aether und in Schwefelkohlenstoff, ist
aber ganz unlöslich in Wasser, Es krystallisirt in kleinen
quadratischen und rectangulären farblosen durchsichtigen
Tafeln.
Bei dem Erhitzen in einer trockenen Röhre zersetzt sich
das Amylenbinitroxid genau bei 95^ C, wobei sich ein Gas
entwickelt und eine Flüssigkeit von gröfserem spec. Gew. als
das des Wassers entsteht. Als die Zersetzung in einer starken
68 Outhris, über einige Derivate
zugeschmolzenen Glasi^öbre durch Erhitzen auf 100^ bewerk*
stelligt wurde, entwich bei dem Oeffnen der Röhre viel Gas,
welches feuchtes Laekmuspapier roth färbte. Eine andere
Portion der Substans wurde in derselben Weise bei Gegen-
wart von Wasser behandelt. Als nach dem Oeffnen der
Röhre das saure Wasser mit Ammoaiak neutralisirt und die
fiUririe Flüssigkeit auf dem Wasserbade zur Trockne ge-
bracht wurde, blieb ein Rückstand, welcher bei dem Erhitzen
Stickstoff entwickelte^ Das aus dem Amylenbinitroxid frei
gewordene Gas war somit salpetrige Säure NOs oder Mitroxin-
wasserstoffsäure HNO4.
Zunächst wat die Natur des flüssigen Productes zu be-
stimmen, welches bei der Darstellung desi Amylenbinitroxids
als Begleiter desselben auftritt.
Die abfiltrirte und die vom Waschen des Amylenbinitro-
xids mit Alkohol herrührende Flüssigkeit wurden nach
mehrstündigem Eindampfen auf dem Wasserbad mit Wasser
gewaschen und getrocknet ; es wurde auf diese Art eine
bernsteingelbe durchsichtige Flüssigkeit erhalten^ die in Wasser
untersank und sich mit diesem nicht mischte. Diese Flüssig-
keit erlitt, eben so wenig wie das Amylenbinitroxid, keine
Veränderung bei mehrtägigem Erhalten in einer Atmosphäre
von Nitroxin. Die bei der Analyse der Flüssigkeit gefun-
denen Zahlen entsprechen sehr nahe der Zusammensetzung
eines Gemisches von gleichen Aequivalenten Amylenbinitroxid
und Salpetersäuren! Amyl :
berechnet
CioH,o . 2 NO4 + CioHuO . NO5 «e^«»iden
G 40,67 40,94
H 7,12 7,87.
Obgleich die Gegenwart von Amyl auf die Zersetzung
eines anderen Moleculs Amylen hinweisen würde, erscheint
doch die oben ang^^ebene Zusammensetzung des fragUcheii
der KoMtnwassef Stoffe CJS^^. 87
Gemisches aus feigenden Gründen wahrscheinlich. Beim Er-
hiteen desselben anf 95^ ([der Temperatur, bei welcher auch
CioHio*2N04 zersetzt wird} tritt Zersetzung ein, wobei die
Temperatur yon selbst auf 170^ steigt und der gröfsere Theil
der Flüssigkeit übergeht. Durch Rectification wurde eine
Portion erhalten, welche fast cönstent bei 160^ siedete, und
deren Zusammensetzung der Formel CioHnO.NOs annähernd
entsprach :
berechnet gefanden
Kohlenstoff 45,11 46,40
Wasserstoff 8,27 8,40.
Bei dem Kochen eines Theils des Destillates mit alkoho-
Ijscher Kalilösung wurde salpetersaures Kali gebildet. Auch
die ursprüngliche Flüssigkeit gab unter denselben Umständen
salpetersaures Kali.
Salpetersaures Amyl scheint auch unter den flüssigen
Producten enthalten zu sein , die sich bei dem Erhitzen des
Amylenbinitroxids für sich bilden.
Bei dem Erhitzen des Amylenbinitroxids mit Aetzkalk
entsteht eine aromatische Substanz^ welche vom Valeral ver-
schieden und wahrscheinlich Amylenäther Cit)Hio08 ist.
Die Einwirkung von Schwefelammonium, Wasserstoff im
Entstehungszustand und anderen Reductionsmitteln auf Amylen-
binitroxid verdient genauere Untersuchung.
Bis jetzt sind meine Versuche , Nitroxin mit Aethylen
zu vereinigen, erfolglos geblieben.
Weder Stickoxydul noch. Stickoxyd wirkt auf Amylen
ein. Die Verwandtschaft des Amylens zu Nitroxin ist so
grofs , dafs sich mittelst dieses Kohlenwasserstoffs eine selbst
geringe Spur von Nitroxin in den eben genannten Oxydations-
stufen des Stickstoffs erkennen Ufst. Wird z. B. Amylen
durch eine Trichterröbre in einen Kupfer und Salpetersäure
eothaltenden Kolben gebracht ^ der ganz kalt erhalten wird
88 Guthrie, über einige Derivate
»nd aus welchem die Luft durch das bereits entwickelte Gas
ausgetrieben ist, so bilden sich fortwährend wenn auch
langsam Krystalle von Amylenbinitroxid; läfst man aber das
Stickoxyd erst durch schwefelsaures Eisenoxydul absorbiren,
und entwickelt dann das Gas aus dieser Lösung*) und läfsl
es durch Amylen in einem Apparate streichen , aus 'welchem
vorher die Luft durch einen Strom von Kohlensäure auisgetrieben
wurde, so tritt keine Veränderung ein,
NitroxinaphtaUn (NilronaphtalinJ. — Die Untersuchungen
Laurent's und anderer Chemiker haben seit langer Zeit fest-
gestellt, dafs das Naphtalin als ein dem Aethylen analoger
Körper zu betrachten ist**); es verbindet sich direct mit
Chlor zu Naphlalinbichlorid C20H8CI2, und wenn es sich auch
mit 4 At. eines salzbildenden Elements vereinigen kann, wie
in dem Quadrichlorid C20H8CI4, dem Terchlorobromid CgoHgCldBr
und den zahlreichen idiotypen Substanzen C20H6CI2CI4,
C2oH6Br8Cl4 u. s. w. , so ist, wie wir bei der Untersuchung
des Verhaltens von Aethylen und Amylen zu Chlorschwefel
bereits gesehen haben und in dem später Folgenden noch
weiter bewiesen sehen werden , die Vereinigung mit 4 At.
eines salzbildenden Elementes etwas fUr die deih Aethylen
isotypen Substanzen ganz naturgemäfs Annehmbares. Wie
das Aethylen, verbindet sich auch das Naphtalin mit wasser^
freier Schwefelsäure sowohl als mit Schwefelsäurehydrat, und
endlich finden wir es auch noch in dem Naphtalamin CgoHgHN
den zweiatomigen Character einer mit dem Aethylen isotypen
Substanz bewahrend, sofern es hier 2 At. Wasserstoff des
Ammoniaks ersetzt
*) Bunsen^s gasometrisclie Methoden, S. 55.
**) Die dem ölbüdenden Gase sich analog verhaltenden Kohlen-
wasserstoffe bezeichnet Gutl^rie allgemein als Okfisie. . D, R,
der Kohlenwasserstoffe O^H^, 89
Aus Laurenl's Untersuchung der Einwirkung der Sal-
petersäure auf Naphtalin ging vorzugsweise die Erkenntnifs
von drei Nitroxinsubstitutionsproducten hervor , die nicht mit
dem Naphtalinbichlorid sondern mit dem Naphtalin selbst
idiotyp sind :
Nitroxinaphtalin G9oH7(N04)
Binitroxinaphtalin OsoHeCKO^)^
Trinitroxinaphtalln C|^H5(N04)s.
In Erinnerung einerseits an die Analogie, welche zwi-
schen diesen Substanzen und den idiotypen chlorhaltigen
Derivaten des Aethylens statt hat, uhd andererseits an die
oben beschriebene directe Vereinigung des Amylens mit
Nitroxin , liefse sich a 'priori als möglich betrachten , dafs
man Naphtalinnitroxid oder Naphtalinbinitroxid durch die
Einwirkung von Nitroxin auf Naphtalin erhalten könne. Oh
nun gleich Laurent diese Reaction als ein Verfahren zur
Darstellung von Nitroxinaphtalin giebt, hielt ich es doch, da
der von ihm in dieser Weise erhaltene Körper nicht analysirt
worden zu sein scheint, der Mühe werth, Laurents Ver-
such zu wiederholen.
Wird Naphtalin in einen überschüssiges Nitroxin ent-
haltenden Kolben gebracht, so findet eine beträchtliche Wärme-
entwickelung statt, spärliche weifse Dämpfe bilden sich, die
sich rasch wieder absetzen , und eine ölige Flüssigkeit ent-
steht, die beim Abkühlen erstarrt. Um die Einwirkung eine
vollständige sein zu lassen, wird der einen Ueberschufs von
Nitroxin enthaltende Kolben verkorkt, und das Product wie-
derholt geschüttelt und geschmolzen. Durch nachheriges
Umschmelzen desselben unter Wasser, Trocknen und Umkry-
stallisiren aus Aether wurde eine Substanz erhalten, die bei
der Analyse der Formel C2oH7(N04) entsprechende Zahlen
ergab :
90 Guthrie^ über einige Derivate
berechnet gefunden
Kohlenstoff 69,36 69,49
Wasserstoff 4,05 4,20.
Das hier gebildete Product ist somit unzweifelhaft Nitroxi-
naphtalin. Nitroxin verhält sich also gegen Naphtalin dem
Brom ähnlicher als dem Chlor, denn während das erstere
Bromnaphtalin bildet , läfst das letztere Naphtalinbichlorid
entstehen :
, CijoHg -y- 2 Gl = CjioIigClg
Cyas 4- 2Br = C^HrBr + HBr
CjoHs + 2 NO4 = C80H7NO4 + HNO4.
Aethylenhisulfochlorid.— Obgleich, wie früher*) gezeigt
wurde, Aethylen und Chlorbisulfid bei gewöhnlicher Tem-
peratur und überhaupt unter gewöhnlichen Umständen nicht
auf einander einwirken , und bei dem Erwärmen auf 139^
das Aethylenmolecul aus einander geht**), versuchte ich
doch noch einmal, die zwei genannten Körper direct zu ver»
einigen, weil die entstehende Verbindung, falls sie sich der
isptypen Amylenverbindung ähnlich verhielte, den Ausgangs-
punkt fiir eine Reihe sehr wichtiger Derivate abgeben
würde ***).
Wird Schwefelbichlorid in einer Atmosphäre von trocke-
nem Aethylengas in einem verschlossenen Gefäfse dem directen
Sonnenlichte ausgesetzt, so vereinigen sich beide Körper
langsam aber fast vollständig, wobei indessen Chlorwasserstoff
frei wird.
Werden einige Gramm Chlorbisulfid in ein wohl ver-
schliefsbares Gefäfs gebracht, in welchem dann die Luft durch
Aethylengas verdrängt wird, und wird nun, nach Verschlufs
des Gefäfses mit einem mit Wachs bestrichenen Stopfen und
^) Guthrie in diesen Annalen GXIII , 272,* Niemann daselbst
CXIII, 290.
**) Diese Annalen CXVI, 235 ff.
*•*) Vgl. die folgende (vierte) Abhandlang.
der KoJdenwasserUofi C^H^> 91
fibergebundenem Caoutchouc^ das Gänse zwanzig Stunden
hing in siedendes Wasser eingetaucht gelassen, so zeigt sich
jetzt, dafs sehr vollständige Absorption stattgefanden hat,
während nur eine Spur Chlorwasserstoff gebildet wCtrde. Das
Gefäfs mag nun nochmals mit Aethylengas gefüllt und die-
selbe Operation drei- bis viermal wiederholt werden. Das
resultirende Product wird ^suan mit warmem Wasser geschüt-
telt, getrocknet, mit Aether digerirt, filtrirt, das Filtrat im
luftverdünnten Räume bis zum Verjagen des Aethers ein-
gedampft, nochmals in möglichst wenig Aether gelöst, filtrirt
und im luftverdünnten Räume zur Trockne gebracht. Die
Zusammensetzung des auf diese Art gereinigten Products ent-
sprach der Formel C4H4S2CI :
gefunden
25,93
4,30
33,47
36,29.
Diese Substanz ist. nach der früher angenommenen No-
menclatur als Aethylenbisulfochlorid C4H4 . S2CI zu bezeichnen,
Aethylenbisulfochlorid hat einen nicht unangenehmen
aber nicht wohl zu beschreibenden Geruch; es schmeckt
intensiv süfs und stechend. Wie das Aethylenbichlorosulfid
übt es lange andauernd eine die Augenlider angreifende Wir-
kung aus*). Es ist blafsgelb, von l,34ö spec. Gewicht bei
19^ Wie die früher beschriebenen chlor- und schwefel-
haltigen Verbindungen der Kohlenwasserstoffe CqH,^ wird es
durch Hitze unter Bntwickelung eines unerträglichen Geruchs
zersetzt.
berechnet
C4
26,13
H4
4,19
s«
33,51
Cl
37,17
*) Ein Tropfen desselben unter die Zunge gebracht zerstört
die Epidermis und verarsacbt mehrere Tage lang anhaltende
Schmerzen.
92 Schmidt, über Traisbenzucker,
In einer folgenden Mittheilung werde ich die Einwirkung
wasserfreier Oxyde und von Oxydhydraten auf diese Sub-
stanz beschreiben, und das Verhalten derselben und des damit
tsotypen Amylenbisulfochlorids zu einigen der metallhaltigen
Badicale»
Untersuchungen aus dem chemischen Laboratorium
in Greifswald
5. lieber Traubenzucker, Salicinzucker und Amygdalin-
zucker ;
von 0. Schmidt.
Bekanntlich hat man unter dem Namen Glucoside Ver-
bindungen zusammengefafst, die unter Einwirkung verdünnter
Säuren oder gewisser Fermente die Elemente des Wassers auf-
nehmen und in Zucker und andere Verbindungen zerfallen.
Die Zahl dieser Glucoside hat sich in letzter Zeit bedeutend
vermehrt^ weil sehr viele Stoffe, die man früher nach einer
oder der andern hervorragenden Eigenschaft oder gerade
wegen Mangel einer solchen zu den Farbstoffen, Bitterstoffen,
indifferenten Pflanzenstoffen u. s, w. zählte, jetzt bei genauer
chemischer Untersuchung sich als sog. gepaarte Zuckerver-
bindungen herausstellen. Die Untersuchungen beschränkten
sich in den meisten Fällen auf die Stoffe , welche neben dem
Zucker auftraten, indem man wohl in der Begel voraussetzte,
letzterer sei Traubenzucker. Diese Voraussetzung mag auch
in vielen Fällen zutreffen , weil der Traubenzucker sehr ver-
Salicmzucker und AmygddUnzucher. 9ä
breitet im Pflanzenreiche ist and er wahrscheinlich an der
Bildung der Glucoside sich betheiligte oder aus ihrer Zer-
setzung hervorging. Aber auch der Rohrsucker findet sich
häufig in den Pflanzen, und macht er einen Bestandtheil einea
Glucosids aus, so kann man wohl hofi'en, ihn daraus, wenn
auch nicht unverändert, doch in so characteristischen Zer-
setzungsprodacten abzuscheiden , dafs an seinem Vorhanden-
sein nicht gezweifelt werden kann. Wird z. B. das Glucosid
zur Zerlegung mit einer verdünnten Säure erwärmt, so er-
leidet der darin angenommene Rohrzucker allerdings auch
eine Umwandlung, und zwar, wie die schönen Versuche
Dubrunfaut's*} zeigen, in rechtsdrehenden Traubenzucker
und einen linksdrehenden syrupförmigen Zucker, welches
Gemenge die Polarisationsebene nach Unks ablenkt. Ich will
hier schon bemerken, dafs die nach Zersetzung des Salicins,
Amygdalins und Phloridzins mit Säuren erhaltene Lösung die
Polarisationsebene nach rechts ablenkt, mithin kein Rohr-
zucker aus diesen Glucosiden abgeschieden wird, der sich
dann erst durch Säuren auf angegebene Art zersetzte.
Die Darstellung des vom Traubenzucker verschiedenen
Quercitrinzuckers von Rigaud**) und das Mannitan aus
dein Chinovin von Hlasiwetz ***) läfst es endlich keines-
wegs aU eyie ausgemachte Sache erscheinen, dafs bei der
Zersetzung der Glucoside der abgeschiedene Zucker nur Trau-
benzucker sein könne, vielmehr fordern diese Facta zu neuen
Untersuchungen in derselben Richtung auf.
Heine Untersuchungen fährte ich mit Salicin und Amyg-
dalin (und Phloridzin} aus, weil diese ohne zu bedeutende
Kosten in hinreichender Menge zu erhalten sind. Zuerst
*) Compt rend. XLII, 901.
**) Diese Annalen XG, 283.
*^) Daselbst CXI, 188.
94 Schmidt, über Traubenzucher^
*
stellte ich aber noch einige Versuche mit dem T^^aubenzucker
an^ um vollkommen vertraut mit den Methoden zu sein, die
mir später zur Bestimmung des aus jenen Glucosiden abge-
schiedenen Zuckers dienen sollten.
Traubenzucker aus Honig. — Der Honig wurde mit
kaltem Weingeist angerührt , dann auf ein Filter gebracht
und durch Auswaschen mit kaltem Weingeist der nicht kry-
stallisirende Fruchtzucker entfernt; der zwischen Papier ab-
geprefste Traubenzucker wurde in wenig Wasser gelöst, die
filtrirte Lösung im Wasserbade zum Syrup verdunstet und die
nach einiger Zeit abgeschiedenen blumenkohlartigen Krystalle
noch zweimal aus heifsem käuflichem absolutem Alkohol
(97 pC.3 umkrystallisirt. Die aus absolutem Alkohol an-
schiefsenden nadeiförmigen Krystalle des Traubenzuckers ent»
halten kein Rrystaüwasser und sind nach der Formel GeHx^Oe
zusammengesetzt. Nach dem Trocknen über Schwefelsäure
(wobei der Traubenzucker OeHxsOe, H^O sein Erystallwasser
nicht abgiebt} verloren diese Krystalle bei ilO^ nur 0,8 pG.,
in einem anderen Falle 0,3 pC. Wasser, während der ge-
vröhnliche Traubenzucker bei gleicher Behandhing 9^09 pC.
verliert. Diese nicht einmal i pC. betragende Menge Wnsser
kann noch anhängende Feuchtigkeit gewesen sein, oder, was
mir wahrscheinlicher ist, von einer geringen Beimengung des
gewöhnlichen Traubenzuckers €6Hi407 herrühren« — Der
krystallisirte wasserfreie Traubenzucker schmilzt bei 146^
(der wasserhaltige bei 86^), und anhaltend im Schmelzen bei
einer 150^ nicht übersteigenden Temperatur erhalten färbt er
sich bräunlich und ist nach dem Erkalten hygroscopisch,
welches wahrscheinlich in einer anhängenden Caramelbildunf
seinen Grund hat.
Von den bei 110<^ getrockneten Krjitallen. lieferten Q^fiSO Ghrm.
0,408 Grm. Kohlensäure und 0,1;?? Grqi. Wiasser.
SaUcinzucker und Ämygdalinzuoher. 95
Berechnet für OeHig^e
Geftinden
0
40,00
39,74
H
6,67
6,82
O
53,33
58,44
100,00 100,00.
Das optische Verhalten dieses Zuckers wurde in einem
Hitscher lieh 'sehen Poiarisationjsapparate geprüft, dessen
Rohr 200™"* lang war; mit diesem Apparat konfite die Ab-
lenkung nur auf ganze Grade genau abgelesen werden , die
zehntel Grade mufste ich schlitzen* Die gefundenen Werthe
sind daher nur als annähernd richtig zu betrachten. — Eine
Lösung, die 12 pC. des Zuckers enthielt und das spec. Gew.
1,048 besafs, gab für die Uebergangsfarbe unmittelbar nach
der Lö^png eine Ablenkung von 24,7 bis 24^8| nach 36 Stun-
den 13^,7. Eine Lösung, die 6 pC. des Zuckers enthielt, lenkte
nach 36 Stunden uni 6^5 ab. Genau ebenso verhält sich
der Zucker nach dem Erhitzen auf 110^; wjrd ^r aber bei
146^ zum Schmelzen gebracht , so besitzt er sogleich nach
der AiiQösung die geringere spec. prehkraft (^[or] = 57^,6^.
Napfi dem ersten Vers;uch berechnet sic|i die spec. Drehkraft
[o] für den ohne Krystallwasser kry$tallisirten Traqbenzucker
247
unmittelbar nach der Lösung [«] = q \\ä o i 048 =^10^^?
nachdem das Rotationsvermögen constant geworden ist [a] =
*^>^ . — ^ 57^0,
0,114.2.1,048 ' '
Es verhält sich mithin der ohne Krystallwasser krystalli-
sirte Traubenzucker gegen polarisirtes Licht wie der durch
Erhitzen auf 60 bis 80^ ohne Schmelzung (entwässerte ge-
wöhnliche Traubenzuekev , für den die beiden Werthe [d]
= 104<> und [a] = 57o,6 beobachtet sind.
Noch einige Eigenschaften des lf;rystallisirten wasser-
freien Traubenzuckers habe ich niqb^ an dem aus Honig dar-
96 Schmidt, über Traubenzucker ,
gestellten, sondern am Salicinzucker und Amygdalinzucker
beobachtet und werde sie bei diesen anführen.
Um das Verhalten der aus den Glucosiden abgeschie-
denen Zucker gegen Kupferlösung zu prüfen, wurde nach
Fehling und nach Städeler und Krause*) bereitete
Lösung mit reinem , bei 110^ getrocknetem Traubenzucker
titrirt. Von der Zuckerlösung enthielten 100 CC. = 0,2 Grm.
^eHisOe. Zur Reduction von 10 CC. der Fehling'schen
Lösung waren erforderlich 24 CC. dieser Zuckerlösung, welche
0,048 Grm. Zucker enthalten. (Mittel aus 10 Versuchen, bei
welchen im Maximum 24,2 CC, im Minimum 23,8 CC. ver-
braucht wurden}. Zur Reduction von 22 CC. dar Städeler-
und Krause'schen Lösung waren erforderlich 29,2 CC.
Zuckerlösung, welche 0,0584 Zucker enthalten. (In 10 Ver-
suchen wurde jedesmal dieselbe Zahl erhalten.) Diese Be-
stimmung des Zuckers mit einer alkalischen Kupferlösung
gehört in der That zu den genauesten quantitativen Methoden.
Da es mein Hauptzweck nicht war, die verschiedenen quan-
titativen Methoden der Zuckerbestimmung mit einander zu
vergleichen, unterliefs ich es, Versuche mit der Schiff-
schen**) Kupferlösung und mit der von Gen tele***) vor-
geschlagenen kaiischen Kaliumeisencyanidlösung anzustellen,
welche auch schon von anderer Seite f) als weniger
brauchbar erkannt ist«
1. Salicin. — Der Salicinzucker ist von Piriaff) dar-
gestellt und beschrieben ; die zum Syrup verdampfte Lösung
setzte beim Stehen kleine warzenförmige Krystalle ab, welche
*) Jahresber. f. Chemie u. s. w. 1 1864, 746.
**) Diese Annalen CXU, 368.
***) Chem. Centralblatt 1859, 504.
t) Stammer, chem. Centralblatt 1860, 870.
ff) Diese Annalen XXX, 182.
Salicinzucker und Amygdalinzucker, 97
die Zosammensetzung des Traubenzuckers besafsen, mit Hefe
versetzt gährteo , von Alkalien gebräunt wurden und mit
Salpetersäure Oxalsäure lieferten.
Ich liefs eine wässerige Lösung des Salicins mit Emulsin
(3 Tbl auf 50 Tbl. Salicin) 24 Stunden bei 30 bis 40^ in
Berührung, wobei viel Saligenin herauskrystallisirte. Die
nach dem Erkalten filtrirte Flüssigkeit wurde etwas coneen-
trirt und dann so oft (^16 mal) mit Aether geschüttelt , bis
das Salige'nin vollständig entfernt war, bis Eisenchlorid keine
violette Färbung mehr hervorbrachte. Die zum Syrup ver-
dunstete Lösung setzte nach 4 Wochen nur wenig gelblich
gefärbte Krystalle ab, deren weingeistige Lösung mit Thier-
kohle entfärbt und wieder zum Syrup verdunstet wurde. Da
dieser auch nach langem Stehen keine Kystalle lieferte, löste
ich ihn in fast absolutem (97proceutigem) Alkohol und
brachte die Lösung unter eine Glocke neben gebranntem
Kalk und Schwefelsäure; nach 3 Wochen hatte sich eine
Kruste farbloser Krystalle von wasserfreiem Traubenzucker
abgeschieden, während der davon getrennte Syrup — der
wegen schwach gelblicher Färbung nochmals mit Thierkohle
behandelt werden mufste — auch nach einem Monate über
Schwefelsäure stehend keine Krystalle lieferte. Erst beim
Stehen an der Luft nahm er Wasser aus derselben auf und
lieferte schon nach 24 Stunden Krystalle des gewöhnlichen
wasserhaltigen Traubenzuckers.
Wasserfreier Traubenzucker aus Salicin, — Unter
dem Mikroscop erscheint dieser Zucker aus einem Conglo-
merat kleiner Nadeln bestehend; er krystallisirt leicht wieder
aus einer Lösung in absolutem Alkohol. Er enthält wech-
selnde Mengen (hygroscopisches} Wasser, das über Schwefel-
säure bei gewöhnlicher Temperatur langsam entweicht. Luft-
trockene Krystalle verloren nach ein- bis zweimonatlichem
Stehen über Schwefelsäure 0,9 bis 1,5 pC. Wasser; nach
Annal. d. Chem. a. Pharm. GXIX. Bd. 1. Heft. 7
98 Schmidty über Traubenzucker,
etwa eininonatlichein Stehen über Schwefelsäure verloren
sie beim Erhitzen auf 110^ noch i,i pC. Wasser, nach zwei-
monatlichem Stehen über Schwefelsäure bei 110^ nur noch
0,8 pC. Wasser. Dieses Wasser, obgleich es nach 2 Monaten
nicht vollständig von der Schwefelsäure aufgenommen wurde,
halte ich doch nur für hygroscopjisches, weil die Menge
(0,8 p€«) zu gering ist , um daraus eine wahrscheinliche
Formel zu berechnen. — Das anhängende Wasser übt auch
einen Einflufs auf den Schmelzpunkt der Krystalle aus. Die
lufttrockenen Krystalle schmelzen bei 140^, die über Schwefel-
säure getrockneten bei 144^ und die bei 110^ getrockneten
bei 146^. — Der Traubenzucker wird durch das Schmelzen
modificirt, er zieht dann nämlich Wasser aus der Luft an,
was vor den) Schmelzen nicht geschieht : 0,227 6rm. über
Schwefelsäure getrocknet hatten nach 24 Stunden aus der
Luft nur 0,0015 Grm. (= 0,6 pC.) Wasser aufgenommen,
während unter gleichen Umständen 0,201 Grm. bei 146^ ge-
schmolzen nach 24 Stunden 0,023 Grm. (= 11,4 pC.} Wasser
absorbirt hatten.
Der krystallisirte wasserfreie Traubenzucker verwandelt
sich durchaus nicht so leicht wieder in den wasserhaltigen
Zucker. Als 0,226 Grm. in wenig Wasser gelöst und die
Lösung bei gewöhnlicher Temperatur über Schwefelsäure
verdunstet wurde, blieben 0,233 Grm., es waren also nur
0,007 Grm. = 3,1 pC. Wasser aufgenommen, woraus folgt,
dafs der wasserfreie Traubenzucker auch in wässeriger Lö-
sung bestehen kann, (Es fehlte mir an Zeit, diesen interes-
santen Versuch mit wasserfreiem Traubenzucker aus Honig
zu wiederholen.)
Bei der Analyse des bei 110^ getrookneten SaUcinzuckers gaben
0,249 Grm. 0,362 Grm. Kohlensäure und 0,158 Grm. Wasser.
SaUcmsmcker und Amygdalinzucher. 99
H
0
Boreohnet nach OfH^s^^
40,00
6,67
53,33
Gefunden
40,01
7,05
52,94
100,00.
vollständig.
•
1 f
!
Mit Hefe
100,00
angestellt yergährte er
Berechnet
1. 0,6 Grm. Zacker lieferten'0,290 Grra. Kohlensäve = 48,0 pC. .^ ^ ^
2. 0,6 Grm. Zucker Ueferten 0,288 Grm. Kohlensäure = 48,0 pC. ^'^ ^ '
' ^ ■ .
Von einer Lösung, die 0,2 pC. bei 110^ getrockneten
Salicinzuckers enthielt, wurden verbraucht zur Fällung von
10 CG. Fehling*scher Kupferlösung 24,i C^C., zur Fällung
von 22 CG. Stadel er 'scher Lösung 29,2 GG.
Die 12 pG. Zucker enthaltende Lösung drehte unmittel-
bar nach der Auflösung die Polarisationsebene um 24®, nach
36 Stunden um 13® nach rechts ab.
Dieser krystallisirte wasserfreie Salicinzucker ist also
identisch mit dem aus Honig dargestellten wasserfreien
Traubenzucker.
2. Wasserhaltiger Traubenzucker aus Salicin. — Er
besafs ganz das Ausgehen des gewöhnlichen Traubenzuckers
und war wie dieser GeHiyOe; H2O zusammengesetzt. Nach
dem Trocknen über Schwefelsäure verlor er bei 110® (bei
86^ trat schon Schmelzung ein} 9,1 pG. Wasser (berechnet
9,0 pG.)
Bei der Verbrennung lieferten 0,278 Grm. 0,366 Grm. Kohlen-
säure und 0,181 Grm. Wasser.
Berechnet nach G^Hi^Qj Gefunden
0 36,86 36,5
H 7,07 7,8
0 66,57 56,2
I- - I , M I ' I ■ ■ III r
100,00 100,0.
Der bei HO® getrocknete Zucker zeigte dasselbe Ver-
halten gegen polarisirtes Licht, wie der gewöhnliche Trauben-
7*
100 Schmidt, über Traubenzucker y
Zucker (bei 12 pC. Zucker unmittelbar nach der Lösung
130 Ablenkung).
Von einer 0,2 procenligen Lösung des nicht entwässer-
ten Zuckers waren erforderlich zur Reduction von 10 CC.
Feh ling 'scher Lösung 26,9 CO., zur Reduction von 22 CC.
Städeler'scher Lösung 32,5 CC; der Rechnung nach wären
26,4 und 32,1 CC. erforderlich gewesen.
Dieser Zucker ist daher identisch mit dem gewöhnlichen
wasserhaltigen Traubenzucker.
2. Amygdalin. — Liebig und Wöhler*) zerlegten
Amygdalin mit Emulsin , verdunsteten die Flüssigkeit in ge-
linder Wärme und erhielten einen süfsschmeckenden Syrup,
in dem sich kleine harle Krystalle bildeten und der von Hefe
in Gährung versetzt wurde.
Da3 Amygdalin stellte ich theils selbst dar, theils be-
zog ich es käuflich. Von der Reinheit überzeugte ich mich
durch die Analyse.
1. 0,410 Grm. über Schwefelsäure getrocknet verloren bei 120®
0,042 Grm. Wasser.
2. 0,222 Grm. über Schwefelsäure getrocknet lieferten 0,380 Grm.
Kohlensäure und 0,133 Grm. Wasser.
3. 0,226 Grm. über Schwefelsäure getrocknet lieferten beim Glühen
mit Natronkalk 0,0058 Grm. Stickstoff.
Berechnet nach
Gso^87
N011 + 3 HgO
Gefanden
0
46,9
46,69
H
6,4
6,65
N
2,8
2,57
0
43,9
100,0.
-
Berechnet
Gefunden
Krystallwass«
er
10,56
10,24.
*) Diese Annalen XXII, 21.
Salicinzucker und Amygdalinziucker, 101
Das Amygdalin begann bei i6Q^ sich zu bräunen und
verlor bei anhaltendem Erhitzen auf 180^ nur noch 0,3 pC.
Wasser; es enthält daher nur 3 Mol. Krystailwasser.
Von diesem Amygdalin wurden 10 ThL in 100 ThI.
Wasser gelöst und nach dehfi Vermischen mit einer Lösung
von 1 Tbl. Emulsin in 10 ThI. Wasser bei 20 bis 30^ einen
Tag sich selbst überlassen ; es wurde darauf das Bittermandelöl
nnd die Blausäure durch Destillation entfernt, der filtrirte
Bückstand verdunstet und ein braun geßrbter Syrup erhalten»
aus dem sich der reine Zucker nur mit vielen Schwierig-
keiten darstellen liefs* Ich vermuthe, dafs Zersetzungs-
producte des Emulsins, die dem Zucker noch beigemengt
waren , dieses Verhalten veranlafsten. Da Weingeist und
Aether sich als unbrauchbar zur Reinigung erwiesen, wurde
die wässerige Lösung mit Bleiessig vermischt, die vom reich-
lich entstandenen Niederschlag abfiltrirte Flüssigkeit mit
Schwefelwasserstoff ausgefällt und nach Entfernung des
Schwefelbleies verdunstet. Aber auch jetzt wurde wieder ein
gefärbter Syrup erhalten und die nach längerem Stehen ab-
gesetzten Krystalle konnten auch nicht durch wiederholtes
Umkrystallisiren aus Weingeist unter Zusatz von Thierkohle
vollständig entfärbt werden. Ich trocknete sie über Schwefel-
säure, zerrieb sie zum feinen Pulver und übergofs dasselbe
auf einem Filter mit verdünntem Weingeist in kleinen
Mengen, der die braunfärbende Substanz zuerst löste und
farblosen Zucker zurückliefs. Dieselbe Operation wiederholte
ich noch einmal mit dem abgeprefsten Rückstände, weil dieser
sich an der Luft wieder braun färbte, und krystallisirte end- *
lieh aus absolutem Weingeist um. Auf diese Weise erhielt
ich vollkommen reinen, wasserfreien, in Nadeln krystallisiren-
den Taubenzueker.*} Nach dem Trocknen über Schwefelsäure
*) Ich habe mich noch durch einen besonderen Versuch überzeugt,
dafs Bohizucker bei 40 bis 80 und iOO® durch Emulsinlösnng
i02 Schmidt, über Tratäfenzucker,
verlor er bei HO® nur 0,6 pC. Wasser und schmolz dann
bei 1460.
0,2105 Grm. lieferten 0,308 Ghn. Kohlensaure und 0,129 Grm.
Wasser.
0,267 Grrm. lieferten 0,390 Grm. Kohlensäure und 0,165 Grm.
Wasser.
Berechnet nach G^Hi^Q^^ Gefunden
G 40,00 sÖi?^ 39,8
H 6,67 , 6,8 6,8
O , 53,33 53,3 53,4
100,00 100,0 100,0.
Aus der Auflösung in wenifjf Wasser, die bei 50® dar-
gestellt wurde, setzte er sich beim Stehen über Schwefel-
säure in wasserhaltigen Krystallen ab.
Von diesen Ueferten 0,342 Grm. bei der Analyse 0,453 Grm. Kohlen-
säure und 0,221 Grm. Wasser.
Berechnet Geftmden
e 36,36 36,06
H 7,07 7,18.
Ich unterlasse es, hier die übrigen Versuche zu beschrei-
ben, die ich genau so wie beim Salicinzucker anstellte , um
das yerhalten bei der Gührung, gegen Kupferlösung und
polarisirtes Licht zu bestimmen ; die Zahlen fallen YoUkommen
mit den für Traubenzucker verlangten zusammen.
nicht verändert wird. Da durch das Emulsin (oder seine Zer-
setsungsproduote) aus der F eh 1 in g sehen Lösung Kupferoxydul
ahgeschieden wird, femer die mit Emulsin behandelte Lösung
nicht hinlänglich klar zur Polarisation war, so benutzte ich zur
Erkennung des Traubenzuckers neben Rohrzucker eine Reaction,
die wie loh glaube noch xinbekann^ ist : Wird eine Trauben-
zuckerlösung mit Bleiessig und Ammoniak Termischt, so entsteht
ein weifser, nach einigen Augenblicken, besonders rasch beim
Erw&rmen sich roth Hlrbender Niederschlag, wlüirend Rohrzucker
bei gleicher Behandlung einen weifBen Niederschlag giebt, dessen
Farbe sich beim Erhitzen nicht ändert ; geringe Mengen Trauben-
Bucker, die dem Rohrzucker beigemengt sind, reranlassen so-
gleieh die rotfae Fibrbung des Nledersohlags.
SalictnziicJcer und Ämygdalinzucker, 103
3. Phloridzm, — Es ist mir nicht gelungen, den Zncker
so rein zu gewinnen , dafs sich seine Eigenschaften studiren
lassen. Das Phloridzin wurde längere Zeit mit verdünnter
Schwefelsäure bei 80 bis 90^ digerirt, nach dem Erkalten
die Flüssigkeit vom Phloretin abfiltrirt, mit kohlensaurem
Baryum behandelt, wieder filtrirt und zum Syrup verdunstet.
Der Syrup war stark braun gefärbt und wurde defshalb mit
absolutem Alkohol ausgezogen, der viel der färbenden Sub-
stanz ungelöst liefs, jedoch beim Verdunsten wieder braun
gefärbte Zuckerkrystalle lieferte. Durch mehreremale wieder-
holte Ausfällung mit Bleiessig, Behandlung mit Thierkohle
u. s. w. konnte keine Entfärbung herbeigeführt werden und
schliefslich war durch Einwirkung der verschiedenen Rea-
gentien der Zucker so verändert, dafs er über Schwefelsäure
nicht mehr krystallisirte , sondern selbst noch nach einem
halben Jahre einen gefärbten Syrup bildete. Im Vacuum
trocknete er zu einer festen, wie es schien krystallinischen
Masse ein, die ^ber an der Luft rasch zerflofs. Es scheint
mir, dafs der Bleiessig allmälig eine Umänderung des Trau-
benzuckers, vielleicht in Glucinsäure bewirkt.
6. Notiz über Phloretin ;
von 0. Schmidt und 0. Hesse,
Phloretin absorbirt sehr leicht Chlor und Brom und
liefert damit Verbindungen, die theilweise in hübschen Kry-
stallen anschiefsen, mit Chlor dargestellt aber so schwierig
zu reinigen sind, dafs wir uns darauf beschränkten, nur die
mit Brom erhaltenen näher zu untersuchen.
Uebergiefst man fein zerriebenes Phloretin mit Aether
und tropfl zu dem kalt gehaltenen Gemische Brom, so wird
i04 Schmidt u. Hesse, Notiz über Phloreiin.
dieses unter schwacher Erwärmung sogleich absorbirt. Findet
eine bemerkbare Absorption von Brom nicht mehr statt, so
hat man bei Anwendung von etwa 20 Grm. Phloretin ein
Gemenge von dreifach- und vierfach-gebromtem Phloretin,
aus dem sich aber durch Krystallisation weder das eine noch
das andere ganz rein abscheiden läfst. Wir geben die ana*
lytischen Resultate der ersten , dritten und Tunften Fraction«
(Die Substanz wurde vor der Analyse bei 100^ getrocknet.)
1. 0,234 Grm. lieferten 0,277 Grm. Kohlensäure und 0,044 Grm.
Wasser.
3. 0,143 Gnn. lieferten 0,1705 Grm. Kohlensäure und 0,029 Grm.
Wasser.
5. 0,111 Grm. lieferten 0,139 Grm. Kohlensäure und 0,027 Grm.
Wasser.
^i6HioBr406 1, 3. 5. GiöHnBrsOj
0 30,51 32,2 83,6 34,1 35,21
H 1,69 2,0 2,2 2,6 2,15.
Diese Analysen zeigen , dafs das Tribromphloretin in
Alkohol etwas löslicher ist, als das Quadribpomphloretin.
Wir behandelten unseren ganzen Vorrath an gebromtem
Phloretin wiederum mit Brom und erwärmten zur Unter-
stützung der Reaction das Gemisch gelinde. Nachdem die
Absorption des Broms aufgehört hatte , wurde die Substanz
zur Entfernung des Broms, der Bromwasserstoffsäure und
einiger anderen Verbindungen mit vielem Wasser ausgekocht,
wobei der Rückstand bröcklich wurde, sich dann in starkem
kochendem Alkohol leicht löste und beim Erkalten in kleinen
Nadeln herauskrystallisirte. Die alkoholische Lösung lieferte
beim Vermischen mit ihrem gleichen Vol. kochenden Wassers
einen bJafsgelblichen krystallinischen Niederschlag, welcher
mehreremal mit verdünntem Alkohol ausgekocht und zuletzt
aus starkem kochendem Alkohol umkrystallisirt wurde. —
Die Krystalle verloren bei 100^ nichts am Gewicht.
1.
2.
30,4
30,3
1,9
2,0
54,0
—
Schmidt u, Hesse, Notiz über Phloretin. 105
1. Einmal ans Alkohol nmkrystalHsirt.
0,2165 Grm. lieferten 0,2415 Grm. Kohlenaftnre and 0,0^7
Grm. Wasser.
0,237 Grm. lieferten 0,301 Grm. Bromsilber.
2. Zweimal aus Alkohol umkrystallisirt.
0,367 Grm. lieferten 0,408 Grm. Kohlensäure und 0,069 Grm.
Wasser.
Berechnet nach €i5HioBr405 *
€ 180 30,51
H 10 1,69
6r 320 54,23
O 80 18,57 — -
59Ö 100,00.
Das Quadribfomphloretin bildet blafsgelbliche kleine
Nadeln, welche kein Krystallwasscr enthalten , zwischen 205
und 210^ schmelzen, sich hierbei dunkelroth färben und unter
Schäumen zersetzen. In kochendem Wasser ist es unlöslich,
in kochendem Alkohol wenig' löslich, scheidet sich aber beim
Erkalten der Lösung nicht sogleich wieder vollständig ab;
in Aether ist es ziemlich leicht löslich und die gelbe Lösung
ist zwar durch Thierkohle etwas zu entfärben und scheidet
zuerst farblose Krystalle ab, die aber nach kurzer Zeit eben so
gelb gefärbt sind, wie zuvor. Natronlauge und Ammoniak
lösen es mit gelber Farbe; die ammoniakaliscbe Lösung
färbt sich nach einiger Zeit braun. Kalkwasser färbt es beim
Kochen violett, indem sich eine gleich gefärbte amorphe
Substanz bildet.
Quadribromphloretin wird auch bei Behandlung des
Phloridzins mit Brom erhalten. Etwa 1 Grm. Phloridzin
wurde mit Aether übergössen und so viel Brom hinzugesetzt,
als absorbirt wurde. Es löste sich fast alles Phloridzin und
die Lösung wurde über Kalk und Schwefelsäure bei gewöhn-
licher Temperatur verdunstet. Der Rückstand bestand im
Wesentlichen aus gebromtem Phloretin und wurde, um etwa
noch beig^emengtes Phloridzin zu zersetzen , mit wenig
106 Schmidt u. Hesse, Notiz über PJdorettn.
Schwefelsäure behandelt. Das Ungelöste reinigten wir durch
Umkrystallisiren aus Alhohol.
0,2226 Grm. lieferten 0,256 Grm. Kohlensäure und 0,0375 Grm.
Wasser.
Berechnet nach Oi5HioBr405 Gefunden
0 30,51 31,2
H 1,69 1,8.
Ueberschüssiges Brom zersetzt das Phloretin, namentlich
in der Wärme. Kochendes Wasser entzieht dann der knet-
baren Masse Stoffe, die sich beim Erkalten in Prismen absetzen
und von Ammoniak leicht gelöst werden. Die ammoniaka-
lische Lösung ist zuerst braun , färbt sich allmälig an der
Luft schön purpurviolett und später wieder braun.
Erste Kn/stallisatwn : Weifse verfilzte Nadeln, zwischen
97 und 104^ schmelzend, beim Erkalten wieder krystallinisch
erstarrend und bei 90^ 2,8 pC. Wasser verlierend.
0,196 Grm. bei 90° getrocknet lieferten 0,224 Grm. Kohlens&ure
und 0,041 Grm. Wasser.
Zweite Kri^stallisatian : Blafs röthlich gefärbte Nadeln,
9,5 pC. Krystallwasser enthaltend.
0,181 Grm. der bei 95° getrockneten wasserfreien Substanz lieferten
0,162 Grm. Kohlensäure und 0,029 Grm. Wasser.
Der Rest der beiden Krystallisationen wurde mit Brom-
wasser behandelt und das Gemisch zur Entfernung des un-
gebundenen Broms gelinde erwärmt. Die Substanz backte
hierbei zusammen, wurde aber beim Erkalten der Flüssigkeit
fest, färbte sich bei 80^ etwas röthlich , erlitt jedoch einen
so unbedeutenden Verlust, dafs sie kein Krystallwasser mehr
zu enthalten schien«
0,264 Grm. lieferten 0,2045 Grm. Kohlensäure und 0,030 Grm.
Wasser.
Die aus den drei Analysen berechneten Zahlen liegen
zwischen denen, welche das einfach- und das dreifach-gebromle
Phloroglucin verlangt^ und da diese Substanzen sich aulser-
Schmidt u. Hesse, Notiz über Phbretin, 107
dem gegen AmmoniaR dem Phlorogluoin ühnlich verhalten,
so vermuthen wir, dafs sie Gemenge mehrerer Bromsubsii*
totionsproducte des Phloroglucins sind.
OeHgBr^^s 1- 2. 3. GeHgBrs^a
0 86,12 314 2M 21,1 19»83
H 2,43 2,3 1,7 1,2 0,82.
Greifswald, 16. Februar 1861
Ueber Cäsium und Rubidium.
(Ads eiikem Schreiben von R. Bungen an /f. üCp.)
Die erste ausführlichere Untersuchung der beiden neuen,
von Kirchhoff und mir durch Spectralanalyse aufgefun-
denen Elemente hoffen wir in kurzer Zeit vollendet zu haben.
Beide Körper sind in ihren Verbindungen dem Kalium zum
Verwechseln ähnlich und können weder durch Reagenzien
noch durch das Löthrohr von demselben unterschieden wer-
den. Sie lassen sich nur im Spectralapparate in kleineren
Hangen erkennen und machen daher diefs Instrument zu
einem unentbehrlichen bei analytischen Arbeiten.
Das erste der beiden Metalle haben wir Rubidium ge-
nannt, von rvbidus, dunkelroth , in Beziehung auf zwei sehr
merkwürdige Spectrallinien desselben, welche noch jenseits
der Fraunhofer 'sehen Linie A liegen und daher in einen
Theil des Sonnenspectrums fallen, der nur noch durch aufser-
ordentliche Hülfsmittel dem Auge sichtbar zu machen ist.
In gröfster Menge haben wir das Metall in den Lepidolithen
angetroffen : der zu Rozena in Mähren vorkommende ent*
hält ungefähr Viooo seines Gewichts an Rubidiumoxyd; reicher
108 Bunsen^ über Cäsium
noch scheint der sächsische zu sein. Spuren davon finden
sich in fast allen Soolquellen ; das Dürkheimer Mineral-
wasser enthält ungefähr zwei Zehnmilliontel , die dortige
Bademutterlauge gegen vier Hunderttausendstel Chlorrubidium ;
im Kochbrunnen zu Wiesbaden, in der Ungemachquelle zu
Baden-Baden und im neu erbohrten Soolsprudel zu Soden
haben wir es ebenfalls nachweisen können. In allen im
Handel verbreiteten Kaliumverbindungen scheint es in nach-
weisbaren Mengen nicht vorhanden zu sein. Rein erhält
man die Rubidiumverbindungen an) besten aus Lepidolith.
Das Rubidium ist mit nur kleinen Mengen des zweiten neuen
Metalls in dem Chlorplatinkaliumniederschlage enthalten, wel-
chen man aus dem Alkalirückstande des Fossils erhält. Das
Chlorpiatinkalium erfordert zu seiner Lösung die neunzehn-
fache» das Chlorplatinrubidium dagegen die hundertachtund-
fünfzigfache Menge kochenden Wassers. Dadurch ist der
Weg zur Abscheidung gegeben : Man kocht den Nieder-
schlag zwanzigmal hinter einander mit sehr wenig Wasser
aus, indem man das letztere jedesmal nur durch Abgiefsen
von dem leicht sich absetzenden Niederschlage entfernt. Die
Auskochungen werden dabei immer heller gefärbt. Der Nie-
derschlag zeigt im Spectralapparate geprüft schon nach den
ersten Auskochungen zwei neue blaue Linien , welche dicht
neben der blauen Caiciumlinie liegen, die wir in unsere erste
Spectrentafel nicht mit aufgenommen haben, weil sie zu den
schwächeren gehört ; bei der weiteren Behandlung mi4 Wasser
kommen dann bald auch die beiden rothen Linien jenseits
A und noch mehrere andere weniger characterisUsche zum
Vorschein, die sich auf dem Untergrunde eines continuirlichen
Spectrums in Hell, Orange und Grün projiciren, Reducirt
man den ausgekochten Niederschlag durch Wasserstoff, so
läist sich das Chlorrubidium leicht durch kochendes Wasser
aus demselben ausziehen. Wir erhielten auf diese Weise
und Rubidium, 109
aus 150 Kilogramm Lepidolith ungefähr zwei Unzen schon
ziemlich kaliunifreies Rubidinmsalz. Um die letzten Spuren
von Kalium zu entfernen, braucht man nur die Verbindung
aus erhitzter, mäfsig verdünnter Lösung abermals durch Platin^
Chlorid zu fällen und die jedesmal durch Wasserstoff. redu-
cirte Fällung noch zwei- bis dreimal auf dieselbe Weise zu
behandeln. Um die Verbindung von den noch darin vor-
kommenden Spuren des zweiten neuen Metalls zu befreien,
hat man dieselbe nur in kohlensaures Salz zu verwandeln
und wiederholt mit Alkohol auszuziehen, worin sich die Ver-
unreinigung auflöst. —Das im Kreise der Säule in Quecksilber
abgeschiedene Rubidium bildet ein Amalgam von silberweifser
Farbe und krystallinischem Gefüge. Dieses Amalgam oxydirt
sich an der Luft schnell unter Erhitzung, zersetzt das Wasser
in der Kälte und verhält sich, mit Wasser und Kaliumamalgam
zu einer Kette verbunden, positiv gegen dieses. Das Rubi-
dium steht daher in der electromotorischen Reihe noch über
dem Kalium. Sein Atomgewicht ist Rb = 85,36 (H =s I3,
also \m mehr als das Doppelte gröfser, als das des Kaliums.
Folgende Verbindungen sind bis jetzt von uns analysirt
worden :
RbH + dq. : fast in allen Verhältnissen in Wasser und
Alkohol löslich ; beim Erhitzen im Krystallwasser schmelzend
und RbH zurücklassend, das beim weiteren Erhitzen leicht
schmilzt, sein Wasseratom dabei nicht verliert, caustisch wie
Aetzkali wirkt, in Wasser unter lebhafter Erhitzung sich löst
und an der Luft begierig Wasser und Kohlensäure anzieht.
RbC 4" ^<I- • undeutlich ausgebildete , in Alkohol unlös-
liche, stark alkalisch reagirende Krystalle, die beim Erhitzen
im Krystallwasser schmelzen und RbC als sandiges Pulver
zurücklassen, das beim Erhitzen leicht schmilzt, an der Luft
zerfliefst und dabei noch ein Atom Kohlensäure aufnimmt;
die wässerige Lösung wirkt wie Pottasche auf die Haut.
112 Bunsen, über Cäsium
reinen Cäsiumverbindungen haben wir uns der Mutterlauge
des Düirkheimer Soolwassers bedient. Es stand uns dabei
ein nur Alkaliverbindungen enthaltender Salzrfickstand aus
ungefähr 40000 Kilogramm des Soolwassers zu Gebote, in
dessen Besitz wir durch Dr. Gundlach's zuvorkommende
Güte gesetzt worden sind. Fällt man diesen Rückstand mit
Platinehlorid und behandelt man die Fällung wie b^i der
Darstellung der reinen Rubidiumverbindungen angegeben,
so erhält man ein Gemenge von Chlorplatincäsium mit Chlor-
platinrubidium, da das erstere noch schwieriger in kochendem
Wasser löslich ist, als das letztere. Zur Entfernung des
Rubidiums verwandelt man den Platinniederschlag in kohlen-
saures Salz, aus dem sich das kohlensaure Cäsiumoxyd durch
wiederholte Extraction mit absolutem Alkohol, worin es lös-
lich ist, tasziehen läfst. Um die letzten Antheile Kali und
Rubidiumoxyd, welche das Salz noch enthalten kann, zu ent-
fernen , macht man dasselbe ungefähr zu Vs niit Barytwasser
ätzend und zieht die in einer Silberschale a1)gedampfte Masse
mit möglichst wenig absolutem Alkohol aus, wobei sich nur
das ätzende Cäsiumoxyd unter Zurücklassung von kohlensaurem
Kalium- und Rubidiumoxyd löst. Wiederholt man diese Ope-
ration, bis die Masse im Spectralapparat keine oder nur noch
eine ganz geringe Reaction auf Kalium und Rubidium zeigt,
so erhält man bei noch weiterer Behandlung Producte von
nicht mehr veränderlichem Atomgewicht. Die spärliche Menge
des so mühsam gewonnenen Materials hat es uns noch nicht
gestattet, das reine Cäsiummetall in einer zur Untersuchung
hinlänglichen Menge zu reduciren, was ohne Zweifel durch
Behandlung des kohlensauren Cäsiumoxyds mit Kohle in einem
erhitzten Flintenlauf leicht gelingen wird. Das Amalgam des
Metalls läfst sich leicht aus Chlorcäsiumlösung im Kreise der
Säule darstellen. Dasselbe zersetzt das Wasser in der Kälte
und oxydirt sich unter Erhitzung an der Luft, indem es sich
und Rubidium. 113
mit zerfiiefsendem caustischem Cäsiumoxyd überzieht. Es ver-
hält sich nicht nur gegen Kalium -, sondern auch gegen
Rubidiumamalgam electropositiv und ist daher der electro-
positivste Körper unter allen bis jetzt bekannten Elementen.
Weder vom Kalium noch vom Rubidium läfst sich das Cäsium
durch sein Verhalten gegen Reagentien oder vor dem Löth*
röhr unterscheiden. Im Spectralapparat erkennt man dagegen
leicht, wie bei dem Rubidium, noch einige Tausendtel eines
Milligramms; selbst kieselsaures Cäsiumoxyd zeigt die blauen
Linien Cscr, Csß noch auf die ausgezeichnetste Weise. Das
Atomgewicht des Cäsiums ist sehr merkwürdig ; es ist nächst
dem Golde und Jod das gröfste von allen Elementen. Ueber-
einslimmende Versuche gaben den Werth Cs = 123,4 (H = l}.
Die hauptsächlichsten von uns analysirten Verbindungen sind
folgende :
CsH -f- 8<I* * undeutlich krystallisirte, zerfliefsliche, höchst
caustische Verbindung, die in der Glühhitze ein Atom Wasser
zurückhält, Platin angreift^ am Draht in der Flamme erhitzt
völlig verdampft und in Alkohol leicht löslich ist.
CsC 4- sq* ' andeutlich ausgebildete Krystalle, beim Er-
hitzen ein wasserfreies, sandiges Pulver bildend, das bei
19^ C. die 9,1 fache Menge und bei 78^4 C. die 5 fache Menge
absoluten Alkohols zu seiner Lösung erfordert ; sehr caustisch,
an der Luft zerfliefsend und allmälig in das zweifach -kohlen-
saure Salz übergehend. Unter Erhitzung im Wasser fast in
allen Verhältnissen löslich.
OsCgH : ziemlich deutliche, aber nicht mefsbare, pris-
matische, an der Luft beständige, glasglänzende, kaum noch
alkalisch reagirende Krystalle, die beim Glühen leicht in das
einfach -kohlensaure Salz übergehen.
ts^ : Wai^serfrei wie Salpeter, aber nicht mit diesem,
sondern mit dem salpetersauren Rubidiumoxyd isomorph ;
l:ä=l:0,7135; mit den Flächen P .00P.P2.00P2.OP.V4P;
Ann. d. Chem. u. Pharm. GXIX. Bd. 1. Heft. 8
114 Bunsen, über Cäsium und Rubidium.
wie Salpeter kühlend, salzig schmeckend; in der 10 fachen
Menge Wasser löslich.
CsS : Ebenfalls wasserfrei, in undeutlichen, harten, nicht
mefsbaren, bündeiförmig gruppirten, luftbeständigen Krystallen;
ein Theil des Salzes erfordert bei — 2^ C. nur 0,63 Theile
Wasser zur Lösung, das schwefelsaure Kali erfordert unter
denselben Umständen 12,5 Theile Wasser. Das Salz ' bildet
mit MgS, CoS u. s. w. Doppelsalze, die dein Typus KaS
-f- MgS -|- 6 H angehören und mit den entsprechenden Kali-
und Ammoniumoxydsalzen isomorph sind. CsS -j- CoS -f- 6 H
zeigte folgende Flächen : 0P.(X)P. + P.[Poo]. + 2Pc».
oo P 2. CsS bildet mit AIS3 einen in glasglänzenden regu-
lären Ociaedern krystallisirenden Alaun.
CsCl : Krystallisirt in Würfeln und unterscheidet sich
von KCl und BbCi dadurch, dafs es wie LiCI an der Luft
zerfliefslich ist; beim schwachen Glühen schmelzend, etwas
flüchtig und an der Luft leicht etwas basisch werdend. Chlor-
cäsium enthält 22,3, das Chlorrubidium 29,7 und das Chlor-
kalium 47,5 pC. Chlor.
CsCI, PtCig : Hellgelbes sandiges Pulver, das aus glän-
zenden, durchsichtigen, mikroscopischen regulären Octaedern
besteht. Ist von den drei Platindoppelchlorüren des Kaliums^
Rubidiums und Cäsiums das schwerlöslichste, wie die folgende
Zusammenstellung zeigt, welche die in 100 Tbeilen Wasser
löslichen Salzmengen angiebt :
•
KCl, PtClj
RbCl, PtCljj
CsCl, PtOlj
QO C.
0,74
0,184
0,024
10
0,90
0,154
0,050
20
1,12
0,141
0,079
30
1,41
0,145
0,110
40
1,76
0,166
0,142 '
60
2,17
0,203
0,177
60
2,64
0,258
0,213
70
3,19
0,329
0,251
80
3,79
0,417
0,291
90
4,45
0,521
0,332
100
5,18
0,634
0,377.
115
Ueber Bildung von Butylmilchsäure aus Buttersäure
durch Vermittelung der Monobrombultersäure ;
von Dr. Alex. Naumann.
Entsprechend der Bildung von Glycolsaure aus Essigsäure
liefs sich das Entstehen der von Wurtz*^ durch Behandlung
von Ainyiglycol mit Salpetersäure schon erhaltenen Butyl-
milchsäure aus Buttersäure voraussehen. Es kam nur zunächst
darauf an, ein Substitutionsproduct der Buttersäure darzu-
stellen, welches an Stelle eines Atomes Wasserstoff ein Atom
Chlor oder Brom enthielte. — Durch Behandeln von Butter-
sSure mit trockenem Chlorgas im Sonnenlicht bei gewöhn-
licher Temperatur oder schneller bei 100^ scheint sich vor-
zugsweise Bichlorbuttersäure zu bilden. Wenigstens wurden
bei zwei derartigen Versuchen , welche so lange fortgesetzt
wurden , als sich noch durch Auftreten reichlicher Salzsäure-
dämpfe eine starke Einwirkung des Chlors kund gab , Pro-
ducte erhalten, deren Chlorgehalte sich nach Verjagung der
Salzsäure durch einen Strom trockener Kohlensäure bei 100^
zu 43,5 und 42,5t pC. bestimmten, die also der Bichlorbutter-
säure nahezu entsprachen, welche 45,22 pC. Chlor verlangt.
Dieses Chlorsubstitutionsproduct der Buttersäure liefs sich
ohne Zersetzung nicht destilliren.
Ein Versuch mit Brom gab für besagten Zweck günstigere
Resultate. Gleiche Molecüle Buttersäure und Brom wurden
in einem Verbrennungsrohre , das sie zu etwa ein Drittel
seines Rauminhaltes erfüllten, eingeschlossen. Dabei wurde
auf möglichsten Ausschlufs von Wasser, welches leicht zu
Explosionen Veranlassung zu geben scheint, und auf Aus-
*) Diese Annalen CVII, 192.
8«
H6 Naumann^ Bildung von Butylmüchsäure
treibung der ^ Luft durch dem Zuschmelzen vorangehendes
gelindes Erwärmen Acht gehabt. Das so zubereitete Rohr
wurde im Wasserbade erhitzt. Nach einigen Stunden hatten
die über der Flüssigkeit stehenden braunen Dämpfe eine
hellere Färbung angenommen. Zur Verringerung der Gefahr
des Explodirens wurde die Spitze der erkalteten Röhre durch
eine Lampe erweicht und so das Ausströmen von Brom-
wasserstoff vermittelt. Das wieder zugeschmolzene Rohr
wurde nun abermals auf 100^ erhitzt, bis die Entfärbung der
Dämpfe auf Vollendung der Einwirkung schliefsen liefs. Die
so erhaltene gelbgefärbte Flüssigkeit wurde behufs vollstän-
diger Entfernung von Bromwasserstoffsäure auf 100^ erhitzt
und ein Strom trockener Kohlensäure durchgeleitet. Nach
Austreibung der Bromwasserstoffsäure stärker erhitzt, liefs
die gegen 160^ wenig Buttersäure übergehen und sich dann
ohne Veränderung auf eine Temperatur von 180^ bringen.
Die rückständige zähe, gelbgefärbte Flüssigkeit enthielt 50,63 pC.
Brom; Monobrombuttersäure erfordert 47,90 pC. Brom. Sie
war schwer löslich in kaltem Wasser , ziemlich löslich in
heifsem, mit Wasserdämpfen flüchtig, leicht löslich in Alkohol,
mischbar mit Aether. Gegen 200^ trat unter Entwickelung
von Bromwasserstoff Zersetzung derselben ein. Es mufste
sonach darauf verzichtet werden, die Monobrombuttersäure
durch Destillation rein zu erhalten. Gleich ungünstige Re-
sultate für Reindarsteilung der Monobrombuttersäure gab der
Versuch, Salze derselben zu erzeugen. Durch Neutralisation
mit Alkalien und Eindampfen im Wasserbade wurde Brom-
metall und ein gelbbrauner, durch Aether ausziehbarer Syrup
erhalten, welcher nach den Ergebnissen einer Analyse im
Wesentlichen aus ßutylmilchsäure bestand, nebenbei aber noch
ein bromhaltiges Product, wahrscheinlich von Bibrombutter-
säure herrührende Brombutylmilchsäure enthielt. Doch war
diese Umsetzung erst nach längerem Erhitzen auf 100^ voll-
aus Btätersäure, 117
ständig. Auch durch Auflösen der kohlensauren Salze schwerer
Metalle, z. B. des Blei's, in wässeriger warmer Lösung der
erhaltenen rohen Monobrombuttersäure wurde beim Abdampfen
Brommelall erhalten. — Es wurde defshalb von der Reindar-
stellung der Monobrombuttersäure überhaupt abgesehen und
nur noch die Darstellung der Butylmilchsäure im Auge be-
halten^ welche auch auf folgende Weise gelang. Aus dem
nach obigem Verfahren durch Einwirkung gleicher Molecüle
Brom und Butlersäure erhaltenen Producle wurde durch Er-
wärmen und Schütteln die BromwasserstofTsäure und noch
etwas freies Brom gröfstentheils ausgetrieben und dasselbe
hierauf mit Natronlauge stark übersättigt, so dafs bei nach-
herigem Eindampfen und längerem Erhitzen im Wasserbade
stets eine alkalische Reaction vorhanden war. Die so er-
haltene Masse wurde mit überschüssiger verdünnter Schwefel-
säure zusammengebracht und mit Aether geschüttelt. Letz-
terer hinterliefs nach dem Verdunsten einen gelbbraunen
sauren Syrup, zu dessen heifser wässeriger Lösung kohlen-
saures Zinkoxyd so lange gesetzt wurde, als noch eine Auf-
lösung desselben statthatte. Die von etwas überschüssigem
kohlensaurem Zinkoxyd abfiltrirte, schwach sauer reagirende
Flüssigkeit schied, im Wasserbade bis zur Krystallisation
eingedampft, beim Erkalten weifse Krystallblättchen aus, die
auf ein Filter gebracht und mit kaltem Wasser so lange aus-
gewaschen wurden, bis das Waschwass&r auf Zusatz von
salpetersaurem Silberoxyd keinen Niederschlag mehr gab.
Hierauf aus möglichst wenig heifsem Wasser nochmals um-
krystallisirt ergaben sie bei der Verbrennung im Sauerstoffgas
folgende Resultate :
0,2955 Grm. des bei 120** getrockneten Salzes lieferten 0,3805 Grm.
Kohlensäure und 0,1425 Grm. Wasser. Im Porcellanschiff-
chen hinterblieben 0,0895 Grm. Zinkoxyd. Hieraus berechnen
sich folgende Procentgehalte :
i18 Naumann, Bildung van Butylmüchsäure
Oefdnden Berechnet
Kohlenstoff 35,10 €4 35,4a
Wasserstoff 5,34 Hy 5,16
Zink 23,99 Zn 24,04
Sauerstoff 35,74 O« 35,40
100,00.
Ferner verloren 0,7677 Grnn, des lufttrockenen bulyl-
niilchsauren Zinkoxyds bei 120® 0,0902 Grm. Wasser, ent-
sprechend 11,75 pC. €4H7Zn03 + HgO verlangt 11,72 pC.
Verlust. Doch zogen die bei 120® entwässerten Krystalle
aus der Luft schnell Wasser an und hatten nach 24stündigem
Stehen im offenen Uhrglas schon 80 pC. ihres früheren
Wassergehalts wieder aufgenommen.
Zur Isolirung der ßutylmilchsäure wurde das Zinksatz in
heifsem Wasser gelöst, Schwefelwasserstoff eingeleitet und
das Filtrat im Wasserbade eingedampft. Hierbei hinterblieb
ein schwach gelbgefärbter Syrup, der nach 24stündigem
Stehen über concentrirter Schwefelsäure zu einer fast weifsen
Masse erstarrt war. Diese, wiewohl noch nicht ganz trocken,
der Analyse unterworfen , ergab nachstehende, eine weitere
Analyse der vollständig getrockneten Säure als überflüssig
erweisende Resultate :
Beim Verbrennen im Saiierstoffgas lieferten nämlich 0,2623 Grm.
der Säure 0,4160 Grm. Kohlensäure und 0,1880 Grm. Wasser.
Diefs entspricht einer Säure von der Formel €40893
mit nahe 6 pC. Wasser. Es wurden nämlich nach Obigem :
gefunden in 6 pC. Wasser ent-
haltender Säure
(74 Hg ö 8
enthält :
Kohlenstoff 43,25
O4
46,15
Wasserstoff 7,97
Hs
7,70
•
^8
46,15
100,00.
Wie schon aus dem Verfahren ihrer Darstellung her-
vorgeht, ist die Butylmilchsäure leicht löslich in Wasser
aus Buttersäure, 119
(^sogar zerfliefslich) und wird ihrer wasserigen Lösung durch
Aether entzogen. Absoluter Alkohol löst sie gleichfalls. —
Bei vorsichtigem Erhitzen verflüchtigt sich die .Butylmilch-
säure vollständig. Das Sublimat erstarrt krystallinisch und hält
sich mit Wasser in Berührung, wenigstens längere Zeit,
ungelöst, während die Butylmilchsäure selbst zerfiiefslich ist.
Es wäre demnach entweder als Butylmilchsäureanhydrid oder
als eine dem Lactid entsprechende Verbindung von Butyl-
milchsäure mit ihrem Anhydrid zu betrachten. — Das Zink-
salz, leicht löslich in heifsem, löst sich nur wenig in kaltem
Wasser 9 wird selbst durch kochenden absoluten Alkohol
kaum, durch Aether gar nicht aufgenommen. Seine wässe-
rige Lösung reagirt sauer. — Es unterliegt nach diesen Ei-
genschaften des Zinksalzes keinem Zweifel, dafs diese Säure
mit der von Wurtz durch Behandlung des Amylglycols mit
Salpetersäure, wenn gleich nicht krystallisirt erhaltenen Säure
identisch ist.
Nachdem diese Abhandlung zum Absenden fertig lag,
kommt mir das Maihefl der Annalen zu Gesicht, in welchem
E. v. Gorup - Besanez und Th. Klincksieck ihre
Untersuchungen über Monobrombuttersäure veröffentlichen.
Die bis jetzt gemachten Beobachtungen Beider widersprechen
im Ganzen nicht meinen oben vorausgeschickten Bemerkun-
gen über Monobrombuttersäure. Nur insofern findet eine
Abweichung statt, als E. v. Gorup-Besanez und Th.
Klincksieck den Zersetzungspunkt der Monobrombutter-
säure unterhalb des Siedepunkts der Buttersäure setzen, wäh-
rend ich, wie oben angeführt, die durch einen Strom trocke-
ner Kohlensäure bei 100^ von Bromwasserstoff befreite
Brombuttersäure über den Siedepunkt der Buttersäure hinaus
120 Naumann^ Büdtmg von G2CI6 durch Einwirkung
erhitzen konnte, ohne dafs Ströme von Bromwasserstoff ent-
wichen.
Tübingen, den 4. Mai 1861.
üeber Bildung von Anderthalbfach - Chlorkohlensloff
durch Einwirkung von Chlor auf Bullersäure;
von Demselben.
Unter Benutzung des kräftigen Lichts der vorjährigen
Junisonne wurde in Buttersäure, welche sich in einer. Re-
torte mit aufwärts geneigtem Glase befand, trockenes Chlor-
gas eingeleitet. Anfangs zeigte sich auch ohne Beihülfe von
Wärme durch reichliche Entwickelung von Saizsäuredämpfen
eine lebhafte Einwirkung. Als sich diese später bedeutend
/verringert halte und eine grüngelbe Färbung der zähor ge-
wordenen Flüssigkeit bleibend auftrat, wurde der Bauch der
Retorte in ein Becherglas mit siedendem Wasser gesenkt.
Die Einwirkung verstärkte sich hierdurch und es erschien
nach längerer Zeit im Retortenhalse ein Sublimat von weifsen
Krystallen, während die Umsetzung des Chlors mit der stets
zäher gewordenen Flüssigkeit sich abermals sehr verlangsamt
hatte. Um dieselbe wieder zu beschleunigen, wurde nun mit
einer Spirituslampe stärker erhitzt, doch mit der Vorsicht,
dafs nie ein Sieden der Flüssigkeit eintrat. Unter anhaltend
starkem Chlorstrom vermehrte sich nun das Sublimat im
Retortenhdlse sehr rasch; die zurückbleibende klebrige Flüs-
sigkeit setzte beim Erkalten Krystalle ab. Das weifse kry-
stallinische Sublimat hinterliefs bei wiederholter Sublimation
stets noch einen geschwärzten Rückstand, der auf dem leicht
»*
/
von Chlor auf Buttersäure. \2\
sublimirbaren Körper hartnäckig anhaftende Stoffe, wahrschein-
lich Chlorsubstitutionsproducte der Buttersäure, schliefsen liefs.
Auch deutete die Analyse dieser Sublimate auf einen noch
vorhandenen ; durch wiederholtes Sublimiren abnehmenden
Sauerstoffgehalt hin. Es wurde nun das ursprüngliche Subli-
mat aus Aether mehrmals umkrystallisirt, wobei sich farblose
prismatische Krystalle des rhombischen Systems mit Abstum-
pfung der schärferen Kanten und Zuschärfung der basischen
Endflächen absetzten. Bei der Analyse lieferten dieselben
folgende Resultate :
0,1695 Grm. gaben 0,6887 Orm. Ghlorsilber.
0,4696 Grm. gaben 0,1745 Grm. Kohlensäure und 0,0073 Grm.
Wasser.
Sie bestanden also aus Anderthalbfach -Chlorkohlenstoff.
Gefunden Berechnet
Kohlenstofif 10,1 €, 24 l0,13
Chlor 89,9 Cle 213 89,87
100,00.
Schmelz- (ungefähr 160^) und Siedepunkt (1820) ^^^^i^
sonstige Eigenschaften bestätigten diefs. Die in der Retorte
nebst einer zähen Flüssigkeit hinterbliebenen Krystalle er-
wiesen sich gleichfalls als Anderthalbfach- CblorkohlenstoiT.
üeber Bromvaleriansäure und Brombutlersäure;
nach A. Borodine^').
Monobromvaleriansäure und Monobrombullersäure lassen
sich erhalten nach dem von Peligol **) für die Darstellung
*) Bulletin de la soci^t^ chimique de Paris, s^ance du 23 Nov. 1860.
*•) Diese Annalen XXVUI, 246. D. Ä.
122 Borodine^ über Bromvaleriansäure
der Monobrombenzoesäure angegebenen Verfahren : Einbrin-
gen eines mit Brom gefüllten offenen Glasgefäfses in eine
mittelst eingeschliffenen Stöpsels verscbliefsbare Flasche,
welche das Silbersalz der organischen Säure, deren Broni-
substitutionsproduct dargestellt werden soll, enthält. (Alle
Feuchtigkeit mufs ausgeschlossen sein; das Brom läfst sich
durch Schütteln mit concentrirter Schwefelsäure von Wasser
befreien.) Die durch den Bromdampf bewirkte Umwandlung
jenes Silbersalzes zu einfach -gebromter Säure und Brom-
silber ist vollendet, wenn die Flasche mit röthlichen Dämpfen
gefüllt erscheint. Aus der Masse wird die einfach -gebromte
Säure dann mittelst Aether ausgezogeni freies Brom in dieser
Lösung durch Schütteln derselben mit Quecksilber entfernt,
der Aether dann verdunstet , die rückständige bromhaltige
Säure mit etwas kaltem Wasser gewaschen, in wässerigem
kohlensaurem Natron gelöst und aus dieser Lö^mg wieder
mittelst Salzsäure abgeschieden (die hierbei zuerst und zu-
letzt sich abscheidenden Portionen enthalten die Verunrei-
nigungen und sind zu beseitigen}, dann mit Wasser gewa-
schen und mittelst geschmolzenen Chlorcalciums getrocknet.
Die Monobromvdleriansäure ist eine farblose schwere
ölige Flüssigkeit von eigenthümlichem stechendem Geruch,
in Wasser nur wenig löslich. Sie zersetzt sich bei der De-
stillation unter Entwickelung von Bromwasserstoff und Hinter-
lassung von Kohle; die übergehende Flüssigkeit enthält viel
Valeriansäure und wie es scheint auch etwas Valeral. Die
Monobromvaleriansäure ist eine stärkere Säure als die Vale-
riansäure. Ihre Salze mit Kali, Natron, Kalk und Baryt sind
leichtlöslich, unkrystallisirbar, wenig beständig; bei dem Ab-
dampfen ihrer Lösungen tritt Zersetzung ein unter Bildung
von Brommetall, valeriansaurem Salz und vermulhlich auch
dem Salz einer der Glycolsäure homologen Säure. Das Silber-
salz ist ein weifser, sich rasch verändernder Niederschlag.
und Bromhtätevsäure» 123
Die Monobi'ombuäersäure ist der Monobromvaleriansäure
sehr ähnlich, gleichfalls ein farbloses schweres, bei der De-
stillation sich zersetzendes Oel.
Wenn man Bromdampf auf essigsaures Silber einwirken
läfst, so erhält man keine Monobromessigsäure, sondern
neben Bromsilber entsteht ein aus Kohlensäure und einem
riechenden bromhaltigen Gas bestehendes Gasgemische, viel-
leicht gemäfs der Gleichung :
GAAg^g + 2 Br = BrAg + €0, -|- GHgBr.
Technische Bestimmung von Kali neben Natron in
neutralen und alkalischen Verbindungen;
von Dr. Mohr.
Diese Methode gründet sich auf die Ausscheidung des
Kali's als Weinstein und Messen desselben durch alkalische
Flüssigkeiten y die ganze Sorge geht also auf die richtige
und vollständige Ausscheidung des Weinsteins hin.
Ist das Kali gröfstentheils als kohlensaures vorhanden,
so ist das Verfahren folgendes : die gewogene Probe wird
in Lösung gebracht und aus einem tarirten Glase mit ge-
pulverter Weinsteinsäure gesättigt, wobei man Lackmus zu
Hülfe nimmt. Nun wägt man noch einmal eben so viel Wein-
steinsäure ab, als man schon verbraucht hat und setzt sie
der Probe zu. Sie enthält jetzt aufser den Neutralsalzen
doppelt - weinsteinsaures Kali und Natron. Diese Flüssigkeit
dampft man zur Trockne ab, läfst die Schale erkalten und
löst die Salzmasse in kalt gesättigter Weinsteinlösung auf,
welche durch Schütteln, Absetzen und Stehen über Wein»
124 Mohvy technische Bestimmung von Kali neben Natron
stein bei gewöhnlicher Temperatur bereitet wird. In der
Weinsteinlösung sind alle Salze, nur nicht Weinstein, löslich
und es werden defshalb auf einem Filtrum , das mit einer
Glasscheibe bedeckt bleibt, alle Salze aufser Weinstein weg-
gewaschen.
Wenn das Kali in neutralen Salzen enthalten ist, so
kann man die Weinsteinsäure nicht anwenden, da sie Htneral-
säuren in Freiheit setzt, welche lösend auf den Weinstein
wirken. Es mufs alsdann Sorge getragen werden , dafs die
Hineralsäuren gebunden bleiben.
Alle neutralen Kalisalze setzen sich mit doppelt -wein-
steinsaurem Natron in Weinstein und ein lösliches Natron-
salz um. Ist eine genügende Menge des doppelt -weinstein-
sauren Natrons vorhanden, so ist alles Kali in Weinstein
verwandelt, allein ein Theil ist noch in Lösung geblieben.
Man dampft die ganze Masse zur Trockne ein, läfst erkalten,
weicht in gesättigter Weinsteinlösung auf und wascht damit
auf einem Filtrum aus. Man mufs sich nun die Gewifsheit
verschaffen, dafs man erstlich alles Kali gefällt habe, und
zweitens, dafs man alles doppelt -weinsteinsaure Natron ent-
fernt habe. Diefs findet man durch eine einfache Probe.
Wenn die erste ablaufende Flüssigkeit saurer ist als die
reine Weinsteinlösung, so ist noch doppelt- weinsteinsaures
Natron vorhanden und folglich alles Kali gefällt. Zunächst
prüft man die frische Weinsteinlösung, indem man 10 CC.
herausnimmt und unter Zusatz von Lackmus mit Tropfen
Normalnatron blau macht. Es gehören je nach der Temperatur
5 bis 7 Tropfen dazu. Die gefundene Zahl gilt dann für
heute. Da das doppelt -weinsaure Natron in der Weinstein-
lösung auflöslich ist, so wird die abgelaufene Flüssigkeit
stärker sauer; und wenn sie sich als solche zeigt, auf 10 CC.
etwa 25 bis 30 Tropfen Normalnatron verlangt, so ist der
Versuch in Ordnung. Man wascht nun mit Weinsteinlösung
I
in neutralen und alkaUachen Verbindungen, 125
aus, bis die Zahl der Tropfen herunterkommt auf die' der
reinen Weinsteinlösung, worauf sie nun nothwendig stehen
bleiben mufs, da die Lösung selbst lange auf Weinstein ge-
standen hat. Sobald die Tageszahl von 5 bis 7 Tropfen
erreicht ist, mufs auch das doppelt -weinsteinsaure Natron
ansgewaschen sein und man bestimmt den Weinstein in be-
kannter Weise mit Normalnatron. 1 CC. ist = Viooo Atom
Kali oder eines Kalisalzes.
1 Grm. Chlorkalium in dieser Art als Weinstein gefällt,
erforderte 13,4 GC. Normalnatron. Da das Atomgewicht
des Chlorkaliums 74,57 ist, so betragen die 13,4 CC. Natron
13,4 X 0,07457 = 0,999238 Grm. Chlorkalium, statt 1 Grm.,
oder auf Kali berechnet 13,4 x 0,04711 = 0,6312 Grm.
Kali; berechnet 0,632 Grm.
2 Grm. Chlorkalium eben so behandelt erforderten 26,8 CC.
Normalnatron, oder
1,9985 Grm. Chlorkalium, genommen 2 Grm.
1,2625 Grm. Kali, genommen 1,264 Grm. Kali.
Um den Fehler zu schätzen, den man durch das benetzte
Filtrum macht, wurde ein solches von 115™™ Durchmesser
mit Weinsteinlösung gefällt und ablaufen gelassen. Der erste
Tropfen Normalnatron machte die Flüssigkeit blau, was auch
schon daraus einleuchtet, dafs ein solches Filtrum nicht ^7$
oder 1,6 CC. Flüssigkeit aufnehmen kann.
1 Grm. schwefelsaures Kali in gleicher Weise behandelt
erforderte 11,6 CC. Normalnatron , entsprechend 1,01 Grm»
schwefelsaures Kali statt 1 Grm.
In gleicher Art kann man auch das Kali durch Chlor-
platin fällen, zur Trockne eindampfen und mit einer ge-
sättigten Lösung von Chlorplatinkalium auswaschen. Man hat
dabei den Vortheil, nicht nur Chlorkalium, sondern auch
schwefelsaures Kali in dieser Art bestimmen zu können.
126 Baej/er^ Beiträge zur Kenntnifs
Die Chlorplatinkaliumlösung löst alle Salze aurser ihr eige-
nes auf und läfst es unvermindert auf dem Filtrum.
Auch kann man eine grofse Anzahl nicht ganz unlös-
licher Salze, wie schwefelsauren Strontian, kohlensauren Baryt,
schwefelsaures Blei und ähnliche vollständig ausscheiden,
wenn man sie mit kalt gesättigten Lösungen des eignen
Salzes auswascht.
Beiträge zur Kenntnifs der Harnsäuregruppe;
von Adolf Baeyer.
Im Anschlufs an die Notiz über das Hydantoin (diese
Annalen CXVII, 178) theile ich noch Folgendes über die
Harnsäuregruppe mit :
1) Zersetzung der Alloxansäure in der Wärme. —
Schlieper hatte beobachtet, dafs Alloxansäure sich bei 100^
unter Kohlensäureentwickelung zersetzt und zur Entstehung
mehrerer neuen Substanzen Veranlassung giebt. Er unter-
suchte das Difluan und die Leucotursäure ; von einem dritten
Körper konnte er aus Mangel an Material nur eine Analyse
machen. Das Zerfallen der Alloxansäure kann man sich nun
folgendermafsen denken :
N2O4O5H4 = €^8 + NjOs^sH« + Hg
Alloxansäure Parabansäure.
Hiernach müfste man also Reduclionsproducte der Para-
bansäure erhalten, und in der That hat Limpricht gezeigt,
dafs die Leucotursäure ein Alloxantin der Parabansäure, also
das erste Reductionsproduct ist. Das Difluan von Schlieper
der Harnsäuregruppe. 127
ist eine zerfliefslicbe Masse, welche die Eigenschaften der
Allantursäure besitzt und wahrscheinlich zürn grofsen Theil
daraus besteht. Die Allantursäure hat die Zusammensetzung
der Dialursäure der Parabangruppe. Der dritte Körper end-
lich ist nach der Analyse und den Eigenschaften, die Schlie-
per angiebt, nichts anderes als Hydantoi'n. Die Entstehung
dieser Substanzen würde dann so vor sich gehen :
{2N2G80^sH2-|- H2 = N4€e06H8 Leucotursäure
-f NjGsOsHs + Hj == N8G303H4 AUantursäure
-I- NgGsOsHj + 2 Hg :=: N,€802H4+H40 Hydantoin.
Erhitzt man nun die Alloxansäure mit einer reducirenden
Substanz, der Jodwasserstoffsäure, so erhält man hauptsäch-
lich das reducirteste Glied dieser Beihe, das Hydantoin, wenig
Allantursäure und keine Leucotursäure :
N8G4O6H4 4- 2HJ = GOg + N2G8O8H4 + Hg^ -f Jg
Alloxansäure Hydantoin.
Diefs ist zugleich die beste Methode zur Darstellung
des Hydantoins.
2) Aüüursäure. — Die Allitursäure Schlieper's ist
eine Substanz, die mit der Leucotursäure viel Aehnlichkeit
hat, und in der Thal kann man sie ihrer Formel nach eben-
falls als ein Alloxantin betrachten, nämlich als das des Hy-
dantoins :
N4Ge04He = N2G302H4 + NjGg^gHg
Allitursäure Hydantoin.
Es scheint demnach, als ob das Hydantoin und die Al-
litursäure «eine neue, der AUoxanreihe parallele Gruppe be-
gründeten, die durch den Austritt von Kohlensäure aus der
AUoxanreihe entsteht, gerade wie die Parabanreihe durch
Austritt von Kohlenoxyd. Im Folgenden sind diese Bezie-
hungen zusammengestellt :
T.
AUoxan N2G4O4H2
Alloxantin N2G40^4H2+N2G4O4H4
Dialursäure N8G4O4H4.
II.
Parabans. NgGsOsHg
Leucoturs. N2G3O3H2 -(- NgGsO 3H4
Allanturs. N2G80^3H4.
128 BaeyeVy Beiträge zur Kenntnifs d. Harnsäuregruppe.
III.
Fehlt (NjGsOjHj) ?
AlUtursäure N2G3O2H2 + N20sasH4
Hydantom N2€80gH4.
Das Alloxan der Hydantoinreihe ist noch nicht dargestellt,
aber vielleicht bietet die Allitursäure ein Mittel, es zu er-
halten.
3) Hyduräsäure. — Schlieper hatte bekanntlich durch
Behandeln von Harnsäure mit verdünnter Salpetersäure und
Abdampfen eine neue Säure gefunden, die er Hydurilsäure
nannte.
Dieselbe Substanz erhält man durch Erhitzen der Dialur-
säure in Glycerin auf 150^ Es entweicht Kohlensäure^ aber
kein Ammoniak, und es bildet sich ein krystallinisches Pulver,
welches aus hydurilsaurem Ammoniak besteht. Die hieraus
abgeschiedene Säure hat die Zusammensetzung : NsGeOeHs
und zeigt ganz die von Schlieper angegebenen Eigen-
schaften. Eine aufserordentlich characterislische Eigenschaft
dieser Substanz ist die intensiv dunkelgrüne Färbung, welche
sie mit Eisenchlorid hervorbringt, und es war hierdurch
leicht möglich, die Identität der Schlieper'schen Säure mit
dem Zersetzungsproduct der Dialursäure nachzuweisen.
Ich bin mit der weiteren Verfolgung und Untersuchung'
dieser Substanzen beschäftigt. **
Änsgegeben den 20. Juli 1861.
ANNALEN
DER
CHEMIE UND PHAEMACIE.
CXIX. Bandes zweites Heft.
Untersuchungen aus dem academischen Laboratorium
in Marburg.
XV. Directe quantitative BestimmuDg der Kohlensäure
kohlensaurer Salze, und Braunsteinanalyse;
von Hermann Kolbe.
Seit längerer Zeit bediene ich mich zur Bestimmung der
Kohlensäure in kohlensauren Salzen wie auch zur Braunstein-
analyse und zu ähnlichen Zwecken eines Verfahrens, welches
die Kohlensäure direct durch Wägung giebt, und dabei eben
so leicht und rasch auszuführen ist^ wie es genaue Resultate
liefert. Dieses Verfahren ist sehr ähnlich dem , welches wir
bei der Elementaranalyse organischer Verbindungen anwen-
den; und unterscheidet sich von diesem hauptsächlich
dadurch 9 dafs das Verbrennungsrohr durch ein gewöhnliches
Gasentwickelungsgefafs substituirt ist. Die Einrichtung des
Apparats ist aus der auf folgender Seite beigefügten Figur
ersichtlich.
Das weithalsige Fläschchen a von etwa 100 Gubikcenti-
meter Inhalt, ist durch einen massiven, doppelt durchbohrten
Gummistopfen leicht verschliefsbar. Durch diesen Stopfen
Annal. d. Chem. a. Pharm. OXIX. Bd. 9. Heft. 9
Kalbe, Bestimmung der Kohlensäure
geht die unterbelb desselben etwas verengte Trichlerröhre,
deren unteres, dünn ausg:ezog:enes Ende je nach Umständen
entweder vertical hinabgeht und nahe Über dem Boden
mUndet, oder, wie obige Figur zeigt , ein wenig aufwärts ge-
bogen ist. In die zweite gröFsere Oeffnung des Stopfens pafst
das ziemlich weile Ende eines knieförmig gebogenen Gas-
leitungsrohrs mit angeblasener Kugel b, welche mit Baum-
wolle gefüllt ist, oder auch ganz leer bleibt. Das Ganze ist
an einem Platindraht frei schwebend aufgehängt. — Jene
Kugel dient dazu, das beim Erhitzen der Flüssigkeit im Ge-
Wse a verdampfende Wasser zum gröfsten Theile zu con-
densiren und wieder zurückfliefsen zu lassen. Die hier nicht
condensirte Feuchtigkeit wird in dem Chlorcalciumruhr ge-
bunden. Der mit diesem weiter communicJrende Kaliepparat
ist am Sufsersten Ende mit einem, Slilckchen von geschmol-
zenem Katihydrat enthaltenden Röhrchen verbunden, welches,
mittelst eines übersiegelten Körkchens aufgesetzt, einen inte-
hohlen», SahOy und Braunsteinanalyse. 131
grirenden Bestandtheil desselben bildet. Es bat den Zweck,
das aus der Kaliflüssigkeit beim Hindurchstreicben der Luft
verdunstende Wasser zurückzuhalten.
Es genügt nicht, die zu untersuchende Substanz in dem
Kölbchen a mit Wasser zu üfoergiofsen und dann durch das
Trichterrohr die Säure einzubringen. Denn auch wenn letz-
teres unten etwas aufwärts gebogen ist, steigen Kohlensäure-
bläschen darin ununterbrochen auf. Diese Fehlerquelle läfst
* sich aber leicht dadurch vermeiden, dafs man die Oeffnung
mit Quecksilber absperrt.
Bei den in Wasser löslichen Verbindungen, oder den in
Wasser unlöslichen aber durch Säure leicht zersetzbaren Car-
bonaten, welche man in ganzen Stücken anwenden kann,
genügt es, das Trichterrohr unten entweder so gebogen, wie
die Figur zeigt, oder blofs in eine verticale Spitze ausgehend,
in eine auf dem Boden befindliche Quecksilberschicht ein-
tauchen zu lassen.
Nachdem, der Kaliapparat gewogen und mit dem Chlor-
calciumrohr verbunden ist, bringt man die gewogene Menge
der zu untersuchenden Substanz ins Zersetzungsgefäfs , fügt
sodann den Kork luftdicht und so tief ein, dafs die Spitze
der Trichterröhre unter dem Quecksilber mündet, und zieht
durch letzteres Wasser in hinreichender Menge ein, am
Besten durch Saugen an einem über das Röhrchen d ge-
schobenen Gummischlauch. Auf gleiche Weise saugt man
nachher auch die Säure in kleinen Portionen ein.
Die Kohlensäureentwickelung geht, bei Anwendung von
nicht zu viel Säure auf einmal, ruhig von Statten; sie wird
gegen Ende der Zersetzung durch Erwärmen mittelst einer
kleinen Spiritusflamme unterstützt. Die Absorption in dem
Kaliapparat verläuft ganz so, wie bei der organischen Ele-
mentaranalyse; der Gasstrom kann jedoch, sobald alle im
Apparat befindliche Luft durch die Kohlensäure verdrängt ist,
9*
132 Kolbcj Bestimmung der Kohlensäure
viel rascher gehen, als bei der Eiementaranalyse. Um zuletzt
alle in der sauren Zersetzungsflüssigkeit noch aufgelöste Koh-
lensäure zu entfernen und ebenfalls dem Kaliapparat zuzu-
führen, genügt es nicht, durch Saugen bei d Luft durch
das Trichterrohr hindurch zu ziehen, sondern die Flüssigkeit
mufs während dem bis zum Aufkochen erhitzt werden.
Die Gewichtszunahme, welche nach beendetem Versuch
der Kaliapparat erfahren hat, entspricht bei gut geleiteter
Operation sehr genau der Menge der ausgetriebenen Kohlen-
säure. Auch wenn man, wie es bei der Analyse von koh-
lensaurem Kalk, Baryt u. s. w. nöthig ist, verdünnte Salzsäure
zur Zersetzung anwendet, darf man nach beendeter Zersetzung
die salzsaure Flüssigkeit aufkochen. Keine Spur Salzsäure
gelangt dabei in den Kaliapparat.
Hat man fein gepulverte, in Wasser unlösliche Körper
zu analysiren, so ist der Verschlufs des Trichterrohrs durch
eine deil Boden des Gefäfses bedeckende gröfsere Queck-
silberschicht unthunlich, w^il das Quecksilber immer einen
Theil des feinen Pulvers mechanisch einhüllt und vor dem
Zutritt der Säure schützt. In diesem Falle bewirkt man den
Verschlufs sehr zweckmäfsig durch einen kleinen Qu^ck-
silbertropfen , den man in den Trichter eingiefst, nachdem
man durch denselben die Säure in das Zersetzungsgefäfs hat
einfliefsen lassen. Dieser Quecksilbertropfen bleibt immer in
der engen aufwärts gebogenen Spitze des Trichterrohrs hän-
gen und hindert vollständig die Communication nach aufsen.
Will man hernach aufs Neue Säure in das Zersetzungsgefäfs
einbringen, so giefst man davon nach Bedarf in den Trichter
und saugt gelinde bei d ; der Quecksilberpfropf fliefst dann
aus, die darüberstehende Flüssigkeit folgt nach ui\d der
Verschlufs wird sofort leicht durch ein neues Quecksilber-
tröpfchen hergestellt.
kohlens, Salze, und Brcmnsteinanalt/se, 133
Ich theile nachstehend einige Eohlensäarebestimmungen
von Ealkspath und kohlensaurem Natron mit, welche die
Genauigkeit des Verfahrens beurtheilen lassen. Dazu bemerke
ich, dafs keine dieser Analysen mit Einschlufs der Wägungen
länger als eine halbe Stunde Zeit in Anspruch genommen hat.
I. Die ans 0,442 Gnn. eines in Stücken angewandten reinen durch-
sichtigen Kalkspaths durch yerdünnte Salzsäure ausgetrie-
bene Kohlensäure bewirkte eine Gewichtszunahme des Kali-
apparates um 0,195 Grm.
n. 0,609 Grm. desselben Kalkspaths gaben bei gleicher Behand-
lung 0,268 Grm. Kohlensäurie.
Aus diesen Zahlen berechnet sich der Kohlensäuregehalt
zu 44,1 und 44,0 pC. Der reine Kalkspath enthält 44,0 pG.
Kohlensäure.
L 0,969 Grm. chemisch reines entwässertes kohlensaures Natron,
mit yerdünnter Schwefelsäure zersetzt, gaben 0,401 Grm.
Kohlensäure.
II. 1,112 Grm., mit verdünnter Salzsäure zerlegt, gaben 0,461 Grm.
Kohlensäure.
Die gefundene Kohlensäuremenge beträgt demnach 41,4
resp. 41,45 pC, welche Zahlen mit dem berechneten Kohlen-
sänregehalt 41^5 des kohlensauren Natrons fast genau über-
einstimmen. '
Nicht minder gut unter sich übereinstimmende Zahlen
habe ich bei den folgenden Braunsteinanalysen erhalten. Der
untersuchte Braunstein enthielt noch kohlensauren Kalk, dessen
Mei^ge jedesmal neben dem Sauerstoffgehalt bestimmt wurde.
Eine gröfsere Menge desselben, aufs Feinste gepulvert und
bei 120^ C. getrocknet, wurde noch heifs in ein mehrere
Gramme davon fassendes Füllrohr gebracht^ und diese Menge
zu den verschiedenen Analysen benutzt. — Man verfährt am
Besten auf folgende Weise.
Das mit einem Körkchen gut verschlossene gefüllte
Röhrchen wnrd gewogen, dann nach Gutdünken eine passende
Menge des Inhalts in das Zersetzungsgefäfs gegossen, darauf
134 Kolbe^ Bestimmung der Kohlensäure
rasch verkorkt and wieder gewogen. Die Gewichtsdifferenz
entspricht der Menge der angewandten Substanz.
Nachdem der das unten aufwärts gebogene Trichterrohr
enthaltende Gummipfropf fest aufgesetzt ist, wird verdünnte
Schwefelsäure in hinreichender Menge eingesogen , das Trich-
terrohr alsdann durch einen Quecksilbertropfen unten ver-
schlossen, und nun das Zersetzungsgefäfs mittelst einer klei-
nen Spirituslampe allmälig stärker, zuletzt unter anhaltendem
Durchsaugen von Luft bis .zum Aufkochen erhitzt.
Die Gewichtszunahme des Kaliapparats entspricht der
Menge der aus dem kohlensauren Kalk entbundenen Kohlen-
säure. Der Kaliapparat wird nach der Wägung sofort wieder
mit dem Chlorcalciumrohr verbunden. Wenn das Zersetzungs-
gefäfs durch Eintauchen in kaltes Wasser möglichst gut ab-
gekühlt ist, bringt man die Oxalsäure ein, und zwar saugt man
gleich die ganze erforderliche Menge dieser Säure in warmer,
ziemlich conceutrirter Lösung auf einmal durch das Trichter-
rohr ein, welches dann sofort durch einen Quecksilbertropfen
abgesperrt wird. Noch einfacher ist es, nach Abnahme des
Stopfens, eine angemessene Menge krystallisirter Oxalsäure ein-
zutragen und rasch wieder zu verschliefsen , was sich ohne
den geringsten Verlust leicht ausführen läfst.
Erst bei gelindem Erwärmen durch eine untergesetzte
Spirituslampe beginnt Kohlensäure in erheblicher Menge frei
zu werden und in continuirlichem Strome sich zu entwickeln,
dessen Stärke mit der Flamme leicht regulirt werden kann.
Nachdem durch die Kohlensäure alle Luft aus dem Apparate
ausgetrieben ist, kann man die Gasentwickelung bedeutend
beschleunigen, ohne befürchten zu müssen, dafs Kohlensäure
unabsorbirt durch den Kaliapparat hindurchgeht. Sollte einmal
der Gasstrom zu rasch gehen, so kann man ihn sofort und
sicher durch Eintauchen des Zersetzungsgefäfses in kaltes
Wasser mäfsigen. -* Zur vollständigen Zersetzung des Braun-
hohlens, Salze j und Braunsteinanah/se, 135
Steins ist es nöthig, die Flüssigkeit zuletzt stärker zu erhitzen.
Erst wenn schwarze Partikeichen darin nicht mehr sichtbar
sind, wird auf die angegebene Weise Luft durch die zum
Sieden gebrachte Flüssigkeit hindurchgesogen.
Nach diesem Verfahren habe ich folgende Resultate
gewonnen :
I. Das Gl«wic]it der angewandten Substanz betmg 1,091 Grm.,
die Grewiclitszimalime des Kaliapparats nach Zersetzung des
kohlensauren Kalks 0,030 Grm., die weitere Gewichtszu-
nahme desselben nach Zerlegung des Braunsteins 0,789 Grm.
n. Gewicht des aus demselben FüUrohr genommenen Braunsteins
= 1,198 Grm. Gewichtszunahme des Kaliapparats nach
Zersetzung des kohlensauren Kalks ss 0,032 Grm. Gewichts-
zunahme des Kaliapparats nach Zersetzung des Braunsteins
= 0,866 Grin.
in. Gewicht des aus demselben Füllrohr genommenen Braunsteins
= 0,605 • Grm. Grewichtszunahme des Kaliapparats nach
Zersetzung des kohlensauren Kalks =^ 0,016 Grm. Gewichts-
zuniAme dei; Kaliapparats nach Zersetzung des Braunsteins
= 0,439 Grm.
Hieraus berechnet sich der Procentgehalt des analysirten
Braunsteins an kohlensaurem Kalk und Hangansuperoxyd wie
folgt :
I.
TT.
lU.
Kohlensaurer Kalk
6,25
6,0
6,0
Mangansuperoxyd
71,60
71,6
71,8.
Wie man sieht, läfst die Uebereinstimmung der gefun-
denen Zahlen Nichts zu wünschen übrig. Bei der Ausführung
jener Analysen sind, ähnlich wie bei der Bleroentaranalyse,
noch manche kleine Nebenumstände zu beachten, deren spe-
oielle Erwähnung überflüssig erscheint. Jeder, welcher eine
Elementaranalyse zu machen versteht, wird sie zu berück-
sichtigen wissen.
-«._!.-
136 Kalbe u. LautemanUy über die Säuren
XVI. Ueber die Säaren des Benzoäharzes ;
von H. Kolbe und E. Lautemann.
Im Juliheft des letzten Jahrgangs der Annalen (Bd. CXV,
S. 113) veröffentlichten wir eine kurze Notiz über die Säuren
des Benzoeharzes, worin wir mittheilten, dafs verschiedene
Sorten Benzoe, und besonders die sehr schöne Mandelbenzoe
von Sumatra, eine Säure enthalten, welche sich in der Zu-
sammensetzung und den Eigenschaften von der Benzoesäure
wesentlich unterscheide. Wir vermutheten damals, diese
Säure möchte mit der von Höller und Strecker aus der
Yulpinsäure dargestellten Toluylsäure *) identisch sein, wofür
besonders ihre leichte Schmelzbarkeit uild annähernd auch die
procentische Zusammensetzung spricht. Die Uebereinstim-
mung ihrer Zusammensetzungen ist indessen nicht so grofs,
als es nach einer ersten Analyse schien; denn wenn auch
der Kohlenstoffgehalt der analysirten Säure dem der Toluyl-
säure sehr nahe kommt, so ergaben zahlreiche Analysen den
Wasserstoffgehalt doch immer constant um 0,6 bis 0,5 pC.
zu gering , eine Differenz , welche viel zu beträchtlich ist,
um sie auf Rechnung eines Beobachtungsfehlers zu schreiben,
zumal bekanntlich die Verbrennungen in der Regel einen kleinen
Ueberschufs an Wasserstoff finden lassen.— Diefs veranlafste uns
zunächst, unseren Versuchen eine andere Richtung zugeben,
und wir überzeugten uns bald, daf$i die fragliche Verbindung
nicht Toluylsäure, noch überhaupt eine einfache Säure, son-
dern ein Säuregemisch ist.
Ihre Darstellung aus dem Benzoeharz geschah nach der
schon von Scheele angegebenen Methode. Viei^Theile fein
gepulvertes Harz wurden mit 1 Theil gelöschtem Kalk und
*) Diese Annalen CXm, 64.
des Benzo'iharzes. * 137
30 Theilen Wasser eine Viertelstunde gekocht und filtrirt.
In dem ddrcb Eindampfen eingeengten Filtrat bewirkte über-
schüssige Salzsäure zuerst jedesmal eine milchige Trübung.
Erst nach längerem Stehen erfüllte sich die Fli^ssigkeit mit
kleinen Kristallen, die sich von der Krystallisation der Ben-
zoesäure schon im Ansehen sehr unterschieden. Aus der
siedend heifsend concentrirten Lösung des Kalksalzes setzte
sich die Verbindung nach dem Vermischen mit Salzsäure
stets als schweres Oel ab. Nach ein- oder zweimaligem Um-
krystallisiren aus heifsem Wässer war sie meist rein und
vollkommen weifs. Auch bei recht langsamer Krystallisation
erhält man immer nur unregelmäfsige and undeutliche
Blättchen.
Sie schmilzt bei 94^ C, unter Wasser sogar noch leichter.
Ihre Löslichkeit in Wasser, Alkohol und Aether ist nach
oberflächlicher Schätzung ungefähr dieselbe, wie bei der Benzoö-
säure. Sie läfst sich bei vorsichtigem Erhitzen leicht und
unverändert sublimiren; ihre Dämpfe reizen stark zum Hu-
sten. — Uebermangansaures Kali erzeugt in der sauren
wässerigen Lösung sofort Bittermandelöl. — Die Analyse er-
gab folgende Zahlen :
0,2218 Grm. lieferten beim Verbrennen mit Eupferoxyd, zuletzt
im Sanerstoffstrome 0,5725 Grm. Eoblensäure mid 0,1555 Grm.
Wasser, entsprechend 70,4 pC. Kohlenstoff und 5,3 pC. Was-
serstoff.
0,270 Grm. gaben 0,695 Grm. Kohlensäure und 0,132 Grm. Wasser,
entsprechend 70,3 pC. Kohlenstoff und 5,4 pC. Wasserstoff.
Die Toluylsäure enthält 70,6 pC. Kohlenstoff und 5,9 pC.
WassersiofT.
Auch die Zusammensetzung des in undeutlichen Krystallen
sich absetzenden Kalksalzes weicht von der des toluylsauren
Kalks zu beträchtlich ab , um für letzteren gelten zu
können.
138
Kolbe u. Lautemann^ über die Sauren
0,2011 Grm. desselben gaben 0,689 Grm. Kohlensäure und 0,1086
Gnn. Wasser, entsprechend 61,8 pG. KohlenstojQT und 4,1 pG.
Wasserstoff.
0,2599 Grm. gaben 0,5815 Grm. Kohlensäure und 0,100 Grm.
Wasser, entsprechend 61,0 pC. KohlenstojQT und 4,2 pC. Was-
serstoff.
Der toluylsaure Kalk enthält 61,9 pG. Kohlenstoff und
4,5 pC. Wasserstoff.
Bei unseren Versuchen, aus obigen Zahlen für die in
Rede stehende Substanz eine Formel zu construiren, ergab
sich, dafs die gefundene Zusammensetzung am Besten und
sehr gut auf die einer dreibasischen Säure von der Formel :
3 HO . C46H17O9 pafst , wie aus folgender Zusammenstellung
erhellt :
C4«
Hm
berechnet
276 70,4
20 5,1
96 24,5
gefanden
70,4 70,3
5,8 5,4
femer
392
100,0
berechnet
geftmden
C46
276
61,5
61,8 61,0
H„
17
3,9
4,1 4,2
Ca,
60
13,8
— —
0«
96
21,3
— —
449 100,0.
Ungeachtet dieser Uebereinstimmung hatte die Existenz
einer solchen dreibasischen Säure für uns zu geringe Wahr-
scheinlichkeit, um uns mit diesem Resultat zu begnügen.
Schon die Flüchtigkeit derselben deutet auf einfachere Ver-
hältnisse hin. Die Wahrnehmung, dafs die Säure mit über-
mangansaurem Kali so leicht Bittermandelöl erzeugt, erinnerte
uns an das gleiche Verhalten der ^Zimmtsäure und führte uns
weiter auf die Idee, daCs die fragliche Säure Zimmtsäure
enthalten möchte«
des Benzoeharze». 139
Zieht man die Formel der letzteren von der obig^en For-
mel ab ^ so restirt ein Körper von der Zusammensetzung :
C^sHigOs*
^46^2oOi2 — O18H8O4 = CjsHisOs«
Es fällt sofort in die Augen, dafs dieser Rest die Ele-
mente von 2 Atomen Benzoesäure enthält^ und es schien
uns fortan kaum mehr zweifelhaft, dafs wir eine aus 2 Atomen
Benzoesäure und 1 Atom Zimmtsäure bestehende Säure, ent-
weder eine Tripelsäure, oder ein blofses Gemenge derselben
in jenem Mischungsverhältnisse in Händen hatten. Um hier-
über Gewifsheit zu erhalten, suchten wir durch fractionirte
Fällungen Salze von verschiedener Zusammensetzung zu ge-
winnen. Gleich der erste Versuch hat unsere Erwartungen
in so weit noch übertreffen, als es uns gelang, durch solche
fractionirte Fällung des Ammoniaksalzes mit salpetersaurem
Silberoxyd fast ganz reines zimmtsaures und benzoesaures
Silberoxyd zu erhalten.
Wir theilten die zur vollständigen Fällung der bekannten
Menge des angewandten Ammoniaksalzes nöthige Lösung des
salpetersauren Silberoxyds in nahezu drei gleiche Theile,
und fällten zunächst etwa mit der Hälfte des ersten Drittels.
Zu der von diesem ersten Niederschlag abfiltrirten Flüssigkeit
fügten wir dann anderthalb weitere Drittel der Silberlösung
und endlich zu der von diesem zweiten Niederschlage ge-
trennten Lösung das letzte Drittel hinzu. Diese drei Nieder-
schläge wurden jeder für sich nach gehörigem Auswaschen
bei 100^ C. getrocknet und analysirt.
Er$te Fallung : 0,378 Grm. gaben 0,579 COs und 0,097 HO.
Hieraus berechnen sich 41,8 pC. C und 2,8 pO. H.
Das zimmts. Silberoxyd enthält 42,3 pC. C und 2,7 pC. H.
Zweite Fällung : 0,400 Grm. gaben 0,583 COs iind 0,091 HO.
Hieraus berechnen sich 89,7 pC. C und 2,5 pO. H. s
140 Kolbe u. Lautemann, über die Säuren
Dritte Fällung : 0,338 Grm. gaben 0,455 OOg und 0,067 HO.
Hieraus berechnen sich 36,6 pC. C und 2,2 pC. H.
Das benzogs. Silberozyd enthält 36,6 pC. G nnd 2,1 pC. H.
Die aus letzterem Salz wieder abgeschiedene Säure besafs
alle Eigenschaften der Benzoesäure und gab mit überman-
gansaurem Kali kein Bittermandelöl mehr.
Um volle Gewifsheit darüber zu haben, dafs die aus dem
Benzoeharz ausgezogene Säure wirklich aus Benzoesäure und
Zimmtsäure bestehe, mischten wir reine Harnbenzoesäure und
aus dem flüssigen Storax gewonnene farblose Zimmtsäure in
dem Verhältnifs von zwei Aequivalent der ersteren auf ein
Aequivalent der letzteren, und I^^sten das Gemisch in sieden-
dem Wasser. Die nach dem Erkalten auskrystallisirte Sub-
stanz gleicht weder der Benzoesäure, noch der Zimmtsäure,
aber jener aus dem Benzoeharz gewonnenen Säure ganz und
gar, auch schmilzt sie wie diese unter Wasser, ehe dasselbe
seine Siedetemperatur erreicht hat, und, im trockenen Zu-
stande erhitzt, bei ungefähr 94^ C.
Durch diesen Gegenversuch wird zugleich ein Bedenken
beseitigt, welches wir ajifänglich selbst dagegen hegten, dafs
ein Gemenge des bei 121^ C. schmelzenden Benzoesäure und
der erst bei 129^ G. schmelzenden Zimmtsäure einen so auf-
fallend niedrigen Schmelzpunkt von 94^ C. haben solle.
Während bei den Mischungen zweier fetten Säuren der
Schmelzpunkt niemals 10^ C. tiefer ist, als der Schmelzpunkt
des am leichtesten schmelzenden Bestandtheils , sehen wir
hier bei der Mischung zweier aromatischer Säuren den
Schmelzpunkt um 26^ G. unter den der am Leichtesten von
beiden schmelzenden Benzoesäure herabgehen.
Es blieb noch die Frage zu entscheiden, ob die in Rede
stehende Substanz ihre beiden Bestandtheile in wenn auch
nur loser chemischer Verbindung enthält, oder nur ein blofses
des Benzo'dharzes, 141
Gemenge derselben ist. Für die erstere Annahme spricht
besonders der Umstand, dafs die Producta von verschiedenen
Darsteiiungen, ja auch aus verschiedenem Harz , immer die-
selbe Zusammensetzung zeigten. Darf hier wirklich von einer
chemischen Verbindung die Rede sein , so ist sie jedenfalls
eine aufserordentlich lockere; denn nicht blofs durch frac-
tionirte Fällung» sondern auch durch blofse Krystallisation
unter besonders günstigen Verhältnissen gelingt es, die Be-
standtheile zu trennen.
Wir haben nämlich nachträglich gefunden^ dafs wenn man
die Verbindung in einer grofsen Menge heifsen Wassers löst,
und das, was sich beim Erkalten zuerst ausscheidet, rasch
abfiltrirt, diese Krystallisation aus Zimmtsäure besteht.
0,337 Grm. derselben, bei 100^ C. getrocknet, gaben 0,902 Grm.
EoMensänre und 0,168 Grm. Wasser, entsprechend 72,7 pC.
Kohlenstoff and 5,6 pC. Wasserstoff. Die Zimmtsäure enthält
72,9 ^C. Kohlenstoff und 5,4 pC. Wasserstoff.
Obige Beobachtungen dürften auch in pharmacologischer
Hinsicht von einigem Interesse sein, da eine Zimmtsäure ent-
haltende Benzoesäure, sei sie auf nassem Wege oder durch
Sublimation aus dem Harz gewonnen, voraussichtlich andere
Wirkungen hat, als die reine Benzoesäure. — Will man sich
rasch vergewissern, ob ein Benzoeharz Zimmtsäure enthält oder
nicht, so braucht man eine Probe davon blofs mit Kalkmilch
zu kochen , die filtrirte Lösung mit Salzsäure zu fällen und
mit übermangansaurem Kali zu versetzen. Ist dann kein
Bittermandelölgeruch wahrzunehmen , so enthält das Harz
keine Zimmtsäure, und umgekehrt.
142 Vogif über Benzr/lmercaptan
XVn. lieber Benzylmercaptan und Zweifach-Schwefel-
benzyl ;
von Dr. Garl VogU
Die unverkennbare Analogie, welche die organischen
Schwefelsäuren mit den organischen Kohlensäuren , z. B. die
Hethylschwefelsäure mit der Essigsäure und die Benzyl-
schwefelsäure mit der Benzoesäure darhieten, läfst vermuthen,
dafs auch die anderen Derivate der Kohlensäure, die Aldehyde,
Acetone und Alkohole, unter den organischen Abkömmlingen
der Schwefelsäure ihre Analoga haben, wie bereits Kolbe
in diesen Annalen Bd. CXIII, 317 und 318 dargelegt hat.
In der Hoffnung, einen der Benzylschwefelsäure zugehörigen
C H \
aldebydartfgen Körper von der Zusammensetzung : "rj^jCSaOJ
zu erhalten, welcher zu jener Säure in dem nämlichen Zu-
sammensetzungsverhältnifs stehen würde, wie das Benzoä-
aldehyd zur Benzoesäure, unterwarf ich auf Veranlassung
von Prof. Kolbe das Benzylsulfonchlorid : CCi2H5}[S804]Cl
demselben Zersetzungsprocefs , wodurch es diesem früher
gelungen war, das Cyanbenzoyl in Benzoäaldehyd zu ver-
wandeln.
Als ich Benzylsulfonchlorid, welches von Wasser aufser*
ordentlich langsam verändert wird, mit Zink und verdünnter
Schwefelsäure zusammenbrachte, erlitt jenes alsbald eine
durch den intensiven Geruch des flüchtigen Productes sich
zu erkennen gebende Veränderung. Aber wie die Zusammen-
setzung dieses Products ausweist , verläuft der Procefs in
einem anderen Sinne. Die reducirende Vk^irkung des Wasser-
stoffs geht weit über die vermuthete Grenzlinie hinaus; statt
blofs das Chloratom zu substituiren, entzieht der Wasserstoff
dem Benzylsulfonchlorid zugleich auch alle vier Sauerstoff-
und Zweifach' Schwefelhenzyh 143
atome und verwandelt es ganz unerwarteter Weise in Ben-
zylstdfhydrat : (0i2H5)S . HS.
(CijHfiXSjOJCl + 6 H = (C„H5)S .HS + HCl + 4 HO
BenzylsTilfon- Benzylsulf-
chlorid. hydrat
Ohne das ursprünglich vorgesteckte Ziel aus den Augen
zu verlieren, habe ich zuvörderst diese interessante flüchtige
ölartige Verbindung zum Gegenstände einer Untersuchung
gemacht, deren Ergebnisse ich nachstehend mittheile.
Die Darstellung des Benzylsulfhydrats geschieht am Besten
auf folgende Weise. In einer geräumigen Digerifflasche wird
Zink mit verdünnter Schwefelsäure übergössen , und wenn
die Gasentwickelung lebhaft im Gange ist, das Benzylsulfon-
chlorid ^3 zugesetzt. Dasselbe umlagert sofort das Zink in
fester Adhäsion und hemmt den weiteren lebhaften Fortgang
der Gasentwickelung. Man mufs daher darauf Bedacht neh-
men , dafs das Zink über das auf dem Boden befindliche
Chlorid weit hinausragt, und dafs so die Gasentwickelung,
wenn auch in schwächerem Mafse, sich fortsetzt. Man läfst
die Flasche mit ihrem Inhalt am Besten 24 Stunden stehen
und unterwirft dann erst das Ganze der Destillation. Beim
Erhitzen wird die WasserstofTentwickelung wieder lebhafter,
und mit den Wasserdämpfen geht das gebildete Sulfhydrat
über, welches, im vorgelegten Kühlapparat condensirt, in
der Vorlage als Oel sich ansammelt. Die rückständige Salz-
lösung enthält eine zweite, viel weniger flüchtige, feste
Schwefelverbindung, das Zweifach- Schwefelbenzyl, welche
sich weiter unten beschrieben findet.
*) Dieses Chlorid wurde dnrcli Destillation von b^nzylschwefel-
saurem Natron mit Fünffach -Chlorphosphor gewonnen. Das zur
Darstellung der Benzylschwefelsäure benutzte Benzol war aus
benzoSsaurem Natron durch Destillation mit der äquivalenten
Menge von Kalkhydrat dargestellt.
144 Vogt, i^er Benzylmet'captan
Man kann obige Mischung auch sofort destilliren, allein^
die Masse steigt dann in Folge der ungemein lebhaften
Gasentwickelung leicht über.
Unterwirft man gröfsere Mengen des Chlorids dieser
Reduction, so ist es gut^ das- bei der ersten Destillation über-
gegangene Oel noch einmal auf gleiche Weise mit Zink und
Schwefelsäure zu behandeln, um das noch beigemengte Benzyl-
sulfonchlorid vollständig in Sulfhydrat umzuwandeln.
Das so bereitete , über Chlorcaicium getrocknete und
rectificirte Benzylsulfhydrat hat folgende Eigenschaften. Es
ist ein farbloses^ leicht bewegliches, stark lichtbrechendes
öliges Liquidum von sehr intensivem widerlichem Geruch, hat
1,078 spec. Gewicht bei 24^ C, siedet bei nahezu 165^ G.
Es ist mit Wasser nicht mischbar, ertheilt demselben aber
seinen starken Geruch. Alkohol, Aether, Benzol und Schwefel-
kohlenstoff lösen es leicht. Es brennt mit leuchtender weifser
Flamme. Auf die Haut gebracht verursacht es bald einen
brennenden Schmerz. Sein Dampf reizt die Augen und ver-
ursacht beim längeren Verweilen in einer damit imprägnirten
Atmosphäre Schwindel; doch gehen diese AfTectionen bald
wieder vorüber. Die Analyse gab folgende Zahlen :
I. 0,260 Grm. mit Eupferozj^d und vorgelegtem chromsaurem Blei-
oxyd zuletzt im Sauerstoffstrom verbrannt gaben 0,626 Grm.
Kohlensäure und 0,129 Grm. Wasser.
n. 0,268 Grm. gaben 0,641 Grm. Kohlensäure und 0,139 Grm.
Wasser.
III. 0,2783 Grm. gaben 0,6665 Grm. Kohlensäure und 0,1477 Grm.
Wasser.
lY. 0,285 Grm. mit einer Mischung von kohlensaurem Natron und
chlorsaurem Kali und zuletzt im Sauerstoffstrom erhitzt gaben
0,589 Grm. schwefelsauren Baryt.
Aus diesen Zahlen berechnet sich folgende procentische
Zusammensetzung :
tmd Zweifach' SchtoefelbenzyL 145
bereebnet
gefdnden
L
"^nT
ftr
c„
72
65,5
65,7
65,2
65,8
He
6
5,4
5,6
5,7
5,9
s«
32
29,1
—
—
—
IV.
_ «. — 28,4
110 100,0.
Das Benzylsttlfhydrat löst Schwefel mit gelblicher und
Jod mit dunkel rotbbrauner Farbe. Von ^seinem Verhalten gegen
Salpetersäure und gegen Sauerstoff bei Anwesenheit von
Ammoniak wird weiter unten die Rede sein.
Es theilt mitten bekannten Mercaptanen die Eigenschaft,
sehr leicht das eine in Form von Schwefelwasserstoff darin
vorhandene Wasserstoffatom gegen Metalle auszutauschen.
Besonders grofs ist seine Verwandtschaft zum Quecksilber.
Fügt man einen Tropfen davon zu trockenem Quecksilberoxyd,
so erfolgt eine aufserordentlicb starke Erhitzung, in Folge
deren das Ganze umhergeschleudert wird. Selbst die Lösung
des Sulfhydrats ih viel Alkohol erhitzt sich mit Quecksilber-
oxyd unter Bildung von Benzylsulfid - Quecksilber ziemlich
beträchtlich.
£ens^htdfid^N(Urmm : (CiaHö^S.NaS bildet sich unter
Wasserstoffentwickelung beim Eintragen von Natrium in Benzyl-
mercaptan, und hinterbleibt nach dem Verjagen des über-
schüssigen Sulfhydrats als weifse Salzmasse. Es wird von
Alkohol gelöst. Beim Einleiten von Kohlensäure in diese
alkoholische Lösung bildet sich eine neue Verbindung, welche
vielleicht dem salicylsauren Natron : NaO . CCisHftOa)[Cs02], 0
analog zusammengesetzt ist : NaO . CCi2H5S2)[C802], 0.
Die Verbindungen mit den schweren Metallen sind meist
gelb oder brjiunlich gefärbt, sehr voluminös, in Wasser un-
löslich, schmelzen beim Erhitzen und werden durch stark
concentririe Hineralsäuren in die betreffenden Metallsalze und
Benzylsutfhydntf zerlegt. Ich habe von diesen folgende
untersucht :
Annal. d. Ghem. u. Pharm. GXIX. Bd. 2. Heft. 10
146 Vogt, über Benzylmercaptim
Benzylsidfid^Blei : (Ci2H5)S . PbS fälh beim Vermischen
der alkoholischen Lösung von BenzylsulThydrat mit^ essig-
saurem Bleioxyd als schön gelber krystallinischer Körper
nieder, welcher getrocknet Seideglanz zeigt und zerrieben
ein äufserst zartes Pulver bildet. Beim Erhitzen auf etwa
120^ C. geht die gelbe Farbe in eine schön zinnoberrothe
über; bei stärkerem Erhitzen auf 200^ C. nimmt es wieder
die anfängliche gelbe Farbe an. Ueber 230^ C. hinaus er-
hitzt schmilzt es zu einer rothen Flüssigkeit und erstarrt
beim Erkalten wieder zu einer gelben Masse. Die Analyse
gab folgende Zahlen :
I. 0,355 G-rm. gaben 0,440 Grm. Kohlensäure und 0,0755 Grm.
Wasser.
II. 0,2735 Grm. mit Salpetersäure und Schwefelsäure versetzt
hinterliefsen beim Glühen 0,1945 Grm. schwefelsaures Bleioxyd.
berechnet
gefunden
Ci,
72
33,9
.33,7
H5
5
2,3
2,3
s.
32
15,0
Pb
104
48,8
48,6
213 100,0.
Das Benzylsulfid'Kupfer setzt sich beim Vermischen der
alkoholischen Lösungen von Benzylsulfhydrat und essigsaurem
Kupferoxyd als blafsgelber Niederschlag ab.
Benzyhulfid'Quecksäher : (Ci2H5)S . HgS. — Wie schon
bemerkt , wirkt das Benzylmeroaptan auf Quecksilberoxyd
aufserordentlich heftig ein. Am Besten stellt man die Ver-
bindung durch Einbringen von fein gepulvertem rothem Queck-
silberoxyd in die alkoholische Xösung dei» Sulfhydrats dar.
Die resultirende weifse Salzmasse wird init kochendem abso-
lutem Alkohol mehrmals ausgezogen ^ woraus das Salz beim
Erkalten in weifsen haarfeinen Nädelchen sich ausscheidet.
Getrocknet hat es Seideglanz«
und Zweifach' Schwefelbenzyl, 147
Die Analyse gab folgende Zahlen :
I. 0,318 Gnn. gaben 0,400 Grm. Kohlensäure und 0,077 Gnu.
Wasser.
II. 0,3585 Grm. gaben beim Verbrennen mit Kupferoxyd 0,1695
Grm. metallisches Quecksilber, welches sich in dem vorderen
kalten Theile des Verbrennungrohrs oondensirt hatte.
Hieraus berechnet sich die Zusammensetzung :
berechnet
gefundei
c«
72 Ufi
34,3
H.
5 2,4
2,7
s.
32 15,3
—
Hg
100 47,8
47,3
209 ioa,o.
Obiges Salz bildet mit Quecksilberchlorid eine Doppel-
verbindung von der Zusammensetzung : (Ci8H5}S • HgS^ HgCl.
Dieselbe entsteht, wenn man alkoholische Sublimatlösung mit
der gleichen Lösung von Benzylsutfhydrat vermischt. Die
aus kochendem Alkohol umkry&tallisirte Doppelverbindung
scheidet sieh beim Erkalten in weirsen Krystallblättchen aus»
welche nach dem Trocknen Seideglanz besitzen. Die Analyse
ergab folgende Zahlen :
I. 0,7795 Gnn. gaben 0,595 Gnn. Kohlensäure und 0,114 Grm.
Wasser.
IT. 0,2035 Grm. gaben 0,117 Grm. metallisches Quecksilber.
m. 0,711 Grm. gaben 0,3195 Grm. Chlorsilber.
Diese Zahlen entsprechen folgender pröcentischen Zu-
sammensetzung :
berec
hnet
gefunden
Ci2
72,0
20,9^
20,8
H5
5,0
1,5
i,6
ö.
32,0
9,8
—
Hg,
200,0
68,0
57,5
Cl
35,5
10,3
11,1
344,5 100,0.
Das Benssylsulfid'Silber fällt beim Vermischen alkoholischer
Lösungen von Benzylsulfhydrat und salpetersaurem Silberoxyd
als blafsgelber krystallinischer Körper nieder.
10*
148 yogtj über Benzylmercaptan
Mit Platinchlorid und Goldchlorid entstehen Niederschläge
von bräanlicher Farbe.
Verhalten des Benzylsulfliydrats gegen Oxydationsmittel,
— Bringt man in eine, verkehrt mit dem Liebig 'sehen
Küblapparat verbundene Retorte Benzylsulfhydrat zu über-
schüssiger Salpetersäure von 1^2 spec. Gewicht, so färbt sich
das Oel alsbald durch Absorption von Stickoxyd oder salpe-
triger Säure dunkelroth. Bei gelindem Erwärmen beginnt zu
einem gewissen Zeitpunkte eine Reaction, welche sich durch
Ausstorsen von rothen Dämpfen bemerklich macht. Man hört
dann auf weiter zu erhitzen* Die einmal begonnene Ein-
wirkung setzt sich von selbst fort, und zwar stofsweifse mit
intermittirenden kleinen Detonationen , welche bisweilen so
heftig sind, dafs Theile der Flüssigkeit in den Retortenhals
und Kühlapparat geschleudert werden. Nach beendeter Zer-
setzung hat sich das anfangs oben aufschwimmerfde Oel auf
dem Boden der Retorte angesammelt. Es erstarrt nach dem
Erkalten zu einer weifsen krystallinischen Masse, welche
durch Wasser von der anhängenden Säure möglichst gut be-
freit und dann in siedendem Alkohol, worin es zuerst zu
einem gelblichen Oele schmilzt, gelöst wird. Die Verbindung
krystallisirt beim Verdunsten des Alkohols in weifsen glän-
zenden Nadeln von 1 bis 2 Linien Länge. Die Analyse der
im Vacuum über Schwefelsäure getrockneten Substanz gab
folgende Zahlen :
I. 0,2845 Gf^rm. gaben 0,690 Grm. Kohlensäure und 0,120 Grm.
Wasser.
II. 0,4055 Grm. lieferten nach Garius's Methode der Schwefelbe-
Btimmung behandelt 0,875 Grm. schwefelsauren Baryt.
III. 0,6535 Grm. gaben 1,586 Grm. Kohlensäure und 0,268 Grm.
Wasser.
IV. 0,3115 Grm. gaben 0,660 Grm. schwefelsauren Baryt.
Hieraus berechnet sich folgende Zusammensetzung :
tmd Zweifach^ Bckuoefelhemyh 149
berechnet
gefhtiden
L u. n. ilL u- IV.
Ci2
72 66,05
66,1 66,1
H.
5 4,60
4,7 4,6
s.
32 29,35
29,7 29,1
m
I
109 100,00.
Der aus dem Benzylsulfhydrat durch Salpetersäure ge-
bildete Körper ist demnach Zweifach-Schwefelbenzyl : (Ci2H6)Sa.
Seine Entstehung erhellt leicht aus folgender Gleichung :
(CiaH6)S .HS + NO5 = (Ci8H5)S8 + NO4 + HO.
Das Zweifach-Schwefelbenzyl ist in Wasser unlöslich, in
Alkohol und Aether leicht löslich. Es besitzt einen schwachen,
nicht unangenehmen Geruch, schmilzt bei 60^ C. zu einem
schwach gelblich gefärbten Oel, welches während lang-
samen ruhigen Erkaltens bisweilen erst bei 25^ C. wieder er-
starrt. Es ist schwer flüchtig, lafst sich aber bei ziemlich
hoher Temperatur unzersetzt destilliren.
Eben so leicht, wie das Zweifach-Schwefelbenzyl aus
dem Benzylsulfhydrat durch Oxydation darzustellen ist, läfst
es sich durch unmittelbare Zuführung von Wasserstoff wieder
in Benzylsulfhydrat umwandeln. Diese Umwandlung erfolgt,
wenn man Zweifach-Schwefelbenzyl zu einer Wasserstoff
entwickelnden MiSichung von Zink und Salzsäure hinzufügt.
Sofort haucht die Mischung den intensiven Geruch des Benzyl-
sulfhydrats aus , dessen Vorhandensein man auch leicht an
der intensiv gelben Färbung erkennen kann , welche ein mit
essigsaurem Blei benetztes Papier sofort annimmt, wenn man
es mit dem ausströmenden Gas in Berührung bringt. Ich
habe mich durch einen Gegenversuch überzeugt, dafs die
Dämpfe von Zweifach-Schwefelbenzyl Bleipapier nicht ver-
ändern.
Ich habe noch eine zweite sehr merkwürdige Bildungs-
weise des Zweifach-Schwefelbenzyls beobachtet, welche den
Körper in sehr schönen^ V2 Zoll langen, regelmäfsig ausge-
150 Vogt^ vber Bmsylmercaptan
bildeten Krystallen von klarstem Wasser liefert. Diefs ge-
schieht» wenn man Benzylsulfhydrat in alkoholischer Am-
moniakflüssigkeit löst und diese Lösung bei gewöhnlicher
Temperatur in einem etwa zur Hälfte damit gefüllten » etwas
weiten Cylinderglase der freiwilligen Verdunstung überläfst.
Je langsamer die Verdunstung von Statten geht , desto schöner
und gröfser werden die Krystalle. Sie sind orthorhombische
Prismen mit makro- und brachydiagonaler Abstumpfung der
Seitenkanten und einem einfachen Doma, Ein auf diese
Weise dargestelltes Zweifach- Seh wefelbenzyl hat zu den auf
Seite 148 mit III. und IV. bezeichneten Analysen gedient.
Diese Umwandlung des Benzylsulfhydrats in Zweifach*
Schwefelbenzyl geschieht nicht in verschlossenen Gef^fsen»
sondern nur dann, wenn die Luft Zutritt hat. Welche Rolle
hierbei das Ammoniak spielt, weifs ich nicht zu erklören.
Seine Gegenwart ist dazu nothwendig, denn eine alkoholische
Lösung des Benzylsulfhydrats für sich setzt beim Verdunsten
an der Luft kein ^weifach-Schwefelbenzyl ab.'
Wie schon oben erwähnt , tritt das Zweifach-Schwefel-
benzyl in geringer Menge auch neben dem Benzylsulfhydrat
bei der Darstellung desselben auf, und bleibt nach dem
Abdestilliren des letzteren in der sauren Zinklösung zurück.
Ich halte es hiernach nicht für unwahrscheinlich, dafs das
Benzylsulfonchlorid in Berührung mit Zink und Schwefelsäure
zunächst in Zweifach * Schwefelbenzyl übergeht und dafs aus
diesem erst das Benzylsulfhydrat entsteht.
Endlich bildet sich Zweifach - Schwefelbenzyl neben an-
deren Producten in reichlicher Menge auch bei der Behand-
lung des Sulfhydrat^ mit Fünffach - Chlorphosphor. Chlor-
wasserstoffsäuregas entweicht zugleich in beträchtlicher Menge.
In der Absicht , das durch Salpetersäure auf die zuvor
angegebene Weise in Zweifach -Schwefelbenzyl verwandelte
Benzylsulfhydrat durch weiter gehende Oxydation in die von
und 2hoetfach'Schwefelbenzt/l. 151
Ealle entdeckte benzylschwefligpe Säure (siehe die nächste
Abhandlung) zu verwandeln, liefs ich die Salpetersäure noch
so lange weiter auf das frisch gebildete Zweifach-Schwefel-
benzyl bei gelinder Wärme einwirken, bis dieses gröfsten-
theils verschwunden war. Die geringe Menge des ungelöst
bleibenden Oels blieb auch nach dem Erkalten flüssig und
hatte einen dem Nitrobenzol täuschend ähnlichen Geruch.'
Ich habe sie nicht weiter untersucht. Die abgegossene saure
Flüssigkeit wurde im Wasserbade eingedampft und zur Syrup-
coni^stenz gebracht. Die syrupdicke fast farblose Masse er-
starrt beim Erkalten in grofsen Krystallblättchen, welche von
den letzten Spuren adbärirender Salpetersäure leicht befreit
werden, wenn man sie ins Vacuum über Aetzkalk stellt.
Diese Krystalle zerfliefsen an der Luft, schmecken und
reagiren stark sauer, sind aber ganz verschieden von denen
der benzylschwefligen Säure. Ich habe diese Säure in wässe-
riger Lösung mit kohlensaurem Zinkoxyd neutralisirl und das
gut krystallisirte Zinksalz analysirt.
0,9865 Gnn. desselben verloren bei 120^0. 0,213 Grm. Wasser.
0,781 Grm. bei 120^ C. getrocknet lieferten 0,168 Grm. Zinkoxyd.
0,4545 Grm. bei 120<^C. getrocknet gaben 0,637 Grm. Eofalensäure
und 0,1185 Grm. Wasser.
Hieraus berechnet sich die Zusammensetzung :
ZnO . (Ci2H5)S805 + 6 HO. Das Zweifach-Schwefelbenzyl ist
also durch Behandlung mit Salpetersäure zu Benzylschwefel-
säure oxydirt. Indessen steht zu erwarten^ dafs es gelingen
wird, daraus durch andere Oxydationsmittel auch das inter-
mediäre Glieds die benzylschweflige Säure, darzustellen.
Ich bin eben damit beschäftigt , das Benzylsulfhydrat in
den betreflenden Alkohol, das Benzyloxydhydrat, zu verwan-
deln, und werde die Resultate dieser Versuche in einer
nächsten Abhandlung mittbeilen.
152 ^ogt^ über Benz^lmeixaptan
Nachtrag.
Obige Bildung des Benzylsulfhydrats aus Benzylsulfon-
chlorid veranlafste mich, in gleicher Weise auch das Ver-
halten des Aethylsulfonchlorids gegen Wasserstoff im Status
nascens zu prüfen, welches durch den gleichen Reductions*
procefs Aethylmercaptan geben mtifste :
(C4Hj)[S804], Cl + 6 H = (C4H5)S . HS + HCl + 4 HO
AethylsuHbiichlorid Aethylsulfhydrat.
Das Aethylsulfonchlorid gewinnt man leicht aus Fiinffach-
Chlorphosphor und dem Natronsalz der Aethylschwefelsäure,
welche ich mir durch Oxydation des Schwefelcyanäthyls mit
Salpetersäure nach dem von Muspratt angegebenen Ver-
fahren bereitete. Es ist ein durch Wasser sehr wenig zer-
setzbares, farbloses, bei ungefähr 160^ C. siedendes Liquidum
von stechendem und deutlich an Senföl erinnerndem Geruch. *^
Bringt man ein paar Tröpfen davon zu einer lebhaft
Wasserstoff entwickelnden Mischung von Zink und verdünnter
SchwefelsäurCi so riecht das entweichende Gas augenblicklich
stark nach Mercaptan. Ich habe dasselbe zunächst durch
einen gewöhnlichen Kühlapparat, dann durch ein U förmiges,
mit Eis umgebenes Rohr gehen lassen, und hernach in die
Lösungen verschiedener Metallsalze eingeleitet. Der mit stin-
kenden^ Mercaptandampf geschwängerte Gasstrom erzeugte
in essigsaurem Blei eine reichliche braungelbe Fällung, in
Sublimatlösung einen weifsen» in siedendem Alkohol schwer
löslichen Niederschlag, die Doppelverbindung von Aethyl-
*) Das Aethylsulfonchlorid ist dem Chloräthylsulfonchlorid, welches
ich aus isäthionsaurem Natron durch Erhitzen mit Ftinffach-
Ghlorphosphor dargestellt habe, aufserordentlich ähnlich. — Die
Chloride der organischen Schwefelsäuren scheinen allgemein von
Wasser weit schwieriger zersetzt zu werden, als die entsprechen-
den Chloride der organischen Carbonsäuren. H, Kolbe,
und Zweifach" SchwefelbenzyL 153
sulfid-Quecksilber mit Quecksilberchlorid. Das in dem U för-
migen Rohr condensirte schwere Oel ist unverändertes
Aethylsulfonchlorid , welches etwas Mercaptan aufgelöst
enthält.
Es ist zu ▼ermutheui dafs die Chloride aller organischen
Schwefelsäuren, welche der Benzylschwefelsäure und Aethyl-
schwefelsäure ähnlich zusammengesetzt sind, durch geeignete
Behandlung mit Wasserstoff im Status nascens in die Sulfhy-
drate der darin vorhandenen Alkoholradicale übergehen und
dafs z. B. das Chlorid der Naphtylschwefelsäure das Naphtyl-
sulfhydrat : (C2oH7)S . HS liefert, welches dann vielleicht
weiter die Erzeugung des Naphtylalkohols ermöglicht.
Ich habe endlich noch das Verhalten des Chlorids
^ä?:]'
der Essigschwefelsäure : (CgHg) 1 g q* IcIj wie oben gegen
Wasserstoff geprüft in der Erwartung , daraus Thiacetsäure :
(CjHa}[C802]S . HS zu erhalten^ und diese Voraussetzung voll-
kommen bestätigt gefunden.
XVUl. Ueber benzylschweflige Säure;
von Dr. Wilhelm Kalle.
Mit dem Namen benzylschweflige Säure bezeichne ich
eine neue Säure, welche sich der von Hobson *) entdeckten
methylschwefligen Säure (von ihm wohl nicht ganz passend
„Methylodithionsäure^ genannt) anreiht. Beide deriviren in
gleicher Weise von ein Atom zweibasischer schwefliger Säure.
Wie die methylschwefligo Säure ein Atom Methyl als Sub-
*
) Diese Annalen GVI, 287.
154 Kalle^ über benzylschweflige Säure,
stitut eines der vier Sauerstoffatome der schwefligen Säure
enthält, so ist in der benzylschwefligen Säare an Stelle des-
selben Sauerstoffatoms ein Atom Benzyl Ci^Hs enthalten. Die
Bildungsweise der letzteren ist inders durchaus verschieden
von der der ersteren Säure. Hobson hat die methyl-
schweflige Säure bekanntlich durch Einleiten von schwefligr
saurem Gas in ätherisches Hethylzink erhalten ; die benzyl-
schweflige Säure entsteht durch einen merkwürdigen Reduc-
tionsprocefs aus dem Chlorid der Benzylschwefelsäure mittelst
Zinkäthyl.
Ich hatte diese beiden Körper in Erwartung eines anderen
Erfolgs in Wechselwirkung gesetzt. Meinem Versuche lag
die Idee zu Grunde , dafs die Acetone , wenn sie nach
Kolbe's Theorie von ein Atom zweibasischer Kohlensäure
abstammen in der Weise, dafs sie an Stelle der beiden extra-
radicalen Sauerstoffatome der Kohlensäure zwei Alkoholradi-'
cale enthalten, aus den Chloriden der zugehörenden Säuren
durch Austausch des Chlors gegen ein Alkoholradical künst-
lich sich müfsten erzeugen lassen, und dafs in gleicher Weise
aus den gleichnamigen organischen Derivaten der Schwefel-
säure, den Acetonen analog zusammengesetzte Körper ent-
stehen möchten, welche statt des Carbonyls CgO^ das Sulf-
onyl SsO« enthalten, im Uebrigen aber den Acetonen gleich
conslituirt sein würden.
In der That gelang es mir, aus dem Chlorid der Benzoe-
säure durch Behandlung mit Aethylzink ein gemischtes Aceton
C H /
von der Zusammensetzung : Q^o^lCCsOa] darzustellen :
(C„H.)[CA], Cl + CAZn = ^(5^^H"|t^*^J + ^""^^^
Benzozylchlorid Aethylzink Benzyt-Aethyl-
Aceton
Kalle, über benzylschweflige Säure, 155
zu derselben Zeit, wo Freund nach dem gleichen Ver-
fahren das Chlorid der Bssigsciure in das eigentliche Aceton
umwandelte.
Ich glaubte nach diesen Erfahrungen ei*warten zu dürfen,
dafs es gelingen werde, mittelst Aethylzink auf gleiche Weise
aus dem Chlorid der Benzylschwefelsäure , welches ich nach
Kolbe „Benzyisulfonchlorid'' nenne, den acetonartigen Körper
C H /
^*u^j[S204] zu gewinnen :
(C^äXS^OJ, Cl + (C4H5)Zn = ^(5»h'|[^«^J + ^"^^
BenzylsulfoD Chlorid Aethylzink acetonartige
Verbindung.
Beide wirken lebhaft auf einander ein, aber der Procefs
verläuft hier ganz anders, wie beim Vermischen von Benzoe-
säurechlorid mit Aethylzink. Statt des Zinks verbindet sich
auffallender Weise das Aethyl mit dem Chlor zu Aethylchlorür,
welches entweicht, während gleichzeitig aus dem Atomcom-
plex : (CiaH5)[S804] eins der vier Sauerstoffatome zu dem
Zink tritt, und so benzylschwefligsaures Zinkoxyd entsteht :
(CjjHaXSgOJ, Cl + (C4H5)Zn =r ZnO . (CiAXS A]. O + (0^)01
Benzylsulfonchlorid Aethylzink benzylschwefligsaures Aethyl-
Zinkoxyd chlorür.
Die benzylschweflige Säure steht zur schwefligen Säure
augenscheinlich in der nämlichen Beziehung, wie die Benzyl-
schwefelsäure zur Schwefelsäure ; sie ist als schweflige Säure
[S^OslOsi zu betrachten, welche eins der beiden extraradicalen
Sauerstoffatome durch ein Atom Benzyl substituirt enthält,
und ist demnach nicht mehr zweibasisch wie jene, sondern
eine einbasische Säure» Sie ist isomer mit dem noch zu ent-
*) Diese Annalen CXV, 22.
156 Kalte, über henzybchweflige Säure,
deckenden aldebydartigen Körper *') von der Zusammen-
Setzung : ^o^ [SaOJ, von welchem supponirt wird, dafs er
zur Benzylschwefelßäure dieselbe Stellung einnimmt, wie das
Benzoealdehyd zur Benzoesäure.
Die Darstellung der benzylschwefligen Säure geschieht
auf folgende Weise. Reines, zwischen 250 und 260^ C. sie*-
dendes Benzylsulfonchlorid , durch Destillation von benzyl-
schwefelsaurem^} Natron mit Fünffach -Chlorphosphor ge-
wonnen, wird mit etwa dem dreifachen Volumen wasser- und
alkoholfreiem Aether gemischt und in einem mit trockener
Kohlensäure gefüllten Kolben mit nicht zu viel Aethylzink
versetzt. Es erfolgt nicht sogleich eine Reaction ; erst nach
einiger Zeit sieht man das bis dahin klare Gemisch plötzlich
trübe werden, sich erwärmen und ein weifses Pulver ab-
setzen, welches sich fest an die Glaswand anlegt. Wenn die
Reaction beendet ist, wird eine neue Menge Aethylzink hin-
zugefügt, und diefs nach jedesmal erfolgter Einwirkung so
oft wiederholt, bis eine herausgenommene Portion den Ge-
ruch nach dem Chlorid nicht mehr zeigt. Das Ganze er-
scheint dann als weifse breiige Masse. Dieselbe enthält
aufser dem gebildeten neuen Zinksalz noch Aether und über-
schüssiges Aethylzink. Der Aether wird durch längeres Er-
hitzen auf 100^ C. entfernt, und darauf das Aethylzink durch
Zusatz von Wasser zerstört.
*) Ich war anfangs ^ ehe ich das Auftreten von Ghloräthyl bei der
Bildung der benzylschwefligen Säure nachgewiesen hatte, der
Meinung, in der benzylschwefligen Säure eben diesen aldehyd-
artigen Körper in Händen zu haben, und glaubte seine Entstehung
nach der Band CXVI, 854 gegebenen Qleichung interpretiren zu
sollen. Jene Annahme hat sich hernach als irrthümlich erwiesen.
**) Die Benzylschwefelsäure war mit reinem, aus Benzoesäure darge-
stelltem krystallisirtem Benzol bereitet.
Kalle, über hen^lsckweflige Säure* 157
Durch Wasser wird aus diesem SalzrückstAnde selbst
beim Kochen Nichts ausgezogen ; dagegen löst sich derselbe
leicht in mäfsig concentrirter heifser Salzsäure mit Hinter-
lassung einer geringen Menge eines unangenehm süfslich
riechenden Oels , welches ich aus Mangel an Substanz *)
nicht näher untersucht habe, welches aber vielleicht der
ursprünglich gesuchte acetonartige Körper : ^^u'lCSsOi] ist.
Die von diesem Oel^ heifs abgegossene saur^ Flüssigkeit wird
beim Erkalten zuerst milchig Mbe, und erfüllt sich zuletzt
mit einer prachtvollen weifsen Krystallisation. Die Krystalle
sind grofse Prismen, oft von einem Zoll Länge ; sie sind meist
sternförmig gruppirt und besitzen eine federfahnenäbnliche
Streifung. Dieselben enthalten noch von jenem Oel mecha-
nisch beigemengt^ welches auch die der Krystallisation vorauf-
*
gehende Trübung verursacht. Nachdem das Oel, welches
durch beigemengte feste Theile breiige Beschaffenheit hat,
darch Abgiersen mit der Mutterlauge von den Krystallen
möglichst gut entfernt ist , genügt meist einmaliges Umkry-
stallisiren aus siedendem Wasser, um sie völlig rein zu er-
halten.
Diese Krystalle sind die benzylschweflige Säure. Die
Analyse der zwischen Fliefspapier möglichst gut abgeprefsten
und hernach kurze Zeit im Exsicoator über Schwefelsäure
getrockneten, fein gepulverten Substanz gab folgende Zahlen :
0,3873 Grm. mit Kupferoxyd und vorgelegtem chromsaurem Blei-
oxyd, zuletzt im Sauerstoffstrom verbrannt, gaben 0,725 Grm.
Kohlensäure und 0,1607 Grm. Wasser, 60,9 pG. Kohlenstoff
und 4,6 pG. Wasserstoff entsprechend.
*) Von diesem Oel scheint sich desto mehr zu bilden, je stärker
sich das Gkmisch von Benzylsulfonchlorid und Aethylzink bei
der Beaction erhitzt.
158 Kalle^ über benzylschwefiige Säure,
0,390 Gm. lieferten auf gleiche Weise verbrannt 0,748 6rm. Koh-
lensäure und 0,1665 Grm. Wasser , entsprechend 51,0 pC.
Kohlenstoff und 4,6 pC. Wasserstoff.
Den Schwefelgehalt habe ich nach der Carius'schen Methode be-
stimmt. Die Substanz warde mit JBalpetersäure von 1,2 spec.
Gewicht bis zur völligen Lösung gekocht, die Lösung darauf
mit einem grolsen Ueberschufs von kohlensaurem Natron ver-
setzt, damit zur Trockne verdampft , und der Salzrückstand
über freiem Feuer sehr vorsichtig bis zum ruhigen Fliefsen
der Masse erhitzt. Der grofse Ueberschufs von kohlensaurem
Natron und sehr langsames Erhitzen ist defshalb nothwendig,
weil sonst leicht durch die stets sich bildenden Nitroverbin-
dungen Explosionen entstehen.
0,248 Grm. auf diese Weise behandelt gaben 0,4188 Grm. schwefel-
sauren Baryt, 22,8 pO. Schwefel entsprechend.
Hieraus berechnet sich die Zusammensetzung : C12H6S2O4.
berechnet
gefimden
"^ *
" L fir*
c«
72
60,7
50,9 51,0
He
6
4,3
4,6 4,6
S2
32
22,5
— —
O4
32
22,5
— —
22,8
142 100,0.
Die benzylschweflige Säure hat folgende Eigenschaften :
Sie krystallisirt in der bereits erwähnten Form, ist schwer
in kaltem, leicht in kochendem Wasser löslich^ und wird auch
von Alkohol und von Aether, besonders von ersterem, in
grofser Menge aufgenommen. Sie reagtrt und schmeckt
stark sauer, ist geruchlos und nicht suMimirbar. Schon aber
100® C. fängt sie an sich zu zersetzen, schmilzt noch unter
100® C« Auf dem Piatinblech erhitzt zersetzt sie sich leicht
unter Ausgabe unangenehm riechender Dämpfe, weiche mit
hell leuchtender rufsender Flammo und starkem Geruch nach
schwefliger Säure verbrennen. Eine poröse Kohle bleibt
zurück, welche nachher ohne Rückstand verbrennt.
Beim Liegen an der Luft, oder beim Aufbewahren in
Luft enthaltenden GefÜfsen wird die Verbindung feucht und
Kall Bf über benzylschweflige Säure, 159
zerfliefst zuletzt , indem sie Sauerstoff aufnimmt und sich zu
Benzylschwefelsäure oxydirt. Die weiteren Zersetzungen
sollen unten besonders besprochen werden.
Dafs bei der Einwirkung von Aethylzink auf Benzyl-
sulfonchlorid nicht wie ich ursprünglich vermuthete Chlor-
zink , sondern Chloräthyl entsteht , läfst sich leicht schon
daraus schliefsen, dafs nach vollendeter Zersetzung das Pro-
duct beim Auflösen in heifser verdünnter Schwefelsäure eine
Flüssigkeit giebt, welche verbältnifsmärsig nur wenig Chlor
enthält. Ich habe die Bildung von Chloräthyl aufserdem auch
direct nachgewiesen auf folgende Weis« : Ich brachte in
eine tubulirle Retorte, in deren Hals ein Gasleitungsrohr ein-
gesetzt war, eine Mischung von Benzyisuifonchlorid und
wasserfreiem Aether, füllte sie dann mit trockenem Kohlon-
säoregas, und liefs nun durch eine in den Tubulus einge-
setzte, untßn zu einer feinen Spitze ausgezogene Glasröhre,
welche oben durch ein mit Quetschhahn versehenes Kaut-
schukrohr mit dem abwärts stehenden Rohr einer Aethylzink
enthaltenden einfachen Spritzllasche commnnicirte , tropfen-
weise Aethylzink einfliefsen. Mit dem Eintritt der Reaction
erfolgte jedesmal Gasentwickelung, welche sich bei nacii-
herigem Erwärmen beträchtlich vermehrte. Das entweichende
Gas fing ich in einer Glocke über Kaliltrage auf, welche die
Kohlensäure vollständig absorbirte. Die nicht unbeträcht^
liehe Menge des unabsorbirt gebliebenen Gases verbrannte
beim Entflammen an der Luft mit intensiv grün gesäumter
Flamme , wie Chloräthyl. Die grofse Schwierigkeit , das
Chloräthyl von dem beigemengien Aetherdampf zu befreien,
bestimmte mich, von der Reindarstellung und Analyse des-
selben abzustehen, zumal da nach jener Beobachtung das Vor-
handensein dieses Gases für hinreichend constatirt gelten darf.
Es bleibt noch ein Umstand aufzuklären, nämlich wie es
kommt, dafs, wenn aus Aethylzink und Benzyisuifonchlorid
160 Kallcy über henzylschweflige Säure.
wirklich Chloräthyl und benzylschwefligsaures Zinkoxyd ent-
stehen, letzteres nachher durch beifses Wasser nicht ausge-
zogen wird, da doch das Zinksalz, wie ich mich durch einen
besonderen Versuch überzeugt hatte, in Wasser löslich ist.
Ich vermuthete gleich, dafs hier ein basisches Zinksalz ge-
bildet sein möchte, welches sein zweites Zinkoxydatom sehr
wohl von dem durch das Wasser zersetzten überschüssigen
Aethylzink erhalten haben kann. In der That, wenn man
das unlösliche Zinksalz mit viel Wasser zu einer milchigen
Flüssigkeit anrührt und in diese anhaltend Kohlensäure ein-
leitet, nachher kurze Zeit aufkocht und heifs filtrirt, so hat
man eine reichliche Menge neutrales benzylschwefligsaures
Zinkoxyd in Lösung, welches beim Eindampfen auskry-
stallisirt.
Die beschriebene Darstellung der benzyischwefligen Säure
ist so umständlich und wenig ergiebig, dafs ich, wenn auch
vergeblich, nach anderen Darstellungsmethoden suchte. Die
directe Umwandlung der Benzylschwefelsäure in benzyl-
schweflige Säure auf dieselbe Weise, wie Schwefelsäure zu
schwefliger Säure reducirt wird, z. B. durch Erhitzen der
concentrirten Säure mit Kupfer, gelingt schon defshalb nicht,
weil die Einwirkung erst bei einer Temperatur erfolgt, die
weit über derjenigen liegt, wobei die leicht veränderliche
benzylschw^flige Säure zerstört wird. Man erhält bei dieser
Reaction nur übelriechende, schweflige Säure enthaltende
Zersetzungsproducte.
Versucht man das Benzylsulfonchlorid durch Zink und
Schwefelsäure zu reduciren , so wirkt der im stalus nascens
befindliche Wasserstoff zwar ein, aber es entsteht nicht benzyl-
schweflige Säure, sondern das in der vorstehenden Abhand-
lung von V og t beschriebene Benzylsulfhydrat : CigHsS . HS.
Wieder anders verhält sich das Benzylsulfonchlorid bei
Behandlung mit einem Gemisch von Eisenfeiie und Essigsäure.
Kalle, über henzylschweflige Säure, 161
Hierbei entsteht kein Benzylsulfhydrat, sondern nur Salzsäure
und benzylschwefelsaures Eisenoxydul : FeO . CCi8H6)S806,
welches aus der heifs filtrirten Lösung beim Erkalten in
schönen sechsseitigen Tafeln krystallisirt. — In gleicher
Weise erhält man durch Behandlung des Chlorids mit Zink
und Essigsäure das in farblosen sechsseitigen Tafeln kry-
staltisirende benzylschwefelsaure Zinkoxyd mit 6 Atom Kry-
stallwasser : ZnO . (Ci8H6)S805 + 6 HO. Beim Erwärmen
mit Quecksilber und rauchender Salzsäure erfährt das Chlorid
fast gar keine Verändef'ung.
Benzylschwefligscvure Salze,
Die henzylschweflige Säure ist^ wie es ihre Zusammen-
setzung verlangt, eine einbasische Säure ; ihre neutralen Salze
sind durchweg in Wasser, zum Theil auch in Alkohol löslich.
Das Ammoniaksalz, durch Neutralisiren der Säure mit
Ammoniak erhalten, krystallisirt nach dem Eindampfen in
farblosen seideglänzenden Blättchen. Es ist in Wasser leicht,
in Alkohol schwer, in Aether wenig löslich.
Das Barytsalz : BaO . (Ci2H5)S808 erhält man leicht durch
Kochen der wässerigen Säurelösung mit kohlensaurem Baryt.
Es setzt sich beim Eindampfen der Lösung in Krystallwarzen
ab^ ist in Wasser ziemlich leicht, in Alkohol weniger löslich.
0,1838 Grm. lieferten 0,0925 G^rm. schwefelsauren Baryt, woraus
sich 38,1 pC. Baryt berechnen. Obige Formel verlangt 32,7
pC. Baryt.
Das Kupf ersah scheidet sich in gelblich-grünen, atlas-
glänzenden Blättchen aus , nachdem man die durch Kochen
der Säurelösung mit frisch gefälltem Kupferoxyd erhaltene
Salzlösung bis beinahe zur Trockne eingedampft bat. Es ist
in Alkohol weniger löslich als in Wasser.
Das Zinksalz : ZnO . (CigHs^SsOs erhält man leicht durch
Kochen der wässerigen Säure mit kohlensaurem Zinkoxyd,
AnnaL d. Ghem. n. Pharm. GXIX. Bd. 2. Heft. 11
162 Kalle, über henssykchweflige Säure.
oder wie Seite 160 besprochen, durch Zerlegung des in
Wasser suspendirten unlöslichen basischen Salzes mit Kohlen-
säure. Es ist in heirsem Wasser nicht viel löslicher, als in
kaltem, und scheidet sich während des Eindampfens in farb-
losen schiefen rhombischen Täfelchen mit abgestumpften
Ecken ab. Alkohol und Aether nehmen nur wenig davon
auf. Auf dem Platinblech erhitzt schmilzt es und verbrennt
nachher mit leuchtender Flamme, unter Ausgabe von schwef-
liger Säure und mit Hinterlassung von gelbem Zinkoxyd.
0,2667 Grm. mit Knpferoxyd und Yorgelegtem chromsanrem Blei-
oxyd, znletzt im Sauerstoffstrom yerbrannt, gaben 0,4032 Grm.
Kohlensäure und 0,0745 Grm. Wasser, entsprechend 41,2 pC.
Kohlenstoff und 3,1 pC. Wasserstoff. Die obige Formel ver-
langt 41,4 pC. Kohlenstoff und 2,9 pC. Wasserstoff.
Benzylschwefligacaires Silheroxyd : AgO . (Ci8H6)S203.
— Die durch Kochen der wässerigen Säurelösung mit kohlen-
saurem Silberoxyd erhaltene heifs Gltrirte Flüssigkeit setzt
das in kaltem Wasser schwer lösliche Siibersalz beim Erkalten
in farblosen, atlasglänzenden Blättchen ab. Beim Vermischen
der wässerigen Säurelösung mit salpetersaurem Silberoxyd
fällt es als weifser käsiger Niederschlag zu Boden. Derselbe
löst sich in kochendem Wasser auf, aus welcher Lösung das
Salz beim Erkalten krystallisirt.
Die Analyse der bei 100® C. getrockneten Verbindung
gab folgendes Resultat :
0,4055 Grm. lieferten 0,4318 Grm. Kohlensäure und 0,0803 Grm.
Wasser.
0,7002 Grm. mit Salpetersäure zersetzt und mit Salzsäure gefällt
gaben 0,4008 Grm. Chlorsilber.
berechnet nach der Formel :
AgO . (Ci2H6)8808 gefunden
Ci8 72 28,9 29,0
H5 5 2,0 2,2
Sa 32 12,9 —
O4 32 12,9 —
Ag 108 43,3 43,1
249 100,0.
Kalle^ über henzylschweflige Säure. 163
Das chemische Verhalten der benzylschwefligen Säare
verdient genauer und mehrseitiger studirt zu werden , als es
mir aus Mangel an Material möglich war. Ich theile darüber
folgende Beobachtungen mit. Wie schon erwähnt, verändert
sich die feste henzylschweflige Säure beim Stehen an der
Luft, auch unter dem Exsiccator in vollkommen trockener
Atmosphäre ; sie wird feucht, zerfliefst und nimmt bedeutend
an Gewicht zu, indem sie allmälig sich zu Benzylschwefel-
säure oxydirt. Diese Oxydation erfolgt sofort und vollständig
durch Erhitzen mit Salpetersäure.
Wie in diesem Verhalten ^ so ähnelt sie auch darin der
schwefligen Säure, von welcher sie abstammt, dafs ihre wäs-
serige Lösung Lackmuspapier erst röthet und dann bleicht.
Wie ferner die schweflige Säure durch Wasserstofi" im
Status nascens zu Schwefelwasserstoff reducirt wird , so ver-
wandelt sich auch die henzylschweflige Säure in Berührung
f mit Zink und Salzsäure in das von Vogt beschriebene
Benzylsulfhydrat :
SA + 6 H = 2 HS + 4 HO.
HO . (C„H5)S,08 + 4 H + (Ci8H|j)S . HS + 4 HO.
FünS'ach-Chlorphosphor wirkt heftig auf henzylschweflige
Säure ein. Von der anfänglichen Vorstellung ausgehend
(diese Ann. CXV, 354), die Substanz sei eine aldehydartige
Verbindung von der Zusammensetzung : ^^ii^l[S204] und in
der Erwartung, es werde sich durch Erhitat^en mit Fünffach-
ChlorphosRhor die dem Benzoechloraldehyd : ^*g^| [0201»]
C H )
entsprechende Verbindung : ^^u^j [S2CI4] bilden, mischte
ich einige Gramme der Substanz mit der zweifach-äquivalenten
Menge Fünffach-Chlorphosphar. Schon beim Vermischen tritt
eine lebhafte Reaction ein; die Masse verflüssigt sich mit
orangegelber Farbe und unter Ausgabe von viel Salzsäuregas.
11*
164 Kalte, über lenzyUchwefUge Säure.
4
Das Entweichen von Salzsäure beweist, dafs hier die Zer-
setzung in einem anderen Sinne verläuft. Das Dei^tillat ent-
hält aufser der gebildeten neuen Chlorverbindung viel Phos«-
phoroxychlorid und unveränderten Fünfifach - Chlorphosphor.
Um nicht durch fractionirte Destillation unnöthigen Verlust
zu erleiden^ und in der Voraussetzung » dafs das entstandene
Chlorid, ähnlich wie das Benzylsulfonchlorid , durch Wasser
nur wenig verändert werde, tröpfelte ich das ganze Destillat
in kaltes Wasser. Trotz der Abkühlung war die Reaction
so heftig, dafs ich den gröfsten Theil des Materials verlor.
Es blieben nur wenige Tropfen eines nicht unangenehm
riechenden schweren öligen Chlorids übrig, welches nicht
ganz unzersetzt destillirbar und überhaupt schwer flüchtig war.
Ich habe es im luftleeren Räume destillirt und analysirt.
Doch war die Substanz, wie die Analyse ausweist, nicht rein.
Statt 44,8 pC. Kohlenstoff und 3,1 pC. Wasserstofl", welche
die Formel (CjaH5}[Sa08] , Cl verlangt, ergab die Analyse
50,6 pC. Kohlenstoff und 4,1 pC. Wasserstoff* •— Ich habe
aus Mangel an Material diesen Versuch, resp. die Destillation
von gleichen Aequivalenten benzylschwefliger Säure und
Fünffach-Chlorphosphor, nicht wiederholen können.
Aus obiger Bildungsweise und den Eigenschaften der
benzylschwefligen Säure geht aufs Deutlichste hervor, dafs
die organischen Derivate der Schwefelsäure, so sehr sie auch
in manchen Punkten mit den organischen Abkömmlingen der
Kohlensäure Analogieen zeigen , doch in vielen wichtigen
Punkten sich wesentlich verschieden verhalten und fast eben
so von einander abweichen, wie die Schwefelsäure von der
Kohlensäure.
Katle^ aber Benzyl-Aethyl-Aceton, 165
XIX. Ueber Benzyl-Aethyl-Acelon ;
von Demselben.
Zu derselben Zeit, wo Freund sich mit der künstlichen
Darstellung der Acetone ^3 aus den zugehörenden Säure-
chloriden beschäftigte, habe ich denselben Gegenstand be-
arbeitet und gleiche Resultate erhalten. Da mir Freund
jedoch mit der Publication seiner Versuche zuvorgekommen
ist, so habe ich die Arbeit nicht weiter fortgesetzt. Ich
glaube jedoch nachträglich hier die Ergebnisse meiner wenn
auch unvollendeten Versuche über diejenigen Verbindungen
mittheilen zu sollen, auf welche Freund's Untersuchung
sich nicht erstreckt hat.
Chlorbenzoyl und Aethylzink, in nahezu äquivalenten
Verhältnissen gemischt, wirken auch bei «Verdünnung mit
Aether aufserordentlich heftig aufeinander ein. Wenn die
Aetber enthaltende Mischung sich nicht sogleich zersetzt, so
erfolgt meist nach sehr kurzer Zeit plötzlich eine stürmische
Reaction, wodurch der gröfste Theil aus dem Gefäfse ge-
schleudert wird. Dieser Uebelstand läfst sich beseitigen,
wenn man etwa 20 Cubikcentimeter Chlorbenzoyl , welches
mit dem dreifachen Volumen Aether verdünnt ist, in einen
geräumigen trockenen Kolben bringt, der zuvor ganz mit
Kohlensäure gefülit war, und nun gewöhnliches ätherhaltiges
Aethylzink, so wie es aus dem Frank land'schen Digestor
abdestillirt ist, aus einer einfachen Spritzflasche nach und
nach in kleinen Portionen eintröpfelt, wobei man jedesmal
mit dem neuen Zusatz so lange wartet, bis die Reaction er-
folgt ist. Dieselbe ist selbst bei jener Verdünnung noch
*) Diese Annalen CXV, 22.
166 Kalle, über Benzyl-Äethyl-Äceton,
ziemlich heftig, und mafs durch Eintauchen des Gefärses in
Eiswasser gemindert werden.
Wenn zuletzt der Geruch nach Chlorbenzoyl ganz ver-
schwunden ist, treibt man den Aether durch Erwärmen im
Wasserbade unter Einleiten von Kohlensäure vollständig aus^
und versetzt dann den braunen dickflüssigen Rückstand mit
Wasser, welches das gebildete Chlorzink löst und zugleich
den kleinen Ueberschufs von Aethylzink zerstört. Obenauf
schwimmt eine angenehm ätherartig riechende Oelschichl,
welche zum gröfsten Theile ans dem gebildeten Benzyl-
Aethyl-Aceton besteht. Dieses Oel ist schwer flüchtig und
geht bei nachheriger Destillation der ganzen Bhisse mit Wasser,
welches defshalb mehrmals erneuert werden mufs, nur lang--
sam über.
Das überdestillirte , vom Wasser abgehobene Oel wurde
über Chlorcalcium getrocknet und rectificirt. Fast die ganze
Menge desselben ging zwischen 205 und 210^ C. als farb-
loses, das Licht stark brechendes , sehr angenehm und fast
genau wie Benzoeäther riechendes Liquidum über. Die Ana-
lyse dieses Products stimmte indessen nicht gut mit der aus
Gl H )
der Formel qu^mCsOs] berechneten Zusammensetzung
überein. Statt 80,6 pC. Kohlenstoff und 7,5 pC. Wasserstoff
wurden 78,2 pC. Kohlenstoff und 8,2 pC. Wasserstoff ge-
funden.
Da ich vermuthete , dafs jene Differenz zum Theil
wenigstens von einem geringen Gehalt an Benzoeäther her-
rühren möchte, welcher leicht entstehen konnte, wenn der
zur Darstellung der Verbindung benutzte Aether alkoholhaltig
war, so kochte ich das Product anhaltend mit concentrirter
wässeriger Kalilauge, destillirte darauf das unzersetzt geblie-
bene Oel ab und reinigte es nach dem Trocknen über Chlor-
calcium durch Rectification. Es zeigte jetzt bei sonst unver-
Kalle^ über Benzyl-Äethyl-Aceton. 167
änderten physikalischen Eigenschaften einen constanten Siede-
punkt von 210^ C. Seine Analyse gab folgende Zahlen.
0,242 Grm. mit Eapferoxyd und zuletzt im Sauerstoffstfom Ter-
bramit gaben 0,714 Grm. Kohlensäure und 0,1902 Grm.
Wasser, woraus sich folgende Zusammensetzung berechnet :
berechnet
gefunden
c«
108^^^ 80^6
80,5
H,o
10 7,6
7,8
0,
16 11,9
—
134 100,0.
Diese Zahlen passen genau auf die ZusBfmmensetzung
des Benzyl-Aethyl-Acetons : ^^g^jCCjO«],
Auch die gefundene Siedetemperatur stimmt mit der
berechneten nahe überein. Offenbar steht das eigentliche
Aceton ^ij*|[C202] zu dem essigsauren Methyloxyd : CsHsO .
(C2H3)Ca03 in demselben Verhältnifs, wie das Benzyl-Aethyl-
Aceton : ^ g^| [C^Os] zu dem benzoesauren Aethyloxyd
C4H5O . (Ci8H5)C203 , und man darf daher annehmen, dafs
die beiden Körperpaare die nämlichen Siedepunktsdifferenzen
haben. In der That differiren die des ersten Paares genau
um eben so viel , nämlich um 2^ C. , als die des zweiten.
Nahezu dieselbe Differenz findet sich auch beim Aceton der
Propionsäure und dem Propionsäureäther.
Die Bildung des Benzyl-Aethyl-Acetons wird durch fol-
gende Gleichung interpretirt :
(C«H5)[CA], Cl + (CÄ)Zn = ^^H^ll^»^«! + ^^^^
Chlorbenzo7l Aethylzink Benayl-Aethyl-
Aceton.
Auffallender Weise vermag sich dieses gemischte Aceton
nicht wie die Acetone der fetten Säuren mit saurem schweflig-
saurem Natron zu vereinigen. Ob das nahe stehende ent-
2
168 ^ Kalle, über BenzylrAethyl'Äceton,
C H )
sprechende Dibenzylaceton : r}^^]\CiO%'\ {A^iS^enzon^ iwml
eine Verbindung eingeht, ist nicht bekannt.
Es möge hier noch die Erwähnung eines anderen Ver-
suchs Platz finden, welchen ich in der Absicht anstellte , in
ähnlicher Weise, wie im Chlorbenzoyl , auch im Chlorid der
Bernsteinsäure zwei Atome Chlor durch Aethyl zu substi-
tuiren, im Sinne folgender Gleichung : CCA)"! qq L Cl
+ 2(C4H5)Zn = ^gjj;)^'j[gg;] + 2ZnCl. oder daraus
vielleicht durch einen weiteren Zersetzungsprocefs die Ver-
bindung CC4H4)"[C208] , neben Propionsäureaceton zu ge-
winnen.
Das Chlorid der Bernsteinsäure und Aethylzink wirken
selbst bei starker Verdünnung mit Aether so heftig auf
einander ein, dafs bei meinen ersten Versuchen der Inhalt
des Kolbens jedesmal herausgeschleudert wurde. Jedoch ge-
lang es mir, durch Eintauchen des Gefäfses in Eiswasser und
durch langsames Eintröpfeln des ätherhaltigen Aethylzinks
die zu starke Erhitzung einigermafsen zu vermindern. Bei
der Behandlung des Products mit Wasser und nadiheriger
Destillation erhielt ich statt der gewünschten Verbindung ein
chlorhaltiges Oel von unangenehm brenzlichem Geruch, wel-
ches offenbar noch kleine Mengen brenzlicher Zersetzungs-
producte der Bernsteinsäure enthielt, und welches so flüchtig
war, dafs es mir nicht gelang, dasselbe vom Aether zu
befreien.
Ich habe aus dem schon angeführten Grunde auch diese
Versuche nicht fortgesetzt. Diese letzte Notiz dürfte viel-
leicht für denjenigen von Interesse sein, welcher es unter-
nimmt, den Gegenstand weiter zu verfolgen.
Kolhe u. Schmitt^ rother Farbstoff' aus Kreosot 169
XX. Vermischte Notizen.
i. Roiher Farhstojff aus dem Kreosot.
Gelegenilich der zahlreichen Versuche, welche vor zwei
Jahren im hiesigen Laboratoriom angestellt worden, um das
Phenyloxydhydrat in Salicylsäure umzuwandeln, habe ich in
Gemeinschaft mit R. Schmitt folgende Beobachtungen ge-
macht.
Erhitzt man eine Mischung von 1 Thl. Oxalsäure, IV2 Thl.
farblosen käuflichen Kreosots und 2 Thl. concentrirter Schwefel-
säure in einer tubulirten Retorte auf 140 bis 150® C, so geht
bei dieser Temperatur die Zerlegung der Oxalsäure in Kohlen-
säure und Kohlenoxyd ruhig von Statten, während zugleich
Wasser und etwas Kreosot in die Vorlage abdestilliren.
Nach und nach fängt der Inhalt der Retorte an sich zu
bräunen^ und nachdem derselbe 4 bis 5 Stunden lang obiger
Temperatur ausgesetzt gewesen ist, erscheint er ganz dunkel-
braunroth. Wenn die Gasentwickelung aufhört und die Masse
anfängt sich aufzublähen, giefst man sie heifs aus der Re-
torte in eine mit heifsem Wasser gefüllte Schale und kocht
unter öfterem Ersatz des verdampften Wassers, bis das bei-
gemengte Kreosot vollständig verjagt ist.
Das Wasser enthält neben freier Schwefelsäure grofse
Mengen von Phenyloxydschwefelsäure gelöst; die darunter
befindliche, unlösliche, schwarzbraune, teigige^ Masse erstarrt
beim Erkalten zu einem festen Harz. Dasselbe ist sehr spröde,
von glänzendem Bruch, ohne Geruch und Geschmack, ganz
unlöslich in Wasser, ziemlich schwer löslich in kaltem, leichter
in kochendem Alkohol, woraus es sich beim Erkalten zum
gröfsten Theile harzartig wieder absetzt, löslich auch in Eis-
essig. — * Die Ausbeute an diesem Harz ist sehr beträchtlich.
170 Koibe t*. Schmitt, roiJier Farbstoff aus Kreosot
Es wird mit prachtvoll purpurrother Farbe von Ammoniak,
noch leichter von Kali- und Natronlauge, auch von den
kohlensauren Alkalien gelöst, ohne jedoch letztere sichtlich
zu zersetzen. Baryt* und Kalkwasser nehmen es ebenfalls,
aber in weit geringerer Menge mit rother Farbe auf. Wird
die wässerige ammoniakalische Lösung eingedampft, so geht
alles Ammoniak fort, und es bleibt ein brauner amorpher,
dem Schellak sehr ähnlicher Körper zurück. — Werden die
alkoholischen Lösungen mit verdünnter Schwefelsäure oder
Salzsäure neutralisirt, so fällt die gelöste Verbindung in schön
orangefarbenen amorphen Flocken nieder. Wenn die Fällung
in der Wärme geschieht ^ so ballen die Flocken harzartig
zusammen, und der Niederschlag erscheint dann je nach der
Temperatur in verschiedenen Nuancen dunkler. Der auf
einem Filter gesammelte und mit kaltem Wasser anhaltend
ausgewaschene flockige Niederschlag bildet nach dem Trock-
nen bei gewöhnlicher Temperatur an der Luft eine lockere
Masse von prächtigem Orangerotb , ähnlich dem gefällten
Alizarin.
Der Körper schmilzt bei 80^ C. , bei stärkerem Erhitzen
in einer Glasröhre wird er unter Ausgabe von Phenyloxyd-
hydrat zerlegt. Die hierbei auftretenden Dämpfe riechen der
schwefligen Säure täuschend ähnlich. Uebrigens ist keine Spur
von Schwefel darin enthalten. — Auf dem Platinblech erhitzt hin-
terläfst er eine sehr grofse Menge schwer verbrennlicher Kohle.
Die Analyse gab folgende Zahlen :
I. 0,394 Grm. mit Enpferoxyd zuletzt im Sauerstoffstrom verbrannt
gaben 1,0775 Grm. Kohlensäure und 0,1825 Grm. Wasser.
n. 0,4715 Grm. gaben 1,293 Grm. Kohlensäure und 0,2206 Grm.
Wasser.
III. 0,4405 Grm. gaben 1,2105 Grm. Kohlensäure und 0,2065 Grm.
Wasser.
IV. 0,376 Grm. gaben 1,082 Grm. Kohlensäure und 0,174 Gruf. Wasser.
Hieraus berechnet sich die Zusammensetzung : CioH408.
Kolhe u. Schmitt, rother Farbstoff aus Kreosot \T\
bereclmet
gefiinden
L
"TT" luT
IV. -
Cio
60 75,0
74,7
74,8 74,9
75,0
H«
4 5,0
5,1
5,2 5,2
5,1
0,
16 20,0
--
_ —
—
80 100,0.
Da jener Farbstoff mit den Basen keine beständigen Ver-
bindungen von constanter Zusarnmensetzung eingeht, so war
es; unmöglich, sein Atomgewicht zu bestimmen. Wahrschein-
lich ist dasselbe noch einmal so grofs, als jene Formel aus-
drückt. Wäre er nach der Formel C80H8O4 zusammengesetzt,
so würde er zur Zusammensetzung des Alizarins C20H6O6 in
einfache Beziehung zu stellen sein, von diesem nämlich sich
blofs durch den Mehrgehalt von zwei Atomen Wasserstoff
und den Mindergehalt von zwei Atomen Sauerstoff unter-
scheiden. Doch haben beide wie es scheint in Wirklichkeit
wenig mit einander gemein.
Die wässerige Lösung des Farbstoffs in Kalilauge wird
durch Alaun und Zinnchlorür, auch durch Kalk- und Baryt-
salze nicht gefällt. Essigsaures Bleioxyd erzeugt damit einen
schön rothen Niederschlag von wechselnder Zusammensetzung.
— Durch Vermischen jener alkalischen Lösung mit Ferrid-
cyankalium wird die rothe Farbe noch viel dunkler und inten-r
siver, so dafs es bei verhältnifsmäfsig dünner Flüssigkeits-
schicht einer grofsen Verdünnung mit Wasser bedarf, um sie
durchscheinend zu machen. Salzsäure fällt hieraus einen
dunkelbraunen, beim Erhitzen harzartig schmelzenden Körper,
dem Ansehen nach verschieden von der anfänglichen Substanz.
Der Farbstoff verliert seine orangerothe Farbe bei Be-
handlung mit Eisenfeile und Essigsäure vollständig. Aus der
heifs filtrirten farblosen Lösung fällt beim Erkalten eine weifse
Substanz in Flocken nieder, welche in Wpsser unlöslich ist,
in Alkalien sich farblos löst und durch Säuren daraus wieder
mit weifser Farbe gefällt wird. Die alkalische Lösung färbt
172 Kolbe, Darstellung des Oxcdäihers.
sich an der Luft allmälig roth. Beim Vermischen mit Ferrid-
cyankalium wird sie sofort intensiv roth.
Die wässerige alkalische Lösung des Farbstoffs wird auch
durch Behandeln mit Natriumamalgam entfärbt, gewinnt aber
später ^an der Luft die frühere rothe Farbe wieder.
Sehr bemerkenswerth ist die aufserordentliche Bestän-
digkeit des Körpers in Verbindung mit Alkali. Die alkalische
Lösung läfst sich auch bei überschüssigem Kali nicht nur zur
Trockne eindampfen, sondern sogar bis zum Schmelzen des
Kalihydrats und darüber hinaus erhitzen, ohne sich erheblich
zu verändern.
Die beschriebene Verbindung scheint der Rosolsäure
von- Runge nahe verwandt zu sein, wenn nicht beide gar
identisch sind. Versuche, sie in der Färberei anwendbar zu
machen, haben bislang kein erwünschtes Resultat gegeben.
2. Darstellung des Oxaläthers,
Die ergiebigste Darstellungsmethode des Oxaläthers,
welche nach unseren Erfahrungen der von Chancel ge-
gebenen Vorschrift weit vorzuziefhen sein dürfte, ist nach
den von Dr. Kalle darüber angestellten Versuchen folgende :
180 Grm. entwässerte Cl^^i 100^ C. getrocknete} Oxalsäure
werden mit 100 Grm. saurem schwefelsaurem Kali innig ge-
mengt und in einer tubulirten Retorte auf 150 bis 180^ C.
erhitzt. Man läfst alsdann durch den Tubulus eine Mischung
von 250 Grm. 95grädigen oder noch besser absoluten Alkohols
und 25 Grm. concentrirter Schwefelsäure nach und nach in
kleinen Portionen einfiiefsen. Die im Kühlapparate con-
densirte erste Portion des Destillats giefst man zweckmäfsig
zu jener Mischung zurück und führt dann die Destillation
in obiger Weise langsam zu Ende, wobei Sorge zu tragen
ist, dafs die Temperatur nicht unter 150^ G. herabsinkt.
Kolhey Ueherßihrung der Dicarbansäuren in die etc. 173
Das gesaromte Destillat wird wiederholt mit Wasser ge-
schüttelt, der so gereinigte Oxaläther über Chlorcaicium ge-
trocknet und rectificirt. Die Ausbeute an reinem Oxaläther
beträgt gegen 70 pC. der aus der angewandten Oxalsäure
berechneten Menge. Aus den Waschwassern erhält man durch
Zusatz von Ammoniak noch ziemlich viel Oxamid.
3^ Ueberführung der Dioarbonsäuren in die zugehörenden
Manocarbonsäuren.
Gleich wie die meisten der dreibasischen Tricarbonsäuren
sich beim Erhitzen in Kohlensäure und die zugehörenden
zweibasischeh Dioarbonsäuren ^ z. B. die Citraconsäure in
Kohlensäure und Aconitsäure, und die Hekonsäure in Kohlen-
säure und Komensäure spalten, so läfst sich erwarten, dafs
auch die Dioarbonsäuren durch weitergehenden Zersetzungs-
procefs unter zu ermittelnden günstigen Umständen in Kohlen-
säure und die zugehörigen Monocarbohsäuren zerfallen. So
würden, wie ausführlicher in meinem Lehrbuch der organ.
Chemie 11 > 386 erörtert ist^ die Bernsteinsäure in Propion-
säure und die Sebacinsäure in Pelargonsäure sich umwandeln
lassen müssen :
2 HO . (C4H4)"[^«^ J, O, = HO . (CÄKCgOJ, 0 + C^O^
Bemsteinsäure Propionsäure
2 HO . (C,eHie)''[§oO' ^* "" HO . (0, A,)[CA]. O + 0,0^
SebacinsttQre Pelargonsftare.
Herr Koch hat es übernommen, diese Frage experi-
mentell zu behandeln 9 und es ist ihm nach vielen Versuchen
gelungen 9 aus der Bernsteinsäure durch Erhitzen mit Kalk-
hydrat wirklich reine Propionsäure darzustellen. Indessen ist
die Ausbeute verhältnifsmäfsig gering , weil die Temperatur,
wobei die Bernsteinsäure diese Zersetzung erfährt, derjenigen
174 Kolbe, Reduction der Schwefehäwe
gehr nahe liegti wobei die Propionsaore selbst weiter zerlegt
wird. Bei etwas zo starkem Erhitzen mit Kalkhydrat geht die
Propionsäure nämlich leicht in Essigsäure und später in Kohlen-
säure und Kohlenwasserstoff über. Wird Bernsteinsäare mit
überschüssigem Kalihydrat in einer Silberschale so stark er-
hitzt, bis kleine Bläschen von einem entzündlichen Cras auf-
treten, nnd die Masse dann rasch abgekühlt, so enthält die-
selbe eine beträchtliche Menge Yon essigsaurem Kali.
Aus jenem Grunde hat Koch aus der Sebacinsäure durch
Erhitzen mit Kalkhydrat bis jetzt auch nicht die Pelargon-
säure^ sondern die ebenfalls um zwei Atome Kohlenstoff und
Wasserstoff ärmere, beständigere Oenanthylsäure erhalten.
Vielleicht gelingt es noch, durch bessere Regelung der Tem-
peratur auch das primäre Zersetzungsproduct , die Pelargon-
säure, zu gewinnen. — Ausführlichere Mittheilungen darüber
nebst den analytischen Belegen wird Koch später geben.
Es möge bei dieser Gelegenheil noch eines Versuches
Erwähnung geschehen, welchen Koch in der Voraussetzung
anstellte^ dafs die Ricinelai'dinsäure beim Erhitzen mit Natron-
hydrat andere Producte liefern möchte, als die Ricinusölsäure.
Er fand jedoch, dafs die Zersetzungsproducte beider Säuren
identisch sind, ein Umstand, welcher für die dereinstige Er-
örterung der Frage nach ihrer chemischen Constitution nicht
unwichtig ist.
4. Reduction der Schwefelsäure zu Schwefelwasserstoff durch
Wasserstoff im status nascens.
Es ist allgemein bekannt, dafs die schweflige Säure durch
den mittelst Zink und Schwefelsäure oder Salzsäure ent-
wickelten Wasserstoff im status nascens zu Schwefel nnd
Schwefelwasserstoff reducirt wird. Weniger bekannt scheint
es zu sein und habe ich nirgends eine Angabe darüber ge-
zu Schwefelwasserstoff durch Wasserstoff im Status nasc, 175
funden, dafs auch die Schwefelsäure unter Umständen eine
gleiche Reduction erfährt.
Schon vor mehreren Jahren machte ich wiederholt die
Beobachtung, dafs aus Zink und Schwefelsäure dargestellter
Wasserstoff aufserordentlich stark nach Schwefelwasserstoff
roch und Bleipapier sofort schwärzte. Ich war anfangs der
Meinung^ diese Schwefelwasserstoffbildung rühre von einem
Gehalt der Schwefelsäure an schwefliger Säure her, aber
ich überzeugte mich bald, dafs auch chemisch reine Schwefel-
säure Schwefelwasserstoff und sogar fast in noch gröfserer
Menge als die gewöhnliche käufliche Säure erzeugt. Bei
allen diesen Versuchen wurde die concentrirte Schwefelsäure
durch ein Trichterrohr in die das Zink und Wasser ent-
haltende Wulf 'sehe Flasche eingebracht.
Es unterliegt keinem Zweifel, dafs unter diesen Um-
ständei) die Schwefelsäure selbst wirklich zu Schwefelwasser-
stoff reducirt wird. Man erhält dieses Gas^ wie ich gefunden
habe, in desto gröfserer Quantität dem Wasserstoff beige-
mengt , je heifser die den Wasserstoff entwickelnde Flüssig-
keit ist und in je concentrirterem Zustande die Schwefelsäure
mit dem Zink in Berührung kommt.
Wenn man die Schwefelsäure vor dem Einbringen mit
etwa dem doppelten Volumen Wasser verdünnt , so ist das
entwickelte Wasserstoffgas absolut frei von Schwefelwasser-
stoff. Läfst man aber hernach concentrirte Säure einfliefsen,
so hat man augenblicklich wieder den deutlichen Schwefel-
wasserstoffgeruch.
Diese Eigenschaft der concentrirten Schwefelsäure ver-
dient Beachtung, wenn es sich um Darstellung von reinem
Wasserstoff handelt, ganz besonders auch bei gerichtlich-
chemischen Untersuchungen auf Arsenik. Wollte man im
Marsh 'sehen Apparate den Wasserstoff durch Eingiefsen
von concentrirter Schwefelsäure entwickeln, oder gar un-
176 KolbSj Bildung von Salpetersäure u. s. w.
mittelbar nach dem Einbringen der auf Arsenik zu prüfenden
Flüssigkeit Schwefelsäurehydrat nachgiefsen, so würde durch
den sofort entstehenden Schwefelwasserstoff unfehlbar ein
grofser Theil der arsenigen Säure, bei sehr kleinen Quan-
titäten vielleicht die ganze Menge, in Schwefelarsenik ver-
wandelt werden und sich dadurch der Nachweisung ent-
ziehen. Es ist defshalb bei Anstellung der Arsenprobe mit
dem Marsh'sehen Apparate, wie überhaupt zur Darstellung
von reinem resp. schwefelfreiem Wasserstoff nothwendig, mit
Wasser verdünnte Schwefelsäure anzuwenden.
5. Bildung von Salpetersäure beim Verbrennen von Wasser-
Stoff in stickstoffhaltigem Sauerstoff
Die schon früher wahrgenommene Entstehung von Sal-
petersäure "^3 beim Verpuffen von Knallgas mit atmosphä-
rischer Luft im Eudiometer, habe ich neuerdings wieder
unter etwas veränderten Verhältnissen beobachtet. Läfst man
in einem aufrecht stehenden , mit Sauerstoff gefüllten offenen
Kolben Wasserstoff verbrennen, so sieht man nach kurzer
Zeit, sobald von der eindringenden Luft eine gewisse Menge
dem Sauerstoff sich beigemischt hat, den Kolben sich mit
röthlichgelbem Gas füllen, welches nach salpetriger Säure
riecht, und das im Kolben sich ansammelnde Wasser reagirt
stark sauer von aufgelöster Salpetersäure.
Wenn durch Versuche die für diese Bildungsweise der
Salpetersäure günstigsten Bedingungen ermittelt und ein
Verfahren entdeckt sein wird , den Sauerstoff im Grofsen mit
geringen Kosten zu bereiten , so läfst sich auf jenes Ver-
halten vielleicht eine vortheilhafte Methode zur Erzeugung
von Salpeter gründen.
H. Kolbe.
*) Diese Annalen LIX, 208.
177
Ueber das Benzil ;
von N. Zinin *).
Das Benzoi'n €1481202 wandelt sich bekanntlich unter
dem Einflüsse oxydirender Substanzen leicht zu Benzil G14H10O2
um. Auch die umgekehrte Umwandlung läfst sich, rein und
ohne Bildung von Nebenproducten, leicht bewirken. Wird
1 Th. Benzil in 6 Th. Essigsäure von 1,065 spec. Gew. ge-
löst mit 1 bis 2 Th. Eisen gekocht , so tritt Ausscheidung
feiner weifser Nadeln von Benzom ein ; kocht man so lange,
bis die Flüssigkeit durch die sich ausscheidenden Nadeln
beinahe gesteht, giefst die breiartige Masse von dem rück-
ständigen Eisen i^b, wascht nach dem Erkalten das Ausge-
schiedene mit Wasser und krystallisirt es aus Alkohol um,
so erhält man ganz reines Benzoin. Benzoin bildet sich
auch, wenn zu einer warmen alkoholischen Lösung von Benzil
fein gekörntes Zink und dann in kleinen Portionen starke
Salzsäure gesetzt wird.
Während in dem Benzoin Wasserstofl' enthalten ist,
welcher durch Säureradieale vertreten werden kann **},
scheint in dem Benzil solcher vertretbarer Wasserstoff nicht
mehr enthalten zu sein. Bei der Einwirkung von Fünf-
fach-Chlorphosphor wird im Benzil nicht Wasserstoff sondern
direct Sauerstoff" substituirt. Die Reaction erfolgt glatt ent-
sprechend der Gleichung :
Bei dem Erhitzen von Benzil mit etwas mehr als der
äquivalenten Menge Pünffach-Chlorphosphor bis zum Schmelzen
*) Im Ansz. aus d. Bull, de rAcad^mie des Boienoes de St-P^tors-
bourg III, 68.
•*) Die^e Annalen CIV, 116.
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXIX. Bd. 2. Heft. 12
178 Zinirif über das ßenzü,
des Benzils begann die Reaction unter Bildung von Phos-
pboroxychlorid , aber ohne dafs Chlorwasserstoff auftrat ; es
entstand eine gelbliche Flüssigkeit^ die nach dem Austreiben
alles Phosphoroxychlorids und nach dem Auswaschen zuerst
mit heifsem und dann mit kaltem Wasser zu einer krystalli-
nischen Masse erstarrte. Letzteres Product wird von Zinin
als Ghlorbenzä bezeichnet. 16 Grm. Benzil gaben mit 17 6rm.
Fünffach -Chlorphosphor behandelt 20 Grm. Chlorbenzil; die
sich theoretisch berechnende Menge ist 20,19 Grm.
Das Chlorbenzil löst sich leicht in Aether und bildet
bei langsamer Ausscheidung aus dieser Lösung kurze dicke
farblose rhombische Prismen, bei der Ausscheidung durch
Erkalten der in der Wärme gesättigten Lösung feine rhom-
bische Tafeln. In Alkohol ist es schwieriger löslich als in
Aether ; in Wasser ist es unlöslich. Es schmilzt bei 71^ und
beginnt bei etwa 65^ in grofsen blattartigen rhombischen
Tafeln zu krystallisiren ; über den Schmelzpunkt erhitzt, oder
unter Wasser oder Alkohol geschmolzen, bleibt es auch bei
niedrigerer Temperatur noch flüssig. Die Zusammensetzung
ergab sich entsprechend der Formel GuHioOCIs :
berechnet
gefhnden
Cu
168
68,39
63,14
Hjo
10
3,77
3,90
0
16
6,05
—
ci.
71
26,79
26,78 26,70
266 100,00.^
Bei der Destillation' zersetzt sich das Chlorbenzil qnd
man erhält ein flüssiges Product, welches unter Anderem
auch Chlorbenzoyl enthält. In starker Salpetersäure löst es
sich ziemlich leicht unter Erwärmung ; bei dem Kochen dieser
Lösung oder besser des Chlorbenzils mit nicht zu starker
Salpetersäure entwickeln sich viel rothe Dämpfe, und auf
Zusatz von Wasser scheidet sich reines Benzil aus. (4 Grm.
Zintn, über das BenziL 179
Ghlorbenzil gaben 3,150 6rm. Benzil; die theoretisch sich
berechnende Menge ist 3^169 Grm.) Eine allsoholische Auf-
lösung von salpetersaurem Silber bringt unter Ausscheidung
von Chlprsilber dieselbe Wirkung hervor, aber langsamer
und nur bei anhaltendem Kochen; andere Silbersalze sowie
eine alkoholische Lösung von essigsaurem Bleioxyd scheinen
bei der Siedehitze des Alkohols nicht einzuwirken. Durch
Aetzkali wird das Chlorbenzil bei Anwendung alkoholischer
Lösungen in der Kälte langsam, rascher und vollständiger
beim Erhitzen, unter Bildung von benzoesaurem Kali und von
Benzoylwasserstoff zersetzt, entsprechend der Gleichung :
d^Hio^Cls + 3 KH^ = GjB^Q + €yH,KO, + 2 CIK -}- H^O ;
bei allzulangem Kochen mit überschüssigem Kali wird der
Benzoylwasserstoff weiter zersetzt. Wässeriges Ammoniak
wirkt auf Chlorbenzil nicht ein; die Einwirkung des alkoho-
lischen Ammoniaks scheint sehr complicirt zu sein und geht
nicht leicht vor sich.
Ueber die Einführung von Wasserstoff in orga-
nische Verbindungen ;
von Demselben*^
Am 16. November des vorigen Jahres hatte ich die Ehre,
der Petersburger Academie eine Arbeit über das Benzil vor-
zulegen "^"^3, welche in dem am 31. December ausgegebenen
Bulletin erschienen und daraus in Nr. 12 des Chemischen
*) Aus dem Bulletin der Petersburger Academie mitgetheilt
**) VgL den Torhergehenden Aufsatz. D. R,
12*
180 Ziniriy über die Einfuhrung
Centralblattes vom 13. März abgedruckt ist; in ihr wird die
directe Einführung von Wasserstoff in organische Körper bei
der Umwandlung des Benzils in Benzo'in durch Hülfe von
Chlorwasserstofisäure und Zink als reine Reaction beschrieben.
Weder die Idee noch das Factum einer solchen Einführung
ist neu 9 denn z. B. die Verwandlung von Azobenzid in
Benzidin und von Acetylen in Ölbildendes Gas sind solche
Reactionen. Jetzt nun lese ich in dem eben erhaltenen, am
3. April ausgegebenen Aprilhefte der Annalen der Chemie
und Pharmacie, Seite 122, eine „briefliche Hittheilung^ von
Professor Kolbe, in welcher er anzeigt , dafs er seit Kur-
zem mit einer neuen Versuchsreihe beschäftigt sei , welche
die directe Einführung von Wasserstoff in wasserstoffarme
organische Verbindungen vermittelst Salzsäure und Natrium-
amalgams bezwecke. In dieser Hittheilung ist noch kein
concreter Fall von einer directen Einführung von Wasserstoff
in organische Verbindungen angeführt, es wird aber die Wir-
kung der Salzsäure und des Natriums auf Benzoesäure be-
sprochen, und diefs nöthigt mich, der Academie eine noch
unvollendete Arbeit über die Einführung von Wasserstoff in
das aus Benzil durch dieselbe Reaction gebildete Benzoin,
sowie auch über die Einwirkung von Salzsäure und Zink
auf das Bittermandelöl vorzulegen.
In jener meiner Arbeit ist angeführt, dafs bei der Ein-
wirkung von Chlorwasserstoffsäure und Zink auf eine alkoho-
lische Benzillösung Benzo'in herauskrystallisirt , wenn die
Meaction nicht zu weit geführt worden war ; läfst man aber
die Reaction weiter gehen, also auch auf das gebildete Ben-
zo'in sich erstrecken, so verwandelt sich das letztere in eine
neue Substanz. Sehr leicht gelang mir diese Operation,
wenn ich einer kochendheifsen Auflösung von 1 Tbl. Ben-
zo'in in ungefähr 3 bis 4 Thl. 75 procentigen Alkohols 1 Thl.
85 procentigen, mit salzsaurem Gase gesättigten Alkohols zu-
von Wasserstoff in organische Verbindungen. 181
setzte und nun allmälig Vs Tbl. fein zertheiltes Zink eintrug.
Wenn die dadurch hervorgerufene stürmische Reaction vor-
bei war, setzte ich noch V2 Thl. des mit Chlorwasserstoff
gesättigten Alkohols hinzu und kochte die Flüssigkeit bis zur
Hälfte ein , gofs sie darauf von dem ungelöst gebliebenen
Zink ab und vermischte sie mit Wasser^ wodurch ein ölartiger
Körper gefällt wurde, welcher bald zu einer krystallinischen
Masse erstarrte. Durch Umkrystallisiren aus Alkohol erhält
man den Körper in reinem Zustande; die Ausbeute beträgt
wenigstens eben so viel, als das angewendete Benzoün. Der
neue Körper kann in kleinen Quantitäten (ungefähr bis zu
8 6rm. auf einmal} überdestillirt werden, ohne dafs dabei
eine erhebliche Quantität zersetzt wird, und man kann sich
daher der Destillation zur Reinigung bedienen. In kochen-
dem starkem Alkohol ist der Körper fast in jedem Verhältnifs
löslich; in Aether ist er ebenfalls sehr leicht löslich, in
Wasser aber unlöslich. Aus Alkohol krystallisirt er in rhom-
bischen Tafeln ; bei 55^ C. schmilzt er. In der Zusammen-
setzung unterscheidet er sich von Benzoin durch einen
gröfseren Wasserstoffgehalt; durch die Elemcntar-Analyse ist
es aber ungemein schwierig, die Zahl der eingeführten Wasser-
stoffmolecüle auszumitteln , und ich mufs daher zur Unter-
suchung der Umwändlungsproducte meine Zuflucht nehmen.
Bis jetzt habe ich gefunden , dafs durch die Einwirkung von
Salpetersäure zwei Producte entstehen, ein weifser, in Wasser
löslicher, blättrig-krystallinischer Körper, und ein in Wasser
unlöslicher, aus Alkohol in feinen gelben Nadeln krystalli-
sirender. Mit einem Ueberschusse von Brom behandelt giebt
das hydrogenisirte Benzoin einen krystallinischen Körper.
Löst man Bittermandelöl in mit salzsaurem Gase ge-
sättigtem Alkohol, fügt Zink hinzu und kocht das Gemisch,
nachdem die stürmische Reaction vorüber ist, so sondert sich
auf dem Boden des Gefäfses ein schwerer ölartiger Körper
182 Sawitsch, über einige
ab, welcher beim Erkalten fest wird und eine harzartige Be-
schaffenheit annimmt. In Alkohol ist er fast unlöslich, in
Aether dagegen sehr leicht löslich, und aus dieser Lösung
setzt sich beim freiwilligen Verdampfen ein Theil desselben
in farblosen Krystallgruppenr ab , deren einzelne Individuen
dreikantig zugespitzt erscheinen; der Rest scheidet sich als
ölartige Masse aus, in welcher mit der Zeit ebenfalls diesel-
ben Krystalle entstehen. Diese Reaction ist demnach ganz
ähnlich der von Hrn. Kolbe beschriebenen, allein mein Pro-
duct enthielt nichts von der in wässeriger Kalilauge löslichen
Substanz, welche den gröfsten Theil des von Hrn. Kolbe
durch die Einwirkung von Natrium und Salzsäure auf Benzoe-
säure erhaltenen Productes ausmachte.
üeber einige vom Aethylen sich ableitende Ver-
bindungen ;
nach V, Sawitsch.
Die Bromverbindung des gebromten Aethylens, C^HsBra,
zersetzt sich nach Sawitsch'^) bei der Behandlung in
alkoholischer Lösung mit Natrium anders, als das Chloroform
C2HCI8. Im letzteren Fall entsteht neben Chlornatrium die
von Williamson und Kay*"^) schon früher durch Ein-
*) Bulletin de la soci^t^ cbimique, s^ance du 27 Avril 1860.
**) Diese Annalen XCII, 346. Zur Bestätiguiig Ton Wnrtz' An-
sicht (diese Annalen G, 119), dafs diese Substanz Oi4HieO0 als
der Triäthyl-Aether eines dem Glycerin homologen dreiatomigen
Alkohols, nftmlich als /r?-cr \ \0a zu betrachten sei , versuchte
vom Aethylen sich ableitende Verbindungen, 183
Wirkung von Chloroform auf Natriumalkoholat erhaltene Ver-
bindung C14H16O6 ; im ersteren Falle entsteht neben Brom-
natrium eine ziemlich flüchtige, an der Luft sich von selbst
entzündende Flüssigkeit.
Wie Sawitsch später fand ^^3, entsteht hierbei aus der
Bromverbindung des gebromten Aetbylens, C^HsBra, auch
zweifach-gebromtes Aethylen C4H8Br8, welches aus der resul-
tirenden Flüssigkeit sich bei Zusatz von viel Wasser als
schweres Oel abscheidet. Dieselbe Verbindung C4H8Br3 wird
auch erhalten dureh Erhitzen von C4H3Br3 mit festem Kali*
hydrat auf 100^ (die hier erfolgende Einwirkung ist sehr
heftig und von solcher Wärmeentwicklung begleitet^ dafs die
resultirende Flüssigkeit fast momentan überdestillirt) , oder
durch Behandeln yon C4H8Br8 mit alkoholischer Kalilösung
und Versetzen der vom Bromkalium abdestillirten Flüssigkeit
mit viel Wasser. Die Verbindung C4HsBr8 liefs sich nicht
ganz rein erhalten; sie war immer begleitet von einer Sub-
stanZy deren eigenthümlich riechende, die Augen heftig reizende
Dämpfe an der Luft weifse Nebel bilden und in ammoniaka-
lischer Kupferoxydullösung einen explosiven rölhlichbraunen
Niederschlag bilden. Das zweifach-gebromte Aethylen kann,
Sawitsch dieselbe durch Erhitzen mit krystallisirbarer Essig-
säure (entsprechend der Gleichung A) oder mit wasserfreier Essig-
säure (entsprechend B) in geschlossener Röhre auf 100^ in den
C Hl
dreiatomigen Alkohol |t | Oq oder den dreifach-essigsauren Aether
tffxs r\\ 0« Überzuführen :
Diese Versuche liatten indessen nicht den erwarteten Erfolg; es
bildeten sich nur ameisensaures und essigsaures Aethyl.
*) Bull, de la soc. chim., s^ance du 26 Octobre 1860 ;' ausführlicher
in Zeitschr. f. Chemie u. Pharmacie 1861, !•
184 Sawitsch, über einige
wie die entsprechende Chlorverbindung, in eine isomere feste
Substanz übergehen. Es scheint zu dieser Umwandlung die^
wenn auch nur kurz andauernde, Berührung mit Luft noth-
wendig zu sein. Es scheidet sich dann aus der vorher
klaren Flüssigkeit eine weifse Substanz ab, welche bei 14^5
das spec. Gew. 3,053 und dieselbe Zusammensetzung, wie
sie der Formel C4H8Br2 entspricht, ergab :
berechnet gefanden
Kohlenstoff 12,9 12,3 12,8
Wasserstoff 1,1 1,4 1,3
Brom 86^0 86,1.
Diese weifse Substanz ist unlöslich in Wasser und in
Alkohol, fast unlöslich in Aether und in Schwefelkohlenstoff;
sie scheint durch Mineralsäuren bei gewöhnlicher Temperatur
nicht angegriffen zu werden; durch wässeriges Ammoniak
wird sie in der Kälte langsam, rascher und vollständiger bei
100^ unter Bildung von Bromammonium und Ausscheidung
kohliger Substanz zersetzt; Kali wirkt ähnlich, aber lang-
samer als Ammoniak; beim Erhitzen der weifsen Substanz
auf Platinblech verkohlt sie unter Ausscheidung von Brom-
wasserstoff und verschwindet dann vollständig.
Die oben erwähnte Substanz, welche mit ammoniakalischer
Kupferoxyduliösung einen explosiven Niederschlag bildet;
schien Berthelot 's Acetylen*} zusein. Sa witsch wurde
dadurch zu der Untersuchung geführt, wie aus Aethylen
oder einem Bromsubstitutionsproduct desselben Acetylen C4H2
entstehen kann. **} Acetylen kann sich bei Einwirkung
überschüssiger alkoholischer Kalilösung auf Bromäthylen C4H4Br2
bilden , indem das zuerst entstehende einfach - gebromte
*) Diese Annalen GXVI, 116.
**) Compt. rend. LH, 167.
vom Aethylen sich ableitende Verbindungen. 185
Aethylen C4HsBr noch HBr abgiebt. Acetylen bildet sich
auch bei einstündigem Erhitzen von einfach - gebromtem
, Aethylen C^HsBr mit. der Natriumverbindung des Amylalko-
hols, CioHuNaOs, in geschlossenem starkem Gefäfse auf 100^;
der Inhalt des Gefäfses verflüssigte sich in Folge der Bildung
von Amylalkohol, und Bromnatrium schied sich ab; beim
Oeifnen des, vorher mittelst einer Kältemischung abgekühlten
Gefäfses entwich in reichlicher Menge ein Gas, welches mit
ammoniakalischer Kupferchlorürlösung einen rothen Nieder-
schlag gab ; das aus diesem Niederschlage mittelst Salzsäure
abgeschiedene Gas war nach seinen Eigenschaften und der
eudiometrischen Prüfung Acetylen. Die Bildung des letzteren
aus einfach -gebromtem Aethylen erfolgte hier entsprechend
der Gleichung :
CÄBr + CioHnNaOj = CA + NaBr + CioHiA-
Umwandlung des einfach - gebromten Propylens
CßHöBr zu Allylen C6H4 ;
nach V. Sawitsch.*^
Wie durch die Einwirkung der Natriumverbindungen von
Alkoholen auf das einfach-gebromte Aethylen CAÜgBr Acetylen
C4H8 entsteht, so durch Einwirkung jener Verbindungen auf
einfach-gebromtes Propylen CeHsBr ein als Allylen bezeich-
neter Kohlenwasserstoff C6H4. Die Darstellung des letzteren
wurde in ganz entsprechender Weise, wie nach dem vorher-
0 Compt. rend. LII, 399.
186 Sawitachj Umwandlung des Propylens zu Allylen.
gehenden Aufsatz die des Acetylens^ nur unter Anwendung
der Natriumverbindung des Aelhylalkohols zur Zersetzung
des einfach-gebromten Propylens, ausgeführt. Bei dem Oeffnen
des, vorher mittelst einer Kältemischung abgekühlten, Glas-
kolbens, in welchem die Einwirkung vor sich gegangen war,
entwickelte sich eine beträchtliche Menge eines Gases, wel-
ches wiederholt durch ammoniakalische Kupferoxydullösung
geleitet wurde. Hier bildete sich ein voluminöser zeisig-
gelber, beim Erhitzen mit röthlicher Flamme abbrennender,
in Brom geworfen unter Zischen und rother Feuererschei-
nung sich zersetzender, mit concentrirten Säuren schon in
der Kälte, mit verdünnten Säuren und namentlich mit Salz-
säure beim Erwärmen ein Gas entwickelnder Niederschlag.
Auf die letztere Art wurde das AUylen im reinen Zustande
gewonnen. Es ist farblos, riecht stark und unangenehm,
doch weniger als das Acetylen. Es brennt mit heller, stark
rufsender Flamme. Es giebt mit Quecksilberoxydulsalzen
einen dunkelgrauen , mit Silbersalzen einen weifsen Nieder-
schlag; der erste zersetzt sich beim Erhitzen ohne Detona-
tion, der zweite mit Explosion und röthlicher Flamme. Die
eudiometrische Analyse ergab für 1 Vol. des Gases :
gefcmden berechnet
Contraction bei der Verbrennimg : 2,04 Vol. 2
Erzeugte Kohlensäure : 3,00 Vol. 3
Verzehrter Sauerstoflf : 4,05 Vol. 4
Für eine Bestimmung des spec.^ Gewichtes des Gases
reichte die Menge des letzteren nicht aus. — Bei dem Ein-
leiten des Gases in Brom entsteht eine farblose, an Dreifach-
Bromallyl erinnernd riechende Bromverbindung.
187
Einwirkung von Chloral auf Natriumalkoholat ;
von Aug, Kekuli.
Vor einiger Zeit habe ich die Vorstellung, welche man
sich g^ewöhnlich über den Vorgang bei chemischen Reactionen
machte (doppelter Austausch); durch eine allgemeinere er-
setzt. ^^3 Ich hatte damals einige Zersetzungen aufgeführt,
die nicht wohl als doppelter Austausch betrachtet werden
können. Ich hatte unter anderem gezeigt, dafs eine grofse
Anzahl von Metamorphosen der fetten Säuren und ihrer Ab-
kömmlinge ausgedrückt werden können durch das allge-
meine Schema :
Ist n = 1 und R = H, so hat man die Bildung von
Methylwasserstoff bei Erhitzen eines essigsauren Salzes mit
Kalihydrat. Bei Bildung der Acetone und der gemischten
Acetone ist R das Radical einer fetten Säure; die Bildung
der Aldehyde, bei Destillation von ameisensaurem Salz mit
dem Salz einer fetten Säure, ist derjenige specielle Fall der
Acetonblldungy für welchen n == 0 ist. Bei Einwirkung von
Chloral oder Trichloressigsäure auf Kali entsteht Chloroform ;
in beiden Fallen ist n = 1, H durch Chlor vertreten und
R = H; für den Fall des Chlorals ist der eingeklammerte
Sauerstoff [OJ nicht vt)rhanden u. s. w. In diesem Falle,
wenn [9] nicht vorhanden ist, entsteht dabei ameisensaures
Salz, während sonst (wenn [O] vorhanden) kohlensaures Salz
gebildet wird.
*) Diese Anualen CVl, 140.
188 Kekule^ Einwirkung von Chloral
Ich hatte bei der Gelegenheit mitgetheilt , dafs bei Ein-
wirkung von . Salpetersäure (R = NO») auf Chloral Chlor-
pikrin erhalten wird, nach dem Schema :
GClg NO,
€0
H
^9 n
Ich hatte damals schon diesen Versuch in der Weise
umgeändert, dafs ich statt Kalihydrat oder Salpetersäure
Alkoholnatrium auf Chloral einwirken liefs ; ich gab mich der
Hoffnung hin, so äthylirtes Chloroform , d. h. die Substanz ^
€3H5Cl8 zu erhalten, die nach dem Schema :
€01, ^«Hjh
GOi Na)
Hl
hätte entstehen können. Dieser Versuch, den ich vor einiger
Zeit wieder aufgenommen habe, gab nicht das gewünschte
Resultat. leb will nichts destoweniger das Resultat mittheilen,
einerseits um andere Chemiker von Anstellung desselben
Versuches abzuhalten , dann aber auch , well die Zersetzung
zwar in anderem Sinne, aber doch nach derselben allgemei-
nen Zersetzungsgleichung verläuft.
Bringt man Chloral mit einer alkoholischen Lösung von
Alkoholnatrium zusammen , so findet starke Erwärmung statt
und es entstehen als Hauptproducte : Chloroform und Ameisen-
säure-Aethyläther. Das Alkoholnatrium spielt demnach bei
der Zersetzung nur eine untergeordnete Rolle, es dient als
Vermittler der Reaction. Diese erfolgt nach dem Schema :
€C1s______H|(
€0( G,H, ) •
Hf
Alkohol allein bringt diese Zersetzung nicht hervor, ob-
gleich beim Mischen beider Körper starke Erhitzung statt-
findet; alkoholische Kalilösung wirkt nahezu wie die Lösung
des Alkoholnatriums. Stets wird neben den Hauptproducten
auf Natriumalkoholat, 189
noch etwas Chlornatrium, ameisensaures Natron, Aethyläther
und eine geringe Menge einer höher siedenden Flüssigkeit
erhalten, die wahrscheinlich Triäthylformoglycerin (Kay 's
dreibasischer Ameisensäureäther) ist.
Aus dem Product kann entweder direct, oder nach vor-
hergegangener Destillation , durch Wasser eine farblose
Flüssigkeit gefällt werden, die wie Chloroform riecht und
trotz' wiederholtem Waschen und Trocknen über Chlorcalcium /
bei 61 bis 62^ siedet.
Ich habe mich längere Zeit mit vergeblichen Reinigungs-
versuchen und mit nicht übereinstimmenden Analysen des so
erhaltenen Körpers abgeplagt, bis ich fand, dafs er ein Ge-
menge von Chloroform und Ameisenäther war. Auffallender
Weise gaben die Analysen des Productes von zwei Dar-
Stellungen dieselben Resultate und diese Resultate stimmen
fast vollständig mit einer ziemlich einfachen Formel :
berechnet gefunden
€s 36 18,18 18,48 18»48 18,59
H4 4 2,02 2,25 2,48 2,38
CI4 142 71,72 71,67 71,99 72,06
O 16 8,08 — — —
Ich führe diese Zahlen an^ um darauf hinzuweisen, dafs
die Elementaranalyse allein, selbst bei Körpern von anschei-
nend constantem Siedepunkt, Nichts beweist.
Setzt man zu diesem Product Schwefelsäure, so scheidet
sich das Chloroform aus, während der Ameisenäther sich
zersetzt, gerade wie es der reine Aether auch thut, in ent-
weichendes Kohlenoxyd und in Aethylschwefelsäure.
Das so erhaltene Chloroform war :
Versuch : €pC. = 10,17; HpC. = 0,90; ClpC. = 89,34
Theorie : 10,05 0,8 89,1.
Der äthylschwefelsaure Baryt gab :
Versuch : € pC. = 12,46 ; H pC. = 2,75 ; Ba pC. = 35,31
Theorie : 12,43 2,59 35,23.
190 Kekulej über die Zusammensetzung
lieber die Zusammensetzung der Stannäthyle ;
von Demselben. ~
Die von Löwig"^) vor längerer Zeit beschriebenen
Stannäthyle sind bekanntlich zum Theil bei den neueren
Untersuchungen anderer Chemiker nicht wieder beobachtet
worden und man hat defshalb ihre Existenz mehrfach in
Zweifel gezogen.**) Diefs mag es entschuldigen, wenn ich
im Folgenden eine Interpretation sämmtlicher Aethylverbin-
düngen des Zinns mittheile, nach welcher selbst die com-
plicirtesten und defshalb für unwahrscheinlich gehaltenen
Zinnbasen Löwig 's durch die chemische Natur des Zinns
eine einfache Deutung erhalten. Diese Anschauung bietet
aufserdem den Vortheil, dafs sie bis zu einem gewisen Grade
wenigstens zeigt, warum die Löwig'schen Basen bei den
nach modiCcirten Methoden angestellten neueren Versuchen
nicht wieder erhalten worden sind, und weil sie gleichzeitig
die yfege andeutet, auf welchen sie vielleicht erhalten wer-
den können.
Ich würde es unter anderen Umständen vorgezogen
haben, die^e Ansicht vor der Veröffentlichung durch Experi-
mente zu prüfen ; da ich indessen weifs, dafs Herr Professor
Low ig selbst den Gegenstand wieder aufgenommen hat, so
habe ich es für ungeeignet gehalten, meinerseits in dieser
Richtung Versuche anzustellen.
Das Zinn, als vieratomiges Element (Sn = 118); bildet
die folgenden Aethylverbindungen, die alle als Zinnjodid be-
•) Diese Annalen LXXXIV, 308.
**) vgL z. B. : Strecker, diese Annalen CV , 310; Gerhardt,
Traitä II, 382; Wurta, Repertoire 1861, 62.
der Stannäth/le, 191
trachtet werden können, in welchem Jod durch Aethyl verr
treten ist :
8nJ4 = SnJJJJ Zinnjodid
SnAesJ = Sn(€2H5)JJJ Stannmonäthy^jodid (unbekannt)
(gewöhnlich :
SnA'e^Jt =; Sn(e3H5(€^||H5)JJ Stanndiäthyljodid Stannäthyl-
jodid)
SnAeJs = Sn(€,He)(€8H6)(€2H5)J Stanntri&thyljodid (Stannsesqui-
äthyVodid)
SnAe4 = Sn(0,H6)(08Hß)(€sH6)(€8H5) StanntetrÄthyl (Stanndiäthyl)
Die letzte ist der neutrale Aether des Zinns ; die beiden
anderen verhalten sich wie Jodide von Radicalen , deren
Basicität ausgedrückt ist durch die Anzahl der Jodatome.
Dieselben Verbindungen können andererseits als Stanntetr-
äthyl betrachtet werden ^ in welchem Aethyl durch Jod er-
setzt ist.
Die Radicale von 2 und 3 sind isolirbar. Sie haben als
isolirte Molecüle eine verdoppelte Molecularformet. Han hat
also bis dabin drei isolirte Stannätbyle :
1) Stanntetrdthyl 2) Stanntridthyl 8) 'Stanndiäthyl
SnAe4 Si^Ae^ Sn2Ae4.
Gerade so, wie durch Vertretung des Aethyls im Stann-
tetrgthyl die Jodide des Stanntriäthyls und des Stanndiäthyls
erhalten werden , so entstehen i wenn Jod das Aethyl im
Stanntriäthyl und Stanndiäthyl ersetzt, neue Jodide. Man hat
demnach zwei neben der Normalreihe herlaufende Reihen,
deren Anfangsglieder die isolirten Radicale der Jodide der
Normalreihe sind.
1)
BnAe4
2) SngAee
3)
80^^64
2)
SnAesJ
2 a) SnjAej J
3 a)
SusAegJ
3)
SnAegJg
2 b) Sn8Ae4J2.
Von diesen ist nun :
2 a : SngAesJ = alt Sn4Ae5J Löwig's Aethstannäthyljodid
2 b : Sn2Ae4J2 =r alt Sn4Ae4 Jg = Sn^Ae^^ J Löwig's Methylenstannäthyljodid
3 a : Sng AesJ = alt Bn4Ae8J Löwig's Acetatannäthyljodid.
192 Kekule, über die Zusammensetzung
Wenn die Radicale dieser Jodida in isolirtem Zustande
existiren^ wie diefs Löwig für das Aelhstannälhyl beobachtet
hat, so haben sie eine verdoppelte MolecuIarformeL Han hat :
4) Sn4Aeio (Aethstannäthyl.)
In diesem kann wieder Aethyl durch Jod ersetzt werden,
man erhält so :
4 a : Sti4Ae8J8 = alt : SngAegJg = Sn4Ae4J Löwig s Elaylstaonäthyljodid.
Die Zinnäthyle lassen sich demnach, wenn man annimmt,
dafs alle von Löwig beschriebenen Verbindungen wirklich
existiren, in folgender Weise zusammenstellen :
1) SnACi 2) SnjAe« 3) Sn2Ae4 4) Sn4Aeio
2) SnAegJ 2 a) SogAegJ 3 a) SogAegJ —
3) 8nAe2J2 2 b) Sn2Ae4J8 — 4 a) Sn4Ae8J2.
Man sieht, dafs das Aethstannäthyljodid und das Methy-
lenstannäthyljodid zum isolirten Stanntriäthyl genau in der-
selben Beziehung stehen, wie das Stanntriäthyljodid und das
Stanndiäthyljodid zum Stannteträthyl. Das Acetstannäthyljodid
verhält sich zum isolirten Stanndiäthyl wie das Stanntriäthyl-
jodid zum Stannteträthyl. Das Elaylstannäthyljodid leitet sich
aus dem isolirten Aethstannäthyl in derselben Weise ab, wie
das Stanndiäthyljodid aus dem Stannteträthyl.
Dafs diese Beziehungen nicht einfach Formelspielereien
sind, zeigt unter anderem die von Frankland gemachte Be-
obachtung *), dafs bei Einwirkung von Jod auf Stanndimethyl-
diäthyl das Methylenstannäthyljodid (Joddistannäthyl, Prank-
land} gebildet wird.
Die Bildung der Jodide der complicirteren Zinnäthyle er-
scheint also möglich, einmal durch Einwirkung von Jod auf
die isolirten Radicale ; die Möglichkeit einer anderen Bildung
ist ausgedrückt durch die folgenden Gleichungen :
*) Diese Annalen CXI, 58
der Stannäthyle.
Sii2Ae4
-f AeJ = Sn^AesJ
SügAesJ
+ AeJ = Sn8Ae4J,
3n2Ae4
+ 2SnAe8J = 2 Sn^AegJ
8n2Ae4
+ 2 SnAesJg = . 2 SnsAe4Js
SiigAe4
•\- SiisAe4Jg = Bn4AegJ2,
193
Andererseits zeigen die Gleichungen :
SogAei^J + AeJ = 2 SnAegJ
Sn2Ae4J2 + AeJ «= SnAesJ -{- SnAe2J2
Sn4AesJ2 -f* AeJ = Sn2Ae4J2 -f~ SogAegJ,
dars die Jodide der complicirteren Stannäthyle bei Ein-
wirkung von Jodäthyl in die Jodide einfacherer, Zinnbasen
zerfallen können, und daraus erklärt sich vielleicht, warum bei
neueren Versuchen, bei welchen das Product der ersten Ein-
wirkung längere Zeit mit überschüssigem Jodäthyl erhitzt
wurde, nur die einfacheren Zinnbas'en erhalten wurden.
Ich kann mich nicht enthalten, bei der Gelegenheit die
Aufmerksamkeit der Chemiker von Neuem auf die Analogie
hinzulenken , welche diese ZinnVerbindungen mit einzelnen
Kohlenstoffverbindungen zeigen ; eine Analogie, die bekannt-
lich Low ig schon zu der von ihm gebrauchten Nomenklatur
veranlafste und die, wie mir scheint, an Interesse gewonnen
hat, seitdem das Zinn und der Kohlenstoff als vieratomig er-
kannt worden sind.
Ueber das Zustandekommen der thierischen Be^
wegung ;
-von Carl Voit.*^
In dem lebenden Körper des Thiers zersetzen sich unter
der Mitwirkung des Sauerstoffs fortwährend die Bestandtheile
*) Mittheilang aus dessen Buch : „Ueber den Einflufs des Koch-
salzes, des Kaffee' s und der Moskelbewegungen auf den Stofif-
wechsel^ ; München 1860.
Annal. d. Chemie a. Pharm. CXIX. Bd. 2. Heft. 13
194 Voit, über das , Zustandekommen
desselben nach Gesetzen, welche Prof. Bischoff und ich
durch Experimente festgestellt haben. Bei diesem Vorgang
geht, wie man sich für gewöhnlich ausdrückt, die in diesen
Bei^tandtheilen vorhandene Spannkraft in lebendige Kraft über,
wodurch eine Reihe nach Aufsen bemerkbarer Wirkungen
auftreten, von denen uns bis jetzt vorzüglich drei , nämlich
Wärme, Electricitätund mechanische Bewegungen^ bekannt sind.
Wenn daher am Körper eine starke Wärmeentwickelung
stattfindet, so schliefst man mit Recht auf eine gröfsere
Menge verbrannter Stoffe zurück. Die gleiche Voraussetzung
macht man Tür einen Organismus, der mächtige mechanische
Leistungen ausführt ; denn da zum Zustandekommen derselben
jedenfalls vorher Stoff zerstört worden sein mufs, so verstand
es sich nach den bisherigen Anschauungen von selbst, dafs
darnach die Producte eines verstärkten Umsatzes wahrge-
nommen würden, zudem die körperlichen Anstrengungen zum
Theil unserer Willkür unterworfen sind.
Mit dieser vorgefafsten Meinung behaftet, versuchte ich
zu bestimmen, wieviel mehr Eiweifs zur Hervorbringung einer
Leistung von bekannter Gröfse verbraucht wird ; ich wollte
damit den Einfiufs der Nerven auf den Stoffwechsel kennen
lernen und die Menge der bei der Arbeit mehr einzuführen-
den Nahrung festsetzen. Ich experimentirte, aus Gründen,
welche in meinem Buche nachzusehen sind, an einem grofsen
Hunde, den ich so sehr in meiner Gewalt habe, dafs ich im
Stande hin, vorher die Harnstoffmenge anzugeben, die bei der
verschiedensten Nahrung zum Vorschein kommen wird. Der-
selbe mufste während einer gewissen Zeit in einem grofsen
Tretrade laufen, in welchem er in die Höhe stieg und dem
er dadurch eine bestimmte Geschwindigkeit ertheilte^ wobei
er in 24Stunden wenigstens 150000 Kilogrammeter Arbeit ver-
richtete. Trotzdem fand ich in diesem Falle zu meinem
gröfsten Erstaunen keine irgend erhebliche Vermehrung
der thterischen Bewegung. 195
der Harnstoffausscheidung als Anzeichen eines stärkeren
Eiweifsumsatzes.
Der Eiweifsumsatz richtet sich nach meinen Beobach-
tungen auch hier nach der Menge des vorhandenen Eiweifses
(und Fetts) und der des eingeathmeten Sauerstoffs. Weil
nun beim Hungern ohne Laufen alles für jeden Zeitabschnitt
disponible Eiweifs verbrennt, so verbindet sich der während
des Laufens mehr aufgenommene Sauerstoff mit Fett, daher
der Eiwetfsverbrauch der gleiche bleibt. Reicht man aber
bei körperlicher Unthätigkeit viel Nahrung, so ist der Zer-
störung des Eiweifses und Fetts durch den endlich eintreten-
den Mangel an Sauerstoff eine Grenze gesteckt; wird daher
bei der Arbeit in Folge der rascheren Athemzüge mehr
Sauerstoff inspirirt, so kann etwas mehr Eiweifs und Fett
der Verbrennung anheimfallen.
Das dadurch hervorgerufene Plus der Eiweifszerstörung
ist jedoch unter allen Umstanden so aufserordentlich gering,
dafs damit unmöglich die bedeutende Arbeit ausgeführt wer-
den konnte; nur die Fettoxydation wird bei der Inanition
in ansehnlicherem Mafse gesteigert. Aus diesem Grunde
pflegen unsere Gebirgsbewohner für langwierige Märsche
einen Vorrath von Fett mitzunehmen, das den überschüssigen
Sauerstoff bindet und ihn hindert, sich an das Eiweifs zu
halten.
Es kann der Beweis geführt werden, dafs die bei der
Verwandlung des Fetts (oder auch der Kohlehydrate) in
Kohlensäure und Wasser gewonnene lebendige Kraft aus-
schliefslich zur Wärmeerzeugung und nicht zur Hervor-
bringung von Bewegung der Materie dient. Diefs ist einer
der wichtigsten Sätze in der Physiologie^ den Liebig mit
aller Schärfe hervorhob , indem er die Nahrungsmittel in
plastische und respiratorische trennte, und für welchen die
von mir gemeinschaftlich mit Prof. Bischoff unternomme-
13*
196 Voit, über das Zustandekommen
nen Untersuchungen über die Ernährung abermals vollgültige
Beweise beibrachten. Die am Organismus wahrgenommenen
Wirkungen (Wärme^ Electricität und mechanische Bewegung^
werden durch die Oxydation von Eiweirs und Fett erzeugt;
Eiweifs ist Tür sich allein im Stande, das Leben zu erhalten
und daher sämmtliche genannte Kraftäufserungen hervorzu-
bringen ; da das Fett aber die Eiweifszerstörung nie aufhebt
und bei alleiniger Darreichung desselben das Leben unfehl-
bar zu Grunde geht, so nimmt es offenbar nicht an allen
drei Wirkungen Theil, sondern nur an dor einen oder ande-
ren. Wir wissen ferner, dafs die Gewebe, an denen mecha-
nische Bewegungen und electrische Ströme vor sich gehen,
vorzüglich aus eiweifshaltigen Theilen bestehen, deren Lei-
stungsfähigkeit mit ihrem Fettgehalt abnimmt , und dafs das
Fett auf jeden Fall Wärme liefert. Aus dem Allem erhellt
die Bedeutung des Fetts für die Wärmebildung und die des
Eiweifses für Wärme , Electricität und mechanische Be-
wegung.
Bei der stärksten Anstrengung verbrennt aber im Ganzen
nicht mehr Eiweifs als in der Ruhe; es mufs daher beide
Male gleich viel lebendige Kraft entstehen, d. h. die mecha-
nische Bewegung wird durch eine schon in der Ruhe vor-
handene Kraftwirkung, die entsprechend abnimmt, ermöglicht,
also entweder durch Wärme oder durch Electricität. Die
Wärme ist zwar in vielen Fällen die Ursache einer Bewe-
gung der Materie ; im thierischen Organismus sind aber zu
einer solchen Uebertragung die Bedingungen nicht gegeben,
sonst müfste das Fett und die Kohlehydrale, die bei ihrer
Oxydation Wärme geben, wie das Eiweifs alle Functionen
des lebenden Körpers erhalten können. Zunächst ist
nicht abzusehen , wie hier die Wärme zur Bewegung bei-
tragen soll, da sie nur durch eine Volumenänderung wirkt,
die man bei der Thäligkeit der Nerven und Muskeln nicht
der thierischen Bewegung. 197
wahrnimmt. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als die An-
nahme einer Verwendung der in der Ruhe vorhandenen
electrischen Ströme für eine Lageveränderung der Theilchen.
Die berühmten Untersuchungen von Du Bois über thie-
rische Electricität haben uns die Gegenwart von electrischen
Strömen an allen stickstotThaltigen Geweben des Körpers^
vorzüglich an Muskeln und Nerven, kennen gelehrt Diese
Ströme sind an die Fortdauer der normalen Ernährung ge-
bunden und hören mit dieser auf; sie sind noch an den
kleinsten Theilchen wahrnehmbar, deren Einzelströmchen als
in sich geschlossene Ketten sich zu einem Gesammtstrom
combinireU; von dem man durch Einschaltung des Multiplica-
tors Stromzweige ableiten kann. Diese electrischen Ströme,
deren Intensität eine sehr grofse zu sein scheint, haben
sicherlich eine Bedeutung ; welcher Art dieselbe sei, war bis
jetzt im Unklaren.
Die Muskelcontraction und der sie veranlassende Leitungs-
vorgang im Nerven bestehen in einer schnell sich folgenden
Lagevaränderung der kleinsten Theilchen derselben, wobei
zugleich gewisse Aenderungen in der Iq|ensität der ableit-
baren Electricität ersichtlich werden; es tritt dabei nämlich
in der weitaus gröfsten Hehrzahl der Fälle eine Abnahme
der electrischen Kräfte nach Aufsen ein. Ich folgerte aus
meinen Beobachtungen des Stoffwechsels die Verwerthung
electrischer Kräfte für Bewegung* der Materie, wobei noth-
wendig erstere entsprechend an Kraft verlieren müssen ;
ich möchte daher die wirklich beobachtete negative Schwan-
kung bei der physiologischen Thätigkeit von Nerv und
Muskel als ein Anzeichen dieser Uebertragung auffassen. Es
fragt sich , ob man den electrischen Kräften die Hauptrolle
zuschreiben will, indem man sie'direct die Fortpflanzung der
Umlagerung der kleinsten Theilchen unter Abnahme ihrer
Intensität bewirken läfst, oder ob man ihnen eine noch un-
198 Votty über das Zustandekommen
bekannte Nebenbedeutung vindiciren will. Indem iqh, auf
meine Untersuchungen gestützt, das Erstere thue, möchte ich
den Sachverhalt etwa folgendermafsen auffassen.
Ein äufserer Anstofs oder das, was wir Willen nennen,
veranlarst eine locale Gleichgewichtsstörung der Theilchen ;
dieser Vorgang pflanzt sich weiter fort, indem die nächst-
liegenden Theilchen durch die ebenfalls dem früheren Gleich-
gewichtszustand entrückten electrischen Anziehungen und
Abstofsungen in eine ähnliche Lage gebracht werden. Dieser
im Nerven dem Auge nicht sichtbare Vorgang der Umlage--
rung durch electrische Kräfte heifst Leitung, im Muskel aber
Contraction.
An den stickstoffhaltigen Geweben des Körpers findet in
jedem Zeittheilchen durch die Action der Zellen die Zersetzung
einer bestimmten Menge Eiweifs , proportional der Zufuhr
desselben, statt; die dabei frei werdende lebendige Kraft
äufserst sich zum Theil als Wärme, zum Theil als electrischer
Strom, der wieder in Bewegung der Materie umgesetzt wer-
den kann. Damit erkennt man die Nothwendigkeit von elec-
trischen Strömen im Thier, da es durch sie allein möglich
ist, willkürlich eine mechanische Bewegung auszuführen und
gleichsam einen Vorrath allzeit zu unserer Disposition stehen-
der lebendiger Kraft zu haben, während man sonst grofse
Umwege annehmen mufste und genöthigt war, die Nerven
auf eine unbegreifliche Wefse direct in den Stoffwechsel ein-
greifen zu lassen, wodurch zuerst mehr Stoff zersetzt, und
dann erst die Kraft für die Bewegung disponibel werden
sollte. Jetzt haben wir in der Electricität eine gewisse Form
der Bewegung, die durch eine Anzahl von Einflüssen eine
andere Form annimmt; wir haben nur eine qualitative, nicht
quantitative Verschiedenheit.
Daraus erklären sich eine Menge Beobachtungen des
täglichen Lebens. Da für jeden Zeitabschnitt je nach der
der ihterischen Bewegung. 199
Nahrung nur eine bestimmte Menge Eiweifs zur Zerstörung
disponibel ist, so ist auch nur eine bestimmte Arbeitsgröfse
in jedem Zeitabschnitt möglich. Wir können so lange ar-
beiten, bis das zeitweilig verbrennbare Eiweifs oxydirt ist,
dann tritt Ermüdung und Unmöglichkeit weiter zu arbeiten
ein; nach einiger Zeit hat sich wieder ein Vorrath angesam-
melt und die Arbeit kann von Neuem beginnen. Eine mäfsige
Anstrengung halten wir daher continuirlich viele Stun-
den lang aus, eine grofse nur kurze Zeit. Will man mehr
leisten, so mufs man mehr Eiweifs einführen, aber auch der
stärkste Willensimpuls ist nicht im Stande, mehr Eiweifs zu
verbrennen und mehr Kraft als in der Ruhe zu gewinnen.
Mittheilungen aus dem Laboratorium zu Innsbruck.
I. Ueber das Ffaloroglucin ;
von Ä Hlasiwetz.
In meinem ersten Bericht über das Phloroglucin, das ich
als Zersetzungsproduct des Phloretins und später des Quer-
cetins gefunden hatte , konnte ich nur die empirische Formel
des Körpers GeHeOs -\- 2 H2O geben und seine Eigenschaften
im Allgemeinen beschreiben.
Ich habe jetzt , so weit es das Material zuliefs , die Un-
tersuchung in Gemeinschaft mit Herrn L. Pfaundler fort-
gesetzt, und die Ergebnisse derselben, wenn sie auch das
Studium des Körpers noch nicht erschöpfen, liefern doch
schon mehr Anhaltspunkte für seine Beurtheilung und geben
200 Hlasiwetz^ über das Phloroglucin.
von einigen seiner Eigenthümlichkeiten Bechenscbaft. — Es
läfst sich, wie früher gezeigt wurde, der Wasserstoff des
Pbloroglucins leicht zum Theil durch Brom ersetzen. Eine
ähnliche Substitution ist mit zusammengesetzten Radicalen
möglich. /
Nitrophloroghicm. — Die Einwirkung der Salpetersäure
auf das Phloroglucin ist sehr stürmisch und erfolgt schon in
der Kälte. Die Temperatur steigert sich von selbst so^ dafs
eine äufsere Abkühlung ndthig wird. Die Flüssigkeit färbt
sich blutroth und unter starker Gasentwickelung , während
welcher- sie wieder lichter wird, geht die Reaction leicht
in einen Oxydationsvorgang über, dessen Endproduct Oxal-
säure ist.
Man mufs, will man eine Substitution erzielen, äufserst
vorsichtig operiren, in die etwas verdünnte^ ganz mäfsig er-
wärmte und auf gleicher Temperatur erhaltene Flüssigkeit die
Substanz nur allmälig und in kleinen Mengen eintragen.
Die dunkelrothe Lösung liefert zunächst dunkele, warzig
gruppirte Krystalle, die in kaltem Wasser schwer löslich sind,
es aber doch gelb färben.
Nach dem Umkrystailisiren aus heifsem Wasser erscheint
der Körper in rothgelben glänzenden Schuppen oder Blätt-
chen von schwach bitterem Geschmack.
Die Analyse führt zur Formel GeCNOs . H5)0s.
0,240 Grm. Substanz gabeu 0,370 Grm. Kohlensäure und 0,070
Grm. Wasser.
0,228 Grm. Substanz gaben 16,8 CC. Stickstoff bei 710,6°^ Baro-
meterstand und 7^ C.
berechnet
gef^inden
€,
72
42,10
42,04
H.
5
2,92
3,24
N
14
8,18
8,86
^6
80
46,80
—
171 100,00.
HlasiwetZy über das Phlaroglucin, 201
Äcetylphloroglticim — Acetylchlorid wirkt auf Phloro-
glucin schon bei gewöhnlicher Temperatur ein. In der
Wärme 9 in einem Apparat , der ein Verdichten und Zurück-
fliefsen des verdampfenden Chlorids gestattet, ist die Ein-
wirkung unter starker Salzsäureentwickelung bald beendigt.
Nach dem Verjagen des überschüssigen Chlorids wurde
die hinterbleibende weifse, in Wasser unlösliche Krystallmasse
aus Alkohol umki7stailisirt.
Kleine farblose Prismen, die in der Hitze Essigsäure
entwickeln.
I. 0,220 Grm. Substanz gaben 0»459 Grm. Koblenflänre und 0,100
Grm. Wasser.
II. 0,206 Grm. Substanz gaben 0,428 Grm. Kohlensäure und 0,091
Grm. Wasser.
In 100 Theilen :
I. IL
C 56,90 56,66
H 5,05 4,90.
Die Acetylsubstitute des Phloroglucins :
^^(^gHgO . 05)0-8 = ^8^8"^4
sind unter einander polymer und die Analyse läfst es daher
unbestimmt, wie viel Aequivalente Acetyl statt des Wasser-
stoffs eingetreten sind. Die Rechnung verlangt Tür diese
Formeln :
C 67,14
H 4,76.
Benzoylphloroglucin, — Das Product der Reaction zwi-
schen Benzoyichlorid und Phloroglucin ist fest, krystallinisch
und wird durch Auskochen mit Alkohol, worin es fast un-
löslich ist, gereinigt.
Weifse, kleine, glänzende Schüppchen.
Es entspricht der Formel GßCS GyHßG . Hg^Os.
0,252 Grm. Substanz gaben 0,680 Grm. Kohlensäure und 0,107
Grm. Wasser.
202 HlasiwetZy über das Phloroglucin,
1)6160111161
gefiinden
€„
324 78,97
73,69
H,g
18 4,11
4,31
^a
96 22,92
—
438 100,00.
Verbindungen des Phhroglucins mit Alkalien entstehen,
wenn man alkoholische Lösungen der Aetzalkalien mit alko-
holischen concentrirten Lösungen von Phloro^lucin vermischt.
Die Flüssigkeit trübt sich und es scheiden sich alsbald die
Verbindungen als ölige Hassen am Boden des Gefäfses aus,
die bei langem Stehen krystallinisch werden , die aber ihrer
Zerfliefslichkeit wegen schwierig in einem für die Analyse
brauchbaren Zustande zu erhalten sind.
Amid des Phhroglucins {Phloramin). — Üebergiefst man
Phloroglucin mit Ammoniak, so nimmt die Flüssigkeit eine
röthliche Farbe an.
Bei gelindem Erwärmen löst es sich dann mit schwach
bräunlicher Färbung. Ueberiäfst man eine solche nicht zu
verdünnte Lösung (auf 10 Grm. Phloroglucin etwa 50 CG.
Ammoniak} in einer offenen Schale sich selbst, so krystalli-
sirt nach einigen Stunden aus der dunkelbraun gewordenen
Lauge ein Körper in feinen glänzenden Krystallen, die, ab*
geprefst und aus warmem Wasser umkrystallisirt, äufserst
zarte dünne, glimmerartig glänzende Blättchen darstellen, die
sich vom Filter als eine silberglänzende Haut ablösen.
Die wässerige Lösung ist empfindlich für den Luftzutritt
und färbt sich leicht braun. Der Körper mufs, soll er sich
nicht färben, schnell unter der Luftpumpe über Schwefel-
säure getrocknet werden.
Im trockenen Zustande hält er sich ganz unverändert.
Das Phloramin löst sich wenig in kaltem Wasser , leicht in
Alkohol und ist unlöslich in Aether.
Sein Geschmack ist schwach adstringirend. Eisenchlorid
giebt keine Farbenreaction, Bleizucker und Silbersalpeter keine
Hlasiwetz, über das Ploroglucin, i03
Niederschläge. Beim Erwärmen mit Silberlösung wird Silber
reducirt.
Alkalien färben es dunkel und zersetzen es allmälig,
Säuren dagegen liefern damit meistens gut krystallisirte Ver-
bindungen.
Beim Trocknen im Wasserbade nimmt es eine citron-
gelbe Farbe an; es verliert dabei fortwährend an Gewicht,
wird weiterhin schmutzig -bräunlichgelb "und löst sich dann
nicht mehr in Wasser.
Die Analysen der über Schwefelsäure getrockneten Sub-
stanz führen zur Formel 66H7N08, die sich durch die Zusam-
mensetzung der Salze bestätigt.
I. 0,2902 Gnu. Substanz gabeu 0,612 Grm. Kohlensäure und
0,147 Grm. Wasser.
II. 0,2542 Grm. Substanz gaben 0,5337 Grm. Kohlensäure und
0,135 Grm. Wasser.
III. 0,301 Grm. Substanz gaben 31,5 CC. Stickstoff bei 715"^"* Bar.
und 17^ C.
berechnet gefunden
Gfl 72 57,60
H7 7 5,60
N 14 11,20
^8 32 25,60
125 100,00.
Trockenes Ammoniakgas verwandelt das Phloroglucin
ebenfalls in Fhloramin. Befindet sich das letztere in einer
Kugelröhre, während das Gas darüber streicht, so wird dieses
anfangs reichlich absorbirt. Weiterhin beginnt die Substanz
sich^ schwach röthlich bis bräunlich zu färben, dann erweicht
sie, schmilzt, es beschlägt sich die Röhre mit Wasser , und
führt man den Versuch, indem man die Röhre im Wasserbade
erwärmt) bis zum Aufliören der Wasserbildung fort, so er-
204 HlasiwetZy über das Phloroglucin.
hält man eine krystallinischei ziemlich gefSrhte Hasse, die
beim Auflösen in warmem Wasser bald Krystaile des Amids
liefert.
Die Farbenveränderung; die das Phloramin in der Hitze
erleidet, ist die Folge einer Zersetzung unter Wasseraustritt.
Der Gewichtsverlust ist stetig, er erreicht nach 6 stün-
digem Trocknen gegen 6 pC.
Man fand in mehreren Proben nach 3- bis 4- bis 6stün-
digem Trocknen
C 69,82 60.73 61,38
H 5,82 5,77 5,70
N — — 11,90.
Die Formeln GigHisNaOa^ö und Gi2Hi2N2e3=^ 2(66H7N02)
— Va HjO und 2 (GeHTNOa) — Hgö verlangen :
C 69,75 61,63
H 5,89 5,17
N 11,61 12,06.
Salzsaures Phloramin. — Das Phloramin wird beim
Uebergiefsen mit concentrirter Salzsäure zu einem sandigen
Krystallpulver und löst sich dann beim Erwärmen mit dunkel-
gelber Farbe auf. Sogleich nach dem Auskühlen schiefst die
Verbindung in gelben, drusig vereinigten, glänzenden Blätt-
chen an. Krystallisirt man diese aus Wasser um, so er-
scheinen etwas langsamer, als aus der Lösung in Salzsäure,
weifse, nadel- oder blättchenförmige, strahlig vereinigte Kry-
ställchen. Diese enthalten Wasser, welches sie bei 100^ ohne
sich zu zersetzen entlassen, während sie gelblich werden.
Wahrscheinlich ist somit die aus concentrirter Salzsäure
krystallisirende Substanz wasserfrei.
I. 0,244 Grm. lufttrockene Substanz verloren 0,0^ Grm. Wasser,
n. 0,208 Grm. lufttrockene Substanz verloren 0,021 Grm. Wasser.
III. 0,218 Grm. trockene Substanz gaben 0,1907 Grm. Cblorsilber.
IV. 0,3119 Grm. trockene Substanz gaben 0,5122 Grm. Kohlensäure
und 0,150 Grm. Wasser.
Blasiwetz, über das Phioroglucin, 205
berechnet I. IL
«gHyNag . HCl 161,5 —
% ««
HgO
18 10,02
10,24 10,09
179,5.
*
berechnet
m.
«öHgNOg
126 —
—
HCl
86,5 22,60
161,5.
22,25
berechnet
IV.
«6
72 44,72
44,78
Hs
8 4,95
4,98
N
14 —
—
O,
82 -
—
Cl
35,5 —
—
161,5.
Salpetersaures Phhramin. — Schwach erwärmte, mäfsig
concentrirle Salpetersäure löst zerriebenes Phloramin schnell,
und bald darauf krystallisirt das Salz in glänzenden, fast
bron^efarbigen Blältchen oder Nadeln. Bleibt das abgeprefste
noch feuchte Salz sich selbst überlassen , so zersetzt es sich,
wie es scheint unter Bildung einer Nitroverbindung. Es
wird immer dunkeler und giebt dann eine gelbrothe Lösung,
aus welcher dunkelbraune Krystalle anschiefsen, wie man
sie auch bei Anwendung rauchender Salpetersäure erhält, die
ziemlich heftig einwirkt. Sie sind löslicher als das salpeter-
saure Salz.
»
Dieses gab nach dem Trocknen bei 100^ folgende
Zahlen :
0,285 6rm. Substanz gaben 0,8995 Grm. Kohlensäure und 0,1199
Grm. Wasser.
0,3038 Grm. Substanz gaben 40 CC. Stickstoff bei 7,4°*" Barometer-
stand und W C.
^eHjNOg . NHOj verlangt :
206 Hlasiweta, über das Phloroglucin.
berechnet
gefnnden
e.
72
38,29
38,23
Hg
8
4,25
4,67
N,
28
14,89
14,59
^.
80
42,57
—
188 100,00.
Schwefelsaures Phloramin, — Die Lösung des Phlor-
amins in warmer verdünnter Schwefelsäure liefert beim frei-
willigen Verdunsten das Salz in spröden, oft ziemlich langen,
gelblichen Nadeln.
Sie lösen, sich (wie alle untersuchten Salze des Phlor-
aminsj auch in Alkohol und werden beim Trocknen im Was-
serbade lebhafter gelb. Dabei verlieren sie Krystallwasser.
I. 0,3378 Grm. lufttrockene Substanz gaben bei 100^ 0,0317 Grm.
Wasser.
II. 0,6164 Grm. trockene Substanz gaben 0,4102 Grm. schwefel-
sauren Baryt
berechnet gefunden
2 (€6HtN0») . SHjO* 348 — —
2Hs0 36 9,37 9,38
384.
•
'
berechnet
gefunden
2 (CeH^NO,) . H,0
268 —
—
8^8
80 23,00
22,86
348.
Essigsaures Phloramin krystallisirt nicht. Die Lösung
des Phloramins in concentrirter Essigsäure trocknet zu einem
gelben Firnifs ein. Behandelt man diesen mit Wasser, so
hinterbleibt ein lebhaft gelbes Pulver , welches mit der« Flüs-
sigkeit erhitzt nur zum kleinen Theil sich löst, während der
Rest harzartig schmilzt.
Oxalsaures Phloramin ist ein krystallinisches Salz.
Stdfophlorammsäure, — Das Phloramin zeigt gegen con-
centrirte Schwefelsäure ein characteristisches Verhalten,
welches zu einer empfindlichen Reaction für dasselbe benutzt
Hlasiwetz, über das Phloroglucm* 207
werden kann, eine Reaction, die auch für einen andern,
wahrscheinlich ähnlich constituirten Körper für characteristisch
gehalten wird, für das Tyrosin nämlich.
Verfährt man genau nach dem modificirten Verfahren,
welches zuletzt Städeler*) für die Piria'sche Tyrosin-
reaction empfohlen hat : erwärmt man mit concentrirter
Schwefelsäure, sättigt mit kohlensaurem Baryt, kocht auf und
filtrirt, so giebt das Filtrat mit Eisenchloridlösung eine noch
bei gröfster Verdünnung eintretende schöne, intensiv violette
Färbung.
Sie rührt von einer Sulfosäure her, die ihrestheils eben«*
falls nach der Methode S tadele r's für die Darstellung der
Tyrosinschwefelsäure in Krystallen erhalten werden kann.
Man digerirt auf dem Wasserbade etwa eine Stunde
lang Fhloramin mit Schwefelsäurehydrat, verdünnt, sättigt mit
kohlensaurem Baryt, filtrirt und zersetzt die heifse Lösung
des Barytsalzes mit Schwefelsäure, entfärbt mit Kohle . und
läfst verdunsten. Es bilden sich zarte farblose, concen*
trisch gruppirte Nädelchen, deren Lösung noch bei Spuren
die erwähnte Farbenreaction zeigt. Leider reichte das Ma-
terial nicht hin, den Körper quantitativ zu untersuchen, allein
es ist kaum zu zweifeln, dafs seine Zusammensetzung eine
der Tyrosinschwefelsäure entsprechende sein wird. (Die
andere für das Tyrosin characteristische Reaction mit sal-
petersaurem Quecksilberoxyd giebt das Fhloramin nicht.}**)
*) Diese Annalen CXVI, 66.
**) Städeler bezweifelt die Identität eines voi^ Wittstein in der
Ratanhiawurzel gefundenen und für Tyrosin gehaltenen Körpers.
Es wäre möglich, dafs, da das Phlorogluoin in der Form von
Phloridzin einen Bestandtheil mancher Wurzeln ausmacht, auch
dessen Amid sich schon fertig gebildet vorfände.
208 Hlasiwetz, über das Phloroglucm.
Bleibt eine ammoniakaliscbe Lösung des Phloroglacins
unter öfterem Erneuern des Ammoniaks lange der Luft aus-
gesetzt ^ so verschwindet endlich das zuerst gebildete Phlor-
amin , die Flüssigkeit , zuletzt ganz schwarzbraun , trocknet
zu einer schwarzen, spröden, glänzenden Hasse ein.
Diese löst sich in Ammoniak und fällt daraus durch Säuren
als schwarzbrauner Niederschlag, der nach dem Auswaschen
beim Trocknen wieder zu glänzenden schwarzen Stücken wird.
Nochmals zerrieben und mit warmem Wasser behandelt hin-
terbleibt er getrocknet von dem Aussehen zerriebener Glanz-
kohle.
Dieser stickstoffhaltige Körper wurde nach mehreren Be-
reitungen nicht ganz constant zusammengesetzt gefunden und
da jedes Kennzeichen einer völligen Reinheit fehlte so sind
die Resultate der Analysen nicht leicht mit einiger Sicherheil
zu verwerthen. (Man erhielt übrigens im Mittel C59,6; H4,4;-
N 4,2. Eine nach der Gleichung 3 GeHßOa + NH» + O =
ßisHisNey + Heös entstandene Verbindung 3 GeHsO» . N . 0
würde verlangen 60,5 pC. C, 4,2 H, 3,9 N.)
Die Existenz und Zusammensetzung des Phloramins scheint
mir einen Beweis für meine schon früher für das Phloro-
glucin vermuthete nähere Formel zu liefern.
Ich glaube jetzt um so berechtigter annehmen zu können,
sein Radical sei einatomig = GeHööa? es selbst =^ ^H*!^ •
das beschriebene Amid = H
}»
H
OeHßOg . Hs . N
Cl
dessen salzsanre Verbindung =
das Salpetersäure Salz = ^«H^Og . Hj^^j^
das schwefelsaure Salz = ^ (^ö^»^«) ' ^s^ j ^^.
Daran reihen sich an untersuchten Verbindungen die
Hlasiwetz^ über das Phbroglucin. 209
Siib^ititutionsproducte mit den Radicalen der Salpetersäure,
Essigsäure und Benzoesäure, und dem Brom.
Die Bildung des Amids ist natürlich :
Das Radical €6H502 nimmt Hesse in dem Chinonamid
H
€0
OeHgOgiN, in der Chinasäure = ^""^p ?
0s und der Carbo-
hydrochinonsäure = €0 \Q^ an.*)
Es liefse sich auch eine Beziehung zu dem Brenzcatechin
vermuthen, das zum Phloroglucin vielleicht sich verhält wie
ein Aldehyd zur Säure :
v^O^^^ vQHg-Q-3
Brenzcatechin Phloroglucin.
Das Chinon ferner, Gi%}A4,Q%, differirt um die Elemente
des Wassers von dem Phloroglucin.
Ein Ueberführen in dieses durch wasserfreie Phosphor-
säure gelang jedoch nicht. Beim Erhitzen der beiden Sub-
stanzen in einer Retorte bis zu 220^ entwickelte sich ein
stechender Geruch, allein es sublimirte kein Chinon. Die
Masse quoll auf und wurde lichtbraun. Mit Wasser ausge-
laugt hinterblieb ein amorpher häutiger , schwierig löslicher
Rückstand.
Trägt man die Phosphorsäure in eine Lösung des Phloro-
glucins in absoluten Aether ein, so zerfliefst sie darin und
nimmt eine Purpurfarbe an. Mit Wasser versetzt löst sich
Alles zy einer kirschrothen Flüssigkeit, die mit Alkalien pur-
purroth wird. Auch hier fand sich, nach vorsichtigem Ver-
*) Diese AnnalenCXIV, 336; CXVII, 327. Die Carbohydrochinon-
Bänre wäre gegenüher dem Phloroglucin, was die Orsellinsäure
gegenüber dem Orcin ist, Phloroglacin-Kohlensäure.
Annal. d. Chem. n. Pharm. C^IX. Bd. 2. Hett. 14
210 Hlaaiwetz, iiber das Phloroglucm,
dunsten des Aethers und nachherigem Destilliren, im Destillat
kein Chinon.
(Die mit dem Phloroglucin isomere Pyrogallussäure giebt
eben so wenig Chinon.)
Endlich konnte auch durch Oxydationsmittel kein Körper
aus der Chinonsäure sicher nachgewiesen werden.
Salpetersäure liefert als festes Product fast nur Oxal-
säure. Braunstein und Schwefelsäure , sowie Chromsäure
oxydiren Phloroglucin unter starker Kohlensäureentwickelung.
Flüchtige condensirbare Producta wurden nicht gebildet, da-
gegen öfters braune moderartige Pulver, die für die Analyse
wenig geeignet erschienen.
Hit einer kleinen Parthie Phioramin wurde noch ver-
sucht, ob es sich bei der Behandlung mit chlorsaurem Kali
und Salzsäure ähnlich verhält wie Tyrosin^ welches hierbei
gechlortes Aceton und gechlortes Chinon liefert.
Anfangs verwandelt sich hierbei das Phioramin in eine
dunkelbraune Harzmasse , die allmälig, sowie die Flüssigkeit
selbst, lichter wird«
Destillirt man, nachdem die Masse sich weiter nicht ver-
ändert, so erhält man im Destillat eine kleine Menge eines
Öligen Körpers, der dem heftigen Gerüche nach wohl ge-
chlortes Aceton sein könnte; der harzige Rtkckstand aber,
der sich leicht in Weingeist löst , gab keine Kryslalle von
Chloranil.
Die Bildungsweise des Phloramins (und wohl auch die
des schwarzen, durch die Einwirkung von Ammoniak und
Luft aus dem Phloroglucin entstehenden Körpers) spielt offen-
bar eine Rolle bei der Entstehung des Phloridze'ins aus dem
Phloridzin.
Zu der gewöhnlich angenommenen Gleichung :
HlaaiwetZj über das Pfdorogluchu 211
^jH^^io + N$Hg + 0^3 =ss: OaiHaoNjO^a
Phloridzin Phloridzem
hat schon Weltzien**} bemerkt , dafs hierbei Wasser aus«
treten müfste; er nimmt dieses Wasser als Krystallwasser
und schreibt die Formel :
{CjgHgO, \
CiaHiAo.HVO,
6 + 4aq.
Es ist übrigens fraglich, ob das Phloridzein das Radical
des Traubenzuckers noch enthält , denn läfst man Phloridzin
in einer mit Ammoniakdämpfen und Luft gefüllten Glocke zer-
fliefsen, verdunstet die rothbraun gewordene , beim Erhitzen
eine schöne Purpurfarbe annehmende Flüssigkeit gelinde,
löst wieder und fällt die Lösung mit Bleizucker aus, so zeigt
die von dem violetten Niederschlag abfliefsende fast farblose
Flüssigkeit nach dem Entfernen des Bleioxyds mit Schwefel-
wasserstoff die Zuckerreactionen sehr empfindlich, und trocknet
zu einer hygroscopischen, fade schmeckenden Masse ein, die
mit Zuckergeruch verbrennt.
Das Phloridzei'n ist vielleicht nur ein Oxydationsproduct
der gepaarten Amide der Phloretinsäure und des Phloro-
glucins.
Wenn das Pbloretin , wie es jetzt bewiesen scheint,
P H O h1^* *^*» ^^ '*®'^^ ^^^^ "^^'* fragen, ob diese Ver-*
bindung auch künstlich darstellbar sei.
Der Versuch hat ergeben, dafs sich Phloroglucin und
Phloretinsliare in der That, wenn auch nach anderen Ver-
hältnissen, vereinigen lassen, was in diesem Falle von der
Art des Verfahrens abhängen kann.
*) Systematische Zusammenstellang 11. «. w. S. 493.
14 ♦
212 HlasiwetZf über das Phlorogbictn.
Erhitzt man gleiche Aequivalente der Säure und trocknes
Phloroglucin in einer Röhre im Luftbade, so schmelzen sie
bei etwa 130^ zusammen.
Man bemerkt , während die Temperatur steigt , fort-
während eine Ausscheidung von Wasser , das die kälteren
Theile der Röhre beschlägt.
Während eines etwa 6 stündigen Brhitzens und bei einem
Thermometerstand von 170 bis 180^ schied sich aus den
schmelzenden Substanzen eine krümliche Masse aus, und
zuletzt wurde das Ganze bei dieser Temperatur f^st. Es
wurde dann der braun gewordene Röhreninhalt mit Wasser
behandelt.
Er löst sich (während Phloretinsäure sowie Phloro-
glucin für sich in heifsem Wasser leicht löslich sind} nur
sehr allmälig beim Kochen, und aus der filtrirten noch heifsen
Flüssigkeit fällt sogleich ein Körper in kleinen flimmernden
Krystallschuppen , die mit warmem Wasser gewaschen und
aus siedendem umkrystallisirt wurden , nachdem die etwas
gefärbte Lösung zuvor mit Kohle entfärbt worden war.
So gereinigt erhält man die Verbindung in fast farb-
losen kleinen Kryställchen , die unter dem Hikroscop als
Blättchen von schwer bestimmbarer Form erscheinen. Der
Geschmack ist anfangs herb , später süfslich ; die wässerige
Lösung reagirt neutral; von Eisenchlorid wird sie violett
gefärbt. Die Mutterlaugen, aus denen der Körper auskry-
stallisirt war, liefern beim Verdunsten gemischte Krystalle
von unverbundener Phloretinsäure und Phloroglucin.
Die Verbindung kann bis auf 150^ ohne Veränderung
erhitzt werden.
£
I. 0,2482 Grm. Substanz gaben 0,5468 Grm. Kohlensäure und
0,1131 Grm. Wasser.
n. 0,288 Grm. Substanz gaben 0,634 Grm. Kohlensäure und
0,123 Grm. Wasser.
HlaaiwetZy über das Phlaroglucin* 213
IIL 0,2325 Grm. Substanz gaben 0,511 Grm. Kohlensäure und
0,0996 Grm. Wasser.
in 100 Theilen :
C 60,08 60,03 60,08
H 5,06 4,74 6,17.
Diese Zahlen entsprechen einer Verbindung, welche nach
der Gleichung :
Pbloroglucin Phloretinsäure
entstanden sein kann und demnach 4 €6H602 1 ^6 wäre. Diese
verlangt :
C 60,78
H 4,91.
II. lieber die Acetyl - Quercetinsäure ;
von Leopold Pfaundler.
In seiner werthvollen Untersuchung über den krystalli-
slrten Bestandtheil von Daphne mezereum beschreibt Z vir en-
ger (diese Annalen CXV^ 1} das Daphnetin, einen krystalli-
sirten Körper von der Formel ^igHi^Oe, ein Zersetzungs-
product des Daphnins, eines Glucosids, von Eigenschaften,
die es dem Aesculetin an die Seite stellen.
Diese Verhältnisse, zusammengehalten mit der gegebenen
Formel, liefsen eine Beziehung zu der kürzlich beschriebenen
Quercetinsäure^}, dem Spaltungsproduct des Quercetins, ver-
muthen, die sich vielleicht durch die Formeln :
^lyHijOg Gi7 *j^^ ^8 = ^19^4^1
Quercetinsäure
*) Diese Annalen CXIl, 96.
214 Pfaundler, über die
hätte ausdrücken lassen , denen zufolge das Daphnetin als
ein Acetylderivat der Quercetinsäure erschiene, und es hätte
sich dann erwarten lassen, dafs das Daphnetin künstlich dar-
stellbar sei.
Herr Professor Rochleder hatte die Güte, zur Aus-
führung eines Versuchs in dieser Richtung noch eine Quan-
tität Quercitrin zu überlassen.
Behandelt man in der gewöhnlichen Weise getrocknete
Quercetinsaure mit Acetylchlorid in einem mit einem Kühler
versehenen Kolben im Wasserbade, so findet fast gar keine
Einwirkung statt. Die Krystalle der Säure lösen sich nicht,
verursachen ein starkes Stofsen der kochenden Flüssigkeit,
die Salzsäureentwickelung ist sehr unbedeutend, und selbst
eine stundenlange Einwirkung ändert nichts am Erfolge.
Schmilzt man dagegen das Chlorid mit der Säure in Röhren
ein und erhitzt diese im Wasserbade, so ist in kurzer Zeit
die Säure gelöst und die Reaction beendigt.
Nach dem Verjagen des überschüssigen Chlorids erhält
man einen klebrigen Firnifs, der mit Wasser behandelt sich
in eine weifse flockige harzartige Masse verwandelt.
Diese wurde mit Wasser, in dem sie ganz unlöslich ist,
wohl ausgewasohen und aus Alkohol umkrystallisirt. Man
erhielt kleine prismatische Nadeln, die selbst in beifsem
Wasser unlöslich sind, sich in Alkohol aber leicht lösen.
Eisenchlorid färbte die alkoholische Lösung nur unbedeutend.
Dadurch schon unterscheidet sich also der Körper von
Daphnetin. Alkalien lösen ihn mit gelber Farbe, die an der
Luft in Roth übergeht; er reducirt in alkalischer Lösung
Silber- und Kupfersalze. Schwefelsäure löst mit gelber Farbe.
Die Zusammensetzung entspricht einer Biacetylquer-
cetinsäure.
Aceiyl'Quercetinaäure. 215
0,2379 Grm. Substanz gaben 0,5134 Grm. KoMens&nre und 0,086
Grm. Wasser.
0 2 OgHsO^v
•"•10
berechnet gefanden
C 58,87 58,86
H 3,73 4,01
Die Mutterlaugen, aus denen die Verbindung krystallisirt
war, gaben mit Bisenchlorid jene grüne Färbung, die das
Daphnetin characterisirt , sehr intensiv. Es ist darum nicht
unmöglich, dafs doch eine wenigstens isomere Verbindung
in kleiner Menge gebildet wurde.
Sie zu isoliren gelang nicht, und eine Wiederholung des
Versuchs verbot die beschränkte Menge Material.
Der weifse flockige Niederschlag , den Wasser in diesen
Mutterlaugen erzeugt, trocknet zu einem beim Beiben sehr
electrischen Pulver ein.
Voraussichtlich ist er, falls zwei Verbindungen gebildet
wurden, ein Gemisch beider. Er wurde nur analysirt, um
durch die Zahlen zu erfahren, ob diese Vermuthung gegrün-
det sei. In der That kommen diese einer Monoacetylquer-
cetinsäure (oder dem isomeren Daphnetin) sehr nahe.
0,2384 Grm. Suhstanz gahen 0,5165 Grm. Kohlensäure und 0,084
Grm. Wasser.
In 100 Theilen : C 59,08 ; H 3,91
Zwenger fand im Mittel :
C 59,17; H 3,81.
Die acetylirten Producte der Quercetinsäure zersetzen
sich in der Hitze unter Essigsäurebildung.
Löst man Quercetinsäure und Harnstoff zusammen in Wasser
auf, so erhält man bei einem gewissen Verhältnifs der Bestand-
theile eine Verbindung beider Körper, während bei einem Ueber-
schufs des Harnstoffs sich beim Stehen in der gelblichen Flüssig-
keit allmälig ein gelbes pulveriges Zersetzungsproduct bildet.
216 Barth, über die Einwirkung \
Die erstere Harnstoffverbindung wäre vielleicht geeignet
zur Entscheidung über das Aequivalent der Quercetinsäure
beizutragen, und ich werde, sobald ich wieder Material be-
sitze, ihre Verhältnisse zu ermitteln suchen.
III. lieber die Einwirkung des Chlors auf den
Amylalkohol ;
von Dr. Ludwig Barth.
Lierse sich aus dem Amylalkohol CsHisO durch Chlorung
das Product GsHsCIsO darstellen, so wäre es möglich; dafs
durch Behandlung desselben mit einem basischen Oxyde nach
der Gleichung
Angelicasäure entstünde, und es wäre damit ein Yfeg gefun-
den, allgemein aus der Reihe des Aethyls in die des Acryls
zu gelangen.
Versuche in dieser Richtung unternommen bestätigten
zwar diese Vermuthung nicht, führten aber doch zu einigen
Thatsachen, die vielleicht der Mittheilung werth sind.
lieber die Einwirkung des Chlors auf den Amylalkohol
machte vor längerer Zeit schon Cahours die folgenden
Angaben.
„Leitet man Chlorgas einige Stunden durch ungefähr 20
„Grm. Fuselöl, so erfolgt die Absorption Anfangs unter Bil-
„dung von viel Salzsäure, Bräunung und Erhitzung bis zum
»
„Kochen , so dafs man von Aufsen abkühlen mufs ; später
„langsam, und ist durch gelindes Erwärmen zu unterstützen,
„bis das Chlor nicht mehr einwirkt.^
„Das gebildete braune Oel wird wiederholt mit Wasser
„gewaschen , das etwas kohlensaures Natron enthält , dann
„über Chlorcaicium gestellt und zwei- bis dreimal rectificirt.
des Chlors auf den Amylalkohol 217
„So erhält man ein blafsgelbes Oel, schwerer als Wasser,
^gegen 180^ siedend , dessen Dunst beim Einathmen Husten
^erregt, und welches erst geschmacklos ist, dann sehr scharf
,,schmeckt''.
,,Die frisch bereitete weingeistige Lösung füllt nicht die
„Silberlösung, aber beim Stehen wird sie sauer und fällt das
»Silber,«
„Das „Chloramylal« löst sich nicht in Wasser und alka-
»lischen Flüssigkeiten, aber in Weingeist und Aether.
berechnet
gefiindeii
C.0
43,60
44,23
^V.
6,18
6,06
(31,1/,
38,59
38,88
0,
11,63
11,34.
„Wahrscheinlich war die Wirkung des Chlors noch nicht
„vollständig. " (C a h o u r s). *)
Berücksichtigt man die Wirkung des Chlors auf den
Aethylalkohol , die eine sehr complicirte ist, in Folge deren
Chloräthyl, Aldehyd, Essigsäure, Chloral u. s. w. gebildet
werden, eine Wirkung, die zudem noch ein geringer Wasser-
gehalt in der Art und Menge der Producte abändern kann,
so ist es nicht sehr wahrscheinlich, dafs die Beaction beim
Amylalkohol so einfach verlaufe, wie sie durch das Product
von Cahours (angenommen, es wäre im reinen Zustande
€5H8Ci203 angedeutet zu werden scheint.
In der That iiefs sich nicht beobachten, dafs sich der
Procefs der Chlorung bei der. Bildung dieses Productes
irgendwie characteristisch abgrenzte, so dafs man ein Stadium
angeben und festhalten könnte, wo die Chlorung vornehmlich
diesen Erfolg gehabt hätte; im Gegentheil verläuft sie so
•) Gmelin's Handbuch V, 571.
218 Barth, über die Einwirkung
wenig unterschieden, dafs es kaum gelingt, die Zwischen-
glieder rein abzuscheiden.
Eher haben noch die Endglieder einige Constanz der
Zusammensetzung.
Der Verlauf der Erscheinung, als genau nach Cahours'
Angaben verfahren wurde, war folgender :
Die Flüssigkeit wurde zuerst gelb, entfärbte sich sehr
bald darauf wieder, und unter fortwährender Salzsäureent-
wickelung destillirte in eine angebrachte gekühlte Vorlage
eine dünne gelbliche Flüssigkeit, die, nach der später damit
vorgenommenen Reinigung, die Eigenschaften des Amylchlo-
rürs zeigte.
Die Temperatur der Flüssigkeit stieg bis 85^ C, wo sie
lange Zeit constant blieb. Besonders in dieser Periode hatte
die Bildung von Chloramyl statt Sie erreichte später 90^.
Nach etwa V« Stunden des Einleitens wurde die Flüssigkeit
trübe, wie es schien von gebildetem Wasser ; ihr Volum, das
sich Anfangs vergröfsert hatte, nahm wieder ab, und sie
wurde wieder gelb gefärbt. — Nach etwa IVa Stunden war
die Temperatur auf 40® gesunken. Von dort an wurde das
Gefäfs in ein Wasserbad gebracht und das Wasser allmälig
bis nahe zum Sieden erhitzt. Die Flüssigkeit färbte und ent-
färbte sich im Laufe der Operation noch einmal. Nach drei
Stunden wurde das Einleiten unterbrochen und das Product
nun so gereinigt, wie Cahours es that. — Bei dem Recti-
ficiren der mit Soda gewaschenen und dann getrockneten
Flüssigkeit entwich wieder Salzsäure, und die Temperatur
stieg höher als 200^
Die Parthie, die zwischen 180 und 200® destillirte, wurde
analysirt. Sie hatte einen gewürzhaften, dabei etwas stechen-
den Geruch, und röthete das Lackmus.
0,311 Grm. Substanz gaben 0,055 Grm. Kohlensäure und 0,210
Grm. Wasser.
0,3159 Grm. Substanz gaben 0,424 Grm. GhlorsUber.
des Chlors auf den AmylalkoJiol. 219
Das Oel mag in reinem Zustande der Formel 65H9CIO
entsprechen.
berechnet
gefiinden
c
49,79
48,67
H
7,46
7,50
Cl
29,46
33,20.
Die Chlorung war also weniger weit gegangen als bei
dem Versuche von Cahours, dessen Zahlen ungefähr sich
durch CöHgjsCIi^öö oder vielleicht S^u ci^K ausdrücken lassen.
Setzt man aber» wie es hierauf geschah, die Chlorung
weiter fori^ so ist es bei dem Hangel an jeder characteri-
stischen Erscheinung und der immer gleichen Salzsäureent-
wickelung mehr oder minder zufällig, wenn man ein Product
von consianter Zusammensetzung erhält.
So wurde noch das Product einer siebenstündigen Chlo-
rung in der angegebenen Weise hergestellt, ebenso das einer
zwölfstündigen.
Es ist zu erwähnen, dafs je länger die Substanz ge-
chlort ist, sie bei dem nachherigen Destilliren unter heftiger
Salzsäureentwickelung eine um so kleinere Ausbeute an
Rectificat liefert, während sich der Rückstand in der Retorte
immer mehr zersetzt, schwarz und kohlig wird.
Wenn, wie es wahrscheinlich ist, man es hier mit Ge-
mischen zu thun hat, so ist es schwer, diese durch Destilla-
tion zu trennen. Das Sieden beginnt oft schon unter 100^
und die Temperatur steigt , ohne constant zu werden , bis
gegen* 250^. Bei jeder Rectification entweicht Salzsäure und
bleibt ein schwarzer kohliger Rückstand in der Retorte. Der
Geruch dieser Oele verändert sich nach der Dauer der Chlo-
rung : anfangs eigenthümlich aromatisch, wie er manchen
Amylverbindungen eigen ist, wird er in dem höher gechlorten
Producte terpentinartig.
220 Barth, über die Eintoirkung
Da inzwischen der Körper €6H8Cl20 doch in diesen Ge-
mischen einen wesentlichen Bestandtheil ausmachen konnte,
so wurde versucht, die Ueberführung desselben in G5H802 in
der Anfangs angedeuteten Weise zu bewerkstelligen, in der
Hoffnung, dafs, fände sich Angelicasäure unter den Zer-
setzungsproducten 9 sie sich durch ihre Krystallisationsfähig-
keit und die Eigenschaften ihrer Salze würde erkennen
lassen.
Das verwendete Oel war das Product einer sieben- bis
achtstündigen Chlorung und hatte folgende Zusammensetzung :
0,3884 Grm. Substanz gaben 0,580 Grm. Kohlensäure und 0,193
Grm. Wasser. ^
0,2074 Grm. Substanz gaben 0,417 Grm. Chlorsilber.
In 100 Theilen :
C 37,22
H 6,52
Cl 49,73.
Es bestand demnach wohl zum gröfsten Theile aus
€5H8Cl20, denn dieses verlangt :
C 38,71
H 5,16
Cl 45,80.
Als dieses Oel in eine concentrirte alkoholische Kali-
lösung eingetröpfelt wurde, zersetzte es sich unter starker
Erhitzung und sofortiger Ausscheidung von Chlorkalium.
Nachdem ein Ueberschufs von Kali hinzugethan und noch
eine Zeit lang in der Hitze digerirt war, wurde die braun
gewordene Flüssigkeit von dem Chlorkalium getrennt und
der Alkohol abgezogen. *) Der Rest wurde mit Wasser
vermischt und mit Schwefelsäure gesättigt. Von einer kleinen
*) Dieses alkoholische Destillat trübte sich mit Wasser milchig,
allein es war nicht möglich, so viel davon zu sammeln, dals es
hätte untersucht werden können.
dea Chlors auf den AmylalkohoL 221
Menge eines ausgeschiedenen, etwas gefärbten, noch chlor-
haltigen und der Zersetzung entgangenen Oels wurde abge-
gossen und wieder destillirt.
Das Destillat hatte einen Mischgeruch, der zugleich an
Amylverbindungen und an Fettsäuren erinnerte, und reagirte
stark sauer. Es enthielt niemals (die Operation wurde mehrmals
ausgeführt) Krystalle. — Es wurde nochmals mit kohlen-
saurem Natron gesättigt, die Lösung eingedampft, wobei sich
die kleine Menge des nicht sauren Oels verfluchtigte, dann
wieder mit Schwefelsäure zersetzt und nochmals destillirt.
Auch dieses concentrirtere Destillat enthielt keine Kry-
stalle und besals weniger einen aromatischen, als einen
schweifsartigen Geruch. — Als es in der Wärme mit frisch
gefälltem Silberoxyd bis zum Verschwinden der Reaction
gesättigt und heifs Gltrirt war, fiel sogleich eine flockige
Krystallisation eines Silbersalzes heraus, die aber so schnell
sich schwärzte, dafs die Gegenwart einer Spur eines aldehyd-
artigen Körpers hätte vermuthet werden können. Sie mufste
nach dem Abtropfen umkrystallisirt werden, um den redu-
cirten Antheil Silber zu entfernen. Hierauf erschien das
Salz weifs und wurde am Licht und beim Trocknen nur un-
bedeutend gefärbt.
Der Analyse nach konnte es nur valeriansaures Silber-
oxyd sein, dessen übrige Eigenschaften es auch zeigte.
0,2283 Grm. Substanz gaben 0,2421 Grm. Kohlensäure und 0,0917
Grm. Wasser.
0,2364 Grm. Substanz gaben 0,122 Grm. Silber.
0,4601 Grm. Substanz gaben 0,2376 Grm. Silber.
OsHgAg^s gefunden
C 28,71 28,92 —
H 4,31 4,46 —
Ag 51,67 51,61 51,64.
Nicht so leicht rein zu erhalten war das Barytsalz; die
mit kohlensaurem Baryt gesättigte Lösung der freien Säure
222 Barth, über die Einwirkung
gab zuletzt dickliebe Laugen, in denen sich allerdings Kry-
stalle bildeten, die aber von der Mutterlauge kaum zu tren-
nen waren.
Da von den angelicasauren Salzen der alkalischen Erden
angegeben ist, dafs sie sehr zerfliefslich und schwer zu kry-
stallisiren sind, da zudem ihre Zusammensetzung der der
valeriansauren ziemlich nahe kommt, so blieb als Erkennungs-
merkmal noch die Krystallisationsfahigkeit der einen, die
ölige Beschaffenheit der andern Säure. — Concentrirte Lö*
sungen der Salze mit einer passenden Säure versetzt, lie-
ferten aber allemal nur ein Oel von den Eigenschaften der
Valeriansäure. Niemals wurden auch in der Kälte oder beim
freiwilligen Verdunsten Krystalle bemerkt.
Ergiebt es sich zunächst aus diesen Versuchen, dafs
durch die Einwirkung des Chlors auf den Amylalkohol haupt-
sächlich Producte gebildet werden, die nicht von dem me-
chanischen Typus €5(114, dem der Amylalkohol selber ange-
hört, sondern solche, die von GsHig stammen, wie
und dafs dieses letztere (dessen Entstehung die Gleichung
2 GßHijO + 6 Cl = GsHsClgO + GsHuCi + 3 HCl + H^O
ausdrückt) nicht durch eine einfache Substitution von Chlor
durch Sauerstoff in Angelicasäure überführbar ist : so konnte
es noch Interesse haben, die Producte der weiteren Chlorung
zu untersuchen.
Es hat sich gezeigt, dafs, um die Einwirkung des Chlors
bis zum Aufhören der Salzsäureentwickelung fortzusetzen,
bei Anwendung einiger Unzen Amylalkohol eine 8- bis 10-
tägige Behandlung nöthig ist. — Die Reaction wurde dabei
durch Erwärmen im Wasserbade befördert. (Nachdem die
Cblorung einige Tage gedauert hatte, wurden im Halse der
des Chlors auf den Atm/lalkohoL 223
aufrechtstehenden Retorte Krystalle bemerkt , die aber ihrer
kleinen Menge wegen nicht gesammelt werden konnten und
auch später wieder verschwanden.)
Das Product war endlich syrupdick geworden, klar^ schwach
gelblich, und nachdem es einige Wochen unter der Luftpumpe
über Kalk gestanden war, von cämph erähnlichem Gerüche und
brennendem Geschmacke.
Eine andere Parthie, die statt in eine Retorte in einen
grofsen Ballon gebracht worden war und darin dem Lichte
ausgesetzt so lange mit erneuten Chlormengen behandelt
wurde, als sich diese noch in Salzsäure verwandelten, war,
obwohl stets getrocknetes Chlorgas angewendet worden war,
trübe geworden von gebildetem Wasser , eine in der Kälte
zähe, salbenartige Masse vom Gerüche der vorigen.
Die sehr lange in dünnen Schichten über Kalk im
Vacuum getrocknete und von der anhängenden Salzsäure be*
freite Substanz gab bei der Analyse :
0^55 Grm. Bubstanz gaben 0,500 Grm. KohlenBäure und 0,128
Grm. Wasser.
0,337 Grm. Substanz gaben 0,958 Grm. Chlorsilber.
0,573 Grm. Substanz gaben 1,6145 Grm. Chlorsilber (von anderer
Bereitung).
0,4533 Grm. Substanz gaben 1,3186 Grm. Chlorsilber (von dritter
Bereitung).
In 100 Theilen :
C 24,57 — —
H 2,56 — —
Cl 70,32, 69,70 71,96.
Die Substanzen enthielten also noch eine kleine Menge
Sauerstoff. Auf eine weitere Reinigung derselben mufste
bei ihrer physikalischen Beschaffenheit verzichtet werden;
allein die Zahlen nähern sich doch der in diesem Falle sehr
wahrscheinlichen Formel G6H7CI5.
224 Barth y über die Einwirkung
berechnet
gefunden
c
24,39
24,57 —
H
2,86
2,56 —
Cl
72,59
70,32 71,96
und es ist kaum zu zweifeln, dafs der Körper ein inter-
mediäres Glied unter den Chlorsubstilutionsproduclen des
Amylchlorürs darstellt.
Bauer hat kürzlich durch Chlorung des Amylhydrürs
ein anderes Glied dieser Reihe von der Formel ^sHsCI« er-
hallen *).
Schon vordem kannte man das neunfach-gechlorte Pro-
duct, und diesen beiden ist das hier erhaltene seinen Eigen-
schaften nach auch sehr ähnlich.
So hat man demnach :
GßHaCl .
O5H8CI4
Diese Reihe noch weiter bis zum Endgliede 65CI18 zu
ergänzen, lag vorläufig nicht im Plane dieser Versuche; es
ist aber nach dem Mitgetheilten nicht zu zweifeln, dafs die
Chlorung des km^Xalkohols zu denselben Körpern führt, wie
die des Ami\hydrurs oder Amylchlorürs.
Man kann einen weiteren Beweis für die Natur des eben
beschriebenen Körpers in einem Zersetzungsproduct finden,
welches er parallel mit dem von Bauer aus ^öHgCU durch
Zersetzung mit Kalihydrat erhaltenen GsHjCIs liefert.
Unterwirft man den Körper G5H7CI5 der Destillation mit
einem Ueberschufs von Kalk, so erhält man, während eine
gewisse Menge uncondensirbarer Gase entweicht und sich
*) Compt rend. XLI, 572.
des Chlors auf den Amylalkohol, 225
der Inhalt der Retorte etwas schwärzt, ein dünnflüssiges, zu-
nächst bräunlich gefärbtes Oel von aromatischem, an Terpen-
tinöl erinnerndem Gerüche, welches wiederholt über Kalk
rectificirt farblos wird und nach dem Trocknen über Chlor-
cBlcium erst über 200^ siedet.
Es hat einen anfangs brennenden, dann anhaltend süfsen
Geschmack, wird bei längerem Stehen allmälig dunkeler,
sauer reagirend und riecht dann etwas nach Salzsäure. Es
läfst sich mit Kalium nur theilweise entchloren und wird dabei
braon und harzig.
I. 0,3581 Grm. Substanz gaben 0,384 Grm. Kohlensäure und
0,102 Grm. Wasser.
II. 0,3648 Grm. Substanz gaben 0,391 Grm. Kohlensäure und
0,0998 Grm. Wasser.
III. 0,3652 Grm. Substanz , gaben 1,013 Grm. Chlorsilber.
Die Formel G6H0CI4 verlangt :
berechnet gefunden
I. ' n. "^Tii.
C 28,84 29,24 29,23 —
H 2,88 3,16 3,03 —
Cl 68,28 — — 68,62,
Eine Bestimmung der Dämpfdichte ergab :
Teniperatur der Luft 16^ C.
Barometerstand 706"^
Temperatur des Bades beim Zuschmelzen . . . 243^ 0.
Gewichtszunahme des Ballons 0,9705 Grm.
Capacitttt des Ballons 280 CC.
Bückständige Luft nach dem Eindringen des Quecksilbers 1,2 CC.
GgHgCl^
berechnet gefanden
7,19 7,12.
Demnach hätte man die Beactionen :
OßHsCl^ + KH^ = GeHjClg + KCl + HgO (Bauer)
OßHyClg + CaHO = OßHeCl4 + CaCl + HjO.
Inzwischen ist der letzte Ausdruck nur ein ungefährer,
und die Zersetzung verläuft gewifs nicht so einfach. — Es
entweicht viel uncondensirbares Gas^ die Masse schwärzt sich
Annal. d. Cliem. a. Pharm. CXIX. Bd. 2. Heft. 15
226 Clark, über die Rry stall form
von ausgeschiedener Kdhle und die Ausbeute an Destillat ist
verliältnirsmärsig klein.
Es könnte sich der Vorgang so gestalten :
2 eaHyClg ^ OgHeCl* + OHj + 6 HCl + 4 €.
Für die Bildung von GsHjCis aus dem Anfiylalkohol lierse
sich mit Uebergehung der einzehien Phasen, die der Procers
hat, annehmen :
OjHjs^ + 8 Cl = OsH^Clg + 3 HCl + H^O.
üeber die Krystallform des Fichtelits;
voii Dr. .T. Edwards Clark,
In einem früheren Hefte dieser Zeitschrift (Bd. CHI,
S. 236) habe ich eine Analyse des Fichtelits veröffentlicht
und dessen Krystallform kurz erwähnt, da die kleinen und
sehr unvollkommenen Krystalle, welehe ich aus der Lösung
dieses fossilen Harzes in Alkohol und Aether erhalten hatte,
keine genaue Beschreibung erlaubten.
Es ist mir späterhin gelungen, durch Wiederauflösung
derselben vollkommene Krystaile zu erhalten, welche so grofs
sind, daCs sie eine vollständige Messung der Winkel zulassen,^
und welche also die Kenntnifs der Krystallgestalten um eine
neue und interessante Form vermehren.
Die Krystaile des Fichtelits sind monoklinisch, jedoch
auf eine ausgezeichnete Weise hemimorph (Fig. 1}, ähnlich
wie die Krystaile des Zuckers (vgl. Rammeis b er g's Hand-
buch der krystallographischen Chemie ThI. I, S. 398, Fig. 3923.
Dächte man sich die Kryslalle vollständig, so wären sie Com-
binationen eines vorderen schiefen Prisma's o mit einem hin^
teren o\ der Basis o, der vorderen schiefen Endfläche d und
des FichteUts,
227
Fig. 1.
der hinteren schiefen Endfläche J^ Die Fläche d ist die
gerade Abstumpfung der vorderen Bndkante des schiefen
Prisma's o; die Fläche d* der Endkante des hinteren schiefen
Prisma's o*. — Indessen so vollständig kommen die Krystalle
nicht vor; von den Flächen des, vorderen schiefen Prisma's
o fehlen die rechten Flächen ^ sowohl auf der oberen wie
auf der unleren Seite, von den Flächen des hinteren schiefen
Prisma's o* die linken, ebenfalls oben und unten.
Es beträgt die Neigung :
von c
c
d
o
c
d*
0*
c
d
n
n
d
d'
0
0
0
o'
0*
1270
46'
106
26
130
80
99
—
112
26
126
40
108
40
98
39
60.
d* (dem unteren) = 125
Die Krystalle zeigen keine Spallbarkeil.
Die Basis ist theils vorherrschend, so dafs^ die Krystalle
dadurch tafelartig erscheinen, theils sind sie in der Richtung
der Orthodiagonale verlängert.
Die Messungen macht man am Besten bei Kerzenlicht.
In meiner ersten Notiz über den Fichtelit habe^ ich er-
wähnt, dafs an jedem der drei verschiedenen Orte : Bedwitz,
15»
228 Lourengo, über die Polyglycerin- Alkohole
Utznach und Holtegaard ein fossiles Harz gefunden wird,
welches bei 45 bis 46® C. schmilzt, dafs sie alle Kohlen-
wasserstoffe sind und in dem besonders gut erhaltenen Holze
von Pinus sävestris gefunden werden. Von der Krystallform
des bei Utznach gefundenen, des Scheererits, hat Haidinger
eine Zeichnung gegeben. Er bemerkt jedoch, dafs die Kry-
stalle zu klein waren, um eine genaue Beschreibung zu er-
lauben.
Ich habe neulich aus der Lösung des Fichtelits in Al-
kohol und Aether viele kleine Krystalle erhalten, welche man
ohne die genaueste Besichtigung sicher für die von Hai-
dinger gegebenen Figuren halten würde. Alle diese That-
sacben zusammengestellt Tuhren mich zu dem Schlüfs, dafs
es sehr wahrscheinlich ist, dafs ein und dasselbe fossile Harz
in Bedwitz, Utznach und Holtegaard gefunden wird, und dafs
dieses Harz häufig mit anderen ganz verschiedenen, aber unter
denselben Umständen vorkommenden verwechselt worden ist.
üeber die Polyglycerin- Alkohole und die Anhydride
derselben ;
von A. V. Lourengo *).
Man weifs, dafs bei der Einwirkung des bromwasserstoff-
sauren Glycoläthers auf überschüssiges Glycol die Polyäthylen-
Alkohole sich bilden ; die Analogie liefs mich vermuthen,
dafs bei der Einwirkung der Chlorwasserstoff-Verbindungen
des Glycerins auf überschüssiges Glycerin in entsprechender
Weise sich Polyglycerin-Alkohole bilden möchten; der Ver-
such hat diese Vermuthung bestätigt. Ich theile hier einige
^) Compt. rend. LH, 359.
und die Anhydride derselben, 229
Einzelnheiten von den in dieser Beziehung ausgeführten
Operationen mit.
Man sättigt eine gewisse Menge Giycerin, die mit einem
Dritttheil ihres Gewichtes an Wasser verdünnt und auf 100^
erhitzt ist, mit ChlorwasserstoSPgas ; man fügt eine andere
gleiche Menge Giycerin hinzu und erhitzt das Ganze in einem
Kolben, weicher mit einer das Verdampfende condensirenden
und zurückleitenden Kühlröhre versehen ist, 12 bis 15 Stun-
den lang in einem Oelbade auf 130^ Nachher unterwirft
man das Product der Destillation. Was bis zu 150® übergehtt
besteht aus Wasser, welches Chlorwasserstoff aufgelöst ent-
hält und einige unlösliche Chlorverbindungen mit sich reifst;
was unter gewöhnlichem Druck zwischen 150 und 275^
übergeht, besteht aus zweifach - chlorwasserstofTsaurem Gly-
cerinäther und aus den chlorwasserstoSPsauren Aetherarten
von Polyglycerin- Alkoholen. Die noch rückständige braune,
sehr dicke, in der Kälte kaum fliefsende aber in der Hitze
leicht bewegliche Flüssigkeit unterwirft man im luftverdünnten
Raum, bei etwa 10°^°^ Druck, der Destillation; es läfst sich
in dieser Weise eine bei diesem Druck zwischen 220 und
230^ und eine andere zwischen 275 und 285^ siedende Flüs-
sigkeit isoliren.
Die zwischen 220 und 230® siedende Flüssigkeit ist sehr
dick, kaum beweglich, unlöslich in Aether, wenig löslich in
kaltem, löslich in heifsem Wasser, nach jedem Verhältnifs
löslich in Alkohol. Die Analysen dieser Flüssigkeit führen
zu der Formel
die Einwirkung, bei welcher sie sich bildet, läfst sich aus-
drücken durch die Gleichung :
OaHß
JOs + I Xl^* == {(^«H»)«|^6 + HCl.
230 Lourengo ^ über die Polyglycer in- Alkohole
Diese Verbindung", welche durch die Verdichtung von
2 Mol. Glycerin zu einem einzigen unter Elimination von
1 Mol. Wasser entstanden ist, läfst sich, was ihre chemische
Constitution hetrifft, als.Graham's Pyrophosphorsäure, P e-
lo uze's Phosphoglycerinsäure und der von mir in einer
noch nicht veröffentlichten Untersuchung bearbeiteten Cilro-
glycerinsöure analog betrachten, wie diefs die Formeln
P^l P^l ^sHg I
hJ H4 I ^ .
Pyrophosphor- Phosphoglycerin- Citroglycerin-
säure säure säure
verdeutlichen. Ich bezeichne die neue Substanz als iHgly-
cerinalkohol oder Pyroglycerin.
Die unter dem Druck von lO""" zwischen 275 und 285<^
siedende Flüssigkeil ist der vorhergehenden in den äufseren
Eigenschaften ähnlich , nur dafs sie noch consistenter und
zäher ist. Ihre Analyse führt zu der Formel
vTa UoA'tT'T
^9»-^20^7
OsHß
H5
W7.
Sie entsteht durch die Verdichtung von 3 Mol. Glycerin
unter Elimination von 2 Mol. Wasser. Diese Substanz ist
dem Tfiäthylen-Alkohol, in der Reihe der Polyäthylen-Alko-
hole, analog. Sie scheint bei wiederholten Destillationen
1 Mol. Wasser zu verlieren und sich zu ihrem ersten An-
hydrid
(^806)8 Iri
H3 1^8
umzuwandeln.
Wenn diese Verbindungen übergegangen sind, steigt
das Thermometer immer noch und man erhält, wie bei den
Polyäthylen -Alkoholen, mehr und mehr verdichtete Producte,
welche in dem luftleeren Räume bis zu 320® ohne bemerk-
bare Zersetzung überdestilliren.
und die Anhydride derselben, 231
Das unter gewöhnlichem Druck zwischen 170 und 270®
Uebergegangpne ist ein G(Mnische von einfach -chlorwasser-
stoffsaurem Pyroglycerinäther , welcher gegen 270® siedet,
von zweifach - chlorwasserstoffsaurem Pyrogiycerinäther, wel-
cher gegen 230 bis 233® siedet, und von zweifach - chlor-
wasserstoffsaurem Glycerinäther. Man isolirt aus diesem Ge-
mische die zwischen 230 und 270® übergehende Portion und
behandelt sie mit in kleinen Mengen zugesetztem frisch ge^
glühtem Kali, wobei man im Anfang der Operation den Kolben
im Wasserbade auf 100® erhitzt; es findet dann lebhafte Ein-
wirkung unter Bildung von Chlorkalium statt; man giefst die
überstehende Flüssigkeit noch heifs, und bevor sich eine
allzugrofse Menge des Salzes gebildet hat, ab, setzt ihr von
neuem Kalistückchen zu, giefst die Flüssigkeit wiederum ab
und unterwirft sie der Destillation. Was zwischen 245 und
255® übergehl, ist eine fa/blose klare ölige Flüssigkeit, we-
niger zähe als Glycerin ; es löst sich in Alkohol und in Wasser
nach allen Verhältnissen, ist aber unlöslich in Aether. Die
Analysen dieser Substanz führen zu der Formel
_ jOsHöl
Diese Substanz, welche mit dem Glycid — efnem noch
nicht isolirten Körper, dessen Existenz aber durch Reboul's*)
schöne Untersuchungen über das chemische Verhalten des
EpicMorhydrins (des chlorwasserstoffsauren Glycids) aufser
Zweifel gesetzt ist — isomer ist, steht zu dem Pyroglycerin in
demselben Verhältnifs, wie das Glycid zu dem Glycerin :
IT '^8 "" ■"2'^ ~
- H ^»
Glycid
(«sUe)« ^^ _ jj^^ ^
■"8
Pyroglycid.
*} Diese Annaleu Suppl. I, 218.
232 Lourengo^ über die Polyglycerin- Alkohole
Ich werde diese Substanz a)s Pyroglydd oder Metaglj/-
cerin bezeichnen. Zwei Modificationen der Metaphosphor*
säure, die von Graham und die von Maddrell*}, scheinen
diesen beiden isomeren Substanzen zu entsprechen. Es ist
übrigens unbestreitbar, dafs einige andere Modificationen der
Metaphosphorsäure, welche durch F leitmann und Henne-
berg**} beschrieben wurden, verdichtete, den Polyglycerin-
Verbindungen oder den Anhydriden derselben analoge Pro-
ducte sind. Die logische Auffassung ihrer Zusammensetzung
wird mir, wie ich hoffe, gestatten, noch andere Verdichtungs-
Derivate der Phosphorsäure darzustellen, und das allgemeine
Gesetz ihrer Bildung auffinden helfen, welches die künstliche
Darstellung unorganischer Verbindungen mit dreiatomigen
Radicalen ermöglichen wird.
Noch eine andere Art, wie sich die Polyglycerin-Ver-
bindungen erhalten lassen ^ verdient als theoretisch interes-
sant Erwähnung. Glycerin verliert bei langsamer Destillation
Wasser und zersetzt sich unter Schwärzung und Aufschäumen
gegen 290^ Behandelt man das unter gewöhnlichem Druck
zwischen 130 und 260^ Uebergegangene mit Aether, so löst es
sich Iheilweise; das ungelöst Bleibende, dessen Siedepunkt
bei der Destillation im luftverdünnten Räume unter 10""° Druck
bis über 300® steigt, giebt Polyglycerin- Verbindungen.
Die natürlichste Erklärung dieser bemerkenswerthen That-
sache ist, dafs wahrscheinlich das Glycerin unter Verlust von
1 Mol. Wasser Glycid entstehen läfst, welches durch Ver-
einigung mit 1, 2 oder 3 Mol. Glycerin Polyglycerin-Verbin-
dungen bildet, eben so wie das Aethylenoxyd durch Einwir-
kung auf 1, 2 oder 3 Mol. Glycol Polyäthylen -Alkohole sich
bilden läfst. Die wichtige durch Reboul entdeckte That-
*) Diese Annalen LXI, 53.
**) Daselbst LXV, 304.
und die Anhydride deradhen, 233
Sache, dars das Epichlorhydrin (chlorwasserstoffsaures Glycid)
die Glycerinäther regcnerirt, eben so wie das Aethylenoxyd
durch directe Vereinigung mit Stturen die Glycoläther bildet,
unterstützt diese Anschauungsweise in gewichtiger Weise.
Diese Thatsache giebt auch eine annehmbare Erklärung
für die Bildung der drei Modificationen der Metaphosphor-
säure, welche man durch Erhitzen des Phosphorsalzes (POs,
JVaO, AmO, HO} oder des sauren phosphorsauren Natrons
(PO5, NaO, 2 HO) auf Z\&^ erhält , wie diefs die folgenden
Gleichungen verdeutlichen :
Na|08 — HjO = In^!^» entepricht |^^^*|^j;
Saures phosphora. Oraham's m«tA- Olydd
Natron phoaphora. Natron
PO)
Na|ö.+ |P«|ö,-H.d= j(P«;)«!0, entspricht |(«g»)'|^«;
MaddreirH unlttol. Pyroglycid
metaphoaphora. Natron
K+ l^lS'l^« -H,ö,= l(^^)»|^,ent8pricht|(^g|>>'|d,.
Na
H,
Fleitmann u. Henneberg'a Triglycerin-
metaphoapliora. Natron Anhydrid.
Es sind diefs successive Verdichtungen, hervorgebracht
durch directe Vereinigung der Hetapbosphorsäure Graham's;
diese Säure wirkt hier wie das Aethylenoxyd oder das
Glycid.
üeber einige Aelhylälherarten der Polyglycerin-
Alkohole ;
von Reboul und Louren^o*).
Nach den Untersuchungen des einen von uns **) sind
die Anhydride der Glycerinäther fähig, sich mit Säuren,
*) Compt. rend. LH, 401.
**) Diese Annalen Suppl. I, 218.
234 Reboul u» Lourengo^ über einige ÄethylätheraHen
Wasser und Alkoholen zu vereinigen, und die Producle dieser
directen Vereinigung sind Glycerinälher. Es wurde hierdurch
wahrscheinlich, dafs bei der Einwirkung dieser Anhydride
auf die Glycerinverbindongen selbst sich neue Substanzen
bilden y welche dem Typus eines verdichteten Glycerins an-
gehören, des Pyroglycerins *) nämlich, das zu dem gewöhn-
lichen Glycerin in derselben Beziehung steht wie der Diäthy-
lenalkohol zu dem Glycol :
(CÄ)«[o,, = 2 |^H^«l0e~2H0; ^^'^^^ [06=2 {^^^^JO^ - ^ HO.
Der Versuch hat diese Vormuthung bestätigt. Erhitzt
man Diäthylglycerin mit Epichlorhydrin (chlorwasserstofTsau-
rem Glycidäther) auf 200^, so vereinigt sich eine gewisse
Menge dieser beiden Substanzen direct unter Bildung einer
Verbindung, deren Analyse Zahlen gab, welche der Formel
Q\ Chlorwasserstoffs. Diäthylglycerin
Glycidäther
entsprechen. Man sieht, dafs diefs der Diäthyl-chlorwasser-
stofTsaure Aether des Diglycerinalkohols ist. Er ist flüssig,
ölartig, schwach gelb gefärbt, unlöslich oder wenig löslich
in Wasser, löslich nach allen Verhältnissen in Alhobol und
in Aether. Sein spec. Gewicht ist = 1,H bei 17^ Er siedet
ohne erhebliche Zersetzung gegen 285^ Er brennt mit grün-
gesäumter Flamme.
Diese Substanz bildet sich auch (^und zwar wurde $\q in
dieser Weise zuerst erhalten), wenn man ein Gemische von
cblorwasserstoffsaurem Glycidäther und Alkohol in geschlos-
senem Gefäfse auf 200® erhitzt. Die hierbei vor sich ge-
hende Einwirkung ist sehr complicirt; aufser Aothyl- cblor-
wasserstoffsaurem Glycerinäther und zweifach- chlorwasser-
*) Vgl. den vorhergehenden Aufsatz.
der Polyglycerin- Alkohole. 235
stoGTsaurem und Diälbyl - Glycerinftther , welche in Folge
einer bereils untersuchlen secundären Reaction entstehen *},
lafst sich die Bildung einer kleinen Onanlitäl der Aetherart
CC6H5)«]
H^ \ ^ nachweisen, welche sich durch directe Vereini-
Cl
gnng des chlorwasserstofTsauren Glycidälhers m\ einem Theil
des Diäthylglycerins, auf welches er im Entstehungszustande
einwirkt, bildet. «
Diese, durch die oben erwähnte Synthese bestätigte Er-
klärung findet auch ihre Anwendung auf die Bildung eines
zweiten Aethers des Diglycerinalkohols, eines Aethers dessen
Entstehung bei der Einwirkung des chlorwasserstoSsauren
Giycidäthers auf Natriumalkoholal beobachtet wird. Wenn
alles Diälhylln , das haupisächlichste Product dieser Einwir*
kung, übergegangen ist, so steigt das Thermometer rasch
gegen 280^ Man sammelt das zwischen 280 und 300^ üeber-
gehende besonders auf. Eine einzige Rectification dieses
Productes genügt zur Isolirung einer bei etwa 290^ sieden*
den Substanz, deren Analyse zu der Formel (C4H5)3>Oio
H \
führt. Dieser Aether, welchen wir als Triälhyl-Pyroglycerin-
äther bezeichnen, ist farblos, ölartig, entzündlich, nach allen
Verhältnissen in Wasser, Alkohol und Aether löslich. Sein
spec. Gewicht ist = 1,00 bei 14^ Er wird durch kohlen-
saures Kali aus seiner wässerigen Lösung abgeschieden. Er
kocht bei etwa 288 Ihs 290^ Mit 1 Aeq. Phosphorsuper-
chlorid behandelt gab er uns eine kleine Menge einer bei
275 bis 285^ siedenden chlorhaltigen Flüssigkeit, die der
Triäthyl- chlorwasserstoffsäure Aether des Diglycerinalkohols
zu sein scheint.
*) Diese Annalen SuppL I, 234.
236 Reboul u. Lourengo^ über einige Aethylätherarten
Die Bildung des Triäthyi - Pyroglycerinäthers erklärt sich,
wenn man beachtet, dafs der chlorwasserstofTsaure Glycid-
Sther mit dem Natriumalkoholat zuerst AethylglycidC6H5(C4H5)04
bildet, welches sich durch Vereinigung mit dem bei dem
Natriumalkoholat vorhandenen freien Alkohol zu Diätbyl-
glycerin umwandelt; durch Verbindung mit dem letzteren
giebt dann das Aethylglycid den Triälhyläther des Diglycerin-
alkohols, welcher wiederum fähig ist sich mit demselben zu
vereinigen und ein noch um einen Grad verdiohteteres Pro-
duct hervorzubringen.
Vi^enn nämlich bei der im Vorstehenden beschriebenen
Operation das Thermometer auf 300^ gestiegen ist, findet
sich in dem Destillationsgefafse noch ein stark gefärbter öli-
ger Rückstand , welcher sich nicht ohne Zersetzung über
freiem Feuer destilliren läfst. Läfst man aber die Destillation
im luflverdünnten Räume vor sich gehen, so kann man leicht
die Existenz eines constanteren Siedepunktes, bei etwa 200^
wenn der Druck 10°""* beträgt, erkennen. Die hierbei über-
gehende Flüssigkeit ist schwach gelblich, klar, löslich in
Wasser, nach allen Verhältnissen löslich in Alkohol und in
Aether, von 1,022 spec. Gew. bei 14^ Bei der Analyse er-
(0685)3)
gab sie Zahlen, welche der Formel (C4H5)4>0u entsprechen,
H \
wonach diese Substanz der Teträthyläther des Triglycerin-
alkohols^^«Jj^«jOu ist.
Die im Vorstehenden besprochenen Thatsachen scheinen
uns hinreichend, om die synthetische Bildung der Polygly-
cerin-Aether zu characterisiren ; sie zeigen, bis zu welchem
Punkte Reactionen, welche scheinbar die einfachsten sein
müfsten, verwickelt werden, wenn es sich um mehratomige
Verbindungen handelt, und zwar in Folge successive vor
sich gehender Verdichtungen; endlich scheint uns die Un-
der Polygh/ceHn- Alkohole. 237
theilbarkeit der Formeln der von uns beschriebenen neuen
Substanzen, namentlich der ersten, eine Controie abzugeben
für die Formein ihrer Typen, der Poiygiycerin*-Alkohole9 und
in einem gewissen Grade die Controie zu ersetzen, welche
die Bestimmung der Dampfdichten abgeben könnte.
üeber einige Aetherarten des Glycerins;
von Denselben *^.
Setzt man 1 Aeq. Phosphorsuperchlorid in kleinen Por-
tionen zu 1 Aeq. Diäthyl-Glycerinäther, so erfolgt lebhafte
Einwirkung unter Entwickelung von Chlorwasserstoff; giefst
man dann das resnltirende Product allmälig zn einer Lösung
von kohlensaurem Kali, um das Phosphoroxychlorid zu zer-
stören und die freie Phosphorsäure und Chlorwasserstoffsaura
zu neutralisiren, so scheidet sich ein höchst beifsend riechen-
des Oel aus, welches bei ein- oder zweimaliger Rectification
eine bei 184^ siedende Flüssigkeit liefert. Die Analyse dieser
Flüssigkeit führt zu der Formel :
Cl
Diese Substanz ist somit der Diäthyl- chlorwasserstoff-
saure Glycerinäther^ entstanden in Folge einer Umsetzung,
welche der bei der Einwirkung von Phosphorsuperchlorid
auf gewöhnlichen Alkohol vor sich gehenden ganz ähnlich ist :
(02H5)JO3 + PCI5 = (OjHg)«!^» + P0CI3 + HCL
H Cf
*) Compt. rend. LH, 466.
238 Rehoul u. Lourengo^ über einige Aetherarten
Diese Flüssigkeit ist unlöslich in Wasser, löslich nach
jedem Yerhältnifs in Alkohol und in Aether, von 1,005 spec»
Gewicht bei 17^ Der Dampf derselben reizt das Geruchs-
organ heftig und ruft Thränen hervor. Sie brennt mit grün
gesäumter Flamme.
Durch eine concentrirte Lösung von Natriumalkobolat
wird sie angegriffen; doch mufs man zur Vervollständigung
der Einwirkung das Gemische in einer zugeschmolzenen Röhre
während einiger Stunden auf 120^ erhitzen. Nach dem Ab-
destilliren des überschüssigen Alkohols im Wasserbad setzt
man Wasser zum Auflösen des Chlornatriums zu, und recti-
ficirt die überstehende Flüssigkeit, wobei man das zwischen
180 und 190^ Uebergehende besonders auffängt; dieses ist
eine farblose, in Wasser unlösliche, in Alkohol und in Aether
lösliche ölige Flüssigkeit, deren Analysen der Formel
0 H I
entsprechen. Sie ist Triäthyl-Glycerinäther, welchen man
auch durch Einwirkung von Jodäthyl auf mit Natrium behan-
delten Diäthyl-Glycerinäther erhält; doch läfst er sich auf
die letztere Weise nicht ganz frei von Diäthyl-Glycerinäther
darstellen, da die Einwirkung des Natriums auf die letztere
Aetherart niemals eine ganz vollständige ist. Der Diäthyl-
Glycerinäther liefs sich auch durch Waschen mit Wasser nicht
beseitigen, in welchem derselbe löslich ist, während der
Triäthyl-Glycerinäther sich in Wasser nicht löst; der letztere
giiBbt den Diäthyl-Glycerinäther nicht an das Wasser ab.
Ein zweites allgemeineres Verfahren zur Darstellung von
Glycerin-Aetherarten der dritten Reihe beruht auf der Vereini-
gung der Anhydride dieser Aetherarten, oder der Glycid-
Aetherarten, mit den gewöhnlichen Aethern. Erhitzt man
z. B. in geschlossenen Gefäfsen und bei 200^ das Epichlor-
hydrin mit Bromäthyl, so vereinigt sich eine gewisse Menge
dieser beiden Körper direct zu einer schweren, in Wasser
des Glycerina, 239
unlöslichen, in Alkohol und in Aether nach jedem Verhält-
nisse löslichen Flüssigkeit, welche bei etwa 186 bis 188^
siedet und deren Geruch an den des Diäthyl-chlorwasser-
stoffsauren Glycerinüthers erinnert, jedoch viel weniger scharf
ist. Die Analysen dieser Flüssigkeit führen zu der Formel :
GfiHio^ClBr = GjHßt^,
aBr
und die Bildung ging vor sich entsprechend der Gleichung :
EpicÜorhydrin ClBr
Diese Beispiele genügen , um die Bedingungen , unter
denen sich Glycerinäther der dritten Reihe bilden, für welche
die oben beschriebenen Substanzen als typen gelten können
und deren Homologe nach Belieben zu erhalten sind, zu
characterisiren. Wir wollen noch heryorheben, was bei der
Vergleichung der Siedepunkte der drei Aethyl-Aetherarten
des Glycerins :
Diff.
Aethyl-aiycerinÄther 230^
Diüthyl-Glyceri»ather 1930 ^
Triathyl- GlycerinÄther 186<>
sich ergiobt Die Substitution von Aethyl an die Stelle des
letzten typischen Wasserstoffatoms des Glycerins erniedrigt
den Siedepunkt nur um sehr wenig, um 8^, während die
Substitution des zweiten Wasserstoffatoms den Siedepunkt
um 37^ und die des ersten ihn um 50^ niedriger wer-
den läfst.
240 Gorup'Besanez, Analyse der Mineralquellen
Analyse der Mineralquellen von Wiesau in der
Oberpfalz ;
s von E. Tl. Gorup-Bescmez.
Die auf den Wunsch des gegenwärtigen Besitzers der
Analyse unterworfenen Quellen des Otto -Bades bei Wiesau,
am östlichen Abhänge des Pichtelgebirges gelegen, geniefsen
als Chalybokrenen schon lange eines wohlverdienten heilkräf-
tigen Rufes, und weiin es ihnen bisher noch nicht gelungen
ist, Heilung Suchende- aus weiterer Ferne anzuziehen, so
liegt diefs, wie die unten folgenden Resultate der Analyse
zeigen, sicherlich nicht an ihrer Zusammensetzung, der zu
Folge sie sich den kräftigsten Chalybokrenen würdig anreihen,
und einer gröfseren Beachtung in ärztlichen Kreisen werth
erscheinen dürften, als ihnen bisher zu Tbeil geworden.
Nachdem die Vorarbeiten imOctober 1858 an Ort und Stelle
ausgeführt waren, wurde die Analyse selbst 18^^69 in meinem
Laboratorium vollendet. Von den analysirten Quellen : der
Otfp' Quelle, dem Sprudel und der Wiesen-Quelle werden die
beiden ersteren getrunken und auch zu Bädern benutzt, wäh-
rend die erst kürzlich neugefafste Wiesenquelle nur zu Bä-
dern Anwendung findet Die Otto -Quelle wird auch ver-
sendet.
i) Analyse der Otto 'Quelle*
Die Otto- Quelle ist in Holz gefafst. Es erheben sich
aus ihr fortwährend Gasbiasen, doch ist die Gasentwickelung
eine mehr stofsweise. War die Quelle längere Zeit mit einem
Deckel bedeckt gewesen, so ist beim Wegnehmen des Deckels
ein deutlicher Geruch nach Schwefelwasserstoff wahrzunehmen.
Das Wasser der Quelle, durch ein weifses Trinkglas betrachtet,
von Wiesau in der Ober p falz, 241
erscheint etwas opalisirend, perlt ^ riecht geschüttelt nach
Schwefelwasserstoff, schmeckt dintenhaft und erfrischend,
und wird durch Gallustinctur sogleich weinroth gefärbt ; nach
einigen Secunden schon geht das Weinroth in Schwarzblau
über und es bildet sich ein schwarzblauer Niederschlag.
Lackmuspapier in die Quelle getaucht wird deutlich
weinroth gefärbt; die Röthung verschwindet beim Trocknen
des Papiers. Curcumapapier wird schwach gebräunt. Am
12. October 1858 8V2 Uhr Morgens bei einer Lufttemperatur
von 7,8® C. war die Temperatur der Otlo- Quelle 10,8® C.
Bei 15,6® G. wurde das specifische Gewicht des Wassers der
Otto-Quelle = 1,00084 gefunden; hieraus berechnet sich das-
selbe für die Quellenlemperatur zu 1,0014.
Die Wassermenge der Otto -Quelle beträgt nach mehre-
ren übereinstimmenden Versuchen 4V2 Mafs bayr. in der
Minute. In den Abflufsröhren und dem Abflufsreservoir setzt
dieselbe reichlich rothbraune Ocker ab, und auch in verschlos-
senen Flaschen bilden sich bald rothbraune Absätze.
Die qualitative Analyse ergab : Kn Oasen : Kohlensäure,
Stickstoff, Sauerstoff und eine Spur Schwefelwasserstoff. —
Sxi fixen Bestandtheäen : a) in wägbarer Menge : Kali, Na-
tron, Lithion, Bittererde, Kalk, Bisenoxydul, Manganoxydul,
Kieselerde , Chlor , Schwefelsäure , flüchtige Fettsäuren :
Amefsensäure und Buttersäure, und harzartige in Alkohol lös-
liche organische Materie. — b) in Spuren : Thonerde, Am-
moniak, Phosphorsäure, Arsen und Quellsatzsäure.
Jod, Brom, Fluor, Quellsäure und schwere Metalloxyde
konnten nicht aufgefunden werden.
Die quantitative Analyse sämmtlicher Quellen wurde nach
den gegenwärtig üblichen und in den analytischen Hand-
büchern beschriebenen Methoden vorgenommen. Zur Bestim-
mung der flüchtigen Fettsäuren wurde das von Seh er er
bei der Analyse der BrücJeenauer Quellen (diese Annalen
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXIX. Bd. 2. Heft. 16
242 Oorup-Besanez^ Analyse der Mineralquellen
Bd. XCIX, S. 257) eingeschlagene Verfahren in Anwendung
gezogen.
2) Analyse des Sprudels,
Diese Quelle ist in Stein gefafst und es erheben sich
aus ihr interiniltirend reichliche und grofse Gasblasen , die
das Quellenniveau in wallende Besfegung versetzen. Das
Wasser ist vollkommen klar, schmeckt angenehm prickelnd
und etwas weniger dintenhaft, wie jenes der Otto -Quelle.
Alle übrigen Verhältnisse, wie Reaction, Verhalten gegen
Gallustinctur u. s. w. stimmen mit jenen der Otto -Quelle
überein.
Am 12. Oclober 1858 um 8V2 Uhr Morgens bei einer
Lufttemperatur von 7,8^ C. war die Temperatur des Sprudeis
9,250 C.
Das spec. Gewicht des Sprudels bei 16,25^ C. wurde
= 1,00034 gefunden, hieraus berechnet es sich für die
Quellentemperatur 9,25® C. zu 1,0011.
Die qualitative Analyse ergab : An Oasen : Kohlensäure,
Sauerstoff und Stickstoff, während Schwefelwasserstoff gänz-
lich fehlte. — An fixen Bestandtheilen : Dieselben wie bei
der Otto-Quelle. Flüchtige Fettsäuren waren zwar auch hier
in Spuren vorhanden, es konnte aber ihre Menge nicht be-
stimmt werden. Auch die Menge der übrigen organischen
Stoffe war hier sehr gering.
3) Analyse der Wiesenquelle.
Diese Quelle ist in Holz gefafst. Das Wasser derselben
ist stark opalisirend, die Gasentwickelung schwächer wie bei
den beiden anderen Quellen ; Gallustinctur gab starke Eisen-
reaction. Schwefelwasserstoff war auch bei starkem Schüt-
teln nicht wahrnehmbar. Der Geschmack der Quelle ist
eisenhaft, die Reaction auf Pflanzenfarben wie bei den an-
deren Quellen.
I
j
von Wieaau in der Oherpfalz,
243
Am 12. October um 872 Ühr Morgens bei einer Luft-
temperatur von 6,4^ C. war die Temperatur der Wiesenquelle
11,250 c.
Bei 13^ C. wurde das specifische Gewicht der Wiesen-
quelle = 1,00043 gefunden. Sonach ist es bei 11,25^0., der
Quelientemperatur , 1,0014
Die qualitative Analyse wies dieselben Bestandtheile nach
wie beim Sprudel. Flüchtige Säuren und Lithion wurden
qualitativ nachgewiesen, doch standen keine zur Gewichts-
bestimmung hinreichenden Mengen des Mineralwassers zu
Gebot. Auch die indifferenten Gase wurden bei dieser
Quelle nicht bestimmt.
Aus den durch die quantitative Analyse erhaltenen Zahlen
berechnen sich folgende Zusammenstellungen :
Bestandtheile
a) Fixe Bestandtheile
Schwefels. Kali . .
Schwefels. Natron
Ghlornatrium . . .
Ameisens. Natron
Butters. Natron . .
Kohlens. Natron .' .
Kohlens. LitUion . .
Kohlens. Bittererde
Kohlens. Kalk . .
Kohlens. Gisenozydul
Kohlens. Manganoxydul
Kieselerde ....
Harzartige organische
stanz ....
Suh
Summe der fixen Stoffe .
b) Flüchtige Bestandtheile
Sogenannte freie Kohlensänre
Summe aller Bestandtheile
WirlcUch freie Kohlensäure
c) Gase nach Volumina :
Kohlensäure, sog. freie . .
Kohlensäure, wirklich freie
Indifferente Gase : N, O und
HS
I.
Otto-Quelle
In
10000
Grm.
0,1526
0,1326
0,0281
0,0102
0,0033
0,3801
0,0015
0.5392
0,4114
0,7928
0,0930
0,5633
0,5214
3,6290
18,1091
21,7381
17,1510
95,85pC.
90,5 pC.
0,41 pC.
II.
Sprudel
In
In
10000
Gi'm.
In
1 Pfund
s 7680
1 Pfund
= 7680
Gran
Gran
0,1172
0,2148
0,1649
0,1018
0,0293
0,0156
0,0216
0,0298
0,0229
0,0078
Spur
rt
0,0025
Spur
»» „
0,2979
0,4935
0,3790
0,0011
0,0045
0,0034
0,4151
0,4466
0,3429
0,3159
0,3673
0,2821
0,6085
0,5466
0,4198
0,0714
0,0477
0,0360
0,4325
0,6801
0,4839
0,4004
0,2199
0,1688
2,7937
3,0301
2,3199
13,9078
18,2961
14,0794
16.7015
21,3262
16,3993
13,1719
17,4677
13,4141
30,67 CZ.
96,3 pC.
30,8 CZ.
28,9 CZ.
91,9 pC.
29,7 CZ.
0,13 CZ.
0,85 pC.
0,27 CZ.
III.
Wiesenquelle
In
10000
Grm.
0,1483
0,0406
0,0276
»
0.3^
Spur
0,5325
0,4178
0,4798
0,0647
0,6236
0,1554
2,8112
17,2547
20,0658
16,4524
91,46pC.
87,2 pC.
In
1 Pfund
= 7680
Gran
0,1138
0,0312
0,0212
0,^464
0,4089
0,3208
0,3674
0,0497
0,4789
0,1195
2,1578
13,2525
15,4103
12,6354
29,3 CZ.
27,9 CZ.
16*
244 Oorup-Besanezy Analyse der Mineralquellen,
Eine im Jahre 1837 von Herrn Fikenscher ausge-
führte Analyse der Olto- Quelle scheint nicht veröffenllicht
zu sein. Aus einer mir mitgetheilten lithographirten Dar-
stellung derselben geht jedenfalls so viel hervor, dafs die
Otto-Ouelle seit jener Zeit in Bezug auf ihre wichtigeren
Bestandtheile keine wesentliche Zusammensetzungsänderung
erfahren hat.
Fikenscher fand in einem bayerischen Civilpfund =
8988 Gran Otto-Quelle Mengen, die auf 10000 Gewichtstheile
umgerechnet entsprechen :
Kohlensaurem Eisenoxydul .... 0,7955 0,7923
Kohlensaurem Kalk 0,4601 0,4114
Kohlensaurer Bittererde 0,6382 0,5392
Kohlensaurem Natron 0,5676 0,3801
Kieselerde 0,6173 0,5633
Gesammtmenge der fixen Stoffe . . 3,6060 3,6290.
Untersuchung des Wiesauer Mineralmoors, — Im Was-
serauszuge desselben wurden gefunden : Chlor, Schwefelsäure^
Kohlensäure, Spuren von Phosphorsäure , Ammoniak , Kali,
Natron 9 Bittererde, Kalk, Eisenoxydul und ManganoxyduL
Im salzsauren Auszuge : viel Eisenoxyd, sonst dieselben Bestand-
theile wie im Wasserauszuge, aufserdem aber phosphorsaure
Thonerde, Spuren von phosphorsaurem Kalk und Kieselerde.
Schwere Metalloxyde und Arsenik konnten nicht nachgewiesen
werden. In dem mit kohlensaurem Natron bereiteten Aus-
zuge : beträchtliche Mengen von Huminsäuren , namentlich
auch Ge'insäure. In dem mit Natron bereiteten Auszuge wurde
Quellsatzsäure gefunden. — Zur Prüfung auf flüchtige organische
Säuren wurden 10 Pfund trockene Erde mit Wasser der
Destillation unterworfen. Das Destillat reagirte schwach
sauer. Es wurde mit kohlensaurem Natron neutralisirt und
zur Trockne abgedampft, der Rückstand mit verdünnter
Schwefelsäure destillirt, das saure Destillat mit Barytwasser
von Wieaau m der Oherpfalz. 245
gesättigt und der überschüssige Baryt durch Kohlensäure ent-
fernt. Das Fiitrat wurde hierauf im Wasserbade eingedampft
und der Rückstand mit Weingeist behandelt , der den klei-
neren Theil desselben auflöste. Der Rückstand der wein-
geistigen Lösung gab mit Schwefelsäure übergössen Dämpfe
vom unzweifelhaften Geruch der Buttersäure. Der in Wein-
geist unlösliche Theil der Barytsalze in Wasser gelöst gab
auf das Deutlichste alle characteristischen Reactionen der
Ameisensäure.
Die bei 100^ C. getrocknete Moorerde gab bei einer
Aschenbestimmung 9,322 pC. rothbraun gefärbter Asche.
üeber festes Menthaöl des Handels
von Demselben,
Unter der Bezeichnung festes Menthaöl ist neuerlichst
ein Product über Hamburg und angeblich aus Japan stam-
mend in den Handel gekommen, von welchem mein College
Th. Martins mir eine Probe zum Zwecke einer näheren
Untersuchung übergab.
Das Product stellte kleine , jedoch wohlausgebildete farb-
lose durchsichtige Krystalle dar, deren Habitus mit dem der
Krystalle des" Bittersalzes auffallend übereinstimmt. Der
Geschmack war brennend^ der Geruch sehr penetrant und
gleichzeitig an den der Krause- und Pfeffermünze erinnernd.
Eine Probe auf Platinblech erhitzt verbrannte mit leuchtender
rufsender Flamme und hinterliefs eine bedeutende Menge
weifser, mit Säuren nicht brausender Asche. Das Product
schmolz schon zwischen 30 bis 40^ C. Bei etwa 80® C. zeigte
246 Gorup'Besanez^ über festes MenthaöL
sich storsweirses Kochen , ohne dafs etwas Erhebliches über-
ging; es schied sich aber allmälig eine weifse Hasse am Bo-
den der Retorte aus^ welche bei der Destillation starkes
Stofsen verursachte. Das Thermometer stieg rasch auf 213^0.
und es ging nun bei constant bleibendem Siedepunkte ein
farbloses, in der Retorte krystallinisch erstarrendes Oel in
Streifen über.
Der in der Retorte bleibende Rückstand war eine weifse
Salzmasse, die sich leicht weifs brannte, dabei schwierig
schmolz und in Wasser bis auf etwas rückständigen Sand
vollkommen und ziemlich leicht löslich war. Die Analyse
dieses Rückstandes ergab, dafs er nur aus schwefelsaurer
Magnesia bestand.
Schmelzpunkt und Siedepunkt des organischen Antheils
dieses Gemenges deuteten darauf hin , dafs er aus Menihen-
camphor bestand; in der That schmilzt der Menthencamphor
bei 34« C. und siedet bei 213« C.
Die von Herrn Funk ausgeführte Analyse des rectificir-
ten und wiederholt umgeschmolzenen Destillats bestätigte
diese Voraussetzung.
0,2304 Grm. mit Kupferoxyd und Sauerstoff verbrannt gaben 0,6531
Kohlensäure und 0,2648 Wasser; diefs entspricht
gefanden
20 Aeq. Kohlenstoff 120 77,27 77,31
20 » Wasserstoff 20 12,61 12,77
2 r> Sauerstoff 16 10,12 9,92
100,00 100,00.
Die Menge des beigemengten Bittersalzes wurde =
13,66 pC. gefunden. Es geht daraus zur Genüge hervor,
dal's die Beimengung eine absichtliche ist; auf welche Weise
dieselbe geschieht, wäre noch zu ermitteln. Der Zweck dürfte
wohl kaum ein anderer sein , wie der , dem Producte ein
schönes krystallinisches Ansehen zu geben.
247
Vorläufige Notiz über das vierfach - nilrirte Formen
(oder Vierfach-Nitrokohlenstoff) :
von L. Schischkoff.
Man weifs, dars das Trinitroacetonitril , indem dasselbe
die Elemente des Wassers bindet, sich in Kohlensäure, Am-
moniak und Nitroform (syn. dreifach -nilrirles Formen) ver-
wandelt (Compt. rend. XLV, 144; diese Annalen CHI, 364).
CjXgN + 2 HgO ^ COg + NHs + CX3H *).
Das Nitroform ist eine starke Säure; sein Atom Wasser-
stoff läfst sich leicht durch Metalle, als : Kalium, Natrium,
Ammonium, Zink, Quecksilber, Silber u. a., ersetzen, wodurch
wahre Salze erhalten werden.
Andererseits kann derselbe Wasserstoff durch Brom und
die Gruppe NO2 ersetzt werden. Im ersten Fall wird Nitro-
form mit Brom einige Tage hindurch dem Einflufs des Son-
nenlichtes ausgesetzt ; die Mischung entfärbt sich nach und
nach, indem sich Bromwasserstoff bildet und sich theilweise
entwickelt. Nach beendigter Reaction wird der erhaltene
ölartige Körper mit Wasser ausgewaschen.
Der auf diese Weise erhaltene Körper ist in Wasser
etwas löslich, farblos; bis -{-12^ flüssig, jedoch unter dieser
Temperatur erstarrt er zu einer weifsen krystallinischen Masse.
Für sich erhitzt wird er bei einer Temperatur von nahe 140^
zersetzt; mit Wasser oder in einem Luftstrom kann er un-
zersetzt destillirt werden.
Noch leichter kann dieser Körper erhalten werden, wenn
eine wässerige Lösung des Quecksilbersalzes, GXsHg, mit
Brom behandelt wird. Die so erhaltene Bromverbindung hat
folgende Zusammensetzung : CXsBr.
*) C = 12. H = 1. S = 32. X = NOg = 46.
248 Schischhoffy über das vierfach- nitrirte Formen.
Da es mir gelungen war, den im. Nitroform enthaltenen
Wasserstoff durch Brom zu ersetzen, so erwartete ich, dafs
derselbe Wasserstoff durch die Gruppe NO3 zu ersetzen sei.
In der That wurde dieses Resultat sehr leicht erzielt,
indem ich einen Strom Luft durch eine Mischung von rau-
chender Salpetersäure mit starker Schwefelsäure und Nitro-
form leitete und die Mischung auf 100^ erhitzte. Es destil»
lirte hierbei eine Flüssigkeit über, weiche beim Verdünnen
mit Wasser einen in letzterem unlöslichen öiartigen Körper
ausschied. Die darüberstehende saure Flüssigkeit wurde ab-
gegossen und der ölartige Körper so lange mit destillirtem
Wasser gewaschen, bis alle saure Reaction verschwunden war.
Der so erhaltene Körper kocht bei einer Temperatur von
126^, ohne sich dabei zu zersetzen. Er wurde über Chlor-
calcium destillirt, um ihn zu trocknen.
Dieser neue Körper ist farblos, bei gewöhnlicher Tem-
peratur flüssig, leichtbeweglich, und erstarrt bei -f< 13^ zu
einer weifsen krystallinischen Masse.
Er ist in Wasser unlöslich , dagegen in Weingeist und
Aether leichtlöslich.
Die Analyse ergab für diesen Körper folgende Zusam-
mensetzung : CX4.
Dieser Körper ist merkwürdigerweise weit beständiger
als Nitroform, da letzteres sich nicht ohne Zersetzung destil-
liren läfst.
Bei raschem Erhitzen des viecfach - nitrirten Formens
explodirt dasselbe nicU^ zersetzt sich jedoch unter Entwicke-
lung einer grofsen Menge salpetriger Dämpfe.
Die neue Verbindung entzündet sich nicht bei Berührung
mit einer Flamme; sobald jedoch eine glühende Kohle damit
Übergossen wird, so verbrennt die Kohle mit grofsem Glanz.
249
Vorlaußge Notiz über das zweifach - nitrirte
Acetonitril ;
von Demselben.
Es ist bei'eits früher gezeigt worden, dafs das Trinitro-
acetonitril beim Behandeln mit Schwefelwasserstoff nach fol-
gender Gleichung Binitroammonyl bildet (Ann. eh. phys. [3]
XLIX, 310; diese Annalen CI, 215) :
C2X3N + 4 HgS = C8X8(NH4)N + 48+2 H,0.
Trinitroacetonitril Binitroammonyl.
Bei weiterer Untersuchung gelangte ich zu folgenden
Resultaten :
Das Binitroammonyl ist nichts anderes als ein Ammoniak-
salz einer neuen Säure, nämlich des Binitroacetonilrils :
CjiX^HN.
Diese Säure wird erhalten, indem man eine wässerige
Lösung des Binitroammonyls , welche mit einer äquivalenten
Menge Schwefelsäure versetzt ist, mit Aether schüttelt.
Nachdem die ätherische Schicht abgegossen, wurde der Aether
abgedampft, wobei eine dickflüssige , syrupartige Flüssigkeit
zurückblieb, in welcher sich nach und nach farblose, durch-
sichtige, voluminöse Tafeln ausschieden. Diese Krystalle
enthalten, nach den Ergebnissen einiger Analysen, Krystall-
wasser.
Es ist mir noch nicht gelungen, die Säure in reinem
Zustande zu erhalten; jedoch regenerirte ich daraus das Bi-
nitroammonyl mittelst Ammoniak. Andererseits stellte ich
aus dieser Säure die Kalium- und Silbersalze dar, welche
analysirt wurden.
Beide Salze sind in Wasser löslich , krystallisirbar und
haben folgende Zusammensetzung : C2X2KN, C2X8AgN,
250 Schischkoffy über das ziweifach-nitrirte ÄcetonitriL
Beim Behandeln des Binitroacetonitrils oder eines der
Salze mit rauchender Salpetersäure wird leicht das Trinitro-
acetonitril regenerirt.
Alle diese Thatsachen beweisen die Existenz des Bi-
nitroacetonitrils und stellen seinen entschiedenen Säure-
character fest.
Das Silbersalz explodirt unter dem Hammer hefligr, ohne
jedoch bei weitem die Empfindlichkeit des Knallsilbers in
dieser Beziehung zu äufsern.
Bei Einwirkung des Broms auf das Silbersalz des Bi-
nitroacetonitrils in Gegenwart von Wasser bildet sich Broni-
silber und ein ölartiges Product, welches wahrscheinlich nach
folgender Formel zusammengesetzt ist : C2X8BrN.
Ich beabsichtige, die fernere Untersuchung dieses Gegen*
Standes bald zu unternehmen, glaube indessen nachstehenden
Schlufs hier anführen zu dürfen.
Wenn man im Acetonitril, oder auch im Sumpfgas auf
indirectem Wege einen Theil des Wasserstoffs durch die
Gruppe NO2 ersetzt, so ertheilt man den übrigen Atomen
Wasserstoff einen metallischen Character, ohne dafs dadurch
seine metaleptischen Charactere merklich verlöscht werden.
Die Gesammtheit dieser neuen Thatsachen und heson-
ders die Entdeckung des Binitroacetonitrils .«ind nach meiner
Meinung wichtige Stützen für die Annahme der ratio-
nellen Formel der Knallsäure, welche schon längst von
Gerhardt vorgeschlagen und neuerdings von Kekule ver-
theidigt wurde.
251
Direcle Umwandlung der Kohlensäure in Ameisen-
säure ;
von Hermann Kolbe und Rudolf Schmitt.
Schon vor mehreren Jahren hat der eine von uns viel-
fältige Versuche über die Umwandlung der Kohlensäure in
fette Säuren angestellt, deren Ergebnisse damals (1858} in
einer der Wetierauer GesellschaTt für Naturkunde von der
Marburger naturforschenden Gesellschaft gewidmeten Gratu-
lationsschrift zur Feier ihres 50jährigen Bestehens veröiTent-
licht sind. Die daselbst beschriebenen und andere spätere
Versuche haben bezüglich der Erzeugung der Ameisensäure
aus Kohlensäure kein befriedigendes Resultat gegeben, offen-
bar weil die Reduction der Kohlensäure durch Wasserstoff
immer bei zu hoher Temperatur erstrebt wurde.
Von der festen Ueberzeugung durchdrungen, dafs die
Kohlensäure, welche in der Pflanze so leicht Sauerstoff gegen
Wasserstoff austauscht, auch künstlich in gleichem Sinne sich
müsse reduciren lassen, und dafs vor Allem das erste Sub-
stitutionsproduct, die Ameisensäure, direct aus der Kohlen-
säure zu gewinnen sein werde, vereinigten wir uns unlängst
zu gemeinschaftlichen Versuchen, mit dem festen Vorsatz,
von dem Gegenstande nfcht eher abzulassen, bis das Problem
gelöst sei.
Gleich die ersten Versuche führten zum gewünschten
Ziele. Die Umwandlung der Kohlensäure in Ameisensäure
geschieht so überraschend leicht und unter so einfachen Ver-
hältnissen, dafs man sich darüber wundern mufs, dafs die-
selbe nicht schon längst beobachtet ist.
Kalium, unter einer mit lauwarmem Wasser abgesperrten
und mit Kohlensäure fortwährend gefüllt gehaltenen Glas-
glocke auf einer flachen Schale in dünner Schicht ausge^
252 Kolbe u» Schmitt, directe Umwandlung
breüety ist nach 24 Stunden in ein Gemisch van doppehr
kohlensaurem Kali und ameisensaurem Kali umgewandelt :
2K + 2C2O4 + 2H0 = KO.HC2O8 + Hol^*^*'
Die erhaltene schneeweifse Salzmischung wurde in der
Kälte mit Schwefelsäure übersättigt, die vom ausgeschiedenen
sauren schwefelsauren Kali abgegossene Flüssigkeit destillirt
und das saure Destillat mit kohlensaurem Bleioxyd kochend
neulralisirt. Aus der heifs filtrirten klaren Salzlösung kry-
stallisirt beim Verdampfen chemisch reines ameisensaures
Bleioxyd in langen glänzenden Nadeln aus. — Wenn auch
bei obigem Procefs, wie man leicht begreift, viel mehr koh-
lensaures Kali entsteht, als sich aus jener Gleichung berech«-
net; so haben wir doch von einer einzigen Darstellung über
vier Gramme reines ameisensaures Bleioxyd erhalten.
Nachdem wir uns überzeugt hatten, dafs die gewonnene
Säure die characteristischen Eigenschaften der Ameisensäure
besitzt, dafs sie Silberoxyd und Quecksilberoxyd leicht re-
ducirt u. s. f., haben wir noch eine Analyse des Bleisalzes
ausgeführt.
2,002 Grm. gaben mit Kupfer oxyd verbrannt 0,593 Kohlensäure
und 0,1234 Wasser.
0,760 Grm. hinterliefsen beim Glühen 0,589 Bleioxyd and 0,029
Blei = 69,6 pC. Blei.
Die hieraus berechnete procentische Zusammensetzung ist
die des ameisensauren Bleioxyds :
berecl
met
gefunden
Pb
103,6
69,7
69,6
c.
12,0
8,1
8,1
H
1,0
0,7
0,7
O4
32,0
21,5
—
148,6 100,0.
Wir haben uns durch einen Gegenversuch überzeugt,
dafs Kalium unter einer mit atmosphärischer Luft gefüllter
der Kohlensäure in Ameisensäure, 253
Glocke über Wasser blofs zu Kalihydrat zerfliefst und keine
Spuj^ Ameisensäure liefert.
Natrium, der 24stündigen Einwirkung von Kohlensäure
und Wasserdampf ausgesetzt, bildet auch Ameisensäure, doch
wie es scheint in geringerer Menge als Kalium.
Bei der Electrolyse einer concentrirten wässerigen Lö-
sung von kohlensaurem Kali wird am Wasserstoffpol keine
Ameisensäure erzeugt.
Durch obigen Versuch ist abermals einer der Sätze,
welche Liebig'^) vor 15 Jahren mit prophetischem Geiste
aussprach, experimentell bestätigt worden, und wir dürfen
erwarten , dafs es in nicht ferner Zeit gelingen wird , auch
die Alkohole und Zucker aus Kohlensäure zu erzeugen.
Wir sind darüber aus, zunächst weiter zu prüfen, wie
sich die Alkohole oder die Haloi'dverbindungen der Alkohol-
radicale gegen Kohlensäure und Natrium verhalten. Es steht
zu erwarten, dafs auf diese Weise alle Fette und auch die
aromatischen Säuren aus Kohlensäure künstlich sich darstellen
lassen.
lieber die aus Cyanbenzyl dargestellte Toluylsäure;
von S. Cannizzaro **).
In meiner Abhandlung über die Umwandlung des Toluols
zu Toluylsäure hatte ich darauf aufmerksam gemacht , dafs
der Schmelzpunkt der aus Cyanbenzyl dargestellten Toluyl-
säure niedriger liegt als der der Noad'schen Toluylsäure.
*) Diese Annalen LVII, 337 ff.; vgl. Bd. CXIII, 296.
**) Compt rend. LH, 966.
254 CannizzarOf über die aus Cyanhenzyl
Strecker erhielt dann durch Spaltung der Vulpinsäure eine
von ihm als Alphatoluylsäure bezeichnete Säure, welch^roit
Noad's Toluylsäure isomer ist und von der er vermuthete,
dafs sie mit der von mir aus Cyanhenzyl dargestellten Säure
identisch sei. Ich habe diese Vermuthung bestätigt gefunden.
Ich habe den Schmelzpunkt und den Siedepunkt von
zwei Proben Toluylsäure bestimmt , deren eine aus Cyan-
henzyl das aus Benzylalkohol, und deren andere aus Cyan-
henzyl das aus Toluol bereitet war, dargestellt war. Diese
beiden Proben ergaben den Schmelzpunkt 76^5 und den
Siedepunkt 265^,5, wie Strecker's Alphatoluylsäure.
Es giebt also zwei Arten Toluylsäure, eine als Alpha-
toluylsäure bezeichnete, welche durch Spaltung der Vulpin-
säure und aus Cyanhenzyl entsteht, und eine andere, die sich
bei der Einwirkung von Salpetersäure auf Cymol bildet.
Welche von diesen beiden Säuren ist nun die mit der
Benzoesäure eigentlich homologe ? Strecker vermuthet,
dafs es die Alphatoluylsäure sei; meine, wenn auch noch
unvollständigen, Versuche leiten mich zu der entgegenge-
setzten Schlufsfolgerung.
Ich habe nach Piria's Verfahren die Alphatoluylsäure
in das entsprechende Aldehyd umgewandelt. Ich unterwarf
ein Gemenge von alphatoluylsaurem und ameisensaurem Kalk
der Destillation und erhielt ein Oel, in welchem eine sich
mit zweifach-schwefligsaurem Natron zu einer gut krystalli-
sirenden Verbindung vereinigende Substanz enthalten war.
Ich habe mich davon überzeugt, dafs das Product der Destil-
lation des alphatoluylsauren Kalks allein keine Spur von dieser
Substanz enthält.
Die aus dieser Substanz und . zweifach - schwefligsaurem
Natron bestehende Verbindung krystallisirt aus wässerigem
Alkohol sehr gut; ihre Analyse ergab mir Zahlen, welche
mit der Formel SNaHOs, ^sHsO vollkommen übereinstimmen.
dargestellte Toluylsäure, 255
IMan hat somit hier eine wahre chemische Verbindung von
zweifach -schwefligsaurem Natron mit dem Aldehyd der Al-
phatoluylsäure GgHsO.
Ich suchte dieses Aldehyd zu isoliren, löste zu dem Ende
die eben beschriebene Verbindung auf, setzte eine Lösung
von kohlensaurem Kali zu und schüttelte mit Aether. Die
ätherische Lösung wurde dccantirt und abgedampft ; als Rück-
stand blieb eine farblose zähe Substanz. Als diese, welche
das Aldehyd der Alphatoluylsäure sein mufs, der Destillation
unterworfen wurde, spaltete sie sich zu einem übergehenden
farblosen Oel und einem beim Erhitzen sich zersetzenden Harz.
Das überdestillirende Oel gab mit zweifach - schwefligsaurem
Natron wieder eine Verbindung, die dem Anschein nach mit
derjenigen 9 deren Zusammensetzung oben mitgelheilt wurde,
identisch war, und wie diese letztere gab auch die jetzt
wieder erhaltene Verbindung eine zähe Substanz, die sich bei
der Destillation zersetzte.
Dieses Verhalten des Aldehyds der Alphatoluylsäure läfst
mich daran zweifeln, dafs es jmit dem Aldehyd der Benzoe-
säure homolog sei. Dieser Zweifel findet in dem folgenden
Versuche noch weitere Bestätigung. Wäre die Alphatoluyl-
säure wirklich mit der Benzoesäure homolog, so müfste das
Aldehyd der ersteren Säure bei der Oxydation wieder Alpha-
toluylsäure gaben. Ich habe aber gefunden, dafs bei der Ein-'
Wirkung von Salpetersäure auf die aus dem Aldehyd der
Alphatoluylsäure und zweifach-schn^efligsaurem Natron beste-
hende Verbindung eine Säure entsteht, welche bestimmt nicht
mit der Alphatoluylsäure identisch ist; ihrer Krystallisation
nach scheint sie mit Noad's Toluylsäure identisch zu sein.
Ich bin jetzt mit der Bereitung der letzteren Säure aus
Cymol beschäftigt, um sie mit der bei der Oxydation des
Alphatoluylsäure - Aldehyds erhaltenen Säure zu vergleichen
und aus ihr das Aldehyd darzustellen, welches wirklich mit
dem Benzoesäure-AIdehyd homolog ist.
256 Schiff y zur Geschichte der Ztickerbädung aus Leim,
Diese Untersuchungen scheinen mir einiges Licht auf die
Beziehungen zu werfen, welche zwischen den zwei isomeren
Toluylsäuren existiren.
Zur Geschichte der Zuckerbildung aus Leim;
von Hugo Schiff.
Die von verschiedenen Forschern in den letzten Jahren
ausgerührten Untersuchung^en über Zuckerbildung im Thier-
körper, namentlich in der Leber, haben überzeugend dargethan^
dafs der Zucker nicht aus von aufsen etwa mit der Nahrung
eingeführten Amylaceen erzeugt und in der Leber blofs ab-
gelagert wird, sondern dafs derselbe im Lebergewebe selbst
aus einer amyloiden Substanz entsteht, welche letztere sehr
wahrscheinlich aus der Spaltung eines eiweifsartigen Körpers
hervorgeht Von diesem Standpunkte aus mufste die künst-
liche Spaltung von Eiweifskörpern in Zucker und eine oder
mehrere andere Verbindungen gewifs von Interesse sein, und
die Chemiker und Physiologen haben die von Fischer und
Boedeker im CXVIL Bande, Seite 111 dieser Annalen mit-
getheilten Untersuchungen über Bildung von gährungsfähigem
Zucker aus Leim, als eine Basis für künftige derartige Spal-
tungen, ohne Zweifel mit grofser Befriedigung aufgenommen.
In Anerkennung der Verdienste eines der wissenschaft-
lichen Laufbahn leider zu frühe entrissenen Forschers mufs
indessen hier bemerkt werden, dafs jene Thatsache keines-
wegs neu ist, dafs dieselbe vielmehr schon vor sechszehn
Jahren veröiTentlicht wurde. Wir lesen nämlich auf Seite
244 des im Juni 1845 erschienenen zweiten Bandes von
Gerhardt 's Precis de chimie organique :
„J*ai remarqu^, ü y a quelques ann^es , que si Ton fait bouUlir
,,pendaiit quelques heures la g^atine animale ayec de Tacide sulfurique
„^tendu, ü se produit une quantit^ considerable de sulfate d'ammo-
,yiiiaque en meme temps qu'une mati^re sucree, qui ^tait probablement
„du glucose ; du moins , eile se deoomposait comme lui, au contact de
„la leTÜre de bi^re, en alcool et en acide carbonique.«
(Deutsche Ausgabe Ton Wurtz Bd. IT, S. 364.)
Bern, den 5. März 1861.
Ausgegeben den 3. August 1861.
ANNALEN
DBR
CHEMIE UND PHARMACIE.
CXIX. Bandes drittes Heft
MittheiluDgen aus dem Laboratorium zu Innsbruck.
IV. lieber das Galbanum;
von*P. Mössmer,
Dr. Sommer hat in Zw enger 's Laboratorium kürzlich
gefunden, dafs das Galbanum, sowie mehrere andere Harze
und Schleimharze, ein merkwürdiges Zersetzungsproduct, das
Umbelliferon, liefert, welches dem Chinon isomer ist.
Einige Beobachtungen über das Galbanum, die Herr
Ph. Mag. P. Mössmer gesammelt hat» sind darum in Rück-
sicht auf diesen krystallisirten Körper und als Ergänzung
der älteren Untersuchungen vielleicht nicht ganz ohne In-
teresse.
I. Beim Destilliren des in Stücken zerschlagenen Gal-
banums mit Wasser aus einer Glasretorte erhält man etwa
7 Procent eines flüchtigen Oels von dem balsamischen Gal-
banumgeruch, welches bei der nächsten Rectification mit
Wasser völlig farblos und ziemlich lichtbrechend erscheint.
Mit Chlorcalcium getrocknet und dann für sich destillirt
zeigt es, wenn Platindraht in die Retorte gelegt wurde, bei
160^ 0. ein sehr constantes Sieden, und geht zwischen 160
und 165^ fast ohne Rückstand über.
Ann. d. Chem. u. Pharm. GXIX. Bd. 3. Heft. 17
258 Mössmer, über das Oalbanum,
Die Parthie einer dritten Rectification, die zwischen 160
und 161^ übergegangen war, wurde analysirt.
I. 0,8197 Grm. Substanz gaben 1,084 Grm. Kohlensäure und 0,3418
Grm. Wasser.
II. 0,2115 Grm. Substanz gaben 0,685 Grm. Kohlensäure und 0,2239
Grm. Wasser.
m. 0,1915 Grm. Substanz gab6n 0,620 Grm. Kohlensäure und 0,202
Grm. Wasser.
Diesen Zahlen nach ist das Galbanumöl mit dem Ter-
pentinöl isomer.
berechnet L II. IIL
Gio 88,24 88,20 88,33 88,29
Hie 11,76 11,88 11,76 11,71.
Das spec. Gewicht wurde bei 9^ C. zu 0^8842 gefunden.
- Das Mittel aus 6 Versuchen ergab in einem Cylinder
von 61°*°^ Höhe eine Ablenkung des polarisirten Strahls um
11^20' nach rechts.
Daraus ergiebt sich die specifische Dr^hkraft = 0,1857.
Der Brechungsexponent des Oels ist = .1,4542.
Bei der Behandlung mit trockenem Salzsäuregas färbt
sich das Oel röthlich bis purpurroth und wird zuletzt un«
durchsichtig. In der Kälte scheiden sich dann nach einigen
Tagen Krystal)e einer Salzsäureverbittdung aus, die abgeprefst
und aus Alkohol umkrystallisirt einen starken cajeputähnlichen
Geruch, im Uebrigen aber so vollständig die Verhältnisse der
entsprechenden , aus Terpentinöl und anderen isomeren
Kohlenwassersloffen entstehenden Salzsäureverbindung zeigten,
dafs es überflüssig schien, sie noch zu analysiren.
Mit verdünnter Salpetersäure übergössen und stehen ge-
lassen färbte sich das Oel dunkel, allein es hatte sich noch
nach mehr als 3 Monaten keine Krystallisation eingestellt.
II. Nach dem Abdestilliren des Oels hat man in der
Retorte eine harzige Hasse und eine trübe Flüssigkeit, die
die gummösen, schleimigen und extractiven Bestandtheile
Mössmer^ über das Oalbanufn, 259
gelöst enthält, und die zu einer weichen klebrigen Masse
eintrocknet. *)
Die harzige Masse wurde mehrmals mit Kalkmilch aus-
gekocht. Man erhält nach dem Filtriren dunkelgelb gefärbte
Lösungen, die mit Salzsäure versetzt das Harz in weifslich-
gelben Flocken fallen lassen , die leicht' auszuwaschen sind.
Es erweicht und schmilzt schon in der Wärme, löst
sich in gewöhnlichem Aether völlig , in absolutem aber
nicht ganz.
Die letztere Lösung ist dunkel goldgelb und hinterläfst
beim Verdunsten das Harz als honiggelbe Masse , die nun-
mehr in Alkalien nicht völlig löslich ist. Auch Schwefel-
kohlenstoff löst es nur theilweise , Alkohol am leichtesten.
Es ist nicht möglich gewesen, es in eine krystallisirte Form
oder in krystallisirte Verbindungen überzuführen. Auch
nitrirte oder bromirte Verbindungen zu erhalten gelang nicht.
*) DestUlirt man dieselbe mit verdünnter Schwefels&nre , so erhält
man ein trübes Destillat, welches sauer reagirt und einen fett-
säureartigen, dabei schwach aromatischen Geruch besitzt. Sättigt
man mit Soda, dampft, um eine Spur flüchtigen Oels zu ver-
jagen, ein, zersetzt wieder mit Schwefelsäure und destillirt neuer-
dings, so läfst sich aus dem Destillat durch Sättigen mit Silber-
oxjd in der Hitze eine ziemliche Menge eines flockig krystalli-
sirten weifsen Silbersalzes erhalten, welches sich nach der damit
. vorgenommenen Analyse als metacet-essigsaures erwies.
0,2812 Grm. (bei 100^ getrockneter) Substanz gaben 0,178
Grm. Kohlensäure und 0,0635 Grm. Wasser.
0,300 Grm. (bei 100^ getrockneter) Substanz gaben 0,1855
Grm. Silber.
OaHjAgOa
OgHsAga,
berechnet
gefunden
c
17,24
17,26
H
2,30
2,50
Ag
62,06
61,83.
17*
260 MSsameTy über das Galbanum.
Das durch Lösen in absolutem Aether und Wiederver-
dunslen des letzteren gereinigte, geschmolzene, völlig aschen-
freie Harz gab bei der Analyse :
0,243 Grm. Substanz gaben 0,642 Grm. Kohlensäure und 0,175
Grm. Wasser.
0,264 Grm. Substanz gaben 0,6965 Grm. Kohlensaure und 0,196
Grm. Wasser.
In 100 Theilen :
c
72,05 71,93
H
8,00 8,24.
In gewöhnlichem Aether völlig lösliches Harz von anderer
Bereilunor gab C 7i,60; H 8,44.
Johns ton fand im Mittel von fünf Analysen :
C 73,9
H 8,4.
Eine concentrirte alkoholische Lösung des Harzes mit
Salzsäure gesättigt und in zugeschmolzenen Röhren längere
Zeit auf 100^ erhitzt liefert als Zersetzungsproduct Umbelli-
feron. Es löst sich dasselbe bei der Behandlung des Röhren-
inhaltes mit Wasser, während sich eine braune Harzmasse
abscheidet.
Zucker wurde in dieser Lösung nicht gefunden.
Ili. Das Umbelliferon wurde schon von Zwenger und
Dr. Sommer auch durch trockene Destillation des Galbanum-
harzes gewonnen. *} Dieses so gereinigte Harz liefert es
in beträchtlicher Menge. Das rohe Destillat ist ein grün*
blaues Oel von mildem aromatischem Geruch , in welchem
sich oft schon im Retortenhalse Krystalle ansetzen. Gleich-
zeitig bildet sich bei der Destillation etwas Wasser. Das Oel
erstarrt nach kurzer Zeit völlig zu einem Krystallbrei. Man
trennt den öligen Theil von dem krystallinischen durch wie-
*) Chem. Centralblatt 1859, 370; diese Annalen CXV, IS.
Mössmery über das Oalbanum» 261
derholtes Auskochen mit Wasser und Filtriren durch be-
netzte Filter.
Aus der Lösunir krystallisirt das UmbeIhTeron bald heraus
und ist nach dem UmkrystaHisiren ganz weifs und völlig rein.
Es gab in Uebereinstimmung mit den von Sommer gefun-
denen Zahlen :
0,1549 Grm. Substanz gaben 0,3786 Grm. Kohlensänre und 0,0534
Grm. Wasser.
OeH^Og gefunden Sommer (im Mittel)
C 66,67 66,66 66,60
H 3,70 3,83 3,83.
Der Beschreibung des Umbelliferons, die von diesen bei-
den Chemikern vorliegt, ist nichts hinzuzurUgen.
Für die Formel desselben eine Stütze möchte ein bromirtes
Derivat sein, welches in folgender Weise erhalten wurde :
In eine Lösung des Umbelliferons in schwachem Wein-
geist wurde so lange Brom eingetragen, bis die gelbe Farbe
der Flüssigkeit einen Ueberschufs von Brom anzeigte. Das
herausgefallene flockige Product wurde zuerst auf einem Filter
vollständig mit kaltem Wasser ausgewaschen, dann in einen
Kolben gespült und mit einer zur Lösung unzureichenden
Menge Alkohol erhitzt. Der Alkohol ist gelbroth gefärbt,
der Rückstand weifs, und dieser, in einer neuen Menge
heifsen Alkohols gelöst, giebt beim Abkühlen schnell drusig
verwachsene bräunliche Schüppchen.
Bromumbelliferon ist in Wasser ganz unlöslich. Die Lö-
sung mit einem Alkali bewerkstelligt zeigt einen lichtgrünen
Flächenschimmer, während sich das reine Umbelliferon durch
einen schön blauen auszeichnet.
I. 0,3943 Grm. Substans gaben 0,3925 Grm. Kohlensäure und
0,034 Grm. Wasser.
n. 0,2691 Grm. Substanz gaben 0,268 Grm. Kohlensäure und
0,020 Grm Wasser.
IIL 0,2271 Grm. Substanz gaben 0,3213 Grm. Bromsilber.
262 Mö^smery über das Gcdbanum.
OeHgBrgO,
I. u. UL
II.
c
27,06
27,14
27,16
H
0,75
0,95
0,82
Br
60,15
60,19
—
IV. Das bei der trockenen Destillation des gereinigten
Harzes mit dem Umbelliferon zugleich übergehende blaue Oel
kann man rein erhalten , wenn nach dem wiederholten Aus-
kochen desselben mit Wasser die letzten Spuren Umbelli-
feron durch Behandlung mit ganz verdünnter Kalilauge wcg-
genommen werden.
Der characteristische blaue Schiller , den die kleinsten
Mengen Umbelliferon in alkalischer Lösung noch geben» ist
ein Anhaltspunkt, wie lange man das Oel so zu waschen habe.
Als er ganz verschwunden war, wurde mit etwas ange-
säuertem Wasser das Alkali entfernt und zuletzt lange mit
reinem Wasser behandelt
Das Oel ist ziemlich dickflüssig und hat einen hohen
Siedepunkt. Besser als durch Chlorcalcium entfernt man die
anhängende Feuchtigkeit dadurch ,~ dafs man es in einer Re-
torte, die mit einem Aspirator verbunden ist, so lange auf
ilO^ erhitzt, als sich noch ein Beschlag von Wasser im
Halse zeigt.
Es wurde dann rectificirt, die ersten und letzten Par-
thieen entfernt und die mittlere für sich aufgefangen.
Diese wurde nochmals mit eingesenktem Thermometer
nmdestillirt.
Man erhielt so ein prächtig blaues Oel, von so rein und
tief azurblauer Farbe, wie sie eine ammoniakalische Lösung
von Kupferoxyd zeigt.
Weingeist löst es mit derselben schönen Farbe. Es
läfst sich über Aetzkalk rectificiren , ohne sie zu verlieren.
Alkoholische Eisenchloridlösung verwandelt sie in lichtgrün.
Salpetersäure färbt das Oel in der Kälte gelbroth, beim Er-
hitzen dunkler.
Mössmer, über das Galbanum. 263
Brom verharzt es unter starker Bromwasserstoffentwlcke*
lung. In Aetzaikalien ist es ganz unlöslich und behält die Farbe.
Durch Schwefelsäure wird es braungelb.
Der Geruch ist schwach aromatisch , der Geschmack
ebenso, dann etwas kratzend und hinterher stark bitter. In
einer Eältemischung wird es sehr dickflijssig, ohne aber zu
erstarren.
Sein Siedepunkt liegt bei 289<> C.
Als man das Oel in einer langen Glasröhre, in die ein
Thermometer tauchte, kochte, beobachtete man, dafs anfangs
das Thermometer bis 264, dann auf 273^ stieg und dabei
seine blaue Farbe in eine dunkelgrüne änderte. Ebenso wur-
den die früher blauen Dämpfe grünlich; das Thermometer
erreichte endlich 289^ und stellte sich, während es seiner
ganzen Länge nach den heifsen Dämpfen ausgesetzt war,
völlig ein.
Bei dieser Temperatur destillirte es dann auch aus einer
Retorte über, und zwar mit der schönsten blauen Farbe. Die
Analysen sind mit zwei Oelen verschiedener Bereitung aus-
geführt, die beide, auch ohne zuvor länger erhitzt gewesen
zu sein, bei 289 bis 290^ abdestillirt waren.
I. 0,2188 Grm. Substanz gaben 0,6722 Grm. Kohlensäure und
0,2066 Grm. Wasser.
II. 0,1971 Grm. Substanz gaben 0,6049 Grm. Kohlensäure und
0,187 Grm. Wasser.
in. 0,2550 Grm. Substanz gaben 0,782 Grm, Kohlensäure und
0,2375 Grm. Wasser.
lY. 0,2398 Grm. Substanz gaben 0,7373 Grm. Kohlensäure und
0,2223 Grm, Wasser.
In 100 Theilen :
I. II. III. IV.
C 83,78 83,70 83,63 83,85
H 10,49 10,57 10,35 10,30.
Die einfachste, diesen Zahlen entsprechende Formel ist
C20H15O odef GsoHso^) welche verlangt :
264 Mössmer, über das OaJbanum.
C 83,91
H 10,49
O 6,60.
Dafür, dafs die Formel dieses Oels €20 (tder ein MuUiplum
davon enthält, scheint zu sprechen, dafs durch Behandlung
desselben mit Kalium oder Natrium ein farbloses Oel erhalten
wird, dessen Analysen auf die Formel GsoHso passen.
Die Operation wurde in einer aufrechtstehenden Retorte
vorgenommen , und das Kochen mit dem Metall so lange
unterhalten, bis die Farbe des Destillats ganz verschwun-
den war.
Der Retorteninhalt wird gelbbraun , das abdestillirende
Oel ist farblos , besitzt einen schwachen , kräuterartigen Ge-
ruch, und einen milden, gar nicht brennenden Geschmack.
Es siedet ziemlich constant bei 254^ und löst sich in
absolutem Alkohol, Schwefelkohlenstoff und Aether.
Die alkoholische Lösung wird von Eisenchlorid nicht
verändert, Brom wirkt heftig ein.
I. 0,190 Grm. Bubstanz gaben 0,6176 Grm. Kohlensäure nnd
0,1938 Grm. Wasser.
n. 0,2738 Grm. Substanz gaben 0,8918 Grm. Kohlensäure und
0,2745 Grm. Wasser.
berechnet L II.
Gso 88,88 88,65 88,83
Hao 11,12 11,33 11,14.
Die Formeln €2oH8oO für das blaue Oel, und €2oH8o Tür
den Kohlenwasserstoff drücken die einfache Beziehung der
beiden Körper zu einander aus, welche die eines Alkohols
zu seinem Hydrür ist.
Zwischen diesen beiden steht das Product der Behand-
lung des blauen Oels mit wasserfreier Phosphorsäure.
Beim Erwärmen damit entfärbt es sich ziemlich schnell
und beim Destilliren erhält man ein gelbliches Oel mit einem
schwach bläulichen Schimmer.
Nach dem Rectificiren siedet es bei 250 bis 253^.
Mosamer, über das Oalbanum. 265
Sein Geruch ist wenig verschieden von dem mit Kalium
behandelten Oel.
0,3514 GrnL Substanz gaben 0,1195 6rm. Eohlensftore und 0,3401
Grm. Wasser.
0,2589 Grm. Substanz gaben 0,8235 Grm. Kohlensftore und 0,2514
Grm. Wasser.
In 100 Theilen :
G 86,88 86,75 ^
H 10,75 10,78.
Die Formel §*^[J*H0 verlangt :
C 86,66
H 10,47.
Somit wäre dieses Oel gegenüber dem blauen im Ver-
hältnifs eines Aethers zum Alkohol.
^2oHs9J^ blaues OeL
^8oHa9]^ Product der PhosphorsÄurebebandlung.
^"^H** I P'^^^^ö* ^^^ Behandlung mit Natrium.
Man kennt bis jetzt aufser dem Chamillenöl wenige Oele
Yon so eigenthümlicher blauer Farbe, wie die des Galbanumöls.
Das Chamillenöl, im Geruch und den übrigen Eigenschaften
dem Galbanumöl sehr ähnlich, besteht nach Born trä-
ger*) aus :
C 79,8 79,8 79,5 78,2
H 10,0 10,6 10,8 —
und es ist immerhin zu beachten, dafs diese Zahlen sich der
Formel G20H32O2, die sich von der des blauen Galbanumöls
um HgO unterscheiden, nähern.
Sie verlangt : C 78,9 ; H 10,5.
*) Diese Annalen XLIX , 243.
266 HlasiwetZj über die Gtuyakharzsäure
Es treten aufser dem Umbelliferon, dem blauen Oel und
einer kleinen Menge Wasser keine wesentlichen Prodocte
bei der Zerselzqng des gereinigten Galbanumharzes durch
Hitze auf.
Einen Scblufs aus diesen Zersetzungsproducten auf die
Zusammensetzung des Harzes selbst zu ziehen , kann natür-
lich nur einen ungefähren Werlh haben, da dieses keine
brauchbaren Verbindengen eingeht, oder in eine Form zu
bringen wäre, die eine so ermittelte Formel controliren könnte.
Man hätte aber annäherungsweise vielleicht :
^»Ha8^6 = €fjoH«>0 + OeH^O, + 2 H^O
Harz blanes Oel Umbelliferon.
berechnet gefunden Johnston
72,0 71,9 73,9
8,0 8,2 8,4
e«
72,6
H«
8,8
ö.
18,7
100,0.
Setzt man in dem Harz einen kleinen Ueberschufs an
Sauerstoff voraus , so würden die Zahlen ziemlich genau mit
dieser Formel stimmen.
Hlasiwelz,
V. Ueber die Guajakharzsäure und das Pyroguajacin ;
von H. Hlaaiwetz.
Der CXI. Band dieser Annalen enthält (Seite 183} eine
vorläufige Hittheilung über einen neuen krystallisirbaren Be-
standtheil des Guajakharzes , dessen weitere Untersuchung
ich im Verein mit Dr. v. Gl Im ausgeführt habe.
Ueber die Darstellung des Körpers, der die Natur einer
schwachen Säure besitzt, ist schon berichtet. Das ange-
und das Pyrogmjacin. 267
gebene Verfahren hat sich auch in der Folge als zweckmäfsig
.bewährt.
Nachdem über die Formel der y^Guajakharzsäure^,
(so möge dieselbe zum Unterschiede von der Guajaksäure
Thierry's bezeichnet werden), die zunächst als Kaliver-
Bindung erhalten wird, einige Anhaltspunkte vorlagen, schien
die zuerst nur empirisch als passend gefundene Kalimenge,
mit der man eine Guajakharzlösung zu mischen hat, etwas
zu hoch gegriffen, und sie wurde bei einigen späteren Ver-
suchen probeweise um ein Drittel vermindert.
Die Ausbeute wurde allerdings dadurch kaum geringer,
aHein das abgeschiedene Kalisalz war dann nicht von jener
Reinheit und Weifse, wie früher.
Es nahm beim Auswaschen eine schwache Bläuung an,
und lieferte bei der Zersetzung mit Säuren einen Körper, der,
so gut krystallisirbar er auch war, doch durch eine blaue
Farbenreaction mit Eisenchlorid und Chlorwasser eine Ver««
unreinigung beurkundete^ die ihm fremd sein soll.*
Eine andere gute Methode, die noch leichter, wenn auch
etwas weniger reichlich ein reines Product liefert, besteht
darin, dafs man das gepulverte Harz mit der Hälfte seines
Gewichts zu Milch gelöschtem Kalk eine halbe Stunde lang
kocht, dann das Flüssige abseiht, den Rückstand trocknet und
in einem Verdrängungsapparat mit heifsem Alkohol auszieht.
Von der lichtgelben Tinctur (die an der Luft leicht
grün wird und defshalb am besten in mit Kohlensäure ge-
füllten Gefäfsen weiter behandelt wird) zieht man den Al-
kohol ab und löst den Rückstand in warmer Natronlauge
von 1,3 spec. Gew.
Beim Abkühlen erhält man einen Brei des Natronsalzes,
welches zwischen Leinwand in einer Presse trocken geprefst
wird. Es wird dann zerrieben, unter Zusatz von Natronlauge
268 Hlasiwetz^ über die Ouajakharzsäure
aus Wasser umkrysiallisirt, und das so gereinigte Salz mit
Salzsäure zersetzt.
. Die weitere Reinigung der Harzsäure kann man ver-
schieden ausführen. Alkohol löst sie sehr leicht und die
Lösung krystaliisirt defshalb langsam. Die Krystalle bleiben
warzig, klein, und sind von der Mutterlauge schwer gan^
zu befreien. Schöner erhält man sie aus concentrirter
Essigsäure, in der sie sich beim Erwärmen auch mit Leich-
tigkeit löst.
Nach kurzer Zeit bilden sich in solcher Lösung strahlig-
kugelige Krystallansätze , und weiterhin erstarrt die ganze
Flüssigkeit zu einem Haufwerk concentrisch gruppirter Nadeln,
die nicht weich, wie die aus Alkohol erhaltenen schuppigen
Krystalle, sondern spröde sind.
Sie wurden auf feiner Leinwand von der Mutterlauge
befreit, zuerst mit starker, dann schwächerer Essigsäure,
endlich mit Wasser bis zum Aufhören der sauren Reaclion
gewaschen^ waren farblos aber auch geruchlos, während die
aus Alkohol krystallisirte leicht einen schwachen Vanillege-
ruch behält.
Versetzt man eine verdünnte alkoholische Lösung der
Harzsäure mit Wasser, so dafs die Flüssigkeit nur milchig
wird und nicht schon Harzklümpchen abscheidet, so ver-
wandelt sich diese Trübung über Nacht in schöne glänzende
dünne Blättchen.
In derselben Weise krystaliisirt eine mit Wasser sehr
verdünnte alkoholische Lösung der Kali- oder Natronsalze,
die mit Salzsäure bis zur milchigen Trübung versetzt wurde.
Am besten eignet sich zur Reinigung immer das weiter
unten beschriebene Natronsalz, welches man durch wieder-
holtes Umkrystallisiren blendend weifs herstellen kann.
Als äufsere Anhaltspunkte der Reinheit der Säure mufs
man verlangen , dafs sie an der Luft liegend sich nicht
und das Pyroguajacin, 269
verändert und grünlich wird, dafs sie in Alkohol gelöst und
mit alkoholischer Eisenchloridlösung versetzt durchaus keine
blaue, sondern eine grasgrüne Färbung zeigt, dafs die alko-
holische Lösung mit Chlorwasser versetzt sich nicht bläut
oder grünt y und dafs die mit Wasser zu einer Milch ver-
dünnte Lösung auf Zusatz einiger Tropfen rother Salpeter-
säure nicht gebläut wird.
Die Krystalle der Guajakharzsäure schmelzen zwischen
75 und 80^ C, und erstarren unmittelbar nach dem Schmelzen
wieder krystallinisch. lieber den Schmelzpunkt erhitzt bleibt
die Masse harzartig. Auf Platin verbrennen sie mit leuch-
tender Flamme ohne Rückstand. Die Analysen mufsten immer
in einem andauernden Strom Sauerstoff beendigt werden,
sonst waren die Resultate im Kohlenstoff ungenau.
I. 0,276 Grm. Substanz gaben 0,733 Grm. Kohlensäure und
0,1941 Qrm. Wasser.
II. 0,2356 Grm. Substanz gaben 0,6245 Grm. Kohlensäure und
0,1667 Grm. Wasser.
III. 0,2307 Grm. Substanz gaben 0,6150 Grm. Kohlensäure und
0,162 Grm. Wasser.
IV. 0,2263 Grm. Substanz gaben 0,6043 Grm. Kohlensäure und
0,162 Grm. Wasser.
y. 0,2261 Grm. Substanz gaben 0,6023 Grm. Kohlensäure und
0,1647 Grm. Wasser.
VI. 0,2393 Grm. Substanz gaben 0,6331 Grm. Kohlensäure und
0,1727 Grm. Wasser.
VII. 0,2482 Grm. Substanz gaben 0,6642 Grm. Kohlensäure und
0,175 Grm. Wasser.
L II. III. IV. V. VI. VII.
C 72,43 72,29 72,70 72,52 72,65 72,15 72,98
H 7,81 7,86 7,80 7,95 8,09 8,01 7,83*).
♦) Von den vielen Verbrennungen, die gemacht wurden, halten wir
die mit den höchsten Kohlenstoffgehalten für die richtigsten. Die
übrigen differiren von diesen um 7s bis 1 pO. Der WasserstojQf
ist immer ziemlich derselbe.
Die Substanzen waren von verschiedenen Bereitungen , und
es zeigte sich auch, dafs solche, die mit Eisenchlorid sich mehr
270 Slasiwetz^ über die Guajakharzaäure
Diese Zahlen lassen mehrere Formeln zu, von denen
€2oHs6^4 am besten auch der Zusammensetzung der unter-
suchten Salze entspricht. Dieselbe verlangt :
€20 240 72,72
Hae 26 7,87
O4 64 19,41
- - - ^
330 100,00.
Ouajdkharzsaure Salze. — Die Säure verbindet sich in
zwei Verhaltnissen mit den Basen und giebt neutrale und
saure Salze.
Für die Analyse brauchbar sind vornehmlich die der
Alkalien, die wenigstens krystallisirt zu erhalten sind.
Die der alkalischen Erden und Metalloxyde sind amorphe
Niederschläge.
Es sind aber selbst die krystallisirten Alkaliverbindungen
nicht ganz leicht rein zu erhalten, denn sie sind sehr zer-
setzlich, und die krystallisirte Form, ihre Weifse und äufsere
scheinbare Reinheit bürgen nicht immer dafür, dafs man es
nicht mit Gemischen beider Arten von Salzen zu thun hat.
Bei aller Sorgfalt, die auf die Darstellung und Reinigung
verwendet wurde ^ waren darum kleine Differenzen in den
Analysen nicht hintänzuhalten.
Die neutralen Salze sind von gleichbleibender Zusammen-
setzung nur bei einem Ueberschufs freien Alkali's zu er-
halten. Sie zersetzen sich schon beim Erhitzen ihrer Lösung,
und liefern beim Kochen saure Salze.
Die Lösung der sauren Salze zersetzt sich beim Sieden
weiter, und setzt dann Gemische von saurem Salz mit freier
Säure ab, die oft noch ein krystallinisches Aeufsere besitzen.
bläuen als grünen, etwas kohlenstoffUrmer sind. Sie wurden
Tor der Analyse geschmolzen, oder in einem bis in die Nähe
ihres Schmelzpunktes erwärmten Luftstrome getrocknet
und das Pyroguajacin* 271
Alle untersuchten Salze enthalten Wasser, welches sie
erst durch anhaltendes Trocknen in einem Luftstrome bei
je nach der Art des Salzes verschieden hohen Temperaturen
(120 bis 150»J völlig verlieren.
Neutrales Kalisalz, — Es fällt auf Zusatz einer alkoho-
lischen Kalilösung zu einer alkoholischen Lösung der Säure
als copiöser , undeutlich krystallinischer Niederschlags den
man schnell auf einem Filter mit kaltem starkem Alkohol
wascht und prefst. Wässerige Kalilösung, wenn sie nicht zu
concentrirt ist, löst die Säure in der Hitze auf^ und nach
dem Abkühlen fällt das Salz in feinen Krystailen heraus,
die unter dem M.ikroscop drusig gruppirte Schüppchen dar-
stellen.
Aus ganz concentrirter Kalilauge und der Säure ent-
steht ein Brei der Kaliverbindung , die, wenn man erwärnyt
und Weingeist bis. zur klaren Lösung hinzufügt , nach dem
Erkalten in feinen Schuppen oder Blätlchen erhalten wird.
a. bei 100^ getrocknet.
I. 0,2275 Grm. Substanz gaben 0,4535 Grm. Kohlensäure und
0,1841 Grm. Wasser.
II. 0,2768 Grm. Substanz gaben 0,5560 Grm. Kohlensäure uüd
0,158 Grm. Wasser.
m. 0,3142 Grm. Substanz gaben 0,1212 Grm. schwefelsaures KaH.
GaoHg^KgO^ + 2 HjO^
I.
11.
Hl.
Gjo
240 54,30
54,36
54,78
—
•tlgg
28 6,33
6,54
6,34
—
K,
78 17,66
— •
—
17,28
^e
96 21,71
' — ^
—
—
442 100,00.
I. 0,333 Grm. dieses Salzes verloren bei 140<^ 0,0272 Grm. Wasser.
II. 0,290 Grm. wasserfreies Salz gaben 0,1235 Qctau schwefel>
saures Salz.
Der Krystallwassergehalt berechnet sich zu 8,14 pC.
gefunden 8,16 pC.
Der Kalig6halt des trockenen Salzeä ist berechnet 23,15 pG.
gefunden 23,00 pG.
272 SlasiwetZf über die Quajakharzsdure
b. Ein Salz Ton anderer Bereitung ergab nach dem Trocknen bei 100^ :
0,2823 Grm. Substanz gaben 0,5417 Grm. Kohlensftore nnd 0,1590
Grm. Wasser.
0,2946 Grm. Substanz gaben 0,109 Grm. schwefelsaures KalL
^soHjiKjjO^
+ SHg^
gefunden
€«>
240
52,17
52,33
H«,
30
6,52
6,26
K»
78
16,99
16,58
^f
112
24,32
—
460 100,00.
0,400 Grm. Substanz bei 140^ getrocknet gaben 0,165 Grm. schwe-
felsaures Kali.
Berechneter Ealigehalt 23,15
Gefunden 22,30.
Bei der trockenen Destillation liefert das Kalisalz eine
grofse Menge schwerer weifser uncondensirbarer Dämpfe^
etwas Wasser und eine kleine Menge eines brenzlichen Oels.
Saures Kalisalz. — Erhält man eine Lösung des neu-
tralen Salzes in verdünntem Alkohol einige Zeit im Sieden,
so bildet sich nach dem Abkühlen eine krümlicb - pulverige
Krystallisation des sauren Salzes , das auf einem Filter mit
kaltem Alkohol gewaschen wird.
Das Salz läfst sich auch erhalten durch Vermischen einer
Lösung der Säure in schwachem Weingeist mit einer Lösung
von kohlensaurem Kali. Der entstandene Niederschlag wird
mit der Flüssigkeit erhitzt, und so lange verdünnter Alkohol
zugesetzt, bis das Ganze klar gelöst ist.
Beim Abkühlen fällt die Verbindung als ein undeutlich
krystallinischer Niederschlag heraus, der mit kaltem Wasser
gewaschen und zwischen Papier abgeprefst wird«
0,3212 Grm. Bubstanz (bei 100<^ getrocknet) gaben 0,7234 Grm.
Kohlensäure tmd 0,2082 Grm. Wasser.
0,4189 Grm. Substanz gaben 0,0921 Grm. schwefelsaures Kali.
und das Pyroguajacin, 273
GgoHjßKO^ + Hj^
gefanden
««0
240 62,17
61,42
HjT
27 6,99
7,20
K.
39 10,10
9,83
^6
80 20,74
—
386 100,00.
Dasselbe Salz bei 120^ getrocknet verlor 0,010 Grm.
Wasser.
Berechneter Wassergehalt 4,66
Gefundener Wassergehalt 4,80.
Das neutrale Kalisalz zersetzt sich bei längerem Kochen
seiner Lösung in wässerigem Weingeist. Es scheidet dann
in der Kälte einen pulverigen, mitunter krystallinischen Nie-
derschlag aus, der, je nach der Dauer des Kochens und je
nach dem Alkoholgehalt der Flüssigkeit, einen sehr wechseln-
den, bis zu 8 pC. verminderten Kaligehalt zeigen kann und
ein Geroisch ist von wenig freier Säure und viel neutra-
lem Salz.
In der Lösung befindet sich freies Alkali.
Neutrales Natronsah. — Eine w^ingeistige Lösung der
Säure wird von einer alkoholischen Natronlösung sofort
reichlich gefällt. Setzt man noch etwas überschüssiges Natron
hinzu,, erhitzt das Ganze, und fügt nun so viel Wasser zu
bis eine klare Lösung entsteht, so erfüllt sich diese nach
dem Filtriren bald mit schönen glänzenden Krystallblättchen
des neutralen Natronsalzes.
Die anderen, beim entsprechenden Kalisalz angegebenen
Verfahrungsweisen liefern das Salz gleichfalls.
Beim Umkrystallisiren aus verdünntem Weingeist mufs
immer etwas überschüssiges Natron zugegen sein, sonst er-
hält man vornehmlich saures Salz.
I. 0,2455 Grm. Substanz gaben (bei 100^ getrocknet) 0,5222 Grm.
Kohlensäure und 0,1507 Grm. Wasser.
Acnal. d. Chemie u. Pharm. CXIX. Bd. 9. Heft. 18
m niaäiwet», aber die Ouajakharzsdure
ifr tttiit Orm. Substanz gaben (bei 100® getrocknet) 0,4705 Grm.
Koblenaäure und 0,1365 Gnn. Wasser.
iii (1,2040 (Um. Substanz gaben (bei 100® getrocknet) 0,0725 Grm.
sohwtjfolsaares Natron.
IV, O.bJHOOrm. Substanz gaben (bei 100® getrocknet) 0,1125 Grm.
Ii0hw^felsaures Natron.
iJ^H,4Na,^4 + 2H,0 L IL lU. IV.
ü^ 240 58,29 58,01 58,06 — —
H^ 28 6,83 6,82 6,86 — —
Nh, 46 11,22 — - 11,50 11,45
0, 96 23,66 — — — —
410 100,00.
Nach dem Trocknen bei i2(y :
0,2455 Grm. Substanz gaben 0,0925 Grm. schwefelsaures Natron.
0,2138 Grm. Substanz gaben 0,0820 Grm. schwefelsaures Natron.
Natriumgehalt des wasserfreien Salzes : berechnet 12,90
Natriumgehalt des wasserfreien Salze» : gelonden 12^5 bis 12,45.
Saures NatrontcJz. — Das Irockene neulrale Natronsalz
löst sich in einem Gemisch Ton gleichen Theilen Wasser und
Weingeist in der Siedehitze vollständig aof. Aus der er-
kaltenden Flüssigkeit fallen schöne kleine günzende KrystalN
blüUt'hen des sauren Salzes, wahrend die Fiossigkeit stark
alkalist h reagirt.
0,2828 Grm. bei 100<* getrockneter Substanz gaben 0,555 Grm.
KohUnsttur« und 0,159 Grm. Wasser.
0,di} Grm, b»l 100^ getrockneter Substanz gaben 0,059 Grm.
S()bw0l't)liAur«s Natron.
0«i>H««Na94 4. H,9 gefunden
O90 940 64,86 65,01
M%1 87 7,29 7,68
Ntt 29 6,21 6,14
0, 80 21,64 -
370 100,00.
0,2844 Qnu. btti 420" gotrooknst v«rk>reii 0,0114 €^m. Wasser.
}ltir(iülmt)(«r Waaa^rgebalt 4,86
Uül'uudttutir Wa»sor|;«halt 4,01.
und das Pyroguajactn. 275
0|2914 Gnn. bei 120^ getrockneter Substanz gaben 0,7256 Grm.
Koblensäure und 0,200 Grm. Wasser.
0,306 Grm. bei 120^ getrockneter Substanz gaben 0,0604 Grm.
schwefelsaures Natron.
€8oH2gNa^4 geiiinden
€so 240 68,18 67,91
H»6 25 7,10 7,62
Na 23 6^3 6,39
O4 64 18,19 —
352 100,00.
Die Verbindungen der Harzsäure mit den alkalischen
Erden sind kreideweifse amorphe Pulver.
•Die Barytverbindung» aus dem neutralen Kalisalz durch
Fällung mit Chlorbaryum erhalten, gab bei 160^ getrocknet
32,61 pC. Baryt. Für €2oH84Ba8&4 berechnen sich 32,93 pC.
Die Verbindungen des Blei's, Kupfers, Quecksilbers und
Silbers sind amorphe Niederschläge.
Die Silberverbindung wird am Licht graubraun, beim Er-
wärmen schnell reducirt.
Ammoniak löst die Säure nur zum kleinen Theil. Aus
einer kaiischen Lösung fällt Salmiak das Harz.
Bromguajahharzsäure. — Tröpfelt man Brom in eine
Lösung der Guajakharzsäure in SchwefelkohlenstofT, so wird
die Flüssigkeit zuerst carminroth, dann bei weiterem Zusatz
bläulich violett, endlich braun. In diesem Zeitpunkt wurde
der Zusatz unterbrochen, und die BromwasserstoiT in grofser
Menge abdunstende Flüssigkeit auf dem Wasserbade ab-
geraucht.
Der krystallinische Rückstand wurde zerrieben, und auf
einem Filter mit kaltem Weingeist gewaschen, so lange der-
selbe noch gefärbt ablief. Die weifs gewaschene Masse
wurde dann in siedendem Alkohol gelöst.
19*
276 JSlastwetz, über die Ouajdkharzsäure
Sie löst sich langfsam, bedarf grofser Alkoholmengen,
und fällt beim Erkalten schnell wieder heraus.
Das gereinigte Product stellt lockere glänzende kurze
farblose Nädelchen dar.
I. 0,2950 Grm. (bei IW getrocknet) Substanz gaben 0,404 Crrm.
Kohlensäure und 0,100 Xrrm. Wasser.
II. 0,3003 Orm. (bei 100^ getrocknet) Substanz gaben 0,4128 Grm.
Kohlensäure und 0,101 Grm. Wasser.
III. 0,2096 Grm. (bei 100^ getrocknet) Substanz gaben 0,2473 Grm.
Bromsilber.
IV. 0,2594 Grm. (bei IW getrocknet) Substanz gaben 0,3018 Grm.
Bromsilber.
GiO^VsßT^A^A
I.
IL
III.
IV.
^80
240
37,15
37,32
37,41
—
—
H„
22
3,40
3,76
3,76
—
—
Br,
320
49,39
—
—
49,09
49,6
^4
64
10,06
—
—
•
—
646 100,00.
Die Einwirkung des Chlors auf eine Lösung der Harz-
säure in Schwefelkohlenstoff verläuft ähnlich, allein das Pro-
duct ist viel schwieriger zu reinigen.
Die Flüssigkeit färbt sich röthlich, dann braun, endlich
gelbroth, es entweicht Salzsäure in Strömen, und die Reaction
scheint zu Ende, wenn freies Chlor den Kolben erfüllt.
Nach dem Verdunsten hinterbleibt eine klebrige, harzige,
paradiesäpfelrothe Masse, die sich gleich leicht in Alkohol,
Aether, SchwefelkohlenstofT und Essigsäure löst.
Es gelang nicht, daraus eine reine krystallisirte Substanz
abzuscheiden.
Schwefelsäure löst die Harzsäure mit purpurrother Farbe
und verwandelt sie bei längerer Einwirkung in eine dunkel-
rothe Harzmasse.
Salpetersäure wirkt heftig ein ; das Hauptproduct ist ein
gelbes, in der Kälte sprödes Harz.
und das Pt/roguajactn, 277
Aelzalkalien liefsen auch bei andauernder Einwirkung
wässeriger Lösungen in der Hitze die Säure ziemlich unver-
ändert.
Phosphorsuperchlorid greift eine Lösung derselben in
Schwefelkohienstoir unter Salzsäureentwickelung an. AUrnälig
scheidet sich aus derselben eine weiche caoulchoucähiiliche
Masse aus, die, völlig amorph, den Lösungsmitteln sehr wenig
zugänglich ist und der Reinigung grofse Schwierigkeiten bot.
Pyroguajactn, — Die Guajakharzsäure steht in naher
Beziehung zu dem Pyroguajarin. Wenn man sie in einer
Retorte der trockenen Destillation unterwirft, so erhält man
ein gelbes dickliches öliges Destillat, welches in der Vor-
lage und manchmal schon im Retortenhals krystallinisch
erstarrt.
Die Krystaile sind Pyroguajacin. Sie sind durchtränkt
mit einem Oel vom brenzlichen Geruch des rohen Gunjacols.
Guajol wird dabei nicht gebildet.
Es kommt übrigens viel auf die Art des Destillirens an,
wie der Procefs verläuft. Jagt man die Masse bei raschem
Feuer schnell über, so ist das Destillat nach dem Abkühlen
eine weiche bernsteingelbe klebrige Masse, die zum grofsen
Theil aus unveränderter Säure besieht. Sie verwandelt sich
mit Natronlauge erwärmt schnell in das kryslailinische Natron-
salz. Aufserdem hat sich eine kleine Menge jenes Körpers
gebildet, der die Ursache ist, dafs Guajacol mit Alkalien an
der Luft so schnell braun wird.
Destillirt man die Säure recht langsam, so ist das De-
stillationsproduct der Hauptmenge nach Guajacol, aus welchem
in der Kälte Pyroguajacin krystallisirt.
Pyroguajacin mit dem öligen Product sieben gelassen
verschwand nach einigen Wochen völlig.
Mit dem Pyroguajacin wurden, so weit das beschränkte
Material reichte, noch einige Versuche angestellt.
278 RlasiwetZy über die Guajakharzsäure
Da sich zeigte, dafs es mit den Alkalien krystallisirte
Verbindungen eingeht, war es möglich, die für dasselbe vor-
geschlagene Formel Gi9H2»Os weiter zu prüfen. *) Pyro-»
guajacin löst sich in kochender Aetzkalilösung auf und die
Flüssigkeit erstarrt beim Erkalten zu einem Brei farbloser
haarförmiger atlasglänzender Krystalle,
Sie wurden abgeprefst und in kochendem Alkohol ge-
löst. Beim Erhalten fiel das Salz in schönen zarten Prismen
heraus. Diese enthalten über Schwefelsäure getrocknet noch
Wasser, welches sie bei 100^ verlieren.
Es ist eine Eigenthümlichkeit der Pyroguajacinverbin-
dangen , sich beim Erwärmen bis 100^ grünlich , weiterhin
schmutzig-blaugrün zu färben.
Bei wiederholtem Umkrystallisiren werden sie zersetzt
und immer ärmer an Base.
Ueber Schwefelsäure getrocknete Substanz gab :
0,1994 Gnn. Substanz gaben 0,4567 Grm. Kohlensäure und 0,1173
Gnn. Wasser.
0,1965 Grm. Substanz gaben 0,0447 Grm. schwefelsaures KalL
O^Hj^KOs+lVÄ^**)
berechnet
C 62,81 62,46
H 6,61 6,55
KO 12,94 12,14.
0,203 Grm. bei 100^ getrockneter Substanz gaben 0,052 Grm.
schwefelsaures Kali.
KO berechnet 13,98
KO gefunden 13,89.
Pyroguajacin-Natron, so bereitet wie die Kaliverbindung,
stellt irisirende Blättchen dar.
•) VgL diese Annalen CVI, 339.
*♦) Die Pyroguajacinsalze entlassen schon bei gewöhnlicher Tem-
peratur etwas Krystallwasser ; der Gehalt des obigen Salzes ist
wahrscheinlich gröfser als 17» Aequiyalent
und das Pyrognajacin. 279
Es wird schon bei mäfsigem Erwärmen an der Luft
grün.
0,2010 Orm. über Schwefelsänre getrockneter Substanz gaben 0,4885
Grm. Kohlensäure und 0,119 6rm. Wasser.
0,2151 Grm. über Schwefelsäare getrockneter Substanz gaben 0,0455
Grm. schwefelsaures Natron.
Diese Zahlen entsprechen annähernd der Formel :
GisHaiNae» + HgO; genauer 2 GiaHgiNaGa + 2V2H2e.
berechnet
gefunden
c
66,27
66,27
H
6,86
6,57
Na
6,72
6,85.
Bei 100^ getrocknet gaben :
I. 0,158 Grm. Substanz 0,0347 Grm. schwefelsaures Natron,
n. 0,158 Grm. Substanz 0,0348 Grm. schwefelsaures Natron.
^i9"2tNa03
berechnet I. II.
Na 7,18 ' 7,08 7,13.
Eine Lösung von Pyroguajacin*Kali oder -Natron wird auf
Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd gefällt. Der Nieder-
schlag bräunt und schwärzt sich schnell.
Wird Pyroguajacin mit Schwefelsäure zusammengebracht,
so löst es sieh mit gelber Farbe auf. Erwärmt man, so ver-
wandelt sich die Farbe in röthlich , schmutziggrün , grün^
violblau , dunkelblau. Eine solche dunkelblaue Lösung mit
Wasser versetzt läfst ein dunkelblaues Pulver fallen ; die
darüber stehende Flüssigkeit ist ungefärbt.
Versetzt man die blaue Schweftlsäurelösung mit Alkohol,
so löst sich ein Theil mit blauschwarzer Farbe auf, ein anderer
fällt als eben solches Pulver zu Boden. Diese blaue Schwefel-
säurereaction entsteht auch in der Kälte, wenn man der
Säure ein wenig Braunslein zumischt , weniger schön mit
Chromsäurcy am wenigsten deutlich und schnell in rothbraun
Übergehend auf Zusatz von etwa? ^other Salpetersäure.
280 HlasiwetZy über die Guajakharzsäure
Von Chlorwasser wird eine alkoholische Pyrogaajacin-
lösong beim Erwärmen schfnutzigroth gefärbt.
Eisenchlorid ßirbt die alkoholische Lösung grün.
Es könnte sein, dafs die blauen Farbenreactiönen der
Guajaklinctur, die durch schwach oxydirende Substanzen ent-
stehen, mit den angeführten in einem Zusammenhange stehen.
CDie Guajakharzsäure 9 wenn sie rein ist, zeigt, wie schon
erwähnt, die Erscheinungen nicht, die man an einer alkoho-
lischen Lösung von rohem Guajakharz beobachtet.}
Das Pyroguajacin könnte man mit der Benzilsäure und
der Oxatolylsäure von Höller und Strecker*} in eine
Reihe zu stellen versucht sein.
^i4Hi8^s Benzilsäure
^16^16^8 Oxatolylsäare
• • • .
OjeHgjOg Pyroguajacin.
Wenn es aber zur Characteristik dieser Körper gehört^
dafs sie mit Kali erhitzt sich in einen Kohlenwasserstoff
aus der Reihe des Benzols und in Oxalsäure spalten , wie
die Oxatolylsäure, so ist die Beziehung des Pyroguajacins
zur. Oxatolylsäure nur eine äufserliche, denn dieses liefert
bei anhaltendem Kochen mit Kalilauge keine Oxalsäure.
Inzwischen v^urde, als derselbe Versuch mit Benzilsäure an-
gestellt wurde, auch keine Oxalsäure gefunden. Das abde-
stillirte Wasser war zwar etwas trübe und besafs einen
schwach aromatischen Geruch, allein es fand sich kein öliges
Product darin.
Benzilsäure Salze färben sich, ähnlich den Pyroguajacin-
salzen, mit Schwefelsäure blau. Benzilsaures Silberoxyd wird
schon beim Erwärmen auf 100^ blau.
Es erübrigt nun noch, jenen Körper aus dem Guajakharz
zu isoliren, welcher die intensiv blaue Färbung mit schwachen
Oxydationsmitteln liefert.
*) Diese Annalen CXIII, 56.
und das Pyroguajacin, 281
Die völlige Reindarstellung' desselben hat Schwierigkeiten,
die wir trotz sehr vieler mühsamer, in dieser Richtung unter-
nommener Versuche noch nicht überwinden konnten, und
diese selbst eignen sich daher noch nicht für eine Mittheilung.
Es sei uns vorbehalten, später darauf zurückzukommen ;
vielleicht gelingt es uns auch bis dahin , über die Natur der
„Guajakharzsäure^ Bestimmteres aussagen zu können, als bis
jetzt noch vorliegt.
VI. lieber eine neue Saure aus dem Milchzucker ;
\on H. Hlasiwetz,
In dem Milchzucker läfst sich ein Theil des Wasserstoffs
durch Brom substituiren , und dieses Product liefert durch
Behandlung mit Silberoxyd eine Säure, die bisher noch nicht
bekannt war.
Man bringt ein Aequivalent Milchzucker mit vier Aequi-
valent Brom und einer angemessenen Menge Wasser in zu-
geschmolzene Röhren (^oder bei Darstellung gröfserer Mengen
in mit einem Caoutchouc-Kork und Draht verschlossene dick-
wandige Flaschen} und setzt diese der Hitze des Wasser-
bades aus.
Wenn das Brom verschwunden ist und die Flüssigkeit
nur noch schwach gelb gefärbt erscheint, öffnet man vor-
sichtig die GefäfsCy wobei etwas Brom Wasserstoff, Kohlen-
säure und eine wie Bromäthyl riechende flüchtige Substanz
entweichen y und erwärmt die Flüssigkeit in einer Schale auf
freiem Feuer.
Nachdem sie farblos geworden und wieder erkaltet ist,
trägt man nun so lange frisch gefälltes Silberoxyd ein ^ bis
282 Hlaaiwetz^ über eine neue
die saure Reaction ganz verschwunden Ist ; dabei erwärmt
sie sich von selbst nicht unbeträchtlich.
Man fiUrirt von dem Bromsilberschiamme ab, wascht aus,
zersetzt die Lösung des zur Reduction sehr geneigten Silber-
salzes mit Schwefelwasserstoff, Gltrirt wieder und verjagt
den Schwefelwasserstoff.
Man hat nun eine nicht ganz reine Lösung der neuen
Säure y die beim Eindampfen zu einem sehr sauren Syrup
wird, ohne zu krystallisiren.
Unter den Salzen derselben konnte bis jetzt blofs eins
gefunden werden, welches krystallisirt zu erhalten ist; das
ist das Ammoniaksalz.
Es mufs als Ausgangspunkt zur Reindarslellung der
Säure und ihrer übrigen Verbindungen genommen werden.
Man versetzt die Lösung der rohen Säure mit Aetzammoniak
bis zum Vorwalten desselben, und kocht bis zum Verschwin-
den des Ammoniakgeruches.
Bei passender Concentration schicfsen dann nach einigen
Tagen Krystalle des Salzes an.
Von den Mutterlaugen befreit und mit Kohle gereinigt
erhält man sehr schöne, oft beträchtlich grofse, harte, völlig
farblose Krystalle dieser Verbindung.
Mit einem basischen Bleisalze zersetzt liefern sie eine
Bleiverbindung. Diese kann durch Zerlegen mit Schwefel-
wasserstoff wieder in freie Säure verwandelt, und aus der-
selben durch Sättigen mit kohlensauren Oxyden oder Oxyd-
hydraten die übrigen Salze dargestellt werden.
Das ursprüngliche gebromte Product aus dem Milchzucker
ist ebenfalls ein sehr saurer farbloser , in der Wärme unter
Bromwasserstoffentwickelung leicht zerset/Jicher Syrup, dessen
Reindarstellung für die Analyse vorläufig noch nicht erreicht
wurde.
Säure aus dem Milchzucker. 283
Die durch die Behandlung mit Silberoxyd daraus hervor-
gehende freie Säure ist nicht identisch mit einer der zuletzt
von Bödeker aus dem Milchzucker erhaltenen, kommt in
mehreren Stücken der Zuckersaure am nächsten, und ist
mehrbasisch, wie diese.
Herr Dr. Barth ist mit der näheren Untersuchung ihrer
Verhältnisse beschäftigt.
lieber die Diansäure ;
von Fr. t. Kobell
Prof..H. Rose hat einige Bemerkungen über die Dian-
säure gemacht*), welche wohl diejenigen, denen der Gegen-
stand fremd ist, zu der Meinung veranlassen können, dafs
der Unterschied von Diansäure und Unterniobsäure nicht be-
gründet, dafs die Säure des Samarskit dieselbe sei wie die
des Niobit von Bodenmais. Genauer besehen werden aber
meine Angaben durch diese Bemerkungen weder verändert,
noch widerlegt.
Prof. Rose erkennt nun an, dafs die blaue Lösung der
von mir benannten Diansäure nicht von Woiframsäure her-
rühre, wie er früher behauptet hatte, sondern dafs sie ihr
eigenthümlich sei. Ich hatte dieses bereits in meiner ersten
Abhandlung durch eine wahre Kreuzprobe dargethan, und da
mir damals Prof. Rose schrieb, dafs die reine Unterniobsäure
durch Kochen mit Salzsäure und Zinn zwar blau werde, sich
*) Poggendorff's Annalen 1861, Nr. 3.
284 Kobelly über die Diansäure.
aber nicht lö^ und farblos filtrire, wie ich es auch an der
Säure des Niobit von Bodenmais beobachtet hatte, so konnte
ich die EigenthUmlichkeit der- Diansäure um so mehr aus-
sprechen und zeigen , dafs die Säure des Samarskit nicht
Unterniobsäure sei, denn sie verhielt sich nicht wie die Säure
des Bodenmaiser-Niobit. Diese letztere Säure mufste mir bei
meinen Vergleichungen als normale Unterniobsäure gelten,
denn sie ist ja die zuerst von Rose als solche (damals
Niobsäure} bestimmte und von der Tantalsäure getrennte
Säure, mit welcher wohl Niemand mehr verkehrt hat, als ihr
Entdecker. Um das Verhalten dieser Säure gegenüber der
von mir benannten Diansäure dreht sich die vorliegende
Frage, und es versteht sich von selbst, dafs keine Säure als
Unterniobsäure gelten kann, die sich nicht wie diese Boden-
maiser-Säure verhält. Im Widerspruche mit seiner oben er-
wähnten Angabe führt nun Prof. Rose an, dafs auch die
Bodenmaiser-Säure die blaue Lösung gebe, wie meine Dian-
säure, und dafs diese also von jener darin nicht verschieden
sei; doch fügt er bei, dafs man solche blaue Lösung nicht
immer erhalten könne.
Ich habe nach dem von mir ausführlich beschriebenen
Verfahren bei allen Dianaten , die ich genügend untersuchen
konnte, und als solche erkannte ich aufser dem Dianit den
Efuxenity Samarskit ^ Aeschynit^ PcAyhraSy Tyrit und Fergu-
sonü, die blaue Lösung ohne Schwierigkeit erhalten, von der
Unterniobsäure des Bodenmaiser-Niobit'^) konnte ich aber
bei ganz gleicher Behandlung weder die blaue, noch überhaupt
eme Lösung erhalten. Prof. Rose hat nicht angegeben, wie
er diese Säure zur Lösung gebracht, wieviel Salzsäure und
von welcher Stärke er dazu verwendet , wie lange er ge-
*) Meine Proben wurden von einem gröfseren ZwillingskrystaU ge-
nommen, dessen spec. Gew. 6,35 war.
Kobellf über die Diansäure, 285
kocht u. s. w. ; ich bezweifle aber nicht, dafs er sie gelöst
habe, denn wer wollte ein bezeichnetes Factum bezweifeln,
und unter Umstünden kann man auch die Wolframsäure in
Salzsäure auflösen; die Verschiedenheit zweier Substanzen
kann aber defswegen noch nicht geleugnet werden, weil
Verhältnisse vorkommen, unter denen sie sich gleich verhalten«
Prof. Rose sagt zwar, er habe bei seinen Versuchen auch
die von mir angegebene Vorschrift befolgt, er erwähnt aber
nur meine Darstellung der Säure aus der Kalilösung, wel-
ches nicht die Hauptsache ist ; die Hauptsache wäre gewesen,
die von mir bezeichnete Anwendung der Quantität und Qua*-
lität der Salzsäure, Dauer des Kochens u. s. w. zu wieder-
holen, und dafs dann Prof. Rose dieselben Resultate erhalten
hätte, wie ich, kann ich nicht bezweifeln. Es ist auff'allend,
dafs Prof. Rose das nicht gethan oder wenigstens keine
Mittheilung darüber gemacht hat, denn diese Versuche ver-
anlttfsten ja die Trennung der Diansäure und zeigten, abgesehen
von der blauen Lösung, dafs deren Löslichkeit in Salzsäure
ganz verschieden ist von der der Bodenmaiser-Säure. Auf die-
sen sehr aulTalhenden Unterschied in der Lösiichkeit hat Prof.
Rose gar nicht Rücksicht genommen; es wird aber Niemand
bestreiten, dafs die Verhältnisse der Löslichkeit eben so wie
eine wesentliche Farbe der Lösung zu den wichtigsten Kenn-
zeichen einer Substanz gehören.
Die Unterniobsäure des Bodenmaiser-Niobit verhält sich,
mit einer Salzsäure von i,14 bis 1,17 spec. Gew., wie ich
sie anwendete, gekocht, so sehr verschieden von der Dian-
säure und so viel ähnlicher der Tantalsäure, dafs ich weniger
überrascht gewesen wäre, wenn Prof. Rose diese Säure
wieder zur Tantalsäure, von der er sie getrennt, gestellt
hätte, als dafs sie identisch mit der von mir bezeichneten
Diansäure sein soll; denn dafs die Tantalsäure und die Boden-
niaiser-Unterniobsäure schwer zu unterscheiden sind, dafür
286 Kobelly über die Diansäurv.
giebt der Umstand einen neuen Beweis, dafs mir Prof. Rose
selbst die ihm mitgetheilte Diansäure des Dianits von Tammela,
wovon er das Chlorid darstellte, als Tantalsäure erklärte,
während er sie jetzt für ürUerniobsäure nimmt und bemerkt,
dafs mein Dianit wahrscheinlich mit einem von Norden-
skiöld analysirten Niobit von demselben Fundort überein-
komme. Als mir Prof. Rose obige Bestimmung mittheilte,
hatte er die Güte, eine Probe reiner Tantalsäure beizufügen,
damit ich mich überzeugen könne, dafs diese keine blaue
Lösung gebe, und dafs die vom Dianit erhaltene von Wolfram-
säure herrühre. Die zugeschickte Säure gab auch die blaae
Lösung nicht, eben weil sie nicht Diansäure war. Wie hier
eine Täuschung über die Bestimmung dieser Säuren vorliegt,
so ist auch nicht zu verwundern, wenn Prof. Rose die Säure
des Samarskit mit der Bodenmaiser- Säure für gleich ge-
nommen hat, denn ihre Verschiedenheit zeigt sich erst deut-
lich durch das früher nicht bekannte Verhalten zu Salzsäure
*
und Zinn, wie ich es beschrieben habe.
Aus Allem geht hervor, dafs Prof. Rose ceteris paribus
die Verhältnisse aufgesucht hat, unter welchen* sich Diansäure
und Unterniobsäure gleich verhalten; ich dagegen habe die*
jenigen auszumitteln gestrebt, unter welchen sie sich ceteris
paribus nicht gleich verhalten. Es bedarf aber wohl keiner
Erinnerung, dafs, wenn man Substanzen unterscheiden will,
man sie nicht nach den Eigenschaften beurtheilen niufs, in
welchen sie übereinstimmen, sondern nach denjenigen, in
welchen sie nicht übereinstimmen , natürlich aUes unter
übrigens gleichen Umständen. Nicht aus Mifstrauen gegen
meine früheren Versuche, denn ich habe sie oft genug wie-
derholt^ sondern nur um dieselben noch genauer zu geben,
habe ich noch einmal die betreffenden Hauptversuche mit der
Diansäure des Euxenit und mit der Unterniobsäure des Niobit
von Bodenmais vorgenommen und dabei die Quantität der
Kobell, über die Diansäure, 287
angewendeten Ht^lallsfluren dem Gewichte nach bestimmt und
von jeder eine gleiche Gowichtsmenge im Hydrat bei den
Versuchen angewendet.
Ich habe dazu eine gewogene Menge des Hydrats aus-
geglüht, um dessen Säuregehalt zu erfahren. Es wurde von
der Diansänre des Euxenit eine Menge des Hydrats, welche
0,42 Grm. Säure enthielt , in den Stanioltrichter gebracht und
mit i Cubikzoll Salzsäure von l^i? spec. Gewicht 5 Minuten
lang in einer Porcelfanschale auf einem durch die Gasflamme
erhitzten dünnen Bleche gelinde gekocht. Die blaue trübe
Flüssigkeit klärte sich auf Zusatz der gehörigen Menge Wasser
vollkommen zur sapphirblauen Lösung. Das Kochen hatte ich
auf dem Bleche dem über freiem Feuer defswegen vorgezogen,
weil bei zu raschem Kochen zuweilen eine olivengrüne Lö-
sung erhalten wird, ich aber die normale blaue haben wollte.
Um das Minimum der Menge Salzsäure kennen zu lernen,
womit noch eine solche Lösung erhalten werden kann, kochte
ich' dieselbe Menge Metallsäurc mit einem halben Cubikzoll
derselben Salzsäure iO Minuten lang in derselben Weise, und
ich erhielt dann auch noch beim Verdünnen eine vollständig
klare blaue Lösung, aus der sich erst am anderen Tage eine
kleine Menge der Metallsäure ausgeschieden hatte, ein Be-
weis, dafs diese Quantität Salzsäure wohl die geringste ist,
womit die angegebene Menge Diansäure noch die erwähnte
Lösung giebt.
Ich behandelte nun eben so dieselbe Menge der Unterniob-
säure von Bodenmais und kocht sie zuerst mit i Cubikzoll der-
selben Satzsäure 10 Minuten lang wie die vorige. Ich konnte
leicht bemerken , dafs keine Lösung auf Zusatz von Wasser
erfolgen würde , gofs daher nur etwas von der bläulichen
Flüssigkeit ab und prüfte sie mit Wasser, wobei die Metall-
säure sogleich in weifsen Flocken aus der farblos geworde-
nen Flüssigkeit sich ausschied. Der gröfseren Menge in der
288 Kobelly über die Diansäure.
Schale setzte ich nun noch einen halben Cubikzoll Salzsäure zu,
kochte wieder 5 Minuten , und prüfte wieder eine kleine
abgegossene Menge mit Wasser, und so trieb ich es, bis die
Melallsäure mit mehr als der 5 fachen Menge Salzsäure gegen
die bei der Diansäure angewendete gekocht wurde, ohne dafs
auf Zusatz von Wasser eine Lösung oder ein blaues Filirai
sich zeigte.
Ich glaube, dafs diese Versuche hinreichen, um darzuthun,
dafs die von mir benannte Diansäure und die normale Unter-
' niobsäure des Niobit von Bodenmais bei gleicher Behandlung,
wie angegeben, sich durchaus verschieden verhallen, und dafs
jene sowohl durch ihre Leichtlöslichkeit als durch das Blau-
färben der Lösung unter den erwähnten Verhältnissen sich
scharf von der Unterniobsäure unterscheidet, da beide Eigen-
schaften der letzteren nicht zukommen. Es ist dieses das-
selbe Resultat, welches ich bereits in meiner ersten Abhand-
lung mitgetheilt habe^ und es ist wohl ein verlässiges, da
die Versuche nach Mafs und Gewicht vorgenommen und
damit die Wechselfälle eines „mehr oder weniger'' ausge-
schlossen wurden.
Ob die Unterniobsäure, wie sie Rose im Niobit von
Bodenmais gefunden , auch in anderen Mineralien , die hier
zu berücksichtigen, vorkomme, mufs weiteren Untersuchungen
überlassen bleiben; in den oben genannten kommt sie, wie
ich gezeigt habe, nicht vor, und scheint weit seltener zu
sein als die Diansäure. Nach den letzten Mittheilungen von
A. E. Nordenskiöld (Poggendorff's Annalen CXI, 288)
ist dieser Chemiker auch auf die Eigenthümlichkeit der Säure
des Euxenit aufmerksam geworden und hebt hervor, dafs
sie sich in mehreren Eigenschaften von Rose's Niobsäuren
unterscheide. Meine Abhandlung konnte ihm noch nicht be-
kannt sein.
289
MittheOungen aus dem Laboratoriuno des Priyat*^
docenten L. Carms in Heidelberg.
5. Ueber d^n Pbospfaorsäuren sich aDScbliefsende
Gruppen neuer organiscber Körper *) ;
' von L, Garius.
In einer früheren kurzen Hittheilung **J habe ich ge-
zeigt, dafs durch Einwirkung von Sulfophosphorsäureanhydrid
auf Alkohol neue ätherartige Körper entstehen, welche als
Phosphorsäureätber anzusehen sind, deren Sauerstoff durch
Schwefel theilweise ersetzt worden ; ferner, dafs wahrschein-
lich jedem sauerstoffhaltigen Körper eine oder mehrere ihm
analoger Sulfoverbindungen entsprechen , je nachdem er ein
oder mehrere Atome Sauerstoff enthält. Ich habe nun fast
die ganze Reihe der an die gewöhnliche Phosphorsäure sich
in dieser Art anschliefsenden Verbindungen dargestellt und
dabei nachgewiesen, dafs sowohl die Entstehungsweisen , als
auch die chemischen Reactionen dieser Sulfokörper in jeder
Beziehung denen der Oxyverbindungen völlig analog sind,
und dafs die Sulfoalkohole genau in analoger Weise äther-
*) Das Folgende ist ein Auszug aus meiner Schrift : Beitrag zw
Theorie der mekrbasiscben Sdwren^ besonders auch deren Sulfoderir-
vaUj Heidelberg bei K. Winter,
**) Diese Annalen CXII, 190. — Die Beendigung dieser Untersuchung
wurde erst möglich durch Anwendung der Yon mir gegebenen
neuen Methode zur exacten Bestimmung von Bchwefel, Phosphor,
Chlor u. 8. w. in organischen Körpern; ygl. diese Annalen
CXVI, 1.
Annal. d. Chem. u. Phann. CXIX. Bd. 3. Heft. 19
290 Cariusfiib^ den Phosphorsäuren sich
artige Körper bilden, wie die entsprechenden Sauerstoff-
verbindungen.
Die dem gewöhnlichen phosphorsaaren Aethyl correspon-
direnden neuen Körper bilden mit diesem die folgende Reihe :
Unter solchen Körpern können, wie ich früher schon
zeigte, Isomerieen vorkommen, der Art, dafs der eine der
beiden Körper den Sauerstoff, der andere den Schwefel in-
nerhalb des Radicales enthält. Die Untersuchung hat indessen
bewiesen, dafs solche Körper identisch sind ; so z. B. mono-
sulfophosphorsaures Aethyl^ das einmal durch Einwirkung von
Phosphorsulfochlorid auf Alkohol, und zweitens aus dem tri-
sulfophosphorsauren Aethyl erhalten wurde, welches letztere
durch Einwirkung von Phosphoroxychlorid oder auch gewöhn-
lichem Phosphorsäureanhydrid auf Hercaptan entstanden,
allen Schwefel aufserhalb des Radicales enthalten müfste :
Diese Thalsache ist ein weiterer Beleg dafür, dafs wir
nicht im Stande sind, auf chemischem Wege über die Lage*
rung der Atome in der Verbindung zu entscheiden«
Die neutralen Aether und die basischen Diäthylsäuren
der oben bezeichneten Gruppe haben folgende Entstehungs«^
weisen ;
i. Einwirkung eines Oxy- oder Sulfo- Alkohols auf
Oxy- oder Sulfophosphorsäureanhydrid. Der Versuch hat
bewiesen, dafs entgegen der bisherigen Annahme durch Ein-
wirkung von Pbosphorsäureanhydrid auf völlig absoluten
Alkohol neutrales phosphorsaures Aethyl, vorherrschend Di-
äthylphosphorsäure und nur wenig Monäthylphosphorsfiure
gebildet wird. Diese ReacUpoen sind folgende :
anscMtefsende Gruppen neuer organischer Körper. 291
c. ( 8|^frO.+ P'^» = ».{(eA). + 8l(efH.).H + (^H.).
d. (8|^ftH')^+ PA = B.|(eSl).+ «•l(e3.),H + (»H.V
2. Einwirkung der einfachen Oxyde oder Sulfide der
Alkoholradicale auf Oxy- oder Sulfo-Phosphorsäureanhydrid :
/^jOsHs-^ 4.pg _^8l PS , 0| Pg
*• ( ^UlH*)a + ^«*» = [^»l(08H,)3],-
3* Einwirkung des Oxy- oder Sulfo-Chlorides der Phos-
phorsäure auf Oxy- oder Sulfo-Alkohol. Cioäz hat bekannt-
lich gefunden**), dafs bei Einwirkung von Phosphorsulfo-
Chlorid auf Alkohol die s. g. Aethylschwefelphosphorsäure =
Ipc
A H H entsteht ; ich
habe gefunden ; dafs bei Anwendung von absolutem Alkohol,
besonders wenn als Verdünnungsmittel etwas wasserfreier
Aether zugesetzt wurde, nur Chlorwasserstoff und monosulfo-
Ipc
(Vi H \ entsteht :
a. (d«Ä)^ + a.Pg = (CIH). + ö,|(ef|,)„
T.. {B^^X + Cl^O = (CIH). + ^^\^J^X\
c. {f^^X + Cl.Pß = (CIH), + ß.|(eP»^)^.
Neutrale ÄetJier der Reihe der gewöhnlichen JPhosphor säure.
Diese Körper sin(i sämmtlich tropfbare, auch bei — 18®
nicht erstarrende Flüssigkeiten von gewürzhaftem, um so mehr
*) Sulfophosphorsänreanbydrid wirkt auf andere AJikohole im AU-
gemeinen ähnlich, obgleich nicht immer in derselben V^eise ein ;
vgl. die folgende Abhandlung und über Phenylalk'ohol meine
Schrift : Beitmg iur Theorie der mehrbasischen Säuren u. s» w*
*♦) Compt. rend* XXIV, 388.
19*
292 Gar tu 8, über den Phosphorsäuren sich
knoblauchartigem Gerüche, je mehr Schwefel sie enthalten.
Der nur Sauerstoff und der nur Schwefel enthaltende destil-
liren unzersetzt, letzterer gegen 200^ als farblose Flüssig-
keit, die sich indessen bald röthlich färbt. Die drei zwischen
diesen liegenden Oxysulfoäther destilliren dagegen für sich
erhitzt nicht unzersetzt^ sondern geben bei 160^ unter hefti-
gem Aufkochen Schwefeläthyl und das monosulfophosphors.
Aethyl zugleich Aethyloxyd, mit dem indessen ziemlich viel
Aether unzersetzt übergeführt wird; mit Wasserdämpfen destil-
liren das mono- und disulfo - phosphorsaure Aethyl gröfsten-
theils unverändert, während das tri- und besqnders tetra-
sulfophosphorsaure Aethyl beim Kochen mit Wasser unter
Entwickelung von Mercaptan und Schwefelwasserstoff zerlegt
werden. — Alkalien oder alkalische Schwefelmetalle, beson-
ders in alkoholischer Lösung, bewirken die Bitdung von
Diäthylsäuren von gleichem Schwefelgehalt wie der Aether
und nur das tetrasulfophosphorsaure Aethyl liefert gleich-
zeitig Diäthylsäuren von niedrigerem Schwefelgehalt. Alko-
hole wirken dagegen beim Erhitzen im zugeschmolzenen Rohr
anders auf die Aether ein, sie bilden als Hauplproducte der
Reaction die 1 At. S weniger als der Aether enthaltende
Diäthylsäure und die Sulfide oder Doppelsulfide der Alkohol-
radicale, siehe unten; die beiden Reactionen sind folgende :
Die schwefelhaltigen Aether werden leicht angegriffen
von Schwefelsäurehydrat und dabei auf eigenthümliche Weise
verändert. Es werden nämlich zunächst 2 Mol des gewöhn-
lichen Aethers einmal die Elemente von Aethyloxyd entzogen
und 1 Hol. eines Pyrophosphorsäureäthers gebildet. Dieselben
Verbindungen entstehen auch bei Einwirkung von syrupartiger
Phosphorsäure, oderChlorcalcium mit wenig Wasser; Schwe-
anschliefsende Onippen neuer organischer Körper. 293
felsfiore bildet dabei gleichzeitig Aethylschwefelsäure , Chlor-
calcium bildet Alkohol :
Wirkt die Schwefelsäure weiter ein, so entwickelt sich,
besonders in gelinder Wftrme, schweflige Säare, und es ent-
stehen neue Körper, die ihren Reactionen mit Kalihydrat
zufolge neutrale Aether der Metareihe sind :
^.|(efH.). + (^'1^0. =-- ^«leA + (^'le.£'H).+ ^h.
oder besser :
Diese Reactionen konnten indefs für das tetrasulfophos-
phorsaure Aelhyl bis jetzt noch nicht nachgewiesen werden.
Phosphorsuperchlorid bildet mit den neutralen Aethern
der dreibasischen Reihe Chloräthyl, Phosphoroxychlorid, oder
bei dem tetrasulfophosphorsauren Aethyl Phosphorsulfochlorid
und Diäthylchloride, z* B. :
^»l(€A)3 + ^^ = a t(GA). + ci., P^ + ciOA,
Ueberschüssiges Phosphorsuperchlorid wirkt weiter ein,
unter Bildung von Monäthyldichloriden , oder endlich von
Phosphorsulfochlorid :
Aehnlich wirkt Phosphorjodür , oder Jod und Phosphor.
Die neutralen Sulfoäther der dreibasischen Reihe bilden
schön krystallisirende Verbindungen mit Chloriden und Jodiden
von den Metallen Blei, Silber und besonders Quecksilber.
Diese Verbindungen sind analog den Verbindungen der Salze
294 Cariusy über den Phospkorsäuren sich
mit Krystallwdsser als Aneinanderlagerongen Eweier Holecüle
zu einem Krystallmolecül zu betrachten ; da sie nämlich durch
physikalische Einflüsse leicht in die beiden Factoren zerlegt
werden^ aus denen sie entstanden, und sie ferner nur solche
chemische Reacüonen geben, bei denen diese beiden Fac-
toren getrennt fungiren; ein Beispiel dieser Körper ist :
Schwefelhaltige Diäthylsäuren der gewöhnlichen dreibasiachen
Reihe,
Von diesen KOrpern entsteht nur das Endglied der Reihe,
die Diäthyltetrasulfophosphorsäure Ssj/n ii 1 H ^^^^^^ ^^ ''^'"
nem Zustande; sie krystallisirt in schönen schwefelgelben,
durchsichtigen Prismen aus der Lösung in tetrasulfophosphor-
saurem Aethyl, welche das Product der Einwirkung von
Sulfophosphorsäureanhydrid auf Mercaptan ist. Die übrigen
müssen aus ihren reinen Blei-, Quecksilber*- oder Silber-
salzen in alkoholischer Lösung durch Schwefelwasserstoff ab-
geschieden werden. — Die Diäthylmono- und Diäthyldi-
sulfophosphorsäure sind farblose zähe, sehr saure Flüssig-
keiten, die nach langem Stehen unter der Luftpumpe zu
nadeiförmigen Krystallen erstarren; sie riechen schw&ch
buttcrsäureähnlich und zerfliefsen an der Luft. Alle vier
Säuren werden beim Erwärmen für sich schon bei 100^ zer-
legt; unter den Producten findet sich stets Mercaptan. —
Diäthyldisulfophosphorsäure entwickelt beim Kochen ihrer
wässerigen Lösung reichlich Schwefelwasserstoff und bildet
als erstes Product Diäthylmonosulfophosphorsäure , die bei
langem Kochen ähnlich zersetzt wird :
!
anachUefsende Gruppen neuer organischer Korper. 295
DiSthyUrisulfophosphor^Sare erleidet die analogr^ Zer-^
Setzung mit Wasser schon bei gewöhnlicher Temperatur all«
mdlig und läfst sich auch aus ihrer alkoholischen Lösung
nicht durch Abdampfen erhalten ; die Diäthyltetrasulfophos*
phorsäure endlich wird schon fthnlich sersetit beim Zerfliefsen
an der Luft; löst man sie direct in Wasser , so enthftH die
frisch bereitete Lösung kleine Mengen von TetrasulfophOs*
g^ ich dargestellt habe.
Die beschriebenen vier Körper gehören su den stärksten
Säuren ; ihre Saiae können durch direcle Neutralisation mit
Metalloxyden oder kohlensauren Sahen , oder , die in Wasser
unlöslichen , durch Fillung der Salze der betreffenden Metalle
selbst der stärksten Säuren erhalten werden. Die SaUe der
Diäthyltetrasulfophosphorsäure lassen sich nur erhalten durch
Fällung der Lösung von reiner Säure in reinem Aethyloxyd
mit einer eben solchen Lösung von Hetallsalz oder Chlorid;
sie können aber auch direct dargestellt werden nach folgen-
der Gleichung :
Die Salze der vier Säuren sind , sobald sie nicht wie
einige der mit Metallen der Alkalien und alkalischen Erden
an der Luft Wasser anziehen, im trockenen Zustande voll-
kommen luft- und lichtbeständig, und nur die Silber- und
Quecksilbersalze der Diälhyltri- und der Diäthyltetrasulfophos-
phorsäure schwärzen sich schon bei gewöhnlicher Temperatur
etwas. Beim Erhitzen werden sie um so leichter zerlegt, je
mehr Schwefel sie enthalten, die der Diäthyldi- und Diäthyl-
monosulfophosphorsäure erst über 100^; beim Glühen hinter-
lassen nun die Salze der Diäthylmonosulfophosphorsäure ihren
ganzen Gehalt an Phosphor als metaphosphorsaures Salz. —
Die Salze der vier Säuren mit den Metallen Ammonium, Ka-
296 Oarius, über den Phosphorsäuren sich
lium, Baryuni u. s. w. sind in Wasser leicht löslich, die der
Diäthyloionosulfophosphorsäure mit den Metallen der Mag-
nesiunlgriippe y IMg, Zn, Fe (ferrosumj wenig löslich, alle
übrigen Salze unlöslich und werden als käsige schwere Nie-
derschläge gefällt Die letzteren Salze sind meist unzersetzt
schmelzbar und lösen sich überaus reichlich in heifsem Aether,
Alkohol oder Benzol, aas welchen Lösungen beim Brkalleii
fast alles Gelöste auskrystalKsirt ; die Form der Krystalle ist
meist nur mikroscopisch deutlich zu erkennen, obgleich die
Krystalle oft sehr schön und grofs sind; besonders characte-
ristisch sind die Formen ^) der vier Quecksilbersalze (mer-
curicum}, die auch zur Unterscheidung der vier Säuren von
einander dienen können. Die Diäthylmonosulfophosphprsäure
unterscheidet sich aufserdem von den schwefelreicheren Säu-
ren dadurch^ dafs ihr durch Fällung entstehendes Eisenoxyd-
salz amorphe braune Flocken darstellt, während letztere
Säuren mikroscopisch krystallinische schwarze, in Alkohol
mit rubinrother Farbe lösliche» körnige Eisenoxydsalze fällen,
die unter Wasser bald zersetzt werden; ein solches Salz
ist z. B. :
^6| (P»)8
Sämmtliche hier beschriebene Salze werden von den
gewöhnlichen Säuren in der Kälte nur sehr schwer oder gar
nicht zerlegt; concentrirtes Schwefelsäurehydrat bewirkt die
Bildung von neutralen Aethern der vierbasischen Beihe :
Phosphoroxychlorid wirkt, wenigstens in einzelnen Fällen,
ähnlich auf überschüssiges Salz. Phosphorsuperchlorid bildet
als erste Producte die Diäthylchloride, z. B. : '
*) Vgl. die auefiifarliche Beschreibung a. a. O.
anschltefsende Oruppen neuer organischer Korper. 297
Chloride und Jodide der dreibcisisehen Reihe.
Die Entstehungs- und Darstellungsweisen sind aus dem
Vorigen ersichtlich; die rationellen Namen derselben lassen
sich nicht ganz umgehen, und müssen in folgender Weise
gebildet werden.
O i PS
Diäthyldioxymonosulfophosphorchlorid QJfXrn g \ ,
Aethyldisulfophosphordichlorid /31 )g a •
Die folgende Tabelle giebt sämmtliche bis jetzt von mir
erhaltenen Chloride, von denen aber nur die beiden mit
Sternchen versehenen ausführlicher untersucht werden konnten.
*
O 1 PS S « PS
CljIGjHg» Cl,l€jH5*
Die Chloride sind tropfbarflüssig, von scharfem Geruch,
schwerer als Wasser, nicht oder doch nicht völlig unzersetzt
destillirbar, zersetzen sich langsam mit Wasser, rascher mit
alkoholischen Lösungen von Alkalien, wobei die Diäthyl-
chlorlde die Diäthylsäuren liefern; diese beiden Körper-
klassen wirken auf einander ein und bilden dabei neutrale
Aether der vierbasischen Reihe :
B. Reihe des pyrophosphorsauren Aethyles.
Im Vorigen habe ich mehrfach einer vierbasischen Reihe
der Phosphorsäure erwähnt; die erste Annahme, die Pyro-
phosphorsäure sei nicht eine zwei-, sondern vierbasische
Säure , rührt von 0 d I i n g *3 ^^i" 9 ^^^ ^'^ ^"^ theoretische
Betrachtungen der Atome und Aequivalente stützte. Eine
*) Ou the Constitution of Acides and Salts. Gheni. Soc. Qu. J. VII, 1,
298 CariuSf Ober den Phospharsäuren gkh
experimentelle Bestätiflfang lag bis dahin nicht vor; es ist
mir gelungen, diese bo geben, hi schwefelhaltigen Pyro-
phosphorsäureäthern nämlich läfst sich 1 Atom (€2115) durch
Metalle vertreten , wodurch Salze entstehen von der allge-
meinen Formel : ^slf^ij^lie' Neutrales pyrophosphor-
saures Aethyl ist daher in 1 Mol. » ?(ßiEt)Sh^ Man könnte
darin verschiedene Radicale annehmen und danach dem Aether
die folgenden Formehi beilegen :
?^9*L . f (po^ ^»1
Heiner Untersuchung zufolge ist allein die letzte Formel
zulässig. In 1 Hol. des Aethers sind 7 At. Sauerstoff ent-
halten, und daher können möglicherweise sieben verschiedene
schwefelhaltige Aether dieser Reihe existiren ; von diesen
sind bis jetzt nur die beiden mit Sternchen bezeichneten aus-
führlicher untersucht :
^»|(€,H,),' ^*I(0,H5)4' ^M(€,H5)4' S l(€Ä)4' S, ((C^H^U '
»0,| (PS), Ol (PS), g j (PS),
Sa 1(C,H5)4 » S4l(€«H5)4 ' ^»»(GÄ)^-
Die geschwefelten Aether der Pyro-Reihe entstehen :
1. Durch Entziehung der Elemente 0(€sH6)2 aus 2 Hol.
eines neutralen Aethers der dreibasischen Reihe, durch Ein-
wirkung von Schwefelsäurehydrat, Chlorcalcium und wenig
Wasser, und wahrscheinlich noch andere ähnlich wirkende
Reagentien :
[^s|(G,H6)8l " ^(^«^»>« = ^*I(€A)4'
2. Entziehung der Elemente OMeg aus 2 Hol. eines
Salzes einer Diäthylsäure der dreibasischen Reihe, bei der
Einwirkung von Schwefelsäurehydrat oderPhosphoroxychlorid;
von letzterem auf sehr überschüssiges Salz.
anschltefsende Ortippen neuer organischer Körper. 299
3. Einwiritang der oben beschriebenen Diäthylchloride
auf die DHjfhylsftaren, deren Salze oder neutrale Aether der
dreibasischen Reihe :
« Sij(«Ä), + ßl(eA)^ - ciH + g^i(ojH^)^
Disulfopyrophosphorsaores Aethyl ist eine farblose ölige
Flüssigkeit, fast geruchlos, in Wasser ohne Zersetzung ziem-
lich löslich; beim Erhitzen beginnt sie etwas über 160^ zu
kochen, wird aber dabei gröbtentheils zersetzt ; bein\ Kochen
mit Wasser d^stillirt sie gröfstentheils unzersetzt mit den
Wasserdämpfen I ein anderer Theil nimmt die Elemente von
Wasser auf«
Hit zur völligen Zersetzung unzureichenden Mengen
Kalihydrat in alkoholischer Lösung behandelt, bildet der Aether
ein krystallisirendes Kaliumsalz, aus dem durch doppelte An-
legung andere Salze der Triäthyldisulfopyrophosphorsäure er-
halten werden können. Die allgemeine Formel dieser Salze ist :
^^ Ire B ^Me* ^^ ^^^^^ Säure läfst sich wie es scheint aus
diesen Salzen gar nicht erhalten, sondern nimmt im Momente
der Abscheidung die Elemente von Wasser auf. Rbenso
nehmen die Salze bei Behandlung mit überschüssigen löslichen
Schwefelmetallen oder mit Kalihydrat oder Ammoniak die
Elemente von Metalloxydhydrat (oder Hetallalkoholat) auf,
indekn in allen diesen Fällen Körper der dreibasischen Reihe
erzeugt werden.
Trisulfopyrophosphorsaures und tetrasulfopyrophosphor-
saures Aethyl konnten bis jetzt nicht rein erhalten werden ;
sie scheinen bei gewöhnlicher Temperatur feste , leicht
schmelzbare Körper zu sein. Alle Reactionen , welche nach
dem oben Hitgetheilten das tetrasulfopyrophosphorsaure Aethyl
300 Cariusy über den Phosphorsäuren sich
liefern sollten, liefern statt dessen *), oder doch neben diesem
das pentasulfopyrophosphorsaure Aethyl : c'jrh ff\ f ^®I*
ches eine bei 71^,2 schmelzende, sehr schön krystallisirende
Substanz ist, die sich besonders auszeichnet durch die Leich-
tigkeit, mit der sie in Salze der DiäthyldisulfophosphorsSure
übergeht :
Das Mitgetheilte beweist vollkommen, d9fs die Pyro-
phosphorsäure vierbasisch, und gleichsam als eine Vereini-
gung von 1 Hol. dreibasischer mit 1 Mol. einbasischer Phos-
phorsäure zu betrachten ist. Dieselbe Vereinigung wird sich
wahrscheinlich noch einmal, vielleicht sogar mehrmals wieder-
holen lassen, und die dabei entstehenden Verbindungen wür-
den dann die folgenden Formeln erhalten, z. B.
O2 PS
Oj PS
S (O8H5),
» (Gffl6)s
^) PS
^ PS
S (€,H5
8 GjHj
0 PS
■O j PS
S GJät
S 1 O2H5
^j PS
S lOjH«
Bei der ersten Auffindung des pentasulfopyrophosphor-
sauren Aethyls glaubte ich den ersten dieser beiden Körper
zu haben, da die Analysen besser mit dessen Formel über-
einstimmten , und in der That scheint diese Verbindung bei
längerer Einwirkung von Schwefelsäurehydrat auf disulfo-
phosphorsaures Aethyl zu entstehen , konnte aber bis jetzt
nicht rein erhalten werden.
Die Metaphosphorsäure hat ohne Zweifel die von Odiing
schon vorgeschlagene rationelle Formel fh] u 9 in der
*) Diefs scheint durch Mitwirkung des gleichzeitig auftretenden
Schwefelwasserstoffs bewirkt zu werden.
anscAUefsende Oruppeu neuer arganiacher Körper, 30i
also drei Atome Sauerstoff durch Schwefel ersetst werden
können. Durch Behandlung von metaphosphorsaorem Blei
mit JodSthyl habe ich metaphosphorsaures Aethyl als eine
farblose^ scharf ätherartig riechende Flüssigkeit erhalten, die
unter 100^ (sie war noeh mit etwas Alkohol gemischt} destil-
lirte und in Wasser gelöst eine Lösung von Monäthylphos«
phorsäure gab. Monosulfometaphosphorsaures Aethyl entsteht
bei längerer Einwirkung von Schwefelsäurehydrat auf mono-
sulfophosphorsaures Aethyl :
Ganz ähnliche Beziehungen, wie ich sie durch die mit-
getbeilte Untersuchung zunächst für die Verbindungen des
Phosphors nachgewiesen habe, finden- ohne Zweifel auch statt
für die mit dem Phosphor analogen dreiäquivalentigen Kör-
per. Bei Arsenik und Antimon lassen sich dieselben sogar
schon aus den bis jetzt bekannten Verbindungen der unorga-»
nischen Chemie ableiten, z. B. :
^»KH, ' ^1^^^ ' ^« Na
ßalz von Bouquet und Clo3z l K
Auch für den Stickstoff gelten ohne Zweifel den im
Vorigen angedeutete ganz ähnliche Beziehungen. Ich ver-
muthe, dafs die gewöhnliche Salpetersäure die der Meta-
phosphorsäure correspondirende einbasische Metasäure des
Stickstoffs ist, und dafs wie beim Phosphor eine dreibasische
und eine vierbasische oder Pyroreihe des Stickstoffs existiren.
Wenn es gelänge, für den Stickstoff ebenfalls eine drei-
basische Reihe nachzuweisen, so würde dann die Formel der
IT geschrieben werden müssen, welche
den Eigenschaften derselben und der Stickstoffverbindungen
!N0 '
u* . Ver-
302
Garius^ über den Phosphorsäuren u, s. w.
bindongen einer dreibasischen Reihe des Stickstoffs werden
wahrscheinlich nnr solche erhalten werden können, die einen
Theil oder allen Sauerstoff durch Schwefel ersetzt enthalten.
Der sogenannte Fünffach -Schwefelstickstoff von Gregory
scheint der Ausgangspunkt zur Darstellung solcher Körper
zu sein ; die Substanz wirkt auf Hercaptan rasch und unter
Entwickelong von Schwefelwasserstoff ein, das Product ist
eine gelbliche, in Wasser unlösliche Flüssigkeit, die bei der
Destillation theilweise zersetzt wird und eine niedriger sie-
dende, Schwefel und Stickstoff enthaltende Verbindung, wahr-
m u \ » and bei 150^ destillirendes zweifach-
Schwefeläthyl liefert. Die dreiäquivalentigen Elemente N, P,
As, Sb (Bi) bilden noch andere Sauerstoff- und Schwefel-
verbindungen ; diese wiederholen unter einander genau die-
selben Beziehungen, wie die gewöhnliche Pyro* und Meta-
Phosphorsäure; die folgenden Formeln mögen diefs an einigen
Repräsentanten dieser Körper zeigen.
Gewöhnliche Reihe Pyro-Beihe Meta-Beihe
*nca.
*t(C%)
w
As^'
Ba,
A80
S.
■1
«1 Pb«
Boulangerit
I Ba
Pbg
Sb&
Federerz
H
Pb
8.
8
B
B
{
Sb8
Pb
Zinkeait
Ganz analoge Beziehungen existiren noch unter den Ver-
bindungen von Silicium, Zinn und anderen mehräquivalentigen
Körpern, und ich habe dieselben schon mehrfach in meinen
Vorlesungen über theoretische Chemie hervorgehoben, und
z. B. gezeigt; mit wie grofsem Vortheil sie sich in der
Chemie der Silicate benutzen lassen.
Heidelberg, den 25. Februar 1861.
303
6. Ueber die Einwirkung von Snlfophosphorsäure-*
anhydrid auf Methyl- und Amyl-Alkohol ;
vQn Dr. A. Kavalevsky.
Nachdem durch die Untersuchung des Herrn Dr. Carius
die Reaction von Sulfophosphorsäureanhydrid auf Aethyl-
alkohol untersucht war, schien es noch nöthig, zu prüfen,
ob andere Alkohole sich ganz analog verhielten.
Reiner Methylalkohol^ nach der Methode von Dr. Carius
aus benzoSsaurem Methyl dargestellt, wirkt sehr energisch
und unter starker Wärineentwickelung auf Sulfophosphorsäure-
anhydrid ein, es entwickelt sich sehr reichlich Schwefel-
wasserstoff, und man erhält eine zähe Flüssigkeit, die eine»
Lösung von Dimethyldistdfophoaptiorsäure in disulfophosphor-
saurem Methyl ist. Die Reaction findet nach folgender Glei-
chung statt :
(^^h). + *•*»• = 8l(€H.), + %An + ^H. + 8H..
Di8ulfophx>8phorsaure8 Methyl. — Um diese Verbindung
darzustellen, übergiefst man im Kolben mit Ableitungsrohr
1 Mol. Sulfophosphorsäureanhydrid, grob gepulvert, mit etwas
mehr als 5 Mol. reinem Methylalkohol und kühlt so lange
ab, bis die Gasentwickelung nachläfst; alsdann erwärmt man
so lange vorsichtig im Wasserbade, bis sich kein Gas mehr
entwickelt und alles Phosphorsulfid gelöst ist. Die erl\^ltene
Flüssigkeit wird mit 5 bis 6 Mol. Wasser verdünnt, der ab-
geschiedene Aether rasch mit Wasser abgewaschen, und
unter der Luftpumpe oder im Luftstrom bei höchstens 40^
getrocknet ; die wässerigen Flüssigkeiten enthalten Dimethyl-
disulfophosphorsäure und noch kleine Mengen von disulfo-
phosphorsaurem Methyl.
Das so erhaltene disulfophosphorsaure Methyl ist eine
ölige Flüssigkeit, die auch bei — 12^ nicht erstarrt; es ist
304 Kovalevslcy^ über die Einwirkung von
farblos, wenn das Phosphorsolfid völlig eisenfrei war, und
besitzt einen sehr widrigen durchdringenden Gerach; sein
spec. Gew. ist wenig gröfser als das des-Wsssers. Wird
der Aether für sich auf etwa 150^ erhitzt, so zersetzt er
•
sich unter heftigem Aufkochen, es destilliren stinkende Pro-
ducte, die Einfach- und Zweifach-Schwefelmethyl und etwas
unveränderten Aether enthalten, während in der Retorte eine
braune, nach dem Erkalten harte Masse bleibt, die mit Wasser
unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff Phosphorsäure
liefert; mit Wasserdämpfen destilh'rt der Aether als farblose
Flüssigkeit unzersetzt, nur wird ein Theil desselben dabei in
Säuren verwandelt, die in der rückständigen wässerigen Lö-
sung bleiben. Fällt man diese Lösung mit Quecksilberchlorid
aus, so entzieht absoluter heifser Alkohol dem getrockneten
Niederschlage ein beim Erkalten in glänzenden Blättchen kry-
stallisirendes Quecksilbersalz, wahrscheinlich dimethylmono-
sulfophosphorsaures Quecksilber. Die Analysen wurden durch
Verbrennen mit chromsaurem Blei, oder bei Bestimmung von
Schwefel und Phosphor nach der Methode von Carius*)
durch Oxydation mit Salpetersäure im zugeschmolzenen Rohr
ausgeführt; ihre Resultate sind folgende :
1. 2. 3. 4.
0,2210 0,3105 0,2516 0,2840
0,1714 0,2405 — —
0,1054 0,1436 — —
~ — 0,6868 0,7723
— — 0,1640 0,1846
Berechn. nach der
2 u. 4 Mittel ^^^^^ g *l(€Hs)a
21,12 21,13 20,93
5,14 5,22 5,23
18,15
37,36
Angewandt
Erhaltene Kohlensäure . . .
Erhaltenes Wasser ....
Erhaltener schwefeis. Baryt
Erhaltene phosphors. Magnesia
1 u. 3
Kohlenstoff
21,14
Wasserstoff
5,30
Phosphor
18,21
Schwefel
37,50
Sauerstoff
Mittel
21,13
5,22
18,18
37,43
18,03
37,20
18,6^
100,007
*) Diese Annalen CXVI, 1. Auch die im Folgenden noch mitge-
getheilten Analysen sind in derselben Weise ausgeführt
SuifophosphorsäureanAt/drid auf Methyl- u. Amyl- Alkohol, 305
Disulfophosphorsaures Methyl wird von Wasser nur
wenig geldst, reichlicher aber von einer wässerigen Lösung
der Dimethyldisulfophosphorsäure, und sehr leicht von ver-
dünntem Alkohol * besonders in letzterer Lösung wird es all-
mSIig in DimetbyldisulfophosphorsMure verwandelt, die sich
beim Kochen der Lösung wieder, unter Entwiekelung von
Schwefelwasserstoff weiter zersetzt. Leichter als durch
Wasser wird der Aelher beim Erwärmen mit aUialischen
Schwefelmetallen oder Alkalihydraten unter Bildung von di-
methyldisolfophosphorsauren Salzen zerlegt. — Erhitzt man
den Aether im zugeschmolzenen Rohr mit Aethylaikohol auf
140 bis 150^1 so tritt alhnälig Zersetzung ein; nach langem
Erhitzen liefert das Product mit Wasser eiuQ Lösung von
phosphor- und schwefelhaltigen Säuren, deren eine ein aus
heifsem Alkohol in glänzenden Blättchen krystallisirendes
Quecksilbersalz liefert und wahrscheinlich Dimethylnionosulfo-
phosphorsäure ist; auf der wässerigen Lösung dieser Säuren
schwimmt eine nach Schwefelmelhyläthyl riechende dünne
Flüssigkeit, die unter 70^ farblos überdestillirt ; die Reaclion
ist also wohl ohne Zweifel :
Disulfophosphorsaures Methyl wird von Schwefelsäure-
bydrat schon in der Kälte unter Entwiekelung von schwefliger
Säure angegriffen ; verdünnt man das Gemenge nach einiger
Zeit mit Wasser, so scheidet sich ein schweres Oel ab, das
auch bei langem Stehen in der Kälte keine Krystalle ab-
scheidet; die wässerige Flüssigkeit enthält Methylschwefel-
säure. Eben so wenig erhält man krystallinische Verbindun-
gen bei längerem Stehen des Aelhers mit Chlorcalcinm und
wenig Wasser. Das unter Anwendung von Schwefelsäure-
bydrat erhaltene schwere Oel liefert beim Erwärmen mit
Schwefelammonium dimethyldilsulfophosphorsaures Ammonium
Acnal. d. Chemie u. Pharm. GXIX. Dd. 3. Heft. 20
306 Kovalevshy^ über die Einwvrhung von
und noch wenigstens em anderes Salz, welches letztere ein
in Alkohol unlösliches Quecksilbersalz giebt; das schwere Oel
ist daher wahrscheinlich ein Gemenge von tetrasulfopyrophos-
phorsaurem Methyl mit einem Aether der Metareihe.
Phosphorsuperchlorid wirkt sehr energisch auf disttifo*-
phosphorsaures Hethyl ein ; trägt man unter Abkühlung in
1 Hol. des Aethers i HoL Phosphorsuperchlorid ein, so ent-
steht eine Ftässigkeit, die nach Entfernung des gleichzeitig
gebildeten Chloräthyles und Phosphoroxychlorides durch yor-
sichtiges Erwärmen im Luftstrom, zuletzt bei 110^, einen
scharfen Geruch besitzt, an der Luft schwach raucht, mit
Alkalien Chlormetalle und dimethyldisulfophosphorsaure Salze,
aber bei langsamer Zersetzung mit Wasser keine krystallini-
sche Verbindung liefert. Dieses Chlorid ist ohne Zweifel
^\ PS
Dimethyloxydisulfophosphorchlorid = S Srau ^
Disulfophosphorsaures Methyl löst frisch gefälltes Queck-
silberjodid auf und liefert damit eine in Nadeln krystallisirende
Verbindung ; diese läfst sich leichter erhalten durch Erwärmen
des dimethyldisulfophosphorsauren Quecksilbers mit Jodäthyl,
bis die erst entstandene klare Lösung Jodquecksilber abzu-
scheiden anfängt, wo beim Erkalten die Verbindung krystal-
lisirt. Die Verbindung verhält sich wie die correspondirende
Aethylverbindung ; ihre alkoholische Lösung scheidet beim
Kochen ziemlich rasch fast alles Jodquecksilber ab.
Dimethyldisulfophospharsäure, — Diese Säure findet sieh
neben wenig Phosphorsäure in den wässerigen Fiüssigkeil^n
von der Abscheidung des disulfopbosphorsauren Methyles.
Diese Lösungen digerirt man bei 30 bis 40^ nit Marmor,
bis sich in der noch sauren Flüssigkeit eine reichliche Me»ge
des leichtlöslichen Caiciumsalzes befindet, und fallt nach 4em
Filtriren mit essigsaurem Blei völlig aus. Der weifse käsige
Stdfophosphorsäureanhydrid aufMeOiyU u, Amt/l^ Alkohol. 307
Nieder»;Magf von fast reinem dimethyldisulfophosphorsaurem
Blei wird nach dem Auswaschen und Abpressen zwischen
Papier aus siedendem absolutem Alkohol krystallisirt. Zur
Darstellung der freien Säure karni dieses Bleisalz alsdann in
verdünnter alkoholischer Löjsung durch Schwefelwasserstoff
zerlegt: werden; durch Verdampfen der vom Schwefelblei
abflürirten Flüssigkeit an 'der Luft, Abscfaeidung von etwas
ausgeschiedeneoi Schwefel durch Zusatz von Wasser, Filtrirer>
und Verdampfen unter der Luftpumpe erhält man endlich die
Dimethyldifulsophosphorsäure als sehr saure zähe Flüssigkeit,
in der sich auch .wohl krystallinische Massen bilden, die an
der Luft zerfliefsen.
Dimethyldisulfophospborsäure zersetzt sich beim Erwär-
men schon unter 100^, wobei stets Methylsulfhydrat auftritt;
in verdünnterer wässeriger Lösung gekocht entwickelt sie
aber vorzüglich Schwefelwasserstoff und in der rückständigen
Lösung findet sich dann die oben schon erwähnte Säure, die
mit Quecksilber ein aus siedendem Alkohol in glänzenden
Blättchen krystallisirendes Salz bildet, indessen neben Phos-
phorsäure und anderen Säuren.
Die Salze der Dimethyldisulfophosphorsäure mit den Me-
tallen der Alkalien und alkalischen Erden sind in Wasser
leicht löslich, das Ammoniumsalz an der Luft zerfliefsend ;
man erhält sie am besten durch Behandlung des Bleisalzes
mit alkalischen Schwefelmetallen. Aus der wässerigen Lä-
sung dieser Salze oder der freien Säure fällen die Salze der
sogenannten schweren Metalle^ auch der stärksten Säuren,
oder deren Chloride die Dimethyldisulfophosphorsäure voll-
ständig aus als käsig -flockige Fällungen der in Wasser un- *
löslichen Salze jener Metalle. Alle diese Salze lösen sich sehr
wenig in kaltem, reichlich dagegen in heifsem Alkohol oder Aether
und besonders Benzol, und krystallisiren beim Erkalten d^ir Lösung
zum Theil sehr schön ; die wässerige Lösung der Dimethyl-
20*
308 Kovalevslcy^ iiher die Einwirkung von
disiiIfophosphorsSure oder ihrer löslichen Salze wird von Eisen-
chlorid nicht schwarz und körnig, wie die entsprechende
Aethylverbindung, sondern hellrolhbraun, flockig gefällt; der
Niederschlag dieses Eisenoxydsalzes löst sich sehr leicht splbst
in verdünntem Alkohol auf. Quecksilberoxydulsalze fällen
aus der Säure und ihren Sdlzen sogleich schwarzes Schwefel-
metall; aHe übrigen Salze lassen sich dagegen im trockenen
Zustande auf 100^ erhitzen und in alkoholischer Lösung ko-
chen , ohne Zersetzung zu erleiden.
Dimeihyldisulfophosphoraaures Calcium wird wie oben
angegeben aus dem Bleisalze erhalten ; seine wässerige Lö-
sung darf in der Wärme nur sehr wenig concentrirt werden,
da es sonst unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff ein
schwerlösliches krystallinisches Calciumsalz abscheidet; durch
Abdampfen unter der Luftpumpe erhält man das Salz in aus
Wärzchen zusammengesetzten Rinden. Das Salz löst sich
sehr reichlich aber sehr langsam in Wasser ; die Lösung wird
beim Abdampfen syrupdick, bevor sie Salz abscheidet; in
Alkohol und Aether löst sich das Salz nur wenig.
Dimeihyldisülfophosphorsaures Blei krystaltisirt aus der
heifsen alkoholischen Lösung in schönen , stark glänzenden
weifsen Prismen, die lang zugespitzt und oft Vs Zoll lang
sind. Das Salz ist luftbeständig, schmilzt unter 100^ und
kann ohne Zersetzung zu erleiden in alkoholischer Lösung
gekocht, oder trocken auf 100^ erwärmt werden. Die ana-
lytischen Resultate des unter der Luftpumpe über Schwefel-
säure getrockneten Salzes sind folgende :
1. 2.
Angewandt 0,5126 0,5540
Erhaltene Kohlensäure . . . 0,1757 —
Erhaltenes Wasser .... 0,1149 —
Erhaltenes Bleioxyd .... — 0,2354
Erhaltene phosphors. Magnesia — 0,2310
Erhaltener schwefeis. Baryt . — 0,9938.
Sulfophosphorsäureanhydrid auf Methyl- u, Amyl-AlkohoL 309
Berechnet nach der Formel
^1
PS .
1. und 2.
S
€H8)jPb •
Kohlenstoff
9,8d
9,20
Wasserstoff
2,49
2,30
Blei
39,45
39,77
.Phosphor
11,64
11.84
Schwefel
24,68
24^4
Sauerstoff
—
12,85
100,00.
• öl PS
Dimethyldtsulfaphosphorsaures Quecksilber^ Ä^iCGH 1 Hff'
krysiallisirt ans heirsem absolutem Alkohol oder aus Benzol
beim Erkalten in glänzenden, zu Gruppen vereinigten kürzeren
Prismen oder Nadein, die aber meist sehr klein sind. Es
löst sich weniger leicht in heifsem Alkohol und ist in der
Wärme leichter zersetzbar, als das Bleisalz.
Amylalkohol Wirkt weniger energisch als Methyl- und
Aelhyl-Alkohol auf Sulfophosphorsäureanhydrid ein und die
Reaction beendet sich bei gewöhnlicher Temperatur erst nach
langem Stehen, bei gelindem Erwärmen dagegen schon in
kurzer Zeit. Die Aeaction findet allerdings ähnlich der des
Methylalkohols statt, unterscheidet sich aber darin von letz-
terer, dafs nicht disulfophosphorsaures, sondern tetrasulfophos-'
phorsaures Amyl und weniger Schwefelwasserstofi^ dabei auf-
treten. Da etwa im Ueberschufs angewandter Amylalkohol
sich nur sehr schwer von dem gebildeten Aether trennen
läfst, so wurden hier auf 1 Mol. Sulfophosphorsäureanhydrid
nicht ganz 5 Mol. Amylalkohol angewandt, während bei den
Versuchen mit Methylalkohol und den von Carius mitAethyl-
alkohol angestellten stets auf i Mol Anhydrid etwas mehr
als 5 Mol. Alkohol kamen. Ich vermuthete daher, dafs hierin
die erwähnte Verschiedenheit der Reaction des Amylalkohols
liege, und stellte auch mit Methyl- und Aethylalkohol Ver-
suche mit überschüssigem Sulfophosphorsäureanhydrid an ; die
Versuche zeigten indessen, dafs dieser Ueberschufs des An-
310 Kovalevsky y über die Einwirkung von
Hydrides i>n?erändert bleibt, sobald nicht zuletzt auf eine
Temperatur über 100^ erhitzt wird, wo sich dann schon die
erst gebildeten Sauren wieder zersetzen; ferner ergaben die
Versuche, dafs die Producte der unter 100^ beendeten Re-
action genau dieselben waren, wie ich für überschüssigen
Methylalkohol und Carius für Aelhylalkohol gefunden hatten.
— Die.Reaction findet wahrscheinlich statt nach der Glei-
chung :
(^l^l?")u+ ^P«»')»= »•l(e,Ht).+ (?'l(ei!).H) +(<^H,),+ 8H,.
Teiramlfophosphorsaures Ämt/L -<* Zur Darstellung ilieses
Aethers und der Diamyldisulfophosphorsäure übergieüst man
1 Mol. eisenfreies Sulfophosphorsäureanhydrid grob gepulvert
mit nicht ganz 5 Mol. reinem Amylalkohol und unterstützt die
Einwirkung durch gelindes Erwärmen auf dem Wasserbade,
bis sich kein Schwefelwasserstoff mehr entwickelt und eine
klare zähe Lösung entstanden ist. Letztere wird mit dem
mehrfachen Volum kalten Wassers gemischt, der von der
Lösung der Diamyldisulfophosphorsäure abgeliobene Aether
rasch mit kaltem Wasser wiederholt gewaschen und über
Chlorcaicium getrocknet ; dem Waschwasser setzt man anfangs
zweckmäfsig etwas Aelhylalkohol zu, um den etwa vorhan-
denen Amylalkohol völlig zu entfernen. — Tetrasulfophos-
phorsaures Amyl wird so als dickflüssige gelbe, oder bei
Anwendung von eisenhaltigem Phosphorsulfid fast schwarze
Flüssigkeit erhalten, die in der Kälte nicht erstarrt und schwach
aber sehr widrig riecht; es ist unlöslich in Wasser und
sinkt darin unter, schwimmt aber auf gesättigter Chlornatrium-
lösung; mit Alkohol mischt es sich nur, wenn dieser völlig
wasserfrei ist. Der Aethet* zersetzt sich schon wenig über
100^ und liefert dabei besonders Einfach-Schwefelamyl; beim
Kochen mit Wasser destillirt unter Entwickelung von Schwe-
felwasserstoff Amylalkphol und wahrscheinlich auch Amyl-
Stdfophospharsäureanhydrid auf Methyl- tu Amt/l- Alkohol. 31 i
meroaptan ; die in der Retorte rückständige wässerige Flüssig-
keit enthält neben anderen Säuren auch Diamyldisuifophos-
phorsäure; dieselbe Säure bildet sich vorherrschend bei
Zersetzung des Aethers in alkoholischer Lösung durch Alkali-
hydrate oder lösliehe Schwefelmetalle , während Diamyltetra-
sulfophosphorsäure dabei nicht erhalten werden konnte. -^
Tetrasulfophosphorsaures Amyl wird von Schwefelsäurehydrat
heflig und unter Entwickelung von schwefliger Säure ange-
gfriffen, bildet aber keine krystallinischen Producte; durch
€hlorcalciunfi und Wasser scheint der Aether nicht verändert
zu werden.
Die Analyse eines fast farblosen Präparates führte zu
folgenden Resultaten :
1. 2. 3.
Angewandt . . , 0,1307 0,2799 0,1991
Erhaltene Kohlenstture . . . . 0,2284 0,4949 —
Erhaltenes Wasser 0,1030 0,2231 —
Erhaltend phosphors. Magnesia . — *- 0,0620
Erhaltene
3r schwefe
Is. Baryt .
• "^^
— 0,5005.
Berechnet nach der Formet
1 u. 8
2.
Mittel
« PS
Kohlenstoff
48,36
48,22
48,28
48,40
Wasserstoff
8,76
8,86
8,80
8,86
Phosphor
8,64
—
8,64
8,38
Schwefel
34,50
—
34,50
34,41
100,25 .100,32 100,00.
IHamyldwdfophosphormure. — Diese Säure findet sich
fast rein in der wässerigen Flüssigkeit, aus der das tetra-
sulfophosphorsaure Amyl abgeschieden wurde; man neutrali-
sirt dieselbe, um die vorhandene Pbo^phorsäure su entfernen,
theilweise mit kohlensaurem Baryt und fällt die filtrirte Lö-
sung mit essigsaurem Blei völlig aus. Der weifse käsige
Niederschlag wird nach dem Abpressen zwischen Papier aus
s^iedendem Alkohol krystallisirt, die Krystaile zur Entfernung
kleiner Mengen einer harzigen Substanz mit scbwfichem AU
312 Kova.levaky y.iiber die Einwirkung von
kohol abgewaschen und nochmals aus siedendem Alkohol kry«
stallisirt. — Zur Darstellung ^der freien .Säure wird die ver-
dünnte alkoholische Losung des Bleisalzes mit überschüssigem
Schwefelwasserstoff behandelt , das Filtrat an der Luft bei
gewöhnlicher Temperatur verdunstet, durch Vermischen mit
Wasser und Filtriren vom Schwefel befreit und unter der
Luftpumpe eingedampft» wo endlich ein sehr saurer farbloser
Syrup von schwachem, Geruch bleibt^ der «b^r schon andere
als Zersetzungsproducte der Diamytdisulfophosphorsäure mit
Wasser ^luftretende. Säuren beigemengt enthält ; dieselben
Säuren bilden sich rascher unter Entwickelung von Schwefel-
wasserstoff beim Kochen der wässerigen Lösung,
Die Salze der Diamyldisulfophosphorsäure besitzen den-
selben eigenthümlichen Geruch wie die freie Säure; die in
Wasser löslichen der Metalle der Alkalien und alkalischen
Erden stellt man aus dem Bleisalze durch Behandlung mit
Schwefelmetallen dar, ähnlich wie die dimethyldisulfophos-
phorsauren Salze; das Barytsalz krystallisirt in zu Häufchen
vereinigten mikroscopischen Nädelchen. Die in Wasser un-
löslichen Salze der schweren Metalle werden durch deren
Salze oder Chloride aus der wässerigen Lösung der freien
Säure ode^r eines löslichen Salzes als käsige Niederschläge
gefällt ; sie sind alle in Alkohol, Aether und Benzol, besonders
in der Wärme, leicht löslich; die Lösungen können gekocht
und die trockenen Salze meist über 100^ ethitzt werden,
ohne dafs eine Zersetzung erfolgt; sie schmelzen meist
unter lOO».
Diamyldisulfophosphorsaures Blei schmilzt unter 70®,
löst sich in heifsem absolutem Alkohol nach allen Verhältnis-
sen und ist darin auch in der Kälte ziemlich löslich ; es kry-
stallisirt in vierseitigen rhombischen Täfelchen, oder bei sehr
langsamer Krystallisation in grofsen, sehr regelmäfsigen kurzen
monoklinoedrischen Prismen , gewöhnlich nur oo P . 0 P zei-
SulfophosphoTsäureanhydrxd auf Methyl- u, AmyUAlkohol, 313
gend. Die Analyse des wie oben angfegeben gereinigten und
über SchwefelsSare anier der Luftpumpe getrockneten Salzes
gab folgende Resultate :
.
•
1.
2. S.
Angewandt . . •
• • • •
0,2315
0,3214 0,4210
Erhaltene Kohlensäure . . .
0,2724
(
Erhaltenes Wasi^er
• • • •
0,1275
Erhaltenes äleiozyd
• • • •
— -
.0,0957 0,1246
Erhaltene phosphors.
Magneaia
—
0,0938 0,1290
Erhaltener schwefeis.
Baryt
—
0,4044 0,5344.
«
Berechnet nach der Formel
0t re
1 u. 2.
3.
Mittel
S (€5Hu),Ph
Kohlenstoff 32,09
—
32,09
32,21
Wasserstoff' 6,12
—
6,12
5,90
Blei 37,65
27,48
27,66
27,83
Phosphor 8,15
8,56
8,35
8,33
Schwefel 17,28
17,39
17,33
17,18
Sauerstoff —
-^
♦
8,59
100,00.
Heidelberg, den 25. Februar 1861,
7. Ueber die Doppelsulfide der Alkobolradicale ;
von L, Cartus,
Da die sogenannten Mercaptane im chemischen Verhalten
vollkommen analog sind den gewöhnlichen Oxyalkohölen *},
und ebenso die einfachen Sulfide den einfachen Oxyden der
Alkoholradicale, so liefs sich mit Sicherheit die Existenz von
gemischten Sulfiden voraussagen, die bei einäquivalentigen
Alkoholradicalen in 1 Mol. 2 Atome zweier verschiedener
*) Vgl. ohen : Einwirkung der Säureanhydride auf Aethylsulfo-
alkohol.
3i4 CarJuSf über die Doppelsulfide
solcher Radicale enthalten. Herr B. Linnemann stellte daher
Versuche an, diese Körper dara^ustelten , welche indessen
nicht vollständig zu dem gewünschten Resultate fahrten (siebe
unten}* Später. habe ich diese Körper nach einer Reaction
erhalten, welche vergleichbar ist der von Williams on auf-
gefundenen Entstehung von Aethylmethyloxyd durch Einwir-
kung von Methylalkohol auf Aethylsehwefelsäure ; diese
Entstehungsweise scheint allgemein zu sein : Einwirkung
eines Oxyalkohols auf den Oxysulfoäther oder Sulfoäther
eines anderen Alkoholradicales und einer mehrbasischen Säure
bei einer der Zersetzungstemperatur des Aethers nahe lie-
genden Temperatur. Die Reaction ist aber von mir bis jetzt
mit Sicherheit nur nachgewiesen für die drei Aether der
Reihe der dreibasischen Phosphorsiiure :
0,1 PS Oj PS „^, «j PS
und von Hrn. A. Kovalevsky für das disulfo phosphorsaure
Methyl und das tetrasulfophosphorsaure Amyl. Die Reaction
ist z. B. für das disulfophosphorsaure Aethyl und Methyl-
alkohol :
S l(0,H5)8 + ^t H - ^«1(G,H«)8H + **0H8-
Indessen findet die Reaction niemals ohiie Nebenprodncte
statt, die wie es scheint hauptsächlich von der Zersetzung
der entstehenden Diäthylsäure für sich bei der hohen Tem-
peratur, oder auch unter weiterem Einflufs von Alkohol her-
rühren.
Inn
n ^ . — Zur Darstellung dieses Kör-
pers wie der folgenden wendet man am besten disulfophos-
phorsaures Aethyl an , da dieses von den Aethern seiner
Reihe am leichtesten darzustellen ist, und besonders, da es
weniger Schwefeläthyl als Zersetzungsproduct liefert, wie die
schwefelreicheren Aether. Dieser Aether wird mit seinem
der Älkoholradicale. 315
•
doppelten Volum von reinem, völlig wasserfreiem Methyl-
alkohol im zugeschmolzenen Rohr auf 150^ erhitzt, wobei
besonders anfangs darauf zu sehen ist, dafs die Temperator
nicht zu hoch wird, da der Aether schon bei etwa 160* für
*
sich allein zersetzt wird und dann viel Schwefeläthyl ent-
steht. Nach ein- bis mehrstündigem Erhitzen ist die Reaction
beendet ; das Rohr enthält nun eine dünne bräunliche Flüssig-
keit und eine fast farblose glasartige Hasse, die sich leicht
in Wasser löst*}. Die ätherartige Flüssigkeit ist fast reines
Aethylmethylsulfid , sobald man genügend Methylalkohol an-
wandte und nicht zu stark erhitzte ; sie enthält stets kleine
Mengen von Aethylsulfid und zuweilen von unzersetztem
Aether; man reinigt sie durch Destillation.
Schwefeläthylmethyl ist eine farblose sehr dünne Flüssig-
keit, deren sehr unangenehmer Geruch mehr an den des
Schwefelmethyls als des Schwefeläthyls erinnert; sein Siede-
punkt liegt bei 58,8 bis 59^,5 C. (corrigirtj bei 0'°,757 Oruck,
also V1^,l höher als der des MethylsulGdes, 41^0, aber 32^2
niedriger als der des Aethylsulfides, 91^ Die Analysen
wurden ausgeführt durch Verbrennung mit chromsaurem Blei,
und die Bestimmung des Schwefels durch Oxydation mit Sal-
petersäure im zugeschmolzenen Rohr ; ihre Resultate sind
folgende :
1. 2. 3. 4.
Angewandt 0,1958 0,2246 0,2158 0,1898
Erhaltene Kohlensäure .... 0,3392 0,3920 — —
Erhaltenes Wasser 0,1806 0,2160 — —
Erhaltener schwefeis. Baryt ' . . — — 0,6637 0,5798.
*) In dieser Masse lassen sich nachweisen : Diäthylmonosulfophos-
phorsäure , die fast immer beträchtlich vorherrscht , Monftthyl-
monosulfophosphorsäure und Phosphorsäure in kleinen Mengen.
3i6 CariuSy Über die DoppeUulfide '
Bereclmet nach der Fonnel
1 u. 3. 2. n. 4. Mittel ^lOgHs
Kohlenstoff 47,25 47,60 47,42 47,87
Wasserstoff 10,26 10,69 ^10,47 10,58
Schwefel 42,25 41,91 "42,08 42,10
99,75 100,20 99,97 100,00.
Die Dampfdichte wurde nach der Methode von Gay-
Lussac in Bunsen's Wasserdampfbade*) bestimmt und
dabei folgende Resultate erhallen :
Versuch 1
Versuch 2
Angewandte Substanz
0,1752
0,1612
Volnm in Cabikcentimetem
74,765
70,271
Temperatur
100<>
100<>
Druck
0",7381
0"',7041
Vol. bei 0^ u. 0",76 Druck
53,997
47,761
Dampfdichte
2,5084
2,6090.
1 Volum Dampf wiegt nach der Rechnung 2,6258.
Aethyiniethylsuifid giebt, wie die bekannten einfachen
Sulfide der Alkoholradicale, krystallinische Verbindungen mit
Metallchloriden; die weingeistige Lösung zu einer solchen
von Quecksilberchlorid gesetzt, fallt in kaltem Alkohol sehr
schwer lösliche kleine glänzende Blättchen , die unter der
Luftpumpe über Schwefelsäure getrocknet bei der Analyse
8,92 pC. Schwefel gaben, während die Formel s||"j| HggClia
9,22 pC. Schwefel verlangt. — Eine kleine Menge des Sul-
fides wurde, um Verlust zu vermeiden^ im zugeschmolzenen
Rohre mit Salpetersäure von i,l spec. Gewicht im Wasser-
bade erwärmt, das Product der Oxydation nach dem Ab-
dampfen der Salpetersäure in Waa^er gelöst und mit kohlen-
saurem Blei neutralisirt ; das Filtrat gab beim Verdunsten nur
Krystallblättchen von äthylschwefligsaurem* Blei , aber keine
Krystalle von methylschwefligsaurem Blei.
^) Gasometrische Methode, 8. 52.
der Alkoholradicak, 317
n*y . — Zur Darstellung dieses Dop-
pelsulfides erhitzt man 1 Mol. disulfophosphorsaures Aethyl
mit nahezu 2 Hol. reinem Amylalkohol im zugeschmolzenen
Bohr einige Stunden auf 150^ , bi« die Ausscheidung von
Säuren nicht mehr zunimmt; diese Ausscheidung hat dieselbe
Zusammensetzung und dieselbe glasartige Beschaffenheit, wie
bei Darstellung des Methyläthylsulfides; die davon abgegos-
sene Flüssigkeit wird der Destillation unterworfen , um etwa
verhandehe kleine Mengen Aethylsulfid und noch unzer-
setzten Aether zu entfernen; das zwischen 120 bis gegen
140^ erhaltene Destillat mischt man mit seinem mehrfachen
Volum Aethylalkohol , fällt mit Wasser, wiederholt dieselbe
Operation und wascht endlich mit Wasser, bis man sicher
sein kann, dafs aller Amylalkohol entfernt ist.
Aethylamylsulfid ist eine farblose, nach Schwefeläthyl und
Amyl riechende Flüssigkeit, die bei 132,0 bis 133^5 (corrigirt)
bei 0°',758 vollständig überdestillirt. Ihr Siedepunkt weicht
also ebenfalls beträchtlich von dem der gewöhnlich vorkom-
menden Regel entsprechenden ab. Die weingeistige Lösung
des Sulfides bringt in einer Quecksilberchloridlösung eine
weifse Fällung hervor. Bei der Oxydation mit Salpetersäure
liefert dieses Doppelsulfid nur äthylschwefiige Säure; amyl-
schweflige Säure liefs sich nicht nachweisen.
Die Resultate der wie bei dem Methyläthylsulfid aus-
geführten Analyse sind folgende :
1.
2.
3.
Angewandt
. 0,2855
0,1344
0,3016
Erhaltene Kohlensäure
. 0,6645
—
Erhaltenes Wasser . . .
. 0,3170
—
—
Erhaltener schwefeis. Baryt
• — ••
0,2373
0,5298.
Berechnet nach der Formel
1 u. 2. 3.
Mittel
i
Kohlenstoff 63,48 —
63,48
63,62
Wasserstoff 12,34 —
12,34
12,14
Schwefel 24,25 24,13
24,19
24,24
100,07 100,01 100,00.
318
Wilson, Verfahren zar Bestimmung
Die Bestimmung der Dampfdichte,: nach der Methode von
Gay-Lussac und im Paraffinbade ausgeführt, gab folgende
Resultate :
Angewandte
Bubstanz
Volnm in
Cubikcentim.
OC.
Druck
Vol. bei 0<> tu
0"*,760
Grm.
0,2176
68,567
195,2
0,7080
37,417.
■
gefunden berechnet
Dampfdichte 4,4954 4,5606.
Heidelberg, den 25. Februar 1861.
Verfahren zur Bestimmung der Härte des Wassers ;
von Pierce B. Wilson.
Die Clark' sehe*) Methode der Härtebestimmung des
Wassers beruht auf dem Verhalten der alkalischen Erden zur
Seife; diese bilden bekanntlich mit Seife in Wasser unlös-
liche Verbindungen, so dafs bei Zusatz einer Seifenlösung zu
einem kalkhaltigen Wasser erst dann beim Schütteln ein
bleibender Schaum entsteht, wenn aller Kalk ausgefällt ist.
Als Härtegrad bezeichnet Clark den Gehalt von 1 Tbl.
kohlensaurem Kalk in 70,000 Tbl. Wasser (1 Gran auf
1 Gallon), oder 1 ThI. Kalk (CaO) in 125,000 Tbl. Wasser.
Er bereitet sich die nothwendige Normallösung durch Auf-
lösen von 16 Grs. kohlensaurem Kalk in Salzsäure, Ver-
*) Repertory of Patent Inventions for 1841. On the examination of
water for towns for its hardness etc. by Th. Clark 1847. A
new ProcoBS for purifjing the waters supplied to the metropolis,
by Th. Clark, London 1659 ; J. Moser, Wiener Acad.Bericfafe
1850, April, 844; Jahresbericht f. Chemie u. s. w. f. 1850, 608.
der Härte des Wassers,
319
dunsten Kur Trockne und Wiederauflösen in 70,000 Grs*
destillirien Wassers. Diese Lösung bezeichnet er als Nor-
mallösung von i6^ Härte. Die Seifenlösung bereitet er durch
Auflösen von Talgseife in Weingeist von 56^ Tr. = 0,921
spec. Gewicht und Verdünnen dieser Lösung, so dafs 32 Vol.
genau hinreichen, um in 100 Vol. der NorinalkQlktösung von
i6^ Härle beim Schütleln einen fünf Minuten lang stehen^
bleibenden Sckaom zu bilden.
Da nun 6ef Verbrauch an Seifenlösung nicht in demT
selben Verhältnifs steigt, wie der Gehalt an gelösten Salzen
der alkalischen Erden zunimmt, so verfertigt sich Clark
sechszehn verschiedene Lösungen, von 1 bis 16^ Harte, titrirt
jede mit Seifenlösnng und stellt die erhaltenen Resultate in
folgender Tabelle zusammen :
Anzahl der ver-
braachten CG.
SeifenlÖsong
1.4
Härtegrade :
100 CC. Wasser von
Unterschied eines
Härtegrades mit dem
folgenden
0<>
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
18
U
15
16
3,2
5,4
7,6
9,6
11,6
13,6
15,6
17,5
19,4
21,3
23,1
24,9
26,7
28,5
30,3
32,0
1,8
2,2
2,2
2,0
2,0
2,0
2,0
1,9
1,9
1,9
1,8
1,8
1,8
1,8
1,8
1,7.
Mm nun Wasser auf seinen Härtegrad zu prüfen, mifst
man 100 CC. desselben mit einer Pipette ab, läfst sie in ein
300 bis 400 CC. fassendes Glas mit eingeriebenem Stöpsel
fliefsen und setzt dann so lange von der Seifenlösung tropfen-
320 Wilson^ Verfahren zur Bestimmung
weise hinzu , bis sich beim Schütteln ein wenigstens fünf
Minuten lang stehenbleibender Schaum bildet; alsdann liest
man die Anzahl der verbrauchten CG. Seifenlösung ab und
findet aus obiger Tabelle den Härtegrad.
Diese Tabelle reicht nur bis zu 16<> Härte. Es giebt
aber Wasser, welche eine gröfsere Härte haben. Hat Rian
ein Wasser^ für welches 32 CC. Seifenlösung nicht bioreichen,
um den Schaum zu bilden, so mufs man einen zweiten Ver«
such anstellen , zu welchem man nur 50 CG. des fraglichen
Wassers und 50 CG. destillirtes Wasser nimmt. In diesem
Falle ist das erhaltene Resultat zu verdoppeln.
Auf Fehiing's Veranlassung stellten A. Faifst und
C. Knaufs'^) eine Reihe von Versuchen an, um die Brauch-
barkeit dieser Methode zu prüfen.
Als Härtegrad bezeichnen diese Chemiker 1 Tbl. Kalk
(CaO) auf 100,000 Thle. Wasser.
Die Seifenlösung stellten sie auf folgende Weise her :
30 Grm. ziemlich ausgetrocknete Natronölseife werden in
3 Liter Weingeist von 90^ Tralles gelöst , die trübe Lö-
sung wird von etwa ausgeschiedenem kohlensaurem Natron
abfiltrirt und in einer gut verschlossenen Flasche aufbewahrt.
Beim Gebrauch verdünnen sie 200 Grm. dieser Lösung zu«
erst mit 150 Grm. Wasser, um den Weingeist der Lösung
auf 56^ Tr. zu bringen, alsdann mit i30 Grm. Weingeist
von 56^ Tr. Von dieser Lösung sollen 45 CC. hin-
reichen, um in 100 CC. Wasser, welches 12 Miliigrm. Kalk
enthält^ einen fünf Minuten lang stehenbleibenden Schaum zu
bilden.
Sie fanden, dafs, wenn man zur Darstellung der Normal-
seifenlösung gewöhnliche Natrontalgseife nimmt und diese in
*) Gewerbeblatt aus Würtemberg 1852, 193 bis 206; ehem. Central-
blaU 1852, 513
der Härte des H^oBsers, 321
Weingeist von 56^ Tr. löst, wie es Clark und Hos er
vorschreiben, diese Lösung sich unter Abscheidung einer
unlöslichen Seife zersetzt. In der grofsen Verdünnung fan-
den sie den Grund nicht; stärkere Lösungen gelatinirten,
Sie bemerken jedoch , dafs sich vielleicht nicht alle Seifen
so verhalten.
Sie fanden ferner, dafs die Seifenlösung einen ganz be-
stimmten Concentrationsgrad haben mufs, weil nur dann ein
Schaum hervorgebracht werden kann, welcher unter gleichen
Umständen das gleiche Verhalten zeigt, und berichtigen hier-
nach die Angabe Bolley's, als sei die. Seifenlösung so zu
titriren, dafs bei sehr hartem Wasser doch nicht mehr wie
45 bis 50 CC. Seifenlösung erfordert werden. Sie fanden
aber auch, dafs der Ealkgehalt in verdünnten Kalklösungen
gewisse Grenzen nicht überschreiten darf, da schon bei
Wasser, welches auf 100000 Thle. mehr als 12 Thle. Kalk
enthält, auf Zusatz von Seifenlösung ein häutiger, stehenblev*
bender Schaum gebildet wird, bevor aller Kalk gefällt ist.
Zum Titriren der Seifentösung bedienten sie sich neu-
traler Chlorcalciumlösungen , welche in 100 Grm. eine 0,5 ;
1; 1,5; 2; 2,5 bis 12 Miiligrm. Kalk entsprechende Menge
Chlorcaicium enthielten. Von diesen Lösungen gaben sie
100 Grm. in 300 bis 400 CC. fassende Flaschen und liefsen
aus einer Bürette so lange Seifenlösung hinzufiiefsen , bis
sich bei heftigem Schütteln ein fünf Minuten lang stehen-
bleibender Schaum gebildet hatte. Die erhaltenen Resultate
stellen sie in folgender Tabelle zusammen :
Normalseifen- Diffe-
lösung renz
100 Grm. destillirtes Wasser erfordern 1,4 CC.
2 0
100 ri CaCl-LösuDg, worin 0,5 Mgrm. CaO, erfordern 3,4 '
100 „ » „ 1,0 « « „ 6,4 ^'^
100 „ n „ 1,6 „ „ „ 7,4 ^'"
100 „ n , 2,0 „ „ „ 9,4 »"
100 „ „ „ 2,6 « „ n 11,3
Ann. d. Ubem. n. Pharm. CXIX. Bd. 3. Heft. 21
4
322 Wilson y Verfahren zur Bestimmung
Normalsei&n- Diffe-
lösung ^^enz
1,9
1,9
lösang
100 Grm. CaCl-Lösung, worin 3,0 Mgrm. CaO, erfordern 13,2 CC.
100 „ „ „ 3,5 n » « lö,l
100 „ „ ^ 4,0 « « n 17,0 1'^
100 „ „ „ 4,5 „ « « 18,9 1'^
100 „ „ n 5,0 n n y, 20,8 ^»^
100 „ „ „ 5,5 „ „ „ 22,6 l'Ö
100 „ « n .6,0 ^ „ „ 24,4 ^'^
100 „ „ « 6,5 „ „ „ 26,2 ^°
100 n „ „ 7,0 „ „ „ 28,0 ^'»
100 n « n 7,6 « „ „ 29,8 J»^
100 „ „ „ 8,0 « n n 31,6 1»^
100 n »» „ 8,5 „ „ ^ 33,3 ^'^
100 „ n » 9,0 » n „• 35,0
1,7
100 1 „ n 9,5 « « « 36,7 J'3
1,7
1,7
100 „ „ n 10,0 ^ « ^ 38,4
100 „ „ „ 10,5 „ „ «40,1
100 „ n n 11,0 „ . « 41,8
100 „ n n 11,5 « „ n 43,4
100 „ „ , 12,0 „ „ y, 45,0
1,6
1,6.
Mit Hülfe dieser Tabelle bestimmen sie den Kalkgehalt
des Wassers, wenn dieser 0,00012 nicht übersteigt; ist dieses
der Fall, so wird das Wasser entsprechend verdünnf^J«
Da der Gebrauch von Tabellen diese Methode für die
Praxiis unbequem macht, habe ich auf Veranlassung des Hrn.
Prof. V. Lieb ig eine Reihe von Versuchen angestellt, um
ein Mittel zu flnden, welches die oben angeführten Tabellen
überflüssig macht*
*) Im Jahre 1855 haben die französischen Chemiker Boutron und
F. Boudet der Pariser Academie der Wissenschaften eine Ab-
handlang eingereicht, in welcher das Clark'sche Verfahren als
ein neues ) von ihnen ermitteltes beschrieben wird. Die Pariser
Academie der Wissenschaften hat Boutron und Boudet för
diese Leistung einen Preis (von 2000 Francs) zugesprochen. Dais
dieses Verfahren lange bekannt und sehr verbreitet war, wurde
von diesen Herren eben so wenig wie Glark's Name erwähnt.
Jahresbericht für Chemie u. s. w. fEir 1855 , 770; Chem. Central-
blatt 1855, 343.
der Härte des Wassers. 323
Anstatt der von Clark ang^ewandten Chlorcalciumlösung
benutzte ich zu meinen Versuchen eine Gypslösung, welche
ich durch Auflösen von 1 Thl. CaO, SOs, 2 HO in 2543 Thln.
Wasser bereitete. Diese Lösung entspricht der Clark'schen
von 16 Thln. CaO, CO» in 70000 Thln. Wasser.
Die Seifenlösung bereitete ich nach dem von Faifst
angegebenen Verfahren, durch Auflösen von 30 Grm. Natron-
ölseife in Weingeist von 56^ Tr., und titrirte diese Lösung,
dafs 32 CC. genau hinreichten, um in 100 CC. meiner Nor-
malgypslösung von 16^ Härte beim Schütteln einen Tünf Mi-
nuten lang stehenbleibenden Schaum zu bilden.
Ich habe zuerst dem zu prüfenden Wasser eine gesät-
tigte Kochsalzlösung hinzugesetzt, um die Seife unlöslicher
zu machen, indem ich glaubte, hierdurch würde die Reaction
regelmäfsig werden, fand aber, dafs das Quantum der hin-
zuzusetzenden Kochsalzlösung für jeden Härtegrad ein wech-
selndes ist, so dafs hierfür ebenfalls eine Tabelle angefertigt
werden müfste.
Alsdann versuchte ich, ob durch Zusatz einer Lösung
von kohlensaurem Natron eine Regelmäfsigkeit der Reaction
bewirkt würde. Diese hat mir das gewünschte Resultat ge-
geben. Ich fand, dafs ein Zusatz von 4 CC. einer kalt ge-
sättigten Lösung von kohlensaurem Natron genügt, um die
Reaction zu einer regelmäfsigen zu machen. Durch dieses
Mittel werden alle Kalksalze im Wasser in eine und dieselbe
Kalkverbindung, nämlich in kohlensauren Kalk verwandelt,
welcher bis zu einer gewissen Verdünnung gelöst bleibt.
Die Versuche habe ich auf folgende Weise angestellt :
Zuerst machte ich mir aus meiner Normalkalklösung von 16^
Härte durch entsprechendes Verdünnen mit destillirtem Wasser
16 Lösungen von 1 bis 16^ Härte. Von diesen Lösungen wur-
den 100 CC. mit einer Pipette abgemessen, in ein 400 CC.
fassendes Glas mit eingeriebenem Stöpsel gefüllt, 4 CC. einer
21*
324 Wilson j Verfahren zur Bestimmung
kalt gesättigten Lösung von koMensaurem Natron hinzugesetzt
und dann aus einer Quetschbahnburette von der Seifenlösung
binzufliefsen gelassen, bis sieb beim Schütteln ein leichter
Schaum bildete, alsdann wurde die Seifenlösung tropfenweise
hinzugesetzt, nach jedem hinzugesetzten Tropfen wurde ge->
schüttelt 9 bis sich nach Zusatz des letzten Tropfens ein fünf
Hinuten lang stehenbleibender, feinblasiger Schaum gebildet
hatte.
In folgender Tabelle stelle ich die erhaltenen Resultate
zusammen :
kohlensaure
Seifenlösung
1 CC.
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
Um nun ein Wasser auf seinen Härtegrad zu prüfen,
mifst man 100 CC. desselben ab, setzt 4 CC. einer kalt gesät*
tigten Lösung von kohlensaurem Natron hinzu und läfst so
lange von der Seifenlösung binzufliefsen, bis sich ein fünf
Hinuten lang stehenbleibender Schaum beim Schütteln gebildet
hat, der, wenn er zusammengesunken ist, durch blofses
Schütteln, ohne Zusatz von Seifenlösung, wieder hervortritt.
Die Anzahl der verbrauchten CC. Seifenlösung getheilt
durch 2 giebt den entsprechenden Härtegrad. -
Härtegrade
lÖO CC. Wasser von
•
•
00,5
kohlensaure
Natronlösnng
4 CC.
1
4
2
4
3
4
4
4
5
4
6
4
7
4
8
4
9
4
10
4
11
4
12
4
13
4
14
4
16
4
16
4
der Härte des Wassers, 325
Bei Wasser von mehr als 16® Härte ist diese Prüfung
nicht mehr anwendbar. Bei Wasser von 20® Härte entsteht
bei Zusatz von itohlensaurem Natron schon ein sichtbarer
Niederschlag von kohlensaurem Kalk. Solche Wasser sind
durch entsprechendes Verdünnen mit destillirtem Wasser zu
prijfbarem zu machen.
Hier folgen einige Resultate mit Wasser von mehr als
16® Härte :
koblenaatire Seifen-
Natronlösnng lösnug
a : 100 CC. Yon 100<> Härte 4 CC. 140 CC. statt 200 CC,
b : 50 „ 4 72 „ 100
c : 25 „ 4 38 „ 50
kohlensaure Seifen-
Wasser ITatronlösung lösung
1 0 CC. der Lösung a -f 90 CC. = 100 CC. yon 10<> Härte 4 CC. 20 CC.
10 „ „ b + 90 =100 y, 6 „ 4 10
10 V n c + 90 =100 . 2,5 „ 4 5
Um zu versuchen, ob Magnesiasalze ein gleiches Ver-
halten zeigen, machte ich mir eine Lösung von 1 Thl. schwefel-
saurer Magnesia (MgOSOg -f 7 HO) in 1778 Thln. Wasser;
diese entspricht meiner Gypslösung von 16^ Härte. Aus die-
ser Lösung stellte ich mir durch entsprechendes Verdünnen
mit destillirtem Wasser Lösungen von 1,4, 8, 12^ Härte dar
und titrirte diese Lösungen , nach Zusatz von kohlensaurer
Natronlösung, mit Seifenlösung. Wie die folgende Tabelle
zeigt, erhielt ich gleiche Resultate virie bei Kalklösungen :
Magnesialösnng
Härtegrad
1 CC. io
kohlensaure
Natronlösung
4 CC.
Seifenlösung
2 CC.
4
4
8
8
4
16
12
4
24
16
4
32
Da D. Campbell*) fand, dafs Mischungen von Kalk-
und MagnesiasaJzen etwas weniger Seifenlösung erfordern,
*) Philos. Magazin XXXVII, 171; Jahresbericht f. Chemie u. s. w.
für 1850, 610.
326 Wilson f Verfahren zur Bestimmung
als wenn man sie einzeln prüft (welche Angabe übrigens von
Faifst und KnauTs wiederlegt wurde) , habe ich einige
Versuche in dieser Richtung angestellt. Wie untenstehende
Tabelle zeigt, habe ich gleiche Resultate wie FaiTst und
Knaufs erhalten :
kohlensaure Seifen-
MasnoesinlSsti n g
KalklÖBung Waraer
NatronHwnng
ISü
50 CC. Yon W
50 CC.
yon 16« = 100 von 16«
4CC.
32
25 n 16
50
„ 16 25 CC. = 100 »» 12
4
24
12,5 > 16
50
n 16 37,5 = 100 f> 10
4
20
25 » 16
12,5
» 16 62,5 =: 100 » 6
4
12
12,5 » 16
12,5
. 16 75 = 100 n 4
4
8
Es folgt noch die Bestimmung der Härtegrade ver-
schiedener Münchener Wasser :
1)
Sinffelspilerbrdu,
Bnumen circa 25' tief,
25 CC. mit 25 CC. Wasser
yerdünnt
kohlensaure
NatronlÖBong
2CC.
Seifen-
lösnng
15,4 CC.
Uärte
— 30«,8
2)
LeistbräUf
artesischer Brunnen 300' tief,
etwa 100 Schritt vom Singel-
spilerbräu entfernt, 25 CC.
mit 25 CC.Wasser verdünnt
2CC.
11,5 CC.
= 23«
3)
Augustinerbräu,
Brunnen etwa 28' tief, 26 CC.
mit 25 CC. Wasser verdünnt
2CC.
11,5 CC.
= 23«
4)
Isarwasser,
100 CC
4CC.
18 CC.
— 9«
5) Brunnen an der harbrückej
Tiefe : Spiegel der Isar etwa
20' vom Flusse entfernt,
100 CC 4 CC. 30 CC. = 15«
6) Hoßräuy
aus der Wasserkunst an der Isar,
etwa 15' vom Flusse entfernt 4 CC. 80 CC. = 15«
7) Chemisches Laboratorium *),
Brunnen 21' tief, 100 CC. . 4CC. 32 CC. =16«
*) Nach einer Controlanalyse von meinem Assistenten Hm. Fink
entsprach der Gehalt an alkalischen Erden in dem laufenden
Wasser des hiesigen Lahoratoriums mit Seifenlösung hestimmt
16 Härtegraden. Durch Bestimmung des Kalk- und Magnesiage-
haltes in einem Liter Wasser erhielt er 0,114 Grm. Kalk und 0,035
Grm. Magnesia, welche zusammen 16 Härtegraden entsprechen.
Herr Fink hält die Seifenhestimmung für noch genauer, als läeine
eigene Analyse. J, L,
rfer Härte des Wassers. 327
kohlensaure Seifen-
Natroiil{>simg lösung Härte
8) Brunnen von Hofratk Tkiersch,
21' tief; 100 CC. .... 4 CC. 32 CC. = 16<>
9) Brunnen heim Fürst Wallersieiny
2V tief, 100 CC 4 CC. 32 CC. = Iß*»
10) Residenibrunneny 4CC. 28 CC. =: 14^
lieber die Krystallform der Chinasäure ;
von Dr. Adolph Knop.
Herr Dr. A. Clemm erhielt bei seinen Untersuchungen
über die Chinasäure (diese Annalen CX, 345 ff.) Krystalle
dieses Körpers, welche sich wegen der Ebenheit und guten
Spiegelung mancher ihrer Flächen zur Messung ihrer Dimen-
sionen eigneten. Sie wurden mir zu diesem Zwecke freund-
lichst überlassen. Auch meine verehrten Collegen, die Herren
Proff. Kopp und Will, übergaben mir aus ihren Sammlungen
Krystalle von Chinasäure, während Herr Prof. Metten-
heim er solche aus der Chininfabrik des Herrn Dr. C. Zimmer
in Frankfurt a. M. vermittelte. Herr Prof. Zwenger in
Marburg hatte die Güte, mir einige Krystalle von derselben
Chinasäure zu überlassen, welche er aus Heidelbeerkraut und
aus Kaffeebohnen . dargestellt hatte.
Den Messungen zufolge krystallisirt die Chinasäure im
monoklinoädrischen System. Alle Krystalle derselben, die ich
gesehen habe, zeigten einen sehr characteristischen Eemt-
morphismus an der rechten Seite der orthodiagonalen Neben-
axey wenn bei verticaler Stellung der Hauptaxe die klino-
diagonale Nebenaxe von oben-hinten nach unten-vorn ge-
richtet ist. Ihr Habitus ist entweder ein prismatischer durch
328 ^ Knop^ über die KrystaXLform
Vorwalten des Prisma oo P, (p), ein tafelförmiger durch Vor-
walten der basischen Endfläche OP , (c}, oder, wie in den
meisten Fällen, ein rhombisch-sphenoidischer, dadurch erzeugt^
dafs zwei verticale Prismenflächen oo P der linken Seite des
Krystalls mit zwei an der rechten Seite desselben ausgebil-
deten positiven Hemipyramidenflächen 4~niP, (oQ zum Durch-
schnitt gelangen. (Fig. 10 auf Taf. I.) Aufser den oben ge-
nannten Flächen wurden noch beobachtet :
das Klinopinakoid (c»Poo), (b) nur an der rechten Seite^
ein Klinodoma (mPoo), (q) gewöhnlich an der rechten, selten an
d6r linken Seite,
ein schärferes Klinodoma (m' P c»), (q') nur an der rechten Seite,
ein Orthopinakoid ooPoo, (a) selten,
ein Hemidoma m P oo (r) selten).
Die Spaltbarkeit der Krystalle ist anvoUkommen nach 0 P.
Es wurde durch Messung gefunden die Neigung von :
p : p = 132^20^ im klinodiagonalen Hauptschnitt. Mittel aus 30
Messungen.
47040/ im orthodiagonalen Hauptschnitt.
"" • P^ ^^7W|j^.^^^j ^^g 2^ Messungen.
c : q' = 144^20', daher q' ; q' = 108^40'.
c : q = 154^0', daher q : q = 128<* ungefähr.
o': o'= 123" ungefähr, wegen undeutlicher Spiegelung.
c : o' = 112012'.
o' : p = 121020'.
Aus dem spitzen Neigungswinkel c : p und dem halben
Winkel p : p im orthodiagonalen Hauptschnitt ergiebt sich
der Winkel zwischen der Hauptaxe und der klinodiagonalen
Nebenaxe, C = 48<>28'.
Heifse die Orthodiagonale a, die Klinodiagonale b = i^
die Hauptaxe c, so läfst sich das Verhältnifs von a : b aus
der Neigung von p : p und aus C = 1,6947 : 1 berechnen.
Bestimmt man die Länge der Hauptaxen c und c' je aus den Klino-
domen oder aus der positiven Hemipyramide^ so findet man für :
q', c' = 1,6247
für q, c =r 1,1041
für 0% C = 0,9844.
der Chinasäure, 329
Der Werth von c' aus dem Winkel q' : q' konnte wegen
guter Spiegelung «m schärfsten bestimmt werden ; c dagegen,
sowohl aus q : q als aus c : o' und o^ : o' nur annäherungs-
weise* Beide Wertbe von c kommen aber dem von Vs c'
= l,083i näher, als anderen benachbarten einfachen rationalen
Verhältnissen. Nimmt man c == Vs ^' als Hauptaxe der
Grundpyramide an , so kommt dieser das Grundparameter-
verhältnifs :
a : b : c = 1,6947 : 1 : 1,0881
ZU, aus welchem sich folgende Elemente der vollständigen
monoklinoedrischen Pyramide (Fig. A. und B.} ergeben :
^, der Winkel der Hauptaxe mit der klinodiagonalen
Endkante von + P 66^46'
^', derselbe Winkel för — P 23^12'
V, Winkel der klinodiagonalen Neben axe gegen die
klinodiagonale Endkante für +P 64<>46'
v', derselbe für — P 25<>16'
p, Winkel der orthodiagonalen Endkante von +^P zur
Hauptaxe 57025'
cf, Winkel der Seitenkante von +_ P zur klinodiagonalen
Nebenaxe 59°27'.
Sei X, Y, Z die Neigung einer Pyramidenfläche -f" P
beziehungsweise zum klinodiagonalen, orthodiagonalen und
basischen Hauptschnitt, X', Y' und 7J die Neigung einer Fläche
— P zu denselben Hauptschnitten in derselben Folge, so er-
hält man durch Rechnung :
X = 61<>54' X' = 76052'
Y = 70<>7' Y' = 26<>58'
Z = 67055' Z' = 28^44'
oder die Winkel für :
die klinodiagonale Endkante in + F, A = 2 X = 123048'
„ „ „ in — P, A' = 2 X' = 151044'
die orüiodiagon. Endkante von + P, B = Y+Y' =r 9705'
die Seitenkante von +, P, D = Z + Z' = 96039'.
330 • Knop, über die JSrt/stallform
üebersieht der Winkel an den Krystallen der Chinasäure.
beobachtet
berechnet
4-P : 4-P
1230 ungefähr
123048'
— P : — P
IÖI044'
-HP : — P (in
B)
9706'
+ P : - P (in
I>)
96039'
ooP : ooP
132020' und
4704O'
OOP : OP
127^20 und
52^40'
POO : OP
1540 ungefähr
154025'
POO : PCX)
1280 ungefähr
128050'
VaPoorOP
IO8O4O'
(OOPOO):OP
900
900
+ P : OP
112012'
11205'
+ P : CX)P
121020'
12OO3O'
Folgende Combinationen wurden beobachtet :
(Die nur rechts oder nur links an der orthodiagonalen
Nebenaxe auftretenden Flächen sind mit der entsprechenden
Bezeichnung versehen, die zu beiden Seiten derselben symme-
trisch ausgebildeten dagegen nichtj
Fig. 1. ooP . OP, rechts (CJOPoo)
Fig. 2. ooP . OP . P*), rechts (ooPoo)
Fig. 3. 00 P . 0 P, rechts (00 P 00) . (P 00) . P . (V2 P 00)
Fig: 4. 0 P 00 P . P, rechts (00 P 00) . (P OO) . (V3 P 00)
Fig. 5. links CX)P, rechts (ooPcx)) . P
Fig. 6. ooP . cx>Poo . OP • +P00, rechts P . (V2P«>)
Fig. 7. dieselbe Combination
Fig. 8. links CX) P, rechts (CX) P OO) . (^/g P CX)) . P, mit 0 P
Fig. 9, links 00 P, rechts P . (ooPoo) . (^/^Poo), mit 0 P
Fig. 10. links OO P, rechts P.
Die Comb. Fig. 11 : links 00 P, rechts CV«Poo)> «st
nicht wirklich beobachtet worden, aber sie ist eben so gut
möglich, als die durch Fig. 10 ausgedrückte. Ohne Winkel-
*) Die Flächen P, wenn sie auf der linken und rechten Seite des
Krystalls gleichzeitig erscheinen, sind rechis stets bedeutender ent-
wickelt, als links. \
der Ghinasäure, 331
messong würde man sie leicht für eine iinksausgebildete
correiate Form zu Fig. 10 halten können, bei welcher jedoch
die Kante von +P : + P, (o' : oO 56^12', dagegen in Fig. 11
die von (»/s P oo) : (»/s P oo), (q' : qO '1^20' mifst.
Die von Herrn Prof. Z wen ger aus Heidelbeerkraut dar-
gestellten Krystalle von Chinasäure stimmten nach Form und
Winkel mit der Comb. Fig. 9 überein, dagegen zeigten die
aus Kaffeebohnen dargestellten einen tafelförmigen Typus
und die Combination :
0 P . oo P, links (P oo), rechts P . (cx) P jo) . (»/j P cx>), mit (P oo).
Untersuchungen über die Oxyde des Wisraulhs*);
von Hugo Schiff.
1} Wismiähoxydul und Wismuthstannat
Nachdem verschiedene Forscher gezeigt hatten, dafs das
Wismuthoxyd und seine Verbindungen bei Anwendung der
gewöhnlichen Desoxydationsmittel (Wasserstoff, Kohlenoxyd,
Glühen des Oxalats, Traubenzucker und Kali} vollkommen
des Sauerstoffs beraubt würden, gelang es R. Schneider
(Poggendorff's Annalen LXXXVHl, 45), zuerst durch die
*) Da wir vorerst die Mittel nicht besitzen, für die im Folgenden
za beschreibenden Verbindungen sog. rationelle Formeln aufzu«
stellen — wenn wir nicht die empirische Formel als die ratio«
nellste betrachten wollen — und wir auch für jetzt nicht im
Stande sind, die Molecularformeln derselben zu ermitteln, so be-
zwecke ich mit den in der Abhandlung gegebenen Formeln nur
die analytisch erkannte Zusammensetzung mit dem einfachsten
'Aequivalentverhältnifs auszudrücken, und zu diesem Behufe ge-
brauche ich für H = 1 die Aequivalente 0 = 8, 8 = 16 u.s. w.
332 Schiff y Untersuchungen
desoxydirende Wirkung des Zinnoxyduls , das früher unvoll-
ständig gekannte Wismuthoxydul BiOs darzustellen. Aus den
vermischten alkalischen Lösungen der Tartrate von Wismuth-
oxyd und Zinnoxydul erhielt er auf umständlicheAi Wege Ver-
bindungen von Zinnsäure und Wismuthoxydul, welche auf ein
Aeq. der ersteren ein und zwei Aeq. des letzteren ent-
hielten, und aus welchen durch Kochen mit Kali das Wis-
muthoxydul abgeschieden werden konnte. Eine einfachere
Methode zur Darstellung dieses Oxyduls besteht tiarin , dafs
man die vereinigten Lösungen gleicher Aequivalente von
Wismuthchlorid und Zinnchlorur in Kalilauge giefst, den ent-
standenen schwarzen Niederschlag zur vollständigen Ent-
fernung der Oxyde des Zinns mit concentrirter Kalilauge be-
handelt und ihn dann bei möglichstem Luftabschlufs aus-
wascht und trocknet.
Den Ausgangspunkt für die Anwendung des Zinnchlortirs
zur Darstellung des Wismuthoxyduls bildet eine Beobachtung
des älteren A. Vogel (Kastner's Archiv XXIII, 86), wonach
beim Erwärmen von officineliem Wismuthnitrat niit Zinn-
chlorur ein schwarzes Pulver erhalten wird, welches sich an
der Luft gelb färbt und im trockenen Zustande erhitzt zu
Wismuthoxyd (?) verglimmt. Berzelius machte in seinem
Lehrbuche darauf aufmerksam, dafs das nach Vogel's Me-
thode dargestellte Wismuthoxydul stets zinnhaltig sei; bei
einer späteren Untersuchung der Oxyde des Wismuths be-
stätigte Arppe (Poggendorff's Annalen LXIV, 237) diese
Angabe, und R. Schneider sprach in der erwähnten Ab-
handlung die Vermuthung aus , dafs das durch Einwirkung
überschüssigen Zinnchlorürs auf Hagisterium Bismuthi dar-
gestellte schwarze Pulver vielleicht Zinnoxyd als wesentlichen
Bestandtheil und metallisches Wismuth als Verunreinigung
enthalten möge.
über die Oxyde des Wismutha, 333
Ueber die Natur der bei Einwirkung von Zinnchlorür
auf Wismuthoxydverbindungen nach VogeTs Verfahren ent-
stehenden Desoxydationsproducte sind bis heute keine ein-
gehenderen Mittheilungen gemacht worden, und ich berichte
daher im Folgenden über einige Beobachtungen, welche ge-
eignet erscheinen möchten, über die hier statthabenden Um-
setzungen einiges Licht zu verbreiten und welche künftigen
ausführlicheren Untersuchungen dieses Gegenstandes als Grund-
lage dienen könnten.
Ueb^rgiefst man Wismuthnitrat mit einer, wenn auch
sehr verdünnten, Lösung von käuflichem Zinnsalz, so nimmt
die weifse Verbindung augenblicklich eine tief gelbe Farbe
an und das Pulver backt zu gröfseren Stückchen zusammen.
Um das Wismuthsalz möglichst vollständig in die gelbe Ver-
bindifng überzuführen^ zerreibt man es daher in einer Schale
mit wenig Lösung zu einem dünnen Brei und setzt diesem
unter Umrühren allmälig mehr Lösung zu. Bei mittlerer
Temperatur ändert die gelbe Verbindung selbst nach mehr-
tägigem Digeriren mit überschüssiger Zinnchlorürlösung ihre
Farbe nicht, aber es geschieht diefs schon nach wenigen
Minuten; wenn man die Digestion in der Wärme vornimmt.
Man bemerkt dann sehr hald einzelne dunkler gefärbte Par-
tikelchen, welche rasch zunehmen und sich beim Aufschütteln
des Ganzen specifisch schwerer als das gelbe Pulver er-
weisen. In dem Mafse als die Bildung des schwarzen Pul-
vers fortschreitet; färbt sich das Ganze dunkler und geht
durch die verschiedenen Nuancen von Gelb und Braun zuletzt
Yollständig in ein schwarzgraues Pulver über, welches auch
bei mehrtägigem Verweilen in der mäfsig erwärmten Flüssig-
keit seine Farbe nicht mehr ändert. Bringt man jetzt die
Verbindung auf ein Filter, wobei man, um die Ausscheidung
von unlöslichen Zinnoxychloriden zu vermeiden , zuerst die
ursprünglidie Flüssigkeit vollkommen abtropfen läfst, dann
334 Schiff, Ontersuehungen
zuerst mit kleinen Porlionen schwach mil Essigsäure ange-
säuerten Wassers und später erst mit reinem Wasser aus-
wascht, so bemerkt man, dafs die schwarze Verbindung sich
schon während des Filtrirens immer heller färbt und sich,
sobald alles Wasser abgelaufen ist, in sehr kurzer Zeit wie-
der in eine gelbe Hasse verwandelt. Es geht aus diesem
Verhallen zuvörderst hervor, dafs die schwarze Verbindung
kein Wismulhoxydul sein kann, da dieses bei spontaner
Oxydation im feuchten Zustande nicht in eine gelbe Verbin-
dung, sondern in weifses Wismuthoxydhydrnt umgewandelt
wird ; ferner aber zeigt dieser Umstand, dafs auch kein me-
tallisches Wismuth vorhanden ist, denn feuchtes Wismuth im
fein zertheilten Zustand oxydirt sich an der Luft bei f;e-
wöhnlicher Temperatur entweder gar nicht , oder doch nur
üufgerst langsam. Die durch Oxydation des feuchten schwarzen
Pulvers entstehende gelbe Substanz ist in ihrem chemischen
Verhalten von der aus Wismuthnitrat und Zinnchlorür in der
Kälte dargestellten Verbindung nicht verschieden.
In Bezug auf das Verhallen dieser Verbindung gebe ich
die folgenden Notizen. Die hei 100'^ getrocknete Verbindung
ist orang^elb bis ockergelb gefärbt, anlöslich in Wasser,
Weingeist und verdünnter Essigsäure, dagegen löslich in den
Mineralsäuren. Die salzsaure und schwefelsaure Lösung wird
durch Kali schwarz (zinnhaltiges Wismulhoxydul } , die sal-
petersaure weifs (zinnhaltiges Wismuthoxyd) geeilt. Voll-
ständig ausgewaschen ist die Verbindung frei von Chlor und
besleiit nur tmi Uistnulh, Zinn und Sauerstoff; es mufs hier
bemerkt werden, Aah diese und alle im Folgenden beschrie-
ben« Vwblniluugen die letzten Spuren von Chlorzinn sehr
t ftntfickhalten, und he-.i Mengen von 15bis20Grin.
I 3 Ms ti SiNiiili'ii mit warmem Wasser aus-
li>ii> iU'iKin verschwand. — Mit Kaliuber-
^ i'rhiiidiiog sogleich schwarz; durch
über die Oxyde des fVismuths. 335
zwei- oder dreimaliges Behandeln mit warmer mäfsig con-
cenirirter Kaiilaug^e kann das Zinnoxyd bis auf geringe Mengen
ausgezogen werden. Ebenso verhält sich Natron und Am-
moniak, aber das letzlere eignet sich weniger zur Entfernung
des Zinnoxyds. .
Das hierbei zurückbleibende schwarze Pulver ist Wis-
muthoxydul; nach dem Abfiltriren oxydirt es sich auf dem
Filter eben so rasch wie das früher erwähnte schwarze Pulver
und man erhält Wismuthoxydhydrat. *') Bei Präparaten von
aus Wismuthnitrat dargestelltem Wismuthstannat versuchte
man auf diese Weise die entstehende Menge wasserfreien
Wismuthoxyds quantitativ zu bestimmen; es wurden hierbei
um mehrere Procente von einander abweichende Resultate
erhalten , and ich wurde sowohl hierdurch als auch durch
die so sehr schnell vor sich gehende Oxydation der schwarzen
Verbindungen auf den Gedanken geführt, dafs vielleicht ein
kleiner Theil des bei Desoxydationsp^ocessen gewifs nicht
förderlichen Nitrats unzersetzt bleiben und die Reinheit der
Reaction beeinträchtigen könnte. Um aufserdem eine Ver-
bindung von conslanter Zusammensetzung zum Ausgangs-
punkte zu haben, wurde der Versuch mit reinem, durch
Kochen des Nitrats mit Kali erhaltenem, Wismuthoxyd wie-
derholt, und es zeigte sich in der That, dafs die Gegenwart
der Salpetersäure, wenn auch vielleicht nicht hinderlich, doch
jedenfalls nicht nöthig ist.
*) Ein auf diese Weise erhaltenes vollkommen weifses Wismuth-
oxydhydrat zeigte lufttrocken die Zusammensetzung ßiOa, 2 HO;
über Schwefelsäure rerliert es etwas mehr als 1 Aeq. Wasser.
Bei schwachem Erhitzen erhält man ein sehr schön gelbes An-
hydrid, welches indessen am Lichte sehr bald mifsfarhig wird.
Auf letztere Erscheinung hat bereits Otto (Lehrbuch III, 622)
aufmerksam gemacht. — Ich hatte Gelegenheit, Aehnliches auch
bei dem gefällten Quecksilberox.yd zu beobachten.
336 Schiffe Untersuchungen
Uebergiefst man Wismuthoxyd in der Kälte mit einer
Zinnchlorürlösung, so erhält man sogleich dieselbe ockergelbe
Verbindung wie bei dem Nitrat; überhaupt sind die hierbei
auftretenden Erscheinungen ganz die früher angegebenen,
und man verfährt, um die Substanz rein zu erhalten, ganz
nach obiger Vorschrift, wobei man das Auswaschen so lange
fortsetzt, als Silbernitrat im Waschwasser noch eine Trübung
erzeugt. Die so erhaltene Verbindung wird durch eine warme
Zinnchlorürlösung viel leichter in die schwarze Verbindung
übergeführt, als die aus dem Nitrat dargestellte; auch ist
letztere etwas beständiger, aber es ist mir doch nicht ge-
lungen, "sie rein zu erhalten.
Die bei 100^ getrocknete gelbe Substanz enthält noch
Wasser, von welchem sie jedoch bei Luftzutritt nicht befreit
werden kann , weil sie sich bei der hierzu nöthigen Tem-
peratur verändert. In einem Strome von Kohlensäure erhitzt,
welcher zur Entfernung geringer Mengen von Sauerstoff
über mit Salzsäure befeuchtete Kupferspäne geleitet , durch
Wasser von Salzsäuredampf befreit und endlich durch Chlor-
calcium getrocknet worden, wird die Verbindung wasserfrei
erhalten und stellt dann ein schwarzes Pulver dar, welches
in Wasser von 80 bis 90^, wenigstens innerhalb einiger Stun-
den, das Wasser nicht wieder aufnimmt.
Die Zusammensetzung suchte man auf die Weise festzu-
stellen, dafs man die Verbindung zur Bestimmung des Wasser-
gehalts in Kohlensäure erhitzte, die entwässerte Verbindung
in Salzsäure unter zeitweiligem Zusatz von etwas Kaliumchlorat
auflöste, die Metalle durch Scbwefelwasserstofl^ fällte und
durch Digestion mit gelbem Schwefelammonium das Schwefel-
zinn vom Schwefelwismuth trennte. Es wurden folgende
Zahlen erhalten :
I. 3,006 Grm. verloren 0,139 Grm, Wasser.
IL 4,212 Grm. verloren 0,186 Grm. Wasser.
über die Oxyde des Wismuths, 337
m. 2,359 Grm. entwässerter Verbindung gaben :
2,103 Grm. Wißmuthoxyd = 1,887 Grm. Wismuth
0,333 Grm. Zinnoxyd = 0,186 Grm. Zinn.
rV. 3,018 Grm. entwässerter Verbindung gaben :
2,696 Grm. Wismuthoxyd = 2,419 Grm. YTismuth
0,424 Grm. Zinnoxyd = 0,834 Grm. Zinn.
Für sämmtliche Portionen diente dasselbe Wismuthoxyd
als Ausgangspunkt, aber die Portionen I und III sind von
anderer Bereitung, als II und IV.
Nehmen wir an, dafs die Einwirkung des Zinnchlorttrs
auf das Wismuthoxyd nach der Gleichung :
2 BiOg + 2 Sna = ßnCl, -f- SnBijOa
Stattfindet, so berechnen sich für die Zusammenselawing dieser
Verbindung folgende Zahlen :
ni. IV.
Sn 69 11,2 11,1 11,06
2Bi 420 79,7 80,0 80,15
6 0 48 9,1 — —
527 100,0,
welche mit den analytisch ermittelten Werthen genügend
übereinstimmen. Wie aus nachstehenden Zahlen ersichtlich :
SnBijOe 527 95,13 — —
8 HO 27 4,87 4,62 4,40
554 100,00
entspricht der gefundene Wassergehalt für die gewässerte
Verbindung der Formel SnBigOe + a HO.
Um die Zusammensetzung der Verbindung sowohl auf
analytischem als auch auf synthetischem Wege festzustellen,
wurde noch bestimmt, wieviel wasserfreie Verbindung aus
einer gewogenen Menge Wismuthoxyd entsteht.
Aus 1,008 Grm. Wismuthoxyd wurden erhalten 1,184 Grm. oder 112,5 pC.
Aus 2,173 Grm. Wismuthoxyd wurden erhalten 2,439 Grm. oder 11 2,8 pC.
Nach obiger Gleichung geben :
2 Aeq. BiOs » 468 1 Aeq. SuBigO^ = 527.
Es ist aber 468 : 527 = 100 : 112,6 pC.
Annal. d. Chem. u. Pharm. GXIX. Bd. 3. Heft. 22
338 Schiff, Untersuchungen
Mit Zugrundelegung des Verhaltens der Verbindung gegen
Alkalien , welche Zinnoxyd auflösen und Wismuthoxydul
zurücklassen, ist es erlaubt, die Verbindung als ein Wismuth-
oxydulstannat von der Formel Sn02, 2 ßiOs anzusprechen.
Die leichte Oxydirbarkeit des feuchten VTismuthoxyduls stellte
steh der Darstellung desselben im möglichst reinen und oxyd*
freien Zustand lange hinderlich in den Weg, und erst nach
vielen vergeblichen Versuchen gab mir die folgende Methode
ein günstigeres Resultat. Drei Kochflaschen wurden wie Figur
12 auf Tafel I zeigt miteinander verbunden^ etwa 15 bis 20
Grm. gewässerter Verbindung auf den Boden von B gebracht,
mit heifser ziemlich concentrirter Kalilauge übergössen und
einige Zeit gekocht, wobei der Dampf durch die Röhre b ent-
weicht. Man läfst nun absetzen und verbindet dann B mit A^
setzt dieses bei a mit einem Aspirator in Verbindung und
zieht die verbrauchte Kalilauge nach A über, wobei die Länge
der Röhre c erlaubt, dafs gerade noch eine dünne Flüssig-
keitsschicht über dem Pulver bleibt. Man hat dann nur
nöthigy während der Aspirator im Gange ist, die Röhre b zu
verschliefsen, um so lange frische ausgekochte Kalilauge aus
G nach B überzuführen, als man b verschlossen oder den
Aspirator in Thätigkeit läfst. Man kocht jedesmal etwa
10 Minuten und wiederholt die Behandlung je nach der an-
gewandten Menge 3- bis 4 mal. ^3 Das Auswaschen geht
mittelst der beschriebenen Vorrichtung sehr schnell vor sich.
*) Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir, die Chemiker auf den von
Brunn er construirten Doppelaspirator aufmerksam zu machen.
Es findet sich derselbe zwar in Gmelin's Handbuch und Ber-
zelius* Lehrbuch (Bd. X, Art. Saugapparat) beschrieben, in-
dessen scheint er in fremde Laboratorien keinen Eingang gefun-
den zu haben. Es wurde mir hier ein solcher durch Professor
Valentin zur Verfügung gestellt, und ich kann den Apparat,
da er stets gefüllt ist, besonders für längere Operationen als sehr
bequem empfehlen.
über die Oxyde des PFismuths. 339
Man hat, nachdem 0 mit heifsem Wasser geftillt und b ver-
schlossen ist, nur manchmal den Hahn des Aspirators auf
etwa eine halbe Minute lang zu schliersen, damit das Pulver
sich zu Boden setze; man wascht so lange aus, als einige
durch b eingebrachte Tropfen gerötheter LackmustincAr sich
noch blau färben. Das in B unter Wasser erkaltete Oxydul
hat sich nun zu einem dichten sammtschwarzen Pulver ver-
einigt, welches sich leicht filtriren läfst. Man prefst es
zwischen Löschpapier aus, treibt die letzten Wasserantheile
im Kohlensäurestrom weg und erhitzt darin zuletzt auf etwa
120^. — Das so behandelte Oxydul verändert sich in trockener
Luft nicht, in feuchter verwandelt es sich langsam in Oxyd-
hydrat ; in trockener Luft erwärmt oxydirt es sich sehr rasch.
— Es ist bei der erwähnten Darstellungsmethode besonders von
Wichtigkeit, dafs man zuerst keine zu verdünnte Kalilauge
anwende und dafs das Oxydul nicht mit der Luft in Beruh-
rung komme, so lange es noch alkalische Flüssigkeit ein-
schliefst. Befeuchtete man von zwei Portionen Oxyduls von
gleicher Bereitung die eine mit verdünnter Kalilauge, die
andere mit Wasser, so war erstere viel schneller in Oxyd-
hydrat verwandelt, als letztere. Es wäre möglich, dafs hier
die noch anhängenden geringen Spuren von Zinnoxyd im
Verein mit dem Alkali gleichsam wie ein Ferment als Ueber-
tragungsmittel für den Sauerstoff dienen, etwa wie das Eisen-
oxyd in der Ackererde, welches an oxydabele Substanzen
Sauerstoff abgiebt, während das entstandene Oxydul sich durch
den Sauerstoff der Atmosphäre wieder oxydirt. Das so um-
gewandelte Wismutboxydul zeigt keine grauen oder schwarzen
Punkte mehr , so dafs auf Abwesenheit von metallischem
Wismuth geschlossen werden kann.
R. Schneider hat in seiner Abhandlung die Gründe
zusammengestellt, welche dafür sprechen, das Wismutboxydul
als eig:enthümliche Oxydationsstufe des Wismuths zu betrachten.
22*
340 Schiff, Untersuchungen
Gegenüber der Annahme von Proust und H. Davy, es sei
das schwarze Pulver als ein Gemenge von Wismuthoxyd mit
Metall zu betrachten, kann ich noch anführen, dafs reines
Quecksilber, mit dem Oxydul mit oder ohne Wasser ge-
schüttett, aus demselben kein Wismuth aufnimmt. — Bei
einer Portion des nach angegebener Methode erhaltenen
Oxyduls wurde die Gewichtszunahme bestimmt, welche es
beim Glühen an der Luft erleidet.
1,577 Grm. nahm.en hierbei um 0,054 Grm. = 3,43 pC«
zu, während die Berechnung für die Aufnahme von 1 Aeq.
Sauerstoff eine Zunahmo von '3^54 pC. verlangt.
Es wird noch bemerkt, dafs das Wismuthstannat für
die Darstellung von Wismuthoxydul noch geringe Mengen
von Zinnchlorür enthalten darf, so dafs man nur einige
Male auszuwaschen braucht.
Die Zerlegung des Wismuthstannats durch Kali und die
Wägung des durch Glühen des Oxyduls erhaltenen Wismuth-
oxyds wurde noch als weitere Controle für die Richtigkeit
der oben angegebenen Zusammensetzung benutzt. Die dazu
angewandten Präpai^ite sind dieselben, wie die früher ana-
lysirten.
I. 1,269 Grm. gewässerter =s 1,207 Grm. wasserfr. Verbindung gaben :
1,076 Grm. Wismuthoxyd = 1,039 Grm. Oxydul.
IL 1,043 Grm, gewässerter = 0,992 Grm. wasserfr. Verbindung gaben :
0,883 Grm. Wismuthoxyd = 0,853 Grm. Oxydul.
Die berechneten Zahlen :
L II.
2BiOs 452 85,77 86,11 85,98
SnOg 75 14,23 — —
527 100,00.
entsprechen auch hier den analytisch gefundenen.
Nachfolgende Notizen mögen dazu dienen, das chemische
Verhalten des Wismuthstannats genauer festzustellen. Die
Verbindung wird, bei Luftzutritt erhitzt, oxydirt und geht
über die Oxyde des Wismuths. 341
in die entsprechende Wismutboxydverbindung SnOg, 2 BiOs
über, wobei die Ockerfarbe sich in strohgelb umändert. Die
gegltihte Masse wird durch Kochen mit Wasser nicht ver-
ändert; durch Kochen mit Kali färbt sie sich citrongelb, in-
dem Zinnsäure ausgezogen wird , aber es erfordert sehr
häufiges Behandeln mit kochender Kalilauge, bis man fast
zinnoxydfreies Wismuthoxyd erhält. Salzsäure lost die ge-
glühte Verbindung nur zum Theil .auf uud läfst ein Wis-
muth enthaltendes Zinnoxyd zurück. Trägt man ein wenig
Wismuthoxydulstannat in geschmolzenes Kaliumchlorat, so er-
folgt eine rasche Sauerstoffentwickelung und die Substanz
wird in Oxydstannat verwandelt. Hit Schwefelblumen erfolgt
beim Erhitzen bis zum Schmelzen Bildung von Schwefel-
metallen ohne besondere Reaction. Auf der Kohle in der
inneren Löthrohrflamme erhitzt tritt keine Reduclion ein; in
Wasserstoffgas erfolgt dieselbe schon bei mäfsiger Temperatur.
Was die schwarze Verbindung betrifft, welche bei Be-
handlung der gelben mit Zinnchlorür in der Wärme ent-
steht, so kann ich über deren Zusammensetzung Nichts mit
Bestimmtheit sagen, da es mir nicht gelungen ist, sie unver-
ändert zu erhalten. Sehr geringe Mengen von Zinnchlorür
reichen hin, sie aus dem Wismuthstannat zu erzeugen. Eisen-
oxydulsalze bewirken die Umwandlung nicht; bei längerem
Durchleiten von schwefliger Säure durch eine wässerige
Suspension der gelben Verbindung entsteht allerdings eine
geringe Menge schwarzer Substanz, aber es könnte diefs auf
Bildung von Schwefelmetall beruhen. — Alkalische oder stark
saure Reductionsmittel konnten nicht angewandt werden, da
Säuren und Alkalien schon für sich allein die gelbe Verbin-
dung verändern. — Die schwarze Verbindung geht durch
Erwärmen mit verdünnter Chromsäurelösung leicht wieder in
die gelbe über. Werden gewogene Portionen der gelben
Verbindung in die schwarze und diese wieder in die gelbe
342 Schiffe Untersuchungen
umgewandelt^ so erleidet das Gewicht keine irgend bedeu-
tende Aenderung. Es ist wahrscheinlich, dais die schwarze
Substanz eine Verbindung oder ein Gemenge der Oxydule
von Wismuth und Zinn ist. Das sog. Wismuthacichlorid
BiOgCI wird durch eine Lösung von Zinnchlorür weder bei
gewöhnlicher noch bei höherer Temperatur verändert.
2. Wismuthsäure^ Wismuihoxt/d und Verbindungen beider.
Vorstehender Untersuchung über das Wismuthoxydui
lasse ich einige Notizen über die Darstellung und Formulirung
einiger höheren Oxyde des Wismuths folgen. Es wurden
dieselben durch die Beobachtung angeregt, dafs auch die
alkalischen Hypochlorite das Wisinuthnitrat unter Gelbfärbung
verändern.
Mit den höheren Oxydationsstufen des Wismuths haben
sich zuletzt besonders Heinto ui^d Arppe beschäftigt. Es
haben diese Forscher besonders das Verhalten des Wismuth-
oxyds gegen mehr oder minder stark alkalische Lösungen von
Alkalihypochloriten studirt, und es wurden hierbei eine An-
zahl von Verbindungen der Wismuthsäure mit Wismuthoxyd
erhalten. Namentlich aus Arppe's Untersuchungen ging
eine Anzahl von intermediären Verbindungen hervor; so ein
gelbes Hydrat , welches durch Erhitzen mit stark alkalischer
Lösung von Kaliumhypochlorit in Wismuthsuperoxyd über-
geht; das rothe Wismuthsäurehydrat und eine durch Kochen
desselben mit Salpetersäure entstehende orangefarbene Ver-
bindung BiOs, 3 BiOö.
Alle diese Verbindungen lassen sich sehr leicht dar-
stelleui wenn man nur sehr schwach alkalische Lösungen der
Hypochlorite anwendet, so z. B. eine gewöhnliche Chlorkalk-
lösung; auch hat man durchaus nicht nöthig, erst Wismuth-
oxyd darzustellen, da meine Versuche zeigen, dafs das käuf-
liche Nitrat zur Darstellung angewandt werden kann.
über die Oxyde des Wismuths. 343
Die gelbe Verbindung, welche Arppe erhielt, indem er
eine, freies Chlor enthaltende Lösung von Wismuth in Salz-
säure oder Salpetersäure mit Kali fällte , erhält man mit
Leichtigkeiti wenn man das käufliche Nitrat bei gewöhnlicher
Temperatur mit Chlorkalklösung digerirt. Es scheint diese
Verbindung indessen nur ein Uebergangsglied zu sein, denn
wenn man die Digestion etwa zwölf Stunden dauern läfst, so
geht alles in die orangefarbene Verbindung über, welche
sich nun auch bei längerer Digestion nicht mehr ändert.
Sowohl die gelbe als die orange Verbindung gehen durch
Kochen mit stark alkalischen Hypochloriten in braunes Wis-
muthsuperoxyd über.
Behandelt man jedoch Wismuthnitrat bei höherer Tem-
peratur mit Chlorkalklösung, so tritt unter Bildung von Calcium-
nitrat eine reichliche Entwickelung von mit Chlor gemengtem
Sauerstofigas ein und ^ie anfangs entstehende gelbe Verbin-
dung geht sehr schnell in die orangefarbene über. Bei
längerem Kochen wird indessen letztere immer dunkler und
nach etwa V4 Stunde ist das Ganze in rothes Wismuthsäure-
hydrat umgewai^delt. Dasselbe enthält nur sehr geringe
Mengen von Chlor, wahrscheinlich in der Form von Wismuth-
acichlorid ; hingegen ist es vollkommen frei von Kalk. Kocht
man das Wisinuthsäurehydrat noch länger mit Chlorkalklösung,
unter manchmaliger Erneuerung derselben, so entsteht zuletzt
ein hell chocoladebraunes Pulver, welches indessen gröfsere
Mengen von Chlor enthält. Es scheint dasselbe stark mit
Wismuthacichlorid verunreinigte wasserfreie Wismuthsäure
zu sein.
Bringt man rothes Wismuthsäurehydrat mit Zinnchlorür-
losung zusammen, so erfolgt gerade wie bei Wismuthoxyd
die Bildung einer gelben zinnhaltigen Verbindung, welche
auch dasselbe Verhalten zeigt wie die aus dem Oxyd dar-
gestellte. Ihre Zusammensetzung konnte nicht ermittelt werden,
344 Schiffe üntef'suchtmgen
da za gleicher Zeit noch eine weifse flockige Verbindung —
vielleicht Wismuthacichlorid — entsteht, welche ihr beige-
mengt bleibt.
Sowohl Wismuthsäure als auch das Superoxyd bläuen
die Guajaktinctur ; erstere besonders beim Erwärmen, wobei
indessen eine theilweise Reduction zu Superoxyd stattfindet.
Weingeistige Lösungen von Zucker oder von Oxalsäure redu-
ciren die Wismuthsäure nicht. Alkalische Zuckerlösungen
reduciren die Säure und das Superoxyd beim Erwärmen ; es
treten hierbei erst gelbe intermediäre Oxyde auf; zuletzt
erfolgt Reduction zu Metall, welchem indessen braune Zer^
setzungsproducte des Zuckers beigemengt sind.
Vorstehende Oxyde des Wismuihs, ihre Verbindungen
untereinander und gröfstentheils auch die Wismuthsalze lassen
sich sehr übersichtlich und gleichförmig formuliren, wenn
man die folgenden drei Radicale :
Wismuth Bi äquivalent Hol. rw j j
Wismuthyl Bio, äquivalent H 1"^ ^^^^ "^^
Wismutlioxyl Bi04 äquivalent H in der Wismuthsäure
annimmt. Man hätte in diesem Falle für sämmtliche Verbin-
dungen nur ein einziges Aequivalent des Wismuths = 210
nöthig. Der früher von Laurent und Gerhardt gemachte
Versuch, einzelne Wismuthverbindungen wieder auf das alte
Aequivalent 70 zu beziehen, giebt öfters verwickeitere For-
meln, welche theilweise bereits vor 15 Jahren von Berzelius
als unzulässig bezeichnet wurden. Namentlich machte Ber-
zelius darauf aufmerksam, dafs die Verbindungen von
Arppe sich mit dem Aequivalent 210 viel einfacher formu-
liren lassen. Nach dem älteren Aequivalent würde dem
Chlorid die Formel BiCl zukommen^ nach dem jetzt allgemein
gebräuchlichen wird das Chlorid bekanntlich BiCls geschrieben.
über die Oxyde des fVismtUhs. 345
Die Bestimmung des specifischen Gewichts des Dampfes des
Chlorids, von Jacquelain ausgeführt und zu 11,35 gefunden,
spricht nun sehr zu Gunsten der letzteren Formel, indem sich
die Dampfdichte für eine Condensation auf vier Volume zu
11 berechnet.
Im Allgemeinen lassen sich die verschiedenen Salze des
Wismuths auf die zwei Formeln des Oxyds :
Bio»' n r,r.A Bi'" n
BiOl* ^» ^^ Bi'" ^«
ieh
en, welchen die zwei Hydrate :
H ^« """^ Hs ^«
entsprechen. — Das erstere Hydrat entsteht, wie man bereits
aus Arppe's Angaben weifs, wenn man das gefällte Hydrat
bei 100^ trocknet. Wie ich im Früheren mittheilte, enthält
das lufttrockene Hydrat 2 HO. Ich habe versucht, ob nicht
bei Anwendung sehr verdünnter Lösungen und bei niedriger
Temperatur ein Hydrat mit 3 HO zu erhalten sei , aber ich
erhielt stets das Hydrat mit 2 HO.
Die folgende Zusammenstellung zeigt, dafs die Formeln
der Wismuthsalze sich sehr übersichtlich geben lassen, wenn
man sie auf obige zwei Formeln des Oxyds bezieht, und dafs
man nicht nöthig hat, zwei Aequivalente für die Wismuth-
derivate anzunehmen. Nehmen wir als Princip der Anord-
nung die Gerhardt'schen Grundformen, so haben wir
folgende Derivate :
Grundform
H| . BiOj» . BiOjl BiSji BlSea» BiOaj
Hl • ßiOat eil Clt Cli BrI
Oxydul Oxychlorid Sulfochlorid Selenchlorid Oxybromid
H)o . BiO^JQ BiOgj^ BiTe^j« BiOjJQ
Oxydhydrat Oxyd Tellurwismuth Superoxyd.
BiOg I ri BiOo | ^
N04r« Cy r« '^•^•^•
sog. bas. Nitrat Oxyrhodanid.
346 Schiffe Untersuchungen
H^r* • 2Bi02r* BiO2.Hr* 2Bi02r* BiOg.Hr*^*®-^-
sog. bas. Sulfat Bisulfat Chromat Oxalat.
Im Allgemeinen würden die meisten sog. basischen
Wismutbsalze auf ein Radical BiOa zu beziehen sein, während
die gewöhnlich als neutral angesprochenen Wismutbsalze als
Bi"'-Derivate zu betrachten wären so z. B. :
H3
Ha
Bi Bi
• Bi eis
Bi
Brs
Ha ^«
' Bi ^« Bi ^«
^^ 0
Bi n Bi a
3 NO4 ^» Cy, "«
Oxyd • Sulftiret
orangefarbenes
intermed. Oxyd
Nitrat Rnlfocyanat
^^ 0
Bi g
Bi
PO Ö6*)^"-W-
Sulfat Solfowolframiat Phosphat.
Wir haben hier bei dem Wismuth dieselben Verhältnisse,
wie bei dem ihm auch sonst ähnlichen Antimon, bei welchem
ebenfalls Sb als ein dreibasisches und SbO^ als ein ein-
basisches Radical betrachtet werden kann. Bei Phosphor und
Arsen findet indessen durch den Zutritt von Sauerstoff keine
Erniedrigung der Basicität statt; sowohl P und As als auch
POs und ASO2 werden als dreibasische Radicale angesprochen,
hingegen nimmt man PO4 in der Metaphosphorsäure als ein-
basisch an.
Die Analogie zwischen Arsen und Antimon, die Existenz
der sog. chlorarsenigen Säure ASO2CI von Wallace^ sowie
die verschiedenen Sulfantimonverbindungen scheinen dafür
zu sprechen , dafs die Gruppen SbOa und ASO2 je^ nach den
*) Von dem bei 110° getrockneten weifsen schweren Pulver, welches
durch Fällung einer hei£sen Ghlorwismuthlösung mit einer heifsen
ziemlich concentrirten Lösung von gewöhnlichem Natriumphos-
phat erhalten wurde , gaben 2,038 Grm. in verdünnter Salzsäure
gelöst und mit HS behandelt 1,640 Grm. BiSs, entsprechend 1,335
Grm. Bi = 65,5 pC. Obig© Formel verlangt 65,67 pC. Wismuth.
über die Oxyde des Wiamuths. 347
Umständen einbasisch und dreibasisch sein können. Wir
haben nun einen ganz gleichen Fall in der organischen
Chemie bei der Gruppe CJif,^ welche in den Allylderivaten
die Stelle eines einbasischen, in den Glycerylderivaten die
eines dreibasischen Radicais einnimmt und durch Aufnahme
von zwei Aeq. Sauerstoff in ein einbasisches Radicai CeHsOg
Propionyl übergeht.
Es mag bei dieser Gelegenheit noch bemerkt werden,
dafs der in der organischen Chemie auch bei Säureradicaien
so häufig beobachtete Fall , dafs einer Zunahme des Radicais
an Wasserstoff eine Abnahme der Basicität entspricht, bis
jetzt in der anorganischen Chemie noch nicht aufgefunden
wurde ; immerhin aber bleibt es bemerkenswerth , dafs die
drei Säuren des Phosphors, namentlich mit den Schwer-
metallen, Salze von der Zusammensetzung :
Mgre Mg 1^* ^** M 1^«
Phosphat Phosphit Hypophosphit
mit besonderer Leichtigkeit bilden.
Bern, Februar 1861.
Nachschrift. — Vor Absendung dieser Abhandlung kommt
mir noch eine Züricher Dissertation von Emil Rüge zu Ge-
sicht, worin aufser den mit Sicherheit früher bekannten Wis-
muthnitraten BiOg» SNOs und BiOs, NOg + 2H0 noch die Salze
BiOg, 2 NO5 + HO und 2 BiOs, NOs + HO beschrieben sind. Es
liefsen sich auf diese Weise die Nitrate des Wismuths auch :
formuliren, welchem Schema indessen die basische Verbin-
dung nur durch die minder wahrscheinliche Formel :
NO^.BiOj.Ht^« anzupassen wäre.
348 Volhardf über mehratomige
Oeber mehratomige Harnstoffe;
von J, Volhard.
Das Studium der mehratomigen Verbindungen ist gewis-
sermafsen die Tagesfrage der organischen Chemie, Wie den
einatomigen Alkoholen die Glycole, den einbasischen Säuren
die zweibasischen, den Monaminen die Diamine entsprachen,
so wird nach und nach jeder Gruppe einatomiger Verbindun-
gen eine correspondirende zweiatomige als Abbild ihrer all-
gemeinen Eigenschaften an die Seite gestellt.
Durch Verbindung der Cyansäure oder der cyansauren
Aether mit Ammoniak oder den Monaminen entsteht bekannt-
lich der Harnstoff und die Gruppe der Harnstoffe, welche
Alkoholradicale enthalten.
In ganz gleicher Weise vereinigen sich die zweiatomigen
Ammoniake mit Cyansäure nicht zu cyansauren Salzen , son-
dern zu Körpern^ deren Verhalten im Allgemeinen dem der
Harnstoffe sehr ähnlich ist.
Darstellung und Untersuchung einiger solcher Harnstoff-
verbindungen, in denen der Wasserstoff theilweise durch
Ölbildendes Gas vertreten ist, sind Gegenstand der Versuche,
deren Resultate im Folgenden geschildert werden.
Das Aethylendiamin , eine der vielen durch Einwirkung
von Chlor- oder Bromäthylen auf Ammoniak entstehenden
Basen, wurde zuerst von Cloez dargestellt und unter dem
Namen Formylamin beschrieben*). A. W. Hof mann**)
hat später gezeigt, dafs diese Base die zweisäurige Amid-
verbindung des ölbildenden Gases CC8H4)'^H4N2 ist und gab
ihr den Namen Aethylendiamin.
*) Institut 1853, 213; Jahresber. f. Chemie u. s. w. f. 1858, 468.
**) Compt rend. XLVI, 255; Jahresber. i, Chem. u. s. w. f. 1858, 343.
Harnstoffe. 349
Eine wässerige Lösung von chlorwasserstoflPsanrem
Aethylendiamin wirkt schon kalt auf cyansaures Silber unter
Bildung von Chiorsilber ein; rasch und vollständig ist die
Umsetzung bei der Wärme des Wasserbades. Die abfiitrirte
Flüssigkeit, durch einige Tropfen Salzsäure von gelöstem
cyansaurem Silber befreit, giebt beim Eindampfen und Er-
kalten farblose Krystalle. Mit kaltem Wasser gewaschen und
einmal aus Wasser oder Weingeist umkrystallisirt liefern
diese den reinen Aeth^lenhamstoff.
Die Analyse der bei 100^ getrockneten Substanz gab
folgende Zahlen :
1. 0,4699 Grm. mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,5597 Kohlen-
säure und 0,2850 Wasser.
2. 0,1707 Grm. gaben 0,2040 Kohlensäure und 0,1084 Wasser.
3. 0,2280 Grm. gaben 74 CC. StickstoflFgas von 752,2°^ Queck-
silberdruck und 80 C. = 70,39 CC. von 760"^ und 0<> =
0,0884 Grm. Stickstoff.
Diese Zahlen führen zu der Formel C4HioN40a :
Gefunden
3.
Berechnet
1.
2.
c«
48
32,87
32,48
32,59
Hi9
10
6,84
6,73
7,05
N«
56
38,35
—
—
0,
32
21,94
—
— 38,78
100,00.
Der Aethylenharnstoff ist in kochendem Wasser sehr leicht
löslich, weniger in kaltem. Die heifs gesättigte Losung
scheidet denselben beim Erkalten in sternförmig gruppirten
farblosen Nadeln aus, welche unter dem Hikroscop als Ag-
gregate gerader Prismen erscheinen. Die Mutterlauge kry-
stallisirt beim Eindampfen vollständig. In absolutem Alkohol
ist der AethyienharnstofiP selbst beim Kochen schwerlöslich,
in wässerigem Weingeist nach dem Mafs des Wassergehaltes
leichter. Aus alkoholischer Lösung durch Abkühlen krystal-
350 Volhard, über mehratomige
lisirt sieht er dem auf gleiche Weise erhaltenen gewöhn-
lichen Harnstoff sehr ähnlich. In Aether ist derselbe nicht
löslich« Weder die aus Weingeist noch die aus Wasser aus-
geschiedenen Krystalle enthalten Krystallwasser. Trocknen
bei 100^ verändert ihr Aussehen nicht, eben so wenig Stehen
an der Luft. Der Aethylenharnstoff ist ohne Reaction auf
Pflanzenfarben, geruchlos und geschmacklos. Er schmilzt bei
192^. Bei höherer Temperatur zersetzt er sich unter Schwär-
zung und Entwickelung ammoniakalischer Dämpfe.
Verdünnte und concentrirte Mineralsäuren lösen den
Aethylenharnstoff beim Erwärmen leicht auf, um beim Er-
kalten ihn unverändert wieder auszuscheiden. Ebenso ver-
hält er sich gegen Essigsäure und wässerige Oxalsäure. Seine
Lösung in concentrirter Salzsäure oder rauchender farblose^
Salpetersäure kann durch Abdampfen zur Trockne gebracht
werden, ohne dafs sich ein Salz bildet oder Zersetzung ein-
tritt« Trockenes Salzsäuregas wird von dem Aethylenharn-
stoff unter Erwärmen absorbirt. War derselbe vorher gepul-
vert, so backt er dabei zu einer harten Hasse zusammen.
Der Aethylenharnstoff löst sich in concentrirter Schwefelsäure
ohne Zersetzung.
Gegen verdünnte Kali- oder Natronlauge, gegen Kalk-
und Barytwasser verhält sich der Aethylenharnstoff wie gegen
verdünnte Säuren. Quecksilber-, Blei-, Silberoxyd mit con-
centrirter Lösung von Aethylenharnstoff gekocht werden weder
gelöst, noch reducirt.
Der Aethylenharnstoff verbindet sich nur mit denjenigen
Körpern, die selbst mit den schwächsten organischen Basen
in der Regel noch Doppelsalze bilden.
Phimsaiz des Aeihylenhamstoffs. — Setzt man zu einer
heifsen concentrirten Lösung von Aethylenharnstoff Platin-
chlorid, so scheiden sich beim Erkalten dunkel -orangegelbe
Krystalle aus, die unter dem Mikroscop als quadratische Pris-
Harnstoffe, 351
men erscheinen. Dieselben sind in kaltem Wasser ziemlich
leicht löslich, sehr leicht in kochendem, schwerlöslich in Al-
kohol. Die Analyse des bei 100^ getrockneten Salzes gab
folgende Zahlen :
1. 0,5921 Grm. hinterliersen beim Glühen 0,1645 Platin.
2. 0,4074 Grm. gaben 0,1140 Platin.
3. 0,4748 Grm. mit chromsaurem Kali verbrannt gaben 0,2425
Kohlensäure und 0,1408 Wasser.
Aus diesen Zahlen berechnet sich die Formel :
C4H10N4O2, HCl, PtCla.
Gefunden
3.
13,92
3,29
Berechnet
1.
2.
C4
48
13,61 4
—
Hu
11
3,14
—
—
N4
56 •
15,88
—
—
0.
32
9,08
—
—
ci»
106,5
30,21
—
—
Pt
99
28,08
27,78
27,98
100^00.
Ooldsah des Aethylenhamstoffa. — Goldchlorid erzeugt
in der concentrirten Lösung des Aethylenharnstoffs einen
bellgelben flockigen Niederschlag, der sich beim Erwärmen
auflöst und beim Erkalten in goldgelben, lebhaft glänzenden
Schuppen krystallisirt. Die Mutterlauge läfst sich auf dem
Wasserbad ohne Zersetzung eindampfen, um eine neue Kry-
stallisation desselben Salzes zu liefern.
0,488 Grm. des bei 100^ getrockneten Goldsalzes gaben 0,1975
Gold.
Diefs entspricht der Formel C^HioN^O^, HCl, AuCIs :
Berechnet Gefunden
Gold 40,58 40,47.
Quecksäberverbindung des Aethylenharnstoffs. — Eine
nicht zu viel freie Säure enthaltende Lösung von Salpeter*
saurem Quecksilberoxyd giebt mit der wässerigen Lösung des
Aethylenharnstoffs selbst bei grofser Verdünnung einen weifsen
352 Volhardy über mehratomige
käsigen Niederschlag. Derselbe sinkt bei mehrtägigem Stehen
in der Flüssigkeit zusammen und läfst dann unter dem Mi-
kroscop krystallinische Beschaffenheit erkennen. Er löst sich
in Säuren auf und wird durch Alkalien wieder gefällt. Aus
der über dem Niederschlag stehenden Flüssigkeit fällen Al-
kalien, so lange noch Aethylenharnstoff im Ueberschufs vor-
handen ist, die weifse Verbindung, wenn durch weiteren
Zusatz von salpetersanrem Quecksilber aller Aethylenharn-
stoff in die Verbindung eingetreten ist, gelbes Quecksilberoxyd.
1. 0,5465 Grm. der bei 100^ getrockneten Quecksilberverbindung
gaben mit Kupferoxyd in einem Strom von Kohlensäure
verbrannt 0,3225 Quecksilber.
2. 0,4347 Grm. gaben 0,2577 Quecksilber.
Diefs entspricht in Procenten : 1) 59,0, 2) 59,2 Quecksilber.
Eine einigermafsen wahrscheinliche Formel kann ich
hieraus nicht ableiten.
Obwohl der Aethylenharnstoff eine weit geringere Ver-
bindungsfähigkeit zeigt als der gewöhnliche Harnstoff, so tritt
doch die Aehnlichkeit der Constitution beider Körper aufs
Schärfste hervor, wenn man die Zersetzungsproducte des
Aethylenharnstoffs mit denen des gewöhnlichen Harnstoffs
vergleichen.
Alle bis jetzt bekannten Glieder der Harnstoffgruppe wer-
den durch Kalihydrat, unter Assimilation der Elemente des
Wassers^ zerlegt in Kohlensäure und Ammoniak, beziehungs-
weise substituirte Ammoniake. Diese Zersetzung ist ein cha-
racteristisches Merkmal der Harnstoffe.
Der Aethylenharnstoff zerfällt unter denselben Umstän-
den in Kohlensäure, Ammoniak und Aethylendiamin.
Wie schon oben bemerkt wird Aethylenharnstoff von
verdünnter Kalilauge selbst beim Kochen nicht verändert.
Dampft man aber die kaiische Lösung desselben bis zum
Schmelzen des Kalihydrats ein, so erhält man ein stark alka*
lisches, heftig nach Ammoniak riechendes Destillat. Mit Salz-
Harnstoffe, 353
säure angesäuert giebt dieses beim Eindampfen einen kry-
stallinischen Salzrückstand, welcher neben den dendritischen
Salmiakgruppen unter dem Hikroscop lange farblose glänzende
Spiefse zeigt. Die concentrirte warme Lösung der erhaltenen
salzsauren Salze wurde mit Goldchlorid versetzt. Sofort
schied sich ein Goldsalz (1) in langen schönen goldgelben
Nadeln aus. Die Mutterlauge desselben wurde mit einer zur
vollständigen Fällung unzureichenden Menge von Platinchlorid
versetzt, von dem entstandenen Niederschlag abfiltrirt und
dann mit Platinchlorid die Fällung vollendet. Diefs letztere
Flatinsalz (2) erwies sich nach dem Umkrystallisiren aus
heifsem Wasser als reiner Platinsalmiak. Obiges Goldsalz
war in kaltem Wasser schwer, leicht in heifsem löslich. Es
liefs sich ohne Zersetzung umkrystallisiren. Seine wässerige Lö*
sung gab auch bei grofser Verdünnung mit Platinchlorid einen
reichlichen Niederschlag, der in kaltem und heifsem Wasser
schwerer löslich ist als Platinsalmiak und unter dem Mikro-
scop in der Form undeutlich ausgebildeter viereckiger Blätt-
chen erscheint. Die Eigenschaften dieses Platinsalzes sowie
des erwähnten Goldsalzes sind die der betreffenden Aethylen-
diaminverbindungen, als welche sie durch, die Goldbestimmung
bestätigt wurden.
(1) 0,6^75 Grm. des bei XOO^ getrockneten Groldsalzes gaben
0,3172 Gold.
Diefs entspricht der Formel des Aethylendiamin-G-oldsalzes :
CgHgNg, (HCl, AuCls),.
Berechnet GeAinden
Gold 53,24 53,22.
(2) 0,1780 Grm. des*bei 100^ getrockneten Platinsalzes gaben Platin
0,078 Grm. = 43,82 pC. Platin. Platinsalmiak enthält
44,29 pC. Platin.
Der Rückstand von der Zersetzung des Aethylenharn-
Stoffs mit Kali ist weifs, vollkommen in Wasser auflöslicti
und entwickelt mit Säuren eine grofse Hien^G von Kohlen*
säure.
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXIX. Bd. 3. Heft. 23
354 Volhardy über mehratomige
Diese Zersetzung des Aethylenharnstofiis drückt sich aus
in der Gleichung :
rU
(coy
(CsH4)"VN4 + 4KH0 = 2K«C08 + 2 HgN + CsHaNg.
He
Der ungemeinen Beständigkeit des AethylenharnstoiTs
gegenüber der Einwirkung von Säuren ist schon früher Er*
wähnung geschehen. Doch wird derselbe bei längerem Ko-
chen mit concentrirter Schwefelsäure langsam zersetzt, und
zwar ganz in derselben Weise, wie durch Kalihydrat.
Salzsaurer Harnstoff, d. h. die durch Behandlung des
AethylenharnstoSs mit trockenem salzsaurem Gas erhaltene
Massfe, in Wasser aufgelöst und zur Trockne verdampft hin*
terläfst salzsäurefreien Aethylenharnstoff. Wird die salzsaure
Verbindung trocken auf 140 bis 150^ erhitzt» so schmilzt sie
und bläht sich auf, unter Entwickelung von salzsaurem Gas.
Der Rückstand löst sich völlig in Wasser und besteht fast
gänzlich aus unverändertem AethylenharnstofT; er enthält nur
unbedeutende Mengen von salzsaurem Aethylendiamin und
Salmiak.
Salpetrige Säure zersetzt die wässerige Lösung des
Aethylenharnstofls unter Entwickelung von Kohlensäure und
Stickgas. Nach der Behandlung mit salpetriger Säure giebt
die Lösung an Aether eine Säure ab, die beim Verdunsten
des Aethers als sauerschmeckender gelber Syrup zurückbleibt.
Ihr Kalksalz ist in Wasser leicht löslich. Es wird aus dieser
Lösung durch Zusatz von Alkohol als amorpher Niederschlag,
durch Einengen in Form kleiner Krystallnädelchen erhallen.
Diese Säure ist höchst wahrscheinlich Glycolsäure. Zur nä*
heren Ermittelung ihrer Natur reichte das Material nicht aus.
Glycolsäure wäre wohl ein secundäres Zersetzungsproduct^
entstanden durch Oxydation des zuerst gebildeten Glycols»
Harnstoffe. 355
Diese Zersetzung könnte nach folgender Gleichang vor sich
gehen :
(C,H,)"
He
N4 + N4O6 = CjHeOg + 2 COg + 2 IIjO + 8 N.
Die oben angeführten Analysen der Platin* und Goldver-
bindungen des Aethylenharnstoffs bestimmen sein Atomgewicht
in der Formel C4H10N4O2.
Wie Aethylendianiin sich mit zwei Aequivalent Salzsäure
oder Schwefelsäure zu neutralen Salzen verbindet, so fes-
selt dasselbe zwei Aequivalent Cyansäure zur Bildung eines
Harnstoffs. Dieser läfst sich betrachten als Zusammenlagerung
von zwei Atomen gewöhnlichen Harnstoffs, bewirkt durch die
bindende Kraft des zweiatomigen Aethylens, welches in jedem
Harnstoffatom ein Atom Wasserstoff vertritt :
Beliachtel man die Harnstoffe als einatomig, so mufs
man jedenfalls den Aelhylenharnstoff für zweiatomig erklären;
wenn man jene aber schon für zweiatomig hält, wird diese
nothwendig vieratomig. Der Aelhylenharnstoff tritt aber in
die Verbindung ein als Aequivalent eines Atoms Ammoniak,
d. h. einatomig.
A^ylirte Äeihylmharnstqffe, — Aethylenbarnstoffe, in
welchen Wasserstoff durch Aethyl ersetzt ist, erhält n^ao in
zweierlei Weise : einn^al durch Verbindung von Aethylen**
diäthyldiamin mit Cyansäure, sodann durch. Vereii^igung von
cyansaurem Aethyl mit Aethylendiamjn.
Die Producte dieser beiden Reactionen sind nicht iden-
tisch, sondern isomer.
Bromwasserstoffsaures Aelhylendiäthyldiamin, das schöne
in perlmutterglänzenden Blättchen krystallisirende Salz, welches
bei der Einwirkung von Brömäthylen auf Aethylamin erhalten
wird, setzt sich in wässeriger Lösung mit cyansaurem Silber
23*
356 Volhard, über mehratomige
augenblicklich in Bromsilber und Aethylendiätfayldiaminharn-
sloff um. Die vom Bromsilber abfittrirte Flüssigkeit zur
Syrupconsistenz gebracht, gesteht beim Erkalten zu einer
Hasse kleiner farbloser prismatischer Krystalle. Werden diese
einmal aus kochendem absolutem Alkohol umkrystallisirt, so
liefern sie den reinen Aethylendiäthyldiaminharnstoff.
0,204 Grm. der bei 100° getrockneten Substanz mit Eupferoxyd
verbrannt gaben 0,354 Grm. Kohlensäure und 0,172 Wasser.
Diese Zahlen entsprechen der Formel des Aethylendiäthyl-
diaminharnstoffs C8H18N4O8 :
Berechnet Gefunden
Cg 96 47,52 47,30
Hl« 18 8,91 9,10
N4 56 27,72 -
0, 32 15,85 —
100,00.
Der cr-AethylendiäthyldiaminharnstoS ist in kaltem Wasser
leicht löslich, in kochendem nach jedem Verhältnifs, sehr
leicht auch in Alkohol, selbst in absolutem. Aus der Lösung
in absolutem Alkohol krystallisirt er durch Abkühlen oder
Verdunsten über Schwefelsäure in durchsichtigen farblosen
platten Nadeln. Aether fällt ihn aus der alkoholischen Lösung
als zartes Pulver. Er ist geruchlos und geschmacklos.
Der a-AethylendiäthyldiaminharnstofF ist weit weniger
constant als der Aethylenharnstoff. Er beginnt zu schmelzen
und zugleich sich zu zersetzen bei 124^; steigert man die
Temperatur, so entwickelt er fortwährend Gasbläschen. Die
bei 164® völlig geschmolzene Hasse erstarrt beim Erkalten
nicht mehr, sondern bleibt syrupförmig. Kochen mit Wasser
oder Abdampfen der wässerigen Lösung verändert denselben
nicht, saure Auflösungen aber zersetzen sich bei längerem
Sieden. Mehrmaliges Abdampfen mit Salzsäure verwandelt
denselben völlig in salzsaures Aethylendiälhyldiamin und
Salmiak.
Harnstoffe. 357
Platinsalz des ÄeOiylendiäihyldiaminharnstoffs. — Setzt
man Platinchlorid zu einer concentrirten wässerigen Lösung
von Aethylendiätbyldiaminharnstoff, so bilden sich nach einigen
Minuten örangegelbe Krystallkörner eines Platinsalzes, welches
in Wasser leicht, in Weingeist schwer löslich ist. Dasselbe
läfst sich aus Wasser nicht ohne Zersetzung unikrystallisiren ;
seine verdünnte Lösung scheidet beim Abdampfen Platin-
salmiak aus.
0,532 Grm. des im luftleeren Räume getrockneten Platinsalzes hin-
terliefsen beim Glühen 0,129 Platin.
Berechnet C8H18N4O8, HCl, PtClg Gefanden
Platin 24,23 24,24.
Goldchlorid fällt aus der concentrirten Lösung des
AethylendiäthyldiaminharnstofTs ein hellgelbes krystalliniliches
Salz, das aber nach wenigen Augenblicken unter Ausscheidung
von metallischem Gold sich harzig zusammenballt. Es konnte
nicht in einem zur Analyse geeigneten Zustande erhalten
werden.
ß -- Diäihyläthylenharnstoff. — Jeder Tropfen cyansaures
Aethyl, den man in Aethylendiamin fallen läfst, verursacht
ein Zischen, wie das Eintauchen eines glühenden Körpers in
Wasser. Unter starker Wärmeentwickelung gestehen beide
Körper zu einer festen weifsen Masse verfilzter Krystall-
nädelchen. Mit leichter Mühe erhält man hieraus durch Um-
krystallisiren aus Wasser oder Weingeist den Dialhyläthylen-^
Harnstoff rein.
0,3055 Grm. der bei 100^ getrockneten Substanz gaben mit Kupfer-
oxyd verbrannt 0,5338 Kohlensäure und 0,2505 Wasser.
Diefs entspricht der Formel des Diäthyläthylenharnstoffs
C8H18N4O2 :
Berechnet
Gefunden
c.
96
47,52
47,65
Hie
18
8,91
9.14
N4
56
27,72
—
0,
32
15,85
—
100,00.
358 Volhardf über mehratomige
Der /9-Diäthylälhylenharnstoff ist leicht löslich in heifsem
Wasser, weniger in kaltem, schwer in Weingeist, fast unlös«
lieh in absolutem Alkohol. Aus Wasser oder Weingefst kry-
stallisirt bildet er weifse verfilzte Krystallnädelchen yom An-
sehen der Benzoesäure, wenn diese aus der Auflösung ihrer
Salz^ durch Säuren gefällt wird; wie bei dieser schwimmt
immer ein grofser Theil der auskrystallisirten Substanz an
der Oberfläche der Flüssigkeit und scheint von der Muttisr-
lauge nicht benetzt zu werden. Der /9-Diäthyläthylenharnstofl* ist
geruchlos und geschmacklos; er schmilzt ohne Zersetzung bei
201®, um bei 185® wieder zu erstarren; bei höherer Tem-
peratur zersetzt er sich unter Schwärzung. Dem Eioflufs der
verschiedenen Reagentien setzt er dieselbe Constanz entgegen,
wie der Aethylenharnstofi'; er läfst sich z. B. aus concentrirter
Salzsäure umkrystallisiren.
Der /^-Diäthyläthylenharnstofi' ist von so ausgesprochen
indifi*erentem Character; dafs es mir nicht gelungen ist, nur
eine einzige Verbindung desselben, nicht einmal mit Platin-
chlorid, darzustellen.
Die angeführten Eigenschaften des /?-Diäthyläthylenharn-
stoflls zeigen deutlich, dafs derselbe von dem zuvor beschrie-
benen Harnstoff verschieden ist. Noch mehr tritt diese Ver-
schiedenheit hervor in den Zersetzungsprodocten der beiden
Körper. Ich habe defshalb die sehr geringe Menge, die mir
von den beiden Verbindungen zu Gebot stand, der Ermittelung
dieser Zersetzungsproducte geopfert.
Beide Harnstofib wurden mit Kalihydrat destillirt, bis das
Schmelzen des Kalihydrats das Ende der Reaction verbürgte.
Die erhaltenen, mit Salzsäure angesäuerten Destillate gaben
beide mit Platinchlorid reichliche Niederschläge, welche in
kaltem und heifsem Wasser sehr schwer löslich waren, sich
aber unter dem Mikroscop als durchaus von einander ver-
schieden erwiesen. Das aus dem Destillat des a-Diäthyl-
Harnstoffe, 359
äthylenharnstoffs gefällte Platinsalz (1) zeigte nach dem Um-
krystallisiren aus heifsem Wasser die schönen Octaeder des
Plaiinsalmiaks, während das aus dem /9-Diäthyläthylenharn-
stolT gewonnene Platinsalz alle Eigenschaften (2) des a-Aethy-
lendiaihinsalzes ^atte.
Die Mutterlauge, aus der sich der Platinsalmiak abge-
schieden hatte, lieferte beim Eindampfen dunkelrothe Nadeln (3),
die in kaltem Wasser schwer, leicht in heifsem löslich waren,
und welche bei genauer Vergleichung als identisch mit dem
aus reinem Aelhylendiäthyldiamin dargestellten Platinsaize
befunden wurden. Auch aus der Hutlerlauge des Aethylen-
diamins schied sich ein weiteres Salz (4) aus, welches in
kaltem und heifsem Wasser leicht löslich war. Die durch-
sichtigen sechsseitigen rhombischen Tafeln, welche dieses Salz
unter dem Mikroscop zeigte, liefsen es fast unnölhig er-
scheinen , dasselbe durch die Analyse als Aethylaminplatin-
Chlorid zu bestätigen.
Sämmtliche Salze wurden vor der Platinbestimmung aus
heifsem Wasser umkrystallisirt und erwiesen sich bei sorg-
fältiger Prüfung unter dem Mikroscop als vollständig homogen.
(1) 0,8044 Grm. des bei 100^ getrockneten Salzes hinterliefsen beim
Olühen 0,35'48 Platin.
Platinsalmiak, NHs, HCl, PtCl« :
Berechnet Gefunden
Platin in 100 Thln. 44,29 44,10.
(2) 0,3696 Grm. gaben 0,1536 Platin.
Salzs. Aethylendiaminplatinchlorid O2H8N3, (HCl, PtClg)s :
Berechnet Gefunden
Platin in 100 Thln. 41,86 41,55.
(3) 0,8338 Grm. gaben 0,3100 Platin.
Salzs. Aethylendiäthyldiaminplatincblorid CeHi6Ns,(HCl,PtCl3)s :
Berechnet Gefanden
Platin in 100 Thln. 37,43 37,17.
(4) 0,3976 Grm. gaben 0,1560 Platin.
Salzs. Aethylaminplatinchlorid C4H7N, HCl, PtCl^ :
360 Volhard, über mehratomige
Berechnet Grefanden
Platin in 100 Thln. 39,36 39,23.
Der Harnstoff, welcher entstanden ist durch Vereinigung
von Äethylendiäthyldiamin \xnA Cyanmure, wird durch Kali-
hydrat zersetzt in Kohlensäure, Ammoniak und Aethylendi^
äthyldiamin; die isomere, aus cyansaurem Aethyl und Aethylen-
diamin gebildete Verbindung zerfällt unter denselben Um-
ständen in Kohlensäure, Aethylamin und Aethylendiamin :
C8H18N4O2 -f 4KH0 = 2K8COs + 2 HgN -j- CeHieNj
CgHigN^Og + 4KH0 = 2K2CO3 + 2CgH7N+ CgHgNg.
Diese Zersetzungen sind so präcis, dafs in dem ersten
' Fall keine Spur von Aethylendiamin , im zweiten kein Am-
moniak wahrgenommen wurde.
Die angeführten Thatsachen beweisen, dafs durch die
Vereinigung der zwei Atomgruppen, aus denen der Aethylen-
harnstoff entsteht, die innige Verbindung der Elemente einer
jeden Gruppe unter sich nicht aufgehoben wird, dafs viel-
mehr auch in der gebildeten Verbindung die Elemente in
zwei bestimmt verschiedenen Gruppen enthalten sind.
Die Aelhylenharnstoffe zeigen in ihrem Verhalten eine
so grofse Aehnlichkeit mit den bisher bekannten Harnstoffen,
dafs die Vermuthung nahe lag, es möchten manche dieser
letzteren, die gleiche Zusammensetzung haben und bisher für
identisch gehalten wurden, bei näherer Untersuchung Verhält-
nisse von Isomerie erkennen lassen, wie sie im Obigen nach-
gewiesen sind.
In der That ist der Diäthylharnstoff, welcher durch Ein-
wirkung von cyansaurem Aethyl auf Aethylamin oder Wasser
entsteht, durchaus verschieden von dem gleich zusammen-
gesetzten Diäthylharnstoff, der sich aus Cyansäure und Diäthyl-
amin bildet. Während der erstere durch Alkalien in Kohlen-
säure und Aethylamin zerfällt, spaltet sich der letztere in
Kohlensäure, Ammoniak und Diäthylamin.
Harnstoffe. 361
Selbst die in analoger Weise entstandenen beiden Aethyl-
harnstoffe bieten einige Unterschiede in ihren physikalischen
Eigenschaften, obwohl sie unter dem Einflufs zersetzender
Agentien gleiche Producte liefern. Ich werde in einer spä-
teren Mittheilung auf diese Verhältnisse, deren nähere Unter-
suchung mich soeben beschäftigt, zurückkommen.
Vorstehende Arbeit wurde im Laboratorium des Herrn
Dr. A. W. Hofmann zu London ausgeführt.
lieber das neutrale Chininsulfat;
von J. Jobst und 0. Hesse.
Nach Baup enthält das neutrale schwefelsaure Chinin
20 At. Krystallwasser 9 wovon bis zum Schmelzen der Sub-
stanz nur 16 Aeq. oder 15,25 pC. entweichen , während
Regnaul t nachwies, dafs es nur 14 Aeq. Wasser enthalte
und dasselbe bei 120^ vollständig verliere. Regnauit's
Formel fordert 14,45 pC. Wasser ; indefs fanden wir in einem
schon schwach verwitterten Präparat 14,6 pC, woraus wir
folgerten, dafs das in Rede stehende Salz mehr Krystallwasser
enthalten müsse, was dann durch alle Versuche , sobald man
gewisse Bedingungen einhielt, bestätigt wurde.
Wir verwendeten zur Analyse an der Luft bei 8 bis
15^ C. getrocknetes Salz, sowie Substanz, welche wir bei
derselben Temperatur über verdünnter Schwefelsäure, beste-
hend aus 1 Vol. Säurehydrat und 3,2 bis 3,5 Vol. Wasser,
trockneten. Wurde eine Schwefelsäure angewendet, welche
auf 1 Vol. Säure 2 Vol. Wasser enthielt, so verwitterte das
Salz, während es über der ersteren Säure nur anhängendes
362 Johat u. Hesse j über das
Wasser verlor. Lufttrockenes Salz verlor über verdünnler
Schwefelsäure (1 : 3,2 bis 3,5), wie zu erwarten stand,
nichts oder nur Bruchtheile eines Miliigrammes von seinem
Gewicht, obgleich aus feuchtem Chminsalz unter denselben
Umständen leicht 30 und noch mehr Procenle Wasser in
wenigen Stunden verschwanden.
Endlich wurde das Salz zur Bestimmung des Krystall-
wassers bei HO bis 120^ getrocknet, bei welcher Temperatur
es alles Wasser verliert.
I. Handelswaare, sehr 8oh5n : 0,3835 Grm. gaben 0,0580 Grm. HO.
II. Handelswaare, von einer anderen Bereitung, über verdünnter
Schwefelsäure getrocknet : 0,768 Grm. gaben 0,118 Grm. HO.
III. Handelswaare , von einer dritten Bereitutig : 0,4965 Grm. gaben
0,0765 Grm. HO.
IV. Handelswaare, von einer vierten Bereitung, über verdünnter
Sc]|wefelsäure getrocknet : 0,641 Grm. gaben 0,0995 Grm,
HO und 0,171 Grm. SgBagOg.
V. Handelswaare , einmal aus Wasser umkrystalllsirt und über
verdünnter Schwefelsäure getrocknet : 0,668 Grm. gaben
0,103 Grm. HO.
VI. Handelswaare, u. s. w. , lufttrocken ; 0,795 Grm. gaben 0,1225
Grm. HO.
VII. Sulfat aus verdünnter Lösung in Folge 'einer fremden Substans
in Formen krystallisirt, welche gewöhnlich bei der Kr/stall i-
sation des Salzes nicht zu beobachten sind; über verdünnter
Schwefelsäure getrocknet : 0,752 Grm. gaben 0,116 Grm. HO.
*
VIII. Viermal aus Wasser umkrystallisirt , lufttrocken : 0,294 GTm.
gaben 0,045 Grm. HO.
IX. Fünfmal aus Wasser umkrystaUisirt, lufttrocken : 0,6665 Grm.
gaben 0,1015 Grm. HO.
X. Bei der Analyse einer Rinde erhalten , Itffttrocken : 0,3725 Grm.
gaben 0,0575 Grm. HO und 0,0985 Grm« S^Ba^Og.
XI. Desgleichren : 0,3500 Grm. gaben 0,0540 Grm. HO.
XIL Aus Rohchinin in kleinerem Mafsstabe dargestellt, über ver-
dünnter Schwefelsäure getrocknet : 1,724 Grm. gaben 0,2695
Grm. HO.
XIU. Aus anderer Quelle stammend* es wurde, da mehrere Krystalle
verwittert waren, aus Wasser umkrystallisirt und über ver-
neutrale Chininmlfat, 363
dünnter Scbwefelsttare getrocknet : 0,668 Grm. gaben 0,1025
Grm. HO.
Chinin, welches in seinor schwefelsBureo Lösung mit
zwei Aequivalenten Chlor behandelt, nach der erfolgten Ab*
Sorption mit NHs gefällt, und, da es sich chlorfrei und un-
verändert erwies, in das neutrale Sulfat übergeführt wurde.
Die Analysen desselben führten zu folgenden Zahlen :
XIY. Einmal aus Wasser umkrystallisirt , lufttrocken : 0,648 Grm.
gaben 0,1000 Grm. HO and 0,172 Grm. SgBagOs.
XV. Zweimal aus Wasser umkrystallisirt, lufttrocken : 1,4095 Grm.
Heferten 0,2145 Grm. HO.
XVI. Desglelcben, über verdünnter Schwefelsäure getrocknet : 0,4310
Grm. gaben 0,0655 Grm. HO.
Diese Zahlen führen unzweifelhaft nur zu der einen For-
mel : 2 C4oH,4N204, SjHjjOs + 15 HO , welche verlangt :
gefunden
J. II. III. IV. V. VI. VII. VlII. IX.
15HOl5,32pO. 15,12 15,36 15,41 15,52 15,41 15,40 15,42 15,30 15,22
X. XI. Xll. Xin. XrV. XV. XVI. Mittel
15,48 16,42 15,63 15,49 15,43 15,21 15,19 15,37 pC.
IV. X. XIV. Mittel
SjOe 9,08 pC. 9,15 9,07 .9,10 9,11 pC.
lieber concentrirter Schwefelsäure verliert das Sulfat
sehr leicht einen Theil seines Krystallwassers und entspricht
dann der Formel 2C40H24N2O4, SsjH208 + 4H0, wie aus fol-
genden Bestimmungen hervorgeht :
I. 1,138 Grm. gaben bei 120« 0,053 Grm. HO.
IL 0,733 „ „ » n 0,028 „ „
Theorie Versuch I. II.
4 HO 4,60 pC. 4,65 4,63 pC.
Baup fand ber<3its, dafs das Chininsulfat an trockener
Luft 11J5 pC. Wasser verliere, welche. Zahl indefs nicht
12 Aeq., wie Gerhardt in seinem Traile de chimie angiebt»
sondern il Aeq. HO entspricht. Das bei 120^ getrocknete
Salz wandelt^ sich andererseits an feuchter Luft in die be-
ständigste Verbindung 2 C4oH24Nj,04, SjiHsOs + 4H0 um;
364 Job st u, Hesse f über das
denn 0,616 Grm. wasserfreier Verbindung nahmen im Laufe
weniger Stunden an feuchter Luft 0,031 Grm. = 5,03 pC,
ferner 0,406 Grm. Substanz 0,021 Grm. = 5,17 pC. Wasser
auf, während für 4 HO 4,82 pC. verlangt werden.
Wie rapide diese Wasseraufnahme stattfindet, zeigt fol-
gender Fall :
0,5645 Gim. bei 120** getrocknetes Sulfat wurden in den Kasten
unserer feinen Wage gestellt; nach zwei Stunden hatte sich
das Gewicht um 0,0265 Grm., nach drei Stunden um 0,0275
Grm. vermehrt und blieb yon nun an constant. Es hatte
somit eine Wasseraufnahme von 4,87 pG. (berechnet 4,82 pG.)
stattgefunden.
Die dem Cinchoninsulfat entsprechende Chininverbindung
erhält man schliefslich , wenn man das gewässerte Salz aus
Alkohol vom spec. Gew. 0,852 umkrystallisirt , wobei jedoch
auf 40 Theile Alkohol nicht mehr als 1 Theil Chininsalz ge-
nommen werden darf. Beim Erkalten der Lösung scheidet
sich die Verbindung 2 C40H84N2O4, SsH^Os + 4 HO in hüb-
schen weifsen Nadeln aus, welche dem gewöhnlichen Chinin-
sulfat im Aeufseren gleichen.
Die Substanz wurde vor der Analyse über verdünnter
Schwefelsäure getrocknet.
I. 0,782 Grm. gaben bei 120^ 0,0325 Grm. HO.
II. 0,407 „ „ „ „ 0,0190 „ „
III. 0,429 „ „ « „ 0,0210 „ „
Theorie Versuch I. II. III.
4 HO 4,60 pC. 4,66 4,66 5,12 pC.
Wir haben ferner die Löslichkeit des Chininsulfates in
kaltem Wasser bestimmt, weil die betreffenden Angaben von
Baup einerseits und Guibourt und Bussy andererseits
merklich abweichen. Chininsulfat (^nach Analyse VIII} wurde
•
in kochendem Wasser gelöst, die Lösung bei 6^ krystallisiren
gelassen und die Krystalle -abfiltrirt. Das Filtrat gab bei
Ifingerem Stehen, während dem es mehrfach umgeschüttelt
wurde, keine Krystalle mehr, war demnach nicht übersättigt;
neutrale ChininsuIfaL 365
474 Grm. desselben lieferten 0,0685 Grm. Baryumsulfat, ent-
sprechend 0,2 19i Grm. 2 C40II24N8O4, SsHgOs. Die bei diesem
Versuche erhaltenen Krystalle (Analyse IX} wurden längere
Zeit mit Wasser von 9^5 C. geschüttelt, schliefslich 48,72
Grm. Lösung zur Trockne verdampft, welche 0,0617 Grm.
trockenes Sulfat lieferten. Nach dem ersten Versuch lösen
793 Thie. Wasser von 6^ nach dem zweiten 788 Thle. Wasser von
9^5 einen Theil Sulfat: 2C40H84N8O4, S2H8O8, während sich das-
selbe nach Baup in 740 Thin. Wasser vonl3^9 nachGuibourt
und Bus^y in nur 265Thln. kalten Wassers lösen soll.
In Alkohol ist das Chininsulfat bedeutend schwerer lös-
lich, als man bisher gefunden hat. Unsere Versuche führten
jedoch zu keiner sicheren Zahl, da in dem Hafse, als man
Chininsulfat zur Auflösung bringt , eine Veränderung im Was-
sergehalte des Alkohols stattfindet. Man kann annehmen,
dafs 100 bis 115 Theile Alkohol von 0,852 spec. Gew. einen
Theil 2 C40H84N8O4, S2HSO8 lösen.
Das schwefelsaure Chinin enthält, wie Batka gefunden
haben will, immer etwas Zucker, welcher durch die Fabri-
kation hineinkommen soll. Wir sind weit entfernt, diese
Angabe noch besonders zu widerlegen , da sie mit der Lös-
lichkeitsdifferenz des neutralen schwefelsauren Chinins und
des Traubenzuckers in Wasser und dem Verhalten des Trau-
benzuckers zu Kalk bei Gegenwart von Wasser und Luft
schon genügend widerlegt ist.
Ueber Ceratophyllin ;
von 0. Hesse.
Die Eigenschaften des Physodins machen es wahrschein-
lich, dafs sich dieser Stoff den Farbestoff liefernden Flech-
366 Be,sse^ über Ceratophi/Uin.
tensubstanzen anschliefst. Um mich mit den Eigenschaften
dieses Körpers vertraut za machen, versuchte ich es, den-
selben mittelst Kalk aus der Parmelia ceratophylla van phy-
sodes (auch Parm. physodes genannt) darzustellen,, erhielt
aber eine neue Substanz, welche ich Cerat^phyllin nenne»
Als circa 3 Pfund der erwähnten Flechte mit verdünnter
Kalkmilch angerührt wurden, zeigte es sich, dafs die erhaltene
gelbliche Lösung mit Salzsäure keinen Niederschlag gab.
Wurde hingegen die Flechte vor der Extractian mit kaltem
Wasser abgewaschen, hierauf zur Extraction klctres Kalk-
wasser verwendet, so erhielt man eine schwach gelbliche
Lösung, welche mit Säuren einen erheblichen Niederschlag
lieferte, namentlich wenn die Flechte von stämmigen Birken
(Betnla alba) stammte und die Maceration nieht über 15 Stun-
den dauerte. Der durch Salzsäure in der alkalischen Flüs-^
sigkeit bewirkte flockige gelblichgraue Niederschlag wurde
zur Entfernung der überschüssig zugesetzten Säure mehrmals
mit kaltem Wasser decantirt, dann gesammelt , an der Luft
getrocknet und schliefslich durch Behandlung mit kophendem
75procentigem Alkohol von unkrystallinischen Substanzen
befreit. Als Rückstand blieb eine dunkelgrüne , elastisch^
weiche Masse*, welche sowohl Physodin als auch Usninsäure
enthalten konnte. Um diese beiden Substanzen abzuscheiden,
kochte man die Masse mit concentrirter wässeriger Soda«*
lösung auf, wodurch man eine dunkelbraune Flüssigkeit er-
hielt, welche beim Erkalten keine der genannten Flechten-
stofl'e (oderNatriumverbindungen derselben) abschied, sondern
das Ceratophyllin. Man trennte es durch Filtration von der
Mutterlauge und reinigte es durch Uinkryslallisiren aus
kochendem verdünntem Alkohol und Behandlung mit Thier-
kohle.
Das in weifsen dünnen Prismen krystallisirende Cerato-
phyllin ist in heifsem Wasser viel leichter löslich, ajs in kaltem,
Hesse, über Ceratophyllvn. 367
leicht löslich in Alkohol, Aether, Kalilauge, wässerigem Am-
moniak und Kalkwasser. Die alkoholische neutral reagirende
Lösung giebt mit wenig Eisenchlorid eine purpurviolette
Färbung, mit Chlorkalklösung eine blutrothe Färbung, welch'
letztere durch einen üeberschufs von Chlorkalklösung wieder
verschwindet, ferner mit alkoholischer Bleizucker- und Silber-
nitratlösung keine Niederschläge. Aus der ammoniakalischen
Ceratophyllinlösung wird die organische Substanz durch Salz-
säure in dünnen Prismen abgeschieden. In verdünnter Sal-
petersäure löst sich das Ceratophyllin ebenfalls ; beim Erwär-
men färbt sich die Lösung nicht erheblich gelb. Concentrirte
Schwefelsäure löst es leicht und ohne Veränderung, wirkt
aber beim gelinden Erwärmen verkohlend auf die Substanz.
Die Krystalle verursachen anfänglich auf der Zunge einen
schwachen kratzenden Geschmack, . der bald und ziemlich
stark im Schlünde bemerkbar wird; später entsteht auf der
Zunge ein länger anhaltendes Brennen.
Es schmilzt bei 147^ zu einer farblosen Flüssigkeit und
erstarrt zwischen 136 und 138^ krystallinisch. Bereits bei
der Schmelztemperatur beginnt das Ceratophyllin zu sublimiren,
sublimirt sehr leicht und unverändert in farblosen äufserst
dünnen Blättchen,, wenn es darüber hinaus erhitzt wird.
Wie man sieht, nähert sich das Ceratophyllin sehr dem
Orsellinsäureäther, doch besitzt es einen um 15® höher ge-
legenen Schmelzpunkt, welche Differenz nicht durch eine
Zufälligkeit bedingt sein kann, besonders da ich die wirk--
liehen Temperaturen zu ermitteln pflege. Yermuthlich unter-
scheidet sich das Ceratophyllin vom orsellinsauren Aethyl
CsqHisOs um n CaH«.
368 . Hesse, zur Oeschichte
Zur Geschichte des Pyrrolrothes ;
von Demselben.
Das Pyrrol ist besonders daran erkenntlich, dafs es sich
mit Säuren zersetzt und einen leicht erkennbaren Körper, das
Pyrrolroth, liefert. Diese letztere Substanz habe ich vor län-
gerer Zeit bei der Untersuchung der Fäulnirsproducte von
Bierhefe erhalten, im Band LXX, S. 44 des Journ. f. pract.
Chemie beschrieben, seine Bildung aber aus dem Grunde nicht
zu deuten gewufst, da mir ein Gemenge von flüchtigen Basen
vorlag.
Aus Bierhefe bilden sich überhaupt bei der Fäulnirs Ty-
rosin, Pseudoleucin (Leucin nach Alex. Müller), Leucin-
säurenitril, ein Stofl^, welcher aus alkoholischer Lösung sich
als sandiges Pulver ausscheidet, ein anderer Körper, aus Al-
kohol in Rhomboedern '^) krystallisirend, Ammoniak, Amyl-
amin, Trimethylamin , Spuren von Aethyl- und Caproylamin,
Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Caprylsäure, Milch-
säure und Spuren von einigen anderen Säuren der Reihe
CnHnOi. Die Zahl der Fäulnifsproducte ist damit noch keines-
wegs abgeschlossen ; denn wenn man die Hefenrückstände,
aus denen die meisten vorgenannten Stoffe abgeschieden wor-
den sind, der trockenen Destillation unterwirft, so erhält man
aufser Amylamin viel Ammoniak und eine Substanz , welche
beim Behandeln ihrer erhitzten Lösung mit Salzsäure sogleich
eine dichte rothe amorphe Masse liefert. Die Quantität der
letzteren, welche nichts anderes als Pyrrolroth ist, ist so be-
deutend , dafs nicht der Einwand gerechtfertigt erscheint,
das Pyrrol habe sich bei der Zersetzung von Infusorien-
cadavern gebildet. .
*) nicht Rhombendodecagder.
des Pyrrolrothea. 369
Die Substanz wurde abfiltrirt^ gut ausgewaschen, im Vacuo
getrocknet, wonach sie eine glänzende schwarze Masse dar-
stellte, welche beim Zerreiben ein kaffeebraunes Pulver lieferte,
wenig löslich in Wasser, Aether, Säuren und Ammoniak,
leicht löslich in Alkohol. Sie enthielt etwas Schwefel, doch
ist es wahrscheinlich, dafs dieser nur mechanisch beigemengt
war, da sich bei der Destillation nothwendig Schwefelwasser-
stoffverbindungen bilden und bei der Zersetzung mit Säuren
namentlich bei Zutritt der Luft zur Abscheidung von Schwefel
Veranlassung geben mufsten.
Die schliefslich bei 110^ getrocknete Substanz lieferte
bei der Analyse Zahlen, welche nicht besser mit denen An-
derson's stimmen, als die Schwanert's :
Hesse
Anderson
Schwanert
1856
1858 _
1860
c
66,6
71,62
71,77 72,46
72,20
69,24 62,4
H
7,1
7.29
6,70 6,66
^6,87
6,94 4,7
N
8,8
13,14
14,05 —
—
11,39 —
Stuttgart, Mitte April 1861.
Untersuchungen über die Milchsäure ;
von A. Wurtz und C. jFWede/*).
Die Bildihig der Milchsäure durch directe Oxydation des
Propylglycols leitete zu der Ansicht, man könne in dieser
Säure die Existenz eines zweiatomigen Radicals, des Lactyls
(GsHiO}", annehmen, welches sich von dem Propylen (GsHe)"
in derselben Weise ableite , wie das Acetyl sich von dem
*) Compt. rend. LH, 1067.
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXIX. Bd. 3. Heit. 24
370 Wurtz w. Priedel, Üniersuchunffen
Aethyl ableitet. Demgemüfs betrachtete man die Milchsäure
selbst als eine zweiatomige Säure von der Form ^-^^^^^J jOj.
Die hier mitzutheiienden Untersuchungen dienen dieser Be-
trachtungsweise zu neuer Stütze. Sie leiteten zu der Ent-
deckung neuer Eigenschaften des Lactyls , welche sehr be-
merkenswerth und denen der anderen zweiatomigen Radicale
entsprechend sind.
Aether der Mächsäure. — Der Eine von uns bat früher
den Milchsäureäther mit 2 At. Aethyl rf *H*y '^' |^« ^^^ ^'®
Aethylmilchsäure C^sHiG)"}©» beschrieben, welche letztere
H S
sich bildet, wenn die erstere Aelherart mittelst Aetzkali zer-
setzt wird. Es existirt jedoch noch ein anderer neutraler
Milchsäureäther, welcher von Strecker entdeckt worden
ist. Dieser Chemiker erhielt die fragliche Verbindung durch
Destillation des milchsauren Kalks mit ätherschwefelsaurem
Kali, und er drückte die Zusammensetzung derselben aus durch
die Formel €6Hxo(€8H5)s06i welche man auch schreiben kann
H /
C€,H6)' \
Wir haben uns davon überzeugt, dafs diese Verbindung
sich mit der gröfsten Leichtigkeit bildet, wenn man Milch-
säure mit Alkohol in zugeschmolzenen Röhren auf 170^ er-
hitzt. Man unterwirft das Product der fractronirten Destillation
und fangt das zwischen 150 und 160® Uebergehende be-
sonders auf. Man erhält auf diese Art den Milchsäureäther
mit i At. Aethyl als eine bei 753"^ Barometerstand bei 156<>
siedende neutrale Flüssigkeit vom spec. Gewicht 1,0542 bdi
0^ deren Dampfdichte = 4,1494 gefunden wurde, während
sie sich zu 4,07 berechnet. Wasser löst diese Aetherart
über die Milchsäure. 371
nach jedem Yerhältnifs, zersetzt sie aber schon in der Kälte,
wie Strecker bereits angegeben hat, zu Milchsäure und
Alkohol.
Kalium löst sich in dem Hilchsäureälher mit i At. Aethyl
unter Entwickelung von Wasserstoff und Bildung der Verbin-
^ }
düng (Gs^iQy'\(Sy die mit <iem äthylmilchsauren Kali isomer
ist. Behandelt man diese Verbindung in alkoholischer Lösung
mit Jodäthyl, so bilden sich Jodkalium und Hiichsäureäther
mit 2 At. Aethyl (G3H40)"v02. Man welfs andererseits, dafs
eWm u 1 1 e r 0 w gelungen ist , durch ein ähnliches Verfahren
das äthylmilchsaure Silber zu Hiichsäureäther mit 2 At. Aethyl
umzuwandeln. Diese Versuche lassen die Beziehungen klar
hervortreten , welche zwischen den verschiedenen Aethern
der Milchsäure, die in einander umgewandelt werden können,
bestehen. Zwei unter ihnen , die Aethylmi|chsäure und der
Milchsäureäther mit 1 At. Aethyl, bieten eines der sonder-
barsten Beispiele von Isomerie. Sie werden von derselben
Säure gebildet; sie enthalten beide 1 At. Aethyl, und doch
ist die eine dieser beiden Substanzen eine starke Säure, die
andere eine vollkommen neutrale Verbindung. Doch gehört
dieser Fall von Isomerie nicht zu denen, welche sich jeder
rationellen Deutung entziehen. Um sich über diesen Fall
Rechenschaft zu geben, braucht man sich nur zu erinnern,
welche verschiedene Rolle die zwei ersetzbaren Wasserstoff-
atome in dem Molecul der Milchsäure spielen. Das eine
derselben ist stark basisch, d. h. es kann leicht ersetzt wer-
den durch ein Metall oder durch eine solche Atomgruppe
wie das Aethyl , und in beiden Fällen erhält man eine neu-
trale milchsaure Verbindung, ein Salz oder einen Aether
der Milchsäure. Das andere Wasserstoffatom kann leicht
372
Wurtz u. Friedel, Untersuchungen
durch sauerstoffhaltige Atomgruppen, z. B. die Radicale der
einbasischen Säuren^ ersetzt werden ; so z. B. in der Benzo-
milchsHure und Bultermilchsäure ; ersetzt man dieses Wasser-
stoffatom durch eine indifferente Atomgruppe, wie das Aethyl,
so mufs man eine Säure erhalten, da man das basische Atom
unberührt gelassen hat. Die folgenden Formeln*) zeigen,
welche Beziehungen zwischen diesen beiden Reihen von
Milchsäure -Verbindungen bestehen :
Milchsäure
H
H
Milchs.
KaU
Milchs. Aethyl
mit 1 At Aethyl
Milchs. Aethyl-
KaH
H
K
H
K
y}
H
(€,H40)
H
Butter-^
milchsäi^p
Aethyl-
milohsäure
(elw U Aethykülcbs.
Milchs. Aethyl
mit 2 At. Aethyl.
Lactäth/lamid GsHuNOs. — Dieselben Beziehungen der
Isomerie finden sich wieder bei den zwei Amiden der Milch-
säure, dem Aethyl -Laclamid oder Lactamethan, welches der
Eine von uns früher beschrieben hat, und einem neuen Amid,
welches wir durch Behandlung von Pelouze's Lactid mit
Aethylamin erhalten haben. Diese beiden Körper' verbinden
*) Wii wollen hier daran erinnern , dafs wir dorch diese Formeln
nicht die wahre Lagerung der Atome in dem Molecul veran-
schaulichen wollen, sondern nur die Verwandtschafrsbeziehungen,
die Bildungsweise und gewisse Eigenschaften der fraglichen Sub-
stanzen.
iAer die Milchsäure. 373
«ich oiiter Wäroieentwickelung and ohne Elimination von
Wasser, und es entsteht einp feste krystallinischey bei 48^
schmelzende, bei 260^ ohne Zersetzung destillirende Substanz.
Der auf diese Art erhaltene, von uns als Lactäthylamid be-
zeichnete Körper wird durch Kali zu Milchsäure und Aethyl-
amin gespalten, während das mit ihm isomere Aelhyi-Lac-
tamid durch Kali zu Ammoniak und Aethylmilchsäure gespalten
wird. Die Formeln :
(GjHbV )
hI^ Oder (o^H^Oy'i'
H p
geben Rechenschaft über das Verhalten des neuen Amids.
Polt/lactyl^ Verbmdunffen. — Das Lactyl besitzt , wie
andere mehratomige Badicale, die Eigenschaft, in mehrfacher
Anzahl in ein Holecui einzutreten und auf diese Art Verbin-
dungen zu bilden, welche auf condensirtere Typen zu be-
ziehen sind. Wir wollen hier einige dieser Verbindungen
beschreiben.
Düactyl'Äeiker. — Diese Verbindungen enthalten 2At.
Lactyl. Die eine derselben , der Dilactyl - Aether mit 1 At.
Aethyl, entsteht bei der Einwirkung des Chlormilchsäure-
äthers auf milchsaures Kali in alkoholischer Lösung. Man
erhitzt das Gemische in zugeschmolzenen Röhren auf 100^;
es bildet sich Chlorkalium und ein DilactyN Aether entspre-
chend der Gleichung :
Chlormilchsäure- Milch«. Dilactyl-
äther Kali Aether.
Der Dilactyl -Aether mit lAt. Aethyl wird durch Wasser
von dem Alkohol, welcher ihn gelöst hält, abgeschieden und
durch Destillation gereinigt; er ist eine farblose ölige Pitts-
374 Wurtz u. Fr i edel, Untersuchungen
sigkeil von 1,134 spec. Gewicht bei 0^; er siedet gegen 235^.
Durch Kali wird er zu Hiichsäyre und Alkohol zersetzt.
Der Dilactyl-Aether mit 2 At. Aelhyl ^%S'ji^«
wird sich leicht durch die Einwirkung des Cblormilchsäure-
äthers auf das äthyhnilcbsaure Kali erhalten lassen. Diese Ver-
bindungen stellen sich als dieAethervon Pelouze's wasser«^
freier Milchsäure dar, welche man als 2 At, Lacty) enthaltend»
entsprechend der Formel fG3H40y'f08, befrachten kann. Wir
Ha \
sind geneigt zu glauben, dafs es entsprechende milchsaure
Salze giebt, denn wir haben gefunden, dafs der vollkommen
getrocknete milchsaure Kalk bei dem Brhitzen auf 250 bis
270^ Wasser verliert, und zu einer Dilacty4« Verbindung
(^»P*^^"*t08 wird, gemäfs der Gleichung :
Ca^
2
HCa 1^« = ^»^ + («8H40)-[O8.
In Berührung mit Wasser wird diese Dilactyl- Verbindung
wieder zu gewöhnlichem milchs. Kalk.
Trüactyl" Aeiher. — Diese Verbindung entsteht durch
directe Vereinigung des Lactids mit Mil<ihsäure - Aether :
Lactid Milchsäure- Trilactyl-
Aether Aether.
^4.
Man erhitzt beide Substanzen in Glasröhren eingeschmol-
zen während einiger Tage auf 140^ und unterwirft das Pro-
duct der fractionirten Destillation. Der Trilactyl-Aether geht
oberhalb 250^ über. Er ist eine farblose, sehr dicke, gegen
270^ siedende Flüssigkeit; durch Kali wird er zu Alkohol und
Milchsäure zersetzt.
über cUe Aßlchsäure. 875
Bemsteinmüchsäureäther. — Diese Verbindung ist eine
gemischte, zwei verschiedene zweiatomige Radicale entbal-
lende Aetherart. Sie entsteht bei der Einwirkung des Chlor-
milchsäureäthers auf eine alkoholische Lösung von äthylbern-
steinsaurem Kali. Erhitzt man das Gemische auf 140®, so
bilden sich Chlorkalium und Bernsteinmilchsäureäther mit 2 At.
Aethyl, entsprechend der Gleichung :
Cl K j (€A)'J
Cblormilch säure- Aethylbemsteins. Berüsteinmilch-
äther. Kidi sänreäther.
Der Bernsteinmilchsäureäther siedet bei 280®. Er ist un*
löslich in Wasser. Sein spec. Gewicht ist = 1,119 bei 0®.
Durch Kali wird er zu Alkohol, Milchsäure und Bernstein-
säure gespalten.
Verhallen des Braunsteins zum salpetersauren Natron.
Durch Glühen von Braunstein mit salpetersaurem Natron
ohne Luftzutritt entsteht keine Spar mangansaures Natron;
dasselbe kann auf diese Weise nicht dargestellt werden.
Der Grund davon ist offenbar, dafs das salpetersaure Natron
zu leicht zersetzt wird und schon zersetzt ist, bevor noch
der zur Bildung der Mangansäure erforderliche Temperatur-
grad erreicht ist. Die Zersetzung ist so vollständig, dafs
man dieses Verhalten zur Bereitung von reinem Natronhydrat
anwenden kann.
W.
376
Vorläufige Mitlheilung über die Zusammensetzung
des myronsauren Kalfs.
Nach einer Untersuchung , welche von mir und Dr.
Körner schon vor der Veröffentlichung der Angaben von
H. Ludwig und W. G. Lange*) begonnen war, wird die
Zusammensetzung des myronsauren Kaii's durch die Formel
^loHigKMSaOio ausgedrückt. Es enthält die Elemente des
Senföls, ^iHöN&y des Zuckers, GeHaOe und des sauren
schwefelsauren Kaii's, &04HK.
*) Zeitschr. Chem. Pharm. 1860, 430, 677.
E. wai
Berichtigungen^
Seite 30 dieses Bandes, Zeile 18 von oben liefs dei statt das.
9 30» ri »Idffff D Kreatin statt Kreatinin.
„36» n n '^ n n n alkoholischen statt alka-
lischen.
«38» „ „8,)n » und statt um.
ff 45« ff »5ffff„ wird statt würde.
Ausgegeben den 24. August 1861.
Druck Ton Wilhelm Keller in Giefsen.
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^srxA/nvBLCjtjt/ (L^^. fTjSdJStcy^
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376
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ANNALEN
DER
CHEMIE
'UND
PHAKMACIE.
HERAUSGEGEBEN
VON
FRIEDRIGH WOflDLER, JÜSTÜS LIEBIG
m mmm kopp.
BAND CXX.
LEIPZIG UND HEIDELBERG.
C. F. WUMTJflB'aOmB VBBI>A.Q6HAjn>IiX7Na.
I86L
<
i
ANNALEN
DER
CHEMIE
UND
PHARMACIE.
HERAUSGEGEBEN
VON
FRIEDRICH WOHLER, MW LIEBIG
UND HERNANN KOPP.
NEUE REIHE. BAND XLIV.
LEIPZIG UND HEIDELBERG.
C. V. WINTEB'SOHB VÜItliAaSHANDIjUNO.
18 61.
1
Inhaltsanzeige des CXX. Bandes.
ErstesHeft.
Seite
Ueber die Oxydationspro ducte der Indigblan - Schwefelsäure ; yon
Gustav und Adolph Schlieper 1
Untersuchung über das Cjansulfid; von £. Linnemann . . . 36
Ueber die Verbindungen des Zinnoxyduls mit Zinnsäure und An-
timönsfture; Yon Hugo Schiff 47
Mittheilungen aus dem Laboratorium des Privatdocenten L. Carius
in Heidelberg :
8. Ueber die Doppelsulfide der Alkoholradicale und deren
Verbindungen mit Jodiden; von E. Linnemann
aus Frankfurt 61
9. Ueber das Vorkommen des Metastyrols ; von A. K o-
valevsky 66
10. Ueber eine neue Wasserstoffrerbindung des Eisens ;
von J. A. Wanklyn und L. Carius ..... 69
Mittheilungen aus dem Universitätslaboratorium in Lemberg :
6. Beiträge zur Kenntnil^ der phenylschwefligen und der
Phenylschwefelsäure ; von AngustFreund . . 76
Umwandlung des Glycerins in Propylenglycol und des Aethylen-
glycols in Aethylalkohoi ; von A. LoUren^o 89
Ueber das Atomgewicht des Siliciums, nebst einigen Bemerkungen
über Atomgewichte; von J. Schiel 94
Seite
"^ Untersnchnngen über die Platin - Metalle ; von Prof. Wolcott
Gibbs zu New- York 99
Ueber die Substitution electronegativer Körper an die Stelle der
Metalle in Sauerstoffsalzen; von F. Schützenb erger . . 113
Ueber die Producte der Zersetzung des benzoSsauren Jods durch
Wärme; von Demselben 119
Ueber eine neue Methode der Darstellung und Nachweisung der
Alkaloide; von L. v. Uslar und J. Erdmann 121
Vorläufige Notiz über Diazobenzo3säure ; von Peter Griefs. . 125
•
■
Zweites Heft.
Untersuchungen aus dem academischen Laboratorium in Marburg :
XXI. Beitrag zur Kenntnifs der Sulfanilidsäure und Amido-
phenylschwefelsäure ; von Dr. Rudolf Schmitt 129
Ueber einige Beactionen des Bromamylens; von A. Bauer . . 167
Ueber die künstliche Nachbildung krystallisirter Mineralien . . 176
Zum Nachweis organischer Alkalo'ide; von J. Erdmann . . . 188
Mittheilungen aus dem Universitätslaboratorium in Lemberg :
7. Zur Kenntnifs des Triäthylphosphinozydes ; von L.
Pebal 194
Ueber Chromsuperoxyd und Chromsäure ; von Hugo Schiff . 207
Darstellung fester Kohlensäure; von A. Loir und Gh. Drion . 211
Ueber die Oxydationsproducte des Toluols durch verdünnte Sal-
petersäure; von Rudolph Fittig 214
Ueber die Einwirkung des Jodphosphors auf Glycerinsäure ; von
F. Beilstein 226
Ueber Darstellung und Eigenschaften der Oxaminsäure; von J.
F. Toussaint 237
Analyse des Tritomits von Brevig; von Franz P. Möller . . 241
Ueber das Aribin, eine neue organische Base; von R. Rieth . 247
Untersuchungen über die Bestandtbeile des Magensaftes; von Dr.
William Marcet 250
Ueber das Camphorylchlorid ; von A. Moitessier 252
Seite
Ltithion in Meteoriten 253
Bildung von Oxalsäure durch Oxydation von Cyanverbindungen ;
nach M. Berthelot 254
Berichtigung über die Angabe des Verfassers der Bd. CXX, S. 61
stehenden Abhandlung; von £. Linnemann 255
Erklärung zu der vorstehenden „Berichtigung u. s. w. von Herrn
Linnemann"; von L. Garins 255
Drittes Heft:
Ueber Kreatinin; von Dr. C. Neubauer . . 257
Ueber die Bildung der Bemsteinsfture aus Leuchtgas; von A.
Geuther . 268
Ueber krystallisirte wolframsaure Salze, insbesondere über künst-
lichen Wolfram; von A. Geuther und E. Forsberg . . 270
Ueber Brombuttersäure und eine von derselben sich ableitende
neue Säure; von G. Friedel und V. Machuca .... 279
Ueber die Umwandlung der Propionsäure zu Milchsäure ; von
Denselben 285
Zweite Mittheilung über die Oxydationsproducte der Fette; von
A. E. Arppe . 288
Bildung einer zuckerartigen Substanz durch Synthese ; von A.
Butlerow . 295
Untersuchungen aus dem academischen Laboratorium in Marburg:
XXn. Beitrag zur Eenntnifs der Salicylsäuren ; von Dr.
Eduard Lautemann * . . . . 299
Ueber die Bromsubstitutionsproducte des Bromäthyls und die Um-
wandlung des Alkohols zu Gtycol; von £. Oaventou . . 322
Notiz über Aethylenplatinchlorid ; von Peter Griefs und Dr. G.
A. Martins 324
Ueber eine Verbindung des Aldehyds mit Aethylenoxyd; von A.
Wurtz . 328
Ueber einige Zersetzungen des Acetylchlorids ; von H. Hüb n er 330
Vorläufige Notiz über eine neue, mit der Benzoesäure homologe
Säure; von A. H. Church 336
^ Seite
Vorläufige Notiz über einige Producte der Einwirkung rerdünnter
Salpetersäure auf einige Kohlenwasserstoffe der Benzolreihe ;
von Warren de la Rue und Hugo Müller , , . , , 339
Ueber die Neutralisation der Farbe bei der Mischung gewisser
Salzlösungen; von F. Field, 344
Ueber die Einwirkung von Kaliumpermanganat auf Kaliumjodür ;
von C. Weltzien 349
Ueber den Menthacampher ; von Oppenheim 350
Ueber das Joddisulfid (S,J)f von F. Guthrie 352
Ueber einö neue Bildungsweise des Aethylens und seiner Homo-
logen; von A. Butlerow 356
Erklärung bezüglich der Bd. CXX, S. 61 stehenden Abhandlung 356
ANNALEN
DER '
CHEMIE UND PHARMACIE.
CXX. Bandes erstes Heft.
Ueber die Oxyddtionsproducte der Indigblau-
Schwefelsäure';
: V(m Quatap und Adolph Sehlieper.
Sa genau die Oxydätionsprodacte des Indigo^s auch bekannt
sind, so wenig wissen wir im Allgemeinen über diejenigen der
Indigblau-Sehwefeisäure, eines Körpers, der dem Indigblau
in seinem «hemischen and physischen Verhalten so nahe steht,
und nur hoch viel leichter Metamorphosen unterworfen ist,
wie dieser. So zersetzt sich die Indigblau -Schwefelsäure in
alkalischer Lösung schon durch den Sauerstoff der Luft^ und
in saurer Lösung, wie bekannt, eben so leicht durch jedes
Agens, Welches im Stande ist, ihr Sauerstoff zuzuführen.
Es Erschien uns nun nicht uninteressant, die Zersetzung der
IiMligbUu *- Schwefelsäure durch oxydifende Körper genauer
zu Studiren, - besonders dabei zu untersuchen, in wie weit
die so innig mit dem Indigblau gepaartie Schwefelsäure auch
in die reisultirenden Producte mit überginge. Im Verlaufe
der Untersuchung stellte sich ein überraschend einfaches Ver-
halten der Indigblau «Schwefelsäure heraus, indem dieselbe
in vollkoilimenster Analogie mit 'dem Indigblau als fast ein-
ziges PrOduct ihrer Oxyieiiion Isatih'Schtoe feisäur ebildeij
deren näheres Studium * den Gegenstand gegenwärtiger Hit-
tfaeilühg ausmacht. • '
Ann. d. Chem. u. Pharm. CXX. Bd. 1. Heft. 1
2 O. u. A. Schliepery über die Oxydatiansproducte
Wir bedienten uns zu unseren Versuchen einer besseren
Sorte des käuflichen Indigocarinins, bekanntlich ein breiartiger
Niederschlag von indigschwefelsauretn Natron , gemengt mü
schwefelsaurem Natron, so wie er erhalten wird durch Prä-
cipitation einer filtrirten und verdünnten Lösung von Indigo
in 8 bis 9 Theilen gewöhnlicher Schwefelsäure mittelst einer
concentrirten Auflösung von Glaubersalz, Auswaschen des
gröfsten Theils der freien Säure mit eben dieser Lösung und
schliefsliches Neutriilisiren mit kohlensaurem Ni^tron, ,Qührt
man diesen Niederschlag von indigblau* schwefelsaurem Natron
mit Wasser zu einem dünnen Brei an , bringt denselben zum
Kochen und setzt nun lBi[igsam unter jeweiligen Pausen und
stetem Umrühren Salpetersäure zu, bis die urspünglich blaue
Farbe in reines Braungelb verwandelt worden ist; oder setzt
man zu dem heifsen Brei von Indigcarmin Schwefelsäure und
fügt dann allmalig fein gepulvertes saures chromsaures Kali
in kleinen Mengen hinzu» bis zum völligen Verschwinden der
blauen Farbe, so erhält man nach dem Erkalten und Stehen
eine reichliche Abscheidung eines schweren krystalliniscben
Niederschlages von dunkelbrauifgelber Farbe, welcher das
Natronsalz einer neuen Säure, der Isatin ^^ Schwefelsäure, re-
präsentirt und als Rohmaterial zur Darstellung der reinen
Säure und ihrer Salze dient. Nach vielfach angestellten Ver-
suchen haben wir der Oj^ydation der Indigblau^Sdiwafelsäare
mit saurem chromsaurem Kali und Schwefelsäure vor der-*
jenigen mit Salpetersäure den Vorzug gegeben» indem uns
die Ausbeute gröfser erschien;, denn obwohl die neue Ver*
bindung sowohl wie deren Salze im reinen Zustande \ der
Einwirkung der kochenden Salpetersäure yollkommea wider-
stehen j, so scheinen sie dennoch |m Momente ihr^r Bildung
einer höheren Oxydation fähig zu sein.; denn setzt man um-
gekehrt Indigcarmin nach und nach zu kochender Salpeter-
säure, so bilden sich unter heftiger Reaction nur leichttöa«*
der Indigblau ' Schwefelsäure. 3
liohe» braangelbe wfid unkrystallinische Körper, die dasselbe
starke Färbevermögen besitzen , welches alle anderen Zer-
selzungsprodacte des Indigo's mit Salpetersäure auszeichnet.
Da der käufliche Indigcarmin stets wechselnde Quantitäten
Wasser und fremder Salze enthält, so ist es unmöglich,
genaue Verhältnisse zur Darstellung der fraglichen Verbin-
dung zu geben; jedoch bat uns das in folgendem angegebene
Verfahren stets eine reichliche Ausbeute geliefert :
In ekier Schale wurden 18 Th^ile Indigcarmin mit der
gleichen Hehge Wasser zu einem dünnen Brei angerührt,
1 bis 2 Theile Schwefelsäure zugesetzt, zum Sieden erhitzt
und während desselben nach und nach ungefähr 1 Theil
gepulvertes saures chromsaures Kali eingetragen , und zwar
so lange , als noch Entfärbung stattfand ; giebt man hierbei
Acht« nicht zu grofse Mengen dieses Salzes auf einmal zu-«
zugebi^, so kann dabei eine Enlwickelung von Kohlensäure
gänzlich vermieden werden, die anderenfalls unfehlbar ein-«-
tritt, wodurch zu höhe Oxydation und natürlicherweise Ver-
lust an Substanz entsteht. Nach beendeter Einwirkung wird
die Lösung möglichst rasch heifs filtrirt und dann der Kry-
stallisation überlassen, welche, da dieselbe etwas träge vor
sich geht/ wenigstens einen bis zwei Tage erfordert. Da
sich im Verlaufe der Untersuchun|f herausstellte , dafs das
Kalisalz der neuen Säure schwerlöslicher ist und leichter
krystallisirl, wie. das NatronsalZi überhaupt diese Verbindungen
in. eoncentrirtan Salzlösungen yrenig löslieh sind , so haben
wir es für sehr zweckmäfsig gefoifdeUi der filtrirten heifsen
Lösung nod) Kalisalze, am besten Salpeter, zuzusetzen. Der
abgeschiedene Krystallbrei wurde dann auf einem Filter ge-
sammelt und durch Verdrängen mit wenigem kaltem Wasser
die dicke, fast schwärzliche Mutterlauge davon getrennt.
LeUtere liefert beim Abdampfen^ und Erkalten noch kleinere
Mengea obigien Salzes* Man erhält so eine beträchtliche
1*
4 O, u, A. Schlieper^ über die Oxydationsproducte
Menge roheis isatin-schwefelsaures Kali als^chweres sandiges
Krystallpulver von bräunlich-gelber Farbe, verunreinigt <iarch
eine kleine Quantität eines ihm hartnäcfkig anhängenden harz-
artigen Körpers, welcher durch Umkrystalliisiren schlechter-
dings nicht von demselben zu trennen war. In Folge dessen
murste ein anderes Verfahren eingeschlagen werden ^ cUe
Säure oder ihre Salze rein ^u erhalten*
Wir machten bald die interessante Beobachtung, dafs
Alkalien dieselbe merkwürdige Reaction auf isatint schwefel-
saure Salze ausübten, als wie auch auf fk'eies Isatin, denn
ebenso wie letzteres dadurch in Isatinsäure, so wurden- die
Orangeroth gefärbten Lösungen der isatin «»schwefelsauren
Salze durch Zusatz von Alkalien in 4ie der Isfttinsäure eat-
sprechenden hellcitrongelb gefärbten Verbindungen, der m\%
Schwefelsäure gepaarten Isatinsäure übergeführt. : Und zwar
geschieht diese Ueberführung eben so wenig direct, als
wie beim Isatin selbst, indem wie bei diesem auch die
Lösungen der lsatin*Schwefelsäure nach Zusatz von Alkalien
zuerst braunviolett, und erst nach und nach, beim Kochen
und bei überschüssigem Alkali aber sofort, Hellgelb weHen
und in die andere Verbindung übergehen. Ganz . dasselbe
Verhalten , . welches Isatinsäure gegen Säuren zeigt;, indem
dadurch je nach der Temperatur und der Menge der zuge<^
setzten Säure sofort oder nach einiger Zeit Isatin regenerirt
wird, zeigen auch die mit Schwefelsäure gepaarten Verbind
düngen, indem durch stärkere Hineralsäuren die UeberfUhN»
rung der gelben Isatin -Schwefelsäure in die orangerotbe
Verbindung beim Erwärmen sogleich, in der Kälte nach
einiger Zeit erfolgt.
Die Umwandlung, der Isatin -Schwefelsäure in die der
Isatinsäure entsprechende Verbindung derselben ist nach voll-
ständiger Analogie mit dem Isatin selbst an eine Aufnahme
von Wasser und Base gebunden, und zwar so, dafs ein
der IndigblaU' Schwefelsäure. 5
vollkommen neutrales' Salz der Isatin - Schwefelsäure im
Stande ist, noch ein Aequivalent Base aufzunehmen, um ein
eben so nAitrales Salz der mit der Isatinsäure correspon-
direnden zweibasischen Isatin -Schwefelsäure zu bilden.
Der Kürze halber wollen wir die dem Isatin entsprechende
orangerothe Verbindung die einbasische , die der Isatinsäure
entsprechende gelbe Verbindung dageg;en eweibasische Isatin-
Schwefelsäure nennen. — Auf obige Reactionen gestützt ge-
lang uns nun die vollkommene Reinigung der gepaarten
Schwefelsäureverbindungen auf folgende Weise : Die erhal-
tene Krystallmasse von unreinem isatin -schwefelsaurem Kali
wurde heifs in Barytwasser aufgelöst, und so lange von
letzterem zugesetzt, bis die Lösung fast vollständig entfärbt
war; dieselbe enthielt nun ein Gemenge von zweibasischem
isatin -schwefelsaurem Kali mit zweibasischem isatin -schwe-
felsaurem Baryt. Der überschüssige Baryt wurde mit Kohlen-
säure ausgefällt und mit dem kohlensauren Baryt schieden
sich alle harzartigen Verunreinigungen als unlösliche Baryt-
verbindungen ab.
Die klare, blafsstrohgelb gefärbte Lösung diente nun
zur Darstellung der verschiedenen Salze und der Säure selbst.
Wurde aus ,der Lösung der Baryt möglichst genau mit
Schwefelsäure ausgefällt, so erhielt man eine orangerothe
Lösung des einbasischen Kalisalzes, welches durch Abdampfen
und Krystallisiren daraus gewonnen werden konnte. Wurde
die Lösung dagegen heifs mit ungefähr so viel Salzsäure
versetzt, als nöthig war, das eine Aequivalent Kali zu binden,
so nahm die Flüssigkeit sofort eine dunkelorangerothe Fär-
bung an, ungefähr wie eine siedend gesättigte Lösung von
saurem chromsaurem Kali; sie blieb einige Minuten lang
klar, es bildeten sich sodann an der Oberfläche kleine Kry-
stallflitter, worauf, besonders beim Erwärmen, eine fast
plötzliche Abscheidung von voluminösen, leuchtend mennig-
6 G. u. Ä. Schliepetj iiher die Oxydationsproducte
rothen , stark glänzenden Krystallschüppchen erfolgte , welche
die ganze Flüssigkeit fast zum Gesteben brachten, und das
Barylsalz der einbasischen Isatin-Schwefelsäur^darstellten.
Aus dem Verlaufe dieser Reaction geht klar hervor, dafs die
Ueberführung der gelben zweibasischen in die . rothe ein-
basische Verbindung nicht momentan vor sich geht, sondern
je nach der mehr oder minder kräftig einwirkenden Reaction
an eine gewisse Zeitdauer gebunden ist. Setzt man zu viel
Salzsäure zu, so erfolgl die Krystallisation schwieriger' und
man erhält manchmal eine Abscheidung eines gelben Baryt-
salzes, welches löslicher in Wasser ist und erst bei lang
anhaltendem Auswaschen oft plötzlich in die rothe Modifica-
tion übergeht. Da die Salze der Isatin- Schwefelsäure Idchl
und schön kryslallisiren , die Säure selbst aber sehr leicht
löslich ist und schwierig krystallisirt, so benutzten wir die
ersteren, um die Zusammensetzung der Säure selbst feslzu-*
stellen. Wir gehen somit zur Beschreibung der Salze der
einbasischen, sodann der zweibasischen Isatin -Schwefelsäure
über und lassen diejenige der Säure und ihrer Zersetzungs-
producte folgen.
Einbasisch - isatinsckwefelsaurer Baratt BaO, C16H4NOS,
2 SO3 -j- 4 aq. — Dieses Salz bildet sich mit grofser Leich^
tigkeit überall da, wo Baryt und Isatin -Schwefelsäure in
saurer Lösung zusammentreffen, und ist wegen seiner charac-*
teristischen Form und Farbe ganz geeignet, um Isatin^
Schwefelsäure aufzufinden und nachzuweisen. Die Verwandt-
schaft zwischen beiden ist so grofs, dafs sie diejenige der
stärksten Säure überwiegt, denn die freie Isatin -Schwefel-
säure mit einer Lösung von Chlorbaryum oder salpetersaurem
Baryt zusammengebracht scheidet sogleich oder nach kurzer
Zeit das rothe Barytsalz aus; aus verdünnten Lösungen er-
folgt die Abscheidung sehr langsam, aber nichts destoweni-
ger fast vollständig. Das Salz ist unlöslich in Alkohol, wenig
der IndtgblaU' Schwefelsäure, 7
löidich in kaltem , dagegen etwas mehr in heifsem Wasser,
daraas beim Erkalten krystailisirend. Die wässerige Lösung
isl trotzdem hellgelb geförbt, wi^il die Isalin - Seh wefelsäure
sowohl wie alle ihre einbasischen Salze ein sehr hohes
Farbevermögen besitzen. Das Salz, dessen wir uns zur Ana-
lyse bedienten, wurde durch Vermischen einer heifsen Lö«-
song des Nalronsalzes mit einer Chlorbaryomlösung darge-
stellt; dasselbe wurde vollkommen ausgewaschen und stellte
nach dem Trocknen ein sehr leichtes lockeres scharlachrothes
Krystaltpulver dar, aus lauter kleinen Blättchen und Schuppen
bestehend, die fast metallischen Glanz besafsen. Erhitzt
verbrannte das Salz nur sehr schwierig zu schwefelsaurem
Baryt, wefshlalb auch behufs der Analyse vorgezogen wurde,
den Baryt auf nassem Wege zu bestimmen.
Zur Analyse wurde das lufttrockene Salz verwandt :
0,5935 Gnn. gaben bei der Fällung mit Schwefelsäore 0,210
Grm. BaO, SO« oder 0,1379 Gnu. BaO,
0,75B0 Grm. mit chromsaurem Blei verbrannt gaben 0,8075 Grm.
CO, und 0,172 Grm. HO.
0,585 Grm. bei 120^ getrocknet verloren 0,065 Grm, KrystaUwasser.
0,795 Grm. bei 120^ getrocknet verloren 0,0875 Grm. HO.
Aus diesen Zahlen berechnet sich für das krystallisirte
Barytsalz die Formel :
BaO, CiÄNOg, 2 808 + ^aq.
berechnet gefunden
BaO , 23,15 23,23
C 29,00 29,24
H 2,42 2,53
Kryat. HO 10,88 11^11 11,01.
0,699 Grm. des bei 120<^ getrockneten Salzes gaben bei der Ver-
brennung 0,8445 Grm. CO, und 0,096 Grm. HO.
Hieraus ergiebt sich für das trockene Salz die Formel :
BaO, CißH^NOs, 2 80,.^
berechnet gefunden
C 32,59 32,87
H 1,36 1,52.
8 G, u. A. Schlieper^ über die OxydaÜonsproducie
Einbasisch - isatmschtoefelsaures Kali^ KO , Ci6NH40sy
2 SOs -f- ^ tiq- — Das Kiilisalz kann, wie schon beschrieben,
direet aus der Kali und Baryt zu gleichen Theilen ent-
haltenden Lösung der zweibasischen Säure erhalten w^erden^
und zwar durch Ausfällen des Baryts, mit Sohwefelsüure und
Abdampfen der resultirenden rothgelben Ldsung zur Krystal-
lisation. Auf diese Weise ist es jedoch häufig mit Natron-
salz verunreinigt. Wir haben es defshalb vorgezogen» der
Lösung einen Ueberschafs von Salpeter zuzusetzen, weil das
leichter lösliche Natronsalz sich bei Gegenwart von über-
schüssigen Kalisalzen leicht in das schwerlösliche Kalisalz
umsetzt, überhaupt dieses in einer Lösung, die andere Kali-
salze enthält, beinahe unlöslich ist und sich fast vollständig
abscheidet. Das Salz krystallisirt in kleinen goldgelben Na-
deln, ein schweres sandiges Pulver bildend , unlöslich in
Alkohol, löst sich in etwa 20 Theilen kaltem, leichler in
heifsem Wasser, daraus träge krystallisirend; dasselbe kann
mit concentrirter Salzsäure gekocht werden, ohne sich zu
verändern, und krystallisirt aus derselben nach einiger Zeit
wieder unverändert« Das Salz enthält 2 Aequival^nte Kry-
stallisations Wasser, welches es erst bei ziemlich hoher Tem-
peratur vollkommen verliert. Ueberhaupt halten alle,^^I^Q
der einbasischen Isatin- Schwefelsäure ihr Krystallwasser be-
merkenswerth fest, und verlieren dasselbe in den meisten
Fällen erst über 100^ C. ; sie vertragen alle eine hohe Tem-
peratur bis zu 180^ und darüber, ohne sich im mindesten zu
zersetzen. Bei stärkerem Erhitzen bläht sich das Salz auf
und verbrennt nur äufserst schwierig zu schwefelsaurem Kali;
ein öfteres Befeuchten mit Salpetersäure, um die schwefel-
haltige Kohle und das sich wiederum bildende Schwefel-
kalium zu zersetzen, ist dabei unerläfslich. Zur Analyse
wurde das lufttrockene Salz verwandt,
0,745 Grm. verloren bei 160^ getrocknet 0,048 Grm. Wasser.
der Indigblau» Schwefelsäure. 9
0,4454 Grm. gaben 0,1854 Grm. KD, SO, = 0,07329 Grm. KO.
Hieraus berechnet sich die Formel :
KO, CieH^NOa, 2 80, + 2 aq.,
wie sich aus der Zusammensleilungf der berechneten und
gefundenen Werthe ergiebt :
berechnet gefunden
KO 16,60 16,42
HO 6,36 6,44.
JSnbasüch'isatinschwefelsaures Natron, NaO, CicH^NOs,
2 SOs -f- 4 dq. — Das Natronsalz wird auf analoge Weise,
wie das Kalisalz , durch Umsetzung der kalihaltigen Lösung
mit einem grofsen Ueberschufs von Kochsalzlösung erhalten.
Vermischt man eine faeifs gesättigte Kalisalzlösung mit dem
zwei- bis dreifachen Volum einer concentrirten Kochsalz-
lösung, so scheiden sich an den Wandungen des Gefäfses
bei ruhigem Stehen grofse Krystalle des Natronsalzes ab.
Dasselbe bildet tafelförmige Krystalle v^ grofser Schönheit
und hochrother Rarbe, dem äufseren Ansehen nach fast nicht
von frisch krystallisirtem saurem phromsaurem Kali zu unter-
scheiden. Das Sa|z ist leichter löslich wie das Kalisalz.
1,2721 Grm. des krystallisirten Salzes verloren bei 160^ C. 0,1636
Grm. Wasser.
0,4115 Grm. lufttrockenes Salz gaben 0,101 Grm. NaO, SO, = 0,0441
Grm. NaO.
0,5865 Grni. bei 160^ getrocknetes Salz gaben 0,178 Grm. NaO,
SO, « 0,07ß5 (»rm. NaO.
0,721 Grm. bei 160*^ getrocknetes Salz gaben bei der Yerbrennuog
1,0285 Grm. CO« und 0,1075 Grm. HO.
Aus diesen Wertken berechnet «ich für das krystalli-
sirte Salz die Formel :
NaO, CieH4N08, 2 SOj -h 4 aq.
berecbnet gefunden
NaO 10,88 10,71
HO 12,68 12,86
und für das getrocknete Salz :
10 O. u, A. Schlieper^ über die Oocydattonsproducte
NäO, C10H4NO8, 2 808.
berechnet , gefunden
NaO 12,45 12,87
C 38,65 38,90
H 1,60 1,66.
JEünbasisch-üatinschwefelsaMrer Kalhy CaO, C16H4NO3,
2 SO3 -|- 2 aq. — Dieses Salz wurde dargestellt durch Ver-
mischen einer Lösung des Nalronsalzes mit einer überschüs-
sigen Lösung von Chlarcaicium ; es krystallisirt nach einiger
Zeit in einem Aggregat von kleinen glänzende^ goldgelben
Nadeln, ist ziemlich schwerlöslich in Wasser, jedoch leichter
wie das Barytsalz. Das Kalksalz verliert bei 100^ noch kein
Wasser, von 100 bis 160^ sehr langsam zwei Aequivalente.
0,6512 Grm. krystallisirtes Salz verlorea bei 160^ getrocknet 0,0462
Grm. Wasser.
0,6245 Grm. krystallisirtes Sak gaben 0,161 Grm. CaO, SOs =
0,06629 Grm. CaO.
0,6822 Grm. krysl^sirtes dals gaben 0^752 Grm. CaO, SO« =
0,0721 Grm. CaO.
Nach der Formel :
CaO, CieH4N08, 2S08 + 2 aq.
berechnet gefunden
CaO 10,60 10,61 10,61
HO 6,81 7,09 —
Einbasisch -isatinschwefelsaur es Silber ^ AgO, CieH^NOs,
2 SO3 + 2 aq. — Das Silbersalz erhielten wir durch Ver-
mischen einer Lösung des Natronsalzes mit einer salpeter-
sauren Silberlösung, worauf das betreffende Salz langsam in
harten nadeiförmigen, honiggelben Krystallen ausgeschieden
wurde; dasselbe ist in Wasser schwerlöslich und wurde in
krystallisirtem sowohl als trockenem Zustande zur Analyse
verwandt.
0,6595 Grm. krystallisirtes Salz verloren bei 120<^ getrocknet 0,035
Grm. HO.
1,5295 Grm. krystallisirtes Salz verloren bei 120^ 0,0794
Grm. HO.
der IndighlaU' Schfcefelaäure. 11
0>6)81 Grm. krygtfdluiirteB Salz gaben 0,1683 Grm. Silber.
0,8585 Qrm. kryetalUsirtes Sak gaben bei. der Verbrennung 0,8688
Grm. CO, and 0,140 Grm. HO.
Aus diesen Werthen berechnet sich für das krystallisirte
Salz die Formel :
AgO, CiÄNOg, 2 80, -f- 2aq.
berechnet gefunden
Ag 80,68 80,92 —
C 27,27 27,42 —
H 1,70 1,80 —
HO 5,11 5,30 5,19.
Das trockene Salz gab bei der Analyse folgende Re-
sultate :
1,014 Grm. trockenes SaU gaben 0,480 Grm. AgCl » 0,8286 Qttm.
^über.
0,6926 Grm. trockenes Salz gaben bei der Verbrennung 0,7^85 Grm.
COg und 0,080 Grm. HO.
Aus diesen Zahlen ergiebt sich die Formel :
AgO, C^eH^NOa. 2 80«.
berechnet gefunden
Ag 82,88 81,91
C 28,74 28,68
H 1,19 1,28.
Einbasisch - isatin^hwefelsaures Ammoniak f NH4O9
C16H4NO8, 2 SOs 4- 2 aq. — Man erhält dieses Salz leicht
auf analoge Weise wie das Kali- oder Natronsalz, nämlich
durch Umsetzung änderet Salze der Isatin- Schwefelsäure mit
einem Ueberschufs eines Ammoniaksalzes , in welchem das
resultirende Salz schwerlöslich ist; vermischt man eine Auf-
lösung der Säure oder deren Salze mit überschössiger Sal-
miaklösungy oder löst man das schwerlösliche Barytsalz heifs
in einer Salmiaklösung auf, so krystallisirt in allen Fällen
beim Stehen oder Erkalten das Ammoniaksalz in glänzenden
hochgelben Nadeln heraus« Kocht man die freie Säure mit
kohlensaoreffl Ammoniak, bis der Ueberschufs des letzteren
ii G. u. A, Schlteper^ über die Oocydationaproducte
verjagt worden i:ät, so erhält man ebenfalls nur eine Lösung
des einbasisch - isatinschwefelsauren Ammoniaks, welche
jedoch in Abwesenheit anderer Ammoniaksalze nur schwierig
krystallisirt. Das Salz ist leichtlöslich in Wasser und enthält
2 Aequivalente Krystaliwasser, welche es erst bei einer Tem-
peratur von über 100^ verliert.
1,058 Gnn. verloren bei 100<> getrocknet 0,0085 Grm. Wasser =
0,8 pC. ; bei 1200 fernere 0,0695 Grm. HO = 6,57 pC.
Nach der Formel :
NH4O, C,eH4N08, 2 SO3 + 2 aq.
berechnet gefunden
2 Aeq. HO 6,87 6,57.
Erhöhte man die Temperatur bis auf 200^ so verlor es noch
mehr Wasser, schien sich aber dabei zu zersetzen und wurde
bei 250^ schwarz.
Hit Bleizucker entsteht keine oder nur eine unbedeutende
Fällung 9 indem das isatinschwefelsaure Blei ein- lösliches
Salz ist; mit Bleiessig entstehen, je nachdem man Ammoniak
zusetzt oder nichts verschieden gefärbte Niederschläge, welche
sich in einem Ueberschufs von Bleiessig besonders in der
Wärme leicht lösen und sich beim Erkalten in nicht krystal-
linischen Hassen wieder abscheiden.
Wir haben weiter oben schon erwähnt, dafs die Isatin-
Schwefelsäure oder deren einbasische Salze durch Einwirkung
von Alkalien eine eigenthüAiIiche Veränderung erleiden, welche
die vollkommenste Analogie mit dem .Uebergange des Isatins
in Isatinsäure darbietet^ Isatin nimmt 2 Aeq. HO auf und
bildet damit Isatinsäurehydrat, während bei dem entsprechen-
den Uebergange der Isatinschwefelsaure ebenfalls 2 Aeq. HO
aufgenommen werden, das eine, welches in die Constitution
der Säure selbst eintritt, und das andere, welches als basi-
sches Wasser durch andere Helalioxyde ersetzt werden kann.
der Indigblau' Schwefelsäure, 13
Betrachten wir die einbasische Isatin • Schwefelsäure als :
CieNH^OjSOs + 80,H0,
WO die Verbindung von Isatin mit wasserfreier Schwefelsäure
ytemgei 1 Aeq. HO als vollkommen neutraler Paarung fungirt,
so würde dieser neutrale Paarlii^g durch Einwirkung von
Alkalien in ähnlicher Weise angeregt, . wie Isatin selbst^ d. h.
Wasser wird aufgenommen und dasselbe in eine Säure ver-
wandelt,, fähig ebenfalls ein Aequivalent Base zu sättigen..
CiePftNO*. + 2H0..= .Ci«HftN0„ HQ Isatingäurehydrat-
CieBt«NO,IJOa + 2 HO = Ci^H^Np^SOfc HO.
Wir würden nach dieser Ansicht z. B.. das Barytsalz der .ein-;
basischen. Isatin -Schwefelsäure als : ..
BaOßOa, CtaNH^OgöO,
und dasjenige der zweibasischen Säure als :
BaOSOs, BaOCieNH504SOa
ZU betrachten haben.
Alle freien Alkalien sind im Stande, die Ueberführung
der einbasischen in die zweibasische Säure selbst in der
Kälte schon zu bewirken, sobald wie erstere im lieber-
schufs angewandt werden; setzt man dagegen eine ungenü-
gende Quantität der Alkalilösung zu, so erfolgt eine tief
dunkelrothe, in manchen Fällen schmutzig -violette Färbung,
welche^ obgleich vorübergehend, doch anzeigt^ dafs noch eine
intermediäre Verbindung existiren mufs. Kohlensaure Alka-
lien sind ebenfalls im Stande, die Ueberführung zu bewirken.
Wie schon erwähnt giebt kohlensaures Ammoniak im U^ber-
schufs mit der Säure gekocht anfangs eine dunkelroth ge-
färbte Lösung, welche in dem Hafse als das kohlensaure
Ammoniak abdunstet heller wird und endlich nur eine Lö-
sung des einbasischen Ammoniaksalzes liefert. Eben so wie
die Salze der einbasischen Säure alle roth, orange oder
hochgelb g,erärbt sind und eben so gefärbte Lösungen geben,
so sind diejenigen der zweibasischen Säure alle scliön citron-
14 Q. u. A. Schlieper, über die Oxydationsproducte
geib aus nar verfaältnifsmärsig schwach tingirten Lösungen
krystallisirend. Essigsäure ist ohne Wirkung auf die gelben
Salze und scheint dieselben selbst beim Kochen damit nicht
zu zersetzen , während alle stärkeren Hineralsäuren , zu
ein^r Lösung der zweibasischen Salze gesetzt, fast momentan
eine rothgelbe Farbe erzeugen, den Uebergang in die ein-
basische Säure anzeigend. Eis ist uns nicht gelungen^ die
der Isatinsäure entsprechende Verbindung zu isoliren, md^m
sie aus den zweibasi^chen . Salzen abgeschieden nur eine
sehr geringe Besliindtgkeit hat und hi kurzer Zeit von selbst,
sofort aber beim Erwärnien wieder in die einbastsch<> SäQre
übergeht ; wir müssen uns also auf die Beschreibofig- einiger
ihrer Salze beschränken.
Zioeibastsch'üatinschwefelsaurer Baryt, 2 BaO, C16H5NO4,
2 SOs -|- 6 aq. — Das Salz wird am einfachsten dargestellt
durch Lösen des einbasischen Barytsalzes in kochendem
Barytwasser und Entfernen des überschüssigen Baryts durch
Kohlensäure; Man erhält so eine nur schwach gefärbte Lö-
sung, die aber beim Abdampfen oder Erkalten prachtvoll
glänzende seidenartige Nadeln des zweibasischen Barytsalzes
abscheidet. Dieselben sind zolllang und so voluminös, dafs
sie die ganze Flüssigkeit errüllen. Die Farbe derselben ist
ein leuchtendes Citrongelb von äufserst intensivem und reinem
Farbenton. Der zweibasisch - isatinschwefelsaure Baryt ist
bei weitem löslicher, als wie das einbasische Salz, besonders
leicht löslich in kochendem Wasser, daraus beim Erkalten
zum grofsen Theil krystallisirend; unlöslich in Alkohol, letz-
terer fällt die wässerige Lösung des Salzes in voluminösen
nichtkryslallinischen Flocken.
0|655 Grm. des krystaÜisirten Salzes verloren bei 100^ getrocknet
0,081 Grm. HO.
0,574 Grm. bei 100^ getrocknert gaben 0,8555 Grni. Batf, SOg =
0,38^1 Gm. fiaO.
der IndigblaU'Sckwefebäure. 15
Ans diesen Zahlen ergiebt sich für das krystaltisirte Sab
die Zusammensetzunir :
2 BaO, CieH8N04, 2 SOs + 6 aq.
berechnet gefunden
BaO 40,26 40,43
HO 12,44 12,36.
Zvmba^üöh-isätinsdhwefehaureä Kali^ 2K0, C16H5NO4,
2 SOs + 2aq. •^ Dieses Säte worde aas dem entsprechen-
den Barytsalz durch doppelte Zer^t^ung mit neutralem schwe-
felsaurem Kali erhalten, und krystallisirte beim freiwilligen
Verdampfen nur sehr langsam aus der sehr concentrirten
Lösung« Die Krystalle bilden harte glänzende durchsichtige
Prismen von wachsgelber Farbe und sind leichllöslich in
Wasser. Das Salz enthält 2 Aeq. Wasser, welches es erst
bei einer Temperatur von 140 bis 150® verlierl.
■ • «
0,5852 Grm. krystallisirtes Salz verloren bei 160^ getrocknet 0,035
Grm. HO, und gaben eingeäschert 0,3002 Grm. KO, SOs, ent-
sprechettd 0,1622 Grm. KG.
Nach der Formel :
2K0, C1ÄH5NO4, 2S0a + 2 aq.
berechnet gefunden
KO 27,73 27,71
HO 5,30 5,98.
Zweibasisch 'isatinschtßefelsaures Blei, 2 PbO^ C16H5NO4,
2 SOs -|- 3 aq. — Das zweibasische Bleisalz wurde durch
Vermischen einer concentrirten Ldsung des gelben Kalisalzes
mit ein^r ebenso concentrirten Lösung von überschüssigem
essigsaurem Blei gewonnen. Das Salz krystallisirte beim län-
geren Stehen langsam in feinen glänzenden Nadeln; es hat
eine dunkelgelbe Farbe und ist in Wasser leichtlöslich. An-
dere mehr basische Verbindungen scheinen direct aus der
einbasischen Fsatin* Schwefelsäure entstehen zu können, wenn
diese oder ihre löslichen Salze mit überschüssigem Bleiessig
erwärmt werden; es scheiden sich nämlich beim Erkalten
IC O. u. A* Sehlieper, Mber die (kafdationaprodmeie
der Uarea gelben Ldfoog bellgefirbte NiedtfseUige aus,
deren Farbe ond Verhalten onbedingt auf die sweibasische
Siore hindeotet.
0^8 Orm. des kijsUJlinrten Salses Teiioren bei iOO* getrocknet
0,(K8 GmL HO.
0,3665 Orrm, des kijstallisirteii Salzes hinterlielsen beim Yerbren-
neu 0^302 Grm. PbO, 80« = 0,1695 Onn. PbO.
Ans diesen Zahlen berechnet sich die Formel.:
2 PbO, C| ANO4, 2 80, 4- 3 sq. ,
berechnet gefnnden
PbO 46,79 ' 46,26
HO 6,68 ' 5,79.
Zweibasüch'üaiinschtoefelsaures S^Tifter, 2 AgO^CieHsNO«,
2 SOs -f" 3 aq. — Wir haben das Silbersalz durch Vermischen
einer Lösung des betreffenden Kalisalzes mit überschüssigem
salpetersaurem Silber dargestellt. Das sehr schwerlösliche
Silbersalz scheidet sich alsbald in kleinen, zu concentrischen
Gruppen vereinigten sehr voluminösen Nadbin aus. Nach
dem Trocknen stellt es eine leichte schwammige Hasse von
blafsstrohgelber Farbe dar. .Das Salz ist leichter löslich in
heifsem als wie in kaltem Wass^ und kann ohne Zersetzung
gekocht werdendes enthält 3 Aeq. Krystall Nasser, die erst
bei einer Temperatur von über iOO^ vollständig weggehen.
0,6894 Grm. krystallisirfes Salz verloren bei 126^' getrocknet
0,029 Grm. HO: '-
0,6104 Gray, bei 120<> getrocknetes Salz gaben 0,340 Grih. Silber.
0,6786 Grm. getracknetes Sklz gäben mit cbroinsatirem Blei rör-
brannt 0,4425 Qrm* 00« und 0,067 Grm. HQ. . ,
Nach der Formel :
2AgO, C,«H5N04, 2S0b + flÄq.
berechnet gefunden
Ag 47,06 47,02
C 20,91 20,86 '
H 1,09 • ■ 1,28
8 Aeq. HO 6,66 6,37.
J
der IndigblaU' Schwefelsäure. 17
Zfweibasisch - isatinschwefelsaures Ammoniak. — Wenn
man Isatin -Schwefelsäure längere Zeit mit überschüssigem
Ammoniak kocht, so bildet sich das gelbe Ammoniaksalz;
leichter noch erhält man dasselbe durch Zersetzung des zwei-
basischen Barytsalzes mittelst schwefelsauren Ammoniaks. Die
Lösung des Salzes trocknet über Schwefelsäure unter der
Luftpumpe zu einer kaum krystallinischen gummiähnlichen
gelben Masse ein. Beim Kochen der Lösung geht etwas
Ammoniak fort und dieselbe Tärbt sich roth; ebenso verliert
auch das feste Salz beim Trocknen bei 100^ Wasser und
wie es scheint auch etwas Ammoniak; dabei färbt sich das
Salz dunkelbraunroth , kommt theilweise zum Schmelzen und
bläht sich auf, wahrscheinlich zur Entstehung neuer Amid>
Verbindungen Veranlassung gebend.
Wir^gehen nunmehr zur Beschreibung der freien Isatin-
Schwefelsäure über, d. h. der Säure , welche in den ein-
basischen isatinschwefelsauren Salzen enthalten ist.
Isatin-Schwefehäure, CieNHiOs, 2 SO3HO -f* 4 aq. — Die
freie Säure läfst sich leicht darstellen durch Zersetzung des
rothen Barytsalzes mittelst Schwefelsäure^ indem man dabei
die Reaction durch Erwärmen unterstützt. Man erhält auf
diese Weise eine baryt- und schwefelsäurefreie Lösung von
orangerother Farbe und sehr saurem Geschmack, welche
beim Eindampfen zur Syrupconsistenz zu einer etwas klebri-
gen, strahlig -krystallinischen Masse erstarft. Ueber Schwe-
felsäure untlr die Glocke einer Luftpumpe gebracht, ver-
änderte dieselbe nach und nach ihr Aussehen ; in dem Mafse^
wie sie austrocknete^ wurde die Farbe heller, um endlich
eine seidenartig glänzende krystallinische Masse von gelber
Farbe zu bilden. Die einmal getrocknete Säure ist an der
Luft unveränderlich und zu einem hellgelben Pulver leicht
zerreiblich. Die krystallisirte Säure enthält 4 Aeq. Wasser,
welches sie beim Trocknen bei 100^ leicht verliert«
Acnal. d. Chemie n. Pharm. GXX. Bd. 1. Heft. 2
18 G. u, A. Schlieper^ über die Oxydationsproducte
1,6505 Grm. verloren bei 100<^ 0,204 Grm. HO ; auf die Formel :
C,eNH408, 2 SOgHO + 4 aq.
berechnet gefunden
4 Aeq. HO 13,68 13,15.
Die Isatin- Schwefelsäure hat eine grofse Verwandtschaft
zu den Basen und treibt selbst stärkere Mineralsäuren aus
ihren Verbindungen aus, indem sie jedes lösliche. Salz. der
Alkalien oder alkalischen Erden zersetzt, unter Krystallisation
des entsprechenden einbasisch - isatinschwefelsauren Salzes.
Man kann sogar das Kali- oder Natronsalz derselben in con-
centrirter Salzsäure oder Salpetersäure auflösen und kochen,
ohne dafs Zersetzung eintritt, indem beini Erkalten und
Stehen das ursprüngliche Salz wieder unverändert heraus-
krystallisirt.
Salpetersäure übt selbst bei längerem Erhitzen Jieinerlei
zersetzende Wirkung auf die Säure oder deren Salze aus,
eben so wenig wie caustische Alkalien, abgesehen von einer
Ueberführung in ein Salz der zweibasischen Säure. Königs-
wasser oder ein Gemisch von Salzsäure und chlorsaurem Kali
zersetzen die Säure in der Wärme, jedoch nur langsam, unter
Bildung eines krystallinischen Körpers, den wir nach den
damit angestellten Reactionen für Chloranil erkannten, und
dem Auftreten des Geruches nach den gechlorten Phenes-
säuren. Chlor in die wässerige, kalte oder erwärmte, Lösung
der Säure geleitet scheint fast keine Veränderung hervor-
zubringen, obgleich wir den Versuch Tage lang unter Mit-
wirkung des directen Sonnenlichtes fortgesetzt haben, lieber-
zeugt, dafs auf diese Weise die Hervorbringung der mit
Schwefelsäure gepaarten Chlor- und Bichlorisatinsäure nicht
möglich sei, versuchten wir diese Verbindungen direct aus
dem Indigocarmin zu erhalten. Wir oxydirten zu dem Zwecke
den Indigocarmin einerseits mit unterchloriger Säure, d. h.
einem Gemisch von unterchlorigsaurem Natron und Essig-
der IndighlaU' Schwefelsäure. 19
sSore^ andererseits fügten wir zu einer heirsen und concen-
trirten, stark mit Salzsäure angesäuerten Indigcarminauflösung
nach und nach eine klare Lösung von unterchlorigsaurem
Natron bis zum Verschwinden der blauen Farbe. In beiden
Fällen schied sich nach dem Erkalten ein krystallinisches
Pulver aus, weiches sich aber bei näherer Prüfung als voll-
kommen chlorfrei und als nur aus einbasisch -isatinschwefel-
saurem Natron bestehend herausstellte.
Die Isatin- Schwefelsäure löst sich in Schwefelsäure ohne
Veränderung und kann damit erhitzt werden, ohne dafs
Schwärzung eintritt. Seide und Wolle werden durch eine
Lösung der Säure orange gefärbt. Die Säure löst sich in
Alkohol schwieriger wie in Wasser, ohne jedoch leichter aus
der alkoholischen Lösung zu krystallisiren ; dieselbe ist un-
löslich in Aether, Benzol und verwandten Körpern. Ein
Versuch, die Säure zu ätherificiren , führte zu keinem Re-
sultate; die Säure in absolutem Alkohol gelöst und mit trocke-
nem salzsaurem Gase übersättigt schied jsich nach einigem
Stehen unverändert wieder ab. Trockenes Ammoniakgas in
die alkoholische Lösung der Säure geleitet veranlafst eine
dunkelrothe Färbung derselben und giebt beim Abdampfen
klebrige dunkelbraunrothe Körper, wahrscheinlich aus Amid-
Verbindungen der Isatin- Schwefelsäure bestehend. Jodwas-
serstoffsäure bewirkt keine Reduction derselben , wohl aber
ein Gemisch von Zink mit Salz- oder Schwefelsäure; es er-
folgt dadurch eine vollkommene Entfärbung der Säure, an
der Luft findet aber bald wieder Oxydation statt, indem die
vorher farblose Flüssigkeit sich langsam von oben nach unten
wieder orangeroth färbt.
Am Interessantesten ist die reducirende Wirkung des
Schwefelwasserstoffs auf die Isatin - Schwefelsäure und haben
wir dieselbe aus dem Grundä auch* ausführlicher untersucht.
2*
20 Q> w, A, Schlieper, über die Oxydaiionsproducte
Freie Isatin-^ Schwefelsäure reducirt sich mit Schwefel-
wasserstoff unter Abscheidung von Schwefel zu rosenroth
gefärbten sauren Flüssigkeiten; jedoch gelang uns auf diese
Weise die Isolirung der entstehenden Producte weniger , als
wenn wir uns des Schwefelammons bedienten. Eine Lösung
der Isatin - Schwefelsäure oder des Ammoniaksalzes derselben
mit Schwefeiammon versetzt entfärbt sich schon in der Kälte,
und im Falle man keinen Ueberschufs des letzteren anwendet,
unter sofortiger Abscheidung von Schwefel und dem Ver-
schwinden des Geruchs nach Schwefelwasserstoff; setzt man
mehr Schwefeiammon zu , so wird der Geruch nach Schwefel-
wasserstoff in der Kälte bleibend, um erst beim Erwärmen
rasch zu verschwinden. Um eine möglichst vollendete Reac-
tion zu erhalten, verfuhren wir folgendermafsen :
Eiae ziemlich concentrirte Lösung der Isatin -Schwefel-
säure, etwa 1 Theil Säure auf 5 bis 6 Theila Wasser , wurde
kalt mit Ammoniak bis zur schwach alkalischen Beaction ver-
«
setzt, die Hälfte des Volums der angewandten Säurelösuilg
an Schwefeiammon zugefügt und bis zum Sieden erwärmt«
Die Lösung färbte sich braun von gelöstem Schwefel und
roch stark nach Ammoniak. Wir geizten nun nach und nach
so lange Schwefeiammon zu der kochenden Lösung, bis der
Geruch nach Schwefelwasserstoff ein bleibender wurde. Der
gebildete Schwefel bleibt auf diese Weise ganz in Lösung
und scheidet sich erst beim Wegtreiben des überschüssigen
Ammoniaks durch fortgesetztes Kochen ab. Man kocht so
lange als noch eine Spur Ammoniak entweicht und Gltrirt
dann vom Schwefel ah. Auf diese W^eise erhält man eine
neutrale blafsrolh gefärbte Lösung, welche fast nur aus dem
»
Ammoniaksalz einer neuen S#ure besteht, welche wir Hy--
drindinrSchwefehäure nennen.
Da die Hydriiidin -Schwefelsäure in alkalischer Lösung
durch den Sauerstoff der Luft leicht oxydirt und in die roth-
der Indtgblau- Schwefelsäure. 21
gefärbte Indin- Schwefelsäure übergeht, welche Reaction
sofort eintritt, wenn die letzte schützende Spur Schwefel-
ammon ausgetrieben worden ist, so ist' es zweckmäfsig, das
Ammoniak bei Abschlufs der Luft in einem Kolben wegzu-
kocben; einmal befreit vom überschüssigen Ammoniak ist
wenig Gefahr der Umsetzung mehr vorhanden. Beim Ab-
dampfen der Lösung bis zur Syrupconsistenz erstarrt dieselbe
zu einem weifsen, fein krystallinischen Brei. Man rührt den-
selben mit möglichst wenig eiskaltem Wasser an^ bringt ihn
auf ein Filter und verdrängt mit geringen Mengen kaltem
Wasser die anhängende etwas klebrige Mutterlauge, und er-
hält so fast reines hydrindin-schwefelsaures Ammoniak als
ein schneeweifses , fein krystallinisches Pulver, welches als
schwerer Schlamm auf dem Filter zurückbleibt.
Zur Analyse der Hydrindin- Schwefelsäure zogen wir
vor, uns des Barytsalzes zu bedienen, welches krystallisirt
und bequem rein zu erhalten ist. Man erhält das Barytsalz,
indem man eine Lösung des Ammoniaksalzes mit einem
Ueberschufs einer Chlorbaryumlösung versetzt, in welcher
das neugebildete Barytsalz fast unlöslich ist. Die Lösung er-
füllt sich sogleich mit voluminösen Krystallen des Barytsalzes ;
ist dieselbe verdünnt aber erst nach einiger Zeit, und dann
besonders, wenn die Wandungen des Gefäfses mit einem
Glasstabe gerieben werden. Dasselbe bildet nach dem Trock-
nen ein leichtes, aus glänzenden weifsen Schüppchen beste-
hendes Krystallpulver, welches beim Liegen an der Luft leicht
etwas rötblich wird.
Eine qualitative Schwefelbestimmung durch Schmelzen
des Barytsalzes mit caustischem Kali, bis die Masse weifs
wurde, Lösen, Ansäuern mit Salzsäure und Abfiltriren des
einen Aequivalents BaO, SOg ergab in der klar filtrirten Lösung
noch grofse Mengen Schwefelsäure; es ist also demnach mehr
als 1 Aeq. Schwefel in der Verbindung enthalten.
22 G. u. A. Schlieper, über die Oxydationaproducte
Zur Analyse wurde das Salz bei 100^ getrocknet :
1,575 GmL verloren dabei 0,184 Grm. Wasser.
0,2995 Grm. trockene Substanz binterliefsen beim Verbrennen 0,123
Grm. BaO, SOg = 0,08076 Grm. BaO.
0,290 Grm. trockene Substanz gaben 0,1185 Grm. BaO, SO3 =
0,07783 Grm. BaO.
0,644 Grm. trockene Substanz gaben bei der Verbrennung mit
chromsaurem Blei 0,8048 Grm. CO, und 0,129 Grm. HO.
Aus obigen Zahlen berechnet sich für das getrocknete
Salz die Formel :
BaO, CieHeNO, 2SO3,
wie sich aus dem Vergleiche der berechneten und gefunde-
nen Werthe ergiebt :
berechnet gefunden
BaO 27,27 2^i96"''"^87
C 34,22 34,08 ~
H 2,13 2,22 —
Das krystallisirte Salz enthält 4 Aeq. Wasser \
berechnet gefunden
Wasser 11,37 11,68.
Die Hydrindin- Schwefelsäure würde demnach durch die
Formel :
CieHeNOSOa, SOgHO
auszudrücken sein und eine einbasische Säure darstellen.
Man kann die Säure leicht durch Zersetzung des Barytsalzes
mittelst Schwefelsäure erhalten ; abgedampft trocknet dieselbe
zu einer strahlig - krystailinischen , sehr sauer schmeckenden
Hasse ein , welche sich an der Luft etwas rötUich färbt.
Sie giebt mit den meisten Metalloxyden lösliche Salze, wenig-
stens entstehen durch die Säure oder die Lösung des Baryt*
Salzes keine Fällungen in den betreffenden Salzauflösungen.
Mit salpetersaurem Silber entsteht erst nach Zusatz von Am*
moniak ein weifser unkryslallinischer Niederschlagi sich am
Lichte und beim Kochen schnell zersetzend. Die Säure ist
sehr leichtlöslich in Wasser , weniger leicht in Alkohol und
nicht daraus krystallisirend , unlöslich in Aetber.
der IndigblaU' Schwefelsäure. 23
Am Interessantesten ist die Umwandlung, welche die
Hydrindin-Schwefelsäure durch Oxydation erleidet ; wie schon
oben erwähnt nehmen alkalische Lösungen dieser Säure
begierig den SauerstoflP der Luft auf und verwandeln sich in
Indin-Schwefelsäure. Die Salze der letztgenannten Säure sind
vollkommen unlöslich in fremden Salzauflösungen und scheiden
sich aus diesem Grunde beständig in unlöslicher Form aus.
Versetzt man hydrindinschwefelsauren Baryt heifs mit
überschüssigem kohlensaurem Kali, filtrirt den kohlensauren
Baryt unter Luflabschlufs rasch ab und setzt die wasserklare
Lösung in flachen Gefafsen der Luft aus, so färbt sich die
Oberfläche derselben fast momentan schön roth und überzieht
sich bald mit dicken krystallinischen Häuten von carminrother
Farbe, weiche beim Abnehmen oder Umrühren immer wieder
auf's Neue erscheinen; und wenn man nur Sorge trägt, die
Oberfläche oft zu erneuern, um der Luft freien Zutritt zu
verschaffen, so ist in wenigen Stunden die ganze Menge
der Hydrindin-Schwefelsäure in indinsckwefehaures Kali ver-
wandelt worden. Hydrindinschwefelsaurer Baryt mit ver-
dünntem Ammoniak Übergossen und unter häufigem Umrühren
der Luft ausgesetzt geht bald in prachtvoll rothgefärbten
indinschwefelsauren Baryt über. Es ist nicht einmal erfor-
derlich, dafs die Lösungen der Hydrindin-Schwefelsäure
alkalisch seien, sondern in vollkommen neutralen, sogar sauren
Lösungen findet schon Oxydation statt, wie die rothe Färbung,
welche freie Hydrindin-Schwefelsäure beim Abdampfen an-
nimmt^ ja auch schon andeutet. Eine wässerige vollkommen
reine und klare Lösung des Barytsalzes röthet sich nach und
nach an der Luft, obgleich nur sehr langsam, unter Abschei*
düng roth gefärbter Flocken; viel rascher geschieht diese
Umsetzung, wenn die Lösung beim Zutritt der Luft gekocht
wird, wo sie bald anfängt indinschwefelsauren Baryt in
Menge abzuscheiden.
24 G. u. Ju SchliepeTj über die Oxydationsproducte
Setzt man zu einer alkalischen Lösung der Hydrindin-
Schwefelsäure eine solche von Kaliumeisencyanid , so gesteht
die ganze Flüssigkeit sofort zu einem carminrothen Brei von
indinschwefelsaurem Kali, während gewöhnliches Blotlaugen-
salz in Lösung bleibt. Ebenso erfolgt auch dieselbe Beaction
durch einen vorsichtigen Zusatz von unterchlorigsaurem Na-
tron ; das einmal abgeschiedene Salz widersteht dann , ver-
möge seiner Unlöslichkeit, auch einem Ueberschufs des Oxy-
dationsmittels, setzt man dagegen sofort einen Ueberschufs
des letzteren hinzu , so geht die Oxydation im Entstehungs-
momente direct weiter, und es entstehen anderweitige, farb-
lose und lösliche Producte. Hydrindinschwefelsaure Salze
mit Salpetersäure oder Königswasser erwärmt gehen voll-
ständig in die entsprechenden indinschwefelsauren Salze über,
ohne dafs dabei die Bildung einer Nitroverbindung stattfindet;
wir haben uns sowohl durch Versuche als Analysen davon
positiv überzeugt. Die freie Säure mit einigen Tropfen Sal-
petersäure erwärmt verwandelt sich ebenfalls in die blutroth
gefärbte Indin -Schwefelsäure.
Wir benutzten die eben angeführte Beaction, um gröfsere
Mengen der Indin -Schwefelsäure darzustellen, indem wir
dazu die einen grofsen Ueberschufs von Chlorbaryum ent-
haltenden Mutterlaugen des hydrindinschwefelsauren Baryts
verwandten. Nach Zusatz von Salpetersäure wurden diesel-
ben kochend eingedampft; die Lösung färbte sich dabei an-
fangs schwach rothgelb, bei einem gewissen Concentrations-
grade wurde dieselbe fast plötzlich schwarzroth und in dem-
selben Momente fand eine vollkommene Abscheidung des
neuen Barytsalzes als dunkelrothes voluminöses krystallini«
sches Pulver statt, während durch die plötzlich freiwerdende
latente Wärme die Masse von selbst in heftiges Sieden und
Stofsen gerieth, so dafs geräumige Gefäfse erforderlich sind,
um die Operation auf diese Weise ohne Verlust auszuführen.
I
der IndigblaU' Schwefelsäure. 25
Wir waren im Falle, dieselbe mebreremale mit gröfseren
Mengen hydrindinschwefelsaurem Baryt wiederholen zu müssen,
und modificirten dieselbe auf die Weise, dafs wir die Lösung
nach Zusatz von etwa 5 bis 10 Volumproeenten Salpetersäure
auf dem Wasserbade eindampften und von Zeit zu Zeit «klei-
nere Quantitäten auf einem Uhrglase versuchten^ um den
Punkt zu erkennen, bei dem die Beaction bald erfolgen mufste,
was bei einiger Uebung nicht schwer war. Wir nahmen die
Schale sodann vom Wasserbad und setzten eine kleine
Menge des schon fertig gebildeten Salzes hinzu ^ um die Re-
action einzuleiten, welche dann auch sehr bald vollkommen
und ruhig erfolgte. Die Flüssigkeit erstarrte dabei zu einem ^
fast schwarzrothen seideglänzenden dicken Brei, blasig auf-
getrieben von sich langsam entwickelhUer salpetriger Säure.
Nach dem vollständigen Erkalten filtrirt man den indinschwe-
feisauren Baryt ab und entfernt die Mutterlauge durch Wa-
schen mit kaltem' Wasser. Es bilden sich bei dieser Opera-
9
tion noch kleine Mengen anderer Zersetzungsproducte , die
in der sauren Flüssigkeit gelöst bleiben und dieselbe braun-
gelb färben.
Indinschwefdsaurer Baryt^ BaO, C16H5NO2, 2SO3+ 2aq.
— Man erhält dieses Salz in zwei ganz von einander ab-
weichenden Formen, je nach der Bereitung desselben. Durch
Oxydation mit Salpetersäure erhält man dasselbe von dunkel-
rothbrauner Farbe, ähnlich derjenigen des Bleisuperoxyds,
als ein aus vielen feinen Nadeln bestehendes leichtes Pulver,
Eine ganz andere Farbe zeigt dieses Salz, wenn man es durch
Oxydation der alkalisch gemachten Lösung des hydrindin-
schwefelsauren Baryts darstellt. Wie oben erwähnt ver-
wandelt sich letzterer mit verdünntem Ammoniak Übergossen
an der Luft nach und nach in einen sehr voluminösen kry-
stallinischen Niederschlag. Nach 12 Stunden ist die Um-
setzung in flachen Schalen in der Regel vollendet; man
26 O. u, A. Schlieper, über die Oxt/daiionsproducte
setzt dann Essigsäure hinzu, um eine kleine Menge kohlen-
sauren Baryt aufzulösen, welche sich gebildet hat; das neue
Barytsalz ist darin unlöslich, man filtrirt und süfst mit weni-
gem Wasser aus. Nach dem Trocknen stellt sich das Salz
als ein prächtiges und fein krystallinisches Pulver von einer
schönen und feurigen Carminfarbe dar. Das Salz ist unlös-
lich in barythaltigen Lösungen; ziemlich löslich in reinem
Wasser, aus der wässerigen Lösung scheidet es sich nach
Zusatz von Chlorbaryum in grofsen zusammenhängenden
Flocken sofort wieder aus; dieselben sind aber von viel
hellerer Farbe ^ die wässerige Lösung ist hellroth gefärbt.
Die Verbindung ist unlöslich in Alkohol, ebenso in kalter
Salzsäure, Essigsäure und Salpetersäure, welche das Salz nur
beim Erwärmen^ aber schwierig lösen. Beim Schmelzen mit
Kalihydrat läfst sich mehr als ein Aequivalent Schwefel , auf
ein Aequivalent Baryt nachweisen. Wir haben Analysen so-
wohl von dem dunkelbraunen, als von dem rothen Barytsalz
gemacht und die Zusammensetzung vollkommen übereinstim-
mend gefunden. Zur Analyse wurde das Salz bei 100^ ge-
trocknet :
0,410 Grm. trockene Substanz gaben 0,1639 Grm. BaO, SOg =
0,1077 Grm. BaO.
0,313 Grm- trockene Substanz gaben 0,1275 Grm. BaO, SOa =
0,0837 Grm. BaO.
0,4132 Grm. trockene Substanz gaben 0,1662 Grm. BaO, SO, =
0,1091 Grm. BaO.
0,343 Grm. trockene Substanz gaben 0,1388 Grm. BaO, SOs =
0,09106 Grm. BaO.
0,5442 Grm. trockene Substanz gaben bei der Verbrennung 0,6713
Grm. COj und 0,099 Grm. HO.
0,622 Grm. lufttrockenes Salz verloren bei 100® getrocknet 0,0402
Grm. Wasser.
0,6895 Grm. lufttrockenes Salz verloren bei 100® getrocknet 0,0445
Grm. Wasser.
der IndigblaU' Schwefelsäure. 27
Aus diesen Zahlen berechnet sich für das bei \(Xfi gfe-
trocknete Salz die Formel :
BaO, CiflHsNOa, 2 ßO«
berechnet gefunden
BaO 26,60 26,27 26,74 26,4 26,54
C 33,39 33,64 — ~ —
H 1,74 2,02 — — —
Für das krystallisirle Salz :
BaO, CjeHßNOj, 2 öOs + 2 aq.
berechnet gefunden
2 HO 5,89 6,46 6,46.
Indinachwefebaurea Kali^ KO, CieHöNOj, 2 SO3 + 5 aq.
— Man kann dieses Salz leicht auf verschiedene Weise er-
halten und zeigt es in der Färbung ein ähnliches Verhalten,
wie das Barytsalz. Durch Oxydation der hydrindinschwefel-
sauren Kalilösung an der Luft oder durch rothes Blutlaugen-
salz erhält man es als einen carminrothen voluminösen Nie-
derschlag, vollkommen unlöslich in kalihaltigen Lösungen.
Versetzt man dagegen eine heifse Lösung der Indin-Schwefel-
säure mit einem Ueberschufs irgend eines Kalisalzes, Chlor-
k0lium z. B., so krystallisirt das Salz beim Erkalten in fast
metallisch glänzenden verflizten Nadeln von tief dunkelrother
Farbe, welche so voluminös sind, dafs sie die ganze Flüssig-
keit erfüllen. Trocken bildet das Salz eine leichte Hasse,
zu einem Pulver zerreiblich, welches in Farbe der zerrie-
benen Cochenille vollkommen ähnlich ist. Das Salz löst sich
in etwa 8 bis 10 Theilen Wasser mit blutrother Farbe.
0,2135 Grm. bei IW getrocknetes Salz gaben 0,0715 Grm. KO, SOg
= 0,0386 Grm. KO.
0,213 Grm. bei 100<> getrocknetes Salz gaben 0,072 Grm. KO, SOg
= 0,0388 Grm. KO.
1,2950 Grm. lufttrockenes Salz yerloren bei 100° getrocknet 0,1845
Grm. HO.
1,227 Grm. Infttrockenes Salz yerloren bei 100° getrocknet 0,176
Grm. HO.
28 G, u. A. Schlieper^ über die Oxydationsproducte
Hieraus berechnet sich für das trockene Kalisalz die
Formel :
KO, CieHjNOg, 2 SO,
berechnet gefanden
KO 18,21 18,09 18,21.
Für das krystallisirte Salz :
KO, CißHßNOj, 2 SOs + 5 aq.
berechnet gefunden
HO 14,85 . 14^24"^^"1^4.
Indinschwefelsaures Silber y AgO , CieHsNOg , 2 SO3. —
Man erhält dieses Salz am besten durch Vermischen einer
Lösung der freien Indin - Schwefelsäure mit überschüssigem
salpetersaurem Silber, denn dieses Salz theilt mit allen an-
deren indinschwefelsauren Salzen die Eigenschaft, in Salz-
auflösungen unlöslich zu sein. Es scheidet sich in kleinen
braunrothen und voluminösen Nadeln ab. Wir stellten diese
Verbindung zuerst aus dem Kalisalze dar, durch die Analyse
ergab sich aber bald, dafs wir es nur mit einem Gemisch
von Silber- und Kalisalz zu thun hatten ; durch die Unlöslich-
keit der indinschwefelsauren Salze in jeder Salzauflösung ist
die Darstellung derselben durch doppelte Zersetzung wohl
unmöglich. Das bei 100^ getrocknete Salz wurde der Analyse
unterworfen :
0,4346 Grm. trockene Substanz gaben 0,1892 Grm. AgCl = 0,1425
Grm. Ag.
0,547 Grm. trockene Substanz gaben mit chromsaurem Blei ver-
brannt 0,589 Grm. CO, und 0,0781 Grm. HO.
Aus diesen Werthen ergiebt sich für das Silbersalz fol-
gende Zusammensetzung :
AgO, CjßHjNO,, 2 SOs.
berechnet gefunden
Ag 33,02 32,76
C 29,36 29,36
H 1,53 1,58.
i
der Indiffblau- Schwefelsäure. 29
Die Indin - Schwefelsäure läfst sich aus dem Barytsaize
durch Zersetzung desselben mit Schwefelsäure darstellen,
und zwar erfolgt dieselbe bei der rothen Modification viel
leichter^ als bei der braunen; bei letzterer mufs man anhal-
tend mit Schwefelsäure kochen, um eine vollkommene Zer-
setzung zu Wege zu bringen. Man erhält die Säure als eine
tief dunkelrothe Flüssigkeit von stark färbender Kraft; die
Farbe ist ähnlich derjenigen des Schwefelcyaneisens. Beim
Abdampfen erhält man einen Syrup, der nach einiger Zeit
krystallinisch erstarrt; die Säure ist schwerlöslijch in Alkohol,
Aether fäUt die alkoholische Lösung in rothen Flocken. Die
wässerige Lösung färbt Wolle und Seide scharlachroth.
Die Säure scheint fast mit allen Metalloxyden lösliche
Salze zu bilden; dieselben entstehen leicht, wenn man die
Säure mit der betreffenden Metalloxydlösung im Ueberschufs
mischt. Das Kupfer-, Blei-, Kalk- und Ammoniaksalz kry-
stallisiren in feinen J)raunrothen wolligen Nadeln; letzteres
entstebt durch Vermischen mit einer Salmiaklösung und hat
grofse Aehnlichkeit mit dem Kalisalze. Beim trockenen Er-
hitzen der Salze sublimirt eine schönrothe krystallinische
Substanz» unter Verbreitung eines characteristischen Geruchs,
ähnlich demjenigen des sublimirenden Indigoblau's.
Versetzt man Indin -Schwefelsäure mit caustischer Kali-
oder Natronlösung im Ueberschufs, so entsteht Anfangs eine
violettrothe Farbe , welche beim Erwärmen sofort, aber auch
schon in der Kälte nach einigem Stehen verschwindet, um
blafsröthlich , fast farblos zu werden. In einer ähnlichen
Weise verhält sich auch das Barytsalz; mit überschüssigem
Barytwasser gekocht löst es sich mit blafsröthlicher Farbe
auf. Setzt man nun zu einer dieser entfärbten Lösungen
irgend eine stärkere Säure , z« B. Salzsäure, so färbt sich
dieselbe sofort gelb ; erwärmt man zum Sieden , so tritt auf
einmal die dunkelrothe Färbung der Indin -Schwefelsäure
30 G. tt. -4. Schliepery über die Oocydationsproducte
wieder ein und fast momentan beginnt auch die Abscheidung
des Kall- oder Barytalzes. Wir haben es hier unzweifelhaft
mit derselben interessanten Umwandlung zu thun, durch
welche Isatin in Isatinsöure, einbasische Isatinschwefelsäure
in die zweibasische Säure verwandelt wird^ indem die Indin-
Schwefelsäure, angeregt durch einen Ueberschufs von Base,
Wasser aufnimmt und sich in eine andere Säure verwandelt.
Es gelang uns nicht, die neue Säure oder deren Salze in
krystallinischer Form zu erhalten; dieselben trocknen za
einer gelblich gefärbten Hasse ein» Alle Säuren färbten
dieselbe lebhaß gelb, beim Erhitzen in Indin - Schwefelsäure
übergehend ; Essigsäure ist eben so wenig wie bei- der Isatin-
Schwefelsäure im Stande, die Ueberfährung zu bewirken.
Alkohol fällt die Lösung des Barytsalzes in strohgelben sehr
voluminösen Flocken, welche zu einer hellbräuniichen hom-
artigen Masse eintrockneUi Da die Zusammensetzung des
Körpers, welchen Laurent Flavindin nennt, einer Verbin*
düng von Indin mit einem Aequivalent Wasser entspricht^
so lassen wir dahingestellt sein, ob die eben erwähnte Säure
nicht eine gepaarte Verbindung dieses Körpers mit Schwefel-
säure, also Flavindin-Schwefelsäure sei.
Durch Reduction mit Schwefelwasserstoff entsteht aus
der Indin -Schwefelsäure wiederum Hydrindin*Schwefelsäure,
und nichts ist leichter, als durch Oxydation oder Reduction
die eine dieser Säuren in die andere zu verwandeln. Be«
handelt man eine heifse Lösung der Indin<-Schwefelsäure mit
Schwefelwasserstoff, so findet sehr langsam, unter Absoheif
düng von Schwefel, eine Entfärbung statt; fast augenblicklich
erfolgt die Einwirkung, wenn man eine ammoniakaliscbe Lö^
sung der Säure mit Schwefelwasserstoff behandelt, oder
Schwefelammon zu derselben setzt; nach dem Wegkochen dei)
Airimoniaks und Abfiltriren des Schwefels erhält man eine
farblose Lösung des hydrindinschwefeisauren Ammoniaks,
der IndigMau- Schwefelsäure, 31
welche nach Zusatz von Chlorbaryum eine reichliche Krystal-
lisation von hydrindinschwefelsaurem Baryt liefert. Zink be-
wirkt ebenfalls in der angesäuerten Lösung der Indin-
Schwefelsäure Entfärbung und Beduction, obgleich langsam.
Indin-Schwefelsaure und zwei Aequivalent Schwefelwasser-
stoff geben Hydrindin- Schwefelsäure, zwei Aeq. Schwefel
und Wasser :
C^eHflNOgSOa, 80,H0 + 2 SH = CigHeNOSOa, SOjHO + 2 8 + HO.
Nimmt man an, dafs, nach Analogie des Indigoblau*s und
Isatins, bei der Verbindung derselben mit Schwefelsäure ein
Aequivalent Wasser austritt, und nehmen wir die Formel
Laurent's für Flavindin CieHeNOa als richtig an, so müfste
unsere neue Säure eigentlich als Flavindin - Schwefelsäure
betrachtet werden : deHeNOa 4- 2 SOs = C16H5NO2 , 2 SOs
-{- HO. Die physischen Eigenschaften, die Färbung vor allem,
hat dagegen eine solche Uebereinstimmung mit dem Indin,
dafs wir sie nur als eine Verbindung dieses Körpers mit
Schwefelsäure ansehen können , trotzdem dafs in diesem Falle
die Säure 1 Aeq. HO zu viel enthalten würde oder aus Indin
4* 2 SOs ohne Wasseraustritt entstände. Die Indin-Schwefel-
säure unterscheidet sich von der Indigblau-Schwefelsäure nur
durch i Aeq. Wasser, was die erstere mehr enthält :
Indigblau-Schwefels&ure = CieH4N0, SO«, SOgHO
Indin -Schwefelsäure = CieHgNOj, SOg, 80,H0.
Wir betrachten den Zusammenhang der Hydrindin- und
Indin-Schwefelsäure in ähnlicher Weise, wie denjenigen des
weifsen und blauen Indigo's, nämlich die erstere als eine
Wasserstoffverbindung der letzteren, und haben demgemäfs
den Namen derselben von der Indin-Schwefelsäure abzuleiten
gesucht, ohne Rücksicht auf das Hydrindin Laurent's,
welches nur eine Wasseraufnahme des Indins bedingt. Lau-^
rent giebt dem Indin die Formel : C88H10N8O4, welche jeden-
falls halbirt werden mufs, wenn man nicht annehmen will,
32 O. u. A, Schliepery über die Oxyddtionaproducte
dafs sich 4 Aeq. SOs mit 1 Aeq. Indin verbinden^ um 2 Aeq.
Indin - Schwefelsäure zu bilden. Möglicherweise giebt sogar
ein genaueres Studium der Indin - Schwefelsäure und ihrer
Derivate den Schlüssel zur besseren Erkenntnifs der direet
aus dem Isatyd entstehenden Verbindungen, welche bei wei-
tem noch nicht hinreichend aufgeklärt sind.
Wir können die Indin - Schwefelsäure nicht verlassen,
ohne noch der dicken syrupartigen Mutterlauge zu erwähnen,
welche vom rohen hydrindinschwefelsauren Ammoniak ab-
filtrirt wurde. Dieselbe enthält andere Körper , welche aber
den Reactionen nach im Zusammenhang mit der Indin-Schwe-
felsäure stehen. Kocht man die Mutterlauge mit kohlensaurem
Baryt, bis alles Ammoniak als kohlensaures Ammoniak ver-
jagt worden ist^ und überläfst die stark eingedampfte bräun-
lich gefärbte Lösung sich selbst, so krystallisirt aus derselben
nach einiger Zeit ein Barytsalz in harten weifsen Krusten.
Dasselbe ist in alkalischer Lösung an der Luft unveränderlich,
wodurch es sich vom hydrindinschwefelsauren Baryt unter-
scheidet, giebt aber mit Salpetersäure stark eingedampft eine
ähnliche Reaction, wie letzterer , obgleich viel träger und
langsamer; es scheidet sich dabei ein Barytsalz als gelatinöse
rothbraune Masse ab, welche Aehnlichkeit mit indinschwefel-
saurem Baryt hat, uns aber nicht als identisch mit demselben
erschien. Beim Trocknen bei 120^ verlor das Salz 15,73 pC.
HO und nach zwei übereinstimmenden Analysen des bei 120^
getrockneten Salzes wurden 21,4 bis 21,5 pC. Baryt, also
1 Aeq. BaO auf 6,2 Aeq. HO erhalten. Es berechnet sich
hieraus ein Atomgewicht, welches bedeutend höher ist, als
dasjenige der bisher untersuchten Säuren; Mangel an Sub-
stanz verhinderte uns, die Untersuchung dieser Verbindung
zu vollenden.
Bei den ersten Darstellungen des indinschwefelsauren
Baryts benutzten wir die Mutterlaugen des hydrindinschwefel-
der Indiffblau^ Schwefelsäure. 33
sauren Baryts , welche jedenfalls oben angedeutete Verbin-
dungen enthielten; wir oxydirten dieselbe mit Salpetersäure
und erhielten rothe Niederschläge von durchaus wechselndem
Barytgehalt. Bei den Analysen der getrockneten Verbin-
dungen wurden 26,57 pC; 27,51 pC; 38,99 pC. und 46,55
pC/ Baryt erhalten. Diese Barytsalze wurden gemeinsam mit
Schwefelsäure zersetzt und Kalisalz daraus bereitet; letzteres
gab bei zwei Verbrennungen, einmal 38,67 pC. C und 1,88
pC. H, das anderemal 39,13 pC. C und 1,91 pC. H, also ein
relatives Aequiyalentverhältnifs von Kohlenstoff zum Wasserstoff
wie 16 : 4V8, während dasjenige des Kalks zum Kohlenstoff
1 : 16,7 betrug; ein Beweis, dafs sich noch andere rothe
Körper bildeten, welche die Indin-Schwefelsäure verunreinigen
und begleiten können. Wir erhielten erst constante und reine
Verbindungen der letzteren, als wir uns zur Darstellung der-
selben des reinen und krystallisirten hydrindinschwefeisauren
Baryts bedienten.
Wir haben schliefslich noch einer dritten Säure zu er-
wähnen, welche dem Reductionsprocefs der Isatin-Schwefel-
säure mit Schwefelammon ihr Entstehen verdankt. Wir er-
hielten dieselbe vor der Auffindung der beiden vorhergehen-
den Säuren und haben dieselbe mehreremale auf folgende
Weise dargestellt : Isatin - Schwefelsäure wurde mit über-
schüssigem Schwefelammon kochend reducirt und der Schwefel
abfiltrirt; statt nun wie bei der Bereitung der Hydfindin-
Schwefelsäure zum Syrup abzudampfen, wurde sofort ein
Ueberschufs von caustischem Baryt zugesetzt und durch
Kochen alles Ammoniak vertrieben, durch Kohlensäure der
Ueberschufs des Baryts entfernt und die klare gelbliche Lö-
sung stark eingedampft. Rasch eingetrocknet bildete die-
selbe eine spröde glänzende und gummiartige Masse; blieb
die concentrirte Lösung dagegen mehrere Tage sich selbst
überlassen stehen, so brystallisirte dieselbe in weifsen, dem
Axmal. d. Chem. u. Pharm. CXX. Bd. 1. Heft. 3
34 O. u. A. Schlieper^ über die Oxydationsproducte
Getäfse fest anhaftenden Krusten. Dieselben wurden durch
Umkrystailisiren in harten, klaren , farblosen und äufserst
glänzenden Krystallen erhalten und bildeten so das Barytsalz
einer neuen Säure» welche wir yorläuBg Leucmdin- Schwefel''
säure nennen wollen.
Beim Trocknen des Salzes in höherer Temperator findet
unter Wasserveriust eine Zersetzung desselben statt; dasselbe
färbt sich dabei roth und bei einer Temperatur von 180 bis
200^ fast schwarzroth ; übergiefst man dasselbe mit Wasser,
so bleibt ein donkelrothbraunes Pulver ungelöst zurück,
weiches indinsehwefelsanrer Baryt zu sein scheint, während
die abfiltrirte farblose Lösung wiederum ein weifses Barytsalz
krystallinisch abscheidet.
Im Wasserbade getrocknet verliert das Salz 11,7 pC.
und bei einer Temperatur von 110 bis 120^ 14,3 pC. Wasser,
bei welcher Temperatur jedoch die eintretende rothe Farbe
eine beginnende Zersetzung anzeigte. Da das Salz bei hö-
herer Temperatur nicht gut von constanter Zusammensetzung
erhalten werden konnte, so zogen wir vor, die Analysen mit
dem lufttrockenen krystallisirten Salze vorzunehmen :
0,593 Grm. Substanz gaben 0,2005 Grm. BaO, 80,= 0,1316 Grm. BaO.
0,634 „ „ , 0,2135 „ « „ 0,1402 „ n
0,7089 Grm. Substanz gaben mit chromsaurem Blei yerbrannt 0,7245
Grm. CO, und 0,3365 Grtn. HO.
0,6133 Grm. Subutanz gaben 0,6335 Grm. CO, und 0,3207 Grm. HO.
Aus diesen Zahlen berechnet sich die Formel :
BaO, C^eHiaNOft, 2 00,
berechnet geftmden
BaO 22,27 22,19 23,09
C 27,94 27,S7 28,16
.H 8,78 8,71 8,99.
Bei iOO<» getrocknet vertor dfts SaisB 11,65 pC. HO, bei
120<^ 14^ pC. HO. ^ Wir nehmen in dem Salze 5 Aeq.
der IndtgbhU' Schwefeliäure. 35
Wasser an; 4 Aeq. Wasser würden 10,7 pC. und 6 Aeq.
. Wasser 15,3 pC. HO ausmachen.
bereohnet geftinden
5 Aeq. HO 13,1 (11,65 bis 14,3)
Im Mittel 12,97 pG.
Es ist dieses eine Annahme^ welche den Beobachtungen
am nächsten liegt.
Der leucindinschwefelsaure Baryt wfire demnach durch
die Formel :
BaO, CieHgNOa, 2 SO» + 5 aq.
auszudrucken und die Säure selbst hätte demnach die Zusam-
mensetzung der äydrindin-Schwefelsäure -j- 2 Aeq. Wasser.
Durch Zersetzen des Barytsalzes mit Schwefelsäure erhält
man die neue Säure als eine farblose Flüssigkeit^ zu einer
weifsen krystallinischen Masse eintrocknend. Dieselbe ist
schwerlöslich in Alkohol, sehr leichtlöslich in Wasser und
von stark saurem Geschmack. Von der Hydrin din-Schwefel-
s'äure unterscheidet sich diese Säure dadurch, dafs ihre alka-
lischen Lösungen weder durch den Sauerstoff der Luft, noch
durch Oxydationsmittel roth werden und in Indin - Schwefel-
säure übergehen. Salpetersanres Silber giebt mit dem Baryt-
salze keine Fällung; nach Zusatz von Ammoniak entsteht ein
weifser flockiger Niederschlag , der beim Erwärmen schnell
braun wird. Essigsaures Blei giebt keinen Niederschlag. Mit
Salzsäure oder Salpetersäure gekocht färbt sich die Lösung
des Barytsalzes gelblich und erst beim vollständigen Eintrocknen
der Lösung findet eine Reaction stalt, wodurch indinschwefel-
saurer Baryt entsteht. Mit Kalilauge erwärmt entsteht keine
Veränderung.
3*
36 Linnemann, Untersuchung
Untersuchung über das Cyansulfid;
von F. linnemann.
Die Suifocyansäure wird von der Typentheorie dem
Typus Wasser zugerechnet. Man stellt sie dar durch die
Formel: t7|&9 welche anzeigt, dafs dieser Körper Schwefel-
wasserstoff sei, in dem ein Atom Wasserstoff durch das Ra-
dical Cyan ersetzt ist.
Es sind bis jetzt keine Versuche veröffentlicht , welche
bezwecken, auch das zweite Atom Wasserstoff durch dasselbe
Radical zu ersetzen und so das Anhydrid der Suifocyansäure
darzustellen. Und doch ist diese. Substitution leicht ' auszu-
führen durch dieselbe allgemeine Methpde, welche, gewöhn-
lich angewendet wird, wasserfreie Säuren darzustellen, näm-
lich durch Einwirkung des Chlorids, Bromids oder Jodids des
Säureradieales auf ein Salz der Säure selbst.
Ich habe mich mit Vortheil des Jodcyans^J und Sulfo-
cyansilbers bedient; die glatte Reaction, wobei nur Jodsilber
und Cyansulfid gebildet wird , geht schon bei gewöhnlicher
Temperatur in kurzer Zeit vor sich, nur ist es nothwendig,
dafs man Jodcyan und Sulfocyansilber im Zustand der
Trockenheit möglichst innig mische. *
Da eine mechanische Mischung der beiden festen Körper
unmöglich ist, mi|fs man eine ätherische Jodcyanlösung mit
der entsprechenden Menge Silbersalz unter fortwährendem
*) Jodcyan läfst sich leicht in gröfseren Mengen darstellen, wenn
man zu trocknem', fein geriebenem Cyanqnecksilber die doppelte
Gewichtsmenge in Aether gelösten Jods giebt. Unter starkem
Erhitzen ist die Umsetzung fast sogleich beendigt. Man yerdampft
die ätherische Jodcyanlösung und das 'so erhaltene Jodcyan kann
durch nochmaliges Lösen and Verdampfen ypn etwas Jodqueck-
silber befreit werden, welches ihm in geringer Menge von dieser
ersten Operation beigemengt ist.
über das Cyansulfid. 37
«
Kmrühren auf einem warmen Sandbade verdunsten und
namentlich so lange das Gemengie noch breiig ist heftig zu-
sammenreiben ; man erhält so ein feines, gleichmäfsiges, etwas
zusammenklumpendes Pulver^ welches in kleine verschlossene
Gläschen vertheilt sich drei oder vier Stunden selbst über-
lassen bleibt.
.Um das entstandene Cyansulfid vom beigemengten Jod-
Silber zu trennen, kann man es entweder sublimiren und so
ein Viertel, öder mit siedendem Schwefelkohlenstoff ausziehen
und so zwei Drittel der gebildeten Menge erhalten. Bei Be-
folgung des letzteren Weges wird die . durch einen warm
gehaltenen Trichter rasch filtrirte siedende Lösung durch Ver-
dunstung oder besser durch Kaltstellen einige Grade unter
Null gebracht, die Mutterlauge von den Krysiallen abgegossen
and das Product über Schwefelsäure im Vacuüm vollständig
von Schwefelkohlenstoff befreit.
Das so dargestellte Cyansulfid ist völlig rein, ohne Bei-
mengung von Jod oder Silber. Seine Analyse ergab folgende
Resultate : *
I. Aus Scbwefelkohlenstoff krystallisirt : 0,1035 Grm. mit NO5 im
geschlossenen Rohre bei 150** oxydirt gaben 0,2873 Grm.
BaO, SOs-
0,1191 arm. gaben 0,63 Grm. PtCl,, NH4CI.
0,349 Grm- gaben 0,3643 Grm. CO,.
n. Sublimirt : 0,1873 Grm. gaben 0,518 Grm. BaO, SOs-
0,2762 Grm. gaben 1,4597 Grm. PtClg, NH4CI.
III. Aus einer yerdunsteten Aetherlösung : 0,0997 Grm. gaben 0,2759
Grm. BaO, SOg.
Woraus sich <
3rgiebt :
•
Gefunden
,
L
"""■jiT"^
ni.
Berechnet : CjgS
C 28,47
—
•
€2 28,57
N 83,17
33,29
Ns 38,33
S 38,09
37^96
37,97
ß, 38,ia
38 Linnemann^ ürUersuckung
Das Cyansuliid oder Sulfocyansfiureanhydrid stellt wasser-^
klare rhombische Tafeln oder längere dünne Blüttcben dar,
welche einen starken, dem Jodcyan ähnlichen Geruch besitzen
und sich an der Luft langsam^ aber vollständig veiflüchtigen.
Eine Temperatur von 30 bis 40^ genügt , um es in kleinen,
das Licht stark brechenden dünnen Blättchen zu sublimiren.
Diese rhombischen Täfelchen sind oft von zwei Seiten abge-
stumpft oder viere an einer. solchen Ecke zu einem Kreuze
verwachsen. Auf 60^ erhitzt schmilzt es zu einer klaren
farblosen Flüssigkeit, die beim Erkalten von Neuem zu einer
weifsen, schönkrystallinischen Masse erstarrt. Längere Zeit
auf seinem Schmelzpunkt erhalten oder darüber erhitzt zer-
setzt es sich rasch, zumal unter Einflufs der Feuchtigkeit der
Luft, indem eine gelbe Materie entsteht. In einer Flamme
entzündet verbrennt es mit Cyanfärbung ohne Rückstand.
Das Cyansulfid ist schwerer als Schwefelkohlenstoff; es
wird von Aether, Alkohol und Wasser gelöst und krystallisirt
aus den heifs übersättigten Lösungen beim Erkalten leicht und
oft sehr schön. •
Concentrirte Schwefelsäure löst es in der Kälte ohne
Zersetzung, welche beim Verdünnen dieser Lösung mit Was-
ser sogleich stattfindet. Salpetersäure und Salzsäure zerstören
es schon in der Kälte sehr leicht. Aus Jodkalium scheidet
es Jod aus, aus wässerigem Cyankalium entwickelt es Blau-
säure, weder Jod noch Jodcyan verändei'n es in irgend einer
Weise. Hit schmelzendem Kalihydrat entwickelt es unter
Bildung von Kohlensäure, Schwefelkalium und Schwefelcyan-
kalium Ammoniakgas, ohne dafs Cyankalium entsteht. Kalium
greift es unter starker Wärmeentwickelung lebhaft an, indem
Cyankalium und sulfocyansaures Kalium entsteht.
Alkoholische Kalilösung veranlafst die Bildung von cyan-
saurem un^ sulfocyansaurem Kalium; die Zersetzung findet
nach folgender typischen Gleichung statt :
über das Cyanstdfid. 39
Die Einwirkung des Schwefelwasserstoffs, des Schwefel-
kaliums und des freiwerdenden Wasserstoffs auf Cyansuliid
bietet defshalb ein besonderes Interesse dar, weil die Zer-
setzungsproducte des Cyansqlfids in diesen drei Fällen die-
selben sind , nämlich Bls^usäure und Sulfocyansäure. Der
Schwefel des Schwefelwasserstoffs oder Schwefelkaliums tritt
nicht mit in die Umsetzung etn, sondern wird in Freiheit
gesetzt.
Zur näheren Feststellung dieser Reactionen wurden fol-
gende Bestimmungen ausgeführt :
»
1) 0,31 Gnn. CygS wurden in Wasser gelöst und mit Essigsäure
und Zink behandelt ; man erhielt 0,70 Grm. eines Gemenges
von CyAg -\- CjAgS, welches 15,4 pC. Schwefel enthielt
2) 0,47 Grm, CjsS wurden in wässeriger Lösung mit H^B behan-
delt; man erhielt 0,13 Grm. eines . Gemenges von CyAg
+ CyAgS, welches 16,01 pC. Schwefel enthielt. Die
Menge des ausgeschiedenen Schwefels betrug 0,17 Grm.
(Getrocknetes H^S giebt mit trockenem Cyi^S unter starker
Erhitzung dieselben Producte.)
3) 0,53 Grm. CyjS wurden mit einer äquivalenten Menge alkoho-
lischer KgS-Lösung zersetzt; die Lösung enthielt nur Oyan-
kalium und sulfocyansaures Kalium; die Menge des nieder-
gefallenen Schwefels betrug 0,19 Grm.
Aus diesen Zahlen ergiebt sich , dafs sich die Umsetzungen
gleicher Molecüle dieser Körper mit einem Holecul Cyansulfid
durch folgende analoge Gleichungen ausdrücken lassen :
1) Cys» + Hs = CyH -h CyH, ß.
^ 2) CygS + Hgö = CyH -f CyH, S + S.
3) CygS 4- KjS = CyH + CyK, 8 + S.
Man hätte erwarten sollen, dafs das Scbwefelkalium in
demselben Sinne einwirke, wie das Kalihydrat^ und dafs nur
Sulfocyankalium entstehe, nach der typischen Gleichung :
^^. + lY - ?l8 + ?1«.
Hl
Hl
4ß Linnemann, Untersuchung
Statt dessen eliminirt Schwefelwasserstoff oder Schwefel-
kaliom seinen Schwefel und wirkt genau wie der freiwerdende
Wasserstoff und Kalium.
Analog .dem Schwefelwasserstoff addirt sich ein Molecul
Cyansalfid direct zu zwei Moleculen Ammoniak unter Bildung
eines Ammoniumsulfids. Man hat :
:}» «'^''* S: h}8 -d g}8 ^"^ ^: §)»•
Man erhält dieses Cyanammoniurosulfid als ein in Aether
unlösliches krystallinisches Pulver beim Einleiten von sorg-
fältigst getrocknetem Ammoniakgas in eine ätherische Lösung
des Cyansülfids. Es löst sich in reichlicher Menge in abso-
lutem Alkohol 9 aus welcher Lösung es durch ein zehnfaches
Volum Aether von Neuem krystalliniscb gefällt wird; es zieht
begierig Feuchtigkeit aus der Luft an und zerfliefst. Seine
alkoholische Lösung krystallisirt über Schwefelsäure in grofs-
krystalHnischen Krusten. Es schmilzt ohne Zersetzung bei
94^ Trocken mit ätzenden oder kohlensauren Alkalien zu-
sammengerieben entwickelt es reichlich Ammoniak; seine wäs-
serige Lösung enthält alsbald Sulfocyanammonium und wahr-
scheinlich Cyanamidt' Schwefelwasserstoff verändert es nicht.
Ganz rein konnte dieser Körper jedoch nicht erhalten
werden, da neben ihm gleichzeitig die Bildung einer gerin-
gen Menge von Cyanamid beobachtet wurde , welches die
ätherische Lösung enthielt; das gleichzeitig in Folge dieser
nebenher laufenden Reaction gebildete Sulfocyanammonium
mufs also das Cyanammoniumsulfid verunreinigen , da es wie
dieses unlöslich in Aether ist. Es konnte auch nicht davon
getrennt werden.
Hier die unmittelbaren analytischen Resultate des in
Aether unlöslichen Productes :
I. Aus alköhoHsclier LöBtmg mit Aether gefällt (fast ganz rein) :
0,1224 Grm. gai>«n 0,2589 arm. BaO, SO,.
0,2709 Grm. gaben 0,2027 Grm. C0£ und 0,1339 Grm. HO.
über das Oyamutfid. 41
n. Directes Product : 0,1302 Grm. gaben 0,2860 Grm. BaO, SO«.
0,202 Grm. gaben 0,4462 Grm. BaO, SO,.
0,1719 Grm. gaben 0,121 Grm. CO, und 0,0932 Grm. HO.
0,2028 Grm. gaben 76 GC. Stickstoflf. bei 140,5 und 769"™.
0,1462 Grm. entwickelten beim Kochen mit Kali 0,04453 NEg.
Woraus man herleitet :
in. berechnet auf ^yj^^^^
— €, 20,34
— N4 47,46
— He 5,09
30,30 S 27,11.
Stellt man bei Betrachtung der gefundenen und berechneten
Werthe einen Vergleich zwischen der procentischen Zusam-
mensetzung des Cyanammoniumsulfids und des Sulfocyaham-
moniums an^ so kann man für die Abweichung namentlich bei
der offenbar unreineren Substanz II nicht verfehlen, die natür-
liche Ursache in einer Beimengung von letzterem zu finden.
I.
n.
c
20,40
19,98
N
—
43,88
H
5,49
6,12
S
29,04
30,14
Cy,(NH8)2S
CyNH^S
Gg 20,34
€
19,35
N4 47,45
N«
22,56
Hfl 5,09
H4
7,46
6 27,11
ft
51,61.
Die im Eingange beschriebene Reaction des Jodcyans
auf Sulfocyansilber ist nicht die einzige^ bei der Cyansulfid
gebildet wird^ sie eignet sich jedoch am besten zur Darstel-
lung. Hier seien noch einige andere Beactionen erwähnt,
wie JdsB auf CyAg, oder CI3S auf CyHg und JdCy auf Agg^.
Wenn die erstere Reaction mit derjenigen des Chloracetyls
auf essigsaures Kalium zu vergleichen ist, so sind letztere
mit der Einwirkung von Salzsäure oder Chloracetyl auf
Schwefelsilber zusammenzustellen. Man hat :
(Cl, OäO), +||jS = 2ClAg und |»HsoI*-
Und :
(JCy), +l|lS = 2JAg und ^jß.
42 LinnemanTif Untersuchung
Weiter oben habe ich der Löslichkeit des Cyansulfids in
Wasser erwähnt; hier mufs ich nun hinzufügen, dafs sich
diese Lösung sehr rasch zersetzt. Selbst die Feuchtigkeit der
Luft genügt^ trockenes Cyansulfid, sei es für sich aufbewahrt,
oder in Schwefelkohlenstoff gelöst, in ähnlicher Weise um-
zuwandeln.
Bei dieser Zersetzung entsteht stets ein gelbes oder
Orangeroth gefärbtes Pulver, dessen Aehnlichkeit mit dem
Pseudoschwefelcyan mich zu einer vergleichenden Untersuchung
beider veranlafst hat.
Das Pseudoschwefelcyan wird von der Mehrzahl der
Chemiker nach Laurent und Gerhardt als Persulfocyan-
säure angesehen, in der i Atom Wasserstoff durch Cyan er-
setzt sei, und für welche Ansicht alle Analysen am meisten
sprechen, zumal Laurent's Analyse, welcher zuerst zeigte,
dafs das rohe Pseudoschwefelcyan Persulfocyansäure enthalten
könne, und ein Product analysirte, welches davon frei war.
Dafs dieses rohe PseudoschwefelcyiEin ein Gemenge verschie-
dener Körper sei, ist schon ziemlich lange vermuthet worden,
dafs man ihm aber thatsächlich solche Mengen freien Schwefels
und Persulfocyansäure entziehen kann, wie mir diefs die
Untersuchung verschiedener Pseudoschwefelcyane gezeigt hat,
ist recht auffallend und beweisend.
Vorläufig will ich nur mittheilen, dafs ein mittelst Sal-
petersäure dargestelltes Pseudoschwefelcyan auf 4,49 Grm.
rohes Product 2,55 Grm. in siedendem Wasser löslicher, schön
krystallisirter Persulfocyansäure, 0,1 Grm. in Schwefelkohlen-
stoff löslichen Schwefels und 1,82 Grm. Rest ergab. Der so
gereinigte Rest scheint sich in seiner Zusammensetzung den
L a u r e n tischen Analysen zu nähern. Nicht ohne Belang ist
ferner ein sehr häufiger Kaligehalt des Pseudoschwefelcyans ;
so ergab dasselbe mittelst Salpetersäure dargestellte Product,
welches mit der gröfsten Sorgsamkeit mit kaltem Wasser
über das Cycmsulfid, 43
gewaschen worden, auf 6,2 Grm. 0,091 Grm. unverbrenn-
lichen Rückstands, der aus Kalisalzen bestand.
Der oben erwähnte gelbe Körper, der sich bei der Zer<-
Setzung des Cyansulfids in seiner wässerigen Lösung gleich-*
zeitig mit etwas Schwefel niederschlägt, stellt von diesem
gereinigt ein hellgelbes, geruchloses, stark electrisches Pulver
dar. Seine Eigenschaften sind fast ohne Ausnahme dieselben,
welche man vom Pseudoschwefelcyan angeführt hat, nur dafs
es beim Glühen, wobei Wasser und Sulfocyansäure entweichen,
anstatt des hellgelben Hellons einen eigenthümlichen roth-
braunen Körper hinterläfst. Seine Analyse ergab namentlich
im Kohlenstoffgehalt eine auffallende Abweichung von der Zu-
sammensetzung des PseudoschwefelcyanS; und läfst sich keine
einfache Formel Tür ihn annehmen.
Die Analyse ergab :
I. Aus 0,0838 Grm. 0,8302 Grm. BaO, SOg.
0,2016 Grm. 0,1192 COg und 0,0236 Grm. HO.
0,1615 Grm. 0,2777 Pt.
IL (Von einer anderen Darstellnng) : 0,262 Grm. 0,16348 Grm. OOg.
0,1524 Grm. 0,5866 Grm. BaO, SO3.
0,1412 Grm. 0,2354 Grm. Pt.
Woraus sich herleiten läfst :
I. II.
C 16,12 17,00
N 24,33 28,64
S 53,97 52,75
H 1,30 —
Was nun die Zersetzung des Cyansulfids in seiner wäs-
serigen Lösung selbst anbetrifft, so wird diese Lösung bald
sauer, enthält Sulfocyansäure, Blausäure, Sulfocyanammonium
und neutrales schwefelsaures Ammonium; gleichzeitig ent-
wickelt sich CO2 und vielleicht Kohlenoxyd. Das Hauptpro-
duct ist Sulfocyansäure, deren Entstehung, so wie die gleich-
zeitige Bildung von Kohlensäure und Ammoniak leicht erklär-
44 Linnemann, Untersuchung
lieh ist durch eine Zersetzung des Cyansuifids mit Wasser,
analog der Zersetzung mit Kali in Cyansäure und Sulfocyansäure.
Am schwersten verständlich ist das Auftreten verhSltnirsmäfsig
grofser Mengen von neutralem schwefelsaurem Ammonium ^3.
Beim Aufbewahren des Cyansuifids an feuchter Luft, oder
in seinen Lösungsmitteln gelöst , erhält man, wie angedeutet
wurde y gleichfalls ein gelbes, im Aeufseren dem Pseudo-
schwefelcyan ähnliches Pulver, das stets, selbst bei Anwen-
dung sorgfaltigst getrockneter Materialien, die Elemente des
Wassers enthält.
Die Analyse ergab :
I. 0,4991 Grm. gaben 0,994 Pt
0,2884 Grm. gaben 0,36 Grm. CO, und 0,0703 HO.
0,2972 Grm. gaben 0,7860 Grm. BaO, SOs.
II und nr (von anderer Darstellung).
II. 0,3009 Grm. gaben 0,2682 Grm. CO,.
0,0994 Grm. gaben 0,1959 Grm. Pt.
0,1470 Grm. gaben 0,4008 Grm. BaO, SOs.
III. 0,ä6125 Grm. gaben 0,7185 Grm. Pt.
0,0892 Grm. gaben 0,2388 Grm. BaO, SO«.
Hieraus leitet man ab :
I.
11.
m.
0
25,38
24,30
—
N
26,11
27,96
28,20
S
36,39
37,42
37,60
H
2,01
—
—
Es ist nicht leicht, aus diesen Zahlen eine Formel zu
berechnen. Aber man sieht, dafs auch dieser Körper in
keinem Zusammenhange mit dem Pseudoschwefelcyan ' steht,
und auch von der Zusammensetzung des vorher beschriebenen
*) Auf 1 Theil ausgeschiedenen Schwefel wurden 2 Theile Blau-
sfture, 8 Theile des gelben Körpers, 10 Theile schwefelsaures
Ammonium und 50 Theile Sulfocyansäure beobachtet.
über das Cyanaulfid, 45
•
gelben Products weicht er stark ab. Seine Zusammensetzung
nähert sich vielmehr stark der des Cyansulfids, und das Ver-
haltnifs zwischen Kohle, Stickstoff und Schwefel ist in der
That fast genau dasselbe in beiden, und wenn man absieht
von den Elementen des Wassers, welche dieser Körper ent-
hält und vielleicht nur als Verunreinigung , so ist man ver-
sucht, ihn zur Hauptmasse als aus einer polymeren Modifi-
cation des Cyansulfids bestehend anzunehmen, als Anhydrid
einer Sulfocyanursäure.
In derHoffnungy das Bisulfid des Cyans zu erhalten, das
Radical, welches die Wasserstoffsäurentheorie in der Sulfocyan-
säure annahm, liefs ich eine ätherische Lösung von Jod auf
Sulfocyansilber einwirken. Man erhält augenblicklich Jod-
silber und eine eigenthümliche rothbraune, sehr flüchtige und
leicht zersetzbare Flüssigkeit, die ihrer Unbeständigkeit wegen
nicht näher verfolgt wurde. Da sie jedoch auch selbst bei
grofsem Ceberschufs von Silbersalz stets Jod enthielt, kann
die kaum etwas anderes sein als CyJd, S.
«
Bewahrt man nun diesen Körper in seiner ätherischen
Lösung einige Zeit auf, so erhält man einen reichlichen
flockigen Niederschlag eines gelben Körpers, der kein Jod
mehr enthält aber aufser Kohle, Stickstoff und Schwefel die
Elemente des Wassers, und mit dessen Analyse ich mich
nicht eingehender beschäftigt habe.
Wie ich oben angegeben habe entsteht das Cyansulfid
in geringer Menge bei der Einwirkung von Chlorschwefel
auf Cyanquecksilber, und es ist diefs sogar derselbe Weg,
auf weichem Lassaigne im Jahr^ 1828 diesen Körper dar-
gestellt hat *).
*) Ann. chim. phys. XXXIX , 117.
46 Linnemann^ Untersuchung
Da aber anderen Chemikern die Darstellung später nicht
geglückt ist 9 hat man seitdem allgemein die Genauigkeit der
Lassaigne'schen Versuche und die Existenz des Cyan-
Sulfids bezweifelt.
Jetzt, da die Eigenschaften des Cyansulfids bekannt sind,
und Angesichts der vollständigen Uebereinstimmung , welche
zwischen der Beschreibung des Herrn Lassaigne von den
Eigenschaften seines Körpers und den Eigenschaften meines
Cyansulfids besteht, kann kein Zweifel mehr sein, dafs dieser
Chemiker mit demselben Körper gearbeitet hat, wie ich.
Ich habe es indessen doch für nothwendig gehalten,
mich durch einen besonderen Versuch nochmals zu über-
zeugen, ob das durch die von Lassaigne angegebene Re-
action erhaltene Product dasselbe ist, wie das aus Jodcyan
und Sulfocyansilber dargestellte.
Gleiche Molecüle trockenen äufserst fein geriebenen
Cyanquecksilbers und trockenen Einfach-Chlorschwefels wur-
den in einer verschlossenen Röhre drei Stunden heftig ge-
schüttelt. Nun war der Inhalt der Röhre hell orangegelb gefärbt,
und nachdem man die Röhre in einer solchen Stellung , dafs
über dem festen Inhalt eine kleine klare Flüssigkeitsschicht
stand, etwa 30 Minuten der Ruhe überlassen, krystallisirten
aus dieser Flüssigkeit, die unzersetzter Chlorschwefel war,
grofse rhombische Krystalle von Cyansulfid aus. Die Röhre
wurde in eine Kältemischung gebracht, das Flüssige von dem
Festen durch Auspressen getrennt,, der fast trockene Rück-
stand mit Aether ausgezogen , rasch verdampft , der nun-
mehrige Rückstand zur Entfernung von etwaigem Chlor-
schwefel mit ganz wenig eiskaltem SchwefelkohlenstoiT ge-
waschen, dann mit wenig kochendem ausgezogen "^3 , worauf
*) Hierbei blieb eine nicht unbedeutende Menge eines ^ weifsen
flockigen Pulvers auf dem Filter. Dieser Körper, der ein eigen-
thümliches Nebenproduct der Einwirkung des Cblorscbwefels auf
über das Oyansulfid. 47
aus dieser Lösung ein dem früher beschriebenen Cyansulfid
in jeder Beziehung gleichendes Product erhalten wurde.
Seine Menge betrug 0,5 Grm. , die des angewandten Cyan-
quecksilbers iO Grin. Die Analyse ergab 39,6 pC. Schwefel.
Mit derselben Leichtigkeit, mit der sich das Silber des
Suifocyansilbers gegen Cyan austauschen iäfst , gelingt dieses
auch beim Selenocyansilber, und es ist zu erwarten» dafs der-
selbe Weg zum Cyansäureanhydrid führen wird.
Das Cyanselenid gleicht dem Cyansulfid in allen seinen
Eigenschaften so vollständig, dafs man beide Körper mit
Leichtigkeit verwechseln könnte, und da über die Zusammen-
setzung dieses Körpers kein Zweifel sein kann, habe ich mich
mit seiner qualitativen Untersuchung begnügt.
Ueber die Verbindungen des Zinnoxyduls mit Zinn-'
säure und Antimonsäure ;
von Hugo Schiff,
i. Zinnoxydvi und Zinnsäure*
In einer früheren Abhandlung (diese Atinalen CXIX,
331} haben wir die Veränderungen besprochen, welche das
Gyanqueeksilber ist, zeigte eiiie groOie Lösliohkeit in Aether,
konnte aus dieser Lösung nicht wieder krystallinisch erbalten
werden und war, wie sich aus Obigem ergiebt, in Schwefelkohlen-
stoff unlöslich. El* schmilzt ohne Zersetzung, brennt mit Cyan-
färbong und enthält beträchtliche Mengen von Quecksilber. Seine
wässerige Lösung gab alle Zersetzungsproducte des Cyansulfids.
Aus dieser Lösung fällen Alkalien Quecksilberoxydul. Seine
Analyse etgäh 10,!29 pC: Schwefel und 64,5 pC. Quecksilber, er
lä&t sioh^ demnach rieUei^ht als Cy^^^ -{- Hg^Cy ansehen.
48 Schiffe über die Verbindungen des Zinnoxyduls
Wismuthoxyd durch Digestion mit Zinnchlortirlösung erleidet.
Auch die Zinnsäure wird beim Uebergiefsen mit Zinnchlorür
sogleich verändert; indessen sind die hier stattfindenden Ver-
änderungen namentlich in quantitativer Hinsicht sehr von den
beim Wismuthoxyd beobachteten verschieden. Schon von
Fremy wurde gelegentlich seiner Untersuchungen über die
isomeren Modificationen der Zinnsäure (Ann. chim. phys. [3]
XII, 460) die Beobachtung gemacht , dafs durch Salpetersäure
dargestelltes Zinnsäurehydrat durch Zinnchlorürlösung sogleich
orangegelb gefärbt werde. Das chemische Verhalten der
hierbei entstehenden Verbindung hat Fremy genügend er-
örtert und ich komme hierauf nicht weiter zurück ; in Bezug
auf die Zusammensetzung der Verbindung bin ich jedoch zu
abweichenden Resultaten gelangt. Es ist wahr, dafs eine
genaue Feststellung der Zusammensetzung eigentlich nicht
vorliegt, denn eine einzige Bestimmung, wie viel Wasser
die Verbindung abgebe und wie viel Sauerstoff sie aufnehme,
wenn sie in Sauerstoffgas geglüht wird, kann nicht als genaue
Pestsetzung betrachtet werden, wo die Bildungsweise durch-
aus keinen Schlufs auf die Zusammensetzung erlaubt. So
konnte denn Fremy auch, seinen jeweiligen Ansichten über
die vermeintlich wahre Formel der Metazinnsäure entspre-
chend , die gelbe Verbindung als SnO, SusOe betrachten , so
lange er SusOe als Formel der Metazinnsäure annahm , wäh-
*
rend er später die gelbe Verbindung als SnO, SnaOio an-
sprechen konnte , sobald er vorzog , ' die Metazinnsäure und
ihre Verbindungen auf die Formel SnsOio zu beziehen* Heine
Untersuchung ergiebt, dafs keine dieser Formeln die Zusam-
mensetzung der gelben Verbindung richtig angiebt.
Da die Verbindung , wenn sie bei freiem Luftzutritt
geglüht wird, vollständig in Zinnsäure verwandelt wird, so
konnte die Zusammensetzung am einfachsten auf die Weise
festgestellt werden, dafs man die Gewichtszunahme ermittelte.
mit Zinnsäure und Antimonaäure. 49
welche eine bestimmte Menge Zinnsäure , nachdem man sie
in die gelbe Verbindung übergeführt hatte, beim Glühen
erlitt. — Metazinnsäurebydrat *3 wurde einige Stunden mU
Zinnchlorürldsung bei gewöhnlicher Temperatur (I u. II} oder
bei 40 bis 50^ (III) digerirt; man filtrirte dann durch ein
gewogenes Filter, trocknete bei 80 bis 90^ und glühte die
80 erhaltene^ noch Wasser enthaltende Verbindung, nach Ein-
äscherung des Filters im Porcellantiegel, unter Zusatz von
wenigen Tropfen Salpetersäure. Beim Auswaschen hat man
die bei der Wismuthverbindung angegebenen Vorsichtsmafs-
regeln zu beachten.
Nach diesem Verfahren wurden die folgenden Zahlen
erhalten :
I. IL ra.
Angewandte Zinnsänre 8,893 4,079 3,330
Gewägserte Verbindang 4,770 5,054 —
Daraus Zinnstture 4,523 4,743 3,879.
100 Theile in Form von Hydrat angewandte Hetazinn-
säure geben also :
I. II. m. Mittel
Ckwäaserte Verbindung 122,6 123,d — 123,2
Hierans Zinnsänre 116,2 116,3 116,6 116,33.
*) Ein zu diesen Versuchen sehr geeignetes reines und fein zer-
theiltes Metazinnsäurehydrat erhält man in kurzer Zeit, wenn
man eine mäfsig erwärmte Zinnchlorürlösung mit Zink schüttelt,
das ausgeschiedene Zinn einige Male durch Decantiren mit heifsem
Wasser auswascht und nun käufliche Salpetersäure zusetzt Letz-
teres darf nur tropfenweise geschehen, denn die Einwirkung er-
folgt augenhlickUch mit grofser Heftigkeit. Die Zinnsäure setzt
sich trotz der feinen Zertheüung sehr leicht zu Boden und kann
durch Decantiren mit heifsem Wasser ausgewaschen werden. —
Nach hesonders vorgenommenen Wasserhestimmungen ist hei
den Analysen die im Hydrat enthaltene Menge Anhydrid ange-
geben. Ob man einfach- oder zweifach - gewässerte Zinnsäure
anwandte, machte im Erfolg keinen Unterschied.
AniuLL d. Chem. n. Phann. CXZ. Bd. 1. Ueft. 4
50 Schiffy über die Verbindungen des Zinnoxyduls
Es werden demnaeh aus sechs Theilen Zinnsäure nach
dem Glühen sieben Theile erhalten, und wenn wir annehmen,
dafs das aus dem Zinnchlorür aufgenommene Zinn als Oxydul
in der Verbindung vorhanden ist, so käme hiernach der
wasserfreien Substanz die Formel SnO, 6 SnOg zu.
Es ist zu beachten, dafs Fremy aofser den früher auf
SusOe und nachher auf SnsOio bezogenen Alkalisaizen durch
Fällung von Lösungen von Metazinnaäure in Kali oder Natron
mittelst Alkohol zwei Verbindungen von den Formeln NaO,
SneOis und KO, SneO» erhielt, welche sich also in der Zu-
sammensetzung unserem Zinnslannat vollkommen anschli^fsen.
Hiermit will ich jedoch keineswegs gesagt haben, dafs ich
der als Metazinnsäure unterschiedenen Modification die For-
mel SneOis zuerkennen möchte*).
Der Wassergehalt des Zinnstannats beträgt nach obigen
Bestimmungen (das erhaltene Zinnoxyd auf Sn70i8 berechnet) :
I. II. Mittel
6,7 7,4 7 pC.
entsprechend der Formel SuyOis -f- 4 HO für die gewässerte
Verbindung; der hiernach berechnete Wassergehalt beträgt
6,51 pC. — Bei HO bis 120^ verloren 2,272 Grm. 0,125
Grm. Wasser. Es entspricht diefs 5,5 pC. oder etwa drei
Aequivalenten. Die bei dieser Temperatur getrocknete Ver-
bindung giebt beim Erhitzen im Glasrohre noch Wasser ab,
aber bei der Temperatur , bei welcher die letzten Wasser-
*) Von verschiedenen Mod^Qcationen der Zinnsäure könnte über-
haupt nur in den Salzen oder Hydraten die Bede sein. Von ver-
schiedenen Modificationen läTst sich bei der wasserfreien Zinn-
säure eben so wenig sprechen, wie bei dem Anhydrid der Phos-
pborsäure, denn wir kennen nur eine einzige. Bei den Hydraten
der letzteren haben wir au£serdein eben so wenig einen Fall von
Isomerie, wie etwa bei unterschwefliger Säure und Pentathion-
säure. Es sind PHOq, PHgOy und PHgO^ eben so wenig Modiß-
cationen derselben Sniistanz, wie StHsOg und SioHfOig..
mit Zinnsäure und Afitimonsäure. 5 t
antheiie fortgehen, tritt zugleich Oxydation zu Zinnsäure ein.
Im Kohlensäurestrom wie bei der Wismuthverbindung ent-
wässert erhält man, wie bereits Fremy angiebt, die wasser-
freie Verbindung von zimmtbrauner Farbe. Die übrigens
nicht durch analytische Belege unterstützte Angabe von
Fremy, dafs man bei Anwendung von wasserfreier Zinn-
säure auch sogleich jene wasserfreie Verbiiidting erhalte,
habe ich nicht bestätigt gefunden.
Bringt man entwässerte Zinnsäure mit Zinnchlorür und
Wasser zusammen ^ so nimmt erstere sogleich eine graue
Farbe an , welche besonders beim Erwärmen sehr bald in ein
schmutziges Chocoladebraun übergeht. Diese Farbe ändert
sich, mag man xias Gemenge mit überschüssigem Zinnsalz in
der Kälte oder bei 50 bis 60^ Stäben lassen , selbst nach
mehreren Tagen nicht mehr Die Verbindung ist wie die
früheren chlorfrei^ sobald das Waschwasser durch Silber-
lösung nicht mehr getrübt wird. Die Farben Verschiedenheit
dieser und der aus dem Hydrat dargestellten und entwässer-
ten Verbindung schien mir eben so wenig ein hinreichendes
Argument gegen Fremy's Angabe, als der Umstand, dafs die
braune Verbiiidung durch längeres Kochen mit Wasser nicht
in die gelbe übergeführt werden kann; erst als ich fand,
dafs die bei 100^ getrocknete Substanz noch Wasser enthielt,
welches ihr "^ nur in -einer Kohlensäoreatmosphäre entzogen
werden konnte, fing ich an, Fremy's Angabe, dafs diese
Verbindung mit der entwässerten gelben identisch sei, in
Zweifel za ziehen, und es wurde derselbe durch quantitative
Versuche alsbald gerechtfertigt.
Führte man abgewogene Mengen entwässerter Zinnsäure
in die .braune Verbindung über und bestimmte dann die
beim Glühen zurückbleibende Zinnsäure , so erhielt man fol-
gende Zahlen : . ^
4*
52 Schiffe über die Verbindungen des ZinnoxyduU
I.
U.
IIL
Angewandte Zinnsänre
4,306
3,680
10,116
Erhaltene Zinnsäure
4,517
3,860
10,610
Ans 100 Theilen
104,90
104,89
104,88.
Die aus gewässerter und wasserfreier Zinnsäure enU
stehenden Zinnstannate haben hiernach verschiedene Zusam-
mensetzung; während erstere auf 1 Aeq« SnO 6 Aeq. SnO^
enthält, enthält letztere auf 1 Aeq. SnO 20 Aeq. SnOs- —
Ic)! unterlasse nicht, zu bemerken, dafs ich einmal bei An-
wendung von 8,360 Grm., und ohne dafs ich wissentlich ein
anderes Verfahren eingeschlagen hätte, nur 102,4 pC. Zinnsäure
erhielt. Der Wassergehalt wurde nicht quantitativ bestimmt.
Die braune Verbindung wird ihrem gröfserea Gehalt an
Zinnsäure entsprechend von Säuren viel schwieriger ange-
griffen, als die gelbe Verbindung. Salzsäure greift sie kaum
an; nahezu concentrirte Schwefelsäure löst sie erst beim
Erhitzen; Salpetersäure, welche die gelbe Verbindung schon
in der Kälte pxydirt, wirkt auf die braune erst beim Kpchen
ein. Schmelzendes Kalihydrat löst die braune Verbindung
indessen eben so leicht wie die gelbe zu Kaliumstannat auf.
Die Frage, ob die Verbindung nicht vielleicht mehr Zinn-
oxydul auf weniger Zinnsäure enthalte, suchte man dadurch
zu entscheiden, dafs man in Kohlensäure entwässerte abge-
wogene Mengen durch Glühen an der Luft unter Zusatz von
wenig Salpetersäure in Zinnsäure verwandelte. Die bei ver-
schiedenen Aniheilen nicht übereinstimmende Gewichtszu*
nähme erreichte noch nicht Vs pC. ; es b^weist diefs wenig-
stens, dafs der relative Oxydu.^ehaJt iHicbt mehr beträgt, als
obigeü Verhältnifs angiebU
Das aus Zinnchlorid gefällte Zinnsäurehydrat giebt mit
Zinochlorür ebenfalls eine gelbe Verbindung, ganz so aus-
sehend, wie die aus IMetazinnsäure dargestellte. Es war diese
mit Zinnsälire und Antimonsäure. 53
Tbatsacbe schon früher bekannt^ aber auch über die Zusam-
mensetzungf dieser Verbindung^ liegen keine Angaben vor und
es mögen daher die folgenden Noiizen diese Lücke ausfüllen.
— Die Darstellong eines normalen Zinnsäurebydrats nach
Fremy durch Zersetzung einer Zinnchloridlösung mittelst
Calcium- oder Baryumcarbonat hat aufser der Darstellung
eines reinen Carbonats noch den Uebelstand, dafs ein Ueber-
schufs schwer zu vermeiden ist und dieser dann dem Prä-
parate beigemengt bleibt. Zur Vermeidung beider Uebel-
stände empfehle ich das Verfahren, die Zinnchloridlösung in
der Wärme mit Stücken weifsen Marmors so lange zu dige»
riren , bis die Kohlensäureentwickeiung anfängt sehr langsam
zu werden» und dann bis zum Eintritt der alkalischen Reaction
Kalkwasser zuzusetzen.
Ein auf diese Vl^eise erhaltenes Präparat zeigt gegen
Zinnchlorür ganz das gleiche Verhalten wie die Metazinn-
säure, und es wurde auch zur Ermittelung der Zusammen-
setzung auf dieselbe Weise verfahren. Die in Form von
Hydrat angewandten Mengen von Zinnsäure
I. II.
1,654 1,403
gaben nach dem Glühen der
gelben Verbindung . . . 1,922 1,636
aus 100 Theüen 116,2 116,6. Mittel 116,4.
Es hat also die aus S; g. normalem Zinnsäurehydrat dargestellte
Verbindung dieselbe Zusammensetzung, wie die aus Hetazinn-
säure erhaltene, und es spricht dieser Umstand durchaus nicht
für die Annahme von Fremy, dafs beide Hydrate verschie-
dene Sattigungscapacität besitzen. Man möchte viel eher
geneigt sein der Ansicht beizupflichten, welche Berzelius
im 25. Jahresberichte b^i Besprechung der Arbeit von Fremy
ausspricht, dafs nämlich Fremy die Annahme einer ver-
schiedenen Sattigungscapacität beider Modificationen nicht
nöthig gehabt hätte, wenn er mit beiden dieselben Versuche
54 Schiff, über die Verbindungen des ZXnnoxydida
unter gleichen Verhältnissen vorgenommen hätte. Wir sind
heutzutage zu sehr darian gewöhnt, je nach der Darsteliungs-
methode , meht oder min'ddr hervortretende Verschieden-
heiten in den Eigenschaften aufzufinden, als dafs wir hier-
durch jedesmal die Aufsteilung mehrerer Modificationen
begründen wollten. Zu einer Zeit jedoch^ wo man das häu-
fige Vorkommen solcher Verschiedenheilen defshaib weniger
beobachtete , weil die Verhältnisse noch inl grofsen Ganzen
zu untersuchen waren , darf es uns nicht wandern, wenn
man sich von der durch Graham mit so vielem Nutzen bei
den Phosphorsäuren angewandten Unterscheidung zu der Mode
hinreifsen Itefs, die damals noch geringe Anzahl solcher
kleinen Difierenzen ebenfalls als Para^ und Metamodificatio-^
nen zu kennzeichnen. Die Mode hat einmal ihre Berechtigung
wie im Leben, so auch in der Wissenschaft, und eingedenk
des Tempora matantur wird es uns nicht überraschen, wenn
die heutige Mode der Klammern , Schleifen und Schnallen
über kurz oder lang einer anderen weichen mufs. Brauchte
man doch wahrlich die vielen BefestiguYigsmittel nicht, wenn
das Gebäude auf so sicherem Grunde stünde !
Wenn auch die aus normalem Zinnsäurehydrat darge-
stellte Verbindung im wasserfreien Zustande dieselbe Zusam-
mensetzung hat, wie die aus Metazinnsäure erhaltene, so 2etgt
sich doch im Wassergehalt eine kleine Differenz. Es wurden
nämlich aus :
I. II.
Zinnsäure ..... 1,654 1,403 erhalten :
Gewässerte Sübstan» . 2,060 1,764.
Aus 100 TheUen also . 124,5 125,7, Mittel 125,1,
und es entspricht diefs einem
Wassergehalt vonpO. . 8,1 S,6, Mittel 8,35.
Dieser Wassergehalt pafst viel besser zur Formel SutOis
-|~ 5 HO, wonach 124>9 pG. gewässerter Subsianz oder
8 pC. Wasser aus 100 Theilen : in Form von Hydrat ange-
mü Zinnsäure und Antimmsäure. 55
wandtefr Zinnsäore erhalten werden sollte. Es mufs bemerkt
werden ^ dafs dieser Wassergehalt vtelleicbt auch der ans
Metazinnsäure dargestellten Verbindung sukömmt , da die
früheren Analysen einen für die Formel SuvOis -{- 4 HO
etwas zu hohen Wassergehalt ergeben hatten. Es hatte
dieser Gegenstand nicht das Interesse, als dafs er mich zu
einer nochmaligen Vornahme obiger Versuchsreihe veranlafst
hätte«
Das Verhalten dieser Verbindung gegen kochende Kali-
lauge, wobei sich ein Theil des Zinns metallisch ausscheidet,
hatte bereits Premy's Annahme veranlafst, dafs das auf-
genommene Zdnn in Form von Oxydul in der Verbindung
enthalten sei. Meine Versuche in Betreff des Verhaltens der
Salzsäuren Lösung der Verbindung gegen leicht desoxydir-
bare Substanzen bestätigen obige Annahme. Wolframsäure
oder Ammoniummolybdat wird sogleich gebläut und rothes
Eisensulfocyanat sogleich entfärbt. Letzteres Verhalten hätte
als Mittel zur Analyse der Verbindung dienen können, wenn
nicht der Umstand hinderlich in den Weg getreten wäre,
dafs die einmal ordentlich getrocknete Substanz sich nicht
mehr vollständig in Salzsäure auflöst.
2. Antimonsäure und ZinnoxyäuL
Die Angabe von Framy, dafs die durch Einwirkung
vod Zinu(2.hlorür auf ^ Metazinnsäure entstehende gelbe Fär-
bung dazu dienen könne, um. diese von Antimonsäure (acide
antimoni^u^) zu unterschieden» kann sich gewifs nur auf die
Säurehy^rate beziehen, da, wie bereits oben bemerkt, die
Unterscheidung einer Metazinnsäure nur für die Hydrate
statthaft ist und da ja ferner auch eine gelbe Färbung nur
bei dem Zxxtnsmtehydrat hervortritt; es kann sich diese An-
gabe schon defshalb nicht auf die Anhydride beziehen, weil
das Anhydrid der Antimonsäure schon an und für sich satt
56 Schiffe über die Verbindungen des Zinnoxydüls
gfelb gefärbt ist. In der Literatur habe ich diese Angabe
nur im Berzelius'scben Jahresberichte und im Graham-
Otto'schen Lehrbuch aufgefunden und in beiden ist sie
unrichtig wiedergegeben worden. Berzelius läfst die gelbe
Färbung zur Unterscheidung von ^den Oxyden des Antimons^
und Otto zur Unterscheidung von Antimonoxyd dienen^).
Wie ich nun finde, hat Fremy diese Angabe nicht am Ex-
perimentirtisch , sondern wahrscheinlich am Schreibtisch er-
mittelt, denn Antimonsäurehydrat verhält sich in Bezug auf
die Färbung gegen Zinnchlorür eben so wie die Zinnsäure.
Auf das Zinnsäurehydrat bezogen ist der Otto'sche Lapsus
richtig, denn Antimonoxyd wird in der That durch Zinn-
chlorür nicht gelb gefärbt. Aber auch die Fremy'sche An-
gabe sowohl als die Berzelius'sche können angenommen
werden, sobald man dieselben auf die wasserfreien Verbin-
dungen bezieht. Weder Antimonsäure noch Atitimonoxyd
zeigen die braune Farbe , welche Zinnsäure mit Zinnchlorür
erzeugt.
Die gelbe Farbe, welche bei Einwirkung von Zinnchlorür
auf Antimonsäurehydrat (aus Chlorid durch Wasser gefällt}
bei mittlerer Temperatur entsteht, verändert sich selbst nach
mehreren Tagen^ nicht, aber es wird die Farbe sehr bald
intensiver, wenn man die Einwirkung bei etwa 80^ vor sich
gehen läfst. Nach einigen Stunden hat dann die Verbindung
die Farbe von Ziegelmehl angenommen , welche sie selbst
bei erhöhter Temperatur behält. Wenn bei der im Vorher-
gehenden beschriebenen Verbindung hi^chstens einige Stun-
den hinreichten, um in quantitativer Hinsicht die Reaction
*) Es wird hier Berzelius und nicht den Uebersetzern der Lapsus
oalami zugeschoben, weil die aus dem Schwedischen übersetzte
französische Ausgabe von Plantamour mit der deutschen
gleichlautend ist und der Fehler also bereits im Original zu
suchen sein wird.
mit Zinnsäure und Aniimonaäure, 57
ZH vervollständigeii, so bedarf es bei der Antknonsäure einer
mindestens einen Tag anhaltenden Erwärmung- mit Zinnchlorür.
Man hat sich zu überzeugen, ob das anzuwendende Zinn-
chlorür nicht beim Erhitzen basisches Salz absetze, und man
thttt gut, wenn man die Lösung beständig schwach sauer
erhält.
Die rothe Verbindung enthält Antimonsäure, Zinnoxydul
und Wasser. Letzteres kann im Kohlensäurestrom ausgetrie-
ben werden und man erhält dann die wasserfreie Verbindung
von gelbgrauer Farbe. Versucht man die Verbindung bei
Loßzutritt zu entwässern, so geht das Zinnoxydul zum
gröfsten Theil in Oxyd über, die Temperatur ist aber viel
zu niedrig, um etwaiges Antimonoxyd zu oxydiren. Die an
der Luft bei mögliehst niedriger Temperatur entwässerte
Verbindung nimmt bei Behandlung mit Salpetersäure in der
V^ärme nur unbedeutend an Gewicht zu; es hat also durch
das Zinnchlorür keine Desoxydation der Antimonsäure statt-
gefunden.
Man bestimmte die Mengen von gewässerter Verbindung
und von Zinnoxydantimoniat, welche aus abgewogenen Men-
gen von in Form von Hydrat angewandter Antimonsäure er-
halten werden konnten. Es wurde bei Versuch I 14 Stunden,
bei Versuch 11 20 Stunden auf 60 bis 80^ erwärmt; es er-
gaben sich folgende Zahlen :
I.
in pC.
II.
in pC.
Antimonsäure . . . 1,031
t
1,210
Gewftsserte Verbindung 1,550
150,3
1,835
151,7
Zimiozydantimoniat 1,496
146,1
1,764
145,8
Wassergehalt
7
7,14.
Die Formel der entstehenden Verbindung ist hiernach
SbSnOe -f ^ HO ; es verlangt dieselbe 7,3 pC. Wasser und
aus 100 Theilen Antimonsäure sollten 152,8 Theile der Ver-
bindung oder 146,6 Theile Zinnoxydantimoniat erhalten wer-
58 Schiffe über die Verbindungen des jSmnoxyduh
den. Das ziegelfarbene Oxydulsalz wird sowohl von Säuren
als Alkalien nur schwierig angegriffen ; am leichtesten noch
von heirser concentrirter Schwefelsäure. Das hellgelbe Oxyd-
salz ist noch viel resistenter.
Es scheint auch eine Verbindung SnO, 2 SbOs sich
bilden zu können; liefs ich Antimonsäurehydrat mit Zinn-
chlorür etwa 4 Stunden bei 30 bis 40^ stehen, so erhielt
ich einige Male Zahlen, welche diesem Verhältnifs ziemlieh
nahe kommen.
Wie bei der Zinnsäure verhält sich auch bei der Anli-
monsäure das Hydrat anders als das Anhydrid. Wird wasser-
freie Antimonsäure mit Zinnchlorür Übergossen , so wird die
Farbe nur sehr wenig dunkler und verändert sich dann selbst
nach mehreren Tagen nicht mehr« Auch bei 10- bis 12stiMi-
digem Digeriren bei erhöhter Temperatur konnte eine ziegel-»
farbige Verbindung, wie sie das Hydrat entstehen läfst» nicht
erhalten werden. Die entstehende gelbe Verbindung enthält
Zinnoxydul und Wasser; sie scheint mit einer anderen grauen
Verbindung gemengt zu sein, welche indessen nur einen
kleinen Theil des Gemenges ausmacht und selbst nach län-
gerem Erwärmen nicht für sich erhalten werden konnte.
Quantitative Bestimmungen wurden hier nicht ausgeführt,
weil man der Reinheit der Reaction nicht sicher war.
Wird wasserfreie Antimonsäure 8 bis 10 Stunden lang mit
Zinnchlorür auf 35 bis 40^ erwärmt*), so erhält man eine
*) Sollen Substanzen längere Zeit anf diese Temperatur erwärmt und
dabei umgeschüttelt werden, so ist es sehr empfeblenswerth,
selbst Schüttelapparat und Wärmequelle zu sein, indem man die
Substanzen in wohlverkorkten Gläschen im Hosensacke mit sich
herumträgt; man liat dann noch den Vortheil, dafir man die Ver-
änderung ohne Zeitverlust überwachen und mehrere Einzelver-
suche zu gleicher Zeit ausführen kann. Es hatte sich diese Me-
thode schon früher bei Versuchen Über die Umwandlung der
glycogenen Substanz der Leber als sehr geeignet erwiesen. — Die
mit Zinnsäure und Antimonaäure, 59
gelbe Substanz, welche nichts Heterogenes bemerken läfst.
Dieser Versuch wurde einmal unter Beachtung der Mengen-
verhältnisse ausgeführt.
0,972 Grm. Antirnonsäare gaben 1,305 firm, der gelben
Verbindung =^ 134,3 pC. , welche sich nach dem Erwärmen
mit Salpetersäure und schwachem Glühen auf 1,266 6rm.
^^ 130,3 pC. reductrten* Es entspricht diefs sehr nahe der
Formel 2 SnO , 3 SbOs 4" ^ HO , nach welcher man aus
100 Theilen Antimonsäure 135,2 Theile der gewässerten und
131 Theile der geglühten Verbindung erhalten sollte. Ich
halte diese Verbindung für eine intermediäre, welche
wahrscheinlich nach längerer Zeit oder bei höherer Tem-
peratur noch mehr Zinnoxydul aufnimmt, und lasse es
dahingestellt sein, ob dieses einfache Verhältnifs nicht viel-
leicht ein zufälliges ist. Dafs die Antimonsäure nicht des-
oxydirt worden 9 ergab' ein specieller Versuch, wo eine im
Kohlensäurestrom entwässerte Menge durch Salpetersäure
oxydirt wurde. Die Gewichtszunahme betrug 2,17 pC. ; die
Oxydation des Zinnoxyduls würde eine Gewichtsvermehrung
von 2,6 pC. erfordern.
üeber eine Verbindung SbOs, 2 SnO vgl. diese Annalen
CXIV, 118-
Die der Zinnsäure und Antimonsäure' analog zusammen-
gesetzten,,Sulfide werden durch Ziimchlorür nicht verändert.
Auch auf Bor^äurehydrat, Kieselsäure und arsenige Säure
scheint es; ohne Einwirkung zu sein.
Die blai^en Verbindungen,' welche, wie schon früher
beka|fint, bei Einwirkung von, Zinnchlorür auf Wolframsäure
betreffenden Besaltate sind in M. Schiffs Untersuchungen über
Zuckerbildung in der Leber, Würzburg 1859, als Anhang ver-
öi&ntlioht.
60 Schiff y über die Verbindungen des Zinnoxyduls
und Molybdänsäure entstehen, habe ich zinnfrei und in ihrem
Verhalten den auf anderen Wegen erhaltenen intermediären
Oxyden ganz gleich gefunden.
Der in einer wässerigen Lösung von Arsensänre bei
Zusatz von Zinnchlorür schon in der Kälte entstehende
Niederschlag! welchen man früher für arsenige Säure zu
halten geneigt war, besteht nach meinen Untersuchungen
aus Zinnoxyd und arseniger Säure. Bei 120^ getrocknet
ist die Verbindung wasserfrei und enthält, wie nachstehende
Zahlen mit Vi^ahrscheinlichkeit ergeben, AsOs auf 2 SnO^.
Bei längerem Erhitzen verflüchtigt sich fast der ganze Gehalt
an arseniger Säure, und es hinterliefsen :
0,831 Grm. Substanz 0,522 Gnu. oder 62,8 pC»
0,605 „ „ 0,382 „ , 63,1 »
Bestünde der Rückstand aus reinem Zinnoxyd — was
indessen nicht der Fall ist — , so müfste derselbe nach obi-
ger Formel 60,3 pC. betragen. Die Verbindung entsteht
wahrscheinlich nach der Gleichung :
A8O5 -f 2 SnCl + 2 HO = AbOs, 2 SnO» + 2 HCl.
Phosphorsäure verhält sich gegen Zinnchlorür nicht der ar-
senigen Säure analog. Der entstehende weifse Niederschlag
giebt beim Erhitzen keinen Phosphorwasserstofl^, enthält also
kein Phosphorigsäuresalz. Wahrscheinlich besteht der Nie-
derschlag aus einem Zinnoxydulphosphat (vgl. diese Annalen
CXIV, 113>
Zinnchloridlösungen (durch Einleiten von Chlop in Zinn-
chlorür dargestellt), welche beim Kochen für sich keine
Trübung erlitten, gestehen beim Erwärmen mit Arsensäure
oder Phosphorsänre zu steifen durchsichtigen Gallerten,
ganz vom Ansehen der Kieselgailerte. Es wurden schon
früher von Haeffely (Jahresbericht für 1855, S. 395 j
galleitarlige Verbindungen beschrieben, welche man erhält,
wenn man die vermischten Lösungen der Natriumsalze der
mit Zinnaäure Und Antimonsäure. 61
ZinnsSure und Phasphorsäure oder Arsensfiiire mit Salpeter-
säure versetzt. Die Zusammensetzung wurde PO5 (resp.
ASO53, 2 SnOs -|- 10 HO gefunden; die nach obiger Angabe
mitteist Zinnchlorid erhaltenen Gallerten haben wahrschein-
lich dieselbe Zusammensetzung.
Bern) im April 1861.
Mittheilungen aus dem Laboratorium des Privat-
docenten L. Carius in Heidelberg.
8. lieber die Doppelsulfide der Alkoholradicale und
deren Verbindungen mit Jodiden ;
von E. Linnemann aus Frankfurt.
Für die Sulfide der Alkoholradicale gelten ohne Zweifel
genau dieselben theoretischen Betrachtungen, wie für die
ihnen correspondirenden Oxyde, was besonders aufser Zweifel
gesetzt wird durch das Verhalten der sog. Hercaptane und
einfachen Sulfide gegen Säureanhydride. Nachdem Letzteres
durch die Untersuchung von Carius*} nachgewiesen war,
erschien es wahrscheinlich, dafs für die einäquivalentigen
Alkoholradicale Doppelsulfide existiren , die den von Wil-
li am son aufgefundenen Doppeloxyden, Oxyden zweier ver-
*) VgL besonders dessen Schrift : Beitrag sttr Theorie der mehrbasi"
sehen Säuren u. s. w. ; femer diese Annalen CXII, 190 und Mit-
theilungen aus dem Laboratorium von Carius Nr. 5 in diesen
Annalen CXIX, 289.
62 Linnemann, über die DoppeUulfide der
schiedener Alkoholradicale, entsprechen würden, und Ms die^
selben durch analoge Reactionen, wie diese letztere, dar-
stellbar wären. Die folgenden, auf den Vorschlag des Herrjn
Dr. Carius angestellten Versuche hutten den Zweck» über
die Richtigkeit dieser Ansicht zu entscheiden.
Für die Theorie der Alkoholradicailoxyde sind zwei Ent-
stehungsweisen derselben von besonderer Wichtigkeit : die
Einwirkung von Alkoholen auf Aether mehrbasischer Säuren,
und Einwirkung von Jodüren der Alkoholradicale auf Metall-
alkoholate. Für die Darstellung der Sulfide schien sich be-
sonders die der letzteren Entstehungsweise der Ox^cle' analöge
Reaction zu empfehlen , und während von itiir darüber Ver-
suche angestellt wurden, fand Carius (vgl. die vorher-
gehende Abhandlung, diese Annalen CXIX, 313) auch eine
der ersten Entstehungsweise vergleichbare Reaction auf. —
Ich versuchte die Doppelsulfide darzustellen diirch Einwirkung
von Jodiden der Alkoholradicale 4uf Qaecksilbersulfalkoholate;
dabei bilden sich sehr leicht Verbindungen der Doppelsulfide
mit Quecksilberjodid , aus denen sich indessen das letztere
nur sehr schwer ohne Zersetzung des Sulfides abscheiden
läfst, so dafs es kaum möglich ist, die Doppelsulfide auf
diese Weise rein zu erhalten. Da die Jodüre der Metalle
• • • ' . . •
der Alkalien keine den Quecksilberjodidverbindungen analoge
mit den Sulfiden der Alkoholradicale zu bilden scheinen, so
werden die Doppelsulfide der Alkoholradicale wahrscheinlich
leicht dargestellt werden können durch Einwirkung von
Jodüren auf Kaliumsulfalkoholate zweier verschiedener Radi-
cale, z. B. :
Die Darstellung des Kaliumsulfalkobolates ist indessen
eine sehr unangenehme Operation, wefshalb ich den Versuch
in der Weise modificirte, dafs ich Jodamyl auf einß Lösung
Alkoholradicale und deren Verbindungen mit Jodiden, 63
von Ein fach- Seh wefelkalium in absolutem Aethylalkohol ein-
wirken liefs. Zu diesem Zweck wurde geschmolzenes Kali-
hydrat in absolutem Alkohol gelöst, die eine Hälfte der
Lösung völlig mit Schwefelwasserstoff gesättigt, die andere
alsdann zugegossen und dieser Lösung die entsprechende
Menge Jodfithyl zugefügt. Das Gemenge schied beim Kochen
im Wasserbade im Kolben mit aufsteigendem Kühlrohr sehr
bald Jodkalium ab ; nach einigen Stunden wurde der Inhalt
des Kolbens der Destillation unterworfen und alles über 78^
Uebergehende aufgefangen, welches mit Wasser gewaschen
und über Chlorcaicium getrocknet zwischen 95® und gegen
170® überdestillirte und durch fractfonirte Destillation eine
zwischen 130 und 140® siedende Flüssigkeit gab, die voll-
kommen dem von Carius rein erhaltenen Aethylamylsulfid
gflich. Die mit dieser Flüssigkeit erhaltenen analytischen
Resultate*) sind folgende :
1. 2.
Angewandt 0,2007 0,1690
Erhaltener schwefeis. Baryt . 0,3489 0,2728.
Berechnet nach der Formel
1. 2. Mittel ^^iGftHu '
^jHjg — — — 75,76
Schwefel 23,88 23,57 23,72 24,24
100,00.
Die bisher bekannten, von Loir"^"^} dargestellten Ver-
bindungen der Alkoholradicalsulfide mit Chloriden oder Jodiden
waren nur solche, die auf 1 Mol. des Sulfides 1 Mol. des
Hetalljodides oder Chlorides, z..B. HgCl2, HgS2) PtCla, ent-
hielten. Bei dem oben erwähnten Versuch zur Darstellung
*) Die hier und im Folgenden mitgetheilten Analysen sind nach der
Methode Ton Carius, siehe diese Annalen GXYI, 1, ausgeführt.
*) Compt rend. XXXVI, 1095; Verbindungen mit Quecksilbeijodid,
Compt rend. XL VI, 1280. (Ann. LXXXVII, 369 u. CVU, 234.)
64 Linnemanny über die Doppebulfide der
der Doppelsulfide habe ich Verbindungen erhalten, welche
relativ nur halb so viel Quecksilberjodid enthalten; ent-
standen nach der Gleichung :
Ganz analoge Verbindungen bilden natürlich auch die
einfachen Sulfide. Zur Darstellung der beiden folgenden Ver-
bindungen wurde Quecksilbersulfoalkoholat mit absolutem Al-
kohol im Wasserbade zum Sieden erhitzt und der klaren
Lösung iodmetfavl oder Jodamyl zugesetzt. Die Einwirkung
der Jodide auf festes Quecksilbersulfoalkoholat ist bei gelindem
Erwärmen so heftig, dafs die Masse umhergeschleudert und
ein grofser Theil der neuen Verbindung wieder zersetzt
wird, unter Abscheidung von metallischem Quecksilber und
Schwefelquecksilber. Die Einwirkung beginnt bei fortwäh-
rendem Sieden in der alkoholischen Lösung sogleich, ist
aber erst nach einigen Stunden beendigt, wefshalb man ein
aufsteigendes Kühlrohr vorlegen mufs. Sollte sich bei Zusatz
des Jodürs oder nachher während des Siedens eine ölige
schwere, beim Erkalten erstarrende Flüssigkeit abscheiden,
so ist es nöthig, die darüber befindliche Flüssigkeit in
einem anderen Kolben mit mehr Alkohol verdünnt weiter zu
kochen, da die ungelöste Verbindung sonst theilweise zer-
setzt wird. Beim Erkalten der Lösung scheiden sich die
Verbindungen gröfstentheils krystallinisch ab; den Rest er-
hält man durch langsamßs Verdunsten der Mutterlauge besser
krystallisirt.
Methyläthylsulfid mit Quecksilberjodid bildet ein schwe-
felgelbes krystallinisches Pulver, oder sehr kleine gelbe
durchsichtige Säulchen von schwachem Geruch; es schmilzt
unter siedendem Alkohol und erstarrt zu einer porcellan-
artigen wenig krystallinischen gelben Masse. Die Verbin-
dung löst sich nur wenig selbst in kochendem Alkohol; die
Alkoholradicale und deren Verbindungen mit Jodiden, 65
Lösung erleidet bei langem Kochen keine erhebliche Zer-
setzung, kochl man aber die Verbindung mit zur Lösung
unzureichenden Mengen- Alkohols, so scheidet sich viel Queck-
silber und Schwefelquecksilber ab. Beim Erhitzen für sich
schmilzt die Verbindung kaum unzersetzt, sondern liefert ein
Destillat, welches bei nochmaliger Destillation ohne einen
Constanten Siedepunkt zwischen 40^ und gegen 200^ destillirt;
die über 100^ destillirten Antheile färben sich am Lichte bald
roth und enthalten reichlich Jod und auch Quecksilber. —
Leitet man in die alkoholische warme Lösung der Verbin-
dung Schwefelwasserstoff, so wird die Verbindung zerlegt,
unter Bildung von Schwefelquecksilber, Jodwasserstoff und
wahrscheinlich Aethylmethylsulfid ; letzteres läfst sich aber so
nicht darstellen, da zu grofse Mengen von Alkohol als Lösungs-
mittel vorhanden sein müssen; befand sich bei diesem Ver-
suche unter der kochenden alkoholischen Lösung noch un-
gelöste Verbindung, so bleibt diese fast ganz unverändert.
Die analytischen Resultate sind im Folgenden gegeben ;
die Quecksilberbestimmung ist durch Glühen mit kohlensaurem
Pfatron und Wägen des metallischen Quecksilbers ausgeführt.
1.*) 2. 3.
Angewandt 0,3245 0,1973 0,4215
Erhaltener schwefeis. Baryt . . 0,2508 0,1494 —
Erhaltenes Jodsilber .... 0,2314 0,1356 —
Erhaltenes metallisches Silber . 0,0085 0,0076 -—
Erhaltenes Quecksilber .... — — 0,1368.
Berechnet nach d. Formel
mSei (»{ISA' ^'* ••
Gefunden
1. ' T T.
«eHie «. _ - — 14,52
Schwefel 10,61 10,40 — 10,50 10,55
Jod 41,85 41,66 — 41,75 . 41,92
Quecksilber — — 32,45 32,45 33,01
100,00.
*) Diese Analyse wurde schon früher, diese Annalen GXYI , 26, mit-
getheilt, dabei aber für das gefundene Jodsilber statt 0,2314 aus
Versehen 0,3643 gesetzt. Carius.
Annal. d. Cliem. a. Pharm. OXX. Bd. 1. Heft. 5
66 Kovalevsky, über das Vorkommen
Äeihylamylmlßd mit Queckstlberjodtd gleicht der vor-
hergehenden Verbindung im Aeufseren, wie im chemischen
Verhalten sehr; sie bildet ^elbe Krystallblättchen ohne deut-
lich erkennbare Form; sie schmilzt leichter und löst sich
reichlicher in siedendem Alkohol als der eben beschriebene
Körper ; beim Erhitzen für sich verhält sie sich diesem völlig
analog, es destilliren Schwefel, Jod und Quecksilber ent-
haltende Flüssigkeiten, während das Thermometer zuletzt bis
gegen 300^ steigt. Durch Zerlegung der Verbindung mit
Schwefelwasserstoff scheint hier die Darstellung des AethyU
amylsulfides zu gelingen. Die Analyse der Verbindung gab
folgende Resultate :
Aogewandt . 0,4858
Erhaltener schwefeis. Baryt .... 0,2209
Erhaltenes Jodsilher 0,2100
Erhaltenes metallisches Silher .... 0,0078*
Berechnet nach der Formel
Gefunden (^ I G^H* J,» ^^^« "
GuüsiSg — 55,72
Schwefel 8,77 8,91
Jod 35,47 35,37
100,00.
Heidelberg, den 25. Februar 1861.
9. Ueber das Vorkommen des Metastyrols;
von A. Kovalevsky.
Die Umwandlung des Styrols in • Metastyrol findet nach
den Versuchen von Blyth und Hof mann*) nicht allein
*) Diese Annalen LIII, 297.
des Metastyroh, - 67
durch Einwirkung einer höheren Temperatur, sondern auch
bei gewöhnlicher Temperatur und dann besonders an der Luft
und im Lichte statt. Es liefs sich daher erwarten^ dafs in
dem flüssigen Storax des Handels ein Theil des ursprünglich
vorhanden gewesenen Styrols in Form von Metastyrol vor*
banden sei, und darin zum Theil der Grund liege, wefshalb
der Gehalt des käuflichen Storax an Styrol so sehr variabel
ist. Diese Vermuthung ist durch meine auf den Vorschlag
des Herrn Dr. Carius angestellten Versuche vollkommen
bestätigt. Zu den Versuchen diente undurchsichtiger flüssi-
ger Storax, der bei dem ersten Versuche schon zur Entfer*
nung des Styrols mit Wasser destillirt war; dieser Bückstand
wurde mit kalter verdünnter Natronlauge nach der Angabe
von Göfs mann von Zimmtsäure befreit, der dabei bleibende
Rückstand mit kaltem Alkohol gemischt und der in der Ruhe
gebildete harzige Bodensatz dann noch mehrmals mit starkem
Alkohol ausgewaschen. Dabei bleibt eine fast schwarze feste
Harzmasse,, die nach dem Verdunsten des Alkohols in kleinen
Mengen der Destillation unterworfen wird; die Masse schmilzt
in der Retorte und liefert unter Aufschäumen ein farbloses,
nach Styrol aber gleichzeitig terpentinartig riechendes Destiltat;
erhitzt man. sehr rasch, so wird weniger von diesem erhalten
und es bleibt mehr Kohle im Rückstande. Das Destillat wurde
im zugeschmolzenen Rohr einige Stunden einer Temperatur
von 150 bis 200^ ausgesetzt und dadurch endlich in eine
beim Erkalten nur noch sehr zähflüssige, fast farblose Masse
verwandelt; aus letzterer liefs sich durch Auswaschen mit
Alkohol zuletzt in gelinder Wärme eine in allen Eigenschaf-
ten mit dem* Metastyrol übereinstimmende Substanz abscheiden.
— Bei einem zweiten Versuche war der flüssige Storax nicht
erst mit Wasser destillirt, sondern direct mit Natronlauge
behandelt worden; der dabei bleibende Rückstand wurde
dann zuerst mit kaltem Benzol und um dieses wieder völlig
5»
68 Rovalevsky, über das Vorkommen d, Metastyroh,
zu entfernen mit Alkohol ausgewaschen. Der Versuch lieferte
das gleiche Resultat wie der erste. — Bei der Verbrennung
des so erhaltenen Metastyrols nach dem Schmelzen, Pulvern
und Trocknen über Schwefelsäure mit Kupferoxyd und Sauer-
stoffgas gaben :
0,1958 Grm. desselben 0^6613 Kohlensäure und 0,1330 Wasser.
Berechnet nach der
Gefanden Formel Q^ß^ :
Kohlenstoff 92,10 92,30
Wasserstoff 7,55 7,70
99,65 100,00.
Die Menge des so vorkommenden Metastyrols scheint
verschieden zu sein ; bei dem ersten Versuch gaben 500 Grm.
flüssiger Storax 8 Grm. reines Hetastyrol, bei dem zweiten
Versuch, wozu von einem anderen Kaufmann erhaltener
Storax verwandt wurde, gaben 500 Grm. nahe 14 Grm. reines
Metastyrol.
Bekanntlich haben Glenard und Boudault durch De-
stillation von Drachenblut Styrol erhalten ; da nun dieses Harz
keine Zimmtsäure zu enthalten scheint, so enthält es vielleicht
Metastyrol fertig gebildet, welches dann bei der Destillation
in Styrol verwandelt wird. Das Metastyrol hat in hohem
Grade die physikalische Beschaffenheit eines sogenannten
Harzes, und ich halte es für wahrscheinlich, dafs dasselbe
einen Bestandtheil noch anderer sogenannter Harze ausmacht,
vielleicht sogar wesentlich zu deren Znsammensetzung bei-
trägt.
69
10. Ueber eine neue WasserstofiVerbindung des
Eisens *) ;
von «7. Ä. Wanklyn und L, Garius.
Zinkäthyl wirkt schon bei gewöhnlicher Temperatur auf
die Chloride und Jodide der Metalle Silber, Kupfer, Bisen
und Nickel energisch ein; in allen diesen Fällen entwickeln
sich sehr reichlich Gase, die aber nach der Natur der ange-
wandten Metallverbindung verschiedene Zusammensetzung be-
sitzen. Wir gingen von der Ansicht aus, dafs hierbei die
folgenden Reactionen vorkommen könnten :
1. (MeCl), -f ÄnCGjHj), = ZnCl, + (MeGjHß)^,
2. (MeCl)j + Äii(€f8H5)8 = ZnClj + Me, -f- (G^Hg)«,
3. (MeCl)2 + Zn(€,H5)8 = ZnClj -f Mej -f Q^^^ + G^He,
4. (MeCl), + Zii(€A), == ZnClj + (MeH), + (G2H4)g.
Die durch Gleichung 1. bezeichnete Reaction konnten
wir bei keiner der untersuchten Metallverbindungen nach-
weisen. Die Reactionen 2. und 3. finden statt bei Kupferjodür
oder Kupferchlorid und bei Chlorsilber. Die Einwirkung des
Zinkäthyls auf Eisenjodür und wahrscheinlich auch auf Nickel-
chlorör geht nach Gleichung 4. vor sich.
Kupferjodür^ CugJ, dargestellt durch Fällung und sorg-
fältig getrocknet, oder Kupferchlorid ^ CuCl, erhalten durch
Trocknen des auf nassem Viege dargestellten , zuletzt bei
220^, entwickeln in Berührung mit Zinkäthyl schon in der
Kälte unter Erwärmung Gas. Wurde dabei die Erwärmung
nicht vermieden ; so zeigte sich das Gas bis nahe zur Hälfte
von Schwefelsäureanhydrid absorbirbar, während der Rest
*) Ueber das Folgende wurde schon in der Sitzung des natur-
historisch ' medicinischen Vereines zu Heidelberg vom 23. Novem-
ber 1860 Mittheilung gemacht. Carius.
70 Wanklyn u. Gar tu 8 ^ über eine neue
im Eudiometer mit Sauerstoff explodirt sich als Aethylwässer-
stofT mit wenig Äethylgas zu erkennen gab. Die Menge des
letzteren Gases nimmt aber zu, wenn die Reaction weniger
heftig stattfindet; stellt man endlich den Versuch so an, dafs
das Zinkäthyl mit seinem gleichen Volum reinen Aether ver-
mischt zu dem unter Aether befindlichen Kupferchlorid gesetzt
wird und kühlt man das Entwickelungsrohr in Eiswasser ab,
so besteht das durch Waschen mit gewöhnlicher Schwefel-
säure und Wasser von Aetherdampf befreite Gas, wie die
eudiometrische Analyse bewies, aus Äethylgas, mit veränder-
lichen Mengen, bis zu 20 pC. , Aethyleri und Aethylwasser-
sloff. — Der Rückstand im Entwickelungsgefäfs besteht un-
abhängig von der Temperatur, bei der die Zersetzung statt-
fand, bei Anwendung von überschüssigem Zinkäthyl aus einem
rothen Pulver, welches nach dem Auswaschen mit reinem
Aether mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure in der Kälte kein
Gas entwickelt und sich überhaupt wie metallisches Kupfer ver-
hält. Kupferwasserstoff, dessen Bildung wir anfangs ver-
mutheten, entsteht also bei dieser Reaction nicht.
Chlorsüber entwickelt mit Zinkäthyl selbst bei Anwen-
dung eines starken Zusatzes von Aether sehr rasch und heftig
Gase. Diese sind stets Gemenge von Aethylen mit Aethyl-
wasserstoff und Äethylgas; der Rückstand besteht ni(ch dem
Auswaschen mit Aether aus metallischem Silber.
Die Darstellung des Eisenjodwrs^ FegJs, welches wir zu
den folgenden Versuchen benutzten, geschah stets auf tro-
ckenem Wege; Eiseufeile wurde im gut bedeckten Porcellan-
tiegel rasch zum Glühen erhitzt und dabei durch Eintragen
kleiner Mengen Jod das Eisen möglichst vor Oxydation
geschützt. Die Bildung des Eisenjodürs findet erst in der
Glühhitze statte wefshalb erst, nachdem diese erreicht ist,
gröfsere Mengen von Jod eingetragen werden ; die geschmol-
zene Ma^se wird nun noch so lange erhitzt, bis sich an den
WdBserstoffißerbindung des Eisens, 71
Rändern des Tiegeldeckels nur noch wenig Joddanipf zeigt,
und gut bedeckt erkalten gelassen*).
Bringt man zu Bisenjodür, welches sich in einem Ent-
wickelungsrohr unter Aether befindet, überschüssiges, mit
seinem gleichen Volum Aether verdünntes Zinkäthyl, so findet
sogleich reichliche Gasentwickelung statt und die Temperatur
der Mischung steigt um einige Grade. Die Gasentwickeiurig
*) Die glühend -flüssige Masse scheint nicht Eisenjodür, sondern
wenigstens zum Theil eine höhere Jodverbindung zn sein. Sobald
nämlich ihre Temperatur nur wenig unter die Glühhitze sinkt,
entwickelt sie plötzlich grofse Mengen Joddampf; im Tiegel bleibt
eine flüssige Masse, die nach dem Erkälten reines Eisenjodür
als graue blätterige Masse darstellt. Wir glaubten anfangs, dafs
die Entwickelung von Joddampf aus^ der geschmolzenen Masse
vielleicht durch den Sauerstoff der Luft veranlafst würde, und
um diesen ganz auszuschliefsen and die Menge des wieder ausge-
schiedenen Jodes bestimmen zu können, stellten wir den Versuch
in einer Glasröhre an. Die schwer schmelzbare Röhre enthielt
in einer Kugel feinen Eisendraht, oder, bei späteren Versuchen,
in Wasserstofigas reducirtes metallisches Eisen ; vor dieser Kugel
befand sich eine zweite, die einen grofseu Ueberschufs von Jod
enthielt. Die Röhre wurde mit trockener Kohlensäure gefüllt, der
das Eisen enthaltende Theil derselben zum deutlichen Glühen er-
hitzt, der Kohlensäurestrom jetzt sehr verlangsamt, das Jod als
Dampf über das Eisen geleitet, und während das ganze Rohr
stark glühte, das überschüssige Jod durch Kohlensäure verdrängt
und das Rohr an beiden Enden zugeschmolzen. Die halb ge-
schmolzene Masse' entwickelte, sobald sie aus dem Glühen kam,
erhebliche Mengen Joddampf, der sich später zu Krystallen von
Jod condensirte, wodurch also bestätigt wird, dafs sich in der
hohen Temperatur ein Eisenjodid bildet, das bei niederer Tem-
peratur wieder in Eisenjodür und freies Jod zerfällt. Der Ver-
such, die Zusammensetzung jenes Eisenjodides zit bestimmen,
scheiterte jedoch an dem Umstände, dafs es nicht gelingt, alles
Eisen vollständig zu verwandeln. Die Menge des unverändert
bleibenden Eisens ist kleiner, wenn die Temperatur sehr hoch
gesteigert wird, und ist sehr klein, wenn der Versuch im Porcel-
lantiegel angestellt wird; im letzteren Falle wahrscheinlich, weil
hier tropfbarflüssiges Jod mit dem metallischen Eisen in Berüh-
rung kommt
72
Wanhlyn w. Cariua, über eine neue
wird etwas verlangsamt durch Abkühlung in Eiswasser, aber
auch hier entwickelt sich ein bedeutendes Volum Gas. Das
von verschiedenen Versuchen nach dem Waschen mit ge-
wöhnlicher Schwefelsäure über Quecksilber aufgefangene Gas
enthielt stets Aethylengas; wasserfreie Schwefelsäure absor-
birte daraus bei drei verschiedenen Versuchen 64>95 pC,
71,23 pC. und 89,6 pC. Aethylengas, Bei den beiden ersten
Versuchen war das Entwickelungsgefäfs nur auf 10 bis 15^
erhalten, bei dem letzten Versuch aber auf 0 bis -f~ ^^ ^^^
gekühlt; es wird also bd sehr niederer Temperatur fast nur
Aethylengas, bei höherer Temperatur noch andere Gase ge-
bildet. Die Analyse dieser Gase vom ersten Versuch gab
folgende Resultate :
Im AbsorpHonsrohr :
Nach Absorption des
Aetbylens . . .
0",6405
0 ,5804
Volum bei 0<»
u 1"* Druck
59,88
20,98
98,97 16,0
38,05 I 14,4
Das Gas enthielt daher 64,95 pC. Aethylengas ; der Rest gab
im Eudiometer :
Gas
Nach Zulassung von Luft
Nach Zulassung von Sauer-
stoff
Nach der Explosion . .
Nach Absorption derKoh*
lensäure
Nach Zulassung von Was-
serstoff
Nach der Explosion . .
51,65
258,55
308,76
258,75
216,98
318,13
264,91
14,6
15,8
15,7
15,4
15,6
15,4
15,4
0"",3428
0 ,5444
0 ,5965
0 ,5492
0 ,5199
0 ,6226
0 ,5635
Volum bei 0^
u. 1™ Druck
16,81
133,06
174,17
134,52
106,71
187,50 •
141,31
Der Entstehungsweise nach kann das Gas bestehen aus
Aethyl und Aethylwasserstoff, denen sich, wie wir später
Wasserstoffverbindung des Eisens.
73
erfahren, Wasserstoffgas beimengen mufs. Da aber ein Ge-
menge von gleichen Volumen Aelhylgas und WasserstoiTgas
bei der Verbrennung mit Sauerstoffgas dieselben Resultate
giebt, wie ein dem des Gemenges gleiches Volum Aethyl-
wasserstoff, so läfst sich die Gegenwart des Aethyls durch
diese Analyse noch nicht feststellen. Setzt man voraus, das
Gas enthalte nur Aethylwasserstoff und Wasserstoffgas, so
erhält man durch Rechnung :
Aethylwasserstoff 13,90 =^ 82,17
Wasserstoff . 2,91 = 17,83
16,81 100,00.
Da die Absorbirbarkeit des Wasserstoffs und Aethylwasser-
stoffs in absolutem Alkohol im Vergleich zu der des Aethyl-
gases sehr gering ist, so wurde dem noch übrigen Rest des
äthylenfreien Gases durch Schütteln mit luftleer gekochtem
absolutem Alkohol der gröfste Theil des Aetbylgases ent-
KOgen, der Alkohol mit der Pipette entfernt und dessen
Dämpfe durch Waschen mit ausgekochtem Wasser fortgenom-
men. Das so behandelte Ga$. gab bei der Analyse folgende
Resultate :
Im Eudiometer :
Voltim bei O^
u. 1™ Druck
Gas
Nach Zulassung von Sauer-
stoff ......
Nach der Explosion
Nach Absorption der Koh-
lensäure
Volum
t
OC.
Druck
20,56
16,1
0,3036
66,8S
40,48
14,5
14,3
0,3460
0,3230
29,63
13,9
0,3309
6,91
21,96
12,42
9,33
Nimmt man an, es sei alles Aethyl durch den Alkohol entfernt
worden, so herechnet sich :
Aethylwasserstoff 26,12
Wasserstoff 73,88
100,00.
74
Wanhlyn u. Cariut, über eine neue
I
Ein anderer Theil des äthylenfreien Gases, der noch
nicht mit Alkohol behandelt war, wurde im Absorptiometer
mit absolutem, luftleer gekochtem Alkohol behandelt; dabei
ahsorbirten bei 10^5 C. und (r,750 Druck 1,51 CC. Alkohol
aus 30,47 CC. angewandtem Gase 3,54 CC. Gas; da nun
1 Vol. Alkohol bei mittlerer Temperatur nur etwa 1,13 Vol.
Aethylwasserstoff aber 18 Vol. Aethylgas absorbirt, üo seist
dieser Versuch die Anwesenheit von Aethylgas in dem Gas*
gemenge aufser Zweifel.
Der nach beendeter Reaction im Entwickelungsgeftlts
bleibende Rückstand zeigte nach völligem Auswaschen mit
reinem Aelher folgende Eigenschaften. Er stellt ein schwarzes,
dem metallischen Eisen ähnliches Pulver dar, welches bei
gelindem Erwärmen reines Wasserstoffgas entwickelt, sich
aber bei gewöhnlicher Temperatur und bei Ausschlufs von
Wasser unverändert aufbewahren läfst; in dieser Zersetzung
beim Erwärmen ist ohne Zweifel die Erklärung für die Ge-
genwart des Wasserstoffs in dem bei der Darstellung des
Körpers entwickelten Gase zu suchen. Uebergiefst man die
Substanz mit destillirtem Wasser, so entwickelt sich ebenfalls
Gas, ohne dafs Erwärmung dabei stattfände, und zwar
ist die Menge des so entwickelten Gases um so gröfser, je
sorgfältiger man bei der Darstellung der Substanz Erwärmung
vermied; folgende Resultate der Analyse zeigen, dafs das
Gas reines Wasserstoffgas ist.
Gas
Nach Zulassung von Sauer
stoflf
Nach der Explosion . .
Nach der Absorption der
Kohlensäure . . .
262,72
210,40
209,59
13,9
13,7
13,9
I
0",3575
0 ,5531
0 ,6053
0 ,5117
Volum bei 0«
u. 1™ Druck
24,56
138,28
102,41
102,06
Wasserstoffverbindunff des Eisens, 75
Diese Eigenschaft, bei gelindem Erwärmen oder in Be-
rührung mit Wasser in der Kälte Wasserstoffgas zu entwickeln,
kann nicht dem metallischen Eisen angehören; auch haben
wir uns durch einen besonderen Versuch überzeugt, dafs
durch Wasserstoff reducirtes metallisches Eisien in Berührung
mit reinem Wasser auch beim Erwärmen auf 50 bis 60^ kein
Wasserstoffgas entwickelt. Jene Eigenschaften beweisen viel-
mehr vollkommen, dafs der schwarze Rückstand von der
beschriebenen Reaction eine Verbindung von Eisen mit Was-
serstoff ist; diese wird bei gelindem Erwärmen in Wasser-
stoffgas und metallisches Eisen zerlegt, in Berührung mit
Wasser zu Eisenoxydul und Wasserstoff verwandelt; dafs
hierbei wirklich Eisenoxydul gebildet wird, ergiebt sich dar-
aus, dafs der Rückstand von der Behandlung mit Wasser sich
in verdünnter Salzsäure fast ohne Gasentwickelung zu Eisen-
chlorür löst.
Die Versuche, die Zusammensetzung des Eisenwasserstoffs
festzustellen, scheiterten daran ^ dafs derselbe stets mit me-
tallischem Eisen . gemengt erhalten wird , und dafs sowohl
metallisches Eisen, wie der Eisen Wasserstoff mit verdünnter
Salzsäure oder mit Salzsäuregas Eisenchlorür und Wasser-
stoffgas bilden. Die einfachste Annahme würde sein, dafs
der Eisenwasserstoff dem Eisenchlorür correspondirend zu-
sammengesetzt sei, in 1 Mol. wahrscheinlich Fe^Ha; dann
müfste Chlorwasserstoffgas mit dem Eisenwasserstoff genau
sein gleiches Volum Wasserstoffgas entwickeln, nach der
Gleichung :
Fe^Hg + (ClH)a = FegCla + H4,
während metallisches Eisen nur ein halbes Volum des Chlor-
wasserstoffgases an Wasserstoffgas entwickelt. Behandelten
wir nun in einem Rohr von bekanntem Inhalt überschüssigen
Eisenwasserstoff mit Chlorwasserstoffgas, so bildete sich
Wasserstoffgas, dessen Volum steh zu dem des angewandten
76 Freund, Beiträge zur Kenntnifs
Chlorwasserstoffgases bei gleichem Druck und Temperatur
wie 70,5 und wie 86,2 zu 100 verhielt.
Die grofse Leichtigkeit, womit der Eisenwasserstoff sich
selbst mit Wasser umsetzt, scheint ihn besonders geeignet
zu machen, um in Verbindungen Sauerstoff oder Chlor u. s. w.
durch Wassertoff zu ersetzen. Wir sind beide mit dahin
gehörigen Versuchen beschäftigt.
Heidelberg, den 25. Februar 1861.
Mittheilungen aus dem Universitätslaboratorium
in Lemberg.
6. Beiträge zur Kenntnifs der phenylschwefligen und
der PhenylschwefelsäQre ;
von August Freund.
(Aus den Sitzungsberichten der k. k. Academie zu Wien mitgetheilt.)
Vor einiger Zeit mit der Untersuchung des galizischen
Steinöls beschäftigt*), hatte ich durch Einwirkung von con-
centrirter Schwefelsäure auf dasselbe krystallisirbare \schwefel-
haltige Säyren erhalten, und aus letzteren in Wasser lösliche
Barytsalze dargestellt, deren Zusammensetzung es wahrschein-
lich machte, dafs diese der betreifenden Gruppe von Körpern
der Phenylreihe angehören.
*) Diese Annalen CXV, 19.
der phenyhchwefligen und der PhenyUchwefelsäure^ 77
Um hierüber Gewifsheit za erlangen, sah ich mich ge-
nöthigt, vorerst die Prpducte der Einwirkung von Schwefel-
säure auf Phenylwasserstoff und Phenylalkohol einer ein-
gehenden Untersuchung zu unterwerfen, da die bekannten
Angaben meinen Zwecken nicht genügten.
Als einen kleinen Beitrag zur Kenntnifs dieser Verbin-
dungen erlaube ich mir, die Resultate dieser Untersuchung
gesondert zu veröffentlichen.
Einwirkung von Schwefelsäure auf Phenylwaaaeratoff,
Reiner Phenylwasserstoff (d4irch Destillation von Benzoe-
säure mit Kalk erhalten), bei 82^ C. siedend und bei + 3^ C.
vollkommen erstarrend, wurde anfänglich mit dem gleichen
Volum concentrirter reiner Schwefelsäure in einer mit Glas-
stöpsel verschliefsbaren Flasche zusammengebracht und bei
gewöhnlicher Temperatur unter öfterem Umschütteln mit der-
selben in Berührung gelassen. Nach einigen Tagen hatte sich
ein Theil des Phenylwasserstoffs gelöst. Als die Menge des
letzteren nur noch wenig sich verminderte, wurde er abge-
hoben, mit frischen Mengen Schwefelsäure zusammengebracht
und damit fortgefahren, bis die ganze angewandte Quantität
des Phenylwasserstoffs in Lösung gegangen war *}•
Das stark saure und noch theilweise unveränderte Schwe-
felsäure enthaltende, nur schwach gelb gefärbte Product der
wechselseitigen Einwirkung beider Substanzen löste sich beim
Verdünnen mit Wasser zu einer vollkommen klaren Flüssigkeit.
Dabei wurde weder Gasentwickelung, noch das Auftreten von
schwefliger Saure bemerkt.
*) Mitscherlich's Angabe (Pogg. Ann. XXXI, 284), dafs es ihm
nicht gelangen sei, Phenylwasserstoff mit gewöhnlicher concen-
trirter Schwefelsftnre zu verbinden, dürfte ihren Grund darin
haben, dafs die axigewandte Schwefelsänre nicht die hinlängliche
Concentration hatte.
78 Freundy Beiträge zur Kenntnifs
Pkenylschweflig saures Baryum. — Die mit einer hin-
reichenden Menge Wasser verdünnte saure Lösung wurde
mit reinem kohlensaurem Baryt neutraiisirt , filtrirt und im
Wasserbade zur Trockne verdampft. Der Rückstand neuer*
dings in Wasser gelöst, vom abgeschiedenen kohlensauren
Baryt abfiltrirt und bis zu einer gewissen Concentration ver-
dunstet, gab beim Erkalten ein in schönen weiTsen durch-
sichtigen perlmutterglänzenden Blättchen oder Tafeln kry-
stallisirendes Salz. Die überstehende Mutterlauge lieferte bei
weiterem Eindampfen bis auf den letzten Tropfen dasselbe
Salz in vollkommen reinem Zustande» so dafs ein Umkrystal-
lisiren unnöthig war^). Die so erhaltenen Krystalle sind in
Alkohol nur wenig löslich, und zwar um so weniger, je stärker
derselbe ist« An der Luft verändern sie sich nicht, wohl
aber im Exsiccator über Schwefelsäure» wo sie schon nach
kurzer Zeit undurchsichtig werden und nach und nach ihr
Krystallwasser abgeben. Für die Analysen I bis IV wurde
im Exsiccator getrocknetes, für V und VI lufttrockenes Salz
verwendet.
I. 0,5510 Grm. gaben nach dem Erhitzen mit Schwefelsäure 0»2B40
Grm. schwefelsauren Baryt.
II. 0,7060 Grm. gaben 0,3622 Grm. (durch Ausfällen mit Schwefel-
säure) schwefelsauren Baryt.
IIL 0,5202 Grm. gaben 0,6099 Grm. Kohlensäure und 0,108 Grm.
Wasser **).
IV. 0,5300 Grm. gaben 0,6207 Grm. Kohlensäure und 0,113 Grm.
Wasser.
*) Gerhardt (Trait^ de Chimie) sagt, dafs Phenylwasserstoff in
concentrirter Schwefelsäure sich auflöse und beim Erwärmen
phenylschweffige Säure sich bilde« — Zur Bildung der letzteren
bedarf es aber des Erwärmens nicht, wie aus Obigem hervorgeht
**) Sämmtliche Substanzen wurden in Platin- oder Porcellansohiffchen
mit Kupferoxyd, bei eingeschaltetem Bleihyperoxydrohr, im Sauer-
stoffstrome verbrannt.
der phenylschtoefligen und der Phenylschwefdsävre^ 79
Berechnet
GeAinden
I.
IL
IIL
IV.
ۥ
72
31,93
—
^
31,97
31,94
H5
5
2,22
—
2,31
2,37
Ba
68,5
30,38
30,31
30,17
—
—
S
32
14, i 9
\
—
—
—
Os
48
21,28
—
—
—
—
225,5 100,00.
V. 1,1389 Grm. verloren bei lOO^' 0,0437 arm, Wawer, entspre-
chend 3,837 pC.
VI. 0,2963 Grm. gaben nach dem Glühen mit Schwefelsäure 0,1476
Grm. schwefelsauren Baryt, entsprechend 29,29 pC. Baryum.
Die Formel 2 («eHsBaSOs) + H^e verlangt in 100
Theilen 3,838 Wasser und 29,20 Baryum.
Phenylschißefligaaurea Kupfer. — Dieses Salz wurde durch
Zerlegung einer Lösung des Barytsalzes mit einer Lösung
von reinem Kupfervitriol dargestellt; das Piltrat (welches das
Kupfersalz mit überschüssig zugesetztem Kupfervitriol enthielt)
wurde zur Trockne verdampft, der Rückstand mit Alkohol
aufgenommen, die Lösung vom ungelösten Kupfervitriol ab-
filtrirt, hierauf der Alkohol abdestUlirt und das Salz aus Wasser
krystallisirt. Beim Erkalten einer heifs concentrirten wäs-
serigen Lösung, ebenso aus Weingeist, erhält man es in
grofsen tafelförmigen, jedoch sehr dünnen lichtblauen Kry-
stallen, welche steh an der Luft nicht verändern. Bei frei«
willigem Verdunsten einer wässerigen Lösung wurde es in
wohl ausgebildeten Krystallen erhalten *}. Von diesen letz-
teren wurde ein Theil zur Analyse verwendet.
I. 0,4758 Grm. des lufttrockenen Salzes gaben 0,5166 Grm. Koh-
lensäure und 0,196 Grm. Wasser.
*) Herr Dr. Handl war so gütig, die krystallographisehen Messun-
gen an diesen und anderen in der Folge zu beschreibenden Ery-
stallen vorzunehmen, und wird seine Resultate demnächst geson-
dert veröffentlichen.
80 Freundy Beiträge zur Kenntnifs
Berechnet für die Formel
OeHgCuÄOg +- SHjO Gefunden
C 29,66 29,61
H 4,53 4,58.
X Bei einer Bestimmung des Krystallwassers verloren 0,8042
Grm. des lufttrockenen Salzes auf 180^ C. erhitzt 0,179 Grm,,
entsprechend 22,26 pC. Wasser; die obige Formel verlangt
22,25 pC.
Phenyhchwefltg saures Silber^ durch Zerlegen einer Lösung
des Barytsalzes mit schwefelsaurem Silber erhalten, bildet
schöne tafelförmige Krystalle, welche in Wasser und Wein-
geist löslich sind. Die Silberbestimmungen deuten auf einen
Gehalt von 8 Molecülen Krye^tallwasser auf 1 Molecul phenyl-
schwefligsauren Silbers.
I. 0,4646 Grm. gaben mit Salzsäure ausgefällt 0,1593 Grm. Chlor-
Silber, eutsprechend 25,81 pC. Silber.
II. 0,6546 Grm, gaben ebenso 0,2273 Grm. Chlorsilber, entspre-
chend 26,17 pC. Silber.
Im Mitlei der beiden Bestimmungen wurde demnach 25,99
pC. Silber gefunden, während die Formel CeHsAgSOa-f- 8 HjO
26,41 pC. verlangt.
Phenylschweflige Säure. — Diese wurde auf bekannte
Weise durch Zerlegen einer Lösung des Kupfersalzes mit
Schwefelwasserstoff und Eindampfen des \u)m Schw^felkupfer
getrennten Filtrates bis zur Syrupconsistenz dargestellt. Die
Säure krystallisirt in sehr zerfliefslichen feinen Nadeln.
Zerlegung ' der phenyhchwefltg en Säure bei höherer Tem-
peratur, — Als eine wässerige Lösung der Säure der Destil-
lation unterworfen wurde , destillirte anfänglich ohne Ent-
wickelung eines Geruches reines Wasser über; erst als der
Inhalt der Retorte Syrupconsistenz angenommen hatte , begann
bei weiterem Erhitzen eine Zerlegung. Es zeigten sich als-
bald im Destillate Tropfen einer auf Wasser schwimmenden
der phenyhchvoefligen und der Phenylschwefelsäio'e, 81
Fiüssigkeil. Später destillirte eine zum Theil im Halse der
Retorte , zam Theil in der Vorlage erstarrende Substanz ;
aufserdem wurde der Geruch nach schwefiigar Saure be-
merkbar und als Rückstand blieb, jedesmal je nach der Dauer
und der Stärke des Erhitzens, entweder eine dickliche schwarze
Flüssigkeit, oder eine leichte glänzende Kohle.
Das Hengenverhältnirs zwischen der flüssigen und der
festen Substtftiz hängt von der angewandten Temperatur ab.
Ich hatte nämlich zu wiederholten Malen zu bemerken Gele-
genheity dafs sich bei allmäligem Erhitzen im Oel- oder He-
tallbade eine gröfsere Menge der flüssigen Verbindung bildet ;
dagegen entsteht bei raschem Erhitzen über freiem Feuer
die flüssige Substanz in verschwindend kleiner Menge, in
gröfserer der feste Kdrper.
i^Phenylwasserstqff. — Die durch Zerlegung der phenyl-
schwefligen Säure erhaltene ölige Flüssigkeit hatte den Ge-
ruch des PhenylwasserstoffSi starkes Lichtbrechungsvermögen,
siedete bei 82^ C. und erstarrte bei -^ 3^ C. vollkommen.
Das sind die Eigenschaften des Phenylwasserstoffs.
Sulfobenzid. '— Die feste schwefelhaltige Substanz wurde
wiederholt mit heifsem Wasser gewaschen und schliefslich
mehrere Male aus heifsem Alkohol umkrystallisirt. Dieselbe
ist in kaltem Alkohol verhältnifsmäfsig schwer löslich , leicht
löslich aber in kochendem, und krystallisirt daraus beim Er-
kalten in schönen weifsen durchsichtigen rhombischen Blätt-
chen. Auch Aether löst sie. Kocht man sie mit Wasser, so
trübt sich letzteres beim Erkalten und allmälig scheidet sich
eine kleine Menge der Substanz in sehr feinen verfilzten
Nadeln aus, während das Wasser fast nichts mehr davon
gelöst enthält. Weder durch verdünnte noch durch concen-
trirte Kalilauge wird sie selbst beim Kochen merklich ver-
ändert. Erwärmte mäfsig concentrirte Salpetersäure löst di)ß
Substanz auf, beim Erkalten krystallisirt sie wieder unver-
Ann. d. Chem. n. Pharm. CXX. Bd. 1. Heft. 6
82 Freund^ Beiträge zur Kenntnifs.
ändert heraus. Durch ganz concentrirte Salpetersäure wird
dieselbe In ein geJhes, in Wassf'r untersinkendes Oel ver«^
wandelt Der« Sichmelepunkt der aus Alkohol kfystoUtsipten
völlig weifsen Substa»^ wurde bei 126^ C. gefunden.
0,1980 Grm. gaben 0,4840 Grm. Kohlensäure and 0,0848 Grm.
Wasser.
Berechnet für
(OeH5)2SO,
Gefanden
C 66,05
66,67
H 4,59
4,73.
Wie aus den Eigenschaften und der Zusammensetzung
ersichtlich, ist diese Substanz mit der von Hitscher lieh
zuerst dargestellten und von ihm Sulfobenzid benannten
identisch. Da jedoch von mit der Schmelzpunkt höher lie-
gend gefunden wurde, als ihn Hitscherlich *} und später
Gericke ^) angegeben, uii4 es mir aufäerdiem vorgekoihmen
war, dafs eine unreinere Substanz schon bei dem Siedepunkte
des Wassers schmolz , so w^r zu vennuthen , dafs die ge-
nannten Chemiker den Schmetepunkt einer nicht vollkommen
reinen Substanz* bestimmt hatten. Um diefs zu constetiren,
wurde des Sulfobenzid nach Mitscherlich's Methode durch
Auflösen von Phenylwasserstofi^- in einem Gemenge von rau-
chender und wasserfreier S^hwefeteäure dargesteift. Nach-
dem es mit Wasser voHkemmen ausgewaschen war, wurde
es aus heifisem Alkohol umkrysta^lisirt. Die Krystalle halten
dieselbe Porm, wie die durch Zerlegung der phenylschwefii-
gen Säure erhaltenen. Ein Theil a wurd^ nach dem Trocknen
geradezu geschmolzen , in ein Capillarröhrchen aufgesaugt
und zur SchmelSKpunktsbestimHNing verwendet. Da Mitscher-
lich zur Reinigung seines Salfobeneids dasselbe nach dem
HmkrystHilisiren noch einer E^estiliation unterworfen hat, so
*) Pogg. Ann. XXXI, 308 (bei lOO^C).
**) Diese Annalen C. 207 (bei IIÖ» G.)i
der pheni/hchwefligen und der Phenylschwefelsäure, 83
warde ein anderer Theil {h) der umkryställisirten Substanz
ebenfalls destillirt (um zu sehen, ob durch Destillation die-
selbe nicht «twa theilweise zerlegt und dadurch ihr Schmelz-
punkt herabgedrückt werde}; und dann erst auf den Schmelz-
punkt untersucht. Es erwies sich hierbei, dafs die Schmelz-
punktsbestimmungen von a und h sowohl unter sich, als
auch mit dem für meine Substanz gefundenen Schmelzpunkt
übereinstimmten^}, dafs mithin der Schmelzpunkt des soge-
nannten Sulfobenzids wirklich höher- liegt, als ihn die
genannten Chemiker angeben. Bbenso sprechen die überein-
stimmenden Schmelzpunkte der destillirten und der nicht-
destillirten Substanz dafür, dafs durch Destillation dieselbe
nicht verändert werde. Was den Erstarrungspunkt anbelangt,
so konnten weder bei der aus phenylschwefliger Säure, noch
bei jener durch Einwirkung von Phenylwasserstoff auf wasserfreie
Schwefelsäure entstandenen Substanz bei den wiederholten
Versuchen übereinstimmende Resultate erzielt werden. Für
die auf erstere Weise erhaltene ' Substanz wurde derselbe
einmal bei 105, das andere Mal bei 102,5, und für die auf
letztere Art entstandene nichtdestillirte Substanz bei 100,
107,5 und 92, für die destillirte bei 97^ C. gefunden, unge-
achtet die beiden ersten Versuchsreihen jede mit einer und
derselben Parthie der Substanz in demselben Röhrchen aus-
geführt wurden. Offenbar hängt der Erstarrungspunkt von
noch nicht genau ermittelten Umständen ab; so viel geht
jedoch aus den Versuchen hervor, dafs er weit tiefer als der
Schmelzpunkt liegt*
Neben Phenylwasserstoff und Sulfobenzid fand sich im
wässerigen Destillate schweflige Säure, wenig Schwefelsäure
*) Für a wurde der Schmelzpunkt bei 128^5 C. , für 6 bei 129° C.
gefonden.
6*
84 Freund y Beiträge zur Kenntnifa
und phenylschweflige Säure, welche letztere durch Analyse
ihres Barytsalzes erkannt wurde.
Die phenylschweflige Säure spaltet sich demnach beim
Erhitzen entweder in Phenyl Wasserstoff und Schwefelsäure,
indem ein Molecul Wasser aufgenommen wird, und zwar nach
der Gleichung :
Phenylschweflige Wasser Phenyl- Schwefel-
Säure Wasserstoff säure,
oder in Sulfobenzid und Schwefelsäure nach der Gleichung :
2 (OeHgoOs) ^ (GeH5)2Ö^g -f- &^4H2
Sulfobensdd.
Nebenher geht eine secundäre Zerlegung unter Abschei-
dung von Kohle und schwefliger Säure*}.
*) Nimmt man in dem hypothetischen Schwefligsäurehydrat das-
selbe Radical wie in der Schwefelsäure an, und schreibt dasselbe,
wie diefs mehrere Chemiker thun, mit der rationellen Formel :
H I
SO wäre dasselbe als das intermediäre Aldehyd der zweibasischen
Schwefelsäure zu betrachten (wie man die Glyoxylsäure als inter-
mediäres Aldehyd der Glycolsäure ansieht), wonach die phenyl-,
methyl- und äthylschweflige Säure und die s. g. Aether der
schwefligen Säure intermediäre Ketone, das s. g. Sulfobenzid,
bezeichnender Phenylosulfon oder Sulfuryldiphenyl, das eigent-
liche Phenyl -Keton der Schwefelsäure vorstellen würden, wie
diefs aus nachstehender Zusammenstellung ersichtlich wird :
" TT
RA i ""
Hg 1^« %rM
tt
H
Schwefelsäure intermediäres (erstes) eigentliches
Aldehyd, Aldehyd
das hypothet. unbekannt
Schwefligsäurehydrat
tf
SOs { S^s; s. g. Sulfobenzid
OeHftl CgHj} (Phenylosulfon)
Phenylschweflige s. g. schwefligs. eigentliches Keton.
Säure Aethyläther
intermediäre Ketone.
der phenjfhchwefHg en und der PhenyhchwefeUäure. 85
Phenylschwefelsaure Salze.
Phenylschwefelsaures Baryum wurde auf gewöhnliche
Weise, durch Neutralisiren eines Gemenges von Phenyl-
schwefelsaure und überschüssiger Schwefelsäure (erhalten
durch Mischen von Phenylalkohol mit concentrirter Schwefel-
säure) mit kohlensaurem Baryt, Eindampfen und Umkrystalli-
siren des Salzes dargestellt. Zur Feststellung der Reinheil
desselben wurde es analysirt.
I. 0,8751 Grm. des bei 100^ C. getrockneten Salzes gaben mit
Schwefelsäure geglüht 0,4208 Grm. schwefelsauren Baryt,
entsprechend 28,27 pG. Baryum. Das wasserfreie Salz ver-
langt 28,36 pC.
II. 0,6717 Grm. des lufttrockenen Salzes ergaben 0,286 Grm.
schwefelsauren Baryt.
III. 0,7968 Grm. des lufttrockenen Salzes gaben 0,7742 Grm. Koh-
lensäure und 0,2208 Grm. Wasser.
Berechnet für . „ —
2 (€leH5BaS04) -|- 3 HgO II. III,
C 26,82 — 26,49
H 2,98 — 3,08
Ba 26,51 25,04 —
Phenylschwefelsaures Kupfer, — Eine Lösufig des Baryt-
salzes wurde mit Kupfervilriollösung zerlegt, die vom schwefel-
sauren Baryt abfiltrirte Lösung zur Trockne verdunstet, das
trockene Salz in Weingeist gelöst, vom ungelösten Kupfer-
vitriol abfiltrirt, hierauf der Alkohol verdampft und der Rück-
stand aus Wasser umkrystallisirt. Aus der concentrirten
grünen Lösung krystallisirte ein grünlich -blaues luftbestän-
diges Salz a, welches auf einem Filter mit kaltem Wasser
gewaschen und dann umkrystallisirt wurde. Die dunkelgrüne
Mutterlauge wurde durch weiteres Eindampfen concentrirt;
beim Erkalten krystallisirte ein grünes luftbeständiges Salz i,
welches, auch durch wiederholtes Umkrystallisiren immer in
grünen Krystallen erhallen wurde. Aus einer mäfsig con-
centrirten i bei gewöhnlicher Temperatur verdunstenden Lö-
86 Freundy Beiträge zur KenrUmfs
sung des Salzes a krystallisirte dasselbe Salz in ziemlich
langen, aber verhältnifsmärslg dünnen Prismen. Als ich aber
dieselben bis auf wenige kleine , jedoch schön ausgebildete,
aus der Mutterlauge entfernt hatte, bildeten sich in derselben
über Nacht (wahrscheinlich in Folge einer Temperaturernie-
drigung} grofse dicke wohl ausgebildete Tafeln von der
Farbe des Kupfervitriols, welche sich bei längerem Verbleiben
in der Mutterlauge noch vergröfserlen. (Durch Wiederauf-
lösen eines Theils und Krystallisirenlassen konnten dieselben
in Krystallen des Salzes a erhalten werden.) Dieselben {c)
unterschieden sich von denen des Salzes a aufser durch die
Farbe auch noch durch die Eigenschaft, der Luft ausgesetzt
sehr leicht zu verwittern, wobei die Kryslalle weifs und un-
durchsichtig wurden.
Salz a. I. 1,002 Grm. des lufttrockenen Salzes verloren auf 170^0.
erhitzt 0,2086 Grm., entsprechend 20,82 pC. Wasser.
II. 0,8262 Grm. desselben (lufttrockenen) Salzes gaben
0,1285 Grm. Kupferoxyd.
III. 0,7395 Grm. desselben Salzes gaben 0,7434 Grm. Koh-
lensäure, 0,3055 Grm. Wasser und 0,1100 Grm- im
Schiffchen zurückgebliebenes Kupferoxyd *).
Berechnet für ^Gefunden
G6H6CUSO4 + 3H2O II.
C 27,83 —
H 4,25 —
Cu 12,25 12,42
Salz 6. 0,5793 Grm. des lufttrockenen Salzes gaben 0,6333 Grm.
Kohlensäure, 0,2065 Grm. Wasser und 0,0935 Grm. im
Schiffchen zurückgebliebenes Kupferoxyd.
Berechnet für
GßHgCuS^^ + 2 HgO Gefunden
C 29,91 29,66
H 3,74 3,96
Cu 13,17 12,89.
*) Bei der Analyse der Kupfersalze blieb das Kupfer, wie ich mich
überzeugt hatte, als reines Kupferoxyd, ohne Jede Spur von
Schwefel y znrüek.
der phenylschweflig'en und dtr Pken^schwefelsäure, 87
Salz e. 0,7428 Onm des luftfro^^kotHen -Salzes graben (S6786 Orm.
Kohlensäure, 0,3400 Grm. Wasser und 0,1015 Grm. im
Schiffchen zuräckgebliebenes K^upferoxyd.
Berechnet iStt
O^Hj^OuSO, + 6 HgO Gefunden
C 24,43 24,89
H 5,09 6,08
Cu 10,76 10,91.
PhenyUchwefelsayrea Kobalt y in ähnlicher Weise wie
das Kupfersalz dargestellt, bildet schöne, in Wasser und
Weingeist lösliche luftbeständige Krystalle, von der Farbe
des neutralen schwefelsauren Kobaltoxyduls. Die Krystalle
verändern sich au(4i im Exsiccator nicht. Bei 100^ C. geben
sie schon einen Theil ihres Krystallwassers ab (19 pC.}»
indem sie zugleich violett werden. Auf 180^ C. erhitzt geben
sie ihr sämmtliches Krystallwasser ab.
I. 0,3321 Grm. des lufttrockenen Salzes verloren auf 170 bis 180^ C.
erhitzt 0,0875 Grm., entsprechend 26,35 pO. Wasser.
II. 0,4336 Grm. des lufttrockenen Salzes gaben 0,4195 Grm. Eoh-
lensftore und 0,1850 Grm. Wasser.
Die Formel ^eHgCoSO* + 4 HjO verlangt :
Gefunden
I. IL
C 26,23 — 26,38
H 4,74 — 4,74
Frocente KrystaUwasser 26,23 26,35.
Phenyhchwefehaures Nickel^ wie das vorige erhalten,
krystallisirt aus der wässerigen Lösung in prachtvollen smaragd-
grünen luftbeständigen Krystallen , welche auch in Alkohol
löslich sind. Entwässert hat es eine kanariengelbe Farbe.
I. 0,8017 Grm. des lufttrockenen Salzes verloren beim Er-
hitzen auf 210^ C. 0,2145 Grm., entsprechend 26,76 pC.
Wasser.
n. 0,9413 Grm. des lufttrockenen Salzes gaben 0,9151 Grm. Koh-
lensäure und 0,4058 Grm. Wasser.
Berechnet für Gefunden
€eHaNiS04 -f 4 HgO I. H.
C 26,22 — 26,52
H 4,78 — 4,79
KrystaUwaBser 26,22 26,76.
88 Freund^ Beiträge zur Kenntnifs
Plienyhchwefelsaures Kali krysialiisirt in kleinen weifsen
seideglänzenden Krystallen, welche lufttrocken 17,06 pC.
Kalium enthalten , in Wasser und Weingeist löslich sind.
Phenylschwefelsaures Kali von der Formel GeHsKSO« -{~ H^O
verlangt 16,96 pC. Kalium.
Phenylschwefelsaures Silber ist sehr leicht in Wasser
und ebenso in Alkohol löslich und krystallisirt defshalb schwer
und in undeutlichen warzenförmigen Krystallen. Das über
Schwefelsäure getrocknete Salz ergab eine Zusammensetzung,
wie sie dem wasserfreien Salz entspricht.
PhenyUchwefelsaure Magnesia ^ durch Neutralisation der
reinen Säure mit kohlensaurer Magnesia erhalten, bildet
weifse nadeiförmige , in Wasser und Weingeist lösliche Kry-
stalle^ deren Zusammensetzung nicht ermittelt wurde.
Phenylschjoefelsäure wurde in ähnlicher Weise wie die
phenylschweflige durch Zerlegen des Kupfersalzes a mit
Schwefelwasserstoff dargestellt. Die vom Schwefelkupfer ab-
filtrirte Lösung wurde nur so weit erhitzt, bis der über-
schüssige Schwefelwasserstoff entwichen war. Hierauf wurde
ein Theil derselben unter der Glocke der Luftpumpe über
Schwefelsäure concentrirt. Als die Lösung syrupdick ge-
worden, krystallisirte die Säure in feinen weifsen Nadeln;
nach kurzer Zeit wurde jedoch die anfangs nur schwach
gelbliche Mutterlauge braun, indem sie sich zugleich in einen
Krystallbrei verwandelte. Beim Auflösen der Masse in Wasser
wurde eine vollkommen klare braune Lösung erhalten, welche,
neuerdings über Schwefelsäure gebracht, wieder krystallinisch
erstarrte; nebenbei machte sich ein schwacher Geruch nach
Phenylalkohol bemerkbar.
Bei der Destillation einer frisch bereiteten Lösung der
Säure destillirte ein schwach gelblich gefärbtes, nach Phenyl-
alkohol riechendes Wasser, und später kam ein im Wasser
untersinkendes Öel, welches an seinem Geruch, der Eigen-
der phenykchwefligen und der Phenylachwefelsäure, 89
scbafl, einen mit Salzsäure befeuchteten und wieder ge-*
trockneten Fichtenspan blau zu färben, und mit Salpetersäure
behandelt Pikrinsäure zu geben, als Phenylalkohol erkannt
wurde. Auch hier, wie bei der Destillation der phenylschwef-
ligen Säure» blieb in der Retorte ein kohliger Rückstand und
es entwickelte sich schweflige Säure.
Der Hauptsache nach zerlegt sich demnach hierbei die
Phenylschwefelsäure in Phenylalkohol und Schwefelsäure nach
der Gleichung : GeHeSO*-!- HaO^GßHeO+SOA.
Schweflige Säure und Kohle treten ^Is secundäre Zer-
setzungsproducte auf.
Umwandlung des Glycerins in Propylenglycol und
des Aethylenglycols in Aethylalkohol ;
von A. Lourengo *).
Vergleicht man die Formeln solcher Alkohole von ver-
schiedener Atomigkeit, welche gleich viel Kohlenstofiatome
enthalten, z. B. den Propylalkohol, das Propylenglycol und
das Glycerin, so bemerkt man, dafs sie aus demselben Koh-
lenwasserstofi* GsHg und einer wachsenden Anzahl von Sauer-
stofl^atomen bestehen. Merkwürdiger Weise läfst das Zutreten
von je einem weiteren Atom Sauerstofl^ je ein weiteres Atom
Wasserstoff durch Radicale ersetzbar werden , wie diefs durch
folgende Zusammenstellung verdeutlicht wird*^) :
*) Compt. rend. LII, 1043.' Vgl. A. W. Hof mann in diesen An-
nalen Suppl. I, 172. D. R.
**) Anf diese Beziehnngen hat schon VTurtz aufmerksam gemacht;
Tgl. Compt. rend. XUII, 4dl (diese Annalon C, 120).
90 ltov,.rtinqOf ümwandhmg -des Ohfcerms in
Propylalkoliol Propylenglycol Glycerin.
Aehnliche Thatsachen sind Tur eine grofse Zahl chemi-
scher Verbindungen bekannt, so z. B. Fiür die Essigsäure und
die Glycolsäure, für die Propionsäure und die Milchsäure, für
die Benzoesäure und die Oxybenzoesäure u. s. w. Daid aas
denselben Folgende lär^^t sich allgemein so aussprechen :
Das Zutreten oder das Wegtreten von 1 Atom Sauer-
stoff zu irgend einer Verbindung vermehrt oder vermindert
die Atomigkeit deüfelben um eine Einheit*).
Wenn dieser Betrachtungsweise gemärs die Atomigkeit
der Verbindungen das Resultat eines bestimmten Verhältnisses
zwischen ihren Bestandtheilen ist, so mufs die Atomigkeit
mit diesem Verhältnisse selbst sich ändern ; für die oben
genannten Alkohole mufs die Möglichkeit der Umwandlung
des einen in einen anderen , durch Zusatz oder Wegnahme
von Sauerstoff, vorhanden sein. Um durch neue Versuche
diesen wichtigen Punkt der Theorie fester zu stützen, habe
ich Untersuchungen in der Richtung unternommen, einmal
das Glycerin zu Propylenglycol umzuwandeln , und dann, das
Aethylenglycol in Aethylalkohol überzuführen; eine einfache
Reaction liefs beide Resultate erzielen.
Der einfach -chlorwasserstoffsaure Glycerinäther ist von
dem Propylenglycol nur dadurch in seiner Zusammensetzung
unterschieden, dafs in dem ersteren i At. Chlor an der
Stelle von i At. Wasserstoff in dem letzteren enthalten ist;
ähnliche Beziehungen finden statt zwischen den einfach-
chlorwasserstoffsauren Aetherarten der Glycole und den ent-
sprechenden einatomigen Alkoholen, wie die folgende Zusam-
menstellung zeigt :
*) Der Analogie nach läfst sich annehmen, dafs für Schwefel, Selen
und TeUur dasselbe gilt wie fUr Sauerstoff.
Propylenglycol und des Aeth/Unglycoh in Äthylalkohol, 91
Einfach-ohlorwasserstoffs. Propylenglycol
Glycerinäther
Einfach'ChlorwasserstojQTs. Propylalkohol
Propylenglycoläther
Einfacb-chlorwasserstoffs. Aethylalkohol.
Aethylenglycoläther.
Wena man nun auf diese chlorwasserstoffsauren Aelher-
arten Nalriumamalgam bei Gegenwart von Wasser einwirken
iäfst, so können sie durch umgekehrte Substitution, indem
der Wasserstoff im Entstehungszustand an die Stelle des
Chlors tritt; in die eben genannten Alkohole umgewandelt
werden.
Umwandlung des Olycerins zu Propylenglycol. — Bringt
man einfach- chlorwasserstoffsauren Glycerinäther, der mit
seinem gleichen Volum Wasser verdünnt ist, mit überschüs-
sigem Natriumamalgam zusammen und läfst das Gemen^ bei
gewöhnlicher Temperatur , unter zeitweisem Umschütteln , in
einem Kolben stehen ^ so zersetzt sich das Natriumamalgam
langsam unter Entwickelung von etwas Wasserstoff und reich-
licher Ausscheidung von Chlornatrium. Die Einwirkung ist
nach zwei bis drei Tagen vollendet; dann erschöpft man den
Inhalt des Kolbens mit starkem Alkohol, filtrirt, neutralisirt
die alkalische Flüssigkeit mit Essigsäure und unterwirft sie
der Destillation , erst im Wasserbad und dann im Oelbäde.
Wenn der Alkohol und das Wasser übergegangen sind, steigt
das Thermometer rasch, und zwischen 180 und 190^ deslillirt
eine klare ölige Flüssigkeit, welche geruchlos ist, süfs
schmeckt, mit Wasser und mit Alkohol sich nach jedem Ver-
hältnifs mischt, und in Aether etwas löslich ist. Die Analysen
dieser Flüssigkeit führen zu der Formel GsHgOa = ^jl^^jo»;
dieselbe ist das Propylenglycol von Wurtz.
92 LourengOy Umwandlung des Gfycerins in
Es liefs sich hoffen, dafs der zweifach -chlorwasserstoff-
saure Glycerinäther in ganz entsprechender Weise Propyl-
aikohol geben möge, gemäfs der Gleichung :
aber einerseits erschwert die Unlöslichkeit dieses Aethers in
Wasser die Einwirkung, und andererseits zersetzt das sich
bildende Alkali den zweifach* chlorwasserstoffsauren Glycerin-
äther schon in der Kälte unter Bildung von Epichlorhydrin,
welches bei Einwirkung von Natriumamalgam und Wasser
Allylalkohol und andere Substanzen , auf die ich nächstens
zurückzukommen denke , bildet.
Mit mehr Erfolg wird sich gewifs, wie man aus dem
Folgenden schliefsen kann , die Umwandlung des einfach-
chlorwasserstoffs. Propylenglycoläthers zu Propylalkohol ver-
suchen lassen.
Umwandlung des Aethylenglycols zu AethylalkohoL —
Diese Umwandlung geht in derselben Weise vor sich, wie
die des Glycerins zu Propylenglycol. Wird einfach -Chlor-
wasserstoffs. Glycoläther mit seinem halben Volum Wasser ver-
dünnt und bei gewöhnlicher Temperatur der Einwirkung eines
Ueberschusses von Natriumamalgam überlassen, so geht er in
Aethylalkohol über. (Bei höherer Temperatur ist der Verlauf
der Reaction ein anderer und alsdann bildet sich vorzugsweise
Aethylenoxyd.3 Nach beendigter Einwirkung destillirt man
das Product im Wasserbad; das Destillat zeigt nach Beseiti-
gung des Wassers mittelst kohlensauren Kali's und Entwässern
über Aetzbaryt die Eigenschaften und die Zusammensetzung
des gewöhnlichen Alkohols , und um die Identität der aus
dem einfach - chlorwasserstoffsauren Glycoläther erhaltenen
Flüssigkeit mit Aethylalkohol aufser allen Zweifel zu setzen,
wurde die erstere in äthylschwefelsauren Baryt und in gewöhn-
liches Aldehyd umgewandelt.
Propylenglycol und des Aethylenglycols in AethylalkohoL 93
Die hier besprochene Reaction Igrst eine grofse Zahl
wichtiger Verbindungen voraussehen, aber sie bietet nament-
lich unter dem theoretischen Gesichtspunkt Interesse. Man
kann in der That aus dem Vorhergehenden schliersen, dars
die jetzt in der Wissenschaft angenommenen Radicale, so
bequem sie sind um die chemischen Functionen und die Me-
tamorphosen der Körper ausdrücken zu lassen, in dem che-
mischen Molecul selbst keine reale Existenz haben, wie diefs
schon Gerhardt hervorhob. So können einem und demi
selben Radical in zwei Verbindungen, je nach dem Kohlen-
wasserstoff von welchem es abstammt, verschiedene Atomig-
keiten zukommen^ das Radical ^sHs (Glycerylj z. B. ist
dreiatomig im Glycerin, welches sich von dem Kohlen-
wasserstoff ^sHs unter Zutritt von 3 At Sauerstoff ableitet,
während dieselbe Atomgruppe einatomig ist in dem Atlyl-
alkohol, welcher sich von dem Kohlenwasserstoff OaHe unter
Zutritt von 1 At. Sauerstoff ableitet. Die für die Ueberfüh-
rung des AUylalkohols in Glycerin und umgekehrt angewen-
deten Reactionen unterstützen diese Betrachtungsweise. ,
Auf Grund der Analogieen kann man schon jetzt be-
haupten^ dafs von dem Kohlenwasserstoff €nHan^2 an, welcher
die obere Grenze zu sein scheint , eine Reihe von Kohlen-
Wasserstoffen existirt, deren Glieder eine absteigende arith-:
metische Progression , mit der Differenz H2 , bilden ; jedes
Glied der Reihe kann sicherlich durch Zutritt von 1, 2 oder
3 At. Sauerstoff einen Alkohol, ein Glycol und ein Glycerin
bilden. Die physikalischen Eigenschaften einiger dieser Kör-
per können ohne Zweifel der Isoiirung derselben in den
Weg treten, wenn sich dieselben auch der Analogie nach
vorhersehen lassen.
94 Schiel, über das Atomgewicht des StUomms,
Üeber das Atomgewicht des Siliciums^ nebst einigen
Bemerkungen über Atomgewichte;
von J. Schiel.
Die im Folgenden mitgetheiite Atomgewichtsbestimmung
des Siliciums ist vor ziemlich geraumer Zeit gemacht, ihre
Mittheiiung jedoch durch zufällige Umstände verhindert wor*
den. Sie wird indessen immer noch als eine Coritrole an*
derweitiger Bestimmungen dienen können.
Chlorsilicinm, das in einem Glaskögelchen eingeschmolzen
war, wurde durch Zerbrechen des Kügelch9ns in einem ver-
schlossenen Geffifs unter mit etwas Ammoniak versetztem
Wasser zersetzt, timch der Zersetzung reagirte die Flüssig-
keit noch schwach alkalisch; sie wurde mehrere Tage lang
stehen gekssen, sodann bis nahe zum Sieden erhitzt, wieder
einige Zeit stehen lassen, filtrirt und die fast vollständig ab-
geschiedene Kieselsäure ausgewaschen. Aus dem Fiürat
wurde das Chlor durch eine mit Salpetersäure versetzte
Silberlösung gefällt und das Ghlorsilber mit etwas salpeter-
säurehaltigem Wasser gewaschen. Bei zwei Bestinmiungen
lieferten 0,6738 und 1,3092 Grm. Chlorstlicium beziehungs-
weise 2,277 und 4,418 Chlorsilber, woraus sich für das
Atomgewicht des Siliciums die Durchschnittszahl 28,0i ergiebt.
Auch aus der Dampfdichte des Chlorsiliciums (5,939) und
des Fluorsiliciums (3,57) ergiebt sich für das Atomgewicht
des Siliciums dieselbe Zahl, indem für diese Verbindungen
nur die Formeln SiCI^ und SiF^ zu der Dampfdichte stimmen.
Das Silicium ist daher wie das Zinn und das Titan vier*
alomig oder vierwerthig. Eine weitere Bestätigung der Rieh-«
tigkeit der Atomgewichtszahl 28,01 wird man ohne Zweifel
in der specifischen Wärme des Siliciums finden. Eine Unter-
suchung der Verbindungen des Siliciums mit Aethyl u. s. w.
nebst einigen Bemerhunffen über Atamgawiehte, 95
setzte ich bis auf Weiteres aus, als die Hrn. Prankland und
Duppa (in diesen Annalen CXV, ^|^) ankündigten, dars sie
mit einer ähnlichen Untersuchung beschäftigt seien. Die Exi-
stenz derartiger Verbindungen habe ich indessen festgestellt.
Es ist meines Wissens bis jetzt nicht klar genug hervor-
gehoben worden , dafs in Beziehung auf das Product A X c
von spec. Wärme c in Atomgewicht A die einfachen Körper
in zwei wohl unterschiedene Gruppen zerfallen. Die erste
dieser Gruppen mit dem Product A X c = 3,35 (annähernd)
umfafst die gasförmigen Elemente, z. B. :
Atomg. A Spec.Wärme c
Sauerstoff 16
Wasserstoff 1
Stickstoff 14
Chlor 35,5
Brom 80
0,2182
3,4046
0,2440
0,1214
0,0652
AXc
3,39
3,40
3,41
4,29
4,41;
die zweite umfafst* die flüssigen und festen einfachen Körper,
das Product A X c ist hier = 6,6 (annähernd), z. B. :
Jod
Brom
KaLiom
Schwefel
Arsen
Altunininin
Eisen
Cadmium
Zink
A
127
80
39,2
82
76
27,5
56
112
65
c
0,05412
0,08432
0,1109
0,16855
0,2026
0,0814
0,2143
0»1138
0,0567
0,0055
AXcr
6,87
6,74
8,87
6,61
6,48
6,10
6,00
6,37
6,35
6,20.
Dafs bei den flüssigen und festen Elementen das Product
A X c doppelt so grofs ist, als bei den ga9förmigen^, hat
vielleicht' darin seinen Grund , dafs die spec. Warme eines
einfachen Körpers im gasförmigen Zustande nur halb so grofs
ist, als im flüssigen und festen Zustande. Bei dem Brom,
dem einzigen in dieser Beziehung untersuchten. Elemente , ist
diefs in der Tbat der Fall. Es ist die spec. Wärme des
BronuL
96 Schiel, über das Atomgewicht des Säiciums,
im flüsBigen Zustande 0,1109
im gasföuaigeii Zustande 0,0552 ;
auch beim Wasser und Schwefelkohlenstoff findet ein ähn-
liches Verhältnifs statt.
Dafs die thermischen Atomgewichte die empfehlenswer-
thesten sind, kann wohl gegenwärtig nicht mehr geleugnet
werden ; sie stimmen am besten zu den chemischen und
physikalischen Thatsachen und lassen sich daher sowohl aus
dem chemischen wie aus dem physikalischen Verhalten der
Körper mit grofser Consequenz ableiten. Dafs das Atom-
gewicht des Sauerstoffs durch die Zahl 16 auszudrücken ist,
wird gegenwärtig von keiner Seite bestritten, wenn die Zahl
8 auch noch von vielen Chemikern gebraucht wird. Es folgt '
aber hieraus unmittelbar, dafs die Thonerde durch die Formel
AI2O3 auszudrücken ist, in welcher AI den Werth 27,5 hat;
diefs ist aber das thermische Atomgewicht des Aluminiums.
Eine weitere Bestätigung erhält diese Zahl durch die Dampf-
dichte 18,6 des Bromaluminiums, aus welcher sich für diese
Verbindung die Formel AlaBre ergiebt, in welcher AI ebenfalls
27,5 bedeutet. Wollte man für AI die Zahl 13,7 gebrauchen,
so müfste das Bromaluminium AUBre geschrieben werden,
wozu sich wohl kein Chemiker verstehen wird. Es folgt
aber hieraus, dafs die entsprechenden Eisenverbindungen
FesOs und Feaßre, und dafs das Atomgewicht des Eisens 56
ist *). Das thermische Atomgewicht 53,6 des Chroms wird
*) Das waaseifreie sohwefelsaure Eisenoxjdul und der Eisenalann
sind hiernach
(»^«)«k, und ^^;^'K ^'^ ^^ )^*
zu schreiben. In dem Ozydulsalze haben die 2 At. Eisen den einen
ihrer drei Verwandtschaftswerthe gegen einander ausgegliofaen.
nebst einigen Bemerkungen über Atomgewichte. 97
durch die Dampfdichte 5,5 der Chlorchromsöure, deren Formel
CrCi208 ist^ bestätigt. Auch die thermische Atomgewichts-
zahl 200 des Quecksilbers läfst sich., wie Cannizzaro zu-
erst gezeigt hat, aus der Dampfdichte der Verbindungen
dieses Metalls ableiten.
Aus der Dampfdicbte
6,7 des Queckailbers (B ine an) und
3,94 des Cadmiums (Deville n, Troost)
scheint .fast hervorzugehen, dafs nicht blofs beim Quecksilber
(Cannizzaro)^ sondern bei den Metallen überhaupt, wenig-
stens bei den geradwerthigen, Atom und Molecul einerlei ist,
denn man hat wegen -z^-^ -= D
28,9
28,9 X 6,7 = Atom- und Moleculargewicht des Quecksilbers
28,9 X 3,94 = Atom- und Moleculargewicht des Cadmiums.
Das Arsen würde sich dann in dieser wie in mancher
anderen Beziehung von den eigentlichen Metallen unter-
scheiden.
Es lohnt der Mühe, zu untersuchen, ob die electrolyti-
schen Aequivalentzahlen als Controle der thermischen Atom*
gewichtszahlen dienen können» Die neueren Untersuchungen
von Buff haben nun ergeben, dafs 1 Aequivalent Electricität
d. i. diejenige Electricitäsmenge , welche 1 Aeq. = 32 Th.
Kupfer aus schwefelsaurem Kupferoxyd ausfällt, die folgenden
Verbindungen zu trennen vermag (H = 100, Cu=32, 0 = 8,
Cl = 35,5) :
CugCl in Cus und Cl
HgjO in Hg, „ O
HgCl in Hg ^ Cl.
In thermischen Atomzahlen ausgedrückt, vermag daher
die Electricitätsmenge, welche i Atom == 64 Kupfer aus
einem Holecul schwefelsaurem Kupferoxyd ausscheidet, zu
trennen (Hg = 200, O == 16, Cu = 64) :
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXX. Bd. 1. Heft. 7
96 Sc hielt über das Atomgewicht des Säicimns,
2C11CI in Co« and CU
efe0 in Hg, . O
HgCl, in Hg , CV
Demnach zerlegt i Aeq. Electricital :
^^ •
2 MoL Knpferchlorfir,
1 , Qnecksilberoxydal,
1 „ Qnecksüberclilorid,
indem aas diesen Verbkidiingen nur äquivalente Mengen
Sauerstoff und Chlor abgeschieden werden. Es geht hieraus
zugleich hervor, dars wir mit dem electrolylischen Gesetze
noch nicht hinreichend bekannt sind , om die Werthigkeit
aller Atome darnach bestimmen zo können.
In Beziehung auf das Product M X c von Holecularge-
wicht in spec. Wurme mögen einige Bemerkungen hier eine
Steile finden. Dafs dieses Product bei analogen Verbindun-
gen gleich ist, ist häufig hervorgehoben worden; man hat
indessen hierbei Substitutionen einfacher Körper durch su-
sammengesetzte Radicale wenig berücksichtigt. Vergleicht
man in Beziehung auf M X c folgende gasförmige Verbin*
düngen unter einander :
so bemerkt man, dafs durch Substitution von CGsHs)^ für
Hs das Product M X <^ der ersten dieser Vorbindungen am
eben so viel erhöbt wird, als das der si^eiten Verbinclung.
Mit anderen Worten, es verhält sich das Wasser in dieser
M
0
MXc
1.
Wasser
18
0,475
8,65
2.
SchwefelwasBorstoff
34
0,2423
8,24
8.
Alkohol
H P
46
0,4513
20,76
4.
Aether
lÄK
'74
0,481
35,60
6.
Essigftther
^^Ä?}^
88
0,4008
35,27
6.
Schwefeläther
lÄl«
90
0,4005
35,05,
nehst einigen Bemerkungen über Atomgewichte, 99
Beziehung zum Aether , wie der Schwefelwasserstoff zum
Schwefeläther. Durch Vertretung von 1 H in o|0 durch das
zusammengesetzte Radical Qifip, wird M x c nahezu um eben
SO viel erhöht, als durch weitere Vertretung von H in q^jO
das Product M X c der letzteren Verbindung erhöht wird,
d. h. es steht in Beziehung auf M X c das Wasser zu dem
Alkohol fast in demselben Verhältnifs, wie letzterer zu dem
Äether. Die Verbindungen 4, 5 und 6 sind in so ferne
gleich zusammengesetzt, als sie durch Vertretuiig eines ein-
fachen Körpers durch einen einfachen (O durch SJ odier
eines zusammengesetzten Radicals durch ein analog zusam-
mengesetztes entstehen; auch ist bei ihnen das Product M x c
fast vollkommen gleich. Dasselbe wird ohne Zweifel beim
Alkohol und Mercaptan stattfinden. Eine vielseitige genaue
Kenntnifs dieser Verhältnisse, verbunden mit der Kenntnifs
der Spannkräfte der Dämpfe u. s. w. , wird es einst möglich
machen, die chemischen Vorgänge, wenigstens die weniger
complicirten, als Bewegungserschoinungen aufzufassen, und
eine mechanische theorie der chemischen Verwandtschaft
aufzustellen.
Untersuchungen über die Platin-Metalle ;
von Prof. Wolcoü Gibbs zu New - York *).
Erste Abhandlung.
$ 1. ^- Das Material, welches den Gegenstand der gegen-
wärttgejD Uniersuchung abgab» wurde hauptsächlich aus dem
*) Aus dem American Journal of Science and Arts, January 1861
mitgetlieilt.
7»
1 00 Otbbsy Untersuchungen
Probiramt der Vereinigten*Staaten und der Münze zu Phila-
delphia erhalten ; ich verdanke es gröfstentheils der gütigen
Vermiltelung der Herren Dr. Torrey und Prof. Bache.
Die Herren Cornelius zu Philadelphia haben mir auch
freigebig etwa 600 Gramm sibirisches Osmium - Iridium zur
Verfügung gestellt — eine Zugabe , welche mir eine grofse
Hülfe gewesen ist und für welche ich denselben meinen
Dank ausspreche.
Die Proben , welche ich von der Münze zu verschiedenen
Zeiten bekam und welche verschiedenen Processen unter-
worfen gewesen waren , waren in ihrem Ansehen sehr ver-
schieden. Bisweilen war das Erz an deutlichen Blättchen
etwas weifser, wie das sibirische Osmium-Iridium ; in einer
Probe dieser Sorte entdeckte Herr Dr. Genth wahrnehmbare
Krystalle des rhomboedrischen Systems. Andere Proben
glichen einem feinen grauen metallischen Sande , wogegen
wiederum andere (die aus dem Abfall des Probiramts er-
halten waren} das Ansehen eines schweren grauen Pulvers
zeigten. Beinahe alle diese Erze enthielten mehr oder we-
niger Eisen mechanisch beigemengt , welches mittelst des
Magnets ausgezogen oder mittelst Säuren aufgelöst werden
konnte. Besonders wirkte Königswasser heftig auf einige
Proben ein , aus denen es sowohl Theile der Platin-Metalle
als auch das Eisen auflöste und sogar auf das Osmium-Iri-
dium einwirkte, wobei Entwicklung von freier Osmiumsäure
wahrnehmbar war. In Californien ist das Erz, so viel ich
weifs, fast immer mit Gold vermischt, von welchem ed natür-
lich unmöglich durch Waschen zu befreien ist. In dem Pro-
biramt zu New -York wird das Gold mit seiner zweifachen
Gewichtsmenge Silber geschmolzen, wobei das Osmium-Iri-
dium sich auf dem Boden absetzt. Wenn die Goldlegirung
abgegossen ist, bleibt eine Masse zurück, die beinahe alles
Osmium-Iridium , das dem Golde beigemengt war , enthält.
über die Ftatin- Metalle. 101
Diese Masse wird mehrmals mit Silber geschmolzen und die
letzten Spuren des Silbers und des Goldes endlich durch Be-
handlung mit Salpetersäure und Königswasser und durch
darauffolgendes Waschen entfernt. Das Osmium^Iridium wird
an die Fabrikanten von Goldfedern verkauft, welche die
äufserst harten Theilchen herausziehen, die als Spitzen der
Federn dienen ; das Uebrige wird an das Probiramt zurück-
geschickt. Die so erhaltene Menge des Osmium -Iridiums
überschreitet kaum ein paar Unzen auf eine Million Dollars,
und viele Goldproben sind ganz frei davon. Es unterliegt
keinem Zweifel, dafs, sobald diese Metalle praktische Anwen-
dung finden, gröfsere Quantitäten des Erzes zu erlangen sein
werden. *)
Die Dichtigkeit des californischen Osmium-Iridiums variirt
bedeutend bei verschiedenen Proben. Eine aus grofsen nicht
glänzenden Tafeln bestehende Probe, auf welche jedoch
*) Dr. Torrey hat mir freiuadlichst folgende Notizen über die Cali-
fornischen Osmium-Iridinm-Erze gegeben. „In den ersten Jahren
nach Gründung des Probiramts der Vereinigten-Staaten überstieg
das Verhältnifs des Osmium-Iridiums nicht V2 Unze auf 1 Million
Dollars. Nachher nahm das Yerhältnifß schnell zu, bis auf durch-
schnittlich 7 oder 8 Unzen auf 1 Million Dollars. Dann vermin-
derte es sich während einiger Jahre , war aber im letzten eben
so grofs, wie früher. Diese Unterschiede hängen von der verän-
derlichen Zusammensetzung des ursprünglichen Goldes und der
fortwährenden Entdeckung neuer Minen ab. — Die Osmium-
Iridium- Körner , die für Federn geeignet sind, sind rundlich und
derb, ohne zu blättern, wenn sie geschlagen oder erhitzt werden.
Sie scheinen eine von den platten tafelförmigen Krystallen ver-
schiedene Zusammensetzung zu haben, ihre Menge beträgt ge-
wöhnlich nicht mehr als Vio ^^^ ganzen Legirung, aber sie steigt
zuweilen bis zu Vs* ^^^ sorgfältig ausgesuchten Körner, welche
die Goldfeder-Fabrikanten benutzen, sind so klein, dafs 10,000
bis 15,000 auf eine Unze gehen. Die besten sind wenigstens
250 Dollars auf die Unze werth, und ein Gubikzoll, welcher 11
Unzen gleich sein mag, ist 2750 Dollars werth."
10t OiblSy Untersuchungen
Königswasser ein wenig eingewirkt hatte, besafs bei der Be*
Stimmung nach Rose's Methode ein specifisches Crewtoht
von 19,352. Aber man kann auf solche Bt^stimmongen keine
sicheren Schlüsse gründen, weil, wie Berzelias meint, die
verschiedenen Tafeln oder Körner wahrscheinlicb sehr ver*
schiedene Zusammensetzung haben.
Nach G. Rose wechselt die Dichtigkeit des sibirischen
Erzes zwischen 19,3 und 21,1. Dr. Torrey fand unter den
Tafeln des californischen Erzes einige, die sich unter dem
Hammer dehnbar zeigten ; diese waren wahrscheinlich Platin-
Iridium. Gewöhnlich aber sind diese Tafeln nicht dehnbar;
einige von bleigrauer oder blüulieher Farbe werden durch
das von den Goldfeder -Fabrikanten gebrauchte Schleifpulver
kaum angegriiTen. Die Farbe der Tafeln liegt zwischen Sil-
berweifs und Dunkelgrau.
§ 2. — Die Aufschiiersung der Erze des Iridiums, des
Osmiums u. s. w. und die Trennung der verschiedenen Platin-
Metalle von einander, gilt bekanntlich für eines der schwie-
rigsten Probleme, mit welchen der Chemiker zu thun hat«
Obwohl die Untersuchungen von Wo Ilaston, Berzelius,
Wo hier u. A. viel Licht auf diesen Gegenstand geworfen
haben, und Claus besonders viel in seiner Arbeit „Beiträge
zur Chemie der Platin-Metalle^ gelhan hat, um die chemische
Geschichte dieser Gruppe von den Irrthümern seiner Vor-
gänger zu befreien; so habe ich doch gefunden, dafs manches
zu thun übrig geblieben ist, besonders in Betreff des califor-
nischen Erzes, welches sich von dem sibirischen durch einen
gröfseren relativen Gehalt an Ruthenium unterscheidet. Schon
dieser Unterschied bedingt eine ganz verschiedene Behand-
lung der Erze. Während des Verlaufs der Untersuchung, .
welche ich unternommen habe, habe ich Gelegenheit gehabt,
an einer beträchtlichen Quantität Materials fast alle Auf-
schliefsungs-Methoden der OsmiumrErze u. s. w., welche bis
über die Platin- Metalle. 103
dahin angewendet sind, zu prüfen. Die Erfahrong^en^ die ich
HÜt grofsem Aufwand von Zeil und Arbeit gemacht habe,
will ich hier so genau als möglich beschreiben, in der Hofiv
nung, dafs sie Anderen, die späterhin über denselben Gegen-
stand arbeilen wollen, nütslich sein möchten«
F.remy's*} neueste Methode besteht darin, das Erz in
einem Luft- od&r Sauerstoffstrome bei Rothglühhitse zu rösten.
Unter diesen Umständen wird das Osmium zum gröfsten Theil
als Osmiomsäure fortgeführt, während die anderen Metalle
mehr oder weniger vollständig oxydirt werden. Die Masse,
aus welcher das Osmium entfernt worden ist, wird dann mit
Salpeter geschmolzen, worauf das rückständige Osmium durch
Destillation mit Salpetersäure getrennt wird. Premy gibt
eine Methode für die Trennung der anderen Metalle von
einander, welche diese jedoc|j^ nicht im reinen Zustande liefern
kann. Die Trennung des Osmiums durch Röstung bat un-
ssweifelbaft den Vortheil, reine Osmiumsäure in gröfserer
Quantität bei Anwendung einer kleinen Menge Materials zu
geben. Andererseits ist dieser Procefs nicht auf alle Varie-
täten des Osmium-Iridiums anwendbar, weil trotz der Anwen-
dung der Röstung nicht alles Osmium entfernt wird, und
defshalb eine- oder mehrere darauffolgende Schmelzungen mit
kräftigen oxydirenden Reagentien nicht zu umgehen sind. In
Betreff des Iridiurns , Rhodiums und Rutheniums ist es , wie
Claus empfiehlt, besser, gleich durch Schmelzen mit Salpeter
und caustischem Kali zu oxydiren. Bei einem Versuche,
welchen ich anstellte, um Fremy's Methode zu prüfen, und
bei welchem ich caiifornisches Erz in Form eines feinen
grauen Sandes anwendete und zur vollen Weifsgluth in einem
Poreellanrohre erhitzte, erlangte ich nach längerem Erhitzen
nur wenig Osmiumsäure ; das Rohr verstopfte sich und zer-
*) Compt. rend. XXXVIII, 1008.
i04 Oibbsy Untersuchungen
brach, und ich fand nach dem Erkalten, dafs das Erz wirk-
lich geschmolzen war und eine graae Masse darstellte, welche
die Form des Rohres, in welchem sie geschmolzen war, be-
safs. Diese Masse glich auf dem Bruche dem feinkörnigen
Gufseisen ; sie war an den Theilen des Bruches zunächst der
Oberfläche sehr hart und deutlich krystalUniscb^ Da die
breiten Blättchen des caiifornischen Osmium -Iridiums über
der Lampe mit doppeltem Luftzuge nicht schmelzbar sind,
war dieses Resultat ganz unerwartet, und es mufs ohne
Zweifel der grofsen Quantität Eisen, welche das Erz enthielt«
zugeschrieben werden.
In einem 1835 veröffentlichten Aufsatz schlug Persoz*3
vor, das Osmium-Iridium so zu behandeln, dafs man die Me-
talle erst in Sulfide überführte. Das Erz wird mit kohlen-
saurem Natron und Schwefel gemischt und dann in einen
stark erhitzten irdenen Tiegel eingetragen. Der Tiegel wird
sodann zur Weifsgluth erhitzt und nach dem Erkalten zer-
schlagen. Nach Persoz besteht der Inhalt des Tiegels aus
drei Lagen , von welchen die unterste fast alle Sulfide der
Platin- Metalle enthält Die beiden unteren Lagen werden
deshalb mit Wasser behandelt, um die alkalischen Sulfide auf-
zulösen, lind die zurückbleibende Hasse sodann mit Queck-
silberoxyd erhitzt, wobei — nach Persoz — das Iridium-
oxyd zurückbleibt , während Osmiumoxyd und metallisches
Quecksilber verjagt werden.
Weifs und Döbereiner *^3 bestätigen die Resultate
Persoz 's in Betreff der UeberfÜhrung der Platin^Metalle in
Sulfide. Sie empfehlen, nach Entfernung der Sulfide des Na-
triums und Eisens durch Waschen mit Wasser und Salzsäure
die Metallsulfide mit kohlensaurem Natron und Salpeter zu
*) Ann. chim. phys. LV, 210 (diese Annalen XII, 12; XVI, 204).
**) Diese Annalen XIY, 15.
über die Platin- Metalle. 105
sehmelzen, um gleichzeitig den Schwefel und die Platin-Metalle
zu oxydiren. Nach dieit'ni Verfahren ist das Erz durch zwei
Operationen fast vollsländig aufgeschlossen.
Bei Wiederholung dieser Versuche mit californischem
Erz erhielt ich dieselben Resultate in Betreff der Bildung der
Metallsulfide. Nach Behandlung der geschmolzenen Masse
mit Salzsäure und Wasser htieb eine grauliche krystailinische
Masse zurück, welche seihst kochendem Königswasser wider-
stand und keinen Geruch nach Osmiumsäure bemerken liefs.
Diese Masse wurde jedoch heftig angegriffen beim Schmelzen
mit caustischem Kali , zu welchem Salpeter vorsichtig zuge-
geben war, oder durch eine Mischung von kohlensaurem
und salpetersaurem Kali ; dieser Procefs konnte jedoch nur
im Kleinen ausgeführt werden, wegen des heftigen Steigens.
Chlorgas hat bei Rothglühhitze keine wahrnehmbare Wirkung
auf das Gemenge der Sulfide.
Die der Schmelzung der gemischten Sulfide mit oxydiren«
den Agentien entgegenstehenden Schwierigkeiten könnte man
jedoch leicht durch eine vorhergehende Reduction derselben
zu den* Metallen überwinden. Diefs wird am Emfachsten er-
reicht nach einer Methode, 4ie mir Herr Ür. Genth vorge-
schlagen bat ; sie besteht darin, die Sulfide mit einem kleinen
Ueberschufs von concentrirler Schwefelsäure zur Trockne
einzudampfen und dann sehwach zu glühen. Es bleibt ein
grauer metallischer Schwamm zurück, welcher alle Platin-
Metalle neben einer geringen Quantität Eisen enthält. Der-
selbe ist leicht zu eiuem feinen Pulver zu zerreiben und kann
alsdann nach Claus' Methode, welche ich weiter unten be-
schreiben werde, vollständig oxydirt werden. Königswasser
wirkt auf dieses Metall-Gemenge nur äufserst wenig ein, und
ich habe es unmöglich gefunden, mittbist dieser Säure eine
wahrnehmbare Spur Platin auszuziehen.
106 Oibbsy Untersuchungen
Diese Methode liefert, wenn sorgfältig ausgeführt, gute
BesuUate, ist aber nicht frei von Uubequemliehkeiten. Erstens
mufs die Behandlung des Gemenges von Sulfiden mit Schwe*
feisäure häufig zweimal wiederholt werden, um die vollstän-
dige Ueberführung der Sulfide in Metalle sicher zu erreichen.
Ferner ist die Einwirkung einer Mischung von caustiscbem
Kali und Salpeter bei höherer Temperatur auf die fein zer-
theilte metallische Masse heftig und nicht ohne Gefahr. Man
kann jedoch die Gefahr vermeiden , wenn man erst Salpeter
und Kali zusammenschmilzt, und dann erst, nachdem das Auf-
schäumen ganz aufgehört hat, nach und nach den Metall-
schwamm in den Tiegel einträgt; nach jedem frischen Zu-
satz mufs man die nun eintretende Reaction abwarten.
Meiner Meinung nach ist die vorherige Ueberführung der
Platin-Metalle in Sulfide und die daraufi^olgende Reduction zu
Metall umständlicher und zeitraubender, als die directe Auf-
schliefsung des Erzes durch Schmelzen mit einer oxydiren-
den Mischung.
Versuche, welche ich anstellte, das Erz mit Stahl, Phos-
phor, Arsenik und Natrium zusammen zu schmelzen, lieferten
keine wirklich werthvollen praclischen Resultate. Man kann
allerdings eine Legirung mit Stahl durch Schmelzen bei hoher
Temperatur erhalten. Säuren lösen das Eisen aus dieser
Legirung langsam auf, und lassen die Platin-Metalle in Form
eines schwarzen Pulvers zurück, welches zwar von Königs-
wasser angegriffen, aber nicht ganz aufgelöst wird. Dieser
Procefs ist jedoch langwierig und die Resultate sind nicht
befriedigend. *)
*) Als ich obiges schon geschrieben hatte, erschienen die auafähr-
liehen Arbeiten Deville's und Debray's über die Platin-
Metalle (Ann. chim. phjs. [3] LVI, 385 ; diese Annalen CXIV, 78).
Ich bin nicht im Stande gewesen, die von diesen Chemikern an-
gegebenen Trennongs- und Ozydatiousmethoden des Osmium-
üher die Platin-Metaile. 107
Wo hier 's'*') Methode, das OsmiuiiHlridium aofzusehlie-
fsen, besteht darin, dafs man feuchtes Chlorgas über das mit
Kochsalz gemischte und in einem Glas- oder Porcellanrohre
zum schwachen Glühen erhitzte Erz leitet. Diese Methode
ist für die Analyse unschätzbar und gjebt sehr befriedigende
Resultate, wenn mafi mit kleinen Quantitäten arbeitet. In
allen Fällen jedoch mufs dieser Procefs mehrmals wiederholt
werden, um das Erz in eine lösliche Form umzuwandeln.
Andererseits ist es nicht zu bezweifeln , dafs dietse Methode
mit Vortheil sich im Grofsen anwenden liefse, wenn man
Porceilangefätse von der richtigen Gröfse und Form bekom-
men könnte. Solche Gefäfse könnten in Form eines langen
flachcfi Eltipsoides gemacht werden^ welches an jedem Ende
mit weiten Röhren von einigen Zollen Länge- tiersehen wäre.
Kein Schmelz verfahren mit oxydirenden Agentlen gleicht
Wo hier 's Methode an Eleganz, weil kein Eisen oder andere
Verunreinigungen, die durch die Processe selbst erst hinein-
gebracht werden, nachher beseitigt zu werden brauchen.
Pritzsche und Struve'^'^3 behandeln das Erz mit
einer Mischung von gleichen Theilen Kalihydrat und chlor-
saurem Kali, wodurch eine mehr oder weniger vollständige
Oxydation bewirkt wird » ohne wahrnehmbare Bntwicketung
von OsmiumsBurc. Die für diesen Procefs nöthige Tempera-
tur ist nicht hoch , aber grofse Gefäfse sind nöthig , da die
Mischung zuerst stark steigt. Diese Methode scheint mir
keinen merklichen Vortheil vor der von Claus zu haben,
welche aufserdem werriger kostspielig ist und mit kleineren
Gefäfsen ausgeführt werden kann.
Iridiums zu wiederholen, denke es mir aber möglich , dafs die
Zertheilung des Erzes durch Schmelzen mit Zink einfacher sein
könnte als die, welche ich oben beschrieben habe.
*) Pogg. Annalen XXXI, 161.
**) Journ. für pract. Chemie XXXVil, 483.
108 Oibbsy Untersuchungen
Claus'*} Methode, um das Erz aufzuscbliefsen, besteht
darin, dafs man eine Mischung von 1 Theil Erz mit 1 Th.
caustischem Kali und 2 Th* Salpeter eine Stunde lang bei
Rothglühhilze schmilzt. Die geschmolzene Masse wird auf
einen Stein ausgegossen und nach dem Erkalten in kleine
Stücke zerschlagen oder gepulvert; dann* in eine Flasche
gebracht, welche mit kaltem Wasser gefüllt wird, und 24
Stunden der Ruhe überlassen. Die klare tief orangerothe
Lösung von osmium- und rutheniumsaurem Kali wird alsdann
mittelst eines Hebers abgezogen und die schwarze zurück-
bleibende Masse nochmals auf dieselbe Weise ausgewaschen.
Die fein zertheilte oxydirte unlösliche Masse kann jetzt von
dem unangegriffenen Erze durch Schlämmen mit Was^ ge-
trennt werde», wo das schwerere Erz sich zuerst absetzt.
Das Unangegriffene wird dann zum zweitenmal mit Kali
und Salpeter geschmolzen und wie vorher behandelt. Claus
behauptet, dafs er im Stande gewesen ist, auf diese Weise
das sibirische Os^mium-Iridium in zwei Operationen vollständig
aufzuschiiefsen.
Mit dem rohen californischen Erze ist mir diefs nicht
immer gelungen , selbst wenn es fein ^ertheilt war. Im
Gegentheil blieb auch nach drei oder vier auf einander fol-
genden Schmelzungen gewöhnlich eine grofse Quantität einer
schwarzen Masse zurück, die in Königswasser unlöslich war.
Bei einem Versuch mit 500 6rm. des Erzes wurden nur 200
Grm. durch zwei Schmelzungen mit Kali und Salpeter löslich
gemacht. Ich wende jetzt die Claus'sche Methode mit ver-
schiedenen Modificalionen an, welche ich als nothwendig be-
trachte. Das Erz, welches gewöhnlich sehr unrein ist, wird
zuerst mit seinem dreifachen Gewichte getrockneten kohlen-
sauren Natrons geschmolzen. Die geschmolzene Masse wird
*) Beiträge zur Chemie der Platin- Metalle. Dorpat 1854.
über die Platin- Metalle. 109
nach dem Erkalten mit heifsem Wasser behandelt, um die
löslichen Theile zu entfernen, und alsdann werden die leich-
teren Theile von dem schweren «inangegrifTeßen Erze durch
Schlämmen getrennt. Auf diese Weise kann der gröfste Theil
der Kieselsäure und anderer vorhandener Verunreinigungen
entfernt werden. Eine vorgängige Reinigung dieser Art ist
nicht unerläfslich nothwendig> und wenn das Erz aus Tafeln
oder gröfseren Körnern biesteht, kann sie ganz weggelassen
werden ; sie ist jedoch sehr wünschenswerth, wenn das Erz
ein feines Pulver ist, und erleichtert die nachherige Wirkung
der oxydirenden Mischung bedeutend. Claus empfiehlt die
Reinigung des Erzes durch Kochen mit einer Lösung von
caustiscbem Kali. Es ist gewifs, dafs ein viel gröfserer
Theil des Erzes durch zwei nach einander folgende Schmel-
zungen' mit Kali und Salpeter aufgeschlossen wird, wenn eine
Reinigung durch Schmelzen mit Soda und Waschen vorher-
gegangen ist. Durch Abschneiden des obersten Theiles einer
Quecksilberflasche bekommt man einen Tiegel, in welchem
600 6rm. des Osmium-Iridiums mit Kali und Salpeter wie
oben angegeben geschmolzen werden könnenf Es tritt hier-
bei gar kein oder nur ein geringes Steigen ein, und wenn
es eintritt kann man ihm leicht durch Umrühren mit einem
eisernen Stab Einhalt thun. Keine wahrnehmbare und ge-
fahrbringende Quantität Osmiumsäure wird während dieses
Processes entwickelt. Auf diese Weise habe ich 1500 6rm.
des Erzes in ein paar Stunden in drei nach einander folgen-
den Operationen verarbeitet.
Claus' Methode, aus der geschmolzenen Masse das Ru-
thenium und Osmium abzuscheiden, leidet an einem doppelten
Nachtheil. * Erstens ist die Quantität des Wassers, deren man
zur Lösung bedarf, sehr grofs, und die darauiTolgende Behand-
lung der sehr verdünnten Lösung bei der Destillation mit
Säuren langwierig und auch sehr grofse Retorten erfordernd.
HO GibbSy Untersuchungen
Sodann ist es auf diesem Wege unmöglich, sich dem Ein-
flüsse der Osmiumsäuredämpfe zu entziehen, besonders bei
Ueberführung der Lösung aus einem Gefäfs in's andere. Ich
ziehe defshalb folgenden Procefs vor, welcher in Betreff der
Sicherheit und Annehmlichkeit Nichts 2u wünschen übrig
läfst. Die geschmolzen« Masse wird mit einem Hammer eer-
schlagen und in ein reines eisernes Gefäfs gebracht ; ein
gewöhnliches flaches Kochgefafs mit langem Stiele entspricht
diesem Zwecke sehr gut. Kochendes .Wasser, welches Vio
seines Volumens starken Alkohol enthöh, wird dazu gegeben,
und das Ganze so lange über freiem Feuer gekocht, bts die
geschmolzene Hasse vollständig zergangen ist. Das osmiom*
saure Kali wird hierdurch zu osmigsaurem Kali (KOSO4) re-
ducirt, während das rutfaensaure Kali vollständig zersetzt
wird^ indem sich das Ruthenium als schwarzes Pulver absetet,
•^ wahrscheinlich als ein Gemenge von RuOs und RugOs
oder der Hydrate dieser Oxyde. Es ist vortheiUiaft , nach
einiger Zeit die überstehende Flüssigkeit mit den leichteren
Theilen des Oxyds zu decantiren und ein zweitesmal mit einer
frischen Mischung von Alkohol und Wasser kochen zu lassen.
Man erbäk so eine Lösung von osmigsaurem Kali, eine grofse
Quantität schwarzer Oxyde und ein schweres grobes schwar-
zes Pulver. Dieses letztere besteht hauptsächlich aus unzer-
setztem Erz mit einer geringen O^antität Iridinihoxyd n. a.,
ans Blättchen von Bisenoxyd, die aus dem Tiegel stammen,
und, wenn das Erz vorher nicht gereinigt war, aus den Verun-
reinigungen des Erzes selbst. Das gröEsere specifische Ge-
wicht des Rückstandes macht es sehr leicht , die Mischung
des schwarzen Oxyds mit der Lösung des osminmsauren
Kali's und der Alkalisalze abzugiefsen. Diese Lösung sammt
dem aufgeschlämmten Pulver wird in ein Becherglas gegossen
und absetzen gelassen. Das schivere. schwarze Pulver, das in
dem eisernen Gefäfs zurückbleibt, wird sodann über dem Feuer
Uh^r die Pf attn- Metalle. \H
völlig getrocknet und zum zweitenmal mit Kali und Salpeter
geschmölzen und die geschmolzene Hasse genau so wie zu**
vor behandelt. Die schweren Theile, die nach dieser Opera-
tion noch zurückbleiben, werden ein drittesmal mit der oxy-*
direnden Mischung geschmolzen. Wenn jedoch das Erz
vorher durch Schmelzung mit kohlensaurem Natron gereinigt
oder es ursprünglich in Form reiner Blätlchen gegeben war,
io besteht der sdiwere Rückstand nach zwei aufeinander fol^
geilen Oxydationen hauptsächlich aus Eisenoxyd.
Die das osnrigsaure Kali und die Alkalisalze enthaltende
Lösung wird durch einen Heber von dem schwarzen Oxyde,
das sich auf dem Boden des Gefäfses abgesetzt hat, vorsich-
tig abgezogen. Die Oxyde werden sodann mit heifsent
Wasser, dem man ein wenig Alkohol zugesetzt hat, gewa-
schen und in eine geräumige Retorte gebracht. Bei diesem
Procefs entweicht, wenn er vorsichtig ausgeführt wird, keine
Spur Osmiumsänre ; ein Yortheil; der nicht zu verachten
ist> weil die Angaben über die schädlichen Wirkungen dieses
Körpers auf die Lungen keineswegs tibertrieben sind , und
man nicht vorsichtig genug sein kann, die Einathmung zu
vermeiden.
Die Lösung der Alkalisalze enthält nur einen Theil des
im Erz enthaltenen Osmiums. Der andere Theil beCndet sich
bei dem Gemenge der Oxyde und mufs durch Destillation
getrennt werden. Zu diesem Zweck mufs die Retorte mit
einem Sieherheitsrohre, das durch den Tubulus geht, und mit
einer kalt gehaltenen Vorlage versehen sein, welche durch
eine gebogene Röhre mit zwei oder drei Woulfe'schen
Flaschen in Verbindung steht, die eine concentrirte Lösung
von caustischem Kali und etwas Alkohol enthalten und eben-^
falls abgekühlt werden. Hierauf wird concentrirte Salzsäure
vorsichtig in kleinen Mengen durch das Sicherheitsrohr in
die Retoi-te gegossen. Die eintretende Reaclion ist oft heftig.
112 Qihbs^ Untersuchungen
wobei viel Hitze frei wird und ein Theil der Osmiumsäure
unmittelbar übergebt und sich in der Vorlage zu farblosen
Nadeln verdichtet. Wenn ein grofser Ueberschufs an Säure
zugegeben ist, die Reaction ganz aufgehört hat und die Re-
torte kalt geworden ist, kann sie in Einern Sandbade erhitzt
werden. Die Osmiumsäure destillirt allmälig über, und con-
densirt sich in der Vorlage und den Wo ulfe'schen Flaschen.
Resonders ist darauf zu sehen, dafs der Retortenbals nicht
zu eng sei , weil sonst eine vollständige Verstopfung durch
die condensirte Osmiumsäure eintritt. Dieselbe Vorsicht ist
bei den Verbindungsröhren zwischen der Vorlage und den
Woulfe 'sehen Flaschen zu beachten. Die Destillation wird
noch einige Zeit nach dem letzten Auftreten vou Osmiumsäure
in dem Halse der Retorte fortgesetzt; wenn dieser dann heifs
wird, so geht die condensirte Säure in Form öliger Tropfen
in die Vorlage über.
Wenn die Destillation beendigt ist, täfst man die Retorte
erkalten und trennt sie von der Vorlage , welche sofort mit
einem Kork verschlossen wird. Durch allmäliges Erhitzen im
Wasserbade wird sodann die darin enthaltene Osmiumsäure
in die Woulfe'schen Flaschen übergetrieben, wo sie sich
in der alkalischen Flüssigkeit condensirt und durch den Al-
kohol zu osmigsaurem Kali reducirt wird. Die so erhaltene
Lösung wird zu derjenigen gegeben, welche unmittelbar aus
der durch Schmelzen des Erzes gewonnenen Masse erhalten
war, und liefert nach dem Abdampfen im Wasserbade und
Erkalten Krystalle von osmigsaurem Kali, welches nur wenig
in concentrirten Salzlösungen löslich ist. Die Mutterlauge
enthält nur Spuren von Osmiumsäure und kann als werthlos
weggegossen werden.
Die aus der Retorte gegossene Lösung hat eine dunkel-
braunrothe Farbe; sie wird zur Trockne verdunstet, wieder
in heifsem Wasser gelöst, nochmals nach Zusatz von wenig
über die Platin- Metalle.' 113
Salzsäure eingedunstet und in dieser Weise wiederholt be*.
bandelt, bis kein Geruch nach Osmiumsäure bemerkbar ist.
Eine kalte und gesättigte Lösung von Chlorkalium wird so-
dann in grofsem Ueberschufs zugefügt. Diese löst die Chlo-
ride des Eisens und Palladiums, sofern sie zugegen sind,
während Platin, Iridium, Rhodium und Ruthenium als in einer
concentrirten Lösung von Chlorkalium unlösliche Doppelsalze
ungelöst bleiben. Die ungelöste Masse wird mit einer ge-
sättigten Lösung von Chlorkalium, welches aus den oben an-
gegebenen Gründen dem Salmiak vorzuziehen ist, gut ausge-
waschen. Hierdurch wird fast die ganze Menge des Eisens und
Palladiums entfernt, während die unlöslichen Verunreinigungen
des Erzes bei dem Gemische der Doppelchloride zurückbleiben.
üeber die Substitution electronegativer Körper an
die Stelle der Metalle in SauerstofTsalzen ;
von P. Sdiütsenberger *}.
Ich vermuthete, dafs man durch die Einwirkung solcher
Verbindungen, wie Einfach-Chlorjod, Einfach-Bromjod , Ein-
fach-Chlorschwefel, Jodcyan u. a., auf Sauerstoffsalze eine
Substitution des in den letzteren enthaltenen Metalls durch
Brom, Jod, Schwefel, Cyan u. a. bewirken könne;, die in
jenen Verbindungen den electropositiveren Bestandtheii ab-
gebenden Körper, Brom, Cyan u. s. w., könnten an die Stelle
des Metalls in Folge solcher wechselseitiger Zersetzungen
*) Compt. rend. LH, 135
Annal. d. Chem. a. Phaim. CXX. Bd. 1. Ueft.> 8
m Schützenberger, Bubstitution der Metalle
treten , wie die folgenden Crieichangen für essigfsaure Salee
beispielsweise verdeutlichen :
CANaO^ + CIJ = NaCl + C^JO* ;
C4H8Ag04 + CyJ = AgJ + ilJS.fijO^.
Unter den hierbei zu erwartenden Verbindungen wäre
die erste CC4H3JO4) der Jodessigsäure isomer, aber das Jod
würde in ihr nicht 1 Aeq. Wasserstoff im Radical Acetyi,
sondern den basischen Wasserstoff vertreten.
Es ist leicht vorauszusehen , dafs solche Verbindungen,
wenn sie existiren können , ganz besondere Eigenschaften
besitzen und namentlich sehr wenig beständig sein müssen.
Die von mir angestellten Versuche haben meine Vermu-
thungen bestätigt; konnte ich den ersteren auch noch nicht
den Grad der Allgemeinheit, welcher wünschenswerth wäre,
geben, so habe ich doch die bezüglichen Reactionen für hin-
länglich viele Fälle sorgfältig untersucht und kann jetzt schon
mit Sicherheit aussprechen, dafs sich sauerstoffhaltige Ver-
bindungen des Chlors, des Broms, des Jods, des Cyans u. a.
darstellen lassen, ebenso wie man solche Verbindungen des
Kaliums, des Bleies, des Quecksilbers u. a. erhalten kann.
Ich lasse hier, kurz zusammengefafst , die Thatsachen
folgen, auf welche ich diese allgemeinere Schlufsfolgerung
stütze.
Bringt man wasserfreie Essigsäure und wasserfreie unter-
chlorige Säure bei sehr niedriger Temperatur im Verhältnifs
C^HsOs zu CIO zusammen , so mischen sie sich mit rother
Färbung ; nach einer Viertelstunde enterbt sich die Mischung
von selbst, ohne dafs man eine weitere Reaction wahrnähme
oder Gewichtsveränderung einträte. Ein Ueberschufs von
unterchloriger Säure verursacht eine dauernde rothe Färbung;
diese verschwindet bei dem Verjagen jenes Ueberschasses
in gelinder Wärme (bei 30<>J.
in- Sauerstoffsalzen durch negative Körper. 115
Die Analyse dieser Flüssiglceit ergab Zahieti, die zu der
Formel C4H8CIO4 oder C4H3O3CIO führen, welche auch die
der Honochloressigsäure ist, von deren Eigenschaften die
des neuen Products jedoch ganz verschieden sind. Nach
Bildungsweise und Eigenschaften ist dieses vielmehr als essig-
saures Chlor {acitaie de chlore) zu betfachten.
Das essigsaure Chlor ist eine farblose oder schwach-
gelbliche Flüssigkeit; es löst sich in Wasser sofort und nach
aUen Verhältnissen unter Umwandlung zu gewässerter Essig-
säure und unterchloriger Säure :
C4^8C104 + 2 HO = CIO, HO + CÄOg, HO.
Gegen 100^ detonirt es mit Heftigkeit » wobei Chlor,
Sauersioff und wasserfreie Essigsäure auftreten :
CACIO4 == 0 + Cl + CäHsO«.
In Eis gestellt und im Dunkeln läfst es sich ohne Ver-
änderung aufbewahren I aber bei gewöhnlicher Temperatur
und im Licht zersetzt es sich allmälig und die Stöpsel der
Flaschen werden mit Heftigkeit weggeschleudert. Im leeren
Raum läfst es sich bei gelinder Erwärmung destilliren.
Quecksilber wirkt auf es in der Kälte unter Brausen ein ;
es entwickelt sich viel Chlor und es bilden sich essigsaures
Quecksilber und etwas Quecksilberchlorür :
C4H8CIO4 + Hg *= Cl + C4H«H^04,
so dafs hier sonderbarerweise «ine Verdrängung von Chlor
durch ein Metall stattfindet. Zink wirkt- auf das essigsaure
Chlor sehr langsam unter Bildung eines Gemenges von essig-
saurem Zink und Chlorzink ein :
C4H8CIO4 + 2 Zn = C4H8Zn04 + ZnCl.
Jod löst sich darin sofort, wobei es sich entfärbt und
Chlor entwickelt wird, ohne dafs sich Chlorjod bildet; es
entsieht essigsaures Jod, ein weifser krystallinischer Körper,
welcher mit der Jodessigsäure isomer aber von ''dieser durch
seine Eigenschaften auf das Bestimmteste verschieden ist :
C4H»C104 + J » C4H8JO4 + €L
8*
il6 Sckützenberger, Suhstitiäion der Metalle
Das essigsaure Jod zersetzt sich beim Erwärmen über
100^ fast mit Explosion, entsprechend der Gleichung :
2 C4H8JO4 =^ J2 + C8O4 + C4H5(C8H8)04
essigs. Methyl.
Wasser zersetzt es sofort gemäfs der Gleichung :
IOC4H8JO4 + lOHO = 8J + 2 JOfi + IOC4H4O4.
Wasserfreier Alkohol zersetzt es auch in der Kälte ge-
mäfs der entsprechenden Gleichung :
10 C4H8JO4 + 6 l^TO^I = 8 J + 2 JOß + 6 C4H4O4 + 5 C4H8(C4H5)04
essigs. Aethyl.
Bei dem Mengen gleicher Aequivalente von Einfach*
Chlorjod und entwässertem essigsaurem Natron erwärmt sich
die Masse ein wenig, der starke Geruch des Chlorjods ver-
schwindet alimälig, und man erhält eiln Gemenge von Chlor*
natrium und essigsaurem Jod. Dieses Gemenge, aus welchem
sich das essigsaure Jod nicht abscheiden läfst, zeigt in der
That beim Erwärmen und bei der Einwirkung von Wasser
öder von wasserfreiem Alkohol alle die eben formulirten
Reactionen. Wird das Chlorjod im Ueberschufs angewendet,
so erfolgt eine durch die Gleichung :
C4H8Na04 + 2CIJ = J2 H- NaCl + 0^04 + CgHsCl
Chlormethyl
ausgedrückte secundäre Einwirkung.
Die Einwirkung des Chtorjods auf buttersaures Natron
ist eine ganz analoge und läfst sich ausdrücken durch die
Formeln :
CgH^NaO* + CIJ = C8H7JO4 + NaCl;
C8H7Na04 + 2 CIJ = Jg + NaCl + C8O4 + CeH,Cl
ChlorpropyL
Und entsprechend sind die Zersetzungen beim Erhitzen,
bei Einwirknnsr von Wasser und von Alkohol :
2 C8H7JO4 = Cj04 + Ja + CsB^{Ctßj)0^ ;
butters. Propyl
10 CaH» JO4 H- 10 HO = 8 J + 2 JOg + 10 CjHsO* ;
in Sauerstoffsalzen durch negative Korper, \M
10 CgHy JO4 + 5 1 ^^^^ I = 8 J + 2 JO5 + 5 CgHgO^ -h 5 CSiiS^A^^t^^O^
butters. Aethyl.
Brom löst sich in der Kälte in essig'saurein Chlor unter
«Hmäliger Entwickelung des Chlors; die zuerst rothe Mischung
entfärht sich zuletzt vollständig :
C4H8CIO4 + Br = Cl :}- C4H8Br04.
Das auf diese Art erhaltene Product ist flüssig und zer-
setzt sich nach einiger Zeit C^ i^is 2 Stunden} von selbst
unter Explosion. Jod löst sich darin auf^ wobei Brom frei
gemacht und feistes essigsaures Jod gebildet wird.
Schwefel löst sich in dem essigsauren Chlor unter Brau-
sen und Entwickelung von Chlor auf; zugleich tritt aber auch
schweflige Säure auf und es bleibt ein aus wasserfreier Es-*
sigsäure und Schwefel bestehender Rückstand :
2 C4H8CIO4 + 28 = 2 C4H8O8 4- SOg + 8 + 2 Cl.
Es scheint hiernach der essigsaure Schwefel weniger
beständig zu sein , als die essigsauren Verbindungen anderer
eleetronegativer Elemente; in der That findet bei Einwirkung
des Einfach - Chlorschwefels auf wasserfreies essigsaures Na-
tron, selbst bei Abkühlung, unmittelbar der folgende Vor-
gang slatt :
2 C4H3Na04 + 2 eis = 2 C4H8O8 + SOg + S + 2 NaOl,
welcher so glatt verläuft , dafs er mit Vortheil für die Dar-
stellung der wasserfreien Essigsäure zu verwerthen wäre.
Benzoäsaures Natron und Chlorjod zeigen bei dem Mi-
schen eine schwache Temperaturerhöhung ; der Geruch des
Chlorjods verschwindet. Erhitzt man stärker, so entwickelt
sich viel Kohlensäure ; es geht Jod über und eine in Wasser
und Kali unlösliche Flüssigkeit, welche sich durch fraclionirte
Destillation zerlegen läfst i) zu einer jodhaltigen farblosen
Flüssigkeit, die bei 200^ siedet und deren Zusammensetzung
nach den bereits ausgefiihrten Analysen die des Jodphenyls
CC12H5J) zu sein scheint, und 2} einem dem Naphtaiin sehr
118 Schütz enh er g er, S^bsühOurn der Melmlle etc.
festen Körper. Hiemaeb bfldei äek walirsebeiolich
zoersi bemoSnmes Jod entopreebend der dekhimg :
Ci^&^O« + CIJ =r HaCl + Ct A^O«.
md die Zerselnrngsprodocte desselben bleiben noeb genaner
m nntersoeben. leb werde aucb Yersudien, das benzoesanre
Cblor darenstellen, nnd ans dem letzteren reines benzoe*
sanres Jod.
Bd scbwacbem Brbitzen eines Cremenges gleicber Aeqoi-
Talente essigsaores Silber ond Jodcyan scbailzt die Masse
onter Bildong von Jodsilber, obne dafs sieh etwas verflüchtigt;
aber bei stärkerem Erwärmen zersetzt sich das Prodact öfters
mit Explosion. Diese Tbatsaeben , welche ich in einer spä-
teren Abhandlong genauer darlegen werde, erklären sich
sehr gat darch Annahme der Bildung von essigsaurem Cyan :
C4H,Ag04 + JCy = AgJ + CACyO,,
weiches sich bei höherer Temperator zersetzte.
Wasserfreie Schwefelsäare absorbirt die wasserfreie
unterchlorige Säure unter Bildung einer dunkelrotben Flüssig-
keit, die ziemlich beständig ist, da man den Ueberschufs
von wasserfreier Säure abdestilliren kann, ohne dafs sich die
geringste Menge Chlor entwickelt; aber bei höherer Tem-
peratur tritt auf einmal Zersetzung ein.
Ich glaube, dafs diese Thatsachen Tür die im Eingang
dieses Aufsatzes ausgesprochenen Ansichten eine genügende
Stütze abgeben, aber ich verhehle mir nicht, wie viel mir
noch zu thun übrig bleibt.
119
Ueber die Producte der Zersetzung des benzoä-
sauren Jods durch Wärme;
von Demselben*').
Schützenberger hat über die Zersetzung, welche das
im vorstehenden Aufsatz besprochene benzoesaure Jod beim
Erwärmen erleidet, noch folgendes Speciellere, die frühere
Angabe Berichtigende veröffent<licht
Wird benzoösaures Jod, der Gleichung Ci4H5Na04 -f- Ci«'
= NaCl -}- C14H5JO4 entsprechend gebildet, erwärmt, so tritt
die schon früher angegebene Kohlensäureentwickelung ein ;
ist diese beendet und destillirt man nun von dem Rückstand
das Flüchtige ab, so gehen Jod, Benzoesäure und ein nach
dem Beseitigen dieser Körper mittelst Natronlauge als schwere
farblose Flüssigkeit bleibendes Gemische mehrerer Zersetzungs-
producte über. Durch fractionirte Destillation liefsen sich
aus diesem Gemische isoliren i} kleine Mengen Benzol,
2} eine etwa ^U ^^^ Gemisches ausmachende, bei 185 bis
190^ siedende Flüssigkeit, 3) ein gegen 250^ hin sich ver-
flüchtigender , anscheinend dem Naphtalin ähnlicher fester
Körper, 4) eine gegen 300^ siedende ölige Flüssigkeit, 5) ^\n
halbfester gelblicher, oberhalb 300^ flüchtiger Körper.
Die bei 185^ siedende Flüssigkeit ergab, durch Rectifi-
cation und Schütteln mit Quecksilber gereinigt und farblos
gemacht, das spec. Gewicht 1,69 und eine der Formel CigBsJ
entsprechende Zusammensetzung (gefunden 35,10 u. 34,61 pC. C,
2,42 u. 2,60 H, 63,23 u. 63,81 J; berechnet 35,29 pC. C,
2,45 H, 62,25 J), weicher Formel auch die Dampfdichte
(gefunden 7,36, berechnet 7,02} entspricht. Diese Flüssig-
keit ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, Aether und
*) Im Auszug aus Compt. rend. LH, 963.
120 Schützenberger^ über die Producte
Benzol^ zugleich an Benzol und an Phenol erinnernd riechend*
Schützenberger neigt zu der Ansicht, diese Flüssigkeit,
die nur wenig Geneigtheit zu Zersetzung nach doppelter
Wahlverwandtschaft zeigt, sei als einfach - jodirtes Benzol
und nicht als Jodphenyl zu betrachten ; für ihre Entstehung
giebt er die Gleichung : C14H5JO4 = C8O4 + GitHsJ.
Das weifse feste Product siedet bei etwa 250^ und subii-
mirt wie Naphtalin zu glänzenden Blättchen. Es ist unlöslich
in Wasser, spec. schwerer als letzteres, schnilzt bei 120^,
riecht der vorhergehenden Verbindung ähnlich« Durch Um-
krystallisiren aus Alkohol oder Aether wird es leicht rein
erhalten. Seine Analysen (gef. 20,33, 22,60 u. 22,65 pC.
C, 1,38 H, 75,00 i) führten zu der Formel CisH^Ja (her.
21,82 pC. C, 1,21 H, 76,97 J), wonach es zweifach-jodirtes
Benzol wäre; die Dampfdichte wurde wegen unzureichenden
Materials nicht bestimmt ; für die Entstehung wird die Glei-
chung 2 C14H6JO4 = CjOa + CuHeO* + C12H4J» gegeben.
Für die nur in kleiner Menge zu erhaltende gegen 300^
siedende ölige Flüssigkeit , welche unlöslich in Wasser , lös-
lich in starkem Alkohol und in Aether ist, vermuthet
Schützenberger die Formel CseHieJ^ (gef. 40,36 u. 42,40
pC.C, 3,14 H, 51,85 J; ber. 44,44 pC.C, 3,29 H, 52,26 J),
wonach sie durch Zusammentreten von 3 Mol. Benzol und
Ersetzung von 2Aeq. Wasserstoff durch Jod entstanden wäre.
Die Dampfdichte konnte nicht bestimmt werden.
Der halbfeste Körper endlich, welcher sich oberhalb 300^
verflüchtigt, kann durch Behandlung mit siedendem verdünn-
tem Alkohol, in welchem er sich nur wenig löst, nachheriges
Lösen in wasserfreiem Alkohol und Ausscheiden mittelst Wasser
gereinigt werden. Er erweicht in der Wärme. Die Analy-
sen (gef. 57,06 pC. C, 3,62 H, 28,13 J) lassen sich aus-
drücken durch die Formel C42H17JO6 (her. 56,76 pC. C, 3,83
H, 28,60 J}, welche einem durch die Condensation von
der Zersetzung des benzoes. Jods durch Wärme» 121
3 MoK Benzoyiwasserstoff zu einem einzigen und Substitution
von in durch 1 J entstandenen Körper zukommt. Sohützen-
berger betrachtet diese wie die vorhergehende Formel als
noch der Bestätigung bedürftig.
Ueber eine neue Methode der Darstellung und
Nachweisüng der Alkalolde ;
von L, T>. Uslar und J, Erdmann.
Die Abscheidung einer giftigen Pflanzenbase, wenn solche
in kleiner Menge grofsen Quantitäten von anderen organischen
Massen beigemengt vorkommt, ist nach den bis jetzt bekannten
Methoden jedenfalls eine zeitraubende und mühsame Arbeit.
Es ist uns gelungen, eine Methode aufzufinden, nach welcher
sehr geringe Mengen sowohl von einer festen wie auch von
einer flüchtigen Pflanzenbase, als z. B. von Morphin, Narcotin,
Strychnin, Nicotin und Coniin^ selbst dann noch mit einfachen
Mitteln sehr leicht und in kurzer Zeit abgeschieden werden
können , wenn diese auch sehr grofsen Mengen' von anderen
organischen Substanzen beigemengt sind.
Unser Verfahren gründet sich darauf, dafs die freien
Pflanzenbasen in reinem , besonders heifsem Amylalkohol
(Siedepunkt 132^ C.) sehr leicht löslich sind , so dafs dieser
Lösung selbst durch grofse Quantitäten Wasser, besonders
wenn dieses alkalisch reagirt, nichts von dem Alkalo'id ent-
zogen wird; während dagegen die Salzsäuren Alkaloide in
Amylalkohol schwer löslich sind, und schon durch einfaches
Schütteln mit salzsäurehaltigem Wasser leicht und vollständig
ersterem wieder entzogen werden.
122 üslar tu Erdmann, über eine neue Methode
Indem man dieses Verhalten der Aikalo'ide benutzt, ver-
fährt man zu ihrer Abscheidung folgendermafsen.
Die zu untersuchenden Massen werden, wenn nöihig,
mK Wasser bis zu dünnem Brei versetzt und mit Salzsäure
schwach angesäuert 1 bis 2 Stunden lang bei 60 bis 80^ C.
digerirt. — Darauf colirt man durch ein mit Wasser ange-
feuchtetes leinenes Seihetuch, zieht den Rückstand mit heifsem
mit Salzsäure angesäuertem Wasser aus und versetzt die ver-
einigten Auszüge mit so viel Ammoniak, dafs von diesem
ein geringer Ueberschufs vorhanden ist, worauf man sie zu-
erst auf freiem Feuer concentrirt und schliefslich auf dem
Wasserbade bis zur Trockne bringt. Den Rückstand zieht
man drei bis vier Haie mit heifsem Amylalkohol aus und
filtrirt die Auszüge sogleich durch mit Amylalkohol benetztes
Filzpapier. — Das meist gelb gefärbte Fillrat enthält neben
dem Alkaioi'd noch Fett- und Farbstoffe gelöst. Um es von
diesen letzteren zu befreien, bringt man dasselbe in ein
cylindrisches Gefäfs, versetzt es mit mit Salzsäure ange-
säuertem und fast siedend heifsem Wasser und schüttelt damit
kräftig durch. Das Alkaloid wird dadurch dem Amylalkohol
entzogen und von dem sauren Wasser aufgenommen, während
Fett- und Farbstoffe beim Amylalkohol bleiben, welcher mit
einer Caoulchoucpipette leicht abgenommen werden kann.
Eine Saugpipette ist wegen des schädlichen Einflusses des
Amylalkohols auf die Respirationsorgane nicht anwendbar.
Durch wiederholtes Behandeln der sauren heifsen Flüssigkeit
mit neuen Mengen von Amylalkohol gelingt es leicht, Fett-
uod Farbstoffe zu entfernen , so dafs man zuletzt eine farb-
lose Flüssigkeit behält, in welcher das Alkaloid an Salzsäure
gebunden enthalten ist. Es ist rathsam, diese durch Ein-
dampfen etwas zu concentriren. Man versetzt sie alsdann
mit Ammoniak in geringem Ueberschufs > fügt dann heifsen
Amylalkohol hinzu und schüttelt tüchtig damit.
der DarsteUttng und Nachweisung der Älkahnde, 123
Nach vollständiger Sonderung der beiden Flüssigkeiten
hebt man die obere, die Lösung des Alkalo'ids in Amylalkohol,
ab , zieht die zurlickbleibende Flüssigkeit noch einmal mit
heifsem Amylalkohol aus, und verjagt nun durch Erhitzen auf
dem Wasserbade den Amylalkohol vollständig, wo dann das
Alkaloid oft schon so rein zurückbleibt, dafs die Reactionen
damit angestellt werden können. Für den Fall , dafs es noch
gelblich und bräunlich gefärbt sein sollte, nimmt man es noch
einmal in verdünnter Salzsäure auf, schüttelt diese Lösung
mit Amylalkohol 9 entfernt denselben mit der Pipette und
schüttelt nach dem Ueberisättigen mit Ammoniak abermals mit
Amylalkohol, hebt diesen ab und verdunstet ihn auf dem Wasser-
bad«. Nur selten wird man nöthig haben , diese Reinigung
bei dem jetzt zurückbleibenden Alkaloid zu wiederholen*
Wir haben eine Reihe von Versuchen, die wir kurz mit-
theilen wollen, nach unserer Methode ausgeführt.
Versuche : Zwei bis drei Pfund Speisebrei, versetzt mit
0,064 Grm. salzsaurem Morphin , liefsen wir so lange (drei
Tage} an einem warmen Orte stehen , bis deutliche Gährung
eingetreten war. Diese Untersuchung war in zwei Tagen be-
endigt. Das Morphin wurde durch die bekannte Reaction mit
Eisenchlorid mit aller Entschiedenheit nachgewiesen. .
Bei einem zweiten Versuch wurde eine noch gröfsere
Quantität Speisebreii dem ein grofser Tbeil faules Fleisch bei-
gemengt war, mit nur 0,054 Grm. salzsaurem Morphin ver-
setzt ; dennoch wurde letzteres wie oben mit völliger Sicher-
heit nachgewiesen. Da wir erkannten, dafs wir fast die
ganze angewandte Menge des Alkalo'ids wieder erhielten, so
sind wir mit der Dosis noch weiter herunter gegangen und
haben bei einem Versuch 7 Milligrm. und bei einem anderen
sogar nur 5 Milligrm. angewendet; aber in beiden Fällen
dasselbe durch deutliche Reactionen mit Eisenchlorid nach-
gewiesen. Scbliefslich haben wir noch einmal einen Kalbs-
i24 üslar u, Erdmann^ iiher eine neue Methode
magen mit 0,020 Grm. salzsaarem Morphin versetzt und diesen
14 Tage lang an einem sonnigen Platz stehen lassen. Der
Hagen war nicht nur vollständig in Fäulnifs tibergegangen,
sondern es hatten sich auch eine grofse Anzahl Würmer
gebildet; trotzdem wurde das Morphin wie oben mit Eisen-
chlorid entschieden nachgewiesen.
Ferner haben wir einen Tropfen Nicotin zu IVs Pfund
Speisebrei und Fleisch, dann zwei Tropfen Coniin zu einer
eben so grofsen Menge Speisen gebracht, und beide Alkalo'ide
wurden wieder abgeschieden und durch einige Reactionen, be-
sonders aber durch den höchst characteristischen Geruch,
welcher beiden flüchtigen Basen eigenthümiich ist, erkannt.
9 Hilligrm. Strychnin wurden mit völliger Sicherheit nach-
gewiesen durch die Reaction mit zweifach - chromsaurem Kali
und Schwefelsäure, obgleich es einer sehr grofsen Menge von
Speisen beigemischt war.
8 Milligrm. Narcotin mit Speisen vermischt wurden fast
vollständig wieder erhalten, und besonders durch die be-
kannte Reaction mit Schwefelsäure und Salpetersäure erkannt.
Schliefslich haben wir noch ein Gemenge von 0,012 Grm.
Morphin und 0,013 Narcotin unter Fleisch und Gemüse ge-
mischt. Erst nachdem dieses Gemenge vier Tage an einem
warmen Orte gestanden, wurde die Untersuchung begonnen.
Nach der Abscheidung der Alkalo'ide wurden beide auf be-
kannte Weise mit Hülfe von Aether getrennt, und dann jedes
für sich durch die schon erwähnten Reactionen erkannt.
.Nach diesen Yersucheui durch welche wir uns dieUeber-
zeugung verschafft haben, dafs unsere zur Abscbeidung von
Alkaloiden empfohlene Methode in allen den Fällen zuver-
lässig ist, wenn die Alkalo'ide todten organischen Massen
beigemengt wurden , werden wir unsere Untersuchungen in
zwei Richtungen ausdehnen. Einmal wollen wir feststellen,
ob die Abscheidung der Alkaloi'de auch in den Fällen noch
der Darstellung und Nachweisung der Alkalo'ide. 125
gelingt , wenn sie den lebenden Organismus passirt sind and
besonders ihre tödtende Wirkung geäufsert haben. Wir wer-
den unsere Versuche mit den verschiedensten Dosen der
verschiedenen Alkaloide an Thieren anstellen. Von den
Resultaten, welche wir dabei erzielen, hängt es besonders
ab, ob wir unsere Methode den Gerichls-Chemikern unbedingt
empfehlen können. Zweitens sind wird auch schon damit be-
schäftigt, unsere Methode für die Darstellung der Alkaloide
im Grofsen anzuwenden. Sie wird sich vor allen übrigen
bekannten Methoden besonders dadurch empfehlen , dafs sie
bei weitem billiger und auch weniger umständlich sein wird.
Das wichtigste nothwendige Material, der Amylalkohol, der
an und für sich schon kein theurer Artikel ist, wird bei gut
geregeltem Betrieb zum gröfsten Theil immer wieder gewon-
nen und läfst sich durch einfache Destillation von Unreinig-
keiten befreien, lieber die Resultate dieser weiteren Ver-
suche werden wir seiner Zeit berichten.
Laboratorium in Göttingen, Juli 1861.
Vorläufige Notiz über Diazobenzogsäure;
von Peter Griefs.
Lafst man auf eine kalte alkoholische LöiSung von Amido-
benzoösäure salpetrige Säure einwirken, so bildet sich, wie
ich früher gezeigt habe, die Diazobenzoe-Amidobenzoesäure
lc*H*(r&lo|- ^^^^^ Verbindung kann auch, obwohl
weniger zweckmäfsig, bei Anwendung einer wässerigen
126 Oriefsy vorläufige Notiz
Lösung von Amidobenzoäsäure erhalten werden. Setzt man
jedoch die Amidobenzoesäure in kalter wässeriger oder alko-
holischer Salpetersäure gelöst der Einwirkung der salpetri-
gen Säure aus, so bildet sich die Diazobenzoe-Amido*
benzoösäure nicht; dagegen scheidet sich bei Anwendung
einer concentrirten Lösung von Amidobenzoäsäure alsbald
eine Verbindung in weifsen Krystallen aus, deren Zusam-
mensetzung^ durch die Formel C14H5NSO10 ausgedrückt wer*
den kann. . Diese Verbindung ist nichts anderes als Salpeter-
säure-Diazobenzoesäure"^) : C14H5NSO10 ~ C14H4N8O4, NHOe.
Die Diazobenzo'e- Salpetersäure krystallisirt In weifsen
Pnsmen, welche sich sehr schwer in kaltem Wasser lösen
und beim Erhitzen heftig explodiren. Kochendes Wasser
zersetzt sie rasch, unter Entbindung von Stickstoff und Frei-
werden von Salpetersäure, höchst wahrscheinlich nach fol-
gender Gleichung :
CiANjO^, NHOe + 2 HO = Ci^U^O^^ 4. Nj + NHO«
Salpetersäure - Diazo- Oxybenzoö-
beozogs&ure säure.
Versetzt man die Diazobenzoe- Salpetersäure mit einem
Alkali, so fällt freie Diazobenzoesäure als gelbe, sich bald
zersetzende Hasse nieder.
Sahsäure - Diazobenzoesäure - Platinchlorid (ji4!li4^%0^^
HCl, PtCIs wird in gelben Prismen erhalten, wenn man eine
wässerige Lösung von Salpetersäure -Diazobenzoesäure mit
•) Man sieht, dafs Substitutionen des Stickstoffs für. Wasserstoff
sowohl in alkoholischer und ätherischer, als auch in wässeriger
und salpetersaurer Lösung bewerkstelligt werden können ; obwohl
zumTheilderCharacter des neuen Products von dem Lösungsmittel
abhängig ist. In jedem Falle aber ist niedrige Temperatur ein
Uaupterfordernifs bei diesen Versuchen.
• über Diazobenzo'isäure, 127
Platinchlorid versetzt. Bei der Zersetzung dieser Doppel-
verbindung mit Schwefelwasserstoff wird eine schwefelhaltige
Säure erhalten , deren Bildung wahrscheinlich nach folgender
Gleichung geschieht :
Ci4H4N,04, HCl, PtClt + 4HS = Ci4He04S, + 3 HCl + PtS,
Platindoppelsalz Sulphooxy-
^ benzogfiäure.
Salpetersäure -Diaeobenzoeäther wird aus Salpeterstture-^
Amidobenzoeäther dargestellt.
Salzsäure 'Dtazobenzoeäther- Goldchlorid
Ci4H8(C4H5)N204, HCl, AuCIs
erhält man beim Zusammenbriigen einer wässerigen Lösung
der vorig^en Verbindung mit Goldchlorid. Diese Verbindung
krystallisirt aus Alkohol in goldgelben Prismen.
Salpetersäure ' Diazobenzamid CiAHsNjOgjjj^ jj^^^ _
Man stellt diesen Körper durch Einwirkung der salpetrigen
Säure auf eine Lösung von Amidobenzamid ^****(NH2)02Jjj
in Alkoholäther dan Er krystallisirt in weifsen explodir-
baren Nadeln. Das ihm entsprechende Platinsalz hat die
Formel CiÄNaOajjj^ ^q^ pj^,^
Aehnliche Verbindungen existiren auch, wie qualitative
Versuche ergeben haben, noch in anderen Gruppen von
Säuren, z. B. in der Anis- und Toluylsäuregruppe. lieber-
haupt zeichnet sich die von mir aufgefundene Methode
der Stjckstoffsubstitution durch ihre aufserordentliche All-
gemeinheit ^^3 aus. Man kann in der That beinahe mit
*) Dieses wird auch durcli neuere, auf diesem Gebiete angestellte
Versuche yon Schmitt und Hof mann bewiesen. £r[}|«rer hat
128 Griefs, vorläufige Notiz über Diazobenzo'esäure,
Sicherheit annehmen, dafs die durch dieselbe hervorzubrin-
gende Anzahl von Körpern doppelt so grofs ist, als die
Anzahl der existirenden Amidoverbindungen , indem fast
einer jeden Amidoverbindung zwei stickstoffsubstituirte Kör-
per entsprechen. Die Zusammensetzung derselben lärst sich
aber mit Leichtigkeit erschliefsen , wenn man allgemein
jede Amidoverbindung mit CR -|- NH3) bezeichnet. Es
kommen dann den abgeleiteten Stickstoffkörpern die Formeln
Ir II nIj j ""^ (f^ + N2) z«5 wie sich durch folgende
Beispiele ergiebt :
(C,4H,04 . NH3) jCiAO^.Ng
CiAC^-NHal
Amidobenzoe-
säure
Anilin
Diazobenzoö-
AmidobenzoS-
säare
C12H4 . N2
Azophenyl-
diamin
Diazobenzoe«
sänre
(Ci2H4^N8)
AzopheDyl-
amin.
nach meiner Methode die Diazophenylschwefelsäare dargestellt,
welche sich ganz an die von mir beschriebenen Diazo Verbindun-
gen aus der Phenylsäuregruppe anlehnt, während die von Hof'-
mann auf dieselbe Art aus Göttliches Nitrazophenylamin
[Ci2H3(NH8)2(N04)] erhaltene Verbindung ein Analogen der von
mir entdeckten stickstoffhaltigen Anilinderiväte ist.
Ausgegeben den 26. October 1861.
ANNALE»
DER
CHEMIE UND PHARMACIE.
GXX. Bundes zweites Heft.
Untersuchungen aus dem academischen Laboratorium
in Marburg.
XXI. Beitrag zur Kenntnifs der Sulfanilidsäare und
Amidophenylschwefelsäure ;
von Dr. Rudolf Schmitt.
Durch die vor sieben Jahren veröffentlichte Arbeit über
die Anthranilsäure und Benzaminsäure '^) hat Gerland die
von Kolbe auf theoretische Betrachtungen gestützte Vermu-
thung, dafs die Anthranilsäure von Fritzsche nur isomer
mit der Benzaminsäure, aber nicht identisch sei , bestätigt.
Nach der Ansicht von Kolbe**) über die Constitution die-
ser Säuren ist die Anthranilsäure die wahre Carbanilidsäurei
d« h. sie hat dieselbe Zusammensetzung wie die Carbamin-
säure. Nur enthält sie statt Amid Anilid; während die
Benzaminsäure eine wirkliche Benzoesäure ist , in wel-
cher ein Wasserstoffatom im Radical durch Amid vertreten
wird. Dieselben theoretischen Betrachtungen und der Paral-
lelismus, der zwischen den organischen Derivaten der Koh-
*) Diese Annalen LXXXVI, 143.
**) Daselbst LXXIV, 64. 66.
Anual. d. Chemie u. Pharm. CXX. Bd. 2. Heft.
130 Schmitt y Bettrag zur Kenntmfs
lensäure und Schwefelsäure besteht, wie letzterer von Kolbe
vor kurzem in richtiger Weise hervorgehoben ist, veran-
anlassen denselben, auch der Ansicht entgegenzutreten, dafs
die Gerhard t'sche SuIfanilidsSure identisch sei mit der
Säure, welche Laurent durch Behandlung der Nitrophenyl-
schwefelsäure mit Schwefelammonium erhielt "^3. Er hält
•
diese beiden Säuren für eben so verschieden, wie die Benz-
aminsäure und Anthranilsäure. Nach ihm hat die Benzamin-
säure gleiche Constitution mit der von Laurent aus der
Nitrophenylschwefelsäure dargestellten Säure y welche von
Kolbe Amidophenylschwefelsäure genannt ist. Derselbe hält
die erste für ein Derivat der zweibasischen Kohlensäure,
während die letztere von der zweibasischen Schwefelsäure
derivirt. Beide haben aber das Gemeinschaftliche, dafs das
amidirte Phenylradical ein extraradicales Sauerstoifatom ver-
tritt. Die Anthranilsäure und Sulfanilidsäure dagegen deri-
Viren zwar auch von Kohlensäure resp. Schwefelsäure, ent-
halten aber das extraradicale Sauerstoffatom durch Anilid
(Phenylamid) substituirt , wie dieses durch folgende For-
meln veranschaulicht wird :
2 HO . [CjOJOg 2 HO . [S804]0j
Kohlensäure Schwefelsäure ;
HO . (<'«|5N)f^.0,]0 HO . (C„|gjj)[8,0j0
Benzaminsäure Amidophenylschwefelsäure ;
HO . (^*«^^!n)[c,ojo ho . (^«^*!n)[s,ojo
Anthranilsäure Sulfanilidsäure.
( Carbanilidsäure)
Den Grund der Verschiedenheit dieser isomeren Säuren
hat man auch darin gesucht, dafs sie möglicherweise zu
*) Diese Annalen CXIH, 8X8.
der Sidfanilidaäure und Amidophenyhchwefelsäure. 131
einander in derselben Beziehung stehen könnten , wie das
Alpha- zu dem Betabenzol; mit anderen Worten, dafs in
denselben isomere aber verschiedene Radicale enthalten
seien. *) Dafs zwei verschiedene Radicale von der Zusam-
mensetzung CX2H5 existiren, steht, wie ich glaube, seit der
Entdeckung der mit der Benzoesäure isomeren Salylsäure
aufser Zweifel* Es werden daher höchst wahrscheinlich aufser
der Anthramlsäure und Benzaminsäure noch zwei andere
gleich zusammengesetzte Säuren als Derivate der Kohlensäure
bestehen y wie folgendes Schema zeigt. In diesem sind die
isomeren Radicale nach Kolbe Phenyl und Benzyl genannt
und durch die Vorsetzung eines p beziehungsweise b bezeich-
net worden.
HO . b(C,2H5)[C80JO HO^p(Ci25ß)[C20JO
Benzylcarbonsänre Phenylcarbonsäure
(BenzoSsäore) (Salylsäure) ;
HO . b(c.,j^jj)[C,OJO HO . p(.C«jgjf)[0,O,]O
Amidobenzylcarbonsäure Axnidophenylcarbonsäure
(Amidobenzoesäiire) (unbekannt) ;
HO. b(^»»g»JN)[C,OJO HO . p(°"^»|n)[c,ojo
Benzylamidcarbonsäure Phenylamidcarbonsäure
(Aiithranilsäure ?)
Im gleichen Sinne würden neben der Sulfanilidsäure und
Amidophenylschwefelsäure noch zwei andere isomere Ver-
bindungen als Derivate der Schwefelsäure existiren.
Hiernach wäre einerseits bei gleicher Stellung des Amids
durch die ungleichen Radicale und andererseits bei gleichen
Radicalen durch die ungleiche Stellung des Amids eine Ver-
schiedenheit möglich. Die bis jetzt vorliegenden Thatsachen
geben uns nun bei der Anthranil- und Benzaminsäure noch
keinen Aufschlufs, ob in beiden das Benzylradical enthalten
*) Handwörterbuch, 2. Auflage I, 1100.
9»
132 Schmitt^ Beitrag zfur Kenntnifs
ist, oder in der Anthranilsäure das Phenyl. Wir dürfen
defshalb um so eher von den Radicalen abseben und die
Verschiedenheit nach Kolbe in der Stellung des Amids
suchen.
Ich habe nun auf den Rath des Herrn Prof. Kolbe um
so lieber unternommen , die Verschiedenheit der Sulfanilid-
säure und Amidophenylschwefelsäure durch den Versuch fest*
zustellen, als ich auch hoffen konnte, durch Bearbeitung der
Zersetzungsproducte dieser Säuren bei den Derivaten der
Schwefelsäure einige fühlbare Lücken auszufüllen.
SulfaniUdsäure HO . (^"{J^Jn jSaOg + 2 aq.
Sie entsteht durch die Einwirkung von concentrirter
Schwefelsäure sowohl direct auf Anilin, als auf die Anilide
in der Wärme. Gerhardt, dem wir die Kenntnifs dieser
Säure verdanken *}, erhielt letztere dadurch, dafs er das Ge-
menge von Oxanilid und Formanilid, welches als Rückstand
bleibt, wenn man oxalsaures Anilin so lange erhitzt^ als noch
Gasent Wickelung stattfindet, mit überschüssiger Schwefelsäure
zu einem Brei anrührte. Dieser wurde bei gelindem Feuer
in einer Retorte so lange erhitzt, als die Entwickelung von
Kohlensäure und Kohlenoxyd dauerte. Aus der fast erkal-
teten, 'bräunlich gefärbten syrupartigen Flüssigkeit scheidet
sich dann auf Zusatz von kaltem Wasser die Säure als wei-
fser Krystallbrei aus. Durch Auswaschen desselben auf einem
Filter mit kaltem Wasser entfernt man die überschüssige
Schwefelsäure , durch Umkrystallisiren aus heifsem Wasser
erhält man dieselbe rein und schön krystallisirt. Auf diese
Weise gelangt man sehr rasch zur reinen Säure, jedoch er-
hält man kaum die Hälfte des Quantums, welches sich aus
*) Joum. pharm. [3] X, 6.
der Sulfanilidsäure und Ämtdophenylschwefelsäure. 133
der ang^ewandten Menge Anilin hätte ergeben müssen. Dieser
Umstand erklärt sich daraus, dafs sowohl bei der Ueberfüh-
rung des oxal£(aureh Anilins in die Anilide, als auch beim
Erhitzen dieser mit Schwefelsäure grofse Mengen Anilin sich
verflüchtigen. Ich habe defshalb beide Zersetzungen in Re-
torten mit vorgelegtem Kühlrohr zur Wiedergewinnung des
Anilins vorgenommen.
Buckton und Hofmann versuchten die Disulfanilid-^
säure durch die directe Einwirkung von rauchender Schwe-
felsäure auf Anilin darzustellerr, erhielten aber nur Sulfanilid-
säure. ^3 Ich habe mich aufser der eben erwähnten Ger-
hard tischen Darstellung hauptsächlich dieser zur Gewinnung
der Sulfanilidsäure, und zwar in folgender Weise bedient.
In einer Porceilanschale von entsprechender GrÖfse wurden
zu einem Theil Anilin zwei Theile stark rauchender Schwe-
felsäure tropfenweise zugesetzt. Unter starker Wärmeent-
wickelung geht die Bildung des schwefelsauren Anilins vor
sich, welches aber bei weiterem Zusatz von Schwefelsäure
wieder gelöst wird. Nach vollkommener Mischung hat man
eine braune syrupartige Flüssigkeit , die man in der Schale
bis zu dem Punkte über gelindem Feuer erhitzt, wo unter
stärkerer Bräunung eine reichliche Entwickelung von schwef-
liger Säure beginnt. Bei diesem Erhitzen ist grofse Vorsicht
nöthig, da zu starkes Feuer eine plötzliche Zersetzung unter
rapider Gasentwickelung und Schwärzung der Masse bewirkt.
Der fast erkaltete sehr zähflüssige Inhalt wird in kaltes
Wasser gegossen, worin sich die Sulfanilidsäure als schwarze
verwirrte Krystailmasse ausscheidet. Durch vier- bis fünf-
maliges Umkrystaliisiren unter Zusatz von Thierkohle aus
heifsem Wasser erhält man erst die Säure frei von brauner
Färbung. Ich habe auf diese Weise eine viel bessere Aus-
*) Diese Annalen G, 163.
134 Schmiitf Beitrag zur Kenntnifs
beate erhalten, als nach der Gerhardt'schen Methode^
jedoch ist das zum Reinigen der Säure gebotene öftere Um-
krystaliisiren das Hifsliche dieser Darstellung.
Die Reinheit der auf beide Weisen dargestellten Säure
wurde durch die Analyse festgestellt. *)
Die Sulfanilidsäure ist in kaltem Wasser ziemlich schwer,
in heifsem Wasser leicht löslich , unlöslich in kaltem wie in
kochendem Alkohol, sowie auch in Aether« Sie krystallisirt
aus heifsem Wasser in schönen rhombischen Tafeln , die aus
verdünnter Lösung von beträchtlicher Gröfse erhalten werden
können« Die Löslichkeit der Säure in kaltem Wasser habe
ich nach der von Kolbe und Lautemann angegebenen
Methode **} mit allen dort empfohlenen Cautelen bestimmt.
40 Cubikcentimeter der bei 0° 0. gesättigten Lösung erfordern zur
Neutralisation 1)8 CC. Normalnatronlauge.
80 CC, ebenfalls bei 0<* C. gesättigt, wurden durch 3,7 CC. der-
selben Natronlauge neutralisirt.
Aus beiden Daten berechnet sich, dafs ein Theil Sulf-
anilidsäure 128 Theile eiskalten Wassers zur Lösung bedarf.
Die Sulfanilidsäure krystallisirt mit 2Aeq. Krystallwasser,
welche sie sehr leicht schon theilweise an der Luft , voll-
kommen aber bei 110^ C. verliert. Diese Verwitterung geht
bei Sommertemperatur augenblicklich vor sich; die Krystalie
verlieren dadurch ihren Glanz und die Durchsichtigkeit; bei
*) Das zur Darstellung der Sulfanilidsäure verwendete Anilin wurde
aus reinem Benzol gewonnen. Da das beste käufliche Benzol
und Nitrobenzol kaum den sechsten Theil Teines Product lieferte,
so sah ich mich genötbigt, um wegen der Reinheit des Materials
sicher zu sei», das Benzol durch Destillation von benzoSsaürem
Natron mit Ealkhydrat selbst darzustellen. Erst gegen Ende mei-
ner Arbeit erhielt ich aus der Knosp^schen Farbenfabrik zu
Stuttgart ein rohes Anilin zu billigem Preis, aus welchem ich
durch fractionirte Destillation über die Hälfte reines Anilin gewann.
**) Diese Annalen CXV, 193.
der SulfaniHdsäure und AmidophenyUchwefelsäure. 135
längerem Einwirken der Temperator zerfallen sie zu einem
bräunlichen Pulver.
I. 4,8485 Grm. zwischen Fliefspapier rasch getrocknet verloren
bei IW C. 0,458 Grm. Wasser.
n. 3,0765 Grm. verloren unter denselben Verhältnissen 0,288 Grm.
Diese Zahlen weisen auf 2 Aeq. Wasser hin :
Versuch
Theorie II. L
9,42 9,44 9,36.
Die Sulfanilidsäure verträgt eine Temperatur von 220^ C.
ohne zersetzt zu werden. Steigert man die Temperatur, so
tritt Zerlegung ein unter Ausgabe von schwefliger Säure, mit
Hinterlassung einer schwer verbrennlichen Kohle^ welche die
Form der Säure beibehält. Nimmt man die Zersetzung durch
Hitze in einer Retorte vor, so liefert sie unter Aushauchung
von schwefliger Säure ein öliges Deslillationsproducty welches
in der Vorlage zu einer strahligen Hasse erstarrt. Es hat
ganz die Eigenschaften des schwefligsauren Anilins und zer-
fällt beim Erhitzen mit Kalilauge geradeauf in Anilin und
schwefligsaures Kali.
Mit starker Kali- oder Natronlauge • gekocht erleidet die
Sulfanilidsäure keine Veränderung , wohl aber beim Erhitzen
mit den festen Hydraten der Alkalien und alkalischen Erden.
Hierdurch wird sie nämlich in Anilin und die betreffenden
schwefelsauren Salze zerlegt.
Die Sulfanilidsäure ist eine sehr starke Säure, die mit
den Alkalien vollkommen neutral reagirende und in Wasser
leicht lösliche Salze bildet. Auch alle übrigen Salze dersel-
ben, die sich leicht durch Behandlung der betreffenden koh-
lensauren Salze darstellen lassen, sind in Wasser leicht lös-
lich, ausgenommen das Silbersalz, welches schwer löslich ist.
Versuche, Verbindungen der Sulfanilidsäure mit Mineral-
säuren darzustellen, wie solche bei der Anthranilsäure exi-
stiren , blieben erfolglos. Concentrirte Schwefelsäure und
136 Schmitt y Beitrag zur Kenntaifs
Salzsäure lösen die Suifanilidsäure zwar leichter in der Wärme
als Wasser^ jedoch scheidet sich die unveränderte Säure beim
Erkalten in nadeiförmigen Krystallen aus. MerkMrürdig ist
der Umstand y dafs aus der Lösung in Säuren niemals die
rhombischen Tafeln erhalten werden. Auch beim Hinüber-
leiten von gasförrhiger Salzsäure über erwärmte Suifanilidsäure
konnte keine Verbiirdung der beiden erzielt werden. Es
scheint demnach, dafs Verbindungen, wie wir sie bei dem
analogen Kohlensäurederivat kennen , hier nicht existiren.
Der Grund dafür liegt vielleicht in der stärker sauren Eigen-
schaft der Schwefelsäure im Yerhältnifs zur Kohlensäure, so
dafs durch jene der basische Charakter des Anilids vollkom-
men aufgehoben wird.
Chlor und Jod wirken auf eine wässerige Lösung von
Suifanilidsäure nicht ein. Hingegen wirkt Brom selbst auf
sehr verdünnte Lösungen derselben. Setzt man Brom zu
einer heifsen wässerigen Lösung von Suifanilidsäure, so ver-
schwindet dasselbe und es entsteht ein weifser* Niederschlag,
der aus verfilzten Nadeln besteht. Derselbe vermehrt sich,
bis Brom im Ueberschufs vorhanden ist. Der durch Fil-
tration von der etwas roth gefärbten Flüssigkeit getrennte
Körper ist vollkommen unlöslich in kaltem und heifsem Was-
ser, leicht löslich in heifsem Alkohol und Aether. Derselbe
schmilzt bei einer Temperatur, die wenig über 100^. G. liegt
und snblimirt bei höherer Temperatur in schönen glänzenden
Nadeln. Von Kali und Natron wird er nicht zersetzt.
Die Analyse der durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus
Alkohol gereinigten, später vorsichtig geschmolzenen Hasse
wurde mit Kupferoxyd und vorgelegtem metallischem Kupfer
zuletzt im Sauerstoffstrome ausgeführt. Sie ergab folgende
Resultate :
I. 0,707 Grm. lieferten 0,5735 Gfrm. Kohlensäure und 0,081 Grm.
Waaser.
der Sulfanäidsäure und Amidophenylachwefelsäure. 137
II. 0,7dS Gnn. gaben 0,6864 Gnn. Kohlensäure and 0,1025 Grm.
Wasser.
III. 0,812 Grm. lieferten mitAetzkalk in einer Röhre geglüht 1,3885
Grm. Bromsilber.
.Diese Daten der Analyse stimmen auf die Formel des
Tribrojnanilins :
berechnet
gefimden
Ci2
72
21,8
22,1
22,1
—
H*
4
1,2
1,2
1.4
—
Brg
N
240
14
72,7
4,2
^^^H
"
72,7
330 99,9.
Es tritt demnach das Brom mit der Sulfanilidsäure nach
folgender Gleichung in Wechselwirkung :
CiÄNS^Oe + 6 Br = Ci^H^BraN + SgO« + 3 HBr
Sulfanilidsäure Tribromanilin.
Setzt man zu einem Theil wässeriger Sulfanilidsäure nur
halb so viel Brom, als zur vollständigen Ueberffihrung in
Tribromanilin höthig ist, so erhält mfin zwar auch reichliche
Mengen von Tribromanilin, zu gleicher Zeit bildet sich aber
zweifach-gebromte Sulfanilidsäure, die in Lösung bleibt und
leicht durch Filtration vom Tribromanilin getrennt wer-
den kann.
Eine interessante Zersetzung erleidet die Sulfanilidsäure
durch • salpetrige Säure. Leitet man nämlich in eine heifs
gesättigte wässerige Lösung von Sulfanilidsäure einen raschen
Strom von salpetriger Säure, so färbt sich gleich im Anfang
die farblose Flüssigkeit intensiv braun und sehr bald beginnt
eine heftige Gasentwickelung von reinem Stickstoff. Nach-
dem die Gasentwickelung nachgelassen hat, läfst man erkal-
ten, und weder jetzt noch beim Eindampfen der Flüssigkeit
scheidet sich unveränderte Sulfanilidsäure aus. Durch Gon-
Centration der braunen Lösung im Wasserbade erhält man
i38 Schmitt, Beitrag zur Kenntnifs
einen dickflüssigen, stark sauer reagirenden Bürckstand, der
mit Wasser verdünnt durch kohlensaure Salze neutralisirt
werden kann. Die auf diese Weise erhaltenen Salze sind
vollkommen stickstofiTrei, und es hat demnach, wie aus späte-
ren analytischen Belegen hervorgehen wird, die salpeMge
Säure auf die Sulfanilidsänre unter diesen Umständen in
gleicher Weise gewirkt, wie auf die Anthranilsäure. Wir
erhalten eine der Salicylsäure analoge Oxyphenylschwefelsäure.
Die merkwürdige Einwirkung der salpetrigen Säure auf
eine alkoholische Lösung von Amidosäuren, deren Kenntnifs
wir Griefs verdanken, veranlafsten auch mich, in dieser
Richtung Versuche anzustellen. Da die Sulfanilidsänre in
Alkohol unlöslich ist, so wurde dieselbe sehr fein gerieben
in einem Stöpselcylinder in Alkohol suspendirt und durch die
Masse unter öfterem Umschütteln ein rascher Strom von sal-
petriger Säure geleitet. Nach einiger Zeit nahm die pulve-
rige Hasse an Volumen bedeutend zu und bei hinlänglichem
Einleiten füllte sich der gana^e Cylinder mit einem aus feinen
Nadeln bestehenden Krystallbrei an. Durch Abfiltriren und
Auswaschen der krystallinischen Hasse mit reinem Alkohol
erhielt ich die anfangs gelb gefärbten Nadeln vollkommen
rein. Dafs auf diese Weise ein den Griefs'schen Stick-
stoffverbindungen analoger Körper entstanden sei, ging aus
der Explodirbarkeit desselben beim Erhitzen, sowie aus seiner
Unbeständigkeit gegen Kali- und Natronlauge hervor. Die
nähere Beschreibung dieses Körpers wird weiter unten folgen.
DibromatdfanüidsäureVLOA ^"/Brg IN SgOs + 3 aq.
/^"IbOn
Sie bildet sich, wie schon erwähnt, bei Einwirkung von
4 Aeq. Brom auf 1 Aeq. Sulfanilidsänre , welches in Wasser
gelöst ist, neben Tribromanilin , freier Schwefelsäure und
Bromwasserstofisäure. Die Reaction geht, wenn miia von
der Stdfantlidsäure und Amidophent/lschwefehäure. 139
der Bildung des Tribromanilins absiebt, nach folgender Glei-
chung vor sich :
Ci,HyNS,Oe 4- 4 Br = CijHjBrjNSjO« -f- 2 HBr
SnlfamUdsfttire Dibromsolfanilidsäare.
Aus der vom Tribromanilin abfiltrirten Flüssigkeit fällt
man durch Chlorbarymn die Dibromsulfanilidsäure ans. Der
Niederschlag, welcher noch etwas schwefelsauren Baryt ent-
hält ^ ist in kaltem Wasser fast unlöslich ; man kann daher
die gleichzeitig gebildete Bromwasserstoffsäure und das über-
schüssige Chlorbaryum durch Auswaschen auf einem Filter
leicht entfernen. Durch Umkrystallisiren aus heifsem Wasser,
worin das Barytsalz leicht löslich ist, erhält man dasselbe
beim Erkalten vollkommen frei von schwefelsaurem Baryt in
prachtvollen langen weifsen Nadeln. Durch Zerlegung des
reinen Barytsalzes in wässeriger Lösung mit der genau be-
stimmten Menge Schwefelsäure erhält man nach dem Abfil-
triren des schwefelsauren Baryts eine Lösung von reiner
Dibromsulfanilidsäure, welche man durch Eindampfen im Was-
serbade leicht zur Krystallisation bringen kann. Alle Ver-
suche, die Bildung von Tribromanilin bei diesem Procefs voll-
kommen zu hindern , waren vergeblich. Am wenigsten
erhält man von diesem lästigen Nebenproduct , wenn man
sulfanilidsauren Baryt in kalter wässeriger Lösung mit der
entsprechenden Menge Brom in einem Kolben unter öfterem
Umschütteln behandelt. Entweder läfst man hierbei das Brom
tropfenweise in die Lösung fallen, oder leitet es dampfförmig
ein. Das so direct gebildete Barytsalz der gebromten Säure
scheidet sich sofort aus und wird durch Abfiltriren, Aus-
waschen und Umkrystallisiren, wie oben erwähnt, gereinigt.
Die Dibromsulfanilidsäure krystallisirt aus wässeriger Lö-
sung in grofsen farblosen säulenförmigen Krystallen, die
bei langsamem Verdunsten der Flüssigkeit besonders schön
erhalten werden. Dieselben enthalten drei Aeq. Krystall-
140 Schmitt, Beitrag ztar Kenntnifs
wasser, welches sie schon an freier Luft nach und nach ver-
lieren, rasch aber entweicht es bei einer Temperatur von
110^ C. Durch den Verlust des Krystallwassers werden die
durchsichtigen und glänzenden Krystalle matt und undurch-
sichtig.
1,7805 Grm. zwischen Fliefspapier getrocknete Säure verlor bei
110<^C. 0,134 Grm. Wasser. Diese Zahl entspricht 3 Aeq. Wasser.
Theorie Versuch
7,53 7,52.
Die Dibromsulfanilidsäure ist sehr leicht löslich in kaltem
wie in heifsem Wasser, schwerer in kaltem Alkohol, leichter
in warmem. Die concentrirte wässerige Lösung, welche
nicht krystallisirt , erstarrt sofort zu einem Haufwerk von
Nadeln bei einem Zusatz von etwas concentrirter Schwefel-
säure. Diese Krystalle sind die reine Säure und nicht etwa
eine Verbindung derselben mit Schwefelsäure ; die Krystalli-
sation wird durch die Wasserentziehung der Schwefelsäure
bewirkt. Die wässprige Säure hat einen stark sauren küh-
lenden Geschmack, sie wird durch Chlorbaryum, essigsaures
Blei und salpetersaures Silber gefällt. Die Niederschläge be-
stehen aus kleinen farblosen Nadeln und sind die entsprechen-
den Salze der Dibromsulfanilidsäure. In der Wärme zerlegt
eine concentrirte Lösung der Säure das Wasser bei Gegen-
wart von Zink , indem sich das gebildete Zinksalz unter
Wasserstoffentwickelung ausscheidet.
Die Dibromsulfanilidsäure ist in hoher Temperatur sehr
beständig , sie verträgt eine Hitze von 180^ C. Wenige
Grade über 180^ fängt sie an sich zu zerlegen, unter Bildung
von Tribromanilin , welches sublimirt; zu gleicher Zeit wird
schweflige Säure frei und es bleibt eine schwer verbrennliche
Kohle zurück.
Beim Erhitzen mit Kali oder Kalkhydrat giebt die feste
Säure ebenfalls Tribromanilin, und nicht etwa, wie man er-
der Sulfanüidaäure und Armdophenyhchcefehäure. 141
warten sollte, Dibromanilin. Chlorgas wirkt auf die wässerige
Säure in der Art, dafs die farblose Flüssigkeit sich bfaun-
roth färbt und beim nachherigen Erhitzen einen ölartigen
Körper von penetrantem Gerüche ausscheidet , dessen Natur
ich nicht weiter untersucht habe. Die salpetrige Säure wirkt
auf die wässerige, stark kochende Lösung der Dibrom-
sulfaniüdsäure in gleicher Weise, wie auf die Sulfanilidsäure.
Die Flüssigkeit entwickelt gleich nach dem Einleiten unter
starker Bräunung Stickstoff. Mach einiger Zeit enthält die
stark sauer reagirende Flüssigkeit keine Spur der ursprüng-
lichen Säure. Läfst man hingegen die salpetrige Säure auf
eine alkoholische Lösung der zweifach-gebromten Sulfanilid-
säure wirken , so färbt sich nach den ersten Blasen die
Flüssigkeit etwas dunkler und nach einiger Zeit gesteht die
ganze Lösung bei etwas starker Concentration zu einem aus
gelben Schuppen bestehenden Krystallbrei. Auch diese Sub-
stanz besitzt alle die Eigenschaften, welche diese Art Körper
characterisiren.
0,601 Grm. bei 100^ C. getrocknete Dibromsnlfanilidsäure wurden
mit chromsaurem Bleiozyd*) und vorgelegtem metallischem
Kupfer verbrannt; sie lieferten 0,484 Grm. Kohlensäure und
0|0905 Grm. Wasser, entsprechend 21,9 pC. Kohlenstoff und
1,66 pC. Wasserstoff.
Berechnet Gefunden
21,96
1,66
c„
72
21,8
H,
5
1,5
Br,
160
48,3
N
1^
4,2
d2
9,6
Oe
48
14,5
*) Die Beobachtung von Garius, dafs nicht bis zum Schmelzen
erhitztes chromsaures Bleioxyd beim Verbrennen von schwefel-
haltigen Substanzen das Auftreten von schwefliger Säure in dem
Chlorcaiciumrohr verhindere , habe ich auch beim Verbrennen
mit Kupferoxyd in der Art benutzt, dals ich eine ungefiQir zoll-
142 Schmitt, Beitrag zur Kenntnt fs
Sake der Dihromaulfanilidsäure, — Die Darsteiittng der-
selben unterliegt keiner Schwierigkeit, da die Dibromsulfani-
lidsäure die kohlensauren Salze zerlegt. Alle von mir dar-
gestellten Salze krystallisiren in schönen nadeiförmigen Kry-
stallen und sind mehr oder weniger in Wasser leicht löslich.
Dibrommlfanilids. Baryt BaO . | ^"/Br» jNS205+2aq.
— Dieses Salz bildet den Ausgangspunkt zur Darstellung der
freien Säure und somit auch der übrigen Salze. Seine Dar-
stellung wurde schon oben ausführlich besprochen. Es ist
in kaltem Wasser und Alkohol schwer löslich, leicht dagegen
in heifsem Wasser, und krystallisirt aus verdünnter heifser
Lösung beim Erkalten in prachtvollen, oft zolllangen Nadeln.
Dieselben enthalten zwei Aequivalent Erystallwasser^ welches
sie bei 110^ C. vollkommen verlieren, ohne ihr Ansehen und
ihre Beschaffenheit zu ändern. Sie ertragen eine sehr hohe
Temperatur ohne Zersetzung; der trockenen Destillation unter-
worfen liefern sie Tribromanilin als Zersetzungsproduct.
1,7265 Gnu. verloren bei 110^ C. getrocknet 0,0867 Grm. Wasser.
Theorie Versuch
4,7 5,0.
I. 0,573 Grm. bei 110^ C. getrocknet wurden mit Eupferozyd
und vorgelegtem chromsaurem Bleioxyd und metallischem
Kupfer verbrannt und lieferten 0,3755 Grm. Kohlensäure und
0,0635 Grm. Wasser, entsprechend 18,0 pC. C und 1,3 pC. H.
II. 0,7125 Grm. in kochendem Wasser unter Zusatz von etwas
Chlorwasserstoffsäure gelöst und mit Schwefelsäure gefällt
lieferten 0,2035 Grm. schwefelsauren Baryt = 16,8 pC. Ba.
III. 0,5395 Grm. mit reinem Aetzkalk in einer Sbhre erhitzt und
durch Salpetersäure zerlegt lieferten 0,5077 Ghrm. Bromsilber
= 40,0 pC. Br.
lange Schicht chromsaures Bleioxyd im Verbrennungsrohr vor-
legte. Ich habe bei richtiger Leitung der Analyse in der ersten
Kugel des GhlorcaloiuBirohres das Wasser immer ohne saure Be^
•Qtion gefunden.
der Sulfanüidaäure und Amidophenyhchüefelsäure. 143
Gefhnden
Berechnet
I.
""^iT"
c„
72,0
18,0
18,0
—
H*
4,0
1,0
1,8
—
N
14,0
3,5
—
—
s.
32,0
8,0
—
Br,
160,0
40,1
—
—
Ba
68,6
17,2
j
.16,8
0,
48,0
12,0
1 _
—
ni.
— — 40,0
398,6 99,8.
.(^.|&.)
Dibromsulfamlids.Bleioayd?b0.t ^^/Bra lNS205 + 2aq.
•— Dieses Salz entsteht durch directe Fällung der reinen
wässerigen Säure mit einer Lösung von neutralem essig-
saurem Bleioxyd. Der Niederschlag wird durch Auswaschen
mit kaltem Wasser auf einem Filter vom überschüssigen
Pällungsmittel befreit; durch Umkrystallisiren aus heifsem
Wasser erhält man das Salz beim Erkalten in schönen farb-
losen Nadeln, welche zwei Aeq. Krystallwasser enthalten.
Es ist vollkommen luftbeständig und verliert erst bei 110^ G.
sein Wasser.
0,876 Gnn. verlieren bei 110<^ C. 0,035 Grm. Wasser = 3,9 pC.
Die Theorie verlangt 3,9 pC.
0,4135 Grm. bei llO^G. getrocknet lieferten mit Schwefelsäure nnter
Zusatz von etwas Salpetersäure 0,14 Grm. schwefelsaures Blei-
oxyd = 23,1 pC. Die Formel verlangt 23,9 pC.
Dibromsulfanilids. Silberoxyd AgO . j ^^^Br» INS2O5.—
Das Siibersalz wird wie das Bleisalz leicht durch directe
Fällung der wässerigen Dibromsulfanilidsäure mit einer Lö-
sung von salpetersaurem Silberoxyd erhalten. Durch Aus-
waschen und Umkrystallisiren aus heifsem Wasser gewinnt
nan es in sehönen nadolförmigeai Kry^allttn rein. Diese Kry-
Btalle, welche kein Wasser enthalt«»., siiui etwas röthlich gefärbt^
144 Schmitt, Beiiraff zur Renntnifa
da durch Kochen mit Wasser Spuren von Silber reducirt
werden.
1,122 Grm. in Wasser gelöst unter Zusatz von etwas Salpetersäure
lieferten mit Chlorwasserstoffsäure gefäUt 0,3595 Grm. Ghlorsilber
= 24,6 pC. Ag. Die Theorie verlangt 24,6 pC.
Dibromsulfanilidsaitres Kali oder Natron erhält man
leicht durch Neutralisiren der reinen wässerigen Säure mit
den kohlensauren Salzen derselben. Sie sind sehr leicht
löslich in Wasser , schwer Ipslich in Alkohol und scheiden
sich aus concentrirter wässeriger Lösung auf Zusatz von star-
kem Alkohol in schönen nadeiförmigen Krystallen^ aus.
Das Zink- und Kalksalz erhält man in gleicher Art durch
Zerlegung der kohlensauren Salze derselben mittelst einer
Lösung von Dibromsulfanilidsäure, ersteres auch, wie bereits
erwähnt, durch Einwirkung der wässerigen Säure auf metalli-
sches Zink. Beide sind in Wasser ziemlich leicht löslich und
scheiden sich in schönen nadeiförmigen Krystallen aus con-
centrirter Lösung aus.
Die Disulfanilidsäure durch Einleiten von Salzsäuregas in
eine alkoholische Lösung der Säure zu ätherificiren , blieb
ohne Erfolg.
Diazophenylschwefebäure HO . Cigi ^ 1S2O5.
Aufser der Seite 138 erwähnten Darstellung dieses Kör-
pers bildet sich derselbe auch aus wässeriger Lösung, sobald
man in dieselbe erst dann einen raschen Strom salpetriger
Säure leitet, wenn sie so weit erkaltet ist, dafs eine Aus-
scheidung von Sulfanilidsäure beginnt. Man sieht alsbald die
Diazophenylschwefelsäure sich in kleinen Nadeln absetzen,
die aber zum gröfsten Theil in der beifsen Lösung unter
SUckstoffentwickelung eine Zersetzung erleiden. Auf diese
Art wird zwar nur eine geringe Ausbeute erhalten , indessen
ist die Bildung aus wässeriger Lösung, wie mir scheint,, nicht
der Sulfanilidsäure und Amidophenylschwefelaäure. 145
ohne theoretisches Interesse , weil hierin äer Beweis liegt,
dafs durch die Einwirkung der salpetrigen Säure auf eine
wässerige Lösung der Amidosäuren stickstoffhaltige Körper
als primäre Producte entstehen. Durch Zerlegung derselben
mit heifsem Wasser treten dann erst die stickstofiTreien Kör-
per als secundäre Producte auf. — Es sei hier noch erwähnt,
dafs auch die Diazoverbindung entsteht, wenn man salpetrige
Säure gasförmig auf trockene feingepulverte Sulfanilidsäure
wirken läfst, jedoch ist diese Einwirkung nur oberflächlich
und nie vollkommen.
c
Die Diazophenylschwefelsäure ist unlöslich in kaltem
Alkohol 9 von kochendem wird sie unter Stickstoffentwicke-
iung zerlegt. Dieselbe ist auch in kaltem Wasser unlöslich,
leicht jedoch in Wasser von 60 bis 70^ C. Sie scheidet sich
aus dieser Lösung durch rasches Abkühlen, am besteh mittelst
Eises, in farblosen kleinen Nadeln aus. Da man nie ganz
sicher ist, ob bei der Einwirkung der salpetrigen Säure auf
die in Alkohol suspendirte Sulfanilidsäure eine vollständige
Umsetzung der letzteren stattgefunden hat, so kann man
durch vorsichtiges Auflösen in Wasser von der angegebenen
Temperatur und Abfiltriren , sowie rasches Abkühlen durch
Eiswasser, eine Trennung der gebildeten Diazosäure von der
Sulfanilidsäure bewirken. Die wässerige Lösung ist höchst
unbeständig und fortwährend in Zersetzung begriffen, was
aus der steten Stickstoffentwickelung ersichtlich ist, die bei
etwas höherer Temperatur der Lösung rasch zunimmt, sowie
auch bei starkem Bewegen derselben.
Die lufttrockene Substanz kann in gröfserer Menge die
Temperatur des Wasserbades nicht ertragen, es erfolgt oft
unter heftiger Explosion eine Zerlegung, unter Hinterlassung
eines braunen wolligen Körpers. Dieselbe Zersetzung unter
Explosion findet beim Beiben der trockenen Substanz in einer
harten Schale oder durch einen Hammerschlag statt. Einige
Ann. d. Chem. u. Pharm. CXX. Bd. 8. Heft. 10
146 Schmitt y Beitrag zur Kenntnifs
Krystallnädelchen, in einem Haarröhrchen im Oelbade erhitzt,
wurden jedoch erst bei 120® C. zerlegt.
I. 0)4285 Grin. Ton der aus Wasser umkrystallisirten und im Vacuum
über SchwefelsÄure getrockneten Substanz wurden mit Kupfer-
oxyd unter Vorlage von chromsaurem Bleioxyd und metalli-
schem Kupfer zuletzt im Sauerstoffstrom verbrannt und lieferten
0,6145 Grm. Kohlensäure und 0,091 Qttm. Wasser.
IL Die Stickstoff bestimmung nach der Dumas*schen Methode
ausgeführt gab bei 0,425 Grm. Substanz 52,1 CC. Stickstoff
bei 0® C. und 760""™ Barometerstand, entsprechend 0,0653
Grm. Stickstoff. Diese Zahlen stimmen mit der Formel überein :
Gefunden
lJVi.\
3V>AlJUC/b
I.
c«
72
39,1
39,1
U4
4
2,2
2,3
N,
28
15,2
—
S,
82
17,4 ^
s
Oe
48
26,0
—
15,5
184 99,9.
Wie kochendes Wasser unter Stickstoffent Wickelung die
Diazosäure zerlegt, so wirkt eine wässerige Lösung der
Alkalien schon in der Kälte. Es tritt hier eine heftige Stick-
stoffentwickelung unter starker Bräunung der Flüssigkeit ein.
Läfst man statt wässerigen Ammoniaks gasförmiges auf die
feste Substanz wirken^ so erfolgt augenblicklich unter starker
Wärmeentwickelung und heftiger Explosion eine Zerlegung.
Eine gleiche Zersetzung unter Stickstoffentwickelung er-
leidet der neue Körper durch kochende concentrirte Chlor-
und Bromwasserstoffsäure. Es findet hierbei eine schwache
Bräunung der Flüssigkeit statt.
Läfst man auf in Wasser suspetidirte Diazophenylschwefel-
saure gasförmigen Schwefelwasserstoff wirken, so findet so-
fortige Zerlegung unter Stickstoffentwickelung statt. Die
Krystalle verschwinden und die Flüssigkeit, welche nach be-
endigter Reaction klar, aber intensiv gelb gefärbt ist, trübt
sich nach einiger Zeit^ indem sich Schwefel krystallinisch
■
der Sulfanilidsäure und AmtdophenylschwefeUäure. 147
abscheidet. Bin Versuch, ob Aethylsalfid eine ähnliche Zer-
setzung bewirke, wie Schwefelwasserstoff, blieb selbst in der
Wärme ohne Erfolg.
Die oben erwähnte Bildung dieses neuen Körpers ge-
schieht nach folgender Gleichung :
CigHyNSjOe + NOg = CijHiNgSjOe + 8 HO.
Wir haben also hier eine gleiche Reaction mit derjenigen,
welche Griefs bei der Einwirkung der salpetrigen Säure
auf eine alkoholische Lösung von Amidonitrophenylsäure be-
obachtet hat. Wie dort Diazodinitrophenol entsteht *J, so
bildet sich hier Diazophenylschwefelsäure.
Auffallen mufs es, dafs wir durch die Einwirkung der
salpetrigen Säure auf die Derivate der Schwefelsäure aus der
amidirten Phenylreihe ganz andere Zersetzungsproducte er-
halten, als durch die gleiche Reaction auf die entsprechenden
Kohlensäurederivate. Griefs hat bekanntlich die Einwirkung
von salpetriger Säure auf Amidobenzoesäure und Anthranil-
säure studirt und im ersteren Fall eine Doppelsäure von der
Zusammensetzung C28H11N8O8, die er Diazoamidobenzoesäure
nennt, im anderen Fall aber eine dreibasische Säure gefunden,
welche freie Salpetersäure mit 2 Aeq. Diazosäure verbunden
enthält. Letztere hat die Zusammensetzung
8 HO . (yC.,H^,0.))
und ist von ihm Diazosalyl-Salpetersäure genannt worden. *^')
Dafs, abgesehen von den analytischen Resultaten , mein
neuer Körper weder eine mit Sulfanilidsäure vereinigte Diazo-
verbindung ist, noch dafs sie Salpetersäure enthält, geht daraus
hervor, dafs beim Kochen mit Chlorwasserstoffsäure niemals
Chlor frei wird, noch aus der durch Kochen mit Wasser
Verlegten Säure Sulfanilidsäure erhalten werden kann.
*) Diese Annalen CXIII, 205.
**) Daselbst CXVI, 4 und 43.
10*
148 Schmitt f Beitrag zur Kenntnifs
Griefs fand, dafs durch Erhitzen der Doppelsäure aus Benz-
aminsäure mit Natronkalk nur ein Theil des Stickstoffs im
Will- Varrentrapp'schen Apparate als Ammoniak bestimmt
werden konnte. Zerlege ich die Diazophenylschwefelsäure
mit Natronkalk , so entweicht der Stickstoff gasförmig und
keine Spur von Ammoniak wird gebildet, wie- folgender ana-
lytischer Beleg zeigt.
0,4175 örm. wurden mit Natronkalk geglüht und in 20 CO. Nor-
malschwefelsäure geleitet. Diese erforderten nach Tollkommener
Verbrennung 19,9 CC. Normalkalilauge zur Neutralisation.
Ich erhielt sehr oft beim Einleiten von salpetriger Säure
in eine bis zum Auskrystallisiren erkaltete Lösung von Sulf-
anilidsäure eine braune Flüssigkeit unter Stickstoffentwicke-
lung. Beim Unterbreiten des Gasstromes und durch Abkühlen
mitteist Eiswassers schieden sich goldgelbe Krystaliblättchen
ab, die beim Trocknen einen schönen Seideglanz annahmen
und keine Aehnlichkeit mit Sulfanilidsäure hatten. Ich glaubte
anfangs I diesen Körper für eine der Griefs'schen Doppel-
säure analoge Verbindung halten zu dürfen, jedoch stimmten
die Reactionen mit der reinen Sulfanilidsäure überein und
durch Umkrystallisiren erhielt ich letztere auch in den cha-
racterfstischen rhombischen Tafeln. Die Analyse lieferte
ferner den Beweis , dafs die so entstehende Säure gleiche
Zusammensetzung mit der Sulfanilidsäure hat, die hier nur in
dieser eigenthümlichen Krystallisation auftritt.
0,5065 Grm. Substanz gahen 0,7735 Grm. Kohlensäure und 0,1985
Grm. Wasser, entsprechend 41,6 pC. C und 4,3 pC. Wasserstoff;
die reine Sulfanilidsäure verlangt 41,6pG. G und 4,0 pG. Wasserstoff.
Oxyphenyl schwefelsaure.
Die Diazophenylschwefelsäure wird, wie bereits bemerkt,
von Wasser über 80^ C. unter Stickstoffentwickelung zerlegt.
Es geht bei dieser Reaction aller Stickstoff gasförmig fort
und man erhält eine dunkelbraun gefärbte , stark sauer rea-
der Sidfanilidsäure und Ämidophenylschwefelsäure, 149
girende Flüssig^keit. Dafs hierbei aller Stickstoff ausgetrieben
wird , wurde quantitativ in folgender Weise festgestellt. In
einem langhalsigen Kölbchen wurde eine bestimmte Menge
Substanz mit Wasser i^bergossen und hierauf durch ein Gas-
leitungsrohr, welches durch Caoutchouc mit einem Kohlen-
säureapparat verbunden war, mit Kohlensäure gefüllt^ während
durch ein knieförmiges Rohr die atmosphärische Luft aus
dem mit doppelt durchbohrtem Kork geschlossenen Kölbchon
entweichen konnte. Sperrt man letzteres Rohr unter Kali-
lauge durch eine ebenfalls damit gefüllte calibrirte Röhre ab,
so kann man mit dem Erhitzen des Kölbchens beginnen.
Fängt die Stickstoffentwickelung an, so schliefst man durch
einen an der Caoutchoucverbindung angebrachten Quetsch-
hahn den Kohlensäureapparat ab. Die Gasentwickelung geht
ruhig vor sich und ist beim Sieden der Flüssigkeit beendet.
Leitet man nun durch Oeffnen des Caoutchoucventils wieder
Kohlensäure durch den Apparat, so erhält man allen Stickstoff
in die vorgelegte Röhre übergeführt. Auf diese Weise
lieferten .:
1,205 Grm. Substanz bei 0° C. und TeO"™ Druck 146,2 CC. Stick-
stoff, welche 0,1834 Grm. entsprechen.
Berechnet Gefunden
15,2 16,2.
Gebt die Zerlegung wie im eben beschriebenen Fall bei
Abschlufs der Luft vor sich und concentrirt man die im Kölb-
chen zurückbleibende Flüssigkeit durch Eindampfen imWasiser-
bad, während immerfort Kohlensäure durch dasselbe strömt,
so erhält man eine syrupartige, hellbraun gefärbte Flüssig-
keit, die weder unter der Luftpumpe über Schwefelsäure,
noch unter dem Exsiccator krystallisirt. Die auf diese Art
dargestellte Flüssigkeit liefert, mit kohlensauren Salzen neu-
tralisirt, die Salze der betreffenden Basen, welche alle in
Wasser sehr leicht löslich sind und erst beim Eindampfen
150 Schmitt^ Beitrag mr Kenntnifs
bis zur Trockne im Wasserbad als krystallinische Massen er-
halten wurden. Diese Salze sind identisch mit denen ^ die
man durch Neutralisation der braun gefärbten Flüssigkeit ge-
winnt, welche letztere aus der Einwirkung der salpetrigen
Säure auf kochende Lösung von Sulfanilidsaure resultirt.
Da die Säure selbst in einem zur Analyse' nicht brauch-
baren Zustand erhalten werden konnte^ so habe ich ihre Salze
analysirt und dadurch festgestellt, dafs Oxyphenylschwefel-
säure gebildet wird, und zwar nach folgender Gleichung :
Ci8H4N8S20e + 2 HO = C^^UJ&fi^ + 2 N
Diazophenylschwefelsänre Oxyphenylschwefelgänre.
Es hat also hier ein Austausch von zwei Atomen Stick-
stoiT gegen zwei Atome Wasser stattgefunden. Nehmen wir
an, dafs die Diazophenylschwefelsäure das Phenylradical ^ in
welchem 2 Aeq. Stickstoff 2 Aeq. Wasserstoff substituiren
(zu welcher Annahme uns alle Reactionen dieser stickstofi*-
haltigen Körper berechtigen), enthält, so müssen wir schlie-
fsen, dafs die Elemente von zwei Atomen Wasser in das
Phenylradical aufgenommen werden. Die Hauptstütze fär
diesen Schlufs bildet der Umstand, dafs die zwei Atome
Sauerstoff keinen Einflufs auf die Basicität der Säure haben.
Denken wir uns nach Kolbe die Gruppirung der Atome
dieses sauerstoffhaltigen Badicals wie in der analogen Salicyl-
säure, so erhalten wir dieselbe durch folgende Formel aus-
gedrückt :
H0-(c..|?b,)8.0..
Ich habe keine besondere Reaction für die Oxyphenyl-
schwefelsäure finden können ; sie wird nicht wie die analoge
Salicylsäure durch Eisenchlorid gefärbt.
Oocyphenylschwefels. Baryt BaO.j Cisj uq jSgOs+xaq. —
Das Barytsalz wurde durch Neutralisiren der Säure mit reinem
kohlensaurem Baryt und Eindampfen im Wasserbad als ein
der Sidfanüidaäure und Amidophenylschioefelaäure. 151
braun geßirbier kryslallinischer Rückstand erhalten« Der«
selbe zeigte sich unter dem Hikroscop aus feinen Nadeln
bestehend. Durch mehrmaliges Umkrystallisiren unter Zusatz
von Thierkohle und Auspressen zwischen Fliefspapier wurde
die gelbe Färbung so viel wie möglich entfernt, immer jedoch
behielt die Salzmasse einen gelblichen Schein ^ der mir von
dem Eindampfen der concentrirten Lösung an der Luft und
der dabei stattfindenden Zersetzung herzukommen scheint.
Das Salz ist aufserordentlich löslich in kaltem .wie heifsem
Walser, es verträgt eine ziemlich hohe Temperatur ^ ohne
zersetzt zu werden ; für sich fnit etwas festem Kali erhitzt
liefert es unter Hinterlassung von schwefelsaurem Kali Phenyl-
oxydhydrat als Destillationsproduct.
I. 0,737 Grm. bei 110^ C. getrocknet lieferten mit chromsaurem
Bleioxyd verbrannt 0,816 Grm. Kohlensäure und 0,1565 Grm.
Wasser.
II. 0,6855 Grm. Substanz lieferten 0,746 Grm. Kohlensäure und
0,1405 Grm. Wasser.
III. 1,0625 Grm. lieferten mit Schwefelsäure aus wässeriger Lösung,
welcher etwas Chlorwasserstoffsäure zugesetzt war, 0,502 Grm.
schwefelsauren Baryt.
Diese Daten entsprechen der oben angeführten Formel,
wie folgt :
Gefunden
Berechnet
I."*
''"^. III.
c,.
72,0
29,8
30,3
29,6 —
u.
5,0
2,X
2,3
2,2 -
s»
32,0
13,2
—
— —
Ba
68,5
28,3
—
— 27,7
0«
64,0
241,5
26,5
99,9.
—
— —
DioxyphenylachiJDefeh, Silberoxyd A gO . I Cu \ nj) ) S2O5. —
Neutralisirt man A\e freie Säure in kalter Lösung mit kohlen-
saurem Silberoxyd, so erhält man das SilbersaU in wässeriger
Lösung, Durch Eindampfen im Vacuum über Schwefelsäure
153 Schmitt, Beitrag zur Kenntnifa
bleibt es etwas braan gefärbt krystallinisch zurück. Es er»
trägt im trockenen Zustand eine ziemlich hohe Temperatur^
ohne zersetzt zu werden.
T. 0,727 Grm. wurden mit Knpferoxyd tmd Yorgelegtem chromsau-
rem Bleioxyd und später im Sauerstoffstrom verbrannt nnd
lieferten 0,672 Grm. Kohlensäure und 0,118 Grm. Wasser.
II. 1,225 Grm, wurden in Wasser unter Zusatz von etwas Salpeter-
säure gelöst und durch Chlorwasserstoffsäure gefällt und
lieferten 0,62 Grm. Chlorsilber.
Qefonden
Berechnet
c«
72
25,6
H5
5
1,7
s»
32
11,8
Ag
108
38,4
0«
64
22,8
I. II.
25,3 —
1,7
— 38,0
281 99,8.
Von den übrigen Salzen der Oxysäure habe ich noch
das Kali-, Ammoniak- und Bleisalz dargestellt, ohne weitere
Analysen mit ihnen vorzunehmen. Sie sind alle drei in
Wasser sehr leicht löslich und können nur durch Eindampfen
als krystallinische Rückstände erhalten werden«
Das Kali-, Ammoniak- und Barytsalz bilden sich auch
direct bei Behandlung der Diazosäure mit einer wässerigen
Lösung der betrefTenden Hetalloxydhydrate. Die Zerlegung
geht unter Stickstoffentwickelung schon in der Kälte vor sich
und bei Anwendung von concentrirter Lösung findet die Zer-
setzung unter sehr rapider, beinahe explosionsartiger Stick-
stoffentwickelung statt. Doch liefert diese Darstellung keine
reine Substanz, da es schwierig ist, theils die sehr braun ge-
färbte Hasse zu entfärben , theils auch die freien Alkalien
von dem Salze zu trennen.
PhenylschwefeUäure.
Mit absolutem Alkohol gekocht erleidet die Diazophenyl-
schwefelsäure keine Zersetzung ^ kocht man sie aber mit
der Sulfanüidsäure und Amidophenylschwefehäure, 153
90procentigein Alkohol, so geht, wie früher bemerkt worden
ist, eine Zersetzung unter Stickstoffentwickelung vor sich,
zu gleicher Zeit werden grofse Mengen von Aldehyd gebildet.
Die im Wasserbad eingedampfte Flüssigkeit ist von tiefbrauner
Farbe, syrupartiger Consistenz und sehr stark saurer Reaction.
Das durch Neutralisiren der wässerigen Säure mit kohlen-
saurem Bleioxyd hervorgebrachte Bleisalz wurde durch mehr-
maliges Umkrystallisiren so viel wie möglich farblos erhalten,
jedoch lieferte die Analyse desselben den Beweis, dafs ich
es nicht mit einer reinen Substanz zu thun hatte. Das Salz
war vollkommen stickstofffrei und die analytischen Resultate
deuteten auf ein Gemenge von phenylschwefelsaurem und
oxyphenylschwefelsaurem Blei hin. Diese Verunreinigung
durch Oxyphenylschwefelsäure schien mir durch den Wasser-
gehalt des Alkohols herbeigeführt zu sein. Da der höhere
Siedepunkt des wasserhaltigen Alkohols der Grund zu sein
schien, wefshalb durch ihn eine Zerlegung der Diazosäure
und nicht durch absoluten Alkohol herbeigeführt wird, so
versuchte ich, absoluten Alkohol, welcher unter einem höhe-
ren Druck zum Sieden gebracht wurde, auf die Diazosäure
und zwar in folgender Art einwirken zu lassen. Ein Kölb-
chen wurde mittelst eines gut schliefsendeti durchbohrten
Korkes mit einer zweimal rechtwinkelig gebogenen Glasröhre,
deren einer nicht mit dem Kölbchen in Verbindung stehender
Schenkel die Länge von ungefähr 380°^°^ hatte, versehen. In
demselben wurden ungefähr 3 Grm. der reinen Diazoverbin-
dung mit ganz absolutem Alkohol Übergossen und hierauf
die Röhre aufgesetzt. Nachdem der eine lange Schenkel in
einen mit Quecksilber gefüllten Cylinder ganz eingetaucht
war, wurde ^das durch eine KTemmschraube festgehaltene
Kölbchen erwärmt. Sehr bald, bevor noch die Flüssigkeit
siedet, fängt dann die Stickstoffentwickclung langsam an, und
nach einiger Zeit ist die Säure völlig gelöft resp. zerlegt.
i54 Schmitt 9 Beitrag zur Kenntnifa
Die etwas braun gefärbte Flüssigkeit wird in einer Schale im
Wasserbad eingedampft. Es treten solche Mengen von Aldehyd
auf| dafs sie im geschlossenen Raum leicht lästig werden.
Die syrupartige braun gefärbte Flüssigkeit konnte unter keinen
Umständen zum Krystallisiren gebracht werden. Sie zerlegt
sich unter Schwärzung bei ungefähr 150^ C. Da sie selbst
nicht in einer zum Analysiren brauchbaren Form erhalten
werden konnte^ so habe ich mich auf die Analyse der folgen-»
den Salze beschränkt, deren Zusammensetzung schliefsen läfst^
dafs die Diazophenylschwefelsäure durch absoluten Alkohol,
welcher unter stärkerem Drucke siedet, in Phenylschwefel-
säure umgesetzt wird. Die Reaction geht nach folgender
Gleichung vor sich :
CiANjSjOe + C^HeO, = C^HeSsOe + C4H40,-f2N
Diazophenylsohwefels&ure Alkohol Phenylschwefelsäure Aldehyd.
Phenylschwefels, Bleioxyd PbO . (Ci2H6)S206 + xaq. —
Man erhält dieses Salz durch Neutralisifen der wässerigen
reinen Säure mit kohlensaurem Bleioxyd in Lösung; durch
Eindampfen derselben im Wasserbad bekommt es als
krystallinische stark braun gefärbte Masse. Um die färbende
Substanz zu entfernen, habe ich das Bleisalz mehrmals durch
»
Schwefelwasserstoff aus kochender Lösung zerlegt. Auf diese
Art und durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt erhält
man es beim Rindampfen als einen farblosen krystallinischen
Rückstand. Es ist so leicht löslich in Wasser, dafs es selbst
aus sehr concentrirten Lösungen nicht in guten Krystallen
erhalten wird. In Alkohol ist es schwer löslich.
I. 0,367 Grm. hei 110^ C getrocknet und mit Kupferoxyd bei
vorgelegtem chromsaurem Bleioxyd verhrannt lieferten 0,3685
Grm. Kohlensäure und 0,071 Grm. Wasser.
II. 0,801 Grm. lieferten mit concentrirter reiner Schwefelsäure unter
Zusatz von etwas Salpetersäure zersetst 0,464 Grm. schwefel-
saures ^ioxyd.
der SulfaniHdsäure und Ämidophenybchwefelsäure, 155
Berechnet
C|g
72 27,6
H.
6 1,9
8,
32 12,3
Pb
103,7 39,7
0,
48 18,4
— 39,6
260,7 99,9.
Phenylschwefeh. Baryt BaO . (Ci8H5)S206 -4" * ®fl- —
Durch Behandlung der möglichst farblosen wässerigen Säure
mit kohlensaurem Baryt und Eindampfen im Wasserbad er-
hält man das Barytsalz als krystallinischen Bückstand. Das-
selbe ist wie das Bleisalz leicht löslich in Wasser, schwer
löslich in Alkohol; es enthält Krystallwasser , welches voll-
ständig bei 110^ C. entweicht. Erst in sehr hoher Tempera-
tur tritt Zerlegung ein.
I. 0,5405 Grm. gaben bei 110^ C. getrocknet, mit cbromsaurem
Bleioxyd verbrannt 0,636 Grm. Kohlensäure und 0,1235 Grm.
Wasser.
II. 0,8956 Grm. in Wasser gelöst und mit Ghlorwasserstoffsäure
versetzt wurden kochend mit Schwefelsäure gefällt. Sie gaben
0,4465 Grm. schwefelsauren Baryt.
Die Formel verlangt :
31,9 pC. C, 2,2 pC. H and 30,8 pC. Ba.
Gefunden :
32 pC. C, 2,5 pC. H und 29,3 pC. Ba.
Die auf diese Weise erhaltene Phenylschwefelsäure ist
gleich zusammengesetzt mit der von Hitscherlich durch
Behandlung des Benzols mit rauchender Schwefelsäure er-
haltenen Säure , welche er Sulfobenzidinsäure genannt hat.
Aber wie ich aus den von mir angestellten Vergleichen
schliefse, ist diese mit jener nicht identisch. Die aus Benzol
dargestellte Säure erhält man beim Eindampfen im Wasser-
bad als eine krystallisirte , an der Luft leicht zerfliefsliche
Masse, die unter dem Mikroscop aus feinen Schüppchen be-
156 Schmitt, Beitrag zur Kenntnifs
stehend erscheint. Niemals habe ich die aus der Diazophe-
nylschwefelsäure dargestellte Säure zur Krystallisation bringen
können. Das aus der Hitscherlich'schen Säure darge-
stellte Baryt- und Bleisalz ist zwar ebenfalls in Wasser leicht
löslich, aber dabei krystallisirbar und schiefst bei einer ge-
wissen Concentration sogar in wohlausgebildeten grofsen
Nadeln an. Nehmen wir noch hinzu, dafs die direct aus
Benzol gewonnene Säure eine viel höhere Temperatur ver-
trägt, so glaube ich mich zu der Vermutbung berechtigt, dafs
wir es hier mit zwei isomeren Säuren zu thun haben , die
vielleicht in derselben Beziehung zu einander stehen, wie die
Benzoesäure zur Salylsäure. Sollte sich diese Vermuthang
durch weitere Thatsachen bestätigen, so würden wir die
Mitscherl ich 'sehe Säure als die Benzylschwefelsäure,
welche dann der Benzoesäure analog wäre, anzusprechen
haben, während die von mir dargestellte die wirkliche Phenyl-
schwefelsäure zu nennen und ihr gleiche Constitution mit
der Salylsäure zuzuschreiben sei.
Diazodibromphenykchwefelsäure HO
. I Ci3 Br^ IS2O5.
V Na 7
Die Darstellung dieser stickstoffhaltigen Substanz, welche
zu der Dibromsulfanilidsäure in der nämlichen Beziehung
steht, wie die Diazophenylschwefelsäure zur Sulfanilidsäure,
erhält man viel leichter als jene, weil man die salpetrige Säure hier
auf eine alkoholische Lösung der Dibromsulfanilidsäure wirken
lassen kann. Sie scheidet sich, wie schon Seite 141 erwähnt,
sehr bald nach dem Einleiten in schönen gelben Schüppchen
reichlich aus. Die ganze Reaction verläuft so rasch, dafs sie
nach wenigen Minuten beendet ist. Die so dargestellte Diazo-
dibromphenylscbwefelsäure wird durch Filtration von dem
Salpeterätber haltenden Alkohol getrennt und durch Aus-
waschen mit reinem kaltem Alkohol gereinigt. Die luft-
der Sulfanüidsäure und Amidophenylschwefelsäure, 157
trockene Substanz besteht aus gelblich-weifsen Schüppchen,
die einen etwas bitteren Geschmack besitzen und sich zwi-
schen den Fingern fettig anfühlen. Diese Verbindung ist
viel beständiger als die Diazophenylschwefelsäüre ; sie ver-
trägt die Hitze des Wasserbades ohne Zerlegung und erst in
höherer Temperatur tritt die Zersetzung unter VerpuflPung
ein. Auch wird sie nicht durch noch so starkes Reiben in
einem Achatmörser zerlegt. In Alkohol ist sie nicht ohne
Zerlegung löslich, in kaltem Wasser löst sie sich kaum, leicht
dagegen in heifsem; jedoch darf die Temperatur nicht bis
zur Kochhitze gesteigert werden, weil sonst unter Stickstoff-
entwickelung und Braunwerden der Flüssigkeit Zerlegung er-
folgt. Die Reactionen des Chlor-, Brom- und Schwefelwasser-
stoffs sind bei ihr dieselben , wie^ bei der nicht gebromten
Diazoverbindung. Ebenso wirken die Lösungen von- Alkalien
und alkalischen Erden in der dort erwähnten Weise zer-
setzend.
Versuche, Salze der Diazodibromphenylschwefelsäure dar-
zustellen scheiterten ebenso wie bei der Diazophenylschwefel-
säüre. Leitet man in eine alkoholische Lösung des dibrom-
sulfanilidsauren Baryts salpetrige Säure, so scheidet sich
sofort ein Niederschlag aus, der möglicherweise diazodibrom-
phenylschwefelsauren Baryt enthält; da sich aber zu glei-
cher Zeit freie zweifach-gebromte Diazosäure neben sal-
petersaurem Baryt bildet und eine Trennung dieser Ge-
menge nicht bewerkstelligt werden konnte, so stand ich von
Versuchen in dieser Richtung ab.
Von der unter dem Exsiccator und später im Luftbad
getrockneten Substanz wurden :
I. 0,5015 Grm. mit Eupferoxyd unter Vorlage von ohromsaurem
Blei und metallischem Kupfer und später im Sauerstoffstrom
▼erbrannt und lieferten 0,397 Orm. Kohlensäure und 0,0475
Grm. Wasser.
158 Schmitt^ Beitrag «iwr Kennini fs
U. 0,685 Grm. gaben unter denselben Umständen verbrannt 0,543
Grm. Koblensäore und 0,0445 Grm. Wasser.
III. 0,645 Grm. wurden zur Schwefelbestimmung nach Carius in
Salpetersäure gelöst, die Flüssigkeit bis zum Neutralisiren mit
reinem kohlensaurem Natron versetzt und die bis zum Trocknen
eingedampfte Flüssigkeit so lange über einer Berzelius'-
schen Lampe im Schmelzen erhalten, als sie noch Schwär-
zung zeigte. Aus der wässerigen Auflösung der weifsen Salz-
masse fäUte man durch ChlorbarTum die gebildete Schwefel-
säure aus. Man erhielt so 0,4525 Grm. schwefelsauren Baryt,
welcher mit allen von Carius angegebenen Cautelen vom
salpetersauren Baryt befreit war.
IV. 0,4824 Grm. lieferten nach Dumas* Methode behandelt 34,7
CG. Stickstoff bei 0<* C. und 760"^ Barometerstand- Diese
entsprechen 0,0435 Grm. Stickstoff.
V. 0,524 Grm. lieferten mit reinem Kalk erhitzt 0,5695 Grm.
BromfUber.
Diese Zahlen
entsprechen
der oben angeführten Formel :
Ci2
Berechnet
72 21,0
I.
21,5
Gefanden
11. m. IV. V.
21,6 — — —
H,
2
0,6
1,0
0,7 - -. -
Br,
160
46,8
—
— _ - 46,2
N,
28
8,2
—
— — 9,0 —
S,
32
9,4
—
— 9,6 - -
Oe
48
14,0
—
— — —. —
342 100,0.
Demnach verläuft hier die Reaction gerade so wie bei
der Sulfanih'dsüure :
CijjHjBrgNSgOe + NO3 = Ci^HaBrgNgSgOe + 3 HO.
Dibromphenylschwefelsäure HO . 1 CiajgJ iSgOs -f- 2 aq.
Eben so wie bei der Diazophenylschwefelsäore bewirkt
auch bei der zweifach - gebromten Säure unter höherem
Druck kochender absoluter Alkohol eine Zerlegung in der
Art, dafs aller Stickstoff entweicht und Dibromphenylschwefel-
säure unter gleichzeitiger Oxydation des Alkohols zu Aldehyd
der Sfidfanilidsäure und Amidophenylschwefelsäure, 159
gebildet wird. Die Zerlegung wurde in demselben Apparat
vollzogen y welcher bei der Darstellung der Phenylschwefel-
säure beschrieben ist, die erhaltene braune Flüssigkeit würde
im Wasserbad eingeengt und erstarrte bei hinreichender
Concentration zu einer krystallinischen Hasse. Diese löst sich
in Wasser sehr leicht mit Hinterlassung von Spuren eines
harzartigen Körpers, den man durch Filtration trennt. Die sehr
sauer reagirende Lösung hat einen etwas bitteren Geschmack,
sie giebt mit essigsaurem Blei sowie mit Chlorbaryum und
salpetersaurem Silberoxyd Niederschläge, die in kaltem Wasser
schwer, in heifsem leicht löslich sind. Um die braune Fär-
bung der so erhaltenen Säure so viel wie möglich zu ent-
fernen, stellte ich mir das Bleisalz durch Fällen der wässe-
rigen Säure mit neutralem essigsaurem Blei dar. Das durch
Auswaschen mit kaltem Wasser gereinigte Bleisalz wurde in
kochender Lösung durch Schwefelwasserstoff zerlegt. Durch
Eindampfen der vom Schwefelblei abfiltrirten Flüssigkeit im
Wasserbad erhielt i^ die Säure in schönen, noch etwas
gelben Nadeln, welche zwischen 84 bis 86^ C. mit Beibehal-
tung von 2 Aeq. Krystallwasser schmolzen. Bei höherer
Temperatur tritt Schwärzung ein.
I. 0,577 Grm. nnter dem Exsiccator Yollständig getrockneter Sub-
stanz wurden mit chromsaurem Bleioxyd verbrannt und liefer-
ten 0|4ö85 Grm. Kohlensäure und 0,125 Grm. Wasser.
II. 0,665 Grm. eben so behandelt lieferten 0,523 Grm. Kohlensäure
und 0^114 Grm. Wasser.
Gefunden
Berechnet
L "^.
c,.
72
21,5
21,4 21,4
H,
6
1,8
1,9 1,9
s.
« 32
9,6
— —
Br,
160
47,9
— —
0,
64
19,1
— —
334 99,9.
160 Schmitt, Beitrag zur Kenntnifs
Demnach verläuft die Reaction^ abgesehen vom Krystall-
wasser, nach folgender Gleichung :
CijHsBrgNgSjO« + C^HeO, = Ci2H4Br2820e + CAOg + 2 N
Diazodibrompfaenyl- Alkohol Dibromphenyl- Aldehyd,
schwefelsaure schwefelsaure
Dibromphenylschwefeh, Baryt BaO . i Ciajg^ iSsOs + x aq.
— Die Salze der Dibromphenylschwefelsäure entsprechen in
Bezug ihrer Löslichkeit ganz denen der dibromsulfanilidsauren
Salze. Man erhält das Barytsalz, wie schon angedeutet, durch
directe Fällung der wässerigen Säure mit Chlorbaryum als
weifsen nadeiförmig -krystallinischen Niederschlag. Durch
Auswaschen desselben mit kaltem Wasser und Umkrystalli-
siren aus heifsem bekommt man das Salz in grofsen oft zoll-
langen Nadeln. Dieselben sind schwer löslich in kaltem
Wasser, eben so in Alkohol. Bei 110^ C. verlieren sie ihr
Krystallwasser, in höherer Temperatur bis ungefähr 200^ C.
werden sie nicht verändert. Erhitzt man das Salz in einer
Retorte, so erhält man als Destillat, yiter Aushauchung von
schwefliger Säure , Wasser und einen ölartigen Körper , wel-
cher nach Bromphenyl riecht.
I. Es wurden mit chromsaurem Blei 0,56 Grm., die bei 110^ C.
getrocknet waren, verbrannt und lieferten 0,383 Grm. Kohlen-
säure und 0,065 Grm. Wasser.
II. 0,713 Grm. derselben Substanz wurden mit reinem AetzkaJk
erhitzt, in Salpetersäure aufgelöst und lieferten mit salpeter-
saurem Silberoxyd gefällt 0,701 Grm. Bromsilber.
III. 0,981 Grm. in heifsem Wasser unter Zusatz von etwas Chlor-
wasserstoffsäure gelöst lieferten 0,297 Grm. schwefeis. Baryt.
Gefunden
Berechnet
I.
"^11.
TIT.
Ci8
72
18,7
18,6
—
—
Hs
3
0,7
1,2
—
— .
Br,
160
41,7
—
41,8
—
s»
32
8,3
—
—
—
Ba
68,5
17,8
—
—
17,6
Oe
48
12,7
—
—
—
383,5 99,9.
der Sulfanäidsäure und Ämidophenylschwefelsäure. 161
Von den übrigen Salzen der Dibromphenylschwefelsäure
habe ich aufser dem Blei*- und Silbersalz noch das Kalisalz
dargestellt, ohne weitere analytische Bestimmungen mit ihnen
vorzunehmen. Das Bleisalz wie das Silbersalz ist in kaltem
Wasser schwer löslich , und entsteht direct durch Fällen der
freien Säure mit neutralem essigsaurem Bleioxyd resp. sal-
petersaurem Silberoxyd. Man kann beide aus heifsem Wasser
in schönen Nadeln krystallisirt bekommen. Das Kalisalz ist
in kaltem Wasser leicht löslich, es krystallisirt in kleinen
Nadeln, wenn man die freie wässerige Säure durch kohlen-
saures Kali neutralisirt und im Wasserbad eindampft.
Oxydibromphenylschwefehänre.
4
Durch kochendes Wasser wird die Diazodibromphenyl-
schwefelsäure unter Ausgabe allen Stickstoffs vollständig zer-
legt. Ich habe mich begnügt, aus der so erhaltenen zwei-
fach-gebromten Oxysäure das Barytsalz darzustellen. Neutralisirt
man die aus der Diazoverbindung durch Kochen mit Wasser
erhaltene saure Flüssigkeit mit kohlensaurem Ammoniak und
dampft sie im Wasserbad vollkommen zur Trockenheit, so
erhält man das Ammoniaksalz als strahlig - gelbgefärbte kry-
stallinische Hasse. Die wässerige ziemlich concentrirte Lö-
sung des Salzes wird durch Chlorbaryum gefällt. Das so
erhaltene, durch Umkrystallisiren gereinigte Barytsalz stellt
einen schönen nadeiförmigen Körper dar und gleicht in seinem
Aeufseren sehr dem dibromphenylschwefelsauren Baryt.
I. 0,461 Grm. bei 100* C. getrockneter Substanz lieferten mit
cbrom saurem Bleioxyd verbrannt 0,8065 Grm. Kohlensäure
und 0,044 Grm. Wasser.
II. 0,8035 Grm. in Wasser gelöste Substanz lieferten mit Schwefel-
säure gefällt 0,227 Grm. schwefelsauren Baryt.
Diese analytischen Daten stimmen ziemlich mit der For-
mel des oxydibromphenylschwefelsauren Baryts überein.
Annal. d. Chem. a. Pharm. CXX. Bd. 8. Heft. 11
162 Schmitt^ Beitrag zur Kenntnifs
Die Formel verlanget :
18,0 pC. Kohlenstoff; 0,7 Wasserstoff und 16,2 Ba.
Durch die Analyse wurde gfefunden :
18,2 pC. Kohlenstoff, 1,0 Wasserstoff und 16,2 Ba.
Aufserdem wurde festgestellt, dafs das Salz stickstoff-
frei ist.
Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf die Diazophen^l-
schwefelsäure.
Leitet man in Wasser, worin Diazophenylschwefelsäore
suspendirt ist, Schwefelwasserstoff ein, so beobachtet man schon
nach dem Eintreten der ersten Gasblasen eine lebhafte Stick-
stoffentwickelung. Nach einiger Zeit ist alle feste Säure ver-
schwunden und man hat eine röthlichgelbe trübe Flüssigkeit
von eigenthümlichem 9 nicht von reinem Schwefelwasserstoff
herrührendem Geruch. Dieselbe trübt sich an der Luft noch
htehr und setzt eine nicht unbedeutende Menge Schwefel ab.
Die Ausscheidung von Schwefel geht viel rascher von statten,
sobald man die Flüssigkeit kocht ; der Schwefel setzt sich in
diesem \Fali krystallinisch ab und die röthüche Lösung ist
nach einiger Zeit voUkofmmen klar. Dampft man dieselbe^
nachdem der Schwefel durch Filtration entfernt ist, im Wasser-
bade ein^ so erhält ihilii eine schuppig-krystallinische Masi^.
Um die färberMe Subsfhriz -zu entfernen, habe ich dieselbe
zwischen Fliefspapier «usg:i^prerst und in kochendem Wasser
unter Zhi^tz vdn Thierkohle aufgelöst; aus der farblosen Lö-
sung krystallisirten bei dem Erkalten schöne rhombische
Tafeln aus, die in ihrer Krystallform ganz der Sulfanilidsäure
gleichen. Das Verhalten der auf diese Weise dargestellten
Substanz gegen Brom — ich habe sowohl Tribromanilin, als
auch Dibromsulfanilidsäure aus derselben erhalten — sowie
ihre Löslichkeit lassen keinen Zweifel, dafs diese durch öfteres
Umkrystallisiren erhaltene reine Säure Sulfanilidsäure ist.
der Sulfanüidsäure und Amidophenyhchwefelsäure, 163
Die Zahlen, welche ich durch eine Verbrennung mit der
reinen Säure für den Kohlenstoff und Wasserstoff bekommen
habe, stimmen auch ganz genau mit den für die Sulfanüid-
säure berechneten überein.
Bei dieser Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die
Diazophenylschwefelsäure entwickelt sich also nur ein Aeq.
Stickstoff gasförmig, — diese Thatsache habe ich auch direct
quantitativ festgestellt, — während das andere in der Verbindung
zurückbleibt, welche noch 3 Aeq. Wasserstoff unter Aus-
scheidung des betreffenden Schwefels aus dem Schwefelwas-
serstoff aufnimmt. Die Zerlegung veranschaulicht folgende
Gleichung :
CigH^NgSsOe + 3 HS = C^gHyNggOe + 3 S + N
DiazophenylschTvefelsäure Sulfanilidsäure.
Ich theile diese Reaction, bei welcher sich die beiden
gleichwerthigen Stickstoffatome in der Diazophenylschwefel-
säure so verschieden verhalten, erst als vorläufige Notiz mit,
da ich aus der Beobachtung, dafs das gleiche Reagens bei
der Diazodibromphenylschwefelsäure nicht die Bildung von
Dibromsulfanilidsäure , wohl aber einer mit dieser isomeren
Säure veranlafst, schliefse, dafs die Einwirkung des Schwefel-
wasserstoffs auf diese Diazosäuren nicht so einfach ist. Ich
hoffe bald Weiteres mittheilen zu können.
Amidophenylschwefelaäure,
Laurent stellte diese der Sulfanilidsäure isomere Säure
zuerst durch Behandlung des nitrophenylschwefelsauren
Ammoniaks mit Schwefelwasserstoff dar. "^3 Die zur Amidirung
von mir gebrauchte Nitrophenylschwefelsäure ist durch Be-
*) Compt r^nd. XXXI, 538 (1860).
i1 ♦
i 64 Schmitt, Beitrag zur Kenntnifs
handlung des Nitrobenzols *} mit stark rauchender Schwefel-
säure in folgender Weise gewonnen. Es wurden in einem
enghalsigen Kolben 1 Thi. Nitrobenzol mit 5 bis 6 Thin,
Schwefelsäure gemischt, hierbei findet keine bedeutende Tem-
peraturerhöhung statt. Die Mischung wurde unter öfterem
Umschütteln an einem mäfsig warmen Orte des Sandbades
mehrere Tage stehen gelassen , bis einige Tropfen des Ge-
menges, in Wasser gebracht, keine ölige Ausscheidung von
Nitrobenzol mehr zeigten. Dieser grofse Ueberschufs von
Schwefelsäure scheint defshalb nöthig zu sein, weil bei der
Einwirkung eine gewisse Temperatur nicht überschritten wer-
den darf. Steigert man nämlich dieselbe, so findet unter
starker Erhitzung eine so heftige Reaction statt, dafs der
ganze Inhalt des Kolbens unter reichlicher Entwickelung von
schwefliger Säure verkohlt. Die dickflüssige Masse wird nach
und nach unter Verhütung von zu starker Erwärmung mit
viel Wasser verdünnt und mit kohlensaurem Bleiokyd neu-
tralisirt. Durch Aufkochen des dünnflüssigen Brei's in einer
Porcellanschale und Abfiltriren erhält man eine klare farb-
lose Lösung des nitrophenylschwefelsauren Bleioxyds. Diese
wurde durch Schwefelwasserstoff' zerlegt und die vom Schwe-
felblei abfiltrirte wässerige Säure durch kohlensauren Baryt
neutralisirt. Das Barytsalz wird mittelst Concentration der
Flüssigkeit in warzenförmigen Krystalien erhalten, von deren
Reinheit ich mich durch die Analyse überzeugte. Dieses
Salz benutzte ich zur Darstellung der Amidosäure in der Art,
dafs ich es in viel Wasser löste, einen grofsen Ueber-
schufs von Barythydrat zusetzte, und hierauf so lange Schwe-
felwasserstoff^ einleitete), bis der intensiv bittere Geschmack
der Nitrosäure nicht mehr bemerkbar war. In der sehr braun-
*) Dasselbe bereitete ich mir aas reinem, durch Destillation von
benzogsaurem Natron mit Kalkhydrat erhaltenen BenzoL
der Sulfanilid säure nnd Amtdophenylschwefelsäure, 165
rothen Flüssigkeit hatte sich eine grofse Menge Schwefel
und unterschwefligsaurer Baryt abgeschieden, welche nach
einmaligem Aufkochen der Flüssigkeit abfiltrirt wurden. Um
sicher zu sein, dafs die Amidirung vollständig vor sich ge-
gangen sei, wurde noch einmal längere Zeit Schwefelwasser-
stoff in das Filtrat eingeleitet und der heim Aufkochen sich
etwa wieder ausscheidende Schwefel durch Filtration getrennt.
Durch Fällen des Baryts mit einer gerade hinreichenden
Menge von Schwefelsäure hekommt man die freie wässerige
Amidophenylschwefelsäure.
Diese wird durch Concentrirung der Flüssigkeit im Was-
serbad in schönen, farblosen, langen und spiefsigen Kry-
stallen erhalten. Ist die Flüssigkeit sehr concenirirt, so ge-
steht sie zu einem Ki^ystallbrei aus kleinen Nädelchen, welche
kugelförmig gruppirt sind. Ich habe niemals eine Krystalli-
sation in rhombischen Tafeln erhalten, in welchen unter allen
Umständen die Sulfanilidsäure aus Wasser krystallisirt. Die
Krystalle enthalten auch nicht, wie die der Sulfanilidsäure,
zwei, sondern drei Aeq. Krystallwasser, welches sie wie jene
bei gewöhnlicher Temperatur theilweise, vollständig aber bei
100® C. verlieren. Bei dieser Verwitterung geht ihr Glanz
und ihre Durchsichtigkeit verloren, sie nehmen eine weifse
undurchsichtige Farbe an. %
Zum Beweis, dafs ich es mit reiner Amidophenylschwefel-
säure zu thun hatte, dient folgende Analyse :
0,48 Gnn. wasserfreie Substanz mit Kupferoxyd unter Vorlegung
von chromsaurem Blei und später im Sauerstoffstrom verbrannt
Heferten 0,733 Grni. Kohlensäure und 0,187 Grm. Wasser, ent-
sprechend 41,6 pC. C und 4,3 H.
0,3815 Grm. Substanz von derselben Beschaffenheit und eben so
verbrannt lieferten 0,684 Grm. Kohlensäure und 0,144 Grm. Wasser,
entsprechend 41,6 pC. C und 4,1 H.
^ Aus der Formel berechnen sich :
41,6 pC. C und 4^0 H.
166 Schmitt, Beitrag zur Kenntnifs
3,268 Grm. zwischen Fliefspapier getrocknet verloren 0,426 Gnn.
Wasser = 13,3 pC. Drei Aeq. verlangen 13,5 pC.
Die Amidosäure ist wie die Sulfanilidsäure in Aether und
Alkohol fast unlöslich, in kaltem Wasser schwer, leicht in heifsem
Wasser löslich. Jedoch ist ihre Löslichkeit in kaltem Wasser be-
deutender wie die der Sulfanilidsäure. Da mir zur Zeit mei-
nes Versuches kein Eis zu Gebote stand, so wurde die Lös-
lichkeit in der Art bestimmt, dafs eine heifs gesättigte Lösung
von Amidosäure in einem Zimmer mit ziemlich gleichmäfsiger
Temperatur von 15^0. erkalten gelassen wurde. Nach längerer
Zeit trennte ich durch rasche Filtration die ausgeschiedenen
Krystalle von der Flüssigkeit. Zu derselben Zeit und auf
dieselbe Weise^wurde eine Lösung von Sulfanilidsäure dargestellt.
40 CG. von der Losung der Amidosäure verlangten 3,4 CG. Natron-
lauge, während 40 GG. Sulfanilidsäurelösung 2,0 GG. derselben
Lauge erforderten. Diese Bestimmungen wurden mehrmals mit
verschiedenen Mengen der beiden Flüssigkeiten wiederholt und
lieferten jedesmal ziemlich übereinstimmende Resultate.
Demnach bedarf i Tbl. Sulfanilidsäure il2 Tbl. Wasser
von 15^ C. zur Lösung, während 1 Tbl. Amidosäure nur
68 Tbl. Wasser von derselben Temperatur erfordert.
Auch gegen Brom verhält sich die Amidophenylschwefel-
säure ganz verschieden von der Sulfanilidsäure. Man be-
kommt zwar aus sehr concentrirten Lösungen derselben dorch
Brom eine Trübung, jedoch niemals aus der vom Niederschlag
abfiltrirten Flüssigkeit durch Chlörbaryum eine Fällung.
Diese angeführten Reactionen berechtigen schon voll-
kommen zu dem Schlüsse, dafs die theoretische Annahme von
Kolbe, die Amidosäure sei eine von der Sulfanilidsäure
durchaus verschiedene, ihre Richtigkeit habe. Eine weitere
Bestätigung erhielt ich durch Yergleichung der analogen Salze
der beiden Säuren, die sich so wesentlich schon in ihrer
Krystallform unterscheiden, dafs kein Zweifel mehr über die
Verschiedenheit der beiden Säuren sein kann.
der Sulfaniltdsäure und Amidophenylschwefelsäure, 167
Da Brom auf alle Verbindungen, in welchen der Typus
des Anilids erbalten ist, in der Art zu wirken scheint, dars
Tribromanitin gebildet wird, und diese Reaction nicht bei der
Amidophenylschwefelsäure, wohl aber bei der Sulfanilidsäure
eintrifft^ so ist die Verschiedenheit der beiden Säuren, wie
das Kolba vermuthet hat, jedenfalls in der Natur des
Amids zu suchen. Die Frage aber, ob in beiden Säuren
gleiche oder verschiedene Radicale enthalten sind, ist durch
meine Beobachtungen eben so wenig, wie bei der Benzamin-
säure und Anthranilsäure, entschieden.
Durch Nitrirung und Amidirung der Phenylschwefelsäure,
welche ich von der Sulfanilidsäure abgeleitet habe (s. S. 152)
und die gewifs das gleiche Radical wie jene hat, wird voraus-
sichtlich eine Amidosäure entstehen, welche nicht Anilid, son-
dern Amidophenyl enthält. Haben die Sulfanilidsäure und
Amidophenylschwefelsäure gleiche Radicale, so wird diese
Säure wirklich die Amidophenylschwefelsäure, im anderen
Falle jedoch nur eine damit isomere Säure sein. Auf diese
Weise läfst sich violleicht Aufschlufs über jene Frage erhalten.
lieber einige Reactionen des Bromamylens;
von A. Bauer ^).
Mit Untersuchungen über das Amylenoxyd beschäftigt^
war ich genöthigt, gröfsere Quantitäten von Bromamylen dar-
zustellen; und benutzte diese Gelegenheit^ um auch diesen
Körper näher zu studiren, da über denselben eben so wie
*) Im Auszug aus den Sitzungsberichten der kais. Academie der
Wissenschaften in Wien mitgetheilt
168 Bauer, über einige
über seine Derivate aufser den kurzen Hittheilungen von
Cabours*) nur wenig bekannt geworden ist. Der Umstand,
dafs das Amylenglycol sowohl^ als insbesondere das Amylen-
oxyd in manchen Reaclionen ein wesentlich anderes Verhalten
zeigen, wie ihre Homologen niederer Ordnung, bewog mich,
dem Bromamylcn eine gröfsere Aufmerksamkeit zu schenken,
indem vermuthet werden konnte, dafs auch dieser Körper
sich in mancher .Beziehung anders verhält, als die homologen
Brom-Verbindungen. Man kann in der Thal beim Bromamylen
beobachten, dafs es sich in einer ganzen Reihe von Reactionen
auf zweierlei Arten zerlegt.
Einmal sieht man das Molecul ^sHio als Radical austreten;
ein anderesmal hingegen scheidet sich ein Aequivalent Wasser-
stoff vom Amylen und wird durch Brom ersetzt, es entsteht
das gebromte Amylen ^sHoBr, welches selbst wieder wie das
Amylen als zweiatomiges Radical auftritt.
Einwirkung von essigsaurem Kali oder essigsaurem Sä-
beroxyd auf das Bromamylen, — Die Einwirkung des essig-
sauren Silberoxydes sowohl als die des essigsauren Kali's
auf Bromamylen versinnlichen beide Arten von doppelter
Zerlegung, deren das Bromamylen unter gleichen Umständen
fähig ist, je nachdem zwei oder ein Aequivalente des Acetates
in den Procefs treten.
Im ersten Falle wird, wie Wurtz zeigte, nach der
Gleichung
<H.oBr, + 2(eJ.ol^)= (effe!^« + 2KBr
Bromkalium und zweifach-essigsaures Amylenglycol gebildet;
im zweiten Falle, den folgende Gleichung versinnlicht :
^H.oBr, + ej |ö = e.H,Br + « |ö + BrK
*) Compt rend. XXXl, 294.
Beacttonen des Bromamylens. 169
entsteht neben Bromkaliam und Essigsäure das gebromte
Amylen, dessen oben erwähnt wurde, und welches von
Cahours zuerst dargestellt worden ist.
Man kann auch bei der Einwirkung des dem Brom-
amylen homologen Bromäthylens GsH^Bra auf essigsaures
Silberoxyd oder essigsaures Kali das Vorsichgehen dieser
beiden Processe beobachten. Aber hier ist der zweitgenannte,
nämlich der die Entstehung des gebromten Aethylens GsHsBr
veranlassende Procers dem ersten, der die Bildung von essig-
saurem Aethylenglycol zur Folge hat, sehr untergeordnet.
Beim Bromamyien hingegen kann man beide Processe
sehr leicht nebeneinander beobachten. Bei der Einwirkung
von essigsaurem Siiberoxyd bildet sich allerdings sehr wenig
gebromtes Amylen und scheint dessen Bildung durch eine
heftige Einwirkung beider Körper auf einander begünstigt zu
werden. Wendet man nach der, von Atkinson zur Dar-
stellung des Aethylenglycols angegebenen Methode statt essig-
sauren Silberoxyds das essigsaure Kali an, so überzeugt man
sich bald, dafs bei dieser Methode quantitativ so schlechte
Resultate erhalten werden, dafs ich bei der Darstellung des
Amylglycols stets der Anwendung des Silbersalzes den
Vorzug gegeben habe. Der Grund ist eben der, dafs bei der
Anwendung von Kalisalz neben Glycolacetat eine beträchtliche
Menge von gebromtem Amylen entsteht, auf welches weder
das essigsai^re Kali» noch das essigsaure Silberoxyd weiter
einwirkt.
Darstellung und Eigenschaften des einfach- gehromten
Amylens und seiner Bromverhindung» — Es entsteht das ge-
bromte Amylen nach Cahours aus dem Bromamyien stets,
wenn man auf dasselbe weingeistige Kalilösung einwirken
läfst, nach der Gleichung :
GjHioBr, + ^lo = G^^fir + H,0 + KBr.
170 Bauer j über einige
Zu seiner Darstellung ist es am zweckmäfsigsten, folgendes
Verfahren einzuhalten. Das Bromamylen wird in einem ent-
sprechenden Gefäfs mit sehr concentrirter alkoholischer Kali-
lösung zusammengebracht und nöthigenfalls so viel absoluter
Alkohol zugesetzt, bis sich beide Flüssigkeiten gut mischen.
Man giebt unter beständigem Umschütteln so viel Kalilösung
zu, bis die Flüssigkeit nach einigem minutenlangem Stehen
stark alkalisch ist. Es bildet sich hierbei ein bedeutender
Absatz von Bromkalium; dieser wird abfiltrirt, der Niederschlag
mit möglichst wenig Alkohol ausgewaschen und die abgelaufene
klare Flüssigkeit abdestillirt, wobei man nicht versäumen darf,
einige Platindrähte in dieselbe zu legen. Man destillirt bis
fast zur Trockenheit.
Der Rückstand mufs mit Wasser behandelt diesem eine
stark alkalische Reaction ertheilen. Sollte diefs nicht der
Fall sein, so mufs im alkoholischen Destillat etwas Kali auf-
gelöst und dasselbe nochmals der Destillation unterworfen
werden. Das Destillat wird hierauf mit viel Wasser gemischt,
wodurch es sich trübt und das gebromte Amylen ausscheidet.
Nach einigen Stunden ist diefs vollständig beendigt; man
trennt die untere Schichte mit einem Scheidetrichter von der
oberen, welche Wasser ist, und unterwirft dieselbe der theil-
weisen fractionirten Destillation.
Sie beginnt bei 75 bis 80^ zu kochen, der Kochpunkt
steigt aber beständig und hält sich am längsten zwischen
100 und 1100. Man destillirt bis 130^ ab.
Bei dieser Temperatur geht aber schon eine Zerlegung
vor sich, die Flüssigkeit bräunt sich, und erhitzt man noch
weiter, so steigt das Thermometer unter Schwärzung des
Rückstandes, Abscheidung von Kohle und Bildung von Brom-
wasserstoff bis auf 200^
Das so erhaltene gebromte Amylen ist eine völlig wasser-
klare, nicht unangenehm riechende, leicht bewegliche Flüssig-
Reactionen des Bromamylens. ITl
keit, welche an der Lafl braun wird. In seinem Verhalten
gegen Brom zeigt es die gröfsle Aehnlichkeit mit dem Amylen
selbst und verbindet sich mit demselben zu einer dem Brom-
Br / .
amylen entsprechenden Verbindung ^sHeg^ . Diese Verbin-
dung bildet sich auch auf eine ganz ähnliche Weise wie das
Bromamylen. Um sie darzustellen, mufs man das gebromte
Amylen in einen langhalsigen Ballon bringen, welcher mit
einer Kältemischung umgeben ist, und die für zwei Aequi-
valente erforderliche Menge Brom tropfenweise zugeben.
Jeder Tropfen Brom verbindet sich dabei unter Zischen und
grofser Temperaturerhöhung mit dem gebromten Amylen. in
dem Mafse als das Brom zugegeben wird, wird die Masse
dick und erstarrt endlich zu einem festen rothbraunen Magma.
Dieses wird nun herausgenommen, zu wiederholtenmalen
zwischen Fliefspapier ausgeprefst und aus der ätherischen
Lösung umkrystallisirt.
Die so erhaltene Bromverbindung GsHgBrs krystallisirt
aus der alkoholischen oder ätherischen Lösung in weifsen
Nadeln und hat einen ganz an Campher erinnernden Geruch
und Geschmack. In Aether löst sie sich sehr leicht, in Alkohol
schwerer, in Wasser ist sie unlöslich und wird durch das-
selbe aus der alkoholischen Lösung in krystallinischem Zu-
stande gefällt. Die Kryslalle sind elastisch; bei einem Versuche
sie zu zerreiben bieten sie dieselben Schwierigkeiten dar, wie
der Campher. Sie sublimiren beim Erhitzen in einer Röhre
unter theilweiser Zersetzung und ohne vorher zu schmelzen,
wie diefs beim Kampher der Fall ist. Mit alkoholischer Kali-
lösung erwärmt wird die alkoholische Lösung dieser Brom-
verbindung langsam unter Bildung von Bromkalium zerlegt,
es bildet sich der Körper ^öHsBrg.
Gegen Chlor zeigt das gebromte Amylen ein ähnliches
Verhalten wie gegen Brom. Es verbindet sich mit demselben
172 Bauer, über einige
unter Temperaturerhöhung zu einer weifsen krystallisirten
Br
Verbindung von der Zusammensetzung GsHgp.
Es war mir jedoch bisher nicht möglich, diesen Körper
in reinem Znstande darzustellen. Erstens, da bei der Ein-
wirkung von Chlorgas auf gebromtes Amylen noch andere
Processe vor sich gehen, und zweitens, weil die hierbei ent-
standenen Producte sich bei der Destillation theilweise unter
Bildung von ChlorwasserstoiTsäure zerlegen.
Einwirkung des Natriumamylalkoholats auf Bromamylen»
— Ich habe gleich Eingangs auf die zweierlei Processe auf-
merksam gemacht, denen das Bromamylen folgen kann. Es
schien mir in dieser Beziehung von einigem Interesse zu
sein , die Einwirkung des Bromamylens auf Natriumamyl-
alkoholat kennen zu lernen. Es war zu erwarten , dafs ent-
weder nach folgender Gleichung
Na"l^) -=€5Hn[Os + 2 BrNa
Amylamylenglycol erhalten werde, wobei also das zweibasische
Badical Amylen als solches an die Stelle der zwei Aequi-
valente Natrium treten würde; oder dafs nach folgender
Gleichung :
^5ÜioJ5r« i- Na 7^ ■" Na l""^« ^ H (^
eine dem gebromten Bromamylen ^sHsBr . Brg analog zu-
sammengesetzte Verbindung entstehe, in der das Natrium
an die Stelle eines Aequivalentes Brom^ oder was dasselbe
ist, eines Aequivalentes Wasserstoff im Amylen getreten ist.
Beide Vermuibungen haben sich nicht bestätigt. 10 Gramme
Bromamylen wurden mit 10 Grammen von in kleine Stücke
zerschnittenem Natriumalkohoiat in einen Kolben gethan und
dieser mit einem Kork geschlossen , in dessen Bohrung eine
Glasspirale befestigt war, die mit Wasser umgeben wurde.
Reactionen des Bromamylens, 173
so dafs alle sich entwickelnden Dämpfe nach ihrer Conden-
sation in der Spirale wieder in den Ballon zurückfliefsen
mufsten. Das Ganze wurde hierauf schwach erwärmt, wobei
eine heftige Reaction eintrat.
Nach Beendigung dieser Reaction wurde die erhaltene
Flüssigkeit von dem abgeschiedenen Bromnatrium getrennt
und der fraclionirten Destillation unterworfen. Sie Bng bei
75^ zu kochen an, das Thermometer stieg dann bis gegen
120^ und hielt sich einige Zeit bei dieser Temperatur, stieg
dann auf 130^, blieb zwischen 130 und 135^, und erreichte
unter Destillation eines angenehm riechenden Productes die
Temperatur von 170 bis 190®'.
Der Rückstand reagirte sehr stark alkalisch. Der zuerst
übergegangene Theil wurde der Analyse unterworfen,
welche, wie schon aus seinen übrigen Eigenschaften ge-
schlossen werden konnte, bestätigte, dafs es gebromtes Amylen
GöHsBr war.
Der bei 130 bis 135® übergegangene Theil wurde noch-
mals fractionirt, um ihn reiner darzustellen, und dann eben-
falls analysirt. Dieser Körper erwies sich, wie zu erwarten
war, als Amylalkohol.
Der Procefs also, welcher bei der Einwirkung von Natrium-
roylalkoholat auf Bromamylen vor sich geht, wird durch
folgende Gleichung versinnlicht :
Die Verbindung GsHdNaBrg existirt entweder gar nicht,
oder zerlegt sich unter den bei diesem Processe obwaltenden
Umständen in gebromtes Amylen und Bromnatrium.
Aehnlich dieser Reaction ist die Einwirkung des Natriums
oder Kaliums auf Bromamylen.
Reaction des Natriums und Kaliums a/uf Bromamylen* —
Es schien mir von besonderer Wichtigkeit, diese Reaction zu
174 Bauer, über einige
Studiren, da es wahrscheinlich war, dafs hierbei keine glatte
Ausscheidung des Amylens erfolgen werde. Es scheint mir
beim Amylen die Tendenz zur Bildung des gebromten Amylens^
mithin zur Ausscheidung eines Aequivalentes von Wasserstoff
in erhöhterem Mafse vorhanden zu sein, als bei den homologen
Kohlenwasserstoffen niederer Ordnung, wie beim Aethylen ^%}Ai.
Thann und Wanklyn^J haben die Einwirkung des
Natriums auf Jodäthylen studirt und gezeigt, dafs hierbei nach
der Gleichung
«ÄJ« + Na« = 2 JNa + OgH^
das Aethylen ausgeschieden und Jodnatrium gebildet wird,
woraus sie den Schlufs ziehen , dafs das Aethylen mit demselben
Rechte als das Radicai des Glycois zu betrachten sei , wie
man das Aethyl als das Radicai des Weinalkohols betrachtet.
Da es durch die Untersuchung von Wurtz bereits un-
zweifelhaft festgestellt wurde, dafs das Amylen so wie das
Aethylen als die Radicale der entsprechenden Glycole be-
trachtet werden müssen, so schien es von höchster Wichtig-
keit, durch Wiederholung des oben für Bromäthylen ange-
gebenen Versuches für die entsprechende Amylenverbindung
zu entscheiden, ob auch hier die Reaction auf dieselbe Weise
vor sich gehe.
Wenn, wie ich vermuthete» diefs nicht der Fall ist, son-
dern nur eine theilweise Ausscheidung des Amylens erfolgt,
während andererseits eine Ausscheidung eines Aequivalentes
Wasserstoff und eine Bildung des gebromten Amylens ein-
treten würde, so könnte angenommen werden, dafs das
Amylen, wenn auch in den meisten Fällen als zweiatomiges
Radicai, zwei Atome Wasserstoff vertretend, Reactionen ein-
geht, so doch in manchen Fällen in einer anderen Weise
*) Diese Annalen CXII, 201.
Reactionen des Bromamylens. 175
auftritt und Reactionen folgt, deren Charaliter durch die Formel
/i II » III
H ^1 ^^^^ h1 **''5?®^''^<5'^* >ird.
Meine Vermuthung hat sich in der That bestätigt; ich
überzeugte mich, dafs bei der Einwirkung von Kalium sowohl,
wie bei der Einwirkung des Zinkes auf Bromamylen, zwei
Processe vor sich gehen, die durch folgende beide Gleichungen
versinnlicht werden :
1. CjHioBrjj + Na, = O^jo + 2NaBr
2. GßHioBrg + Na = O^HeBr + NaBr -(- H.
Ohne aus den hier angeführten Versuchen mit Sicherheit
schliefsen zu können, dafs man dem Amylen neben der Formel
GsHio noch die ^ ^j*) geben Hidnne, mufs man doch, ge-
zwungen durch die Reactionen, die das Bromamylen einzu-
gehen im Stande ist, demselben neben seiner bisherigen Formel
rr
■GH)
^Br^( ^^^^ ^'"^ andere geben, und zwar entspricht die fol-
CsHgBrJ u\
gende den angeführten Thatsachen : H[ nach Typus u^|.
Das gebromte Amylen ^öHgBr figurirt hier als zweiatomiges
Radical neben zwei Atomen Wasserstoff, wovon eines durch
Brom ersetzt ist.
Sind beide Atome Wasserstoff des Typus durch Brom
ersetzt, so entsteht das oben erwähnte gebromte Bromamylen
-GöHeBr
Brs]
Das Amylbromür oder ein damit isomerer Körper ent-
spricht dieser Formel, wenn beide Wasserstoffäquivalente un-
vertreten sind : ^^^^^{.
*) Weltzien, syst. Zusammenstellung d.^rg. Verb. S. 219; Knop,
^andbuch der ehem. Metboden S.U72.
176 Ueber die künstliche Nachbildung
Das Amylhydrür, dessen Bildung neben dem Amylen ich
kürzlich nachgewiesen habe, kann auch als eine dem Brom-
amylen entsprechend zusammengesetzte Verbindung angesehen
werden. Die zwei Aequivalente Brom des Bromamylens sind
in demselben durch Wasserstoff vertreten und es entspricht
der Formel ^'''*§J. ]
Die Entstehung des dreifach-gechlorten Amyiens GsHtCIs
aus dem dreifach-gechlorten Chloramyl GöHgCU, die ich kürz-
lich nachgewiesen habe, durch Einwirkung einer weingeistigen
Kalilösung auf letzteres , scheint mir Tür diese Annahme zu
sprechen.
lieber die künstliche Nachbildung krystallisirter
Minerahen.
Ueber die künstliche Nachbildung krystallisirter Mineralien
sind in der letzten Zeit mehrere Aufsätze, namentlich von
H. Sainte-Claire-Deville, veröffentlicht worden, deren
wesentlichste Resultate wir in dem Folgenden zusammenstellen.
Eine erste Hittheilung Deville's*) betrifft die Bildung
des Topas und des Zirkons. — Deville erinnert zuerst an
seine frühere Wahrnehmung**), dafs Thonerde, in einer
Porcelianröbre zum Hellrothglühen erhitzt, bei dem Ueber-
leiten von Fluorsilicium unter Verflüchtigung von Fluor-
aluminium zu einer krystallinischen Substanz wird, deren
*) Coinpt rend. LH, 780.
•*) Diese Annalen CVIII, 57.
hystaüisirter Mineralien. 177
Krystallform der des Staurolithes ähnlich und deren Zusammen-
setzung die des letzteren Minerals (2AI2O8, SiOj) ist; die
Analysen dieser Substanz ergaben :
geiiiiiden berechnet
Kieselsäure 29,1 29,5 SiOs 30,2
' Thonerde 70,9 70,2 2Alg08 69,8
100,0 99,7 'iÖÖiÖ
Deville hatte eine solche Substanz auch durch die Ein-
wirkung von Fluoraluminiumdampf auf Kieselsäure erhalten.
Als der Versuch in der Art angestellt wurde, dafs in eine
vertical stehende, mit abwechselnden Schichten von Thonerde
und Kieselsäure gefüllte Porcellanröhre bei Hellrothglühhitze
Fluorsiliciumgas geleitet wurde , wandelte dieses die erste,
aus Thonerde bestehende Schichte zu der Staurolith-Substanz
unter Bildung von Fluoraluminium um, dieses die folgende
Kieselsäureschichte zu derselben Substanz unter Bildung von
Fluorsilicium, und so fort; aus der letzten, aus Kieselsäure
bestehenden Schichte trat eben so viel Fluorsilicium aus, als
in die Röhre geleitet wurdet Deville hebt hervor, wie hier
eine kleine Menge flüchtiger Fluorverbindung grofse Mengen
Thonerde und Kieselsäure zu krystaliisirter Staurolith-Substanz
umwandeln kann.
Für den Topas*} fand Deville die Vermuthung, der-
selbe könne durch die Einwirkung von Fluorsilicium auf Thon-
erde bei höherer Temperatur entstanden sein, nicht bestätigt;
unter den eben angegebenen Umständen bildet sich nicht nur
kein Topas, sondern in die Porcellanröhre zu der Thonerde
gebrachter Topas wird sogar, indem er 22 pC. an Gewicht
*) Deville giebt nach seinen Analysen die Zusammensetzung a>
von sächsischem, b von brasilianischem Topas :
SiOg AlgOs Si Fl Summe
a : 22,3 54,3 6,5 17,3 100,4
b : 25,1 53,8 6,8 16,7 100,4.
Annal. d. Ghem. u. Pharm. GXX. Bd. 1. Heft \2
x
178 Ueher die künstliche Nachbildung
verliert, zersetzt. Deville tritt der schon früher mehrfach
ausgesprochenen Ansicht bei, dafs der Topas auf nassem
Wege gebildet sei.
Auch der Chondrodit oder Humit und selbst die natürlich
vorkommenden fluorfreien Silicate von Kalk und von Magnesia
können sich nicht unter Mitwirkung von Fluorsilicium bilden.
Magnesia und Kalk, in letzterem Gase erhitzt, werden zu
amorphen oder krystallinischen Substanzen, deren Zusammen-
setzung in keiner Beziehung zu der der in tiängen und mela-
morphischen Gesteinen vorkommenden Mineralien steht. Die
Zusammensetzung eines solchen mit Magnesia erhaltenen
Products entsprach nahezu dem Aequivalentverhältnifs SiOs,
2MgO, 3 Mg, 3 Fl, die eines mit Kalk erhaltenen dem Ver-
hältnifs SiOs, CaO, 3 Ca, 3 Fl.
Unter Anwendung von Beryllerde, welche wie die Thon-
erde ein flüchtiges Chlorür liefert, hofifte Deville Phenakit
zu erhalten. Als er bei Hellrothglühhitze Fluorsilicium über
Beryllerde leitete, erhielt er aufser Fluorbieryllium schöne
Krystalle von noch nicht genauer bestimmter Form, deren
Zusammensetzung (65^8 pC. Kieselsäure, 33,3 Beryllerde,
0,6 Eisenoxyd; Summe = 99,7) aber der keines bekannten
Minerals entspricht.
Fluorsilicium läfst also auf trockenem Wege keines von
den bis jetzt als in Gängen auftretend bekannten Mineralien
entstehen, wohl aber den in vulkanischen Bildungen sich
findenden Zirkon. Letzterer bildet sich bei der Einwirkung
von Fluorsilicium auf Zirkonerde in sehr deutlichen Krystal-
len, quadratischen Pyramiden mit 123^20' Endkantenwinkel.
Auch für die Entstehung, dieses Minerals läfst sich zeigen,
dafs kleine Mengen flüchtiger Fluorverbindung grofse Mengen
Kieselsäure und Zirkonerde zu Zirkon umzuwandeln vermögen;
läfst man bei erhöhter Temperatur, entsprechend wie oben
bei dem Versuch über Staurolilh-Bildung , Fluorsilicium auf
krystallisirter Mineralien, 179
Zirkonerde einwirken, welcher eine Schichte Kieselsäure, dann
wieder Zirkonerde u. s. w. folgt, so dafs das sich bildende
Fluorzirkonium auf Kieselsäure und das hier entstehende
Pluorsilicium wiederum auf Zirkonerde einwirkt u. s. w., so
findet, ohne dafs Fluor fixirt würde, eine Umwandlung der
ganzen Mengen Zirkonerde und Kieselsäure zu Zirkon statt.
lieber die künstliche Nachbildung natürlich vorkommen-
der Silicate hat Deville später noch Folgendes angegeben*).
Willemit bildet sich, wenn man bei einer zwischen Kirschroth
und Weifsroth liegenden Glühhitze Fluorsilicium auf Zinkoxyd
einwirken läfst; es bilden sich Fluorzink und kieselsaures
Zinkoxyd, welche sich gegenseitig auflösen, und bei der all-
mäligen Verflüchtigung des Fluorzinks bleibt kieselsaures Zink-
oxyd in denen des natürlich vorkommenden Willemits ent-
sprechenden farblosen hexagonalen Prismen, welche mit
Säuren gelatiniren und bei einer Analyse 26,7 pC. SiOs und
73,6 ZnO, bei einer anderen 73,2 pC. ZnO ergaben (für
3ZnO, SiO» berechnen sich 26,8 pC. SiOs und 73,2 ZnO).
Dasselbe Silicat bildet sich bei der Einwirkung von Fluorzink
auf Kieselsäure. — Deville fand D au bröe's Angaben nicht
bestätigt, dafs sich bei dem Ueberleiten von Chlorsilicium über
Zinkoxyd bei Glühhitze Willemit bilde, und eben so wenig
giebt er zu, dafs Zirkon, Disthen, Wollastonit, Chrysolith,
Phenakit und Granat durch die Einwirkung von Chlorsilicium
auf die in diesen Mineralien enthaltenen Basen bei Glühhitze
entstehen können; er fand, dafs hierbei — wohl in Folge
davon, dafs die entstehenden Chlormetalle die sich bildenden
Silicate nicht auflösen — nur amorphe Massen entstehen, die
mit den genannten Mineralien Nichts gemein haben, und dafs
*) Compt. rend. LIT, 1804. '
12*
180 üeber die TcünsÜiche Nachbildung
mehrere dieser Mineralien durch Chlorsilicium bei Glühhitze
selbst zersetzt werden.
Bezüglich der Nachbildung des Eisenglanzes und mehrerer
in der Natur* krystallisirt vorkommender Hetalloxyde hat
Deville Folgendes mitgetheilt '^). Leitet man über amorphes
Eisenoxyd, welches in einer Porcellanröhre zum starken Roth-
glühen erhitzt ist, einen raschen Strom von Chlorwasserstoff-
gas, so bilden sich Eisenchlorid und Wasser« Wird aber das
Chlorwasserstoffgas langsam und stetig zugeleitet, so bildet
sich kein Eisenchlorid, sondern das Eisenoxyd wird nur seiner
ganzen Hasse nach zu schönen Krystallen, die denen des
natürlich vorkommenden Eisenglanzes ganz ähnlich sind.
Wird die Porcellanröhre bei Helirothglühhitze erhalten , so
bilden sich namentlich Krystalle, die denen Aes Eisenglanzes
von Elba vollkommen gleichen und an welchen die Flächen
des Rhomboeders von 86^ Endkantenwinkel u. a. sich selbst
zu Messungen eigneten; unter diesen Umständen entwickelt
sich stets etwas Chlor und die Krystalle sind dershalb, wie
auch die meisten in der Natur vorkommenden Eisenglanz-
krystalle, in Folge eines geringen Eisenoxydulgehaltes mag-
netisch (bei der Analyse solcher Krystalle wurden 70,4 pC. Fe
und 29,6 0 erhalten; für FegOs berechnen sich 70,0 pC. Fe
und 30,0 0). Bei niedrigerer Temperatur wird blätteriger
Eisenglanz, dem an Vulkanen vorkommenden ähnlich, ge-
bildet« Deville hebt hervor, wie hier eine begrenzte
Quantität Chlorwasserstoff eine grofse Menge Eisenoxyd
krystallinisch werden lassen kann. — Nach demselben Ver-
fahren gelang es ihm, Zinnoxyd, Magnesia und rothes Mangan-
oxyd krystallisirt zu erhalten.
*) Compt rend. LH, 1264.
krystallimrier Mineralien. 181
Genauere Angaben liefs Deville zunächst bezüglich des
künstlich krystallisirten Zinnoxyds und der Titansäure folgen*}.
Amorphes Zinnoxyd wird, wenn bei Glühhitze ein langsamer
Strom von Chlorwasserstoffgas auf es einwirkt, zu Krystallen,
die mit denen des natürlich vorkommenden Zinnsteins nach
Form und Zusammensetzung (gefunden wurden in fast farb-
losen Krystallen 78,7 pC. Sn und 21,3 0) übereinstimmen. Wird
das (durch Einwirkung von Salpetersäure auf Zinn dargestellte,
gut geglühte) amorphe Zinnoxyd in einem grofsen Platin-
schiffchen, das in eine Porcellanröhre geschoben ist, zum
starken Bothglühen (Kupferschmelzhitze) erhitzt und ein lang-
samer Strom von Chlorwasserstoff durch die Röhre geleitet,
so bleibt alles Zinnoxyd in dem Schiffchen und wird es zu
ziemlich kleinen , doch erkennbaren und manchmal selbst
Messung gestattenden quadratischen Krystallen umgewandelt.
Ist der Gasstrom etwas rascher, so bildet sich stets etwas
Zinnchlorid nebst Wasser, welche an weniger heifsen Stellen
der Porcellanröhre auf einander einwirkend gröfsere und voll-
ständiger ausgebildete quadratische Krystaile von Zinnoxyd
sich absetzen lassen. Die bei der Zersetzung von Zinnchlorid
durch Wasser bei Glühhitze sich bildenden Krystaile von
Zinnoxyd fand Deville bei zahlreichen Versuchen stets
quadratisch, nach Flächen, Winkeln und Zwillingsbildung dem
Zinnstein entsprechend, also entgegen Daubree's Angabe"*"*},
dafs unter diesen Umständen das Zinnoxyd in rhombischen,
denen des Brookits entsprechenden Formen krystallisire.
Auch amorphe Titansäure wird bei dem Glühen in Chlor-
wasserstoffgas krystallinisch ; die entstehenden Kryställchen
sind quadratisch (Rutil oder Anatas}, nicht rhombisch (Brookit).
Sie sind blau gefärbt, wohl in Folge der Bildung eines
*) Compt. rend. LIII, 162.
**) Diese Annalen LXXII, 262.
i82 lieber die kÜnstUche Nachbildung
niedrigeren Oxydes der Titansäure*). — De vi He Iheill hier
auch, nach Versuchen welche er mit Caron gemeinschaft-
lich angestellt hat, folgendes Verfahren zur Nachbildung des
Rutils mit. Ein Gemenge von Titansäure und Zinnoxydul
giebt bei Rothglühhitze eine Verbindung, welche durch Kiesel-
säure sehr leicht unter Bildung eines Silicats und Ausschei-
dung krystaliisirter Titansäure zersetzt wird. Erhitzt man das
titansaure Zinnoxydul in einem irdenen Tiegel (durch dessen
Kieselsäuregehalt und etwas noch zugesetzten Quarzsand die
Zersetzung bewirkt wird) zum Kirschrothglühen» so bildet sich
eine an Zinn reiche Gangart, welche bis zu 5 bis 6 Milli-
meter lange Krystalle trägt; diese sind am hervorstehenden
Ende reine Titansäure, wo sie aufgewachsen sind zinnhaltig
Csie ergaben 85,7 pC. TiOa und 13,8 SnOg), haben ganz die
Form des Rutils, sind bei Anwendung ganz reiner Materialien
farblos, bei Mangan- und Eisengehalt derselben von der Farbe
des natürlich vorkommenden Rutils.
Weitere Angaben Deville's**) betreffen die Krystalli-
sation von Eisenoxydoxydul, Magnesia, Manganoxydoxydul
u. a. — Eisenoxydul, nach Debray's Verfahren durch Ueber-
leiten «einer Mischung gleicher Volume Kohlensäure- und
Kohlenoxydgas über rothglühendes Eisenoxyd dargestellt, gab
in einem langsamen Strome von Chlorwasserstoffgas, ohne
dafs sich Wasser bildete, Eisenchlorür und Eisenoxydoxydul,
welches letztere in kleinen Reguläre ctaedern krjstallisirt im
Platinschiffchen zurückblieb und aufser der Form des Magnet-
eisens auch die Zusammensetzung desselben ergab (gef. 71,7 pC.
*) Durch die Einwirkiing von Chlorwasserstoffgas auf Titansäure in
einer reducirenden Atmosphäre erhielt Deville kleine Krystalle, deren
Flächen sich unter rechten Winkeln schneiden, von dunkel-indigblauer
Farbe und der Zusammensetzung TigOg = Ti^Oj, TiOj (gef. 66 pC. Ti
und 35 0; ber. 66,4 pC. Ti und 34,6 O).
**) Compt. rend. LIII, 199.
JcrystaUisirter Mineralien, 183
Fe und 28,3 0; für Fe304 berechnen sich 71,6 pC. Fe und
28,4 0). — Wird ein Gemenge von stark geglühter Magnesia
und von Eisenoxyd in einem PlatinschiJQTchen der Einwirkung
eines langsamen stetigen Stromes von Chlorwasserstoffgas
unterworfen, so erhält man zwei deutlich unterscheidbare
Producle : Krystalie von Periklas (Magnesia), welche durch
etwas Eisenoxyd schwach gefärbt sind, und glänzende schwarze
Reguläroctaeder mit abgestumpften Kanten, deren Pulver
auch schwarz ist und deren Zusammensetzung der eines
Spinells MgO, FcgOs entspricht (gefunden 79,0 pC. Fe203
und 20,8 MgO; berechnet 80,0 Pe208 und 20,0 MgO); De-
ville betrachtet diese Krystalie als den reinen Magnoferrit*}.
— Magnesia wandelt sich bei Glühhitze in einen langsamen
Strome von Chlorwasserstoffgas vollständig zu kleinen farb-
losen oder grünlichen oder (bei Gehalt von etwas Eisenoxyd)
gelblichen Reguläroclaedern um, welche denen des Periklas
vom Vesuv ganz entsprechen; sie lösen sich langsam aber
vollständig in Säuren (Salpetersäure z. B.}; etwas gelbliche
Krystalie ergaben 98,4 pC. MgO und 1,8 FcgOs. — Mangan-
oxydoxydul krystallisirt in einem langsamen Strome von Chlor-
wasserstoffgas sehr leicht; es bilden sich spitze quadratische
Pyramiden, den natürlich vorkommenden des Hausmannits
entsprechend, mit 104 bis 105^ Endkantenwinkel. — Mangan-
oxydul, durch Reduction eines höheren Manganoxyds mittelst
Wasserstoff dargestellt, krystallisirt sehr leicht, wenn man bei
♦) Die schwarzen Krystalie waren darch längeres Behandeln mit
siedender concentrirter Salpetersäure, durch welche sie nicht ange-
griffen werden, von begleitender Magnesia befreit. Magnoferrit
hatte Bammelsberg ein magnesiahaltiges octaedrisches Eisen,
erz genannt, welches sich unter den Producten der Eruption des
VesuYS von 1855 fand, und dessen Analysen nach Abrechnung
kleiner Mengen Eupferoxjd und unlöslicher Beimengung eine der
Formel 2 MgO, SFegOg oder 3 MgO, 4Fe208 nahe kommende Zu_
sammensetzung ergaben.
184 Ueber die hünstUche Nachbildung
Kirschrothglühhitze etwas Wasserstoffgas mit ganz wenig
Ghlorwasserstoffgas auf es einwirken läfst; es bildet dann
smaragdgrüne durchsichtige diamantglänzende Reguläroctaeder,
welche 76,8 pC. Mn und 23^2 0 ergaben (für MnO berechnen
sich 77,6 pC. Mn und 22,4 0), sich in starken Säuren ohne
Gasentwickelung und ohne Färbung lösen, an der Luft bei
gewöhnlicher Temperatur sich nicht zu verändern scheinen,
beim Glühen aber unter Beibehaltung der Form und des
Glanzes zu Oxydoxydul werden. Deville hält es für mög-
lich, dafs das als Martit benannte in Reguläroctaedern vor-
kommende Eisenoxyd eine Pseudomorphose nach Eisenoxydul
sei, für welches letztere nach der Analogie mit Manganoxydul
und Magnesia reguläroctaedrische Krystallform zu vermuthen ist
Ueber die Bildung und Darstellung krystallisirter Metall-
Oxyde liegen auch Mittheilungen von Debray und von
Kühl mann vor, welchen wir hier Folgendes entnehmen.
Nach Debrayf} lassen sich mehrere Metalloxyde auf
die Art im krystallisirten Zustande erhalten , dafs man ein
Gemenge des schwefelsauren Salzes eines dieser Oxyde mit
schwefelsaurem Alkali in einem Platintiegel starker Glühhitze
aussetzt, wo das in dem geschmolzenen schwefelsauren Alkali
frei werdende Metalloxyd krystallisiren kann. Debray er-
hielt nach diesem Verfahren schon früher die Beryllerde (in
hexagonalen Prismen)^ jetzt auch die Magnesia und das
Nickeloxydul krystallisirt. Schwefelsaures Manganoxydul gab,
mit schwefelsaurem Kali gemengt geglüht, durchsichtige Kry-
stalle von der Zusammensetzung, der Härte und der Strich-
farbe des Hausmannits (MusOi), deren Form sich indessen
nicht genauer bestimmen liefs. — Thonerde, Eisenoxydoxydul
(Magneteisen} und grünes Uranoxyd lassen sich nach Debray
^) Compt. rend. LH, 985.
hiystalUsirter Mineralien* 185
in der Art krystallisirt erhallen, dafs man ein Gemenge von
phosphorsaurer Thonerde, -Eisenoxyd oder -Uranoxyd mit
dem 3- bis 4 fachen Gewicht schwefelsauren Kali's oder besser
schwefelsauren Natrons sehr stark glüht; man erhält immer
dreibasisches phosphorsaures Alkali mit dem überschüssigen
schwefelsauren Salze gemischt und das Hetalloxyd (das Bisen-
oxyd zu Magneteisen reducirt?) in deutlichen Krystallen.
Ku h 1 m a n n"^) beobachtete die Bildung von Manganoxydoxy-
dnl H.nsOA in Krystallen von der Form des Manganits Mn203, HO
in einem Ofen, welcher zur Fabrikation von Chlorcaicium,
durch Glühen eines. Gemenges von Kreide mit dem bei der
Chlorbereitung bleibenden Rückstand (Chlormangan mit weni^
Eisenchlorür}, sechs Monate lang gedient hatte; es wird
hierbei ein aus Chlorcaicium und Manganoxydui bestehendes
Product erhalten. In demjenigen Theile dieses Productes,
welcher ganz nahe an der Feuerung längere Zeit der Wir-
kung einer oxydirenden Flamme ausgesetzt gewesen war,
zeigten sich Höhlungen, die mit schönen schwarzen Krystallen
ausgekleidet waren; oberflächlich war die Masse, wie Kuhl-
mann fand in Folge der Bildung von mangansaurem Kalk,
intensiv blau gefärbt. Die schwarzen Krystalle ergaben bei
der Krystailform des Manganits die Zusammensetzung des
Hausmannits MnsOi (abgesehen von 3,5 pC. FegOs). Kuhl-
mann ist mit Descioizeaux geneigt, sie als Pseudomor-
phosen von Hausmannit nach Hanganit zu betrachten. An
einer anderen Stelle des Ofens, wo vermuthlich ein Stück
Eisen in dem Mauerwerk gesteckt hatte, fand sich eine schöne
Druse von Eisenglanzkrystallen (Rhomboedern mit der End-
fläche). — Kuhlmann bespricht, wie 4sich jene aus MnsOi
*) Compt. rend. LH, 1283. Die krystallographische Untersuchung
des in dem Ghlorcalcium-Ofen krystallisirten Manganoxydoxyduls
und Eisenoxyds gab Descioizeaux in Compt. rend. LH, 1323
und 1325.
186 üeher die künstliche Nachbildung
bestehenden Krystalle bilden konnten , ohne jedoch zu einem
bestimmten Resultat zu gelangen. Er fand indessen auch bei
Versuchen, die im Kleinen angestellt wurden, dafs bei dem
Glühen von Chlorcaicium mit Hanganoxydul auf einem Röst-
scherben Hausmannit gebildet wird; er erhielt auch Eisen-
glanzkrystalle durch Schmelzen von amorphem Eisenoxyd mit
Chlorcaicium , und Magneteisenkrystalle durch Erhitzen von
Chlorcaicium mit schwefelsaurem Eisenoxydul in bedecktem
Tiegel.
Noch hat Deville gemeinsam m\t Troost über die
Darstellung krystallisirter Sohwefelmetalle , namentlich des
Schwefelzinks, Mittheilungen gemacht. *} Durch das Zusam-
menschmelzen gleicher Theile schwefelsauren Zinkoxyds,
Fluorcalciums und Schwefelbaryums erhält man eine aus
schwefelsaurem Baryt und Fiuorcaicium bestehende schmelz-
bare Hasse, in welcher sich, eingewachsen oder in Drusen-
räumen, schöne Krystalle von Schwefelzink finden (die Ana-
lyse solcher Krystalle ergab 31,7pC.Zn, 68,2 S, 1,1 [0,1?] Fe
u. Verlust}^. Die Form dieser Krystalle ist aber nicht die
dem regulären System angehörige der natürlich vorkommen-
den Zinkblende^ sondern sie gehört dem hexagonalen System
an (es sind hexagonale Prismen mit abgestumpften Kanten,
durch Endflächen begrenzt) wie die des natürlich vorkom-
menden Schwefelcadmiums. ^3 Das hexagonale Schwefelzink
*) Compt. rend. LH, 920.
**) Schwefelzink war bisher nur regulär krystalÜBirt (als Zinkblende),
Schwefelcadmium nur hexagonal krystallisirt (als Greenockit) be-
kannt. Dafs beide Verbindungen dimorph, und zwar isodimorph
seien, ist nach dem jetzt für das Schwofelzink Gefundenen nicht
zu bezweifeln. Die hexagonale Modification des Schwefelzinks
ist auch natfirlich vorkommend beobachtet Friedel (Compt.
rend. LH, 983) fand auf einer aas einer Silbergruhe bei Onxro
in Bolivia stammenden, aus silberhaltigem Schwefelantimon-
hrystallisirter Mineralien, 187
läfst sich auch in der Art erhalten, dars man Schwefelzink
in Schiffchen in einer Porcellanröhre zum Lebhaftrothglühen
erhitzt und durch die Röhre einen sehr langsamen Strom von
Wasserstoff leitet ; es wird hierbei kein Schwefelwasserstoff
entwickelt; in den weniger heifsen Theilen der Röhre setzen
sich durchsichtige hexagonale Krystalle von Schwefelzink ab.
Das Schwefelzink ist an sich nicht flüchtig (in Schwefelwas-
serstoff sehr stark erhitzt zeigte es keine Spur von Sublima-
tion); Deville und Troost erklären die eben besprochene
Krystallbildung unter scheinbarer Sublimation als darauf be-
ruhend, dafs bei stärkerer Glühhitze Schwefelzink und Wasser-
stoff Schwefelwasserstoff und Zinkdampf geben, welche an den
weniger heifsen Stellen des Apparates wieder Schwefelzink
und freien Wasssersloff geben. — Nach denselben Methoden
liefs sich Schwefelcadmium in hexagonalen Prismen, der Form
des natürlich vorkommenden Greenockits, erhalten.
Sohwefelblei bestehenden Masse Krystalle, deren chemisches Ver-
halten im Wesentlichen das der Zinkblende ist; die KrystaUe
gehören aber dem hexagonalen System an. Sie zeigen die Flä-
chen einer hexagonalen Pyramide mit einzelnen Prismaflächen ;
die (horizontal stark gestreiften) Pyramidenflächen sind in den
Endkanten unter etwa 129^ zu einander geneigt (an dem Gree-
nockit kommt aufser einer Pyramide mit 139^39' Endkanten-
winkel auch eine mit 127^27' Endkantenwinkel vor); Spaltbarkeit
ist paraUel den Flächen des hexagonalen Prisma's und der End-
fläche vorhanden. Eine vorläufige Analyse von Krystallen, die
nicht ganz frei von Gangart und eingemengtem Schwefelkies,
waren, das spec. Gew. = 3,98 und die Härte = 3,6 bis 4 zeig-
ten, ergab :
S Zn Fe Pb 8h Cu Summe
32,6 55,6 8,0 2,7 0,2 Spur 99,1.
Friedel henennt dieses natürlich vorkommende hexagonale
Schwefelzink als Wurt*it,
188 Erdmann y zum Nachweis
Zum Nachweis organischer Alkaloide \
von J. Erdmann.
Die Reactionen, welche zum Nachweis giftiger organischer
Alkaloide dienen, sind, wie bekannt, die Farbenerscheinungen,
welche erstere bei der Einwirkung von oxydirenden Substan-
zen zeigen. Und wirklich können dieselben mit Sicherheit
benutzt werden, wenn sie immer mit gleicher Deutlichkeit
sich hervorbringen lassen und nicht von zu kurzer Dauer
sind. Leider gilt das nicht von allen seither bekannten Re-
actionen, wie z. B. nicht von der eintretendeji blauen Farbe,
welche bei Zusatz von ganz neutralem nicht zu concentrir-
tem Eisenchiorid zu einem Morphinsalz erscheint. Dieselbe
wird nur bei ganz reinem Morphin erhallen und ist von ganz
kurzer Dauer.
Bei der Wichtigkeit, welche die genaue Erkenntnifs der
giftigen organischen Alkaloide für die gerichtlich-chemische
Analyse hat, wobei in den kneisten Fällen nicht allein nur
wenig Substanz zur Prüfung vorliegt, sondern, auch dieselbe
nicht in dem Zustande vollkommener Reinheit abgeschieden
werden kann, ist einmal nöthig, solche Reactionen zu kennen,
welche unter jenen Umständen immer sicher bleiben, sodann
aber wünschenswerth, mit ein und der nämlichen Probe ver-
schiedene aufeinanderfolgende Reactionsreihen ausführen zu
können« Vielleicht wird es einmal den vereinten Kräften
nach langer Erfahrung gelingen, einen solchen methodischen
Gang, eine Methode der qualitativen Analyse für sämmtliche
organische Alkaloide zu schaffen , trotz der vorliegenden
grofsen Schwierigkeiten. Das Folgende , welches als ein
kleiner Beitrag zur Lösung dieser Frage angesehen werden
darf, enthält solche aufeinanderfolgende Reactionsreihen. die
organischer Alhahnde, 189
sich auf Nachweis von Morphium, Narcotin, Strychnin, Brucin
4
und Veratrin beziehen (als reine Alkaloide angewandt).
Erste Reihe,
Reagens : concentrirte Schwefelsäure^ die eine sehr ge-
ringe Menge Salpetersäure enthält.
Darstellung der Säure, — Man nehme sechs Tropfen
einer Salpetersäure von l,25spec. Gewicht und mische sie mit
100 CG. Wasser. Davon lasse man zehn Tropfen zu 20Grm.
reiner concentrirter Schwefelsäure fliefsen. — Je nach der
Menge der zur Prüfung genommenen Substanz (ein bis meh-
rere Milligramme} füge man von der Probesäure acht bis
zwanzig Tropfen hinzu und warte etwa eine Viertel- bis halbe
Stunde.
1) Morphium: YiM violettroth gefärbt. Die durch Zusatz
von zwei bis drei Tropfen Wasser bewirkte gelinde
Erwärmung befördert den Eintritt der prächtig via-
leärothen Farbe.
2) Narcotin : wird zwiehelroth. Das Hinzufügen von zwei
bis drei Tropfen Wasser bewirkt ebenfalls aus dem
nämlichen Grunde den raschen Eintritt der Farbe.
3} Strychmn : bleibt unverändert^ auch nach Zusatz von
zwei bis drei Tropfen Wasser.
4) Brucin : wird . vorübergehend roth und dann gelb.
Zwei bis drei Tropfen Wasser befördern ebenfalls
das Eintreten der gelben Farbe.
5) Verairin : wird erst gelb, dann gleich ziegelroth, nach
Zusatz von zwei bis drei Tropfen Wasser gleich
bliUroth und dann bleibend prächtig kirschroth.
Zweite Beihe,
Reagens : die in erster Reihe angegebene Schwefelsäure
und Braunstein,
190 Erdmann, zum Nachweis
Man übergiefst die zu untersuchende Substanz mit acht bis
zwanzig Tropfen Schwefelsäure und fügt kleine linsengrofse pul-
verfreie Stückchen von Braunstein hinzu. Man wartet eine
Stunde lang.
1) Morphium : giebt dann eine mahagonibraune Lösung.
2) Narcötin ; eine gelbrothe bis bliUrothe Lösung.
3) Strychnin : eine erst violettpurpur- und dann dunkel-
zwiebelrothe Lösung.
4) Brucin : eine vorübergehend rothe, dann gleich eine
gummiguägelbe Lösung.
5) Veratrin : eine dunkd-schmiUzigkirschrothe Lösung.
Dritte Heike.
Die nach Verlauf von einer Stunde erhaltenen farbigen
Lösungen werden mit dem vier- bis sechsfachen Volumen
Wasser allmälig und unter Vermeidung von Erhitzung ver-
dünnt und dann vorsichtig mit nicht zu schwachem Ammoniak
dem Neutralisationspunkt möglichst nahe gebracht (nicht
ammoniakalisch gemacht).
1) Die Morphiumlösung wird schmutzig gelb,
2) Die Narcotinlösung bleibt unverändert roth der Ver-
dünnung entsprechend.
3) Die Strychninlösung wird prächtig violeitpurpur.
4) Die Brucinlösung bleibt stark goldgelb,
5) Die Veratrinlösung zeigt eine schwach brauneFeube^
die auf Zusatz von Ammoniak mehr gelblich wird.
Nach dem schwachen Uebersättigen mit Ammoniak geht
die Farbe
\) der Morphiumlösung in eine braunrothe über (ohne
einen bemerhenswerthen Niederschlag fallen zu lassen,
dieser erscheint erst später}.
2} In der Narcotinlösung entsteht gleich ein reichlicher
dunkelbrauner Niederschlag.
organischer Älkaloide. 191
3) Die Stri/chninlösung wird gelhgrün bis gelb,
4) Die BrucrnlÖsung bleibt gelblich.
5) In der Verairmlösung entsteht gleich ein grünlich-
hellbrauner Niederschlag.
Werden die so erhaltenen ammoniakalischen Flüssigkeiten
wieder durch verdünnte Schwefelsäure schwach sauer gemacht,
so treten die ursprünglich in saurer Lösung vorhandenen
Farben wieder auf. Nur die Brudnlösung zeigt eine schwach
röthltche Fsivbe, was, wie ich glaube, einer äufserst geringen
Verunreinigung derselben an Strychnin zugeschrieben wer-
den ntufs. Am' reinsten und intensivsten tritt die purpur-
violetle Strychninfarbe hervor.
Da nun diese farbigen Veränderungen der zweiten
und der dritten Reihe auch zum Vorschein kommen,
wenn die der ersten Reihe schon stattgefunden haben, so
läfst sich aus der Combination beider ein kurzer methodischer
Gang gewinnen. Berücksichtigt man hierbei zugleich die
durch die Einwirkung von concentrirter ganz reiner Schwefel-
säure auftretenden bekannten Parbenveränderungen, dxe.Bruciny
Narcotin und Veratrin erleiden^ so kann man folgenden Weg
einschlagen. Ich habe hierbei auf die flüchtigen Alkalo'ide
keine Rücksicht genommen , da ihr Vorhandensein ja leicht
an der flüssigen Beschaffenheit und dem eigenthümlichen Ge-
ruch erkannt wird.
A, Man üb'ergiefst die zu untersuchende Substanz mit
vier bis sechs Tropfen reiner concentrirter Schwefelsäure.
a) Die Flüssigkeit zeigt kerne Veränderung, also sind
abwesend Brucin, Narcotin, Veratrin,
b) Es tritt eine rosa Farbe auf, die später gelb wird :
Brticin.
c) Es tritt sogleich eine gelbe Farbe auf, die gelb bleibt :
Narcotin,
192 Erdmann^ zum Nachweis
d) Es zeigt sich eine gelbe Farbe, die sehr bald in eine
roihe übergeht : Veratrtn.
B. Gleichgültig, ob Farben aufgetreten sind, oder nicht,
man fügt zu der durch Verfahren A. erhaltenen Flüssigkeit
acht bis zwanzig Tropfen der bei der ersten Reactionsreihe
angegebenen salpetersäurehaltigen Schwefelsäure hinzu und
hierauf zwei bis drei Tropfen Wasser. Nach Verlauf von
einer Viertel- bis halben Stunde zeigt die Flüssigkeit.
a) eine violettroihe Farbe : Morphium ;
b) eine zwiehelroihe Farbe : Narcotin ;
c) keine Farbenveränderung : Stfychnin'^
d) eine gelbe Farbe : Brucin.
e) eine intensiv Jdrschrothe Farbe : Veratrin*
C. Gleichgültig, ob nach dem Verfahren von B. Farben
aufgetreten sind, oder nicht, man fügt zu der Flüssigkeit
4 bis 6 linsengrofse Stückchen pulverfreien Braunsteins.
Nach Verlauf einer Stunde zeigt die Flüssigkeit :
a) eine mahagonibraune Farbe : Morphium]
b) eine gelbrothe bis blutrothe Farbe : Narcotin,
c) eine dunkel zunebelrothe Farbe : Strychnin ;
d} eine gummiguttgelbe Farbe : Brucin;
e) eine schmutzig-dunkel-kirachrothe Farbe : Verairin.
D. Man giefst die erhaltenen gefärbten Flüssigkeiten
in ein Probeglas, verdünnt vorsichtig unter guiem Abkühlen
etwa mit dem vierfachen Volumen Wasser und fügt so lange
langsam Ammoniak hinzu, bis fast der Neutralisationspunkt
erreicht ist. Es erscheint
a) eine schmutziggelbe Farbe , die beim Uebersättigen
mit Ammoniak braunroth wird, ohne gleich einen bemerkens-
werthen Niederschlag abzusetzen : Morphium,
b) eine der Verdünnung entsprechende röthliche Farbe,
Beim Uebersättigen mit Ammoniak entsteht ein reichlich dun-
kelbrauner Niederschlag : Narcotin,
organischer Alkalo'ide. 193
c) eine prächtig violetipurpurfarbene Lösung, die duro}i
einen Ueberschufs von Ammoniak gellgrün bis gelb wird :
Strychnin.
d) eine goldgelbe Lösung, die durch einen Ueberschufs
von Ammoniak nicht wesenäich verändert wird : Brucin,
. e) eine schwach bräunliche Lösung , die auf Zusatz von
Ammoniak gelblich wird und nach dem Ueberschufs einen
grünHch'heUbraunen Niederschlag absetzt : VercUrin.
Schliefslich will ich noch Einiges über die Haltbarkeit
der Reactiofien hinzufügen. Ich verfolgte den Zweck, die
Farbenerscheinungen 9 welche die giftigen organischen Alka-
loide mit Oxydationsmitteln zeigen , zu fixiren, um sie^ wie
bei den anorganischen Giften die Metalle, so hier die auftre-*
tenden characteristischen Farben dem Gericht einsenden zu
können , vielleicht in Gemeinschaft mit der aus reinem Alka-
loi'd dargestellten Farbe. Verdünnt man die mit der Frobe-
säure der ersten Reactionsreihe erzeugten farbigen Lösungen
mit reiner concentririer Schwefelsäure, so bleiben die Farben
unverändert und scheinen sich sehr lange Zeit aufbewahren
zu lassen 9 ja treten dadurch noch besser hervor. Ich habe
eine derartige Morphin- und Narcotinreaction acht Tage lang
ohne Veränderung stehen gehabt. Die purpurviolette Reac-
tion des Strychnins, welche in der dritten Reihe gegen den
Neutralisationspunkt auftritt, läfst sich durch Zusatz von einem
gleichen Volumen starkem Alkohol haltbarer machen, so dafs
man sie fast einen Tag lang aufbewahren kann. Verdünnte
Reactionen auf Strychnin halten sich mehrere Tage. Es gilt
dieses sowohl für die purpurviolette Lösung in saurer Lösung,
als auch für die gelbgrüne in ammoniakalischer.
Mich stützend auf die oben angegebene Beobachtung,
dafs sehr geringe Spuren von Salpetersäure in der Schwefel-
säure durch Morphium noch angezeigt werden , suchte ich
Annal. d. Chemie n. Phann. GXX. Bd. 2. Heft. 13
194 Pebuly zur Kenntnifs
annähernd den Punkt auf, wo die geringste Menge von Sal-
petersäure in der Schwefelsäure anfängt, die oben erwähnte
Farbe hervorzubringen.
Sechs Tropfen einer Salpetersäure von 1,250 spec. Gew.
zu 100 CC. Wasser gegeben und von dieser Mischung einen
Tropfen auf 10 Grm. reiner concentrirter Schwefelsäure, ist
hinreichend , um mit der letzteren im Beisein einer Spur
Morphium eine deutlich viokUroihe Farbe hervorzubringen.
Auch hier werden zwei bis drei Tropfen Wasser hinzuge-
gossen, um durch die eintretende Wärme die Reaction schnell
hervortreten zu lassen. Da selbst geringere Spuren von Sal-
petersäure, als oben angegeben , in der Schwefelsäure noch
angezeigt werden, glaube ich mit vollem Recht das Morphium
als eins der feinsten Reagentien auf Salpetersäure (in der
Schwefelsäure) empfehlen zu können.
Meine weiteren Resultate über die Reaction der Alkaioi'de
werde ich später mittheilen.
Laboratorium zu Göttingen, den 25. Juli 1861.
Mittheilungen aus dem Universitätslaboratorium
in Lemberg.
7. Zur Kenntnifs des Trifithylphosphinpxydes ;
von L. PebaL
Fafst man die Ketone allgemein als Verbindungen von
Säure- mit Alkoholradicalen auf, <so kommt man folgerichtig
zu dem Schlüsse, dafs der Phosphorsäure ein Körper von
des Triäthylphosphmoxydes, 195
der Zusammensetzung des Triäthylphosphinoxydes als Keton
entspricht. ♦)
Von diesem Gesichtspunkte aus habe ich nachstehende
Fragen zu beantworten versucht.
i} Die bisher unter dem Begriffe „Keton^ zusamroenge-
farsten Körper werden, wie diefs kürzlich Freund gezeigt
hat, allgemein durch Einwirkung der Oxychloride einbasischer
Säuren auf die Verbindungen von Zink mit Alkoholradicalen
gebildet. Voraussichtlich sollte also das der dreibasischen
Phosphorsäure entsprechende Aethylketon durch Einwirkung
von Phosphoroxychlorid auf Zinkäthyl entstehen. Es fragte sich
also, ob die Reaction im Sinne der folgenden Gleichung vor
sich geht :
2 POClg + 8 {€j|HB)jZnj| = 2 P^(€gH5)8 + 6 ZnCl.
2} Gesetzt das letztere wäre der Fall : ist der Körper
PO(€2H5}8 identisch mit Triäthylphosphinoxyd, oder ist er es
nicht ?
3) Lassen sich an dem bezeichneten Körper Eigenschaften
nachweisen, welche für die Ketone characteristisch sind ?
Mein Bestreben mufste zunächst auf eine genauere Er-
forschung der Eigenschaften des Triäthylphosphinoxydes ge-
richtet sein, da die Entdecker -dieses Körpers, Cahours und
Hof mann, denselben nicht rein dargestellt und dessen Zu-
sammensetzung nur aus Analogieen erschlossen hatten. **)
Hofmann 's neue Abhandlung macht allerdings einen Theil
meiner Versuche überflüssig ; doch möge Folgendes hier noch
Platz finden.
•) Diese AnDÄlen CXVIII, 22.
**) Die Untersuchang wurde vor anderthalb Jahren begonnen. Ans
der Abhandlung von Cahours und Hofmann konnte ich nicht
entnehmen, dals die Verff. die Absicht hatten, die Untersuchung
des Triäthylphosphinoxydes wieder aufzunehmen.
13*
196 Pebalf zur Kenntnifs
Bei der Entwässerung des Triäthylphosphinoxydes kommt
es hauptsächlich darauf an, dafs man die Dimensionen des
Destillationsapparates der Menge der concentrirten Lösung
von Triäthylphosphinoxyd möglichst anpafst. Als Destillations-
apparat dient am besten ein aus einem Glasrohr geblasenes
Kölbchen, an dessen Halse, etwa 1 CM. über der Erweiterung,
ein nicht zu enges Rohr schief angelöthet ist. Man füllt das
birnförmige Gefäfs etwa zu V4 mit der Lösung, welche maii
vorher mit festem Kalihydrat möglichst entwässert hat, und
destillirt ziemlich rasch über. Die Concentration der über-
gehenden Lösung nimmt schnell zu ; fängt das Destillat an,
im seitlichen Rohre zu erstarren, so erwärmte man letzteres,
läfst noch eine Anzahl Tropfen durchfliefsen , verwechselt
dann die Vorlage mit einem zweiten gut getrockneten De-
stillationsapparat von derselben Form, und wiederholt die
Destillation , indem man die bei 240^ C. übergehende Portion
für sich auffängt. Auf diese Weise kann man ganz leicht
aus wenigen Grammen einer concentrirten Lösung völlig reines
Triäthylphosphinoxyd darstellen.
0,4645 Grm. der
80 dargestellten Verbindiuig gaben 0,9127 Grm.
00, und 0,4655 Grm.
H2O. *)
Berechnet
Gefunden
^6
72
53,73
53,58
Hi5
15
11,19
11,13
P
31
23,14
16
11,94
-
134 100,00.
Die Substanz ist färb- und geruchlos, verdampft schon,
wenn man sie in einem Proberöhrchen zum Schmelzen erhitzt,
und hat übrigens die von Hof mann angegebenen Eigen-
*) Die Substanz wurde mit einem Gemenge von saurem chromsaurem
Kalium und cbromsaurem ßlei verbrannt
des TriäthylphospMnoQcydes, 197
Schäften, Nur der Schmelzpunkt weicht ab von Hofmann's
Angabe , wonach derselbe , sowie der Erstarrungspunktt, bei
44^ C. liegen soll. Heine Versuche ergaben folgende Zahlen :
Gapillarrohr A.
I.Vers. Schinelzp.52,8<^C. Nach vollst. Schmelz. : Erstarrungsp. 48,7<^C.*)
2. Vers. 8chmelzp.52,9<^C. Nach Erhitzen auf 99^0. , 43,2<>C.
S.Vers. 8chmelzp.52,6<>C. Nach theilw. Schmelz. . 51,3®C.**)
4. Vers. Schmelzp. — Nach vollst. Schmelz. „ 41,7'*C.
Gapillarrohr B. (Mit Deuerdings destillirter Substanz.)
I.Vers. Schmelzp. 53,2<>C.
2. Vers. Schmelzp. 53,1^0. Nach vollst. Schmelz. Erstarrungsp. 43,0°C.
Capillarohr C. (Mit neu dargestellter Substanz.)
Schmelzp. 62,6® C. Nach vollst. Schmelz. Erstarrungsp. 38,7^C.
Demnach als Mittel : Schmelzpunkt 52)9^ C. Erstarrungspunkt 42,0^C.
War die ganze Menge der im Röhrchen eingeschlossenen
Substanz geschmolzen, so erfolgte die Krystallisation bei der
angegebenen Temperatur plötzlich ; dagegen krystallisirte
die Substanz, wenn ein Theil derselben umgeschmolzen mit
der flüssigen Masse in Berührung blieb, langsam, sobald die
Temperatur unter den Schmelzpunkt sank.
Der Schmelzpunkt, welchen Hof mann angiebt, setzt
nach meinen Versuchen einen Wassergehalt von 3pC. voraus.
Aber selbst in diesem Falle liegt der Erstarrungspunkt' nur
circa 14^ C. tiefer als der Schmelzpunkt, wenn kein Theil
der Substanz ungeschmolzen geblieben war ***y
*) Die Bestimmungen wurden nach der im Lehrbuch von Buff,
Kopp und Zamminer Seite 227 angegebenen Methode ausge-
führt Mit dem Ausdruck : „Nach vollständiger Schmelzung** ist
gemeint : nach Schmelzung der ganzen Menge der im Röhrchen
eingeschlossenen Substanz.
**) Das Röhrchen war nur zum Theile in das zu erwärmende Wasser
eingesenkt.
***) Eine Versuchsreihe über die Abhängigkeit des Schmelz- und
Erstarrungspunktes vom Wassergehalte werde ich später mit-
theilen. Sie mufste , der hoben Lufttemperatur wegen, für jetzt
eingestellt werden.
198 Pebal, zur Kenntnifs
Einwirkung van Phosphoroxychhrid auf ZinkäthyL —
Phosphoroxychlorid schien einzuwirken, als es tropfenweise
zu einer ätherischen Lösung von Zinkäthyl gebracht würde.
Nach kurzer Zeit aber erfolgte eine so heftige Reaction, dafs
der Apparat in Folge der plötzlichen Dampfbildung explodirte,
obschon für den Fall einer Gasentwickelung vorgesehen war."^}
Auf erhitztes reines Zinkäthyl wirkt jeder Tropfen Phosphor-
oxychlorid heftig ein , so dafs die Operation ohne Gefahr zu
Ende geführt werden konnte. Man erhielt auf diese Weise
eine farblose dickflüssige Substanz ^ welche nach längerer
Zeit zu einer glasartigen Masse erstarrte. Diese entwickelte
auf Zusatz von Wasser eine grofse Menge eines brennbaren
Gases Cofl^enbar Aethylwasserstofl^, von unzersetztem Zink-
äthyl herrührend) ; basisches Chlorzink blieb ungelöst. Die
abfiltrirte Lösung, bis zur Syrupconsistenz abgedampft, gab
nach längerem Stehen im Exsiccator Krystalle, welche durch
Umkrystallisiren leicht rein dargestellt werden konnten.
I. 0,8905 arm. der Krystalle gaben 0,5396 Gnu. €Ot ^d 0,2802
Grm. HjO.
II. 0,3862 Grm. der Krystalle gaben 0,5810 Grm. G^g und 0,2772
Grm. HjO.
*) Es ist wahrscheinlich, dafs in allen den Filllen, wo Zinkäthyl oder
Zinkmethyl mit einem Ozyohlorid bei niederer Temperatur zu-
sammentrifft, zunächst eine chemische Verbindung entsteht, in
welcher bei höherer Temperatur erst eine Umlagerung der Atome
und Spaltung erfolgt; denn selbst die ersten Tropfen eines Oxy-
chlorides bewirken in der Regel schon Aufkochen der Flüssigkeit
dort, wo sie mit der Zinkyerbindung in Berührung kommen. Die
heftigen Erscheinungen namentlich bei ätherischen Lösungen der
Zinkverbindnngen lassen sich dadurch erklären , dafs sich die
zuerst gebildete Verbindung als schwerer zu Boden senkt, während
der Aether zum Theil entweicht, zum gröfseren Theil aber, aus
dem Kühler zorückflie£Bend, in den oberen Schichten sich ansammelt ;
so kann der Siedepunkt der unteren Schichte allmälig steigen,
bis die Temperatur erreicht ist, wo die eigentliche Einwirkung
erfolgt.
Theorie
^8
96 38,33
H«)
20 7,98
eis
71 28,34
Zn
32,5 12,97
P
31 12,38
des Triäthylphospfmoocydes, 199
III. 0,3777 Qrm. der Krystalle gaben mit salpetersanrein Silber ge-
fällt 0,4298 Grm. AgCl.
IV. 0,8402 Grm. der Krystalle gaben mit kohlensaurem Natron ge-
fällt a. s. w. 0,1361 Grm. ZngO.
Versnch
i.^^'Tr inT^iv.
87,69 37,49 — —
7,96 7,97 - —
- — 28,14 -
- — — 13,00
' 250,6 100,00.
Die Krystalle bestehen demnach aus der Verbindung von
Phosphäthyliumchlorid mit Chlorzink :
P(^8H6)4C1 . ZnCl.
Sie sind farblos, durchsichtig, leicht löslich in Wasser,
luftbeständig, und verändern sich selbst bei 100^ C. noch nicht.
Nach Herrn Dr. Handl, veelcher die Gefälligkeit hatte,
die Krystalle zu messen, sind dieselben (Fig. 13 und 14 auf
Taf. I zu Bd. CXIX) Combinationen eines tetragonalen Prisma' s
(100) mit der Pyramide (Hi) (meist verlängert in der
Richtung der Prismenaxe), sehr leicht spaltbar nach den Pyra-
midenflächen, wenig spaltbar senkrecht gegen die Prismenaxe.
Die Messungen gaben die Winkel der Normalen :
(100)(111) = 5403'
{iii)(m) = 71055'.
Demnach ist das Verhältnifs der Hauptaxe zu einer
Nebenaxe :
c : a = 1,0533 : 1.
Die Bildung der Verbindung erklärt folgende Gleichung :
POCls + 2 (€,H5)2Zng = P(G,H5)4C1 . ZnCl + Zn,0 + ZnCl.
Einwirkung der Verbindung P(€2H5)4C1 . ZnCl auf KalU
hydrai. — Bringt man zu der krystallisirten Verbindung festes
Kalihydrat und wenig Wasser, so entwickelt sich unter leb-
hafter Einwirkung ein brennbares Gas; auf der Oberflächet
200
Pebal, zur Kennint fs
der concentrirten Kalilauge sammelt sich eine ölartige Flüssig-
keit an, weiche nach Triäthyiphosphin riecht, und aus welcher
man durch Destillation eine Substanz von den Eigenschaften
des Triäthylphosphinoxydes erhält.
Die Analyse des entwickelten Gases ergab folgende Zahlen *) :
Vol. bei 0^
und 1"*
Druck
Absorptionsrohr :
AnfangSTolamen
Naoh Behandlang mit wasser-
freier Schwefelsäure ....
Eudiometer :
Anfangsvolum
Nach Zusatz von Luft . . .
Nach Zusatz von Sauerstoff
Nach der VerpuflFung .
' Koh
Volum
^C.
Druck in
Metern
38,0
10,2
0,5966
37,0
9,1
0,6165
98,3
424,4
458,6
432,0
404,9
9,6
8,9
9,5
9,8
8,8
0,1794
0,4984
0,5296
0,5021
0,4841
21,85
22,07
17,04
204,85
234,71
209,40
189,89
Berechnet für Aethylwasserstoff :
25,31
20,24
Nach Absorption der Kohlens&ure
Gefunden :
Oontraction 25,31
Gebildete OO, 19,51
Unter den vier zunächst möglichen Reactionen :
1) P(€8H5)4C1 + KHO = P(€8H5)8 + KCl + OgH» . HO
2) = P(08H6)8 H- KCl + Gä -f HjO
3) = P(0,H5)8O + KCl + Oä -f Ha
4) = P(CA)30 + KCl + €,He
sind die Reactionen 2} und 3} durch die Natur des ent-
wickelten Gases ausgeschlossen. Ohne Zweifel' ist die Glei-
chung 4) der Ausdruck der Hauptreaction. Da jedoch sicher,
wenn auch in geringer Menge, Triäthyiphosphin auftritt, so
dürfte wohl eine Umsetzung nach Gleichung 1) nebenher
laufen, wenn nicht geradezu eine Spaltung :
P(€,H5)4C1 = P(0,H5)8 + €f,H,Cl
erfolgt« Eine Beimischung, von Chloräthyl hätte sich übrigens
durch eine Volumverminderung bei der Behandlung mit
wasserfreier Schwefelsäure bemerklich machen müssen.
*) Zur Beseitigung des Triäthylphosphindampfcs wurde dem Gase
zuerst atmosphärische Luft heigemischt. Nach Absorption des
Sauerstoffs wurde das Gasgemenge in das Absorptionsrohr gebracht
des TViäihi/lphosphinoceydes, 201
Die Reaclion läfst sich auch so auffassen, dars zunächst
Phosphäthyliuinoxydhydrat entsteht, welches weiter in der be-
kannten Weise zerlegt wird :
P(€f8H5)4Cl -f KHO = KCl + P(€,H6)4HO
P(€8H5)4HO = P(€-8H5)30 + €f,He.
Einwirkung von Zinkäthyl auf Phosphoroaychlorid. —
Als man Zinkäthyl zu Phosphoroxychlorid fliefsen liefs, waren
die Erscheinungen ganz ähnlich wie im umgekehrten Falle.
(Zuerst scheinbar ruhige Einwirkung, nach Zusatz einer
gröfseren Menge Zinkäthyls so bedeutende Wärmeentwickelung,
dafs der Kolben, in Wasser gestellt, zischte.) Das Product, eine
braunß dickflüssige Hasse, mit festem Kalihydrat und tropfen-
weise mit Wasser zusammengebracht, gab mne ganz geringe
Menge von Triäthylphosphin; über der concentrirten Kalilauge
sammelte sich eine getrennte Flüssigkeitsschichte, welche, mit
festem Kalihydrat in Berührung, unter lebhafter Einwirkung
ein Gas entwickelt. Für sich der Destillation unterworfen
gab die Flüssigkeit Triäthy Iphosphinoxyd (Schmelzpunkt 53,2^ C.)^
Aus dem bei der Destillation gebliebenen Rückstande wurden
auf Zusatz von Kalihydrat und Wasser unter heftiger Ein-
wirkung und Gasentwickelung neue Mengen von Triäthyl*
phosphinoxyd abgeschieden : ein Beweis, dafs mindestens der
gröfste Theil der durch Einwirkung von Zinkäthyl auf Phos-
phoroxychlorid gebildeten Masse nicht aus Triäthylphosphin-
oxyd ,' sondern aus Phosphäthyliumchlorid und Chlorzink be-
stand , aus welchem erst durch Einwirkung von Kalihydrat
das Triäthylphosphinoxyd gebildet wurde.
Aus diesen Versuchen folgt also, dafs, meiner Voraus-
setzung entgegen, bei der Wechselwirkung von Zinkäthyl und
Phosphoroxychlorid zunächst nicht Triäthylphosphinoxyd, son-
dern Phosphäthyliumchlorid gebildet wird, wobei jedoch die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dafs in Folge einer
202 Pebal, zur Kenntnifs
secundären Einwirkung des Chlorides auf Zinkoxyd Triäthyl-
phosphinoxyd entstehe.
Triäthylphosphinoxyd und schwefelsaures Kupfer, — Eine
Verbindung von Triäthylphosphinoxyd mit saurem schweflig-
saurem Natron darzustellen ist mir nicht gelungen. Die
Niederschläge, welche ich durch Zusammenbringen concen-
rirter Lösungen beider Substanzen erhielt, waren frei von
Triäthylphosphinoxyd. Dasselbe gilt von der durch Ver-
dampfen einer verdünnten Lösung der beiden Körper im
Exsiccator ausgeschiedenen Salzmasse.
Aus einem Gemenge verdünnter Lösungen von Triäthyl-
phosphinoxyd und schwefelsaurem Kupfer krystallisirt im
Exsiccator reiner Kupfervitriol. Bringt man aber zu erhitztem,
reinem oder nur wenig wasserhaltigem Triäthylphosphinoxyd
krystallisirtes schwefelsaures Kupfer, so löst sich letzteres
unter Prasseln in beträchtlicher Menge mit tief grüner Farbe
auf, während ein Theil des Kupfervitriols, in basisches schwefel-
saures Kupfer verwandelt, ungelöst bleibt. Die grüne Lösung,
deren Farbe beim Erkalten heller wird, wird blau, wenn man
sie mit wenig Wasser versetzt, und läfst beim Erhitzen eine
neue Menge des grünen basischen Kupfersalzes fallen. Aus
der blauen Lösung erhält man im luftverdünnten Baume über
Schwefelsäure schön ausgebildete vierseitige Prismen mit
schiefen Endflächen von der Farbe des Eisenvitriols. Die
Mutterlauge wird schwach grünlichblau.
Die Krystalle wurden von der Mutterlauge möglichst
getrennt, auf getrocknetes glattes Filtrirpapier gebracht , ab-
geprefst, im Exsiccator getrocknet, dann kurze Zeit feuchter
Luft ausgesetzt, wieder abgeprefst u, s. f. Nach mehrmaligem
Wiederholen dieses Verfahrens, wobei die Krystalle ihr Aus-
sehen nicht verändert hatten, wurden dieselben im luftver-
dünnten Baum über Schwefelsäure getrocknet und zur Analyse
verwendet.
des Triäthylphosphmoxydes. 203
I. 0,3932 Grm. gaben 0,5602 Grm. €Oj und 0,2864 Gh:m. HgO.
II. 0,3343 Grm. von einer zweiten Darstellung gaben 0,4795 Grm.
€02 und 0,2520 Grm. HjO.
III. 0,2051 Grm. von einer dritten Darstellung gaben 0,0818 Grm.
Ba^gO« und 0,0268 Grm. Cu,^*).
IV. 0,1760 Grm. von derselben Darstellung wie Nr. II. gaben 0,0766
Grm. Bagg^^.
Theorie
216 38,47)
3 Mol. TriÄthyl- iH^ft 45 8,02 1 „, ß-
pbosphinoxyd \V^ 93 16,57 f '^'^^
48 8,551
63,4 11,291
32 5,70 > 28,39
64 ll,40j
561,4 100,00 100,00
Versuch
1 Mol. Schwefels.
Kupfer
I. n. III. IV. Mittel
Kohlenstoff 38,86 j 39,18 — — i
Wasserstoff 8,09 („„ j.« 8,37 /„ ,- — — (.
_ 72,32 "^•;73,I7 _ j' 72,74
Sauerstoff
Phosphor — .«*,«* _ V.»,.. _ _ .
Kupfer — — 10,431 - 1 1
Schwefel — — 5,46^,55 5,96 }29,70 ^28,
Sauerstoff — — — j — j J
12
100,86
Die Verbindung liann demnach aasgedrückt werden durch
die Formel :
Cu,S^4 + 3P(G2H5)aO
Die Krystaile sind spröde, leicht zerbrechlich und er-
leiden in ganz trockener Luft keine Veränderung. Hit wenig
Wasser zusammengebracht oder längere Zeit feuchter Luft
ausgesetzt zerfliefsen sie theilweise und verwandeln sich in
feine blafsblaue seideglänzende Nadeln. In mehr Wasser
lösen sie sich ganz auf und aus der Lösung krystallisirt im
Exsiccator reines Kupfervitriol.
Der Vorgang bei der Einwirkung von Triäthylphosphin-
oxyd auf Kupfervitriol ist offenbar dieser, dafs zunächst ein
*) Das Kupfer wurde aus der vom überschüssig zugesetzten Chlor-
baryum befreiten Lösung mit Schwefelwasserstoff gefällt u. s. w.
204 Pebal, zur Kenntnifs
Theil der beiden Körper sieb umsetzt zu basischem schwefel-
saurem Kupfer und schwefelsaurem Triäthylphosphinoxyd,
welches letztere einen Theil des basischen Salzes mit grüner
Farbe auflöst '^) ; ein anderer Theil des Kupfervitriols löst
sich unverändert. Auf Zusatz von Wasser scheidet sich das
grüne basische Kupfersalz aus , die Lösung färbt sich blau
und aus dieser krystallisirt die oben beschriebene Verbindung
nebst schwefelsaurem Triäthylphosphinoxyd, dessen Krystalle
jedoch nach wenigen Secunden an der Luft zerfliefsen.
Unverkennbar ist die Aehnlichkeit der Vorgänge bei der
Einwirkung von Kupfervitriol und von Platinchlorid auf Triäthyl-
phosphinoxyd. Nach Hof mann entsteht in letzterem Falle
die Verbindung
3 [(€8Hft)8P^], (G8H5)8PCl„ 2PtCl,.
Beide Reactionen lassen sich durch folgende Gleichungen
erklären :
+ CusS04 + 3(G2H5)8PO.
SPtClg + 4(02H5)3PO = PtO + PtClj + (€8H6)8PCl8
+ PtCla + 3(€,H6)8PO.
Die Stoffe gruppiren sich schliefslich wie folgt :
Niederschlag Lösung Neue Verbindung
PtO -f- PtClj . (€jjH6)8PCljj . PtClj .3(€2H5)aPO
Bleibt in ^
V
Lösung Hofmann's Yerbindong.
Die Umwandlung der krystallisirten Kupferverbindung in
feine seideglänzende Nadeln bei Gegenwart von wenig Wasser
*) Das durch Wasser ausgeschiedene basische schwefelsaure Kupfer
ist in reinem Triäthylphosphinoxyd unlöslich; bringt man einige
Tropfen concentrirter Schwefelsäure zum Triäthylphosphinoxyd, so
löst sich das basische Salz beim Erwärmen mit grüner Farbe.
^ Die Zusammensetzung des basischen Eupfersalzes ist durch den
Versuch nicht ermittelt worden. Die Analogie würde aber selbst
dann wenig beeinträchtigt sein, wenn eine basischere Verbindung
entstanden wäre.
des Triäihylphosphinoxydes. 205
dürfte sich durch Aufnahme von Krystailwasser erklären lassen.
Ein Uebersohufs von Wasser scheidet das Triäthylphosphin-
oxyd aus dessen Verbindung mit schwefelsaurem Kupfer. Es
scheint demnach, dafs das Tnäthylpho;$phinoxyd in der ge-
nannten Verbindung die Stelle des Krystallwassers einnimmt.
Die Eigenschaft einiger Ketone, sich mit sauren schweflig-
sauren Albalien zu festen Verbindungen zu vereinigen, scheint
mindestens eben so sehr auf physikalischen als auf chemischen
Eigenschaften derselben zu. beruhen, da selbst solche Körper,
welche entschieden in die Reihe der Ketone gehören, keine
solche Verbindung eingehen. Defshalb kann auch der Mangel
dieser Eigenschaft an einer Verbindung nicht als Grund gelten,
dieselbe von der Reihe der Ketone auszuschliefsen.
Ich halte es für wenig gerechtfertigt, bei der Vereinigung
der Ketone mit sauren schwefligsauren Alkalien eine Wasser-
ausscheidung anzunehmen und in den Formeln das ausge-
schiedene Wassermolecül dem Reste als Krystailwasser an-
zuhängen (z, B. esHöNaSOa + H2O) (Lim p rieht), denn
bis jetzt ist keine derartige Verbindung mit Sicherheit be-
kannt, in welcher das hypothetische Krystallwassermolecül
fehlt. Der Umstand, dafs diese Verbindungen einfach durch
Addition entstehen und sehr leicht [wie z. B. die Verbindung
mit Acetyläthyl bei 100® — (Freund)] unter Abgabe des
Ketons zerfallen, spricht vielmehr für die Ansicht, dafs diese
Verbindungen von jener Art seien, wie die Verbindungen
von Salzen mit Krystailwasser oder wie die beschriebene
Verbindung von Triäthylphospbinoxyd mit schwefelsaurem
Kupfer.
Der Sauerstoff des Triäthylphosphinoxydes kann leicht,
zum Theile wenigstens, gegen Chlor, und umgekehrt, aus-
getauscht werden. Auch hierin liegt keine wesentliche Ver-
206 Pebalj zur KennJtnifs d. Triäthylphoxphinoxi/dea.
schiedenheit von den Ketonen; denn nach Priedel (Jahres-
bericht f. 1859, S. 337) entsteht durch Einwirkung von
Phosphorsuperchlorid auf Aceton ein Körper von der Zn-
sammensetzung GsHeCla.
Der Umstand, dafs durch die Einwirkung von Zinkäthyl
auf die Grappe POGIGICI
statt POAeAeAe
zunächst die Gruppe PAeAeAeAeCl gebildet wird,
beweist wenig gegen meine anfangs ausgesprochene Ansicht.
Die Ursache dieser Erscheinung kann in der ganz zufällig
überwiegenden Verwandtschaft des Zinks zum Sauerstoff
liegen^ und es ist denkbar, diifs beispielsweise bei der Ein-
wirkung von Acetylchlorid auf Zinkäthyl eine der obigen
Reaction ganz ähnliche Einwirkung
GgHj^Cl + (G,H5)<jZnj = GjHs . (G8H5)8G1 + Zn^^
die Hauptumsetzung begleitet*).
Obschon sich also, mit Ausnahme der Zusammensetzung,
wenig positive Merkmale zur Charakterisirung der Verbindung
als Keton auffinden lassen, so kann doch, wie ich glaube,
ein entscheidender Grund geffen diese Auffassung vorläufig
nicht geltend gemacht werden.
J
*) Bei der erwähnten Einwirkung erhielt man neben Acetylftthyl
eine Flüssigkeit von hohem Siedepunkte und einem an die zu-
sammengesetzten Aether der Essigsäurereihe erinnernden Gtoraobe.
Durch Einwirkung der Verbindung G8Hs(GgHft)8Gl = G^H^sGl
und noch unveränderten Ghloracetyls auf das zugesetzte Wasser
konnte ein Körper Ton der Zusammensetzung des essigsauren
Gaproyläthers entstanden sein. Es sind bereits Versucihe einge-
leitet, welche über die Natur des gebildeten Körpers entscheiden
sollen.
207
üeber Chromsuperoxyd und Chromsäure;
von Hugo Schiff.
1) Ueber Chromsuperoxyd,
Gelegentlich der früher (diese Annalen Bd. CXIX, S. 342)
mitgetheilten Versuche über* die Einwirkung von Chlorkalk-
lösung auf Wisroulhoxyd habe ich auch die Einwirkung auf
Chromoxydhydrat und auf violettes Chromchlorid einer Prüfung
unterzogen; es ergab dieselbe in beiden Fällen eine Ueber-
führung in braunes Chromoxyd, wobei jedoch die Flüssigkeit
stets etwas Chromsäure enthält« Eine Lösung von Chrom-
alaun hingegen giebt mit alkalischem Chlornatron nur grünes
Oxydhydrat*
Das braune Chromoxyd wird bekanntlich von einigen
Chemikern als ein eigenthümliches , dem Hangan- und Blei-
soperoxyd analog zusammengesetztes Chromsuperoxyd ange-
sprochen, während Andere eine Verdreifachung der Formel
vorziehon und es als eine Verbindung von Chromsäure mit
Chromoxyd betrachten. Für letztere Auffassung scheint der
Umstand zu sprechen, dafs bei längerem Auswaschen nament-
lich der hydratischen Verbindung das Waschwasser Chrom-
säure aufnimmt und zuletzt nur Chromoxyd zurückläfst. Ich
habe gefunden, dafs auch das mittelst Chlorkalk aus Chrom-
oxydhydrat dargestellte braune Oxyd dasselbe Verhalten zeigt.
Als eine sehr einfache und schnell zum Ziele führende
Methode zur Darstellung d«s braunen Chromoxyds empfehle
ich die folgende, welche auf der Zersetzung des Nitrats be-
ruht. Man bereite ein inniges Gemenge von gleichen Gewichts-
theilen rothen Kaliumchromats mit krystallisirter Oxalsäure
und setze demselben so viel concentrirte Salpetersäure zu,
dafs das Ganze einen dicken Brei bildet. Erwärmt man diesen
in einem Porcellantiegel, welcher wegen des Aofschäümens
208 Schiffe über Chromsuperoxyd
etwa die dreifache Capaeität haben mufs, so tritt sehr bald
die Reaction ein, in deren Folge sich unter Entwickelung von
Kohlensäure Salpeter und Chromnitrat bildet. Der Tiegel-
inhalt wird bei einer etwas unter dem Schmelzpunkt des
Salpeters zu haltenden Temperatur so lange erhitzt, als noch
rothe Dämpfe entweichen^ und dann die sich leicht ablösende
poröse Masse im gepulverten- Zustand mit kaltem Wasser
digerirt. Aus der hierbei sich bildenden Lösung kann durch
Zusatz von Ammoniak noch braunes Oxydhydrat gefällt werden.
Sowohl ein nach dieser Methode, als auch ein aus reinem
Chromnilrat dargestelltes braunes Oxyd wurde durch längeres
Auswaschen zerlegt, aber die Zersetzung ging so aufser-
ordentlich langsam vor sich, dafs bei täglich zehnstündiger
Auswaschung mit Wasser von mittlerer Temperatur ein
Gramm der Verbindung selbst nach sechs Wochen noch nicht
vollständig zersetzt war. Die in dem Waschwasser ent-
haltenen Chromsäurequantitäten sind so gering, dafs sie sich
den gewöhnlichen Reactionen entziehen, und diefs ist wohl
auch der Grund, wefshalb die Zersetzung des auf trockenem
Wege dargestellten braunen Oxyds früher tibersehen wurde.
Die den wirklichen Superoxyden zukommende Eigenschaft,
die Guajaktinctur zu bläuen, geht dem braunen Chromoxyd ab.
2) Eine Reaction auf Ghromaäure.
Bei den Versuchen über die Zersetzbarkeit des braunen
Chromoxyds durch Wasser war es mir um eine schnell aus-
führbare empfindliche Reaction auf Chromsäure zu thun. Bei
Lösungen, welche Vioooo Chromsäure enthalten, ist zwar die
gelbe Farbe — und nach Behandlung mit Weingeist und
Schwefelsäure die grüne — noch deutlich bei nicht zu dünnen
Schichten zu erkennen, aber Vsoooo ist hiermit nicht mehr
nachweisbar. Sehr empfindlich ist das Verhalten gegen
schwach alkalisches Bleiacetat, aber es wird auch hier die
und Chromsäure^ 209
Grenze bald erreicht. Ich wandte mich nun^ der bekannten
Thatsache zu, dafs die Chromsäure eine Bläuung der Guajak-
liiictur bewirkt. Schon früher hatte sich mir das Guajak
gegen salpetrige Säure so empfindlich gezeigt , dafs ich es
zur Prüfung der Schwefelsäure auf Oxyde des Stickstoffs
empfehlen konnte (diese Ann. CXI, 372); bei der Chlorbleiche,
wo man das Guajak als Reagens empfohlen, steht es der
SilberreacUon etwa gleich, und so durfte ich hoffen, dni» ähn-
liche Empfindlichkeit auch gegen Chromsäure statthaben werde.
Aber wie sehr wurden meine Erwartungen übertroffen, als ich
eine mit Schwefelsäure versetzte fast farblose Lösung neutralen
Kaliumchromats allmälig noch mit dem zehnfachen Volum
Wasser verdünnen konnte, ohne dafs die Reaction aufhörte.
Ein kleiner Ueberschufs an Schwefelsäure begünstigt den
Eintritt der Färbung sehr (die Säure war frei von Salpeter«
säure). Wurde von einer mit 1 bis 2 CC. Schwefelsäure
versetzten Lösung von 40 Hgr. Kaliumchromat in Va Liter
Wasser, welche also im Cubikcentimeter Viooooo Chromsäure
enthält, Vio CC. in einem Porcellanschälchen zu wenigen
Tropfen Guajaktinctun gesetzt (ein Theil Harz auf etwa 100 Th.
ßOprocentigen Weingeistjy so, tritt sogleich intensive Bläuung
ein. Wird die Lösung auf Vio verdünnt, so dafs sie nun
Vioooooo Chromsäure oder 1 Mgr. im Liter enthält, so tritt bei
Schwefelsäureüberschufs immer noch eine deutliche, aber nach
wenigen Secunden verschwindende Färbung ein. Bei einiger
Uebung kann die Reaction mit Vio CC. Flüssigkeit angestellt
und also noch Viooooooo Grm. Chromsäure mit Leichtig-
keit nachgewiesen werden. Es gestattet diese Reaction den
Nachweis der Löslichkeit der Chromate von Baryum und
Blei in destillirtem Wasser. Die Lösungen waren durch ein
doppeltes Filter gegangen und zeigten unter dem Hikroscop
nichts Aufgeschwemmtes. Das Verschwinden der Reaction
nach Behandlung mit Weingeist tritt selbst bei den ver-
Annal. d. Chem. n. Pharm. GX2. Bd. 2. Heft. 14
210 Schiff, über Chromsuperoxyd
dünntesten Lösungen deutlich hervor; beim Schütteln dieser
letzteren darf man das Gefäfs nicht mit dem Finger ver-
schliersen, da eine hierauf erfolgte und wahrscheinlich durch
einige losgespülte Hautschuppen bewirkte Reduction mehr»
mals beobaclitet wurde.
3} Verhalten der chromsauren zu Weinsäuren Salzen.
Vermischt man eine Lösung von Katiumbisulfat oder
Bioxalat mit einer solchen von neutralem Kaliumtartrat, so
bildet sich bekanntlich neutrales Sulfat oder Oxalat und man
erhält einen Niederschlag von Weinstein. Man sollte nun
erwarten, dafs auch das gewöhnlich als saures Salz betrachtete
rothe Kaliumchromat sich ähnlich verhalte; aber beide Salze
zersetzen sich nicht. Bringt man andererseits neutrales Kalium*
Chromat mit Weinstein zusammen, so macht man die auf-
fallende, theoretisch nicht zu erwartende Beobachtung, dafs
beide Salze sich zu neutralem Tartrat und rothem Chromat
umsetzen. Wegen dieses Umstandes löst sich gepulverter
Weinstein auch in ziemlicher Menge in einer Lösung von
neutralem Kaliumchromat auf. Man erkennt den Eintritt der
Reaction sogleich an der Aenderung der Farbe, und wenn
man mit einer concentrirteren Lösung in* der Wfirme operirt,
so erhält man beim Erkalten Krystalle des weit weniger lös-
licheren rotfaen Chromats. "'
Wir haben hier eine Umsetzung, bei welcher das rothe
Chromat völlig die Rolle eineiS neutralen Salzes einnimmt, und
es spricht dieses Verhalten zu Gunsten der von Kekulö,
Wurtz und mir für die analog zusammengefretzten Salze
aufgestellten Formeln, welche lediglich darauf hinauslaufen,
diese Verbindungen als neutrale zu characterisiren. Die saure
Reaction mit Lackmus kann hier nicht in Betracht kommen,
da bekanntlich, auch andere neutrale Verbindungen die Lack-
mustinctur röthen.
1
und Chromsäure. 211
Versetzt man eine Brechweinsleintösung mit wässerigem
neutralem Kaliomchromat , so tritt schon in der Kälte augen-
blicklich eine blattgrüne Färbung ein ; es erfolgt keine Gas-
entwickelung und selbst beim Erwärmen kein Niederschlag.
Die Reaction auf Lackmus läfst kein freies Alkali erkennen.
Die grüne Flüssigkeit trocknet zu einer firnifsähnlichen , in
regelmäfsige Stücke zerspringenden Hasse ein, welche sich
leicht und vollständig wieder in Wasser löst. Natronsalze,
nicht aber Kali- oder Ammoniaksalze , geben SDgleich einen
weifsen Niederschlag. — Es scheint hier eine Umsetzung in
der Art stattzufinden, dab das Antimonoxyd durch die Chrom-
säure zu Antimonsäure oxydirt wird und diese sich mit dem
Kali der Chromsäure verbindet, während das entstehende
Chromoxyd an die Stelle des Antimonoxyds tritt. Nehmen
wir Für das Kaliumchromtartrat nach Halaguti die Formel
€4H4K(€r0)O6 an , so möchte die Gleichung :
3 04H4K(Sb^)ö e + 2 €rK8^4 :s= 3 SbK^« + GÄK^Oe + 2 €4H4K(€rO)Oe
den wahrscheinlichsten Ausdruck fiür die hier statthabende
Umsetzung geben.
Bern, im Juni 1861.
Darstellung fester Kohlensäure ;
vou A. Loir und CA. Dri<m*).
Wenn man einen flüssiges (condensirtes) Ammoniak ent-
haltenden Glaskolben — unter Einschaltung eines Gefäfses,
*) Aas Compt. rend. LII, 749. Das zu den Versuchen angewendete
flüssige Ammoniak war dargesteUt durch Einleiten yon Ammo-
niakgas in einen Kolben, welcher mit flüssiger schwefliger Säure
14*
212 Loir u. DrtoUf Darstellung
welches mit Schwefelsäure getränkte Coaksstücke enthält —
mit einer Luftpumpe in Verbindung setzt und diese wirken
läfst, so sinkt die Temperatur des verdunstenden flüssigen
Ammoniaks rasch; bei etwa — 81^ beginnt es zu erstarren,
und wenn die Luftpumpe den Druck bis auf etwa l'"'" Queck^
silberhöhe zu verringern vermag, so sinkt die Temperator
des festen Ammoniaks bis zu <— . 89^5. Bei dieser Tem-
peratur wird Kohlensäure unter dem gewöhnlichen Druck
flüssig; leitet man trockenes Kohlensäuregas durch eine in
das Ammoniak eintauchende U* Röhre, so wird eine gewisse
Menge desselben zur Flüssigkeit condensirt, doch nur wenig,
da die auf diese Art hervorzubringende Temperatur nur
wenige Grade unter der Verfiüssigungstemperatur für den
gewöhnlichen Druck liegt.
Verstärkt man aber den Druck etwas, so lassen sich in
kurzer Zeit erhebliche Mengen fester Kohlensäure darstellen.
Nach Loir und Drion verfährt man in folgender Weise«
Man bringt etwa 150 CC. flüssiges Ammoniak in ein Glas-
umgeben war, deren Verdunstung mittelst der Luftpumpe be-
schleunigt wurde; so lassen sich nach Loir und Drion leicht
2 Deciliter flüssiges Ammoniak in weniger als 2 Stunden dar-
stellen. — Wir erinnern hier . an frühere Mittheilungen Yon Loir
und Drion (Bulletin de la soc. chimique, s^ance du 22 Juin
1860) über die Verdichtung Yon Gasen nur durch Temperatur-
emiedrigung, unter gewöhnlichem Druck. Wird Luft mittelst
eines continuirlich wirkenden Blasbalges gleichzeitig durch meh-
rere Röhren durch etwa 200 Grm. Aether getrieben, so sinkt
die Temperatur innerhalb 4 bis 5 Minuten auf — , 34^ und erhält
sich so 15 bis 20 Minuten lang. Bei dieser Temperatur lassen
sich erhebliche Mengen Cyan oder schweflige Säure condeu-
siren (die Condensation des Cjans unter gewöhnlichem Druck
beginnt bei etwa — 22^; ein schwacher über das flüssige Cyan
streichender Luftstrom bewirkt sofortiges Erstarren). Wird Luft
durch flüssige schweflige Säure getrieben« so sinkt die Tempe-
ratur der letzteren auf — 50^, bei welcher Temperatur sich Chlor
und Ammoniak eu Flüssigkeiten rerdichten. D. R*
fester Kohlensäure, 213
gefäfs, dessen Rand mit einer Metallfassung versehen ist, auf
welche eine mit zwei Oeffnungen versehene Platte luftdicht
pafst. Mittelst der einen Oeffnung wird das Glasgefäfs mit
der Luftpumpe in der angegebenen Weise in Verbindung
gesetzt; in die andere Oeffnung ist ein unten geschlossenes
und bis zu dem Boden des Glasgefäfses herabreichendes
*
Glasrohr befestigt. Die Kohlensäure wird entwickelt durch
Erwärmen von variier getrocki^tem zweifach -kohlensaurem
Natron in einem kupfernen Kolben, dessen Hals Chlorcalcium-
stücke enthält und mittelst eines Bleirohrs einerseits mit dem
in das flüssige Ammoniak tauchenden Glasrohr , andererseits
mit einem kleinen Manometer communicirt. Wenn die Luft
aus dem Apparat entfernt und die Temperatur des Ammoniaks
bis nahe zum Erstarrungspunkt desselben erniedrigt ist, so
erhitzt man den Kolben unter steter Beobachtung des Mano-
meters, so dafs der Druck sich zwischen 3 und 4 Atmo-
sphären hält. Bald bilden sich in dem Glasrohr durchsichtige
Krystalle von fester Kohlensäure , deren Menge rasch zu-
nimmt; in etwa Vs Stunde ist der ganze in das Ammoniak
tauchende Theil des Glasrohrs mit einer dichten Krystall-
kruste ausgekleidet.
Die so erhaltene festie Kohlensäure bildet eine farblose,
wie Eis durchscheinende Masse, welche sich mittelst eines
Glasstabs leicht in würfelähnliche, 3 bis ^^ grofse Krystalle
zertheilen läfst. Die Krystalle gehen der Luft ausgesetzt
langsam in Gas über; sie lassen sich schwer zwischen die
Finger nehmen , denen sie wie schlüpfrig leicht entgleiten ;
fest angefafst verbrennen sie die Haut in empfindlichster
Weise. Ein Gemenge der Krystalle mit Aether zeigt eine
Temperatur von — 81 ^
Die angegebenen Temperaturen wurden mittelst eines
Weingeist - Thermometers ermittelt , an welchem als fixe
214 Fitttff, über die Oocydattansproducte
Punkte 0^ in schmelzendem Eis and — 4ffi in schmelzendem
Quecksilber bestimmt waren.
lieber die Oxydationsproducte des Toluols dorch
verdünnte Salpetersäure;
von Rudolph Fitüg.
In einer früheren Notiz*) zeigte ich bereits, dafs das
Tolool sich beim Behandeln mit verdünnter Salpetersäure
ganz anders verhalte, als die ihm homologen Kohlenwasser-
stoffe Cumol und Cymol> dafs es sich nämlich nicht, wie diese,
unter gleichzeitiger Bildung von Oxalsäure , in eine Säure
mit niedrigerem Kohlenstoffgehalt verwandele. Ich habe
seitdem den Versuch mit gröfseren Mengen Toluol wieder-
holt und veröffentliche einstweilen die bis jetzt gefundenen
Resultate.
Das Toluol, welches zu diesen Versuchen angewandt
wurde, war aus dem zwischen 100 und 120^ siedenden Theil
des gereinigten Steinkohlentheeröls abgeschieden. Es wurde
dieser Theil so lange der fractionirten Destillation unter-
worfen, bis ein Kohlenwasserstoff erhalten wurde, der bei
jeder erneuerten Destillation vollständig zwischen 108 und
113^ überging. Von diesem Destillate wurden Portionen von
50 bis 60 Grm. in einem geräumigen Kolben, der mit dem
unteren Ende eines Liebig'schen Kühlapparates verbunden
war, mit einem Gemisch von einem Theil käuflicher concen-
*) Diese Annalen CXVII, 192.
des Toliiols durch verdünnte Salpetersäure. 215
trirter Salpetersäure und zwei Thetlen Wasser S9 lange ge-
kocht , bis keine Entwickelung rother Dämpfe mehr stattfand«
Die Oxydation geht nur langsam vor sich, aber schon nach
eintägigem Kochen schied sich in der Regel beim Erkalten
eine weifse krystallinisehe Säure aus; nach 4 bis 5 Tagen
war der Procefs gewöhnlich als beendigt zu betrachten» Es
wurde dann zunächst das noch unsersetzt gebliebene oder
theilweise in Nitrotoluol übergeführte Oel , welches grofse
Mengen der Säure gelöst enthielt, mit etwa dem vierten Theil
der Flüssigkeit abdestillirt und die nach dem Erkalten des
Rückstandes sich abscheidende weifse Krystallmasse abfiltrirt»
mit etwas kalteoi Wasser gewaschen und getrocknet.
Es zeigte sich bald, dafs diefs rohe Oxydationsproduct
ein Gemenge mehrerer Säuren von verschiedener Loslichkeit
in Wasser war« Die Trennung derselben von einander ist
mit den gröfsten Schwierigkeiten verbunden , weil sie in
ihrem Verhalten eine aufserordentliche Aehnlichkeit mit ein-
ander zeigen. . . Ich versuchte verschiedene Methoden der
Trennung» unter denen mir die folgende als die beste
erschien.
Um zunächst von dem am schwierigsten löslichen Theil
annähernd zu trennen, wurde das trockene Gemenge so lange
mit kleineren Mengen Wasser ausgekocht ^ bis etwa drei
Viertel der Masse ausgezogen waren. Der schwerlösliche
Rückstand wurde einstweilen bei Seite gesetzt. Die aus den
vereinigten wässerigen Lösungen beim Erkalten sich ab-
setzende Säure war unzersetzt flüchtig und wurde defshalb
nach dem Trocknen aus einer kleinen Retorte destillirt. Sie
schmolz beim Erhitzen und ging bei höherer Temperatur als
ein fast farbloses Oel über, welches sehr rasch in der Vor-
lage oder im Betortenhalse zu einer steinharten , scheinbar
unkrystallinischen Masse erstarrte. Diese wurde mit Wasser
Übergossen und mit Marmor. bi9 zum Aufhören der sauren
216 Fittigy über die Oan/dcUtonsproditcte
Reaction gekocht. Aus der bis zur beginnenden Krysiallisation
eingedampften Lösung setzten sich beim Erkalten schwach gelb
geförbte, nadeiförmige Krystalle ab, die hauptsächlich aus einem
Calciumsalz von der Zusammensetzung G^HsCaOs bestanden^ wel-
ches aber noch sowohl mit einem schwerer, als auch mit einem
leichter löslichen Salze verunreinigt war* Als Kriterium für
die Reinheit desselben wurde ein constanter Schmelzpunkt
der aus einer Probe mit Salzsäure abgeschiedenen, aus Wasser
umkrystallisirten und getrockneten Säure genommen. Es
zeigte sich nämlich , dafs die im Aeufseren so ähnlichen
Säuren in ihrem Schmelzpunkte so sehr von einander diffe»
rirten, dafs selbst noch geringe Verunreinigungen daran er-
kannt werden konnten, dafs eine nicht zu geringe Probe
dann nie in ihrer ganzen Hasse bei derselben Temperatur
schmolz, sondern in der geschmolzenen Hasse noch feste
Theile suspendirt blieben. Beim Umkrystallisiren des CaU
ciumsalzes wurden defshalb bald die zuerst sich abscheiden-
den Krystalle, bald die letzte Hutterlauge entfernt. Nur auf
diese umständliche und zeitraubende Weise gelang es end-
lich nach 15- bis 20 maliger Umkrystallisation, ein in kleinen
farblosen Nadeln krystallisirtes reines Salz zu erhalten.
Die aus diesem Salze mit Salzsäure abgeschiedene und
durch Umkrystallisiren aus kochendem Wasser gereinigte
Säure hat die durch die Formel G^ÜQQ^ ausgedrückte Zusam-
mensetzung :
0,1972 Grm. der über Schwefelsäure getrockneten Säure gaben
0,4407 Grm. Kohlensäure = 0,12019 Grm. € und 0,0824 Grm.
Wasser = 0,09155 Grm. H.
Berechnet
Grefunden
e,
84 60,87
60,94
He
6 4,35
4,64
«.
48 34,78
—
138 100,00.
des Toluols durch verdünnte Salpetersäure, 217
Ich nenne diese Säure Oxytolsäure. Sie ist in kaltem
Walser nur sehr wenig löslich, viel leichter in heifsem und
in Alkohol. Aus der heifs gesättigten wässerigen Lösung
scheidet sie sich, wenn sie. absolut rein ist; in kleinen aber
deutlichen farblosen glänzenden Nadeln ab. Ganz geringe
Verunreinigungen mit der schwerer löslichen Säure aber
reichen hin , ihr ein «nkrystallinisches, flockiges Ansehen zi^
geben. Sie schmilzt ohne vorher weich zu werden genau bei 180^
und erstarrt bei 177^ wieder vollständig. Ist sie verunreinigt mit
der schwerer löslichen Säure, so lassen sich in der. bei 180^
geschmolzenen Säure noch ungeschmolzene Theilchen wahrneh^
men; bei einer Verunreinigung mit der leichter lösliehen Säure
wird sie schon unter 180^ teigig. Schon bei einer Temperatur,
die den Schmelzpunkt nicht erreicht, sublimirt sie; bei hö-
herer Temperatur läfst sie sich unzersetzt destilliren , ohne
einen kohligen Rückstand zu hinterlassen. Auch mit den
Wässerdämpfen verflüchtigt sie sich. Die trockene Säure ist
geruchlos, aber ihr Dampf und auch die kochende wässerige
Lösung besitzen einen der Benzoesäure ähnlichen, zum Husten
reizenden Geruch.
Das Kaliumsalz der Oxytolsäure, durch Fällen des Gal-
ciumsalzes mit kohlensaurem Kalium, Eindampfen und Um-
kryslallisiren aus siedendem absolutem Alkohol erhalten» bildet
sehr kleine, stark glänzende farblose Nadeln, die in Wasser
sehr leicht löslich, in kaltem absolutem Alkohol fast unlöslich
und auch iri siedendem nur schwierig löslich sind.
0,2608 Grm. verloren nach dem Trocknen über Schwefelsäure bei
130^ Nichts am Gewicht und gaben 0,1302 Grm. schwefeis.
Kalium = 0,05853 Ka.
Berechnet Gefanden
Ka 39^ 22,25 22,44.
Das Natriumsalz ist in Wasser aufserordentlich leicht
löslich. Aus der ganz concentrirten Lösung scheidet es sich
218 Fittig, vier die Oxydationsproducte
in kleinen KrysUllen ab, die wegen ihrer sehr grofsen Lös-
lichkeit durch Umkrystallisiren nicht gereinigt werden konnten.
Durch kalten absoluten Alkohol wird es aus der eoncentrir-
ten wässerigen Lö^sung als eine wetfse, sehr voluminös«
Gallerte gefallt. In kochendem absolutem Alkohol ist es in
ziemlicher Menge löslich , aber die gesättigte alkoholische
Lösung scheidet beim Erkalten keine KrystaUe ab , . sondern
gesteht vollständig zu einer gelatinösen Hasse.
Das Calctumaalz bildet kleine farblose Nadeln, dje in
heifsem Wasser viel leichter als in kaltem löslich sind; auch
in Weingeist löst es sich. Das über Schwefelsäure ge*
trocknete Salz bat die Zusammensetzung 'GrHsCa^s -4~ ^Vx Ha 0^-
0,620 Grm. verloren beim Erhitzen auf 130^ 0,091 Orm. Waserer.
0,2892 Grm. wasserfreies Salz gaben 0,1242 Grm. schwefeis. Cal-
cium = 0,03653 Ca.
Berechnet Gefanden
%H£a08 -flVsHgO
HjO — '14,67 14,68
OyKeCaPa
Ca 20 12,74 12,63.
Das Bart/umsah, durch Kochen der Säure mit kohlen-
saurem Baryum dargestellt, krystallisirt ebenfalls in Nadeln,
die in heifsem Wasser löslicher, als in kaltem sind. Es ver-
liert sein Krystallwasser wahrscheinlich schon bei längerem
Stehen über Schwefelsäure vollständig. Nach etwa achttägigem
Stehen über Schwefelsäure verlor das Salz beim Erhitzen auf
140^ nur 3,6 pC. an Gewicht, während VaHgO schon 4,2 pC.
verlangt.
I. 0,369 Grm. wasserfreies Salz gaben 0,211 Grm. schwefeis.
Baryum = 0,12406 Grm. Ba.
IL 0,310 Grm. gaben 0,1785 Grm. schwefeis. Baryum = 0,10495
Grm. Ba.
Berechnet Gefanden ~
eTHftBaOg L ^^.
Ba 68,5 33,33 33,62 33,85. .
des Tobtob durch' verdünnte Salpeter säure, 219
Das Sübersalz erhält man durch Fällen des Ammoniam*
oder Caiciumsalzes mit salpetersaurem Silber als einen weifsein
voIuminöBen Niederschlag. Bs ist in kaltem Wasser fast
unlöslich, in heifsem löst es sich leichter und krystallisirt
aus der heifs ffesättigten Lösung in kleinen farblosen , stark
glänzenden Nadeln, die sich am Licht nur langsam gelb
färben.
L 0>8868 Grm. gaben nach dem Troeknen bei lOQ^' 0,4842 Gnn.
Kohlensäure =? 0>lB20ö5 Grm. 6 and 0,070 Grm. Wasser
= 0,007778 Grm. H. "
II. 0,194 Grm. gaben 0,0848 Grm. Ag.
HI. 0,2725 Grm. gaben 0,119 Qrm. Äg.
Berechnet
€7 84 84,29
Hg 5 2,04
Ag 108 44,08 — 43,71 43,67
Og 48 19,69 — — —
245 100,00.
Die Lösung des oxytolsauren Ammoniums wurde nicht
gefällt durch Lösungen der alkalischen Erden , durch Chrom-
alaun, schwefelsaures Zink, schwefelsaures Hangan, Chlor-
nickel, Chlorkobalt, Quecksilberchlorid^ salpetersaures Cad-
mium und Brech Weinstein. Eisenvitriol gab einen weifsen
flockigen, Eisenchlorid einen röthlich- weifsen Niederschlag,
Kupfervitriol erzeugte besonders beim Kochen einen bläulicb-
weifsen Niederschlags der sich in Ammoniak mit blauer
Farbe löste; essigsaures Blei bewirkte einen weifsen, in der
Hitze löslichen Niederschlag; eine Alaunlösung gab eine weifse
und Uraneblorid eine gelblich - weifse Fällung.
Aus der Zusammensetzung der oxytolsauren Salze ergiebt
sich, dafs. die Säure eine einbasische ist. Die wässerigen
Lösungen der Salze reagiren vollständig neutral. Vielleicht
zeigt sie aber dasselbe merkwürdige Verhalten wie die Sali-
cylsäure, dafs sie nämlich zweiatomig,, aber einbasisch ist.
220 Fittiffy Hier die Oxydatiansproducte
Es fehlte mir leider an reinem Material, um Versuche in
dieser Hinsicht anzustellen.
Die Oxytolsäure hat, wie die obigen Analysen zeigen,
dieselbe Zusammensetzung wie die Salicylsäure und die Oxy-
benzoesäure. Von beiden Sfiuren unterscheidet sie sich durch
ihre Eigenschaften aber so wesentlich, dafs an eine Identität
nicht zu denken ist. Gröfsere Aehnlichkeit zeigt sie mit der
Säure, die Laurent*) 4)ei der Behandlung des Oeles aus
bituminösen Schiefern und des zwischen 130 und 160^ sie-
denden Steinkohlentheeröls in geringer Menge erhielt und
mit dem Namen „Ampelinsäure^ bezeichnete, aber auch von
dieser weicht sie in mehrfacher Hinsicht wesentlich ab. Die
Ampelinsäure schmolz erst über 260^ und ihr Nickelsalz war
unlöslich, während das Ammoniaksalz der Oxytolsäure mit Nickel-
salzen keinen Niederschlag giebt. Da Laurent's Säure aus
demselben, freilich höher siedendem Material auf dieselbe Weise
wie die Oxytolsäure erhalten wurde ^ so wäre man freilich
versucht, sie für eine unreine Oxytolsäure zu halten, wenn
dagegen nicht der um mehr als 80^ höher gefundene Schmelz-
punkt spräche. Die Ampelinsäure ist aber viel zu unvoll-
ständig untersucht; als dafs wir ihre Existenz als bewiesen
betrachten könnten; denn bei der einzigen Analyse, welche
Laurent ausführte, differirt der gefundene Kohlenstoffgehalt
um beinahe ein ganzes Procent von dem berechneten > und
von ihren Salzen wurde keines näher untersucht und analysirt.
Es scheint I dafs sie ein Gemenge einer stickstofffreien mit
einer nitrirten Säure war. Darauf deutet wenigstens eine
Bemerkung in Laurent's Abhandlung, dafs die Säure beim
Verbrennen einen Geruch entwickelte, der demjenigen sehr
ähnlich war, welchen nitrirte Substanzen unter denselben
Umständen geben. — Die Zersetzungsprodücte der Oxytolsäure
*) Ann. dum. phy». LXIV, 326.
des Toluols durch verdünnte Salpetersäure. 221
konnte ich noch nicht näher untersuchen^ da ich, wegen der
so aufserordentlich schwierigen Trennung von den anderen
gleichzeitig sich bildenden Säuren, selbst aus grörseren Men-
gen des unreinen Säuregemisches nach mönatelangem Arbei-'
ten nur geringe Mengen des absolut reinen Calciurnsalzes
erhielt. Es scheint inders^ dafs die Oxytolsäure sich dadurch
ganz wesentlich von den isomeren Säuren unterscheidet, dafs
bei der trockenen Destillation des Calciurnsalzes mit über-
schüssigem Kalk keine Carbolsäure gebildet wird. Bei einem
Versuche, der freilich nur mit einer geringen Quantität ausgeführt
werden konnte, wurde ein braunes Oel erhalten, welches durchaus
nicht den characteristischen Geruch der Carbolsäure zeigte.
Beim Eindampfen der Mutterlaugen, aus welchen
sich das oxytolsäure Calcium ausgeschieden hatte , wurde
ein anderes Calciumsalz erhalten, welches nach vielmali-
gem Umkrystallisiren , wobei immer die zuerst sich aus-
scheidenden schwerer löslichen Krystalle entfernt wurden,
grofse concentrisch vereinigte Nadeln bildete, die sich schon
äufserlich von den viel kleineren Krystallen des oxytolsauren
Calciums wesentlich unterschieden. Die Analyse ergab für
dieses Salz die Zusammensetzung €7H5Ca02 4- IVsHsO.
I. 0,391 Qrm. yerloren bei 130^ 0,062 Grm. Wasser.
II. 0,263 Grm. verloren bei 130^ 0,0412 Grm. Wasser.
I. 0,2218 Grm. wässerfreies Salz gaben 0,107 Grm. schwefeis.
Calcium = 0,031471 Grm. Ca.
II. 0,329 Grm. gaben 0,1542 Grm. schwefeis. Calcium = 0,045353
Grm. Ca.
Berechnet Gefunden
GyHgCaO, + iVaHgO I. II.
HgO^ — 16,07^ 15,86 15,67.
GyHfiCaO,
Ca 20 14,18^ 14,19 13,79.
Die Lösung dieses Salzes gab mit salpetersaurem Silber
einen weifsen voluminösen Niederschlag, der aus siedendem
Wasser in kleinen Nadeln krystallisirte.
«7
84
36,68
Hs
5
2,18
Ag
108
47,16
^.
32
13,98
222 Fittig, über die Oxyda&mspraducte
L 0,2188 Gnn. des getrockneten krystallisirten Salzes gaben 0,292
Grm. Kohlensäure = 0,079636 Grm. G und 0,0485 Grm.
Wasser = 0,0053889 Grm. H.
n. 0,3296 Grm. gaben 0,1554 Grm. Ag.
Berechnet Gefunden
36,40
2,46
47,16
229 100,00.
Die aus diesen Salzen abgeschiedene Säure ergab bei
der Analyse Zahlen, die für die Formel G7H602 pafsten. Sie
hatte also die Zusammensetzung der Benzoesäure und sie
schmolz auch, wie diese, genau bei 120^ aber im Aeufseren
zeigte sie eine so grofse Verschiedenheit von der Benzoe-
säure, dafs Niemand, der sie sah, sie für Benzoesäure hielt.
Aus der siedend gesättigten wässerigen Lösung schied sie
sich beim Erkalten in vollständig unkrystallinischen Flocken
ab, und selbst beim langsamen Erkalten der sehr verdünnten
Lösung wurden nur mikroscopische Krystallnadeln erhalten.
Sie glich im Aeufseren so sehr der vonKolbe und Laute-
mann*) beschriebenen Salylsäure, dafs ich sie anfänglich
für identisch mit dieser hielt. Der Umstand indefs, dafs bei
mehreren Analysen der Kohlenstoffgehalt constant etwas zu
niedrig gefunden wurde, und dafs sowohl das Baryumsalz wie
das Calciumsalz nicht, wie die salylsauren Salze, in Warzen,
sondern wie die benzoesauren in gut ausgebildeten Nadeln
krystallisirten, führte mich zu der Vermuthung, dafs die Säure
doch Benzoesäure und das so völlig verschieden« Aussehen
nur durch eine geringe Verunreinigung mit einer anderen
Säure bedingt sein könnte. Ich krystallisirle defshalb die
unkrystallinische flockige Säure aus siedendem Wasser mit
*) Diese Annalen CXV, 187.
des Toluola durch verdünnte Salpetersäure. 223
der Vorsicht um, dafs ein g^eringer Theil ungelöst blieb, und
in der That setzten sich jetzt beim Erkalten der Lösung
grofse Krystalle ab, die ganz das Aussehen der Benzoesäure
hatten und deren Zusammensetzung bei der Analyse keine
Differenz mehr von der der Benzoesäure zeigte.
0,2054 Grm. gaben 0,5174 Grm. Eohlensäure » 0,14111 Grm. €
and 0,0935 Grm. Wasser = 0,01039 Grm. H.
Berechnet Gefanden
G7 84 68,85 68,70
He 6 4,92 5,06
O^ 82 26,23 —
122 100,00.
Ich habe mich auch direct überzeugt; dafs geringe Ver-
unreinigungen im Stande sein können, das Krystallisations-
vermögen, wodurch die BenzoösSure so ausgezeichnet ist,
sehr zu vermindern.^ Ais ich vollständig reine gut krystalli-
sirte Benzoesäure mit einer sehr geringen Menge der un-
reinen schwerer löslichen Säure zusammen auflöste, schied
sie sich beim Erkalten der Lösung ebenfalls in ganz kleinen
Krystallen ab. Ich erwähne dieses eigenthümlicheA Ver-
haltens hauptsächlich, weil dadurch sehr leicht eine Täuschung
und eine Verwechselung der Benzoesäure mit Kolbe unti
Lautemann^s Salyisänre möglich ist. So glauben Warren
de la Rue und Hugo Müller*), die vor Kurzem unreines
SteiYikohlentheeröI , weiches hauptsächlich Toluol, Xyiol und
Cumol enthielt, mit verdünnter Salpetersäure behandelten,
unter den entstandenen Säuren Salylsäure gefunden zu haben.
Nach den obigen Versuchen ist es aber sehr wahrscheinlich,
dafs diese Säure nur eine etwas verunreinigte Benzoesäure
war, die durch Oxydation des Toluois oder auch des Cumols
gebildet wurd«.
Die gleichzeitige Bildung von Oxytolsäure und Benzoe-
säure liefs es mir als möglich erscheinen, dafs die Benzoö-
*) Quart Jcram. of the ehem. Bociety, Apiü 1861 , p. 54.
224 Fittig^ über die Oxydatiansproducte
säure das primäre Oxydationsproduct des Toluols sei und
dafs die Oxytolsäure sich erst aus dieser bei fortgesetzter
Einwirkung der verdünnten Salpetersäure unter Aufnahme von
einem Atom Sauerstoff bilde. Ein directer Versuch bestätigte
diese Vermuthung aber nicht. Reine Benzoesäure 6 Tage
lang mit einem Gemisch von* einem Theil concentrirter Sal-
petersäure und zwei Theilen Wasser gekocht, enthielt nach-
her nicht die geringsten Spuren einer anderen Säure. Das
nach dem Neutralisiren mit Marmor sich zuerst abscheidende
Calciumsalz gab nach mehrmaligem Umkrystallisiren bei der
Analyse Zahlen, die vollständig mit denen des benzoesauren
Calciums übereinstimmten.
Es folgt hieraus, dafs die Oxytolsäure und die Benzoe-
säure sich gleichzeitig neben einander bfldeii müssen. Wahr-
scheinlich hängt es von der Concentration der Salpetersäure
ab, welche von beiden Säuren vorzugsweise gebildet wird.
Ich beobachtete wenigstens einige Male, wenn ich eine etwas
concentrirtere Säure anwandte, dafs weit geringere Mengen
von Benzoesäure entstanden. Es tritt dann aber der Uebel-
stand ein, dafs gleichzeitig gröfsere Mengen nitrirter Säuren
entstehen, von denen die Oxytolsäure noch schwieriger ^u
trennen ist.
Bei der Reinigung des rohen Säuregemisches durch Um-
krystallisiren liefs ich, wie oben erwähnt wurde, den schwerer
löslichen Theil zuri^ck. Ich reinigte diesen wie den mit
Wasser ausgezogenen Theil durch Umkrystallisiren aus vielem
heifsem Wasser und nachherige Destillation der getrockneten
Säure. Alle Bemühungen aber^ durch Darstellung und Um-
krystallisiren des Calciumsalzes eine reine Säure mit con-
stantem Schmelzpunkt zu erhalten, waren vergeblich. Ich
stellte defshalb das Silbersalz dar, kochte dieses wiederholt
mit siedendem Wasser aus und liefs einen unlöslichen Rück-
stand unberücksichtigt. Aus der wässerigen Lösung schieden
des Toluols durch verdünnte Salpetersäure. 225
sich lange farblose Nadeln eines Silbersalzes aus, die äurser-
lich keine Verschiedenheit untereinander zeigten. Nach aber-
maligem Umkrystallisiren wurde dieses Salz mit Salzsäure zer-
setzt und die so gereinigte Säure wieder zur Darstellung des
Calciumsalzes benutzt. Um mich von der Reinheit dieses
Salzes zu überzeugen, schied ich es durch abwechselndes Ver-
dampfen und Krystallisiren in vier Krystallisationen ab und ana*
lysirte jede derselben nach dem Trocknen bei 130^ Sie gaben *
U,87j 11,92, 11,84, 11,97 pC. Ca.
Zwei derselben , bei denen auch das Krystallwasser bestimmt
wurde, gaben 13,09 und 13,14 pC. Wasser. Die aus diesem
Salzre dargestellte Säure ergab 54,27 pC. Kohlenstoff und
3,72 pC. Wasserstoff. Es passen diese Zahlen für eine Formel
GTHeO«, die 54,55 pC. Kohlenstoff und 3,90 pC. Wasserstoff
verlangt ; auch die Analysen des Calciumsalzes stimmen nahezu
mit der Formel ^THsGaO* + IVsHaO überein, die 13,5 pC.^
Krystallwasser und wasserfrei 11,56 pC. Calcium verlangt.
Aber die Säure zeigte keinen constanten Schmelzpunkt, sie
wurde bei 210^ teigig und war erst bei 220^ vollständig ge-
schmolzen, und bei einer Prüfung nach Dumas' Methode
wurde darin noch ein Gehalt an Stickstoff gefunden, der frei-
lich viel zu gering war, um ihn als wesentlichen Bestandtheil
der Säure betrachten zu können, aber doch zu bedeutend,
als dafs die Verunreinigung mit einer nitrirten Säure bei der
Analyse ohne Einflufs hätte «ein können.
Es fehlte mir an Material, um die unerquicklichen Rei«
nigungsversuche mit diesem schwerer löslichen Theil, die
mich bereits ein ganzes Vierteljahr fast ausschliefslich be-
schäftigt hatten, fortsetzen zu können. Ich glaube indefs
nicht, dafs darin eine dritte stickstofffreie Säure enthalten ist,
sondern dafs er aus Oxytoßäure besteht, die mit einer nitrir-
ten Säure verunreinigt ist, von der sie auf dem eingeschlagenen
Wege nicht zu trennen ist.
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXX. Bd. 2. Ueft. |5
226 Seilstein, über die Einwirkung
Ich beabsichtige die Oxytolsäure einer näheren Unter-
suchung' zu unterwerfen, und werde dann nochmals versuchen,
auch über diesen schwerer löslichen Theil der rohen Säure
bestimmten Aufschlufs su erhalten.
Schlierslich will ich noch erwähnen, dafs das Benzol ein
ganz anderes Verhalten gegen verdünnte Salpetersäure zeigt.
Durch Krystallisation gereinigtes Benzol wurde durch sechs-
tägiges Kochen mit einer Säure von derselben Verdünnung,
wie diejenige, welche bei der Oxydation des Toluols ange-
wandt wurde, durchaus nicht verändert und es wurde keine
Spur einer krystallinischen Säure erhalten. Bei der Ein-
wirkung kräftigerer Oxydationsmittel, z. B. der Chromsäure,
zeigt es aber, wie Church*} vor Kurzem nachgewiesen bat,
insofern ein dem Toluol ähnliches Verhalten , als es in eifi^
der Benzoesäure homologe Säure Ge>U4,^2 übergeht. Vielleicht
gelingt es auf diesem Wege, durch 6ine raschere und heftigere
Einwirkung der Chromsäure daraus auch eine der Oxytolsänre
homologe Säure zu erhalten.
Laboratorium in Göttingen ^ Juli 1861.
lieber die Einwirkung des Jodphosphors auf
Glycerinsaure ;
von F. Bdhtein^
Privatdocent in Göttingen.
Die Formeln der Propion-, Milch- und Glycerinsaure er-
lauben, diese drei Säuren in eine einfache Reihe zu bringen :
£-836^2 Propionsäure
08H«O8 Müchsäure
©«HöO* ölyoerins&ure.
*) Quarterly Journ. of the ehem. sooiety, April 1861.
des Jodphosphors auf Ofycennsäure, 227
Bei gleichbleibendem Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt
nimmt der Sauerstoffgehalt um je ein Atom zu, und damit
steigt auch die Atomigkeit dieser Säuren], so dafs aus der
einatomigen Propionsäure die dreiatomige Glycerinsäure ent-
steht. Dieser Zusammenbang ist für die Propion- und Milch-
säure durch die Versuche Ulrich's'^} aufser allen Zweifel
gesetzt, für den Zusammenhang der Glycerin* und Milchsäure
spricht aber bis jetzt nur die Bildung der Milchsäure beim
Schmelzen der Glycerinsäure mit Kali**) ""^ ^'^ Entstehung
der Glycerinsäure aus dem dreisäurigen Alkohol Glycerin,
nach demselben Muster, wie die der Milchsäure aus dem zwei*
atomigen Propylglycol.
Ich habe zunächst versucht, die Milchsäure in Glycerin-
säure nach ähnlichen Methoden überzuführen, wie die Milch-
säure aus der Propionsäure entsteht* Ich suchte eine Brom-
milchsäure darzustellen, um daraus durch Behandeln mit
Alkalien Glycerinsäure zu erzeugen. Die Versuche haben
aber nicht zu dem gewünschten Resultate geführt. Brom ist
in der Kälte ohne Wirkung auf syrupdicke Milchsäure; erhitzt
man aber die Mischung im zugeschmolzenen Rohr bei 100^,
sa ist schon nach einigen Stunden alles Brom verschwunden.
Beim Oeffnen des Rohrs macht sich nun eine beträchtliche
Spannung kund, während der Rückstand undurchsichtig braun
geworden ist. Verdünnte Milchsäure wird ebenfalls sehr
leicht durch Brom zersetzt. Beim Oeffnen des Rohrs ent-
weicht Kohlensäure, woraus folgt, dafs die Milchsäure durch
die Einwirkung des Broms total zerstört ist. Milchsaures
Zinkoxyd oder milchsaures Zinnoxydul werden durch Erhitzen
mit Brom ebenfalls total zerstört. Es scheint also, als ob
Brom auf Milchsäure und ihre Salze ähnlich wie Chlor ein-
*) Diese Annalen CIX, 268.
*♦) Daselbst CIX, 227.
15»
228 Beilatein, über die Einwirktmg
wirkt. Eine inzwischen erfolgte vorläufige Anzeige von
Oito^J hat mich*endlich von der Fortsetzung dieser Unter-
suchung ganz abgehalten. Otto hat nämlich versucht, das
zweifach -gechlorte Cyanäthyl in Bichlorpropionsäure überzu-
führen ^ welche bei der Behandlung mit Alkalien in Ghlor-
milchsäure und endlich in Glycerinsäure übergehen müfste.
Andererseits ist es Laute mann gelungen**), durch
eine einfache Reaction die Milchsäure in Propionsäure über-
zuführen; Es gelang ihm dieses vermittelst des Jodwasser-
stoffs, eines Reagenzes ^ welches inzwischen schon zu den
interessantesten Entdeckungen geführt hat. Bei der Einfach-
heit und Sauberkeit, mit welcher hier die Reactionen verlaufen,
verspricht dieses Reagenz zu einem nicht weniger mächtigen
Hülfsmittel für die organische Chemie zu werden, als wie
z. B. das Phosphorsuperchlorid.
Ich habe nun Jodphosphor auf Glycerinsäure einwirken
lassen, in der Hoffnung, daraus Milch- oder Propionsäure zu
erhalten ; wider Erwarten verlief die Reaction aber ganz anders,
und statt der oben gensmnten Säuren erhielt ich einen Körper
von der Zusammensetzung der Jodpropionsäure. Ehe ich aber
zur Beschreibung der Reaction übergehe, will ich ein Paar
Worte über die Darstellung der Glycerinsäure anführen.
Darstellung der Ob/cerineäure, — Es liegen darüber die
Angaben von Sokoloff***} und Debusf) vor. Ich habe
der Methode des Letzteren den Vorzug gegeben; sie führt
zwar nicht so schnell zum Ziele, wie die Sokoloffs, schien
mir aber eine gröfsere Ausbeute zu liefern. Debus schreibt
vor, nach beendigter Einwirkung der Salpetersäure auf Glycerin
*) Diese Annalen CXVI, 195.
**) paselbst CXIII, 217.
•••) Daselbst CVI, 97.
t) Daselbst CVI, 80.
des JodpJiosphars auf Glycerinsäure, 229
die Flüssigkeit m kleinen Portionen auf dem Wasserbade ein-
zudampfen; ich konnte aber keinen Unterschied bemerken,
wenn ich die Flüssigkeit auf einmal in einer flachen Schale
abdampfte. Ich bin defshalb bei diesem einfacheren Verfahren
stehen geblieben. Um die freie Glycerinsäure zu erhalten^
mufs das Kalksalz mit der gerade hinreichenden Menge Oxal-
säure zerlegt werden. Dieses Verfahren ist aufserordentlich
umständlich und mühsam, und da ich später wiederholt in die
Lage kam, reine Glycerinsäure haben zu müssen, sah ich mich
nach einer bequemeren Darstellungsweise derselben um. Es
gelang mir dieses sehr leicht ' vermittelst des Bleisalzes,
das schon Debus in seiner Abhandlung anführt*), welches,
wegen seiner geringen Löslichkeit in Wasser, sich ganz be-
sonders zur Darstellung einer reinen Säure eignet. Der ein-
gedampfte Rückstand der Einwirkung der Salpetersäure auf
Glycerin wird in viel Wasser gelöst und mit kohlensaurem
Blei oder mit Bleioxyd neutralisirt. Gegen das Ende der
Operation unterstützt man die Einwirkung durch Erwärmen,
kocht dann auf, filtrirt kochendheifs und erhält durch Ab-
dampfen und Erkaltenlassen rohes glycerinsaures Blei, welches
nach ein- bis zweimaligem Umkrystallisiren völlig rein ist.
Das Salz setzt sich aufserordentlich fest an die Wandungen
der Schale an; durch Erwärmen derselben lassen sich aber
die Krusten leicht ablösen. Dieses Salz mit Schwefelwasser-
stofl^ zersetzt hinterläfst beim Abdampfen im Wasserbade eine
fast weifse Glycerinsäure, die mit Jodphosphor zersetzt gleich
eine fast weifse Jodpropionsäure liefert. Sättigt man die rohe
Glycerinsäure mit kohlensaurem Blei, so bleibt die Flüssigkeit
auch beim völligen Neutralisiren noch schwach sauer, obgleich
das reine glycerinsäure Blei neutral reagirt. Wendet man
aber Bleiglätte an, welche sich sehr leicht in der Glycerin-
*) A. a. O. 8. 92.
230 Beilstein, über 'die Eimoirkung
säure löst, so mufs man sich hüten, den Neutralisationspunkt
zu überschreiten. Das glycerinsaure Blei löst näoiiich Blei»
oxyd auf 9 und dann reagiren die Lösungen alkalisch. Der-
gleichen basische Lösungen werden aber schon durch Kohlen-
säure gefällt. Das Eindampfen der Glycerinsäure auf dem
Wasserbade mufs auch nicht unnöthig lang fortgesetzt werden^
denn sie färbt sich dabei dunkler.
Einwirkung des Jodphosphors auf Ofycerinsäure. —
Vermischt man Glycerinsäure'^) , die mit wenig Wasser ver-
setzt ist, mit ihrem doppelten Gewichte an Jodphosphor, so
tritt nach einiger Zeit beim Erwärmen eine äufserst heftige
Reaction ein, welche man zweckmäfsig durch Eintauchen des
Gefäfses in kaltes Wasser mäfsigt. Es entweicht Jodwasser-
stoff, und leitet man die sich entwickelnden Dämpfe in Wasser,
so wird HJ absorbirt, während noch weifse knoblauchartig
riechende Dämpfe entweichen, die sich nicht an der Luft ent-
zünden. Die anfangs flüssige Masse im Kolben erstarrt beim
Erkalten zu einer krystallinischen Masse, die, wenn die an-
gewandte Glycerinsäure weifs war, auch fast weifs ist, im
entgegengesetzten Falle aber mehr oder weniger dunkel ge-
färbt ist. Es hat sich während der Reaction keine Spur
freies Jod abgeschieden. Man löst den Rückstand in sieden-
dem Wasser und erhält beim Erkalten Jodpropionsäure, die
durch ein- bis zweimaliges Umkrystallisiren aus wenig sieden-
dem Wasser völlig rein ist. So dargestellt bildet der Körper
eine blendend weifse krystallinische Masse von ausgezeichnetem
*) Die melBte hier verbrauchte Glycerinsäure war aus dem Ealksalz
dargestellt. 0,514 Grm. der über SO^ getrockneten KrystaDe
verloren bei 135^ getrocknet langsam 0,071 Grm. HO nxid hinter-
liefsen 0,181 CaOCO^ Glyoerinsanrer Kalk enthftlt
berechnet gefunden
HO 12,6 18,8
Ca 14,0 14,1
des Jodphosphors auf Glycerinaäure. 231
PerliDuUerglanze. Ich nenne ihn Jodpropionsäure , wie sich
dieses aus seiner Zusammensetzung ergiebt. Die Substanz
war behufs der Analyse über Schwefelsäure getrocknet worden :
1) 0,2605 Grm. gaben 0,173 CO' nnd 0,061 HO
8) 0,2095 Grm. gaben 0,135 CO' päd 0,0455 HO
3) 0,434 Grm. mit Kalk geglüht gaben 0,517 AgJ
4) 0,230 Grm. mit Barytwasser gekocbt gaben 0,271 AgJ.
Ich benatzte hierbei die Leichtigkeit, mit welcber die Jodpropion-
sftore durch Alkalien zerlegt wird. Die abgewogene Menge Sänre wurde
mit Barytwasser im Ueberschufs versetzt, eine halbe Stunde gekocht,
dann mit Salpeterstture angesäuert nnd nach dem Erkalten mit salpeter-
saurem Silber versetzt, die Flüssigkeit durcb heftiges Umrühren geklärt
und das Jodsilber abfiltrirt
5) 0,1538 Grm. gaben ebenso behandelt 0,1815 AgJ.
6) 0,523 Grm. mit einer Lösung von reinem kohlensaurem Natron
Übergossen, einige Zeit im Wasserbade erwärmt, gaben 0,61 17 AgJ
und 0,0013 Ag.
Berechnet Gefunden
€»
36
18,0
W
5
2,5
J
127
68,5
O'
82
16,0
1. 2. 3. 4. 5. 6.
18,1 17,6 — — — —
2,6 2,4 — — - -
— — 64,4 63,7 63,8 63,5
200 100,0
Die Jodpropionsäure löst sich leichl in heifsern Wasser,
ist in kaltem aber nur sehr wenig löslich ; die heifs gesättigte
Lösung erstarrt beim Erkalten zu einer festen krystallinischen
Hasse. War die Lösung sehr gesättigt, so erhält man stark
perlmutterglänssende Sohuppen; war die Lösung aber nur
schwach gesättigt, so erhält man beim Abkühlen grofse^ stark
glasglänzende Krystallblätter. Die Mutterlaugen der Jodpro-
pionsäure über Schwefelsäure langsam verdunstet hinterlassen
grofse, scharf ausgebildete Krystalle^ welche dem klinorhom-
bischen Systeme anzugehören scheinen.
Die Jodpropionsäure löst sich aufserordentlich leicht in
Alkohol und in Aether. Sie reagirt stark sauer und
232 Beihteiny über die Einwirkung
zersetzt kohlensaure Salze unter Brausen. Ihre Lösung in
Wasser kann ohne Zersetzung gekocht werden, ihre Salze
werden aber dabei mit Leichtigkeit zersetzt. Dieses Ver-
halten erlaubte, die Jodpropionsäure auf eine einfache Art zu
analysiren. Sie schmilzt bei etwa 82^; ist sie aber nicht ganz
weifs, oder hat sie sich beim Einschmelzen ins Haarröhrchen,
etwas gelb geFärbt, so zeigt sie einen niedrigeren Schmelzpunkt
Eine wässerige Lösung der Jodpropionsäure wird in der
Kälte fast augenblicklich durch Silberlösung gefällt; es scheidet
sich gelbes Jodsilber aus. Wegen dieser geringen Beständig-
keit der jodpropionsauren Salze habe ich mich mit der Unter-
suchung derselben nicht weiter beschäftigt. Man kann aber
sehr leicht einen Aether der Jodpropionsäure darstellen. Man
braucht nur die Lösung der Jodpropionsäure in Alkohol mit
Salzsäuregas zu sättigen, so wird schon nach kurzem Digeriren
durch Wasser ein öliger Körper abgeschieden, den man durch
Schütteln mit kohlensaurem Natron und Quecksilber leicht
rein erhalten kann. Er stellt so eine farblose Flüssigkeit
dar, welche schwerer als Wasser ist, sich nicht darin löst,
aber leicht von Alkohol aufgenommen wird und einen starken
aromatischen Geruch besitzt. Der Körper scheint ohne Zer-
setzung flüchtig zu sein.
Was die Entstehung der Jodpropionsäure aus der Glycerin-
säure betriflft, so läfst sich vielleicht folgende Gleichung
dafür aufstellen :
€»H«0* + PJ8 = €SH«JO» + HJ + PO«
und die Gruppe PO^, welche die Elemente der wasserfreien
phosphorigen und Phosphorsäure enthielte, zerfiele unter
Wasseraufnahme in diese beiden Säuren :
2 PO« + 3 H«0 = PH»08 + PH«0*.
Die Mutterlaugen von. der Jodpropionsäure enthalten nun
wirklich auch Phosphorsäure. Von der Gegenwart der phos-
phorigen Säure habe ich mich aber noqh nicht überzeugen
des Jodphosphors auf Gli/cerinsäure. 233
können. Bei der Heftigkeit der Reaction, welche die Bildung
der Jodpropionsäure begleitet^ wird sie wahrscheinlich in Phos-
pborsäure und in nicht entzündliches Phosphorwasserstoffgas
zerfallen sein :
4PH8a8 ^ 3PH8#* + PH8.
Damit wäre auch das Auftreten der weifsen Dämpfe bei
der Bildung der Jodpropionsäure erklärt. Man kann aber
auch die Entstehung der Jodpropionsäure als analog der
Bildung des Jodallyis aus Glycerin betrachten :
und
€'"'J3J03 bildet €'H'fj+H^O;
denn G^H^O« |gi ^ €WJO -f- H^O.
Der Unterschied würde also nur darin bestehen, dafs im
letzteren Falle ein Molecül Wasser mit der Jodverbindung
vereinigt bliebe.
Nach der ersten Gleichung müfsten auf 1 Theil Glycerin-
säure 2,7 Theile PJ^ einwirken, ein Verhältnifs, dem man
sich durch den Versuch sehr nähert, da man zwar nur das
Doppelte an PJ^ angewendet hat, aber die Glycerinsäure in
dem Zustande wog, in welchem, man sie durch Verdampfen
der wässerigen Lösung im Wasserbade erhält und die also
wohl nicht ganz wasserfrei ist. Versucht man auf 1 Theil
Glycerinsäure nur 1 Theil PJ^ anzuwenden, so erhält man
eine schwarze krystalUnische Masse; das Gleiche findet statt,
wenn man das Anderthalbfache an PJ^ zusetzt; erst wenn die
zugesetzte Menge PJ^ das Doppelte beträgt, wird der Rück-
istand von der Einwirkung völlig weifs. Die Gegenwart des
Wassers befördert die Reaction in hohem Grade ; es ist gut,
der Glycerinsäure mindestens das Doppelte an Wasser zuzu»
setzen, welches nöthig wäre, um den Jodphosphor der
Gleichung PJ* + H*0 = PO 4" J^H^ gemäfs zu zersetzen.
234 Beihteifif über die Einwirhung
Neutralisirt man eine wässerige Lösung der Jodpropion«
säore mit Alkalien ond erwärmt , so reagirt die Flüssigkeil
wieder sauer. Hierbei hätte man das Auftreten der Milch-
säure erwarten sollen. Als ich aber durch Zersetzen des
Barytaalzes mit schwefelsaurem Zink das Zinksalz darzu-
stellen suchte, erhielt ich statt des characteristischen milch-
sauren Zinks ein in feinen Nadeln krystallisirendes Salz von
aufserordentlicher Löslichkeit in Wasser. Auch andere Salze,
die ich darzustellen suchte, zeigten ganz aufserordentliche
Leichtlöslichkeit, so dafs ich einen Moment glaubte, Acrylsäure
unter Händen zu haben, welche sich nach der Gleichung hätte
bilden können :
Qm^SQ^ — HJ = 0»H*O*
Jodpropionsänre Acrylsäiure.
Die Beobachtung, dafs das Silbersalz durchaus nicht schwer-
löslich ist, so wie die Nichtflüchtigkeit der Säure brachten
mich von diesem Gedanken zurück.
Versetzt man eine wässerige Lösung von Jodpropionsäure
mit Silberoxyd und erwärmt, so wird augenblicklich Jodsilber
getallt und die abfiltrirte Flüssigkeit enthält ein Silbersalz in
Lösung. Entfernt man daraus das Silber durch Schwefel-
wasserstoff und verdunstet die Lösung im Wasserbad, so
hinterbleiben feine Krystallnadeln, die in Wasser aufser««
ordentlich löslich sind, stark sauer reagiren und sich beim
Erhitzen auf dem Platinblech ohne Rückstand verflüchtigen.
Diese Säure zersetzt kohlensaure Salze unter Aufbrausen und
bildet Salze, die zum gröfsten Theil sehr löslich sind. Das
NatronszXz bleibt beim Verdampfen der Lösung als eine kry-
stallinische weifse Masse zurück, die beim Stehen an der
Luft zu einem Syrup zerfliefsl. Eine vorläufige Natriudl'»
beslimmung ergdb einen Natriumgehalt von 20,4 pG. Nä,
während das milcbsaure Natron 20,5 pC. Na enthält. AU
t des Jodphosphor» auf Glycermsäure, 235
I
das Salz bis zu 150^ erhitzt war, um es wasserfrei zu er-
hallen, war es, ohne Gewichtsverlust zu erleiden, geschmolzen.
Das Zink-, Baryt- und Kalksalz sind aufserordentlich leicht
Idslich. Die Lösung des letzleren wurde nicht gefällt durch
Kupferoxyd-, Blei-, Kobalt-, Wismuth-, Eisenoxydul-, Hangan-,
Thonerde- und Uranlösungen. Sie reducirte aber beim Kochen
Gold- und Silberlösungen, färbte Eisenchlorid blutroth und
gab mit basisch-essigsaurem Bleioxyd einen starken weifsen
Niederschlag. Die Niederschläge durch Quecksilberoxydul
und -Oxyd, so wie durch Zinnchlorür lösten sich im Ueber-
schusse des Fällungsmittels.
Nach dem Obigen ist die bei Zersetzung der Jodpropion-
säure auftretende Säure von der Milchsäure total verschieden.
Da aber die Reaction, wie es scheint, von allen secundären
Zersetzungen frei ist, so ist kaum daran zu zweifeln, dafs die
obige Säure mit der Milchsäure isomer ist. Die weitere Un-
tersuchung der Säure wird zeigen, ob diese Vermuthung ge-
gründet ist. Das eben Mitgetheilte bitte ich nur als eine vor-
läufige Notiz zu betrachten; es kam mir zunächst nur darauf
an, zu zeigen, dafs 'hier eine neue, von der Milchsäure gänz-
lich verschiedene Säure auftritt.
Wollte man die Glycerinsäure als Dioxypropionsäure be-
trachten, so hätte man bei Einwirkung des Jodphosphors die
Bildung der Jodmilch- oder der Dijodpröpionsäure erwarten
sollen :
e'H'(HÖ)'^|^ ^ HJ= €'H»(Hd).J.0,^ ^ g.^
oder
e.H.(HO)«0j^ + 2HJ ^ «'H'J»^J0 + 2H.«.
Keiner dieser beiden Fälle ist aber eingetreten. — Ich habe
ferner versucht Säureradieale in die Glycerinsäure einzuführen,
z. B. eine Benzoylglycerlnsäure darzustellen. Man kann aber
Glycerinsäure und Benzoesäure zusammenschmelzen, ohne dafs
236 B eilstein f über die Einw. des Jadphosphors u, s. to,
sich eine Spar einer gepaarten Säure bildet. Erst wenn man
das Gemenge beider Säuren im Oelbade längere Zeit auf
200^ erhitzt, scheint sich eine gepaarte Säure zu bilden.
Debus betrachtete anfangs die Glyoxylsänre als der
Glycerinsäure homolog. Die Zusammensetzung des Ammoniak-
salzes führte ihn aber dazu^ der Glyoxylsänre 1 Molecul Wasser
weniger zuzuschreiben. Die Ansichten der Chemiker sind
defshalb über die Zusammensetzung dieser Säure getheilt, und
man hat in der letzten Zeit auf verschiedene Weise die
zweite Formel von Debus zu vertheidigen gesucht*). Man
hat hierbei aber eine Reaction ganz aufser Acht gelassen,
welche die Frage auf eine ganz einfache und ganz bestimmte
Weise löst. Perkin und Duppa geben nämlich an **39
durch Zersetzung der Dijodessigsäure durch Alkalien Glyoxyl-
säure erhalten zu haben, und wenn sich diese Reaction be-
stätigt, wozu leider noch die analytischen Belege fehlen, so
ist es keinem Zweifel unterworfen, dafs die Glyoxylsäure in
eine Reihe mit Essigsäure und Glycolsäure gehört und die
Formel €*H*0^ erhalten mufs :
€»H*0« = Essigsaure
€«H*0» = Glycolsäure
€«H*0* = Glyoxylsäure.
Ich bin gegenwärtig mit der weiteren Untersuchung
dieser dreiatomigen Säuren beschäftigt.
Laboratorium in Göttingen, den 10. August 1861.
*) Diese Annalen CXVI, 264.
**) Diese Annalen CXII » 24.
237
Ueber Darstellung und Eigenschaften der Oxamin-
säure;
von J. F. Toussaint*').
Die Entdeckung des hier zu beschreibenden Verfahrens
zur Gewinnung der Oxaminsäure, welches in kurzer Zeit
beliebig grofse Mengen der reinen Säure darzustellen gestattet,
.wurde veranlafst durch die im Göttinger Laboratorium zufällig
gemachte Beobachtung eigenthümlicher Krystalle in der von
der Bereitung des Oxamids aus Oxaläther herrührenden,
eingeengten Fltissigkeit. Dieselben wurden als oxaminsaures
Ammoniak erkannt. Es ist mir gelungen, die Bedingungen,
unter welchen diese Krystalle willkürlich hervorzubringen
sind, ausfindig zu machen; das Oxamid verwandelt sich
nämlich beim anhaltenden Kochen mit Ammoniak vollständig
in oxaminsaures Ammoniak.
Ehe ich zur speciellen Beschreibung dieser Umwandlung
Übergehe, mag es mir vergönnt sein. Einiges über die Dar-
stellung des Oxaläthers mitzutheilen , von dem ich glaube,
dafs es insofern nicht unwichtig sein wird, als dasselbe ge-
eignet ist, die Unsicherheit in der Ausbeute dieses Präparats
nach den bekannten Methoden zu beseitigen. Bei wieder-
holten Versuchen zu seiner Darstellung zeigte es sich, dafs
man eine bedeutend gröfsere Menge Oxaläther erhält, wenn
man das Verhältnifs von Alkohol und Säure zu der vorge-
schriebenen Menge sauren Oxalsäuren Kali's vergröfsert.
Folgende Gewichtsverhältnisse habe ich als am Besten erkannt :
400 Grm. Alkohol, 400 Grm. Schwefelsäure auf 250 Grm.
sauren Oxalsäuren Kali's.
*) Aas Dessen Inaugaral - Dissertation : Ueber die Oxaminstture ;
Göttingen 1861.
238 Toussaintf über DarsteBung
Aber nicht allein von diesen Verhältnissen ist die bes-
sere Ausbeute abhängig, sondern eben so sehr von der
Art* der Operation. Destillirt man langsam , so scheint ein
grofser Theil des Alkohols als gewöhnlicher Aether über-
zudestjlliren , ohne mit der Oxalsäure in Verbindung zu
treten, denn man erhält dann nach dem Verdünnen des
Destillats mit Wasser nur wenig sich abscheidenden Oxal-
äther. Destillirt man dagegen sogleich, nachdem man das
Gemisch von Schwefelsäure und Alkohol auf das in der
Retorte befindliche^ feingepulverte Kleesalz gegeben hat» so
rasch, als es das Schäumen der Hasse nur eben erlaubt r so
ist bei Anwendung der oben angegebenen Mengen innerhalb
einer Stunde die Operation vollendet, welchen Zeitpunkt
man an dem Aufhören des Schäumens erkennt. Ich habe die
Angabe von Dumas nicht bestätigt gefunden, dafs, wenn
man verhältnifsmäfsig kleinere Mengen des Gemisches zur
Darstellung benutzt, die Ausbeute an Oxaläther ergiebiger
wäre.
Handelt es sich darum, aus dem Destillat, einer gesäte
tigten Lösung von Oxaläther in Alkohol, nur Oxamid darzu-
stellen, so verdünnt man mit Wasser so lange, bis der
Oxaläther ausgeschieden ist, fügt concentrirtes Ammoniak
zu 9 sorgt, dafs es immer im Ueberschufs vorhanden ist, und
läfst einige Zeit stehen.
Um aus dem so dargestellten Oxamid die Oxaminsäure
zu gewinnen, giebt man die Flüssigkeit sammt dem Nieder-
schlag in eine geräumige Porcellanschale unter Zusatz von
viel Wasser und kocht heftig längere Zeit, indem man fort-
während dafür sorgt, dafs die Flüssigkeit durch immer er-
neuten Zusatz von Ammoniak alkalisch bleibt. Das Oxamid
löst sich hierbei auf und es setzen sich bald Krystallkrusten
von oxaminsaurem Ammoniak an den Wänden der Schale an.
Sobald man beim Erkalten kein Oxamid sich mehr ausschei-
und Eigenschaften der Oxaminaäure. 239
den siehl, sondern an Stelle dessen feine, zu Drusen ver-
einigte Prismen des Ammoniaksalzes auftreten, ist die Um-
setzung vollendet. Man filtrirt kochend in einen Kolben und
dampft so weit ein, dafs beim Erkallen ein Theil des sehr
löslichen Ammoniaksalzes auskrystallisirt. Das auskrystallisirte
Ammoniaksalz läfst man auf einem Trichter abtropfen, versetzt
die gesättigte Mutterlauge mit concentrirter Salzsäure und
läfst ungefähr 12 Stunden in der Kälte stehen. Nach dieser
Zeit hat sich die Oxaminsäure als wetfses Pulver abgeschie-
den« Es ist gut^ diese Zeit nicht zu überschreiten, da sonst
leicht eine später erfolgende Abscheidung von saurem oxal-
saurem Ammoniak die Oxaminsäure verunreinigen könnte.
Die ausgeschiedene Säure wird auf einem Filter gesammelt,
mit wenig, möglichst kaltem Wasser nicht zu lange ausge-
waschen und bei gewöhnlicher Temperatur zwischen Papier
getrocknet. Erst nachdem die Säure lufttrocken geworden
ist, kann man es wagen, ohne eine Zersetzung derselben
befürchten zu müssen, das Trocknen bei einer höheren Tem-
peratur fortzusetzen« Verfährt man genau nach den ange-
gebenen Vorschriften, so erhält man ein vollkommen reines,
oxalsäurefreies Product, und zwar bei Anwendung der oben
angegebenen Mengen von 2j50 Grm. Kleesalz durchschnittlich
50 bis 60 Grm. trockene Oxaminsäure.
Die Bildung der Oxaminsäure aus Oxamid auf die oben
angegebene Weise beruht einfach auf einer Wasseraufnahme,
und das Ammoniak ist es, welches hier diese Wasserauf-
nahme befördert, ohne selbst an der Bildung des oxamin-
sauren Ammoniaks Theil zu nehmen :
C*H*N«0* + 2 HO = NH*0, C*H«NO«.
Es ist diefs eine analoge Wirkung, wie sie häufig von
verdünnten fixen Alkalien auf organische Verbindungen aus-
geübt wird. Die Verwandlung des oxaminsauren Ammoniaks
«
Mw Kochen mit verdünnten fixen Alkalien in saures oxal-
240 Toussaintj über Darstellung
saures Ammoniak ist der Grund, wefshalb man diese nicht
statt des Ammoniaks zur Umsetzung des Ojcamids anwenden
kann.
Die Oxaminsäure bildet ein weifses, beim langsamen
Abscheiden als ein unter dem Hikroscop aus kleinen, kurzen^
zusammengehäuften Krystallen sich darstellendes Pulver von
stark saurem, später zusammenziehendem Geschmack, das
von kaltem Wasser ziemlich schwer, unverändert aufgenom^
men wird. Beim Kochen mit Wasser verwandelt sich die
Säure ziemlich rasch in saures oxalsaures Ammoniak, welche
Eigenschaft ich anwandte, um die Löslichkeit derselben im
kalten Wasser genauer festzustellen.
Zu dem Ende liefs ich Oxaminsäure mit kaltem Wasser
bei gewöhnlicher Temperatur unter häufigem Schütteln wäh-
rend etwa acht Tagen stehen. 18,284 Grm. der von im
Ueberschufs vorhandener, ungelöst gebliebener Säure abfil-
trirten Flüssigkeit wurden abgewogen und im Wasserbad zur
Trockne abgedampft Der erhaltene Rückstand von ent-
wässertem saurem oxalsaurem Ammoniak wog 0,371 Grm.,
entsprechend 0,309 Oxaminsäure. Also waren in 18,284
— 0,309 = 17,975 Theilen Wasser von 17 bis 18<> die
0,309 Theile Oxaminsäure gelöst ; d. h. : In 100 Theilen
Wasser lösen sich 1,72 Theile Oxaminsäure, oder^ 1 Theil
Säure bedarf 58 Theile Wasser von 17 bis 18^ zur Lösung.
Zu einer zweiten Bestimmung der Löslichkeit wurde die
Eigenschaft des oxaminsauren Quecksilberoxyduls, in Wasser
fast völlig unlöslich zu sein, benutzt. Angewandt wurden
von einer mit Oxaminsäure auf die oben angegebene Weise
gesättigten Flüssigkeit 36,017 Grm. Nach dem Zusatz einer
salpetersauren Quecksilberoxydullösung wurde der entstehende
Niederschlag auf einem gewogenen Filter gesammelt und bei
100^ getrocknet. Da dieses Salz, wie aus den von mir
ausgeführten analytischen Versuchen hervorgeht, die Formel
und Eigenschaften der Oxaminsäure. 241
Hg'O, C^H^NO^ besitzt, so ergiebt sich, dafs die erhaltenen
1,627 Grm. 0,503 Oxaminsäure entsprechen. Es waren mit^
hin in 36,017 — 0,503 = 35,514 Theilen Wasser von 14«
0,503 Säure gelöst, w^s in 100 Theilen 1,41 beträgt.
1 Theil Säure bedarf demnach 71 Theile Wasser von 14^ zur
Lösung.
In Alkohol ist die Oxaminsäure bei Weitem weniger
löslich als in Wasser ; in absolutem fast unlöslich. Es folgt
daraus, dafs, wenn man versuchen wollte, die Oxaminsäure
aas dem Silbersalz nach den Angaben Balard's nur in
irgend erheblicher Menge darzustellen, man enorme Quanti-
täten absoluten Alkohols nöthig haben würde. In Aether
löst sich die Säure so gut wie gar nicht.
Setzt man die Oxaminsäure allmälig einer höheren Tem-
peratur aus, so beginnt sie bei 173^ unter Aufblähen und
theilweiser Zersetzung zu einer strengflitssigen Hasse zu
schmelzen. Zersetzungsproducte sind Wasser, Oxamid und
Ameisensäure.
Hit Aetzalkalien oder Erden im Ueberschufs gekocht,
verwandelt sich die Oxaminsäure unter Wasseraufnahme und
Ammoniakverlust in Oxalsäure. Dieselbe Zersetzung bewir-
ken in der WtH-iBe verdünnte und concentrirte Säuren.
Laboratorium zu Göttingen; Juli 1861.
Analyse des Tritomits von Brevig^;
von Frans P. Möller.
Das Hineral hatte bei 17^5 C. ein spec. Gew. von 4,26.
Hit Salzsäure war es aufschliefsbar unter Chlorentwicke-
lung. Die Chlormenge wurde nach der volumetrischen He-
thode von Bunsen bestimmt
AnnftL d. Chem. a. Pbann. OXX. Bd. 2. Heft. 16
242 Möller f Analyse des Trüomüs
Die bei der Aufschliefsong ausgeschiedene Kieselsäure
gab nach der Behandlung mit Flufssäure einen weifsen Rück-
standy der» gemischt mit Kohle, in einem Chlorstrom geglüht
wurde. Während bei der Kohle Ceritoxyde zurückblieben,
setzte sich dicht hinter der geglühten Masse ein ziemlich
dunkelgelbes Sublimat an, das folgende Reactionen zeigte.
Im Chlorstrom erhitzt schmolz es ziemlich leicht zu einer
braunen Flüssigkeit, die beim Erkalten zu einer krystalUnischen
Hasse erstarrte, an der Luft aber theilweise, zerfliefslich
schien. Von Salzsäure wurde es nicht vollständig gelöst;
besser, aber auch nicht vollkommen, war es in concentrirter
Schwefelsäure unter Cblorwasserstoffentwickelung löslich. Aus
beiden Auflösungen wurde durch Ammoniak ein weifser
Körper gefällt. Die Auflösung in concentrirter Schwefelsäure,
mit Wasser verdünnt, gab auf Zusatz von Zink keine blaue
Färbung, färbte aber Curcumapapier braun; ebenso verhielt
sich die einmal gefällte Säure, die auch nicht durch wieder-
holtes Abdampfen mit concentrirter Schwefelsäure vollkom*
men in Lösung gebracht werden konnte. Durch Glühen
nahm das Chlorid unter Lichterscheinung eine weifse Farb^
an. Mit Kobaltlösung befeuchtet wurde es durch nochmaliges
Glühen nicht blau gefärbt. Mit Soda auf Kohle vor dem
Löthrohre geglüht konnte Zinn nicht nachgewiesen werden.
Sowohl mit Fbosphorsalz als mit Borax gab es, in der Oxy-
dations- wie in der Reductionsflamme , eine klare farblose
Perle, sogar nach Zusatz von Stanniol.
Welchem Körper diese Reactionen entsprechen, die aufser-
dem durch das geringe Material beschränkt wurden, iäfst
sich schwer entscheiden. Zusammengenommen passen die
Reactionen nicht auf das Verhaiten irgend eines bisher be-
kannten Körpers gegen die angewandten Reagentien. Weil
aber die meisten mit denen der Tantalsäure übereinstimmen,
und weil das Verhalten zu Curcumapapier und das Zerfliefsen
von Brevig. 243
des Chlorids die Zirkonsäure anzudeuten schien, nehme ich
varläufig die Gegenwart dieser beiden Säuren an. Dafs mit
Ziak in der schwefelsauren Lösung: keine blaue Färbung ein-
trat, mulste danii der die Reaction der Tantalsäure modifi*
cirenden Einwirkung der Zirkonsäure zugeschrieben werden;
unter gewissen Umständen geht ja sonst auch die Eigenschaft,
in: Berührung mit reducirenden Körpern blaue Verbindungen
zu bilden, der Tantalsäure ab. Ich habe aber keine Gelegen*
heilt gehabt, zu untersuchen , ob ; die Zirkonsäure wirklich in
dieser Weise auf die Tantalsäure einwirken kann.
Mit der Analyst wqjrd,e. übrigens auf gewöhnliche Weise
fortgefahren.
Weil. es. aber von Wichtigkeit war, zu erfahren, ob das
bei dem Aufschliefsen entwickelte Chlor allein von höheren
Oxydationsstufen des Hangans herrührte, oder auch von vor-
handenem Cerosn/d, wurde das Mangan zweimal bestimmt,
und zwar das zweite Mal nach folgendem von Herrn Hofrath
Bunsen angegebenen Verfahren, durch welches man das
Mangan direct aus dem aufgeschlossenen Mineral in den Nie-.
derschlag bekommt, getrennt von Eisen , Thonerde, Kalk
u. s. w., die sonst die genaue Bestimmung kleiner Mengen
von Mangan sehr erschweren.
Das Mineral wurde durch Chlorwasserstoffsäure aufge-
schlossen und im Filtrat von Kieselsäure wurde Zinn mit
Schwefelwasserstoff gefällt. Die von Zinn befreite Flüssig-
keit wurde eingedampft, um den Ueberschufs von Chlor-
wasserstoffsäure zu verjagen , in Wasser unter Zusatz von
wenig Salpetersäure wieder gelöst und eine concentrirte Lö**
sung von salpetersaurem Magnesia- Ceroxyd zugesetzt» Hier-
durch wurde. Manganbyperoxyd gefällt, die Fällung war aber
nicht vollstäi]idig; nachdem das. niedergeschlagene Mangan-
hyperoxyd abfiltrirt war, wurde die Lösung -durch Abdampfen
Qtwas con^enfrjrt und die Fätlnng wiederholt. Die Lösung
16*
244 Möller, Analyse des TrUomüs
war jetzt durchaus manganfrei, aber mit dem Mangan waren
kleine Mengen Ceroxyd und Kieselsäure niedergeschlagen,
die durch Behandeln mit resp. Oxalsäure und Flufssäure ent-
fernt wurden. In dieser Weise ergab sich 0,84 pC. Mn,
während nur 0,27 pC. gefunden wurde auf dem gewöhn-
lichen Wege, wo kleine Mengen Mangan in so viele Nieder- i
schlage hineingehen und die genaue Bestimmung defshalb
etwas unsicher bleibt
Bezüglich der fibrigen Theile der Analyse sind nur wenige
Worte beizufügen. Die Cerit- und Gadolinitoxyde wurden
durch Oxalsäure von Thonerde, Bisen und Mangan getrennt.
Die durch schwefelsaures Kali ausgeschiedenen Ceritoxyde
wurden als reine Erden mit Kohle gemengt und im Chlor-
strom geglüht auf Thorerde geprüft. Es setzte sich ein
höchst unbedeutendes und schwerflüchtiges Sublimat ab, lös-
lich in Salzsäure^ fällbar mit Ammoniak und mit schwefel-
saurem Kali; wahrscheinlich wird es doch nur dem Umstand
zuzuschreiben sein, dafs die Chloride der Ceritmetalle nicht
vollkommen feuerbeständig in einem Chlorstrome sind.
Das Verhältnifs zwischen Cer und didymhaltigem Lanthan
wurde nach der von Bunsen angegebenen Methode durch
Chlortitrirung ermittelt.
Kalk, Baryt und Strontiah wurden qualitativ mit dem
Spectralapparate nachgewiesen, ebenso Kali^ Natron und die
Nichtanwesenheit des Lithions.
Quantitativ wurden die Erdalkalien auf gewöhnliche Weise
bestimmt ' durch das Verhalten ihrer Chloride und salpeter-
sauren Salze zu absolutem Alkohol.
Das Verhältnifs zwischen Kali und Natron wurde indirect
bestimmt durch Fällen der Chlormetalle mit salpetersaurem
Silberoxyd.
Der Wassergehalt wurde durch den Gewichlsveriust des
v(ni Brevig, 245
bei 100^ getrockneten Mineralpülvers beim Glühen im Kohlen-
«äurestrom ermittelt.
Die Analyse wurd^ in Herrn Hofrath Bunsen's Labo-
ratorium ausgeführt und die Resultate derselben waren fol-
gende :
Bio. ..... 15,38
ßnO, ...... 0,74
TaO, + ZrO, (?) . 8,63
CeO ..... 14,83
LaO + DiO . . 44,05
YO 0,42
MnO 0,44
PeO ..... 2,04
AljiO« 1,61
MgO 0,16
CaO ..... 6,41
BaO 0,19
SrO ..... 0,71
KO ..... 2,10
NaO 0,66
HO ..... 5,63
Saaeratoff . . . 0,59
99,49.
Die angegebene Sauerstoffmenge ist nicht die bei der
Titrirung unmittelbar gefundene. Das Eisen ist nämlich hier
als Oxydul berechnet , wefshalb zu der direct gefundenen
Sauerstoffmenge (0,36 pC.} noch diejenige addirt werden
niufs, die bei der Aufschliefsung zum Ueberführen des
Eisenoxyduls in Oxyd (resp. ChlorUrs in Chlorid) diente.
Wahrscheinlich ist es aber doch, dafs Eisen wie Hangan
sich als Oxyde in diesem Minerale befinden, weil Ceroxyd
nicht neben Manganoxydul angenommen werden kann.
Vertheilt man nach diesen Ansichten den Sauerstoff, so
bekommt man folgende Zusammensetzung :
246 Möller, Analyse des Tritomits von Breviff,
8iO, ....
SnOs . . . «
TaO, + ZrO, .
Ce,Os ....
Mn^Os . . . •
FegOs ....
AljOs ....
CeO 10,66
LaO + DiO
YO . . . .
CaO . . ,
BaO . . ,
SrO . . ,
MgO . . ,
KO . . . .
NaO . .
HO . .
44,05
0,42
6,41
0,19
0,71
0,16
2,10
0,56
5,63
99,49.
Sauerstoff-
verhältnifs
8,99-9,46»)
2,51
10,51
5,00
Nimmt man als Sauerstoffverhältnifs die einfacheren
Zahlen 4:1:4:2, so könnte man die Zusammensetzung
des Tritomits in folgender Form ausdrücken :
£6is + Bk^bi + 6ftq.
*) 8,99 ist für den Fall berechnet, dafs nur TaOg and kein ZrO,
anwesend ist, 9,46 aber för den umgekehrten Fall.
Heidelberg im Juni 1861.
247
Ueber das Äribin , eine neue organische Base ;
von R. Rieth.
Die neue organische Base , für die ich den obigen Namen
vorschlage, ist in einer brasilianischen Rinde enthalten, die
mir Geheimerath v. Martins übergab, mit dem Wunsche,
den darin enthaltenen rothen Farbstoff bezüglich seiher tech-
nischen Anwendbarkeit untersuchen zu lassen. Die Rinde
kommt von einem in den Urwäldern des östlichen Brasiliens
wachsenden Baume, der von Martins zuerst botanisch be-
stimmt und nach dem ursprünglichen indianischen Namen
Arariba rubra^^ genannt worden ist. Sie ist äufserlich
grau, im Innern aber ziemlich schön purpurroth, und wurde
schon von den Indianern als Farbmaterial zum Rothtärben
der Wolle angewendet. Da nach v. Martins der Baum mit
den Cinchoneen verwandt zu sein scheint, einer Gruppe, die
durch das Vorkommen verschiedener organischer Basen so
merkwürdig und wichtig ist, so schien mir zunächst die Auf-
suchung einer solchen in dieser Rinde von gröfserem wissen-
schaftlichem Interesse zu sein, als das Studium des Farbstoffs,
das später vorgenommen werden soll. Ich übertrug diese
Arbeit Hrn. R. Rieth aus Bonn, dem es nach beharrlichen
Versuchen geglückt ist, in dieser Rinde wirklich eine neue,
krystallisirbase Base zu entdecken.
Zur Darstellung derselben zeigte sich das folgende Ver-
fahren als das zweckmäfsigste : Die zerkleinerte Rinde wurde
wiederholt mit schwefelsäurehaltigem Wasser digerirt, die
*) Die Base wttre daher eigentlich. Araribin zu nennen, allein dieser
Name ist unbequem und nicht wohllautend. Mit Arabin, einem
ohnehin zu einer ganz anderen Gruppe gehörenden Körper, dürfte-
Vohl das abgekür&te Aiibln nicht jxl verwechseln sein.
248 Riethj vher das Arilin,
Auszüge abgeseiht» fillrirt und zusammen bis zu ungeföbr
Vio ibres Volumens abgedampft. Die Flüssigkeit wurde dann
mit kohlensaurem Natron nahe gesättigt und mit essigsaurem
Blei gefällt, wodurch der gröfste Theii des mit ausgezogenen
rothen Farbstoffs niedergeschlagen wurde. Vom Bleisalz
wurde ein Ueberschufs zugesetzt , die Flüssigkeit vom Nieder-
schlage abfillrirt und das Blei dann durch Schwefelwasserstoffgas
ausgefällt. Hierdurch fiel mit dem Schwefelblei der Rest von
Farbstoff nieder, der durch das Bleisalz nicht ganz ausgeföllt
werden konnte. Die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit
wurde nun mit kohlensaurem Natron versetzt und dadurch
das Aribin noch unrein als hellbraunes Coagulum ausgefällt.
Hierauf wurde die ganze Masse mit Aether geschüttelt, wel-
cher die Base aufnahm und sich mit ihr gesättigt als leichtere
Flüssigkeitsschicht oben klar abschied. Nachdem er abge-
hoben worden war, wurde die untere wässerige Schicht
wiederholt mit neuem Aether behandelt. Die Aetherlösung,
weil sie noch ziemlich stark gefärbt war, wurde nicht ab-
destillirt, sondern mit Salzsäure geschüttelt, welche die Base
aus dem Aether auszog, indem deren salzsaures Salz in
letzterem ganz unlöslich ist, dieser aber wenigstens den
gröfsten Theil der färbenden Materie aufgelöst behielt. Da
es sich gezeigt hatte, dafs das salzsaure Salz in überschüsr
siger concentrirter Salzsäure unlöslich ist und dadurch kry-
stallinisch gefällt wird, so bot sich hierdurch ein Mittel dar,
dasselbe leicht von den noch anhängenden fremden Materien
zu trennen. Es wurde dann in Wasser gelöst, das Aribin
durch kohlensaures Natron gefällt und durch wiederholtes
Krystallisiren aus Aether vollkommen rein erhalten.
Das Aribin bildet farblose Krystalle und krystallisirt in
zweierlei Formen, mit und ohne Krystallwasser. Das wasser-
freie bildet ziemlich grofse Rhombenoctaeder , das wasser-
haltige dagegen lange schmale, meist hohle Prismen , die an
eine neue organische Base. 249
der Luft unter Verlast des Wassers weifs werden. Das
wasserfreie erhält man, wenn die Aetherlösung bei Sied-
hitze verdunstet wird, das wasserhaltige beim freiwilligen
Verdunsten an der Luft. Es enthält 29,03 pC. oder 16 Aeq.
Wasser. Das Aribin besitzt einen sehr bitteren Geschmack,
wiewohl es in Wasser sehr wenig löslich ist, und reagirt
alkalisch. Es schmilzt bei 229^ ohne Zersetzung und erstarrt
wieder krystallinisch. ' Bei vorsichtigem stärkerem Erhitzen
verflüchtigt es sich unzersetzt. Bei der Atomgewichtsbestim-
mung zeigte es sich, dafs es das Chlorwasserstoffsäuregas
unter starker Erhitzung aufnimirfl. Das salzsaure Salz kry»
stallisirt in glänzenden Prismen , ist in Wasser leicht löslich,
in Salzsäure unlöslich. Die Alkalien fällen die Base als
weifsen Niederschlag, der namentlich beim Erwärmen rasch
krystallinisch wird. Das Platinchlorid-Doppelsalz bildet einen
gelben kry«taHinischen Niederschlag. Von Gerbsäure wird
die Base nicht gefällt.
Die von Herrn Rieth ausgeführten Analysen haben zu
der anerwarteten Thatsache geführt., dafs das Aribin keinen
Sauerstoff enthält. Seine Zusammensetzung wird durch die
Formel C^^fi^^N^ ausgedrückt; seim Atomgewicht ist 352.
Es ist diefs das erste Beispiel , dafs eine sauerstofffreie,
natürlich vorkommende organische Base ein fester, krystalli-
sirender Körper ist, denn die bisher bekannt gewordenen,
das Coniin und Nicotin, sind bekanntlich Flüssigkeiten..
Hit der ausführlicheren Untersuchung namentlich auch
der Salze des Aribins ist Herr Rieth gegenwärtig be-
schäftigt. W,
250 Marc et 9 Untersuchmgm
Untersuchungen über die Bestandtheile des Magen-
saftes ;
von Dr. - William Marcet
(Gelesen vor der Chemical Society of London am 20. Juni 1861.)
Der Magensaft, welcher zu den folgenden Untersnchungen
diente, wurde von zwei mit künstlich angelegten Magenfisteln
versehenen Hunilen gewonnen. Beide Hände waren in gutem
Gesundheitszustande. Die Ergebnisse waren folgende :
1. Der Magensaft besitzt die Eigenschaft, die Polarisations-
ebene des Lichtes nach links zu drehen. Der Hagensaft wurde
von den Hunden gewonnen, indem dieselben nach vorher-
gehendem ein- oder zweitägigem Fasten mit klein gehackten
weichen Knochen oder Knorpel von der Luftröhre des
Schafes oder Ochsen gefüttert wurden. Der so erhaltene Magen-
saft drehte in allen Fällen die Polarisationsebene nach links.
2. Dafs diese optische Wirkung des Magensaftes durch
die Gegenwart eines Körpers bedingt ist, welcher die chemischen
Eigenschaften von Lehmann's Pepton besitzt, eines Körpers,
welcher während der Verdauung durch die Einwirkung des
Magensaftes aiif eiweifsartige Körper entsteht.
3. Dafs reiner Magensaft, erhalten, wenn nach zwei-
tägigem Pasten des Hundes der Magen sorgfältig mit Wasser
ausgespült und die Secretion durch Einführung von Kiesel-
steinen durch den Schlund erregt wurde, nicht die geringste
Einwirkung auf polarisirtes Licht hat, wodurch Annahme 2
bestätigt wird.
4. Ich habe das Drehungsvermögen dieses Bestandtheiles
des Magensaftes bestimmt, und zwar so, dafs ich Lösungen
von bekanntem Gehalt mittelst eines Soleirschen Saccharimeters
untersuchte, welches Instrument überhaupt bei allen diesen
über die Bestandtheüe des Magensaftes. 251
Untersuchongen benutzt y^urde^ da es sich besonders dazu
eignete. Ich fand das Drehungsvermögen einer Lösung von
0,024 Grm. Substanz in 25 CC. Wasser gleich Einem Grade
von Soleil's Saccharimeter. Der Hagensaft von Hunden,
welcher ohne vorhergehendes Auswaschen des Magens und
mittelst Knorpel gewonnen wird, besitzt ein Drehungsver*
mögen von 20 bis 40 Grad (Soleil). 25 CG. dieses Magen-^
safles oder 25 Grm. (in ganzen Zahlen) enthalten daher
0|48 bis 0,96 Grm. oder 2 bis 4 pC. optisch wirhsamien Pep-
tons. Der trockene Rückstand eines Magensaftes, welcher
31^ Ablenkung zeigte, «nthielt 86 pC. optisch wirksames Pepton;
der von einem anderen Magensaft, welcher 7 Grad Ablenkung
zeigte und nach Auswaschung des Magens und Fütterung
mit Knochen erhalten war, enthielt 31 pC. optisch wirksames
Pepton, natürlich unter der Voraussetzung, dafs dieser Be-
standtheil allein das Drehungsvermögen des Magensaftes
bedkigt.
5. Dals ich, gestützt auf eine specielle Untersuchung,
alleä Grund habe, anzunehmen , dafs obiges Pepton der ein*
zige optisch wirksame Bestandtheil des Magensaftes ist. Die
Quantität' dieses Peptons kann daher mittelst eines* Polarisa-
tionsapparates in irgend einer Quantität Magensaft leicht und
sicher bestimmt werden.
6. Ich habe bis jetzt noch nicht bestimmt , ob alle die
verschiedenen Peptone diese optische Eigenschaft besitzen ;
so viel habe ich aber aufser Zweifel gesetzt, dafs obiges
optisch wirksame Pepton durch die Verdauung von Schafs-
oder Ochsen -Luftröhre und von knorpelhaltigen Knochen
gebildet wird und daher aller Wahrscheinlichkeit nach von
der Verdauung des Knorpels hefrührt.
252
Heber das Camphorylchlorid ;
von A. Moitessier *y
Das Camphorylchlorid bildet sich, wie die GhlorYerbin-
dungen anderer Säureradieale, bei der Einwirkung von Phos-
phorsupercblorid auf Camphersäure. Man erhält es leicht
durch 8- bis lOstündiges Erhitzen eines Gemisches von
i Aeq. Camphersäurehydrat und 2 Aeq. Phosphorsuperchlorid
auf 100^. Die, zuerst sehr lebhafte, Einwirkung ist, in Folge
der Entwässerung der Camphersäure, von einer Entwickelung
von Chlorwasserstoffgas begleitet; zugleich entsteht Phos-
phoroxychloridy welches durch Auflösen der beiden Substanzen
die Einwirkung erleichtert. Die Operation ist beendet, wenn
die Flüssigkeit in der Retorte beim Erkalten nicht mehr Kry-
stalle von wasserfreier Camphersäure absetzt; man braucht
dann nur auf 150^ zu erhitzen , um das Pbosphoroxyehlorid
zu verflüchtigen, wo das Camphorylchlorid als Rückstand in
der Retorte bleibt. Seine Bildung erfolgt gemäfs der Glei-
chung :
€ioHj«^4 + 2 PCI5 = €?ioHi4^,CJ, + 2 POCla + 2 HCL
^ Camphorylchlorid. *
Wasserfreie Camphersäure wird durch Phosphorsuper-
chlorid beim Erwärmen nur sehr schwierig angegriffen; aber
die Einwirkung erfolgt leicht, wenn man das Gemische bei-
der Substanzen in Phosphorsuperchlorid löst.
Das Camphorylchlorid ist eine gelbliche, durchdringend
riechende Flüssigkeit, specifisch schwerer als Wasser« Es
zersetzt sich in Berührung mit feuchter Luft oder mit kaltem
Wasser langsam, bei Einwirkung von siedendem Wasser
rascher zu Camphersäure und Chlorwasserstoff. Beim Erhitzen
*) Compt rend. LH, 871.
Wähler, Lähion in Meteoriten. 253
bräunt es sich; gegen 200® wird es vollständig zersetzt,
unter Bntwickelung von Chlorwasserstoff und Sublimation von
wasserfreier Säure, und bei der Destillation geht dann eine
geringe Menge eines dicken schweren, anCitronenöl erinnernd
riechenden Oels über, während eine mit Kohle gemengte braune
harzige Substanz rückständig bleibt; diese Zersetzung geht
theilweise schon bei lOQ® vor sich.
Durch kohlensaures Ammoniak und durch trockenes Am-
■
moniakgas wird das Camphorylchlorid zu Camphoramid
^loHjsNgO^ umgewandelt; dieses ist löslich in Aether und
in Alkohol und bleibt bei dem Verdunsten seiner Lösungen
als eine zähe Substanz zurück, die nach einigen Wochen zu
einer Hasse mit krystallinischem Bruche erstarrt. — Bei
tropfenweisem Zusatz von Anilin zu Camphorylchlorid tritt
beträchtliche Temperaturerhöhung 'ein und es bildet sich eine
feste, in Alkohol und in Aether lösliche Substanz, welche
Camphoranilid zu sein scheint
Lithion in Meteoriten.
In den Ueteoriten ist bis jetzt kein Element entdeckt
worden, welches unserer Erde fremd wäre. Als auf der Erde
natürlich nicht vorkommende, nur den Meteoriten eigenthum-
liehe Bestandtheile können das Phosphoreisen und das Phos-
phornickel, so wie das fiinfach-Schwefeleisen, die namentlich
in den Meteoreisen fast nie fehlen, betrachtet werden. Die
wunderbare Empfindlichkeit und Sicherheit der Spectraler-
scheinungen konnte ein Mittel zur Entscheidung der Frage
darbieten, ob wirklich in den Meteoriten kein ihnen eigen-
thümliches neues Element enthalten sei. Prof. Bunsen prüfte
zwei Meteoriten auf diesem Wege, den von Juvenas in Frank-
reich, gefallen am 15. Mai 1821 , und den von Parnallee in
Süd-Hindostan , gefallen am 28. Februar 1857. Er fand aber
254 Berthelotf Büdung von Oxalsäure u, 8. w.
darin nur die gewöhnlichen irdischen Elemente, jedoch als
neuen y bisher in Meleorilen nicht beobachteten Bestandtheil
auch Liädon. W.
BHdung von Oxalsäure durch Oxydation von Cyan*
Verbindungen ;
nach M, Berthetot *).
He Cyan wasserstoffsäure und die Cyanüre lassen sich be-
trachten als gebildet durch die Vereinigung der Elemente
der Ameisensäure, d. i. des Kohlenoxyds, mit den Elementen
des Ammoniaks :
C,HN = CjOj + NHs — HjOj ;
ferner repräsentirt die Oxalsäure eine zwischen dem Kohlen»
Oxyd und der Kohlensäure intermediäre Oxydationsstufe. Ber-
thelot glaubte hiernach vermirthen zu dürfen, dafs wohl bei
Behandlung von Cyanüren mit angemessen gemäfsigten Oxy-
dationsmitteln Oxalsäure sich bilden könne. 1 Theil gelbes
Blutlaugensalz wurde mit 4 Th; Salpetersäure bis zur voll-
ständigen Zerstörung der ersteren Substanz gekocht, dann
die Flüssigkeit eingedampft, der Rückstand mit schwach über-
schüssigem kohlensaurem Kali versetzt, die Flüssigkeit mit
einigen Tropfen Essigsäure sauer gemächt , die gelöst geblie-
bene Kohlensäure durch Kochen ausgetrieben, und Chlor-
calcium zugesetzt ; es entstand in derTfaat ein aus oxal^aurem
Kalk bestehender Niederschlag. Die Menge der unter den
genannten Umständen sich bildenden Oxalsäure Ist nur wenig
beträchtlich. Bei Wiederholung des Versuchs unter Anwen-
dung von rothem Blutlaugensalz wurde dasselbe Resultat
erhalten.
*) Im AusB. aus Ann. chim. phys. [8] LXI, 458.
Linnemanuy ßeriektigung. 255
Berichtigung über die Angabe des Verfassers
der im Octoberheft der Ännalen aus dem Laboratorium des
Privatdocenten Dr. L. Carius zu Heidelberg mitgetheilten
Abhandlung „ Ueber die Doppelsulfide der ÄUcoholradicale* *).
Da ich falschlich als Verfasser dieses Artikels bezeichnet
bin^ sehe ich mich veranlafst, die Erklärung abzugeben :
dafs ich diesen Artikel weder geschrieben., noch die
zugehörigen Versuche gemacht oder die angege*
benen Analysen ausgeführt habe. ^*}.
Somit kann ich weder Verdienst noch Verantwortung
dieser Abhandlung übernehmen, welche von Dingen handelt,
die ich nicht einmal gesehen habe, und von mir in einem
Laboratorium ausgeführt sein soll, in dem ich niemals ar-
beitete.
Gent, den 1. November 1861. E. Linnemanm
*) Man yergleiche anch die Angabe des Herrn Prof. Carius, diese
Annalen OXYI, 25 :
»Diese Verbindung l^^^(^4' *^^s\ ^^ ^^^ Herrn Li n ne-
in an n in meinem Laboratorium dargestellt und wird nächstens
beschrieben werden^.
**) Alles was ich in derselben Richtung gearbeitet, beschränkt sich
auf einen vorläufigen Versuch , welchen ich auf Wunsch des Hm.
Prof. Carius früher einmal und zwar im Winter 1859 im Labo-
ratorium des Hrn. Hofrath Bunsen angestellt habe.
Ich li^fs Jodmethyl auf Quecksilbermercaptid einwirken, be-
obachtete eine lebhafte Beaction und die Bildung eines gelben
Kdrpers, den ich für Jodquecksilber hielt Es wurde Tersucht,
durch directe Destillation das intermediäre Sulfid vom Jodqueck-
silber zu trennen, und die höher siedenden Theile des Destillats
einer Verbrennung unterworfen, deren Ziffern sich als ganz un-
brauchbar zeigten. Mit diesem Besultate wurde der Versuch
liegen gelassen und von meiner Seite nie wieder aufgenommen.
Erklärung zu der vorstehenden ^^Berichtigung u. s. w.
von Herrn Linnemann^^
Herr Linnemann hat mich in Eenntnifs gesetzt, dafs
er die vorstehende sogenannte Berichtigung an die Redaction^
dieser Annalen eingesandt habe. Dieser sogenannten Be-
richtigung nach möchte es scheinen, als habe ich zu irgend
einem unrechten Zwecke von mir oder einer dritten Person
angestellte Experimente als von Herrn L. herrührend an-
gegeben* Ich sehe mich daher genöthigt, in folgender Er-
klärung zu zeigen, dafs diefs durchaus nicht der Fall ist und
die Angaben in Linnemann's Berichtigung falsch sind.
256 Cariusy Erklärung.
Herr Linoemann hat im Soonnerseinester 1859 im
academischen Laboratorium dahier unter meiner Leitung ge-
tCL n
A^ ein-
wirken lassen genau in der Weise, wie ich in der unter
seinem Namen veröffentlichten Notiz (diese Annalen CXX, 6I3
angegeben habe; er hat dabei die beiden krystaliinischen
Körper SJ|*^ , HgJ und &j|*Sj^, HgJ erhalten und ihre
dort bezeichneten Eigenschaften zur Genüge kennen gelernt,
da er mit denselben die ebendort beschriebenen Versuche
negativen Resultates, die Doppelsulfide der Alkoholradicaie
darzustellen, anstellte. Die Beendigung der Untersuchung
und Analyse der Verbindungen unterblid) damals , weil ich
ein Privatlaboratorium anlegte, in welchem Herr L. nicht
weiter gearbeitet hat. Die weitere Fortsetzung meiner Unter-
suchung über die Doppelsulfide und Anderes machte es wün-
schenswerth, dafs die Existenz dieser Jodquecksilberverbin-
dungen von Linnemann ebenfalls bekannt würde. Obgleich
sich nun aus der Entstehung derselben ihre Zusammensetzung
ziemlich sicher ergiebt, hielt ich doch für nöthig, sie der
Analyse zu unterwerfen. Da die Versuche von L. ursprüng-
lich in der Absicht angestellt waren, die Doppelsulfide dar-
zustellen, so hielt ich ferner für nöthig, den kleinen Ver-
u in Alkohol anzustellen , der sich
in der Notiz noch beschrieben findet. Da a»' der Richtigkeit
der Analysen wie des letztgenannten Versuches nicht zu
zweifeln war, so hielt ich nicht für Unrecht, dieselben der
Einfachheit wegen unter Linnemann's Namen mit anzu-
führen, habe ihm aber vorher von der Absicht , Diefs zu
thun, Mitlheilung gemacht, ohne dafs er mir gesagt hätte,
dafs ihm Das nicht angenehm sei« Bei derselben Besprechung
habe ich Herrn L. gesagt, dafs ich, wenn es ihm Recht sei,
die Notiz unter die „Mit^heilungen aus meinem Laboratorium^
aufnehmen wolle; er war nicht dagegen. Ebenso hat Herr
L. eine Anmerkung zu einer von mir angestellten und unter
meinem Namen publicirten Analyse, diese Annalen CXVl,
25, einer seiner Jodquecksilberverbindungen gekannt und
mir über die Form „in meinem Laboratorium dargestellt^
keinen Einwurf gemacht.
Die Veröffentlichung der Notiz ist durch zufällige Um-
stände um einige Monate verzögert worden ; meinen Abhand-
lungen pflege ich stets das Datum der Beendigung der Ab-
handlung beizusetzen.
Heidelberg, den 7. November 1861. L. Carma.
Ausgegeben den 28. Noyember 1861.
ANNALEN
DER
CHEMIE UND PHARMACIE.
CXX. Bandes drittes Heft.
Ueber Kreatinin ;
von Dr. C. Neubauer.
IL
i. Aethylhreaiinin. ^ In meiner letzten Abhandlung (diese
Annalen CXIX, 27) habe ich gezeigt, wie das Kreatinin durch
Einwirkung von Jodfithyl in Jodäthylkreatinin übergeht, und
dars sich aus letzterem durch Einwirkung von frisch berei-
tetem Silberoxyd die Base Aethylkreatinin abscheiden läfst.
Es war mir damals noch nicht gelungen, diesen interessanten
Körper in reinem krystallisirtem Zustande zu erhalten, wohl
aber die entsprechende Platinverbindung, deren Platinbestim-
mung zu der Formel CisHisNsOsCl -j- PtClg führte. — Zur
Entscheidung der Frage, ob das Kreatinin mehrere durch
Alkoholradicale substituirbare WasserstofiPatonie enthalte, oder
ob das Aethylkreatinin schon eine Ammoniumbase sei, stellte
ich mir zunächst letzteres in gröfserer Menge aus 30 Grm.
Kreatinin genan nach der in meiner letzten Abhandlung an-
gegebenen Methode dar. Einer concentrirten wässerigen
Lösung von reinem Jodäthylkreatinin wurde mit VorsicM so
lange frisch bereitetes Silberoxyd zugesetzt, bis eine Probe
des Filtrats keine Jodreaction mehr gab, und die Flüssigkeit
darauf voi^ dem gebildeten Jodsilber abfiltrirt. Das Filtrat
war schwach, gelblich gefärbt , reagirte stark alkalisch,
Ann. d. Ofaem. n. Pharm. OZZ. Bd. 8. Heft. 17
258 Neubauer f über Kreatinin.
schmeckte bitter und wurde zur Erhaltung* des Aethylkreatinins
ohne alle und jede Anwendung von Wärme im Vacuum neben
Schwefelsäure verdunstet, wobei zuerst ein syrupartiger Rück-
stand blieb, der nach längerem Verweilen unter der Luft-
pumpe endlich krystallinisch erstarrte. Hat man bei der Ab-
scheidung des Jod's aus dem Aetbylkreatinia einen Ueberschufs
von Silber möglichst vermieden, was bei einiger Vorsicht und
wiederholtem Prüfen einiger abfiltrirter Tropfen ziemlich leicht
^gelingt, so liefert das Idare Filtrat nach dem Verdunsten im
Vacuum schon eine ziemlich reine , höchstens schwach gelb-
lich gefärbte, strahlig-krystallinische Masse von Aethylkreatinin.
In absolutem Alkohol ist die völlig unter der Luftpumpe aus-
getrocknete Verbindung überaus leicht löslich, unlöslich da-
gegen in Aetbar. Die in geiindeir Wärme ge^liUigte Lösung
in absolutem Alkohol lieferle nach dem FiKriren und Erkalten
eine schöne Krystallisatian von feinen , aiu Waraen und Dru^
sen vereinigten Nadeto, di^ durch Abwaschen mit Aether-
Weingeist, zuletzt mW Aetbar« in rein weifsem Zustande er^
balten wurdeii. Das A^l^ylkreatinin aerflieCsl an der Luft
nicht ; die wässerige l^ösung reagirt wie soboa gesagt stark
alkalisch ; Curcumapapier wird auf der Stelle stark gebräunt ;
der Geschjnack ist bitter. Neutral« Löwigen vofi Thonerde
u^d Eisen werden durch Aethylkreatiiiin gefällt, Ammoniak
aus seinen Salzen beim Erwärmen ausgetrieben. Bei vor-
sichtigem Erbitten in Glasröhrchen entweicht swerst Wasser,
dann f^rbt sich die Verbindung gelb, s^bmilj^ bei gesteigerter
Hitze unter Gasen twipkelung zu eiitier gelben ölige« Masse,
die fiucb nach Tag^n noch niobt wieder erstarrt war. Beim
Liegen an der Luß bleiben die Kryatalle unveräadiert , allein
bei 100^ C. werden sie unter Waaservarliist sehr bald trübe
und verlieren ihren Gian?; ; längere Zeit einer Temperatur
von 100^ ausgesetzt tritt G^lbtärbiiiig unter Zersetzung der
Verbindung ein {^g\, ß« 259).
' Berechnet
c
42,8
H
8,4
N
25,0
0
28,8
Neubauer y über Kreatinin. 259
Zur Analyse wurde die zweimal aus absolutem Alkohol
umkry^tallisirte Substanz tagelang unter dem Recipienten der
Luftpumpe neben Schwefelsäure getrocknet. Die Analyse
führte zu der Formel : CigHiaNsOs, HO -f* <^<I*9 krystallisirtes
Aethylkreatininoxydhydrat.
I. 0,2284 Grm. gaben 0,3544 Gnn. CO, und 0,175 Grm. HO.
IL 0,23 Ghrm. gaben 0,3582 Grm. CO» und 0,1781 Grm. HO.
lU. 0,256 Grm. gaben bei der Stickstoff bestünmung 0,455 Grm. Platin.
IV. 0,2015 Grm. gaben 0,850 Grm. Platin.
Gefunden
' I. ' II. ^ HI* IV.
42,82 4H,6 —
8,57 8,e - -
— — 26,18 24,6
Eine weitere StickstoflPbestimmung wurde mit einer Sub-
stanz gemacht, die kurze Zeit bei 100^ getrocknet war.
0,1877 Grm. gaben durch Titrirung bestimmt 0,049 Grm. N, ent-
sprechend 26,16 pO. N , während das Aethylkreatininoxydhydrat
CiaHiaNflO« 26,4 pC. N yerlangt.
Da das Aethylkre^tinin bei 100^ allmälig zersetzt wird,
so war eine directe Bestimmung des Krystallwassers auf die-
sem Wege nicht möglich. 0,1028 Grm. , welche 3 bis 4 Tage
unter der Luftpumpe nebeu Schwefelsäure getrocknet waren,
wurden etwa eine Stunde einer Temperatur von 100® ausge-
setzt. Der Verliist betrug 0,0062 Grm., woraus Sich ein
Kry stall Wassergehalt von 6,0 pC. berechnet, während die
Formel 5,4 pC verlangt. Bei weiter fortgesetztem Trocknen
stieg der Gewichtsverlust auf 7,8, 10, 13, 18,2 und endlich
23 pC, wo der Versuch unterbrochen wurde. Die Substanz
hatte sich hierbei stark gelb gefärbt und löste sich in Wasser
zu einer alkalischen, aber stark gelb gefärbten Flüssigkeit
leicht auf.
Die aus dem reinen krystalliairten Aetbylkreatinin darge-
stellte Platinverbindung gab bei der Analyse 28,6 pC. Platin
17*
260 Neubauer y über Kreatinin.
(0,18 Grm. gaben 0,0516 Grm. Pt; 0,3406 Grm. gaben 0,0976
Grm. PQ, während die Formel (CiaH^NsOjCl + PtClg) 28,5
pC. Platin verlangt
Zar Entscheidung, ob in dem Aethylkreatinin noch wei-
terere durch Aethyl substituirbare WasserstofTatome enthalten,
wurde 1 Aeq. desselben (5 Grm.) mit 1 Aeq. Jodäthyl und
einem gleichen Volum absolutem Alkohol in ein Rohr einge-
schmolzen und der Temperatur des kochenden Wassers einig-e
Stunden ausgesetzt. Die klare gelblich gefärbte Lösung schied
beim Erkalten eine grofse Menge nadeiförmiger Krystalldrusen
aus, die auf einem Filter gesammelt, mit Aetherweingeisi,
zuletzt mit Aether gewaschen und darauf aus absolutem Al-
kohol umkrystallisirt wurden. Die so erhaltenen farblosen
Krystalle hatten die gröfste Aehnlichkeit mit dem Jodäthyl-
kreatinin. Zur Analyse wurden sie bei 100^ getrocknet.
1. 0,3662 Grm. gaben 0,3195 Grm. AgJ.
2. 0,379 Grm. gaben 0,3312 Gxm. A^J.
Der daraus berechnete Jodgehalt entspricht der Formel
des Jodäthylkreatinins CisHisNsOsJ. •
Berechnet GeAinden
Aethylkreatinin 142 52,81 52,74 52,80
Jod .... 126,88 47,19 47,26 47,20
268,88.
Eine Substitution von Wasserstoff war also im Aethyl-
kreatinin nicht weiter erfolgt, sondern Jodäthyl und Aethyl-
kreatinin oxydhydrat hatten sich umgesetzt in Jodäthylkreatinin
und Alkohol :
CiÄjNsOs, HO + C4H8J = CijHtgNgO^ + C4HeOt.
Das Kreatinin ist demnach wohl eine tertiäre Aminbase
und das Aethylkreatinin eine Ammoniatnbase. Wäre das
Kreatinin eine secundäre Aminbase , und das daraus durch
Jodäthy] u. s. w. zuerst erhaltene Aethylkreatinin eine tertiäre,
also Nitrilbasfe» so hätte letzteres durch eine weitere Behand-
\
Neubauer^ über Kreatinin. 261
iung mit Jodä(hyl wohl eine Ammoniumbase von der Formel
C16H16N3O2J and einem Jodgehalt von 42,7 pC. geben müssen,
was aber nach den obigen Versuchen nicht der Fall ist.
2, Ghloräihylhreatimn. — Versetzt man eine wässerige
Lösung von Aethylkreatininoxydhydrat mit Salzsaure bis zur
stark sauren Reaction, so bleibt nach dem Verdunsten im
Wasserbade ein syrupartiger Rückstand, der bald zu einer
glänzenden , aus verGlzten Nadeln zusammengesetzten Hasse
erstarrt. Läfst man die Krystallisation unter dem Mikroscop
vor sich gehen, so sieht man zuerst einzelne Nadeln sich
bilden, die bald strahlig zu Rosetten von bedeutendem Durch-
messer zusammenschiefsen , bis endlich der ganze Tropfen
in eine durchscheinende, stark glänzende Krystallmasse von
strahligem Gefüge übergeht. Diefs so erhaltene Chloräthyl-
kreatinin löst sich in Wasser ungemein leicht auf, ebenso in
Alkohol, nicht in Aether. Die durch längeres Stehen über
Schwefelsäure vollständig ausgetrocknete Krystallmasse wurde
in möglichst wenig absolutem Alkohol in der Wärme gelöst,
worauf beim Erkalten, für den Fall äafs die Lösung concen-
trirt genug war, die Verbindung in nadeiförmigen Krystallen
anschofs. , Leichter und reichlicher jedoch erhält man eine
Krystallisation, wenn man der Lösung in absolutem Alkohol
in kleinen Mengen Aelher bis zur eben bleibenden schwachen
Trübung zusetzt. Sehr bald scheidet sich jetzt das Chlor-
äthylkreatinin in weifsen Nadeldrusen aus, die auf einem
Filter gesammelt mit Aetherweingeist, zuletzt mit Aether ge-
waschen und über Schwefelsäure getrocknet wurden.
I. 0,1769 6nn. gaben 0,143 Grm. AgCl.
IL 0,2429 Grm. gaben 0,192 Grm. AgCl.
III. 0,1025 Grm. , ans sehwefelsaurem Aethylkreatinin durcb Um-
setzen mit Chlorbaryam \l s. w. dargestellt, graben nach
dem Trocknen bei IW 0;0842 Grm. AgCl.
Das Chloräthylkreatinin ist demniiph dem Jodäthylkreatinin
entsprechend zusammengesetzt.
262 Neubauer^ über Kreatinin,
Ckfonden
^<^^^ l o in.
Aethylkreatinin 142 80 80,08 80,46 79,7
Chlor . . . 35,6 20 . 19,97 19,54 20,3
177,5 100.
Schwefelsaurea Aeihylhreatinin habe ich bis jetzt noch
nicht im itrystallisirten Zustande erhalten iiönnen.
3. Jodwasser Stoff säur es Kreatinin. — Bei der Einwir-
kung von Jodätbyl auf Kreatinin entsteht nicht allein Jod-
äthylkreatinin, sondern die Mutterlauge des letzteren enthält
noch jodwasserstoffsaures Kreatinin. Hält man bei der Dar-
stellung des Jodäthylkreatinins die in meiner ersten Ab-
handlung angegebenen Verhältnisse ein, so erstarrt nach
vollendeter Reaction der Inhalt der Röhren zu einer strah-
ligen Krystallmasse, die man durch Abwaschen auf dem Filter
mit Aetherweingeist, zuletzt mit Aether, von der bräunlichen
Mutterlauge sehr leicht befreit, so dafs das Jodäthylkreatinin
alsdann durch 'einmaliges Umkrystallisiren aus absolutem
Alkohol sogleich rein weifs erhalten werden kann. — Die
bräunlich gefärbte Mutterlauge enthält ein sehr leicht lös-
liches Salz, welches beim Verdunsten, zuerst im Wasserbade,
zujetzt über Schwefelsäure , als bräunliche Krystallmasse
zurückbleibt. — Durch Pressen zwischen Fhefspapier und
öfteres Umkrystallisiren aus wässeriger Lösung erhält man
schliefslich grofse helle, höchstens schwach gelblich gefärbte
Krystalle, die jodwasserstoffsaures Kreatinin sind.
Das jodwasserstoffsaure Kreatinin ist in Wasser und
Weingeist ungemein leicht löslich ; die wässerige Lösung
reagirt schwach sauer und liefert, nach Zusatz von essigsau-
rem Natron mit Chlorzinklösung versetzt, sogleich oder nach
einigem Stehen einen Niederschlag von Kreatininchlorzink.
0,4412 Grm. bei 100^ getrocknet gaben in Wasser gelöst und nach
dem Ans&oren mit NO5 durch salpetersaures Silber gefftllt 0,43
Grm. AgJ.
I
l
Neubauer i Über Kreatinin. J63
Dieser Jodgehalt entspricht dtft Formel • (ÜgHtNsOjJH.
Berechnet Gefhnden
Kreatin li3 46,91 46,9^
JodwassentofF i^lfiS 53,09 53,07
240,88.
4^ Kr&atiniruiMörzink. ^-^ Obgfleicb nach den Untersa-
chungen von Heintz (?oggi Anntileti tXX, 475} über die
Zasammenset^üng des Kreatfitiftchlorzinks kein Zweifel mehr
ist, so hat doch Loebe*) in neuester Zeit für diese Verbin-
dung die Formel
CgHyNjpjZiiCl . HO
= CeH^NsOjClH + ZnO
aufgestellt, was mieh VeranMri^te, meilie Aufmerksamkeit noch
einmal diesem interessanten Körper zuzntrenden , namentlich
da auch Lehmann in seinem Handbuch der physiologischen
Chemie, siweite Auflage, Seite Ii6 tiüt von einem salzsauren
Kreatininzinkoxyd spricht.
Das zu den folgenden Analysen dienende Präparat wurde
aus einer alkoholischen Lösung von chemisch reinem Kreatinin mit
einer weingeistigen säurefreien Lösung von Chlorzink gefällt.
Nach ^4 Stunden wurde der Niederschlag* gesammelt, mit
Alkohol gewaschen und nach dem Trocknen bei 100^ C. zur
Analyse genommen. -^ Das Trocknen bei 100^ C. konnte
unbedenklich geschehen, da nach Loebe's eigenen An-
gaben seine wasserhaltige Verbindung bei 100^ C. kein Wasser
verliert.
L 0,8454 Grm. Substanz gaben 0,0798 Grm. Stickstoff, entsprechend
23,1 pC. N = 62,15 pCl Kjeatinin.
IL 0,8531 Grm. worden in Wasser unter Zusatz weniger Tropfen
Salpeters&ure gelöst und in einer Platinschale mit kohlen-
saurem Natron in der Siedhitze geföllt Es wurden erhalten
0,0801 Grm. ZnO = 18,2 pC. Zn.
1
*) Journ. f. pract Chemie LXXXII, 176.
264 Neubauer^ über Kreatinin*
ni. Im Filtrat Ton IL wurde das Chlor bestiiiimt und 0,2807 Ozm.
AgCl erhalten = 19,65 pG. CL
IV. 0,4818 Grm. gaben 0,098 Grm. ZnO = 18,21 pC. Zn.
y. 0,3588 Grm. gaben 0,2831 Grm. Aga = 19,5 pC. CL
VI. 0,617 Grm. Ton einer anderen Darstellung gaben 0,137 Ghrm.
ZnO = 17,82 Zn.
Diese Bestimmungen führen zu der von Heints aufge-
stellten Formel : CsHTNsOsZnCL
Berechnet Gefunden Heints im Ifittel
Kreatinin 113 "~ 62,44 62,15 — ^ Z —
Zink 32,5 17,97 — 18,2*) 18,21 •) 17,82 17,81
Chlor 35,5 19,59 — 19,65 19,5 — 19,16
181,0 100,00.
Loebe sagt nun in der oben citirten Abhandlung über
die Darstellung seiner Verbindung Folgendes : ^Sehr rein
^und schön ausgebildet erhielt ich Krystalle dieser Verbin-
^dungy indem ich eine nicht zu Yerdönnte alkoholische Lö-
„sung von Kreatinin mit der Chlorzinklösung vorsichtig fällte
^und den Niederschlag in möglichst wenig Salzsäure in der
„Wärme auflöste ; nach dem Erkalten hatten sich die Kry-
„stalle in grofsen sternförmig gruppirten vierseitigen Nadeln
„mit schiefer Bndfläche abgeschieden.
„Um hierbei einen Verlust an Substanz möglichst zu
„umgehen, verfährt man am besten so, dafs man eine Portion
„des Niederschlags in reiner Salzsäure unter Zusatz von
*) Das zu diesen beiden Zinkbestimmnngen dienende Ereatininchlor-
zink war ans alkoholischer Lösung mit einem ziemlichen Ueber-
schufs Yon Chlorzink gefällt, lud hatte zur Yollständigen Aus-
scheidung 24 Stunden gestanden. Es scheint unter diesen Umständen
etwas ZnCl mechanisch mit niedergerissen zu werden, worin der
bei der Analyse gefundene kleine DeberschuAi tod Zn seinen
Grund haben wird , da das gewogene ZnO sich bei der Präfung
als chemisch rein, ToUkommen frei von Alkali zeigte. — Schon
aus diesem Grunde mufs man daher bei der quantitativen Ereati-
ninbestimmung mit ZnCl einen TJeberscliuls des letzteren sorg-
fältigst vermeiden.
Neuhauer ^ über Kreatinin. 265
„Alkohol bei m^rsiger Wärme auflösl und dann von dem
„übrigen Niedersehlag so viel dazu bringt, bis sich derselbe
„nicht mehr auflöst; nach dem Erkalten krystallisirt daiS
yKraatiniochlorzink in den erwähnten Nadeln aus.
„Diese Krystalle sind wirklich Kreatininchlorzink , wie
„ich mich durch Versuche über ihre Löslichkieit, sowie durch
„einige Chlorbestimmungen überzeugt habe.^
Aus seinen Analysen leitet nun Loebe für das Kreati-
ninchlorzink die Formel
CgH^NAZnCl + HO
= CgHyNsOgClH + ZnO
ab. Nach dieser Formel hätte aber die Verbindung folgende
procentische Zusammensetzung :
Kreatinm 59,47 pC.
Zink 17,10 „
Chlor 18,68 „
Wasser 4,76 „
100,00.
Das aus wässeriger oder weingeistiger Lösung gefällte
Kreatininchlorzink hat jedoch diese von Loebe angegebene
Zusammensetzung nicht, sondern entspricht, wie die Analysen
von Heintz und mir zur Genüge zeigen, der Formel
CsHTNaOgZnCl.
Ich versuchte darauf die von Loebe oben angegebene
Darstellungsmetbode. Eine gröfsere Menge von chemisch
reinem Kreatininchlorzink^ aus einer alkoholischen Lösung
von reinem Kreatinin gefällt, wurde genau nach Loebe's
und Lehmann 's Vorschrift behandelt. Einen Theil des Nie-
derschlags löste ich in verdünnter Salzsäure unter Zusatz von
Alkohol auf und fügte dieser Lösung so lange von der Ver-
bindung hinzu, bis selbst nach längerem gelindem Erwärmen
ein Theil ungelöst zurückblieb. Aus der warm filtrirten Lö*
sung s#hied sich beim Erkalten und längerem Sieben nur ein
sehr geringer Theil in leichten Nadeln und Nadelgruppen
266 Neubauer f über Kreatinin.
aas, die nach 24 Standen gesammelt» mit Alkohol grttndlich
gewaschen und bei 100^ getrocknet zur Chlor^ und Zink-
bestimmnng benutzt wurden.
0^92 Grm. gaben 0,0879 Orm. ZnO und 0,3119 Grm.
Ag€l, woraos sieh 17,99 pG. 2b und 19,66 pC. Gl bereehnet
Die Formel GgHYR^OsZnGl verlangt 17,97 pG Zn und 19,59
pC. Gl, während die von Loebe und Lehmann aligenom-
mene Zusammensetzung G8H7N3O2CIH -4^ ZnO 17,1 pG/Zft und
18,68 pG. Gl erfordert.
Es unterliegt demnach Wohl keinem Zweifel, dafs die
nach dieser Methode dargestellte, in Nadeln krystallisirte Ver-
bindung dieselbe Zusammensetzung hat, wie das aus wein-
geistiger Lösung mit Chlorzinklösung direct gefällte Krea-
lininchlorzink.
Die von diesen Krystallen abfiltrirte Lösung setzte nach
weiteren 24 Stunden keine Krystalle mehr ab; ich versetzte
sie daher mit einer concentrirten Lösung von essigsaurem
Natron, denn Lehmann sagt in seinem Handbuche, zweite
Auflage, Seite 117 : „Scheiden sich beim Erhallen noch keine
„sternförmig gruppirte Nadeln aus, so wird diefs auf Zusatz
„von essigsaurem Natron geschehen^. Essigsaures Natron
bewirkt in der That sogleich eine krystallinische Ausschei-
dung, und zwar durch Umsetzung der in Lösung befindlichen
Verbindung, denn wie ich unten zeigen wei:de, enthält die
Lösung von Kreatininchlorzink in Salzsäure nicht unveränder-
tes Kreatininchlorzink (GgHrNsOsZnGlj, fiondem salzsaures
Kreatininchlorzink (GgüyNsOgClH 4" ZnCl}, eine in Wasser
überaus leicht lösliche Verbindung, aus deren wässeriger Lö-
sung essigsaures Natron sogleich Kreatininchlorzink fällt.
Auch diese aus der salzsauren Lösung durch essigsaures
Natron zur Ausscheidung gebrachte Verbindung hat nach
meinen Bestimmungen die von Loebe angegebene Zusam-
mensetzung nicht.
Neubauer, über Kreatinin. 267
0,7134 Grm. i^aben nach denoTTfocikneFfi bei 10(y>C. 0,1605
6rm. ZnO und 0,5678 Grm. AgCl, worauf; sich 18,05 pC. Zn
und 19,67 pC. Crberechnet« ein Gehalt, wie ihn die alte For-
mel CsHTNsOaZnCI verlangt*
5. Bahsäures KreatinincMorzink, — Kreatininchlorzink
löst sich in etwas überschtkssiger Salzsäure in beträchtlicher
Menge auf, ohne dafs sich beim Erkalten etwas ausscheidet.
Verdampft man diese Lösung bis zur Syrupconsistenz, so be-
ginnt nach längerem Stehen die Krystailisation. Es bilden
sich wasserhelle Krystalle von gröfser Schönheit, die oft eine
beträchtliche Gröfse erreichen. Schon Dessaignes hat die
Bildung dieser Krystalle aus der syrupdicken Lösung des
Kreatininclilorzinks in Salzsäure beobachtet, und nach seinen
Chlorbestimmungen ist die Verbindung salzsaures Kreatinin-
chlorzink von der Formel C8H7N3O2CIH -f ZnCI.
Ich kann diese Angaben von Dessaignes vollkommen
bestätigen ; das salzsaure Kreatinin kann sich wie das reine
Kreatinin mit dem Chlorzink verbinden. Die Verbindung ist
in Wasser und Weingeist überaus leicht löslich und schiefst
aus der syrupdicken Lösung in grofsen wasserhellen Kry-
stallen oder Krystallmassen an. Versetjst man die wässerige
Lösung dieser Verbindung mit einer concentrirten Lösung von
essigsaurem Natron, so scheidet sich, wie schon oben bemerkt,
sogleich Kreatininchlorzink in deutlichen Krystallgrnppen aus.
0,872 Grm. der bei 100<^ C. getrockneten Verl^indung gaben 0,4dlÖ
GriiL AgCl.
0,6336 Grm. gaben 0,1182 Grm. ZnO nnd 0,8414 Grm. AgCl.
Diese Analysen führen zu der Formel CsByNsO^ClH ^f ZnCl.
Berechnet Gefunden
Ca 4'8"^^'"^^ ""IT"^^^^^
Hg 8 -2 - -
Ns 42 - - -
O, 16 — ^ ^
GI2 71 32,64 82,66 82,84
Zn 82,5 14,94 — 14,97
217,5. '
268 Geuther, über die Bildung
Ob das Salzsäure Kreatinin eine ähnliche Verbindung
mit dem Chlorcadmium eingeht, wie zu verrauthen, habe ich
vor der Hand noch nicht untersucht.
Wiesbaden, im August 1861.
U eher die Bfldung der Bernsteinsäure aus Leuchtgas ;
von A. Geuiber,
Vor einiger Zeit hat Simpson*) Versuche veröffent-
licht, die zum Zweck hatten, das Leuchtgas in Benuteinsäure
zu verwandeln. Wenn sich nämlich das Elaylchlorttr, -bromür
oder -jodür in die entsprechende Cyanverbindung verwandeln
liefse, und wenn diese auf analoge Weise durch Kalilauge
zersetzt werden könnte, wie das Cyanäthyl, so müfste eine
Säure von der Zusammensetzung der Bernsteinsäure, also
möglicherweise sie selbst erhalten werden. Unbekannt mit
jenen Versuchen und von denselben Schlüssen geleitet, bin
ich wie Simpson zu dem Resultat gelangt, dafs mit Hülfe
des Cyanelayls das Leuchtgas wirklich in Bernsteinsäure ver-
wandelt wird ; es können dahier die im Folgenden mitgetheil-
ten Versuche als Bestätigung des von Simpson zuerst er-
haltenen Resultates dienen.
Simpson benutzte zu seinen Versuchen Elaylbromür;
ich wandte zunächst das Elaylchlorür an. 4 Grm. desselben
wurden 'mit 7 Grm. Cyankalium und mit Alkohol in ein Rohr
eingeschlossen und einen Tag lang im Wasserbade erhitzt. Zur
Vollendung der an der Chlorkaliumbildung erkennbaren Ein-
wirkung wurde das. Rohr während eines Tages auf 150^
*) Diese Annalen CXVIII, 873.
(
I
der Bemsteinaäure aus Leuchtgas. 269
erwärmt, darnach geöffnet, der Alkohol, welcher das Cyan-
elayl gelöst enthalten murste, abgegossen und aus einer Re-
torte im Wasserbade destillirt. Mit dem Alkohol ging noch
unzersetztes Elaylchlorür über, das durch Wasser leicht ab-
geschieden werden konnte. Der flüchtige Retortenrückstand
wurde nun bei steigender Temperatur mit eingesenktem Ther-
mometer überdestillirt. Zuerst kam Wasser, dann, indem das
Thermometer bis auf 160^ stieg, ein gelbliches Oel vom Ge-
rüche des Cyanäthyls. Dasselbe war schwerer als Wasser
und ziemlich leicht löslich in demselben. Als zu seiner wässe-
rigen Lösung Kalilauge gefügt und im Wasserbade erhitzt
wurde, trat reichliche Ammoniakentwickelung ein. Als die-
selbe vorüber war, also die Zersetzung als beendigt angesehen
werden konnte , wurde mit Salzsäure übersättigt, vorsichtig
zur Trockene eingedampft und der Rückstand mit Alkohol
ausgekocht Derselbe schied zuerst einige Krystalle von
Chlorkalium ab » bei weiterem Verdunsten aber solche, die
alle Eigenschaften der Bemsteinsäure zeigten. Nicht viel
über iOO^ erwärmt begannen sie sich zu verflüchtigen, schmol-
zen bei 180^ ; ihr Dampf eingeathmet bewirkte starkes Kratzen
im Kehlkopf und Hustenreiz. Hit Ammoniak neutralisirt fällten
sie Eisenoxydsalze hellbraun gallertartig ; mit Ammoniak über-
sättigt veränderten sie eine Chlorcalciumlösung nicht, eine
Chlorbaryumlösung wurde dann aber, vorzüglich rasch beim
Erwärmen, krystallinisch gefällt; in verdünnteren Lösungen
schied Alkohol einen anfangs flockigen, allmälig krystallinisch
werdenden Niederschag aus. Alles diefs zeigt die Identität
der erhaltenen Krystalle mit Bernsteinsäure.
Die Umsetzung des Elaylbromürs mit Cyankalium auf die
nämliche Weise gelingt viel leichter, als die des Chlorürs.
Es genügt eine zweitägige Behandlung der Röhren im Wasser-
bade, um vollständige Umsetzung herbeizuführen; die Ein-
wirkung beginnt schon bei gewöhnlicher Temperatur.
270 Oeuther u. Foraherg^ über kr^staüisirte
Zar Darstellung der Bernsteingäure ist es nicht nölbi^j^,
das in der Retorte nach der Abdestillation des Alkohols blei-
bende, in der Wärme flüssige, in der Kälte kryslalliniscb er-
starrende, braun gefärbte Elaylcyanür zu destilliren und es
so zu reinigen ; es kann sogleich in Wasser gelöst und noit
Kalilauge gekocht werden. Die dann erhaltene Bernsteinsäure
ist braun gefärbt, kann aber leicht durch Kochen mit Chlor-
wasser weifs erhalten werden. Die Ausbeute scheint die be-
rechnete zu sein. Es ist wohl denkbar, dafs man dereinst
sich dieses Verfahrens zur Darstellung der Bernsteinsäure im
Groben bedienen wird.
Laboratorium in Göttingen, August 1861.
Ueber krystallisirte wolframsaure Salze, insbesondere
über künstlichen Wolfram;
von A. Oeuther und E. Forsberg.
Durch Zusammenschmelzen von wolframsaurem Natron
mit einem Ueberscbufs von Chlorcalcium oder Chlorblei kann
man, wie die von Manrofs"^) unter Wo hier 's Leitung
angestellten Versuche gezeigt haben, die wolframsauren Salze
dieser Basen ganz in der Form krystallisirt erhalten, die sie
bei ihrem natürlichen Vorkommen als Scheelit und Scheel-
bleierz besitzen. Zur Darstellung anderer wolframsaurer
Salze im krystallisirten Zustande haben wir uns im Allge-
meinen derselben Methode bedient, dabei jedoch gefunden,
*) Dieae Annalen LXXXI» 243 und LXZXU, 866.
loolframs. Saltse, inabesondere über künstlichen Wolfram. 271
dafs zur Erzeugung grörserer Krystalle ein ZusaU yon Koch-
salz nothwendig ist, welcher , indem derselbe die sich um«
setzenden Salze verdünnt, jene günstige Wiricung äufserst.
Aufser dtfr Bart/t-, Magnesia*^ Zink- und CadmiurnoxydseV"
bindung baban wir die Mangan- und EisenoxydidstrhinixiLX^gtxi^
sowie gemischte Salze dieser beiden letzteren > welche, wie
bekannt; in der Natur als ^ Wolfram^ krystallisirt vorkommen»
dargestellt. Bei Anwendung verönderlicher Hangen von
Mangan- und Eisenchlorür gelingt es leicht, die verschiedenen
noMrlieken Wolframarten meist in sehr schönen grofsen Kry-
stallen zu erhalten. Da die Mangan- und Eisenmenge in
ihnen stets einem bestimmten ^|nfacbßn stöchiometrischen
Verbältnifs entspricht, so sind diese gemischten Salze als
wahre Doppelsalze zu betrachten.
In Bezug auf die Krystallgestalt \i%X sich ergeben, dafs
das Baryt-, Magnesia-, Zinkoxyd* und wahrscheinlich auch
das Cadmiumoxydsalz dem Kalk^ und Bleisalz isomorph sind,
also dimetrisch krystallisiren, das Mangan- und Eisensaiz aber,
sowie die Doppelsalze der letzteren, völlig die Forn) des
patürlicheii lYolframs besitzen , aI$o orthorhombisch krystalli-
sirt erscheinen.
Zur Darstellung der im Folgenden beschriebenen kry-
stallisirten Verbindungen wurden die betretenden Salzmengen
in einem bedeckten Porcellantiegel, der in einem mit Magnesia
halb gefüllten hessischen Tiegel stand, im Windofen zusam-
mengescbinolzen und darin langsam erkalten gelassen ; nach
dem Auslaugen der Schmelze mit Wasser bleiben die Kry-
stalle zurück. Zur Analyse wurden dieselben je nach Be-
dürfntfs mit concentr[rter Salpetersäure oder Königswasser
in der Hitze aufgeschlossen, die Lösung der Basen abfiltrirt,
die Wolfram&üure in Ammoniak gelöst und wenn hierbei ein
URlöfilicher Rttckatand blieb derselbe durch erneute Behand-
lung mit Säure völlig zersetzt Das Eisen wurde vom Hangan
272 Geuther u. Forsberg j über JaystaBisurte
durch essigsaures Natron getrennl^ die Wolframsiare nach
dem Glfiben des Ammoniaksalzes gewogen.
1. Wolframsaurer Baryt : BaO, WoO«.
Angewandt wurden : 2 ThL wolframsaures Natron, 7 TU.
Chlorbaryum und 4 Thl. Kochsalz.
Farblose grorse Octaeder, ganz Yom Aussehen des Kalk-
salzesy durch kochende concentrirte Salpetersäure aufschliefsbar.
0,332 Qrm. Substanz lieferten 0,197 Orm. tdiwefelsanren Barjt,
entsprechend 0,1294 Gnn. Baryt und 0,1965 Gnn. WoHraniBlare.
Berechnet GMonden
BaO 89,8 ' 39,0
WoO» 60,2 59,2.
2. Wolframsaure Magnesia : HgO, WoO^
Angewandt : 1 Thl. wolframsaures Natron, 2 Tbl. Chlor-
magnesium und 2 Tbl. Kochsalz.
Grofse , bis 4™" lange farblose octaädrische und säulen-
förmige Krystalle, durch concentrirte Salpetersäure allmälig in
der Hitze zersetzbar.
0,503 Grm. Sabstanz lieferten 0,202 Grm. 2MgO, PO* = 0,07279
Grm. MgO.
Berechnet Gefunden
MgO 14,7 14,5
WoO» 85,3 —
3. Wolframsaurea Zinkoxyd.
Durch Zusammenschmelzen von 1 Thl. wolframsaurem
Natron, 2 Thl. Chlorzink und 2 Thl. Kochsalz erhalten. Färb*
lose quadratische Säulen mit Octaäderflächen.
4. Wolframsaures Cadmiumoxyd.
Durch Zusammenschmelzen von 4 Tbl. wolframsaurem
Natron, 11 Thl. Chlorcadmium und 16 Thl. Kochsalz erhalten.
Farblose, wenig gut ausgebildete, zerfressen aussehende Krystalle.
Wolframs. Salze^ insbesondere über künstüchen Wolfram. 273
5. Wolframsaures Manganoxydvl : MnO, WoO^
Angewandt wurden : 1 Thl. wolframsaures Natron, 2 Thl.
Chlormangan und 2 Thl. Kochsalz.
Schöne hellgranatbraune , bis 2"^ lange, dicke, stark
glänzende Krystalle des orthorhombischen Systems.
Aufserdem finden sich noch gelbe nadeiförmige Krystalle
vorzüglich in der Kochsalzmasse, während die erst erwähnten
den Boden des Tiegels bedecken. Dieselben besitzen, ebenso
wie die durch Zusammenschmelzen von 5 Thl. wolframsauren
Natrons mit 1 Thl. Chlormangan (also einer zur gegenseitigen
Zersetzung genau ausreichenden Salzmenge} und 16 Thl. Koch-
salz entstehenden schmutzig -gelbgrün aussehenden Nadeln,
die Zusammensetzung der ersteren :
a. dicke braune Krystalle : 0,240 Grm. Substanz lieferten 0,059
Grm. Mn^O* = 0,0549 Grm. MnO und 0,183 Grm. WoO».
b. gelbe Krystalle : 0,192 Grm. Substanz lieferten 0,047 Grm.
Mn^O* = 0,0438 Grm. MnO und 0,149 Grm. WoO».
c. grüne Krystalle : ^,3885 Grm. Substanz lieferten 0,094 Grm.
Mn^O* = 0,0874 Grm. MnO.
Gefunden
Berechnet a. b. c.
MnO 23,5 22,9 22,9 22,5
Wo03 76,5 76,2 77,0 —
Das Pulver der braunen Krystalle ist dunkelcanariengelb,
das spec. Gew. derselben 6 J.
6. Wolframsaures Eisenoxydul : FeO, WoO^
Angewandt : 1 Tbl. wolframsaures Natron, 2 Thl. Eisen-
chlorür *) und 2 Thl. Kochsalz.
*) Dasselbe kann man leicht in gröfserer Menge rein erhalten, wenn
maii eine neutrale Eisenchlorürlösung über freiem Feuer in einer
Porcellanschale möglichst rasch zur Trockene einkocht, die er-
haltene etwas oxydirte Masse mit dem gleichen Volumen Salmiak
zusammenreibt und damit Kochfläschchen von etwa 5 Unzen
Anual. d. Chemie u. Pharm. CXX. Bd. 3. Heft. 18
274 Oeuther u. Forsherg, über krystallisirie
Dunkelschwarze bis 3°"" langte und dicke, undurchsichtige,
stark glänzende unmagnetische Krystalle von der ^onn des
natürlichen Wolframs. Ihr Pulver ist dunkelviolettbraun^ ihr
spec. Gewicht 7,1.
0,912 Grm. Substanz gaben 0,246 Grm. Fe*0* = 0,2214 6rm. FeO
und 0,689 Grm. Wol&amsäure.
Berechnet Gefunden
FeO 23,7 24,3
WoO* 76,3 75,7.
7. Doppelsalze von wolframsaurem Manganoxydul und wolframr
saurem EisenoxyduL
Fast alle diese Verbindungen entsprechen ihrer Zusam-
mensetzung nach natürlich vorkommenden Wolframarten. Je
manganreicher dieselben sind, desto heller von Farbe, desto
mehr braun erscheinen sie, je eisenreicher desto dunkler.
Dasselbe gilt von ihrem Pulver« Alle sind, mehr oder weniger
braun durchscheinend. Ihr spec. Gewicht liegt zwischen dem
des reinen Mangansalzes und dem des reinen Eisensalzes.
I. 7 (MnO, WoO«) -f- FeO, WoO» — Angewandt : 4ThI.
wolframsaures Natron, 7 Tbl. Chlormangan, \ Tbk Eisenchlo-
rür und 8 Tbl. Kochsalz.
Kleine, braun bis schwarz erscheinende Krystalle. Pulver
hellbratm. Entsprechen wahrscheinlich den von Rammels-
Inhalt füllt. Dieselben werden auf einem eisernen Ring über
freiem Feuer erbitzt, wobei unter Weggang von Wasser zunftchst
eine leicht schmelzende dünnflüssige, in der Hitze dunkelbraun
aussehende Döppe] Verbindung entsteht, welche bei stKrkerem Feuer
ihren Salmiakgehalt verliert und geschmolzenes Eisenchlorür
zurückläfst, welches nach dem Erkalten grofskrjstallinisch er-
starrt und eine gelbgraue Farbe besitzt Der Oxydgebalt des
Eisenchlorürs wird zum Theil durch den Salmiak reduoirt, zum
Theil als Chlorid verflüchtigt. Anstatt des Glases kann man sich
hierbei nicht, wie beim Chlormagnesium oder Chlormangan, der
porösen hessischen Schmelztiegel bedienen.
Wolframs. Salzen msbesondere über künstlichen Wolfram. 275
berg*) analysirten Wolframkrystallen von Schlackenwalde,
welche schwer von der Gangart zu befreien waren und ders-
halb auch wohl mehr Basis lieferten.
0,419 Grm. Substanz gaben 0,096 Grm. Mn*0* = 0,0893 Grm. MnO
und 0,014 Grm. Fe«0« = 0,0126 Grm. FeO.
Berechnet Gefunden Rammelsberg
7 MnO 20,5 21,3 23,1
1 FeO 8,0 3,0 5,4
8WoO» 76,5 — —
II. 2(MnO, WoO») + FeO, WoO^ — Angewandt:
2 Tbl. wolframsaures Natron, 3 Tbl. Cblormangan, IThl.Eisen-
cblorür und 8 Tbl. Kochsalz.
Schwarze Krystalle; Pulver cacaobraun. Von ihrer Zu-
sammensetzung ist in der Natur noch kein Wolfram gefunden.
0,708 Grm. Substanz lieferten 0,126 Grm. Mn^O* = 0,1172 Grm.
MnO und 0,061 Grm. Fe'O* = 0,0549 Grm. FeO.
Berechnet Gefunden
2 MnO 15,6 16,6
IFeO 7,9 7,8
3 WoO» 76,6 —
III. 2 (MnO, WoO») + 3 (FeO, WoO»> — Angewandt :
1 Tbl. wolframsaures Natron, 1 Tbl. Chlormangan,. IThlEisen-
cblorür und 2 Tbl. Kochsalz.
Grofse, 5 bis 6"^ lange **J, dunkele, an den Kanten
bräunlich durchscheinende Krystalle; zuweilen treten Zwillings-
formen auf. Ihr Vnl\ er ist violetibraun; ihr spec. 6ew. = 7,0.
0,961 Grm. Substanz lieferten 0,099 Grm. Mn^O^ = 0,092 Grm.
MnO und 0,154 Grm. Fe^O^ = 0,1386 Grm. FeO.
Berechnet Gefunden
2 MnO 9,4 9,6
8 FeO 14,2 14,4
5WoO» 76,4 — .
*) Vgl. dessen BÜneralcbemie, Seite 309.
**) Selbst bei Anwendung von nur 1 Grm. wolframsaurem Natron.
18*
276 Oeuther u. Forsberg, über hystaUisirie
Diese Verbindung entspricht keinem in der Natur Yor-
kommenden Wolfram; der Wolfram von Zinnwald entspricht
dem umgekehrten Mangan- und Eisenverhältnifs :
3 (MnO, WoO») + 2 (FeO, WoO»).
Wendet man bei gleichbleibender Eisen- und Mangan-
chlorürmenge so viel wolframsaures Natron an, dafs die Säure
derselben hinreicht, das Eisen und Hangan zu sättigen, also
auf 1 Thl. Eisenchlorür, 1 Tbl. Hanganchlorür und 6 Tbl. Koch-
salz 5 Thl. wolframsaures Natron, so erhält man braune
blätterige Krystalle vom Aussehen des Eisenrahms. Werden
dieselben mit einer gleichen Menge von jedem Chlorid ([des
Mangans und Eisens} umgeschmolzen, so erhält man gröfsere
compacte kurze schwarze Krystalle , welche eisenreicher und
manganärmer sind und ihrer Zusammensetzung nach nahe
mit einem von Schaffgotsch analysirten Wolfram aus
Limoges und einem von Berzelius analysirten aus Oumber-
land^) übereinstimmen. Sie besitzen die Zusammensetzung:
MnO, WoO» + 3 (FeO, WoO»}.
0,739 Grm. Substanz lieferten 0,061 Grm. Mn'O* = 0,0567 Gnn-
MnO und 0,147 Grm. Fe^O^ = 0,1323 Grm. FeO.
Berechnet Gefunden Schaffgotsch Berzelius
IMnO 5,8 7,6 6,05 5,7
8 FeO 17,8 17,9 17,95 18,0
4WoO* 76,4 — — _
Aus dem Vorhergehenden folgt, dafs die Wolframsäure
gröfsere Verwandtschaft zum Eisenoxydul als zum Mangan-
oxydul hat.
IV. MnO, WoOs + 4 (FeO, WoO»> -> Angewandt : 2 Thl.
wolframsaures Natron, 3Thl. Eisenchiorür, i Thl. Cblormangan
und 8 Thl. Kochsalz.
^) Rammeisberg, Mineralchemie, Seite 307.
Wolframs, Salze, insbesondere über hünsüichen Wolfram. 277
Nieht sehr grofse, stark glänzende, dunkelbraun durch-
scheinende Krystalle^ manchmal Zwillinge. Pulver dunkelbraun.
Es entspricht dem Wolfram von Ehrenfriedersdorf und dem
von Neudorf am Harz, nach Analysen von K e r n d t *).
0,982 Grm. Substanz lieferten 0,052 Grm. Mn^O* = 0,0484 Grm.
MnO, 0,210Grm. Fe'O* = 0,189Grm. FeO und 0,744 Grm. WoO*.
Eemdt
Berechnet
Gefunden
Ehrenfriedersdorf
Neudorf
IMnO
4,7
4,9
4,96
4,8
4 FeO
19,0
19,3
19,16
19,2
5WoO»
76,3
75,8
—
—
V. MnO, Wo03 + 7 (FeO, WoO»). — Angewandt : 4Thl.
wolfrarasaures Natron , 7 Thl. Eisenchlorür , 1 Thl. Mangan-
chlorür und 8 Thl. Kochsalz.
Ziemlich grofse dunkele Krystalle ; Pulver dunkeler braun
als das der vorigen Verbindung.
Ihre Zusammensetzung stimmt nahe mit einem von R a m-
melsberg analysirten Wolfram von Neudorf
0,520 Grm. Substanz lieferten 0,017 Grm. Mn^O* = 0,0158 Grm.
MnO und 0,126 Grm. Fe^O» = 0,1134 Grm. FeO.
Berechnet Gefunden Rammeisberg
iMnO 2,9 3,0 3,5
7 FeO 20,7 21,8 20,2
8WöO» 76,4 — —
Da die sonst gewöhnlich isomorphen Basen : Kalk, Mag-
nesia, Hanganoxydul und Eisenoxydul in ihrer Verbindung
mit Wolframsäure Salze liefern , deren Krystallformen nicht
auf einander bezogen werden können, so war es interessant,
zu versuchen, ob nicht Doppelsalze dieser beiden Arten her-
zustellen seien, ob nicht etwa ein Dimorphismus hier vor-
banden sein könne. Wir haben defshalb in den verschie-
densten Verhältnissen (1 bis 6 Aeq. des einen Chlorürs mit
1 Aeq. des anderen) Chlorcalcium und Chloreisen, Chlorcaicium
*) Raipmelberg, Mineralchemie, Seite S07.
278 . Oeuther u. Forsberg ^ über hrystaUiairte
und Cblormangan, Chlormagnesium und Chlormangan zusammen
angewandt, aber immer getrennte Krystalle der einfachen
Salze erhalten. Die weifse Farbe des Kalksalzes war meist
nur ganz wenig gelblich geworden, bei Gegenwart von viel
Eisen gelb bis gelbroth, wie häufig der natürliche Scheelit
zeigt, aber offenbar wurde diefs durch einen nur geringen
Eisengebalt verursacht« Da bei allen diesen Versuchen nur
sehr kleine Krystalie erhalten wurden, so war es unmöglich
sie von einander zu trennen, um sie analysiren zu können.
Danach scheint es, als ob die Annahme einer Dimorphie beim
Wolfram unzulässig sei.
Wir haben weiter versucht^ ein krystallisirtes wolfram-
saures Chromoxyd darzustellen, indem wir 3 Tbl. wolfram-
saures Natron, 1 Tbl. violettes Chromchlorid und 10 Thl.
Chlornatrium zusammenschmolzen , haben dabei aber stets
amorphe, manchmal grüne, meist braune, in Königswasser un-
lösliche Pulver erhalten, von denen die letzteren Wolfram
und Chrom enthielten. Als wir ein Gemenge von 1 Thl.
Chromchlorid, 1 Thl. Chlormagnesium und 4 Thl. wolfram-
saurem Natron zusammenschmolzen, wurden 3 bis 4"*°' lange,
durch einen geringen Chromgehalt gelbbraun J)is prächtig
violett gefärbte durchsichtige Krystalle des Maghesiumsalzes
neben kleinen rhomboedrischen grünen Krystallen, sehr wahr-
sein Chromoxyd, erhalten. Bei allen den Versuchen mit Chrom-
chlorid erschienen im hessischen Tiegel oberhalb und zu Seiten
des Porcellantiegels sehr lange (bis iS™"*), äufserst dünne,
biegsame, rothbräunlich gefärbte durchsichtige Krystalle, die
sich als wolframsaure Magnesia mit Spuren von Chrom zu
erkennen gaben und deren Entstehung offenbar an die Bil-
dung von flüchtigem Wolframacichlorid fdurch Umsetzen von
violettem Chromchlorid und wolframsaurem Natron unter Chrom-
oxydbildung entstanden} geknüpft ist, das sich mit der den
Porcellantiegel umgebenden Magnesia oder mit Dämpfen von
Wolframs. Salze^ insbesondere über künstlichen Wolfram. 279
Chlorma^nesium bei Gegenwart von Luft oder Feuchtigkeit
umsetzte.
Scliliefslicherwühnen wir noch eines Versuchs, ds^swolfram-
saure Silberoicyd krystallisirt zu erhalten. Es wurden 2 Th.
wolframsaures Natron , 7 Th. Chlorsilher und 8 Th. Kochsalz
zusammengeschmolzen. Nach dem Auslaugen der Schmelze
mit Wasser und nachherigem Lösen des überschüssigen Chlor-
silbers durch Ammoniak blieb ein Rückstand von metallischem
Silberund nur wenig eines unter dem Mikroscop aus nur unvoll-
ständig ausgebildeten farblosen Krystallcn bestehenden Pulvers,
welches Silber und Wolframsäure enthielt. Als salpetersaures
Silberoxyd und wolframsaures Natron zusammengeschmolzen
wurden, resultirte krystallinisches metallisches Silber; die durch
Wasser erhaltene Lauge war alkalisch und enthielt nur wolfram-
saures Natron.
Laboratorium in Göttingen, August 1861.
üeber Brombultersäure und eine von derselben sich
ableitende neue Saure;
von C. Friedet und V. Machuca*^
Bekanntlich hat Wurtz (diese Annalen CVII, 197) durch
die Oxydation des Amylglycols eine Säure GaHs^s erhallen,
*) Compt. rend. LU, 1027. üeber Brombuttersäure und die daraus ent-
stehende Säure Gfi^Qa vgl. Borodine (diese Annalen CXIX, 121),
Gorup - Besanez und Klincksieck (daselbst CXVIII, 248)
und Naumann (daselbst CXIX, 115). Die Einwirkung des
Broms auf die Buttersäure bat auch B. Schneider (Berl. Acad.
Ber. 1861, 501 ; ausführlicher Pogg. Ann. CXllI, 169) mit folgenden
280 Friedel u. Machuca, über Brombuttersäure
welche er als Buiylmilchsäure {Butylactinsäure) bezeichnete
und als die dem Butylglycol entsprechende Milchsäure be-
Besultaten nntersacht Monobromhutiersdure erhält man durch
drei- bis vierstündiges Erhitzen eines Gemisches yon 1 Aeq.
Buttersäure und 2 Aeq. Brom in starken zugeschmolzenen Röhren
auf 140 bis 150® ; zweckmäfsig wendet man die ButtersÄure etwas
überschüssig, 2 Vol. ButtersÄure auf 1 Vol. Brom, an. Nach
beendeter Reaction entweicht bei dem OeflFnen der (möglichst ab-
zukühlenden) Röhre BromwasserstoffsÄure mit Heftigkeit; in der
Röhre bleibt ein dunkelweingelbes dünnes Oel, Monobrombutter-
säure mit überschüssig angewendeter ßuttersäure und zurückge-
haltenem BromwasserstoflP, welche Beimischungen, als leichter
löslich in Wasser, durch wiederholtes Schütteln , des Products mit
Wasser beseitigt werden können. Die Monobrombuttersäure, von
hierbei aufgenommenem Wasser durch längere Behandlung mit
trockenem Chlorcalcium befreit, ist eine schwachgelbliche, durch-
dringend und der ßuttersäure ähnhch riechende Flüssigkeit von
1,54 spec. Gew.; sie ergab 28,75 pC. C, 4,30 H, 47,48 Br (es
berechnen sich für €4H7Br08 28,74 pC. C, 4,19 H, 47,91 Br,
19,16 O); sie beginnt schon y^enig über 100® sich zu zersetzen;
sie nimmt bis zu 20 pC. Wasser auf imd wird dabei dünn-
flüssiger; sie löst sich in 14,5 bis 16 Th. Wasser, leichter in Al-
kohol und Aether, auch in Schwefelsäurehydrat schon in der
Kälte, aus welcher Lösung sie durch Wasser unverändert abge-
schieden wird. Beim Kochen mit Ammoniak entstehen Brom-
ammonium und eine Säure, nach Schneide r's Vermuthung
Amidobuttersäure. Die Salze der Monobrombuttersäure krystalli-
siren gleich denen der Buttersäure im Allgemeinen schwierig und
nicht schön; die meisten sind in Wasser löslich, besonders leicht
die Alkalisake , weniger leicht die mit schwerer metallischer
Basis. Genauer untersuchte Schneider das Bleisalz (durch
Fällen einer neutralen Lösung des Kalisalzes mit Bleizucker als
weifser, sofort zu einer zähen klebrigen Masse zusammenballender
Niederschlag erhalten; das im leeren Raum über Schwefelsäure
getrocknete Salz ergab 17,39 pC. C, 2,77 H, 28,61 Br, 38,19 Pb,
es berechnen sich für €4HeBrPb02 17,79 pC. C, 2,89 H, 29,00 Br,
38,46 Pb, 11,86 O), das Silbersalz (aus dem Kalisalz durch sal-
petersaures Silber als weifser voluminöser krystallinischer Nieder-
schlag gefällt, welcher im leeren Raum über Schwefelsäure ge-
trocknet 39,92 pC. Ag ergab, während sich für O^HeBrAgO, 39,41
berechnen; bei dem Kochen dieses Silbersalzes mit Wasser scheidet
sich sofort Bromsilber aus und eine Säure, nach Schneider
und eme van derselben sich ableitende neue Säure* 281
trachtete. Diese Säure hat dieselbe Zusammensetzung wie
Städeler's Acetonsäure (Chem. C6ntr. 1853, 433), welche
wohl Butylmilchsaure G^B-^Oq, bildet sich) und die Aethylverhin-
dung. (diese scheidet sich aus einer Mischung von 4 Th. Möno-
brombuttersäure, 2 bis 3 Th. Weingeist und IV2 Th. concentrirter
Schwefelsäure bald als schwere ölige Schichte ab, wird durch
Schütteln mit verdünnter Sodalösung und dann mit Wasser,
Trocknen über Ghlorcalcium und fractionirte Destillation im
Eohlensäurestrom gereinigt; das zwischen 178 und 190* Ueber-
gegangene war eine farblose, dem Buttersäureäther ähnlich durch-
dringend riechende, bei etwa 186* siedende Flüssigkeit von
1,33 speo. Gew. bei 15*, welche 36,72 pC. C, 5,73 H, 40,52 Br
ergab ; für OeHuBrOg berechnen sich 36,92 pC. C, 5,64 H, 41,03 Br,
16,41 O). — Dibrombuttersäure wird erhalten durch 6- bis 8stün-
diges Erhitzen eines Gemisches von 1 Aeq. Buttersäure und
4 Aeq. Brom in starken zugeschmolzenen Bohren auf 150 bis 160*
(auch durch 3ständiges Erhitzen von 1 Aeq. Monobrombutter-
säure mit 2 Aeq. Brom auf etwa 150*); die nach vorsichtigem
Oeflftien der Röhren, wo Bromwasserstofi mit gröfster Heftigkeit
entweicht, darin bleibende hellbraune Flüssigkeit giebt, so wie
für die Monobrombuttersäure angegeben gereinigt, die Dibrom-
buttersäure als eine klare gelbe dickölige, eigenthümlich aro-
matisch und von der Monobrombuttersäure verschieden riechende
Flüssigkeit von 1,97 speo. Gew. (sie ergab 19,30 pC. 0, 2,86 H,
64,10 Br; für G4BQBr^^2 berechnen sich 19,51 pC. C, 2,44 H,
65,04 Br, 13,01 O); sie löst sich in 30 bis 31 Th. Wasser, zer-
setzt sich auch schon unter ihrem Siedepunkt. Bei der Behand-
lung der Dibrombuttersäure mit Zink und verdünnter Schwefel-
säure oder Salzsäure erfolgt allmälig völlige Lösung unter
Regeneration von Buttersäure. Im krystallisirten Zustande liefs
sich die Dibrombuttersäure nicht erhalten; sie scheint mit
Cahours' Bromotriconsäure (diese Ann. LXIV, 355) nur isomer,
nicht identisch zu sein. Die Salze der Dibrombuttersäure sind
denen der Monobrombuttersäure ähnlich und krystallisiren auch
nur schwierig; sie wurden noch nicht näher untersucht. —
Schneider hat endlich noch versucht, die TeirabrombuUersäure
darzustellen. Bei 20- bis 24stündigem Erhitzen von 1 Aeq. Dibrom-
buttersäure mit 4 Aeq. Brom in zugeschmolzenen Röhren auf
150 bis 180* findet Einwirkung statt; beim Oeffnen der Röhren
entweichen Ströme von Bromwasserstoffgas, und aas der zurück-
bleibenden zähflüssigen Masse, die noch etwas Brom enthielt,
schieden sich nach «iniger Zeit lange, in Alkohol und in Aether
282 Friedel u. Machuca, über Brombuttersäure
durch die Einwirkung der Cblorwasserstoffsfture auf ein 6e*
mische von Aceton undi Cyanwasserstoffsäure entsteht. Es
fragt sich, ob diese beiden Säuren identisch oder nur isomer
sind; im Falle die Identität nachgewiesen wäre, würde sich,
abgesehen von dem Vortheil dafs einige chemische That-
sachen sich vereinfachen, noch ein besonderes Interesse daran
knüpfen, dafs sich für die Acetonsäure die Bildung des Buty-
lactyl-Radicals ^S%^ gleichsam verfolgen liefse, welches
sich dann von dem Acetyl-Badical €3030 aus durch Zutreten
von Methyl und dann von Kohlenstoff aufbauen würde.
Zur Entscheidung dieser Frage versuchten wir wieder-
holt die Acetonsäure darzustellen; bei Befolgung der An-
gaben Städeler's konnten wir indessen nur so kleine Mengen
dieser Säure erhalten, dafs sie für eine vollständigere Unter-
suchung unzureichend waren. Doch scheint uns das Aus-
sehen der Krystalle dafür zu sprechen, dafs die Acetonsäure
und die Butylmilchsäure identisch sind. Die Beschreibung
d^r von Wurtz und von Slädeler untersuchten Salze wider-
spricht dieser Ansicht nicht.
Da wir auf diesem Wege nicht zu sicheren Resultaten
kamen, zogen wir in Ueberlegung, dafs die Acetonsäure sich
vielleicht von der Buttersäure in derselben Weise ableiten
könne, wie sich die Glycolsäure von der Essigsäure ableitet.
Um diese Vermuthung zu prüfen, liefsen wir während mehrerer
Tage Chlor durch, Butlersäure bei dem Siedepunkt derselben
streichen; als dasFroduct der fraclionirten Destillation unter-
worfen wurde, liefs sich eine kleine Menge einer bei 210
bis 220^ siedenden Flüssigkeit aufsammeln, welche jedoch
nur 21,4 pC. Chlor enthielt, während die Chlorbuttersäure
leichtlösliche Krystallnadein ab, welche Schneider als wahr-
scheinlich aus Tetrahrombuttersäure bestehend betrachtet, aber
nicht in einer für genauere Untersachung zureichenden Menge
erhielt.
und eine von derselben sich ableitende neue Säure. 283
29,5 pC. Chlor enthalten mufs; der gröfste Theil der ange-
wendeten Biittersäure war unverändert geblieben. Die Dar-
stellung der Chlorbuttersäure erschien hiernach langwierig
und schwierig; wir versuchten, ob bei Anwendung von Brom
und verstärkten Drucks sich bessere Resultate ergeben. In
der That erhielten wir durch mehrstündiges Erhitzen von
1 Aeq. Buttersäure und 2 Aeq. Brom in a^ugeschmolzenen
Glasröhren auf 130^ eine Flüssigkeit, welche bei der Destil-
lation grofstentheils zwischen 210 und 220^ überging; der
zwischen 2i2 und 217^ übergegangene Theil ergab die Zu-
sammensetzung €4H7Br02 :
gefunden : 28,0 pC. C ; 4,0 H ; 48,1 Br ;
berechnet : 28,7 ^ „ 4,2 „ 48,0 »
Die Brombuttersäure läfst sich auf diese Weise in be-
trächtlicher Menge erhalten. Es ist von Wichtigkeit, dafs die
oben angegebene Temperatur nicht überschritten werde. Als
wir bei einer ersten Operation die Röhre bis 210^ erhitzt
hatten y fanden wir als Inhalt derselben eine schwarze fast
feste Masse, die hauptsächlich aus Kohle und Bernstemsäure
bestand^ letztere Säure wurde durch ihr Aussehen, durch
die Reaction ihres Ammoniaksalzes auf die Bisenoxydsalze
und endlich durch die Bestimmung des Metallgehaltes in ihrem
Silbersalze (gef. 64,9 , ber. 65,1 pC. Silber) als Bernstein-
säure nachgewiesen. Die Bernsteinsäure bildet sich hier in
Folge der Zersetzung eini^s Theiles der Brombuttersäure,
«
dessen Sauerstoff zu dem unzersetzt gebliebenen Theile «tritt;
der Vorgang ist ein ähnlicher wie die durch Dessaignes
bewirkte Umwandlung der Bultersäure zu Bernsteinsäure,
durch Oxydation der ersteren mittelst Salpetersäure. — Wir
haben die Bildung einer gewissen Menge Bernsteinsäure
schon bei 160 bis 170^ wahrgenommen.
Die in der angegebenen Weise dargestellte Brombuttersäure
wurde bei Gegenwart von Wasser mit der zur Aoscheidung
284 Fr i edel u, Machuca, über BrombuUersäure
des in ihr enthaltenen Broms nöthigen Menge Silberoxyd
behandelt. Die Einwirkung erfolgte rasch und die dabei re-
sultirende Flüssigkeit ergab, nach der Beseitigung von etwas
überschüssig angewendetem Silber mittelst Schwefelwasser-
stoff und Sättigen mit Zinkoxyd, bei dem Verdunsten ein in
harten strahligen Warzen krystallisirtes Zinksalz , dessen Zu-
sammensetzung die des butylmilchsauren Zinks €4H7Zn03 war :
geftinden : 34,7 n. 35,5 pC. C; 5,1 u. 5,2 H; 23,8 Zn ;
berechnet : 35,3 n n ^A » ^^»^ n
Wenn aber auch die Zusammensetzung dieses Satzes mit
der des butylmilchsauren Zinks übereinkommt, so ist doch
das Aussehen beider Salze ganz verschieden; das butylmilch-
saure Zink krystallisirt nämlich in perlmutterglänzenden Blätt-
chen und Schuppen, die von den eben besprochenen Warzen
sehr verschieden sind. Auch scheint die Löslichkeit des butyl-
milchsauren Salzes eine merklich kleinere zu sein.
Eine noch gröfsere Verschiedenheit ergiebt sich für die
Säuren. Das Zinksalz giebt bei Behandlung mit Schwefel-
wasserstoff eine stark saure Flüssigkeit, bei deren Verdunsten
ein Syrup zurückbleibt, welcher nur über Schwefelsäüte oder
besser im trocknen leeren Raum krystallisirt. Es bilden sich
dann strahlige Rosetten von ungemein grofser Zerfliefslich-
keity welche ganz verschieden sind von den Prismen der
Butylmilchsäure , deutlichen und selbst an feuchter Luft sich
vollkommen erhaltenden Krystallen.
Aus der Brombuttersäure entsteht also in der angegebe-
nen Weise nicht Butylmilchsäure oder Acetonsäure, sondern
eine neue Säure, für welche wir die Bezeichnung Oxybutter-
säure vorschlagen, da sie sich von der Buttersäure durch
Oxydation ableitet wie dieOxybenzoesäure von der Benzoesäure.
Für die Milchsäurereihe ist hier das erste Beispiel solcher
Isomerien gegeben, wie man deren in der Benzoesäurereihe
schon mehrere kennt , sowohl für Säuren mit 2 At. Sauer-
und eine von derselben sich ableitende nette Säure. 285
Stoff, wie Benzoesäure und Salylsäure, als auch für Säuren
mit 3 At. Sauerstoff, wie Oxybenzoesäure und Salicylsäure.
Es bleibt nun noch aufzusuchen, welche Säure — die
Acetonsäure oder die Oxybuttersäure — wirklich mit der
Milchsäure homolog ist, und auch genauer noch zu untersu-
chen, ob die von dem Propylglycol abgeleitete Milchsäure
wirklich mit der bei Gährungen sich bildenden identisch ist.
Ueber die Umwandlung der Propionsäure zu Milch-
säure ;
von Denselben.*')
In einer früheren Hittheilung (vgU den vorhergehenden
Aufsatz), in welcher wir die Darstellung der OxybvMersäure
beschrieben haben, wurde die Frage aufgeworfen, ob diese
Säure oder die Butylmilchsäure als die der durch Gährung
entstehenden Milchsäure wirklich homologe Säure zu betrach-
ten ist. Diese Frage suchten wir in der Art indirect zu be-
antworten , dafs wir die Propionsäure in derselben Weise
behandelten wie es in jener früheren Mittheilung für die
Buttersäure angegeben ist. Wir gingen von der Ansicht aus,
dafs, wenn bei dieser Behandlungsweise die Propionsäure zu
Milchsäure umgewandelt wird "^^3 , sich mit einigem Recht
auf die Homologie der Oxybuttersäure mit der Milchsäure
schliefsen lasse, so lange nämlich nicht nachgewiesen ist, dafs
*) Compt. rend. LIII, 408.
•*) Vgl. Ulrich in diesen Annalen CIX, 269 f. D. R.
286 Fr i edel u. Machuca, über die Umwandlung
mehrere Propionsäaren existiren und auch in der Reihe der
fetten Säuren solche Fälle von Isomerie vorkommen, wie sie
sich in der Reihe der aromatischen Säuren finden.
1 Aeq. Propionsäure (durch Einwirkung alkoholischer
Kalilösung auf Cyanäthyl erhalten} wurde mit 2 Aeq. Brom
in zugeschmolzenen Röhren während einiger Stunden auf 120
bis 140^ erhitzt. Die Propionsäure war dann zu einer klaren
Flüssigkeit geworden, die bei der Destillation fast vollstän-
dig bei 190 bis 210^ überging. Die zwischen diesen Tem-
peraturgrenzen überdestiltirte Flüssigkeit enthielt 52,5 pC. Brom;
für die Brompropionsäure £i^ü^rQ% berechnen sich 52,3 pC.
Die auf diese Art dargestellte Brompropionsäure wirkt
auf Silberoxyd bei Gegenwart von Wasser leicht ein. Durch
Einleiten von Schwefelwasserstoff in die Flüssigkeit, Sättigen
des stark sauren Filtrats mit Zinkoxyd und Verdunstenlassen
dieser Lösung erhält man Krystalle, welche ganz und gar
dem gewöhnlichen milchsauren Zink gleichen. Die Analyse
erwies auch, dafs dieses Salz ^sHsZnOs -f ^/sHgO ist; bei
120^ getrocknet verlor es 18,2 pC. an Gewicht, es berechnen
sich i8,12. Das getrocknete Salz ergab :
gefunden : 29,1 pC. C; 4,3 H; 26,5 Zn;
berechnet : 29,5 „ » 4,1 „ 27,0 „
Nach den vorstehenden Resultaten eben so wie nach
dem characteristischen Aussehen der Krystalle unter dem
Mikroscop läfst sich nicht daran zweifeln, dafs das Zinksalz
der durch die Umwandlung der Propionsäure erhaltenen Säurfe
mit dem Zinksalz der bei Gährungen sich bildenden Milch-
säure identisch ist. Wir haben jedoch auch noch das Kupfer-
und das Kalksalz der ersteren Säure dargestellt; die Unter-
suchung dieser Salze *) bestätigte die aus der Untersuchung
des Zinksalzes abgeleitete Folgerung.
*) Die bezüglich des Wassergehaltes dieser Salze gefdndenen Besul-
tate stimmen indessen nicht mit dem für die Salze der durch
der Propionsäure au Milchsäure, 287
Das durch wechselseitige Zersetzung des Barytsalzes
unserer Säure mit schwefelsaurem Kupfer erhaltene Kupfer-
salz bildete kleine, wenig deutiichey grünlichweifse prismatische
Krystalle , welche bei 120!^ 10 pC^ Wasser verloren ; das
Kupfersaiz der durch Gährung gebildeten Milchsäure enthält
lOpC.Was&er. Das bei 120^ getrocknete Salz ergab 26,4 pC.
Kupfer; für GsHsCuOs berechnet sich dieselbe Menge.
Das Kalksalz verlor bei 120® 25,1 pC. Wasser; für
GsHöCaOs + 2 HgO berechnen sich 24,8 pC. Das getrock-
nete Salz ergab 32,7 pC. C, 5,0 H, 18,35 Ca; es berechnen
sich 33,0 pC. C, 4,6 H, 18,35 Ca. Das Salz hatte sich bei
dem Verdunsten der Lösung in kleinen strahligen Warzen von
dem wohlbekannten Aussehen des gewöhnlichen milchsauren
Kalks abgesetzt.
Die Brompropionsäure geht somit bei Einwirkung von
feuchtem Silberoxyd in Milchsäure über, und die Oxy butter-
säure kann als die mit der durch Gährung entstandenen Milch-
säure homologe Säure betrachtet werden.
Nachdem wir zu diesem Resultat gekommen waren,
suchten wir die Dibrombuttersäure darzustellen und sie mit
2 Aeq. Silberoxyd zu behandeln , in der Hoffnung eine der
Glycerinsäure €3H604 homologe Säure zu erhalten.
Läfst man auf 1 Aeq. Monobrombuttersäure 2 Aeq. Brom
bei 140 bis 150^ einwirken , so verschwindet das Brom all-
mälig und das Gemische wird^zu einer klaren schwach bräun-
lich gefärbten Flüssigkeit. Dieses Product ist nicht destillir-
bar; es zersetzt sich, wenn man die Siedetemperatur der
Monobrombuttersäure überschreitet. Da wir die Dibrombutter-
säure nicht durch Destitlatipn reinigen konnten, mufsten wir
Gährung entstandenen Milchs&ure Bekannten überein; der für
das Kalksalz gefundene Wassergehalt ist der des aus Wasser
krystallisirten Kalksalzes der Fleiscfamilchsäure und nicht der
durch Gährung entstandenen Milchsäure. D. A.
288 Arppe^ über die Oxydationsprodticte
das rohe- Product mit Silberoxyd behandeln. Aus der mit
Zinko]!^yd gesättigten Flüssigkeit erhielten wir ein warzenför-
mig auskrystallisirtes Salz, dessen Analyse darauf hinwies,
dafs es ein Gemenge von oxybuttersaurem Zink und dem
Zinksalz einer sauerstoffreicheren Säure, wohl dem gesuchten
dioxybuttersauren Zink, sei. Die kleine Menge Substanz,
welche zu unserer Verfügung stand , erlaubte uns bis jetzt
nicht, diese beiden Salze durch wiederholtes Umkrystallisiren
oder die beiden Säuren durch fractionirte Sättigung zu trennen.
Wir hoffen diefs nach Wiederholung der Operationen in grö-
fserem Mafsstab ausführen zu können.
Zweite Millheilung über die Oxydation sproducle der
Fette ;
von A. E. Arppe,
In einer früheren Mittheilung über diesen Gegenstand
habe ich dargelegt , dafs die meisten der bei der Oxydation
der Oelsäure gebildeten Säuren, welche in fester Form auf-
treten, weit entfernt, wie man bisher geglaubt^ pulverförmige
oder körnige Körper zu sein, deren chemische Reinheit immer
zweifelhaft bleiben mufs, im Gegentheil eine ausgezeichnete
Krystallisirbarkeit besitzen. So namentlich die Korksäure und
die Azelainsäure. Da ich den letztgenannten schönen Körper
näher kennen zu lernen wünschte, derselbe aber aus der
Oelsäure nur sparsam erhalten wurde, mufste ich mich nach
einer anderen, ergiebigeren Quelle für ihre Darstellung um-
sehen. Eine solche Quelle habe ich denn auch in dem liicinusöl
gefunden, aus welchem ohne Schwierigkeit beliebige Mengen
Azelainsäure erhalten werden können. Zu dem Ende bringt
J
der FeUe. 289
man ein oder zwei Pfund Ricinusöl in eine geräumige tubu-
lirte Retorte, giefst etwas Salpetersäure von 1,2 bis 1,3 spec.
Gewicht darauf und erhitzt das Gemisch gelinde; wenn das
starke Schäumen, welches bald eintritt, nachgelassen hat,
wird neue Säure zugegossen , bis man 2 Tbl. Salpetersäure
auf einen Theil Ricinusöl verbraucht hat; das Kochen wird
einen Tag fortgesetzt , worauf die saure Lösung von dem
öligen Körper entfernt , neue Säure zugegossen und mit dem
Kochen noch 12 Stunden oder etwas länger fortgefahren
wird. Die Oxydation kann jetzt abgebrochen werden; ^nter
den Oxydationsproducten befindet sich in bedeutender Menge
ein flüchtiges Oel, welches in die Vorlage überdestillirt und
nach Tilley's^ Angabe aus Oenanthylsäure besteht ; aufser-
dem aber ein nicht flüchtiger öliger Körper, theils auf der
sauren Lösung schwimmend, theils darin aufgelöst.
Nachdem vermittelst eines Scheidetrichters das Oel ent-
fernt worden war, wurde die Salpetersäure durch Abdampfen
und alimäliges Zugiefsen von Wasser ausgetrieben, wobei
von dem öligen Körper noch mehr abgeschieden wurde. Die
klare gelbliche Lösung, hinlänglich eingeengt, erstarrt fast
gänzlich zu einer weifsen körnigen Masse. Auf einem Trichter
gesammelt kann dieselbe durch Waschen mit Wasser in einen
leichter löslichen Theil, welcher hauptsächlich aus Oxalsäure
besteht, und in ein schwerer lösliches Säuregemisch, welches
hier besonders berücksichtigt werden soll, zerlegt werden.
Noch einmal in warmem Wasser gelöst kann die körnige
Masse von Oxalsäure und dem öligen Körper vollständiger
gereinigt werden. Die nach dem Erkalten wieder gewonnene
Krystallisation wird mit kaltem Wasser auf dem Trichter ge-
waschen, darauf getrocknet , geschmolzen und nach dem Er-
starren gepulvert. Aus diesem geschmolzenen Pulver können
nun die leichter löslichen Säuren mit Wasser vollständig aus-
Annal. d. Oliem. n. Pharm. CZX. Bd. 3. Heft. 19
290 Arppe, über die Oxydationsproducte
gezogen werden, ohne einen erheblichen Abgang der schwerer
löslichen Hauptmasse.
Das mit Wasser behandelte Pulver wird wieder vollstän-
dig getrocknet, darauf mit kaltem Aether behandelt, wobei
die Azelainsäure aufgelöst und von der Korksäure getrennt
wird. Diese Behandlung mit Aether kann entweder in einem
Stehkolben oder in einem Scheidetrichter bequem Yorgenom*
men werden. Man übergiefst das Pulver mit ungefähr dem
doppelten Volum Aether, schüttelt, und giefst nach einer Weile
die klare Lösung in einen Kolben, woraus der Aether abde-
stiilirt wird. Diese Operation wiederholt man noch ein paar-
mal, wodurch der in Aether lösliche Tkeil vollständig ausge-
zogen wird. Nach dem Abdestilliren des Aelhers der ver-
schiedenen Auszüge hat man Rückstände, welche einige Zeit
flüssig bleiben und nur langsam erstarren. Beim Kochen mit
Wasser wird man bemerken, dafs dieselben in einer zu ihrer
Auflösung unzureichenden Menge des Lösungsmittels schmel-
zen und wie Oel fltefsen, in einer gröfseren Menge Wasser
dagegen sich auflösen, wobei jedoch im ersten Auszuge der
früher erwähnte ölige Körper wieder zum Vorschein kommt
und ungelöst bleibt.
Die wässerigen Lösungen der Azelainsäure erstarren bei
passender Concentration zu einer Krystallmasse , welche aus
grofsen glänzenden Blättern besteht und sehr voluminös ist.
Dieselbe mufs noch warm auf einem Trichter von der Mutter-
lauge befreit und durch Umkrystallisiren gereinigt werden.
Läfst man die Krystallmasse, bevor sie umkrystallisirt wor<ien
ist, in der Lösung vollständig erkalten , so scheidet sich all-
mälig ein weifser körniger Körper aus, welcher die Krystalle
umgiebt und der ganzen Masse ein körniges Ansehen ertheiit.
Nach dem Trocknen ist die Azela'insäure blendend weife,
perlmutterglänzend, und fühlt sich fett an. Der Schmelzpunkt
liegt etwas über 100^ Eine ausführliche Untersuchung der
der Fette. 291
Eigenschaften und des chemischen Verhaltens dieses Körpers,
welcher unter den Oxydationsproducten der Fette eine sehr
hervorstehende Stelle einnimmt , ho£fe ich bald liefern zu
können*
Es mufs hier bemerkt werden, dafs das nicht flüchtige
ölige Oxydationsproduct, welches die körnige Hasse begleitet
and abgeschieden wird, eine bedeutende Menge Azelainsäure
enthält. Oasselbe mufs daher mit Wasser vollständig ausge-
kocht werden ; geschieht das Kochen in einer Retortef" mit
.Ktthlrohry so kann man zugleich ziemlich viel Oenanthylsäure
noch aufsammeln. '
Der Theil von den körnigen Oxydationsproducten des
Ricinusöls, welcher von Aether nicht oder nur schwierig auf-
genommen wird, ist Korksäure. Man hat nur nöthig, den
Rückstand nach den Aetherauszügen mit kochendem Wasser
zu behandeln, um Krystalle von Korksäure zu bekommen.
Was aber den körnigen Körper betrifft, welcher nach
dem Auskrystallisiren der rohen Azelainsäure sich abscheidet,
so glaube ich die Vermuthung aussprechen zu dürfen, dafs
derselbe Nichts Anderes als ein Gemisch von Korksäure und
Azelainsäure sei. Zu dieser Vermuthung veranlafst mich
sowohl der Umstand, dafs aus dem erwähnten Körper Azelain-
säure mit Aether wirklich ausgezogen werden kann, als auch
das Verhalten einer Mischung von reiner krystallisirter Kork-
^äure und Azelainsäure : in einer solchen Mischung ist näm-
lich die Krystallisirbarkeit beider Substanzen aufgehoben und
es setzt sich darin nur ein feines krystallinisches Mehl ab.
Da auch die Korksäure in Aether, wiewohl schwieriger als
die Azelainsäure, löslich ist, so kann man sich leicht eine
solche Mischung beider Säuren vorstellen, dafs man daraus nicht
mehr die Azelainsäure in überwiegender Menge ausziehen kann,
sondern dafs die Mischung sich fast unverändert auflöst.
Ueber diesen Gegenstand^ dessen genaue Ermittelung für die
19*
292 Arppe^ über die Oxydationsproducte
Beurtheilung der körnigen Oxydationsproducte der Fette von
Belang sein mufs, werden fortgesetzte Versacbe sicheren
Aufschiurs verschaffen.
Mandelöl, aus bitteren Mandeln geprefst, wird von Sal-
petersäure unter den nämlichen Erscheinungen wie die Oel-
säure und das Ricinusöl oxydirt. Die Oxydationsproducte
sind Oenanthylsäure, ein nicht flüchtiges fettes Oel, Oxalsäure,
Bernsteinsäure, Eorksäure und Azelainsäure, welche letztge-
nannte Säure hierbei in gröfserer Menge als aus der Oel-
säure, wiewohl nicht so reichlich wie aus dem Ricinusöl sich
bildet.' Eine körnige Säure, deren Natur sehr problematisch
ist, tritt hier ebenfalls auf. Die leichter löslichen Säuren,
die Bernsteinsäure und die Oxalsäure , können von den
schwerer löslichen, der Korksäure und der Azela'insäure,
ohne Sublimation, nur durch Behandeln des geschmolzenen
Säuregemisches mit Wasser, vollständig getrennt werden.
Die Azelainsäure wird mit kaltem Aether von der Korksäure
getrennt.
WaUrcUh. — lieber die Oxydationsproducte des Wall-
raths haben früher Smith und Radcliff Versuche ange-
stellt, welche in dies. Ann. Bd. XLII, 241 u. XLIII, 349 veröfl'ent-
licht wurden. Den Angaben Smith's kann kein wissenschaft-
licher Werth zuerkannt werden, da er offenbar eine Mischung
verschiedener Substanzen für eine reine chemische Verbin-
dung gehalten und als eine solche beschi^ieben hat. Durch
mehrmaliges Umkrystallisiren der gewonnenen Oxydations-
producte erhielt er nämlich eine bei 148^ schmelzende Säure,
welche leicht in federartigen Krystallen sublimirte und von
der er vermuthete, dafs sie die Adipinsäure sei; eine Ver-
muthung, die allerdings insofern begründet sein konnte, als
man mit der Adipinsäure im Aligemeinen nichts Anderes als
ein Bernsteinsäure haltendes Gemenge anderer leichter schmelz-
barer Säuren bezeichnet hat.
der Fette. 293
Die Untersuchung von Radcliff ist ausführlicher und
hat wenigstens das Verdienst, den Oxydationsprocefs genauer
zu beschreiben und die ältere Angabe ChevreuTSy dafs
Bernsteinsäure dabei gebildet wird, zu bestätigen. Aufserdem
aber fand er eine Säure, deren Zusammensetzung mit der«
jenigen der Pimelinsäure ziemlich gut übereinstimmte, wie-
wohl diese Zusammensetzung weder beim Umkrystaliisiren
unverändert blieb, noch durch die Analyse des Silbersalzes
bestätigt werden konnte.
Bei der Untersuchung, welcher ich diesen Gegenstand
unterwarf, war es meine Absicht nicht, nur das Endproduct
der Oxydation zu erhalten, von welchem man übrigens mit
Sicherheit annehmen konnte, dafs es Bernsteinsäure sei, son-
dern vielmehr die anderen Säuren , welche neben der Bern-
steinsäure auftreten und über deren Natur sowohl Smith
als Radcliff ganz falsche Vorstellungen gehabt, genauer
zu Studiren.
Die Oxydation des Wallraths wurde defswegen nach der
Methode ausgeführt, welche, soviel ich weifs, Laurent zu-
erst bei der Oxydation der Oelsäure in Anwendung brachte
und wohl die die einzige rationelle ist. Der VITallrath wurde
mit der doppelten Gewichtsmenge Salpetersäure von mäfsiger
Concentration (1,2 bis 1,3 spec. Gew.} in einer Retorte un-
gefähr 10 Stunden unter Zurückgiefsen des Destillates gelinde
gekocht. Die saure Lösung wurde entfernt, neue Säure zu-
gegossen und in der Art 8 bis 10 Tage fortgefahren. Die
Lösungen wurden zusammengegossen. Da die Operation
abgebrochen wurde , befand sich in der Retorte ein öliger
Körper ungelöst , welcher beim Erkalten schwierig erstarrte.
Aufser diesem nicht flüchtigen Oel bildet sich auch eine nicht
unbedeutende Menge Oenanthylsäu're.
Die saure, von den Oelen und der Salpetersäure so viel
wie möglich befreite Auflösung wird ganz nach derselben
294 Arppe, über die Oxt/daiionsproducte
Methode behandelt, nach welcher ich die Oxydationsproducte
der Oelsäure und des Ricinusöls isolirt habe. Durch die
Krystallisation wird eine approximative Trennung des löslicheren
Theiles, hauptsächlich aus Bernsteinsäure bestehentl, Ton den
schwerer löslichen Säuren bewirkt. Vollständig gelingt diese
Trennung y indem man die geschmolzene und gepulverte
Mischung mit Wasser auswascht. In dem Theile, welcher
nach dieser Behandlung ungelöst bleibt, finden sich drei ver-
schiedene Säuren, welche in kaltem Aether und in Wasser
ungleich löslich sind. Erst wird durch Aether hauptsächlich
eine pulverförmige, bei 90^ schmelzende Säure ausgezogen;
darauf erhält man ein Gemisch von Korksäure und einer
neuen, bei 130^ schmelzenden Säure, welche in glänzenden
Blättern krystallisirt und mit der Azelainsäure eine gewisse
Aehnlichkeit hat. Sie ist in Wasser schwerer, in Aether
leichter auflöslich als die Korksäure. Ihre Reindarstellung ist
mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft gewesen. Aus
der wässerigen Mutterlauge, woraus diese Säure sich abge-
schieden, erhält man leicht die Korksäure rein.
Zu bemerken ist hier endlich, dafs, wenn man die Beni-
steinsäure aus der körnigen Krystallmasse durch Sublimation
auszutreiben versucht, man dabei eine neue Säure erhält,
welche schwer löslich in Aether, in Wasser viel löslicher als
die Korksäure ist, in deutlichen, prismatischen, durchsichtigen
Krystallen anschiefst und bei 153^ schmilzt. Es ist noch nicht
ermittelt worden , aus welcher Säure dieses Verwandlungs-
product entsteht. Die Thatsache aber, dafs beim Erhitzen
der schwerer löslichen Säuren, welche aus dem Wallrath
entstehen, eine Umsetzung irgend einer derselben vor sich
geht, hat es nöthig gemacht, bei Relndarstellong der aus
den Fetten gebildeten festen Oxydationsproducte die Subli«
mation ganz zu umgehen und die Bernsteinsäure nur auf dem
nassen Wege zu eliminiren. Wie oben angegeben gelingt
der Fme, 295
diei^es auch ganz gut, wenn die mit Wasser zu behandelnde
Masse erst geschrnplzen worden ist.
Es ist mehr als wahrscheinlich, dafs die krystallisirende,
bei 155^ geschmolzene SäurO; welche ich aus den Oxydations-
producten der^Oelsäure abgeschieden und in meiner früheren
Mittheilung nur mit X bezeichnet habe, in der That Nichts
Anderes ist, als ein Verwandlungsproduct, entstanden bei der
Sublimation der bernsleinsäurehaltenden Oxydationsproducte.
Sollte sich diese Vermuthung bestätigen, so wäre als
aligemeines Resultat meiner bisherigen Untersuchungen über
die festen Oxydationsproducte der Fette hervorzuheben, dafs
dieselben gar nicht so zahlreich sind, wie man bisher ange-
nommen hat, sondern im Allgemeinen vielleicht nur aus drei
krystallisirenden Säuren : nämlich der Bernsteinsäure, der
Korksäure und der Azelainsäure oder einer ihr entsprechen-
den, und wahrscheinlich einer nicht krystallisirenden Säure
bestehen.. Die Fortsetzung meiner Versuche, welche die
Oxydationsproducte der verschiedenen Fette theils zu isoliren
bezwecken, theils zu einer genaueren Kenntnifs der bis jetzt
unbekannt gebliebenen führen sollen, wird, wie ich hoffe,
auch darlegen, in wie fern dieses Resultat mit der Wirklich-
keit übereinstimmt, oder nicht.
Helsingfors, den 15. Juli 1861.
Bildung einer zuckerartigen Substanz durch Synthese;
von A. BuÜerow*).
Das Dioxymethylen ^gH^Os, welches ich durch Behand-
lung des Jodmethylens mit oxalsaurem Silber erhalten habe.
*\ n
) Compt re&4. Uli) 145.
296 ButleroWj Büdung einer zuckerartigen Substanz
löst sich 9 namentlich beim Erwärmen, leicht in verdünnter
Kali- oder Natronlösung oder Baryt- oder Kalkwasser, und
erleidet bei Einwirkung dieser Basen bald eine vollständige
Umwandlung. Läfst man das Dioxymethylen mit Kalkwasser
kochen, so färbt sich die vorher farblose Lösung bald gelb
und zuletzt braungelb; zugleich verschwindet der characteri-
stische Geruch des Dioxymethylens vollständig und es tritt
der nach gebranntem Zucker auf. Kein Gas wir^ hierbei
entwickelt.
Setzt man der siedenden Flüssigkeit nach und nach Kalk-
wasser hinzu und hält in dem Augenblick ein, wo die Färbung
auftritt, so bekommt man eine neutrale Flüssigkeit, welche
durch das Einleiten von Kohlensäure nicht gefällt wird. Die
so erhaltene Lösung giebt, wenn man sie nach dem Concen-
triren im Wasserbad im leeren Raum vollständig eindunsten
läfst, eine gelbliche syrupartige Substanz, welcher Krystalle
eines Kalksalzes beigemengt sind. Bei Behandlung dieseis
Rückstandes mit wasserfreiem Alkohol löst sich die unkrystalli-
sirbare Substanz auf, während das Kalksalz als weifses kry-
stallinisches Pulver zurückbleibt
Dieses Salz ist ameisensaurer Kalk ; die unkrystallisirbare
Substanz ist ein zuckerartiger Körper, welchen ich als
Methylenüan bezeichne, weil er einige Aehnlichkeit mit dem
Mannitan hat, das aus dem Mannit durch Austreten von 1 Hol.
Wasser entsteht.
Das durch Verdunsten der alkoholischen Lösung im leeren
Raum erhaltene Methylenitan ist eine unkrystallisirbare, zucker-
artig und an Süfsholzsaft erinnernd schmeckende, schwach
nach Caramel riechende Substanz. Bei dem Verbrennen auf
Platinblech verhält es sich wie ein zuckerartiger Körper. Es
hinterläfst beim Verbrennen eine geringe Menge aus Kalk be^
stehender Asche, welche Verunreinigung ich niemals voll-
ständig beseitigen konnte. Bei dem Erhitzen mit Jodphosphor
durch Synthese. 297
giebt es nicht mehr einfach Jodmethylen, sondern es hat,
ähnHch wie bei dem Mannit, eine complicirte Einwirkung statt.
Die wässerige Lösung besitzt eine schwach saure Reaction;
sie reducirt schon in der Kälte das Kupferoxyd in weinsäure-
haltiger alkalischer Lösung; in der Wärme geht diese Re-
duction sehr enefrgiscH lA^d fast augenblicklich vor sich. Nach
allen diesen Eigenschlifllik^ndet eine merkwürdige Aehn-
lichkeit zwischen diesem neuen Körper und den zuckerartigen
Substanzen statt^i^Aber ich"" habe festgestellt, dafs der erstere
kein Rotationsvermögen besitzt, ebenso wie der neuerdings
von Gorup-Besanez untersuchte Zucker aus Mannit
(Mannitose).
Die Lösung der neuen zuckerartigen Substanz scheint
mit etwas Bierhefe versetzt nicht in Gährung zu kommen;
doch kann ich mich hierüber noch nicht definitiv aussprechen.
Das beste Mittel, um über die wahre Natur dieser Sub-
stanz Aufschlufs zu erhalten, schien mir der Versuch zu sein,
sie mit einer organischen Säure zu verbinden. Ich habe sie
miehrere Stunden lang mit überschüssiger Buttersäure auf 100^
erhitzt, und eine Buttersäureverbindung erhalten, welche ich
nach dem von Berthelot angegebenen allgemeinen Ver«
fahren isolirt habe. Diese Verbindung ist eine ölartige Sub-
stanz, dickflüssig bei gewöhnlicher Temperatur, dünnflüssiger
in der Wärme, fast unlöslich in Wasser, an Käse erinnernd
riechend, von bitterem Geschmack. In einem Luftstrome über
150^ erhitzt verflüchtigt sie sieh theilweise unter Bildung
farbloser Tröpfchen; aber sie läfst sich unter gewöhnlichem
Druck nicht destilliren. Durch Verseifung mit Barytwasser
erhielt ich buttersaüren Baryt.
Wie ich bereits angegeben habe, konnte ich das Methylenitan
nicht frei von unorganischen Substanzen erhalten. Wahr*
scheinlich hielt es etwas ameisensauren Kalk zurück. *Unter
dieser Annahme und entsprechender Berücksichtigung der
298 Butlerow, zuckerartige Substanz durch Synthese.
kleinen Menge ameisensaaren Kalks, welche die von mir ana-
lysirten Proben Methylenitan enthalten konnten, ist die für
diesen Körper gefundene procentische Zusammensetzung :
L
n.
Kohlenstoff
43,86
41,23
Wasserstoff
7,39
6,95
Sauerstoff
48,75
51,82.
Diese Analysen stimmen nicht ganz gut überein und lassen
die Formel des neuen Körpers noch etwas zweifelhaft. Doch
geht aus ihnen hervor, dafs der Kohlenstoff und der Wasser-
stoff sich darin im Verhältnifs G^ : H^n vorfinden und dafs
die Menge des Sauerstoffs etwas kleiner ist als Oq- Die
wahrscheinlichste Formel des Hethylenitans ist somit €nH2nOn— i-
Ich nehme vorläufig die Formel €7Hi406 an und erkläre die
Umwandlung, welche das Dioxymethylen bei der Einwirkung
von Alkalien erleidet, durch die Gleichung :
Dioxymethylen Methylenitan Ameisensäure.
Man könnte fragen, ob das Methylenitan nicht eine Art
Polyalkohol , ähnlich den von dem Giycol und dem Glycerin
sich ableitenden, wäre. Die Zusammensetzung jenes Körpers
scheint mir indessen dieser Betrachtungsweise entgegen zu
stehen. Wie dem auch sei : die Darstellung des Methylenitans
glaube ich al£f eine sehr beachtenswerthe Thatsache betrachten
zu dürfen; sie ist da^ erste Beispiel der Synthese einer Sub-
stanz vom Character der zuckerartigen Körper, und zwar aus
den einfachsten Verbindungen der ofganischen Chemie. Und
wenn man die ganze Reihe von Umwandlungen ins Auge
fafst, die von dem Aethylalkohol ausgebt , welcher selbst
wieder aus den in ihm enthaltenen Elementen zusammengesetzt
werden kann, so läfst sich sagen, dafs hier das erste Beispiel
Tiir die totale Synthese eines zuckerartigen Körpers vorliegt.
299
Untersuchungen aus dem acadeniischen Laboratorium
in Marburg.
XXII. ^Beitrag zur Kenntnifs der SalicylsAuren ;
von Dr. Ediiard Lautemann.
In einer Arbeit aber die Constitution und Basicität der
Salicylsäure, welche Prof. Kolbe und ich im August vorigen
Jahres gemeinschaftlich veröffentlichten*), theilten wir mit, dafe
es uns gelungeiugßi, durch Zusammenschmelzen von Jod mit
Salicylsäure jffllSliöylsäuren zu gewinnen. Ich habe diese
Beobachtung neuerdings weiter verfolgt, nicht blofs um diese
Säuren selbst kennen zu lernen, sondern besonders in der
Absicht, wo möglich mittelst ihrer den#on Schmitt**) ver-
mutbeten und durch nachstehende Formeln versinnlichten Zu-
sammenhang zwischen Salicylsäure, Gallussäure, Brenzcatechin
und Pyrogallussäure experimentell zu bestätigen.
HO . Q^^Ufi^Cfi^O = HO . CjjjHftO + C8O4
1 Salicylsäure Phenyloxydhydrat Kohlensäure
HO . Ci8H504[C202]0 ^ HO.(C„H508)0 -h C^O*
Oxysalioylsäure Brenzcatechin Kohlensäure
HO . CijHßOelCAlO = HO . (CiÄO*^ + CjjO^
Gallussäure Pyrogallussäure Kohlensäure.
Ich erwartete besonders von den Jodverbindungen der
Salicylsäure ein günstiges Resultat^ da dieselben im Allge-
meinen den Austausch des Jods gegen andere Elemente oder
Atomgruppen leichter gestatten, als die analogen Chlor- und
Bromverbindungen.
Die gewonnenen Resultate finden sich nachstehend be-
schrieben«
*) Diese Annalen GXV, S. 157.
**) Daselbet GXIV, 8. 110.
300 Lautemann^ Beitrag eur KennJtnifa
Jodsalicylsäuren.
Man erhält die Jodsalicylsäuren neben der Trijodphenyl-
sänre auf folgende Weise : Zwei Aequivalente fein gepul-
vertes Jöd werden mit einem Aequivalent Salicylsäure innig
gemischt und in einem Kocbglas mit breitem Boden ober
einer Lampe erhitzt. Sobald die geschmolzene Masse zu
sieden beginnt, entfernt man das Glas vom Feaer and läfst
erkalten. Die braune krystallinische Masse enthält alsdann
ein Gemenge von Mono-, Di- und Trijodsalicylsäure, nicht an-
bedeutende Mengen von Trijodphenylsäure , Jod und unver-
änderte Salicylsäure. Um diese Körper von einander zu
trennen , übergiefst man zunächst den Inhalt des Kolbens mit
verdünnter Kalilauge, welche alles, mit Hinterlassung eines rothen
Körpers, von dem weiter unten die Rede sein wird, löst. Die
alkalische Flüssigkeit nltrirt man, versetzt sie mit Salzsäure
und kocht die so ausgeschiedenen Säuren mit wenig Wasser.
Das Wasser nimmt fast alle unveränderte Salicylsäure
auf, während die Jodsalicylsäuren und Jodphenylsäuren, deren
Gemenge unter heifsem Wasser schmilzt, in Gestalt einer
später erstarrenden Oelschichte auf dem Boden des Gefäfses
zurückbleiben. Die wässerige Lösung wird heifs von dem
Oel abgegossen, und die beim Erkalten sich daraus abschei-
dende Salicylsäure, welche etwas Jodsalicylsäure enthält, zu
einer erneuten Behandlung mit Jod aufgehoben. Wird der
geschmolzene braune Rückstand in überschüssigem kohlen-
saurem Natron gelöst und die gefärbte alkalische Flüssigkeit
mit Salzsäure neutralisirt , so scheidet sich die Trijodphenyl-
säure, welche nur in überschüssigem Alkali löslich ist, aus.
Die von dieser abfiltrirte neutrale Flüssigkeit giebt beim
Eindampfen zunächst Krystalle von trijodsalicylsaurem Natron,
wenn nicht alle Trijodsalicylsäure, wie das in den meisten
Fällen geschieht, schon bei dem Schmelzen während der
Darstellung in Trijodphenylsäure und Kohlensäure zerlegt
der SalicyUäuren, 301
war. Bei stärkerer Concentration scheidet sich dann das
dijodsallcylsaure Natron in schönen atlasglänzenden Nadeln
aus; zuletzt krystallisirt das Natronsalz der Honojodsalicyl-
säure in kleinen lanzettförmigen Blättchen. Die auf diese
Weise durch Krystallisation erhaltenen Natronsalze der Jod-
salicylsäuren sind noch nicht völlig rein; das eine enthält
immer geringe Mengen des anderen beigemengt. Um eine
vollständige Trennung beider Säuren zu bewirken, scheidet
man sie mit Salzsäure aus den Natronsalzen ab und ver-
wandelt sie durch Kochen mit kohlensaurem Baryt in die
Barytsalze, mit denen man leicht die völlige Trennung be-
wirkt, da der dijodsalicylsaure Baryt aufserordentlich schwer-
Jöslich in Wasser ist, der monojodsalicylsaure Baryt dagegen
sich ziemlich leicht löst.
Da die Ausbeute an Jodsalicylsäuren nach dieser Dar*
Stellungsmethode nur aufserordentlich gering isi^ so habe
ich mich vielfach nach einer anderen umgesehen. Versuche^
Jod und Salicylsäure in einem verschlossenen Gefäfs an-
haltend auf 160 bis 170^ C. zu erhitzen, hatten keinen
günstigeren Erfolg. Die Gefäfse zeigten beim OefTnen keine
Spannung, die geschmolzene Hasse enthielt neben Jodsaliqyl-
säuren zugleich beträchtliche Mengen unverändertes Jod und
Salicylsäure. Sodann hab^ ich Jod mit 'Gaultheriaöj umge-
schmolzen und im Oelbad erhitzt, in der Hoffnung, dafs sich
so direct jodsalieylsaures Methyloxyd bilden sollte. Auch
dieser Versuch gab nicht das gewünschte Resultat; das
Gaultheriaöl wurde völlig verharzt. Es ist mir schliefslich
am bequemsten erschienen, Salicylsäure mit dem gleichen
Gewichte Jod in Weingeist von 80 pC. zu lösen, und 2 bis 3
Stunden lang in einem Kolben, welcher mit einem aufwärts
gerichteten Liebig'schen Kühlapparat verbunden ist, zu
kochet). Man erhält keine gröfsere Ausbeute, wenn man die
Menge des Jods vermehrt und 2 Aeq, nimmt, wie es der
302 Lautemann^ Beitrag zur Kenntntfs
Theorie nach geschehen müfste, am Alles in Monojodsalicyl-
säure zu verwandeln. Die braun gefärbte alkoholische Lösung
wird mit Wasser versetzt und bis zur Verjagung des Wein-
geistes erhitzt, dann mit kohlensaurem Natrou übersättigt, die
so erhaltenen Natronsalee gerade wie oben angegeben ist zer-
legt^ die Säuren an Baryt gebunden und die Barytsalze durch
Krystallisation getrennt.
Monojodsalicyhäure : HO • C^isH4J0s)[Cs08]0. — Die aus
dem gereinigten Barytsalz abgeschiedene Monojodsalicylsäure
bildet eine weifse verfilzte, in Wasser schwer, in Alkohol
und Aether leicht lösliche krystallinische Hasse. Sie scheidet
sich aus der heifsen wässerigen Lösung beim raschen Er-
kalten in Flocken aus, die unter dem Mikroscop als Aggre-
gate kleiner Nadeln erscheinen. Trägt man Sorge, dafs die
Flüssigkeit recht langsam erkaltet, so krystallisirt sie in klei-
nen Nadeln, welche baumförmig gruppirt, theils von der
Oberfläche der Lösung in dieselbe herabhängen, theils von
dem Boden derselben nach oben streben. Sie scheidet sich
sehr schön aus Wasser, welches Schwefelsäure enthält, in
langen seideglänzenden Nadeln ab, ebenso krystallisirt sie
gut aus Essigsäure. Weingeist setzt sie beim langsamen
Verdunsten in warzig gruppirten harten Nadeln ab. Der
Schmelzpunkt der Monojodsalicylsäure liegt bei 196^; erhitzt
man sie rasch für sich in einer Reagensröhre, so spaltet
sie sich in Jodphenylsäure und Kohlensäure, doch wird zu
gleicher Zeit eine beträchtliche Menge Jod frei. Die Jod-
salicylsäure färbt in wässeriger und weingeistiger Lösung
Eisenchlorid violett, ebenso ihre Salze.
Zur Analyse wurde die ans dem Barytsalz abgeschiedene , mit
Wasser sorgfUtig ausgewaschene, bei 100^ C. getrocknete
Säure verwendet. 0,3442 Grm. gaben beim Verbrennen mit
Kupferoxyd, über welches gegen das Ende der Verbrennung
Bauerstoff geleitet wurde, 0,401 Grm. Kohlens&ure und 0,062
Grm. Wasser.
der SaKcyhäuren. 303
0)82 Grm. gaben 0,934 Ortm, Eohlensänre und 0,140 Gnn. Wasser.
Qie Formel der Honosalicylsäure verlangt :
'S
berechnet gefunden
Ci4 84 ^ 31,8 ^ly ^^3
Hj 5 1,8 2,0 1,8
J 127 48,2 — —
Oe^ 48 18,2 — —
264 100,0.
Die Jodbestimmung habe ich bei dem Barytsalz ausge-
führty welches zur Reindarstellung der Säure diente und
dessen Analyse sich unten mitgetheilt findet , und zwar nach
folgendem Verfahren.
Die Substanz wurde mit Aetzkalk in einem Verbrennungs-
röhr gemengt und geglüht, das heifse Rohr in kaltes destil-
lirtes Wasser gebracht und so zertrümmert, wie es gewöhn-
lich bei den Chlor- und Brombestimmungen geschieht.
Darauf habe ich vorsichtig so viel von salpetrig!^ Säure
freier Salpetersäure , die frisch Über Harnstoff rectificirt war,
zugesetzt, dafs die Flüssigkeit noch schwach alkalisch reagirte,
dann filtrirt und das Filtrat sorgfältig ausgewaschen, das
alkalische Filtrat mit wenig Salpetersäure angesäuert und
augenblicklich mit salpetersaurem Silberoxyd gefällt. Mfst
man die saure Flüssigkeit auch nur einige Minuten stehen,
so färbt sie sich braun von ausgeschiedenem Jod und die mit
der Flüssigkeit ausgeführten Bestimmungen werden fehlerhaft.
Monojodsalicyhaurer Baryt ^ erhalten durch Kochen der
Honojodsalicylsäure mit kohlensaurem Baryt, ist in Wasser
leicht löslich und krystallisirt daraus in zarten rosettenförmig
gruppirten Blättchen, die nach dem Trocknen seideglänzend
sind; erhitzt man sie feucht, so färben sie sich röthlich.
0,6123 Grm. gaben, nach dem oben beschriebenen Verfahren ana-
lysirt, 0,437 Grm. Jodsilber.
0,4955 Grm. in Wasser gelöst und mit Schwefels&ure gefällt gaben
0,172 Grm. schwefelsaoren Baryt
304 Lautemann ^ Beitrag zur Kenntnifs
0,4302 Grm. mit Knpferozyd rerbrannt, über welches spater Sauer-
stoff geleitet wurde, gaben 0,4 Grm. Koblensäore und 0,0545
Gnn. Wasser.
berechnet
geftinden
Cu
^84^^ ~^
26,6
25,3
H5
5
1,2
1,3
J
127
38,5
38,7
O5
40
12,0
—
BaO
76,5
23,0
22,8
331,5 100,0.
Versetzt man die wässerige Lösung des Barytsalses mit
Barytwasser, so entsteht ein weifser, in Wasser sehr schwer
löslicher Niederschlag von baryumjodsalicylsaurem Baryt.
Monojodaalicyhaurea Ammoniak. — Löst man Honojod-
salicylsäure in concentrirter Ammoniakflüssigkeit auf und
kocht zur Verdunstung des überschüssigen Ammoniaks ein,
so schijdet sich beim Erkalten der Lauge das Ammoniaksalz
in schwerlöslichen Nadeln ab.
ManoJodscUicylsaures Silber. — Versetzt man die wäs-
serige Lösung des Ammoniaksalzes mit salpetersaurem Silber-
oxyd, so scheidet sich das Silbersalz als weifse amorphe
Ma$se aus, die beim Kochen mit viel Wasser löslich ist und
daraus in harten Körnern krystallisirt.
Dijodaalicybäure : HO .(Ci2H8J202)[C202]0. - Die Dijod-
salicylsäure bildet, aus dem Barytsalz abgeschieden, wie die
Honojodsalicylsäure eine weifse amorphe Masse, welche in
Wasser fast unlöslich, in Weingeist und Aether ziemlich
leicht löslich ist.
Sie krystallisirt aus Wasser, welches •Schwefelsäure ent-
hält, und aus Essigsäure gerade wie die Honojodsalicylsäure.
Aus Weingeist scheidet sie sich in nadeiförmigen Kry-
stallen ab.
Erhitzt man die Dijodsalicylsäure in einem Haarröhrchen
im Oelbad, so ist sie bei 212^ noch ungeschmolzeti , doch
der Salicylsäuren. 305
bräunt sie sich bei dieser Teifiperatur durch beginnende Zer-
setzung.
Beim Erhitzen in einem Reagensrohr über der Lampe
wird sie unter Abscheidung von Jod zerlegt. Kocht man die
Dijodsalicylsäure mit Salpetersäure, so wird Jod ausgeschieden
und wahrscheinlich die entsprechende Nitroverbindung ge-
bildet. Die Lösung der Dijodsalicylsäure wie ihrer Salze
färben Eisenchlorid violett. Die Salze der Dijodsalicylsäure
sind durchschnittlich sehr schwerlöslich; am leichtesten von
allen Verbindungen, welche ich darstellte, löste sich das
Natronsalz.
Die Dijodsalicylsftnre wurde zur Analyse wie die Monpjodsalioyl-
säure mit Salzsäure aus dem Barytsalz abgeschieden, mit Wasser aus-
gewaschen und bei 100^ getrocknet.
0,3491 Grm. gaben bei der Verbrennung 0,279 Grm. Kohlensäure
und 0,0885 Grm. Wasser.
0,486 Grm. gaben 0,878 Grm. Kohlensäure und 0,051 Grm. Wasser.
berechnet gefunden
Cu
84
21,6
21,7
21,10
H4
4
1,0
1,2
1,15
J«
254
65,2
—
—
0«
48
12,8
—
—
890 100,0.
Das Barytsalz der Dijodsalicylsäure wird durch Kochen
der Säure mit reinem kohlensaurem Baryt erhalten. Es ist
in Wasser sehr schwer löslich und krystallisirt aus mäfsig
concentrirter Lösung in langen atlasglänzenden Nadeln. Man
erhält es auch schön krystallisirt, wenn man die nicht zu
verdünnte Lösung des Ammoniaksalzes mit Chlorbaryom ver-
setzt. Aus sehr concentrirter kochender Lösung scheidet es
sich in unscheinbaren Krystallen ab.
0,6021 Grm. bei 100^ getrocknet gaben mit Schwefelsäure gefällt
0,1528 Grm. schwefelsauren Baryt.
0,4612 Grm. gaben 0,3058 Grm. Kohlensäure und 0,041 Grm. Wasser.
Ann. d. Chem. a. Phann. GXZ. Bd. S. Heft. 20
306 Laute mann, Beitrag tm' Kenntnifs
0J214 Grm. gaben bei der wie oben auagefcUirten Jodbegtimmniig
0,742 Grm. Jodsilber.
berecbnet
gefanden
Ci4
^'84^ ^
18,5
18,1
Ha
8
0,6
0,9
J,
264
55,5
55,5
O5
40
8,7
—
BaO
7S,&
16,7
16,8
457,5 100,0.
^ Dijodsalicylsaures Ammoniak, erhalten durch Auflösen
der Dijodsalicylsäure in concentHrtem Ammoniak und Kochen
der Lösung bis zum Verdunsten des überschüssigen Am-
moniaks, scheidet sich in mikroscopischen , in Wasser sehr
schwer löslichen Nadeln ab.
Byodsaiieyhaiureai Süber. -^ Versetzt man die wässerige
Lösung des Ammoniaksalzes mit salpetersaurem Silberoxyd,
so fällt das Salz amorph nieder. Der Niederschlag ist in
sehr geringer Menge in siedendem ViTasser löslich und kry-*
r
stallisirt daraus in mikroscopischen Nadeln.
Dijodaalicylsavapes Kali. — K^cht mpfisdie Dijodsalicyl-
säure mit einer Lösung von kohtensaurem Kali » so löst sie
sich auf; beim Erkalten scheidet sii^h ausr. dieser Flüssigkeit
49$ £^sf|isalz ip mikroscopiscbj^ Kry^tällqhen ab, die in Wasser
ipahr schwer löslich $iii4 Wegesn seiifjerSchinrerlösUchkeit.kann
4a$. Kalisalz ebenff^ljs aur Trennung dpr Dijodsalicylsäure von
d^r, Honojo<isalicyl$äure benutzt werden, deren Kalisalz in
Was^r leicht lösMch ist.
Versetzt man die LQspng des Ammoniaksalzes der Dijod-
$alicy.U|ui:e mit scl^wefelsauriem Kupferoxyd, so fällt amorphes
gelbgrünes dijodsalicylsaures Kupferoxyd nieder.
Trijodmlicybäure i BO • (.CistI{sJ^08)[C20s]a -- Di« Tri-
jodsalicylsäure, von der iüh schon aben bemerkte, dafs ihr
Natronsalz viel schwerer löslich list, als das der Mono* und
der BaJ^cyhäurea. 307
Oijodsalicylsäure , habe ich nur in geringer Menge dar3tellen
können. ^ Sie scheint außerordentlich leicht zerselzbar zu
• I
sein, und schon während ihres Entstehens^ beim Zusammen-
schmelzen von Salicylsäure und Jod, in Trijodphenylsäure
und Kohlensäure zu zerfallen.
Sie ist in Wasser unlöslich , in Weingeist und Aether
löslich 9 und krystallisirt aus ersterem in gelblichen, bü-
schelförmig vereinigten Nadeln. Von Alkalien wird sie
zerlegt und unter Ausgabe von Kohlensäure in einen rothen
Körper verwandelt, der sich S* 309 ff. beschrieben findet. Sie
schmilzt ungefähr bei 157^ C., .doc|i ..erfäl^rt sie schQ|n bei
dieser Temperatur eine partielle Zeirsetz^uog .iinter jBräunung
und ^MSgfibe von Kotbleasäure.
Zur Analyse wurde die Saure ans . Alkohpl jomkxiffttaUisirt und bei
100^ getrocknet 0,42 Grm. gaben 0,2455 Grm. «Kohlenstture
und 0,034 Qrm. ^ass^r.
0«3761 Qrm. , Uc^ferten 0,5149 , jG^nn. - ^Fpdsifber.
bprephnet ^efund^n
Cm 84 16,2 15,9
Hs 3 0,5 0,9
Js 381 78,8 73,8
O« 48 9,5 — .
« —
516 100,0.
Salze dieser Säure konnte ich wegen der geringen Menge,
die mir zu Gebote stand , nicht untersuchen. Das Natroasalz.
aus welchem ich die Säure abschied, war eine graugrüne,
in Wasser sehr schwerlösliche Hasse.
Trijodphenyhäure : HO . Cig^HgJsCO.
Die Trijodphenylsäure, welche scBon beim Zusammen-
sphmelzen der Salicylsäure mit Jod entsteht, besonders wenn
n^ßn mehr als 30 bis 4Q 6rm. in einem Kölbchen verarbeitet«
ist ein Zersetzungsproduct der in höherer Temperatur zer-
legt werdenden Trijodsalicylsäure. Sie wird, wie ich schon
20*
308 Lautemann, Beitrag zur Kenntnifs
S. 300 bei der Darstellung der Jodsalicylsäare erwähnt habe,
aus der alkalischen Flüssigkeit durch Neutralisation mit Sabc-
säure abgeschieden, da sie nur in überschüssigem kohlen-
saurem Alkali löslich ist. Die so ausgeschiedene Trijod-
phenylsäure bildet eine graulich-weifse , flockige, schwere,
in Wasser unlösliche Hasse. Sie löst sich ziemlich leicht in
Alkohol und krystallisirt daraus in kleinen stumpfen Nadeln ;
die alkoholische Lösung wird auf Zusatz von Wasser milchig.
Die Trijodphenylsäure ist bei gewöhnlicher Temperator
etwas flüchtig und verbreitet einen unangenehmen, lange
anhaftenden, der Trichlorphenylsfiure ähnlichen Geruch; sie
kann jedoch nicht unzersetzt sublimirt werden.
0,664 GnxL der aus Alkohol mnkTystalliBirten bei 100° getrockne-
ten Sabstanz gaben 0,3818 Grm. KohlenBÜnre und 0,045 Grm.
Wasser.
0,6054 Grm. lieferten 0,9039 Grm. Jodsilber.
0,6883 Grm. gaben 0,383 Grm. Kohlensänre und 0,046 Grm. Wasser.
0,6572 Grm. lieferten 0,978 Grm. Jodsilber.
berechnet geftmden
Ci4 72 16,27 16,6 15,10
Hj 3 0,63 0,76 0,75
J, 381 80,7 • 80,7 80,30
O, 16 3,4 — —
472 100,00.
Setzt man die Lösung der Trijodphenylsäure in über-
schüssigem kohlensaurem Alkali dem Zutritt der Luft aus, so
Tärbt sie sich unter partieller Zersetzung grün. Trägt man sie
in überschüssige heifse concentrirte Kalilauge, so trübt sich
diese und wird milchig durch Ausscheidung eines ölartigen
Körpers. Nach dem Erkalten haben sich in der alkalischen
Flüssigkeit zarte Krystailblättchen abgesetzt und der ölartige
Körper ist krystallinisch erstarrt Beide scheinen Verbindungen
der Trijodphenylsäure mit Kali zu sein. Doch sind sie sehr
der Saltcylsäuren. 309
unbeständig und werden schon beim Kochen der Flüssigkeit
zerlegt, indem sich letztere vom Rande aus roth färbt.
Kocht man die Lösung der Trijodphenylsäure anhaltend
mit Ammoniak, so löst sie sich auf und verbindet sich mit
demselben zu einem gut krystallisirenden , in Wasser wenig
löslichen Körper. Versetzt man die Aramoniakverbindung mit
salpetersaurem Silberoxyd, so fällt das Silbersalz als gelatinöse,
gegen das Licht sehr empfindliche Masse nieder ^ die sich
beim Erhitzen auf 100<> roth färbt. Beim Erwärmen mit
starker Salpetersäure wird die Trijodphenylsäure unter Aus-
gabe von Jod in Pikrinsäure verwandelt.
Trägt man eine Mischung von chlorsaurem Kali und
Trijodphenylsäure in erwärmte Salzsäure» so erfolgt rasch
Zersetzung unter Bildung von Chlorjod und Chloranil. Zu-
gleich entsteht eine andere, Jod enthaltende, in zarten weifsen
«
Nadeln krystallisirende Substanz in sehr geringer Menge'
vielleicht Jodanil oder Cblorjodanil.
0,3982 Grm. des Ghloranils gaben, bei der Verbrennung 0,4185
Grm. Kohlensäure, also 28,8 pG. Kohlenstoff; das Chloranil
verlangt 29,2 pC. Kohlenstoff.
Unter dem Einflufs von Alkalien und, wenn auch weni-
ger leicht, der alkalischen Erden, auch des Silberoxyds^ er-
fährt die Trijodphenylsäure eine eigenthümliche Zersetzung.
Ein Atom Jod wird aus derselben herausgenommen und an seine
Stelle tritt ein Atom Sauerstoff, unter gleichzeitiger Abgabe
von einem Atom Wasser.
Folgende Gleichung mag den Procefs veranschaulichen :
HO . CiÄJaO + KO = CiaHgJjO, + KJ + HO.
Bother Körper : CisHsJgOs.
Um diesen Körper darzustellen, kocht nkan die Trijod-
phenylsäure mit einer concentrirten Lösung ^von kohlensaurem
Natron, oder schmilzt sie damit in ein Rohr ein und
erhitzt kurze Zeit im ^asserbad. Man erhält ihn oft in
«
310 Lautemann^ Beitrag ssur Kerminifs
grofser Menge, wenn man die geschmolzene Masse, wie sie
bei der Bereitang der Jodsalicylsänren dorch Erhitzen Ton
föA mit Saücylsäüre erhalten wird, in Alkalien unter Er-
wärmen auflöst; er bleibt dann als rothe, meist etwas zu-
sammengeballte Masse zortick. Er entsteht ebenfalls, wenn
man die weingeistige LÖsang, dfe man bei der Darstellung
der Jodsalicylsäoren durch Kochen von Jod und Sallcyl-
säure erhält, mit Wasser versetzt und kohlensaures Natron
zafögt, ehe der Weingeist verjagt ist, and dann kocht.
Der auf die ein^ oder die andere Art erhaltene Kör-
per ist ein Zersetzungsproduct der Trijodphenylsaore resp.
Trijodsaifcylsäare , welche letztere sich onter dem Einflufs
des Alkali's in Kohlensäore und Trijodphenylsäure zerlegt.
Er stein eine rothe pulverige, in Wasser und Weingeist nn-
löslfcliey in Aether in aufserordentlich geringer Menge lösliche
Masse dar. Das beste Lösungsmittel für ihn ist Schwefel-
kohlenstoflT, welcher ihn mit prachtvoll rother Farbe aufnimmt
und beim Verdunsten als braunrothe harzige Masse zurück»
läfst. Wegen seiner Unlöslichkeit in den meisten Lösungs-
mitteln ist dieser Körper zur Analyse schwer vorzubereiten.
Zu diesem Zwecke habe ich ganz reine Trijodphenylsäure
mit Wasser übergössen, kohlensaures Natron zugesetzt und
gekocht, die ausgeschiedene rothe pulverige Masse mit heifsero
Wasser ausgewaschen, mit Alkohol und schliefslich mit Aether
behandelt, dann bei 100^ getrocknet.
0,4496 Gnn. gaben bei der Verbrennung 0,3448 Grm. Kohlensäure
nnd 0,037 Grm. Wasser.
0,563 Grm. lieferten 0,768 Grm. Jodsilber.
0,3558 Grm. lieferten 0,269 Grm. Kohlensaure und 0,031 Grm.
Wasser.
berechnet gefunden
Ol,
72
20,92
20,90
20,6
H,
2
0,58
0,75
0,9
J.
254
73,80
78,70
—
0,
16
4,70
—
—
344 100,00.
Aer SäHeytsäufen. dll
Der Körper zeichnet ^dk doreh grobe Be^tändigirek tsus ;
von eoncentrirten rafucfienden SSuren und starken AlkaiieA
wird er bei gewöhnlicher Temperatur nicht angegriffen ; erst
durch anhaltendes Kocheii mit starker Salpetersäure verwan«
delt er sich unter Ausgabis von Jod in Pikrinsäure, wie nach-
folgende Analyse ausweist.
0,514 Grm. der ans Wasser krystallisirten und bei 100^ getrockne-
ten Substanz gaben bei der Verbrennung 0,585 Qrm. Kohlen-
sftnre und 0,074 Grm. Wasser, oder 31,12 pG. Kohlenstoff
and 1,5 pC. Wassersto^. Die ZnSatnmensetzuttg der Pikrin-
säure verlangt 81,4 pC; Koblenstbff und 1,8 pC. Wasserstoff«
Kocht man ihn anhaltend mit concentrirter Kalilauge, so
wird er mirsfarbig» ohne jedoch wesentlich verändert zu
werden. Von chlorsaurem Kali und Salzsäure wird er, wie
es scheint, nicht angegriffen.
Noch bleibt die Frag^ zu beantworten, wohin der bei
der Darstellung der Jodsalicylsäuren durch Zusammenschmel-
zen von Jod mit Salicylsäure eliminirte Wasserstoff kommt.
Ich habe in dieser Absicht zahlreiche Versuche angestellt,
doch ist es mir nicht gelungen^ da^Räthsel zu lösen; auch die
Vermuthung, dafs die Salicylsäure zu Salylsäure redncirt
werde, habe ich nicht bestätigt gefunden»
Oxyaalicylsäure : HO . CisH504[CsOs]0.
Die Oxysalicylsäure entsteht aus der Monojodsalicylsäure
leicht, wenn man diese in concentrirter Kalilauge auflöst und
die alkalische Flüssigkeit, ohne das verdunstende Wasser zu
ersetzen, einkocht. Bei einer gewissen Concentration, wenn
fast alles Wasser vertrieben ist und das wässerige Kali zu
schmelzen beginnt, tritt in kurzer Zeit das Jod aus der Ver-
bindung heraus und wird durch, die Elemente von Wasser-
stoffhyperoxyd ersetzt Um den Funkt zu erkennen, wo alles
Jod aus der Verbindung ausgeschieden ist, nimmt man von
Zeit zu Zeit kleine Proben der Flüssigkeit und bringt sie in
312 Laufemann^ Beitrcy zur Kenntnifs
etwas verdünnte Salz- oder Salpetersäure; entsteht . ein
Niederschlag von ausgeschiedener schwerlöslicher Jodsalicyl-
säure, so ist die Reaction noch nicht beendet. Man erkennt
auch den Zeitpunkt, wo die Einwirkung des Kali's auf Jod-
salicylsäure beginnt , an der Farbenveränderung der Masse,
welche, anfangs klar und farblos , sofort gelblich wird und
sich zuletzt rasch bräunt.
Ist alles Jod eliminirt, so giefst man den Inhalt des 6e-
täfses in ein Becherglas mit Wasser, übersättigt schwach
mit Salzsäure, täfst die Flüssigkeit erkalten und filtrirt. Das
schwach gelbbraune Filtrat wird so lange mit Aether ge-
schüttelt, als dieser noch etwas aufnimmt. Nach dem Ver-
dunsten des Aethers bleibt die Oxysalicylsäure als braun
gefärbte Krystallmasse zurück. Diese Krystalle werden in
Wasser gelöst, mit essigsaurem Blei versetzt und mit Schwe-
felwasserstoff behandelt. Die Operation wird so oft wieder-
holt, bis die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit völli|^
farblos erscheint, worauf man sie zur Krystallisation ein-
dampft. Die sich ausscheidenden Krystalle bilden stark glän-
zende, concentrisch gruppirte, in Wasser, Alkohol und Aether
leicht lösliche Nadeln. Die wässerige Lösung dieses Körpers
wird nicht wie die der Salicylsäure durch Bisenchlorid tief
violett, sondern tief königsblau gefärbt; bringt man zu dieser
blauen Flüssigkeit etwas doppelt -kohlensaures Natron, so
wird sie prachtvoll violett. Die violette Färbung tritt eben-
falls ein, wenn man zu der Säure Eisenchlorid, Weinsäure
und Ammoniak setzt. Ihre Lösung giebt mit essigsaurem
Blei einen gelblichweifsen Niederschlag, der in Essigsäure
leicht löslich ist, von Wasser nicht gelöst wird.
Salpetersaures Silber wird dadurch in der Kälte nicht
verändert, beim Erwärmen aber leicht und völlig reducirt.
Die Salze dieser Säure sind sehr unbeständig, die der alka-
lischen Erden werden bei längerem Stehen ihrer Lösung
der BaUcyUäuren. 313
an der Luft gebräunt und zersetzt. Mit Alkalien zusammen-
gebracht färbt sich die Säure augenblicklich röthlich, dann
rasch braun. Sie krystallisirt ohne Krystallwasser.
0,3455 Grm. der bei 100^ C. getrookneten Säure gaben mit Kupfer-
oxyd im Sauerstoffstrome yerbramit 0,69 Grm. Kohlensäure
und 0,123 Grm. Wasser.
Die Formel der Oxysalicylsäure verlangt :
berechnet
gefunden
0,4
""""aP *54,64^
54,4
H,
6 3,89
3,9
0,
64 41,57
•
—
154 100,00.
Der Schmelzpunkt der Saure liegt bei 193^ In höherer
Temperatur, etwa bei 210 bis 212^ C, fängt sie an sich zu
zerlegen und zerfällt dabei, analog der Salicylsäure und Gal-
lussäure, in Oxyphenylsäure und Kohlensäure :
HO . Ci8H508[C808]0 = HO . CijHjO + CjO^
Salicylsäure Phenylsäure Kohlensäure.
HO . CijHjOJCgOJO = HO.(Ci8H508)0+ CjO*
Oxysalicylsäure Oxyphenylsäure Kohlensäure.
HO . C^HjOelCjOJO = HO . (01^0^)0 + CgO*
GaUussäure Pyrogallussäure Kohlensäure.
Diese Oxyphenylsäure ist nichts anderes als das bekannte
Brenzcatechin , sie enthält jedoch bald mehr bald weniger von
dem isomeren Hydrochinon beigemengt, und ich glaube, dafs
sich letzteres secundär, durch Umlagerang der Elemente aus
jenem bildet , besonders da man das Auftreten beider Körper
neben einander schon mehr bemerkt hat.
Zur Darstellung der Oxyphenylsäure aus der Oxysalicyl-
säure wurde letztere mit Bimsstein gemengt und in einer
Retorte rasch erhitzt (erhitzt man langsam, so sublimirt etwas
unzersetzte Säure}; es destillirt dann ein dickflüssiges Oel
über, welches zum grdfsten Tbeil schon im Retortenhals
314 Lautemanny Beitrag zar Kaminifs
krygtallifiiich erstarrt. Diese Krystalle sind ein Gemeb^ yob
Brenzcatechin und Hydrochinon; sie worden zwischen Pnpier
geprefst, in wenig Wasser aofgelöst, die Ldsong bei niederer
Temperatur eingedampft, daranf d^r Röctotand swAielieifl 60
bis 70^ getrocknet und anatysirt.
0,2445 GniL gmben mit Ku^eroxyd im SaaentoffistnMn Tciliniint
0,587 Grm. Kohlensäure mid 0,126 Grm. Waaser.
Die Formeln des Brenzcatechins ond des Hydrochinons
Ycrlangen :
bereclmet gefaUden
C„ 72^" ~66,4 65,4
H« 6 5,4 5,7
O4 32 29,2 —
Ans der nicht zn concentrirlen wSsserigen Lösung ßllt
auf Zusatz von essigsaurem Blei das Brenzcatechininblei als
geiblich-weifser Niederschlag zu Boden^ während die Verbin-
dung des Hydrochinons mit essigsaurem Blei in Lösung bleibt.
Der Niederschlag wurde durch Filtration von der Flüssigkeit
getrennt, gut ausgewaschen, hiernach mit Wasser angerührt
und durch Schwefelwasserstoff zerlegt. Die vom Schwefel-
blei abfiltrirte klare Lösung hinterliefs beim Eindampfen Brenz-
catechin , welches schliefsliöh zwischen zwei Uhrgläsern
sublimirt wurde. Der Schmelzpunkt des Sublimates lag bei
100^ C. (uncorrigirt). Das reine trockene Brenzcatechin
schmilzt nach Eisfeld *) bei ill bis 112<>C. Jener Körper
krystallisirt in kleinen rectangulären Säulen, gerade wie
Wagner **^ von dem Brenzcatechin angiebt , reducirt in
der Kälte salpetersaures Silberoxyd , färbt Eisenchlorid tief
dunkelgrün und setzt nach einiger Zeit einen schwarzen Nie-
derschlag ab. Versetzt man die durch Eisen grün gerärbte
*) Diese Annalen XCII, 108.
**) Jonm. f. pract Chemie LH, 450*
de^ Salicykäuren* 315
Flüssigkeit mit etwas doppelt^koMetisaurem Natron , so wird
sie intensiv violett; mit Weinsäure, wenigf Bisenchlorid und
Ammoniak tritt dieselbe Färbung ein.
Das Hydrocbinon habe ich an seiner vom Brenzcatechm
ganz verschiedenen Krystallform, ^wie an seinem characte-
ristischen* Verhalten gegen Eisenchlorid, wodwch' es in grönes
H^drot^hinon ttbergeftihrt wird, uYid an dem bedeutend höheren
Schmel2|)tmkf, 165^ C, erkannt.
Es ist mir auch gelungen , Brenzcatecbin ans der Jod-
phenylSäuire, durch Erhitzen der Honojodsulicylsäure darge->
stellt, zu erbalten, dadurch; dafs ich die Jodphenylsäure mit
Kalüaiagef ganz i^ derselben Weise, wie Seite 311 bei der
Oxysaü^is#ure angegeben ist^ behandelte.
Selbstverständlich konnten die so gebildeten Mengen nur
sehr gedng sein, da das Brenzcatechin fast ebenso empfind-
lich gegen Kali wie PyrogaHussäure ist, hier unter für sein
Bestehet so ungünstigen Verhältnissen gebildet wird. Ich
habe das so dargestellte ßrenzcalechin in seinem Verhalten
gegen Eisenchlorid , saipetersaures Silberoxyd und an seiner
Krystallform erkannt.
Neben nter Oxysalicylsäure existiren noch drei andere
isomere Säuren ; die Morinsäure *} , die Carbohydrochinon-
Säure**} und die von Strecker***) durch Schmelzen der
Piperinsäure mit Kalihydral erhaltene Verbindung. Die beiden
letzten Säuren stimmen in allen Reactionen, auch im KrystaiU
Wassergehalt und in der Zusammensetzung der Bleisalze
überein. Ich halte sie für identisch, seit ich gefunden habe,
dafs Carbohydrocbinonsäure, aus welcher Hesse f} ^"1*^^
*) Journ. f. pract. Chemie Lll, 472.
•*) Hesse, diese Annalen CXlV, 294.
•**) Diese Annalen CXVHI, 280.
t) Daselbst CXIV, 294.
316 Lautemann, Bätrag zur Kenntnifa
trockene Deslillation nur Hydrochinon erhalten hat, beim Er-
hitzen mit Bimsstein Brenzcatechin liefert. Ich habe mich
durch besondere Versuche überzeugt, dafs dieses Product in
Beactionen, Krystallform und Schmelzpunkt genau mit dem
Brenzcatechin übereinstimmt Ich halte darum die von Hesse
gemachte Beobachtung, dafs beim Erhitzen der Carbohydro-
chinonsäure Hydrochinon entstehe, keineswegs für falsch,
sondern sehe darin, wie in der Beobachtung von Zw enger
und Siebert*}, dafs beim Erhitzen des chinasauren Baryts
Hydrochinon und Brenzcatechin nebeneinander auftraten, eine
weitere Bestätigung meiner Annahme , dafs Brenzcatechin
unter Umständen in Hydrochinon übergehen kann. Jene drei
Säuren kommen darin überein, dafs sie beim Erhitzen in
Kohlensäure und Brenzcatechin zerfallen.
»
Dia Carbohydrochinonsäure , welche sich in manchen
Punkten wesentlich von der Oxysalicylsäure unterscheidet,
stimmt in anderen so sehr damit überein , dafs ich es für
wahrscheinlich halte, dafs beide Säuren unter Umständen in
einander übergehen können. Die Carbohydrochinonsäure fürbt
Bisenchlorid tief dunkelgrün, die Oxysalicylsäure tief königs-
blau; beide Färbungen werden durch etwas doppelt-kohlen-
saures Natron in Violett übergeführt, beide werden durch
Weinsäure, Eisenchlorid und Ammoniak ebenfalls violett;
dieselbe violette Beaction zeigen ihre Salze. Der Schmelz-
punkt der Carbohydrochinonsäure liegt bei 207^ C. (corrigirt),
der der Oxysalicylsäure bei 193^ C. (uncorrigirt). Vorsichtig
erhitzt, sublimiren . beide Säuren tbeilweise ohne Zersetzung.
Die Oxysalicylsäure krystallisirt in wohlausgebildeten Nadeln,
die auf den Flächen oft stark glänzen ; die Carbohydrochinon-
säure krystallisirt auch in Nadeln, aber sie sind nicht so gut
ausgebildet und lagern sich nach Hesse während des Stehens
^) Diese Annalen CXV, 108.
der Salict/bäuren. 317
in der Mutterlange leicht in andere Formen (Blättchen) um.
Letztere enthält zwei Atome Krystallwasser , erstere keins.
Beide Körper geben, in Wasser gelöst, mit essigsaurem Blei
einen Niederschlag , der in Essigsäure löslich ist; eben so
reduciren beide in der Kälte salpetersaures Silber nicht, wohl
aber beim Erwärmen. Beide werden durch Alkalien braun
gefärbt und zerstört; die Salze , welche sie mit alkalischen
Erden bilden , werden , in wässeriger Lösung an der Luft
stehend, gebräunt.
Ich werde demnächst eine genauere vergleichende Un-
tersuchung dieser beiden Säuren und ihrer Spaltungsproducte,
des Brenzcatechins und Hydrochinons, folgen lassen.
Dioxysdlicyhäure*
Nachdem ich gefunden hatte, dafs die Honojodsalicyl-
säure mit solcher Leichtigkeit ihr Jod unter dem Einflufs von
wässerigem Kali gegen die Atomgruppe HOg austauscht, glaubte
ich erwarten zu können, dafs sich die DijodsaUcylsäure ebenso
verhalten würde, und durch Austausch von 2 Atomen Jod
gegen 2 Atome HOg in Dioxysalicylsäure, d. i. Gallussäure,
übergehen würde. Meine Erwartungen sind zwar bestätigt
worden, doch war der Erfolg nicht ganz der erwünschte,
indem die gebildete Dioxysalicylsäure durch den Einflufs des
Alkali's gröfstentheils weitere Zerlegungen erfährt.
Läfst man auf DijodsaUcylsäure ganz unter denselben
Verhältnissen, wie ich bei der Darstellung der Oxysalicyl-
säure angegeben habe, heifse starke Kalilauge einwirken, so
entsteht leicht Jodkalium, und man erkennt die Beendigung
der Reaction eben so wie dort daran, dafs die Masse, zu
verdünnter Säure gebracht, keine schwer lösliche Dijod-
saUcylsäure mehr ausscheidet. Die entstandene Säure, durch
Schütteln der schwach sauren Lösung mit Aether aus der
Flüssigkeit ausgezogen, bleibt nach dem Verdunsten des
318 Lautemann^ BeitrcLg zur Kenntnifs
Aethers als tief dunkelbraun geßrbte krystallinische Masse
zurück. Diese wurde in Wasser aufgelöst; mit essigsaurcfsi
Blei gefällt , der Bleiniedersehlag auf einem Filter gesammelt,
ausgewaschen und mit Schwefelwasserstofl^as zerlegt. Die
vom Schwefelblei abfiltrirte schwach weingelbe Flüssigkeit
färbte sich beim Eindampfen an der Luft braun , und sefzte
bei liinlänglicher Concentration braune , schlecht ausgebildete
Krystalle ab. Bei raschem Verdunsten der Lösung unter der
Luftpumpe über Schwefelsäure erhielt ich eine ziemlich füirb-
lose krystallinische Hasse, welche jedoch nicht reine Gallus-
säure war und bei der Verbrennung einen viel höheren
Kohlenstofi^ehalt gab« Bei näherer Betrachtung d^r Subsianz
stellte sich heraus , dafs sie ein Gemenge von Dioxysalicyl-
säure (Gallussäure) und Dioxypfeenylsäure (Pyrogallussäure^
war. Das Kali wirkt demnACih auf die «un i^t^tus n^^^s be-
findliche Gallussäure wie eine erholile TemperfiJbir. Da.iph
das Gemenge durch iKrystellisaUoD nic^it trennen .konnte.» ßo
versuchte ich alles durqh-Sublinuitiop jn Pyi;og^i|lMsaäure .i^u
verwandeln y um diqse zu ..anaLy wen. Die ^r)i$dtene Menge
war jedoch, nachdem sie.g.er^igt y^ßv, viel ^u gering., ,9ls
dafs iph eiae Ellementaranaly^e damit hätte .anstelißfi köiuA^.
Der gereinigte Körper besafs üt^rigeps . aUe fig^.i)schaft^n..dpr
Pyrogallussäure , er krystailisirte in d^^s^lbcin .^läUi^h^n,
sublimirte beim Erhitzen, färbte Ei^enphlorid ^rp.uni Ei^c^-
oxydujsalze blau, welche Färbung Aurph geringe Ifengen
doppelt-kohlensauren N.atrons violett wurde, r.edqcirt^e salp^teir-
saures Silber in der Kälte augenblicklipb > färbte Kßlkmilgh
violett, und wurde in Berührung mit Aetzkali dunkelbr^i^p.
Versuche^ die Gallussäure aus d^r leiq)iter dars(eUb$ifen
Dibromsalicylsäure zu gewinnen, gaben kqin ;. besseres Re-
sultat; die gebildete Gallussäure war ebenfalls mit viel Pyro-
gallussäure gemengt.
der SdUoylsäurm, 319
Obschon obiges Verhalten nicht bezweifeln läfst, dafs die
Dioxysalicylsäure identisch mit der Gallussäure ist, so suchte
ich doch nach einem anderen Wege, um sie wo möglich in
einem zur Analyse hinlänglich reinen Zustande darzustellen.
Ich erhitzte zu diesem Zweck Dijodsalicylsäure mit Silberoxyd
in einer verschlossenen Röhre; beide wirkten jedoch bei einer
Temperatur von 200^ C. noch nicht aufeinander ein. Darauf
habe ich, um die Neigung des Alkali's, der Verbindung Kohlen-
säure zu entziehen, zu mäfsigen, die Dijodsalicylsäure mit
überschüssigem kohlensaurem Alkali 4 bis 6 Stunden auf 150^ C.
erhitzt. Der Inhalt der Bohre war tief dunkelbraun gefärbt,
sie hatte beim Oeffflea keine Spannung, alles Jod war an das
Kali getreten und die durch das Jod ausgeschiedene Kohlen-*
siinre von dem überschüssigen kohlensauren Kali gebunden.
Dw Iniialt der Röhre wurde darauf in einein Becherglas schwach
mit Salzsäure übersättigt und mit Aetbei* wiederholt geschüttelt.
Der Aether Kinterliefs nach dem Verdunsten «ine braune
Krystallmasse, die aus einem Gemenge von Saticylsäur^, Oxy-
salieylsäure und Dioxysalicyisäiire bestond* In der Dijod-
aalicylsäitre wmx alse merkwürdiger Weise das Jod theilweise
rückwärts durch Wasserstoff aufrstUuirt worden. Da^ Qe-
menge der Säuren wurde in Wass^ gelöst und mit 6S^-
saurem Blei versetzt, wodum^k diojcy-p uikd oxy&alicylsaures
Blei niederfiel, während die Salicylsäure in Lösung J)lieb.
A«s dieser Lösung w^urde das überschüssige Blei mit Schwefel-
wassenrtoffgas gielällt; n%ch dem AbfiUriren und dem Ver-
donsten derselben blieben lange farblose Nadeln zurück, die
alle Eigenschaften der Salicylsäure tri^gen, auch Eisen viplett
färblen. Bei mehreren Verbremiungen ergabej;! sie 57 bis
58 pO. Koblenstf^ff und 4 pC. Wasserjstoff; die Salicylsäure
lordort €0,8 pC. Kohlenstoff und 4,3 pC, Wasserstoff. Die so
erhahene Salicylsäure «nfthielt «)so Spuren von Oxyjialicylsäure
beigemeogt , deren Bleisali diircb die von der Dio^y-p und
320 Lautemannf Beitrag zur Kenntnifs
Oxysalicylsäare ausgetriebene Essigsäure theilweise in Lösung
gehalten wurde; sie hatte auch daher die Eigenschaft, salpeter-
saures Silber in wässeriger Lösung beim Erwärmen schwach
zu reduciren.
Den durch Fällen mit essigsaurem Blei erhaltenen Nieder-*
schlag zerlegte ich ebenfalls mit Schwefelwasserstoff und
dampfte die vom Schwefelblei abfiltrirte Flüssigkeit ein; sie
setzte bei hinlänglicher Concentration Krystallnadeln ab, deren
Verbrennung immer einen für die Gallussäure um mehrere
Frocente zu hohen Kohlenstoffgehalt gaben, welche Differenz
von beigemengter Oxysalicylsäure, vielleicht auch etwas Pyro-
gallussäure, herrührte. Nach wiederholtem Umkrystallisiren
erhielt ich eine geringe Menge einer Substanz, welche Eisen-
chlorid schwarzblau färbte, salpetersaures SUber nicht in der
Kälte, wohl aber beim Erwärmen reducirte und von concen-
trirter Schwefelsäure roth gefärbt wurde. 0,1529 Grm. der-
selben bei 100^ getrocknet und im Sauerstoffstrom mit Kupfer-
oxyd verbrannt gaben 0,269 Grm. Kohlensäure und 0,051 Grm.
Wasser, oder 48 pC. Kohlenstoff und 3,6 pC. Wasserstoff.
Die Formel der Gallussäure verlangt 49,4 pC. Kohlenstoff und
3,5 pG. Wasserstoff. Der Kohlenstoff ist also um 1,4 pC. zu
gering gefunden, welche Differenz vielleicht durch die sehr
geringe Menge der zur Analyse verwendeten Substanz ver-
ursacht ist.
Wenn schon die Uebereinstimmung dieser Zahlen mit
der procentischen Zusammensetzung der Gallussäure nicht sehr
gut ist, so bin ich doch davon abgestanden, neue Mengen
dieses im absolut reinen Zustande so schwer darstellbaren
Productes zum Zweck d€fr Analyse zu bereiten, um so mehr,
als nicht blofs die Eisenreaction und das sonstige Verhalten
derselben, sondern auch die ganz analoge Bildungsweise der
der Gallussäure so ähnlichen Oxysalicylsäure gar nicht be-
zweifeln läfst, dafs die aus der Dijodsalioylsäure durch Ein-
der Salicyhäuren, 321
Wirkung der Alkalien dargestellte Säure identisch mit der
Gallussäure ist.
Vergleicht man die Oxysalicylsäure , Carbobydrochinon-
säure, Gallussäure, Pyrogallussäure und das Brenzcatechin^ so
erkennt man leicht schon aus dem ähnlichen Verhalten gegen
die verschiedenen Agentien, dafs sie einander nahe verwandt
sind. Alle diese Körper werden durch Eisenoxydsalze, indem
sie sie zu Oxydulsalzen reduciren, gefärbt. Diese Farben
gehen bei dem einen, wie bei dem andern auf Zusatz von
doppelt-kohlensaurem Natron, oder von Wei^isäure und Am-
moniak in Violett tiber; ein Violett, welches, wenn die
Reaction mit der nöthjgen Sorgfalt angestellt wird, im Farben-
ton bei den verschiedenen Körpern nicht im geringsten ver-
schieden ist. Dann zeichnen sie sich durch ihre aufserordent-
liche Empfindlichkeit gegen Alkalien und alkalische Erden
ai|s; die Verbindungen mit denselben werden bei Luftzutritt
sämmtlich zerstört, indem sie Sauerstoff aufnehmen und sich
braun färben; vorzüglich tritt dieses bei dem Brenzcatechin
und der Pyrogallussäure hervor. Ebenso zeigen sie die gröfste
Uebereinstimmung in ihrem Verhalten gegen salpetersaures
Silberoxyd 9 welches die primären Säuren nur in der Wärme
reduciren, während die Spaltungsproducte mit der gröfsten
Leichtigkeit schon in der Kälte die Beduction bewirken.
Sollte man dahin gelangen, zu erkennen, dafs die Mono-
oxysalicylsäure und Carbohydrochinonsäure Modificationen ein-
und desselben Körpers sind, so würde dadurch die Ver-
muthung, dafs die, Salicylsäure mit ihren Derivaten zur China-
säure in nächster Beziehung stehe , eine kräftige Stütze ge-
winnen; eine Vermuthung, für welche besonders das gleiche
Verhalten der Oxysalicylsäure und Chinasäure beim Erhitzen
spricht, wodurch beide Brenzcatechin und Hydrochinon geben.
Anna], d. Chemie a. Pluunn. CXX. Bd. S. H^ft. 21
322 CaventoUf über d. Bromsuhstttuttonaproducte d.Bromäihyls
Jedenfalls deuten diese Thatsachen darauf hin, dafs alle diese
Körper ein gemeinschaftliches Badical, das Pbenylradical,
enthalten.
Ueber die Bromsubstitutionsproducte des Bromäthyls
und die Umwandlung des Alkohols zu Glycol;
von E. C(went(m*').
Man kennt durch Regn^ult's schöne Untersuchungen
die Beziehungen der Isomerie, welche zwischen den Chlor-
substitutionsproducten des Chloräthyls einerseits und dem
Chloräthylen und seinen Chlorsubstitutionsproducten anderer-
seits statthaben. Man weifs attfserdem durch Beilstein's
Untersuchungen, dafs das durch Substitution aus Aldehyd er-
haltene Chloräthyliden mit dem gechlorten Chloräthyl identisch
ist. Weniger ist über die Beziehungen bekannt, in welchen
die entsprechenden Bromverbindungen zu einandeir stehen.
Die über diesen Gegenstand von mir ausgeführten Unter-
suchungen haben 'zu Resultaten geführt, welche mir für die
Betrachtung der isomeren Substanzen im Allgemeinen beachtens*
werth scheinen.
Ich habe die Bromsubstitutiortsproducte des Bromäthyls
durch Erhitzen des letzteren mit Brom in zugeschmolzenen
Röhren auf etwa 170^ nach dem von Hof mann angegebenen
Verfahren dargestellt. Durch wiederholte fractionirte Destil-
lation des Products liefsen sich zwei bestimmte Verbindungen
isoliren. Das erste siedet bei 110 bis 112®, hat bei 0® das
spec. Gew. 2,135; es ist einfach-gebromtes Bromäthyl (€sH4Br)Br
und mit dem Bromäthylen isomer. Das zweite siedet bei 187^,
I
^) Compt. rend. LH, ISSO.
und die UmwamUtmg des Alkohols zu Olycol. 323
hat bei 0^ das spec. Gew. 2,659; es ist zweifach-gebromtes
Brotnäthyi (€2H8Br2)Br und merkwürdiger Weise mit dem
von Wurtz*} beschriebenen einfacb-gebromten Bromäthylen
identisch. Der Siedepunkt der letzteren Substanz ist nämlich
auch 187^ das spec. Gew. wurde = 2,620 bei 23^ gefunden.
Es gehl hieraus hervor, dafs bei den Bromverbindungen
nur für das Glied ^sH^Br^ Isomerie, für das folgende Glied
GaHsBrs aber Identität stattfindet.
Aber noch in einer anderen Beziehung scheinen sich die
Bromverbindungen anders zu verhalten wie die Chlorverbin-
dungen. Das gebromte Bromäthyl (€2H46r)Br ist mit dem
Bromäthyliden nicht identisch. Letzteres bildet sich bekannt-
lich durch die Einwirkung von Phosphorsuperbromid auf Aldehyd.
Ungleich den mit ihm isomeren Substanzen, dem einfach-ge-
bromten Bromäthyl und dem Bromätbylen, läfst es sich nicht
unzersetzt verflüchtigen. Ich fand diese schon von Wurtz
erwähnte Thatsache bestätigt und zweifle nicht daran, dafs
die eben genannten drei Körper unter einander wirklich ver-
schieden sind.
Nachdem die Isomerie des einfach^gebromten Bromäthyls
und des Bromäthylens constatirt war, erschien es von Interesse,
beide Substanzen denselben Einwirkungen zu unterwerfen,
«m zu erfahren, welchen Einflufs die Molecularanordnung
auf den Erfcjg dieser Einwirkungen ausüben könne.
Bekanntlich giebt das Bromäthylen bei dem Erhitzen mit
einer alkoholischen Lösung von essigsaurem Kali Bromkalium
und essigsaures Aethylen (einfach-essigsauren Glycoläther);
leh habe das einfach-gebromte Bromäthyl derselben Ein-
wirkung unterworfen. Nach zweitägigem Erhitzen desselben
mit einer alkoholischen Lösung von essigsaurem Kali auf 140^
hatte sich firomkalium gebildet und aus der Flüssigkeit konnte
*) DiOAe Annalen CIV, 243.
21 *
324 O riefe ti. Martins^ Notiz über
ich eine gewisse Menge essigsaares Aethylen isoliren.
letztere gab durch Zersetzung mittelst Baryt Giycol, welches
nach Zusammensetzung und Eigenschaften mit dem gewöhn-
lichen Glycol identisch befunden wurde.
Dieses Resultat scheint mir in zweierlei Hinsicht beachtens-
werth zu sein. . Einmal thut es dar, dafs in diesem Falle die
Verschiedenheit der Molecularanordnung der beiden Brom-
verbindungen verschwindet vor der Energie der Eigenschaften
des Broms, nämlich der vorwaltenden Verwandtschaft des-
selben zu eiirem Metall. Zweitens zeigt dieses Resultat, wie
man durch eine Reihe regelmdfsiger Umwandlungen vom Alkohol
zum Glycol übergehen kann.
Diese Untersuchungen wurden in Wurtz' Laboratorium
und auf Dessen Anregung ausgeführt.
Notiz über Aethylenplatinchlorid ;
von Peter Griefs und Dr. C. A. Martins.
Schon vor ungefähr 30 Jahren hat Zeise bei der Ein-
wirkung von Platinohlorid auf Alkohol einen Körper erhalten,
den er nach der Formel C4H4Pt2Cls zusammengesetzt be-
trachtete. Er hat diese Formel durch die Analyse von Doppel-
verbindungen, welche derselbe mit einigen Chlormetallen
bildet, controlirt. Die Chlorkaliumverbindung hat nach ihm
die Zusammensetzung : C^H^PlsClg, KaCI. Aiialog ist die
Chlorammoniumverbindung zusammengesetzt. Zeise hat ferner
noch die Beobachtung gemacht, dafs sein Platinkörper sich
auch direct mit Ammoniak verbindet, und zwar giebt er der
resultirenden Verbindung die Formel : CiHiPfsCIg, NHs.
Äeihylenplatinchlorid. ' 325
Gegen die Richtigkeit dieser Formeln hat L i e b i g , von
gewissen theoretischen Ansichten ausgehend, Einwendungen
gemacht. Die dadurch angeregte Debatte hat jedoch keines-
wegs über die Constitution dieser Verbindungen entschieden.
Wir haben versucht, durch die Darstellung und Analyse neuer
Doppelverbindungen Anhaltspunkte zu gewinnen, um besser
den Werth der über die Zusammensetzung der Zeise'schen
Verbindungen ausgesprochenen Ansichten würdigen zu können.
Zunächst haben wir- uns jedoch Aufklärung über die
Natur des Gases verschaffen wollen, welches unter mannig-
fachen Bedingungen. so leicht aus den Zeise'schen Körpern
gewonnen werden kann. Wir haben zu diesem Zwecke das
oben erwähnte Kalisalz bis gegen 200^ erhitzt und das sich
entbindende Gas in Bromwasser aufgefangen. Es wurde auf
diese Weise alsbald eine ölige Flüssigkeit erhalten, deren
Identität mit Bromäthylen sich mit Leichtigkeit nachweisen
liefs. Das Auftreten des Gases scheint nach folgender
Gleichung stattzuGnden :
CÄPtjjClg, Kaa = PtjCl, + KaCl + C4H4.
Die Bildung von ölbildendem Gas sowohl, als auch die
Analyse mehrerer von uns dargestellten Salze, sprechen mit
Bestimmtheit für die ursprünglich von Zeise für seine Ver-
bindungen entwickelten Formeln^ und widersprechen eben so
entschieden der von Liebig gemachten Annahme , dafs die
Gruppe C4H5O in ihnen enthalten sei.
Wir haben das Aethylenplatinchlorid ("welchen Namen wir
für die Zeise'sche Verbindung vorschlagen) sowohl mit ein-,
als auch mit zweiatomigen organischen Basen verbunden.
Ebenso haben wir Verbindungen desselben mit den Chloriden
dieser Basen dargestellt. Wir haben gefunden, dafs die so
gewonnenen Körper sich in zwei Reihen ordnen, welche sich
in vieler Beziehung mit gewissen Klassen von Verbindungen
vergleichen lassen , die das Platinchlorür mit Basen bildet.
326 Oriefa u. Martins^ Notiz über
Betrachtet man das Aethylenplatinchlorid als das Chlorid eines
einatomigen Radicals, nSmiich als : (ßS4F^%Ci)Cl ^ so stelll
sich in der That ein sehr einfaches Verhältnifs zwischen ge-
wissen Platinchlorür- und AethylenpIatinchioridTerbindongen
heraus.
PUtUnehhriiirterbindtmgen, AelkifUnplaimehloridDtrlfindumjien.
Ente Reibe*).
(Pt)Cl
(CAPt8Ci)Ci
H4NCI, PtCl
H^NCl, (CAPt|CI)Cl
^«g*}Nci, pta
^«^ NCl,(CAPt|Cl)Cl
^*g*|N8Cl„ 2PtCl
^Ä N^ci^^ 2(CAPt8C
Zweite Reihe.
^l NCl
(CAPtgCl) ^^*
H, iNCl
Pt j
{CAP*»C1)
(CA),)
H VNCI
(CA), 1
H iNa
Pt
7
(CAPt,ci)J
CA 1
CA )
2 (C APtgCl)
Die in dem vorstehenden Verzeichnifs aufgeführten Ver-
bindungen des Aethylenplatinchlorids mit Ammoniak und
Chlorammonium sind schon von Zeise beschrieben worden;
die übrigen haben wir sämmtlich. neu zugefügt. Ebenso ist
ein grofser Theil der verzeichneten Platinchlorürkörper von
uns neu dargestellt worden. Leider sind wir bis jetzt noch
nicht im Stande, uns mit aller Ausführlichkeit über diese,
zum Theil sehr schön krystallisirten Körper zu verbreiten. Es
möge jedoch schon hier die Erwähnung einer Beobachtung
Platz finden, welche dem im Obigen angedeuteten formellen
*) Wir haben es nicht för nöthig erachtet, diesen Formeln Namen
beizufügen, da die angezogenen Beispiele Wohlbekannten Körper-
' gmppen angehdren.
Aethylenplatinchlorid. 327
Zusammenhangf der Aethylenplatincblorid- und Platinchlortir-
verbindungen eine mehr thatsächliche Stütze zu geben scheint.
Wird nämlich der in Wasser sehr leicht lösliche, oben mit
der Formel : *^*g*|N2Cl2, 2 (C4H4Pt2Cl)Cl aufgeführte Körper
in wässeriger Lösung gekocht, so entweicht sofort viel Gas
und in demselben Augenblick scheiden sich schöne gelbe, in
Wasser schwerlösliche Blättchen aus, denen die Formel :
C4H4J
H4>N2Cl2 zukommt. Folgende Gleichung mag diese Um-
Setzung versinnlichen :
^*J|N,C1., 2(CAPt,Cl)Cl =
Salzsaures Aethylendiamin
mit Aethylenplatinchlorid
H^VNtCl, + 2 Ca" + 2HC1 + 2PtCl
Aethylendiplat-
ammo niumchlorür.
Am Schlüsse dieser Notiz möge noch die Bemerkung
Platz finden, dafs wahrscheinlich die von Böttger, Berthe-
lot u. A. beobachteten Verbindungen des Acetylengases mit
Kupferchlorür und anderen Metallsalzen sich dem Aethylen-
platinchlorid anreihen. Wir werden versuchen, ob sich
letzteres ebenfalls direct, durch Einwirkung von Piatinchlorür
auf Ölbildendes Gas, erhalten läfst.
Obige Beobachtungen wurden im Laboratorium des Royal
College of Chemistry zu London gesammelt.
328 Wurtz^ über eine Verbindung
Ueber eine Verbindung des Aldehyds mit
Aethylenoxyd ;
von A. Wurtz *).
Da das Aethylenoxyd sich direct mit Glycol zu Poly-
äthylenalkoholen vereinigt, wollte ich mich vergewissern, ob
das Aldehyd, welches mit dem Aethylenoxyd isomer ist und
sich wie dieses mit Säuren verbindet, sich auch mit Glycol
vereinigen läfst. Es würden sich dann Verbindungen bilden,
die mit den Polyäthylenalkoholen isomer wären. Diese Er-
wartung hat sich nicht bestätigt;* meine Versuche ergaben
das unerwartete Resultat, dafs das Aldehyd aus dem Glycol
Wasser austreten MsX und sich mit dem auf diesö Art ent-
stehenden Aethylenoxyd vereinigt.
Erhitzt man 8 Tage lang Aldehyd mit überschüssigem
Glycol im Wasserbad, so verschwindet die erstere Substanz
ohne dafs das Gemische sich bräunt. Unterwirft man das
Product der fractionirten Destillation, so geht unter 100^ eine
flüchtige Flüssigkeit, dann Wasser und zuletzt Glycol über.
Aber die Menge des letzten Körpers ist kleiner, als die
ursprünglich angewendete.
Man entwässert die zuerst übergegangene Flüssigkeit
mittelst kohlensauren Kali's und reinigt sie durch wiederholte
Rectification. Sie ist farblos, klar, von angenehmem, etwas
durchdringendem^ an den des Aldehyds erinnerndem Geruch.
Das spec. Gew. ist bei 0^'= 1,0002. Der Siedepunkt liegt
bei 82^,5, bei 16bß^^ Barometerstand. Die Zusammensetzung
entspricht der Formel €iH802> welche in der Bestimmung
der Dampfdichte Bestätigung fand. Der Versuch ergab die
letztere = 3,103, während sie sich = 3,047 berechnet
^) Compt rend. LIII, 378.
des Aldehyds mit Aethylenoxyd, 329
Man sieht, dafs der neue Körper zweifach-condensirtes
Aethylenoxyd oder Aldehyd darstellt. Seiner Bildungsweise
nach kann man ihn als eine Verbindung dieser beiden Sub-
stanzen betrachten 9 welche Verbindang entstanden wdre ge-
mäfs der Gleichung :
Glycol Aldehyd Neue Verbindung.
Wenn das Aldehyd Aethylidenoxyd ist, so ist die neue
Verbindung ein gemischtes Oxyd, Aethylen-Aelhyüden-Oxyd.
Sie ist löslich in ihrem IVs fachen Volum Wasser, wird aber
durch Chlorcaicium und Kali wieder aus dieser Lösung aus-
geschieden. Durch Salpetersäure wird sie lebhaft angegriffen;
es bilden sich unter anderen Producten Glycolsäure und
Oxalsäure. Durch Aetzkali wird sie nicht verändert. Sie
reducirt bei 100^, aber langsam und unvollständig, die am-
moniakalischc Lösung des salpetersauren Silbers.
Erhitzt man dieses gemischte Oxyd mit Essigsäure auf
140^, so bildet sich zweifach - essigsaurer Glycoläther. Es
liefs sich eine beträchtliche Menge des letzteren Körpers
isoliren, welcher bei 187^ siedete und aus welchem durch
Behandlung mit Barythydrat Glycol dargestellt wurde. Aber
aufser dem zweifach -essigsauren Glycoläther bildet sich bei
dieser Reaction noch eine viel flüchtigere Flüssigkeit, deren
äufserst scharfer Geschmack an den von Bau er 's Acraldehyd
erinnert.
Ich habe diesen Angaben noch hinzuzufügen, dafs das
Aethylenoxyd und das Aldehyd bei mehrtägigem Erhitzen im
Wasserbade sich nicht mit einander vereinigen. Das Aldehyd
verharzt unter diesen Umständen, wie es diefs bei der Ein-
wirkun|f von Aetzkali thut. Das Aethylenoxyd bleibt unver-
ändert, und man findet es seiner ganzen Menge nach wieder,
wenn das Aldehyd vollständig verschwunden ist.
330 Hübner, über einige ZerseisBimgen
Ueber einige Zersetzungen des Acetylchlorids ;
von H. Hübner.
(Am 8. August 1861 4er belgiseben Academie sn BrfllMMl mitgeüieüt.)
i. JEXnmrkunff van Phosphorchlorid. — Die groÜBe
Leichtigkeit, mit welcher das Phosphorchlorid Chlor gegen
Sauerstoff austauscht, macht es natüriich zu einem geeigneten
Mittel, sauerstoffhaltige Chloride in sauerstofiTreie überzufuhren.
Bekanntlich wurde es auch zu diesem^Zwecke angewandt ^^^
und es^ gelang so , aus dem Benzoylchlorid die Verbindung
GtHsCIs darzustellen. Dagegen setzen sich der Bereitung
der entsprechenden Verbindung aus Acetylchlorid und Pünf-
fach-Chlorphosphor Schwierigkeiten entgegen, deren Grund
in der Mannigfaltigkeit der hierbei eintretenden Zersetzungen
zu suchen ist. Im letzten Falle wird nämlich der gröfsle
Theil des Phosphorchlorids zur Bildung von Phosphorchlorür,
Salzsäure und gechlorten Acetylchloriden verwandt, wie sich
diefs aus der folgenden Mittheilung ergeben soll.
Schliefst man Acetylchlorid und Fünffach-Chlorphosphor
in eine Glasröhre ein und erhitzt längere Zeit auf 100^ oder
wenige Minuten auf 190^, so erfolgt eine Einwirkung, nach
deren Beendigung nur noch Flüssigkeit im abgekühlten Rohr
vorhanden ist. Beim Oeffnen desselben entweicht ein Strom
von Salzsäure, und aus dem zurückbleibenden Flüssigkeitsge-
misch können dann durch Destillation folgende Bestandtheite
abgesondert werden.
Zuerst geht als hauptsächlichster Antheil des Gemisches
bei 78^ siedendes Phosphorchlorür über, welches daran er-
kannt wurde, dafs es mit Wasser in Salzsäure und phos-
*) Schischkoff u. Bosing, Compt, rend. XLYI , 865 u. F. Beil-
stein, diese Annalen CZVI» 355.
des Acefyhhhrida, 331
phofige Säure zerfiel. Die entstandene pbosphorigfe Säure
liefs sich leicht nachweisen durch die Eigenschaften , aus
Sublimailösung Calornel zu fällen und beim Eindampfen Phos*
phorwffsserstoff zu entwickeln.
Nachdem alles Pbosphorchlortir und etwas Phosphoroxy-
Chlorid übergegangen war , stieg der Siedepunkt langsam
weiter auf il8<^ und blieb dann einige Zeit stetig. Die bei
diesem Wärmegrad tibergegangene Fiüssigkeitsmenge erwies
sich als Tricbloracetylchlond , da sie mit starkem Weingeist
behandelt den in Wasser unK^lichen Trichloressigäther bildete,
der bei der Verbrennung und Chlorbestimmung folgende
Zahlen gab :
0,2280 Gnu. Sabstanz gaben 0,0578 H,0 und 0,2046 0^,.
0,2466 Grm. Sabstanz gaben 0,5585 AgCl.
berechnet
geftinden
^4
48
25,06
25,04
H5
5
2,61
2,82
eis
106,5
55,61
56,04
0«
32
_
- 1 ,
Auf das Trichloracetylchlorid folgte bei der Destillation
eine sehr geringe Menge eines in Wasser unlöslichen, stark
riechenden und die Augen angreifenden Oels, aus welchem
sich in der kalten Vorlage Krystalle absetzten. Ein Versuch,
das Oel durch Destillation von den Krystallen zu trennen,
mifslangy da die Krystalle den Siedepunkt erhöhten und mit
übergingen. Dagegen wurde durch Zufall ein Tropfen dieses
Oels erhalten , der keine Krystalle absetzte und nur bei 60^
zu sieden schien. Dieser gab zu einer Chlorbestimmung ver-
wandt folgende Werthe :
0,1987 Qrm. Sabstanz gaben 0,6808 Grm. AgCl,
d. b. 80,5 pC. Ol; eine Formel GjiHsCl, verlangt 79,77 pG. Ol.
Zuletzt blieb im Destillirgefüfs noch eine geringe Menge
einer krystallinischen , in Wasser unlöslichen Verbindung
zurück, welche, nachdem sie zweimal aus Aether umkrystallisirt
332 Hühner^ über einige Zersetzungen
worden war, weibe federförmige Krystalle bfldete, die einen
schwachen Gemch beaarsen and bei 180 bis 181^ schmoken
und kochten und sich bei sehr geringer Wärme TerflQchtigteii.
Die Menge dieser Verbindung reichte nur su einer Chlorbe-
stinunung aus, welche auf folgende Zusammensetzung hinweist :
0,2435 Gnn. Bnbstans gaben 0,8600 AgOl, -
d. h. 87,35 pC. OL Die YerbiBdiing ejäGl^ Terlaogt 87,65 pC. GL
Aus diesem Versuch geht demnach hervor, dafs bei der
Einwirkung von Phosphorchlorid auf Acetylchlorid hauptsäch-
lich folgende Verbindungen entstehen :
€,HsC10Cl; G^C\^QCi; G,G1,^C1*);
aber wahrscheinlich auch :
Da nun in den meisten dieser Verbindungen mittelst
Phosphorchlorid Wasserstoff durch Chlor ersetzt ist, so lag
es nahe, eine gleiche Einwirkung des Phosphorchlorids bei
sauerstofffreien Verbindungen vorauszusetzen. Der Versuch
hat nun auch in einigen Fällen diese Voraussetzung bestätigt.
So gaben 6 Grm. Elaylchlorür mit der zur Bildung von ^tHsCI^
nöthigen Menge PCIs nach dem Erhitzen auf 150^ neben
Salzsäure das erwähnte Chlorid, freilich etwas verunreinigt
durch chlorreichere Verbindungen, wie folgende Analyse zeigt :
0,2582 Grm. Substanz gaben 0,0563 H,0 and 0,1654 OO,.
0,2121 Grm. Substanz gaben 0,6842 AgCl.
berechnet gefanden
d. h. G, 24 ~ ^17,97 17,47
H, 8 2,24 2,42
Ca, 106,5 79,77 80,12
Dieses Trichlorid unterscheidet sich wesentlich durch den
Geruch von dem gleich zusammengesetzten aus Acetylchlorid.
Um noch einige Fälle zu nennen^ wo das Phosphorchlorid
*) Chloral konnte unter diesen Verbindungen nicht nachgewiesen
werden.
des Acdylchhrids. 333
Wasserstoff durch Chlor ersetzt, mafs erstens angeführt wer-
den, dafs auch Jodäthyl mit Fünffacb-Chlorphosphor erhitzt
Salzsäure entwickelt und eine rothe krystallinische Jod- und
Phosphor- Verbindung abscheidet; es wird diese Zersetzung
noch genauer untersucht werden.
Zweitens aber will ich besonders darauf hinweisen, dafs
derartige Zersetzungen des Phosphorchlorids schon früher
mitgetheilt worden sind; z. B. machte es Kekule"^) wahr-
scheinlich, dafs einfach-gechlortes Benzoylcblorid mit Phos-
phorchlorid behandelt in zweifach-gechlortes Benzoylcblorid
übergeht. Wurtz"^*) stellte mit Phosphorchlorid aus ^xo^%%
€ioH8oCl2 u. GioHisCU dar. Und ferner hat Henke '^'^'^) das
Phosphorchlorid bei Einwirkung von Acetamid und Butyramid
in Phosphorchlorür umgewandelt.
Die Darstellung von Elaylehlorid , unter gleichzeitiger
Bildung von Phosphorchlorür, durch Einleiten von Leuchtgas
in Phosphorchloriddampf, in der Art, wie Guthrie f) Amy-
lenchlorid dargestellt hat, ist mir nicht gelungen«
Fafst man nun die Wirkungsweise des Phosphorchlorids
auf Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoff- Verbindungen
zusammen , so findet man , dafs es entweder 1 Atom Sauer-
stoff gegen 2 Atome Chlor eintauscht, oder zweitens OH durch
t Atom Chlor unter Salzsäurebildung ersetzt; diefs geschieht
wahrscheinlich dann, wenn Sauerstoff und Wasserstoff in
enger Verbindung stehen. Auch in diesem zweiten Falle
geht Phosphorchlorid in Phosphorox^chlorid über. Drittens aber,
wenn der Sauerstoff gleichsam sehr fest gebalten wird (wenn
er im Radical stehtj, wird in der sauerstoffhaltigen Verbin-
*) Kekul^, diese Annalen GXVlI, 150.
**) Wurtz, daselbst XCVI, 368.
**^ Henke, daselbst CVI, 272.
t) Guthrie, Joiumal of the Ohemical Sooiety, YoL XIV, 137.
334 Hühner y über einige Zersetzungen
dong Wasserstoff durch CMor ersetzt und es bildet sich Salz-
säure und Phosphorchlorür. Diese letzte Art von Zersetzung
tritt auch bei Einwirkung des Phosphorchlorids auf sauer-
stofilreie Verbindungen ein , da hier gar kein Sauerstoff von
Phosphorchlorür angezogen werden kann.
2. Einwirkung von Cyansilber. — Bei j^er auffallenden
Gleichartigkeit der meisten Benzoyl- und Acetylverbindungen
konnte man, seit Wo hl er und Liebig*) in ihrer grofsen
Arbeit über Bittermandelöl das Benzoylcyanür beschrieben
hatten, das Bestehen eines Acetylcyanürs fast sicher voraus-
sagen» Der folgende Versuch bat diese Erwartung bestätigt
Bringt man Ag€N und Acetylchlorid in der Kälte zusam-
men, so tritt augenblicklich keine Einwirkung ein; man hat
Zeit, diese beiden Stoffe in ein Glasrohr elnzuschliefsen , um
sie zur raschen Einleitung und Vollendung ihrer Umsetzung
1 bis 2 Stunden auf iOO^ erhitzen zu können. Bei nach-
herigem Oeffnen der Röhre bemerkt man einen sehr geringen
Druck und einen blausaure- und acetamidartigen Geruch.
Vereinigt man die Röhre mit einem Kühler und erhitzt sie,
so geht zuerst eine zwischen 80 und 90^ siedende farblose
Flüssigkeit über, darauf bei gesteigerter Hitze eine geringe
Menge einer sehr viel höher siedenden Verbindung. Die
zwischen 80 und 90^ übergegangene Flüssigkeit zeigte bei
wiederholter Destillation, durch welche sie von etwas Blau-
säure befreit wurde, einen sehr stetigen Siedepunkt von 93^
Ihre Analyse gab folgende Werthe :
I. 0,2675 Grm. Substanz gaben 0,1182 H,^ und 0,5142 OOg.
II. 0,1421 Grm. Substanz gaben 0,0654 HgO und 0,2699 OO«.
0,1949 Grm. Substanz gaben 0,6236 H4NClPtCl« = 0,2753 Pt
0,1867 Grm. Substanz gaben 0,8444 AgON.
tl
*) WShler n. Liebig, diese Annalen III, 267.
des Acetylchlorids. 335
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23,17
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N
14
20,29
20,14 —
19,34 (als AgGN).
Die Cyanbestimmung wurde durch Zersetzung des Cyan-
acetyls mit salpetersaurem Silber in einer zugeschmolzenen
Röhre ausgerührt. — Das Cyanacetyl besitzt folgende Eigen-
schaften : Es siedet also bei 93^ ist leichter als Wasser und
löst sich nach und nach wie Chloracetyl darin auf, und zwar
unter Bildung von Blausäure und Essigsäure, da man mit
seiner wässerigen Lösung einerseits Berlinerblau und die
rothe Färbung mit Schwefelammonium und Eisenchlorid,
andererseits mit Schwefelsäure und Weingeist einen sehr
starken Geruch nach Essigäther erzeugen kann. Die Ver-
bindung riecht natürlich nach Blausäure und Essigsäure; an
der Luft verwandelt sie sich in Krystalle, die in Wasser lös-
lich sind. Beim Stehen in Gläsern, die mit Glasstopfen ver-
schlossen sind, bleibt sie lange klar und unverändert. In
mit K^rk v^ichlossenen Gefäfsen aufbewahrt oder mit festem
Kalihydrat oder Natrium behandelt, geht sie in ein in Wasser
unlösliches Oel über. Das Kali wirkt erst beim Schütteln
ein, aber dann unter starker Erhitzung, so dafs man gut
kühlen mufs, um nicht alles Acetylcyanür zu verdampfen.
Dieses in Wasser unlösliche Oel, welches auch die letz-
ten Tropfen des Destillats bei der Darstellung des Cyanacetyls
bildet, mit Wasser gewaschen, gesteht zu einer strahlig-kry-
stallinischen Masse, besonders bei der Berührung mit einem
spitzen Gegenstand. Merkwürdiger Weise führt die Verbreti-
nung und Stickstoffbestimmung dieser Krystalle zu derselben
Zusammensetzung, die das flüssige Cyanacetyl besitzt
336 Church, vorläufige Notiz über eine neue,
0,2189 Grm. Substanz gaben 0,6954 H^NCl.PtCli u. 0,3070 Pt.
I. 0,1020 Orm. Substanz gaben 0,0496 Hg^ u. 0,1945 OO«.
II. 0,2654 Onn. Substanz gaben 0,1110 HgO n. 0,5075 OO,.
berechnet gefunden
'^ ' l. Ib
Os 36 52,18 52,00 52,15
H, 3 4,30 5,40 4,64
^ 16 23,17 — —
N 14 20,29 19,89 —
Diese feste Verbindung schmilzt bei 69^ und siedet bei
170^ und kann bei geringer Wärme lange flüssig bleiben,
nach und nach krystalllsirt sie dann in sehr grofsen Tafeln
aus. Sie ist löslich in Weingeist, Aether, englischer Schwefel-
säure, starker Essigsäure und starkem Ammoniak« Mit Kali-
lauge gekocht entwickelt sie Ammoniak.
Ueber den Grund' der Verschiedenheit der hier be-
schriebenen gleich zusammengesetzten Cyanverbindungen hoffe
ich später einige Mittheilungen machen zu können.
Gent, Laboratorium des Prof. Kekulö.
Vorläufige Notiz über eine neue, mit der Benzoe-
säure homologe Säure;
von A. H. CAfircÄ.*)
Versuche sind angestellt worden, die Oxydation des
Benzols mittelst einer Mischung aus zweifach-chromsaurem
Kali und Schwefelsäure zu bewirken; es fand sich jedoch,
dafs der Kohlenwasserstoff unangegriff^n blieb. Nicht so ver-
halten sich die anderen Glieder derselben Reihe, da Toluol
und Cumol Benzoc^säure und Gymol eine Säure ^ von ganz
*) Quarterly Joiumal of the Chemical Society XIV, 52.
> mit der Benzo'Ssäure homologe Säure. 337
anderen Eigenschaften und anderer Constitution liefern. Es
ist mir gelungen, aus Benzol einen anscheinend neuen. sauer*
Stoffhaitigen Körper hervorzubringen, welcher alle die Eigen-
schaften zeigt, die für eine d^r Benzoäsäure homologe, GH«
weniger Enthaltende Säure zu erwarten sind. Eine Unter-
stützung dieser Vermutbung ergab das Resultat eines Ver«-
suchs, in welchem aus Nitrobenzol eine Säure erhailten wurde,
die anscheinend zu der ersterwähnten neuen Säure in der-
selben Beziehung steht, wie Nitrobenzol zu BenzoL
Folgendes war das für die Darstellung der neuen Säuren
eingehaltene Verfahren. Reines Benzol wurde in • schwach
überschüssiger Nordhauser Schwefelsäure gelöst und die
Mischung während einiger Zeit auf 100^ erhitzt. Sie wurde
dann mit etwa dem gleichen Volum Wasser vermischt und
in eine Retorte gebracht. Kleine Stücke zweifach-chrom-
saures Kali wurden nun der Flüssigkeit allmälig zugesetzt,
deren Temperatur langsam erhöht wurde. Die Säure fand
sich theilweise auf dem wässerigen Destillat schwimmend,
theilweise in demselben gelöst. Grofse Vorsicht mufs an-
gewendet werden, dafs nicht die Oxydation allzu rasch vor
sich und das Product verloren gehe. Die Säure ist ein
weifser schmelzbarer krystallinischer Körper, verschieden durch
gröfsere Löslichkeit in heifsem Wasser von d^r Collinsäure ^^3, .
welcher dieselbe Formel beigelegt worden ist. > Nach den
Analysen kommt der Säure die Formel ^eH^O«) den Salzen
die Formel ^eHsMOg zu»
Die Thatsache, dafs durch trockene Destillation von sulfo-
benzolsaurem Ammoniak ^eHs . NH« . SO3 wieder jBenzol in
grofser Menge erhalten wird, liefs es mich als wahrscheinlich
betrachten, dafs die Säure selbst bei Behandlung mit einem
oxydirenden Agens die Producte liefern möge, welche als
*) Vgl. 8. 842. D. Ä.
Annal. d. Cbem. n. Pharm. OXX. Bd. 3. Heft. 22
338 Churchy vorläufige Notiz über eine neue^ u.s.to,
Oxydutionsproducte des ursprünglicben Benzols zu erwarten
wären.
Wenn Sulfotoluolsäure und Salfocumolsäure in ähnlicher
Weise behandelt werden^ so ist Benzoesäure das entsprechende
Product; aus Sulfocymolsäure wird ein weifses Pulver er-
halten, welches mit Hofmann's Insolinsäure identisch zu
sein scheint
Nitrobenzol wird nur äuFserst schwierig durch die Mischung
von saurem chromsaurem Kali und Schwefelsäure angegriffen.
Bei längerem Kochen wird es indessen doch zuletzt zu einer
weifsen Säure umgewandelt , die aus siedendem Wasser in
grorsen perlmuttergläneenden Tafeln krystallisirt. Nach meinen
Analysen kommt dieser Säure die Formel €$Hs(NOt)Os» ihren
Salzen die Formel €6H8(N02)HOii zu.
Nitrotoluol und Nitrocuiiiol werden unter ähnlichen Um-
ständen leichter oxydirt, unter reichlicher Bildung von Nitro-
benzoesäure. Dieses ist auch der Fall mit Nitrosulfotoluol-
säure evHeCNOt) • H . &O9.
Die Säure aus Nitrobenzoi erhielt ich im Juni 1860. In
den Coroptes rendus vom 21. Januar 1861 kündigen Cloez
und Guign et an, dafs sie durch Oxydation des Nitrobenzols
mittelst übermangansauren Kali's oder einer Mischung von
saurem cbromsai)rma Kali und Salpetersäure eine neue Store
erhalten haben, weicher sie die Formel GsHtCNOs^Os bei-
legen. Aber es läfst sich nicht leicht einsehen, wie eine
solche Verbindung aus dem nur €6 enthaltenden Nitrobenzoi
abzuleiten wäre. In der That sind auch die ebeti genannten
Chemiker in keiner Weise gewifs , dafs das von ihnen ange-
wendete Nitrobenzoi rein war, und sie gehen selbst so weit,
es als möglich zu betrachten, dafs die von ihnen beschriebene
Säure sich aus einer Verunreinigung des käuflichen Nitro-
benzols, mit welchem sie arbeiteten, gebildet habe.
\
339
Vorläufige Notiz über einige Produclfe der Einwirkung
yerdfinnler Salpetersäure auf einige Kohlenwasserstoffe
der Benzolreihe;
von Warren de la Rue und Hugo MuUer.^')
Vor einigen Jahren, als wir mit der Untersuchung des
Erdöls von Burmah and der bei Einwirkung von Salpeter-
säure auf die daraus erhaltenen Kohlenwasserstoffe entstehen-
den Producte beschäftigt waren , wurde unsere Aufmerksam-
keit auf ähnliche, mehrere Jahre früher durch Laurent an-
gestellte Versuche gerichtet, welcher unter den Producten
der Einwirkung von Salpetersäure auf Steinkohlentheer-
Naphta und auf die durch Destillation von bituminösen Schiefern
erhaltene Naphta eine neue, als Ampelinsäure bezeichnete
Säure entdeckt hatte, die mit der Zusammensetzung GtH^Os
der Salicylsäure isomer wäre. Da wir die Ampelinsäure nicht
unter den Producten finden konnten, welche bei der Ein-
wirkung von Salpetersäure auf das Erdöl von Burmah ent-
stehen, so wiederholten wir Laurent's Versuche mit Stein-
kohlentheer-Naphta , doch mit nicht besserem Erfolg; wir
konnten keine Substanz auffinden, welche der von ihm Tür
Ampelinsäure gegebenen Beschreibung entsprochen hätte.
Diese Versuche mit Steinkohlentheer-Naphta , gerade da sie
in Beziehung auf Ampelinsäure ein negatives Resultat er-
gaben, beschäftigten unsere Aufmerksamkeit während einiger
Zeit, da wir begierig waren, die etwas complicirte Natur der
bei lange andauernder Einwirkung von Salpetersäure auf
diese eigenthümliche Klasse von Kohlenwasserstoffen ent-
stehenden Producte genauer zu erkennen. Die zu den Ver-
*) Qoarterly Journal of the Ghemioal Sodety XIV, 64.
22*
^ ^
340 Warren de la Rue u. Müller y Einw. verdünnter
suchen angewendete Steinkohlentheer-Naphta bestand haupt-
sächlich aus Toluol, Xylol und Pseudocumol.
Indem wir die Einzelnheiten unserer Untersuchung einer
späteren Mittheilung vorbehalten, wollen wir jetzt nur ein-
fach angeben, dafs es uns endlich gelang, vier verschiedene
Säuren aus der aromatischen Reihe zu erhalten. Das einigen
derselben zukommende Interesse mag es entschuldigen, dafs
wir unsere Resultate in einer noch etwas unvollständigen
Form mittheilen, wo2u uns besonders noch der Umstand
veranlafst, dafs, wie wir zu wissen glauben, auch andere
Chemiker diesem Gegenstand ihre Aufmerksamkeit zugewendet
haben. Die Darstellung und Scheidung der hier in Betracht
kommenden Substanzen ist sehr zeitraubend, und die Ver-
vollständigung unserer Untersuchungen kann sich somit noch
etwas verzögern.
Bei unseren Versuchen destillirten wir in einer geräumigen
Retorte Steinkohlentheer-Naphta mit dem etwa 15fachen Volum
verdünnter Salpetersäure (1 Vol. käuflicher Säure auf 3 Vol.
Wasser enthaltend). Die Einwirkung der Säure geht nur
sehr langsam vor sich ; aber nach einigen Tagen werden die
Kohlenwasserstoffe zu einer schweren Flüssigkeit, welche sich
allmälig zu einer gelblich-weifsen flockigen Substanz um-
wandelt, die theilweise in der Säure suspendirt und theilweise
in ihr aufgelöst ist. Ist keine weitere Aenderung mehr be-
merkbar, so läfst man die Retorte erkalten. Die resultirende
gelblich- weifse Substanz wird durch Abflltriren von der sauren
Flüssigkeit getrennt und mit einer grofsen Menge siedenden
Wassers behandelt, welches den gröfseren Theil auflöst und
einige halbflüssige Nitroverbindungen nebst einigen anderen
Substanzen ungelöst läfst. Beim Abkühlen der wässerigen
Lösung scheidet sich die darin enthaltene weifse Substanz
aus. Um die noch anhängenden Nitroverbindungen und ni-
trirten Säuren zu beseitigen, wird die weifse Substanz in
Salpetersäure auf Kohlenwasserstoffe der Benzolreihe. 341
Ammciniak gelöst, die Lösung mit Schwefelammonium versetzt
und gekocht, bis die Nitroverbindungen zu Amidverbindungen
umgewandelt sind. Der resultirenden tief-rothen Flüssigkeit
werden dann einige wenige Tropfen Salzsäure zugesetzt*, wo
sich die Amidverbindungen als ein. brauner Niederschlag ab«
scheiden^ der durch Abfiltriren beseitigt werden kann. Das
Piltrat wird dann mittelst weiter zugesetzter Salzsäure voll-
ständig gefällt, der aus mehreren Säuren bestehende Nieder-
schlag abfiltrirt und wiederum mit einer grofsen Menge
siedenden Wassers behandelt, welches eine unlösliche Säure
zurückläfst. Die beim Abkühlen der so erhaltenen Lösung'
sich aasscheidende Säure wird abfiltrirt und getrocknet.
Nach vorherigem Schmelzen wird sie in eine kleine Retorte
gebracht und sorgfältig geleiteter Destillation unterworfen.
Zuerst geht eine farblose Flüssigkeit über, welche bald in
dem Hals der Retorte ,zu einer der Palmitinsäure ähnlichen
Hasse erstarrt. Nach einer gewissen Zeit kommt eine andere
Substanz zum Vorschein, die in der Wölbung der Retorte,
dicht über der siedenden Flüssigkeit, in langen Nadeln kry-
stallisirt. Man unterbricht in diesem Zeitpunkt die Destil-
lation, und nach dem Abkühlen wird die ersterwähnte Sub-
stanz aus dem Hals der Retorte durch gelindes Erwärmen
desselben herausgenommen. Bei nachheriger Fortsetzung der
Destillation geht nur sehr wenig in den Hals der Retorte
über; der Rückstand wird allmälig schwarz und fest, während
sich die obere Wölbung der Retorte mit schönen Krystallen
erfüllt. Wenn die Bildung der letzteren aufhört^ setzt man das
Erhitzen nicht .lärtger fort.
Die palmitinsäureartig aussehende Masse ist ein Gemisch
von zwei Säuren ; um diese von einander zu trennen , wird
die Masse gepulvert und mit dem bei etwa 90^ C. siedenden
Theil des gereinigten Erdöls von Burmah (vermuthlich Capryl-
wasserstoff GaHis) zusammengebracht. Dieser Kohlenwasser-
342 Warren de la Rue u. Müller, Einw, verdünräer
Stoff töst einen Theil jenes DesÜlIates auf, und läfst einen
anderen zurück. Aus der fiitrirten Lösung wird der Kohlen-
wasserstoff abdestillirt, wo ein flüssiger Rückstand in der
Retorte bleibt , welcher allmälig zu einer schönen krystalli-
niscfaen Hasse erstarrt. Diese krystallinische Substanz ist eine
Säure, die im Allgemeinen die Eigenschaften der Benzoesäure
besitzt. Eine Verbrennung^ ausgeführt mit einem von der
zweiten Säure nicht ganz freien Material (welche zweite
Säure wir erst später mittelst der, bei unseren ersten Ver-
suchen nicht angewendeten, Naphta aus Burmah-Erdöl be-
seitigen lernten), gab Zahlen, welche der Formel (^eHiO»}
der der Benzoesäure nächst niedriger homologen Säure sehr
nahe entsprachen. Diese neue Säure schmilzt bei etwa 60^ C,
bleibt indessen, namentlich wenn nicht ganz rein, manchmal
selbst bei gewöhnlicher Temperatur flüssig. Sie ist spec.
schwerer als Wasser und mischt sich nach allen Verhält-
nissen mit Alkohol; sie ist nur sehr wenig löslich in kaltem
Wasser, leichter in kochendem. Aus einer heifs gesättigten
Lösung scheidet sie sich bei dem Abkühlen derselben als
ein schweres Oel aus, welches manchmal sofort, manchmal
erst nach einiger Zeit erstarrt. Diese Säure ist selbst bei
gewöhnlicher Temperatur etwas flüchtig, denn sie überzieht
sich mit schönen Krystallisationen. Sie schmeckt sehr scharf.
Beim Kochen mit Wasser verflüchtigt sie sich in erheblicher
Menge. Sie kann für sich unzersetzt destillirt werden, und
bildet mit den Alkalien gut krystallisirende Salze. Aus dieser
Beschreibung geht hervor, dafs diese Säure grofse Aehnlich-
keit mit einer Säure hat, welche in neuester Zeit von F r ö hd e *}
beschrieben wurde , der - sie in kleiner Menge unter den
Oxydationsproducten des Leims und von Eiweifskörpern er-
hielt und sie als CoUmaüuare benannte« Die für beide Säuren
*) JoQTn. f. prM^ Chenoie JiXXX , 844 (1860). D. A.
Salpetersäure auf Kohlemoasserstqffe der Benzolreihe* 343
noch vorhandenen Verschiedenheiten werden wohl durch
weitere Untersuchungen beseitigt werden, denn Froh de
hatte nicht Material genug für die Verbrennung und seine
Säure war nicht ganz frei von Benzoesäure. Obgleich die
aus den Kohienwasserstoffen sich bildende Menge dieser
SHure nicht grofs ist, zweifeln wir doch nicht daran, dafs
diese Quelle das Material für eine vollständige Untersuchung
dieser höchst interessanten Saure liefern wird.
Die durch die Naphta aus Burmah-Erdöl (Caprylwasser-
stofF) ungelöst bleibende Säure hat die Zusammensetzung der
Benzoäsäure, aber sie ist in einigen Punkten von der wahren
Benzoesäure verschieden, namentlich darin, dafs ihr das grofse
Krystallisationsvermögen der letzteren abgeht. *) Es ist wohl
nicht unwahrscheinlich, dafs diese Säure mit der von Kolbe
und Lautemann vor Kurzem beschriebenen, mit der Benzoe-
säure isomeren SalyUäure identisch ist.
- Das oben erwähnte krystallinische Sublimat, welches sich
ah der oberen W^ölbung der Betorte absetzt, ist eine von
allen bekannten Säuren beträchtlich abweichende Säure. In
ihren chemischen Eigenschaften ist diese Säure der Terephtal-
säure sehr ähnlich, aber sie unterscheidet sich von der letzteren
Säure durch ihre Fähigkeit, beim Sublimiren grofse deutliche
Krystalle zu bilden. Die durch Sublimation erhaltene Kry*
stallisation bildet baumförmige Gruppen grofser prismatischer
Krystalle. Die von uns erhaltene Menge dieser Säure war
ungenügend für eine vollständigere Erforschung der chemischen
Natur derselben.
Die unlösliche Säure endlich, welche bei der Einwirkung
von kochendem Wasser auf das aus der ammoniakalischen
Lösung, nach der Behandlung mit Sohwefelammonium, durch
Salzsäure gefällte Säuregemische ungelöst bleibt, besteht hauptt-
*) Vgl. Fittig in diesen Ann. CXX, 223. ' D, IL
344 Field, über die Neuiralisaiion der Farbe
sflcblich aus Terephtalsäure (^HeO«). Die Terephtalsäore
läfst sieh nacii dem Trocknen zu der entsprechenden Chlor-
verbindung urnwandeln, welche beim Erwärmen mit Methyl-
alkohol terephtalsaures Methyl liefert» das sich durch Umkrystal-
lisiren aus Alkohol leicht reinigen läft und dessen Zersetzung
dann ein leichtes Mittel an die Hand giebi, die Terephtal-
säure im reinen Zustande darzustellen.
lieber die Neutralisation der Farbe bei der Mischung
gewisser Salzlösungen ;
von F. Field *).
Maumenö machte wohl zuerst darauf aufmerksam, dafs
bei dem Mischen der Löi^ngen von salpetersaurem Kobalt-
oxydul und salpetersaurem Nickeloxydul nach gewissen Ver-
hältnissen die grüne und die rothe Farbe der einzelnen Lö-
sungen sich gegenseitig auslöschen und die Flüssigkeit farblos
wird oder doch nur eine schwache neutrale Färbung zeigt.
Uebrigens mufs, seitdem die Oxyde von Nickel und Kobalt
auf nassem Wege aus der sogenannten Speise dargestellt
werden, wie diefs in Birmingham seit einer Reihe von Jahren
geschieht, diese Thatsache von den mit dieser Fabrikation
Beschäftigten wahrgenommen worden sein ; einem mit jener
Thatsache Unbekannten, welcher sich auch nur wenig mit
dieser Art chemischer Scheidungen beschäftigt hat, mnfs es
auffallen , dafs eine Lösung der Speise , obgleich sowohl an
Kobalt wie an Nickel sehr reich, fas4 farblos sein und weder
*) Philosoph. Magazme [4] XXI, 435.
^1 bei der Mischung gewisser ScUzldsungen. 345
die rothe Kobalt- noch die grüne Nickelf^rbe zeigen kann.
Liebig'*'} hat bezöglich der Wirkung dei^ Braunsteins als
EntfarbüngsmHtels des Glases die Ansicht ausgesprochen^
dafs diese Wirkung wohi nicht auf der Oxydation des Eisen-
oxyduls durch das Hanganhyperoxyd beruht, da weder sal-
petersaures Kali noch andere kräftige Oxydationsmittel den-
selben Effect hervorbringen , sondern darauf, dafs die dem
Ghs durch das Hangan mitgetheilte violette Färbung zu der
durch das Eisen hervorgebrachten grünen complementär ist,
und durch die Neutralisation beider Farben eine farblose
Masse entsteht. Ich glaube, dafs die Richtigkeit dieser An-
sicht unzweifelhaft ist; denn wenn Borax mittelst Eisenoxydul
gefärbt, das resultirende Glas in einem Platintiegel geschmol-
zen, und etwas von demselben, vorher mit Mangan gefärbten
Salze vorsichtig zugesetzt wird, so tritt ein Zeitpunkt ein,
in welchem die Mischung weder die eine noch die andere
Färbung zeigt und ein fast farbloses Glas erhalten wird.
Lieb ig erwähnt auch, dafs bei Zusatz einer schwach rosen-
roth gefärbten concentrirten Lösung von schwefelsaurem
Manganoxydul zu einer schwach grün gefärbten Ldsung von
schwefelsaurem Eisenoxydul eine ganz farblose Mischung er-
halten wird.
Ich habe einige Versuche über das Verhalten auch anderer
Lösungen und Verbindungen angestellt.
Bei allmäligem Zusatz von salpetersaurem Kobaltoxydul
zu einer kalten Lösung von zweifach-kohlensaurem Natron
wird eine schön ametbystfarbige , manchmal dem Violett in
der Farbe nahe kommende Flüssigkeit erhalten. Die Flüssig-
keit hat Nichts von dem reinen Rosenroth des salpetersauren
oder des schwefelsauren Manganoxyduls, sondern in die Zu-
sammensetzung ihrer Farbe gebt offenbar beträchtlich viel
*) Diese Annalen XC, 112.
^46 Fieldy über die Neutralisation der Farbe
Blau ein. Wird die so erhaltene Flüssigkeit in zwei gleiche
Theile gelheilt und dem einen derselben einige wenige
Tropfen von wässerigem unterchlorigsaurem Natron zugesetzt,
so geht die Farbe dieser Flüssigkeit in ein intensives Grün
über, das keine Spur von Blau aber einen schwachen Stich
ins Gelbe hat und der Farbe einer Lösung von Kupferchlorid
in starker Salzsäure sehr ähnlich ist. Wird nun die violette
(unverändert gebliebene) Flüssigkeit mit der grünen zusam-
mengegossen, so erhält man eine farblose Mischung, in viel-
leicht noch auffallenderer Weise als b^ei dem Znsammengiefsen
der Lösungen von Kobalt- und Nickelsalzen; das Blau in der
Farbe des zweifach -kohlensauren Kobaltoxyduls bildet mit
dem Gelb in der Farbe der durch den Zusatz von unteirchlo-
rigsaurem Natron hervorgebrachten höher oxydirten Verbin-
dung Grün, und letzteres, zusammen mit dem übrigen Grün
dieser Flüssigkeit, wird' durch das reine Rosenrotb vollständig
neutralisirt.
Eine verdünnte Lösung von schwefelsaurem Nickeloxydul
(Blafsgrün) löst krystallisirtes schwefelsaures Manganoxydul
(HeUroth); unter Bildung einer farblosen Flüssigkeit.
In der Farbe einer Lösung von übermangansaurem Kisili
sind offenbar Roth und Blau enthalten, durch deren Vereini-
gung das für die Lösung dieses Salzes so characteristische
Violett hervorgebracht wird. Wenn man einer Lösung von
schwefelsaurem Kupferoxyd etwas Chlofnatrium zusetzt, so
wird in Folge wechselseitiger Zersetzung Kupferchlorid ge-
bildet und die Flüssigkeit nimmt eine rein grüne Farbe an.
Fügt man dieser Flüssigkeit vorsichtig übermangansaures Kali
zu , so geht die Farbe in ein schönes reines Blau über ; das
Roth wird durch das Grün neutralisirt, und das Blau bleibt
allein sichtbar. Der Versuch läfst sich auch unter Anwen-
dung von Kupferchlorid an der Stelle des schwefelsauren
Kupferoxyds ausführen. Die Lösung des säurefreien Chlorids
bei der Mischung gewisser Seddösungen. 347
in Wasser bat eine biafsbläue Farbe, welche auf Zusatz von
einem Tropfen der Lösting von übermangansaurem Kali in
Dunicelblau übergebt. Wird die Lösung des Kupferchlorids
mit etwas Säure versetz! und die des übermangansauren Kali*s
wie vorher zugefügt, so zeigt sich eine ähnliche Wirkung,
aber nach etwa einer halben Stunde verschwindet das reine
Blau und die Flüssigkeit wird grün ; in diesem Falle ändert
die Säure zuerst die blaue Farbe der Kupferchloridlösung in
Grün um und zersetzt später das übermangansaure Kali, und
so wird durch Zerstörung des Roths, welches durch das Grün
neutralisirt wurde, und des zuerst unversehrt gebliebenen
Blau's das ursprüngliche Grün wieder sichtbar.
Wird eine Lösung von übermangansaurem Kali vorsichtig
zu einer Lösung von zweifach-chromsaurem Kali gesetzt, so
entsteht eine hellrothe Flüssigkeit* Doch müssen die Lösungen
verdünnt angewendet und mit Vorsicht gemischt werden. Das
Gelb in der Lösung des zweifach-chromsauren Kali's bildet
mit dem Blau in der Lösung des übermangansauren Kali's
Grün, welches mit dem in beiden Lösungen enthaltenen Roth
sich zu Farblosigkeit neutralisiren würde, wäre dieses Roth
nicht in Ueberschufs vorhanden.
Die meisten Chemiker haben wohl beobachtet, dafs bei
der volumetrischen Bestimmung des Eisens mittelst überman-
gansauren Kali's der letzte Tropfen der Lösung des letzteren
Salzes, bei dessen Zusatz man die Beendigung der Reaction
erkennt, der Flüssigkeit eine rosenrothe Farbe ertheilt, welche
von dem Bläulichroth der Lösung des übermangansauren Sal-
zes etwas verschieden ist. Das Blafsgelb des Eisenchlorids
hat sich mit dem Blau des übermangansauren Kali's vereinigt,
und da das resullirende Grün das stärkere Roth nicht ganz
auslöschen konnte , ist ein Theil des letzteren sichtbar ge-
blieben.
348 Field^ vber die NeutraltscUicn der Farbe
Terreil bestimmt das Kupfer mittelst dessielben Reagens.
Die Kupferlösung wird mitteist schwefligsauren Ammoniaks des-
oxydirt, die schweflige Säure durch Kochen verjagt , und
übermangansaures Kali bis zur Ueberführung der ganzen
Menge Kupfer in Kupferoxyd zugesetzt. Die Verschiedenheit
der durch den letzten Tropfen der Lösung des übermangan-
sauren Kali's in dieser Flüssigkeit und der in Eisenlösung
hervorgebrachten Färbung ist sehr in die Augen fallend; in
der Kupferlösung bringt dieser Tropfen fast blaue , in der
Bisenlösung röthliche Färbung hervor. — Diese Thatsachen
sind für die qualitative Analyse nicht ohne Bedeutsamkeit.
Nach Gibbs*) giebt die zuerst von Walter Grum ange-
gebene schöne Reaction auf Mangan , mit Salpetersäure und
Bleihyperoxyd y nicht die characteristische Färbung, wenn
sehr viel Nickel und nur wenig Hangan zugegen ist; das
Nickelsalz zerstört oder modificirt wenigstens jedenfalls die auf
der Bildung von Uebermangansäure beruhende Färbung. Ist
jedoch auch Kobalt zugegen, oder wird eine Lösung eines
Kobaltsalzes nachher noch zugesetzt, so wird die Farbe des
Nickelsalzes neutralisirt und die für das Hangan characteri-
stische Färbung sichtbar.
Wenn Rothfeuer-Hischung, aus salpetersaurem Strontian,
chlorsBurem Kali u. s. w. zusammengesetzt, mit Grünfeuer-
Hischung, welche salpetersauren Baryt enthält , gemengt und
das Gemenge entzündet wird , so sind die rothen und die
grünen Strahlen nicht mehr sichtbar, sondern die Flamme ist
weifs oder richtiger bläulich weifs; in dem Carmoisinroth der
Strontianflamme ist etwas Blau enthalten, welches bei deoa
Auslöschen des Roths durch das Grün sichtbar wird. Wird
die Hischung zu Rosenrothfeuer (fkus 34 Tbl. kohlensaureai
Kalk, 52 Tbl chlorsaurem Kali und 14 Thl. Schwefel, oder
\
*) Diese Annalen LXXXVl, 59.
bei der Mischung gewisser Salzldsungen. 349
besser wohl noch aus 23 Tbl. trotkenem Chlorcalcium, 61 ThL
chlorsaurem Kali und 16 Tbl. Schwefel) mit der gewöhn-
lichen Grünfeuer-Mischung gemengt und entzündet, so wird
rein weifses> Licht hervorgebracht.
Ueber die .Einwirkung von Kaliumpermanganat auf
Kaliumjodür;
von C. WeÜzien*
Durch die Einwirkung von Kaliumpermanganat auf Jod
und Jodwasserstoffsäure entsteht nach P^an de Saint
Gilies*} Jodsäure, und er wendet dieses Verhalten zur
volumetrischen Bestimmung letzterer Körper an. Eine Er-
klärung der vorkommenden Reactionen giebt er nicht. Wendet
man Kaliumjodür an» so verläuft dieselbe nach folgender
Gleichung :
K J + 2 KMn«^* + 3 H«0 = KJ^« + 2 KHO + 2 (Mn^O«, H«^).
Das Auftreten des Kaliumhydrats ist hierbei nicht ohne
Interesse und das erhaltene Kaliumjodat so rein, dafs man
diese Methode zur Darstellung desselben anwenden kann.
I. Feststellung der relativen Mengen von KJ und KMn^0^.
i. Vermch : Angewendet 1,1624 Grm. KMn'O^ (in gut ausgebilde-
ten Erystallen).
0,5880 Grm. KJ (in Form von 29,4 GC.
K J lÖsung),
.1.1624 . 0,5880
169 - 166
(Aequiv. d. KMn«0*) (Aequiv. d. KJ)
0,00731 : 0,00354
2 : 1
*} Ann. dum. phys. LV, 878; Jahresber. t 1858, 588.
350 Oppenheim j über den Menthacampher,
2. Vermeh : Angewendet : 1,3084 Grm. KHn'^\
0,6640 „ K J = 33,2 CO. KJlösong.
1,3084 0,6640
Tö9 • 166
8,2 : 4
2,05 : 1.
II. Bestimmung des bei der Reaction freiwerdenden
Kaliumhydrats.
Angewendet : 1,6880 Grm. KJ == 42,2 CO. EJlösung.
8,2398 » KMn«0*.
Der geringe Ueberschufs von KMn^^ wurde durch etwas
Alkohol zersetzt.
Durch Titration mittelst Oxalsäure wurde gefunden :
KH^ 1,840 Grm.
1,6880 Grm. KJ Terlangt nach obiger Reactionsgleichimg :
KH^ 1,202 Grm.
IIL Bestimmung des JUajiganhyperoxydhydrats.
Angewendet : 1,3892 Grm. des bei 100^ G. getrockneten Nieder-
schlags.
Gewichtsverlnst beim heftigen Glühen vor der Gebläselampe =:
0,8622 Grm., entsprechend 26,07 pC. an Wasser und Sauerstoff.
Mn«0*, H«0* soll beim Glühen 27,00 pC. verlieren.
lieber den Menthacampher;
von Oppenheim*^.
Man weifs, dars der gewöhnliche Campher das Aldehyd
des Borneols ist; ich stellte mir die Frage, welcher dieser
beiden Campherarten der Menthacampher entspreche. Zu
*) Aus Compt. rend. Lin, 379 mit Berichtigungen vom Verf. mlt-
getheilt.
Oppenheim^ über den Menthobcampher, 351
den Versuchen dienfe Menthacampher aus Japan , welcher
kleine Krystalle bildet, die manchmal mit Krystallen von
schwefeisaarer Magnesia gemengt sind, mit denen er viele
Aebnlichkeit hat. Gereinigt schmilzt er bei 36^ und kommt
er bei 210^>ins Sieden. Er dreht die Polarisationsebene des
Lichtes nach Links^^ [a] = 59,6. Er löst sich^ wenig in
Wasser, sehr leicht in Alkohol, Aether, Steinöl, Schwefel-
kohlenstoff und einigen concentrirten Säuren : Salzsäure,
Ameisensäure, Essigsäure und Buttersäure. Wasser und Al-
kalien scheiden ihn aus diesen LtfSungen in Säuren wieder
ab; erwärmt man aber diese Lösungen in zugeschmolzenen
Rdhren mehr oder minder stark, so erhält man die im Nach-
stehenden zu beschreibenden Verbindungen.
Krystallisirbare Essigsäure und wasserfreie Essigsäuro
verbinden sich mit dem Menthacampher bei 150^ unter Bil-
dung einer dicklichen, das Licht stark brechenden Flössigkeit,
die bei 222 bis 224^ siedet und die Poiarisationsebene nach
• G H ^
Links dreht. Die Analysen führten zu der Formel ^^u ^{O.
Alkoholische Kalilösong läfst daraus wiederum Menthacampher
entstehen.
Buttersäure bildet eine ähnliche, bei 230 bis 240^ sie-
dende Aetherarty deren Zusammensetzung der Formel
PH ol^ entsprechend gefunden wurde.
Der Chlorwasserstoflfsäure- Aether bildet sich bei 100^
Er zersetzt sich beim Sieden* Die Analysen führten zu der
Formel ^loHigCl. Er ist identisch mit der von Walter
durch Behandlung des. Menthacamphers mit ^ Phosphorsuper-
chlorid erhaltenen Substanz.
Natrium wirkt auf Menthacampher lebhaft ein^ unter Bil-
dung einer glasigen 9 in Alkohol löslichen und mit Wasser
sich zersetzenden Substanz. Man kann in dem geschmolzenen
Campher fast .1 Aeq. Natrium auflösen.
352 Guthrie, über das: Joddisvlfid,
Es unterliegt hiernach keinem Zweifel, dafs der Mentba-
campher ein einatomiger Alkohol aus der Reihe des Acryl*
alkohols ist. Die Campholsäure scheint die <liesem Alkohol
entsprechende Säure zu sein. .
Die Analogieen mit dem Borneol lassen mich für diese
Campherart die Bezeichnung Menthol vorschlagien , und für
die hier beschriebenen Aetherarten die Benennungen essig-
saures Menthyly buttersaures Menthyl und Chlorm^nthyl.
Zwischen dem Menthol und dem Menthen bestehen diesel-
ben Beziehungen wie zvHschen dem Aethylalkohöl und dem
Aethylen. Brom wirkt auf Menthen sehr lebhaft ein , unier
Bildung mehrerer wenig beständiger Substitutionsproducte.
Bei Behandlung des einfach -gebromten Menthens ^laHuBr
mit Silberoxyd oder alkoholischer Kalilösung erhält man nicht
Borneol, wie man hätte hoffen können, sondern einen Koh-
lenwasserstoff von der Zusammensetzung GioHie«
Ich hoffe durch Fortsetzung dieser Untersuchungen,
welche ich in Wurtz' Laboratorium ausgeführt habe^ die
Beziehungen des Menthols zu dpr Reihe des gewöhnlichen
Alkohols noch vollständiger darzulegen.
lieber das Joddisulfid (S2J);
voö F. Guthrie*).
Die Untersuchung der Einwirkung gewisser Verbindungen
von Halöidsubstanzen auf einige der dem olbildenden Gas
vergleichbaren Kohlenwasserstoffe liefs mich nebenbei auch
*) Quarterly Jonrnal of the Ohemical Society XIV, 57.
Guthrie, über das Joddisulfid, 353
die Darstellung einiger jener Verbindungen in^ reinen Zustand
in Betrachtung ziehen.
Während unter den Verbindungen der Haloidsubstanzen
keine ist, deren Zusammensetzung unveränderlicher und fester
bestimmt dasteht als die des Chlordisulfids , läfst sich von
dem Joddisulfid kaum sagen, dafs es überhaupt dargestellt
sei, ungeachtet der grofsen Analogie, die zwischen Chlor
und Jod stattfindet.
Es ist bekannt, dafs Jod und Schwefel sich mit einander
vereinigen; es ist auch festgestellt,^ dafs diese Vereinigung
unter Freiwerden von Wärme vor sich geht; und da homo-
gene Mischungen der beiden Substanzen nach allen Verhält-
nissen sich darstellen lassen , so ist es klar , dafs sich auch
ein Körper von der procentischen Zusammensetzung des Jod-
disulfids erhaltejn läfst. Aber in dieser Art dargestellte Kör-
per haben nur wenig oder gar kein Recht auf den Namen
chemischer Verbindungen.
Erinnern wir uns einerseits der von mir bei früheren
Gelegenheiten mehrfach bewiesenen Thatsache, dafs 1 Aeq.
Chlordisuifid wie 2 Aeq. Chlor functionirt, oder dafs, wie
einige Chemiker es ausdrücken würden, das Molecul des
Chlordisulfids zweiatomig ist, und andererseits, dafs minde-
stens 2 Aeq. Chlor oder Zink nöthig sind, um die durch
die Gleichungen
/) CAJ + 2C1 = QJELJCi + ja*)
2) CäJ + 2Zn = CAZn + ZnJ.
ausgedrückten, zur Bildung von zwei Verbindungen Anlafs
gebenden Vorgänge zu bewirken, so möchte man auch den
analogen Vorgang :
*) Die Gleichung i) drückt nnr die erste Phase der hier unter Bil-
dung Yon zwei Verbindungen vor' sich gehenden Einwiskimg
aus; die Endproducte sind HCl, JClg und Chlor -Suhstitutions- .
producte von C4^5C1.
Annal. d. Chem. n. Pharm. CXZ. Bd. S. Heft. 23
354 Guthrie, über das Joddisulßd.
3) C4H5J + S,C1 = C4H5CI + SjJ
voraussehen dürfen^ um so mehr, als bei Anwendung ge-
wisser Verbindungen, wie NaSn, die Einwirkung gemäfs der
Gleichung :
4) CAJ + NaSn = CASn + NaJ
vor sich geht.
Das von mir zur Darstellung des Joddisulfids angewen-
dete Verfahren gründet sich in der That auf die Gültigkeit
der Gleichung 3}. Ganz analoges Verhalten ^ wie das durch
die Gleichung 3^ für Jodäthyl angegebene, zeigen auch Jod-
metbyl und Jodamyl, so dafs wir die allgemeine Gleichung :
5) e^H^iJ + SgCl = C^H^+iCl + SgJ
aufstellen können. Aus nahe liegenden Gründen gab ich der
Anwendung des JodSthyls den Vorzug.
Die gegenseitige Einwirkung von Jodäthyl und Chlor-
disulfid ist vielleicht in der Art, wie sie erfolgt, ebenso
interessant wie nach den Resultaten, die sie liefert. Die
zwei Flüssigkeiten lassen sich nach allen Verhältnissen mi-
schen , ohne dafs man eine gröfsere Veränderung in der
Farbe wahrnimmt , als der Verdünnung der gefärbten Schwe-
felverbindung durch die farblose Jodverbindung entspricht.
Weder wird Wärme frei noch bemerkt man sonst sofort
etwas, was auf chemische Umsetzung schliefsen lassen könnte.
Nach 12 Stunden aber ist vollständige Umsetzung vor sich
gegangen. Ist das Gefäfs für Luftzutritt offen, so verdampft
das Chloräthyl in dem Mafse als es sich bildet, und das Jod-
disulfid bleibt in prächtigen Krystallen zurück, verunreinigt
jedoch durch die Producte der Einwirkung der Feuchtigkeit
der Luft auf das Chlordisulfid. Man läfst defshalb die Um-
setzung am Besten in einer zugeschmolzenen Röhre vor sich
gehen. Die Substanzen , die auf einander einwirken sollen,
nimmt man in den durch die Gleichung 5} vorgeschriebenen
Mengen, fügt jedoch einen sehr kleinen Ueberschufs der Jod-
Guthrie y über das Joddimlßd, 355
Verbindung zu. Oeffnet man eine in dieser Art beschickte
Röhre, die über Nacht stehen bliebe uiid erwärmt sie mit
der Hand, so entweicht das Chloräthyl. Eine gelinde Er-
wärmung reicht hin , das noch vorhandene Jodäthyl auszu-
treiben, wo dann das Joddisulfid in der Form schöner, wie
Jod glänzender Krystalltafeln vollkommen rein zurückbleibt.
Obgleich sich die Zusammensetzung dieser Verbindung
aus der Synthese derselben mit Si4>orheit erschliefsen iäfst,
wurde sie doch analysirt, und zwar in der Art, dafs sie in
einer Yerbrennungsröhre mit salpetersaurem Kali und kohlen-
saurem Natron erhitzt wurde, wo der Jod- und der Schwefel-
gehalt zu Jodmetall und schwefelsaurem Salz wurden ; das
Jod und die Schwefelsäure wurden dann in' gewöhnlicher
Weise bestimmt. Die Zusammensetzung ergab sich entspre-
chend der Formel S^J :
berechnet
gefdnden
Schwefel
20,13
20,28
Jod
79,87
79,81
100,00 100,09.
Obgleich ich hier diese sonderbare Einwirkung des Jod-
äthyls auf Ghlordisulfid nur als ein Mittel betrachtet habe,
die Verbindung SsJ darzustellen, ist sie doch auch vielleicht
insofern von Interesse, als sie zeigt, wie sich die Chlor-*
Verbindung eines organischen Radicals aus der Jodverbin-
dung desselben darstellen Iäfst, weiches Problem bisher
schwierig und beschwerlich zu lösen war, wenn auch die
umgekehrte Aufgabe leicht und häufig vorkommend ist.
356
lieber eine neue Bildungs weise
des Aethylens und seiner Homologen;
von A. BuÜerow*y
Erhitzt man Jodmelhylen C2H2J2 mit Kupfer und Wasser
in zugeschmolzenen Röhren anf 100^ so bildet sich Kupferjodür
und ein Gasgemische wird frei^ welches Kohlensäure, Kohlen-
oxyd, Sumpfgas und v^chiedene Kohlenwasserstoffe CJl^
enthält. Als das von Kohlensäure mittelst Aetzkali befreite
Gas mit Brom behandelt wurde, wurden 85 pC. des Gases
absorbirt; es bildete sich eine ölige Flüssigkeit, ein Gemische
von Bromverbindungen, bei dessen fractionirter Destillation
das. Meiste bei 131 bis 132^ überging und der Siedepunkt
zuletzt bis über ISO^ stieg. Das bei 131 bis 132^ lieber-
gegangene war reines Bromäthylen CJIiBrs, vom spec. Ge-
wicht 2,179; der weniger flüchtige Theil war ein Gemisch
von Bromäthylen und höheren Gliedern der Reihe CnH^Bra.
Es bildet sich somit bei der Zersetzung des Jodmethylens
C2H2J2 durch Kupfer bei Gegenwart von Wasser kein freies
Methylen , dessen Existenz hiernach noch zweifelhafter als
bisher ist, sondern zwei oder mehrere Holecule CgHs treten
im Moment des Freiwerdens zu höheren Gliedern der Reihe
CnHo zusammen.
*) Ans Compt read. LIII, 247.
' Herr Linnemann in Gent sendet uns znr Veröffentlichung in
diesen Annalen Bemerkungen zu Herrn Carius' Erklärung (Bd. CXX,
8. 266), worin er namentlich bestreitet, dafs ihm bezüglich des Inhalts
und der Form der Notiz Bd. GXX, 8. 61 solche vorgängige Büttheilung,
wie in jener Erklärung angegeben, geworden sei.
Wir dürfen wohl jetzt die Besprechung dieser Angelegenheit in
diesen Annalen als geschlossen betrachten. ' D. R,
über
Band CXVII, CXVIII, CXIX und CXX
(der neuen Reihe Band XLI, XLII, XLIII u. XLIV)
und Supplementband I
oder
Jahrgang 1861 der Aimalen.
(iaehreglster<
A.
Absorption : Beiträge zur Eennt-
nifs der Oasabsorptionsgesetze,
von Sims CXVIII, 333.
Aceton vgl. Acetylmethyl.
Acetone vgl. Ketone.
Acetonitril, über zweifach- nnd drei-
fach-nitrirtes, von Schischkoff
CXIX, 249.
Acetoxybenzaminsäure , untersncbt
von Foster CXVII, 165.
Acetyläthyl , untersucht von
Freunil CXVIII, 3.
Aoetylen, Bildung aus Bromvinyl
nachMiasnik'off CXVIII, 330;
Bildung aus Aethylen - Derivaten
nach Sawitsch CXIX, 184.
Acetylmethyl, ♦ untersucht von
Freund CXVIII, 11.
Acetyl - Quercetinsäure , untersucht
von Pfaundler CXIX, 213.
Aconsäure, untersucht von Ke-
kuld ßuppl. I, 347.
Acrylsäure, Bild, aus Alkohol durch
Baryt bei gewöhnlicher Tem-
peratur, nach Berthelot Bnppl.
I, 144.
Adipinsäure, über den durch De-
stillation mit Baryt entstehenden
Kohlenwasserstoff, von Riche
CXVII, 267.
Aepfelsäure, Bildung aus Bem-
steinsäure nach K e k u 1 ^ CXVII,
120.
Aether, Ausdehnung bei höheren
Temperaturen nach M e n d e 1 e-
jeff CXIX, 9.
Aetherarten, Zersetzung der s. g.
zusammengesetzten durch was-
358
Sachregister.
serfreie Alkalien nach Berthe-
lot n. Flenrien Snppl. I, 271.
Aetherselensäure , untersucht von
Fabian Suppl. I, 246,
A ethylamyl - Glycerinäther , unter-
sucht von Beb oul Suppl. I, 237.
Aethyl-chlorwasserstoffs. Glycerin-
äther, untersucht von Reh oul
Suppl. I, 237.
Aethylen : über eine neue Bil-
dungsweise des Aethylens und
seiner Homologen, von But-
1er ow CXX, 356; Umwandlung
des Aethylens zu complicirteren
organischen Säuren nach Wurtz
,CXVII, 136; Einwirkung von
Chlorschwefel untersucht von
Guthrie CXIX, 90; übet einige
vom Aethylen sich ableitende
Verbindungen, von Sawitsch
CXIX, 182.
Aethylenbisulfochlorid , xmtersucht
von Guthrie CXIX, 90.
Aethylendiphosphonium, Mischlinge
desselben untersucht von Hof-
mann Suppl. I, 280.
Aethylenhamstoff, untersucht von
Volhard CXIX, 349.
Aethylenhexäthyldiarsonium - Ver-
bindungen, untersucht von Hof-
mann Suppl. I, 316.
Aethylenhexäthyldiphosphonium -
Salze, untersucht von H o f m a n n
Suppl. I, 177.
Aethylenhexmethyldiphosphonium -
Salze, untersucht von H o f m a n n
Suppl. I, 287.
Aethylenmethyltriäthylphospham-
monium - Verbindungen , unter-
sucht von Hofmann Suppl. I,
295.
Aethylenoxyd : über eine Verbin-
dung mit Aldehyd, von Wurtz
CXX, 328.
Aethylenpentäthylphosphammo-
nium - Verbindungen , untersucht
von Hofmann Suppl. I, 302.
Aethylenplatinchlorid , untersucht
vonGriefs und Martins CXX,
324.
Aethylenteträthylphosphammo-
nium-Verbindunjgen , untersucht
von Hof mann Suppl. I, 296.
Aethylentiimethyltriäthylphosph-
ammonium- Verbindungen, unter-
sucht von Hof mann SnppL I,
303.
Aethyl - Glycerinäther, untersucht
von Reh oul Suppl. I, 239.
Aethyl - Glycidäther , untersucht
von Reh oul Suppl. I, 237.
Aethylkreatinin , untersucht von
Neubauer CXIX, 51; CXX,
257.
Aethylmilchsäure , untersucht von
Butler owCXVni, 325 (Unter-
suchung von Wurtz CXVHI,
325 f.).
Aldehyd, über die Einwirkung
schwacher Affinitäten auf das-
selbe, von Lieben SuppL I,
114; Über die Einwirkung von
Cfhlorzink und einen neuen mit
dem Aldehyd isomeren Körper,
von Bauer CXVH, 141; über
eine Verbindung des Aldehyds
mit Aethylenoxyd, von Wurtz
CXX, 328.
Aldehyde : über die Zersetzung ei-
niger bei der Einwirkung von
Aetzkalk, von Fittig CXVU,
68.
Alkalo'ide, vgl. Basen.
Alkapton, Untersuchung desselben
von Bödeker CXVH, 98.
Alkohol, Bildung aus Glycol nach
L euren 90 CXX, 89; Ausdeh-
nung bei höheren Temperaturen
nach Mend ele Jeff CXIX, 9;
über das spec. Gew. der Mi-
schungen aus Alkohol und Was-
ser, nach Baumhauer und
Pouillet CXVH, 391; über
das Lösungsvermögen des wäs-
serigen Weingeists, von Schiff
CXVIII, 362; über die Oxyda-
tion des Alkohols bei Einwirkung
von Baryt bei gewöhnlicher Tem-
peratur, von Berthelot Suppl.
I, 144; über die Umwandlung
des Alkohols zu Glycol , von
Caventou CXX, 322.
Alkoholradicale , über die Doppel-
sulfide derselben, von Carins
• CXIX, 313, vgl. CXX, 61, 255, 356.
Allitursäure , Notiz darüber von
Baeyer CXIX, 127.
Alloxansäure, über die Zersetzung
derselben in der Wärme, von
Baeyer CXIX, 126.
Sachregister.
359
Allylen, untersucht von Bawitsch
gXIX, 185.
Alphatoluylsäure, Mittheilung über
dieselbe von Cannizzaro
CXIX, 253.
Ameisensäure, Bildung aus Koh-
lensäure nach Kolbe und
Schmitt CXIX, 251.
' Amidobenzogsäure, Einwirkung der
salpetrigen Säure untersucht von
Griefs CXVII, 2; Umwand-
lung zu Acetoxybenzaminsäure
nach Fester CXVII, 165.
Amidophenylschwefelsäure , Bei-
- träge zur Kenntnifs derselben
von Schmitt CXX, 129, 163.
Aminsäuren, über die der Glycol-
säurereihe, von £rlenmeyer
CXIX, 17.
Ammoniak, über das spec. Gew.
des flüssigen, von J olly CXVII,
181; Absorption des Gases in
Wasser untersucht von Sims
CXVm, 345.
Ampelinsäure, über die Existenz
derselben, von Fittig QXX,
220, von Warren de la Bue
und Müller CXX, 339.
Amygdalinzucker , untersucht von
Schmidt CXIX, 92.
Amylalkohol, Einwirkung des
Chlors untersucht von Barth
CXIX, 216.
Amyl - chlorwasserstoflfs. Gly cerin-
äther, untersucht von Reboul
Suppl. I, 235.
Amylen , Einwirkung der Unter-
Salpetersäure untersucht von
Guthrie CXIX, 85.
Amylenbinitrozid , untersucht von
Guthrie CXIX, 85.
Amyl - Glyceriiiäther , untersucht
von Beboul Suppl. I, 236.
Amyl - Glycidäther, untersucht von
Reboul SuppL I, 235.
Analyse : über die Auflösung seiner
mafsanalytischen Aufgabe, von
Mohr CXVII, 386; VeraUge-
meinerung der acidimetrischen
Methode, von Langer und
Wawnikiewicz CXVII, 230;
Analyse durch Spectralbeobach-
tungen, nach Kirchhoff und
B un 8 e n CXVIII, 349 ; über orga-
nische Analyse, vgl. bei Sauerstoff.
Anisalkohol, über denselben und
zwei davon sich ableitende sauer-
stoffhaltige Basen, von Canniz-
zaro CXVII, 238; über den
Anisalkohol und eine neue der
Anissäure homologe Säure, von
Demselben CXVII, 243.
Anthranilsäure , Einwirkung der
salpetrigen Säure untersucht von
Griefs CXVn, 39.
Antimonsäure, über die Verbin-
' düngen mit Zinnoxydul, von
Schiff CXX, 47.
Arbutin, über einige Verwandlun-
gen desselben, von Strecker
CXVIII, 292.
Aribin, untersucht von Rieth
CXX, 247.
Arsammonium- Verbindungen, un-
tersucht von Hof mann Suppl.
i, 275, 317.
Arsen, über die Titrirung dessel-
ben, von Boedeker CXVII,
195.
Arsenbasen, untersucht von Hof-
mann Suppl. I, 306 ff.
Atomgewichte, über die der ein-
fachen Körper , Von Stas Suppl.
I, 62; Bemerkungen über die
Atomgewichte von Schill
CXX, 94.
Ausdehnung vgl. Flüssigkeiten.
Azelainsäure , untersucht von
Arppe CXX, 288.
B.
Baryum, Erkennung durch Spectral-
beobachtungen nach Kirchhoff
und Bunsen CXVIII, 358.
Basen, organische : über eine neue
Methode der Darstellimg und
Nachweisung der Alkalo'ide, von
Uslar und Erdmann CXX,
121 ; zum Nachweis organischer
Alkaloide, vonErdmann CXX ,
188 ; vgl. Phosphorbasen, Arsen-
basen.
Benzaminsäure vgl. Amidobenzoe-
säure.
Benzil, Untersuchungen über das-
selbe vonZininCXIX, 177, 180.
360
Sachregister.
BenzoSharz, über die Sänren des-
selben, von Eolbe und Läute-
rn an n CXIX, 136.
Benzoesäure, Beiträge zur Kennt-
nifs derselben von Eekul^
CXVn, 145.
Benzoesäure, Einwirkung von Na-
triumamalgam nach Kolbe
CXVIII, 122 ; der Benzoesäure
isomere Säure aus Salicylsäure
untersucht von Kekule CXVII,
168 (vgl. Salylsäure).
BenzoSsäure-Anhydrid, Einwirkung
von Chlorwasserstoff und Schwe-
felwasserstoff untersucht voji
Mosling CXVIII, 308.
Benzols. Aethyl, Zersetzung durch
wasserfreien Baryt nach Ber-
thelot und Fleurieu Suppl. T,
271.
Benzo@8. Jod , untersucht von
SchützenbergerCXX, 117f.,
119.
Benzoün, Einwirkung von Wasser-
stoff im Entstehungszustand un-
tersucht von Zinin CXIX, 180.
Benzol, über eine durch Oxydation
daraus entstehende Säure, von
Church CXX, 336; über die
Einwirkung verdünnter Salpeter-
säure auf einige Kohlenwasser-
stoffe der Benzolreihe, von War-
ren de la Rue nnd Müller
CXX, 339 ; vgl. Toluol.
Benzoyläthyl , über die Bildung
desselben, von Freund CXVIII,
20.
Benzoylhypersulfid, untersucht von
Mosling CXVm, 305.
Benzoylwasserstoff, Einwirkung von
Wasserstoff im Entstehungszu-
stand untersucht von Zinin
CXIX, 181.
Benzyl - Aethyl - Aceton, untersucht
von Kall e CXIX, 165.
Benzylmercaptan C^gHöSg , unter-
sucht von Vogt CXIX, 142.
Benzylschweflige Säure, untersucht
von Kall e CXIX, 163.
Bemsteinsäure, Bildung aus Cyan-
äthylennach Simpson CXVIII,
375 ; über die Bildung aus Leucht-
gas, von Geuther CXX, 268;
Bildung aus Buttersäure nach
Friedel und Machuca CXX,
283; Bildung nach Kekul^ aus
Fumarsäure Suppl. I, 133, aus
Maleinsäure daselbst 134, aus
Monobromäpfelsäure daselbst 362 ;
über die Bromsubstitutionspro-
ducte der Bemsteinsäure , von
Kekul^ CXVII, 120, von Per-
kin und Duppa CXVII, 130
(vgl. Bibrombemsteinsäure) ; Um-
wandlung zu Weinsäure (Trau-
bensäure) nach Kekulä CXVII,
120, Suppl. I, 365, 376, nach
Perkin und Duppa CXVII,
130 ; Umwandlung zu Aepfel-
säure nach K e k u 1 d CXVII, 1 20 ;
Umwandlung zu Propionsäure
nach Kolbe CXIX, 173.
Bewegung : über das Zustande-
kommen der thierischen Bewe-
gung, von Voit CXIX, 193.
fii- Verbindungen vgl. Öt- Verbin-
dungen.
Bibrombemsteinsäure , untersucht
von Kekuld CXVII, 123, von
Perkin und Duppa CXVII,
130; Bildupg nach Kekule ans
Fumarsäure Suppl. I, 131, aus
Maleinsäure daselbst 134; über
die Darstellung, die Salze und
Zersetzungen derselben, von Ke-
kule Suppl. I, 351.
Bibrombrenzweinsäure , untersucht
von Kekui^ Suppl. I, 340, 345.
Bibromorsellins. Aethyl, untersucht
voir^ Hesse CXVII, 315.
Bibrompikroerythrin , untersucht
von Hesse CXVII, 322.
Bichlorbenzo^äther, untersucht von
Kekul^ CXVn, 156 f.
BichlororselHns. Aethyl, untersucht
von Hesse CXVII, 315.
Binitroacetonitril, untersucht von
Schischkoff CXIX, 249.
Binitroarbutin , untersucht von
Strecker CXVIII, 293.
Blei, Atomgewicht^ nach Stas
Suppl. I, 75.
Braunstein , Bestimmung der ver-
schiedenen Oxydationsstufen in
demselben nach Mohr CXVII,
382 ; Braunsteinanalyse nach
KolbB CXIX, 129; über das
Verhalten des Braunsteins zum
Salpeters. Natron, von Wohle r
CXIX, 375.
(
Sachregister.
361
Brenzoatechin, Bildung aus Salieyl-
säure nach Lautemann GXY III,
372.
Brenzweinsäure , Untersuchungen
über dieselbe von Kekul^
Suppl. I, 338.
Bromäpfelsfture vgl. MonobromftpfeV
säure.
Bromäthyl , über die Bromsubsti-
tutionsproducte desselben , von
Cayentou CXX, 322.
Bromäthylen C4H4Br2 , Untersu-
chungen von Hofmann über
die Einwirkung auf Triäthyl-
phosphin Suppl. I, 151, 202, auf
Triäth^ larsin Sil ; über einige
aus Brucin nnd Bromäthylen
entstehende Verbindungen, von
Seh ad CXVm, 207; Verhalten
eines Gemenges von Bromäthy-
len und Brompropylen beim Sie-
den, nach Bauer Suppl. I, 250.
Bromamylen C^oHioBr^, über einige
Reactionen desselben, von Bauer
CXX, 167.
Brombenzoäsäure , untersucht von
Griefs CXVII, 25.
Brombemsteinsäure vgl. Mono- und
Bibrombemsteinsäure.
Brombuttersäure, untersucht von
Gorup-BesanezGXVIII, 248,
von" Naumann CXIX, 115, von
BorodineCXIX,121,vonFrie-
del und Machuca CXX, 279,
von Schneider CXX, 279.
Bromchlorwasserstoffs. Glycerin-
äther, untersucht von Beboul
Suppl. I, 225, 227.
Bromcyan , Darstellung nach
Langlois Suppl. I, 383.
Bromguajaksäure , untersucht von
Hlasiwetz CXIX, 275.
Brommaleinsäure vgl. Monobrom-
male'üisäure.
Bromoäthyltnäthylarsonium - Ver-
bindungen, untersucht v<fli Ho^
mann Snppl. I, 311.
Bromoäthyltriäthylphosphonium-
Salze, untersucht von H o f m an n
Suppl. I, 154 (Einwirkung von
Ammoniak auf das Bromid 290,
s. g. flubstituirter Ammoniake
295 ff., von Triäthylarsin 306).
Bromoäthyltrimethylphosphonium-
Salze, untersucht von H o f m a n n
SuppL I, 282.
Brompropionsäure , untersucht von
Friedel und Machuca CXX,
, 286 f.
Brompropylen vgl. bei Bromäthylen.
Bromvaleriansäure, untersucht von
Gorup-BesanezCXVIII, 251,
von Borodine CXIX, 121.
Bromwasserstofib. Glycidäther, un-
tersucht von Reboul : ein-
fach- : Suppl. I, 227, zweifach-:
230.
Brucin : über einige aus Brucin
und Bromäthylen entstehende
Verbindungen , von Schad
CXVIII, 207.
Brucin vinyl-Ammoniumoxydbydrat,
untersucht von Schad CXVIII,
21^
Buttersäure, Einwirkung von Brom
vgl. JBrombuttersäure ; Einwir-
kung von Chlor nach Naumann
CXIX, 115 u. 120, nach Frie-
del u. Machuca CXX, 282.
Butylactinsäare vgl. Butylmilch-
säure.
Butylalkohol, Bildung aus Butyl-
glycol nach Wurtz Suppl. I, 380.
Butylglycol, Reduction zu Butyl-
alkohol nach Wurtz SuppL I,
380.
Butylmilchsäure, Bildung aus But-
tersäure durch Vermittelung der
Monobrombuttersäure nach N au-
mann CXIX, 115; vgl. Frie-
del und Machuca CXX, 284.
Butyryl (Di-Butyryl), untersucht
von Freund CXVIII, 37.
c.
Cäsium, Mittheilung über dasselbe
von Bunsen CXIX, 107..
Caffern : über die Beziehungen
zwischen Guanin, Xanthin, Theo-
bromin , Caffe'in und Kreatinin,
von Strecker CXVIII,' 151
(Bildung des Caffei'ni^ aus Theo-
bromin 170).
Caffeebohnen vgl. Kaffeebohnen.
Calcium, Erkennung durch Spec-
tralbeobachtungen nach Kirch-
hoff und Bunsen CXVIII, 367.
Annal. d. Chem. a. Pharm. CXX. Bd. 8. Heft.
24
362
Sachregister,
Camphersäure , Einwirkung des
Fhospborsuperchloridsnach M oi-
tessier CXX, 252.
Camphorjlchlorid , untersucht von
Moitessier CXX, 252.
Gaprinsäure aus s. g. Oenanthäther,
untersucht von Fischer CX VIII,
312.
Caprylsäure aus s. g. Oenantfaäther,
untersucht von Fischer CXVIII,
815. '
Carotin, untersucht von Huse-
mann CXVII, 200.
Catechusäuren , über die verschie-
denen, von Strecker CXVIII,
285.
CeratophyÜin, Mittheilung über das-
selbe von Hesse CXIX, 365.
Chinasäure, Vorkommen in den
Kaffeebohnen nach Z w e n g e r
und Siebert Suppl. I, 77 (Un-
tersuchung von Chinas. Salzen
80) ; über die Krystallform der
Chinasäure , von K n o p CXIX,
327.
Chinin : über das neutrale Chinin-
sulfat, von Jobst und Hesse
CXIX, 361.
Chlor , Atomgewicht nach S t a s
Suppl. I, 75.
Chloracetyl, über einige Zersetzun-
gen desselben , von H ü b n e r
CXX, 330.
Chloräthylen C4H4CI2, Einwirkung
auf Triäthylphosphin untersucht
von Hofmann Suppl. I, 276;
über die Einwirkung von Phos-
phorchlorid, von HübnerCXX,
332.
Chloral, Einwirkung desselben auf
Natriumalkoholat untersucht von
Kekul4 CXIX, 187.
Chlorbenzil, untersucht von Z in in
CXIX, 178.
ChlorV(Bnzo6säure vgl. Mono- und
Biöhlorbenzo§äther.
ChlorbromwasserstofFs. Glycidäther,
untersu cht von R e b o u 1 Suppl. I,
230.
Chlorbutyryl, Einwirkung von Na-
trium u. a. auf dasselbe nach
Freund CXVIII, 35.
Chlorcyan, Darstellung des flüch-
tigen nach Langlois Suppl. I,
383.
Chlorkalk, über das Verhalten des-
selben bei nach un^ nach erfol-
gender Behandlung mit Wasser,
und über die Constitution des-
selben, von Fresenius CX VIU,
317.
Chlorkohlenstoff C4C1^, Bildung aus
Buttersäure nach Naumann
CXIX, 120.
Chlormagnesium , spec. Gewicht
der Lösungen nach Schiff
CXVIII, 90.
Chloroäthyltriäthylphosphonium-
Salze, untersucht von Hof mann
Suppl. I, 276 ff.
Chlors. Kali, Zusammensetzung nach
Stas Suppl. I, 72.
Chlorsilber, Zusammensetzung nach
Stas Suppl. I, 64.
Chlorwasserstoffs. Glycerinäther,
zweifach-, untersucht von Re-
boul Suppl. I, 225.
Chlorwasserstoffs. Glycidäther, un«
tersucht von Reboul : einfach- :
Suppl. I, 221, zweifach- : 229.
Chlorwasserstoffs. Propylglycol-
äther, untersucht von Oser
Suppl. I, 254.
Cholestearin , Notiz über dasselbe
von Planer CXVIII, 25.
Cholestrophan , Bildung aus Para-
bansäure nach Strecker CX VIU,
173.
Chromoxyd, über das magnetische,
von Geuther CXVIII, 61.
Chromsäure, Nach Weisung dersel-
ben nach S,chiff CXX, 208;
Verhalten der chroms. zu weins.
Salzen, untersucht von Schiff
CXX, 210.
Chromsuperoxyd , Mittheilung dar-
über von Schiff CXX, 207.
Citraconsäureanhydrid, Einwirkung
des Broms untersucht von Ke-
kul^. Suppl. I, 351.
Collinsäure : eine Säure CijH404
betreffende Mittheilungen von
Church CXX, 337, von War-
ren de la Rue und Müller
CXX, 342.
Cotarnin , untersucht von Mat-
thiessen und Fester Suppl.1,
331, 335.
Cotarninsäure, untersucht von Ma t-
Sachregister.
363
thiessen und Foster Snppl. I,
335.
Caminalkohol, Umwandlung zu ei-
ner der Cuminsäure homologen
Säure nach Rossi Suppl.I^ 139;
von ihm sich ableitende Basen
untersucht von Bossi Suppl. I,
141.
Cuminamin-Basen , untersucht von
Rossi Suppl. I, 141.
Cyan : Bildung von Oxalsäure
durcb Oxydation von Cyanver-
bindungen , nach Berthelot
CXX, 254 ; über einige Cyanver-
bindungen der Platinmetalle, von
Martius CXVII, 357.
Cyanacetyl, untersucht von Hüh-
ner dXX, 334.
Cyanäthylen, dargestellt von S i m p-
sonCXVm, 374, vonGeutji^er
CXX, 268.
Oyansilber, Einwirkung von 'Phos-
phorchlorid untersucht von Hüb-
ner CXX, 334.
Cyansulfid, untersucht von Linne-
mann CXX, 36.
D.
Daucus carota, Untersuchung der
Wurzel durch Husemann
CXVn, 200.
Di - Verbindungen vgl. Bi - Verbin-
dungen.
Diäthyl-chlorwasserstoffs. Glycerin-
äther, untersucht von Reboul
und Louren90 CXIX, 237.
Diäthylenalkohol , Oxydation des-
selben untersucht von Wurtz
CXVII, 137.
Diäthyl-Grlycerinäther, untersucht
von Reboul Suppl. I, 239.
Diamyldisulf ophosphorsäure , unter-
sucht von Kovalevsky CXIX,
311.
Diamyl-Glycerinäther , untersucht
von Reboul Suppl. I, 238.
Diamylphosphorsäure , untersucht
von Kraut CXVIII, 102.
Diansäure, Mittheilung über die-
selbe von Kobell CXIX, 283.
Diarsonium - Verbindungen , unter-
sucht von Hof mann Suppl. I,
275, 316.
Diazoanis - Amidoanissäure , unter-
sucht von Griefs CXVH, 44.
Diazobenzoö-Amidobenzo&säure, un-
tersucht von Griefs CXVII, 2.
Diazobenzo^säure , vorläufige Notiz
über Verbindungen derselben von
Griefs CXX, 125.
Diazodibromphenylschwefelsäure,
untersucht von Schmitt CXX,
156.
Dit^zophenylschwefelsäure , unter-
BU<^t von Schmitt CXX, 144
(Einwirkung von Schwefelwasser-
stoflF 162).
Diazosalyl-Salpetersäure, untersucht
von Griefs CXVH, 43.
Diazotoluyl-Amidotoluylsäure , un-
tersucht von Griefs CXVII, 68.
Dibrombuttersäure, untersucht von
. Schneider CXX, 281.
Dibromphenylschwefelsäure, unter-
sucht von Schmitt CXX, 158.
Dibromsulfanilidsäure , untersucht
von Schmitt CXX, 138.
Dicarbonsäuren, Üeberführung der-
selben in die zugehörenden Mo-
nocarbonsäuren nach Kolbe
CXIX, 173.
Diglycerinalkohol, untersucht von
L euren 90 CXIX, 230; davon
sich abeitende Verbb. untersucht
von Reboul und Louren90
CXIX, 234 f.
Diglycoläthylensäure , untersucht
von Wurtz CXVII, 140.
Biglycolsäure , . untersucht von
Wurtz CXVH, 139.
Dijodacetamid, untersucht von Pe r-
k in und Duppa CXVH, 356.
Dijodessigsäure , untersucht von
Perkin und Duppa CXVII,
351.
D\jodsalicylsäure, untersucht von
Laute mann CXX, 304.
Dimethyldisulfophosphorsäure , un-
tersucht von K^ valevsky
CXIX, 306.
Dioxymethylen , Einwirkung der
Alkalien untersucht von But-
lerow CXX, 295.
Dioxysalicylsäure , über die Dar-
stellung aus Dijodsalicylsäure,
von Laute mann CXX, 817.
364
Sachregister.
Diphosphoninm-yerbindmigen , im-
tersuchtvOD Hof mann SnppLI,
145, 177 (Einwirkmig der Wärme
anf das Diphosphoninmhydrat
203).
Disulfophosphors. Methyl, unter-
sncht von Kovalevsky CXIX,
303.
Doloin, über die Einwirkung der
Balpetersäore , von Carlet
CXVn, 143.
E.
Eisenglanz, künstlich krystallisirt
erhalten von Deville CXX,
180, von Euhlmann GXX,
186 f.
Eisenoxydoxydul vgl. Magneteisen.
Eisenwasserstoff, untersucht von
Wanklyn und Carlas GXX,
69.
Eiter, Analyse von Giesecke
CXVII, 110.
Elaldehy d, untersucht von Lieben
Suppl. I, 116.
Electricität : über die Vertheilung
derselben in Nichtleitern, von
Buff CXIX, 53.
Erdharz von Baku untersucht von
Petersen CXVIII, 82.
Erythrin , untersucht von H|e 8 B|e
CXVII, 304.
Erythroglycin,unter8ucht vonH esse
CXVII, 327.
Erythrogiycinschwefelsäure , unter-
sucht von Hesse CXVII, 329.
Essigs. Aethyl, Einwirkung von
Schwefelkalium nach Schiff
CXVIII, 90; Zersetzung durch
wasserfreie Alkalien nach Ber-
thelot und Fleurieu Suppl.I,
272.
Essigs. Chlor xmd essigs. Jod, un-
tersucht von Schützenberger
CXX, 115.
Eveminsäure , untersucht von
Hesse CXVII, 299.
Evemitinsäure , untersucht von
Hesse CXVII, 301.
Evernsäure, untersucht von Hesse
CXVII, 297.
F.
Faulnifs, über Filtration der Luft
in Beziehung auf dieselbe, von
Schröder CXVII, 273.
Farbe : über die Neutralisation der
Farbe bei der Mischung gewisser
Salzlösungen, von Field CXX,
344.
Fette, über die Oxydationsproducte
derselben, von Arppe CXX, 288.
Fettsäure, Über den durch Destil-
lation mit Baryt entstehenden
Kohlenwasserstoff, von Riebe
CXVn, 266.
Fichtelit, über die Krystallform des-
selben, von Clark CXi:5?, 226.
Flamme : Demonstration der dun-
kelen Flammenzone nach Schiff
CXVin, 93.
Flechtenstoffe, Untersuchung einiger
von Hesse CXVII, 297.
Flüssigkeiten, über die Ausdehnung
derselben beim Erwärmen über
den Siedepunkt, von Mendele-
Jeff CXIX, 1.
Formen, über einfach-nitrirtes, von
Schischkoff CXIX, 247.
Fumarsäure, Untersuchungen über
dieselbe von Kekuld Suppl. I,
129.
G.
Gährung^ über Filtration der Luft
in Beziehung auf dieselbe, von
Schröder CXVII, 273.
Galbanumharz , untersucht von
Mössmer CXIX, 257.
Galbanumöl, untersucht von Möss-
mer CXIX, 262.
Gallussäure, Bildung aus Salicyl-
säure nach Lautemann CXVIII,
124 (vgl. Dioxysalicylsäure).
Gase, über die spec. Wärme der-
selben, von Clausius CXVIII,
106 ; Bemerkungen zu dieser
Abhandlung, von Buff CXVIH,
120 ; über die Condensation von
Gasen nur durch Temperaturer-
niedrigung, von L oir und Drion
1
Sachregister.
365
GXX, 212; Analyse^eines brenn-
baren Gasgemisches aus dem
Salzbergwerke zu Wieliczka, von
Pebal CXVIII, 27; Gasabsorp-
tion vgl. Absorption.
Gebläselampe , Constrnction nach
Schiff CXVIII, 94.
Glycerin, Verbindungen mit den
Säuren des Arsens untersucht
von Schiff CXVIII, 86 ; . über
einige Aetfaer arten desselben, von
Beboul undLouren9o CXIX^
237; Beziehungen der Glycerin-
Aetherarten zu den Aethern des
Glycids , untersucht von Re-
boul Suppl. I, 218; Umwand-
lung des Glycerins zu Propyl-
glycol nach Louren90 CXX,
89. '
Glycerinsäure , über die DarsteU
lung und die Einwirkung von
Jodphosphor, von Beilstein
CXX, 226.
Glycid - Aether und Beziehungen
derselben zu den Aethern des
Glycerins , untersucht von K e-
boul Suppl. I, 218.
Glycogen, über Gewinnung und
Reindarstellung^ desselben , von
Gorup-Besanez CXVIII, 227.
Glycol : über die Umwandlung des
Alkohols zu Glycol, von Ca-
ventou CXX, 322; Bemerkun-
gen über die Natur desGlycols,
von Debus CXVIH, 253; Ein-
wirkung von Chlorzink unter-
sucht von Bauer CXVII, 141 ;
Umwandlung zu Alkohol nach
Louren^o CXX, 89.
Glycole, Allgemeines über diesel-
ben, von Wurtz Suppl. I, 85.
Glycyrretin, untersucht von Go-
rup-Besanez CXVIII, 242.
Glycyrrhizin , untersucht von Go-
rup-Besanez CXVIII, 236.
Glyoxal, Bemerkungen über die
Natur desselben , von Debus
CXVIII, 253.
Greenockit, künstlich krystallisirt
erhalten von Deville und
Troöst CXX, 187.
Guajakharzsäure , untersucht von
Hlasiwetz CXIX, 266.
Gaanidin, untersucht von Strecker
CXVIII, 159.
Guanin : über die Beziehungen
zwischen Guanin, Xanthin, Theo-
bromin , Caffeün und Kreatinin,
von Strecker CXVIII, 151
(Untersuchung des Guanins
152 ff.).
Guano : über den Peru-Guano, von
Liebig CXIX, 11.
H.
Harnsäure : Beiträge zur Kennt-
nifs der Harnsäuregruppe, von
Baeyer CXIX, 126.
Harns. Natron, über in durchsich-
tigen Kugeln erscheinendes, von
Baumgarten CXVII, 106.
Harnstoffe, über mehratomige, von
' Volhard CXIX, 348.
Hausmannit, künstUch krystallisirt
erhalten von Deville CXX, 1 83,
von Debräy CXX, 184, von
Kuhlmann CXX, 185 f.
Hemipinsäure , Mittheilungen über
dieselbe von Matthiessen und
Foster Suppl. I, 332 f.
Hexaäthyrenalkohol, dargestellt von
Louren90 CXVII, 270.
Homocuminsäure , untersucht von
Boss! Suppl. I, 139.
Hydantoin, Mittheilung über das-
selbe von Baeyer CXVII, 178.
Hydrindinschwefelsäure, untersucht
von G. undA. SchlieperCXX,
20.
Hydrocarotin, untersucht von Hu-
s em an n CXVII, 200.
Hydurilsäure , Notiz darüber von
Baeyer CXIX, 128.
I.
Indigblau-Sehwefelsäure, über die
Oxydationsproducte derselben»
von G. und A. Schlieper
CXX, 1.
Indinschwefelsäure, untersucht von
G.nndA. Schlieper CXX, 24.
366
Sachregister,
InoBit, leichtere Absclieidnng des-
selben nach Lane CXVII, 118.
Iridiam, Cyanverbindangen dessel-
ben untersucht von Martins
CXVII, 369.
Isatinschwefelsäure, nntersacht von
G. und A. Schlieper CXX, 1.
Itaconsäure, Untersuchungen über
dieselbe von Kekul^ Suppl. I,
338.
J.
Jodäthyl» Einwirkung des Chlor-
schwefeis SgCl untersucht von
Guthrie CXX, 3ö4.
Jodäthylen C4H4J2, Einwirkung auf
Triäthylphosphin untersucht von
Hofmann Suppl. I, 279.
Jodanissäure, untersucht vonG r i e fs
CXVII, 54.
Jodchlorwasserstoffs. Glyoerinäther,
untersucht von Beboul Suppl. I,
226.
Jodkalium, über die Einwirkung
des Übermangans. Kali's , von
Weltzien CXX, 349.
Jodmethylen C2H2 J« , Einwirkung
von Kupfer und Wasser unter-
sucht von B u 1 1 e r o w CXX, 356.
Jodoform, über die bei Einwir-
kung von Aethematron sich bil-
dende Säure, von Butlerow
CXVin, 325.
Jodpropionsäure, aus Glycerinsäure
dargestellt von Beil stein CXX,
230.
Jodpropyl, aus Butylglycol darge-
stellt von Wurtz Suppl. I, 381.
Jodsalicylsäuren , untersucht von
Lautemann CXX, 300.
Jodschwefel S2J , untersucht von
Guthrie CXX, 352.
Jodtoluylsäure , untersucht von
Griefs CXVII, 61.
Jodwasserstoffs. Glycidäther, ein-
fach- , untersucht von Beboul
Suppl. I, 227.
K.
Kaffeebohnen, über das Vorkommen
von Chinasäure in denselben.
von Zwenger und Siebert
SuppL I, 77.
Kaffein vgl. Caffem.
Kali : technische Bestimmung von
Kali neben Natron in neutralen
und alkalischen Verbindungen
nach Mohr CXIX, 123.
KaUum, Erkennung durch Spectral-
beobachtungen nach Kirchhoff
und Bunsen CXVIH, 355;
Atomgewicht nach St a s Suppl. I,
76.
Ketone, über die Natur derselben,
von Freund CXVIII, 1; über
die den Ketonen beizulegenden
Formeln, von Petersen CXVIII, 1
75.
Knallsäure, über die rationelle For-
ihel derselben, von Schisch-
koff Suppl. I, 104.
Knorpel : über Bildung von Zucker
aus demselben und die Umsetzung
des genossenen Knorpels im
menschlichen Körper, von Fi-
scher und Bödeker CXVII,
111; über das im Magen aus
Knorpel entstehende Pepton, von
Marcet CXX, 250.
Kohlensäure, Bestimmung in koh-
lens. Salzen nach K o Ib e CXIX,
129; über die Daratellung fester,
von Loir und Drion CXX,
211; directe Umwandlung der
Kohlensäure zu Ameisensäure
nach Kolbe und Schmitt
CXIX, 251.
Kohlenwasserstoffe : über einige
Derivate der Kohlenwasserstoffe
CnHa, von Guthrie CXIX, 83.
Kreatinin : über die Beziehungen
zwischen Guanin, Xanthin, Theo-
bromin, Caffein und Kreatinin,
von Strecker CXVIII, 151;
Mittheilungen über das Kreatinin
von Neubauer CXIX, 27;
CXX, 257.
Kreosot, über einen rothen Farb-
stoff aus demselben , von Kolbe
und Schmitt CXIX, 169.
Krokonsäure, Beitrag zur Kenntnifs
derselben, von Will CXVIII, 177.
Krystallisation , über Filtration der
Luft in Beziehung auf dieselbe,
von Schröder CXVn, 278.
Sachregister,
367
Kupfer, Darstellung von fein zer-
theUtem nach Schiff CXVIII,
89.
L.
Lactäthylamid , untersucht von
. Wurtz und Friedel CXIX,
372.
Lampe vgl. Gebläselampe.
Legirung , W o o d *s leichtflüssige
CXVII, 144.
Leucin , über Entschwefelung des-
selben, von Gorup-Besanez
CXVIII, 230#
LeucindinschwefelsäurC, untersucht
von G. u. A. Schlieper CXX,
34.
, Leucinsäure, untersucht von W a a g e
CXVIH, 295.
Leucinsäurenitril , über das s. g.,
von Erlenmeyer CXIX, 17.
Leukonsäure, untersucht von Will
CXVIII, 184.
Lithion, über das Vorkonmien in
Meteoriten, von "Wo hl er CXX,
253.
Lithium, Erkennung durch Spec-
tralbeobachtungen nach Kirch-
hoff und Bunsen CXVIII, 353.
Lösungen, vgl. Salzlösungen.
Luft : über Filtration der Luft in
Beziehung auf Gährung, FäulniTs
und Krystallisation, von Schrö-
der CXVn, 273.
Luteolin, untersucht vonS c h ü t z e n-
b erger und Paraf Suppl. I,
256.
M.
Magensaft, über die Bestandtheile
desselben, von Marcet CXX,
250.
Magnesia vgl. Periklas.
Magneteisen , künstlich krystallisirt
erhalten von Deville CXX,
182, von Debray CXX, 184 f.,
von Kühl mann CXX, 186.
Magnoferrit, künstlich nachgebildet
von Deville CXX, 183.
Maleinsäure, Untersuchungen über
dieselbe von Kekuli Suppl.
I, 129.
Mandelöl, über die Einwirkung
der Salpetersäure , von Arppe
CXX, 292.
Manganoxydoxydul vgl. Haus-
mannit.
Manganoxydul, krystallisirt erhalten
von Deville CXX, 183.
Mannit, über die Producte der
Einwirkung des Platinmohrs,
von Gorup-Besanez CXVIU,
257.
Mannitose , untersucht von G o r up-
Besanez CXVIII, 273.
Mannitsäure, untersucht von Go-
rup-Besanez CXVin, 259.
Meconin, Mittheilungen über das-
selbe von Matthiessen und
Fester Suppl. I, 332 f.
Menthaöl, über festes des Handels,
von Gorup-Besanez CXIX,
245 ; Untersuchungen über den
Menthacampher von Oppen-
heim CXX, 350.
Mercaptan, Bildung aus Essig-
äther nach Schiff CXVUI, 90.
Metaglycerin, untersucht vonLou-
ren90 CXIX, 232.
MetalUegirung vgl. Legirung.
Metastyrol, über das Vorkommen
desselben, von Kovalevsky
CXX, 66.
Meteoriten, über das Vorkommen
von Lithion in denselben, von
Wöhler CXX, 253.
Methionsäure , Bildung aus Milch-
säure nach Strecker CXVIII,
291
Methylenitan , untersucht von B u t-
lerow CXX, 296.
Milchsäure, über die Bildung der-
selben aus Propionsäure , von
Friedel und Machuca CXX,
285; über die Einwirkung der
rauchenden Schwefelsäure , von
Strecker CXVIII, 290; Unter-
suchungen über Milchsäure von
Wurtz und Friedel CXJX,
369 ; über eine der Milchsäure
isomere Säure, von Beilstein
CXX , 234 f.
368
Sachregister.
Milchzucker y über eine neaeStture
aus demselben, von Hlasiwetz
CXIX, 281.
Mineralien, über die künstliche
Nachbildung krjstallisirter , von
DeviUe CXX, 176 ff.
Mineralwasser : Untersnchung der
Mineralquellen von Wiesan in
der Oberpfalz, von Gorup-Be-
sanez CXIX, 240.
Mohrrübe, vgl. Daucus carota.
Molybdänsäure, über die Darstel-
lung und quantitative Bestim-
^mung, von Wich CXVIII, 43.
Monarsonium - Verbindungen , un-
tersucht von Hofmann Suppl.
I, 811.
Monobromäpfelsäure, untersucht
von Kekul^ Suppl. I, 361 ff.
Monobrombernsteinsäure , unter-
sucht vonKekul^ CXVII, 125.
Monobrombuttersfture vgl. Brom-
buttersäure.
Monobromcitraconsäureanhydrid, .
untersucht von Kekul^ Suppl.
I, 351.
Monobrommaleinsäure , untersucht
von Kekul^ Suppl. I, 367 f.
Monochlorbenzo^säure (aus Salicyl-
säure) und daran sich anschUe*
fsende Verbindungen, untersucht
von KekuU CXVII, 160 ff.,
157.
Monoj odsaUcylsäure , > untersucht
von Lautemann CXX, 302.
Monophosphonium - Verbindungen,
untersucht von H o f m a n n SuppL
I, 154.
Myrons. Kali, über die Zusammen-
setzung desselben, von Will
CXIX, 376.
N.
Naphtalin , Einwirkung der ünter-
salpetersäure untersucht von
Guthrie CXIX, 89.
Narcotin , über die chemische Con-
stitution desselben und seiner
Zersetzungsproducte , yon Mat-
thiessen und Foster Suppl.
I, 330.
Natrium, Erkennung durch Speo-
tralbeobachtungen nach Kirch-
hoff und Bunsen CXVIII,
353; Atomgewicht nach Stas
Suppl. I, 75.
Nicotin, Verbindung mit Chlor-
benzoyl untersucht durch Will
CXVIII, 206.
Nitrobenzol, über eine durch Oxy-
dation daraus entstehende Säure,
von Church CXX, 338.
Nitrochlorbenzogsäure , untersucht
von Kekuld CXVII, 153.
Nitroform, Mittheilung über das-
selbe von Schischkoff CXIX,
247.
Nitrokohlenstoff, Vierfach-, unter-
sucht vonSchi#chkoff CXIX,
247.
Nitroxm s Unter Salpetersäure CXIX,
83.
0.
Oenanthol, über die Einwirkung
des Aetzkalks, von Fittig
CXVII, 76.
Oenanthsäure und Aethyläther der-
selben, untersucht von Fischer
CXVm, 307.
Oenanthylalkohol und Derivate
desselben, untersucht von Pe-
tersen CXVIII, 70.
Oenanthylsäure , über den durch
Destillation mit Baryt entstehen-
den Kohlen Wasserstoff, von B i c h ^
CXVII, 267.
Opiansäure, Zersetzungen derselben
untersucht von Matthiessen
und Foster Suppl. I, 332.
Orcin und Derivate desselben, un-
tersucht von Hesse CXVU, 323.
Orsellinsäure, untersucht vonH esse
cxvn, 311.
Osmium , Cyanverbindungen des-
selben untersucht von Martins
CXVII, 361.
Oxäthyhriäthylphosphonium - Salze,
untersucht von H o f m an n Sappl.
I, 165.
Oxäthyltrimethylphosphonium-
Salze, untersucht von Hof-
mann Suppl. I, 286.
Sachregister.
369
Oxalsäure, Bildung durch Oxyda-
tion von Cyanverbindungen,
nach Berthelot CXX , 264;
Bildung aus Alkohol durch Baryt
bei gewöhnlicher Temperatur,
nach Berthelot Suppl. I, 144.
Oxals. Aethyl, über die Darstellung
desselben von Kolbe CXIX,
172, von Toussaint CXX,
237.
Oxalurs. Salze» untersucht von
Waage CXVIII, 301.
Oxaminsäure, über Darstellung
und Eigenschaften . derselben,
von Toussaint CXX, 237.
Oxybenzaminsäure vgl. Amidoben-
zoesäure.
Oxy buttersäure , untersucht von
Friedel und Machuca CXX,
284.
Oxydibromphenylschwefelsäure,
untersucht von Schmitt CXX,,
161.
Oxyphenylschwefelsäure , unter-
sucht von Schmitt CXX, 148.
Oxysalicylsäure ,, untersucht von
Lautemann CXX, 311.
Oxytolfiäure, untersucht von Fittig
CXX, 217.
Ozon : über die Anwendung zur
Reinigung vergilbter Drucke
u. a., von Gorup-Besanez
CXVIII, 232.
P.
Paraban säure aus Guanin unter-
sucht von Strecker CXVIII,
156; Umwandlung der Paraban-
säure zu Cholestrophan , von
Demselben CXVIII, 173.
Paradiphosphonium -Verbindungen,
untersucht von H o f m a n n SuppL
I, 208.
Paraldehyd, untersucht von Lie-
ben Suppl. I, 115.
Pentaäthylenalkohol , dargestellt
von Loüren90 CXVII, 270.
Periklas , künstlich krystallisirt er-
halten von Deville CXX, 183,
von Debray CXX, 184.
Pfeffermünzstearopten vgl. bei Men-
thaöl.
Phenylschwefelsäure C12H6S2O8, un-
tersucht von Freund CXX, 76.
Phenylschweflige Säure o. Phenyl-
schwefelsäure CiäHßSgOe, unter-
sucht von Freund CXX, 76,
von Schmitt CXX, 152.
Philly genin, untersucht von Ber-
tagnini und Luca CXVIII,
127.
Phillyrin, untersucht von Bert ag-
nini und Luca CXVlII, 124.
Phloramin, untersucht vöu Hlasi-
wetz CXIX, 202.
Phloretin, Einwirkung des Broms
untersucht von Schmidt und
Hesse CXIX, 103.
Phloridzinzucker , untersucht von
Schmidt CXIX, 92.
Phloroglucin, Untersuchungen über
dasselbe von Hlaslwetz CXIX,
199.
Phosphammonium - Verbindungen,
untersucht von H 0 f ma n n Suppl.
I, 275.
Phospharsonium- Verbin düngen, un-
tersucht von Hof mann Suppl.
I, 275, 306.
Phosphor, über die Zertheilung
desselben durch Harn, von
Schiff CXVIU, 88.
Phosphorbasen, zur Kenntnifs der-
selben , von H o f m a n n Suppl.
I, 1, 145, 275.
Phosphorsäure, über die Titrirung
derselben , von Boedeker
CXVn, 195; über Fleitmann
u. Henneberg' s phos^hors.
Salze, von Uelsmann CXVIII,
99; über den Phosphorsäuren
sich anschliefsende Gruppen
neuer organischer Körper, von
Carius CXIX, 289.
Pikroerythrin, untersucht von Hesse
CXVII, 320.
Piperin säure , über die Spaltung
derselben durch Kalihydrat, von
Strecker CXVIII, 280.
Platin , Cyanverbindungen dessel-
ben untersucht von Martins
CXVII, 374.
Platinmetalle : Darstellung der ein-
zelnen aus den Platinrückstän-
den nach Martins CXVII, 357;
Untersuchungen über Platinme-
talle vonGibbsCXX, 99; über
Annal. d. Chem. u. Pharm. CXX. Bd. 3. Heft.
25
370
Sachregister,
einige Cyanverbindungen der
PlatinmetaMle , von Martins
CXVII , 357.
Polyäthylen - Alkohole , untersucht
von Louren9 0 CXVII, 269,
besprochen von Wurtz Suppl.
I, 91; Oxydation derselben un-
tersucht von Wurtz CXVII,
136.
Polyglycerin - Alkohole , Untersu-
chungen über dieselben von
Louren9 0 CXIX, 228; über
einige Aethylätherarten dersel-
ben, von Reboul und Lou-
ren90 CXIX, 233.
Propionsäure , Einwirkung des
Broms und Umwandlung dersel-
ben zu Milchsäure untersucht
von Friedel und Machuca
CXX, 285.
Propionyläthyl , untersucht von
Freund CXVm, 9.
Propylalkohol, Bildung aus Pro-
pylglycol nach Wurtz Suppl.
I, 380.
Propylen, Umwandlung des ein-
fach - gebromten zu Allylen nach
Sawitsch CXIX, 185.
Propylenoxyd, untersucht von 0 ser
Suppl. I, 253.
Propylglycol , Bildung aus Glyce-
rin nach Louren9 0 CXX, 89;
Keduction zu Propylalkohol nach
Wurtz Suppl. I, 380.
Protocatechusäure, untersucht von
Strecker CXVIII, 285.
Pyrocatechin vgl. Brenzcatechin.
Pyroglycerinalkohol , untersucht
von Louren9o CXIX, 230.
Pyroglycid, untersucht von Lou-
ren90 CXIX, 232.
Pyroguajacin, untersucht von Hl a-
siwetz CXIX, 277.
Pyroweinsäure vgl. Brenzweinsäure.
Pyrrolroth, zur Geschichte dessel-
ben, von Hesse CXIX, 368.
0.
Puarfri - Verbindungen vgl. Tetror-
Verbindungen.
Quadribromery thrin, untersucht von
Hesse CXVII, 309.
Quadribromphloretin , untersucht
von Schmidt und Hesse
CXIX, 105.
Quercetin, untersucht von Zwen-
ger und Dronke Suppl. I, 261.
Quercetinsäure , Einwirkung von
Chloracetyl untersucht von
Pfaundler CXIX, 213.
Quercitrin, untersucht von Zw en-
ger imd Dronke SuppL I, 266.
R.
Radicale, über s. g. sauerstoffhal-
tige, von Freund CXVHI, 33;
vgl. Alkoholradicale.
Rhodium, Cyanverbindungen des-
selben untersucht von Martins
CXVII, 372.
Rhodizonsäure , untersucht von
Will CXVm, 187.
Ricinnsöl, über die Producte der*
Destillation desselben mit Na-
tronhydrat , von Petersen
CXVIII, 69; über die Einwir-
kung der Salpetersäure , von
Arppe CXX, 288.
Robinin, untersucht von Z w e n g e r
und Dronke Suppl. I, 257.
RocceUsäure, untersucht von Hesse
CXVn, 332.
Rubidium, Mittbeilung über das-
selbe von Bunsen CXIX, 107.
Rutil, künstlich krystallisirt erhal-
ten von Deville CXX, 181 f.
S.
von
Salicinzucker , untersucht
Schmidt CXIX, 92.
SaUcylsäure , Beitrtlge zur Kennt-
nifs derselben von Kekul^
CXVn, 145 ; Beitrag zur Kennte
nifs der Salicylsäuren, von Lau-
te mann CXX, 299; Umwand-
lung der SaUcylsäure zu Gallus-
säure nach Lautemann CXVIII,
124; über die Umwandlung der-
selben zu Oxysalicylsäure und
Sachregister.
371
Oxy phenylsäure , von Laute-
mann CXVIII, 872.
Saligenin, Untersuchungen über
dasselbe von Beilstein und
Seelheim CXVII, 83.
Salpetersäure) über die Bildung
beim Verbrennen von Wa«ser-
stofiP in stickstoffhaltigem Sauer-
stoff, von Kolbe CXIX, 176.
Salpeters. Natron , über das Ver-
halten zum Brannstein , von
Wöhler CXIX, 375. '
Salpeters. Silberoxyd, Zusammen-
setzung nach S t a 8 Suppl. I, 66.
Saljlsäure, Bildung ans Diazoben-
zoe-Amidobenzo^säure und Ami-
dobenzamid nach G r i e fis CXVII,
34, 36, 65; über die Zersetzung
der Salylsäure durch Aetzbaryt,
von Cann iz^aro Suppl. I, 274;
vgl. bei Benzoesäure.
Salzlösungen : über die Neutrali-
sation der Farbe bei der Mi-
schung gewisser Salzlösungen,
von Field CXX, 344.
Sandsteine : Analysen glaukoni-
tischer und kalkiger Sandsteine
der Kreideformation bei Orten-
burg in Niederbayem, von B o f s-
hirt CXVIII, 251.
Sauerstoff : über die Fabrikation
des Gases, von Deville und
Debray CXVII, 295; Bestim-
mung des Sauerstoffs, nament-
lich in den Oxydationsstufen des
Stickstoffs , nach Petersen
CXVIII, 79; Bestimmung der
zur Verbrennung organischer
Stoffe nöthigen Sauer stoffmenge,
von Stromeyer CXVII, 247.
Schwefel, Atomgewicht nach Stas
Suppl.- 1, 75.
Schwefeläthylamyl, untersucht von
Cariu^ CXIX, 317; vgl. CXX,
63, 66, 255, 356.
Schwefeläthylmethyl , untersucht
von Carius CXIX, 314; vgl.
CXX, 64, 255, 356.
Schwefelbenzyl (Zweifach-), unter-
sucht von Vogt CXIX, 145.
Schwefelcadmium vgl. Greenockit.
Schwefelcyan vgl. Cyansulfid.
Schwefelkohlenstoff : über die Ein-
wirkung von Einfach-Schwefel-
kohlenstoff auf Antimonsuper-
chlorid, von Husemaon CXVII,
229.
Schwefellebem , über die Analyse
derselben, von Schiff CXVII,
95.
Schwefelsäure , Beduction zu
Schwefelwasserstoff durch Was-
serstoff im Entstehungszustand,
nach Kolbe CXIX, 174.
Schwefels. Bleioxyd , Zusammen-
setzung nach Stas Suppl. I, 71.
Schwefels. Silberoxyd, Zusammen-
setzung nach Stas Suppl. I, 73.
Schwefelsilber , Zusammensetzung
nach Stas Suppl. I, 66.
Schwefelzink, hexagonal krystalli-
sirt erhalten von Deville und
T r o o s t CXX, 1 86 ; vgl. Wurtzit.
Söhweflige Säure, über ein neues
Reagens für dieselbe, von Boe-
deker CXVII, 193; Nachwei-
sung geringer Mengen des Ga-
ses nach Schiff CXVIII, 91;
Absorption des Gases in Wasser
untersucht von Sims CXVIII,
334; über die Einwirkung der
schwefligen Säure auf einige
^ Metalle und Metalloxyde bei
höherer Temperatur, von Schiff
CXVII, 92.
Selensäure , Darstellung nach F a-
bian Suppl. I, 241; Verhalten
zum Alkohol, nach Demselben
Suppl. I, 244.
Silber, Darstellung von reinem und
Atomgewicht desselben nach
Stas Suppl. I, 64, 75.
Silicate, künstliche Nachbildung
kry stallisirter n ach Deville
CXX, 176, 179.
Silicium, über das Atomgew. des-
selben, von Schiel CXX, 94.
Solanidin, untersucht von Z w e n g e r
und Kind CXVIII, 140.
Solanin, untersucht von Z w e n g e r
und Kind CXVIH, 129.
Spectralbeobaohtungen vgLAnalyse.
Stannäthyle, über die Zusammen-
setzung derselben, von Kekul^
CXIX, 190.
Stickoxydul, Darstellung auf nas-
sem Wege nach SchiffCXVm,
84.
Stickstoff, Atomgewicht nach Stas
Suppl. I, 75 ; Bestimmung des
372
Sachregister,
Sanentoffgelialtes in den Oxy-
dationsstufen des Stickstoffs nach
Petersen CXVIII, 79.
Strontium, Erkennung durch Spec-
tralbeobachtangen nach Kirch-
hof f und B u n 8 e n CXVIII, 356.
Snlfanilidsäure, Beitrag zur Kennt-
nifs derselben von Schmitt
CXX, 129.
Sulfobenzid, untersucht von Freund
CXX, 81.
Sulfophosphorsftureanhydrid , Ein-
wirkung auf Methyl- und Amyl-
alkohol untersucht von Kova-
levsky CXIX, 303.
Sumpfgas, Vorkommen im Salzberg-
werke von Wieliczka nach P eb a 1
CXVIII, 27.
T.
Ter- Verbindungen Tgl. Tri-Verbin-
dungen.
Terephtals&ure , Mitth^ung über
dieselbe von Warren de la
Rue und Müller CXX, 344.
Terpilen - Dibromhydrat dargestellt
von Berthelot CXVIII, 376.
Tetra - Verbindungen vgl. Quadri-
Verbindungeii.
Tetrabrombuttersäure , untersucht
Von Schneider CXX, 281.
Tetrasulfophosphors. Amyl, unter-
sucht von K oval evsky CXIX,
310.
Theobromin : über die Beziehungen
zwischen Guanin, Xuithin, Theo-
bromin , Caffem und Kreatinin,
von Strecker CXVIII, 151
(Umwandlung des Theobromins
zu Caffeün 170).
Titanoxyd, blaues, untersucht von
Deville CXX, 182.
Titansäure vgl. Rutil.
Toluol, über die Einwirkung der
Salpetersäure, von F i 1 1 i g CX VI I,
191, CXX, 214; vgl. bei Benzol.
Toluylsäure, über die aus Cyan-
benzyl dargestellte , von Can-
nizzaro CXIX, 253.
Topas, über die Bildung desselben
von Deville CXX, 176.
Trapa natans, Analysen der Asche
und des Wassers, in welchem
diese Pflanze wuchs, mitgetheilt
von Gorup-Besanez CXVIII,
220.
Traubensäure, Bildung aus Bem-
steinsäure CXVII, 132 f. (vgl.
Weinsäure); über die aus Bi-
brombernsteinsäure entstehende,
von Kekul^ Suppl. I, 376;
Bildung aus Dulcin nach C a r 1 e t
CXVII, 143.
Traubenzucker , untersucht von
Schmidt CXIX, 92.
Triäthylarsin , Einwirkung des
ßromäthylens untersucht von
Hofmann Suppl. I, 311.
Triäthylenalkohol , Oxydation des-
selben untersucht von Wurtz
CXVII, 139.
Triäthyl-Glycerinäther , untersucht
von Reboul und Louren^o
CXIX, 238.
Triäthylphosphin und Derivate des-
selben untersucht von Hof-
mann Suppl. ly 2 (Schwefel-
kohlenstoff-Verbindung 26 ; Ver-
bindung mit Schwefelcyanphenyl
36 ; Einwirkung von Schwefel-
cyanallyl 47; Verhalten zu
Schwefelcyanäthyl und Schwe-
felcyanäthylen 53 , zu Cyan-
säureverbindungen 57 ; Einwir-
kung von Bromäthylen 151, 202,
von Bromvinyl 209 , von Chlor-
äthylen 276, von Jodäthylen
279 ; Verhalten zu Bromophenyl-
ammoniumsalzen 322, zuCbloro-
benzol 323).
Triäthylphosphinoxychlorid, unter-
sucht von Hof mann SuppL I,
19.
Triäthylphosphinoxyd und Verbin-
dungen desselben untersucht
von Hofmann Suppl. I, 7;
zur Kenntnifs des Triäthylphos-
phinoxyds, von Pebal CXX,
194.
Triäthylphosphinsulüd , untersucht
von Hofmann Suppl. I, 21.
Triäthyl-Pyroglyoerinäther, unter-
sucht von Reboul und Lou-
ren^o CXIX, 285.
Sachregister.
373
Trijodpfaenylsäure, untersucht von
Lautemann CX3t, 307.
Trijodsalioylgäure, untersucht von
Lautemann CXX, 306.
Trimethylphosphin, Verhalten des-
selben untersucht von Hof-
mann Suppl. I, 59; Einwir-
kung des Bromids des bromo-
äthylirten Triäthylphosphoniums
untersucht von H o f m a n n Suppl.
I, 280, des Bromäthylens da-
selbst 281.
Trinitroacetonitril, Mittheilung über
dasselbe von Schischkoff
CXIX, 249. «
Trinitrooxybenzylensäure , unter-
sucht von Griefs CXVII, 29.
Tritomit von Brevig, analysirt von
Möller CXX, 241.
u.
Ueberhamsäure , s. g., untersucht
von Strecker OXVIII, 155.
Uebermangans. Kali , über die Ein-
wirkung auf Jodkalium, von
Weltzien CXX, 349.
Ultramarin , über die Zusammen-
setzung des blauen, von Böck-
mann CXVIII, 222.
Umbelliferon, untersucht von M ö s s-
mer CXIX, 260.
Unterschwefelsäure , Beitrag zur
Kenntnifs derselben von Kraut
CXVIII, 95.
Usninsäuren, untersucht von Hesse
CXVU, 343.
V.
Valeraldehyd, über die Einwirkung
des Aetzkalks, von F i 1 1 i g CXVII,
68.
Valerolactinsäure , identisch mit
Aethylmilchsäure nach B u 1 1 e-
row CXVIII, 326.
Verbindungen , Classification der
organischen nach K e k ul ^ CXVII,
127; über eine neue Klasse or-
ganischer Verbindungen, in wel-
chen Wasserstoff durch Stickstoff
vertreten ist, von Griefs CXVII,
1 ; über neue organische Ver-
bindungen, in denen Wasserstoff
durch Stickstoff vertreten ist, von
Griefs Suppl. I, 100; über eine
neue Klasse von Verbindungen
durch Substitution electronegati-
ver Körper an die Stelle der
Metalle in Sauerstoffsalzen, von
Schützenberger CXX, 113;
über die Einführung von Was-
serstoff in organische Verbin-
dungen , von K o 1 b e CXVIII, ,
122, von Zinin CXIX, 179;
über den Phosphor säuren sich
anschHefsende Gruppen neuer
organischer Körper, von C a r i u 8
CXIX, 289.
Vinyltriäthylarsonium - Verbindun-
gen, untersucht von Hof mann
Suppl. I, 3ia.
Vinyltriäthylphosphonium - Salze,
untersucht von H o f ma n n Suppl.
I, 173.
w.
Wärme, über die spec. Wärme der
Gase, von Clausius CXVIII,
106 ; Bemerkungen zu dieser Ab-
handlung von Buff CXVIII, 120.
Wallrath, über die Einwirkung der
Salpetersäure, von A r p p e CXX,
292.
Wasser, Ausdehnung bei höheren
Temperaturen nach M e n d e 1 e-
je ff CXIX, 9; Verfahren zur
Bestimmung der Härte des Was-
sers, von Wilson CXIX, 318.
Wasserstoff, über die Einführung
desselben in organische Verbin-
dungen, von Kolbe CXVIII,
122, von Zinin CXIX, 179.
Wau, vgl. Luteolin.
Weingeist vgl. Alkohol.
Weinsäure, Bildung ausBemstein-
säure nach Kekulä CXVII,
120, Suppl. I, 365, nach Per-
kin und Duppa CXVII, 130
(vgl. CXVII, 132 f. u. Suppl. I,
376); Bildung aus Monobrom-
374
Sachregister.
äpfelsänre nach Eekal^ Snppl.
I) 362; Umwandlung zu Bem-
steinsäure nnd zu Aepfelsäure
nach Dessaignes GXYII, 134.
Willemit, künstliche Nachbildung
nach Deville CXX, 179.
Wismuth : über Wismuthoxvdul
und Wismutbstannat, von 8 c h i f f
CXIX, 331 ; über Wismuthsäure,
Wismuthoxyd und Verbindungen
beider, von Demselben GXIX,
342.
Wolfram (Mineral), künstlich kry-
stallisirt dargestellt von Geu-
ther und Forsberg CXX, 270.
Wolframs. Salze, über krystallisirte,
von Geuther und Forsberg
CXX, 270.
Wurtzit, untersucht Ton Friedel
CXX, 186.
X.
Xanthin : über die Beziehungen
zwischen Guanin, Xanthin, Theo-
bromin, Gaffern und Kreatinin,
von Strecker. CXVin, 151
(über das Xanthin aus Guanin
166).
z.
Zimmtsäure, Vorkommen in Ben-
zoeharz nach Eolbe und Lau-
te mann CXIX, 139.
Zinkäthyl, über die Darstellung
desselben, von Pebal CXVIII,
22.
Zinn : über die Titrirung des Zinns,
von Stromeyer CXVII, 261.
Zinnäthyle, vgl. Stännäthyle.
Zinnoxydul : über die Verbindun- ,
gen mit Zinnsäure und Antimon-
säure, von Schiff CXX, 47.
Zinnsäure, über die Verbindungen
mit Zinnoxydul, Yon Schiff
CXX, 47.
Zinnstein, künstlich krystallisirt
erhalten von D e ville CXX, 181.
Zirkon, über die künstliche Nach-
bildung, von Deville CXX, 176.
Zucker : Bildung einer zuckerarti-
gen Substanz durch Synthese, von
Butlerow CXX, 295; über die
Bildung von Zucker aus Knorpel,
von Fischer und Boedeker
CXVII, 111; zur Geschichte der
Zackerbildung aus Leim, von
Schiff CXIX, 256; über Trau-
benzucker , SaHcinzucker und
Phloridzinzucker, von Schmidt
CXEX, 92.
Autorenre^ster.
A.
Arppe (A, E.), zweite Mitthei-
über die Oxydationsproducte der
Fette CXX, 288.
B.
Baeyer (A.), vorläufige Notiz
über das Hydantoin CXVn, 178.
— , Beiträge znr Kenntnifs der
HarDSänregruppe . CXIX , 1 26.
Barth (h.), über die Einwirkung
des Chlors auf den Amylalkohol
CXIX, 216.
Bauer (A.), über einen neuen mit
dem Aldehyd isomeren Körper
CXVII, 141.
— , über einige Reactionen des
Bromamylens CXX, 167.
— , über eine merkwürdige Er-
scheinung bei der Destillation
eines Gemenges von Bromäthylen
und Brompropylen Suppl. I, 250.
Baumgarten, harnsaures Natron,
in durchsichtigen Kugeln er-
scheinend CXVn, 106.
Baumhauer (E. H. v.) , über
das specifische Gewicht der
Mischungen aus Alkohol und
Wasser CXVII, 391.
Beilstein (F.), über die Einwir-
kung des Jodphosphors auf Gly-
cerinsäure CXX, 226.
Beilstein und Seelheim, über
das Saligenin CXVII, 83.
Bertagnini und S. de Luca,
über die chemische Constitution
des Phillyrins CXVin, 124.
Berthelot (M.), über das Ter-
pilen-Dibromhydrat CXVIII, 376.
— , Bildung von Oxalsäure durch
Oxydation von Cyanverbindun-
gen CXX, 254.
— , über die Oxydation des Alko-
hols bei Einwirkung von Baryt
bei gewöhnlicher Temperatur
SuppL I, 144.
Berthelot (M.) undA. de Fleu-
rieu, über die Zersetzung der
Aetherarten durch wasserfreie
Alkalien Suppl. I, 271.
Böckmann (A.), über die Zu-
sammensetzung des blauen Ul-
tramarins CXVIII, 212.
Boedeker (C), das Alkapton ;
ein Beitrag zur Frage : welche
Stoffa des Harns können aus
376
Autorenregister,
einer alkalisclieii Kupferoxydlo-
lösimg Eupferoxjdol reduciren?
CXVII, 98.
Boedeker (C), ein neues Rea-
gens für schweflige Säure CXVII,
193.
— , Titrirong der Phosphorsäare
nnd des Arsens CXVII, 195.
Boedecker nnd Fischer vgL
Fischer nnd Boedeker.
Borodine (A.), über Bromvale-
, riansäure nnd Brombuttersänre
CXIX, 121.
Bnff(H.), Bemerknngen>zu Clan-
sins' Abhandlung aber die
spec. Wärme der Gase CXVHI,
120.
— , über die Vertheilnng derElec-
tricität in Nichtleitern CXIX, 53.
Bnnsen (R.), über Cäsium und
Rubidium CXIX, 107.
Bunsen (R.) und Kirchho'ff
vgl. Eirchhoff und Bunsen.
Bntlerow (A.), über die Aethyl-
milcbsäure CXVIII, 325.
— , Bildung einer zuckerartigen
Substanz durch Synthese CXX,
295.
— , / über eine neue Bildungsweise
des Aethylens und seiner Homo-
logen CXX, 356.
c.
C an n i z z ar o (S.), über den Anisal-
kohol und zwei dayon sich ab-
leitende sauerstoflhaltige Basen
CXVII, 238.
— , ^ über den Anisalkohol und
eine neue der Anissäure homologe
Säure CXVII, 243.
— , über die aus Cyanbenzyl dar-
gestellte Toluylsäure CXIX, 253.
— , über die Zersetzung der Salyl-
säure durch Aetzbaryt Suppl. I,
274.
Carius (L.) , über den Phosphor-
säuren sich anschliefsende Grup-
pen neuer organischer Körper
CXIX, 289.
— , über die Doppelsulfide der Al-
koholradicale CXIX, 313.
— , Erklärung zu einer „Berich- .
tigung u. 8. w. von Herrn Li n n e-
mann* CXX, 255.
Carius und Wanklyn Tgl.
Wanklyn und Carius.
Ca riet (H.), über die Producte
der Einwirkung der Salpetersäure
auf Dulcin CXVII, 143.
Caventou (£.), über die Brom-
substitutionsproducte des Brom-
äthyls und die Umwandlung des
Alkohols zu Glycol CXX, 322.
Church (A. H.), Yorlänfige Notiz
über eine neue, mit der Benzoe-
säure homologe Säure CXX, 336.
Clark (T. E.), über die Krystall-
form des FichteUts CXIX, 226.
Clausius (R.), über die speci-
fische Wärme der Gase CXVIII,
106.
D.
Debray(H.), über die Darstellung
krystallisirter Metalloxyde CXX,
184.
Debray (H.) und Deville vgL
Deville und Debray.
D e b u s (H.) , Bemerkungen zn
Eolbe's und Lautemann's
Ansichten über die Natur des
Glycols und Glyoxals CXVHI,
253.
Dessaigne8(V.), Aepfelsäure er-
halten durch Desoxydation der
Weinsäure CXVII, 134.
Deville (H. Sainte-Claire ),
über die künstliche Nachbildung^
krystallisirter Mineralien CXX,
176 ff.
Deville(H.Sainte-Claire)und
Debray, über die Fabrikation
von Sauerstoffgas CXVII, 295.
Deville(H. Saint e- Ciaire) and
Troost, über die Darstellung
krystallisirter Schwefelmetalle
CXX, 186.
Drion (Ch.) und Loir vgl. Loir
und Drion.
Dronke (F.) und Zwenger vgl.
Zwenger und Dronke.
Duppa (B.F.) und Perkin vgl.
Perkin und Duppa.
AiUorenregisier.
377
E.
Erdmann (J.), zum Nachweis
organischer Alkalo'ide CXX, 188.
Erdmann (J.) und Uslar vgl.
Uslar und Erdmaun.
Erlenmeyer (E.), über dag so-
genannte Leucinsäurenitril und
die Amins&uren der Glycolsäure-
reihe CXIX, 17.
F.
Fabian (C), über das Verhalten
der Selensäure zum Aethylalko-
hol Suppl. I, 241.
Field (F.), über die Neutralisation
der Farbe bei der Mischung ge-
wisser Salzlösungen CXX> 844.
Fischer (A.) , Untersuchungen
über die Oenanthsäure und den
Oenanthsäure - Aethyl&ther
CXVm, 307.
Fischer '(Gr.) und Boedeker,
künstliche Bildung von Zucker
aus Knorpel (Chondrogen) , und
über die Umsetzung des genos-
senen Knorpels im menschlichen
Körper CXVII, 111.
Fit t ig (B.), über die Zersetzung
einiger Aldehyde bei der Ein-
wirkung des cauatlschen Kalks
CXVII, 68.
— , Torl&ufige Notiz über eine neue
Säure aus Toluol CXVII, 191.
— , über die Qxydationsproducte
des Toluols durch verdünnte
Salpetersäure CXX, 214.
Fleurieu(A.de) und Berthelot
vgl. Berthelot und Fleurieu.
Forsberg (E.) und Geuther
vgl. Geuther und Forsberg.
Fester (G.C), über dieAoetoxy-
benzaminsäure , eine mit der
Hippursäure isomere Säure
CXVII, 166.
Foster (G. C.) und Matthies-
sen vgl. Matthiessen und
Foster.
Fresenius (R.), Verhalten des
Chlorkalks bei nach und nach
erfolgender Behandlung mit Was-
ser, nebst Bemerkungen in Be-
treff seiner Constitution CXVIÜ,
317.
Freund (A.), über die Natur der
Ketone CXVIII, 1.
— , über s. g. sauerstoffhaltige
Radicale CXVIII, 33.
— , Beiträge zur KenntniTs der
phenylschwefligen und der Phe*
nylschwefelsäure CXX, 76.
Friedel, über den WurtzitCXX,
186.
Friedel (C.) und Machuca,
über Brombuttersäure und eine
von derselben sich ableitende
neue Säure CXX, 279.
— , über die Umwandlung der Pro-
pionsäure zu Milchsäure CXX,
285.
Friedel nndWurtz vgl. Wurtz
und FriedeL
G.
Geuther (A.), über das magne-
tische Chromoxyd CXVIII, 61.
— , über die Bildung der Bem-
steinsäure aus Leuchtgas CXX,
268.
Geuther (A.) und Forsberg,
über krystallisirte wolfiramsaure
Salze, insbesondere über künst-
lichen Wolfram CXX, 270.
Gi b b 8 ( W.), Untersuchungen über
die Platin-MetaUe CXX, 99.
Giesecke (C), Zusammensetzung
des Eiters CXVII, 110.
Gorup-Besanez (E. v.), Ana-
lysen der Asche von Trapa na-
tans und des Teichwassers, in
welchem diese Pflanze bei Nürn-
berg vorkommt CXVIII, 220.
— , über eine einfache Gewinnung
qnd Reindarstellung des Glyco-
gens CXVIII, 227.
— , über Entschwefelung des Leu*
dns CXVin, 230.
— , über die Anwendung des Ozons
zur Reinigung alter vergilbter
Drucke, Holzschnitte und Ku-
pferstiche CXVIU, 232.
Annal. d. Cbem. u. Pharm. CXX. Bd. 8. Heft.
26
378
AtUorenreffister.
Gorup-Besanez (£. t.), zur
Kenntnils des Glycyrrhizins
CXVIII, 236.
— , über die Producte der Einwir-
kung des Platinmohrs auf Man-
nit CXVni, 257.
— , Analyse der Mineralquellen von
Wiesauin derOberpfalzCXIX,240.
— , über festes Menthaöl des Han-
dels CXIX, 245.
Gorup-Besanez (£. t.) und
Klincksieok, über Monobrom-
buttersänre und Bromvalerian-
sfture CXYIII, 248.
Griefs (P.), über eine neue Klasse
organiscber Verbindungen , in
welchen Wasserstoff durch Stick-
stoff vertreten ist, CXVII, 1.
c > vorläufige Notiz überDiazoben-
zo&säure CXX, 125.
— , vorläufige Notiz über neue or-
ganische Verbindungen, in denen
Wasserstoff durch Stickstoff ver-
treten ist, Suppl. I, 100.
Griefs (P.) und Martins, Notiz
über Aethylenplatinchlorid CXX,
324.
Guthrie (F.), Über einige Derivate
der Kohlenwasserstoffe C^Hn
CXIX 83.
— , über' das Joddisulfid (S^J) CXX,
352.
H.
Herzogenrath (H.), Analyse
der. Asche der Früchte von
Trapa natans CXVIH, 223.
Hesse (0.), über einige Flechten-
stoffe CXVII, 297.
— , über Ceratophyllin CXIX, 366.
— , zur Geschichte des Pyrrol-
rothes CXIX, 368.
Hess e(0.) und Job st vgLJobst
und Hesse.
Hesse (O.) und Schmidt (O.),
vgl. Schmidt und Hesse.
H 1 a s i w e t z (H.), über das Phloro-
glucin CXrX, 199.
— , über die Guajakharzsäure und
das Pyroguajacin CXIX, 2^6.
-^, über eine neue Säure aus dem
Blilchzucker CXIX, 281.
Hofmann (A. W.) , zur Kennt-
nifs der Phosphorbasen Suppl. I,
1, 145 u. 275.
Hübner (H.), über einige Zer-
setzungen des Acetylchlorids
CXX, 330.
Husemann (A.) , über Carotin
und Hydrocarotin CXVII, 200.
— , Notiz über die Einwirkung von
Einfach-Schwefelkohlenstoff auf
Antimonsuperchlorid CXVH, 229.
J.
Job st (J.) und Hesse (O.), über
das neutrale Chininsulfat CXIX,
361.
Jelly (Ph.), über das specifische
Gewicht des flüssigen Ammoniaks
CXVU, 181.
K.
Kalle (W.), über benzylschwef-
lige Säure CXIX, 153.
— , über Benzyl-Aethyl-Aceton
CXIX, 166.
Kekul^ (A.), über die Bromsub-
stitutionsproducte der Bernstein-
saure und ihre Umwandlung in
Weinsäure und Aepfelsäure
CXVII, 120.
— , Beiträge zur Kenntnifs de^
Salicylsäure und der Benzoe-
säure CXVII, 145.
— , Einwirkung von Chloral auf
Natriumalkoholat CXIX, 187.
— , über die Zusammensetzung der
Stannäthyle CXIX, 190.
— , Untersuchungen über orga-
nische Säuren : Fumarsäure und
Maleinsäure Suppl. I, 129 , Ita-
oonsäure und Brenzweinsäure
338, Bibrombemsteinsäure 361.
Kind (A.) und Zwenger vgL
Zwenger und Kind.
Kirchhoff (G.) und Bunsen
(R.) , chemische Analyse durch
Autor enregiater.
379
Spectralbeobachtniigen CXVIII,
349.
Elincksieck, Analyse der Asche
Ton Trapa natans und des Was-
sers, in welchem die Pflanze
wuchs, CXVIII, 222, 224.
Klincksieok und Gorup-Be-
sanez vgl. Gorup-Besanez
und Klincksieck.
Knop (A) , über die Krystallform
der Chinasäure CXIX, 327.
K ob eil (F. V.), über die Dian-
säure CXIX, 283.
Kolbe (H.), über die Einführung
▼on Wasserstoff in qrganische
Verbindungen, und die Umwand-
lang der Salicylsäure in Gallus-
säure CXVIII, 122.
— , directe quantitative Bestim-
mung der Kohlensäure kohlen-
saurer Salze, und Braunstein-
analyse CXIX, 129.
— , Darstellung des Oxalätliers
CXIX, 172.
— , üeberführung der Dicarbon-
säuren in die * zugehörenden
Monocarbonsäuren CXIX, 178.
— , Reduction der Schwefelsäure
zu Schwefelwasserstoff durch
Wasserstoff im Status nascens
CXIX, 174.
— , Bildung von Salpetersäure beim
Verbrennen Yon Wasserstoff in
stickstoffhaltigem Sauerstoff
CXIX, 176.
Kolbe (H.)und Lautemann(£.),
über die Säuren des Benzoöhar-
zes CXIX, 136.
Kolbe (H.) und Schmitt (R.),
rother Farbstoff aus dem Kreo-
sot CXIX, 169.
— , directe Umwandlung der Koh-
lensäure in Ameisensäure CXIX,
251.
Kovalevsky (A.), über die Ein-
wirkung von Sulfophosphorsäure-
anhydrid auf Methyl- und Amyl-
Alkohol CXIX, 303.
— , über das Vorkommen des Meta-
styrols CXX, 66.
Kraut (K.), zur Kenntnifs der
Unterschwefelsäure CXVIII, 95.
— , über die Diamylphosphorsänre
CXVIII, 102.
Kuhlmann, über die Bildung
krystallisirter Metalloxyde CXX,
185.
L.
Lane (L. C), leichtere Abschei-
dung des Inosits CXVII, 118.
Langer(E.)undWawnikiewicz,
Verallgemeinerung der acidime-
trischen Methode CXVII, 230.
Langlois, über die Darstellung
von Chlor- und Bromcyan Suppl. 1,
383.
Lautemann (E.), Torläufige No-
tiz über Umwandlung der Sali-
cylsäure in Oxysalicylsäure und
Oxyphenylsäure CXVm, 372.
— , Beitrag zur Kenntnifs der Sa-
licylsäuren CXX, 299.
Lautemann und Kolbe vgl.
Kolbe und Lautemann.
Lieben (A.), über die Einwirkung
schwacher Affinitäten auf Alde-
hyd Suppl. I, 114.
Liebig (J. t.), über den Peru-
Guano CXIX, 11.
Linnemann (B.), Untersuchung
über das Cyansulfid CXX, 36.
— , Berichtigung über die Angabe
des Verfassers der Bd. CXX,
S. 61 stehenden Abhandlung
CXX, 255, 356.
Loir (A.) und Drion, Darstel-
lung fester Kohlensäure CXX,
211.
— , über die Condensation von Ga-
sen nur durch Temperatnremie-
drigung CXX, 212.
Lonren9o (A.V.), über die Poly-
äthylenalkohole CXVII, 269.
— , über die Polyglycerin- Alkohole
und die Anhydride derselben
CXIX, 228.
— , Umwandlung des Glycerins in
Propylenglycol und des Aethy-
lenglycols in Aethylalkohol CXX,
89.
Louren90 undReboul tgLRe-
boul und Louren90.
Luca (S. de) und Bertagnini
vgl. Bertagnini und Luca.
380
Autorenregister.
M.
MachTLca(V.) und Fried el vgl.
Friedel und Machnca.
M a r c e t (W.) , Untersuchnngen
über die Bestandtheile des Ma-
gensaftes CXX, 250.
Martins (C. A.), über einige
Cyanverbindungen der Platin-
metaUe CXVII, 357.
Martins (G. A.) nnd Griefs
vgl. Griefs und Martins.
Matthi essen (A.) und Fester^
über die cbemiscbe Constitution
des Narcotins und seiner Zer-
setzungsproducte Suppl. I, 380.
Mendelejef£(D.), über die Aus-
dehnung der Flüssigkeiten beim
Erwärmen über ihren Siedepunkt
CXIX, 1.
Miasnikoff (M.)? iiber das Ace-
tylen CXVIII, 330.
Möller (F. P.), Analyse des Tri-
tomits von Brevig CXX, 241.
Mössmer (P.), über das Galba-
num CXIX, 257.
Mobr (F.), Bestimmung der ver^
schiedenen Oxydationsstufen im
Braunstein CXVII, 382.
— , Auflösung der mafsanaly tischen
Aufgabe von Bd. CXVI, S. 128
dieser Ann&len CXVfl, 386.
-», technische Bestimmung von
Kali neben Natron in neutralen
und alkalischen Verbindungen
CXIX, 123.
Moite ssier (A.), über das Cam-
phorylchlorid CXX, 252.
Mosling (8.), über die Verwand-
lungen des Benzoganhydrids durch
Chlorwasserstoff und Schwefel-
wasserstoffgas CXVIII, 303.
Mü'ller (Hugo) und Warren
de la Rue vgl. Warren de
la Rue und Müller.
durch Vermittelung der Mono-
brombuttersäure CXIX, 115.
Naumann ( A.) , über Bildung von
Anderthalbfach - Chlorkohlenstoff
durch Einwirkung von Chlor auf
Butters'äure CXIX, 120.
Neubauer (C), über Kreatinin
CXIX, 27, CXX, 267.
0.
Oppenheim, über den Mentha-
oampher CXX , 350.
Oser, über das Propylenoxyd
Suppl. I, 253.
N.
Naumann (A.), über Bildung von
Butylmilcbsäure aus Battersäure
P.
Paraf (A.) tmd Schützenber-
ger vgL Schützenberger
und Paraf.
Pebal (L.), eine leichte Methode
zur Darstellung von Zinkäthyl
CXVIII, 22.
— , Analyse eines brennbaren Gas-
gemisches aus dem Salzberg-
werke von Wieliczka CXVIII, 27.
— , zur Eenntnifs des Triäthyl-
phosphinoxydes CXX, 194.
Perkin (W. H.) und Duppa,
über Dibrombernsteinsäure und
die künstliche Bildung von Wein-
säure CXVII, 130.
— , über Dijodessigsäure CXVII,
351.
Petersen (T.), über die Destilla-
tionsproducte des Ricinusöls mit
Natriumhydrat CXVIII, 69.
— , Bestimmung des Sauerstoffs,
insbesondere in den Oxydations-
stufen des Stickstoffs CXVIII,
79.
— , über ein Erdharz von Baku
CXVIII, 82.
Pfaundler (L.), über dieAcetyl-
Quercetinääure CXIX, 213.
Planer, Notiz über das Chole-
Stearin CXVIII, 25.
Poaillet, über das speciffsche
Autorenregister.
381
Gewicht der Mischnngen aus
Alkohol und Wasser CXVII,
391.
R.
Rebonl,. über die Aether des
Glycids und ihre Beziehungen
zu den Aethern des Glycerins
SuppL I, 218.
Reboul und Louren9 0, über
einige Aethylätherarten der Poly-
glycerin- Alkohole CXIX, 233.
— , Über einige Aetherarten des
Glycerins CXIX, 237.
R 1 c h e (A.) y über die zweibäsischen
organischen Säuren und einen
neuen Ton der Oenanthylsäure
sich ableitenden Kohlenwasser-
stoflP CXVn, 265.
Rieth (R.), über das Aribin, eine
neue organische Base CXX,
247.
Rofshirt (H.), Analysen glau-
konitischer und kalkiger Sand-
steine der KreideformatioD bei
Ortenbarg in Niederbayern
CXVIII, 261.
Rossi (A.), über eine neue, der
Cuminsäure homologe Säure
Suppl. I, 139.
— , über den Cuminalkohol und
drei von ihm sich ableitende
Basen Suppl. I^ 141.
S.
Sawitsch (V.), über einige TOm
Aethylen sich ableitende Verbin-
dungen.CXIX, 182.
— , Umwandlung des einfach - ge-
bromten Propylens C^HsBr zu
Allylen C6H4 CXIX, 186.
Seh ad (L.), über einige aus Bru-
cin und Bromäthylen entstehende
Verbindungen CXVIII, 207.
Schiel (J.), über das Atomge-
wicht des Siliciums, nebst eini-
gen Bemerkungen über Atom-
gewichte CXX, 94.
Scbiff (H.), Einwirkung der
schwefligen Säure auf einige
Metalle und Metalloxyde bei
höherer Temperatur CXVII, 92.
— , Darstellung von Stickoxydul
auf nassem Wege CXVIII, 84.
— , Verbindungen des Glycerins
mit den Säuren des Arsens
CXVIII, 86.
— , über die Zertheilung des Phos-
phors durch Harn CXVIII, 88.
— , Darstellung fein zertheilten
Kupfers CXVIII, 89.
— , Meroaptan aus Essig&ther
CXVIII, 90.
— , spec. Gewicht von Chlormag-
nesium-Lösungen CXVIII, 90.
— , Nachweis geringer Mengen
gasförmiger schwefliger Säure
CXVIII, 91.
— , Demonstration der dunklen
Flammenzone CXVIII, 93.
— , eine Gebläselampe CXVIII, 94,
— , über das LÖstmgsverm^gen des
wässerigen Weingeists CXVIII,
362.
— , zur Geschichte der Zuckerbil-
dung aus Leim CXIX, 256.
— , Untersuchungen über die Oxyde
des Wismuths CXIX, 331.
— , über die Verbindungen des
Zinnoxyduls mit Zinnsäure und
Antimonsäure CXX, 47.
— , über* Chromsuperoxyd und
ChT;om8äure CXX, 207.
Schischkoff (L.) , vorläufige
Notiz über das vierfach -nitrirte
Formen (oder Vierfach-Nitrokoh-
lenstoff) CXIX, 247.
» , vorläufige Notiz über das zwei-
fach-nitrirte Acetonitril CXIX,
249.
— , über die rationelle Formel der
Knallsäure Suppl. I, 104.
Schlieper (G. u. A.), über die
Oxydationsproducte der Indig-
blau-Schwefelsäure CXX, 1.
Schmidt (O.), über Trauben-
zucker, Salicinzucker und Amyg-
dalinzucker CXIX, 92.
Schmidt (O.) und Hesse (O.),
•'Notiz über Phloretin CXIX, 103.
Schmitt (R.), Beitrag zurKennt-
nifs der Sulfanilidsäure und Ami-
dophenylschwefelsäure CXX, 129.
382
Autorenregüter.
Schmitt (K.) nnd Kolbe (H.)
vgl. Kolbe und Schmitt.
Schneider (R.), über die Ein-
wirkung des Broms auf die
Buttersänre CXX, 279.
Schröder (H.), über Filtration
der Lnft in Beziehung auf Gäh-
ruug, Fäulnifs und Krjstallisa-
tion CXVn, 273.
Schützenberger (P.), über die
Substitution electronegativer Kör-
per an die Stelle der Metalle in
Sauerstoffsalzen CXX, 113.
— , über die Producte der Zer-
setzung des benzoösauren Jods
durch warme CXX, 119.
Schützenberger (F.) undParaf,
über den Farbstoff des Wau's
Suppl. I, 256.
Seelheim und Beilstein vgl.
Beilstein und Seelheim.
Siebert (S.) und Zwenger Tgl.
Zwenger und Siebert.
Simpson (M.), über Oyanäthylen.
und Bemsteinsäure GXVIII, 373.
Sims (T h. H.), Beiträge zur Kennt-
nifs der Gasabsorptionsgesetze
CXVIIl, 333.
Stas (J. S.), über die Atomge-
wichte der einfachen Körper
Suppl. I, 62.
Stern (F.), Analyse der Asche
TOn Trapa natans CXVIIl, 223.
Strecker (A.), Untersuchungen
über die chemischen Beziehun-
gen zwischen Guanin, Xanthin,
Theobromin, Caffe'in und Kre-
atinin GXVIII, 151.
— , über die Spaltung der Piperin-
säure mit Kalihydrat CXVIIl,
280.
— , über die Ein Wirkung, der rau-
chenden Schwefelsäure auf Milch-
säure CXVIIl, 290.
— , über einige Verwandlungen
des Arbutins CXVIIl, 292.
Stromeyer (A.), Bestimmung
der zur Verbrennung organi-
scher Stoffe nöthigen Sauerstoff-
menge CXVII, 247.
— , über die Titrirung des Zinns
CXVII, 261.
T.
Toussaint (J. F.), über Dar-
stellung und Eigenschaften der
Oxaminsäure CXX, 237.
Troost und Deville vgl. De-
ville und Troost.
u.
Uelsmann (H.), über Fleiimann
und Henneherg's phosphorsaure
Salze CXVIIl, 99.
U8lar(L. y.) und Erdmann (J.),
über eine neue Methode der Dar-
stellung und Nachweisung^ der
Alkaloi'de CXX, 121.
V.
Vogt (C), über Benzylmercaptan
und Zweifach - Schwefelbenzyl
CXIX, 142.
Volt (C.), über das Znstande-
kommen der thierischen Bewe-
gung CXIX, 193.
Volhard (J.), über mehratomige
Harnstoffe CXIX, 348.
w.
Waage (P.) , über Leucinsäure
und einige Salze derselben
CXVin, 295.
— , Notiz über einige oxalursaure
Salze CXVIIl, 301.
Wanklyn (J. A.) und Carins,
über eine neue Wasserstoff^er-
bindung des Eisens CXX, 69.
Warren de laRue und H.Mül-
ler, vorläufige Notiz über einige
Producte der Einwirkung ver-
dünnter Salpetersäure auf einige
Kohlenwasserstoffe der Benzol-
reihe CXX, 389.
Autorenregister.
383
Wawnikiewicz (R.) nnd Lan-
ger (E.) Ygl. Langer und
Wawnikiewicz.
Weltzien (C), über die Einwir-
kung Yon Kaliumpermanganat
auf Kaliumjodür CXX , 349.
Wich (A. V.), über Darstellung
und quantitative Bestimmung
der Molybdänsäure CXVni, 43.
Will (H.), Beitrag zur Eenntniis
der Krokonsfture CXVIII, 177.
— , über die Znsammensetzung
und Entstehung der Rhodizon-
sÄure CXVin, 187.
— , Verbindung des Nicotins mit
Chlorbenzoyl CXVIII, 206.
— , yorläufige Mittheilung über
die Zusammensetzung des myron-
sauren Kali's CXIX, 376.
Wilson (P. B.), Verfahren zur
Bestimmung der Härte des Was-
sers CXIX, 318.
W ö hl e r (F.) , Verhalten des Braun-
steins zum salpetersauren Natron
CXIX, 375.
— , Lithion in Meteoriten CXX,
253.
Wood (B.), leichtflüssige Metall-
legirung CXVII, 144.
Wurtz (A.), Umwandlung des
Aethylens zu complicirteren or-
ganischen Säuren CXVII, 136.
— , über die Aethylmilchsäure
CXVm, 825 f.
Wurtz (A.) , über eine^ Verbindung
des Aldehyds mit Aethylenoxyd
CXX, 328.
— , Allgemeines über die Glycole
Suppl. 1, 85.
— , Reduction des Propylglycols
und Butylglycols zu Propylalko-
hol und Butylalkohol Suppl. 1, 380.
Wurtz (A.) und Friedel (C),
Untersuchungen der Milchsäure
CXIX, 369.
z.
Zinin (N.) , über das Benzil
CXIX, 177.
— , über die Einfahrung von Was-
serstoff in organische Verbin-
dungen CXIX, 179.
Zwinger (C.) und Dronke,
überRobinin, ein neues Glucosid
aus den Blüthen der Acacien
(Robinia pseud-acacia), und dessen
Zusammenhang mit Quercitrin
Suppl. I, 257.
Zwenger (C.) und Kind, über
das Solanin und dessen Spal-
tungsproducte CXVIII, 129.
Zwenger (C.) und Siebert, über
das Vorkommen der Chinasäure in
den Kaffeebohnen Suppl. I, 77.
Ausgegeben den 19. December 1861.
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Druck Ton Wilhelm Keller in Giefsen.
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