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Full text of "Annalen der Chemie und Pharmacie"

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I 


THE  LIBRARY 

OF 

THE  UNIVERSITY 

OF  CALIFORNIA 

EMIL  FISCHER  COLLECTION 


PRESENTED  BY  HIS  SON 


ANNALEN 


DER 


CHEMIE 


UND 


PHARMACIE. 


Heratisgegeben 


Ton 


Friedrich   Wähler^  Juatua  Liebig 
und  Hermann  Kopp, 


Neue  Beilie.     Band  XI. 


Heidelberg. 

Aluidemische  Verlagabnehbandlung  von  0.  F.  Wintor, 

^     18  5  3. 


ANNALEN 


DER 


C    H  E  M  I  E 


UND 


PHARMACIE. 


Herausgegeben 


▼on 


Friedrich    Wähler^   Justus  lAebig 
untf  'Hermann  Kopp. 


Band  LXXXVII- 


Heidelberg. 

Akademische  Verlagsbachhandlnng  Ton  C.  F.  Winter. 

^     18  5  3. 


CbjdBiatr»  5A^? 


WD  l 

Ü8 


ilOCHlM. 
UiRARY 


Inhaltsanzeige  des  LXXXVIL  Bandes. 


Erstes    Heft. 


Seite 
BeiMge  nur  KennmiCi  einiger  flftchtigeii  Baieo ;  Ton  Dr.  A.  ▼•  P I « nti 

mid  Dr.  Aug.  Kekal^ .        i 

Ucber  die  ZmammciiieUBng  4ef  Ceriu ;  Ton  Theodor  Kjerolf    .      12 

Ueber  Jodbettiiiiiiniiig;  voo  B.  Kerf  ting  i«  Riga 19 

Ueber  eioe  neue  Barette;  tob  Demselben 33 

Ueber  die  kflnttliche  Danleliong  des  Greenockits  nnd  einige  andere 

Kadmiani- Verbindungen;  von  Dr.  E.  Schfiler 34 

Unteraochnngen  Aber  die  waiserfreien  organiscbea  Staren;  von  Ob. 

Gerhardt 57 

Ud»er  daf  gegenseitige  Verhalten  der  beiden  Blntlangensalie  nnd 
deamtrats  nnd  der  eiaftichen VerbrennaBgaprodacte  des  Silbers; 
Ton  Prof.  0.  B.  Kühn 84 

Ueber  den  Caprylalkohol ;  Ton  Wladimir  Mosehnin  ans  Moskau    111 

Analyse  der  Asche  von  Erica  camea  L.  nnd  CaUima  vtägaru  &iKf6., 

sowie  der  entsprechenden  Bodenarten;  von  C.  F.  RAthe    .    •    118 
Ueber  die  Bildung  kryslalUsirter  Mineralien;  vonAng.Drevermann    120 


wm/^^xf7 


Seite 
A^sactioD  auf  Leacin  und  Tyrocio;  von  Reinhold  Hoffmann  .    .    123 

^^^^rmuchte  IfetiKen;  von  Dr.  W.  Gregory 125 

O^iratellnog  tob  FerrocyanwaasentoffsAure 127 

S^^l^^idnog  des  Nickels  Tom  Kobalt •    128 


Zweites    Heft 


lieber  einige  Verbindungen  des  basischen  Salpetersäuren  Quecksilber- 

oxyduls  mit  salpetersauren  Salzen;  von  G.  Städeler    .    •    .  129 

lieber  die  Säuren  des  Rapsöls;  von  Demselben 133 

Geftfse  cur  Aufbewahrung  der  Flufssäure;  von  Demselben      .    .  137 

lieber  den  Asphalt  aus  dem  Kanton  Neuenburg;  von  Dr.  C.  V  öl  ekel  139 

Untersuchungen  über  die  wasserfreien  organischen  Säuren ;  von  C  h. 

Gerhardt  (Schlufs) 149 

Untersuchung  des  Orber  Badesalzes;  von  Freiherm  v.  Bibra     .    .  179 

Ueber  einige  Bitterstoffe ;  von  Fr.  Rochleder  und  Dr.  R.  S c h wa r z  186 

Nachschrift  zu  der  Untersuchung  Über  Aescnlin ;  von  Fr.  Rochleder  200 

Ueber  den  Kaffee  als  Getränk  in  chemisch- physiologischer  Hinsicht; 

von  Dr.  Julius  Lehmann 205 

Ueber  einen  neuen  gelben  Farbstoff  in  der  Faulbaum  «Wurzelrinde; 

von  Prof.  L.  A.  Buchner 218 

Analyse  einer  Schlacke  vom  Nickelschmelzen  der  Dorotheahütte  bei 

Dillenburg;  von  V.  Winter 221 

Analyse  des  Gehänsedeckels  der  Heliz  pomatia  (Weubergsschnecke) ; 

von  Dr.  Wilhelm  Wicke 224 

Analyse  eines  Trochusdeckels ;  von  Demselben -  .    •  225 

Ueber  das  Vorkommen  der  Fumarsäure  in  Corydalis  bulbosa ;  von 

Demselben 225 

Ueber  das  brenzweinsaure  Ammoniak  und  dessen  Veränderung  beim 

Erhitzen;  von  A.  E.  Arppe 228 

Chemische  Notizen;  von  Demselben 237 

Ueber  chemische  Verwandtschaft ;  von  H.  Debus     ......  238 


Seite 

Cbemuche  Untenochung  der  HEineralqaeUe  su  Langenbrücken   im 

Gro&henogtham  Baden;  von  F.  Wandef leben 248 

Uel>er  die  Analyse  der  »chwer  zerlegbaren  CyanverbinduDgen ;  Ton 
Dr.  P.  Bolley       254 

fyrogalloMfinre  im  Uolzeflsig       256 


Drittes    Heft. 


Zar  Tolometriichen  Bestimmong  der  Manganyerbindnngen ;  von  Gu- 
stav Krieger  .••• 257 

Heber  den  Kaffee  als  GetrSnk  in  cbemisch- physiologischer  Hinsicht; 

▼on  Dr.  Julias  Lehmann  (Schluls) •    275 

Zusats  zu  den  üntersnchangen  Ober  die  wasserfreien  Säuren;  Ton 

Ch.  Gerhardt  und  L.  Chiozza 290 

ünieraucfaungen  fiber  die  Amide ;  yonCh.  Gerhardt  und  L.  Chiozza    296 

lieber  das  Vorkommen  des  Aldehyds  unter  den  Producten  der  De- 
stillation des  Zockers;  you  C.  Y  öl  ekel 303 

Vther  das  Verhalten  des  Kreosots  zu  Kalk  in  höherer  Temperatur; 

Ton  Demselben 306 

lieber  das  Wnrmsamendl;  Ton  Demselben     •••.....    312 

Kritisches  und  ThatsSchliches  über  die  Reaction  der  frischen  Milch; 

Ton  J.  Schlofsberger 317 

Untersuchung  der  s.  g.  Hezenmilch;  Ton  Demselben   .    .    .'.    •    324 

lieber  die  Regeneration  der  Uippursflure;  von  Dessaignes.    •    •    325 

Ueber  die  Zusammensetzung  der  Quarzporphyre ;  von  Dr.  t.  T  r  i  b ol e t 

ans  Ifeufchatel 327 

lieber  die  Einwirkung  des  Hagnetismus  auf  einen  gradlinig  polari- 
airten  Lichtstrahl  bei  dessen  Gang  durch  comprimirtes  Glas;  you 
Prof.  Edlund  zu  Stockholm 338 

Ueber  Rubian  and  seine  Zersetzungsprodocte ;   von  E.  Schunck    •    344 

Chemische  Notizen;  von  Dr.  A.  v.  Planta  und  Dr.  Aug.  Kekul6    364 

lieber  die  Verbindungen  des  SchwefelSlhyls  und  des  Schwefelmethyls 

mit  Chlormetallen;  von  A.  Loir 369 


Seite 

Ueber  die  EiDwirknng  def  Ammottiakf  auf  amylAiherfchwefebaiirai 

Kalk;  Ton  H.  Berthelol 372 

Bereitang  von  reinem  Kalibydral 373 

PhospborUtan 375 

Campber  aas  Saaeafraadl 376 

Reaction  auf  Anilin ■»....  376 


ANNALEN 

DER 


CHEMIE  UND  PHAEMACIE. 


LXXXVn.  Bandes  erste«  Hefl. 


Beiträge  zur  Kenntnifs  einiger  flüchtigen  Basen; 
von  Dr.  A.  «.  Planta  und  Dr.  Aug.  KekuU. 


Seit  durch  die  Untersuchungen  von  Wurtz  und  Hof- 
mann über  die  organischen  Basen  ein  neues  Licht  auf  die 
Constitution  dieser  Körper  geworfen  worden,  sind  die  theo- 
retischen Ansichten  über  diese  Körpergruppe  aus  dem  Gebiet 
der  reinen  Hypothesen  auf  das  des  Experiments  übergeführt 
worden.  Hof  mann  hat  drei  grofse  Gruppen  flüchtiger  Basen 
charakterisirt,  deren  Glieder  als  Ammoniak  betrachtet  werden 
können,  in  welchem  1,  2  oder  3  Aeq.  H  durch  Kohlenwasser- 
stoffe vertreten  sind.  In  dem  Verhalten  der  Basen  zu  den 
Jodiden  und  Bromiden  der  s.  g.  Alkoholradicale  hat  er  ein 
IGttel  kennen  gelehrt,  zu  entscheiden,  welcher  von  diesen 
drei  Gruppen  die  Base  angehört. 

Für  das  Anilin  ist  auf  diesem  Wege  von  Hof  mann 
selbst  bestätigt  worden,  dafs  es  eine  Amidbase;  vom  Propyl- 
amin,  wenigstens  von  dem  aus  der  Häringslake,  hat  Henry 
Wink! es*)  dargethan,  dafs  es  Trimethylamin.    Von  andern 


*)  Diese  Annalen  LXXXIII,  1 17. 

Aaaal.  d.  Chttn.  a.  PUftrm.  LZXXVU.  B4.  1.  H«ft.  1 


2        V.  Planta  und  KekuUi  Beiiräge  zur  Kenntnifs 

natürlichen  oder  durch  Destillation  erzeugten  flüchtigen  Basen 
ist  durch  das  Experiment  noch  Nichts  erwiesen.  Man  weifs 
nicht,  ob  das  Petinin  Anderson*8  wirklich  (wie  Gerhardt"^} 
zuerst  angenommen}  Butylamin,  also  identisch  mit  der  von 
Wurtz*^}  erhaltenen  Base;  ebensowenig,  ob  das  Coniin,  wie 
Rudolph  Wagner***)  meint,  Dibutyrylamin. 

Wir  haben  daher  drei  der  am  leichtesten  zugänglichen 
flüchtigen  Basen  der  Einwirkung  des  Jodäthyls  unterworfen, 
und  theilen  im  Nachstehenden  die  bis  jetzt  gewonnenen 
Resultate  über  das  Nicotin  mit. 

/.    Nicotin, 

Was  zunächst  die  Formel  des  Nicotins  angeht,  so  schien 
uns  dieselbe  durch  die  Analysen  von  S c hl oe sing ****), 
Barralf),  Melsensff)  und  Raewskyfff)  hinlänglich 
festgestellt.  Ob  dieselbe  nach  den  Doppelsalzen,  namentlich 
dem  Platinsalz  und  dem  Jodquecksilbersalz  Boedeker's ffff ), 
als  :  CioHfN,  oder,  woHir  die  Schloesing'schen  Sättigungs- 
versuche  und  die  BarraTschen  Dampfdichtebestimmungen 
sprechen,  verdoppelt  =  C30H14N1  anzunehmen,  kam  vorerst 
nicht  in  Betracht. 

Dafs  das  Nicotin  durch  Behandlung  mit  Jodäthyl  Aethyl 
aufnehmen  würde,  war  durch  den  anmerkungsweise  von 
Hof  mann*)    mitgetheiltcn   Versuch    und    durch    die    von 


*)  Dessen  :  Compt.  rend.  des  trav.  chim.  1849,  121. 
*^)  Diese  Annalen  LXXXV,  200. 
•••)  Journ.  f.  pr.  Ch.  LI,  238. 
••••)  Ann.  ch.  phys.  [3]  XIX,  230;  Pharm.  Cenlrbl.  1847,  171. 
i)  Joarn.  f.  pr.  Ch.  XU,  466;  Pharm.  Centrbl.  1847,  622. 
tl-)  Diese  Annalen  XMX,  353. 
itf)  Ebendaselbst  LXX,  232. 
f+tf)  Ebendaselbst  LXXIII,  372. 
*)  Ebendaselbst  LXXIX,  31. 


einiger  lUichÜgen  Baien.  3 

Wnrtz*}  beobachtete  Thatsache,  dars  das  Nicotin  mit  Cyan- 
sänreäther  einen  Harnsloff  bildet,  wahrscheinlich  gemacht; 
obgleich  beide  die  erhaltenen  Körper  nicht  genauer  unter- 
suchten. 

Das  zur  Untersuchung  angewandte  Nicotin  war  von  Hm. 
Medicinalrath  E.  Merck  in  Darmstadt  bezogen  und  vor  der 
Anwendung  auf  seine  Reinheit  geprüft  worden. 

Einwirkung  von  Jodathyl  auf  Nicotin. 

Beide  Substanzen  wirken  schon  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur aufeinander  ein,  die  anfangs  klare  Flüssigkeit  trübt 
sich  und  scheidet  braune,  sich  oben  ansammelnde  Oeltropfen 
aus;  durch  Hitze  wird  die  Einwirkung  sehr  beschlemfiigt. 
Setzt  man  das  Gemenge,  in  eine  Röhre  eingeschlossen  (da  in 
einem  oflenen  Apparat  ein  HerausscUeudem  der  zähflüssigen 
Masse  nicht  zu  vermeiden  ist},  der  Temperatur  des  siedenden 
Wassers  aus ,  so  ist  die  Reaction  nach  längstens  einer  Stunde 
beendet;  die  Masse  erstarrt,  theilweise  schon  im  Wasserbad, 
vollständig  beim  Eikalten,  zu  gelben  Erystallen.  War  Jod- 
äthyl im  Ueberschufs  angewendet  worden,  so  reagirt  die  Lö-- 
süng  der  Krystalle  neutral  oder  sauer;  ein  Ueberschufs  von 
Nicotin,  der  an  der  alkalischen  Reaction  und  am  Geruch  zu 
erkennen  ist,  ist  zu  vermeiden,  da  das  überschüssige  Nicotin 
des  hohen  Siedepuncts  wegen  nicht  entfernt  werden  kann. 
Gleichzeitig  entsteht  stets,  und  zwar  in  um  so  gröfserer  Menge, 
je  langer  die  Einwirkung  gedauert,  ein  rothgefärbtes  jod- 
haltiges Zersetzungsproduct ,  das  beim  Lösen  in  Wasser  sich 
theüweise  als  harzartiges  Pulver  zu  Boden  setzt.  Durch  Ein- 
dampfen oder  Verdunsten  der  wässerigen  Lösung  wird  die 
neue  Jodverbindung  wieder  als  strahlige  Krystallmasse  er- 


«)  lUcM  AonaltB  LXXX,  349. 

1^ 


4         o.  Planta  und  Kekule^  BeUt*äge  «tir  Kennfnifs 

halten,  doch  zersetzt  sich  dabei,  namentlich  beim  Erwärmen, 
ein  Theil  in  jene  rothe  Substanz. 
Die  erhaltenen  Krystalle  sind  : 

AelkybiicoiinJQdid. 

Die  Krystalle  sind  an  feuchter  Luft  zerfliefslich ;  lösen 
sich  äufserst  leicht  in  Wasser,  wenig  in  Alkohol  und  Aether. 
Aus  heifser  alkoholischer  Lösung  erhält  man  die  Verbindung 
beim  Erkalten  in  schönen ,  zu  Warzen  gruppirten ,  farblosen 
Säulen;  ebenso  wenn  man  Nicotin  und  Jodäthyl  mit  Alkohol 
verdünnt  auf  einander  einwirken  läfst.  Durch  absoluten 
Alkohol  können  sie  von  der  rothgelben  Mutterlauge  befreit 
und,  wiewohl  nicht  ohne  Verlust,  rein  erhalten  werden. 
L    1,0670  Grm.  über  Schwefelsäure  getrockneter  Substanz 

gaben  1,0620  Grm.  AgJ. 
IL    1,0270  Grm.  über  Schwefelsäure  getrockneter  Substanz 
gaben  1,0122  Grm.  AgJ. 
In  100  Theilen  : 

berechnel  gefunden 


C.«      84 

35,43          — 

H„      12 

5,06 

N        14 

5,90          — 

J       127,1 

53,61        53,81 

237,1 

100,00. 

Die  Verbindung  hat  daher  die  Formel 

CmH„NJ. 

53,28 


Aethylnicolinbromd. 

Bromäthyl  wirkt  auf  Nicotin  eben  so  energisch  ein ,  wie 
Jodäthyl;    schon  in   der  Kälte  entsteht   allmälig  eine  untere 

■ 

Oelschicht,    die  beim  Erhitzen  rasch  zunimmt  und  bei  been- 
digter Reaction  schon  im  Wasserbad  zu  gelber  Krystallmasse 


einiger  ftuchHgen  Basen.  5 

erstarrt.    Die  Krystalle  sind  noch  zerflierslicher  wie  das  Jodid 
und  selbst  in  absolutem  Alkohol  ziemlich  löslich. 

Aethyhicoiin, 

Durch  Kalilauge  wird  weder  aus  dem  Jodid  noch  Bromid 
die  Base  abgeschieden;  beide  Salze  können  selbst  in  concen- 
üirter  wässeriger  Lösung  mit  starker  Kalilauge  vermischt 
werden,  ohne  dafs  sich  eine  ölartige  Base  abscheidet  oder 
merkbare  Zersetzung  eintritt.  Durch  frisch  gefälltes  Silber- 
oxyd dagegen  werden  beide  unter  Erwärmung  und  Bildung 
von  Jod  *  oder  Bromsilber  zersetzt.  Man  erhält  so  das  Aelhyl- 
nkotin  in  wässeriger  Lösung.  Aus  dem  reinen  Jodid  darge- 
Stent  ist  die  Lösung,  frisch  bereitet,  farblos;  aus  dem  rohen 
Jodid  erhält  man  sie  schwach  rothgelb  «gefärbt.  Sie  re^agirt 
stark  alkalisch,  wirkt  in  concentrirtem  Zustand  auf  die  Epi- 
dermis wie  Kalilauge,  schmeckt  äufserst  bitter  und  besitzt 
keinen  Geruch.  Gegen  Salzlösungen  verhält  sie  sich  wie 
fixe  Alkalien;  sie  treibt  das  Ammoniak  aus  seinen  Verbin- 
dungen aus  und  fällt  die  Oxyde  der  Metalle  und  alkalischen 
Erden. 

Die  wässerige  Lösung  der  Base  färbt  sich  schon  beim 
Stehen  an  der  Luft;  sie  kann  weder  durch  Eindampfen  noch 
darch  Verdunsten  (selbst  im  luftleeren  Raum}  concentrirt 
werden ;  sie  nimmt  dabei  eine  tief  rothbraune  Farbe  an  und 
scheidet  braune  zähe  Tropfen  aus,  die  in  Wasser  nur  schwierig 
löslich  sind  und  durchdringend  nach   faulen  Fischen  riechen. 

Salze  des  AeSiylnicoiine, 

Die  Salze  des  Aethylnicotins  scheinen  sämmtlich  in  Wasser 
sehr  löslich  zu  seyn ;  selbst  Gerbsäure  giebt  in  der  wässerigen 
Lösung  der  Base  keinen  Niederschlag;  nur  Pikrinsäure  er- 
zeugt einen  schwefelgelben  flockigen  Niederschlag. 


6         V.  Planta  und  KekuU^  Beitrüge  zur  Kennltmfe 

Das  salzsaure  Salz  wurde  durch  Verdunsten  im  luftleeren 
Raum  als  strahlige,  dem  Jodid  und  Bromid  ähnliche  Krystall- 
masse  erhalten.  Die  Verbindungen  mit  Schwefelsäure,  Sal- 
petersäure und  Oxalsäure  wurden  als  zäher  Syrup  erhalten, 
mit  einzelnen  Krystallparzellen;  das  essigsaure  Salz  zeigte 
keine  Spur  von  Krystallisation. 

Die  Lösung  der  Base  zieht  aus  der  Luft  mit  Begierde 
Kohlensäure  an. 

DappeUalze  des  Aethylnicotins. 

AeÜiylnkotmflaUncMorid.  Die  satesaure  Lösung  der  Base 
giebt  mit  Platinchlorid  einen  anfangs  flockigen,  gelben  Nieder- 
schlag, der  bald  orangeroth  und  krystallinilsch  zu  Boden  fällt. 
In  heifsem  Wasser  ist  er  löslich  und  scheidet  sich  daraus 
beim  Erkalten  in  rhombischen ,  meist  zugespitzten  Säulen  von 
orangerother  Farbe  aus.  In  Alkohol,  selbst  in  siedendem, 
ist  die  Verbindung  fast  unlöslich,  unlöslich  in  Aether. 

Nach  den  Analysen  erscheint  das  gerillte  Salz  etwas 
unrein ,  während  das  aus  Wasser  umkrystallisirte  rein  ist. 

Analysen  des  umkrystallirten  Salzes  : 

I.  0,8482  Grm.  Substanz,  über  Schwefelsäure  getrocknet, 
gaben  mit  chromsaurem  Bleioxyd  verbrannt  0,8246 
Grm.  CO,  und  0,3008  Grm.  HO. 

II.    0,7474  Grm.  Substanz,  über  Schwefelsäure  getrocknet, 
gaben  0,2336  Grm.  Platin. 

m.  0,6026  Grm.  Substanz,  bei  100«  getrocknet,  gaben 
0,1888  Grm.  Platin. 

Analysen  des  gerällten  Salzes  : 

rv.  0,5362  Grm.  Substanz,  bei  100<»  getrocknet  und  mit 
chromsaurem  Bleioxyd  verbrannt,  gaben  0,5380  Grm. 
COi  und  0,1972  Grm.  HO. 


einiger  flücMigen  Basen.  7 

V.  0,5524  Grm.  Substanz,  über  Schwefelsäure  getrocknet, 
gaben  mit  chromsaurem  Bleioxyd  verbrannt  0,5540 
Grm.  CO,  und  0,2064  Grm.  HO. 

VI.    0,5584  Grm.  bei   100^  getrockneter  Substanz   gaben 
0,1746  Grm.  Platin. 

VII.  0,3634  Grm.  über  Schwefelsäure  getrockneter  Substanz 
gaben  0,1146  Grm.  Platin. 

VIII.  1,0748  Grm.  bei  lOO«  getrockneter  Substanz   gaben 
0,3350  Grm.  Platin. 

(Die  Bestimmungen  I  bis  VII  beziehen  sich  auf  das  Pro- 
dact  der  Behandlung  von  Nicotin  mit  Jodäthyl;  Nr.  VIII  auf 
die  aus  Bromäthyl  und  Nicotin  erzeugte  Base.} 

Wir  stellen  die  auf  100  berechneten  Resultate  dieser 
Analysen  zusammen  mit  den  nach  der  Formel  : 

CiAaNQ  +  PtCl,  oder  :  C|oH,  CC4HJ  NCl  +  PlCl, 
berechneten  Zahlen  : 

berechnet  gefondeii 

I.       II.      III.      IV.      V.      VI.      VII.    viir. 
C».      84        26,65      36,61     -       —     27,36  27,35    -^       —       - 

H„       12  3,81        3,94  —       —       4,08    4,15     —       —       — 

N         14  4,44        -^  -       ~       -       -       -       -       - 

CI,     106,5      33,79        —  —       —       —       -.       —       —       — 

PI        98,7      31,31        —  31,26  31,33    —       -     31,27  31,53  31,17 

315,2    100,00. 

Aeihylrucotingoldchlarid.  Goldchlorid  giebt  mit  der  salz- 
sauren Lösung  der  Base  einen  schwefelgelben  Niederschlag, 
der  aus  heifser  wässeriger  Lösung  beim  Erkalten  in  pracht- 
YOllen  goldgelben  Nadeln  erhalten  wird. 

I.    0,4950  Grm.  Substanz  gaben  0,2172  Grm.  Gold. 
n.    0,7788    „  „  „      0,3426     „        ,, 


8         r.  Planta'und  Kekule^  BeUrdge  %ur  Ketmbnft 

Theorie 


Cm 

84 

18,71 

H., 

12 

2,67 

N 

14 

3,12 

CI4 

142 

31,63 

Au 

197 

43,87 

^43,87       43,99 

449        100,00. 

Äelhfflnicotinpidladiumchloriir:  Palladiumchlorür  giebt  mit 
der  salzsauren  Lösung  der  Base  keinen  Niederschlag;  beim 
Verdampfen  erhält  man  eine  braune  gummiartige  Masse,  die 
in  Alkohol  gelöst  bei  freiwilligem  Verdunsten  grofse  rhom- 
bische Tafeln  von  brauner  Farbe  hinterläfst. 

AethybncoUnquecksüberchlorid.  In  der  salzsauren  Lösung 
der  Base  giebt  Quecksilberchlorid  einen  weifsen  flockigen 
Niederschlag,  der  bald  harzartig  zusammenballt  und  beim  Er- 
wärmen schmilzt.  In  siedendem  Wasser  ist  er  löslich;  bei 
längerem  Stehen  scheiden  sich  dann  schneeweifse,  zu  Warzen 
gruppirte  Krystalle  aus ,  die  mit  kaltem  Wasser  ausgewaschen 
werden  können. 

I.    0,8862  Grm.  Substanz,  mit  chromsaurem  Bleioxyd  ver- 
brannt,   gaben  0,5002  Grm.   CO»,   0,1799  Grm.  HO 
und  0,4798  Grm.  Quecksilber. 
II.    0,2686  Grm.  Substanz  gaben  0,2792  Grm.  AgCl. 
Auf  100  berechnet  : 


Ti 

leorie 

Venoch 

Cu 

"i^T" 

""l5^ 

15,39 

H., 

12 

2,17 

2,25 

N 

14 

2,54 

— 

CU 

142 

'25,72 

25,71 

Hg. 

300 

54,35 

54,14 

552        100,00. 


einiger  flächügen  Baien.  9 

Das  Salz  hat  demnach  die  Formel  : 

CuHmNCI  +  3  HgCL 
Es  ist  kaum  nöthig  zu  bemerken,   dafs   die  gegebenen 
Formeln  eben  so  gut  zu  der  verdoppelten  Formel  des  Nicotins 
passen,  als  zu  der  einfachen. 

Ist  Nicotin      =  CjoH^N,  so  ist  : 
Aethylnicolin  =  CjA.N    =    C,oHe  (C^H.)  N 

oder  vielleicht  richtiger   =    Ci4HisN0. 
Ist  Nicotin      =  C30HJ4N1,  so  ist  : 
AiBthylnicotin  =  C^tHt^Nt  =    C^H,,  (C^U^)^  N, 
oder  :  C,oHi,  (C4H4),  N^O. 

Dagegen  finden  wir  in  den  einfacheren  Formeln  der 
Doppelverbindungen,  und  namentlich  im  Jodgehalt  des  Aethyl- 
nicotinjodids ,  weitere  Stützen  für  die  einfachere  Formel  des 
Nicotins. 


•  

Wenn  man  das  trockene  Aethylnicotinjodid  in  einer  Re- 
torte rasch  erhitzt,  so  schmilzt  es  unter  geringer  Bräunung 
und  es  destillirt  eine  milchig  trübe  Flüssigkeit  über,  die  leb- 
haft nach  Nicotin  necht.  Beim  Schütteln  mit  einer  Säure 
verschwindet  der  Geruch  des  Nicotins  und  tritt  deutlich  der 
des  Jodäthyls  auf.  Das  Aethylnicotinjodid  zerfällt  also  beim 
Erhitzen  in  Jodäthyl  und  Nicotin.  Gleichzeitig  scheint -ein 
Theil  des  Jodids  unverändert  überzudestilliren ;  im  Retorten- 
hais sammelt  sich  nämlich  eine  zähe  braune  Flüssigkeit,  in 
der  sich  gelbe  Krystalle  bilden,  die  das  unveränderte  Jodid 
sind.  Offenbar  wirken  die  Dämpfe  des  Jodäthyls  und  Nico- 
tffls  auf  einander  ein' und  reproduciren  das  Jodid. 

Dafs  aus  der  Lösung  des  Jodids  und  des  Bromids  durch 
Kalilauge  die  Base  nicht  abgeschieden  wird,  ist  oben  schon 
erwähnt  worden ,  und  es  erscheint  diefs  als  wesentlicher  Un- 
terschied der  neuen  Base  von  dem  Nicotin,  das,  obgleich  in 


10        e.  Planta  und  Ke kniet  Beiträge  :wr  Kenntnif$ 

Wasser  löslich,  doch  durch  Kalilauge  aus  seinen  Salzen  als 
Oel  abgeschieden  wird«  Diefs,  die  eben  beschriebene  Zer- 
setzung des  Jodids  beim  Erhitzen ,  die  Geruchlosigkeit  der 
Base  und  die  KrystalUsationsfähigkeit  ihrer  Salze,  von  denen 
das  Bromid  und  Jodid  namentlich  in  deutlichen  Krystallen 
erhalten  wurde,  führt  zu  der  Ansicht,  dafs  das  Aethylnicotin 
der  vierten  der  Ho  f  mann 'sehen  Reihen  angehört,  d.  h.  dafs 
es  zum  Nicotin  in  ähnlichem  Yerhöltnirs  steht  wie  das  Teträthyl- 
ammonium  z.  B.  zum  Triäthylamin.  Nochmalige  Behandlung 
der  Base  mit  Jodäthyl  mufste  darüber  Aufschlufs  geben.  Fand 
nämlich  das  eben  erwähnte  Yerhältnirs  statt,  so  konnte,  bei 
nochmaliger  Behandlung  mit  Jodäthyl,  kein  weiteres  Aequivalent 
Aethyl  mehr  aufgenommen  werden,  es  mufste  vielmehr  das- 
selbe Salz  entstehen,  wie  bei  Behandlung  des  Nicotins  selbst 
mit  Jedäthyl. 

Es  wurde  zu  dem  Zweck  eine  möglichst  concentrirte  Lö- 
sung der  Base  dargestellt  und  mit  Jodäthyl  in  einer  zuge- 
schmolzenen Röhre  erhitzt.  Nach  einstündiger  Einwirkung 
war  die  alkalische  Reaction  verschwunden;  man  schmolz  die 
Rölu*e  wieder  zu  und  liefs  sie  während  mehrerer  Tage  der 
Temperatur  des  siedenden  Wassers  ausgesetzt;  dessen  unge- 
achtet war  nur  das  frühere  Jodid  wieder  erzeugt  worden,  wie 
folgende  Piatinbestimmung  zeigt  : 

0,4772  Grm.  des  über  Schwefelsäure  getrockneten  Platin- 
Salzes  gaben  0,1486  Grm.  Platin. 

Es  entspricht  diefs  in  100  Theilen  :  Pt    31,14 

Aethylnicotinplatinchlorid  verlangt  :  31,31. 

Es  hätte  danach  erwartet  werden  dürfen,  dafs  das 
Aethylnicotin  beim  Erhitzen  (ähnlich  wie  diefs  Hof  mann  bei 
seinen  Ammoniumbasen  beobachtet)  zerfallen  würde  in  Nicotin 
und  dlbildendes  Gas,  und  es  wäre  diefs  keine  geringe 
Stütze   für   die    einfachere   Formel   CG,oH,N)  des  Nicotins 


einiger  fiUchHgen  Biuen.  11 

gewesen.  Die  Zersetzung  scheint  aber  eine  andere  zu 
seyn. 

Erhitzt  man  nämlich  eine  wässerige  Lösung  der  Base,  so 
trübt  sich  die  Flüssigkeit  und  es  scheidet  sich  ein  tief  roth- 
bniiines  Oel  aus;  bei  der  Destillation  erhält  man  braune  Oel- 
tropfen  und  eine  wässerige,  stark  alkalisch  reagirende  Flüssig- 
keit Ton  in  durchfallendem  Licht  tiefrother,  in  auifallendem 
grün  irisirender  Färbung.  Beide  färben  die  Haut  gelb  und 
riechen  höchst  durchdringend  nach  faulen  Fischen.  Leider 
haben  wir  bis  jetzt  weder  die  so  erhaltene  Base,  noch  eins 
ihrer  Salze  in  genügender  Reinheit  erhalten  können. 

Dieselbe  Zersetzung  erleiden  das  Jodid  und  Bromid  beim 
Erhitzen  mit  Kali  und,  wiewohl  langsamer,  die  Lösung  der 
Base  beim  Stehen  an  der  Luft  und  selbst  beim  Verdunsten 
im  luflleeren  Raum. 


Durch  die  im  Vorstehenden  mitgetheilten  Thatsachen 
halten  wir  flir  erwiesen,  dafs  die  von  uns  beschriebene  Base 
das  höchste  durch  Jodäthyl  erzeugbare  Substitutionsproduct 
des  Nicotins  ist,  so  dafs  also  das  Nicotin  —  wenn  die  ein- 
fachere Formel  :  CjoH^N  für  dui^selbe  angenommen  wird  — 
der  dritten  der  Hof  man  n'schen  Reihen  zugehört;  dafs  es 
eine  Nitrflbase  ist,  in  welcher  der  Kohlenstoff  und  Wasserstoff 
(CioHf}  die  Rolle  der  drei  Aeq.  H  des  Ammoniaks  spielt.  In 
welcher  Weise  diese  C,oHf  im  Nicotin  gruppirt  anzunehmen 
smd,  darüber  konnte  der  eingeschlagene  Weg  keine  Auskunft 
geben  und  enthalten  wir  uns  aller  Vermuthungen. 


12  Kjerulft  itber  die  Zusammeniet^ung 

Ueber  die  Zusammensetzung  des  Cerits; 
von  Theodor  Kjendf. 


Eine  ältere  Analyse  von  Hisinger  giebt  für  die  Zu- 
sammensetzung des  Cerits  von  Riddarhyttan  in  Schweden  : 

Kieselsäure       18 
Ceritoxyd  *)     68,6 
Eisenoxyd  2,0 

Kalkerde  1,25 

Wasser  9,6 

99,45, 

Die  derselben  entspreohende  Formel  läfst  insofern  einige 
Unsicherheit,  als  eines  Theils  der  Oxydatiorisgrad  des  Cer- 
oxyds  zweifelhaft  bleibt,  anderer  Seits  das  Yerhältnifs  dieses 
Oxyds  zum  Lanthanoxyd  damals  noch  keiner  Bestimmung 
unterworfen  werden  konnte.  Es  schien  mir  daher  nicht  über- 
flüssig, um  die  Richtigkeit  der  bisher  angenommenen  Formel 
aufser  Zweifel  zu  setzen,  die  Analyse  in  der  Weise  zu  wie- 
derholen, dafs  der  Sauerstoffgehalt  der  erwähnten  gemengten 
Oxyde  bei  der  Ableitung  der  Formel  mit  in  Rechnung  gezogen 
werden  konnte. 

Das  zur  Analyse  benutzte  Material  war  nicht  ganz  frei 
von  fremden  Einmengungen.  Nach  vorläufigen  Untersuchungen 
wurden  Molybdän  und  Wismuth  darin  gefunden,  welche  in 
Verbindung  mit  Schwefel  auftreten.  Der  Gehalt  an  Molybdän- 
glanz zeigte  sich  sogar  beträchtlich  (bis  3  pC.},  obwohl  in 
dem  zur  Analyse  angewandten  Stück  nur  einzelne  stahlgraue 
glänzende  Fleckchen  zu  entdecken  waren.    Bei   der  Prüfung 


*)  Unter  dieser  Bezeichnang  begreife  ich  das  Oxydgemcoge  von  Cer, 
Lanthan  und  Didym. 


dei  Cetit9.  13 

auf  Tttererde  nach  der  bekannten  Methode  mittelst  schwefel- 
sauren Kalis  zeigte  sich  eine  nur  unbedeutende  zweifelhafte 
Reaction,  die  nicht  als  beweisend  für  die  Gegenwart  dieser 
&de  betrachtet  werden  konnte.  Ebenso  zeigte  eine  mit  Flufs- 
säore  aufgeschlossene  Quantität  keine  wägbare  Menge  von 
Alkalien.  Durch  Salzsäure  oder  Königswasser  läfst  sich  der 
Cerit  nicht  vollständig  zersetzen.  Bei  dem  Aufschliefsen 
mit  diesen  Säuren  ergaben  sich  32  pC.  einer  Kieselerde ,  die 
dem  äufseren  Ansehen  nach  fast  rein  zu  seyn  schien,  bei 
dem  Behandeln  mit  Flufssäure  aber  noch  fast  die  Hälfte  an 
Cer-  und  Lanthanverbindungen  hinterliefs.  Durch  Aufschliefsen 
mit  kohlensaurem  Natron ,  dem  eine  Spur  Salpeter  zugesetzt 
ist,  erhält  man  dagegen  die  Kieselerde  vollkommen  rein. 

Was  den  specielleren  Gang  der  Analyse  betrifft,  so 
wurde  das  Fossil  mit  kohlensaurem  Natron  aufgeschlossen, 
die  Kieselerde  wie  gewöhnlich  bestimmt,  Molybdän  und  Wis- 
muth  durch  wiederholte  Behandlung  mit  Schwefelwasserstoff 
abgeschieden,  und  dann  die  beiden  letzteren  durch  Digestion 
mit  Schwefelammonium  voh  einander  getrennt. 

Nachdem  die  von  Molybdän  und  Wismuth  befreite  Lö- 
sung mittelst  Chlorwasser  oxydirt  war,  wurden  die  Ceritoxyde 
gemeinschaftlich  mit  dem  Eisenoxyde  durch  Ammoniak  geßillt, 
und  das  Eisen  von  diesem  Niederschlage  mittelst  Oxalsäure 
getrennt.  (Diese  Methode  hatte  sich  durch  vorläufige  Unter- 
suchungen als  leichter  und  sicherer  bewährt,  als  die  Schei- 
dung durch  kohlensauren  Baryt.}  Aus  den  Ceritoxyden  wurde 
dann  noch  eine  nicht  unbeträchtliche  Menge  (3,222  pG.)  von 
Kieselerde  sammt  Spuren  von  Kalkerde  durch  nochmaliges 
Aufiösen  in  Schwefelsäure  und  abermaUges  Fällen  mit  Am- 
moniak abgeschieden. 

Die  Resultate  waren  : 
Angewandtes  Mineral  1,9492  Grm. 


i4  Kjerulf^  über  die  2ki$ammensetsung 


Kieselerde 

0,3978 

20,406  pC. 

Ceritoxyde 

1,2952 

66,447 

Eisenoxyd 

0,1034 

4,773  he 

Kalkerde 

0,023 

1,179 

Molybdän 

0,0377 

3,270  S,Mo 

Wismuth 

0,006 

0,184  S,Bi 

Schwefel 

(berechnet) 
Wasser 

jO,026 
|0,0012 

• 

5,293 

101,55. 

Der  bei  der  Andyse  erhaltene  Ueberschufs  deutet  darauf 
hin,  dafs  das  im  Foss3  als  Oxydul  enthaltene  Ger  nach  der 
Abscheidung  zum  Theil  als  Oxyd  gewogen  wurde,  und  in 
der  That  zeigte  ein  Versuch,  dafs  das  Fossil  ursprünglich 
keine  Spur  einer  höheren  Oxydationsstufe  des  Cers  enthielt, 
während  sich  diese  in  den  geglühten  Ceritoxyden  unzweifel- 
haft  nachweisen  liefs.  Diese  höhere  Oxydationsstufe  giebt 
nämUch  beim  Kochen  mit  Salzsäure  Chlor,  von  dem  sich  noch 
0,0001  Grm.  mit  völliger  Schärfe  dadurch  nachweisen  läfst, 
dafs  man  die  mit  dem  Chlor  gemengten  salzsauren  Dämpfe  in 
Jodkaliumlösung  leitet  und  das  dadurch  abgeschied^e  Jod  auf 
die  gewöhnliche  Art  nachweist. 

Es  kam  jetzt  nur  noch  darauf  an,  das  Verhftltmfs  der  in 
den  Ceritoxyden  enthaltenen  Basen  festzustellen.  Um  diefis 
beweiicstelligen  zu  können  sind  folgende  Bestimmungen  nöthig : 
Erstens  die  Analyse  des  reinen  Oxalsäuren  Geroxyduls,  zwei-, 
tens  die  Analyse  des  Oxalsäuren  Ceritoxyduls,  drittens  die 
Analyse  des  Oxalsäuren  Lanthanoxyds. 

Um  das  zu  diesen  Analysen  nöthige  Ger-  und  Lanthansalz 
zu  erhalten,  wurde  aus  einer  gröfs6ren  Menge  Cerit,  nach- 
dem alle  Verunreinigungen  yon  Molybdän,  Wismuth,  Kupfer, 
Eisenoxyd  und  Kalkerde  entfernt  waren,  nach  dem  von  Mo- 
Sander  angegebenen  Verfahren  das  Ger  von  dem  didym- 
haltigen  Lanthan  geschieden,  wobei  die  Behandlung  mit  Chlor 


des  CerUi.  15 

6  Mal  wiederholt,  und  das  erhaltene  Ceroxyduloxyd  nach 
jeder  Behandlung  wieder  in  Salzsänre  gelöst  und  mit  Kali 
gefönt  wurde.  Das  aufgelöste  didymhaltige  Lanthan  zeigte 
sich  schon  das  erste  Hai  beinahe  ganz  rein,  das  heif&l,  wieder 
mil  Kali  gefällt  und  flijr  sich  mit  Chlor  behandelt  fast  voll- 
ständig löslich.  Der  Cemiederschlag  wurde  zuletzt  schön 
citrongelb,  es  liefs  sich  daraus  durch  fernere  gleiche  Behand- 
lung kein  Lanthan  und  Didym  mehr  ausziehen,  und  das  erhal- 
tene, sich  vollständig  wieder  auflösende  Lanthan  gab  nach 
dem  Fällen  mit  Kali  einen  ganz  weifsen  Niederschlag,  nicht 
aber  einen  nach  einiger  Zeit  sich  l)rämienden,  der  auf  einen 
Cei^halt  hätte  hindeuten  können.  Beide  Präparate  wurden 
von  einer  kleinen  Menge  Kieselerde  gereinigt,  die  in  Folge 
der  wiederholten  Behandlung  mit  Kali  darin  zurückgehalten 
war.  Ebenso  wurden  aus  dem  Lanthanniederschlage  vor 
dessen  Umwandlung  in  bxalsaures  Salz  noch  Spuren  von 
Kaikerde  entfernt. 

Man  hat  bisher  angenommen,  dafs  der  durch  wieder- 
holte Einwirkung  von  unterchlorigsaurem  Kali  auf  Ceroxydnl 
gebildete  gelbe  Niederschlag  Ceroxydbydrat  sei.  Bei  der 
Aehnlichkeit,  wdche  das  Ceroxyd  mit  dem  Manganoxyd  dar- 
bietet, ist  es  indessen  sehr  wahrscheinlich,  dafs  jene  hydra- 
tische Oxydationsstufe  ein  Oxyduloxyd  ist.  Um  diese  Frage 
zu  entscheiden  habe  ich  mich  einer  Methode  bedient,  w^elche 
Professor  Bunse  n*)  ausführlich  beschrieben  hat.  Von  dem  zum 
7.  Male  mit  Chlor  behandelten,  völlig  ausgewaschenen  reinen 
bydralischen  Cemiederschlage  wurde  eine  unbestimmte  Menge 
in  einem  Kölbchen  mit  Salzsäure  Übergossen,  und  die  erhal- 
tene braune  Flüssigkeit  so  lange  in  eine  Jodkaliumlösung 
destillirt,   bis  die  braune  Farbe  im  Kölbchen  verschwunden 


^  Diese  Annalen  LXXXVI,  265,  nameDtlich  S.  285  ff. 


16  Kjerulfi  über  die  2ksammen$etzung 

war.  Die  Menge  des  ans  dem  Jodkaliam  frei  gewordenen  Jods 
betrug,  nach  der  erwähnten  Methode  bestimmt,  0,49175  Gnn. 
Da  nun  1  Atom  Ceroxyd  bei  der  Behandlung  mit  Salzsäure 
i  Atom  Chlor,  und  dieses  wieder  1  Atom  Jod  frei  macht, 
so  verhält  sich  i  Atom  Jod  zu  1  Atom  Sauerstoff  wie  die 
gefundene  Jodmenge  zu  derjenigen  Sauerstoffmenge  im  unter- 
suchten Oxydhydrat,  welche  mit  2  Atom  Ceroxydul  zu  1  Atom 
Ceroxyd  verbunden  war.  Führt  man  die  Rechnung  aus,  so 
findet  man  für  diese  Sauerstoffmenge  0,0310  Grm.  Wird  nun 
noch  die  Menge  Ceroxydul  bestimmt,  welche  dem  angewand- 
ten Niederschlage  entspricht,  so  ist  die  Zusammensetzung  des 
letzteren  vollkommen  festgestellt.  Zu  diesem  Zwecke  wurde 
der  Inhalt  des  Kölbchens  mit  Ammoniak  geföUt,  und  der 
Niederschlag  in  neutrales  oxalsaures  Ceroxydul  verwandelt, 
*  welches  1,2127  Grm.  wog.  In  diesen  1,2127  waren  der 
unten  angeführten,  damit  angestellten  Verbrennungsanalyse 
zufolge  0,7170  Ceroxydul  enthalten,  dessen  aus  der  Sätti- 
gungscapacität  der  Oxalsäure  berechneter  Sauerstoffgehalt 
0,08664  beträgt.  Der  Sauerstoff  des  ganz  aus  Oxydul  beste- 
henden Niederschlags  verhält  sich  daher  zum  Sauerstoff  des 
theüweise  in  Oxyd  verwandelten  wie  8,664  zu  11,764,  was 
dem  einfachen  Verhältnifs  von  3  zu  4  am  nächsten  kommt, 
nämlich  : 

gefanden  berechnet 

Sauerstoff  im  Oxydul 8,75      8,66 

Sauerstoff  nach  der  Oxydation  des  Oxyduls    11,67    11,76 

Diefs  Verhältnifs  aber  entspricht  genau  der  Formel 
CeO  +  Ce^Os  +  Aq. 

Nach  diesen  Erörterungen  wende  ich  mich  zu  den  Ele* 
menten,  welche  zur  Bestimmung  der  einzelnen  Ceritoxyde 
erforderlich  sind. 

Es  wurden  zunächst  von  dem  reinen  Oxalsäuren  Cer- 
oxydul 0,5275  Grm.  durch  Veri)rennung  mit  Kupferoxyd  ana- 


des  Cerits.  17 

lysirt ,  wobei  0,2073  Kohlensäure  und  0,046  Wasser  erhalten 
wwden;  also  32,15  pC.  Oxalsäure,  8,72  Wasser,  59,13 
Oxydol.    Und  die  Formel  des  Salzes  =  €0,  CeO  +  HO. 

Ebenso  gab  0,2603  reines  oxalsaures  Lanthanoxyd,  welches 
noch  eine  Spur  von  Didymoxyd  enthielt,  0,1225  Kohlensäure 
und  0,0414  Wasser;  also  38,49 pC.  Oxalsäqre,  15,90  Wasser, 
45,61  Lanthanoxyd.  Daraus  die  Formel  :  2(;€08La03+3I10. 

Endlich  wurde  auch  ans  den  bei  der  Analyse  erhaltenen 
Ceritoxyden  ein  neutrales  oxalsaures  Salz  dargestellt,  von 
welchem  0,3249  6nn.  bei  der  Verbrennung  mit  Kupferoxyd 
0,1258  Kohlensäure  und  0,0465  Wasser  gaben;  also  31,67  pC. 
Oxalsäure,  14,31  Wasser,  54,02  Oxydul.  Daraus  die  Formel 
€Q|RO  +  2ao. 

Aus  diesen  3  Analysen  ergiebt  sich  : 

das  Atomgewicht  des  Cers  zu 727,33 

das  des  didymhaltigen  Lanthans  zu 432,29 

das  der  in  dem  Fossile  enthaltenen  Ceritoxyde  zu        673,12 

Nennt  man  A  das  Atomgewicht  des  Cers  und  B  das  des 
didymhaltigen  Lanthans ,  so  bietet  sich  die  einfache  Bedin- 
gnngsgleichung  dA  : 

A  — xA  +  xB  =  C, 
worin  C  die  eben  bestimmte  Menge  des  didymhaltigen  Lan- 
thans und  Cers  bedeutet ,  welche  mit  100  Sauerstoff  zusam- 
mentritt, X  aber  den  Bruchtheil  vom  Ceratom  ausdrückt, 
welcher  durch  einen  gleichen  Bruchtheil  des  Lanthanatoms 
im  gemengten  Atom  beider  ersetzt  ist.    Berechnet  man  aus 

x=  ^  =  0,1837 

das  Verhältnirs  von  Cer  und  Lanthan  im  Ceritatom,  so  ergiebt 
sich ,  dafs  auf  593,71  des  ersteren  79,41  des  letzteren  darin 
vorhanden  sind,  was  dem  Verhältnirs  von  9  zu  2  ziemlich 
nahe  kommt. 

▲muU.  d.  Ch«m.  d.  P]i«nn.  LXXXVll.  Bd.  1.  Heft.  2 


}  iO,23        2 


18         Kjerutf,  über  tite  Zuaammmtehang  de»  Cerü$. 

Ein  gleiches  VerbSitnirs  mUssen  die  Bestandthefle  des  in 
der  Analyse  zu  66,447  gefundenen  Ceritoxyds  behaupten. 
Nimmt  man,  auf  die  oben  gefundene  Zusammensetzung  des  Cer- 
oxyduloxydhydrats  gestutzt,  an,  dafs  der  zu  66,447  bestimmte 
Niederschlag  das  Cer  ebenfalls  als  Oxyduloxyd  enthielt,  so 
müssen  jene  66,44  pC.  56,073  Ceroxydul  und  8,120  Lanthan- 
Oxyd  entsprechen. 

Für  die  Zusammensetzung  des  Cerits  ergiebt  sich  daher 
Santntoft 

Kieselsaure       20,406    l^SOO" 

Ceroxydul 56,075      6,779  i 

Didymhalliges  Lanihanoxyd       8,120      1,524  / 

liisf!i().\y,lul 4,773      1,591  j 

KHlkcrtlu 1,179      0,336  ) 

Wasser        5,293      4,704*)  '  1 

Sclnvi-fdmolybdan     .     .    .        3,270 

Scbwefelwismutb       .    .    .        0,184 

99,302 

Diefs  entspricht  der  Formel  : 

2(§ift,)  +  3Aq. 
Heidelberg,  den  26.  März  1853. 


*}  Die  SinontoiTmeage  dei  Wumm  fllli  eiwu  iii  gering  not,  weil 
der  Waasergehalt  lo*  dem  GlühTerlujIe  beitimmt  itL  Durch  dai 
Glühea  de«  Ceritt  oiydiren  lich  Cerotydul  und  EiicDOiydul  unter 
VerloderuDg  der  Farbe  Iheilweise  in  Oiydnloiyd  und  Oxyd,  der 
Gl&hreriuit  wird  hierdurch  verringert 


Ueber  Jodbestimmung ; 

TOD  R.  Kersting  zu  Riga.  ~ 

I.    Jodbestimmung  bei  Gegenwart  von  Urin. 

Der  nächste  Zweck  meiner  Versuche  war,  dem  hiesigen 
Aizte  G.  Girgensohn  eine  sichere  und  einfache  Methode 
znr  Jodbestimmung  Tür  obigen  Fall  an  die  Hand  zu  geben. 
Girgensohn  hatte  sich  die  Aufgabe  gestellt,  zu  untersuchen, 
wie  vollständig  und  wie  schnell  das  in  den  Magen  gebrachte 
Jod  durch  Urin  wieder  ans  dem  Körper  geführt  wird.  Nach 
der  gewdhnlichen  Bestimmnngsweise  waren  seine  Resultate, 
trotz  der  grofsten  Sorgfalt,  immer  zu  hoch  oder  zu  gering 
aosgefallen,  weil,  wie  sich  nachher  ergab,  die  Bt'>;lanililieile 
des  Urins  einerseits  unwillkommene  Ldsung  vcm  Nieder- 
schlägen, andererseits  wieder  selbst  NiederschlBgL>  mit  ßea- 
genlien  bewirkt  halten. 

Bei  dem  grofsen  Interesse,  das  die  Hedicin  gegenwärtig 
dem  Jod  schenkt,  durfte  die  nachstehende  Mitlheilung  meiner 
Resultate  TJelleicht  auch  zu  anderen  analytischen  Arbeiten 
über  Jod  willkommen  sein. 

Die  Bestimmung  des  Jodgehaltes  in  organischen  Körpern 
labt  sich  zwar  in  einzelnen  Fällen  direct  ausführen,  .z.  B. 
in  Znckerlösung  (siehe  die  Abschnitte  IL  und  III.^.  Meist  aber 
zerfällt  sie  in  zwei  getrennte  Arbeiten,  nämlich  in  eine  vor- 
blufige  Abscheidung  von  den  störenden  Bestandtheilen ,  und 
in  die  Darstellung  einer  einfachen  Jodverbindung,  welche 
entweder  gewogen,  oder  durch  Messung  des  verbrauchten 
Reagens  der  Menge  nach  bestimmt  wird.  UnerläfsUch  zeigt 
sich  naöh  Obigem  eine  vorläufige  Abscheidung  des  Jods  bei 
Gegenwart  von  Urin. 

Ich  versuchte  zuerst  den  gebräuchlichen  Weg,  indem  ich 
Urin  von  bekanntem  ^odgehalt  mit  Ueberschufs  vor  Kali  ein- 


20  Kenting,  über  Jodbettimmung, 

trocknete,  durch  halbstündiges  Glühen  an  der  Lufl  verbrannte, 
die  kohlige  Salzmasse  mit  Wasser  ausz<^,  und  im  Filtrat  das 
Jod  als  PaUadiumverbindung  dem  Gewicht  nach  bestimmte. 
(Nach  Fresenius  quant.  Analyse  $.  1090 

Das  Gewicht  des  Jodpalladium  stimmte  mit  dem  zag&- 
setzten  Jod  (0,050  Grm.}  bis  auf  weniger  als  Vi  Milligramme 
überein.  Bei  einem  zweiten  Verbrennungsversuche  hatte  sich 
jedoch  Cyankalium  gebildet,  welches  sich  in  der  wässerigen 
Lösung  nach  dem  Ansäuren  so  wohl  durch  Blausäuregertich, 
als  auch  durch  einen  blauen  Niederschlag  mit  Eisenoxydul- 
salz verrielh.  Aus  anderweiten  Versuchen  hatte  sich  ergeben, 
dars  Cyanmelalle  oder  auch  freie  Blausäure  das  Jodpalladitun 
suHusen.  Daher  ward  diese  Analyse  als  unzuverlässig  ver- 
worffii. 

Die  Übelriechende  and  zeitraubende  Arbeit  des  Ein- 
duiDplens  und  Verbrennens,  so  wie  die  Cyanbildung  forder- 
ten zur  Aufsuchung  eines  anderen  Weges  auf.  Dieser  fand 
sich  in  der  Destillation  mit  Schwefelsfiure. 

Ich  will  zuerst  zwei  der  entscheidenden  Vorversuche 
anHihren,  um  die  Brauchbarkeit  der  folgenden  Vorschrift  zu 
begründen.  (Versuch  Nr.  30  c.)  in  eine  glSseme  Betörte 
wurden  20"'  englische  Schwefelsäure,  20°"  Wasser  and 
20  Milligramme  Jod  als  Jodnatrium  gebracht.  Es  schied 
sich  schon  beim  Mischen  in  der  Retorte  ein  Theil  Jod  aus 
uhd  färbte  die  Flüssigkeit  röthlicb.  Nun  wurden  mit  der 
Spiritusflamme  23*«  PIfissigkeil  abdestOlirl.  Das  Destillat  war 
gelbbraun  von  Jod.  Nach  der  Mafsmethode  (III}  enthielt  es 
genau  20  Milligr.  Jod.  Der  Rest  in  der  Retorte  verhielt  sich  wie 
Goncentrirte  Schwefelsäure  imd  zeigte  keine  Reaction  auf  Jod. 

(Versuch  Nr.  30  b.)  Aus  einem  Gemisch  von  20"" 
englischer  Schwefelsäure  und  40~  Urin  vnirden  45*°  abde- 
slillirt.  Die  ersten  20"  des  Destillates  waren  gelblich  gefärbt, 


Kersling^  über  JodbesUmmung,  21 

gaben  mit  Palladiumchlorür  zwar  eine  schwache  Bräunung, 
aber  selbst  nach  8  Tagen  keine  Fällung.  Die  letzten  2b''^ 
des  Destillats  waren  farblos,  rochen  stark  nach  schwefliger 
Saure,  gaben  mit  Palladiumchlorür  ebenfalls  keinen  Nieder- 
schlag. In  der  Retorte  blieb  ein  brauner  syrupdicker  Rest 
von  15^^.  Derselbe  enthielt  viel  schweflige  Säure  und  setzte 
nach  Verdünnung  mit  Wasser  kehligen  Schlamm  ab. 

Diese  zwei  Versuche  lehren  :  1}  Wenn  man  Jodlösung 
mit  Schwefelsäure  destillirt,  bis  zur  Concentration  der  letz- 
teren, so  wird  das  Jod,  theils  frei,  theils  als  Jodwasserstoff*, 
vollständig  übergetrieben  und  kann  im  Destillat  quantitativ 
bestimmt  werden.  2}  Bei  gleicher  Behandlung  von  Urin 
erhält  man  ein  Destillat,  dessen  Bestandtheile  die  quantitative 
Jodbestimmung  nicht  durch  Fällung  von  Falladiumverbindung 
stören. 

Es  wurden  nun  viele  Destillationen  mit  Urin  von  bekann- 
tem Jodgehalt  vorgenommen ,  und  im  Destillat  das  Jod  be- 
stimmt, sowohl  nach  der  Maafsmethode  (11.),  als  durch  Wä- 
gung  des  Jodpalladiums  nach  Fresenius  quant  Analyse 
$.  119.  Als  Resultat  ergab  sich,  dafs  man  bei  Anwendung 
der  nun  zu  beschreibenden  Mafsregeln  in  weniger  als  zwei 
Stunden  eine  genaue  Jodbestimmung  im  Urin  fertig  machen 
kann. 

Vorschrift  ^itir  Jodbestimmung  in  Urin, 

DestüUaion.  Als  Apparat  dient  eine  gläserne  Retorte,  deren 
Bauch  gegen  300^®  Inhalt  hat.  Auf  ihren  Hals  wird  eine  Glasröhre 
von  V«  Zoll  Weite  und  2  bis  3  Fufs  Länge  als  Kühlrohr  gescho- 
ben. Hals  und  Rohr  müssen  einen  stumpfen  Winkel  mit  abwärts 
geneigten  Schenkeln  bilden,  so  dafs  alles  Flüssige  im  Halse 
nach  der  Retorte  zurückfliefst.  Das  Kühlrohr  wird  am  Re- 
tortenhalse mit  Schweinsblase  dicht  umklebt  und  in  seiner 
ganzen  Länge  mit  Musselin  umwickelt,  welcher  Behufs 
der  Kühlung  mit  einem  Pinsel   feucht   erhalten  wird.    C^in 


22  Kersiingy  über  Jodbesfimmung, 

Liebig'sches  Kühlrohr  thut  natürlich  dieselben  Dienste;  ich 
zog  hier  das  einfache  Glasrohr  der  Durchsichtigkeit  wegen 
vor,  welche  genaue  Beobachtung  des  Ganges  der  Destillation 
möglich  macht.}    Ein  Opodeldocglas  dient  als  Vorlage. 

Als  wesentliches  Material  bedarf  man  jodfreie  englische 
Schwefelsäure.  Man  überzeugt  sich  von  der  ausreichenden 
Reinheit  des  käuflichen  Productes  am  besten  dadurch,  dafis 
man  40**"  desselben  mit  10***  Wasser  mischt,  lO«®  abdestillirt 
und  versucht,  ob  das  Destillat  mit  Palladiumchlorür  einen 
Niederschlag  hervorbringt. 

Hat  man  Urin  mit  sehr  geringem  Jodgehalt,  so  übersät- 
tigt man  ihn  mit  Kali  und  destillirt  200  bis  25»'<*  bis  auf 
einen  Rest  von  20  bis  40***  ab;  das  Destillat  enthält  kein  Jod. 
Zu  dem  abgekühlten  Rest  giefst  man  ohne  Schütteln  20**^ 
englische  Schwefelsäure  in  die  Retorte,  fafst  sie  am  Halse, 
taucht  ihren  Bauch  unter  kaltes  Wasser  und  schwenkt  ruhig 
hin  und  her,  bis  die  beiden  Schichten  ohne  starke  Erhitzung 
gemischt  sind.  Bei  stärkerem  Jodgehalt  mischt  man  direct 
50  bis  100*«  Urin .  mit  20**  Schwefelsäure.  Die  Destillation 
geht  bei  angemessener  Spiritusflamme  sehr  leicht  von  Statten. 
Wegen  der  Entwicklung  von  schwefliger  Säure  und  Kohlen- 
säure erfolgt  sie  ohne  alles  Aufstofsen.  Man  destillirt,  bis 
sich  im  Kühlrohr  weifse  Dämpfe  von  Schwefelsäurehydral 
zeigen.  Das  Destillat  enthält  Jodwasserstofi",  alle  flüchtigen 
Säuren  des  Urins,  Kohlensäure,  schweflige  Säure  und  Schwe- 
felsäure. 

Emrichhmg  des  Deiiillais  9ur  quaniUaiü>en  Bestimmung. 

Die  schweflige  Säure  mufs  genau  zu  Schwefelsäure  oxy- 
dirt  werden.  Dazu  hat  man  sich  drei  Flüssigkeiten  zu  berei- 
ten. 1)  Gesättigte  Chlorkalklösung.  2)  Wässerige  Lösung 
von  schwefliger  Säure  oder  saurem  schwefligsaurem  Natron. 
Man  verdünnt  einen  Theil  der  concenirirten  Lösung  mit 
100  Wasser. 


Keniing^  über  JodbesHnmung.  23 

3}  Stilriiekleister.  Er  wird  durch  Aufkochen  von  1  Theil 
Stärke ,  i'o  englischer  Schwefelsäure  und  24  Wasser  darge- 
slellt. 

Man  setzt  dem  Destillat  1  bis  2  Tropfen  Stärkekleister 
zu,  tröpfelt  darauf  so  lange  ChlorkalUösung  hinein,  bis  die 
Flüssigkeit  eben  blau  erscheint,  und  vertreibt  die  blaue  FMr- 
buog  wieder  durch  1  oder  2  Tropfen  schwaches  schweflig- 
saures  Wasser.  Die  Flüssigkeit  ist  nun  fertig  zu  der  Hafs- 
und  Gewichtsbestimmung  mit  Chiorpalladium ,  weiche  in  dem 
Abschnitt  11  genauer  beschrieben  ist. 

Es  darf  hier  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  ich  einmal 
im  Retortenrückstande  noch  eine  Spur  Jod  auf  folgende 
Weise  nachwies  :  Die  dicke  braune  Flüssigkeit  wurde  mit 
Ibnf  Theilen  Wasser  verdünnt.  Es  setzte  sich  ein  schwarzer 
Bodensatz  ab,  dieser  wurde  ausgewaschen,  mit  Kalihydrat 
geglüht,  das  Salz  mit  Wasser  gelöst  und  mit  Stärke  und 
Bromwasser  vorsichtig  versetzt.  Es  zeigte  sich  schwach 
violette  Färbung.  Dieser  Rückhalt  war  jedoch  so  klein ,  dafs 
die  Jodbestimmung  im  Destillat  keinen  Verlust  anzeigte. 

Zum  Schlufs  dürfte  es  noch  von  Nutzen  sein,  auch  andere 
Versuche  anzuftthr^n,  welche  zur  Abscheidung  des  Jods  ge- 
macht wurden  und  welche  sich  als  unbrauchbar  erwiesen. 

Falsche  Wege  zur  Jodbesiimmung. 

In  den  Annalen  der  Chemie  und  Pharmacie,  Band  XXII, 
«  Seite  166,  sagt  Osann  :  ^Die  Flüssigkeit,  welche  Chlor, 
Brom  und  Jod  enthält,  wird  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
destOlirt  und  das  Jod  im  Destillat  bestimmt.^  Kurz  vorher 
sagte  er  aufserdem  :  „Um  zu  vermeiden,  dafs  sich  Hydro- 
bromsäure  und  Schwefelsäure  in  Brom  und  schweflige  Säure 
zersetzen,  welches  nur  dann  statt  findet,  wenn  die  Flüssig- 
keit concentrirt  ist,  wird  diese  verdünnt,  wo  sich  die  Hydro- 
bromsäure  eben  so  wie  die  Hydrochlorsäure  abscheidet.^ 


24  Keniing^  über  Jodbestimmung. 

Da  Osann  die  Säuren  aus  verdiuinlen  Flüssigkeitea  ab- 
destillirt,  und  sogar  die  Concentration  geflissentlich  vermeidel, 
so  kann  er  unmöglich  alles  Jod  überdestillirt  haben. 

Ich  mischte  zur  Entscheidung  dieser  Frage  50<^^  wässerige 
Jodnatriumlösung  Civiv«  Jfodgehalt,  also  5  Milligramme  Jod} 
mit  1^®  englischer  Schwefelsäure  und  destillirte  langsam  ab. 
Mit  den  ersten  lO^^'  ging  violetter  Joddampf  über  und  das 
Destillat  war  braun  von  Jod.  Die  Maafsmethode  (IIQ  mit 
Quecksilberchlorid  zeigte  darin  1  Hilligrm.  Jod  an.  Im  Re- 
tortenrest hingegen  wies  die  Quecksilberlösung  4  Milligrm. 
Jod  nach.  Es  war  also  mit  V«  der  Flüssigkeit  nur  Vs  des 
ganzen  Jodgehaltes  überdestillirt,  der  gröfste  Theil  als  Jod- 
wasserstoff zurück  geblieben. 

Bei  dieser  geringen  Flüchtigkeit  des  Jodwasserstoffes 
lag  es  nahe,  die  Destillation  von  freiem  Jod  zu  versuchen. 
Ich  destillirte  von  20^^  gesättigtem  Jodwasser  die  Hälfte  ab, 
in  der  That  zeigte  der  Retortenrest  keine  Spur  Jod.  Nun 
stellte  ich  eine  Reihe  von  Versuchen  an,  um  den  Jodwasser- 
Stoff  durch  Destillation  bei  Gegenwart  von  oxydirenden  Kör- 
pern zu  zersetzen  und  das  freie  Jod  Ibicht  und  vollständig 
überzutreiben.  Dazu  wurden  nacheinander  angewendet :  Sal- 
petersäure mit  Schwefelsäure;  chlorsaures  Kali  mit  Salzsäure; 
unterchlorigsaurer  Kalk  mit  Salzsäure;  Chlorwasser  und  end- 
lich Bromwasser.  Alle  diese  Versuche  erwiesen  sich  unbrauch- 
bar. Wenn  das  Destillat  %  bis  Vs  der  ganzen  Flüssigkeit 
betrug,  so  enthielt  es  nur  den  einen  Theil  des  Jods,  der 
andere  Theil  hingegen  fand  sich ,  oxydirt  zu  Jodsäure ,  im 
Retortenrest.  Jodsäure  wurde  dadurch  nachgewiesen,  dafs 
Stärkekleister,  der  für  sich  und  mit  Bromwasser  keine  Ver- 
änderung zeigte,  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  schwefliger 
Säure  sich  blau  färbte. 

Aufser  der  Destillation  wurde  auch  der  Yfeg  der  direc- 
ten  Fällung  versucht. 


Kerstingy  vber  JodbeiÜnummg.  25 

Jodhaltiger  Urin  giebt  mit  Palladiumchlorür  einen  Nieder* 
schlag,  welcher  Palladiumjodür,  ein  organisches  Palladiunisalz, 
und  redttcirtes  Palladiummetall  enthält.  Abgesehen  von  der 
Schwierigkeit,  das  Jod  aus  diesem  Gemenge  genau  abzuschei-> 
den,  ist  diese  Methode  ganz  unbrauchbar,  weil  immer  ein 
Theil  Palladiumjodür  im  Urin  gelöst  bleibt.  Mit  Palladium- 
chlorür im  Ueberschuls  versetzt,  giebt  das  Filtrat  mit  Stärke 
and  Brom-  oder  Chlorwasser  keine  JodreacUon.  Dampft  man 
es  jedoch  mit  Kali  ein,  glüht  und  prüft  die  wässerige  Salz- 
lösung, so  zeigt  sich  immer  Jod,  welches  durch  Palladium 
nicht  gefallt  war. 

Ebenso  wie  das  Palladiumjodür,  zeigte  sich  auch  das 
Kupferjodür  in  Urin  löslich,  kann  also  nicht  zur  Ausscheidung 
dienen. 

EindUch  schien  die  Ausziehung  des  Jods  mit  Chloroform 
einigen  Yortheil  zu  bieten.  Rabourdin  schlägt  vor  :  50^® 
jodhaltigen  Leberthran  mit  einigen  Tropfen  Salpetersäure 
und  Schwefelsäure  nebst  1^®  Chloroform  zu  schütteln.  Das 
Chloroform  nimmt  freies  Jod  auf,  färbt  sich  violett  und  setzt 
sich  klar  zu  Boden.  Dieser  Versuch  bestätigte  sich  zwar 
auch  bei  directer  Behandlung  von  jodhaltigem  Urin,  mehrere 
Proben  fielen  aber  bei  gleichem  Jodgehalt  so  verschieden 
aus,  dafs  es  zwecklos  erschien,  die  Prüfung  nach  der  quanti- 
tativen Seite  hin  fortzusetzen. 

II.  Mafsbestimmung  des  Jod  durch  Palladiumchlorür. 

YorausseUungen.  Wenn  eine  Jodmetalllösung  mit  Ueber- 
schufs  von  PaUadiumchlorür  und  etwas  Salzsäure  bei  60  bis 
100^  C.  geschüttelt  wird,  so  scheidet  sich  in  wenigen  Secun- 
den  das  Jodpalladium  als  schwarze  käsige  Flocken  ab.  Die 
überstehende  Flüssigkeit  erscheint  völlig  klar  und  farblos, 
gerade  wie  bei  der  Silberbestimmung  mit  Cblornatrium.  Ist 
hingegen  Jod  im  Ueberschufs,   so  erfolgt  die  Abscheidung 


26  Kersiingy  über  JodbeiHmtmmg. 

viel  langsamer  und  setzt  sich  zum  Theil  als  schwarzer  lieber- 
zug  fest  an  die  Geßirswandung. 

Wenn  man  3^  einer  Jodkaliumldsung,  die  jw^««  Jod 
enthält,  mit  zwei  Tropfen  Palladiumchlorürlösung  von  jj^^ 
Palladiumgehalt  mischt,  so  erfolgt  starke  Bräonung  und  durch 
Schütteln  in  der  Wärme  ein  schwarzer  Niederschlag.  Es 
wurde  hiernach  ^  Milligrm.  Jod  noch  deutlich  angezeigt. 
Bei  einem  Gehalt  von  looiovv  Jod  zeigt  sich  unter  gleichen 
Verhältnissen  noch  eine  schwache  Bräunung,  wenn  man  von 
Oben  in  das  Reagensglas  sieht.  Das  ist  die  Wirkung  von 
9^0  Milligrm.  Jod. 

Umgekehrt :  Drei  Cubikcentimeter  Palladiumchlorürlösung, 
die  Tvir^dv«  Palladium  enthält,  wurden  von  2  Tropfen  Jodkali- 
lösung CiiAfu  Jo<1}  s^^^  braun  gefärbt.  Bei  lodi«««  Palla- 
dium bringen  2  Tropfen  Jodlösung  auch  noch  Bräunung 
hervor,  welche  in  einer  Flüssigkeitsschicht  von  2  bis  3  Zoll 
Dicke  gesehen  werden  kann. 

Diese  Schärfe  der  Reaction,  und  die  leichte,  schnelle 
Abscheidong  des  Jodpalladiums  bei  richtiger  Behandlung 
macht  eine  Mafsbestimmung  sowohl  des  Jods,  als  auch  des 
Palladiums  möglich ,  welche  an  Genauigkeit  und  Bequemlich- 
keit mit  der  des  Silbers  und  Chlors  wetteifert. 

Maierial.  Zur  Ausführung  der  Arbeit  hat  man  drei  Flüs- 
sigkeiten nöthig  : 

1}  Reine  JodkaUumlösung  von  genau  ,^9  Jodgehalt. 
Sie  wird  durch  directe  Wägung  und  Lösung  in  Wasser  be- 
reitet. 

23  Saure  PattadiumchlarUrlösung  von  ^^9  Palladiumge- 
halt.  Man  bereitet  sie  aus  dem  Metall,  indem  man  einen 
Theil  desselben  in  Königswasser  heifs  löst,  das  Salz  bei 
100<^  C.  zur  Trockne  eindampft,  dazu  50  Theile  concentrirte 
Salzsäure  und  2000  Theile  Wasser  setzt,  und  die  Lösung 
klar  abstehen  läfst.    Die  genauere  Bestimmung  geschieht  mit 


Kersting^  %Aer  JodbesUmmung.  27 

der  ersten  Jodkaliamlösung  aaf  die  unten  zu  beschreibende 
Weise. 

33  Die  tu  prüfende  Jodlösung.  Hat  man  die  Jodverbin- 
dung  trodien  in  passender  Form,  so  löst  man  sie  in  wenig 
Wasser,  bestimmt  auf  die  sogleich  zu  schildernde  Weise  den 
Jodgehall  annähernd,  yerdUnnt  danach  die  Übrige  Lösung  zu 
ungefähr  j^^  Jodgehalt  und  bestimmt  nun  noch  einmal 
genau.  War  jodhaltiger  Urin  zu  analysiren,  so  verwendet  man 
das  saure  Destillat  direct ,   welches  nach  I.  erhalten  wurde. 

Arbeü.  Die  Fällung  des  Jodpalladiums,  und  somit  die 
Bestimmung  des  Jodgehaltes,  gelingt  auf  folgende  Weise  am 
besten  :  In  ein  weifses  Medicinglas,  das  100  bis  200^^  Inhalt 
hat,  giefst  man  10^  der  Palladiamlösung,  verkorkt  leicht  und 
stellt  das  Glas  in  einen  Topf  mit  heifsem  Wasser  (60  bis 
100*  C.}  Nun  giefst  man  aus  der  Bürette  Jodlösung  zu, 
schüttelt  und  erwärmt  einige  Sekunden.  Von  der  bald  klar 
abgestandenen  Flüssigkeit  giefst  man  etwas  in  zwei  farblose 
Reagensgläser  ab,  so  dafs  beide  etwa  zwei  Zoll  hoch  gefüllt 
sind.  Wenn  man  nun  dem  einen  Glas  noch  einige  Tropfen 
Jedlosung  zusetzt,  so  kann  man  durch  Vergleichung  mit  dem 
andern  gut  sehen,  ob  sie  noch  Bräunung  hervorbringt 
Man  fügt  nach  Gutdünken  die  nöthige  Menge  Jod  hinzu, 
schüttet  die  Proben  wieder  in  das  erste  Gefäfs  zurück, 
erwärmt,  schüttelt,  läfst  abstehen^  prüft  wieder  im  Beagens- 
glas  und  filhrt  so  fort,  bis  eine  neue  Menge  Jod  keine  Fär- 
bung mehr  erzeugt.  Zuletzt  prüft  man  eine  filtrirte  Probe, 
und  wenn  diese  weder  von  Palladium  noch  von  Jodlösung 
merklich  gebräunt  wird,  so  kann  sie  kaum  1 09^9 99  Ueber- 
schufs  an  Einem  dieser  Stoffe  enthalten.  Bei  Prüfung  von 
Urindestillat  ergab  sich  kein  merklicher  Fehler,  trotz  dem, 
dafs  diese  Flüssigkeit  für  sich  die  Palladiumlösung  schwach 
ßrbt.  Eine  solche  Mafsbestimmung  in  der  zurecht  gemachten 
Jodidsung  konnte  in  10  bis  15  Minuten  ausgeführt  werden. 


28  Keniingj  über  JodbesÜmmung. 

Aufserdem  hielt  ich  ein  ausgewaschenes  und  gewogenes 
Filter  bereit,  in  welchem  ich  das  Jodpalladium  sammelte  und 
zur  Vergleichung  dem  Gewichte  nach  bestimmte. 

Gilt  es,  eine  Palladiumbeslimmung  zu  machen,  etwa  die 
zur  genaueren  Verdünnung  der  rohen  Lösung  Nr.  2,  so  fcillt 
man  10^^  davon  mit  der  Jodlösung  Nr.  1.  Jeder  Cubikcen- 
timeter  der  letzteren  entspricht  0,42  Hilligrm.  Palladium. 

Gilt  es,  den  Jodgehalt  der  Lösung  Nr.  3  zu  bestimmen, 
so  mufs  genau  titrirte  Palladiumlösung  Nr.  2,  zu  deren  Voll- 
endung so  eben  das  Nöthige  gesagt  wurde ,  angewendet 
werden.  Jeder  Cubikcentimeter  derselben  entspricht  1  Milligrm. 
Jod.  Aus  der  Menge  der  verbrauchten  Jodlösung  berechnet 
man  den  Jodgehalt  der  ganzen  untersuchten  Flüssigkeit. 

Beimengungen^  welche  nicht  stören. 

Um  diese  zu  ermitteln,  wurde  eine  Reihe  von  Versuchen 
auf  folgende  Weise  angestellt  :  5^*^  Palladiumlösung  (Nr.  23 
wurden  erwärmt  und  mit  5°®  Jodlösung  (Nr.  1}  gemischt. 
Ohne  fremden  Zusatz  schieden  sich  diese  Mengen  rein  ab. 
Die  Lösung  reagirte  weder  auf  Palladium,  noch  auf  Jod. 
Wurden  nun  der  Jodlösung  andere  Körper  zugemischt,  so 
zeigten  sich  einige  nichi  störend.    Nämlich  :  Verdünnte  Salz- 

w 

säure,  Schwefelsäure,  Phosphorsäure,  Salpetersäure,  Essig- 
säure. Femer  die  neutralen  Kali-,  Natron-,  Anunoniaksälze 
dieser  Säuren ,  ebenso  Chlorcalcium ,  Chlorzink ,  Bleizucker. 
Endlich  folgende  organische  Stoffe  :  Zucker,  Harnsäure,  das 
Destillat  von  Urin  mit  Schwefelsäure,  Alkohol,  Aether,  Citro- 
nenöl,  Stärkekleister.  Bromnatrium  wirkte  bei  Gegenwart  von 
Essigsäure  in  gewöhnlicher  Temperatur  ebenfalls  nicht  störend. 
Bei  Gegenwart  von  freien  Mineralsäuren  und  beim  Erhitzen 
hingegen  wurde  Jodpalladium  gelöst.  Wenn  daher  Brom- 
metall zugegen  ist,  so  mufs  man  die  Palladiumlösung  nach  dem 
Abmessen  mit  Kali  neutralisiren,  mit  Essigsäure  schwach  sauer 
machen  und  die  Fällung  in  gewöhnlicher  Temperatur  vornehmen. 


Keniing^  über  JodbnHmminig.  29 

Siortnde  Beimengungen.  Als  solche  zeigten  sich  :  Freie 
Alkalien,  welche  Palladiornoxydul  Fällen ,  freies  Chlor,  Brom 
und  Jod,  Cyan,  viel  Salpetersäure  in  der  Hitze,  schweflige 
Saure.  Diese  Substanzen  lösen  Jodpalladium  auf,  verhindern 
also  die  Fällung. 

Fast  alle  diese  Störungen  lassen  sich  indessen  beseitigen. 
Die  Alkalien  sättigt  man  mit  Schwefelsäure.  Das  freie  Chlor, 
Brom  und  Jod  wandelt  man  durch  vorsichtigen  Zusatz  von 
wasseriger  schwefliger  Säure  bei  Gegenwart  von  1  bis  2 
Tropfen  Stärkekleister  (yaie  in  I  beschrieben  wurde}  in  Was- 
serstoflsanren  um,  und  sättigt  diese  bei  gar  zu  grofsem  Ceber- 
schufs  mit  Kali.  Schweflige  Säure  wird  wiederum  durch 
Chlorkalkiösung  und  Salzsäure  vorsichtig  zu  Schwefelsäure 
oxydirt. 

In  den  beiden  letzten  Fällen  giebt  Slärkekleister  den 
Sättigungspunkt  genau  an.  Beginn  der  Blaufärbung  ist  Chlor- 
Uberschufs,  Verschwinden  derselben  bei  Zusatz  von  schwefliger 
Säore  ist  Chlorsättigung. 

m.    Hafsbestimmung  des  Jods  durch  Quecksilber- 
chlorid. 

Diese  Methode  ist  eben  so  scharf  und  zugleich  bequemer 
auszufuhren,  als  die  vorher  beschriebene.  Leider  kann  sie 
jedoch  in  Gemengen  nur  eine  seltene  Anwendung  finden, 
wie  sich  aus  der  Aufzählung  der  störenden  Substanzen  er- 
geben wird. 

Voraussetzungen. 

1)  Onecksilberchlorid  entfärbt  blaue  Jodstärke  durch  Bil- 
dung von  Quecksilberjodid  imd  Chlor. 

2)  Wenn  Jodwasserstofisalze  und  Jodstärke  gemischt 
sind ,  so  zersetzt  die  Quecksilberchloridlösung  zuerst  die  Salze, 
und  die  Entfärbung  der  Jodstärke  erfolgt  zuletzt. 


30  K^ntingf  über  Jodbetümmmg. 

3)  Wenn  die  Lösung  so  verdünnt  ist,  dafs  sie  nur  Tvi^n 
Jod  enthält ,  so  bleibt  das  gebildete  Quecksüberjodid  gelöst, 
und  die  Entfärbung  der  Jodstärke  erfolgt  in  klarer  Flüssig- 
keit mit  sehr  scharfer  Grenze. 

Aus  diesen  Erscheinungen  geht  hervor,  dafs  die  Menge 
der  zur  Entbläuung  gebrauchten  Quecksilberlösung  das  genaue 
Mafs  für  den  Jodgehalt  der  Flüssigkeit  abgiebt. 

Maierial.  Zur  Ausführung  der  Arbeit  hat  man  sich 
fünf  Flüssigkeiten  zu  verschaffen  : 

1}  Reine  Jodkaliumlösung  von  mio«  Jodgehalt  Man  löst 
1,306  Grm.  geglühtes  Jodkalium  in  Wasser  zu  lOO*"«"  Flüssig- 
keit. Diese  Lösung  enthält  y),  Jod.  Hiervon  10^®  mit  Wasser 
gemischt  zu  1000^<^  giebt   eine  Lösung  von  19(99  Jodgehalt. 

2}  Bromwasser  (mit  19^9  Br).  Das  mit  Bromüberschufs 
geschüttelte  Wasser  enthält  ungefähr  ^  Brom,  dieses  mit 
Wasser  zu  50  Mafsen  verdünnt  giebt  Lösung  von  j^^  Brom. 
Der  Bromgehalt  braucht  keineswegs  genau  zu  seyn. 

3)  Stärkekleister  (mit  ^  Stärke).  Er  wird,  wie  schon  in 
L  angegeben  wurde,  durch  Aufkochen  von  1  Theil  Stärke 
mit  ^  Schwefelsäure  und  24  Wasser  bereitet.  Die  schleimige 
Flüssigkeit  in  verkorkter  Flasche  am  kühlen  Ort  aufbewahrt 
hält  sich  Monate  lang.  Nur  mufs  man  nach  längerer  Auf- 
bewahrung kurz  vor  dem  Gebrauch  einen  Theil  aufkochen. 

43  Quecksilberchloridlösung  mit  j,^9  HgCl.  Man  löst 
1  Grm.  des  Salzes  in  1000  Grm.  Wasser  warm  auf.  Die 
genaue  Bestimmung  geschieht  mittelst  der  Jodkaliumlösung 
Nr.  1. 

5)  Die  zu  prüfende  Jodlösung.  Hat  man  das  Jod  in  pas- 
sender Verbindung,  so  löst  man  diese  in  wenig  Wasser,  be- 
stimmt auf  die  anzugebende  Weise  den  Jodgehalt  annähernd, 
verdünnt  darauf  die  Lösung  zu  ungefähr  Tuivo  Jodgehalt, 
und  wiederholt  nun  die  Bestimmung  mit  genauer  Grenze. 


Kersiing,  über  JodbeMttmmumg.  31 

Die  Arbeä  beginnt  mit  ErmiUelung  der  Menge  Sublimat- 
lösimg,  welche  1  Gewichtstheil  Jod  sättigt.  Dazu  schüttet 
man  iOO<»  Jodlösung  Nr.  1,  d.  i.  0,010  Grm.  Jod  in  ein 
weilses  Becherglas,  das  1  bis  2  Liter  Wasser  fafst,  setzt 
10  Tropfen  Stärkekleister  und  10  Tropfen  Bromwasser  zu. 
Die  Flüssigkeit  erscheint  tief  blau.  Nun  giefst  man  bei  stetem 
Schütteln  der  Jodlösung  so  lange  Sablimatlösung  aus  der 
Bürette  zu,  bis  die  blaue  Färbung  vollkommen  verschwunden 
ist.  De  Zahl  der  verbrauchten  Cubikc^timeter  entspricht  einer 
Menge  Ton  0,010  Grm.  Jod,  und  wird  an  dem  Vorrathsgefafs 
der  Sublimatldsung  bemerkt.  Nach  meinen  Versuchen  wurden 
10^^  Sublimatlösung  verbraucht,  also  auf  1  Milligrm.  Jod  i  ,l®^ 

Wenn  man  auf  gleiche  Weise  die  unbekannte  Jodlösung 
Nr.  5  behandelt ,  so  giebt  das  Mafs  der  bekannten  Sublimat- 
ldsung den  Jodgehalt  an. 

Beimengungen^  u>dche  nicht  etären^  wurden  durch  eine  Reihe 
von  Versuchen  auf  folgende  Weise  ermittelt  :  50^®  Jodlösimg 
Nr.  1,  welche  für  sich  5,5<^<^  Quecksilberchloridlösung  zur  Sät- 
tigung brauchten,  wurden  mit  dem  zu  prüfenden  Körper  ge- 
mischt, nach  obiger  Vorschrift  gebläut  und  mit  Sublimatlösung 
entfiffbt.  Der  Erfolg  blieb  ungeändert  bei  Zusatz  von  neu- 
tralem schwefelsaurem,  phosphorsaurem,  salpetersaurem  Na- 
tron, schwefelsaurem  Ammoniak,  essigsaurem  Bleioxyd,  femer 
von  concentrirter  Essigsäure  und  Zucker.  Die  Beimischung 
betrug  bei  diesen  Versuchen  das  10-  bis  20  fache  des  Jod- 
gehaltes. 

Freies  Jod  konnte  genau  bestimmt  werden,  wenn  man 
es  in  W*asser  vf  rtheilte ,  so  viel  wässerige  schweflige  Säure 
zusetzte,  bis  die  Lösung  farblos  war,  die  gebildeten  Säuren 
mit  Kali  neutralisirte ,  und  nun  auf  die  oben  angegebene 
Weise  verfuhr. 

Al$  siörende  Beimengungen  zeigten  sich  :  freie  Mineral- 
sauren; auch  Essigsäure  und  ihre  Salze,   wenn  die  Menge 


32  Kenting^  über  Jodhe$tvMming. 

der  letzteren  die  des  Jods  um  das  Zwanzigfache  überstieg. 
Am  Wichtigsten  ist,  dafs  Salzsäure  und  brom wasserstoffsaure 
Salze  gleichfalls  stören.  Alle  diese  Stoffe  bedingen  eine 
gröfsere  Menge  von  SublimaUösung  zur  vollständigen  Ent- 
bläaung  der  Jodstärke.  Freie  Alkalien  hingegen ,  stark  des- 
oxydirende  Säuren,  wie  schweflige  Säure,  verschiedene  orga- 
nische Körper  (auch  Urin),  stören  die  Reaction  dadurch,  dafs 
sie  die  Jodstärke  direct  entfärben. 

Wie  man  bei  Abwesenheit  störender  Substanzen  diese 
Jodbestimmung  in  eine  Quecksilberbestimmung  umwandeln 
kann ,  das  ist  schon  durch  die  Beschreibung  der  Arbeit  mit 
der  Quecksilberlösung  Nr.  4  angedeutet. 

Anjkang  vu  den  Mafsbeitimmungen. 

Um  von  nutzlosen  Versuchen  abzuhalten,  will  ich  noch 
anfuhren,  dafs  ich  zwei  andere  Wege  zur  Jodbestimmung  ge- 
prüft habe.  Der  erste  basirte  sich  auf  die  Löslichkeit  des 
schwarzen  Jodpalladiums  in  verdünntem  Ammoniak  zu  farblosem 
basischem  Einfach-Jodpalladium^Ammoniak.  Es  gelang  nicht, 
die  Grenze  der  Entfärbung  scharf  zu  bestimmen;  zumal  da 
sich  stets  eine  geringe  Menge  braunes  Palladiumoxyd  abschied. 
Der  zweite  Weg  gründete  sich  auf  die  Entfärbung  der  Jod- 
stärke durch  freies  Chlor  oder  Brom,  indem  sich  Dreifach- 
Chlorjod  oder  Fünffach -Bromjod  bildet.  Wenn  man  eine 
jodhaltige  Flüssigkeit  mit  einigen  Tropfen  Stärkelösung  und 
darauf  mit  Bromwasser  tropfenweise  mischt,  so  erscheint  zu- 
erst eine  tiefblaue  Färbung.  Diese  wird  bei  jedem  Tropfen 
dunkler,  geht  durch  Violett  in  Braun  über  und  von  da  in 
Hellgelb.  Der  Punkt  der  Bräunung  eignet  sich  einigermafsen 
zur  Grenzbestimmung;  er  ist  jedoch  nicht  allein  von  den 
Meng^,  sondern  auch  von  der  Dauer  der  Einwirining  ab- 
hängig ,  daher  nur  zu  ganz  groben ,  etwa  vorläufigen  Jod- 
bestimmungen tauglich. 


33 

lieber  eine  neue  Bürette; 
von  Demselben. 


Seil  Yorigem  Herbst  bediene  ich  mich  zur  AusfÜhrungf 
Yon  Mafsanalysen  einer  Barette,  welche  weniger  zeitrecUich, 
beqaemer  zo  handhaben,  imd  leiclger  darzustellen  ist,  als  die 
bisher  geteauchten.  Bei  solchen  Vorzügen  dürfte  ihre  Be- 
kanntmachung manchem  Analytiker  willkommen  seyn. 

Ans  der  beistehenden  Figur  leuchtet  ein,  dafs  die  ein- 
fache Röhrenform  gröCsere  Festigkeit  und  sichereres  Anfas- 
sen möglich  macht ,  als  die  Kan- 
nenform mit  langer  Tropfröhre. 
Han  füllt  das  Gefdfs  zum  Ge- 
brauche Aurch  die  einzige  Oeff- 
nung  mit  der  Reagensflüssigkeit 
bis  an  den  Nullpunkt.  Um  tropfen- 
weise abzngiefsen,  fafst  man  es  in  der  Mitte  des  langen 
Schenkels,  richtet  diesen  horizontal  und  den  kurzen  auf- 
wärts. Durch  Drehung  um  die  Achse  des  langen  Schenkels  kann 
mm  nun  einen  Theil  der  Flüssigkeit  in  die  Ausbauchung  des 
kanen  hnfen  lassen,  igri  bleibt  sie,  auch  wenn  das  Ende 
des  langen  Schenkels  wieder  geneigt  wird ,  und  kann  nun 
leicht  in  einzelnen  Tropfen  ausgegossen  werden.  Die  Aus- 
galisstelle  bestreicht  man  am  unteren  Rande  mit  etwas  Talg. 
Die  einfache  Oeffnuiffg  mit  starkem  Rande  gestattet  ein 
diehles  Verkorh^n,  und  so  eignet  sich  dieses  Gefüfs  auch  zur 
längeren  Aufbewahrung  von  titrirten  Flüssigkeiten. 

Ich  will  noch  kurz  anführen,  wie  sich  ein  Jeder  meine 
Bürette  selbst  anfertigen  kann.  Ein  Glasrohr ,  ^  bis  }  Zoll 
weit,  20  Zoll  hng  und  von  \  bis  ]  Linie  Wandstärke  wird 
zuerst  vor  der  Blaslampe  an  dem  einen  Ende  zugeschmolzen. 

AaMl.  «.  Chuiit  o.  Pham.  LXXXVU.  Bd.  1.  H«ft.  3 


34  Schüler^  über  die  kmailkhe  DarsitUung  des 

Darauf  biegt  man  vier  Zoll  von  diesem  Ende  mit  möglichst 
kurzer  Krümmung  ein  Kni«  im  Winkel  von  45  Grad.  Dicht 
hinter  der  Biegung  erhitzt  man  nun  den  kurzen  Schenkel, 
und  bläst  die  Stelle  zu  einer  zollweiten  Kugel  auf.  Einen 
halben  Zoll  hinter  der  Kugel  schneidet  man  das  zugesclimol- 
zeae  Ende  ab ,  und  erweitert  den  Rand  der  Oeffnung ,  wie 
den  einer  Medicinflasche.  Wenn  man  nun  auch  das  Ende 
des  langen  Schenkels  zusckmilzt,  so  ist  das  Gerafs  bis  zur 
Anbringung  des  Mafsstabas  fertig. 

Riga,  December  1852. 


lieber    die   künstliche  Darstellung  des   Greenockils 
und  einige  andere  Kadmium  -  Verbindungen ; 

von  Dr.  E.  Schüler. 


Versuche,  die  ich  über  einige  Verbindungen  des  Kad- 
miutns  im  Laboratorium  zu  GöUingen  anstellte,  haben  einige 
Thatsachen  dargelegt,  die  in  der  chemischen  Geschichte  dieses 
Metalls  noch  nicht  bekannt  waren  und  deren  Beschreibung 
ich  zum  Gegenstand  meiner  Inaugural- Dissertation  wählen 
durfte.    Das  Folgende  ist  ein  Auszug  aus  derselben. 

i.  KryMiaUiwtes  Schwefelkadmium.  —  Diese  Verbindung 
kommt  bekanntlich  als  sehr  seltenes*  Mineral  in  England  kry- 
stallisirt  vor  und  wird  Greenockit  genannt.  Es  ist  mir  gelun- 
gen, sie  auch  kitostlich  kryslallisirt  zu  erhalten.^ 

Reines  Schwefelkadmium,  erhalten  durch  Fällung  mit 
Schwefelwasserstoff,  wurde  schar^getrocknet,  mit  fünf  Theilen 
kohlensaurem  Kali  und  einer  gleichen  Quantität  Schwefel  innig 
gemengt,  und  in  einem  Porcellantiegel ^   der  sich  in  einem 


und  emig^  andere  Kadmnan^VerbMmgen.    36 

hessischen  Tbontiegel  befand,  etwa  eine  Stande  lang  eiaer 
nicht  allzuhohen  Temperatur  ausgesetzt,  dann  der  Tiegel  m9g« 
liclist  langsam  erkalten  gelassen.  Als  das  Schwefelkalium 
ausgewaschen  wurde,  fand  sich  das  Schwefelkadmium  am 
Boden  des  Tiegels  in  Krystallen  angesammelt.  Es  wurde  auf 
ein  Filter  gebracht,  gut  ausgewaschen  und  getrocknet. 

Um  sicher  zu  seyn,  dafs  der  so  erhaltene  Körper  in  der 
That  reines,  krystallisirtes  Schwe£elkadmium  sey,  unterwarf 
ich  ihn  der  Analyse.  Hierzu  wurde  eine  bestimmt  abgewogene 
nnd  bei  100^  C.  getrocknete  Quantität  in  ChlorwasserstofTsdure 
gelöst,  aus  der  klaren  Lösung  das  Kadmium  als  kohlensaures 
Oxydhydrat  gefallt,  abfiltrirt  und  nach  wiederholen!  Aus- 
waschen getrocknet.  Die  trockne  Verbindung  wurde  einer 
starken  Glühhitze  ausgesetzt,  nacljidem  vorher  das  Filtrum  fUr 
sich  mit  Salpetersäure  zusammen  eingeäschert  worden,  um  so 
alle  organische  Substanz  Tollkommen  zu  zerstören,  welches 
bei  der  sehr  leichten  Flüchtigkeit  des  metaUischen  Kad- 
miums ttr  Vermeidung  eines  etwaigen  Verlustes  unbedingt 
nothig  ist. 

0,405  G^.  gaben  auf  diese  Weise  0,361  Grm.  Kadmium- 
oxyd, enthaltend  0,316  Kadmium,  also  aus  der  Differenz 
0,069  Schwefel,  oder  in  Procenten  77,9  Cd  und  22,1  S. 

Die  Verbindung  war  hiemach  reines  Schwefelkadmium, 
dessen  berechnete  procenlische  Zusammensetzung  Cd  77,88 
+  S  22,22  ist. 

Das  auf  diesem  YTege  erhaltene  Schwefelkadmium  ent- 
wickelte beim  Uebergiefsen  mit  verdünnter  Chlorwassdrstoff- 
sinre  vorübergehend  einen  deutlichen  Geruch  nach  Schwefel- 
wasserstoff, worauf  die  Säure  in  der  Kälte  ohne  sichtliche 
Einwirkung  blieb.  Concentrirte  Saksäure  löste  die  Krystalle 
schon  in  der  Kälte  leicht,  unter  heftiger  Schwefelwasserstoff- 
entwicklung.    Das  übrige  Verhatten  war  dasselbe  wie   von 

3»     • 


36  Sehülerj  iiber  die  küniOiche  DariteUung  des 

dem  durch  Schwefelwasserstoff  erhaltenen  Kadmiumsulfuret 
bekannt  ist. 

Das  spec.  Gewicht  dieser  Krystalle  fand  ich  zu  4,5, 
während  bei  den  in  der  Natur  vorkommenden  Krystallen, 
dem  Greenockit,  dasselbe  zu  4,8  (Breithaupt*}  gefunden 
wurde.  Auch  die  Härte  stimmt  mit  der  des  Minerals  sehr 
gut,  indem  einzelne  Krystalle,  auf  Kalkspath  gerieben,  deut- 
liche Spuren  zurückUefsen ,  während  bei  einem  Versuch  auf 
Flufsspath  keine  Einwirkung  zu  bemerken  war,  selbst  nicht 
mit  Hfllfe  einer  ziemlichen  Vergröfaerung.  Hiernach  wäre  also 
seine  Härte  ebenfalls  3,5. 

Da  ^e  Vergleichung  der  Eigenschaften  künstlich  darge- 
stellter Verbindungen  mit  denen  natürlich  vorkommender  in 
mehrfacher  Hinsicht  von  Interesse  ist,  so  habe  ich  die  Form- 
verhältnisse dieses  künstlichen  Greenockits  unter  dem  Hi- 
kroscop  einem  genauen  Studium  unterworfen  und  will  nun 
die  darüber  gemachten  Beobachtungen  hier  mittheilen. 

Was  zuerst  die  Gröfse  dieser  Krystalle  betrifft,  so  war 
diese  sehr  abweichend.  Von  den  nur  mit  Mühe  erkennbaren 
Krystallindividuen ,  bis  zu  den  weiter  unten  zu  erwähnenden, 
mit  ziemlicher  Schärfe  mefsbaren,  fanden  die  unmerklichsten 
Uebergänge  statt.  Bei  jenen  fttnden  sich  nur  wem'ge  einfache 
Formen ,  meist  waren  es  reguläre  sechsseitige  (TE)  **)  Prismen 
mit  einer  "^sechsflächigen  Zuspitzung.  Die  gröfser  ausgebil- 
deten Krystalle  hingegen  zeigten  sich  nur  sehr  selten  isolirt, 
fast  immer,  theils  in  reiner  Form,  theils  verschieden  mit  ein- 
ander combinirt,  erschienen  sie  nach  einem  bestimmten  Ge- 
setze gruppirt,  und  zwar  der  Art,  dafs  die  Verbindungsebene 
der  einzelnen  Krystalle  senkrecht  gegen  die  Hauptaxe  ge- 
richtet war.     Hierbei  erschienen   die  aufeinander  folgenden 


•)  Pogg.  Ann.  LI,  515. 
^)  Htufmann,  Handb.  d.  Mioefatog. 


QreenochUi  und  ewige  cmdere  Kadmium^  Verbindungen.    37 

Formen  gegen  einander  verdreht,  wo  dann  die  Kanten  der 
vorbergehenden  ^egen  die  Flächen  der  folgenden  gestellt 
waren,  wodurch  das  Ganze  ein  perlschnurartiges  Ansehen 
erhielL  An  diese  einfachen  Ketten  schlössen  sich  znr  Seite 
ähnliche,  welche  immer  neben  einem  tiefer  stehenden  Kry- 
stalle  anfingen. 

Sämmtliche  Krystalle  der  Reihen  waren  gewohnlich  sehr 
scharf  ausgebildet ,  und  die  Flächen  zeigten  bei  vielen  eine 
sehr  vollkommene  Spiegelung,  wefshalb  sie  sich  auch  zur 
Messung  am  besten  eigneten.  Zu  diesen  Messungen  bediente 
ich  mich  eines  vortreiTlichen  ]f ikroscopgoniometers ,  das  mir 
Br.  Prof.  von  Waltershausen  zur  Verfügung  zu  stellen 
die  Gttte  hatte.  1)ie  Bestimmungen  der  resp.  Winkel  können 
zwar  auf  eine  sehr  grofse  Genauigkeit  nicht  Anspruch  machen, 
dennoch  gestattete  die  aufserordentliche  Schärfe  der  Ausbil- 
dung einzelner  Formen  eine  ziemliche  Annäherung  an  die 
von  Breithaupt*3  nnd  Descloizeaux  mit  dem  Reflexions- 
goniometer gemessenen  Winkel  des  itetürlich  vorkommenden 
Minerals.  Wie  diefs  bei  Messungen  unter  dem  Mikroscope 
zu  geschehen  pflegt,  so  wurden  auch  hier  die  ebenen  Winkel 
an  der  Basis,  resp.  Spitze  der  gleichschenkligen  Seiten- 
ftitchexi,  der  entsprechenden  Bipyramidaldodekaeder  gemessen. 
HieiBus  and  aus  dem  Winkel  der  gemeinsamen  Grundfläche 
(Iner  des  regulären  Sechsecks)  lassen  sich  dann  bekanntlich, 
nach  Sätzen  der  sphärischen  Trigonometrie  die  sphärischen 
Winkel ,  nnd  femer  durch  einfache  Rechnung  das  Axenver- 
hällnifs  leicht  finden. 

Um  möglichst  die  unvermeidlichen  Beobachtungsfehler  zu 
compensiren,  wurden  sowohl  alle  drei  Winkel  des  Dreiecks 
gemeflien ,  als  auch  aus  wenigstens  zwanzig  Messungen  das 
ariihmetische  Mittel    genommen.     Ich  will    hier    nur    noch 


•)  Haasmano,  Handb.  d.  Minerai.  Tbl.  11»  S.  114.  115. 


38  Schüler,  über  die  künsüiche  Darslellutig  des 

bemerken,  dafs  die  bei  den  verschiedenen  Messungen  gefun- 
denen Winkel  nur  unbedeutende  Abweichuagen  zeigten,  was 
zugleich  als  Controle  dienen  kann  für  die  mögliche  Schärfe 
der  Bestimmungen. 

Auf  diese  Weise  ergab  sich  aus  zwanzig  Messungen  der 
ebenen  Dreieckswinkel  : 

67^4'  für  jeden  Basiswinkel ,  hieraus  ergiebt  sich  der 
Winkel  an  der  Spitze  zu  45*12'.  Die  Messung  hatte  er- 
geben 45*8'15''. 

Aus  diesen  Daten  berechnet  sich  der  sphärische  Grund- 
kantenwinkel zu  87<^14'18'^  demnach  ist  der  Winkel,  den  die 
Endflächen  mit  den  Seitenflächen  bei  dieser  Form  machen, 
136«22'5i'S  und  der  Winkel,  den  diese  Seitenflächen  mit  den 
verticalen'  Fläehen  des  (E.)  Prisma  bilden,  133037^9''. 

Aus  diesen  Messungen  wird  es  wahrscheinlich,  dafs 
die  vorhergehende  Form  als  Primärfortt  angenommen  wer* 
den  mufs. 

Ein  zweiter  Krystall,  den  man  schon  auf  den  ersten 
Blick  als  einem  andern  Axenverhällnisi^e  angehörig  betrachten 
mufste,  gab  bei  einer  damit  vorgenommenen  Messung  :  für 
den  ebenen  Basiswinkel  der  Seitenflächen  74*59^  C^ittel  aus 
fünfundzwanzig  Messungen},  femer  für  den  Winkel  an  der 
Spitze  29«57^  Die  Rechnung  ergiebt  30<%'.  Hieraus  Mgt 
für  den  sphärischen  Grnndkantenwinkel  124®37'4'';  und  fttr 
den  Winkel,  den  die  Seitenflächen  mit  einander  bilden  : 
127^6%  also'  fttr  den  Winkel,  den  eben  diese  Seitenflächen 
mit  den  Endflächen  des  Prismas  machen,  152*18^32^';  so  wie 
fttr  die  Neigung  der  Endflächen  gegen  die  Seitenflächen 
H7*41'28''. 

Hiemach  kommt  das  Axenverhältnifs  1  :  2  dieser^orm 
ohne  Zweifel  zu. 

Aufser  diesen  hier  näher  bestimmten  Pyramiden ,  finden 
sich  noch  andere,  die  jedoch  nur  in  sehr  schmalen  Combina- 


Greenockäi  und  einige  andere  Kadmitwi^Verbindnngen.    39 

iionsflächen  sichtbar  waren,  und  defshalb  wegen  der  unbe- 
deutenden Gröfse  der  Krystallindividuen  nicht  gemessen  wer- 
den konnten. 

Von  allen  beobachteten  Formen  finden  sich  die  oben 
beschriebenen  am  Ausgezeichnetsten  ausgebildet;  und  wie- 
derum die  Primärform ,  wie  diefs  zu  erwarten ,  gewöhnlich 
mit  noch  vollkommeneren  Flächen  als  die  durch  die  AE^  Flä- 
chen *3  gebildete.  Beide  Formen  fanden  sich  meist  an  ein 
und  demselben  Individuo  vereinigt,  wo  dann  die  Flächen  AE^ 
noch  eine  sehr  scharf  ausgeprägte  Reifelung  wahrnehmen 
liefsen ,  parallel  den  Grundkanten.  Bei  einigen  Formen  waren 
auch  die  Endflächen  recht  deutlich  zu  erkennen. 

Ich  mufs  hier  eines  Umstandes  noch  Erwähnung  thun, 
der  mir  einige  Beachtung  zu  verdienen  scheint.  Bei  dem 
krystallisirten  Schwefelkadmium,  wie  es  sich  in  der  Natur 
findet,  zeigt  sich  die  Erscheinung  des  Hemimorphismus  in 
sehr  ausgezeichnetem  Grade  *^} ,  wohingegen  bei  den  Kry- 
stallen ,  wie  ich  sie  auf  künstlichem  Wege  erhielt,  sich  nichts 
derartiges  wahrnehmen  liefs.  Die  Flächen  waren  hier  an 
beiden  Enden  vollkommen  gleichmäfsig  ausgebildet.  Zuweilen 
bemerkt  man  jedoch,  dafs  einige  Flächen  sich  auf  Kosten  der 
andern  bedeutend  vergröfsert  fanden,  wodurch  die  Krystalle, 
wie  dieses  bei  Formen  des  monotrimetrischen  ***3  Krystalli- 
sationssystems  nicht  selten  der  Fall  zu  seyn  pflegt,  ein  ver- 
zogenes Ansehen  erhielten. 

Femer  ist  es  ein  beachtenswerther  Umstand,  dafs  bei 
dem  künstlich  dargestellten  Greenockit  sich  nicht  allein  diese 
holoedrischen  Formen  zeigen  wie  bei  dem  natürlichen  Mineral^ 


^  Siehe  HaasmanD)  ITandb.  d.  Mineralog. 
*^)  Breithaopt,  Vogg,  Km.  LI,  515. 
***)  Uexagonalen,  Naum. 


40         Schüler,  über  die  könsiliche  DareieUung  des 

sondern  hier  fanden  sich  auch  noch  verschiedene  hemii^drische 
Gestalten. 

Leider  liefsen  sich  diese  nicht  näher  bestimmen ,  da 
wegen  der  mikroscopischen  Beschaffenheit  der  Krystalle  eine 
Messung  mit  dem  Reflexionsgoniomeler  nicht  vorgenommea 
werden  konnte. 

Unter  den  hemiedrischen  Formen  waren  aber  vorzüglich 
ausgezeichnet  :  Pyramiden  mit  einer  dreiflächigen  Zuspitzung 
der  Endecken,  bewirkt  durch  eine  rhomboedrische  Ausbildung 
der  abwechselnden  Flächen  des  Bipyramidaldodekaeders;  fer* 
ner  solche  Formen,  deren  untere  Häine  ein  sehr  spitzes 
Rhomboäder  zeigte,  wohingegen  die  obere  Hälfte  von  einem 
regulären  Prisma  gebildet  wurde,  wodurch  die  Krystalle  ein 
scepterartiges  Ansehen  erhielten;  auch  reine,  sehr  spitze 
Frismatoide  waren  sehr  deutlich  wahrzunehmen ;  dann  zeigten 
sich  ferner  verschiedene  Bipyramoide  *} ,  mit  einer  Zuspitzung 
ihrer  Endecken. 

Fast  bei  allen  im  Vorhergehenden  aufgerührten  Formen 
findet  sich  bei  einzelnen  Krysiallindividuen  eine  Erscheinung, 
die  bis  jetzt  hauptsächlich  bei  künstlichen  Bildungen  beob- 
achtet wurde,  und  worauf  Hausmann  schon  mehrfach  in 
einigen  sehr  intere$3anten  Abhandlungen  die  Aufmerksamkeit 
gelenkt  hat**). 

Ich  meine  hier  die  EigenlhümMchkeit,  dafs  an  einigen 
Krystallen  die  Kanten  und  Ecken  oft  mit  grofser  Schärfe  aus- 
gebildet  sind,  während  d^  mittlere  Theil  der  Flächen,  gleich- 
sam die  Füllung,  ein  zerfressenes  unzusammenhängendes  An- 
sehen hat,  welche  Erscheinung  in  der  Natur  unter  andern 
oft  auch  an  dem  Bergkrystall  recht  ausgezeichnet  wahrzu- 


*}  Scalenoeder  Nanm. 

**)  CoDimeiit  de  luu  exper.  meL  ad  diaqnisit.  geol.  adj.  Comment  Soc. 
Reg.  scient.  Gott  rec.   Vol.  VIII,  141. 


und  einige  andere  Kadudimh'Yerbmdmigen.    41 

nehnen  ist.  Gleich  wie  bei  diesem,  so  war  auch  bei  dem 
GreemMdüt  dieser  Hangel  ofl  so  weit  vorgeschritten,  iüts 
dadurch  die  Krystalle  als  Zwillinge  erschienen ,  indem  sich 
mehrere  einzefane  Individuen ,  mit  ihren  Pyramidenflächen  an- 
einander gelagert,  vereinigten  zu  einem  gröfseren  Krystall. 

Aofser  dem  im  Vorhergehenden  mitgetheilten  Verfahren 
zur  Darstellung  von  krystallisirtem  Schwefelkadmium,  wurde 
von  mir  noch  der  Weg  versucht,  auf  dem  es  Durocher*} 
gelungen  war,  mehrere  natürlich  vorkommende  Schwefelver- 
bindnngen  krystallisirt  zu  erhalten.  Das  Verfahren  bestand 
kurz  in  Folgendem  : 

Ueber  krystallisirtes  Chlorkadmium  wurde  in  einer  schwer 
sdimelzbaren  Glasröhre  ein  Strom  von  trockenem  Schwefel- 
wasserstoff geleitet,  während  die  Röhre  einer  möglichst  hohen 
Temperatur  ausgesetzt  blieb.  Da  die  Chlorverbindung  des 
Kadmiums  bei  höherer  Temperatur  flüchtig  ist,  so  mufste  der 
WiArscheinlichkeit  nach  so  das  Kadmiumsulfuret  krystallisirt 
zu  erhallen  seyn;  und  in  der  That  hatten  sich  auch  auf  die- 
sem Wege  im  Ganzen  recht  deutliche  Krystalle  gebildet,  allein 
ihre  Gröfse  war  zu  gering,  um  eine  Messung  damit  vorneh- 
m«n  zu  können.  Die  Formen  waren  meist  (E)  Prismen  mit 
sechsflächiger  Zuspitzung. 

Auf  keinem  der  beiden  hier  angegebenen  Wege  war  es 
möglich,  die  Zinkblende  krystallisirt  zu  erhalten;  immer  ent- 
stand ein  bräunliches  Pulver,  welches  selbst  bei  sehr  starker 
V^^öfserung  nichts  von  Krystallisation  wahrnehmen  liefs. 

Nicht  immer  gelingt  es»  durch  Schmelzen  von  Kadmium 
mit  Schwefel  und  einem  kohlensauren  Alkali  das  Schwefel- 
kadmiom  in  Krystallen  zu  erhalten.  Es  kommt  hier  vorzüglich 
sowohl  darauf  an,  dafs  die  Temperatur  während  der  Schmelzung 


^  Conpt  rend.  XXXil,  823. 


42  Schüler^  Über  die  künstliche  Darstellung  des 

nioht  zu  hoch  sey,  sowie  auch,  dars  nicht  durch  Zusatz  von 
Kohlenpulver  zu  dem  Gemenge  die  Bildung  von  unterschweflig- 
saurem  Alkali  verhindert  werde.  Versäumt  man  diese  Vor- 
sichtsmarsregeln, so  erhält  man  ein  K^dmiumsulfuret,  welches 
eine  von '  der  vorhin  beschriebenen  wesentlich  abweichende 
Form  besitzt.  Es  bilden  sich  nämlich  dann  breite,  gelbe, 
durchscheinende,  glimmerartige  Blättchen,  welche  sich  in 
sehr  zarte  Lamellen  spalten  lassen.  Ich  erhielt  solche  Biälter, 
welche  durch  zufällige  Beimengung  von  Eisen  in  der  Farbe 
verschieden  nüancirt  waren,  von  einer  schön  granatrothen 
bis  zur  reinsten  gelben  Färbung. 


Verhalten  des  schtoefelsauren  Kadmiumoxyds  in  Wasser- 
stoffgas. —  Der  Umstand,  dafs  sich  aus  dem  trockenen 
schwefelsauren  Zinkoxyde  bei  der  Behandlung  mit  Wasser- 
stofTgas  in  der  Hitze  das  Oxysulfuret  dieses  Metallcs  bildet, 
veranlafste  mich,  zu  untersuchen,  wie  sich  dagegen  das  ent- 
sprechende Kadmiumsalz   unter   gleichen  Umständen  verhalte. 

Hierzu  wurde  trockenes  schwefelsaures  Kadmiumoxyd 
(auf  dieselbe  Weise  wie  diefs  bei  der  Darstellung  von  kry- 
stallisirtem  Schwefelkadmium  mit  der  Chlorverbindung  dieses 
Metalls  geschehen^  in  einer  Glasröhre  einer  starken  Roth- 
gluth  ausgesetzt ,  während  trockenes  WasserstofTgas  darüber 
geleitet  wurde. 

Hierbei  zeigte  sich  nun,  dafs  sich  das  Kadmium  wesent- 
lich von  dem  Zink  verschieden  verhielt,  indem  sich  bei  ihm 
kein  Oxysulfuret,  sondern  reines  Schwefelkadmium  bildete, 
während  zugleich  ein  Theil  des  Metalls  regulinisch  ausgeschie- 
den wurde.  Das  regulinische  Kadmium  bildete  auch  hier 
kleine  Tropfen,  welche  mit ^ glänzenden  Facetten  umgeben 
waren. 


Greenockiis  vnd  einige  andere  Kadmium^Yerlmtdungen,    43 

2.  KryttaiUsirUs  Kadmiurnoxyd,  —  Man  erhält  es,  wenn 
man  salpetersanres  Kadmiumoxyd  einer  starken  Glühhitze 
aussetzt.  Das  so  abgeschiedene  Ojcyd  sieht  ganz  anders 
aus ,  wie  das  z.  B.  aus  dem  kohlensauren  Salz  dargestellte. 
Es  ist  bei  auffallendem  Licht  dunkel  blauschwarz ,  bei  durch- 
fallendem aber  dunkelbraun,  mit  einem  Stich  ins  Violette. 
Sein  Pulver  ist  dunkelbraun.  Schon  mit  blofsen  Augen  er- 
kennt man  seine  krystallinische  Beschaffenheit.  Unter  dem 
Mikroscop  bei  lOOfacher  Vergröfserung  sieht  man  sehr  deut- 
lich, dafs  es  aus  scharf  ausgebildeten  Octa^dern  besteht, 
allem  Anschein  nach  dem  regulären  System  angehörend. 


3,  Ammaniaksah  und  Atnmonmm  ^  Doppehtali  des  Kad^ 
—  Wie  bekannt  erhält  man ,  wenn  Kadmium  in  Salz- 
säure gelöst  und  kaustisches  Ammoniak  zugesetzt  wird,  an- 
fangs einen  Niederschlag,  welcher  reines  Kadmiumoxyd- 
hydrat ist  und  sich  im  Ueberschufs  von  Ammoniak  wieder  zu 
einer  klaren  Flüssigkeit  löst,  aus  welcher  Lösung-  sich  in  dem 
Habe,  wie  das  Amihoniak  verdunstet,  Krystallkrusten  absetzen. 
Dieselbe  krystallinische  Verbindung  bildet  sich  nun  aber  auch, 
wie  ich  gefunden  habe,  wenn  man,  statt  das  Ammoniak  an 
der  Luft  verdunsten  zu  lassen,  dasselbe  mit  verdünnter  Chlor- 
wasser^mfsäure  sättigt.  Es  fällt  dann  ein  feines  PuU^r 
nieder,  welches  sich  sehr  leicht  absetzt,  und  unter  dem 
Mikroscop  in  kleinen,  scharf  ausgebildeten  Octaedern  er- 
scheint, die  dem  isometrischen  Krystallisationssysteme  anzu- 
gehören scheinen. 

Diese  Verbindung  läfst  sich  leicht  und  vollkommen  aus- 
waschen, da  sie  in  kaltem  Wtfsser  äufserst  schwer  löslich 
ist.  Kalilauge  damit  in  Berühiung  gebracht,  verursacht  als- 
bald einen  deutlichen  ammoniakalischen  Geruch,  selbst  auch 
dann,  wenn  diese  ziemlich  verdünnt  ist  und  man  die  Tempe- 


44         Schüler,  über  die  kütutliche  Danlellung  des 

ratur  nicht  steigert.  Auf  Platinblech  erhitzt  schmilzt  diese 
Doppelverbindung  schon  bei  nicht  sehr  hoher  Temperatur 
zu  einer  klaren  Flüssigkeit,  welche  nach  dem  Erkalten  zu 
einer  blättrigen  krystallinischen  Masse  erstarrt.  Während 
des  Schmelzens  verflüchtigt  sich  ein  Theil  der  Verbindung, 
und  es  läfst  sich  dieselbe  nach  länger  fortgesetztem  Erwär- 
men ohne  Rückstand  sublimiren.  Nimmt  man  das  Erhitzen 
in  einer  Glasröhre  vor,  so  zeigen  sich  im  Wesentlichen  die- 
selben Erscheinungen.  Das  Säk  ist  vollkommen  wasserfrei. 
1,065  Grm.,  welche  einer  Analyse  unterworfen  wurden, 
lieferten  : 

Cd         0,413     '  38,81 

€1  0,267  25,06 

0,680  63,87 

NH»       0,385  36,13 


1,065  100,00 

Hiemach  wäre  für  diese  Verbindung  die  Formel  3  NH* 
+  Cd€l  anzunehmen ,  deren  berechnete  proc.  Zusammen- 
setzung seyn  würde  : 

39,21  Cd 
24,94  €1 
35,85  NH« 
100,00 

•  Bei  dem  Zink  bildet  sich  diese  Verbindung  nicht,  eben- 
sowenig hat  die  folgende  mit  4er  entsprechenden  Zinkver- 
bindung in  ihrem  äufsem  Verhalten  einige  Aehnlichkeit. 

Das  Doppelsalz,  von  dem  hier  die  Rede  ist,  entsteht 
nämlich  auf  folgende  Weise.  Ganz  so,  wie  im  Vorhergehen« 
den  angegeben,  wird  auch  hier  zur  Dazstellung  dieses  Salzes 
die  salzsaure  Kadmiumlösung  mit  Ammoniak  im  Ueberschufs 
versetzt,  bis  zur  vollständig^  Lösung  des  im  Anfange  ent- 
standenen Niederschlages.  Leitet  man  nun  in  die  Lösung 
reine,  kohlensäurefreie  schweflige  Säure,  so  entsteht  nach 


etnenoeiiis  und  einige  andere  Kadmium-Verbindungen.  45 

und  nach,  in  dem  Hafse,  wie  das  überschüssige  Ammoniak 
gesattigt  wird,  ein  weifser  krystallinischer  Niederschlag,  der 
sich  ebenso  wie  der  vorige  leicht  und  vollkommen  absetzt. 
War  überschüssige  schweflige  Säure  zugegen,  so  wird  ge- 
wöhnlich ein  Theil  der  Verbindung  gelöst,  der  sich  aber  beim 
Kochen  der  Lösung  fast  augenblicklich  wieder  ausscheidet. 
Ist  die  Lösung  neutral,  so  befindet  sich  in  ihr  nicht  die 
kleinste  Spur  Kadmium,  indem  selbst  durch  die  feinem  Rea- 
gentien  auf  Kadmium ,  wie  durch  Schwefelwasserstoff,  keine 
Trübung  entsteht. 

Der  krystallinische  Niederschlag  unterscheidet  sich  von 
d^a  im  Vorhergehenden  beschriebenen  nicht  wesentlich;  in 
reinem  Wasser  ist  er  noch  schwerer  löslieh  als  jener ,  und 
selbst  bei  gelindem  Kochen  yennag  dieses  kaum  eine  Spur 
davon  zu  lösen.  Bie  Krystalle  erscheinen  unter  dem  Hikro- 
scope  ebenfalls  sehr  scharf  ausgebildet;  jedoch  konnt^i  hier 
nicht,  wie  bei  jener  Verbindung,  reguläre  Octaöder  bemerkt 
werden ,  sondern  sämmlDche  Formen  erschienen  als  rhom- 
bische Prisioen. 

Behandelt  man  das  Salz  mit  verdünnter  Chlorwasserstoff- 
sipre ,  so  entwickelt  sich ,  wie  zu  erwarten  war ,  reichlich 
schweflige  Säure,  sowie  anderseits  auch  hier  Kalilauge  leicht 
und  schon  in  der  Kälte  Ammoniak  frei  macht. 

An  der  Luft  erhitzt  giebt  dasselbe  schwefligsaures  Ammo- 
nisk  aus,  während  ein  Gemenge  von  Kadmiumoxyd  und 
schwefelsaurem  Kadmiumoxyd  zurückbleibt. 

Zwei  Analysen,  bei  denen  nur  das  Kadmiumxyd  und  die 
schweflige  Säure  als  Schwefelsäure  bestimmt  wurden,  gaben 
folgende  procentische  Zusammensetzung  : 

Cd  41,87  41,56 

S  42,05  '  41,89 

83,92         •  83,45 

NH«ft      16,06  16.55 

100,00  100,00. 


46        Schaler^  über  die  kümtiiche  DarsUtbmff  des 

Hiernach  ist  die  Verbindung  ein  Doppelsalz  von  schwef- 
ligsaurem Kadmiumoxyd  mit  schwefligsaurem  Ammoniumoxyd, 
zusammengesetzt  nach  der  Formel  ^^S+CdS,  nach  welcher 
es  in  100  Th.  enthalten  mufs  : 

Cd  41,48 

S  41,63 

m*         16,89 

100,00. 

Es  lag  nahe,  das  abweichende  Löslicbkeiisverhalten  dieses 
Salzes  gegen  das  von  dem  entsprechenden  Zinksalze  als 
Trenoungsmittel  beider  Metalle  von  einander  zu  bentrtzen. 
Hierüber  von  mir  angestellte  Versuche  gaben  jedoch  .keines- 
wegs Resultate,  die  der  Erwartung  entsprachen.  Denn  wäh- 
rend jene  Verbindung  für  sich  in  Wasser  so  schwerlöslich 
ist,  zeigt  sie  bei  Gegenwart  von  Zinksalz  «icht  mehr  densel- 
ben Grad  von  Unlöslichkeit  und  scheint  daher  nicht  als 
scharfes  Trennungsmittel  anwendbar  zu  sein. 


4.  Cyankadmiumr  Die  Verbindung  des  Cyans  mit  dem 
Kadmium  ist  nicht  wie  das  Cyanzink  in  Wasser  unlösli«i^ 
weshalb  man  erwarten  sollte,  da&  nach  Zusatz  von  Cyan- 
kalium  zu  einer  Kadmiumlösung  in  dieser  kein  Niederschlag 
von  Cyankadmium  entstehen  könne.  Auch  bemerkt  Ram- 
melsberg*),  der  das  Cyankadmium  durch  Auflösen  vm 
frisch  gefälltem  Kadmiumoxydhydrat  in  Blausäure  darstellte 
und  untersuchte,  dafs  es  ihm  nie  gelungen  sey,  durch  reines 
Cyankalium  in  einer  Lösung  des  Kadmiums  (wobei  essig- 
saures und  schwefelsaures  Kadmiumoxyd  angewandt  wurde) 
einen  Miederschlag  zu  erzeugen;  die  Flüssigkeit  bleibe  selbst 


• 
*)  Pogg.  Ann.  d.  7h.  u.  Ch.  Band  XXXVlIf,  p.  364. 


GreenoclniM  vnd  einige  andere  Kadmium-Yerbindimgen.  47 

nach  längerer  Zeit  noch  vollkommen  klar.  Ein  schwacher 
gdblich  weifser  Niederschlag,  welcher  erfolgte,  wenn  man 
Cyankalium  zu  der  Auflösung  eines  Kadmiumsalzes  mischte, 
entstand  fast  immer  nur  dann,  wenn  letzteres  durch  Glühen 
von  Kaliumeisencyanür  dargestellt  worden,  war,  und  Ram- 
meis berg  glaubt  als  Grund  dieser  schwachen  Fällung  eine 
kleine  Menge  dieses  Salzes  annehmen  zu  müssen,  da  das 
erhaltene  Präcipiiat  immer  einen  beträchtlichen  Gehalt  an 
Cpneisen  zeigte;  femer  war  der  erhaltene  Niederschlag  in 
überschüssigem  Cyankalium  vollkommen  unlöslich. 

Anderseits  erhielt  Wittstein  in  einer  schwefelsauren 
Kadmiumlösung  durch  Cyankalium  einen  starken  weifsen  Nie* 
derschlag;  denselben  erhielt  auch  L.  Gmelin*). 

Um  diese  scheinbar  sich  widersprechenden  Thatsachen  aufzu- 
klären, wurde  von  mir  reines,  in  Wasser  gelöstes  Cyankalium**) 
vorsichtig  zu  einer  möglichst  neutralen,  nicht  zu  verdünnten  Lö- 
sung rm  Chlorkadmium  gesetzt,  worauf  sofort  ein  weifser,  stark 
Yoluminöseir  Niederschlag  entstand,  welcher  sich  in  überschüssi- 
gem Cyankajüum  leicht  und  vollständig  löste.  Der  entstandene 
Niederschlag  wurde  abfiltrirt  und  vollständig  ausgewaschen..  So 
erhalten  bildete  er  eine  pulverförmige  amorphe  Masse.  An 
der  Luft  ist  er  vollkommen  unveränderlich;  bei  Luftzutritt 
erhitzt  wird  derselbe  zuerst  braun  und  dann  schwarz,  indem 
sich  ein  brauner  Anflug  von  Kadmiumoxyd  bildet  In  der 
Glasröhre  erhitzt  giebt  die  Verbindung  kein  Wasser  aus,  auch 
zeigte  sich  hier  kein  Kadmiumoxyd,  sondern  ein  metallischer 
Kadmiumspiegel  bedeckte  den  untern  Theil  der  Röhre.  Chlor- 


^  L  Gmelin,  Handb.  d.  Cb.  4.  Aufl.  Bd.  IV,  S.  340  (Anm.) 

**)  Hierza  wurde  Kalihydrat  in  Alkohol  gelöst  und  mit  Blausäure  über- 
iSUigt,  das  ausgeschiedene  Salz  schnell  abBUrirt,  mit  Alkohol  aus- 
gewaschen  und  gleich  in  kaltem  Wasser  gelöst. 


48         Schüler,  über  die  küngtUdke  DarskOMg  dee 

wasserstoffsaure  löst  dieselbe  sogleich  auf,  unter  Entwickelung 
von  Blausäure. 

Zu  einer  Analyse,  wobei  nur  der  Kadmiumgehalt  der 
Verbindung  bestimmt  wurde ,   nahm  ich  0,383  Grm.  der  bei 
100^  C.  getrockneten  Substanz.    Hierin  wurden  gefunden  : 
Cd  0,261,  also  €y  0,122,  in  100  TheUen  : 

Cd       68,1 
€y       31,9 
100,0. 
Es  entspricht  dieses  der  Zusammensetzung  Ton  reinem 
Cyankadmium  (Cd6y).    Dessen  bereclinete  Zusammensetaung 
in  100  Theilen  ist  : 

Cd       67,870 

Gy       32,130 

100,000. 

Die  hier  untersuchte  Verbindung  war  somit  von  derselben 
Zusammensetzung,  wie  das  von  Rammeisberg  aoilysirte, 
krystallisirte  Cyankadmium.  Es  bleibt  hier  noch  zk  bemerken 
übrig,  dafs  nur  dann  in  Lösungen  von  Kadmiuntsalzen  eine 
Fttllung  entsteht,  wenn  diese  nicht  zu  verdünnt  und  möglichst 
neutral  sind;  eine  kleine  Menge  freier  Säure  ist  im  Stande 
zu  bewirken,  dafs  kein  Niederschlag  entsteht. 


5.  Kadmüm^Kupfercffonüre,  —  1*.  Kadmium-Eupfer- 
c  y  a  n  ü  r ,  2  Cd  €y  +  Cu*  €y.  Uebergiefst  man  frisch  gefälltes 
Kadmiumoxydhydrat  mit  BlausSüre,  so  dafs  letztere  bedeutend 
im  Ueberschufs  vorhanden  ist ,  so  löst  sich  nichts  destowe- 
niger  das  Kadmiumoxydhydrat  nur  sehr  schwer.  Setzt  man 
jedoch  zu  der,  Kadmiumoxydhydrat  ungelöst  enthaltenden 
Blausäure  frisch  gefälltes  kohlensaures  Kiqiferoxydhydrat,  so 
beginnt  alsbald  eine  sehr  stürmische  Entwickhing  von  Kohlen* 
säure  und  reinem  Cyangas,  und  es   löst   sich   nun   in   dem 


GreenockiU  und  einige  andere  Kadmum^Verbindungen.    49 

Verhältnisse,  wie  man  mit  dem  Zusätze  von  kohlensaurem 
Knpferoxydhydrat  fortrährt,  das  Kadmiumoxyd  auf.  Hört  man 
mit  jenem  Zusätze  auf,  ehe  noch  das  Kadmiumoryd  vollständig 
gelöst  ist,  so  erhält  man  in  der  Lösung  einen  Rückstand  von 
einer  lavendelblauen  Farbe;  von  diesem  löst  sich  in  kochen- 
dem Wasser  ein  Theil  auf,  während  reines  Kadmiumoxyd 
zurückbleibt,  die  Lösung  trübt  sich  aber  sehr  schnell  und  es 
scheidet  sich  aus  ihr  eine  zähe  milchige  Substanz  aus,  die 
nach  dem  Erkalten  vollkommen  ki^slallinisch  wird,  und  ein 
Gemenge  von  zwei  verschiedenen  Salzen  zu  sein  scheint. 

Fügt  man  hingegen  soviel  kohlensaures  Kupferoxydhy- 
drat hinzu,  bis  alles  Kadmiumoxydhydrat  gelöst  ist,  so  erscheint 
die  Flüssigkeit  vollkommen  klar  und  farblos;  in  der  Kälte  be- 
ginnt dieselbe  nach  einiger  Zeit  eine  schwach  rosenrothe 
Färbung  anzunehmen,  welche  von  nun  an  schnell  an  Inten- 
sität zunimmt,  bis  sie  schön  purpurroth  geworden  ist;  sie 
bleibt  dabei  vollkommen  klar.  Schneller  geht  diese  Umwand- 
lung der  Farbe  bei  einer  schwachen  Erwärmung  (20  bis  25®  C.) 
vor  sich. 

Aus  der  schön  rothen  Lösung  setzen  sich  nach  kurzer 
Zeit ,  wenn  man  dieselbe  (l)ei  100<>  C.)  etwas  concentrirt 
hat,  scharf  ausgebildete  Krystalle  von  einer  schmutzig  braun- 
rothen  Farbe  ab;  die  Mutterlauge  giebt  nach  dem  Eindampfen 
noch  eine  geringe  Menge  davon. 

Die  Krystalle,  welche  sich  anfangs  ausgeschieden  haben, 
sind  in  kaltem  Wasser  sehr  schwer  löslich;  versucht  man  es 
aber,  sie  aus  wenigem  kochendem  Wasser  umzukrystallisiren, 
so  beginnt  sich  wieder  aus  der  klaren  rosenfarbnen  Lösung 
eine  klebrige  zähe  Masse  auszuscheiden  von  öliger  Beschaf- 
fenheit, jedoch  von  einer  reineren  schön  rothen  Farbe.  Diese 
Substanz  erstarrt,  längere  Zeit  sich  selbst  überlassen,  eben- 
falls zu  einem  Haufwerk  von  Krystallen,  welche  man  jedoch, 
um  sie  vollkommen  rein  und  scharf  ausgebildet  zu  erhalten, 

Aonal.  d.  CbemU  a.  Pluirm.  LXXXVII.  Bd.  1.  Hit  4 


50         Schüler,  über  die  kiinOüAe  DanieUung  des 

noch  einmal  aus  vielem  kochendem  Wasser  umkrystallisiren 
mufs. 

So  dargestellt  und  gereinigt  bildet  die  Verbindung  sehr 
schöne  und  scharf  ausgebildete  Krystalle,  von  denen  die 
gröfsern,  rosenrothen,  sich  an  die  Wände  des  Krystallisir- 
geßfses  ansetzen;  sie  besitzen  einen  ausgezeichneten  glas- 
artigen Glanz,  ihre  Form  ist  eine  schiefe  und  geschoben 
vierseitige  Säule ,  gewöhnlich  mit  einer  ungleichwinkligen 
Zuschärfung  zweier  gegenüberliegender  Endkanten,  demnach 
die  Krystalle  dem  klinorhombischen  Systeme  anzugehören 
scheinen.  Selten  wurden  die  Krystalle  einzeln  angetroffen, 
meist  waren  sie  kreuzweise  gruppirt.  Hierdurch  erhielten 
die  kleinem  Krystalle  ein  in  einander  verwobenes  Ansehen, 
von  einem  schönen  Seidenglanze. 

An  der  Luft,  so  wie  selbst  bei  einer  Temperatur  zwischen 
100  bis  150^  C.  vollkommen  unveränderlich,  beginnen  sie 
sich  bei  einer  höheren  Temperatur  zu  trüben  und  erkalten 
ein  opakes  Ansehen,  ohne  ihre  Form  zu  verlieren.  Steigert 
man  die  Erwärmung  noch  mehr,  so  schmelzen  sie  zu  einer 
braunen  Flüssigkeit  und  von  jetzt  an  tritt  eine  schnelle  Zer- 
setzung ein,  man  bemerkt  den  charakteristischen  Blausäure- 
Geruch,  ein  Theil  des  Kadmiums  verflüchtigt  sich,  während 
eine  braune  aufgeblähte  Masse  zurückbleibt,  in  welcher  sich 
Kupfer  und  Kadmium  nachweisen  lassen. 

Aus  der  Lösung  der  neuen  Verbindung  fällt  Schwefel- 
wasserstoff nur  reines,  fein  vertheiltes  Schwefelkadmium. 
Chlorwasserstoffsäure  fällt  Kupfercyanür,  unter  Entwicklung 
von  Blausäure.  In  concentrirter  Salzsäure  sind  die  Krystalle 
nur  in  der  Wärme  ganz  löslich,  Wasser  bewirkt  dariu  eine 
weifse  Trübung,  Kali  fällt  nur  einen  Theil  des  Kupfers  als 
Oxydhydrat,  so  wie  denn  überhaupt  diese  Verbindung  selbst 
durch  längeres  Kochen  mit  concentrirter  Salzsäure  nur  äufserst 
schwer  zu  zerstören  ist.    Wässeriges  Ammoniak  löst  das  Salz 


Greenaekik  wtd  emige  andere  Kadmhmh-VerlAubmgeH.    61 


selbst  beim  Kocben  nicht,  ebensowenig*  Ammoniaksalze;  con- 
centrirte  Kalilauge  wirkt  ebenfalls  nicht  darauf  ein.  Leitet 
man  über  die  in  Wasser  aufgerührten  Kryslaüe  Chlorgas ,  so 
firben  sie  sich  schön  zeisiggrün ,  welche  Farbe  jedoch  bei 
lingenn  Einflufs  der  atmosphärischen  Luft  darauf  bald  wieder 
Torschwindet ,  worauf  sich  dann  wieder  die  frühere  rothe 
Farbe  zeigt. 

Eine  wässerige  KupfervitriolIÖsung  bewirkt  eine  grüngelbe 
nDung,  welche  sich  in  einem  Ueberschufs  von  Kupfervitriol 
zum  Theil  wieder  mit  einer  schön  grünen  Farbe  löst.  Durch 
Kochen  der  Lösung  mit  überschüssigem  schwefelsaurem 
Kopferoxyd  scheiden  sich  grünweifse  Flocken  aus.  Eisen- 
dilorid  verursacht  einen  braunrothen  Niederschlag,  von  der 
Farbe  des  Eisenoxydhydrats,  ebenfalls  im  Ueberschufs  des 
Fäliungsmitlels  wieder  vollkommen  zu  einer  klaren  Flüssig- 
keit auflöslich ,  und  sich  beim  Kochen  wieder  mit  derselben 
Farbe  ausscheidend.  Salpetersaures  Kobaltoxydul  bewirkt 
einen  braungelben,  permanenten  Niederschlag,  ebenso  verhält 
sich  der  durch  neutrales  essigsaures  Bleioxyd  verursachte 
weifse  Niederschlag.  Durch  Sublimatlösung  entsteht  ein 
weifser,  ebenfalls  im  Ueberschufs  von  Quecksilberchlorid  lös- 
licher Niederschlag.  Ein  Zusatz  von  salpetersaurem  Queck- 
silberoxydul  hat  eine  Ausscheidung  von  metallischem  Queck- 
silber zur  Folge. 

Zur  Analyse  wurde  eine  bestimmte  Quantität  der  luft- 
trocknen Krystalle  fein  zerrieben  und  gewogen,  bei  100^  C. 
getrocknet  und  wieder  gewogen,  wobei  kein  Gewichtsverlust 
wahrzunehmen  war. 

Die  Verbindung  wurde  sehr  innig  mit  Salpeter  gemengt, 
in  einem  Porcellantiegel  so  lange  geschmolzen,  bis  sie  eine 
gleichmäfsige  schwarze  Farbe  angenommen  hatte.  Nach  dem 
Erkalten  wurde  der  Inhalt  des  Tiegels  auf  einem  Filter  aus- 
gewaschen,  die  zurückbleibenden  Oxyde  nach  dem  Glühen 

4« 


52         Sehülerj  Über  die  kümäiche  Danldlimg  des 

gewogen,  in  möglichst  wenig  Salzsäure  gelöst,  mit  so  viel 
Ammoniakflüssigkeit  versetzt,  bis  der  anfangs  entstandene 
Niederschlag  wieder  gelöst  war,  dann  bis  zum  Verschwinden 
der  blauen  Farbe  der  Lösung  reines  Gyankalium  hinzugesetzt 
und  durch  Einleiten  von  Schwefelwasserstoffgas  das  Kadmium 
als  Schwefelmetall  gefldlt,  abfiltrirt,  der  Niederschlag  noch 
feucht  in  Chlorwasserstoffsäure  gelöst,  mit  kohlensaurem  Na- 
tron das  Kadmiumoxyd  gefällt  und  nach  dem  Glühen  als 
Oxyd  bestimmt. 

Aus  drei  Analysen  ergab  sich  für  die  procenlische  Zu- 
sammensetzung dieser  Verbindung  der  Gehalt  an  Metallen  zu  : 


Nr.  I. 

Nr.  II.             Nr.  III. 

Nr.  IV.») 

Cd    45,900 

45,20           45,45 

45,51 

Ca    24,399 

24,62           24,51 

24,51 

€y   29,701 

30,18           30,04 

29,98 

100,000 

100,00          100,00 

100,00. 

Hieraus  kann  die  Formel 

2Cd€y  +  Cu»Gy 

abgeleitet  werden, 

nach  welcher   die  Verbindung  enthalten 

mufs  : 

* 

Cd      44,1 

• 

Cu      25,0 

Cy      30,9 

100,0 
2.  Kadmium-Knpfercyanid,  2Cd€y+CuGy.  Eine 
von  der  vorhergehenden  Verbindung  sowohl  durch  die  Art 
ihrer  Entstehung  als  durch  die  chemische  Zusammensetzung 
und  das  äufsere  Verhalten  wesentlich  verschiedene  Cyanid- 
verbindung  ist  die  folgende,  welche  entsteht,  wenn  Kadmium- 
oxydhydrat neben  Kupferoxydhydrat  in  Blausäure  gelöst  wird. 
Läfst  man  die  farblose  Lösung  an  der  Luft  ohne  Einwirkung 


*)  Das  •rithmetifcbe  MiUel  ant  den  drei  Analyceo. 


GreenockiU  und  einige  atidere  Kadtmutn-Verbindungen.    53 

von  Wärme  langsam  verdunsten,  so  setzen  sich  nach  einiger 
Zeit  schöne  farblose ,  schiefe  und  geschobene  vierseitige 
Prismen  ab,  welche  einen  lebhaften  Glanz  besitzen.  Bis  auf 
lOO*  C.  erhitzt  verlieren  sie  18,4  pC.  an  Gewicht  und  zer- 
fallen sofort  zu  einem  sehr  feinen  Krystallmehl ,  welches 
nichts  von  Krystallisation  mehr  erkennen  läfst.  Nimmt  man 
das  Erhitzen  in  einer  Glasröhre  vor,  so  bemerkt  man,  aufser 
einem  sehr  entschiedenen  Blausäuregeruch,  an  den  Wänden 
der  Röhre  einen  nicht  unbedeutenden  Wasseranflug.  Geht 
man  in  der  Erwärmung  noch  weiter,  so  verflüchtigt  sich  ein 
Thefl  des  Kadmiums,  und  als  Rückstand  bleibt  endlich  eine 
dunkelgelbbraune  amorphe  Substanz.  Dieses  Salz  unterscheidet 
sich  von  dem  Vorhergehenden  also  schon  durch  die  äufserst 
geringe  Beständigkeit,  indem  es  bei  einer  gelinden  Erwär- 
mang  fast  augenblicklich  zerfallt. 

Von  Säuren  wird  dieses  Salz  ebenso  wie  jenes  leicht 
zersetzt. 

In  ihrem  Verhalten  gegen  Metallsalze  weichen  beide  Ver- 
bindongen  nicht  wesentlich  von  einander  ab. 

Sowohl  das  rolhe  wie  das  weifse  Salz  besitzen  eine  deut- 
lich alkalische  Beschafienheit ,  und  einen  eigenthümlichen 
metallischen,  hintennach  im  Schlünde  kratzenden  Geschmack. 

Die  Analyse,  welche  hier  auf  dieselbe  Weise  ausgeführt 
wurde,  wie  die  vorige,  gab  : 

Nr.  I.  Nr.  U.  Nr.  IIL         Nr.  IV.*) 

Cd    49,57  50,08  50,38  50,01 

Ca    14,05  14,13  14,02         14,07 

€y    36,38         35,79         35,60         35,92 


100,00        100,00        100,00        100,67. 

Diefs  entspricht  der  Formel  : 

2  Cd  €y  +  Ctt  €y, 


*)  Äriihmet  Mittel  aas  den  drei  Analysen. 


54  Schüler^  über  die  künsüiche  Danieihmg  des 

nach  welcher  das  Salz  enthalten  murs  : 

Cd     50,429 

Cu     13,872 

Gy     35,699 

100,000. 


6,  Quecksaber- Kadndumcyasiure. —  Wird  Kadmiumoxyd- 
hydrat und  Quecksilberoxyd  zusammen  in  Blausäure  gelöst, 
so  erhält  man  ein  Salz,  welches  luftbeständige  Krystalle  bildet, 
die  ein  weifses  undurchsichtiges  Aussehen  haben  und  dem 
krystallisirten  Quecksilbercyanid  sehr  ähnlich  sind.  Sie  bilden 
rechtwinklige  vierseitige  Prismen  mit  einer  scharfen  Reife- 
lung  parallel  der  Hauptaxe.  Die  Krystalle  enthalten  kein 
Krystallwasser,  stark  erwärmt  verknistern  dieselben  zuerst, 
werden  dann  vollständig  zersetzt,  wobei  sich  zugleich  alles 
Quecksilber  als  solches  verflüchtigt,  sowie  auch  ein  Theil 
des  Kadmiums. 

Das  Salz  ist  in  kaltem  Wasser  leicht  Idslich,  von  ver- 
dünnten Säuren  wird  es  vollständig  zersetzt  Sehr  concen- 
trirte  Kalilauge  zersetzt  die  Verbindung  beim  Kochen  und 
scheidet  metallisches  Quecksilber  aus.  Schweflige  Säure  be- 
wirkt anfangs  in  der  Lösung  eine  schwache  Trübung,  welche 
in  der  Wärme  schnell  zunimmt,  indem  sich  eine  weiTse, 
flockige,  voluminöse  Masse  ausscheidet.  Viele  schwere  Me- 
tallsalze zeigen,  im  Gegensatz  zu  den  früher  besprochenen 
Verbindungen,  das  abweichende  Verhalten,  dafs  die  meisten 
hierin  keine  Fällung  verursachen.  Ein  anfangs  weifser,  nach 
einiger  Zeit  grau  werdender  Niederschlag,  der  ein  Gemenge 
von  Cülomel  mit  metallischem  Quecksilber  ist,  entsteht  auf 
Zusatz  von  Zinnchlorür.  In  salpetersaurem  Quecksilberoxydul 
bewirkt  die  Lösung  des  Salzes  eine  Ausscheidung  von  metal- 
lischem Quecksilber.      Schwefelsaures   Kupferoxyd,    Eisen- 


GreemKkii»  und  einige  andere  Kadmhm^Verbindungen.    55 

Chlorid,  salpetersaures  Kobaltoxydul  und  Sublimatlösung  ge- 
hören ZQ  den  Metallsalzen,  welche  keine  Fällung  bewirken. 

Zur  Analyse  wurden  0,447  Grm.  bei  100*  C.  getrockneter 
Krystalle  in  GhlorwasserstofTsäure  gelöst,  und  Kadmium  sowohl 
wie  Quecksilber  durch  Schwefelwasserstoflgas  gefällt,  die 
abfiitrirten  und  ausgewaschenen  Niederschläge  auf  einem  bei 
100*  C.  gewogenen  Filter  getrocknet,  dann  gewogen,  das 
Filter  ftir  sk^h  eingeäschert,  mit  Salpeter  innig  gemengt,  ge- 
^ht  and  so  das  Kadmium  als  Oxyd  und  aus  dem  Verlust 
das  Quecksilber  bestimmt.  Auf  diese  Weise  wurden  gefunden  : 

Cd     19,47 

Hg    56,09 

Gy    24,44 


100,00 
entsprechend  der  Formel  : 

2  Cd€y  +  3  Hg€y. 

Die  berechnete  procentische  Zusammensetzung  ist  : 

Cd      20,4 

Hg     55,2 

€y     24,4 

100,0. 


7.  F^r^ttci  9tir  DarsieUung  de$  KadmiumäOiyU.  ^  Das 
interessante  Verhalten,  welches  mehrere  Metalle  zeigen,  wenn 
man  sie  in  fein  vertheiltem  Zustande  unter  einem  hohen 
Drucke  bei  erhöhter  Temperatur  auf  Jodäthyl  einwirken  läfst, 
veranlafste  mich,  einen  Versuch  über  das  Verhalten  des  Kad- 
miums unter  ähnlichen  Verhältnissen  anzustellen.  Hierzu 
wurde  eine  starke  Glasröhre  von  ungefähr  sechs  Millimeter 
innerer  Weite  an  ihrem  unteren  Ende  möglichst  gleichmäfsig 
zogeschmolzen ,  und  an  ihrem  oberen  Ende  zu  einer  Art 
Trichler  ausgezogen.    In  die  so  zubereitete  Röhre  wurde  nun. 


56  Schüler^  über  die  käniäiche  Dar$Mhng  des 

bis  auf  eia  Drittel  (50  Millimeter}  ihrer  Länge,  sehr  fetn 
granulirtes  metallisches  Kadmium  gebracht,  hierzu  soviel  ent- 
wässertes Jodätbyl,  dafs  ungefähr  die  Röhre  bis  zu  }  gefüllt 
war,  dann  diese  auch  an  dem  oberen  Ende  gleichmäfsig  zu- 
geschmoteen  und  nun  in  einem  Oelbade  einer  Temperatur 
zwischen  120  und  150®  C.  ausgesetzt.  Schon  nach  der  kur- 
zen Zeit  von  zwei  Stunden  konnte  man  bemerken,  wie  eine 
entschiedene  und  kräftige  Einwirkung  staltgefunden  hatte. 
Hierauf  wurde  die  Röhre  in  dem  Oelbade  sehr  langsam  er- 
kalten gelassen. 

Bei  einer  näheren  Besichtigung  zeigte  sich  die  Röhre 
ganz  erfüllt  von  gelblich  weifsen,  seidenglänzenden  Krystall- 
blättem,  ganz  vom  Ansehen  des  Jodkadmiums.  Die  Flüssig- 
keit schien  vollständig  verschwunden.  Als  aber  die  Röhre 
mit  ihrem  leeren  Ende  nach  unten  einer  Temperatur  von  0®  C. 
ausgesetzt  wurde,  sammelte  sich  eine  leicht  bewegliche  Flüs- 
sigkeit darin  an,  welche  selbst  bei  stärkerer  Abkühlung 
nicht  mehr  zunahm.  Die  Flüssigkeit,  deren  Volum  ungefähr 
1  Kubikcentimeter  betragen  mochte ,  war  farblos,  wasserklar, 
besafs  ein  starkes  Lichtbrechungsvermögen  und  eine  sehr  be- 
deutende Flüchtigkeit,  wie  leicht  daraus  zu  ersehen  war, 
dafs  sie,  trotz  des  sehr  bedeutenden  Druckes ,  welcher  sich 
in  der  Röhre  befinden  mufste,  bei  einer  Erwärmung  durch 
die  Hand  in  ein  lebhaftes  Kochen  gerieth  und  bei  der  Wärme 
der  umgebenden  Atmosphäre  nach  einiger  Zeit  wieder  voll- 
ständig verschwand. 

Die  Röhre  wurde  nun,  nachdem  sie  vorher  wieder  stark 
abgekühlt  war,  an  dem  zur  Spitze  ausgezogenen  Ende  ab- 
geschnitten. Hierbei  drang  augenblicklich  mit  sehr  grofser 
Heftigkeit  ein  Gas  aus,  welches  sich  leicht  anzünden  liefs 
und  mit  leuchtender  Flamme  brannte,  welche  weder  durch 
beigemengte  Joddämpfe  violett  gefärbt  war,  noch  an  einer 
kalten  Fläche  Kadmiumoxyd   absetzte.     Nachdem  diefs  Gas 


GreeaockiU  und  einige  andere  Kadmutm-Verbindungen.    57 

entwichen  war,  wurde  der  Inhalt  der  Röhre  mit  absolutem 
Alkohol  ausgespült,  wobei  abermals  eine  lebhafle  Gasentwick- 
long  stattfand.  Von  dem  Gemenge  des  trockenen  Inhaltes 
der  Röhre  mit  dem  Alkohol  wurde  das  überschüssige  Jodäthyl 
abdestillirt,  dann  die  alkoholische  Lösung  von  dem  unlöslichen 
ROckstande  abfiltrirt  und  zor  Krystallisation  gebracht.  Der 
auf  dem  Filter  zurückgebliebene ,  in  Alkohol  unlösliche  Rück- 
stand bestand  aus  einem  sehr  feinkörnigen  lockeren,  weifsen 
Pulver,  welches  mit  Salpetersäure  übergössen  Jod  ausgab 
und  sich  wie  basisches  Jodkadmium  verhielt.  Die  oben  -er* 
wühnte  alkoholische  Lösung  krystallirte  nur  sehr  schwer  und 
setzte  dann  krystallinische  glimmerarlige  Blältchen  von  Jod- 
kadmium ab,  das  nichts  Organisches  enthielt. 

Aus  diesem  Versuch  scheint  hervorzugehen,  dafs  das 
Kadmium,  gleich  wie  es  Frankland  bereits  von  dem  Zink 
gezeigt  hat,  unter  diesen  Umständen  das  Jodäthyl  zersetzt 
und  daraus  den  gasförmigen,  bei  3  Atmosphären  condensir* 
baren  Körper  abscheidet,  den  Frankland  für  das  isolirte 
Aethyl  hält,  da  er  nach  seiner  Analyse  dessen  Zusammen- 
setzung hat. 


Untersuchungen  über  die  wasserfreien  organischen 

Säuren ; 

von  CA.  Gerhardt  *). 


Eine  der  am  allgemeinsten  angenommenen  und  gleichsam 
populärsten  Hypothesen,  welche  in  den  Augen  vieler  Chemiker 

')  Ann.  chim.  phyt.  [3]  XXXYO,  285.  VorliuSge  Miuheiloogen  über 
einzelne  Resoltate  dieser  wichtigen  Untersnchnngen  gaben  wir  schon 
in  diesen  Annalen  LXXXII,  127 ;  LXXXIII,  1 12.  Wir  erinnern  daran, 
da(s  in  Benebong  auf  das  Alonigewicht  des  Wasseratoffii,  Stickstoffs, 


56  Oerhardi,  Untersuchungen  über  die 

für  eine  feststehende  Wahrheit  gilt,  ist  die  Annahme,  in  allen 
sauerstoffhaltigen  Salzen,  unorganischen  wie  organischen,  sey 
eine  wasserfreie  Säure  enthalten.  Selbst  wenn  es  nicht  ge* 
lingt,  durch  Einwirkung  von  Substanzen,  die  eine  grofse 
Affinität  zum  Wasser  haben,  auf  die  sogenannten  Säure» 
hydrate,  wie  die  Essigsäure  oder  die  Benzoesäure,  eine  solche 
wasserfreie  Säure  zu  erhalten,  betrachten  diese  Chemiker  doch 
die  Gegenwart  einer  wasserfreien  Säure  in  den  essigsauren, 
den  benzoäsauren  und  allgemein  allen  Salzen  organischer 
Säuren  als  genugsam  erwiesen.  Zur  Stütze  dieser  Meinung 
berufen  sie  sich  auf  die  Darstellung  einer  kleinen  Zahl  was- 
serfreier Säuren,  welche  den  camphersauren ,  den  bernstein- 
sauren, den  weinsauren,  den  milchsauren  u.  a.  Salzen  ent- 
sprechen, —  wasserfreier  Säuren,  welche  man  einfach  erhält 
durch  die  Einwirkung  der  Wärme  auf  die  s.  g.  Säurehydrate, 
und  welche  die  meisten  Eigenschaften  zeigen,  die  auch  die 
wasserfreien  organischen  Säuren  characterisiren. 

Wirft  man  einen  Blick  auf  die  Liste  der  wasserfreien 
organischen  Säuren,  welche  man  auf  diese  Art  durch  Ent- 
wässerung darstellen  kann,  so  sieht  man,  dafs  sie  alle  solchen 
s.  g.  Säurehydraten  entsprechen,  die  man  als  zweibasische 
betrachtet.  In  der  That  sind  die  bis  jetzt  erhaltenen  wasser- 
freien Säuren  : 

Wasserfreie  Bemsteinsäure        C4H4OS 
Wasserfreie  Maleinsäure  CaH^Os 

Wasserfreie  Weinsäure  C4H4OS 

Wasserfreie  Pyroweinsäure  CsHeOs 
Wasserfreie  Citraconsäure  CftH40, 
Wasserfreie  Milchsäure  .  C«HjoOs 
Wasserfreie  Phtalsäure  CsHaOs 

Wasserfreie  Camphersäure        C10H14O«. 

Chlora  und  der  Metalle  Gerhardt  das  Atomgewicht  des  Rohlenstofls 
und  des  Sauerstoffs  doppdt  so  groCi  setzt,  als  dies  gewöhnlich  an- 
genommen wird.  D.  R. 


wasierfreien  orgamtchen  Säuren,  59 

Was  die  ab  einbasisch  betrachteten  Säuren  betrilR,  so 
giebt  es  keine  einzige,  welche  man  bis  jetzt  im  wasserfreien 
Zustand  hätte  darsteUen  können. 

Von  dem  Gesichtspunkt  der  dualistischen  Chemie  aus,  wo 
man  Wasser  in  allen  s.  g.  Säurehydraten  voraussetzt,  ist  es 
schwierig  einzusehen,  wefshalb  man  das  Wasser  den  einbasi- 
schen Säure  nicht  eben  so  gut  wie  den  zweibasischen  entziehen 
kann,  wefshalb  sich  die  Bemsteinsäure  oder  die  Weinsäure 
so  leicht  entwässern  läfst,  während  die  Benzoesäure  oder  die 
Essigsäure  den  Entwässerungsmittehi  widersteht. 

Diese  Verschiedenheit  in  dem  Verhalten  dieser  zwei 
Klassen  von  Säuren  in  Hinsicht  auf  die  Entwässerungsmittel 
indet  sich  noch  in  anderen  Beziehungen  mit  gleicher  Deut- 
Kctteit  ausgesprochen,  z.  B.  hinsichtlich  der  Fähigkeit,  Aether- 
siwen  oder  Aminsänren  zu  bilden.  In  der  That  bilden  die 
Säuren,  welche  sich  im  wasserfreien  Zustande  darstellen 
lassen ,  auch  Aethersäuren  und  Aminsäuren ,  während  diese 
Art  von  Verbindungen  sich  mit  den  einbasischen  organischen 
Säuren  nicht  erhalten  läfst. 

Nach  dem  chemischen  Systeme,  welchem  Laurent  und 
ich  den  Vorzug  zu  verschaflen  suchen,  ist  die  Unmöglichkeit, 
die  einbasischen  Säuren  durch  Entziehung  von  Wasser  in 
wasserfreie  überzuführen,  eine  nothwendige  Folge  von  der 
Constitution  dieser  Säuren;  unserer  Ansicht  nach  enthalten 
diese  Säuren  nicht  Ein  Atom  Wasser,  wie  es  die  dualistische 
Theorie  vcMraussetzt;  wir  unterscheiden  die  einbasischen  von 
den  zweibasischen  Säuren  gerade  dadurch,  dafs  nur  die  letz- 
teren in  Einem  Atom  die  Menge  basischen  Wasserstoffs  ent- 
halten, welche  zur  Elimination  von  1  Atom  Wasser  noth- 
wendig  ist 

Diese  Verschiedenheit  in  der  Constitution  kann  in  der 
Art,  die  Formeln  zu  schreiben,  deutlich  gemacht  werden, 
wenn  man  alle  Säuren  als  Wasserstoffsäuren  betrachtet,  welche 


60  Gerhardt^  Untersuchungen  über  die 

in  Einem  Atom  1,  2  oder  3  Atome  WasserstofF  enthaUen, 
die  gegen  Metall  ausgetauscht  werden  können,  je  nachdem 
diese  Säuren  einbasische,  zweibasische  oder  dreibasische  sind. 
Nach  dieser  Anschauungsweise  ist  das  Wasser  HsO  selbst 
eine  zweibasische  Säure,  mit  demselben  Rechte  wie  der 
Schwefelwasserstoff  H^S,  denn  man  kann  in  dem  Wasser  eben 
so  gut  wie  in  der  letzteren  Säure  1  Atom  oder  2  Atome 
Wasserstoff  durch  Metall  ersetzen ,  so  dafs  ein  Metalloxyd- 
hydrat MHO  oder  ein  Metalloxyd  M^O  entsteht.  Wenn  nun 
HsO  die  Zusammensetzung  Eines  Atoms  Wasser  ausdrückt, 
mufs  das  Atom  einer  einbasischen  Säure ,  wie  z.  B.  der  Ben- 
zoesäure, durch  eine  Formel  ausgedrödit  werden,  in  welcher 
nur  ein  einziges  Atom  basischen  Wasserstoffs  enthalten  ist 
(d.  h.  von  solchem  Wasserstoff,  welcher  gegen  Metall  aus* 
getauscht  werden  kann},  während  das  Atom  einer  zweibasi- 
schen Säure ,  wie  z.  B.  der  Bernsteinsäure,  durch  eine  Formel 
ausgedrUdst  werden  mufs ,  in  welcher  sich  2  Atome  basischen 
Wassers  finden,  d.  h.  so  viele,  als  1  Atom  Wasser  selbst 

enthält  : 

Benzoesäure  C,HsOs  (H) 

Neutrale  benzoes..  Salze       CfH^Oi  (M}. 

Bemsteinsäure  C4H4O4  (II2) 

Neutrale  bemsteins.  Salze  C4H4O4  (M«). 
Man  ersieht  aus  diesen  Formeln,  dafs  das  Atom  der 
Benzoesäure  nicht  so,  wie  das  Atom  der  Bernsteinsäure, 
durch  blofse  Entwässerung  die  2  Atome  basischen  Wasser- 
stoffs ausscheiden  kann,  welche  zu  der  Bildung  von  1  Atom 
Wasser  nothwendig  sind.  Die  dualistische  Theorie  giebt  nicht 
Rechenschaft  von  dieser  EigenthümUchkeil  der  einbasischen 
Säuren ,  denn  sie  setzt  darin,  wie  in  den  zweibasichen  Säuren, 
fertig  gebildetes  Wasser  voraus  : 

Benzoesäure      C^HsO,,  HO  oder  C]4H,oOs,  H,0 
Bemsteinsäure  C,H40e,  2  HO  oder  C«H«0«,  2  H,0. 


feoiurfreim  organischen  Säuren.  61 

Wenn  indefs  die  Constitution  der  einbasischen  Säuren, 
wenigstens  nach  meiner  Meinung,  die  Bildung  einer  wasser- 
freien Sänre  durch  die  Entwässerung  Eines  Atoms  einer 
solchen  Säure  nicht  zuläfst,  so  scblielst  doch  diese  Con- 
stitution, wie  man  leicht  einsieht,  nicht  aus,  dafs  Körper 
existiren,  welche  die  Elemente  von  2  Atomen  einer  *ein- 
basischen  Säure  weniger  1  Atom  Wasser  enthalten;  mit  an- 
dern W^orten,  diese  Constitution  steht  nicht  im  Widerspruch 
mit  der  Existenz  wasserfreier  Säuren ,  deren  Formehi  ver- 
doppelt anzunehmen  wären,  im  Vergleich  zu  den  Formeln  der 
einbasischen  Säuren,  von  welchen  sich  die  wasserfreien  ableiten, 
und  die  letzteren  könnte  man  auf  andere  Art  ds  durch  Ent- 
wässerung erhalten. 

Nach  der  schönen  Entdeckung  der  wasserfreien  Salpeter- 
säure durch  Deville  konnte  man  in  der  That  nicht  mehr 
bezweifeln,  dafs  sich  auch  die  einbasischen  Säuren  durch 
geeignete  Yerfahrungsweisen  in  wasserfreie  Säuren  umwan- 
dln hissen.  Es  ist  wahr,  dafs  Deville  und  die  andern 
Anhänger  der  dualistischen  Ideen  nicht  die  Verdoppelung  der 
Formel  für  die  wasserfreie  Salpetersäure  annehmen,  welche 
von  diesen  Chemikern  einfach  als  NO«  oder  1i%0^  betrachtet 
wird,  wenn  man  den  neutralen  salpetersauren  Salzen  die 
Formel  NOs ,  MO  oder  NsO« ,  MO  giebt.  Aber  nach  meiner 
Betrachtungsweise  mufs  man  das  Atom  der  wasserfreien  Sal- 
petersäure durch  die  Formel  NiO«  und  das  der  neutralen 
salpetersauren  Salze  durch  NMO9  ausdrücken. 

Die  in  der  vorliegenden  Abhandlung  mitgetheilten  Ver- 
suche werden,  wie  ich  hoffe,  die  überzeugendsten  Beweise 
zu  Gunsten  der  letzteren  Ansicht  abgeben,  auf  die  ich  eine 
allgemeine  Verfahrungsweise  gründen  konnte,  welche  mit 
Leichtigkeit  die  den  einbasischen  organischen  Säuren  —  der 
Essigsäure,  der  Benzoesäure,  der  Cuminsäure  und  den  ihnen 


62  Gerhardt,  ünknuchmgm  Übet  die 

ähnlicheii    Säuren  —    entsprechenden   wasserfreiem  Säuren 
liefert. 

Die  Betrachtungen,  welche  mich  zu  dieser  Verfahrungs- 
weise  führten,  sind  folgende. 

In  welcher  Weise  man  auch  die  Constitution  des  Alkohols 
und  des  Aelhers  betrachten  möge  —  es  existiren  zwischen 
dem  Atom  des  Alkohols  und  dem  des  Aethers  dieselben  Be- 
ziehungen hinsichtlich  der  Zusammensetzung,  wie  zwischen 
dem  Atom  einer  einbasischen  Säure  und  dem  Atom  der  ent^ 
sprechenden  wasserfreien  Säure.  Nach  der  dualistischen 
Theorie  drückt  man  diese  Beziehungen  durch  die  folgenden 
Formeln  aus  : 

Alkohol  (Aethyloxydhydrat)    C4H,oO,  HsO; 

Aether  (Aethyloxyd)      .    .    C4H10O. 

Ich  zuerst  habe  die  Unrichtigkeit  dieser  Formeln  hervor- 
gehoben, und  seit  1842  habe  ich  angenommen,  dafs  man 
entweder  mit  Beibehaltung  der  Formel  für  den  Alkohol  die 
des  Aethers  verdoppeln ,  oder  mit  Beibehaltung  der  Formel 
für  den  Aether  die  des  Alkohols  halbiren  mufs  *}.  Aber  es 
fehlte  meiner  Behauptung  der  experimentale  Beweis,  welcher 
bekanntlich  erst  in  der  letzteren  Zeit  durch  Willi amson 
und  Chane el  geführt  worden  ist. 

Da  es  nun  durch  die  Versuche  dieser  Chemiker  bewiesen 
ist,  dafs  das  Atom  des  Aethers  in  der  That  C«  in  sich  ent- 
hält ,  wenn  man  in  dem  des  Alkohols  Ca  annimmt,  mufs  man, 
wenn  dieselbe  Beziehung  zwischen  den  einbasischen  Säuren 
und  den  entsprechenden  wasserfreien  Säuren  existirt,  die  was- 
serfreien Säuren  mittelst  ähnlicher  Zersetzungen  durch  doppelte 
Wahlverwandtschaft  hervorbringen  können,  wie  diejenigen 
sind,  welche  aus  Alkohol  Aether  bilden. 


^  Revue  scienUfiqoe  X,  100. 


waaerfreien  organUchen  S&uten,  63 

Ich  habe  den  Versuch  gemacht,  und  die  Resultate  neiner 
Erfahrungen  haben  meine  Voraussetzung  bestätigt.  In  der 
That  erhalte  ich  mit  Leichtigkeit  durch  doppelte  Wahlver- 
wandtschaft —  mit  Anwendung  der  Chlorverbindungen,  welche 
den  einbasischen  Säuren  entsprechen,  und  der  Natron-  oder 
Kalisalze  dieser  Säuren  —  die  wasserfreien  Säuren;  und 
ebenso,  wie  man  sogenannte  gemischte  Aether,  den  Methyl- 
äthyläther oder  den  Aethylamyläther,  mittelst  der  Kaliumver- 
bindung  eines  Alkohols  und  der  aus  einem  anderen  Alkohol 
sich  ableitenden  Chlorverbindung  erhält,  stelle  ich  auch  ge- 
mischte wasserfreie  Säuren  dar,  indem  ich  Chlorverbindungen 
und  Alkalisalze,  welche  verschiedenen  Säuren  entsprechen, 
auf  einander  einwirken  lasse. 

DartieBung  der  Chlorverbindungen^  welche  embasüchen  Säuren 

entsprechen. 

Man  verdankt  Cahours*}ein  ausgezeichnetes  Verfahren, 
um  die  mehreren  organischen  Säuren  entsprechenden  Chlor- 
verbindungen darzustellen.  Es  besteht  darin,  diese  Säuren 
mit  Phosphorsuperchlorid  zu  behandeln,  und  mittelst  der 
Destfliation  die  fraglichen  Chlorverbindungen  von  dem  zugleich 
sich  bildenden  Phosphoroxychlorid  zu  trennen.  Dieses  Ver- 
fahren ist  jedoch  nur  in  denjenigen  Fällen  anwendbar,  wo  die 
gesuchte  Chlorverbindung  einen  beträchtlich  höheren  Siedepunkt 
hat,  als  das  Phosphoroxychlorid ;  es  eignet  sich  sehr  gut  zur 
Behandlung  der  Benzoesäure,  Cuminsäure,  Zimmtsäure,  deren 
Chlorverbindungen  erst  gegen  200^  und  selbst  bei  noch 
höherer  Temperatur  sieden,  so  dafs  man  das  Product  stetes 
von  dem  bei  llO^'  siedenden  Phosphoroxychlorid  reinigen 
kann.  Aber  wenn  es  sich  um  flüchtigere  Chlorverbindungen 
handelt,  ist  es  beinahe  unmöglich,  sie  nach  diesem  Verfahren 
frei  von  Phosphoroxychlorid  zu  erhalten. 

*')  Ann.  chim.  phys.  [3]  XXIIf,  337;  diese  Annaleo  LXX,  39. 


64  Gerhardt^  Utdertuchungen  über  die 

Aufserdem  ist  die  Einwirkung,  welche  das  Phosphor- 
superchlorid auf  die  oi^anischen  Säuren  ausübl,  keineswegs 
eine  einfache  Zersetzung  durch  doppelte  Wahlverwandtschaft; 
sie  besteht  eigentlich  aus  zwei  aufeinander  folgenden  Zer^ 
Setzungen,  wie  die  gleichzeitige  Entwicklung  von  Chlorwasser- 
stoff zeigt.  Die  Zersetzung  der  Benzoäsäure  läfst  sich  in  der 
folgenden  Weise  veranschaulichen  : 

C,HeO,  +  PCI,  =  C,H.OCU  +  POCl, 

CHeOCl,  =  HCl  +  C,HsOCl 

ChlorbenEoyl. 

Es  scheint  sich  zuerst  eine  Verbindung  von  Chlorwasser- 
stoff mit  der  organischen  Chlorverbindung  zu  bilden,  welche 
sich  fast  sogleich  in  diese  beiden  Bestandtheile  spaltet. 

Durch  eine  Reihe  von  Betrachtungen,  welche  ich  später 
mittheilen  werde,  wurde  ich  zu  der  Ansicht  geführt,  nicht  das 
Phosphorsuperchlorid ,  sondern  das  Phosphoroxychlorid  stehe 
zu  der  Phosphorsäure  in  derselben  Beziehung,  wie  das  Chlor- 
benzoyl  zu  der  Benzoesäure;  hiemach  wäre  das  Phosphoroxy« 
chlorid  das  eigentliche  Chlorphosphoryl  und  müfste  es  mit 
den  Salzen  der  organischen  Säuren  eine  Zersetzung  durch 
doppelte  Wahlverwandtschaft  hervorbringen,  deren  Producta 
die  den  organischen  Säuren  entsprechenden  Chlorverbindun- 
gen wären.  Und  diefs  ist,  wie  die  Erfahrung  es  darthut,  in 
der  That  der  Fall. 

Das  Phosphoroxychlorid  wirkt  mit  grofser  Heftigkeit 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  auf  eine  grofse  Zahl  von 
Salzen  ein,  unter  Bildung  von  phosphorsaurem  Salz  und  einer 
flüchtigen  Chlorverbindung;  man  erhält  so  mit  benzoesaurem 
Natron  Chlorbenzoyl ,  mit  cuminsaurem  Natron  Chlorcumyl 
u.  s.  w. 

(1)      POCl,    +     3C,HsNaOa    =   P04Nas    +  3C,H,C10 

Phosphoroxychlorid.   Benzols.  Natron.  Phosphors.  Natron.   ChlorbenzoyL 


fcoiserfreien  organischen  Säuren,  65 

Das  Phosphoroxychlorid  ist  ein  sehr  schätzbares  Hülfs- 
mittel  fiir  die  Darstellung  der  Chlorverbindungen  wie  auch 
für  die  der  wasserfreien  Säuren,  welche  den  einbasischen 
Sfiuren  entsprechen;  je  nachdem  man  es  im  Ueberschufs 
oder  in  geringerer  Menge  auf  ein  Salz  einer  organischen 
Säure  einwirken  läfst,  bringt  es  die  entsprechende  Chlorver- 
bindung oder  die  entsprechende  wasserfreie  Säure  hervor. 
Wendet  man  das  Oxychlorid  in  geringem  Ueberschufs  an, 
oder  nimmt  man  nicht  mehr  als  3  Atome  Salz  auf  1  Atom 
Oxychlorid,  so  geht  die  Zersetzung  nach  der  eben  mitge- 
theilten  Gleichung  (1}  vor  sich;  wendet  man  hingegen  das 
Salz  der  organischen  Säuren  im  Ueberschufs  an ,  in  dem 
Verhältnifs  von  6  Atomen  Salz  auf  1  Atom  Oxychlorid,  so 
wirkt  die  bei  der  ersten  Zersetzung  hervorgebrachte  Chlor- 
vert}indttng  auf  eine  andere  Menge  des  Salzes  der  organi- 
sdien  Saure,  und  es  entsteht  alsdann  eine  wasserfreie  Säui'e, 
folgender  Gleichung  gemäfs  : 
(2)3C,HsC10  +  3C,H,NaO=3ClNa    +    3CuH|oO, 

ChlorbciizoyL   Benzols.  Ifatron.  Chlornatriom.  WaMerfreie  BenzoSsäare. 

Das  Phosphoroxychlorid  scheint  mir  dazu  bestimmt  zu 
seyn,  in  den  Händen  des  Chemikers  ein  sehr  wichtiges  Yer- 
wandlungsmittel  abzugeben;  ich  kenne  keines,  dessen  Wir- 
kung zugleich  eben  so  bestimmt  als  lebhaft  und  rasch  sey; 
und  wenn  man  erwägt,  dafs  die  von  ihm  durch  Zersetzung 
naeh  doppelter  Wahlverwandtschaft  gebildeten  Chlorverbin- 
dungen kräftig  auf  die  Alkohole  und  die  Basen  einwirken, 
so  dafs  ätherartige  und  amidartige  Verbindungen  entstehen, 
so  begreift  man,  welcher  grofsen  Zahl  von  Anwendungen 
das  Phosphoroxychlorid  für  die  Zukunft  Tähig  ist.  Ich  konnte 
mir  mittelst  des  Phosphoroxychlorids  gewisse  flüchtige  Chlor- 
verbindungen verschafien,  welche  man  nach  Cahours'  Ver- 
fahren nicht  rein  erhalten  kann ;  so  habe  ich  unter  andern  die 
der  Essigsäure  und  der  Buttersäure   entsprechenden  Cblor- 

Aan.  d.  Ch«mi«  n.  Pliarm.  LXXXVII.  Bd.  1.  Heft.  5 


66  Gerhardt^  ü$Uersuchungen  über  die 

Verbindungen  dargestellt.  Ich  zweifle  nicht  daran,  dafs  man 
mit  demselben  Einwirkungsmittel  auch  andere  Chlorverbindun- 
gen, welche  einbasischen  Säuren  entsprechen,  hervorbrin« 
gen  könne;  einige  Versuche,  die  ich  in  dieser  Richtung 
bereits  gemeinschaftlich  mit  Chancel  angestellt  habe,  erga- 
ben die  der  Sulfobenzidsäure  oder  phenylschwefligen  Säure, 
der  äthylschwefligen  Säure  u.  a.  entsprechenden  Chlorver- 
bindungen. 

Das  Phosphorchlorid  PCI,  bringt  gleichfalls  mit  den  ben- 
zo^sauren,  den  essigsauren,  den  cuminsauren  u.  a.  Alkalisalzen 
Zersetzung  durch  doppelte  Wahlverwandtschaft  hervor;  die  Ein- 
wirkung, welche  bei  gewöhnlicher  Temperatur  sehr  lebhaft, 
wie  die  des  Oxychlorids,  vor  sich  geht,  giebt  organische 
Chlorverbindungen  und  einen  Rückstand  von  phosphorigsaurem 
Salz.  Aber  abgesehen  davon,  dafs  das  Phosphorchlorid  sich 
manchmal  mit  gewissen,  auf  diese  Art  gebildeten  organischen 
Chlorverbindungen  vereinigt,  hat  es  noch  den  Nachtheil,  einen 
Rückstand  zu  geben,  welcher  durch  die  Einwirkung  der 
Wärme  leicht  verändert  wird,  so  dafs  die  bei  der  Destillation 
übergehenden  Flüssigkeiten  gewöhnlich  kleine  Mengen  phos- 
phorhaltiger  Substanzen  enthalten.  Ich  gebe  defshalb  dem 
Oxychlorid  für  alle  die  Fälle  den  Vorzug,  wo  es  nöthig  ist, 
stärkere  Hitze  anzuwenden. 

Leider  ist  es  nicht  leicht,  sich  gröfsere  Quantitäten 
Phosphoroxychlorid  nach  dem  Verfahren  von  Wurtz,  durch 
directe  Einwirkung  des  Wasserdampfs  auf  Phosphorsuper- 
chlorid, zu  verschafien.  Ich  habe  vergeblich  versucht,  an  der 
Stelle  des  Wassers  Salze,  welche  Krystallisationswasser  ent- 
halten, anzuwenden,  z.  B.  Alaun  oder  phosphorsaures  Natron; 
die  Einwirkung  des  Phosphorsuperchlorids  auf  diese  Salze  ist 
eben  so  heftig,  wie  die  auf  Wasser,  so  dafs  man  im^ier  viel 
Substanz  verliert,  welche  zu  Phosphorsäure  wird,  selbst  dann, 
wenn  man  mit  genau  abgewogenen  äquivalenten  Gewichts- 


fooMserflreien  argmiiickeH  Säuren.  67 

mengen  arbeilel.  Ich  habe  endlich  eine  Darstellungsweise 
aufgefunden,  welche  die  Beachtung  der  Chemiker  verdient, 
sowohl  wegen  ihrer  Einfachheit,  als  wegen  der  Reaction, 
auf  welche  sie  sich  gründet;  sie  besteht  darin,  das  Phos* 
pliorsnpercUorid  mit  der  Hälfte  seines  Gewichtes  an  toU' 
kommen  geirockneter  Oxalsäure  zu  destiUiren  : 

PCI»  +  C AO4  =  PCljO  +  2  HCl  +  CO  +  CO,. 
Man  erhält  auf  diese  Art  als  übergehende  FIüsMgkeit  nur 
Phosphoroxychlorid ,  während  die  andern  Elemente  sich  als 
Chlorwasserstoffgas ,  Kohlenoxydgas  und  Kohlensäure  ent- 
wickeln ,  ohne  dafs  ein  Rückstand  von  Phosphorsäare  bleibt, 
wenn  die  Oxalsäure  vorher  vollständig  von  ihrem  Krystalli- 
satfODswasser  befreit  wurde;  es  ist  von  Wichtigkeit,  dafs 
dieser  letzteren  Bedingung  genügt  werde.  Man  kann,  aller- 
dings mit  weniger  Vortheil,  an  der  Stelle  der  Oxalsäure  jede 
andere  aioeibasische  Säuret  z.  B.  Weinsäure  oder  Bernstein- 
sänre,  anwenden,  aber  in  diesebi  Fall  hat  man  einen  Rück- 
stand von  virasserfreier  Säure,  wasserfreier  Weinsäure  oder 
Bemsteinsäure. 

Es  ist  auch  vortheilhaft,  das  Phosphoroxychlorid  aufzu- 
sammeln, welches  man  in  grofser  Menge  bei  der  Darstellung 
des  Chlorbenzoyb  und  der  entsprechenden  Chlorverbindungen 
aas  Olganischen  Säuren  und  Phosphorsuperchlorid  nach  Ga- 
hoars^  Verfahren  erhält.  Man  braucht  nur  alles  bei  diesen 
Darstellungen  gebildete  Phosphoroxychlorid  zusammen  zu  recti- 
fidren  und  das  zwischen  110^  und  115*  Uebergehende  gesondert 
ahCnifangen ;  man  kann  selbst  für  die  Darstellung  der  der 
Essigsäure  entsprechenden  Chlorverbindung  sich  der  noch  mit 
Chlorbenzoyl  verunreinigten  Portionen  Phosphoroxychlorid  be- 
dienen, die  bei  einer  höheren  Temperatur  übergehen. 

Der  einzige,  und  in  der  That  sehr  erhebliche  Uebelstand, 
welchen  das  Arbeiten  mit  allen  diesen  Chlorverbindungen 
darbietet ,  ist  der  verderbliche  Einflufs , '  welchen  ihr  Dampf 

5» 


68  Gerhardt^  VfOenuchmgen  über  die 

auf  die  Respirationsorgane  ausübt;  man  kann  nur  sdiwierig 
sich  bei  allen  Operationen  davor  schützen,  und  man  setel 
sich  dem  Dampf  nicht  aus,  ohne  dafs  die  Lunge  darunter 
leidet  Meistens  verspürt  man  die  Wirkung  erst  einra  bis 
zwei  Tage  nachher,  und  sie  besteht  in  hartnäckiger  Bron- 
chitis, die  manchmal  von  Blutspden  begleitet  ist.  Auch 
mufste  ich,  um  meide  Gesundheit  zu  schonen,  diese  Untersu- 
chungen abkürzen,  und  mich  vorerst  nur  auf  die  wichtigsten 
Glieder  dieser  neuen  Reihe  von  Verbindungen  beschränken, 
wobei  ich  mir  übrigens  vorbehalte,  diese  Resultate  in  einer 
zweiten  Abhandlung  zu  vervollständigen. 

CUoraceiyl^y  *-  Das  Chloracetyl  läfst  sich  leicht  dar- 
stellen, indem  man  in  eine  Tubulatretorte  geschmolzenes  essig- 
saures Kali  bringt  und  Phosphoroxychlorid  zutreten  läfst;  die 
Einwirkung  ist  sehr  lebhaft  und  die  dabei  stattfindende  Tempera- 
turerhöhung so  beträchtlich,  dafs  man  nicht  noch  zu  erwärmen 
braucht.  Man  thut  wohl  daran,  die  Vorlage  abzukühlen; 
zweckmärsig  läfst  man  auch  das  Phosphoroxychlorid  nur 
tropfenweise  zutreten,  vermittelst  einer  fein  ausgezogenen 
Röhre,  die  durch  den  Kork  in  dem  Tubulus  der  Retorte  hin- 
durchgeht. Eine  oder  zwei  Rectificationen  über  frisches 
essigsaures  Kali,  welches  mittelst  einer  oder  zwei  kleinen 
Kohlen  schwach  erwärmt  wird,  reichen  hin,  das  Product  von 
dem  etwa  beigemischten  Phosphoroxychlorid  zu  befreien; 
zuletzt  rectificirt  man  das  Product  mit  eingesenktem  Ther- 
mometer und  fängt  das  bei  55^  Uebergehende  besonders  auf. 
Man  darf  die  Rectificationen  über  essigsaures  Kali  nicht  unnö- 
thigerweise  wiederholen,  weil  bei  jeder  Rectification  ein  Theil 


*)  Wir  wählen  dieie  Bezeiolmttng  mit  der  Erinoerang,  daf«  Gerhardt 
(diese  Annaleo  LXXXIIIi  115)  unter  Acetyl  eine  Verbiodung  ver- 
steht, die  zur  Essigsfiure  in  derselben  Beziehung  steht,  wie  das 
Benzoyl  zur  Bcnzodsfiore«  D.  B. 


fDOsterfreien  organischen  Säuren.  69 

des  Chloracetyls  verloren  geht,  welcher  zu  wasserfreier 
Essigsäure  wird.  Man  überzeugt  sich  leicht  von  der  Abwe- 
senheit des  Phosphoroxychlorids  in  dem  Chloracetyl,  indem 
man  dieses  in  Wasser  löst,  mit  Ammoniak  neutralisirt  und 
schwefelsaure  Magnesia  zusetzt;  ist  das  Chloracetyl  rein, 
so  tritt  keine  Trübung  der  Flüssigkeit  durch  phosphorsaure 
Magnesia-Ammoniak  ein. 

Wendet  man  Phosphorchlorid  PCI«  zur  Darstellung  des 
Chloracetyls  an,  so  scheidet  sich  aus  dem  DestUlationspro- 
duct  nach  1  bis  2  Tagen  eine  gewisse  Menge  einer  gelblich- 
weifsen  Substanz  ab,  welche  an  der  Luft  zerfliefst  und  sich 
in  Wasser  mit  Geräusch,  wie  das  Phosphorchlorid,  auflöst. 
Ih'ese  Substanz  ist  nicht  ohne  Zersetzung  flüchtig;  sie  ver- 
kohlt beim  Erhitzen  und  stöfst  einen  Phosphorgeruch  aus. 
Sie  scheint  eme  Verbindung  von  Phosphorchlorid  mit  Chlor- 
acetyl zu  seyn.  Man  wendet  defshalb  besser  das  Phosphor- 
oxychlorid  zur  Darstellung  des  Chloracetyls  an.  So  darge- 
stellt, wie  es  im  Vorhergehenden  angegeben  wurde,  ist  das 
Chloracetyl  eine  farblose,  leicht  bewegliche,  das  Licht  stark 
brechende  Flüssigkeit,  welche  schwerer  ist  als  das  Wasser 
und  an  feuchter  Luft  schwach  raucht.  Sein  erstickender 
Geruch  erinnert  zu  gleicher  Zeit  an  den  der  Essigsäure  und 
den  der  Salzsäure;  seine  Dämpfe  reizen  lebhaft  die  Augen 
und  die  Lunge.  Es  kommt  bei  55®  ins  Sieden.  Das  speci- 
fiscbe  Gewicht  desselben  im  flüssigen  Zustand  ist  1,125  bei  IP. 

Die  Zusammensetzung    des  Chloracetyls    wurde    durch 
folgende  Analysen  festgestellt  : 

l.  G,515  Substanz  gaben  0,579  Kohlensäure  u.  0,1845  Wasser. 

0,266        „  „      0,487  Chlorsilber. 

n.  0,302        „         »      0,338  Kohlensäure  u.  0,107  Wasser. 

0,201        „  „      0,367  Chlorsilber. 


70  Gerhardt^  ütiiersuchimgen  über  die 


Auf  100  berechnet  : 

« 

gefiuden 
L           II. 
Kohlenstoff     30,66    30,52 

berechocl 

c. 

24,0    30,57 

Wasserstoff      3,97      3,93 

H. 

3,0      3,85 

Chlor             45,30    45,17 

Cl 

35,5    45,22 

Sauerstoff       20,07    20,38 

0 

16,0    20,36 

100,00  100,00 

78,5  100,00. 

Die  vorstehende  Formel  wird  durch  die  Bestimmung  der 
Dampfdichte  des  Chloracetyls  bestätigt  : 

gefandeB  berechnet 

Lofttemperatar  11* 

Laftdrack  754»»  2  Vol.  Koblenstoffdampf   1,658 

Temper.d.  Dampfs     180«  3  »     Wasserstoff  0^207 

Uebergew.d.  Ballons     0;256  Grm.       1  «     Chlor  2,470 

RAumlichk.d.  Ballons  270,5  CC.  1  »    Sauerstoff  1,105 

ZorficfcgebUeb.Luft     10  CC.  5,440    ^ 

Dampfdichte  2,87  2    *  '^ 

Gierst  man  einige  Tropfen  Chloracetyl  in  Wasser,  so 
sinken  sie  zuerst  darin  zu  Boden,  dann  lösen  sie  sich  auf, 
indem  sie  in  der  Flüssigheit  auf  und  nieder  fahren ,  ähnlich 
wie  Phosphoroxychlorid;  es  bildet  sich  hierbei  nur  Essigsäure 
und  Salzsäure*}  : 

C,H,  €10  +  H,0  =  CjH^O,  +  HCl. 
Giefst  man  einige  Tropfen  Wasser  zu  Chloracetyl,  so  ist  die 
Einwirkung  in  einem  solchen  Grade  heftig,   dafs  eine  wahre 
Explosion  eintritt. 

Ammoniak  und  Anilin  wirken  auf  das  Chloracetyl  mit 
grofser  Energie  ein.  Mit  dem  Anilin  erhält  man  eine  neue 
Verbindung,  die  ich  weiter  unten  als  AcetaniUd  beschreiben 
werde. 


*)-Oie  Ton  Mala  gut  i  dai^eslellte,  als  Alddtyde  percklare  beseicbnete 
Verbindung  CaCI^O  ist  offenbar  die  der  Tricbloressigsture  entspre- 
chende Chlorverbindung.  Wasser  lersetzt  sie  in  der  That  zu  Salz- 
säure und  Trichloressigsfiure. 


woMserf feien  organischen  Säuren.  71 

Wird  Chloracetyl  mit  metallischem  Zink  in  einer  ver- 
schlossenen Röhre  gelinde  erwärmt ,  so  wird  das  Metall  leb- 
haft angegriffen,  und  es  bildet  sich  eine  braune  Iheerartige 
Substanz ;  auf  Zusatz  von  Wasser  zu  diesem  Product  scheiden 
sich  braune  Flocken  aus  (die  beim  Erwärmen  sich  zu  einer 
braunen  pechartigen  Masse  vereinigen},  und  zu  gleicher  Zeit 
entwickelt  sich  ein  eigenthümlicher  ätherartiger  Geruch;  die 
wässerige  Flüssigkeit  enthält  Chlorzink. 

Schwefelblei  und  Chloracetyl  wirken  lebhaft  auf  einander 
ein;  eine  farblose  Flüssigkeit  deslillirt  über,  deren  unange- 
nehmer Geruch  an  den  von  Katzenurin  erinnert.  Diese 
Flüssigkeit  löst  sich  in  Wasser;  die  Lösung  wird  durch 
Quecksilberchlorid  zuerst  weifs,  dann  gelb  gefällt.  Dieser 
Niederschlag  wird  durch  Aetzkali  geschwärzt.  Läfst  man  die 
Flüssigkeit,  in  welcher  sich  der  Niederschlag  bildete,  kochen, 
80  entwickelt  sich  Essigsäure.  Der  mit  W^asser  gewaschene 
und  im  Wasserbade  getrocknete  Niederschlag  giebt  bei  dem 
Erhitzen  ein  weifses  Sublimat  von  Quecksilberchlorür ,  eine 
gelbe  Substanz,  viel  Essigsäure  (wasserfreie?)  und  Schwefel- 
quecksilber. Die  übelriechende  Flüssigkeit,  welche  aus  Chlor- 
acetyl und  Schwefelblei  entsteht,  ist  vermuthlich  Schwefelaceiyi 

ChlorbutyryL  —  Man  bereitet  es  in  derselben  Weise  wie 
das  Chloracetyl;  da  es  indefs  viel  weniger  flüchtig  als  das 
letztere  ist^  mufs  man  die  aufeinander  einwirkenden  Substan- 
zen abwägen,  um  die  Bildung  einer  zu  beträchtlichen  Menge 
von  wasserfreier  Buttersäure  zu  verhüten.  Ich  wende  2  Theile 
gut  getrocknetes  buttersaures  Natron  (3  Atome}  auf  etwa 
1  Theil  Phosphoroxychlorid  an.  Es  ist  vortheflhaft,  das 
gepulverte  Salz  nach  und  nach  in  das  Phosphoroxychlorid 
einzutragen ;  wollte  man  umgekehrt  verfahren,  und  das  flüssige 
Oxycfalorid  zu  dem  Salz  fliefsen  lassen,  so  könnte  sogleich 
eine  grofse  Menge  wasserfreier  Bultersäure  entstehen,  da  die 
Einwirkung  schon  in   der  Kälte  lebhaft  vor   sich  geht  und 


72  Gerhardt^  üiUemiekut^ieH  über  die 

jeder  Tropfen  des  Oxy Chlorids  dann  einen  Ueberschnfs  von  but- 
tersaurem  Salz  vorfinden  würde.  Man  unterwirft  das  Gemenge 
der  Destillation,  und  reclificirt  das  flüssige  Destillat  über 
eine  sehr  kleine  Menge  buttersaures  Salz,  unter  Beachtung, 
die  Temperatur  möglichst  niedrig  zu  halten,  damit  die  bei 
dieser  Rectification  gebildete  wasserfreie  Buttersäure  nicht 
auch  überdestillire. 

Das  Chlorbutyryl  ist  eine  farblose,  leichtbewegliche,  das 
Licht  stark  brechende  Flüssigkeit,  die  schwerer  als  Wasser 
ist  und  an  der  Luft  schwach  raucht.  Sein  stechender  Geruch 
erinnert  zugleich  an  den  der  Buttersäure  und  den  der  Salz- 
säure; es  siedet  ohne  Zersetzung  bei  etwa  95^ 

0,333  Substanz  gaben  0,549  Kohlensäure  und  0,201 
Wasser. 

0,201  Substanz  gaben  0,269  Chlorsilber. 

Auf  100  Theile  berechnet  : 

GeftiDden  Berechnet 

Kohlenstoff  44,96  C4  48,0  45,07 

Wasserstoff  6,70  H,  7,0  6,57 

Chlor  33,07  Cl  35,5  33,33 

Sauerstoff  15,27  0  16,0  15,03 


100,00  106,5        100,00. 

Das  Wasser  zersetzt  das  Chlorbutyryl  augenblicklich  zu 
Buttersäure  und  Salzsäure  : 

C4H,C10  +  HjO  =  C4H.O,  +  HCL 
Die  Einwirkung  ist  weniger  heftig  als  die  durch   das  Chlor- 
acetyl  hervorgebrachte. 

Das  Chlorbutyryl  wirkt  sehr  lebhaft  auf  das  Anilin  ein, 
unter  Bildung  von  Salzsäure  und  einer  neuen  Verbindung, 
die  ich  weiter  unten  als  Butyranäid  beschreiben  werde. 


wa$9erfreun  arganinAen  Sämren.  T3 


Wasserfreie  Säuren  j  toekhe  einbasischen  Säuren  entsprechen. 


Wasserfreie  Bensioesaure.  —  Diese  Verbindung  isl  die 
erste  einer  einbasischen  Söure  entsprechende  wasserfreie 
Säore,  welche  ich  erhielt,  indem  ich  auf  dem  experimentalen 
Wege  das  Problem  über  die  Constitution  dieser  Klasse  von 
Körpern  zu  lösen  suchte. 

Der  Versuch,  welcher  zum  Ausgangspunkt  für  meinis 
Untersuchungen  wurde,  war  folgender.  Trocknet  man  ben- 
zoesanres  Natron,  mengt  dieses  Salz  nach  gleichen  Aequi- 
valenten  (nahezu  gleichen  Gewichtstheilen}  mit  Chlorbenzoyl, 
und  erwärmt  das  Gemenge  auf  einem  Sandbad  auf  130^,  so 
entsteht  eine  klare  Lösung,  und  bei  einigen  Graden  über  der 
angegebenen  Temperatur  sieht  man  Chlomatrium  sich  aus* 
sdieiden.  Hau  läfst  das  Product  erkalten  und  wascht  es  mit 
kaltem  Wasser  und  mit  Lösung  von  kohlensaurem  Natron; 
es  bleibt  so  als  unlöslicher  Rückstand  eine  weifse  Substanz, 
die  nichts  anderes  ist,  als  ganz  reine  wasserfreie  Benzoesäure; 
die  Einwirkung  geht  mit  vollkommener  Schärfe  vor  sich. 
Man  kann  das  Product  krystaUisirt  erhalten ,  indem  man  es 
in  einer  kleinen  Menge  heifsen  Alkohols  auflöst;  bei  dem 
Erkalten  scheidet  es  sich  als  ein  Oel  ab,  welches  allmälig  zu 
schönen,  vollkommen  farblosen  schiefen  Prismen  erstarrt. 
Man  mufs  sich  indefs  davor  hüten ,  zur  Lösung  der  wasser« 
freien  Benzoösäure  mehr  Alkohol  anzuwenden,  als  nöthig  ist, 
damit  diese  wasserfreie  Säure  beim  Erkalten  sich  aus  der 
Lösung  ausscheide,  denn  eine  längere  Einwirkung  des  Alkohols 
auf  die  wasserfreie  Benzoesäure  verwandelt  diese  in  Benzoö- 
äther,  so  dafs  man  bei  Anwendung  eines  Ueberschusses  von 
Alkohol  viel  von  der  wasserfreien  Benzoesäure  verliert. 

Ein  ausgezeichnetes  Mittel,  die  wasserfreie  Benzoesäure 
rasch  darzustellen,  besteht  darin,  Chlorbenzoyl  auf  neutrales 
oxalsaures  Kali  einwirken  zu  lassen.     Man  trocknet  dieses 


74  Gerhardi,  üniersuchuugen  Über  die 

Salz  voUständig',  um  sein  Krystallisationswasser  auszutreiben, 
bringt  es  fein  gepulvert  in  einen  Kolben  und  setzt  etwa  ein 
gleicbes  Gewicht  Chlorbenzoyl  hinzu ;  man  erwännt  dann  den 
Kolben  über  d^  Weingeistlampe,  indem  man  ihn  beständig 
drehend  bewegt,  um  alle  Theile  des  Gemenges  gleichförmig 
zu  erhitzen.  Die  Einwirkung  ist  vollendet,  sobald  der  Geruch 
nach  Chlorbenzoyl  verscfiwunden  ist.  Man  läfst  erkalten,  zer- 
theill  die  Masse  in  kaltem  Wasser,  entfernt  das  Chlorkalium 
durch  Waschen  mit  kaltem  Wasser  (und,  wenn  nöthig,  die 
etwa  im  Chlorbenzoyl  enthalten  gewesene  gewöhnliche  Ben- 
zoesäure durch  ein  wenig  Ammoniak),  und  läfst  aus  Alkohol 
krystallisiren.  Die  Einwirkung,  durch  welche  das  Oxalsäure 
Kali  die  wasserfreie  Benzoesäure  liefet,  geht  vor  sich  nach 
der  Gleichung  : 

C,K,04  +  2  C,H5C10  =  2  KCl  +  C^HioOs  +  CO  +  CO». 
Die  vortheilhafkeste  unter  allen  Bereitungsarten  besteht 
ohne  Zweifel  in  der  Anwendung  des  Phosphoroxychlorids, 
denn  dieses  Reagens  überhebt  der  vorläufigen  Darstellung  des 
Qilorbenzoyls ,  da  diese  letztere  Verbindung  stets  m  der  ^- 
sten  Phase  der  Einwirkung  des  Phosphoroxychlorids  auf  ein 
benzoesaures  Salz  entsteht  (vergl.  S.  64}.  Man  bringt  die 
Quantität  Oxychlorid,  die  man  anwenden  will,  in  einen  Kolben, 
und  setzt  nach  und  nach  etwas  mehr  als  das  fünffache  Gewicht 
von  feingepulvertem  benzoesaurem  Natron  hinzu,  indem  man 
den  Kolben  beständig  umschwenkt,  damit  die  sofort  eintre- 
tende Reaction  gleichmäfsig  durch  die  ganze  Masse  hindurch 
vor  sich  gehe.  Dann  bringt  man  den  Kolben  in  ein  Luftbad 
oder  Oelbad,  welches  auf  ilsO^  erhitzt  ist.  Die  Einwirkung 
ist  vollendet,  wenn  das  Gemenge  nicht  mehr  nach  Chlor- 
benzoyl riecht.  Man  wascht  das  Product  mit  kaltem  Wasser^ 
dem  man  etwas  kohlensaures  Natron  oder  kaustisches  Am- 
moniak zusetzt,  um  das  Chlorbenzoyl  wegzunehmen,  wenn 
man  etwa  zuviel  Phosphoroxychlorid  angewendet  hätte. 


fDOSserfreim  oryaniicheH  Säuren.  75 

Will  man  grotse  Mengen  wasserfreier  Bensol^sfiure  dar- 
sKdlen,  so  reinigt  man  sie  besser  durch  Destillation,  als  durch 
ümkrystaliisiren  aus  Alkohol;  doch  braucht  man  2u  ersterer 
eine  sehr  hohe  Temperatur.  Es  geht  ein  farbloses  Oel  über, 
wdches  bei  dem  Erkalten  su  sehr  spitzen  Rhomben  oder 
nadetf&rraigen  Prismen  erstarrt,  die  einen  sehr  schwachen 
Gervcb  nach  bitteren  Mandeln  besitzen,  welcher  vielleicht  aof 
der  Zersetzung  einer  Spur  der  Substanz  beruht.  Die  durch 
UmkryslaHisiren  aus  Alkohol  erhaltenen  Krystalle  sind  giin^ 
zender,  und  riechen  gewöhnlich  schwach  nach  Benzoefither. 
Man  kann,  wie  man  dieses  bei  dem  Wismuth  und  dem  Schwefel 
thut,  durch  Schmelzen  schöne  Krystalle  von  wasserfreier  Ben- 
zodsive  erbalten;  eine  sehr  gelinde  Wärme  reicht  hin,  sie 
zu  achmelzen,  und  läfst  man  dann  langsam  erkalten  und  giefsl 
das  noch  Ftttssige  ab,  so  erhält  man  Gruppen  vollkommen 
ausgebildeter  Krystalle. 

Folgende  Analysen  dienten  zur  Feststellung  der  Zusam- 
mensetzong  der  wasserfreien  Benzoesäure  : 
I.    0,370  Std)stanz  gaben  1,005  Kohlensäure  und  0,1505 

Wasser. 
n.    0,347  Substanz  (von  anderer  Bereitung,  mittelst  Oxal- 
säuren  Kalis)    gaben   0,943   Kohlensäure    und    0,140 
Wasser. 

III.  0,343  Substanz    von    einer   dritten  Darstellung  gaben 
0,940  Kohlensäure  und  0,1395  Wasser. 

IV.  0,300  Substanz  von   einer   vierten  Darstellung   gaben 
0,816  Kohlensäure  und  0,126  Wasser. 

Auf  100  Theile  berechnet  : 

GefinideD  Berechnet 


L  II.  Ul.         IV. 

KohlenslofF    74,05    74,H    74,41    74,18  C.«    168    74,32 

Wasserstoff     4,51      4,48      4,51      4,66  H,»      10      4,42 

Saaeretoff     21,44    21,41    21,06    21,26  -0,       48    21,26 

100,00  100,00  100,00  100,00  226  100,00. 


I 


78  Gerhardt,  Onienuehmgen  über  die 

Die  wasserfreie  Benzoesäure  bildet  schiefe  Prismen,  die 
in  kaltem  Wasser  unlöslich ,  in  Alkohol  und  in  Aether  ziem* 
lieh  Idslich  sind.  Ihre  frisch  bereitete  Lösung  reagirt  neutjral. 
Sie  schmilzt  schon  bei  42®;  die  in  Wasser  geschmolzene 
Substanz  bleibt  nach  dem  Erkalten  lange  Zeit,  selbst  beim 
Schütteln,  flüssig.  Siedendes  Wasser  macht  sie  sauer  reagirend ; 
doch  ist  zur  vollständigen  Umwandlung  dieser  Substanz  in 
gewöhnliche,  s.  g.  gewässerte  Benzoesäure  längeres  Kochen 
nothwendig.  Die  Umwandlung  wird  rascher  durch  die  ätzen* 
den  Alkalien  bewirkt 

Ammoniak  scheint  in  der  Kälte  nicht  darauf  einzuwirken, 
aber  beim  Erhitzen  der  Flüssigkeit  löst  sich  die  wasserfreie 
Benzoesäure  rasch  auf;  ist  die  Lösung  concentrirt,  so  schei- 
den sich  beim  Erkalten  Krystalle  von  Benzamid  ab;  dodi 
bleibt  auch  viel  benzoäsaures  Ammoniak  in  Lösimg. 

Das  Anilin  wirkt  gleichfalls  in  der  Kälte  nicht  ein,  aber 
eine  schwache  Temperaturerhöhung  reicht  hin ,  Auflösung  zu 
bewirken;  es  entwickelt  sich  Wasser  und  die  Flüssigkeit  ge- 
steht beim  Erkalten  zu  prächtigen  Blättern  von  Benzanilid. 
Man  findet  weiter  unten  die  Analyse  des  so  erhaltenen 
Benzanilids. 

Die  wasserfreie  Benzoesäure  destillirt  ohne  Zersetzung 
bei  etwa  310«. 

Waaerfreie  Zimmiiäure.  —  Man  erhält  diese  Verbindung 
leicht  nach  demselben  Verfahren,  welches  zur  Darstellung 
der  wasserfreien  Benzoesäure  dient,  mit  Anwendung  von  gut 
getrocknetem  zimmtsaurem  Natron  und  Phosphoroxychlorid. 
Am  Zweckmäfsigsten  nimmt  man  6  Theile  zimmtsaures  Natron 
auf  1  Theil  Phosphoroxychlorid.  Man  wascht  das  Product  mit 
kaltem  Wasser  und  mit  Lösung  von  kohlensaurem  Natron, 
läfst  es  trocknen,  und  krystallisirt  es  aus  siedendem  Alkohol. 

Ich  habe  die  wasserfreie  Zimmtsäure  auch  erhalten,  indem 
ich  Chlorcinnaroyl  auf  neutrales  oxalsaures  Kali  einwirken  liefs. 


wiuerfrelm  argmitehen  Siurm.  77 

Die  wasserfreie  Zimmtsfiure  scheidet  sich  beim  Erkallen 
der  alkoholischen  Lösang  in  Form  eines  weifsen  krystallini- 
sehen  Pulvers  ans,  welches  ans  mikroscopischen  Nadeln  be* 
stehL  Sie  ist  unlöslich  in  Wasser  und  fast  unlöslich  in 
kallem  Alkohol;  die  letztere  Flüssigkeit  löst  sie  bei  dem 
Sieden  etwas  reichlicher,  jedoch  immer  noch  in  ziemlich 
geringer  Menge.  Sie  schmilzt  bei  127<^;  durch  siedendes 
Wasser  wird  sie  sauer  reagirend. 

Die  Analyse  dieser  Verbindung  fdhrie  zu  folgenden  Re* 
sultaten. 

I.  0,236  Substanz  gaben  0,727  Kohlensäure  und  0,118 
Wasser. 

II.  0,202  Substanz  von  einer  anderen  Bereitung  (mittelst 
Oxalsäuren  Kah's)  gaben  0,574  Kohlensäure  und  0,092 
Wasser. 

Anf  100  Theile  berechnet  : 

Gefumien  Bereebnet 

1.  TT" 

Kohlenstoff     77,44      77,42 
Wasserstoff      5,11        5,05 

Sauerstoff       17,45      17,53 

100,00  100,00  278    100,00. 

Wauerfreie  Cummsäure.  —  Die  Darstellung  dieser  Ver- 
bindung geschieht  nach  demselben  Verfahren,  wie  die  der  Ben- 
zoesäure-Cuminsäure  (vergl.  weiter  unten),  mit  Anwendung 
gleicher  Theile  getrockneten  cuminsauren  Natrons  und  Chlor- 
cumyls.  Dieses  erhält  man  leicht  aus  Cuminsäure  mittelst 
Phosphorchlorid,  nach  Cahours*  Verfahren. 

Das  Product  der  Einwirkung  von  Chlorcumyl  auf  cumiii- 
saures  Natron  ist  eine  syrupartige  Hasse,  aus  welcher  man  die 
wasserfreie  Cuminsäure  mittelst  Aether  auszieht,  indem  man 
ganz  so  wie  bei  der  Darstellung  der  Benzoäsäure-Cuminsäure 
verßOirt.  Doch  entzieht  heifses  Wasser  nicht  immer  alles  Chlor- 


c., 

216 

77,69 

Hu 

14 

5,03 

0, 

48 

17,28 

78  Gerhardt  j  ütUenMktmgen  über  die 

nairiiiny  und  die  ätherische  Lösung  ist  gewöhnlich  milchig 
und  klärt  sich  nicht  vollständig;  auch  scheidet  sich  beim  Ver* 
dunsten  derselben  eine  gewisse  Menge  Ghlornatrium  ab,  yon 
welcher  man  die  wasserfreie  Cuminsäure  dadurch  reinigt, 
dafs  man  den  Verdunstungsrückstand  nochmals  mit  Aether 
behandelt,  filtrirt,  und  von  neuem  abdampft. 

Nach  dem  Verjagen  des  Aethers  bleibt  die  wassarfreie 
Cuminsäure  als  ein  dickes,  farbloses  oder  schwach  gefärbtes 
Oel  zurück ;  sie  ist  geschmacklos ,  riecht  sehr  schwach ,  an 
den  Geruch  der  Aether  der  fetten  Säuren  erinnernd,  und 
stimmt  in  ihrem  Aussehen  ganz  mit  der  Benzoäsäure-€umin- 
säure  überein;  sie  unterscheidet  sich  indefs  von  der  letzteren 
dadurch ,  da£s  sie  mit  der  Zeit  theilweise  fest  wird.  Das  Oel 
erfüllt  sich  nach  und  nach  mit  kleinen  glänzenden  Rhomben, 
welche  denen  ähnlich  sehen,  die  man  bei  der  Krystallisation 
der  wasserfreien  Benzoesäure  wahrninunt,  und  welche  ihm 
schon  nach  24  Stunden  die  Consistans  von  fest  gewordenem 
Olivenöl  geben. 

Man  kann  die  wasserfreie  Cuminsäure  auch  aus  cumin- 
saurem  Natron  und  Phosphoroxychlorid  erhalten. 

I.    0,394  frisch  bereitete  ölige  Substanz  pben  1,119  Koh- 
lensäure und  0,254  Wasser. 

II.  0,317  desselben  Products,  welches  zu  einer  bulterarti- 
gen  Masse  geworden  war,  gaben  0,899  Kohlensäure 
und  0,205  Wasser. 

Aus  diesen  Analysen  folgt  die  Zusammensetzung  : 


Gefanden 

BOTBcfanet 

l'" 

II. 

■'     "    "* 

Kohlenstoff     77,43 

77,35 

C»o 

240      77,42 

Wasserstoff      7,15 

7,17 

H„ 

22        7,10 

Sauerstoff       15,42 

15,58 

0. 

48      15,48 

100,00 

100,00 

310    100,00. 

fDOMserfreien  organkchen  Säuren.  79 

An  feachier  Luft  erfiillt  sich  die  wasserfreie  Cuminsäore 
mit  glänzenden  Blättchen  von  s.  g.  gewässerter  (gewöhnlicher) 
Cumiiisättre  und  wird  sie  zuletzt  gänzlich  in  letztere  um- 
gewandelt 

Zertheilt  man  die  ölige  wasserfreie  Cuminsäure  in  Am*- 
moniaky  so  wird  »e  nach  und  nach  fest  und  gänzUch  in  Cu- 
minamid  umgewandelt  Man  findet  weiter  unten  die  analyti«- 
schen  Resultate,  welche  die  Identität  dieses  Products  mit  dem 
▼on  Field  erhaltenen  Cuminamid  darthun. 

Wasserfreie  Benzoesäure'^  Cummsäure.  —  Man  hereitet 
diese  Verbindung,  indem  man  in  einem  Kolben  getrodmetes 
cumuisaures  Natron  (20  Theile)  mrt  Cblorbenzoyl  (15  TheUen) 
erhitzt  Im  Augeobb'ck  der  Berihmng  beider  Substanzen  tritt 
eine  beträchtliche  Wärmeentwicklung  ein,  so  dafs  die  ganze 
Masse  flüssig  wird;  es  scheint  also  zuerst  einfach  eine  Ver- 
bindung zwischen  den  beiden  Substanzen  vor  sich  zu  gehen. 
Man  erhitzt  alsdann  bis  zum  Verschwinden  des  Geruchs  nach 
Chlorbenzoyl ,  und  läfst  erkalten.  Das  Product  besteht  in 
einer  syrupartigen ,  dicken ,  kaum  gefärbten  und  gernchlosen 
Masse.  Man  setzt  Wasser  zu  und  erwärmt  gelinde,  um  das 
Chlomatrium  aufzulösen;  die  Benzoösäare- Cuminsäure  bleibt 
dann  am  Boden  des  Kolbens  in  Form  eines  dicken  Oels, 
welches  man  mit  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  und  mit 
Wasser  wascht.  Nach  dem  Abgiefsen  der  wässerigen  Flüssig- 
keit schüttelt  man  das  Oel  mit  alkoholfreiem  Aether,  giefst 
die  ätherische  Schichte  ab  und  läfst  sie  in  einer  Schale  bei 
gelinder  Wärme  stehen ,  um  den  Aether  und  die  Feuchtigkeit 
zu  verjagen. 

So  dargestellt  ist  die  Benzoesäure- Cuminsäure  eine  dick-* 
flüssige,  einem  fetten  Oel  ähnliche,  kaum  gefärbte  und  ge« 
ruchlose  Flüssigkeit  Sie  läfst  sich  nicht  unzersetzt  destilliren; 
sie  giebt  dabei  eine  saure  butterartige  Masse,  die  sich  in 
dem  Hals  der  Betorte  verdichtet    Doch  scheint  sie  bei  dem 


80  Gerhardt,  ünientiekimgen  über  die 

Brhitien  in  einem  offenen  Gefdfs  sich  unzersetzt  zo  verflüch- 
tigen ;  die  von  ihr  dann  gebildeten  Dämpre  sind  stark  beifsend. 
Sie  ist  schwerer  als  Wasser,  und  sinkt  in  dieser  Flüssigkeit 
zu  Boden,  ohne  sich  damit  zu  mischen.  Ihr  spec.  Gewicht  ist 
1,115  bei  23^  Im  feuchten  Zustande  aufbewahrt  wird  sie  mit 
der  Zeit  sauer.  Durch  Alkalien  wird  sie  zu  einem  Gemenge 
von  benzoesaurem  und  cuminsaurem  Salz. 

0,3935  Benzoesäure  -  Guminsäure  gaben  1,095  Kohlen« 
säure  und  0,219  Wasser. 

Hieraus  folgt  die  Zusammensetzung  CifHi^Os ,  welche 
Formel  1  Atom  Cuminsäure  CioHisO,  +  1  Atom  Benzoesäure 
CfHeO,  —  1  Atom  Wasser  H^O  ausdrückt. 

Gefanden  Berechnet 

Kohlenstoff     75,89       C,,'  204     ^  T6,i2  ^ 
Wasserstoff      6,18       H,«      16         5,97 
Sauerstoff       17,93       0»       48        17,91 
100,00  268      100,00. 

Zertheflt  man  BenzoSsäure-Cuminsäure  in  Ammoniak,  so 
giebt  sie,  wie  die  wasserfreie  Cuminsäure,  Guminamid,  aber 
zugleich  erhält  man  Benzamid  oder  benzoesaures  Ammoniak, 
welches  man  leicht  von  dem  Guminamid  mittelst  siedender 
Ammoniakflüssigkeit  trennt,  in  der  das  Guminamid  nur  in  sehr 
geringer  Menge  löslich  ist. 

Wasserfreie  Bentoesäure-'Zmmisäure.  —  Diese  Yerbin* 
düng  wird  wie  die  Benzoesäore-Guminsäure  dargestellt;  man 
wendet  dazu  7  Theile  Chlorbenzoyl  und  10  Theile  getrock- 
netes zimmtsaures  Natron  an.  Sic  ist  ein  fettes  Gel,  der 
Benzoesäure -Cuminsäure  ähnlich,  von  1,184  spec.  Gewicht 
bei  23^  Sie  wird  gleichfalls  im  feuchten  Zustande  mit  der 
Zeit  sauer.  Durch  Alkalien  wird  sie  zu  einem  Gemenge  von 
zimmtsaurem  und  benzoesaurem  Salz. 

0,317  Substanz  gaben  0,884  Kohlensäure  und  0,136 
Wasser. 


wäiserfreieH  organiidken  SOufea.  81 

Diese  Zahlen  führen  zu  der  Formel  CieH,,0s9  welche 
1  Atom  Zimmisanre  0^0«  +  1  Atom  Benzoesäure  C,HeOt 

—  i  Atom  Wasser  H^O  ausdrückt. 

Gefmiden  Berechnet 

Kohlenstoff  76,04  C,«  192  76,19 
Wasserstoff  4,73  B|,  12  4,78 
Sauerstoff       19,23        0,       48        19,03 

100,00  252      100,00. 

Bei  der  Destillation  der  Zimmtsäure- Benzoesäure  zersetzt 
sie  sich  gänzlich.  Es  geht  ein  gelbes,  wie  Cinnamen  riechen* 
des  Oel  über,  und  gleichzeitig  eine  saure,  in  kohlensaurem  Na- 
tron lösliche  Substanz.  Aus  dem  gelben  Oel  scheiden  sich  mit 
der  Zeit  Krystalle  von  wasserfreier  Benzoesäure  aus  (die 
Analyse  IV  wurde  mit  einem  auf  diese  Art  erhaltenen  Product 
angestellt}. 

Watserfreie  BeMOesäure-Esiigsävre.  —  Man  erhält  diese 
Verbindung  leicht,  indem  man  Chloracetyl  mit  getrocknetem 
benzoesaurem  Natron  zusammenbringt;  die  Einwirkung  ist 
sehr  lebhaft  und  geht  vor  sich ,  ohne  dafs  Erwärmung  nöthig 
wäre.  Das  syrupartige,  mit  Wasser  und  mit  Lösung  von 
kohlensaurem  Natron  gewaschene  Product  giebt  ein  neutrales 
Oel,  welches  schwerer  ist  als  Wasser  und  angenehm  nach 
spanischem  Weine  riecht.  Dieses  Oel  läfst  sich  von  Wasser 
und  anderen  Verunreinigungen  leicht  in  der  Art  befreien, 
dafs  man  es  mit  alkoholfreiem  Aether  schüttelt,  und  aus  der 
Lösung  den  Aether  durch  gelinde  Erwärmung  verjagt. 

L    0,3275  Substanz  gaben  0,800  Kohlensäure  und  0,150 

Wasser. 
n.    0,295  Substanz  gaben  0,713  Kohlensäure  und  0,130 
Wasser. 
Diese  Resultate  führen  zu  der  Formel  CsHgOs,  welche 
1  Atom  Essigsäure  C^HaO,  +  1  Atom  Benzoesäure  C,H«0, 

—  1  Atom  Wasser  HtO  ausdrückt. 

Aama.  d.  Ch«m.  n.  Pharm.  LXXZVU.  Bd.  1.  H«ft.  6 


82  Gerhardt^  üniettucinmgm  über  die 


Germden 

Berecbnat 

Kohlenstoff 

"    I. 

66,00 

IL 
65,89 

c. 

108      65,85 

Wasserstoff 

5,08 

4,89 

H, 

'  8       4,87 

Sauerstoff 

28,92 

29,32 

0, 

48      29,28 

100,00      100,00  164    100,00. 

Durch  die  Einwirkung  von  siedendem  Wasser  wird  die 
Benzoesäure -Essigsäure  sauer  reagirend,  doch  geht  die  Zer- 
setzung nur  langsam  vor  sich ;  aber  die  caustischen  und  selbst 
die  kohlensauren  Alkalien  verwandeln  die  Benzoesäure-Essig- 
sSure  rasch  in  benzoesaures  und  essigsaures  Salz. 

Unterwirft  man  die  Benzoesäure -Essigsäure  der  Destil- 
lation, so  beginnt  sie  bei  150®  zu  sieden,  aber  das  Thermo- 
meter steigt  fortwährend  rasch.  Wasserfreie  Essigsäure  geht 
über,  während  der  Rückstand  sich  schwach  bräunt.  Unter- 
bricht man  die  Destillation  bei  280®  und  läfst  man  den  Rück- 
stand erkalten,  so  wird  er  zu  einer  Masse  von  Krystallen  von 
wasserfreier  Benzoesäure  : 

2  C^HgOs         =         C.HeO,         +         C,4H|oOs 

BensoCsäiire-  Wasserfreie  Wasserfreie 

Essigsfiare«  Essigsäure.  Benzoesäure. 

Diese  Reaction  erklärt  die  Bildung  der  wasserfreien  Essig- 
säure mittelst  essigsauren  Kalis  und  Chlorbenzoyls,  welche 
Bildungsweise  im  Verlauf  dieser  Abhandlung  ausführlicher 
besprochen  werden  wird. 

Wiuserfreie  Cwmnsäure-Essigsäure.  —  Diese  Verbindung 
erhält  man  in  derselben  Weise  wie  die  vorhergehende,  bei 
Anwendung  von  cuminsaurem  Natron  und  Chloracetyl. 

Sie  ist  ein  neutrales  Oel,  schwerer  als  Wasser,  angenehm 
nach  spanischem  Wein  riechend,  und  ihre  Eigenschaften  sind 
überhaupt  nahezu  dieselben  wie  die  der  Benzoesäure -Essig- 
säure. Durch  Alkalien  wird  sie  zu  cuminsaurem  und  essig- 
saurem Salz. 


wa$$erfreien  örganitii^en  S&urmL  83 

0,^5  Sa^Oam  gaben  l,t96  Kohlensäure  und  0,290 
Wasser. 

Hiemadi  ist  die  Zusammensetzung  : 

Gefaaden  Bcrcchoet 

KoUenstoff     70,14  C,;^    144       69,90^ 

Wasserstoff     6,93  H,«      14         6,80 

Sauerstoff      22,93  0,       48       23,30 

100,00  206      100,00. 

Im  feuchten  Zustand  wird  die  Cmninsäure- Essigsäure 
schneD  sauer,  und  es  bflden  sich  dann  schöne  Blättchen  von 
s.  g.  gewässerter  (gewöhnlicher}  Cuminsäure,  während  das 
Gel  zugleich  den  Geruch  nach  Essigsäure  entwickelt. 

0,206  dieser  Blättchen  gaben  0,551  Kohlensäure  und 
0,137  Wasser. 

Diese  Resultate  entsprechen  der  Zusammensetzung  der 
CnninSftore  *)  : 

Gefattden         Berechne! 

Kohlenstoff        72,91  73,41 

Wasserstoff         7,38  7,34 

Sauerstoff           19,71  19,25 

100,00  100,00. 

Die  Cuminsäure -Essigsäure  zersetzt  sich  bei  der  Destil- 
lation wie  die  Benzoesäure-Essigsäure. 

Wasserfreie  ZmnUs&ure-Essigsäure*  —  Chloracetyl  wirkt 
lebhaft  auf  zimmtsaures  Natron  ein,  und  das  Gemenge  erhitzt 
sich  beträchtlich;  das  Product  riecht  stark  nach  wasserfreier 
Essigsäure,  und  es  scheint,  dafs  die  durch  die  Einwirkung 
entwickelte  Wärme  die  Spaltung  eines  Thefls   der  so  sich 


\ 


*}  Die  BUtteben  waren  nor  zwiecben  FHeiSqiapier  aoageprelrt  worden ; 
auch  enthielten  sie  noch  eine  Spar  ölartiger  Substanz  (Cuminsfiure- 
EMigtfiure),  was  sich  auch  durch  Auflösen  derselben  in  kohlensau- 
rem Natron  in  derKfille  nachweiaeh  liefs.  Daher  dte  geringe  Ver- 
loal  an  ICohlensteff. 

6» 


84    Kühn,  vber  doM  Verhalten  der  beiden  Bbiäaugensabe 

bfldenden  Zimmtsäare^EssigsSure  bewiikt.  Diese  ist  tibrigens 
eine  Verbindung  von  sehr  geringer  Beständigkeit,  denn  bei 
dem  Waschen  des  Products  der  Einwirkung  mit  kohlensaurem 
Natron  entwickelt  sich  stets  Kohlensäure,  und  Aether  entzieht 
der  teigigen  Masse  nur  ein  mit  Zimmtsäure  gemischtes  Oel. 
Dieses  Oel  gleicht  ganz  und  gar  der  Benzoesäare-Essigsäure, 
ist  gleichfalls  schwerer  als  Wasser  und  besitzt  fast  ganz  den- 
selben Geruch ;  aber  es  war  mir  nicht  möglich,  es  in  hinläng- 
licher Reinheit  fUr  die  Analyse  zu  erhalten. 

(Die  Fortsetzung  dieser  Abhandlang  folgt  im  nSchsten  Heft.) 


üeber  das  gegenseitige  Verhalten  der  beiden  Blut- 
laugensalze und  des  Nitrats  und  der  einfachen  Yer- 
brennungsproducte  des  Silbers; 

von  Prof.  0,  B.  Kuhn. 


1.  Die  Niederschläge,  welche  gemeines  Blullaugensalz 
in  den  verschiedenen  Metallsolutionen  her^^orbringt,  werden 
sehr  häufig  Tür  Verbindungen,  die  mit  dem  Blullaugensalze 
gleiche  Formeln  hätten,  angesehen.  Diese  Ansicht  erleidet 
jedoch  an  einigen  Stellen  bedeutende  Ausnahmen.  Ich  werde 
jetzt  zunächst  eine  dergleichen  besprechen,  nämlich  das  Pro- 
duct,  welches  durch  Monocyan- Eisen -Kalium  in  einer  Auflö- 
sung von  Silbemitrat  entsteht. 

2.  Bei  überschüssigem  salpetersaurem  Silber  giebt  das 
Cyan- Eisen  «Kalium  einen  völlig  weirsen  Niederschlag,  der 
aber  beim  Auswaschen,  besonders  mit  heifsem  Wasser, 
schmutzig  wird ,  und  nach  dem  Trocknen  blau  erscheint ; 
dabei  wird  Cyan  oder  CyanwasserstoIT  frei. 


und  des  NitrcUs  eic,  des  SiB^ers.  85 

3.  Schüttet  man  die  Auflösung  des  salpetersauren  Silbers 
zu  BluOaugensalz,  so  dafs  letzteres  nicht  vollständig  zersetzt 
wird,  so  ist  der  Niederschlag  beim  geringsten  Söureüber«* 
Schüsse  sogleich  bläulich^  wird  aber  weifs,  sowie  man  ihn  mit 
salpetersaurem  Silber  übergiefst,  ist  und  bleibt  auch  weifs 
unter  der  Flüssigkeit,  wenn  man  völlig  neutrales  Silbemitrat 
mit  dem  Cyan-Eisen-Kalium  zusammenbringt.  In  beiden  Fallen 
scheidet  sich  der  Niederschlag  anfangs  ganz  gut  von  der 
Flüssigkeit,  die  jedoch  schon  Spuren  von  Silber  enthält. 
Zieht  man  die  erste  Flüssigkeit  mit  einem  Heber  ab,  und 
giefst  dafür  ein  gleiches  Mafs  frisches  Wasser  auf  den  Boden- 
satz, so  klärt  sich  die  Flüssigkeit  nach  dem  Schütteln  schon 
merklich  langsamer,  und  die  dritte  oder  gar  vierte  Flüssigkeit 
bleiben  Tage  lang  trüb  und  schlammig. 

4.  Ersterer  Niederschlag  (2}  läfst  sich  gut  filtriren  und 
die  abgehende  Flüssigkeit  bläut  zu  keiner  Zeit  Eisensesqui- 
Chlorid;  sie  fängt  nur  an,  nach  Cyanwasserstoff  zu  riechen, 
wenn  durch  das  Schmutzigwerden  des  Niederschlags  der  An* 
fang  der  Zersetzung  desselben  angezeigt  wird. 

5.  Letzterer  Niederschlag  (3}  verstopft  alsbald  das  Filter, 
und  liefert  eine  trübe  Flüssigkeit,  welche  anfangs  nur  eine 
Spur  von  Silber  zu  erkennen  giebt,  später  aber  die  Silber- 
reaction  besser  und  zuletzt  stark  zeigt.  Der  Geruch  nach 
Cyanwasserstoff  hält  gleichen  Schritt  mit  der  SUberreaction. 
Bei  Anwendung  völlig  neutralen  Silbernitrats  und  bei  Abhal- 
tung der  atmosphärischen  Luft  ist  die  Entwicklung  von  Cyan-- 
Wasserstoff  viel  schwächer. 

6.  Der  weifse  Niederschlag  von  2,  noch  unter  80*  C. 
getrocknet,  riecht  nach  Cyanwasserstoff,  ist  oberflächlich  blau, 
im  Innern  gelblich,  und  verbrennt  mit  hellleuchtender  Flamme, 
wenn  man  denselben  in  einem  bedeckten  Porcellantiegel  erst 
langsam,  dann  immer  stärker  und  stärker  erhitzt,  und  encBich 
rasch  den  Deckel  wegnimmt;   nachdem  die  helle  Farbe  ver- 


86    Kühn^  über  doi  Verhalt  der  beiden  BbabuigeHsahe 

löscht  ist,  beobachtet  man  nur  noch  blasse  blaue  Flänunchen 
um  den  schwanen  Rückstand  im  Tiegel  herum.  Die  Masse 
ist  bedeutend  zusammen  gesunken,  und  zeigt  viel  metallisches 
Silber.  Die  helle  Flamme  ist,  wie  man  ohne  Weiteres  sieht, 
die  des  verbrennenden  Gyans,  die  blasse  die  von  Kohlen- 
oxydgas. 

7.  Der  Rückstand,  1,454  von  1,829  betragend,  reagirte 
nicht  im  Geringsten  alkalisch.  Er  löste  sich  in  Salpetersäure 
mit  Zurücklassung  von  0,033  rothen  Eisensesquioxyds  auf. 
Aus  der  Flüssigkeit  schlug  Chlorwasserstoff  1,657  Chlorsilber 
nieder,  und  aus  der  davon  abfiltrirten  Flüssigkeit  Aetzam- 
moniak  0,167  Eisensesquioxyd.  Die  ammoniakalische  Flüssig- 
keit hinterliefs  beim  Abdampfen  salpetersaures  und  Chlor- 
wasserstoff-Ammoniak, weiches  beim  Glühen  einen  dufserst 
geringen  Rückstand  lieferte ;  er  betrug  0,004,  gab  an  heifses 
Wasser  kein  Chlorid  ab,  und  schien  nur  in  Kieselsäure ,  ^  von 
den  Gefäfsen  herrührend,  zu  bestehen. 

8.  0,700  des  nämlichen  Niederschlags  von  2.  vom  näm- 
lichen Trockenheitszustande  wie  in  7.,  lieferte  mit  Kupfer- 
oxyd gemengt,  und  in  gewöhnlicher  Weise  mit  Vorschlag 
von  metallischem  Kupfer  verbrannt,  0,017  Wasser  und  0,251 
Kohlensäure.    Hieraus  berechnet  sich  : 


Ag 

68,12 

7 

756,7    68,68  oder  7 

756,7 

68,19 

(67,953 

Fe 

7,65 

3 

84,0      7,62         3 

84,0 

7,57 

(7,54) 

Cy 

21,19 

9 

234,0    21,24         9 

234,0 

21,09 

(21,01) 

HO 

2,43 

3 

27,0      2,45         3. 

27,0 

2,43 

(2,42) 

99,39 

1101,7  100,00 

1101,7 

99,28 

0_ 

0,61 

1 

8 

0,72 

(1,08) 

100,00  1109,7  100,00    100,00. 

Das  Wasser  als   unwesentlich  betrachtend  könnte  man 
folgende  Cyanide   annehmen  :  5  AgCy  +  Ag^Cy  +  3  FeCy 


und  des  NUrats  eic,  des  Säbers.  87 

oder   nach  der  zweiten  Berechnung  :  7  AgCy  +  2  FeCy 
+  FeO. 

9.  Die  erste  in  8.  gegebene  Vorstellung  hat  einen  sehr 
schwachen  Punkt.  Denn  darnach  mürste  Silbensemicyanid  schon 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  sich  bilden,  was  sonst  sich 
nicht  beobachten  läfst;  man  müfste  annehmen,  dasselbe  sey 
entstanden,  indem  etwas  Eisenmonocyanid  sich  bläute,  also 
zum  Theil  in  Sesquicyanid  überging;  auch  bliebe  der  Verlust 
von  0,61  pC.  unerklärt.  Daher  ist  die  zweite  Ansicht  wohl 
wahrscheinlicher,  nach  welcher  ein  Theil  des  Eisens  aus  der 
Luft  Sauerstoff  angezogen  haben  könnte.  Statt  des  oben  an- 
genommenen Eisenmonoxyds  liefse  sich  vielleicht  besser  Oxyd- 
oxydul oder  Sesquioxyd  vermuthen  :  die  oben  parenthesirten 
Werthe  sind  nach  letzterer  Voraussetzung  berechnet.  Die 
Menge  des  Cyans  ist  in  dieser  Berechnung  etwas  zu  gering 
angesetzt;  die  bläuliche  Farbe  lärst  allerdings  ein  Cyanblau 
voraussetzen,  also  eine  gewisse  Menge  Cyan  mehr  als  im 
Monocyanid;  die  Annahme  von  ^  Aeq.  mehr  Cyan  und  von 
1}  Sauerstoff  giebt  die  Procente  :  Ag  67,89,  Fe  7,54, 
Cy  21,19,  HO  2,42,  0  0,96,  und  die  nächsten  binären  Ver- 
bindungen wären  :  21  AgCy,  5J  FeCy,  J  Fe^Cy,,  Fe304. 

10.  Die  Masse  von  einer  zweiten  rasch  ausgeführten 
Darstellung  mit  völlig  neutralem  salpetersaurem  Silber  sah 
getrocknet  miltelblau,  hier  und  da  rostfarbig  aus,  und  gab  von 
1,007  Masse  0,879  Silberchlorid  nebst  0,004  metallischen 
Silbers  vom  Filter,  woraus  sich  0,66570  Silber  =  66,11  pC. 
berechnete;  ferner  ward  0,114  Eisensesquioxyd  erhalten, 
=  0,0798  metallischen  Eisens  =  7,93  pC;  endlich  lieferten 
0,345  beim  nämlichen  Trockenheitszustande  gewogen  und  mit 
chromsaurem  Blei  verbrannt  0,142  CO,  =  0,08391  Cy 
=  24,32  pC.    Also  hat  sich  ergeben  : 


88    Kühn,  über  das  VerhaUm  der  beiden  BkOaiigensake 


Ag 

66,11 

64 

702,65 

66,28 

Fe 

7,93 

3 

84,00 

7,92 

Cy 

24,32 

10 

260,00 

24,52 

98,36  1046,65        98,72 

HO        1,64         H       13,50         1,28 
100,00  1060,15      100,00. 

Damach  hat  man  folgende  Cyanide  anzunehmen  :  13  AgCy, 
4  FeCy,  FeiCy«.    Nimmt  man  anfangs  auch  reines  Monocyanid 
'vom  Eisen   an,   so   ist  doch   immer  etwas  Silbercyanid  im 
Ueberschusse  gegen  die  Formel  des  Blutlaugensalzes. 

11.  Aus  den  in  7.  und  8.  und  in  10.  mitgetheilten  Ver- 
suchen geht  also  hervor,  dafs  die  Niederschläge,  wie  sie  eben 
erhalten  worden  sind,  nicht  mehr  die  im  gelben  Cyan-Eisen- 
Kalium  vorgezeichnete  Mischung  besitzen  :  es  bildet  sich  auf 
Kosten  des  Eisencyanids  Cyansilber  und  das  Eisen  wird,  wie 
der  Versuch  wirklich  nachweist,  durch  den  Sauerstoff  des  Silber- 
oxyds oxydirt,  und  durch  die  Salpetersäure  in  Auflösung  über- 
geführt. Nur  auf  diese  Weise  ist  das  mehr  oder  minder 
grofse  Uebergewicht  des  Silbercyanids  über  das  des  Eisens 
zu  erklären. 

12.  Die  Zersetzbarkeit  des  Cyaneisens  durch  salpeter- 
saures  Silber  hat  schon  lange  Wo  hl  er  angegeben.  Folgendes 
hat  Verfasser  beobachtet.  Sehr  trocknes  Cyanblau,  aus  ge- 
wöhnlichem Gyan-Eisen-Kalium  und  sehr  überschüssigem 
Eisensesquichlorid  dargestellt,  und  so  lange  mit  lauwarmem 
Wasser  ausgewaschen,  bis  das  Über  dem  Cyanblau  stehende 
Wasser  auch  nicht  im  Entferntesten  Silbersolution  veränderte, 
welches  Cyanblau  aber  trotz  des  angewandten  Ueberschnsses 
von  Eisensesquichlorid  doch  noch  Kalium  enthielt,  entfärbte  sich 
mit  Auflösung  von  Silbemitrat  übergössen  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  alsbald,  und  verwandelte  sich  in  schmutzigweifse 
Flocken,  mit  einem  Stich  von  mattem  Blau;  bei  sehr  mäfsiger 
Wärme  (nicht  über  60^  C.)  ward  der  Bodensatz  rasch  ro&t- 


tmd  deM  Närai»  de.  des  SSben.  89 

farbig;  die  davon  abgesonderte  Flüssigkeit  trübte  sich  auf 
Zusatz  von  Wasser  durch  Zersetzung  der  Verbindung  von 
Cyansilber  und  salpetersaurem  Silber,  und  Aetzammoniak  er* 
zeugte  einen  dicken  braunrothen  Ifiederschlag.  Entwicklung 
eines  Zersetzungsproductes  von  Salpetersäure  in  der  Kälte  ist 
weder  durch  Entwicklung  von  Gasbläschen,  noch  durch  den 
Geruch,  noch  durch  schwefelsaures  Eisenmonoxyd ,  wovon 
einige  feuchte  Krystalle  in  einem  Papierfilterchen  im  obern 
Theile  der  Proberöhre  aufgehangen  worden  waren ,  zu 
bemerken.  Das  Cyan  wird  dem  Eisen  durch  das  Silber  ent- 
zogen ,  während  das  Eisen  durch  den  Sauerstoff  des  Silber- 
oxyds oxydirt,  und  das  Product  grofsen  Theils  in  der  Sal- 
petersäure aufgelöst  wird,  was  natürlich  vollständig  nur 
erwartet  werden  dürfte,  wenn  man  hinreichendes  Silber 
anwendete;  diefs  müTste  aber  ziemlich  viel  betragen,  da  das 
Aeqoivalent  des  Silbers  etwa  viermal  so  grofs  ist,  als  das 
des  Cyans;  es  bleibt  jedoch  immer  eine  Portion  von  Eisen- 
oxydoxydul ungelöst,  was  gehörig  ausgewaschen  in  Chlor- 
wasserstoff vollständig  löslich  ist;  die  Auflösung  Tärbt  sich  mit 
I      beiden  Blutkugensalzen  blau. 

13.  Darf  man  hiemach  erwarten ,  dafs  der  Niederschlag, 
welchen  Einfach-Cyan-Eisen-Kalium  in  salpetersaurem  Silber 
erzeugt ,  bei  dem  geringsten  Ueberschufs  des  letzteren  unver- 
ändert bleiben  werde,  besonders  wenn  die  Berührung  des 
Niederschlags  mit  der  Flüssigkeit  längere  Zeit  andauert  ?  Man 
sehe,  wie  selbst  das  getrocknete  Cyan-Eisen- Silber  mit  sal- 
petersaurem Silber  sich  verhält. 

14.  Der  getrocknete  Niederschlag,  wie  er  in  6.  be- 
schrieben ist,  mit  salpetersaurem  Silber  in  Auflösung  längere 
Zeit  digerirt,  und  später  wenig  erhitzt,  Tärbt  sich  rostfarben, 
und  in  die  röthlichgelbe  Flüssigkeit  ist  Cyansilber  über- 
gegangen und  ziemlich  viel  Eisen,  letzteres  als  Sesquioxyd. 
Die  Flüssigkeit  ist  trüb  und  trübt  sich  auf  Zusatz  von  Salpeter* 


90    Kühn^  über  da$  Verhauen  der  beiden  BbUlaugensahe 

säare  noch  mehr,  so  dafs  sie  undurchsichtig  wird.  Der  nach 
längerer  Zeil  gebildete  röthlichgelbe  Bodensatz  nimmt  bei 
Digestion  mil  verdünnter  Schwefelsäure  weifse  Farbe  an,  er 
wird  flockig :  es  ist  Cyansilber  ausgeschieden,  die  schwefel- 
saure Flüssigkeit  enthält  Eisensesquioxyd  und  wenig  Silber. 
Nach  vollständiger  Ausziehung  mit  Schwefelsäure  und  heifsem 
Wasser  löst  sich  der  bleibende  gelblichweifse  Rückstand  in 
Ammoniak  bis  auf  wenige  gelbe  Flocken  von  Eisensesquioxyd 
auf,  in  der  Wärme  leichter  als  in  der  Kälte.  Aus  heifser 
Auflösung  erscheinen  blätterige  Krystalle,  vielleicht  die  näm- 
liche Verbindung,  welche  Lieb  ig  und  Redtenbacher  er- 
halten haben,  als  sie  zu  warmem  Cyanwasserstoff- Ammoniak 
salpetersaures  Silber  zusetzten;  hier  hat  man  ohne  allen 
Zweifel  eine  Verbindung  von  Cyansilber  mit  Ammoniak 
vor  sich. 

15.  Mit  reinem  Silberoxyd  wird  der  Niederschlag  von 
2.  vor  dem  völligen  Austrocknen  rasch  gelb  und  später  scheidet 
sich  viel  metallisches  Silber  aus,  was  das  Gefäfs  mit  einem 
schönen  Spiegel  belegt;  die  nämliche  Erscheinung  zeigt  sich, 
jedoch  etwas  langsamer,  bei  gleicher  Behandlung  des  ge- 
trockneten Niederschlags  C^on  6.}. 

i6.  Salpetersäure  in  der  Kälte  auf  den  getrockneten 
Niederschlag  (von  6.)  gegossen,  entwickelte  sogleich  eine  Menge 
kleiner  Luftblasen ;  ein  gelbes  Gas  konnte  zwar  nicht  entdeckt 
werden,  aber  der  Geruch  nach  salpetriger  Säure  liefs  sich 
leicht  und  bestimmt  wahrnehmen ;  der  bläuliche  Körper  ward 
sogleich  schwarz,  und  die  Flüssigkeit  gab  sodann  mit  Chlor- 
wasserstoff einen  dicken  Niederschlag,  .mit  Aetzammoniak 
braungelbe  Flocken.  Bei  geringer  Erhitzung  färbt  sich  der 
schwarze  Rückstand  unter  Entwicklung  von  Zersetzungspro- 
ducten  der  Salpetersäure  sehr  schnell  gelbbraun,  und  ver- 
mindert sich  sehr  in  Masse ;  die  Flüssigkeit  zeigt  die  vorigen 
Reaciionen ,   nur  stärker ,   und  die  ersten  Portionen  des  Am-* 


und  des  Nitrais  etc.  des  Silbert.  91 

moniaks  geben  einen  weifsen  Niederschlag,  der  aber  bei  mehr 
Ammoniak  bis  auf  die  gelbbraunen  Flocken  verschwindet. 

17.  Der  Niederschlag  von  2.  löst  sich  in  Aetzammoniak 
mdU  auf,  auch  nicht  zu  einer  trüben  Flüssigkeit.  Bei  län- 
gerem Stehen  m  gewöhnlicher  Temperatur,  schneller  bei 
gelindem  Erhitzen  ßlrbi  sich  der  weifse  Niederschlag  gelb- 
lichbraun,  anfangs  sehr  hell,  spöter  so  braun,  wie  etwa 
frischgefillltes  SchwefelwasserstoiF  -  Zinnbisulphid.  Aus  der 
warmen  ammoniakalischen  Flüssigkeit  setzen  sich  beim  Ab- 
kühlen perlglänzende  Schuppen,  wie  Borsäurehydrat  aussehend, 
oder  gröfsere  quadratische  Tafeln  ab,  offenbar  die  nämliche 
Teii)indung  wie  die  in  14.  erwähnte. 

18.  Selzl  man  Cyan- Eisen -Kalium  zu  einer  Auflösung 
von  salpetersaurem  Silber  in  sehr  viel  Aetzammoniak,  so 
entsteht  mit  dem  ersten  Tröpfchen  sogleich  ein  schneeweifser 
Niederschlag,  ohne  Widerrede  eine  Verbindung  von  Cyan- 
Eisen-Silber  mit  Ammoniak ,  eine  jener  Verbindungen,  welche 
Bansen  bei  anderen  Metallen,  wie  beim  Kupfer,  Quecksilber 
0.  a.   dargestellt  und  untersucht  hat.      Bei   überschüssigem 

I  Cjan-Eisen-Kalium  zeigt  der  weifse  Niederschlag  nach  etwa 
20  Stunden  eine  röthliche,  fast  krystallinische  Decke,  wird 
aber  in  sehr  gelinder  Wärme  durch  und  durch  rostfarben, 
ebenso  wie  die  darüberstehende  Flüssigkeit,  welche  eine  sehr 
beträchtliche  Menge  von  Silber  enthält;  der  färbende  Theil 
setzt  sich  sehr  langsam  aus  der  Flüssigkeit  ab,  und  geht  mit 
durch  das  Filter  hindurch,  die  abfiltrirte  Flüssigkeit  trübend. 

19.  Aetdiali  florbt  den  Niederschlag  von  2.  sogleich 
hellbraun,  etwa  so  als  wäre  der  jetzt  bleibende  Bodensatz 
Silberoxyd;  die  Flüssigkeit  enthält  aber  weder  wenn  sie  so* 
gleich  abfiltrirt ,  noch  wenn  sie  einige  Zeit  mit  dem  Ungelösten 
digerirt  wird,  Blutlaugensalz ;  Eisenchlorid  wird  nicht  im  Ge- 
ringsten   gebläut,    nachdem   man    sie    mit   Chlorwasserstoff 


92    JTtiAii,  über  das  VerhaUen  der  beiden  Bluilaugensalze 

neutralisirt  hat;  wohl  aber  enthält  sie  Silber,  und  offenbar 
als  Cyansilber  durch  Cyankalium  aufgelöst. 

20.  Der  Versuch  von  19.  zeigt  also  die  Unrichtigkeit 
einer  in  die  neueren  Handbücher  (z.  B.  L.  Gmelin*s,  Bd.  U, 
S.  247}  übergegangene  Angabe  von  Ittner,  welcher  die  sonst 
für  solche  Niederschläge  durch  Cyan- Eisen -Kalium  geltende 
Zersetzung  mittelst  Aetzkalis  behauptete.  Die  Angabe  war 
aber  schon  dadurch  verdächtig ,  dafs  derselbe  Ittner  ange* 
geben  hatte,  das  CyansUber  zersetze  sich  nicht  durch  Aetz* 
natron.  Aber  auch  diese  letzte  Behauptung  ist  falsch.  Denn 
Cyansilber  wird  zwar  in  der  Kälte  von  Aetzkali  anscheinend 
nicht  angegriffen ,  aber  bei  sehr  mäfsiger  Wärme  langsam, 
beim  Kochen  schnell  schwarz  gefärbt ;  in  der  Flüssigkeit  zeigt 
sich  Silber;  es  ist  also  durch  kreuzweise  Zersetzung  Silber- 
oxyd und  Cyankalium  gebildet,  welches  letzteres  die  andere 
Hälfte  des  unzersetzt  gebliebenen  Cyansilbers  in  Auflösung 
überführt;  das  hier  in  chemischer  Verbindung  sich  vorfindende 
Cyansilber  ist  nun  vor  weiterem  Angriff  durch  Kali  gedeckt. 
Ist  Cyansilber  bei  dieser  Behandlung  mit  Aetzkali  unverändert 
geblieben,  so  hat  man  eine  neutrale  Flüssigkeit. 

21.  So  wie  Aetzkali  wirken  auch  Natron,  Baryt,  Stron- 
tian,  Kalk  auf  das  Cyansilber.  Magnesia  äufsert  auch  bei 
langem  Kochen  keine  Wirkung. 

22.  Wie  salpetersaures  Silber  mit  sehr  viel  überschüs- 
sigem gelbem  Biutlaugensalz  sich  verhält,  ist  in  3.  und  5. 
bereits  angegeben.  Es  war  von  Interesse,  auch  die  hier 
entstehenden  Froducte  etwas  genauer  kennen  zu  lernen.  Der 
erste,  gleich  vom  Anfange  bläuliche  Niederschlag  läfst  sich, 
wie  gesagt,  nicht  waschen;  er  bleibt  lange  in  der  Flüssigkeit 
suspendirt,  oder  es  bilden  sich  wegen  langsam  fortschreiten- 
der Zersetzung  der  gegebenen  Körper  immer  neue  Ausschei- 
dungen ;  die  Filter  werden  sehr  bald  so  vollständig  verstopft, 
dafs  Flüssigkeit  tagelang  darauf  stehen   bleibt.    Der  Nieder- 


und  des  Nürats  eio.  de$  SOben.  93 

scUag  ist  noch  feucht  sehr  zähe,  und  klebt  dem  Papiere 
aufserordentlich  fest  an ,  so  dafs  er  ohne  Papierfasern  nicht 
abgenommen  werden  kann;  auch  nachdem  er  getrocknet  ist, 
läfst  er  sich  nichl  rein  abnehmen.  Er  ist  gelrocknet  mittelblau, 
verhaltnifsmäfsig  schwer  zu  zerreiben.  Trotz  dem,  dafs  man 
nicht  erwarten  durfte,  das  Product  in  erträglich  rdnem  Zu* 
Stande  zu  erlangen ,  ward  es  doch,  so  wie  es  eben  zum  Vor- 
schein gekommen  war ,  analysirt,  um  wenigstens  den  Gang 
der  Zersetzung  zu  übersehen.  Die  Analyse  nahm  man  nach 
derselben  Methode  vor,  wie  die  in  7.  und  8.  So  erhielt  man 
Ton  i,O40  Hasse,  die  durch  blofse  Sedimentation  gewonnen 
worden  war,  0,149  Chlorkalium,  0,677  Chlorsilber  und  0,175 
Eisensesqnioxyd ;  0,463  mit  chromsaurem  Blei  verbrannt  lie* 
ferten  0,232  Kohlensäure.    Daraus  berechnet  sich  : 

5  196,0  7,46 
12  1297,2  49,40 
11         308,0        11,73 

30         780,0        29,70 

98,28  2581,2        96,29 

HO       1,72         5  45,0         1,71 


Ka 

7,52 

Ag 

49,38 

Fe 

H,T7 

Cy 

29,61 

100,00  2626,2      100,00. 

23.  Diesen  Versuchen  nach  hat  man  folgende  einfache 
Cyanide  aiizunehmen  :  5  KaCy,  12  AgCy,  7FeCy,  2  Fe^Cy, ;  wie 
diese  aber  weiter  zusammenzufügen  seyen,  läfst  sich  nicht 
sagen,  doch  erkennt  man  augenblicklich  auf  das  Bestimmteste, 
dafs  an  eine  Verbindung,  die  etwa  das  Blutlaugensalz  als 
Prototyp  hätte,  nicht  im  Entferntesten  sich  denken  bisse. 

24.  Die  vom  Niederschlag  in  22.  abfiltrirte  Flüssigkeit 
war  trüb  und  wurde  nun  längere  Zeit  sich  selbst  überlassen. 
Sie  roch  ziemlich  stark  nach  Cyanwasserstoff,  und  hatte  nach 
2  bis  3  Wochen  einen  hellblauen  Bodensatz  gebildet,  welcher 
so  fest  zusammengebacken  war,  dafs  die  immer  noch  trübe 
Flüssigkeit  rein  abgegossen  werden   konnte.    Der  Bodensatz 


M    Kühn,  übiT  da$  Verhaken  der  beiden  Bkilaugeniabe 

Wttfd  unter  80^  C.  getroduiet;  nun  sah  er  Uäulichgrüii  tos. 
Mit  Wasser  wieder  Übergössen  und  damit  tüchtig  dureh- 
geschültelt,  blieb  er  tagelang  suspendirt,  nnd  die  Flüssigkeit 
war  auch  nach  mögUch  bester  Sedimentation  immer  noch 
opalisirend;  sie  färbte  sich  durch  EisensesquicUorid  blau, 
etwas  bMsser  mit  Eisenmonochlorid,  ein  Nied^schlag  entstand 
9lbet  in  ein  paar  Stunden  nicht;  Kupferoxydsulphat  gab  eine 
blasse  röthliche  Färbung;  Chlorwasserstoff  trübte  sehr  schwfteh, 
oder  es  sdiied  sich  der  das  Opalisiren  verursachende  Stoff 
bessear  von  der  Flüssigkeit.  Der  ganze  mit  Wasser  nicht 
ausgezogene  Bodensatz  gab  beim  Glühen  an  der  Lnft  einen 
roliien  Rückstand,  dessen  wässerige^  Auszug  mit  CUorwaäser- 
stoff  versetzt  beim  Abdampfen  0,467  Chlorkafimn  von  1,227 
Masse  hinterliefs.  Das  rüdutändige  Eisens^quoxfd  betrug 
0,580;  es  ward  in  Chlorwasserstoff  aufgelöst,  die  Flüssigkeit 
filtrirt,  und  wieder  mit  Ammoniak  gefallt;  es  ergab  sich 
genau  das  nämliche  Gewicht  (ohne  Abzug  der  Filterasche}. 
Bei  dem  nämlichen  Trockenheitszustande  wurden  0,739  abge- 
wogen und  mit  chromsaurem  Bleioxyd,  unter  Vorschlag  von 
metallischem  Kupfer  verbrannt;  es  ward  0,032  Wasser  und 
0,474  Kohlensäure  erhalten.  Hieraus  berechnet  sich  die  Zu- 
sammensetzung : 

Ka  20,24       4  156,8  20,68 

Fe  33,09        9  252,0  33,23 

Cy  37,90  H  286,0  37,72 

HO  4,33       3i  31,5  4,15 

95,56  726,3        95,78 

0      4,44       4       32  4,22 

100,00  758,3      100,00. 

25.  Als  nächste  Elemente  kann  man  hiemach  ansehen  r 
4  KaCy,  5  FeCy,  }  FciCy,,  f  FciO,;  aber  auch  wie  diese 
Elemente  weiter  zu  paaren  seyen,  läfst  sich  mit  Bestimmtheit 
nicht  erkennen.  Blotlaugensalz ,  2  (2  KaCy  +  FeCy)  und 
dn  Cyanblau,  }  (3  FeCy  +  FosCy,} ,  angenonunen,  bleibt  eia 


tmd  <fef  Fliirais  elc,  des  SSben.  95 

Rest  =a  FeCy  +  f  FesO« ;  dafe  man  hier  eine  chemisehe 
Verbindnng'  vor  sich  habe,  ist  nicht  za  vennathen.  Vielleicht 
bemerkenswerlh  könnte  in  dieser  Vorstellang  erscheinen,  dafs 
das  Bhitlangensalz  und  -das  Cyanblan  in  einem  sehr  einfachen 
Verhäitnife  zu  einander  ständen ,  wenn  die  Paarang  wirklich 
richte  ist  :  3  (8  KaCy  +  FeCy)  +  (3  FeCy  +  Pe,CyO. 
AulaDig  ist  an  diesem  Körper,  er  mag  zosammengesetzt  seyn 
wie  er  will,  das  feste  Gebundenseyn  des  Cyankalinms  oder 
des  Bfaitlaagensalzes ,  femer  die  völlige  Abwesenheit  von 
Silber,  obgleich  die  Flüssigkeit  etwas  davon  enthielt,  md  der 
Niederschlag  doch  nicht  ausgesfifst  werden  konnte. 

26.  Nach  der  Analyse  in  22,  ergtebt  sich  ein  Zurück^ 
weichen  des  Silbers  in  dem  Producte  des  Versuchs  gegen 
dasjenige,  was  mit  ttberschüssiger  Silberaoflösnng  erhalten 
worden  war  (7.,  8.  und  10.};  die  anzunehmenden  Cyanide 
sind  nämlich  : 

in  7.  und  8.  :  261  AgCy,  7  FeCy,  ,»,  Pe»Cy„  1^  CPe^O*) 
40.  22f  AgCy,  7  FeCy,  If  Fe,Cy, 
22.  12  AgCy,  7  FeCy,  2  Fe^Cys,  6  KaCy. 
Wenn  nun  auch  ein  Theil  des  Eisens  in  letztem  Prieipitate 
zunächst  mit  Kalium  in  einer  Verbindung  sich  befinden  wird, 
so  bleibt  demungeachtet  unbezweifelt  ein  viel  gröfserer  Theil 
anfserhalb  der  Verbindung  mit  Cyankalium.  Auch  wäre  die  Ver- 
änderung des  Bluthrugensalzes  durch  die  aufserordentlich  kleine 
Menge  von  freier  Säure,  die  hier  ins  Spiel  kam,  unerklärlich, 
wenn  nicht  ein  anderes  Moment  aufträte,  um  endlich  einen 
silberfreien  Körper,  dergleichen  in  24.  gefunden  worden  ist, 
hervorzobringen.  Es  ist  in  der  Flüssigkeit  Silber  enthalten, 
offenbar  als  Cyanid.  Dieser  Umstand  führte  auf  die  Frage,  wie 
sich  Cyansilber  gegen  BluUaugensalz  verhalten  möchte. 

27.  Kocht  man  die  Auflösung  von  Einfach- Cyan -Eisen- 
Kalium  mit  überschüssigem  Cyansilber,  so  zeigt  sich  bald  ein 
tichtbräunliches  Pulver  zwischen  den  dicken  käseartigen  Flocken 


96    Kühn,  Ober  da$  VerhaUen  der  beiden  BbUltwgensabe 

des  unveränderten  CyansQbers,  welches  abgeschlämmt  und 
auf  ein  Filter  gesammelt  ward.  So  lange  kaltes  Wasser  zmn 
AussUfsen  gebraucht  worden  war,  konnte  man  keine  Verän- 
derung bemerken ;  als  man  aber  heirses  Wasser  darauf  gofs, 
ward  es  grün,  etwa  wie  Pelouze's  Cyangrfin.  Gleich  beim 
ersten  Aufkochen  der  Auflösung  des  Cyan-Eisen-Kaliums  mit 
dem  Cyansilber  war  die  gelbe  Farbe  der  Flüssigkeit  ver- 
schwunden, und  mit  ihr  auch  die  Reaction  auf  Eisenauflösun- 
gen;  dahingegen  enthielt  die  Flüssigkeit  viel  Sflber.  Das 
unverbrauchte  Cyansilber  löste  sich  keineswegs  klar  in  Aetz- 
ammoniak  auf :  aus  der  lauwarmen  Auflösung  erschienen  die 
in  14,  erwähnten  Krystalle ;  das  Ungelöste  sieht  iichtbrann  aus, 
und  löst  sich  in  Chlorwasserstoff  mit  einer  geringen  Trübung 
auf.  Die  hier  entstehenden  Producte  müssen  noch  weiter 
und  genauer  untersucht  werden,  als  es  bis  jetzt  möglidi  war. 
Doch  scheint  sich  schon  so  viel  zu  ergeben ,  dafs  der  Erfolg 
dieses  Versuches,  welcher  eine  Reihe  anderer  hervorgerufen  hat 
(worüber  sehr  bald  ein  Bericht  erfolgen  wird},  mit  der  6  a  y- 
Lussac 'sehen  Vorstellung  von  der  Zusammensetzung  des 
Blutlaugensalzes,  oder  allgemeiner  gesagt,  der  Cyan- Eisen-» 
Verbindungen,  sich  nicht  vereinigen  läfst. 

28.  Nach  einer  einzigen,  mehr  vorläufigen  Analyse  eines 
grünen  Körpers,  der  bei  sehr  grofsem  Ueberschusse  von 
Cyan-Eisen-Kalium  durch  Cyansilber  erhalten  worden  war, 
ergaben  sich  für  Kalium,  Eisen  und  Silber  folgende  Procente  : 
17,56,  30,19,  7,92.  Da  das  Cyan  nicht  bestimmt  ward,  so 
läfst  sich  auch  weiter  keine  bestimmte  Formel  aufstellen. 
Nipimt  man  jedoch  alle  obigen  Elemente  als  Monocyanide 
an,  so  betrüge  das  Cyan  :  11,65  +  28,03  +  1,91  =  41,59 
und  es  bliebe  Tür  Wasser  oder  Sauerstoff  2,74.  Das  Ver- 
hältnifs  der  drei  verbrennlichen  Elemente  ist  sehr  genau 
=  1  Ag  :  6  Ka  :  15  Fe.  Man  sieht  also  ohne  Mühe,  dafs 
das  Cyan-Eisen  aus  dem  Blutlaugensalz  durch  das  Cyansilber 


\ 


und  de$  NüfaU  elc.  des  Silber».  97 

abgeschieden  worden  ist,  mid  wain  das  Eisenmonocyanid 
bei  dieser  Ausscheidung  zum  Theil  in  Sesquicyanid  sich  um- 
gewandelt hätte,  so  wäre  diefs  gewifs  nicht  aufiTällig.  Ebenso 
ist  wohl  klar,  dafs ,  wenn  wirklich  Sesquicyanid  vom  Eisen 
zugegen  wäre,  dieses  nicht  anders  entstanden  seyn  könnte, 
als  durch  Oxydation  einer  Portion  des  Eisens. 

29.  Ob  sich  das  Cyan-Eisen  rein  vom  Cyan-Kalium  durch 
Cyansilber  trennen  lasse,  ist  noch  nicht  ausgemacht.  Die 
Darstellung  des  Materials  zur  Analyse  in  28.,  was  nur  wenige 
Gramme  betrug,  dauerte  etwa  6  Wochen,  indem  das  Cyan- 
Eisen  zur  hinreichenden  Sedimentation  4  bis  5  Tage  brauchte, 
und  doch  war  dieses  Material  noch  nicht  hinreichend  durch 
Wasser  erschöpft;  denn  das  damit  abgekochte  Wasser  trübte 
sidi  noch  beträchtlich  mit  Chlorwasserstoff,  und  Eisensesqui- 
chlorid  zeigte  die  Gegenwart  von  Blutlaugensalz  an.  Ein 
zweiter  Versuch  hat  bereits  über  drei  volle  Monate  gedauert. 
Filtration  ist  unmöglich,  der  Bodensatz  geht  entweder  durch 
die  Filter  oder  verstopft  dieselben  in  Kurzem  vollständig. 

30.  Uebrigens  scheint  es  gleich,  ob  Luft  zutritt  oder 
nicht;  der  Bodensatz  oder  Rückstand  sah  völlig  gleich,  er 
mochte  in  einem ,  blofs  mit  einer  Glasplatte  oder  mit  Papier 
bedeckten  Becherglase  erzeugt  und  ausgewaschen  seyn,  oder 
in  einer  Flasche  mit  gut  eingeriebenem  Glasstöpsel,  die  immer 
mit  kochendem  Wasser  wieder  vollständig  gefüllt  wurde, 
nachd^n  die  geklärte  Flüssigkeit  vom  Bodensatz  durch  einen 
Heber  abgezogen  war;  die  kurze  Zeit  bei  eben  erwähntem 
Wechsel  der  Flüssigkeit  über  dem  Bodensatze,  während 
welcher  die  Luft  einwirken  konnte,  war  zur  Hervorbringung 
der  gleichen  Färbung  von  um  so  geringerem  Belang,  da  man 
Sorge  trug,  das  neue  Wasser,  was  man  lange  Zeit  vorher  im 
Kochen  erhalten  hatte,  so  in  die  Flasche  zu  bringen,  dafs  der 
Bodensatz  dabei  nicht  aufgewühlt  ward;  erst  nach  YerschluTs 
der  Flasche  ward  stark  umgeschüttelt. 

AbbaI.  d.  Chemi«  n.  PhMm.  LZXXVU.  Bd.  1.  Hft.  7 


96    Kühn^  über  da»  Verhauen  der  beiden  BlutloMtgensabe 

31.    Uebersieht  man  nach  den  anfgeftthrten  Versuchen 
<lie  Reactionen   ewiscben   salpetersauren  Silber  u&d  Mono- 
Cyan-fiisen-Kalhim ,    so  lassen  sich  dieselben  in  Folgendem 
vieiieioht  zusammenfassen.    Könnten  sich  zwei  Aeqpiivaienie 
von  Sübemitraft  mit  1  Aequivalent  Blutlaugensalz  augenblick- 
lich in  allen  Punkten  treffen,  so  wttrde  der  Erfolg  ohne  allen 
Zweifel  2  Aeq.   salpetersaures  Kali  und  Cyan- Eisen -Silber 
(2  AgCy  +  FeCy}  seyn.      ARein   dieser  Erfolg   kann    fast 
blofs   in  der  Idee  Statt  finden,   da  die  Anziehung  zwischen 
dem  Silbercyanid  und  dem  Eisenmonocyanid  zu  schwach  ist, 
als  dafs  beide  Theile  gegen  eine  Menge  von  Anziehungen 
geschützt  wären.    Da  nun  das  Silbercyanid  bei  Weitem   die 
meisten  und  stärksten  Anziehungen  äufsert  im  Vergleich  mit 
dem  Eisencyanid,  so  wird  von  dieser  Seite  auch  am  leichte- 
sten das  Gleichgewicht  gestört«    Hat  man  also  etwas   über- 
schüssiges salpetersaures  Silber  zugesetzt,    so  kann  dadurch 
Iheils  Silbercyanid  in  Auflösung  übergehen ,  theils  aber  auch 
das  Eisencyanid  verändert  werden ,  beides  um  so  leichter,  je 
höher  die  Temperatur,  oder  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  je 
länger  die  gegenseitige  Berührung,  oder  je  gröfser  die  Hasse 
des  salpetersauren  Silbers.    Ist  aber  das  Cyan- Eisen -Kalium 
im  Ueberschufs,  so  geht  Cyansüber,  vom  Cyan-Kalium  ange- 
zogen, in  Auflösui^  und  es  vermehrt  sich  im  Rückstande  die 
Masse  des  Cyan -Eisens  auf  doppelte  Weise  :  es  bleibt  vom 
Cyan -Eisen -Silber  Cyan -Eisen  liegen  und  es  wird  aus  dem 
Cyan-Eisen->Kalium  eine  Portion  davon  niedergeschlagen.  Die 
schwächste  Anziehung ,  die  des  salpetersauren  Kalis  zum  S3^ 
bereynnid,  wodurch  letzteres  auch  der  Verbindung  mit  dem 
Gyan-Eis^  entzogen  wird,  macht  sich  wenig  bemerkbar,  und 
bleibt  daher  auch  hier  aufser  Berücksichtigung.    Bedenkt  man 
nun,   wie  bei  der  Vermischung  der   beiden  ursprünglichen 
Auflösungen  gar  leicht  hier  das  eine  Salz,  dort  das  andere 
das  Uebergewicht  haben  kann,   so  ei^ebt  skk  leicht,   daTs 


md  de$  Nkrait  eic.  de«  Silbers.  99 

der  Niedersohiag',  aucA  wenn  man  bestiimnie  Aequiralente 
aniost,  kaum  die  erwartete  Zusammeiisetzang  haben  werde, 
ganz  besonders  wenn  man  bei  höberen  Temperaturen  den 
Versnch  ausfahrt,  und  die  Auflösungen  langsan  einander 
zufügt.  Kaum  bedarf  es  eines  Wortes,  um  anziideuten,  daCs 
bei  freier  Säure  noch  eine  Nebenreadion  auftritt,  die  Jiavpl- 
süchlich  in  höherer  Oxydation  des  Eisens  und  Bildung  von 
Cyan- Wasserstoff  besteht. 

32.  Silberoxyd,  noch  feucht  mit  Mono-Cyan-*Eisen4[aIium 
Übergossen,  bildet  rasch  einen  weifsen  Körper  von  £ast  kry- 
slallim'sdiem  Ansehen,  und  neben  demselben  einen  braanea, 
mehr  flockigen  Köiper;  schon  in  der  Kittte  ist  bald  Siiber 
in  die  Flüssigkeit  überg^angen,  imd  Kali  gebildet,  wie  man 
ans  der  stark  alkdischen  Reaction  der  Flüssigkeit  ersiebt. 
Letztere  enthält  anfangs  noch  Gyan-Eisen-Kahunt  Mit  Chlor- 
wasserstoff entsteht  dann  ein  starke  weifser  Niedersdilag, 
ebenso  mit  EisenmonocUorid,  der  sich  an  der  Luft  nsdh 
blfittt ;  mit  Salpetersäure  bildet  sich  ein  im  eisten  Augen- 
blicke schneeweifser  Niederschlag,  d^  sich  bald  MäuUob, 
dann  grünlich  färbt,  und  in  einigen  Hinuten  gelb  einelieiiit, 
nach  einiger  Zeit  bräunlich,  wobei  sich  sehr  viel  Cyanwasser- 
stoff entwickelt.  Hier  nrafs  also  ein  Gemenge  oder  eine.Dop- 
pelveii>indung  von  Cyan*Eisen-Kalium  und  Cyan-6ilber4[alium 
gegeben  seyn,  welche  durch  Salpetersäure  so  xerseftdt  wird, 
daCs  mit  Zerstörung  des  Cyan- Kaliums  die  beiden  andern 
Cyanide  niederfaflen,  worauf  dann  die  Veränderung  des  Cyan- 
Eisens  ihren  gewöhnlichen  Weg  geht,  man  könnte  denken 
auf  Kosten  der  Salpetersäiffe ,  doch  wurden  Ibeinoswegs  Zer- 
setxungsprodacte  der  letztem  wahrgenommen. 

33.  Bei  hinreichendem  Ueberschusse  von  SiU)eroxyd 
bildet  sich  der  in  32.  erwähnte  weifse  Körper  anfangs  in 
gröberer  Menge,  beim  Kochen  verschwindet  er  rasch,   unter 

besonders  heftigem  Stofeen ,   und  endlieh  tritt  mit  dem  Auf- 

7» 


l 


100    Kühn^  aber  das  VerhaUen  der  beiden  Bbiüaugensabe 

hören  dieses  Stofsens  und  dem  ganz  ruhigen  Kochen  der 
Punkt  ein,  wo  die  Flüssigkeit  die  Reaetionen  des  Cyan-Eisen- 
Kaliums  völlig  verloren  hat.  Salpetersäure  giebt  erst  einen 
weifsen  dicken  Niederschlag  von  Cyansilber  unter  Entwick- 
lung von  Cyanwasserstoff;  bei  mehr  Salpetersäure  verschwindet 
der  Niederschlag  gröfstentheils  und  es  bleiben  fleischfarbene 
Flocken;  eine  bläuliche  oder  grünliche  Färbung  ist  zu  keiner 
Zeit  zu  beobachten. 

34.  Der  weirse  anscheinend  krystallinische  Körper,  der 
in  32.  und  33.  erwähnt  ward ,  besteht  nach  der  Betrachtung 
unter  der  Loupe  aus  kleinen  Krumen  oder  Ballen  und  ist 
ohne  Zweifel  entweder  reines  Cyansilber,  oder  vielleicht  zu 
einer  gewissen  Zeit  Cyan-Eisen-Silber.  Bei  unzureichendem 
Silberoxyd  sieht  der  Rückstand  braun  aus,  bei  überschüssigem 
Silberoxyd  ist  er  kohlschwarz ,  und  enthält  nach  Auszug  mit 
Aetzammoniak,  welches  Cyansilber  «-^  kein  Eisen  —  aufnimmt, 
kein  Cyan  mehr.  Chlorwasserstoff  löst  diesen  so  behandelten 
Rüdistand  mit  Zurücklassung  von  etwas  Chlorsilber  auf,  und 
die  entstandene  etwas  verdünnte  Flüssigkeit  färbt  sich  mit 
gelbem  und  rothem  Blutlaugensalze  blau. 

35.  Chlorsilber  zersetzt  ebenfalls  das  Cyan -Eisen- 
Kadmium  rasch,  die  Flüssigkeit  verliert  bei  hinreichender 
Menge  von  Chlorsilber  die  Eigenschaft,  Eisenauflösungen  blau 
zu  färben  oder  zu  fällen,  und  giebt  mit  Salpetersäure  versetzt 
einen  flockigen  Niederschlag,  der  im  Ganzen  weifs,  doch 
eine  ganz  hellbläuliche  Färbung  zeigt.  —  Das  Ungelöste  hat 
anfangs  eine  hellbräunliche  Farbe,  nimmt  aber,  wenn  die 
Flüssigkeit  davon  abgegossen  und  eine  gleiche  Menge  von 
reinem  Wasser  damit  gekocht  wird,  erst  eine  blaugrüne  Farbe, 
beim  sechsten  oder  achten  Wechsel  der  Flüssigkeit  eine 
olivengrüne  und  endlich  eine  gelblichbraune  Farbe  an;  und 
während  dieser  Kochungen  hat  sich  rothes  Eisenoxyd  sowohl 
tun  Boden  als  an  den  Seitenwandungen  der  Flasche  in  äufserst 


umi  des  Hifrats  etc.  de»  Säbers,  101 

dünnem  Anflöge  angelegt.  Als  endlich  die  Abkochungen  des 
braunen  Bodensatzes  nur  noch  einen  ganz  schwachen  Silber- 
gehalt zeigten,  zog  Aetzammoniak  aus  dem  Bodensatze  Silber 
aus  :  Salpetersäure  erzeugt  eine  schwache  Trübung,  und  Chlor- 
wasserstofiT  darauf  eine  viel  stärkere  Ausscheidung  von  weifser 
Farbe,  also  mufs  wenig  Chlorsilber,  viel  mehr  Silberoxyd 
oder  Cyanid  zugegen  seyn.  Aetzkali  mit  diesem  Rückstande 
gekocht  Ueferte  eine  Flüssigkeit,  welche  mit  ChlorwasserstoiF 
and  Eisensesquichlorid  eine  grüne  Färbung  annimmt;  nach 
einiger  Zeit  hat  sich  in  der  salzsauren  Flüssigkeit  ein  geringer 
Niederschlag  von  blafs  grünblauer  Farbe  gebildet,  ofienbar 
der  Hauptsache  nach  Chlorsilber ,  was  als  Cyansilber  in  der 
Flüssigkeit  vorhanden  gewesen  war,  gefärbt  durch  etwas  Cyan* 
blau.  Die  mit  Aetzammoniak  und  mit  Aetzkali  ausgezogenen 
Fortionen  lösten  sich  in  Chlorwasserstoff  bei  schwacher  Er- 
wärmung bis  auf  etwas  Chlorsilber  auf;  die  erhaltene  Flüssig- 
keit reagirt,  wie  die  in  34.  erhaltene  analoge,  auf  beide  Blut* 
laugen^alze. 

36.  Bromsilber  verhält  sich  in  allen  Stücken  genau  so 
wie  Chlorsilber  gegen  gelbes  Blntlaugensalz. 

37.  Jodsilber  wirkt  träger  auf  das  nämliche  Cyan-Eisen- 
Kalium;  doch  geht  auch  hier  sehr  bald  Silber  in  Auflösung 
ober,  und  der  unlösliche  Rückstand  sieht  bald  bräunlich  aus. 
Es  dauert  sehr  lange,  ehe  die  gewöhnlichen  Reactionen  des 
Blutlaugensalzes  verschwinden.  In  der  Flüssigkeit  läfst  sich 
ohne  Mühe  Jod  nachweisen. 

38.  Auch  Schwefelsilber  verhält  sich  in  ähnlicher  Weise. 
Nach  ganz  kurzem  Kochen  findet  sich  Silber  in  der  Flüssig- 
keit; aber  auch  bei  einem  ziemlichen  Uebermafse  von  Schwefel- 
silber hörte  die  gewöhnliche  Reaction  der  Flüssigkeit  auf 
Eisensesquichlorid  nicht  auf.  Schwefelkalium  oder  Schwefel- 
cyankalium  konnte  in  der  Flüssigkeit,  die  nicht  im  Geringsten 
alkalisch   reagirte,    nicht   entdeckt  werden,   also  mufs  das 


102    Kükny  über  (ku  Verhalten  der  beiden  Blutlaugeneal^e 

Schwefelsüber  mit  dem  Cyao-Eisea  in  Wechsel  Wirkung  getreiett 
seyn.  Die  concentrirte  Flüssigkeit  mit  SOprocentigem  Wein- 
geist gefällt  und  fiUrirt  veränderte  sich  mit  eifier  geistigen 
Auflösung  von  Eisensesquichlorid  nicht  im  Geringsten.  Das 
unverbrauchte  Schwefelsilber  war  deutlich  lioch  mit  einem 
leichteren )  etwas  heller  gefärbten  Körper  gemengt;  dieser 
ward  auf  ein  Filter  geschlämmt,  so  lange  mit  Wasser  aus- 
gewaschen, bis  die  abfliefsende  Flüssigkeit  nicht  mehr  auf 
Eisensesquichlorid  reagirte ,  und  nun  mit  Chlorwasserstoff  be- 
handelt :  es  entwickelte  sich  Schwefelwasserstoff  und  die  ab- 
filtrirte  sahssaure  Flüssigkeit  gab  mit  Aetzammoniak  einen 
schwarzen  Niederschlag,  nachllem  sie  aber  mit  Salpetersäure 
gekocht  war  einen  beträchtlichen  rothbraunen  Niederschlag. 

39.  Es  sey  erlaubt,  hier  eines  Versuchs  zu  erwähnen, 
der  eigenätch  nicht  hierher  gehört,  und  welcher  auch  schon 
von  Fresenius  und  Hai  dien  angestellt  worden  ist,  der 
aber  durch  die  eben  vorgeführten  Erfahrungen  hervorgerufen 
ward.  Es  ist  blofs  angegeben  worden,  das  Schwefelsilber 
löse  sich  nicht  in  einer  Ai^ösung  von  Cyankalium  auf.  Diefs 
ist  in  so  fem  zu  bestätigen,  ab  auch  frisch  gefälltes  Schwefel- 
süber selbst  bei  langem  Kochen  nicht  in  Cyan-Kalium ,  wie 
es  nach  Liebig' s  Methode  erhalten  wird,  verschwindet. 
Allein  es  geht  demungeachtet  Silber  in  Auflösung  :  die  Flüs- 
sig^eü  erhält  sehr  bald  die  Eigenschaft,  mit  Schwefelwasser- 
stoff geschwärzt  zu  werden.  Versetzt  man  die  abgekochte 
Flüssigkeit  mit  starkem  Weingeist,  und  läfst  sie  ruhig  stehen, 
bis  sie  völlig  klar  geworden  ist,  so  flirbt  sie  sich  mit  Eisen- 
sesquichlorid hell  blutroth.  Mit  Chlorwasserstoff  erscheinen 
schmutzigweiCse  Flocken,  die  sich  beim  Stehen  fast  braun 
filrben. 

40.  In  ganz  gleicher  Art  und  Weise,  wie  Schwefel- 
silber gegen  Cyan-Eisen-Kalium ,  sieht  man  auch  Selensilber 
und  Tellursilber  sich  verhalten.    Wahrscheinlich  bilden  sich 


und  den  NUrats  eic.  de$  Säbers.  103 

mck  hier  die  resp.  Eisen -Verbiadungen  (Selen-  oder  Tellur^ 
Eisen}. 


41.  Sesqui-Cyan- Eisen -Kabum  (rothes  Blutlaugensalz} 
erzeugt  mit  überschüssigem  salpelersaurem  Silber  einen  leb- 
haft gelbbraunen  Niederschlag.  Mit  lauwarmem  Wasser  mehr- 
sials  Übergossen,  blieb  er  unverändert;  als  nach  5  Siunden 
Unterbrechung  die  Flüssigkeit  wieder  abgegossen  und  jetzt 
mit  kaltem  Wasser  ersetzt  ward,  färbte  sich  der  Niederschlag 
hell  kermesartig,  oder  so,  dafs  er  für  Eisensesquioxyd  gelten 
konnte,  was  durch  kohlensaures  Natron  gefällt  worden  ist. 
Eioe  andere  Portion  des  Niederschlags ,  auf  welche  immer 
die  Flüssigkeit  vom  ersten  Niederschlag  (also  bedeutend  kühler} 
zum  Aussüfsen  aufgegossen  worden  war,  erschien  jetzt  noch 
unverändert,  so  wie  ein  etwas  dunkler  Goldschwefel.  Auch 
dieser  zweite  Niederschlag  veränderte  sich,  wie  der  erste, 
plötzlich,  als  er  völlig  ausgesüfst  war. 

42.  Beim  Trocknen  war  etwas  Entwicklung  von  Cyan- 
wasserstoff zu  beobachten ;  der  Körper  sah  jetzt  pistaziengrün ; 
die  Farbe  war  gleich  bei  zwei  zu  verschiedenen  Zeiten  dar- 
gestellten Fortionen,  was  bei  den  analogen ,  mit  gelbem  Blut- 
laogensalz  erhaltenen  Niederschlägen  keineswegs  der  Fall  war. 

43.  Der  Niederschlag,  hinreichend  lange  in  einer  Tem- 
peratur von  80^  C.  getrocknet,  lieferte  von  1,125  Hasse 
0,159  Eisensesquioxyd  und  0,898  Chlorsilber,  nebst  0,009 
Silber  vom  Filter.  Hieraus  ergiebt  sich  60,89  pC.  Silber  und 
9,89  pC.  Eisen.  Kalium  war  nicht  in  der  geringsten  Spur 
vorhanden.  Wäre  der  Niederschlag  nach  Vorbild  des  rothen 
Blutlaugensalzes  zusammengesetzt,  so  müfste  derselbe  60,45  pC. 
Silber  und  10,44  pC.  Eisen  nebst  29,11  Cyan  enthalten.  Man 
sieht  daraus,  dafs  auch  hier  das  Silber  viel  mehr  beträgt, 
als  die  Theorie  erheischt ,   denn  auf  10,44  Eisen  käme  dem 


104    Kuhn,  Über  das  YerhäUen  der  beiden  Bluüaugenial^ 

Versuche  nach  64,28  Silber  oder  auf  9,89  Bisen  der  Theorie 
nach  nur  57,27  Silber. 

44.  Mit  Salpetersäuren!  Silber  übergössen  färbt  sich 
der  noch  feuchte  kermesfarbige  Niederschlag  wieder  orange. 
Es  scheint  also  hier  eine  Verbindung  der  beiden  sich  treffen- 
den Körper  zu  bestehen.  Auch  auf  den  trockenen  Nieder- 
schlag ^42.}  wirkt  das  salpetersaure  Silber  in  Auflösung,  der- 
selbe färbt  sich  wie  der  noch  feuchte.  —  Beim  Kochen  wird 
die  Farbe  des  Rückstandes  mehr  rostfarbig,  oberflächlich  fast 
roth;  die  Flüssigkeit  enthielt  viel  Eisensesquioxyd  neben 
Cyansflber.  Nachdem  der  Rückstand  mehrmals  mit  kochendem 
Wasser  übergössen  worden  war,  brachte  man  ziemlich  viel 
Aetzammoniak  dazu  :  es  löste  sich  Cyansilber  und  es  bildeten 
sich  beim  Abkühlen  Krystalle  wie  in  14.;  das  Aetzammoniak 
liefs  etwas  Eisensesquioxyd  ungelöst. 

45.  Mit  Aetzkali  übergössen  wird  der  Niederschlag  von 
41.  weifslich  oder  hellbräunlich,  und  in  der  Flüssigkeit  findet 
sich  neben  Silbercyanid  rothes  Blutlaugensalz.  Der  getrocknete 
Niederschlag  (42.}  färbt  sich  mit  Aetzkali  in  der  Kälte  licht- 
braun,  die  Flüssigkeit  über  dem  Bodensatze  sieht  hellviolett, 
wie  eine  dünne  Auflösung  von  eisensaurem  Kali  :  sie  enthält 
wenig  Silber,  erzeugt  mit  Salpetersäure  und  mit  Chlorwasser- 
stoff eine  geringe  Trübung,  die  angesäuerte  Flüssigkeit  mit 
Eisensesquichlorid  bräunliche  Färbung,  mit  Eisenmonochlorid 
blaue  Fällung.  Beim  Kochen  mit  Aetzkali  wird  das  Ungelöste 
kohlschwarz  und  trennt  sich  die  Flüssigkeit  ziemlich  gut  vom 
feinpulverigen  Bodensatze,  während  vorher  die  Flüssigkeit 
lange  schlammig  blieb.  Die  Flüssigkeit  gab  mit  Salpetersäure 
einen  schmutzigweifsen  flockigen  Niederschlag,  der  gesammelt 
licht  chocoladefarben  aussah ;  mit  Chlorwasserstoff  entstand  ein 
licht  bläulicher  Niederschlag,  mit  beiden  Eisenchloriden  blaue 
Färbung.  —  Der  mit  Wasser  bis  zum  völligen  Verschwinden 
der  alkalischen  Reaction  ausgewaschene  schwarze  Rückstand 


und  des  Närais  eio.  des  Säbers.  i05 

wird  mit  Salpetersäure  Übergossen  augenblicklich  roth,  unter 
Entwicklung  von  etwas  salpetriger  Säure ;  mit  Chlorwasserstoff 
färbt  sich  der  schwarze  Körper  augenblicklich  weirs  und  die 
Flüssigkeit  enthält  Eisensesquioxyd  :  Aetzammoniak  giebt  einen 
rothbraunen  Niederschlag,  gelbes  Blutlaugensalz  eine  blaue, 
rothes  Blutlaugensalz  eine  braune  Färbung.  Die  Zersetzungs- 
producte  der  Salpetersäure  müssen  also  durch  vorhandenes 
metallisches  Sflber  oder  Silbersemioxyd  veranlafst  worden 
seyn ,  oder  durch  das  Cyan  oder  ein  Veränderungsproduct 
desselben. 

46.  Der  Niederschlag  von  41.  oder  42.  löst  sich  in 
vielem  Aetzammoniak  nichi  auf;  die  trübe  Flüssigkeit  setzt 
mit  der  Zeit  einen  gelben  Körper  ab,  der  in  Farbe  dem  heifs- 
gefällten  Wismuthoxyd  gleich  kam.  Der  orangefarbene  Nie- 
derschlag (41.  und  44.}  löst  sich  auch  nicht  auf,  giebt  im 
Gegensatz  einen  hellfarbigen  Bodensatz. 

47.  Rothes  Blutlaugensalz  erzeugt  mit  einer  ammoniaka- 
lischen  Auflösung  von  salpetersaurem  Silber  gleich  mit  dem 
ersten  Tropfen  eine  braune  trübe  Flüssigkeit.  Als  die  mit 
einem  grofsen  Uebermafse  von  Blutlaugensalz  versetzte  Flüs- 
sigkeit einige  Zeit  gestanden  hatte,  war  ein  gelbbräunlicher 
Absatz  entstanden,  der  auch  bei  der  doppelten  Menge  von 
Aetzammoniak  nicht  verschwand.  Die  ammoniakalische  Flüs- 
sigkeit trübt  sich  noch  mehr  auf  Zusatz  von  Wasser ,  und 
läfst  dann  einen  eisenoxydähnlichen  rothen  Körper  fallen ;  mit 
Salpetersäure  bildet  sich  ein  grüner  Niederschlag,  der  so 
aussieht,  wie  der  in  48.  zu  beschreibende. 

48.  Salpetersaures  Silber  erzeugt  mit  sehr  viel  über- 
schüssigem Sesqui- Cyan -Eisen -Kalium  in  der  Kälte  einen 
heuen,  -  fast  orangefarbenen  Niederschlag.  Beim  Kochen  wird 
derselbe  gelblich-grün;  die  Flüssigkeit  ist  trüb  und  bleibt  es 
mehrere  Tage  lang,  färbt  sich  mit  Schwefelwasserstoff  braun, 
offenbar  wegen  der  aufgeschlämmten  Silberverbindung,  riecht 


iÜ6    Kuhn,  iibtr  das  VerhaHen  der  beiden  BhOaugemcU^e 


slark  nach  Cy«aw«ss«nloff  und  giebt  mft 
keittea  bkuen  NiederseUag',  sondern  nur  eine  bnuine  Färbung, 
rail  Buiemnonockiorid  entoteht  aber  augenblicklich  ein  starker 
Mauer  Niederscbkg.  Nach  vier  Wochen  enthält  die  Flüss^* 
keil  kaum  eine  ^pur  von  Silber  mehr ;  '  der  Niederschlag  hat 
sich  gut  abgesetzt  und  lUfst  sich  gnt  mit  heifsem  Wasser 
auswaschen^  er  setzt  sieh  nach  dem  Schütteln  init  dem  neuen 
Wasser  immer  recht  gut  ab,  und  sieht  nach  dem  Trocknen 
etwas  dunkler  grttn  als  die  in  27.  bis  30.  besprodienen  Nie- 
derschläge. Derselbe  hinterläfst  beim  Verbrennen  ein  Ge- 
menge von  Eisensesquioxyd  und  metallisehem  Silber,  was, 
wenn  der  Niederschlag  gehörig  ausgesUCst  war,  nicht  alkalisch 
reagirt,  an  ChlorwasserstofF  leicht  etwas  Eisen  abgiebt ,  und 
mit  kaltem  Aetzkali  eine  Flüssigkeit  bildet,  die  zwar  Silber 
enthält,  aufserdem  aber  noch  rothes  Blutlaugensab.  Beim 
Kochen  mit  Aetzkali  sieht  der  Rückstand  nicht  braun  aus. 
wie  bei  4or  Einwirkung  des  Aetzkalis  in  der  Kälte,  sondern 
sehr  bald  schwarz,  und  verhält  sich  weiter  wie  in  45.  an- 
gegeben ist. 

49.  Silbercyanid  wirkt  sehr  rasch  auf  Sescpii  -  Gyan- 
Eisen- Kalium  in  Auflösung.  Beim  Kochen  scheidet  sich  als- 
bald ein  bräunlichrother  Körper  aus;  die  Reaction  auf  Eisen- 
monochlorid erhält  sich  sehr  lange,  doch  hörte  sie  endlich 
auf,  nachdem  im  Verlauf  des  Versuchs  mehrmals  auskrystalli- 
sirtes  Cyui-Silber-Kalium  entfernt,  und  die  Mutterlauge  immer 
wieder  mit  neuem  Cyansilber  gekocht  worden  war.  Bei 
diesem  Kochen  entwickelte  sich,  wenigstes  anfangs,  Cyan- 
wasserstoff. 

50.  Der  braunrothe  Körper,  soviel  als  möglich  von 
überschüssigem  Cyansilber  befreit,  färbte  sich  mit  cjoncen* 
trirter  Salzsäure  grün,  die  möglichst  klar  abgegossene  Flüssig- 
keit gab  mit  Wasser  eine  weifse  Fällung  von  Chlorsilber, 
mit  Aetzammoniak   einen  dicken  braunen  Niederschlag.    Der 


und  des  Nüi'üts  eie.  des  Silbers.  107 

reibe  Körper  mit  Aetxkali  digerirt  erzeugte  eine  Flüsaif  keit, 
welche  mit  Chlorwasserstoff  einen  weifsen  Niederschlag  und 
nach  dessen  Eatfemang  mit  EisensesquicUorid  bräunücbe 
Fäfi)ung,  mit  Eisenmonochlorid  ab^  einen  intensiv  blauen  Nie- 
derschlag lieferte.  Mit  Aeizkati  gekocht  färbte  sich  der  rothe 
Körper  schwarz,  die  Flüssigkeit  reagirte  wie  die  bei  blofser 
Digestion  erhaltene.  Die  Rückstände  von  der  Beb&ndhing  mit 
Aetdudi  bläuten  sich  etwas  beim  Uebergiefoen  mR  Salzsäure, 
offenbar  wefl  das  Auswaschen  nicht  vollständig  genug  hatte 
vorgenommen  werden  können;  übrigens  zeigte  sich  Eisen* 
sesqnloxyd  in  der  Flttssigkeit  imd  Chlorsilber  bheb  ungelöst. 

51.  Als  die  Flüssigkeit  von  49.  immer  geringere  Spuren 
voB  Bluilaugensalz  verrieth ,  und  sie  nun  iltrirt  ward ,  hatte 
der  Rückstand  auf  dem  Filter  das  Ansehen ,  als  wäre  ihm 
ein  zerrührtes  Filter  beigemengt;  nach  vollständigem  Aus- 
süfsen  sah  mm  in  dem  getrocknete  Filterinhalte  mit  der 
Loupe  zwischen  einem  rothbraunen  Pulver  eine  Menge  weifser 
Nädekhen,  welche  nichts  als  Cyansilber  seyn  können,  was 
ans  der  kochend  heifsen  Flüssigkeit  beim  Abkühlen  abgesetzt 
worden  ist« 

52.  Aus  den  in  41.  bis  47.  beigebrachten  Notizen  er- 
giebt  sich  ein  bemerkenswerther  Unterschied  im  Verhalten 
der  Niederschläge,  welche  durch  die  beiden  Blullaugensalze 
in  Silberauflösung  erzeugt  werden.  Wenn  in  dem  durch 
Hono-Cyan-Eisen-Kalium  hervorgebrachten  Niederschlag  recht 
deutlich  eine  grofse  Schwäche  der  Anziehung  zwischen  den 
beiden  Cyaniden  hervortritt,  und  derswegen  die  in  31.  zu- 
samnengefafsten  Veränderungen  der  in  der  Formel  des  Blut- 
langensalzes  vorgezeichneten  Mischung  sich  einstellen,  so 
beohacbtet  man  in  dem  Niederschlage  durch  rothes  Blut- 
hugensalz  etwas  anderes.  Abgesehen  davon,  dafs  das  Sesqui- 
Cyan-Eisen-SOber  mit  salpetersaurem  Silber,  wie  man  freilich 
allein  der  Färbung  nach  zu  schliefsen  hat,   eine  Verbindung 


106    KühHy  über  das  Verhalten  der  beiden  BluilaugensaUe 

eingeht,  und  dieses  Verbindungsverroögen  schon  auf  eine 
gewisse  Beständigkeit  hindeuten  könnte,  so  ist  ganz  besonders 
das  Verhalten  dieses  Körpers  (41.)  zu  rothem  Blutlaugensalz 
hervorzuheben,  im  Vergleich  mit  dem  Verhalten  des  Mono- 
Cyan-Eisen-Silbers  zu  gelbem  Blutlaugensalz.  Bei  der  gegen- 
seitigen Einwirkung  der  letztgenannten  Körper  scheidet  sich 
Cyan-Eisen  aus,  weil  Cyansilber  und  Cy  an -Kalium  stärkere 
Anziehung  zu  einander  besitzen,  als  zum  Eisenmonocyanid, 
womit  sie  beide  vorher  verbunden  waren  :  das  Sesquicyanid 
des  Eisens  hingegen  zeigt  die  Stärke  seiner  Anziehung  in 
der  Festigkeit  der  Verbindung  nicht  blofs  mit  dem  Cyan- 
kalium,  sondern  auch  mit  Cyansilber,  welche  beide  Anzie- 
hungen stärker  sind,  als  die  des  Cyansilbers  zum  Cyan- 
kalium,  obgleich  Cyansilber  allein  das  Cyankalium  dem  Eisen- 
sesquicyanide  ebensowohl  zu  entziehen  vermag,  wie  dem 
Eisenmonocyanide,  wie  in  49.  angegeben  worden  ist.  Merk- 
würdig ist  gewifs  auch  das  doppelte  Verhalten  des  Cyansilbers  : 
gegen  Cyankalium  ist  es  dem  des  Eisens  esquicyanids  gleich, 
scheint  dieses  sogar  in  Stärke  der  Anziehung  zu  übertreffen, 
gegen  Eisensesquicyanid  ist  es  dem  des  Cyankaliums  analog. 
Mit  Eisenmonocyanid  ist  Cyansilber  kaum  verbindbar,  und 
verdrängt  dasselbe  mit  ziemlicher  Leichtigkeit  aus  seinen 
Verbindungen. 

53.  Das  in  52.  zuletzt  besprochene  chemische  Verhalten 
des  Cyansilbers  läfst  voraussehen,  dafs  bei  Digestion  des 
Sesqui  -  Cyan  -  Eisen  -  Silbers  mit  gelbem  Blutlaugensalz  ein 
Cyanblau  entstehen  müsse.  Der  Versuch  bestätigte  diese 
Vermuthung.  Einer  von  den  Niederschlägen  von  42.  ward 
mit  heifsem  Wasser  zerrieben  und  während  des  Kochens 
tropfenweis  eine  Auflösung  von  gelbem  Blutlaugensalz  zuge- 
setzt :  die  grüne  Farbe  der  gegebenen  Verbindung  änderte 
sich  bald  in  ein  prächtiges  Blau  um  und  in  der  Flüssigkeit 
fand  i$ich  ziemlich  viel  Silber. 


und  des  NiM$  eic.  des  SOben.  i09 

54.  Silberoxyd  wirkt  sehr  rasch  auf  Sesqai-Cyan-Eisen- 
Kalium.  Eine  erste  Portion  der  Auflösung  des  Salzes  entfärbt 
sieb  beim  Kochen  mit  dem  Silberoxyd  schnell,  reagirt  stark 
alkalisch,  wird  aber  nicht  im  Mindesten  durch  Eisenmono- 
chlorid und  durch  Schwefelwasserstoff  verändert;  das  Silber- 
oxyd war  fast  schwarz  geworden.  Mit  einer  zweiten  gleich- 
grofsen  Portion  des  Cyansalzes  gekocht,  färbt  sich  der 
Bodensatz  bräunlich ,  die  Reactionen  der  Flüssigkeit  waren 
aber  die  nämlichen  geblieben.  Mit  einer  dritten  Portion  des 
Cyansalzes  gekocht  wird  der  Bodensatz  noch  heller,  die  Flüs- 
sigkeit bräunte  sich  stark  mit  Schwefelwasserstoff,  aber  bläute 
sich  nicht  mit  Eisenmonochlorid.  Eine  vierte  Portion  endlich 
wird  auch  nach  längerem  Kochen  nicht  mehr  vollständig  zer- 
setzt, daher  Eisenmonochlorid  stark  gebläut;  der  Rückstand 
war  gegen  vorher  merklich  nicht  verändert,  er  sieht  dunkel 
rostfarbig  aus,  hält  sich  aber  Tage  lang  in  der  Flüssigkeit 
suspendirt,  da  er  sich  früher  rasch  absetzte. 

55.  Die  Auflösung  von  rothem  Blutlaugensalz  kann  mit 
ChlorsQber  lange  gekocht  werden,  ohne  Veränderung;  nach 
einiger  Zeit  wird  Cyanwasserstoff  entwickelt,  die  Reaction  auf 
Eisenmonochlorid  wird  immer  schwächer  und  hört  endlich 
ganz  auf.  Die  Flüssigkeit  enthält  jetzt  viel  Silber.  Im  gelb- 
braunen Rückstande  zeigen  sich  spiefsige  Krystalle ;  mit  Salz- 
saure  liefert  derselbe  eine  Flüssigkeit,  welche  mit  Wasser 
sich  trübt  und  Reaction  auf  Silber  und  Eisenoxyd  zeigt. 

56.  Die  nämliche  Auflösung  von  rothem  Blutlaugensalz 
wird  mit  Schwefelsilber  offenbar  viel  rascher  und  intensiver 
wie  die  des  gelben  Blutlaugensalzes  zersetzt  :  die  Reactionen 
auf  Silber  erscheinen  viel  früher  und  stärker.  Man  kann 
demnach  annehmen ,  dafs  Selen-  und  Tellur-Silber  auch  das 
Sesqui-Cyan- Eisen -Kalium  zersetzen  werden.  Man  könnte 
meinen,  der  Gang  der  Zersetzung  werde  der  nämliche  seyn, 
wie  beim  Mono-Cyan-Eisen-Kalium ,   nämlich  dafs  auch  hier 


ItO    KühUj  über  doi  Verhallen  der  beiden  Vhalaugenedze 

das  Gyaneisrai  und  das  Schwefelsilber  ihre  Bestandtheile 
übers  Kreuz  austauschen  und  das  gebildete  Cyansilber  nit 
dem  Cyankalium  in  Verbindung  treten  werde.  Allein  «an 
sieht  hier  zunächst  den  bedeutenden  Unterschied,  dafs  das 
Schwefelsilber  so  zu  sagen  aurserordentlich  aufschwiHt  «nd 
sich  grfinlich  Tärbt,  oder  wohl  richtiger  ausgednickt,  statt  des 
compacten,  leicht  sich  wieder  sammelnden  Schwefelsilbers 
findet  man  dnen  leckern  schlammigen  Bodensatz  von  dunkel- 
grünlichschwarzer  Farbe  gebildet,  der  leicht  in  der  Rüssig- 
keit  sich  aufschwemmt  und  schwer  sich  wieder  absetzt;  €r 
ist  daher  anch  aufserordentlich  schwer  auszuwaschen;  die 
Filter  verstopft  er  nicht  unbeträchtlich  und  die  Flüssigkeit 
geht  trüb  hindurch.  Nachdem  der  Bodensatz  endlich  so  weit 
mit  heifsem  Wasser  ausgesüfst  war,  dafs  die  abgehende  Flüs- 
sigkeit keine  Beaction  auf  Siibersolution  und  Eisenmenochlorid 
mehr  zeigte,  ward  eine  Portion  davon  mit  Salzsäure  Über- 
gossen :  es  entwickelte  sich  Schwefelwasserstoff  (ein  mit 
Bleiauflösung  angefeuchtetes  Papier  nrbte  sich  an  der  Mün- 
dung des  Oefäfses  schwarz}  und  der  Körper  hatte  sehr  leb- 
haft blaue  Farbe  angenommen;  eine  andere  Portion  gab  mit 
Aetzkali  eine  Flüssigkeit,  welche  mit  Schwefelwasserstoff 
braunschwarz  und  mit  Chlorwasserstoff  und  Eisenmonochlorid 
blau  sich  Tarbte  :  es  mufs  also  neben  Schwefeleisen  Sesqui- 
Cyan-Eisen-Sflber  (3  AgCy  +  PeiCy,)  gebfldet  worden  seyn. 


Wie  das  Silber,  so  verhalten  sich  auch  die  Übrigen 
GKeder  der  Silbergruppe  in  den  analogen  Verbindungen 
und  unter  analogen  Verhältnissen.  Vom  Quecksüber  ist  schon 
Vieles  bis  jetzt  bekannt.  Ganz  besonders  ist  das  Verhalten 
des  SemiCyanids  und  der  >anderen  Semicombusten  des  Kupfers 
hervorzuheben,   welche  sehr  ähnliche  Reactionen  zeigen  wie 


fmd  de$  NUrah  He.  de$  SiOen.  iU 

eben  vom  Silber  angegrebenen.  BedeiHend  snhfwiolier 
wirkt  das  Zink,  das  Cadmiam  tritt  noch  «fiebr  znrikck,  mnd 
das  Blei  zeigt  auch  in  dieser  Sphäre  grorse  Aehnlichkeit  mit 
den  Alkalimetallen. 


lieber  den  Caprylalkohol ; 
von  Wladimir  Mosthnin  aus  Moskau. 


Naeh  einer  Angabe  von  J.  Bouis  m  den  Compi  rend. 
XXXni,  141  *}  liefert  das  Bicindlamid,  eben  so  wieAioinöI- 
sinre  oder  Ricinusöl,  bei  seiner  Behandlung  mit  Kalihydvat, 
unter  Bntwiokelong  von  Wasserstoffgas ,  neben  Fettsäure 
C^soHisOg)  einen  flilehtigen  K^er,  den  >Bouis  als  Caprjl- 
alkdhol  (CieHiBO)}  beschreibt.  In  der  Mittheilung,  welche 
«her  die  Bouis'schen  Untersuchungen  im  Institut  1851,  357  **) 
erschienen  ist,  wird  indessen  der  nämlichen  Flüssigkeit  die 
Formel  CiiHigO)  beigelegt  und  sie  aks  Oenanlhylalkohol  be- 
zeichnet 

Durch  Hm.  Prof.  Will  wurde  idi  veranlafst,  unter  seiner 
Leitang  in  dem  chemischen  Laboratorium  m  Giefsen  diese 
«chönen  Versuche  über  die  meiiiwürdige  Spaltung  dar  Ri- 
emölsämre.  wel<Ae  die  Reihe  der  Alkohole  CaHn+iOt  mit 
einem  neuen  Gliede  berekdierte,  zu  wiederiiolen,  md  iie 
entstandenen  Producte  einer  analytischen  Prüfang  zu  unler- 
werfen. 

Versetzt  man  gewöhnliches  kävfliches  Ricinusöl,  oder 
Ricinöbäure ,  wie  sie  durch  Zersetzung  der  Ricinölseife  mit 


^)  Diese  Annalen  LXXX,  303. 
**)  Duelbst,  306. 


il2  Moichninj  aber  den  CapryhlkohoL 

Salzsäure  erhallen  wird,  mit  dem  halben  Gewicht  von  festem 
Kali-  oder  Natronhydrat  und  erwärmt  gelinde,  am  besten 
in  einer  kupfemen  Retorte  mit  aufgesetztem  Helm  und  an- 
gepafstem  Kühlapparat,  so  tritt  sehr  bald  eine  heftige  Ein- 
wirkung ein,  die  bei  nicht  gut  regulirtem  Feuer  selbst  stür- 
misch wird.  Die  Masse  in  der  Retorte  bläht  sich  ohne 
Schwärzung  auf  das  vier-  bis  fünffache  ihres  Volums  auf, 
wobei  eine  ölartige,  gelblich  gefärbte  Flüssigkeit  und  Wasser 
übergeht,  unter  gleichzeitiger  Entwicklung  von  Wassersloffgas, 
wie  ich  mich  durch  directe  Versuche  mit  dem  aufgefangenen 
Gase  überzeugt  habe.  Die  Vorlage  füllt  sich  dabei  mit  weifsen 
Nebeln  eines  schwierig  condensirbaren  Dampfes,  der  aber 
nicht  dem  Alkohol,  sondern  einer  anderen,  viel  flüchtigeren 
Flüssigkeit  angehört. 

In  der  Regel  ist  die  Zersetzung  nach  einer  Viertelstunde 
vollendet  Steigert  man  sodann  die  Temperatur,  so  destilliren 
Zersetzungsproducte  des  seifenartigen  Retorteninhalts  über, 
die  wahrscheinlich  aus  Kohlenwasserstofien  bestehen,  grün 
gefärbt  sind  und  dem  Steindl  sehr  ähnlich  riechen. 

Ueberläfst  man  das  in  der  gut  abgekühlten  Vorlage  ent- 
haltene, gelbliche,  trübe  Destillat  der  Ruhe,  so  trennt  es  sich 
in  zwei  Schichten  :  eine  untere  wässerige,  und  eine  obere 
ölartige.  Die  letztere  wird  mit  der  Pipette  abgenommen  und 
für  sich  der  Rectification  unterworfen.  Schon  bei  80^  tritt 
Sieden  ein ,  indem  ein  starkriechendes  Liquidum ,  in  jedodi 
sehr  unbedeutender  Menge,  übergeht;  bei  lOO^'  kommt  Wasser; 
sodann  steigt  der  Siedepunkt  rasch  auf  178<*,  indem  eine 
ölartige,  wasserhelle  Flüssigkeit  überdestillirt,  die  leichter  ist 
als  Wasser,  schwach  aromatisch  riecht  und  alle  Eigenschaften 
besitzt,  welche  Bouis  als  dem  Caprylalkohol  angehörig  be- 
schreibt. In  der  Retorte  bleibt  ein  dunkelgelber,  fettartiger 
Rückstand  von  sauerer  Reaction. 


MoMchninj  Über  dm  Caprykäkohol.  113 

Die  durch  mehnnalige  Rectification  rein  erhaltene,  öl- 
artige,  mit  Wasser  nicht  mischbare  Flüssigkeit,  deren  Siede- 
punkt bei  eingelegtem  Platindraht  von  mir  constant  bei  178^ 
gefunden  wurde  (Bouis  giebt  180^  bei  760  MM.  Barom.  als 
Siedepunkt  an},  gab  bei  der  Verbr^nung  mittelst  Kupferoxyd 
und  Durchleiten  von  Sau^stofigas  die  nachstehenden  Resultate : 

Nr.  1.  0,4090  Grau  Substanz  ergaben  1,1014  6rm.  CO, 
=  300,4  Mgrm.  Kohle ,  0,5051  Grm.  HO  =  56,14  Mgrm. 
Wasserstoff. 

Nr.  2.  0,3856  Grm.  Substanz  ergaben  1,0442  Grm.  CO, 
=  284,7  Mgrm.  Kohle,  0,4775  Grm.  HO  =  53,05  Mgnn. 
Wasserstoff. 

Nr.  3.  0,4250  Grm.  Substanz  ergaben  1,1471  Grm.  CO, 
=  312,8  Mgrm.  Kolde,  0,5324  Grm.  HO  =  59,16  Mgrm. 
Wasserstoff. 

In  100  Theilen  : 

I.  D.  m. 

C      73,45  73,85  73,61 

H      13,73  13,76  13,92 

0      12,82  12,39  12,47. 

Die  theoretische  Zusammensetzung  erfordert  für  den 

Oenaothylalkohol  Caprylalkohol      Mittel  aus  d.  Analyteo 

in  100  Theilen 

C|4  84  72,41  C|.  96  73,84  73,64 
H,,  16  13,79  H|.  18  13,84  '  13,80 
O,      16        13,80        0,    16        12,32 12,55 

ns    löps        13Ö    ioö;oö  9p9:^ 

Es  entsprechen  also,  wie  man  aus  dieser  Zusammenstel* 
lung  ersieht,  die  durch  die  Analyse  gefundenen  Zahlen  der 
Zusammensetzung  des  Caprylalkohols  und  nicht  der  des  Oenan- 
thyhdkohols;  es  ist  demnach  die  erstere  Mittheilung  von 
Bouis  in  den  Compt.  rend.  als  die  richtige  zu  betrachten. 

Es  müssen  nur  die  Analysen  gleich  nach  dtr  Destillation 
des  Alkohols  ausgeführt  werden,  denn  die  ursprünglich  färb-** 

Aanal.  d.  Cbem.  n.  Phami.  LXXXYII.  Bd.  1.  Heft.  8 


ii4  Moseknin,  über  dm  CapryUükokol. 

lose,  wasserhelle  Flüssigkeit  nimmt  beim  Stehen  in  luft- 
haltigfen  Gefllfsen  bald  eine  gelbliche  Farbe  an,  und  hinterläfst, 
so  der  Destillation  wieder  unterworfen,  in  der  Retorte  einen 
gelben,  nicht  flüchtigen  Rückstand,  der  bei  der  Verbrennung 
leicht  einen  Verlast  an  Kohlenstoff  verursachen  kann. 

Zur  Feststellung  des  Aequivalents  des  fraglichen  Alkohols 
habe  ick  noch  das  Barytsalz  der  gepaarte  Schwefelsäure, 
deren  Existenz  Herr  B  o  u  i  s  schon  beobachtet  hat,  untersucht. 

Die  Darstellung  dieser  Säure  gelingt  am  besten,  wenn 
man  zwei  Theile  Alkohol  mit  Einem  Theil  englischer 
Schwefelsäure  mischt.  (Die  Nordhäuser  Schwefelsäure,  die 
Bouis  zu  benutzen  anrathet,  liefert  zwai*  dieselben  Pro- 
ducte ,  aber  in  kleineren  Quantitäten  und  unter  Entwickelung 
von  schwefliger  SäureJ  Die  Mischung  erhitzt  sich  lebhaft 
und  nimmt  eine  rubinrothe  Färbung  an,  die  wahrscheinlich 
von  einer  ähnlichen  Verbindung  herrührt,  als  die  ist,  welche 
Gaulthier  de  Claubry*)  und  Rieckher**)  beim  Ver- 
mischen von  Fuselöl  mit  Schwefelsäure  beobachtet  haben,  und 
als  Amiloxyd  bezeichnen,  das  sich  in  Schwefelsäure  mit 
rother  Farbe  löst. 

Die  Mischung  mufs  langsam  und  unter  Abkühlung  ge- 
schehen, um  die  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  zu  ver- 
meiden. Die  Masse  wurde  nach  dem  Mischen  in  gelinder 
Wärme  stehen  gelassen,  wo  sich  .nach  6  bis  7  Tagen  die 
Flüssigkeit  in  zwei  Schichten  trennte ,  von  denen  die  untere 
die  überschüssige  Schwefelsäure  enthielt,  die  obere  braunge- 
färbte  aber  aus  der  gepaarten  Säure  bestand. 

Aus  dieser  rohen  Säure  können  durch  directe  Neutrali- 
sation mit  kohlensauren  Salzen  die  Salze  aller  der  Basen 
dargestellt  werden,    deren   kohlensaure  und    schwefelsaure 


♦)  Diese  Annalen  XLIV,  128. 
*)  Ebendaselbst  LXIV,  396. 


MoMchnin,  Über  den  Caprplalkohol  115 

Salze  in  Wasser  nicht  löslich  sind,  also  die  Salze  von  Kalk,  Baryt 
und  Bleioxyd.  Durch  Filtration  können  die  löslichen  Salze 
der  gepaarten  Säure  von  den  unlöslichen  kohlensauren  und 
schwefelsauren  getrennt  und  durch  vorsichtiges  Verdampfen 
krystallisirt  erhalten  werden. 

Ich  habe  nur  das  Barytsalz  näher  untersucht.  Die  von 
dem  schwefelsauren  Baryt  abfiltrirte  Flüssigkeit  wurde  im 
Wasserbade  langsam,  eingeengt.  Das  aufgelöste  Salz  zersetzt 
sich  leicht  beim  Kochen,  und  ist  in  Wasser  auch  bei  der 
gewöhnlichen  Temperatur  ausnehmend  löslich,  in  heifsem 
Wasser  jedoch  mehr,  wie  in  kaltem.  Ich  habe  die  schönsten 
Krystalle  erhalten  durch  die  Abkühlung  der  heifsen,  concen- 
Irirten  Lösung,  während  eines  Wintertages  bei  4  bis  5^  Man 
erhält  sie  auch  durch  längeres  Stehen  über  Schwefelsäure, 
nicht  aber  im  Yacuum,  wobei  sich  nur  warzenförmige  Massen 
bilden.  , 

Die  Krystalle  sind  biegsam,  von  stark  bitterem  Ge* 
schmacke,  nach  dem  Trocknen  zwischen  Fliefspapier  perl- 
mutterglänzend, und  enthalten  in  diesem  Zustande,  wie  man 
aus  dem  Folgenden  ersehen  wird,  noch  2  Aequivalente  Wasser, 
lieber  Schwefelsäure  im  luftleeren  Räume  getrocknet  werden 
sie  blendend  weifs;  durch  längeres  Stehen  zersetzen  sie  sich, 
werden  dabei  roth  und  entwickeln  einen  starken,  zum  Husten 
reizenden  Geruch.  Bei  100^  zersetzen  sie  sich  unter  Schwär- 
zung, das  getrocknete  Salz  ohne  vorher  zu  schmelzen.  An- 
gezündet verbrennen  sie  mit  heller  blauer  Flamme. 

1)  0,7937  Grm.  trockenes  Salz ,  im  Platintiegel  mit  eini- 
gen Tropfen  Schwefelsäure  verbrannt,  hinterliefsen  einen 
Rückstand  an  schwefelsaurem  Baryt  von  0,3342  Grm. 

2)  1,1094  Grm.  in  Wasser  gelöst  und  der  Baryt  mit 
Schwefelsäure  niedergeschlagen ,  ergaben  an  SO^ ,  BaO 
0,4663  Grm. 

8» 


SO,BaO  116,5 

SO, 

40,0 

C,4 

84,0 

H„ 

15,0 

0 

8,0 

il6  Mosckninj  über  den  Caprylalkohol. 

In  100  Theilen  : 

I.  II. 

SO.BaO     42,10  pC.  42,03  pC. 

Die  Rechnung  erfordert  für  den 

Oenanthyloxyd-    In  100  Tbl.  f.  d.  Capryloxyd-  In  100  Tbl.  Mittel  auf 
schwef eis.  Baryt        pC.  seh  wefeb.  Baryt      pC.        d.Vereaclien 

44,20  SOsBaO  116,5      41,96       42,06 
SO,       40,0 
C,.        96,0 
H|,       .17,0 
0  8,0 

265,5  2T7,5. 

Nach  dieser  Zusammensetzung  ist  das  analysirte  Sak 
Capryloxyd-  schwefelsaurer  Baryt,  dessen  vollständige  Formel 
aber  mit  2  Aeq.  Wasser  zu  schreiben  ist,  denn  : 

1,1760  Grm.  lufttrockenes  Salz  gaben  den  Verlust  im 
luftleeren  Räume  von  0,0784  Grm.;  also  für  das  Aequi- 
valent  277,5 

gefanden  berechnet  für  2  HO 

18,50  18. 

Die  Formel  ist  somit  2  SO,  j  ^\  ^  +  2  HO. 

Ich  habe  auch  aus  der  rohen  Capryloxyd -Schwefelsäure 
Kalk-  und  Bleisalze  dargestellt;  das  erstere  theilt  die  Eigen- 
schaften des  Barytsalzes,  krystallisirt  in  weifsen  Tafeln, 
schmeckt  bitter,  und  fllkhlt  sich  seifenartig  an.  Das  Bleioxyd 
giebt  aber  mit  der  Säure  zwei  Verbindungen  :  die  eine,  über 
Schwefelsäure  leicht  krystallisirbare ,  erhält  man  durch  Sätti- 
gung der  rohen  Säure  mit  kohlensaurem  Bleioxyd ;  sie  enthält 
wahrscheinlich,  den  Salzen  der  Aethyloxyd-  und  Amyloxyd- 
Schwefelsäure  analog,  1  Aeq.  Bleioxyd.  Die  Lösung  dieses  Salzes 
reagirt  auf  das  blaue  Lackmuspapier  sauer.  Die  zweite  Ver- 
bindung erhält  man  durch  Digeriren  der  Lösung  des  ersten 
Salzes   mit  Bleioxyd;    es  entsteht    eine  farblose,   alkalische 


Moichnin^  über  den  Caprylalkohol  117 

Flüssigkeit.  Durch  Verdampfen  erhält  man  eine  durchsichtige 
Masse  eines  Salzes ,  das  wahrscheinlich  auf  1  Aeq.  Säure 
2  Aeq.  Bleioxyd  enthält.  Die  Lösung  zieht  aus  der  Luft 
Kohlensäure  an  und  überzieht  sich  dabei ,  unter  Bildung  von ' 
kohlensaurem  Bleioxyd,  mit  einer  Haut,  nimmt  saure  Reaction 
an  und  geht'  allmälig  in  einfach -capryloxydschwefelsaures 
Bleioxyd  über. 

Die  von  diesen  Salzen  durch  Schwefelwasserstoff  getrennte 
Flüssigkeit  reagirt  auf  das  Lackmuspapier  stark  sauer  und 
löst  Eisen  und  Zink  unter  Entwickelung  von  Wasserstoff  auf. 

Ich  habe  auch  versucht  das  Bromcapryl  darzustellen, 
indem  ich  Brom  in  Caprylalkohol  löste  *} ,  die  rothgefärbte 
Lösung  mit  Phosphor  bis  zur  Entfärbung  behandelte  und  de- 
stillirte.  Das  ölartige,  sauer  reagirende  Destillat  besafs  einen 
starken,  narcotischen  Geruch;  dasselbe  wurde  mit  Wasser 
zur  Abscheidnng  der  Bromverbindung  behandelt,  die  dadurch 
niedergeschlagene  Flüssigkeit  mit  einer  schwachen  Lösung  von 
kohlensaurem  Natron  und  dann  mit  destillirtem  Wasser  ge- 
waschen und  über  geschmolzenem  Chlorcalcium  getrocknet. 
Sie  besafs  zwar  in  diesem  Zustande  alle  Eigenschaften  des 
homologen  Bromamyls,  war  schwerer  wie  Wasser,  und  in 
diesem  gar  nicht  löslich,  benetzte  nicht  das  Glas,  und  erzeugte, 
mit  Kali  erwärmt,  Bromkalium  und  Caprylalkohol,  liefs  sich 
aber  nicht  unzersetzbar  destilliren,  sondern  hinterliefs  in  der 
Retorte  einen  schwarzen  Kohlenrückstand,  und  das  über- 
gegangene, gelbliche  Destillat,  welches  die  Augen  aufser- 
ordei^lich  zum  Thränen  reizte,  enthielt  weniger  Broiii,  als  es 
die  Formel  des  Bromcapryls  verlangt.  Es  wurde  mit  Wasser 
behandelt  zwar  wieder  farblos,  aber  specifisch  leichter  als 
die  ursprüngliche  Verbindung  vor  der  DestiUation. 


*)  5  Theile  Brom  in  8  Theilen  Alkohol. 


118     Röthe,  Analtf$e  der  Asche  t(m  Erica  eamea  L. 

Analyse    der    Asche    von    Erica  camea  L.   und 
Cailmm  vulgaris  Salisb.^  sowie  der  entsprechenden 

Bodenarten ; 

von  C.  F.  Röthe. 


Während  die  Erica  camea  in  den  Auen  der  Lechthal- 
ebene  wächst,  findet  sich  eine  andere  Ericinee,  CaUuna  om/- 
jrom,  nur  in  den  Wäldern  der  Hügelreihen,  welche  die 
'Riäler  des  Lech  und  der  Wertach  begleiten.  Bei  der  unbe- 
deutenden Höhendifferenz  beider  Standorte  war  anzunehmen, 
dafs  die  Ursache  der  Verschiedenheit  im  Vorkommen  der 
genannten  Pflanzen  in  der  chemischen  und  physikalischen 
Beschaffenheit  des  Bodens  liege. 

Der  Boden  A^  auf  welchem  die  Erica  camea  vorkommt, 
war  feucht  schwarz,  getrocknet  graulich.  An  Wasser  gab  er 
Kalk,  Magnesia,  Schwefelsäure,  Chlor  und  etwas  humusartige 
Substanz  ab,  in  nicht  zu  bestimmenden  Mengen,  auch  Spuren 
von  Kali,  Natron,  Ammoniak  und  Salpetersäure ;  der  wässerige 
Auszug  reagirte  neutral.  Quantitativ  bestimmt  wurde  der 
Wassergehalt,  der  Kohlensäuregehalt  und  der  Humusgehalt  der 
lufttrockenen  Erde  (letzterer  durch  Bestimmung  des  Kohlen- 
stoffgehalts der  Erde  durch  Glühen  mit  Kupferoxyd,  und  Be- 
rechnung unter  der  Annahme,  dafs  100  Gewichtstheile  Humus 

^^  9 

58  Theile  Kohlenstoff  enthalten).  Ferner  wurden  noch  be- 
stimmt die  Mengen  Eisenoxyd,  Thonerde,  Kalk  und  Magnesia, 
die  bei  Behandlung  der  geglühten  Erde  mit  Salzsäure  in  der 
Hitze  in  Lösung  gingen.  Das  in  Salzsäure  Unlösliche  war 
eisenhaltiger  Sand. 

Der  Boden  £,  in  welchem  die  CaUuna  vulgaris  wuchs, 
war  gelblich.  Er  röthete  schwach  Lackmus;  an  Wasser  gab 
er  etwas  Kalk,  Magnesia,  Kali,  Natron,  Ammoniak,  Schwefel- 


mid  Calbma  nulgariM  MtA.  eic. 


il9 


siiore,  Gblor  und  organische  Substanzen  ab.  Salzsäure  entzog 
ihm  Eisenoxydttl,  Eisenoxyd,  Hanganoxyd ,  Kalk,  Magnesia 
und  Phosphorsäure;  das  in  Salzsäure  Unlösliche  bestand  aus 
Thoo,  mit  beigemengten  Quarzkömero  und  Glimmerblätlchen. 

Lufttrocken  enthielt  nach  den  quantitativen  Bestimmungen 


Eisenoxyd 0,553 

Thonerde 0,113 

Kohlens.  Kalk  .  .  .  .37,160 
Kohlens.  Magnesia  .  .  16,666 
Bumusartige  Theile  .  .  2,190 
Wasser 7,650 


der  Boden  B 

Eisenoxyd 
Manganoxyd 
Thonerde 
Kalk     .    . 
Magnesia  . 
Humus 
Wasser     . 


der  Boden  A 

.  2,853 

.  0,023 

.  4,710 

.  0,140 

.  0,066 

.  3,070 

.  13,200. 

Die  im  Juni  gesammelte  Erica  camea  verlor  bei  100^ 
48,753  pC.  Wasser;  der  bei  100^  getrocknete  Rückstand 
enthielt  2,660  pG.  Asche. 

Die  Ende  August  gesammelte  Ccdluna  vulgaris  verlor  bei 
1000  55^550  pC.  Wasser;  der  bei  100<»  getrocknete  Rückstand 
enthielt  6,351  pC.  Asche. 

Das  Einäschern  geschah  durch  Verbreifhen  in  der  Muffel 
und  nachheriges  gelindes  Glühen  in  einer  Platinschale. 

Die  Zusammensetzung  der  Asche  war,  nach  Abzug  von 
Kohlensäure,  Kohle  und  Sand  (in  der  Asche  von  Erica  carnea 
wurden  12,094  pC.  Kohlensäure  neben  5,600  pC.  Kohle  und 
Sand  gefunden}  : 


A.  Erica  camea 

£.  Ckdluna  vulgaris 

Kali 21,945 

10,653 

Natron     ....      1,457 

0,855 

Kalk 32,069 

12,019 

Magnesia      .    .    .    14,277 

6,701 

Eisenoxyd    .    .    .      3,441 

4,953 

Manganoxydoxydul      Spur 

4,079 

Phosphorsäure       .      5,433 

10,890 

Schwefelsäure  .    .      5,442 

1,730 

Chlomatrium    .    .      3,569 

— 

Kieselerde    .    .    .    12,379 

48,079 

100,012 


99,959. 


120  Dretermann,  über  die  Bädmg 

Man  sieht  hieraus,  dafs  die  Galluna  vulgaris  zu  den  Kiesel- 
pflanzen gehört,  indem  ihre  Asche  48  pC.  Kieselsäure  enthält 
während  in  der  Asche  der  Erica  camea  46  pC.  kohlensauren 
•  Kalk  und  kohlensaure  Magnesia  enthalten  waren,  und  diese 
Pflanze  mithin  zu  den  Kalkpflanzen  gezählt  werden  kann. 
Erstere  vegetirt  in  einem  Thonboden,  in  welchem  keine  koh- 
lensaure Verbindungen  vorkommen  und  der  durch  Verwitte- 
rung des  Granits  entstanden  ist,  während  letztere  einen  Kalk- 
boden verlangt,  in  welchem  an  54  pC.  kohlensaurer  Kalk  und 
kohlensaure  Bittererde  gefunden  wurden. 


lieber  die  Bildung  krystallisirter  Mineralien; 
von  Aug.  Drevetmann^). 

(Briefliche  Hittheiluog.) 


Ich  habe  eine  Reihe  von  Versuchen  über  die  Nachbil- 
dung der  auf  nassem  Wege  entstandenen  krystallisirten  Mine- 
ralien angestellt,  welche  interessante  Resultate  versprechen. 
Ich  ging  dabei  von  der  Ansicht  aus,  dafs  die  in  Drusenräumen 
vorkommenden  Krystalle  weder  durch  allmälige  Verdunstung, 
noch  durch  Erkalten  gesättigter  Auflösungen  entstanden  seyn 
können.  Nach  mehreren  Versuchen  ist  es  mir,  wie  ich  glaube, 
gelungen,  die  Art  und  Weise  der  Bildung  solcher  Mineralien 
aufzufinden.  Vermittelst  der  von  mir  angewandten  Methode 
kann  man  die  schwer-  und  die  leichtlöslichsten  Körper  auf 


*)  Der  Herr  Verfauer  wird  die  sehr  inieresaanten  Ergebnisse  seiner 
weiteren  Versuche  in  einer  ausführlicheren  Abhandlung  nfiher  be- 
schreiben. *        D.  R« 


krysiaUinrier  MmeraUen.  121 

leichte  und  einfache  Weise  krystallifliren,  und  dieselbe  lifst 
zugleich  eine  uneiidliche  Mannichfaltigkeit  in  der  Aenderung 
der  bei  der  Krystallisation  thätigen  Kräfte  zu.  Das  Princip 
der  Methode  besteht  darin,  dafs  man  allmälig  die  Verwandt« 
Schaft  des  Ldsongsmiltels  zum  aufgelösten  Körper  ändert,  der 
Art,  dafs  letzterer  nach  und  nach  ausgeschieden  wird.  Diese 
Aenderung  in  der  chemischen  Anziehung  bewirke  ich  durch 
Diffiision  zweier  Flüssigkeiten  zu  einander,  die  man  so  wählen 
mufs,  dafs  bei  ihrer  Mischung  ein  fester  Körper  abgeschie- 
den wird. 

Die  Anordnung  der  Apparate  ist  ganz  dieselbe,  wie  bei 
Graham 's  Versuchen.  Ich  brachte  je  ein  pulver förmiges 
Sab,  z.  B.  neutrales  chromsaures  Kali  und  salpetersaures  Blei« 
oxydy  auf  den  Boden  zweier  ziemlich  langer  Gascylinder,  fidlte 
dieselben  sorgfältig  mit  Wasser  und  stellte  sie  neben  ein« 
ander  in  ein  gröfseres  Becherglas,  welches  ich  ebenfolls  so 
weit  mit  Wasser  füllte,  dafs  die  beiden  Cylinder  Überdeckt 
wurden.  Durch  die  nach  oben  stattfindende  DifRision  war 
nach  einigen  Monaten  das  salpetersaure  Bleioxyd  in  das  grofse 
Becherglas  gelangt  und  es  bildeten  sich  nun  an  dem  Rande 
des  mit  chromsaurem  Kali  gefüllten  Cylinders  mehrere  sehr 
schön  gefärbte  amorphe  Verbindungen.  Im  Innern  desselben 
setzten  sich  neben  einander  prachtvoll  morgenrothe,  diamant« 
glänzende  Nadeln  von  Rothbleierz  (PbO,  GrO,)  und  kleine 
dnnkelrothe  rhombische  Tafebi    von   Melanochroit   (3  PbO, 

2  CrO,3  an ,  die  immer  gröfser  werden.  Auf  diese  Weise 
gebildete  Nadeln  von  Rothbleierz  erreichen   eine  Gröfse  Ton 

3  bis  4  Millimeter,  dann  werden  sie  durch  die  fortwährenden 
Erschütterungen  des  Bodens,  die  in  einer  grofsen  Stadt  stets 
stattfinden,  abgebrochen,  und  sie  fallen  auf  den  Boden  des 
Cylinders,  wo  sie  aufserhalb  des  Bereiches  der  Bedingungen 
ihrer  Bildung  sind ;  ohne  diesen  Umstand  würden  sie  im  Ver- 
laufe von  3  bis  4  Monaten  sicherlich  schon   die  Gröfse  eines 


128  Drepermann^  über  die  BÜdung 

halben  Zolles  und  darüber  erreicht  haben,  h  demselben 
GefÜTse  bilden  sich  noch,  offenbar  von  einer  Verunreinigung 
des  chromsauren  Kalis  mit  kohlensaurem  Kali  herrührend, 
KrystaUe  von  Weifsbleierz  (TbO,  CO»).  Auf  ähnliche  Weise 
eriiielt  ich  noch  KrystaUe  von  Kalkspath,  rhombische  Tafeln 
von  2  CaO ,  HO ,  PO«  +  4  HO ,  und  andere  fettglänzende 
Nadeln,  die  ich  fllr  3  CaO,  PO«  halte.  Da  diese  Methode 
ihrem  Principe  nach  fast  überall  angewendet  werden  kann 
und  da  das  amorphe  kohlensaure  Bleioxyd  in  50000  Theilen 
Wasser  und  das  Chromgelb  noch  unlöslicher  ist  (schwefel- 
saurer  Baryt  ist  in  43000  Theilen  Wasser  löslidi} ,  so  glaube 
ich  schliefsen  zu  dürfen,  dafs  die  Schwerlöslichkeit  einer 
Verbindung  kein  Hindernifs  für  deren  künstliche  Darstellung 
in  Krystallen  ist.  Ich  machte  während  dieser  Versuche  die 
Bemerkung,  dafs  die  Langsamkeit  der  Bildung  dieser  KrystaUe 
(dieselben  entstanden  durchschnittlich  erst  nach  mehreren 
Monaten)  mehr  darin  beruht,  dars  die  Flüssigkeiten  in  dieser 
Zeit  erst  zusammentrafen;  defshalb  änderte  ich  den  Versuch 
dahin  ab,  dafs  ich  ein  mit  einem  trockenen  Salz  gefülltes 
Glasgeflifs  in  ein  anderes  mit  Salzlösung  brachte,  dafs  er- 
steres  nur  wenig  überragt  wurde.  Es  entstand  ein  bedeu- 
tender Niederschlag,  der  sich  auf  das  ungelöste  Salz  lagerte. 
Ich  hatte  die  Freude,  nach  mehreren  Tagen  auf  diesen  amor- 
phen Niederschlägen  schon  kleine  Kryställchen  zu  bemerken, 
welche,  da  die  Bedingungen  ihrer  Entstehung  fortdauern, 
immer  gröber  werden  müssen.  Auf  diese  Weise  hoife  ich 
gröfsere  KrystaUe  von  Schwerspath,  Kalkspath,  Schwerbleierz 
(PbO,  SOg),  Pyromorphit  [3  (3  PbO,  PO.  +  PbCl)],  Apatit  etc. 
zu  erhalten.  Durch  Diffusion  zweier  Lösungen  von  Kiesel- 
und  Thonerde  in  KaU  zu  einander  hoffe  ich  Feldspath  zu 
erhalten. 

Die  Kryslallisirung  leicht  lösUcher  Körper  ist  eben  so  ein- 
fach.   Bringt  man  z.  B.  eine  Lösung  von  Eisenvitriol  in  ein 


kryskOHsüier  MmeriOten.  123 

Bechorglas,  übergierst  dasselbe  Tomchtig  mit  einer  dünnen 
Decke  von  Wasser  und  füllt  dasselbe  mit  Alkohol,  so-  tritt 
nach  einigen  Stunden  die  Krystallisation  ein  und  schreitet 
rasch  fort  Ich  glaud^e,  dafs  sich  auf  ähnliche  Weise  Kry- 
slalle  ans  sauren  und  alkalischen,  alkoholischen,  ätheri« 
sehen  etc.  Lösungen  darstellen  hissen,  und  dafs  man  die  in 
der  organischen  Chemie  so  häufig  vorkommende  Scheidung 
zweier  Körper  durch  Veränderung  des  Lösungsmittels  hier- 
durch mit  der  Trennung  durch  Krystallisation  verbinden  kann. 
Ich  erwähne  noch,  dafs  die  oben  geschehene  Identiflci« 
rang  der  erhaltenen  Krystalle  mit  den  Mineralien  nicht  auf 
chemischen  Analysen  beruht.  Da  aber  der  Kreis  der  mög-* 
Ucherweise  entstehenden  Verbindungen  durch  die  Art  der 
Darstellung  sehr  enge  ist  und  ausserdem  die  Krystalle  in 
ihrem  physikalischen  und  qualitativ  chemischen  Verhalten, 
sowie  in  ihrer  Gruppirung  und  ihrer  geometrischen  Gestalt 
aafs  Genaueste  übereinstimmen ,  so  glaube  ich  meiner  Sache 
aodi  ohne  Analyse  sicher  zu  seyn. 


Reaction  auf  Leucin  und  Tyrosin; 
von  Reinhold  Hoffmann. 


Gelegentlich  der  Darstellung  von  Tyrosin  aus  Hörn,  nach 
der  Methode  von  Piria*},  wurde  ich  veranlafst,  die  von 
Braconnot^}  angegebene  Reaction  auf  Leucin  mit  salpeter- 


•)  DiM  Aiuaten  LXXXÜ,  251. 

**)  BracooDot*s  Angabe  bezieht  sich  nicht  auf  Salpetersäure«  Queck- 
silberoxyd  (wie  übrigens  auch  Löivig,  Ct^emie  der  organischen 
Verbindungen,  I,  626  angiebt),  sondern  auf  solpetersanres  Qacck- 
MmoTfM.  D.  B. 


i24       Ho  ff  mann  y  ReaeUon  auf  Leuein  und  lyroHn. 

saurem  Quecksilberoxyd  einer  Prüfung  zu  unterwerfen,  da  ich 
dieselbe  anwenden  wollte,  um  zu  sehen,  ob  eine  erhaltene 
Krystallisation  von  Tyrosin  frei  sey  von  Leuein,  oder  nicht 
Mehrere  mir  zu  Gebot  stehende  Proben  von  Leuein  gaben 
zwar,  in  Uebereinstimmung  mit  der  Angabe  Braconnot's, 
mit  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  einen  weifsen  flockigen 
Niederschlag,  indem  sich  die  überstehende  Flüssigkeit  bei 
einigen  deutlich,  bei  andern  kaum  bemerkbar  röthlich  färbte; 
allein  eine  Probe,  welche  ich  durch  mehrmaliges  Umkry- 
stallisiren  vollständig  rein  erhalten  hatte,  gab  die  weifse  Fäl- 
lung ohne  eine  Spur  von  rother  Färbung  der  Flüssigkeit. 
Diese  Probe  von  Leuein  liefs  sich  vollständig  sublimiren, 
während  alle  andern  einen  geringen  kohligen  Rückstand  liefsen. 
Braconnot's  Angabe  wäre  demnach  dahin  zu  berichtigen  : 
Reines  Leuein  wird  durch  salpetersaures  Quecksilberoxyd  in 
weifsen  Flocken  gefällt,  ohne  Röthung  der  überstehenden 
Flüssigkeit.  Der  Grund  für  Braconnot's  irrthümliche  An- 
gabe, und  für  die  anfangs  von  mir  erhaltene  scheinbare  Be- 
stätigung derselben,  ergiebt  sich  aus  dem  Folgenden  hinläng- 
lich, und  es  zeigt  sich,  dafs  die  röthliche  Färbung  durch 
Beimischung  von  sehr  wenig  Tyrosin  verursacht  wird.  Als 
ich  nämlich  dasselbe  Verfahren  nachher  bei  ganz  reinem 
Tyrosin  anwandte,  ergab  es  sich,  dafs  dasselbe  durch  sal- 
petersaures Quecksilberoxyd  in  der  Siedhitze  in  rothen  Flocken 
gefällt  wird,  indem  die  überstehende,  ganz  klare  Flüssigkeit 
eine  intensiv  dunkel  rosenrothe  Färbung  annimmt.  Bei  län- 
gerem Stehen  setzen  sich  nochmals  rothe  Flocken  ab ,  welche 
an  den  Wänden  des  Glases  fest  anhängen,  und  die  Flüssig- 
keit wird  farblos. 

Durch  Kochßn  mit  etwas  Salpetersäure  wird  die  rothe 
Farbe  sehr  leicht  zerstört  und  der  Niederschlag  aufgelöst, 
ohne  dafs  er  durch  nachheriges  Neutralisiren  wieder  hervor- 
zurufen ist.    Wenn  daher  die  Auflösung  des  salpetersauren 


Gregory^  oermisehte  Noiiten.  125 

Qaecksflberoxyds  zu  sauer  ist,  so  erhält  min  weder  eine 
Färbung,  noch  FäUung.  Die  angegebene  Reaction  auf  Tyrosin 
ist  so  empfindlich,  dafs  die  kalt  gesättigte  Lösung  desselben, 
welche  in  930  Theilen  1  Thefl  Tyrosin  enthält,  selbst  bei 
mehrfachem  Verdünnen  mit  Wasser  noch  eine  entschieden 
rosenrothe  Farbe  annimmt. 


Vermischte  Notizen; 
von  Dr.  W.  Gregory  *). 


Kobaltsabe. 

Ich  habe  zwei  der  neuen  Kobaltsalze  analysirt,  welche 
vonPremy,  Genth  undCIaudet  entdeckt  wurden,  nämlich 
das  rothe  und  das  gelbe  chlorwasserstoflsaure  Salz,  die  F rem y 
chlorwasserstoffsaures  Roseokobaltiak  und  chlorwasserstoffsaures 
LoCeokobalUak  nennt. 

Ersteres  ist  Cosaj ,  5  MH,,  wie  Claude t  angiebt,  und 
enthält  keine  Spur  von  0  oder  HO,  wie  Fremy  behauptet. 
Seine  Formel  CosCls,  5  NH,  +  HO  ist  unrichtig.  Das  gelbe 
Salz  ist,  wie  er  sagt,  Co^Cls,  6  NH,. 

Benwisaures  KaU, 

Ich  habe  das  benzoesaure  Kali  untersucht,  welches  sich 
bildet,  wenn  man  Bittermandelöl  (rohes  oder  Benzoylwasser- 
Stoff?  d.  Red.}  mit  einem  Ueberschufs  von  Kali 'in  Alkohol 
behandelt.  Dieses  Salz  ist  sehr  löslich  in  Weingeist  und 
krystallisirt  daraus  sehr  leicht  und  schön,  während  Sie  das 
benzoesaure  Kali  als  unlöslich  in  Alkohol  und  kaum  krystalli- 


^  Briefliche  Mittbeilanfj^  aui  Paris  an  J.  L. 


Il 
l 


126  Gregory i  termUehU  Votiun, 

sirbar  beschreiben.  Ich  habe  das  Salz  aus  gewöhalicber 
Benzoteäure  dargestellt  und  gefunden,  dafs  es  sich  sehr 
schwierig  in  demselben  Alkohol  löst  und  nicht  wie  das  an- 
dere krystaUisirt  Die  Ursache  dieser  Verschiedenheit  habe 
ich  bis  jetzt  nicht  auffinden  können. 

Frehpälige  Umsetzung  des  Aüoxane. 

Ich  hatte  eine  grofse  Menge  Alloxan,  das  eine  besondere 
Krystallform  zeigte;  es  bildete  grofse  Massen,  die  rhomboe- 
drisch  und  auf  den  Seiten  treppenartig  waren.  Ich  vermuthe, 
dafs  diese  Krystalle  sich  in  einer  Auflösung  bildeten,  worin 
sich  noch  eine  Spur  Salpetersäure  befand.  Nach  einer 
Analyse,  die  ich  damit  anstellte,  scheinen  sie  1  Atom  Wasser 
mehr  zu  enthalten,  als  die  schönen  Krystalle,  die  Sie  mit 
Wohl  er  untersuchten,  alsp  7  anstatt  6  aq.  (ich  rede  von 
Ihrem  trockenen  Alloxan,  nicht  dem  von  Gmelin,  welches 

2  Atom  Wasser  weniger  enthält}.    Diese  Massen  waren  2  bis 

3  Jahre  in  einer  Flasche  geblieben  und  hatten  sich  im  Som- 
mer theilweise  in  eine  Flüssigkeit  und  in  Krystalle  verwandelt. 
Als  ich  sie  untersuchte  fand  ich  kein  Alloxan  mehr,  sondern 
eine  Menge  des  reinsten  Alloxantins,  sodann  einen  schön  kry- 
stallisirten  Körper  (B),  der  weder  Alloxan  noch  Ailoxantin  ist 
und  eine  grofse  Menge  eines  dritten  noch  löslicheren  Körpers 
(C),  welcher  stark  sauer  reagirt.  Die  letzte  geringe  Menge 
Mutterlauge  wurde  beim  Eintrocknen  an  der  Oberfläche  roth. 
Die  Masse  C  ist  gelblich;  ich  hatte  noch  nicht  Zeit,  dieselbe 
näher  zu  untersuchen;  gewifs  ist  diese  Umsetzung  inter- 
essant, wenn  man  bedenkt,  dafs  Alloxan  und  Ailoxantin  nur 
um  1  Aeq.  Wasserstoff  verschieden  sind.  Der  Körper  B, 
obwohl  vom  Ailoxantin  nur  durch  kaltes  Wasser  gereinigt, 
giebt  nicht  die  geringste  Färbung  mit  Barytwasser,  und  kry- 
stallisirt  sehr  leicht  und  schön.    Es  ist  kein  Alloxan. 


Gregory^  fMrmischk  NoÜMen.  12T 

PrapjfhäkohoL 
Die  Fuselöle  sind  eine  Quelle  von  neuen  Alkoholen.  Utrr 
Chancel  hat  in  dem  Fuselöl  den  Propylalkohol  entfleckt, 
nachdem  Herr  Wurtz  bereits  den  Butylalkohol  daraus  dar- 
stellte. Er  hat  18  Liter  rohes  Fuselöl  in  Arbeit  gehabt  Das 
meiste,  mehr  als  die  Hälfte,  ist  reiner  Amylalkohol.  Das  übrige 
theilt  sich  in  einen  flüchtigeren  und  einen  minder  flüchtigen 
Theil ;  ersterer  enthält  Aldehyd,  Propylalkohol  und  Butylalkohol. 
Der  minder  flüchtige  Theil,'  welcher  erst  bei  135<^  kocht,  ent- 
hält wahrscheinlich  Caprolalkohol  C,sH]402  und  den  Oenanthyl- 
alkohol  Ci4Hje02 ,  doch  ist  diefs  bis  jetzt  nicht  ausgemacht. 
Der  Propylalkohol  siedet  bei  96<^,5  und  hat  einen  nicht  unan- 
genehmen Weingeruch.  Die  Dichtigkeit  des  Dampfes  ist  2,02 
(nach  der  Rechnung  2,06}.  Mit  Schwefelsäure  bildet  der 
Alkohol  leicht  Propylschwefelsäure,  deren  Kalisalz  sehr  löslich 
in  Alkohol  und  daraus  in  langen  Nadeln  krystallisirbar  ist; 
die  Analyse  gab  KO,S08  =  48,4pC.  (die  Rechnung  48,8  pC). 
Der  reine  Alkohol  mischt  sich  nicht  mit  Wasser  in  allen  Ver- 
hältnissen, sondern  steigt  ölig  auf,  wie  die  Propylsäure.  Mit 
Buttersäure  und  Salzsäure  bildet  der  Propylalkohol  buttersaures 
Propyloxyd,  einen  Aether,  der  den  reinsten  Ananasgeruch 
besitzt. 


Darstellung  von  FerrocyanwasserstofTsSure. 


Wenn  man  eine  kalt  gesättigte  Lösung  von  Blutlaugensalz 
mit  ihrem  Volum  rauchender  Salzsäure  in  kleinen  Portionen 
vermischt,  so  entsteht,  wenn  die  Salzsäure  ganz  eisenfrei  ist, 
ein  Schnee weifser,  kalifreier  Niederschlag  von  reiner  Ferro- 
cyanwa^erstoflsäure.  Man  kann  sie  beinahe  ohne  allen  Verlust 
mit  Salzsäure  auswaschen.  Auf  einem  Ziegelstein  getrocknet 
löst  sie  sich  leicht  und  vollständig  in  Alkohol  und  kann  daraus 


i28  Scheidung  de$  Nickdi  vom  Kobali. 

durch  Ueberschichtung  mit  Aether  und  Stehenlassen  in  schönen 

salzsäurefreien  Krystallen  erhalten  werden. 

J.  L 


Scheidung  des  Nickels  vom  Kobalt. 

Wenn  man  das  Gemenge  der  beiden  Oxyde  in  Blausäure 
und  Kali  löst,  die  Lösung  im  Wasserbade  in  einer  offenen 
Porcellanschale  eine  halbe  Stunde  erhitzt-,  oder  noch  besser 
m  einem  Kolben  diese  Zeit  hindurch  im  Sieden  erhält,  so  geht 
das  Kobalt  in  Kobaltidcyankalium,  das  Nickel  in  Nickelcyanür- 
kalium  über,  welchem  letztem  durch  Quecksilberoxyd  alles 
Cyan  entzogen  und  in  Folge  .davon  das  Nickel  als  Nickeloxyd 
getäVii  wird,  während  die  Kobaltverbindung  durch  Quecksilber- 
oxyd keine  Veränderung  erleidet.  Man  erreicht  denselben 
Zweck,  wenn  man  zu  dem  Zeitpunkte,  wo  man  das  geschlämmte 
Quecksilberoxyd  eintragen  würde,  statt  dessen  die  erkaltete  Lö- 
sung der  beiden  gemengten  Cyan  Verbindungen  mit  Chlor  über- 
sättigt und  den  sich  bildenden  Niederschlag  von  Nickelcyanür 
durch  Zusatz  von  Aetznatron  oder  Kali  stets  wieder  in  Auflösung 
bringt.  Das  Chlor  hat  auf  die  Kobaltidcyanverbindung  keine 
Wirkung,  während  die  Nickelverbindung  zersetzt  und  alles 
Nickel  zuletzt  als  schwarzes  Hyperoxyd  gefällt  wird. 

Eine  Lösung  von  Kobaltoxyd  in  Cyankalium  bleibt  mit 
Alkali  versetzt  und  mit  Chlor  übersättigt  klar;  der  kleinste 
Nickelgehalt  macht  eine  tintenschwarze  Flüssigkeit  entstehen. 

Diese  Operation  darf  nicht  in  der  Wärme  vorgenommen 
werden,  indem  sonst  Kobaltoxyd  (Co^Os)  mit  dem  Nickel 
gefallt  wird,  und  es  mufs  darauf  gesehen  werden ,  dafs  beim 
Einleiten  des  Chlors  zuletzt  die  Flüssigkeit  stark  alkalisch  ist. 
Das  gefällte  Nickelhyperoxyd  ist  ganz  frei  von  Kobalt. 

J.  L 


Aufgegeben  den  16.  Juli  1853. 


ÄNNALEN 


DER 


CHEMIE  ÜOT)  PHAEMACIE 


UCXXVIL  Bandes  xweites  Hefl. 


lieber  doige  Verbindungen  des  basischen  Salpeter- 
sauren  Quecksilberoxyduls  mit  salpetersauren  Salzen ; 

von  G.  Städeler. 


Vermischt  man  mfifsig  concentrirte  Lösungen  von  salpeter- 
saurem  Quecksilberoxydul  und  salpetersaurem  Bleioxyd,  so 
entsteht  sogleich  oder  nach  wenigen  Augenblicken  ein  schwerer 
weifser  Niederschlag,  der  aus  kleinen  mikroscopischen  Octaä- 
dem  besteht,  die  gewöhnlich  mit  dem  Wärfei  combinirt  sind. 
Ans  verdünnten  Lösungen  schiefsen  allmälig  gröfsere  Kry- 
stalle  von  lebhaftem  Diamantglanz  an;  selten  aber  betrügt 
ihre  Grobe  mehr  als  i*",  nur  einmal  habe  ich  sie  von  }'' 
Durchmesser  erhalten. 

Die  Krystalle  zersetzen  sich  beim  Erhitzen  im  Glasrohr 
ohne  Al^abe  von  Wasser. 

L  2,117  Grm.  wurden  mit  concentrirter  Sabssäure  über* 
gössen  und  im  Wasserbade  zur  Trockne  verdampft.  Der 
durch  Wasche  mit  absolutem  Alkohol  von  Quecksilberchlorid 
befreite  Rückstand  wog  0,7365  Grm.  Die  weingeistige  Lösung 
wurde  verdampft,   mit  luftfreiem  Wasser  vermischt  und  mit 

Ana.  d.  ChMftte  n.  Phann.  LXXXVII.  Bd.  S.  Heft.  9 


130    Städelety  über  einigt  Verbmdwigen  des  basischen 

Schwefelwasserstoff  gefällt,  wodurch  1,2235  Grm.  Schwefel- 
quecksilber erhalten  wurden. 

II.  2,3593  Grm.  gröfserer  Erystalle  gaben  bei  gleicher 
Behandlung  0,6225  Grm.  Chlorblei. 

Demnach  besteht  die  Verbindung  aus  2  Aeq.  salpeter- 
saurem Bleioxyd  und  1  Aeq.  basischem  salpetersaurem  Queck- 
silberoxydul  =  2  (PbO,  NO»)  +  (2  Hg*0),  NO» : 

berechnet  gefunden 

27^ 


2  Aeq.  Bleioxyd                  223,12 

27,85 

27,91    2 

2    ,      Ouecksilberoxydul    416,00 

51,93 

51,82 

3    „     Salpetersäure            162,00 

■    20,22 

20,27 

801,12      100,00      100,00. 

Es  ist  auffallend,  dafs  ein  neutrales  Bleisalz  das  Zerfalleo 
des  neutralen  salpetersauren  Quecksilberoxyduls  in  basisches 
Salz  und  in  freie  Säure  veranlassen  kann;  noch  auffallender 
«ber  ist  es,  dafs  die  Bildung  des  Doppelsalzes  auch  durch 
einen  grofsen  Veberschufs  von  freier  Salpetersäure  nicht  ver- 
hindert wird.  Kocht  man  das  Salz  mit  der  sauren  Lauge,  aus 
der  es  sich  abgesetzt  hat,  so  löst  es  sich  ohne  Veränderwig 
auf,  und  schiefst  beim  Erkalten  der  Lösung  in  gröfseren  Kry- 
stallen  wieder  an.  Ebenso  verhält  es  sich  beim  Kochen  mit 
verdünnter  Salpetersäure.  Beim  Uebergiefsen  mit  reinem 
Wasser  zerfällt  es  dagegen  schon  in  der  Kälte  in  salpeter- 
saures Bleioxyd  und  in  ein  amorphes  citrongelbes  basisches 
Salz,  das  beim  Erhitzen  grünlich  wird. 

Durch  Vermischen  der  Quecksilberoxydullösung  mit  sal- 
petersaurem Baryt  erhält  man  ein  Doppelsalz,  das  der  Blei- 
Verbindung  in  jeder  Beziehung  ähnlich  ist. 

1,967  Grm.  des  Barytsalzes  wurden  mit  concenirirter 
Salzsäure  zersetzt  und  aus  der  Lösung  durch  Fällen  mit 
Schwefelwasserstoff  1,248  Grm.  Schwefelquecksilber  erhalten. 

0,8963  Grm.  gaben  0,285  Grm.  schwefelsauren  Baryt. 


tdpeters.  Qu&chsUUr^sßydub  mU  Salpeters,  ScUien.     131 

Bierans  berechnet  sich  die  Formel  2  (BaO,  NO^+C^Hg^O}, 
NO*,  wie  aus  folgender  Zusammenstellung  hervorgeht  : 

berechnet  gefanden 

2  Aeq.  Baryt  152,64     20,89       20,86 

2  „     Oaed[sflberoxydfil       416,00      56,»4       56,88 

3  „     Salpetersäure  162,00     22,17       22,26 

730,64    100,00      100,00. 

Die  entsprechende  Strontianverbindung  ist  viel  leichter 
IdsKch,  wie  die  vorhergehenden  Verbindungen ;  sie  kann  defs- 
balb  nur  bei  Anwendung  sehr  concentrirter  Lösungen  erhalten 
werden.  Am  besten  gelingt  die  Darstellung,  wenn  man  in 
einer  gesättigten  sauren  Lösung  von  salpetersaurem  Queck- 
sQberoxydul  unter  Erhitzen  salpetersaure  Strontianerde  und 
krystalHsirtes  salpetersaures  Quecksilberoxydul  auflöst  und 
erkalten  läfst  Es  schiefst  dann  zuerst  die  Strontianverbin- 
dung in  kleinen  KrystaHen,  später  überschüssiges  Queck- 
silbersalz  in  grofsen  Tafeln  an.  Die  kleineren  Krystalle 
lassen  sich  leicht  mit  der  Lauge  vom  salpetersauren  Queck- 
Silberoxydul  abgiefsen,  und  können  durch  Umkryslallisiren  aus 
derselben  Flüssigkeit,  in  der  sie  sich  beim  gelinden  Erwärmen 
aiSösen,  in  gröfseren  Krystallen  erhalten  werden. 

Die  Verbindung  ist  den  beiden  vorhergehenden  ganz 
ähnlich. 

0,335  Grm.  wurden  mit  kohlensaurem  Ammoniak  befeuchtet 
tnd  geglöht ;  der  aus  kohlensatirer  Strontianerde  bestehende 
Bückstand  wog  0,073  Gnn. 

Die  Zusammensetzung  des  Strontiansalzes  wird  mithin 
durch  Äe  Formel  2  (SrO,  NO*) +(2  Hg*0),  NO»  ausgedrückt : 

berechnet  jfcftin^co 

2  Aeq.  Strontja«  103,84  J5~ti3        15,31 

2  y,     OuecfcsilbeTOxydiil     416,00  61,01 

3  ^     Salpetei^ure  162,00  23,76 

661,84  100,00. 

9« 


132    Siädeler,  über  einige  Verbindungen  des  basischen 

Das  Strontiansalz  scheint  unter  gewissen  Umständen 
Krystallwasser  aufnehmen  zu  können,  und  damit  eine  Verbin« 
düng  zu  bilden,  die  in  Prismen  krystallisirt.  Ich  erhielt  zu 
wenig  davon,  um  sie  analysiren  zu  können.  Bekanntlich  bildet 
auch  die  salpetersaure  Strontianerde  mit  5  Atom  Wasser  eine 
Verbindung,  die  dem  monoklinometrischen  System  angehört, 
während  das  wasserfreie  Salz  in  regulären  Octaedern  an- 
schiefst. 

Die  beschriebenen  Doppelsalze  sind  sämmtlich  farblos, 
wenn  sie  aus  Lösungen  krystallisiren,  die  etwas  Salpetersäure 
enthalten,  und  wenn  während  der  Krystallisation  die  Einwir- 
kung des  Lichts  verhindert  wird.  Sie  färben  sich  schwach 
gelblich,  wenn  sie,  von  der  sauren  Lauge  bedeckt,  am  Licht 
stehen;  setzt  man  sie  im  trocknen  Zustande  der  Einwirkung 
des  Lichts  aus,  so  werden  die  Verbindungen  mit  Blei  und 
Baryt  bald  citrongelb  und  später  bräunlichgrün.  Die  Slron- 
tianverbindung  ist  fast  eben  so  empfindlich  gegen  Licht  wie 
Chlorsilber ;  sie  wird  fleischfarben,  wenn  sie  auch  nur  wenige 
Augenblicke  dem  zerstreuten  Tageslicht  ausgesetzt  wird,  und 
allmälig  verändert  sich  die  Farbe  in  ein  schmutziges  Braun. 
Durch  Umkrystallisiren  aus  heifsem  salpetersäurehalligem 
Wasser  können  die  Verbindungen  wieder  weifs  erhallen 
werden. 

Mit  salpetersaurem  Kalk ,  salpetersaurem  Silberoxyd ,  sal- 
petersaurem Quecksilberoxyd  und  salpetersaurem  Eupferoxyd 
gelang  mir  die  Darstellung  von  Doppelsalzen  nicht« 

Da  die  Verbindungen  nur  mit  solchen  Salzen  hervorge- 
bracht werden  konnten,  die  eben  so  wie  das  salpetersaure 
Quecksilberoxydul  mit  Schwefelsäure  unlösh'che  oder  wenig 
lösliche  Niederschläge  geben,  so  habe  ich  auch  den  durch 
Vermischen  von  salpetersaurem  Quecksilberoxydul  mit  Schwe- 
felsäure entstehenden  Niederschlag  untersucht.  Er  besteht 
aus  kleinen,  nicht  mefsbaren  Prismen  mit  schräger  Endfläche, 


9<äpeier$.  Queckiilberoxyduh  mit  Salpeters,  Sals^en,     133 

die  gewöhnlich  kreuzförmig'  oder  büschelförmig  verwachsen 
sind.  In  salpetersäurehaltigem  Wasser  sind  die  Krystalle-  bei 
Siedhitze  etwas  löslicher  als  in  der  Kälte;  es  gelingt  aber  durch 
Umkrystallisiren  nicht,  gröfsere  Krystalle  zu  erhalten. 

1,0265  Grm.  wurden  in  Salzsäure,  der  etwas  chlorsaures 
Kali  zugesetzt  war,  aufgelöst ;  aus  der  Lösung  wurden  0,9585 
Grm.  Schwefelquecksilber  und  0,488  Grm.  schwefelsaurer  Baryt 
erhalten. 

Das  analysirte  Salz  war  demnach  neutrales  schwefelsaures 
Qnecksilberoxydul  :  Hg*0,  SO*. 

1  Aeq.  Quecksilberoxydul 

1    „     Schwefelsäure 

248  100,00  100,07. 
Beim  Erhitzen  im  Glasrohr  schmilzt  es  zu  einer  tief  rolh- 
braunen  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  zu  einer  weifsen 
krystalUnischen  Masse  erstarrt.  In  etwas  stärkerer  Hitze 
gablimirt  es  vollständig,  wobei  ein  geringer  Theil  in  metalli- 
sches Quecksilber  und  schwefelsaures  Quecksilberoxyd  zer- 
fallt. Wird  das  Salz  der  Einwirkung  des  Lichts  ausgesetzt, 
so  "Wird  es  bald  grau;  wie  es  scheint,  wird  dabei  ebenfalls 
Oxydsalz  gebUdet. 


beredinet 

geranden 

208      83,87 

83,72 

40      16,13 

16,35 

lieber  die  Säuren  des  Rapsöls; 
von  Demselben. 


Vor  Kurzem  hat  Websky*)  im  Laboratorium  des  Hm. 
Dr.  Sonnenschein  in  Berlin  eine  Untersuchung  des  Rapsöls 


*)  Joorn.  f.  pract.  Chem.  LYIII,  449. 


i34  StädeUr^  über  die  S&urm  des  Bap$ol$. 

unternoniinen ,  bei  der  es  sicli  berausstellte ,  itb  dasselbe 
zwei  fette  Süuren,  gebunden  gn  Lipyioxyd,  enthält.  Die  eine 
dieser  Säuren  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur  fest»  schmitel 
zwischen  33  und  33®  C.  und  krystallisirt  aus  der  weingeisti- 
gen Lösung  in  langen  weifsen  Nadeln.  Die  andere  eeigt  bei 
0*  nur  Spuren  Yon  Krystallisation  und  ist  der  Oeisiiure  ahn** 
lieh.  Beide  Söuren  lassen  sich  als  Bleiverbiadungen  leiobt 
trennen;  das  Bleisalz  der  ölförmigen  Säure  ist  in  Aether 
löslich,  das  der  festen  Säure,  die  Websky  Brassinsäure 
nennt,  löst  sich  nicht  in  Aether.  Das  Silbersalz  der  Brassin- 
säure ist  leicht  zersetzbar  und  wird  an  der  Luft  und  am  Licht 
rasch  braun. 

Die  Eigenschaften  dieser  Säure  stimmen  ganz  mit  denen 
der  Erucasäure  überein,  die  Darby*}  vor  einigen  Jahren 
im  Laboratorium  des  Prof.  Will  aus  dem  fetten  Senföl  dar- 
gestellt hat.  Diese  schmilzt  bei  34®  und  erstairt  wieder  bei 
33®;  aus  weingeistiger  Lösung  krystallisirt  sie  in  glänzenden 
Nadeln,  ihr  Silbersalz  färbt  sich  bald  dunkel  und  die  Bleiver- 
bindung löst  sich  nicht  in  Aether.  Die  Zusammensetzung  der 
Erucasäure  wird  nach  den  Analysen  der  reinen  Säure,  sowie 
der  Silber-,  Blei-  und  Barytsalze  durch  die  Formel :  C««H<*0^ 
=  HO,  C**H*»0»  ausgedrückt. 

Die  Brassinsäure  soll  nach  Websky  aus  C**H**0*  be- 
stehen; die  folgende  Vergleichung  zeigt  aber  hinreichend, 
dafs  auch  ihre  Zusammensetzung  mit  der  Erucasäure  über- 
einstimmt : 

Enicaignre  BragsinsSore 

44  Aeq.  Kohlenstoff    geT^fsJl  78^12*'*^i24^'^7M0 

42    „     Wasserstoir     42      12,43  12,52      12,63      12,54 

4    „     Sauerstoff        32        9,46  9,36        9,13        9,06 

338    100,00  100,00    100,00    100,00. 


*)  Diese  Annalen  LXIX,  1. 


Siädeler^  über  die  Säuren  de»  BapsöU.  135 

Im  brassinsauren  Natron  fand  Websky  8,5  pC.  Natron, 
die  Formel  NaO,  C^m^'O»  verlangt  8i,6  pC.  Efi  uDterliegl 
demnach  keinem  Zweifel,  dafs  die  Brassinsäure  mit  der  Eruca«* 
sKore  identisch  ist. 

Auch  die  jOUissige  Säure  dea  Rapsöls  scheint  nicht  ver- 
schieden zu  seyn  von  der  des  Senföls;  beide  unterscheiden 
sich  aber  wesentlich  von  der  Oelsäure.  Die  Säure  des  Rapses 
giebt,  nach  Websky,  bei  der  trockenen  Destillation  keine 
Fettsäure,  und  das  Barytsalz  der  aus  Senföl  dargestellten 
Säure  fand  Darby  der  Formel :  BaO,  C»'H»«0*  entsprechend 
zusammengesetzt. 

Es  scheint  kein  Versuch  gemacht  worden  zu  seyn,  um 
zu  entscheiden,  ob  dieses  Barytsalz  noch  Wasser  enthalten 
habe;  die  Zusammensetzung  desselben  deutet  indefs  deutlich 
darauf  hin,  und  man  könnte  also  seine  Formel  =  BaO, 
C**H'*0«  +  aq.  schreiben.  Die  nicht  an  Basen  gebundene 
Säure  würde  dann  dieselbe  Zusammensetzung  haben  wie  die 
Döglingsäure ,  die  Scharling"^}  aus  dem  Thrane  einer  Del- 
phinart abgeschieden  hat.  Diese  Säure  ist  aber  jedenfalls 
nicht  identisch  mit  der  flüssigen  Säure  des  Senföls ,  und  da 
Darby's  Analysen  des  Barytsalzes  auch  mit  der  Formel  BaO, 
C^^^fQt  +  2  aq.  übereinstimmen  : 

berechnet gefunden 

40  Aeq.  Kohlenstoff     ^^240  60,7i  60,57 

39    „     Wasserstoff        39  9,87  9,81 

5    „     Sauerstoff  40  10,11  9,74 

1    „     Baryt  76,32      19,31  19,88 

395,32    100,00        100,00 

80  ist  es  möglich,  dafs  die  Zusammensetzung  der  Senfölsäure 
durch  die  Formel  C«H"0*.  =  HO,  C*«H»'0»  ausgedrückt 
werden  mufs. 


*)  Joarn.  f.  pract  Cfaem.  XUII,  257. 


136  Städelery  iSiber  die  Samen  des  Rapsöls. 

Ich  habe  bei  einer  früheren  Gelegenheit  *}  darauf  auf- 
merksam gemacht,  dafs  eine  Reihe  von  homologen  Säuren 
zu  existiren  scheine,  deren  Zusammensetzung  durch  die  ge- 
nerelle Formel  C"H^'0^  ausgedrückt  werden  müsse,  die  sich 
also  von  den  Säuren  aus  der  Reihe  OHK)^  nur  durch  einen 
Mindergehalt  von  zwei  Aequivalenten  Wasserstoff  unterschei- 
den. —  Wie  aus  der  folgenden  Zusammenstellung  hervorgeht, 
sind  bis  jetzt  6  dahin  gehSrige  Säuren  näher  bekannt  : 

C*-«0*  OB»0* 

C**H*H)*  Erucasäure  C**H*H)*  Behensäure 

C»«H"0*  Döglingsäure        C»«H»»0*  Stearinsäure 
C"H»*0*  Oelsäure  C»«H»*0*  Margarinsäure 

Csogsto4  Moringasäure       C^H'^O*  Cetinsäure  (Bensäure) 
C"H"0*  Damalursäure       Ci*H»*0*  Oenanthsäure 
C*  H*  0*  Acrylsäure  C«  H«  0*  Propionsäure. 

Wahrscheinlich  gehören  in  dieselbe  Reihe  noch  die 
Senfölsäure  :  C^®B'*0^?,  ferner  das  von  Heintz  aus  den 
Barytsalzen  der  Wallrathsäuren  abgeschiedene  Oel :  C^V^H)^?, 
das  ebenso  wie  die  gewöhnliche  Oelsäure  neutral  reagirt, 
und  die  Damolsäure  :  C^^i'^O^  ? ,  die  sich  neben  Damalur- 
säure im  abgedampften  Harn  findet. 

Von  der  Erucasäure  (Brassinsäure},  der  Rübölsäure  und 
der  Döglingsäure  ist  nachgewiesen  worden,  dafs  sie  mit  der 
Oelsäure  die  Eigenschaft  gemein  haben,  durch  Einwirkung 
von  salpetriger  Säure  in  isomere  krystallinische  Säuren  über- 
zugehen; diese  Eigenschaft  kommt  vielleicht  sämmilichen 
Gliedern  der  C'^H^-^O*  zu,  und  es  ist  dann  nicht  unwahr- 
scheinlich, dafs  einige  andere  krystallinische  Säuren,  deren 
Zusammensetzung  mit  der  Formel  OH'^^O^  übereinstimmt,  die 
aber  mit  der  Oelsäure  nicht  in  eine  Reihe  gestellt  werden 


*)  Nachr.  der  Gesellsch.  der  WiMeofch.  sa  CUMtinfen  1850. 


Siädelety  Qefäfte  sir  Aufbewahrung  der  Fhtfeeäure.  i37 

köoneB,  namentlich  die  CampholsKare  :  C^^^^O^  ond  die 
Angelicasäure  :  C^^fi'O^,  der  Elaidinsäure  angereiht  wer-» 
den  müMen. 


Geföfse  zur  Aufbewahrung  der  FlufssSure; 

von  Demselben. 


Der  häufigeren  Anwendung  der  Flufssäure  bei  der 
Analyse  der  Silicate  und  Borate  stand  bisher  der  Umstand 
hiedemd  entgegen,  dafs  zu  ihrer  Aufbewahrung  sehr  kost- 
bare Gefäfse  erforderUch  waren;  man  pflegte  defshalb  die 
Säure  für  den  jedesmaligen  Gebrauch  in  kleiner  Menge  dar- 
"  zustellen,  was  mit  einem  verhältnirsmärsig  grofsen  Aufwand 
von  Zeit  und  Mühe  verbunden  war. 

Ich  habe  beobachtet ,  dafs  Percha  und  vulkanisirtes 
Kautschuck  der  Einwirkung  der  Flufssäure  sehr  gut  wider- 
stehen; diese  Stoffe  bieten  defshalb  em  geeignetes^  Material 
dar  zur  Anfertigung  von  Gefäfsen ,  die  zur  Aufbewahrung  der 
Säure  dienen  sollen. 

Seit  länger  als  einem  halben  Jahr  benutzte  ich  für 
diesen  Zweck  eine  Perchaflasche ,  die  ich  von  Herrn  Martin 
Wallach  in  Cassel  erhalten  habe.  Sie  hat  die  Form  eines 
länglichen  Medicinglases,  und  kann  durch  einen  Pfropfen  von 
Percha  verschlossen  werden.  Die  darin  aufbewahrte  Säure 
war  so  concentrirt,  dafs  sie  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
Dämpfe  ausstiefs;  dessenungeachtet  bemerkt  man  an  der 
Flasche  keine  weitere  Veränderung,  als  dafs  die  innere  Wand 
derselben  etwas  heller  geförbt  ist,  als  die  äufsere.    Die  Säure 


188  StädeUr^  Oefifse  mtr  Atifhewaknmg  (br  Fhfuäure. 

selbst  sei^e  mch  bis  auf  den  letzten  Tropfen  Tollkommen 
kbur  und  farblos. 

Die  FluTssäure  könnte  defshalb  sehr  gut  in  Fabriken  an- 
gefertigt und  in  Perchaflaschen  versandt  werden. 

Zur  Darstellung  der  Säure  benutze  ich  einen  Kolben  von 
Blei 9  der  die  Form  eines  Digerirglases  hat,  dessen  Hals  ab- 
gesprengt ist.  Er  hat  etwa  b**  inneren  Durchmesser,  und 
die  Weite  des  sehr  kurzen  Halses  beträgt  gegen  1}'^  In 
die  ausgedrehte  Mündung  wird  ein  gut  schliefsendes  weites 
Bleirohr  von  4f'  Länge  gesteckt ,  dessen  oberes  Ende  etwas 
zusammengezogen  ist,  damit  es  durch  einen  gewöhnlichen 
Flaschenkork,  der  ein  zweischenkliches  dünnes  Bleirohr 
trägt,  verschlossen  werden  kann.  Der  längere  Schenkel 
dieses  Rohrs  ist  6'^  lang;  man  verbindet  ihn  mit  einer  dick- 
wandigen Röhre  von  vulkanisirtem  Kautschuck  von  belie- 
biger Länge,  die  in  die  zur  Aufbewahrung  der  Flufssäure 
bestimmte  Perchaßasche  mündet.  Wegen  der  leichten  Ab- 
Sorption  des  FluorwasserstofTgases  und  der  damit  verbun- 
denen Gefahr  des  Zurücksteigens  läfst  man  die  Kautschuck- 
röhre während  der  Darstellung  der  Säure  das  vorgelegte 
Wasser  nicht  berühren,  und  trägt  für  eine  gute  Abküh- 
lung Sorge. 

Der  Apparat  ist  bei  den  angegebenen  Dimensionen 
leicht  zu  reinigen ,  und  die  Verlängerung  des  Kolbens  durch 
ein  weites  Bleirohr  macht  das  Ueberspritzen  von  Gyps  und 
Schwefelsäure  unmöglich. 


i39 


Veher  den  Asphalt  aus  dem  Kanton  Neuenburg ; 

von  Dr.  C.  Völckel, 

Professor  der  Chenüe  und  Physik  in  Solothum. 


A.     Vorkommen y  Gewinnung,  Verwendung  und  Verarbeihmg 

des  AsphalUtems, 

Der  Aspbaltstein  im  Kantone  Neuenbürg  wird  zwischen 
den  Dörfern  Couvet  und  Travers  gefunden.  Von  letzterer 
Ortschaft  hat  auch  das  Thal  den  Namen  erhalten.  Dieses 
Traversthal  wird  südlich  von  der  Fortsetzung  des  Crenx  da 
vent  und  nördlich  von  dem  Mont  de  Couvet  eingeschlossen. 
Es  bildet  ein  Muldenthal,  indem  beidseitig  der  obere  Jura 
mit  sanfter  Neigung  ansteigt.  Der  Grund  des  Thaies  wird 
von  Molassegebilden  erfüllt,  in  die  sich  das  Flüfschen  Reuse 
sein  Bett  gegraben  hat.  Eine  Viertelstunde  westwärts  von 
dem  Dorfe  Travers  an  dem  rechten  Ufer  dieses  Flüfschens 
tritt  zwischen  dem  oberen  Jura  und  den  Molasseschichten 
die  Kreideformation  zu  Tage  als  Grünsand,  Neocomienkalk- 
und  Mergel.  Dieser  gelbliche  Neocomienkalk  ist  daselbst  mit 
Erdharz  durchdrungen  und  wird  als  Asphaltstein  ausgebeutet. 
Der  Asphaltstein  bildet  ein  über  30  Fufs  mächtiges  Lager, 
das  von  Süd  nach  Norden  geneigt  ist.  Der  Asphaltstein  ist 
von  mCsiger  Farbe,  giebt  bei  dem  Zerschlagen  den  bitumi- 
nösen Geruch  und  enthält  10  bis  20  pC.  Erdharz  (Asphalt). 
Die  Ausbeutung  geschieht  durch  Sprengung  des  Gesteins  mit 
Pulver.  In  diesem  Zustande  heifst  er  Rohasphalt.  Dieser 
wird  ohne  weitere  Beimischung  zu  Fahrbahnen  von^  Strafsen 
und  Brückoi  verwendet.  Zu  diesem  Behufe  werden  die 
Asphaltblöcke  in  faustgrofse  Stücke  zerschlagen  und  diese  in 
einer  grofsen  eisernen  Pfanne  mäfsig  erwärmt.  Der  Asphaltstein 
zerftQt  hierdurch  zu  einer  pulverförmigen  Masse.  In  diesem 
Zustande  wird  die  Masse  über  die  zu  asphaltirende  Bahn  ans- 


140  Völckel^  über  den  Asphalt  aus 

g^reitet  und  mit  einer  schweren  Strafsenwalze  geebnet, 
womit  die  Operation  beendigt  ist  Die  Asphaltlage  ist  unge- 
fähr 0,04  Meter  dick.  Diese  Asphaltbahnen,  wovon  im  Kanton 
Neuenburg  mehrere  Beispiele  zu  sehen  sind,  haben  sich  auf 
das  Yortheilhafteste  bewährt.  Die  Strafse  ist  zu  jeder  Jahr- 
zeit trocken  und  eben,  und  die  schwersten  Lastwagen  lassen 
kaum  merkliche  Gleii^e  zurück. 

Die  weitaus  gröfste  Anwendung  besitzt  jedoch  der  Asphalt- 
Stein  in  der  Form  von  Asphalt -Mastix.  Die  Herstellung  ist 
folgende  :  Der  Asphaltstein  wird  in  Stücke  zerkleinert  und 
mit  Anwendung  von  gelinder  Wärme  zu  Pulver  gemahlen. 
Dieses  Asphaltpulver  wird  mit  einem  Zusätze  von  3  pC.  Mi- 
neraltheer  (goudron  mineral) ,  der  in  vorzüglicher  Qualität 
in  Dax  (Departement  des  Landes  in  Frankreich)  gewonnen 
wird,  bei  starker  Hitze  und  unter  beständigem  Umrühren 
zu  einem  dicken  Brei  geschmolzen  und  in  beliebige  Formen 
(Asphaltbrode)  vvon  ungefähr  50  Pfund  Gewicht  gegossen. 
In  dieser  Form  kommt  der  Asphalt  in  den  Handel  und  sucht 
beinahe  alle  bevölkerten  Gegenden  auf,  da  seine  Anwendung 
stets  im  Steigen  begriffen  ist.  Die  hauptsächlichste  Anwen- 
dung des  Asphaltes  geschieht  :  1)  für  Belegungen  von  Trot- 
toirs,  Terrassen,  flachen  Dächern,  Corridors,  Kirchen,  Hof- 
räumen,  Bad-  und  Waschanstalten,  Treppen  etc.;  2)  für 
Einfahrten,  Stallungen,  Dreschtennen;  3}  für  Isolirschichten 
bei  Mauerfundamenten.  Die  Verarbeitung  des  Asphalt-Mastix 
für  alle  diese  Anwendungen  bietet  wenig  Verschiedenheit  dar. 
Die  Asphaltbrode  werden  in  Stücke  zerschlagen ,  in  einem 
eisernen  Kessel  mit  ungefähr  3  pC.  Mineraltheer  (goudron) 
geschmolzen  und  mit  besonders  sortirtem  und  gewaschenem 
Kiese  bei  starker  Hitze  zu  einem  gleichmäfsigen  Brei  ver- 
arbeitet. Dieser  Brei  wird  auf  die  zu  asphaltirende  und  be- 
sonders zubereitete  Fläche  zwischen  Stäben,  die  die  Dicke 
der  Asphaltlage  bestimmen,    aufgegossen,    und   mit   einem 


dem  Kanion  Neuenburg.  141 

hölzernen  Spatel  geebnet,  und  anf  der  Oberfläche  entweder 
mit  Sand  abgerieben  (taloche)  oder  mit  feinem  Kies  bestreut 
(granile}.  Die  Dicke  der  AsphaUlagen  beträgt  für  die  erste 
Art  der  obigen  Anwendmigen  0,012  Meter,  für  die  zweite 
0,030  und  für  die  letzte  0,10  Meter.  Die  Erfahrung  hat  ge- 
lehrt, dafs  bei  gehöriger  Sorgfalt  bei  den  Vorarbeiten  und 
der  Zubereitung  des  Materials  Asphaltlagen  herzustellen  sind, 
die  allen  Einflüssen  der  Witterung,  dem  Wasser,  ja  sogar 
dem  Feuer  Trotz  bieten,  und  ihrem  Zwecke  vollkommen  ent- 
sprechen. Allein  an  vielen  Orten  sind  diese  Arbeiten  in 
Mifskredit  gekommen,  weil  man  von  schlechtem  oder  künstlich 
zubereitetem  Material  Gebrauch  machte,  ujid  weil  man  den 
Asphalt  der  Oeconomie  wegen  statt  mit  Mineraltheer  (goudron 
mineral}  mit  Steinkohlen-  oder  Holztheer  mischte,  oder  sonst 
den  Vorarbeiten  und  der  Verarbeitung  des  Asphalt -Mastix 
nicht  die  gehörige  Sorgfalt  widmete  *}. 


Der  Asphaltstein  (Rohasphalt)  ist  in  derben  Stücken  zähe, 
kleinere  Stücke  dagegen  lassen  sich  leicht  zerbrechen.  Bei 
gelindem  Erwärmen  verliert  er  seine  Cohäsion  und  zerftUt 
zu  Pulver.  Bei  starkem  Erhitzen  zersetzt  sich  das  Erdharz, 
es  bleibt  mit  Kohle  gemengter  kohlensaurer  Kalk  zurück.  Von 
verdünnter  Salzsäure  wird  derselbe  nur  wenig  angegriflen. 

Uebergiefst  man  kleine  Stücke  des  Asphaltsteins  mit  ab- 
solutem Alkohol,  so  Tärbt  sich  dieser  nur  schwach  gelb. 
Aether  dagegen  löst  das  im  Asphaltstein  enthaltene  Harz  sehr 
leicht  mit  brauner  Farbe  auf.  Es  bleibt  ein  Rückstand  von 
pulverförmigem  kohlensaurem  Kalk ,   der  nur  schwach  braun 


*)  Diese  techiiigchen  Notizen  verdanke  ich  der  Geffilligkeit  eines  Freun- 
des,  der  sidb  speciell  mit  Aspbaltarbeitea  bescUtfUgt 


143  Völekel,  über  den  ÄtpkaU  au» 

geülrbt  tot,  tuir  wenig  organische  Materie  enthlüt,  usd  dittcb 
fflähen  bei  Zutritt  der  Luft  sieb  sehr  leicht  weifs  brennt 

Das  nach  dem  Verdunsten  der  ätherischen  Lösung  zu-^ 
rückbleibende  weiche  Harz  ist  von  schwarzbrauner  Farbe, 
unlöslich  in  Alkohol ,  leichtlöslich  in  Terpentinöl  Die  weiche 
Beschaffenheit  rührt  von  eingeschlossenem,  schwer  flüchtigem 
Oele  her. 

Ein  diesem  ganz  ähnliches  Harz  findet  sich  in  dem  Mi- 
neraltheer  von  Dax.  Dieser  ist,  wie  er  im  Handel  vorkommt, 
eine  schwarze,  etwas  weiche,  elastische  Masse,  die  schwerer 
ist  als  Wasser,  und  bei  dem  Erwärmen  leicht  schmilzt.  We- 
der Alkohol  noch  eine  concentrirte  Auflösung  von  Aetzkali 
lösen  das  Geringste  von  diesem  Theer^auf.  Er  unterscheidet 
sich  dadurch  wesentlich  von  dem  Holztheer,  oder  dem  daraus 
bereiteten  Pech,  welches  letztere  sich  sehr  leicht  in  Alkohol 
und  Kalilauge  löst. 

Aether  löst  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ungefähr 
die  Hälfte  des  Mineraltheers  von  Dax  mit  tiefbrauner  Farbe 
auf;  der  in  Aether  unlösliche  Theil  ist  ein  braunes  Pulver, 
das  im  Aeufsem  die  gröfste  Aehnlichkeit  mit  dem  Ulmin  hat. 

Die  ätherische  Lösung  trübt  sich  bei  dem  Vermischen 
mit  absolutem  Alkohol,  indem  sich  das  aufgelöste  Harz  in 
braunen  Flocken  abscheidet,  die  sich  nach  und  nach  zu  einer 
schwarzbraunen  weichen  Masse  vereinigen.  Bei  einem  grofsen 
üeberschufs  von  Alkohol  bleibt  nur  eine  kleine  Menge  flüch- 
tiges Oel  in  der  Mischung  von  Alkohol  und  Aether  gelöst. 

Das  auf  diese  Weise  abgeschiedene  oder  einfach  durch 
Verdunsten  der  ätherischen  Lösung  erhaltene  Harz  behält 
selbst ,  wenn  es  längere  Zeit  einer  Temperatur  von  100®  C. 
ausgesetzt  worden  war,  seine  weiche  Beschaffenheit,  indem 
die  zähe  Beschaffenheit  des  Harzes  das  Entweichen  des  schwer 
flüchtigen  Oels  verhiAdert. 


dem  Kcmkm  Neuenburg.  I4S 

Dieses  Harz  ist  wobl  identisdi  mit  dem  Asphalten. 
BoQSsingault  bezeichnet  damit  das  in  Aelher  und  Terpen«« 
tinöl  lösliche  Erdharz  von  Bechelbronn.  Um  dasselbe  von 
den  flüchtigen  Oelen  zu  befreien,  erhitzte  Boussinganlt 
dasselbe  in  einem  Oelbade  so  lange  bei  250  bis  SSO''  C.  bis 
es  nichts  mehr  an  Gewicht  verlor.  Das  Asphalten  ist  nach 
Bonssingault  schwarz,  stark  glänzend ,  von  mnschligen 
Bruch,  und  schwerer  als  Wasser.  Bei  30^  C.  wird  es  v^eieh 
und  elastisch;  stärker  erhitzt,  zersetzt  es  Sich  vor  dem 
Schneisen.  Bonssingault  fand  dasselbe  m  100  Theilen 
zusammengesetzt  aus  : 

Kohlenstoff    75,3 

Wasserstoff    9,9 

Sauerstoff     14,8 

100,0. 

Der  zweite  Bestandtheil  des  Mineraltheers  von  Dax,  der  in 
Aether  unlösliche  braune  Körper,  ist  ein  in  allen  Lösungsmitteln 
unlösliches  Harz.  Dasselbe  schmilzt  erst  bei  ziemlich  hoher 
Temperatur,  bläht  sich  auf,  und  verbrennt,  bei  Zutritt  der 
Luft  erhitzt,  mit  stark  rufsender  Flamme,  unter  Zurücklassung 
von  viel  aufgeblähter  Kohle ,  welche  bei  der  Verbrennung 
eine  grofse  Menge  eisenhaltiger  Asche  giebt.  Da  es  nicht 
möglich  war,  diesen  Körper  rein  zu  erhalten,   so  wurde  die 

Elementaranalyse  unterlassen. 

f 

B.    Asphaliöl 

Bei  der  Destillation  des  Asphaltsteins  in  eisernen  Cylin- 
dem  wird  ein  eigenfhümliches  flüchtiges  Gel  erhalten.  Dieses 
Gel  hat  einen  dem  Mineraltheer  ähnlichen  Geruch  und  schwa- 
chen Geschmack.  Es  ist  in  Wasser  unlöslich,  in  Alkohol  und 
Aether  leicht  löslich ,  und  .  verbrennt  mit  stark  leuchtender 
rufsender  Flamme. 


i44  Völckel,  ilber  dm  Ai^haU  au$ 

Das  Oel  war,  wie  ich  dasselbe^erhiett ,  von  braungelber 
Farbe.  Bei  der  Destillation  sowohl  Tür  sich  als  mit  Wasser 
geht  das  Od  stets  gelblich  gertirbt  über.  Selbst  die  Desiilla- 
lion  mit  Kalilauge  oder  über  festes  Aetzkali  nimmt  dem  Oele 
die  gelbe  Faite  nicht  ganz.  Es  behält  auch  nach  mehreren 
Destillationen  stets  einen  Stich  ins  Gelbe.  Diese  gelbe  Farbe 
rührt  von  einer  kleinen  Menge  eines  gelbgefärbten  Oels  her, 
das  bei  der  Destillation  mehrerer  Harze,  besonders  des  Copals, 
in  gröfserer  Menge  erhalten  wird. 

Für  die  folgende  Untersuchung  wurde  das  rohe  Asphaltöl 
mit  einer  concentrirten  Kalilösung  geschüttelt,  hierauf  mit 
Wasser  destillirt,  über  Chlorcalcium  entwässert,  und  für  sich 
in  einer  Retorte  mit  eingesenktem  Thermometer  destillirt. 

Das  Oel  beginnt  schon  bei  90®  C.  zu  kochen ;  der  Siede- 
punkt erhebt  sich  aber  rasch  auf  120®  C;  es  destillirt  nun 
der  gröfsere  Theil  des  Oels  bis  200®  C.  über ,  der  kleinere 
theil  von  200  bis  250®  C.  Bei  dieser  letzteren  Temperatur 
bleibt  eine  geringe  Menge  eines  dickflüssigen,  stark  gefärbten 
Oels  als  Rückstand. 

Das  specifische  Gewicht  des  von  90  bis  200®  C.  über- 
gehenden Oels  ist  =  0,817  bei  15®  C. 

Das  specifische  Gewicht  des  von  200  bis  250®  C.  über- 
gehenden Oels  ist  =  0,868  bei  15®  C. 

0,2035  Grm.  des  ersteren  Oels  gaben  0,652  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,214  Grm.  Wasser. 

0,244  Grm.  des  von  200  bis  250®  C.  übergehenden  Oels 
gaben  0,783  Grm.  Kohlensäure  und  0,254  Grm.  Wasser. 

Diefs  giebt  in  100  Theilen  : 

I.  n. 

KohlensloflP   87,37       87,55 

Wasserstoff  11,65        11,56 
Sauerstoff       0,98         0,89 

100,00      100,00. 


dem  Kimion  Neuenburg.  145 

Aus  diesen  Analysen  ergiebt  sich,  dafs  das  Asphaltöl  aus 
gleich  zusammengesetzten  Kohlenwasserstoffen  besteht,  und 
da(s  diese  Kohlenwasserstoffe  mit  einer  kleinen  Menge  eines 
sauerstoffhaltigen  gelben  Oels  vermischt  sind.  Naphthalin 
ündet  sich  nicht  in  dem  Oele,  denn  weder  der  zuerst,  noch 
der  zuletzt  übergehende  Theil  des  Oels  setzt  in  der  Kulte 
etwas  Festes  ab. 

Das  Asphaltöl  hat  ganz  genau  dieselbe  procentische  Zu- 
sammensetzung wie  das  bei  der  Destillation  des  Bernsteins 
eriialtene  Bemsteinöl,  wie  es  sich  aus  den  unten  folgenden 
Analysen  von  Döpping  (diese  Annalen  LIV,  239}  ergiebt. 

Das  mit  verdünnter  Schwefelsäure  und  Aetzkali  gereinigte 
und  über  Chlorcaicium  entwässerte  Bemsteinöl  beginnt  nach 
demselben  bei  140^  C.  zu  kochen.  Der  Siedepunkt  ist  jedoch 
nicht  constant.  Das  zwischen  160  und  170^  C.  übergehende 
und  über  kleine  Stücke  gebrannten  Kalkes  rectificirte  Bem- 
steinöl ist  nach  den  Analysen  von  Döpping,  wenn  dieselben 
nach  dem  neuen  Aequivalent  des  Kohlenstoffs  umgerechnet 
werden,  in  100  TheUen  zusammengesetzt  aus  : 

L  II. 

Kohlenstoff    87,59       87,70 

Wasserstoff  11,54        11,51 

Sauerstoff       0,87         0,79 

100,00      100,00. 

Auch  in  dem  übrigen  Verhalten  zeigt  das  Asphaltöl  die 
gröfste  Aehnlichkeit  mit  dem  Bemsteinöl.  Von  verdünnter 
Salpetersäure  wird  das  Asphaltöl  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
braun  gefärbt;  bei  dem  Erwärmen  verwandelt  es  sich  unter 
Entwickelung  von  rothen  Dämpfen  grofsentheils  in  eine  gelbe 
harzartige  Hasse,  die  nach  Moschus  und  Bittermandelöl  riecht. 
Concentrirte  Salpetersäure  bewirkt  dasselbe,  nur  ist  die  Ein- 
wiiicung  viel  heftiger. 

Aanal.  d.  Cb«mie  n.  Phu-Di.  LXXXVII.  Bd.  2.  U«ft.  10 


14$  Völckel,  über  den  AsphaU  aus 

Conoentrirte  Schwefelsäure  löst  unter  Erwärmen  einen 
Theil  des  Asphaltöls  auf,  der  andere  Theil  sammelt  sich  auf 
.  der  dickflüssigen  roth  gefärbten  Schwefelsäure  an.  Dieser 
Theil  des  Asphaltöls  ist  durch  die  Schwefelsäure  gleichfalls 
roth  gefärbt.  Derselbe  wurde  abgenommen,  noch  einigemal 
mit  frischer  Schwefelsäure  geschüttelt,  von  der  Schwefel- 
säure getrennt,  mit  Kalilösung  behandelt,  und  hierauf  mit 
Wasser  destillirt. 

Das  übergegangene  vollkommen  farblose  Oel  besitzt 
einen  von  dem  nicht  mit  Schwefelsäure  behandeltai  Oele 
ganz  verschiedenen ,  nicht  gar  starken ,  aber  angenehmen 
Geruch. 

Das  durch  längere  Berührung  mit  Chlorcalcium  entwäs- 
serte Oel  beginnt  bei  90^  C.  zu  kochen;  es  geht  jedoch  bis 
120«  C.  nur  wenig  Oel  über.  Von  120«  C.  an  erfolgt  die 
Destillation  rascher.  Das  bis  250«  C.  übergehende  Oel  wurde 
in  mehreren  Portionen  aufgefangen. 

Erste  Portion  von  90  bis  120«  C. ;  spec.  Gewicht  0,784 
bei  15«  C. 

Zweite  Portion  von  120  bis  150«  C;  spec.  Gewicht  0,790 
bei  15«  C. 

Dritte  Portion  von  150  bis  180«  C;  spec.  Gewicht  0,802 
bei  15«  C. 

Vierte  Portion  von  180  bis  200«  C;  spec.  Gewicht  0,817 
bei  15«  C. 

Fünfte  Portion  von  200  bis  220«  C;  spec.  Gewicht  0,845 
bei  15«  C. 

Sechste  Portion  von  220  bis  250«  C. ;  spec.  Gewicht  0,867 
bei  15«  C. 

Die  Analysen  dieser  6  Portionen  Oel  lieferten  folgende 
Resultate  : 

I.    0,302  Grm.  der  ersten  Portion  gaben  0,970  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,336  Grm.  Wasser. 


dem  Kanion  Neuenhtarg.  147 

D.    0,2235  Gnn.   der  zweiten  Portion  gaben  0,718  Gnn. 
Kohlensäure  nnd  0,848  Gnn.  Wasser. 

III.  0,227  Gm.  desselben  Gels  gaben  0,729  Grm.  Kohlen- 
süare  und  0,256  Gnn.  Wasser. 

IV.  0,258  Grm.  der  dritten  Portion  gaben  0,82fl  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,293  Grm. 

V.    0,201   Grm.    der   vierten  Portion  gaben  0,644  Gnn. 

Kohlensäure  und  0,230  Grm.  Wasser. 
VI.    0,236  Grm.  der  fünften  Portion  gaben  0,757  Grm.  Koh- 
lensäure und  0,268  Grm.  Wasser. 
Vn.    0,268  Grm.   der  sechsten  Portion  gaben  0,859  Grm. 
Kohlensäure  und  0,300  Grm.  Wasser. 
In  100  Theilen  : 

I«        II.       in.       IV.       V. "     VI.      VII. 

Kohlenstoff  87,56   87,59   87,56   87,31    87,34   87,48   87,40 
Wasserstoff  12,34    12,30   12,60   12,59    18,69    12,60   12,40. 
Diese  Zahlen  führen  zu  der  Formel  :  C«Hs. 
6  Aeq.  Kohlenstoff   450,00       87,80 

5    „     Wasserstoff     62,50        12,20 

518,50      1Ö5;ÖÖ. 

Derjenige  Theil  des  Asphaltöls,  welcher  nicht  von  der 
concentrirten  Schwefelsäure  aufgelöst  wird ,  besteht  demnach 
aus  mehreren  flüchtigen  Gelen  von  der  Formel  :  n  (C^U^y 
Der  Geruch  dieser  Gele  ist  sich  fast  gleich.  In  dem  übrigen 
Verhalten  zeigen  sie  keinen  Unterschied.  Diese  Oele  sind 
unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Aether. 
Sie  verbrennen  mit  stark  leuchtender  rufsender  Flamme. 
Von  concentrirter  Schwefelsäure  werden  dieselben  nur  wenig 
angegriffen.  In  concentrirter  Salpetersäure  lösen  sie  sich  nicht 
auf.  Bei  dem  Kochen  mit  dieser  Säure  destiUirt  der  gröfste 
Theil  derselben  unverändert  ab;  nur   ein  kleiner  Theil  wird 

* 

in  schweres  gelbes  Gel  umgeändert,    das  bei  der  Destillation 

mit  Wasser  farblos  erhalten  wird. 

10* 


148    Volckely  über  den  AsplutU  aus  dem  Kanton  Neuenburg. 

In  der  chemischen  Zusammensetzang  stimmen  diese  Oele 
fast  ganz  mit  den  flüchtigen  Oelen  des  Bemsteinöls  überein, 
die  bei  dem  Behandeln  des  Bernsteinöls  mit  concenirirter 
Schwefelsäure  sich  auf  letzterer  ablagern.  Der  Theil  der- 
selben, welcher  bei  200^  C.  übergeht,  besteht  nämlich  nach 
den  Analysen  von  Döpping,  berechnet  nach  dem  Aequiva- 

lent  des  Kohlenstoffs  =  75,  in  100  Theilen  aus  : 

I.  n. 

Kohlenstoff    87,48       87,32 

Wasserstoff  12,06  11,98. 
Dieselbe  Zusammensetzung  besitzt  auch  das  Petrolen,  ein 
flüchtiges  Oel,  das  Boussingault  aus  mehreren  Erdhar- 
zen, besonders  aus  dem  von  Bechelbronn,  durch  Destillation 
mit  Wasser  erhalten  hat.  Es  ergiebt  sich  nämlich,  wenn  die 
früheren  Analysen  von  Boussingault  nach  dem  neuen  Aequi- 
valent  des  Kohlenstoffs  umgerechnet  werden ,  für  dasselbe 
folgende  Zusammensetzung  : 

1.  IL  in.  IV. 

Kohlenstoff  87,36  86,78  87,45  86,98 
Wasserstoff  11,90  12,20  12,30  12,70. 
Obgleich  nun  kein  Zweifel  hinsichtlich  der  Zusammen- 
setzung der  Oele  des  Asphaltöls  obwaltet,  welche  daraus  durch 
concentrirte  Schwefelsäure  abgeschieden  werden,  so  läfst  sich 
dagegen  in  Betreff  der  Zusammensetzung  derjenigen  Oele, 
welche  von  der  concentrirten  Schwefelsäure  aufgelöst  und 
verändert  werden ,  doch  nichts  bestimmtes  sagen.  Aus  der 
Yergleichung  der  Analysen  des  nicht  mit  Schwefelsäure  be- 
handelten Asphaltöls  mit  der  Zusammensetzung  der  Oele 
n  CCeH«}  wird  es  jedoch  wahrscheinlich,  dafs  diejenigen  Oele, 
welche  von  der  concentrirten  Schwefelsäure  aufgelöst  werden, 
die  Zusammensetzung  des  Terpentinöls  besitzen.  Das  Asphaltöl 
besteht  ungefähr  zur  Hälfte  aus  diesen  Oelen. 


149 

Untersuchungen  Ober   die  wasserfreien  organischen 

Säuren ; 
von  Ch.  Gerhardt. 

(Fortoetimig  und  Schlaft  der  S.  84  abgebrocbencn  Abhattdlang.) 


Woiserfreie  Essigsäure.  —  Es  wurde  oben  (S.  82)  ange- 
geben, dafflbei  der  Destillation  derBenzoesäure-Essigsäure  sich 
diese  Verbindung  zu  wasserfreier  Benzoesäure  und  wasserfreier 
Essigsäure  spaltet;  wird  die  Temperatur  nicht  über  150^  gestei* 
gert,  so  verdichtet  sich  in  der  Vorlage  nur  wasserfreie 
Essigsäure. 

Diese  Zersetzung  erklärt  eine  Bildungsweise  der  wasser- 
freien Essigsäure,  die  auf  den  ersten  Blick  sehr  sonderbar 
erschemt;  ich  meine  die  Einwirkung  des  Chlorbenzoyls  auf 
essigsaures  Kali.  Erhitzt  man  nämlich  Chlorbenzoyl  mit  einem 
Ueberschufs  von  geschmolzenem  essigsaurem  Kali,  indem  man 
die  flüssige  Chlorverbindung  tropfenweise  zu  dem  Sa|ze  treten 
lälst,  so  geht  wasserfreie  Essigsäure  über,  welche  durch  ein- 
malige Rectification  über  frisches  essigsaures  Kali  vollkommen 
rein  erhalten  werden  kann. 

Bei  der  Einwirkung  des  Chlorbenzoyls  auf  essigsaures 
Kali  bildet  sich  oflenbar  Benzocfsäure-Essigsäure  und  Chlor- 
kalium, und  bei  der  hohen  Temperatur,  bei  welcher  diese 
Einwirkung  vor  sich  geht  (Chlorbenzoyl  und  essigsaures  Kali 
wirken  nicht  schon  in  der  Kälte  aufeinander  ein,  wie  das 
Chloracetyl  und  benzoesaures  Kali},  spaltet  sich  die  Benzo^- 
säure-Essigsäure  in  der  angegebenen  Weise  zu  wasserfreier 
Essigsäure  und  wasserfreier  Benzoesäure  : 

CtHgKO,        +        C,HsC10      =      CtHsOs  +  CIK 


wigf.  Kali. 

ChiorbenzoyU 

Benzo^sfiare- 
Eifigsiure. 

2  C,H,0, 

=        C«H.O, 

+        CmH.^O, 

Beosodsflare- 

Wasserfreie 

Wasserfreie 

EMigsäure. 

Ewigsfiure. 

Benso^säare. 

150  Gerhardt^  Vntermchtmgen  über  die 

Der  Beweis  dafür,  dals  die  Zersetzung  lo  diesem  Siane 
vor  sich  geht,  liegt  in  der  Gegenwart  einer  beträchtlichen 
Menge  von  benzoesäurem  oder  vielmehr  von  zweifach-henwi- 
saurem  Kali  in  dem  Rückstand,  Welches  sich  durch  secundäre 
Einwii4[ung  der  wasserfreien  SenKo^aüre  auf  «hs  «ber9chttl$sige 
essigsaure  Kali  gebildet  hat.  Yertheilt  man  diesen,  gewöhnlich 
gefärbten,  Rückstand  von  der  Einwirkung  des  Chlerbefizoyls 
auf  ess^saiires  Kali  in  Wasser,  so  erhtii  man  eine  uBlösliche 
oder  mindestens  sehr  wenig  lösliehe  Masse,  welche  nach  an- 
gemessenem Waschen  utid  Trocknen  sich  in  einer  grofeen 
Menge  siedenden  Alkohols  «oflöst  und  sich  bei  dem  Erkalten 
daraus  in  schönen  farblosen  perlmutterglänzenden  Blättern 
absdieidet,  die  in  kaltem  Wasser  sehr  wtmg  löslich,  in  alka- 
lischen Flüssigkeften  zrenilich  teicht  lösltch  sind ;  aus  letzt^Mi 
Lösungen  schlagen  Mineralsäuren  Behzo^sftve  nieder. 

0,365  dieser  Blätter  gaben  0,109  schwef^anres  Kau; 
daraus  berechnen  sich  für  diese  Verbindung  13,4  pC.  Kalimn. 
Die  Formel  des  zweifach-bieikzoasauren  Kalis 

CuHn«04  =  C^HsKO,  +  C,HeO, 
verlangt  13,8  pC.  Kalium. 

Die  eben  angegebene  Darstellongsweise  ist  sehr  vor* 
theübafl,  wenn  es  sidi  darum  handelt,  rasch  vollkommen  reine 
wasserfreie  Essigsäure  zu  bererteto;  aber  wenn  man  grofse 
Mengen  derselben  darsteilen  wiD,  so  bedieM  inan  sich  besser 
des  Pfaosphoroxychiorids.  Mah  kattä  zu  diesem  Ende  das 
rohe  Phospikeroxydilorid  anwenden  ^  welches  man  bei  der 
DarsteDui^  des  CMoAenzoyls  aus  Ben2oi3säiilre  «md  Phosphbr- 
superchiorid  als  Nebenprodnct  erhäH.  Idi  verfahre  dann,  wie 
bei  der  Darstellung  des  Chloraeetyls,  intern  ich  das  Ph0sq[»fcor- 
oxychlorid  tropfenweise  zu  dem  geschmolzenen  esiägsauren 
^Kali  zutreten  lasse;  aber  anstatt  die  zuerst,  ohne  künstliche 
Erwärmung,  überg^ende  Flüssigkeit  fiir  sk^h  aufzufangen, 
destillire    ich    diese    nämliche   Flüssigkeit   wiederholt    über 


waiser freien  orgam$chen  Säuren.  ibi 

esfligsaiires  Kali,  bis  sie  frei  von  Chlorverbindang  ist.  Es 
genügen  übrigens  hierfür  drei  bis  vier  Rectificationen ,  und 
die  Operation  löfst  sich  bei  Anwendung  von  hinlKngUch  vielem 
essigsaurem  Kali  rasch  zu  Ende  Tühren.  Da  sich  die  wasser- 
freie Essigsäure  mit  dem  essigsauren  Kali  verbinde!  und  diese 
Verbindung  erst  bei  einer  ziemlich  hohen  Temperatur  zersetzt 
wird,  mufs  man  Tür  diese  Rectificaiionen  eine  bedeutend  be- 
trächtlichere Hitze  anwenden,  als  für  die  Darstellung  des 
CUoracetyls.  Zuletzt  rectificlrt  man  das  Product  für  sich, 
indem  man  die  geringe  Menge  Flüssigkeit,  die  schon  vor 
137^,5  übergeht  (gewöhnliche  oder  gewässerte  Essigsäure; 
Chloracetyl),  bei  Seite  schafft  und  nur  das  bei  dieser  Tem- 
peratur Ueberdestillirende  aufsammelt.  Nach  diesem  Ver- 
fahren erhielt  ich  bei  Anwendung  von  400  Grm.  essigsaurem 
Kali  und  150  Gramm  rohem  Phosphoroxychlorid  (welches 
noch  etwas  Chlorbenzoyl  enthielt)  etwa  100  Grm.  reine  was- 
serfreie Essigsäure. 

Auch  die  Darstellung  der  wasserfreien  Essigsäure  mittelst 
des  Phosphorchlorids  PCI,  geht  leicht  vor  sich.  Man  läfst 
dieses  Chlorid  tropfenweise  zu  geschmolzenem  essigsaurem  Kali 
treten  (1  Theil  Phosphorchlorid  zu  etwas  mehr  als  dem  dop- 
pelten Gewicht  an  essigsaurem  Kali};  es  destillirt  zuerst, 
ohne  dafs  man  zu  erwärmen  braucht,  Chloracetyl  fnit  noch 
etwas  Phosphorchlorid  gemeng^t  über;  man  erhält  so  etwa 
die  Hälfte  von  dem  Gewicht  des  angewendeten  Phosphor- 
chlorids an  Chloracetyl.  Aber  dann  mufs  man  erhitzen,  und 
es  destillirt  etwa  der  dritte  Theil  des  angewendeten  Phos- 
phorchlorids an  wasserfreier  Essigsäure  über,  die  von  Chlor- 
verbindung frei  ist.  Nur  enthält  das  so  dargestellte  Product 
Spiffen  von  phosphorhaltiger  Substanz,  von  der  Zersetzung 
des  Rückstands  von  phosphorigsaurem  Salze  herrührend;  es 
lült  nicht  geradezu  das  salpetersaure  Silberoxyd,  aber  dieses 
nimmt  dadurch  eine  bräunliche  Färbung  an  und  setzt  nach 


152  Gerhardt^  Vnlenuchungen  über  die 

einiger  Zeit  einige  braune  Flocken  ab.  Auch  nimmt  man  einen 
schwachen  lauchartigen  Geruch  an  der  so  dargestellten  was- 
serfreien Essigsäure  wahr.  Durch  eine  neue  Rectification 
über  essigsaures  Kali  erhält  man  sie  rein. 

Die  wasserfreie  Essigsäure  bildet  eine  vollkommen  farb- 
lose, leichtbewegliche,  das  Licht  stark  brechende  Flüssigkeit, 
welche  aufserordentlich  stark,  der  gewöhnlichen  Essigsäure 
ähnlich  aber  stärker,  und  zugleich  an  den  Geruch  von  Weifs- 
dornblüthen  erinnernd  riecht.  Ihr  spec.  Gewicht  ist  1,073 
bei  20^,5,  also  so  ziemlich  dasselbe  wie  das  der  gewässerten 
Essigsäure  CiHaOi  +  aq.  mit  dem  Maximum  der  Dichtigkeit. 
Sie  kocht  constant  bei  IST^'jS,  bei  750^  Barometerstand.  Ihr 
Dampf  reizt  die  Augen  stark. 

Sie  mischt  sich  nicht  unmittelbar  mit  Wasser;  in  diese 
Flüssigkeit  gegossen  sinkt  sie  in  Form  ölartiger  Tropfen  zu 
Boden,  die  sich  erst  dann  auflösen,  wenn  man  eine  Zeit  lang 
schüttelt  oder  schwach  erwärmt. 

Folgende  Analysen  dienten  zur  Peststellung  der  Zusam- 
mensetzung der  wasserfreien  Essigsäure  : 

I.    0,358  mittelst  Chlorbenzoyl  bereiteter  Substanz  gaben 

0,615  Kohlensäure  und  0,193  Wasser. 
II.    0,303   mittelst  Phosphoroxychlorid   bereiteter  Substanz 
gaben  0,521  Kohlensäure  und  0,160  Wasser. 

Auf  100  Theile  berechnet  : 

Gefanden  Berechnet 

I.  11.^  ' 

Kohlenstoir  46,87  46,89  C4  48  47,05 
Wasserstoff  5,95  5,87  H.  6  5,88 
Sauerstoff     47,18       47,24         0,    48        47,07 


100,00      100,00  102      100,00. 

Diese  Zusammensetzung  wird  bestätigt  durch  die  Dampf- 
dichte der  wasserfreien  Essigsäure.    Diese  ergab  sich  : 


woiserfreien  organischen  Säuren.  153 

Gefanden  Bertchnet 

Lofttemperatiir  1 1  * 

Lafidrock  7^3»» 

Temper.  d.  Dampfs  240*  4Yol.KohIeiiftoffdaropf  3,316 

Ueber^ew.  d.  BaUoni  0^285  Grm.  6   »    Wafseratoff  0,414 

Bimnlicbk.  d.  Balloos  288,5  CC.  3    „    Saueratoff  3,315 

Zurttckgcblieb.  Luft        15  CC.  7,045 

Mmpfdichte  .  3,47  2     —^fi^' 

Man  sieht,  dafs  zwischen  der  Dampfdichte  der  wasser- 
freien Essigsaure  und  der  der  gewöhnlichen  oder  gewässerten 
Essigsäure  dieselbe  Beziehung  obwaltet,  wie  zwischen  der 
Dampfdichte  des  Aethers  und  der  des  Alkohols  : 

2  Volmne  2  Volume 

C4He0s  wasserfreie  Essigsäure.        C4H10O  Aether.  . 

CiH«Os  gewässerte  Essigsäure.  C^HgO  Alkohol. 
Die  wasserfreie  Essigsäure  geht  in  Berührung  mit  feuch** 
ter  Luft  in  gewässerte  über;  auch  mufs  man  sie  in  woU 
verschlossenen  Gefäfsen  aufbewahren.  In  Berührung  mit 
Anilin  bringt  sie  eine  beträchtliche  Wäimeentwickelung  her- 
vor, und  das  Product  wird  bei  dem  Erkalten  zu  einer  aus 
Aceianäid  bestehenden  Krystallmasse.  Es  bildet  sich  kein 
Anüinsalz,  wenn  man  verhältnifsmäfsig  zum  Anilin  einen  ge« 
ringen  Ueberschufs  von  der  wasserfreien  Essigsäure  an* 
wendet. 

Rauchende  Schwefelsäure  erhitzt  sich  in  Berührung  mit 
wasserfreier  Essigsäure;  es  entwickelt  sich  Kohlensäure  und 
eine  gepaarte  Verbindung  entsteht,  deren  Bleisalz  gummi- 
artig ist. 

Bringt  man  Kalium  mit  wasserfreier  Essigsäure  zusammen, 
so  tritt  eine  sehr  lebhafte  Einwirkung  ein;  ein  Gas  entwickelt 
sich ,  welches  sich  nicht  entzündet,  wenn  man  das  Kalium  nur 
in  sehr  kleinen  Stücken  der  Flüssigkeit  zusetzt,  und  nach 
einiger  Zeit  wird  die  Flüssigkeit  zu  einer  Masse  von  Nadeln. 
Diese  bestehen  aus  einem  wasserfreien  sauren  essigsauren 
Salz,  welches  ich  sogleich  näher  beschreiben  werde. 


154  Gerhard tj  Unier9uckungen  tifrer  die 

Ein  drittes  Product,  dessen  Bildung  bei  dieser  Einwirkung 
man  beobachtet,  ist  eine  angenehm  ätherartig,  an  den  Essigäther 
erinnernd  riechende  Substanz.  Dieser  Geruch  läfst  sich  an  dem 
krystalHsirten  Rückstand  von  der  Einwirkung  des  Kaliums  ganz 
deutlich  neben  dem  der  wasserfreien  Essigsäure  wahrnehmen, 
namentlich  wenn  man  diesen  Rückstand  zur  Beseitigung  des 
Ueberschnsses  von  Säure  mit  kohlensaurem  Natron  neutralisirt. 
Dieser  Ueberschurs  scheidet  sich  dann  an  der  Oberfläche  als 
ölige  Schichte  aus,  und  verschwindet  erst  bei  längerem 
Schütteln ;  es  schien  mir,  als  ob  die  riethetide  Substanz,  die 
wahrscheinlich  eki  In  Wasser  lösliches  Oel  ist,  die  Auflösung 
der  wasserfreien  Säure  sehr  verzögerte. 

Fein  granulirtes  Zink  wiitl  wie  das  Kalium  ein^  aber 
mit  weniger  Lebhaftigkeit  und  erst  bei  der  Temperatur  des 
Wasserbades.  Das  Gas,  welches  ich  erst  durch  eine  Lösung 
von  Aetzkali  streichen  licfs,  war  geruchlos,  entzündlich,  und  sein 
Verbrennungsproduct  trübte  das  Ka&wasser  nicht;  es  ivar  also 
nur  Wassersto%as.  Der  Rückstand  enthielt  ein  lösliches  Zink- 
salZ)  w^hes  man  in  mikroscopischen  Krystallen  auf  dem  Metall 
vbgehrg^rl  sehen  konnte.  Als  die  ttberschüssige  wasserfreie 
SSure  mit  koMensaurem  Natron  gesättigt  worden  war,  zeigte 
sich  der  Geruch  nach  derselben  riechenden  Substanz,  deren 
idi  so  eben  erwähnte ;  als  endlieh  das  Gas ,  ohne  es  erst 
duTth  Kalilösong  streichen  zu  lassen,  aufgesammelt  worde, 
zeigte  es  in  hohem  Grade  diesen  äthertartigen  Geruch,  brannte 
mit  bläulicher  Flamme ,  und  ^  sein  Verbrennungsproduct  Mite 
dann  das  Kalkwasser. 

Levder  ist  die  Einwirkung  des  Zinks  zu  wenig  energisch, 
und  sie  wird  nach  einiger  Zeit  durch  das  auf  dem  Metall  sich' 
abscheidende  Salz  beeinträchtigt,  welches  in  der  ttberschttssi« 
gen  wasserfreien  Säure  nicht  löslich  ist.  Es  wäre  von  Inter- 
esse ,  diese  Einwirkung  der  Metalle  auf  die  wasserfreie  Essig- 
säure zu  untersuchen. 


tooMSerfreien  organiicken  Säuren.  155 

Wasserfreies  uaeifack-^ssigsaures  KcM.  —  Ich  habe  oben 
rines  Salzes  erwähnt,  welches  sich  bei  der  Einwirkung  von 
Kalium  auf  die  wasserfreie  Essigsäure  bildet.  Dasselbe  Salz 
erhält  man,  wenn  man  geschmolzenes  essigsaures  Kali  in 
wasserfreier  Essigsäure  bei  Siedehitze  auflöst.  Es  bilden  sich 
dann  bei  dem  Erkalten  farblose,  in  Wasser  sehr  leichtlös- 
liche Nadeln,  welche  indessen  weniger  zerfliefslich  sind  als 
das  einfach-essigsaure  Kali,  Das  neue  Salz,  durch  Auspressen 
von  der  überschüssigen  wasserfreien  Essigsäure  gereinigt  und 
über  Schwefelsäure  getrocknet,  hält  sich  an  der  Luft,  wenn 
diese  nicht  allzu  feucht  ist,  während  einiger  Stunden;  legt 
roart  das  wässerfreie  zweifach-essigsaure  Kali  und  das  einfach- 
essigsaure Kali  neben  einander,  so  sieht  man  das  letztere  fast 
Sogleich  zerOiefsen ,  während  das  erstere  während  längerer 
^it  Irocken  bleibt.  Doch  wird  auch  das  zweifach-essigsaure 
Kali  allmälig  feucht  und  zerfliefst  zuletzt  gänzlich.  Wird  es 
Im  trockenen  Zustai^e  ethitzt,  so  ent\yickelt  sich  wasserfreie 
Essigsäure  und  reines  einfach-essigsaures  Kali  bleibt  zuräck. 
0,364  des  Salzes  gaben  0,212  schwefelsaures  Kali  oder 
26,10  pC.  Kalium;  die  Formel  2  C,HsKOa,  C4He0s,  welche 
eine  Vetbindung  \on  einfach-essigsaurem  Kali  und  wasser- 
freier Essigsäure  aasdrückt,  verlangt  26,17  p€.  Kalium. 

Wasserfreie  BuUersäure.  —  Man  erhält  diese  Verbindung 
leicht  durch  Einwirkung  von  4  Theiien  getrockneten  butter- 
sauren  Natrons  auf  2  Theile  Phosphoroxychlorid ;  man  verfährt, 
wfe  bei  der  Darstellung  ^r  wasserfreien  Essigsättre,  indem 
man  das  Phosphoroxycblorid  tropfenweise  auf  das  buttersaure 
Salz  fetll^  läfst.  Ist  die  Einwirku)ng  beendigt ,  so  unterwirft 
man  das  Product  der  Destillation ;  man  destillirt  es  noch  ein- 
mal vber  bttUersaures  Natron ,  um  es  von  dem  noch  nicht 
umgewandelten  Ohlörttftyryl  zu  befreien,  und  recli&cHl  es 
zuletzt,  wobei  man  nur  das  bei  190^  Uebergehende  auITangt; 
dds  hei  einer  niedrigeren  TemperaHnr  Uebergehende  enikält 


156  Gerhardt^  Untenuchungen  über  die 

eine  gewisse  Menge  gewässerter  Buttersäure,  deren  Bildung 
sich  fast  nicht  vermeiden  läfst,  da  das  buttersaure  Natron  ein 
serfliefsliches  Salz  ist. 

Man  kann  die  wasserfreie  Buttersäure  auch  darstellen, 
indem  man  in  einer  Retorte  5  Theile  Chlorbenzoyl  undSTheile 
getrocknetes  buttersaures  Natron  mischt.  Die  wasserfreie  But- 
tersäure destiilirt  dann  bei  dem  Erhitzen  des  Gemenges  über. 
Man  reinigt  sie,  indem  man  sie  zuerst  über  buttersaures  Na- 
tron, dann  für  sich  allein  rectificfrt. 

Die  wasserfreie  Buttersäure  ist  eine  farblose,  leicht  be- 
wegliche, das  Licht  stark  brechende  Flüssigkeit;  ihr  spec. 
Gewicht  ist  0,978  bei  12o,5.  Ihr  Geruch  ist  sehr  stark,  aber 
nicht  so  unangenehm,  wie  der  der  gewässerten  Buttersäure; 
er  erinnert  an  den  des  Buttersäureäthers.  Sie  kocht  bei 
etwa  190®. 

0,445  wasserfreie  Buttersäure  gaben  0,990  Kohlensäure 
und  0,356  Wasser. 

Auf  100  Theile  bezogen  : 

Gefunden  Berechnel 

Kohlenstoff  60,67  C,         96"       60,76  ^ 

Wasserstoff  8,87  H,4        14         8,86 

Sauerstoff   30,46  0,         48       30,38 

100,00  158      100,00. 

Die  angegebene  Formel  wird  durch  die  Dampfdichte  be- 
stätigt, hinsichtlich  welcher  sich  ergab  : 

Gefunden  Berechnel 

Lnfttemperatar  12%5 

Luftdruck  761»» 

Temper.  d.  Dampfs  263«  SVolKohlenftoifdampf  6,632 

üebergew.  d.  Ballons  0,715  Grm.  14  ,    lYassersloff          0,936 

Rftumlicfak.  des  Ballons  331,5  CC.  3   ,,    Sauerstoff             3,315 

Zorfickgeblieb.  Luft  16  CC.  10,8^ 

Dampfdicbte  5^  2~*  ' 


wasserfreien  organischen  Säuren.  157 

Die  wasserfreie  Buttersäure  wird  durch  Feuchtigkeit  all« 
malig  zu  gewässerter.  Bei  Zusatz  dieser  Verbindung  zu 
Wasser  mischt  sie  sich  nicht  sogleich  damit,  sondern  schwimmt 
an  der  Oberfläche  in  Form  eines  farblosen  Oels. 

Die  wasserfreie  Bnttersäure  erhitzt  sich  beim  Zusammen- 
bringen mit  Anilin,  und  es  bildet  sich  Brdyranäid^  dessen 
Beschreibung  weiter  unten  folgen  wird. 

Die  wasserfreie  Valeriansäure  und  die  wasserfreie  Ben^ 
fU>esäure^V(üeriansäure  hat  Chiozza  dargestellt*},  ferner 
auch  die  wasserfreie  Caprylsäure  und  Pelargonsäure**^^  und 
auch  die  wasserfreie  Caipronsäure  ^  Angelicasäure  ^  ÄngeUea-' 
säure^Bewtoisaure  und  Nilrozimmisäure  ***}. 

Wasserfreie  Ameisensäure  darzustellen  gelang  mir  nicht. 
Mischt  man  vorher  geschmolzenes  und  gepulvertes  ameisen- 
saores  Natron  mit  Chlorbenzoyl,  so  zeigt  sich  in  der  Kälte 
fast  gar  keine  Einwirkung ; '  die  Temperatur  des  Gemisches 
erhöht  sich  ein  wenig,  und  die  beiden  Substanzen  scheinen  sich 
einfach  mit  einander  zu  vereinigen;  aber  bei  geringer  Erwär- 
mung tritt  eine  sehr  lebhafte  Einwirkung  ein.  Es  zeigt  sich 
eine  reichliche  Gasentwicklung,  und  man  sieht  in  der  Retorte 
Nadeln  von  Benzoesäure  sublimiren.  In  der  Vorlage  ver- 
dichtet sich  keine  Flüssigkeit,  und  der  vollkommen  weifse 
Rückstand  besteht  nur  aus  Chlomatrium  und  freier  Benzoe- 
säure, welche  man  durch  Waschen  mit  kaltem  Wasser  isoliren 
kann.  Das  sich  entwickehide  Gas  ist  reines  Eohlenoxyd. 
Folgende  Gleichung  erläutert  die  stattfindende  Einwirkung  : 
CHNaO,  +  C,H»C10.=  NaCl  +  C,HeO,  +  CO. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  sich  zunächst,  durch  doppelte 
Wahlverwandtschaft,    Chlornatrium  und  wasserfreie  Benzoö- 


*)  Biege  Anoalen  LXXXIV,  106. 
♦•)  Daselbsl  LXXXV,  229. 
•**)  DaMlbül  LXXXVI,  259.  D.  R. 


158  Gerhardt,  ünienydumgen  Über  die 

säure -Ameisensäure  bilden,  welche  letztere  im  Entstehungs- 
znstand  zu  Benzoesäure  und  Kohlenoxydgas  zerfällt. 

Der  Rückstand  riecht  stark  nach  Ameisensäure,  aber 
diefs  könnte  von  einer  secundären  Einwirkung  herrühren, 
welche  die  Benzoesäure  auf  das  überschüssige  ameisensaure 
Natron  ausübt. 

Mischt  man  ameisensaures  Natron  mit  wasserfreier  Ben-» 
zoesaure  und  erhitzt  die  Masse  gelinde,  so  sublimirt  sich 
gewässerte  (gewöhnliche)  Benzoesäure,  während  zugleich 
sieh  Kohlenoxyd  entwickelt.  Doch  stdht  die  Mischung  auch 
einen  starken  Geruch  nach  Ameisensäure  aus. 

Wasserfreie  Nit'obeivtois&ure.  —  Die  Darstellung  dieser 
Verbindung  gelingt  leicht  mittelst  getrockneten  iiitrobenzoe- 
sauren  Natrons  (8  Thefle)  und  Phosphoroxychlorid  (1  Theil} ; 
man  braucht  nur  die  beiden  Substanzen  in  einem  kleinen 
Kolben  auf  einander  einwirken  zu  lassen  und  die  Mischung 
in  einem  auf  150^  erwärmten  Baume  sich  selbst  zu  überhaaen, 
bis  der  Geruch  nach  Chlornitrobenzoyl  gänzlich  verschwunden 
ist  Das  Product  hinterläfst  nach  dem  Waschen  mit  kaltem 
Wasser  eine  weifse,  in  siedendem  Alkohol  und  siedendem 
Aether  fast  unlösliche  Masse,  die  weniger  leicht  schmilzt  als 
«He  gewöhnliche  Nitrobenzoesäure.  Aber  die  wasserfreie 
Nitrobenzoesäure  wird  bei  dem  Waschen  allzu  rasch  zu  ge? 
wohnlicher  (gewässerter)  Nitrobenzoesäure,  als  dafs  man  sie 
ganz  rein  und  in  einem  für  die  Analyse  geeigneten  Zustande 
erhalten  könnte. 

Wasserfreie  BeMoäßäure'>-Nitroben»oisäuire  ist  beständiger, 
als  die  vorhergehende  wasserfreie  Säure;  man  erhält  sie 
leicht  mittelst  5  Theilen  Chlorbenzoyl  und  7  Tbeilen  getrock- 
neten nitrobenzoesauren  Natrons.  Die  Einwirkung  geht  bei 
gelinder  Erwärmung  vollständig  vor  sich.  Das  Product  ist  in 
der  Wärme  syrupartig,  wird  aber  beim  Ericalten  fest.  Man 
erwärmt  es  mit  ein  wenig  Wasser,  um  die  Masse  aufzuweichen 


WQMterfreien  argtmüchen  Saurem.  159 

und  90  die  Auflösung  des  Chlornatriums  zu  befördern,  wasehl 
mit  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  und  löst  den  pulverigen 
Rüdestand  nach  dem  Trocknen  in  einer  sehr  kleinen  Menge 
heifsen  Alkohols,  aus  welchem  sich  die  Benzoesäure -Nitro- 
benzoesfiure  beim  Erkalten  krystaliinisch  abscheidet. 

Was$erfreieSalicyl9äure.--^Vi^n  kann  sie  erhalten,  indem 
man  Pbosphoroxychlorid  auf  getrocknetes  salicylsaures  Natron 
einwirken  läfst,  wobei  man  wie  bei  der  Darstellung  der  vor- 
hergehenden Verbindungen  verführte.  Aber  die  Einwirkung 
geht  nicht  so  scharf  wie  mit  den  andern  Sahen  vor  sich, 
denn  selbst  wenn  man  die  beiden  Substanzen  genau  in  dem 
richtigen  Aequivalentgewichtsverhältnifs  anwendet  (6  Aequi- 
valente  salicylsaures  Salz  auf  1  Aequivalent  Pbosphoroxy- 
chlorid) ,  beobachtet  man  stets  die  Entwicklung  einer  gewissen 
Menge  Chlorwasserstoff.  Dieser  letztere  rührt  her  von  einer 
seenndären  Einwirkung,  wie  ich  sogleich  genauer  angeben 
werde. 

Das  Product  der  Einwirkung  von  Pbosphoroxychlorid  auf 
salicylsaures  Natron  ist  äufserst  hart  und  sehr  schwer  von 
dem  Geräfse  loszumachen;  bei  dem  Erhitzen  mit  Wasser  wird 
es  zu  einer  weichen  zähen  Masse,  welche  erst  nach  einiger 
Zeit  wieder  fest  wird.  Diese  klebrige  Masse  löst  sich  theil- 
weise  in  siedendem  Alkohol,  und  scheidet  sich  daraus  beim 
Erkalten  in  Form  eines  dicken  Oeles  ab,  welches  gleichfalls 
erst  nach  einiger  Zeit  fest  wird;  es  ist  wasserfreie  Salicyl- 
säore  C14H10O5,  so  viel  sich  wenigstens  nach  seinem  Ver- 
halten zu  Alkalien  urtheilen  läfst ,  durch  welche  es  leicht  zu 
salicylsanrem  Salze  wird.  Siedender  Aether  löst  es  gleich- 
falls und  hinterläfst  es  bei  dem  Verdunsten  in  Form  einer 
biegsamen  Masse.  Durch  die  Einwirkung  siedenden  Wassers 
wird  es  sauer  reagirend. 

Der  Theil  der  klebrigen  Masse,  welcher  sich  in  sieden- 
dem Alkohol  nicht  auflöst,  hat  eine  merkwürdige  Zusammen- 


IfiO  Gerhardt,  üniersudnmgen  Über  die 

setzmig,  und  seine  Bildung  erklärt  die  Entwickelung  von 
Ciilorwasserstoff  bei  der  Einwirkung  des  Phosphoroxychlorids 
auf  das  salicylsaore  Natron.  Socoloff  hat  in  meinem  Labo- 
ratorium einige  Versuche  über  diese  Substanz  angestellt,  und 
mir  Folgendes  darüber  mitgetheilt  :  Die  Substanz  ist  im  trock- 
nen Zustand  weifs  und  pulverförmig,  amorph;  siedendes  Wasser 
wirkt  darauf  nicht  ein ,  kochender  Aether  löst  sie  nicht  und 
kochender  Aftohol  nur  äufserst  wenig.  Sie  schmilzt  beim 
Erhitzen  zu  einer  durchsichtigen  Flüssigkeit,  welche  beim  Er- 
kalten zu  einer  durchscheinenden  MasSe  gesieht.  0,394  dieser 
Substanz  gaben  0,996  Kohlensäure  und  0,130  Wasser;  d.  i. 
in  Procenten  : 

Gefunden       Berechnet 

Kohlenstoff     68,9  70,0 

Wasserstoff      3,6  3,3. 

Die  jgfefundencn  Zahlen  lassen  sich  nur  mit  dem  Ae([ui- 
YalentverhäUnifs  Ci4H«04  in  Einklang  bringen,  d.  i.  1  Aeq. 
wasserfreie  Salicylsäure  —  1  Aeq.  Wasser.  Nach  dieser 
Formel  erklärt  sich  auch  die  bei  der  Einwirkung  von  Phos- 
phoroxychlorid  auf  salicylsaures  Natron  stattfindende  Entwick- 
lung von  Chlorwasserstoff,  denn  man  hat  : 

iCuH,       O4  Salicylid 

C,.H,.      0.  Was«5rfr.  SaUcylf. 

£.0.  ^'  P  5Är  "pralron 
H,  Ci,     Cfaiorwaifentoff 


C„H,oNa40i,Ci,P  =  C„H,oNa40„Ci,P. 

Bis  jetzt  kannte  man  nur  eine  einzige  Säure,  die  Milchsäure, 
welche  zwei  aus  ihr  durch  Austreten  von  Wasser  sich  ab- 
leitende Verbindungen  giebt;  die  neue  Verbindung,  von 
welcher  eben  hier  die  Rede  ist,  entspricht  offenbar  dem 
Lactid  von  Pelouze  und  J.  Gay-Lussac.  Man  kann  sie 
als  Salicylid  bezeichnen.  Sie  wird  durch  eine  siedende  Lö- 
sung von  kohlensaurem  Natron  nicht  verändert;  siedende 
Ammoniakflüssigkeit  wirkt  nur  langsam  darauf  ein ,  aber  Kali 


iDOMMerfreim  argwmchm  Säuren.  161 

verwandelt  sie  ziemlich  rasch  in  salicylsaures  Kall.  Die  Lo- 
sung in  Kali  wurde  mit  Schwefelsäure  neutralisirt,  das  schwe- 
felsaure Kali  mittelst  Alkohol  ausgefällt ,  die  darüber  stehende 
Flüssigkeit  bis  zum  Verschwinden  des  Geruchs  nach  Alkohd 
eingedampft,  dann  mit  Salpetersäure  gefällt ;  der  Niederschlag 
gab  nach  dem  Auflösen  in  Ammoniak  und  Zusatz  von  salpe- 
tersaurem Silberoxyd  einen  weifsen  Niederschlag  von  sali- 
cylsaurem  Silberoxyd.  Aus  0,429  dieses  im  Wasserbade  ge- 
trockneten Salzes  erhielt  Socolof  f  0,188  Silber,  also  43,8 pC. 
Theoretisch  berechnen  sich  44,1  pG. 

Man  könnte  vielleicht  das  eigentliche  ChhrsaUcyl*)  aus 
Pbosphoroxychlorid  und  einem  salicylsauren  Alkali  erhalten, 
wenn  man  erstere  Substanz  im  Ueberschufs  vorhanden  seyn 
liefse  und  eine  allzustarke  Erhitzung  der  Mischung  vermiede. 

Socoloff  beobachtete,  dafs  bei  tropfenweisem  Zusatz 
von  Phosphorchlorid  PCI,  zu  salicylsaurem  Natron  die  Masse 
sich  beträchtlich  erwärmt  und  viel  GhlorwasserstofT  entwickelt, 
während  man  zugleich  viel  Phenylhydrat  erhält.  Die  bei  der 
Destillation  übergehende  Flüssigkeit  giebt  /Bin  chlorhaltiges 
Oel,  aus  welchem  durch  Wasser  eine  kleine  Menge  Salicyl- 
säure  niedergeschlagen  wird;  dieses  Oel,  welches  zum  gröfsten 
Theile  aus  dem  überschüssigen  Phosphorchlorid  bestand,  ent- 
hielt wahrscheinlich  auch  eine  gewisse  Menge  Chlorsalicyl. 

Wasser  freie  Salicyhäure^  Benzoesäure.  —  Diese  Verbin- 
dang  erhält  man  leicht,  indem  man  Chlorbenzoyl  auf  salicyl- 
saures Natron  einwirken  läfst.  Sie  ist  eine  biegsame,  schwierig 
zu  reinigende  Masse,  welche  durch  siedendes  Wasser  rasch 
zo  einer  Mischung  von  Benzoesäure  und  Salicylsäure  wird; 
in  Aether  löst  sie  sich  auf.  Die  Zersetzung  der  Salicylsäure- 
Benzoesäure  durch  die  Hitze  verdient  Beachtung;   sie  giebt 

*)  Per  von  Piria  so  bezeichnete  Körper  ist  offenbar  die  Wasserstoff- 
▼erbiodung  eines  Sabstitutionsproducts  des  Salicyls  (k^drurt  de 
cUarqsaUcyle), 

Anaal.  d.  Cbfm.  a.  Phann.  LXXXVII.  Bd.  2.  Heft.  1 1 


ißi  Gerhardt^  Unlenuohmgen  Über  die 

in  der  That  aufser  einigen  in  Aetzkali  löslichen  Substanzen 
einen  darin  unlöslichen  Körper,  welcher  alle  Eigenschaften 
der  schon  von  Ettling*}  bei  der  trocknen  Destillation  des 
benzo^sauren  Kupferoxyds  erhaltenen  Verbindung  CuHjoOi 
zeigt.  Dieser  Körper  schwimmt  in  Form  eines  farblosen  Oels 
oben  auf,  wenn  man  das  durch  Erhitzung  der  Salicylsäure- 
Benzoesfiure  entstandene  Product  mit  siedender  Kalilösung 
behandelt;  dieses  Oel  erstarrt  beim  Erkalten,  und  krystallisirt 
aus  der  Lösung  in  siedendem  Alkohol  in  kleinen  Nadeln,  die 
bei  etwa  70^  schmelzen  und  deren  Geruch  an  den  von  Ge- 
ranien erinnert. 

0,360  dieser  Nadeln  gaben  1,050  Kohlensäure  und  0,164 
Wass^. 

Auf  100  Theile  bezogen  : 

Gefanden  Berechnet 

Kohlenstoff     79,53        C,^    168       80^00^ 
Wasserstoff      5,05        H,o      10         4,76 
Sauerstoff       15,42        0«       32        15,24 


100,00  210      100,00. 

Schmelzendes  Kali  verwandelt  diese  Verbindung  unter 
Wasserstoffentwicklang  in  benzocsaures  Kali;  dieselbe  stellt 
somit  das  eigentliche  Benzoyl  dar. 

Watserfreie  Saücylsäure-Essigsäure.  —  Chloracetyl  wirkt 
schon  in  der  Kälte  heftig  auf  salicylsaures  Natron  ein;  die 
Mischung  WD*d  zuerst  flüssig,  erhärtet  aber  nach  sehr  kurzer 
Zeit.  Zertheflt  man  dieses  Product  in  einer  verdünnten  Lösung 
von  kohlensaurem  Natron,  so  löst  sich  alles  unter  Aufbrausen 
auf;  diese  Lösung  findet  statt  in  Folge  der  sofortigen  Zer- 
setzung zu  Salicylsäure  und  Essigsäure ,  welche  die  Salicyl- 
säure-Essigsäure  in  der  alkalischen  Flüssigkeit  erleidet.  In 
der  That  gab  die  Flüssigkeit  beim  Fällen  mit  Salpetersäure 
eine  krystallioische  Säure ,  welche  gewaschen ,  fnit  Ammoniak 


*)  Dieie  Annalen  Uli,  89. 


toasierfreim  or§<mkekm  Säuren,  168 

neuiralisirt  und  mit  saipetersaurem  Silberoxyd  geflutt  einen 
Niederschlag  gab,  der  sich  als  salicylsanres  Silberoxyd  aus*- 
wies.  0,510  dieses  Salzes  gaben  0,222  Silber  oder  43,53  pC; 
ij  für  das  salicylsaure  Silberoxyd  berechnen  sich  Iheoretiscfa 
44,1  pC.  Silber. 

Emwirkmg  des  Ammomak»  und  des  Arnims  auf  die  den  em^ 
basiscken  Säuren  entsprechenden  wasserfreien  Säurten. 

Laurent  hat  zuerst  die  Einwirkung  genauer  angegeben, 
welche  Ammoniak  und  die  organischen  Basen  überhaupt  auf  die 
wasserfreien  Säuren  ausüben.  Dieser  ausgezeichnete  Chemiker 
zeigte,  dafs  eine  wasserfreie  Säure  stets  2  Atome  Ammoniak  auf- 
nimmt, und  das  Ammoniaksalz  der  entsprechenden  Aminsäure 
hervorbringt.  Die  wasserfreie  Camphersäure  z.  B.  giebt  mit 
trocknem  Ammoniakgas  campheraminsaures  Ammoniak.  Zu 
der  Zeit,  wo  Laurent  diese  Gesetzmäfsigkeit  aussprach,  kannte  ' 
man  nur  die  den  zweibasischen  Säuren  entsprechenden  was- 
serfreien Säuren ;  es  war  somit  von  Wichtigkeit  zu  erforschen, 
ob  diese  Gesetzmäfsigkeit  sich  auch  auf  die  den  einbasischen 
Säuren  entsprechenden  wasserfreien  Säuren  erstrecke,  da  bis 
jetzt  keine  Säure  dieser  Art  in  eine  Aminsäure  übergeführt 
werden  konnte. 

Meine  Versuche  legen  dar,  dafs  dieser  eigenthünüiche 
Character  der  einbasischen  Säuren  sich  auch  noch  in  dem  Verhal- 
ten der  von  ihnen  sich  ableitenden  wasstf  freien  Säuren  zu  den 
Alkaloiden  ausspricht  Man  erhält  in  der  That  nur  neutrale  Amide, 
wenn  man  Ammoniak  oder  Anilin  auf  die  in  der  vorliegenden 
Abhandlung  beschriebenen  wasserfreien  Säuren  einwirken  labt. 
Diese  wasserfreien  Säuren  nehmen  gleichfalls  2  Atome  Am- 
moniak oder  Anilin  auf,  wie  es  die  von  Laurent  unter* 
sachten  wasserfreien  Säuren  thun,  aber  anstatt  wie  die  letztem 
nur  ein  einziges  Product  zu  geben,  spalten  sie  sich  und 
geben  sie  zugleich  Wasser  und  2  Atome  neutrales  Amid. 

11» 


164  Gerhardt,  üfiter9Hchyngen  Über  die 

Folgende  Beispiele  verdeutlichen  dieses  verschiedene 
Verhalten. 

1  Atom  wasserfreie  Camphersäure  +  2  Atome  Ammoniak 
geben  1  Atom  campheraminsaures  Ammoniak 

C,oHi40,  +  2  NH,  =  C,oH„NO,,  NH, 

Campheramins.  Ammoniak. 

1  Atom  wasserfreie  Benzoesäure  +  2  Atome  Ammoniak 
geben  2  Atome  Benzamid  +  1  Atom  Wasser 

CAoO,  +  2  NHs  =  2  C,H,NO  +  H,0. 

Benzamid. 

Hierin  liegt  also  ein  neues  Unterscheidungsmerkmal  für 
die  einbasischen  und  die  zweibasischen  Säuren. 

Beraanilid.  —  Ich  habe  dieses  Anilid  vor  einigen  Jahren 
mittelst  Chlorbenzoyl  und  Anilin  erhalten;  auch  die  wasser- 
freie Benzoesäure  giebt  es  mit  der  gröfsten  Leichtigkeit, 
wenn  man  sie  in  der  Wärme  in  Anilin  auflöst.  Es  läfst  sich 
bei  dieser  Einwirkung  sehr  gut  die  Entwicklung  von  Wasser 
beobachten.  Man  wendet  einen  sehr  geringen  Ueberschufs 
von  Anilin  an ,  wascht  das  Product  mit  Wasser,  das  schwach 
mit  Salzsäure  angesäuert  ist,  und  läfst  das  Benzanilid  aus 
siedendem  Alkohol  krystallisiren, 

0,202  so  dargestellten  Benzanilids  gaben  0,585  Kohlen- 
säure und  0,1025  Wasser. 

Auf  100  Theile  bezogen  : 

Gefunden      Berechnet 

Kohlenstoff    78,98        79,19 
Wasserstoff    5,63         5,58. 
Äceianäid.  —  Dieses  Anilid  war  noch  nicht  dargestellt 
worden.    Man  erhält  es  gleich  gut  mit  Anwendung  der  was- 
serfreien Essigsäure  und  des  Chloracetyls. 

Das  Chloracetyl  erhitzt  sich  beträchtlich,  wenn  es  mit 
Anilin  in  Berührung  kommt;  jeder  Tropfen,  welcher  in  das 
ölige  Alkali  fällt,  bringt  ein  ähnliches  Geräusch  hervor,  wie 
ein  in  Wasser  tauchendes  glühendes  Eisen.    Die  Mischung 


wasserfreien  organischen  Säuren.  i65 

wird  bei  dem  Erkalten  zu  einer  krystallinischen  Masse;  man 
wascht  diese  mit  kaltem  Wasser,  um  das  Salzsäure  Anilin  aus- 
zuziehen, und  krystallisirt  den  Rückstand  aus  siedendem 
Wasser  um;  aus  der  Lösnngf  scheiden  sich  beim  Erkalten 
prächtige  Blätter  von  Acetanilid  ab.  Wendet  man  unreines 
Anilin  zur  Darstellung  dieses  Products  an,  so  sind  die  Kry- 
stalle  gewöhnlich  roth  geförbt ;  man  reinigt  sie  leicht,  indem 
man  sie  trocknen  läfst  und  in  siedendem  Wasser  wieder  auf- 
löst; es  bleibt  alsdann  beim  Filtriren  eine  geringe  Menge 
einer  braunen  Ölartigen  Substanz  zurück,  welche  die  Färbung 

!         der  zuerst  erhaltenen  Krystalle  verursachte. 

I  Auch  die  wasserfreie  Essigsäure  erhitzt  sich  bei  der  Ein- 

wirkung auf  Anilin ;  das  Product  wird  bei  dem  Erkalten  fest. 
Man  reinigt  es,  wie  es  im  Vorhergehenden  angegeben  wurde« 

I.  0,306  Acetanilid,    mittelst    wasserfreier   Essigsäure 
dargestellt,  gaben  0,800  Kohlensäure  ♦)  und  0,188  Wasser. 

0,202  Grm.  desselben  gaben   18,5  CC.  Stickgas  bei  12<» 
und  TMjS"^  Barometerstand. 

II.  0,298  Acetanilid,  mittelst  Chloracetyl  bereitet,  gaben 
0,7775  Kohlensäure  und  0,181  Wasser. 

Diese  Analysen  führen  zu  der.  Formel 

C,H»NO  =  CAC  +  CeH,N  —  H,0. 

Gefunden  •  Berechnel 


I. 

Kohlenstoff    71,29 

IL 
71,15 

C,    96 

71,11 

Wasserstoff     6,81 

6,74 

H,      9 

6,66 

Sticksloir       10,84 

N     14 

10,37 

Sauerstoff        — 

.      !■•          1 

0     16 
135 

11,86 
100,00. 

^\.         W9        ^                               ■ 

j»_  ^t 1 

*)  Et  war  vergesien  worden,  metalluchefl  Kupfer  in  die  Yerbrennungs- 
röbre  zu  bringen ;  daber  der  geringe  Ueberscbnfs  im  Koblensloff- 
gebalce. 


IM  Gerhardt f  Untersuchungen  über  die 

Das  Aceianitid  bildet  farblose  glänzende  Blätter ,  die  in 
kaltem  Wasser  wenig  löslich,  in  heifsem  Wasser,  in  Alkohol 
und  in  Aether  ziemlich  löslich  sind.  Es  schmilzt  bei  H2^ 
und  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  krystallinischen  Masse. 
Bei  der  Destillation  geht  es  unzersetzt  über. 

Siedendes  Kali  wirkt  kaum  darauf  ein,  aber  schmelzendes 
Kali  entwickelt  daraus  sogleich  Anilin. 

Butyranäid,  —  Auch  dieses  Anilid  war  noch  nicht  dar- 
gestellt worden ;  man  erhält  es  gleich  leicht  mittelst  der  was- 
serfreien Buttersäure  und  mittelst  des  Chlorbutyryls ;  ich  habe 
es  mittelst  einer  Mischung  dieser  beiden  Substanzen  darge- 
stellt. Wird  das  Anilin  damit  zusammengebracht,  so  tritt  Tem- 
peraturerhöhung ein  und  das  Product  wird  bei  dem  Erkalten 
fest;  giefst  man  dann  mit  Salzsäure  angesäuertes  Wasser 
darauf,  um  das  überschüssige  Anilin  wegzunehmen,  so  scheidet 
sich  ein,  gewöhnlich  gefärbtes  Oel  ab,  welches  manchmal 
1  bis  2  Tage  lang  flüssig  bleibt;  aber  bei  heftigem  Um- 
schütteln wird  dieses  Oel  fest.  Wird  dieses  Product  aus 
siedendem  schwachem  Alkohol  umkrystallisirt,  so  scheidet  es 
sich  in  der  Form  von  schönen  perlmutterglänzenden  Blät- 
tern ab. 

0,205  Substanz  gaben  0,553  Kohlensäure  und  0,149  Wasser. 

0,206  Grm.  Substanz  gaben  15,5  CC.  Stickgas  bei  13<» 
und  TS?""""  Barometerstand. 

Diese  Resultate  flihren  zu  der  Formel 

C,oH,|NO  =  C4H,0t  +  C,H,N  —  H^O. 


■ 

Gtfandeo 

Beredinet 

Kohlenstoff 

73,56 

Cjo 

120 

73,62 

W  asserstoff 

8,06 

H„ 

13 

7,96 

Stickstoff 

8,80 

N 

14 

8,58 

Sauerstoff 

9,56 

0 

16 

9,84 

100,00 

163 

100,00, 

toasserfreien  organischen  Satiren.  167 

Das  Btttyranilid  ist  unlöslich  in  Wasser ,  aber  es  löst  ach 
leicht  in  Alkohol  und  in  Aether.  Es  schmilzt  bei  90®  und 
geht  bei  der  Destillation  iinzersetzt  über. 

Siedende  Kalilösung  wirkt  kaum  darauf  ein,  aber  schmel- 
zendes Aetzkali  entwickelt  daraus  Anilin. 

Das  Valeranäid  C^iliiJUO  wurde  durch  Chiozza*}  dar-« 
gestellt  und  untersucht. 

CummanUd.  —  Ich  habe  weiter  oben  angegeben,  dafs 
die  wasserfreie  Cuminsäure  und  die  wasserfreie  Cuminsäure- 
Benzoesäure  bei  der  Behandlung  mit  Ammoniak  Cuminamid 
geben.  Dafs  das  so  entstehende  Product  und  das  vonField^} 
beschriebene  Cuminamid  identisch  sind,  geht  aus  folgender 
Analyse  hervor.  0,163  Substanz  gaben  0,438  Kohlensäure 
und  0,118  Wasser.    Auf  100  berechnet  : 

Gefooden      Berechoel 

Kohlenstoff   73,28  73,62 

Wasserstoff    8,00  7,97. 

«  Das  analysirte  Cuminamid  zeigte  alle  Eigenschanen  der 
von  Field  erhaltenen  Substanz. 

Theoretische  Schlvfsfolgerungen. 

Ich  glaube  durch  die  vorstehenden  Versuche  die  Allge- 
meinheit von  zwei  innig  mit  einander  verbundenen  Reactionen 
dargethan  zu  haben ,  welche  zwei  scharf  von  einander  ge- 
schiedene  Klassen  organischer  Verbindungen  entstehen  lassen. 
Diese  zwei  Reactionen,  welche  durch  das  Phosphoroxychlorid 
(^oder  das  Phosphorchlorid  PCIg)  und  Salze  der  einbasischen 
Säuren  bewirkt  werden,  geben,  je  nach  dem  Mengenverhält- 
nifs  beider  Substanzen,  entweder  organische  Chlorverbindungen^ 
die  in  ihren  chemischen  Eigenschaften  den  sogenannten  elec- 


«)  Diese  Annalen  LXXXIV,  109. 
•«)  Daselbm,  LXV,  49. 


188  Gerhardij  Vntersuchimgen  Über  die 

tronegvtiveii  unorganischen  Chlorverbindungen,  wie  denen 
des  Bors,  des  Siliciums,  des  Arsens  u.  s.  w.,  ähnlich  sind, 
^-  oder  waiserfrde  Säuren^  welche  sich  hinsichtlich  der  Ei- 
genschaft, durch  Aufnahme  der  Elemente  des  Wassers  so- 
genannte Säurehydrate  bilden  zu  können ,  ähnlich  wie  die 
wasserfreien  Säuren  der  unorganischen  Chemie  verhalten. 
Jeder  einbasischen  organischen  Säure  entspricht  mithin  eine 
Chlorverbindung  und  eine  wasserfreie  Säure,  deren  Darstel- 
lung eben  so  leicht  und  oft  noch  leichter  zu  bewerkstelligen 
ist,  wie  die  eines  Aethers  oder  des  Amids  jener  Säure;  diese 
Chlorverbindungen  und  wasserfreien  Säuren  lassen  sich  selbst 
so  rasch  und  leicht  erhalten,  dafs  es  in  vielen  Fällen  vor- 
theilhaft  ist,  sie  zur  Darstellung  von  Aetherarten  und  Amiden 
anzuwenden. 

Den  im  Vorhergehenden  dargelegten  Thatsachen  will  ich 
noch  einige  theoretische  Zusammenstellungen  beifügen,  welche 
sich  auf  die  in  dieser  Abhandlung  beschriebenen  Substanzen 
und  die  bereits  bekannten  Verbindungen  beziehen.  ' 

Was  zunächst  die  wasserfreien  Säuren  betrifll,  —  habe 
ich  nicht  zum  Ueberflufs  bewiesen,  dafs  sie  nicht  die  ihnen 
gewöhnlich  zugeschriebene  Constitution  besitzen?  Statt  dafs 
sie  sich  durch  Entwässerung  bilden,  sah  man  nicht  sie  durch 
Zersetzungen  nach  doppelter  Wahlverwandschaft  eben  so  rasch 
und  scharf  entstehen,  als  sich  z.  B.  Chlorsilber  niederschlägt, 
wenn  man  Chlomatrium  mit  salpetersaurem  Silber  mischt? 
Und  die  wasserfreien  Doppelsäuren,   die  Benzoesäure -Essig- 

• 

säure,  die  Benzoesäure-Cuminsäure  u.  a. ,  die  den  einfachen 
wasserfreien  Säuren  nach  ihren  Reactionen  und  ihrer  Bil- 
dungsweise sich  vollkommen  ähnlich  verhalten,  ^-  kann  man 
diese  wasserfreien  Doppelsäuren  vernünftiger  Weise  in  dem 
Sinne  der  dualistischen  Ansichten  auiTassen  und  sie  als  Ver- 
bindungen betrachten,  in  welchen  die  eine  wasserfreie  Säure 
die  Rolle  einer  Base,  die  andere  die  einer  Säure  spiele? 


wasserfreien  organischen  Säuren,  169 

Es  giebt,  wie  es  mir  scheint,  eine  sehr  einfache  Art 
diese  Verbindungen  aufzufassen,  um  ihre  Bildungs-  und  Zer- 
selzungsweise  deutlich  zu  machen.  Diefs  geschieht,  wenn 
man  auf  sie  die  Theorie  der  Aetherarten  anwendet,  wie  die* 
selbe  in  den  letzten  Jahren,  vom  Gesichtspunkt  der  Typen- 
theorie aus,  nach  den  wichtigen,  durch  Williamson  und 
Chancel  erhaltenen  Resultaten  ausgebildet  worden  ist. 

Heine  Versuche  heben  in  der  That  diese  Art  von  Privi- 
legium auf,  welches  bis  jetzt  den  unter  dem  Namen  der 
Alkohole  bekannten  Substanzen  zuzukommen  schien,  und  wel- 
ches darin  bestand,  dafs  diese  Substanzen  die  Fähigkeit  haben, 
sich  mit  jeder  Säure  unter  Bildung  von  eben  so  viel  Aethem 
zu  verbinden,  als  ein  Metalloxyd  Salze  mit  dieser  Säure  bilden 
kann.  Hit  Einem  Alkohol  und  hundert  Säuren  konnte  man  somit 
hundert  Aether  hervorbringen;  nun  geht  aber  aus  den  in 
dieser  Abhandlung  dargelegten  Thatsachen  hervor,  dafs  man 
mit  Einer  einbasischen  Säure  und  hundert  andern  solchen 
Säuren  hundert  wasserfreie  Säuren  darstellen  kann,  die  nach 
ihrer  Bildungs-  und  ihrer  Zersetzungsweise  den  Aethem  selbst 
sich  ähnlich  verhalten.  Indem  die  Aether  unter  der  Einwir- 
kung von  Alkalien  die  Elemente  des  Wassers  aufnehmen, 
bringen  sie  wiederum  den  Alkohol  und  die  Säure  hervoV,  aus 
welchen  sie  sich  bildeten;  indem  die  wasserfreien  Säuren, 
von  denen  ich  eben  spreche ,  unter  denselben  Umständen  die 
Elemente  des  Wassers  aufnehmen,  bringen  sie  wiederum  die 
zwei  s.  g.  Säurehydrate  hervor,  aus  welchen  sich  diese  was- 
serfreien Säuren  bildeten.  In  dieser  Beziehung  ist,  wie  man 
siebt,  die  Analogie -ganz  vollkommen.  Es  lassen  sich  somit 
nicht  wohl  die  wasserfreien  Säuren  in  anderer  Weise  auffas- 
sen, als  die  ihnen  analogen  Aetherarten. 

Ich  lege  den  sogenannten  rationellen  Formeln,  welche 
man  für  die  Molecularconstitution  der  chemischen  Verbindun- 
gen aufstellt,  gerade  keine  übertriebene  Wichtigkeit  bei,  weil 


iTO  Gerhardt^  üniertuohtsngen  über  die 

sie  zuletzt  doch  nur  Ausdrücke  Tür  eine  rdative  Wahrheit 
gindy  welche  in  mehr  oder  weniger  vollständiger  Weise  eine 
gewisse  Zahl  von  Umwandlungen  umfassen;  doch  scheinen 
mir  solche  Formeln  sehr  nützlich  zu  seyn,  denn  sie  üben 
einen  nützlichen  EinfluTs  auf  die  Entwicklung  der  Wissenschaft 
aus,  wenn  sie  von  einem  allgemeineren  Gesichtspunkt  aus  auf- 
gefafst  sind  und  unter  sich  gut  zusammenhängea  Mehrere» 
mehr  oder  weniger  geistreiche  Theorien  sind  für  die  Aether- 
arten  aufgestellt  worden;  gleich  ausgezeichnete  Chemiker 
haben  sie  nach  einander  aufgestellt  und  bekämpft.  Aber  han- 
delt es  sich  darum,  zu  entscheiden,  ob  die  Theorie  von 
Dumas  der  Wahrheit  mehr  oder  weniger  nahe  komme,  als 
die  Theorie  von  Liebig;  ob  die  Theorie,  welche  Aetherin 
in  dem  Aether  annimmt,  schlechter  oder  besser  sey ,  als  die 
Aethyltheorie  ?  Oft  stellen  die  Chemiker  die  Frage  in  dieser 
Weise,  aber  ich  glaube  nicht,  dafs  sie  so  zu  stellen  ist» 
Meiner  Ansicht  nach  sind  die  beiden  Theorien  gleich  wahr, 
insofern  sie  gewisse  Umwandlungen,  jede  von  ihrem  Gesichts- 
punkt aus,  ausdrücken;  sie  sind  in  keiner  Weise  sich  wider- 
sprechend, nur  stellt  die  eine  in  erste  Linie  was  die  andere 
als  etwas  ferner  Stehendes  ansieht;  die  eine  betrachtet  Thal- 
Sachen  und  Reactionen  als  allgemeinere,  welche  die  andere 
als  vereinzelte  ansieht.  Man  kann  somit  weder  der  einen 
noch  der  andern  dieser  Theorien  vorwerfen,  der  Wahrheit 
nicht  zu  entsprechen ;  nur  den  Vorwurf  kann  man  jeder  ma- 
chen, dafs  sie  sich  nur  auf  Eine  Klasse  von  Körpern  oder  von 
Reactionen  beschränkt,  dafs  es  ihr  an  Einheit  gebricht,  nicht 
in  Beziehung  auf  sich  selbst,  sondern  in  Hinsicht  auf  andere 
Theorien,  die  der  Amide,  der  Basen,  der  Radicale  u.  a.  Wo 
ist  in  der  That  die  Einheit  des  Frincips ,  durch  welche  die 
Aetherin-  oder  die  Aethyltheorie  mit  der  Theorie  des  Amido- 
gens  oder  des   Ammoniums  verknüpft  wäre  ?      Wie    kann 


foasserfreimi  organischen  Säuren*  17i 

man  von  der  einen  dieser  Theorien  zur  andern  übergeben, 
obne  das  ganze  Princip  der  Betrachtung  zu  wechseUi  ? 

Feme  liegt  mir  die  Absicht,  hier  Auffassungen  unter- 
schätzen za  wollen ,  denen  die  Geschichte  stets  nachrühmen 
wird,  der  neueren  Wissenschaft  die  fruchtb^ste  Bahn  vor<^ 
gezeichnet  zu  haben ;  aber  wie  alle  Ideen,  wie  alle  Theorien 
dem  Gesetz  des  Fortschrittes  unterworfen  sind  und  sich  all* 
mälig  erweitern  und  modificiren  müssen ,  so  scheint  mir  der 
Augenblick  gekommen  zu  seyn,  wo  die  neueren  Entdeckungen 
und  die  älteren  Theorien  über  die  Aetherarten  und  die  an-* 
dem  organischen  Verbindungen  in  Einklang  zu  bringen  sind. 
Es  ist  nur  eine  Skizze,  welche  ich  versuche,  und  welche  ge- 
schicktere Forscher  ohne  Zweifel  vollenden  und  berichtigen 
werden. 

Abgesehen  von  den  Aethern  und  den  Alkoholen  zählt 
die  Chemie  heutzutage  zu  den  Grappen  der  durch  gemein- 
same Eigenschaften  wohl  characterisirten  Körper  die  Säuren, 
die  Amide,  die  Basen,  die  Aldehyde,  gewisse  Kohlenwasser- 
stoffe und  die  Acetone.  Ich  mufs  meine  Betrachtungen  auf 
diesen  Kreis  von  Verbindungen  beschränken,  da  die  andern 
organischen  Substanzen  noch  nicht  hinlänglich  allgemeine 
Kennzeichen  ergeben  haben,  dafs  wir  sie  hier  mit  berück- 
sichtigen könnten. 

Ich  mufs  hier  zuerst  einen  Begriff  klar  machen ,  welcher 
mir  für  die  Zukunft  die  Basis  aller  theoretischen  Betrachtungen 
der  Chemiker  seyn  zu  müssen  scheint  :  den  Begriff  der  Reihe. 
Nach  den  früheren  Ansichten  wurden  die  Verbindungen  in 
absoluter  Weise  classificirtj  man  betrachtete  sie  als  electro-^ 
positiv  oder  electronegativ ,  als  die  Rolle  von  Säuren  oder 
als  die  von  Basen  spielend.  Eine  so  absolute  Classification 
scheint  mir  der  Wahrheit  nicht  zu  entsprechen ,  denn  die 
Natur  macht  in  den  chemischen  Verbindungen  nicht  solche 
Gegensätze  zwischen    den  Eigenschaften,   wie   wir  in   der 


i72  Gerhardt,  Untersuchungen  über  die 

chemischen  Sprachweise  die  sauren  Eigenschaften  den  basi- 
schen entgegensetzen. 

Die  Verlegenheit  der  Chemiker,  gewisse  als  inlermediäre 
bezeichnete  chemische  Verbindungen  zu  classificiren ,  wie 
z.  B.  die  arsenige  Säure  oder  das  Antimonoryd,  welche,  wie 
man  sich  ausdrückt,  bald  als  Base,  bald  als  Säure  fungiren 
können,  —  diese  Verlegenheit  beweist  wohl,  dafs  es  keinen 
absoluten  Gegensatz  zwischen  den  sauren  und  den  basischen 
Eigenschaften  giebt;  da  sie  sich  in  einem  und  demselben 
Körper  vereinigt  finden  können,  können  sie  offenbar  nur  eine 
relative  Verschiedenheit  ausdrücken.  Was  uns  sagen  läfst, 
dafs  zwei  Körper,  wie  z.  B.  Kali  und  Schwefelsäure,  ganz 
entgegengesetzte  Eigenschaften  besitzen,  das  ist  der  beträcht- 
liche Abstand  der  Stellen,  welche  diese  beiden  Körper  trt 
einer  und  derselben  Reifte  einnehmen,  das  ist  der  Umstand, 
dafs  das  Kali  und  die  Schwefelsäure  die  zwei  Endglieder 
einer  Reihe  sind.  Der  Gegensatz  würde  nicht  so  scharf  her- 
vortreten, wenn  man,  anstatt  diese  zwei  Endglieder  unmittelbar 
mit  einander  zu  vergleichen ,  erst  das  Kali  mit  einem  ihm 
näher  stehenden  Körper,  der  Thonerde  z.  B.,  vergliche,  dann 
diese  mit  einem  dritten  Gfied  der  Reihe,  dem  Antimonoxyd 
z.  B. ,  dann  diese  mit  einem  vierten,  wie  der  arsenigen  Säure, 
und  endlich  diese  mit  der  Schwefelsäure.  Eben  so  geht  es 
in  der  organischen  Chemie;  viele  Körper  scheinen  auf  den 
ersten  Anblick  nichts  Gemeinsames  zu  haben,  die  doch  einer 
und  derselben  homologen  Reihe  angehören  und  dieselbe  Con- 
stitution besitzen.  Ich  kenne  in  dieser  Beziehung  kein  auf- 
fallenderes Beispiel,  als  die  Ameisensäure  und  die  Stearin- 
säure. Die  eine  dieser  Substanzen  ist  eine  ätzende  Flüssig- 
keit, mit  Wasser  nach  allen  Verhältm'ssen  mischbar  und  durch- 
dringend riechend;  die  andere  ist  eine  fette  feste  geruchlose 
Substanz,  unlöslich  in  Wasser  und  nicht  im  Mindesten  ätzend. 
Hier  scheinen  sich  doch   die  Eigenschaften  ganz  entgegen- 


tüOMieffreien  orgamschen  Säuren.  173 

gesetzt  zu  seyn,  aber  man  muTs  daran  denken,  dafs  15  Glie- 
der zwischen  die  Ameisensäure  und  die  Stearinsäure  ein- 
geschaltet sind,  dafs  unmittelbar  neben  der  Ameisensäure  die 
Essigsäure  steht,  mit  welcher  die  älteren  Chemiker  oft  die 
Ameisensäure  verwechselten,  dafs  neben  der  Essigsäure  die 
Propionsäure,  neben  dieser  die  Buttersäure,  dann  die  Valerian- 
säure  steht ,  u.  s.  w. ,  dafs  diese  Glieder,  deren  erste  flüssig, 
flüchtig  und  mit  Wasser  mischbar  sind,  wie  die  Ameisensäure, 
allmälig  ihre  Flüssigkeit,  ihre  Flüchtigkeit  und  ihre  Löslichkeit 
in  Wasser  verlieren,  dafs  diese  Aenderung  in  den  Eigen- 
schaften, die  von  einem  Glied  zum  nächststehenden  kaum 
merklich  ist,  um  so  deutlicher  hervortritt,  um  je  weiter  die 
mit  einander  verglichenen  Gieder  von  einander  abstehen. 
Wenn  man  so  die  Eigenschaften  aller  dieser  Glieder  aUmälig 
regelmäfsig  sich  ändern  sieht,  wenn  man  sie  nach  bestimmten 
Gesetzen  zu-  oder  abnehmen  sieht,  so  dafs,  wenn  eine  Ei- 
genschaft für  die  Ameisensäure  =  1  ist,  dieselbe  Eigen- 
schaft für  die  Essigsäure  =  2,  für  die  Propionsäure  =  3, 
für  die  Caprinsäure  =  10,  ftir  die  Stearinsäure  =  17  ist 
u.  s.  w.  —  wenn  man  alles  diefs  sieht,  so  mufs  man  zugeben, 
dafs  es  nicht  ein  Gegensatz  in  den  Eigenschaften  ist,  wodurch 
sich  die  Ameisensäure  und  die  Stearinsäure  unterscheiden, 
sondern  nur  ein  grofser  Abstand  in  den  Stellen,  welche  diese 
Säuren  in  derselben  Reihe  einnehmen.  Für  die  Ameisen- 
säure und  die  Essigsäure  ist  dieser  Abstand  nur  =  1 ,  ftir 
die  Ameisensäure  und  die  Stearinsäure  ist  er  =  16.  Die 
Zeit  ist  nicht  mehr  weit  entfernt,  wo  die  Wissenschaft  mit 
derselben  Bestimmtheit  den  Abstand  wird  messen  können, 
welcher  das  Kali  von  der  Schwefelsäure  trennt. 

Die  organischen  Verbindungen  in  Reihen  ordnen  — ,  das 
heifst  die  Gesetze  bestimmen,  nach  welchen  sich  die  Eigen- 
schaften in  einem  gegebenen  Typus  durch  die  Substitution 
eines  Elements  oder   einer  Gruppe   von  Elementen   an   die 


174  Gerhardt^  üntenuchungen  über  die 

Stelle  anderer  Elemente  findern  —  das  ist  das  bestftndigfe 
Ziel  für  den  Chemiker,  den  die  philosophische  Seite  (seiner 
Wissenschaft  beschäftigt.  Diese  Tausende  von  Verbindangen, 
die  in  dem  Laboratorium  hervorgebracht  werden^  sind  für  ihn 
eben  so  siel  Glieder,  die  zur  Construction  der  Reihen  dienen. 
Heutzutage,  bei  dem  noch  unvollkommenen  Zustand  der  ^\s^ 
senschaft,  braucht  man  noch  viele  Glieder;  aber  später  wird 
die  Kenntnifs  gewisser  Reihen  es  für  eine  Menge  von  Gli&* 
dern  unnöthig  machen,  sie  direct  aufzusuchen,  da  deren  Ei- 
genschaften sich  tnit  derselben  Bestimmtheit  vorhersehen  lassen 
werden^  mit  welcher  man  jetzt  die  Eigenschaften  des  Propyl-^ 
alkohols  und  des  Yalerylalkohols  vorhersagen  kann,  obgleich 
diese  Alkohole  noch  nicht  dargestellt  worden  sind. 

Bei  dem  jetzigen  Zustand  der  Wissenschaft  lassen  sich 
die  organischen  Verbindungen  auf  drei  oder  vier  Typen  zu- 
rückftihren,  deren  jeder  gewisse  Rieihen  geben  kann,  ähnlich 
denjenigen ,  welche  die  Ameisensäure  und  die  Stearinsäure, 
das  Kali  und  die  Schwefelsäure  darbieten ;  diese  Typen  süid  : 

Wasser  HjO 

Wasserstoff  H« 

Chlorwasserstoff  HCl 

Ammoniak  H3N. 

Indem  diese  Typen  ihren  Wasserstoff  gegen  gewisse 
Gruppen  austauschen,  lassen  sie  die  Säuren,  die  Alkohole,  die 
Aether,  die  Hydrüre,  die  organischen  Radicale,  die  organi- 
schen Chlorverbindungen,  die  Acetone,  die  Basen  entstehen. 

Die  durch  einen  jeden  Typus  gegebene  Reihe  hat  ihre 
äufsersten  Enden,  welche  man  als  positive  oder  linke  Seite 
und  als  negative  oder  rechte  Seite  bezeichnen  kann.  Eine 
organische  Gruppe,  die  den  Wasserstoff  ersetzt  und  selbst  auf 
die  positive  Seite  zu  setzen  ist,  wird  Verbindungen  hervor- 
bringen, die  gleichfalls  auf  diese  Seite  gehören;  die  Atom- 
gruppen Methyl  CH„  Aethyl  C^H«,  Amyl  CsUn  z.  B.  werden 
bei  dieser  Substitution  Alkohole  geben,  die  sich  dem  Wasser 


fDaaerfreien  arganUcken  Säuren. 


m 


ähnlich  verhalten,  Aldehyde  oder  Radicale ,  die  dem  Wasser- 
stoff, Aether,  die  dem  Chlorwasserstoff,  Basen,  die  dem  Am- 
moniak sich  ähnlich  verhalten.  Die  eben  erwähnten  Atom- 
gruppen verhalten  sich  in  der  That  ähnlich  wie  Kalium  oder 
andere  sogenannte  electropositive  Metalle;  die  Oxyde  C^^ie 
Alkohole}  und  die  Alkaloide,  welche  so  entstehen,  verhalten  sich 
wie  Basen,  insofern  sie  fähig  sind,  sich  mit  den  auf  der  ent- 
gegengesetzten Seite  der  Reihe  stehenden  Säuren  zu  verbinden. 
Andere  Atomgruppen,  wie  z.  B.  das  Cyan  CN,  das  Acetvl 
CsHsO,  das  Benzoyl  C,H»0  geben,  indem  sie  an  die  Stelle 
des  Wasserstoffs  in  den  genannten  Typen  treten,  Verbindun- 
gen, die  von  den  Wasserstoffverbindungen  weiter  abstehen,' 
als  die  so  eben  besprochenen,  Verbindungen,  welche  mehr 
rechts,  auf  der  negativen  Seite  ihren  Platz  finden.  Die  durch 
diese  Atomgruppen  gebildeten  Oxyde  verhalten  sich  der 
Schwefelsäure  ähnlicher  als  dem  Kali. 

Folgende  Zusammenstellung  kann  meine  Ansicht  verdeutlichen : 


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176  '  Gerhardt,  Untenuckwigen  über  die 

Man  ersieht  aus  dieser  Zusammenstellung,  wo  sich  Re- 
präsentanten Tür  die  wichtigsten  jetzt  bekannten  chemischen 
Species  verzeichnet  finden,  dars  bei  Festhaltung  des  Gesichts- 
punkts der  Reihenbildung  von  den  Typen  aus  dieselbe  Theorie 
auf  die  Aether  wie  auf  die  Basen,  auf  die  Radicale  wie  auf 
die  Aldehyde,  auf  die  Basen  wie  auf  die  Amide  Anwendung 
finden  kann. 

Indem  der  Typus  Wasser  die  Hälfte  seines  WasserstoiTs 
gegen  einen  Kohlenwasserstoff  CHs»  C2H5  u.  ^.  w.  austauscht, 
entsteht  ein  Alkohol;  indem  der  ganze  Gehalt  an  Wasserstoff 
gegen  eine  solche  Atomgruppe  ausgetaucht  wird,  entsteht  ein 
entsprechender  Aether. 

Derselbe  Typus,  indem  er  die  Hälfte  seines  Gehalts  an 
Wasserstoff  gegen  eine  Atomgruppe  austauscht,  welche  Koh- 
lenstoff, Wasserstoff  und  Sauerstoff  enthält,  bildet  das  s.  g. 
Hydrat  einer  einbasischen  Säure,  die  sich  der  Essigsäure 
ähnlich  verhält.  Werden  die  zwei  Atome  Wasserstoff  im 
Wasser  auf  diese  Weise  subslituirl,  so  entsteht  die  entspre- 
chende wasserfreie  Säure;  Willi  am  son  hat  schon  hierauf 
aufmerksam  gemacht,  und  ich  glaube  die  Richtigkeit  dieser 
Hinweisung  durch  meine  Versuche  vollkommen  erwiesen  zu 
haben.  In  dem  Falle  endlich,  wo  die  Substitution  der  zwei 
Atome  Wasserstoff  zur  Hälfte  durch  einen  Kohlenwasserstoff 
wie  Aethyl  oder  Methyl ,  zur  Hälfte  durch  eine  solche  sauer- 
stoffhaltige Atomgrnppe,  wie  sie  in  einer  einbasischen  Säure 
enthalten  ist,  bewirkt  wird,  entsteht  ein  Aether  dieser  Säure. 

Der  Typus  Wasserstoff  kann  dieselben  Substitutionen  er- 
leiden, wie  der  Typus  Wasser,  und  eben  so  viele  Verbindun- 
gen hervorbringen. 

Die  dem  Sumpfgas  ähnlichen  und  unter  dem  Namen 
der  Hydrüre  bekannten  Verbindungen  stehen  offenbar  zum 
Wasserstoff  in  derselben  Beziehung ,  wie  die  Alkohole 
zum  Wasser;  die  Radicale  Aethyl    und  Methyl   entsprechen 


tooiierfreim  organisehen  Säuren.  i77 

den  Aethero  dieser  Alkohole.  Die  Aldehyde  stehen  za  dem 
Wasserstoff  in  derselben  Beziehung,  wie  die  einbasischen 
Säuren  zum  Wasser;  das  Acetyl,  das  Benzoyl  und  andere 
sauerstoffhaltigen  Radicale  entsprechen  den  wasserfreien  Säu- 
ren; die  Acetone  endlich,  wie  schon  Chane el  hervorgehoben 
hat,  repräsentiren  die  Aether  der  Aldehyde  und  stehen  somit 
zu  dem  Wasserstoff  in  derselben  Beziehung,  wie  die  Aether 
der  einbasischen  Säuren  zum  Wasser. 

Der  Typus  Chlonoasserstoff  läfst  einerseits,  wenn  die 
Substitution  durch  Kohlenwasserstoffe  geschieht,  die  Chlor- 
äther, d.  h.  die  Chlorverbindungen  die  dem  Chlorkalium  oder 
den  Chlorverbindungen  der  electropositiven  Elemente  ent- 
sprechen, entstehen;  andererseits,  wenn  dieselbe  Substitution 
durch  die  in  den  einbasischen  Säuren  enthaltenen  Atom- 
gruppen  geschieht,  electronegative  Chlorverbindungen  wie 
das  Chloracetyl  oder  Chlorbenzoyl,  die  den  einbasischen  Säuren 
entsprechen. 

Von  dem  Typus  Ammoniak  endlich  leiten  sich  die  Basen 
ab,  die  sich  mit  Säuren  verbinden  können,  oder  die  Amide, 
die  sich  mit  Basen  Cwie  Silberoxyd,  Quecksilberoxyd,  Kupfer- 
oxyd u.  a.}  verbinden  können,  je  nachdem  die  Substitution 
von  Wasserstoff  im  Ammoniak  durch  die  Atomgruppen  ge- 
schieht, welche  basische  Substanzen  (Alkohole,  organische 
Oxyde)  entstehen  lassen,  oder  durch  die  Atomgruppen, 
welche  die  organischen  Säuren  hervorbringen.  Die  dem  Am- 
moniumoxydhydrate entsprechenden  Verbindungen  sind  an 
dem  andern  Ende  der  fteihe  durch  die  Amidsäuren  reprä- 
sentirt. 

Man  sieht  durch  diesen  raschen  Ueberblick,  wie  sehr 
die  allgemeine  Theorie  der  organischen  Verbindungen  durch 
die  Anwendung  des  Begriffs  der  Reihe  vereinfacht  werden 
kann.  Diese  Verbindungen  verv/irren  nicht  mehr  durch  ihre 
Zahl  und  ihre  Mannichfaltigkeit ,    denn   statt  in  vereinzelten 

AniMl.  d.  Ohemlo  a.  Pharm.  LXXXVII.  Bd.  2.  Hfl.  12 


i7^  G^rhardii  UniersuehungeH  iher  die 

Theorieil  fUr  die  Aether,  Amide,  Busen  oder  Sättrea  aut- 
gerafsl  SEU  werden ,  die  unler  sich  in  keinem  ZusamsieDliAttg 
Blekevi,  Sind  sie  nnr  CSKeder,  deren  Eigrenschaften  a«s  der 
Stelle ,  welche  diese  Glieder  in  der  Reihe  einnehmen ,  sich 
Voraussehen  lassen.  Und  was  gewifs  den  Vorthefl  eines 
solchen  Systems  erhöbt ,  das  ist  die  Aehnlichkeit  in  der  Bn^ 
•stelnihgs-  uM  Zravetzangsweise^  welche  es  fUr  «He  in  ihm  zu- 
sammengefafsten  Verbindungen  ausdrückt;  die  Erfahrwig  zeigt 
in  deir  That,  dafs  die  organischen  Verbindungen  fast  stets  das 
üesuftat  von  Versetzungen  nach  doppelter  Wahlverwandtschaft 
sind,  tthnlich  denjenigen  Zersetzungen,  «Ke  wir  in  der  unor- 
ganischen Chemie  bewiricen.  Indem  man  diese  Verbindungen 
auf  eine  kleine  2aM  von  Typen  —  Wasserstoff,  Wasser, 
'Chlorwasserstoff,  Ammoniak  —  bezieht,  die  der  unorganischen 
Chemie  entnommen  sind,  vereinfacht  man  augenscheinlich  das 
Stedinm  ^er  organischen  Chemie,  weil  man  nur  die  elemen- 
tarsten Begriffe  der  Wissenschaft  dazu  anzuwenden  braucht. 
Ich  w31  nur  tioch  Eins  bemerken.  Ein  berühmter  deut- 
scher Chemiker  glauhte  die  organische  Chemie  als  die  Che- 
mie der  susammengesetzien  Radicale  definiren  zu  können ;  wenn 
er  damit  aussprechen  wolHe,  dafs  die  unorganische  Chemie 
die  (Xtemie  der  einfachen  Radicale  sey,  so  hat  er  sich  ifteiner  An- 
sicht nach  geirrt.  Viele  unorganische  Säuren  enthalten  in  der 
That  zusammengesetzte  Radicale ;  «abgesehen  von  den  Wasser- 
stoffisfiuren  des  Schwefels ,  des  Selens  und  des  Tellurs ,  der 
VieselsHure,  der  Borsfiure,  den  Wasserstoffsäuren  des  Fluors, 
des  'Chlors,  des  Broms  und  des  Jods,  der  phosphorigen 
Säure  enthalten  alle  durch  Metalloide  gebildeten  Säuren  sauer- 
stoffhaltige Atomgruppen,  die  dem  Acetyl,  dem  Benzoyl  u.  a. 
sich  ähnlicih  Terhalten.  Die  Salpetersäure  und  die  salpeter- 
sauren Salze  z.  B.  enthalten  offenbar  die  Gruppe  NO^  und 
können  auf  den  Typus  Wasser  bezogen  werden  : 


Salpetersäure ^H*!® 

W^asBTSrßie  St^teraiiire  .    .    jj^^jo 

^alpejter^iure  Met#sal^     .    .    ^mVI^' 

Ich  werde  andergwo  Gelegenbeit  finden ,  dieAea  fiegear 
€laiid  EU  entwickln,  welcher  mir  die  .ToUe  Aafineriuwnikeit 
der  ChenAer  zu  verdienen  scheint. 


•—»^ 


.Untersuchung^  de3  Orber  Badesalzes; 
v(m  FraiherBi  r.  Bibra. 


Das  i|ogeiiannte  lpiff€r  ßudesaU  wiiid  S[eit  einigen  <l[a^^ 
lin  vfirschiQdenep  Qpsj^it^lem  upd  acioti  in  ^e^  Fxivf^prsa^s  Jf^ 
Yortheü  apge^^epdcjt ,  so  ijirerden  zjun  Bei8ji{ißji  j{^k  Jujipfir 
hospitale  zu  Würzburg  jährlich  36  Centner  desselben  zu  Bä- 
dern verbraucht. 

Ycirzugsiweise  zeigen  ^ioh  di^  {yit  ^^qselben  ^berj^iteten 
JBäder  irirkspa  gßgen  Scrophe)n ,  qhrofjjsche  fBJhef^i^aUsp^, 
Gicht,  chronische  .Hautkrankheiten  lyi^  yetsc|](je4fsn^  ^>W^? 
der  Syphilis. 

Durch  eiiiige  ^lückliglie  ^Erfpjge  j|ieser  Bäder,  welche 
ich  Gelegepheit  h^tte,  zu  ,bpo))^qh|e9,  l^in  jch  yßtf^Jis^^  wor- 
.den,  .di|£ißQlbe  eii^er^U^ler^chupg  2;u  untei;^^fj|^n,  ;^u4$;m  da, 
ßo  .viel  mir  :bQkani|t,  ,po^h  J^eine  volls^f^dig^  ^n^se  4le^- 
»eibßn  vprh^Qden  .i^t. 

Ich  habe  die  Bezeichnung  Orber  Badesalz  beibehalten, 
da  das  Sa}z  unter  diesem  Namen  bekannt  ist,  und  unter  dem- 
selben,in  ^^nflland^l  gebracht >vird.    j^s.wjrd  bereitjet,  indem 

12» 


180  o.  BibrOy   ünknwhmg  de» 

man  die  Matterlauge  der  Soole  weiter  eindampft,  aber  es  ist 
mir  nicht  bekannt,  bis  auf  welchen  Punkt  das  Einengen  fort- 
gesetzt wird,  und  ob  man  stets  dieselbe  Concentration  einhält. 

Das  Salz,  wie  es  in  den  Handel  gebracht  wird,  stellt  eine 
nicht  vollkommen  weifse,  feinkörnige  Salzmasse  dar,  welche 
Feuchtigkeit  anzieht,  indessen  nicht  zerfliefst. 

Weil  das  Salz  selbst  aus  einem  Gemenge  verschiedener 
Substanzen  besteht,  wurde  die  zu  allen  Versuchen  nöthige 
Menge  aus  vier  verschiedenen  Fässern  genommen,  und  die- 
selbe fein  zerrieben,  so  gemengt,  dafs  ich  sicher  seyn  konnte, 
in  den  verschiedenen  Parthien  des  Gemenges  eine  ziemlich 
gleichartige  Masse  zu  haben. 

Ich  habe  durch  die  qualitative  Untersuchung  in  dem  Salze 
nachgewiesen  :  Kali ,  Natron ,  lithion ,  Kalkerde ,  Magnesia, 
Eisenoxyd,  Thonerde,  Schwefelsäure,  Chlor,  Jod,  Brom,  Bor, 
Kieselsäure,  eine  Spur  Phosphorsäure.  Baryt,  Strontian,  Kupfer, 
Arsen  und  andere  metallische  Körper  habe  ich  nicht  finden 
können.  Hingegen  enthält  das  Salz  eine  sehr  geringe  Menge 
einer  organischen  Substanz  und  eine  Spur  Ammoniak. 

Quantitative   Analyse*}. 

C/Uor.  —  1,000  Grm.  des  getrockneten  Salzes  wurde 
in  Wasser  gelöst  mit  etwas  Salpetersäure  versetzt,  filtrirt  -und 
mit  salpetersaurem  Silber  niedergeschlagen. 

Chlorsilber  :  1,780  =r  Chlor  :  0,44006 
für  100,000  Salz  :  44,006. 
Ein  zweiter  Versuch  ergab  1,781  Chlorsilber. 
Schnöefdsäure.  —  Dieselbe  Menge  des  Salzes  in  Wasser 
gelöst,  mit  Salzsäure  angesäuert,   filtrirt  und  mit  Chlorbarium 
behandelt,  gab  stets  wechselnde  Mengen  schwefelsauren  Baryt, 


*)  Ea  wurde  f&r  alle  eiazelne  UolerBUchaDgen  das  Salz  bei  -{-  80^  R. 
fo  lange  getrocknet,  bii  es  nicht   mehr  an  Gewicht  verior. 


(hher  Badesalzes.  181 

wenn  nicht  gleiche  Mengen  Wasser  zur  Lösung  Terwendel 
wurden;  es  zeigte  sich  zugleich  ein  in  Wasser  unlöslicher 
Rückstand,  welcher  fast  gänzlich  aus  schwefelsaurem  Kalke 
bestand. 

Es  wurden  daher  10,000  Gnn.  des  Salzes  mit  verdünnter 
Salzsäure  digerirt,  bis  sichAUes  gelöst  hatte,  und  hierauf  mit 
Chlorbarium  behandelt. 
Ich  erhielt  schwefeis.  Baryt :  4,000  =  Schwefelsäure  1,3742 
Tür  100,000  Salz  13,742  Schwefelsäure. 

Wurden  10,000  Grm.'mit  Wasser  behandelt,  der  unlös- 
liche Rückstand  mit  Salzsäure  gelöst,  wieder  eingedampft  und 
die  Kieselerde  abgeschieden,  so  erhielt  ich  durch  Fällung  mit 
Chlorbarium  im  Mittel  von  drei  gut  stimmenden  Versuchen 
0,4934  Schwefelsäure,  was,  da  dieselbe  an  Kalkerde  ge- 
bunden war,  8,400  schwefelsaure  Kalkerde  für  100,000  Salz 
ergiebt. 

Kieselerde»  —  100,000  Grm.  des  Salzes  wurden  mit  Sal- 
petersäure gekocht,  zur  Trockne  verdampft,  mit  Salzsäure  und 
hierauf  mit  Wasser  behandelt,  filtrirt ,  der  Rückstand  geglüht. 
Es  wurde  erhalten  : 

I.    Kieselerde    0,720 

n.  „  0,713 

0,716  im  Mittel. 

Thanerde^  Eisenoxyd,  Kalkerde  ^  Magnesia.  —  100,000 
Grm.  des  Salzes,  vorher  zur  Abscheidung  der  Kieselerde  wie 
angegeben  behandelt ,  wurden  mit  Sahniak  versetzt  und  hier- 
auf unter  Abschlufs  der  Luft  (unter  einer  Glocke  mit  Kalk- 
wasser} mit  Ammoniak  behandelt.  Es  fiel  ein  gelblich  gerarbter 
Niederschlag,  welcher  aus  Eisenoxyd  und  Thonerde  bestand. 
Er  wog  : 

Thonerde  und  Eisen  0,030. 

Es  vnnrde  hierauf  die  von  diesem  Niederschlage  abfiltrirte 
Flüssigkeit  so  weit  mit  Wasser  verdünnt,    dafs  sie  genau  ein 


i^  V.  Bibra^  Unteriuchuiilf  des 

Lttät  ürög,   hierafar  100,000  CC.  nbgemesgeti ,  ifaitBiti  diM 
tOj'tnb  (xrin.  des  Salzes  eiits^rechetide  Men^fe. 
Dit^e  mite  iöh  itiit  Ueesaiii-eni  Aminofdiik. 
Kohlensaure  Kalkerde  :  0,618  =  Kalkerde  0,3438, 

ftif  100)MD  ÖÜz  3^43^  itUketde. 
Dää  t^tltbt  von  de^  Kälkerde  erjfab  liiit  pbosp1iorsäid*em 
Natron  und  Ammoniak  behandelt 

Pkospliofsiittre  talk^rde  :  1,200  =  Talkerde  D,4359) 
für  100,000  Salz  :  4^dS9. 

noUtiim,  ffd^vun,  —  1,000  Grm.  des  Satzes  wurden  in 
Wässer  gelöst,  tiltrift,  mit  Bärytwasser  versetzt  und  gekocht, 
wiedißir  filtrirl,  der  Barytüberscnufs  und  der  Kalk  durch  kdti- 
lehsaures  Ammoniak  gerällt,  faltrirt,  zur  Trockne  verdämpft,  . 
geglü&t,  mit  Salzsäure  behandelt  uhd  nochmals  geglilht, 
gewogen. 

Chlomatrium  und  Chlorkalium  0,720. 

Hierauf  würde  in  wehig  Wässer  gelost,  unter  Zusatz  von 
iiberscl&'iis'sTger  natirichloridlösuhg  bis  zur  Trockne  verdampft 
iind  mit  Wefhgeisl  von  80  pt).  übergössen.  I^acli  einigen 
Stunden  Ruhe  durch  ein  tarirtes  Filter  filtrirt,  mit  Weingeist 
von  der  angegebenen  Stärke  gewaschen  und  bei  -f  dO®  R. 
getrocknet. 

Kaliumplalinchlorid  :  0,775  =  Chlorkalium  0,2368, 
Chlorkaliüm  und  Chlorna^iütn    0,7200 

Chlorkalium  0,2368 

Rest  Chlomatrium  0,4832 

für  100,000  Salz 
Ghlorkalium    0,2868       Kali        14,963       Kalium     12,424 
Chlomatrium   0,4832       Natron    25,690       Natrium  19,098. 

Es  sind  diefs  &h  Bei^Uhto^ile  ää^  Örber  Badesalzes, 
wache  ich  quhtmfAiv  beibtld^t  Mbe.  ^  dbh  ^K^e^  habe 
ieh  Mch  belügt,  ihi^e  AiiW^senheit  naoUzifwds&n. 


Orber  B^Oembte^.  489 

LUhim.  —  100,000  Grm.  des  Sakes  wurden  ipH  Sa^- 
säare  und  Wasser  gekocht,  filtrirt,  zur  Trockne  verdampft,  mit 
Alkohol  aasgezogen  und  wieder  verdampft.  Hierauf  mit 
gleichen  Volumen  Alkohol  und  Aether  bebandelti  wieder  ver- 
dampft und  mit  1  Tbeil  Alkohol  uod  3  Theilen  Aether  mm^ 
gecogen.  Nach  Verdampfung  des  Alkohol-  und  Aßtberaus- 
inges  zeigte  die  Wasserstoffgasflamme  uitzweifelhaft  die 
characteristische  dunkelcaraiinrothe  Fdrbung.  Versuche  iny 
dessen,  mit  erneuten  Mengen  von  100,000  Grm.  des  Splzes 
das  CUorlithidn  quantitativ  zu  bestimmen,  zeigten  zvrar  immer 
mit  Bestimmtheit  die  Anwesenheit  dieses  Körpers,  gaben  aber 
in  ipmntitativer  Beziehung  keine  so  Übereinstimmeade  KesuK 
täte,  dafs  ich  ihnen  Vertrauen  schenken  konnte. 

Jod.  ~  20,000  Grm.  des  Salzes  wurden  mil  AJkobol 
digerirt,  der  Auszug  verdiwpft,  mil  Wasser  geUM  und  mit 
etwas  Salpetersäure  und  Stärkddeister  behandelt.  Es  tritt» 
wenn  reine  Salpetersäure  angewendet  wurde,  eine  nmr  zwei" 
Ceihafte  Reaction  auf  Jod  ein. 

Wurde  aber  /eine  Sänre  genommen,  welfchte  Unfcsrsslpeter* 
sivre  enthielt,  oder  wurde  duridi  Erwirmen  einer  solchen 
Säure  Untersalpelersänre  durch  die  Probeflösaigbeit  geleitet, 
so  tritt  sogleich  eine  intensive  blaue  Fäii)ung  auf  und  es 
konnte  dieselbe  auch  bei  Anw^dung  von  bedeutend  weniger 
Sdz  hervorgerufen  werden. 

Diese  von  Orange  bekannt  gemachte  MelJiode  zur  Snt- 
Cramung  des  Jodes  ist  aekr  vetrireffliGti.  Ich  kab^  in  yer- 
sohiedeBai  Ouellenwasaern  und  Brunnen  der  fitadt  Nttmbieirg 
iordi  sie  ganz  unzweifelhaft  Jied  nachgewiesen ,  obgleiejb  ioh 
■idit  mehr  als  ein  Liter  des  Waasei»  angiewendet  Juibe.  AJkJn 
bisweilen  tritt,  wenn  keine  blaue  Färbung  eraotieint,  eine 
sdiwach  rätUjohe  Faif)e  auf,  welche,  wie  idi  glaube,  zu 
IrrAimeni  veranlassen  kann,  wenn  man  Aß  auch  auf  Joid 
bezidien  wdlte.    Ich  habe  nämKcli  frisch  destiUirtes  Wasser 


184  0.  Bibray  ünier$uchmg  des 

mit  der  reinsten  Stäriie  versetzt  und  auf  Znsatz  tob  Utttersal- 
petersäure  oder  untersalpetersüurehaltiger  Salpetersäure  d>en- 
falls  eine  Spur  solcher  röthlicher  Färbung  erhalten.  Vielleicht 
bedingt  eine  Zersetzung  der  Stärke  diese  Färbung.  Freilich 
scheint  in  neuerer  Zeit  Jod  sich  allenthalben  und  in  allen 
Körpern  befinden  zu  wollen.  Es  wäre  aber  ohne  Zweifel  als 
eine  Calamität  zu  betrachten,  wenn  selbst  frisch  destillirtes 
Wasser  nachweisbare  Spuren  von  Jod  enthielte. 

Brom.  —  Durch  AuQösen  von  10,000  Grm.  des  SafaEes, 
Abdampfen  der  Lösung,  Ausziehen  mit  Weingeist,  und  Be- 
handlung des  abgedampften  Rüdestandes  mit  wenig  Wasser, 
Aether  und  Chlor,  wurde  die  durch  Brom  bedingte  rothbraune 
Färbung  erhalten.  Die  quantitative  Bestimmung  habe  ich  zu 
machen  gesucht,  indem  ich  in  10  Fläschchen  von  gleicher 
Gröfse  gewogene  Mengen  von  Bromkalium  vertheilte  (yon 
5  Milligramm  bis  zu  50}  hierauf  25  Grm.  Wasser  und  10 
Vol.  Aether  und  ebensoviel  Chlorwasser  zusetzte,  die  25  Grm. 
Wasser  als  ebensoviel  Volumina  betrachtet.  Die  auf  diese  Weise 
ertialteneFarbenscala  wurde  verglichen  mit  der  Färbung,  welche 
auf  gleiche  Weise  von  10,000  des  Salzes  erhalten  worden  war. 

Es  stand  die  Farbe  zwischen  5  und  10  Milligramm  der 
Probelösung;  hieraus  würde  sich  ergeben  für  100,000  Salz  : 

Bromkalium  0,075. 

Bor.  —  100,000  Grm.  des  Salzes  wurden  mit  einer  Menge 
Wasser  übergössen,  welche  nicht  hinreichte,  dasselbe  ganz 
aufzulösen,  hierauf  unter  Zusatz  von  Salzsäure  gekocht,  heifs 
flitrirt  und  der  Ruhe  überlassen,  nachdem  Krystalle  aqge- 
schossen  waren  wieder  kochend  eingeengt  und  noch  kochend 
filtrirt.  Dasselbe  Verfahren  mehrmals  wiederholt,  mufste  nach 
und  nach  den  gröfseren  Theil  der  andern  Salze  ausscheiden, 
während  die  Borsäure ,  löslich  in  der  kochenden  Flüssigkeit, 
in  den  letzten  Antheilen  derselben  befindlich  seyn  mufste. 
Wurde  ein  Theil  dieser  Flüssigkeit,  welcher  durch  Salzsäure 


Orber  Badeial9e$.  i89 

angesäuert  war,  mit  Curcomapapier  gepräfl,  so  flirbte  sich 
nach  dem  Trocknen  daisselbe  rolhbraun. 

Die  zur  Trockne  gebrachte  und  mit  etwas  Schwefelsäure 
befeuchtete  Substanz  zeigte  in  der  Wasserstoffgasflamme  eine 
grüne  Färbung.  Die  Anwesenheit  einer  Borverbindung  war 
also  nachgewiesen. 

leh  bemerke  zu  der  Probe  mit  Curcumapapier,  dafs  es 
mir  nicht  ganz  unnöthig  erschien,  mich  dnrch  Gegenproben 
mit  reiner  Salzsäure-  nnd  mit  Borsäurelösung  zu  überzeugen, 
ob  die  rotbbraune  Farbe  des  Curcumapapiers  wiridich  von 
der  Anwesenheit  von  Borsäure  herrührt,  oder  ob  dieselbe 
nidit  durch  andere  Einwirkungen  entstanden  ist.  Täuschungen 
sind  nicht  unmöglich,  wenn  man  nicht  die  characteristische, 
von  der  Borsäure  erzeugte  Farbe  ins  Auge  gefafst  hat 

Die  Gegenwart  einer  Spur  von  Phosphorsäure  im  Salze 
konnte  nur  durch  molybdänsaures  Ammoniak  nachgewiesen 
werden. 


Nach  dem  Vorstehenden  enthält  das  Orber  Badesalz 


Chlor 


44,006 


Schwefelsaure    .    .  13,742 

Kalium      ....  12,424 

Natrium     .    :    .    .  19,098 

Kalkerde  ....  3,438 

Magnesia  .  \    .    •  4,359 

Kieselerde     .    .    .  0,716 

Thonerde  und  Eisen  0,030. 

Ich  habe  folgende  Zusammenstellung  versucht  : 

Chlomatrium 49,339  Gl   30,241 

ChlorkaUum 23,679  „    11,255 

Chlormagnesium   ....  3,410  „      2,512 

Schwefelsaure  Kalkerde     .  8,400  SO'  4,934 

Schwefelsaure  Magnesia    .  13,284  »     8,804 

Kieselerde 0,766 

Thonerde,  Eisen  ....  0,030 


t88    Roekleder  u.  Schwärst^  aber  mn^e  Bitterstoffe. 

Verbindungen  von  Jod 
n  »    Brom 

„  ^   Liihion 

^  D    Phospiiorfiäare 

Organische  Substanz 
li  würde  diese  Zusammenstellung  ganz  gut  stimmen, 
wenn  statt  der  gefundenen  4,359  Magnesia  5,449  gefunden 
worden  wilren,  aber  ich  habe  die  Bestimmung  des  Chlors  und 
der  Sdiw!dfelsäore  tur  zuverlässiger  als  die  der  Magnesia 
gehaKen  und  die  fehlende  Menge  der  letzteren  ergänat. 


Ueber  einige  Bitterstoffe; 
von  Er.  Rochleder  und  Dr.  R.  Schtoarz. 


I.    <A  e  s  c  u  1  i  n. 

An  dem  Holze  der  Quäandtna  Moringa  wurde  zuerst  die 
Beobachtung  gemacht,  dafs  es  durch  Ausziehen  mit  heifsem 
Wasser  eine  Flüsdgkeit  gab,  die  im  dmrchfallenden  Lichte 
gelb,  im  reflectirten  Lidite  blau  erschien.  Ein  ähnliches 
Verhalten  fand  sjutter  Frischmänn  bdder  Rinde  von 
Aeiculus  H^ipocmtamm  und  Nolde  am  rothen  Sandelholze 
und  Qnassia'»  Hdz. 

Nach  lingerer  Zeit  /beschrieb  Raal)  den  Sieli^  der  diesen 
Dichrolsmos  in  den  genannten  Flüssigkeiten  veruraadit,  unter 
dem  Kernen  Scbillercfteff.  Martins  nannte  ihn  Bfcolorin, 
KastU'or  Polychrom«  Raab  glaubte,  der  SchiUerstoiT  sey 
mit  einer  Säure  verbunden  als  basisches  £alz  in  den  Pfianzen 
enthalten  und  gab  an,  mem  könne  ihn  nein  erbalten,  wenn 


Roekteder  u.  Sckwar»^  iU>er  einige  BiUeirHof^.    187 

seine  öoncenfrirle  wässerige  Ldsmig  mit  Ka|rfenrilriol  und 
dkilrauf  mit  kohlensamrem  Kali  versetzt  werde ,  wodurch  alles 
Fremdartige  sieb  Ascheiden  liefse. 

Es  wQjfden  mehrere  Methoden  zur  Darstellmi^  des  Aetfcaliii 
vo^eschlagen  von  Martins,  St.  George,  Minor,  Kalli- 
brhnil^r  nUd  Trommsdorff.  Das  Verfahren  von  Minor 
ist  das  einfachste  und  wohlfeSste,  und  wurde  von  uns  zur 
DarstelHing  des  Aesculin  in  Anwendung  gebracht. 

Man  kocht  die  zerideinerte  Rinde  der  Rofokastattien  mit 
Wato^r  aus,  füHt  das  abgeprefste  Decoct  mit  Bleizuckerldsung, 
tttrirt  von  dem  Niederschlage  ab,  leitet  Schwefelwassersto^^as 
in  die  filtrirte  Flüssigkeit,  scheidet  das  Schwefelblei  durch 
ein  Filter  ab ,  verdampft  die  klare  weingelbe  Flüssigkeit  auf 
dem  Sandbade  zur  schwachen  Syrupconsistenz  und  nberMfiA 
sie  der  Ruhe  an  einem  kühlen  Orte.  Nach  mehreren  Tagen 
ist  aVes  m  einem  Brei  von  Krystallen  erstarrt,  den  man  aal 
Leinwand  bringt,  abtropfen  läfst,  uln  die  braiuie  Mutteriaufe 
zu  entfernen,  und  unter  langsam  v^st&rktem  Dmdte  ausprefst. 

Man  krystaflisiTt  den  ausgepreßten  Rückstand  drei-  bis 
vterknal  aus  heifsem  40  grftd.  Alkohol  und  eben  so  oft  aus  sie« 
ielidem  Wasser  um,  ukid  wäscht  die  zuletzt  erhaltenen  Ery«« 
sMdle  mit  kaheih  Wasser  imf  dem  Filter  aus,  bis  beilän%  ein 
Diltthefl  derselbeüi  «afgdtöst  sfaid.  Der  ungelöste  Theil  M 
reines  AeseMn.  Aus  ihm  Muttertaugen  kanh  man  das  AescnBn, 
das  sie  eiktballein,  gewinnen,  indem  man  den  Alkohol  abde- 
mSOiti^  das  Wasser  im  WasseiiHide  abdmtstet,  und  die  Rück'^ 
Mnde  binsteHt.  Das  Aesculin  schetdet  sich  etwas  gefärbt  in 
Krystallen  uas. 

Bas  i^bie  Aesculih  besitet  eine  blendend  wetfse  Farbe^ 
eitocheint  in  Form  von  Prismen ,  die  oft  kugelförmig  gruppiil 
sind,  ist  bitler  und  getiicblos.  Man  findet  angegeben,  dafs 
das  A^s^mlhi  diirdi  MetaNsalze  nicht  gefäHt  werde.  Wir 
fanden,   dafs  dreibasisch  -  essigsaures  Bleioxyd  das  Aesculin 


188    Roekleder  n.  SchioarZy  über  einige  Bitieretoffe. 

aus  der  wttsserigen  Lösung  fällt.  Der  Niederschlag  ist  blab*- 
gelblich,  und  zersetzt  sich  beim  Auswaschen  theilweise.  Im 
Uebrigen  fanden  wir  alle  von  Trommsdorff  über  die  Eigen- 
schaften des  Aesculin  gemachten  Angaben  bestätigt 

Das  Aesculin  wurde  von  Trommsdorff  analysirt,  der 
aus  den  Resultaten  seiner  Analysen  die  Formel  CieH^Ou  be- 
rechnete. Die  Analysen ,  die  wir  mit  dem  Aesculin  anstellten» 
gaben  Zahlen ,  die  mit  denen,  welche  Trommsdorff  fand, 
sehr  nahe  übereinstimmen.  Trommsdorff  bemerkte,  dafs 
es  unmöglich  sey,  das  Atomgewicht  des  Aesculins  festzustellen, 
da  es  keine  Verbindungen  eingeht,  die  zu  solchen  Bestimmungen 
geeignet  erscheinen.  Wir  haben  daher  auf  einem  andern 
Wege  gesucht  diese  Bestimmung  auszuführen,  und  zu  diesem 
Zwecke  die  Zersetzungsproducte  des  Aesculins  untersucht. 

Die  Zersetzung,  welche  das  Aesculin  durch  die  Einwir- 
kung von  Mineralsäuren  erleidet,  scheint  zu  diesem  Zwecke 
Anhaltspunkte  zu  geben. 

Wird  Aesculin  mit  Salzsäure  oder  wenig  verdünnter 
Schwefelsäure  gekocht,  so  erhält  man  humusartige  Producte, 
wie  sie  unter  ähnlichen  Verhältnissen  aus  Zucker  entstehen, 
und  eine  kleine  Menge  von  glänzenden  Krystallen,  die  der 
huminartigen  Masse  beigemengt  sind.  Wendet  man  eine  ver- 
dünntere  Säure  an  und  wird  die  Temperatur  nicht  bis  zur 
Siedhitze  gesteigert,  so  erhält  man  bessere  Resultate. 

Am  zweckmäfsigsten  wurde  folgende  Methode  befunden  : 
Man  übergiefst  Aesculiif  mit  so  viel  Wasser,  als  nothwendig 
wäre ,  um  in  der  Siedhitze  das  Aesculin  zu  lösen ,  und  setzt 
demselben  den  8.  Theil  (dem  Volumen  nach}  von  Schwefel- 
säurehydrat zu.  Die  Schale  wird  mit  dieser  Mischung  auf 
dem  Wasserbade  erwärmt.  Das  Aesculin  löst  sich  auf,  die 
Flüssigkeit  Tärbt  sich  gelb ,  und  nach  kurzer  Zeit  setzen  sich 
nadeiförmige  Krystalle  an  den  Wänden  der  Schale  ab,  deren 
Menge   fortwährend  zunimmt.     Wenn  die  Flüssigkeit  durch 


Rochleder  u.  SchioariHj  über  einige  Biüenicfflf.    189 

Verdunsten  so  concentrirt  wird,  dafs  die  Schwefelsäure  eine 
weiter  eingreifende  Zersetzung  bewerksteOigen  würde,  was 
ans  der  Färbung  der  Flüssigkeit  an  den  Rändern  zu  ersehen 
ist,  nimmt  man  die  Schale  vom  Wasserbade  und  läfst  sie  bei 
einer  Temperatur  von  8®  bis  10^  C.  durch  24  Stunden  ruhig 
stehen.  Man  trennt  die  Krystalle,  die  sich  während  dem 
Stehen  vermehrt  haben,  durch  ein  Filter  von  der  sauren 
Flüssigkeit.  Sie  wird  mit  kohlensaurem  Bleioxyd  versetzt, 
so  lange  noch  ein  Aufbrausen  bei  Zusatz  einer  neuen  Menge 
dieses  Salzes  entsteht,  dann  erwärmt  und  vom  schwefelsauren 
Bleioxyd  abfiltrirt.  Sie  ist  schwach  grünlich  gefärbt,  und  ent- 
hält eine  Spur  Bleioxyd.  Man  setzt  Thierkohle  zu,  eriiitzt 
zum  Sieden,  filtrirt  und  erhält  so  die  Flüssigkeit  vollkommen 
frei  von  Blei  und  entfärbt.  Sie  hinterläfst  im  Wasseitade 
verdunstet  einen  schwach  gelblichen,  sehr  süfs  schmeckenden 
dickflüssigen  Syrup,  der  nach  beiläufig  vierzehn  Tagen  zu 
einer  Masse  von  weifsen  Krystallen  erstarrt. 

Die  obenerwähnten  prismatischen  Krystalle  müssen  von 
einer  kleinen  Menge  eines  braungelben  Farbstoffes  gereinigt 
werden,  der  ihnen  hartnäckig  anhängt.  Man  löst  sie  zu  die- 
sem Zweck  in  siedendem  Wasser  auf,  giebt  Thieriiohle  hinzu, 
und  filtrirt  nach  einiger  Zeit  die  siedende  Lösung  von  der 
Kohle  ab.  Die  Krystalle  scheiden  sich  aus  der  Lösung  wäh- 
rend des  Erkaltens  aus.  Sie  besitzen  so  nur  einen  schwachen 
Stich  ins  Gelbe.  Unter  I.  ist  die  Analyse  so  gereinigter  Sub- 
stanz angegeben,  die  mit  Salzsäure  aus  AescuUn  dargestellt 
worden  war.  Unter  IL  findet  sich  die  Analyse  der  ebenso 
gereinigten  Substanz,  mittelst  Schwefelsäure  aus  Aesculin 
bereitet. 

Die  Krystalle  dieser  Substanz ,  die  wir  Aetcuktin  nennen 
wollen,  sind  sehr  schwer  im  Wasser  löslich;  selbst  kochendes 
Wasser  löst  nur  kleine  Mengen ,  die  sich  beim  Erkalten  aus- 
scheiden,   in  Form  von  Nadeln  und  Blättchen,    die  grofse 


MO    Bcehhi^r  u.  Sohwßr^,  «M*  einige  MiUer^iflfiß. 

J^vSoYäsdä  mit  BenspäffiiUqre  zeigen.  Auf  eiiviip  JfäIßT  ge- 
4M|pmett  und  getrocknet,  überziehen  m  das  Papier  in  Forip 
«einer  ciilbergUMi^Bendei^  Haujt,  4ie  sich  leicht  ^b^en  Itfst. 
J>as  AeaK^leti»  U)st  sich  wenjg  in  kaltepQ,  leichf  i«  Me^e^dcnw 
Wejng/sist  und  scheinet  sich  joßich  dcp  ßrJti^ten  ^<^nA#i|^ 
wiedcpr  ab.  ^s  besitzt  den  Character  emef  sehr  sch^^aql^ 
.Sajore.  WaciAar,  4ei9i  etwas  44^Ii  ziv^^iei^t  wurj^e,  lö^t  i»r 
.9elb^  i^t  Leichtigkeit  auf^  Diese  Lösu^^ge^  sin4  gojli4g^U> 
gefärbt^  a^  ^atz  leiner  Säjore  verschwindet  (^ie  Färbte  uf^ 
es  entsteht  ejn  fiKedierschls)g  des  gelösten  AesQuletins  ^l  sQir 
4egl|Uu;iende^ ,  4ünnen  Nadeln.  Da(s  das  Aesci^eiMn  ei^e  ^ef^f 
.aciNvr^che  ß'Ai^e  ist,  geht  aus  seinem  Yei^fdjten  zu  AmniOiai^|c 
hensor.  Lösjk  9ian  Aesculetin  in  der  .((Idnsten  erfordei^^bieni 
Wi6fpge  voA'  aNfinder  Ainm(N[iiakAUß$igkeit  aufj  90  sohep^ct^ 
•sic)^  beim  Er^o^ten  das  A^p9ioniaksal|!  ja  gläf^z^de^,  c^itrqn- 
:gelben  91ättchen  aus.  Sammelt  «pi^an  .<]iese  ^  ^em  jP^ter, 
prefst  sie  zwischen  J[4Öschpapier  und  l^st  ßie  ^n  p.«^  $(Ha- 
d€^  ßxi  der  Luß  liegen ,  so  verflücli^tigt  si<^  4f^  Anmnoniak, 
iU9d  ,das  Aeacidetin  jb]<eibt  weils  und  unyerändert  2(\irüc|s.  Jfijie 
^eariqgsten  Meiiigen  eines  Alkfdi  oder  e^ner  alkalischen  fyiß 
reiduen  hin,  das  Aesculetin  oder  seine  Ai^ö^iffigein  g^lb  ^u 
Tarben.  Enthält  der  Alkohol ,  in  den  mt^n  es  auflöst ,  eine 
Spur  JKalk,  me  .dies  öfters  der  Fall  ist,  so  Hrystalli^sirt  i|a(^ 
dem  Eiskalten  das  Aesculetin  in  schön  gelben  Krystfdlen  ,f\us, 
.die  kaum  eine  bemerkbare  tfenge  Kalk  beim  X^l^reiMLen 
hinterl^iasen. 

lyiU  man  das . Aesqule^in  von  jec|er  Spur  des  ^aiitn^^cmg 
unbmgenden  Earbefjtqffes  befreien,  so  kann  ummi  (|ies  ppir  .auf 
die  Art  erreichen,  dafs  man  es  mit  etwas  AmmoQi^  J^e- 
feuchtet,  (fie  j^elbe  ])fasse  auf  ein  Filter  I^ingt  und  m^t  .wenig 
Wasser  witscht.  Wenn  der  dqlte  Tbejd  der  gelben  iSßßße  ifn 
Wasser  sich  gelöst  hat,  ist  aller  Farbstoff  mit  eifiem  Theil 
Aeiscule^n  w;eggQnqn|men.     Man   löst  dep,    ai^f  de^  :Filt4^r 


Roekledet  ».  Sehwara^  Uker  §Mge  Säi$f0iäff$.    IM 


men  Tlieil  in  der  fiMiigen  Menge  Wmmt,  Mtet  dw 
Losung  Satesänre  zn  «nd  filtrirt  die  aiNSgescluedeneH,  fari^ 
lose»  KrysAaUe  toh  der  Flüssigkeit  ab ,  die  ebenMIs  farblos 
erscheint ,  während  der  erste  Antheil ,  der  nd^en  Aeseidelin 
FariMoff  enthält,  nach  Zusatz  von  Saksivre  ekte  »dihliche 
oder  violette ,  hei  gr^fserer  Vetdümiung  g^elbe  FArhng  mar 
^mmt.  Die  Analyse  von  Aoscid^tin,  das  auf  diese  Weise 
gereinigt  war,  ist  unter  ill  angeftflirt. 

EMiilzt  schmilzt  das  Aesculetin,  bräunt  steh  dabei  md 
wird  bei  fortgesetzter  Einwirkung  der  Wärnae  grdfstnlkeüs 
zerstört.  Es  bleibt  viel  Kohle  Buriek,  während  man  «iiie 
geringe  Menge  ehies,  mh  gelbem  l)renElichen  Oele  durch- 
tränkten SuMimates  erhält,  von,  wie  es  jcbeifft,  der  Eersdtzung 
entgangenem  Aeseutetin,    . 

Eine  wässenge  Lösung  des  Aesculetin  wird  durch  Eisen- 
chlorid dunkelgrün  gefärbt,  ohne  dafs  ein  Niederschlag  ge- 
bildet würde.  Da  sich  Aesculin  in  heifsem,  mit  Eiseuchlorid 
versetztem  Wasser  beim  Kochen  mit  grüner  Farbe  löst,  so 
ersieht  man,  dafs  unter  diesen  Umständen  das  Aesculin  zer- 
setzt wird  und  Bich  Aesculetin  hildet. 

Wir  kssen  hier  die  Analysen  «les  Aesculetin  folgen.  S>0» 
Aes<)uletin  war  bei  lOO^'  C.  getcodfiuet. 

I.    0,3315  Substanz  gaben  0,7385  CO«  und  0,405  Wasser. 
n.    0,3670        „  ,       0,818    COa     „    0,448        „ 

ra.    0,4255        „  „      0,944    CO,    „    0,439        „    - 

Dies  entspricht  folgender  procentischer  Zusammensetzung  : 


Berechnet 

Gefanden 

• 

'"-  '■"• 

'l.  ^ 

"•"TaT^ 

"HC 

18  Aeq.  E<AIenst6ff 

108      60,67 

60,75 

60,78 

60,51 

6    „      Wasserstoff 

6       3,37 

3,51 

3,47 

3,62 

8    „      Sauerstoff 

64      35,96 

35,74 

35,75 

35,87 

Atomgewicht  478    iOO^OO    100,00    100,00    100,00. 


192    Rpohleder  u.  SohiDarm,  über  emige  BiUersiaffe. 

Nach  mehreren  vergeblichen  Versuchen,  eine  Yerbindnng 
des  Äesculetins  mil  verschiedenen  Metalloxyden  hervorzubrin- 
gen, mnbien  wir  bei  den  Verbindungen  des  Aesculetins  mit 
Bleioxyd  stehen  bleiben. 

Wird  eine  siedende ,  wässerige  Lösung  von  Aesculetin 
mil  einer  Bleizuckerlösung  vermischt,  so  entsteht  ein  volumi- 
nöser Niederschlag  von  citrongelber  Farbe,  gelatinös  wie  Thon- 
erdehydrat.  Er  wurde  mit  siedendem  Wasser  gewaschen. 
Während  dem  Trocknen  bei  100^  C.  schrumpft  er  sehr  zu- 
sammen und  hat  ein  dem  Gummigutt  täuschend  ähnliches  An- 
sehen.   Gepulvert  gleicht  er  dem  chromsauren  Bleioxyd. 

Er  zeigte  folgende  Zusammensetzung  : 

0,715    Substanz  gaben  0,733  00«  und  0,1405  Wasser. 

0,2655        „  „      0,131  Bleioxyd. 

Berechnet    Gefunden 

106  Aeq.  Kohlenstoff  648,000 
48  „  Wasserstoff  48,000 
60    „      Sauerstoff     480,000 

11     „      Bleioxyd  .  1129,118 

Atomgewicht  2305,118      100,00      100,00 

C,o8H4.0eo  +  11  PbO  =  6  [C|,H.O,o]  +  11  PbO. 
Höchst  wahrscheinlich  war  das  Salz  ursprünglich  nach  der 
Formel  CitHgOio  +  2  PbO  zusammengesetzt  und  hat  durch 
das  Auswaschen  eine  beginnende  Zersetzung  erlitten«  Man 
kann  die  obige  Formel  als  einem  so  entstandenen  Gemenge 
zweier  Bleisalze  angehörig  betrachten  und  schreiben  : 

5  [CuH.Oio  +  2  PbO]  +  [C,aH,0|o,  PbO]. 
Nach  Abzug  des  Bleioxydes  berechnet  sich  die  damit  ver- 
bundene organische  Substanz  auf  folgende  Art  : 

Berechnet     Gefnnden 

18  Aeq.  Kohlenstoff     108  55,10  55,17 

8    „      Wasserstoff  .    8  4,08  4,28 

10    „      Sauerstoff        80  40,82  40,55 

Atomgewicht  196  100,00  100,00. 


28,12 

27,95 

2,06 

2,17 

20,81 

20,54 

48,99 

49,34 

Rochleder  ti.  ScAtoars,  über  einige  Bitterstoffe,    193 

Vergleicht  man  diese  Zusammensetzung  mit  der  des  freien 
Aesculetin,  so  sieht  man,  dafs  es  hier  in  Berührung  mit  Blei- 
oxyd und  Wasser  zwei  Aequivalente  von  Wasser  aufgenom- 
men hat,  die  bei  100®  C.  nicht  hinweggingen. 

Fällt  man  eine  alkoholische  Lösung  von  Aesculetin  mit 
alkoholischer  Bleizuckerlösung  in  der  Wärme ,  so  erhält  man 
einen  pulverigen,  schön  citrongelben  Niederschlag,  der  mit 
heifsem  Alkohol  gewaschen  und  bei  lOO^'  C.  getrocknet,  fol- 
gende Zusammensetzung  zeigte  : 

0,418  Substanz  gaben  0,401  00«  und  0,046  Wasser. 

0,287        „  „      0,1655  BleioxyA 


Berechnet 

Gefunden 

80  Aeq. 

Kohlenstoff    1060,000 

29,00 

28,71 

40    r, 

Wasserstoff     40,000 

1,07 

1,19 

60    , 

Sauerstoff       480,000 

12,88 

12,44 

19    » 

Bleioxyd       2123,022 

57,05 

57,66 

Atomgewicht  3723,022    100,00      100,00 
C,soH4oOeo  +  19  PbO  =  10  CC„H,0.)  +  19  PbO. 

Auch  hier  scheint  das  Bleisalz  ursprünglich  die  der  For- 
mel C|gH40«  4-  2  PbO  entsprechende  Zusammensetzung  ge- 
habt, beim  Auswaschen  aber  Bleioxyd  verloren  zu  haben. 
Nach  Abzug  von  57  und  einem  halben  pC.  Bleioxyd  berechnet 
sich  für  die  organische  Substanz  folgende  Zusammensetzung : 

Berech  Del    Gefanden 

18  Aeq.  Kohlenstoff       106  67,50  67,55 

4    „      Wasserstoff         4  2,50  2,80 

6    ,      Sauerstoff          48  30,00  29,65 

Atomgewicht  160  100,00  100,00. 

Hier  sind  ans  dem  Aesculetin  zwei  Aequivalente  Wasser 
ausgetreten  und  die  Formel  des  freien  Aesculetin  CjtHeO«  mufs 
demnacli  geschrieben  werden  C]8H40e  +  2  HO. 

Wir  gehen  jetzt  zu  der  süfs  schmeckenden  Substanz 
zurück,  die   bei  der  Einwirkung  der  Säuren  auf  Aesculin 

Ann.  d.  Cheml«  a.  Pluurm.  LXXXVII.  Bd.  S.  Heft.  13 


194    Rochleder  u.  Schwarz,  Über  einige  BiUerett^e. 

neben  Aesculetia  gebildet  wurde.  Die  Krystalle,  welche  bei 
100®  C.  schmelzen,  wurden  bei  dieser  Temperatur  getrocknet 
Sie  gaben  bei  der  Analyse  folgende  Zahlen  :  0,4595  Substanz 
gaben  0,6375  CO,  und  0,2865  HO. 

Diefs  entspricht  folgender  Zusammensetzung  : 

Berechnet     Gefundeo 

12  Aeq.  Kohlenstoff     72        38,09        37,71 

13  »     Wasserstoff     13         6,87         6,92 
13    „     Sauerstoff      104        55,04        55,37 

Atomgewicht  189      100,00      100,00. 

Diese  süfse  Substanz  ist  demnach  ein  Kohlehydrat.  Sie 
enthält  bei  100®  G.  getrocknet  ein  Aequivalent  Wasserstoff 
und  Sauerstoff  m^hr,  als  der  bei  100®  C.  getrocknete  Trau- 
benzucker. Der  Geschmack  ist  viel  intensiver  süfs,  als  der 
des  Traubenzuckers.  Mit  einer  Lösung  von  Kupferoxyd  in 
Kali  erwärmt,  entsteht  augenblicklich  die  Reduction  zu 
Kupferoxydul. 

Wir  wollen  hier  die.  Resultate  anführen ,  welche  uns  die 

Analysen  des  reinen  Aesculins  gegeben  haben.    Das  Material 

vvar  zu  jeder  Analyse  von  einer  andern  Bereitung  genomdien 

worden  : 

L  0,3285  Subst.  gaben  0,6260  Kohlensäure  u.  0,1595  Wasser. 

U.  0,3220    „  ^     0,6145  „  „  0,1530      , 

III.  0,ap35    „  ^     0,5765  „  „  0,1380      „ 

IV.  0,3155    „         „     0,1465  Wasser. 

Diefs  giebt  auf  100  Theile  berechnet  folgende  Zusammen- 
setzung : 

-  Berechnet  Gefunden 


i.            IL  lU.      IV. 

42  Aeq.  Kohleofitoff  252    52,07      51,96  52,01  51,79   — 

24    „     Wasserstoff  24      4,96        5,39  5,27  5,04  5,1^ 

26    ,     Sauerstoff  206    42,97      42^65  42,72  42,17   — 


Atomgewicht  484  100,00    100,00    100,00   100,00. 


Roehleder  u.  Schivar»^  iber  einige  BUientoffe.    195 

Die  Formel  des  Aesculfns  imterscfaeidet  sich  von  der  deis 
PhloridziDS  nur  im  Saaerstofigehalte  : 

C41H14O10  +  Oe  =  p4i^t40it% 

^hloridzin.  Aeicalin. 

Vergleichen  wir  die  Zusammensetzung  des  Aescnlins  mit 
der  des  Aesculelins  und  der  sidsen  Substanz,  die  durch  Spal- 
tung desselben  entstehen ,  so  ergiebt  sich  folgender  Zusam- 
menhang : 

C4lHl40,e    =    C,8H40«    +    2    [Ci^HioOiq] 

Aoicttlin.  Aescöletin« 

Durch  Aufnahme  von  8  Aeq.  Wasser  entstdit 

Cj.H^Oo  +  2  HO  und  2  [C,»H,sO„]. 
Aescoletin  im  wasserfreien  Zustande  gedacht  =  C|8H40« 
läfst  sich  als  Zimmtsäure  (wasserfi*eie}  betrachten,   in   der 
drei  Aeq.  Wasserstoff  durch  eine  gleiche  Anzahl  Aequivalente 
Sauerstoff  vertreten  sind  : 

^CuH^—  H,  +  Os  =^3;5406^ 

waMerfr.  ZimmU.  wasserfr.  Ae«culetiiL 

Nimmt  das  Aesculetin  zwei  Aequivalente  Wasser  auf,  wie 
diefs  bei  der  Darstellung  des  Bleisalzes  in  wässeriger  Flüs- 
sigkeit der  Fall  ist,  so  hat  es  die  Zusanunensetzung  der 
Moringerbsäure  : 

3»Ha0^4-  2  HO  =  JWIjOh|^ 

Aeacaletio.  Uoriogerbsflore, 

mit  welcher  es  die  Eigenschaft  gemein  hat,  durch  Eisen- 
chlorid grün  gefärbt  zu  werden,  mit  Bleioxyd  und  mehreren 
anderen  Basen  gel^e  Salzä  zu  bilden. 

Phlorid2in  ^ärfällt  bekanntUch  unter  dem  Einflüsse  von 
SSaren  in  Zucker  und  Phloretin. 

Das  Phloretin  hat  die  Zusammensetzung  CsoHmOio*  Das^ 
Aroygdalin,  welches  in  Pflanzen  vorkömmt,  die  denen  zunächst 
im  System  stehen,  welche  Phloridzin  erzeugen,  zerrdllt  in 
Zucker,   Blausäure  und  Bittermandelöl.     In   den  Spiräaceen, 

13* 


196    Rochleder  ti.  Sohtoarsi^  über  einige  BUteniaffe. 

die  den  Amygdalin  und  Phloridzin  producirenden  Pflanzen 
so  nahe  stehen,  ist  salicylige  Säure  enthalten,  oder  kann 
wenigstens  durch  Destillation  mit  Wasser  erhalten  werden. 
Die  salicylige  Säure  ist  Bittermandelöl,  zu  dem  2  Aeq.  Sauer- 
stoff hinzugetreten  sind : 

CuHeO^  +  2  0  =  CmH^ 

BittermandelöL  '    Salicylige  Sfiare* 

Das  Phloretin  ist  Bittermandelöl,  das  Kohlensäure  und 
Wasser  aufgenommen  und  deren  Elemente  gebunden  hat,  ohne 
Sauerstoff  abzuscheiden : 

^soHmOjo^  =2CCmH>00  +  2  CO,  +  2  HO. 

Phloretin.  Biuermaadelöi. 

Das  Aesculetin  ist  Bittermandelöl,  das  Kohlensäure  auf- 
genommen hat  unter  Ausscheidung  des  vierten  Theiles  des 
Sauerstoffes  derselben,  oder  was  dasselbe  ist,  Bittermandelöl 
verbunden  mit  Oxalsäure  : 

^3^HjO^  rrJuHjO^ 

Aesculetin.      Bittermandelöl.      OzaUflure. 

Das  Saligenin  enthält  die  Elemente  des  Bittermandelöls 
mehr  denen  von  zwei  Aequivalenten  Wasser  : 

_CmH«04^=JCjJ^^  2  HO. 

Saligenin.        Bittermandelöl. 

Das  Salicin  enthält  Saligenin  und  ein  Kohlehydrat  =: 
CiiH,oOio.  Das  Populin  enthält  Saligenin,  Benzoesäure,  die 
mit  der  salicyligen  Säure  gleiche  Zusammensetzung  hat,  mit 
einem  Kohlehydrat  gepaart  : 

^4oH«0^  ==CmH^+  CMHeO,  +^CMtH^oO^ 

Populin.  Benzoösiure.      Saligenin.       Kohlehydrat. 

Es  zerrällt  nach  Piria  in  Zucker,  Saligenin  und  Benzoe- 
säure unter  Aufnahme  von  vier  Aequivalenten  Wasser. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  stehen  Salicin,  Populin, 
Amygdalin,  Phloridzin  und  Aesculin  in  einem  äufserst  innigen 
Zusammenhange. 


Rochleder  u.  SchwarZy  über  einige  Bitterstoffe.     197 

Trommsdorff  stellte  für  das  Aesculin  die  Formel 
CieHfOioauf,  oder  was  dasselbe  istCgsHisOso-  Die  procentische 
Zusammensetzung,  die  dieser  Formel  entspricht,  ist  nahezu 
dieselbe,  welche  die  von  uns  aurgestellte  Formel  C4sHt40i« 
verlangt. 

Berechnet  Berechaet 

C,,      51,89         C4a    52,07 

H„       4,86         «,4      4,96 

0,0     43,25         0,.    42,97 


100,00  100,00. 

Der  Kohlenstoff  ist  nach  unserer  Formel  um  0,18  pC. 
höher,  der  Wasserstoff  um  0,1  pC.  gröfser,  als  der  von 
Trommsdorff  berechnete.  Er  fand  im  Mittel  seiner  Ana- 
lysen etwas  mehr  Kohlenstoff,  als  seiner  Formel  entspricht, 
und  sein  Wasserstoff  stimmt  mit  dem  von  uns  gefundenen 
überein. 

Die  Formel  von  Trcfinmsdorff  als  der  richtige  Aus- 
druck der  Zusammensetzung  des  Aesculin  betrachtet,  würde 
die  Spaltung  im  Aesculetin  und  Kohlehydrat  auf  folgende  Art 
vor  sich  gehen  : 

Cs^HiwOio  ^  CijHnOn  +  CipH^Ot 

Aescalin.  Kohlehydrat.        Aesculetin. 

Auf  diese  Weise  würde  das  Aesculin  in  nahe  Ueberein- 
stimmung  mit  dem  von  Kawalier  in  unserem  Laboratorium 
untersuchten  Arbutin  aus  Arctostaphylos  twa  ursi  gebracht 
werden. 

Bei  100^  C.  getrocknetes  Arbutin  =  C^aHssOjg.  Es  zer- 
nUlt   durch  Emulsin  in   C^,oO,  und  CitH|40i4  unter  Auf- 

Arctuvio  Traubenzucker 

nähme  von  2  Aeq.  Wasser. 

Das  Arctuvin  CsoHioO^  unterschiede  sich  von  dem  Aescu- 
letin =5  C^oHfO»  durch  3  H  die  es  mehr,  und  2  0  die  es 
weniger    enthielte  als  das  Aesculetin   nach    dieser  Formel. 


i98    Rockleder  u.  Schwär»,  über  einige  Büteniafe. 

Das  Aesculetin  könnte  als  ein  dem  Terpentinöl  analoger  Kdrper 
angesehen  werden ,  in  dem  9  Aeq«  Wasserstoff  durck  eben, 
so  viele  Aequivatente  Sauerstoff  ersetzt  wären  : 

C^H, Og_  =  CtoHae  —  9  H  +  9  0. 

Aesculetin. 

Die  Formel  CsoHfOg  verlangt  abei;  einen  Kohlen-  und 
Wasserstoffgehalt,  der  mit  den  Analysen  des  Aesculetins  nicht 

wohl  stimmt  : 

Berecbnel 
*C    20    60,30 

H      7      3,52 

0      9    36,18 

100,00. 

Es  wurden   aber  60,51— 60,73-60,78  pC.  Kohle  und. 
3,62  —  3,51  —  3,47  pC.   Wasserstoff   gefunden  ,    also    mehr 
Kohlenstoff  und  weniger  Wasserstoff,  als  der  Formel  entspricht. 

Dies  bat  uns  veranlafst,  die  Formel  von  Trommsdorff 
durch  eine  andere  zu  ersetzen,  mit  der  auch  die  durch 
Spaltung  des  Aesculins  hervorgehende  Menge  von  Aesculetin 
und  Zucker  besser  übereinstimmt. 

Die  Einwirkung  des  Emulsins  auf  das  Aesculin  und  einige 
andere  Punkte  werden  in  einer  nächstfolgenden  Publication 
erörtert  werden. 

II.    F  r  a  X  i  n  i  n. 
In  der  Rinde  von  Frcuovuu  excelsior  entdeckte  Keller 

I 

eine  krystallinische  Substanz,  die  er  für  ein  Alkaloi'd  hielt. 
Buch n er  legte  dieser  Substanz  den  Namen  Fraxinin  bei. 
Man  erhielt  diese  Substanz  durch  Auskochen  der  Rinde 
mit  Wasser,  Fällen  des  Decoctes  mit  Bleiessig,  Filtriren,  E^t* 
fernen  des  Bleies  durch  Schwefelwasserstoff»  Abfilteren  vom 
Schwefelbl^i  und  Verdunsten  der  Flüssigkeit,  wobei  dfis  Fraxinin 
in  Prismen  von  bitterem  Geschmack,  auskrystallisirle. 


Rochleder  u.  Schwarz,  über  einige  BiUerstoffe.    199 

Um  diese  Substanz  zur  Untersuchung  darzustellen,  wurde 
Bschenrinde  imt  Wasser  aufgekocht,  das  Decoct  mit  Blei-- 
zuckerldsnng  gefällt,  der  Niederschlag  durch  Filtriren  entfernt, 
die  filtrirte  Flüssigkeit  mit  Bleiessig  gerallt»  der  Niederschlag 
ahfiltrirt,  die  Flüssigkeit  mit  Schwefelwasserstoff  behandelt, 
das  Schwefelblei  durch  ein  Filter  getrennt  und  die  Flüssig- 
keit eingedampft.  Es  blieb  ein  bitteres,  braungelbes  Extract, 
in  dem  sich  nadelformige  Krystalle  zeigten.  Da  diese  von 
der  Mutterlauge  mechanisch  nicht  wohl  zu  trennen  waren, 
wurde  das  Extract  mit  kochendem  Alkohol  behandelt,  der  die 
Krystalle  löste,  von  den  übrigen  Bestandtheilen  aber  wenig 
aufnahm  und  sich  dadurch  weingeti)  ffilrbte.  Durch  Verdun- 
sten des  Alkoholauszuges  erhielt  man  schwach  bittere  Kry- 
stalle, die  in  Weingeist  gelöst  mit  Thierkohle  behandelt  wur- 
den. Auf  diese  Art  erhielt  man  vollkommen  farblose  Krystalle 
einer  Substanz,  die  in  ihrem  Geschmack  und  allen  Eigen- 
schaften mit  dem  Mannit  die  gröfste  Aehnlichkeit  besafs.  Eine 
Analyse  bestätigte ,  dafs  dieser  Körper  wirklich  Mannit  war  : 

0,3340  Substanz  gaben  0,4825  Kohlensäure  und  0,230 
Wasser. 

Diefs  entspricht  der  Zusammensetzung  des  Mannazuckers  : 

Berechoei      Gefunden 

6  Aeq.  Kohlenstoff     36       39,55         39,38 

7  „      Wasserstoff      7         7,69  7,64 
6    „      Sauerstoff      48        52,76          52,98 


Atomgewicht 

91 

100,00 

100,00. 

Berechnet 

Gefunden 

8  Aeq.  Kohlenstoff 

48 

39,66 

39,38 

9    „     Wasserstoff 

9 

7,43 

7,64 

8    »      Sauerstoff 

64 

52,91 

52,98 

Atomgewicht  121      100,00        100,00. 
Dtes  Fraidnin  von  K'eller  kömmt  also  entweder  nicht  zu 
jederzeit  in  der  Rinde  von  Fraamius  excel$ior  vor,  oder  wird 


300        .         Rochleder ^  Nachschrift  vu  der 

auf  diese  Weise  überhaupt  nicht  krystallisirt  erhallen.  DaTs 
ein  Bitterstoff  in  der  Rinde  enthalten  ist,  ist  gewifs,  ob  er 
aber  in  Krystallen  zu  erhalten  sey,  müssen  fortgesetzte  Be- 
obachtungen zeigen. 

Wir  werden  in  Kurzem  die  Resultate  der  Untersuckong 
einiger  anderer  Bitterstoffe  vorlegen. 


Nachschrift  zu  der  Untersuchung  tiber  Aesculin ; 

von  Fr.  Rochleder. 


Wir  kennen  gegenwärtig  folgende  Körper ,  die  sich  in 
Berührung  mit  Emulsin  oder  verdünnten  Mtneralsduren  bei 
erhöhter  Temperatur  in  ein  Kohlehydrat  und  ein  oder  zwei 
andere  Producte  spalten. 

I.  Gruppe. 

Amygddin    ....  Spaltet  sich  durch  Einwirkung  von  Emulsin 

nach  Wöhler  und  Liebig  inBlausäure, 
Bittermandelöl  und  Traubenzucker. 

Salicin Spaltet  sich  nach  Piria  unter  Einwir- 
kung von  Emulsin  in  Saligenin  und 
Traubenzucker. 

Phloridzin    ....  Spaltet  sich  nach  Stafs  unter  Einwir-. 

kung    verdünnter    Schwefelsäure    und 
Wärme  in  Phloretin  und  Traubenzucker. 

Rhodeareünsätire  .  .  Spaltet  sich  nach  Kaiser  durch  Ein- 
wirkung von  Salzsäure  in  Rhodeoretinol 
und  Traubenzucker.  Spaltet  sich  durch 
Einwirkung    von   Schwefelsäure  C^er- 


Uniersuchung  über  AescuUn.  201 

dttnnter)  bei  erhöhter  Temperatur,  so 
wie  durch  Berührung  niit  Emulsin  in 
Rhodeoretinolsäure  und  Traubenzucker, 
nach  Mayer. 

Bubergihrmsawre  .  .  Spaltet  sich  durch  Einwirkung  von  Mi- 
neralsäuren, nicht  durch  Emulsin  in 
Alizarin  u.  Traubenzucker  (Rochleder).. 

ArbuUn Spaltet  sich  durch  Einwirkung  von  Enml- 

sin  nach  Kawalier  in  Arctuyin  und 
Traubenzucker. 

Papulm Spaltet  sich  nach  Piria  durch  Einwir- 
kung von  Alkalien  in  Benzoesäure  und 
Salicin,  verändert  sich  nicht  durch 
Synaptase. 

AßMeuUn Spaltet  sich  durch  Einwirkung  von  ver- 
dünnten Mineralsäuren  bei  erhöhter 
Temperatur  in  Aesculetin  und  Zucker 
(Rochleder  und  R.  Schwarz). 

IL  Gruppe. 

CamcoMäure  .  .  .  Spaltet  sich  durch  Einwirkung  verdünn- 
ter Mineralsäuren  bei  erhöhter  Tempe- 
ratur in  Chinovasäure  und  Zucker  (Roch- 
leder und  Hlasiwetz). 

Omovagerbsäiure  .  .  Spaltet  sich  durch  Einwirkung  verdünn- 
ter Schwefelsäure  bei  erhöhter  Tem- 
peratur in  Chinovaroth  und  2kicker 
(Hlasiwetz). 

Oaüäpfdgerbsäwre  .  Spaltet  sich  durch  Einwirkung  verdünn- 
ter Schwefelsäure  bei  erhöhter  Tempera- 
tur in  Gallussäure  u.  Zucker  (Strecker). 
Die    in  der  ersten  Gruppe  zusammengestellten  Körper 

unterscheiden   sich  von    den  Gliedern^  der  zweiten  Gruppe 


Mt  Roohlederj  Nach$chr^t  «»  der 

dadoreh ,  dtfir  sie  entweder  ganz  indifferent  sind,  wie  Amyg- 
dalin,  Saifcin,  Phloridzin,  Arbutin,  Populin  und  Aesculin,  oder 
ttafsenl  schwach  saure  Eigenschaften  besitzen,  wie  die  Rub- 
erythrinsfiure.  Nur  die  RUodeoretinsiHire  besitzt  deutlicher 
ausgesprochen  die  Natur  einer  Säure.  Alle  diese  Körper 
lassen  entweder  ihr  Atomgewicht  durch  Verbindungen  mit 
Bhsen'  nioht^  besliinmen>  oder  wenn  es  bestimmbar  ist ,  ist  ea 
8^^  Uoeh'  und  entspricht  den  für  diese  Köi-per  angenommenen ' 
Pomeüi'. 

Anders  verhfilt  es  AdA  mit  den  Gliedern  der  zweiten 
Gi^ppe^  deren  AlOBigewioht  sich  bestimmen  läfst.  Aus  den* 
Analysen  der  Sdze  dieser  SAurenf  läfst  sich  ihr  Atomgewicht 
ableiten. 

Die  Glieder  der  ersten  Gruppe  enthalten  also  ein  Kohle- 
hydrat^ das  IS  Aeq.  Kohlenstoff^  und  Wasserstoff  und  Sau«*^ 
sloff  zu  gleichen  >  Aequivalenten  erhält.  Unter  Aufnahme  von 
Wasser  tritt >  es  als  Zucker  aus.  Man  kann  diese  Körper  mit 
Laurent  mit  dem  Namen  Glocosamide  bezeichnen. 

Die  Körper  der  zweiten  Gruppe  enthalten  vermöge  ihrer 
Zusammensetzung  kein  Kohlehydrat  mit  12  Aeq.  KohlenstofH 
Ihr  Atomgewicht  mttfste  sonst  ein  wenigstens  doppelt  oder 
drlsifach  so  hohes  seyn ,  als  es  durch  ihre  Salze  angezeigt 
wird.  Niemand  ist  es  in  den  Sinn  gekommen  die  Formel  des 
Alkohols  zu  verfünffachen  und  C^oHsoOio  zu  schreiben^  weil 
beim  Durchleiten  seiner  Dämpfe  durch  ein  erhitztes  Rohr 
Naphtalih  entsteht^  dasSOAeq.  Kohle  enthält.  Dadurch^  dafs 
diese  Säuren  unter  Unständen  ein  Kohlehydrat  mit  12  Aeq. 
Kohle  liefern ,  ist  demnaoh  noch  lange  nicht  bewiesen  ^  dafs 
sie  dn  solches  fertig  g<»bildet  enthalten. 

Das  Kartoffelfttselöl  mit  Schwefelsäure  behandelt  giebt 
Gi^HiO)  dessenungeachtet  hlBit  es  die  Formel  C,oH|tOs  und 
nicht  C«oH4sOa. 


UrUersuchmg  über  iUicutti.  208- 

Wiffum  diese  Säuren,  und  wahrsdieiBtich  noob  mehrere 
andere  anter  Einwirkong  verdünnter  Mlneralsäuren  bei  er» 
lichter  Temperatur  Zucker  liefern^  viele  andere  Säuren  nicU,. 
i^  upbekaiint  und  kann,  durch  Willkür  in  der  Aendenin^ 
der  Forraebi  nicht  erklärt  werden*  Es  ist  eben  so  unbekannt, 
warum  bei  der  trockenen  Destillatton  viele  Sub^tansen  ein 
dem. Zucker  procentisch  gleich  zusammengesetztes  Produef,  da» 
j^ssigsänrehydrat)  liefern,  wäiireBd  andere  ähnliobe  K^h-per 
keine  Spur  davon  unter  denselben  Verhältnissen  geben^ 

Wenn  man  auf  diese  gedaditen  Säuren ,  aasgehend^  von 
der.  Annahme ,  dafs  sie  ein  kohlehydrat  mit  12  Aeq.  Kohle 
epatbalten,  neue  FormeUi  berechnet,  wie  diefe  Strecker  bei 
der  Gerbsäure  gethan  hat ,  so  wird  man  in  Zukunft  für  jede 
solche  Säure  zwei  Formeln  haben,  eine  von  ihren  Salzen, 
eine  zweite  von  ihren  Zersetzmigsproducten  abgeleitete,  die 
sich  nicht  auf  einander  zurückführen  lassen.  Ob  damit  etwas, 
g^onnen  ist,  wage  ich  zu  bezweifeln. 

Ich  kann  nicht  umhin,  hier  auf  eine  von  Laurent  ge- 
machte Zusammenstellung  der  erwähnten  Glucosamide  und 
mehrerer  Gerbsäuren  die  Aufmerksamkeit  zu  lenken. 

Die  Zusammensetzung  von  mehreren  Gerbsäuren  war 
joichi  vereinbar  mit«  den  Ansichten  von  Laurent«  Er  h&^ 
rechnete  daher  neue  F^ormeln  für  mehrere  derseOien. . 

Laurent  behauptet,  dafs  alle  der  Gallussäure  ähnlichen 
Säuren  wie  diese  5  Aeq.  Sauerstoff  enthalten  mübten,  und 
ajje  der  Galläpfelgerbsäure  entsprechenden  wie  diese  26  Aeq. 
Sauerstoff  (nach  der  Formel  der  Galläpfelgerbsäure  von 
Laurent}. 

Nachdem  ich  in  den  letzten  Jahren  mit  mehreren  Säuren, 
die  man  Gerbstoffe  zu  nennen  pflegte,  bekannt  geworden  war, 
und  sah,  dafs  sie  so,  wie  alle  andern  bekannt  gewordenen 
Säuren  dieser  Art  entweder  nach  der  Formel  Ci^HaOn  zu- 
sammengesetzt waren,  oder  der  Formel  CifHeOn  entsprachen, 


304  Rochleder^  Natiuehrifi  %u  d.  Untersuchung  ub.Ae$cuUn. 

oder  CisHsOn  waren,  welche  letzteren  sehr  leicht  eine  Süure 
von  der  Formel  CuHfOn  oder  C|4HeOn  liefern,  so  glaubte 
ich,  daTs  in  diesem  gleichgrorsen  Kohlegehatt  und  nahezu 
gleichgrofsem  Wasserstoffgehalt  die  Aehnlichkeit  dieser  Säuren 
begründet  wäre,  so  wie  ich  die  Aehnlichkeit  von  Kali  und 
Natron  in  der  Aehnlichkeit  von  Kalium  und  Natrium  und  die 
Verschiedenheit  von  Manganoxydul  und  Quecksilberoxyd  in 
der  Verschiedenheit  des  Mangans  vom  Quecksilber  gegründet 
glaubte. 

Laurent  stellt  nun  als  Grund  der  Aehnlichkeit  den 
gleichgrofsen  Sauerstoffgehalt  auf,  und  macht  es  dadurch 
ganz  unbegreiflich ,  warum  Indigo ,  Alkohol ,  Bleisuperoxyd 
und  Bittermandelöl  so  unähnliche  Körper  sind,  da  sie  doch 
alle  2  Aeq.  Sauerstoff  enthalten,  oder  soll  vielleicht  künftighin 
Alkohol  =:CeH90s,  Bittermandelöl  CisHjsO«  und  Bleisuperoxyd 
PbsO«  geschrieben  werden? 

Es  ist  möglich^  dafs  die  Formeln  aller  Gerbsäuren^  wie 
sie  von  Liebig,  Pelouze  und  Andern  aufgestellt  wurden, 
unrichtig  sind.  Die  Formeln^  die  ich  für  die  Gerbsäuren 
gegeben  habe^  mögen  falsch  seyn^  das  will  ich  dem  Herrn 
Laurent  zugeben,  denn  Niemand  ist  unfehlbar,  und  die 
Gerbsäuren  sind  schwierig  zu  untersuchen.  Jedermann  wird 
sich  Dem  verpflichtet  fühlen,  der  diese  Irrthümer  durch  ge- 
wissenhafte Untersuchungen  aufdeckt  und  bessere  Formeln 
an  die  Stelle  der  irrigen  setzt,  dafs  aber  mit  der  Anwendung 
des  Ein  Mal  Eins,  wie  es  Laurent  handhabt,  ohne  experi- 
mentelle Grundlage  Nichts  gethan  sey  in  der  Wissenschaft 
und  für  dieselbe^  darüber  kann  kein  Zweifel  seyn. 


ao5 


lieber  den  Kaffee  als  Getränk  in  chemisch-*pbysio«- 

logischer  Hinsicht; 

von  Dr.  JuUua  Lehmann. 


Von  der  Zeit  an^  wo  der  Kaffee  als  Genufsmittel  eine  so 
grofse  Bedeutung  im  socialen  Leben  erlangte ,  lenkte  er  das 
allgemeine  Interesse  vieler  Forscher  auf  sich ,  die  sich  dann 
verantafst  fühlten,  über  die  Wirkungsweise  desselben  (hefls 
blofse  Hypothesen  aufzustellen,  theils  ihre  Ansichten  darüber 
durch  analytische  Belege  zu  bekräftigen. 

Payen  suchte  noch  vor  wenig  Jahren  den  Werth  des 
Eaffeeabsudes  für  die  Ernährung  in  dessen  Stickstoffgehall 
darzuthun;  er  ging  dabei  wahrscheinlich  von  dem  Gesichts- 
punkte ms,  dafs  der  Stickstoff  einer  Substanz  der  Mafsstab 
ihres  Ernährungsvemiögens  sey.  Seitdem  man  aber  weifs^ 
dafs  die  Bestimmung  des  Stickstoffes  in  dieser  Hinsicht  nur 
dann  mafsgebend  ist^  wenn  letzterer  in  Form  von  Protein- 
Substanzen  vorhanden  ist,  und  dafs  die  im  Kaffee  befindliche 
Proteinsubstanz,  dasLegumin,  nur  in  höchst  geringen  Mengen 
in  das  Absud  mit  übergeht,  und  daher  der  meiste  Stickstoff 
desselben  von  Caffein  herrührt,  so  ist  man  genöthigt,  diese 
Ansicht  fallen  zu  lassen  und  sich  auf  eine  andere  Art  eine 
Erklärungsweise  zu  suchen. 

Bück  er  wendete  nun  später,  um  die  Wirkungsweise 
des  Kaffees  zu  erklären ,  seine  Aufmerksamkeit  dem  nach 
Genufs  von  Kaffee  ausgeschiedenen  Harn  zu,  und  fand,  dafs 
die  Hamstoffausscheidung  dadurch  vermindert  werde. 

Lehmann  hingegen,  der  sich  von  der  Reaction  des 
Gaffeins  auf  den  Organismus  überzeugen  wollte,  erhielt 
gerade  ein  vollkommen  entgegengesetztes  Resultat,  nämlich 
eine  bedeutend  vermehrte  Harnstoffausscheidung. 


908  Lehmann^  über  den  Kaffee  als  GeMmk 

Je  mehr  sich  nun  die  Resultate  von  Untersuchungen 
irgend  eines  Gegenstandes  widersprechen,  desto  mehr  murs 
man  sich  zu  neuen  Forschungen  ^artbeir  hingezogen  fühlen, 
um  endlich  durch  Thatsachen,  die  aus  genauen  und  vielseiti- 
gen Prüfungen  hervorgegangen  sind,  die  Wahrheit  an  das 
Licht  fuhren  zu  helfen. 

Der  Mangel  at  Genauigkeil  und  Acidauer,  an  veraus- 
geschickter Beseitigung  ganz  besonderer  VerMItnisse  und 
Schwierigkeiten  bei  gewissen  Untermckmgea  war  wohl  httufig 
der  Grund  falscher  Resultate,  die  «ns  dann  eben  so  falsche 
Ansichten  über  Gegenstände  auMrängten ,  oder  richt^e  wie- 
der verdunkelten.  Auf  diese  Weise  mdgen  woU  a»ch  die 
ganz  verschiedenen  Ansichten  ttber  die  eigentbüoiliche  Wir- 
kungsweise des  Kaffees  auf  den  Organismus  entstanden  seyn, 
und  wir  befinden  uns  daher  ttber  eine  Substanz  noch  voU-^ 
kommen  im  Unklaren,  die  von  so  angdieurem  Einflufs  a«f 
eine  zufrieden  gestellte  Existenz  der  vielen  BGIlionen  von 
Menschen  ist,  bei  denen  das  Schicksal  den  Mangel  desjenigen 
Stoffes  einU^eten  liefs,  durch  dessen  Austausch  sie  sich  nur 
allein  in  den  Stand  einer  vollkommen  normalen  Lebenswcdse 
hätten  setzen  können. 

Verschiedene  Beobachtungen ,  hauptsächlich  aber  die  be- 
deutende Consumtion  des  Kaffees,  sowie  der  instinctmäfsige 
Genufs  desselben  gerade  vt>n  der  armen  Bevölkerung,  vo6 
denen  die  Meisten  nicht  im  Stande  sind,  ihrem  Körper  vor- 
züglich im  Verhältnifs  zu  ihren  Kraftäufserungen  eine  hin- 
reichende Qmsa&VkX  (dastischer  Nahrungsmittel ,  die  der  Körper 
itt  seiner  ungehinderten  Existenz  nöthig  hat,  ^  reichen, 
führten  mich  ebenfalls  zu  der  Ansicht,  dafs  wahrscbeinlid» 
der  Kaffee  durch  eine  Verbingsamiuig  des  Stoffwechsels  eine 
•igenllich  fllv  den  Körper  ungenügende  Nahrung  genügend 
zu  machen  im  Stande  sey. 


«1  chmmsch^hynologiicher  Bkukhi.  dOT 

Bei  vorliegender  Arbeit  hatte  ich  mir  daher  zur  Aii%d>e 
gestellt,  durch  abhaltende  und  genaue  Uniersuehung  die  Wu^- 
kuogaweise  d^s  KafEeeabsadjes  auf  den  Orgamwnus,  im  Alt- 
gemeinen  fiber  hauptfiäcblich  diejenige,  welcbe  er  auf  4e« 
SU>ff>ve€l^ßel  aiißiibt ,  m  fitudiren ,  und  dann  naher  auf  die 
beiden  characterustisohen  Bestandteile  dee  Kafleeabsudes,  das 
CeSe'in  und  das  empyreumatische  Qel  einzugehen,  um  dadurch 
Z9  erforschen,  welchem  dieser  beiden  Steffi»  die  oder  jene 
Wirip^ng  des  Kaffeeabsudes  zukommt 

Da  nun  für  die  Lehre  vom  StoiTwechsel  eines  Individuums 

uiehts  raabgebender  ist,   als  genaue  Untersuchungen  des  in 

« 

einer  gewissen  Zeit  gelassenen  Ham/B,  so  beschränkte  ich  mich 
auch  hauptsächlich  bei  dieser  Arbeit  darauf. 

Jedoch  bei  derartigen  Untersuchungen  ist  es  durchaus 
nicht  hinreichend,  wenn,  wie  es  nur  zu  häufig  geschieht, 
dfun  Individuum ,  während  es  seme  gewöhnliche  Lebensweise 
fortführt,  die  Substanzeq  gereicht  werden,  dann  die  Consti*« 
ttttiofi  des  Harns  festgestellt  und  diese  Operation  vielleicht 
nur  zwei-  oder  dreimal  oder  an  mehreren  Individuen  nur 
einmal  angestellt  wird. 

Denn  wenn  man  bedenkt,  dafs  schon  bedeutende  Diffe« 
renzen  in  den  quantitativen  Verhältnissen  der  Harnbestand- 
theile  durch  geringe  physiologische  Bedingungen  hervorge- 
rufen werden,  wie  z.  B.  hauptsächlich  durch  die  QuanliUlt 
und  Qualität  der  Nahrungsmittel,  sowie  auch  durch  verschieb 
deae  körperliche  Anstrengungen,  Gemüthsbewegungen  etc.j 
so  wird  man  leicht  einsehen ,  dafs  es  bei  der  Prüfung  einer 
Substanz'  auf  den  StoiTwechsel  des  Körpers,  das  erste  Be^ 
dürfnifs  ist,  eine  constante,  vollkommen  gleichmälsige  Diät, 
i^id  eii^e,  soweit  es  thunlich  ist,  geregelte  Lebensweise  in 
jeder  Beziehung  während  der  ganzen  Zeit  der  Untersuchimg 
dem  Individuum  gesetzmäfsig  zu  machen.  Hierbei  ist  aber 
noch  besonders  dafür  Sorge  zu  tragen,  mehrere  Individuen. 


206  Lehmann i  über  den  Kaffee  ab  Getränk 

der  Untersüchang  zu  unterwerfen  und  nicht  etwa,  wenn  nach 
dem  ersten,  zweiten  oder  dritten  Tage  der  Eingabe  der  Sub- 
stanz keine  deutlich  hervortretende  Reaction  zum  Vorschein 
kommt  y  die  Untersuchung  schon  einzustellen  und  daraus  zu 
folgern,  dafs  die  Substanz  in  der  oder  jener  Beziehung  keine 
Wirkung  ausübe.  Denn  nur  ^zu  häufig  fand  ich,  dafs  dieselbe 
erst  nach  mehreren  Tagen  deutlich  zum  Vorschein  kam.  War 
sie  dann  eingetreten,  so  fuhr  ich  so  lange  mit  der  Unter- 
suchung fort,  bis  ich  durch  mehrere  gleicbmäfsige  Resultate 
die  Wirkungsweise  mit  Sicherheit  constatiren  konnte. 

Gelingt  es  nun,  zu  derartigen  ^beiten  gerade  solche 
Individuen  zu  erlangen,  welche  sich  den  nölhigen  Anforde- 
rungen streng  unterziehen,  eine  wochenlang  gleichmäßige 
Diät  forlzuftihren  im  Stande  sind,  und  so  wenig  wie  möglich 
während  der  Untersuchungsperiode  extravagiren,  so  ist  damit 
schon  eine  grofse  Schwierigkeit  beseitigt  und  es  können  dann 
hauptsächlich  nur  noch  pathologische  Verhältnisse  seyn,  welche 
den  Untersuchungen  sehr  störend  in  den  Weg  treten.  Aus- 
dauer, Genauigkeit  und  Vielseitigkeit  in  denselben  sind  die 
Bedingungen,  welche  derartige  Arbeiten  gelingen  lassen 
können. 

Um  nun  die  Wirkungsweise  der  Kafieeabkochung  und 
seiner  einzelnen  Bestandtheiie  auf  den  Stoffwechsel  kennen 
zu  lernen,  bestimmte  ich  stets  die  in  24  Stunden  gelassene, 
sorgfältig  gesammelte  Menge  Harns,  und  hielt  es  für  hinreichend, 
die  drei  wichtigsten  Ausscheidungsproducte  in  demselben  : 
den  Harnstoff,  das  Chlomatrium  und  die  Phosphorsäure  quan- 
titativ zu  bestimmen. 

Die  Methoden,  welche  ich  dazu  anwandte,  sind  die  von 
Lieb  ig  angegebenen,  durch  welche  der  Harn  erst  zur  vollen 
Bedeutung  gelangen  dürfte ,  weil  sie  allein  dem  Arzt  und 
Chemiker  möglich  machen,  nicht  nur  in  äufserst  kurzer  Zeit 
grofse  Reihen    von  Untersuchungen  durch  höchst  einfache 


m  ehmkeh^iOijfiiologiieher  BmskkL  909 

Manipulationeii  zu  bewerkstelligen,  sondern  weil  sie  auch  den 
bedeutenden  Vorzog  besitzen,  vorzüglich  bei  vergleichenden 
Analysen  fortwährend  genaue  Resultate  zu  liefern,  die  .wir 
Qftch  den  altem  Methoden  trotz  des  sehr  grofsen  Zeitaufwan- 
des nicht  inuner  im  Stande  waren  zu  erreichen. 

Die  Methode,  das  Chlomatrium  und  den  Harnstoff  im 
Harn  zu  bestimmen,  beruht  auf  Folgendem  : 

Wenn  man  eine  noch  so  verdünnte  Lösung  von  Harn- 
stoff mit'  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Queclisilberoxyd 
versetzt,  so  erhalt  man  augenblicklich  einen  weifsen,  flockigen, 
käsigen  Niederschlag,  der  aber  bald  krystallinisch  wird. 
Dieser  Niederschlag  ist   eine  Verbindung  von  salpetersaurem 

Harnstoff  mit  Quecksilberoxyd  und  zwar  UrNO«  +  4  HgO.  Es 
wird  also  salpetersaures  Quecksilberoxyd  durch  Harnstoff  ge- 
fällt, nicht  aber  das  Quecksilberchlorid.  Enthält  daher  eine 
Flüssigkeit  neben  Harnstoff  zugleich  auch  Chlornatrium,  so 
kann  auf  Zusatz  von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  der 
weifse  Niederschlag  von  Harnstoff  nicht  sogleich  erfolgen, 
bevor  sich  nicht  alles  in  der  Flüssigkeit  anwesende  Chlor- 
natrium mit  dem  salpetersauren  Quecksilberoxyd  zu  salpeter- 
saurem Natron  und  Quecksilberchlorid  umgesetzt  hat;  fügt 
man  mehr  von  dem  salpetersauren  Quecksilberoxyd  zur  Flüs- 

sigkeit,  so  entsteht  dann  der  Niederschlag  vonUrNOs+4HgO. 
Sobald  sich  also  durch  mehr  Zusatz  von  salpetersaurem 
Quecksilberoxyd  eine  Trübung  in  der  Flüssigkeit  zeigt,  ist 
alles  Cidomatrium  mit  dem  salpetersauren  Quecksilberoxyd 
umgesetzt.  Hierauf  gründet  sich  nun  die  Bestimmung  des 
Kochsalzes  im  Ham^  welche  also  im  Wesentlichen  darin 
besteht,  dafs  man  zu  dem  zu  untersuchenden  Harn  eine  Lö« 
sang  von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  von  bekanntem 
Crehalte  bringt  und  sich  bemerkt,  wie  viel  man  davon  ver- 
braucht, bis  die  bleibende  Trübung  eintritt.    Die  verbrauchte 

▲nul.  d.  Chams«  a.  Phami.  LXXXVn.  Bd.  S.  H«ft.  14 


MO  Lekmumn^  M^r  den  Ktffm  ak  €kMnk 

Onantilil  der  Salpetersäuren  Quecksilberoxydldsunif  fptlbi  den 
Anhaltspunkt  zur  Bestimmung  des  GebaKes  der  PIQssigkeif 
an  ChlomaArium. 

Beitinmimg  des  Barmfüffs, 

Wie  oben  gesagt ,   erfolgt  ein  Niederschlag ,  wenn  man 
zu  einer  Lösung  von  HamstofT  salpetersaures  Quecksilberoxyd 

setzt,  welcher  auf  1  Atom  UrNO«  4  Atome  HgO  enthält.  Kennt 

s 

man  nun  den  Quecksilbergehalt  der  zugesetzten  Lösung  genau, 
und  weifs  man  die  Grenze,  wo  genug  von  derselben  zugesetzt 
ist,  so  dafs  aller  Harnstoff  geföllt  ist,  so  läfst  sich  daraus  der 
HarnstoiTgehalt  bestimmen.  Einen  geringen  Ueberschufs  von 
zugesetztem  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  zu  der  zu  unter- 
suchenden Flüssigkeit  kennt  man  ran  dem  gelben  Niederschlag, 
den  dieselbe  auf  einem  Chrglas  mit  einer  Lösung  von  koh- 
lensaurem Natron  giebt.  Es  ist  also  das  erste  Erscheinen 
dieses  gelben  Niederschlags  mit  kohlensaurem  Natron  ein 
sicheres  Zeichen,  dafs  aller  Harnstoff  vollkommen  gefallt  ist. 
Da  nun  phosphorsaure  Salze  mit  salpetersaurem  Queck- 
silberoxyd ebenfalls  einen  welfsen  Niederschlag  geben,  so 
würde  defshalb  ihre  Anwesenheit  in  der  zu  untersuchenden 
Flüssigkeit  eine  bedeutende  Fehlerquelle  abgeben,  wefshalb 
Sie  immer  vor  der  Titrirung  des  Chlornatriums  und  Harnstoffs 
entfernt  werden  müssen.  Man  mifst  sich  zu  diesem  Behufe 
i  Vol.  des  Harns  ab  und  setzt  dazu  1  Vol.  einer  Mischung 
von  ein^  kaltgesättigten  Lösung  salpetersauren  Baryts  und 
Barytwassers;  hierdurch  werden  die  phosphorsauren  Salze 
ausgefüllt ;  man  filtrirt  und  im  Filtrat  wird  auf  die  angegebene 
Weise  der  Kochsalz-  und  HamstoffgehaU  bestimmt.  Zur  Be- 
stimmung der  Phosphorsäure  wendete  ich  die  ebenfalls  von 
Lieb  ig  angegebene  Methode  an  *^. 


^)  Diese  Annaleo  LXXVIII,  150. 


Von  eleu  Unteriuobaiiffw»  wel^  icli  an  vni  müiinlichen 
hdividoen,  6.  M.  mid  H.  S.  anstellte,  war  es  bei  den  zn« 
nicbst  folgenden  neine  Aafgidi^,  das  normal«  Mittel  derjenigea 
vQatttrtat  des  m  104  d  tun  den  ge  lasa  enen  uovhs  nnct  des  nfunn 
t^dliclien  BrnnHof»^  (MmmirimHi  und  der  Pheiphorsänre 
festzQsteUen ,  wdohe  Im  einer  weiter  unten  angerührten  Diftt 
«Am  Ge$wf^  fw  Kofe^  au^geficbieden  worden.  leb  setzte 
bei  dieser  Piüt  die  Untersuchon^  so  lange  fort,  bis  sieh 
mehrere  Tage  nach  einander  die  quantitalivon  Verhältnisse 
der  drei  Au^seb^idtingsproducto  si^miyeh  gleich  blieben. 

6.  M.,  33  Jahr  alt,  von  sehr  gesimder  Ck>nst)lution 
und  102  Pfund  Körpergewicht.  —  Se(ne  Ernährungsweise 
\9wr  in  4^n  leUten  Jahren  eine  der  ärmeren  Bevölkerung 
entsprechende,  die  nieist  aus  Brod,  Kartoffeln ,  vielem  Kaffee, 
Butter I  maachnuil  Käse»  aeltener  nur  ans  Fleiach  bestand;^ 
seine  tägüche  Besehttftigung,  sowie  seine  ganne  Lebeosweiae 
waren  im  Allgemeinen  a^hon  sehr  geregelt,  ao  dafs  tv  sich 
ganz  gqt  zu  darartigen  Untersttchungen  eignete. 

Während  der  ganaen  Uatersuchung^periode  versetzte  ich 
seine  Diit  in  einen  gams  i^tehmiirsigen  Zustand,  indem  «eh 
ihm  täglich  dieselbe  Qualität  und  Quantität  an  festen  und 
flitesigen  Kahrungsmitteln  reichte«  Des  Morgens  erhielt  er 
8  Loth  Weifsbrod  mit  BnUeTi  de«  Mittws  1»  hoiV  IHeisch  «la 
Bftftfatfiak  mit  8  Loth  in  Wasser  gekochtem  Bnlla  und  eben 
a^  viel  Bre4 ,  de^  Abenda  84  ho^  Brod  mit  Butter.  An 
flOsslgen  Ifi^hningsmitteln  nahm  er  während  dßß  Tag^s  5  ifis 
6  CHäser  Wasser,  des  Abends  2  kleine  Gläser  einfaches  Bier 
zu  sich. 

Pfr  Mann  bi^It  diese  Diät  viele  Wochen  so  ani »  sfets 
mit  der  Veräohening}  dafs  er  im  ganzen  Jahre  alle  Tage  so 
fort  leben  könntet  ^hne  dieser  Nahrung  üherdrüssig  ^u  wer- 
den,   Die  QuanlH{iten  der  festen  Ausscheidongsprqdupte  sind 

k^  allen  Vntefs^cbungen  fn  firammen  bestimmt. 

14  # 


Lai>a«»,  tUr  dem  Kafa  alt  OdrUi 


Haatuae  der 

VntertuOimg  elmt 

Kcffu^ 

«m^. 

Datum 

Cub. 
Ceot. 

üfin 

BeacUoo 

Ȋure 

Chlor- 

Barn- 
■loff 

Mii 

t9. 

1030 

klar,  weiDgclb 

3,166 

8,389 

S2,906 

20. 

1130 

alkalisch 

trübe,  starker  Bodcniati 

;<,H2 

9.591 

21. 

2020 

alktllscb 

3.732 

23,664 

22. 

1808 

■lUlriJoh  .IrObe,  alarker  Bodcneali 

3  64^ 

13,328 

25,229 

23. 

2010 

BJkoliich  ItrQbc,  starker  BoiIensflU 

4,S> 

24. 

1695 

3,8!«: 

8,051 

24,860 

25. 

1284 

klar,  weingelb 

3.842 

i,m 

27. 

1856 

sauer 

5,796!l2,.341 

aa 

1458 

klar,  weingelb 

*.2W 

9,429 

29. 

1532 

4  156 

8,892 

26,250 

30. 

1453 

3,i«IH 

9,245 

S1. 

1312 

4,098 

10,001 

27,991 

Jttni 

1. 

14ß3 

iKucr 

4,210    9.25) 

27,584 

I  7220  I  I  120,700,46,818  |136,160 

H.  S.,  28  Jahre  alt,  von  gesunder  CoDslitulion  and  141 
Pfund  Körper^fewicht,  war  an  ziemlich  krfiflige  Nahnmgsmiltel, 
aber  ebenfalls  an  einen  täglichen  GeßuCi  von  Kaffee  gewöhnt. 

Während  der  Untersuchung  wurde  seine  Diät,  überhaupt 
Mine  ganze  Lebensweise,  wie  bei  Ersterem  geregelt,  nur  mit 
dem  Unterschied,  dafs  er  des  Mittags  ISLoth  Fleisch  erhielt. 


RetuUate  der 

Kaffeegenuft 

DHnm 

Cent. 
UriB 

BMctJon 

BeMDdera  EiKciuchaftai 

Pboa- 

Chlor- 
natriom 

Hara- 
stoir 

1». 

lt»3 

laoer 

klar,  weingelb 

B,2H1 

7,246 

25,016 

3,405 

21. 

1750 

■Ikaliich 

3;756 

9,462 

26,343 

•Ikaliacb 

4,202 

8,444 

23. 

muer 

3,991 

6,346 

28,*14 

4,223 

10,541 

26,992 

2b. 

1579 

4,1  SS 

11,201 

29,101 

4,371 

9,414 

29,42b 

-450( 

toOftl 

sa 

1599 

■tuet 

3,H9t 

9,870 

31,110 

1674 

«aucT 

9,573 

4,.57< 

10,052 

1549 

■aller 

4,489 

9,a31   1  31,25t 

8177 

23,105 

49,327 

156,490 

m  chemischrfhyiiologUcher  Umsicht  213 

Die  störenden  Wirkungen,  welche  die  ganz  veränderte' 
Diät,  hauptsächlich  wohl  die  Entziehung  des  Kaffees  auf  den 
Organismus  hervorgerufen  hatte,  und  welche  sich  bei  beiden 
Individuen  mehr  oder  weniger  durch  ein  Gefllhl  von  Nüch- 
ternheit und  Schwäche  kuiid  that^  zeigten  sich  auch  in  dem 
in  den  ersten  Tagen  gelassenen  trüben,  alkalisch  reagiren- 
den  Harn. 

Am  stärksten  trat  die  störende  Wirkung  bei  6.  M.  her- 
vor* Erst  nachdem  sich  der  Organismus  an  diese  Lebens- 
weise gewöhnt  zu  haben  schien,  wurde  der  Urin  wieder 
vollkommen  normal  und  das  nüchterne  Gefühl  verminderte 
sich  bei  Beiden,  ohne  jedoch  bei  dieser  Diät  gänzlich  zu 
verschwinden. 

Das  Mittel  Tür  die  Quantitäten  der  Auscheidungsstoffe 
bestimmte  ich  bei  diesen,  sowie  bei  den  folgenden  Unter- 
suchungen allemal  erst  aus  den  Resultaten,  die  ich  erhielt^ 
nachdem  der  Organismus  wieder  in  seinen  normalen  Zustand 
zurückgekehrt  war  und  die  bedeutenden  Schwankungen  in  den 
quantitativen  Verhältnissen  des  Harns  aufgehört  hatten. 

Es  betrug  bei  : 

G.  M.  pro  Tag  1444  CC.  Urin,  4,140  PO,  9,363  NaCl  27,232  ür 

H.  S.  pro  Tag  1635  CC.  Urin,  4,421  PO.  9,865  NaCl  31,298  Ur 
Um  nun  zuerst  die  Einwirkungen  der  Kaffeeabkochung 
auf  den  Stoffwechsel  im  Körper  kennen  zu  lernen,  erhielten 
diese  beiden  Individuen  vollständig  dieselbe  Diät  fort,  nur 
mit  dem  Unterschied ,  dafs  sie  hier  anstatt  der  zwei  Gläser 
Wasser  des  Morgens  und  zwei  Gläser  nach  dem  Mittagsessen 
Kaffeeabsud  Qede  Portion  aus  1^  Lolh  Bohnen  bereitet)  zu 
trinken  bekamen. 

Vom  ersten  Tage  dieser  Diät  an  verschwand  bei  Beiden 
das  Gefühl  fortwährender  Nüchternheit  vollkommen ;  sie  waren 
aufgeheitert  und  zur  Arbeit  wohl  disponirt.  Der  Harn  blieb 
dabei  ganz  normal. 


214 


Lehmann^  über  den  Kdffte  al$  Oeirnnk 


Untersuchung  den  Banu  wm  0.  M.  nat^  Kaffeegenufs. 


m 


m 


«Bfe 


«Ell 


phor^ 
sfture 


SM 

Harn- 
itolf 


Datum 


Cub. 
Urin 


ReacCbli 


Besondere  EigenaciuAeB 


Chlor- 
nalHitni 


Joni 

4. 

5. 
6. 
7. 

8. 


2103 

nuer 

1480 

9 

1620 

• 

1500 

n 

1846 

n 

1520 

» 

webgelb»  klar 


n 
n 

» 

n 

n 


• 
n 
n 

n 
n 


4,113 
3^669 
3,822 
3,782 
3,876 
2,036 


13,755 

9,570 

8,380 

11,543 

11,201 

8,255 


86,181 
24,311 
25,185 
24,000 
34,113 
23,300 


9. 
10. 
li. 
12. 
13. 


1340 

9 

1620 

n 

1560 

n 

1520 

n 

1332 

M 

9 
9 
9 
9 


9 

9 

9 
9 
9 


2,673 
3,572 
3^430 

2,818 
3,024 


6,932 
6,285 
8,070 
6,469 
7,001 


21,440 
19,440 
21»360 
20,984 
2Öi35t 


l  7363  I 


I 


1 15,526,34^57  |103|475 


Untersuchungen  des  Roms  ron  H.  S.  nach  Kaffeegenufs. 


Datum 


CobT 

Cent. 

Reaction 

Urin 

1594 

saner 

1812 

9 

1789 

9 

1921 

9 

1934 

9 

Besondere  Eigenschaften 


Pfao». 
phor- 
8<ure 


Ohlor^ 
natrUim 


llani- 
Stoff 


Juni 
3. 
4. 

5. 
6. 
7. 


weingelb»  klar 


9 
9 


9 
9 

9 

9 


4,212 
4^<)10 
3,825 
3,154 
3,203 


10,170 

11,285 

9,354 

8,411 

9,052 


30,992 


29,104 
27,243 
24,532 


8. 
9. 

to. 

11. 
12. 


2112 
1946 
1989 
2002 
1979 


9 
9 
9 
9 
V 


9 
9 
9 

9 
9 


9 

9 
9 
9 

« 


3,025 
2,981 
2,899 
3,201 
2,912 


8,515 
8,910 
9,102 
8,808 
8,769 


22,001 
21,453 
22,211 
21,360 
21,415 


10028  |15,018|44,098  1 108,440 

Das  Mittel  von  dem  in  24  Stunden  gelassenen  Harn  und 
seiner  festen  Bestandtheile  betrug  : 
von  G.  M.  :   1512  CC.  Urin,  3,106  Phosphorsäure,  6,951 

Chlornalrium,  20,695  Ur; 
von  H.  S.  :  2005  CC.  Urin,    3,001  Phosphorsfture ,  8,819 

Chlornatrium,  21,888  Ur. 

Aus  diesen  Resultaten  ersieht  man,  dafs  die  Kaffeeab- 
kochung bei  beiden  Individuen  auf  die  quantitativen  Verhält- 
nisse der  drei  Hauptbestandtheile  in   den   ersten  Tagen  der 


m  chemi$ch''fAifmloffi$eher  Bmsicki,  215 

Untersttcbimg  nur  geringen  Einflofs  h«Ue.  Eine  vollatttndige 
Wiricung  spricht  sich  bei  G.  M.  erst  am  7.  Tage  und  bei 
H.  S.  am  6«  Tage  der  Untersuchung  aus,  und  fcwar  auf  die 
Weise  I  dafs  sich  die  Quantität  des  Harns  im  Ganzen  wohl 
vermehrt  hat,  aber  dennoch  eine  bedeutende  Verminderung 
der  darin  befindlichen  drei  festen  Stoffe  eingetreten  ist 
Demnach  ist  nicht  mehr  zu  bezweifeln,  dafe  die  Hauptwir» 
hing  des  Kaffees  auf  den  Organismus  sich  durch  eine  Yer- 
laogsamung  des  Stoffwechsels  chaiaeterisirt  *}. 

Um  nun  die  andern  Wirkungen  des  Kaffees  deutlich  her- 
vortreten zu  lassen,  gab  ich  einem  jeden  der  Individuen  früh 
und  Nachmittags  jedesmal  einen  Absud  aus  3  Loth  Kaffee- 
bohnen. Es  stellte  sich  hierauf  eine  sehr  vermehrte  Hens- 
thätigkett,  iweherer  Puls,  Aufgeregtheit,  Schweife,  Angst  and 

rufaif  durch  unangenehme  und  verwirrte  Träume,  folgten. 

Bei  6.  M.  traten  die  Symptome  der  Wirkung  des  Kaliees 
in  einem  viel  stäriseren  Grade,  als  bei  H.  S.,  hervor« 

Bei  den  nächstfolgenden  Untersuchungen,  die  ick  anstellte, 
war  es  hauptsächlich  meine  Absicht,  zu  erforschen,  welchem 
der  beiden  characteristischen  Bestandtheile  :  ob  dem  Caffein, 
oder  dem  empyreumatischen  Oel,  diese  oder  jene  eigenthüm- 
Vi^e  Wiiiningsweise  des  Kaffeeabsudes  zuzuschreiben  sey, 
und  von  welchem  dieser  beiden  haupIsSeMich  die  den  Sloff«* 
Wechsel  veriangsameiide  herrühre. 


*}  Wenn  der  ^toftwedbwd  durch  den  Kaffeegenufi  verlangiamt  wird, 
fo  würde  bei  gleicher  Menge  Nah  run^f  das  Körpergewicht  lunehmen 
mttiaeti,  oder  derKaffioe  würde  dieWiiitong  haben,  daft  daslndiTi^ 
iuoan  mü  dMi  Kaffee  ein  kleioerei  YerhSknifr  Toa  festen  tfabrwK»* 
mitieln  bedarf»  als  •ohne  denselben.  Der  Hr.  Verfasser  ist  vlelleieht 
geneigt,  seine  amsichtigen  Versvche  nach  dieser  Richtung  hin, 
welche  eine  wichtige  Frage  nntfafst,  CQ  verTollstindigten. 

'  L  L. 


216 


Lehmann^  Übet  den  Kaffee  ah  Qeirätik 


Um  nun  zuerst  die  Wirkungsweise  des  Caffei'ns  kennen 
zu  lernen,  benutzte  ich  von  Neuem  den  6.  M.  Ich  versetzte 
ihn  dazu  vorher  so  lange  in  die  Normaldiät  zurück ,  bis  die 
Quantitäten  der  drei  Aosscheidungsproducte  wieder  so  ziem- 
lich ihren  früheren  Höhepunkt  erreicht  hatten,  und  gab  ihm 
dann  erst  wie  folgt  die  Gaben  Caffein  in  Wasser  gelöst  früh 
und  Nachmittags  anstatt  des  Kaffeeabsudes  ein. 


üniersuchungen  des  Harm  tan  O.  M.  nach  Oenvfs  ton  CaffeSn. 


Gab. 
Datum     Cent. 
Urin 

Reaction 

PhOB- 

Befondere  Eigenschaften  phor- 

•finre 

Chlor- 
natrium 

Harn« 
Stoff 

7uni 
20. 
21. 
22. 

1650 
1960 
2024 

fauer 

weingelb,  klar 

*                   9                      9 

''SM 

4,013 
3,925 
3,742 

8,690 

11,387 

9,376 

26,413 
25,843 
25,264 

23. 
24. 
25. 
26. 

2120 
1690 
1889 
2013 

3,854 
3^21 
3,643 
3,756 

10,967 
8,557 
9,101 
9,561 

24,199 
24,231 
23,901 
24,023 

1 

7712  i 

' 

1 

15,074 

38,186 

96,354 

Das  Mittel^flir  einen  Tag  : 

1928  CG.  Urin,  3,768  Phosphorsäure,  9,546  Chlornatrium, 
24,088  Harnstoff. 

Bei  der  Entziehung  des  Kaffeegenusses ,  also  bei  der 
normalen  Diät,  trat  bei  6.  M.,  wie  früher,  das  nüchterne  Gefühl 
wieder  ein  und  verschwand  nur  unvollständig  bei  der  Ein- 
nahme von  Caffein. 

Die  Quantitäten  der  drei  Hauptbestandtheile,  welche  nach 
einigen  Tagen  wieder  den  früheren  Höhepunkt  bei  der  Nor- 
maldjät  erreicht  hatten,  verminderten  sich  durch  die  Ein- 
nahme des  Caffei'ns  von  Neuem,  jedoch  nicht  in  dem  Mafse, 
wie  durch  das  Kaffeeabsnd.  Man  konnte  daraus  schliefsen, 
dafs  noch  ein  Bestandtheil  im  Kaffee  seyn  müsse,  der  den 
Stoffwechsel  im  Körper  verlangsamt. 


m  chemiMch^hysiologitcher  Bimichi.  217 

Aedere  Wirkungen  auf  den  Organismus  von  dem  tag- 
liehen  GenuTs  der  4  Gran  Caffem  wurden  aufser  einer  etwas 
vermehrten  Herzthätigkeit  nicht  wahrgenommen.  Ich  gab 
daher  dem  G.  M.  am  letzten  Tage  8  Gran  davon,  und  diese 
verursachten  dann  frequenteren  Puls,  starke  Herzthätigkeit, 
Zittern,  fortwährenden  Drang  zum  Urinifen,  wobei  immer  nur 
sehr  geringe  Quantitäten  an  Harn  gelassen  werden  konnten. 
Zu  gleicher  Zeit  trat  eine  sehr  erregte  Phantasie  ein,  später 
Verwirrung  der  Gedanken,  Visionen  und  überhaupt  ein 
eigenthümlibh  berauschter  Zustand,  dem  ein  sehr  fester 
Schlaf  folgte.  Zur  Bestätigung  der  Wirkungsweise  des  Caf- 
fe'ins  auf  den  StoiTwechsel  reichte  ich  noch  einem  anderen 
Individuum  bei  gleichmäfsiger  Diät  6  Gran  desselben  täg- 
lich, und  erhielt  folgende  Resultate  : 
L.  B. ,    bei  einer  Diät  ohne   CafTein  =   1200  CG.  Urin, 

7,790  Chlornatrium,  3,910  Phosphorsäure,  25,150  Ur. 
L.  B.,   bei    einer  Diät   mit   CaiTein  =   1340  CG.  Urin, 

6,890  Chlornatrium,  3,705  Phosphorsäure,   22,230  Ur. 
Ich  setzte  die  Untersuchung  8  Tage  aus  und  begann  sie 
dann  von  Neuem. 
Bei    einer  Diät  ohne  Caffein  =   1250  CC.   Urin,    6,980 

Chlornatrium,  3,855  Phosphorsäure,  25,010  Ur. 
Bei   einer    Diät  mä   CalTeui   =   1276  CC.    Urin,    6,790 

4- 

Chlomatrium,  3,690  Phosphorsäure,  20,800  Ur. 
Aus  den  oben  angestellten  Untersuchungen  geht  wohl  mit 
ziemlicher  Sicherheit  hervor,  dafs  das  Caffein  den  Stoffwechsel 
nicht  bescUeymgty  wohl  aber  verlangsamt, 

(Der  Scblofii  dieser  Abbandlnn^  folgt  im  nSchften  Heft) 


fll8        Buohntr^  übet  emm  neuen  gMen  Fwibetoff 

lieber  einen   neuen  gelben  Farbstoff  in  der  Faul- 
baum-Wurzelrinde  ; 

VW  IVof.  L.  A.  Bmdkner*). 


Ich  erlaube  mir,  der  k.  Academie  eine  vorläufige  Mit- 
theilung über  einen  von  mir  in  der  Wurzelrinde  vonüAaoifitM 
FrcmguHa  entdeckten  gelben  und  flüchtigen  Farbstoff  zu  machen. 

Bei  der  Besichtigung  der  im  pharmakognostischen  Kabinet 
unserer  Universität  längere  Zeit  aufbewahrten  Wurzelrinde 
genannten  Baumes  habe  ich  nämlich  die  Beobachtung  ge- 
macht, dafs  das  anfangs  weifse  Papier,  worin  diese  Rinde 
eingewickelt  war,  nach  einiger  Zeit  eine  deutlich  gelbe  Farbe 
angenommen  hatte.  Als  ich  der  Ursache  dieser  Veränderung 
nachforschte,  bemerkte  ich,  dafs  die  innere  Fläche  der  genann- 
ten Rinde  mit  einer  Menge  prächtiger,  goldgelber  und  seide- 
artig glänzender  Kryställchen ,  die  man  besonders  gut  mit 
dem  Yergröfsenmgsglase  wahrnehmen  konnte,  und  welche 
auf  fSrisch  getrockneter  Rinde  fehlen,  bedeckt  war. 

Diese  Kryställchen  rühren,  wie  ich  mich  durch  Versuche 
überzlsugt  habe,  von  einem  in  der  Wurzelrinde  vorhandenen 
flüchtigen  Farbirtöff  her,  welcher,  tschon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  sich  zum  Thefl  vetfiüchägend ,  mit  der  tieit  her- 
aussubliniirt  and  auf  der  Oberfläche  der  Rinde  zu  den  beob- 
Hchteten  Kryställchen  sich  terdichlel. 

Dieler  sdräne  ^dhe  Farbstoff,  der  mir  eigteliiüRdich  sn 
seyn  scheint,  und  den  ich  defshalb  BkmiMxmMn  üennen 
will,  kann  auch  aus  der  Wurzelrinde  entweder  durch  unmit- 
telbare Ausziehung  derselben  mit  Aether,  oder  durch  vorher- 


*)  Aoi  deD  Anieigen  der  k.  bayerischen  Academie  d.  Winenschaflen, 
XXXYI,  409  (vom  22.  Aprfl  18^). 


ffi  der  FmAmxm'^WwtiArMm*  219 

^hevde  Digvtltton  mit  Abohol^  Verdampfen  del;  alkohoUflcbeA 
Auszuges  und  danmffolgende  öftwe  fiehwidlifngf  des  idkoholi- 
sehen  Ejotraotes  mü  Aether  erhalten  werden.  Beim  Verdunsten 
des  AiAheni  bleibt  er  mit  einem  fbtteil  Körper  und|  wie  ea 
isdnint,  euch  mit  einer  hanigtn  Sid)st&na  g^emeii|ft  nla  itfimigei 
Mhndidigeibe  AnhäliAingen  zurück  ttnd  kann  von  seklen  Bei« 
aengongca  durch  Pressen  der  nodi  fetiehten  Masse  zwiaebet 
Fliebpapief,  wiederhollea  Anfidseli  in  Aelher  ele.  lum  TheU 
beErek  werden.  Indessen  scheint  es  auf  diese  Weise  kaum 
möglich  zu  *eyn,  ihn  im  röliig  reinen  Zustand  an  erhaUen» 
Besser  ist  es,  däsu  seine  Flüditiglteit  zn  benutzen  und  das 
rilDohoiiaolHitkerisclie  Extract  in  einem  Apparat)  4en  Mohr 
zur  Bereüung  der  Benzoesäure  Torgeschlagen  Imit,  einer  Sik- 
UimflMoii  zu  unterwerfen,  wobei  er  sich  innerhalb  der  Pa- 
piertule  ala  stark  glSuzeiides ,  hellgelbes ,  krystaUinisches 
Sttklknat  anlegt  und  dabei  das  ganze  Papier  gelb  färbt 
Alleili  audi  dadurek  konnle  tob  bisher  nur  eine  geringe  Menge 
tles  reinen  Farbstoffes  erhallen,  wefshrib  ich  vor  der  Hand 
nuf  das  nttere  6tudiam  desselben  Verzicht  leisten  nmfaie. 

Auiser  den  sdien  erwähnten  Eigenschaften  des  Rhamno- 

* 

zantfciiis  habe  ich  bisher  »och  Mgende  daran  wahrnehmen 
können  : 

Es  ist  geschmacklos  und  stickstoffireL  Beim  Erhitzen  in 
einer  Röhre  wird  es  unter  theilweiser  Verkohlung  in  einen 
gelben  Dampf  verwandelt,  der  ach  beim  Erkallen  su  Kry- 
stiffleben  mid  mitmiter  auch  zu  ölartigen,  erst  nach  und  nadh 
krystallinisch  ersUerrenden  Tröpfeken  verdichtet.  Dafii  dieses 
SnUimat  kein  Pyroproduct,  sondern  der  unveränderte  Fntk^ 
Stoff  ist,  wind  Airch  die  Thatsacke  bewiesen^  daCs  derselbe 
sdmi  bei  gewöhnikdier  Temperatur  fki  Bestreben  hat^  aiek 
zu  verflüchtigen  und  in  Kryställchen  zu  sublimiren. 

Das  fihamnoxanthin  ist,  wie  die  meisten  gelben  Pflanzen- 


220        Buchner j  Über  einen  freuen  gelben  Farbstoff 

färben,  am  Lichte  veränderlich;  damit  gefärbtes  Papier  etc. 
wird  am  Sonnenlichte  sehr  schnell  gd)leicht. 

Vom  Wasser  wird  das  reine  Rhamnoxanthin  nur  sehr 
wenig  gelöst;  die  heifs  bereitete  Lösnng  ist  nur  schwach 
gelblich  gefärbt  und  trübt  sich  beim  Erkalten  unter  Ausschei- 
dung des  gröfsten  Theiles  des  aufgelösten  Rhamnoxanthins. 
Seine  Auflöslichkeit  wird  aber,  wie  diefs  bei  vielen  anderen, 
an  und  für  sich  schwer  löslichen  Körpern  der  Fall  ist,  durch 
andere  in  der  Rinde  vorhandene  Stoffe  begünstigt,  so  dafs 
dieser  Farbstoff  in  einem  wässerigen  Auszug  der  Rinde  in 
nicht  unbedeutender  Menge  angetroffen  wird.  In  Alkohol  und 
auch  in  Aether  ist  das  Rhamnoxanthin  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  und  noch  mehr  in  der  Wärme  leicht  löslich. 

Vom  Ammoniak  und  den  fixen  Alkalien  wird  das  Rham- 
noxanthin mit  prächtiger  purpurrother  Farbe  aufgelöst,  welche 
Eigenschaft  es  mit  einigen  anderen  gelben  Farbstoffen  und 
namentlich  mit  der  C^rysaphamäwre  (^dem  gelben  Farbstoff 
der  Rhabarber  und  der  Wandflechte)  theilt,  wovon  es  aber 
in  mehrfacher  Beziehung  verschieden  ist.  So  unterscheidet 
es  sich  von  der  Chrysophansäure  unter  Anderem  durch  seine 
gröfsere  (Tüchtigkeit  und  viel  gröfsere  Löslichkeit  in  Alkohol 
und  Aether.  Beim  Sättigen  der  alkalischen  Lösung  mit  einer 
Säure  wird  das  Rhamnoxanthin  wieder  mit  hellgelber  Farbe 
ausgeschieden. 

Concentrirte  Schwefelsäure  löst  dasselbe  ebenfalls,  wie 
die  Chrysophansäure,  mit  schöner  purpurrother  bis  blutrother 
Farbe  auf;  wird  diese  Lösung  mit  Wasser  verdünnt ,  so 
scheidet  sich  daraus  ein  hellgelber,  in  Alkalien  mit  Purpur- 
farbe löslicher  Niederschlag  aus,  von  dem  ich  aber  noch  nicht 
bestimmt  weifs,  ob  er  aus  unverändertem  Rhamnoxanthin 
besteht. 

Das  Rhamnoxanthin  scheint  unter  mir  noch  nicht  näher 
bekannten  Umständen  in  einen  anderen,  ebenfalls  flüchtigen 


«I  der  FaiiBHnm--Wyndrmdß,  2SH 

Farbstoff  modificirt  zu  werden ,  der ,  anstatt  in  rein  gelben, 
in  morgenrothen ,  dem  Alizarin  nicht  unähnlichen  lockeren, 
federartigen  Krystälichen  snblimirt,  sich  aber  sonst  wie  das 
Rhamnoxanthin  verhält. 

Das  Rhanuioxanihin  kommt  übrigens  nicht  blors  in  der 
Wurzelrinde,  sondern  auch,  obwohl  in  geringerer  Menge,  in- 
der  Stammesrinde  und  im  Samen  von  Rhamnus  Frangula  vor; 
auch  in  der  Rinde  und  im  Samen  von  Bhanmm  caiharUcus 
habe  ich  ein  wenig  davon  aufgefunden.  Aber  die  zum  Gelb- 
färben benutzten  unreifen  Beeren  der  letzteren  Pflanze  und 
diejenigen  von  Rhamnus  infectorius^  die  sogenannten  Gelb- 
beeren oder  Avignonkömer,  enthalten  kein  Rhamnoxanthln, 
sondern  die  ersteren  das  Rhamnin  Fleury's,  welches  blafs- 
gelb  ist,  sich  in  Aether  nicht  löst  und  von  Alkalien  nicht  mit 
purpurrother,  sondern  mit  rein  gelber  Farbe  gelöst  wird,  und 
die  letzteren,  je  nach  ihrer  Reife,  einen  oder  zwei  gelbe 
Farbstoffe  QChrysorhanmm  und  Xantharhanmm  nach  Kane), 
welche  durch  Alkalien  nur  etwas  dunkler,  aber  nicht  purpur- 
roth  gefärbt  werden. 

Ich  werde  trachten,  eine  gröfsere  Menge  Rhamnoxanthin 
zum  Zwecke  einer  näheren  Untersuchung  desselben  darzustellen, 
deren  Resultat  ich  in  nicht  zu  langer  Zeit  der  k.  Aca- 
demie  vorlegen  zu  können  hoffe. 


Analyse   einer  Schlacke  vom  Nickelschmelzen    der 

Dorotheahfitte  bei  Dillenburg; 

von  V.  Winter. 

(Von  Hrn.  Prof.  Weltxien  milgelbeilt) 


Die   in  Rede  stehende  Schlacke  bildete  sich   im  Laufe 
vorigen  Jahres  auf  genannter  Hütte  beim  Verschmelzen  von 


m  IFtfiftfr,  ämäs9e  mmt  MUodka  axm 

ftHMeten  Niiielorseii  (^ekwefel**,  Araenmekcly  aidfllbalti« 
g«ii  Kiesen)  utor  Kalk««  und  0u«rzzu8cklag  in  KnHsmofeii» 
wie  sie  ancb  beim  Kqiferschinelgeii  angewaadi  warben.  Sie 
flierst  mit  der  rohen  Nickelspeise  in  den  Tieg^ol  ab  iiadi  wkd 
wie  die  Schlacke  beiai  Kapferslaiaschindhiaii  abgehoben,  so 
daTs  die  Irkallniig  aiemlich  raseh  erfolgt 

Die  Schlacke  ist  durch  und  durch  krystallinisch ;  an  einzel- 
nen Stellen  befinden  sich  Krystallgruppen,  deren  Form  Jedoch 
wegen  unvollständiger  Ausbildung  nicht  zu  bestimmen  war. 
Die  Farbe  ist  schwarz  und  auf  frischem  Bruche  eisenschwarz; 
das  speciflsche  Gewicht  betrug  bei  15*  9,465;  Hfirte  s=  5,5. 
Das  feine  Pulver  wird  vom  Magnet  schwach  angezogen.  Vor 
dem  LOthrohre  schmilzt  sie  zu  einer  schwarzen,  metallisch- 
glänzenden,  dem  Magnete  folgsamen  Kugel.  Mit  Phosphorsalz 
zeigt  sie  Eisenreaction  unter  Abscheidung  eines  Kieselskeletts. 
Durch  Glühen  erleidet  sie  keinen  Gewichtsverlust 

Beun  Behandeln  mit  Salzsäure  zerfällt  sie  in  eiiien  lös- 
lichen Theil  von  40,70  pC.  und  einen  unlöslichen  Theil  von 
59,30  pC«,  und  es  zeigte  sich  bei  wiederholten  Versuchen 
dieses  Verhältnifs  constant 

Der  lösliche  Theil  enthält  : 

pC,  Sancntoff 

Kieselsäure 33,85        17,93        17,93 

Thonerde 6,25  2,92         2,92 

Eisenoxydul 42,85  9,52 

Kalk 10,38  2,98 

Magnesia 2,88  1,11  )     14,46 

Kali 1,36  0,23 

Natron 2,40  0,62 

Kupferoxyd 0,43 

Oxyde  d.  Nickels,  Kobalts,  Mangans  0,43 

100,83. 


NicM$cinuben  der  DorotkeMUU  bei  Dälenburg.      MS 

Das  SaueratoffvrerhUtiiirs  der  Sfture  verhUt  sich  su  dem 
der  Basen  wie  17,93  :  17,38 ,  also  annähernd  wie  f  :  1;  die 
Verbindung  entspricht  daher  einem  Singidosflicat  und  die 
Formel  wäre  alsdann  ) 

AIH)*  SiO*  +  5  CFeO,  CaO,  MgO,  KO,  NaO)«  SiO«. 

Rechnet  man  jedoch    die   Thonerde  als  Vertreter  der 

Kiesebäore,  so  ergiebt  sich  das  Sanerstoffverhältnifs  der  Säuren 

EU  dem  der  Basen  wie  20,85  :  14,40,  also  nahe  wie  3  :  2, 

einem  Halbsilicat  entsprechend,  wofür  dann  die  Formel  seyn 

ivlirde  * 

CFeO,  CaO,  MgO,  KO,  NaO)»  (AIH)%  SiO«). 

Der  onlösUehe  Tbeil  enthält  : 

pC.  Sauerstoff 

Kieselsäure 45,73  24,22       24,22 

Thonerde   .    .    .' 4,43  2,07         2,0T 

Eisenoxydul 17,06  3,79 

Kalk .    .  21,36  6,10 

Magnesia 8,38  3,23  )    13,57 

Kali 1,13  0,19 

Natron 1,02  0,26 

Knpferoxyd 0,15 

Oxyde  d.  Kobalts,  Nickels,  Mangans  0,47 

99,74 

Das  SanerstoiTveiliäHnirs  der  Säure  zu  den  Basen  ist  wie 

24,22  :  15,64,   also  nahe  wie  3:2,  was  einem  Halbsilical 

entspricht,  wofür  die  Formel  ; 

Al»0»,  2  SiO«  +  10  (PeO,  CaO,  MgO,  KO,  NaO)«  SiO« 


Betrachtet  man  jedoch  die  Thonerde  als  Vertreter  der 
Kiesdsänre,  so  ergiebt  sich  das  SauerstoffverhäKnIfs  der 
Säure  zu  dem  der  Basen  wie  26,29  :  13,57,  wie  2  :  1,  einem 
Bisilicat  entsprechend,  wofür  dann  die  Formel  wäre  : 

3  (FeO,  CaO,  MgO,  KO,  NaO)  +  2  (SiO*,  Al«0'}. 


iP4|9 


Analyse  des  Gehäusedeckels  der  Helix  pomalia 

(^Weinbergsschnecke) ; 

von   Dr.    Wilhebn    Wicke. 


Eine  Analyse  des  Gehäuses  der  Helix  pomatia  wurde  bereits 
von  Joy  in  Bd.  LXXXII,  S.  365  bis  367  mitgetheilt  Er  fand 
dasselbe  zusammengesetzt  aus  96,5  pC.  kohlensaurem  Kalk 
und  1,5  pC.  organischem  Gewebe.  Es  schien  mir  wahrschein- 
lich, dafs  jenes  Schalenstück,  womit  die  Schnecke  im  Spät^ 
herbste  ihr  Gehäuse  verschliefst,  eine  andere  Zusammen- 
setzung haben  könnte,  da  schon  das  ganze  äufsere  Ansehen 
ein  anderes  ist  Die  innere  und  äufsere  Fläche  des  Deckels 
ist  mit  vielen  kleinen  Wärzchen  bedeckt ,  die  sich  in  Form 
von  Kömchen  ausscheiden,  wenn  man  die  Substanz  mit  mäfsig 
concentrirter  Essigsäure  ttbergiefst.  Später  jedoch ,  nachdem 
der  kohlensaure  Kalk  zersetzt  ist,  lösen  auch  sie  sich  auf, 
aber  ohne  Brausen.  Ich  vermuthe,  dafs  der  phosphorsaure 
Kalk,  welcher  bei  der  Analyse  erhalten  wurde,  vorzugsweise 
in  diesen  Wärzchen  abgelagert  ist,  und  dafs  dieselben  ihrer 
gröfseren  Festigkeit  wegen  eine  Art  schützender  Krusten 
bilden.  An  der  Stelle,  wo  sie  fehlen,  findet  man  die  Deckel 
sehr  oft  angegriffen,  wahrscheinlich  durch  kohlensäurehaltiges 
Wasser,  was  darauf  einwirkte.  Da  den  Deckeln  die  feine 
organische  Haut  fehlt,  womit  das  Gehäuse  umkleidet  ist,  so 
kann  als  Ersatz  dafür  die  Bedeckung  mit  jenen  Wärzchen 
angesehen  werden.  Sie  finden  sich  auch  an  der  innem  con- 
caven  Fläche  des  Deckels  und  mögen  hier  als  Schutz  gegen 
die  von  dem  Thiere  secernirten  Flüssigkeiten  dienen. 

Da  den  Deckeln  noch  organische  Substanz  anhing,  so 
wurden  dieselben  zuerst  mit  verdünnter  Kalilauge  erwärmt 
und  darauf  sorgfältig  abgewaschen,  wodurch  ein  völlig  reines 


Wicke 9  Analyse  eines  l^ochusdeckels.  225 

Material  erhalten  wurde.    Die  Analyse  ergab  dann  flir  ihre 

Zasammensetznng  : 

3  CaO,  PO»    5,73 

CaO,  C0>  94,24 

Eisenoxyd  nnd  phosphors.  Talkerde   Spuren 

99,97. 


Analyse  eines  Trochusdeckels ; 
von  Demselben. 


Bei  den  Trochoideen,  heimisch  im  indischen  Ocean  und 
im  Kittehneere,  ist  das  Gehäuse  während  der  ganzen  Lebens- 
dauer des  Thieres  mit  einem  Deckel  versehen.  Gehäuse  nnd 
Deckel  werden  hier  höchst  wahrscheinlich  dieselbe  Zusammen- 
setzung haben.    Letzterer  bestand  aus  : 

CaO,  CO»    98,72 

Organische  Substanz,  Spuren  von 
phosphorsaurer  Talkerde       .    .      1,28 


100,00. 


Ueber  das  Yorkommen  der  Famarsäure  in  Corydab's 

bulbosa ; 

von  Demselben. 


Die  Fumarsäure  wurde  vonSchödler  in  Cetraria  islandica, 
von  Probst  in  Glaucium  luteum  und  von  Winckler  in 
Pumaria  officinalis  nachgewiesen. 

Anoal.  d.  Ch«ni.  n.  Pharm.  LX XXVII.  Dd.  2.  üeft.  15 


226  Wiche ^  Mer  das  Vorkommen  der 

Die  Gattungen  Fumaria  und  Corydalis  machen  bekanntlicli 
die  wohlcharacterisirte  Familie  der  Fumariaceen  aus.  Di6 
FamilientthnUchkeit  ist  bei  beiden  Unterfamilien  sowohl  in 
den  Vegetations-  als  auch  in  den  Reproductionsorganen  deut- 
lich ausgesprochen.  Ich  durfte  daher  die  Vermuthung  hegen, 
auch  in  Corydalis  die  der  Fumaria  eigenthümliche  Säure  an- 
zutreffen. Der  Versuch  fiel  bestätigend  aus.  Etwa  3  Pfund 
des  Krautes  wurden  ausgeprefst;  der  Saft  zur  Entfernung 
des  Stärkemehls  und  Ciilorophylls  einmal  aufgekocht,  dann 
colirt  und  überhaupt  für  die  Gewinnung  des  Präparats  die 
von  Winckler  dafür  vorgeschriebene  Methode  befolgt.  Nur 
auf  eins  mufs  ich  dabei  aufmerksam  machen,  dafs  näm- 
lich, wenn  man  den  durch  essigsaures  Bleioxyd  gefällten 
Nied^sehlag  von  der  Flüssigkeit  getrennt  hat,  diese  nicht 
wegzuschüften  ist,  da  sich  nach  Verlauf  einiger  Tage  eine 
reiehHche  Krystallisation  von  fumarsaurem  Bleioxyd  in  war- 
zenförmigen Gruppirungen  an  der  Wand  des  Gefäfses  absetzt. 
Erfolgt  keine  Vermehrung  derselben  mehr,  so  giefst  man  die 
Flüssigkeit  ab,  sammelt  das  Abgesetzte,  pulvert  es  fein  und 
zersetzt  unter  mäfsigem  Erwärmen  durch  verdünnte  Schwefel- 
säure. Ein  einmaliges  Behandeln  der  Lösung  mit  Kohle  reicht 
dann  hin,  um  ein  fast  farbloses  Filtrat  zu  erhalten,  woraus 
nach  zweckmäfsiger  Concentration  die  reine  Säure  sich 
absetzt. 

0,114  Grm.  mit  dieser  Säure  dargestelltes  Silbersalz 
wurden  in  verdünnter  Salpetersäure  gelöst  und  das  Silber  als 
Chlorsilber  gefällt.  Erhalten  wurden  0,1008  Grm.  Chlorsilber, 
worin  0,0758  Silber,  entsprechend  0,0814  Silberoxyd.  Das 
Salz  enthielt  demnach  70,14  pC.  Silberoxyd,  während  die  be- 
rechnete Menge  70^21  pC.  beträgt. 

Eine  Elementaranalyse  wurde  nach  dieser  Bestimmung 
um  so  weniger  nothwendig  erachtet,  als  alle  Reactionen, 
welche  für   die  Fumarsäure  characteristisch,  so   namentlich 


Rimariäwre  m  CarydaUi  Intlbosa.  227 

auch  die,  beim  Erhitzen  sich  in  schneeweifsen  Nadeln,  als 
wasserfreie  Parafamarsfiure  zu  sublimiren,  zutrafen. 

Nach  der  gewonnenen  Quantität  zu  schätzen ,  mufs  die 
Bildung  von  Fumarsäure  ein  Hauptmoment  in  der  Vegetations- 
thätigkeit  der  Pflanze  seyn.  Da  sie  sich  in  zwei  Repräsen- 
tanten der  Familie  findet,  so  wird  man  ihr  auch  eine  botanisch- 
physiologische Bedeutung  beilegen  dürfen,  da  höchst  wahr- 
scheinlich die  Fumarsäure  auch  in  den  iindem  Corydalis-  und 
Fumariaarten  enthalten  seyn  wird. 

Das  Auftreten  der  Fumarsäure  in  Glaucium  luteum  (Che- 
lidonium  glaucium}  ist  ebenfalls  ein  in  botanischer  Hinsicht 
interessanter  Umstand,  da  diese  Pflanze  mit  Fumaria  und 
Corydalis  demselben  Verwandtschaflskreise  angehört.  Also 
eine  Bestätigung  des  Lieb  ig 'sehen  Gesetzes,  dafs  die  ein- 
zelnen Pflanzengruppen  zumeist  durch  die  in  ihnen  .  gebil- 
deten Säuren  characterisirt  werden. 

Die  neueren  Systematiker  haben  sich  gegen  die  Abtren- 
nung der  Fumariaceen  von  den  Papaveraceen  erklärt.  Die 
Chemie  sanctionirt  diesen  Act,  da  sie  für  beide  Familien 
das  gemeinsame  Band  einer  gleichen  physiologischen  Thätig- 
keit auffindet 

Steht  die  Chelidonsäure  in  einer  einfachen  Relation  zur 
Fumarsäure,  so  wäre  eine  neue  Uebereinstimmung  gewonnen. 
Sie  läfst  dieOs  ihrer  Zusammensetzung  nach  ahnen  und  be- 
stärkte diese  Y^mulhung  noch  dadurch ,  dafs  in  dem  jungen 
Kraute  von  Chelidonium  majus  wenig  Fumarsäure,  dagegen 
vorherrschend  Aepfelsäure  gefunden  worden  ist.  Zu  der 
Aepfelsäure  steht  aber  die  Fumarsäure  bekanntlich  in  einem 
sehr  engen  Verhältnifs^  da  1  Atom  Aepfelsäure  —  1  Atom 
Wasser  =  1  Atom  Fumarsäure  ist. 


15 


228        Arppe^  über  das  brenzweinsaiure 

Ueber  das  brenzweinsaure  Ammoniak  und   dessen 

Veränderung  beim  Erhitzen; 
von  A.  E.  Arppe. 

(Aas  deo  Acta  Societakis  Scientiaram  Fannicae.) 


Es  ist  bis  jetzt  nur  Eine  Verbindung  von  Brenzweinsaure 
mit  Ammoniak  bekannt  gewesen,  nämlich  das  zweifach-saure 
Salz  :  NH*0,  C»HH)»  +  HO,  C»H»0»,  welches  aus  einer  Mi- 
schung der  Säure  mit  wässerigem  Ammoniak  in  schönen  Kry- 
stallen  sich  abscheidet.  Da  diese  saure  Verbindung  sogar  benn 
freiwilligen  Verdampfen  einer  stark  ammoniakalischen  Lösung 
erhalten  wird,  könnte  es  scheinen,  als  ob  die  Brenzweinsaure 
ein  neutrales  Salz  mit  Ammoniak  zu  bilden  nicht  im  Stande 
wäre.  Eine  solche  Verbindung  existirt  dessenungeachtet  und 
zwar  entsteht  sie ,  wenn  man  Ammoniakgas  in  eine  durch 
Alkohol  bewirkte  Auflösung  der  Brenzweinsaure  einleitet. 

Löst  man  Brenzweinsaure  in  Alkohol  von  0,80  spec. 
Gewicht  auf  und  läfst  trockenes  Ammoniakgas  in  diese  Auf- 
lösung einströmen,  so  fangt  zuerst  das  zweifach-saure  Salz 
sich  zu  bilden  an  und  setzt  sich  so  rasch  und  in  so  grofser 
Menge  ab,  dafs  es  das  Gasleitungsrohr,  auch  wenn  dieses 
einige  Linien  weit  ist,  verstopft  und  zuletzt  einen  von  glän- 
zenden, feinen  Krystallnadeln  fast  erstarrten  Brei  darstellt. 

Nachdem  das  Bipyrotartrat  sich  gebildet  und  abgeschie- 
den, wird  dasselbe  durch  fortgesetztes  Einleiten  von  Am- 
moniakgas wieder  aufgelöst;  da  aber  dieses  Verschwinden 
des  zweifach-sauren  SaLses  von  einer  gleichzeitigen  Bildung 
einer  neuen  schwerlöslicheren  Verbindung  begleitet  ist,  wird 
eine  vollständige  Auflösung  nicht  erhalten,  sondern  es  bleibt 
ein  wenig  von  einem  weifsen  Pulver  ungelöst,  dessen  Menge 
durch  vollständige  Sättigung  mi|  Ammoniak  bedeutend  zu- 
nimmt.   Dieser  Körper  ist  : 


tmd  dessen  Veränderung  beim  ErhUzen.  229 

Neuhtdes  brenzweinsaures  Ammoniak. 

Die  Darstellung  desselben  kann  sehr  erleichtert  werden, 
wenn  man  das  Ammoniakgas  in  die  alkoholische  Auflösung 
der  Säure  nur  so  lange  zuströmen  läfst,  bis  die  Bildung  des 
zweifach-sauren  Salzes  eingetreten  ist,  dessen  vollständige 
Abscheidung  aber  in  der  Art  bewirkt,  dafs  man  mit  Ammoniak 
gesättigten  Alkohol  zugiefst,  so  lange  ein  Niederschlag  ent- 
steht. Hierauf  wird  das  Einleiten  von  Ammoniakgas  erneuert 
und  damit  fortgefahren,  bis  die  Auflösung  fast  klar  erscheint. 
Diese  Lösung  wird  in  ein  anderes  Gefäfs  gegossen  und  mit 
Ammoniakgas  vollständig  gesättigt., —  Bei  diesem  Verfahren 
wird  die  Operation  bald  beendigt  und  man  ist  zugleich  vor 
jeder  Verunreinigung  durch  möglicherweise  ungelöst  geblie- 
benes zweifach  -  saures  Sabs  vollkommen  gesichert.  —  Das 
Präparat  wird  auf  ein  Filtrum.  aufgenommen,  mit  Alkohol 
einige  Mal  geschüttelt  und  auf  Fliefspapier  getrocknet. 

Es  stellt  ein  weifses,  etwas  zusammengebackenes,  kry- 
stallinisches  Pulver  dar,  welches  unter  dem  Mikroscop  als  aus 
kurzen,  nicht  näher  zu  bestimmenden  Prismen  bestehend  er- 
scheint. In  Wasser  löst  es  sich  mit  der  gröfsten  Leichtigkeit 
auf,  ist  schwerlöslich  in  kaltem  Alkohol,  wird  von  kochendem 
unter  Eatwickelung  von  Ammoniak  und  Bildung  des  zweifach- 
sauren Salzes  zersetzt. 

Mit  Kali  übergössen  entwickelt  es  Ammoniak  in  reich- 
licher Menge,  und  nachdem  der  Ammoniakgeruch  einmal  ver- 
schwunden, kann  derselbe  durch  Erhitzen  nicht  wieder  her- 
vorgerufen werden,  zum  Beweis,  dafs  man  hier  mit  keiner 
Amidverbindung  zu  thun  hat. 

Schon  bei  einigen  Wärmegraden  riecht  es  schwach  nach 
Ammoniak;  bis  zu  +  90®  oder  100®  erhitzt  stöfst  es  ammo- 
niakalische  Dämpfe  aus  und  verwandelt  sich  dadurch  in  das 
zweifach-saure  Salz,  welches  nahe  bis  140®  ohne  eine  Ver- 
änderung zu  erleiden  erhitzt  werden  kann.    Bei  einer  140^* 


230         Arppßi  über  das  brenzweintaure  Ammoniak 

übersteigenden  Temperatur  werden  demnach  die  Verwand- 
lungsproducte  des  einfach-  und  des  zweifach  -  sauren  Salzes 
identisch  seyn.  Bevor  ich  aber  zur  Auseinandersetzung  dieser 
Veränderung  übergehe,  will  ich  ein  Paar  Versuche  anf&hren, 
die  ich  zur  analytischen  Ermittelung  der  Zusammensetzung  des 
neutralen  Salzes  ausgeführt  habe. 

1)  1,537  Grm.  des  neutralen  Salzes  hinteriiefsen  nach 
dem  Erhitzen  zu  +  135  bis  140*  1,367  oder  88,94  pC,  und 

2}  0,928  Grm.  erhitzt  nur  bis  zu  +  115<»  hinteriiefsen 
0,837  oder  90,19  pC.  des  zweifach-sauren  Salzes. 

Wenn  aber  zwei  Aequivalente  der  Verbindung 

NIFO,  C*H*0» 
durch  Verlust  von  NH»  in  NH*0,  C»HH)»  +  HO,  C»H»0»  über- 
geführt werden,  so  geben  100  Theile  der  ersteren  89,76 
Theile  der  letzteren  Verbindung.    Man  sieht  hieraus,   daCs 
schon  bei  140^  eine  Zersetzung  eingetreten  war. 

Wird  das  zweifach-brenzweinsaure  Ammoniak  in  eine  mit 
Thermometer  und  Vorlage  versehene  Retorte  gebracht  und 
diese  auf  einem  Sandbade  einer  allmftlig  gesteigerten  Hitze 
ausgesetzt,  so  können  folgende  Erscheinungen  beobachtet 
werden.  Bei  etwas  über  +  140^  zerfliefst^  das  Salz  zu  einem 
zähen  Syrup,  dabei  ammoniakalische  Dämpfe  ausstofsend;  dar- 
auf fängt  es  an  eine  dunklere  Farbe  anzunehmen  und  unter 
Blasenbildung  zersetzt  zu  werden,  bis  es  bei  +  150®  ganz 
ruhig  fliefst.  Die  Zersetzung  schreitet  nur  langsam  fort;  die 
Masse  kann  zu  +  2&fi  erhitzt  werden ,  bis  sie  ins  Kochen 
geräth ;  bei  +  276<'  hält  sich  der  Kochpunkt  eine  längere  Zeit 
unverändert;  erst  bei  +  295<*  geht  die  Z^setzung  rasch  von 
Statten.  In  der  Retorte  bleibt  ein  pechschwarzer,  stark  glän- 
zender, vor  dem  Erkalten  nach  Ammoniak  riechender,  kohliger 
Rückstand. 

Das  Destillat  besteht  anfangs  aus  ammoniakalischem  Wasser, 
von  einem  krystaUisirenden  Stoffe,  welcher  sich  nach   dem 


ttnd  dessen  Yerändknmg  beim  ErkUzen.  231 

Verdankten  abscheidet,  begleitet;  darauf  gebt  eine  alkatisoh, 
nachher  eine  sauer  reagirende  ölige  Flüssigkeit,  welche  beim 
Erkalten  bis  zu  0^  oder  durch  Verdunsten  erstarrt,  Über; 
zuletct  erhält  man  ein  neutrales  Oel,  das  schon  im  Retorten* 
halse  fest  wird  (wovon  dasselbe  durch  Schmelzen  bei  gelinder 
Wärme  in  die  Vorlage  gebracht  werden  kann).  Bei  dieser 
Operation  braucht  man  die  Vorlage  nicht  zu  wechsdn;  denn 
das  ammottiakab'scbe  Wasser  kann  durch  Verdunsten  entf^ml 
werden,  ohne  dabei  eine  Einwirkung  auf  die  krysialUsireBde 
Substanz  auszuüben,  welche  vom  Anfange  bis  zum  Ende  der 
Ofenlitm  von  nämlicher  Beschaffenheit  ist. 

Der  hier  erwähnte  krystallisirende  Körper  ist  rohes 

Bipyrotartramid 

Coder  Bipyrotartamid ,  was  man  zu  Bipyrtramid  vediürzen 
könnte)^,  welches  in  diesem  Zustande  dne  gelbliche  Farbe 
und  einen  schwach  brenzlichen  Geruch  besitzt.  Um  es  rein 
zu  erhalten  wird  es  mit  Wasser  durchfeuchtet ,  in  gelinder 
Wärme  gelöst,  durch  Erkalten  wieder  in  feste  Form  gebracht 
and  zwischen  Fliefspapier  sorgfältig  ausgepreist.  Diese  Ope- 
ration wird  wiederholt,  bis  der  Zweck  erreicht  ist.  Die  Farbe 
verschwindet  dabei  ohne  Schwierigkeit,  der  Gen^ch  dagegen 
hängt  fester  an  und  ist  schwerer  zu  beseitigen.  Nur  durch 
längeres  Aufbewahren  über  Schwefelsäure  ist  es  mir  gelungen 
denselben  vollkommen  zu  entfernen.  Umkrystallisürungen  aus 
Auflösungen  in  Aether  und  Alkohol  tragen  zu  dessen  Ver- 
schwinden wenig  bei. 

Das  so  gereinigte  färb-  und  geruchlose  Bipyrtramid  hat 
folgende  Eigenschaften.  Es  besitzt  einen  kühlenden,  schwach 
bitteren  und  sauren  Geschmack;  wirkt  in  Wasser  gelöst  auf 
Lackmuspapier  wie  eine  Säure;  hat  aber  im  Uebrigen  nicht 
die  Eigenschaften  einer  eigentlichen  Säure ;  so  z.  B.  vereinigt 
es  sich  nicht  mit  Ammoniak ,  und  wenn  es  KoUenstture  aus 


332         Arppe,  iAer  das  brenuDemsawe  Ammotdak 

dem  koUensauren  Ammoniak  austreibt,  was  zuweilen  geschieht, 
so  rtthrt  dieses  von  einer  Verunreinigung  her. 

Es  schmilzt  bei  +  66^  fiiefst  dann  wie  ein  Oel  und  hin- 
terläfst  auf  dem  Papier  einen  bleibenden  Fettfleck.  Beim  Er<^ 
kalten  gesteht  es  zu  einer  krystallinischen,  fettig  anzufühlen- 
den Masse  von  blätterigem  Bruch.  Die  Krystallisation  geht 
von  einem  Mittelpunkte  aus  und  es  bilden  sich  dabei,  besonders 
wenn  die  Menge  nur  gering  ist,  sehr  regelmäfsige  kreisrunde, 
strahlige  Scheiben. 

Es  verdampft  schon  auf  dem  Wasserbade,  kommt  aber 
erst  bei  280^  ins  Kochen ,  ohne  doch  einen  Constanten  Koch- 
punkt zu  besitzen;  bei  ungefähr  300^  verfliegt  es  rasch,  mit 
Hinterlassung  eines  kohligen  Rückstandes.  Bei  der  Destillation 
erhält  man  es  gewöhnlich  als  eine  dichte  krystallinische  Masse; 
wird  aber  die  Erhitzung  vorsichtig  geleitet ,  so  sublimiit  es 
sich  theilweise  in  dünnen  glänzenden  Blättern ,  nicht  unähn- 
lich dem  Naphtalin,  oder  auch  setzt  es  sich  in  deutlich  aus- 
gebildeten Krystallen  ab. 

Aus  seinen  Auflösungen  in  Aether,  Alkohol  und  Wasser 
krystallisirt  es  in  feinen  glänzenden  Nadeln.  Dabei  ist  aber 
zu  bemerken,  dafs  das  unreine  Bipyrtramid  bei  der  gewöhn- 
lichen Zimmertemperatur  lange  Zeit  flüssig  bleiben  kann,  wenn 
es  nur  eine  Spur  Wasser  enthält,  was  wohl  auf  der  Gegen- 
wart eines  brenzlichen  Oeles  beruhen  mag.  In  Schnee  gelegt 
nimmt  es  auch  dann  die  feste  Form  bald  an. 

Die  aus  der  wässerigen  Lösung  abgeschiedenen  Nadeln 
habe  ich  mit  Beihülfe  des  Mikroscops  etwas  näher  bestimmt. 
Sie  gehören  zum  rhombischen  System  und  bilden  sechsseitige 
Tafeln,  gewöhnlich  in  der  Richtung  der  Brachydiagonale  stark 
verlängert.  Man  kann  sie  betrachten  als  Gombinationen  der 
Flächen  0  P,  oo  P  oo,  oo  P.  Pie  Neigung  der  Flächen  oo  P 
zu  einander  ist  =  92»  3(y  und  87«  30^;  die  von  c»  P  zu 
c»  P  cx)  ist  zu  133^'  gemessen  worden.    Seltener  sieht  man 


wid  denen  Yeranderwy  beim  EMi%en,  333 

aiiTserdem  vierseitige  rechtwinklige  Tafeln,  wahrscheinlich  durch 
das  Hinzutreten  der  Fläche  oo  P  oo  gebildet  Die  Krystalle 
scheinen  vorzugsweise  parallel  oo  P  und  0  P  spaltbar  zu  seyn. 
Das  Bipyrotartramid  enthält  kein  Krystallwasser.  Es  wird 
in  grofser  Menge  von  Wasser  aufgenommen  und  krystallisirt 
nach  dem  Abdampfen  wieder  wasserfrei  aus.  Auch  von 
Aether,  Alkohol,  den  gewöhnlichen  Säuren  und  Alkalien  wird 
es  leicht  aufgelöst.  Beim  Kochen  mit  einem  grofsen  Ueber- 
schoTs  einer  concentrirten  Kalilösung  wird  das  Bipyrotartramid 
zersetzt,  unter  reichlicher  Entwickelung  ammoniakalischer 
Dämpfe  und  Verwandlung  in  zweifach  -  brenzweinsaures  Kali, 
welches  Salz,  nach  dem  Sättigen  der  alkalischen  Lösung  mit 
Essigsäure,  in  seiner  leicht  erkennbaren  Form  fast  augen- 
blicklich auskrystallisirt. 

Die  Znsammensetzung  des  Bipyrotartramids  wurde  durch 
Verbrennung  mit  Kupferoxyd  und  Natron*Kalk  auf  gewöhnliche 
W&se  bestimmt;  vor  dem  Kupferoxyd  war  im  Verbrennungs- 
rohr eine  Schicht  Kupferdrehspähne  eingelegt. 
I.    0,5147  Grm.   der  getrockneten  Substanz  gaben  0,9995 

Kohlensäure  und  0,286  Wasser. 
II.    0,3835  Grm.  einer  anderen  Bereitung  gaben  0,744  Koh- 
lensäure und  0,213  Wasser. 
Ul.    0,4897   gaben  0,2714  Wasser  (die  Kohlensäurehestim- 

mung  ging  verloren). 
IV.    0,452  gaben  bei  der  Stickstoifbestimmung  0,360  metal- 
lisches Platin. 

Diese  Analysen  führen  zu  folgender  procentischer  Zu- 
sanunensetzung  : 


6,16 


Kohlenstoff 

52,96 

52,91 

Wasserstoff 

6,17 

6,17 

Stickstoff 

— 

12,60 

Sauerstoff 

28,27 

28,32 

100,00. 


2S4         Arppcy  Über  da$  brensttemsaure  Ammoniak 

Werden  dem  Bipyrotarlrat  NH*0,  C»H«0»  +  HO,  C»HKH 
4  Aequivalente  Wasser  entzogen,  so  entsteht  die  Verbindung 

CioH'NO*, 
welche  folgende  aus  den  Aequivalentzahlen  berechnete  Zu- 
sammensetzung besitzt  : 


Kohlenstoff 

60 

53,10 

Wasserstoff 

7 

6,19 

Stickstoff 

14 

12,39 

Sauerstoff 

32 

28,32 

H3      100,00. 

Das  Bipyrtramid  ist,  was  seine  Entstehungsweise,  Zusam- 
mensetzung und  einige  andere  allgemeine  Verhältnisse  betrifft, 
eine  dem  Bisuccinamid  ganz  entsprechende  Verbindung.  Wie 
dieses  so  vereinigt  sich  auch  das  Bipyrtramid  mit  Bleioxyd 
und  giebt  damit  eine  Art  basische  Verbindung.  Digerirt  man 
Bleioxyd  mit  einer  Lösung  von  Bipyrtramid ,  so  wird  es  in 
grofser  Menge  davon  aufgelc^st,  während  ein  geringer  Thefl 
als  ein  weifses  Pulver  ungelöst  bleibt.  Beim  Filtriren  der 
Lösung,  auch  wenn  diese  bedeutend  verdünnt  ist,  wird  das 
Papier  auf  eine  sonderbare  Weise  davon  angegriffen;  es 
schwillt  nämlich  auf,  wird  schleimig  oder  gallertartig  und 
trocknet  zu  einer  harten,  hornähnlichen  Substanz,  welche  an- 
gezündet unter  Reduction  von  metallischem  Blei  wie  Zunder 
verglimmt. 

Die  Bleiverbindung  reagirt  übrigens  stark  alkalisch  und 
wird  von  Wasser  zum  Theil  zersetzt.  Beim  Verdampfen  in 
einer  trodinen  Atmosphäre  verwandelt  si&  sich,  wenn  auch 
sehr  langsam,  in  eine  glänzende,  spröde,  gummiähnliche 
Masse,  welche  von  Wasser  milchig  gelöst,  von  den  Alkalien 
unter  Abschtidung  von  Bleioxydbydrat  zersetzt  wird. 

Die  Zusammensetzung  wurde  aus  einer  Analyse  gefolgert, 
bei  welcher  0^823  Grm. ,  die  über  Schwefelsäure  im  Exsiccator 
getrocknet,  bei  +  100^  vollkommen  entwässert  wurden;   der 


und  dessen  Verändenmg  bem  Erhiizen.  tSi 

Rückstand,  0,T78  Grm.,  Miirde  etwas  stXrker  erliitzt  und 
nachdem  schon  etwas  über  100^  eine  geringe  Zersetzung 
sich  beobachten  liers,  verbrannt.  Es  blieb  eine  Mischung  von 
Blei  und  Bleioxyd  übrig,  zusammen  0,520  Grm.  ausmachend. 
Das  Oxyd  wurde  mit  EssigsSure  aurgelöst ,  von  dem  itetaD 
abgeschlämmt,  dieses  gewogen  und  gleich  0,432  Grm.  beg- 
ründen. In  Allem  enthielt  die  Verbindung  demnach  0,5533 
Bleioxyd  und  0,045  Wasser  und  man  kann  sie  betrachten  als 
bestehend  aus  : 

Berecbnel    Genroden 
2  Aeq.  Bipyrtramid  226,0       27,24       27,30 

5    «     Bleioxyd      558,5       67,33        67,23 

5    „     Wasser         45,0         5,43         5,47 

b29,5      100,00      100,00. 

Das  weifsa  Pulver,  welches  von  Wasser  aus  dieser  Ver« 

MndvBg  abgeschieden  wird,  scheint  nur  Bleioxydhydrat  zu 

seyn;   denn  es  enthält  87,64  Bleioxyd  und  nur  sehr  wenig 

einer  organisdien  Substanz. 

Mit  Süberoxyd  habe  ich  das  Bipyrtramid  nicht  vereidigen 

kfionen.     Sowohl  nach  der  von  Laurent  und  Gerhardt 

•^gegebenen  Methode  flir  die  Darstellung  des  Bisuccinamid- 

Silberoxyds  (Ginelin,  Haadb.  V,  289),  als  auch  durch  directe 

Behandlung  des  Silb^oxyds  mit  Bipyrtramid  werden  nach  dem 

Verdunsten  Krystalle  erhalten,    welche  kaum  4  pC.  Silber 

enthalten. 


Was  endlich  die  zweckmsrsigste  Darstellungsweise  des 
Bipyrotartramids  betrifft,  so  habe  ich  in  der  Hinsicht  einige 
Versuche  angestellt,  deren  Resultate  hier  angeführt  werden 
mögen. 

Da ,  wie  man  sich  leicht  überzeugen  kann ,  das  Bipyro- 
tartramid  schon  bei  + 150*  oder  etwas  darüber  aus  dem  Am- 
moniaksalze  entsteht,  könnte  es  überflüssig  scheinen,  das  Salz 


236     Arppe,  über  das  brenuDemsatire  Ammoniak  etc. 

der  DesliOatioii  za  unterwerfen.  In  der  That  erhält  man  auch 
das  Bipyrotartramid,  wenn  man  die  bei  ungerahr  + 150<^  eine 
Zeit  lang  erhitzte  Masse  nach  dem  Erkalten  mit  Aether,  wel- 
cher anzersetzt  gebliebenes  Salz  ungelöst  läfst,  behandelt  und 
die  Lösung  zur  Krystalhsation  verdunstet.  Dieses  Verfahren 
ist  aber  aus  dem  Grunde  nicht  zu  empfehlen,  weil  der  Inhalt 
der  Retorte  schon  bei  150^  stark  gefärbt  und  die  förbende 
Substanz  mit  Tom  Aether  aufgenommen  wird.  Man  erhält 
dem  zu  Folge  ein  rohes  Präparat,  welches  schwer  zu  ent- 
färben ist;  der  brenzliche  Geruch  dagegen  ist  nur  schwach 
und  verschwindet  leicht 

Ffihrt  man  die  Destillation  des  brenzweinsauren  Salzes 
in  einem  Strome  von  Ammoniakgas  aus,  so  treten  keine 
wesentlichen  Veränderungen  ein  :  die  Bildung  des  kohligen 
Rückstandes  wird  dadurch  nicht  vermieden  und  das  Destillat 
wird  weder  reiner,  noch  in  gröfserer  Menge  als  gewöhnlidi 
erhalten. 

Wenn  man  dagegen  die  Destillation  bei  einer  möglichst 
niedrigen  Temperatur  vornimmt,  so  kann  man  alle  Uebelstände 
beseitigen  und  unmittelbar  ein  schneeweifses  Destillat  erhalten, 
während  in  der  Retorte  nur  Spuren  des  kohligen  Rückstandes 
sich  zeigen;  und  wenn  auch  die  Operation  sehr  langsam  vor 
sich  geht,  so  gewinnt  man  doch  an  Zeit,  da  nicht  nur  die 
Ausbeute  gröfser,  sondern  auch  die  Reinigung  des  Destillats 
ausnehmend  erleichtert  wird.  Das  Ergebnifs  einer  bei  un- 
gefähr +  150^  auf  dem  Sandbade  mit  einer  einfachen  Spiri- 
toslampe  bewerkstelligten  Destillation  war  folgendes  :  32,5 
Gnu.  Ammoniaksalz  waren  nach  einer  Destillation  von  36  Stun- 
den in  Bipyrotartramid  verwandelt.  Das  Destillat  betrug  22 
Grm.;  aus  der  Retorte  wurde  mit  Wasser  2,06  Grm.  eines 
braungefärbten  Präparats  ausgespühlt;  der  kohlige  Rückstand 
wog  0,4  Grm.  In  Allem  hat  man  demnach  erhalten  24,06 
statt  24,64  Grm. ,  wie  die  Rechnung  erfordert. 


237 


Chemische  Notizen; 
von  Demselben. 


1.  DarsfeOimg  der  Bamtäwe.  —  In  einem  gerttumifeB 
kupfernen  Kessel  werden  20  Loth  Borax  in  70  Pfund  Wasser 
aufgelöst,  in  die  Lösung  zwei  leinene  zogebuiidene  Beulel, 
jeder  3}  Pfund  trockene  Taubenexcremente  enthaltend,  ge- 
bracht und  eine  Stunde  lang  unter  Umrtthren  gekocht  Darauf 
werden  die  Beutel  entfernt  und  etwas  abtropfen  gdassen. 
bi  der  kochenden  Boraxlösung  wird  |  Pfund  krystallisirter 
Safaniak  aufgelöst,  der  Kessel  nach  einigen  Minuten  Tom  Feuer 
entfernt  und  erkalten  gelassen.  Nach  12  Stunden  hat  sich 
ein  rechlicher,  graulich-weifser  Niederschlag  von  hamsaurem 
Anunoniak  auf  dem  Boden  des  Kesseb  abgesetzt.  Die  oben* 
stehende,  klare,  stark  braungeflirbte  Flüssigkeit  wird  mit  einem 
Heber  entfernt,  neues  Wasser  zugegossen  und  diese  Operation 
erneuert,  bis  die  Flüssigkeit  fast  farblos  geworden  ist  Dar- 
auf wird  der  Niederschlag  wieder  mit  einer  verdünnten 
Boraxlösung  gekocht,  wobei  sehr  viel  von -einer  schleimigen 
Masse  ungelöst  bleibt  Die  Lösung,  die  jetzt  durch  Papier 
filtrirt  werden  kann  und  schwach  bräunlich  gefärbt  ist,  wird 
erwärmt  und  in  eine  warme  Mischung  von  1  Loth  Schwefelsäure 
mit  2  Loth  Wasser  gegossen.  Nach  dem  Erkalten  hat  sich 
die  Harnsäure  krystallinisch  abgeschieden.  Sie  ist  hellbraun 
gefärbt  und  wird  gereinigt  durch  Auflösen  in  Kali,  Ein- 
trocknen der  Lösung,  Wiederholung  derselben  Operation  und 
Zersetzung  mittelst  Schwefelsäure.  Ich  habe  auf  diese  Weise 
i  Procent  ganz  schneeweifse  Harnsäure  ans  den  Tauben- 
excrementen  erhalten  und  glaube  die  hier  beschriebenen  Mo- 
dificationen  in  der  Darstellungsweise  dieser  wichtigen  Säure, 
zu  deren  Gewinnung  man  wohl  nur  selten  Gelegenheit  findet, 
die  mehr  ergiebigen  Schlangenexcremente  anzuwenden,  als 
practisch  empfehlen  zu  können. 


996  DebuSj  4iber  chemische  VenoanäUchafL 

2.  Darsteüung  der  Breiv^chleimsäure.  —  Die  Bereitung 
dieser  Säure  wird  aufserordentlich  erleichtert  durch  die  Auf- 
wendung der  von  Mohr  angegebenen  Methode  fiir  die  Cre- 
wioBiiiig  der  Beezoöaäure.  Die  doreh  DestiUatio^  4ai  Scbleim- 
säure  gewonnene  robe  theerige  Flüssigkeit  wird  auf  c|wi 
Wasserballe  «ur  TrockAe  verdunstet ,  der  schwär^  Rackst(iB4 
in  einer  Porcellanschale  mit  flachem  Boden  ausgebreitet  wd 
diese  wie  der  Mohr' sehe  Apparat  zugerichtet.  Bei  geUi^dei 
Wärme,  ungefähr  140<^,  auf  einem  Saadbade  hat  sieb  nach 
duigen  Stunden  die  Brenzschleimsäure  in  dem  Pppierhuta 
verdichlet  und  stellt  bteadeudweifse ,  längliche  Kry^a|iblättef 
dar,  licht  unähnlich  der  sublimirteu  Benzp^aäura 


lieber  ehemische  Yerwandlschaft ; 
von  H.  Debus. 


in. 

bi  einer  aus  Wasser,  Chlorcalcium  und  Chlorbarium  be- 
stehenden Flüssigkeit  bringt  eine  verhältnifsmäTsig  kleine 
Menge  kohlensaures  Natron  einen  Niederschlag  hervor,  der 
je  nach  den  Gewichtsverhältnissen  der  zusammengemischten 
Körper  entweder  ans  kohlensaurem  Kalk,  kohlensaurem  Kalk 
und  Baryt  oder  nur  aus  kohlensaurem  Baryt  besteht.  Einen 
hervorragenden  ^nflufs  auf  die  Zusammensetzung  dieses  Nie- 
derschlags äubert  das  Verhältnirs  des  Chlorcalciums  zum 
Chlorbarium,  und  um  diese  Abhängigkeit  der  Verwattdtschaft 
von  der  Masse  kennen  zu  lernen,  wurden  die  in  dieser  Mit^ 
theilung  beschriebenen  Versudbe  unternommen. 


Debusy  über  chemis^  Verwmdiiokaft  989 

Zur  Darstellung  der  Qöthigeii  Auflösungen  wurden  auf 
300  Grm.  Wasser  immer  50  Grau,  krysiallisirtes  Chlorbariuaai 
und  bestimmte,  jedoch  in  den  einzelnen  FäUen  Yerschiedene 
Mengen  eines  nicht  vollkommen  trocknen  Chlorcalciums  an- 
gewandt. Bei  der  Fällung  derselben  ist  es  erforderlich,  dafa 
jedes  Theilchen  der  zugesetzten  kohlensauren  Natronlösung 
während  der  Mischung  dasselbe  Verhältnifs  zwischen  Chlor- 
barium und  Cblorcaicium  vorfindet,  und  dafs  nach  dem  Ver- 
such diefs  Yerhältnirs  nicht  merklich  oder  wenigstens  nicht 
so  stark  geändert  ist,  dafs  dadurch  eine  Störung  des  Rfisultats 
entstanden  seyn  könnte.  Beide  Bedingungen  werden  erreicht» 
wenn  man  das  Fällungsmittel  40-  bis  lOOmal  verdünater 
nimmt  als  die  zu  fällende  Auflösung,  und  nur  eine  verhältaifA* 
mäfsig  kleine  Menge  desselben  einer  grofsen  Quantität  der 
letztem  zufügt.  Als  Fällungsmittel  wurde  daher  zu  allen 
Versuchen  50  Grm.  einer  Flüssigkeit  angewandt,  welche  auf 
100  Grm.  Wasser  nur  0,400  Grm.  neutrales  kohlensaures  Na- 
tron enthielt. 

Um  die  durch  den  Zusatz  der  Natronflüssigkeit  gebildeten 
Carbonate  vollkommen  niedergeschlagen  zu  erhalten,  ist  es 
erforderlich ,  dafs  die  Auflösungen  vor  dem  eigentlichen  Ver- 
such mit  den  erwähnten  Carbonaten  des  Kalks  und  Baryts 
vollständig  gesättigt  werden.  Um  diefs  zu  bewerkstelligen, 
wurde  so  viel  kohlensaures  Natron  einer  Chlorcalcium-Barium- 
lösung  zugesetzt,  bis  eine  starke  Fällung  entstanden  war,  und 
das  Filtrat  von  der  letztern,  welches  so  viel  kohlensauren 
Kalk  and  kohlensauren  Baryt  zurückbehalten  hatte,  als  dasselbe 
auflösen  konnte,  zu  dem  eigentlichen  Versuch  verwandt. 
Diese  Methode  schliefst  sich  eng  an  das  von  mir  in  Bd.  LXXXV, 
S.  110  dieser  Annalen  beschriebene  Verfahren  an. 

Der  durch  das  kohlensaure  Natron  hervorgebrachte  Nie- 
derschlag wurde  nach  sorgfältigem  Auswaschen  mit  kohlen- 
säurefreiem Wasser  in  verdünnter  Salzsäure  gelöst,  der  Baryt 


240  Debus,  iAer  ehSiitehe  Verwmiisckafi. 

mH  Schwefelsäure  und  im  Filtrat  von  demselben  der  Iblk  mit 
Ammoniak  und  oxalsaurem  Ammoniak  niedergeschlagen. 

I.  Zur  Bereitung  der  Versuchsflüssigkeit  wurden  300  Grm. 
Wasser,  50  Grm.  Chlorbarium  und  13  Grm.  Chlorcalcium  ge- 
nommen. Die  Analyse  derselben  gab  auf  0,631  Grm.  schwe- 
felsauren Baryt  0,129  Grm.  kohlensauren  Kalk.  Diefs  ent- 
spricht dem  Yerhältnifs  : 

CaGl  :  BaCl  =  1  :  3,93. 

50  Grm.  der  kohlensauren  Natronflüssigkeit  mittelst  eines 
Tropfglases  in  die  bewegte  Auflösung  eingetropft  gaben  einen 
Niederschlag ,  der  kohlensauren  Kalk  und  nur  eine  Spur  koh- 
lensauren Baryt  enthielt. 

IL  Die  Yersuchslösung  wurde  aus  600  Grm.  Wasser, 
100  Grm.  Ghlorbarium  und  22  Grm.  Chlorcalcium  zusammen- 
gesetzt. Die  Analyse  derselben  gab  auf  1,145  Grm.  schwe- 
felsauren Baryt  0,179  Grm.  kohlensauren  Kalk.  Hieraus  das 
Yerhältnifs  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  5,16. 

Die  ganze  Auflösung  theilte  man  in  zwei  gleiche  Theile. 

Zu  dem  ersten  Theil  wurden  50  Grm.  der  kohlensauren 
Natronfiüssigkeit  mit  dem  Tropfglas  langsam  zugesetzt  und 
der  Niederschlag  nach  24  Stunden  abfiltrirt  und  analysirt. 
Derselbe  gab  0,046  Grm.  schwefelsauren  Baryt  und  0,178 
Grm.  kohlensauren  Kalk.  Hieraus  ergiebt  sich  das  Yerhältnifs, 
in  welchem  die  Chloride  durch  das  kohlensaure  Natron  zer- 
setzt wurden  : 

CaCl  :  BaCl  z=  1  :  0,20. 

Zu  dem  zweiten  Theil  wurden  50  Grm.  des  Fällungs- 
mittels auf  einmal  zugesetzt  und  der  entstandene  Niederschlag 
nach  24  Stunden  abfiltrirt.  Derselbe  gab  0,020  Grm.  schwe- 
felsauren Baryt  und  0,194  Grm.  kohlensauren  Kalk. 


Debus,  über  ckemiscKe  Verwandtschaft.  241 

Hieraus  berechnet  sich  Tür  das  Verhaltnirs  der  gefällten 
Chloride  : 

CaCl  :  BaCI  =  1  :  0,083. 

IIL  Die  Versuchsflüssigkeit  wurde  aus  300  Grm.  Wasser, 
50  Grm.  Chlorbarium  und  9  Grm.  Chlorcalcinm  bereitet  Die 
Analyse  derselben  gab  1,414  Grm.  schwefelsauren  Baryt  und 
0,196  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Diesen  Zahlen  entspricht  das  Verhältnifs  : 

GaCl  :  BaCl  =  1  :  5,7. 

50  Grm.  der  kohlensauren  Natronlösung  mit  einem  Tropf- 
glas  eingetropft ,  der  Niederschlag  nach  24  Stunden  abfiltrirt 
and  analysirt  gab  0,266.Grm.  schwefelsauren  Baryt  und  0,092 
Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Mithin  hat  man  ftbr  das  Verhältnifs  der  getällten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  2,32. 

IV.  Die  Versuchslösung  wurde  aus  600  Grm.  Wasser, 
100  Grm.  Chlorbarium  und  13  Grm.  Chlorcalcium  dargestellt. 
Eine  unbestimmte  Menge  derselben  gab  1,280  Grm.  schwefel- 
sauren Baryt  und  0,112  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Hieraus  ergiebt  sich  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  9,2. 

Diese  Flüssigkeit  wurde  in  zwei  gleiche  Theile  getheilt 
und  beide  in  derselben' Weise  durch  Eintropfen  der  kohlen- 
sauren Natronlösung  mit  dem  Tropfglas  gefällt.  Der  Nieder- 
schlag in  der  ersten  Portion  wurde  24  Stunden  nach  seiner 
Bildung  abfiltrirt  und  analysirt.  Derselbe  gab  0,291  Grm. 
schwefelsauren  Baryt  und  0,095  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Diese  Zahlen  geben  fär  das  Verhältnifs  der  durch  koh- 
lensauren Natron  zersetzten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  2,46. 

Der  Niederschlag  in  der  zweiten  Portion ,  welcher  drei 
Tage  nach  der  Fällung  abfiltrirt  wurde,  gab  0,291  Grm. 
schwefelsauren  Baryt  und  0,093  kohlensauren  Kalk. 

Annat.  d.  Chemie  a.  Pharm.  LXXXVII.  Bd.  8.  Hfl.  16 


343  Debus^  über  ehemücke  VenoanäiickafL 

Mithin  das  VerhiUnirs  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  2,51. 

Aus  diesen  beiden  Yersnchen  geht  hervor,  dafs  es  für 
das  Resultat  gleichgültig  ist,  ob  der  Niederschlag  ein  oder 
mehrere  Tage  mit  der  Mutterlauge  in  Berührung  gelassen  wird. 

V.  Die  zum  Versuch  dienende  Auflösung  wurde  aus 
600  Grm.  Wasser,  100  Grm.  Chlorbarium  und  10  Grm.  Chlor- 
calcium  bereitet.  Die  Analyse  derselben  gab  0,788  Grm. 
schwefelsauren  Baryt  und  0,052  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Hieraus  das  Verhältnirs  : 

Caa  :  BaCl  =  1  :  12,3. 

Zu  der  einen  Hälfte  dieser  Flüssigkeit  wurde  das  kohlen- 
saure Natron  mit  einem  Tropfglas  zugesetzt,  und  der  ent- 
standene Niederschlag  nach  24  Stunden  abfiltrirt.  Derselbe  gab 
0,327  Grm.  schwefelsauren  Baryt  und  0,095  Grm.  kohlen- 
sauren Kalk. 

Demnach  für  das  Verhältnifs  der  gerallten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  2,78. 

Zu  der  andern  Hälfte  wurde  die  ganze  Menge  des  Fäl- 
lungsmittels auf  einmal  zugesetzt  und  nach  eintägigem  Stehen 
filtrirt.  Der  Niederschlag  gab  0,089  Grm.  kohlensauren  Kalk 
und  0,284  Grm.  schwefelsauren  Kalk. 

Verhältnifs  der  zersetzten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCI  =  1  :  2,58. 

Aus  diesen  Zahlen,  sowie  aus  den  Versuchen  II  ergiebt 
sich,  dafs  man  unter  den  angeführten  Versuchsbedingungen 
unabhängig  von  der  mechanischen  Ausführung  der  Versuche 
ist,  d.  h.  es  ist  gleichgültig ,  ob  man  das  Fällungsmittel  lang- 
sam oder  schnell,  auf  einmal  oder  nur  in  kleinen  Quantitäten 
den  Auflösungen  zusetzt,  die  erhaltenen  Resultate  variiren 
wenig  mehr,  als  den  gewöhnlichen  Beobachtungsfehlem  ent- 
spricht.   Man  hat  : 


Debuiy  über  chemische  Vencandtschaft  243 

Versuch  11    Versuch  V 

CaQ  :  BaCl      CaCl  :  BaCl 

Kohlens.  Natronlösung  auf  einmal 
zugesetzt 1  :  0,08        1  :  2,58 

Kohlens.  Natronlösung  mit  einem 
Tropfglas  eingetropft   ....        1  :  0,20        1  :  2,78. 

Es  ist  schon  mehrmals  bemerkt  worden,  dafs  die  Auf- 
lösungen nach  der  Fällung  24  Stunden  stehen  gelassen  und 
dann  erst  filtrirt  wurden.  Der  so  erhaltene  Niederschlag  be- 
steht aber  aus  zwei  Theflen.  Eine  Portion  schlägt  sich  au- 
genblicklich nach  Zusatz  des  kohlensauren  Natrons  nieder, 
während  eine  andere,  jedoch  viel  kleinere  Menge  der  Carbonate 
erst  im  Laufe  von  12  Stunden  in  mikroscopischen  Krystallen 
an  den  Wänden  der  Gefäfse  abgesetzt  wird. 

In  den  folgenden  Versuchen  wurde  der  Niederschlag 
augenblicklich  nach  der  Fällung  abfiltrirt. 

VI.  Zur  Darstellung  der  Auflösung  wurden  300  Grm. 
Wasser,  50  Grm.  Chlorbarium  und  8|  Grm.  CUorcalcium 
angewandt.    Man  hat  : 

CaCl  :  foCl  =s  1  :  6,03. 
Der  durch  Eintropfen  von  50  Grm.  der  kohlensauren  Na- 
Ironlösung  erhaltene  Niederschlag  gab  0,339  Grm.   schwefel- 
sauren Baryt  und  0,090  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Folglich  flir  das  Verhältnifsder  gefällten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  3,05. 

VII.  Zur  Bereitung  der  Versnchslösung  wurden  600  Grm. 
Wasser,  100  Grm.  Chlorbarium  und  13  Grm.  Chlorcalcium 
genommen.  Dieselbe  gab  in  der  Analyse  auf  1,070  Grm. 
schwefelsauren  Baryt  0,094  Grm.  kohlensauren  Kalk.  Diefs 
entspricht  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  9,1. 
Zwei  gleiche  Theile  dieser  Auflösung  vnirden  durch  Ein- 
tropfen   gleicher  Volumina    der    kohlensauren  Natronlösung 

16» 


244  Debuii  Über  chemische  Vencandiichafi. 

gefttllt.    Der  Niederschlag  des  ersten  TheOs  gab  0,330  Gmi, 
schwefelsauren  Baryt  und  0,069  Gnn.  kohlensauren  Kalk. 
Diese  Daten  entsprechen  dem  Yerhältnifs  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  3,0. 

Der  Niederschlag  des  zweiten  Theils  gab  0,322  Gnn. 
schwefelsauren  Baryt  und  0,069  Gnn.  kohlensauren  Kalk. 
Yerhältnifs  der  zersetzten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  2,92. 

Vin.  Es  wurden  300  Grm.  Wasser,  50  Grm.  Chlorbarium 
und  4,4  Grm.  Chlorcalcium  zur  Bereitung  der  Versuchsflfissig- 
keit  genommen. 

In  derselben  verhielt  sich  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  13,7. 

Der  durch  Eintropfen  der  kohlensauren  Natronlösung  er- 
haltene Niederschlag  gab  0,368  Gnn.  schwefelsauren  Baryt 
und  0,073  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Demnach  fdr  das  Yerhältnifs  der  durch  das,  kohlensaure 
Natron  zersetzten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  4,04. 

IX.  Die  angewandte  Auflösung  wurde  aus  300  Grm.  Wasser, 
50  Grm.  Chlorbarium  und  4  Grm.  Chlorcalcium  bereitet.  Die 
Analyse  derselben  gab  auf  2,003  Grm.  schwefelsauren  Baryt 
0,106  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Diese  Daten  entsprechen  dem  Yerhältnifs  : 

CaCl  :  BaCl  =:  1  :  15,0. 

Der  durch  Eintropfen  der  kohlensauren  Natronlösung  er- 
haltene Niederschlag  gab  0,378  Grm.  schwefelsauren  Baryt 
und  0,061  Grm.  kohlensauren  Kalk. 

Yerhältnifs  der  zersetzten  Chloride  : 

CaCl  :  BaCl  =  1  :  3,83. 


II. 


Debusy  über  chemische  VerwandUchafL  245 

Bezeichnen  wir  das  Yerhältnifs  des  Chlorcalciums  zum 

Chlorbarium  in  der  Versuchsflüssigkeit  mit  «(^■^-^=«\ 

und  das  VerhältniTs,  in  welcl^m  die  genannten  Chloride  durch 

das  kohlensaure  Natron  zersetzt  werden  mit  /*(  ■^^=  ß\ 

dann  bekommen  wir  die  folgende  Uebersicht  der  oben  gefun- 
denen Resultate. 

A.  Der  Niederschlag  24  Stunden  nach  seiner  Bildung 

abfiltrirt  : 

a  ß 

I.  3,93  0 

5,46  0,20] 

,  0,08( 

in.  5,7  2,33 

,y         )  9,2  2,46, 

*^-        I  9,2  2,51 

112,3  2,58| 

12,3  2,781 

B.  Der  Niederschlag  gleich  nach  seiner  Bildung  abfiltrirt : 

VI.  6,03  3,05 

VIL        I  *'*  3,0 

^"'        \  9,1  2,921 

YUI.         13,7  4,04 

IX.         15,0  3,83. 

Wenn  in  einer  Auflösung  von  der  oben  angegebenen  Be- 
schaffenheit die  Menge  des  Chlorbariums  fünfmal  gröfser  als 
die  des  Chlorcalciums  ist,  dann  wird  durch  kohlensaures  Na- 
tron fast  kein  kohlensaurer  Baryt  geftDt.  Ist  die  Quantität 
der  Barytverbindung  5,7mal  gröfser  als  die  des  entsprechen- 
den Kalksalzes,  dann  werden  auf  einen  Theil  des  letzteren 
2,3  TheOe  der  ersteren  niedergesdilagen.  Es  scheint  also 
zwischen  den  beiden  ganz  nahe  liegenden  Verhältnissen 
1  :  5,1  und  1  :  5,7  eine  Grenze  zu  geben,  wo  ein  plötzlicher 
Wechsel  in  den  betreffende  Affinitäten  stattfindet.    Wächst  a 


V. 


246  DehuSf  über  chemische  VerwandUdiaft. 

Yon  5,7  bis  12,3,  dann  sieigt  der  Werth  von  ß  yon  2,3  auf 
2,78 ,  also  so  wenig ,  dafs  man  sich  zn  der  Ansicht  hingeneigt 
füllt,  dafs  man  es  hier  mit  einem  constanten  Yerwandtschafts- 
verhfiltnils  zu  thun  hat,  weichen  bd  iigend  einer  Grenze  in 
em  anderes  überbringt ,  und  da£s .  die  Abweichungen  yon 
demselben  in  störenden  Einflüssen  zu  suchen  sind.  Man 
wird  in  dieser  Ansicht  bestärkt,  wenn  man  sich  zu  der  zweiten 
Versuchsreihe  wendet. 

In  VI  ist  das  Verhältnifs  des  Ghlorcaiciums  zum  Chlor- 
barium gleich  1 :  6,03,  in  VII  =  1  :  9,1  und  in  beiden  Fällen 
wurde  auf  einen  Theil  Chlorcalcium  3,0  Theile  Chlorbarium 
durch  das  kohlensaure  Natron  gefällt;  die  zu  VIII  und  IX  an- 
gewandten Lösungen  ergaben  bei  einer  verschiedenen  Zusam- 
mensetzung fast  dasselbe  Verhältnifs  zwischen  den  durch 
das  kohlensaure  Alkali  zersetzten  Chloriden. 

In  der  zweiten  Versuchsreihe,  wo  die  Niederschläge 
gleich  nach  Zusatz  des  Fällungsmittels  hervorgebracht  und  ab- 
filtrirt  wurden,  wo  also  die  Büdung  und  Abscheidung  des 
kohlensauren  Kalks  und  Baryts  gleichsam  in  demselben  Mo- 
ment erfolgte,  stehen  die  letzteren  in  einem  einfachen  stö- 
chiometrischen  Verhältnifs. 

Durch  kohlensaures  Natron  wurden  gefällt  : 

Berechne! 

rAt.CaCl:liÄt.Baä 
VI.  1  :  2,80 


VII  W'  2'®^ 

^"-  1  :  2,80 


2,80 

lAt.  CaCl:  2AtBaCi 
VIII.  1  :  3,74  .  1  :  4,04 

IX.  1  :  3,74  1  :  3,83. 

Das  neulich  von  Bunsen  aufgestellte  schöne  Gesetz*), 

dafs   wenn   einem   Körper  A   gleichzeitig   mehrere   andere» 


«)  Dieie  Annaleii  LXXXV,  13a 


Debui^  über  chemi$eke  VerwanäUchaft,  247 

Körper  B ,  B^ ,  B^'  etc.  zur  Verbindung-  dargeboten  werden, 
dafe  sidi  dann  dar  Körper  A  von  B,  B',  B''  etc.  solche  Men- 
gen  auswählt,     dals    die    neu   entstandenen   Verbindungen 

CA  +  B},  (A  +  BO,  (A  +  B'O in  einem  einfacben 

AtoneBTerhifltnirs  zu  einander  stehen  etc.,  beherrscht  also, 
wie  die  obigen  Versuche  darthun,  auch  die  durch  doppelte 
WaUverwandtschaft  in  FHissigkeiten  hervorgerufenen  Erschei- 
nungen. Es  wird  entweder  nur  kohlensaurer  Kalk  gefUlt, 
eder  kohlensanrer  Kalk  und  kohlensaurer  Baryt  in  einem  ein- 
fachen AtomenverhiQtmfs.  In  wie  weit  diefs  von  der  Mischung 
der  Versuchsflüssigkeiten  abhängt,  zeigt  die  obige  Tafel. 

Läfst  man  die  Auflösungen  nach  der  Fällung  mehrere 
Stunden  stehen,  dann  wird  nach  und  nach  eine  kleine  Menge 
kohlensanrer  Kalk  und  kohlensaurer  Baryt  niedergeschlagen. 
So  lange  die  beiden  letzteren  aufgelöst  sind,  stehen  dieselben 
in  einem  bestimmten  Atomenverhältnifs  zu  einander.  Setzt 
sidi  nun  der  kohlensaure  Kalk  schneller  ab,  als  der  kohlen- 
saure Baryt,  dann  wird  diefs  Verhältnifs  geändert,  der  noch 
aufgelöste  kohlensaure  Baryt  kann  auf  das  Chlorcalcium  wir- 
ken ,  kohlensauren  Kalk  erzeugen,  um  das  frühere  Verwandt- 
schaftsverhältnifs  wieder  herzustellen,  und  so  wird  dann  die 
einfache  stöchiometrische  Beziehung  zwischen  den  Bestand- 
theilen  des  anfänglichen  Niederschlags  aufgehoben.  Dieser 
schon  von  Bunsen  erwähnte  Umstand  erklärt  die  Differenzen 
zwischen  den  Besullaten  der  ersten  und  zweiten  Versuchs- 
reihe. 

Wenn  die  erwähnten  Niederschläge  Doppelsalze  von  koh- 
lensaurem Kalk  und  Baryt  darstellen,  dann  ist  es  bemerkens- 
wertb,  dafs  in  denselben  die  gewöhnlichen  Verbindungsver- 
hältnisse der  kohlensauren  Salze  gänzlich  übersprungen  sind. 
Die  Carbonate  der  starkem  Basen  vereinigen  sich  nämlich 
vorzugsweise  zu  gleichen  Atomen ;  so  ist  z.  B.  der  sogenannte 
Baryto-</alcit  nach  der  Formel  BaO,  COt  +  CaO,  CO«  zu- 


248        WandeslebeHf  chemUAe  üniersuekimg  der 

sammengßsetzt.  In  den  hier  beschriebenen  Versuchen  wird 
dagegen  durch  das  kohlensaure  Natron  entweder  nur  Kalk 
und  kein  kohlensaurer  Baryt,  oder  ein  Atom  kohlensaurer 
Kalk  mit  ein  und  einem. halben  Atom  kohlensaurem  Baryt,  oder 
ein  Atom  kohlensaurer  Kalk  mit  swei  Atomen  kohlaisaurem 
Baryt  gefallt.  In  meinen  früheren  Arbeiten  über  Verwandt- 
schaft, wo  ich  Kohlensäurewasser  auf  eine  Lösung  von  Baryt- 
und  Kalkhydrat  einwirken  liefs,  standen  die  Mengen  der  ge- 
fidlten  Carbonate  in  keiner  einfachen  stöchiometrischen  Be- 
ziehung zu  einander.  Meine  Versuchsmethode  giebt  aber  im 
Sinne  des  Bunsen 'sehen  Gesetzes  nur  dann  scharfe  Re- 
sultate, wenn  das  Fällungsmittel  vielmal  verdünnter  als  die 
zu  fällende  Flüssigkeit  und  nur  soviel  davon  genommen  wird, 
dafs  das  Gewichtsverhältnifs  der  BestandtheOe  der  Versuchs-* 
lösung  nicht  wesentlich  geändert  wird.  Die  Schwerlöslichkeit 
des  Baryt-  und  Kalkhydrats  in  Wasser  erlaubte  es  nicht,  diese 
Bedingungen  scharf  einzuhalten,  und  daher  weichen  die  dort 
gefundenen  Resultate  mehr  oder  weniger  von  Bunsen's 
Gesetze  ab. 


Chemische  Untersuchung  der  Mineralquelle  zu 
Langenbrücken  im  Grofsherzogthum  Baden; 

von  F.  Wandesieben. 

(Von  Hrn.  Prof.  Weltcien  mitgetheilt.) 


Aus  dem  Liasschieferlager ,  das,  reichlich  Schwefelkies 
und  Bitumen  enthaltend,  in  dem  den  Uebergang  vom  Schwarz- 
wald zum  Odenwald  bildenden  Hügelland^  zwischen  Bruchsal 
und  Wiesloch  östlich  der  Bergstrafse  entlang  sich  erstreckt, 
kommen  an  verschiedenen  Stellen  kalte  Schwefelquellen  zu 
Tage,  unter  denen  an  Menge  des  hervorquellenden  Wassers, 


Mineralquelle  w  Langenbr&eken.  249 

wie  auch  an  Gehalt  der  heilkraftigen  Stoffe,  diejenigen  die 
ausgezeichnetsten  sind,  welche  südöstlich  von  Langenbrücken 
hervortreten  und  die  Badeanstalt  speisen. 

Die  Quellen  waren  seit  lange  bekannt ,  nnd  der  Besuch 
dersdben,  ihres  auffallenden  Erfolges  in'verschiedenen  Krank- 
heiten wegen,  stets  ein  sehr  frequenter. 

Die  Badanlagen  selbst  liegen  in  einem  von  Ost  nach 
West  gerichteten  Thalgrunde,  und  sind  umgeben  von  ange- 
nehmen Gartenanlagen  und  Spaziergängen;  dabei  sind  die 
klimatischen  Verhältnisse  die  günstigsten,  die  Temperatur  ist 
regelmäfsig  milde,  nicht  geneigt  zu  schnellem  Wechseln* 
Von  14  im  Bereiche  der  Badanstalt  etwa  100  Schritte  von 
einander  entfernt  entspringenden  Schwefelquellen  sind  die 
drei  wichtigsten  : 

Der  Kurhrunnen ,  von  welchem  fast  nur  allein  getrunken 
wird,  und  dessen  Wasser  zu  nachstehender  Analyse  diente; 
die  Gasquelle,  welche  das  Wasser  zu  Schwefelwasserstoff- 
Binathmungen  liefert,  und  die  Springquelle,  der  erste  arte- 
sische Brunnen  im  Badischen,  120  Fufs  tief,  dessen  Wasser 
hauptsächlich  zur  Bereitung  der  Bäder  benutzt  wird. 

Eine  chemische  Uutersuchung  des  Kurbrunnens  wurde 
bereits  vor  einem  Vierteljahrhundert  von  Geiger  vorge- 
nommen  und  veröffentlicht;  da  aber  seit  jener  Zeit  mancherlei 
Veränderungen,  namentlich  zweckmäfsigere  Fassungen  der 
Ouelle  vorgekommen  sind,  so  war  eine  neue  Analyse  Bedürf- 
iiifs,  und  wurde  vielfach  gewünscht. 

Mein  verehrter  Lehrer,  Herr  Prof.  Dr.  Weltzien,  hatte 
die  Güte,  mir  die  Ausführung  einer  solchen  zu  übertragen, 
und  folgen  nachstehend  die  gefundenen  Resultate,  die  theils 
in  dem  chemischen  Laboratorium  der  polytechnischen  Schule 
in  Karlsruhe,  theils  an  der  Quelle  selbst  erhalten  wurden. 

Das  Schwefelwasser  des  Kurbrunnens  hatte  am  10.  und 
11.  Aprfl  d.  J.  eine  constante  Temperatur  von  +  8^,5  C.  bei 


850        Wandeiteben,  ckemüche  Uniermehung  der 

zwischen  «f  5^  bis  10^  schwankender  Lufttemperator.    Das 
apec.  Gewicht  des  Wassers  beträgt  1,00152  bei  14»  C. 

Das  Wasser  ist  frisch  von  der  Qaelle  genommen  kry- 
stallheB,  perlend ;  an  der  Luft  stehend  wird  es  trübe,  milchig 
von  sich  abscheidendem  Schwefel;  es  reagirt  seiner  freien 
Kohlensäure  wegen  schwach  sauer. 

Seine  hervorragendste  Eigenschaft  ist  der  starke  Ge- 
ruch nach  Schwefelwasserstoff,  dessen  Daseyn  unstreitig  durch 
die  Einwirkung  des  Bitumens  auf  den  Schwefelkies  bedingt 
wird.  Bei  der  qualitativen  Untersuchung  ergaben  sich  fol- 
gende Bestandtheile  : 

KaU,  Natron,  Magnesia,  Thonerde,  Eisen,  Mangan  (Spu- 
ren), Hydrothionsäure,  Kohlensäure,  Schwefelsäure,  Kiesel- 
säure, Chlor. 

QuantUaUce  Atudyse. 

BBstimmung  des  GesammtquaniumM  der  fkoen  Besiandäieäe. 
—  Eine  bestimmte  Quantität  Wasser  wurde  in  einer  tarirten 
Platinschale  über  dem  Wasserbade  zur  Trockne  verdampft, 
und  beträgt  die  Menge  der  fixen  Bestandtheile  in  einem  Liter 
Wasser  =  0,540  Gnn. 

Der  Gang  der  quantitativen  Analyse  zerfiiel  im  Allge- 
meinen in  die  Bestimmung  des  durch  Kochen  einer  bestimm- 
ten  Quantität  Wasser  entstehenden  Niederschlags,  so  wie  der 
in  der  abfiltrirten  Flüssigkeit  enthaltenen  Bestandtheile  : 

12  Liter  Wasser  von  dem  Kurbrunnen  wurden  bis  auf 
ein  Minimum  vorsichtig  abgedampft,  auf  ein  gewogenes  Filter 
gebracht,  der  Niederschlag  mit  ausgekochtem  destillirtem  Wasser 
ausgewaschen,  und  im  Luftbade  bei  125^  G.  getrocknet;  er 
betrug  4,634  Grm. 

In  verdünnter  kalter  Sabsäure  gelöst,  wurde  der  darin 
unlösliche  CaO  +  SO*  mit  kochender  Salzsäure  behandelt, 
und  dann  nach  einander  daraus  die  SO*  und  der  CaO  nach 
der  bekannten  Methode  bestimmt. 


Mmeralqueite  zu  LangenbrUcken.  251 

Die  Menge  des  gefundeneii  CaO  +  SO'  beträgt  0,199. 
In  der  nit  etwas  NO*  versetzten  Lösung  ward  das  FeH)*  mit 
HW  niedergeschlagen,  schnell  filtrirt,  in  dem  Filtrate  unter 
ZusatE  von  Sahniak  mit  oxalsaurem  Ammoniak  die  Kalkerde 
gefilllt,  so  wie  das  davon  erhaltene  Filtrat  mit  phosphoraaureni 
Natron-Ammoniak  versetzt,  um  die  Magnesia  zu  fallen. 

Die  erhaltenen  Resultate  waren  : 

FeH)«       =  0,164       Fe*0«  0,164 
CaO+CO*  =  3,958  =  CaO     2,216 
2  MgO+PO»=  0,912  =  MgO    0,193. 

Im  Filtrate  von  dem  durch  Kochen  des  Wassers  ausge- 
schiedenen Niederschlage  wurde  durch  Abdampfen  zur  Trockne 
die  Kieselsäure  erhalten.    Ihr  Gewicht  betrug  =  0,157  SiO'. 

In  der  Lösung  ward  die  Thonerde  vorsichtig  mit  H'N 
gefallt.    Ihr  Gewicht  war  =  0,014  Al^O». 

Das  Filtrat  eingedampft  und  geglüht,  die  geglühten  Al- 
kalien gelöst,  und  daraus  das  Kali  als  KCl  -f  PtCl^  ausge- 
schieden.   Die  gefundenen  Mengen  waren  : 

KO     =  0,120 

NaO  =  0,239. 

Die  Bestimmung  der  SO'  und  des  Cl  wurden  in  [beson- 
deren Wassermengen  gemacht. 

Sie  betrugen  :  SO»  =  0,816 

Cl     =  0,084. 

Als  Controlle  der  Analyse  im  Ganzen  wurden  die  fixen 
Bestandtheile  durch  Abdampfen  des  Wassers  direct  bestimmt, 
und  die  Quantität  des  direct  gefundenen  Gewichtes  mit  der 
Summe  der  durch  vorstehende  Analyse  gefundenen  fixen 
Bestandtheile  verglichen. 

Das  Hauptmoment  der  Untersuchung  bildete  jedenfalls  die 
Bestimmung  des  SchwefelwasserstoffSs  und  der  Kohlensiure. 


253        Wandeileben,  chemUche  üniersuehmg  der 

Sie  wurden  an  der  Quelle  selbst  vorgenommen.  Die  Be- 
stimmung des  Schwefelwasserstoffs  wurde  nach  der  von  Du- 
pasquier  empfohlenen  Methode  für  Sulphhydrometrie  mit 
Jod  gemacht;  woniach  eine  weingeistige  Jodlösung  von  be- 
stimmtem Jodgehalte  und  Volumen  in  schwefelwasserstoff- 
haltiges  Wass^  gebracht  Jodwasserstoff  bildet ,  Schwefel  aus- 
scheidet, und  ein  Ueberschufs  von  Jodlösung  leicht  durch 
Stärfcmehlkleister  erkannt  wird.  Die  Bestimmung  wurde  un- 
term 9. ,  10.  und  11.  April  d.  J.  zu  verschiedenen  Tageszeiten 
und  unter  Beobachtung  der  Aufsentemperator  häufig  wieder- 
holt und  immer  constant  gefunden. 

Das  Gewicht  des  Schwefelwasserstoffs  beträgt  in  einem 
Liter  0,0068  Grm.  =  3,596  GG.  Schwefelwasserstoffgas. 

Die  Kohlensäurebestimmung  wurde  mit  BaGl  und  H'N  ge- 
macht, der  Niederschlag  von  BaO  +  GO*  und  BaO  +  SO* 
geglüht,  gewogen,  und  die  früher  bestimmte  Menge  SO*  von 
BaO  +  GO*  abgezogen. 

Die  Kohlensäuremenge  in  einem  Liter  Wasser  ist  ss 
1,519  Grm.  GO*. 

Beitknmmg  der  freien  Kohlensäure,  —  Die  Gesammtmenge 
der  Kohlensäure  in  1000  TheOen  Wasser  beträgt        1,5190 
Gebundene  Kohlensäure  : 

1}  an  Kalkerde  .    .    .    0,1217 

2)  an  Magnesia      .    .    0,0195 

3)  an  Eisenoxydul .    .    0,0037 

In  Summa 0,1449 

Es  enthalten  demnach  1000  Theile  Wasser 

freie  Kohlensäure 1,3741. 

Diese  1,3741  Gewichtstheile  freie  Kohlensäure  entsprechen 
(1  TheO  =  1  Grm.  angenommen}  bei  +  8^,5  G.,  der  Tem- 
peratur des  Wassers,  724,299  Gubikcentimetem. 

Zueammensidbmg.  —  1000  Gewichtstheile  Mineralwasser 
enthalten  : 


MmeralqueBe  tu  I/mjfenbrüekm.  253 


A.    Fixe  Bestandlheile. 

Chlor -Natrium 0,0109 

Schwefelsaures  Kali   ....    0,0201 
Schwefelsaures  Natron 
Schwefelsauren  Kalk  . 
Kohlensauren  Kalk     . 
Kohlensaure  Magnesia 
Kohlensaures  Eisenoxydul 

Thonerde  

Kieselsäure  .... 
Manganoxydul   .    .    . 


0,0317 
0,0783 
0,2774 
0,0355 
0,0098 
0,0012 
0,0131 
Spuren. 


B.    Flüchtige  Bestandtheile. 

Schwefelwasserstoff    ....    0,0068 
Freie  Kohlensäure     ....    1,3741. 

Diese  entsprechen  in  gasförmigem  Zustande  (1  Theil  ss 

1  Grm.  angenommen}  : 

Schwefelwasserstoff  .    .         3,598  CC. 
Kohlensäure    ....      724,299  CC. 

Zur  Bestimmung  seltener  vorkommender  Körper  in  Mi- 
neralwässern wurden  an  der  Quelle  selbst  gröfsere  Mengen 
Wasser  eingeengt. 

Reactionen  auf  Jod  und  Brom  lieferten  negative  Resultate, 
dagegen  wurden  zwei  ebenfalls  seltenere  Körper  nachgewiesen 
and  auch  quantitativ  bestimmt. 

Es  sind  diefs  Arsen  und  Lithion. 

In  einem  Wasservolumen  von  80  Maas  bad. ,  das  auf  ein 
Minimum  eingedampft  worden,  wurde  das  Arsen  als  Schwefel- 
Arsen  gefällt,  in  Königswasser  gelöst,  die  Arsensäure  als 
arsensaures  Magnesia-Ammoniak  gefällt,  und  daraus  das  metal- 
lische Arsen  berec)inet. 

Es  wurde  gefunden  0,025  (2  MgO  +  AsOO  =  0,012  As. 
Die  vom  Niederschlage  abfiltrirte  Flüssigkeit  ward  mit  BaO+HO 
im  Ueberschufs  bei  Gegenwart  von  freiem  H*N  versetzt,  der 
überschüssige  BaO  +  HO  mit  H«NO  +  CO«  gefällt ,  filtrirt, 
wodurch  alle  Körper,  die  nicht  in  die  Gruppe  der  Alkalien 
gehören,  entfernt  wurden. 


254  BoUetfy  Über  die  Anafyie  der 

Mit  HCl  versetzt  wurde  die  Lösung  in  einer  Platinschale 
geglüht,  um  alle  Ammoniaksalze  zu  verjagen,  der  geglühte 
Rückstand  in  Wasser  gelöst,  das  KCl  mit  PtCl>  alsKCl+PtCl« 
entfernt,  das  überschüssige  PlCl»  mit  H«NO  +  CO*  durch  Glü- 
hen reducirt,  der  Rückstand  mit  ätherhattigem  Weingeist  aus- 
gewaschen, das  darin  gelöste  LiCl  geglüht  und  gewogen. 

Die  Menge  desselben  betrug  :  0,330  LiCI. 


üeber  die  Analyse  der  schwer  zerlegbaren  Cyan- 

verbindungen ; 
von   Dr.   P.   Bolley. 


Es  ist  bekannt,  dafs  viele  Doppelverbindungen  des  Cyans, 
namentlich  die  des  Cyanzinks,Xyaneisens,  Cyanmangans,  Cyan- 
nickels  und  Cyankobalts  sehr  schwer  zu  zersetzen  sind.  Wer 

i'e  Zerlegungen  solcher  Körper,  sey  es  mit  concentrirter  Schwe- 
elsäure,  oder  Königswasser,  oder  durch  Erhitzung  bei  Luft- 
zutritt vorgenommen  hat,  konnte  sich  überzeugen,  dafs  alle 
diese  Methoden  in  Bezug  auf  Schnelligkeit  und  Leichtigkeit 
der  Ausführung  Vieles  zu  wünschen  übrig  lassen ,  des  Vor- 
schlags der  Zersetzung  mit  Quecksilberoxyd  nicht  zu  gedenken, 
weü  dieser  Methode  es  an  auch  nur  annähernder  Genauigkeit 
gebricht. 

Ich  habe  gefunden,  dafs  das  Zersetzungsverfahren,  das  ich 
in  Kürze  hier  angeben  will,  äufserst  einfach,  fördernd  und  so 
genau  ist,  als  man  nur  immer  wünschen  kann.  Es  beruht  auf 
dem  Verhalten  der  Cyanmetalle  zu  Ammoniumoxydverbindungen 
in  der  Hitze.  Der  Vorgang  dabei  ist  :  dafs  sich  Cyanammo* 
nium  bildet,  das  sich  verflüchtigt  und  sich  dabei  zum  Theil 
zersetzt,  und  dafs  die  Basen  der  Cyanverbindung  mit  der 
Säure  der  Ammoniumverbindung  vereinigt  zurückbleiben. 

Unter  den  Ammoniumsalzen  habe  ich  zuerst  den  Salmiak 
angewendet,  bei  demselben  aber  gefunden,  dafs  er  defshalb 
nicht  ganz  zweckmäfsig  ist,  weil  er  die  Bildung  von  Chloriden 
veranlafst,  die  bei  der  zur  Zersetzung  erforderlichen  Tem^ 
peratur  zuweilen,  wenn  auch  nur  zum  kleineren  Theil,  selbst 
wieder  zerfallen.  Diefs  ist  z.  B.  beim  Eisencyanid  der  Fall, 
wo  das  gebildete  Eisenchlorid  nicht  selten  beigemengtes  Eisen- 
oxyd enthält,  das  aus  dem  Chlorid  durch  Hitze  entstanden,  und 


9chwer  %erleghat$n  Cyanverbmthmgen, 

debhalb  em  unbeliebtes  Product  ist,  weil  es  sich  schwer  in 
Sinren  löst.  Zudem  ist  die  reducirende  Wirkung  des  Salmiaks 
eine  in  dieser  Anwendung  nicht  günstige. 

Dagegen  zeigte  sich  mir  das  schwefelsaure  Ammonium- 
oxyd und  namentlich  ein  inniges  Gemenge  von  drei  Theilen 
desselben  mit  1  Theil  salpetersaurem  Ammoniumoxyd  als  voll- 
kommen entsprechend. 

Ich  zerreibe  die  vorher  gewogene  Menge  der  in  Unter- 
sQchunff  zu  nehmenden  Cyanverbindung  mit  der  drei-  bis 
vierfachen  Menge  des  genannten  Salzgemisches  in  emer  Por- 
cellanreibschale,  bringe  das  Pulver  mittelst  eines  Glanzpapiers 
in  eine  kleine  tubulirte  böhmische  Retorte ,  spüle  den  Mörser 
mit  etwas  Ammoniumsalzpulver  nach  und  giefse  auch  dieses 
in  die  Retorte.  Den  Hals  derselben  schiebe  ich  in  eine  pas- 
sende langhalsige  Vorlage  ohne  weitere  Dichtung.  Eine  ge- 
wöhnliche Weingeistlampe  reicht  vollkommen  hin,  um  in  we- 
nigen Minuten,  während  welcher  man,  am  Hals  der  Vorlage 
anfassend,  den  Retortenbauch  Über  die  Flamme  hält,  die  Zer- 
setzung vollkommen  zu  bewerkstelligen.  Die  Vorlage  ist  za 
empfehlen,  weil  mit  dem  Cyanammonhim  und  dessen  Zer- 
setzungsproducten  zuweilen  fnicht  immer}  kleine  Spuren  des 
Metalls  mit  übergerissen  werden,  das  einen  der  mit  Cyan  ver- 
bunden gewesenen  Bestandtheile  ausmachte.  Die  in  der  Vorlage 
verdichtete  Flüssigkeit  wird  in  einer  Porcellanschale  abgedampft 
(wenn  man  will  zur  Verflüchtigung  der  Ammoniumverbindun- 
gen erhitzt}  und  der  Rückstand  mit  etwas  Salpetersäure  zer- 
setzt In  die  Retorte  wird  destillirtes  Wasser  gegeben  und 
deren  Inhalt  in  ein  Glas  ausgespült,  die  Retorte  ausgewa- 
schen und  der  Flüssigkeit  Wasser  (oder,  wenn  nöthig,  etwas 
Salpetersäure}  zugesetzt,  bis  man  eine  klare  Lösung  erhält, 
zu  welcher  man  den  Inhalt  der  Porcellanschale  hinzufügt.  In 
dieser  Flüssigkeit  wird  die  Bestimmung  der  Metalle,  die  sich 
als  schwefelsaure  Salze  darin  finden,  auf  die  gewöhnUche  Weise 
vorgenommen. 

Solche  Zersetzungen  gehen  so  vollständig  vor  sich,  dafs 
ich  in  der  Retorte  nie  eine  Spur  von  Blausäure  entdecken 
konnte,  und  die  dazu  nöthige  Hitze  ist  so  gering,  dafs  nicht 
die  geringste  Gefahr  für  das  Gelingen  des  Versuchs,  weil 
etwa  die  Retorte  springen  könnte,  vorhanden  ist.  Ich  habe 
die  nämliche  Retorte  zu  wenigstens  15  Versuchen  gebraucht. 
Wenn  die  Mischung  möglichst  vollständig  geschehen  ist,  so 
findet  bei  dem  genannten  Verhältnifs  von  salpetersaurem 
Ammoniumoxyd  nur  ein  Verglimmen,  höchstens  eine  Reihe 
sehr  unbedeutender  Verpuffungen  statt  (namentlich  bei  Ber- 
linerblau}, die  indefs  gefahrlos  sind  und  das  Resultat  des  Ver- 
suches nicht  beeinträchtigen.     In  mehreren  Ferrocyan-  und 


256  PffrogaOmiäitre  im  Hobeuig. 

FerridcyaiiTerbmdoiigen,  die  ick  in  Parallelversudien  auf  diese 
Weise  zerlegte,  habe  ich  das  Eisen  und  Kali  genau  ttberein- 
stimmend  bestinunt. 


PyrogallussSure  im  Holzessig. 

Professor  Pettenkofer  hat  die  Beobachtung  gemacht, 
dafs  der  etwas  eisenhaltige  Holzessig  aus  dem  Condensations- 
apparate  der  Holzleuchtgasanstalten  an  der  Luft  eine  grüne 
Farbe  annimmt,  die  durch  Zusatz  eines  Eisehoxydsalzes  noch 
erhöht  wird.  Giefst  man  von  diesem  eisenhaltigen  Holzessig 
einige  Tropfen  in  1  oder  2  Quart  kalkhaltigen  Brunnenwassers 
(es  mufs  so  viel  kohlensauren  Kalk  enthalten ,  dafs  die  freie 
Säure  nentralisirt  wird),  so  förbt  sich  nach  einigen  Minuten 
die  Flüssigkeit  blau ,  welche  Farbe  sich  auf  Zusatz  von  Am- 
moniak in  Violettroth  umwandelt.  Der  mit  etwas  Eisenoxydsalz 
versetzte  Holzessig  giebt  mit  Ammoniak  eine  tiefviolettrothe 
Flüssigkeit.  Die  Substanz,  welcher  diese  Farbenreactionen  an- 
gehören, ist  in  neutralen  Lösungen  durch  essigsaures  Blei 
Mbar.  Hr.  August  Pauli,  Assistent  bei  Prof.  Pettenkofer, 
hat  auf  dessen  Veranlassung  und  unter  dessen  Leitung  eine 
Untersuchung  unternommen,  und  es  ist  ihm  gelungen,  den 
fraglichen  Körper  zu  isoliren.  Derselbe  ist  weifs,  krystallisirt 
in  feinen  Nadeln,  ist  sehr  leichtlöslich  in  Wasser,  Weingeist 
und  Aether,  reagirt  sehr  schwach  sauer,  reducirt  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  mit  gröfster  Leichtigkeit  Silbersalze;  auf 
dem  Platinbleche  erhitzt  schmilzt  er,  verbreitet  unter  theil- 
weiser  Sublimation  den  Geruch  nach  frisch  sublimirter  Pyro- 
gallussäure  und  gesteht  beim  Abkühlen  wieder  zu  einer  kry- 
stallinisch  strahligen  Masse;  er  verbrennt  mit  stark  leuchtender 
Flamme  und  bietet  auch  im  Uebrigen  aUe  Reactionen  der 
Pyrogallussäure  dar.  Hr.  Pauli  wird  die  Darstellung  und 
Analyse  dieses  merkwürdigen  Bestandtheiles  des  Holzessigs 
in  Bälde  in  diesen  Annalen  veröffentlichen.  Bei  der  groi[sen 
Bedeutung  der  Pyrogallussäure  für  die  Photographie  ist  diese 
neue  Ouelle  dafür  (roher  Holzessig  enthält  etwa  2  pC.  davon} 
von  gröfstem  Interesse.  Aus  der  näheren  Untersuchung  wird 
sich  auch  ergeben,  dafs  der  Gehalt  des  Holzessigs  an  Pyi^o- 
gallussäure  die  Ursache  ist,  warum  bisher  in  der  Färberei  die 
Beize  mit  holzessigsaurem  Eisen  nicht  durch  gewöhnliches 
essigsaures  Eisen  ersetzt  werden  konnte. 

J.  L. 


Aiuge^eben  den  20.  Aogust  f853. 


ANNALEN 

DER 


CHEMIE  vm  PHAßMACIE. 


I 


LXXXVn.  Bandes  dritten  Heft. 


Zur  Yolumetrischen  Bestimmung  der  Mangan* 

verbindungen ; 

von  Gnslae  Krieger. 


Gewöhnlich  pflegt  man  bei  quantitativen  Analysen  die 
Bestandtheile  der  zu  untersuchenden  Substanzen  dadurch  von 
einander  zu  trennen,  dafs  man  ihr  Verhalten  gegen  ver- 
schiedene Reagentien  benutzt,  um  sie  in  einer  gewis- 
sen Reihenfolge,  die  sich  nach  den  zu  trennenden  Stoffen 
richtet,  in  unlösliche  Verbindungen  zu  verwandeln  und 
aus  dem  Gewichte  dieser  das  Gewicht  der  in  der  zu 
untersuchenden  Substanz  enthaltenen  BesCanfltheile  zu  be- 
rechnen. '' 

Wo  sich  jedoch  die  einzelnen  Bestandtheile  einer  Ver- 
bindung nur  schwer  und  unvollständig  von  einander  trennen 
lass^i  und  wo  es  gar  nicht  auf  eine  wirkliche  Scheidung, 
sondern  nur  darauf  abgesehen  ist,  das  relative  Verhältnifs 
der  einzelnen  Bestandtheile  zu  einander  zu  bestimmen,  wendet 
man  eine  andere  Methode  an.  Man  wägt  nämlich  eine 
bestimmte  Menge  der  zu  untersuchenden  Substanz  ab,  ver- 
wandelt sie  in  Verbindungen  oder  Zersetzungsproducte  von 
bdiannter  Zusammensetzung  und  berechnet  mit  Hülfe  des 
Aequivalentengesetzes  aus  dem  ursprünglichen  Gewichte 
und  dem  spätem   Gewichte  jener  Verbindungen  oder  Zer- 

Auuü.  d.  Chem.  a.  Pbann.  LXXZVil.  Bd.  3.  Heft.  17 


258  Krieger f  vur  vchMeiriicken  Bestimmung 

setzangsproducte  das  relative  VerhältniTs  der  Bestandtheile 
selbst 

Analysen  der  letzteren  Art  nennt  man  indirecte,  im  Ge- 
gensatz zu  den  ersteren,  den  directen. 

Auf  einem  Verfahren  der  letzteren  Art  beruht  die  neuer- 
dings von  Prof.  Bunsen  angegebene  volumetrische  Methode 
zur  Bestimmung  vieler  Substanzen,  die  bisher  uur  unvoll- 
ständig uad  schwierig  oder  selbst  noch  gar  nicht  mit  Schärfe 
getrennt  werden  konnten.  Namentlich  giebt  diese  Methode 
ein  Mittel  an  die  Hand,  die  höheren  Oxydationsstufen  des 
Hangans  und  ähnlicher  Metalle  mit  Leichtigkeit  zu  unter- 
scheiden und  quantitativ  zu  ermitteln.  Ich  habe  daher  mit 
Hülfe  jener  Methode  auf  Prof.  Bunsen 's  Veranlassung  in 
dessen  Laboratorium  den  Einflufs  zu  ermitteln  gesucht,  den 
die  verschiedenen  basischen  Oxyde  in  höherer  Teropera^tur 
auf  das  beim  Glühen  an  der  Luft  entstehende  Mangftnoxyd- 
oxydul  ausüben,  um  nicht  sowohl  die  Natur  dieser  Oxyda- 
tionsstufen selbst,  als  ganz  insbesondere  auch  die  Formeln 
festzustellen,  welche  sich  für  jeden  Fall  der  einzelnen  Mangan- 
trennungen ergeben. 

Da  die  naiEhfoIgenden  Untersuchungen  ohne  die  Kenntnil^ 
j^er  Methode  unverständlich  bleiben  würden,  so  will  ich 
dieselbe  zuvor  kurz  anführen. 

Das  Princip,  welches  dem  ganzen  Verfahren  zu  Grunde 
liegt ,  läuft  einfach  darauf  hinaus ,  dafs  man  eine  den  zu  be- 
stimmenden Stoffen  äquivalente  Menge  Jod  aus  einer  Lösung 
von  Jodkalium  ausscheidet  und  dieses  mittelst  schwefliger 
Säure  titrirt. 

Die  Ausscheidung  des  Jods  aus  der  Jodkaliumlösung  ge- 
schieht dadurch,  dafs  man  aus  der  zu  untersuchenden  Sub- 
stanz mittelst  Salzsäure  Chlor  entwickelt  und  dieses  in  die 
Jodkaliumlösung  leitet,  wobei  jedes  Aequivalent  Chlor  ein 
Aequivalent  Jod  frei  macht. 


dar  Mangmverbmdmigen.  359 

Man  siehl  hieraus,  daCs  sich  die  Methode  nur  auf  eine 
gewisse  Klasse  toq  Stoffen  anwenden  läfst,  nämlich  nur  auf 
solche,  in  denen  wenigstens  Ein  Bestandtheil  mit  Salzsäure 
behandelt  Chlor  entwickelt. 

Um  das  ausgeschiedene  Jod  mittelst  schwefliger  Säure 
zu  bestimmen ,  bedarf  man  einer  genau  titrirten  Lösung  von 
Jod  in  Jodkalium,  die  auf  die  in  Prof.  Bunsen's  Abhandlung 
näher  beschriebene  Art  bereitet  und  mit  doppelt-chrömsaurem 
Kali  genau  «auf  ihren  Gehalt  an  freiem  Jod  geprüft  wird.  Die 
angewandte  schweflige  Säure  darf  auf  10,000  Theile 
Wasser  höchstens  3  bis  4  Theile  schwefliger  Säure  enthal- 
ten. Aufserdem  bedarf  man  noch  einer  sehr  verdünnten 
Lösung  von  Stärke,  die  vollkommen  klar  seyn  mufs  und 
nicht,  wie  man  es  mitunter  angeführt  findet,  mit  Al- 
kohol versetzt  seyn  darf.  Am  besten  bereitet  man  sie 
jedesmal  frisch. 

Die  Bestimmung  des  Mangansuperoxyds  geschieht  einfach 
auf  folgende  Weise  :  man  wägt  einige  Decigramm  der  Probe 
in  einem  kldnea  Kölbchen  ab,  füllt  dasselbe  zu  zwei  Datteln 
mit  reiner  concentrirter  Salzsäure  an  und  Idtet  vermittelst 
dnes  Ableitungsrohres,  das  mit  dem  Kölbchen  durch  ein 
vnlkanisirtes  Kautschuckrohr  verbunden  ist,  das  beim  Erhitzen 
sich  entwidKelnde  Chlorgas  in  die  Jodkaliumlösittig*  Ein 
Aequivalent  Superoxyd  scheidet  dabei  ein  Aequivalent  Chlor, 
und  dieses  v^iedenun  ein  Aequivalent  Jod  ab,  welches  in  der 
überschüssigen  Jodkaliumlösung  gelöst  bleibt  und  die  vorher 
völlig  farblose  Flüssigkeit  braun  Tärbt. 

Nachdem  die  Chlorentwickelung  aufgehört  hat,  giefst  man 
die  Losuig,  die  das  ausgeschiedene  Jod  enthält,  in  ein  grofses 
Becherglas  und  setzt  dazu  so  viele  der  in  einem  Stöpsel- 
cylinder  abgemessenen  scfawefligsauren Normalflüssigkeit,  dafs 
die  braune  Farbe  vollkommen  verschwindet,  wobei  man  die 

17» 


260  Krieger^  vur  vahmiein$chm 

an  den  Winden  des  Cylinders  adhärirende  Säure  jedesmal 
mit  destiUirtem  Wasser  nach^ült,  das  Mersgefilfs  aber  vor 
jeder  neuen  Füllung  mit  der  schwefligsauren  Flüssigkeit 
ausschwenkt. 

Nun  kommt  es  noch  darauf  an,  den  Ueberschufs  der  zuge* 
setzten  schwefligen  Säure  zu  bestimmen.  Dieses  geschieht  nach 
Zusatz  von  3  bis  4  Cubikcentimeter  Stärkelösung  durch  Zutröpfeln 
der  titrirten  Jodflüssigkeit.  Sind  bis  zum  Eintritt  der  Bläuung 
t'  Burettengrade  nothwendig  und  sind  in  einem  Burettengrade 
a  Jod  enthalten ,  so  beträgt  die  zur  Zerstörung  der  n  Mafse 
schwefliger  Säure  erforderliche  Jodmenge  z  +  a  .  t%  wobei 
z  die  dem  Mangansuperoxyd  äquivalente  Menge  des  ausge* 
schiedenen  Jods  bezeichnet.  Ermittelt  man  dann  mit  der 
Bürette  die  Jodmenge  a  .  t,  welche  zur  Zerstörung  von  einem 
Hafs  schwefliger  Säure  nöthig  ist,  so  ergiebt  sich  : 

z  +  a.t'  =  n.a.t  und 
z  =  a  (nt  —  tQ. 

Da  ein  in  Freiheit  gesetztes  Aequivalent  Jod  genau  einem 
Aequivalent  Mangansuperoxyd  entspricht,  so  ist  ferner : 

MnO,  :  J  ==  X  :  a  (nt  —  tO  und 

In    100  Theilen   der    Probe  sind  daher  an  Superoxyd 

enthalten  : 

100      a  (nt  —  tp  .  MnOt 
"A"-  J 

In  ganz  ähnlicher  Weise  ergiebt  sich  die  Gleichung  zur 
Bestimnmng  des  Manganoxydoxyduls,  das  sich  beim  Glühen 
aus  allen  Oxydationsstufen  des  Mangans  an  der  Luft  bilden 
kann.    Sie  ist  : 


der  Manganverbindwigen.  261 

Könnte  man  annehmen,  dafs  die  Bildnng  des  Hangan* 
oxydoxyduls  aus  den  übrigen  Oxydationsstufen  des  Mangans 
durch  Glühen  an  der  Luß  unter  allen  Umständen  vor  sich 
ginge,  so  wurde  der  Mangangehalt  stets  nach  der  zuletxt  ent- 
wickelten Formel  gefunden  werden  können,  wenn  nur  die  zu 
untersuchende  Verbindung  vor  der  volumetrischen  Bestimmung 
hinlänglich  lange  bei  Luftzutritt  einer  höheren  Temperatur 
ausgesetzt  wurde.  Allein  es  scheint  nicht  unm(^lich,  dafs 
die  Zusammensetzung  des  Manganoxydoxyduls  sich  bei  hö- 
herer Temperatur  unter  dem  Einflüsse  stärkerer  Basen  dadurch 
ändert,  dafs  die  stärkere  Basis  Manganoxydul  verdrängt  und 
dieses  dabei  in  Oxyd  übergeht.  Für  diesen  Fall  würde  die 
zuletzt  erwähnte  Formel  durch  die  nachstehende  auf  Man- 
ganoxyd berechnete  Gleichung  zu  ersetzen  seyn  : 

^  _  a  (nt  —  tQ  .  MiitOi  ^jp 

•I 
Es  bedarf  daher  einer  besonderen  Untersuchung,  um  zu 
entscheiden,  in  welchem  Falle  die  zweite  und  in  welchem  die 
dritte  Formel  angewendet  werden  mu£s.    Zur  Lösung  dieser 
Frage  wurden  folgende  Versuche  angestellt  : 

L    Besthnmuhg  des  Mangans  m  Verbindung  mU  Eisen. 

Wenn  eine  Auflösung  Mangan  und  Eisen  enthält,  so  läfst 
sich  der  Gehalt  an  Mangan  sehr  leicht  auf  folgende  Weise 
in  derselben  bestimmen  :  man  fällt  beide  Metalle,  das  Eisen 
als  Oxyd^  durch  kohlensaures  Natron  und  digerirt  die  Fällung 
einige  Zeit  auf  der  Kapelle,  damit  alle  überschüssige  Kohlen- 
säure ausgetrieben  und  die  Basen  vollständig  gefallt  werden. 
Der  wohlausgewaschene  Niederschlag  wird  getrocknet  und 
geglüht.  Man  bestimmt  nun  in  den  so  erhaltenen  gemengten 
Oxyden  den  Mangangehalt,  indem  man  eine  bestimmte  Menge 
A  davon  abwägt,  dieselbe  in  das  Kölbchen  bringt^  mit  Salz- 
säure Chlor  daraus  entwjpkelt  und  dieses  in  die  Jodkalium- 


262       '    Krieger^  utt  vohmmirUdken  BeMÜmmung 

Wsung  leUel.     Das  ausgeschiedene  Jod  wird  dann  auf  die 
angegebene  Weise  litrirl. 

Es  wurde  zunichsl  ein  Gemenge  von  Eisenoxyd  und 
kohlensaurem  Manganoxydol  bereilel.  Das  erstere  wurde  auf 
folgende  Weise  erhalten  :  reiner  Klayiersailendrahl  wurde  in 
Sdpetersäure  gelöst,  die  Lösung  von  der  ausgeschiedenen 
Kieselerde  und  Kohle  getrennt,  durch  Ammoniak  gefilllt,  der 
Niederschlag  gut  ausgewaschen  und  geglüht. 

Das  bei  diesen  wie  bei  allen  folgeiiden  Versuchen  ange- 
wandte Manganoxydoxydul  wurde  aus  schwefelsaurem  Han- 
ganoxydul breitet,  welches  vollkommen  von .  Kupferoxyd, 
.Eisenoxyd  und  Kobaltoxyd  frei  und  noch  aufserdem  durch 
mehrmaliges  Umkrystallisiren  gereinigt  war.  Die  Lösung  des 
Salzes  wurde  durch  kohlensaures  Natron  gefüllt,  der  Niedtf« 
schlag  gut  ausgewaschen,  getrocknet  und  bei  Luftzutritt  an- 
dauernd geglüht. 

Ein  Gemenge  von  0,1898  dieses  Manganoxydoxyduls  und 
von  0,1901  Grm.  Eisenoxyd  vmrden  in  Salzsäure  gelöst, 
durch  kohlensaures  Natron  gerällt,  der  Niederschlag  eine  Zeit 
mit  der  darüber  stehenden  Flüssigkeit  digerirt,  dann  durch 
Decantatioii  und  später  auf  dem  Filter  mit  kochendem  Wasser 
gut  ausgewaschen,  getrocknet,  bei  Luftzutritt  längere  Zeit 
geglüht  und  die  erhaltene  wasserfreie  Masse  in  einem  wohl- 
verschlossenen Probirröhrchen  aufbewahrt.  0,3406  Grm.  dieses 
Gemenges  dienten  zur  Analyse,  bei  der  folgende  Rechnungs- 
elemente gefunden  wurden  : 

n  =  2.    t'  =  29,2.    t  SS  49,3.    a  =s  0,002685. 

A  =  0,3406. 
Substituirt  man  diese  Werthe  in  die  Formel  11,  so  erhält  man  : 

Gefvndcti       Aagewandt 
Mn^O«    49,92  49,96 

FeiO,     50,08  50,04 

100,00       .»iQO,00. 


i&r  MmgQH0e$6mdtmgen,  963 

Der  Versuch  beweist,  dafs  das  Manganoxydoxydul  beim 
Glühen  mit  Eisenoxyd  in  seiner  Zusammensetzung  keine  Ver- 
ttndenttig  erleidet 

II.    Bestimnmag  des  Mangans  m  Verbindimg  mit  Tkonerde. 

Die  Thonerde,  welche  zu  dem  Versuche  diente,  war  fol- 
gendermafsen  bereitet  :  eine  Auflösung  von  reinem,  eisen- 
freiem Alaun  wurde  in  der  Hitze  durch  überschüssiges  koh- 
lensaures Natron  gefällt  und  eine  Zeit  lang  damit  digerirt,  um 
die  sich  bildende  basisch -schwefelsaure  Thonerde  möglichst 
zu  zerstören.  Der  wohlausgewaschene  Niederschlag  wurde 
in  Salzsäure  gelöst^  durch  Ammoniak  geßilU  und  stalle 
geglüht. 

Eine  Auflösung,  die  aus  0,5381  Manganoxydoxydul  und 
aus  0,4054  dieser  Thonerde  bereitet  war,  wurde  durch  koh- 
lensaures Natron  gefallt,  der  Niederschlag  eine  Zeit  lang  mit 
der  Flüssigkeit  digerirt,  durch  Decantation  und  später  auf 
dem  Filter  gut  ausgewaschen ,  getrocknet  und  geglüht.  Zur 
volumetrischen  Analyse  dienten  0,8358  Grm.,  welche  folgende 
Rechnungselemente  gaben  : 

n  =  5.    t'  =  42,9.    t  =  47,5.    a  =  0,002685. 

Substituirt  man  diese  Werthe  in  die  Formel  II,  so  er- 
hält man  : 

Gefottden       Angewandt 
Mn,04    57,05  57,02 

A1,0,     42,95  42,98 

100,00  100,00. 
Es  erleidet  also  auch  ia  diesem  Falle  das  Manganoxyd- 
oxydul beim  Glühen  mit  der  Thonerde  keine  Veränderung, 
und  es  scheint  daher  die  Folgerung  gerechtfertigt,  dafs  die- 
jenigen Basen,  die  3  Atome  Sauerstofi"  enthalten,  überhaupt 
keine  Yeräadening  in  der  Zusanmiensetzung  des  Manganoxyd-^ 
oxyduls  bei  dem  Glühen  mit  demselbe«  hervorbringen. 


864  Krieger^  9mr  volumeirkehen  Beitinummg 

in.    BesHtnmung  des  Mangan$  neben  BeryUerde, 

O4&OO  Gmi.  reine  Beryllerde  und  1,2136  Manganoxyd- 
bxydol  gaben,  in  Salzsöure  gelöst  und  durch  kohlensaures 
Natron  gefiUlt,  einen  weifsen  Niederschlag,  der  beim  Glühen 
die  Farbe  des  reinen  Manganoxydoxyduls  annahm.  0,2502 
Grm.  zur  volumetrischen  Analyse  angewandt  gaben  nach- 
stehende numerische  Werthe  : 

n  =  2.    t'  =  43,3.    t  =  46,4.    a  =  0,0027272. 

A  =  0,2502. 

Substituirt  man  diese  Werthe  in  die  Formel  II,  so  er- 
giebt  sich  folgendes  Verhältnifs  : 

Angewandt        Gefunden 
Mn,04     88,99  89,03 

BeO        11,01  10,97 

100,00         100,00. 

Da,  wie  ich  gleich  zeigen  werde,  das  Manganoxyd- 
oxydul beim  Glühen  mit  stärkeren,  1  Atom  Sauerstoff  halten- 
den Basen  in  Oxyd  übergeht, >  so  schliefst  sich  daher  Beryll- 
erde in  ihrem  Verhalten  gegen  Manganoxyduloxyd  mehr  den 
Oxyden  an ,  welche  auf  2  Atome  Metall  3  Atome  Sauerstoff 
enthalten. 

lY.    Bestimmung  des  Mangans  nehm  Kupfer. 

Zur  Bereitung  des  Kupferoxyds  wurde  reiner  Kupferdraht 
in  Salpetersöure  gelöst,  das  salpetersaure  Salz  zur  Trocknifs 
eingedampft  und  bis  zur  völligen  Zerstörung  der  Säure  ge- 
glüht. 0,2232  dieses  Kupferoxyds  mit  0,1267  Grm.  Mangan- 
oxydoxydul  in  Salzsäure  gelöst  und  durch  kohlensaures  Natron 
gefttUt^  gaben  einen  Niederschlag,  der  mit  kochendem  Wasser 
erst  durch  Decantation  und  dann  auf  dem  Filtrum  gut  aus- 
gewaschen,  getrocknet  und  bei  Luftzutritt  geglüht  wurde. 
Von    demselben    dienten    0,2824   Grm.    zur  volumetrischen 


der  Mang(m»ertnndtmgm.  265 

Analyse ,  aas  welcher  sich  folgende  Rechnungselemente  er- 
gaben : 

n  =  2.    I'  =  55,5.    l  SÄ  56,9.    a  =  0,0027272. 

Substitoirt  man  diese  Werthe  in  die  Formel  11 ,  so  wird 
X  stets  ijmal  zu  grors  erhalten.  Nach  der  Formel  III  dage- 
gen ergab  sich  folgende  Uebereinstimmung  : 

GefondeD     Angewandt 
MntOt     35,23         35,41 

CnO        64,77         64,59 
100,00        100,00. 

Hieraus  ersieht  man,  dafs  das  Kupferoxyd  als  stärkere 
Basis  wirklich  an  die  Stelle  des  Manganoxyduls  tritt ,  wobei 
letzteres  vollständig  in  Oxyd  verwandelt  wird. 

Man  erhält  also  hier  auf  künstlichem  Wege  eine  analoge 
Veri>indQng,  wie  sie  wahrscheinlich  im  Crednerit  und  in  der 
Knpferschwärze  natürlich  vorkommt. 

V.    Bestimmung  des  Mangans  m  Verbindung  mit  Blei. 

Die  Bestimmung  des  Mangans  neben  Blei  geschieht  ebenso, 
wie  eben  beim  Kupferoxyd  angegeben  ward.  Man  fällt  beide 
Metalloxyde  aus  ihrer  Auflösung  durch  kohlensaures  Natron, 
wascht  den  Niederschlag  mit  kochendem  Wasser  gut  aus, 
trocknet  ihn  und  glüht  ihn  zuletzt  in  einem  Porcellantiegel. 
Das  zu  den  Versuchen  angewandte  Bleioxyd  war  aus  reinem 
Blei  dargestellt,  welches  ich  durch  Glühen  von  essigsaurem 
Bleioxyd  erhalten  hatte.  Die  Lösung  des  Bleies  in  Salpeter- 
säure wurde  durch  kohlensaures  Natron  geräUt,  der  Nieder- 
schlag mit  kochendem  Wasser  gut  ausgewaschen,  getrocknet 
und  geglüht.  Eine  Lösung  von  0,2700  dieses  Bleioxyds  und 
0,1858  MnaO«  in  Salzsäure  gab  durch  Fällung  mit  ITaC  ein 
kohlensaures  Oxydgemenge  von  heller  Farbe ,  das  nach  lan- 
gem fflühen  an  der  Luft  eine  .  dunkle ,  gelblichbraune  Masse 


386  Krieger j  Mir  vohmetruckeH  Bestimmung 

bildete.  0,4619  Gm.  davon  gaben,  bei  dem  nachstellenden 
Versuch  benutzt,  folgende  numerische  Werthe  : 

n  =  2.    t'  SS  56,5.    t  s  84,2.    a  =  0,0027272. 

Nach  der  Formel  III  berechnet  ergab  sich  folgendes 
Resultat  : 

Gefunden      Angewandt 
Mn,0,     41,17  41,67 

PbO         58,83  58,33 

100,00        100,00. 

Das  Blei  tritt  also  auch   als  stärkere  Basis  an   die  Stelle 

des  in  Oxyd  übergehenden  Manganoxyduls. 

VI.    Bestimmutig   des  Mangans  in  Verbindung  mü  Cadmiwn, 

Beim  Glühen  mit  Cadmiumoxyd  wird  ebenfalls  alles  Man- 
ganoxydoxydol  in  Oxyd  verwandelt,  indem  das  Cadminmoxyd 
an  die  Stelle  des  Oxyduls  tritt.  Aus  einer  Auflösung,  die 
Cadmium  und  Mangan  enthält,  Tällt  man  daher  ebenfalls  beide 
Metalle  durch  kohlensaures  Natron  und  verfährt  ganz  so,  wie 
es  bei  der  Scheidung  des  Mangans  von  Kupfer  und  von  Blei 
angegeben  ist.  Das  zu  dem  Versuche  angewandte  Cadmium- 
oxyd war  aus  reinem  Cadmium  bereitet.  1,4149  Grm.  dieses 
Cadmiumoxyds  mit  0,2166  Manganoxydoxydul  zusammen  in 
Salzsäure  gelöst  und  mit  l^aC  gefällt  gaben  einen  hdlen  Nie«- 
derschlag,  der  nach  dem  Glühen  ein  dunkelbraunrothes  Pulver 
bildete.  Von  diesem  Pulver  dienten  0,9402  Grm.  zur  Analyse, 
die  folgende  Rechnungselemente ,  lieferte  : 

n  =  2.    t'  =  21,8.    t  =  48,9.    a  =  0,0027272. 

Substituirt  man  diese  Werthe  in  die  Formel  III,  so  er- 
giebt  sich  : 

Gefunden      Ang^ewandt 

MntO,      13,87  13,66 

CdO        86,13         86,34 
100,00        100,00. 


der  MangMüerAmAmgen.  387 

VU.    Be$tbmmmg  des  Mangans  m  semen  Verbindungen  wni 

WismnA. 

Das  zu  dem  Versuche  benutzte  Wismuthoxyd  war  durch 
Glühen  von  reinem  kohlensaui^m  Wismuthoxyd  bereitet. 
0,3624  Grm.  desselben  wurden  in  Salzsäure  gelöst  und  mit 
einer  Lösung  von  0,2477  Grm.  Manganoxyduloxyd  in  Salz- 
säure vermischt,  beide  Metalle  durch  kohlensaures  Natron 
kochend  gerällt  und  der  Niederschlag  eine  Zeit  lang  mit  der 
darüber  stehenden  Flüssigkeit  digerirt.  Nachdem  derselbe 
durch  Decantation  und  nachher  noch  auf  dem  Filter  mit  ko- 
chendem Wasser  gut  ausgewaschen  war,  wurde  er  getrocknet, 
bei  Luftzutritt  geglüht  und  davon  0,6177  Grm.  zur  volume- 
trischen  Analyse  angewandt.    Diese  gab  folgende  Werthe  : 

n  =  2.    l'  =  52,9.    t  =  100,9.    a  =  0,0027272. 

Daraus  ergiebt  sich  nach  der  Formel  III  : 

Gefanden      Aogewaodt 

Mn,Oa     41,36         41,41 
BiOs        58,64         58,59 
100,00        100,00. 

Das  Wismuthoxyd  übt  also  beim  Glühen  auf  das  Man- 
ganoxyduloxyd  denselben  Einflufs  wie  das  Kupferoxyd,  Blei- 
oxyd und  Cadmiumoxyd  aus  und  reiht  sich  daher  in  dieser 
Beziehung  mehr  den  stärkeren  Basen  von  der  Form  RO  als 
den  schwächeren  Verbindungen  RfOf  an. 

VIII.    Bestimmung  des  Mangans  in  Verbindung  mü  Zink. 

Das  zu  dem  Versuche  angewandte  Zinkoxyd  war  aus 
reinem  destillirtem  Zink,  in  welchem  sich  keine  anderen  Me- 
talle nachweisen  liefsen ,  bereitet.  Die  Lösung  des  Metalls 
in  Salpetersäure  wurde  durch  kohlensaures  Natron  gefiillt, 
der  NiedeiiscUag  mit  kochendem  Wasser  gut  ausgewaschen, 
getrocknet   und    gegUlbl.      Von    diesem   Zinkoxyd   wurdan 


368  Krieger^  mtr  wAaneiriidien  BesHmnmng 

O^SOM  Grm.  mit  0,3733  Gnn.  Manganoxydnloxyd  «isammen 
in  Salzsäure  gelöst,  die  Lösung  kochend  durch  kohlensaures 
Nairon  gefldlt,  die  Fällung  eine  Zeit  lang  in  der  Wärme 
digerirt,  dann  gut  ausgewaschen,  getrocknet  und  geglüht 
Zur  yolumetrischen  Analyse  dienten  0,4754  Grm.,  welche  fol- 
gende Rechnungselemente  lieferten  : 

n  =  2.    t'  =  32,1.    t  =  85,8.    a  =  0,002685. 

A  =  0,4754. 

Substituirt  man  diese  Werthe  in  die  Gleichung  III ,  so 
erhält  man  : 

Gefanden      Angewandt 

MutO,     49,60         49,72 
ZnO        50,40         50,28 
100,00        100,00. 
Zu  einem  zweiten  Versuche  wurden  0,1992  Grm.  Zink- 
oxyd und  0,2838  Grm.  Manganoxyduloxyd  aufgelöst  und  auf 
die  eben  beschriebene  Art  und  Weise  behandelt.    Die  zur 
Analyse  angewandten  0,4278  Grm.  lieferten  folgende  Rech- 
nungselemente : 

n  =  2.    t'  =  14,9.    t  =  67,3.    a  =  0,002685. 

A  =  0,4278. 
Nach  der  Formel  111  berechnet  ergab  sich  : 

Gefunden      Angewandt 

MntOs     59,53  59,57 

ZnO        40,47         40,43 
100,00        100,00. 
Das  Mns04  geht  daher  bei   dem  Glühen   mit  innig  bei- 
gemengtem Zinkoxyd  ebenfalls  vollständig  in  MnsOs  über. 

IX.    Bestimmung  des  Mangans  neben  Magnesia, 

Zur  Bereitung  der  Magnesia  wurde  reine  schwefelsaure 
Talkerde ,  die  ganz  frei  von  Eisenoxyd  und  von  Erden  war, 
•ufgeltet  und  durch  kohlensaures  Natron  gefällt,  der  Nieder- 


der  Manffmwmbmhmgen.  389 

scblag  mit  kochendem  Wasser  gut  ausgewaschen ,  gelrocknet 
und  geglüht.  Ein  Gemenge  aus  der  so  erhaltenen  Magnesia 
und  aus  Manganoxydoxydul  in  Salzsäure  gelöst  und  durch 
kohlensaures  Natron  geräUt  gab  einen  weifsen  Niederschlag, 
der  durch  Decantation  und  auf  dem  Filtrum  mit  kochendem 
Wasser  gut  ausgewaschen ,  getrocknet  und  geglüht  wurde. 
0,2936  Grm.  dieses  so  erhaltenen  Gemenges  wurden  erst  Eur 
volumetrischen  Analyse  angewandt  und  nachher  die  im  Kölb- 
chen  bleibende  salzsaure  Lösung  von  Mangan  und  Magnesia 
noch  einer  Gewichtsanalyse  unterworfen.  Die  Titrirung  ergab 
folgende  numerische  Werthe  : 

n  =  2.  t'  =  52,8.  t  =  84,2.  a  =  0,002685. 
Die  Gewichtsanalyse  lieferte  0,1874  Manganoxydoxydul 
und  0,2707  pyrophosphorsaure  Magnesia,  was  0,1938  Man- 
ganoxyd und  0,0992  Magnesia  entspricht.  Substituirt  man 
die  bei  der  Titrirung  erhaltenen  Rechnungselemente  in  die 
Formel  III,  so  erhält  man  folgende  Zahlen  : 

Volumelrisch  beatiminl       GewichUanalyM 
Mn«0,       66,54  66,01 

MgO         33,46  33,78 

100,00  99,79. 

Das  Manganoxyd  spielt  also  auch  in  diesem  Falle  ganz 
die  Rolle  einer  Säure. 

X.    Bestimmung  des  Mangans  nAen  Baryt 

Um  ein  ganz  reines  Barytsalz  zu  erhalten,  wurde  Chlor- 
barium 5-  bis  6mal  mit  Alkohol  ausgezogen,  dann  in  Wasser 
gelöst,  zweimal  umkrystallisirt  und  zuletzt  gelinde  geglüht. 
Ein  Gemenge  von  Manganoxydoxydul  und  Chlorbarium  gab, 
in  Salzsäure  gelöst,  mit  kohlensaurem  Natron  einen  weifeen 
Niederschlag ,  der  beim  Glühen  eine  dunkelbraunrothe  Farbe 
annahm.  0,4597  davon  ergaben  bei  der  volumetrischen 
Prüfung  : 


i76  Krieger^  fUir  eohtmelritehen  BeiÜmmung 

n  Ä  2.    l'  =  41,1.    I  =  79,9.    a  =  0,002685; 

A  =  0,4597. 

Aus  der  bei  der  volumetrischen  Analyse  im  Kölbchen 
bleibenden  setesauren  Lösung  von  Mangan  and  Baryl  wurden 
0^1942  Grm.  Manganoxydoxydol  und  0,3715  schwefelsaurer 
Baryt  erhalten,  was  einer  Menge  von  0,2006  Manganoxyd 
und  0,3141  kohlensaurem  Baryt  entspricht.  Es  ergiebt  sich 
daher  bei  der  Gewichtsanalyse  0,0552  Grm.  mehr,  als  die 
angewandte  Menge  betrug.  Dieses  röhrt  daher,  deSs  der 
kohlensaure  Baryt  für  jedes  Aequivalent  des  vorhandenen 
Manganoxyds  ein  Atom  Kohlensäure  verliert,  während  der- 
selbe als  unverändertes  kohlensaures  Sal2  in  Rechnung  ge- 
bracht wurde.  Berechnet  man  aus  den  bei  der  Titrirung  er- 
haltenen Werthen  nach  der  Formel  III  die  Menge  des  Man- 
ganoxyds, so  erhält  man  0,2006  Grm.  Diese  0,2006  Grm. 
Manganoxyd  müssen  aber  0,0551  Grm.  Kohlensäure  austreiben, 
also  in. der  That  genau  so  viel,  als  dem  oben  gefundenen 
Gewichtsüberschufs  entspricht 

Die  untersuchte  Masse  enthielt  demnach  : 

Volometriflch  besUmmt       Gewichtsanalyse 

MntO,  43,63  43,67 

BaO  41,72  41,75 

BaO  +  C(H   14,65  14,55 

100,00  99,97. 

XI.    BesÜmmung  des  Mangans  neben  Siraniian. 

Um  ein  vollkommen  reines  Strontiansalz  zu  erhalten, 
wurde  Chlorstronthim  in  Alkohol  gelöst,  wobei  etwas  Chlor- 
barium curttckblieb,  die  alkoholische  Lösung  zur  Trocknifs  ein- 
gedampft, in  Wasser  gelöst,  durch  kohlensaures  Natron  ge- 
flUtt,  der  Niederschlag  gut  ausgewaschen^  wieder  in  Salpeter- 
säure gelöst  und  das  Eur  Trocknifs  eingedampfte  salpetersaure 
Salz  wiederholt  mit  Alkohol  extrahirt,  um  die  letzten  Spuren  von 


der  MangmweriAidungm.  271 

Kalkerde  zu  entfernen.  Aus  dem  so  gereinigten  Salse  wurde 
durch  kohlensaures  Ammoniak  eine  Fällung  von  kohlensaurem 
Strontian  bereitet.  Ein  Gemenge  von  diesem  kohlensauren 
Strontian  mit  Manganoxydoxydul  gab,  in  Salzsäure  gelöst,  mtt 
NaC  einen  Niederschlags  der  wie  die  früheren  Fällungen 
behandelt  wurde.  0,4239  Grm.  desselben  dienten  zur  toIu^ 
metrischen  Analyse,  die  folgende  numerische  Werthe  lieferte  : 
n  =  1.    t'  =  0,8.    t  =  72,9.    a  =  0,002685. 

A  =  0,4239. 
Nach  der  Formel  III  berechnet  erhält  man  hieraus  0,1218 
Grm.  Manganoxyd.  Die  Gewichtsanalyse  der  im  Kölbchen 
bleibenden  Lösung  von  Mangan  und  Strontian  gab  0,1167 
Hn^O«  und  0,4163  schwefelsauren  Strontian,  was  einer  Menge 
von  0,1207  Manganoxyd  und  0,3346  kohlensaurem  Strontian 
entspricht.  Man  erhält  also  auch  in  diesem  Falle  bei  der 
Gewichtsanalyse  0,0314  Grm.  mehr  als  die  angewandte  Menge 
betrug,  und  zwar  aus  ganz  demselben  Grunde,  wie  bei  der 
Bestimmung  des  Mangans  neben  kohlensaurem  Baryt.  Jedes 
Aequivalent  Manganoxyd  treibt  nämlich  ein  Aequivalent  Koh- 
lensäure aus.  Vergleicht  man  die  Resultate  der  Titrirung  mit 
der  Gewichtsanalyse,  so  erhält  man  : 

Volnmetrisch  beslimmt       Gewichlsanalyte 

MntO,  28,60  28,37 

SrO  18,49  18,42 

SrO  +  CO,  52.91  52,70 

100,00  99,49. 

« 

XII.     BesUnummg  des  Mangans  neben  der  Kalkerde. 

Um  reine  Kalkerde  darzustellen  wurde  Kreide  in  Saks- 
saure  gelöst,  aus  der  Lösung  Eisen  und  Thonerde  durch 
Ammoniak  gefällt  und  zu  dem  Filtrat  kohlensaures  Ammoniak 
gesetzt.  Der  wohlausgewaschene  Niederschlag  wurde  ge- 
trocknet  und  längere  Zeit  stark  geglüht.    Ein  Gemenge  aus 


1272  Krieger^  nur  vobimeiriichen  Besiimmmig 

der  so  erhaltenen  Kalkerde  und  aus  Manganoxydoxydul  wurde 
in  Salzsäure  gelöst  und  auf  die  gewöhnliche  Weise  behandelt. 
Da  jedoch  der  kohlensaure  Kalk  beim  Glühen  einen  Theil 
seiner  Kohlensäure  verliert,  so  wurde  der  geglühte  Nieder- 
schkg  vor  der  Tolumetrischen  Analyse  im  Wasserbade  einer 
Behandlung  mit  kohlensaurem  Ammoniak  unterworfen,  um  die 
beim  Glühen  ausgetriebene  Kohlensäure  wieder  zu  ersetzen. 
Von  der  so  behandelten  Hasse  dienten  0,5723  Grm.  zur  Ana- 
lyse, aus  welcher  sich  folgende  Rechnungselemente  ergaben  : 

n  =  4.    t'  =  41,6.    t  =  51,2.    a  =  0,0027272. 

A  =  0,5723. 

Nach  der  Formel  III  berechnet  erhält  man  hieraus  0^2801 
Manganoxyd  und  0,2922  Kalk  und  kohlensauren  Kalk.  Die 
Gewichtsanalyse  ergab  0,2721  Manganoxydoxydul  und  0,3694 
kohlensauren  Kalk,  im  Ganzen  also  0,0785  Grm.  mehr, 
als  der  Annahme  entspricht,  da(is  die  gesammte  Kalkerde  als 
kohlensaures  Salz  in  dem  Gemenge  vorhanden  war.  Nimmt 
man  an,  dafs  das  vorhandene  Manganoxyd  sein  Aequivalent 
Kohlensäure  austreibt  und  sich  mit  dem  frei  gewordenen  Kalk 
an  der  Stelle  der  Kohlensäure  verbindet,  so  müssen  0,2721 
Manganoxydoxydul,  die  sich  beim  Glühen  mit  der  kohlensauren 
Kalkerde  in  0,2814  Oxyd  verwandeln,  0,0774  Grm.  Kohlen- 
säure austreiben,  mithin  fast  ganz  genau  so  viel,  als  der 
obigen  Annahme  zufolge  wirklich  ausgetrieben  wurde.  Die 
Versuche  gaben  folgende  Zahlen  : 

Volometrisch  bestimml      Gewichtianalyfe 

MutO,         48,94  49,23 

CaO  17,13  17,45 

CaO  +  CO,  33,93  33,37 

100,00  100,05. 


der  Manganverbmdungefu  273 

Man  kann  die  Eigenschaft  des  Manganoxydoxyduls,  beim 
Glühen  mit  stärkeren  Basen  in  Oxyd  überzugehen,  sehr  gut 
zur  Darstellung  der  letzteren  Oxydationsstufe  anwenden. 
Wenn  man  nämlich  den  Verbindungen  des  Manganoxyds  mit 
Basen  die  letzteren  durch  eine  schwache,  das  Manganoxyd 
nicht  zersetzende  Säure  entzieht,  so  erhält  man  das  reine 
Oxyd  als  RüdLStand.  Die  Zinkverbindung  eignet  sich  zu 
diesem  Zweck  am  besten,  da  sich  das  Zinkoxyd  selbst  nach 
dem  starken  Glühen  noch  leicht  durch  Essigsäure  extrahiren 
lälst.  0,2957  Grm.  eines  so  erhaltenen,  bei  150^  getrockneten 
Productes  gaben  folgende  Zahlenwerthe  : 
A  =  0,2957.    n  =  3.    t'  46,6.    t  =  73,5.    a  =  0,002685. 

Nach  der  Formel  III  erhält  man  hieraus  für  x  den  Werth 
0,2938,  der  sehr  wenig  von  A  abweicht 

Hält  man  die  Stellung,  welche  dem  Manganoxyde  bisher 
in  der  Oxydationsreihe  des  Mangans  angewiesen  worden  ist, 
mit  dem  chemischen  Verhalten  desselben  zusammen,  soweit 
sich  dasselbe  aus  den  vorstehenden  Versuchen  ergiebt,  so 
läfst  es  sich  nicht  verkennen,  dafs  diese  Substanz  ganz  im 
Gegensatz  mit  der  bisherigen  Annahme  weit  mehr  die  Rolle 
einer  Säure  als  die  einer  Basis  spielt.  Von  den  Salzen,  in 
denen  das  Manganoxyd  als  Basis  auftritt,  sind  fast  nur  die 
schwefelsaure  Verbindung  und  deren  Doppelsalze  bekannt. 
Alle  diese  Verbindungen  zeigen  einen  so  geringen  Grad  von 
Beständigkeit,  dafs  sie  nur  zum  Theil  und  immer  nur  mit 
grorsen  Schwierigkeiten  krystallisirt  erhalten  werden  können, 
und  dafs  schon  eine  blofse  Verdünnung  mit  Wasser  oder  eine 
geringe  Temperaturerhöhung  hinreicht,  die  Verwandtschaft 
der  Säure  zur  Basis  aufzuheben.  Dagegen  zeigen  die  eben 
beschriebenen  Salze,  worin  das  Manganoxyd  als  Säure  auftritt, 
eine  solche  Beständigkeit,  dafs  sie  selbst  in  der  starken 
Rothglühhitze  der  Zersetzung  vollkommen  widerstehen.  Nimmt 
man  noch  hinzu,  dafs  diese  OxydaÜonsstufe  den  angeführten 

Ann.  d.  Chemie  n.  Pharm.  LXXXVII.  Bd.  3.  Hoft.  18 


I 


A 


274  Krieger^  zur  volumeir.  BettSmmumgd,  Manganverbindungen. 

Versuchen  zufolge  sogw  die  Kohlensäure  austreiben  und 
ersetzen  kann,  so  mufs  man  die  Ueberzeugung  gewinnen, 
dafs  dieselbe  eher  manganige  Säure  als  Manganoxyd  genannt 
zu  werden  verdient. 

Fafsl  man  das  Resultat  dieser  Versuche  zusammen,  so 
ergiebt  sich  leicht  der  Weg,  den  man  bei  der  volumetrischen 
Bestimmung  der  mit  andern  Körpern  gemengten  Manganoxyde 
zu  befolgen  hat.  Weifs  man ,  dafs  neben  der  Manganverbin- 
dwig  nur  noch  Eisenoxyd  oder  Thonerde  vorhanden  ist,  so 
genügt  es,  die  Verbindung  einfach  an  der  Luft  zu  glühen 
und  die  bei  der  volumetrischen  Prüfung  erhaltenen  Zahlen- 
resultate in  die  Formel  11  zu  substituiren.  Ist  eines  der  an- 
dern oben  betrachteten  Oxyde  vorhanden,  und  darf  man 
überzeugt  seyn,  dafs  dessen  Menge  mehr  als  ausreicht,  um 
ein  manganigsaures  Salz  zu  bilden,  so  führt  man  den  Versuch 
auf  dieselbe  Weise  aus ,  wendet  aber  die  Formel  III  zur  Be- 
rechnung an. 

Ist  endlich  die  vorhandene  Basis  unzureichend  zur  Bil- 
dung eines  manganigsauren  Salzes,  oder  kennt  man  die 
Menge  derselben  nicht,  so  löst  man  eine  gewogene  Probe  P 
mit  einer  die  Hälfte  ihres  Gewichts  betragenden  Menge  Zink- 
oxyd (N)  auf,  Tällt  mit  kohlensaurem  Natron,  bestimmt  die 
Menge  des  Niederschlags  nach  längerem  Glühen  desselben 
an  der  Lufl  und  wendet  von  diesem  Niederschlag  das  Ge- 
wicht p  zur  Prüfung  an.  Bezeichnet  man  die  bei  dieser  vo- 
lumetrischen Prüfung  gefundenen  Elemente  wie  oben,  so 
ergiebt  sich  der  Procentgehalt  an  Manganoxyd  in  der  Probe 
P  aus  der  Formel  : 

_100N       a  (nt  —  t^)  Mn,Os 
^  ~   Pp    ^  J 


ZJ5 

lieber  i&a  Kaffee  als  GetHJDk  in  chemisch-physio- 
logischer Hinsicht; 
von   Dr.   JttUua   Lehmatm. 
(Sdlob  der  S.  217  ■bgebrocheDeo  Abhandlung.) 


Nach  Beendig^ung  dieser  Untersuchung  suchte  ich  nun 
die  Wiriningsweise  des  empyreumalischen  Oels  auf  den  Or- 
ganismus kennen  zu  lernen ;  ich  versetzte  dershalh  den  G.  M. 
nochmals  in  die  Nonnaldiät,  bis  die  Quantittlten  der  Ausschei- 
dungsproducte  wieder  ihren  Hftbepunkt  erreicht  hatten,  und 
gab  ihm  dann  anstatt  des  Wassers  diese  empyreumatischen 
SloSe  des  Kaffees  zu  trinken.  Um  diese  zu  erhalten,  destillirte 
ich  eine  gewisse  OnantitSt  gerösteter  Kaffeebohnen  so  lange 
mit  Wasser,  bis  der  Räckstand  geruchlos  geworden  war. 

Das  Destillat  besaTs  genau  den  Geruch  and  Geschmack 
wie  Kaffeeabsud. 

Der  G.  M.  erhielt  davon  IS^ich  4  Gläser,  worin  sich 
ungeräbr  das  empyrenmaliscbe  Oel  von  4  Loth  gerösteten 
Kaffeebohnen  befand. 

Untemckungm  da  Harns  von  6.  M,  nach  Qmvfi  des  aiq)yreu~ 
mafyt^en  Od»  des  Kaffees. 


Di>sn> 

Cenl. 
Urin 

Resctinn    lieaoDilere  Eigcnarharien 

phor- 
sSare 

Chlor-     Hiirn- 
nnlnum      sloff 

a 

9. 
10. 

1526 
1669 
1630 

..» 

weingelb,  klar 

4,250 
4.321 

3,718 

8,67fi 
10,303 
9,325 

25,647 
26,910 
23.025 

11. 
13. 
13. 
14. 

1744 
1650 
1943 
1830 

3.528 
3,486 
3,402 
3,501 

12,356  1  21.840 
8,730      19,536 

10,641       19,800 
9,501       19,771 

7157 

13,917 

1 

41,228 

60,947 

276  Lehmann,  über  den  Kaffee  als  Gelrank 

Im  Mitlel  pro  Tag  : 
1789  CC.  Urin,  3,479  Phosphorsäure,  10,307  Chlomatrium, 

20,271  Harnstoff. 

Die  Einnahme  des  Destillats  brachte  eine  angenehme  Auf- 
regung und  einen  gelinden  Schweifs  im  Körper  des  G.  H. 
hervor,  und  das  nüchterne  Gefühl  verschwand  wie  bei  Genufs 
von  Kaffeeabkochung  vollkommen.  Die  Wirkung  des  empy- 
reumatischen  Oels  auf  die  Himthätigkeit  schien  sich  weniger 
auf  die  Phantasie  wie  gerade  auf  den  Verstand  zu  äufsem^ 
was  ich  später  durch  mehrere  andere  Versuche  noch  bestätigt 
fand.  Den  Wassergehalt  des  Harns  sieht  man  im  Ganzen 
sich  wieder  vermehren,  während  eine  bedeutende  Verminde- 
rung der  Phosphorsäure,  hauptsächlich  aber  des  Harnstoffs 
eingetreten  ist.  Auf  die  quantitativen  Verhältnisse  des  Chlor- 
natriums schien  dasselbe  keinen  Einfluls  zu  haben.  Die  ein- 
getretene  bedeutende  Verminderung  der  festen  Bestandtheile 
im  Harn  nach  Genufs  von  empyreumatischem  Oel  zeigt,  dafs 
dasselbe  stärker  auf  die  Verlangsamung  des  StoffwechselSs 
einwirkt,  wie  das  Gaffein,  und  ihm  demnach  diese  Wirkung 
des  Kaffeeabsudes  hauptsächlich  zuzuschreiben  ist. 

Bei  einer  doppelten  Dosis  von  Destillat,  die  ich  dem 
G.  M.  zu  trinken  gab,  bekam  er  Congestionen,  starken  Schweifs 
und  Schlaflosigkeit. 

Bei  zwei  anderen  Individuen,  denen  ich  d)enfalls  einige- 
mal von  dem  Destillat  zu  trinken  gab,  zeigten  sich  ganz  ähn- 
liche Wirkungen  wie  bei  G.  M.,  aber  nebenbei  bekamen  sie 
kurz  nach  Einnahme  derselben  Stuhlentleerungen.  Es  scheint 
demnach,  dafs  es  diese  empyreumatischen  Stoffe  sind,  welchen 
die  häufige  Wirkung  des  Kaffeeabsudes,  die  Darmbewegung 
zu  beschleunigen,  noch  zugeschrieben  werden  mufs. 

Werden  nun  alle  Resultate  der  Untersuchungen  und  Be- 
obachtungen zusammengefafst,  so  geht  aus  ihnen  hervor  : 


m  ehemisch^phytiologischer  Hinricht.  277 

i}  Dafs  der  Genafs  von  Kaffeeabsud  zwei  Hauptwirkungen 
auf  den  Organismus  ausübt ,  die  in  ihrer  Art  wohl  schwer 
mit  einander  in  Einklang  zu  bringen  sind ,  nämlich  :  das  6e- 
fäfs-  und  Nervensystem  in  eine  gröfsere  Thätigkeit  zu  ver- 
setzen,  während    es    die  Ums^zung  der  Formbestandtheile 

m 

bedeutend  verlangsamt. 

2)  Dafs  die  das  Gefars-  und  Nervensystem  erregende 
Wirkung  des  Kaffeeabsudes  und  so  die  für  uns  sehr  werth- 
voUen  Eigenschaften  desselben  :  den  durch  angestrengte 
Thätigkeit  ermattenden  Geist  wieder  neu  zu  beleben,  überhaupt 
demselben  eine  gröfsere  Elasticität  zu  ertheilen,  zum  Nach- 
denken zu  stimmen,  sowie  ein  allgemeines  Gefühl  von  Wohl- 
behagen und  Aufheiterung  hervorzubringen  —  nur  durch  die 
gegenseitige  Modification  der  speciellen  Wirkungen  des  darin 
enthaltenen  empyreumatischen  Oels  und  des  Caffeins  hervor- 
gerufen werden. 

3}  Dafs  die  Verlangsamung  des  Stoffwechsels^  welche 
diese  Abkochung  im  Körper  verursacht,  hauptsächlich  eine 
Wirkung  des  empyreumatischen  Oels  ist,  welche  das  Caffein 
nur  dann  mit  Letzterem  theilt,  wenn  es  in  gröfseren  Quanti- 
täten darin  enthalten  ist. 

4}  Dafs  vermehrte  Herzihätigkeit ,  Zittern,  Harndrang, 
Kopfschmerzen,  der  eigenthümlich  berauschte  Zustand,  Delirium 
u.  s.  w.  Wirkungen  des  Caffeins  sind. 

5)  Dafs  eine  vermehrte  Function  der  Schweifsdrüsen 
und  der  Nieren,  die  beschleunigte  Darmbewegung,  eine  er- 
höhte Thätigkeit  des  Verstandes,  welche  allerdings  bei -stär- 
keren Dosen  in  einen  ungeregelten  Gedankengang  ausarten 
kann  und  Congestionen ,  Unruhe  und  Schlaflosigkeit  hervor- 
bringt, durch  das  empyreumatische  Oel  hervorgerufen  werden. 

Ist  die  Kaffeeabkochnng  zu  stark,  d.  h.  hat  man  sie  auf 
die  Weise  bereitet,  dafs  sich  darin  eine  für  den  Organismus 
zu  grofse  Quanßtät  des  empyreumatischen  Oels   oder    des 


278  Lehmann^  über  den  Kcfee  aU  Geirank 

CaOeins  vorfindet,  so  treten  die  speciellen  Wirkungen  der 
einen  oder  der  andern  Substanz  deutlich  hervor  und  wir 
empfinden  dann  Zittern,  gröfsere  Herzthädgkeit  oder  Coa- 
gestionen  u.  s.  w. 

Werfen  wir  nun  nochmals  einen  Blick  zurück  auf  die 
beiden  Hauptwirkungen  des  Kaffees,  die  wir  bei  einer  Reihe 
anderer  Substanzen  ebenfalls  zum  Vorschein  kommen  sehen, 
nur  in  modificirter  Weise,  wie  bei  Thee,  Kakao,  den  Spiri- 
tuosen u.  s.  w. ,  so  sehen  wir  dieselben  von  dem  allgemeinen 
Gesetz  :  dafs  eine  vermehrte  körperliche  und  geistige  Thätig- 
keit  eine  in  demselben  Grade  vermehrte  Aasscheidung  nach 
sich  ziehe,  vollkommen  abweichen. 

Ob  diese  Substanzen  die  Fähigkeit  besitzen,  das  ganze 
Gefäfs-  und  Nervensystem  in  einen  eigenthümlichen  Zustand 
von  grdfserer  Thätigkeit  zu  versetzen,  ohne  dafs  dabei  die 
Formbestandtheile  unseres  Organismus  schneller  in  die  End- 
producte  des  Lebensprocesses  zerfallen ,  oder  wie  dieser  Ge- 
gensatz von  Wirkungen  in  unserem  Körper  zu  erklären  ist, 
werden  vielleicht  spätere  Zeiten  zur  Aufklärung  bringen. 

Schluftbeirachiimgen. 

Ein  Jeder,  der  das  unumstöfsliche  Gesetz  kennt,  dafs  der 
Frocefs  der  Ausscheidung  unseres  Körpers  mit  dem  der  Zn- 
sichnahme  von  Stoffen ,  welche  zu  Wiedererzeugung  unserer 
Organe  nöthig  sind,  in  geradem  Verhältnifs  stehen  mufs, 
wenn  das  Leben  seinen  ungestörten  Fortgang  haben  soll; 
ein  Jeder,  der  weifs,  dafs  eine  Verminderung  oder  Vermeh- 
rung seiner  geistigen  und  körperlichen  Anstrengungen  eine 
Verminderung  oder  Vermehrung  seiner  Ausscheidungsproducte 
und  somit  auch  seiner  Nahrungsstoffe  bedingt,  der  wird  die 
Krafläufserungen ,  das  geschäftige  Leben  und  dabei  häufig 
den  gesunden  Leib  der  ärmeren  Classe  nicht  begreifen  kön- 
nen, wenn  er  dieses  blofs  in  ein  Verhältnifs  mit  der  sehr 


ffi  chemisch'-piysiohgischer  HinHchi.  279 

geringeD  Menge  wirklicher  Mahrungsstoffe  bringen  will,  die 
die  einzelnen  Individuen  derselben  ihrem  Körper  zu  reichen 
im  Stande  sind.  Mit  Recht  auch  müfsle  häufig  die  Existenz 
dieser  Armen  unbegreiflich  scheinen,  hätte  ihnen  die  Natur 
weiter  keine  Mittel  zur  Unterhaltung  ihres  Leibes  und  ihrer 
Kräfte  in  die  Hand  gegeben,  als  nur  die  wirklichen  Nah-* 
rungsstoffe. 

Denn  da  sich  gerade  die  Armuth  in  einem  Mangel  der- 
selben characterisirt,  so  würde  sich  auf  diese  Weise  nur  zu 
bald  ein  gestörtes  Gleichgewicht  zwischen  Ausgabe  und  Ein- 
nahme einstellen,  der  Stoff  würde  immer  mehr  und  mehr, 
endlich  bis  zur  vollständigen  Auflösung  des  Lebens  ver- 
schwinden, und  sonach  die  Existenz  dieser  Armen  bedeutend 
verkürzen.  Aber  der  natürliche  Instinct  ist  hier  wieder  zu 
Hülfe  gekommen,  er  hat  sich  sogar  in  anderen  Erdtheilen 
Bahn  gebrochen,  um  den  an  Stoff  leidenden  Individuum  den: 
Genufs  von  Substanzen  zu  verschaffen,  welche,  ohne  directe 
Nahrungsmittel  zu  seyn,  dennoch  eine  zu  spärliche  Nahrung 
mehr  oder  weniger  vollwerthig  für  den  Körper  zu  machen  im 
Stande  sind,  und  auf  diese  Weise  der  sonst  unausbleiblichen 
Stöning  des  Gleichgewichtes  hemmend  in  den  Weg  treten. 

Die  Fähigkeit,  einen  gewissen  Mangel  an  Nahrungsstoff 
für  uns  unfühlbar  zu  machen,  besitzen  diese  Substanzen  durch 
die  Wirkung  :  die  Umsetzung  der  Formbestandtheile  unseres 
Körpers  zu  verlangsamen,  demnach  die  Ausgabe  und  somit 
die  Einnahme  wirklicher  Nahrungsstoffe  zu  vermindern. 

Es  sind  hauptsächlich  Kaffee,  Thee,  Kakao,  die  empyreuma- 
und  alkoholhaltigen  Getränke  u.  s.  w.,  welche  diese  eigen- 
tbümliche  Wirkung  auf  den  Organismus  ausüben.  Höchst 
meriiwttrdig  ist  es,  dafs  die  meisten  dieser  Substanzen  noch 
in  einer  anderen  Wirkung,  welche  für  das  sociale  Leben  von 
so  grofser  Wichtigkeit  ist,  übereinstimmen,  nämlich  eine 
Sieigerung  des  ^Nervenlebeni  zu  verursachen. 


280  Lehmann^  1ß>er  den  Kcfee  ali  Geirank 

Da  man  nun  die  Beobachtung  gemacht  hat,  dafs  die 
meisten  Nationen,  mdgen  sie  sich  im  civilisirtesten  oder  in  dem 
rohesten  Zustande  befinden ,  mögen  sie  unter  dem  Aeqnator 
oder  in  den  Polarländern  ihre  Heimath  haben,  an  einem 
Genufs  von  Substanzen  hängen,  welche  ein  gesteigertes  Ner- 
venleben hervorrufen,  und  wenn  man  zu  gleicher  Zeit  bedenkt, 
dafs  immer  ein  gewisser  Theil  einer  jeden  Bevölkerung  an 
Armuth  zu  leiden  hat,  so  wird  man  sehr  leicht  die  allgemeine 
Verbreitung  derjenigen  Substanzen  als  Genufsmittel  und  Yolks- 
bedürfnisse  ansehen,  welche  zwei  für  uns  so  werthvoUe 
Wirkungen,  einen  gewissen  Mangel  an  Stoff  unfUhlbar  zu 
machen  und  zugleich  das  Nervenleben  zu  steigern,  in  sich 
vereinigen. 

Wirft  man  einen  Blick  auf  die  Aneignung  dieser  Sub- 
stanzen ,  so  wird  man  finden ,  dafs  meist  Eine  derselben  als 
allgemeines  Genufsmittel  bei  einer  Bevölkerung  eingeführt 
wird,  während  dann  die  anderen  mehr  nebenbei  und  haupt^ 
sächUch  von  den  Wohlhabenden  genossen  werden« 

In  den  Ländern,  wo  die  Cultur  der  einen  oder  der  an- 
deren dieser  Substanzen  zu  Hause  ist,  fmdet  man  dieser  dann 
von  der  Bevölkerung  den  Vorrang  als  Solcher  eingeräumt, 
wie  z.  B.  in  Arabien  dem  Kaffee,  in  China  dem  Thee,  in  den 
vielen  Wein  producirenden  Ländern  dem  Wein.  Hingegen 
wo  diefs  nicht  stattfindet,  ist  die  Wahl  fast  nur  allein  auf  den 
Kaffee  oder  den  Thee  gefallen.         ^ 

Warum  nun  gerade  von  den  nervenerregenden  indirecten 
Nahrungsmitteln  der  Kaffee  und  der  Thee,  besonders  in 
Europa  bevorzugt  werden,  hat  wohl  hauptsächlich  darin  seinen 
Grund,  dafs  diese  beiden  Getränke  selbst  bei  anhaltendem 
Genufs  im  Allgemeinen  einen  viel  weniger  störenden  Einflufs 
auf  den  Organismus  haben,  wie  z.  B.  die  Spirituosen,  welche 
bei  anhaltendem  Genufs  der  Verdauung  hinderlich  im  Wege 
stehen,  Entzündung  der  Magenschleimhaut,  Leberkrankheit, 


ifi  chemüch-fhymlogucher  Bmiieki.^  281 

Abmagerung  n.  s.  w.  hervorrufen.  Aber  nicht  allein  des- 
wegen dürfte  der  Kaffee  und  der  Thee  den  andern  so  sehr 
bevorzugt  werden,  sondern  auch  wegen  ihrer  für  uns  so 
werthvollen  eigenthtimlichen  Wirkung  auf  das  Nervenleben, 
die  nur  diesen  beiden  Getränken  durch  die  vereinte  Wirkung 
des  Caffeins  und  ätherischen  Oeles  eigenthümlich  ist.  Denn 
während  hierdurch  der  Verstand  und  zu  gleicher  Zeit  die 
Phantasie  höher  belebt  werden  und  so  der  Mensch  zu  geisti- 
gen Arbeiten  besser  beßlhigt  und  nicht  so  schnell  ermüdet 
wird,  sehen  wir  durch  die  Spirituosen  hauptsächlich  nur  die 
Phantasie  erregt,  die  bei  einem  geringen  übermäfsigen  Genufs 
in  eine  Verwirrung  der  Gedanken  ausartet,  und  durch  eine 
Ueberreizung  des  Nervensystems  später  eine  allgemeine  Hin- 
fälligkeit ftthlen  läfst. 

Uebrigens  zeigt  die  unheilvolle  Neigung,  die  Spirituosen 
nur  zu  leicht  im  Uebermafs  zu  geniefsen ,  wodurch  dann  das 
körperliche  und  geistige  Wohl  untergraben  wird,  dafs  die- 
selben viel  weniger  wie  der  Kaffee  und  der  Thee  als  indirecte 
Nahrungsmittel  und  Nervenerreger  benutzt  werden  können. 

Trotz  dem^  dafs  der  Genufs  des  Kaffees  und  des  Thees 
gleich  hoch  im  Preise  zu  stehen  komml,  so  hat  dennoch  ein 
Thdl  der  Bevölkerung  Europas,  hauptsächlich  die  Engländer, 
den  Theegenufs  zum  Volksbedürfnifs  erhoben,  während  bei 
einem  anderen  Theil,  hauptsächlich  bei  den  Deutschen,  der 
Kaffeegenufs  als  unerläfslich  gehalten  wird. 

Diese  eigenthümliche  Bevorzugung  des  einen  oder  des 
andern  dieser  beiden  Getränke  von  einer  Nation,  sowie  die 
Sitte  der  Orientalen  den  Kaffee  mit  dem  Satz  zu  trinken,  und 
die  eigenthümliche  Art  der  central -asiatischen  Steppenvölker, 
der  Burälen,  Mongolen  u.  s.  w. ,  den  Thee  gehörig  mit  Salz- 
wasser auszukochen,  dürfte  sich  wohl  nicht  als  eine  blofse 
Gewolinheitssache  erklären  lassen,  sondern  in  einem  tieferen 
Grunde  zu  suchen  seyn. 


388  Lehmann,  tifrer  den  Kaffee  ah  Getränk 

Eine  aufinerksame  Betrachtung  der  qualitativen  und  quan- 
titativen Zusammensetzung  des  Kaffees  und  Tbees,  die  ver- 
schiedene Art  ihrer  Zubereitung  zum  Genufs,  sowie  die  Wir- 
kung ihrer  Hauptbestandtheile  auf  den  Organismus,  in  ein 
Verhältnifs  mit  der  Emährui^sweise  der  verschiedenen  Na- 
tionen gebracht,  kann  vielleicht  darüber  einigen  AufschhiTs 
geben. 

Vergleicht  man  zuerst  die  Zusammensetzung  der  Thee- 
blitter  und  des  gerösteten  Kaffees,  so  findet  man,  dafs  beide 
drei  Substanzen  mit  einander  gemein  haben,  welche  durch 
ihre  Wirkung  auf  den  Organismus  von  grofser  Bedeutung 
sind  :  es  ist  diels  das  Thei'n ,  ein  ätherisches  Oel  und  Pro- 
teinstoffe. Der  wesentliche  Unterschied  zwisdien  beiden 
liegt  nur  hauptsächlich  darin,  dafs  im  Kaffee  noch  aromatische 
brenzliche  Producte  enthalten  sind,  und  dafs  sich  im  Thee 
grdlsere  Quantitäten  The'i'n,  vorzüglich  aber  ätherischen  Oels 
vorfinden. 

Unter  den  verschiedenen  Wirkungen,  welche  diese 
Bestandtheile  auf  den  Organismus  hervorrufen,  sind  haupt- 
sächlich drei  von  besonderer  Wichtigkeit  : 

1)  Die  Verlangsamung  des  StoDwechsels ,  welche  durch 
das  Thein,  hauptsächlich  aber  durch  die  brenzlich- aromati- 
schen Stoffe  des  Kaffees  hervorgerufen  wird. 

2}  Die  erhöhte  Thätigkeit  des  Nervensystems  und  der  eigen- 
thümlich  erregte  Zustand  des  Gehirns,  eine  Wirkung,  deren  wir 
nur  durch  die  gegenseitige  Modification  der  speciellen  Wir- 
kungen des  Thei'ns  und  ätherischen  Oels  theilhaftig  werden. 

3}  Durch  den  Gehalt  an  Protei'nstoffen  dem  Körper  als 
wirklidie  Nahrungsmittel  zu  dienen. 

Da  nun  im  Thee  ein  gröfserer  Gehalt  an  ätherischem 
Oel  ist,  als  im  Kaffee,  in  letzterem  aber  noch  die  aromatisch- 
brenzlichen  Producte,  so  müssen  auch  in  den  beiden  Geträn- 
ken die  Wirkungen,  welche  durch  diese  Substanzen  hervor- 


«PI  ekemiich'phf/siohgitcher  Bmticht.  283 

gerufen  werden,  deutlicher  durch  das  eine,  ivie  durch  das 
andere  zum  Vorschein  kommen.  Es  wird  demnach  der  Kaffee 
einen  stärkeren  Einflufs  auf  die  Verlangsamung  des  Stoff-* 
wechseis  ausüben  können,  während  der  Thee  hauptsächlidi 
seine  Wirkung  auf  das  Nervensystem  äufsem  wird. 

Um  die  drei  oben  angeführten  Wirkungen  des  Kaffees  und 
Thees  vollständig  zu  erhalten,  müfste  man  sie  in  Substans 
geniefsen. 

Diefs  geschieht  aber  nur  bei  den  wütigsten  Nationen. 
Dafs  diets  nun  vorzüglich  von  ihrer  Ernährungsweise  über- 
haupt und  ihrer  ganzen  Lebenswdse  abhängt,  ist  ganz  nattirlich. 

Die  Forderungen,  welche  für  den  Körper  an  den  Kaffee 
und  Thee  von  den  diese  Getränke  geniefsenden  Nationen  ge* 
stellt  werden,  sind  sehr  verschieden.  Durch  die  Art  der 
Zubereitung  oder  des  Genusses  derselben  sieht  man,  dab 
manche  dadurch  unwillkürtich  alle  drei  Wirkungen  zu  erzielen 
suchen,  andere  wieder  blols  zwei  oder  auch  nur  eine  einzige« 

Den  Ori^talen  und  Arabern  ist  der  Genufs  des  Kaffees 
eines  ihrer  gröfsten  Bedürfnisse  mit.  Um  ihre  karge  Diät, 
die  sie  häufig  nothgedrungen  sind  zu  führen,  weniger  fühlbar 
zu  machen,  haben  sie  vielleicht  unwillkürlich  die  eigenthüm- 
liehe  Gewohnheit,  den  Kaffee  mit  dem  Satz  zu  trinken  und  ihn 
$0  durch  den  nicht  geringen  Gehalt  des  Satzes  an  Protein«- 
stoffim  und  unorganischen  Bestandtheilen  zu  einem  sehr  nahr- 
haften Getränk  zu  machen.  Wenn  auch  die  plastischen  Be- 
standtheile  darin  nicht  in  so  bedeutender  Quantität  enthalten 
smd,  um  ihren  Körper  vollständig  zu  ernähren,  so  kommt 
ihnen  hier  wieder  der  ganze  Gehalt  an  Gaffern  und  den 
brenzlich-aromatischen  Stoffen  durch  ihre  indirect  ernährende 
Eigenschaft  zu  Hülfe,  um  diesen  Mangel  mehr  oder  weniger 
auszugleichen  und  ihnen  zu  gleicher  Zeit  die  eigenthümlich 
nervenerregende  Wirkung  im  vollsten  Mafse  mit  zu  Theil 
werden  zu  lassen. 


284  Lehmann,  Über  den  Kaffee  aU  Getränk 

So  wie  bei  den  Orientalen  und  Arabern  der  Kaffee  zu 
gleicher  Zeil  als  Nat^rnngsmittel  eingeführt  ist,  findet  dasselbe 
bei  den  central  -  asiatischen  Steppenvölkem ,  den  Buräten, 
Mongolen  u.  s.  w.  mit  dem  Thee  statt.  Sie  bereiten  den 
Thee  som  Genars  auf  die  Weise ,  dafs  sie  die  Blätter  zuerst 
fein  zerreiben  und  nachher  mit  Steppenwasser,  welchem  sie 
noch  Kochsalz  zugesetzt  haben,  auskochen.  Nachdem  sie 
dann  die  Abkochung  von  dem  Bodensatze  abgegossen  haben, 
setzen  sie  ihr  Butter  und  Milch  zu;  können  sie  sich  etwas 
Mehl  verschaffen ,  so  rösten  sie  es  erst  und  rühren  es  auch 
mit  hinein.  Von  diesem  Getränk  geniefst  eine  Person  20  bis 
40  Tassen  täglich.  Aber  auch  ohne  Mehl  und  nur  mit  ein 
wenig  Milch,  dient  ihnen  der  Thee  allein  oft  Wochen  lang 
ohne  andere  feste  Nahrung  zur  Erhaltung.  Man  sieht  hier 
wieder,  dafs  diese  Völker  von  der  Natur  auf  eme  Art  der 
Zubereitung  des  Thees  angewiesen  sind ,  wodurch  sie ,  ohne 
es  zu  wissen,  diejenigen  Substanzen  in  das  Getränk  mit  ttber- 
fiihren,  welche  fbr  sie  ein  grofses  Bedürfnifs  sind,  nämlich  die 
Protei'nsubstanz ,  die  durch  das  Auskochen  mit  Salzwasser 
löslich  wird,  und  dadurch  noch  ein  grofser  Theil  der  anor- 
ganischen Bestandthefle.  Sie  stellen  sich  also  ein  ebenso 
nahrhaftes  Getränk  auf  diese  Weise  aus  dem  Thee  dar,  wie 
die  Orientalen  u.  s.  w.  aus  dem  Kaffee.  Auch  hier  dürfte  es 
der  bedeutende  Gehalt  an  Thei'n  seyn ,  der  diese  vielleicht 
nicht  hinreichende  Nahrung  dennoch  hinreichend  für  den 
Körper  macht.  Was  die  werthvoUen  Eigenschaften  der  ver- 
einten Wirkung  des  ätherischen  Oels  und  Caffei'ns  anbetrifft, 
so  geht  diesen  Völkern  dieselbe  verloren,  indem  sie  durch 
das  Kochen  ersteres  vollständig  entfernen.  Viel  lieber  ver- 
lieren sie  aber  wohl  diese  Wirkung  des  Thees,  als  die  direct 
ernährende ,  die  bei  dem  grofsen  Mangel  anderer  Nahrungs- 
mittel für  sie  von  gröfster  Wichtigkeit  ist. 


mckemi$ckifhjf$iologiichir  Bk$iohL  285 

Geht  man  nun  näher  auf  diese  beiden  Getränke  in  Europa 
ein,  so  ist  in  diesem  Erdtheile  die  Art  der  Zubereitung  der- 
selben von  der  vorigen  sehr  verschieden.  Man  sieht  dabei 
gleich,  dafs  es  uns  durchaus  nicht  darauf  ankommt,  die 
nahrhaften  Substanzen  daraus  zu  beanspruchen,  sondern  die- 
jenigen, welche  indirect  zu  ernähren  im  Stande  sind,  und 
diejenigen,  welche  die  Tür  uns  so  werthvoUe  Wirkung  auf 
das  Nervensystem ,  hauptsächlich  die  Himthätigkeit ,  hervor« 
bringen. 

Um  nun  eine  Erklärungsweise  für  die  eigenthttmliche 
Bevorzugung  des  Theegenusses  von  den  Engländern  u.  s«  w. 
zu  finden,  während  die  Deutschen  leidenschaftlich  an  dem 
KaffeegenuTs  hängen,  ist  es  zuvörderst  nöthig,  die  Zusammen- 
setzung dieser  Getränke  nach  unserer  Sitte  zubereitet  näher 
zu  betrachten. 

Vergleichen  wir  eine  Tasse  Kaffee  und  eine  Tasse  Theo 
von  gleicher  Qualität,  so  finden  wir  in  ersterer  mehr  Caffein, 
aber  viel  weniger  ätherisches  Oel  als  in  letzterer. 

Schon  die  Art  unserer  Zubereitung  des  Kaffees  zum 
Genufs  geht  darauf  hinaus,  neben  dem  empyrenmatisch-ätheri- 
schen  Oel  noch  so  viel  Caffein  wie  möglich  aus  den  Bohnen 
in  das  Getränk  mit  überzuflihren,  während  wir  bei  der  Be- 
reitung des  Theeabsudes  hauptsächlich  den  ganzen  ätherischen 
Oelgehalt  des  Thees  dem  Wasser  mitzutheilen  suchen,  den 
Theingehalt  jedoch  dabei  weniger  berücksichtigen. 

Hieraus  ersieht  man,  dafs  der  Thee  ein  Getränk  ist,  bei 
dessen  Genufs  es  uns  besonders  darauf  ankommt ,  die  durch 
das  Caffein  modificirte  Wirkung  des  ätherischen  Oeles  auf 
das  Nervensystem  und  die  Himthätigkeit  hervorzurufen,  bei 
dem  Kaffeegenufs  hingegen,  vorzüglich  auf  die  den  Stoffwechsel 
verlangsamende  Wirkung  Ansprüche  zu  machen,  welche  darin 
durch  das  empyreumatische  Oel  und  den  gröfseren  Caffei'ngehalt 
zum  Vorschein  kommt,  und  nebenbei  noch  die  für  uns  so 


986  Lehmann j  Über  den  Kafee  äU  Getränk 

werthvone  Wirkung  auf  das  Nervenleben,  wenn  auch  nicht 
m  so  hohem  Grade ,  wie  durch  das  Theeabsud  zu  erhallen. 

Die  Engländer,  welche  in  ihrem  Lande  so  viel  Fleisch 
produciren,  oder  sich  überhaupt  so  viel  davon  zu  verschaffen 
wissen,  dafs  es  selbst  dem  Individuum  der  niedern  Qasse 
möglich  wird,  sich  fast  täglich  neben  anderen  an  Proteinstoffen 
reichen  Substanzen  sich  dieses  Genusses  theilhaftig  zu  machen, 
und  so  ihren  Körper  meist  normal  zu  ernähren  im  Stande 
sind,  haben  natürlich  weniger  nothwendig,  zu  Genufsmitteln 
ihre  Zuflucht  zu  nehmen,  welche  vorzüglich  indirect  ernährend 
wirken,  wie  der  Kaffee.  Da  sie  aber  wohl  das  Bedürfnifs 
ftthlen,  in  ihrem  ganzen  Nervensystem  eine  gröfsere  Belebt- 
heit und  eine  Steigerung  der  geistigen  Productivität  hervor- 
zurufen, so  ist  die  Wahl  bei  ihnen  auf  den  Thee  gefallen, 
der  diesem  Bedürfnifs  am  Besten  entspricht. 

Betrachten  wir  nun  die  Ernährungsweise  der  ärmeren 
Bevölkerung  Deutschlands,  so  sehen  vrir  leider,  dafs  die  ein- 
zelnen Individuen  derselben  das  Fleisch,  die  nahrhafteste 
Substanz  für  den  Körper,  nur  als  einen  selteneren  Lecker- 
bissen kennen  und  überhaupt  ihrer  Unbemitteltheit  w^fen 
nothgedrungen  sind,  die  an  blutbüdenden  Bestandtheilen  rei- 
chen Nahrungsmittel  durch  eine  an  denselben  sehr  arme 
Kost,  die  Kartoffeln  u.  s.  w.,  mehr  oder  vreniger  za  ver- 
drängen. Ihre  Nahrung  besteht  demnach  meist  aus  Stoffen, 
die  durch  AnfiUlung  des  Magens  wohl  den  Hunger  stillen, 
aber  die  zu  gleicher  Zeit  nicht  vollkommen  im  Stande  sind, 
den  Körper,  vorzüglich  bei  einer  angestrengten  Thätigkeit,  za 
ernähren. 

Der  körperlich  und  geistig  schlaffe  Zustand ,  der  durch 
solche  mangelhafte  Ernährung  herbeigeführt  wird,  würde  sich 
mch  bei  der  deutschen  Bevölkerung  bedeutend  fühlbarer 
machen,  wenn  sich  dieselbe  nicht  den  Kaffee  als  Genufsmittel 
angeeignet   hätte,   der   nicht   allein  bis  zu  einem  gewissen 


•n  chemiiclhpkjfsiolagiitAer  Bbnickt  287 

Grade  den  Mangel  an  Stoff  unftthlbar  macht ,  indem  er  den 
Sloffwechsel  verlangsamt,  sondern  auch  zu  gleicher  Zeit  das 
ganze  Nervensystem  in  eine  gröfsere  Thütiglceit  and  in  eine 
aufgeheiterte  Stimmung  versetzt,  die  der  unbemittelten  Classe 
weniger  ihre  gedrückte  Lage  fühlen  lafst. 

Eine  äufserst  schnelle  Verbreitnng  und  eine  von  Jahr 
zu  Jahr  steigende  Consumtion  des  Kaffees  geben  uns  Zeugnifs 
seiner  bedeutenden  Wichtigkeit,  die  er  im  socialen  Leben 
erlangt  hat. 

Wo  zu  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  derselbe  als 
Getränk  nur  bei  festlichen  Gelegenheiten  sehr  wohlhabenden 
Leuten  als  Leckerbissen  diente,  steht  er  jetzt  gerade  in  den 
Landern,  wo  Cultur  und  Intelligenz  herrscht,  wo  aber  xu 
gleicher  Zeit  die  Nahrungsmittel  sparsamer  und  theurer  wer- 
den ,  der  Bevölkerung  als  allgemeines  Genufsmittel  der  ärme- 
ren Classe  als  Bedttrfnifs  da. 

Von  der  Totalproduction  an  Kaffee,  die  sich  jährlich  auf 
600  Millionen  Pfunde  beläuft,  verbrauchen  wir  in  Europa,  in 
dem  Erdtheü,  wo  in  verschiedenen  Ländern  die  Kraftäufse- 
rangen  im  Verhältnifs  zu  den  Nahrungsmitteln  aufsergewöhn- 
lieh  grofs  erscheinen  müssen,  allein  fast  zwei  Drittheile  dieser 
ungeheuren  Quantität. 

Aber  ganz  besonders  grofs  ist  dieser  Verbraoch  von 
Kaffee  in  Deutschland,  so  dafs  sich  die  Quantität,  die  aHein 
im  Jahre  1851  für  die  Bevölkerung  der  Zollvereinsstaaten 
nöthig  war,  auf  100  Millionen  Pfunde,  also  den  sechsten  Thefl 
der  ganzen  Production  belief. 

Bei  jeder  Zdlermäfsigung,  der  der  Kaffee  in  Deutschland 
unteriag^  sahen  wir  Millionen  von  Pfunden  unwillkürlich  von 
der  Bevölkerung  mehr  verwerthen. 

Werfen  wir  einen  Blick  zurück  auf  die  Zeit,  wo  uns  der 
Westen  mit  den  Kartoffeln,  einem  Nahrungsmittel,  was  nur 
unzureichend  den  Körper  zu  ernähren  im  Stande  ist,  versorgte, 


288  Lehmann^  Über  den  Kaffee  aU  Gebrank 

80  seben  wir  in  derselben  Periode  aus  dem  Osten  den  Kaffee 
einwandern.  Und  so  fällt  denn  wieder  die  allgemeine  Ver- 
breitung des  Kaffees  in  Deutschland  mit  der  Zeit  zusamm^, 
wo  die  Cultur  der  Kartoffeln  ihren  Aufschwung  erhielt. 

Die  Gonsumtioh  an  Kartoffeln  und  Kaffee  sehen  wir  von 
dieser  Periode  an  Hand  in  Hand  bis  in  die  Jetztzeit  fort- 
gehen. Instinctmäfsig  steigert  der  Arme  den  GenuGs  von 
Kaffee,  je  mehr  er  gezwungen  ist,  die  Kartoffeln  als  sein 
Hauptnahrungsmittel  anzuerkennen. 

Die  Surrogate  des  Kaffees. 

Zur  Zeit  der  Ck>ntinentalsperre  machte  sich  der  Mangel 
an  Kaffee  in  Deutschland  zum  ers^n  Male  fiufserst  empfind- 
lich, jedoch  die  Nothwendigkeit,  ein  solches  Getränk  dennoch 
zu  besitzen,  wufste  Substanzen  im  eignen  Vaterlande  aufieu- 
finden,  welchen  man  durch  Rösten  einen  dem  Kaffee  ähn- 
lichen Geschmack  zu  ertheilen  suchte. 

Trotz  dem,  dafs  diese  für  den  Continent  so  drttdiende 
Lage  vorüberging  und  der  Kaffee  vollständig  wieder  seine 
Rechte  hätte  geltend  machen  können,  trotz  seiner  bedeutend 
vermehrten  Production  in  den  Golonien  und  den  ZoUermäfsi- 
gungen,  welche  er  in  den  verschiedenen  Ländern  erlitt,  die 
natürlich  eine  gröfsere  Billigkeit  für  dieses  Genufsmittd  nach 
sich  ziehen  mufsten,  sah  man  dennoch  die  Gon^umtion  an 
Surrogaten  nicht  wieder  abnehmen,  sondern  sich  von  Jahr  zu 
Jahr  vermehren ,  so  dafs  sich  jetzt  der  Verbrauch  derselben 
auf  Hundert  Tausende  von  Centnern  jährlich  beläuft. 

Dafs,  wie  Knapp,  wohl  auch  im  Sinne  mehrerer  anderer 
Schriftsteller,  sagt,  diese  Surrogate  keinen  von  den  Stoffen 
enthielten,  die  im  Kaffee  für  die  ärmere  Bevölkerung  von  so 
grofsem  Einflufs  sind,  und  dafs  die  Möglidikeit  des  so  aus- 
gebreiteten Genusses,  derselben  auf  Armuth  und  Unwissenheit 
beruhen,  die  in  plumper  Selbsttäuschung  die  Farbe  für  den 


«PI  chemisch'^hyiiologischer  Bmsicht.  289 

Gehalt  nehmen  y  läfst  sich  theflweise  widerlegen ,  wenn  man 
einen  genauen  Blick  auf  die  Zusammensetzung  der  Surrogate 
wirft,  und  sich  van  dem  Gedanken  frei  macht,  dafs  nur  das 
Gaffern  der  aUein  wirksame  Stoff  im  Kaffee  sey. 

Betrachtet  man  zuerst  das  Material,  was  zu  den  Surro« 
gaten  verarbeitet  wird,  so  läfst  sich  ersehen,  dafs  man  bei 
der  Wahl  desselben  ganz  willkürlich  verfährt,  indem  eben- 
sogut Wurzeln,  wie  Samen  und  Früchte  der  verschieden- 
artigsten Pflanzen  dazu  verwerthet  werden. 

So  willkürlich  man  nun  bei  der  Wahl  des  Materials  ver- 
fahrt, so  mannichfaltig  auch  die  Surrogate  seyn  mögen,  so 
gleichmäfsig  findet  man  überall  bei  der  Darstellung  derselben 
dieses  verschiedenartige  Material  einem  und  demselben  Procefj  ' 
unterworfen,  nämlich  dem  der  Röstung,  wodurch  man  in  ihnen 
brenzlich- aromatische  Stoffe  erzeugt,  deren  sich  ja  auch  im 
Kaffee  vorfinden  und  die  durch  ihre  Wirkung,  den  Stoffwechsel 
zu  verlangsamen,  für  die  ärmere  Bevölkerung  von  so  grofser 
Wichtigkeit  sind. 

Indem  wir  also  in  den  verschiedenartigsten  Pflanzentheilen 
durch  Rösten  nur  einen  dem  Kaffee  ähnlichen  Geschmack  zu 
erzielen  suchten,  theilen  wir  ihnen  dadurch  zu  gleicher  Zeit 
unwillkürlich  eine  der  werthvollsten  Eigenschaften  des- 
selben mit. 

Wenn  auch  in  dieser  Hinsicht  die  Surrogate  dem  Kaffee 
sehr  nahe  zu  stehen  kommen  und  man  den  viel  lieblicheren 
Geschmack  des  letzteren  unberücksichtigt  läfst,  so  entsteht 
dennoch  zwischen  beiden  durch  den  gänzlichen  Mangel  der 
Surrogate  an  Caffein  eine  breite  Kluft. 

Durch  den  Genufs  der  Surrogate  werden  wir  also  wohl 
der  indirect  ernährenden  Kraft  des  Kaffees  theilhaftig,  aber 
es  geht  uns  dabei  die  höchst  werthvoUe  Wirkung  desselben 
auf  das  Gefäfs-  und  Nervensystem,  hauptsächlich  auf  die  Hirn- 

AniiAl.  d.  Chem.  a.  Pharm.  LXXXVII.  Bd.  S.  Heft.  19 


290  Gerhardt  u.  Ck%o%ia^  Zusatz  zu  dm  Untersuchungen 

thUUgkeit  verloren,  die  darin  blob  dorch  das  Vorhandenseya 
von  CaiTe'in  und  empyreumatischem  Oel  hervorgerafen  wird. 
Da  nun  die  Surrogate  im  Verhältnifs  zum  Kaffee  um  das 
6-  bis  Sfache  billiger  sind  und  dieselben  gerade ,  wenn  aoeh 
nur  theilweise,  die  Wirkung  des  letzteren  besitzen,  welche 
besonders  von  der  ärmeren  Bevölkerung  beansprucht  wird^ 
so  dUrRe  es  nicht  so  sehr  verwundern ,  wenn  man  bei  der- 
selben, mehr  oder  weniger  auf  den  besseren  Geschmack  und 
die  eigenthümliche  Wirkung  auf  das  Nervensystem  verzichtend, 
den  Kaffee  durch  die  Surrogate  in  einem  gewissen  Mafse 
verdrängt  sieht. 


Zusatz  zu   den  Untersuchungen  über   die  wasser-  . 

freien  Säuren*); 

von  Ck.  Gerhardt  und  L.  Chiona. 

(MiUheilang  von  Gh.  Gerhardt) 


Man  hat  seit  längerer  Zeit  zwischen  den  verschiedenen 
in  der  Chemie  bekannten  Säuren  gewisse  Molecular- Unter- 
schiede erkannt,  welche  diese  Körper  in  einbasische ,  zwei- 
basische und  dreibasische  Säuren  unterscheiden  liefsen.  Nach 
den  Ansichten,  welche  der  eine  von  uns  kürzlich  entwickelte, 
läfst  sich  dieser  Unterschied  in  der  Constitution  in  folgender 
Art  ausdrücken,  wenn  man  alle  sauerstoffhaltigen  Säuren,  un- 
organische wie  organische,  auf  das  Wasser  als  Typus  bezieht : 
eine  einbasische  Säure  ist  aufzufassen  als  Ein  Atom  Wasser, 
in  weichem   die  Hälfte  des  Wasserstoffs  durch  eine  Atom- 


*)  Auch  in  diesem  Zusatz  sind  die  Formeln  in  Gerhardts  Schreib- 
weise (vergl  S.  57  f.)  ausgedrfickt. 


über  die  wMerfrem  Säwren.  291 

gmppe  C^in  zusammengeaeizles  Radical}  ersetzt  ist,  eine 
zweÜMflisehe  Säure  ist  aufzufassen  als  zwei  Atome  Wasser, 
in  welchen  die  Hälfte  des  Wasserstoffs  dusch  eine  solche 
Gruppe  ersetzt  ist ;  nach  denselben  Ansichten  ist  eine  was- 
serfreie Säure,  eine  einbasische  oder  eine  zweibasische,  auf- 
zufassen  als  Ein  Atom  Wasser,  in  welchem  der  ganze  GehaK 
an  Wasserstoff  durdi  dieselbe  Gruppe  oder  durch  zwei  ver- 
sdiiedene  Gruppen  ersetzt  ist.  Die  folgenden  Formeln  ver- 
deutlichen diese  Verschiedenheiten  in  der  Constitution  : 

HJO     '^fl*^      ShIoI^     c:So!ö     SO.JO     CA0.JO 

1  Atom   EtfigtSare-    Wauerfreie    Wasserfreie    Wasserfreie  Wasserfreie 
Waaer.      hydrat.       Esatgstore.   Easigbenaois.   Sch«refels.    BemsleiM. 

Hi 


H 


Ol  SO,Oi  C«H<0,  0 


2  Atone  So^wefelsiart-  Benutaintfiufe- 

Wasser.  hydrat.  hydrat« 

Man  ersieht  aus  dies^  Formeln,  dafs  die  zweibasischen 
Sünrdiydrate,  wie  die  Schwefelsäure  oder  Bemsteinsäure,  allein 
fähig  sind ,  unter  dem  Einflufs  von  Agentien ,  durch  welche 
Wasser  entzogen  wird,  direct  wasserfreie  Säiren  zu  geben. 
Man  kennt  jetzt  die  chemische  Reaction ,  mittelst  deren  wir 
wasserfreie  einbasische  Säuren  dargestellt  haben;  aus  dieser 
Beaction  ergiebt  sich,  wie  es  uns  scheint,  mit  Gewifsheit  die 
Vftschiedenheit  in  der  Constitution  der  beiden  Klassen  von 
Säuren. 

Wir  theilen  jetzt  nachfolgende  eben  so  überzeugende 
Tbatsachen  mit.  Wenn  man,  anstatt  die  einer  einbasischen 
Säore  entsprechende  Chlorverbindung  und  ein  Alkalisalz  einer 
andern  einbasischen  Säure  (Chloracetyl  und  benzoäsaures 
Kali  z.  B.}  auf  einander  einwirken  zu  lassen,  eine  solche 
Chlorverbindung  und  ein  Alkalisalz  einer  zweibasischen  Säure 
auf  einander  einwirken  läfst,  so  erhält  man  keine  wasserfreie 

19» 


292   Gerhardi  u.  (7Ato«sa,  Zmali  ssu  den  Uniersuchungen 

Doppelsäure,  sondern  eine  Mischung  von  zwei  einfachen 
wasserfreien  Säuren.  Behandelt  man  z.  B.  bemsteinsaores 
Natron  mit  Chtorbenzoyl ,  so  erhält  man  nicht  wasserfreie 
Bernsteinsäure  -  Benzoesäure ,  sondern  eine  Mischung  von 
wasserfreier  Bernsteinsäure  und  wasserfreier  Benzoesäure. 
Ebensowenig  erhält  man  wasserfreie  Doppelsäuren,  wenn  man 
in  derselben  Weise  mit  den  oxalsauren,  kohlensauren,  kork- 
sauren, f eltsauren  u.  a.  Salzen  verfährt.  Die  Ursache  daflir 
ist  sehr  einfach ;  da  die  Salze  der  zweibasischen  Säuren  alle 
die  Elemente  der  entsprechenden  wasserfreien  Säure  und[* 
aufserdem  die  Elemente  eines  Oxyds  enthalten,  so  finden 
zwei  gesonderte  Phasen  bei  der  Reaction  statt  :  1}  Spallang 
des  Salzes  zu  wasserfreier  Säure  und*  zu  Oxyd ;  2}  Einwir- 
lAng  des  so  abgeschiedenen  Oxyds  auf  die  Chlon^erbindung, 
wie  in  dem  Fall,  wo  ein  ^alz  einer  einbasischen  Säure  ange- 
wendet ist ,  wo  die  Reaction  sich  in  Einer  Phase  vollendet. 
Der  einzige  Unterschied,  welcher  hiernach  in  der  Mole- 
cularconstitution  der  wasserfreien  ^einbasischen  Säuren  und 
der  wasserfreien  zweibasischen  Säuren,  z.  B.  der  wasserfreien 
Essigsäure  und  der  wasserfreien  Schwefelsäure,  besteht,  wenn 
wir  beide  auf  1  Atom  Wasser  als  Typus  beziehen,  liegt  somit 
unserer  Ansicht  nach  in  dem  Umstand ,  dafs  bei  der  wasser- 
freien Schwefelsäure  die  zwei  Atome  Wasserstoff  im  Wasser 
durch  eine  einzige  und  urUheübare  Atomgruppe  SO^  ersetzt  sind^ 
während  bei  der  wasserfreien  Essigsäure  diese  zwei  Atome 
Wasserstoff  durch  vuoei  gleich  zusammengesetzte  Gruppen 
ersetzt  sind,  die  aber  keineswegs  nothwendig  neben  einander 
vorhanden  seyn  müssen,  sondern  deren  eine  auch  durch 
eine  andere  ähnliche  Gruppe  vertreten  seyn  kann  (wie  bei 
der  Essigsäure  ^  Benzoesäure ,  der  CSuminsäure-Zimmtsäure}. 
Wir  werden  in  einer  demnächst  erscheinenden  Abhandlung 
auf  die  untheilbaren  Atomgruppen  zurückkommen,  welche  mit 
2  H  oder  mit  3  H  äquivalent  sind. 


aber  die  icaseetfreien  Säuren,  293 

Das  Verhalten  der  Säurehydrate  zu  dem  Phosphorsuper- 
chlorid, welches  sich  als  Chlorphosphoryl ,  dessen  Sauerstoff 
durch  Chlor  vertreten  ist^  betrachten  läfst,  läCst  auch  erkennen, 
ob  sie  einbasische  oder  zweibasische  sind,  und  bestätigt  voU- 
konunen  unsere  Ansichten  über  ihre  Constitution.  Es  geht  in 
der  That  aus  flnseren  Versuchen  hervor,  dafs  bei  der  Ein* 
Wirkung  des  Phosphorsuperchlorids  auf  die  zweibasischen 
Sfiurehydrate  zwei  Phasen  stattfinden,  während  die  Einwirkung 
auf  die  einbasischen  Säurehydrate  in  Einer  Phase  vor  sich 
geht.  Behandelt  man  z.  B.  1  Atomgewicht  Bemsteinsäure- 
hydrat  mit  1  Atomgewicht  Phosphorsuperchlorid,  so  bildet  sich 
waiüerfreie  Bem«teinsäure ,  Chlorwasserstoff  und  Chlorphos* 
phoryl  (das  Phosphoro^chlorid  von  Wurtz};  behandelt  man 
dann  die  wasserfreie  Bernsteinsäure  mit  einem  zweiten  Atom- 
gewicht Phosphorsuperchlorid,  so  erhält  man  Chlorsuccinyl 
und  Chlorphosphoryl. 

1.  Phase  :  CAO,  .0,  H^O+PClaClsrrC^H^O.  .  0  +P0Cls+2HCI 

2.  Phase  :  C4H4O, .  0        +PCUCl,=C4H40a  .  CU+POCl, 

ChlorsDccioyl.  Chlorphos- 
phoryl. 

Wenn  man  Phosphorsuperchlorid  auf  ein  einbasisch^ 
Säurehydrat  einwirken  läfst,  so  erhält  man  niemals  eine  was- 
serfreie Säure;  in  diesem  Fall  bildet  sich  sofort  die  entspre- 
chende Chlorverbindung,  Chlorwasserstoff  und  Chlorphosphoryl. 

Das  Chlarmcdnyl  ist  eine  neue  Substanz,  welche  die 
Aufmerksamkeit  der  Chemiker  verdient.  Es  ist  eine  das 
Licht  stark  brechende,  an  feuchter  Luft  rauchende  Flüssigkeit, 
welche  durchdringet,  an  den  Geruch  von  feuchtem  Stroh 
erinnernd  riecht  und  deren  spec.  Gewicht  =  1,39  ist.  Sie 
hat  die  Zusammensetzung  C4H4O2CI2.  Sie  siedet  bei  190®. 
Wir  konnten  die  Dampfdichte  dieser  Substanz  nicht  bestim- 
men, da  ein  kleiner  Theil  derselben  sich  stets  bei  längerem 


294 


Gerhardt  u,  Ckiözza^  Zusaiz  zu  dm  Unienuckungen 


Kochen  zersetzt  und  etwas  kohligen  RttckstUMl  läfst.  In  Be- 
rührung mit  feuchter  Luft  wird  das  Ghlorsuccinyl  zu  krystal- 
lisirter  Bemsteinsäure.  Anilin  wirkt  mit  Heftigkeit  darauf  eh, 
unter  Bildung  von  Succinanilid.  Auch  wasserfreier  Alkohol 
wirkt  unter  Temperaturerhöhung  darauf  ein,  wobei  sich 
Chlorwasserstoff  reichlich  entwickelt  und  Belffsteinsäureäther 
entsteht. 

Das  Qdarpyröcüryl  ist  eine  andere  Verbindung  dieser 
Art,  welche  wir  aus  wasserfreier  Pyrocitronstture  (Citracon- 
säure}  erhalten  haben.  Auch  es  ist  ein  rauchendes,  das  Licht 
stark  brechendes  Oel,  welches  dem  Ghlorsuccinyl  ähnlich 
riecht  und  dessen  spec.  Gewicht  =  1,4  4^ei  15^  ist.  ^Es 
kocht  bei  175^,  zersetzt  sich  aber  nocn  leichter  als  das  Chlor- 
succinyl.  Seine  Zusammensetzung  ist  G5H40aCl3.  Durch  Al- 
kohol wird  es  sogleich  zi]i  Pyrpcitronsfturefither ,  durch  Anilin 
wird  es  zu  glimmerartigen  Blättchen  von  ItaconanQid. 

Wir  haben  ähnliche  Versuche  angestellt,  indem  wir  das 
Fhosphorsuperchlorid  auf  Camphersäure,  Weinsäure,  Fettsäure 
u.  a.  einwirken  liefsen;  wir  konnten  leicht  die  erste  Phase 
der  Zersetzung  bewerkstelligen,  in  welcher  sich  die  ent- 
sprechende wasserfreie  Säure  unter  gleichzeitiger  Entwicklung 
von  Chlorwasserstoff  und  von  Chlorphosphoryl  bildet,  aber 
wir  konnten  die  diesen  zweibasischen  Säuren  entsprechenden 
Chlorverbindungen  nicht  isoliren,  da  der  Siedepunkt  dieser 
Verbindungen  weit  über   ihrer  Zersetzungstemperatur   liegt. 

Was  die  unorganischen  Säuren  betrifft ,  so  lU^erzeugten 
wir  uns,  dafs  sie  zu  dem  Phosphorsuperchlorid  dasselbe  Ver- 
halten zeigen,  wie  die  organischen  Sätfren.  Welches  auch 
die  unorganische  Säure  sey,  eine  wasserfreie,  ein  Hydrat,  eine 
an  Basen  gebundene  —  stets  geht  bei  der  Einwirkung  auf 
Phosphorsuperchlorid  ein  Austausch  vor  sich  zwischen  dem 
Sauerstoff  der   Säure  oder  der  Base  und   einem   Theil  des 


iäfer  die  u>an$erfreien  Säuren,  295 

CMers  im  Soparchlorid.      Da  ?Cl^CU  zu  POCIj   wird,    ist 
dts  Cblorphosphoryl  ein  constantes  Prodact  dieser  Reaction  *}. 

Destillirt  man  z.  B.  Schwefelsäurehydrat  mit  Phosphor- 
snperchlorid,  so  erhäh  man  eine  sehr  stark  rauchende  Flüs- 
sigkeit, welche  Chlorphosphoryl  und  wasserfreie  Schwefel- 
säure enthält;  Aetzbaryt  kommt^  in  Berührung  mit  dieser 
Flüssigkeit  ins  Glühen  •*). 

Läfst  man  Phosphorsuperchlorid  über  schwefelsaures 
Quecksilberoxyd  streichen,  so  bildet  sich  Quecksilberchlorid 
und  eine  flüchtige  Flüssigkeit,  deren  veränderlicher  Siede- 
punkt ([zwischen  80  und  HO®}  und  Reactionen  ***J  auf  eine 
Mischung  von  Chlorphosphoryl  und  Chlorsulfuryl  (SOiCl,, 
Regnault's  adde  chhrosulfurique^  hinweisen;  zugleich  ent- 
wickeln sich  etwas  Chlor  und  schweflige  Säure  f } ,  die  ohne 
Zweifel  von  einer  secundären  Zersetzung  des  Chlorsulfuryls 
herrühren. 

Die  Einwirkung  des  Phosphorsuperchlorids  auf  die  Wol- 
fhimsäure  ist  auch  derselben  Art;  es  geht  Chlorphosphoryl 
über,  welches  mit  etwas  Chlorwolfram  und  Chlorwolframyl 
WOaG«  verunreinigt  ist,  aber  durch  eine  einzige  Rectification 
chemisch  rein  erhalten  werden  kann;  der  gröfste  Theil  des 
Wolframs  bleibt  in  der  Retorte  in  Form  von  Chlorverbindungen 
zurück,  weiche  mit  Wasser  Chlorwasserstoff*  und  ein  Gemenge 
von  Wolframsäure  und  blauem  Wolframoxyd  geben. 


*)  Doch  moffl  man  das  schwefligsaure  Gas  ansnchmen ,  welches  nach 
Kremers  sich  direct  mit  dem  Phosphorsupercblorid  verblödet. 

*^3  Chlorphosphoryl  wirkt  nicht  auf  Baryt  ein. 

***)  Die  ersten  Portionen   des  Destillats  fällen  Barytlösung   bei   weitem 
reichlicher,  als  die  letzten. 

i)  Dfts  schwetigsaure  Gas  bleibt  tfaeilweise  in  der  Flüssigkeit  gelöst  ; 
seine  Gegenwart  wird  vorzugsweise  ^vahrnehnbar,  wenn  man  diese 
letztere  in  Wasser  zertheilt. 


296  Gerhardt  tf.  Chios^za^  Uniersudumgen 

Endlich  geben  wasserfreie  Phosphorsäare  und  Phosphor- 
superchlorid bei  ihrer  Einwirkung  auf  einander  nur  voll« 
kommen  reines  Chlorphosphoryl. 

Es  ist  nach  dem  im  Vorstehenden  Mitgetheilten  klar,  deSs 
die  vermeintlichen  Verbindungen  von  wasserfreien  Säuren  und 
Phosphorsuperchlorid,  derQp  Ejustenz  .vor  einiger  Zeit  ange* 
kündigt  wurde  *^j  nichts  anderes  sind  als  Chlorphosphoryl 
oder  einfache  Mischungen  dieser  Substanz  mit  andern  ähn- 
lichen, seit  langer  Zeit  bekannten  Chlorverbindungen. 


Untersuchungen    über  die  Amide; 
von  Ch.  Gerhardt  und  L.  Chiozza. 

(Von  Ob.  Gerhardt  mitgetheilt.) 


In  meiner  Untersuchung  über  die  wasserfreien  organischen 
Säuren  *^)  habe  ich  darzulegen  gesucht ,  dafs  die  Mehrzahl 
der  bis  jetzt  genauer  untersuchten  organischen  Verbindungen 
sich  von  einer  kleinen  Anzahl  Typen  ableiten  läfst ,  die  der 
unorganischen  Chemie  entlehnt  sind ,  wie  das  Wasser ,  der 
Chlorwassersloflr,  das  Ammoniak  u.  a.  Die  von  einem  jeden 
dieser  Typen  sich  ableitenden  Verbindungen  haben,  wenn 
man  sie  als  Glieder  von  Reihen  betrachtet,  nicht  geradezu 
identische  Eigenschaften,  aber  die  Eigenschaften  derselben 
verändern  sich  stetig,  in  der  Art,  dafs  sie  um  so  gröfsere 
Verschiedenheit  zeigen ,  ein  je  gröfserer  Abstand  die  Stellen 


*}  Compt.  rend.  XXVIII,  86  und  389. 

**)  m^ae  Annalen  LXXXVH,  57  n.  149.  Auch  in  der  obigen  Mitthei- 
lang  ist  Gerhardt's  Schreibweise  der  Formeln  (vergl.  S.  57  f.) 
beibehalten. 


aber  die  Ämide.  297 

von  einander  trennt,  welche  die  mit  einander  verglichenen 
Verbindungen  als  Glieder  in  der  Reihe  einnehmen.  Nach 
dieser  Betrachtungsweise  leiten  sich  also  von  demselben  Typus 
saure,  basische  und  neutrale  Verbindungen  ab;  die  sauren 
Verbindungen  nehmen  ihren  Platz  am  einen  Ende  der  Reihe, 
die  basischen  am  entgegengesetzten  Ende,  und  die  neutralen 
Verbindungen,  welche  den  Uebergang  zwischen  den  beiden 
vorhergehenden  vermitteln,  gruppiren  sich  in  der  Mitte. 

Wenn  man  zur  Abkürzung  der  Ausdrucksweise  die  beiden 
Enden  der  Reihe  als  das  positwe  und  das  negaiipe  unter- 
scheidet, so  kann  man  sagen,  dafs  es  Gruppen  von  Atomen 
oder  organische  Radicale  giebt,  wie  z.  B.  das  Aethyl,  das 
Methyl,  das  Phenyl,  welche,  wenn  sie  an  die  Stelle  des  Was- 
serstoffs in  den  oben  genannten  Typen  eintreten,  positive 
Derivate  hervorbringen ,  d.  h.  Verbindungen ,  welche  sich 
mehr  oder  weniger  den  Basen  ähnlich  verhalten;  während 
andere  Gruppen  oder  Radicale,  wie  z.  B.  das  Acetyl,  das 
Benzoyl,  das  Cumyl^  durch  eine  ähnliche  Vertretung  negative 
Verbindungen  entstehen  lassen,  d.  h.  solche,  die  sieh  mehr 
oder  weniger  den  Säuren  ähnlich  verhalten.  Dieser  Satz 
scheint  mir  jetzt  vollkommen  erwiesen  zu  seyn  für  die  Ver- 
bindungen, die  sich  von  dem  Typus  Wasser  oder  Oxyd  ab- 
leiten, und  welche  die  Alkohole,  idie  Aether,  die  Säurehydrate 
und  die  wasserfreien  Säuren  in  sich  begreifen;  er  ergiebt 
sich  nicht  minder  deutlich  bei  Betrachtung  der  von  dem  Ty- 
pus Chlorwasserstoff  sich  ableitenden  Verbindungen,  welche 
jenen  verschiedenen  organischen  Oxyden  entsprechen. 

Was  die  von  dem  Typus  Ammoniak  sich  ableitenden  Ver- 
bindungen betrifft,  so  haben  die  Chemiker  —  ohne  Zweifel 
von  dem  Gedanken  geleitet,  dafs  die  chemischen  Eigenschaften 
in  den  Derivaten  eines  und  desselben  Typus  constant  seyen 
—  bis  jetzt  auf  das  Ammoniak  nur  solche  Verbindungen  als 
Derivate  bezogen ,   welche  deutliche  alkalische  Eigenschaften 


296  Gerhardt  u.  CAto««a,  Untersuchungen 

besiteen.  In  letzterer  Beeidiung  haben  die  schönen  Unter- 
sochungen  Hofmann's  die  Wissenschaft  mit  einer  beträcht- 
lichen Aneafal  von  Verbindangen  bereichert ,  aber  aDe  diese 
gehären  offenbar  nur  auf  das  Eine  Ende  der  Reihe ,  nändich 
das  positr?e ,  «n  welchem  auch  Alkohol  und  Aether  und  im 
AUgeneinen  di^enigen  organisdien  Oxyde  stehen,  welche 
8i(A  den  Basen  ähnlich  verhallen  und  dieselben  Radicale  ent- 
halten, wie  diese  alkalischen  zusanunengeselzten  Ammoniake. 

Sind  nun,  wie  ich  dieses  annehme,  die  Eigenschaften  der 
Derivate  eines  und  desselben  Typus  nicht  constant,  sondern 
innerhalb  der  Reihe  veränderlich ,  so  müssen  auch  von  dem 
Ammoniak  sich  ableitende  Verbindungen  existiren,  deren  Plati 
an  dem  negativen  Ende  ist ,  an  demselben  Ende ,  wohin  die 
Säurehydrate  und  die  wasserfreien  Sänren  gehören;  mit' andern 
Worten,  dieselben  Gruppen  von  Atomen  oder  organischen 
Radicale,  w^fae  durch  die  Substitution  an  die  Steile  von  i 
oder  2  Atomen  Wasserstoff  des  Wassers  die  Säurehydrate 
und  wasserfreien  Säuren  hervorbrii^en,  müssen  sich  auch  an 
die  SteHe  von  1,  2  oder  3  Atomen  Wasserstoff  des  Ammoniaks 
substitmren  lassen,  um  so  neutrale  und  mehr  oder  weniger 
saure,  von  dem  Ammoniak  sich  ableitende  Verbindungen  her- 
vorzubringen. Unter  diesem  Gesichtspunkt  lassen  sich  die 
bereits  bekannten  Amide  der  einbasischen  Säuren  als  so  ent- 
standen betrachten,  dafs  in  ihnen  das  erste  Atom  Wasserstoff 
des  Ammoniaks  durch  eine  säurebildende  Atomgruppe  (Benzoyl, 
Acetyl,  Cumyl}  vertreten  ist.  Man  weifs  in  der  That,  dafs 
die  Amide  schwache  Säuren  sind,  welche  1  Atom  Wasser- 
stoff gegen  Quecksilber^  Silber  u.  a.  austauschen  können. 
Aber  um  den  Beweis  vollständig  zu  führen  blieb  es  noch 
übrig,  auch  die  beiden  andern  Atome  Wasserstoff  in  dem 
Ammoniak  in  derselben  Weise  zu  ersetzen* 

Dieses  versuchten  wir,  Chiozza  und  ich,  nun  auszu- 
führen, vermittelst  folgender  Versuche. 


über  die  Amide,  299 

Im  Anfiing  dieser  Forschungen  nahm  ein  wesentlicher 
Punkt  unsere  Aufmerksamkeit  in  Anspruch,  nämlich  die  Dar- 
stellung d^r  IQ  unseren  Versuchen  nöthigen  Amide,  welche 
nach  den  gewöhnlichen  Verfahningsweisen  oft  mühsam  und 
langwierig  ist.  Wir  wenden  ein  sehr  einfaches  und  in  der 
Ausführung  rasch  zum  Ziele  fahrendes  Verfahren  an,  welches 
darin  besteht,  käufliches  festes  kohlensaures  Ammoniak  direct 
mit  den  Chlorverbindungen  zu  behandeln,  welche  den  Säuren 
entsprechen,  deren  Amide  darzustellen  sind;  die  Einwirkung 
findet  sofort  statt,  Kohlensäure  entwickelt  sich,  und  durch 
blofses  Waschen  mit  kaltem  Wasser  wird  das  Product  von 
dem  bei  der  Einwirkung  gebildeten  Chlorammonium  befreit. 
Man  kann  sich  so  mit  der  gröfsten  Leichtigkeit  grofse  Mengen 
Benzamid,^  Cuminamid,  Sulfophenylamid  *")  und  andere  Amide 
darstellen.  Die  für  diese  Darstellungen  nöthigen  negativen 
Chlorverbindungen  erhält  man  mittelst  Phosphorchlorid  PCI5 
oder  Phosphoroxychlorid.  An  der  Stelle  dieser  Chlorverbin- 
dungen kann  man  auch  die  entsprechenden  wasserfreien 
Säuren  anwenden. 

Die  so  entstehenden  Amide,  welche  wir  primäre  Amide 
nennen  wollen,  lassen  sich  betrachten  als  ein  Molecul  Am- 
moniak, in  welchem  1  Atom  Wasserstoff  durch  die  negativen 
Radicale  Benzoyl,  Cumyl,  Acetyl,  Salicyl,  Sulfophenyl  u.  a. 
ersetzt  ist. 


*3  In  den  Compt*  rend. XXXV,  690  theilten  Gerhardt  undChancel 
mit,  dafs  bei  Destillation  eines  snlfobensidsauren  Salzes  mit  einem 
fdiwichen  Ueberschnis  an  Phosphoroxychlorid  eine  dem  Chlorhen- 
zoyl  analoge  Verbindung  (dUorure  phenyUulfureux)  erhalten  werden 
auf  welche  Ammoniak  heftig  einwirke,  unter  Bildung  einer  dem 
Benzamid  entsprechenden,  in  Wasser  unlöslichen,  in  Alkohol  leicht 
löslichen,  aus  der  heifsen  ammoniakaliscben  Lösung  in  perlmatter^ 
glfinzenden  Blfittchen  krystallisirenden  Verbindung.  Letztere,  zuerst 
als  Fhenylsul/mid  benannte  Verbindung  ist  die  oben  als  Sulfophenyl- 
amid bezeichnete.  Dt  R. 


300  Gerhardt  u,  Chio»%a^  ütttertuchungen 

(CH,01  (G,H,Oi, 

N       H    [  N  1    H 

[Hl  f    H 

Beuorlamid.  SaUcylauid. 

IC.H,S0, 

N  I    H 
/    H 

Suirophenylamid. 

Um  mit  den  vorhergehenden  Verbindungen  die  secundären 
Amide  hervorzubringen,  d.  h.  Verbindungen,  die  aus  1  Holepul 
Ammoniak  durch  Vertretung  von  2  Atomen  Wasserstoff  durch 
negative  Radicale  sich  ableiten,  erhitzen  wir  die  primären 
Amide  mit  einer  äquivalenten  Menge  Chlorbenzoyl ,  Chlor- 
cumyl,  Chlorsulfophenyl  u.  a. ;  es  entwickeln  sich  dann  reich- 
liche Dämpfe  von  Chlorwasserstoff  und  als  Rückstand  bleibt 
das  gesuchte  secundäre  Amid.  Diese  Operationen  mufs  man 
bei  einer  bestimmten  Temperatur  ausführen,  denn  bei 
allzustarker  Erhitzung  zeigen  gewisse  Amide  leicht  eine 
secundäre  Reaction,  welche  die  Bildung  von  Nitrylen  zur 
Folge  hat. 

Was  die  tertiären  Amide  betrifil,  die  sich  als  1  Molecul 
Ammoniak ,  in  welchem  3  Atome  Wasserstoff  «durch  negative 
Atomgruppen  vertreten  sind,  betrachten  lassen  —  so  ist  ihre 
Darstellung  im  Allgemeinen  leichter  als  die  der  secundären 
Amide;  denn  diese,  mit  deutlicher  ausgesprochenen  sauren 
Eigenschaften  als  die  primären  Amide,  geben  leichter  Metall- 
salze ,  auf  welche  die  Chlorverbindungen  des  Benzoyls ,  Cu- 
myls,  Acetyls  u.  a.  schon  in  der  Kälte  einwirken. 

Auch  diese  neuen  Amide  bringen  wir  also  durch  Zer- 
setzung nach  doppelter  Wahlverwandtschaft  hervor,  d.  h. 
durch  dieselbe  Zersetzungsweise,  welche  auch  die  Aetherarten, 
die  Basen  und  die  wasserfreien  Säuren  entstehen  läfst. 

Unter  den  neuen  Verbindungen,  welche  wir  erhalten 
haben^  heben  wir  hervor  : 


über  die  Amide.  301 

Das  BeiaoyUaHeylamid 

IC,H»0J 
N    C,H,0    , 
/    H     \ 

eine  in  äufserst  feinen  Nadeln  krystallisirende,  in  Wasser  on- 

lösliche,  in  Alkohol  wenig  lösliche,  in  Alkalien  leicht  lösliche 

Substanz.    Die  alkoholische  Lösung  derselben  röthet  Lackmus. 

Sie  bildet  leicht  mit  Silber,  Blei,  Kupfer  u.  a.  Salze. 

Das  ChmyhaUcykamd 

IC,  H,  0,, 
N    C,oH„0 
f     H 
ist  dem  vorhergehenden  Amid  ähnlich. 

Das  Benwyliulfophenylcmid 

ICeHsSO, 
N    C,H,0 

f    H 

krystallisirt  in  schönen  abgeplatteten  Nadeln,  die  sehr  sauer 

sind,  sich  wenig  in  Wasser,  leicht  in  Alkalien  lösen;  es  bildet 

leicht  mit  Basen  Salze.    Das  Silbersalz  oder  SäberbensiayU 

svifophenylamid 

ICeHsSOti 

N    C,HsO 

(    Ag 

erhält  man  in  schönen  farblosen  Nadeln,  die  in  heilsem  Wasser 
löslich  sind. 

Das  Dibensioylsulfaphenylamid 

ICeHsSO,, 
N    C,H50 
fC,HsO 

krystallisirt  aus  der  Lösung  in  Aether  in  prächtigen  diamant- 
glänzenden kurzen  Prismen  mit  den  Flächen  des  Octa^ders. 
Diese  Verbindung  verhält  sich  zum  Benzoylsulfophenylamid 
wie  die  wasserfreie  Benzoesäure  zum  Benzoösäurehydrat. 


9QS  Gerhardt  ti.  Chiozzi,  Untersuchungen  über  die 

Das  Cumjflben»ayl$ulfophenjflamid 

ICe  Hs  SO. 

N  |C,  H»  0 
fC,oHuO 

krystaUisirt  ia  verfilzten  Prismen. 

Das  Dibennoyfphen^amid  CDibenzanilid} 


N    C,HsO 


kXo  \ 

bildet  schöne  glänzende  Nadeln,   die  in  kaltem  Alkohol  nur 
wenig  löslich  sind. 

Wir  sind  eben  mit  der  genaueren  Untersuchung  der 
vorhergehenden  Verbindungen  und  mehrerer  ähnlicher  Sub- 
stanzen beschäftigt.  Da  die  Zahl  der  organischen  Säuren, 
welche  Chlorverbindungen  und  wasserfreie  Säuren  geben, 
ausnehmend  grofs  ist,  so  kann  man  fast  bis  ins  Unend- 
liche die  Substitutionen  durch  negative  Radicale  abwechseln 
lassen  und  so  eine  wunderbar  grofse  Anzahl  neuer  Verbin- 
dungen hervorbringen.  Es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel, 
dafs  viele  in  den  Pflanzen  enthaltene  stickstoffhaltige  Säuren 
den  oben  besprochenen  Verbindungen  ähnlich  constituirt  sind. 

Nächstens  werde  ich  über  die  Diamide  (Amide  der 
zweibasischen  Säuren,  wie  z.  B.  das  Oxamid),  die  Amid- 
säuren  und  die  Hydramide  (wie  z.  B.  das  Hydrobenzamid} 
Näheres  mittheilen.  Die  Amidsäuren  entsprechen  offenbar 
dem  Ammoniumoxydhydrat;  ihr  Platz  ist,  wenn  man  sie  vom 
Standpunkt  der  Reihenbildung  betrachtet,  das  entgegengesetzte 
Ende,  wie  das,  wo  Hofmann's  Basen  (das  Teträthylam- 
moniumhydrat  u.  a.}  stehen. 


i 


309 

lieber  das  Vorkommen   des  Aldehyds    unter   den 
Producten  der  Destillation  des  Zuckers; 

von  C.  Völckel. 


In  meiner  Abhandhmg  ttber  die  Producte*  der  Destillation 
des  Zackers  (diese  AnnaleaLXXXY,  59)  ist  imter  demi  Namen 
ngelbKche  FUmigkeU^*  eine  flüchtige  Flüssigkeit  beschriebett^ 
welche  bei  der  DestiUatioii  des  Ziickeressiga  zuerst  üba:fdii> 
schoB  bei  30^  C.  zu  kochen  beginnt,  und  gröfstentheils  zwiaehen 
60  and  65^  C.  überdestillirt.  Bei  nöherer  Untersuchung  zeigt« 
es  sich^  dafs  diese  Flüssigkeit  Aceton,  ein  fliichAiges.  gelbge« 
färbtea  Oel,  sowie  höchst  wahrscheinlich  Aldehyde  enthüH. 
LeiEteres  gab  sich  schon  durch  den  charakteiistischea  Genichy 
das  Yerhallen  gegen  Kaliläsung  und  Salpetersäuren  Süberoxyd** 
AnuDonifft  zu  erkennen.  Holzgeist  konnte  in  dieser  Plitssig- 
keit  nicht  nachgewiesen  werden. 

In  der  oben  erwähnten  Abhandlung  liefe  ich  unentschieden^ 
ob  wirklich  Aldehyd  unter  den  DestiUationsproducten  des 
Holzes  auftrete,  weil  ich  geleg^tlick  noch  einige  weitere  Yer** 
suche  in  dieser  Hinsicht  anstellen  wollte.  Es  wurde  nämlicl) 
bei  der  ersten  Untersuchung  der  gröfsere  Theil  der  gelblichen 
Flüssigkeit  dazu  verwandt,  um  zu  erfahre,  ob  Holzgeist  unter 
dea  DestUlatioosproducten  des  Zuckers  voricomme,  oder  nicU; 
der  kleinere  Theil,  der  fUr  die  specielle  Erkennung  des  Aldehyds 
bestimmt  war,  ging  bei  einer  versuchten  Trennung  des  Acetons 
von  dem  AUehyde  mittelst  fein  gmebenea  Chlorcalciums^  bc^ 
der  Abscheidung  mit  Wasser  in  Folge  einer  zu  starken  Er- 
hitzung verloren.  Der  ganz  positive  Nachweis  einer  sehr 
geringen  Menge  Aldehyds  unter  den  Destillationsproducten 
des  Zuckers  erschien  mir  zu  jener  Zeit^  wo  ich  noch  zu  sehr 
mit  der  Untersuchung  der  übrigen  Prodncte  der  trockenen 
Destillation  des  Zuckers  und  des  Holzes  beschäftigt  war,  nicht 


304        Völckel,  Über  das  Vorkanmen  de$  Atdehydi 

80  wichtig)  dafs  ich  gen^de  noch  einmal  eine  Reihe  von  De- 
stillationen des  Zuckers  vornehmen  sollte,  besonders  da  bereits 
schon  von  Hefs  undScanlan  die  Bildung  des  Aldehyds  bei 
der  Zersetzung  organischer  Körper  durch  höhere  Temperatur 
nachgewiesen  war.  Diese  Lücke  in  meiner  früheren  Unter- 
suchung habe  ich  nun  aber  seither  auszufüllen  gesucht. 

Bei  der  Destillation  des  Zuckeressigs  geht  zuerst  eine 
gelbgefärbte  Flüssigkeit  von  einem  durchdringenden,  dem 
Aldehyd  ähnlichen  Geruch  über.  Diese  wurde  für  die  weitere 
Untersuchung  im  Wasseitade  rectificirt,  unter  Zusatz  von  einer 
kleinen  Menge  einer  Lösung  von  kohlensaurem  Natron,  um 
die  anhängende  Säure  zu  neutralisiren ,  hierauf  über  Chlor- 
calcium  entwässert  und  destfliirt,  und  das  zuerst  Uebergehende 
besonders  aufgefangen.  Diese  Flüssigkeit  hat  noch  einen 
schwachen  Stich  ins  Gelbe.  Sie  läfst  sich  in  jedem  Verhilt- 
nifs  mit  wasserfreiem  Aether  mischen.  Wird  diese  Mischung 
mit  wasserfreiem  Ammoniakgas  gesättigt,  so  zeigen  sich  in 
kurzer  Zeit  farblose  Krystalle^  die  alle  Eigenschaften  des 
Aldehyd-Ammoniaks  besitzen.  Es  kann  demnach  nun  nicht 
der  geringste  Zweifel  mehr  herrschen,  dafs  Aldehyd  bei  der 
Destillation  des  Zuckers >  jedoch  nur  in  sehr  geringer  Menge, 
sich  bilde. 

Das  Aldehyd  ist  nun  auch  sicher  in  kleiner  Menge  in  den 
•  Destillationsproducten  des  Holzes  vorhanden,  demnach  in  dem 
rohen  Holzgeist  enthalten,  und  wohl  die  Ursache,  dafs  Holz- 
geist, welcher  durch  Destillation  über  Kalk  von  den  schwer 
flüchtigen  Oelen,  wie  Furfurol,  befreit  und  hierdurch  farblos 
erhalten  wurde,  sich  wieder  färbt  und  eine  braune  Substanz 
absondert,  wenn  Aetzkali  darin  aufgelöst  wird. 

Hit  der  Bildung  des  Aldehyds  bei  der  Destillation  des 
Zuckers  steht  wohl  in  innigem  Zusammenhang  das  Vorkommen 
einer  kleinen  Menge  Ameisensäure  in  dem  Zuckeressig.  Beide 


tmier  den  Producfen  der  DesiiüaHan  des  Zuckers.     305 

zasammen  enthalten  nämlich  gleiche  Aequivalente  Wasser- 
stoff und  Sauerstoff  : 

1  Aeq.  Aldehyd  =  C4H4O, 

1  Aeq.  wasserhalt.  Ameisensäure        =r  C^H^O« 

Es  läfst  sich  nun  die  gleichzeitige  Bildung  von  Aldehyd 
und  Ameisensäure  bei  dem  Erhitzen  des  Zuckers  eben  so  leicht 
einsehen,  wie  die  Bildung  der  Kohlehydrate,  Essigsäure, 
Assamar,  Furfurol. 

Die  gelbe  Farbe  der  bis  65^  C.  i&bergehenden  Flüssigkeit^ 
die  nach  der  früheren  und  der  jetzigen  Untersuchung  haupt- 
sächlich aus  Aceton  und  Aldehyd  besteht,  rührt  von  flüchtigen^ 
leicht  veränderlichen,  gelb  gefärbten  Oelen  her,  die  haupt- 
sächlich von  80  bis  160<^  C.  überdestilliren  und  eine  von  dem 
Forfurol  abweichende  Zusammensetzung  besitzen. 

Diese  Oele  entstehen  bei  der  Destillation  des  Zuckers 
nur  in  sehr  geringer  Menge.  Sie  besitzen  einen  starken^ 
durchdringenden  Geruch,  und  werden  von  den  Alkalien,  ja 
sogar  schon  von  den  kohlensauren  Salzen  derselben,  in  braune 
Körper,  die  in  Kali  nur  *wenig  löslich  sind ,  umgeändert.  Die 
wahre  Zusammensetzung  dieser  flüchtigen  Oele  konnte  bis  jetzt 
nicht  ermittelt  werden,  da  die  geringe  Menge,  in  der  sie  er- 
halten werden,  keine  weitere  Trennung  zuliefs. 

Bei  der  früheren  Untersuchung  wurde  nur  der  Theil  der- 
selben, welcher  zwischen  140  und  150<^  C.  überging,  der  aber 
jedenfalls  sehr  mit  Furfurol,  dessen  Siedepunkt  bei  162^  C. 
liegt,  verunreinigt  ist,  analysirt.  Es  wurde  nun  auch  der  Theil 
dieser  flüchtigen  Oele,  der  von  80  bis  100<»  C.  überdestillirt, 
der  Analyse  unterworfen. 

0,2065  Grm.  dieser  Flüssigkeit  gaben  0,479  Grm.  Kohlen* 
säure  und  0,182  Grm.  Wasser. 
In  100  Theilen  : 

Annal.  d.  Chemio  u.  Pharm.  LXXXVtl.  Bd.  3.  lieft.  ^0 


306         Völckel,  über  doi  Verhalim  des  Kreosots 

KoUenstoff  62,72 
Wasserstoff  9,69 
Sauerstoff       27,59 


100,00. 

Die  ganze  Menge  dieser  ölartigen  Flüssigkeit,  welche  aus 
den  DestiUationsproducten  von  8  Pfund  Zucker  erhalten  wurde, 
betrug  nur  2  bis  3  Gramm.  Diese  Flüssigkeit  ist  leichter  als 
Wasser,  und  in  demselben,  besonders  bei  dem  Erwärmen^ 
ziemlich  leicht  mit  gelber  Farbe  löslich. 

Diese  ölartige  Flüssigkeit  ist,  wie  bereits  schon  an  einem 
anderen  Orte  bemeriit  wurde,  in  den  Froducten  der  Destillatioa 
des  Holzes  vorhanden,  und  nebst  den  Furfurolen  die  Ursache 
der  gelben  Farbe  des  rohen  Holzgeistes. 


lieber  das  Verhalten  des  Kreosots  zu  Kalk  in 

höherer  Temperatur; 

von  Demselben. 


Bei  dem  Vermischen  von  reinem  wasserfreiem  Kreosot 
mit  fein  geriebenem^  frisch  ausgeglühten  Kalk  bemerkt  man 
keine  Erwärmung,  überhaupt  keine  Einwirkung.  Bei  dem  Er- 
wärmen geht  erst  bei  dem  Siedepunkte  des  Kreosots  eine 
farblose  Flüssigkeit  über,  die  reines  unverändertes  Kreosot  ist 
Steigert  man  die  Temperatur,  so  wird  das  mit  dem  Kalk  verbun- 
dene Kreosot  ersetzt.  Es  destillirt  bei  dem  Erhitzen  über  freiem 
Feuer  eine  gelbgefärbte,  ölartige  Flüssigkeit  in  geringer  Menge 
über,  während  der  Rückstand  in  der  Retorte  sieh  mehr  und  mehr 
schwärzt.  Gegen  Ende  der  Destillation  entweichen  mit  stark 
leuchtender  Flamme  verbrennende  Gase.  Das  erhaltene  gelb- 
gefärbte Destillat  wurde  zuerst  im  Wasserbade  erwärmt    Es 


SM  KM  m  höherer  Tempenäur.  907 

gehen  hier  einige  wenige  Tröpfen  einer  farblosen  Flüssigkeit 
über,  die  dem  Gerüche  nach  Aceton  ist.  Die  rückständige 
Flüssigkeit  wurde  hierauf  mit  Kalilauge  geschüttelt,  um  das 
unrerändert  mit  übergegangene  Kreosot  zu  entfernen^  und 
alsdann  mit  Wasser  destillirt.  Die  übergehende  Ölartige 
Flüssigkeit  ist  schwach  gelblich  gefSrbt.  Sie  hat  einen  aro-* 
matisehen  Geruch  und  brennenden  Geschmack.  Sie  ist  unlös* 
lieh  in  Wasser  9  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Aether,  und 
verbrennt  mit  stark  leuchtender  rufsender  Flamme.  Das  speo. 
Gewicht  der  über  Chlorcalcium  entwässerten  Substanz  ist  as 
0,976  bei  20«  C. 

Dieselbe  beginnt  bei  120<^  C.  zu  kochen.  Der  Siedepunkt 
erhebt  sich  aber  rasch  auf  180^  C.  Es  destillirt  nun  der 
gröfste  Theil  der  Flüssigkeit,  noch  schieb  gelblich  gefärbt, 
bis  200«  C.  über,  lieber  200*  C.  gehen  noch  wenige  Tropfen 
einer  Flüssigkeit  Über,  die  fast  das  gleiche  spec.  Gewicht 
wie  das  Wasser  hat,  denselben  Geruch  wie  das  Kapnomor 
besitzt,  und  demnach  wohl  Kapnomor  ist. 

Für  die  Analyse  wurde  die  von  180  bis  200^  C.  überge- 
gangene Flüssigkeit  in  zwei  Portionen  aufgefangen. 

L  0,192  Grm.  der  ersten  Portion,  von  180  bis  190«  C.  über- 
gegangen, gaben  0,548  Gnu.  Kohlensäure  und  0,147  Grm. 
Wasser. 

n.  0,343  Grm.  der  zweiten  Portion,  von  190  bis  200«  C. 
übergegangen,  gaben  0,996  Grm..  Kohlensäure  und 
0,266  Grm.  Wasser. 


Diefs  giebt  in  100  Theilen  : 

I. 

n. 

Kohlenstoff   77,72 

79,16 

Wuserstoff    8,49 

8,«0 

Sauerstoff     13,79 

12,24 

100,00 

100,00. 

20* 

306  Völckel,  iAer  das  Verhalten  de»  KreosoU 

Es  ergiebt  sich  hieraus ,  dab  die  von  180  bis  200«  C. 
Übergehende  Flüssigkeit  mehrere  Zersetzungsproducte  des 
Kreosots  enthält.  Die  geringe  Menge  derselben  —  100  6nn. 
Kreosot,  mit  dem  gleichen  Gewichte  Kalk  desiillirty  gaben  nur 
10  Grm.  —  gestattete  aber  keine  weitere  Trennungsversuche. 
Diese  Flüssigkeit  hat  grofse  Aehnlichkeit  mit  derjenigen,  die 
Reichenbach  unter  dem  Namen  Kapnomor  beschrieben  hat 
In  concentrirter  Essigsäure  löst  sich  dieselbe  leicht  auf; 
Wasser  scheidet  sie  unverändert  wieder  ab.  Concentrirte 
Salpetersäure  greift  dieselbe  schon  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur sehr  heftig  an.  In  concentrirter  Schwefelsäure  löst 
sie  sich  unter  Erwärmen  mit  rothbrauner  Farbe  unter  Bildung 
einer  gepaarten  Schwefelsäure  auf. 

Diese  Zersetzungsproducte  des  Kreosots  finden  sich  auch 
unter  den  Destillationsproducten  des  Hobses.  Sie  sind  sowohl 
in  dem  bei  der  Destillation  des  Theers  zuerst  übergehenden 
leichten  Theeröle,  als  auch  in  dem  darauf  folgenden  schweren 
Theeröle  enthalten. 

Das  Vorkommen  dieser  Zersetzungsproducte  des  Kreosots 
in  dem  leichten  Theeröle  ist  die  Ursache,  dafs  das  nur  mit 
Aetzkali  gereinigte  leichte  Theeröl  bei  der  Analyse  stets 
weniger  Wasserstoff  liefert ,  als  einer  Mischung  der  Mesityl- 
oxyde  :  CeHsO  mit  den  Mesitylenen  :  CeH«  entsprechen 
würde. 

Diese  ölartigen  Flüssigkeiten  lösen  sich,  wie  ich  mich 
durch  directe  Versuche  überzeugt  habe,  mit  dem  Kreosot  in 
concentrirter  Kalilauge  auf.  Durch  Zusatz  von  Wasser  wird 
wohl  ein  Theil  derselben  abgeschieden;  eine  vollständige 
Abscheidung  gelingt  jedoch  erst  durch  längeres  Kochen. 

Das  käufliche  Kreosot  enthält  daher,  wenn  es  nicht  nach 
dem    in    meiner    Abhandlung  *}    beschriebenen    Verfahren 


^)  Diese  AnDalen  LXXXVI,  66. 


zu  Kalk  in  höherer  TempercOur.  309 

gereinigt  worden  war^  stets  mehr  oder  weniger  von  diesen 
Zersetzungsproducten  des  Kreosots.  Das  spec.  Gewicht  eines 
solchen  anreinen  Kreosots  wird  geringer  seyn,  als  das  von 
mir  für  das  reine  Kreosot  gefundene  i,076.  Die  Analysen 
werden  auch  einen  gröfseren  Gehalt  an  Kohlenstoff  und  Was- 
serstoff, als  dem  reinen  Kreosot  entspricht,  liefern. 

Ein  derartiges  Kreosot  untersuchte  v.  Gorup-Besanez*}, 
wie  sich  diefs  aus  dem  dort  beschriebenen  Verhalten  des 
Kreosots,  besonderiT  gegen  Essigsäure  und  Kalk,  ergiebt. 

Nach  V.  Gorup-Besanez  löste  sich  das  von  ihm  ana- 
lysirte  Kreosot  nur  zum  Theil  in  gewöhnlicher  Essigsäure  auf. 

Reines  Kreosot  wird  aber  sehr  leicht  nicht  blofs  von  con- 
centrirter  Essigsäure,  sondern  auch  von  gewöhnlicher  Essig- 
säure vollständig  aufgelöst.  Eine  solche  Lösung  in  über- 
schüssiger Essigsäure  läfst  sich  mit  Wasser  vermischen,  ohne 
dafs  eine  Trübung  erfolgt.  Da  nun,  wie  bereits  angegeben 
wurde,  die  oben  beschriebenen  Zersetzungsproducte  Ats 
Kreosots,  so  wie  das  Kapnomor  nur  in  concentrirter  Essig- 
säure und  nicht  in  gewöhnlicher  löslich  sind,  so  wird  ein 
damit  verunreinigtes  Kreosot  sich  auch  nur  zum  Theil  in  ge- 
wöhnlicher Essigsäure  auflösen.  Die  Löslichkeit  des  Kreosots 
in  gewöhnlicher  Essigsäure,  so  wie  in  ganz  verdünnter  Kali- 
lauge, kann  als  ein  Kennzeichen  der  Reinheit  desselben  an- 
gesehen werden. 

Nach  V.  Gorup-Besanez  tritt  bei  dem  Vermischen 
des  Kreosots  mit  Kalk  eine  Erwärmung  und  Färbung  ein. 
Bei  der  Destillation  geht  schon  bei  100  C.  eine  milchige 
Flüssigkeit  über,  zwischen  180  und  190<^  C.  eine  aromatisch- 
riechende, auf  Wasser  schwimmende  Flüssigkeit,  und  sobald 
die  Temperatur  auf  203^  C.  gestiegen  ist,  ein  schweres  Oel. 
Die  Erwärmung,  welche  von  v.  Gorup-Besanez  bei  dem 


*)  Diese  Anoalen  UXXVI,  223. 


310  Völckelj  Ober  da»  Verhauen  de$  Kreosots 

Vermischen  des  Kreosots  mit  Kalk  beobachtet  wurde,  röhrte 
wohl  von  einem  Wassergehalt  des  angewandten  Kreosots  her. 
Die  bis  206^  C.  übergegangenen  Flüssigkeiten  waren  wohl  auch 
sicher  schon  fertig  gebildet  in  dem  Kreosot  vorhanden;  denn 
<he  Verbindungen  des  Kreosots  mit  Basen  zersetzen  sich  erst 
bei  einer  Temperatur,  die  über  dem  Siedepunkte  des  Krea* 
sots  liegt. 

y.  Gorup-Besanez  analystrte  das  von  203  bis  206^  C. 
übergegangene  Oel,  ohne  aber  dasselbe  von  dem  allfiKUig  mit 
übergegangenen  Kreosot  durch  eine  Behandlung  mit  Kalilauge 
zu  befreien.  Die  von  ihm  gefundenen  Zahlen  fallen  zwischen 
die  der  obigen  Analysen  I  und  II .  der  Zersetzungsproducte 
des  Kreosots  durch  Kalk. 

Obgleich  das  Kreosot  eine  leicht  veränderliche  Substanz 
ist,  so  ist  es  mir  doch  ebensowenig  wie  v.  Gorup-Besanez 
geglückt,  wohl  characterisirte  Zersetzungsproducte  zu  erhalten. 
Das  Verhalten  des  Kreosots  zu  chlorsaurem  Kali  und  Salz-* 
säure  habe  ich  nicht  untersucht. 

Das  Kreosot  wird,  wie  bereits  an  einem  anderen  Orte 
bemerkt  wurde,  schon  durch  die  Wärme  verändert.  Bei 
jeder  Destillation  einer  gröfseren  Menge  Kreosot  bleibt  ein 
stark  gefärbter  Rückstand,  der  ähnliche  Harze  enthält,  wie 
die  von  v.  Gorup-Besanez  durch  Einwiricung  von  Silber- 
ojEyd  auf  Kreosot  erhaltenen.  Diese  Harze  sind  auch  in  dem 
Holztheer  vorhanden. 

V.  Görup-Besanez  ist  es  nicht  gelungen,  eine  con- 
staute  Bleiverbindung  des  Kreosots  zu  erhalten.  Die  von  mir 
analysirte  Bleiverbindung  wurde  durch  Fällen  einer  verdünnten 
ammoniakalischen  Lösung  des  Kreosots  mit  einer  gleichfalls 
verdünnten  und  mit  Ammoniak  vermischten  Lösung  von  essig- 
saurem Bleioxyd  erhalten. 

Das  Kreosot  löst  sich  schwierig  in  verdünntem  Ammoniak, 
ziemlich  leicht  in  Ammoniak  von  gewöhnlicher  Stärke;   noch 


au  Kalk  m  höherer  Temperaiur.  311 

schneller  erfolgt  die  Veri)indang  des  Kreosots  mit  dem  Am- 
moniak, wenn  man  das  Kreosot  zuerst  in  dem  mehrfachen 
Volumen  Alkohol  auflöst. 

Eine  Anflösung  des  Kreosots  in  Ammoniak  färbt  sieh  in 
Berührung  mit  der  Luft  Um  daher  die  Anflösung  des  Kreo- 
sots so  schnell  wie  möglich  zu  bewhrken,  wurde  bei  der 
Darstellung  der  Bleiverbindung  Tür  die  Analyse  eine  kleine 
Menge  Kreosot ,  1  bis  2  Grm. ,  in  6  bis  8  Grm.  absolutem 
Alkohol  gelöst,  die  Lösung  mit  concentrirtem  Ammoniak  ver- 
mischt, und  diese  mit  100  bis  200  Grnu  Wasser  verdünnt. 
Diese  verdünnte  Kreosotlösung  giebt  mit  einer  gleichfalls  ver- 
dünnten und  mit  Ammoniak  vermischten  Lösung  von  cssig- 
saurem  Bleioxyd  einen  weifsen  Niederschlag. 

Die  auf  diese  Art  erhaltene  Bleiverbindung  hatte  bei 
wiederholter  Darstellung  dieselbe  Zusammensetzung. 

Aus  der  Untersuchung  von  v.  Gorup-Besanez  geht 
ferner  hervor,  dafs  auch  in  dem  von  ihm  untersuchten 
Kreosot  die  von  Reich enb ach  beschriebenen  Körper ,  das 
Picamar  und  das  Cedriret ,  nicht  enthalten  waren ,  da  das 
Kreosot  bis  220<»  C.  vollständig  überdestillirte,  wie  das  Kreosot, 
das  zu  meiner  Untersuchung  diente.  Wäre  nämlich  Picamar 
darin  vorhanden  gewesen,  so  hätte,  da  der  Siedepunkt  des- 
selben nach  Reichenbach  bei  270<^  C.  liögt,  bei  der  De- 
stillation des  Kreosots  der  Siedepunkt  sich  auch  eben  so 
hoch  erheben  müssen.  Die  Bildung  des  Cedrirets  hätte 
V.  Gorup-Besanez  bei  der  Einwirkung  von  chromsaurem 
Kali  und  Schwefelsäure  auf  das  Kreosot  auch  beobachten 
müssen. 


312 


lieber  das  Wurmsamenöl ; 
von  Demselben. 


Bei  einer  früheren  Untersuchung  dieses  Oels  (diese  An- 
nalen  XXXVIII,  110}  fand  ich,  dafs  dasselbe  der  HaupUnenge 
nach  aus  einem  sauerstoffhaltigen  Oele  besteht,  dem  aber  eine 
kleine  Menge  eines  anderen,  gleichfalls  sauerstoffhaltigen 
Oels  beigemischt  ist.  Die  kleine  Menge,  die  mir  für  jene 
Untersuchung  zu  Gebote  stand,  gestattete  damals  keine  weitere 
Trennung  dieser  beiden  Oele.  Da  man  sich  nun  gegenwärtig 
das  Wurmsamenöl  leicht  aus  Fabriken,  in  denen  Santonin  im 
Grofsen  dargestellt  wird,  verschaffen  kann,  so  habe  ich  eine 
nochmalige  Untersuchung  desselben  vorgenommen. 

Das  Wurmsamenöl  für  die  folgende  Untersuchung  erhielt 
ich  aus  der  chemischen  Productenfabrik  von  Engelmann 
und  Böhringer  in  Stuttgart.  Das  Wurmsamenöl  war,  wie 
ich  es  erhielt,  dickflüssig  und  stark  gefärbt  Bei  der  Recti- 
fication  mit  Wasser  ging  dasselbe  gelb  gefärbt  über.  Es 
wurde  defshalb  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  Aetzkali 
vermischt  und  nach  längerer  Einwirkung  unter  Zusatz  von 
Wasser  destillirt.  Aber  auch  auf  diese  Weise  konnte  das 
Wurmsamenöl  nicht  ganz  farblos  erhalten  werden. 

Das  über  Chlorcalcium  entwässerte  Oel  beginnt  bei 
170<^  C.  zu  kochen;  das  Thermometer  steigt  jedoch  auf 
175<^  C.  Es  destillirt  nun  unter  langsamem  Steigen  des  Ther- 
mometers ungefähr  die  Hälfte  des  Oels  bis  180<^  C.  über. 
Von  da  erhebt  sich  der  Siedepunkt  nach  und  nach  bis  auf 
220<»  C.  Während  der  Destillation  färbt  sich  das  kochende 
Oel  mehr  und  mehr ,  und  es  bleibt  bei  220^  C.  eine  kleine 
Menge  eines  starkgefärbten,  ganz  dickflüssigen  Oels  in  der 
Retorte  zurück.  Das  destillirte  Oel  hat  einen  Stich  ins  Gelbe  ; 
das   zwischen  200   und   220<^  übergehende   Oel  ist  stärker 


Yölckel,  über  das  WurmsamenöL  313 

geGirbt  und  dickflüssig.  Wenn  man  den  Theü  des  Oels,  der 
zwischen  180^  C.  und  200^  C.  übergeht,  besonders  aufiangt 
und  nochmals  destillirt,  so  geht  nun  der  gröfsere  Theil  davon 
zwischen  175  und  180<^  C.  über,  ein  kleinerer  Theil  v(hi  180 
bis  200^  C,  und  der  Rest  bis  auf  eine  geringe  Menge  stark 
gefärbten  Oels  von  200  bis  220«  C.  Durch  wiederholte  De- 
stillationen läfst  sich  nun  das  Wurmsamenöl  so  weit  trennen, 
dafs  der  gröfste  Theil  desselben  von  175  bis  180<^  G.  über- 
geht, und  der  kleiner^  Theil  von  180  bis  220<^  C. 

Aus  diesen  Erscheinungen  bei  der  Destillation  des  Wurm- 
samenöls  ergiebt  sich  nun,  dafs  dasselbe  grö&tentheils  aus 
einem  Oele  besteht,  dessen  Siedepunkt  bei  175^  C.  liegt,  und 
nur  eine  kleine  Menge  eines  gelb  gefärbten,  durch  die  Wärme 
leicht  veränderlichen  Oels  enthält. 

Zur  weiteren  Reinigung  wurde  das  von  175  bis  180^  C. 
übergehende,  noch  schwach  gelb  gefärbte  Wurmsamenöl  über 
etwas  festes  Aetzkali  rectificirt.  Hierbei  färbt  sich  sowohl 
das  kochende  Oel,  wie  das  Aetzkali.  Das  destillirte  Oel  ist 
dann  farblos.  Die  Destillation  über  festes  Aetzkali  wurde 
noch  einigemal  wiederholt,  da  bei  nur  Einer  Destillation  noch 
ein  Theil  des  leicht  veränderlichen  Oels  der  zersetzenden 
Einwirkung  des  Aetzkalis  entgeht.  Das  auf  diese  Art  ge- 
reinigte Wurmsamenöl  hat  nun  einen  constanten  Siedepunkt; 
es  destillirt  nämlich  vollständig  zwischen  174  und  175^  C. 
ober,  bei  0,712»  Barometerstand. 

Aus  dem  kleineren  Theile  des  Wurmsamenöls ,  der  von 
180  bis  230^  C.  übergeht,  läfst  sich  durch  Destillation  über 
festes  Aetzkali,  wodurch  das  dickflüssige  gelbe  Oel  verharzt 
wird,  noch  von  diesem  Oele,  dessen  Siedepunkt  zwischen 
174  und  175<^  C.  liegt,  abscheiden. 

Ich  habe  mich,  bevor  das  Wurmsamenöl  dieser  Behand- 
lung mit  Aetdcali  unterworfen  wurde,  zuvor  überzeugt,  dafs 
der  Haupttheil  des  Oels  keine  Veränderung  hierdurch  erleidet. 


314  Völckelj  über  das  Wurmsamenöi 

Es  wurde  nämlich  das  bei  der  ersten  Destillation  des  Wurm- 
samenöls zuerst  übergehende  Oel  einige  Male  für  sich  ohne 
Aetzkali  umdestiHirt  und  immer  nur  das  zuerst  übei^ehende 
Oel  aufgefangen.  Dieses  gab  bei  der  Analyse*}  dieselbe 
Zusammensetzung  wie  das  Wurmsamenöi,  das  der  Behandlung 
mit  festem  Aetzkali  unterworfen  worden  war. 

Für  die  Analyse  wurde  das  zwischen  174  und  175*  C. 
übergehende  Oel  in  zwei  Portionen  aufgefangen. 
I.    0,241  Grm.  Oel   der  ersten  Portion  gaben  0,706  6rm. 

Kohlensäure  und  0,246  Grm.  Wasser. 
IL    0,224  Grm.  Oel  der  zweiten  Portion  gaben  0,655  Grm. 

Kohlensäure  und  0,228  Grm.  Wasser. 
III.    0,2495  Grm.  von  dem  Oel,  das  nicht  mit  Kali  behandelt 
worden  war,  gaben  0,731  Grm.  Kohlensäure  und  0,256 
Grm.  Wasser. 
Diefs  entspricht  : 

berechnet  gefonden 

i.   ^    li  ~""  iiL 

12  Aeq.  Kohlensoff  900      80,00        79,90      79,74      79,87 

10    «      Wasserstoff  125      11,11        11,32      11,30      11,32 

1    „      Sauerstoff    100       8,89         8,78       8,96       8,81 

1125  100,00  100,00  100,00  100,00. 
Das  auf  die  oben  angegebene  Weise  gereinigte  Wurm- 
samenöi hat  einen  viel  reineren,  feineren  Genich,  als  das 
rohe  Oel.  In  Berührung  mit  der  Luft  Bkthi  es  sich  nicht. 
Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und 
Aether,  und  brennt  mit  stark  leuchtender  rufsender  Flamme.  Das 
spec.  Gewicht  ist  ss  0,919  bei  20^  C.  In  concentrirter  Schwefel« 
säure  löst  es  sich  unter  Erwärmen  auf.  Die  Auflösung  ist 
dickflüssig,  stark  gefärbt,  in  kurzer  Zeit  entwickelt  sich  dar- 
aus schweflige  Säure.  Von  concentrirter  Salpetersäure  wird 
das  Oel ,  besonders  bei  dem  Erwärmen ,  sehr  heftig  ange- 


*)  Die  Analyfe  III  ist  yon  dieser  Substanz. 


Völckel,  aber  das  WurnuamenöL  315 

iffeiiy  und  grörsientheik  in  eine  gelbe  harzige  Substanz 
umgewandelt,  die  sich  nach  Zusatz  von  Wasser  abscheidet. 
Bei  dem  Kochen  mit  verdünnter  Salpetersäure  entsteht  die* 
selbe  Substanz,  sowie  Oxalsäure.  Die  Bildung  einer  beson- 
deren Saure  wurde  nicht  beobachtet.  Das  Oel  absorbirt  unter 
schwachem  Erwärmen  und  geringer  Färbung  frockenes  sab- 
saures  Gas.  In  kurzer  Zeit  bilden  sich  feste  harte  KrystaDe, 
die  jedoch  bei  der  geringsten  Menge  von  Wasser  wieder 
zerfliefsen.  Bei  dem  Auspressen  zwischen  Papier  verschwin- 
den diese  Krystalle  unter  der  Hand,  indem  sie  Wasser  aus 
der  Luft  anziehen.  Es  war  daher  nicht  möglich,  diese  lose 
Verbindung  des  Wurmsamenöls  mit  Salzsäure  zu  analysiren 
und  daraus  das  Aequivalent  des  Wurmsamenöls  zu  bestimmen. 

Das  in  dem  rohen  Wurmsamenöl  noch  enthaltene  dick- 
flüssige,  gelb  geßirbte,  leicht  veränderliche  Oel  konnte  ich 
nicht  im  reinen  Zustande  erhalten,  um  seine  Zusammensetzung 
zu  bestimmen.    Vergleicht  man  aber  obige  Analysen  mit  den 
früheren  des  Wurmsamenöls,  das  nicht  mit  Kali  behandelt 
wurde,  und  aus  dem  das  zweite  Oel   demnach   nicht  abge- 
schieden war,  so.  ergiebt  sich ,    dafs  das  leicht  veränderliche 
Oel   weniger   Kohlenstoff  und   Wasserstoff,   dagegen    mehr 
Sauerstoff  enthalte,   als  das  hier  beschriebene.    Die  früheren 
Analysen  geben  nämlich ,  wenn  sie  nach  dem  neuen  Aequi- 
valent des  Kohlenstoffs  umgerechnet  werden,  in  100  Theilen  : 
Kohlenstoff        76,91        77,80       76,69       76,90 
Wasserstoff       10,46        10,83        10,62        10,56 
Sauerstoff         12,63        11,37        12,69        12,54 

100,00      100,00      100,00      100,00. 

Vor  einiger  Zeit  erhielt  ich  aus  einer  hiesigen  Apotheke 
Wurmsamenöl,  das  nach  der  Rectification  mit  Wasser  farblos 
wurde,  nnd  in  Berührung  mit  der  Luft  in  einen  schön  kry- 
stallisulen  farblosen  Körper  sich  umwandelte. 


316  Völckel^  iiber  das  WurmsamenöL 

Das  fragliche  Wurmsamenöl  besitzt  den  characteristisdi^ 
Geruch  des  Wumisamens ,  der  aber  doch  von  dem  Gerüche 
des  vorigen  Oels  etwas  verschieden  ist.  Das  über  Chlorcal- 
cium  entwässerte  Oel  beginnt  bei  150*  C.  zu  kochen;  der 
Siedepunkt  erhebt  sich  aber  nach  und  nach  auf  220<^  C-  Das 
zuletzt  —  von  210  bis  220<>  C.  —  übergehende  Oel  erstarrt 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zu  einer  krystallinischen 
Masse.  Das  zuerst  überdestiUirende  Oel,  in  einer  grofsen 
Oberfläche  der  Luft  dargeboten ,  geht  in  kurzer  Zeit  in  den- 
selben krystallinischen  Körper  über,  und  zwar  krystallisirt 
jeder  Tropfen  dieses  Oeles. 

Da  das  Oel,  vrie  ich  es  erhielt,  schon  verändert,  nämlich 
theilweise  bereits  in  den  krystallinischen  Körper  übergegangen 
war,  und  defshalb  eine  Analyse  keinen  weiteren  Aufschlufs 
geben  konnte,  so  vmrde  diese  unterlassen. 

Der  feste  Körper,  in  den  dieses  Wurmsamenöl  übergeht, 
krystallisirt  in  farblosen  Prismen.  Er  schmilzt  sehr  leicht, 
und  destillirt  zwichen  210  und  220*  C.  unverändert  über. 

Er  hat  ganz  den  Geruch  des  Pfeifermünzöls  und  ist  auch, 
wie  die  folgende  Analyse  zeigt,  nichts  anderes  als  Menthen- 
campher. 

0,207  Grm.  Substanz  gaben  0,587  Grm.  Kohlensäure  und 
0,233  Grm.  Wasser. 

Diefs  entspricht  : 

berechnet  gefunden 

10  Aeq.  Kohlenstoff    750  77,27  77,17 

10    „      Wasserstoff   125  12,61  12,54 

1    „      Sauerstoff      100  10,11  10,29 

975  100,00  100,00. 

Es  liegt  nun  die  Vermuthung  nahe,  dafs  dieses  Wurm- 
samenöl mit  Pfeffermünzöl  verfälscht  war.  Allein  einerseits 
ist  das  Wurmsamenöl  gegenwärtig  billiger,  als  das  Pfeffer- 
münzöl,  anderseits   konnte    ich  auch  bei  mehreren  Sorten 


Yölckely  aber  dai  Wurm$amenol.  317 

Preffennttnzöl  keine  derartige  KrystaUisation  bei  Berührung 
mit  der  Lnft  beobachten.  Da  das  Wurmsamenöl  von  dem 
hiesigen  Apotheker  schon  vor  mehreren  Jahren  aus  einer 
chemischen  Fabrik  bezogen  worden  war,  so  gaben  Nachfor- 
schungen keinen  weiteren  Aufschlufs. 


Kritisches  und  Thatsächliches  über  die  Reaction  der 

frischen  Milch ; 

von  J.  Schlofsberger. 


lieber  diejenige  Eigenschaft  der  Milch,  welche  sich  dem 
ersten  Anscheine  nach  am  einfachsten  und  unzweifelhaftesten 
feststellen  lassen  sollte,  nämlich  über  ihre  ReacHon  auf  Pßart' 
zenfarbenj  herrschte  von  den  ersten  brauchbaren  Untersuchung 
gen  jenes  Secrets  bis  noch  in  den  Anfang  des  letzten  Jahr-* 
zehnts  hinein  eine  durch  ihre  vielen  Widersprüche  verwirrende 
Mannigfaltigkeit  der  Angaben.  Nicht  nur  dafs  von  gleich 
anerkannten  Chemikern  die  einen  die  normale  Milch  im 
schroffen  Gegensatz  zu  der  jetzt  herrschenden  Ansicht  sauer 
(so  Berzeliüs,  Peli^ot,  Lassaigne},  die  anderen  die- 
selbe neuiral  oder  aikalüch  gefunden,  und  so  bald  jene  bald 
diese  als  ein  Kennzeichen  einer  guten ,  gesunden  Milch  an- 
gegeben hatten,  wurden  insbesondere  auch  über  die  in 'oder 
aufser  dem  Thiere  gelegenen  Ursachen  dieser  Abweichungen 
die  verschiedensten  Beobachtungen  und  Yermuthungen  mit- 
getheilt. 

Dieser  früheren  Zerfahrenheit  der  Meumngen  war  seit 
etwa  10  bis  15  Jahren,  durch  Donna,  Simon  und  durch 
Versuche  der  Giefsener  Schule  vel*anlafst ,  die  Lehre  gegen- 
über gestellt  worden,    dafs  bei  der  ganz  frischen  normalen 


318      Schlofsberger,  KriiistAei  und  natiäMichei 

Milch  die  AJkäeiceim  die  allgemeine  Regd  bflde.  Mab  hatte 
aUmälig  eine  gründlichere  Einsicht  in  das  Wesen  und  die 
Bedingungen  der  Milchsäoregährung  gewonnen  und  die  grofse 
Geneigtheit  des  MilchzudEers  zur  Metamorphose  in  jene  Säure 
kennen  gelernt;  in  den  Monographieen  von  Donna,  Simon 
u.  A.  war  eine  grofse  Anzahl  von  Beobachtungen  zusammen- 
gestellt, welche  die  alkalische  Reaction  der  gewöhnlichsten 
Milcharten,  zugleich  aber  auch  deren  Neigung  zu  baldiger 
Säuerung  (an  der  Luft)  nachwiesen.  Hierauf  gestützt  und 
von  hier  aus  vorschnell  generalisirend  ging  man  über 
die  vielen  gegentheiligen  Angaben  früherer  und  auch  ein- 
zelner neuerer  Chemiker  mit  der  scheinbar  befriedigenden 
Erklärung  hinweg,  dafs  in  diesen  Fällen  entweder  KrcaikheUen 
des  milchenden  Thiers  oder  aber  ein  terepaieUe  Prüfen  der 
Milch  die  Veranlassung  zu  dem  ausnahmsweisen  Erfunde  ge- 
geben haben.  Wir  finden  denn  auch  diese  Doctrin  ganz  all- 
gemein in  den  neueren  physiologisch- chemischen  Werken, 
z.  B.  in  Simon's  med.  Chem.  Bd.  11,  S.  276  und  292;  in 
Scherer's  Artikel  „Milch  ^  in  Wagner's  Handwörterbuch 
S.  452  und  465;  in  Lehman n's  phys.  Chem.  2.  Aufl.  Bd.  II, 
S.  325  u.  s.  w.  Die  neueren  Beobachtungen  von  Pätit  und 
d'Arcet,  die  thatsächliche  Zweifel  gegen  die  allgemeine 
Geltung  jener  Lehre  zulassen,  blieben  beinahe  unbeachtet, 
und  wenn  in  der  jüngsten  Zeit  Fälle  von  MUch  wahi^enom- 
men  wurden,  die  schon  beim  Melken  sauer  reagirte,  so  wur- 
den sie  für  so  grofse  Ausnahmen  erachtet ,  dafs  man  sie 
eigens  beschrieb  (so  Moleschott,  zwei  Fälle  saurer  Knh- 
mflch  bei  Stallflitterung,  im  Arch.  für  phys.  HeUkunde  1852, 
S.  697J. 

So  wenig  ich  in  Abrede  stellen  möchte,  dab  in  manchen 
der  früheren  Angaben  von  saurer  Beaction  allein  das  Unter- 
suchen von  an  der  Luft  sauer  gewordener  Milch  die  Schuld 
getragen,   und  dafs  in  einzelnen  Fällen  auch  pathologische 


iO^  die  Beactim  der  friächm  Mäek  319 


Verhidtiiisse  beteiligt  gewesen  seyn  mögen  (ttbrigens  wurde 
z.  B.  bei  den  an  der  s.  g.  Cocote  leidenden  Kühen  die  Milch 
eonstant  und  slark  alkalisch  von  Guibourt  o.  A.  gefunden), 
so  werden  doch  die  nachstehenden  zahlreichen  Beobachtungen 
beweisen,  welche  bedeutende  Einschränkungen  die  gegen« 
wärtige  allgemeine  Lehre  von  der  alkalischen  als  der  nor- 
malen Reaction  der  Milch  zu  erleiden  habe.  Wir  werden 
sehen,  dafs  sie  nur  für  die  meneckUcke  Milch  noch  ihre  r«& 
GttiigkeU  behält ,  dafs  dagegen  schon  bei  der  Milch  unserer 
pßa9»enfre$eetulen  Hausthiere  grotse  Abweickungen  auftreten, 
und  dab  die  Milch  der  FMschfreeeer  vielleicht  eben  so  gut 
normal  sauer  ^  als  die  des  Menschen  normal  alkalisch  ist. 

Die  von  mir  mitzutheilenden  Untersuchungen  haben  auf 
meine  Bitte  hin  Herr  Hofrath  Dr.  Elsa fs er  am  Stuttgarter 
Katharinenspital ,  Herr  stud.  Rattenmann  in  der  hiesigen 
gebortshiilflichen  Klinik  und  Herr  Prof.  Dr.  Rueff  an  der 
Academie  zu  Hohenheim  anzustellen  die  Güte  gehabt.  Die 
Lackmuspapiere  wurden  sorgfältig  bereitet,  die  Milch  wurde 
unmittelbar  aus  der  reinen  Brustdrüse  oder  dem  Euter  weg 
uatersucht,  indem  entweder  durch  Druck  ein  Strahl  Milch  auf 
das  Reagenspapier  gespritzt,  oder  letzteres  in  die  frisch  ge- 
molkene Milch  eingetaucht  wurde.  In  zweifelhaften  Fällen 
wurden  die  von  Donne  empfohlenen  Gegenproben  nicht  un- 
terlassen. Von  Wichtigkeit  ist  die  Bemerkung  des  Herrn' 
Prof.  Rueff,  dafs  rothes  befeuchtetes  Lackmuspapier  in  der 
StalUuß  allein  in  kürzester  Zeit  sich  etwas  bläut  (durch  die 
ammoniakalischen  Dünste);  manche  Täuschungen  k(>nnen  da- 
durch veranlafst  worden  seyn. 

Die  Versuche  mit  mensdUicher  Milch  wurden  an  Schwange- 
ren, Gebärenden  und  Wöchnerinnen  zu  den  verschiedensten 
Zeiten  vorgenommen ;  die  meisten  derselben  erfreuten  sich  guter 
Gesundheit ,  doch  fanden  sich  darunter  auch  einzelne  an  leich- 
terem Unwohlseyn  Leidende,  so  wie  einige  Syphilitische.    Die 


320     Schlofsbergerj  KrUUchei  und  ThaUw^Kches 

Versuchsperiode  erstreckte  sich  auf  die  Monate  Mai  und  Juni 
dieses  Jahres.  In  dem  Stuttgarter  Gebfirhaus  wurden  385 
Proben  angestellt;  es  fand  sich  nichi  Einmal  eine  eature^  und 
nur  45mal  eine  neutrale ,  in  allen  übrigen  Fällen  eine  mehr 
oder  weniger  ausgeprägte  {Malieehe  Readian.  In  der  Klmlk 
des  Herrn  Prof.  Breit  wurden  272  Beobachtungen  gemacht; 
nur  zweimal  ergab  sich  leichte  Säuerung  der  Milch;  der 
Grund  derselben  lag  überdiefs  vielleicht  nur  in  einer  nicht 
ganz  vollständigen  Reinigung  der  Brustwarzen,  die  Tags  zu- 
vor mit  etwas  ranziger  Butter  eingerieben  worden  waren. 
In  allen  übrigen  Fällen  war  auch  hier  die  frische  Milch  nie 
sauer,  im  Gegentheil  allermeist  deutlich  alkalisch,  zuweilen 
war  die  Entscheidung  zwischen  völliger  Neutralität  und 
schwächster  Alkalescenz  zweifelhaft.  Die  Fälle  von  neutraler 
Reaction  ereigneten  sich ,  wie  mir  besonders  Herr  Hofralh 
Elsäfser  berichtete,  bei  Personen,  die  zu  anderen  Tagen 
deutlich  alkalische  Milch  gezeigt  hatten. 

Sehr  abweichend  von  diesen,  die  gegenwärtig  geltende 
Lehre  für  die  menschliche  Milch  aufs  Neue  bestätigenden 
Ergebnissen  fielen  die  zu  Hohenheim  gemachten  Versuche  an 
TMeren  aus.  Herr  Prof.  Rueff  bemerkte  unter  94  Prüfungen 
unter  seinen  Augen  gemolkener  Kuhmikh  U  Fätte  van  eäuer^ 
Uoker  oder  eetbet  etark  saurer  Reaction.  46  Proben  von 
'Siulenmäch  lieferten  19  Fälle,  die  Lackmus  rötheten.  Bei 
Schaafen  wurde  eben  so  oft  sauere^  als  neutrale  oder  alkalische 
Milch,  und  bei  Fteiechfressem  (Hunden  und  Katzen)  immer 
nur  saure  Mikh  wahrgenommen.  Schon  Dumas  hatte  gefun- 
den (Compt.  rend.  Dec.  1843),  dafs  die  Hundemilch  beim 
Erhitzen  gerinnt,  wie  es  bei  der  Kuhmilch  nur  auf  Säure- 
Zusatz  oder  bei  voller  Milchsäuregährung  geschieht,  und 
Ben  seh  hatte  (diese  Annalen  Bd.  LXI,  S.  222  u.  227)  die 
Milch  der  Runde  entschieden  sauer  gefunden. 


über  die  ReacÜM  der  frischen  Milch.  321 

Da  die  eben  berichteten  Ergebnisse  durchaas  an  gesun- 
den Thieren,  unter  normalen  äufseren  Verhältnissen  und  an 
yöllig  frischer  Müch  [während  des  Melkens  selbst  "*")]  erzielt 
worden  sind,  so  ist  die  gegenwartige  herrschende  Lehre  von 
der  Alkalescenz  der  normalen  Thiermilch  in  ihrer  allgemeinen 
Fassung  nicht  mehr  haltbar.  Ich  sehe  mich  daher  veranlaTst, 
auf  die  Yermuthungen  älterer  Chemiker  zurückzugehen,  welche 
freilich  den  Grund  der  häufigen  Säuerung  frischer  Milch  in 
sehr  Yerschiedenen  Verhältnissen  suchten. 

Eine  der  ersten  gröfseren  Arbeiten  über  die  Milch  sind 
die  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  von  Parmentier 
und  Deyeux  unternommenen  Untersuchungen  (deutsch  von 
Sc  her  er  1805);  wir  verdanken  denselben  namentlich  die 
Bnächt  in  das  Wechselvolle  der  quantitativen  Mischung  der 
luldi  selbst  bei  Individuen  derselben  Art  und  unter  ähnlichen 
Umständen;  sie  geben  nun  auch  (1.  c.  S.  131)  die  Notiz, 
dab  die  Rundemilch  bei  pflanzlicher  Nahrung  säuerlich ,  bei 
Fleischkost  alkalisch  werde.  Doch  wird  diese  Angabe  durch 
die  Versuche  von  Bensch  (1847  in  Giefsen  angestellt) 
durchaus  widerlegt,  indem  gerade  bei  ausschliefslicher  Fleisch- 
f&ttenmg  dieReaction  dieser  Milch  stark  sauer  war;  Bensch 
vennuthete  eher  bei  vegetabilischer  Kost  neutrale  oder  alka- 
lische Reaction  (diese  Annalen  Bd.  LXI,  S.  227).  Es  würde 
sich  dann  in  dieser  Hinsicht  bei  der  Milch  ein  analoger  Ein- 
fiufs  zdgen,  wie  bei  dem  Harn,  der  bekanntlich  durch  Pflan- 
zenkost alkalisch,  durch  animalische  Kost  stark  sauer  wird. 
Die  Hunde  und  Katzen,  deren  Milch  Herr  Prof.  Ruef  f  geprüft 
und  immer'  sauer  gefunden  hatte ,  waren  zum  Theil  auch  mit 
Yegetabilien  (Brod  etc.)  gefuttert  worden.  Bei  der  mensch- 
lichen Milch,  die  immer  alkalisch  (oder  neutral)  ist,   scheint 


*)  Zwiflcben  den  ersten  und  leuien  Portionen  der  beim  Melken  aos'^ 
i;etriebenen  Milch  zeigte  sich  kein  Unterschied  in  der  Reaction. 

Ana.  d.  Cheml«  o.  Phnna.  LX  XXVII.  B4.  8.  Heft.  21 


323     Sehlofiberger,  KritUehu  9md  TkattäcUidiei 

auch  die  Fleischnahnin;  nichl  den  Eiaflufs  za  haben^  dafe  äe 
die  Alkalescenz  vennindert  oder  aufhebt.  Doch  wären  gerade 
hierüber  noch  bestimmte  Versuchsreihen  sehr  erwünscht 

Etwas  spHter  hatte  Hermbstädt  (Archiv  für  Agricidt- 
Chemie  Bd.  VI,  S.  36  n.  f.  und  John's  TabeUen  1814,  S.  92) 
behauptet,  dafs  nur  diejenige  Milch,  welche  lange  in  den  Eu« 
tem  yerweilt  habe,  schon  beun  Melken  Lackmus  röthe ;  daher 
solle  man  dieses  nur  an  der  Morgenmilch  der  Kühe  wahr- 
nehmen. In  Hohenheim  fand  man  sowohl  an  der  Morgen- 
als  Abendmilch  zuweilen  saure,  zuweilen  alkalische  Reaction. 
Die  Möglichkeit  einer  Sfiuemng  der  Milch  bei  langem  Ver- 
weilen in  den  Eutern  ist  aber  vielleicht  nicht  bestreitbar. 

Lassaigne  (Jonm.  de  Chim.  med.  Paris  1825.  T.  YIII, 
p.  143}  fand  die  Kuhmilch  40  Tage  vor  dem  Kalben  no^ 
alkalisch;  je  näher  der  Geburt  zu,  um  so  mehr  soll  diese 
Qualität  in  die  entgegengesetzte  übergehen.  Seine  Versuche 
bedürfen  sehr  der  Bestätigung. 

Die  Milch  von  Eselinnen  hatte  Pöligot  immer  (in  15 
Fällen}  und  im  ganz  frischen  Zustande  sauer  gefunden. 
Chevallier  u.  Henry(Journ.  deChim.möd.  1839,  p.  145 u.  f.} 
überzeugten  sich  häufig  in  den  Ställen  selbst  von  der  sauren 
Reaction  der  Milch  von  Kühen,  Ziegen,  Eselinnen.  Dagegen 
wollte  Donne  bei  allen  diesen  Thieren  und  bei  sehr  ver- 
schiedener Fütterung  durchaus  nur  alkalische  Milch  gesehen 
haben  (Donne,  über  die  Mflch;  übers.  Minden  1838,  S.26}. 
Offenbar  konnte  die  Zahl  seiner  Versuche  keine  grofse  seyn, 
sonst  hätte  er  sich  wohl  überzeugt,  dafs  auch  der  völlig 
frischen  Milch  jener  Thiere  nicht  selten  eine  saure  Beschaffen- 
heit zukomme. 

d'Arcet  undP6tit  stellten  bei  diesem  Widerspruch  der 
Angaben  eine  gröfsere  Reihe  von  Prüfungen  an  (Joum.  de 
Pharm.  XXV,  p.  333  u.  401}  und  fanden  während  des  Melkens 
die  Kuhmilch  bei  Staüfmterung  HeU  sauer  (so  die  Milch  aus 


über  die  ReacUon  der  frischen  Mäch.  323 

den  KahgläUen  von  Paris  ohne  Ausnahme),  dagegen  bei 
Kühen,  die  auf  die  Weide  gingen,  nur  alkaUech.  Sie  folgern 
daraus ,  dafs  die  normale  Milch  alkalisch  sey  und  bei  freier 
Bewegung  und  grünem  Futter  stets  alkalisch  secemirt  werde. 
Die  in  Hokenheim  gesammelten  Erfahrungen  bestätigen 
letztere  Angaben  nur  in  soweit,  als  auch  sie  die  Milch  der 
Kähe  (und  anderer  Pflanzenfresser}  bald  alkalisch  und  neutral, 
bald  sauer  erweisen;  in  anderer  Beziehung  stehen  sie  aber 
den  Angaben  von  d'Arcet  und  Petit  direct  gegenüber,  wie 
aus  folgenden  Detailangaben  ersichtlich  werden  wird  : 

A.  Versuche  an  Kühen  : 

i)  Bei  Stallfütterung  mit  Heu,  Spreu  und  Runkelrüben  : 
unter  20  Fällen  nur  4mal  schwach  stiuerlich  und  einmal  stark 
sauer. 

2}  Stallfütterung  mit  Topinambur  und  Fulterrogen  (Juni, 
Abendmilch) :  in  39  Fällen  8mal  schwach  sauer^  nie  stark  sauer. 

3)  Stallfütterung  mit  grünem  Fuiier  (erster  Schnitt  von 
rothem  Klee)  :  unter  35  Beobachtungen  (Abendmilch)  16mal 
schwach,  und  16mal  stark  sauer;  und  nur  3  Fälle  neutrall 

B.  Versuche  an  Siuten  (zur  Zeit  des  Abfohlens)  : 

1)  Stallfütterung  (Hafer  und  Heu,  April)  unter  9  Fällen : 
Imal  säuerlich,  nie  sauer. 

2)  Stallfütterung  (Hafer  und  Heu,  Mai)  unter  11  Fällen  : 
keia  einzigesmal  Lackmus  geröthet. 

3)  Theilweiser  Weidegang;  Morgens  und  Abends  nach 
Heuftttter  :  unter  9  Fällen  einmal  sauer. 

4)  Vollständiger  Weidegang,  ohne  alles  Heu,  nur  noch 
6  Pfund  Hafer  täglich  :  15  Beobachtungen,  und  aUe  sauer, 
nämlich  6  stark  und  9  schwach  sauer. 

C.  Versuche  an  MnUerechafen  : 

1)  April;  die  Milch  Morgens  im  Pferch  untersucht  (voll- 
ständige Weide)  :  alle  Mflch  sauer  (8  Fälle). 

21* 


324    Schlofsberger^  Vktenuchmg  der  $.  g.  Bexenmüch. 

2)  1  bis  8  Tage  nach  dem  Lammen  bei  ausscUierslichv 
Stalinittening  :  alle  neutral  oder  nur  zweifelhaft  säaerlich. 

3}  8  bis  14  Tage  nach  dem  Lammen  bei  ansschliefslichem 
Weidegang,  aber  Nachts  im  Stalle  :  unter  8  Fällen  2  sauer. 

4}  Bei  aosschliefslicher  GrikifUtenmg  im  Stidle  :  alle 
FiQle  sauer. 

Jedem  wird  sich  aus  den  vorstehenden,  umsichtig  er- 
hobenen Thatsachen  der  ungemeine  EinflnCs  des  grünen  Futters 
(sey  es  im  Stall  oder  auf  der  Weide)  auf  die  Säuerung  der 
Milch  aufdrängen.  Dagegen  unterlasse  ich  vorläufig  jede 
Vermuthung  in  Betreff  der  Ursachen  des  Unterschiedes,  wel- 
cher durch  grünes  und  durch  trockenes  Futter  in  der  Qualität 
der  Milch  erzeugt  wird.  Die  Fragen  endlich,  ob  die  saure 
Reaction  von  Milchsäure,  von  Säuren  der  Butter  oder  von 
sauren  phosphorsauren  Salzen  herrühre,  und  ob  die  Milch  in 
den  genannten  Fällen  schon  sauer  abgesondert  wird  oder  nur 
ungewöhnlich  schnell,  also  schon  im  Euter  sich  säuert,  sind 
zu  einer  gründlichen  Beantwortung  noch  unreif. 


UntersuchuDg  der  s.  g.  Hexenmilch; 

von  Demselben. 


Die  Brustdräeen  der  Neugeborenen  männlichen  oder  weib- 
lichen Geschlechts  sondern  nicht  so  gar  selten  ein  weifsliches, 
milchartiges  Fluidum  ab,  welches  der  Volksaberglaube  als 
Hexenmilch  bezeichnet.  Eine  genauere  Untersuchung  dieser 
nach  Entstehung  und  Bedeutung  gleich  räthselhaften  Secretion 
schien  mir  nicht  ohne  Interesse,  als  sich  unlängst  in  der  hie* 
sigen  Klinik  die  Gelegenheit  darbot,  bei  einem  männlichen 
Neugeborenen  im  Verlaufe  einiger  Tage  etwa  eine  Drachme 
jener  Flüssigkeit  zu  sammeln. 


Sehlofsberger,  VfUenuchung  der  s,  g.  Hexentnäch.    325 

Dieselbe  hatte  das  Aussehen  einer  gewässerten  Milch, 
reagirte  deutlich  alkalisch^  zeigte  unter  dem  Mikroscop  die 
normalen  Milchktigelchen,  keine  Colostrum-  und  keine  Eiter- 
körperchen.  Ueberrascht  war  ich,  bei  den  damit  angestellten 
Zuckerproben  (von  Trommer,  Moore,  Pettenkofer  etc.} 
eine  sehr  starke  Reacihn  auf  Zucker  zu  erhalten.  Beim  Er- 
hitzen für  sich  gerann  die  Flüssigkeit  nicht;  dagegen  schie- 
den sich  durch  Säuren  und  ebenso  durch  Lab  deutliche  Flo- 
cken ab.  Hr.  Hauff  fand  bei  der  quantitativen  Untersuchung 
in  100  Theilen  : 

96,75  Wasser 
0,82  Fett 
0,05  Asche 
(2,83  Casein,  Zucker  u.  Extractivstoffe). 

Das  Brustdrüsensecret  des  Neugeborenen  ist  daher  auch 
chanisch  als  milchartige,  nur  sehr  wässerige  Flüssigkeit  erwiesen. 
Ich  erinnere  dabei  an  die  von  mir  in  den  Annalen  LI,  S.  431 
beschriebene  Milch  männlicher  Thiere.  Das  Secrei  derBruif" 
druMen  scheint  immer  zuckerhaltig  zu  seyn ,  ob  es  nun  zur 
Ernährung  der  Jungen  dient,  oder  als  völlige  Abnormität  und 
Naturspiel  ohne  jede  weitere  Bedeutung  erscheint. 


Ueber  die  Regeneration  der  Hippursfiure; 

von  Dessaignee*). 

Unter  den  zahlreichen  Versuchen,  die  ich  vor  einigen 
Jahren  in  der  Absicht,  die  Hippursäure  zu  regeneriren,  ange- 
steUt  hatte,  ist  einer,  an  welchen  mich  die  schönen  Unter- 
suchungen von  Gerhardt  und  Ghiozza  über  die  zusam- 
mengesetzten Amide^)  wieder  erinnerten,  und  ich  unterbrach 

^  Compt.  read.  XXXVO,  251. 
**)  Vergl.  8.  296.  D.  R. 


326  DeisaigneSf  Über  die  BegenetuUan 

für  einen  Augenblidc  meine  Untersuchungen  über  die  von 
der  Nitroweinsäare  sich  ableitenden  Substanzen,  um  die  Re- 
sultate genauer  keinen  zu  lernen,  welche  sich  aus  jenen 
während  längerer  Zeit  vernachlässigten  Versuchen  ergebet 
Ich  hatte  Chlori)enzoyl  auf  die  V^bindung  aus  GlycocoU 
und  Zinkoxyd  (CaH^NO«,  ZnO)  auf  zweierlei  Art  einwirken 
lassen  :  1)  indem  ich  die  Mischung  in  einer  Tcrschlossenen 
Röhre  auf  130®  erhitzte ,  und  2)  indem  ich  die  Einwirkung 
langsam  in  einem  fflas  mit  eingeschliffenem  Stöpsel  vor  sich 
gehen  liefs.  Bei  diesen  zwei  Arten  zu  verfahren  bildete  sich 
Hippursäure,  und  obgleich  —  aus  Ursachen,  deren  Aufzählung 
hier  zu  weit  führen  würde  —  ich  bei  beiden  Versuchen,  die 
ich  indefs  auch  nur  mit  wenig  Substanz  anstellte,  nur  eine 
sehr  kleine  Menge  dieser  Säure  erhalten  habe,  so  konnte  ich 
sie  doch  leicht  isoliren,  reinigen  und  mit  Sicherheit  erkennen. 
Die  Form  der  Krystalle,  der  characteristische  Geruch  beim 
Verbrennen  derselben  auf  Platinblech  und  der  kohlige  Rück- 
stand, endlich  die  reichliche  Entwicklung  von  Ammoniak  beim 
Erhitzai  mit  Kali  unterscheiden  diese  Säure  in  der  bestimm- 
testen Weise  von  Benzoesäure.  Ich  erhielt  nicht  genug  davon 
um  sie  analysiren  zu  können,  aber  ich  habe  eine  kleine 
Quantität  des  Silbersalzes  dargestellt,  welches  dieselbe  Kry- 
stallform  und  dieselbe  Löslichkeit  in  Wasser  zeigte,  wie  das 
mit  natürlicher  B^pursäure  bereitete  Silbersalz.  Das  bei  100^ 
getrocknete  Salz  hinterliefs  beim  Glühen  38  pC.  Silber;  die 
Theorie  erfordert  Tür  das  hippursaure  SilberoJtyd  37,75  pC, 
während  das  benzoösaure  47,16  pG.  Silber  enthält.  Es  bleibt 
somit  kein  Zweifel  an  der  Regeneration  der  Hippursaure,  und 
der  Vorgang  läfst  ^ich  durch  folgende  Gleichung  ausdrücken  : 

Ich  hatte  den  Versuch  zuerst  mit  Cblorbenzoyl  und  Gly- 
cocoU für  sich  angestellt,  aber  ohne  Erfolg.    Die  Einwirkung 


der  H^jffutMäure.  327 

geht,  je  nach  der  Temperatur  und  der  Zelldauer,  entweder 
m  heftig  oder  gar  nicht  vor  sich,  und  der  freiwerdende 
Chlorwasserstoff  kann  ein  Hindemifs  für  die  Verbindung  ab- 
geben. 

Man  kann  die  Hippursäure  als  eine  secundäre  Säare 
betrachten,  welche  z.  B.  eine  ähnliche  Constitution  besitaBt 
wie  das  Benzoylsalicylamid  von  Gerhardt  und  Chiozsa, 
wie  diefs  ans  der  Yergleichung  der  beiden  folgenden  Formeln 
deutlich  wird  : 

lCuH.04]  (C4  H,04. 

N  CuH,0j  N  C,,H.O, 

f     H      \  /     H 

BeDsoylsalicylamid.  Hippanlare. 


lieber  die  Zusammensetzung  der  Quarzporphyre ; 
von  Dr.  r.  Tribokt  aus  Neufchatd. 


Seit  sich  die  Aufmericsamkeit  der  Geologen  mehr  den 
jnetamorphischen  Bildungen  zugewandt  hat,  ist  die  Wissen- 
schaft mit  sehr  wichtigen  Aufschlüssen  bereichert  worden. 
Das  sonderbare  Auftreten  von  Fossilien,  die  schon  bei  mäfsiger 
Temperaturerhöhung  zerstörbar  sind  und  doch  inmitten  von 
Schichten  auftreten,  deren  Ursprung  ein  unzweifelhaft  plutoni- 
scher  ist;  das  Vorkommen  von  Petrefacten  in  Gesteinen,  die 
sich  mehr  den  krystallinischen  als  den  sedimentären  Bildungen 
anreihen ;  die  allmüligen  Uebergänge  endlich,  welche  sich  von 
geschichtete  Petrefacten  fuhrenden  Lagen  bis  in  massige 
krystallinische  Gesteinsbildungen  verfolgen  lassen  —  diese 
und  viele  andere  Erscheinungen  sind  erst  richtig  erkaani 
-werden^  seit  man  sokhen  örtlichen  Umbildungen  bereits  ab- 
gesetster  Gesteine  ein  sorgfüttigeres  Stadium  gewidmet  hat. 


328  V.  Triboleiy  Oper  die  Zu$ammen$eiwiig 


Solchen  Enscheiiioiigen  des  MetamorpUsmus  gegeBüber 
gewinnt  das  merkwürdige  Gesetz  der  vulkanischen  Gesteins- 
bildung ^  welches  sich  aus  Prof.  Bunsen's  Untersuchungen 
über  die  chemisch-geologischen  Verhältnisse  Islands  ergeben 
hat,  eine  ganz  besondere  Bedeutung.  Nach  diesen  Unter- 
suchungen murs  man  zwei  vulkanische  Heerde  annehmen,  die 
das  Material  zur  Bildung  der  zahllosen  Gesteinsabänderungen 
hergegeben  haben,  die  dem  gröfsten  Theile  der  älteren  und 
jüngeren  unveränderten  Vulkanenproducle  eigenthümlich  sind. 
Als  Zusammensetzung  der  Silicatmasse,  welche  den  Inhalt 
dieser  beiden  vulkanischen  Heerde  bQdet,  hat  sich  aus  jenen 
Untersuchungen  ergeben  : 

I.  Fttr  den  normaltracfay-    11.  F&r  den  nomalpyroie- 


tiscbea  Heerd  : 

nücben  Heerd  : 

§i            76,67 

48,47 

Äl,  te     14,23 

30,16 

Ca             1,44 

11,87 

Hg            0,28 

6,89 

&aNa         7,38 

2,61 

100,00  100,00. 

Wenn  alle  unveränderten  vulkanischen  Felsarten  den 
Mischlingggesteinen  aus  diesen  beiden  Sflicabnassen,  oder 
diesen  Silicatmassen  selbst  entsprechen,  so  folgt  daraus,  dals 
man  aus  einem  einzigen  gegebenen  Bestandtheil  einer  solchen 
Felsart,  am  besten  der  Kieselsäure,  alle  andere  mit  Hülfe  der 
nachstehenden  Formeln  leicht  berechnen  kann  : 

<?>  S^  =  « 

nn  fLP?_±i?  j-    ^Vf  +  ^f    .        tt  Pb  +  tn    _  . 

'^"J  (a  +  1)   ■+"    (a  +  1)   +••     (a  +  1)     "^ 
worin  S  die  Procente  der  Kieselsäure  des  zu  untersudienden 
Gesteins,   s  die  Procente  der  normaltrachytischen  und  a  die 
Procente  der  normalpyroxenischen  Masse  ausdrüdit,  a  aber 


der  Quarzporphjfre.  339 

das  Gewicht  der  nonnalpyroxenischea  Masse  auf  i  der  nor- 
maltrachytischen  Masse  and  endlich  Po  P/  •  •  p»)  so  wie 
to  t,  .  .  .  ta  das  Procentgewicht  der  übrigen  Bestandtheile 
der  normalpyroxenischen  und  normaltraohytischen  Masse  be- 
deutet Die  erste  Gleichung  giebt  den  normalpyroxenischen 
Antheil,  der  nnt  1  nonnaltrachytischer  Masse  zu  mischen  ist, 
um  die  gesuchte  Gesteinszusammensetzung  zu  geben.  Die 
zweite  Gleichung  dient  zur  Berechnung  der  theoretischen 
Gesteinszusammensetzung  selbst  Da  man  auf  diesem  Wege 
für  eine  grofse  Zahl  von  Gesteinen  die  Durchschnittszusam- 
mensetzung  theoretisch  berechnen  kann,  so  müssen  sich  auch 
die  Abweichungen,  welche  durch  metamorphische  Einflüsse  in  der 
gegebenen  Zusammensetzung  herbeigeführt  werden,  mit  Sicher- 
hdt  bestimmen  lassen.  Professor  Bunsen's  Untersuchungen 
und  die  aus  dessen  Laboratorium  hervorgegangenen  Arbeiten 
haben  nach  dieser  Richtung  hin  besonders  über  die  zeolithi- 
sehe  und  pneumatolytische  Metamorphose  neue  und  uner- 
wartete Aufschlüsse  gegeben.  Bei  der  Wichtigkeit,  welche 
daher  jenes  Gesetz  durch  die  darauf  gebauten  Schlüsse  schon 
jetzt  erlangt  hat,  mufs  es  von  grofsem  Interesse  erscheinen, 
die  Tragweite  desselben  noch  über  die  Yulkanenperiode  hin- 
aus bis  in  die  älteren  plutonischen  Bildungen  hinein  zu  ver- 
folgen. Dr.  Streng  hat  in  dieser  Beziehung  auf  Professor 
Bunsen's  Veranlassung  eine  Untersuchung  über  die  grani- 
tischen  und  syenitischen  Gesteine  unternommen,  welche  zu 
dem  wichtigen  Ergebnifs  geführt  hat,  dafs  dasselbe  Gesetz, 
welches  die  vulkanischen  Gesteine  beherrscht,  auch  für  diese 
älteren  Eruptivgebilde  in  seinem  ganzen  Umfange  gültig  ist. 
Ein  ganz  gleiches  Resultat  hat  die  nachfolgende  Arbeit 
über  die  quarzführenden  Porphyre  ergeben.  Da  es  bei  Unter- 
socbimgen  der  vorliegenden  Art  vor  Allem  darauf  ankommt, 
die  Durehschnittszusammensetzung  der  Gesammtmasse  eines 
Gesteins,   d.  h.  des  Teigs  und  der  darin  ausgesondert  auf- 


SM  r.  Tribolei^  über  die  Zmammeiueizung 

irelenden  Krystalle  and  Ausscheidimgen  gememschtfilidi  zu 
befitiimnen »  so  mufs  die  Menge  der  zu  pulverisirenden  Sub- 
stanz in  einem  um  so  gröfseren  VerhfiltniCs  gewählt  werden, 
ab  die  Mengung  der  Aussonderungen  eine  weniger  gleicli- 
förmige  und  innige  ist 

Auf  die  Einzelnheiten  der  Analyse  selbst  hier  naher 
einzugehen,  hatte  ich  für  überflüssig,  weil  die  dabei  befolgte 
Methode  dieselbe  ist,  welche  Dr.  Streng  in  seinem  ^»Beitrag 
zur  Theorie  der  Tulkanischen  Gesteinsbildung^  ausführlicher 
beschrieben  hat.  Die  Quarzporphyre,  deren  Verbreitung  eine 
sehr  ausgedehnte  ist,  bilden  eine  Gruppe  von  Gesteinen,  die 
besonders  durch  L.  v.  Buch's  Arbeiten  eine  grofse  geolo- 
gische Bedeutung  erlangt  haben.  Sie  bestehen,  wie  bekannt, 
aus  einer  feldspäthigen  Grundmasse,  worin  Quarz  und  Feld- 
spathkiystalle  von  sehr  verschiedener  Gröfse  mehr  oder 
minder  scharf  von  dem  Teige  abgegrenzt  in  gröfserer  oder 
geringerer  Häufigkeit  eingesprengt  liegen«  An  zufäUigen  Ge- 
mengtheilen  sind  sie  ziemlich  arm;  zu  den  häufigsten  ge- 
hören Hornblende,  Glimmer  und,  wie  besonders  in  der  Um- 
gegejnd  von  Heidelberg,  verschiedene  Formen  der  Kieselsäure. 

Ich  wende  mich  zuerst  zu  der  Analyse  eines  Forphyr- 
gesteitts,  das  eineu  grofsen  Theil  des  Thüringer  Waldgebirges 
zusammensetzt.  Dasselbe  durchbricht  den  Gneis  und  gehört 
der  lavendelbbuen  Varietät  an,  die  sich  durch  grofse  Poro- 
sität und  Zähigkeit  auszeichnet  und  dieser  Eigenschaften 
wegen  zu  Mühlsteinai  verarbeitet  wird.  Die  Grundmasse  hat 
ein  zerfressenes  Ansehen,  ohne  jedoch  die  Merkmale  einer 
fc^esehrittenen  Verwitterung  an  sich  zu  tragen.  Die  einge- 
betteten fleischrothen  Feldspathkrystalle,  an  denen  sich  selbst 
hie  und  da  die  characteristischen  Zwillingsbildungen  deutlich 
erkennen  hssen,  ertheilen  dem  Gestein,  das  an  Quarzausson- 
derungen  nicht  eben  reich  ist»  eine  deutliche Porphyrstmctur. 

Analyse  ergab  : 


der  Quarsporphjfre. 

Gefonden 

WaMeifrei 

Nonultracbytw 
MaMe 

Kieselerde 

75,07 

76,06 

76,67 

Eisenoxydal 
Thonerde 

2,311 
12,24) 

15,74 

14,23 

Kalkerde 

0,76 

0,77 

.     1,44 

Magnesia 

o;2i 

0,21 

0,28 

Kali 
Natron 

7,001 
1,11  j 
0,60 

8,22 

7,38 

Wasser 

100,00 

100,00. 

331 


99,30. 
Eine  ganz  gleiche  Zusammensetzung  zeigt  das  Porphyr- 
gestein, welches  die  den  Thonschiefer  durchbrechenden 
Bnichhäuser  Felsen  in  der  Nähe  von  Brilon  zusammensetzt. 
Es  gleich!  einem  feinkörnigen  Granite  und  enthält  eine  Menge 
kleiner,  von  der  Grundmasse  wenig  geschiedener  Quarz-  und 
Feldspathkrfstalle,  der  Menge  nach  ungerähr  in  gleicher  An- 
zahl Es  ist  weniger  schwer  zersprengbar  und  im  Bruche 
mehr  eben.    Die  Zusammensetzung  war  folgende  : 

Gefanden  NormaUrachytische 

IL  Wasserfrei  Masse 

Kieselerde  77,91  78,01  76,67 

Esenoxydul      1,83  j 

Thonerde  12,00J  '  ' 

Kalkerde           0,21  0,21  1,44 

Magnesia          0,55  0,55  6,28 

SaH 


Natron 


7,38  7,38 


Wasser  0,54        100,00  100,00. 

Eine  andere  Analyse  wurde  mit  dem  gewöhnlich  als 
granitisdher  Porphyr  bezeichneten  Gestein  angestellt,  welches 
bei  ZmniDatd  in  Böhmen  vorkommt.  Die  Gmndmasse  des- 
selben wird  durch  ein  dichtes  Qemenge  von  Krystallen  fleisch- 
rothen  Feldspaths  und  rauchgrauen  Quarzes  ziemlich  zurück- 


332  ü.  TriboUi,  über  die  ZMommefutiumg 

gedrängt  Häufige  Einsprengungen  einer  chloritähnlichen 
Substanz  geben  dem  Ganzen  ein  granitartiges  Ansehen.  Das 
Gestein  besitzt  eine  braunrothe  Grundmasse^  grofse  Härte  und 
Zähigkeit  und  erscheint  im  Bruche  ziemlich  uneben.  Bei  der 
Analyse  wurden  erhalten  : 


Geftmden 
IIL 

WuNffr«' 

IfomuJlradiytiMh« 
Mute 

Kieselerde 

74,21 

75,18 

76,67 

Eisenoxydttl 
Thonerde 

1,941 
13,37  j 

15,51 

14,23 

Kalkerde 

1,00 

1,01 

1,44 

Magnesia 

0,46 

0,47 

0,28 

KaU 
Natron 

4,151 
3,56 1 
1,18 

7,83 

7,38 

Wasser 

100,00 

100,00 

Auf  der  Insel  Arran  im  Osten  von  Nordengland  kommt 
ein  Porphyr  vor,  über  dessen  Alter  man  noch  nicht  im  Klaren 
ist.  Er  durchbricht  einen  rothen  Sandstein ,  von  dem  es  bis 
jetzt  ungewifs  ist,  ob  er  den  Devonischen  Schichten  angehört 
Das  gelbe  Gestein  enthält  viel  weifse  Feldspathkrystalle  und 
krystallisirten  Quarz.  Es  besteht  nach  meiner  Analyse  und 
einer  von  Hrn.  C.  Rothe  ausgeführten  Gontrolanalyse  im 
Mittel  aus  : 

Gefiinden    Auf  wasserfreie    Nach  d.  Theorie 
IV.      Substans  berechn.      berechnet 


Kieselerde 

72,17 

71,89 

71,89 

Eisenoxydul 
Thonerde 

1,50 
16,05 

17,48 

16,93 

Kalkerde 

2,37 

2,36 

3,21 

Magnesia 

0,83 

0,83 

1,40 

Kali 
Natron 

6,071 
1,39) 
1,62 

7,44 

6,57 

Wassor 

100,00 

100,00 

102,00. 


der  Quar^porphyrt.  333 

Der  Berechnttng  zufolge  würden  in  diesem  Gestein  mit 
einem  Theil  normaltracbytischer  Masse  0,204  Theile  normal- 
pyroxenische  Substanz  gemischt  seyn.  Behält  man  die  Be- 
zeichnungen der  Formel  QX)  bei,  und  nennt  man  AgA, . . .  A« 

die  in  der  Einheit  des  untersuchten  Gesteins  enthaltenen  Be- 

« 

standtheile,  so  giebt  der  Ausdruck  t.  ^  (a  +  1}  A.— ap« 
die  ans  dem  Mischlingsgestein  berechneten  Bestandtheile  der 
nonnaltrachytischen  Zusammensetzung,  nämlich  : 

Aus  d.  Porphyr  von    Auf  den  isländiichen 
Arran  berechnet      Tnicbyten  berechnet 

Kieselerde 76,68  76,67 

Thonerde  u.  Eisenoxydul    14,89  14,23 

Kalkerde  ......      0,42  1,44 

Magnesia (—  0,41)  0,28 

Kali  u.  Natron   .    .    .  8,42 7,38 

100,00  100,00. 

Die  folgenden  Porphyre  Y  und  VI  stammen  aus  dem 
Waldenburger  Kohlendistricte  Schlesiens  und  sind  von  Prof. 
Bunsen  selbst  auf  etwa  der  halben  Höhe  des  Sattelwaldes 
gesammelt,  da  wo  an  dem  zur  Spitze  des  Berges  führenden 
Wege  der  Contact  des  Porphyrgesteins  mit  dem  angrenzenden 
Conglomerate  sichtbar  ist.  V  entspricht  dem  unveränderten 
Porphyr,  in  dessen  vorherrschender  Grundmasse  Feldspath- 
krystalle  nur  sparsam  eingebettet  liegen,  Onarzaussonderungen 
aber  ganz  zu  fehlen  scheinen.  Auch  andere  Beimengungen 
sind  darin  nicht  aufgefunden.    Die  Analyse  gab  : 

Gefanden  Normaltrachrtische 

y.  WaMcrfrei  Matte 

Kieselerde  76,60  77,09  76,67 

Eisenoxydul      2,49  j  ..^^  j^oq 

Thonerde  12,38  ^^'^  **»^ 

Kalkerde           1,02  1,03  1,44 

Magnesia          0,20  0,20  0,28 


Kali  4,28i 

Natron  1,94 


6,26  7,38 

Wasser  iS»       100,00  100,00 

100,44. 


S34 


V.  Tribolet,  0ter  die  Zusammen^tswig 


Der  Porpbyr  VI  stellt  eine  offenbar  pneumatolytisch  ver- 
ttnderte  Varietät  dar,  die  sich  vom  Contact  des  angrenzenden 
Gesteins  aus  einige  Fufs  weit  verfolgen  läfst,  und  die  sich 
durch  eine  lichtere  Farbe^  geringeren  Zusammenhang  und  ein 
erdiges  zersetztes  Ansehen  characterisirt.  Dem  änfsera  An- 
sehen nach  gleicht  das  Gestein  vollkommen  dem  durch  noch 
Ihätige  Fumarolenwirkung  zersetzten  Trachyt  von  LaugarfjaD 
am  grofsen  Geisir,  welchen  Bunsen  S.  64  seiner  Abhand- 
lung beschrieben  hat.  Die  nachfolgende  Vergleichung  läfst 
keinen  Zweifel  darüber ,  dafs  die  Erhebung  des  Sattelwalder 
Porphyrs  von  Fumarolenwirkungen  begleitet  gewesen  ist,  wie 
man  sie  bei  den  vulkanischen  Gesteinen  Islands  beobachtet, 
ja  noch  täglich  auf  der  Grenze  der  fortwährend  thätigen  Fu- 
marolenfelder  vor  sich  gehen  sieht. 


ITnieneUter 

Daienetiter 

Zersetcter 

ZeneUter 

Trachyt  von 
Langarfjall 

Porphyr  von 
Satlelirald 

Trachyt  von 
iangarQall 

Porphyr  roa 

Satteiwald 

VI. 

Kieselerde 

:    75,48 

76,60 

75,84 

74,28 

Thonerde 

12,97 

12,83 

13,71 

15,12 

Eisenoxydul    2,6  i 

2,49    (Pe)    3,21 

2,01 

Kalkerde 

1,01 

1,02 

0,70 

0,63 

Magnesia 

0,03 

0,20 

0,14 

0,25 

Kali 

5,43 

4,28 

1,24 

3,42 

Natron 

2,72 

1,94 

1,94 

1,33 

Wasser 

0,32 

1,06 

2,18 

3,00. 

Die  folgende  Analyse  wurde  mit  einem  Porphyr  angestellt, 
der  in  der  Nähe  von  Dossenhem  bei  Heidelberg  vorkommt. 
Das  untersuchte  Handstück  zeigt  in  dem  überwiegend  vor- 
handenen Teig  kleine  Krystalle  von  Feldspath  und  Quarz  ein- 
gebettet, welche  von  Gameol-,  Chalcedon-  und  Quarzdrusen 
begleitet  sind.  Das  Gestein  ist  hell  lavendelblau,  auf  dem 
Bruche  uneben  und  von  grofser  Zähigkeit.  Die  Porphyr- 
erhebung, welcher  diese  Gesteinsvarietät  angehört,  bildet  einen 


der  Quanporphffre.  335 

mächtigen  Stock,  der  aus  Gneis,  Granit  und  Syenit  henror- 
bricht,  und  zu  Berg^uppen  ansteigt,  die  durch  ihre  Form 
gegen  die  angrenzenden  Höhen  von  buntem  Sandstein  auflhl- 
lend  contrastiren.  Die  Beschaffenheit  des  Gesteins  wechselt 
aufserordentlich  nach  den  Localitäten.  Bei  Ziegelbausen 
nimmt  es  eine  blutrothe  Farbe  und  ausgezeichnet  kugelige 
Absonderung  an.  Am-Oelberg  geht  es  in  Homsteinporphyr 
Über,  der  eine  dichte  homogene,  am  Stahl  Funken  gebende 
Masse  bildet.  Am  Raubschlörschen  dagegen  herrschen  darin 
wieder  Feldspathkrystalle  vor,  die  theilweise  in  Kaolin  ttber- 
gegangen  sind.  Von  dem  aufliegenden  bunten  Sandstein  ist 
der  Porphyr  gewöhnlich  durch  Tuff  und  ausgezeichnet  schöne 
Conglomerate  getrennt.    Die  Analyse  gab  : 


Kieselerde 

Gefanden 

vn. 

77,92 

Waiierfrai 
79,46 

Eisenoxydul 
Thonerde 

2,69 
10,00 

1 

12,94 

Kalkerde 

0,76 

0,78 

Magnesia 
KaU 

0,36 
5,20 

0,37 
5,30 

Natron 
Wasser 

1,13 
1,15 

1,15 
100,00. 

99,21. 

Man  sieht,  dars  auch  dieser  Porphyr  im  Wesentlichen  mit 
der  normaltrachytischen  Zusammensetzung  übereinstimmt  Nur 
der  Kieselsäuregehalt  zeigt  sich  etwas  zu  hoch.  Diefs  scheint 
darauf  hinzudeuten^  dafs  die  im  Gestein  eingesprengten  kleinen 
Chalcedon-  und  Quarzdrusen  von  aufsen  durch  Infiltration  zu- 
gefiihrte  Kieselsäure  enthalten.  Ist  diefs  wirklich  der  Fall, 
so  läfst  sich  die  Menge  dieser  vielleicht  aus  zersetztem  Feld- 
spatb  stammenden,  in  den  Drusenräumen  abgesetzten  Kiesel- 
erde im  Durchschnitt  bestimmen.     In  der  normaltrachytischen 


SS6  r.  Triboletf  After  die  Zuiammeiuebmg 

Hasse  sind  23,33  pC.  Basen  enthalten ,  welche  76,67  pC. 
Kieselsäure  fordern.  Die  im  untersuchten  Gestein  von  Dossen* 
heim  enthaltenen  20,54  pC.  Basen  würden  aber  67,50  Kiesel- 
erde aufnehmen   müssen,    um  in   normaltrachytische  Hasse 

überzugehen.    Das  Gestein  würde  demnach  bestehen  aus  : 

YIIL 
a)  Fremde  zugetührte  Kieselerde  .    .    11,96 

b}  Si  der  normaltrachytischen  Masse    67,50 
c)  Basen  der  normaltrachytischen  Masse  20,54 

100,00. 

Diese  Berechnung  zeigt,  dafs  derKieselsäureüberschufs  nicht 
von  Infiltrationen  allein  herrühren  kann,  da  die  durchschnitt- 
liche Menge  der  Quarzdrusen  bei  weitem  nicht  11,96  pC.  der 
Gesteinsmasse  bilden,  und  die  unbedeutenden  Kaolinbildungen, 
die  der  Porphyr  von  Heidelberg  aufzuweisen  hat,  keineswegs 
hinreichen,  eine  solche  Kieselsfiuremenge  zu  liefern.  Das 
Gestein  mufs  daher  ursprünglich  Kieselerde  aufgenommen 
haben.  Ob  diefs  durch  Verschmelzung  mit  einem  kieselsaure- 
reicheren  Silicate,  oder  mit  einem  Kieselgestein  (Sandstein, 
Quarzfels  etc.)  geschehen  ist,  läfst  sich  ebenfalls  bestimmen. 
Denn  wenn  das  Gestein  aufser  Kieselerde  keine  andern  Stoffe 
aufgenommen  hat,  so  mufs  der  aus  b  und  c  in  VIII  beste- 
hende Theil  des  Gesteins  die  normaltrachytische  Zusammen- 
setzung zeigen.    Man  erhält,  in  der  That  : 

Normaltrachytifche 
Zusammensetiang  Berechnet 

Kieselsäure 76,67                   76,65 

Thonerde  u.  Eisenoxydul  14,23                   14,71 

Kalkerde 1,44                     0,89 

Magnesia 0,28                     0,42 

Natron  u.  KaU   .    .    .    .      7,38 7,33 

100,00  100,00. 

Der  Porphyr  von  Rennas  in  der  Gegend  von  Elfdalen, 
welchen  Delesse  untersucht  hat,  so  wie  der  von  Wolff 
analysirte  Porphyr  von  Halle  stimmt  der  Durchschnittszusam- 


der  Quanspcrphyre.  337 

mensetzung  nach  vollkommen  mit  den  untersuchten  Gesteinen 
überein,  nämlich  : 

Renoas 

Kieselerde 78,00 

Thonerde  und  Eisenoxyd      .    •  15,00 

Kalkerde  und  Magnesia    ...  1,00 

Alkalien 6,00. 

Halle  Gefunden  Theorie 

Kieselerde  77,53  77,53  76,67 

Thonerde  10,30)  -oßo  4^90 

Eisenoxydul  3,38)  *"*'**  *^'^ 

Kalkerde  0,56  0,56  1,44 

Magnesia  ?  ?  0,28 

Kali  4,27  (  ^  «o  7  00 

Natron  3,96  {  ^>^^  ^>^ 

100,00  100,00  100,00. 

Fafst  man  die  Ergebnisse  dieser  Untersuchung  zusammen, 
so  ergiebt  sich,  daTs  die  von  späteren  Metamorphosen  ver- 
schont gebliebenen  Qnarzporphyre  die  Durchschnittszusammen- 
setzung der  normaltrachytischen  Silicatgemenge  besitzen  und 
durch  Aufnahme  von  normalpyroxenische  Masse  in  Mischlings- 
gesteine übergehen,  die  sich  nur  wenig  von  der  normaltra- 
chytischen Zusammensetzung  entfernen.  Das  nachstehende 
aus  den  sämmtlichen  aufgeführten  Analysen  gezogene  Mittel 
zeigt  eine  solche  Uebereinstimmung  mit  der  von  Prof. 
Bunsen  aus  isländischen  und  kaukasischen  Gesteinen  abge- 
leiteten Zusammensetzung  der  normaltrachytischen  Masse,  dafs 
man  an  dem  Daseyn  einer  gemeinschaftlichen  Quelle  aller 
dieser  den  verschiedensten  Fundstätten  und  Altersperioden 
angehörenden  Gesteine  nicht  zweifehi  kann  : 

Ouarzpoq>hyre      NormaltrachytUche  Gesteine 

Kieselerde 77,00                   76,67 

Thonerde  u.  Eisenoxydul  14,71                    14,23 

Kalkerde 0,64                     1,44 

Magnesia 0,34                     0,28 

KaU  u.  Natron   .    .    .    .      7,64 7,38 

100,33  100,00. 

Heidelberg  den  9.  August  1853. 

Annal.  d.  Chem.  n.  Pliann.  LXXXVII.  Bd.  3.  Heft.  22 


338      Edlund^  über  die  Eimcirkmg  des  Magnetismus 

lieber  die  Einwirkung  des  Magnetismus   auf  einen 
gradlinig  polarisirten  Lichtstrahl  bei  dessen  Gang 

durch  comprimirtes  Glas; 

von   Prof.  Edlund   zu   Stockhcdm. 


Aus  einigen  Untersuchungen,  welche  man  in  den  Annales 
de  Chimie  et  de  Physique  S^r.  3,  T.  XXVIII,  p.  493  und  in 
diesen  Annalen  Bd.  LXXVI,  S.  197  mitgetheilt  ßndet,  hat 
Matteucci  die  Schlufsfolgerung  ziehen  zu  können  geglaubt, 
dafs  die  bekannte,  von  Faraday  entdeckte  Drehung  des  Po- 
larisationsplanes des  Lichtes  in  eipem  Glascylinder^  der  sich 
zwischen  den  Polen  eines  starken  Electromagnets  befindet,  bei 
der  Umwechslung  der  Pole,  nach  der  einen  Seite  hin  gröfser 
sey  als  nach  der  andern,  wenn  der  Glascylinder  während  des 
Experiments  solchergestalt  zusammengedrückt  wird,  dars  die 
Dichte  des  Glases  in  einem  gegen  den  Lichßtrahl  winkel- 
rechten Plane  in  verschiedenen  Richtungen  verschieden  ist. 
Wir  werden  durch  einige  einfache  Experimente  zu  erweisen 
suchen,  dafs  die  gedachten  Versuche  zu  einer  solchen  Schlufs- 
Folgerung  nicht  berechtigen. 

Matteucci  stellte  seine  Experimente  folgendergestalt 
an  :  ein  Lichtstrahl  wurde  durch  Reflexion  polarisirt  und  ging 
darauf  durch  eine  doppelte  Quarzscheibe  von  der  Constmctioii 
SoleiTs  hindurch.  Der  Lichtstrahl  ging  darauf  durch  das 
zwischen  den  Polen  eines  Electromagnets  befindliche  Glas- 
parallelepiped  und  wurde  endlich  von  einem  in  den  Mittel- 
punkt eines  graduirten  Kreises  eingesetzten  Nicolas  Prisma 
aufgenommen.  Mittelst  einer  der  in  einefm  gewöhnlichen 
Polariscop  ähnlichen  Construction  wurde  der  Polarisationsplan 
des  Lichtes  bestimmt  durch  die  Drehung  des  Analysirers,  bis 
dafs    die  beiden  Hälften  der  Quarzscheibe  die  sogenannte 


aitf  einen  gradKmg  polarisirfen  lAchUkxM  etc.        339 

empfindUche  Farbe  (teinte  de  passage)  bekamen  und  einander 
ganz  gleich  wurden.  Wenn  der  Analysirer  so  eingestellt 
wurde,  dafs  die  beiden  Hälften  der  Quarzscheibe  gleich  gefärbt 
waren,  und  dann  das  Glasparallelepiped  in  der  Mitte  zusammen- 
gedrückt, ohne  den  Electromagnet  in  Thätigkeit  zu  setzen, 
so  zeigte  es  sich,  dafs  die  beiden  Hälften  der  Quarzscheibe 
ungleich  gefärbt  wurden,  daher  der  Analysirer  nach  der 
einen  oder  der  andern  Seite  gedreht  werden  mufste,  damit 
eine  gleiche  Farbe  an  den  beiden  Hälften  wieder  entstehen 
sollte.  Die  Lage  des  Analysirers,  in  welcher  die  Quarzscheiben 
nach  der  Zusammendrückung  des  Glases  wieder  gleich  wur- 
den ,  sey  mit  a  bezeichnet.  Wenn  man  darauf  den  Electro- 
magnet in  Thätigkeit  setzte,  so  war  eine  neue  Drehung  des 
Analysirers  nothwendig,  damit  gleiche  Farben  entstehen  konn- 
ten. Die  Lage  des  Analysirers ,  bei  welcher  diefs  eintraf, 
sey  mit  b  bezeichnet.  Wenn  man  dann  die  Pole  des  Magnets 
umwechselte ,  so  mufste  das  Prisma  nach  entgegengesetzter 
Seite  gedreht  werden,  bis  zu  einer  gewissen  Lage  c,  jenseits 
des  a  in  Bezug  auf  b.  Es  ergab  sich  nun ,  dafs  der  Winkel 
zwischen  a  und  b  dem  Winkel  zwischen  a  und  c  niemals 
gleich  war.  Der  eine  dieser  Winkel  war  oft  doppelt  so 
grofs  wie  der  andere.  Es  zeigte  sich  aufserdem  als  constant, 
dafs  das  Drehungsvermögen  des  Electromagnets  am  gröfsten 
war,  wenn  der  galvanische  Strom  eine  solche  Richtung  hatte, 
dafs  der  Magnetismus  eine  Drehung  nach  derselben  Seite 
bewirkte,  wie  das  Zusammendrücken  allein.  Matteucci 
glanbt  durch  diese  Versuche  bewiesen  zu  haben,  dafs  der 
Hagnetismus  den  Polarisationsplan  eines  durch  comprimirtes 
Glas  gehenden  Lichtstrahls  mehr  nach  der  einen  als  nach  der 
andern  Seite  dreht. 

Man  sieht  leicht  ein,  dafs  die  Farben,  welche  die  Quarz- 
scheiben im  Analysirer  zeigen,  gröfstentheils  von  den  Inter- 
ferenzfarben    bestimmt   werden,    die   in    dem  comprimirten 

22» 


34D      Edlundf  über  die  Emu>irkung  de$  Magnetismus 

Glasparallelepiped  entstehen,  und  man  kann  mit  beinahe 
völliger  Sicherheit  im  voraus  finden,  dafs  in  den  meisten 
Fällen,  um  gleiche  Farben  an  den  beiden  Quarzscheiben  zu 
erhalten,  der  Analysirer  mehr  nach  einer  als  nach  der  andern 
Seite  gedreht  werden  mufs,  auch  wenn  das  Drehungsver- 
mögen des  Magnetismus  in  entgegengesetzten  Richtungen 
gleich  grofs  wäre.  Die  Drehung  des  Analysirers  kann  also 
kein  zuverlässiges  Hafs  der  Drehung  des  Polarisationsplanes 
abgeben,  und  es  ist  daher  unmöglich,  nach  der  erstem  die 
letztere  beurtheilen  zu  können.  Auf  eine  entscheidende 
Weise  scheinen  folgende  Experimente  diefs  zu  beweisen. 

Der  Apparat,  welchen  ich  hierbei  benutzte,  war  von 
derselben  Beschaffenheit  wie  der  von  Matteucci  ange- 
wandte, nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs  der  Lichtstrahl,  ehe 
er  durch  die  beiden  Quarzscheiben  ging,  durch  ein  NicoTs 
Prisma  polarisirt  wurde,  welches  in  dem  Mittelpunkte  eines 
graduirten  Zirkels  eingesetzt  war,  wogegen  die  Polarisation 
bei  den  Versuchen  Matteucci's  durch  Reflexion  bewirkt 
wurde.  Statt  des  Sonnen-  oder  Tageslichts  benutzte  ich  das 
Licht  einer  stark  leuchtenden  Lampe.  Der  von  der  Lampe 
kommende  Lichtstrahl  ging  zuerst  durch  das  genannte  NicoFs 
Prisma,  dann  durch  die  Doppelscheibe  Soleil's,  deren  eine 
Hälfte  den  Polarisationsplan  der  verschiedenen  Lichtstrahlen 
gleich  viel  rechts  wie  die  andere  links  drehte,  und  zuletzt 
durch  das  comprimirte  Glas  und  das  dem  Auge  sich  am 
nächsten  befindende  analysirende  Prisma.  Ehe  jedoch  das  com- 
primirte Glas  in  den  Weg  des  Lichtstrahls  eingesetzt  worden^ 
wurde  der  Analysirer  so  eingestellt,  dafs  die  beiden  Hälften 
der  Quarzscheibe  die  empfindliche  Farbe  erhielten  und  ganz 
gleich  wurden.  Bekanntlich  waren  hierbei  die  Principal« 
sectionen  des  NicoT sehen  Prismas  und  des  Analysirers  mit 
einander  parallel.  Als  darauf  das  comprimirte  Glas  hinein- 
gesetzt wurde,  mufste   der  Analysirer  ebenso  wie   bei   den 


auf  emen  gradlinig  polarisirlen  Lichtstahl  eic.        341 

Versuchen  Matteucci's  nach  einer  oder  der  andern  Seite 
gedreht  werden,  damit  die  Onarzscheiben  gleich  werden  sollten. 
Diese  Lage  des  Analysirers  sey  mit  a  bezeichnet.  Darauf 
wurde  das  erste  NicoTsche  Prisma  um  eine  gewisse  Anzahl 
Grade  nach  der  einen  Seite  gedreht,  und  der  Analysirer  mufste 
dann  eine  andere  Lage  (b)  erhalten ,  damit  wieder  gleiche 
Farben  an  den  beiden  Quarzscheiben  entstehen  sollten.  Zu- 
letzt wurde  das  erste  NicoTsche  Prisma  um  gleich  viele 
Grade  nach  der  andern  Seite  gedreht,  und  man  mufste  nun 
den  Analysirer  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  c,  jenseits  des 
a  in  Bezug  auf  b,  drehen,  um  gleiche  Farben  zu  erhalten. 
Die  angestellten  Versuche  stimmten  alle  darin  überein,  dafs 
die  Winkelabstände  zwischen  a  und  b  und  zwischen  a  und  c 
niemals  gleich  grofs  waren ,  was  doch  der  Fall  hätte  seyn 
müssen,  wenn  die  Drehung  des  Analysirers  als  ein  Hafs  der 
Drehung  des  Polarisationsplanes  sollte  dienen  können.  In 
Uebereinstimmung  mit  den  Beobachtungen  Matten cci*s  zeigte 
es  sich  aufserdem ,  dafs  man  den  grdfsten  der  erwähnten 
Winkelabstände  erhielt  ^  wenn  die  Drehung,  welche  die  Com- 
primirung  des  Glases  allein  verursachte,  nach  derselben  Seite 
hin  geschah  wie  die  Drehung  des  Polarisationsplans  durch  das 
erste  Nicol'sche  Prisma.  Obgleich  also  der  ursprüngliche 
Polarisationsplan  gleich  viel  nach  der  einen  wie  nach  der 
andern  Seite  gedreht  wurde,  mufste  doch  der  Analysirer 
mehr  nach  der  einen  als  nach  der  andern  Seite  gedreht  wer- 
den, um  gleiche  Farben  an  den  beiden  Quarzscheiben  her- 
vorzubringen. Hieraus  folgt,  dafs  die  nothwendige  Drehung 
des  Analysirers  nicht  nur  von  der  Grdfse  der  Drehung  des 
ursprünglichen  Polarisationsplanes  beruht,  sondern  auch  von 
dessen  Lage  in  Beziehung  auf  die  Richtung^  worin  das  Glas 
seine  gröfste  oder  kleinste  Dichte  hat.  Es  ist  klar,  dafs  das- 
selbe Verhältnifs  auch  stattfinden  mufs,  wenn  die  Drehung 
des  Polarisationsplans,  wie  bei  den  Experimenten Matteucc i*s, 


342      Edlund,  über  die  Einwirkiwg  des  Magt^tismm 

zuerst  im  Glase  durch  die  Einwirkung  des  Magnetismus  vor 
sich  geht.  Irgend  eine  Ausnahme  kann  ebenso  wenig  dadurch 
entstehen,  dafs  der  Magnetismus,  gemärs  der  neuesten  Unter- 
suchungen, für  die  verschiedenen  Lichtstrahlen  ein  verschie- 
denes Drehungsvermögen  besitzt.  Hieraus  ergiebt  sich  also, 
dars  man  nach  der  Drehung  des  Analysirers  im  vorliegenden 
Falle  die  wirkliche  Drehung  des  Polarisationsplans  jiicht  direct 
ermesssen  kann,  diese  letztere  mag  nun  geschehen  seyn  ent- 
weder vor  dem  Eintritte  des  Lichtes  in  das  comprimirte  Glas, 
oder  erst  während  des  Durchganges  durch  dasselbe  *). 

Wir  theilen  hier  einige  der  angestellten  Versuche  mit  : 
Nr.  1.  Das  comprimirte  Glas  wurde  so  hineingestellt,  dafs 
der  ursprüngliche  Polarisationsplan  einen  Winkel  von  etwa 
10  Graden  mit  der  Richtung  machte,  in  welcher  die  Dichte 
des  Glases  am  kleinsten  war.  (Dieser  Winkel  ist  bei  den 
folgenden  Versuchen  mit  A  bezeichnet.}  Um  gleiche  Farben 
hervorzubringen,  mufste  nun  der  Analysirer  links  gedreht 
werden.  Der  Drehungswinkel  (w)  war  bei  verschiedenen 
Einstellungen  folgender  : 

38S0 
39,8 

38,0 

38,0 

Mittel  38«,5. 


*)  Da  den  VerBUchen  gemüfs,  welche  Wertheim,  durch  die  Unter- 
suchung Matte ucci's  daiu  veranla&t,  angcBtellt  hat  (Gompt.  rend. 
XXXII,  289),  der  Magnetismus  den  Polarisationsplan  des  Lichts  nicht 
dreht,  wenn  das  Glasparallelepiped  nach  seiner  gansen  Lfinge  su- 
sammengedruckt  wird  und  nicht  blofs  an  der  Mitte,  wie  bei  den 
Versuchen  Matteucci's,  so  ist  es  höchst  >vabrscheinlich ,  da(s  die 
von  dem  Letstgenannten  beobachtete  Drehung  in  dem  Theile  des 
Glases,  der  nicht  comprimirt  war,  vor  sich  gegangen.  Wie  diese 
Drehung  bei  der  angewandten  Methode  in  verschiedenen  Richtungen 
verschieden  erscheinen  konnte,  das  erkifirt  sich  durch  die  hier  mit- 
getheilten  Versuche. 


a^if  einen  gradUnig  polaruirten  Lichtitrahl  etc,         343 

Als  darauf  der  ursprüngliche  Polarisationsplan  20^  rechts 
gedreht  wurde ,  also  in  einer  Richtung  der  Drehung  entge- 
gengesetzt ,  welche  die  Compression  des  Glases  allein  ver- 
ursachte, mufste  der  Analysirer  aufs  Neue  die  Lage  verändern. 
Bei  mehreren  auf  einander  folgenden  Einstellungen  war  dieser 
Drehungswinkel  (wQ  : 

7^0 

8,0 

7,0 

8,0 
Mittel  7«,6. 

• 

Als  hingegen  der  Polarisationsplan  20^  links  gedreht 
wurde,  d.  h.  nach  derselben  Seite  mit  der  Drehung,  die  von  der 
Compression  des  Glases  herrührte,  mufste  der  Analysirer  bei 
verschiedenen  Einstellungen  unter  folgenden  Winkeln  (w^O 
gedreht  werden  : 

150,3 

13,7 

12,0 

12,5 

Mittel  13S4. 

Die  Drehung  des  Analysirers  war  folglich  in  diesem 
Falle  fast  doppelt  so  grofs  wie  in  jenem,  obgleich  die  wirk- 
liche Drehung  des  Polarisationsplanes  bei  der  ersten  Gelegen- 
heit eben  so  grofs  nach  der  rechten  Seite  hin  war,  wie  bei 
der  letzten  nach  der  linken.  Die  folgenden  Versuche  stim- 
men mit  dem  ersten  vollkommen  überein. 

Nr.  2.  A  =  30«;  w=  69«,5;  w'  =  9o,3;  w"  =  15o,7. 
Die  Drehung  des  Polarisationsplanes  nach  der  rechten  oder 
linken  Seite  war  bei  diesem  Versuche  =  50^ 

Nr.  3.  A  =  80%-  w  =  39^5;  w'  =  5^7;  w''  =  38<». 
Die  wirkliche  Drehung  des  Polarisationsplanes  =  20^. 


344  Schunckj  über  Rubian  und 

Nr.  4.  A  =  90«;  w  =  16«,8;  w'5=23«,4;  w"=  45«,5. 
Die  wirkliche  Drehung  des  Polarisationsplanes  =  25^ 

Nr.  5.  A  =  0%-  w=  15^4;  w'=.17«,9;  w"=:30«,6. 
Die  wirkliche  Drehung  des  Polarisationsplanes  =3  25®. 

Bei  den  zwei  letzten  Versuchen,  in  welchen  der  Polari- 
sationsplan vor  der  Drehung  winkelrecht  gegen  oder  parallel 
mit  der  Richtung  war,  in  welcher  das  Glas  am  wenigstens 
zusammengedrückt  war,  hatte  man  vielleicht  erwartet,  dafs 
w  hätte  gleich  Null  werden  müssen,  und  w'  =  w'^  Dafs 
diefs  nicht  geschah,  hat  wahrscheinlich  seinen  Grund  in  der 
Unmöglichkeit,  das  Glas  so  zusammenzudrücken,  dars  die 
Richtung  der  grörsten  Dichte  gegen  die  der  kleinsten  voll- 
kommen winkelrecht  wird ,  so  wie  dafs  die  Dichte  von  jener 
zu  dieser  symmetrisch  abnimmt. 

Schliefslich  ist  zu  erwähnen,  dafs  das  Glas  ohne  Zusam- 
mendrückung keine  Veränderung  der  Farben,  welche  die 
Quarzscheiben  durch  die  Umdrehung  des  Analysirers  zeigten,* 
hervorbrachte. 


lieber  Rubian  und  seine  Zersetzungsproducte ; 

von  E.  Sckunck  *). 


Schunck  hat  seine  Untersuchungen  über  Rubian,  die  in 
diesen  Annalen  früher  mitgetheilt  wurden  **^ ,  fortgesetzt  und 
zunächst  die  Einwirkung  der  Alkalien  und  der  alkalischen 
Erden  auf  Rubian  genauer  untersucht. 

Nur  die  (ixen  Alkalien  wirken  zersetzend  auf  das  Rubian 
ein.    Ammoniak   verändert    nur  die   Farbe   der   wässerigen 


*)  Im  Ausz.  aus  Phil.  Mag.  [4]  V,  410  n.  495. 
**)  Diese  Annalen  LXXXI ,  336. 


seme  Zersetumgsproduete.  345 

Lösung  aus  Gelb  in  Blutroth,  ohne  Inders  selbst  bei  längerem 
Kochen  das  Rubian  zu  zersetzen. 

Auf  Zusatz  von  Aetznatron  zu  einer  Rubianlösung  wird 
die  Farbe  der  letzteren  blutroth,  aber  beim  Kochen  der  Flüs-> 
sigkeit  färbt  sich  diese  durch  Alizarinbildung  purpurroth.  Bei 
längerem  Kochen  scheidet  sich,  wie  die  Flüssigkeit  concen- 
trirter  wird^  ein  dunkel -purpurfarbiges  Pulver  ab,  welches 
hauptsächlich  aus  einer  Verbindung  von  Alizarin  und  Natron 
besteht,  die  in  Aetznatron  unlöslich  ist.  Nach  längerem 
Kochen  und  Zusatz  einer  genügenden  Menge  Natron  ist  das 
Rubian  vollständig  zersetzt;  wird  die  Flüssigkeit  nun  mit 
Schwefelsäure  übersättigt ,  so  entfärbt  sie  sich  fast  vollständig 
unter  Ausscheidung  orangefarbiger  Flocken.  Diese  bestehen 
nach  dem  Auswaschen  mit  kaltem  Wasser  hauptsächlich  aus 
AKssarinj  Rubireiinj  VeranUn  und  einer  neuen  als  RMadin 
bezeichneten  Substanz. 

Zur  Trennung  dieser  Substanzen  schlägt  Schunck  fast 
denselben  Weg  ein,  welchen  er  in  seiner  früheren  Abhand- 
lung zur  Trennung  der  Zersetzungsproducte  des  Rubians  durch 
Säuren  beschrieben  hatte.  Das  Gemenge  wird  mit  siedendem 
Alkohol  behandelt,  wobei  stets  ein  dunkelbrauner  flockiger 
Körper  ungelöst  bleibt,  welchen  Schunck  für  ein  secundäres 
Zersetzungsproduct  hält  (vergl.  S.  346  f.}.  Der  filtrirten  dunkel» 
gelben  alkoholischen  Lösung  wird  essigsaure  Thonerde^  zu- 
gesetzt, der  dunkelrothe  Niederschlag,  eine  Verbindung  von 
Alizarin  und  Verantin  mit  Thonerde,  mittelst  Salzsäure  zer-» 
setzt  und  das  Alizarin  und  das  Verantin  in  der  von  Schunck 
früher  angegebenen  Weise  mittelst  essigsauren  Kupferoxyds 
von  einander  getrennt  und  gereinigt  —  Die  von  der  Thon-^ 
erdeverbindung  abfiltrirte,  noch  gelb  gefärbte  Flüssigkeit  giebt 
auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  und  vielem  Wasser  einen  gelben 
flockigen  Niederschlag,  welcher  nach  dem  Auswaschen  wieder 
in  siedendem  Alkohol  gelöst  wird ;  essigsaures  Bleioxyd  fällt 


346  Schunck,  über  Rubian  und 

aus  dieser  Lösung  einen  ins  Purpurne  spielenden  braunen 
Niederschlag,  Rubiretin  und  Verantin  mit  Bleioxyd  verbanden. 
Dieser  Niederschlag  giebt  bei  der  Zersetzung  durch  siedende 
Salzsäure  ein  braunes  Pulver,  welches  nach  dem  Auswaschen 
mit  kaltem  Alkohol  behandelt  wird,   wo  sich  das  Rubiretin 
löst,  der  gröfste  Theil   des  Verantins  aber  ungelöst  bleibt; 
das  aus  der  Lösung   durch  Abdampfen  enthaltene  Rubiretin 
kann  von  etwa   beigemengtem  Verantin  durch  wiederholtes 
Auflösen  in  kleinen -Mengen  kalten  Alkohols  befreit  werden. 
•—  Die  von  der  Bleiverbindung  abfiltrirte,  noch  gelbgefärbte 
alkoholische  Lösung  enthält  die  als  Rubiadin  bezeichnete  Sub- 
stanz; zur  Reindarstellung  der  letzteren  wird  die  Lösung  mit 
Wasser  versetzt,  der  entstehende  gelbe  Niederschlag  in  der 
gerade  nöthigen  Menge  siedenden  Alkohols  gelöst,    der  sie- 
denden Lösung  Bleioxydhydrat  zugesetzt,    welches  Verun- 
reinigungen (namentlich  Rubiretin}   entfernt,  und  die  heller 
gelb  gewordene  Flüssigkeit  siedend-heifs  filtrirt,  wo  sich  dann 
bei  dem  Erkalten  Rubiadin  in  kleinen  gelben  Nadeln  aus- 
scheidet.   Noch  etwas  von  dieser  Substanz  kann  durch  Ver- 
dunsten der  Mutterlauge  gewonnen  werden,  doch  nur  weniger 
rein  und  als  ein  amorphes  gelbes  Pulver.  —  Die  von  dem 
Gemenge  von  Alizarin,  Rubiretin^,  Verantin  und  Rubiadin  ab- 
filtrirte saure  Flüssigkeit  enthält  noch  ein  Zersetzungsproduct. 
Wird  die  darin  enthaltene  Schwefelsäure   durch  kohlensaures 
Bleioxyd  neutralisirt  und  das  Filtrat  zur  Trockne  abgedampft, 
und  der  Rückstand  mit  Alkohol  behandelt,  so  bleibt  schwefel- 
saures Natron  ungelöst  und  das  Filtrat    hinterläfst  bei  dem 
Abdampfen  eine  braune  zähe  Hasse,  welche  in  ihren  Eigen- 
schaften  mit  der  durch  Einwirkung  der  Säuren  auf  Rubian 
erhaltenen   zuckerartigen  Substanz  übereinkommt.     Als  ein 
Zersetzungsproduct  dieser  letzteren  Substanz  durch  die  länger 
dauernde  Einwirkung    des  Aetzalkalis    betrachtet  Schunck 
die  oben  erwähnte,  in  Alkohol  unlösliche,  dunkelbraune  flockige 


seine  Zer$eHungsproducte,  347 

Substonz  (vergl.  S.  345);  dieselbe  enthielt  68,20  pC.  Kohlen- 
stoff und  4,35  Wasserstoff,  und  S  c  h  u  n  c  k  hält  sie  für  iden- 
tisch mit  der  von  Mulder  durch  Einwirkung  von  Salzsäure  auf 
Rohrzucker  dargestellten  Ulminsäure,  Tür  welche  der  letztere 
die  Formel  C40H14OJ9  aufgestellt  hatte. 

Rubian  wird  durch  Kochen  mit  Baryt  in  derselben  Weise, 
doch  etwas  langsamer,  zersetzt  wie  durch  Natron.  Nach  der 
Beendigung  der  Zersetzung  mittelst  Baryt  finden  sich  die 
meisten  Producte  mit  Baryt  verbunden  als  ein  purpurrothes 
Pulver.  Die  'davon  getrennte  rothe  Flüssigkeit  wird  beim 
Einleiten  von  Kohlensäure  entfärbt^  während  sich  gelbe 
Flocken  zusammen  mit  kohlensaurem  Baryt  niederschlagen; 
das  von  diesen  Ausscheidungen  getrennte  Filtrat  hinterläfst, 
nachdem  durch  Aufkochen  etwas  noch  gelöster  kohlensaurer 
Baryt  ausgeschieden  ist,  beim  langsamen  Verdunsten  eine 
hellbraune  amorphe  Verbindung  A  der  zuckerartigen  Substanz 
mit  Baryt.  Das  Gemenge  der  gelben  Flocken  mit  kohlen- 
saurem Baryt  wird  zusammen  mit  dem  eben  erwähnten  pur- 
purrothen  Pulver  mit  Salzsäure'  behandelt ,  und  die  ungelöst 
bleibenden  orangefarbenen  Flocken,  die  wiederum  ein  6e-» 
menge  von  Alizarin  ^  Rubiretin,  Verantin,  Rubiadin  und  dem 
dunkelbraunen  flockigen  secundären  Zersetzungsproduct  sind^ 
wie  oben  angegeben  behandelt.  —  Bei  Anwendung  von 
Schwefelsäure  an  der  Stelle  von  Kohlensäure  behufs  der  Ab*- 
scheidung  des  Baryts  aus  der  rothen  Flüssigkeit  erhält  man, 
nach  Neutralisirung  der  überschüssigen  Schwefelsäure  mittelst 
kohlensauren  Baryts,  eine  Flüssigkeit,  die  beim  Verdunsten 
eine  Verbindung  B  der  zuckerartigen  Substanz  mit  Baryt 
hinterläfst,  mit  ähnlichen  Eigenschaften  wie  die  Verbindung 
A,  doch  nur  mit  dem  halben  Gehalt  an  Basis.  —  Bei  der 
Analyse  ergaben  sich  für  diese  Verbindungen  der  zucker- 
artigen Substanz  mit  Baryt  die  Zusammensetzungen  : 


348  Schunek^  über  Rubian  und 


Verbindung  A. 

Gefanden 

Berechnet 

Kohlenstoff  22,43^  22769 

'C„        22,20 

c„ 

22,84 ' 

Wasserstoff    3,39      3,26 

H||           3,39 

H.. 

3,17 

Sauerstoff       —      27,06 

0„        27,14 

0., 

25,39 

Baryt              —      46,99 

2  BaO  47,27 

2  BaO 

48,60 

100,00 

100,00 

100,00. 

Verbindung  B. 

• 

Gefanden 

Berecbnel 

Kohlenstoff    29,41 

30,01        C„ 

30,17 

Wasserstoff     4,68 

4,62        H.o 

4,19 

Sauerstoff        — 

33,49        0,0 

33,54 

Baryt               — 

31,88        BaO 

32,10 

100,00  100,00. 

Für  die  Verbindung  il  schwankt  Seh unck  zwischen  den 
Formeln  CmH||0,i,  2  BaO  =  C|sH,oOio,  BaO  +  BaO,  HO 
und  CisHioOjo,  2  BaO,  betrachtet  indefs  letztere  als  die  wahr- 
scheinlichere. 

Zur  Feststellung  der  Identität  des  durch  Alkalien  aus 
Rubian  gebildeten  Alizarins  und  Rubiretins  mit  den  durch 
Säuren  daraus  erhaltenen  gleichnamigen  Körpern  analysirte 
Schunck  diese  Substanzen.  Das  krystallisirte  Alizarin  (mit- 
telst Natron  erhalten}  verlor  bei  100®  17,96  pC.  Wasser,  und 
das  bei  100®  getrocknete  ergab  (alle  Verbrennungen  wurden 
mittelst  chromsauren  Bleioxydes  ausgerührt}  69,07  pC.  Koh- 
lenstoff und  4,70  Wasserstoff.  Das  mittelst  Natron  dargestellte 
Rttbiretin  ergab  bei  100®  getrocknet  68,60  pC.  Kohlenstoff 
und  5,32  Wasserstoff ;  das  mittelst  Baryt  dargestellte  68,59  pC. 
Kohlenstoff  und  5,24  W^asserstoff.  —  Das  Verantin  wurde 
nicht  in  zur  Analyse  genügender  Menge  und  Reinheit  er- 
halten. 


seine  Zersdsumgeproducte.  349 

Das  RubkuUn  gleicht  sehr  dem  unter  den  Producten  der 
Einwirkung  von  Säuren  auf  Rubian  sich  findenden  Rubianin. 
Es  krystaUisirt  aus  der  alkoholischen  Lösung  in  kleinen 
gelben  oder  orangefarbenen  Nadeln ;  doch  reicht  schon  ge- 
ringe Verunreinigung  hin,  seine  Krystallisation  zu  verhindern, 
und  dann  erhält  man  es  in  kleinen  körnigen  Massen  oder 
als  ein  gelbes  amorphes  Pulver.  Auf  Platinblech  erhitzt 
schmilzt  es  und  brennt  es  dann  mit  Flamme ;  bei  vorsichtigem 
Erhitzen  zwischen  zwei  Uhrgläsem  kann  es  fast  vollständig 
sublimirt  werden,  das  Sublimat  besteht  aus  stark  glänzenden, 
gelben  und  orfngefarbenen  glimmerartigen  Blättchen.  Es  ist 
unlöslich  in  Wasser;  in  Alkohol  löst  es  sich  reichlicher  als 
Rubianin.  In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  es  sich  mit 
gelber  Farbe  und  durch  Wasser  wird  es  in  gelben  Flocken 
wieder  abgeschieden;  bei  dem  Kochen  der  Lösung  in  Schwe- 
felsäure wird  die  Farbe  gelblich-braun,  etwas  schweflige  Säure 
vrird  entwickelt  und  Wasser  fällt  nun  einen  gelblich«-braunen 
Niederschlag.  Durch  kochende  Salpetersäure  wird  das  Ru« 
biadin  unter  Zersetzung  gelöst.  Gegen  Alkalien  verhält  es  sich 
ähnlich  wie  Rubianin.  Ammoniak  und  kohlensaures  Natron 
verändern  die  Farbe  des  Rubiadins  in  der  Kälte  nur  sehr 
wenig;  beim  Kochen  lösen  sie  es  mit  blutrother  Farbe;  aus 
diesen  Lösungen  wird  es  durch  Säuren  in  dicken  gelben 
Flocken  gefallt.  Bei  dem  Verdunsten  der  ammoniakalischen 
Lösung  an  der  Luft  scheidet  sich  das  Rubiadin  in  Form  eines 
gelben  unkrystallinischen  Häutchens  ab.  Die  ammoniakali- 
sehe  Lösung  von  Rubiadin  giebt  mit  Chlorbarium  erst  nach 
einiger  Zeit  einen  schwachen  dunkelrothen  Niederschlag, 
mit  Chlorcalcium  sogleich  einen  reichlichen  hellrothen  Nie* 
derschlag.  Die  alkoholische  Lösung  von  Rubiadin  giebt  mit 
essigsaurem  Bleioxyd  keine  Fällung,  mit  essigsaurem  Kupfer- 
oxyd nach  einigen  Augenblicken  einen  dunklen  bräunlich- 
rothen  Niederschlag,  während  die  überstehende  Flüssigkeit 


350  Schunekj  iAer  Bubkm  tmd 

gelb  geflrbt  bleibt.  Eine  siedende  Lösung  von  EiseneUorid 
wirkt  aufRubiadin  nicht  wesentlich  ein.  Die  Analyse  desRu* 
biadins  ergab  : 


Gehuden 

Berechiiet 

Kohlenstoff 

71,22 

CnlififC^^'li^ 

Wasserstoff 

4,83 

H„    4,47    H.,    4,06 

Sauerstoff 

23,95 

0.    23,89    0„  23,99 

100,00  100,00  100,00. 

Schon ck  schwankt  zwischen  diesen  beiden  Formeln, 
und  erklärt  die  Bildung  des  Rubiadins,  je  nachdem  die  eine 
oder  die  andere  zu  Grunde  gelegt  wird,  durch  die  Glei- 
chungen : 

C^eHs40,o  +  2  HO  =  C„H„0,    +  2  C,»H„0„ 

Rubian.  Rubiadin.  Zucker. 

CieHjiOjo  =  C44H15O11  +      Ci^HiiOii  +7  HO. 

Schunck  betrachtet  nach  allem  diesem  die  Zersetzung 
des  Rubians  durch  Alkalien  als  mit  der  durch  Säuren  überein- 
stimmend, mit  dem  einzigen  Unterschied,  dafs  durch  die 
Alkalien  neben  den  andern  Zersetzungsproducten  Rubiadin, 
durch  die  Säuren  aber  Rubianin  gebildet  wird. 


Schunde  untersuchte  femer  die  Emtoirkung  ton  Fer-^ 
menim  auf  JfaiUait,  da  schon  früher  vermuthet  wurde  C^ergl. 
diese  Annalen  LXXXI,  336  f.),  dafs  sich  der  Farbstoff  der 
Krappwnrzel  durch  eine  Art  Gährung  bilde. 

Zur  Darstellung  der  eigenthümlichen  in  der  Krappwurzel 
enthaltenen  Substanz,  welcher  die  Eigenschaft  zukommt,  das 
Rubian  zu  zersetzen,  verfährt  Schunck  in  folgender  Weise. 
Krapp  wird  auP  einem  feinen  Seihetuch  mit  Wasser  von  ge- 
wöhnlicher Temperatur  oder  besser  etwa  38^  (auf  je  1  Pfund 
Krapp  etwa  4  engl.  Quart  destillirtes  Wasser)  übergössen, 
und  dem  wässerigen  Extract  sofort  etwa  das  gleiche  Volum 


seine  Zerseizungsproducte.  351 

Alkohol  zugesetzt,  wo  sich  dunkle  röthlich- braune  Flocken 
abscheiden.  Nach  dem  Absetzet^  dieser  Flocken  wird  die 
gelblich-braune  Flüssigkeit  decantirt,  die  Flocken  werden  mit 
frischem  Alkohol  übergössen  und  auf  einem  Papierfilter  mit 
Alkohol  ausgewaschen  bis  dieser  fast  farblos  abläuft.  Der 
Filterrückstand  ist  dann  eine  dunkle  röthlich-braune  Hasse, 
wie  coagulirtes  Casein  anzufühlen.  Die  so  dargestellte  Sub- 
stanz besitzt  in  eminentem  Grad  das  Vermögen,  das  Rubian 
zu  zersetzen.  Auf  Zusatz  derselben  zu  einer  Rubianlösung 
wird  diesQ  im  Verlauf  weniger  Stunden  zu  einer  hellbraunen 
zitternden  Gallerte,  die  vollkommen  geschmacklos  und  in 
kaltem  Wasser  unlöslich  ist;  die  als  Ferment  dienende  Sub« 
stanz  quillt  dabei  auf  und  zertheilt  sich  in  der  Rubianlösung, 
ohne  wirklich  gelöst  zu  werden.  Die  Rubianlösung  bleibt 
bei  dieser  Umwandlung  vollkommen  neutral;  keine  Gasent- 
wicklung findet  dabei  statt  und  der  Zutritt  der  atmosphärische 
Luft  ist  dafür  nicht  nothwendig. 

Ist  das  Rubian  durch  hinlänglich  langes  Stehen  seiner 
Lösung  mit  einer  genügenden  Menge  der  als  Ferment  die- 
nenden Substanz  vollkommen  zersetzt  (was  man  daran  er- 
kennt, dafs  die  Gallerte  kaltem  Wasser  nicht  mehr  gelbe  Fär- 
bung mittheilt},  so  wird  etwas  Wasser  zugesetzt  und  die 
ungelöst  bleibende  Gallerte  mit  etwas  kaltem  Wasser  aus- 
gewaschen. Das  Abfliersende  ist  fast  farblos;  der  Filter- 
rückstand enthält  neben  dem  angewendeten  Ferment  AHunin, 
VeraiUmj  Rubirefmj  eine  dem  Rubiacin  ähnliche  und  als  Ru^ 
biaftn  bezeichnete  Substanz,  eine  dem  Rubianin  und  Rubiadin 
ähnliche  und  als  Rubiagin  bezeichnete  Substanz,  und  einen 
als  RubuuUpm  benannten  Körper. 

Behufs  der  Trennung  dieser  Substanzen  wird  das  Gemenge 
mit  siedendem  Alkohol  behandelt  und  das  Ungelöst  bleibende 
(Ferment)  mit  siedendem  Alkohol  ausgewaschen.  Das  röth- 
lich-gelbe  alkoholische  Filtrat  wird  mit  essigsaurer  Thonerde 


S52  Schunckf  über  RMan  und 

gefällt,  wo  sich  Alizarin,  Verantin  und  Rubiafin  in  Verbin- 
dung mit  Thonerde  als  gelblich-rother  Niederschlag  ausschei- 
den, bei  dessen  Behandlung  mit  kochender  Salzsäure  orange- 
farbene Flocken  QF)  ungelöst  bleiben.  —  Die  vom  Thonerde- 
Niederschlag  abfiltrirte  Flüssigkeit  ist  dunkel  -  bräunlichroth ; 
auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  und  vielem  Wasser  schlägt  sich 
das .  darin  Gelöste  in  Form  eines  gelben  Pulvers  nieder, 
welches  mit  siedendem  Wasser  ausgewaschen  werden  kann. 
Dieses  Pulver  wird  dann  in  siedendem  Alkohol  gelösi  und 
die  siedende  Lösung  mit  überschüssigem  einfach-essigsaurem 
Bleioxyd  gefällt,  wo  ein  dunkel -purpurfarbiger  Niederschlag 
(N)  entsteht.  Aus  der  von  diesem  siedend -hcifs  abfiltrirten 
dunkelgelben  Flüssigkeit  fallt  ein  Zusatz  von  vielem  Wasser 
einen  orangefarbenen  Niederschlag,  Rubiagin  und  Rubiadipin 
mit  Bleioxyd  verbünden.  Dieser  Niederschlag  wird  mit  Schwe- 
felsäure gekocht,  wobei  er  gelb  wird,  und  nach  dem  Aus- 
waschen der  Schwefelsäure  mit  Wasser  wird  er  mit  sieden- 
dem Alkohol  behandelt^  wo  schwefelsaures  Bleioxyd  ungelöst 
bleibt;  die  entstehende  gelbe  Lösung  hinterläfst  beim  Ver- 
dampfen ein  Gemenge  von  Rubiagin  und  Rubiadipin.  Bei  dem 
Behandeln  dieses  Gemenges  mit  kaltem  Alkohol  wird  das 
Rubiadipin  gelöst  und  durch  Verdunsten  der  Lösung  als  eine 
dunkelbraune  weiche  fettige  Hasse  erhalten;  das  ungelöst 
bleibende  Rubiagin  wird  durch  Behandehi  mit  einer  geringen 
Menge  warmen  Alkohols  von  einem  Rückhalt  an  Rubiadipin 
befreit,  und  dann  in  siedendem  Alkohol  gelöst,  aus  welcher 
Lösung  es  bei  freiwilligem  Verdunsten  derselben  als  citron- 
gelbe,  aus  kleinen  krystallinischen  Körnern  bestehende  Masse 
erhalten  wird.  —  Der  Niederschlag  JV  besteht  aus  den  Ver- 
bindungen von  Rubiretin,  Alizarin,  Verantin  und  Rubiafin  mit 
Bleioxyd;  er  wird  mittelst  kochender  Salzsäure  zersetzt  und 
die  ungelöst  bleibenden  gelben  Flocken  werden  nach  dem 
Auswaschen  mit  Wasser  mit  kaltem  Alkohol  behandelt,  welcher 


J 


seine  SSerieiurnffeprodude.  353 

vorzugsweise  Rubireiin  aufnimmt  (durch  wiederhohes  Behandeln 
des  Abdampfrttckstandes  dieser  Lösung  mit  kaltem  Alkohol  und 
Beseitigung  des  Ungelöstbleibenden  kann  das  Rubiretin  reiner 
eriialten  werden} ;  was  der  kalte  Alkohol  ungelöst  zurückläfst,  wird 
mit  den  Flocken  F  vereinigt.  Dieses  Gemenge  wird  in  siedendem 
Alkohol  gelöst,  und  die  Lösung  mit  essigsaurem  Kupferoxyd 
gefiUlt,  wo  sich  ein  schmutzig -purpurftrbiger  Niederschlag 
ausscheidet,  welcher  aus  Yerantin,  Rubiafin  und  einem  Theil 
des  Alizarins  in  Verbmdung  mit  Kupferoxyd  besteht,  während  deir 
gröfste  Theil  des  Alizarins  in  der  purpurfarbigen  Flüssigkeit  ge- 
löst bleibt,  daraus  mittelst  Salzsäure  und  Wasser  gefällt  Und  durch 
Umkrystalhsiren  gereinigt  werden  kann.  Der  Kupferoxyd-Nie- 
derschlag wird  mittelst  Salzsäure  zersetzt,  die  ungelöst  blei- 
benden rothen  Flocken  werden  in  siedendem  Alkohol  gelöst, 
die  siedende  Lösung  mit  Zinnoxydulhydrat  versetzt,  welches 
sich  darin  hellbraun  färbt.  Aus  der  von  der  Zinnverbindung 
siedendheifs  abfiltrirten  hellgelben  Flüssigkeit  scheidet  sich 
nach  dem  Erkalten  das  Rubiafin  in  glänzenden  gelben  Plätt- 
eben und  Nadeln  ab,  die  durch  Umkrystallisiren  gereinigt 
w^erden.  Die  Zinnverbindung  wird  mit  kalter  Salzsäure  be- 
handelt; das  ungelöst  bleibende  röthlichbraune  Pulver  wird 
mit  Sahcsäure  und  nachher  mit  Wasser  ausgewaschen  und 
dann  mit  siedendem  Alkohol  behandelt,  wo  eine  dunkelbraune 
Verbindung  von  Yerantin  und  Zinnoxydul  (die  durch  Säuren 
nicht  zerlegt  wird}  ungelöst  bleibt ,  während  Yerantin  und 
Alizarin  in  Lösung  gehen ,  deren  ersteres  sich  aus  der  sie- 
dendheils  filtrirten  Flüssigkeit  beim  Abkühlen  derselben  theU- 
weise  als  braunes  Pulver  abscheidet. 

Dieselben  Producte,  welche  eben  besprochen  wurden, 
bilden  sich  auch,  wenn  der  Auszug  von  Krapp  mit  kaltem 
oder  lauem  Wasser  stehen  gelassen  wird ,  bis  sich  ein  Coa-^ 
gulum  in  ihm  gebildet  hat;  wird  das  Coagulum  auf  ein  feines 
Seihetuch  gebrächt  und  dann  mit  siedendem  Alkohol  behandelt, 

AnnAl.  d.  Ohem.  o.  Pharm.  LXXXVU.  Bd.  3.  H«ft.  23 


354  Sohunck^  über  BnAian  und 

jBO  bleibt  Ferment  nngelOst,  und  in  Lösung  gehen  dieselben 
Substanzen  9  welche  auch  durch  die  directe  Einwirkung  des 
Ferments  auf  Rubian  entstehen. 

Die  von  dem  gallertartigen  Gemenge  der  durch  das 
Ferment  hervorgebrachten,  in  Wasser  unlöslichen  Substanzen 
getrennte  Flüssigkeit  enthält  noch  eine  beträchtliche  Menge 
Zucker.  Auf  Zusatz  von  wenig  Aetzbaryt  entsteht  ein  rö(h- 
iich*weifser  Niederschlag,  wahrscheinlich  pectinsaurer  Baryt« 
Aus  dem  Filtrat  wird  nach  dem  Entfernen  des  Baryts  mittelst 
Schwefelsäure ,  der  überschüssigen  Schwefelsäure  mittelst 
kohlensauren  Bleioxyds,  und  des  Bleis  aus  der  Flüssigkeit 
mittelst  Schwefelwasserstoffs  durch  Verdunsten  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  über  Schwefelsäure  ein  bräunlich -gelber 
Syrup  erhalten ,  von  denselben  Eigenschaften  wie  der  aus 
Rubian  durch  die  Einwirkung  von  Säuren  hervorgebrachte 
Zucker.  • 

Das  durch  Zersetzung  des  Rubian  s  mittelst  Ferment  er- 
haltene Alizarin  I  verlor  bei  100®  17,65  pC.  Wasser,  durch 
Gährung  eines  Auszugs  von  Krapp  mit  lauem  Wasser  er- 
haltenes II  17,77  pC;  bei  100®  getrocknet  ergab  es,  das  Ru- 
biretin  und  das  Verantin  (l)eide  letzteren  durch  Fermentation 
eines  Krappauszugs  erhalten ;  in  dem  analysirten  Verantin  ver- 
muthet  Schunck  eine  Beimischung  von  Alizarin)  die  Zu- 
sammensetzungen 


Alictrin 

ßubiretin 

Verantin 

I. 

II. 

Kohlenstoff 

69,59 

69,59 

67,92 

66,32 

Wasserstoff 

4,26 

4,03 

5,46 

4,25 

Sauerstoff 

26,15 

26,38 

26,62 

29,43 

100,00      100,00      100,00      100,00. 
Die  oben  erwähnte  Verbindung  von  Verantin  mit  Zinn- 
oxydul läfst  sich  nicht  in  ihre  Bestandtheile  zerlegen ;  sie  löst 
sich  in  Ammoniak  und  in  kohlensaurem  Natron  mit  dunkel- 
brauner Farbe  und   wird  durch  Säuren  wieder  unverändert 


seine  ZerseUmgeproduete,  855 

gefällt.  Nach  dem  Reinigen  durch  Ausgehen  mit  siedendem 
Alkahol,  Lösen  in  kohlensaurem  Natron  und  Fällen  des  Filtrats 
mit  Sänre  bfldet  diese  Vert)indung  dunkelbraune  Flocken^ 
nach  dem  Trocknen  eine  schwarze  brüchige  Masse.  Schunck 
stellt  darür  (nach  dem  Trocknen  bei  100<^  C.)  die  Formel 
C5.H,eOse,  7  SnO  =  4  CuH,Os  +  7  SnO  +  16  HO  auf. 


Gefiniden 

Berachnet 

Kohlenstoff 

28,89     30,03 

29,76 

Wasserstoff 

3,37        3,25 

348 

Sauerstoff 

26,36         — 

25,52 

Zinnoxydol 

41,38         — 

41,54 

400,00  100,00. 

Der  durch  die  Gährung  von  Rubian  erhaltene  Zucker  ist 
von  dem  durch  die  Einwirkung  von  Säuren  auf  Rubian  ent- 
stehenden  nicht  verschieden.  Längere  Zeit  auf  100®  erhitzt 
zeigte  er  die  Zusammensetzung  C,tH|«0]o  Cff^funden  43,84  pC. 
Kohlenstoff  und  6,23  Wasserstoff};  bei  noch  längerem  Ver- 
weilen bei  dieser  Temperatur  bräunte  er  sich  stark  und  ent- 
hielt er  nun  40,97  pC.  Kohlenstoff  und  5,72  Wasserstoff; 
nach  dem  Auflösen  des  Rückstands  in  Wasser,  Entfärben  der 
Lösung  durch  Zusatz  von  Rleioxydhydrat  und  Verdunsten  des 
Filtrats  über  Schwefelsäure  blieb  ein  gelber  Syrup  CitH|sO,t 
Cgefunden  40,68  pC.  Kohlenstoff  und  6,39  Wasserstoff). 

Das  Rubiaftn  stimmt  in  seinen  Eigenschaften  mit  dem 
von  Schunck  früher"^)  beschriebenen  Rubiacin  überein,  hat 
aber  eine  andere  Zusammensetzung.  Es  krystallisirt  aus  der 
alkoholischen  Lösung  in  gelben  glänzenden  Blättchen  and 
Nadeln,  läfst  sich  ohne  erheblichen  Rückstand  zu  kleinen 
glänzenden  Nadeln  sublimiren,  ist  in  siedendem  Wasser  nur 
wenig  löslich,  wird  durch  kochende  Salpetersäure  und  durch 
coficentrirte  Schwefelsäure  ohne  Zersetzung  gelöst,  löst  sich 


•)  Diäte  Annaien  lAVI,  174. 

23 


356  Schunck^  über  RuUan  md 

in  cfuiatischen  Alkalien  mit  rötUicher  Purpurfarbe  und  in 
kohlensauren  Alkalien  mit  rother  Farbe;  seine  alkoholische 
Lösung  giebt  mit  einfach  -  essigsaurem  Bleioxyd  einen  schön 
carmoisinrothen ,  mit  essigsaurem  Kupferoxyd  einen  orange- 
farbenen Niederschlag.  In  einer  Lösung  von  salpetersaurem 
Bisenoxyd  löst  es  sich  mit  bräunlicher  Purpurfarbe,  und  nach 
einigem  Kochen  der  Lösung  fallt  Salzsäure  daraus  einen  gel- 
ben Niederschlag  von  Rubiacinsäure.  Schunck  stellt  dafür 
die  Formel  CtiH|,0«  auf  : 

Gefanden     Berechnet 
Kohlenstoff    69,30.      69,31 

Wasserstoff    4,56         4,69 

Sauerstoff     26,14       26,00 

100,00      100,00, 

und  erklärt  die  Bildung  des  Rubiafins  aus  dem  Rubian  durch 
die  Gleichung  : 

CmH,40,o  +  3  ho  =  C„H,sO.  +  2  C,tH,»0,t 

Rubian.  Rabiafin.  Zacker. 


RiMacin  und  Rubiacmsäure.  —  Schunck  halte  früher 
für  das  Rubiacin  die  Formel  C,|HeO]0)  flir  die  durch  Eisen- 
oxydsalze  daraus  entstehende  Rubiacinsäure  die  Formel 
CsiHtOi«  angenommen.  Er  hat  beide  Substanzen  nochmals 
untersucht.  Zur  Darstellung  der  Rubiacinsäure  bedient  er 
sich  der  Farbebrühe,  in  welcher  mit  Krapp  gefärbt  wurde 
und  die  noch  Krapp  enthält.  Der  braunen  trüben  Flüssigkeit 
wird  nach  Abscheidung  der  holzigen  Theile  des  Krapps  Salz- 
säure zugesetzt,  und  die  sich  abscheidenden  braunen  Flocken 
werden  mit  salpetersaurem  Eisenoxyd  behandelt  bis  sich  Nichts 
mehr  auflöst;  die  röthlich- braune  Lösung  wird  nach  dem 
Durchseihen  mit  Säure  versetzt,  der  entstehende  gelbe  Nie- 
derschlag nach  dem  Auswaschen  in  siedendem  wässerigem 
kohlensaurem  Kali  gelöst,  und  das  aus  der  Lösung  beim  Er- 
kalten auskrystallisirende  rubiacinsäure  Kali  durch  eine  Säure 


seine  Zer$etzungsproducie.  357 

zersetzt.  Der  so  erhaltenen  Rubiacinsäure  ist  Inders  manch- 
mal Rubiacin  beigemengt,  welches  Schunck  auch  aus  ge- 
brauchter Farbebrtthe  für  sich  erhielt ,  indem  er  die  Flüssig-* 
keit  mit  Säure  versetzte,  den  Niederschlag  mit  siedendem 
Alkohol  behandelte,  das  aus  der  entstehenden  tiefgelben  Lö- 
sung beim  Abkühlen  sich  abscheidende  orangefarbene  Pulver 
wieder  in  siedendem  Alkohol  löste,  der  kochenden  Lösung 
Zinnoxydulhydrat  zusetzte  und  heifs  filtrirte,  wo  sich  beim 
Erkalten  Rubiacin  in  hellgelben  Nadeln  abschied.  Er  nimmt 
jetzt  fttr  das  Rubiacin  die  Formel  Cs^HnOjo,  für  .die  Rubia- 
cinsäure C,aH«0j7  an;  er  ist  der  Ansicht,  dafs  das  Rubiafin 
bei  seiner  Umwandlung  in  Rubiacinsäure  durch  Eisenoxydsalze 
zuerst  zu  Rubiacin  werde,  und  dafs  die  Rubiacinsäure  durch 
desoxydirende  Mittel,  wie  z.  B.  Schwefelwasserstoff,  zuerst 
20  Rubiacin  und  dann  zu  Rubiafin  werde. 

Rubiagm  ist  dem  Rubianin,  Rubiadin  und  Rubiafin  nach 
Eigenschaften  und  Zusammensetzung  sehr  ähnlich.  Bei  dem 
freiwilligen  Verdunsten  der  alkoholischen  Lösung  scheidet  es 
sich  in  Form  kleiner  citrongelber  rundlicher  Körner  aus, 
welche  nach  dem  Zerdrücken  sich  unter  der  Loupe  als  aus 
kleinen  concentrisch  gruppirten  Krystallnadeln  bestehend  er- 
weisen. Manchmal  zeigt  es  einen  Stich  ins  Orangefarbene, 
was  wahrscheinlich  auf  einer  Verunreinigung  beruht.  Auf 
Platinblech  erhitzt  schmilzt  es  zu  einer  bräunlich-rothen  Flüs- 
sigkeit und  verbrennt  es  dann  mit  Flamme  unter  Zurücklassung 
eines  schwer  verbrennlichen  kohligen  Rückstands.  In  einem 
Röhrchen  erhitzt  giebt  es  eine  geringe  Menge  eines  krystal- 
linischen  Sublimats,  welchem  Oeltröpfchen  beigemengt  sind. 
Langsam  zwischen  zwei  Uhrgläsern  erhitzt  schmilzt  es  ohne 
zu  sublimiren.  Es  ist  fast  unlöslich  in  siedendem  Wasser; 
in  siedendem  Alkohol  löst  es  sich  leichter  als  Rubianin  und 
selbst  als  Rubiadin^  und  krystallisirt  aus  der  Lösung  nicht 


358  Schuncky  über  RMan  und 

beim  Erkalten,  sondern  nur  beim  freiwilligen  Verdunsten. 
Es  löst  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure  mit  dunkler  röth- 
lich-brauner  Farbe,  und  die  Lösung  schwärzt  sich  beim  Er- 
hitzen unter  Entwicklung  von  schwefliger  Säure.  In  siedender 
Salpetersäure  löst  es  sich  unter  Entwicklung  salpetriger  Säure 
EU  einer  gelben  Flüssigkeit,  auf  welcher  einige  Oeltröpfchen 
schwimmen;  beim  Erkalten  dieser  Lösung  scheidet  sich 
ein  nicht  näher  untersuchter  Körper  in  hellgelben  glänzenden 
Krystallen  ab.  Rubiagin  löst  sich  in  kochender  Essigsäure 
und  scheidet  sich  beim  Erkalten  der  gelben  Lösung  in  kleinen 
Nadeln  ab.  Durch  Ammoniakflüssigkeit  wird  es  roth  gefärbt 
und  beim  Sieden  langsam  gelöst ;  die  blutrothe  Lösung  ver- 
liert beim  Verdunsten  Ammoniak  und  hinterläfst  das  Rubiagin 
in  Form  kleiner  gelber  Krystalle.  Leichter  löst  sich,  gleich- 
falls mit  blutrother  Farbe,  das  Rubiagin  in  kohlensaurem  Na- 
tron. Aus  seinen  alkalischen  Lösungen  wird  es  durch  Säuren 
in  citrongelben  Flocken  gefällt.  Seine  ammoniakalische  Lö- 
sung giebt  mit  Ghlorbarium  und  Chlorcalcium  geringe  Nieder- 
schläge ;  die  Flüssigkeit  bleibt  bei  Chlorbarium  roth ,  bei 
Chlorcalcium  carmoisinroth.  Rubiagin  löst  sich  in  Baryt*  und 
in  Kalkwasser  mit  blutrother  Farbe  und  wird,  durch  Kohlen- 
säure wieder  gefällt.  Die  alkoholische  Lösung  giebt  mit 
essigsaurem  Bleioxyd  zuerst  nur  dunkelgelbe  Färbung  und 
nach  einiger  Zeit,  wenn  die  Lösung  nicht  allzu  verdünnt  war, 
einen  orangefarbenen  körnigen  Niederschlag,  die  Bleioxyd- 
verbindung des  Rubiagins;  entstand  kein  Niederschlag,  so 
scheidet  sich  auf  Zusatz  von  Wasser  ein  orangefarbener 
flockiger  Niederschlag  aus,  welcher  nach  dem  Auswaschen 
mit  Wasser  in  siedendem  Alkohol  nur  wenig  löslich,  in  sie- 
dender Lösung  von  essigsaurem  Bleioxyd  aber  mit  dunkel- 
gelber oder  Orange-Farbe  leicht  löslich  ist.  Auf  Zusatz  von 
essigsaurem  Kupferoxyd  wird  die  alkoholische  Lösung  des 
Rubiagins  bräunlich-gelb,   und  nach   einiger  Zeit  bildet  sich 


Meme  Zeneisfmgiproduch.  359 

ein  orangefarbener  Niederschlag.  Bei  dem  Behandeln  von 
Rubiagin  mit  einer  kochenden  Lösung  von  Eisenchlorid  wird 
die  Lösung  dunkler,  doch  nicht  so  dunkel  wie  bei  Anwendung 
von  Rubiafin  oder  Rubiacin ,  aber  das  meiste  Rubiagin  bleibt 
ungelöst;  bei  dem  Erkalten  der  heils  filtrirten  Flüssigkeit 
scheidet  sich  etwas  unverändertes  Rubiagin  in  kleinen  gelben 
Kömchen  ab. 

Hinsichtlich  der  Zusammensetzung  des  Rubiagins  schwankt 
Schunck  zwischen  den  Formeln  Cs,H,40|«  und  C44H„0ib; 
er  bezweifelt  aufserdem  die  absolute  Reinheit  der  analysirten 
Substanz. 

Rubiagm :    Gefonden  Berechnet 

Kohlenstoff  68,10  C,,  67,13  C44  68,57 
Wasserstoff  5,14  Hm  4,89  H,,  4,41 
Sauerstoff     26,76    O.o  27,98    0.,  27,02 


100,00 

100,00         100,00 

Bleioxydr-Verhmdung  : 
(Bei  100«  getrocknet} 

Kohlenstoff 

Gefunden 

31,29 

Berechnet 

C„      30,91    CtT'^^Z 

Wasserstoff 

2,67 

H,4        2,25    H|,        2,04 

Sauerstoff 

12,60 

0,.      12,89    0„      12^3 

Bleioxyd 

53,44 

3Pb0  53,95    4PbO53,70 

100,00  100,00  100,00. 

Je  nach  der  Annahme  der  einen  oder  der  andern  dieser 
Formeln   erklärt  Schunck  die  Eildung   des  Rubiagins  aus 
Rubian  durch  die  Gleichungen  : 
Cs.H,40,o  +  4  HO  =C„H,40,o  +  2  0,^,0., 

Robian.  ,        Rubiagin.  Zacker. 

C,eH,40so  =C44H„0|,  +      C„H„0n  +  5H0. 

Rubiadipin  bildet  sich  stets  bei  der  Gährung  des  Rubians. 
Im  Allgemeinen  gleicht  es  dem  Rubiretin,  von  dem  es  sich 
indefs  darin  unterscheidet ,  dafs  es  auch  nach  längerem  Er- 
hitzen weich  und  zähe  bleibt.    Es  hat  das  Ansehen  eines 


360  Sehunck,  itber  Bnämn  md 

bräunlich -gelben  Fetts.  Auf  Platinbiech  erhitzt  schmilzt  es 
zu  einer  braunen  Flüssigkeit  und  brennt  es  dann  mit  glän- 
zender Flamme  und  mit  Hinterlassung  eines  kohligen  Rück- 
stands; in  einem  Röhrchen  erhitzt  stöfst  es,  wie  ein  Fett, 
beiTsende  Dämpfe  aus.  Durch  siedende  Salpetersäure  wird 
es  nicht  wesentlich  angegriffen,  aber  durch  heifse  Schwefel- 
säure wird  es  verkohlt.  In  siedendem  Wasser  wird  es  zu 
aufschwimmenden  Öligen  Tropfen.  Es  löst  sich  in  caustischen 
Alkalien  mit  blutrother  Farbe,  aber  die  Lösungen  schäumen 
nicht  beim  Erhitzen,  wie  es  Seifenlösungen  thun.  Die  aih- 
moniakalische  Lösung  giebt  mit  Chlorbarium  nur  einen  gerin- 
gen Niederschlag.  Die  alkoholische  Lösung  giebt  mit  wenig 
essigsaurem  Bleioxyd  versetzt  die  Bleioxydverbindung  als 
einen  blassen  röthlich-braunen  Niederschlag,  welcher  in  sie- 
dendem Alkohol  unlöslich,  aber  auf  Zusatz  von  überschüssi- 
gem essigsaurem  Bleioxyd  zu  der  siedenden  Flüssigkeit  mit 
dunkler  bräunlich  -  rother  Farbe  leicht  löslich  ist;  aus  der 
letzteren  Lösung  wird  die  Bleiverbindung  durch  Wasser  wie- 
der gefällt.  Die  alkoholische  Lösung  des  Rubiadipins  giebt 
mit  essigsaurem  Kupferoxyd  keinen  Niederschlag.  —  Nach 
der  Analyse  der  bei  100<^  getrockneten  Bleioxydverbindung 
drückt  Sehunck  die  Zusammensetzung  derselben  durch  die 
Formel  C^ffl^^Osj  PbO  aus,  bemerkt  aber  zugleich,  dafs  sich 
nach  dieser  Formel  für  das  Rubiadipin  die  Bildung  desselben 
aus  Rubian  nicht  erklären  lasse. 

Gefimdeo     Berecknel 

Kohlenstoff   50,89  50,60 

Wasserstoff     6,93  6^74 

Sauerstoff      10,83  11,26 

Bleioxyd       31,35  31,40 

100,00      100,00. 
Die  Zersetzung  des  Rubians   durch  Ferment  betrachtet 
Sehunck  als  im  Wesentlichen   mit   der  durch  Säuren  oder 


seine  Zersetzwigiprodacie.  361 

Alkalien  übereincrtimmend.  Drei  Theile  Rubian  werden  durch 
das  Ferment  gleichzeitig  in  verschiedener  Weise  zersetzt;  der 
erste  Theil  Rubian  verliere  Wasser  und  werde  zu  Alizarin; 
der  zweite  verliere  Wasser  und  gebe  Rubiretin  und  Verantin 
nach  gleichen  Aequivalenten ;  der  dritte  nehme  Wasser  auf 
und  gebe  Zucker  und  Rubiafin,  oder,  bei  Aufnahme  von 
1  Aeq.  Wasser  mehr,  Zucker  und  Rubiagin.  An  der  Stelle 
des  durch  Säure  entstehenden  Rubianins  und  des  durch  Al- 
kalien entstehenden  Rubiadins  treten,  wenn  Ferment  das  zer- 
setzende Agens  ist,  Rubiafin  und  Rubiagin  auf.  Das  Rubia- 
dipin^  welches  sich  nur  in  geringerer  Menge  bilde,  labt 
Schunck  bei  dieser  Retrachtung  unberücksichtigt.  Rei  den 
Zersetzungen  des  Rubians  durch  diese  verschiedenen  Agentien 
scheinen  sich  die  Zersetzungsproducte  ungefähr  in  demselben 
Mengenverhältnifs  zu  Mden  :  Alizarin  in  der  kleinsten  Menge, 
Rubiretin  und  Verantin  in  etwas  gröfserer,  Zucker,  Rubiagin 
und  Rubiafin  in  der  gröfsten. 

Den  gewöhnlichen  Procefs  des  Färbens  mit  Krapp  be- 
trachtet Schunck  als  beruhend  auf  einer  Rildung  von  Farb- 
stoff durch  die  Einwirkung  des  im  Krapp  enthaltenen  Ferments 
auf  das  Ruban. 

Er  stellte  femer  Versuche  darüber  an,  welche  Umstände 
auf  diese  Zersetzung  des  Rubians  durch  Gährung  verzögernd 
oder  beschleunigend  wirken.  Die  Zersetzung  der  Rubianlösung 
durch  Ferment  wurde  durch  Erhitzen  des  Gemenges  zum 
Sieden  verhindert.  Es  ergab  sich  als  das  einzige  Mittel,  dejr 
Einwiriiung  des  Ferments  auf  Rubian  Einhalt  zu  thun ,  das 
erstere  im  feuchten  Zustand  zur  Siedetemperatur  des  Wassers 
zu  erhitzen  (gleich  starkes  Erhitzen  des  vorher  getrockneten 
Ferments  vernichtet  seine  Wirksamkeit  nicht  ganz,  sondern 
schwächt  sie  nur}.  Der  Zusatz  verschiedener  Substanzen, 
die  man  gewöhnlich  als  antiseptische  bezeichnet  —  wie 
Schwefelsäure,  arsenige  Säure,  essigsaures  Rleioxyd,  Queck- 


362  5c Alf II ci,  über  Aufttoi  loid 

ttlberchlorid,  Terpentinöl  —  wlihrend  der  Gilhrung  hebt  die 
Einwirkung  des  Ferments  nicht  auf,  sondern  verlangsamt  und 
modificirt  sie  nur.  Je  mehr  die  Einwirkung  des  Fermente 
auf  Rubian  verzögert  wird ,  um  so  mehr  Rubiretin  und  Ve- 
rantin  und  um  so  weniger  Alizarin  bildet  sich;  durch  Zusatz 
kleiner  Mengen  Alkalien  während  der  Gährung  wird  die  Ein- 
wirkung des  Ferments  wenn  nicht  beschleunigt,  jedenfalls 
nicht  versögert,  und  die  Menge  des  gebildeten  Alizarins  ist 
dann  gröCser,  die  des  Rjabiretins  und  Yerantins  kleiner. 

Durch  faulendes  Eiweifs,  Casei'n,  Leim  oder  Hefe  wird 
das  Rubian  nicht  wesentlich  verändert;  Emulsin  bildete  bri 
längerer  Einwirkung  auf  Rubianlösung  etwas  Alisarin;  die 
albuminartige  Substanz  ans  der  Wurzel  von  Helianthus  tube- 
rosus  wirkte  in  geringem  Grade.  Schunck  betrachtet  das 
in  der  Krappwurzel  enthaltene  Ferment  nach  seiner  Wirkung 
auf  Rubian  als  eine  eigenthümliche  Substanz  und  bezeichnet 
es  als  Erythrozjfm  (ßQv&Qog  roth ,  ^vfifj  Ferment}. 

In  der  oben  angegebenen  Weise  durch  Fällung  mit  Al- 
kohol dargestellt  bildet  das  Erythrozym  eine  chocoladefari)ige 
kömige  Masse.  Beim  Trocknen  backt  es  zu  harten,  fast 
schwarzen  Klumpen  zusammen.  Getrocknet  auf  Platinblech 
erhitzt  verbreitet  es  üblen  Geruch,  wie  brennendes  Hörn,  und 
brennt  es  dann  mit  wenig  Flamme  und  unter  Hinterlassung 
von  viel  Rückstand,  welcher  bei  längerem  Erhitzen  zu  grau- 
lich-weifser  Asche  wird,  die  fast  nur  aus  kohlensaurem  Kalk 
(gesteht  Erythrozym  quillt,  feucht  in  Wasser  eingetragen, 
auf,  ist  aber  in  der  röthlich-braunen  Flüssigkeit  nur  suqien* 
dirt,  nicht  gelöst  enthalten.  Wird  die  wässerige  Flüssigkeit, 
welche  das  Erythrozym  suspendirt  enthält,  gekocht,  so  scheidet 
sieh  dasselbe  in  Form  schmutzig-rother  Flocken  ab ;  derselbe 
Erfolg  tritt  auf  Zusatz  von  Alkohol  oder  von  Salzen  (Chlor- 
natrium oder  Chlorammonhim  z.  B.}  ein.  Schunck  betrachtet 
das  Erythrozym  als  eine  wahre  Verbindung  einer  organischen 


seine  Zersefyutigsproducie.  363 

• 

Substanz  mit  Kalk.  Beim  Behandeln  desselben  mit  Säuren 
selbst  mit  Essigsäure,  giebt  es  Kalk  ab  und  es  bleiben  gelb- 
lich-braune Flocken,  die  in  Wasser  nicht  mehr  so  wie  das 
ursprüngliche  Erythrozym  aufquellen  (selbst  nicht  auf  Zusatz 
von  Kalkwasser} ,  und  sich  in  caustischen  Alkalien  mit  blasser 
Purpurfarbe  auflösen;  die  ammoniakalische  Lösung  giebt  mit 
den  meisten  Salzen  von  Erden  und  schweren  Metallen  röth-^ 
lich-braune  flockige  Niederschläge;  bei  dem  Kochen  der  Lö- 
sung in  Aetznatron  entwickelt  sich  Ammoniak.  Durch  siedende 
Salpetersäure  und  durch  concentrirte  Schwefelsäure  wird  das 
Erythrozym  zersetzt.  Bei  längerem  Stehen  der  wässerigen 
Emulsion  in  der  Wärme  zersetzt  sich  das  Erythrozym  unter 
Gasentwicklung  und  eigenthümlichem ,  nicht  eben  fauligem 
Geruch;  im  Anfang  der  Zersetzung  wirkt  es  auf  Rubian 
energisch  ein,  aber  wenn  es  zu  einer  rothen  flockigen 
Masse  geworden  ist,  ist  seine  Wirksamkeit  in  dieser  Be- 
ziehung sehr  geschwächt;  in  dem  letzteren  Stadium  wirkt 
es  auf  Zuckerlösung  zersetzend  ein,  die  dadurch  sauer 
reagirend  wird.  / 

Das  zur  Analyse  verwendete  Erythrozym  war  dargestellt 
worden  durch  Fällung  eines  mit  lauem  Wasser  bereiteten 
Krappauszugs  mittelst  Alkohol,  Auswaschen  des  Niederschlags 
mit  siedendem  Alkohol  und  dann  mit  kaltem  Wasser,  bis  das 
Waschwasser  einfach -essigsaures  Bleioxyd  nicht  mehr  fällte, 
und  rasches  Trocknen  bei  100®  C.  Nach  der  Analyse  zweier 
Präparate  von  verschiedenen  Darstellungen  stellt  Schunck 
dafür  die  Formel  CseHj^N^O*©  +  4  CaO  auf. 


Gefuii(]9n 

Berechnel 

Kohlenstoff 

40,93 

41,20 

40,48 

Wasserstoff 

4,22 

4,68 

4,09 

Stickstoff 

3,26 

— 

3,37 

Sauerstoff 

37,90 

— 

38,57 

Kalk 

13,69 

13,48 

13,49 

100,00  100,00. 


364         V,  Planta  u.  KekulS,  chemücke  Notizen. 

Bei  der  Gi&hrung^  gelbst  verlierl  diese  Substanz  nach 
Schnnck  zuerst  die  Elemente  der  Kohlensäure  und  des 
Wassers^  dann  auch  die  des  Ammoniaks. 


Schliefslich  erörtert  Schunck  noch  die  Frage,  ob  in 
der  Krappwurzel  Ein  Farbstoff  oder  mehrere  gebildet  werden. 
Er  beharrt  bei  seiner  schon  früher  ausgesprochenen  Ansicht, 
dafs  die  färbende  Wirkung  des  Krapps  lediglich  auf  dem 
Alizarin  beruhe,  und  dafs,  was  man  von  andern  Farbstoffen 
darin  noch  aufzufinden  glaubte,  nur  unreines  Alizarin  sey. 
Die  als  Purpurin,  Krapp-Purpur  oder  Oxylizarinsäure  bezeichnete 
Substanz  sey  namentlich  nur  ein  Gemenge  von  Alizarin  und 
Verantin.  Aufser  dem  für  die  Unterstützung  dieser  Ansicht 
schon  früher  Angeführten  *)  theilt  Schunck  auch  noch 
Analysen  des  nach  Wolff  und  Strecker's  Methode  berei- 
teten Purpurins  mit,  wonach  sich  die  Zusammensetzung  des- 
selben als  die  eines  Gemenges  von  Alizarin  und  Yerantin  in 
veränderlichen  Verhältnissen  betrachten  läEst. 


Chemische  Notizen; 
von  Dr.  A.  t>.  Planta  und  Dr.  Aug.  Kekule. 


I.    Analyse  der  Schwefelquelle  von  Serneus. 

Unfern  des  Dorfes  Serneus  im  hinteren  Theile  des  Prat- 
tigau,  eines  Seitenthaies  des  Rheins  im  Kanton  Graubünden, 
entspringt  eine  schon  seit  langer  Zeit  als  Heilquelle  benutzte 
Quelle. 


*)  Vergl  dme  Annalen  LXXXI,  349. 


o.  Planta  u.  KekuU^  chmmche  Nathen.         365 


Sie  liefert  nach  unseren  Messungen  in  1  Minute  45,000 
Cubikcentimeter  Wasser.  Ihre  Temperatur  wurde  am  5.  und 
6.  October  1852  bei  10«,5  und  bei  7«  Luflwärme  zu  7»  R. 
gefunden. 

Das  Wasser  reagirt  von  freier  Kohlensäure  vorüber* 
gehend  sauer,  riecht  lebhaft  nach  Schwefelwasserstoffgas  und 
setzt  auch  in  den  zum  Sammeln  dienenden  Becken  feinen 
Schwefelschlamm  ab;  es  zeigt  im  Uebrigen  keinen  besondern 
Geschmack. 

Das  spec:  CSewicht  wurde  =  1,00073  gefunden. 

Die  un  Allgemeinen  nach  dem  jetzt  üblichen  Verfahren 
ausgeführte  Analyse  ergab  folgende  Zusammensetzung  (die 
kohlensauren  Salze  als  einfache  Carbonate  berechnet)  : 

In  1000 
Theilen 

a.  Fixe  Be$UmdAeäe  : 
Kohlensaurer  Kalk    .    •    0^2385 
Kohlensaure  Magnesia   .    0,1097 
Kohlensaures  Eisenoxydul  0,0003 


Im  Pfand 
:  7660  Gran 


Schwefelsaures  Kali 
Schwefelsaures  Natron 
Chlomatrium    .    .    . 
Kohlensaures  Natron 
Thonerde     .    . 
Kieselerde   .    . 
Phosphorsäure  . 
Baryt,  Strontian 
Fluor  .... 
Jod,  Brom   .    . 
Mangan    •    .    . 
Quellsäuren  .    . 


0,0391 
0,0447 
0,0018 
0,1026 
0,0012 
0,0077 


1,8321 
0,8420 
0,0027 
0,3005 
0,3437 
0,0142 
0,7877 
0,0095 
0,0596 


Spuren 


nicht  nachweisbar. 


Summe  d.  fixen  Beslandth.  0,5460 
direct  bestimmt  0)5380 


4,1920 
4,1318 


dfi6        f>.  Planta  u.  Kekuli,  ehemudie  NaHun. 

In  1000  Im  Pfund 

Theilen  «  7680  Gran 

b.  mehUge  BestandAeäe: 

Kohlensäure,  die  mit  den 
Carbonaten  zu  Bicarbo- 
naten  verbunden  ist  .    0,1625  1,2487 

Wirklich  freie  Kohlensäure  0,1323  1,0167 

Sogenannte  freie  Kohlens.    .    .    .    0,2949    .    .    .    2,2654 
Schwefel wasserstoflgas  ....    0,0004    .    .    .    0,0032. 

Auf  Volumina  berechnet  beträgt  bei  der  Quellentemperalur 
und  bei  Normalbarometerstand  : 

1000  GC.    1Ffd.«32Cab.ZolI 
enthalten  enthfilt 

Cubiccentim.         Cnb.  Zoll 

Die  wirklich  freie  Kohlensäure    .    69,00  2,266 

Die  sogenannte  freie  Kohlensäure  154,00  4,928 

Der  Schwefelwasserstoff     .    .    .    0,287  0,009. 


11.    Analyse  zweier  Kalksteine. 

Die  untersuchten  Steine  stammen  von  Zizers  im  Kanton 
Graubünden ,  wo  sie ,  mehr  oder  weniger  dünne  Zwischen- 
lager im  Flysch  bildend,  vorkommen. 

Nr.  1  ist  ein  schiefriger,  Nr.  2  ein  blättriger  dunkel- 
blaugrauer Kalk  von  erdigem  Bruch.  Beim  Brennen  werden 
beide  schmutzig -gelb  und  verhalten  sich  sehr  mager.  Sie 
werden  von  Praktikern  als  guter  Wetterkalk-  und  selbst  ohne 
Cementzusatz  zu  Wasserbauten  gerühmt. 

a.     Analyse  des  ungebrannten  Siemes» 

I.  iL 

Specifisches  Gewicht 2,72  2,69 

In  SaUsäure  lösliche  Bestandtheile  : 


Kohlensaurer  Kalk  .  . 
Kohlensaure  Magnesia  . 
Kohlensaures  Eisenoxydul 

Thonerde  

Manganoxydul  u.  Oxyd 

Summe 


77,72  55,59 

0,84  1,15 

1,49  2,75 

0,25  1,23 

0,09  Spur 


80,39    .    .    .    60,72. 


V.  Planta  u.  KeknU^  chemM^  NaiUm.        367 

I.  n. 

Jfi  Salzsäure  unlöslicher  Theü : 

Kieselerde       i6,79  35,23 

Thonerde 0,48  1,76 

Eisenoxyd 0,97  0,41 

Sparen  von  Kalk  etc.  und 
Verlust 0,35  0,38 


direct  bestimmt    •    .    .    18,59    .    .    .    37,78 
Wasser       0,54 

Spuren  von  Chlormetallen,  1    •  / .      1  50 

schwefeis.  u.  phosphors.  /    *    *       > 

Salzen  u.  Verlust 0,48 


100,00  100,00. 

b.    Analyse  des  gebrannien  Siemes  ^}. 

Kalk 67,74  42,07 

Magnesia 0,61  0,74 

Eisenoxyd 3,10  2,79 

Thonerde 1,42  1,58 

Kieselerde 3,46  3,22 

Sand  (in  Salzsäure  unlöslich)  23,64  50,02 

Chlormetalle  etc.  u.  Verlust  0,03                    — 

ioojöo         ioo;42; 


IIL    Analyse   von  Gallensteinen. 

Die  untersuchten  Steine  stammen  aus  der  Gallenblase 
eines  Mannes,  der,  etwa  60  Jahre  alt,  seinem  Leben  selbst 
ein  Ende  machte. 

lieber  die  durch  sie  veranlafsten  Krankheitserscheinungen 
können  wir  Nichts  mittheilen,  da  das  betreffende  Individuum 
niemals  einen  Arzt  consultirte  und  da  nach  Mittheilungen  des 
Kreisphysikus,  dessen  Geralligkeit  wir  die  untersuchten  Steine 
verdanken,  aufser  der  Gallenblase  kein  Organ  einen  auffallend 
abnormen  Zustand  zeigte. 


*)   Kalk  uDd  Magnesia   sind   aus   dem   ungebrannten  Stein   berechnet, 
alles  Uebrige  direct  bestimmt. 


368  V.  Planta  u.  KekuU^  ehemiid^  Natiun. 

Die  Gallenblase  war  dicht  mit  den  Steinen  angefüllt,  so 
dafs  sie  theilweise  mit  Gewalt  von  der  Haut  mufsten  losge- 
löst werden. 

Das  Gesammtgewicht  aller  Steine  (etwas  uns  nicht  zuge- 
kommenen Gries  ungerechnet)  betrug  12,5  Gramm ;  es  waren 
in  Allem  vierzig,  darunter  i^echs  gröfsere  von  1,8  bis  1  Gramm 
Gewicht. 

Sie  hatten  die  Gestalt  von  durch  Aneinanderliegen  un- 
regelmäfsig  polyedrisch  gewordenen  Kugeln  und  bestanden 
der  Hauptmasse  nach  aus  schwach  gelb  gefärbtem  krystal- 
linischem  Cholestrin  von  durch  Structur  und  Färbung  er- 
kennbarer schichtweiser  Ablagerung.  Im  Innern  endiielten 
sie  eine  braune  körnige  Substanz  (Gallenfarbstoff-Kalk?}  mit 
einzelnen  freistehenden  Cholesterinkrystallen. 

Die  Analyse  wurde,  um  vergleichbare  Resultate  zu  er- 
halten, nach  demselben  Verfahren  ausgeführt,  das  von  Hein  *} 
und  Sth  am  er  *^}  angewandt  worden. 

I.  IL 

Absolutes  Gewicht 1,79  1,56 

Specifisches  Gewicht      ....      1,0814      0,789»*») 

Zusammensetziung  in  100  Theäen  : 

Trockenverlust      4,89  5,02 

In  Alkohol        jCholesterin     .    .  90,82  90,11 

lösliche  Stoffel  verseifbares  Fett  2,02  1,90 

Rückstand!!"  Ammoniak  löslich    .  0,20  0,54 


In  Ammoniak  unlöslich  1,35          1,56 

Aschef) 0,28         0,33 

In  Wasser  lösliche  Stoffe  .    .    .  0,79 

Verlust — 


0,54 


100,35      100,00. 


*)  Journ.  f.  pr.  Chem.  XL,  47;  Pharm.  Centralbl.  1847,  354. 
**)  Arch.  Pharm.  [2]  LIX,  159;  Pharm.  CentrtlbL  1849,  932. 
***)  Der  Stein  war  inoerlich  hohl ,   daher  sein  niedriges  spec.  Gewicht. 
t)  Die  Aiche  bestand  im  Wesentlichen   aus  kohlensaurem  und   phos- 
phorsaurem Kalk,  sie  enthielt  etwas  Eisen  und  Spuren  von  Kochsalz. 


369 


lieber   die  Verbindungen   des  SchwefelSlhyls  und 
des  Schwefelmethyls  mit  Chlormetallen; 

von  A.  Lohr  *). 


Man  betrachtet  gewöhnlich  das  Mercaptan  als  Alkohol, 
dessen  Sauerstoflgehalt  durch  Schwefel  ersetzt  ist,  und  nimmt 
an,  dafs  das  s.  g.  Schwefeläthyl  (der  Schwefelwasserstoff- 
äther} zum  Mercaptan  in  derselben  Beziehung  stehe,  wie  der 
gewöhnliche  Aether  zum  Alkohol.  Da  sich  der  Alkohol  und 
der  Aether  mit  gewissen  Chlormetallen  zu  krystallinischen 
Verbindungen  vereinigen,  suchte  ich  analoge  Verbindungen 
mit  Mercaptan  und  Schwefeläthyl  und  den  entsprechenden 
Methylverbindungen  hervorzubringen.  Ich  will  hier  zunächst 
Resultate  über  die  Verbindungen  mittheilen,  welche  Schwefel- 
äthyl und  Schwefelmethyl  mit  gewissen  Chlormetallen  bilden. 

Schfoefdäihyl  und  Quecksäberchlorid ,  CaH^S,  HgCl.  — 
Fügt  man  zu  einer  wässerigen  Lösung  von  Quecksilberchlorid 
einige  Tropfen  Schwefeläthyl,  oder  eine  Lösung  desselben  in 
Alkohol  oder  in  Aether,  oder  das  Wasser  womit  das  Schwe- 
feläthyl gewaschen  wurde,  so  scheiden  sich  beim  Umschütteln 
reichlich  feine  durcheinander  gewirrte  Krystallnadeln  ab. 
War  zuviel  Schwefeläthyl  zugesetzt  worden,  so  scheidet  sich 
am  Boden  des  Geräfses  eine  zähe  weifse  Masse  aus,  welche 
in  Berührung  nit  frischer  Quecksilberchloridlösung  zu  Na- 
debi  wird. 

Diese  Nadeln  wurden  durch  Filtration  getrennt,  mit  kal- 
tem Wasser  und  Alkohol  gewaschen  und  zwischen  Fliefs- 
papier  getrocknet.  Ihre  Lösung  in  siedendem  Alkohol  gab 
beim  Erkalten  schöne  lange  feine  Krystallnadeln. 


*)  Compt.  rend.  XXXVI,  1095. 
Annftl.  d.  Ob«iiii«  a.  Pluunn.  LXXXVII.  Bd.  S.  H«fl.    ^  24 


870     Loir^  Ober  die  Verbmdungm  de$  Schw^däikyls 

Die  so  erhaltene  Verbindung  isl  farblos;  sie  bricht  das 
Licht  stark;  sie  riecht  sehr  unangenehm;  sie  ist  specifisch 
schwerer  als  Wasser;  bei  90^  ist  sie  vollständig  zu  einer 
farblosen  durchsichtigen  Flüssigkeit  geschmolzen,  welche  beim 
Erkalten  zu  einer  Masse  von  Krystallen  wird ,  die  von  meh- 
reren Mittelpunkten  aus  sich  strahlenförmig  verbreiten.  In 
einer  Röhre  über  der  Weingeistlampe  erhitzt  wird  diese  Ver- 
bindung zersetzt;  sie  giebt  einen  erheblichen  kohligen  Rück- 
stand, metallisches  Quecksilber,  und  dicke  übelriechende  weifse 
Dämpfe.  Diese  Dämpfe  brennen  bei  Annäherung  eines  ent- 
zündeten Körpers  mit  grüner  Flamme,  unter  Bildung  von 
schwefliger  Säure  und  Chlorwasserstoff.  —  An  der  Luft  ver- 
liert die  Verbindung  Schwefeläthyl,  und  die  Krystalle  werden 
an  der  Oberfläche  undurchsichtig;  wahrscheinlich  beruht  der 
Geruch  der  Verbindung  auf  einer  ähnlichen  theilweisen  Zer- 
setzung. —  Durch  langsames  Verdunsten  der  Lösungen  dieser 
Verbindung  in  Aether  und  in  Holzgeist  erhielt  ich  schöne 
schief-rhombische  Krystalle;  die  Prismenflächen  waren  zu  ein- 
ander unter  11^  \2'  und  103<^  40'  geneigt,  die  Neigung  der 
Basis  zu  zwei  Prismenflächen  beträgt  73®  10^ 

Durch  Schwefelwasserstofi*  wird  diese  Verbindung  unter 
Bildung  von  Schwefelquecksilber  zersetzt ;  bewerkstelligt  man 
diese  Zersetzung,  indem  man  einen  Strom  trockenes  Schwe- 
felwasserstoflgas  auf  die  Krystalle  einwirken  läfst,  so  ent- 
wickeln sich  reichliche  Dämpfe  von  Chlorwasserstoff  und 
Schwefeläthyl  verdichtet  sich.  —  Salpetersäure  greift  die  Ver- 
bindung selbst  in  der  Kälte  an ,  unter  Entwicklung  röthlicher 
Dämpfe;  die  bei  dieser  Einwirkung  entstehende  Flüssigkeit 
enthält  keine  Schwefelsäure.  Dasselbe  zeigt  sich  bei  Einwir- 
kung der  Salpetersäure  auf  Schwefeläthyl.  ~  Siedende  Schwe- 
felsäure zersetzt  die  Verbindung  unter  Schwärzung  der  Flüs- 
sigkeit. —   Kali   und   Kalk   färben    die   Krystalle   gelb.  — 


und  des  Schw^dmeAifis  mU  ChhrmeiaUen.  37i 


Anunoniak  giebt  mit  einer 

ätherischen 

Lösung  der 

Verbindung 

Chlorquecksilber-Amidqaecksilber. 

Die  Analyse   dieser 

Verbindung 

fuhrt  zu 

der 

Formel 

C4H.S,  HgCl. 

Geftinden 

Berechnet 

Quecksilber 

55,68 

55,36 

Chlor 

19,«4 

19,67 

Schwefel 

8,43 

8,85 

Kohlenstoff 

12,68 

13,33 

Wasserstoff 

3,06 

2,79 

99,69  100,00. 

Schmefdääiyl  und  PkUmchhrid  CCaH^S),,  PtCl,.  —  Diese 
Verbindung  entsteht  unter  denselben  Umständen  wie  die  vor- 
hergehende, und  zeigt  auch  ähnliche  Eigenschaften  und  Re- 
actionen.  Sie  schmilzt  bei  108^.  In  einem  Schälchen  erhitzt 
brennt  sie  mit  grüner,  stark  rufsender  Flamme  und  hinterläfst 
sie  metallisches  Platin.  Ihre  alkoholische  Lösung  fällt  die 
Kalisalze.    Ihre  Zusammensetzung  ist  (CaHsS}«,  PtCIf. 

Gefunden  Berechnet 


Platin 

37,81 

37,95 

Chlor 

26,43 

27,38 

Schwefel 

12,74 

12,33 

Kohlenstoff 

18,84 

18,49 

Wasserstoff 

4,58 

3,85 

100,40  100,00. 

Als  bei  den  vorhergehenden  Versuchen  Schwefelmethyl 
an  der  Stelle  von  Schwefeläthyl  angewendet  wurde,  bildeten 
sich  krystallinische  Verbindungen  von  demselben  Aussehen, 
denselben  Eigenschaften  und  Reactionen ,  wie  die  vorher* 
gehenden.  Es  wurden  in  ihnen  nur  der  Quecksilber-  und 
der  Platingehalt  bestimmt ,  und  61,09  pC.  Quecksilber  und 
42,74  pC.  Platin  gefunden.  Die  den  oben  angegebenen  ent- 
sprechenden Formeln  verlangen  60,24  pC.  Quecksilber  und 
42,64  pG.  Platin. 


372    Berthelot y  über  die  Einwirkung  des  Ammoniaki 

Ich  werde  später  noch  Verbindungen  des  SchwefeKthyls 
und  Schwefehnethyls  mil  andern  Chlormetallen  und  Jod- 
metallen beschreiben. 


Ueber  die  Einwirkung  des  Ammoniaks  auf  amyl- 

ätherschwefelsauren  Kalk; 

von  M.  Berihelot*^. 


Erhitzt  man  amylätherschwefelsauren  Kalk  mit  einer  alko- 
holischen Lösung  von  Ammoniak  auf  250^,  so  geht  eine  Zer- 
setzung unter  Bildung  eines  Amylaminsalzes  vor  sich. 

Dieses  erhellt  aus  folgenden  Thatsachen.  Als  die  Sub- 
stanzen in  einem  verschlossenen  Getäfse  während  zwei 
Stunden  erhitzt  worden  waren ,  wurden  sie  mit  Kali  destillirt 
und  die  entweichenden  Dämpfe  in  wässeriger  Salzsäure  con- 
densirt.  Diese  Flüssigkeit  wurde  dann  zur  Trockne  verdampft, 
in  der  Kälte  mit  wasserfreiem  Alkohol  behandelt^  die  Lö- 
sung von  neuem  eingedampft ,  der  Rückstand  mit  Alkohol 
behandelt  und  die  Flüssigkeit  in  der  Hitze  mit  Platincblorid 
versetzt.  Beim  Erkalten  schieden  sich  Krystalle  ab,  deren 
Analyse  zu  der  Formel  C|oH,sN,  HQ  +  PtClt  führte  : 

Gefunden      Berechnet 

Kohlenstoff   19,4  20,5 

Wasserstoff    5,2  4,8 

Platin  33,9  33,6. 

Die  Zersetzung  läfst  sich  in  folgender  Weise  ausdrücken  : 

^^''^Cio,  SOsi  +  NH.  =  C.oH„N,  HO,  SO.  +  CaO,  SO.. 

Sie  entspricht  ganz  der  vergleichenden  Zusammenstellung, 
welche  Wurtz    für   die   Aethylbasen   und   die  Aetherarten 


*)  Gompt.  rend.  XXXVI,  1096. 


auf  amyläiherschwefdsauren  Kalk.  373 

gegeben  hat.  Im  vorliegenden  Falle  trifR  die  Analogie  um 
so  mehr  zu,  da  dasAmylamin  —  welches  bisher  nur  mittelst 
einzelner  Amylätherarten  (des  Cyansäureäthers,  Bromwasser- 
stoffäthers u.  a.}  dargestellt  wurde  —  sich  bei  der  Zersetzung 
der  amylätherschwefelsauren  Salze  bildet,  gerade  so  wie  sich 
Aetherarten  bei  der  Zersetzung  der  ätherschwefelsauren, 
amylätherschwefelsauren  und  .ähnlicher  Salze,  nach  dem  von 
Felo  uze  angegebenen  allgemeinen  Verfahren,  bilden  : 

^"°cio,'  SO,i  +  Cy  •  K  =  CioHn  .  Cy+KO,  SO.+CaO,  SO,. 

^'""cio  Soi+^«  •  H  =  CioHn  .  H,N,  HO,  SO,  +  CaO,  SO,. 
Durch  Erhitzen  von  ätherschwefelsaurem  Baryt  mit  Am- 
moniak auf  250^  und  Behandeln  des  Products  in  der  vorher- 
gehenden Weise  wurde  ein  zerfliefsliches,  in  wasserfreiem 
Alkohol  lösliches  salzsaures  Salz  erhalten^  dessen  Flatindoppel- 
salz  bei  Behandlung  mit  Kali  ein  entzündliches  alkalisches 
Gas  gab.    Hier  hatte  sich  ohne  Zweifel  Aethylamin  gebildet. 


Bereitung  von  reinem  Kalihydrat. 


Wenn  man  Salpeter  mit  metallischem  Kupfer  zum  Glühen 
erhitzt,  so  wird  die  Salpetersäure  vollständig  zersetzt  und 
man  erhält  ein  Gemenge  von  reinem  Kali  mit  Kupferoxyd. 
Auf  diese  Weise  kann  man  sich  zu  analytischen  Zwecken 
sehr  bequem  reines  Kalihydrat. bereiten,  da  es  sehr  leicht  ist, 
sich  vollkommen  reinen  Salpeter  zu  verschaffen.  Auf  1  Theil 
zerriebenen  Salpeter  nimmt  man  2  bis  3  Theile  Kupfer  in 
Form  von  käuflichem  Blech,  von  der  Dünne^  dafs  es  sich  mit 
der  Scheere  in  kleine  Stückchen  zerschneiden  läfst.  Diese 
füllt  man  mit  dem  Salz  in  abwechselnden  schmalen  Schichten 


374  Bereämg  von  reinem  Kalikydrai. 

in  einen  eisernen  Tiegel  und  setzt  diesen,  bedeckt,  etwa 
I  Stunde  lang  einer  mäfsigen  Rothglühhitze  aus.  Nach  dem 
Erkalten  wird  die  Masse  mit  Wasser  behandelt,  womit  sie 
sieb  stark  erhitzt,  die  Kalilauge  in  einen  schmalen,  verschliefs- 
baren  Cylinder  gegossen,  vollkommen  klären  gelassen  und 
dann  von  dem  abgesetzten  Kupferoxyd  mit  einem  Heber 
klar  abgezogen.  Sie  enthält  keine  Spur  Kupfer  aufgelöst. 
Um  sie  frei  von  Kohlensäure  zu  erhalten,  bewahrt  man  sie 
am  besten  auf  die  von  Dr.  Mohr  angegebene  Art  auf;  man 
verschliefst  nämlich  die  Flasche  mit  einem  Kork,  durch  den 
ein  an  beiden  Enden  offenes,  mit  einem  gröblichen  Gemenge 
von  Glaubersalz  und  Aetzkalk  gefülltes  Rohr  luftdicht  ge- 
steckt ist. 

Es  wird  am  zweckmäfsigsten  seyn,  sich  für  diese  Ope- 
ration einen  kupfernen  Tiegel  machen  zu  lassen  ^  weil  bei 
Anwendung  eines  Tiegels  von  Eisen  ^  namentlich  eines  von 
Gufseisen,  das  Kali  ein  wenig  durch  Kohlensäure  und  Kiesel- 
säure verunreinigt  wird.  —  Eisen  zersetzt  den  Salpeter  eben 
so  vollständig  wie  Kupfer;  aber  wegen  dieses  Gehaltes  an 
Kohlenstoff,  Silicium,  Phosphor  etc.  ist  es  zur  Bereitung  von 
vollkommen  reinem  Kali  nicht  anwendbar. 

Bei  dem  obigen  Verhältnifs  von  Salpeter  und  Kupfer 
wird  letzteres  zum  Theil  nur  zu  Oxydul  oxydirt.  Man  kann 
es  bei  einer  neuen  Bereitung  von  Kali  zum  zweiten  Mal 
anwenden,  indem  man  dann  auf  1  Theil  Salpeter  1  Theil  von 
diesem  Oxyd  und  i  Theil  metallisches  Kupfer  nimmt.  Zuletzt 
kann  man  es,  nach  dem  völligen  Auswaschen,  zur  Bereitung 
von  Kupfervitriol  benutzen. 

W. 


875 


Phosphortitan. 


H.  Rose  hat  bekanntlich  eine  Verbindung  von  Titan- 
chlorid mit  PhosphorwasserstoflF  dargestellt  *).  Sie  ist  ein 
brauner,  amorpher  Körper,  von  dem  er  angiebt,  dafs  er  bei 
der  Sublimation  einen  äufserst  dünnen  kupferfarbenem  Ueber- 
zug  von  metallischem  Titan  hinterlasse.  Da  es  sich  nun  seit- 
dem gezeigt  hat,  dafs  der  auf  gleiche  Weise  aus  der  ana- 
logen Ammoniakverbindung  entstehende  kupferfarbene  Körper 
nicht  metallisches  Titan,  sondern  Stickstofftitan  ist,  so  schien 
es  wahrscheinlich,  dafs  jener  Körper  ein  kupferfarbenes  Phos- 
phortitan seyn  könne.  Hr.  Ea  st  er  aus  Baltimore  hat  diese 
Verbindung  von  Rose  dargestellt,  und  zwar  in  einem  so 
eingerichteten  Apparat,  dafs  er  sie  gleich  nach  ihrer  Bildung 
dampScirmig  mit  Phosphorwas5erstoSgas  durch  ein  bis  zum 
Glühen  erhitztes  Glasrohr  treiben  konnte.  Es  wurde  hierbei 
keine  Spur  von  einem  kupferfarbenen  Körper  erhalten,  son- 
dern das  Glas  bedeckte  sich  mit  einer  sehr  dünnen  Lage  von 
einer  grauen,  halb  metallisch  glänzenden,  kaum  ablösbaren 
Substanz,  die  sich  als  Phosphortitan  erwies.  Es  ist  ausge- 
zeichnet durch  den  ganz  aufserordentlich  blendenden  Glanz, 
mit  dem  es  auf  schmelzendem  Salpeter  oder  chlorsaurem 
Kali  verbrennt.  Zu  einer  quantitativen  Analyse  reichte  die 
erhaltene  Menge  nicht  hin.  —  Durch  Glühen  eines  Gemenges 
von  Titansäure,  Phbsphorsäure  und  Kohle  im  Kohlentiegel  bei 
Nickelschmelzhitze  konnte  dieses  Phosphortitan  nicht  erhalten 

werden. 

W. 


*)  Pogg.  Ann.  XXIV,  141. 


376 


Campher  aus  SassafrasöL 


Bei  Versuchen,  welche  Hr.  Faltin  über  die  Einwirkung 
von  Chlorgas  auf  Sassafrasöl  anstellte,  fand  derselbe,  dafs  dieses 
dadurch,  unter  Bildung  von  viel  Chlorwasserstoffsäure,  in  eine 
dicke  zähe  Masse  verwandelt  wird,  die  nach  der  Neutralisirung 
mit  Kalkmilch  bei  der  Destillation  eine  kleine  Menge  Campher 
giebt,  in  Eigenschaften  und  Zusammensetzung  vollkommen 
identisch  mit  dem  gewöhnlichen  Campher.  Ohne  iie  Einwir- 
kung von  Chlor  konnte  er  aus  dem  Oel  nicht  erhalten  werden. 
Wahrscheinlich  entsteht  er  aus  einem  in  dem  Sassafrasöl  ent- 
haltenen sauerstofffreien  Oel.  Diese  Beobachtung  hat  darum 
einiges  Interesse,  weil  der  Sassafrasbaum  zu  den  Laurineen, 
also  zu  derselben  Familie  wie  der  japanische  Campherbaum 
gehört.  W. 


Reaction  auf  Anilin. 


Vermischt  man  Anilin  oder  eui  Salz  desselben,  selbst  in 
sehr  kleiner  Menge,  auf  einer  Porcellanfläche  mit  einigen 
Tropfen  concentrirter  Schwefelsäure  und  einem  Tropfen  einer 
Lösung  von  chromsaurem  Kali^  so  nimmt  das  Gemische  nach 
einigen  Minuten  eine  rein  blaue  Farbe  an ,  weit  verschieden 
von  der,  welche  Strychnin  unter  gleichen  Umständen  hervor- 
bringt. Nach  einiger  Zeit  verschwindet  jedoch  diese  Farbe 
wieder.  Diese  Reaction  ist  von  Hrn.  F.  Beifsenhirtz  ent- 
deckt worden.  W. 


Ausgegeben  den  29.  September  1853. 


Drack  von  Wilhelm  Keller  iu  OiefBen. 


ANNALEN 


DER 


CHEMIE 


UND 


PHAÜMACIE. 


Herausgegeben 


Ton 


Friedrich    Wähler^  Jwtus  lAebig 
und  Hemumn  Kopp. 


Neue  BeQie.    Boad  XII. 


XMit  einer  FigwreiitafeL) 


Heidelberg. 

Akadeniliehe  Verlagtbiiehlwiidliing  too  C.  P.  Winter. 

185  1 


ANNALEN 


DER 


CHEMIE 


UND 


PHARMACIE. 


Herausgegeben 


von 


Friedrich    Wähler^   Juatiu  Liebig 
und  Hermann  Kopp. 


Band  LXXXVTII. 


(Mit  einer  FignrentafeL) 


Heidelberg. 

Akademische  Verlagsbuchhandlnng  von  C.  F.  Winter. 

ISIS. 


Inhahsanzeige  desLXXXVIlL  Bandes. 


Erstes    Heft 


Seile 
Chemifcbe  Untaraochimgen  über  die  Respiration  def  ScUammpeis- 

gere  (Cobitii  fottilis);  von  Dr.  M.  Banroert 1 

Deber  voltametrische  Mesrangen;  von  Heinrich  Meidinger    .    .      57 

Ueber  einen  verbenerten  Apparat  lu  Gasanalysen ;  von  Dr.  E.  F r  a nk- 

land  und  W.  J.  Ward 83 

Verbindungen  des  Qaecksilberoxyds  mit  AUantoTn;  von  Dr.  H.  Lim- 

pricht 94 

Gflunng  des  AllantoTns 100 

Ueber  den  Harnstoff  als  Maafs  des  Stoffwechsels;  von  Prof.  Th. 

Bif choff  m  GieÜMn 101 

EinflaCi  des  Kochsakes  anf  die  Hamsloffentleemng.    Berichtigung 

und  Znsata;  von  Demselben 109 

Versncha  &ber  die  Ausscheidung  des  Harnstoffs ;  von  A.  G.  Siegmnnd     112 

Kftnstliche  Bildung  krystallisirter  Mineralien  auf  nassem  Wege;  von 

Dr.  H.  Vohl 114 

Ueber  das  electrolytische  Geseti;  von  H.  Bnff 117 

Ueber  die  Berechnung  der  Azenwinkel   der  iweiaxigen  Krystalle; 

von  E.  Wilde 134 

Ueber  die  Bildung  von  Amarin,  Furfurin  und  einer  neuen  Base,  des 

Anilins;  von  C.  Bertagnini 127 

Ueber  den  der  BenioMlure  entsprechenden  Alkohol;  von  S.  Can- 

nisiaro • 129 


\ 


Sdto 
Apparat  imn  Gradoiren  cyliDdrifcher  Glaigefltfte;  von  Carl  Wesl- 

hoff  ans  Soett        tSl 

Ueber  die  Bildmig  des  Stickatoffbeaioyls  auf  Hipporaiare;   tob  Dr. 

Lioipricht  nad  von  Uslar 133 

Die  Anwendoog  von  Kopferritriol  aar  Conterrirang  von  Thierbilgen ; 

TOD  Dr.  Wilhelm  Wicke 135 

VorliaSge  Notia  Aber  den  gelben  FarbstoCf  derOnercilronrinde;  von 

L.  Bigand 136 


Zweites    Heft 


JahreMbericht  ai/r  Ergänzung  der  im  Jahr  1853  in  den  Anmalen 

erschienenen  AbhandUingen, 

A.  Physik, 

Seite 

Verdichtung  von  Gasen  an  starren  Körpern       137 

Wirmeentwickelong  beim  chemischen  Processc *    .  141 

Mechanische  Wirknogen  cfaemisoher  KrAfke 179 

Ueber  die  specifische  Wirme  gasförmiger  Snbatanien      .....'  184 

Spfciflsche  Wfirme  des  amorphen  Phosphors 186 

Verdampfang  des  Wassers 187 

Ueber  das  Gefrieren  des  Wassers  im  luftverdiknnten  Banm  «id  die 

dubei  dureh  das  Verdwslan  des  Eises  ecae«gte  KClte  .    .    •  188 

Wirmeleitong 191 

WirmestraUoüg 909 

Herapath'a  JodchiniMali                   909 

Optisch -chemische  üntersnchnngen 209 

2nr  Photographie 919 

B.  Chemie, 

a.    Unorganische  Chemie^ 

Ceber  mm  neoe  Oiydattesstnfe  dee  WaMersteffi  and  ihr  Verfailtp- 

nifs  inm  Qaon 991 


Seite 

Ueber  den  Einflofii  de«  WtMer«  bei  cbenifcben  ZeneUnngcn      .    .  294 

Ueber  kaDstlich  krystallUirten  Kobleoftoff 396 

Ueber  die  Einwirkuog  der  Kohlensfiare  nnd  der  Borsftnre  auf  Ladi- 

moftinktar        327 

Ueber  das  Gefrieren  and  Sieden  der  Hydraie  der  Schwefelfl<are       .  228 

Gewionnnf^  dea  Tellor  im  Grolsen  ani  den  Siebenbftrger  Goldenen  231 

Ueber  daa  Didyni  nnd  seine  Verbindungen 232 

Ueber  die  Riobsiure,  die  PelopsAnre  und  die  Tantalsflnre  ....  245 

Ueber  die  Einwirkung  des  Ammoniaks  aof  einige  arsenigsanre  Me- 

tellsalxe 249 

Ueber  das  Aeqniyaientgewicbt  des  Chroms 251 

Ueber  molybdfinsaure  SaUe 252 

Ueber  die  isomerischen  Verbindungen  des  Schwefelantimons     .    .    .  255 

Ueber  die  Verbindungen  det  Schwefelantimons  und  Antimonozyds    .  259 

Ueber  das  Wismuthozydnl       260 

Ueber  das  vermeintlich  neue  Metall  Aridium 264 


Drittes    Heft. 


Ueber  schwefligsaure  Knpferoxydulverbindungen 265 

Ueber  die  Einwirkung  des  Salmiaks  auf  Kupfer 268 

Ueber  die  Zusammensetsnng  des  phosphorsanren  Qnecksilbavxyds    .  272 

Ueber  schwefelsaures  Quecksilberoxyd 273 

U6ber  die  Verbindungen  der  beiden  Sinrett  des  Selens  mit  den  bei- 
den Ooeckflilberoxyden 274 

b.    Organische  Chemie. 

Ueber  einige  Verbindungen  des  Cyans  mit  Kupfer 278 

Ueber  die  Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffs  auf  die  Pikrinsäure  281 

Ueber  die  Bildung  der  salicyligen  Säure  in  den  Blftthen  der  Spiraea 

ulmaria 284 

Ueber  das  feste  Zersetsungsproduct  bei  Destillation  der  Stearinsäure 

mit  Kalk 285 

Ueber  die  Constitution  des  Stearins 287 

Ueber  die  ZusammenseUnng  des  Rindstalgs  .  , 295 


Seile 

Üeber  die  Butter 300 

Ueber  die  Verbindangen  des  Glycerins  mit  den  Sparen 804 

Ueber  neue  Bildnngiweisen  der  Aetherarten 313 

Ueber  die  Spaltungen  des  Gyaniilarefithers 314 

Ueber  das  Stannmetbyl 316 

Ueber  Methplumbäthyl 318 

Ueber  einigt  Stibäthylverbindungen 323 

Ueber  den  Caproylalkohol 325 

Ueber  die  Einwirkung  der  Kohlensäure  auf  Chinin  und  Cinchonin    .  326 

Untersuchungen  über  die  Harmala-Alkalofde 327 

Ueber  einige  neue  basische  Zersetsungsproducte  Ton  Pflanxenbasen  •  336 

Ueber  eine  neue  Bildungsweise  des  Toluidins 340 

Ueber  die  yerscfaiedenen  Arten  des  Terpentinöls  und  die  Einwirkung 

der  Hitze  auf  dasselbe 342 

Ueber  das  Entstehen  von  Theer  aus  öibildendem  Gase 349 

Ueber  die  Darstellung  der  Collodinm wolle 351 

Ueber  das  Laurin 354 

« 

Ueber  einige  Bitterstoffe 356 

Ueber  Pinus  sylvestris 360 

Ueber  eine  krystaUisirbare  organische  Substanz  aus  dem  Blute     .    .  377 

c.    Analytische  Beitrfige. 

Ueber  die  Bestimmung  des  Ammoniakgehalts  in  Wasser      .    .    •    •  301 

Ueber  die  Erkennung  der  Salpetersäure .  394 

Ueber  die  Bestimmung  des  Salpetergehaltes  im  Schieispulver  .    . '  .  395 

Ueber  die  Beduction  des  Arsens  und  des  Antimons  aus  ihren  Ver- 
bindungen durch  Cyankalinm 397 

Ueber  das  Verhalten  des  Schwefelarsens  gegen  kohlensaures  Alkali  401 

Erkennung  des  Strychnins 402 


ANNALEN 

DER 


CHEMIE  UND  PHARMACIE. 


LXXXVIIL  Btndei  erite«  Heft. 


Chemische  Untersuchungen  über  die  Respiration  des 

Schlammpdzgers  (^Cobitis  fossilis^; 

von  Dr.  M.  Baumert^'). 


Die  zur  Gattung  Cobitis  gehörenden  Fischarten  zeichnen 
sich  bekanntlich  durch  eigenthttmliche  Respirationserscheinun- 
gen aus.  Beobachtet  man  z.  B.  Schlanunpeizger,  welche  sich  in 
offenen^  mit  Wasser  geffilUen  Glasgeftrsen  befinden^  so  sieht 
man  diese  Thiere  in  unregelmälsigen  Intervallen  zur  Ober- 
fläche des  Wassers  emporsteigen  und  atmosphärische  Luft 
durch  den  Mund  einziehen.  Im  nächsten  Augenblick,  wäh- 
rend der  Fisch  zum  Boden  des  Behälters  zurückkehrt ,  ent- 
weichen aus  seiner  AfteröiTnung  grofse  Gasblasen  in  mehr 
oder  minder  beträchtlicher  Menge.  Bisweilen  wiederholt  sich 
dieser  Vorgang  mehrmals  in  kurzen  Zeiträumen ,  bisweilen 
vergehen  aber  auch  Stunden,  ja  halbe  Tage,  bevor  der 
Schlammpeizger  zum  zweitenmale  die  Oberfläche  des  Wassers 
aufsucht. 

'  Nicht  viel  weniger  unregelmäfsig  ist  bei  diesen  Fischen 
die  Kiemenrespiration.  Im  Allgemeinen,  selbst  bei  Jüngern 
Individuen  auffallend  langsam,  setzt  sie  nicht  selten  eine  Zeit 


*)  Im  Aufxag  tof  einer  DiMertalionMchrifi  vom  Verfuser  mttgeUieilt 

Annsl.  d.  Chemie  n.  Pberm.  LXXXVIU.  Bd.  1.  Heft.  \ 


2  Baumert j  ehemüehe  ünkrmchmgen  aber  . 

lang  vollkommen  aus.  Solche  Pausen  treten  besonders  ein, 
nachdem  der  Fisch  durch  den  Mund  atmosphärische  Luft  ein- 
genommen hat.  Alsdann  liegt  er  ohne  bemerkbare  Bewe- 
gung der  Kiemendeckel  regungslos  auf  dem  Boden  des  Ge- 
fafses  und  erst  allmälig  und  mit  steigender  Schnelligkeit 
beginnen  die  Kiemen  von  neuem  ihre  Function. 

Diese  scheinbar  so  regellosen  Respirationsthätigkeiten 
haben  schon  seit  längerer  Zeit  die  Aufmerksamkeit  der  Na- 
turforscher erregt.  Ich  verweise  in  dieser  Beziehung  auf  die 
Arbeiten  von  Erman*)  und  Bischof**). 

f.  Verfahren f  um  die  vom  Wasser  absorbirten  Gase  sti 

gewinnen. 

Die  nachstehende  Methode  ist  zuerst  von  Bunsen 
benutzt  worden  und  führt  bei  einiger  Uebung  eben  so  schnell 
als  sicher  zum  Ziel.    Sie  ist  in  kurzem  folgende  : 

Ein  Glasballon  von  1  bis  2  Litres  Capacität  dient  zur 
Aufnahme  des  auszukochenden  Wassers.  Mit  demselben  wird 
der  zur  Aufsammlung  der  Gase  bestimmte  Apparat  durch  ein 
dickes  Rohr  von  vulkanisirtem  Kautschouk  luftdicht  verbunden 

■ 

(siehe  Fig.  1  der  Tafel).  Zur  Herstellung  dieses  Apparats 
wählt  man  eine  Röhre  von  leicht  schmelzbarem  Glase  aus,  deren 
Wandungen  1^  bis  2  Mm.  dick  sind  und  deren  Durchmesser 
20  bis  25  Mm.  im  Lichten  beträgt.  Es  ist  besonders  darauf  zu 
achten,  dafs  die  einzelnen  Theile  des  Apparats  in  richtigem 
Verhältnifs  zu  einander  stehen.  Der  Theil  a  der  Röhre,  be- 
stimmt, die  Gase  des  im  Ballon  befindlichen  Wassers  aufzu- 
nehmen, mufs  so  geräumig  seyn,  dafs  er  von  der  ent- 
wickelten Luft  höchstens  zur  Hälfte  angefüllt  wird;  aufserdem 


♦)  Gilben'a  Annalen  der  Physik  Bd.  XXX,  S.  112. 

♦*)  Journal    für   Chemie   und   Physik    von  Dr.   J.   S.  C.  Sdiweigger. 
Bd.  XXn,  S.  78. 


10  RnpiraHon  des  Schtammpeiigers,  3 

ist  aber  auch  die  Länge  der  Röhre  a  der  Grölbe  der  Queck- 
silberwanne  anzupassen.  Die  Dimensionen  des  RöhrenstOcks 
f  d^  wddies  das  beim  Erwärmen  sich  ausdehnende  Wasser 
des  Glasballons  aufnehmen  soll,  sind  so  einzurichten,  dafs 
Btcb  voüendeiem  Auskochen  das  Niveau  des  Wassers  unge- 
fldur  die  Mitte  der  Kugel  c  erreicht  hat  Bei  d  und  e  wird 
die  Röhre  hinreichend  verengt,  damit  sie  an  diesen  Stellen 
dordi  die  Löthrohrflamme  leicht  abgeschmolzen  werden  kann. 
Es  ist  hierbei  wesentlich,  das  Lumen  des  Glascylinders  durch 
Zusammenfallenlassen  des  Glases  zu  verdicken;  ohne  diese 
Vorsicht  ist  der  Apparat  äuTserst  zerbrechlich  und  würde 
ikberdiefs  während  des  Zuschmelzens  durch  den  Luftdruck 
nach  innen  durchbohrt  werden*  An  das  offene,  ausgezogene 
Ende  f  der  Röhre  wird  ein  kleines  Rohr  von  vulkanisirtem 
Eautachouk  befestigt. 

Es  kommt  nun  zunächst  darauf  an,  den  Glasballon  mit 
der  zur  AufsanunluAg  der  Gase  bestimmten  Röhre  in  einer 
Weise  zu  yerbin4en,  welche  die  Communication  beider  Theile 
leicht  zu  unterbrechen  oder  wieder  herzustellen  gestaltet. 
Diefs  erreicht  man  am  einfachsten  durch  einen  kleinen  mas-* 
siven  Glascylinder,  der  in  die  weile  Kantschoukröhre,  ohne 
diese  auszufüllen,  hineingeschoben  werden  kann.  Nachdem 
nämlich  die  letztere  an  den  Hals  des  Ballons  luftdicht  be- 
festigt worden  ist ,  wird  der  Glasballon  mit  dem  auszukochen- 
den Wasser  voUgeftillL  lieber  die  Ligatur  a  (siehe  Figur  2) 
wird  eine  zweite  b  um  die  Kantschoukröhre  geschlungen 
und  so  weit  zugezogen ,  dafs  der  als  Ventil  dienende  Glas- 
stab nicht  in  den  Ballon  hinabgleiten  kann.  Jetzt  wird  eben- 
falls die  Kantschoukröhre  voll  Wasser  gefüUt,  der  massive 
Glascylinder  in  die  Röhre  eingelassen  und  durch  eine  starke, 
luftdicht  schliefsende  Ligatur  d  (Figur  2}  in  der  Mitte  zu- 
sammengeschnürt. Zuletzt  wird  der  in  Figur  1  abgebildete 
Apparat  mit  semem  untern  Ende  g  in  die  Kantschoukröhre 


4  Battmeri^  elemäefte  Dhtersuekimgen  vber 

eingesenkt  und  durch  eine  starke  Ligatur  gleichfaUs  luftdiclil 
mit  ihr  verbunden. 

Die  nun  folgende  Aufgabe  ist,  den  mit  dem  Glasballon 
vereinigten  Apparat  luftleer  zu  machen.  Hierzu  bringt  man 
beide  in  eine  horizontale  Lage.  Bei  dieser  Stellung  des  Ap- 
parats fliefst  das  über  dem  Glasventil  im  Kautschoukrohr  be- 
findliche Wasser  in  den  Theil  cg  der  Röhre  (Fig.  1)  und 
erfiillt  diesen  etwa  zur  Hälfte.  Dasselbe  wird  durch  zwei 
kleine  Spiritusflammen  allmälig  und  gleichförmig  erhitzt  und 
so  lange  in  starkem  Kochen  erhalten,  bis  man  annehmen 
kann,  dafs  die  im  vorgelegten  Apparate  enthaltene  Luft  voll- 
ständig durch  den  Wasserdampf  verdrängt  ist.  Dazu  reicht 
bei  den  gegebenen  Dimensionen  ein  5  bis  6  Minuten  langes, 
ununterbrochenes  Kochen  hin.  Ist  man  von  der  LufUeere  des 
Apparats  überzeugt,  so  läfst  man  das  vordere  Ende  der  Kaut- 
schoukröhre  h  durch  einen  Gehilfen  luftdicht  zusammenpres- 
sen, entfernt  im  nächsten  Augenblick  die  Lampen  und  schmilzt 
die  Röhre  bei  e  mit  dem  Löthrohre  ab.  We^n  das  Auskochen 
des  im  Ballon  enthaltenen  Wassers  nicht  nur  gelmgen,  son- 
dern auch  gefahrlos  seyn  soll ,  mufs  der  kleine  mit  dem 
Ballon  verbundene  Apparat  luftleer  seyn.  Diefs  giebt  sich, 
nachdem  der  Apparat  vertical  gestellt  und  in  dieser  Stellung 
befestigt  ist,  theils  durch  das  von  selbst  fortdauernde  Kochen 
des  Wassers  in  der  Röhre  gc  d  zn  erkennen ,  theils  erst, 
wenn  die  Ligatur  bei  d  (Figur  2)  durchschnitten  und  damit 
die  Communication  zwischen  Ballon  und  Apparat  wieder  her- 
gestellt ist.  Alsdann  wird  die  starke  Kautschoukr$hre  von 
der  äufseren  Luft  kräftig  nach  innen  gedrüdct  und  es 
tritt  sogleich  eine  lebhafte  Gasentwicklung  im  Wasser  des 
Ballons  ein.  Man  fängt  nun  an,  den  Ballon  albnälig  zu  er- 
wärmen und  bringt  das  Wasser  in  demselben  zum  Kochen. 
Letzleres  mufs  so  lange  fortgesetzt  werden,  als  sich  neben 
Wasserdampf  noch  Luftblasen  entwickeln.     Durch  die  Grofee 


die  Resptraüm  de$  ScMammpeiagers.  5 

and  die  Form  der  emporsteigenden  Blasen  Iftfst  sich  dieser 
Zeitpunkt  leicht  erkennen.  Immer  aber  ist  es  rathsam ,  das 
Kochen  noch  etwas  länger  fortzusetzen,  weil  das  Wasser  den 
letzten  Antheil  Luft  und  zumal  den  Sauerstoff  mit  grofser 
Beharrlichkeit  zurückhält.  So  lange  übrigens  die  mit  Wasser 
sich  allmälig  flUlende  Röhre  gcd  die  Temperatur  von  iOO^ 
noch  nicht  erreicht  hat,  so  lange  femer  die  starke  Kaut« 
schoukröhre  nach  innen  comprimirt  ist,  so  lange  ist  eine  Ex- 
plosion durchaus  nicht  zu  befurchten.  Durch  künstliche  Ab* 
kühlung  läfst  sich  der  Erwärmung  der  Röhre  gcd  vorbeugen ; 
der  zweite  Punkt  kann  dadurch  sicher  erreicht  werden ,  dafs 
der  Theil  a  (Figur  \}  der  Röhre  mindestens  noch  einmal  so 
grofs  genommen  wird ,  als  das  Gesammtvolum  der  im  Wasser 
enthaltenen  Gase  es  erfordert.  Hat  man  sich  schliefsUch  über« 
zeugt,  dafs  sich  nur  noch  Dampfblasen  entwickebi,  so  schmitet 
man  die  Röhre  bei  d  (Tigur  i)  mittelst  des  Löthrohrs  ab, 
um  später  die  eingeschlossenen  Gase  in  das  Eudiometer  über« 
zafüllen. 

Nach  diesem  Verfahren  erhält  man  allerdings  die  gesammte 
Luftmenge,  welche  das  Wasser  enthielt,  jedoch  nicht  aus- 
schliefslich  in  dem  zur  Aufnahme  derselben  bestimmten  Röh- 
renstücke a  (Fig.  1).  Ein  Theil  dieser  Luft  erfüllt  aurser- 
dem  noch  den  über  dem  Wasser  befindlichen  Raum  der 
Kttgefaröhre  gcd.  Diese  letztere  Quantität  könnte  man  nach- 
träglich für  sich  messen,  wenn  nicht  das  mit  der  Luft  in  Be- 
rührung stehende  Wasser  während  des  Erkaltens  einen  Theil 
dieser  Luft  von  neuem  absorbirte  und  wenn  nicht  überdiers 
der  Eintritt  des  Wassers  in  das  Eudiometer  während  des 
Ueberfüllens  zu  beftirchten  wäre.  Eine  geringe  Abänderung 
reicht  indessen  hin,  den  eben  beschriebenen  Apparat  auch 
zur  Bestimmung  der  absoluten  Luftmenge  tauglich  zu  machen. 
Für  diesen  Zweck  werden  die  Theile  d  und  e  der  Röhre 
nicht  abgeschmolzen,    sondern  auf  andere  Weise  vor  dem 


6  Baumeri,  dumtnAe  üniermM)kmigen  über 

Zutritt  der  äurseren  Luft  bewahrt.  Es  kommt  dann  nur  dar- 
auf an  9  den  Verschlurs  so  einzurichten,  dafs  er  nach  Belieben 
angebracht  oder  entfernt  werden  kann,  ohne  dafs  dadurch 
die  Gapacitit  der  Röhre  a  beeinträchtigt  wird.  Hierzu  dient 
eine  kleine  metallene  Zwinge  (Fig.  3},  die  ans  zwei  Platten 
besteht,  welche  durch  eine  Schraube  fest  gegen  einander 
geprefst  werden  können.  Die  innere  Fläche  der  Platten  ist 
nicht  eben,  sondern  steigt  nach  der  Mitte  sehr  sanft  an. 
Dadurch  wird  die  Kautschoukröhre  h  längs  der  Hauptachse 
besonders  stark  zusammengeprcfst  und  sicher  geschlossen. 
Diese  Zwinge  wird,  nachdem  der  Apparat  wie  früher  lußle^ 
gemacht  worden  ist,  und  während  der  Gehilfe  l>ei  k  die 
Kautschoukröhre  zusammengedrückt  hält ,  zwischen  den  Punk- 
ten f  und  h  eingeschoben  und  mittelst  der  SchraiAe  zugezo- 
gen. Die  Röhre  a  ist  graduirt  und  durch  exacte  Kalibrirung 
ihr  Gesammtinhalt,  so  wie  der  zwischen  zwei  TheSstrichen  ge» 
legene  Raum  bestimmt.  Der  untere  Theil  dieser  Röhre  wird 
mit  der  Kugelröhre  gcd  durch  eine  vulkanisirte  Kautschouk- 
röhre verbunden,  in  deren  Lumen  ebenfalls  ein  massiver 
Glasstab  eingeschoben  ist  Auf  diese  Weise  ist  der  in* 
Figur  1  abgebildete  Apparat  in  zwei  Theile  getheilt,  die  be 
d  durch  einen  Kautschoukverband  zusammenhängen.  Vor  dem 
vollendeten  Auskochen  des  im  Ballon  enthaltenen  Wassers  ist 
natürlich  das  bei  d  eingeschobene  Ventil  geöffnet.  Die  früher 
weiliäufig  geschilderten  Operationen,  um  die  Luft  des  Wassers 
zu  gewinnen,  bleiben  bei  dieser  zweiten  Methode  dieselben, 
mit  dem  Unterschied,  dafs  der  luftleer  gemachte  Apparat  mit 
der  kleinen  Metallzwinge  verschlossen  und  die  Röhre  bei  d 
nach  vollendeter  Auskochung  wiederum  nicht  abgeschmolzen, 
sondern  durch  eine  feste ,  um  das  Glasvental  gelegte  Ligatur 
vor  dem  Zutritt  der  Luft  bewahrt  wird.  Von  noch  gröfserer 
Wichtigkeit  ist  es  dagegen,  die  Gröfsenverhältnisse  der  ein- 
zelnen den  Apparat  bildenden  Tbeile  zweckentsprechend  aas- 


die  RespiraÜaH  des  Sdilanmpebgen.  7 

SttwäMen,  denn  es  hängt  die  Genauigkeit  der  Methode  aufser 
von  den  früher  erörteFten  Bedingungen  in  diesem  Falle  auch 
noch  davon  ab,  dafs  in  demselben  Augenblicke,  in  welchem 
die  Kugelröhre  ged  von  dem  Wasser  vollkommen  ausgerüUt 
ist  und  eben  die  Grenze  des  Ventils  überschreiten  will,  dafs 
dann  auch  wirklich  alle  im  Wasser  des  Ballons  befindliche 
Luft  durch  Kochen  in  die  Röhre  a  hinaufgetrieben  worden 
Ist.  Einige  vorläufige  Versuche  sind  am  sichersten  im  Stande, 
die  einzelnen  Theile  des  Apparats  auf  die  zweckentsprechende 
Gröfse  zurückzufllhren.  Daher  ist  es  gut,  sich  bei  allen  Ex- 
perimenten desselben  oder  möglichst  gleicher  Ballons  zu  be*- 
dienen.  Nach  vollendeter  Auskochung  wird  die  um  das  Ventil 
gelegte  Ligatur  unter  Quecksilber  gelöst,  das  Gasvolum  nach 
Verlauf  von  einigen  Stunden  gemessen  und  nach  Ueberfüllung 
in  das  kleine  Eudiometer  seine  nähere  Zusammensetzung  er- 
mittelt. 

Nach  diesem  Verfahren  lafst  sich  aus  einer  und  derselben 
Quantität  Wasser  sowohl  das  absolute  Volumen  der  Luft  als 
das  relative  ihrer  Bestandtheile  bestimmen,  ohne  dafs  das 
ausgekochte  Wasser  durch  Absorption  das  Resultat  zu  stören 
vermag.  Die  Methode  ist  in  der  practischen  Ausführung  bei 
einiger  Uebung  eben  so  leicht  als  präcis;  bei  einem  Ballon 
von  1  bis  2  Litres  Inhalt  dauert  der  Versuch  kaum  drei 
Standen. 

Um  die  vom  Wasser  aufgenommene  Luft  zu  untersuchen, 
habe  ich  die  von  Bunsen  eingeführten,  jetzt  allgemein  be- 
kannten Methoden  benutzt. 


Ehe  ich  mich  indessen  zu  den  Untersuchungen  der  Re* 
8pirationq>foducte  selbst  wende,  wird  es  nöthig  seyn,  noch 
einige,  die  im  Wasser  enthaltene  Luft  im  allgemeinen  betref- 
fende Fragen  mit  kurzen  Worten  zu  berühren. 


8  Baumeri,  ehemi9cke  IhiknwAmigm  Übet 

Bekanntlich  hän^,  wenn  Wasser  mit  Gasen  in  Bertthning 
tritt,  zu  welchen  es  keine  chemische  Verwandtschaft  besiixt, 
das  relatiTe  Verfaftitnifs,  in  welchem  die  Gase  vom  Wasser 
anfgenonunen  werden,  von  folgenden  Bedingungen  ab  : 

1.  von  der  Beschaffenheit  des  Wassers,  insofern  dieses 
chemisch  rein  ist  oder  nicht; 

2.  von  der  Löslichkeit  der  einzelnen  Gase  im  Wasser; 

3.  von  dem  Verhftltnifs,  in  welchem  die  dem  Wasser 
dargebotenen  Gase  gemengt  sind,  und 

4.  von  der  Temperatur. 

Da  nun  einzelne  dieser  Bedingungen  in  hohem  Grade 
variabel  sind,  so  folgt  schon  a  priori,  dafs  die  rektiven  Vo- 
lume der  einzelnen  Gase,  welche  in  dem  auf  der  Erde  ver- 
breiteten Wasser  enthalten  sind ,  unmöglich  immer  und  überall 
gleich  seyn  können.  Denn  selbst  wenn  das  Wasser  überall 
in  unausgesetzter  Berührung  mit  der  constant  zusammen- 
gesetzten Atmosphäre  stände  und  daher  eine  der  Temperatur 
entsprechende  Sättigung  des  Wassers  mit  den  Bestandtheilen 
der  Luft  erwartet  werden  müfste,  würden  doch  die  relativen 
Gasvolume  der  absorbirten  Luft  sich  ändern,  sobald  eine 
Aenderung  der  chemischen  Beschaffenheit  des  Wassers  ein« 
tritt.  Bekanntlich  ist  aber  das  Wasser  unseres  Erdballs  in 
Bezug  auf  die  in  ihm  enthaltenen  Substanzen  von  sehr  ver- 
schiedener chemischer  Zusammensetzung.  Diese  letztere  be- 
dingt auch  in  der  That  die  vorzüglichsten  Schwankungen, 
welche  die  relativen  Volume  des  vom  Wasser  absorbirten 
Sauerstoffs,  des  Stickstoffs  und  der  Kohlensäure  darbieten« 
Handelt  es  sich  um  genaue  Resultate,  so  müssen  diese,  ob- 
wohl unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  nicht  bedeutenden, 
Schwankungen  dennoch  berücksichtigt  werden,  zumal  wenn 
kleinere  Mengen  Wassers  für  sich  gewissen  verändemdeii 
Einflüssen  unterliegen,  wie  diefs  bei  den  nachfolgenden  Unter- 
suchungen der  Fall  gewesen  ist.    Alsdann  werden  solche  im 


die  Re^mraÜan  des  Sehkmmpebgers.  9 

Grofsen  geringfügige  Einflüsse  eine  relativ  bedeutende  Ver- 
änderung der  aufgenommenen  Luft  hervorbringen.  Es  dürfte 
daher  hier  der  Ort  seyn ,  einige  der  verschiedenen  Bedin«- 
gungen  nüher  zu  besprechen^  die  im  Laufe  meiner  Versuche 
durch  ihren  wesenflidien  Einflufs  auf  die  Luflbeschaffenheit 
des  Wassers  besonders  hervorgetreten  sind  *). 

Zunächst  hat  sich  ergeben,  dafs  das  aus  der  Oder  ge- 
schöpfte Wasser  in  Folge  der  reichlich  darin  enthaltenen 
Exiractivstoffe  eine  Veränderung  der  relativen  Volume  des 
Sauerstoffs  und  der  Kohlensäure  erleidet,  so  zwar,  dafs  bei 
längerem  Stehen  der  Kohlensäuregehalt  der  im  Wasser  ent- 
hdtenen  Luft  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  zunimmt.  Es  hat 
sich  femer  ergeben,  dafs  die  im  Wasser  enthaltene  LuA 
durch  Berührung  mit  Holz,  wie  diefs  z.  B.  bei  dem  Trans- 
port des  Wassers  in  hölzernen  Gefäfsen  der  Fall  ist,  neben 
der  Zunahme  des  Kohlensäuregehalts  eine  weitere  Abnahme 
ihres  Sauerstoffs  erleidet,  bedingt  durch  die  Absorption  des 
Sauerstoffs  durch  das  Holz  selbst.  Aufser  diesen  Ursachen 
giebt  es  noch  mannichfache  andere,  die  auf  die  Zusammen* 
Setzung  der  im  Wasser  enthaltenen  Luft  von  mwklichem  Ein- 
flasse sind.  Leider  sind  diese  nicht  immer  einer  genauen 
Ermittelung  zugänglich.  So  bewirkt  der  Wechsel  der  Tem- 
peratur, die  Berührung  des  Wassers  mit  einer  an  Kohlen- 
säure  beladenen  Atmosphäre,  wie  letztere  in  bewohnten  Räu- 
men sich  bildet  u.  s.  w.,  eine  Summe  von  Störungen  in  der 
ursprünglichen  Luftbeschaffenheit  des  Wassers,  ohne  dafs  man 
immer  im  Stande  ist,  diese  nachtheiligen  Wirkungen  auszu- 
scUiefsen,  oder  dieselben  im  Wege  der  Rechnung  zu  elimi- 
niren. 


*)  Ich  mofs  auf  die  ansfohrlicheron  analytischen  Belege  in  diesen  Mit- 
tbeilungen  verzichten  und  in  dieser  Bezichnng  auf  die  Dissertations- 
schrift sclhflt  verweisen. 


10  Baumeri^  fAemudU  Oniersudnmgen  über 

Es  mutBle  mir  deblialb  für  die  nachfolgeBden  Experimeiile, 
die  wegen  ihrer  Mannichfaltigkeit  grobe  Ouantitäten  Wassers 
erfOTderten,  von  Werth  seyn,  ein  Verfahren  aufzufinden^ 
welches  jeder  iiigend  merkbaren  Veränd^ung  der  absorbirten 
Lufl  vcNTbeugt  und  daher  gröfsere  Wassermengen  vorräthig 
zu  halten  gestattet.  Nebenbei  konnten  die  Untersuchungen 
nur  an  Einfachheit  und  Präeision  gewinnen,  wenn  nicht  jedem 
einzebien  Experimente  eine  wiederholte  Untersuchung  der 
ursprünglichen  9  im  Wasser  enthaltenen  Luft  vorausgehen 
durfte.  Ein  Verfahren ,  welches  den  obigen  Anforderungen 
entspricht»  kann  der  Theorie  nach  nur  darin  bestehen,  ehem£sch 
reines  Wasser  mit  Luft  vollständig  zu  sättigen  und  es  sodann 
in  einem  Räume  von  gleichbleibender  Temperatur,  dessen 
Luft  die  normale  Zusammensetzung  unverändert  beibehält, 
aufzubewahren.  Ich  werde  bald  Gelegenheit  haben,  auf  die- 
ses Verfahren  ausfährlicher  zurückzukommen.  -Für  meine 
Zwedie  muGste  ich  aus  mehreren  Gründen  von  dem  Gebrauche 
dieser  Methode  abstehen.  Einmal  stand  mir  keine  Räumlich- 
keit zu  Gebote,  deren  Temperatur  und  Atmosphäre  constant 
blieben;  femer  überzeugte  ich  mich  bald,  welche  beträchi- 
Ik^e  Zeit  erforderlich  ist,  um  eine  nur  einigermafsen  bedeu- 
tende Menge  Wassers  mit  Luft  zu  sättigen;  und  endlich  er- 
fwdert  die  grofse  Löslichkeit  der  Kohlensäure  in  Wasser 
gewisse  Vorsichtsmafsregeln ,  die  bei  gröfseren  Quantitäten 
Wassers  viele  Unbequemlichkeiten  verursachen. 

Ich  habe  daher  dieses  Verfahren  in  der  Weise  modificirt, 
dafs  ich  ungefähr  50  Quart  frisch  destillirten  Wassers  in 
einem  unbewohnten  und  der  freien  Luft  zugänglichen  Räume 
in  kleineren  Portionen  mit  Luft  schüttelte,  ohne  übrigens  die 
vollständige  Sättigung  des  Wassers  abzuwarten.  Nachdem 
ich  die  wiedervereinigten  Portionen  mehrere  Stunden  stehen 
gelassen  hatte,  füllte  ich  das  Wasser  in  gläserne,  mit  sehr 
sorgfältig  eingeriebenen  Glasstöpseln  versehene  Flaschen  und 


die  Re9piraiüm  des  SMammpeügere.  il 

bewahrte  diese  wohl  verschlossen  über  kleinen^  mit  dem 
nfimlichen  Wasser  gefüllten  Glascylindern  umgestürzt  auf. 
Die  Temperatur  des  Locab  suchte  ich  möglichst  constant  zu 
erhalten.  Ich  will  zunächst  zur  BeurUieQnng  dieser  Methode, 
deren  ich  mich  fast  ausschliefsiich  bei  den  spätem  Versuchen 
bedient  habe,  einige  analytische  Belege  geben. 

Der  Inhalt  der  ersten  Flasche  wurde  unmittelbar  nach 
vollendeter  Füllung  sMmmtlicher  Fkschen  in  den  zum  Aus- 
kochen bestimmten  Ballon  entleert  und  die  absolute  Menge 
der  in  diesem  Wasser  befindlichen  Luft,  so  wie  deren  rela- 
tive Zusammensetzung  ermittelt.  Der  Inhalt  der  zweiten 
Flasche  ist  am  dritten  Tage,  der  dritten  am  neunten  Tage  und 
der  vierten  am  22.  Tage  nach  der  Füllung  der  Flaschen  aus* 
gekocht  und  untersucht  worden. 

Es  folgt  hier  die  Zusammenstellung  der  durch  die  vier 
Analysen  gewonnenen  Resultate  : 

1.  relaUve  Volume  : 
I.  IL  III.  IV. 

Stickstoffgas       61,60       61,50       61,10       60,88 

Sauerstoffgas       29,21        29,45       29,32        29,64 

Kohlensäuregas     9,19         9,05         9,58         9,48 


100,00      100,00      100,00      100,00. 

2.   obto/tf/e  Vohme  in  100  Theilen  Wasser  bei  0^  C.   und 

1  M.  Druck  in  CC.  : 

I.             IL             in.  IV. 

Stackstoffgas          1,1507      1,1711      1,1247  1,1613 

Sauerstoffgas        0,5457      0,5606      0,5397      0,5654 
KoMensäuregas    0,1717      0,1723      0,1763      0,1806 

1,8681      1,9042      1,8407      1,9075. 
Man  wird  die  Uebereinstimmuug  dieser  vier  Analysen 
genagend  finden,  wenn  man  die  mannichfachen  Fehlerquellen, 
die  bei  der  Gewinnung  der  Luft  aus  dem  Wasser  unvermeid- 
lich  sind,    berücksichtigL      Jedenfalls   sind   die  gefundenen 


12  Baumert,  ckemuche  Uniersuchimgen  über 

Zahlen  nicht  abweichender  unter  sich,  als  die  Differenzen, 
welche  verschiedene  Untersuchungen  desselben  Wassers  in 
Bezug  auf  seinen  Luftgehalt  darzubieten  pflegen.  Dieser 
Grund  schien  mir  entscheidend  für  die  Tauglichkeit  der  Me- 
thode. Ich  habe  daher  die  nachfolgenden  Experimente,  so 
weit  sie  die  Respiration  der  Fische  betreffen,  gröfstentheils 
in  der  Weise  ausgeführt,  dafs  ich  einen  grofsen  Glasballon 
mit  frisch  destillirtem  Wasser  füllte,  dieses  längere  Zeit  mit 
Luft  schüttelte,  es  sodann  in  kleinere  Flaschen  vertheilte,  und, 
wie  oben  angegeben,  aufbewahrte.  Sobald  die  analytischen 
Resultate  mehrerer  Versuche  übereinstimmten,  begann  ich  die 
Respirationsexperimente.  Während  der  Versuche  überzeugte 
ich  mich  durch  wiederholte  Untersuchung  von  der  gleich- 
förmigen Beschaffenheit  des  Luftgehalts.  Immer  habe  ieh, 
sobald  eine  Abweichung  von  den  früheren  Bestimmungen  sich 
herausstellte,  entweder  den  Grund  derselben  zu  erforschen 
mich  bemüht,  oder,  wo  dieses  nicht  gelange  und  dennoch 
eine  dauernde  Veränderung  in  dem  Luftgehalt  des  Wassers 
sich  ergab,  die  mit  diesem  Wasser  bereits  ausgeführten  Ex- 
perimente theils  ganz  bei  Seite  gelegt,  theils  sie  mit  einer 
darauf  bezüglichen  Bemerkung  mitgetheilt.  Es  sind  daher 
die  hier  mitgetheilten  Analysen  fast  immer,  als  die  am  ge- 
nauesten übereinstimmenden,  aus  einer  gröfseren  Reihe  von 
Versuchen  ausgewählt  worden. 

Ich  erwähnte  bereits  oben  eine  andere  Methode,  um  eine 
constante.  Zusammensetzung  der  vom  Wasser  absorbirten  Lufl 
zu  erreichen.  Obgleich  ich  mich  ihrer  aus  den  dort  angege- 
benen Gründen  bei  den  Respirationsexperimenten  selbst  ent- 
halten mufste^  so  ist  dieselbe  doch  von  unzweifelhaftem  Werthe, 
wo  es  sich  um  gewisse  theoretische,  die  Absorptionsverhält- 
nisse  angehende  Fragen  handelt.  Es  sey  mir  daher  erlaubt, 
hier  nochmals  auf  dieses  Verfahren  zurückzukommen. 


die  RespkaHan  des  ScMammpeiMgers.  13 

Wie  bereits  erwähnt^  läfst  sich  eine  constante  Zusammen- 
Setzung;  der  vom  Wasser  absorbirten  Luft  dadurch  erreichen, 
dafs  man  chemisch  reines  Wasser  bis  zur  Sättigung  mit  reiner 
atmosphärischer  Luft  bei  derselben  Temperatur  schüttelt« 
Hierbei  ist  jedoch  zweierlei  von  wesentlicher  Bedeutung  : 

1}  Wird ,  wenn  nicht  besondere  Vorkehrungen  getroffen 
werden,  die  im  Wasser  sehr  lösliche  Kohlensäure  bei  län-» 
gerem  Schütteln  grofser  Luftmassen  in  Yerhältnifsmäfsig  sehr 
bedeutender  Menge  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  und  Stickstoffs 
absorbirt  (als  Beleg  können  obige  vier  Analysen  dienen}  und 

2)  zeigt  sich  bei  diesem  Verfahren,  welches  mehrere 
andere,  auf  die  Absorption  der  Gase  influirende  Bedingungen 
ausschliefst,  wie  nöthig  es  ist ,  den  Einflufs,  welchen  die  Tem- 
peratur auf  das  relative  Absorptionsverhältnifs  der  Oase  aus- 
übt, zu  berücksichtigen.  Um  der  excessiven  Aufnahme  der 
Kohlensäure  vorzubeugen,  habe  ich  das  frisch  destillirte 
Wasser  nochmals  in  einem  Kolben  mit  langem,  engem  Halse 
mehrere  Stunden  gekocht.  Damit  das  ausgekochte  Wasser 
während  des  Erkaltens  nicht  von  neuem  Kohlensäure  aufneh- 
men konnte,  wurde  der  Kolben  nach  beendeter  Auskochung 
sogleich  mit  einer  langen  Röhre,  die  befeuchtete  Aetzkali- 
stücke  enthielt,  in  Verbindung  gebracht.  Zur  Sättigung  dieses 
Wassers  liefs  ich  einen  von  Kohlensäure  möglichst  befreiten 
Luftlerem  längere  Zeit  durch  dasselbe  streichen.  Zur  Ent- 
fernung der  Kolilensäure  ist  die  atmosphärische  Luft  durch 
mehrere  mit  befeuchteten  Aetzkalistücken  angefüllte  Röhren 
hindurchgeleitet  worden.  Die  Absorption  der  Luft  suchte 
ich  durch  wiederholtes  Schütteln  des  die  Flasche  zur  Hälfte 
füllenden  Wassers  zu  befördern.  Die  Temperatur  schwankte 
in  den  letzten  zwei  Stunden  vor  der  Beendigung  des  Ex- 
periments zwischen  10^,0  bis  10^,4  C.  Die  mittlere  Tempe- 
ratur war  daher  10<^,2  C.  Die  Analyse  gab  folgende  Zusam- 
mensetzung der  vom  Wasser  absorbirten  Luft  : 


14  Baumert,  ckmnkehe  ünkreuekmigm  ttar 

Stickfltoffjfäs  66,22 
Sauerstoffgas  33,76 
KoUensiuregas     0,02 


100,00. 
Ein  zweiter  Yersudi,  der  in  derselben  Weise  wiederholt 
wurde,  nur  dafs  das  frisch  destillirte  Wasser,  bevor  es  mit 
kohlensäurefreier  Luft  gesättigt  wurde,  nicht  von  neuem 
ausgekocht  war,  ergab  bei  einer  Temperatur  des  Wassers 
von  9*,7  C.  : 

Stickstoffgas  64,85 
Sauerstoffgas  33,45 
Kohlensänregas      1,70 

100,00. 
Mit  Hilfe  der  Absorptionscoefficienten  dieser  drei  Gase 
läfst  sich  leicht  prikfen,  ob  das  Wasser  in  diesen  beiden  vor- 
liegenden Fällen  die  der  angegebenen  Temperatur  gröfst* 
möglichste  Luftmenge  aufgenommen  hatte.  In  diesem  Falle 
wird  das  relative  Verhältnifs,  welches  zwischen  den  drei 
Gasen  stattfindet,  oder,  da  wir  von  dem  Volum  der  Kohlen- 
säure ganz  absehen  können ,  das  Verhältnifs  zwischen  dem 
Volum  des  Stickstoffs  und  des  Sauerstoffs  in  einer  bestimmten, 
durch  die  Absorptionscoefficienten  dieser  Gase  gegebenen 
Relation  bestehen  müssen.  Nach  den  genauesten  Bestimmun« 
gen  ergiebt  sich  aus  den  zahlreichen  Versuchen  Bunsen's, 
dafs  1  Volum  Wasser  bei  3<^,2  C.  und  760  Mm.  Druck  auf- 
nimmt *')  : 

von  Stickstoffgas       0,02189 
von  Sauerstoffgas     0,045526 
von  Kohlensäuregas  1,5184, 


*)  Die  in  der  neuesten  Aoflage  von  Pouillet-Muller'a  Physik  an- 
gegebenen Absorptionscoefficienten  stimmen  mit  diesen  nicht  voll- 
kommen fiberein,  weil  sie  «ans  einer  geringeren  Anzahl  von  Ver- 
suchen abgeleitet  worden  sind. 


die  Rnpitaikm  des  SeUammpeisgett.  IS 

dafs  1  Votam  Wasser   von  \9^fi  C.  und  7ii0  Mnu  Druck 
aufnimmt  : 

von  Stickstoffgras        0,01515 
von  Sauerstoffgas       0,03253 
von  Kohlensäuregas  0,8545. 
Unter  der  durch  theoretische  Gründe  und  durch  Unter- 
snchungen  des  Regenwassers  vielfach  gestutzten  Voraussetsung, 
dafs  die  Absorptionscoäfidenten  dieser  drei  Gase  in  umge- 
kehrt proportionalem  Verbilltnisse  mit  der  Temperatur  abneh- 
men, läfst  sich  für  jeden  zwischen  diesen  Temperaturen  lie- 
genden Wärmegrad    der  Absorptionscoäf&cient  durch  Inter- 
polation leicht  ermitteln. 

Die  nachfolgenden  Coefficienten  sind  daher  durch  Inter- 
polation bestimmt  : 

1   Volum  Wasser    von   10^,2  C.    und   760  Mm.  Druck 
nimmt  auf  : 

an  Stickstoffgas       0,019023 
an  Sauerstoffgas      0,039982 
an  Kohlensäuregas  1,2356. 
1    Volum  Wasser    von   9P,7  C.    und    760  Hm.   Druck 
niaimt  auf  : 

an  Stickstoffgas       0,019229 
an  Sauerstoffgas     0,040378 
an  Kohlensäuregas  1,2558. 
Wenn  nun  in  den  vorliegenden  zwei  Analysen  das  Wasser 
vollständig  mit  Luft  gesättigt  gewesen  ist,  so  müssen  die  den 
Sauerstoff-,  Stickstoff-  und   Kohlensäure ^ Gehalt  in  Volum- 
procenten  ausdrückenden  Zahlen,  durch  ihre  der  Temperatur 
entsprechenden  Absorptionsco^fficienten  dividirt,  Quotienton 
ergeben,  deren  Summe  zu  den  einzelnen  Quotienten  in  dem- 
selben Verhältnifs  steht,  wie  ein  beslimmtos  Luflvolum  zu 
dem  Volum  seiner  einzelnen  Bestandtheile.    Bezeichnet  man 
z.  B.  den  AbsorptionscoeCficienten  des  Stickstoffs  mit  A,  den 


18  Baumert,  ekmii$^  Unknudmngmi  Über 

des  Saaerstoffs  mit  B  und  den  der  Koblensänre  mil  C,  und 
drückt  man  die  entsprechenden  Qaotienten  durch  die  Bach- 
staben  a^  ß,  y  mSj  so  erhält  man  in  der  ersten  der  beiden 
Analysen  : 

66,22  33,76       ^         0,02 

Es  verhült  sich  nun  (a+ß+y)  :  a  =  100  :  x   (Stickstoff) 

C<H-/>+}')  :  /I  =  100  :  Xi  (Sauerstoff) 
(a+/>+/)  :  }^  =  IPO  :  X,  (Kohlensäure). 

Die  Zusammensetzung  der  Luft,   welche  das  Wasser  im 
ersten  Falle  absorbirt  enthielt,  berechnet  sich  hiemach  : 

Beredinete  ZogammenaeUnng  Mittlere  Zasanmenteltaiif 

der  im  Wawer  enthalt.  Luft  der  atmoapUrisdieii  LafI 

Stickstoffgas      80,48  Stickstoffgas      79,04 

Sauerstoffgas     19,52  Sauerstoffgas     20,96 

100,00  100,00. 

Für   den  zweiten  Fall  berechnet  sich  die  Zusammen- 
setzung der  vom  Wasser  absorbirten  Luft  zu  : 

Mittlere  ZuaammensetxnBg  der 
Berechnet  atmoiphflrischen  Luft 

Stickstoffgas       80,03  Stickstoffgas        79,0396 

Sauerstoffgas      19,66  Sauerstoffgas       20,9600 

Kohlensäuregas    0,31  Kohlensäuregas     0,0004 

100,00  100,0000. 

Die  Abweichungen  zwischen  der  berechneten  und  der 
wirklichen  Zusammensetzung  der  atmosphärischen  Luft  müssen 
s  äufserst  gering  erscheinen,  wenn  man  bedenkt,  dafs  eine 
sehr  kleine  Differenz,  z.  B.  von  0,001,  in  dem  Absorptions- 
coeffidenten  des  Sauerstoffs  eine  Schwankung  von  beinahe 
einem  halben  Procent  in  dem  berechneten  Sauerstoffvolum 
h^Tomift.  In  der  That  existirt  eine,  diese  Sicherheit  ver- 
bürgende Bestimmungsmethode,  wenigstens  was  den  Absorp- 
tionscoefBcienten  des  Sauerstoffs  betrifft,  bis  heute  noch  nicht. 
Professor  Bunsen,   dessen  Methode  die  seiner  Vorgänger 


die  Resfiraiiom  des  SMmm^dtgers.  17 

an  Genauigkeit  nnd  Sicherheit  übertriflTt,  hat  stets  eine  Ein- 
wirkung des  Sauerstoffs  auf  das  zum  Experiment  nöthige 
Quecksilber  wahrgenommen,  die  sich  durch  Ausscheiden  einer 
schwarzen,  flockigen  Masse  zu  erkennen  gab.  Dabei  war 
da^  Quecksilber  vor  dem  Versuche  auf  das  Sorgfältigste  ge- 
reinigt worden.  Ich  glaube  daher,  dafs  die  obigen  Zahlen 
der  wirklichen  Sättigung  des  Wassers  mit  Luft  bei  den  an- 
gegebenen Temperaturen  als  sehr  nahe  kommend  betrachtet 
werden  dürfen. 

Zu  ganz  ähnlichen  Resultaten  gelangt  man,  wenn  reines 
Regenwasser,  dessen  Temperatur  ermittelt  ist,  auf  seinen 
Luitgehalt  untersucht  wird.  Es  ist  hierbei  durchaus  erforder- 
lich, dafs  das  Wasser  weder  durch  Staub ,  noch  auf  andere 
Weise  verunreinigt  ist,  und  bis  zur  Zeit  des  Auskochens  in 
onunterbroöhener  Berührung  mit  der  Atmosphäre  gestanden  hat. 
Das  Regenwasser,  dessen  Luftgehalt  ermittelt  wurde, 
vrar  in  Schalen  von  Porcellan  aufgefangen,  und  zwar  früh 
zwischen  5  und  G'Uhr,  nachdem  es  die  ganze  Nacht  mit 
wenigen  Unterbrechungen  geregnet  hatte.  Die  Temperatur 
des  Wassers  war  11^4  C. 

Stickstoffgas        64,47 

Sauerstoffgas       33,76 

Kohlensäuregas      1,77 

100,00. 

Legen  wir  wieder  die  der  Temperatur  11^4  C.  entspre- 
chenden Absorptionscoefficienten  zu  Grunde,  so  berechnet 
sich  die  Zusammensetzung  dieser  Luft  im  Verhältnifs  zur 
atmosphärischen  zu  : 

Stickstoffgas         79,80 

Sauerstoffgas        19,86 

Kohlensäuregas      0,34 

100,00. 

Annal.  4.  Chtm.  a.  Pharm.  LXXXVIII.  Bd.  1.  Heft.  2 


18  Baumert^  chemUche  Vnlersudiungen  über 

Im  Allgemeinen  geht  aus  diesen  Versnchen  hervor,  dafs 
die  Temperatur  auf  die  relative  Zusammensetzung  der  vom 
Wasser  absorbirten  Luft  den  allerentschiedensten  Einflufs  hat, 
ein  Einflufs,  der  bisher  gewifs  zu  wenig  beachtet  worden  ist 
und  der  in  der  Verbindung  mit  den  übrigen  früher  angege- 
benen Ursachen  es  kaum  zweifelhaft  läfet,  dafs  die  im  Wasser 
enthaltene  Luffc  unter  den '  gewöhnlichen  Bedingungen  nicht 
so  unbedeutenden  Schwankungen  in  Betreff  ihrer  Zusammen- 
setzung ausgesetzt  ist. 


lieber  die  Haut-  und  Kiemenrespiration  des  Schlamm- 

peizgers  und  anderer  Fische. 

Im  Folgenden  habe  ich  die  gasförmigen  Producle  der 
Haut-  und  Kienienrespiration  gemeinschaftlich  untersucht,  da 
ich  kein  Mittel  fand ,  beide  Processe  zu  isoliren,  ohne  gleich- 
zeilig  die  Fische  in  widernatürliche  Verhältnisse  zu  versetzen. 
Die  Experimente  selbst  sind  unter  zwei^  für  die  Fische  we- 
sentlich verschiedenen  Bedingungen  angestellt  : 

1.  in  Gefafsen ,   deren  Wasser  während   der  Versuchs- 

» 

dauer  durch    hermetischen   Verschlufs    vor  dem  Zutritt   der 
Atmosphäre  bewahrt  wurde,  und 

2.  in  einem  Apparate,  welcher  dem  Fisch  in  jedem  Zeit- 
theil  eine  bestimmte  Quantität  frischen  Wassers  lieferte  ^  ohne 
dafs  Letzteres  in  directer  Communiqation  mit  der  Atmosphäre 
sich  befand.  In  beiden  Fällen  war  es  unerläfsliche  Bedingung, 
die  Darmrespiration  während  der  Dauer  des  Experiments  aus- 
zuschliefsen.  Dafür  sorgt  indessen  der  Schlammpeizger  selbst 
und  ohne  alles  Zuthun,  indem  er  nur  dann  durch  den  Darm 
Gase  entweichen  läfst,  wenn  er  atmosphärische  Luft  direct 
durch  den  Mund  eingezogen  hat.  Defshalb  findet  man  selbst 
nach  24slündiger   Isolirung   des  Thiers   in    vollkommen    mit 


ÜB  RnpiraHon  des  SMammpeizgers.  19 

Wasser  angefiillten  und  hermetisch  verschlossenen  Flaschen 
kaum  eine  Spur  von  Gasblasen  in  der  Nähe  des  Glaspfropfens. 
DaTs  in  solchen  Fällen  keine  Absorption  des  entwichenen 
Gases  durch  das  Wasser  stattgefunden  hat,  kann  erst  später, 
wenn  von  der  Natur  der  Danngase  die  Rede  sfyn  wird^ 
näher  nachgewiesen  werden. 

A.    Versuche  in  htfldichi  eerschlosienen  Gefäfsen. 

Zu  diesen  wurden  Flaschen  von  3  bis  7  Liter  Inhalt 
gewählt,  deren  Oeffnung  durch  einen  sehr  sorgfältig  einge- 
schliffenen, gut  schliefsenden  Glaspfropfen  verschlossen  wer- 
den konnte.  Die  Flasche  wurde  mit  Wasser  vollkommen  an- 
gefüllt, der  Fisch  hineingebracht,  der  Glaspfropfen  sogleich 
eingesetzt,  und,  nachdem  man  sich  von  der  Abwesenheit 
jeder  Luftblase  überzeugt  hatte,  von  AuCsen  mit  einem  luft- 
dicht schliefsenden  Kitt  umgeben.  Es  wurde  Sorge  getragen, 
die  Temperatur  während  der  Yersuchsdauer  möglichst  constant 
SU  erhalten«  Nach  beendetem  Versuch  wurde  das  Wasser 
mittelst  eines  Hebers  in  den  zum  Auskochen  dienenden  Ballon 
gefüllt,  wobei  der  längere  Heberarm  bis  auf  den  Boden  des 
Ballons  herahgesenkt  wurde ,  um  den  Gonlact  der  Luft  mög- 
lichst zu  vermindern.  Das  Auskochen  wurde  dann  sogleich 
vorgenommen. 

Bevor  ich  mich  zu  den  hierher  gehörenden  Versuchen 
wende,  deren  Gegenstand  die  Schlammpeizger  waren,  scheint 
es  mir  zweckmäfsig,  einige  Respirationsbeobachtungen,  die 
auf  demselben  Wege  an  Schleien  (Tinea  chrysitis)  und  Gold- 
fischen (Cyprinus  auratus)  gesammelt  vnirden,  vorauszuschicken. 
Jedenfalls  ist  bei  diesen  beiden  Fischarten  der  Respirations- 
vorgang weit  einfacher^  als  bei  der  Gattung  Cobitis,  die  eben 
noch  eine  supplementäre  Darmrespiration  besitzt.  Die  Schleie, 
so  wie  der  Goldfisch,  gehören  aufserdem  derselben  Familie 

2* 


20  Baumert^  tikmnUd^  üntenrndm^gen  Über 

an  und  Beide  besilzen  eine  für  solche  Versuche  hinreichende 
Lebenszähigkeit. 

a.    Untersudiungen  über  die  Retpiration  der  SMeien. 

Ich  habe  mich  zu  diesen  Experimenten  wieder  des 
destillirten  und  mit  Luft  geschüttelten  Wassers  bedient  Auch 
war  das  Wasser  wie  früher  beschrieben  aufbewahrt  "Und  zu 
drei  verschiedenen  Zeiten ,  beim  Beginn ,  in  der  Mitte  und 
am  Ende  dieser  Versuchsreihe  genau  untersucht  worden. 
Folgendes  ist  die  absolute  und  relative  Zusammensetzung  der 
in  dem  bAiutzten  Wasser  enthaltenen  Luft  : 

100  Volume  Luft  bei  0^^  und  1  M.  Druck  enthalten  : 

Nr.  I  Nr.  II         Nr.  III  MiUel 

StickstolTgas         65,00  64,73  64,92  64,88 

Sauerstoffgas        30,96  31,23  31,05  31,06 

Kohlensäuregas      4,04  4,04  4,03  4,04 

100,00  100,00  100,00  100,00. 

Das  Volum  der  in  100  Volumtheilen  Wasser  enthaltenen 
Luft  bei  0^  C.  und  1  M.  Druck  beträgt  in  CC.  : 

l.  U.  IIL  Mittel 

Stickstoffgäs         1,078        1,154        1,227        1,153 

Sauerstoffgas        0,514       0,557        0,587       0,553 
Kohlensäuregas     0,067        0,072       0,076       0,072 

1,659        1,783        1,890        1,778. 

Ich  lasse  nun  die  Versuche  folgen,  welche  mit  Schleien 
in  der  oben  beschriebenen  Weise  angestellt  wurden  : 

Schleie  Nr.  I  athmete  6  Stunden  in  6290  CC.  Wasser 
von  +  8«  C.    Die  Schleie  wog  222,8  Gramm. 

Schleie  Nr.  II  athmete  11  Stunden  in  6290  CC.  Wasser 
von  +  5*  C.    Die  Schleie  wog  192,5  Gramm. 

Schleie  Nr.  III  athmete  12  Stunden  in  6290  CC.  Wasser 
von  +  10<»  C.    Die  Schleie  wog  192,5  Gramm. 


die  ResfriraHon  des  Schlammpeizgers,  21 

Schleie  Nr.  IV  athmete  13  Stunden  in  6290  CC.  Wasser 
Ton  +  5^  C.  Die  Schleie  wog  192,5  Gramm. 

Schleie  Nr.  V  athmete  14  Stunden  in  6290  CC.  Wasser 
von  +  11^  C.   Die  Schleie  wog  190,0  Gramm. 

Die  folgenden  Zahlen  geben  die  absolute  Luftmenge  und 
deren  relative  Zusammensetzung  an  : 

100  Volume  Luft  bei  0^  C.  und  1  M.  Druck  enthalten  : 

I.  II.  III.  IV.  V. 

Stickstofigas       66,75        68,32       68,23        65,03       62,89 

Sauerstoffgas      20,20        15,21        11,02         6,37         6,24 

Kohlensäuregas  13,05        16,47       20,75        28,60       30,87 

100,00      100,00      100,00      100,00      100,00. 
100  Volumtheile  Wasser  enthalten  bei  0«  C.  und  1  M. 
Drude  in  CC.  ein  Luftvolum  von  : 

I,  II. 

Slickstoffgas       1,147        1,156 

Sauerstoffgas     0,347       0,257 

Kohlensfiuregas  0,224       0,279 

1,718        1,692        1,661        1,755        1,868. 

Wenn  wir  die  durch  die  Analysen  gefundenen  Zahlen 
statt  auf  100  CC.  auf  das  gegebene  Volum  des  Ballons  be- 
ziehen, in  welchem  die  Fische  geathmet  hatten,  nämlich  auf 
6290  CC,  so  läfst  sich  der  ganze  Respirationsvorgang  der 
Schleien  in  prägnanter  Weise  veranschaulichen.  Der  Ueber- 
sichtlichkeit  wegen  geschieht  diefs  am  besten  in  der  Form 
nachstehender  Tabelle  : 


III. 

IV. 

V. 

1,133 

1,141 

1,175 

0,183   , 

0,112 

0,116 

0,345 

0,502 

0,577 

22 


Baumert j  chemisehe  Vnienudnmgen  über 


Natur  der  Gase 


Die  Schleien 
haben 


Dif- 
fe- 
renz 


Verhaltnifs 
de«  abior- 

birten 
SaueratofTs 
zum  absor* 

birten 
Stickstoif 
OslOO 


VerhSltnifa 
des  absor- 

birten 

Saneratofia 

znm  pro- 

dttcirten 

Stickstoff 

OslOO 


Ganze« 
Stickstoffgas 
Sauerstoffgas 
Kohlensfiuregas 

Ganzes 
Stickstoffga« 
Sauersto^as 
Kohlensfiuregas 

Ganzes 
Stickstoff 
Sauerstoffgas 
Koblensäuregas 

Ganzes 

Stickstoffffas 

Sauerstoffgas 

Kohlensfiuregas 

Ganzes 
Stickstollgas 
Sauersto^as 
Kohlensfiuregas 


ill,79 

72,53 

34,75 

4,51 

ill,79 

72,53 

34,75 

4,51 

111,79 
72,53 

34,75 
4,51 

111,79 

72,53 

34,75 

4,51 

111,79 

72,53 

34,75 

4,51 


108,04 
72,11 
21,83 
14,10 

106,44 
72,72 
16,18 
17,54 

104,50 
71,30 
11,52 
21,68 

110,34 

71,76 

7,03 

31,55 

117,48 

73,90 

7,29 

36,29 


3,75 


5,35 


7,29 


1,45 


5,69 


0,42 
12,92 


100  :  3,25 


18,57 


1,23 

23,23 


0,77j 
27,72 


9,59 


0,19 
13,03 


100  :  5,29 


17,17 


100  :  2,77 


27,46 


27,04 


1,37 
31,78 


100 :  1,02 


100  :  4,99 


I 


} 

I 

} 

I 

} 


Die  Resultate,  welche  sich  aus  dieser  Zusammenstellung 
hinsichtlich  der  Respiration  der  Schleien  ableiten  lassen,  sind 
folgende  : 

1}  das  Volum  der  producirten  Kohlensäure  beträgt  bei 
normaler  Respiration  etwa  {'jf  vom  Volum. des  absorbirten 
Sauerstoffs.  (Wenn  in  den  letzten  zwei  Versuchen  das 
Volum  der  erzeugten  Kohlensäure  dasjenige  des  absorbirten 
Sauerstoffs  nicht  nur  erreicht,  sondern  selbst  überschreitet, 
so  mufs  diefs,  wie  auch  der  Erfolg  zeigt,  einem,  durch  die 
ungünstigen  Verhältnisse  bedingten,  abnormen  Respirations- 
gangü  zugeschrieben  werden.} 


die  Re^iratüm  iei  Scttkmmpeiigers. 


Terhiltnir>dM 
■bMrbirten 

Tem- 

Ge- 
wi cbt 

Zeit  der 

1  Grm. 
Schleie 

1  Grm. 
Schleie 

pereUir 

der 

hat  io 

bat  in 

>ar  ppodacir- 

du 

Schleien 

lion 

lea  KoUen- 
0  =  100 

Wai- 

Cr». 

Standen 

StuDde 
■biorbirt 

Swade 
producirt 

8'  C. 

232,8 

6 

0,0003  N 

100  :     74^2 

5'  C. 

192,5 

11 

0,00966 

0,00717 

0,000089 

100  :    70,16 

10»  C. 

193.5 

12 

0,00876 

0,00615 

100  :     73,91 

0^)00532 
0,01005 

0,00743 

5*  C. 

192.5 

13 

0,000307 

Di«  Schleie  be- 
fand «ch  lei- 

100 :-    97,55 

0,01107 

0,01060 

dend  ,  erholte 
lieb  Bpfiier 
wieder. 

lOi'C. 

190,0 

14 

0,000515 

Die  Schleie 
»larh  am  fol- 

100  :  115,73 

0,01032 

0,01194 

geoden  Tage. 

2)  Das  Volum  SauerstoB',  welches   1  Gramm  Schlcio   in 
einer  Stunde  absorbirt,  beträgt  (iurchschnillHch  0,01  CG, 

3)  Ob  die  Schleien  bei  der  Respiration  eine  gewisse ' 
Menge  Stickstoß'  absorbiren  oder  entwickeln ,  scheint  nach 
dieser  Tabelle  nicht  mit  Gewirsheil  hervorzugehen.  Wir  kön- 
nen jedoch  die  DiB'erenzen,  welche  die  Versuche  hinsichtlich 
des  Stickstoffs  nachweisen,  füglich  auf  Rechnung  der  dem  au- 
gewandten  Verfahren  unvermeidlich  anhiingenden  Fehler  setzen, 
um  so  mehr,  als  die ' Bestimmung  des  Stickslolfs  von  der 
Summe  der  begangenen  Fehler  afftcirt  wird.  Jedenfalls  sind 
die  quantitativen  Veränderungen,  welche  das  Volum  des  Stick- 
stoffs erleidet,  nur  sehr  unbedeutend. 


24  Baumerij  ckemuehe  Vniersudumgen  über 

b.    Untenuchungen  über  die  Respiraiion  der  GoldfUche. 

Die  Untersuchungen  der  Luft,  welche  das  Wasser  ent- 
hielt, bevor  es  zum  Experimente  diente,  ergaben  das  nach- 
folgende Resultat  : 

Es  sind  in  100  Volumen  enthalten  bei  (fi  G.  und  1  M. 

Druck  : 

Nr.  I  Nr.  II         Nr.  Dl         Mittel 

Stickstoffgas  64,^9  64,50  64,13  64,41 
Sauerstoffgas  32,56  32,43  32,86  32,61 
Kohlensäuregas    2,85         3,07         3,01         2,98 


100,00      100,00      100,00      100,00. 

Das  Volum  der  in  100  Volumtheilen  Wasser  enthaltenen 
Luft  beträgt  bei  0«  C.  und  1  M.  Druck  in  CC. 

Nr.  I.         Nr.  II         Nr.  III         Mittel 

Stickstoffgas  1,175  1,167  1,152  1,165 
Sauerstoffgas  0,592  0,587  0,590  0,590 
Kohlensäuregas  0,052       0,056       0,054       0,054 

1,819        1^810        1J96        1,809. 

Die  Versuche,  welche  mit  den  Goldfischen  in  der  ange- 
gebenen Weise  angestellt  wurden,  sind  die  folgenden  : 

Nr.  1  athmeten  3  Goldfische  von  42  Grammes  Gewicht 
5  Stunden  lang  in  3720  CC.  Wasser  von  +  %^  C. 

Nr.  2  athmeten  3  Goldfische  von  35  Grammes  Gewicht 
8  Stunden  lang  in  3720  CC.  Wasser  von  +  H^  C 

Nr.  3  athmeten  3  Goldfische  von  42  Grammes  Gewicht 

10  Stunden  lang  in  3720  CC.  Wasser  von  +  Hi^  C 

Nr.  4  athmeten  3  Goldfische  von  35  Grammes  Gewicht 

11  i  Stunden  lang  in  3720  CC.  Wasser  von  +  12®  C. 

Nr.  5  athmeten  3  Goldfische  von  42  Grammes  Gewicht 
14  Stunden  lang  in  3720  CC.  Wasser  von  +  13<»  C. 


die  RespinUi&n  des  SMmmpwtfen.  25 

Es  sind  in  100  Volumen  Luft  enthalten  : 

Wr.  I  Nr.  n         Nr.  II!        Nr.  IV  Nr.  V 

Stickstoffgas  65,00  65,82  68,22  68,30  62,73 
Sauerstoffgas  26,89  22,30  12,52  12,54  4,02 
Kohlensäuregas    8,11        11,88        19,26        19,16       33,25 

100,00      100,00      100,00      100,00      100,00. 

« 

Das  Volum  der  in  100  Volumtheilen  Wasser  enthaltenen 
Luft  beträgt  bei  0^  G.  und  1  M.  Druck  in  CG. 

Nr.  I  Nr.  II  Nr.  lU         Nr.  IV         Nr.  V 

Stickstoffgas  1,153  1,166  1,162  1,141  1,110 
Sauerstoffgas  0,477  0,395  0,214  0,209  0,071 
Kohlensäuregas  0,144       0,210       0,328       0,320       0,588 

1,774        1,771        1,704        1^670        1,769. 

Wenn  wir  wieder  die  durch  die  Analyse  gefundenen 
Zahlen  statt  auf  100  CG.  auf  das  gegebene  Volum  des  Ballons 
beziehen,  in  welchem  die  Goldfische  geathmet  hatten,  nämlich 
auf  3720  GG. ,  so  ergeben  sich  folgende  in  derselben  Tabellen- 
form zusammengestellte  Resultate  : 


2» 


Baumert,  diemiiehe  ünlertttekmgeH  Über 


Luft 
vor 
dem 
Ver- 
suche 

Luft 
nach 
dem' 
Ver- 
suche 

Dif. 

fe- 

renz 

Die  Gold- 
Bsche  haben 

Vcrhältnifs 
des  absor- 

birten 
Sauerstoffs 
zum  ab- 
sorbirten 
Stickstoff 
0«=  100 

VerhSitnifs 
des  absor- 

birten 

Sauerstoffs 

zum  pro- 

ducirten 

Stickstoff 

0  =  100 

Natur  der  Gase 

ab- 
sor- 
birt 

pro- 
du- 
cirt 

Ganzes 
StickstoflCns 
Sauerstongas 
KohlensAuregas 

67,28 

43,33 

21,94 

2,01 

65,99 

42,89 

17,75 

5,35 

1,29 

0,44 
4,19 

3,34 

1 
100:10,50 

1 

• 

Ganzes 

Stickstofoas 

Sauerstongas 

Kohlensfiuregas 

67,28 

43,33 

21,94 

2,01 

65,88 
43,36 
14,69 

7,83 

1,40 

7,25 

0,03 
5,82 

• 

100:  0,41 1 

■ 

Ganzes 
Stickstofeas 
Sanerstol^as 
Kohlensfinregas 

67,28 

43,33 

21,94 

2,01 

63,38 

43,23 

7,95 

12,20 

3,90 

0,10 
13,99 

10,19 

100:  0,71 

1 

► 

Ganzes 
Stickstoi^as 
Sauerstoffgas 
Kohlensfluregas 

67,28 

43,33 

21,94 

2,01 

62,12 

42,45 

7,77 

11,90 

5,16 

0,88 
14,17 

9,89 

100:  6,21 

1 

} 

Ganzes 
Stickstotfffas 
Sauerstoffgas 
Kohlensfinregas 

67,28 

43,33 

21,94 

2,01 

65,81 

41,29 

2,64 

21,88 

1,47 

2,04 
19,30 

19,87 

100;  10,57 

• 

Im  Allgemeinen  ergeben  sich  aus  dieser  Tabelle  in  Bezug 
auf  die  Respiration  der  Goldfische  dieselben  Resultate,  welche 
für  die  Schleien  gewonnen  wurden.  Das  Volum  der  erzeugten 
Kohlensäure  beträgt  bei  normaler  Respiralionsthätigkeit  7  bis 
8  Zehntheile  vom  Volum  des  absorbirten  Sauerstoffs;  nur  in 
dem  letzten  Versuche,  nach  welchem  die  Goldfische  in  Folge 
der  zur  normalen  Respiration  mangelnden  Bedingungen  zu 
Grunde  gingen,  erreicht  das  Volum  der  Kohlensäure  das  des 
absorbirten  Sauerstoffs.  Hinsichtlich  des  Stickstoffvolums  gilt 
das  bei  den  Schleien  Erwähnte.  Ein  wirklicher  Unterschied 
in  der  Respiration   der  Schleien  und  Goldfische  scheint  nur 


die  RespiraHon  des  SMammpeisgers. 


27 


VerhSUniffl 
d.  absorbir- 
ten  Sauer- 
stoffs zur 
prodocirten 
Kohlen- 

sSnre 
O  »  100 


Ge- 

Zeit 

1  Grm. 

1  Grm. 

Tem- 

wicht 

der 

Gold- 

Gold- 

pcra- 

der 

Reapi- 

Bscfahat.fiscbhat 

lur  des 

Gold- 

ration 

in  einer  in  einer 

Was- 

ische 

in 

Stunde 

Stnnde 

sers 

in 

Stun- 

absor- 

p^n- 

Grm. 

den 

birt 

cirt 

Bemerkungen 


100:  79,71 


100:  80,27 


100:   72,83 


100:  69,79 


100:102,95 


8»  C. 

42 

5 

0,0021 
0,0200 

0,0159 

11«  C. 

35 

8 

0,0258 

0,00010 
0,0208 

iijoc. 

42 

• 

10 

0,00024 
0,0333 

0^242 

12«  C. 

35 

iii 

0,00218 
0,0352 

0,0245 

130  c. 

42 

14 

0,0034 
0,0328 

0,0338 

Am  Ende  das  Experiment« 
schienen  die  Fische  sehr 
leidend,  zwei  von  ihnen 
starben  den  andern  Tag, 
der  dritte  Fisch  erholte 
sich  wieder. 


in  Rücksicht  auf  die  Rcspirationsintensität  zu  existiren.  Wäh- 
rend eine  Gramme  Schleie  in  einer  Stunde  durchschnittlich 
O^Oi  CC.  Sauerstoff  absorbirt^  beträgt  bei  den  Goldfischen  das 
absorbirte  Volum  Sauerstoff  0,02  bis  0,035  CC. 

c.     Untersuchungen  über  die  Respirotian   der  Schkunmpeizger* 

Zu  den  ersten  vier  Versuchen  wurde  das  destiliirte  Wasser, 
dessen  Luflbeschaffenheit  bereits  aus  den  mitgetheilten  Ana- 
lysen bekannt  ist,  benutzt.  Der  mittlere  Werth  der  dort  an- 
gegebenen Zahlen  ist  als  mafsgebend  bei  der  Zusammen- 
stellung der  Tabelle  zu  Grunde  gelegt  worden.    Die  Versuche 


28  Baumert^  ckemi$cke  UfUersuekungen 

selbst  sind  bei  den  Schlammpeizgern  genau  in  derselben 
Weise ;  wie  die  früheren,  angestellt. 

Nr.  1.  Ein  Schlamropeizger  von  85  Grammen  Gewicht 
respirirte  2  Stunden  lang  in  3970  CC.  Wasser  von  +  9^  C. 

Nr.  2.  Derselbe  Fisch  athmete  drei  Stunden  lang  in 
3970  CC.  Wasser  von  +  13*  C. 

Nr.  3.  Derselbe  Fisch  athmete  fünf  Stunden  lang  in 
3970  CC.  Wasser  von  +  11«  C. 

Es  sind  in  100  Volumen  Luft  enthalten  : 

Nr.  I  Nr.  n         Nr.  III 

Stickstoffgas        61,74       62,81        62,87 

Sauerstoffgas       23,98       21,18         8,86 

Kohlensäuregas  14,28        16,01        2^,27 

100,00      100,00      100,00. 

Das  Volum  der  in  100  Volumtheilen  Wasser  enthaltenen 
Luft  beträgt  bei  0^  C.  und  1  M.  Druck  in  CC.  : 

Nr.  I  Nr.  II         Nr.  III 

Stickstoffgas        1,139  1,124  1,159 

Sauerstoffgas       0,442  *    0,379  0,163 

Kohlensäuregas  0,264  0,286  0,521 

1,845  1,789  1,843. 

Wenn  wir  wieder  die  durch  die  Analysen  gefundenen 
Zahlen,  statt  auf  100  CC.  auf  das  gegebene  Volum  beziehen, 
in  welchem  die  Fische  geathmet  haben,  nämlich  auf  3970  CC., 
so  erhalten  wir  folgende  in  derselben  Tabellenfonn  zusam* 
mengestellte  Resultate  : 


die  Re^rinOkm  de»  ScMmmpeiatere. 


29 


|fl        |f?        Ifl 

s  s 


MSPSPO 
w  ••«  a 


CO 

*8 


8S 


cn 


<3>** 


/     2 


SS 


CO        O  i^ 

■^       OD  lO. 


CO 


•'     V     ^- 


s 

-I 

s 


8 


8 


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8 
I 

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8 


8 


p^ 

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CO 

CO 

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11 

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9 


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8 


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.  •  S'  a.  N 


n  eu"*  t  a  r 


ft 


CA»  2. 


S|.s-1 1  i 


30  Baumerij  chmmseke  ümerwelmmgen  Über 

Zu  den  nachfolgenden  f&nf  Versuchen  ist  eine  neue  Quan- 
tität Wasser  verwendet  worden.    Die  Luft,   welche  vor  den 
'  Experimenten  aus  dem  Wasser  gewonnen  wurde»  ist  nach  den 
drei  Analysen  folgenderweise  zusammengesetzt  : 

Es  sind  in  100  Volumen  Luft  enthalten  : 

Nr.  I  Nr.  II         Nr.  HI         Mittel 

Stickstoffgas  64,65  64,42  64,54  64,53 
Sauerstoffgas  32,02  a2,21  32,30  32,18 
Kohlensäuregas    3,33         3,37         3,16         3,29 

100,00      100,00      100,00      100,00. 

Das  Volum  der  in  100  Volumtheilen  Wasser  enthaltenen 
Luft  beträgt  bei  0<»  C.  und  1  M.  Druck  in  CC.  : 

L  II.  III.  Mittel 

Stickstoffgas        1,206        1,220        1,205        1,211 

Sauerstoffgas      0,596       0,610       0,603       0,604 

Kohlensäuregas  0,062       0,064       0,059       0,062 

1,868        1,894        1,867        1,877. 

Die  Versuche j  welche  in  derselben  Weise,  wie  früher^ 
angestellt  wurden,  sind  folgende  : 

Nr.  I  athmeten  zwei  Schlammpeizger  von  86,4  Grammes 
Gewicht  3  Stunden  lang  in  6700  CC.  Wasser.  Temperatur 
+  13«  0. 

Nr.  II  athmeten  zwei  Schlammpeizger  von  96,8  Grammes 
Gewicht  4  Stunden  lang  in  6700  CC.  Wasser.  Temperatur 
+  13*  C. 

Nr.  III  athmete  ein  Schlammpeizger  von  58,4  Grammes 
Gewicht  8  Stunden  lang  in  6700  CC.  Wasser.  Temperatur 
+  9«  C. 

Nr.  IV  athmete  ein  Schlammpeizger  von  58,4  Grammes 
Gewicht  11  Stunden  lang  in  6700  CC.  Wasser.  Temperatur 
+  100  C. 


die  B$»piraiion  de$  SMammpeitgen.  31 

Nr.  V  athmeten  zwei  Schlammpeizger  von  106  Grammes 
Gewicht  14  Stunden  lang  in  6700  CG.  Wasser.  Temperatur 
+  120  c. 

Nachdem  das  Wasser  des  Ballons,  in  welchem  die 
Schlammpeizger  geathmet  hatten,  ausgekocht  worden  war, 
wurde  die  Luft  analysirt  und  folgende  Zusammensetsung  er- 
miltelt  : 

Es  sind  in  100  Volumen  Luft  enthalten  : 

Nr.  I  Nr.  D         Ifr.  HI         Nr.  IV  Nr.  V 

StickstofTgas  64,52  61,84  63,06  v  63,58  58,09 
SauerstofiTgas  28,87  22,42  21,24  20,82  12,20 
Kohlensäuregas    6,61        15,74        15,70        15,60       29,71 

100,00      100,00      100,00      100,00      100,00. 

Das  Volumen  der  in  100  Volumtheilen  Wasser  enlhalte- 
nen  Luft  beträgt  bei  0^  C.  und  1  M.  Druck  in  CG.  zu  : 

Nr.  I  Nr.  II         Nr.  III        Nr.  IV .        Nr.  V 

SlicksloDTgas  1,217  1,170  1,198  1,179  1,132 
Sauerstoffgas  0,544  0,424  0,403  0,386  0,238 
Kohlensäuregas  0,125        0,298        0,298        0,289        0,579 

1,886        1,892        1,899        1,854       1,949. 

Wenn  wir  wieder  die  analytischen  Belege  statt  auf 
100  CG.  Wasser  auf  das  Volum  des  Ballons  beziehen ,  in 
welchem  die  Schlammpeizger  geathmet  hatten,  nämlich  auf 
6700  GG.,  so  erhalten  wir  die  in  der  nachfolgenden  Tabelle 
zusammengestellten  Zahlen  : 


32 


Baumert^  ek«nttdie  ünletmidkmgem  <i6er 


Natur  der  Gase 

Luft 
Tor 
dem 
Ver- 
such 

Luft 
nach 
dem 
Ver- 
such 

Diffe- 
renz 

Die 

Schlamm- 

peizger 

haben 

Verfatitmla 
dea  abaorbir- 
ten  Sauerstoffs 
zum  absorbir- 
ten  Stickstoff 

0  =  100 

ab- 
aor- 
birt 

pro- 
du- 
cirt 

Ganzea 
Stickatof^aj 
Sauerstoi^s 
Kohlensfiuregas 

Ganzes 
Stickstoffgas 
Sauerstoffgas 
Kohienafinregas 

Ganzes 
Stickato^na 
Saueratoffgas 
K<Alensfiureg«s 

Ganzes 
SUckstolApis 
Sanersto^as 
Kohlenaiuregas 

Ganzes 
Stickstoflbas 
Sauerstoffgaa 
Kohlenafiuregas 

125,76 

81,14 

40,47 

4,15 

125,76 

81,14 

40,47 

4,15 

125,76 

81,14 

40,47 

4,15 

125,76 

81,14 

40,47 

4,15 

125,76 

81,14 

40,47 

4,15 

126,36 

81,54 

36,45 

8,37 

126,77 
78,39 
28,41 
19,97 

127,24 
80,27 
27,00 
19,97 

124,21 

78,99 
25,86 
19,36 

130,58 
75,84 
15,95 
38,79 

0,60 
1,01 
1,48 
1,55 

4,82 

4,02 

2,75 
12,06 

0,87 
13,47 

2,15 
14,61 

5,30 
24,52 

0,40 
4,22 

15,82 

15,82 

15,21 

34,64 

* 

.  100  :  22,80 

100  :    6,45 
100  :  14,71 
100  :  21,61 

1 

Aus  diesen  die  Schlammpeizger  betreiTenden  Versuchen 
ergiebt  sich  ein  erheblicher  Unterschied  zwischen  4len  Respi- 
rationsproducten  dieser  Fische  und  denen  der  Schleien  und 
Goldflsche.  Zwar  werden  wir  erst  im  Folgenden  eine  ge- 
nauere Vorstellung  von  dem  Gesammtrespirationsprocefs  der- 
selben erlangen  können  ^  da  die  obigen  Resultate  im  Zusam- 
menhange mit  den  Producten  der  Darmrespiration  und  bei 
Berücksichtigung  anderer,  dem  Schlammpeizger  eigenthüm- 
liehen  Respirationserscheinungen  sich  viel  weniger  auffallend 
darstellen.  Dasjenige,  was  indessen  aus  obigen  Versuchen 
schon  hier  gefolgert  werden  kann,  ist  ungefähr  Folgendes  : 


di$  Ee^fbüKm  des  8dUmnmpeissger$. 


3S 


VerUlteifii 
des  absorbir- 
tMiSAnentofSi 
smprodacir* 
tea  SMunoU 

0-100 


Vcrililloifs 
des  abforbir- 
tMSaaeniofi 
s.  prodacirten 

KoUensiiire 
0-100 


Tempe- 

rator 

def 

Waffen 


Gewicht 
def  Pi- 
fchef  in 
Gnn« 


Zeit 
der 

Refpi- 

ratioa 
io 

Stan- 
den 


T 


I  6rm. 


1  Grm. 


Schlamm-  Schlamm- 
peiiyer 
hat  in 
i  Stunde 


peiager 

hat  in 

1  Stnnde 

abforbirt 


prodttcirt 


100  :  9,95 


100  :  104,97 


100  :  131,17 


100  :  117,44 


13*  C. 


13«  C. 


9*  C. 


86,4 


96,8 


100  :  104,10 


100  :  141,27 


I 


10»  c. 


«•  c. 


S8,4 


8 


58,4 


10,6 


11 


14 


I 


0,0155 


0,0071 
0,0311 


0,0018 
0,0288 


0,0033 
0,0227 


0,0035 
0,0165 


0,0015 
0,0162 


0,0408 


0,0338 


0,0236 


0,0233 


1.  Das  Volumen  der  prodacirten  Kohlensäure,  welches 
unter  normalen  VerhäUnissen  bei  Schleien  und  Goldfischen 
1%  bis  1^  yom  Volum  des  absorbirten  SauerstoflTs  betrugt, 
id>ertrifit  bei  einer  verbältnirsmälsig  kurzen  Respirationsdauer 
bereits  das  Volum  des  aufgenommenen  Sauerstoffs,  ohne  dafs 
die  Scblammpeizger  dabei  irgend  welche  Merkmale  des  Un- 
behagens zeigen.  Während .  die  Schleien  und  Goldfische  in 
derartigen  Fällen  zu  Grunde  gingen  j  blieben  die  Scblamm- 
peizger nach  dem  Experiment  munter.  Sobald  der  Verschlufs 
des  Ballons^  in  welchem  sie  geathmet  hatten^  entfernt  worden 
war,  stiegoQ  sie  zur  Oberfläche  des  Wassers  empor  und  ent- 
liefsen   aus   der  Afleröffnung  schnell  hinter  einander   eine 


Ann.  d.  Chemie  n.  Pharm.  LXXXVIII.  Bd.  1.  neft. 


34  Baumert 9  ^emüehe  Unknudumgen  iAer 

grofse  Menge  Luftblasen.  Auf  die  Zusammensetzung  dieser 
durch  den  Darm  entleerten  Luft  werde  ich  später,  wenn  von 
der  Dannrespiration  die  Rede  seyn  wird,  zorückkommen. 

2.  Das  Volum  Sauerstoff,  welches  1  Gramm  Schlamm- 
peizger  in  einer  Stunde  absorbirt,  schwankt  zwischen  0,015  CG. 
und  0,036  GG.  Im  Allgemeinen  scheint  die  Req)irations- 
intensitfit  dieselbe,  wie  diejenige  der  Goldfische.  Die  gröbe- 
ren Schwankungen  derselben  erklären  sich  aus  der  Unregel- 
mäfsigkeit  der  Respiration^  welche  den  Schlammpeizgem  eigen- 
Ihümlich  ist 

3.  Das  Volum  des  ausgeathmeten  Stickstoffs  ist,  die  Fälle 
ausgenommen,  welche  sich  innerhalb  der  Fehlergrenzen  be- 
wegen, vermindert,  so  dafs  es  in  der  That  den  Anschein 
hat,  als  ob  die  Schlammpeizger  eine  gewisse  Quantität  dieses 
Gases  absorbirten.  Auch  auf  diese  Frage  kann  ich  erst  im 
späteren  Verlauf  der  Untersuchung  näher  eingehen,  nachdem 
ein  vollständiger  Ueberblick  über  den  Respirationsvorgang 
dieser  Fische  ermöglicht  worden  ist. 

B.    Venuche  m  Geßfsen^  durch  toelcbe  ununierbrod^en 

Wasier  drcuürie. 

Wenn  die  Versuche  in  luftdicht  verschlossenen,  mit 
Wasser  gefUUten  Gefäfsen  im  Allgemeinen  dem  normalen 
Respiralionsvorgange  der  Fische  nicht  vollkommen  Rechnung 
tragen,  indem  namentlich  bei  längerer  Dauer  des  Versuchs 
und  bei  kleineren  Quttntitäten  Wassers  die  Luftbeschaffenheit 
des  letzteren  wesentlich  alterirt  werden  mufs,  so  ist  diefs 
ein  Ud>elstand,  der  sich  leider  leichter  wahrnehmen,  als  be- 
seitigen läfst  Die  natürlichen  Bedingungen  setzen  bei  der 
KiemenrespiraUon  nicht  nur  den  Zutritt  der  Atmosphäre,  son- 
dern deren  ununterbrochene  Erneuerung  auf  der  Oberfläche 
des  Wassers  voraus.    Auf  diese  Weise  erfolgt  durch  Diffu- 


die  Biipiralkm  des  8eUmmnpei»ger$.  35 

sion  einB  schnelle  Ausgleichung  der  durch  die  Respiration 
veränderten  Luft. 

Diesen  Vorgang  naturgetreu  durch  das  Experiment  wie- 
derzugeben, würde  nur  dann  möglich  seyn,  wenn  eben  die 
Absorptions-  und  Diflbsions-Gesetze ,  welche  hier  in  Betracht 
kommen,  bis  ins  Kleinste  erkannt  wären.  Nach  dem  jetzigen 
Stande  der  Wissenschaft  glaubte  ich  zuverlässigere  Resultate 
zu  gewinnen,  wenn  kh  den  Zutritt  der  Atmosphäre  vollständig 
ausseUofk. 

Bei  diesem  Entschiurs  leitete  mich  :  1}  die  bereits  von 
A.  V.  Humboldt  und  Proven^al  ermittelte  Thatsache,  daTs 
üe  Fische  in  einem  an  Sauerstoffgas  verhältnifsmäfsig  sehr 
armen  Wasser  zu  leben  vermögen;  2}  die  Wahrscheinlich- 
keil, dars  bei  relativ  groCsen  Wassermengen  und  kurzen 
Respirationszeiträumen  ein  dem  normalen  nahekommender 
Athmungsprocefs  auch  nach  diesem  Verfahren  erwartet  wer- 
den di&rfte;  und  3}  die  Ueberzeugung,  dafs  die  durch  den 
Zutritt  der  Atmosphäre  zum  Wasser  bedingten  Fehler  gröfser 
seyn  würden,  als  diejenigen,  welche  aus  der  benutzten  Ver- 
suchsmethode entspringen. 

Die  auffallende  Abweichung,  welche  das  Verhaltnifs  des 
absorbirten  SauerstoiTvolums  zum  Volum  der  ausgeschiedenen 
Kohlensäure  in  den  mit  Schlammpeizgem  unternommenen 
Versuchen  ergab,  bestimmte  mich  indessen,  den  Respirations- 
procets  dieser  Fische  unter  möglichster  Nachahmung  der 
natürlichen  Bedingungen  weiteren  Experimenten  zu  unter- 
werfen. Diefs  schien  mir  um  so  nöthiger,  als  ich  diesen 
Fischen  zugleich  mit  dem  Abschlufs  der  atmosphärischen  Luft 
den  Gebrauch  der  ihnen  eigenthümlichen  Darmrespiralion  ent- 
zogen hatte.  Ich  habe  daher  noch  eine  weitere  Reihe  Von 
Versuchen  mit  Schhunmpeizgem  eingeleitet  und  zwar  in 
einem  Aspirationsapparat,   durch  w'elchen   das  zum  Athmen 

3* 


96  Baumert^  chemii^  Ünlersuchungen  über 

dienende  Wasser  in  beliebiger  Menge  erneuert  werden 
konnte,  ohne  dafs  der  directe  Luftzutritt  störend  auf  das 
Resultat  einzuwirken  vermochte.  Diese  Erneuerung  des  luft- 
haltigen Wassers  mulste  auch  besonders  defshalb  wttnschens- 
werth  erscheinen,  weil  gerade  der  Schlammpeizger  in  luft- 
dicht verschlossenen,  mit  Wasser  angeflUlten  Getäfsen  seiner 
gewöhnlichen  Weise  zuwider  häufig  Athem  holt.  Dem  Princip 
nach  ist  der  Apparat  ein  gewöhnlicher  Aspirator,  nur  ist  er 
durch  zwei  eingeschaltete  Flaschen  Tür  den  erwähntjen  Zweck 
möglichst  brauchbar  geworden.  Sämmtliche  Korke  der  be- 
nutzten Flaschen  sind  an  ihrer  untern  Seite,  mit  der  sie  das 
Wasser  berühren,  von  dünnen  Kautschoukplatten  überzogen, 
um  jeden  Einflufs  des  Korks  auf  die  im  Wasser  befindliche 
Luft  zu  verhindern.  Ich  stelle  mit  Uebergehung  des  analy- 
tischen Zahlendetails  die  Resultate  dieser  Experimente  in  der 
nachfolgenden  Tabelle  zusammen.  Der  Rauminhalt  der  Flasche, 
in  welcher  die  Fische  unmittelbar  respirirten,  ist  als  Einheit 
angenommen  und  demgemäfs  die  übrigen  Zahlen  Statt  auf 
100  CC.  auf  6360  CC.  bezogen  worden.  Der  Tabelle  ist 
überdiefs  noch  eine  Spalte  beigefugt,  in  welcher  die  Menge 
des  in  einer  Stunde  durch  diese  Flasche  geflossenen  Wassers 
angegeben  ist,  so  dafs  sich  hieraus  sehr  leicht  die  Gesammt- 
menge  der  einzelnen ,  während  der  Respiration  in  Betracht 
kommenden  Gase  durch  Rechnung  feststellen  läfst.  Das 
Wasser,  welches  zu  den  Versuchen  diente,  war  frisch  destfl- 
lirt  und  kurz  vor  dem  Experiment  mit  Luft  geschüttelt  wor- 
den, ohne  übrigens  die  vollkommene  Sättigung  desselben  mit 
Luft  abzuwarten.  Nur  der  erste  Versuch  ist  mit  Oderwasser 
angestellt,  welches  über  Nacht  in  einem  offenen  Glasgeflärs 
gestanden  hatte.  Jedesmal  ist  die  Untersuchung  des  Wassers, 
welches  noch  nicht  zum  Athmen  gedient  hatte,  bei  der  Mit- 
theilung der  analytischen  Resultate  vorangestellt  worden. 


die  Respiration  de»  Schtammpeiigerti 

Hjavci    K2°SO    KSSO    mw^a    P>)»»tp    Vtvaiffi    tiaaa 

",S?E      =S?E      £.BSE      £,SFE      £,SFE       E.PC.      oBSl. 


Iff 


i?f  m  in  Iff  |ff  fff 


j.»3S    -«.83    »8^1   j,jies   ^8ZS    ►.BIS    »S9S 

:;tgfe  S8i5s  sfess  sess  aass  st'a'a  sssa 


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I 

38  Baumert^  chemkche  UuierMuchmnffen  über 

Wir  gelangen  durch  diese  Zusammenstellung  im  Allge- 
meinen SU  denselben  Schlursfolgerungen  ^  welche  wir  oben 
bei  der  Respiration  der  Schlammpeizger  angeführt  haben. 
Es  kann  daher  hier  um  so  mehr  darauf  zurückgewiesen  wer- 
den ,  als  wir  im  letzten  Theil  einen  Totalüberblick  der  Re- 
spirationserscheinungen dieser  Fische ,  so  weit  erstere  der 
Chemie  angehören,  zu  geben  versuchen  werden. 

üeber  die  Darnireipiraikm  des  SMammpmgen. 

Bereits  im  Eingange  ist  hervorgehoben  worden,  daCs  der 
Entleerung  der  im  Nahrungscanal  enthaltenen  Gase  die  Auf- 
nahme atmosphärischer  Luft  vorherzugehen  pflegt«  In  der 
Regel  folgen  beide  respiratorische  Acte  innerhalb  weniger 
Secunden  auf  einander,  selten  tritt  einer  von  ihnen  allein  auf. 
Niemals  habe  ich  die  Darmexhalatton  beobachtet,  wenn  der 
Fisch  in  einem  Gefälse  lebte,  das  vollkommen  mit  Wasser 
angefüllt  und  hermetisch  verschlossen  war.  Aus  diesen 
Gründen  ist  es  zur  Gewinnung  der  Darmgase  erforderlich, 
dem  Fische  den  freien  Zutritt  zur  Atmosphäre  offen  zu  er- 
halten. Man  kann  diefs>  ohne  die  normale  Athmungsweise 
des  Fisches  zu  stören ,  sehr  leicht  auf  folg^de  Weise  er- 
reichen. 

Ein  kleines  Glaskölbchen,  dessen  Hals  vor  der  Glas- 
bläserlampe verengt  worden  ist,  wird  mittelst  eines  Rohres  von 
vulkanisirtem  Kautschouk  mit  dem  Halse  eines  Glastrichters 
in  Verbindung  gebracht.  Die  Basis  des  Trichters  darf  den 
innem  Raum  des  Behälters^  in  welchem  der  Fisch  athmen 
soll,  nicht  vollständig  ausfüllen ,  viehnehr  mub  ein  angemes- 
sener Zwischenraum  zwischen  dem  Trichterrande  und  der 
Peripherie  des  Behälters  offen  bleiben,  durch  welchen  der 
Schlammpeizger  ungehindert  zur  Oberfläche  des  Wassers  und 
damit  zur  atmosphärischen  Luft  gelangen  kann.  Redpient 
und  Trichter  werden  zuerst  mit  Wasser  gerüllt,  über  den 


die  RespkaÜim  des  Schlammpeissgere.  39 

Rand  des  lelsleren  eine  niattgescUiffene  Glasplatte  geschoben 
und  sodann  unter  dem  Wasser  des  Behälters  umgestürzt. 
Ist  bei  dieser  Operation  keine  Luftblase  in  den  Trichter  ge- 
langt f  so  wird  der  ganze  Apparat  auf  passende  Weise  fest- 
gestellt und  dabei  der  Trichterrand  emige  Zoll  in  das  Sperr- 
wasser herabgedrückt. 

Auf  diese  Weise  gelangen  die  Gasblasen,  welche  die 
Schlammpeizger  bdm  Herabtauchen  entweichen  lassen,  mit  ge- 
ringem Verlust  in  das  Innere  des  Trichters  und  sammeki  sich 
alUnälig  im  Redpienten  an.  Ist  letzterer  mit  Gas  gefüllt,  so 
wird  er  an  dem  verengten  Halstheile  mit  dem  Löthrobr  ab- 
geschmolzen. Gewöhnlich  geben  fünf  bis  sechs  Schlamm- 
peizger mittlerer  Gröfse  so  viel  Luft  aus,  dafs  ein  Recipient, 
welcher  3  bis  4  Unzen  Wasser  fafst,  in  einer,  höchstens 
zwei  Stunden  davon  erfüllt  wird.  Auf  diese  Weise  ist  die 
Luft,  welche  zu  den  nachfolgenden  drei  Analysen  benutzt 
wurde,  gesammelt  worden.  Das  Gefäfs,  in  welchem  die 
Schlammpeizger  lebten,  enthielt  nahezu  12  Liter  Oderwasser. 
Die  Aufsammlung  erfolgte  in  gleichen  Zeilabschnitten ,  d.  h. 
von  je  drei  zu  drei  Tagen,  während  welcher  Zeit  das  Wasser 
nicht  erneuert  und  die  Fische  mit  Regenwürmem  gefüttert 
worden  waren. 

Die  nachfolgenden  drei  Analysen  zeigen  die  Zusammen- 
setzung der  durch  den  Darmcanal  ausgeschiedenen  Luft  : 

100  Volume  derselben  enthalten  : 

I.  n.  in. 

Stickstoffgas         87,77       85,82       87,95 

Sauerstoifgas       10,46       13,71        11,92 

Kohlensäuregas      1,77         0,47         0,13 

100,00      100,00      100,00. 

Um  nun  den  Einflufs  zu  ermitteln,  den  das  längere  Ver- 
weilen der  Luft  im  Darmcanale  auf  deren  Zusammensetzung 
ausübt,  brachte  ich  in  demselben  Behälter  nach  abermals  drei 


40  Baumert j  d^emtiche  Unienu^nngen  Über 

Tagen  ein  Netz  von  Bindfaden  unterhalb  des  Wasserspiegels 
an.  Sechs  Stunden  hindurch  blieb  den  Fischen  auf  diese 
Weise  die  directe  Communication  mit  der  Atmosphäre  abge- 
sperrt; vergeblich  versuchten  sie,  nicht  ohne  Zeichen  von 
Unruhe,  das  Netz  zu  durchbrechen.  Nach  dessen  Entfernung 
schnappten  die  Schlammpeizger  in  kurzen  Zwischenräumen 
wiederholt  nach  Luft  und  zugleich  war  die  Gasenlleerung 
so  reichlich,  dafs  zur  Füllung  eines  Recipienten  von  der  oben 
angegebenen  Capacität  fast  nur  halb  so  viel  Zeit  erforderlich 
war,  als  bei  dem  früheren  Versuch.  Die  Zusammenstellung 
dieser  jetzt  gewonnenen  Darmlufl  war  folgende  : 
Es  enthalten  100  Volume  dieser  Luft  : 

Stickstofigas       90,48 

Sauerstofigas        8,12 

Kohlensäuregas    1,40 

100,00. 
Bei  einem  zweiten  derartigen  Versuche,   der  gleichfalls 
sechs  Stunden  dauerte,  ergab  die  analysirte  Luft  Folgendes  : 

Stickstofigas  92,19 
SauersloOgas  7,76 
Kohlensäuregas    0,05 

100,00. 

Aehnlich  ist  die  Beschaflenheit  der  Darmlufl,  wenn  der 
Schlammpeizger  längere  Zeit  in  luftdicht  verschlossenen,  mit 
Wasser  gerüllten  Gefäfsen  respirirt  hat.  Ein  solcher  Fisch 
von  58,4  Grammes  Gewicht  athmete  8  Stunden  lang  in 
6700  CC.  Wasser  von  +  10«  C.  Vor  dem  Versuche  bestand 
die  Luft  des  Wassers  aus  : 

Stickstofigas       64,53 

Sauerstofi'gas      32,18 

Kohlensäuregas    3,29 

100,00. 


die  RespmUion  des  Schlammpeiageri.  41 

Nach  dem  Versuche  ms  Stidkstoffgas  63,06 
,)  9  9  ,,  Sauerstoffgas  21,24 
„        „         9         ,,    Kohlensäuregas    15,70 


100,00. 

Nach  8  Stunden  wurde  deir  Schlammpeizger  sogleich  in 
den  zum  Auffangen  des  Gases  vorgerichteten  Behälter  gebracht« 
In  der  ersten  halben  Stande  hatte  der  Fisch  nicht  weniger, 
als  sieben  Mal,  durch  den  Mund  atmosphärische  Luft  einge^ 
nommen.  Nach  kaum  |  Standen  war  der  Recipient  YOn  der 
Darmluft  angefüllt.  Die  Zusammenstellung  dieser  Luft  war 
in  diesem  Falle  folgende  : 

In  100  Volumen  dieser  Luft  : 

Stickstoffgas  91,07 
Sauerstoffgas  6,29 
Kohlensäuregas    2,64 

100,00. 

Ehe  aus  den  vorbeigehenden  analytischen  Resultaten  ein 
sicherer  Schlufs  auf  die  Beschaffenheit  der  gasförmigen  Pro- 
ducte  der  Dannrespiration  gezogen  werden  kann,  mufs  vor 
Allem  der  Einflufs,  den  das  Sperrwasser,  so  wie  die  in  ihm 
enthaltene  Luft  auf  die  Zusammensetzung  der  betreffenden 
Darmgase  ausübt,  näher  ermittelt  werden.  Die  Veränderun- 
gen ,  welche  di6  Darmgase  unter  den  beim  Auffangen  gege- 
benen Bedingungen  erfahren  haben  konnten,  hängen  ab  : 
i)  von  der  Temperatur  des  Wassers;  2}  von  dem  relativen 
Volumverhältnifs  des  im  Wasser  aufsteigenden  Gases  zum 
Abscnrptionsmittel  (dem  Wasser);  3)  von  der  Zusammen- 
setzung des  im  absorbirenden  Mittel  bereits  enthaltenen  Gases, 
und  endlich  4}  von  der  Zusammensetzung  des  freien  Gases 
selbst  (der  Luft  aus  dem  Darm).  Da  nun  die  im  Wasser 
absorbirte  atmosphärische  Luft  während  der  Dauer  des  Ex- 
periments fortwährend  ihre  Zusammensetzung  ändert,  theils 
wegen  der  Kiemenrespiration  und  Hautperspiration  der  Fische, 


4S  Baumert^  ekfmuAe  Vnienudmfigen  aber 

theib,  wdl  die  äofoere  Luft  zum  Wasser  beim  Zutritt  hat; 
da  ferner  die  durch  den  Darm  der  Fische  entleerte  Luft  ihr^ 
wirklichen  Zusammensetzung  nach  unbekannt  ist  und  überhaupt 
aus  physiologischen  Gründe  gewissen,  wenn  auch  nur  ge- 
ringfügigen Hodificationen  unterworfen  seyn  dOrfte,  so  möchte 
es  kaum  gelingen,  weder  auf  dem  Wege  der  Rechnung,  noch 
dem  des  Experiments  eine  wirklich  exacte  Lösung  der  uns 
besdiäftigenden  Frage  herbeizuführen.  Wir  werden  uns  aber 
dw  Wahrheit  möglichst  niihem  können,  wenn  wir  unsere 
Versuche  mit  Rücksicht  auf  die  oben  angegebenen  Gesichts- 
punkte vervielfältigen  und  das  Für  oder  Wider,  welches  sich 
aus  diesen  Versuchen  ergeben  wird ,  bei  der  endlichen  Fest- 
stellung unserer  Schlüsse  gehörig  berüdosichtigen. 

Aus  den  Arbeiten  RegnaulTs  uqd  Reiset's  geht  her- 
vor, dafs  bei  warmblütigen  Thieren  unter  den  normalen  Ver- 
hältnissen die  Menge  des  eingeathmeten  Sauerstoffs  nur  wenig 
die  Quantität  der  ausgeathmeten  Kohlensäure  übersteigt.  Wir 
haben  bei  der  Kiemenrespiration  der  Schleien  und  Goldfische 
etwas  Aehnliches  gefunden.  Bei  den  Schlammpeizgem  ist 
das  Volum  der  exspirirten  Kohlensäure  unter  gleichen  Ver- 
hältnissen merklich  gröfser,  wie  bei  Schleien  und  Goldfischen, 
ja  es  überwiegt  nicht  selten  unter  normalen  Bedingungen  das 
Volum  des  absorbirten  Sauerstoffs.  Es  mufste  daher  (wenn 
wir  anders  die  Darmrespiration  dieser  Fische  mit  den  allge- 
meinen chemischen  Respirationserscheinungen  auf  eine  Stufe 
stellen  können)  sich  die  Vermuthung  aufdrängen,  ob  nicht 
die  so  bedeutende  Differenz  zwischen  der  Zusammensetzung 
der  atmosphärischen  Luft  und  jener  Darmgase  auf  einer  Ab- 
sorption von  Sauerstoff  und  Kohlensäure  durch  das  Sperr- 
wasser beruhen  möchte.  Da  nun  die  Kohlensäure  im  Wasser 
bei  weitem  löslicher  ist,  als  Sauerstoff,  und  überdiefs  in  re- 
lativ geringer  Menge  in  den  Darmgasen  gefunden  wurde ,  so 
konnte  eine  besonders  reichliche  Absorption  d^  Kohlensäure 


die  RespiraiioH  des  ScUammpehgerM.  43 

prästiniirt  werden.  In  dieser  Voransselzung  habe  ich  unter 
Zttgmndelegong  obiger  Analysen  künstlich  bereitete  Gemenge 
von  atmosphärischer  Luft  und  Kohlensäure  über  Quecksilber 
in  ein  System  zusammenhängender  Glaskugeln  gefüllt,  diese 
nach  der  Füllung  durch  das  Löthrohr  zugeschmolzen,  von 
einander  getrennt  und  die  einzelnen  Kugeln  unter  dem  Trich- 
ter des  zum  Auffangen  der  Darmgase  dienenden  Apparats 
geöffnet.  Hierdurch  suchte  ich  den  äufseren  Vorgang,  wel- 
eher  bei  der  Darmrespiration  der  Fische  beobachtet  wird, 
möglichst  nachzuahmen.  Als  Recipient  diente  ebenfalls  ein 
Glaskölbchen  von  der  bereits  angegebenen  Capacität  Zuerst 
wurde  ein  Gemisch  von  4  Volumen  atmosphärischer  Luft  und 
1  Volumen  Kohlensäure  auf  diese  Weise  in  den  Recipienten 
übergefüllt  und  3  Stunden  lang  mit  dem  Sperrwasser  in  Be- 
rührung gehissen.  Der  Inhalt  des  Recipienten  ergab,  in  das 
kleine  Eudiometer  übergefüllt^  folgende  Zahlen  : 

In  100  Volumen  : 

fJraprüDglichea  Gemuch  Ifach  dem  Vennch 

Slickstoffgas        63,23  Stickstoffgas       71,06 

Sauerstoffgas      16,77  Sauerstoffgas      18,72 

Kohlenaäuregas  20,00  Kohlensäuregas  10,20 

100,00  100,00. 

Das  relative  Verhältnifs  des  Stickstoffs  zum  Sauerstoff, 
ersterer  gleich  100  gesetzt,  berechnet  sich  hieraus  : 

UriprflD^dief  Gemifch  Nach  dem  Veriach 

Stikstoffgas     100  Stickstoffgas     100 

Sauerstoffgas    26,52  Sauerstoffgas     26,33. 

Ein  anderes  Gasgemenge  im  Verhältnifs  von  6  Volumen 
atnosphärischer  Luft  und  1  Volum  Kohlensäure ,  wie  früher 
gesammelt,  ergab  nach  einstündiger  Berührung  mit  dem  Sperr- 
wasser folgende  Zusammensetzung  : 


44  Baumert f  ckemüche  üniersuchangen  über 

In  100  Volumen  : 

Unprfinf  liebet  Gemisch  Nach  dem  Versnck 

Stickstoffgas       67,75  Stickstoffgas       73,67 

Sauerstoffgas.     17,97  Sauerstoffgas      19,10 

'  Kohlensäuregas  14,28  Kohiensäuregas     7,23 


100,00  100,00. 

Das  relative  Verhältnirs  des  Stickstoffs  zum  Sauerstoff 
beträgt  : 

UraprOnglichei  Gemisch  Nach  dem  Versach 

Stickstoffgas    100  Stickstoffgas    100 

Sauerstoffgas     26,52  Sauerstoffgas     25,93. 

Dasselbe  Gasgemisch  aus  6  Volumen  Luft  und  1  Volum 
Kohlensäure  nach  zweistündiger  Berührung  mit  dem  Sperr* 
Wasser  hatte  folgende  Zusammensetzung  : 

In  100  Volumen  : 

Uraprikngliches  Gemisch  Nach  dem  Versach 

Stickstoffgas       67,75  Stickstoffgas       74,21 

Sauerstoffgas      17,97  Sauerstoffgas       19,55 

Kohlensäuregas  14,28  Kohiensäuregas    6,24 

100,00  100,00. 

Das  relative  Verhältnifs  des  Stickstoffs  zum  Sauerstoff 
beträgt  : 

Ursprflogliches  Gemisch  Nach  dem  Versach 

Stickstoffgas      100  Stickstoffgas      100 

Sauerstoffgas      26,52         Sanerstoffgas       26,34. 
Diese  Versuche  weisen    eine    nicht    unbedeutende  Ab- 
sorption der  Kohlensäure  durch  das  Sperrwasser  nach,  wäh- 
rend das  Verhältnifs  des  Stickstoffs  zum  Sauerstoff  nicht  ver- 
ändert worden  ist. 

Es  wirft  sich  jetzt  die  weitere  Frage  auf,  in  wiefern  die 
im  Sperrwasser  absorbirt  enthaltene  Luft  einen  Einflufs  auf 
die  Zusammensetzung  der  Darmgase  während  ihres  Dnrchtritts 
geltend  machen  könne.  Um  der  Lösung  dieser  Frage  näher 
zu  kommen,  liefs  ich  atmosphärische  Lufl  in  analoger  Weise, 


die  ReipktUian  dei  SMimmpeisgers.  4S 

wie  die  Schlammpeizger  die  Danngase,  durch  das  Sperrwasser, 
in  welchem  diese  Fische  mehrere  Tage  gelebt  hatten ,  htn- 
durchtreten,  sammelte  sie  im  Recipienten  und  liefe  sie  wieder 
2  Standen  in  diesem  mit  dem  Wasser  in  Berührung  bleiben. 
Die  Analyse  ergab  für  diese  Luft  fast  genau  die  ursprüng- 
liche Zusaaukiensetaning,  nfimlich  : 

In  100  Volumen  : 

Stickstoflgas        79,30 

SauerstolTgas       20,70 

Kohlensäuregas      0,00 

100,00. 

Der  geringe  Ueberschurs  von  0,03  Kohlensüure  beruht 
auf  einem  Beobachtungsfehler,  welcher  in  der  geringen  Menge 
der  zur  Analyse  benutzten  Luft  seine  Erklärung  findet. 

Nach  diesen  vergleichenden  Versuchen  scheint  demnach 
der  Gehalt  der  Darmgase  an  Kohlensäure  ursprünglich  wirk- 
lich bedeutender  gewesen  zu  seyn ,  wenigstens  sind  die  in 
den  angegebenen  Verhältnissen  bereiteten  Gasgemische  durch 
den  Verlust  an  Kohlensäure  der  gefundenen  Zusammensetzung 
der  Darmgase  einigermafsen  näher  gerüdit.  Dagegen  läfst 
sich  zufolge  dieser  Versuche  die  in  den  Darmgasen  auftre- 
tende Verringerung  des  Sauerstoffs  nicht  durch  Absorption 
erklären,  ein  Umstand,  der  an  und  Tür  sich  hinreichen  würde, 
die  Richtigkeit  unserer  Voraussetzung  in  Zweifel  zu  ziehen^ 
ganz  abgesehen  von  der  Unsicherheit  einer  jeden  durch 
blofse  Analogieen  gestützten  Schlufsfölgerung.  Ich  habe  es 
daher  vorgezogen,  die  angedeuteten  Schwierigkeiten,  welche 
bei  der  uns  beschäftigenden  Frage  Statt  finden ,  auf  einem 
anderen  W^e  zu  umgehen,  und  glaube  diefs  in  dem  nach- 
folgenden Experiment  erreicht  zu  haben. 

Ich  nahm  eine  Retorte  von  ungeftihr  ftlnf  Liter  Inhalt, 
fällte  sie  mit  frisch  destillirtem  Wasser    und  suchte   durch 

I 

mehrere  Stunden  hindurch  forlgesetztes  Kochen  die  letzten 


4t  BaiiMtrf,  ^emkeke  ünktituAmgm  Itber 

Spuren  yon  Luft  dem  Waaser  zu  entliehen.  Nachdem  das 
Wasser  unter  AbschluTs  der  Luft  erkaltet  war,  ftillte  ich  den 
Bals  der  Retorte  mit  einigen  Grammes  ausgekochten  «nd 
wieder  erkalteten  Wassers  an  und  gab  der  Retorte  eine 
Lage,  bei  welcher  der  Grund  derselben  nach  oben  gerichtet 
war.  Alsdann  lieCs  ich  einen  Schlammpeizger ,  um  den  ich 
einen  Faden  geschlungen  hatte,  in  die  Retorte  hinabgleiten. 
Der  Mangel  an  absorbirter  Luft  zwang  den  Fisch,  im  Retor- 
tenhalse in  die  Höhe  und  zur  atmosphärischen  Luft  emporzu- 
steigen ;  zugleich  hatte  die  Kiemenrespiration  fast  ganz  auf- 
gehört. Während  der  Dauer  des  Experiments,  d.  h.  während 
einer  reidilichen  Stunde,  hielt  sich  der  Fisch  unausgesetzt 
didit  unter  dem  Wassemiveau  im  Halse  der  Retorte  auf;  Ims- 
weilen  stredtte  er  minutenlang  den  Kopf  zum  Wasser  heraus, 
um  wiederholt  Luft  zu  schöpfen.  Indessen  sammelten  sich 
die  aus  der  Aftermttndung  ausgestofsmien  Gase  im  Grunde 
der  Retorte  an,  und  zwar  in  kurzer  Zeit  in  solcher  Menge, 
dab  der  Fisch  schon  nach  1|  Stande  aus  der  Retorte  herans-» 
gezogen  werden  konnte.  Es  war  jetzt  nur  noch  nöthig,  den 
Hals  der  Retorte  mit  einigen  Tropfen  gut  ausgekochten 
Wassers  wieder  voIlzufiUlen  und  sogleich  den  zur  Gewinnung 
der  absorbirten  Luft  dienenden  Apparat  mit  der  R^rte  in 
Verbindung  zu  bringen.  Durch  eine  Ligatur  wurde  die  in 
der  Retorte  gesammelte  Dmnluft  gehindert,  während  der 
Apparat  luftleer  gemacht  wurde,  zu  entweichen.  Erst  als  das 
Vacuum  voDendet  und  der  Apparat  in  die  entsprechende 
Stellung  gebracht  worden  war,  trat  die  aus  dem  Darm  ent- 
leerte Luft,  nachdem  die  Ligatur  geöfihet  war,  in  den  luft- 
leeren Raum  ein.  Nun  wurde  das  in  der  Retorte  befindliche 
Wasser  von  neuem  ausgekocht  und  endlich  der  zum  Auffan- 
gen der  Gase  dienende  Recipient  abgeschmolzen.  Es  bedarf 
keiner  Erwähnung,  dafs  letzterer  dem  Volum  des  Gases  an- 
gepafst  war.    Auf  diese  Weise  mufste  ich  die  aus  dem  Darm 


entleerten  Gase  in  ihrer  nrsprungiichen  Beschaffenheit  erhal- 
len, ohne  dafs  sie  durch  Absorption  verändert  seyn  konnten. 
Die  verhältnifsmaTsig  äufserst  geringe  Oberfläche,  an  weicher 
die  Atmosphäre  mit  dem  Wasser  in  der  Retorte  während  des 
Athmens  des  Fisdies  in  Berührung  gewesen  war,  Itonnte  nn- 
mSglich  auf  das  analytisdie  Resultat  von  bedeutendem  Bin* 
finsse  seyn« 

Die  Untersuchung  der  auf  diese  Art  gesammelten  Dann- 
gase ergab  folgendes  Resultat  : 

In  100  Volumen  : 

Stickstoffgas  88,23 
Sauerstoffgas       10,61 

Kohlensäuregas      1,16 

"100,00" 

Ein  zweiter,  in  derselben  Weise  angesteHter  Versoch 
ergab  : 

In  100  Volumen  : 

SUckstoffgas  87,03 
Sauerstoffgas  11,18 
Kohlensäuregas      1,18 

100,00. 

Wir  kommen  somit  zu  dem  Schlufs ,  dafs  die  durch  den 
Darm  der  Schlammpeizger  exspirirte  Luft  in  der  That  die  aus 
den  Analysen  sich  ergebende  Zusammensetzung  besitzt ,  dafs 
der  Sauerstoffgehalt  derselben  zwischen  10  bis  13  Volum- 
procenten  schwankt ,  dafs  endlich  die  Menge  der  Kohlensäure 
2  Volumprocente  nicht  übersteigt  Die  geringen  Unterschiede, 
welche  die  einzelnen  Analysen  nachweisen,  erklären  sich 
ungezwungen  aus  der  mehr  oder  minder  vorgeschrittenen 
Umwandlung,  welche  die  in  den  Nahrangscanal  aufgenommene 
atmosphärische  Luft  erfahren  hat. 


48  Baumerij  eftoMtoft«  ünietmi^migm  vber 

Ihrärsdto  hingt  diese  Umwiiidhing  aufs  lonigste  Ton 
gewissen  physiologischen  Bedingungen  ab,  z«  B.  der  Energie 
des  Athmungsprocesses ,  dem  Alter,  der  Nahrung  d^  Fisehe 
n.  dgL  mehr.  Wir  milssen  weiter  schliefsen,  dafs  diese  Gase 
durch  das  Sperrwasser  und  die  in  diesem  enthaltene  Luft 
wesentlich  nicht  alterirt  worden  sind.  Dieses  Resultat  bestätigt 
ferner  die  bereits  von  Bischof  gefundenen  Zahlen,  sowie 
es  die  Ansicht  Erman's,  der  zufolge  dieser  Vorgang  in 
unmittelbarer  Verbindung  mit  dem  Respirationsprocesse  be* 
steht,  mit  neuen  Beweisen  versieht. 

Endlich  dürfte  dem  Schlüsse  nichts  entgegenstehen,  dafs 
auch  die  durch  die  Analyse  gefundenen  Zahlen  fär  die  Zu- 
sammensetzung der  Darmgase,  welche  die  Schlammpeizger 
bei  längerem  Aufenthalt  in  luflverschlossenen  Gefäfsen  ent- 
wickeln, richtig  sind  und  also  auch  die  noch  weitere  Ab- 
nahme des  Sauerstoffs,  die  daraus  hervorging,  wirklich  Statt 
gefunden  hat.  Wir  werden  im  nachfolgenden  Theiie,  wo  wir 
den  ganzen  Respirationsprocefs  der  Schlammpeizger  behan- 
deln, noch  einmal  auf  diese  Versuche  zurückkommen  müssen, 
weil  sie  von  dem  Zusammenhang  der  Kiemen-  und  Darm- 
respiration der  Fische  eine  deutliche  Vorstellung  geben  können 
und  ein  wesentliches  Moment  bilden,  die  scheinbar  abnorme 
Kiemenrespiration  der  Schlammpeizger  auf  einfache  und  natür- 
liche Weise  zu  erklären. 


Dritter  Theil. 

Nachdem  in  dem  vorhergehenden  Abschnitt  die  speciellen 
Untersuchungen  über  die  Respiration  des  Schlammpeizgers 
abgehandelt  worden  sind,  sollen  nun  die  sich  ergebenden 
Folgerungen   gezogen   und    schliefslich  die    naturhistorische 


Seh!« 


49  gehörig. 


1 


Schleien. 


HaUir  der  Gase 


a 
o 


fifi  3. 


Ganzes 
StickstofbM 
Saoentoffgas 
Kohlensturegas 

Ganzes 

Stickstofoas 

Saoentongaj 

KoUenifiuregafl 

Ganzes 

Siickatoffgas 


«tur  der  Gase 


184 

11 

5 
1,1 


( 


18, 

5,i 

18,' 
12, 


o 

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I 


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4) 


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«) 

Cd 


die  Res/riraUan  de$  ScUammpehgen,  49 

Seite  unseres  Gegenstandes  mit  wenigen  Worten  berührt 
werden. 

Zar  Benrthdlong  des  normalen  Athmungsprocesses  wäre 
streng  genommen  die  Zurückfühnrng  der  analytischen  Resul- 
tate auf  das  dem  Plufswasser  entsprechende  mittlere  Luft*- 
volum  erforderlich.  Es  geht  jedoch  aus  dem  Früheren  her- 
vor, dafs  die  Zusammensetzung  der  vom  Wasser  absorbirten 
Luft  unter  den  alltäglichen  Verhältnissen  nicht  unbedeutende 
und  jedenfalls  gröfsere  Schwankungen  erleidet,  als  die  atmo- 
sphärische LufL  Wenn  wir  aus  diesem  Grunde  den  Wasser- 
thieren  im  Allgemeinen  schon  ein  stärkeres  Accommodations- 
vermögen  für  Luftveränderungen  zuerkennen  müssen,  so  wird 
diels  in  noch  höherem  Grade  vom  Schlammpeizger  angenom- 
men werden  können,  einem  Fische,  welcher  in  den  stehenden 
Gewässern  ein  sauerstoffarmes,  mit  Kohlensäure  und  Grubengas 
beladenes  Medium  einathmet.  Die  Schwierigkeit,  die  mittlere 
Luflbeschaffenheit  des  Wassers  in  Zahlen  genau  wiederzu- 
geben, kann  wohl  an  dieser  Stelle  um  so  eher  umgangen 
werden,  als  die  zu  den  Respirationsexperimenten  benutzte 
Luft  nicht  wesentlich  von  der  ungefähren  mittleren  Zusam- 
mensetzung der  im  Flufswasser  enthaltenen  Lütt  abweicht« 
Legen  wir  die  aus  A.  von  Humboldt's  und  FrovenfaTs 
Versuchen  sich  ergebende  mittlere  Zusammensetzung  der  aus 
dem  Seinewasser  gewonnenen  Luft  zu  Grunde,  die  in  100 
Volumen  ungefähr  65  pC.  Stickstoff,  31  pC.  Sauerstoff  und 
4  pC.  Kohlensäure  ergiebt,  so  zeigt  der  Versuch,  wie  wenig 
die  zu  den  hierher  gehörenden  Experimenten  benutzte  Luft 
von  jener  des  Seinewassers  differirt. 

Interessanter  dürfte  es  seyn,  diese  Versuche  auf  ein  und 
dasselbe  absolute  Luftvolum  zurückzuführen.  In  der  anlie- 
genden Tabelle  sind  die  Zahlen,  welche  den  in  verschlossenen 
Ballons  ausgeführten  Experimenten  entsprachen,  auf  ein  Luft- 
volum von  1000  CG. Wasser  bezogen  worden.    Sie  sind  nach 

Anoitl.  d.  Chamie  n.  Pharm.  LXXXVIII.  Bd.  1.  Heft.  4 


50  Baumert^  chämische  ÜiOersu^^umgen  über 

der  Zeit  geordnet,  welche  die  Fische  in  dem  geschlossenen 
Räume  zugebracht  haben. 

Läfst  man  die  Menge  des  absorbirten  Sauerstoffs  als  Mafs 
der  Respirationsintensität  gelten,  so  zeigt  sich,  dafs  Eni 
Gramme  Schlammpeizger  unter  den  gegebenen  Verhältnissen 
ein  ziemlich  wechselndes  Volum  von  diesem  fiase  in  einer 
Stunde  absorbirt.  Dasselbe  schwankt  nämlich  zwischen  0,0023 
bis  0,0091  CG.  Ein  Gramme  Goldfisch  absorbirt  in  der 
Stunde  zwischen  0,005a  bis  0,0094  CG.  Sauerstoff,  während 
Ein  Gramme  Schleie  beträchtlich  weniger,  nämlich  0,001  CG. 
Sauerstoff  in  der  Stunde  aufnimmt.  Wir  wissen  nun  zwar, 
dafs  im  Allgemeinen  die  absolute  Intensität  der  Respiration 
nicht  allein  bei  verschiedenen  Individuen,  sondern  selbst  bei 
demselben  Thiere  bedeutend  wechseln  kann,  ohne  dafs  man 
immer  im  Stande  wäre ,  die  Ursache  dieses  Wechsel  mil 
Sicherheit  zu  bestimmen.  Gewifs  übt  aber  die  Art  und  die 
Menge  der  eingenommenen  Nahrung  den  entschiedenste» 
Einflufs.  Dieses  Moment  würde  in  dem  vorliegenden  Falle, 
fUr  sich  allein  genommen,  viel  eher  zu  Gunsten  der  Schleien 
angezogen  werden  müssen;  denn  während  die  Schleien  und 
Schlammpeizger  *eine  mehr  als  ausreichende  Menge  Regen- 
würmer verzehrten,  begnügten  sich  die  Goldfische  mit  aufser- 
ordentUch  kleinen  Quantitäten  Semmel  oder  Oblaten.  Es 
kann  daher  die  gröfsere  absolute  Respirationsintensitäl, 
welche  die  Goldfische  besitzen,  schwerlich  auf  Rechnung 
eines  durch  die  Nahrung  beschleunigten  Stoffwechsels  geseist 
werden.  Zu  der  verhältnifsmäfsig  grofsen  Lebhaftigkdt  der 
Goldfische,  so  wie  zu  dem  relativ  gröfseren  Wärmebedürfnifs 
derselben,  steht  die  kleine  Menge  der  aufgenommenen  Nah- 
rung in  auffallendem  Mifsverhältnifs.  Dals  die  Schlammpeizger 
mehr  Sauerstoff  verbrauchen ,  als  Schleien ,  hängt  wohl  mit 
dem  gröfseren  Gefäfsreichthum  der  Schlammpeizger  zusammen ; 
während  andererseits  der  mangelnde  Rhythmus  ihrer  Athem- 


b^F^uqgen  41®  gröfseren  Schwankungen  hinsicl^tlich  des 
fll|fge^o^un^nen  Snuersloffvoiams  erklärt,  lieber  das  Volum- 
verhältnirs  der  ausgeschiedenen  Kohlensäure  und  des  aufge- 
nommenen Sauerstofis  habe  ich  bereits  früher  einige  Andeu- 
tongen  gegeben.  Der  Umstand,  dafs  das  Volum  der  aus- 
geathme^ei^  Kohlensädre  das  absorbirte  SauerstofiVolum  bei 
dei|  Schlammpeizgem  sehr  bald  nicht  nur  erreicht,  sondern 
in  einer  grofsen  Zahl  von  Fällen  selbst  übertrifft,  niufste  mich 
anfänglich  an  dem  normalen  Verhalten  der  Fische  während 
dieser  Ejfperimente  zweifeln  lassen.  Ich  dehnte  daher  meine 
Versuche  auf  Goldfische  und  Schleien  |kus. 

Es  war  hierbei  meine  Absicht,  den  Respirationsprocefs 
der  Schleie  und  des  Goldfisches  nur  ebensoweit  zu  verfolgen, 
als  diefs  zur  Beurtheilung  desselben  Vorganges  beim  Schlamm- 
p^jzger  nöthig  war.  Und  in  diesei*  Beziehung,  glaube  ich, 
sind  diese  Versuche  nicht  ohne  Interesse.  Nachdem  ich  mich 
nämlich  überzeugt  hatte,  dafs  der  Schlammpeizger  unter  den 
gegebenen  Bedingungen  bereits  nach  4  bis  5  Stunden  ein 
das  Sauerstoffvolum  übertreffendes  Volum  Kqhlensäuire  aus- 
scheidet, nachdem  ich  mich  ferner  versichert  hatte,  dafs  der 
Schlammpeizger  unter  diesen  anscheinend  ungüi^stigen  Ver- 
hältnissen keinerlei  nachtheilige  Folgen  verrieth,  kam  es  mir 
darauf  an ,  das  Verhalten  anderer  Fische  in  gleicher  IVeise 
ißm  Experiment  zu  unterwerfen.  Aus  diesem  Grunde  habe 
ich  die  Versucl^sdauer  bei  Schleien  und  Goldfischen  sogleich 
mi  5  his  6  Stunden  ausgedehnt,  und  als  das  Experiment 
innerhalb  dieser  Grenze  nqch  eine  Absofption  de|9  Sauerstoffs 
nachwies,  die  Versuche  bi^  zu  jenen^  Termin  verlängert,  bis 
zu  welchem  die  SQ|ilammpe|zger  ohne  sichtbares  Unbehagen 
in  dem  ge/schlossenen  Baume  geathinet  hatten.  Der  Erfolg 
hat  zweierlei  herausgestellt  :  1}  daCs  bei  den  Schleien  und 
Goldfischen  das  Volum  der  producirten  Kohlensäure  jenes 
des   absorbirten    Sauerstoffs    später    erreicht,    als   bei    den 

4* 


62  Baumert^  chemische  Üntersu^Amgen  Über 

Schlammpei2gern ,  und  2)  dafs  diese  Fische  alsdann  so  be-* 
deutend  leiden ,  dab  sie  in  Folge  des  Experiments  zu  Grunde 
gehen.  Es  ist  wohl  kaum  zweifelhaft,  dafs  bei  normaler  Re- 
spiration der  Fische  ebenso  wie  bei  andern  Thierklassen  eine 
gewisse  Menge  des  absorbirten  Sauerstoffs  zur  schliefslichen 
Bildung  von  Wasser  und  anderer  Excretionsproducte  ver- 
braucht wird ;  daher  denn  auch  bei  ihnen  das  aufgenommene 
Sauerstoffvolum  gröfser  ist,  als  das  der  gebildeten  Kohlen- 
säure. Bei  denjenigen  Versuchen,  welche  unter  nahezu  nor- 
malen Verhältnissen,  d.  i.  bei  kurzer  Respirationsdauer,  an- 

I 

gestellt  worden  sind,  finden  wir  auch  in  der  That  eine  solche 
Relation  zwischen  dem  Sauerstoff-  und  Stickstoff-Volum.  Wo 
hingegen  das  Volum  der  ausgeschiedenen  Kohlensäure  das 
des  absorbirten  Sauerstoffs  erreicht,  oder  wohl  gar  übertrifil, 
tritt  bei  Schleien  und  Goldfischen  wenigstens  ein  abnormer 
Procefs  der  Kohlensäureausscheidung  ein. 

Bei  den  Schlammpeizgem  Mst  sich  die  schnelle  Zunahme 
der  ausgeschiedenen  Kohlensäure  und  das  geringe  Unbehagen, 
welches  niemals  zu  schlimmeren  Symptomen  oder  gar  zum  Tode 
Veranlassung  gegeben  hat,  auf  eine  einfache  Weise  mit  der 
Darmrespiration  in  Zusammenhang  bringen.  Die  durch  den 
Darm  entleerte  Luft  ist  wesentlich  anders  zusammengesetzt, 
als  die  atmosphärische.  Ihr  Sauerstoffgehalt  ist  bedeutend 
verringert ,  während  die  Bildung  der  Kohlensäure  durchaus 
nicht  in  gleicher  Weise  zugenommen  hat.  Diese  Absorption 
des  Sauerstoffs ,  welche  die  Vergleichung  der  eingenommenen 
und  ausgestofsenen  Luft  bei  der  Darmrespiration  immer  nach- 
gewiesen hat,  scheint  mit  dem  längeren  Verweilen  der  Luft 
innerhalb  des  Organismus  zu  wachsen.  Unter  den  gewöhn- 
lichen Verhältnissen  schwankt  der  Sauerstoffgehalt  der  durch 
den  Darm  entleerten  Luft  zwischen  10  und  13  Volumprocenten ; 
nach  weiterem  sechs-  bis  achtstündigem  Verweilen  der  Luft 
im  Darmcanale  sinkt  deren  Sauerstoffgehalt  bis   auf  7  oder 


ie  RupiraUon  des  BchUmmpeügers.  53 

6  Volumprocenle  herab.  Da  nun  aber  eine  dieser  SauerstofT- 
absoqition  proportionale  Kohlensäureausscheidung  durch  den 
Darm  bei  den  Schlammpeizgem  nicht  Statt  findet,  so  müssen 
wir  schliefsen,  dafs  der  Schlammpeizger  den  mit  der  atmo- 
sphärischen Luft  durch  den  Mund  aufgenommenen  Sauerstoff, 
nachdem  dieser  im  Organismus  seine  Function  erfüllt  hat, 
grdfstentheils,  soweit  er  nämlich  zur  Bildung  von  Kohlensäure 
verwendet  worden  ist,  durch  den  Kiemen  oder  die  Haut  wie- 
der ausscheidet.  Daraus  würde  sich  die  schnelle  Zunahme 
der  Kohlensäure,  der  Ueberschufs  derselben,  welchen  die 
Athmnngsproducte  nachweisen,  und  vielleicht  auch  die  Leich- 
tigkeit, mit  welcher  ihre  Anhäufung  im  Wasser  vertragen 
wird,  erklären  lassen«  ^ 

Denn  dafs  bei  den  Schlammpeizgem  so  wenig,  wie  bei 
Schleien  oder  Goldfischen^  die  im  Wasser  sich  anhäufende 
Kohlensäure  an  und  fllr  sich  als  Ursache  der  nachtheiligen 
Zufalle  zu  betrachten  ist,  ist  durch  die  Versuche  von  A.  von 
Humboldt  und  Proven^al  erwiesen. 

Ein  fernerer  Grund,  der  mich  bewog,  die  Schleien  und 
Goldfische  sogleich  längere  Zeit  in  verschlossenen  Gefäfsen 
respiriren  zu  lassen,  war  die  Hoffnung ,  auf  diese  Weise  die 
etwaigen  Schwankungen,  welche  den  Stickstoffgehalt  berühren, 
für  die  Untersuchung  erfafsbar  zu  machen.  Die  obige  Ta- 
belle ergiebt  hinsichtlich  des  Stickstoffs  weder  bei  den  Schleien, 
noch  bei  den  Goldfischen  eine  nennenswerthe  Veränderung. 
Auch  in  dieser  Beziehung  dürfte  sich  vielleicht  die  Respiration 
der  Fische  derjenigen  anderer  Thierklassen  anschliefsen. 
Dagegen  haben  die  Schlammpeizger  in  der  grofsen  Mehrzahl 
der  Versuche  Stickstoff  absorbirt,  denn  das  Volum  des  absor- 
birten  Stickstoffs  überschreitet  hier  unzweifelhaft  die  Grenzen 
der  unvermeidlichen  Fehler.  Es  wäre  nicht  unmöglich ,  dafs 
diese  Absorption  des  Stickstoffs  mit  der  Darmrespiration  in 
einer  gewissen  Beziehung  stünde,  so  zwar,  dafs  die  aus  dem 


54  Baumert^  chemische  ünienuekwigen  über 

Verdauungscanal  in  die  Bluibahn  gelangte  Sauerstoifinenge 
durch  eine  nach  den  Gesetzen  der  Absorption  und  DiiTnsion 
bedingte  Menge  Stickstoff  ersetzt  würde,  die  das  Cnrculations- 
system  dem  Nahrungscanale  zurückgiebt. 

Ich  wende  mich  jetzt  zu  den  Schlüssen ,  welche  aus  der 
zweiten  Versuchsreihe ,  die  mit  Schlammpeizgem  untemom*- 
men  wurde,  gelzogen  werden  können.  Durch  die  forgesetzte 
Bewegung  deir  Kiemen  und  der  Haut  mit  frisch  zufliefsendem 
Wasser  wftren  die  Y erhfiltnisse ,  unter  denen  die  Schlämm« 
peizger  bei  diesen  Experimenten  lebten,  von  den  vorigen 
Versncheh  Wei^enl!lich  verschieden  und  den  normalen  Respi- 
i^tionsbedingungen  möglichst  nahe  gebracht  worden. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  früher  ermittelten 
Zahlen  ebentalls  auf  eine  Einheit  von  1000  CG.  Wasser 
bezöget. 


die  Resfiratian  de»  Schlammpeiasgers. 


55 


Nator  der  Gase 


Zeit 
der 
Respi- 
ration 

in 
Stan- 
den 


Loft 
vor  d. 

Yer- 

SQch 
in  1000 

CC. 
Wasser 


Luft 

nach  d. 
Ver- 
such 

in  1000 
CC. 

Wasser 


1  Grm. 

Schlamm- 

peizger 

hat  in 

einer 

Stunde 

absorbirt 


1  Grm. 
Schlamm- 

peizger 

hat  in 
einer 

Stunde 
producirt 


Menge 

des 
dnrch- 
geflos- 
senen 
Was- 
sers 


Ge- 
wicht 

des 

Fi- 
sches 
in 

Grm. 


3 

14,14 

10,55 

2,92 

0,67 

14,07 

10,54 

2,15 

1,38 

0,000061 
0,00471 

0,00434 

3 

15,38 

10,16 

4,94 

0,28 

15,32 

10,13 

4,16 

1,08 

0,000229 
0,00596 

0,00575 

4 

14,49 
9,30 
4,68 
0,51 

14,22 
9,05 
3,83 
1,34 

0,00102 
0,00348 

0,00340 

41 

15,59 

10,14 

5,06 

0,37 

14,84 
9,77 
3,69 

1,38 

0,00134 
0,00506 

0,00368 

5 

17,07 

11,15 

5,59 

0,33 

16,83 

10,99 

4,90 

0,94 

0,00054 
0,00236 

0,00208 

5i 

14,41 
9,49 
4,66 
0,26 

13,49 
8,99 
3,34 
1,16 

0,00149 
0,00393 

0,00268 

61 

16,58 

10,66 

5,42 

0,50 

16,44 

10,53 

4,93 

0,98 

0,000384 
0,00145 

0,00142 

G«niet  3       14,14     14,07  3074-    54,5 

Stickstoffgas 

Saneritoflgas 

Kohlensfluregas 

Ganzes  3       15,38    15,32  3006    43,5 

Stickstoffgas 

Sauerstoffgas 

Kohlensäurcgas 

Gaues  4       14,49    14,22  4110    61 

Stickstoffgas 

Saoeratoffgas 

Kohlensäuregas 

Ganzes  4)     15,59     14,84  4526     61 

Stickstoff'gas 

Sauerstoffgas 

KohlensSuregas 

Ganzes  5       17,07     16,83  4973     58,5 

Stickstoffgas 

Sanerstoflgas 

Kohlensäuregas 

Ganzes  5i      14,41     13,49  5421     61 

Stickstoffgas 

Sauerstoffgas 

Kohlensfluregas 

Ganzes  6|      16,58    16,44  6558    52 

Sticksto%as 

Sanerstoflgas 

Kohlensfiuregas 

Die  Folgerungen,  welche  sich  aus  dieser  Tabelle  ableiten 
lassen,  sind  im  Allgemeinen  dieselben,  welche  bereits  hin- 
sichtlich der  Schlammpeizger  besprochen  worden  sind.  Bei 
allen  7  Versuchen  hat  eine  Absorption  von  Stickstoff  Statt 
gehabt,  die  in  den  letzten  5  Fällen  jedenfalls  zu  grofs  ist, 
um  auf  Rechnung  der  Beobachtungsfehler  gesetzt  werden 
zu  können. 


56  Baumer i^  ehem.  Uniermtckungm  lAer  die  RespiraHan  eic. 

Auch  das  Volum  der  producirten  Kohlensäinre  erreicht 
nahezu  um  dieselbe  Zeit  das  des  absorbirten  SauerstoiTs.  Da- 
gegen scheint  die  Intensität  der  Respiration  in  diesen  Ver- 
suchen etwas  geringer,  denn  das  Volum  des  absorbirten 
Sauerstoffs  schwankt  zwischen  0,0014  bis  0,0059  CG. 

Die  Menge  des  durchfliefsenden  Wassers  habe  ich  mög- 
lichst in  der  Weise  zu  regeln  gesucht,  dars  in  einer  Stunde 
ungefähr  1000  CG.  durch  den  Apparat  hindurchtraten.  Es 
erhielt  demnach  jeder  Gramm  Fisch  in  je  einer  Stunde  durch- 
scbnitUich  1000  CG.  Sauerstoff  mehr,  als  er  in  dieser  Zeit 
absorbirte,  eine  gewifs  hinreichende  Menge,  um  den  Respira- 
tionsprocefs  auf  normale  Weise  zu  unterhalten. 

Im  Allgemeinen  scheint  ein  wechselseitiges  Ineinander- 
greifen beider  Respirationsarten  zur  Erhaltung  des  normalen 
Lebens  dieser  Fische  durchaus  nothwendig,  so  zwar,  dafs  bei 
hinreichender  Nahrung  und  sauerstoffreicbem  Wasser  beide 
Arten  der  Respiration  in  Thätigkeit  treten,  während  ein  sauer- 
stoflBirmes  Medium,  oder  ein  mit  andern  Gasen  geschwängertes 
Wasser,  wie  es  sich  in  Morästen  findet,  besonders  die  Darm- 
respiration begünstigt. 

Mit  grorser  Wahrscheinlichkeit  läfst  sich  annehmen,  dafs 
die  Perspiration  durch  die  Haut  bei  den  Fischen  im  Allgemei- 
nen eine  wichtigere  Rolle  spielt,  als  bei  warmblütigen  Thieren. 
Wenn  auch  bisher  keine  entscheidende  Versuche  für  diese 
Thierclasse  vorliegen ,  so  lassen  die  Beobachtungen ,  welche 
Regnault  und  Reiset  an  Fröschen  gemacht  haben,  ein 
analoges  Verhalten  bei  den  Fischen  vermuthen.  Es  ist  meine 
Absicht ,  diese  Frage  zum  ferneren  Gegenstand  der  Unter- 
suchung zu  machen,  und  ich  zweifle  nicht,  dafs  die  hier  ab- 
gehandelten Respirationserscheinungen,  welche  der  Schlamm- 
peizger  darbietet,  nicht  wenig  dabei  an  Klarheit  und  Ver- 
ständnifs  gewinnen  werden. 


57 


lieber  voltametrische  Messungen; 
von  Heinrich  Meidinger. 


Die  Bestinunung  der  Stromstärke  out  Hülfe  des  Volta- 
meters  hat  sich  bekanntlich  als  nicht  gam  zuverlässig  er- 
wiesen. Die  einzelnen  Versuche  zeigen  bei  geringen  AIh 
andeningen  Unterschiede,  welche  gröfser  sind,  als  die  möglichen 
Beobachtungsfehler;  auch  sind  sie  zuweilen  von  einem  höchst 
auffallenden  Ausbleiben  des  Einen  der  Zersetzungsproducte^ 
des  Sauerstoffs,  begleitet ^  so  dafs  es  bedenklich  wird,  aus 
solchen  Angaben  auf  die  Gröfse  des  Stroms  Schlüsse  zu 
ziehen.  Es  konnte  wohl  eine  interessante  Aufgabe  genannt 
werden,  das  eigenthümliche  Verhalten  der  electrolytischen 
Producte  des  Wassers  nochmals  einem  Studium  zu  unter- 
werfen, um  die  Bedingungen,  welche  die  Unregelmäfsigkeiten 
im  Auftreten  beider  Gase  characterisiren ,  zu  ergründen  und 
wo  möglich  vermeiden  zu  lernen.  Ich  habe  zu  diesem  Zweck 
in  dem  physikalischen  Kabinet  zu  Giefsen,  unter  freundlicher 
Unterstützung  des  Herrn  Prof.  Buff,  eine  Reihe  von  Ver- 
suchen angestellt,  durch  welche  es  mir,  wie  ich  glaube, 
gelungen  ist,  die  wesentlichen,  zum  Theil  noch  nicht  bekann- 
ten Ursachen  jener  Erscheinungen  nachzuweisen. 

Im  Allgemeinen  hatte  man  bisher  schon  die  Beobachtung 
gemacht,  dafs  Intensität  des  Stroms ,  femer  Temperatur  und 
Cbncentration  der  Säure ,  in  der  die  Zersetzung  vorgenommen 
ivurde,  sowie  endlich  Gröfse  der  Pole  die  Menge  der  erhal* 
tenen  Gase  auf  die  mannigfachste  Weise  modiGcirten.  Bei 
sehr  vielen  voltametrischen  Untersuchungen  sind  jedoch  Was- 
serstoff und  Sauerstoff  stets  zusammen  als  Knallgais  aufge- 
fangen worden.  Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dafs 
anf  diese  Weise  die  Eigenthümlichkeiten ,  welche  ein  jedes 
der  beiden  Gase  für  sich  bei  der  Zersetzung  bot|   der  Beob- 


58  Meidingerj  über  toUamefruche 

achtung  enigifigen.  Es  erschien  hier  wohl  manches  ganz 
regellos,  was  bei  getrennter  Entwicklung  als  Gesetzmäfsigkeit 
erkannt  werden  konnte.  Femer  mögen  auch  jene  genannten 
vier  Factoren  in  ungleicher  Weise  zur  Wirkung  gekommen 
seyn,  so  dafs  sich  die  &scheinungen ,  welche  das  Auftreten 
des  Einen  oder  des  Andern  von  ihnen  für  sich  allein  charao 
terisiiten,  nicht  verfolgen  liefsen.  Bei  den  folgenden  Unter- 
suchungen wurde  defshalb  ganz  besondere  Rücksicht  darauf 
genommen ,  erstens,  dafs  die  Entwicklung  der  Gase  stets  ge^ 
treimi  von  Statten  ging;  zweitens,  dafs  die  Einflüsse,  welche 
latensitlit  des  Stroms,  Temperatur  und  Concentration  der 
Siure,  so  wie  zidetzt  Gröfse  der  Pole  auf  die  Menge  der 
giebildeten  Gase  üben,  der  Reihe  nach  untersucht  wurden, 
stets  unter  Abänderung  des  Einen  Factors,  während  die  Be- 
dingongen  für  die  andern  die  nämlichen  blieben. 

Ehe  ich  jedoch  zu  meinen  Versuchen  selbst  übergehe, 
halte  ich  es  für  ndthig,  einen  Blick  auf  die  Apparate  zn 
werfen,  deren  ich  mich  bei  den  Untersuchungen  bedient 
habe;  es  sind  diefs  das  Voltameter  selbst  und  die  Tangenten- 
bussole. 

Die  Zersetzungsflüssigkeit  in  dem  Voltameter  bestand 
aus  Schwefelsäure;  durch  die  Güte  des  Helrm  Prof.  Will 
war  es  mir  ermöglicht,  dieselbe  im  chemischen  Laboratorium 
durch  Destillation  in  vollkommener  Reinheit  darzustellen. 
Reagentien  liefsen  weder  auf  einen  Gehalt  an  Chlor,  noch 
an  Blei,  noch  an  StickstoflVerbindungen  schliefsen.  Durch 
Mischen  mit  destillirtem  Wasser  ward  sie  bis  1,3  spec.  Ge- 
wicht verdünnt^  dem  bekannten  Concentrationsgrad ,  den 
Faraday  empfiehlt.  Die  Menge  der  Säure  betrug  2  bis  3 
Liter;  sie  befand  sich  in  einem  geräumigen  Becherglas,  so 
dafs  Füllung  und  Umstülpung  der  Aufianggläser  mit  Bequem- 
lichkeit vorgenommen  werden  konnte  und  auch  Temperatur- 
verttnderungen  durch  die  Wirkung   des  Stroms  zn  vemach- 


Messungen.  59 

lässigen  waren.  Die  Cylindergläser,  in  denen  die  Gase  auf- 
gefangen wurden^  hatten  gegen  300*^®  Inhalt  und  waren 
srehr  genäa  getheilt.  Der  Raum  zwischen  xwei  Thfcöstrtchen 
betrug  2^;  doch,  konnten  bei  einiger  Uebang  noch  Zehntel 
eines  CG.  geschätzt  werden.  Mit  Quecksilber  gefllUte  Glas- 
röhren, an  derem  Ende  ein  Platindraht  eingcscUmolzen  war, 
vermittelten  die  Zuleitung  des  Stroms.  An  dem  Platindraht  war 
das  bei  den  drei  ersten  Versuchsreihen  als  Pol  dienende 
Platinblech  von  40°^  Länge  und  33"^  Breite  befestigt. 

Was  die  Tangentenbussole  betrifft,  welche  zur  Messung 
des  Stroms  diente,  so  war  sie  nach  Web  er 's  Vorschriften 
eingerichtet  und  bestand  aus  einem  0,401  Meter  weiten  Ringe 
von  5™°  Breite  und  7°™,5  Dicke,  in  dessen  Mitte  eine  Nadel 
von  37°^,5  Länge  aufgehängt  war.  Die  mir  unerläfslich 
scheinende  Prüfung  des  Instruments  habe  ich  auf  folgende 
Weise  ausgeführt  : 

Zwei  Kupferdrähte  von  gleichen  Dimensionen  wurden 
neben  einander  in  den  Strom  eines  Bunsen 'sehen  Elementes 
eingeschaltet.  Ein  jeder  für  sich  mit  der  Tangentenbussole 
verbunden  gab  ganz  dieselbe  Ablenkung  der  Nadel;  es 
folgt  hieraus,  dafs  beide  genau  gleichen  Leitungswiderstand 
hatten.  Da  aber  der  Leitungswiderstand  der  Tangenten- 
bussole bei  der  bekannten  Dicke  ihres  Ringes  verschwin- 
dend klein  war  gegen  den  jener  beiden  Drähte,  so  ergiebt 
sich,  dafs  die  Bussole,  in  Verbindung  mit  Einem  dersel- 
ben, nur  vom  halben  Strome  umflossen  wurde,  hingegen 
vom  ganzen  Strome  in  Verbindung  mit  beiden  Drähten  zu- 
gleich. Die  Tangente  des  Ablenkungswinkels  mufste  im  letz- 
teren Falle  doppelt  so  grofs  seyn,  wie  im  ersteren.  Ich 
habe  folgende  Versuche  darüber  angestellt  : 


60 


Meidinger,  über  voUamelrii^ 


Swuer  Strom 

Halber  Strom 

Doppelte  Tangente 
dea  halben  Stroma 

V^AJA      , . 

tff  58*42' 
—  1,64471 

tg  40*39' 
=  0,85861 

1,71722 

0,07251 

to  51<»6' 
=s  1,23931 

tg  32*48' 
—  0,64445 

1,28890 

0,04859 

tg  42*13' 
=  0,90727 

tg  24*55' 
=  0,46453 

0,92906 

0,02179 

tg30*6' 
=  0,57968 

tg   16*31' 
=  0,29653 

0,59306 

0,01338 

tg  17*6' 
s  0,30764 

tg     8*49' 
=  0,15511 

0,31022 

0,00258 

Es  ergiebt  sich  aus  diesen  Versuchen,  dafs  die  Tangen* 
ienbussole  mit  einem  kleinen  Fehler  behaftet  ist.  Derselbe 
wächst  mit  der  Gröfse  des  Ablenkungswinkels.  Die  erhaltenen 
Ablenkungen  sind  demnach  alle  etwas  zu  gering  ausgefallen. 
Aus  dei\  hier  angeführten  Versuchen  habe  ich  für  dieses  In- 
strument folgende  Interpolationsformel  berechnet,  mit  deren 
Hülfe  sich  die  beobachteten  Ablenkungen  auf  die  wahren 
leicht  reduciren  lassen. 

m  =  m'  +  0,0635  m'»  —  0,00589  m'». 

m'  bedeutet  hier  die  Tangente  der  durch  den  Versuch 
gegebenen  Ablenkung ;  m  die  Tangente  der  gesuchten  wahren 
Ablenkung. 

Unregelmäfsigkeiten  in  der  Stromstärke  wurden  durch 
einen  Regulator  corrigirt,  so  dafs  während  der  ganzen  Dauer 
eines  Versuchs  die  Nadel  eine  feste  Stellung  behielt;  letztere 
konnte  bis  zu  einem  Zehntel  eines  Grades  mit  Sicherheit 
gelesen  werden,  einige  Uebung  erlaubte  es  ein  Zwanzigstel 
zu  schätzen,  da  die  halben  Grade  noch  unmittelbar  angegeben 
sind.    Man  fixirte  die  Nadel  gewöhnlich  auf  einen  Theilstrich ; 


Mesiuttgen.  61 

es  konnte  so  die  einmal  gregebene  Stellung  sicherer  beibe- 
halten werden.  Nach  Beendigung  des  Versuchs  wurde  mit 
Attsschlufs  der  Zersetzungszelle  die  Nadel  nochmals  auf  die 
beobachtete  Ablenkung  gebracht  und  sodann  durch  Umkehrung 
des  Stroms  die  Ablenkung  auch  auf  der  andern  Seite  des 
Nullpunkts  gelesen.  Das  Mittel  beider  Beobachtungen  galt 
für  die  wahre  Ablenkung  während  der  Dauer  des  Versuchs. 
Als  Stromerzeuger  *  diente  die  B  u  n  s  e  n '  sehe  Kette ,  welche 
je  nach  der  Stärke  des  Stroms  von  3  bis  zu  12  Elementen 
angewendet  wurde. 

Es  folgt  nunmehr  zuerst  eine  Reihe  von  Versuchen,  die 
bei  verschiedener  Stromstärke  angestellt  wurden ,  und  die  aus 
einer  weit  gröfseren  Zahl  ausgewählt  sind,  welche  im  Allge- 
meinen zu  gleichen  Resultaten  Tührten.  Die  Ablesung  der 
Gasvolume  geschah  stets  nach  einigen  Stunden,  wo  Luft  und 
Säure  nahe  gleiche  Temperatur  angenommen  hatten.  Die 
Dauer  des  Versuchs  wurde  mit  einer  Secundenuhr  genau  be- 
stimmt; die  erhaltenen  Volume  auf  ein  gemeinschaftliches 
Maafs  reducirt,  nämlich  auf  eine  Ablenkung  von  45^,  eine 
Minute  Dauer,  den  mitttleren  Barometerstand  von  336''',9  und 
0  Grad  Temperatur. 

Es  bedeutet  hier  : 

a  =  Ablenkung  der  Nadd. 
Z  =  Dauer  des  Versuchs. 
Ba^  Barometerstand  auf  0^  reducirt. 
t    =5  Temperatur  der  Luft  beim  Ablesen  der  Gas- 
volume. 


«9 


Meidinger,  über  voüameiritche 
Erstß  Veriuchsr^ihe. 


a 

Z 

Ba 

t 

BeebadiM 

Aedadr* 

39« 

6,6 

331 

15,7 

H.  258,1 
0.  108,6 

44,26 
18,63 

32» 

8,5 

330 

18 

H.  254 
0.  114,1 

43,94 
19,72 

27«30' 

9,5 

331,7 

13,4 

H..  229,3 
0.  HO 

43,46 
20,40 

21» 

14 

330,7 

14,3 

H.  244 
0.  118,2 

42,33 

20,52 

18» 

17 

331,6 

13 

H.  248,4 
0.  122,2 

42,22 

20,78 

16» 

19 

329,7 

17 

H.  248,9 
0.  122 

42,10 
20,63 

13»24' 

.    23 

331,5 

21 

H.  248 
0.  122,4 

41,35 
20,41 

12» 

27 

327,4 

17,7 

H.  256,2 
0.  128,1 

40,84 
20,42 

2« 

120 

329,3 

23 

H.  187 
0.    94,2 

40,22 
20,26 

Es  ergiebt  sich  aus  dieser  Tabelle,  dars  die  SauerstolT- 
volume  bei  höheren  Ablenkungen  eine  Abnahme  erleiden. 
Der  Wasserstoff  zeigt  das  entgegengesetzte  Verhalten ;  seine 
Quantitäten  wachsen  mit  den  Stromstärken.  Es  folgt  hieraus^ 
dafs  nirgends  eine  Proportionalität  beider  Gase  existirt.  Das 
Verhalten  des  Wasserstoffs  schien  sich  vielleicht  aus  der  Un- 
genauigkeit  der  Tangentenbussole  erklären  zu  lassen;  denn 
da  die  Ablenkung  der  Nadel  zu  gering  gemessen  wurde,  so 
mufste  der  reducirte  Werth  des  Gasvolums  natürlich  zu  hoch 
ausfallen.  Vermittelst  der  vorhin  erwähnten  Interpolations- 
formel berechnete  ich  somit  die  wahren  Werthe  der  Tangenten 
und  zwar  Tür  drei  der  in  der  Tabelle  angegebenen  Versuche, 
für  eineAblenkung  von32^,  18^  und  12*';  es  stellte  sich  heraus, 
dafs  die  Ablenkungen  32057',  IS^IS'  und  12ol0'  hätten  seyn 
sollen.     Die    hieraus    berechneten    reducirten  Werthe    sind 


Mearngm,  6S 

42,36,  41,49,  und  40,32;  die  beobachteten  waren  43,94, 
42,22  und  40,84.  Die  reducirten  Werthe  des  WaaaentaSa 
werden  denmacb  wohl  etwas  modificirt,  doch  findet  stets  no^h 
ein  grober  Verlost  dieses  Gases  statt,  welcher  von  der  Iut 
tensität  des  Stroms  abhängig  zu  seyn  scheint.  Bemerkt  murs 
noch  werden,  dafs  die  Versuche  beiläufig  in  der. Ordnung, 
wie  sie  gegeben  sind,  angestellt  wurden;  es  wird  sich  später 
zeigen,  dafs  diefs  von  einiger  Wichtigkeit  war. 

Ein  kleiner  Verlust  scheint  stets  dadurch  zu  entstehen, 
dafs  die  Case  nicht  Zeit  genug  gewinnen ,  in  den  Röhren 
aufzusteigen  und  sich  anzusammeln.  Von  den  Stellen,  wo 
sie  sich  entwickeln,  bildet  sich  ein  Strom  in  die  Höhe,  dem 
auf  den  Seiten  eine  Strömung  in  die  Tiefe  entspricht,  welche 
Gasbläschen,  oft  haufenweise,  bis  an  die  Mündung  der  Röhre 
treibt  und  so  die  Veranlassung  giebt,  dafs  sie  sich  in  der 
übrigen  Säure  verbreiten  und  der  Messung  entgehen.  Es 
wurde  dieser  Vorgang  fast  in  demselben  Grade  bei  starken, 
wie  bei  schwachen  Stromkräften  wahrgenommen  und  er  schien 
sich  nicht  vermeiden  zu  lassen,  selbst  wenn  man  die  Platin- 
platten sehr  hoch  in  den  Röhren  erhob.  Indessen  kopnte 
dieser  Verlust  nur  äufserst  wenig  ausmachen  und  er  über- 
stieg in  keinem  Falle  die  Grenze  der  Beobachtungsfeldf  r. 

Es  folgt  jetzt  eine  Reibe  von  Versuchen,  die  bei  weit 
auseinanderliegenden  Temperaturen  der  Zersetzungsflttssigkeit 
angestellt  wurden,  während  die  Stromstärke  soviel  als  möglich 
auf  gleicher  Gröfse  blieb.  Ich  stellte  hierbei  den  ganzen 
Apparat  in  ein  mit  Wasser  angefülltes  eisernes  Gefiifs  und 
erhitzte  ihn  durch  eine  Kohlenpfanne  bis  zu  einer  bestimmten 
Temperatur.  Beim  Beginn  des  Versuches  wurde  die  Pfanne 
entfernt,  der  Apparat  kühlte  sich  dann  zwar  etwas  ab,  doch 
betrug  die  Abnahme  der  Temperatur  nie  mehr  als  3  bis  4 
Grade.  T  bedeutet  hier  das  Mittel  aus  der  Anfangs-  und 
Ende*Temperatur  der  Säure. 


64 


MeiäingePt  iAtr  9<^fameiritdie 


Zweite  Ver$wdureike. 


Z 


Ba 


Beobaeblel 


Bedudrt 


20 
22 
35 

67 


66 
80 

82 
90 


17 
50 
67 


34*3' 

33« 

32« 

34*27' 

38042' 


43« 
40«4' 
40«1' 
40« 


12» 


12«6' 


8 

8,5 

7 


4,5 
4 
4 
3,75 


28 


H»57'  22 


20 


329,7 

327,3 

330 

330,15 

330,5 


330,7 
331,6 
331,5 
332,2 


329,4 
328,1 
329,4 


16,5 
17,4 

18 
18 
16,5 


16,6 
21,2 
23 

22,8 


17,3 
15,9 
18 


H.  227 
0.    92,6 
H.  247 
0.  107,5 
H.  254 
0.114 
H.  229,7 
0.  111,5 
H.  191,4 
0.    95,7 


H.  203,6 
0.  102 
H.  166 
0.    83,6 
H.  164,8 
0.    82,6 
H.  154 
0.    79 


H.  263,3 
0.  180,6 
H.  206 
0.  106 
H.  190 
0.101 


44,08 
17,94 
43,43 
18,90 
43,94 
19,72 
43,98 
21,36 
44,26 
22,13 


44,91 
22,46 
45,09 
22,71 
44,53 
22,32 
44,54 
22,84 


40,68 
20,17 
40,71 
20,95 
40,65 
21,52 


a) 


+  8,2 
+  5,63 
+  4,5 
+  1,26 
0 


b) 


0 
-0,33 

-0,11 
-1,15 


c) 


+  0,34 
-1,19 
-2,30 


Aus  diesen  Versuchen  g^eht  hervor ,  dafs  TempentDrTe^ 
schledenheiten  auf  die  Mengen  des  ausgeschiedenen  Wasser- 
stoffs keinen  bestimmt  ausgeprägten  Einflufs  haben.  Um  so 
auffallender  sind  die  Differenzen,  welche  sich  in  den  Volumen 
des  Sauerstoffs  zeigen.  Hohe  Temperaturen  bewirken,  daß 
sich  dieses  Gas  in  dem  ihm  zukommenden  Verhsllnib  ent- 
wickelt; ja  von  einer  gewissen  Temperatur  an  ttbertriflt  es 


Mei9ungm.  65 

in  seiner  Verdoppelung  den  Wasserstoff.  Bei  starken  Strömen 
liegt  diese  Temperatur  höher  als  wie  bei  schwachen.  Die 
letzte  Spalte  der  Tabelle  zeigt  unter  d  die  Differenzen  an, 
welche  sich  in  den  Volumen  des  Wasserstoffs  und  des  Sauer- 
stoffs ,  letzteren  verdoppelt ,  aussprechen.  Durch  eine  Kälte- 
inischung  konnte  in  einem  Falle  der  Versuch  bei  einer  Tem- 
peratur von  iP  angestellt  werden.  Hier  ist  der  Verlust  an 
Sauerstoff  sehr  bedeutend. 

Ich  mufs  hier  noch  auf  eine  Erscheinung  aufmerksam 
machen,  welche  sich  stets  bei  höheren  Temperaturen  —  und 
je  höher  dieselben  waren,  um  so  auffallender  —  gezeigt  hat. 
Während  man  vermuthen  sollte,  die  entwickelten  Gase  wür- 
den sich  unter  diesen  Umständen  nur  um  so  schneller  er- 
beben und  Strömungen  sich  weniger  leicht  ausbilden  können, 
fand  fortwährend  um  beide  Röhren  eine  lebhafte  Gasentwick- 
lung statt,  während  der  ganzen  Dauer  des  Versuchs.  Zu- 
teilen schienen  sich  diese  Gasbläschen  sogar  in  der  ganzen 
Säure  zu  bilden.  Die  Entwicklung  ging  in  so  bedeutender 
Menge  vor  sich,  dafs  man  sie  unmöglich  aufgelösten  Lufl- 
theilchen  zuschreiben  konnte.  Ich  werde  auf  diefs  Verhalten 
zurückkommen. 

Ich  wende  mich  nun  zu  einer  drittjsn  Versuchsreihe, 
welche  die  Abhängigkeit  der  entwickelten  Gasvolume  von 
dem  specifischen  Gewichte  der  Säure  darthun  soll.  Bei  den 
in  der  vorigen  Tabelle  angeführten  Versuchen  hatte  sich  die 
Säure  durch  Verdampfen  mehr  und  mehr  concentrirt.  Das 
anfängliche  spec.  Gew.  war  1,3;  zuletzt  betrug  es  1^4.  Der 
erste  und  der  vierte  Versuch  in  der  folgenden  Tabelle  sind 
genau  bei  den  eben  erwähnten  Concentrationen  angestellt, 
nnd  zwar  der  erste  bei  1,3;  der  vierte  bei  1,4.  Der  zweite 
nnd  dritte  Versuch  sind  bei  einer  itaittleren  Goncentration 
ausgeführt.    Der  fünfte  Versuch  endlich  fand  bei  1,07  spec. 

Annal.  d,  Chemie  u.  Pharm.  LXXXVIII.  Bd.  1.  Heft.  5 


66 


Meidinger^  über  eoUameiriidie 


Gew.  der  Säure  statt.    Die  Temperatur  der  Säure  bei  diesen 
Versuchen  war  eine  mittlere  von  20^, 

Dritie  Versuchsreihe. 


a 

Z 

6a 

t 

Beobachtet 

Redadrt 

40« 

6 

331,2 

13,1 

H.  239,6 
0.     99,8 

44,64 
18,59 

40»3' 

6 

332,1 

;     19.2 

1 

H.  244,6 
0.  100 

44,64 
18,26 

40« 

6 

331,8 

23 

H.  244 
0.     94 

44,02 
16,96 

40« 

6 

332,3 

22 

H.  245 

0.    87 

44,4 
15,74 

39M8' 

6 

327,8 

22 

H.  244,4 
0.  121 

44,81 
22,18 

Diese  Versuche  lassen  keinen  «Zweifel ,  dafs  bei  höheren 
Concentrationsgraden  die  Menge  des  ausgeschiedenen  Sauer- 
stoffs abnimmt;  die  Quantitäten  des  Wasserstoffs  hingegen 
scheinen  keine  Aenderung  zu  erleiden. 

Eine  Erscheinung  ist  bis  jetzt  unerwähnt  geblieben,  von 
welcher  man  erwarten  murste,  dafs  sie  auf  die  Entwicklung 
des  Sauerstoffs  von  Einflufs  war ;  es  ist  diefs  die  Bildung  jenes 
merkwürdigen  Körpers ,  welcher  bei  der  Electrolyse  der 
Schwefelsäure  stets  auftritt^  des  Oions.  Soviel  ich  nach  dem 
Gerüche  urtheüen  konnte,  bildete  es  sich)  bei  schwachen  Strö- 
men nur  in  geringem  Grade,  ebenso  in  sehr  verdünnter  Säure, 
und  bei  höheren  Temperaturen  fast  gar  nicht.  Ein  sehr  in- 
tensiver Strom,  eine  niedere  Temperatur  und  vorzugsweise 
eine  sehr  concentrirte  Säure  erregten  einen  bis  zum  Uner- 
träglichen sich  steigernden  Geruch;  er  schien  mit  einem 
Worte  vorzugsweise  unter  den  Umständen  zu  entstehen,  wo 
sich  grofse  Differenzen  in  den  Sauerstoffvolumen  zu  erkennen 
geben.    Es  war  demnach  sehr  natürlich^  dafs  der  Verlust  an 


Muiungen.  67 

Sauerstoff,  den  man  unter  obigen  Umstanden  beobadilet, 
bald  allein  auf  Kosten  der  Bildung  von  Ozon  geschrieben 
wurde.  In  diesem  Falle  mufste  jedoch  das  Ozon  ein  sehr 
verdichtetes  Gas  seyn,  dessen  Volum  geringer  war,  als  das 
des  Sauerstoffs,  der  zu  seiner  Bildung  diente.  Das  Ozon 
wird  durch  hohe  Temperatur  zersetzt;  d.  h.  der  characteri- 
stische  Geruch,  sowie  die  oxydirende  Kraft  verliert  sich.  Um 
die  Richtigkeit  der  Hypothese  zu  ei^ründen ,  dünkte  es  mir 
das  Zweckmäfsigste,  es  durch  Hitze  zu  zerstören.  Der  Sauerstoff 
mauste  dadurch  in  Freiheit  gesetzt  werden  und,  falls  er  sich 
in  verdichtetem  Zustand  im  Ozon  befand,  das  gegebene  Vo-* 
lum  vergröfsern.  Eine  Glasröhre  von  beiläufig  einem  Meter 
Länge  und  6  Millimeter  Weite  wurde  zu  diesem  Zwecke  am 
einen  Ende  zugeschmolzen,  am  andern  mit  einer  Theilung 
versehen,  so  dafs  bis  ^^  gelesen  werden  konnte.  Sodann 
wurde  sie  im  Zersetzungsapparat  bis  an  den  Anfang  der 
Theilung  mit  Gas  angefüllt  und  hierauf  mit  dem  offenen  Ende 
in  ein  hohes,  mit  Wasser  angefülltes  Glasgefäfs  gesenkt,  wo- 
durch der  Rest  der  Säure  austreten  mufste.  Was  etwa  davon 
noch  hängen  blieb,  konnte  durch  wiederholtes  Schütteln  mit 
dem  eingedrungenen  Wasser  entfernt  werden.  Nach  einiger 
Zeit  wqrde  das  Volum  gelesen  und  sodann  zur  Zerstörung 
des  Gases  übergegangen.  Der  Procefs  bestand  einfach  darin, 
dafs  eine  Spirituslampe  längere  Zeit  auf  eine  beliebige  Stelle 
der  Ghsröhre  einwirkte.  Durch  diese  OperationiM|rde  er- 
fahrungsmäfsig  das  Ozon  vollständig  vernichtet.  Gleichwohl 
ergab  sich  bei  wiederholter  Messung  keine  Aenderung  des 
Vdums.  Dieser  Versuch,  mehrmals  erneuert,  führte  stets  zu 
demselben  Resultate.  Es  folgt  hieraus,  dafs  eine  Bildung  des 
Oums  in  dem  entwickelten  Sauerstoff  die  Veranlassung  zu 
dem  Verschwinden  dieses  Gases  tUcki  geben  konnte. 

Nach  der  Lösung  dieser  Frage  schien  eine  zweite  nicht 
minder  interessant  :  wieviel  wohl  an  Oson  sich  in  dem  ent- 

5* 


68  Meidinger^  über  voUameirüdie 

widtelten  Sauerstoff  befinden  mochte.  Ich  verschaflne  mir  in 
dieser  Absicht  eine  genau  getheilte  Glasröhre,  die  42^  fafste 
und  mit  Sicherheit  ^Y"^  erkennen  iiefs.  Es  schien  nun  das 
Einfachste,  nachdem  bis  gegen  39<^®  Sauerstoff  entwickelt,  die 
übrige  Säure  durch  Wasser  ersetzt  und  das  Innere  der  Röhre 
gereinigt  war,  vermittelst  eines  Stückchens  Jodkalium,  das 
von  unten  in  die  Röhre  gebracht  wurde ,  und  Schüttebi  der 
Isösung,  die  Entfernung  des  Ozons  zu  bewirken.  Dasselbe 
ward  zwar ,  wie  die  intensiv  braune  Färbung  zeigte,  jedesmal 
vollkommen  zerstört,  allein  es  ergab  sich,  wahrscheinlich  von 
an  den  Fingern  und  an  dem  festen  Jodkalium  anhängender 
Luft,  regelmäfsig  eine  kleine  Volumzunahme.  Es  folgte  dar- 
aus schon,  dafs  die  Menge  Ozon  in  dem  Sauerstoff  nicht 
grofs  seyn  konnte.  —  Den  Versuch  modificirte  ich  jetzt  so, 
dafs  ich  eine  lange  Glasröhre  mit  gelöstem  Jodkalium  füllle 
und  das  in  eine  gekrümmte  Spitze  ausgezogene  Ende  unter 
die  Oeflhung  des  getheilten  Glases  brachte.  Ein  Strahl  Jod- 
kalium spritzte  in  die  Höhe  und  zerstörte  das  Ozon  fast  mo- 
mentan. Das  Volum  konnte  kurz  darauf  gelesen  werden, 
indem  das  getheilte  Glas  ganz  mit  Wasser  bedeckt  blieb  und 
nie  mit  den  Fingern  angegriffen  wurde.  Bei  Versuchen,  die 
auf  diese  Weise  mehrmals  angestellt  wurden,  ergab  sich  bei 
34««  bis  38««  Gas  ein  Verlust  von  0««,1.  Die  Menge  des  bei 
meiner  Versuchsmethode  dargestellten  Ozons  war  demnach 
eine  sehr  geringe.  Ich  mufs  noch  hinzuAlgen,  dafs  die  Zer- 
setzung des  Wassers  hier  unter  Umständen  geschah,  welche, 
wie  wir  später  sehen  werden,  ein  noch  günstigeres  Verhällnifs 
für  die  Menge  Ozon  versprach,  als  wie  es  bisher  erwartet 
werden  konnte. 

Aehnliche  Versuche   sind  übrigens  zum  TheU  bekannt; 
erst  im  vorigen  Jahre  haben  Fremy  und  Becquerel*) 


•)  Ann.  chim.  phys.  1852  [3]  XXXV. 


Mesiungen.  69 

über  diesen  Gegenstand  geschrieben,  und  auch  Baumert*} 
hat  gezeigt ,  welche  geringe  Mengen  Ozon ,  selbst  bei  tage- 
langer Entwicklung,  sich  bilden.  Für  diese  Untersuchung 
war  es  jedoch  von  besonderer  Wichtigkeit,  nachzuweisen, 
dals  das  Verschwinden  des  Sauerstoffs  bei  der  Eleclrolyse 
zwar  in  gewissem  Zusammenhang  mit  der  Bildung  des  Ozons 
steht,  dafs  aber  die  Quantitäten  dieses  Körpers,  wenn  auch 
mefsbar,  so  doch  sehr  gering  sind,  und  d&fs  sie  endlich  durch 
Zerstören  bei  Erhitzung  das  gegebene  Volum  des  Sauerstoffs 
nicht  verändern. 

Es  lag  jetzt  nahe ,  den  Grund  von  dem  Ausbleiben  des 
Sauerstoffs  in  einer  LösUchkeit  des  Ozons  in  der  Säure  zu 
suchen.  Die  Reaction  mit  Jodkalium  liefs  in  der  That  auf  die 
Anwesenheit  des  Ozons  in  der  Flüssigkeit  schliefsen.  Sogar 
bei  grofser  Verdünnung  der  bei  den  Zersetzungsversuchen 
gebrauchten  Säure  mit  reinem  Wasser  ergab  sich  eine  tief 
braune  Färbung.  Aber  ein  Umstand  machte  sich  geltend^ 
welcher  die  Möglichkeit,  dafs  diese  Reaction  von  (hon  her- 
rühre, trotzdem  völlig '  zurückwies  :  die  Säure  zeigte  sich 
nämlich  durchaus  geruchlos.  Weder  durch  heftiges  Schütteln 
derselben,  noch  dadurch,  dafs  ein  Strom  Luft  in  sie  geblasen 
wurde,  konnte  auch  nur  im  geringsten  der  Geruch  des  Ozons 
wahrgenommen  werden.  Und  doch  mufste  die  Menge  dieses 
Körpers,  welche  sich  bei  den  vielen  Versuchen  gebüdet  halte, 
sehr  beträchtlich  seyn.  Im  Ganzen  genommen  mochten  mehr 
als  1000^  Sauerstoff  verschwunden  seyn.  Es  blieb  demnach 
nichts  anderes  übrig,  als  die  intensive  Reaction  auf  Jod- 
kalium einer  Bfldung  von  Woiserstaffhyperoxyd  zuzuschreiben, 
und  bei  der  Beständigkeit,  welche  dieser  Körper  in  ver- 
dünntem Zustand,  mit  Säuren  gemischt,   sogar  bei  höheren 


*)  Pogg.  Ann.  Bd.  LXXXIX,  1.  Heft. 


70  Meidinger^  üb^  voUameirische 

Temperaturen  besitzt,    war  es   erklärlich,    daf^  er  sich  in 
solchen  Quantitäten  ansammeln  konnte. 

Folgende  Thatsachen  werden  wohl  im  Stande  seyn,  allen 
Zweifel  zu  verbannen,  der  noch  über  die  Identität  dieses 
Körpers  mit  HOi  herrschen  mag. 

i}  Der  positive  Pol,  welcher  längere  Zeit  zmr  SauerstofT-» 
entwicklung  gedient  hat,  zeigt  nach  Beendigung  der  Electro* 
lyse  die  merkwürdige  Eigenschaft,  an  allen  seinen  Punkten 
einen  gasförmigen  Körper  zu  entbinden ,  ganz  in  der  Art, 
wie  es  bei  einem  sehr  schwachen  Strom  der  Fall  ist.  Diese 
Gasentwicklung  dauerte  in  der  vidgebrauchten  Säure  mehrere 
Wochen  hindurch,  so  dafs  es  möglich  war,  das  Gas  in  einer 
Röhre  aufzufangen  und  nach  seinen  chemischen  Eigenschaften 
zu  prüfen.  Es  fand  sich  reiner  SauerstoiF.  Derselbe  konnte 
unmöglich  anders,  als  durch  Zersetzung  des  HOs  entstehen; 
es  ist  diefs  vollkommen  die  Eigenthümlichkeit ,  welche 
Thenard  dem  HO^,  in  verdünntem  Zustand,  mit  Säuren  ge- 
mischt, in  Berührung  mit  sehr  reinem  Platin  beilegt.  So 
rein  aber ,  wie  bei  der  Electrolyse  am  SauerstoiTpoI ,  ist  das 
Platin,  wie  bekannt,  kaum  auf  eine  andere  Weise  darsa- 
stellen.  Uebrigens  besitzt  der  negative  Pol  jene  Fähigkeit 
nicht,  oder  nur  in  sehr  geringem  Grade;  auch  verliert  sie 
der  positive  Pol  auf  der  Stelle,  sowie  man  ihn  nur  einen 
Moment  in  eine  reine  Schwefelsäure  hält,  die  noch  nic^t  zur 
Electrolyse  gedient  hatte. 

Auch  unter  der  Luftpumpe  dauerte  der  Procefs  mehrere 
Tage  in  unveränderlicher  Stärke  fort. 

2)  Setzt  man  die  Säure  einer  höheren  Temperatur  aus^ 
so  bemerkt  man  bald,  wie  sich  Gasbläschen  anfangen  zu  ent- 
wickeln ,  bei  steigender  Temperatur  in  immer  reichlicherer 
Menge;  zuweilen  erscheint  die  Säure  durch  die  mächtige  Ent- 
wicklung fast  milchig  getrübt,  bis  zuletzt^  nach  längerem  Auf- 
wallen der  Flüssigkeit,  der  Procefs  nachläfst  und  dieselbe  in 


Meinmgm.  71 

gewölnliches,  ruhiges  Sieden  geräth.  Erst  in  diesem  FaUe 
hört  die  Reaction  der  Säare  auf  Jodkalium  vollstttndig  auf. 
Eine  lange  Glasröhre,  wie  sie  früher  zur  Zerstörung  des 
Ozons  gedient  hatte,  wurde  mit  der  Säure  gefüllt  und  in 
dieselbe  umgestürzt.  Hit  einer  Spirituslampe  wurde  das  her- 
vorragende Ende  scharf  erhitzt,  so  dafs,  nachdem  die  Säure 
zum  Sieden  gekommen  war,  Dämpfe  anfingen  sich  zu  bilden 
und  die  Säure  fast  gänzlich  aus  dem  Rohre  trieben.  Auf 
diese  Weise  konnte  dasselbe  zu  wiederholten  Malen  mit 
Säure,  die  noch  reich  an  HOi  war,  gefüllt  und  stets  mehr 
Gas  entwickelt  werden.  Nachdem  einige  Zeit  fortgefahren 
war,  hatten  sich  über  10^  Gas  gebildet,  das  sich  wieder  wie 
rdner  Sauerstoff  verhielt.  Auch  dieses  Verhalten  characte- 
risirt  das  HO3  vollkommen.  Es  kann  somit  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dafs  sich  aufser  Ozon  auch  noch  HOi  und  zwar 
in  sehr  reichlicher  Menge  in  der  Zersetzungszelle  bildet.  —  Ich 
brauche  kaum  darauf  hinzuweisen,  dafs  die  Gasentwicklung, 
welche  stets  bei  den  bei  höheren  Temperaturen  angestellten 
Versuchen  beobachtet  wurde,  hierin  ihre  Erklärung  findet. 

Ganz  in  der  Weise,  wie  das  HOi  erst  bei  höheren  Tem- 
peraturen vollständig  zu  entfernen  ist,  ebenso  bildet  es  sich 
auch  noch,  sowie  das  Ozon,  bei  höheren  Temperaturen.  Es 
vrurde  ein  electrischer  Strom  durch  reine  Säure  von  1,3  spec. 
Gew.  geleitet,  die  bis  auf  200^  erhitzt  war;  sowohl  eine 
Reaction  auf  Ozon,  wie  auf  HOt  ergab  sich  in  diesem  Falle. 
Beide  Körper  scheinen,  wenigstens  was  ihre  Bildung  in  der 
Schwefelsäure  betrifil,  nie  vereinzelt  aufzutreten;  das  Ozon 
sicherUch  nie,  ohne  dafs  sich  nicht  zugleich  eine  reichliche 
Menge  von  HOt  gebildet  hätte.  Selbst  in  chemisch  reinem 
Wasser  treten  beide  Verbindungen  zugleich  auf.  Um  diefs 
nachzuweisen,  wurde  das  Wasser  durch  eine  Batterie  von 
42  Bunsen 'sehen  Elementen  zersetzt;  es  fand  zwar  inuner 
noch  eine  nur  $ehr  geringe  Gasentwicklung  statt,  sie  war 


72  Meidinger,  über  tcHamdruehe 

jedoch  hinreichend,  um  mil  voller  Sidierheit  den  Geruch  des 
Ozons  und  die  ReacÜon  aof  ein  Jodkaliumkleisterpapier  wahr- 
nehmen zu  können ;  nach  einer  Stunde  der  Entwicklung  wurde 
ebenfalls  das  Wa$9er  durch  Jodkaliumkleister  intensiv  blau 
gefärbt.  Ich  mufs  noch  bemerken,  dafs  der  Versuch  nur 
dann  gelingt,  wenn  man  die  Sauerstoffentwicklung  an  einem 
kurzen,  dünnen  Platindraht  als  positivem  Pol  vornimmt.  Bei 
Anwendung  einer  Platinplatte  war  weder  der  geringste  Ozon- 
geruch  zu  entdecken,  noch  ergab  sich  eine  Reaction  auf  HO«. 

In  ähnlicher  Weise  habe  ich  auch  mit  jener  Kette  das 
Verhalten  der  concentrirten  Schwefelsäure  untersucht.  Im 
ersten  Augenblick  der  Zersetzung  bildete  sich  der  penetran- 
teste Ozongeruch  und  konnte  HOi  in  der  Säure  nachgewiesen 
werden.  Diefs  hörte  jedoch  nach  kurzer  Zeit  auf,  die  Säure 
wurde  sehr  heifs,  es  entwickelte  sich  lebhaft  Schwefelwasser- 
stoff und  die  ganze  Flüssigkeit  trübte  sich  milchig  durch  Ab- 
scheiden von  Schwefel.  Hier  ist  es  hauptsächlich  von  In- 
teresse, dafs  beim  Beginn  des  Versuchs  sowohl  Ozon,  wie 
HOt  und  zwar  in  reichlichen  Mengen  sich  bUdeten. 

Scheint  es  nach  den  verschiedenen  hier  mitgetheilten 
Thatsachen  nicht  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  dafs  die 
Entstehung  des  Ozons,  wenigstens  was  dieselbe  in  der  Zer- 
setzungszelle betrifft,  vollkommen  an  die  des  HO»  geknüpft 
ist,  indem  sie  erst  dann  erfolgt,  wenn  sich  schon  eine  hin- 
reichende HOiSchicht  um  den  Pol  gelagert  hat,  die  dann 
bei  der  weiteren  Zersetzung  noch  höher  oxydirt  wird? 

Man  erkennt  aus  der  vorhergegangenen  Darstellung,  dafs 
die  Fehler,  welche  bei  voltametrischen  Messungen  begangen 
werden  können,  hauptsächlich  den  veränderlichen  Mengen 
des  entwickelten  Sauerstoffs  zur  Last  fallen  und  daGs  man 
defshalb  in  den  meisten  Fällen  wohlthun  wird,  seine  Bestim- 
mung ganz  zu  vernachlässigen.  Wenn  auch  der  Verlust,  der 
durch  die  Bildung  von  HO»  entsteht,  durch  günstige  Anordnung 


Menungm.  73 

auf  ein  Minimum  zu  bringen  ist ,  so  ist  ihm  doch  nie  gam 
Yorsobeugen  und  diefs  reicht  hin,  die  Messung  unzuverlässig 
zu  machen. 

Femer  aber  ist  auch  zu  erwarten,  dafs  die  Gegenwart 
des  H0t9  das  sich  bei  laufenden  Versuchen  in  reichlicher 
Menge  ansammelt,  und  das  eine  so  hohe  Fähigkeit  besitzt, 
andere  Körper  zu  oxydiren ,  einen  grofsen  Einflufs  äufsem 
wird  auf  die  Quantitäten  Wasserstoff,  welche  sich  bei  der 
Hectrolyse  erzeugen.  Es  läfst  sich  vermuthen,  dafs  dieser 
Einfluls  um  so  bedeutender  seyn  wird,  eine  um  so  gröfsere 
Oberfläche  der  Wasserstoff  bei  der  Zersetzung  der  Säure 
darbietet,  je  vertheilter  er  sich  erhebt,  mit  einem  Wort,  je 
geringer  die  Slromttärke  ist,  bei  der  er  sich  entwickelt 
Vielleicht  wären  auf  diese  Weise  die  Differenzen  aufzuklären, 
welche  sich  in  den  Wasserstoffmengen  bei  Aenderung  der  Strom« 
stärke  aussprechen.  Ich  bemühte  mich  defshalb,  vorerst  nach- 
zuweisen, dafs  eine  Oxydation  des  Wasserstoffs  in  einer  bei 
Yoltametrischen  Untersuchungen  häufig  gebrauchten  Säure 
stattfindet,  sodann  aber,  dafs  diese  Oxydation  in  gewisser 
Hinsicht  von  der  Stromstärke  abhängig  ist,  d.  h.,  dafs  sie 
durch  eine  grofse  Vertheflung  des  Wasserstoffs  während  der 
Zersetzung  befördert  wird.  Beide  Beweise  liefsen  sich  leicht 
nach  einem  ähnlichen  Verfahren ,  wobei  sich  alle  Beobach* 
tangsfehler  ausglichen,  in  wenigen  Versuchen  mit  grofser 
Schärfe  führen. 

Zwei  Voltameter  wurden  zu  gleicher  Zeit  in  den  Strom 
eingeschaltet ;  in  dem  Einen  befand  sich  die  bisher  angewen-* 
dete  Säure ,  in  dem  Andern  eine  frisch  bereitete ,  von  HO» 
fireie.  Bei  einer  Ablenkung  von  5®  wurden  in  diesem  240^ 
Wasserstoff  entwickelt,  in  jenem  hingegen  blofs  234^.  Es 
kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dals  die  verlorenen  6^ 
Wasserstoff  auf  Rechnung  der  Oxydation  durch  das  HOt  zu 
schreiben  sind.    Bei  diesem  Versuche  wurden  die  bei  allen 


74  Meidingerj  über  eoUametrüche 

früheren  angewendeten  Platinbleche  benatzt  Kn  zweiter 
Versuch  wurde  bei  einer  höheren  Ablenkung  von  13*  ange- 
stellt und  mit  Polen,  welche  aus  Platindrähten  von  i  Zoll 
Liiige  bestanden.  In  diesem  Falle  strömte  in  einer  gege- 
benen Zeit  eine  verhttltnifsmäTsig  gröfsere  Menge  Electricitil 
von  jedem  Punkte  des  Pols  aus ,  die  Gasentwicklung  mofste 
riso  in  gröfseren  Blasen  vor  sich  gehen.  Wirklich  erhielt 
ich  jetzt  in  dem  ersten  Voltameter  229^  Wasserstoff,  in  dem 
letzteren  231®^,  demnach  blofs  2^*  mehr.  Um  hierüber  noch 
mehr  Sicherheit  zu  erhalten,  theilte  ich  meine  bisher  benutzte 
Säure  und  stellte  einen  ähnlichen  Versuch  wie  vorher  an; 
nur  dars  diesesmal  die  Entwicklung  in  der  Einen  Hälfte  an 
einem  Platindraht,  in  der  andern  Hälfte  hingegen  an  einem 
Platinblech  geschah.  Bei  einer  Stromstärke  von  4®  wurdes 
hier 225«« Wasserstoff,  dort 232«« entwickelt;  trotz  dergleichen 
Beschaffenheit  der  Säure  in  beiden  VoUametern  wurden  den- 
noch in  dem  Einen ,  vermöge  der  gröfseren  Vertheilung  des 
Wasserstoffs^  7««  mehr  oxydirt,  als  in  dem  andern. 

Es  erhält  hier  auch  folgende  nicht  uninteressante  Beob- 
achtung ihre  Erklärung.  Stellt  man  in  die  Röhre,  welche 
sich  bei  der  Electrolyse  mit  Wasserstoff  ganz  gefüllt  hat,  die 
Polplatte  hinein,  welche  zur  Entwicklung  des  Sauerstolfi 
diente,  und  zwar  so ,  dafs  sie  mit  ihrer  unteren  Kante  die 
Säure  noch  berührt,  so  bemerkt  man  nach  kurzer  Zeit  ein 
Steigen  der  Säure  in  der  Röhre,  die  Platte  ist  bald  fast  gänz- 
lich von  derselben  bedeckt;  erhebt  man  dieselbe  über  den 
Spiegel,  so  ergiebt  sich  wiederum  ein  Verschwinden  des 
Wasserstoffs.  So  fand  in  einem  Falle  nach  2  Tagen  eine 
Verminderung  des  Wasserstoffs  von  232««  auf  213««  statt,*  in 
einem  andern  Falle  schon  nach  24  Stunden  ein  Differenz  von 
234««  auf  2i0««.  Es  ist  nicht  zu  zweifeln,  dafs  diefs  auf  einer 
Oxydation  des  Wasserstoffs  auf  Kosten  des  in  der  Flüssigkeit 
befindlicben  HOi  beruht,   welche  durch   die  Gegenwart  des 


Me$9vngen.  75 

reinen  Platins  vennittelt  wurde.  Die  Erscheinnng  wurde  nicht 
beobachtet,  wenn  man  den  negativen  Pol  anwandte ,  ebenso- 
wenig, wenn  die  mit  Wasserstoff  gefüllte  Röhre  in  reine 
Säore  getaucht  und  der  Versuch  in  der  vorher  beschriebenen 
Weise  eingeleitet  wurde. 

Die  hier  mitgelhleilten  Beobachtungen  ergeben  zur  Ge«- 
nüge,  von  wie  grofseiii  Einflurs  die  Gegenwart  des  HOt  in 
der  Zersetzungsflüssigkeit  auf  die  Mengen  des  entwickelten 
Wasserstoffs  seyn  kann. 

Ehe  nun  fernere  Versuche  angestellt  wurden,  um  zn  er- 
kennen, ob  bei  Anwendung  einer  stets  reinen,  von  HOs  freien 
Säure  die  Differenzen  in  den  reducirten  Wass^rstoffvolumen, 
welche  sich  in  der  ersten  Versuchsreihe  bei  Aenderung  der 
Stromsttfriie  ausgesprochen  hatten,  nunmehr  verschwunden, 
war  es  noch  von  Wichtigkeit,  zu  ermitteln,  ob  die  Grobe  der 
Pole  überhaupt  von  Einflufs  bei  der  Electrolyse  ist.  Bei  einem 
schwachen  Strom,  wie  ihn  ein  einziges  Bunsen'sches  Ele- 
ment erzeugt,  ist  bekanntlich  eine  Gasentwicklung  nicht  wahr^ 
zunehmen,  sobald  man  Platten  anwendet.  Es  kann  diefs  blofs 
auf  einer  Löslichkeit  der  Gase  in  der  Säure  beruhen,  denn 
von  kleinen  Platindrähten  sieht  man  wirklich  Gasbläschen  auf«* 
steigen.  Es  läfst  sich  vermuthen,  dafs  unter  allen  Umständen 
eine  gewisse  Menge  Wasserstoff  von  der  Säure  gelöst  wird^ 
was  alsdann  an  deren  Oberfläche  in  die  Luft  ausdunstet. 
Ferner  wird  diese  Menge  um  so  gröfser  seyn,  je  mehr  Ober- 
fläche das  Gas  bei  seiner  Entwicklung  der  Säure  darbietet, 
mit  einem  Wort,  um  so  gröfser  der  Pol  ist,  an  d^n  es  ent- 
steht. Ob  jedoch  dieser  Einflufs  auf  die  Messung  von  Be- 
deutung ist,  diefs  mufste  der  Versuch  entscheiden»  Derselbe 
liefs  sich  nun  ganz  in  der  Weise  der  früheren  mit  zwei  Völ- 
tametem  anstellen;  beide  wurden  diefsmal  mit  vollkommen 
reiner,  frisch  bereiteter  Säure  von  1,3  spec.  Gew.  gefttUt; 
in   dem   Einen    entwickelte   sich   der   Wasserstoff  an   der 


76  Meidinger^  über  eoltametrüche 

bekannten  Platinplatte,  in  dem  andern  hingegen  an  einem 
kleinen  Draht.  Bei  einer  Ablenkung  von  4®  erhielt  ich  hier 
243"»  Wasserstoff,  dort  blofs  240^.  Dieser  Versach,  den  ich 
mehrmals  mit  ungefähr  gleichem  Erfolg  wiederholt  habe,  ist 
entscheidend,  er  führt  zu  der  bestimmten  Regele  dirfi  der 
Wasserstoff  bei  voUamdrischen  U$Uersuckungen  si^  an  einem 
kleinen  Pole  au  eniwickebi  isi.  Auch  vermeidet  man  dann 
alle  Strömungen  in  der  Auffangröhre  und  jeden  sichtbaren 
Verlust^  der  dabei  durch  ein  Entweichen  von  Gasbläschen 
stattfinden  könnte. 

Zu  der  folgenden  Versuchsreihe  wurde  eine  neue,  voll- 
kommen reine  Säure  von  1,3  spec.  Gew.  bereitet  —  C^ie 
andere  hatt£  sich  bei  dem  vielen  Gebrauche  auch  sonsU; 
verunreinigt)  —  und  dafür  gesorgt,  dafs  sie  nach  jedem 
einzehien  Versuche  längere  Zeit  ausgekocht  wurde ,  um  aach 
die  letzte  Spur  von  HO«  zu  entfernen.  Diesen  Zeitpunkt  zu 
erkennen,  wurde  zuweilen  die  Reaction  auf  Jodkalium  ange- 
wendet; fast  eben  so  sicher  wird  man  mit  einiger  Uebung 
gehen,  wenn  man  während  des  Kochens  auf  die  Entwicklung 
der  Sauerstoffbläschen  achtet.  Sowie  ein  regelmäfsiges  Sieden 
vom  Roden  des  Gefiifses  aus  beginnt,  ist  der  Procefs  beendet; 
ein  Stückchen  reines  Platin,  was  man  in  die  Säure  wirft, 
kann  dazu  beitragen,  denselben  zu  beschleunigen.  Meine 
Säure,  von  der  ich  gegen  1  Liter  zu  den  folgenden  Versuchen 
anwandte,  war  gewöhnlich  von  HOs  befreit,  wenn  ich  sie  in 
zwei  Rechergläsem  eine  halbe  Stunde  lang  über  Spiritus- 
lampen setzte.  Das  anfangliche  spec.  Gewicht  wieder  herzu- 
stellen ,  wurde  sie  vor  dem  ersten  Versuche  gewogen  und 
nach  jedem  Kochen  die  fehlende  Menge  durch  destillirtes 
Wasser  ersetzt.  Die  geringe  Menge  Schwefelsäure,  welche 
weggegangen  war,  konnte  hierbei  vernachlässigt  werden. 
Um  die  Redingungen,  unter  denen  die  einzelnen  Versuche 
angestellt  wurden ,   für  alle  Ablenkungen  gleich  zu  machen, 


MBSsungen. 


77 


wurden  solche  Stromstärken  gewählt,  die  sich  wie  1:2:4 
Terhielten  und  die  Gröfse  der  Pole  in  ein  gleiches  Verhältnifs 
gesetzt.  Es  waren  diefs  einfache  Drähte,  in  Glasröhren  ein- 
geschmolzen, deren  Längen  H°™,  22«*"  und  44"™»  betrugen. 
In  diesem  Falle  strömte  während  einer  gegebenen  Zeit  gleich-* 
viel  Electricität  von  jedem  Punkte  der  Pole  aus,  demnach 
mufste  überall  die  Gasentwicklung  gleich  intensiv  seyn,  die 
Bläschen  stets  in  derselben  Gröfse  aufsteigen.  Aufserdem, 
dafs  bei  der  Kleinheit  der  Pole  eine  mögliche  Löslichkeit  des 
Wasserstoffs  sehr  herabgestimmt  war,  wurde  auch  noch  der 
Oxydation  hinlänglich  vorgebeugt^  die  von  einer  Spur  zurück- 
gebliebenen HOt  ausgehen  konnte.  Jedenfalls  konnten  bei 
der  Proportionalität  der  Pole  mit  der  Stromstärke  beide  ge- 
nannten Einflüsse  nur  in  gleicher  Weise  zur  Wirksamkeit 
gelangen;  Fehler  mufsten  sich  defshalb  heben.  Die  Tem- 
peratur der  Säure  war  hierbei  eine  mittlere  von  20^. 

Vierte  Versuchsreihe. 


Ba 


Beobachtet 


Bedodrt 


PoIgrAiie 


8»31' 

39 

8«25' 

40 

s-ay 

39 

8*33' 

38 

16»30' 

20 

leoso* 

19 

i6«44' 

19 

30«»57' 

9 

31» 

9 

334,6 
334 
333,3 
333,1 

333,7 
333,5 
333,1 


329,2 
327,6 


18,7 
18 
18,5 
18,7 

18,3 

16 

18,5 


18,3 
17,7 


H.  264 
0.  42 
H.  268 
0.  41 
H.  264,2 
0.  54 
H.  258,8 
0.  55 

H.  271 
0.  55 
H.  253 
0.  40 
H.  262 
0.  53 

E  254 
0.  61 
H.  255,2 


42,01 

6,69 
42,11 

6,44 
42,08 

8,6 
41,91 

8,91 

42,46 
8,62 

42,23 
6,57 

42,47 
8,6 

43,16 
10,35 
43,10 


a. 


f  4  mm 

10«" 

4mm 

10«" 
20™» 

ÄAmn 

20»» 


b. 


c. 


78  Meidinger,  Über  voUameiriiche 

Die  bei  gleichen  Ablenlningen  angestelilen  Vors«^ 
stimmen  in  hohem  Grade  unter  einander  überein;  0^^  scheint 
der  äufserste  Fehler  zu  seyn,  der  aus  unsicherer  Eins^'^Ilang 
oder  Ablesung  der  Nadel ,  aus  Temperatur  -  und  Barometer- 
beobachtungsfehlem ,  sowie  aus  einem  ungenauen  Ablesen 
der  Gasvolumen  entspringt.  Es  zeigt  sich  sogleich,  dafs  die 
bei  den  niederen  Ablenkungen  entwickelten  Gasvolumen  einen 
viel  höheren  Ausdruck  gewonnen  haben,  als  in  der  ersten 
Versuchsreihe.  Das  Mittel  aus  obigen  Beobachtungen  giebt  f&r  : 
a  =  S^^  den  reducirten  Werth  42,03 
a  =  16«34'    ^  „  „      42,38 

a  =  30«59'    „  „  „      43,13. 

Die  nach  obiger  Interpolationsformel  berechneten  wahren 
Ablenkungen  sind  aber 

8ö33'  16«51'  31*54', 

denen    die   fast   übereinstimmenden    reducirten  Gasvolumen 
41,69,  41,62  und  41,60  entsprechen. 

Es  erübrigt  jetzt  noch,  einen  Blick  auf  die  Volumina  zu 
werfen ,  welche  in  der  letzten  Tabelle  für  den  Sauerstoff  er- 
halten worden  sind.  Die  in  der  letzten  Spalte  angeführte 
Polgröfse  bezieht  sich  blofs  auf  dieses  Gas;  es  ergiebt  sich 
eine  aufserordentliche  Verminderung  desselben  bei  Verkleine- 
rung des  Pols.  Diefs  findet  vielleicht  in  einem  ähnlichen 
Verhalten  des  Sauerstoffs  bei  sehr  starken  Strömen,  wie  die 
erste  Tabelle  zeigt,  seine  ErUäning.  Es  scheint  nämlich  das 
Ausbleiben  desselben  oder ,  wie  wir  jetzt  wohl  sagen  dürfen, 
die  Bildung  von  HO3  nicht  sowohl  von  der  absoluten  Strom- 
stärke, sondern  von  der  Intensität  der  Electricität ,  die  aus 
jedem  einzelnen  Punkte  des  Pols  strömt,  abhängig  zu  seyn. 
Durch  Verkleinerung  des  Pols  wurden  die  Bedingungen  immer 
günstiger;  um  so  mehr  mufste  es  auffallen,  dafs  -von  einer 
gewissen  Grenze  an  durch  noch  weitere  Verkürzung  des  Pols 
das  Volum  des  entwickelten  Sauerstoffs  wieder  zunahm,  d.  h. 


Heutmgen.  79 

wendiger  H0%  gd»fldet  wurde.  Die  Anwendung  eineg  ein- 
zigen Punktes  als  positiver  Pol  führte  auf  die  Erklärung 
dieser  Erscheinung.  Ich  stellte  den  Versuch  nSmlichbei 
einem  ziemlich  starken  Strom  von  12  Elementen  an  und 
hierbei  bemerkte  ich,  dars  die  Zersetzung  von  einem 
lebhaften  Zischen ,  wie  bei  Berührung  des  Wassers  mit  glü- 
henden Metallen,  begleitet  war  und  dafs  die  Nadel  der  Bus- 
sole sich  in  steter  Schwankung  befand.  Durch  den  grofsen 
Widerstand,  welchen  der  Eine  Punkt  der  überströmenden 
Electricität  darbot,  vnirde  derselbe  zum  Glühen  gebracht;  eine 
Folge  davon  war,  dafs  die  Berührung  theilweise  gehemmt 
wurde.  Diefis  zog  eine  momentane  Unterbrechung«  des  Stroms 
nach  sich,  bis  sich  das  Platin  hinreichend  abgekühlt  hatte, 
um  die  Säure  wieder  zu  benetzen  und  die  Leitung  des  Stroms 
herzustellen,  worauf  sich  denn  die  Vorgänge  erneuerten. 
Dafs  sich  unter  diesen  Umständen  weder  viel  HOt»  noch  viel 
Ozon  bilden  konnte,  ist  klar.  Ein  etwas  gröfserer  Draht  wird, 
wenn  auch  nicht  mehr  zum  Glühen  gebracht,  so  doch  stark 
erhitzt  und  dadurch  die  Bildung  des  Hyperoxyds  vermindert. 
Für  eine  gewisse  Ablenkung  mufs  es  endlich  eine  Polgröfse 
geben,  bei  der  sich  die  Bedingungen  zur  Bildung  dieses 
Körpers  am  günstigsten  herausstellen.  Ist  diese  einmal  ge- 
fanden, so  hat  es  keine  Schwierigkeit,  Tür  jede  andere 
Stromstärke  die  geeignete  Polgröfse  zu  bestimmen.  Strom- 
stärke und  Polgröfse  wachsen  nämlich  proportional.  Meine 
Versuche  ergeben  für  eine  Ablenkung  von  8<W  die  gün- 
stigste Polgröfse  zu  10°^  bis  11°^,  bei  einer  Dicke  des 
Drahts  von  0^,45.  In  diesem  Falle  ist  der  Verhist  wirklich 
erstaunlich  grofs;  er  beträgt  beiläufig  }  des  berechneten 
Gasvolums  und  ich  glaube  —  {ßi'd  Versuche  vmrden ,  wie 
bemerkt,  bei  einer  Temperatur  von  20^  angestellt)  —  dafs 
er  bei  einer  niedrigeren  Temperatur  noch  zu  vermehreB  ist. 
Vielleicht  wäre  es  so  möglich ,   den  Sauerstoff  gänzlich  zum 


80  Met  ding  er,  über  voUameiriiche 

Verschwinden  zu  bringen  und  das  Ozon  in  reinem  Zustand 
darzustellen.  Diefs  sind  jedoch  Untersuchungen,  die  man  nur 
im  Winter  anstellen  kann ,  wo  eine  sehr  niedrige  Temperatur 
auf  längere  Zeit  ohne  künstliche  Mittel  zur  Verfügung  ist 

Der  Geruch  nach  Ozon  ist  unter  den  so  eben  erwähnten 
günstigsten  Bedingungen  zur  Darstellung  des  Wasserstoff- 
hyperoiryds  sehr  penetrant;  doch  zeigen  die  früher  gerade 
nach  dieser  Methode  angestellten  Versuche^  dafs  trotzdem 
seine  Quantitäten  nur  höchst  unbedeutend  sind. 

Auch  durch  eine  gröfsere  Concentration  der  Säure  läEst 
sich  die  BOdung  des  Hyperoxyds  in  hohem  Grade  befördern, 
wie  sich  aus  der  dritten  Versuchsreihe  ergab.  Indefs  hat 
diefs  seine  Grenzen.  Vergleichende  Versuche  erwiesen,  dafs 
ein  spec.  Gew.  von  1,4  das  günstigste  ist  zu  seiner  Erzeugung. 

Es  wäre  wohl  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  die  Darstel- 
lung des  WasserstoflThyperoxyds  auf  electrolytischem  Wege 
in  die  Praxis  eingeführt  werden  könnte  ?  Ich  glaube  diefs 
bejahen  zu  dtirfen. .  Unter  obigen  Umständen  ergab  sich  bei 
einer  Stromstärke  von  8^3(y,  wie  sie  beiläufig  drei  Bunsen'- 
sche  Elemente  hervorbringen,  bei  einer  mittleren  Temperatur 
von  20^  in  40  Minuten  ein  Vertust  von  93^  Sauerstoff,  oder 
eine  entsprechende  Bildung  von  HOi.  Eine  niedrigere  Tem- 
peratur und  eine  Concentration  der  Säure  von  1,4  durfte 
diesen  Verlust  auf  100*^  steigern.  In  zwei  Stunden  sind 
dann  schon  300^  0  in  HOt  übergeführt ;  in  einem  Tage  be- 
trägt die  Menge  3600^  Sauerstoff.  In  Grammen  ausgedrückt, 
sind  es  1,4324  .  3,600  =  5,16  0.  Dieser  Sauerstoff  hat 
sich  mit  HO  zu  HO»  vereinigt;  es  ist  somit  die  Menge  0 
doppelt  zu  nehmen  und  das  Gewicht  von  2  .  3600^  H  hinzu- 
zuAgen;  letzleres  macht  0,069  .  7,200  s=  0,64  Granun. 
Demnach  2  .  5,16  +  0,64  =  10,96  oder  in  runder  Zahl 
11  Gramm  Hyperoxyd  im  Laufe  eines  Tages. 


Mt&sungm.  8i 

Indem  ich  nun  zum  Schlosse  die  Resultate  meiner  Yer- 
suche  zusammenfasse,  so  ergiebt  sich  folgendes  : 

Die  Electrolyse  des  mit  Schwefelsäure  verdünnten  Was- 
sers ist  stets  mit  einer  Bildung  von  Ozon  und  WasserstolT- 
hyperoxyd  verknüpft.  Ersterer  Körper  entsteht  in  so  geringen 
Mengen,  dafs  der  Einflufs,  den  er  auf  die  voltametrische 
Messung  ausübt,  zu  übersehen  ist.  Das  Wasserstofihyperoxyd 
ist  wesentlich  die  Ursache  von  dem  Ausbleiben  des  Sauerstoffs 
während  der  Zersetzung.  Da  die  Bildung  dieses  Körpers 
onter  keinen  Umständen  zu  vermeiden  ist,  so  kann  die  volta- 
metrische Messung  des  Sauerstoffs  keinen  Anhalt  geben  für 
die  Gröfse  der  Zersetzung.  Man  darf  defshalb  in  der  Regel 
kein  grofses  Gewicht  darauf  legen. 

Femer  wirkt  das  Wasserstoffhyperoxyd  in  der  Weise 
oxydirend  auf  den  Wasserstoff  ein,  dafs,  so  lange  es  sich 
in  der  Säure  befindet,  die  voltametrische  Gasbestimmung  des 
Wasserstoffs  unsicher  wird.  Vor  jedem  Versuch  mufs  darum 
die  Säure  durch  Auskochen  von  der  letzten  Spur  des  Wasser- 
sloffhyperoxyds  befreit  werden. 

Die  Entwicklung  des  Wasserstoffs  selbst  ist  an  einem 
nicht  allzugrofsen  Draht  als  negativem  Pol  vorzunehmen,  um 
die  LösUchkeit  desselben  in  der  Säure  auf  ein  Minimum  zu- 
rückzuführen und  um  Strömungen  in  der  Entwicklungsröhre 
vorzubeugen,  welche  einen  Verlust  des  Gases  nach  sich  zie- 
hen können. 

Bei  diesen  Vorsichtsmafsregeln  ist  das  Voltameter  ein 
höchst  bequemes  und  zuverlässiges  Mefsinstrument  starker 
galvanischer  Ströme. 


Annal.  d.  Ofaem.  a.  Phurm.  LXXXVUI.  Bd.  1.  H«ii.  6 


82        Frankland  u.  Ward,  über  emen  eerbesserim 

lieber  einen  verbesserten  Apparat  zu  Gasanalysen; 
von  Dr.  E.  Frankland  und  W.  J.  Ward.    , 

(Gelesen  Tor  der  Chemical  Society  ra  London.) 


Ungeachtet  der  anericannten  Wichtigkeit  der  Untersuchung 
gasförmiger  Substanzen  hat  doch  erst  seit  verhältnifsmäfsig 
kurzer  Zeit  dieser  Zweig  der  analytischen  Chemie  die  Beach- 
tung erlangt,  die  ihm  in  der  That  zukommt 

Als  Bnnsen  bei  seinen  bewundernswürdigen  Unter- 
suchungen über  die  aus  den  deutschen  Hohöfen  ausströmen« 
den  Gase  *}  die  besten  zu  jener  Zeit  bekannten  Methoden 
zur  Analyse  dieser  Gase  anwenden  wollte ,  fand  er  diese 
Methoden  so  unvollkommen  und  ungenau ,  dafs  er  die  Gas- 
analyse in  ihrem  ganzen  Umfang  nochmals  durcharbeiten  und 
auf  neue  Grundlagen  basiren  murste.  Et  begann  mit  der 
Construction  der  Eudiometer  selbst,  und  indem  er  den  ein- 
fachen Weg  einschlug,  die  Längen -Eintheilung  der  Röhren 
unabhängig  von  dem  Volum  auszuführen  und  dann  erst  die 
Röhren  zu  calibriren  und  das  wirkliche  Volum  jeder  ein- 
zelnen Theflungs-Einheit  zu  bestinmien  —  erreichte  er  einen 
Grad  von  Genauigkeit  in  der  Messung  der  Volume,  die  Niclits 
zu  wünschen  übrig  liefs.  Er  beseitigte  dann  die  Fehler- 
quellen, welche  durch  das  Einbringen  flüssiger  Absorptions- 
mittel in  die  Röhren  verursacht  werden,  indem  er  diese  Ab- 
sorptionsmittel im  festen  Zustand  anwandte,  in  Form  von  kleinen 
Kugeln,  die  an  Platin-  oder  Stahldräbten  befestigt  sind;  auf 
diese  Art  bleiben  die  inneren  Wandungen  der  Eudiometer- 
röhren  frei  von  anhängender  Verunreinigung,  und  die  Con- 
vexität  des  Quecksilbers  in  diesen  Röhren  bleibt  ungeändert. 
Durch  weitere  Verbesserungen  in  der  Wahl  der  anzuwenden- 


*)  Pogg.  Ann.  XL  VI,  193  u.  L,  8t  u.  673. 


Af^forai  m  6a$(molyMen.  63 

den  AbsorptionfiiniUel ,  durch  die  Bestimiming  der  Grenzen^ 
innerhalb  welcher  die  Verbrennung  bei  der  Explosion  von 
Gasen  auf  Zusatz  von  Wasserstoff  oder  Sauerstoff  voUständig 
eintritt,  und  die  Beachtung  vieler  anderer  wichtiger  Umstände, 
die  auf  die  Genauigkeit  der  Messung  der  Volume  von  Gasen 
Einflufs  haben,  erhob  B  u  n  s  e  n  diesen  Zweig  der  analytischen 
Chemie  %u  einer  Vollkommenheit,  welche  —  wie  die  zahl- 
reichen von  Bunsen  selbst,  von  Pleyfair,  Kolbe  und 
andern  ausgeführten  Untersuchungen  bezeugen  —  kaum  noch 
weitere  Verbesserung  als  möglich  oder  wttnschenswerih  er* 
scheinen  liefs,  so  weit  es  sich  um  Genauigkeit  der  Resultate 
handelt. 

Doch  war  es,  um  diese  von  Bunsen  eingeführte  Me* 
thoden  mit  allem  Erfolg  anzuwenden,  ncKhig,  einen  eignen 
Baum  von  nahezu  constanler  Temperatur  fast  ausscUielsUch 
zu  diesen  Untersuchungen  zu  benutzen ,  und  defs  man  eine 
halbe  bis  eine  ganze  Stunde  zwischen  je  zwei  Volumbestim^ 
mnngen  verstreichen  liefs,  damit  das  in  dem  Endiometer  ent- 
haltene Gas  genau  die  Temperatur  der  umgebenden  Luft  an^ 
nehme.  Von  so  wenig  Emflufs  diese  Umstfinde  auf  die  Aus- 
fftbrung  nur  gelegentlich  vorkommender  Gisanalysen  sind, 
so  s^r  machen  sie  sich  geltend,  wenn  eine  grofse  Zahl 
solcher  Analysen  ununterbrochen  auszuflduren  ist,  denn  die 
Opfer  an  Zeit  and  die  Störung  in  der  Benutzung  einer  ge* 
gebenen  Lecalitfit  werden  dann  druckend. 

Eine  Beseitigung  dieser  Uebelstände  verdanken  wir 
Regnault  *},  weldier  die  Endiometer- Röhre  in  ein  mit 
Wasser  gefülltes  Getätg  einschlofs  und  so  bewirkte,  dafs  die 
Ausgleichung  der  Temp^aturen  des  Gases  und  der  Umge- 
bung desselben  in  wenigen  Secunden  vor  sich  ging ;   er  ge- 


^  Vei^i.  diMO  Annalen  LXXIII,  129.  D.  H. 

6* 


84        Frankland  u.  Ward,  über  einen  verbesierien 

wann  damit  eine  bedeutende  Ersparnifs  an  Zeit  bei  der  Gas- 
analyse und  beseitigte  die  Nothwendigkeit,  ein  eigenes  Zimmer 
ausschlierslich  dieser  Art  von  Untersuchungen  zu  widmen. 
Dieser  Chemiker  hat  femer  die  verschiedenen  Operationen 
mit  Gasgemengen  durch  eine  zweokmäfsige  Theilung  des  Ap- 
parats erleichtert  j  indem  er  in  dem  einen  Theil  desselben 
die  Absorptionen  vor  sich  gehen  läfst  und  den  andern  zur 
Messung  der  Gasvolume  benutzt;  femer  auch  noch  dadurch^ 
dafs  er  die  Gase  stets  mit  Wasserdampf  gesättigt  mifst  Leider 
werden  diese  grofsen  Yortheile  in  einem-  gewissen  Grad  da- 
durch beeinträchtigt,  dafs  ein  etwas  geringerer  Grad  von 
Genauigkeit,  als  nach  der  Bunsen 'sehen  Methode,  damit 
erzielt  wird;  Regnault  läfst  das  Volum  des  Gases  während 
Einer  Analyse  constant  seyn,  und  mifst  den  Drack,  welcher 
dazu  nöthig  ist^  dieses  Volum  des  Gases  nach  den  verschie- 
denen Operationen,  die  man  damit  vornimmt,  constant  seyn 
zu  lassen,  indem  er  bestimmt,  wieviel  Millimeter  Quecksilber- 
höhe  über  oder  unter  dem  Drack  der  Atmosphäre  er  beträgt. 
So  wenig  sich  gegen  das  Princip  dieses  Verfahrens  einwen- 
den läfst,  so  hat  es  doch  in  der  Praxis  den  Nachtheil,  dafs 
beträchtliche  Volumänderangen  dnn^  nur  kleine  Zahlenunter- 
schiede ausgedrückt  werden ,  wenn  man  diese  mit  den  nach 
Bunsen 's  Methode  sich  ergebenden  vergleicht.  Dieb  ist 
namentlich  der  Fall  hinsichtlich  der  ersten  Volumbestimmung 
bei  einer  Analyse,  deren  ganz  genaue  Feststellung  meist  weit 
wichtiger  ist,  als  die  der  späteren  Ablesungen. 

Um  deutlicher  zu  machen,  was  wir  hier  meinen,  geben 
wir  die  Einzelnheiten  einer  Bestimmung  eines  geringen  Ge- 
halts an  Kohlensäure  in  einem  kleinen  Gasvolum  nach  beiden 
Methoden  : 


Apparat  «n  Gasanaly$en.  85 

Nach  Bunsen's  MeOiode  : 

Vol.  redac 
Diff.  der  aufO'^C.  a. 

Quecktil-   Barometer-    1  Meter 
Volum  Volum    Temp.    berstSnde        stand  Druck 

''"GiTorocSi)  (330.2    0«  C.    550,4-    760   -    69,20 

nach  der  Absorption  i 
der  Kohlensäure[327,8    0<>  ^      549,6  „    760,1  „     69,00. 
(trocken)  ] 

Nach  RegnaulVs  Methode  : 

Druck      Temp.  Barometer    Corrig.  Druck 

^"cSo****  ^1- ^'2    O'C.         760,0-       69,2 

Mach  d.  Absorption] 

der  Kohlensäure  —  686,5    0«  ,  760,1  „        69,0. 

(feucht}  \ 

Procentgehalt  an  Kohlensäure  :  0,28. 
Nehmen  wir  an,  die  erste  Beobachtung  nach  jeder  dieser 
beiden  Methoden  sey  mit  einem  Fehler  von  ^  Millimeter  be- 
haftet gewesen,  und  das  Volum  des  angewendeten  Gases  sey 
midiin  bei  dem  Versuch  nach  Bunsen's  Methode  zu  330,1 
Vol.  abgelesen  worden,  während  bei  dem  Versuch  nach 
Regnault's  Methode  die  Ablesung  — 686,3  gewesen  wäre. 
Der  Procentgehalt  des  Gases  an  Kohlensäure  hätte  sich  dann 
ergeben  : 

nach  Bunsen's  Methode  zu  0,260 
nach  Regnault's  Methode  zu  0,145. 
Der  Fehler  würde  somit  bei  ersterer  nur  0^02  pC. ,  bei  letz- 
terer aber  nahezu  das  Siebenfache  betragen,  und  im  letzteren 
Falle  könnte  sogar  der  Gehalt  an  Kohlensäure  gänzlich  liber- 
sehen  werden. 

BemiAt,  diesen  Nachtheilen  abzuhelfen  und  zugleich  die 
Vortheile  beider  Methoden  mit  einander  zu  vereinigen,  setzten 
wir  uns  die  folgenden  Aufgaben,  deren  Lösung  uns  als  vor- 
zugsweise wünschenswerth  für  einen  guten  Apparat  zu  Gas- 
analysen erscheint  : 


86        Frankland  «.  Ward^  über  emen  verbesserten 

i)  Die  Bestimmang  der  Vofaiine  von  Otsen  soll  so  ge- 
macht werden,  dafs  sie  gänzlich  unabhängig  yon  dem  Druck 
und  der  Temperatur  der  fiufseren  Luft  ist 

2}  Bei  den  Bestimmungen  der  Gasvolume  soU  die  Cor- 
rection  für  die  Tension  des  Wasserdampfs  und  fttr  die  Ver- 
änderungen in  dem  specifischen  Gewicht  des  Quecksilbers 
gleich  mit  einbegriffen  seyn. 

33  Jede  Voliimänderung  soll  durch  eine  möglichst  grofse 
Zablendifferenz  ausgedrückt  seyn. 

4}  Um  die  Unannehmlichkeiten  und  den  Zeitverlust  durch 
langwierige  Rechnungen,  Nachschlagen  von  Tabellen  u.  a.  zu 
vermeiden,  sollen  die  unmittelbaren  Ablesungen  entweder  so- 
gleich das  wahre  Gasvolum  corrigirt  ergeben,  oder  doch  eine 
Zahl,  aus  welcher  das  wahre  Volum  sofort  durch  eine  mög- 
lichst einfache  Rechnung  abgeleitet  werden  kann. 

Der  Vorthefl ,  welcher  durch  die  Lösung  der  ersten  und 
der  zweiten  Aufgabe  sich  herausstellen  würde,  ist  einleuchtend 
genug,  denn  dann  liefse  sich  die  Analyse  von  Gasen  ohne  ein 
dazu  besonders  bestimmtes  Zimmer  von  constanter  Temperalur 
ausführen,  und  die  Genauigkeit  der  Resultate  wäre  unabhängig 
von  den  Fehlern ,  mit  welcher  die  Resultate  über  die  Aus- 
dehnung der  Gase  durch  Wärme,  die  Spannkraft  des  Wasser- 
dampfs und  den  Ausdehnungscoäffidenten  des  Quecksilbers 
behaftet  seyn  mögen.  Die  Lösung  der  dritten  und  der  vierten 
Aufgabe  erscheint  kaum  weniger  wichtig,  so  fem  die  erstere 
gröCsere  Genauigkeit  in  den  Ablesungen  sichert,  und  die 
letztere  Zeit  ersparen  läfst  und  den  Beobachter  in  den  Stand 
setzt,  die  corrigirten  Resultate  seiner  Versuche  in  dem  MaCse, 
als  diese  vorschreiten ,  gleich  zu  übersehen  —  ein  Vortheil, 
der  am  besten  von  denen  gewürdigt  werden  kann^  welche 
eine  grofse  Anzahl  von  Gasanalysen  hinter  einander  zu 
machen  hatten. 


Afparai  9u  Güionaljfsen.  87 

Bei  der  Coustruotion  eines  Apparats,  welcher  den  vor- 
bergeheaden  Aufjgfaben  Genüge  leisten  soll,  diente  uns 
die  sinnreiche  und  äufserst  zweckmäfsige  Einrichtung  von 
Regnault  und  Reiset  als  Ausgangspunkt,  und  mit  diesem 
letzteren  Apparat  hat  der  unserige,  obgleich  er  auf  ein  anderes 
Princip  basirt  ist,  doch  in  seinen  mechanischen  Vorrichtungen 
viele  Aehnlichkeit. 

Unser  Instrument,  welches  Fig.  4  der  Tafel  abgebildet 
ist,  besteht  aus  dem  dreifüfsigen  Gestell  A,  welches  wie 
gewöhnlich  mit  Stellschrauben  versehen  ist  und  die  verticale 
Säule  BB  trügt;  an  der  einen  Seite  der  letztem  ist  die  be- 
wegliche Oueoksflberwanne  C  mit  Winde  und  Getrieb  aa 
befestigt*},  und  an  der  anderen  Seite  der  Glascylinder  DD 
mX  seinem  Inhalt.  Dieser  Cylinder  ist  36  Zoll  lang  und  von 
4  Zoll  innerem  Durchmesser;  sein  unteres  Ende  ist  in  die 
eiserne  Fassung  c  fest  eingekittet,  deren  untere  Fläche  gegen 
die  als  Unterlage  dienende  Platte  d,  wenn  ein  Ring  von 
vulkanisirtem  Caoutchouk  zwischen  gelegt  ist,  vollkommen 
wasserdicht  aufgeschraubt  werden  kann.  Die  kreisrunde 
eiserne  Platte  d  ist  durch  drei  Oeffnungen  durchbohrt,  in 
welche  die  Hülsen  eee  eingeschraubt  sind,  die  durch  die 
Platte  hindurch  mit  dem  unten  befindlichen  Stück  EE  com- 
miiniciren.  Dieses  letztere  ist  mit  einem  doppelt  durchbohrten 
Hahn  f  und  einem  einfach  durchbohrten  Hahn  g  versehen,  so 
dafs  die  in  die  Hülsen  eee  eingekitteten  Röhren  unter  ein- 
ander und  mit  der  Ausflufsröhre  h  beliebig  in  Verbindung 
gesetzt  werden  können. 

F,  6,  H  sind  drei  Glasröhren,  welche  in  die  Hülsen  eee 
fest  eingekittet  sind.  F  und  JET,  die  «nur  wenig  kürzer  sind 
als  der  äufsere  Glascylinder,   haben  jede  15  bis  20  MM.  in- 


*)  Dio  Qaeckrilberwanne ,  mit  Inbegriff  ihrer   röhreiiförmigea  Vertie- 
fung fr,  kann  sweckmäfiig  ans  Gatla-Percha  angefertigt  werden. 


88        Frankland  ti.  Ward^  über  emen  foerbesserlm 

neren  Durchmesser  und  werden  so  nahe  als  möglich  Ton 
derselben  inneren  Weile  genommen ,  um  eine  Yerschiedenhdt 
der  Capillarwirkung  in  ihnen  zu  vermeiden.    Das  Rohr  G  ist 
etwas  weiter,  und  man  läfst  es  so  hoch  es  angeht  aus  dem 
Cylinder  heraus  sich  erstrecken.    H  wird  genau   nach  MSli- 
meiern  eingetheilt  und  am  oberen  Ende  mit  einem  kleinen 
Trichter  t  versehen,   dessen  engerer  Theil  mit  einem  genau 
eingeschlifienen  Glasstöpsel    von   etwa  2  MM.  Durchmesser 
verschlossen  werden  kann.    Die  Röhre  F  endet  oben  in  das 
Haarröhrchen  ft,  welches  sorgfältig  in  die  Rüchse  des  kleinen 
stählernen  Hahns  /  eingekittet   ist.     In    die  Röhre  F  sind 
ferner  bei   m  zwei  Platindrfihte    eingeschmolzen ,    um    einen 
electrischen  Funken  hindurchschlagen  lassen  zu  können.  Wenn 
diese  Röhre  F  in  die  Hülse  e  fest  eingekittet  ist,   wird  ihr 
innerer  Raum   genau    in   zehn  vollkommen    glefehe   Theile 
getheilt,  was  sich  ohne  Schwierigkeil  in  der  Art  ausführen 
Ififst,  dafs  man  sie  zuerst,  durch  das  Zuflufsrohr  fif,   bis  za 
ihrer  Vereinigung    mit    dem   Haarröhrchen   mit  Quecksilber 
füllt,   dann  das  Quedtsilber  durch  das  Abflufsrohr  h  ablaufen 
lifst  bis  der  höchste  Punkt  seiner  convexen  Oberfläche  genau 
bei  einem  (später  als  10.  Theilstrich  zu  bezeidinenden}  Strick 
steht,  den  man  schon  vorher  so  angebracht  hat,  dafs  er  genta 
iem  Nullpunkt  der  MiUimeterscale  auf  der  Röhre  H  entspricht; 
das  Gewicht  des  hier  ausgelaufenen  Quecksilbers  wird  genau 
bestimmt,  die  Röhre  dann  wieder  wie  vorher  gefüllt  und  in 
10  gleiche  Theile  getheilt,  indem  man  je  ein  Zehniheil  der 
ganzen  abgewogenen  Quecksilbermenge  auslaufen  läfst  und 
jedesmal  den  Stand  der  höchsten  Stelle  der  convexen  Queck- 
silber-Oberfläche markirX.     Wenn  man  die   geeigneten  Vor- 
sichtsmafsregeln  hinsichtlich  der  Temperatur  u.  a.  beachtet, 
läfst  sich  auf  diese  Weise  eine  sehr  genaue  Eintheilung  nach 
Volum  erhalten. 


Apparat  w  Ga9analy$en.  89 

Die  Absorptionsröhre  J  ist  durch  die  Klammer  n  gehatten 
und  commnnicirt  mit  dem  Haarröhrchen  k  mittelst  der  Hähne 
und  des  Verbindungsstücks  Vlp  ganz  in  derselben  Weise, 
wie  dieCs  bei  Regnault's  Apparat  der  Fall  ist 

Ist  das  Instument  so  weit  vollendet,  so  mufs  di^  Höhe 
jedes  der  neun  oberen  Theilstriche  auf  der  Röhre  F  über 
dem  untersten  oder  10.  Theilstrich  bestimmt  werden.  Diefs 
isrst  sich  innerhalb  weniger  Minuten  sehr  genau  ausführen, 
indem  man  mittelst  der  Stellschrauben  den  Röhren  des  In- 
struments genau  senkrechte  Stellung  giebt,  die  Röhre  Q  mit 
Quecksilber  filllt,  den  Hahn  /  und  den  Verschlufs  an  dem 
Trichter  i  öffnet,  und  den  Hahn  f  so  stellt,  dafs  die  Röhren 
F  und  H  mit  dem  Zuflufsrohr  G  communiciren.  Dreht  man 
nun  den  Hahn  g  behutsam,  so  steigt  das  Quecksflber  langsam 
in  den  beiden  Röhren  F  und  H;  steht  der  Gipfel  seiner  con- 
vexen  Oberfläche  genau  bei  dem  neunten  Theilstrich  auf  F, 
so  unterbricht  man  den  Zuflufs  des  Quocksilbers  und  liest 
mit  Genauigkeit  den  Stand  desselben  in  H  ab ;  da  der  zehnte 
Theilstrich  auf  F  mit  dem  Nullpunkt  der  Scale  auf  E  in  Einer 
Horizontalebene  liegt,  ist  offenbar  die  auf  der  Theilung  von 
H  abgelesene  Zahl  die  Höhe  des  neunten  Theilsirichs  über 
diesem  Nullpunkt.  In  gleicher  Weise"  wird  ftlr  jeden  der 
anderen  Theilstriche  auf  F  die  Höhe  desselben  über  diesen 
Nullpunkt  oder  dem  zehnten  Theilstrich  bestimmt. 

Ehe  man  sich  des  Apparats  bedient,  füllt  man  den  weiten 
Cylinder  DD  mit  Wasser  und  die  inneren  Wandungen  der 
Röhren  F  und  H  werden  (durch  den  Hahn  /  und  den  ver- 
scUiefsbaren  Trichter  i)  ein  fttr  allemal  durch  die  Einbringung 
weniger  Tropfen  Wasser  in  die  letzteren  mit  dieser  Flüssig- 
keit benetzt  Die  drei  Röhren  werden  dann  unter  einander 
in  Ve/bmdung  gesetzt,  und  Quecksilber  in  6  eingegossen  bis 
es  in  dem  erweiterten  Raum  des  Trichters  i  steht,  welcher 
letztere  dann  fest  verschlossen  wird.  Steigt  das  Quecksilber 
bis  an  den  Hahn  /,   so  wird  auch  dieser  verschlossen.    Die 


90       Prankland  u.  Ward,  über  emm  ^verheuerten 

WSkmtk  F  und  H  sind  nun  anficheinend  ganz  niil  Qoeokalber 
gefttllt,  aber  eine  dünne,  nicht  wahrnehmbare  Schichte  Luft 
befindet  sich  noch  zwischen  dem  Quecksilber  und  dem  Glas; 
diese  wird  hinweg^eschafit ,  indem  man  die  Röhren  F  und  H 
mit  der  Au^nlsrdhre  k  in  Verbindung  setzt  und  das  Qued- 
riiber  ausfliefsen  läfst,  bis  ein  loftverdünnter  Raum  von  meh- 
reren ZoUm  Länge  in  beiden  Röhren  entstanden  ist;  tiUst 
man  dann  das  Instrument  in  diesem  Zustand  etwa  eine  Stande 
hmg  stehen/  so  gebt  die  ganze  eben  erwähnte  Schichte  Luft 
in  den  verdünnten  Raum  über  und  wird  als  eine  kleine  Lufl^ 
blase  sichtbar,  wenn  man  dann  wieder  Quecksilber  aus  der 
Znflufsröhre  O  in  die  Röhren  F  und  H  treten  läfst.  Diese 
Luftblasen  lassen  sich  durch  momentanes  Oeffnen  des  Hahnes  / 
und  desStöpselyerschlusses  bei  t,  während  G  mit  Quedcsilber  ge- 
fällt ist,  leicht  austreiben.  Wird  die  Absorptionsröhre  J  nun  mit 
Quecksilber  geflUlt,  und  mittelst  der  Schraubenverbindung  bei  l  be- 
festigt, so  ist  das  Instrument  ftir  den  Gebrauch  fertig  vorgerichtet. 

Wo  ein  stetiger  Zuflufs  von  Wasser  aus  einer  grofsen 
Wasserleitung  zu  Gebote  steht,  läfst  sich  die  Temperatur  des 
Wassers  in  dem  Cylinder  DD  vollkommen  constant  erhalten, 
indem  man  einen  Strom  Wasser  direct  aus  der  Wasserleitung 
an  dem  unteren  Ende  des  Gylinders  eintreten  und  an  seinem 
oberen  Ende  wieder  ausfliefsen  läfst.  Bei  Anwendung  dieser 
Vorrichtung  fand  der  eine  von  uns  bei  einer  ausfgedehnten 
Reihe  von  Versuchen,  dafs  die  Temperatur  des  Wassers  in 
dem  Cylinder,  welchem  das  Wasser  aus  einer  Röhre  der 
Wasserleitung  zu  Manchester  zugeführt  wurde ,  während  12 
Stunden  nur  um  0^*^02  C.  variirte,  eine  Aenderungi  welche 
selbst  bei  den  genauesten  Versuchen  kaum  eine  Correction 
nöthig  macht 

Um  die  Art  und  Weise,  wie  unser  Apparat  angewendet 
wird,  zu  verdeutlichen,  wollen  wir  eine  Analyse  der  atmo* 
sphirischen  Luft  als  Beispiel  wählen.  Nachdem  einige  Cubik- 
zolle  Luft,  die  von  Kohlensäure  befreit  ist,   in  die  Röhre  / 


Apparea  mt  Ofucmalffsm.  9i 

gebracht  ist,  wird  diese  hvü  behufs  der  Messung  in  die  Hdhre 
F  übergeführt,  indem  man  die  Hähne  VI  öffnet  und  die  Röhre 
F  mit  der  Ausflufsröhre  h  in  Verbindung  setzt.  Diese  lieber* 
fiUlung  kann^  wenn  nöthig,  dadurch  unterstützt  werden,  dafii 
man  die  Quecksilberwanne  C  hebt  Wenn  die  Luft  sammt 
einigen  nachfolgenden  Tropfen  Qa^cksilber  volktändig  in  F 
übelgegangen  ist^  wird  der  Hahn  /  geschlossen  und  der  Haha 
f  so  gedreht ,  dafs  er  F  und  JJ  mit  A  verbindet.  Man  läGit 
Quecksilber  auslaufen  bis  ein  verdünnter  Raum  von  2  bis  3 
Zoll  Länge  in  E  entstanden  ist  und  das  Quecksilber  in  F 
gerade  unter  einem  der  Theilstriche  steht;  der  Hahn  f  wird 
dann  gedreht  und  Quecksilber  sehr  allmälig  von  O  zuflieben 
gdassen,  bis  der  höchste  Punkt  der  Quecksilberoberfläche  in 
F  genau  bei  einem  der  Theilstriche  auf  dieser  Röhre  einsteht, 
wir  wollen  annehmen  bei  dem  sechsten  Theilstrich.  Dieses 
Einstellen  der  Quecksilberoberfläcbe  und  die  darauf  folgenden 
Ablesungen  lassen  sich  sehr  genau  vermittelst  emes  horizontal 
gerichteten  Femrohrs  ausführen,  welches  in  einer  Entfernung 
von  etwa  6  Fnfs  von  dem  Cylinder  aufgestdlt  und  an  einer 
verticalen  Säule  auf-  und  ab  verschiebbar  ist.  Die  Höhe  des 
Quecksilbers  in  H  mufs  nun  genau  ermittelt  werden,  und 
if  enn  von  der  hier  abgelesenen  Zahl  die  Höhe  des  sechsten 
Theilstriohs  über  dem  Nullpunkt  der  Scale  auf  H  abgezogen 
wird,  giebt  der  Rest  das  wahre  Volum  des  Gases.  Um  jedoch 
dieses  Volum  mit  den  folgenden  Ablesungen,  die  bei  Einstel- 
lung« des  Quecksilbers  auf  anderen  Theilstrichen  auf  F  vor- 
genommen werden,  vergleichbar  zu  machen,  wird  die  so  er- 
haltene Zahl  —  welche  offenbar  den  dem  Gas  zukommenden 
Druck  angiebt  —  darauf  reducirt,  wie  sie  sich  ergeben 
würde ,  wenn  das  Gas  bis  zu  dem  zehnten  Theilstrich  auf  F 
ausgedehnt  wäre.  Da  der  Druck  eines  Gases  dem  Volum 
desselben  umgekehrt  proportional  ist,  läfst  sich  diese  Reduction 
sehr  einfach  ausfuhren,  indem  man   die  unter  den  obigen 


92        Frankland  u.  Ward^  über  einen  verbesserten 

V<Mraii8Setzungen  erhaltene  Zahl  mit  /^  oder  0,6  multiplicirt ; 
und  durchgrängig  wird  jede  Bestiinmung  des  Drucks ,  die  für 
das  Einstehen  des  Oaecksilbers  auf  irgend  einen  Theilstrich 
auf  F  vorgenommen  wurde ,  so  auf  den  dem  als  das  normale 
angenommenen  Volum  bis  zum  .zehnten  Theilstrich  entspre- 
chenden reducirt,  dafs  man  erstere  Bestimmung  mit  einem 
Bruch  multiplicirt,  dessen  Nenner  ^  10  und  dessen  Zähler 
s:  der  Zahl  des  Theilstrichs  ist,  für  welchen  die  Bestimmung 
Torgenommen  wurde. 

Da  die  Temperatur  während  dor  ganzen  Analyse  con-* 
staut  erhalten  wird ,  ist  keine  auf  sie  bezügliche  Correction 
nöthig.  Da  der  Druck  der  Atmosphäre  vollkommen  ausge- 
schlossen ist  und  auf  die  Volume  oder  Druckhöhen  keinen 
Snflttfs  ausübt,  ist  eine  Beobachtung  des  Barometerstands 
nicht  nöthig.  Und  da  die  Spannkraft  des  Wasserdampfs  in  F 
der  in  H  genau  das  Gleichgewicht  hält,  so  führt  auch  in  dieser 
Beziehung  der  Apparat  selbst  die  hierauf  bezügliche  Cor- 
rection aus. 

Wasserstoffgas  wird  dann  in  derselben  Weise  wie  das 
ursprünglich  angewendete  Gas  in  den  Apparat  gebracht  und 
das  Volum  nochmals  bestimmt,  dann  der  electrische  Funke 
mittelst  der  Platindrähte  bei  m  durch  das  Gasgemenge  schla- 
gen gelassen  und  die  durch  die  Verpufibng  verursachte  Vo- 
lamverminderung  bestimmt.  Folgendes  sind  die  Einzelresul- 
fate  einer  in  dieser  Art  ausgeführten  Luftanalyse  : 

Vobtm  der  angewendeten  Luft. 

(Das  Quecksilber  stand  in  F  bis  zum  5.  Theilstrich.} 

Beobachtete  Quecksilberhöhe  in  J7 673,0°^ 

Höhe  des  5.  Theilstrichs  über  dem  Nullpunkt    .    .    383,0 

Corrigirter  Druck  des  Gases 290,0 

Drucke  reducirt  Tür  das  Volum  bis  zum  10.  Theil- 
strich =  290,0  X  0,5  = 145,00„ 


2- 


Äpparai  «i  OaHtnafysen.  93 

Votum  nach  dem  2iusai^  tan  Wasterstoffgcu. 

(Das  Quecksilber  stand  in  F  bis  zum  6.  Theilstrich.} 

Beobachtete  Quecksilberhöhe  in  IT 772,3°^ 

Höhe  des  6.  Theilstrichs  über  dem  Nullpunkt  .    .    304,0  „ 
Corrigirter  Druck  des  Gases .-    468,3  „ 

Druck,  reducirt  für  das  Volum  bis  zum  10.  Theil- 
strich =  468,3  X  0,6  = 280,98« 

Vobun  nach  der  Verpuffung. 

(Das  Quecksilber  stand  in  F  bis  zum  5.  Theilstrich.} 

Beobachtete  Quecksilberhöhe  in  11 763,3™» 

Höhe  des  5.  Theilstrichs  über  dem  Nullpunkt  .    .    383,0  „ 

Corrigirter  Druck  des  Gases 380,3  „ 

Druck,  reducirt  für  das  Volum  bis  zum  10.  Theil- 
strich =  380,3  X  0,5  = 190,15„ 

ResuUaie. 

Volum  der  angewendeten  Luft 145,00 

Volum  des  darin  enthaltenen  Sauerstoffs      .    .    .  30,276 

Oder  : 

Procentgehalt  an  Stickstoff 79,120 

„  „  Sauerstoff 20,880 

100,000. 

Um  die  Genauigkeit  der  Angaben  des  beschriebenen  Ap« 
parats  ersehen  zq  lassen,  fügen  wir  hier  die  Resultate  einer 
Reihe  von  Analysen  bei,  die  mit  derselben  Probe  atmosphäri- 
scher Luft  vorgenommen  wurden.  Letztere  war  vorher 
mittelst  Aetzkalis  von  Kohlensäure  befreit  worden. 

L  n.         in.        IV.         V.         VL 

Sauerstoff  20,880    20,888    20,883    20,867    20,868    20,876 

Stickstoff  79,120    79,112    79,117    79,133    79,132    79,124 

100,000  100,000  100,000  100,000  100,000  100,000. 


M  Limp rieht ^  Verbiuhmgem  des 

Verbindungen   des  Quecksilberoxyds  mit  AUantoin; 

von  Dr.  H.  limpricht^ 

erstem  ABslBtepten  m  Laibonitoriam  sa  CUMtlageii. 


Eine  wässerige  Lösung  des  Allantoins  mit  überschüssigem 
Ouecksilberoxyd  gekocht  löst  eine  gewisse  Menge  desselbra 
auf;  es  bilden  sich  dabei  vorzugsweise  zwei  Verbindungen, 
von  welchen  die  eine,  A^  beim  Erkalten  der  siedend 
filtrirten  Flüssigkeit ,  die  andere,  jB,  beim  Abdampfen  der 
Mutterlauge  sich  abscheidet. 

A.  Die  heifse  Lösung  des  Quecksilberoxyds  in  AUantoin 
wird  beim  Abkühlen  milchig,  nach  12  Stunden  hat  sie  sich 
vollständig  geklärt,  unter  Abscheidung  eines  weifsen  Pulvers. 
Unter  dem  Mikroscop  erscheint  es  selbst  bei  SOOfacher  Ver- 
gröfserung  nicht  krystallinisch,  sondern  aus  kleinen  Kügelchen 
bestehend.  In  Weingeist  und  kaltem  Wasser  ist  es  unlöslich, 
in  heiüBem  Wasser  löst  es  sich  wenig,  in  Salzsäure,  Salpeter- 
säure und  Schwefelsäure  leicht.  Beim  Erhitzen  schmilirt  es 
und  bläht  sich  auf. 

Zur  Analyse  wurde  es  bei  100^  getrodoiot  und  daaa 
mit  Kupferoxyd  im  SauerstofTstrom  verbrannt  Um  gleich- 
zettig  das  Quecksilber  zu  bestimmen,  verfuhr  ich  nach  der 
von  Nicholson*)  angegebenen  Methode,  nur  unterttefs  ich 
das  Einschnüren  des  Rohrs ;  wie  die  unten  angeführten  Ana- 
lysen zeigen,  erhält  man  a«ch  ohne  diese  zeitraubende  Ope- 
ration hinreichend  genaue  Resultate. 

Die  Analysen  wurden  mit  Substanzen  verscUe4ener  Be- 
reitimg  unternommen. 
L    0,6968  Grm.  Substanz  lieferten  0,3325  CO,,  0,095  HO 
und  0,323  Hg. 


*)  Diese  Annalen  LXII,  71. 


Quecktäberamjfdi  mü  ÄämUom.  96 

IL    0,7372  Grm.  Substanz  lieferten  0,38e&  CO,,  0,106  HO 
md  0,370  %. 

m.    0,8215  Grm.  Substanz  lieferten  0,4255  CO, ,  Q»1095  HO 
ond  0,421  Eg. 

IV.    0,385  Grm.  Substanz  in  Salzsäure  gelost  und  mit  Schwe- 
felwasserstoff gerällt  lieferten  0,229  HgS. 

y.    0,493  Grm.  Substanz  lieferten    auf   demselben  Wege 
0,289  HgS. 
Nach  der  Formel  3  (C8H»N400,  5  HgO 


« 

berecfauel 

s 

geftandai 

'  l 

II.        in. 

IV.         V. 

c.« 

144 

14,51 

14,28 

14,40    14,12 

—        — 

H.s 

15 

1,51 

i,65 

1,59      1,48 

—         — 

N» 

168 

16,93 

—         — 

—         — 

0., 

lao 

12,09 

—         — 

—         — 

5  HgO 

545 

54,93 

54,84 

54,19    55,30 

55,26    54,5 

992      100,00. 

B.  Dampft  man  die  vom  eben  beschriebenen  Körper  ffli- 
trirle  Flüssigkeit  im  Wasserbade  —  über  freiem  Feuer  schei- 
den sich  Quecksilberkügelchen  aus  —  bis  auf  ein  kleines 
Volumen  ein  und  läfst  24  Stunden  stehen,  so  setzt  sich  ein 
durchsichtiger  terpentinartiger  Körper  daraus  ab.  Nach  dem 
Abgiefsen  der  darüber  stehenden  Flüssigkeit  ISbt  er  aich  in 
lange  Füden  ziehen,  zwischen  Papier  gelegt  bleibt  dieses  fest 
daran  haften,  auf  einem  Uhrglase  ausgelnreitet  und  über 
Schwefelsäure  gestellt,  verwandelt  er  sich  in  eine  spröde 
glasartige  Masse,  beim  Uebergiefsen  mit  Wasser  quillt  er  auf 
und  wird  weifs  und  pulverig. 

Nach  den  angegebenen  Eigenschaften  ist  es  nicht  mög- 
lich, diesen  Körper  ohne  Anwendung  von  Wasser  vollständig 
von  der  Mutterlauge  zu  befreien,  es  ist  daher  auf  die  Resul- 
tate der  Analyse  kein  grofser  Werth  zu  legen.  —  Die  über 
demselben    stehende  Flüssigkeit  wurde    so    vollständig    wie 


96  Limpriehtf  Werbmdungen  des 

möglich  abgegossen,  der  Köqter  dann  über  Schwefelsäure  und 
zuletzt  bei  60^  im  Luflbade  getrocknet.    Setzt  man  ihn  einer 
höheren  Temperatur,  selbst  noch  unter  iOO^  aus,  so  schwärzt 
er  sich. 
0,583  Grm.  SubsUnz  lieferten  0,454  CO«,  0,144  HO   und 
0,157  Hg. 
Nach  der  Formel  5  CCsHsN40s),  3  HgO 

berechaet     gefnnden 


c*. 

240 

32,39 

21,23 

H,. 

25 

2,23 

2,74 

r*JIO 

280 

26,11 



0., 

200 

18,65 



3  HgO 

327 

30,50 

29,06 

1072  100,00. 
Wie  ich  schon  angeführt  habe,  verliert  diese  Verbindung 
beim  Uebergiersen  mit  Wasser  ihre  terpentinartige  Beschaf- 
fenheit und  wird  weifs  und  pulverig,  zugleich  ändert  sich 
aber  auch  die  Zusammensetzung;  es  entsteht  eine  an  Oned[- 
silberoxyd  reichere  Verbindung  3  (C,HftN40s},  4  HgO.  Auch 
diese  schwärzt  sich  bei  einer  100^  nur  wenig  übersteigenden 
Temperatur. 
I.    0^455   Grm.  Substanz,  bei   100^  getrocknet,  lieferten 

0,269  CO, ,  0,072  HO  und  0,205  Hg. 
n.    0,389  Grm.  Substanz ,  in  Salzsäure  gelöst  und  mit  Schwe- 
felwasserstoff gefällt,  lieferten  0,207  HgS. 

bereclinet  gefanden 

"iL 


C,4 

144 

16,30 

16,12 

H.. 

15 

1,69 

1,75 

N„ 

168 

19,02 

— 

0,. 

120 

13,69 

— 

4  HgO 

436 

49^ 

48,66 

883 

100,00. 

49,6 


QueekmXberoxyd^  mU  Äüanlom.  97 

Ueberläfst  man  die  von  der  unter  A  beschriebenen  Ver- 
bindang  filirirle  Flüssigkeit  der  freiwilligen  Verdunstung, 
so  scheiden  sich  Krusten  ab^  die  dem  blorsen  Auge  krystal- 
linisch  erscheinen  j  unter  dem  Mikroscop  jedoch  keine  deut- 
lichen Krystalle  erkennen  lassen.  Es  ist  mir  nicht  möglich 
gewesen,  hier  bestimmte  Verbindungen  zu  unterscheiden ;  ob- 
gleich ich  zahlreiche  Analysen  dieser  Körper  gemacht  habe, 
konnte  ich  doch  nicht  zwei  erhalten,  die  dieselbe  Zusammen- 
setzung zeigten,  oder  in  welchen  ein  einfaches  Verhältnifs 
zwischen  AUantoYn  und  Quecksilberoxyd  statt  fand.  Im  All- 
gemeinen zeigte  sich  ein  geringerer  Gehalt  an  Qu^ksilber- 
oxyd,  als  in  den  oben  angeführten  Verbindungen;  die  Menge 
desselben  fiel  bis  auf  i5  pC.  Die  Bildung  der  Körper  A  und 
B  hängt  dagegen  nicht  von  ZufSUigkeiten  ab ;  man  erhillt  die- 
selben jedesmal ,  wenn  man  auf  angegebene  Weise  verflihrt. 

Eine  wässerige  Lösung  des  Allantoins  wird  nicht  gefiült 
durch  Sublimatlösung,  dagegen  bringt  salpetersaures  Qaeck- 
silberoxyd  auch  bei  starker  Verdtjnnung  einen  voluminösen, 
nicht  krystallinischen  Niederschlag  darin  hervor*}.  Seine  Zu- 
sammensetzung ist  nach  dem  Trocknen  bei  100^  2  (Cf  BftN40t}, 
5  HgO.  —  Die  zu  den  folgenden  Analysen  dienenden  Sub- 
8tan2)en  waren  von  verschiedenen  Fällungen. 

I.    0,8395  Grm.  Substanz  lieferten  0,343  CO,,  0,061  HO 

und  0,507  Hg. 
n.    0,3605  Grm.   Substanz  lieferten  0;i5  CO,,   0,041  HO 

und  0,216  Hg. 
ITI.    0,582  Grm.  Substanz  lieferten  0,241  CO,,  0,060  HO 
und  0,345  Hg. 


*)  Vertetit  man  eine  Kochialzlöiiiiig  rar  Bettimroang  des  Cblon  mit- 
lelit  lalpetenaarem  Qaeckiilberozyd  mit  AlUatoIii,  statt  mit  Harn- 
stoff, so  erhält  man  dteselben  Resaltate  wie  bei  Anweadong  des 
lettteren. 

Ann.  d.  Ch«mie  a.  PbArm.  LXZXVIII.  Bd.  1.  H«ft.  f 


98  Limprtcki.  VerbmdtMgen  des 

tV.    i,005  Grm.   Substanz   lieferten  mit  Natronkalk   geglüht 
0,1581  NH,.    (Nach  Peligot's  Methode  bestimmtO 


berechnet 

I. 

^efaoden 

IL          lU. 

IV. 

c.. 

96 

11,38 

11,14 

11,35    11,29 

Hio 

10 

1,18 

1,07 

1,03      1,14 

N, 

112 

13,28 

—         — 

12,93 

0.. 

80 

9,48 

— 

5  HgO 

545 

64,65 

65,17 

64,66    63,97 

843    100,00. 

Das  Ailantoin  zeigt  also  ein  ähnliches  Verhalten  gegen 
Sublimat  und  salpetersaures  Quecksilberoxyd,  wie  der  Harn- 
Stoff;  ob  es  auch  wie  dieser  verschieden  zusammengesetzte 
Verbindungen  mit  dem  Quecksilberoxyd  eingeht,  wenn  man 
die  Lösungen  sehr  sauer  macht,  oder  heifs  mischt^  habe  ich 
wegen  Mangels  an  Ailantoin  nicht  entscheiden  können;  die 
angeführte  Verbindung  bildet  sich  immer  beim  Vermischen 
einer  kalten  —  einerlei  ob  verdünnten  oder  gesättigten  — 
wässerigen  Allanto'inlösung  mit  einer  Lösung  von  salpeter- 
saurem Quecksilberoxyd  von  der  Concentration ,  wie  sie  zur 
Bestimmung  des  Harnstoffs  dient  !^}.  Man  kann  diese  Lösung 
von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  genau  auf  dieselbe  Weise 
zur  quantitativen  Bestimmung  des  AUantoins,  wie  zur  Bestim- 
mung des.  Harnstoffs  anwenden.  Aus  der  Zusammensetzung 
des  Niederschlags  ergiebt  sich ,  dafs  zur  Fällung  von  100 
Milligrm.  Ailantoin  172  Milligrm.  Quecksilberoxyd  erforderlich 
sind;  10  CC.  der  Lösung  des  salpetersauren  Quecksilberoxyds, 
die  772  Quecksilberoxyd  enthalten,  werden  mithin  448  Hilligrm. 
Ailantoin  fällen.  Um  aber  einen  deutlich  gelben  Niederschlag 
auf  Zusatz  \on  kohlensaurem  Natron  zu  bekommen,  ist  ein 
Ueberschufs  von  Quecksiiberoxyd  in  der  Flüssigkeit  nöthig, 


•)  VergK  die«e  Annalen  LXXXV ,  289. 


QueduiberoxydM  nrii  ABaniam.  9§ 

und  da  man  wegen  der  geringen  Löslichkeit  des  ABantoin« 
in  Wasser  immer  mit  sehr  verdünnten  Lösungen  desselben 
zu  thun  hat,  so  mnfs  der  Ueberschufs  des  Quecksilberoxyds 
im  Reagens  noch  bedeutender  seyn,  als  bei  der  Bestimmung 
des  Harnstoffs.  Nach  einigen  Versuchen  werden  durch  10  CC. 
der  Quecksilberlösung  360  bis  365  Milligrm.  AUantoin  ange- 
zeigt, jeder  Cubikcentimeter  der  Quedisilberlösung  enthält 
also  einen  Ueberschufs  von  14,5  Milligrm.  Quecksilberoxyd. 

Aus  der  Eigenschaft  des  Allantoins,  durch  salpetersaures 
Quecksilberoxyd  geßillt  zu  werden,  ergiebt  sich,  dafsLiebig*s 
vortreffliche  Methode  der  Hamstoffbestimmung  in  den  Fällen 
nicht  anwendbar  seyn  würde,  in  welchen  zugleich  AllantoKn 
im  Harn  vorkommt.  Directe  Versuche  ergaben  —  wie  vor- 
herzusehen war  — ,  dafs  Menschenharn,,  der  mit  AUantoin 
versetzt  wurde,  jetzt  mehr  Ouecksilberlösung  bis  zur  Erschei- 
nung der  gelben  Färbung  auf  Zusatz  von  kohlensaurem  Natron 
bedurfte,  als  vorher,  und  zwar  entsprach  dieser  Mehrbedarf 
genau  der  Menge  des  zugesetzten  AUantoins.  So  wird  man 
namentlich  zur  Bestimmung  des  Harnstoffs  im  Kalbsharn  das 
salpetersaure  Quecksilberoxyd  nicht  anwenden  können,  da 
dieser  häufig  Allantoin  enthält;  gewifs  wird  letzteres  auch  in 
krankhaftem  Harne  gefunden  werden  *}. 


Das  AUantoin  verbindet  sich  aufser  mit  dem  Qtiecksilber- 
oxyd  noch  mit  einigen  andern  Metalloxyden.  Ich  habe  diese 
Verbindungen  nicht  genauer  studirt,  da  ich  diese  Untersuchung 
jedoch  nicht  weiter  zu  verfolgen  gedenke,  wiU  ich  die  von 
mir  gemachten  Beobachtungen  hier  anfügen. 

Kupferoxyd  md  Aäaniom.  —  Kupferoxydhydrat  wird  in 
der  Siedhitze  von  AUantoinlösung  aufgenommen.    Die  Flüssig- 


*)  ProfeMor  StSdeler  fand  bei  gehinderter  Respirfttion  im  Hundebarn 
AllantoTn. 


iOO    Limprichi,  Verbmdwngen  de$  QueckMeroxydt  de. 

keit  besitzt  eine  blaue  Farbe  und  setzt  beim  Verdunsten  grün 
gefärbte  Krystalle  ab ,  in  welchen  der  Kupferoxydgehalt  in 
zwei  Analysen  zu  7,23  und  7^36  pC.  gefunden  wurde.  Die 
Formel  3  CC,BsN405),  CuO  verlangt  8,2  pC.  CuO. 

Bleioxyd  wid  AUaniom.  —  Schon  von  Lassaigne  be- 
obachtet. Aus  der  Lösung  des  Bleioxyds  in  Allantoin  schei- 
den sich  beim  Verdunsten  Krusten  ab;  in  zwei  Analysen 
wurden  nach  dem  Trocknen  bei  100^  52,5  und  52,8  pC.  Blei- 
oxyd gefunden.  Die  Formel  2  (C,H5N40s) ,  3  PbO  verlangt 
52,9  pC.  PbO.  Beim  Uebergiefsen  der  Verbindung  mit  Säuren 
fand  ein  geringes  Aufbrausen  statt,  die  Kohlensäure  der  Luft 
scheint  also  zersetzend  einzuwirken. 

Zinkoxyd  und  AUanMn.  —  Allantom  wurde  mit  Zinkoxyd 
gekocht.  Aus  dem  Filtrat  krystalUsirte  zuerst  Allantoin,  dann 
blieb  eine  syrupdicke  Mutterlauge,  die  mit  absolutem  Alkohol 
gefällt  und  ausgewaschen  wurde.  Der  Niederschlag  —  0,093 
Grm.  —  bei  100«  getrocknet  lieferte  36,5  pC.  Zinkoxyd.  Die 
Formel  C,&sN40s,  2  ZnO  verlangt  35  pC.  ZnO. 

Kadmiumoxyd  und  Allantoin.  —  Bildet  vne  die  vorige 
Verbindung  eine  syrupartige  Masse,  die  auf  Zusatz  von  Wein- 
geist zu  einem  weifsen,  krystallinischen  Pulver  erstarrt.  Die 
Analyse  wies  in  0,403  Grm.  28,04  pG.  Kadmiumoxyd  nach. 
Die  Formel  C8HsN40s ,  CdO  verlangt  30,0  pC.  CdO.  Selbst 
in  heifsem  Wasser  ist  das  durch  Weingeist  getällte  Pulver 
nicht  vollständig  wieder  löslich,  sondern  es  bleibt  eine  an 
Kadmiumoxyd  reichere  Verbindung  zurück. 


Gährung  des  Allantolns. 

Eine  Lösung  von  Allantoin ,  mit  Hefe  versetzt  und  bei 
einer  Temperatur  von  30®  stehen  gelassen,  war  bis  zum  vier- 
ten  Tag   stark  ammoniakalisch  geworden   und   enthielt  kein 


Gährung  des  AUant&ms.  101 

Allantoin  mehr.  Sie  enthielt  nur  Harnstoff  und  die  Ammoniak- 
salze  von  Oxalsfiure,  Kohlensäure  und  einer  als  saurer  Syrup 
darstellbaren  Säure,  die  wohl  näher  untersucht  zu  werden 
verdient.  W. 


lieber  den  Harnstoff  als  Maafs  des  Stoffwechsels; 
von  Prof.  Th.  Bisehoff  zu  Giefsen  '^). 


Niemand  zweifelt  heut  zu  Tage  wohl  daran,  dafs  wenn 
wir  jemals  eine  genauere  Kenntnirs  der  Erscheinungen  des 
•menschlichen  und  thierischen  Körpers  gewinnen  sollen,  diese 
von  einer  Einsicht  in  den  beständigen  Wechsel  der  Materie 
in  demselben  ausgehen  mufs.  Derselbe  mufs  nicht  nur  qua- 
litativ, sondern  auch  quantitativ  bekannt  werden.  Wir  müssen 
denselben  in  Mcbaft  und  Gewichi  feststellen  können,  wenn 
unsere  Kenntnifs  davon  eine  wissenschaniiche  seyn  soll 

Zur  Erreichung  dieses  Zieles  ist  schon  Vieles  geschehen, 
aber  es  fehlt  noch  weit  mehr.  Namentlich  ist  dieses  auch 
der  Fall  rücksichtlich  des  Wechsels  der  stickstoffhaltigen  Be- 
standtheile  der  thierischen  Körper,  dem  wir  mit  Recht  den 
gröfsten  Werth  bei  den  eigentlichen  Thätigkeiten  derselben 
zuschreiben.  Wir  haben  die  stickstoffhaltigen  Nahrungsmittel 
in  der  neueren  Zeit  weit  genauer  kennen  gelernt,  als  früher. 
Ebenso  hat  man  sich  sehr  viel  und  erfolgreich  mit  den  stick- 
stoffhaltigen Auswurfsmaterien,  namentlich  mit  dem  Harnstoff, 
beschäftigt.  Man  zweifelt  nicht  daran ,  dafs  dieser  von  jenen 
abzuleiten  ist,  aber  sowohl  über  die  qualitative  als  quantitative 


*')  Oebersicbt  der  Resultate  ans   der  Schrift  nder  Harnstoff  als  Maafs 
des  Stoffwechsels',  Gielsen,  Ricker'sche  Buchbandiaog ,  1853. 


102  Bitchoff,  über  dm  Bamstoff 

Beziehung  zwischen  beiden  herrschen  die  gröfsten  ZweifeL 
Während  Einige  den  Harnstoff  erst  als  das  Endproduct  einer 
Reihe  von  Veränderungen  der  stickstoffhaltigen  Nahrungs- 
mittel betrachten ,  die  sich  nur  in  dem  lebenden  Thierkörper 
und  in  den  Actionen  der  Organe  desselben  entwickeln  kön- 
nen, sind  Andere  der  Meinung,  dafs  sich  das  Blutalbumin 
auch  unmittelbar  im  Blute  in  Harnstoff  umwandeln  könne. 
Nach  der  Ansicht  Jener  würde  man  weiter  den  Harnstoff, 
abgesehen  von  einigen  anderen  unbedeutenderen  stickstoff- 
haltigen Excretionsstoffen,  als  das  quantitative  Maafs  des  Um- 
satzes in  den  stickstoffhaltigen  Organen  des  Körpers  betrachten 
können,  was  von  unberechenbarer  Wichtigkeit  für  die  Er- 
kenntnifs  der  Actionen  derselben  wäre;  während  natürlich 
davon  nach  der  Ansicht  der  Anderen  keine  Rede  seyn  könnte, 
da  die  Menge  des  Harnstoffs  alsdann  nur  von  der  zufkUigen 
Menge  des  Blutalbumins  abhängig  wäre. 

Die  bisher  angestellten  Untersuchungen  zur  Entscheidung 
dieser  Fragen  mufste  man  bei  ruhiger  Ueberlegung  als  durch- 
aus ungenügend  erkennen.  Denn  einer  Seits  war  die  quan- 
titative Bestimmung  des  Harnstoffis  von  chemischer  Seite  bis- 
her stets  noch  eine  theils  unsichere^  theils  mühevolle  und 
zeitraubende  Operation,  die  immer  nur  in  verhältnirsmäfsig 
wenigen  Fällen  ausgeflihrt  war  und  ausgeführt  werden  konnte. 
Anderer  Seits  war  es  dagegen  gewifs,  dafs  auf  die  Zusam- 
mensetzung des  Harns  und  das  quantitative  Yerhältnifs  seiner 
einzelnen  Bestandtheile  so  viele  Bedingungen  wechselnd  ein- 
wirken, dafs  über  die  qualitative  Bedeutung  und  quan- 
titative Absonderung  eines  seiner  Bestandtheile  nur  dann 
eine  richtige  Einsicht  zn  gewinnen  ist,  wenn  die  Zahl  der 
Beobachtungen  sehr  grofs,  und  die  Umstände,  unter  denen 
sie  angestellt  werden,  sehr  mannigfaltig,  aber  bestimmt 
und  bekannt  sind. 


alt  Maafs  de$  Stoffwechsels.  103 

Sollte  daher  die  Beziehung  des  Harnstoffs  zu  den  Lebens- 
vorgängen genauer  erforscht  werden,  und  die  Quantität,  in 
welcher  er  abgesondert  wird,  das  Maafs  der  Umsetzung  der 
stickstoffhaltigen  Körpertheile  werden,  so  mufste  eine  sichere^ 
leicht  und  schnell  auszuführende  Methode  der  quantitativen 
Bestimmung  des  Harnstoffs  entdeckt  werden. 

Eine  solche  Methode  hat  aber  Hr.  Prof.  v.  Lieb  ig  in 
der  Titrirung  des  Harns  mit  einer  Lösung  von  salpetersaurem 
Quecksilber  aufgefunden,  von  welcher  er  schon  früher  eine 
Notiz  bekannt  gemacht  hat^  welche  aber  erst  in  dem  März- 
heft dieser  Annalen  für  1853  vollständig  beschrieben  ist. 

Mit  Hülfe  dieser  Methode,  nach  welcher  man  bei  einiger 
Uebung  eine  Harnstoffbestimmung  in  einer  Viertelstunde  aus- 
fuhren kann,  habe  ich  nicht  nur  eine  grofse  Reihe  von  Un- 
tersuchungen über  den  Harn  des  Menschen^  sondern  ganz 
vorzüglich  über  den  eines  Hundes  und  Kaninchens  angestellt. 
Ich  habe  die  Quantität  des  Harnstoffs,  welche  der  Hund  unter 
den  verschiedensten  Umständen  der  Nahrung  bildete,  täglich 
während  eines  gönnen  Jahres  bestimmt.  Dasselbe  geschah 
auch  während  eines  Zeitraums  von  5  Monaten  mit  einem 
Kaninchen. 

Bei  dem  Menschen  habe  ich  nur  die  quantitativen  Ver- 
hältnisse des  Harnstoffs  unter  den  gewöhnlichen  Lebensver- 
« hältnissen,  für  längere  Zeit  und  bei  Personen  verschiedenen 
Geschlechtes  und  Alters  zu  ermitteln  gesucht,  wobei  sich 
allerdings  schon  erhebliche  Abweichungen  von  den  bisherigen 
Angaben  ergaben. 

Vorzüglich  bei  den  genannten  Thieren  habe  ich  mich  aber 
überzeugt,  dafs  die  Verhältnisse  der  Bildung  und  Absonderung 
des  Harnstoffs  weit  wechselnder  und  mannigfaltiger  sind ,  als 
man  bisher  geglaubt  hat,  und  dafs  darauf  so  viele  und  wech- 
selnde Umstände  einwirken,  dafs  es  wohl  noch  sehr  vieler 
und  genauer  Beobachtungen  bedürfen  wird,  bis  wir  die  Gesetze 


104  Bisckoffy  Hber  den  BanMof 

dieser  Absonderung  und  ihre  Bedeutung  genauer  erkannt  ha- 
ben werden. 

Inzwischen  ist  der  Anfong  gemacht,  und  ich  glaube  we- 
nigstens einige  Resultate  erhalten  zu  haben,  welche  bisher 
bestandene  Zweifel  beseitigen,  neue  Gesichtspunkte  eröffiien, 
und  weiteren  Beobachtungen  zur  Grundlage  dienen  können. 
Ich  rechne  dahin  Folgende  : 

1)  Der  Harnstoff  ist  zuverlässig  unter  allen  Umständen 
das  Product  des  Stoffwechsels  und  der  Umsetzung  der  stidL- 
stoffhaltigen  Körpertheile.  Er  entsteht  nie  aus  einer  directen 
Umwandlung  des  Blutalbumins  im  Blute  und  Gefäfssysteme. 
Nur  allein  aus  dem  Leim,  wenn  derselbe  als  solcher  in  das 
Blut  gelangt,  was  unter  den  natürlichen  Lebensverhältnissen 
vielleicht  nie  der  Fall  ist,  bildet  sich  schon  in  dem  Blute  der 
Harnstoff,  und  erscheint  in  diesem  Falle  nicht  als  Umsetzungs- 
product  der  festen  Körpertheile. 

2)  Obgleich  indessen  der  Harnstoff  auf  solche  Weise 
stets  erst  aus  dem  StoiFwechsel,  in  den  Organen  hervorgeht, 
so  haben  dennoclii  die  Nahrungsmittel,  ihre  Qualität  und  Quan- 
tität, einen  weit  gröfseren  Einflufs  auf  die  Harnstoff bildung 
und  den  Stoffwechsel  als  man  bisher  meist  vermuthen  konnte. 
Allerdings  wird  der  Harnstoff  auch  bei  gänzlichem  Mangel 
aller  Nahrungsmittel^  beim  Hungern,  gebildet  und  ausgeschie- 
den; allein  der  Stickstoffgehalt  der  Nahrung  ttbt  auf  die 
Quantität  einen  so  grofsen  Einflufs  aus^  dafs,  als  z.  B.  der 
von  mir  beobachtete  Hund  in  24  Stunden  4000  Grm.  Kuh- 
fleisch ohne  Fett  und  Knochen  verzehrt  hatte,  er  in  derselben 
Zeit  190  GruL  Harnstoff  ausschied ,  während  dieselbe  bei 
500  Grm.  Kartoffeln  und  250  Grm.  Fett  auf  6  bis  8  Grm.  her- 
absank. 

Stickstofffreie  Nahrung^  z.  B.  Fett,  hat  den  Einflnb, 
dafs  der  Umsatz  der  stickstoffhaltigen  Körpertheile  unter  allen 
Umständen  beschränkt  wird.    Zugleich  vermindert  sich  dabei 


a/f  Maafs  ths  Sioffmet^ds.  105 

auch  in  den  meisten  Füllen  caeteris  paribus  die  Harnstoff- 
menge,  aber  nicht  immer.  Bei  Ansschliefsung'  aUer  anderen 
Nahrung  nnd  alleinigem  Genufs  von  Fett  ist  Beides  der  Fall; 
der  Umsatz  und  dieHamstofihienge  werden  vermindert.  Ebenso 
bei  einer  gleichzeitigen  sehr  reichen  Fleischnahrang.  Bei  einer 
nnr  eben  zur  Erhaltung  des  Körpergewichtes  genügenden 
Fleischnahrang  beschränkt  das  Fett  zwar  auch  den  Umsatz^ 
allein  die  Menge  des  Harnstoffs  nimmt  dabei  nicht  nothwendig 
ab,  sondern  sie  kann  sogar  gröfser  werden,  als  diejenige, 
weiche  bei  derselben  Menge  Fleisch  ohne  Fett  abgesondert 
wird,  aus  einem  sogleich  weiter  mitzutheilendem  Grande. 

3)  Es  hat  sich  nämlich  weiter  ergeben,  dafs  memaU  die 
ganze  Menge  des  Stickstoffs  der  in  einer  gewissen  Zeit  um- 
gesetzten Nahrungsmittel  oder  Körpertheile  in  dem  Harnstoff 
erscheint ,  sondern  stets  ein  gewisser  und  unter  Umständen 
verhaltnifsmäfsig  beträchtlicher  Theil  desselben  in  einer  an- 
deren Form  aus  dem  Körper  ausgeschieden  werden  mufs. 
Dieses  ist  auch  bei  dem  Hunde  der  Fall,  obgleich  der  Harn 
desselben  keine  Harnsäure  und  kaum  Spuren  von  anderen 
stickstoffhaltigen  organischen  Materien  enthält.  Ebenso  wur- 
den auch  durch  die  Fäces  nur  sehr  geringe  Mengen  von 
Stickstoff  ausgeschieden ,  und  da  dasselbe  nach  den  ausg^ 
zeichneten  Beobachtungen  der  Herren  Regnault  und  Reiset 
auch  rücksichtlich  der  Lungen  und  Haut  der  Fall  seyn  soU, 
so  ist  es  schwer,  sich  eine  richtige  Vorstellung  davon  zu 
machen,  in  welcher  Form  jener  nicht  im  Harnstoff  befindliche 
Antheil  des  Stickstoffs  der  umgesetzten  Körpertheile  ausge- 
schieden wird.  Am  wahrscheinlichsten  ist  es,  dafs  dieses 
Deficit  durch  eine  theilweise  Veränderung  des  Harnstoffs  noch 
in  dem  Blute  oder  auch  vielleicht  in  der  Harnblase  in  koh- 
lensaures Ammoniak  herbeigeführt  wird,  welches  entweder 
dennoch  durch  Haut  und  Lungen,  oder  im  Harne  ausgeschie- 
den wird.     So  zuverlässig  die  Beobachtungen    der  Herren 


106  BiMckoff,  über  dm  Harmioff' 

Regfnault  und  Reiset  auch  sind,  so  glaube  ich  doch,  dats 
es  bisher  nicht  möglich  war,  dieselben  hinlänglich  lange  Zeit  und 
unter  den  nothwendigen  Veränderungen  der  Nahrung  anzu- 
stellen, um  rttcksichtlich  der  Ausscheidung  von  kohlensaurem 
Ammoniak  durch  Haut  und  Langen  ganz  sicher  zu  seyn.  Die 
Gegenwart  von  kohlensaurem  Ammoniak  in  dem  Harn  wurde 
wenigstens  dann  sehr  wahrscheinlich,  wenn  derselbe  selbst 
bei  reiner  Fleischdiät  oder  im  Hunger  schon  ganz  frisch  alka- 
lisch war  und  bei  Zusatz  einer  Säure  schäumte. 

Die  Quantität  des  StickstoiTs  der  umgesetzten  Körpertheile, 
die  nicht  im  HamstoiT  erscheint ,  ist  im  Ganzen  eine  auch 
unter  sehr  verschiedenen  Verhältnissen  der  Nahrung  und  des 
Umsatzes  sich  ziemlich  gleichbleibende.  Relativ  und  selbst 
absolut  am  gröfsten  war  sie  bei  einer  ungenügenden  Menge 
stickstoffhaltiger  Nahrung  (250  Grm  Fleisch).  Hier  konnte 
sie  über  |  des  gesammten  umgesetzten  Stickstoffs  betragen. 
Bei  einer  zur  Erhaltung  des  Körpergewichtes  genügenden 
stickstoffhaltigen  Nahrung  (500  Grm.  Fleisch)  betrug  sie  }. 
Bei  einer  sehr  reichen  und  übermäfsigen  Fleischdiät  war  sie 
selbst  absolut  kleiner,  als  in  dem  vorigen  Falle,  und  vermin- 
derte sich  daher  hier  relativ  so  sehr,  dafs  sie  kaum  in  Be- 
tracht kam.  Ich  betrachte  dieses  als  den  vorzüglichsten  Be- 
weis ,  dafs  das  ursprüngliche  Product  der  Umsetzung  der 
stickstoffhaltigen  Körpertheile  nur  der  Harnstoff  ist,  von 
welchem  ein  gewisser  Antheil  noch  eine  weitere  Veränderung, 
z.  B.  in  kohlensaures  Ammoniak,  erfahrt^  der  bei  wenig  Harn- 
stoff verhältnifsmärsig  grofs,  bei  viel  Harnstoff  verhältniTsmäCsig 
klein  ist.  Das  Fett  scheint  unter  Umständen  den  Einflufs  zu 
äursem,  diese  weitere  Veränderung  des  Harnstoffs  zu  be- 
schränken. Daher  rührt  es,  dars,  obgleich  das  Fett,  wie  ich 
vorher  erwähnte,  den  Umsatz,  und  daher  die  BUdung  des 
Harnstoffs  im  Ganzen  beschränkt,  dennoch  bei  Fleisch  und 
Fett    die  Harnstoffmenge    gröfser    werden    kann,     als   bei 


al$  Maafs  des  Stofficech$eU.  107 

derselben  Menge  Fleisch  allein ,  weil  eben  der  SticbtolF  der 
umgesetzten  Körpertheile  in  der  Form  des  HarnstoOs  verbleibt. 
Ich  glaube,  dats  das  Fett  diese  Wirkung  durch  seine  Bezie- 
hung zum  Athemprocers  ausübt.  Endlich  übt  auch  das  Wasser 
auf  dieses  Deficit  des  Stickstoffs  im  Hamstoflf  einen  Einflafs 
aus.    Es  steht  nämlich 

4}  die  Wasser-  und  Harnstoifinenge  stets  in  einem 
sehr  genauen  Zusammenhange  in  dem  Harne.  Kein  Bestand- 
theü  des  Harns  hat  einen  so  entscheidenden  Einflufs  auf  das 
spec.  Gewicht  des  Harns,  als  der  Harnstoff.  Ein  spec.  schwerer 
Harn  enthält  immer  vielHarnstoiT;  ein  spec.  leichter  Harn  ist 
immer  auch  arm  an  HamstoiT.  Dennoch  hängt  die  Menge 
des  Harnstoffs,  welche  im  Ganzen  in  einer  gewissen  Zeit 
ausgeschieden  Wird,  auf  das  Genaueste  mit  der  Wassermenge 
zusammen,  und  viel  Harn  führt  in  derselben  Zeit  caeteris 
paribus  doch  immer  mehr  Harnstoff  aus,  als  wenige  wenn 
gleich  das  spec.  Gewicht  dabei  noch  so  sehr  sinken  kann. 

Dieser  Einflufs  des  Wassers  mag  in  Mehrerem  begründet 
seyn  :  in  einer  Beförderung  der  Auflösung  und  Ausziehung 
des  Harnstoffs  aus  den  Organen ;  vielleicht  auch  in  einer  Be* 
förderung  der  Bildung  des  Harnstoffs.  Ganz  gewifs  hat  aber 
das  Wasser  auch  insofern  einen  Einflufs  auf  die  Hamstoff- 
menge,  als  von  seiner  gröfseren  und  geringeren  Menge  die 
Zeit  und  Schnelligkeit  der  Entleerung  des  Harns  abhängt. 
Bei  viel  Wasser  wird  der  gebildete  Harnstoff  sehr  schnell 
aus  dem  Blute  und  Körper  ausgeschieden.  Es  bleibt  nicht 
viele  Zeit  zu  einer  weiteren  Veränderung  des  Harnstoffs  übrig, 
und  daher  vermehrt  sich  seine  Menge  im  Harn,  während  die 
Menge  des  nicht  in  ihm  gegebenen  Stickstoffs  der  umgesetzten 
Körpertheile  geringer  wird.  Hieraus  erklärt  es  sich  vorzüg- 
lich ,  wefshalb  bei  verschiedenen  Mengen  stickstofilialtiger 
Nahrung  (von  Fleisch},  bei  wenig,  verhältnifsmäfsig  und  selbst 


106   Bisehof fj  Über  d.  Bmuioff  ah  Maafs  d.  SioffwecktA. 

absolut  rM  Stidistoff  im  Harnstoff  fehlt,  bei  sehr  yiel  Fleisch 
dagegen  wenig.  Denn  in  ersterem  Falle  ist  die  Hammenge 
ftufserst  gering;  in  mehreren  Tagen  oft  nur  wenige  CC;  in 
letzterem  dagegen. sehr  grofs  und  steigt  auf  1200  bis  1500 
CG.  in  24  Stunden. 

Es  ist  nach  Allem  Diesem  zwar  wohl  gewifs ,  dafs  man 
die  Menge  des  unter  gewissen  Umständen  und  innerhalb  einer 
gewissen  Zeit  ausgeschiedenen  Harnstoffs,  selbst  da,  wo  der 
Harn  keine  anderen  stickstoffhaltigen  organischen  Bestand- 
theile  enthält,  nicht  als  das  directe  Maafs  der  Umsetzung  der 
stickstoffhaltigen  Körpertheile  wird  betrachten  können.  Den- 
nodi  wird  er  bei  der  Beurtheilung  desselben  immer  die  wich- 
tigste Rolle  spielen ,  und  es  wird  nur  darauf  ankonunen ,  die 
auf  seine  Bildung  und  Ausscheidung  noch  weiter  einwirken- 
den Einflüsse  genauer  zu  erforschen»  wozu  ich  den  Anfang 
gemacht  zu  haben  hoffe. 

Ich  unterlasse  es  hier,  noch  auf  mehrere  andere  interes- 
sante Resultate  aufmerksam  zu  machen,  die  sich  bei  einer 
so  lange  Zeit  fortgesetzten  genauen  und  durch  Maafs  und 
Gewicht  controlirten  Beobachtung  eines  Thieres  in  allen  seinen 
Functionen  ergeben  haben ;  z.  B.  rücksichtlich  der  Frage,  ob 
die  Galle  ein  Excret  ist;  über  das  Yerhältnifs  der  Ausschei- 
dungen durch  Nieren  und  Koth  einer-,  und  durch  Haut  und 
Lungen  anderer  Seits  etc.,  und  begnüge  mich  in  diesen  Be- 
ziehungen auf  die  Abhandlung  selbst  zu  verweisen. 


I 


109 

EinfluTs  des  Kochsalzes  auf  die  Harnstoffentleerung. 

Berichtigung  und  Zusatz; 

von  Demselben. 


In  meiner  Schrift  :  ^Der  Hamitaff  ah  Maafs  des  Staf- 
wtchseU^y  deren  allgemeinere  Resultate  der  yorstehende  Aofaat^ 
enthält ,  habe  ich  bei  der  Betrachtung  des  Einflusses,  welchen 
das  Kochsalz  auf  die  Entleerung  des  Harnstoffes  ausübt,  auch 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  nicht  alles  genossene  Koch- 
salz durch  den  Harn  wieder  ausgeschieden  wird.  Diese  Be- 
merkung ist  zwar  richtig,  allein  das  Deficit  des  Kochsalzes 
im  Harn  ist  nicht  so  grofs,  als  ich  S.  114  der  genannten 
Schrift  angegeben  habe.  Denn  ich  habe  dabei  irrthümlich 
einer  gesättigten  Kochsalzlösung  36  pC.  Kochsate  zugeschrie- 
ben, anstatt  26  oder  genauer  26,47  pC.  Die  genossenen 
400  Grm.  Kochsalzlösung  enthielten  also  auch  nicht  144  Grm. 
Kochsalz,  sondern  nur  105,88  Grm.,  und  da  93^66  Grm.  ent- 
leert wurden,  so  fehlen  auch  nur  12,22  Grm. 

Da  die  Frage  nach  dem  Einflufs  des  Kochsalzes  auf  die 
Bildung  und  Entleerung  des  Harnstoffes  eine  der  wichtigeren 
meiner  Untersuchungen  war,  so  habe  ich  mit  dem  zweiten 
zu  den  mitgetheilten  Versuchen  benutzten  Hunde  noch  eine 
Reihe  von  Versuchen  über  dieselbe  angestellt,  deren  von  der 
ersten  Reihe  etwas  abweichendes  Resultat  ich  bei  dieser  Ge- 
legenheit mittheilen  will. 

Der  Hund  erhielt,  nachdem  er  vorausgehend  7  Tage 
lang  täglich  1  Pfund  Kuhfleisch  ohne  Knochen  und  Fett  ge^ 
fressen  hatte,  wobei  er  sich  an  Gewicht  gleich  geblieben 
war ,  während  12  Tagen  täglich  1  Pfund  Fleisch  mit  50  Grm. 
einer  gesättigten  Kochsalzlösung.  Folgende  Tabelle  zeigt 
den  Erfolg. 


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Da  dieser  Hand  im  Durchschnitt  bei  1  Pfund  Fleisch  Iftg« 

lieh  allein  22,50  Grm.  Harnstoff  entleerte,  hier  aber  auf  den 

Tag  28,34  Grm.  kommen,  so  ist  der  Einflufs  des  Kochsalzes 

auf  Vermehrung  der  Harnstoffmenge  auch  hier  erwiesen. 

Die  verzehrten  6000  Grm.  Fleisch  enthalten  180,60  Grm.  N 

Die  entleerten  340,61  Grm.  Urin  enthalten    159,20    „      ^ 

Es  fehlen  also  21,40  „  „ 
welche^  da  der  Hund  nicht  schwerer  wurde,  in  anderer  Form 
entleert  worden  seyn  müssen.  Es  kommen  aber  davon  auf 
den  Tag  noch  nicht  ganz  1,8  Grm.  N;  während  bei  1  Pfund 
Fleisch  allein  7,56  Grm.  N  in  dem  Harnstoff  fehlen. 

Da  der  Hund  sich  an  Gewicht  gleich  blieb,  so  kann  hier 
schwerlich,  wie  ich  bei  dem  ersten  Hunde  aus  seiner  con- 
stauten  Gewichtsabnahme  schlofs,  die  Vermehrung  des  Harn- 
stoffs von  einer  vermehrten  Umsetzung  der  stickstoffhaltigen 
Körpertheile  abgeleitet  werden,  sondern  die  Ursache  liegt 
auch  hier  wohl  nur  in  der  Erhaltung  des  Stickstoffs  der  um- 
gesetzten Körpertheile  in  der  Form  des  Harnstoffs  und  Ver- 
meidung seiner  Ueberfuhrung  in  anderweitige  Verbindungen, 
z.  B.  in  kohlensaures  Ammoniak.  Und  der  Grund  davon 
kann  auch  hier  wieder  in  der  vermehrten  Wasseraufnahme 
und  Abscheidnng  kaum  verkannt  werden,  da  der  Hund  hier 
täglich  564  Grm.  Urin  entleerte,  während  dessen  mittlere 
Menge  bei  1  Pfund  Fleisch  allein  nur  259  Grm.  betrug. 

Was  die  Entleerung  des  Kochsalzes  durch  den  Harn  be- 
trifll,  so  verzehrte  der  Hund  in  den  600  Grm.  gesättigter 
Kochsalzlösung  158,82  Grm.  Kochsalz.  Er  entleerte  aber 
145  Grm.  durch  den  Harn,  so  dafs  also  noch  13,82  Grm. 
fehlen.  An  den  folgenden  4  Tagen,  wo  er  nur  1  Pfund 
Fleisch  allein  erhielt,  schied  er  in  abnehmenden  Quantitäten 
noch  6,84  Grm.  Kochsalz  aus,  worauf  die  Menge  desselben 
bis  auf  die  bei  1  Pfund  Fleisch  allein  gewöhnliche  gesunken 
war.    Da  nun  durch  das  Fleisch  immer  auch  etwas  Kochsalz 


112  Siegmund ^  Venuche  über  die 

cugefährt  wurde,  so  tritt  im  Ganzen  auch  hier  das  auffallende 
Resultat  hervor,  dafs  das  eingeführte  Kochsalz  nicht  Attes 
wieder  ausgeführt  zu  werden  scheint,  insofern  wir  das  De- 
ficit nicht  in  dem  Kothe  suchen  wollen,  was  wenig  wahr- 
scheinlich ist.  Es  scheint  also  hierdurch  eine  Zersetzung  des 
Chlomatriums  in  dem  Thierkörper  angezeigt  zu  werden. 


Versuche  über  die  Ausscheidung  des  Harnstoffs ; 

von  A.  0.  Siegmwid^y 


Der  Verfasser  hat  einige  Versuche  mit  Kanindien  tlber 
die  Hamstofibienge  angestellt,  welche  dieselben  im  Normalzu- 
stand und  bei  Darreichung  gewisser  scharfer  harntreibender 
Mittel  ausscheiden. 

Die  Kaninchen  wurden  zuerst  mit  Kohl  (Brassica  oleracea) 
gefuttert,  und  der  Harnstoffgehalt  theils  der  einzebien  Ham- 
portionen ,  theils  gröfserer  angesammelter  Quantitäten,  nach 
der  Liebig' sehen  Methode  ohne  Rücksicht  auf  das  Kochsalz 
bestimmt.  Das  Resultat  war  :  1}  Die  tägliche  Hamstoffmenge 
ist  um  so  geringer,  je  geringer  die  Menge  der  Nahrung. 
2)  Der  procentige  Gehalt  des  Harns  an  Harnstoff  ist  um  so 
gröfser,  je  geringer  die  Menge  der  Nahrung.  3)  Die  Ham- 
stoffmenge ist  auch  im  Verhältnifs  zu  1  Gnn.  Nahrung  um 
so  gröfser,  je  geringer  die  Menge  der  Nahmng.  Die  absolute 
Menge  des  Harnstoffs  war,  als,  wie  es  scheint,  das  Thier  ad 
libitum  zu  fressen  erhielt  ^  in  24  Stunden  1,599  Grm. ,  der 
procentige  Gehalt  wechselte  von  0,86  bis  1,70. 


*)  Im  Auszug  aus  dessen  Dissertation  :  De  Ureae  excretione  nonnnlla 
ezperlmentis  Ulnstrata.    Diss.  inaug.    Aug.  18^    Berol.    8. 


Auncheidimg  des  BartutoffM.  113 

Hierauf  erhielt  das  Thier  bei  einer  Nahrung  von  150 
und  180  6nn.  Kohl  täglich  mit  wechselnden  Dosen  von  Cuhe- 
ben  im  Ganzen  in  9  Tagen  38  Grm.  der  letzteren.  Die  absolute 
und  procentige  Hamstoffmenge  stieg  hierauf  höher  als  jemals 
früher.  In  24  Stunden  wurden  2^9  Grm.  Harnstoff  ausge- 
schieden und  der  procentige  Gehalt  stieg  auf  1 J8.  Auch  in 
Beziehung  auf  1  Grm.  der  Nahrung  stieg  die  Hamstoffinenge. 
Die  Hammenge  nahm  relativ  zu  der  Nahrung  zwar  auch  zu, 
allein  doch  nicht  besonders.  Eine  Wiederholung  des  Ver- 
suches, wobei  das  Thier  starb,  ergab  dasselbe  Resultat. 

Ein  zweites  Kaninchen,  bei  welchem  die  absolute  Harn- 
stolhienge  bei  KohlfUtterung  3,248  Grm.  in  24  Stunden  und 
der  Procentgehalt  des  Urins  1,141  betragen  hatte,  erhielt 
Extr.  Cantharidum  aethereum.  Der  Effect  war  derselbe  wie 
bei  den  Cubeben,  die  Harnstoffmenge  und  der  procentige 
Gehalt  des  Harns  an  Harnstoff  nahmen  zu.  Jene  stieg  auf 
5,471  Grm.  in  24  Stunden,  dieser  auf  1,621.  Auch  hier  wurde 
der  Versuch  mit  demselben  Resultate  wiederholt. 

Der  Verfasser  theilt  auch  die  anderen  Erscheinungen, 
welche  die  Cubeben  und  das  Cantharidin  zur  Folge  hatten, 
auch  in  Betreff  der  pathologisch-anatomischen  Störungen  mit, 
welche  wir  hier  übergehen. 

Der  Verfasser  hat  den  Körpergewichtsverhältnissen  des 
Thieres  während  der  Versuche  keine  besonderen  Folgen  ge- 
geben, obgleich  er  sie  meist  bestimmt  hat,  weil  er  sie  bei 
der  Unsicherheit  der  Koth-  und  Harnentleerung  fUr  zu  un- 
sicher hielt.  Dennoch  sind  die  Gewichtsveränderungen  be- 
deutend. Denn  das  erste  Kaninchen  kam  schon  bei  der 
blofsen  KohlfUtterung  von  1443  Grm.  auf  1135  herunter,  und 
als  es  nach  der  zweiten  Cubebenfätterung  starb,  wog  es  nur 
noch  893  Grm.  Auch  das  zweite  Kaninchen  sank  bei  dem 
Cantharidengebrauch  von  1515  Grm.  auf  1406. 


Annal.  d.  Chemie  u.  Phann.  LXXXVIU.  Bd.  1.  Heft.  '     8 


114  Vokl,  kwutütAe  Bildung  by^kdOtirter 

Künsthche  Bildung  krystallisirter  Mineralien  auf 

nassem  Wege; 

von  Dn   H.   Vohl  ♦). 


Viele  in  der  Natur  vorkommende  krystallisirte  Mineralien 
sind  wir  im  Stande,  ihren  chemischen  Bestandtheilen  nach 
nachzubilden,  jedoch  war  die  Structur  bis  jetzt  noch  nicht 
unserer  Willkür  unterworfen.  Die  Hauptbedingung  der  Kry- 
stallisation  eines  schwer-  oder  unlöslichen  Körpers  ist  die 
langsame  Ausscheidung  bei  seiner  Bildung,  und  will  man  einen 
solchen  Körper  krystallisirt  darstellen,  so  mufs  man  auf  diese 
Bedingung  wohl  Acht  haben. 

Um  diese  langsame  Ausscheidung  zu  bewerkstelligen,  hat 
man  verschiedene,  mehr  oder  minder  zum  Zweck  führende 
Wege  eingeschlagen^  z.  B.  Schmelzung,  Verdunstung,  Auf- 
lösung in  verschiedenen  Lösungsmitteln  u.  s.  w. 

Schon  seit  mehreren  Jahren  habe  ich  mich  mit  der  Nach- 
bildung krystallisirter  Mineralien  befafst,  und  bin  zu  man- 
chen interessanten  Resultaten  gelangt.' 

Um  eine  unlösliche  Verbindung  möglichst  langsam  aus 
den  bildenden  Flüssigkeiten  auszuscheiden  und  dadurch  eine 
Krystallisation  hervorzurufen,  suchte  ich  dieselben  möglichst 
genau  auf  dasselbe  spec.  Gewicht  zu  bringen  und  sie  alsdann 
vorsichtig  über  einander  zu  schichten. 

Bei  diesem  Verfahren  erhielt  ich  selten  befriedigende 
Resultate,  und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  durch  die  Erschüt- 
terungen ,  die  in  einer  grofsen  Stadt  vorkommen ,  die  Flüs- 
sigkeiten in  eine  zitternde  Bewegung  gerathen  und  dadurch 
die  Mischungszone  sich  zu   rasch  vergröfsert;   ferner   aber 


*)  Vergl.  diete  Ann.  LXXXVII,  120.  D.  R. 


ttmeraUen  auf  nasiem  Wege.  115 

aach  dudurch,  dafs  der  neugebildete  ausgeschiedene  Körper 
fast  immer  ein  gröfseres  spec.  Gewicht  hat,  als  die  beiden 
bildenden  Flüssigkeiten,  in  Folge  dessen  er  zu  Boden  Tallt. 
Durch  dieses  Hinabfallen  kommt  er  erstens  aus  der  Bildungs- 
zone,  kann  sich  demnach  nicht  mehr  vergröbern,  und  zweitens 
bringt  er  eine  Bewegung  henror,  die  der  Bildung  gröfserer 
Krystalie  sehr  hinderlich  ist. 

Diesen  Weg  verliefs  ich  defshalb  bald  und  suchte  nun 
die  beiden  Flüssigkeiten  durch  eine  Zwischenschicht  zu  tren- 
nen, welche  das  Hinabfallen  des  neugebildeken  Körpers  ver- 
hinderte und  die  Mischung  der  beiden  Flüssigkeiten  ver- 
langsamte. 

Ich  gelangte  zu  meinem  Zwecke,  wenn  ich  eine  Mem- 
brane, poröse  Thonplatte,  oder  ein  blofses  BUttchen  Filtrhr- 
papier  anwandte.  Der  Apparat,  den  ich  anwandte,  war  höchst 
einfach  und  bestand  aus  einem  oben  und  unten  offenen  Glas- 
cylinder,  den  ich  an  einem  Ende  mit  einer  der  eben  erwähnten 
Substanzen  verschlofs;  alsdann  wurde  der  Cylinder  mft  der 
einen  Lösung  gefüllt  und  mit  dem  verschlossenen  Ende  in 
die  andere  Lösung  getaucht.  (Je  schwerer  löslich  der  sich 
bildende  Körper  ist,  desto  verdünnter  müssen  die  anzuwen- 
denden Lösungen  seyn.}  Es  findet  eine  äufserst  langsame 
Mischung  der  beiden  Flüssigkeiten  Statt,  in  Folge  welcher 
sich  der  neue  Körper  krystallinisch  ausscheidet. 

Diese  Methode  ist  schon  bei  vielen  Körpern  anwendbar. 
So  erhielt  ich  bei  Anwendung  der  entsprechenden  Lösungen  : 
ehromsaures  Blei-,  Wismuth-  und  Zinkoxyd,  kohlensauren 
Kalk  und  kohlensaures  Bleioxyd,  phosphorsauren  Kalk  und 
arsen-  und  phosphorsaure  Magnesia -Ammoniak  in  ziemlich 
ansehnlichen,  vollkommen  ausgebüdeten  Krystallen. 

Augenblicklich  habe  ich  eine  Mischung  von  Chlorcal- 
cium  und  Chlonnagnesium  mit  kohlensaurem  Kali  in  Bertth- 

8» 


116  Vohl,  künstticke  Bädung  kry$iam$irter 

rang ;  es  haben  sich  auf  der  Membrane  tafelförmige  Krystalle 
gebildet,  wahrscheinlich  von  Bitterspath  [Dolomit]. 

Eine  solche  Krystallbildung  dauert  gewöhnlich  mehrereWo- 
chen,  und  da  die  Lösungen,  wenn  man  gerade  nicht  Metallsake 
hat,  durch  ihre  Verdünnung  die  Fäulnifs  der  Membrane  nicht 
zurückhalten ,  so  lege  ich  dieselben  vorher  entweder  in  ver- 
dünntes Kreosotwasser,  oder  in  einen  schwachen  AufguTs  von 
Gallus. 

Die  eben  angegebene  Methode  ist  jedoch  nicht  imm^ 
und  überall  anwendbar,  indem  die  Ausscheidung  häufig  noch 
zu  rasch  fortschreitet  und  man  nur  höchst  kleine  Krystalle  er- 
hält ;  defshalb  suchte  ich  einen  Apparat  zu  construiren,  der  mich 
in  Stand  setze,  die  Ausscheidung  nach  Belieben  zu  verzögern. 

Die  Zeichnung  Fig.  5  der  Tafel  giebt  ein  Bild  von  dem 
Apparate ,  mit  welchem  ich  sehr  gute  Resultate  erhielt.  Der- 
selbe besteht  aus  zwei  Teilen,  aus  dem  Saug*  und  dem  Kry- 
stallisationsgefäfs. 

A  ist  das  Sauggetäfs,  welches  mit  Salzwasser  getuUt  und 
bei  D  mit  einer  Membrane  verschlossen  ist.  (Kochsabswasser 
nehme  ich  nur  zur  Verhütung  der  Fäulnifs.) 

Durch  die  Röhre  C  ist  A  mit  dem  Krystallisationsgefäfs 
B  verbunden,  welches  mit  der  Auflösung  eines  Bestandtheils 
des  darzustellenden  Körpers  angefüllt  und  gerade  wie  A  bei 
jD,  bei  E  vermittelst  einer  Membrane  verschlossen  ist.  Ueber- 
läfst  man  so  hergerichtet  den  Apparat  sich  selbst ,  so  bemerkt 
man  bald,  dafs  die  beiden  Membranen  bei  D  und  E  nach 
Innen  zu  j^edrückt,  also  concav  werden  und  zwar  in  Folge 
der  Verdunstung  durch  die  beiden  Membranen.  Wird  nun  E 
in  eine  Flüssigkeit  getaucht,  so  wird  eine  der  Verdunstung 
entsprechende  Menge  Flüssigkeit  durch  E  nach  B  gelangen 
und  war  letztere  Flüssigkeit  eine  entsprechende  Lösung  des 
andern  Bestandtheils  des  zu  bildenden  Körpers,  eine  Aus- 
scheidung in  6  stattfinden.    Die  Ausscheidung  wird  demnach 


Mineralien  auf  nassem  Wege,  il7 

proportional  der  Verdunstung  bei  D  stattfinden.  Bemerkt 
man  eine  zu  rasche  Ausscheidung  des  Körpers,  so  hat  man 
nur  D  theilweise  mit  einer  Auflösung  von  Siegellack  in  Al- 
kohol zu  bestreichen,  wodurch  die  Verdunstung  sofort  ver- 
mindert wird.  Auf  diese  Weise  ist  man  im  Stande,  die  Aus- 
scheidung beliebig  zu  verlangsamen.  Aehnlich  wie  in  diesem 
Apparate  ist  der  Vorgang  bei  der  Ausscheidung  der  Krystalle 
von  oxalsaurem  Kalk  in  den  Pflanzen. 

Ich  habe  eine  Menge  dieser  Apparate  in  Thätigkeit,  um 
den  Schwerspath,  Eisenspalh,  Kupferlasur  u.  s.  w.  darzu- 
stellen, und  werde  ich  nicht  ermangeln,  die  Resultate  sobald 
als  möglich  mitzutheilen  *}. 


Ueber  das  electrolytische  Gesetz; 

von  H.  Buff. 


In  den  Comptes  rendus  vom  17.  October  1853  hat  Herr 
Leon  Foucault  eine  Abhandlung  mitgetheill,  in  welcher 
er  die  Ansicht  verlheidigt,  dafs  das  Faraday'sche  Gesetz 
der  festen  electrischen  Zersetzung  kein  strenger  Ausdruck 
der  Thatsachen  sey,  dafs  vielmehr  die  zusammengesetzten 
flüssigen  Leiter  neben  der  electrolytischen  noch  eine  zweite 
ihnen  eigenthUmliche^  von  jeder  chemischen  Zersetzung  unab- 
hängige Leitungsfahigkeit  besitzen. 


*)  Zu  den  beiden  Geffifsen  A  und  B  kann  man  xweckmfifsig  zwei 
MedicingiSaer  von  6  bis  8  Unzen  Inhalt  nehmen ,  die  Böden  der- 
selben absprengen  and  die  Hfilse  mit  einem  Glasrobri  welches  die 
entsprechende  Biegung  hat,  verbinden  und  die  Korke  mit  Siegellack 
verkitten. 


IIS  Buff,  Über  da$  eleelrolyiüeke  Oetete. 

Er  giebt  awtr  zu,  dafs  die  bis  jetzt  bekannten  Brfahnni* 
gm  iber  electriscbe  Ströme,  welche  durch  Flüssigkeiten 
gehen,  ohne  in  diesen  eine  sichtbare  Zersetzung  herrorau- 
bringen,  nicht  entscheidend  sind ;  eben  so  wenig  vermag  er 
abtf  Vergleichenden  Versuchen  über  die  in  verschiedenen 
nussigkeiten  durch  electrische  Ströme  erhaltenen,  und  diesen 
Strömen  proportionalen  NiederschUige ,  eine  genügende  Be- 
weiskraft beizumessen.  Da  er  sidi  insbesondere  auf  die  von 
mir  in  diesen  Annaien  Bd.  LXXXV,  S.  1  bekannt  gemachten 
Versuche  bezieht,  so  erlaube  ich  mir,  hierüber  Nachfolgendes 
zu  erwiedem. 

Wenn  in  Flüssigkeiten  aofser  dem  vom  Zersetzungs- 
processe  abhängigen  Strome  noch  eine  zweite  eigenthümliche, 
von  der  chemischen  Zersetzung  unabhängige  electrische  Be- 
wegung eintreten  kann,  so  murs  diese,  wenn  überhaupt  wahr- 
nehmbar, bei  der  durch  schwache  Ströme  bewirkten  Blectro- 
lyse  am  deutlichsten  in  der  Weise  hervortreten,  dafs  bei 
abnehmender  Stromintenaiiftt  die  Onantität  der  Zersetzung 
nicht  proportional,  sondern  in  etwas  gröfserem  Verhältnisse 
sich  vermindert. 

Aus  diesem  Grunde  habe  ich  bei  der  eben  erwähnten 
Arbeit  meine  Aufmerksamkeit  hauptsächlich  auf  das  Verhalten 
electrischer  Ströme  von  geringer  Intensität  gerichtet,  übri- 
gens innerhalb  ziemlich  grofser  Spielräume  der  Stromstärken. 
Es  ergab  sich  aus  dieser  Untersuchung,  da[s  innerhalb  des 
Umfangs  solcher  electrischer  Ströme,  welche  aus  einer  Silber- 
lösung binnen  100  Stunden  nur  27  Milligrammen  Siiberlösung 
ausscheiden  können ,  bis  zu  solchen ,  die  in  derselben  Zeit 
5226  Milligrm.  abzusetzen  im  Stande  sind,  nichts  auf  eine 
Abweichung  in  der  vollkommensten  Proportionalität  der  Zer- 
setzungsmengen zu  den  Stromstärken  hindeutet.  Femer  wurde 
nachgewiesen,  dafs  auch  bei  diesen  schwachen  Strömen  die 
Quantitäten  der  Zersetzung  in  verschiedenen  Zersetzungszellen, 


Buff^  über  das  electrolpiische  Ge$et%.  119 

imabhilngig  vom  Concentrationsgrade  der  Flüssigkeiien ,  Bo 
wie  der  Gröfse  der  eingetauchten  Platten  oder  Drähte,  che* 
misch  proportional  sind.  Die  zu  den  Versuchen  benutzten 
Flüssigkeiten  waren  :  Lösungen  von  Salpetersäuren  Silber 
und  von  Kupfervitriol,  verdünnte  Schwefelsäure  und  Wasser. 
Hinsichtlich  der  Wasserzersetzung  wurde  noch  insbesondere 
dargethan,  dafs  sie  unzweifelhaft  selbst  bei  Strömen  erfolgt, 
deren  Stärke  einem  Silbemiederschlag  von  nur  6,7  Milligrm. 
in  100  Stunden  entspricht. 

Bs  ist  unbestreitbar,  dafs  Erfahruugsgesetze  eine  strenge 
Geltung  höchstens  nur  zwischen  den  Grenzen  der  angestellten 
Versuche  in  Anspruch  nehmen  können.  Es  wäre  daher  inuner 
möglich,  dab  noch  viel  schwächere  Ströme,  als  die  von  mir 
angewendeten,  durch  zersetzbare  Flüssigkeiten  wandern  kön* 
nen,  ohne  dieselben  zu  zersetzen.  Dagegen  spricht  jedoch 
eine  Reihe  sehr  wichtiger  Thatsachen,  ohne  dafs  von  früheren 
Brfehrungen,  wie  Herr  Foucault  selbst  hervorgehoben  hat, 
mch  nur  eine  einzige  daßr  geltend  machen  läfst.  Man  weifs 
längst,  dals  die'  sogenannte  Polarisation  der  in  die  Zersetzungs^ 
seile  eingetauchten  Ilatinplatten  in  nichts  anderem  besteht, 
als  in  einem  Absätze  eines  Theils  der  Zersetzungsproducte, 
wodurch  das  Platin  eine  Veränderung  seiner  electromotori* 
sehen  Kraft,  und  zwar  in  entgegengesetztem  Sinne  der  vorher 
wirksamen  electromotorischen  Thätigkeit  erfährt.  Dieser  Punkt 
einmal  festgestellt,  läfst  sich  mit  Sicherheit  behaupten,  dafs 
überall  da,  wo  die  eingesenkten  Metallplatten  polarisirt  wor* 
den  sind,  eine  chemisch  -  electriscbe  Zersetzung  vorausge- 
gangen seyn  mufste.  Nun  hat  man  aber  noch  keinen  Strom 
beobachtet,  bei  welchem  (ohne  Anwendung  besonderer  Vor- 
kehrungen} die  Polarisation  der  Platinplatten  ausgeblieben 
wäre.  Selbst  die  nur  unter  Beihülfe  der , empfindlichsten  Werk- 
zeuge wahrnehmbaren ,  durch  Muskelcontraction  erzeugten 
Ströme,  polarisiren  die  Platinplatten,  so  dafs  sie  durch  diese 


180  Buff^  über  dm  eledrofyiUcke  GeseU. 

Gegenwirkung  nach  kurzer  Zeit  fast  ganz  aufgehoben  werden, 
und  dafs  dann,  nachdem  die  Muskelthäti^eit  aufgehört  hat, 
em  Strom  in  entgegenge9etztem  Sinne  erfolgt.  Also  auch 
diese  electrischen  Ströme,  deren  Intensität  so  aufserordent- 
lieh  gering  ist,  dafs  mehrere  unter  den  geübtesten  Experi- 
mentatoren dieselben  lange  Zeit  gar  nicht  wieder  auffinden 
konnten,  zersetzen  die  Flüssigkeit ,  durch  welche  sie  geleitet 
werden. 

Die  Annahme  einer  Leitung  der  Electricität  durch  VlüB^ 
sigkeiten  in  ähnlichem  Sinne,  wie  dieselbe  in  den  Metallen 
Tor  sich  geht,  läfst  sich  daher,  wenn  man  nicht  wohlbegrün- 
dete Thatsachen  geradezu  abläugnen  will,  höchstens  nur  auf 
solche  electrische  Ströme  oder  vielmehr  Stromtteile  beziehen, 
welche  schwächer  sind  als  alle  bisher  beobachteten.  Aber 
auch  nur  auf  solche  will,  wie  es  scheint,  Herr  Foucaulk 
seine  Behauptung  angewendet  wissen,  indem  er  sagt  :  ,^Die 
eigenthümliche  ^  derjenigen  der  Metalle  ähnliche  Leitfähigkeil 
der  Flüssigkeiten  sey,  wenn  auch  ohne  Zweifel  sehr  schwach, 
gleichwohl  nicht  ganz  und  gar  Null^.  Die  Gründe  ^  welche 
ihn  veranlassen,  bei  dieser  Ansicht  zu  halten,  sind  theils  rein 
theoretischer  Art,  theils  aber  auch  einem  Versuche  ent- 
nommen. 

Die  ersteren,  deren  Gewicht  mir  nicht  ganz  klar  gewor- 
den ist,  trage  ich  um  so  weniger  Bedenken  unbeachtet  za 
lassen,  als  in  der  neueren  Physik  Theorieen  wohl  als  An- 
näherungen zur  Wahrheit  betrachtet,  aber  nicht  mehr  für  den 
unbedingten  Ausdruck  derselben  gehalten,  daher  nur  so  lange 
gebraucht  werden ,  als  sie  mit  wohlbegründeten  Thatsachen 
im  Einklänge  stehen.  Ich  wende  mich  defshalb  sogleich  zu 
dem  Versuche,  so  wie  den  damit  verknüpften  Betrachtungen. 

Zwei  ganz  gleichartige  Zink  -  Flatinpaare  wurden  in  ver- 
kehrter Ordnung,  d.  h.  je  die  gleichnamigen  Pole  mit  ein- 
ander, verbunden,  und  zwischen  die  einen  oder  andern  der- 


Buff,  Über  das  tiedroh/UMehe  Ge$etB.  121 

selben  ein  Gdvanometer  eingeschaltet  Es  ist  klar,  bemerkt 
Foucault,  dafs  unter  diesen  Umständen,  wie  man  auch 
die  Sache  auffassen  mag,  kein  Strom  wahrnehmbar  werden 
konnte.  Für  diejenigen,  welche  eine  besondere  LeitAhig« 
keit  der  Flüssigkeiten  nicht  zageben  wollen ,  war  nun  zu- 
gleich jede  electrische  Wirksamkeit  im  Innern  der  Kette 
unterbrochen;  für  diejenigen,  welche  eine  solche  Leitfiihig- 
keit  annehmen,  dauerte  eine  schwache  Wirkung  in  jedem 
Paare  fort;  sie  mufste  jedoch  wegen  des  Gleichgewichts  auf 
beiden  Seiten  ohne  Einflufs  auf  die  Galvanometemadel  bleiben. 
„Angenommen  jetzt^,  fahrt  Foucault  weiter  fort,  „die  Platten 
des  einen  Paares  wurden  einander  genähert,  während  die 
des  andern  unberührt  blieben.  Nach  der  einen  Hypothese, 
welche  eine  besondere  Leitfähigkeit  verwirft,  war  hierdurch 
keine  Veranlassung  zur  Störung  des  Gleichgewichts  gegeben. 
Wohl  aber  nach  der  andern,  weil  der  Leitungswiderstand  zu 
Gunsten  des  zweiten  Paares  vermindert  wurde ;  dieses  mufste 
folglich  ein  Uebergewicht  gewinnen ;  und  so  zeigte  es  sich 
in  der  That  aus  der  Ablenkung  der  NadeP. 

Ich  gestehe,  von  welchem  Gesichtspunkte  aus  ich  das  Re- 
sultat des  hier  beschriebenen  Versuchs  betrachten  mochte,  dafs 
es  mir  unverständlich  geblieben  ist,  wie  durch  die  erwähnte 
Veränderung  in  der  Stellung  der  Platten  des  einen  Paares  das 
Gleichgewicht  gestört  und  wie  insbesondere  hierdurch  der 
Leitungswiderstand  zu  Gunsten  des  einen  Paares  vermindert 
werden  konnte,  ohne  dafs  dieselbe  Begünstigung  nicht  zu- 
gleich auch  für  das  andere  eintrat. 

Da  jedoch  dieses  Resultat  von  einem  so  gewandten  Ex- 
perimentator erhalten  wurde ,  und  von  ihm  als  vrichtigste, 
wenn  nicht  einzige  Stütze  einer  theoretischen  Vorstellung 
benutzt  worden  ist,  so  habe  ich  die  Mühe  nicht  gescheut, 
den  Versuch  mit  aller  Sorgfalt  zu  wiederholen. 


122  9uff^  vAer  dat  dectrolffüs^e  Ge$ei*. 

Zwei  lange  Tröge  wurden  theOweise  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  angefttllt  und  in  jeden  derselben  zwei  pordse 
Thonzellen  geslelU ,  welche  von  derselben  Flüssigkeit  ent- 
hielten. In  eine  Zelle  jedes  Behälters  wurde  ein  Zlnkcylinder 
getaucht.  Die  Flüssigkeiten  der  beiden  andern  verband  man 
durch  ein  umgebogenes  Platinblech,  oder  auch  nur  durch 
einen  Platindraht.  Um  diese  aus  zweien,  in  verkehrter  Ord- 
nung aneinandergereihten  Paaren  gebildete  Kette  zu  schlieben, 
verband  man  die  beiden  Zinkcylinder  entweder  direct,  oder 
durch  Vermittelung  eines  sehr  langen  Multiplicatordrahts,  der 
in  mehr  als  18000  Windungen  eine  astatische  Nadel  umgab. 
—  Bei  aller  Sorgfalt,  welche  auf  Reinigung  des  Platins  ver- 
wendet wurde,  hatte  man  anfangs  einen  Ausschlag.  Das 
Oleichgewicht  stellte  sich  aber  gewöhnlich  bald  und  voll- 
ständig her,  wenn  man  die  Zinkcylinder  durch  einen  kurzen, 
dicken  MetaUdraht  in  Verbindung  setzte. 

Nachdem  so  das  Gleichgewicht  gebildet  und  das  Gtlm- 
noneter  eingeschaltet  war,  entfernte  ich  die  eine  Zinkzelle 
von  der  ihr  zugehörigen  Platinzelle,  und  näherte  sie  dann 
wieder.  Die  Nadel  blieb  unbeweglich  in  ihrer  Ruhelage. 
Nichts  deutete  auf  einen  Strom  im  einen  oder  andern  Sinne, 
wie  grofs  auch  die  angebrachten  Veränderungen  im  Leitungs- 
widerstande  des  einen  Paares  seyn  mochten.'  Zusatz  von 
Flüssigkeit  oder  Wegnahme  aus  dem  einen  Troge  bUeb  eben- 
falb ohne  allen  Erfolg. 

Man  könnte  einwenden,  dafs  das  Galvanometer  nicht 
empfindlich  genug  war,  die  schwache  electrische  Bew^fung, 
welche  nach  Herrn  Foucault's  Vorstdlungsweise  einge- 
treten seyn  sollte,  anzuzeigen.  Es  ist  defshalb  vielleicht 
nicht  überflüssig,  hervorzuheben ,  dafs  dem  Instrumente  aller- 
dings ein  sehr  hoher  Grad  der  Empfindlichkeit  beigebracht 
worden  war.  Wenn  das  eine  Drahtende  des  Gewindes  mit 
einer  aufserhalb  des  Gebäudes  in  feuchte  Erde  versenkten 


Buff^  über  das  ehcirofyUsche  Gesetz.  12S 

Bleitafel  in  Yerbindang  stand,  das  andere  Ende  zu  einem 
Stück  Platinblech  führt,  das  man  in  der  Hand  hielt,  so  erfolgte, 
trotz  der  unvollkommenen  Leitung,  die  doch  nur  durch  die 
Fufsbedeckung  und  den  Boden  des  Zimmers,  vermittelt  wer- 
den konnte,  ein  Ausschlag  von  63®. 

Es  lie(s  sich  hiemach  erwarten ,  dafs  die  geringste  Stö- 
rung im  Gleichgewicht  der  beiden  widersinnig  verbundenen 
Paare  alsbald  durch  eine  Ablenkung  der  Nadel  angezeigt 
werden  mufste.  Diese  Anzeige  trat  jedoch  niemals  ein,  wenn 
der  Versuch  genau  in  der  vorher  beschriebenen  Weise  an- 
gestellt wurde,  wenn  die  Metalle,  namentlich  das  Platin,  in 
besondere  Zellen  eingetaucht  waren.  Hatte  man  diese  Vor- 
sieht nicht  getroffen,  stand  z.  B.  die  eine  oder  andere 
Platinseite  im  offenen  Troge  und  wurde  in  diesem  die  Ver<* 
Schiebung  des  Zinks  vorgenommen,  so  entstand  freilich  eine 
sehr  starke  Ablenkung  in  dem  Sinne,  wie  Herr  Foucault 
angiebt.  Der  Strom,  der  sie  veranlafste,  war  aber  nur  durch 
die  unvermeidliche  Erschütterung  der  Flüssigkeit  erzeugt 
woi^flen,  wodurch  sich  diese  an  dem  Platin  erhob  und  noch 
ungebrauchte  Theile  der  Metallfläche  betaetzte.  Dafs  in  der 
That  nur  auf  diesem  Grunde  die  Stromentwicklung  beruhte, 
wird  dadurch  über  jeden  Zweifel  erhoben ,  dafs  man  durch 
Schütteln  der  Flüssigkeit  in  der  einen  Platinzelle,  oder  durch 
Zusatz  einer  neuen  Quantität  dieser  Flüssigkeit,  ganz  dasselbe 
Resultat  erreichen  konnte,  während  Entfernung  eines  Theils 
der  verdünnten  Säure  aus  dieser  oder  aus  einer  andern  Zelle 
ohne  Einflufs  blieb. 

Da  Herr  Foucault  von  der  Nothwendigkeit,  die  Platin- 
platten vor  den  Schwankungen  der  Flüssigkeit  zu  schützen, 
nichts  erwähnt,  so  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dafs  er 
diesen,  übrigens  keineswegs  unbekannten  Umstand  über- 
sehen hatte.    Die  Resultate,   welche  er  erhielt,  wenn   auch 


124        Wilde  y  über  die  Berecknung  der  Axenmnkd 

an  und  für  sich  richtig,   verlieren  aber  dadurch  die  Bedeu- 
tung ,  die  er  denselben  beizulegen  versucht  hat. 


lieber  die  Berechnung  der  Axenwinkel  der 

zweiaxigen  KrystaUe; 

von  E.  Wade. 


In  einer  in  die  Poggendorfrschen  Annalen  (Bd.LXXX, 
S.  225}  aufgenommenen  Abhandlung  habe  ich  nachgewiesen, 
dafs  die  von  Rudberg  berechneten  währen  Axenwmkd  der 
zweiaxigen  Krystalle  einer  Berichtigung  bedürfen.  Rudberg 
hat  nttmlich  seinen  Rechnungen  die  Tür  die  Lichtgeschwindig- 
keit von  Fresnel  gefundenen  Formebi  zum  Grunde  gelegrt, 
diese  Formeln  aber  nicht  im  Sinne  der  Undulationstheorie, 
wie  Fresnel  es  wollte,  sondern  in  dem  der  Emanations- 
theorie genommen,  und  diefs  in  der  Voraussetzung  g^han, 
dafs  beide  Theorieen  zu  denselben  Resultaten  führen  müfsten. 
Dafs  dem  nicht  so  ist,  die  Ergebnisse,  die  aus  beiden  her- 
vorgehen, vielmehr  verschieden  sind,  hierauf  habe  ich  in 
jener  Abhandlung  zunächst  aufmerksam  gemacht.  Im  Sinne 
der  Undulationstheorie  habe  ich  dann  die  Richtungen,  in  denen 
beide  Frontebenen  der  Aelherwellen  mit  gleicher  Geschwin- 
digkeit durch  die  zweiaxigen  Krystalle  sich  fortpflanzen^  als  die 
wahren  Kry$tallaxen  angesehen,  und  auf  diesem  Wege  den 
berechneten  Axenwinkel  des  ArragonitS'  in  beinahe  vollkom- 
mener Uebereinstimmung  mit  den  Messungen  erhalten,  wäh- 
rend sich  aus  den  Rechnungen  Rudberg's  die  bedeutende 
Differenz  von  2^  ergiebt.  in  eben  jener  Abhandlung  habe 
ich  auch  noch  den  Axenwinkel  des  Topases  berechnet,   und 


der  iweiaxigen  Krystalle.  125 

denselben  zwar  in  besserem  Einklänge  mit  den  Beobachtungen, 
als  Rudberg  es  vermochte,  nichtsdestoweniger  aber  mit 
einer  Differenz  von  7^  gefunden,  wie  ich  diefs  auch  nicht 
anders  erwartet  hatte ,  weil  die  Varietäten  dieses  Krystalles 
ganz  verschiedene  Axenwinkel  haben,  seiner  Bildung  also 
nicht  ein  allgemeines  Gesetz,  wie  es  von  der  Theorie  vor- 
ausgesetzt werden  mufs ,  zum  Grunde  li^t.  Die  Yergleichung 
der  gemessenen  Axenwinkel  mit  den  theoretischen  Resulta- 
ten, fügte  ich  in  jener  Abhandlung  hinzu,  sey  insofern  von 
folgenreicher  Bedeutung,  als  nur  auf  diesem  Wege  über 
die  Wahrheit  der  von  Fresnel  behaupteten  Theorie  der 
doppelten  Brechung  mit  Zuverlässigkeit  entschieden  werden 
könne. 

Diese  meine  Abhandlung  hat  bei  Hrn.  Zamminer  (diese 
Annalen  Bd.  LXXVI,  S.  121)  eine  nichts  weniger  als  bei- 
Tdllige  Aufnahme  gefunden,  wie  ich  jetzt  erst  aus  der  letzten 
trefflichen  Arbeit  des  Hrn.  Heufser  (Poggend.  Annalen 
Bd.  LXXXIX,  S.  532)  in  Zürich  ersehe.  ,Er  könne,  sagt 
Hr.  Zamminer,  in  meinen  Rechnungen  weder  eine  Berich- 
tigung der  Rudberg'schen  erkennen,  noch  sie  überhaupt  in 
Harmonie  mit  der  doppelten  Strahlenbrechung  bringen.  Er 
wolle  nicht  darauf  eingehen,  wie  die  aus  der  FresneTschen 
Theorie  hervorgehenden  Formeln  in  die  Sprache  der  Emana- 
tionshypothese zu  übersetzen  seyen ;  diefs  aber  sey  offenbar, 
dafs  Rudberg  ganz  mit  Recht  die  Fresnel* sehen  Formeln 
im  Sinne  der  Emanationshypothese  genommen  habe,  da  es 
doch  wohl  unier  aUen  Umstatiden  Strahlen  sind^  toas  man  eiehij 
und  nicht  WeUebenen.  Ich  (Wilde)  hätte  schon  daraus,  dafs 
ich  bei  dem  Axenwinkel  des  Topases  die  Theorie  und  die 
Messungen  nicht  übereinstimmend  fand,  entnehmen  müssen, 
dafs  der  von  mir  eingeschlagene  Weg  nicht  der  richtige  sey. 
Am  wenigsten  dürfte  Rudberg  der  Vorwurf  einer  unrichti- 

4 

gen  Anwendung  der  Theorie  treffen  u.  s.  w.  u.  s.  w,*' 


136        Wilde^  über  die  Berechnung  der  Axemoinkel 

Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnang^,  dafs  die  Einwürfe, 
die  Hr.  Zamminer  hier  macht,  nur  aus  einer  ungfenauen 
AuiTassang  der  vorliegenden  Sache  entstanden  sind.  Denn 
da  er  besonders  diefs  geltend  macht,  „dafs  es  doch  wohl 
unter  allen  Umständen  Strahlen  sind,  was  man  sieht,  und 
nicht  Wellenebenen^ ,  so  scheint  er  daran  nicht  gedacht  »i 
haben,  dafs  man  unter  der  Verbreitung  des  Lichtes  dsfch 
Strahlen  eben  nichts  anderes,  als  seine  Verbreitung  durch 
die  Frontebenen  der  Aetherwellen  verstehe.  Da£s  es  übri- 
gens weder  Strahlen  noch  Wellebenen  sind,  was  man  sieht, 
dafs  wir  vielmehr  durch  die  von  den  Wellebenen  im  Auge 
erregte  Empfindung  nur  Gegenstände  sehen  können,  darüber 
will  ich  mit  Hm.  Zamminer  nicht  weiter  rechten,  sondern 
ihn  nur  noch  daran  erinnern,  dafs  es  doch  wohl  seine 
Pflicht  gewesen  wäre,  es  nicht  unerwähnt  zu  lassen,  wie 
mir  nach  meiner  Ansicht  von  der  Sache  beim  Arragonit  ge- 
lungen ist,  was  den  Bemühungen  Rudberg's  nicht  gelingen 
wollte. 

Seit  der  Veröffentlichung  jener  meiner  Arbeit  hat  unter- 
defs  Hr.  Heufser  (aufser  der  vorhin  erwähnten  Abhand- 
lung auch  noch  in  Pogg.  Ann.  Bd.LXXXVII,  S.  454),  ^am 
n  üeberemaHmmung  mii  meiner  Ansichi,  die  wahren  Axen- 
Winkel  des  Schwerspaths  in  verschiedenem  homogenen  Lichte 
sowohl  aus  den  von  ihm  selbst  mit  aller  Sorgfalt  ermittelten 
Brechungscoefficienten,  als  auch  aus  den  gemessenen  jcAm»- 
baren  Axenwmkeln  bestimmt,  und  auch  bei  diesem  Krystalle 
die  Natur  und  die  Theorie  in  demselben  Einklänge  gefunden, 
den  ich  bereits  beim  Arragonit  nachgewiesen  hatte.  Die 
Wahrheit  meiner  Behauptungen  ist  also  hierdurch  wohl  über 
jeden  Zweifel  erhoben  worden. 

Hr.  Heufser  hat  zwar  schon  die  Güte  gehabt,  meine 
Arbeit  gegen  das  Urtheil  des  Hrn.  Zamminer  zu  verthei- 
digen  (Pogg.  Ann.  Bd.  LXXXIX,  S.  538);    da  dasselbe  ab» 


der  wiomaxigen  KrysiaUe,  1S7 

schon  eine  weitere  Yerbreitong  gefunden  hat,  wie  ich  ans 
eben  dieser  Abhandlung  des  Hm.  Heufser  entnehme,  so 
habe  ich  es  um  so  mehr  für  meine  Pflicht  erachten  mflssen, 
auch  in  denselben  Annalen,  in  denen  Hr.  Z  ammin  er  mich 
des  Irrthums  geziehen  hat,  es  zur  Sprache  zu  bringen,  dafs 
ich  in  der  vorliegenden  Sache  einen  Irrthum  nicht  began- 
gen habe. 


lieber  die  BOdung  von  Amarin,  Furfurin  und  einer 

neuen  Base,  des  Anisins; 

von  C.  Bertagmni. 

(Briefliche  Mittheilaog.) 


Nach  der  Beobachtung,  dafs  sich  das  Trinitro  -  Hydro« 
benzamid  durch  die  blofse  Einwirltung  der  Wärme  in  Trinitro* 
Amarin  umwandeln  läfst^  hatte  ich  die  Hofiiiung  ansgespro« 
chen*3,  dafs  sich  auch  die  anderen  Hydramide  durch  dieses 
einfache  Hülfsmittel  in  isomere  Basen  umwandeln  lassen.  Ich 
habe  in  dieser  Richtung  mit  dem  Hydrobenzamid ,  dem  Fur^ 
Airamid  und  dem  Anishydramid  Versuche  angestellt^  und  bin 
zn  befriedigenden  Resultaten  gekommen. 

Durch  3-  bis  4  stündiges  Erhitzen  des  reinen  Hydro- 
benzamids  auf  120  bis  ISO**  erhielt  ich  eine  nach  dem  Erkalten 
glasartige  Masse,  die  Nichts  anderes  ist  als  Amarin.  Man  löst 
diese  Masse  in  siedendem  Alkohol  und  fügt  einen  Ueberschufs 
von  Salzsäure  hinzu;  weifse  Krystalle  des  salzsauren  Salzes 
bilden  sich  bald  in  der  Flüssigkeit,  und  wenn  man  dieselben 


*)  Diese  Annaiea  LXXIX,  378  f.  D.  R. 


138    Bertagnini,  über  die  Büdimg  van  Amariny  Furfwin 
Boch  einmal  umkrystallirt,  so  erhält  man  sie  vollkommen  rein 

« 

und  kann  aus  ihnen  Amarin  von  grorser  Reinheit  dar- 
stellen. Die  Analyse  des  Salzes  Tührte  zu  der  Formel 
C^fHifN),  HGL 

Ich  habe  ebenso  das  Furfuramid  in  Fnrfiirin  umgewandelii 
indem  ich  es  eine  halbe  Stunde  laiig  auf  110  bis  120^  er- 
hitzte. Durch  Auflösen  der  so  entstehenden  braunen  Masse 
in  Alkohol  und  Zusatz  von  überschüssiger  Oxalsäure  erhiüt 
man  ein  Salz  mit  allen  Eigenschaften  des  zweifach-oxalsauren 
Furfurins^  welches,  auf  die  bekannte  Art  behandelt,  reines 
Furfurin  giebt.  Die  Leichtigkeit,  mit  welcher  das  Furfuramid 
zu  Furfurin  wird,  erlajibt,  diese  Base  direct  aus  dem  Furfurol 
darzustellen.  Man  braucht  nur  in,  auf  110  bis  120^  erhitz- 
tes Furfurol  trockenes  Ammoniakgas  einzuleiten;  das  Furfurol 
bräunt  sich  und  nach  einer  halben  bis  ganzen  Stunde  ist  es 
in  Furfurin  umgewandelt. 

Erhitzt  man  reines  Anishydramid  in  einem  Oelbad  bis 
gegen  120^,  so  schmilzt  es  zu  einer  gelblichen  Flüssigkeit, 
welche^  zwei  Stunden  lang  auf  165  bis  170^  erhitzt,  unter 
Beibehaltung  ihres  Aussehens  sich  vollkommen  in  eine  mit 
dem  Anishydramid  isomere  Base  verwandelt,  die  ich  als 
Ani$m  bezeichne.  Zur  Reindarstellung  derselben  löst  num 
das  Product  in  siedendem  Alkohol  und  setzt  Sakssäure  zu. 
Bei  dem  Erkalten  wird  die  Flüssigkeit  zu  einer  Masse  in 
einander  gewirrter  Krystalle,  die,  von  der  Mutterlauge  be- 
freit und  mittelst  Kali  oder  Ammoniak  zersetzt,  die  neue 
Base  im  freien  Zustand  geben.  Dieselbe  krystallisirt  in  durch- 
sichtigen Prismen,  die  in  siedendem  Wasser  kaum  löslich, 
in  Alkohol  löslich  und  in  Aether  wenig  löslich  sind.  Die 
Lösungen  dieser  Base  reagiren  stark  alkalisch  und  schmedten 
bitter.  Die  Zusammensetzung  der  Base  ist  C48Ht4NtOe.  Mit 
den  Säuren  bildet  dieselbe  krystallisirte  Salze  von  bestimmter 
Zusammensetzung. 


u$kd  ,ei(utr  t9$^e»  Ba$e^  de$  Aßi^.  12p 

Das  [ff^si^wre  Salz  ^ry^alUaict  la  w^ifsen,  #k^  glttn- 
zeo^  K94f|In  9  i4ie  jsic|i  ,in  njTassar  nur  wen^ ,.  in  AlK<kbql 
leic]|t  Jösen.  Hei  gewöjinliclier  ü^emperatur  ^c^trqckpet  \faii 
d^s  Salz  4ie  Zu^amipenctet^Wtg  C^tHuNsQ«,  HQ  +  2|  ^Q ; 
Jtiei  IQO®  ,wird  e^  ^rass^fri^  0x^4  C|^HIs«l!(»Qf#  HCl. 

,Dfi^  PlaHpdojipelsiiI^  jb^t  gläns^ade  ^l^tchen  vap 
bb/sf^cir  Qrangafarbe.  Eis  «Jöiit  .sich  wenig  in  AIfcpjipJ  i^nd  cieip? 
ZpsamiQfinMtzi^g  ist  C4»|I,4NsO«,  4IC1  +  PtCU. 


■  «Ify^        i».iTi>< 


Ueber  den  der  Benzoesäure  entsprechenden 

Alkohol ; 

(Briefliche  HittbeiliiDg.} 


Das  Oel,  welches  man  durch  die  Einwirkung  einer  alko- 
holischen Kalilösuiig  auf  BiUermandelöl  erhält,  bat  die  Zur 
sammensetzung  Cj^HtO^;  es  ist  farblos,  specifisch  schwerer 
als  Wasser,  bricht  das  Licht  stark  und  siedet  bei  204^  Ob- 
gleich diß  Zusammensetzun'g  dieser  Substanz  der  Formel  der 
eigentlichen  Alkohole  CnHn+sOg  nicht  entspricht,  verhält 
dieselbe  sich  doch  gegen  Reagentien  wie  ein  Alkohol ,  als 
dessen  Aldehyd  das  reine  Bittermandelöl  C,4Hc0t  zu  be- 
trachten wäre. 

Durch  die  Einwirkung  von  gewöhnlicher  •Salpetersäive 
bei  gelinder  Wärme  wird  dieser  neue*  Alkohol  zu  Benzoyl- 
waaserstoff,  durch  die  Einwirkung  von  Chromsäure  zu  Ben- 
zoesäure. Läfst  man  den  Dampf  dieses  Alkohols  über  roth- 
glühenden Platinschwamm  streichen,  so  entsteht  ein  Oel, 
welches  specifisch  leichter  ist,  als  Wasser,  yermuthlich  Cj«!!«. 

AanAl.  d.  Chemie  u.  Pharm.  LXXXVUI.  Bd.  1.  Heft.  9 


130  Canni*%aro9  üb.  d.  d.  Benzoesäure  eniiprech.  Alkohol 

Bei  dem  Einleiten  von  Chlorwasserstoff  in  den  der 
Benzoesäure  entsprechenden  Alkohol  findet  Wärmeentwick- 
hing  statt  und  man  erhält  eine  Flüssigkeit,  die  sich  in 
zwei  Schichten  scheidet;  die  untere  ist  eine  wässerige  Lö- 
sung von  Chlorwasserstoff,  die  obere  ist  eine  von  dem  Al- 
kohol der  Benzoesäure  sich  ableitende  ätherartige  Chlorver- 
bindung C,4H,C1.  Letztere  ist  eine  das  Licht  stark  brechende, 
heftig  riechende  Flüssigkeit^  welche  specifisch  schwerer  ist 
als  Wasser  und  zwischen  180  und  185*  siedet.  Durch  die 
Einwirkung  von  AetzkaH  wird  diese  Verbindung  zu  Chlor- 
kalium und  dem  Alkohol  der  Benzoesäure.  Erwärmt  man  sie 
mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  Ammoniak  im  Wasser- 
bad ^  so  wird  sie  zu  Chlorammonium  und  zu  einer  Base, 
welche  krystallisirbar  ist  und  bei  einer  höheren  Temperatur 
schmilzt,  als  der  Schmelzpunkt  des  Toluidins  ist. 

Mischt  man  eine  Auflösung  des  der  Benzoesäure  ent- 
sprechenden Alkohols  in  Essigsäure  mit  einer  Mischung  von 
Schwefelsäure  und  Essigsäure,  so  zeigt  sich  ein  oben  auf- 
schwimmendes Oel,  welches  die  Essigsäure -Aetherart  jenes 
Alkohols  ist^  CjsHioO«.  Diese  Verbindung  ist  farblos,  spe- 
cifisch schwerer  als  Wasser^  siedet  bei  210®,  riecht  sehr  an- 
genehm aromatisch,  an  den  Geruch  einiger  Arten  Birnen 
erinnernd;  durch  Erwärmen  mit  Kalilösung  zerfällt  sie  in 
Essigsäure  und  den  Alkohol  der  Benzoesäure. 

Diese  Alkoholart  scheint  der  Typus  einer  ganzen  Klasse 
neuer  Alkohole  zu  seyn,  und  ich  bin  eben  mit  der  vollstän- 
digeren Untersuchung  derselben  beschäftigt. 


m 


m 


Appnrat  zum  Gradiiiren  cyUndrischer  Glaflg^fae; 
von  Carl  Westhoff  aus  Soest. 

(Von Prof.  Weltsien  mitgelhetlt) 


In  der  neuern  Zeit  werden  die  volumetrischen  Methoden 
zur  Bestimmung  des  technischen  Werthes  chemischer  Han- 
delsproducte  in  der  Praxis  immer  mehr  eiQgefbhrt.  Zur  Aus- 
fuhrung derartiger  Analysen  sind  aber  immer  eine  gewisse 
Anzahl  graduirter  GlasgefäCse  nothwendig,  deren  Anschauung 
oft  mit  Schwierigkeiten  verbunden  ist  und'  die  zuweilen  hin- 
sichtlich der  Genauigkeit  noch  manches  zu  wünschen  übrig 
lassen.  Es  wird  daher  nicht  unwillkommen  seyn^  einen  Ap- 
parat zu  kennen^  vermittelst  dessen  sich  ein  jeder  leicht  die 
nöthigen  Gefarse  graduiren  kann,  die  bei  nur  einiger  Sorg- 
falt solchen^  wie  sie  aus  der  Hand  eines  geübten  Mechanikers 
hervorgehen,  an  Eleganz  und  Genauigkeit  nicht  nachstehen 
werden.  Ebenso  kann  man  sich  mit  Leichtigkeit  Eudiometer- 
rohre  u.  s.  w.  herstellen. 

Die  Theilung  wird  mittelst  FluTssänre  in  das  Glas  geätzt 
Als  Aetzgrund  wählt  man  sehr  zweckmäfsig  Kupfer^techer- 
fimifs  (2  Theil  weifses  Wachs ,  1  Theil  Mastix ,  \  Theil  As- 
phalt, \  venetianischen  Terpentin}. 

Nehmen  wir  z.  B.  an,  es  wäre  ein  Rolir  seiner  Capacität 
nach  zu  theilen.  Dasselbe  wird  auf  gewöhnliche  Weise  cali- 
brirt,  die  Scala  auf  Papier  übertragen,  das  Rohr  mit  Aetz- 
grund überzogen  und  dann  mit  dem  Apparate  auf  folgende 
Weise  in  Verbindung  gesetzt. 

Die  beiden  mit  den  Zapfen  Z  und  Z,  (Fig.  6  der  Tafel} 
versehenen  Rollen  R  und  R,  werden  mit  den  beiden  Enden 
des  Rohrs  so  verbunden,  dafs  die  Axe  desselben  mit  der  der 
Rollen  und  Zapfen  möglichst  genau  zusammenfallt.  Man  er- 
reicht diefs  leicht  durch  dünne  Holzbrettchen ,   die  eine  Oeff- 


t^  Weiihoff^  Appami  um  Qradmren 

nung  bbinitts  worin  die  Wkm  mit  BbSntil^  pifelf  «Ml«  die 
dann  concentrisch  an  die  Rollen  durch  die  Stifte  $  und  $, 
befestigt  werden.  Die  Zapfen  %  und  %,  ruhen  in  den  Lagern 
L  und  L, ,  die  Feder  f  verhindert  ein  flin-  und  Herschieben 
nach  der  Längenrichtung  des  Rohrs ,  wenn  die  Zapfen  nicht 
voIlständSg  eingesetzt  wären. 

Die  Röhre  ist  so  eingestellt  um  ihre  iMgetxäxt  frei 
drehbar;  doch  hat  die  Rolle  R  eine  Yorrichtänjg,  welche  eine 
nur  theilweise  Drehung  zuläfst,  die  grttfser  odbr  kleiner,  je 
nach  der  Stellung  des  dreiatmigen ,  um  i  drehbaren  Hebets 
H  ist. 

Um  jetzt  die  Scata  auf  diis  Rohr  zu  tkbertfagen,  wird  iMS 
Papier  auf  eitlen  hölzernen  Schieber  vom  Ouerschrtitt  O  nnd 
20  bis  25  Millimeter  Länge  geklebt,  d^r  auf  einem  LineaA 
vom  Querschnitt  u  und  ungerafar  1  Meter  Länge  verschiebbar  ist. 
Der  Schieber  mit  dem  Lineal  so  nahe  als  möglich,  döcli  ohne 
dafs  er  dasselbe  berührt ,  an  das  zu  theflbnde  Glasrohr  ge- 
rückt, der  Schieber  auf  dem  Lineal  so  geschoben.  Ms  der 
Anfangspunkt  der  Scala  mit  dem  vorher  auf  dem  Rohre  be- 
merkten zusammenfMlt^.  I>ann  eine  Nadelspitze  zugleich  an 
das  Rohr  und  auf  einen,  z.  B.  den  ersten  Theilstrich  ge- 
hallen; eine  drehende  Bewegung  des  Rohrs  gegen  die  Nadel 
erzeugt  jetzt  einen  scharfen  Strich  in  den  AetZgruhd  des 
Rohrs,  der  senkrecht  zur  Längenaxe  desselben  ist.  Auf  diese 
Weise  trägt  man  die  einzelnen  Theilstriche  nach  einander 
auf  das  Rohr ;  man  fUhrt  hierbei  mit  der  rechten  Hand  die 
Nadel  und  macht  mit  der  linken  die  hin-  und  hergehende 
drehende  Bewegung  des  Rohrs.  Je  nachdem  man  einen 
längeren  oder  kürzeren  Schenkel  des  Hebels  aufstofsen  läfst, 
•  wird  der  Theilstrich  kürzer  oder  länger,  was  in  bestimmten 
Abschnitten  gfeschehen  zum  bequemen  Zählen  der  einzelnen 
Grade  nöthig  i!st.  SoH  das  Rohr ,  wie  bei  Eudmmetem ,  mit 
einer  von  der  Capacität  unabhängigen,   z.  B.  mit  einer  MilU- 


mcienKtela  irersehdii  werden ,  so  befeistigt  hhhi  eine  sblche 
auf  deik  Schieber,  und  yerfUhrt  wie  angegeben*. 

Die  Lager  und  das  Lineal  kann  man  leicht  durch  Stille 
in  jeder  Stellung  auf  einen  Tisch  befestigen,  doch  ist  t^ 
besser,  den  galizM  Apparat  auf  einem  besonderen  Breflb  so 
anfzQslellen ,  dbfs  ein  Lager  fest  steht  und  das  andere  L^ 
wie  dais  Lineal  in  richtiger  Weise  in  Nuten  hin-  nnd  her» 
geschoben  werden  und  in  jeder  ndlfaigen  Stdlung  dufdl  Keile 
bjrfasligt  worden  können. 

Ih  den  Aetzgrund  des  getheilten  Rohrs  werden  nun  aus 
fr^r  Hand  die  erforderhchen  Zahlen  und  BuchstiBben  ge*-  i 
schrieben  und  dasselbe  dann  einige  Zeit,  etwa  15  bis  20 Mi- 
nuten, flufssauren  Dämpfen  ausgesetzt.  Man  mi9<ihl  hierzu 
in  einem  bleiernen  Troge  Flufsspathpulvei^  und  Sckwefelsäilre 
und  erwühnl,  bis  sich  reichlich  Dämpfe  entwickeln,  und  bringt 
dann*  das  Rohr  in  diese.  Nachdem  man  dann  dasselbe  mit 
vielem  Wasser  abgespült,  entfernt  man  den  Aetzgrund  durch 
Reiben  mit  Terpentinöl  und  Alkohol. 


Ueber  die  Bildung   des  Stickstoffbenzoyls  aus  Hip* 

pursäure ; 
von  Dr.  lAmpricht  und  ean  Ustar'. 


Erhitzt  man  Hippursäure  in  einer  tubulirten  Retorte  mit 
eingesenktem  Thermometer,  so  sieht  man  bei  ungeföhr  130^ 
die  Säure  schmelzen,  bei  210^  zeigt  sich  im  Halse  ein  gerin- 
ger Anflug  von  Benzoesäure  und  bei  240^  geräth  die  Hasse 
ins  Sieden.  Die  einzigen  sich  hierbei  verflüchtigenden  Producte 
sind  Benzocfsäure,  durch  einen  fremden  Körper  schwach  roth 
geflbrbt.  Spüren  von  Blausäure  und  ein  liquider  Körper ,  der 
sich  als  Stickstoffbenzoyl  auswies. 


IM      Limpricht  u.  e.  ÜMlar,  Über  die  Bädungdes 

Diefle  gemengten  Producte  wnrden  mit  Wasser  der  De- 
stillation unterworfen,  wobei  das  StickstolFbenjEoyl  mit  Wasser 
überging.  Zur  vollständigen  Reinigung  vnirde  es  Ür  sich 
ikber  gebrannten  Kalk  rectificirt. 

Es  ist  ein  klares ,  stark  lichtbrechendes  Liquidnm;  sein 
Geruch  ist  dem  des  Bittermandelöls  so  ähnlich^  dafs  wir  es 
im  ersten  Augenblick  fttr  dieses  hielten.  Sein  Siedepunkt 
war  i92^  Dieser  und  seine  Analyse  zeigten  jedoch,  dals  es 
mit  dem  von  Fehling*)  bei  der  Destillation  des  benso^ 
sauren  Ammoniumoxyds  erhaltenen,  sogenannten  Stickstoff- 
benzoyl  identisch  ist.  Mit  Kupferoxyd  im  Sauerstoffstrom 
verbrannt,  lieferten  : 
I.    0,4077  Grm.  1,212  C  und  0,181  Ü. 

IL    0,495      „      1,473  „    ,    0,220, 

III.    0,209  gaben  mit  Natronkalk  geglüht  0,413  Platinsalmiak. 


I.  U.  ni.  im  Mittel 

14  C     81,58        81,07        81,15  —  81,86 

5  H      4,85  4,93  4,96  —  5,05 

1  N    13,57  —  -  12,42        13,39. 

Da  man  diesen  Körper  aus  der  Hippursäure  in  ansehn- 
licher Menge  erhält  und  er  im  Geruch  mit  dem  Bittermandelöl 
so  grofse  Aehnlichkeit  hat,  so  steht  zu  erwarten,  dafs  man 
ihn  in  der  Parfllmerie  für  das  letztere  anwenden  wird>  dals 
also  Kuh-  und  Pferdeham  Tür  die  Parfümerie  von  Wichtig- 
keit werden  können. 

Wird  bei  der  Destillation  der  Hippursäure  die  Temperatur 
von  250^  nicht  iiberschritten ,  so  bleibt  in  der  Retorte  ein 
schwarzer,  harzartiger  Rückstand,  der  in  der  Kälte  spröde  ist, 
aber  schon  bei  gelindem  Erwärmen  weich  wird;  in  Wasser 
ist  er  kaum,  in  Alkohol  und  Aether  leicht  löslich.    Ueberläfst 


*)  Diese  Annalen  XLIX,  91. 


SHAstcffbmaoyU  au$  Eippundwre.  135 

man  die  alkobolische  Lösung  der  freiwilligen  Yerdnnstang, 
so  setzt  sich  nach  einiger  Zeit  eine  braunrothe,  dickflüssige 
Masse  ab^  die  nach  dem  Abgiefsen  der  darüber  stehenden  Flüs«- 
sigkeit  fest  wird ;  bei  weiterem  Verdunsten  scheiden  sich  zu- 
gleich mit  dem  Harze  gelb  und  roth  gefärbte  Krystalle  aus, 
die  sich  bei  der  Untersuchung  als  Benzoäsäure  ergaben.  — 
Da  es  uns  auf  keine  Weise  gelang,  aus  diesem  Rückstande 
auCser  Benzoesäure  andere,  bestimmt  characterisirle  Körper 
abzuscheiden,  so  haben  wir  für  jetzt  die  nähere  Untersuchung 
desselben  aufgegeben. 


Die  Anwendung  von  Kupfervitriol  zur  Conservirung 

von  ThierbSlgen; 
von  Dr.  Wilhelm  Wicke. 


Der  zweifelhafte  Erfolg ,  welchen  die  arsenige  Sfiure  für 
den  besagten  Zweck  hat,  ist  bekannt.  Abgesehen  davon,  dafs 
sie  durch  langsame  Zersetzung  die  Zimmerluft  vergiftet^  wird 
durch  eine  Arsenik -Emulsion  eigentlich  nur  die  Lederhaut 
oder  streng  genommen  nur  die  noch  anhaftenden  Fett-  und 
Fleischreste  vergiftet,  während  die  Epidermis  und  die  Federn 
einer  ungehinderten  Zerstörung  der  Speckkäfer  —  das  Insekt, 
was  am  meisten  zu  fürchten  —  preis  gegeben  ist.  Früher 
schon  wurde  statt  der  arsenigen  Säure  Eisenvitriol  empfohlen, 
und  in  Anwendung  gebracht  auf  die  gleich  beim  Kupfervitriol 
zu  beschreibende  Weise.  Man  hat  aber  bald  einen  nachthei- 
ligen Einflufs  dieses  Mittels  darin  erkannt,  dafs  helle,  nament- 
lich weifse  Federn  durch  eine  Abscheidung  von  Eisenoxyd 
einen  stark  röthlichen  Schimmer  erhalten*  Anders  ist  diefs 
mit  dem  Kupfervitriol.  Er  kann  in  einzelnen  Fällen  aus  den 
Schäften  der  Federn  krystallisiren,  ist  dann  aber  leicht  mittelst 
einer  Pincette  zu  zerdriicken  und  zu  entfernen. 


dS6        Rigaud,  gMtr  Ifarbtiof  der  Qfßänaürmirmde. 

iMfln  wenyiet  .den  Kopferviirioi  in  fein  g»|iBLYerlem 
Stande  an  und  reibt  den  feinen  Staub  mit  Wasser  zu  einem 
dicklichen  Brei  an.  Damit  wird  dann  die  innere  Wand  der 
-Haut  befftrichen  nnd  mit  4er  übrigen  Arbeit  mögliche  rasoh 
fortgefahren^  damit  das  Wasser  nicht  verdunstet,  liefae  man 
die  Masse  eintrocknen,  so  würde  die  Haut  eine  unbecpieme 
Särte  erlangen  und  brüchig  werden.  Die  fiälge  werden  durch 
und  durch  mit  .dam  Salze  imprägnirt  und  selbst  in  die  Schafte 
der  Federn  steigt  er  auf.  Namentlich  durch  ihre  Härte  wi- 
derstehen diese  jetzt  der  Zerstörung,  während  zugleich  das 
Kiqpfar  i&r  die  Thiere  ein  tödtlich  wirkendes  Gift  ist.  -^  Ser 
Gustos  des  oldenburger  i^useums^  J^err  Wiepken,  hat  die£s 
Mittel  bereits  seit  mehreren  Jahren  mit  dem  besten  Erfolge 
in  Anwendung  gebracht.  Er  hat  es  zweckmäfsig  gefunden, 
dem  Kupfervitriol  ungefähr  die  doppelte  Menge  Alaun  zuzu- 
setzen, der  durch  seine  Eigenschaft,  mit  organischen  Geweben 
unlösliche  Verbindungen  zu  bilden ,  allerdings  von  Nutzen 
seyn  m^. 


Vorläufige  l^Iotiz  Über  den  ,gß]i)m  Farbstoff 

der  Qu w^itronrinde ; 
von  L.  Bigaud. 

Nfiqh  meinen  im  Laboratorium  zu  Giefsen  ^ngestdllen 
Versuchen  gehört  der  gelbe  Farbstoff  der  Quercitronrinde, 
der  zuerst  von  Chevreul  mit  dem  Namen  Quercitrin  belegt, 
später  von  Bolley,  der  die  quantitativen  Verhältnisse  des- 
selben ausmittelte,  Quercitronsäure  genannt  wurde,  zu  jener 
Klasse  von  Körpern,  die  als  gepaarte  Verbindungen  von  Koh- 
lenhydraten zu  betrachten  sind.  Derselbe  zerfällt  nämUeh 
^urc^  Behandlung  mit  verdünnten  Säuren  in  einen  andern  in* 
tensiv  gelben  Körper,  den  ich,  der  Analogie  wegen,  Quercetin 
genannt  habe,  und  in  Zucker.  Die  Ausmittelung  der  quantitativen 
Verhältnisse  jener  Körper,  mit  welcher  idi  noch  ti^eschäftigt 
bin,  behalte  ich  mir  vor,  in  ,einem  der  nächsten  Hefte  dieser 
Annalen  nachfolgen  zu  lassen. 


AuBgegcben  den  6.  Oecember  1853. 


?i.»>,»«v,  -f.imw.^n^^ 


AIWALEN 

DER 


CHEMIE  mro  PHAEMACIE. 


LXXXVIIL  Bandes  sweites   Heft 


Jahresbericht 

rar  Ergfliuiiiig  der  im    Jahr   1853  in  den   Annalen 

erschienenen  Abhandlmigen. 


A.    Physik. 

Verdlchtong  von  Gasen  an  starren  Körpern. 


Ja  min  and  Bertrand*}  haben  die  Verdichtung  von 
Gasen  an  der  Oberfläche  starrer  Körper  untersucht,  indem 
sie  diese  letzteren  in  Pulverform  in  Glasballons  fUIlten,  in 
welche,  nachdem  sie  vorher  auf  das  Sorgfältigste  ausge- 
pumpt vrorden  waren,  gleiche  Gasvolnmina  nacheinander  ein- 
gebracht werden  konnten.  Hätte  keine  Verdichtung  an  der 
Oberfläche  der  starren  Substanzen  stattgefunden,  so  hätte  ein 
mit  dem  Glasballon  in  Verbindung  stehendes  Manometer  eine 
mit  den  eingefüllten  Gasvolumen  in  gleichem  Verhältnifs  fort- 
schreitende Zunahme  des  Druckes  anzeigen  müssen.  Der 
Druck  blieb  aber  immer  hinter  diesem  Verhältnifs  zurück  in 
ähnlicher  Weise,  wie  man  diefs  bei  der  Absorption  durch 
poröse  Substanzen  wahrnimmt;  am  Wenigsten  beim  Wasser- 


*)  Compt.  rend.  XXXVI,  994. 
Ann.  d.  Chemie  n.  Phtfm.  LZXXVIII.  Bd.  S.  Heft.  IQ 


138  VerdickHmg  vtm  Otum  tm  sUurrem  Körpern 


stoffgas,  mehr  bei  der  atmosphärischen  Luft,  am  Meisten  bei 
der  Kohlensäure.  In  den  freien  Raum  des  Ballons  von 
590  Cttbikcei^im.  Gebalt  drangen  unter  dem  atmosphirisoben 
Drucke  : 

Kohlensäure    .    .    .    645  Cubikcentim. 
Atmosphärische  Luft    602  „ 

WasserstoflQifas    .    .    505  » 

Diese  Zahlen  sind  übrigens  noch  zu  klein,  da  es  nicht 
möglich  ist,  die  Leere  bis  zur  wirklichen  Wirkungsgrenze 
der  Luftpumpe  herzustellen.  Am  DeuUichsten  zeigt  sich  diers, 
wenn  man  nach  dem  sorgföltigslen  Auspumpen  Kohlensäure 
einflillt,  dann  abermals  so  weit  als  möglich  auspumpt  «id 
eine  zweite  BeobaeMangnreihe  anstellt  Wenn  man  in  beiden 
Reihen  nacheinander  gleiche  Volumina  einnuite  und  nach 
dem  Manometerstande  den  Raumgehalt  des  Ballons  berech- 
nete, ergaben  sich  folgende  Werthe  : 
in  der  ersten  Reihe  :  731,  696,  629,  627,  628  Gobikcentini. 
in  der  zweiten  Reihe  :  644,  630,  621,  620,  616  „ 

Es  behielt  offenbar  die  pulverförmige  Masse  nach  der 
ersten  Reihe  trotz  alles  Auspumpens  eine  beträchtliche  Menge 
Gas  zurttck. 

Jamin  und  Bertrand  beschreiben  noch  einen  Versuch, 
welcher  vor  den  beschriebenen  voraus  hat,  dafs  er  leicht  an- 
zustellen ist,  und  die  gedachten  Absorptionswirkungen  auf 
eine  in  die  Augen  springende  Weise  zeigt.  Feiner  Staub 
von  zerstofsenem  Glase  oder  von  Zinkweifs  wird  in  einem 
Mörser  mit  luftfreiem  Wasser  gemischt  und  mit  der  klaren, 
keine  Luftblase  enthaltenden  Mischung  wird  ein  Glaskolben 
mit  langem  Halse  bis  zu  zwei  Drittel  der  Kugel  gefüllt.  Nach 
kurzer  Zeit  hat  sich  das  Pulver  zu  Boden  gesetzt  und  eine 
Schichte  klaren  Wassers  schwimmt  darauf.  Setzt  man  den 
Kolben  jetzt  unter  eine  Glocke  und  pumpt  aus ,  so  füllt  das 
Wasser  die   ganze   Kugel  aus   und   steigt   in  den  Hals  des 


VerdUkhmg  wm  Oa»em  am  äiarren  K&rpem.  189 

Kolbens,  ohne  Ms  eine  Lafkblase  sich  zeiget;  es  sinkt  mit 
einem  heftigen  Stofse  zurück,  sobald  man  den  Hahn  öflTnet 
und  die  Luft  wieder  zutreten  läfst  Setzt  man  aber  das 
Auspumpen  so  weit  als  möglich  fort,  so  erscheinen  zahl- 
reiche Luftblasen,  welche  durch  den  Hals  des  Kolbens  ent- 
weichen. 

Magnus*)  wurde  durch  die  oben  erwähnte  Arbeit  ver- 
anlafst,  die  Resultate  von  Versuchen  zu  publiciren,  durch 
welche  er  die  Verdichtung  von  Gasen  an  glatten  Oberflächen 
nachgewiesen  und  selbst  die  Gröfse  des  auf  der  Einheit  der 
Oberfläche  verdichteten  Gasgewichtes  bestimmt  hat.  Das 
Verfahren  bestand  darin,  dafs  er  den  AusdehnungscoefBcient 
der  Gase  nach  der  ihm  eigenthümlichen  Methode  **)  bestimmte, 
indem  er  das  einemal  ein  Glasgeßtfs  von  20'°°*  Durchmesser 
und  2S0f*^  Länge,  das  anderemal  ein  ähnliches  Geftifs  an- 
wendete, worin  sich  aber  250  Glasstäbe  von  gleicher  Länge 
und  von  1"^  Durchmesser  befanden,  bringt  man  die  Ober- 
fläche der  Glasstäbe  und  die  verringerte  Luftmenge  im  zwei- 
ten FaQe  in  Anschlag,  so  verhielten  sich  auf  gleiche  Luft- 
mengen die  Oberflächen  in  beiden  Fällen  wie  1  :  36. 

Die  Apparate  worden  beide  durch  den  nämlichen  Strom 
von  schwefliger  Säure  geftUlt  und  die  Rechnung  gab  folgende 
Aosdehnungsco^fBcienten  zwischen  0*  und  100^  : 

ohne  GlasfUbe  mit  Glafftäben 

0,3822  0,389« 

j 

Wenn  —  den  aliquoten  Anthcil  des  bei  0^  an  den  Glas- 
n 

Stäben  verdichteten  Gases  bezeichnet,  hat  man  : 

A  +  i^^  1,3822  =  1,3896, 


*)  ^ogg.  Ana.  LXXXIX,  604. 
••)  Pogg.  Abo.  LV,  1. 

10» 


140      '    Verdkkiimg  vom  OoMti  am  tiarren  Körpern. 

4 

also  —  =  0.00535.   Das  Gesammtvolum  der  Luft  in  der  Röbre 
n 

mit  den  Glasstäben  betrug  29447  Cubikmillimeter,  daber  der 
verdicbtete  Antbeil  =  0,00535  .  29447  =  157,5  CubikmUlim. 
Da  nun  die  Oberfläcbe  der  Stäbe  196704  Quadratmilluneter 
grofs  war,  so  kommen  auf  einen  derselben  bei  0*  Tempera* 
tur  0,0006  Cubikmillimeter  verdichteter  schwefliger  Säure, 
vorausgesetzt,  dafs  die  Gasverdichtung  bei  100*  verschwin- 
dend klein  ist. 

Eine  zweite  vergleichende  Bestimmung  machte  Magnus, 
Indem  er  in  das  zweite  GefiÜs  an  die  Stelle  der  Glasstäbe 
7  Gramm  Platinschwamm  brachte.  Um  sicher  zu  seyn ,  dafs 
in  dem  letzteren  bei  der  Füllung  mit  schwefliger  Säure  diese 
nicht  theilweise  in  Schwefelsäure  übergeftthrt  werde,  wurden 
die  Röhren  zuerst  mit  Wasserstofigas  gefüllt,  während  der 
Platinschwamm  mittelst  einer  Lampe  glühend  erhalten  wurde. 
Nachdem  so  alle  atmosphärische  Luft  ausgetrieben  war, 
wurde  so  lange  schweflige  Säure  durchgeleitet,  bis  kaustisches 
Kali  dieselbe  vollständig  absorbirte.  Es  ergaben  sich  folgende 
Ausdehnungscoefficienten  : 

Ohne  PlatuBfehwamn      Hil  PlatiiitciiWBnuii 

Schweflige  Säure         0,3832  0,3922 

also  ~  =  0,0064;  und  es  waren  demnach  510,4  Cubikmilli- 
n 

meter  Gas ,  also  von  7  Gramm  Platinschwamm  mehr  als  drei- 
mal so  viel  condensirt,  als  von  den  250  Glasstäben.  Jene 
7  Gramm  nahmen  einen  Raum  von  etwa  1,75  Gubikcentimeter 
ein,  und  es  hatte  sonach  der  Platinschwamm  etwa  |  seines 
Volums  an  schwefliger  Säure  condensirt,  während  Kohle  etwa 
ihr  65faches  Volum  verdichtet.  Wäre  das  Henry 'sehe 
Gesetz  richtig,  wonach  die  Gasverdichtung  dem  Dnidte  pro- 
portional seyn  soll,  unter  welchem  das  Gas  steht,  so  würde 
daraus  folgen,  dafs  die  Verschiedenheit  der  Verdichtung  durch 


Wänneeniwickehmg  beim  ckemüchen  Processe.        141 

ungleiche  starre  Körper  Dur  auf  einer  Ungleichheit  ihrer 
Oberfläche  beruhe,  und  die  Oberfläche  des  Platinschwammes 
müfste  etwa  195  mal  kleiner  seyn,  als  die  eines  gleichen 
Volums  Kohle.  Magnus  hat  sich  übrigens  überzeugt,  dafs 
das  Henry' sehe  Gesetz  in  seiner  Anwendung  auf  die  Ab* 
Sorption  von  Kohlensäure  durch  Wasser  nicht  vollkonunen 
genau  ist,  und  der  genannte  Forscher  verspricht  den  aus- 
führlichen Beweis  zu  liefern,  dafs  die  Absorption  wenigstens 
zum  Theil  auf  einer  Anziehung  chemischer  Art  zwischen  den 
Theilchen  der  starren  Substanz  und  den  Gasmolecülen  beruhe, 
sowie  er  auch  die  Absorption  anderer  Gase  als  der  schwef- 
ligen  Säure  unter  den  oben  beschriebenen  Umständen  zu 
Studiren  gesonnen  ist. 


Wärmeentwickelung  beim  chemischen  Processe. 


J.  Thomson*)  hat  die  Grundzttge  eines  thermochemi- 
sehen  Systems  entwickelt,  indem  er  von  den  Grundsätzen 
ausgeht,  1}  dafs  die  Intensität  der  chemischen  Kraft  in  dem- 
selben Körper  bei  unveränderter  Temperatur  dieselbe  ist, 
und  2}  dafs  die  ganze  durch  eine  chemische  Wirkung 
erzeugte  Wärmemenge  ein  Mafs  für  die  bei  dem  Procefs  ent- 
badene  chemische  Kraft  ist. 

Die  volle  chemische  Kraft  eines  StoSißs,  gleichbedeutend 
mit  der  ganzen  Fähigkeit  Wärme  zu  entwickeln,  nennt 
Thomson  das  thermodyname  Aequivalent  des  Stoffes;  iso- 
dynam  oder  heterodynam  heifsen  Körper,  je  nachdem  sie 
gleiches  oder  ungleiches  thermodynames  Aequivalent  haben. 
Bndlich  werden  die  Vorgänge  der  Wärmeentwickelung  und 
Wärmeabsorption  mit  dem  gemeinschaftlichen  Namen  Wärme- 


•)  Pogg.  Ann.  LXXXVni,  349. 


142         Warmeenhoickebmg  beim  chemkchem  Pr^e^u^, 

tönung  bezeichnet  Wir  halten  es  nicht  für  geeignet,  hier 
die  symbolischen  Bezeichnungen  anzuftthren,  mit  deren  Hülfe 
Thomson  die  einzelnen  über  Yerfoindangs*  und Zersetznnga- 
wärme  gefundene  Sätze  in  Gleichungen  darstellt  nnd  ihre 
gegenseitige  Abhängigkeit  nachweist  Wir  wollen  abet  die 
Sätze  selbst  hier  der  Reihe  nach  folgen  lassen ,  da  «e  eine 
zweckmäfsige  Uebersicht  des  dermaligen  Stamies  ukiserea 
Wissens  über  die  gedachte  Materie  bieten. 

Die  WärmetOnnng  bei  der  Zerlegung  einer  Verbindung 
ist' gleich,  aber  entgegengesetzt,  derjenigen ^  welphe  bei  der 
Bildung  der  Verbindung  entsieht  —  Ist  die  Summe  der  thenno- 
dynamen  Aequivalente  der  Bestandtheile  gröfser,  als  das 
thermodyname  Aequivalent  der  Verbindung,  so  ist  die  Bilduag 
der  Verbindung  von  einer  Wärmeentwickelung  begleitet,  im 
entgegengesetzten  Falle  tritt  eine  Absorption  von  Wärme  ein. 
Die  resultirende  Wanne  ist  aber  stets  dieselbe,  man  mag  die 
Verbindung  successive  oder  auf  einmal  aus  ihren  Bestand- 
theilen  bilden.  —  Der  Unterschied  zwischen  der  Wärme- 
tönung bei  der  Bildung  zweier  isodynamen  Verbindungen  von 
ähnlicher  chemischer  Formel  ist  gleich  dem  Unterschied  der 
thermodynamen  Aequivalente  derjenigen  Bestandthtile,  durch 
welche  die  chemische  Verschiedenheit  beider  Verbindungen 
bedingt  ist 

Indem  Thomson  von  der  Hypothese  ausgelit ,  dafs  die 
neutralen  Salze  der  meisten  Säuren,  die  Chlorverbindungen 
u.  s.  w.,  jede  Klasse  für  sich  genommen,  isodyname  Verbin- 
dungen enthalten,  gekngt  er  zu  den  folgenden,  zum  Theil 
auf  experimentellem  Wege  schon  bestätigten  Sätzen  :  Die 
Wärmeentwickelung  bei  Verdrängung  einer  Basis  durch  die 
andere  in  neutralen  Verbindungen;  ist  unabhängig  von  der 
Säure,  also  stets  dieselbe,  wenn  nur  die  Basen  die  nibnliehen 
sind.  Wenn  ein  Metall  ein  anderes  aus  neutralen  Lösungmi 
scheidet,    so    ist   die  Wärmeentwickelung  unabhängig  vom 


Wärmeetitunckelmig  beim  chemischen  Processe.         143 

LösangsmiUel ,  also  stets  dieselbe,  wenn  nur  die  Metalle  die 
nämlichen  sind.  —  Wenn  eine  Säure  eine  andere  aus  neu* 
traten  Verbindungen  scheidet,  so  ist  die  Wärmetönnng  unab- 
hängig von  den  Basen ,  also  stets  dieselbe »  wenn  nur  die 
Säuren  die  nämlichen  sind.  —  Die  Wlbmeentwichelung  bei 
Bildung  einer  in  Wasser  gelösten  Chlorverbindung  ist  stets 
um  ein  Bestimmtes  gröfser,  als  die  bei  der  Bildung  der  ent- 
sprechenden Jod-  oder  Bromverbindung  entwickelte  Wärme,  -^ 
Wenn  swei  Verbindungen  sich  zu  zwei  anderen,  mit  den 
ersteren  paarweise  isodynamen  Verbindungen  «ersetzen  (und 
dieTs  ist  z.  B.  der  Fall,  wenn  zwei  neutrale  Salze  sich  in 
wässerigen  Lösungen  zersetzen},  so  findet  keine  Wärme- 
tönuqg.  statt,  wofern  alle  Verbindungen  gelöst  bleiben.  — 
Bildet  sich  dagegen  ein  Niederschlag,  so  tritt  eine  Wärme- 
tönung ein  und  sie  ist  numerisch  gleich,  aber  entgegengesetzt 
der  latenten  Lösungswärme  der  Verbindung.  -^  Durch  dop- 
pelte Zersetzungen  kann  man  also  die  latente  Lösungswärme 
der  in  Wasser  unlöslichen  Salze  etc.  bestimmen. 

In  einem  zweiten  Abschnitt  seiner  Arbeit  theilt  T  h  o  m-^ 
sen  eine  Reihe  experimenteller  Bestimmungen  der  Wärme- 
mengen mit,  wdche  bei  der  Mischung  von  Säurehydraten 
und  Oxyden  mit  Wasser  entbunden  werden.  Die  Hydrate 
wurden  mit  einer  grofsen  Mebge  Wasser,  im  Durchschnitt 
mit  600  Aequivalenten  '(zwischen  1000  und  2000  Grammen) 
Wasser  gemischt.  Das  Wasser  war  in  einem  durch  dreifache 
Wände  gegen  das  Einsickem  der  Luftwärme  geschützten 
Calorimeter;  die  Hydrate  befanden  sich  vor  der  Mischung  in 
kleinen  Glasfläschchen ,  in  welchen  sie  constant  auf  einer 
solchen  Temperatur  erhalten  wurden,  dafs  nach  der  Mischung 
die  Temperatur  des  Wassers  derjenigen  des  Hydrats  ^eich 
wurde.  Dadurch  fiel  die  specifische  Wärme  des  Hydrats  aus 
der  Rechnung.  Die  Temperatursteigerung  des  Wassers  be- 
trug selten  über  1®  C»,   der  Unterschied  in  der  Temperatur 


144         Wännemiwick0bmf  beim  ckemtckm  PraeeMse. 


der  Luft  und  der  FlttMgkeileii  seltea  mehr  ab  0^,5  C.  Dia 
Resultate  sind,  die  Wärmemengen  auf  1  Aequivalent  der 
Säure  berechnet,  die  folgenden  : 

1.  Schwefelsänrehydrate. 

SO,  +  HO  mit  viel  Wasser  1078  im  Mittel  aus  6  Versachen 
S0,+2H0  »     «        «  678   «      «       „    4       „ 

SOf  +  4 IK)  D     ,,        9  393    9      „       9    3       , 

S0,  +  6H0„     ^        ^  280   ^      ^      ^    4       ^ 

Durch  Abziehen  der  drei  letzten  Werthe  von  dem  erste- 
ren  lassen  sich  folgende  Wärmemengen  berechnen,  weldie, 
wie  man  sieht,  mit  den  von  Favre  und  Silbermann  für 
dieselben  Fälle  direct  gefundenen  Werthen  fibereinstinunen  : 

nach  Thomfen       aack  Fayre  tu  SilberoMum 

SO,  +  HO  mit    HO  400  396 

SOt  +  HO  mit  3  HO  685  685 

SO,  +  HO  mit  5  HO  798  800 

2.  Salpetersäurehydrate. 

■ach  üeb 
110»  +  HOmitvielWaMer    945  im  Mittel  au  4  Veraadicn.    969 

NO»  +1^3  HO  , 
NO»  +3  HO  • 
NO»  +4  HO  • 
NO»  +  4,18  HO  n 
NO»  +5  HO  » 
NO»  +6  HO  » 
NO»  +8  HO  n 
NO»  +10     HO  • 

Zur  Yergleichnng  sind  die  Resultate  der  älteren  Ver- 
suche von  Hefs  ebenfalls  beigesetzt. 

3.   Phosphorsäure. 
PO,  +  3  HO  mit  viel  Wasser  690  im  Mittel  aus  5  Versuchen 
PO,  +   5  HO    «    „        „        441  „      „        „5        „ 
PO,  +   7  HO   „    „        «       337  ,,      ^        ,5       , 
PO,  +   9  HO    „    ,        „        259  „      „        »    5        „ 
PO,  +  11  HO   „    ,        9       193  aus  einem  Versuch. 


»              9 

710  • 

9       7      1 

9              9 

511  • 

»  4  '  1 

•     571 

9              9 

470  9 

9     4    . 

1     403 

9              9 

433  9 

•  4   1 

9              9 

339  9 

9       8      1 

1        OOD 

9              9 

273  9 

9       3     . 

1      284 

9             9 

174  9 

9       3      1 

,      186 

9             9 

119  9 

9     3    . 

t 

Wärmeetitwickehmg  beim  ekeiuMien  Procesm,         145 


der  Mengung  von  wasserfreier  Phosphorsttore  mit 
Wasser  fand  Thonsen  im  Mittel  aus  4  Versuchen  2800 
Wärmeeinheiten.  Er  hftlt  diesen  Werth  jedoch  fttr  £U  klein, 
da  die  Säure  eine  nicht  unbedeutende  Menge  rothen  Phos« 
phor  enthielt. 

4   Phosphorige  Säure. 
PO«  +  3  HO  mit  viel  Wasser    406  im  Mittel  aus  3  Versuchen 
PO,  +  6  HO  ^      «        «  304    „      „        ^2        ^ 

5.  Essigsäure. 

Ä  +  2,78  HO  mit  viel  Wasser    69  im  Mittel  aus  2  Versuchen 
Ä  +  3,46  HO    „      ^        „         61  ,,        ^      »    2 

Weinsäure  gab  gar  keine  Wärmewirkung  bei  Unter- 
suchung einer  concentrirten  Lösung,  welche  sieben  Aequi- 
valente  Wasser  enthielt. 

6.  Kalihydrat. 

KO  +   6  HO  mit  viel  Wasser  369  im  Mittel  aus  2  Versuchen 

K0+   8H0    „      ,        „  251    ,      „        ^2       „ 

KO  +  lOHO    „      „        „  153   „      „        „2        „ 

K0+12H0    „      „        „  H6   «      „        „2        , 

7.    Natronhydrat. 
NaO  +   6  HO  mit  viel  Wasser  489  im  Mittel  aus  2  Versuchen 
NaO+   8H0    ,    „        „         261   ,      ,      „    4 
NaO +  10  HO    ,,    «        „         130  „      „      „    4 
NaO +  12  HO    „     „        «  58  ,      „      „    4 

Als  allgemeines  Resultat  ergidbt  sich,  dafs  die  Wärme- 
menge ,  welche  ein  Hydrat  bei  Mischung  mit  Wasser  ent- 
widielt^  sowohl  von  der  Natur  des  Radicals,  als  von  der  Wasser- 
menge, welche  das  Hydrat  bereits  enthält  und  von  der,  welche 
noch  hinzukommt,  abhängig  ist,  ohne  übrigens  dieser  letzte- 
ren Menge  proportional  zu  seyn.  Ein  Maximum  erreicht  die 
Wärmewirkung  erst  bei  Zumischung  einer  unbegrenzten  Was- 
sermenge. 


I«M         WärmemOiticMung  beim  chrnrnschen  Proeene. 

Der  let2te  Salz  lärsl  sich  freilich  nicht  direct  beweisen. 
Indem  Thomsen  zwei  verdünnte  Lösungen  von  Schwefel- 
siare,  die  erste  yon  80  Aequivalenten ,  die  zweite  von  90 
Aequivftlenten  Wassergehalt,  respective  mit  100  und  135 
Aeqnivalenten  Wasser  mischte,  erhielt  er  Wärmewirfconfen 
von  resp.  19  und  14  Einheiten  auf  ein  Aequivalent  Säure. 
Bei  diesen  schon  sehr  verdünnten  Lösungen  war  also  offen- 
bar das  Maximum  noch  nicht  erreicht. 

In  einer  dritten  Abtheilung  seiner  Arbeit  hat  Thomsen 
versucht,  den  Formeln,  welche  die  mit  der  zugesetzten  Was- 
sermenge steigende  Wärmeentwickelung  ausdrücken  ^  tine 
theoretische  Unterlage  zu  geben.  Er  denkt  sich  die  Molecüle 
der  Flüssigketten  in  kreisender  Bewegung  begriffen,  welche 
bei  der  Mischung  verschiedenartiger  Flüssigkeitai  sowohl 
bezüglich  der  Winkelgeschwindigkeit,  als  bezüglich  der  Grölse 
des  Schwingungsradius  geändert  werden  könne.  Indem  Thom- 
sen voriäufg  nur  eine  Ausgleichung  der  Winkelgeschwindig- 
keit der  Molecüle  zweier  zusammengemischten  FUissigkeiten 
statuirt,  nimmt  er  weiter  an,  dafs  der  bei  dieser  Ausgleichung 
entstandene  Verlust  an  lebendiger  Kraft  proportional  sey  der 
durch  die  Mengung  entstandenen  Wärmeentwickelui\g.  Mr^* 
und  Wr'^ip'*  drücken  die  lebendigen  Kräfte  des  rotirenden 
Molecüls  zweier  Flüssigkeiten  aus,  und  es  berechnet  sich 
demnach  die  nach  der  Mischung  resultirende  Schwingungs- 
geschwindigkeit o)"  =     ^y^  "t"  ^  ^y  ,  also  der  Verlust  an 

Mr  +  MV* 

lebendiger  Kraft  : 

V = MrV* +M'r' V*  — C^r* + M'r'  >)y ''»= ^I-Mg  C^-^O* 

Die  Wärmeentwickelung  W,  welche  diesem  Verluste  pro- 
portional ist,  setzt  Thomsen  :s  V.  Q.  Bezeidinet  M  die 
Masse  von  a  Atoaien  Wasser,  M'  die  Masse  von  a'  Atomen 
Schwefelsäurehydrat,  und  setzt  man  M  :=  am,  M'  s:  a'm% 


Wärmeeniwtekehfng  beim  ckemuehen  ProceBwe.         HT 

— --  =  n ,  so  ist  :  W  =  .     /'     =  — ^ —  C,  wenn 

— •  «  +  a'n  Ä  +  0 


man  bedenkt,  dafs  mV*(9) — 90H)  ei^e  Con^tante  ist,  so 
laiq^e  es  sich  um  Mischung  von  Wasser  mit  Schwefelsture- 
hydrat, handelt,  und  wenn  man  die  Berechnung  yon  W  auf 
a'  =  1,  also  auf  Ein  Atom  Schwefelsäurehydrat  bezieht  Aus 
dem  Mittel  der  in  der  folgenden  Tabelle  enthaltenen  Resultate 
der  Versuche  yon  Favre  und  Silbermann  und  von  Abria 
rnr  die  Fälle  a  =  1,  =  2,  =  3,  =  4,  =  5,  sind  C  und  N 
nach  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  berechnet,  so  dafs 
die  Formel  folgende  wird  : 

W  =  CeO  +  so.,  HOO  =  .-^pijjjg  1065 

und  demnach  sind  die  Werthe  für  die  übrigen  Fälle  der  fol- 
genden Tabelle  berechnet  : 


a 

beredinet 

Favre  n.  Silbenaaim 

Abri 

i 

73 

58 

k 

136 

115 

— 

1 

242 

233 

1 

1 

395 

396 

394 

2 

580 

580 

561 

3 

685 

093 

4 

756 

749 

762 

5 

805 

800 

806 

6 

841 

834 

• 

— 

7 

871 

869 

— 

8 

891 

889 

— 

9 

909 

909 

^^ 

Nur  bei  den  drei  ersten  Werthen  ist  die  Uebereinstim- 
mpng  unvollkommen,  was  sich  indessen  daraus  erklärt,  dafs 
ein  kleiner  Fehler  in  der  Bestimmung  der  Wassermenge  hier 
einen  grofsen  Einflufs  üben  mufs. 

Es  ist  bekannt,  dafs  die  Mischung  von  Schwefelsäure- 
hydral  und  Wasser  nicht  ohne  Aenderung  des  Volums  vor 


148         WärmemUwkkekmg  beim  chemUchen  Proce$ie. 

* 

sich  gebt  Thomsen  nimmt  an,  dafs  die  Molecttle  der 
nämlichen  FIttssigkeit  einerlei  Gröfse  haben,  und  er  gelangt, 
wenn  (,  ^,  (''  die  Halbmesser  der  das  Molecül  des  Schwe- 
felsflnrehydrats,  des  Wassers  nnd  der  Mischung  begrenzenden 
Kngelflächen  bedeuten,  zu  der  Formel  : 

auf  deren  Entwiclielung  wir  hier  nicht  näher  eingehen,  a  ist 
die  Anzahl  der  Wassennolectile,  welche  Einem  Moledll  des 
SchwefelsSurehydrats  zugesetzt  werden,  n  hat  die  nämliche 
Bedeutung,  wie  in  der  Formel  S.  147.  Ist  nun  N  das  Aequi- 
valentgewicht,  den  Sauerstoff  zu  1  genommen,  p  das  speeifi- 
sche  Gewicht,  so  lassen  sich  die  Halbmesser  ^  der  Molecüle 
als  die  Kubikwurzeln  aus  dem  Atomvolum,   also  durch  die 

Formel  ^  =:  |  —  I  berechnen.  Indem  man  die  so  erhalte- 
nen Werthe  von  Qj  ^',  ff*^  in  die  obige  Formel  setzt,  ergiebt 
sich  n  s:  1,762,  während  es  aus  den  Wärmewii^ungoi 
n  =  1,745  gefunden  worden  war.  Wie  wenig  dieser  Un- 
terschied bedeuten  will ,  zeigt  sich  sehr  deutlich ,  wenn  man 
mit  dem  letzteren  Werth  von  n  rückwärts  die  bei  def  Mi- 
schung von  Schwefelsäurehydrat  und  Wasser  eintretenden 
Verdichtungsverhältnisse,  also  q^^  aus  obiger  Formel  berech- 
net und  mit  den  Ergebnissen  des  Versuchs  vergleicht. 

Die  bei  der  Salpetersäure  beobachteten  Wärmewirkungen 

lassen  sich  in  ihrer  Totalität  nicht  durch  eine  Formel  von 

n 

der  Gestalt  W  :=  — ; —  C  ausdrücken:  indem  für  den  Fall 

a  +  n  ' 

NO^HO  +  3  HO  eine  plötzliche  Aenderung  im  stetigen  Ver- 
lauf  jener  Wirkungen  eintritt.  Für  diese  Verbindung  gerade 
tritt  bekanntlich  auch  das  Maximum  der  Siedhitze  ein^  es  ist 
nämlich  die  Siedsitze  der  Säure  (HO)«  + 1  NO«  : 

86«  Ära  so;    121«  Ar  a  ss  3;    100«  für  a  s  oo. 


WärmeeniwieMmig  beim  ckemMim  Proeeite.         149 

Nimmt  man  N0s(H0}4  als  selbststSndige  chemische  YerbiiMhuig 
und  alle  Yersetzwigen  mit  Wasser  als  Hydrate  dieser  Ver- 
bindung an,  so  kann  man  die  Würmewiriiungen  dnrch  obige 
Formel  ausdrücken ,  indem  man  C  =  474,  n  ^  2|335  setit* 
Es  ergiebt  sich  folgende  Yergleidiung  : 

NOs  +  (BO)a  +  4  mit  vielem  Wasser 

a 

0 

1 

2 
4 

6 

Aehnliches  gilt  für  die  Wärmewirkungen  der  Phosphor- 
siurehydrate ,  wenn  man  POs  +  3  EO  ü\b  selbstständige 
chemische  Verbindung,  und  in  obiger  Formel  0  s:  692| 
n  =  3,715  annimmt.  Es  ergibt  sich  dann  folgende  Ver- 
gleichung  : 

POs  +  (HO).  +  s  mit  vielem  Wasser 


Venuch 

472 

RedMinng 

474 

341 

331 

275 

255 

175 

174 

121 

132 

• 

'Vennch 

Bechmiiif 

0 

693 

692 

2 

446 

450 

4 

352 

333 

6 

264 

265 

8 

199 

219 

fA  sind  in  diesen  Annalen  *)  schon  wiederholt  Hitthei* 
lungen  der  Resultate  gemacht  worden,  welche  Favre  und 
Silbermann  bei  ihren  Untersuchungen  über  die  Wärme-« 
entwickelung  beim  chemischen  Processe  erhielten.  Wir 
werden    aus  der  ausfuhrlichen  Publication**},   welche  die 


*)  Anoal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  LX,  165;  LXXII,  202. 

"*)  ADD.  chiiD.  phys.  [3]  XXXIV,  357 ;  XXXVI,  5 ;  XXXVII,  405. 


fnwiiBteii  Formeller  nunmehr  nach  Beendig^nof  üurer  ndur 
ab  zehnjährigen  Arbeit  gegeben  haben,  die  geraachtea  Mit- 
Ikeihingen  ergänzen  and  auch  solche  Resultate  nochmals 
aufsebmen,  welche  entweder  durch  ihre  Zusanunenstetlung 
mit  andern  ein  neues  Interesse  gewonnen,  oder  in  der  l^ztea 
Redaction  Aenderuugen  erfahren  haben. 

Obgleich  wir  die  mannichfaltigen  vortrefflichen  Apparate, 
deren  sich  Favre  und  Silbermann  in  ihren  Untersuchun- 
gen bedienten,  nicht  ausführlich  besöhreiben  können,  da  nur 
Zeichnungen  eine  solche  Beschreibung  hinlänglich  verständ- 
lich mach^  könnten,  so  wollen  wir  doch  die  Art  des  Ver- 
fahrens in  kurzen  Worten  angeben.  Die  Körper,  deren 
Verbindungswärme  mit  Sauerstoff  bestimmt  werden  sollte, 
wurden  in  einem  Geftfse  aus  vergoldetem  Messingblech  ver- 
brannt, welches  in  ein  aus  versilbertem  Kupferblech  beste- 
hendes Wassercalorimeter  tauchte.  Das  SauerstoffgnB  strovite 
trocken  in  den  Yerbrelinungsraum  ein  und  die  gasföravgefl 
ViTbrennnngsproducte  durchströmten  vor  ihrem  Austritt  aus 
dem  Calorimeter  ein  schraubenförmig  gewundenes  Rohr  aus 
dünnem  Kupferblech,  und  kühlten  sich  dabei  vollständig  auf 
die  Temperatur  des  Calorimeterwassers  ab.  Letzteres,  etwa 
zwei  Liter  an  Volum,  wurde  durch  Umrühren  in  steter  Be- 
wegung und  dadurch  in  der  ganzen  Masse  auf  gleicher 
Temperatur  erhalten.  Die  Ableitung  nach  Aufsen  war  durch 
eine  den  Calorimeter  umgebende  Hülle  von  SchwanenfeD 
und  eine  zweite  Hülle  von  Wasser  auf  einen  constanten  und 
äufserst  kleinen  Werth  von  0^002  Air  f*  Temperaturunter- 
schied zurückgeführt  —  Die  Anzündung  geschah  bei  starren 
Körpern  durch  kleine  Stückchen  brennender  Kohle ;  die  tropf- 
barflüssigen Körper  wurden  mit  brennendem  Asbestdochte, 
die  Gase  mit  brennendem  Strahle  in  den  Verbrennungsraum 
eingebracht.  Schwerer  verbrennliche  Substanzen  erforderten 
noch  besondere  Vorsichtsmafsregeln ;    so   wurde  die  Kohle 


WirmemHoieMmg  btm  chrnrnmAm  Pr9C999$.         161 

ttber  einen  siebfönnigen  Boden  anff esoUchlel ,  dorch  desfen 
Oeffnnngen  der  Sauerstoff  zuströmte;  Zuckerkohle  mubte 
noch  mit  Holzkohle  gemischt  werden,  um  vollständig  zn  yer* 
brennen.  Die  Oxydationswdrme  der  Holzkohle  war  dann  an 
dem  Resultate  in  Abzug  zu  bringen. 

Das  Gewicht  der  verbrannten  Substanz  wurde,  wo  immer 
möglich,   dorch  Wägen  der  Yerbrennungsprodttcte  bestimmt. 

Die  Temperaturerhöhungen  des  Caloriraeterwassers  wur- 
den in  bestimmten  Zeitintervallen  mittelst  eines  Kathetomelers 
abgelesen,  welcher  noch  ^  eines  Millimeters  angab,  während 
1*  am  Thermometer  des  CalQrimeters  eine  Länge  von  8  Mü'^ 
Ibnetern  emnahm. 

Die  in  den  folgenden  Resultaten  zu  Grunde  liegenden 
Einheiten  sind  das  Gramm,  und  die  Wärmemenge,  welche 
erfordert  wird,  um  die  Temperatur  von  1  Grm.  Wasser  von 
0^  auf  1®  zn  erhöhen  : 

Verbrennungtwlrnie 

Kohlenoxyd  mit  Sauerstoff        2403 
Holzkohle      „  „  8060 

Zuckerkohle  »  »  8040. 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  Zusammenstellung  der 
Verbrennungswärme  verschiedener  Kohlenarten  mit  ihren 
von  Regnault  bestimmten  spec.  Wärmen  : 

VerbrannoDgtwirmo         fpecif.  Wime 
Bolzkohle    .  .    8080,0  0,24150 

Kohle  aus  Gasretorten  8047,3  0,20360 

Natürlicher  Graphit      .  7796,6  0,20187 

Graphit  aus  Hohöfen   .  7762,3  0,19702 

Diamant       .  .  7770,0  0,14687. 

Man  erkennt  eine  stetige  Zunahme  der  Verbrennungs- 
wärme der  Kohle  mit  ihrer  specifischen  Wärme. 

Sumpfgas  hat  die  Verbrennungswärme  13063.  Für  die 
Verbindungen  n(GiHi3  ergaben  sich  folgende  Werthe  : 


i52         WärmeetUmidtehmg  beim  ekemi$ekem  Proee$$e. 

OelbOdendes  Gas  C«  H4  11856  Die  YerbindangCMHtt  11282 
Amylen  .  .  C,oHie  11491  Ceten  .  .  C,«II,,  11078 
Paramylen       .    C«oH,o  11303    Metamylen     .    C««!!««  1002a 

Favre  und  Silbermann  haben  aus  diesen  Resultaten 
abgeleitet,  dafs  die  Verbrennungswänne  in  dieser  Omppe  um 
37,5  Einheiten  abnimmt  für  jedes  eintretende  G1H9.  Es  ist 
leicht,  hiernach  eine  Tabelle  zu  berechnen,  welche  die  Ver- 
brennungswdnnen  sämmtlicher  Glieder  dieser  Gruppe  Yon 
CtH«  bis  C4oH«o  enthttlt.  Ffingt  man  bei  der  Verbindung 
mit  der  höchsten  Verbrennungswfirme  an ,  so  stinunea  die 
berechneten  Glieder  mit  den  beobachteten  vollkommen  ttber- 
ein,  mit  Ausnahme  des  Ölbildenden  Gases.  Dab  die  Rech- 
nung für  diesen  Körper  eine  kleinere  Verbrennnngswarme 
(11603}  ergiebt,  erklärt  sich  gentigend  daraus,  dafs  bei  der 
Rechnung  von  tropfbar-flüssigen  Körpern  ausgegangen  wurde, 
also  noch  die  ganze  zur  Vergasung  erforderliche  Wftrme  zu- 
gerechnet werden  müfste,  wenn  die  Zahlen  unmittelbar  auf 
ein  Gas  passen  sollten. 

Aus  den  Verbrennungswärmen  : 
Methylalkohol    5307,1         Amylalkohol      8958,6 
Aethylalkohol    7183,6         Aethalalkohol   10629,2 
leiteten  Favre  und  Silbermann  die  folgende  Tabelle  für 
die  Reihe  der  Alkohole  n  (GtHO  +  2  HO  ab  : 


Verbren- 

Verhrn- 

VerbiDdoDg 

nQDgfwInne 

Verbindung 

■uiatwflnBa 

20(C,HO  +  2HO    HOOO 

10  ( 

:c.H, 

0  +  2  HO 

10000 

19      » 

„      10910 

9 

j) 

J) 

9850 

18      , 

„       10616 

8 

D 

» 

9680 

17      „ 

»      10723 

7 

Ji 

9» 

9480 

16      » 

,      10629 

6 

« 

Hf 

9240 

15      « 

,      10533 

5 

» 

» 

8958,6 

14      „ 

„      10440 

4 

» 

» 

8560 

13      , 

„      10345 

3 

9) 

» 

8020 

12      , 

»      10245 

2 

T> 

» 

7184 

11      » 

„      10130 

1 

» 

» 

5901. 

Wdrw^BeniwieMimg  Mn  chemudken  Praeetge.         ISS 

Die  YerbrenHnngswfirme  des  Acetons  wurde  ss  7303 
BiBheiten  gefonden.  Aas  der  Reihe  der  f0Um  Slkirm  wurden 
folgende  Verbindungen  verbrannt  : 

Ameisensiiare    i091  Valeriansänre    6439 

Essigsäure         3505,2         Aethalsiure       9316,5 

Buttersäure       5647  Stearinsäure      9716,5 

woraus  durch  Interpolation  folgende  Reihe  sich  ergiebt  : 

aO.£C,Ht)  +  O4    9940        10  (CH,)  +  O4    8320 

19      „  „      9820         9      „  „     8060 

18      „  „      9700         8      „  «     7780 

17      „  ^     9560         7      ,,  »     7430 

16      ^  „     9420         6      ,  „     7000 

15      „  „      9270         5      „  ,,6439 

14      «  „      9130         4      „  „     5623 

13      „  „     8950         3      ^  ^     4670 

12      „  „8750         2      „  ,3505 

11      „  ,     8530  1      ,,  „     1915. 

Die  mit  diesen  Verbindungen  isomeren  zusammengesetzten 

Aetherarten  sind  yon  Favre  und  Silbermann  gleichfalls 

in  gröfserer  Anzahl  der  Verbrennung  unterworfen  worden  : 

Ameisenholzäther    2  (CA}  +  O4      4197,4 

Bssigholzäther         3  (CA)  +  0«      5342,0 

Ameisenäther  3  CC,HO  +  0«      5278,6 

Essigäther  4  (CA)  +  O4      6292,7 

Butterholzäther        5  (Cfi^)  +  0«      6796,5 

Butteräther  6  (C^Ht)  +  0«      7090,9 

Yalerianholzäther    6  (CH,)  H-  O4      7375,6 

Valerianäther  7  (CA)  +  O4      7834,9 

Essigamyläther        7  (C,H,)  +  0«      7971,2 

Valerianamylätiier  10  (CA)  +  O4      8543,6 

Aethals.  Ceten      32  (CA)  +  O4    10342,2. 

Die  mannichfaltigen  Zusammenstellungen  isomerer  Körper, 

welche  sich  aus  den  beiden  vorhergehenden  Reihen  machen 

lassen;  zeigen,  dafs  mit  gleicher  Zusammensetzung  kemuweg^ 

Annal.  d.  Ch«m.  n.  Pharm.  LXXXVni.  Bd.  S.  Heft.  11 


154         Wimmwnßwichihtt^  beim  eheamehm  Pno«ptif, 


anch  gleiche  YerbreBaang^wänne  vfrbup^ea  j«l>  wie  sich 
diefs  euok  aoeh  ««g  den  folgeeden  Werthen  ergiebt  : 

Tereben       CmHu      10663 

Terpeatinöl  C»oH|«      10653 

Citroneadl  C^Jd^  10959 
Phenylhydrat  hat  die  Verbrennungswfirme  7B40,3. 
In  der  zweiten  Abtheilung  ihrer  Arbeit  besprechen  Favre 
und  Silbermann  zonMchst  ein  merkwürdiges  Resultat,  wel- 
ches die  Vergleichung  der  Yerbrennungswfirme  der  Kohle  in 
Stickoxydulgas  mit  derjenigen  in  Sauerstofl^s  ergab.  Der 
erstere  Werth  ist  11158,  der  letztere  8060,  also  bedeutend 
kleiner,  und  man  berechnet  daraus,  dafs  bei  der  Abscheidang 
von  1  Gramm  Sauerstoffgas  aus  dem  Stickoxydul  1154  Wärmen 
einheiten  frei  werden  müssen.  Indem  die  genannten  For- 
scher die  Zerlegung  von  Stickoxydul  in  Stickgas  und  Sauer- 
stoffgas  unter  dem  Einflufs  der  Hitze  verbrennender  Kohle 
bewirkten,  ohne  zugleich  das  letztere  Gas  in  eine  neue  Ver- 
bindung eintreten  zu  lassen,  und  die  Verbrennungswärme 
der  Kohle  an  dem  Gesammteffect  in  Abzug  brachten,  fandoi 
sie  für  die  Abscheidung  von  1  Gramm  Sauerstoffgas  1080,5 
Einheiten. 

Für  die  Wärmewirkung  bei  der  Lostrennung  von  1  Grm. 
Sauerstoffgas  aus  Wasserstoffhyperoxyd  durch  eingeführtes 
Platin  ergab  sich  als  wahrscheiolichster  Werth  1349  Einheiten, 
und  dieser  ist  wegen  der  im  gebildeten  Wasserdampf  fortge- 
führten latenten  Wärme  noch  auf  1363  Einheiten  zu  erhöhen. 
—  Die  Resultate  für  die  Wärmeabsorption  bei  Zerlegung  des 
Silberoxyds  durch  die  Wärme  blieben  sehr  schwankend.  Im 
Mittel  werden  bei  Zerlegung  von  1  Gramm  Silberoxyd  22,1 
Einheiten  absorbirt,  was  auf  1  Gramm  frei  werdendes  Sauer- 
stoffgas 320,8  Einheiten  ausmacht.  Es  würde,  hiernach  zu 
schliefsen,  1  Gramm  Silber  bei  der  Oxydation  23^7  Wärme- 
einheilen entbinden« 


Wärmemhoidtdmg  beim  chemi$^^m  ?fpaeu$$.        15$ 

i  4er  Zerlefung  de«  Kalluptth«  durch  die  QMse  werw 
den  auf  1  Granu»  dea  Kryatalls  306,t  Einheiten  abaorbürt; 
ea  werden  bei  Umwandlung  von  i  GranuB  Arragonit  in  Kalk- 
apath  39^1  Einheiten  entwickelt  >  bei  der  Zerlegung  von 
1  Granun  Arragonit  299,3  Einheiten  abaorbirt  Di^se  Zahlen 
aind  fibrigens  Kittelwertbe  aua  noch  a^hr  achwankenden  Ein- 
zelreaultaten.  Favre  und  Silbermann  haben  ihren  Untfr- 
anchongen  über  die  Würmewirkungen  bei  dieaen  Umwand- 
lungen auch  einen  inleresaanten  optiacheu  Yerauch  beigegeben« 
Sie  fanden,  dara  bei  Brwilnnuug  ^e^  Arriigonits  im  Polari«< 
aationa^arat  die  beiden  Pole  dea  Lemniacatenayatema  aich 
einander  näherten ;  allein  noch  ehe  ihre  wirkliche  Vereinigung 
daa  Zuatandekommen  einea .  optiach  einaxigen  Mitiela  anzeigte^ 
wqrde  die  Krystallmaase  undurchsichtig* 

Eine  grofae  Menge  von  Btatinunungen  der  Verbrennunga- 
vvllrme,  apecifiacken  Wärme,  latenten  Wärme  verachiedener 
Körper,  ao  wie  der  Abaorptionawärme  bei  Verdichtung  von 
^aaen  durch  Kohle  nahmen  Favre  und  Silbermann  in 
einem  Quecksilbercalorimeter  vor,  mit  deaaen  Beachreibung 
aie  die  dritte  Abtheilung  ihrer  Publication  beginnen. 

Bin  Glaiiballon,  mit  etwa  1  Liter  Queckailber  gefUlt, 
hutte  3  Q^ffnungen.  In  die  erste  derselben  paEste  eine  Bohre 
von  dttnnem  Eiaen-  oder  Platinblech  von  2,5  bis  3  Centi- 
meter  Weite  und  10  bis  11  Centimeter  Länge.  Sie  war  am 
hinteren  Ende  geschlossen,  allerseits  von  Quecksilber  dicht 
umschWsaen,  theilweise  mit  Quecksilber  gefüllt  und  bildete 
den  Raum,  in  welchen  der  Glasbehälter,  der  als  eigentliche 
Verbrenfiungskammer  diente,  eingesenkt  wurde. 

In  die  zweite  Oeffhung  des  Ballons  war  eine  Glasröhre 
von  vollkommen  gleichem  cylindrischem  Caliber  eingelassen. 
Sie  war  horizontal  gerichtet  und  auf  einen  Millimeterraabstab 
aufgelegt,  an  welchem  der  Stand  des  Quecksilbermeniscus 
mittelst  eines  Femrohres  abgelesen  wurde.    Das  Ganze  bfl- 

11  ♦ 


156         Wärmemiwiekehmg  betm  chemischen  Ptoceese, 

dete  sonach  ein  grofses  Thermometer,  dessen  GefÜb  durch 
die  geeigneten  HtiUen  gegen  den  Einflufs  der  Umgebung 
geschützt  war.  —  In  die  dritte  obere  Oeflhung  des  Ballons 
pafste  ein  Kolben,  durch  dessen  Aufwärts-  oder  Abwärts- 
schieben  der  Stand  des  Quecksilbers  in  der  Thermometer- 
röhre unter  allen  durch  die  Versuche  gegebenen  Umstanden 
auf  einen  bestimmten  Ausgangspunkt  regulirt  werden  konnte. 

Die  Graduirung  dieses  Quecksilbercalorimeters  geschah 
in  einer  Weise,  welche  gestattete,  von  jeder  Correction  wegen 
der  specifischen  W8rme  der  verschiedenen  daran  angebrach- 
ten Körper  abzusehen.  Es  wurde  nämlich  eine  abgewogene 
Quantitöt  kochenden  Wassers  in  die  Kammer  gebracht  und 
die  Ausdehnung  des  Quecksilbers  beobachtet,  welche  eintrat, 
während  das  Wasser  sich  einige  Minuten  lang  abkühlte.  Aus 
der  mit  einem  empfindlichen  Thermometer  gemessenen  Eod- 
temperatur,  der  Anfangstemperatur  und  dem  Gewicht  der 
Wassermasse  konnte  die  Anzahl  der  ins  Calorimeter  über- 
getretenen Wärmeeinheiten,  und  somit  die  Gröfse  der  Ein» 
Wärmeeinheit  entsprechenden  Verrttckung  des  Quecksilber- 
meniscus  in  der  Thermometerröhre  abgeleitet  werden;  sie 
betrug  0,3  Millimeter  flir  1  Wärmeeinheit.  Bezüglich  des 
sehr  lehrreichen  Details  der  Vorsichtsmafsregeln,  welche  die 
genannten  Forscher  anwendeten,  um  den  Versuchen  die 
möglichste  Genauigkeit  zu  geben,  müssen  wir  den  Leser  auf 
die  Originalabhandlung  verweisen. 

Die  mit  dem  beschriebenen  Apparate  gemessenen  Wärme- 
wirkungen bei  Mischung  von  Schwefelsäurehydrat  mit  Wasser 
sind  in  ihren  Resultaten  schon  hinreichend  vollständig  früher*} 
mitgetheilt  worden.  —  Bei  der  Auflösung  gasförmiger  Säuren 
und  Basen  in  Wasser  wurden  folgende  Wärmewirkungen 
beobachtet  : 


*)  Dieie  Aonalen,  LXXII,  202. 


WarwieeniWfckehmg  beim  ckmmschen  Proce$$$,         137 


SalcsHiire  ....  449,6  Schweflige  Säure  120,4 
Bromwasserstoflsäure  2ä5,6  Ammoniak  .  .  514,3 
Jodwasserstoffsäure  .    147,7 

Bei  der  Auflösung  von  1  Gramm  Salz  in  Wasser  wurden 
die  folgenden  Würmemengen  absorbirt  (oder  entwickelt,  wo 
das  Zeichen  f  vor  der  Zahl  steht)  : 


Schwefels.  Kali 

Natron 


n 

55 

9 


35,3 
49,1 
11,1 
24,7 
64,4 
14,8 
12,1 


Jodkalium 29,2 


Ammoniak 
Kalk     .    . 
Barvt    .    . 
Zinioxyd 
Eisenoxydul 
Uranoxyd  .    f  10,7 
Thonerde-Kali  23,1 
Eisenoxydul-Kali 

21,5 
Thonerdeammo- 
niak      .    .19,0 
Saures  schwefeis.  Kali   .  25,6 

Chlorkalium 51,9 

Chlomatrium  ....  8,9 
Chlorammonium  .  •  .  65,1 
Chlorcalcium  «...  15^5 
Chlorbariüm  ....  16,9 
Chlorstrontium  .  .  .  24,9 
Wasserfreies  Chlorzink  f  92,2 
„  Eisenchlorür  t58,3 
„  Kupferchloridf  73,7 
Bromkaliqm 37,8 


Salpeters.  Kali 

Natron  .    . 

Ammoniak 

Kalk      .    . 

Strontian   . 

Bleioxyd    . 

Silberoxyd 
Phosphors.  Natron 
Pyrophosphors.  Natron 
Oxals.  Kali       .    .    . 


39 


70,5 
45,5 
65,9 
27,1 
41,2 
14,9 
31,1 
52,3 
21,9 
39,7 

Oxalsäure 67,0 

Saures  oxals.  Kali     .    .62,1 

Weins.  Kali      ....  17,3 

„     Natron       .    .    .  25,2 

Weinsäure        .    .    .    .19,8 

Weinsaures  Natronkali    .  40,9 

Essigsaures  Natron    .    .28,1 

j9  liaut        .         o,d 

„  Bleioxyd      .  14,8 

Saures  essigs.  Kali     .    .  19,3 

Kohlens.  Natron     .    .    .  52,7 

Saures  kohlens.  Kali      .51,5 

Wasserf.  Schwefelkalium  f  96,9 


Die  Messungen  der  Wärmewirkungen ,  welche  bei  der 
Verbindung  Ton  Basen  mit  Säuren  zu  neutralen  Salzen  ein- 
treten, konnten  durch  Zusetzen  abgewogener  Mengen  der 
ersteren  zu  einem  grofsen  Ueberschufs  verdünnter  Lösung 
der  letzteren  gemacht  werden,  da  die  Erfahrung  gelehrt  hatte, 
dafs  bei  Gegenwart  einer  hinreichenden  Menge  Wasser  keine 
weitere  Wärmeentwickelung  mehr  bei  der  Verwandlung  eines 
neutralen  Sakes  in  ein  saures  eintritt.  Basen  und  Säuren 
Aussen  dabei  in   solcher  Verdünnung  angewendel  werden. 


156         Wärmeeniwiekekmg  bMm  ckemiiehei^  fVore»i«. 


dafs  ein  weiterer  Zusatz  von  Wasser  kdnen  merldielien 
Wärneeffect  mehr  herrorbringen  kann.  Die  in  den  folg^en- 
den  Verzeichnisse  mit  Sternchen  versehenen  Zahlen  beri^ien 
sich  auf  die  Bestimmungen,  bei  welchen  die  Basen  durch 
Kali  gefällt  wurden  und  die  Verbindungswirme  der  gefiUlteii 
Basis  aus  der  Differenz  des  Wärmeeffectes  bei  dem  gedachtem 
Versuche  und  bei  der  Verbindung  des  Kali*s  mit  der  frei^i 
Siiure  abgeleitet  wurde.  Die  übrigen  Zahlen  beziehen  sich 
auf  Versuche,  bei  welchen  die  SSure  auf  1  Qramm  gelöster 
eder  vorläufig  geHUlter  Basis  einwirkte. 

Salpeters.  Cadmium- 

oxyd    .  126,7 

,         Bleioxyd      82,5 

9  Silberoxyd   53,5 

Metaphosphors.  Kali .  344,3 

„         Natron  496,9 

Pyrophosphors.  Kali .  360,2 

Natron  505,2 


Schwefels.  Kali  .  342;8 
Natron  .  .  520,1 
Ammoniak.  665,0 
Baryt  .  .  270,5 
Kalk  .  .  669,8 
Magnesia  .  723,7.  719,9* 
Manganoxy- 
dul    .    .  346,2.  345,1* 


9 


7) 


1) 

n 


Eisenoxydnl  306,7.  302,5» 
Zinkoxyd  .  253,0.  255,2» 
Kobaitoxyd  310,4.  309,3» 
Nickeloxyd  316,5.  314,7* 
Kupferoxyd  194,5.  193,8* 
Cadmium- 

.  160,3.  157,2» 
101,9 


oxyd  .  . 
Bleioxyd  . 
Silberoxyd  89,1 
Thonerde  .  644,0 
Eisenoxyd  249,5 
Salpeters.  Kali  .  .  329,7 
Natron  .  .  493,2 
Ammoniak  526,7 
Baryt  .  .  202,1 
Kalk  .  .  605,1 
Magnesia  .  642,4 
Manganoxy- 

dul  .  .  310,6 
Eisenoxydul  268,4 
Zinkoxyd  .  203,2 
Kobaltoxyd  261,6 
Nickeloxyd  274,8 
Kupferexyd  159,5 


Phosphors.  Kali 
Chlorkalium  . 
Chlornatrium  . 
Chlorammonium 
Chlorbarium  . 
Chlorstrontium 
Chlorcalcium  . 
Cblormagnesium 


378,4 
333,1 
492,7 
520,6 
201,4 
278,9 
606,5 
661,1 


Sftlzs.  Manganoxydul  320,7 


9 


Eisenchlorttr 

Cblorzink   . 

Chiorkobait 

Chlornickel 

Chlorkunfer 

Chlorcaamium 

Chlorblei    . 

Chlorsilber 

BromkaUum 

Bromnatrium 

Bromblei     . 

Bromsilber 

JodkaUum  . 

Jodnatrium 

Jedblei  .    ; 


273,1 
202,6 
272,9 
i73,6 
160,4 
128,1 
101,1 
197,9 
329,9 
489,1 
99,d 
290,4 
333,8 
486,8 
183,» 


Wdtmemiwiekehmg  60A11  dkemi$th^  Proe^tu,       I5f 


Jodsilber    .    .    . 

.    .  275,8 

fiasigfs.  Kali    .    . 

.    .  297,3 

^       Natron    .    . 

.    .  438,7 

1»       Ammoniak 

.    .  486,5 

«       Baryt 

.    .  174,5 

„       Kalk  .    .    . 

.  524,1 

„       Magnesia 

.  613,5 

„       Manganoxydul    285,2 

9       Eisenoxvdul 
,,       Zinkoxyd 

.  238,6 

•   '100,0 

,       Kobaltoxyd 

.  344,1 

9       Ntckeloxyd  . 

•    intö^O 

,^       Kupferoxyd 

.  131,6 

«       Cadmiumoxyd  .  117,9 

,       Bleioxyd 

.    64,0 

Ameisens.  Natron    . 

,    .  429,3 

Valeriattl  Natron 

Citronens.  Kali    . 

9)  Natron 

Oxala.  Kali     .    . 

„      Natron 
Weins.  Kali 

4        Natron  . 
Kohlens.  Kali 
Schwefligs.  Kali 
Schwefelkalium  . 
natrium 
mangan 
sink 
knpfer  . 
blei  .    . 
Silber    . 


9 


9 

9 


435,5 
290,6 
425,1 
301,2 
443,6 
277,5 
408,1 
274,0 
409,3 
137,8 
211,3 
323,4 
252,1 
474,2 
121,5 
268,4 


Die  neun  zuletzt  angefiihrten  Verbindungen  wurden  er^ 
halten,  indem  man  die  gasförmigen  Säuren  :  Kohlensäuroi 
sohweflige  Säure  und  Schwefelwasserstoff  auf  die  Basen  ein- 
wirken lieb. 

Indem  Favre  und  Silbermann  trockenes  Ammoniak- 
gas und  salzsaures  Gas  in  der  Kammer  des  Calorimeters  zu 
Safabiak  sich  verbinden  liefsen,  erhielten  sie  Tür  1  Gramm  des 
gebildete  Salzes  743,6  Wärmeeinheiten.  Bringt  man  den 
Unlerschied  der  Auflösungswärme  der  einzelnen  Gase  und 
des  Salzes  in  Wasser  noch  in  Anschlag ,  so  berechnet  sich 
die  Verbindungswärme  der  im  Wasser  gelösten  Elemente  für 
1  Gramm  Sflte  tu  439  fiinheiten,  während  die  directe  Be- 
obadhttmg  519  Einheiten  ergab.  Die  genannten  Forscher 
sind  der  Ansicht ,  dafs  durch  Verdichtung  von  Ammoniakgas 
in  dem  porösen  Salmiak  das  Gewicht  dieses  letzteren  ver- 
gröfaert  worden  sei. 

Versuche  über  Bildung  saurer  Salze,  bei  welchen  nach- 
einander 1,2,4  oder  8  Aequivalente  der  Säure  zu  1  Aeq. 
der  Basis  zugesetzt  wurden,  ergaben  folgende  Resultate  : 


iCO        WärmeeHiwi0kehm$  beim  ckemittAm  Froeeem 


Aaq.        Kali  mit  Oitltiare  Aaq.     ifatron  wa%  Onübäim 

1  Säure  301,2    i  Säure  443,6 

2     y,     u.  viel  Wasser  650,4 
4     ^     u.    ^         »       682^ 


2 

19 

u. 

viel  Wasser  299,0 

2 

9> 

u. 

wenig    « 

367,8 

4 

9) 

bei  16* 

609,4 

13« 

648,0 

«• 

672,0 

Aeq. 

Kali 

mit  WeiDiiare 

1  Sinre 

277,5 

2 

» 

u. 

viel  Wasser  476,9 

2 

» 

u. 

wenig    „  ^ 

502,4 

8 

» 

0. 

viel        „ 

506,0 

Aeq.     Ifatron  mit  WeiMiore 

1  Säure  406,1 

2  ,  u.  wenig  Wasser  616,9 
4  „  tt.  viel  ,  411,0 
4  „  u.  wenig  ,  624^9 
8  „  u.  viel  „  435;2 
8  „  u.  wenig      ^     618,9. 

Jedesmal,  wenn  so  viel  Wasser  angewendet  wurde,  dals 
das  entstehende  Salz  die  Lösung  nicht  sättigte,  war  die 
Wämieentwickelung  nicht  gröfser  als  bei  Bildung  des  neu- 
tralen Salces,  wie  viel  Säureäquivalente  auch  angewendet 
werden  mochten.  Es  scheint  demnach,  dafs  Säure  in  Ge- 
genwart eines  ihrer  neutralen  Salze  beharren  kann,  ohne 
sich  mit  demselben  zu  verbinden,  ähnlich  wie  die  Meta-  und 
Pyrophosphorsäure  im  Wasser  gelöst  bleiben  können,  ohne 
sich  zu  der  Verbindung  PO«  +  3  HO  zu  vereinigen.  Auch 
Schwefelsäure  und  Essigsäure,  welche  ganz  bestimmte  saure 
Salze  bilden,  bestätigen  den  obigen  Satz  : 

KtU  mit  Kaü  mit 

1  Aeq.  Schwefelsäure  332,1      1  Aeq.  Essigsäure  296,5 

2  ,,  «  332,9      2     „  „         294,1. 

Durch  Mischung  einer  Lösung  von  1  Aeq.  sauren  essig- 
sauren Kalis  mit  1  Aeq.  Kali  in  verdünnter  Lösung  wurden 
265  Wärmeeinheiten  entbunden.  Da  1  Aeq.  Kali  bei  Ver- 
bindung mit  Essigsäure  zu  einem  neutralen  Salze  297  Ein- 
heiten  entbindet,  so  zeigt  der  Unterschied  von  32  Einheiten, 
dafs  die  Essigsäure  des  sauren  Salzes  sich  gegen  das  Kali 
nicht  gleich   einer  freien  Säure  veriiielt.    Die  32  Einheiten 


Wärmeenhtkkebmg  beim  chemischen  Proceese,        161 

stenen  die  Verbindungswärme  der  Säure  mit  dem  neatralen 
zu  einem  sauren  Salze  vor.  Saures  schwefelsaures  Kali  und 
saures  schwefligsaures  Kali  gaben  bei  Mischung  mit  1  Aeq/ 
Basis  die  nämliche  Verbindungswärme,  als  wenn  das  iweite 
Säureä<iuiyalent  in  freiem  Zustand  gewesen  wäre,  so  dafs  es 
scheint,  dafs  die  Einwirkung  des  Wassers  den  Bestand  des 
sauren  Salzes  bereits  aufgehobea  hatte. 

Die  Wärmeentwickelung  bei  dem  Uebergang  von  neu- 
tralem kohlensaurem  Kali  in  doppelt-kohlensaures  Salz  be- 
stimmten Favre  und  Silbermann  auf  zwei  verschiedenen 
Wegen.  Sie  fanden  70,7  Einheiten  und  78,2  Einheiten. 
Diese  Zahl  enthält  übrigens  neben  der  Verbindungswärme 
auch  die  Verdichtungswärme  des  Gases. 

Bei  der  Einwirkung  von  Kali  auf  Schwefelwasserstoff- 
Schwefelkalium  wird  keine  Wärme  entwickelt,  so  dafs  man 
hiemach  schliefsen  mufs,  dafs  bei  der  Verbindung  von 
Schwefelwasserstoff  mit  Schwefelkalium  noch  einmal  eben 
so  viel  Wärme  entbunden  wird,  als  bei  der  Bildung  dieses 
letzteren,  also  2  .  137,8  =  275,6. 

Ein  Gramm  kaustischer  Kalk  in  verdünnter  Salzsäure 
gelöst  entwickelt  750,4  Einheiten.  Da  bei  der  Verbindung 
von  Kalkhydrat  mit  Salzsäure  606,5  Einheiten  frei  werden, 
so  erhält  man  flir  die  aus  der  Hydratisining  des  Kalks  her- 
vorgehende Wärmewirkung  143,9  Einheiten.  Bei  der  Ein- 
wirkung von  Salzsäure  auf  gepulverten  Kalkspath  werden, 
auf  1  Gramm  Kalk  berechnet,  82,7  Einheiten,  bei  Einwir- 
kong  auf  gepulverten  Arragonit  106,3  Einheiten  frei  Aus 
dieser  und  der  vorhergehenden  Bestimmung  berechnet  man, 
dafs  bei  der  Vereinigung  von  1  Grm.  wasserfi'eien  Kalks 
mit   Kohlensäure   zu  Kalkspath    750,4  —    82,7  s  607,7  B. 

zu  Arragonit   750,4  —  106,3  ss  644,1  E. 
frei  werden.     Diefs    macht  auf  1   Grm.  Kalkspath  373,5  E- 

Arragonit  360,6  E. 


IM        Winmtkiwiökehmg  beim  chmmkckm  Prometit. 


Dtr  Unlersdiied  von  13  Binheileii  repriUentirt  die  Wärthe- 

Irirkutig,  welcke  bei  dem  Uebergtng  vOn  1  Gmi«  ArragOBÜ 

in  Kalktfpnth  eintritt.     Favre  und  Silbermann  ecbenkeo 

di^en  Rteultate  mehr  Zutrauen »  ate  dem  oben  angdübrien 

von  39,1  Einheilen. 

WUsilerfi'eier  Strontian  mit  verdünnter  Salzsiltire  giebt  525,6 
ji    Strontianhydrat  »  »,  j»  ,,     278,9 

Es  werden  also  bei  der  Hydratisirung  des  Strontians  frei  246,7. 

Wasserfreies  Bleioxyd  mit  verdünnter  Salpetersäure      85,0 

»                 »          I»  D          Essigsöüre          64,1 

«         Zinkoxyd      ^  „          Schwefelsäure  267,8 

^              »             »  «          Salzsiure          207,1 

„         Kupferoxyd  „  „          Schwefelsäure  206,6 

„                II          9)  9)          Salpetersäure    172,i. 

Die  Methoden,  wonach  Favre  und  Silbermann  die 

Verbindungswärme   des   Wasserstoffi)   und    der  Metdle   mit 

SAu^rstoff,  Chlor,  Brom  und  Jod  bestimmten,  sind  im  We^ 

^entliehen  schön  in  früheren  Mittheilungen  ^)  beschrieben 

worden.    Wir  begnügen  uns  daher  nunmehr  damit,  die  de- 

Snitiven  Resultate  dieser  Bestimmungen  ttbersichtlich  mitzu-^ 

theilen  : 


1  Grm. 
Zink 
Kupfer 
Eisen 
Blei 
Silber 


mü  Siderfloff 

1292,7511289,^ 

688,90/ 
1352,60}  wasserfrei 

266,ll( 
68,60 


mit  CUor 
in  Lösung 

1740,51.  1740,6 
1078,11 

1905,34 


Kalium    1954,81  j^  |;..„„^ 
Nalrium  3l96;iir'*  ^^^^''"«r 

mit  Brom 
in  Lara*g     «ttaeffrei 


2489,54 
4101,15 


waaierfrM 

1547,5 

922,7 

1775,5 

430,1 

322,2 

2587,7 

4125.9 


t  Gm. 

Wasserstoff  28404,0 

2id6,ä0 


Kalium 

Natrium 

Blei 

Silb^ 


2190,86 
3592,00 


9322,0 
(2303,9 
|2312^ 

315,4 
237,19 


in  UMm* 

15004,22 

1850,50 

1858,50 

3006,20 


mit  Jod 


waMOfffm 
—  3606,0 
(1973,20 
||961^ 

223,15 
172,70 


')  <H«M  kM.  LXXil,  a06 ;  207  a.  aoe. 


Wärmeentwkkebmg  beim  chmmciim  Frv9B9m        I6S 

Die  Methode,  nach  welcher  die  Bestraunung  der  Yerbiii* 
dittigfwinne  der  Metalle  mil  Schwefel  vorgenoiimien  wurde» 
ist  früher  *)  ebenfalls  mitgetheilt  worden. 

Die  Reraltate  waren  folgende  : 


1  6nn. 

in  Lömmg 

waMetfrd 

Wasseratoif 

— 

2741,0 

Kalium 

1306,90 

1170,8 

Natrium 

2101,74 

Zink 

— 

644,31 

Eiaen 

634,02 

Kupfer 

— 

285,40 

Blei 

— 

91,88 

Silber 

— 

51,15. 

Bei  der  Verbindung  von  1  Grm.  Wasserstoff  mit  Stick- 
stoff zu  Ammoniak  wurden  frei ,  wenn  das  Ammoniak  gelöst 
wurde,  10488,1  Einheiten,  wenn  das  Ammoniak  gasförmig 
bli8b  7576,0  Einheiten. 

Das  Ouecksilbercalorimeter  wurde  von  Favre  und  Sil- 
be rm  a  n  n  auch  sur  Bestimmung  der  specifischen  und  der  laten- 
ten Verdampfungswärme  einiger  Flüssigkeiten  benutzt  Diese 
letzteren  wurden  mittelst  einer  Pipette,  worin  sie  zum  Siedeli 
erhitzt  waren,  in  die  Kammer  des  Calorimeters  eingeftahrt 
und  durch  Beobachtung  der  Ausdehnung  des  Quecksilbers^ 
während  die  Flüssigkeiten  sich  auf  eine  Temperatur  abktthlteh, 
welche  nur  wenig  die  der  Umgebung  übertraf,  die  speci- 
fische  Wärme  gefunden.  —  Die  latente  Wärme  ergab  sich 
aus  der  Ausdehnung  des  Queclmilbers,  welche  die  Dämpfe 
der  in  der  Pipette  siedenden  Flüssigkeit  hervorbrachten, 
während  sie,  aus  einer  lang  ausgezogenen  Spitze  der  Pipette 
attsstrOmend ,  sich  im  ffintergmnde  der  Kammer  des  Gdlori- 
Kelers  verdichteten.    Eine  Correotion  wegen  Abkühlttqfr  der 


■  t       tm*» 


*)  DieM  Ado.  LXXII,  206. 


164        Wärw^eetUwieMimg  beim  chrnmichm  Proee$sä. 


nttttrigkeit  von  dem  Siedepunkl  auf  die  schlieMch  g«mes- 
sene  EndtemperaCar  konnte,  da  die  spedfische  Wanne  vorhtf 
bestimmt  war,  leicht  angebracht  werden.  —  Zur  Probe  der 
Genauigkeit  ihrer  Methode  bestimmten  die  genannten  For- 
scher zuerst  die  Verdampfungswärme  des  Wassers  und  fan- 
den 535^77  Einheiten,  während  Regnault  nach  seiner  an- 
streitig vollkommneren ,  aber  bei  kleinen  FIQssigkeitsmengen 
nicht  wohl  anwendbaren  Methode  536,66  Einheiten  gefunden 
hatte.  Um  die  möglichen  Fehlergrenzen  kennen  zu  lernen, 
machten  Favre  und  Silbermann  noch  die  beiden  folgen- 
den Bestimmungen  : 

mit  ttberhitztem  Wasserdampf  541 J7  Einh. 

mit  nicht  ganz  trocknem  Wasserdampf  532^59     „ 

Bezüglich  anderer  Flüssigkeiten  erhielten  sie  folgende  Re- 
sultate : 


T 


•inperatar- 

Cr6BM0 


Kohlenwasserstoff  v. 

Siedep.200bis210« 
Kohlenwasserstoff  v. 

Siedep.240bis260* 
HolJEffeist  .    . 
Alkohol     .    . 
Amvlalkohol  . 
Aetnalalkohoi 
SchwefeUther 
Bssigäther 
Butterither    . 
Terpentinöl  CP««H,«) 
Jod  CflUssiffJ  . 
(starrj   . 


0,48385 

0,49680 

0,6713 

0,6438 

0,5873 

0,5059 

0,50342 

0,48344 

0,49176 

0,46727 

0,10622 

0,05412 


20bi8200« 
20bis240* 


59,91 


59,71 
263,86 
208,92 
121,37 

58,48 

91,11 
105,796 

87,332 

68,734 

23,95 

11,71  CSchmelz- 
wttnne') 

94,56     I     — 


ao5< 

250« 


Schweflige  Säure    . 

Die  Kesultato  der  Versndie  t<mi  Favre  und  Silber- 
Mann  ttber  die  Winnemenge,  welche  bei  der  Condenaalioa 
von  Gasen  durch  poröse  Kohle  frei  wird,  sind  bereits  firtther 


WUrmeenhBiekdnng  b^bn  cAemifofteit  Proeesie.       165 

mitgetheflt  worden  *} ;  wir  tragen  nur  noch  die  intereiMnle 
Thatsache  nach,  dafs  bei  der  Condensation  von  1  6nn. 
schwefliger  Säure  139,9  Wärmeeinheiten  entbunden  werden, 
während  die  latente  Verdampfungswänne  nur  94,56  Einheiten 
beträgt.  Der  Ueberschufs  von  45,34  Einheiten  scheint  darauf 
hinzudeuten,  dafs  die  schweflige  Säure  in  den  Poren  der  Kohle 
noch  über  ihre  gewöhnliche  Dichte  im  flüssigen  Zustande  ver- 
dichtet^ ja  selbst  vielleicht  in  den  starren  Zustand  überge- 
führt wird. 

Die  Mittheilung  der  Resultate  einer  weiteren  Versuchs- 
reihe der  genannten  Forscher  über  (fie  Wärme,  welche  bei 
der  Compression  von  Gasen  frei  wird,  unt^lassen  wir  qi- 
nächst,  da  dieselben  vorerst  nur  TemperaturdiSerenxen  ent- 
halten, abgelesen  an  einem  Breguet'schen  M^tallthermo- 
meter.  Die  Wärmemengen  gedenken  Favre  und  Silber- 
mann durch  Wiederholung  der  Versuche  mit  ähnlichen  Ther- 
mometern aus  verschiedenem  Stoffe,  aber  von  ganz  gleicher 
Gestalt  und  Gröfse,  zu  finden.  Eine  der  Versuchsreihen,  bei 
welcher  die  Verdichtung  (C)  von  %  auf  1  Atmosphäre,  oder 
die  Verdünnung  (D)  von  1  auf  Vs  Atmosphäre  ging,  gab  fol- 
gende Werthe  : 

Kohlensäure   G  +  7S3 

D  —  7«,3 

Kohlenoxyd    C  +  8«,6 

D  —  7«,3 

Stickoxyd       C   +  6»,6 

D  —  6^6. 

Dafs  die  Erwärmung  bei  der  Verdichtung  fast  durch- 
gängig gröfser  ist,  als  die  Abkühlung  bei  der  Verdünnung, 
beruht  auf  der  Wärmeleitungsfahigkeit  der  Gase.  Im  erste- 
ren  Fall  ist  nur  die  halbe  Berührungsfläche  mit  den  ablei- 
tenden Wänden  der  Pumpe  vorhanden  und  das  Metallthermo- 
meter ist  dagegen  von  der  doppelten  Anzahl  von  Molecülen 


Lqn 

C  +    8«,8 

D  —    7»,6 

Sauerstoff 

C   +    9«3 

D  —    7»,6 

Wasserstoff 

C  +  13«,8 

D  —    8«,5 

*)  DieM  Ann.  LXXII,  309  o.  3ta 


IM       WifmeeniwidkAmg  bmm  chemi$ckm  Prac€$M0. 


«mgreben.  Die  Differencea  sind  bei  dem  Wmmrrtoff  bei 
Weileni  am  bedeutendsten,  die  LeitfMhigkeil  dieses  Körpern 
für  die  Wärme  ttbertrifll  diejenige  der  übrigen  Gase  uage- 
tähr  in  dem  VerhSltnisse,  wie  die  Leilfkhigkeit  der  Metalle 
diejenige  der  übrigen  starren  Körper. 

In  der  vierten  Abtheihing  ihrer  Arbeit  beliehen  Favre 
und  Silbermann  die  Verbindungswftrme  der  Körper  an- 
statt auf  gleiche  Gewicbtsmengen,  auf  ihre  Aequivalente,  und 
gelangen  mittelst  der  vergleichenden  ZusammensteUuQg  d^ 
Resultate  zu  einigen  interessanten  Schlüssen. 

Die  folgende  Tabelle  enthält  die  Uebersicht  der  color»«. 
sqhen  4eqm»almt€  einer  Reihe  von  Verblutungen  im  waßser- 
fweien  Zustande  : 


VerhindiMgM  mit 

Meidle 

Sanwftoff 

Chlor           Brom           Jod 

SchwM 

Wasserstoff 

344«2 

23783 

9322 

—3606 

374« 

f^idinm   . 

100960 

90168 

77268 

45638 

Natrium. 

94847 

■ 



•_ 

Zink  .    . 

.     42451 

50296 

,—^ 

. » 

20940 

Eisen     .    . 

.     37828 

49651 

-— ^ 

i_ 

17753 

Kupfer  .    , 

,     21885 

29524 

— - 

— ^ 

9133 

Blei  .    .    . 

27675 

44730 

32802 

23206 

9556 

SUber     .    . 

6113 

34800 

25618 

18651 

SSM 

Es  scheint  ein  Zusammenhang  zwischen  der  Beständig- 
keit der  Verbindung  und  der  Menge  der  yon  dem  Aequiva- 
lent  entwickelten  Wärme  zu  bestehen.  Dafs  das  calorische 
Aequivalent  des  Wasserstoffs  von  dem  des  Zinks  übertroffen 
wird,  kann  nicht  befremden,  wenn  man  bedenkt,  dafs  das 
Wasser  schon  durch  den  Einflufs  eines  Hitzgrades  zersetzt 
wird,  welchem  das  Hagneteisen  und  das  Zinkoxyd  noch 
widerstehen.  Ein  grofser  Unterschied  besteht  zwischen  den 
calorischen  Aequivalenten  des  sehr  beständigen  Chlorsilbers 
und  des  unbeständigen  Silberoxyds. 

Wenn  man  ebenso,  wie  für  die  wasserfreien  Verbindun- 
gen,  eine  Zusammenstellung  der  calorisi^hen  Aequivaleale  der 


WirmBeniwkäehmg  beim  ckemi$d^  Pna—if« 


MT 


Verbittdaiigfeii  in  verdttnnter  Lbmmg  macht,  to  eifiebMi  sich 
gewisse  CQiistante  Verhältnisse.  Der  Unterscliieii  der  calori« 
sehen  Aeqnivalente  zweier  Metalle  mit  Sauerstoff  ist  derselbe, 
wie  f&r  £e  Verbindungen  der  nflnalichen  Metalle  mit  Chlor, 
Brom,  Jod  oder  Schwefel  Favre  und  Silberm]ann  nennen 
diese  Differenzen  in  Beziehung  auf  Kalium,  den  Madulm  der 
tfetaUß.  Ferner  ist,  was  eigentlich  schon  aus  dem  oben  ange- 
führten Resultate  folgt»  der  Unterschied  zwischen  den  calori- 
schen  Aeqoivalenten  zweier  Metallo¥de  mit  dem  nämlichen  MetaB 
für  sämmtliche  Metalle  ebenfalls  constant.  Pieser  Unterschied)^ 
bezogen  auf  die  Sauerstoffverbindung,  heifst  der  Modmtm  des 
Metalloids.  —  Es  leuchtet  ein,  dafs  man,  wenn  diese  Moduli 
einmal  bekannt  sind,  die  calorischen  Aeqnivalente  auch  solcher 
Verbindungen  Tür  den  Zustand  der  Lösung  berechnen  kann, 
welche  in  diesem  Zustande  in  der  That  nicht  vorkommen. 

Wenn  man  femer  noch  die  Erfahrung  mit  zu  Hülfe 
nunmt,  dafs  Salpetersäure,  Chlor-,  Brom-  und  Jodwass^r- 
stoffsäure,  indem  sie  sich  mit  einer  nämlichen  löslichen 
oder  unlöslichen  Basis  zu  einem  löslichen  Salze  verbin- 
den, eine  gleiche  Wärmemenge  entwickeln,  so  lassen  sich 
selbst  die  Wärmeäquivalente  solcher  Metallverbindungen  be- 
rechnen, wdche,  wie  die  des  Bleies  und  Silbers,  sämmtlich 
unlöslich  sind.  Nach  diesen  Gnindsätzen  sind  die  fehlenden 
Glieder  der  folgenden  Tabelle  ergänzt  worden  : 


Modal 

Mmllf 

Sauerüoff 

Cblor 

Brom 

M 

Scliwafel 

Metallf 

WawnUoff 

_ . 

40192 

28404 

15004 

-    6247* 

-  57;>1« 

Ktlivm.    . 

76238 

97091 

85678 

72479 

50969 

Nttrinm     . 

73510 

94326 

82616 

69143 

48340 

—    2724 

Zinii     .    . 

35751* 

56567 

44857* 

31348* 

10581* 

-*  40524 

EitSB    .     . 

32554« 

53350 

41640* 

28167* 

7364* 

•-  43741 

Kapfar  •    • 

13664* 

34500 

22790* 

9317* 

—  11486* 

-*  62591 

Blei.    .    . 

21808» 

62661* 

31248* 

18049* 

—    3461* 

». 

Silber    .    . 

-  2808* 

18049* 

6636* 

—  6563^» 

-  28073* 

— 

Modttlai 

des 

— 

+  20834 

+  9273 

—  4063 

-  25219 

«-. 

Metalloids 

1 

• 

168       WäimüMfUmiekülm^ig  beim  ehemüdkem  Pröce$»e. 


mit  Sternchen  beseichneten  Werthe  sind  beredmete. 
Die  Unterschiede  der  obigen  Zahlen  nnd  der  entsprechenden 
Werthe  fUr  die  wasserfreien  Yerbindongen  kann  man  als  die 
theoretisch  abgeleitete  Ldsangswfirme  dieser  letxteren  Yer^ 
bindungen  betrachten.  Die  folgende  Tabelle  enthlilt  diese 
Werthe  : 


MetaU« 

Saoentoff 

Chlor 

BroB 

Jo4 

Sdiwcilu 

Wasserstoff 

..M 

_ 

..^ 

..^ 

8988 

Zink      .    . 

6700 

..— 

— 

10359 

Eisen    .     . 

5274 

.. 

10888 

Kupfer  .    . 

8201 

f 

~^ 

— 

20619 

Blei  .    .    . 

5867 

2069 

1554 

5159 

13017 

Silber    .    . 

8991 

16751 

18982 

25214 

33597 

Betrachtet  man  die  calorischen  Aequivalente  als  einen 
Mafsstab  ftir  die  Energie  der  chemischen  Verwandtschaft  zwi- 
schen den  Metallen  und  Metalloiden,  so  wird  man,  von  der 
stärksten  Verwandtschaft  nach  der  schwächeren  hingehend, 
folgende  Ordnung  erhalten  : 


MetaUofde  : 
Chlor  Jod 

Brom  Schwefel 

Sauerstoff* 


Metalle  : 

KaUum  Blei 

Natrium  Kupfer 

Zink  Sflber 
Eisen. 


Die  Zusammenstellung  der  calorischen  Aequivalente  nea- 
traler  Sahse  bietet  ebenfalls  nicht  uninteressante  Verglei^ 
chungspunkte  dar  : 


Metallozyde 


Schwefel- 
stnre 


Calorische  AeqaivaleDte 
Salpeter-         Sali- 
siare  iture 


Store 


•    •    • 


Kali 

ifatroD 

Ammoniimioxyd 

Magvefia 

MaDgaooxydnl 

BficMloxyd   . 

Kobaltoxyd  . 

Eiieaoxydul 

Zinkoxyd 

Kadoiinmoxyd 

Knpferoxyd  . 


47 

16083 

15510 

15656 

31 

15810 

15283 

15128 

1 

26 

14690 

13676 

13536 

20 

14440 

12840 

13220 

35 

12075 

10850 

11235 

38 

11932 

10450 

10412 

38 

11780 

9956 

10374 

36 

10872 

9648 

9828 

41 

10455 

8323 

8307 

64 

10240 

8116 

8109 

40 

7720 

6400 

6416 

13973 

13600 

12649 

12270 

9982 

924S 

9272 

8590 

7720 

7546 

5264 


Wärmeeniwickeiwiig  beim  ckemtidken  Fr0ee»9e, 


189 


Die  Aeqoivalente  nehmen  f&r  sämmttiche  Sttnren  nach 
derselben  Ordnung  der  Metalloxyde,  und,  wie  es  acheini,  aach 
nach  der  Energie  der  Verwandtachaft  dieser  Oxyde  zu  den 
Sdoren  ab.  Aus  der  Reihe  der  schwefelsaoren  Salze  sind 
die  unlöslichen  ausgelassen.  Sie  würden  die  Ordnung  stö- 
ren, indem  sie  weit  höhere  calorische  Aequivalente  haben. 

Thonerde  mit  Schwefelsäure  hat  das  calor.  Aequival.  =  10948 
Eisenoxyd  „  „  „    „       „  »        =  6786. 

In  die  Reihe  der  salpetersauren  Salze  gehören  noch  : 


Kalk 

28 

16943 

Strontian 

58 

16943 

Baryt 

76 

15360 

Bleioxyd 

112 

9240 

Silberoxyd 

116 

6206. 

Die  calorischen  Aequivalente  der  drei  ersteren  Rasen 
sind  grörser,  als  man  es  nach  ihrem  Verwandtschaftsgrad  im 
Vergleich  mit  den  übrigen  Rasen  erwarten  sollte. 

Wir  lassen  noch  die  calorischen  Aequivalente  einiger 
neutralen  Salze,  des  Kalis  und  Natrons,  folgen  : 


TaU 

Nairoa 

Rromwasserstoflsäure 

15510 

15159 

Jodwasserstoffsäure 

15698 

15097 

Phosphorsäure  (HO) 

16168 

15407 

.         (2  HO) 

16920 

15655 

,         (3  HO) 

17766 

— 

Ameisensäure 

— 

13306 

Valeriansäure 

13500 

Citronensäure 

13658 

13178 

OxalsSnre 

14156 

13752 

Weinsäure 

13425 

12651 

Kohlensäure 

12878 

— 

Schwefelwassersloffsänre      6477 

Ana.  i.  Ch.m.  a.  Phwm.  LXXXVIII.  Bd.  1.  Bett. 


6550. 


12 


170         WäiWiMnHtfiekrbmy  beim  ckemud^en  Proeeut. 

Die  Sdiwefebtare  und  Phosphorsättre  eniwickdn  bei 
ilureii  VerbiiiduageB  mit  Basen  mehr  Wärme,  als  die  Salpeter- 
säure, die  Chlor- 9  Brom-  und  Jodwasserstoffsäuren.  Bei  der 
Phosphoffsäure  wächst  die  Wärmewirkung  mit  der  Zahl  der 
Wassenitome.  Die  organischen  Säuren  folgen  in  dieser  Ord- 
nung :  Oxalsäure 9  Essigsäure,  Valeriansäure ,  Ameisensäure, 
Citronensäure,  Weinsäure,  Kohlensäure. 

In  einer  fUnften  und  letzten  Abtheilung  ihrer  Arbeit 
machen  Favre  und  Silbermann  auf  einen  merkwürdigen 
Unterschied  in  dem  Wärmeeffect  bei  der  Einwirkung  von 
Chlor  auf  Kalium  aufmerksam,  welcher  eintritt,  je  nachdem 
das  Chlor  vorher  der  Bestrahlung  durch  die  Sonne  ausgesetzt 
gewesen,  oder  nicht.  Bei  der  Verbindung  von  1  6rm.  Chlor 
mit  Kalium  wurden  die  folgenden  Wärmemengen  frei  : 

Bestrahltes  Chlor  .    478,85 

Nicht  bestrahltes  Chlor     _.    439,70 

Unterschied      39,15. 
Eine  Volumänderung  des  Chlors  durch   den  Einflufs  der 
Bestrahlung  konnten   Favre  und  Silber  mann   nicht  be- 
obachten. 


F  a  V  r  e  *3  hat  die  Untersuchungen  über  die  Wärmeent- 
wickelung beim  chemischen  Processe  unter  einem  andern 
Gesichtspunkte  weiter  fortgesetzt.  Er  suchte  die  calorischen 
Aequivalente  solcher  Verbindungen  zu  bestimmen,  welche 
der  nämliche  Körper  mit  einem  zweiten  in  verschiedenen 
Verhältnissen  eingeht.  Das  Verhältnifs  dieser  Aequivalente 
erleidet  übrigens,  wenn  es  auch  an  sich  ein  einfaches  und 
gesetzmäfsiges  sein  sollte,  mancherlei  Abänderungen  durch 
die  verschiedenen  Aggregatformen  und  die  sonstigen  Modi- 
ficationen  des  molecularen  Zustandes. 


')  Journ.  Pharm.  [3]  XXIV,  241,  311    und  4U. 


WärmuniwMtehnff  beim  ehmmtehm  Froee9se.        471 

Favre  bedienie  sich  des  obeii*^  erwfilnilen  Qaedi«- 
silbercalorimelers  zu  seinen  MeBswagen^  und  bescbäftiffte  sieh 
mnäcbflt  mit  den  Verbindungen  verschiedener  Metallolfde 
unter  sich.  Wenn  es  sich  um  Oxydation  solcher  Metalloide 
handelte,  deren  Chlorverbindungen  sich  mit  Wasser  zersetzen, 
diente  hierzu  jedesmal  die  unterchlorige  Sfiure;  es  entstand 
die  SanerstoiTveitindung  des  Metalloids  und  Chlor  wurde  frei. 

Um  zuvörderst  die  Wärmewirkung  bei  der  Bildung  oder 
Zersetzung  der  unterchlorigen  Säure  zu  studiren^  leitete 
Favre  Chlor  in  verdünnte  Kalitösung^  wobei  die  Reaotion 
nach  folgendem  Schema  stattfand  :  2  Cl  +  2  KO  +  x  (HO) 
=  CIK  +  CIO,  KO  +  X  (HO).  Die  bei  diesem  Vorgang  nn 
Calorimeter  gemessene  Wirme  enttielt  die  Verbinduagswärme 
von  Chlor  mit  Kalium  (97091  E.) ,  von  Chlor  mit  Sauerstoff 
zu  unterchloriger  Säure,  femer  der  unterchlorigen  Säure  mit 
Kali,  diese  Summe  vermindert  um  die  Verbindungswärme  des 
Kaliums,  welches  in  das  Chlorkalium  einging,  mit  SauerstoJF 
C76238  E.). 

Die  Verbindungswärme  der  unterchlorigen  Säure  mit  Kali 
fand  Favre  aus  direden  Versuchen  =r  227,2  Einheiten  fUr 
1  6rm.  Kali,  oder  =  10678,4  Einheiten  Tür  1  Aeq.  des  Salzes. 
Da  auf  2  Aeq.  Chlor ,  welche  die  Lösung  im  Calorimeter 
aufnahm,  eine  Wärmewirkung  von  24161,3  Einheiten  kam, 
so  ergiebt  sich  für  die  Bildung  von  1  Aeq.  unterchloriger  Säure  : 
X  s  24161,3+76238  —  97091  — 10678,4  s=-^7370Einheiten. 

Eine  andere,  weniger  zuverlässige  Melhode  der  Bestim- 
mung, nämlich  durch  gegenseitige  Zersetzung  von  unter- 
chloriger  Säure  mit  Salzsäure,  gab  für  die  Bildung  eines  Aeq. 
unterohloriger  Säure  eine  Wärmeabsorplion  von  7784  Einheiten. 

Favre  bemerkt  noch,  dafs  bei  der  Beslimmnng  der  Ver- 
bindungswärme von  unterchloriger  Säure  mit  Kali  22114  Ein- 


*)  Seite  155  dieiei  Heftes. 

12* 


172         Wärmeentwidtelung  bmm  ehemi$ckm  Proceg$e. 

hmlen  ansMI  des  obigen  Werthes  von  10678  Einheiten 
erkalten  werden,  wenn  man  2  Aeq.  der  Säure  au  i  Aeq^  der 
Baais  setxe,  anstait  genau  einfache  Aequivalente  zusammen 
zubringen.  Dafs  sich  aber  kein  saures  Salz  hierbei  gebildet 
habe  und  das  zweite  Aequivalent  unterchloriger  Säure  nicht 
zersetzt  worden  sey,  gehe  daraus  hervor,  dafs  ein  zweites 
Aeq.  Kali,  zu  der  Lösung  gebracht,  nochmals  10678  Wärme* 
einheiten  entwickele.  Das  neutrale  unterchlorigsaure  Salz 
scheine  demnach  in  Gegenwart  überschüssiger  Säure  eine 
Zersetzung  zu  erleiden,  an  welcher  sich  diese  Säuire  selbst 
nicht  betheilige.  Baiard  habe  schon  auf  die  Unbeständigkeit 
des  genannten  Salzes  und  seine  Zersetzung  bei  Gegenwart 
von  überschüssiger  Säure  in  chlorsaures  Salz  und  Chlorkalium 
aufmerksam  gemacht. 

Um  hier  nicht  zu  weitläufig  zu  werden,  theilen  wir 
bezüglich  der  übrigen  Verbindungen  nur  die  Resultate  mit, 
indem  wir  den  Weg  ihrer  Gewinnung  nur  hier  und  da  an- 
deuten; machen  aber  den  Leser  ausdrücklich  auf  die  in 
chemischer  Beziehung  interessanten  Betrachtungen  aufmerksam, 
welche  Favre  vielfach  seiner  physikalischen  Untermichung 
eingeflochten  hat. 

Um  die  Wärmewirkung  bei  der  Bildung  von  Chlorsäure 
zn  bestimmen,  wurde  trockenes  Chlorgas  in  eine  concentrirte 
KaUlösnng  geleitet,  welche  vorher  mit  chlorsaurem  Kali  und 
Chlorkalium  gesättigt  worden  war.  Die  Reactton  ist  die 
folgende  :  6  Cl  +  6  KO  +  x(HO)  =  5  CIK+  CIO«KO  +  xCHO). 
Es  ergab  sich  für  die  Bildung  von  1  Aeq.  krystallisirten 
chlorsauren  Kali's  23256,1  Einheiten,  femer  für  die  Vereini- 
gung von  1  Aeq.  Chlor  mit  5  Aeq.  Sauerstoff  zu  Chlorsänre 
eine  Absorption  von  65234  Einheiten. 

Die  calorischen  Aequivalente  der  verschiedenen  Oxyda- 
tionsstufen des  Phosphors  wurden  verschieden  gefunden,  je 
nachdem   der  Phosphor  in  gewöhnlichem  Zustande,  oder  in 


Wärmeentwiekehmg  beim  ckemitchen  Procesie,        178 

der  amorphen  Form  als  rother  Phosphor  angewendet  wurde. 
—  Bother  Phosphor,  unter  der  Einwirkung  unterchloriger 
Siure  verbrannt,  also  unter  der  Reaction  : 

P  +  5  CIO  +  x(HO)  =  PO.  +  x(HO)  +  Cl. 
gab  für  1  Aeq.  Phosphorsäure  181230  Einheiten ,  gewöhn- 
licher Phosphor  dagegen  209476  Einheiten;  der  Unterschied 
von  28246  Einheiten  kommt  auf  Rechnung  der  Wärme, 
welche  der  Phosphor  bei  dem  Uebergang  aus  der  reihen  in 
die  gewöhnliche  Modification  latent  macht.  In  der  That  ist 
die  spec.  Wärme  des  ersteren  nach  Regnault  0,16981, 
die  des  leteteren  0,1887.  Da  ein  Aeqnivalent  wasserfreier 
Phosphorsäure  bei  der  Auflösung  in  Wasser  18986  Einheiten 
entvrickelt,  so  drückt  209476—18986  =  190490  das  calori- 
sche  Aequivalent  der  wasserfreien  Phosphorsäure  aus.  Abria 
fand  181408,  Andrews  183904,  und  Favre  deutet  an, 
dafs  die  geringere  Wärmeentwickelung  bei  diesen  Versuchen 
einer  unvollkommenen  Verbrennung  des  Phosphors  zuzu- 
schreiben sei. 

Das  calorische  Aequivalent  der  phosphorigen  Säure  fand 
Favre  aus  dem  Unterschied  der  Verbindungswärme  des 
Phosphors  und  der  phosphorigen  Säure,  wenn  beide  sich 
unter  der  Einwirkung  unterchloriger  Säure  in  Phosphorsäure 
verwandelten.  Es  ergab  dieser  Versuch  :  209476 — 69082 
=  140394  f&r  1  Aeq.  phosphoriger  Säure  aus  gewöhnlichem 
Phosphor.  Für  die  unterphosphorige Säure  fand  Favre  nach 
derselben  Methode  209476  —  161174  =  48302  Einheiten. 

Die  Versuche  über  Oxydation  des  Arsens  ergaben  fol- 
gende calorische  Aequivalente  : 

Arsensäure 110787 

Feste  undurchsichtige  arsenige  Säure     .        •        .      75363 
Gelöste  undurchsichtige  arsenige  Säure  .        .        .      71690 
Undurchsichtige  arsenige  Säure  mit  gelöstem  Kali  .    9211 
Glasartige  arsenige  Säure  mit  gelöstem  Kali   .        .  10542 

Wärmewirkunff  bei  dem  Uebergang  der  arsenigen 
Säure  aus  dem  glasigen  in  den  undurchsichtigen 
Zustand 1331. 


174        Wärmeeniwickehmg  beim  ckem$9d^en  Proee$$e, 

Die  calorischen  Aequivalente  der  arsenigen  und  der  Ar- 
sensänre  verhalten  sich  wie  1  :  1,54,  die  der  phosphorigen 
und  Phosphorsäure  nicht  viel  verschieden  davon,  wie  i  :  1,49; 
die  der  drei  Säuren  des  Phosphors,  von  der  onterpbosphorigen 
Säure  ausgehend,  wie  1  :  2,91  :  4,36. 

Um  die  Verbindungswärme  des  Phosphors  und  Arsens 
mit  Chlor  zu  bestimmen,  bediente  sich  Favre  der  Zersetzung 
abgewogener  Gewichtsmengen  dieser  Chlorverbindungen  durch 
Wasser.    Die  calorischen  Aequival^te  waren  : 

Favre  Abria  Andrswi 

Ffir  Phosphorchlorid        100373        102368        109504 

Phosphorchlorttr         94804  —  — 

ArsencUorttr  71883  —  74550 

Diese  Werthe  sind  sämmtlich  kleiner,  als  diejenigen  der 
entsprechenden  Sauerstoffverbindungen,  während  Favre  und 
Silbermann  die  calorischen  Aequivalente  der  Chlormelalle 
constant  gröfser  gefunden  hatten,  als  die  der  Metalloxyde. 
Bei  dem  Arsen  ist  der  Unterschied  geringer ,  als  bei  dem 
Phosphor,  was  nicht  auffallen  kann,  wenn  mmi  bedenkt,  mit 
welcher  Energie  das  Arsen  im  Chlor  verbrennt.  —  Zur  Er- 
läuterung des  geringen  Unterschiedes  der  calorischen  Aequi- 
valente des  Phosphorchlorids  und  Phosphorchlorikrs  führt 
Favre  an,  daCs  nach  Cahours  das  Aequivalent  der  erste- 
ren  Verbindung  8  Volumen  Dampf,  das  der  letztere  dagegen 
4  Volumen  Dampf  entspreche ,  so  dafs  die  geringere  Dichte 
des  Chlorids  die  Zunähme  des  calor.  Aequiv.  bei  dem  Ueber- 
gang  aus  Chlorür  in  Chlorid  eriüäre. 

Bei  der  Entstehung  von  1  Aeq.  Stickoxydulgas  werdet 
8724  Einheiten  absori!>irt.  Durch  Einwirkung  von  metalli- 
schem Kupfer  auf  Salpetersäure  wurde  diese  theüweise  zu 
Stickoxyd  reducirt.  Der  Reduction  von  1  Aeq.  der  Säure  ent- 
sprach eine  Wärmeabsorption  von  80655  Einheiten.  Bei  der  Um* 
Wandlung  von  salpetriger  Säure  zu  Salpetersäure  und  Stickoxyd 


Wärmeentwiekekmg  beim  ckem$elun  Processe.        176 


(durch  die  Binwirlrang  yerdOnnter  Salpetersäure  tuf  § 
Mures  Silberoxyd}  enlwidielte  1  Aeq.  NOs  beim  Uebergang  in 
NOs  27269  Einheiten,  so  dafs  aus  der  Vergleicbun;  dieser 
ZaU  mit  der  vorhergebenden  folgt,  dafs  bei  dem  Uebergang 
von  Stiokoxyd  in  salpetrige  Säure  6614  Wärmeeinheiten  ab- 
sorbirt  werden.  Bs  ist  bemerkenswerth,  dafs  die  Verbindungen, 
welche  bei  der  Entstehung  Wärme  absorbiren,  nämlich  das 
Stickoxydul  und  die  salpetrige  Säure^  auch  durch  den  Binflnfs 
der  Hitze  zersetzbar  sind,  während  das  Stickoxyd  und  die 
Untersalpetersäure  in  der  Hitze  beständig  sind. 

Favre  macht  von  seinen  Resultaten  eine  interessante 
Anwendung  auf  die  Bestimmung  der  Explosivkraft  des  Pul«' 
vers,  welche  sowohl  durch  die  Menge  der  entbundenen  Gaae, 
ab  auch  durch  die  im  Augenblick  der  Explosion  entwickelte 
Hitze  bedingt  ist.  Der  letztere  Factor,  welcher  aus  der  Ver«- 
bindungswärme  der  Kohle^  zu  Kohlensäure  und  des  Kali's  aus 
dem  Salpeter  zu  Schwefelkalium  gebildet  ist,  wird  dadurch 
sehr  gemindert,  dafs  die  ganze  Verbindungswärme  des  Stick<- 
stoffs,  Sauerstoffs  und  Kaliums  zu  Salpeter  in  Abzog  kommt 
i  Gramm  gewöhnlichen  Pulvers  entwickelt  in  Folge  dessen 
nur  530  Wärmeeinheiten.  Enthält  das  Gemenge  aber  chlor- 
saures Kali  anstatt  Salpeter,  ist  es  CiO«KO  +  S  +  2  C,  an- 
statt NO«KO  +  S  +  3  C,  so  gestaltet  sich  das  Verhältniti, 
obgleich  nur  6  anstatt  8  Gasvolumen  entbunden  werden,  doch 
weit  günstiger;  von  i  Gramm  dieses  Gemenges  werden  bei 
der  Explosion  1328  Wärmeeinheiten  entwickelt. 

Aus  den  Versuchen  von  Favre  und  Silbermann  hatte 
sich  das  calorische  Aequivalent  der  schwefligen  Säure  ss  39373 
Einheiten  ergeben.  Die  Verwandlung  der  gelösten  schwelligen 
in  Schwefelsäure  nahm  Favre  im  Calorimeter  nach  folgender 
Reaction  vor :  SO,  +  x(HO)  +  Cl  =  CIH  -h  SO, + (x— OCHO). 
Es  entsprechen  dem  Uebergang  von  1  Aeq.  schwefliger  Säure 
in  Schwefelsäure  27839  Einheiten;   diefs  giebt  mit  der  vor^ 


176        WärwieeHimok0bmg  beim  cktmkekem  Pree^u^. 

hergeheüdeB  Zahl  67212  Einheiten  fttr  den  Uebergang  tra 
1  Aeq.  natüriichen  Schwefels  in  Schwefelsaure  in  verdünn- 
ter Lösung.  Favre  vermittelte  diesen  Uebergang  direct  durdi 
Auflösen  von  Schwefel  in  unterchloriger  Säure  nach  der 
Reaction  :  S  +  3  CIO  +  XHO)  =  SO,  +  3  Gl  +  xCHO). 
Es  ergab  sich  das  calorische  Aequivalent  der  Schwefdsdure 
SS  64110  Einheiten.  Der  Unterschied  gegen  den  aus  dem 
stufenweisen  Uebergang  hergeleiten  Werth  ist  zu  grofs^  um 
allein  in  Beobachtungsfehlem  seine  Erklärung  zu  finden. 

Ein  Aequivalent  unterschwefliger  Säure  mit  unt^chiorqper 
Säure  oxydirt»  giebt  zwei  Aeq.  Schwefelsäure^  nach  der  Reaction 
StO,  +  x(HO)  +  4  CIO  =  2  SOt  +  xCHO)  +  4C1,  und  es 
entspricht  diesem  Uebwgang  eine  Entwickelung  von  93953 
Wärmeeinheiten;  diese  von  dem  doppelten  calor.  Aequiv. 
der  Schwefelsäure,  also  von  134420  abgezogen,  erhält  man 
das  calor.  Aequiv.  der  unterschwefligen  Säure  ss  40467  Ein- 
heiten. Betrachtet  man  StOi  als  eine  Verbindung  von  S  mit 
SOt  und  zieht  von  93953  die  Zahl  27839,  welche  die  bei 
dem  Uebergang  von  SOi  in  SOt  entbundene  Wärme  aus- 
drückt, abj  so  bleibt  66114  als  Oxydationswärme  des  in  der 
unterschwefligen  Säure  enthaltenen  Schwefeläquivalents  m 
Schwefelsäure.  Da  die  Spaltung  unterscbwefliger  Säure  in 
schweflige  Säure  und  ölartigen  Schwefel  eine  Absorption  von 
1097  Einheiten  für  1  Aeq.  abgeschiedenen  Schwefels  giebt, 
dagegen  2707  Einheiten  entbunden  werden,  wenn  der  Scbwefd 
in  pulverförmigem  Zustande  abgeschieden  wird,  so  hat  man 
folgende  calorische  Aequivalente  : 

66114  +  1097  K  67211  fikr  Schwefelsftnre  in»  ölarligem  Schwefel 

661 14  —  2707  «  63407  fflr  SchwefelsCure  aut  pulverförmigem  Sdiwefa!, 

wie  er  aus  den  unterschwefligsauren  Salzen  abgeschieden 
wird.  Der  Schwefel,  welcher  nach  Deville  bei  Behandlung 
von  Schwefdblumen  mit  Schwefelkohlenstoff*  unaufgelöst  zu- 
rikcUd^t,   entwickelt,  wenn  er  zu  Schwefelsäure  verbrannt 


Wärmeenittiekehmg  bmm  ckemi$ekeH  Proce$H.        1T7 


wird,  64110  EinheHen,  so  dab  es  sckeint,  als  ob  die  beiden 
znleiit  erwähnten  Arten  des  Schwefels  einander  ähnlich 
seyen. 

Die  calorischen  Aequivalente  der  verschiedenen  Oxyda- 
tionsstnfen  des  Schwefels  verhalten  sich  demnach  : 

S  +  0:  S+0,  :  S  +  O«  =  20233 : 39373 :  67212  =  1: 1,95:3,32 

was  nach  Favre^s  Dafürhalten  nicht  viel  abweicht  von  dem 
Verhältnifs  der  Sauerstoffäquivalente,  nämlich  1:2:3. 

Die  auf  ganz  ähnlichem  Wege  erhaltenen  calorischen 
Aequivalente  der  selenigen  Säure  und  Selensäure  mit  den 
entsprechenden  Oxydationsstufen  des  Schwefels  zusammen- 
gestellt, geben  folgende  Vergleichung  : 

Calor.  Aeq.     Verhältn.  Calor.  Aeq.      VarhIlUi. 

SOt        39374         1  SeOt        23206         1 

SOt        67212       .  1,71  SeO«        36360         1,56. 

Die  calorischen  Aequivalente  des  Selens  sind  nahe  halb 
so  grofs,  wie  die  entsprechenden  des  Schwefels,  ähnlich  wie 
sich  oben  die  calorischen  Aeq.  der  arsenigen  und  Arsensäure 
nahe  halb  so  grofs,  wie  für  die  entsprechenden  Oxydations- 
stufen des  Phosphors  ergeben  hatten.  Alle  übrigen  bekann- 
ten Erscheinungen  sprechen  dafür,  dafs  die  Verwandtschaft 
des  Arsens  und  Selens  zum  Sauerstoff  beträchtlich  geringer 
ist^  als  resp.  diejenige  des  Phosphors  und  Schwefels. 

Bei  der  Oxydation  der  Oxalsäure  durch  unterchlorige 
Säure  zu  Kohlensäure  nach  der  Formel  : 
CtO,  +  3  HO  +  CIO  +  xCHO)  =  2  C0,  +  CI  +  Cx+3)H0 
ergab  sich  die  Oxydationswärme  von  1  Aequivalent  Oxabäure 
=  30140  Einheiten,  und  hiernach  hat  man  folgende  calorische 
Aequivalente  : 

Calor.  Aeqaiv.  Verhältniff 

C  +  0  14838  1 

C  +  0|  33410  2,25 

C  +  0,  48480  3,27 


t78        WärmeenHtiekeiwtg  beim  ckemUekm  Proceue. 

Das  Verhttltnifs  dieser  Aequivaleiite  weicht  betrichflidi 
¥on  dein}eiiigfen  der  in  die  Verbindoiig  tretenden  Sauerstoff- 
äquivalente  ab. 

Im  Allgemeinen  sind  die  Verbindungen  aller  MetaUoi'de 
mit  Sauerstoff  von  Wärmeentwickelung  begleitet.  Eine  Aus- 
nahme hiervon  bilden  zunächst  die  Oxydationsslufen  des 
ChlorSy  und  es  bietet  sich  sogleich  die  Bemerkung  dar,  dafs 
Chlor  und  Sauerstoff  sich  nicht  direct  verbinden  können. 
Favre  ist  der  Ansicht,  dafs  wenn  man  den  Sauerstoff  vor- 
her in  die  Modificaiion  überführen  könne,  welche  ihn  fär  die 
direcle  Verbindung  mit  Chlor  geeignet  macht,  man  bei  die- 
sen Verbindungen  ebenfalls  Wämieentwickelung  wahmehmen 
würde.  Der  Sauerstoff  würde  aber  beim  Uebergang  in  jene 
Modification  Wärme  binden  und  bei  der  Verwandlung  in  den 
gewöhnlichen  Gaszustand  ebensoviel  Wärme  entwickeln.  Die 
Wärmeentwickelung  bei  der  Zerlegung  der  Oxydationsstufen 
des  Chlors  ist  die  bedeutendste  Ursache  der  dabei  auftreten- 
den starken  Explosionen,  da  die  Gasentwickelung  allein  zur 
Erklärung  derselben  nicht  ausreicht.  Auch  die  Oxydations- 
stufen des  Stickstoffs  bilden  von  der  obigen  allgemeineren 
Regel  eine  Ausnahme,  insofern  mit  steigende  Oxydation 
abwechselnd  Wärmebindung  oder  Wärmeentwickelung  eintritt. 

Bei'  den  Oxydationsstufen  des  Phosphors,  Arsens,  Schwe- 
fels, Selens  und  der  Kohle  wachsen  die  calor.  Aequiv.  mit 
der  Anzahl  der  Sauerstoff  äquivalente,  welche  in  die  Verbin- 
dung eingehen,  und  bei  den  vier  ersten  Körpern  nähert  sich 
das  Verhältnifs  der  calor.  Aequiv.  demjenigen  der  Sauerstoff- 
atome. —  Bei  den  Chlorverbindungen  der  Metalloide  hat  sich 
ein  solches  annäherndes  Verhältnifs  nicht  herausgestellt ;  auch 
mufs  es  auffallen,  dafs  die  Chlorverbindungen  der  Metalloide 
geringere  calor.  Aequiv.  haben,  als  die  Sauerstoffverbindungen, 
während  bei  den  Metallen  das  Umgekehrte  stattfindet. 


Met^anische  Wirkungen  ekemwiJ^er  Kräfte,  170 

Aus  der  Verbrennung  der  verschiedenen  Modificalionen, 
in  welchen  der  Phosphor  und  Schwefel  vorkommen,  hat  sich 
ergeben,  dab  bei  diesen  Körpern  der  Uebergang  aus  einer 
Modifieation  in  die  andere  mit  Wärmewirkung  verbanden  ist 

Bei  dem  Uebergang  von  i  Aeq.  gewöhnlichen  Phosphors 
in  den  Zustand  des  amorphen  rothen  Phosphors  werden 
28246  Wärmeeinheiten  entwickelt.  Ebenso  werden  bei  dem 
Uebergang  von  i  Aeq.  gewöhnlichen  Schwefels  in  die  in 
Schwefelkohlenstoff  unlösliche  Modifieation  3102  Einheiten 
entwickelt.  Noch  bedeutender  ist  der  Wärmeeffect^  wenn 
der  Schwefel  sich  zuvor  nicht  in  dem  gewöhnlichen,  sondern 
in  dem  ölartigen  Zustand  befand. 


Mechaniscbe  Wirkungen  chemischer  Kräfte.  ^3 


Obgleich  wir  den  Lesern  der  Annalen  nicht  Mittheilung 
machen  können  über  die  zahlreichen  Arbeiten,  die  in  jUngster 
Zeit  über  die  calorische  Haschine  erschienen,  d.  h.  die  Maschine, 
in  wdcher  erhitzte  atmosphärische  Luft  als  Bewegungsmittel 
▼erwradet  wird,  so  können  wir  doch  nicht  umhin,  eine  unter 
obigem  Titel  erschienene  Arbeit  von  Joule  hier  aufzunehrnm^ 
worin  dieser  geistreiche  Physiker  eine  vergleichende  Zusam- 
menstellung des  Nuizeffectes  derjenigen  Maschinen  giebt,  in 
welchen  chemische  Kräfte  als  letzte  Ursache  der  Bewegung 
dienen. 

Die  Maschinen,  welche  ihre  Bewegung  chemischen  Kräften 
verdanken,  kann  man  in  drei  Klassen  theilen.  Die  erste 
Klasse  umfafst  die  bewunderungswürdigen  Maschinen,  in  wel- 
chen chemische  Kräfte  unter  Vermittelung.  der  Lebenskraft 
^ken,  die  Kräfte  des  thierischen  Organismus.    Zur  zweiten 


*)  Phil  Mag.  [4]  V,  1 ;  Instil.  1863,  164. 


180  Medumudke  Wuhmgen  ckermsf^er  Kräfte. 

KlaMe  gehören  die  Maschinen ,  in  welchen  die  chemischen 
Kräfte  unter  Vermittdunf  electrischer  Ströme  thiitig  and, 
wie  z.  B.  in  den  gewöhnlichen  electromagnetischen  Maschinen ; 
in  den  Maschinen  der  dritten  Khsse  wirken  die  chemischen 
Kräfte  durch  die  Wärme,  welche  sie  en^iinden.  Zu  diesen 
sogenannten  thermodynamischen  Maschinen  gehören  die  Dampf- 
maschineui  die  von  heifser  Luft  getriebenen  u.  s.  w. 

Die  Art,  wie  sich  die  Muskelkraft  in  den  lebendigen 
Maschinen  entwickelt,-  ist  noch  in  tiefes  Dunkel  gdiilUt« 
Magnus  war  bestrebt,  zu  beweisen,  dafs  der  Sauerstoff, 
welchen  ein  Thier  einalhmet,  sich  nicht  unmittelbar  mit  dem 
Blute  verbindet,  sondern  dafs  er  von  dieser  Flüssigkeit 
mechanisch  zu  den  Capillargerafsen  fortgeftihrt  wird  und  sich 
dann  im  Innern  der  Muskeln  mit  gewissen  Substanzen  zu 
Wasser  und  Kohlensäure  verbindet.  Die  Kohlensäure  wird 
an  der  Stelle  des  Sauerstoffs  vom  Blut  aufgenommen  und 
durdi  die  Lunge  ausgeathmet.  Hiervon  ausgehend,  gelangt 
man  mit  Lieb  ig  zu  der  Ansicht»  dafs  bei  jeder  Anstrengung 
eines  Thieres  ein  Theil  der  Muskelfaser  sich  mit  SauerstoiT 
verbindet,  und  die  ganze  bei  dieser  Verbindung  entwickelte 
Kraft  in  Muskelkraft  umgesetzt  wird,  ohne  einen  Verlast  in 
der  Form  von  Wärme.  Dieser  Schlufs,  gestützt  durch  Ver- 
mdäe^  welche  Joule  in  einer  mit  Scoresby  gemeinschaft-* 
Uchen  Arbeit  publicirt  hat,  beweist,  dafs  der  tlnerische  Orga- 
nismus unter  dem  Gesichtspunkt  der  Kraftöconomie  eine 
unendlich  vollkommnere  Maschine  ist,  als  alle  von  Menschen 
erfundenen. 

Die  electromagnetische  Maschine  bietet  dnige  Aehnlich- 
keiten  mit  der  lebenden  Maschine  dar  und  nähert  sich  ihr 
durch  den  grofsen  Antheil  der  chemischen  Kraft,  welche  sie 
SU  mechanischen  Effecten  wirklich  nutzbar  machen  kann. 
Bezeichnet  man  mit  a  die  Intensität  des  electrischen  Stromes 
bei  dem  Ruhezustand  der  Maschine,  mit  b  die  Intensität,  wenn 


Mechanische  Wirhtmgem  dkemiadier  Kräfte.  i8i 

die  Maschine   in   Bewegung   ist,    so   ist  der  Antheil 

«I 

chemischer  Kraft,  welcher  mechanisch  nutzbiur  wird,  --  der 

a 

Antheil,  welcher  als  Wfirme  verloren  geht.    Joule  hat  durch 

eigene  Versuche  gefunden,  dafs  Ein  Gran  Zink,   welches  in 

einer  DanielTschen  Kette  verzehrt  wird,  Ein  Pfund  Wasser 

um  0^105  C.  erwfinnt,  und  dafs  die  Wärme,  welche  1  Pfund 

Wasser  um  1®  erwärmt,  einer  mechanischen  Kraft  gleich  ist, 

die  1389  Pfund  auf  1  Fufs  Höhe  heben  kann.    Die  Arbeit, 

welche  der  Auflösung  von  1  Gran  Zink  in  der   Daniell*- 

schen  Batterie  entspricht,  ist  daher  gleich 

^  _  145,8  (a  -  b) 
a 

Für  die  dritte  Klasse  der  Maschinen  sind  die  wichtigsten 
Vehikel  der  Kraft  die  Wasserdämpfe  und  die  permanenten 
Gase.  W.  Thomson  hat  in  einer  ausgezeichneten  Arbeit 
über  die  dynamische  Theorie  der  Wärme  bewiesen,  dab, 
wenn  die  bei  der  Zusammendrückung  der  elastischen  Flüssig- 
keiten entwickelte  Wärme  äquivalent  ist  der  bei  diesem  Acte 
aufgewendeten  Kraft,  der  Wärmeantheil ,  welcher  von  einer 
vollkommenen  thermodynamischen  Maschine  beliebiger  Con- 
irtruction  in  mechanische  Arbeit  umgesetzt  wird,  gleich  ist 
dem  durchlaufenen  Temperaturabstande,  dividirt  durch  die 
höchste  dabei  vorkommende  Temperatur,  gerechn^  vom  ab- 
soluten Nullpunkt  der  Wärme  an.  Ist  demnach  in  einer  voll- 
kommenen Dampfmaschine  a  die  Temperatur  des  Kessels  über 
dem  absoluten  Nullpunkt,  b  die  absolute  Temperatur  des  Con- 

densators,  so  ist  jener  Wärmeantheil  durch  ,  also  durch 

a 

einen  ähnlichen  Ausdruck,  wie  bei  der  electromagnetischen 
Maschine,  gegeben. 

Erwärmt  1  Gran  Kohle  beim  Verbrennen  1  Pfund  Wasser 
um  0^,906 ,  so    berechnet  sich  seine  mechanische  Kraft  auf 


188  JbdkoRMcihe  Wfirkimfem  d^ßmUdker  Kräfte, 

1261,45  Pubpfund,  so  dafs  nach  Thomson's  Formel  die 
Arbeit  einer  theraiodynamischen  Maschine  ausgedrückt  ist  durch : 

A   _   1261,45  (•  — b) 

es  gilt  dieser  Ausdruck  sowohl  fUr  die  Luft-  als  für  die  Dampf- 
maschinen, wenn  man  sich  bei  letzteren  die  Expansion  bis 
sur  äufsersten  Grenze  getrieben  denkt  und  von  jedem  Ver- 
lust durch  Reibung  oder  durch  nutzloses  Entw'eichen  der 
Verbrennungswärme  der  Kohle  absieht. 

W.  Thomson  hat  zuerst  auf  die  Vortheile  aufmerksam 
gemacht,  welche  die  Maschinen  mit  heifser  Luft  bieten  wegen 
des  grofsen  Temperaturintervalls,  innerhalb  dessen  sie  func- 
tioniren  können.  Die  zuerst  von  Joule  angegebene  Maschine, 
welche  die  von  Thomson' s  Formel  geforderten  Vonüge  in 
sich  vereinigt,  besteht  aus  drei  Theilen^  einer  Pumpe  Air 
Verdichtung  der  Luft,  einem  Recipienten  und  einem  ExpaiH 
sionscylinder.  In  dem  Recipientra^  welchem  die  Luft  durch 
die  Verdichtungspumpe  zugeführt  wird,  erhdht  sich  deren 
Spannung  durch  Einwirkung  der  Vi^ärme;  sie  tritt  dann  in 
den  Expansionscylinder ,  dessen  Raumgehalt  sich  zu  dem- 
jenigen der  Verdichtungspumpe  verhält,  wie  die  absolute 
Temperatur  der  aus  dem  Recipienten  austretenden  Lnfl  zu 
der  Temperatur  derselben  beim  Eintritt.  Der  ExpansioBi^ 
mechanismus  schliefst  den  Abflufs  aus  dem  Recipienten 
jedesmal  ieib,  wenn  so  viel  Luft  ausgetreten  ist,  als  Ein  Pubh 
penstofs  dem  Recipienten  zuführt.  Auf  diese  Weise  wird  die 
Luft  aus  dem  Expansionscy linder  bei  dem  atmosphärisciien 
Druck  und  der  in  obiger  Formel  durch  b  bezeichneten  abso- 
luten Temperatur  austreten. 

Als  Reispiel  wählt  Joule  eine  Maschine,  welche  oMt 
15  Pfund  atmosphärischem  Druck  auf  den  OttadrateoU  und 
bei  10*  Lufttemperatur  arbeitet.  Die  Expansion  erstreckt  sich 
auf  drei  Viertel  des  Cylinders.    Da   die   Wirkung   der  Ver- 


Medkmisohe  Wirhmgen  ekeunud^er  KHBtfU.  163 

dichtinigspainpe  sich  amgekehrt  verhallen  nMifs,  wie  die  der 
Ex|>ansion,  so  durchläuft  der  Kolben  der  erstereti  drei  Vier- 
tel des  ganzen  Weges ,  ehe  die  Luft  .so  weit  verdichtet  ist| 
um  durch  ihren  eigenen  Druck  in  den  Recipienten  zu  treten. 
Die  Temperatur,  mit  welcher  sie  dort  eintritt,  berechnet  sich 
nach  Poisson's  Formel*: 

V  V-» 


= •  (;=)' 


zu  226^44,  der  Druck  betrügt  105,92  Pfund  auf  den  Qua- 
dratzoll. 

Nimmt  man  nun  an,  der  Raumgehalt  des  Cylinders  ver- 
halte sich  zu  dem  der  Pumpe  wie  4  :  3,  so  wird  die  Dichte 
der  Luft  in  beiden  Räumen  wie  3  :  4  sich  verhalten,  wenn 
die  Luftmenge  im  Recipienten  constant  bleiben  soll.  Die 
Temperatur  des  letzteren  mufs  daher  auf  392^,8  erhalten 
werden,  um  dem  Druck  von  105,9  Pfund  auf  den  Quadralzoll 
das  Gleichgewicht  zu  halten.  Die  Luft,  welche  bei  den  eben 
angegebenen  Verhältnissen  von  Temperatur  und  Druck  in 
den  Expansionscylinder  einströmt,  verläfst  denselben  bei  dem 
atmosphärischen  Druck  und  der  Temperatur  von  104^,5. 

Bezüglich  der  Effectberechnung  der  Maschine  ist  es  gleich- 
gültig»  ob  man  das  in  der  Pumpe  oder  das  im  Expansions- 
cylinder durchlaufene  Temperaturintervall  zu  Grunde  legt. 
Geht  man  von  letzterem  aus  und  verwandelt  die  angegebenen 
Temperaturen  in  absolute,  indem  man  273^  zufttgt,  so  erhält 

■ 

man  flir  die  Arbeit,  welche  bei  der  Verzebrung  von  1  Gran 
Steinkohle  entwickelt  wird  : 

^  ^  1861,45  (gS.6-377.5)  ^  ^^  p„f    f„„j 

Um  eine  Dampfmaschine  unter  den  möglichst  günstigen 
Verhältnisse  mit  der  oben  behandelten  Maschine  zu  ver- 
gleichen, nimmt  Joule  an,  dafs  der  Dampf  noch  bei  einer 
Spannung  von    14  Atmosphären   mit  Sicherheit  angewendet 


184     Ueber  die  speeiß$oke  Wärme  gaafdrmiger  StAsUm^em. 

werden  könne.  Diese  Spannung  etitepricht  zu  Folge  ifa»  Ver- 
suchen der  französischen  Academiker  einer  Temperatur  yon 
197<^,29  der  Condensator  werde  auf  26*,7  erhalten.  Man  er- 
hält, indem  man  diese  Temperaturen  wieder  in  absolute  ver^ 
wandelt,  als  die  bei  Verbrennung  von  1  Gran  Steinkohle 
entwickelte  Arbeit 

Es  ist  demnach  die  Maschine  mit  heifser  Luft  der  Dampf- 
maschine an  Leistung  überlegen,  selbst  wenn  man  erstere 
unter  mittleren,  letztere  unter  den  günstigsten  Verhältnissen 
auffafst.  Die  Vt^ärme  der  Luft,  welche  aus  ersterer  bei  104^,5 
Temperatur  entweicht,  könnte  noch  auf  unzählige  Arten, 
unter  Andern  zur  Heizung,  nützlich  gemacht  werden. 

Joule  giebt  am  Schlüsse  seiner  Arbeit  noch  einige 
Vorschläge,  nach  welchen  man,  um  die  theoretischen  Vor- 
theile  der  heifsen  Luftmaschine  möglichst  zu  realisiren,  die 
Luft  bei  dem  Uebergang  aus  der  Verdichtungspumpe  in  den 
Expansionscylinder  durch  den  Feuerraum  selbst  könne  strei- 
chen  lassen,  damit  sie  die  dort  entwickelte  Hitze  in  mög- 
lichster Vollständigkeit  aufnehme. 


lieber  die  specifische  Wärme  gasförmiger  Substanzen. 


Regnaulf^)  hat  angefangen,  die  Resultate  seiner  viel- 
jährigen Untersuchungen  über  die  specifische  Vt^ärme  gas- 
förmiger Substanzen  mitzutheilen. 

Die  specifische  Wärme  (stets  ftir  constaiften  Druck)  der 
Gase  scheint  sich,  früheren  Resultaten  Gay-Lussac's  ent- 
gegen, mit  der  Temperatur  nicht  bemerkbar  zu  ändern.    So 


*)  Cofflpi,  rend.  XXXVI,  676. 


ÜAer  die  tpec^ehe  Wärme  gasförmiger  Subeimvten.    485 

fand  Regnault  für   die  specifische  Wfirme  der  atmosphäri- 
schen Luft,  bezogen  anf  die  des  Wassers  als  Einheit  : 

zwischen  —    30  und  +    lO*     0,2377 

+    10    „         100      0;J379 

„  +  100    „         225      0,2376. 

Bei  Versuchen  mit  atmosphärischer  Luft,  bei  welchen 
der  Druck  zwischen  1  bis  10  Atmosphären  wechselte,  fand 
Regnault  die  Quantitäten  Wärme  nahezu  gleich,  welche 
dieselbe  Masse  Gas  bei  dem  Erkalten  um  gleichviel  Grade 
abgiebt;  dem  Resultat  der  Versuche  von  Delaroche  und 
Börard  entgegen  scheint  somit  die  specifische  Wärme  des- 
selben Gewichts  Gas  unabhängig  von  der  Dichtigkeit  des- 
selben zu  seyn;  doch  will  sich  Regnault  über  diesen  Punkt 
noch  nicht  definitiv  aussprechen. 

Er  bestimmte  weiter  noch  die  specifischen  Wärmen,  für 
gleiche  Gewichte  und  für  gleiche  Volume,  folgender  Gase 
und  Dämpfe  : 

Einfache  Gase. 

Specifische  Wftrme  fQr  gleiche 

Gewichte         Volume  Spec.  Gew. 

Sauerstofigas  0,2182  0,2412  1,1056 

Stickstoffgas  0,2440  0,2370  0,9713      . 

Wasserstoffgas  3,4046  0,2356  0,0692 

Chlorgas  0,1214  0,2952  2,44 

Bromdampf  0,05518  0,2992  6,39 

Er  hebt  hervor,  dafs  die  specifischen  Wärmen  des  Sauer- 
stoffgases, Stickgases  und  Wasserstoffgases,  für  gleiche  Vo- 
lume derselben,  nahezu  gleich  sind,  dafs  aber  Chlorgas 
und  Bromdampf  andere ,  obgleich  auch  unter  sich  nahezu 
übereinstimmende  Zahlen  ergeben. 

ZusamaiengeseMe  Oase. 

Spec.  üVirme  flQr  gleiche 
Gewichte         Volume        Spec.  Gew. 

Stickoxydulgas  .  .  0,2238  0,3413  1,5250 

Stickoxydgas      .  .  0,2315  0,2406  1,0390 

Kohlenoxydgas  .  .  0,2479  0,2399  0,9674 

Kohlensäuregas  .  .  0,2164  0,3308  1,5290 

Aniuü.  d.  Cham.  n.  Pharm.  LXXXVm.  Bd.  t.  Heft.  13 


186         Speeche  Wärwie  des  atmnphm^  Phosphors. 

• 

Spec.  Wirme  fftr  iMch« 
Uewichte         Volam« 

SchwefelkoUeiuitoffdampf  0,1375        0,4146 

Sptc  Gew. 

2,6325 

Schwefiigsaures  Gas   . 

.  0,1553 

0,3^9 

2,2470 

Chlorwasserstoffgas 

.  0,1845 

0,2302 

1,2474 

Schwefelwasserstoffgas 

.  0,2423 

0,2886 

1,1912 

Ammoniakgas     .    .    . 

.  0,5080 

0,2994 

0,5894 

Sumpfgas      .... 

.  0,5920 

0,3277 

0,5527 

Oelbildendes  Gas  .    . 

.  0,3694 

0,3572 

0,9672 

Wasserdampf     .    .    . 

.  0,4750 

0,2950 

0,6210 

Alkoholdampf    .    .    . 

.  0,4513 

0,7171 

1,5890 

Aetherdampf      .    .    . 

.  0,4810 

1,2296 

2,5563 

Chloräthyldampf     .    . 

.  0,2737 

0,6117 

2,2350 

Bromäthyldampf     .    . 

.  0,1816 

0,6777 

3,7316 

Schwefeläthyldampf    . 

.  0,4005 

1,2568 

3,1380 

Cyanäthyldampf     .    . 

.  0,4255 

0,8293 

1,9021 

Chloroformdampf  .    . 

.  0,1568 

0,8310 

5,30 

Chlorelayldampf     .    . 

.0,2293 

0,7911 

3,45 

Essigätherdampf     .    . 

.  0,4008 

1,2184 

3,0400 

Acetondampf      .    .    . 

.  0,4125 

0,8341 

2,0220 

.  Benzoldampf     .    .    . 

.  0,3754 

1,0114 

2,6943 

Terpentinöldampf  .    . 

.  0,5061 

2,3776 

4,6978 

Dampf.  V.  Dreifach-Chior- 

phosphor     ....  0,1346 

0,6386 

4,7445 

Cfalorarsendampf     .    . 

.  0,1122 

0,7013 

6,2510 

Chlorsiliciumdampf 

.  0,1329 

0,7788 

5,86 

Zinnchloriddampf  .    . 

.  0,0939 

0,8639  « 

9,2 

Chlortitandampf      .    . 

.  0,1263 

0,8634 
■pben  Pho( 

6,8360 

Specifische  Wärme  des  auoi 

iphors. 

Regnault  *}    bestimmte    die  specifische 

Wärme    von 

amorphem  Phosphor,  welchen  Schrötter  bereitet  hatte  und 

•)  Ann.  eh.  phyt.  [3]  XXXVIII,  139. 


Verdampfung  des  Wa$$erM.  IdT 

dcor  firei  von  der  gewölinliclieii  ModificuUon  des  Phosphors 
war.  Er  fnad  für  die  specifisohe  Wärme  des  anorpheu  Phos- 
phors zwisehen  15  und  90®  in  zwei  Versuchen  0,17051  und 
0,16911,  im  Mittel  0,16981.  Die  specifisohe  Wärme  der  ge- 
wöhnlichen Modification  des  Phosphors  im  festen  Zustand 
hatte  Regnault  =  0,1740  zwischen  —  78  und  +  10^ 
Person  =s  0,1788  zwischen  —  21  und  +  7®,  Regnault 
=  0,1887  zwisehen  +  10  und  +  30®  gefunden,  die  derselben 
in  flüssigen  Zustande  E.  Desains  ss  0,2006  zwischen  45 
und  50®,  und  Person  c=b  0,2045  zwischen  51  und  44®.  Die 
specifische  Wärme  des  amorphen  Phosphors  ist  sonach  kleiner 
als  die  der  gewöhnlichen  Modification. 


Verdampfung  des  Wassers. 


De  la  Rive's  Ansicht,  dafs  die  längst  wieder  ver- 
sohwundejien  Gletscher  der  Urzeit  durch  Verdampfung  der 
Feuchtigkeit  des  über  den  Meeresspiegel  emporgestiegenen 
Erdreichs  und  die  mit  dieser  Verdampfung  nothwendig  ver- 
bundene Abkühlung  erzeugt  worden  seyen,  veranlafste  Mar- 
cet  *}  zu  einigen  Beobachtungen  über  Verdampfung  von 
Ilissigkeitenf  und  die  sie  begleitende  Temperaturemiedrlgung. 
—  Er  fittd ,  dftfa  der  Luft  offen  ausgesetzte  Flüssigkeiten 
stets  kühler  sind,  als  die  umgebende  Luft.  Mit  der  Tempe- 
ratur dieser  letzteren  nimmt  der  Unterschied  zwischen  der 
Temperatur  der  Luft  und  der  Flüssigkeit  zu.  Er  betrug 
5  bis  6<»  bei  45«  bis  50«»  Lufttemperatur,  1<»,25  bis  1«,5  bei 
20«  bis  50«  Lufttemperatur,  nur  wenige  Zehntel  eines  Grades 
bei  0«  bis  5«  Lufttemperatur.  —  Die  Geschwindigkeit  der 
Verdampfung  hängt  von  der  Natur  des  Gefäfses  ab.    Wasser 


*)  Compt.  rend.  XXXVI,  339 ;  huitit.  1863,  67. 

13 


188  lieber  das  Gefrieren  des  Wassers 

und  Alkohol  verdampfen  in  glasirtem  Porcellan  schneller  als 
in  ähnlichen  Geftfeen  von  Glas  oder  Metall.  Die  Beobach- 
tungen waren  unter  Umständen  angestellt,  unter  welchen  die 
Verschiedenheiten  in  Strahlung  und  Leitung  keinen  Einflufs 
äursem  konnten.  —  Parallel  mit  der  Geschwindigkeit  der 
Verdampfung  geht  auch  die  Temperaturerniedrigung,  sie  ist 
am  Gröfsten  in  dem  PorcellangefUis.  —  Wenn  alle  sonstigen 
Umstände  gleich  sind,  scheint  die  Geschwindigkeit  der  Ver- 
dampfung innerhalb  gewisser  Grenzen  mit  der  Masse  oder 
Tiefe  der  flüssigen  Schichte  zuzunehmen.  —  Wasser,  welches 
so  viel  Kochsalz  enthält,  als  das  Meerwasser,  verdampft  lang- 
samer und  kühlt  sich  weniger  ab,  als  reines  Wasser.  — 
Wasser  oder  Alkohol,  welche  über  mit  diesen  Flüssigkeiten 
angefeuchtetem  Sand  in  einer  wenige  Millimeter  dicken  Schichte 
stehen,  verdampfen  viel  rascher,  als  die  reinen  Flüssigkeiten 
bei  gleicher  Oberfläche.  Auch  Sägespähne  wirken  ähnlich 
wie  Sand,  wenn  auch  in  geringerem  Grade.  In  Folge  dieser 
Eigenthümlictakeit  ist  Wasser,  welches  mit  Sand  gemischt  an 
freier  Luft  steht,  immer  einige  Zehntel  Grad  kühler,  als 
reines  Wasser  unter  gleichen  Umständen. 


Ueber  das   Gefrieren   des  Wassers  im  luftverdflnnten 
Raum  imd  die  dabei  durch   das  Verdunsten  des  Eises 

erzeugte  Kfilte. 


Schrott  er  *}  hat  hierüber  zahlreiche  Versuche  an- 
gestellt. 

13  bis  14  Grm.  Wasser  befanden  sich  in  einem  Uhrglas, 
welches  auf  einem  Dreifufs  von  Platindraht  auf  einem  andern 
doppelt  so  grofsen  Uhrglas  stand,   das  sich   über  einem  mit 


*)  Wiener  Acad.  Ber.  X,  527. 


MI  kiftoerdiimUen  Rawn  eie.  189 

Sehwefelsftare  gefüllten  Gefäfse  befand.  Das  gröfsere  Uhr- 
glas schützte  das  kleinere  vor  den  von  der  Schwefelsäure 
ausgehenden  Wärmestrahlen,  und  die  Schwefelsäure  vor  dem 
etwaigen  Hineinspritzen  von  Wasser.  In  das  Wasser  tauchte 
ein  sehr  kleines  Thermometer,  welches  mit  Schwefelkohlen- 
stoff, mit  etwas  Jod  gefärbt,  gefilUt  war. 

Bei  raschem  Auspumpen  der  Luft  bis  zu  4"^  Barometer- 
stand waren  schon  nach  3  Minuten  13  Grm.  Wasser,  die 
ursprünglich  14*  warm  gewesen  waren,  nach  vorgängiger 
Erkaltung  auf  —  1^  gefroren;  als  bis  auf  6°^  Barometer- 
stand ausgepumpt  wurde,  trat  das  Gefrieren  nach  20  Minuten, 
bei  Luftverdünnung  bis  zu  12°^  Barometerstand  nach  35  Mi- 
nuten ein. 

Bei  Luflverdünnung  bis  zu  18°^  Barometerstand  erkal- 
tete das  Wasser,  dessen  anfängliche  Temperatur  17*  gewesen 
war,  nach  30  Minuten  auf  0*,  nach  weiteren  30  Minuten 
bis  —  1*,  welche  Temperatur  sich  eine  halbe  Stunde  lang 
Gonstant  erhielt  —  Bei  15°^  Barometerstand  sank  die  Tem- 
peratur von  anfänglich  18*  warmem  Wasser  in  iVt  Stunden 
auf  —  3*. 

Als  der  Cylinder  eines  Thermometers  mit  einem  nassen 
Schwamm  umgeben  war,  sank  bei  4ßF^  Barometerstand  die 
Temperatur  von  14*  auf  —  10*. 

Es  bedarf  mithin  nicht  einer  so  starken  Luftverdünnung, 
mn  Wasser  zum  Gefrieren  zu  bringen,  als  es  bisher  ange- 
nommen vmrde.  In  einem  auf  IS'^™  Barometerstand  verdünn- 
ten Raum  gefrieren  13  bis  15  Grm.  Wasser  von  17*  anftlng- 
licher  Temperatur  in  ungefähr  %  Stunde. 

Bei  allen  Versuchen,  wo  das  Wasser  in  einem  Uhrglas 
befindlich  war,  erkaltete  das  Wasser  vor  dem  Gefrieren 
mdirere  Grade  unter  0*;  bei  dem  Gefrieren  stieg  natürlich 
die  Temperatur  auf  0*.  —  Wenn  Wasser  in  cylindrischen 
Geflifsen,  die  unter  35™»  im  Durchmesser  hatten  und  20°>» 


190  Ueber  dbt  Oefrierm  de9  Waners 

hoch  gefUll  waren,  sa  den  Versuchen  angewendel  wurde, 
bildete  sich  oben  eine  Eisschichte,  ehe  das  tiefer  einge- 
senkte Thermometer  auf  0*  gesanken  war ;  unter  der  Kuerst 
entstehenden  trüben  Eisschichte  bildete  SKh  dann  eine  klare, 
die  sich  allmftlig  (manchmal  erst  hohle,  mit  der  Spitse  nach 
unten  gekehrte  hexagonale  Pyramiden  seigend)  bis  mm 
Boden  des  Gelüfses  erstreckte. 

Bin  Thermometer,  dessen  CyHnder  mit  einem  nassen 
Schwamm  umgeben  worden  war,  zeigte  in  einem  bis  3"* 
Barometerstand  verdünnten  Raum  nach  1  Stunde  —  22^  nach 
2  Stunden  —  25^  nach  5  Stunden  42  Minuten  —  34^  und 
erhielt  sich  bei  dieser  Temperatur  mehrere  Stunden  hindurch 
unverändert,  bis  fast  alles  Eis  verdunstet  war;  die  Temperatur 
der  umgebenden  Luft  betrug  17*.  Auch  in  mehreren  andern 
ähnlichen  Versuchen  sank  die  Temperatur  des  Eises  zuletzt, 
nach  8  bis  24  Stunden,  auf  —  30  bis  —  34^  Eine  raschere 
Temperalnremiedrigung  zeigte  sich,  wenn  der  Cylinder  des 
Thermometers,  statt  mit  einem  vorher  benetzt  gewesenen 
Schwamm,  mit  einer  compacten  Eishülle  umgeben  war.  Diels 
liefssich  erreichen,  indem  man  in  einem  cylindrischen  Metall- 
geflifs  Wasser,  in  welches  der  Cylinder  des  Thermometers 
tauchte,  mittelst  einer  Kiltemischung  gefrieren  lieb,  und 
dann  nach  schwachem  Erwärmen  des  Metalls  letzteres  von 
dem  gebildeten  Eise  ablöste.  Ein  so  mit  Bis  umgebenes. 
Thermometer  sank  in  einem  bis  auf  4™°  Barometerstand  luA- 
verdttnnten  Räume  bei  einer  Temperatur  der  Umgebung  von 
14*  innerhalb  15  Minuten  auf  —  26*  und  in  den  folgenden 
10  Stunden  auf  —  32*,  und  ähnliche  Resultate  wurden  bei 
anderen  Versuchen  erhalten.  Als  der  Recipient  durch  Um- 
gebung mit  Schnee  erkaltet  gehalten  wurde,  firi  ein  darin 
befindliches,  mit  Eis  umgebenes  Thermometer  zuletzt  bis  —  42*. 

Bei  Anwendung  von  wasserfreier  Phosphorsäure  an  der 
Stelle  von  Schwefdsäure ,   um  das  verdunstende  Wasser  zu 


MM  lufiverdkmUBn  Baum  elc,  191 

absorbir^n,  zeigte  sich  eine  raschere  und  wohl  auch  stärkere 
Erkaltung,  lieber  wasserfreier  Phosphorsäure  in  einem  auf 
S*^  Barometerstand  luflverdünnten  Räume  sank  ein  mit  Eis 
umgebenes  Thermometer  schon  nach  45  Minuten  bis  auf —  31^ 
wShrend  ein  neben  demselben  hängendes  nicht  unter  12* 
herabging. 

Schrott  er  macht  noch  darauf  aufmerksam,  dafs  man 
beliebige  Körper  durch  Umhüllung  mit  Eis  und  Verweilen- 
lassen  im  luftverdttnnten  Raum  über  Schwefelsäure  bequem 
längere  Zeit  hindurch  auf  einer  sehr  niedrigen  Temperatur 
erhalten  kann. 


Wärmeleitong. 


Die  experimenteilen  Untersuchungen  über  die  Wärme» 
leitung  in  Metalien  von  Despretz  und  Langberg  ^}  sind 
noch  mit  gewissen  Unvollkommenheiten  behaftet,  welche 
Wiedemann  und  Franz**}  in  einer  demselben  Gregen- 
stand  gewidmeten  Arbeit  durch  die  folgenden  Vorsiohtsmafs^ 
regeln  zu  beseitigen  bestrebt  waren  :  1}  Die  Stangen  wurden 
dadurch  mit  einer  möglichst  gleichmäfsigen  Oberfläche  ver* 
sehen,  dafs  sie  galvanisch  versilbert  und  die  Silberflächen 
mittelst  einer  Bürste  auf  einen  gleichen  Grad  der  Politur 
gebracht  wurden.  Diejenigen  Metalle,  welche  keine  unmittel- 
bare galvanische  Versilberung  zuliefsen,  waren  vorher  auf 
galvanischem  Wege  mit  einer  sehr  dünnen  Kupferschiebte 
überzogen,  auf  welche  der  dünne  Silberüberzug  dann  präci- 
pitirt  wurde.  2)  Die  Temperaturen  der  an  einem  Ende  constant 
erwärmten  Stangen  wurden  im  luflerfüllten  und  im  luftleeren 


^}  DieM  Anntlen  LVI,  180  nach  Pogg.  km.  LXVI,  f. 
**)  ^^m-  Abo.  LXXXIX,  497. 


192  Wämt^kOung. 

Räume  untersucht,  um  den  kleinen,  aus  der  MiltheUnng  iw 
Wärme  an  die  umgebende  Luft  entapringenden  Fehler  xu 
beseitigen.  Zu  dem  Ende  waren  die  Stangen  in  der  Axe 
eines  horizontal  liegenden,  luftdicht  geschlossenen  Glascylin- 
ders  angebracht,  und  nur  das  Ende,  welches  der  constanten 
Erwärmung  ausgesetzt  werden  sollte,  reichte  durch  eine 
Stopfl>flchse  aufserhalb  des  Olascylinders.  Es  war  mit  einer 
doppelten  HttUe  von  Metallblech  umgeben,  deren  Zwischen* 
räum  anhaltend  von  den  Dämpfen  siedenden  Wassers  durch«* 
strömt  wurde.  Länger  als  eine  halbe  Stunde  war  unter  keinen 
Umständen  erforderlich,  um  die  Stange  auf  diese  Weise  auf 
eine  vollkommen  constante  Temperatur  zu  bringen.  3)  Die 
Temperatur  des  die  Stangen  umgebenden  Mediums  wurde 
dadurch  constant  erhalten,  dafs  der  Glascylinder  in  ein  Was- 
serbad gelegt  war,  gebildet  aus  einer  grofsen  Wanne  von 
Zinkblech.  Auf  diese  Weise  blieb  auch  die  Strahlung  der 
Stangen  in  die  Umgebung  immer  die  nämliche.  Bei  den 
meisten  Versuchen  hatte  das  Wasserbad  die  constante  Tem- 
peratur von  12^  4)  Die  Temperaturen  an  verschiedenen 
Stellen  der  Stangen  wurden  mittelst  eines  Thermoelementes 
bestimmt.  Dasselbe  hatte  möglichst  kleine  Dimensionen  und 
kam  nur  mit  einer  sehr  schmalen  Fläche  mit  den  Stangen 
in  Berührung.  Das  Andrücken  geschah  möglichst  gleieb- 
mäfsig  und  mit  so  starkem  Druck,  dafs  der  Ausschlag  des 
Galvanometers  durch  stärkeres  Andrücken  nicht  mehr  gestei- 
gert werden  konnte.  Endlich  brauchte  die  Berührung  nur 
wenige  Secunden  zu  dauern ,  damit  das  Maximum  des  Aus- 
schlags eintrat.  Unter  diesen  Umständen  war  keine  so  grofse 
Ableitung  von  Wärme  zu  besorgen,  dafs  die  Wärmeverthei- 
lung  in  der  Stange  dadurch  wesentlich  geändert  werden  konnte, 
und  ferner  konnten  in  dieser  Zeit  sich  nicht  vermöge  der 
ungleichen  inneren  Structur  der  Wismuth-  und  Antimonstäb- 
chen besondere  Thermoströme  ausbilden,  welche  sich  in  dem 


Wärmßleäung.  198 

einen  oder  snderen  Sinne  zu  dem  durch  Erwärmung  der 
Löthslelle  erzeugten  Strome  addirten.  Eine  Glasröhre,  welche 
durch  eine  Stopfbüchse  in  den  die  erwärmte  Stange  enthatr 
tenden  Glascylinder  hineinreichte ,  trug  an  ihren^  Ende  das 
Thermoelement  hebeiförmig  angesetzt,  so  dafs  letzteres  durch 
Drehen  der  CHasröhre  um  ihre  eigene  Axe  an  den  Metallstab 
angedrückt  wurde.  Im  Innern  dieser  Glasröhre  gingen  die 
beiden  mit  Schellack  überzogenen  Leitungsdrähte  zum  Gal- 
vanometer. 5)  Das  Galvanometer  bestand  aus  einem  kleinen 
magnetisirtett  Stahlspiegel  und  zwei  beiderseits  angebrachten 
Drahtrdllen,  deren  Axen  in  eine  Linie  rechtwinklig  gegen  die 
Richtung  fielen,  welche  der  Erdmagnetismus  dem  Spiegel 
anwiefs. 

Bei  den  Stangen  von  sehr  geringer  Leitfähigkeit  hätte 
man  innerhalb  des  Glascylinders  keine  deutlichen  Beobach- 
tungen mehr  erhalten,  da  die  ganze  Strecke  des. merklichen 
Wärmeabfalls  noch  aufserhalb  jenes  Cylinders  lag.  Es  wurde 
darum  zunächst  ein  Kupferstab  der  Wirkung  der  Wärme- 
quelle ausgesetzt.  Sein  in  den  Glascylinder  reichendes  Ende 
war  hohl  ausgedreht  und  in  diese  Bohrung  wurden  die  schlecht- 
leitenden Stangen  in  horizontaler  Lage  eingesteckt,  so  dafs 
sie  eine  Verlängerung  des  Kupferstabes  bildeten  und  von 
diesem  ihre  Wärme  erhielten. 

Da  nach  Regnault's  neuesten  Untersuchungen  die  Inten- 
sität des  in  einem  Thermoelement  erregten  galvanischen 
Stroms  nicht  in  gleichem  Yerhältnifs  zu  der  Temperaturer- 
höhung der  Löthstelle  steht,  hielten  es  Wiedemann  und 
Franz  für  erforderlich,  den  Gang  eines  Qnecksilberthermo- 
meters  mit  den  Ablenkungen  des  Galvanometers  zu  verglei- 
chen. An  den  eben  erwähnten  Kupferconductor  wurde  in 
der  Axe  des  Glascylinders  ein  2  Centimeter  langer  und  5  Mil- 
limeter dicker  Stahldraht  befestigt.  Er  war  zur  Hälfte  seiner 
Länge  ausgebohrt,  so  dafs  er  das  dünne  cylindrische  Getib 


IM  IFdi'JiMiMiviy  > 

etiles  (K  Zehntel  Grede  gelheillen  QaeeksüktitbenMimlerB 
mihiebmeii  koniile.  Der  Zwischenraum  einsehen  dem  GefiiCs 
des  Themometera  «nd  der  StahlhoUe  war  mil  OnecksiliMr 
aiBgeDlIII  nnd  dasThermometer  mit  Wachs  festgekittet  Wnrde 
nin  der  Kupferslab  anfs^halb  des  Glaseyiindeni  erwirmt,  so 
konnte  man  gleiohxeitig  das  Steigen  des  Thermometers  ud 
die  Ablenkungen  des  Galvanometers  beobachten,  wenn  das 
Thermoelement  die  Stahlhttlle  an  der  Stelle  berührte,  welche 
der  Mitte  des  Thermometergefiiihes  entsprach.  Die  so  er^ 
haltene  Beobachtungsreihe  gab  durch  Interpolation  die  folgen«* 
den  nisammengehörigen  Werthe.  t  sind  die  Tempenrtnr^ 
ttberschüsse  des  Thermometers  über  die  Umgebung,  a  die 
entsprechenden  Ablenkungen  am  Galyanometer  : 

t  a         DUferensea  t  a  DMforeuea 


t 

a 

25» 

109 

30» 

132,5 

36» 

157 

40« 

181,5 

45» 

207 

23,5 

24,5 
24,5 
25,5 


()•  0  20 

5«  20  81,3 

10«  41,3  22,2 

16<»  63,5  22,5 

20''  86  23 

Bs  ist  hierbei  20  bemerken,  dafs  die  Drahtrollen  des 
Galvanometers  von  der  Spiegelnadel  immer  so  weit  entfernt 
waren,  dafs  die  Ablenkung  nie  mehr  als  2«  bis  3«  betrug, 
also  diese  der  Intensität  des  Stroms  strenge  proportional 
waren. 

Bei  jeder  Stange  wurde  das  Thermoelement,  von  dem 
ktthleren  Ende  angefangen,  in  Abstünden  von  2  zu  2  Zollen 
avfgesetit.  Die  niedrigste  Temperatur  war  bei  allen  Ver- 
suchen die  der  Umgebung,  nämlich  12«,  die  höchste  Tempe- 
ratur am  andern  Ende  der  Beobachtungsreihe  aber,  je  nach 
dem  Wirmeleitungsvermögen  der  Substanz,  sehr  verachieden. 
Welches  jedoch  diese  Temperatur  bei  einer  Stange  seyn 
mochte,  immer  blieb  der  Quotient  q  der  Summe  eines  Wer^ 

aus  der  Beobachtungsreihe  und  des  zweitfolgenden,  dividfart 


Wärme9miung. 


195 


durch  den  dazwischen   liegenden  *)  constanl.    Dus  Wlnne- 

leilunggYermögen  der  untersuchten  Substanzen  änderte  sich 

daher  innerhalb  der  vorkommenden  Temperaturunterschiede 

nicht.    Offenbar  bleibt  jener  Quotient  der  nämKche,  wenn  man 

aHe  Zahlen  einer  Beobachtungsreihe  mit  demselben  Coeffi* 

cienten   multiplicirt ;    der    besseren   Uebersicht  wegen   sind 

daher  alle  Temperaturangaben  auf  denselben  Ausgangspunkt 

von  100  reducirt.    Auch  sind  in  die  folgende  Uebersicht  nur 

die  von  Wiederoann  und  Franz  mitgetheilten  Mittelzahlefi 

aufgenommen. 

13  im  lufterfüllten  Räume  : 


sn- 

Kn»   ^  ,. 

Men- 

El- 

Plft- 

Nea- 

Mett- 

Rote's 

Wla- 

ber 

pfer  QoW 

■ing 

sen 

Stahl 

tln 

silber 

Mlng 

Zinn 

Blei 

HeUll 

iiiTitlk 

s 

• 

5»m 

5iian 

5mm 

5<nBi 

5mm 

5mm 

4mmj75 

5mjn 

6"»«,2 

gmm^  6n»n,2 

6mm 

6mm 

0   100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

100,0 

s 

784 

75,8 

74,3 

61,0 

49,4 

«,7 

44,0 

38,1 

65,1 

57,7 

47,8 

29,7 

17,9 

4 

60,9 

57,4 

53,3 

37,4 

25,7 

24,6 

20,4 

16,2 

42,1 

34,5 

83,9 

10,2 

4,4 

6 

!!»* 

48^ 

38,0 

24,5 

13,8 

18.7 

10,1 

6,4 

25,8 

20,5 

l«,l 

*,1 

8 

SB,R 

32,2 

26,3 

16,5 

7,0 

6,9 

5,7 

2,0 

14,7 

12,1 

6,4 

— 

10 

27,9 

83,0 

16,9 

9,2 

8,0 

8,2 

7,6 

M 

— 

— . 

IS 

ao,4 

15,5 

10,8 

4,8 

— 

— 

— 

M 

M 

— 

— 

14 

14,-^ 

9,8 

— 

— 

— 

— 

— 

"^  , 

— 

— 

<! 

»,0571 

\%(m 

f,09t 

2,211 

t«,441 

2,448 

2,670 

2,877 

8,179 

8,297 

2,508 

8,5891 

5,10A 

23  im  luftverdünnten  Räume 


0 

8 

4 

6 

8 

10 

18 

24 


100,0 
86,4 
78,9 
68,5 
53,9 
45,5 
88,4 
31,6 


100,0 
82,0 
68,8 
56,8 
45,3 
35,0 
25,6 


q  12,08012,025 


100,0 
88,8 
67,5 
53,7 
48^3 
83,6 
83,8 
16,0 


100,0 
78,0 
59,5 
46,0 
85,0 
«7,0 
80,5 
15,5 


100,0  100,0 
67,1 1  64,0 


44,5 
29,6 
19,0 
18,6 


41,7 
26,9 
17,2 
10,9 


100,0 
64,8 
48,8 
29,0 
80,8 
18,4 
9,6 


100,0 

63,1 

38,0 

24,0 

15,8 

8,9 

5,6 

3,3 


100,0 
79,8 
61,8 
47,0 
35,2 
85,8 
19,1 
18,8 


100,0 
78,2 
54,2 
39,5 
28,5 
20,5 
14,2 
8,9 


100,0 
65,8 
48,1 
87,8 
17,6 
10,7 
5,6 


100,0 
60,1 
36,2 
28,9 
15,6 
8,5 
5,3 


2,082 


2,070  12,172,8,176  |    2,181     |  2,846  [  2,063 


2,090  I  2,176 


2,508 


Die  Metalle  ordnen  sich  nach  dem  Vorausgehenden  be- 


züglich ihrer  Leitfähigkeit  folgendermafsen  : 


dQonere  Stangen 

Silber 

Kupfer 

Gold 

Messing 

Eisen 

Stahl 

Platin 

Neusilber. 


dickere  Stangen 

Messing 

Zinn 

Blei 

Rose's  Metaligemisch 

Wismuth. 


•)  Diete  Anoalen  LXXXIV,  140. 


IM 


WärmMiung. 


Die  Stangen  aus  Platin,  aus  Rose'schem  Metall  und  mas 
Wismnth  hatten  keinen  Sflberttbemig  erhalten.  Doch  darf 
man  annehmen,  dafs  hierdurch  keine  bedeutende  Differ^ix 
der  Wärmeabgabe  an  die  Luft  enlatand ;  namentlich  wird  dieb 
nir  die  Versuche  im  lafterfÜUten  Räume  gelten,  da  hier  der 
bedeutendere  Theil  der  Wärmeabgabe  ohnehin  auf  Rechnang 
der  directen  Abgabe  an  die  Luft  kommt. 

Nach  den  Formeln,  welche  die  Fourier*8che  Theorie 
der  Wärmeleitung  liefert,  haben  Wiedemann  und  Franz, 
indem  sie  zugleich  die  Galvanometerangaben  mittelst  der  oben 
angegebenen  Vergleichungstafel  auf  wirkliche  Temperatur- 
differenzen redudrten,  die  Werthe  des  Quotienten  q  und  die 
relative  Leitfähigkeit  der  verschiedenen  Metalle,  diejenige 
des  Silbers  zu  100  angenommen,  berechnet.  Geringe  Aende- 
deningen  in  dem  Werthe  von  q  haben,  nach  der  Beschaffen- 
heit der  Formeln,  bedeutenden  Einfiufs  auf  die  Gröfse  der 
berechneten  Leitfähigkeit.    Die  Resultate  sind  folgende  : 


Metrie 


F&r  den  laflerfBIlteo 
Raum 
1 


F&r  den  laftverdaiiB- 


ten 


Raum 

I    I 


Silber 

Kupfer 

Gold 

Messing  .  .  :  .  . 
Messing  ^dicke  St.)  . 

Zinn 

Eisen 

Stahl 

Blei 

Platin 

Neusilber  .  .  .  . 
Rose's  Metall  .  .  . 
Wismuth      .    .    .    . 


2,0456 

2,062 

2,066 

2,200 

2,154 

2,264 

2,393 

2,405 

2,445 

2,597 

2,772 

3,434 

4,565 


100 

73,6 

53,2 

23,i 

24,i 

H,5 

11,9 

11,6 

8,5 

8,4 

6,3 

2,8 

1,8 


2,0145 

2,0195 

2,027 

2,058 

2,051 

2,076 

2,144 

2,1395 

2,149 

2,163 

2,201 

2,441 


100 

74,8 

54,8 

25,0 

23,0 

15,4 

10,1 

10,3 

7,9 

9,4 

7,3 

2,8 


Die  Frage,  ob  die  LeitungsAhigkeit  der  verschiedenen 
Metalle  mit  der  Temperatur  sich  ändere  und  ob  die  an  den 
Metallstangen  in  gleichen  Abstanden  beobachteten  Tempera- 


Wärmeleiiimg.  19t 

turen  von  einer  geometrischen  Reihe  abweichen,   war  voir 
Langberg*}  bejahend  beantwortet  worden. 

Bei  den  Versuchen  von  Wiedemann  und  Franz  zeigten 
die  beim  Eisen,  Stahl,  Blei,  Rose's  Metall  und  Wismulh  gefun- 
denen Zahlen  eine  unverkennbare  Zunahme  der  Quotienten 
q  mit  steigender  Temperatur,  mit  Sicherheit  jedoch  nur  bei 
den  im  luflerfttllten  Räume  angestellten  Versuchen.  Da  hier- 
bei aufser  einer  Aenderung  der  Wärmeleitungsnihigkeit  auch 
andere  Einflüsse  sich  geltend  gemacht  haben  konnten,  brachten 
Wiedemann  und  Franz  zur  Erledigung  der  berührten 
Frage  anstatt  der  Metallstangen  einen  weit  schlechter  leiten- 
den Körper,  eine  Glasstange  von  6°^  Dicke,  in  den  Apparat 
und  lasen  sowohl  im  lufterfiillten,  als  im  luflverdünnten  Räume 
die  Temperaturen  in  Abständen  von  halben  Zollen  ab.  Hier- 
bei ergab  sich  : 

im  lafkerfQllten  Raame  im  luftverdflnDten  Raum« 

q 


3,97 


z 

t 

0 

73,5 

0,5 

20,0 

1 

5,5 

1.5 



2 



2,5 



% 

90,2 

q 

42 

2,e2 

20 

2,60 

iO 

2,55 

5,5 

2,45 

3,5 

Danach  scheint  mit  zunehmender  Temperatur  die  Lei- 
tungsßUiigkeit  der  Körper  für  die  Wärme  abzunehmen. 

Eine  höchst  interessante  Zusammenstellung  haben  Wiede- 
mann  und  Franz  aus  den  von  ihnen  gefundenen  Wärme- 
leitungsvermögen und  den  von  Riefs,  Becquerel  und  Lenz 
bestimmten  Leitungsfähigkeiten  derselben  Körper  für  die 
Electricität  gemacht  : 


•}  Diese  AmMlen  LVI,  192. 


m 


WärmMtmig. 


• 

Körper 

LeitungsHhigkcit  fär  RlectricitCt 

LdtfMiMwiC 
i&r 

nadi  Rieb  |  nach  Beo^nerd 

nach  Leu 

WCnne 

Silber  .    .    . 

100                 100 

100 

100 

Kupfer 
Gold     .    . 

66,7     ;         91,5 

73,3 

73,6 

59,0             64,9 

58,5 

53,2 

Messing   . 

18,4    j          - 

21,5 

23,6 

Zinn     .    . 

10,0 

14,0 

22,6 

14,5 

Eisen   .    . 

12,0 

12,35  . 

13,0 

11,9 

Stahl    .    . 

11,6 

Blei     .    . 

7,0 

8,27 

10,7 

8,5 

Platin  .    . 

10,5 

7,93 

10,3 

H 

Neusilber 

5,9 

— 

6,3 

Wismuth 

■ 

— 

1,9 

1,8 

Das  Würmeleitungsvermögen  einer  Substanz  unterschei- 
det sich  hiernach  von  dem  für  die  Electricität  nicht  mehr, 
als  die  für  letzteres  Vermögen  von  verschiedenen  Beobachtern 
gefundenen  Werthe  unter  sich,  und  man  kann  daher  den  Satz 
aussprechen  :  dafs  die  Metalle  für  ElecIricUai  und  Wärme 
eter  mheui  §leicks  rtkUn>e  Leüfdhigkeü  betU%en. 

Tyndall*)  hat  die  Leitungsrahigkeit  einer  grofsen  An- 
zalil  von  Holzarten  und  mehrerer  anderer  organischen  Körper 
für  die  Wärme  mittelst  eines  äufserst  sinnreichen  Apparates 
gemessen.  Ein  galvanischer  Strom ,  welcher  mittelst  Tan- 
gentenhoussole  und  Regulator  constant  erhalten  wurde,  gab 
durch  Erhitzung  eines  auf  einem  kleinen  Räume  mehrfach 
hin-  und  hergebogenen  dünnen  Platindrahtes  die  Wärmequelle 
ab.  Zur  vergleichenden  Messung  der  Erwärmung,  welche 
die  zu  unit^suchenden  Substanzen  aHMhnen,  diente  ein  aus 
Wismuth  und  Antimon  gebildetes  einfaches  Thermoelement 
nebst  zugehörigem  Galvanometer.  Zwei  mit  Quecksilber  ge- 
füllte Kammern  standen  einander  in  solchem  Abstand  gegen- 
über, dafs  die  zu  untersuchenden  Substanzen,  welche  sämmtlich 
in  Würfelform  ausgearbeitet  waren,  gerade  dazwischen  ge- 
schoben  werden  konnten.    Die  einander  zugekehrten  Seiten 


•)  Phil.  Mag.  [4]  VI,  121. 


WärmdeihttHlt'  19» 

jener  Kammern  waren  aus  Membranen  gebildeti  welche,  ehe 
die  gedachten  Würfel  eingeschoben  waren,  dnrch  den  Druck 
des  Quecksilbers  eine  nach  Aufsen  convexe  Form  annahmen. 
Wurden  dann  die  zu  untersuchenden  Substanzen  eingeschoben, 
so  trat  immer  eine  gleichmäfsige  und  innige  Berührung  mit 
den  Onecksilberkissen  ein.  Die  eine  dieser  Quecksilber- 
kammern  nahm  unmittelbar  die  Wärme  von  dem  erhitzten 
Platindraht  auf  und  gab  sie  an  der  Vorderseite  an  die  eine 
Fläche  des  eingeschobenen  Würfeis  ab.  Die  VorderDäche 
der  zweiten  Kammer  nahm  die  Wärme,  welche  durch  die 
Masse  des  Würfels  in  einer  gegebenen  Zeit  drang,  auf  und 
führte  sie  dem  Thermoelement  zu,  welches  mit  seiner  Lötk« 
stelle  in  diese  Kammer  reichte  und  nur  durch  einen  mem- 
brandsen  Ueberzug  vor  dem  Amalgaroiren  geschützt  war* 
Tyndall  liefs  bei  allen  Versuchen,  nachdem  der  au  prü- 
fende Würfel  eingeschoben  war  und  man  sich  überzeugt 
hatte,  dafs  die  Galvanometemadel  auf  NuU  stand,  den  galva^ 
nischen  Strom  genau  eine  Minute  lang  im  Gang,  und  in  dem- 
selben Momente,  in  welchem  er  denselben  unterbrach,  schlofs 
er  den  Stromkreis  des  Thermoelementes  und  beobachtete  die 
%rste  Ablenkung  am  Galvanometer.  Dann  wurde  der  einge- 
schobene Würfel  entfernt  und  die  Abkühlung  der  Quedisilber* 
kammem  und  des  Thermoelementes  bis  zur  genauen  Rückkehr 
der  Galvanometemadel  auf  Null  a^ewartet,  ehe  ein  neuer 
Versuch  vorgenommen  wurde.  Sowohl  das  Thermoelement 
als  die  zu  untersuchenden  Würfet  waren  auf  Elfenbeinspitzen 
frei  aufgestellt,  um  möglichst  frei  von  dem  wärmeleitenden 
Einflufs  der  Holzunterlage  zu  bleiben.  Die  Abkühlung  nach 
jedem  Versuche  wurde  mittelst  Blasebälgen  oder  dadurch 
beschleunigt,  dafs  man  auf  einer  über  das  Thermoelement 
gehaltenen  Glasplatte  einige  Tropfen  Aether  verdampfen  und 
die  hierdurch  abgekühlte  Luft  auf  die  erwärmten  Theile  herab- 
sinken liefs. 


aoo 


Wärrneleitung, 


Bei  den  Holzarten  geschah  die  Untersuchung  der  WSnae- 
leitungsfShigkeit  nach  drei  zu  einander  rechtwinkligen  Rich- 
tungen, nämlich  a}  in  Richtung  der  Fasern;  b)  senkrecht  zur 
Richtung  der  Fasern,  aber  parallel  den  Jahresringen ;  c)  senk- 
recht zu  den  Fasern  und  Jahresringen. 

Die  folgende  Tafel  enthält  eine  Uebersicht  der  bei  ver- 
schiedenen Holzarten  in  den  drei  genannten  Richtungen 
erhaltenen  Ablenkungen  der  Galvanometemadel  : 


T 


Amerikan.  Birke 

Eiche     .    .    . 

Buche    .    .    . 

Coromandelholz 

Ouebec- Fichte 

Beef-wood .    . 

Schwarzes 
Ebenholz 

Ahorn   (Vogel- 
auge-j    .    . 

Lanzenholz     . 

Zebrahoiz  .    . 

Buchsbaum 

Tamarindenholz 

Thekabaum 

Rosenholz  .    . 

Hazatlanholz  . 

Atlasholz    .    . 

Braziletto   .    . 

Heuschrecken- 
holz   .    .    / 

Rubinholz  .    . 

Feruholz     .    . 

Königsholz 

Pimpernufsholz 

Lärche  .    .    . 

Prinzenholz     . 

Green  heart    . 

Walnufs     .     . 

Hängeesche    . 

Botany  -  Bay- 
Eiche 


•    • 


35» 
34» 
33» 
33» 
33» 
33» 

32» 

310 
3i» 
31» 
31« 
31« 
31» 
3i« 
30» 
30« 
30» 

30« 
300 
30« 
30» 
29» 
29» 
29» 
29» 
28» 
28» 

28» 


9»,0 
9»,5 
8»,8 
9»,8 
10»,0 
iO»,0 

9»,5 

H»,0 
10»,6 

8»,2 

9»,9 
H»,l 

9»,9 
10»,4 
10»,5 
il»,9 

9»,2 

10»,0 
10»,3 
10»,7 
i0«,3 
10»,0 
10»,0 
H«,l 
11  «,4 
H»,0 
H«,0 

9»,9 


Cacaoliolz  .    . 

Hadagascar 
Rothholz 

Sandelholz 

Tulpenbaum 

Kampherholz  . 

Olivenbaum     . 

Gallle-Tanne  . 

Esche    .    .    . 

Grünes  Eben- 
holz  .    .    . 

Schwarzeicbe . 

Apfelbaum 

Cam-wood 

Eisenholz  .    . 

Kastanie     .    . 

Sycamore  .    . 

Pechtanne  .    . 

ll»,0|Honduras-Ha- 

hagony  .    . 

Brasilienholz   . 

Eibenbaum 

Ulme     .    .    . 

Mafsholder 

Portugies.  Lor- 
beer .    .    . 

Kugelholz  .    . 

Spanisches  Ma- 
bagony  .    . 

Schott.  Tanne 

Lorbeer     .    . 


11»,0 
H»,0 
10»,8 
12»,3 
11»,0 
11  »,4 

10»,5 

12«,0 
12»,! 
10«,0 
12»,0 
12»,1 
12»,4 
12»,6 
12»,5 
t2»,3 


11  »,0 
11  »,2 
11  »,7 
11  »,7 
12»,0 
11  »,0 
13»,  1 
12»,e 
13«,0 
12«,0 


12»,4 


28» 

28» 
28» 
28» 
28» 
28» 
27» 
27» 

27» 
27» 
26» 
26» 
26* 
26» 
26» 
25» 

25» 

25» 

24» 

24 

24» 

24 

24» 

23» 


11»,9 


i3«,6 


10»,7 
10»,0 
11», 

8»,6 
10»,5 
10»,0 

9»,5 

10»,5 
8»,0 
10»,0 
13»,4 
10»,2 
10»,  1 
10«,6 
11  »,8 


012 


22 
22 


9»,0 
11  «,9 
11», 
10»,0 
10»,0 


012 


10»,0 
10«,0 
11»,5 


10^0 
12», 


11»,3 
11  »,7 
M 
10»,0 
13»,2 
H»,0 
11  »,5 

I2»,2 
9»,4 
12»,5 
15»,0 
12«,^ 
11  »,5 
12»,2 
12«,5 


10»,0 
13«,9 
•,0 
11  »,5 
12»,0 


H«,5 
11  »,7 
12»,5 

12»,0 
»,0 


015 


WämeleUunt.  201 

Die  LeilimgsMiigkeit  ist  in  Richtung  der  Fasern  bei 
allen  Hölzern  entschieden  ^m  Grörsten.  Ein  Zusammenhang 
zwischen  der  Dichte  und  Wärmeleitungsßihigkeit  giebt  sich 
nicht  zu  eriiennen.  Die  Amerikanische  Birke  ist  ein  leichtes 
Holz  und  leitet  am  Besten,  Eiche  und  Coromandelholz  ge- 
hören EU  den  schwersten  Hölzern  und  leiten  ebenfalls  gut, 
Eisenholz,  welches  ein  spec.  Gewicht  =  i,426  hat,  steht  tief 
m  der  Scale  der  Leitungsvermögen. 

Eine  Vergleichung  der  zweiten  und  dritten  Columne  zeigt, 
dafs  das  Leitungsvermögen  in  der  Richtung  rechtwinklig  zu 
den  Jahresringen  durchaus  gröfser  ist,  als  parallel  denselben. 
An  jedem  Punkt,  welcher  nicht  gerade  in  die  Axe  des  Stam- 
mes fällt,  hat  das  Holz  drei  zu  einander  rechtwinklige  Axen 
der  Wärmeleitung  :  die  Axe  der  besten  Leitung  parallel  den 
Fasern,  die  der  schlechtesten  Leitung  rechtwinklig  zu  den 
Faseni,  aber  parallel  den  Jahresringen.  —  Eine  Vergleichung 
mit  den  von  Savart  aus  den  Tonschwingungen  abgeleiteten 
drei  Blasticitiitsaxen  lehrt,  dafs  die  beiden  Axensysteme  der 
Richtung  nach  coincidiren,  und  dafs  die  Axe  der  besten 
Leitung  mit  derjenigen  der  gröfsten  Elasticilät,  die  der 
schlechtesten  Leitung  mit  derjenigen  der  geringsten  Elastici- 
tat  zusammenflillt.  Ebenso  verhält  es  sich,  wie  Tyndall 
ohne  weitere  Versuche  aus  alltäglichen  Erfahrungen  ableitet, 
mit  den  drei  Axen  der  Cohäsion  und  der  Durchdringbarkeit 
durch  Flüssigkeiten,  welche  sowohl  der  Richtung  als  ihren 
quantitativen  Verhältnissen  nach  mit  den  Wärmeleitungsaxen 
zusammenfallen. 

Bei  der  Untersuchung  des  Verhältnisses  der  Wärmclei- 
tongsrähigkeit  von  Baumrinden  zu  derjenigen  der  entsprechen- 
den Holzart  erhielt  Tyndall  folgende  Resultate  : 


Lim. 


d.  Cheml«  a.  Ph«nu.  LXXXVIil.  B4.  S.  Heft.  14 


S02  WätmsMung. 

EM^MctaMb  AbMuBf  bei 
Ablenkung       Anwendang  det  HolswftrMs 

Rinde  des  Buchbaumes    .  1^  10«,8. 

„       „    Eichbaumes     .  7*  H*,0 

yj       „    Ulmbauines      .  7*  H*,5 

„       9    Fichteabaumes  7«  13%0 

Würfel  von  Holz,  Bergkryslall  und  Gyps  gabea  unter 
Reichen  Umstände!  d»  Ablenkungen  von  18«,  90«  und  i9*. 
Tyndall  erörtert,  von  welchem  Binflufs  diese  äuEserst  ver* 
schiedene  WärmeleitungsfÜhigkeit  auf  die  klimatische  Beschaf- 
fenheit einer  Gegend  seyn  müsse,  je  nachdem  diese  mit 
Wald  bewachsen  sey,  oder  eine  mit  Quarzsand  bedeckte 
Bodenflfiche  den  Sonnenstrahlen  darbiete.  Auch  hebt  der 
genannte  Forscher  hervor,  welchen  Schutz  die  geringe  WSr- 
meleitungsfähigkeit  des  Holzes  und  mehr  noch  der  Rinde 
den  Gewächsen  selbst  gewähre.  Auch  die  Hüllen  der  Thiere, 
sowie  alle  den  äufsern  Temperatdireinflüssen  blofsgestellteo 
Theile  seyen  schlechte  Wärmeleiter,  wie  unter  andern  fol- 
gende Messungen  zeigen  : 

Substanz  Ablenkung 

Wallrofszahn  i^^ 

Elephantenzahn  17* 

Fischbein  9* 

Rhinoceroshom  9* 

Kuhhorn  9^ 

Würfel  von  Siegellack,  Sohlleder,  Bienenwachs,  Leim, 
Gutta-percha,  Caoutschouc,  Haselnufskem ,  Mandelkern,  Mus- 
kelfleisch vom  Schwein  und  Kalb  gaben  gar  keine  Ablenkung 
unter  denselben  Umständen,  unter  welchen  ein  Würfel  von 
Quarz  die  Galvanometemadel  um  90®  ablenkte. 


«  Wärmestrahlung. 

Es  galt  seither  als  eine  ausgemachte  Thatsaohe,  dafs  das 
Steinsalz  alle  Wärmesirahlen,    dunkle  wie  leuchtende,  gleich 


Wärtmrtrakhmg.  808 

vcUflündifl^  durekkisse,  and  dab  von  der  auf  diese  Substau 
fallenden  Wanne  mir  der  zurückgeworfene  Antheil^  etwa 
0,077,  flir  den  Durchgang  verloren  gebe.  Provostaye 
und  Deaains'*}  glauben  sieb  durch  wiederhoUe  Versuche 
an  il  verschiedenen  Steuisalzplalten  ikberzeugt  zuhaben,  dafs 
das  Steinaals  dunkle  W&rmestrablen  in  etwas  geringerer 
Menge  durchlärst»  als  leuchtende,  und  dafs  es  femer  ein  Aus- 
sIrakiHngsvennegen  besitzt,  welches ,  wie  diefs  bei  allen 
andern  Substanzen  der  Fall  ist,  dem  Absorptionsvemögen 
völlig  gleich  kommt. 

Als  Wärmequellen  wandten  die  genannten  Forscher  eine 
Lampe  und  einen  mit  Oel  gefällten  und  nur  wenig  über  100* 
erwärmten  Würfel  von  Kupferblech  an.  Die  Resultate  variir- 
ten  zwar  etwas  bei  den  verschiedenen  Steinsalzplatten;  die 
folgenden  Zahlen  aber  drücken  etwa  die  mittleren  Verhält- 
nisse aus,  welche  sich  herausstellten  : 

Lampen  wärme  WSrme  voo  105* 

0  Ablenkang    Verhältii.  Ablenkung    YerbiKltn. 

Directe  Strahlung       .    .    17,7  17,5 

Strahlung  durch  die  Platte    15,9        '  14,55        ' 

Auf  die  Seitenfläche  eines  Würfels,  welche  vorher  mit 
schwarzem  Papier  überzogen  war^  wurden  zwei  gleich  grofse 
Platten  von  Spiegelglas  und  Steinsalz  fest  aufgelegt  und  der 
Würfel  etwas  Über  100<^  erwärmt.  Die  Strahlungen,  welche 
die  freie  Papierfläche,  das  Glas  und  das  Steinsalz  der  Thermo- 
säule  zusendeten,  verhielten  sich,  wie  1,00  :  0,90  :  0,94. 
Da  nun  das  Steinsalz  von  diesen  dunklen  Wärmestrahlen  nur 
0,835  durcUäfst,  so  kommen  0,105  auf  Rechnung  seiner 
eignen  Ausstrahlung. 

Als  die  beiden  Platten,  anstatt  auf  schwarzes  Papier,  auf 
eine  Platinfläche  aufgelegt  wurden,  verhielten  sich  die  Strah- 


*)  Compt  M9d   XXXVI,  84  uvd  1073. 

14* 


204  Wäm^eilrahlimg. 

hingen  des  6Ia$es  und  Sleinralses ,  wie  0,90  :  0|90.  h  4er 
letzteren  kleineren  Zahl  drückt  sich  das  geringe  Aasstrali- 
hingsvermögen  des  Platins  aus,  welchem  das  Stehisalz  nicht 
wesentlich  2u  Hülfe  kommen  konnte,  wübren(f  die  Glasfläche 
die  durch  unmittelbare  Berührung  empfangene  Wäme  reich- 
licher ausstrahlte.  Bezeichnet  q  den  vom  Steinsalz  refiectirten, 
e  den  von  ihm  ausgesendeten,  t  den  von  ihm  dorchgelasse- 
nen  Antheil  der  Wfirmestrahlen ,  R  das  Reilexionsvermdgea 
der  Platinflfiche,  so  ist  die  ganze  Wllrmewirkang  0  durch 
das  Steinsalz  durch  folgende  Formel  ausgedrückt  : 

Da  aber  R  =  0,88;  q  =  0,07;  t  =  0,835,  so  erhfilt 
man  0  =  0,294,  was  nahe  genug  mit  dem  durch  den  Ver- 
such gefundenen  Werth  0,30  übereinstimmt.  Eine  gleiche 
Uebereinstimmung  fand  sich,  wenn  die  Fläche  des  Würfels 
anstatt  mit  Platin,  mit  gepulvertem  Silber  oder  mit  geschla- 
gener Silberfolie  überzogen  wurde.  Bei  Anwendung  eines 
Ueberzugs  von  Kienrufs  ergab  der  Versuch  0,99,  die  Formel 
dagegen  0,94;  allein  hier  konnte  man  zwischen  der  Stein- 
salzplatte und  den  Rufstheilchen  keine  Luftschicht  mehr  an- 
nehmen, was  bei  Aufstellung  der  Formel  vorausgesetzt  war. 
Auch  die  schlechte  Leitfähigkeit  des  Kienrufses  machte  diesen 
Versuch  etwas  unsicher. 

Für  dunkle  Wärme  von  etwa  100^  scheint  also  das  Stein- 
salz in  der  That  ein  Absorptionsvermögen  von  etwa  10  pC. 
zu  besitzen. 

Spätere  Versuche,  welche  Pro  vostaye  und  Desains*}, 
zum  Theil  angeregt  durch  den  Widerspruch  Meltoni's  •*), 
anstellten,  dienten  nur  zur  Bestätigung  des  obigen  Resultates. 


*)  Compt.  reod.  XXXVII,  16a 
*•)  fogg.  Aon.  I.XXXIX,  84;  Cooipt.  md.  XXXVI,  7ÖB. 


W6rm6*iraUung. 


205 


Unter  Anderem  fanden  sie,  dafs  Steinsalz  unter  allen  Einfall- 
winkeln, welche  kleiner  als  30^  sind,  etwa  0,06  bis  0,09  der 
einfallenden  Wärme  zurückwerfe,  und  dafs  unter  einer  Inci- 
denz  von  25®  die  Durchgangsfähigkeit  des  Steinsalzes  beträgt 

nir  leuchtende  Wärme      0,91 
für  dunkle  Wärme  0,83. 

Die  erste  Zahl  ergänzt  sich  mit  der  reflectirten  Wärme 
zu  1,  die  letztere  U|fst  auf  ein  Absorptionsvermögen  von 
0,08  bis  0,09  für  die  dunkeln  Wärmestrahlen  schliefsen. 

In  derselben  Publication  theilen  Provostaye  und  De- 
sains  Messmigen  über  die  Reflexionsfähigkeit  des  Glases 
(ur  die  dunkle  Wärme  mit,  da  ihnen  der  gewöhnliche  ange« 
nommene  Werlh  nicht  mit  dem  allgemein  anerkannten  Ab- 
sorptionsvermögen von  0|90  zu  harmoniren  schien.  Sie  fanden, 
indem  sie  als  Wärmequelle  zuweilen  einen  mit  Oel  gefüllten 
Würfel  von  180®  Temperatur,  zuweilen  ein  mit  der  Wein- 
geistüamme  auf  230®  erhitztes  Kupferblech  anwendeten,  fol* 
gende  Resultate  : 


Rinfenwinkel 

Refleclirte 
W<nne 

BerecbnetoEmi..;  ""jSJ^J.Tmt'^ 

0»          i 
25» 

60« 
70» 
75« 

0,10 

0,16 
0,25 
0,32 

0,90 

0,84 
0,75 
0,68 

0,90 

0,84 
0,75 
0,65 

Die  Uebereinstimmung  ist,  wie  man  sieht,  eine  vollstän- 
dige. Dagegen  mufs  es  auffallen,  dafs  man  die  erhaltenen 
Reflexionswerthe  durch  die  bekannten  FresneTschen  Fqr- 
aoeln  nur  unter  der  Annahme  wiedergeben  kann,  dafs  der 
Brechungscoäfficient  der  Wärmestrahlen  von  etwa  200®  im 
Glase  etwa  ss  1,95  sey,  während  doch  die  stärksten  Analo- 
gieen  dafür  zu  sprechen  scheinen,  dafs  die  dunkeln  Wärme- 


*)  Aon.  chim.  phys.  [3]  XXll,  368. 


206  HeVapmtk'i  JimMMmoIs. 

straldeii   gttiz  allgemein   von   feringerer  Breohterkeil  rind, 
als  die  leuchtenden. 


Berapath^s  Jodchiniiisals. 


Stokes  und  Haidinger  *}  haben  die  optischen  Eigen- 
schaften des  von  Herapath  gefundenen  scbwefelsaoren 
Jodchinins ,  über  welches  wir  nach  den  Angaben  des  Ent- 
deckers bereits  Mittheilung  in  diesen  Annalen  *")  gemacht 
haben,  ntfher  beschrieben.  Wir  lassen  hier  von  Haidinger'a 
Bemerkungen  nur  diejenigen  folgen,  welche  unsere  früheren 
Mittheilungen  ergänzen  : 

1}  Körperfarbe  :  Im  gewöhnlichen  Lichte  in  ganz  dünnen 
Krystallplatten  blafsroth,  zwischen  rosen-  und  ziegelroth,  in 
dickeren  Krystallen  blafsolivengrttn  oder  grünlich  grau,  bei 
zunehmender  Dicke  etwas  gelblich.  —  Im  polarisirten  Lichte 
das  Bild,  dessen  Schwingungen  parallel  der  Axe  gehen,  Mut- 
roth  bis  schwarz,  letzteres  schon  bei  einer  Dicke  von  0,002 
Zollen;  das  Bild,  dessen  Schwingungen  rechtwinklig  auf  der 
Axe  stehen,  farblos  bis  blafsgrün. 

2)  Oberflächenfarbe.  Das  parallel  der  Axe  schwingende 
Licht  bei  nahe  senkrechtem  Einfall  grasgrün ,  bei  gröfserem 
Einfallwinkel  spangrün,  entenblau,  dunkel  stahlblau. 

Besonders  hebt  Hai  ding  er  hervor,  dafs  sf&in  so  viel- 
fliltig  bestfitigter  Satz,  wonach  die  Körper-  und  Oberflächen- 
färben  des  nach  gleicher  Richtung  schwingenden  Lichtes 
complementär  sind,  sich  in  der  blutrothen  Körperfarbe  und 
der  grasgrünen  Oberflächenfarbe  des  von  ihm  sogenannten 
„Herapathits^  aufs  Neue   bewahrheite.     Femer  bemerkt  der 


*)  Pogg.  Ann.  LXXXIX,  250. 
••)  Aniwl.  d.  Chem.  u.  Pharm.  LUXIV,  t4«K. 


Berapath's  JodMmmfd%*  907 

geaiQüle  Forsdier,  dafs  nch  im  Herapathit  die  Farben  des 
Jods  und  des  Hydrocbinons  gemischt  wiederfinden,  wie  ans 
folgender  Zusammenstellung  erhelle  : 

Hydrochiaoa  Herspfttkit  Jod 

Körperfarbe  senkrecht 
zur  Axe  schwingend  .  dunkelviolblau         grünlichweifs    gelb 

Körperfarbe  parallel  der 
Axe  schwingend  .    .  tiefdunkelviolblau     dunkelroth        gelb 

Oberflächenfarbe  paralK 
der  Axe  schwingend  .  tombackbraun         grasgrün  blau 

Herapath*)  selbst  ist  es  gelungen,  Platten  seines  Sal-* 
zes  von  gleichmäfsiger  Dicke  und  vollkommen  polarisirendeh 
Eigenschaften  bis  zu  0,6  Zoll  Länge  und  0,4  Zoll  Breite  dar- 
xusteUen.  Die  grotse  Wichtigkeit,  welches  dieses  Präparat 
als  Ersats  der  Turmalinpfaitten  und  Nichorschen  Prismen  in 
•ptischer  Beziehung  zu  gewinnen  verspricht,  möge  es  recht- 
'  fertigen,  wenn  wir  die  von  Herapath  angegebene  Darstel- 

Ivngsmethode  den  Lesern  der  Annalen  mit  allem  Detail 
mittheilen,  um  auf  diese  Weise  zu  möglichst  rascher  Ver^ 
inreitung  jenes  Präparates  beizutragen. 

Es  werden  50  Gran  saures  schwefelsaures  Chinin  in 
zwei  Unzen  Holzessigsäure  vom  spec.  Gewicht  1,042  aufge** 
löst,  sodann  2  Unzen  Weingeist  von  0,837  spec.  Gewicht 
zugesetzt,  und  in  die  Lösung,  welche  vorher  auf  55^  erhitzt 
wurde,  50  Tropfen  einer  Jodlösung  allmälig  zugesetzt,  die 
aus  40  Gran  Jod  in  einer  Unze  rectificurten  Weingeists  gebil- 
det ist  Die  Mischung  hat  dann  bei  11<*  ein  spec.  Gewicht 
von  0,966,  welches  gerade  geeignet  ist,  damit  die  gröfsere 
Masse  der  kleinen  Krystalle  sich  absetzt  und  nur  die  gröfse* 
ren  dilnnen  Platten  schwimmen  bleiben.  Die  Lösung  mufs 
vollkommen  klar,^  von  dunkler  Weinfarbe  seyn  und  dann  bei 
8«  bis  iO*^  in  vollkommenster  Ruhe  der  Krystallisation  über- 


Magtx.  [4]  VI,  346. 


aOS  Berapaik'9  JodckmmmU». 

lassen  werden.  Jede  Erschtitlerung ,  auch  die  gewöhnliebe 
des  Zimmers,  hindert  die  Ausbildung  grdfserer  Krystalle;  wenn 
die  Temperatur  auf  15®  steigt,  lösen  sich  die  bereits  gebil* 
deten  dünnen  Platten  wieder  auf.  Starke  Verdampfung  an 
der  Oberfläche  giebt  zu  Strömungen  im  Innern  der  Lösung 
Veranlassung,  welche  die  Krystallisation  stören;  doch  mufs 
die  OberflMche^  der  Flüssigkeit  grofs  seyn,  um  einer  hinläng- 
lichen Zahl  dünner  Platten  Raum  zu  geben.  Herapath  hing 
das  Gefäfs,  welches  die  Lösung  enthielt,  mittelst  Fäden  an 
einem  ausgespannten  Seile  auf,  oder  setzte  es  auf  einen 
Mauerpfeiler  in  ein  Bett  von  Federn  oder  Watte. 

Wenn  sich  dttnne  Platten  an  der  Oberfläche  bilden,  so 
erlangen  sie  in  12  bis  24  Stunden  die  gehörige  Ausbildung 
nnd  Dicke.  Herapath  kittete  die  dünnen  Glasplatten,  aaf 
welche  die  Krystalle  zu  liegen  kommen  sollten,  mit  etwas 
Siegellack  in  schiefer  Riditung  an  einen  Glasstab,  um  so 
gleichsam  einen  Schöpfer  zu  bilden ,  mittelst  dessen  er  die 
Platten  sorgTältigst  ans  der  Flüssigkeit  hob.  Mittelst  Fliefs* 
papier  wurde  dann  alle  anhängende  Mutterlauge,  aber  ohne 
die  Krystallfläche  zu  berühren,  möglichst  fortgenommen,  der 
Krystall  dann  meist  noch  einmal  in  kaltes  destüHrtes  Wasser, 
welches  etwas  Jod  enthielt,  getaucht,  hierauf  abermals  mit 
Fliefspapier  und  dann  durch  Hinstellen  an  die  Luft,  in  mem 
kühlen  Raum  von  b^  bis  10®  Temperatur,  getrocknet.  Ferner 
wurde  die  Kryslallplatte  einige  Zeit  unter  eine  Glasglocke 
gesetzt,  unter  welcher  sich  ein  Uhrglas  mit  etwas  Jodtincinr 
befand,  um  einen  dunkleren  Ton  anzunehmen  nnd  vollstän« 
diger  zu  polarisiren.  Dauert  aber  diese  Operation  zu  lang, 
oder  steigt  die  Temperatur  während  derselben  zu  hoch,  so 
verliert  die  Platte  an  Werth,  indem  sie  dann  allem  durch* 
gehendem  Licht  eine  intensiv  gelbe  Färbung  ertheiii 

Zuletzt  blieb  nur  noch  übrig,  dem  Krystall  eine  zweite 
Glasplatte    aufzukitten,    was,   wie   Herapath  bemerkt,    am 


Opii$dt^ekmm»ehe  Umigr$9Ufkkmffm.  SO0 

ZwedoDübigsten  mittelst  einer  ülherischen  Lösung  von  Canada- 
Maam  geschieht,  welcher  vorher  etwas  Jod  zugesetzt  wurde. 
Der  reine  Canadabalsam  greift  den  Krystall  an,  indem  er  das 
Jod  aussieht.  —  Herapath  ben^t,  daTs  er  bei  Beachtung 
aHer  angefbhrten  Vorsichtsniarsregeln  ein  Dutzend  ,,kilnstlieher 
Tonnaline^  in  einer  Stunde  präparirt  habe,  und  er  ist  der  An- 
sicht, daTs  diese  die  natürlichen  Tunnaline  bald  verdrSngen 
werden,  da  bei  letzteren  viel  mehr  Licht  verloren  gehe,  ds 
bei  den  Platten  des  Chininsalzes. 


Optisch -chemische  UntersnchongeD. 


Pasteur*}  hat  gefunden,  dafs  dasCinchonin  durch  Bin- 
wirining  der  Wärme  in  eine  isomere  Verbindung  ven  ver- 
änderten Eigenschaften  verwandelt  werden  kann^  welcher  er 
den  Namen  Cmehaniem  beigelegt  hat.  Um  der  Z^vtl^rung 
dieser  letzteren  Verbindung  durch  die  Einwirkung  der  Wärme 
vonubeugen,  erhitzt  man  schwefelsaures  Cinchenin,  welchem 
etwas  Wasser  und  Schwefelsäure  zugesetzt  werden.  Es  Ueibl 
dann,  auch  nach  Austreibung  alles  Wassers,  bei  einer  niedri- 
gen Temperatur  geschmolzen  und  verwandelt  sich,  wenn  es 
drei  bis  vier  Stunden  bei  120*  bis  130*  erhalten  wird,  ganz 
in  schwefelsaures  Cinchonicin. 

Ganz  in  der  nämlichen  Weise  bewirkt  man  die  Umwand- 
lung des  Chinins  in  eine  isomere  Base,  welche  Pasteur 
CMWofa  genannt  bat.  —  Beide  Basen  sind  fast  unldslich  in 
Wasser^  sehr  löslich  dagegen  in  gewöhnlichem  und  in  abio* 
lutem  Alkohol;  beide  schlagen  sich  aos  ihren  Lösungen  in 
Gestalt  flüssiger  Harze  nieder;  beide  lenken  die  Polarisa- 
tionsebene rechts  ab. 


^)  Compt.  Md.  XXXVII,  ItO. 


Die  Widersprttehe  9  welche  seitlier  in  den  Angaben  dar 
Chemiker  besttgtich  der  Bigenschtfken  des  Chinidins  zu  finden 
waren,  hat  Paalenr  durch  die  Bntdeokunf  aufgeklärt,  dafn 
die  unter  diesem  Namen  bdmndette  Substanz  fast  immer  ein 
Gemenge  zweier  AlkabKde  Ton  verschiedenen  Eigenschaften 
und  in  wechselndem  Yerhiltnisse  ist,  welche  der  genannte 
Forscher  nun  durch  die  Namen  Chmk^  und  Omchamäm 
unterscheidet  Die  erstere  Base  ist  wasserhaltig,  efBoresci^ 
rend,  mit  dem  Chinin  isomer,  lenkt  die  Schwingungsebeae 
rechts  ab  und  fkrbt  sich  bei  successivem  Zusatz  von  Chlor 
und  Ammoniak  grün.  Das  Cinchonidin  dagegen  ist  wasserfrei, 
isomer  mit  dem  Cinchonin ,  dreht  die  Schwingungsebene  zur 
Linken,  und  giebt  unter  den  angegebenen  Umständen  nicht 
grüne  Färbung.  Setzt  man  käufliches  Chinidin  nadi  frischem 
Umkrystallisiren  warmer  Luft  aus,  so  eflloresciren  die  iby* 
stalle  des  eigentlichen  Chinidins  alsbald  und  stechen  mattweiis 
gegen  die  klar  gebliebenen  Cinchonidinkrystalie  ab. 

Merkwürdig  ist,  dafs  die  beiden  letztgenannten  Baaen, 

das  Chinidin  und  Cinchonidin,  sich  unter  gleichen  Umständen, 

wie  das  Chinin  and  Cinchonin,  in  die  nämlichen  isomeren  Ver^ 

bindnagen,  das  Chinicin  und  Cinchonicin,  umsetzen.  Das  Dreh- 

vermag en  der  genannten  sechs  Basen  verhält  sich,  wie  folgt : 

Chinin  :  stark  links  Cinchonin  :  stark  rechts 

Chinidin  :  stark  rechts         Cinchonidin  :  stark  links 

Chiaiein  :  schwach  rechts    Cinchonicin  :  schwach  rechts. 

Fasteur  giebt  diesem  Verhalten  folgende  Auslegung  : 

Das  Cbimamolektll  ist  zusanunengesetzt ,  bestehend  aus  zwei 

oplidch  wirksamen  Kttrpem,  deren  einer  stark  links,  der  andre 

achwach  rechts  ablenkt  Der  letztere  widersteht  einer  isomeren 

Umwandhing  durch  die  Wärme  und  wirkt  im  Chinicin  optisch 

fort,  während  der  erstere  Bestandtheil  unwirksam  gewiwdaa 

ist.  Im  Chinidin,  dessen  MolekUl  ebenfalls  als  zusammengesetzt 

anzusehen  wäre,  sind  die  beiden  constituirendea  Bestandtheile 


recktodrehend I  der  eine  stärker,  der  andre  sckwäcber;  der 
erstere  wird  diurck  Einwirkung  der  Wärme,  bei  welcher  fiick 
die  Verbindung  in  Cbiniein  verwandelt,  unwirksam,  so  gut 
wie  der  linksdrebende  Bestandlheil  des  Chinins  unter  den 
nämlichen  Umständen.  Es  ist  nun  nicht  nöthig,  die  ganz  ent- 
sprechenden Ansichten  Pasteur's  bezüglich  der  UmbiMan- 
gen  der  Cinchoningruppe  zu  entwickehi. 

Das  CSiinoidm  ist  nach  Fast  cur  stets  ein  Zersetznngspro-» 
dttct,  welches  sich  ans  dem  Chinin,  Cinchonin  u.  a.  durch  Bin* 
Wirkung  des  Lichtes  (schon  in  der  vom  Stamme  getrennten 
Rinde  benn  Trocknen  im  Sonnenschein}  oder  erhöhter  Tem- 
peralor  bildet. 

Pasieur"*")  fand  noch  Folgendes.  Wenn  man  bei  dea 
oben  beschriebenen  Umwandlungen  anstatt  der  schwefebanren 
Sthe  des  Chinins  und  Ctnchonins  sich  der  weinsauren  Salze 
bedient  und  die  Wirkung  der  Wärme  über  den  Punkt  fortsetzt, 
welcher  Chinicin  und  Cinchonicin  liefert,  so  wirft  sich  der 
raodücirende  Binflufs  der  Wärme  endlich  auf  die  Weinsäure. 
Weinsavres  Cinchomn  z.  B.  wird  zuerst  weinsaures  Cinchoni-r 
ein,  das  Cänchonicin  verliert  dann  bei  fortdauernder  Erhitzung 
Wasser,  fäiiH  sich  und  verwandelt  sich  in  Chinoidin.  Die 
Weinsäure  aber  ist  nach  5  bis  6  Stunden  anhaltenden  Br« 
hüzens  auf  170^  C.  theilweise  zu  Traubensäure  geworden« 
Wenn  die  in  dem  Kolben  enthaltene  schwarze  harzige  Masse 
wiederholt  mit  siedendem  Wasser  behandelt,  die  PlQssigkwt 
iltrirt  nnd  nach  dem  Erkalten  mit  überschüssigem  Chk^calcittm 
vMsetzt  wird,  so  fällt  die  Traubensäure  als  traubensaurer 
Kalk  nieder.  Das  Cinchonicin  wirkt  bei  dieser  Umwandlung 
niebt  durch  sane  q^tischen  Eigenschaften,  sondern  nur  in  » 
fem  mit,  als  es  der  Weinsäure  Widerstandsfähigkeit  gegen 
die  Hitze  verleiht.    Der  Weinsäureäther,  eine  Vertindung  de» 


*)  Compi.  rend.  XXXVII,  162. 


813  Opihek^d^emiteke  ütdtrMmckmugm. 

Weinsiure  »ii  einem  optisch  unwirksamen  Kdrper,  aber  Mug 
eine  höhere  Temperatur  zu  ertragen,  liefert  unter  Emwirkaiig 
<ier  HHze  ebenfalls  nicht  unbetrftchtliehe  Mengen  van  Tran- 
bensiure. 

Die  so  erhaltene  Traubensiure  hat  alle  BigeMchaftea 
der  gewöhnlichen,  namentlich  ist  sie  in  die  starkdrehenden 
Rechts-  und  Links weinsfture  zerlegbar;  und  es  folgt  Ueraiis 
unmittelbar,  dafs  die  Rechtsweipsäure ,  aus  welcher  ja  die 
Traubensinre  erhalten  wurde,  theilweise  wenigstens  ttber- 
fkhrbar  ist  in  Linksweinsäure,  während  doch  andrerseits  noch 
niemals  aus  einem  unwirksamen  Körper  ein  optisch  wirkst* 
mer  kttnstlich  dargestellt  worden  ist,  und  fast  alle  Produde 
des  Pflansenorganismus  jene  unsymmetrische  Beschaffenheit 
nach  Art  der  Weinsäure  zeigen. 

Anfiierdem,  dafs  P  a  s  t  e  u  r  unter  den  nämlichen  UmsÜB- 
den,  wie  bei  den  beschriebenen  Versuchen,  auch  die  Linka- 
weinsäore  in  spaltbare  Traubensäure  verwandelte,  also  die 
umgekehrte  dm*  obigen  Umwandlung,  nämlidi  die  theilweiae 
Ueberflihrung  von  Linksweinsäure  in  rechtsdrehende  ansfilhrte, 
erhielt  er  auch  noch  eine  vierte  Modification  der  Wdnsäure. 

Derselbe  Procefs  nämlich,  welcher  ihm  Tranbensäure  aus 
Weinsäure  lieferte,  erzeugte  auch  eine  Weinsäure,  welche 
vollkommen  krystallisirt  und  Salze  giebt ,  die  an  Sdiön- 
beit  weder  den  weinsauren  noch  den  traiAensauren  Salzen 
nachstehen,  aber  optisch  unwirksam  und  nicht  nach  Ari  der 
Traubensäure  in  optisch  wirksame  Säuren  spaltbar '  ist  Au 
der  Pittssigfceit  nämlich,  ans  welcher  man  den  niedergefatteneii 
traubensauren  Kalk  sogleich  abültrirt  bat,  setzt  sich  nach  24 
Standen  eine  Krystaliisation  von  unwirksaihem  weinsaurem  KA 
ab.  Die  Bildung  der  unwirksamen  Säure  geschieht  auf  Kosten 
viorfaer  schon  gebildeter  Tranbensäure;  denn  wenn  trauben* 
saures  Cinchonin  einige  Stunden  auf  i70®  erhalten  wird,  ver* 
wandelt  sich  ein  grofser  Theil  in  unwirksame  Weinsäure. 


Opik€h'€k§mitcke  UtUemmekmgm.  Sit 

SehHeTsKch  bemerkt  Paste ur,  dab,  wenn  dem  Typuf 
der  vier  Weinsäuren  :  der  rechisdrebenden,  linksdrehendeiii 
der  Vereinigungr  beider  zu  Traubensäure,  und  der  unwirksa- 
men, sich  in  der  Folge,  wie  buchst  wahrseheiirliob,  noch  eine 
grofse  Anzahl  anderer  Verbindungen  anscbliefsen  würde,  man 
leicht  auf  Schwierigkeiten  bezüglich  der  Spaltung  der  dritten 
dieser  Hodificationen  in  die  beiden  ersten,  die  rechts-  und 
linksdrehende,  hätte  stofsen  können.  Diese  Spaltung  habe 
sich  bei  der  Traubensäure  ganz  zufällig  in  dem  Doppelsalze 
von  Natron  und  Ammoniak  dargeboten. 

Bin  allgemeines  Verfahren  aber  der  Spaltung  ergebe 
sich  nunmehr  als  Consequenz  der  Entdeckung  des  ganz  üb-* 
gleichen  chemischen  Verhaltens  isomerer,  aber  optisch  ent- 
gegengesetzt wirkender  Substanzen  gegen  dritte  optisch  wirk- 
same Körper,  einer  Entdeckung,  welche  in  diesen  Annalen*} 
bereits  besprochen  wurde.  Bezüglich  der  Traubensäure  haben 
das  Chinicin  und  Cinchonicin  diesen  Dienst  sehr  vollständig  gelei- 
stet. Bei  Anwendung  concenirirter  Lösung  von  traubensaurem 
Cinchonicin l)esteht  die  erste  Krystallisation  immer  zum  gröfse- 
ren  Theil  aus  dem  links  wein  sauren  Salze,  das  rechtsweinsaure 
bleibt  in  der  Lösung.  Bei  dem  Cbinicinsalze  ist  der  Bffeet 
der  umgekehrte.  Pasteur  hält  dafür,  dafs  diese  Methode 
der  Verallgemeinerung  fähig  sei. 

Bouchardat  und  Boudet**}  haben  das  optische  Dre- 
hungsvermögen einiger  organischen  Basen  gemessen  und  bei 
dieser  Gelegenheit  auch  die  obige  Erfahrung  Pasteur*«  b»^ 
stätigt  gefunden,  dafs  die  unter  dem  Namen  Chinidin  vor^ 
kommende  Substanz  keineswegs  von  einer  diirchgehends  gteick- 
artigen  BeschaiTenheit  ist  —  In  der  folgenden  Uebersicht  be« 
deutet  e  den  Gewichtsantheil  der  optisch  wirksamen  Snbstanz, 


*)  Diete  Annalen,  LXXXiV,  iSß. 
^•)  lonrn.  Pliann.  [S]    XXIII,  38a 


Sl« 


0pii$A''€kemi9(dm  fbämmcktmgm. 


6  den  Gewichtflanlhea  des  Lösungsinitleb,  i  die  DiekCe  der 
Lösung,  I  die  Temperatur,  auf  welche  sich  diese  Dichte  be- 
zieht, (a)  endlich  das  specifische  Rotationsvermögeo,  iär  eine 
Sffule  von  iOO>>>°  Länge  und  für  die  Uebergangsfarbe  : 


SolMtMIK 


Laranfiautlal 


e 


(«) 


Chinidio      .     .    • 

Mumdio  IQ  Alko- 
hol mil  Saluiure 

Chiaiilia  (nach  Pa- 
•tear)  ,    .    .    . 

Schwefeil.  Chini- 
4m 

Schwefels.  Chini- 
dia 

Cod^in  .    .    .    . 

Ifarcöin       .    .    . 


Alkohol 

Geeftaerter 

Alkohol 

Ahaal.  Alkohol 

Gatinert.WaM»r 

GeaiuertWaaMr 

Alkohol 
Alkohol 
Alkohol 


0,031357 
0,031357 
0,012703 
0,03960 

0^05 

0,06349 
0,01572 
0,03125 


0,968543 

0,968643 

0,987297 

0,96040 

0,95 
0,93651 
0,98428 
0,96675 


0,8567 
0,8567 
0,7839 
1,01735 

14077 

03462 
035426 


13* 
13« 
13* 


109»,5IL 
140%7  » 
ltO«,9  n 


90»,9. 
118«,2, 
-      6»,7  • 


03737  1-1  28*,t, 

Die  Messung,  weiche  Bouchardat  und  Boudet  an  dem 
Ciüntdin  anstellten,  welches  sie  von  Merck  inDarmstadt  er- 
halten hatten,  stimmt  in  ihrem  Resultat  mit  der  Messung  Pa- 
steur's  so  nahe  überein,  dafs  die  verschiedenen  Beobachter 
offenbar  eine  gleichartige  Substanz  in  Händen  hatten  *J.  Be- 
trächtlich sind  dagegen  die  Abweichungen  des  optischen  Ver- 
mögens der  beiden  Proben  von  schwefelsaurem  Chinidin,  de- 
ren erste  von  Merck,  die  zweite  von  Henry  und  De- 
londre  herrührte.  —  Das  optische  Verhalten  dieses  Chinidins 
ist  übrigens  dem  des  Chinins  sehr  ähnlich,  da  beide  Substan- 
zen *zQr  Linken  drehen  und  das  Drehungsvermögen  beider 
ikirch  Zusatz  von  Säure  verstärkt  wird.  Wenn  man  noch 
weiter  in  Anschlag  bringt,  dafs  das  Chinidin  gerade  wie  das 
Chinin  durch  mit  Jod  versetztes  Jodkalium  gefallt  wird,  und 
der  Niederschlag  sich  auf  gleiche  Weise  unter  dem  Einflufs 
des  Sauerstoffs  färbt,  so  spricht  diefs  nach  Bouchardat  und 
Boudet  für  eine  grofse  Analogie  zwischen  Chinidin  und  Chinin. 


*)  Pastear*«  Chinidin  dreht  die  Pohu^sati^aaebepe  nach  reobtf(S.210). 

D.  R. 


MS 

Zur  Photograpliie. 


Es  ist  früher  in  diesen  Annalen  *}  mitgetheilt  worden, 
auf  welche  Weise  Nidpce  de  Saint  Victor  die  Eigen* 
Schäften  der  Joddämpfe,  sich  nur  auf  den  schwarzen  Theilen 
einer  Papierfläche  niederzuschlagen,  welche  einen  Kupferstich 
oder  eine  auf  anderem  Wege  aufgedruckte  Zeichnung  ent- 
hält ,  benutzte,  um  Abdrücke  von  solchen  Kupferstichen  und 
dergl.  auf  mit  Stärkekleister  getränktem  Papier  darzustellen. 
Diese  Abdrücke  waren  übrigens  sehr  vergänglicher  Natur 
und  erst  neuerdings  ist  es  Niepce**}  geglückt,  eine  Me- 
thode der  Fixirung  aufzufinden. 

Man  taucht  das  Papier  oder  die  Glasplatte,  auf  welches 
das  Jodstärkebild  erhalten  wurde,  in  eine  Ldsung  von  sai- 
petersaurem  Silberoxyd;  die  Zeichnung  verschwindet  dann, 
indem  an  die  Stelle  der  Jodstärke  nunmehr  Jodsilber  tritt 
Setzt  man  nun  die  Platte  dem  Lichte  aus,  so  wird  das 
empfindliche  Jodsilber  eher  durch  dasselbe  afficirt,  als  das 
salpetersaure  Silberoxyd,  mit  welchem  der  vorher  weifs  ge- 
bliebene Theil  der  Platte  sich  überzogen  hat.  Man  bringt 
das  Bild  alsdann  mit  einer  LöiÄing  von  Gallussäure  zum  Vor- 
schein und  fixirt  mit  unterschwefligsaurem  Natron. 

Niepce  bemerkt  noch,  dafs  ein  geschickter  Photograph, 
Bayard,  noch  eine  andere  Anwendung  von  den  Joddämpfen 
gemacht  habe.  Er  lege  den  mit  Joddäropfen  imprägnirten 
Kupferstich  auf  eine  mit  empfindlicher  Albuminsohichte  über- 
zogene Spiegelplatte  und  bringe  so  negative  Bilder  hervor, 
von  welchen  er  dann  beliebig  viele  und  sehr  gelungene 
positive  Abdrücke  nehme,  ohne  dafs  dem  ursprünglich  ange- 
wendeten Stich  bei  dieser  Methode  der  geringste  Schaden 
zugefügt  werde. 


*)  Dieie  Aon.  LXVIII,  300. 
—)  Compt  reod.  XXXVI,  581. 


tl«  Zm  Pkoiograpkk. 

Talbot*)  bat  rieb  seit  ttngerer  Zeit  bemttht,  Stidie 
auf  Slahlplatten  allein  durch  die  Wirkung  des  Licbtes  und 
chemischer  Ageniien,  ohne  Beihülfe  des  Grabstichels,  zu  er- 
halten. Die  folgende  Methode  hat  ihm ,  wenn  auch  nicht 
YoIIkommene,  doch  schon  gute  Resultate  geliefert.  Die  Stahl- 
platte^  welche  ftir  den  Stich  bestimmt  ist,  wird  zunächst  in 
Weinessig  getaucht,  welcher  mit  etwas  Schwefelsiure  versetzt 
ist;  sie  wird  auf  diese  Weise  geeignet  gemacht,  die  pholo- 
graphische  Schichte,  womit  sie  überzogen  werden  soll,  fest- 
zuhalten. Nachdem  sie  getrocknet  und  etwas  erwärmt  ist, 
wird  jene  lichtempfindliche  Schichte,  bestehend  aus  einer 
Mischung  von  Leim  mit  doppelt-chromsaurem  Kali,  aufgetragen 
und  bei  horizontaler  Lage  der  Platte  durch  eine  untergehal- 
tene Weingeistlampe  langsam  getrocknet,  bis  die  Oberfläche 
eine  schöne,  gleichmäfsig  gelbe  Fari)e  angenommen  hat. 
Wenn  man  wolkenartige  Streifen  bemerkt,  welche  durch  eine 
Art  mikroscopischer  Krystallisation  hervorgebracht  werden, 
so  ist  diefs  ein  Zeichen,  dafs  man  verhältnirsmäfsig  zu  viel 
chromsaures  Salz  genommen  hat,  und  man  mufs  von  Neuem 
beginnen,  indem  man  diesen  Fehler  verbessert 

Flache  und  durchscheinende  Körper,  wie  Spitzen  oder 
Pflanzenblätter,  welche  abgebildet  werden  sollen,  kann  man 
unmittelbar  auf  die  lichtempfindliche  Schiebte  auflegen.  Von 
anderen  Gegenständen,  welche  dazu  sich  eignen,  mufs  man 
erst  ein  positives  Lichtbild  auf  dem  gewöhnlichen  Wege  her- 
stellen und  dieses  auf  die  Stahlplatte  legen.  Man  läfst  als- 
dann das  volle  Sonnenlicht  eine  bis  zwei  Minuten  lang  ein- 
wirken und  sieht  nach,  ob  man  eine  getreiUe  Abbildung,  welche 
gelb  auf  braunem  Grunde  erscheinen  mufs,  erhalten  hat.  Ist 
diefs  der  Fall,  so  wird  die  Platte  eine  bis  zwei  Minuten  in 
kaltes  Wasser  gebracht,  welches  das  Bild  bleicht;  dann  taucht 


*)  Compt.  reod.  XXXVI,  78a 


Imr  PkoiogmpUe.  217 

man  es  einige  Augenblicke  in  Alkohol,  Übt  diesen  denn 
abtropfen  und  das  Bild  in  mlifsiger  Wurme  langsam  trock« 
nen.  —  Das  Lichtbild  ist  nun  fertig;  es  erscheint  weifs 
auf  braunem  Grunde  und  tritt  meist  etwas  erhaben  hervor, 
da  das  Wasser  an  den  dnrch  das  Licht  veränderten  Stellen 
das  Chromsalz  wegnimmt  und  die  Leimschichte  ^  indem  es 
auch  diese  theilweise  auflöst,  aufqnellen  macht  Giebt  man 
nun  etwas  verdünnte  Salpetersäure  auf,  so  wird  diese  zwar 
zunächst  vorzugsweise  auf  die  vom  Lichte  getroffenen  Stellen 
einwirken,  da  hier  das  Wasser  etwas  vorgearbeitet  hat.  Sehr 
bald  jedoch  greift  sie  auch  die  übrigen  Theile  der  Platte  an, 
und  sie  ist  darum  zur  Herstellung  einer  scharfen  Gravirung 
so  wenig  geeignet,  wie  die  meisten  anderen  Flüssigkeiten, 
welche  den  Stahl  angreifen.  Glücklicherweise  hat  das  Pbtin- 
Chlorid  die  Eigenschaft,  die  Leimschichte  unverletzt  zu  lassen, 
den  Stahl  dagegen  anzugreifen;  doch  muGs  es,  wenn  die 
Gravirung  gut  werden  soll,  sehr  genau  mit  einem  bestimmten 
Verhältnifs  Wasser  gemischt  sein.  Am  Besten  stellt  man  erst 
«ne  vollkommen  gesättigte  Lösung  von  Platinchlorid  dar,  fügt 
dann  noch  ein  Viertel  des  Volums  Wasser  zu,  und  corrigirt 
den  Concentrationsgrad  mittelst  einiger  Proben.  Man  giefst 
nun  von  dieser  Lösung  eine  äufserst  dünne  Schichte  auf  die 
horizontal  gelegte  Stahlplatte;  nach  zwei  Minuten  sieht  man 
das  weifse  Lichtbild  sich  schwärzen,  ein  Zeichen,  dafs  die 
Auflösung  des  Stahls  begonnen  hat.  Man  wartet  dann  noch 
zwei  Minuten,  lälst  dann  die  Platinlösnng  ablaufen,  trocknet 
mit  Fliefspapier ,  wascht  mit  Wasser,  welches  Kochsaht  auf- 
gelöst enthält,  und  indem  man  mit  einem  feuchten  Schwämme 
kräftig  reibt ,  entfernt  man  die  ganze  Leimschichte  und  es 
kommt  nun  der  erhaltene  Stich  deutlich  zum  Vorschein. 

Tal  bot  bespricht  noch  eine  Methode  ^  nach  welcher  er 
auf  die  Fläche  der  abzubildenden  Gegenstände  sehr  zarte 
Schattirungen  zu  bringen  wufste.    Er  bedeckte  nämlich  die 

Ann.  d.  Chem.  n.  Pbann.  LZZXVIU.  Bd.  S.  Heft.  15 


21d  Zur  noiograpkie.         , 

Mchtempfindliche  Schichte  der  Stahlplatte  iuerat  mit  einem 
Kreppschleier  oder  schwarzer  Gaze  und  setzte  sie  der  Sonne 
ans.  Die  Platte  überzieht  sich  dadurch  mit  einer  grofsen 
Menge  feiner  dunkler  Linien.  Wenn  man  nachher  einen 
Gegenstand  ebenfalls  im  Sonnenlicht  sich  abbilden  Ififst ,  so 
werden  die  Linien  in  den  heuen  Parlhieen,  wo  das  Licbl 
fortwährend  stark  einwirken  konnte,  wieder  zerstört  und 
bilden  zuletzt  nur  in  den  dunklen  Räumen  eine  um  so  zartere, 
feinere  Schattirung,  je  feiner  der  Krepp  war,  womit  man  (fie 
Platte  bedeckte.  Wenn  man  das  Zeug  mehrfach  übereinander- 
legt, kann  man  vielfach  sich  kreuzende,  dunkle  Linien  erhalten. 

Durch  die  vorstehende  Mittheilung  Talbot's  wurde 
Nidpce  de  Saint  Victor*)  bewogen,  die  Versuche, 
welche  er  nach  dem  Vorgange  seines  Oheims,  N.  Ni^pce, 
zu  dem  nämlichen  Zwecke,  der  Gravirung  von  Stahlplatten 
unmittelbar  durch  den  Einflufs  des  Lichtes,  gemeinschafUich 
mit  Lemaitre  angestellt,  bekannt  zu  machen.  Er  sagt  : 
„Nachdem  die  Stahlplatte  mit  Kreide  geputzt  ist,  giefst  man 
eine  Lösung  von  1  Theil  Salzsäure  in  20  Theilen  Wasser 
darauf,  wascht  dann  wieder  mit  Wasser  ab  und  trocknet. 
Hierauf  trägt  man  mittelst  einer  mit  Leder  überzogenen  Walze 
eine  Schichte  von  in  Lavendelessenz  gelöstem  Asphalt  (Juden- 
pech, bitume  de  Judee)  auf  die  polirte  Platte,  trocknet  bei 
mäfsiger  Wärme  und  hält  dann  die  Platte  vor  Licht  und 
Feuchtigkeit  geschützt. 

Man  legt  dann  ein  auf  Albumin  oder  auf  wachsgetränk- 
tem Papier  dargestelltes  positives  Lichtbild  des  Gegenstandes, 
von  welchem  man  eine  Gravirung  zu  erhalten  wünscht,  auf 
diefPlatte  [und  läfst  das  Licht^'einwirken,  etwa  eine  Viertel- 
stunde bei  directer  Sonne,  oder  eine  Stunde  bei  diffusem 
Tageslicht.    Als  Lösungmittel  der?  Pirnifsschichte  wendet  man 


*)  Compt  rend.  XXXVf,  906. 


eiM  Mifollung  von  3  TheOeii  reGtificirtem  Naplitaia  und  1 
Tkeü  Bevin  an,  entfernt  sulelsl  das  Lteugamittd  mit  Was- 
eer  wid  trocknet« 

Dm  da«  enUtandene  Lichtbild  su  graviren^  bedient  sich 
Lemaitre  einer  Lösung  von  1  Raumtheil  Salpetersäure  in  8 
Rnnrntheilen  Wasser  und  2  RaumtheUen  AlkoboL  Letzterer  hat 
die  Wirkung,  dafs  das  Aetzmittel  die  Platte  sogleich  angrein, 
sobald  es  darauf  kommt.  Nachdem  es  kurxe  Zeit  gewirkt 
hat,  nimmt  man  es  weg,  wascht  und  trooknet  Nachdem  man 
eine  Wolke  von  Teinem  Haristaub  über  die  Platte  hat  nieder- 
fallen lassen  und  durch  Brwirmen  das  Harz  zum  Schmelzen 
gekracht  hat,  ist  dw  Fimifs  auf  den  nicht  zu  ätzenden  Thei- 
lern  der  Platte  nun  dergestalt  befestigt,  dafs  man  das  Aetz* 
mittel  unbesorgt  längere  Zeit  kann  einwirken  lassen  und  eine 
inureicbend  tiefe  Gravirung  des  Lichtbildes  erhält. 

Chevreul*}  bemerkt  zu  dieser  Publication  von  Niöpce, 
dafs  es  von  Interesse  sei,  zu  wissen,  ob  der  Asphaltfirnifs  sich 
allein  durch  den  Einflufs  des  Lichte«^  oder  unter  Mitwirkung  des 
Sauerstoffes  der  Luft  verändere,  wie  letzteres  bei  den  meisten 
gefärbten  Stoffen  der  Fall  sey. 

Lerebours,  Barreswil  und  Lemercier**}  haben 
Lichtbilder  anf  lithographischen  Stein  übertiHgen,  indem  sie 
diesen  mit  Asphaltfirnifs  überzogen,  mit  einem  negativen 
Uchtbüd  bedeckten,  die  Sonnenstrahlen  einwirken  lieüsen, 
den  Firnifs  an  den  vom  Licht  betroffenen  Stellen  mittelst 
Aether  wegnahmen  und  tU)rigens  den  Stein  nach  den  ge- 
wöhnlichen Methoden  der  Lithographie  behandelten. 

Bertsch***}  bemerkt,  dafs  er  entdeckt  habe,  worauf 
das  häufige  Mifslingen  der  CoUodionbilder  und  der  Lichtbilder 


•)  Compt.  rand.  XXX VI,  911. 
•*)  logt.  18S3,  164. 
••*)  Compt.  rand.  XXXVH,  135. 

15* 


2a0  Zur  PMagrapkU. 

Überhaupt,  bei  Anwendung  sehr  empfiniHieher  Reagenlian, 
beruhe.  Die  Ursache  sey  eine  Reduction,  welche  die  Süber- 
salze  nicht  selten  auch  in  den  vor  dem  Licht  vollkooimeii 
geschützten  Räumen  noch  vor  dem  Einbringen  in  die  dunkle 
Kammer  erleiden,  eine  Reduction,  welche  durch  in  der  Luft 
verbreiteten  freien  Wasserstoff,  Phosphorwasserstoff,  Sohwe- 
Felwasserstoff,  Kohlenwasserstoffe  oder  Dftmpfe  fitherischer 
Oele,  kurz  aller  Körper,  weiche  leicht  Wasserstoff  abgeben, 
veranlafst  werde.  Wo  kurz  vorher  Anstriche  mit  Oelfarbe 
oder  TerpentinBrnifs  gemacht  worden  seyen,  kdnne  man  mit 
Sicherheit  auf  dergleichen  redncirende  Wiricungen  rechnen. 
Um  ihnen  zu  begegnen,  genüge  es,  etwas  CUor  in  dem 
Räume  zu  verbreiten,  in  welchem  man  die  photograpUscben 
Arbeiten  vornehme. 

Heilmann*}  hat  einen  besonderen  Linsenappamt  coii- 
struirt,  um  mit  Hülfe  desselben  aus  dem  negativen  Bild  un- 
mittelbar positive  Bilder  in  beliebig  vergröfsertem  oder  ver- 
kleinertem Mafsstabe  zu  erhalten. 

Kingsley**}  hat  mittelst  der  neuen,  so  sehr  beschleu- 
nigten Methoden  der  Photographie  gute  Abbildungen  in  dem 
Kalklicht -Mikroscop  erhalten.  Ein  negatives  Bild  von  6  Zoll 
Durchmesser  bifdete  sich  in  Einer  Minute  volftommen  aus. 
Kingsley  beschreibt  das  von  ihm  zum  Zwecke  der  Photo- 
graphie besonders  eingerichtete  und  verbesserte  Gasmikro- 
scop  näher. 


*)  Compt  rend.  XXXVII,  136. 
•♦)  Phil.  Mag.  (4]  V,  459. 


221 
B«    CJheinl«. 

a.  UnorgaDische  Chemie. 

lieber  eine  neue  Oxydationsstufe  des  Wasserstoffs  und 

ihr  Verhältnirs  zum  Ozon. 


Der  riechende,  mit  stark  oxydirenden  Eigenschaften  be- 
gabte Körper,  welcher  bei  der  Electroiyse  von  Wasser  ent- 
steht, wurde  von  Schönbein  als  identisch  mit  demjenigen 
betrachtet,  welcher  durch  die  Einwirkung  electrischer  Funken 
auf  Sauerstoff  sich  bildet,  und  mit  letzterem  unter  dem  Namen 
(hon  begriffen,  der  auch  einer  bei  Einwirkung  von  Phosphor 
auf  sauerstoffhaltige  Luft  sich  bildenden  Substanz  beigelegt 
wurde  *).  W  i  1 1  i  a  m  s  o  n  suchte  schon  früher  zu  zeigen  **), 
dafs  das  auf  eiectrolytischem  Wege  dargestellte  s.  g.  Ozon 
von  den  auf  die  beiden  andern  Arten  entstehenden  Substanzen 
verschieden  ist,  und  dafs  das  erstere  eine  höhere  Oxydations- 
stufe des  Wasserstoffs  sey;  er  folgerte  dies  daraus,  dafs 
durch  die  Electroiyse  von  schwefelsäurehaltigem  Wasser  oder 
der  Lösung  von  schwefelsaurem  Kupferoxyd  entwickeltes 
ozonhaltiges  Sauerstoffgas,  durch  Ueberleiten  über  Chlorcal- 
cium  getrocknet,  unter  Verlust  seiner  auf  dem  Ozongehalt  be- 
ruhenden auszeichnenden  Eigenschaften  Wasser  bildet,  wenn 
es  durch  eine  glühende  Röhre  geleitet  wird. 

Baumert***)  hat  jetzt  das  auf  eiectrolytischem  Wege 
entstehende  Ozon  auf  das  Genaueste  untersucht.  Es  bildet  sich 
bei  der  Electroiyse  von  Wasser,  dem  man,  zur  Erhöhung 
seiner  Leitungstähigkeit ,  die  verschiedenartigsten  Substanzen 
—  Schwefelsäure,  Phosphorsäure,   Chromsäure  u.  a.  —  zu- 


*)  Ueber  frühere  Ansichten  vergl.   Williamspn's  Abhandlung  aber 
die  OzonUieorie  in  diesen  Annalen  LXI,  13. 
**)  Dieae  Annalen  LIV,  127  und  in  der  eben  angefikbrten  Abhandlung. 
•^)  Pogf.  Am.  LXXXIX,  d& 


tXt     Ueber  eme  neue  OxydaÜonsihife  des  WaBser$tüf$ 

gesetzt  hat.  Am  reicMfehsten  ist  4»  bei  der  Electrolyse 
des  Wassers  sich  entwickelnde  Saaeratoff  mit  Ozon  bdadea, 
wenn  dem  Wasser  schwefelsäurehaltige  Chromsäure  zugeselsl 
ist.  DaCs  dieses  Ozon  Sauerstoff  und  Wasserstoff  enthält^ 
bewiefs  Baumert  in  der  Weise,  dafs  er  das  getrocknete  ozon- 
haltige Sauerstofigas  durch  eine  hinge  enge  Röhre  streichen 
lieb^  deren  innere  Wandungen  mit  einem  hanchartigen  Aitfug 
von  wasserfreier  Phosphorsäure  beschhigen  waren  (was  am 
leichtesten  durch  einen  trocknen  Luftstrom  geschieht^  wel- 
cher das  eben  gebildete  Verbrennungsproduct  des  Phosphors 
durch  die  Röhre  treibt);  die  Phosphorsäure  bleibt  unverän- 
dert, bis  man  die  Mitte  der  Röhre  erhitzt,  wo  das  Ozon  zer- 
setzt wird  und  das  entstehende  Wasser  die  Phosphorsäure 
auflöst.  —  Zur  Bestimmung  der  Zusammensetzung  des  Ozons 
schlug  Baumert  folgenden  Weg  ein.  Er  liefs  den  dectri- 
sehen  Strom  auf  chromsäurehaltiges  Wasser  in  einer  Vor- 
richtung einwirken,  dafs  das  Sauerstoffgas  getrennt  von  dem 
gleichzeitig  freiwerdenden  Wasserstot^  sich  entwickelte; 
das  ozonhaltige  Sauerstoffgas  wurde  behufs  des  Trocknens 
durch  reine  Schwefelsäure  und  über  mit  Schwefelsäure  be- 
netzten Bimsstein  geleitet,  dann  durch  einen  mit  concentrirter 
Jodkaliumlösung  und  einen  mit  concentrirter  Schwefelsäure 
gefüllten  Kugelapparat  In  der  Jodkaliumlösung  schied  der 
mit  den  Elementen  des  Wassers  zu  Ozon  verbundene  Sauer- 
stoff eine  äquivalente  Gewichtsmenge  Jod  ab  (dieses  freie 
Jod  wirkt  später  auf  das  entstehende  Kali  unter  Bildung  von 
jodsaurem  Kali  und  Jodkalium  ein,  wird  aber  auf  den  Zusatz 
von  Salzsäure  seiner  ganzen  Menge  nach  wieder  in  Freiheit 
gesetzt);  das  durch  den  Gasstrom  der  Jodkaliumlösung  ent- 
zogene Wasser  wurde  in  dem  mit  Schwefelsäure  gefüllten 
Apparate  zurückgehalten.  Die  Menge  des  mit  den  Elemmi- 
ten  des  Wassers  zu  Ozon  verbundenen  Sauerstoffis  wurde 
aus  der  Menge  des  dadurch  ausgescfaiedeneii  Jods  (Mummt, 


tmd  Ar  Verhältnis  »um  Oion.  233 

und  dme  Bestjaimaiig  nach  den  Principien  der  von  Ban- 
0  (9 n*)  angegebenen  Methode  ausgeführt.  Die  Menge  des  bei 
eiaiMi  Versuch  zersetzten  Ozons  ergab  sich  aus  der  Gewichts- 
cmHihme,  welche  der  Jodkalinmapparat  und  der  Schwefel- 
sitapreappsand  zusammen  (nachdem  der  darin  entiiaitene  Sauer- 
stoff durch  atmosphärische  Luft  ersetzt  war}  nach  Beendi- 
gung des  V^suchs  zeigten.  Alle  Theile  des  Apparats,  mit 
welchen  Ozon  in  Berührung  kam,  mursten  wegen  de^  zer- 
stdrenden  Wirkungen  des  Ozons  auf  organische  Substanzen 
dnreh  Zusammenschmelzen  oder  Einschleifen  der  einzelnen 
Glasröhren  verbunden  werden.  Doch  ist  selbst  bei  der  Blec- 
trolyse  von  Wasser,  worin  schwefelsäurehaltige  Chromsäure 
aufgelöst  ist,  die  Menge  des  sich  bildenden  Ozons  nur  gering, 
eiwi  1  MiUigramm  Ozon  auf  10  Liter  Knallgas;  ein  Strom 
des  so  mit  Ozon  beladenen  SauerstoiTs  giebt  mit  Ammoniakgas 
weifse  Nebel  von  salpetersaurem  Ammoniak. 

Baumert  emultelte  auf  diese  Art  die  Zusammensetzung 
des  auf  electrolytischem  Wege  gebildeten  Ozons  zu  HOg  : 

,        .     .  standen 

berechnet  j 

Wasserstoff      4,00  4,34        3,76 

Sauerstoff      96,00  95,66      96,24 

100,00  100,00    100,00. 

Der  Zusammensetzung  nach  könnte  man  das  Ozon  für 
eine  Säure  halten,  aber  die  Bildung  salzartiger  Verbindungen 
desselben  gelang  nicht  Auf  die  Metalloxyde  der  Hagnesia- 
gruppe  scheint  es  ohne  Einwirkung  zu  seyn;  Quecksilber 
oxydirt  es,  ohne  sich  mit  dem  gebildeten  Oxyd  zu  vereini- 
gen; den  Farbstoff  des  Lackmus  zerstört  es  ohne  vorherge- 
hende Röthung;  an  leicht  oxydirbare  Substanzen  giebt  es, 
anter  Ausscheidung  von  Wasser,  leicht  Sauerstoff  ab. 


*)  Diese  Ann.  LXXXVI,  265. 


234  Vd>er  dm  Emßi^t  des  WasMers 

Von  diesem  electrolytisch  dargestellten  Ozon,  einem  Wn- 
serstoffhyperoxyd ,  ist  der  gleichfalls  als  Ozon  beieichaele 
Kdrper  verschieden,  in  welchen  reines  Sauersloffgas  dofch 
die  Einwirkung  electrischer  Funken  ttbergeffihrt  wkd  und 
der  als  eine  allotropische  Modification  des  Sauerstoffs  su  be- 
trachten ist.  Baumert  entwickelte  durch  Blectrolyse  von 
verdünnter  Schwefelsäure,  die  etwas  Eisenvitriol  enthvsll. 
Sauerstoffgas;  er  leitete  dieses,  getrennt  von  dem  sich  abschei- 
denden Wasserstoff,  zum  Trocknen  durch  Schwefelsiure,  zur 
Beseitigung  von  Ozon  und  etwa  darin  vorhandenem  Wasser- 
stoff durch  eine  glühende  Glasröhre,  zur  voHstftndigen  Be- 
freiung von  Ozon  über  Jodkaliumstttcke  und  zum  voUstündi- 
gen  Trocknen  durch  staubige  Phosphorsäure;  das  so  von 
Ozon  und  Wasserdampf  befreite  Sauersto%as  strich  dam 
durch  eine  Glasröhre,  in  welche  Platindrtthte  eingeschmolzen 
waren,  zwischen  denen  man  electrische  Funken  (von  einer 
kmfUgen  Inductionsspirale  in  rascher  Aufeinanderfolge  ge- 
liefert) überschlagen  lassen  konnte.  Unter  dem  Binflals  der 
electrischen  Funken  wurde  das  Sauerstoffgas  ozonisirt  und 
erhielt  es  die  Eigenschaft,  aus  Jodkaliumlösung  Jod  abzu- 
scheiden; diese  Eigenschaft  wie  den  penetranten  Geruch  des 
Ozons  verlor  das  so  veränderte  Sauerstoffgas  «wieder,  wenn 
man  es  durch  eine  auf  etwa  200®  erwärmte  Glasröhre  hio- 
durchstreichen  liefs. 


Ueber  den  Einflufs  des  Wassers  bei  chemischen 

Zersetzungen. 


H.  Ro.se  hat  seine  Untersuchungen  über  das  Vwhalten 
des  Wassers  gegen  Borsäure  in  borsauren  Salzen  *3  fortge- 


*)  VergL  di«ie  Ann.  LXXXIV,  216. 


bei  chemitehm  Zeneiwimgen,  235 

setzt,  und  namentlich  die  Vertiin dangen  der  Borsäure  mid 
des  Wassers  mit  Silberoxyd  *)  und  mit  Eisenoxyd  **}  im* 
tersucht. 

Werden  concentrirte  Lösungen  gleicher  Atomgewichte 
sftlpetersauren  Silberoxydes  und  einfach-borsauren  Natrons  in 
der  Kälte  mit  einander  vermischt,  so  entsteht  ein  schmutzig- 
gelber  käsiger  Niederschlag,  welcher,  wenn  er  ohne  nusge- 
waschen  zu  werden  zwischen  Pliefspapier  ausgeprefst  wird, 
fast  ganz  aus  einfach-borsaurem  Silberoxyd  AgO,  BO«  +  HO 
besieht,  dem  nur  sehr  wenig  freies  Silberozyd  betgemengi 
ist.  Bei  dem  Auswaschen  dieses  Niederschlags  mit  kaltem 
Wasser  wird  fast  alle  Borsäure  entzogen,  doch  geht  auch 
Silberoxyd  in  Lösung  über;  in  einem  längere  Zeit  aüsge* 
waschenen  Präparate  wurden  6  At.  Silberoxyd  auf  1  At.  Bor- 
sture  gefunden.  —  Bei  dem  Mischen  kochender  concentrirter 
Lösungen  von  einfach*borsaurem  Natron  und  salpetersaurem 
Silberoxyd  entsteht  sogleich  ein  brauner  Niederschlag,  wel- 
cber  beim  Kochen  mit  der  Flüssigkeit  noch  dunkler  wird  und 
nur  aus  Silfieroxyd  besteht. 

Bei  Mischung  concentrirter  Lösungen  gleicher  Atomge- 
vrichte  salpetersauren  Silberoxydes  und  zweifach -borsauren 
Natrons  (gewöhnlichem  Borax)  in  der  Kälte  entsteht  ein 
weifser  Niederschlag,  welcher,  zwischen  Pliefspapier  auagei- 
prefst,  annähernd  die  Zusammensetzung  3  AgO,  4  BOt  zeigte; 
bei  dem  Auswaschen  des  weifsen  Niederschlags  mit  kaltem 
Wasser  bräunte  er  sich  oberflächlich,  und  die  Zusammensetzung 
näherte  sich  dann  der  Formel  4  AgO,  6  BO».  —  Bei  Mischung 
kochender  concentrirter  Lösungen  beider  Salze  nach  gleichen 
Atomgewichten  entsteht  eine  weifse,  aber  bald  schmutzig- 
grau  werdende  Fällung,  welche,  zwischen  FUefspapier  aus-* 


•)  Pogg.  Ann.  LXXXVIII,  482. 
**)  Pogf.  AoD.  LXXXIX,  473. 


aas  üeber  kmUlkh  hrfsiaUmtim  KoUmüaf. 

fcprelrt,  die  ZuMSimMsetsiuigf  AgO^  BO»  «f*  HO  ergab.  Wird 
al«r  die  Miaehiuig  der  kochendea  Lösungen  im  Kochen  er-- 
halten,  so  fkrbt  sich  der  graae  Niederschlag  braun  und  dann 
«shwarsbraun  nnd  isl  nach  dem  Auswaschen  mit  heibem 
Wasser  reines  Silberoxyd,  was  nur  etwas  Kohlensiore  ans 
der  LbA  angenommen  hat. 

Bei  der  FttHung  von  schwefelsaurem  Bisenoxyd -Ammo* 
takk  mk  überschüssigem  einfach -borsaurem  Natron  in  der 
litte  entstand  ein  vohiminüser  hellbraune  Niederschlagi  wel- 
cher, nicht  aisgewaschen,  sondern  zwischeu^Fliefspapio'  ye- 
pselhi  und  bei  100*  getrocknet,  die  Zusammensetzung  4(FeiOt» 
BO«  +  HO)  +  (NaO,  HO,  +  2  HO)  ergab.  Rose  betraohlel 
ihn  als  ein  wahres  Doppdsalz,  weil  derselbe  beim  Trocknen 
m  der  Luft  keine  Kohlensäure  anzog;  der  Niederschlag  wurde 
durch  Auswaschen  mit  kaltem  Wasser  dunkler,  verlor  das 
Natron  und  viel  Borsäure,  und  seine  Zusammensetzung  ent- 
sprach dann  nach  dem  Trocknen  bei  100*  der  Formel  (FotOa» 
BO,  +  HO)  +  5  (Fe,Ot,  HO).  —  Bei  dem  Fällen  des  schwe- 
felsauren Eisenoxyd-Ammoniaks  mit  überschüssigeib  zweifach- 
bonaurem  Natron  in  der  Kälte  entstand  gleichblls  eine  hell- 
krawie  voluminöse  Fällung,  bei  .100*  getrodmet  4  (Fe,Ot, 
BQ,  +  HO)  +  (NaO,  2  BO,  +  5  HO),  welche  durch  Auswa- 
sehen mit  kaltem  Wasser  und  nadiheriges  Trocknen  bei  100* 
m  (Fe^Ot ,  BO,  +  HO)  +  8  (FetO,,  HO)  wurde. 


lieber  künstlich  krystallisirten  Kohlenstc^. 


Despretz*)  Ibeilt  als  Resultate  auf  dteseh  Gegenstnud 
bezUgUcher  Versuche  Folgende»^  mit  Als  in  einem  lufUeeren 
Räume  ein  Kohlencylinder  (aus  reiner  Zuckerkohle)  einem 


*)  CMpt  Md.  xxxvD,  aee,  443. 


Ü0b.  d  Emw.  d.  KMmsimre  «.  Bwr9iti$n  a.  laekimuHnkhar.  9Bf 

tos  Pbtin  bestehenden  Drahtbüsdiel  unter  5  bis  6  Centimetet' 
Abstand  gegenübergestelU  wurde  und  ein  taüftiger  Indne»« 
tionsBtrom  anhdtend  llbergelettet  wurde,  so  dafs  ein  deo^ 
Irischer  Liehtbogen  fortwährend  zwischen  der  Kohle  «nd  de« 
Ptailin  Torhanden  war^  zeigte  sich  nach  vierwöokenUiekesDi 
Ueberstrtoien  der  Eledricität  an  den  PlatindrüMen  ein  Absato 
▼on  KohlCi  weidier  tbeilwetse  unier  SOmaliger  YergrdfeeriMf 
kryslaHinische  Structar,  durchscheinende  Oetaäderfragnmitey  zu 
erkennen  gab ;  dieser  krystallinische  Absatz  erwies  sich  geg^i 
Robin  a)s  in  der  Härte  dem  Diamantpulver  nündestens  sehr 
nahe  stehend.  Bei  einem  ähnliehen  Versuch,  wo  dem  Kohn 
lencylinder  eine  polirte  PlatinpIaUe  gegenüber  gestdlt  wurde^ 
schied  sich  an  dieser  Nichts  Krystallinisehes  ab.  Als  ai» 
Kohlencyiinder  als  positives  Polende  und  ein  Platindrabt  ab 
negatives  m  schwach  angesäuertes  Wasser  gesteOt  «nd  der 

m 

Strom  einer  schwachen  D an iell' sehen  Batterie  wtdirend 
linger  als  2  Monaten  hindurchgeleitet  wurde,  zeigte  sich 
der  Platindrabt  am  negativen  Polende  mit  einer  schwarze« 
Sdiichte  bedeckt.  Als  mit  Alkohol  verdünnter  flüssiger  GUoth 
koUensloff  etwa  6  Monate  hindurch  der  Einwirkung  eines 
schwachen  electrischen  Stroms  unterworfen  wurde,  überzog 
sich  das  aus  Kupfer  bestehende  positive  Polende  mit«  grün- 
lichen Krystallen,  das  aus  Platin  bestehende  negative  Polende 
mit  einer  briunliehen  warzenfcirmigen ,  einzelne  glänzende 
Flächen  zeigenden  Substanz,  welche  an  Härte  dem  oben  be- 
sprochenen krystallinischen  Körper  nahe  kam. 


\h\eT  die  Eäiwirkung  der  Kohlensfliire  und  der  Per- 

Mure  auf  Lackmualinktur. 


Man  betrachtete  bisher  die  KoUensttire  ood  die  Borsikire 
als  besonders  schwache  Säuren  auch  aus  den  Gnaid,  ««il  sie 


33S  D€ber  da$  Offnerem  umä  Sieden 

iKe  LackmustinkUir  nrnr  weinroth  flirben,  während  die  stärke- 
ren Säuren,  wenn  ne  in  einigennafsen  erbeblicber  Menge  frei 
▼orkanden  sind,  die  Lacknrastinklur  zwiebelroth  fiirben.  Nacb 
Malagnti*}  TerbaMen  rieb  indeTs  die  Kohlensäure  und  die 
Boraänre  ganz  so  wie  die  anderen  Säuren,  sofern  auch  sie, 
wenn  nnr  in  genügender  Menge  wirkend ,  zwiebelrothe  Fär- 
bng  der  LackmuslinkUir  hervorbringen.  Wird  verdünnte 
Lacknwitinktnr  unter  dem  Druck  von  1|  bis  2  Atmonphärea 
nüt  Kohlensäure  gesättigt,  so  färbt  sich  die  Flüsrigkeit  zwie- 
belroth; bei  dem  Entweichen  von  Kohlensäure,  im  leeren 
Räume  oder  durch  schwaches  Erwärmen,  geht  die  Farbe  ins 
Weinrothe  ttber.  Kalt  gesättigte  Borsäurelösung  färbt  Lack- 
imstinktur  weinroth;  beim  Erwärmen  dies^  Flössigkeit  mit 
mehr  Borsäure  wird  aber  die  Färbung  zwiebelroth,  während 
bei  dem  Erkalten  der  heifs  gesättigten  Lösung  unter  Aus- 
scheidung von  Borsäure  die  Färbung  wieder  weinroth  wird. 
—  Die  Einwirkung  von  SchwefelwasserstoflT  in  gröberer  Menge 
auf  Lackmustinktnr  läfst  sich  in  der  eben  angedeuteten  Rich- 
tung nicht  untersuchen,  weil  beim  Sättigen  von  Lackmustink- 
tnr mit  Schwefelwasserstoff  unter  erhöhtem  Druck  der  Färb- 
Stoff  nersetzt  wird« 


lieber  das  Gefrieren  und  Siedln  der  Hydrate  der 

SchwefelsCure. 

Marignac^)  hat  hierüber  Versuche  mit  folgenden 
Resullaten  angestellt. 

Bei  dem  Erkalten  von  Schwefelsäure,  die  auf  1  Aeq. 
wasserfreie  Schwefelsäure  etwas  weniger  als  1  Aeq.  Wasser 


•)  Aaa.  eh.  pfcyi.  [9]  XXXVII,  900. 
^  Anh.  päfiL  ms.  XXUi  21». 


enthielt,  aaf  —  4  bis  —  6«  krystallirirte  das  Hydrat  SOt,  HO 
heraus,  ond  an  wasserfreier  Säure  reichere  Schwefelsäure  bliefe 
flüssig.  Der  Schmelzpunkt  des  durch  mehrfSaches  Krystalli- 
siren  gereinigten  und  durch  die  Analyse  smer  Znsanunen- 
Setzung  nach  bestimmten  Hydrats  SO«,  HO  ergab  sich  bei 
«f  I0*,4;  die  früheren  Angaben  fiir  diesen  Schmelzpunkt  und 
auch  Jacquelain's  Bestimmung*},  wonach  derselbe  bei  0* 
liegen  soll,  sind  zu  niedrig.  Marignac  findet  die  Ursache 
dieser  Irrthümer  darin,  dafs  man  als  reines  Hydrat  SOg,  HO  die 
durch  Einkochen  von  wässeriger  Schwefelsäure  erhaltene  Flüs- 
sigkeit betrachtete;  eine  solche  fand  er  bei  —  0^,5  fest  wer- 
dend, aber  die  von  dem  flüssig  gebliebenen  Theil  getrennten 
Kryslalle  zeigten  einen  höhern  Schmelzpunkt,  welcher  nach 
öfterem  Krystallisiren  auf  +  10^,3  stieg.  Die  durch  Einko* 
eben  concentrirte  Schwefelsäure  enthalt  nach  Marignac 
stets  etwa  ^  Aequivalent  Wasser  mehr,  als  der  Formel 
SOt,  HO  entspricht. 

Das  durch  Krystallisation  möglichst  rein  erhaltene  Hydrat 
SO,,  HO  zeigte  den  Schmelzpunkt  t0^,5;  es  bleibt  nach  dem 
Schmelzen  leicht  selbst  unter  0^  im  flüssigen  Zustand,  und  er- 
starrt dann  meist  selbst  nicht  beim  Schütteln,  sogleich  aber,  un- 
ter Erhöhung  der  Temperatur  auf  10^,5,  beim  Hineinwerfen 
von  etwas  krystallisirtem  Hydrat.  Sein  spec.  Gew.  ist,  bezogen 
auf  Wasser  von  derselben  Temperatur  als  Einheit,  1,854  bri 
0^",  1,842  bei  12«,  1,834  bei  24^  Es  giebt  bei  der  Destilla- 
tion zuerst  etwas  wasserfreie  Schwefelsäure  ab  und  wiri 
dabei  zu  der  Säure  von  der  Stärke,  wie  die  Air  durch  Ete- 
kochen  concentrirten ;  schon  bei  30  bis  40«  begtnnl  es  zu 
rauchen,  bei  stärkerer  Erwärmung  nimmt  die  Bntwickelung 
der   Dämpfe    von    wasserfreier    Schwefelsäure    zu.    Sieden 


*)  Diese  Annalen  LXXVI,  333. 


MO  UAm*  d  Gefirimm  m.  8i$den  d.  BifdtM^  d.  ad^wefebäu^ 


ioleuit  hH  890*  efauttreten ,   d)er  der  Siedepunkt  wird  eral 
M  398*  consUint,  wo  keine  rauchende  Säure  mehr  libergehl. 

Ans  mit  etwas  Wasser  versetzter  Säure  bildeten  sich  in 
dcff  KÜte  Kryslalie,  die  nach  dem  Trennen  von  dem  flttssig- 
gebiiebenen  Theil  und  Umkrystallisiren  bei  8*,5  schmohsea 
md  das  Hydrat  SOs»  2  HO  waren.  —  In  stark  rauchend» 
Säure  bildeten  sich  schon  bei  gewöhnlicher  Temperator  Kry* 
stalle,  die  von  dem  Flüssigen  getrennt  und  wiederholt  um- 
krystallisirt  bei  36*  schmolzen  und  deren  Zusammensetzung 
der  Formel  3  SOt,  HO  entsprach. 

Ueber  den  Schmelzpunkt  der  wasserfreien  Sohwefelsliiure 
Hegen  sehr  widersprechende  Angaben  vor,  und  Marignac 
selbst  beobachtete  so  wenig  übereinstimmende  Resultate,  daCs 
er  es  Tikr  wahrscheinlich  hält,  dieser  Körper  bilde  verschieb 
dene  Modificationen  von  sehr  differirendem  Schmelzpunkt» 
Reiiie  wasserfreie  Schwefelsäure  zeigte  bald  den  Schmelz- 
punkt bei  15  bis  18®  und  rasche  Verflüchtigung  bei  100*, 
thoils  behielt  sie  bei  letzterer  Temperatur  den  festen  Zustand, 
wenigstens  längere  Zeit,  und  verflüchtigte  sich  dabei  nur 
langsam.  Gleich  nach  ihrem  Erstarren  zeigt  die  wasserfreie 
Säure  den  niedrigeren  Schmelzpunkt,  einige  Tage  qiäter 
ist  sie,  wenigstens  zum  grofsen  Theil,  schwerer  schmelzbar 
geworden.  Marignac  ist  der  Ansicht,  dafs  zwei  Modifica- 
tionen der  wasserfreien  Schwefelsäure  existiren;  eine  schon 
bei  18®  schmelzende,  welche  bei  der  Destillation  und  dem 
Schmelzen  der  anderen  Modification  entsteht  und  einmal  er- 
starrt bald  in  die  letztere  übergeht;  und  dann  diese  andere 
Modification,  die  erst  bei  etwa  100®  schmitet  und  diefs  wahr- 
scheinlich n«r,  indem  sie  durch  Verflüchtigung  in  die  erste 
übergeht 


S8I 

Oewimrang  des  Tellur  im  Groben  aus  den  Siebea- 

bttrger  Golderzen. 


A.  Löwe*)  macht,  nach  einer  Aufzfihlung  der  bisheri- 
gen Versuche,  das  Tellur  aus  den  Siebenbürger  Golderzen 
'zu  gewinnen,  und  einer  ausführlichen  Mitth eilung  der  Yon 
ihm  zu  diesem  Zweck  angestellten^  den  folgenden  Vorschlag. 

Ans  den  in  feinen  Schlich  verwandelten  Erzen  werden 
die  kohlensauren  Sake  durch  Behandlung  mit  verdünnter  Salz- 
säure ausgezogen.  Der  so  vorbereitete  Schlich  wird  portio- 
nenweise in  das  dreifache  Gewicht  concentrirter  Schwefel* 
siure  in  einen  gufseisernen  Kessel  gebracht,  wo  sogleich 
Einwirkung  erfolgt,  und  dann  wird  zum  Kochen  erhitzt,  bis 
nicht  mehr  schweflige  Säure  sondern  nur  noch  Schwefel- 
säuredämpfe  entweichen.  Die  zersetzte  Masse  wird  in  eineni 
Wasser  und  Satesäure  (um  das  Telluroxyd  gelöst  zu  halten 
und  vorhandenes  Silber  zu  füllen)  enthaltenden  bleiernen  Ka- 
sten gebracht  und  die  Flüssigkeit  nach  dem  Klären  von  dem 
Bodensatz  mittelst  bleierner  Heber  abgezogen.  Der  aus 
schwefelsaurem  Bleioxyd,  melallischem  Gold  und  Quarz  be- 
stehende Bodensatz  wird  ausgewaschen,  zu  einem  Bleiregulus 
geschmolzen  und  das  Gold  aus  diesem  gewonnen.  Das  in 
der  Flüssigkeit  befindliche  Tellur  wird  durch  metallisches  Zink 
gefällt,  von  diesem  abgestrichen,  dann  mit  heifsem  Wasser 
ausgewaschen,  zur  Entfernung  von  Zink  mit  verdünnter  Salz- 
säure digerirt  und  nochmals  gewaschen,  getrocknet  und  ge- 
schmolzen. Das  so  dargestellte  Tellur  enthielt  noch  Antimon, 
Arsen,  etwas  Kupfer  und  ziemlich  viel  Blei;  zur  Vermeidung 
dieser  Verunreinigungen  wäre  schweflige  Säure  an  der  Stelle 
des  Zinks  zur  Fällung  vorzuziehen.  —  Das  specifische  6e- 


*)  Wien.  Acad.  Ber.  X,  727. 


Veber  da$  Didffm  und  Meine  VerbmAmgen, 

yricbl  von  Tellor,  welches  ia  einem  Strom  von  Wassersloff- 
gas  destillirt  und  geschmolzen  war,  fand  Löwe  ^  6,180. 


lieber  das  Didym  und  seine  Vetbindangen. 


Harignac*}  hat  das  Didym  and  seine  wichtigsten  Ver- 
bindungen genau  untersucht. 

Hinsichtlich  der  Trennung  des  Lanthanoxyds  und  desDidym- 
oxyds  verfuhr  Marignac  so,  wie  er  es  schon  in  seiner  frtt* 
heren  Abhandlung  ttber  das  Atomgewicht  des  Lanthans  und 
Didyms**)  angegeben.  Doch  fand  er  es  vorlheilhafl,  der 
Trennung  der  schwefelsauren  Salze  durch  Krystallisation  eine, 
wenn  auch  noch  sehr  unvollständige,  Scheidung  der  Oxyde 
in  der  Art  vorhergehen  zu  lassen,  dafs  man  diese  in  einem 
ziemlich  grofsen  Ueberschufs  von  Salpetersäure  löst  und 
durch  wiederholten  Zusatz  von  Oxalsäure  zu  dieser  Lösung 
fractionirt  ßllt.  Die  ersten  Fällungen  sind  deutlicher  rosen- 
rofh  und  reicher  an  Didym  als  die  letzten,  nnd  die  Trennung 
der  schwefelsauren  Salze  durch  Krystallisation  gelingt  ra- 
scher, wenn  von  vornherein  das  eine  Oxyd  in  grofsem  Ueber- 
schufs über  das  andere  vorhanden  ist. 

Atomgewicht  des  Didgms.  —  Marignac  erkannte,  dafs 
in  seinen  früheren  Bestimmungen  das  Atomgewicht  des  schwe- 
felsauren Didymoxyds  zu  hoch  ausgefallen  war.  Er  suchte 
damals  zu  ermitteln,  wie  viel  Chlorbarium  zur  Zersetsuug 
einer  bekannten  Menge  schwefelsauren  Didymoxyds  noth- 
wendig  ist,  aber  er  fand  jetzt,  dafs  selbst  bei  Anwendung 
eines  Ueberschusses  von  Chlorbarium  (den  er  dann  im  Fittrat 
und  Waschwasser  von   dem  gefüllten  schwefelsauren  Baryt 


*)  Aon.  eh.  phya.  [3]  XXXVIII,  148. 
**}  Dum  Am.  LXXI,  SOe. 


OMfer  da*  Diäifm  wut  $eme  VeririnAmgen,  233 

besonders  besüntinte)  der  sich  bildende  schwefelsaure  Baryt 
schwefelsaures  Didynioxyd  mit  niederreifst,  welches  durch 
Auswaschen  nicht  entfernt  werden  kann.  Die  anscheinende 
Menge  des  die  Fällung  einer  bestimmten  Menge  Chlorbarium 
bewirkenden  schwefelsauren  Didymoxyds  ist  um  das  Gewicht 
des  so  mit  niedergerissenen  Salzes  xu  grofs,  und  das  Aequi- 
valentgewicht  des  schwefelsauren  Didymoxyds  wurde  aus  die* 
sem  Grund  früher  von  Marignac  zu  hoch  berechnet.  In 
der  That  war  bei  seinen  frthem  Versuchen  (diese  Annalen 
LXXI,  3i3  f.)  die  Summe  der  Gewichte  von  schwefelsaurem 
Baryt,  welche  erst  bei  der  Zersetzung  des  schwefelsauren 
Didymoxyds  durch  etwas  überschüssiges  Chlorbarium  und 
dann  aus  dem  Piltrat  und  Waschwasser  erhalten  wurden, 
etwas  grdfser,  als  dem  Gewicht  des  zur  Fällung  angewen- 
deten Chlorbariums  entsprach;  unter  der  Voraussetzung,  dafs 
dieser  Gewichtsüberschufs  dem  Gewicht  des  mit  niederge- 
rissenen schwefelsauren  Didymoxyds  entspreche,  berechnet 
Marignac  aus  seinen  früheren  Bestimmungen  das  Atomge- 
wicht des  schwefelsauren  Didymoxyds  (für  0  =  100)  zu 
1197,4;  1201,5;  1201,5;  1197,0,  im  Mittel  1199,4. 

Durch  die  FäDung  einer  gewogenen  Menge  schwefelsauren 
Didymoxyds  mit  oxalsaurem  Ammoniak,  Auswaschen  des  in 
neutraler  Flüssigkeit  unlöslichen  Oxalsäuren  Didymoxyds  und 
Wägen  des  nach  starkem  Glühen  des  Niederschlags  zurück- 
bleibenden rein  weifsen  Didymoxyds  fand  Marignac  in 
100  schwefelsaurem  Didymoxyd  58^22 ;  58,24 ;  58,29 ;  58,31 ; 
58,29  pC.  Oxyd,  und  das  Atomgewicht  des  letzteren  hieraus 
^  696,8;  697,4;  698,7;  699,3;  698,6,  im  MiUel  698,2. 

Bei  Versuchen,  aus  der  Zusammensetzung  des  Chlor- 
didyms  das  Atdmgewicht  des  Didyms  abzuleiten,  fand  Ma- 
rignac, dafs  das  Chlordidym,  selbst  in  einem  Strom  Yon 
Chlorwasserstoifgas  getrocknet'  oder  zusammen  mit  reinem 
Chlorammonium  geschmolzen,  beim  Auflösen  etwas  Oxychlorid 

Xnnftl.  d.  Chno.  u.  Phann.  LXXXTm.  Bd.  S.  Heft.  16 


234  Veber  das  Diägm  und  j««m«  Verbmdtm^m. 

znr&ekliefs.  Er  verfahr  debhalb  so,  dafs  er  in  der  Lönng' 
von  geschmolsenem  Chlordidym^  nach  Beseitigfimg  des  unge- 
löst gebliebenen  y  das  Chlor  als  Chlorsilber  und  das  Didyn* 
oxyd  nach  dem  AusfSIIen  mit  oxalsaurem  Ammoniak  in  der 
eben  angegebenen  Weise  bestimmte.  Durch  Vergleiebung 
der  entsprechenden  Mengen  Chlorstiber  und  Didymoxyd  fand 
er  das  Atomgewicht  des  ietzlercn  =  703,5;  686,9;  696,3, 
im  Mittel  700,2. 

Nach  allen  diesen  Bestimmungen  betrachtet  Marignac 
700  als  das,  wenigstens  sehr  annähernd  richtige,  Atomge- 
wicht des  Didymoxyds,  und  600  also  als  das  des  Didyms 
(to  0  =  100). 

DidynL  —  Zur  Reduclion  des  Didyms  wurde  Kabom  mil 
Hberschttssigem  Chlordidym  (welches  vorher  mit  Chlorammo- 
nium geschmolzen  worden  war}  in  einer  PorcellanrcMire  er* 
hitzt.  Das  entstehende  Product  war,  ungeachtet  ziemlich 
stark  geglüht  worden  war,  •mehr  schlackig  als  geschmofasen ; 
beim  Bebandeln  desselben  mit  kaltem  Wasser  lösten  steh  Chlor« 
kalium  und  Chlordidym»  und  ein  graues,  stets  VVass^stoffgas 
entwickelndes  Pulver  blieb  zurück,  welches  ein  Gemenge  eines 
metallischen  grauen  Pulvers  und  eines  grauUch-weiben  kry- 
stallinischen- Pulvers  (wohl  Didynioxychlorid)  war;  eine  Tren- 
nung dieser  beiden  Gemengtheile  durch  Schlftmaien  gelang 
nicht.  Bei  dem  Einstreuen  des  Pulvers  in  die  Flamme  einer 
Weingeistlarope  erfolgte  lebhafte  Funkenbildung.  —  Bei  einem 
Versuch  fanden  sich  in  dem  Reductionsproduct  zwei  kleine 
Metallkörnchen  von  stahlgrauer  Fmrbe  und  ziemfich  ld>haftem 
Glanz  an  der  Brnchfläche,  welche  indels  bald  matt  wurde; 
sie  zeigten  sich  unter  dem  Hammer  vor  dem  Zerspringen 
etwas  dehnbar.  Die  Masse  derselben  schmolz  vor  dem  Löth- 
rohr  nicht,  sondern  verwandelte  sich  in  Oxyd  ohne  besondere 
Verbrennungsersdieinung;  sie  schien  das  Wnsser  in  der  Kidle 
nicht  zu  zersetzen,  verwandelte  sich  aber,  vielleieht  durch  den 


ütffttfr  d0g  Okfym  mnd  Meine  Firbiudimgem.  töi 

• 

Eanflpb  des  fUiiiasphllri0ciieD  Saaer^toffs,  bei  längerem  V«r* 
weilen  in  Wasser  in  eine  flockige  Oxydmasse;  in  einer  ver-* 
dttnnten  Säure  bewirkte  sie  lebhafte  WassersloOVntwickelung. 
Marignac  ist  der  Ansicht,  nur  das  pulverfönnige,  nicht  das 
suisammengescbmolzene  Didym  zersetsce  das  Wasser  in  der 
KäUe. 

Didymoasifd,  —  Das  Didym  scheint  nur  Ein  basisches 
Oxyd  zu  bilden;  dieses  labt  sich  durch  Glühen  des  Salpeter- 
säuren» Oxalsäuren  oder  kohlensauren  Salzes  oder  des  Hy- 
drats darstellen.  Nach  starkem  Glühen  ist  es  rein  weifs; 
braune  Färbung  zeigt  einen  Gehalt  an  Hyperoxyd  an.  Was««' 
serstoff  wirkt  bei  der  Rothglühhitze  nicht  darauf  ein.  Ist  es 
eininal  von  Hyperoxyd  beAreit,  so  erhält  es  sich  auch  bei  ge- 
lindem Glühen  an  der  Luft,  selbst  beim  Schmelzen  mit  Sal- 
peter, rein;  aber  wird  es  nach  Zusatz  von  etwas  Salpeter- 
säure gelind  geglüht,  so  tritt  die  dunkelbraune  Färbung 
wieder  auf,  die  nur  bei  starkem  Glühen  verschwindet  — 
Das  Didymoxyd  ist  eine  starke  Base;  es  löst  sich  selbst  nach 
heftigem  blühen  leicht  in  verdünnten  Säuren  unter  beträcht- 
licher Temperaturerhöhung;  es  löst  sich  beim  Kochen  in 
wässerigen  Ammoniaksalzen  und  treibt  das  Ammoniak  dabei 
aus;  es  zieht  an  der  Luft  rasch  Kohlensäure  an.  In  heifsem 
Wasser  wird  es  allmählig  zu  Hydrat.  —  Das  aus  einer  Lö- 
sung von  Ghlordidym  mittelst  Kali  oder  Ammoniak  gefäUte 
Didymoxydhydrat  ist  gallertartig,  getälUer  Thonerde  ähnlich, 
sehr  blafs -  rosenroth ,  und  schwierig  auszuwaschen;  beim 
Trocknen  ninunt  es  unter  bedeutender  Volumverminderung 
eine  gfaulich-rosenrolhe  Färbung  an.  Im  leeren  Räume  und 
dann  bei  100<^  getrocknet  ergab  es  beim  Glühen  noch  15  pC. 
Wasser,  der  Formel  DiO,  HO  (welche  13,85  pC.  verlangt) 
annähernd  entsprechend. 

Die  Didymoxydsalze  sind  meist  rosenroth,  manehmd  mit 
einem  Stich  ins  Violette.    Kaustische  Alkalien  und  Schwefcl- 

16* 


89C  Veb^r  An  IMfim  tmd  ieme  VmbMhmgen. 

• 

anmomun  fllUen  daraus  faUerlarlifea  Oxydky<faral,  einfaoli- 
und  zweifach-kohlensaure  Alkalien  kohlensaures  Didymoxyd, 
welches  im  Ueberschufs  der  Fällungsmittel  unlöslich  ist. 
Durch  kohlensauren  Baryt  wird  das  Didyanoxyd  langsam, 
aber  yollstttodig,  selbst  in  der  Kfilte  aus  seinen  Salzen  nie- 
dergeschlagen; oxalsaures  Ammoniak  fällt  es  vollständig  aus 
neutraler  Lösung;  OxalsSure  ftHlt  es  fast  yollatindig,  wenn 
^e  Lösung  nicht  einen  grofsen  Ueberschufs  von  starker  Säure 
enthielt.  Schwefelsaure'  Alkalien  bewirken  in  concentrirten 
Didynoxydlösnngen  augenblicklidi,  in  verdünnten  nach  dni- 
ger  Zeit  einen  Niederschlag  von  hell'-rosenrothen  schwefel*> 
sauren  Doppelsalzen,  welche  in  Wasser  nur  wenig  löslich 
und  in  einem  Ueberschufs  des  Pällungsmittels  noch  schwerer 
löslich  sind;  das  schwefelsaure  Didymoxyd- Natron  ist  am 
wenigsten  löslich.  Phosphorsänre  und  Arsensäure  bewirken 
beim  Kochen  Niederschläge,  die  in  Säuren  wenig  löslidi  sind. 
—  Vor  dem  Löthrohr  färbt  das  Didymoxyd  den  Borax  und 
das  Phosphorsalz  blafs-rosenrotb,  ähnlich  wie  eine  sehr  ge- 
ringe Menge  Hanganoxyd;  es  färbt  nicht  das  kohlensaure 
Natron. 

Didymkfperoxyd.  —  Es  entsteht  bei  gelinderem  dtthen 
von  oxalsaurem,  kohlensaurem  oder  salpetersaurem  Didym- 
oxyd und  ist  rothbraun.  Es  löst  sich  leicht  selbst  in  ver- 
dünnten Säuren,  unter  Entwickelung  von  Sauerstoff; -mit  Salz- 
säure entwickelt  es  Chlor;  durch  Kochen  mit  Wasser  wird 
es  sehr  langsam  zu  Oxydhydrat;  es  zieht  Kohlensäure  aus 
der  Luft  an  und  treibt  das  Ammoniak  aus  den  Salzen  des- 
selben aus.  Im  reinen  Zustand  liefs  es  sich  nicht  erhalten ; 
das  Hyperoxyd  von  verschiedenen  Darstellungen  ergab  bei 
der  Analyse,  wo  es  in  einer  Mischung  von  schwefliger  Säure, 
Chlorbarium  und  Salzsäure  gelöst  und  der  entstehende  schwe- 
felsaure Baryt  bestimmt  wurde,  nur  0,33  bis  0,53  pC.  Sauer- 
stoff, der  beim  Lösen  in  Säuren  frei  wird. 


üeber  das  Diäym  utul  seme  Verbinäuugeti.  237 


feUHd^m.  —  Nach  •dem  Glühen  von  Didymoxyd  mit 
einem  Ueberschufs  von  kohlensaurem  Natron  und  Schwefel^ 
und  Ausziehen  der  geschmolzenen  Hasse  mit  Wasser  bleibt 
ein  ^aulich-weifser  unlöslicher  Rückstand,  der  nach  dem 
Trocknen  im  luftleeren  Räume  bei  dem  Glühen  in  Wasser- 
stoffgas Nichts  an  Gewicht  verliert.  Er  löst  sich  unter  schwa- 
cher Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  vollständig  in  ver- 
dünnter Salzsäure;  nach  der  Analyse  ist  er  ein  Oxysultür 
Di,0,S  : 


berechnet 

gefunden 

Didym 

• 

81^2 

'80,58  •"^ 

Sauerstoff 

9,09 

—           — 

Schwefel 

9,09 

y,»>y     0j5f 

400,00. 

Schwefeldidym  wurde  dargestellt  durch  Ueberleiten  von 
Schwefelkohlenstoffdampf,  welcher  durch  einen  Strom  von 
Wasserstoffgas  mitgeführt  wurde,  über  rothglühendes  Didym- 
oxyd. Das  so  entstandene  Schwefeldidym  war  pulverförmig, 
hell-bräunlichgrün;  es  stiefs  mit  Wasser  benetzt  den  Geruch 
nach  Schwefelwasserstoff  aus,  ohne  jedoch  unter  Wasser 
Blasen  dieses  Gases  zu  entwickeln;  durch  selbst  sehr  ver- 
dünnte Säuren  wird  es  unter  Schwefelwasserstoffentwicke- 
lung zersetzt;  auf  einem  Platinblech  erhitzt  verglimmt  es  zu 
einem  Gemenge  von  Oxyd  und  basisch-schwefelsaurem  Salz. 
2,742  Didymoxyd  gaben  3,i24  Schwefeldidym,  so  dafs  die  im 
ersteren  enthaltenen  0,392  Sauerstoff  durch  0,774  Schwefel 
ersetzt  wurdmi,  während  nach  den  Formeln  DiO  und  DiS 
0,784  Schwefel  dafür  hätten  eintreten  sollen. 

Chhrdiäym,  —  Die  Lösung  des  Didymoxyds  in  Salzsäure 
isl  rein  rosenroth;  hinlänglich  concentrirt  giebt  sie  beim 
Erkalten  rosenrothe  Krystalle  von  gewässertem  Chlordidyra, 
wekbe  oft  ziemlich  grofs  werden  und  zerfliefslich  sind.  Diese 
Krystalle  sind  rhombische  Prismen  von  78^,  mit  einer  unter 


238  lieber  da»  Didym  und  seme  Verbmd»mge$^. 

m 

92*  auf  die  Prismaflächen  schief  aufgesetzten  Baals;  an  den 
Enden  zeigen  sich,  auf  die  stumpferen  Prismakanten  auf- 
gesetzt, noch  zwei  Flachen,  welche  für  sich  eine  Zotchtir- 
fung  hervorbringen  würden  und  zu  einander  unter  67*  ge^ 
neigt  sind.    Ihre  Zusammensetzung  ist  DiCI  +  4  HO  : 

berechnet  gefunden 

Didym  40,i8  40,25 

Chlor  29,68  29,70 

Wasser         30,14         ^    31,78 
100,00  101,73. 

Diese  Krystalje  sind  leichtlöslich  in  Wasser  und  in  Alkohol. 
—  Eine  Auflösung  von  Chlordidym  kann  nicht  zur  Trockne 
abgedampft  werden,  ohne  dafs  Chlorwasserstoff  entweicht 
und  ein  Oxychlorid  sich  bildet,  welches  beim  Lösen  in  Was- 
ser als  w^ifser  krystallinischer  Rückstand  bleibt.  Auch  das 
in  einem  Strom  von  Chlorwasserstofigas  getrocknete  und  ge- 
schmolzene, und  das  mit  Chlorammonium  gemengt  geschmol- 
zene Chlordidym  hinterlassen  bei  dem  Lösen  etwas  Oxychlo- 
rid. —  Zur  Analyse  wendete  Harignac  geschmolzenes 
Chlordidym  an,  und  brachte  die  Menge  des  darin  enthaltenen 
Oxychlorids  in  Abzug;  die  Resultate  entsprachen  der  Fromel 
DiCl  : 

berechnet  g"^"?^^° 

Didym       57,52        57,4»      57,61      57,59 
Chlor       42,48        42,25      42,62      42,63 
iÖpO        99,73    A)0,23    100,22. 
Das  unlösliche  Oxychlorid  verliert^  wenn  im  leeren  Räume 
getrocknet,   bei  100<»  kein  Wasser,  aber  beim  Glühen  10  bis 
11  pC;  bei  längerem  Glühen  an  der  Luft  scheint  kein  Chlor 
daraus  zu  entweichen,  es  fUrbt  sich  dabei  nicht  braun.    Die 
Zusammensetzung   ergab  sich   nicht  constant,   wie  folgende 
Analysen  zeigen  (wobei  das  Wasser  aus  dem  Verlust  be- 
stimmt ist},  denen  die  der  Formel  DiCI,  2  DIO  -f  3  HO  ent- 
sprechende Berechnung  beigefllgt  ist  : 


Deber  da»  Didfm  und  M^'me  Verfwidtm^n.  2S8 

berechnet    •  g^^"^^" 

Chlordidym      37,52  35,60      31,48      36,62 

Didymoxyd       50,35         53,36      55,64      52,09 
Wasser  12,13         11,04      12,88      11,29 


100,00        100,00    100,00    100,00. 

Harignac  hält  es  für  möglich,  dafs  ein  Theil  des 
Oxyds  in  diesen  Präparaten  nur  beigemengt  vorhanden  ge* 
wesen  sey;  längere  Zeit  der  Luft  ausgesetzt  zogen  dieselbea 
Kohlensäure  an. 

Stdpetermtures  Didymoxyd  ist  in  Wasser  sehr  leichtlöslich ; 
^ie  verdünnte  Lösung  ist  rosenroth,  die  Farbe  der  concentrirte- 
ren  zieht  ins  Violette.  Eine  syrupdicke  Lösung  erstarrt  beim 
Erkalten  ^u  einer  zerfliefslichen  Krystallroasse.  Das  Salz  wird 
erst  über  300*  wasserfrei,  wobei  es  schmilzt;  in  diesem  Zu- 
stand ergab  es  50,48  pC.  Didymoxyd,  während  sich  nach  der 
Formel  DiO,  NO«  50,91  pC.  berechnen.  Das  wasserfreie  Sal« 
löst  sich  auch  in  96procenligem  Alkohol  leicht,  und  die  Lösung 
wird  selbst  auf  Zusatz  von  viel  Aether  nicht  getrübt;  doch 
löst  sich  das  Salz  nicht  in  Aether  für  sich.  —  Wird  das  Salz 
nach  dem  Schmelzen  noch  stärker  erhitzt,  so  entwickelt  -es 
reichliche  Dämpfe  von  Untersalpetersäure,  wird  dann  teigig, 
bläht  sich  auf,  und  hinterläfst  eine  weifse  poröse  Masse, 
die  später  zu  braunem  Hyperoxyd  wird.  \\^r  das  Salz  nur 
bis  zur  beginnenden  Zersetzung  erhitzt  worden,  so  zerfällt 
es  bei  dem  Auflösen  in  Wasser  zu  neutralem  salpetersaurem 
Salz  und  einem  röthlich - weifsen  unlöslichen  Rückstand,  der 
Salpetersäure,  ohne  salpetrige  Säure,  enthält,  und  dessen 
folgende  Analysen  (von  zwei  verschiedenen,  bei  100®  ge- 
trockneten Präparaten)  der  Formel  4  DiO,  NO«  +  5  HO  ent- 
sprechen;  Marignac  läfst  es  unentschieden,  ob  der  unter- 
suchte Körper  ein  Gemenge  eines  basischen  Salzes  mit  Oxyd 
oder  Oxydhydrat  gewesen  sey. 


MO 


Ihker  äoi  Dtdfm  mttä  mm 

10  r  arvMiMi^^efi« 

fofandoB 

Didymoxyd          69,35 

«irs'^TMo 

Salpetersäure       16,72 

17,69     15,91 

Wasser               13,93 

—          — 

100,00. 

Pkoaphonautes  Didywioxyd.  —  Eine  conoenirirte  Lösunip 
▼on  Phoaphorsfiure  giebt  mil  einer  concentrirten  Lösung  von 
salpetersaurein  Didymoxyd  erst  nach  1  bis  2  Stunden  einen 
weifsen  pulyerförmigen  Niederschlag;  bei  Zusals  von  vielem 
Wasser  entsteht  dieser  Niederschlag  sogleich,  schneller  auch 
beim  Kochen  der  Flüssigkeit.  Der  gröfste  Theil  des  Didym- 
oxyds  wird  dabei  niedergeschlagen.  Der  Niederschlag  ist 
unlöslich  in  Wasser,  wenig  löslich  in  verdünnten,  leicht  lös- 
lich in  concentrirten  starken  Säuren.  Im  leeren  Räume  ge* 
trocknet  ist  er  3  DiO,  PO«  +  2  HO ;  er  verliert  sein  Wasser 
nicht  bei  100%  aber  beim  Glühen. 

berechnet  gefanden  berechnet  gefanden 

3  DiO      70,29       70,19         3  DiO,  PO»     93,00        — 
PO,      29,71         —  2  HO       7,00       7,02 

100,00  100,00. 

Ar$en$(mres  Duiymoxyd.  —  Arsensäure  fallt  die  Lösun- 
gen von  Didymoxydsalzen  in  der  Kälte  selbst  nach  längerer 
Zeit  nicht,  aber- beim  Kochen  wird  fast  alles  Didymoxyd  als 
pulveriger  Niederschlag  ausgerällt.  Einen  Niederschlag  von 
derselben  Zusammensetzung  fällt  neutrales  arsensaures  Kali 
sogleich  schon  in  der  Kälte  aus  Didymoxydsalzen ;  die  auf 
letztere  Art  gefällte  Verbindung  ist  etwas  gallertartig  und 
nach  dem  Trocknen  noch  etwas  durchscheinend  und  rosen- 
farbig.  Das  im  leeren  Räume  getrocknete  arsensaure  Didym- 
oxyd (von  verschiedenen  Darstellungen)  zeigt  die  abnorme 
Zusammensetzung  5  DiO,  2  AsO«  +  2  HO;  das  Wasser  ent- 
weicht erst  beim  Glühen. 


Dd^er  da»  Didj/m  tmd  seme  Verbmdimgm^,  Ml 

berechnet      U^ndan 

Didymoxyd     53,03       52,94   53,34    54,04   53,98   53,50 
Arsensäare    43,56         —        —        —        —       — 
Wawer  3,41         4,32     3,86     3,88       —       — 

100,00. 
KMmtaiares  Dübfmoxgd.  -—  Der  durch  einfach-  oder 
Eweifach  -  kohlensaure  Alkalien  in  Didymoxydsalzen  henror- 
gebrachte  vohnoinöse  rosenrothe  Niederschlag  isl  in  einem 
Ueberschufs  des  Fällongsmittels  unlöslich;  ein ~ mit  zweifach«* 
kohlensaurem  Ammoniak  ans  salpetersaurem  Didymoxyd  ge- 
fällter Niederschlag  ergab  nach  dem  Trocknen  im  leeren 
Räume  die  Zusammensetzung  DiO,  CO)  +  2  HO,  er  hielt  bei 
iOO*^  noch  \  Aeq.  Wasser  zurück^  hatte  bei  dieser  Tempe- 
ratur aber  auch  schon  etwas  Kohlensiinre  verloren  : 


DiO 

beradiMl 

58,33 

gefandea 
58,39 

DiO 

beredwet 

67,88 

gefunden 

68,46 

CO, 

22.92 

22,95 

CO, 

26,66 

25,63 

2  HO 

18,75 

— 

iHO 

5,46 

100,00  100,00. 

Schwe/Ugtawet  Didymoxyd,  —  Stark  geglühtes,  in  Was- 
ser suspendirtes  Didymoxyd  wird  durch  eingeleitete  schweflige 
Saure  leicht  gelöst;  die  Lösung  ist  rein  rosenroth  und  trübt 
sich  beim  Erhitzen  unter  Abscheidung  eines  leichten  volumi- 
nösen Niederschlags,  welcher  sich  beim  Erkalten  wieder  auf- 
löst Wird  die  überschüssige  schweflige  Säure  durch  Kochen 
ausgetrieben,  so  wird  der  Niederschlag  pulverig  und  röthlich- 
weifs  und  löst  sich  nicht  mehr  beim  Erkalten  auf;  die  Flüssig- 
keit enUiält  dann  nur  noch  Spuren  von  Didymoxyd.  Im  leeren 
Räume  getrocknet  ist  dieser  Niederschlag  DiO,  Sd  +  2  HO  : 

berechnet       f^efunden 

Didymoxyd  52,83  53,36 

Schweflige  Säure       30,19  30,42 

Wasser  16,98  — 

100,00. 


Ueber  da»  Mb^m  und  $eme  Verimtdwtgen. 


Sekmefebauret  BUgmoxffd.  —  Den  Wassergehalt  des  kry- 
stallisirlen  Salzes,  welches  Harignae  schon  früher  (diese 
Annalen  LXXI,  310}  beschrieben  hatte,  fand  er  jelsl  bei  |^e- 
nauerer  Untersuchang  anders,  ond  zwar  der  ungewöhnlichen 
Formel  3  (DiO,  SO»)  +  8  HO  entsprechend,  nach  welcher 
sich  20  pC.  Wasser  berechnen,  während  8  Versnche  mit  dem 
kryslaUisirten  Salz  20,04  bis  20,53,  im  Mittel  20,20  p€.  Was- 
ser ergaben;  die  yon  Marignac  früher  angenommene  For- 
mel DiO,  SOt  +  3  HO  verlangt  91,95  pC.  —  Aus  einer  Lö- 
sung dieses  Salzes  scheidet  sich  beim  Erhitzen  und  nament- 
lich beim  Kochen  ein  krystallinischer  Niederschlag  ab,  welcher 
die  Zusammensetzung  DiO,  SO«  +  2  HO  hat  (gefunden  14,76, 
berechnet  15,79  pC.  Wasser).  —  Die  Löslichkeit  des  schwefel- 
sauren Didymoxyds  fand  Marignac  verschieden,  je  nachdem 
das  Wasser  mit  wasserfreiem  Salz  oder  einem  der  Hydrate 
zusammengebracht  wurde;  folgende  Zahlen  geben  die  unter 
diesen  verschiedenen  Umständen  auf  100  Wasser  in  den  Lö» 
sungen  enthaltenen  Mengen  wasserfreien  Salzes  : 

bei  Anweodong  vod 
Di0,S0|+2H0    8(Di0,S0«)  +  8H0 


bei 

DiO,  SO. 

12«     .     . 

43,1 

18      .    . 

.      25,8 

19      .    . 

25      .    . 

.      20,6 

38     .    .    , 

13,0 

40     .    .    . 

— 

50     .    :    . 

11,0 

100      ..    . 

... 

16,4 


il,7 


—  8,8 

—  6,5 

-  i,i- 

Das  schwefelsaure  Didynioxyd  zersetzt  sich  nicht  bei 
dunkler  Rothglühhitze,  aber  bei  Hellrothglühen  verliert  es 
bis  zu  }  der  darin  enthaltenen  Schwefelsäure;  das  rückstän- 
dige basische  Salz  3  DiO,  SO«  ist  ein  weibes,  in  kaltem  und 
kochendem  Wasser  unlösUches  Pulver,  welches  sich  in  ver- 


Oeber  äat  Didi^  wnf  9eme  Verbmdungen.  S43 

dlinnter  Salzsfiore  selbst  beim  Kochen  nur  langsam,   in   con** 
centrirteu  Säuren  aber  leicht  löst. 

Aus  der  Mischung  der  Lösungen  von  schwefelsaurem 
Didymoxyd  und  schwefelsaurem  Ammoniak  scheidet  sich,  je 
nach  der  Concentration  der  Flüssigkeiten,  nach  kürzerer  oder 
längerer  Zeit  ein  blafsrother  krystallinischer  Niederschlag  ab^ 
welcher  etwa  die  i8  fache  Menge  Wasser,  aber  eine  gröfsere 
Menge  Lösung  von  schwefelsaurem  Ammoniak  zur  Auflösung 
nöthig  hat.    Er  ist  3  (DiO,  SO,)  +  NH4O,  SO,  +  8  HO. 

berechnet  ,,  (r^"*^ 

Schwefels.  Didymoxyd  67,6i      67,43    67,33    67,40 

Schwefels.  Ammoniumoxyd     15,49      15,87      —        — • 
Wasser  _i6,90       _        _       _ 

iOO,(X). 
Das  Doppelsalz  verliert  bei  100^  6  Aeq.  Wasser  (gefun- 
den 12,51  und  12,09  pCJ. 

.Aus  der  Mischung  der  Lösungen  von  schwefelsaurem 
Didymoxyd  und  schwefelsaurem  Natron  scheidet  sich  fast  so- 
gleich ein  röthlich-weifser  pulveriger  Niederschlag  aus,  welcher 
etwa  das  200 fache  Gewicht  Wasser,  mehr  noch  bei  (Segen- 
wart  von  schwefelsaurem  Natron,  nöthig  hat.  Er  ergab  zwi- 
schen 5  und  10  pC.  wechselnde  Mengen  Wasser;  das  ge- 
glühte Salz  ist  3  (DiO,  SO,)  +  NaO,  SO,  : 

berechnet  ^^"»^^ 

Didymoxyd  46,78         45,78      45,75 

Natron  8,67  —  — 

Schwefelsäure       44,55         45,78      45,13 

100,00. 

Schwefelsaures  Kali  fallt  aus  schwefelsaurem  Didymoxyd, 

wenn    die  Lösungen   concentrirt  und   namentlich  wenn   das 

erstere  Salz  im  Ueberschufs   vorhanden   ist,   sogleich  einen 

weifsen  pulverigen  Niederschlag ,  welcher  allmälig  an  Menge 

2ilnimmt,  körnigere  und  krystallinische  Structur  annimmt  und 


t44  V^ber  da$  tMdym  und  seime  VeHnndumgeH, 

deadicher  rosenfarbig  wird;  er  löst  sich  in  etwa  dem  63 fa- 
chen Gewicht  Wasser.  Nach  dem  Auskochen  mit  Wasser 
ist  der  gegltthte  Niederschlag  3  (DiO,  SO,)  +  KO,  SO.  (ge- 
fbnden  44,96  und  44,9  pC.  Didymoxyd,  berechnet  44,79; 
vor  dem  Auskochen  mit  Wasser  enthielt  er  geglüht  nur  39 
bis  42  pC.  Didymoxyd);  das  nicht  geglühte^  mit  Wasser 
lange  ausgekochte  Doppekalz  scheint  Wasser  in  dem  Ver- 
hältnifs  3  (DiO,  SO,)  +  KO,  SO,  +  2  HO  zu  enthalten  (ge- 
fanden  4,93  und  4,66,  berechnet  4,57  pC.  Wasser). 

Oxakameä  Didymoxyd.  —  Dieses  Salz  wird  aus  neu- 
tralen Flüssigkeiten  als  ein  blafs-röthlichweifses  Pulver  getfUlt. 
Wird  es  durch  Erwärmung  und  Zusatz  von  Salpetersäure  oder 
Salzsäure  aufgelöst,  so  scheidet  es  sich  beim  Erkalten  der 
Lösung  kömig-krystallinisch,  manchmal  selbst  in  kleinen  rosen- 
rothen  Krystallen  ab;  diese  sind  rectanguläre  Prismen,  an  den 
Enden  durch  Pyramiden  begrenzt,  deren  Flächen  auf  die  Kanten 
des  Prismas  aufgesetzt  sind.  Das  Salz  ist  unlöslich  in  Was- 
ser, fast  unlöslich  in  Oxalsäure  und  stark  verdünnten  Mineral- 
säuren. Das  lufttrockene  Salz  verlor  bei  100®  langsam  20  pC. 
Wasser  und  ergab  beim  Glühen  44  bis  45  pC.  Didymoxyd;  das 
bei  iOO®  getrocknete  Salz  hinterliefs  beim  Glühen  55,53  pC. 
Didymoxyd.  Ersteres  ist  hiernach  DiO,  0,0,  +  4  HO,  letz- 
teres DiO,  C,0,  +  HO. 

berechnet  berechnet 

DIO        43,75  DiO  55,45 

C,0,      28,42  C,0,  35,64 

4H0        28,13  HO  8,91 

100,00  100,00. 

Marignac  beachtete  bei  seiner  Untersuchung  stets  die 
Möglichkeit,  dafs  die  von  ihm  untersuchten  Verbindungen 
aufser  dem  Didym  noch  ein  anderes  MetaU  enthalten  könnten. 
Für  eine  solche  Möglichkeit  sprechen  indefs  nur  der  Umstand, 
dals  sich  bei   dem  Glühen  einiger  Salze   stets  nur  ein   so 


lieber  d.  NMeäure,  d.  Pehpfämre  v.  d.  fttMUMme.    MS 

Meiner  Theil  des  Oxyds  in  Hyperoxyd  verwandelt,  ond  dann 
der  ungewöhnliche  Wassergehalt  in  dem,  ttlnrigens  deutUek 
krystallisirenden,  schwefelsauren  Salz.  Alle  Versuche  jedoet^ 
durch  fractionirte  Ffillung  oder  Zersetzung,  od^  durch  par- 
tielles Auflösen  der  Verbindungen  eine  Beimischung  eines  an- 
dern Metalls  in  denselben  nachzuweisen,  waren  vergeblich. 


Ueber  die  NiobsSure,  die  PelopsSore  und  die  Tanlaisänre. 


H.  Rose  hat  vor  mehreren  Jahren  *)  Untersuchungen 
über  diese  drei  Säuren,  welche  in  vieler  Hinsicht  eine  ge- 
wisse Aehnlichkeit  besitzen ,  milgetheilt.  .  Er  -  hat  diese  seit- 
dem in  Verbindung  mit  Weber  fortgesetzt  und  aus  den  von 
Ihm  neuerdings^  mitgetheilten  Resultaten  ergiebt  sich,  dafs 
die  als  Pelopsäure  und  Niobsfture  bezeichneten  Säuren  das- 
selbe Metall  zur  Grundlage  haben;  die  Tantalsäure  ist  von 
diesen  Säuren  bestimmt  verschieden. 

Rose  stellte  die  Niobsäure  und  Pelopsäure  früher  aus 
den  entsprechenden  Chloriden  durch  Zersetzung  mittelst  Was- 
ser dar.  Die  aus  den  Columbiten  erhaltene  Säure  wurde  mit 
Kohle  gemengt  in  einem  Strom  von  Chlorgas  erhitzt,  und  das 
leichter  flüchtige  felopchlorid  von  dem  schwerer  flüchtigen 
Niobchlorid  zu  trennen  gesucht;  die  aus  den  getrennten  Chlo- 
riden dargestellten  Säuren  wurden  dann  oft  wiederholt  in 
derselben  Weise  behandelt.  Es  fiel  ihm  bei  den  neuern  Un- 
tersuchungen auf,  dafs  auch  bei  der  Anwendung  von  ver- 
meintlich reiner  Pelopsäure  oder  reiner  Niobsäure  fast  nie 
ein  reines  Chlorid,  sondern  Gemenge  von  Pelop-  und  Niob- 
chlorid erhalten  wurden.    Bei  der  Bereitung  des  Tantalchlo- 


*)  Veryl.  diese  Animlen  LX,-  206. 
^)  t'ogg.  Ann.  XC,  456. 


2»  Vebtr  die  NmMure,  die  Pelapaiure 

lids  ag«  tenÜMltfleliea  Tantalile«  konote  etwas  iimliciies 
sidil  wahrgeoonmen  werden;  nur  etwas  Tantalsäure  zeigt 
sich  hier  manchmal  dem  Tantalchlorid  beigemengt,  wenn 
nicht  alle  Voraichtsmafsregeln  bei  der  Darstellung  angewandt 
worden  waren. 

Die  nöthigen   Vorsichtsmafsregeln  sind  nach  Weber*s 
Erfahrungen   folgende.    Die  Tantalsäure  wird  mit  Stärkmehl 
oder  besser  Zucker  gemengt,   und  das  Gemenge  bei  abge- 
haltener  Lufl   vollstttndig   verkohlt.     Die   erhaltene    porOse 
Kohle   wird  in   kleine   Stücke  zerbrochen    glühend  in   eine 
nicht  zu  enge  Glasröhre  gefüllt,  die  zwischen  starkem  Koh- 
lenfeuer zum  Glühen  erhitzt  wird,  während  ein  Strom  sorg- 
Taltig  getrockneter  Kohlensäure  hindurchgeleitet  wird.    Wenn 
der  Inhalt  der  Röhre  auf  diese  Art  vollständig  von  Wasser 
befreit  ist,   läfst  man  unter  fortwährendem  Durchleiten  von 
Kohlensäure  erkalten,   ersetzt   dann  den  Kohlensäureapparat 
mit  einem  Chlorapparate,  und  erhitzt  die  Glasröhre  erst  wie- 
der, wenn  alle  Kohlensäure  und  atmosphärische  Lufl  durch 
das  Chlorgas  ausgetrieben  sind.    Das  dann  sublimirende  Tan- 
talchlorid ist  rein  gelb,  wenn  die  Tantalsäure  vollständig  von 
Wolframsäure  befreit  war;   im   entgegengesetzten  Fall  roth. 
Ein  Gehalt  von  Zinnchlorid  im  Tantalchlorid  ist  etwas  scbwie^ 
rigor  zu  erkennen;  ersteres  bildet  meistens  schon  vor  dem 
Sublimiren  des  Tantalchlorids  gelbliche  Tropfen.  —  Zur  Rei- 
nigung der  Tantalsäure  von  klonen  Mengen   Wolframsäure 
und  Zinnoxyd  schmilzt  man   sie  am  besten  mit  einem  Ge- 
menge von  kohlensaurem  Natron  und  Schwefel«  behandelt  die 
geschmolzene  Masse  mit  Wasser  und  wascht  das  Ungelöste 
mit  verdünntem  Schwefelammonjum  gut  aus;  die  Tantalsäure 
ist  dann  bis  auf  einen  Gehalt  an  Natron  rein,  von  welchem 
letzteren  sie  am  besten  durch  Schmelzen  mit  zweifach-schwe- 
felsaurem Kali  befreit  wird.  —  Das  mit  diesen  Yorsichtsmars- 
regeln   dargestellte  Tantalchlorid  ist  rein  gelb  und  frei  von 


Aei*C)iloTid  (die  Abwesenheit  des  letsteni  giebi  sich  dadwreh 
zu  erk^nen,  dafs  das  Tanlalchlorid  sich  beim  Erhitzen  in 
einer  Atmosphäre  von  Chlorgas  vollständig  verflüchtigt  und 
von  einer  Stelle  zur  andern  treiben  Urst) ,  wenn  das  zuerst 
an  den  kälteren  Theil  der  6lasr(^hre  soblimirte  Chlorid  niehi 
erhitzt  wird,  so  lange  noch  Bildung  des  Chlorids  stattfindet; 
wird  das  stiblimirte  Tantalchiorid  frUh^  erhitzt,  so  bleibt,  wie 
Rose  gbubt  durch  Einwirkung  des  dann  noch  vorhande- 
nen Kohlenoxydgases  gebildet,  etwas  nicht  flüchtige  weifse 
Tanlalsäure. 

Mit  denselben  Vorsioktsmafsregeln  wurden  nun  auch 
die  Chloride  des  Niobs  und  Pelops  dargestellt,  deren  ersteres 
weirsi  voluminös,  in  der  Hitze  flüchtig  aber  nicht  schmelzbar, 
das  letztere  gelb  und  in  der  ffitze  leicht  schmelzbar  ist.  Die 
Trennung  des  leichter  flüchtigen  Pelopchlorids  von  dem 
schwwer  flüchtigen  Niobchlond  wurde  dadurch  erschwerl« 
dafs  letzteres  seiner  voluminösen  Beschaffenheit  wegen  die 
angewendete  Glasröhre  leicht  verstopft  und  dann,  um  dem 
Chlorgas  einen  Durchweg  zu  verschalFen,  erhitzt  werden 
raoCs,  wodurch  sich  etwas  von  ihm  dem  Pelopchlorid  bei-, 
mengt;  bei  diesem  Erhitzen,  welches  oft  nöthig  ist,  während 
sich  noch  durch  die  Bildung  der  Chloride  Kohlenoxyd  er- 
zeugt, verhält  sich  das  Pelopchlorid  dem  Tantalchlorid  ähnlich 
und  zersetzt  sich  zum  Theil  unter  Aufnahme  von  SauerstoiT. 

Hinsichtlich  des  weifsen  Niobchlorids  und  des  gelben 
PeiopcUorids  ergab  sich  aber  neuerdings  folgendes.  Reine 
Naobsäure  gab,  wenn  1)  die  Menge  der  Kohle  sehr  grofs  (3- 
bis  4  mal  so  grofs}  im  Verhältnifs  zur  angewandten  Säure 
war,  2}  alle  Peuditigkeit  durch  starkes  Glühen  des  Gemen- 
ges in  trockenem  JlCohlensäuregase  ausgetrieben  worden  war, 
3}  die  Kohlensäure,  nachdem  das  Gemenge  in  diesem  Gase 
erkaltet  war,  durch  einen  sehr  raschen  Strom  von  Chlorgas 
attflgelrieben   worden  war,  das  erst  nach  dem  votlslänuMgeu 


MB  Ueb0r  d$e  MoMkire,  Me  P^lapwämre 

Aiistretlien  aller  atmopbilrischeii  Liift  aus  den  Clikm|»|wrate 
nif  eleitet  wurde,  und  4)  sehr  geringe  Erhitsiing  angewendet 
wurde,  nachdem  alle  Theile  des  Apparats  so  mit  Chloiqgas 
angeflillt  waren,  dafs  «e  intensiv  g^lich-grün  erschienen  — 
das  reinste  gelbe  Pelopcfalorid,  welches  nach  beendigter  Ope- 
ration und  vollständigem  Austreiben  des  Kohlenoxydgases 
durch  Chlor  sich  vollstfindig  von  einer  Stelle  sur  anderen 
verflüchtigen  Uefs,  ohne  eine  Spur  von  Niobchlorid  zu  s^* 
gen  oder  Säure  abzuscheiden.  Solches  reines  gelbes  Chlorid 
konnte  mit  gleichem  Erfolg,  wenn  alle  angeführten  Umstinde 
genau  eingehalten  waren,  aus  reiner  Niobsäure,  reiner  Pelop- 
säure  oder  der  Säure  erhalten  werden,  die  unmittelbar  aus 
Columbit  abgeschieden  worden  war. 

Aus  dem  reinen  gelben  Chlorid  durch  Zersetzung  mit 
Wasser  erhaltene  Säure  gab  bei  Behandlang  mit  Zuckeckohle 
und  Chlorgas,  wenn  weniger  Kohle  als  die  zur  Erzeugung 
des  gelben  Chlorids  nöthige  Menge  angewendet  wurde,  wie- 
der weif&es  und  gelbes  Chlorid,  und  zwar  vom  ersteren  um 
90  mehr^  um  je  geringer  die  Menge  der  angewendeten  Kohle 
und  je  höher  die  gleich  zu  Anfang  der  Operation  ange- 
wendete Temperatur  war. 

Rose  kommt  nach  diesen  Versuchen  zu  der  Schlufsfoi- 
gerung,  dafs  in  diesen  beiden  Chloriden  wie  in  den  aus 
ihnen  mittelst  Wasser  dargeslelUen  Säuren  dasselbe  Metall 
enthalten  ist.  Dafs  die  beiden  als  Niobsäure  und  Pelopsäure 
bezeichneten  Säuren  und  die  entsprechenden  Chloride  isomere 
Verbindungen  seyen,  wird  dadurch  widerlegt,  dafs  in  dem 
gelben  Chlorid  mehr  Chlor  enthalten  ist,  als  im  weifsen.  Die 
Pelopsäure  mufs  hiemach  auch  mehr  Sauerstoff  enthalten  als 
die  Niobsäure;  eine  Umwandlung  der  Niobsäure  in  Pelop«> 
säure  gelang  indefs  selbst  bei  Anwendung  der  stärksten 
oxydirenden  Mittel  nicht.  Auch  vor  dem  Löthrohr  ist  das 
Verhallen  der  beiden  Säuren  verschieden.    Es  scheint  tadeb^ 


i$b  d^rch  gewisse  aber  nur  wenige  redneireiide  Mittel  der 
dem  geH>en  Chlorid  anriefen  Sinre  etwas  Sauerstoff  eniso- 
gen  werden  kdniie.  Ueber  den  CUorgehalt  der  Chloride  und 
den  Sanerstofljjfehalt  der  Sauren  theilt  Rose  noch  NichU 
Genaueres  mit;  er  bemerkt  nur,  dafs  das  VerhäUnifs  der 
Saaerstofltaiengen  in  beiden  Säuren,  ans  dem  Chlorgehalt  der 
Chloride  geschlossen,  ein  sehr  anomales  sey^  wie  es  sich 
nur  bei  awei  Oxydationsstufen  des  Schwefels  wiederfinde. 

Schliefslich  bemerkt  Rose,  dafs  der  Name  nur  Eines 
Metalls  beiaubehalten  sey,  da  die  s.  g.  Pelopsäure  und  die  s.  g. 
Niobsfiure  Sauerstoffverbindungen  desselben  Metalls  sind.  Er 
entscheidet  sich  für  die  Renennung  Niobium,  und  da  die  sonst 
als  Peiopsäure  bezeichnete,  dem  gelben  Chlorid  entsprechende 
Säure  die  sauerstoffreichere  ist,  so  bezeichnet  er  jetzt  diese 
als  Niobsäure.  Einen  Namen  für  die  bisher  als  Niobsäure 
benannte  I  dem  weifsen  Chlorid  entsprechende  Säure  hat  er 
noch  nicht  gegeben;  die  Renennung  niobige  Säure  eignet 
sich  nach  seiner  Ansicht  nicht  dafür,  weil  die  Zusammen- 
setzung eine  andere  ist,  als  die  sonst  bei  Substanzen  von 
ähnlicher  Renennung  stattfindende. 


Ueber  die  Einwirkung  des  Ammoniaks  auf  einige 

arsenigsaure  Metallsalze. 


Nach  A.  Girard*)  lösen  sich  die  arsenigsauren  Salze 
von  Kobaltoxydul,  Nickeloxydul  und  Eisenoxyd,  namentlich 
frisch  geftillt,  leicht  in  Ammoniak,  aber  ohne  dafs  eine  be« 
stimmte  Verbindung  sich  bildet;  aus  der  Auflösung  scheidet 
sich  nach  einiger  Zeit  das  angewendete  arsenigsaure  Salz 
unverändert  wieder  aus. 


•)  Compt.  rend.  XXXVI,  793. 

▲na.  d.  OhMiüt  a.  Pham.  LXXXVIII.  Bd.  t.  HtflI.  17 


ÜO    Ueh.  d.  Bmm.  d.  AmmumMi  auf  atwmngi.  MektBMobe. 

Wfard  arsenigBaiHres  flfiberoxyd,  elie  es  solMrer  und  körnig 
geworden  ist«  mit  Ammonwk  i&beqfOMen,  so  Idst  es  sich  in 
diesem  zu  farbloser  Flttss^eit,  die  auf  9«iisttz  von  etwas 
Alkoitol  nach  einigen  Tagen  weifse  durchsiehüge  Krystnile 
giebt,  quadratische  Tafeln,  welche  in  Wasser  und  in  Alkohol 
imlösUchy  in  Ammoniak  und  (unter  Umwandlung  in  arsen- 
sanres  Salz)  in  Salpetersäure  löslich  sind,  bei  100*  sich  nicht 
verändern^  aber  stärker  erhitzt  Ammoniak  und  arsenige  Säure 
entwickeln  und  weifses,  metallisches  und  schmelzbares  Ar- 
senmetall zurücklassen.  Die  Zusammensetzung  entsprach  der 
Formel  2  AgO,  AsO»  +  4  NH,  : 


Bartcka»! 

GefowlM 

Silberoxyd 

58,2 

58,3 

Arsenige  Säure 

24,8 

25,2 

Ammoniak 

17,0 

i6,7 

100,0  100,2, 

An  der  Luft  fSrben  sich  diese  Kryslalle  unter  Verlust  von 
Ammoniak  gelb,  und  zuletzt  schwärzen  sie  sich. 

Arsenigsaures  Kupferoxyd  (Scheel e's  Grün}  löst  sich 
in  Ammoniak  leicht  zu  schön-himmelblauer  Flüssigkeit  Diese 
giebt,  mit  etwas  Alkohol  versetzt,  beim  freiwilligen  Verdun- 
sten nach  einigen  Tagei|  kleine  blaue  Krystalle,  schief-rhom- 
bische Prismen,  welche  sich  an  der  Luft  nicht  verändern,  in 
Wasser  unlöslich  sind  und  die  Zusammensetzung  3  CuO, 
AsOft  +  3  NHt  +  4  HO  haben.  Diese  letztere  Verbindung 
war  schon  früher,  in  anderer  Art,  von  Damour  dargestellt 
worden.  Girard  ist  der  Ansicht,  dafs  sich  die  arsenige 
Säure  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  des  Kupferoxydes  zu  Arsen- 
säure oxydire,  und  das  so  gebildete  Kupferoxydul  dann 
durch  die  Einwirkung  der  Luft  zu  Oxyd  werde.  Beim  Ver- 
dunsten der  Lösung  von  arsenigsaurem  Kupferoxyd  in  Am- 
moniak bei  abgehaltener  Luft  schied  sich  unveAndertcs 
Scheele's  Grün  aus. 


m 


Ueber  dm  Aequi^M^wiidit  4m  Chwios, 


R.  Wildenstein'^}  suchle  dieses  zu  bestimmen  durch 
Zersetimig  von  wied^rhoU  umkryslallisirtem  und  durch  Glühen 
entwässertem  Cblorbarium  mit  emfacb- chromsau  rem  Kali  und 
Bestimmung  des  Gewichts  des  dabei  entstehenden  chromsau- 
ren Baryts.    So  gaben  : 

100  chromi.    |  100  cbromt. 

re- 


Baryt  enljpre- 
cheD  |tC. 

Baryt  enti 

Chlor- 

Cbromtb 

Chlor- 

Chronu. 

cfaen  p4 

iMirium 

Baryt 

Chlorbarinm : 

barium 

Baryt 

Cblorbarii 

1,5030 

1,8357 

81,87 

1,3928 

1,7068 

81,57 

i,8673 

2,2826 

81,80 

1,2173 

1,4891 

81,75 

1,T778 

2,1783 

81,61 

1,3224 

1,6193 

81,66 

1,8063 

2,2068 

81,78 

1,2060 

1,4763 

81,83 

1,6356 

2,0063 

81y52 

1,1750 

1,4388 

81,66 

1,5564 

1,9018 

81,84 

1,2813 

1,5663 

81,80 

1,2943 

1,5813 

81,85 

1,3076 

1,6013 

81,66 

1,3500 

1,6523 

81,70 

1,5031 

1,8364 

81,85 

1,0540 

1,2904 

81  ,-68 

1,2614 

1,5463 

81,57 

1,3876 

1,7016 

81,54 

1,3590 

1,6608 

81,83 

1,2425 

1,5214 

81,66 

1,1810 

1,4453 

81,71 

1,0040 

1,2803 

81,55 

1,4194 

1,7388 

81,63 

1,2525 

1,5309 

81,81 

1,3900 

1,7043 

81,56 

1,2559 

1,5341 

81,86 

1,3148 

1,6117 

81,58 

1,5970 

1,9587 

81,54 

1,2306 

1,5070 

81,67 

1,1279 

1^3809 

81,68 

1,2741 

1,5568 

81,84. 

Im  Mittel  entsprachen  iOO  Theile  ehromsaurer  Baryt 
81,70  Theilen  Chlorbarium  =:  60,127  Baryt,  und  das  Aequi- 
valentgewicht  des  Chroms  (ft&r  0  s=  100}  ergiebt  sich^  wenn 
das  des  Baryts  sb  956,77  angenommen  wird,  =s  334,48. 


*)  Journ.  t  pract.  Chemie  LIX,  27. 


17* 


Udier  molyMiiiaaiffe.  fiblfe. 


Zenker  hat  Untersuchungen  über  zwei  neue  Doppel- 
salze von  Pbosphorsfiure  und  Molybdinsfiure  *}  und*^  über 
noiybdänsaures  Natron  **}  angestelltr 

Wird  der  gelbe  Niederschlag,  welcher  durch  Phosphor- 
sdure  oder  ein  phosphorsaures  Salz  aus  einer  salzsauren  Lö- 
sung von  molybdtfnsaurem  Ammoniak  oder  durch  Zusatz  einer 
Säure  aus  einer  molydänsaures  Ammoniak  und  Phosphorsäure 
haltenden  Flilbssigkeit  gefiillt  wird,  in  Aetzammoniak  gelöst, 
so  scheiden  sich  aus  der  verdunstenden  Lösung  nach  einiger 
Zeit  farblose  Krystalle  eines  Doppelsalzes  aus,  später  Kry- 
stalle  von  molybdänsaurem  Ammoniak.  Die  zuerst  sich  aus- 
scheidenden Krystalle  sind  selten  einfach  (dann  nadelFönnig 
und  glasglänzend},  meistens  bilden  sie  seidenglänzende  ßeher- 
oder  garbenförmige  Aggregate.  Sie  lösen  sich  leicht  in 
heifsem,  weniger  leicht  in  kaltem  Wasser  zu  schwach  sauer 
reagirender  Lösung,  die  beim  Kochen,  oder  bei  mäfsiger 
Temperatur  der  Einwirkung  der  Luft  längere  Zeit  ausgesetzt, 
Ammoniak  entweichen  läfst,  während  sich  ein  weifser,  in 
Ammoniak  löslicher  Niederschlag  ausscheidet.  Die  trockenen 
Krystalle  verändern  sich  nicht  an  trockener  Luft  oder  beim 
Aufbewahren;  im  feuchten  Zustand  trüben  sie  sich  an  der 
Luft  leicht  etwas  und  lassen  sie  dann  beim  Lösen  etwas 
weiEsen  pulverigen  Rückstand.  Mit  Salzsäure  oder  Salpeter- 
säure Übergossen  werden  sie  namentlich  bei  dem  Erwärmen 
zu  einem  gelben  Pulver;  ein  solches  scheidet  sich  auch  bei 
Zusatz  dieser  Säuren  zu  einer  wässerigen  Lösung  der  Kry- 
stalle aus.    Zenker  stellt  für  diese  Krystalle  die  Formel 


•)  J.  pr.  Cbero.  LVni,  357. 
*^  J.  pr.  Chem    LYIll,  466. 


Ueber  molybddmamm  Sähe.  253 

(2  NH4O,  5  MoO,  +  5  HO3  +  (NH4O,  PO,  +  2  HO) 
auf,   wonach  sie  ein  Doppelsalz  des  von  Svanberg  und 
S  t  r  a  V  e  '^j  beschriebenen    molybdänsauren    Ammoniaks    mit 
phosphorsaurem  Ammoniak  wären. 


gefnirfeii 

berechnet 

im  Mittel 

Molybdänsäure 

62,iO 

62,64 

Phosphorsäure 

12,79 

12,58 

Ammoniumoxyd 

13,83 

13,S0 

Wasser 

11,18 

li,28 

100,00  100,00. 

Dasselbe  Doppelsalz  liefs  sich  erhalten,  indem  eine  Lö- 
sung von  krystallisirtem  molybdänsaurem  Ammoniak  und  einer 
kleinen  Menge  krystallisirten  phosphorsauren  Ammoniaks  in 
beifsem  Wasser  der  Verdunstung  überlassen  wurde,  wobei 
das  Doppelsalz  zuerst  herauskrystallisirte« 

Als  eine  salzsaure  Lösung  von  Molybdänsäure  nach  Zu- 
satz von  wenig  Phosphorsäure  zur  Syrupconsistenz  eingedampft 
und  mit  Kali  gesättigt  wurde,  gestand  die  Flüssigkeit  zu  ei- 
nem Magma  von  borsäureähnlichen  Krystallschuppen,  die  aus- 
geprefst  und  umkrystallisirt  grofse,  farblose,  glasglänzende, 
luftbeständige,  anscheinend  monoklinometrische  Krystalle  ga- 
ben. Die  wässerige  Lösung  derselben  reagirt  sauer  und 
giebt^  wie  auch  die  Krystalle ,  auf  Zusatz  von  Salpetersäure 
oder  Salzsäure  eine  gelbe  Fällung;  erhitzt  schmelzen  die  Kry- 
stalle leicht  unter  Abgabe  von  Wasser  zu  einem  in  der  Hitze 
gelblichen,  beim  Erkalten  farblos  und  rissig  werdenden  Glas. 
Für  die  Zusammensetzung  dieser  Krystalle  betrachtet  Zenker 
die  Formel 

3  (KO,  3  MüO,  +  3  HO}  +  (KO,  PO,  +  2  HO)  +  6  HO 
als  der  Analyse  am  nächsten  entsprechend  : 


•)  Dieie  Aanalen  LXVIII,  297. 


254  Ihber  maljfbddmmmm  Sabe. 


beredioet 

fcToadM 

Kali 

17,96 

17,77 

Waaser 

14,58 

14,50 

Phosphorsinre 

6,88 

7,24 

Molybdäns«nre 

60,58 

60,48 

100,00  iOO,00. 

Ein  Natronsalz  der  Molybdünsliure  in  groCsen  leicht  ver- 
witternden Krystallen  erhielt  Zenker  in  folgender  Weise. 
Bei  allmäligem  Zusatz  von  Salpetersäure  zu  einer  Lösung 
von  Molybdänsäure  in  kohlensaurem  oder  in  ätzendem  Natron 
entsteht  ein  weifser  voluminöser  Niederschlag,  der  sich  beim 
Umrühren  wieder  löst,  bis  bedeutend  viel  Salpetersäure  zuge- 
setzt worden  ist.  Wird  nur  so  lange  Salpetersäure  zugesetzt^ 
als  der  Niederschlag  sich  wieder  beim  Umrühren  löst,  und  nicht 
länger,  als  bis  die  Flüssigkeit  saure  Reaction  angenommen 
hat,  so  scheidet  sich  nicht  dreifach-saures  Sabs  ab  *^,  sondern 
es  bilden  sich  bis  zu  1  Zoll  grofse,  farblose,  gtasglänzende, 
monoklinometrische  Krystalle,  welche  sorgfältig  abgetrocknet 
bei  niedriger  Temperatur  durchsichtig  bleiben,  bei  sehr  wenig 
erhöhter  Temperatur  aber  oberflächlich  verwittern.  Sie  lösen 
sich  weniger  in  kaltem,  sehr  leicht  in  heifsem  Wasser;  die 
Lösung  reagirt  sauer;  auf  Zusatz  von  Säure  zu  der  Lösung 
entsteht  ein  weifser  voluminöser  Niederschlag.  Beim  Erhitzen 
schmelzen  die  Krystalle  erst  im  Krystallwasser,  nach  Abgabe 
desselben  entsteht  eine  trübe  weifse,  stellenweise  blau  ge- 
erbte Masse,  welche  stärker  erhitzt  zu  einer  klaren  gel- 
ben Flüssigkeit  schmilzt,  die  beim  Erkalten  ausgezeichnet 
krystalliniscb  erstarrt.  Die  geschmolzene  Masse  giebt  nach 
dem  Auflösen  in  Wasser  wieder  Krystalle;  die  Krystalle  lassen 
sich  aus  der  Lösung  In  heifsem  Wasser  leicht  umkrystallisiren. 


*)  Wie  diefs  SYaoberg  ond  Strave  angegeben  hatten;  dieae  Annale« 
LXVIH,  296. 


lieber  d.  itemmißkm  VerbmA.  d.  Sdkoefekmimums.    855 

Dfis  WMser  entweicht  bei  100^  zom  grasten  Theil,  ein  Theil 
dloMelb«^  aber  erst  bei  viel  bdherer  Temperatur.  Zenker 
legi  diesem  Salz  (lufttrocken)  (fie  Zusamaeaaetzung  4  NaO, 
9  HoO,  +  28  HO  bei  : 

berechnet  gefunden 

Molybdänsäure        62,65  63,16  fVerliisl) 

Natron  12,31  11,87 

Wasser  25,04  24,97 

100,00  100,00, 

und  dem  bei  100^  gelrodkneten  die  Zusammensetzung  4  NaO, 
9  HoOs  +  2  HO  (der  Gewichtsverlust  des  vorigen  bei  100^ 
betrug  23,33  pC). 

Wird  eine  Lösung  des  vorhergehenden  Salzes  mit  über* 
gchüssigem  Aetznatron  versetzt  und  zu  Syrupconsistenz  ein- 
gedampft,  so  scheiden  sich  perlmutterglänzende  Blättchen  aus 
und  allmälig  erstarrt  die  Lösung  zu  einem  Magma  perlmutter- 
glänzender Schüppchen.  Dieses  Salz  wurde  zwischen  Fliefs«* 
papier  getrocknet;  es  löst  sich  sehr  leicht  in  kaltem  Wasser, 
die  Lösung  reagirt  alkalisch.  Erhitzt  verliert  es  ziemlich  viel 
Wasser  (es  wurde  nicht  bestimmt,  wieviel);  es  schmilzt  ziem-* 
lieh  schwer  und  erstarrt  dann  beim  Erkalten  zu  einer  weifsen, 
trüben,  nicht  krystallinischen,  in  Wasser  ziemlich  leicht  lös- 
lichen Masse.  Im  geschmolzenen  Salz  wurden  30,70  pC.  Na- 
tron gefunden;  der  Formel  NaO,  MoOg  entsprechen  30,97  pC. 


Deber  die  isomerischen  Verbindungen  des 

Schwefelantimons. 


H.  Rose*}  hat  die  krystallinische  schwarze  und  die 
amorphe  rothe  ModMcalion  des  Schwefelantimons  untersucht» 
haupisäcklich  hinsichtlich  der  Umwandlungen  dieser  ModifieiH 
tionen  in  einander. 


*)  r^f.  Ann.  LXXXIX,  122. 


S56  Veber  die  wmetMkm  VerbiMhmgmt 

ScktDorzes  S^iwefelixnHmim^  wefehes  sich  natttrltdi  als 
Grauspiefsglansera  (Antimongtenz')  findet,  kann  bekannCHch 
auch- durch  Zasammenschnielzen  von  Schwefel  und  Antimon 
und  langsames  Erkalten  der  geschmolzenen  Masse  eriialteii 
werden.  Das  spec.  Gewicht  eines  auf  letzlere  Art  bereiteten 
schwarzen  Schwefelantimons  fand  Rose  bei  16'  =  4,614, 
nach  dem  Zerreiben  zu  sehr  feinem  Pulver  =r  4,641.  Er 
beobachtete  noch,  dafs  das  fein  zerriebene  Pulver  des  kry- 
stallisirten  Schwefelantimons  unter  dem  Hikroscop  unkrystalli- 
nisch ,  glasartig  erscheint.  Stücke  desselben  geben  auf  un- 
glasirtem  Porcellan  einen  rein  schwarzen  Strich;  selbst  das 
feinste  Pulver  desselben  zeigt  schwarze  Farbe.  Das  krystaUi- 
strte  Schwefelantimon  ist,  auch  als  feines  Pulver,  ein  Leiter 
der  Electricität. 

Rotkes  Schfvefekmimum.  —  Die  von  Fuchs  angegebene 
Umwandlung  des  schwarzen  Schwefelantimons  in  rothes  durch 
längeres  Schmelzen  des  ersteren  in  einem  dünnen  Glase  und 
möglichst  rasches  Eintauchen  des  Glases  in  eiskaltes  Wasser 
fand  Rose  bestätigt;  doch  beobachtete  auch  er,  dafs  diese 
Umwandlung  nicht  immer  gelingt,  und  nur  einmal  erhielt  er 
auf  diese  Art  die  rothe  Modification  des  Schwefelantimons  in 
einigermafsen  gröfserer  Menge.  Als  krystallisirtes  'Schwefel- 
antimon in  einer  Röhre  von  dünnem  aber  schwer  schmelz- 
barem Glase,  unter  Ueberleiten  von  Kohlensäure,  längere  Zeil 
bis  zum  Erweichen  des  Glases  erhitzt  und  dann  sammt  dem 
Glase  in  kaltes  Wasser  geworfen  wurde,  bildete  das  Schwe- 
felantimon theils  ein  aufschwimmendes  rothbraunes  Pulver, 
iheils  ein  grobkörniges  schwarzes,  mit  Glassplittera  gemeng- 
tes Pulver.  Letzteres  gab  auf  unglasirtem  Porcellan  eines 
braunrothea  Strich;  es  wurde  beim  Fulrern  um  so  rölher, 
je  feiner  das  Pulver  war.  Das  spec.  Gewicht  der  Studie 
war  4,167 ,  das  des  daraus  erhaltenen  rothen  Pulvers  (nach 
Berücksichtigung   einer  geringen   Beimengung  von  Glisspiit- 


de$  Sekwefefanüm&ns.  25Y 

lern)  4,28.  Fuchs*  Beobacbtang,  dab  das  amorphe  Scfawe* 
felantimon  bfirter  sey,  als  das  krystallisirte^  fand  Rose  be* 
sliligl;  er  fand  ersleres  noch  etwas  härter  als  Kalkspath. 

Bei  dem  Einbringen  von  geschmolzenem  krystallisirtem 
Schwefelantimon  in  kaltes  Wasser  verbreitete*  sich  ein  schwa- 
cher Geruch  nach  Schwefelwasserstoff.  Rose  untersuchte 
defshalb  die  so  entstehende  amorphe  Modification  auf  einen 
Gehalt  an  Antimonoxyd^  welcher  indefs  durch  Reduciren  des 
amorphen  Schwefelantimons  mittelst  Wasserstoffgas  und  Er- 
mittelung, ob  sich  dabei  Wasser  bilde,  sich  nicht  darin  nach- 
weisen liefs. 

Rose  erhielt  beim  Eintauchen  von  in  Glas  geschmolze- 
nem krystallisirtem  Schwefelantimon  in  kaltes  Wasser  mei- 
stens nur  Gemenge  von  der  rothen  und  der  schwarzen  Mo- 
dification, die  im  Ganzen  ein  schwarzes  Pulver  gaben.  Beim 
Eingiefsen  eines  dünnen  Strahls  bei  starker  Hitze  geschmol- 
zenen  schwarzen    Schwefelantimons   in   Wasser   wurde    ein 

m 

grobkörniges  Product  erhalten,  das  an  allen  Stellen  auf  un- 
glasirtem  Porcellan  einen  schwarzen  Strich  gab  und  dessen 
Pulver  schwarz  war. 

Wird  schwarzes  Schwefelantimon  in  einem  Stück  einer 
Barometerröhre  in  einem  raschen  Strom  von  Kohlensäuregas 
geschmolzen,  so  verflüchtigt  sich  etwas  davon  und  bildet  bei 
der  alsbaldigen  raschen  Abkühlung  eine  geringe  Menge  eines 
zinnoberrothen  Sublimats. 

Das  amorphe  Schwefelantimon  ist  i^owohl  als  grobes 
schwarzes  wie  auch  als  feines  rothes  Pulver  ein  llidilleiter 
der  Electricität. 

Das  rothe  Schwefelantimon  wird  durch  Erwärmen  auf 
200^  in  die  schwarze  Modification  übergeflihrt;  das  Pulver 
zeigt  dann  unter  dem  Mfkroscop  kryslaltinisches  Ansehen 
und  (nach  Berücksichtigung  von  etwas  beigemengtem  Ghs) 


t59    üeber  d.  üamen$ehm  Vmrbmd.  tk  Sduoefdamimomi. 

dM  8pea  Gew.  Ifi6.  Bei  180«  wird  das  rotte  Sckwefel- 
anliinon  swar  Tiel  dankler  gefiirbt,  nimmt  aber  beim  BrkaUeii 
wieder  die  ursprüngliche  rolhe  Farbe  an.  —  Aach  darck 
Sliuren  kann  die  rothe  Modification  in  die  schwarze  überge» 
führt  werden.  In  kalter,  mäfsig  starker  Salzsäure  löst  sich 
das  rothe  Schwefelantimon  in  der  Kälte  nur  wenig  auf,  fiirbt 
sich  aber  darin  allmälig  schwarz;  schneller  geschieht  diefs 
beim  Erhitzen,  bei  welchem  aber  auch  zuletzt  YollstHndige 
LösiHig  stattfindet.  Beim  Kochen  der  rothen  Modification  mit 
so  stark  verdünnter  Salzsäure,  dab  nur  wenig  gelöst  wird, 
erfolgt  die  Umwandlung  in  die  schwarze  Modification  schon 
nach  einer  Viertelstunde.  Concentrirte  Schwefelsäure,  welche 
mit  rothem  Schwefelantimon  schon  in  der  Kälte  schweflige 
Säure  entwickelt,  bewirkt  die  Umwandlung  in  die  schwarze 
Modification  nicht;  beim  Kochen  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure tritt  diese  Umwandlung  nur  langsam  und  unvollständig 
ein.  Beim  Kochen  mit  verdünnter  Weinsäure  oder  mit  Wein- 
stein und  Wasser  verändert  das  rothe  Schwefelantimon  seine 
Farbe  nicht. 

Das  aus  Antimonoxydlösungen  mittelst  Schwefelwasser^ 
stoiT  geßillte  orangefarbige  Schwefelantimon  hält  bekanntlich 
nicht  nur  etwas  von  der  Säure  der  Lösung  hartnäckig  zurück, 
sondern  auch  mit  noch  gröfserer  Hartnäckigkeit  einen  Ge- 
halt an  Wasser.  In  solchem,  bei  190*  getrocknetem  Schwe- 
felantimon wurden  noch  0,61  pC.  Wasser  gefunden;  bei  200* 
wird  es,  unter  Umwandlung  in  die  krystallinische  schwarze 
Modification,  wasserfrei.  Auch  durch  den  Einflufs  von  Säuren, 
namentlich  von  Salzsäure  erfolgt  diese  Umwandlung,  doch 
etwas  schwieriger  als  die  der  durch  rasches  Abkühlen  des 
geschmotoenen  Schwefelaiitimoiis  dargeatelUen  rothen  Modi- 
fication; durch  Kochen  nil  Weinstein  oder  Weiosteinatwe 
wird  diese  Umwandtang  nicht  bewhrkt.  Das  spec.  Gewicht  des 
ml  Schwefelwasserstoff  gefkUtea   rothen  SchwefekmtiBiOBs 


üeber  d.  Verbind,  d.  Sff^wefeJantfmens  u.  AnHmonoxydi,    31^ 

wurde  elwM  grdfser,   als  das  des  durch  rasches  AhküUen 
beretteten,  gefunden,  im  Mittel  =s  4,421. 


lieber  die  Verlmidiiiif  eo  des  SdiwefelaiitinioM  und 

Antimonoxyds. 


H.  Rose*}  zeigte^,  dafs  die  Verschiedenheiten  in  der 
Besehaffenheit  und  der  Farbe  der  ans  Scbwefelantimün  tind 
Anlimonoxyd  zusammengeschmolzenen  Verbindungen  (des  s.  g. 
TÜnim  antimonii}  besonders  von  dem  schnelleren  oder  lang« 
sameren  Erkalten  abhängen. 

Wird  wenig  Oxyd  mit  viel  Schwefelantimon  zusammen- 
geschmolzen und  die  Hasse  in  eine  Porcellanschale  oder 
einen  Porcellantiegel  ausgegossen,  so  ist  die  erstarrte  Ver- 
bindung schwarz,  krystallinisch  und  metallglänzend,  und  nur 
an  der  Aufsenseite,  namentlich  wo  die  Abkühlung  am  rasche- 
sten stattfand,  schwarz  aber  glasartig  und  von  metallischeni 
Demanighnz.  Die  gbsartigen  Stellen  geben  auf  unglasirteai 
Porcellan  einen  rothen»  die  krystallinischen  einen  schwarze« 
Strich,  Die  krystallinisehe  Verbindung  leitet  die  Electricitit, 
die  glasartige  nicht  Letztere  lälst  sich  rein  erhalten,  wenn 
man  die  geschmolzene  Masse  in  kaltes  Wasser  giefst;  es 
entstehen  kleine  spröde  schwarze  Kttgelchen,  die  auf  Por- 
cellan einen  rothen  Strich  geben  und  vollkommene  Nichtleiter 
der  Kectricität  sind. 

Bei  dem  Zusammenschmelzen  von  mehr  Oxyd  und  weni- 
ger Schwefelantimon  läCst  sich  die  entstehende  Verbindung 
doch  noch  krystallinisch  eihalten,  wenn  man  Sorge  triigl, 
dafs  die  Erkaltung  nur  dufserst  langsam  stattfindet.  Es  w«rde 
so  eine  vollkonnen  krystallinisehe  graoschwarze  Verbiidwif 


*)  Poff.  Aon.  LXXXIX,  316. 


900  Ueber  da$  WümMoxgdtd, 

erki^teii,  die  ein  Halbleiter  der  BlectricilMI  war  ond  auf 
unglasirtem  Porcelian  einen  Strich  von  schwarzer  aber  ins 
Rölhliche  stechender  Farbe  gab.  —  In  gröfseren  Tropfen 
auf  kaltes  Porcelian  gegossen,  erstarrte  diese  Verbindung  zu 
aufsen  glasartigen  und  rdthlichen,  innen  kömigen  und  schwar- 
zen Massen ;  der  äafsere  Tbeil  gab  auf  Porcelian  einen  schar- 
lachrothen  Strich  und  leitete  die  Electricität  nicht,  der  innere 
Theil  gab  einen  schwarzen  Strich  und  war  ein  Halbleit^  der 
Electricität.  —  Wird  die  geschmolzene  Verbindung  in  kaltes 
Wasser  gegossen,  so  erhilt  man  sie  vollkommen  glasartig, 
im  durchscheinenden  Licht  etwas  röthlichi  und  sie  giebt  dann 
einen  gelbrothen  Strich  auf  Porcelian. 


Ueber  das  Wismutfaoxydul. 


R.  Schneider*}  hat  Untersudiungen  über  das  Wis- 
mulhoxydul  angestellt  Er  bespricht  die  früheren  Versuche, 
dassdbe  darzustellen,  welche  die  gesuchte  Verbindung  gar 
nicht  oder  nicht  rein  ergaben,  und  theilt  seine  eigenen  Ver- 
svche  mil,  die  gleichfalls  zum  Theil  nicht  zum  Ziele  führten, 
aber  die  Kenntnifs  des  chemischen  Verhaltens  des  Wismuths 
erweitern. 

Weinsaure  Wismuthoxydsalze  und  Doppelsalze  zeigen 
beim  Erhitzen  in  einem  Strom  von  WasserstoiTgas  bis  zu 
100^,  abgesehen  von  einem  Verlust  an  Wasser,  keine  we- 
sentliche Veränderung;  beim  Erwärmen  auf  150  bis  160* 
(namentlich  bei  den  einfachen  Salzen}  oder  gegen  200*  (bei 
dem  weinsauren  Wismuthoxyd  -  Kali}  Mtt  Veränderung  unter 
Braunwerden  ein,  zugleich  aber  immer  von  Anfang  an  aoch 
die  Kldung  brenzlicfaer  Producte.     Eine  Bildung  von  Wis- 


*)  Pogg.  Ann.  LXXXVIII,  45. 


Oeber  das  WümuihoxsM.  Mf 

mattioxydid  scheint  nur  vorübergehend  statt  zu  tnden,  itnd 
es  tritt  unter  weitergebender  Zersetzung  der  Salze  theil- 
weise  Reduction  des  Wismuthoxyds  zu  metallischem  Wis* 
muth  ein. 

Beim  Erhitzen  von  schwefelsaurem  Wismuthoxyd-Kati  im 
Wasserstoffstrom  entweicht  gegen  300*  unter  Bräunung  des 
Salzes  Wasser  und  Schwefelsliure,  bei  etwas  gesteigerter  Tem* 
peratur  zugleich  etwas  schweflige  Säure,  und  der  schwarze 
Rfkdistand  enthttlt  nun  neben  vielem  Wismuthoxydul  etwas 
Schwefelwismuth. 

Bei  dem  Erhitzen  einer  Ldsung  von  weinsaurem  Wis« 
muthoxyd  in  Kali  mit  Traubenzucker  auf  70  bis  80*  C.  wird 
das  Wismuthoxyd  direct  zu  metaDischem  Wismuth  reducirt 

Wnrd  einer  mttfsig  concentrirten  heifsen  Ldsung  von  5 
Theilen  Wismuthoxyd  in  Salpetersäure  eine  concentrirte  heibe 
Lösung  von  4  Theilen  Weinsäure  in  Wasser  zugesetzt,  so 
bleibt  dio  Mischung  in  der  Hitze  klar  und  scheidet  nach  dem 
Abkühlen  kleine  glänzende  Krystalle  aus,  die  mit  einer  kal- 
ten verdünnten  (im  Anfang  mit  etwas  Salpetersäure  versetz- 
ten) Lösung  von  Weinsäure  sich  auswaschen  lassen.  Für 
ihre  Zusammensetzung  giebt  Schneider  die  Formel  BiO,, 
3  C4H,0s  +  6  HO;  die  Krystalle  verloren  bei  iOO*  9,12  pC. 
Wasser,  5  Aeq.  entsprechend  ^berechnet  9^  pC.J.  Für 
das  bei  100*  getrocknete  Salz  fand  er  BiO,,  3  C4Hs0s  +  HO; 
es  verlor  bei  160*  2,02  pC.  Wasser,  während  sich  für  1  Aeq. 
2,05  pC.  berechnen;  über  160*  bräunt  und  zersetzt  sich  das 
Säte. 

Bei  iOO^  getrocknetes  Sab  ; 

Wismuthoxyd  52,84  52,42       —         — 

Kohlenstoff  16,40  16,28    17,09  .  16,96 

Wasserstoff  1,60  "   1,63      1,68      — 

Sauerstoff  29,15  _  .     _         _ 

100,00. 


,  Nach  de»  Uebergieteii  dwses  Sabes  mt  di^r  6*  Ms 
öfachen  Menge  heiüsen  Wassers  entsteht  aof  aUiiMUige&  Zu- 
aats  von  Kali  anfangs  starke  weifse  Trübung^  dann  eine  klare 
Lösung,  die  durch  Zusatz  von  Wasser  oder  einer  gröfserea 
Menge  Alkali  nicht  getrübt  wird.  Löst  man  1  Theil  kry- 
atallisirten  ZinnchloriU^  und  etwa  3  Theile  Weinsäure  in 
einer  genügenden  Menge  heifsen  Wassers  und  veraetsi  die 
Lösung  vorsichtig  mit  Kali,  bis  sie  neutral  reagirt,  so  Iftfsi 
sich  diese  Flüssigkeit  ohne  Trübung  kochen  und  mit  Wasaer 
verdünnen,  und  der  durch  ferneren  Zusatz  von  wenig  Knfi 
CvorzUglich  beim  Erwärmen)  darin  hervorgebrachte  weifse 
Niederschlag  wird  durch  Zusatz  von  mehr  Kali  wieder  gelöst. 
Aus  der  Mischung  von  weinsaurem  Wismuthoxyd-Kali  und 
weinsaurem  Zinnoxydul -Kali  entstehen  -^  bei  mäfsiger  Ver- 
dünnung der  Lösungen  bald  schon  bei  gewöhnlicher  Tempe<> 
ratur,  bei  gröfserer  Verdünnung  beim  Kochen  —  braune  Nie- 
derschläge, welche  Schneider  als  Doppelverbindungen  von 
Wismuthoxydul,  Zinnsäure  und  Weinsäure  betrachtet,  in  wel- 
chen die  Zinnsäure  (ähnlich  wie  die  Borsäure  im  B<Hraxwein-* 
stein)  die  Rolle  einer  Basis  zu  spielen  scheine,  und  die  bei 
Anwesenheit  einer  genügenden  Menge  Wasser  in  einem  ge- 
ringen Ueberschufs  von  Kali  zu  prächtig  dunkelbraunen  Flüs- 
sigkeiten auQöslich  sind;  dieselben  lassen  sich  nicht  gut  fil* 
triren  und  auswaschen.  Das  Wismuthoxydul  kann  aus  der 
Verbindung  mit  Weinsäure  und  Zinnsäure  nicht  durch  directe 
Behandlung  mit  concentrirtem  Kali  abgeschieden  werden. 
Durch  Zusatz  gewisser  Salze  (kohlensaures  Natron,  schwefel- 
saures Natron,  Chlornatrium)  lassen  sich,  nölhigenfalls  bei 
Unterstützung  durch  Kochen,  aus  der  schwach  alkalischen 
Lösung  des  weinsauren  Zinnsäure -Wismuthoxyduls  braune 
Verbindungen  von  Zinnsäure  und  Wismuthoxydul  abscheiden, 
die  sich  durch  wiederholtes  Lösen  in  kalihaltigem  Wasser 
und  Ausfallen  durch  Zusatz  von  kohlensaurem  Natron   und 


ÜA9r  dm  WimmMSagM.  MS 

Kooben  rmk  Weinstfare  befreien  und  dann  durch  AiiswaidheB 
mit  ansgekochlcm  Wasser  reinigen  laasen.  Schneider 
glaubt,  dars  sich  hier  im  Wesentlichen  eine  Verbindung  BiO«^ 
SnOt  bilde.  Bei  Anwendung  einer  entiprechenden  Lösung  von 
Zinnsesquioxyd  an  der  Stelle  von  Zinnoxydul  erhielt  er  in 
tthnlieber  Weise  eine  braune  Verbindung,  die  er  als  BiOfi 
8  SnOt  betrachtet.  Diesen  Verbindungen  von  Zinnsfture  «nd 
Wismuthoxydul  läfst  sich  die  Zinnsäure  durch  Kali  nur  dann 
voilelindig  entziehen,  wenn  sie  ohne  Anwendung  von  Wärme 
abgeschieden  worden  sind. 

Zur  i>arstellung  des  Wismuthoxyduls  gab  dals  Verfahren 
die  genügendsten  Resultate,  die  Mischung  der  Lösungen  von 
gleichen  Aequivalenten  Wismuthoxyd  und  Zinnchlorür  in  mit 
möglichst  wenig  Salzsäure  versetztem  Wasser  in  eine  mäfsig 
verdünnte  Kalilösung  ku  giefsen,  so  dafs  das  Kali  immer  im 
Ueberschufs  einwirkt,  und  dem  hierbei  entstehenden  volumi- 
nösen schwarzbraunen  Niederschag,  der'  aus  Zinnsäure  und 
lyismulhoxydul  besteht,  die  erstere  durch  Behandlung  mit 
concentrirter  Kalilösung  (zuletzt  bei  mäfsiger  Digestions-^ 
wärme}  zu  entziehen.  Die  Zusammensetzung  des  so  erhal«' 
tenen  schwarzgrauen  krystallinischen  Pulvers,  welches  mit 
heifsem  hiftfreiem  Wasser  ausgewaschen,  bei  möglichst  abge- 
haltener Luft  filtrirt,  und  durch  Auspressen  zwischen  Pliefs^ 
papier  und  dann  im  luftleeren  Räume  über  Schwefelsäure 
und  bei  100^  getrocknet  wurde,  entsprach  (nach  Abrechnung 
einer  kleinen,  etwa  1  pC.  betragenden,  noch  darin  enthaltenen 
Menge  Wasser}  nahezu  der  Formel  BIO«  (wenn  Bi  ==  206, 
für  H  =  1}  : 

berechnel  , &tl . 

Wismuth       92,86     92,98  92,95  92,82  92,64  92,60  92,69 
SauerstoiT      7,14       —       —       —       —       —       — 

100,00. 
Bei    der  Einwirkung  stärkerer   Säuren   wird   das  Wis- 
roulhoxydul  zu   Wismuth  und   Wismuthoxyd.     Im   feuchten 


IM         üeber  doi  ^mmäiMek  nm$0  IMtD  Aridium. 


Zoilaad  der  Luft  darfebolen  mDoit  es  «enltch  achMÜ  Saaer- 
sloff  anf  und  ttbeniebt  es  sich  mit  weifse«  Wisraathoxyd- 
hydrat.  Das  iai  leeren  Räume  gelrockneie  Oxydul  zeigt  bei 
gewöbnlidier  Temperalnr  nur  gerioge  Neigung  sich  hdher 
BQ  oxydiren,  bei  Lttfizutritt  erhitat  verglinunt  es  augenblick- 
lich zu  gelbem  Wismuthoxyd.  In  einer  KohlensSureatmo- 
Sphäre  geglttht  giebl  es  das  darin  noch  entfaallene  Wasser 
ah,  und  wird  es  zu  etnem  hellgrauen  Pulver  (dieselbe  Yer- 
inderong  scheini  durch  längeres  Kochen  mit  concenbrirter 
Kalilösung  einzulreten),  welches  sich  dann  selbst  bei  länge- 
rem Liegen  an  der  Luft  nicht  merklich  höher  oxydirt  und 
auch  beim  Glfthen  an  der  Luft  nur  langsam  sich  v<rflsländig 
ia  Oxyd  verwandelt« 


Ueber  das  vermeintlich  neue  Metall  Aridiian. 


In  dem  Chromeisenstein  von  Röras  glaubte  Ullgren*} 
ein  neues  Metall  enthalten,  dem  er  den  Namen  ArUHum  bei- 
'legle.  Bahr**3  hat  nun  genau  nach  den  Vorschriften  Uli* 
gren's.die  Versuche  des  letzteren  zur  Darstellung  des  neuen 
Metalls  wiederholt,  und  ist  zu  dem  Resultate  gekommen,  dafs 
das  sogenannte  Aridium  Eisen  mit  einem  Gehalt  von  Phosphor 
und  wahrscheinlich  etwas  Chrom  ist. 


•)  Diete  Amwlea  LXXVI,  239. 
*•)  J.  pr.  Chem.  LX,  27. 


Aittgogeben  de«  18.  Febrosr  1654. 


AJ^ALEN 

DER 


CHEMIE  UND  PHAEMACIE. 


LXXXYIIL  Bundes  drittes  Heft 


Ueber  schwefligsaure  Kupferoxydtüverbinduiigeii. 


Päan  de  Saint-Gilles *)  hat  Untersuchungen  über 
die  schwefligsauren  Verbindungen  des  Kupferoxyduis  mitge- 
theilt.  Einfache  Verbindungen  zwischen  schwefliger  Sfiure 
und  Kupferoxydul  scheinen  ihm  eben  *  so  wenig  zu  existiren, 
wie  solche  zwischen  schwefliger  Säure  und  Kupferoxyd.  Die 
schwefligsauren  Doppelverbindungen  des  Kupferoxyduls  theilt 
er  in  drei  Klassen  :  I.  Verbindungen,  welche  Kupferoxydul 
und  Kupferoxyd  enthalten,  und  die  bei  Einwirkung  schwefliger 
Säure  oder  schwefligsaurer  Alkalien  auf  überschüssig  ange- 
wendete Kupferoxydsalze  entstehen ;  II.  Verbindungen,  welche 
Kupferoxydul  und  Alkali  enthalten,  und  die  bei  Behandlung 
von  Kupferoxydsalzen  mit  überschüssigem  schwefligsaurem 
Alkali  entstehen;  und  DI.  complicirtere  Verbindungen,  die 
durch  die  Vereinigung  gleicher  Aequivalente  der  beiden  vor- 
hergehenden Verbindungen  entstehen.' 

I.  Schwefligsaures  Kupferoxyd --KupferoxyduL  —  Durch 
Einleiten  eines  hingsamen  Stroms  von  schwefliger  Stture  in 
eine  Lösung  von  essigsaurem  Kupferoxyd  erhält  man  einen 
gelben  flockigen  Niederschlag,  welcher  bei  Einwirkung  von 


•)  Compt.  reod.  XXXYI,  1066. 

Ana.  d.  Chem.  n.  Phwm.  LXXXVin.  Bd.  3.  H«ft.  18 


mehr  Siare  sich  wieder  aufldsl;  derselbe  entetehl  auch  bei 
Zusatz  eines  scbwefligsauren  Alkalis  za  einem  Kupferoxydaalx 
bilt  aber  in  diesem  Falle  fast  stets  eine  gewisse  Mengte 
schwefligsaares  Alkali  zurücL  Diese  Verbindung  verändert 
sich  nicht  an  trockner  Luft;  sie  ist  mlöslich  in  Wasser,  ohne 
Zersetzung  löslich  in  schwefliger  Säure  und  Essigsäure.  Sie 
löst  sich  auch  in  Kupferoxydsalzen  unter  smaragdgrüner  Fär- 
bung der  Flüssigkeit,  löst  sich  in  Ammoniak  unter  blauer 
Färbung,  wird  durch  Kali  zu  einem  grünlichen  Gemenge  von 
blauem  Oxydhydrat  und  gelbem  Oxydul.  Die  Zusammensetzung 
entsprach  der  Formel  CutO,  SO,  +  CuO,  SO,  +  5  HO  : 

berechi>el  .gefunden^ 

3  Ctt      43,17  43,42    43,31 

2  SO,     29,09  29,16    28,70 

5  HO     20,45  20,16. 

Diese  gelbe  Verbindung  unterscheidet  sich  nur  durch 
einen  Hehrgehalt  von  3  Aeq.  Wasser  von  der  durch  Ram- 
melsberg*}  und  Rogojski**^}  untersuchten  rothen  Vo-- 
bindung,  welche  letztere  auch  beim  Verdampfen  der  Lösun- 
gen der  ersteren  sich  abscheidet,  aber  von  dieser  noch  darin 
unterschieden  ist,  dafs  die  Lösungsmittel  der  gelben  Verbin* 
düng  auf  sie  nicht  einwirken  und  Kali  mit  ihr  ein  bräun- 
liches Gemenge  von  wasserfreiem  Kupferoxyd  und  Kupfer- 
oxydul giebt. 

II.  Unter  den  Verbmdungen  des  ichtoefiigsauren  Kupfer^ 
oxyduU  mit  $chu>^lig$auren  Alkalien  sind  die  mit  Kali  und 
namentlich  mit  Natron  hervorgebrachten  sehr  unbeständig  und 
schwierig  rein  zu  erhalten.  Durch  Behandlung  von  Kupfer- 
chlorür  mit  überschüssigem  schwefligsaurem  Ammoniak  erhielt 
Päan  de  Saint-Gilles  ein  Salz  Cu,0,  SO,  -h  ?  (NH4O, 
SO,)  +  10  HO,   welches  in  feinen,  in  der  Mutterlauge  beim 


♦)  Pogg.  Ann.  LXVn,  397. 
«*)  Diese  Annalen  LXXX,  255. 


I/06er  Mchiotfligmmre  MupferomifAiherbmdungen.      26T 


BrwSmkW  leiobl  wieder  lOsIichen  Nadeln  kryataUisirl  und  sich 
dann  beim  Abkühlen  in  volumindsen  Prismen  abscheidet;  an 
kmtUßT  Luft  abaorbirl  es  rasch  Sauerstoff,  blftut  sich  und 
riecht  nach  Ammoniak.  —  Durch  Sättigung  der  Lösung  des 
vorhergehenden  Salzes  mit  schwefliger  Säure  wird  das  schon 
Ton  Rogojski  erhaltene,  aus  gleichen  Aequivalenten  der 
beiden  einfachen  Salze  bestehende  schwefligsaure  Kupfer- 
oxydttl-Ammoniak  erhalten ,  welches  unlöslich  in  Wasser  ist. 
P^an  de  Saint-Gilles  bestreitet,  dafs  durch  längere  Ein« 
wkkuBg  von  schweflige  Säure  auf  die  letztere  Verbindung 
reines  sehwefligsaures  Kupferoxydul  erhalten  werde,  wie  Ro- 
gojski behauptete;  seiner  Ansicht  nach  ist  die  Bildung  des 
dann  entstehenden  rothen  Körpers  von  der  gleichzeitigen 
Einwirkung  der  Luft  abhängig,  und  der  rothe  Körper  selbst 
sehwefligsaures  Kupferoxyd-Kupferoxydul. 

IIL  VerbmAmgem  eon  Mclw>eftig$aurem  Kupferoxyd"  Ku^ 
pferoxjfdul  und  sdno^iffsaurem  Kui^eroxyikU''Atkali.  —  Sät- 
tigt man  concentrirte  Lösungen  von  schwefligsaurem  Ammo- 
niak and  schwefelsaurem  Kupferoxyd  mit  schwefliger  Säure 
ud  mischt  sie  dann,  so  bleibt  die  entstehende  schwefligsaure 
Verbindung  in  der  überschüssigen  Säure  gelöst  und  die  Flüs- 
sigkeit färbt  sich  nur  grün.  Nach  einigen  Stunden  bildet 
sich  eine  reichliche  Krystallisation  eines  hellgrünen  Salzes, 
welches  sich  in  der  Mutterlauge  nicht  wieder  auflöst  Für 
die  Zusammensetzung  dieses  Salzes  giebt  P6an  de  Saint- 
Gillea  die  Formel  (CutO,  SO,  4-  NH4O,  SO,}  +  (GutO, 
SO«  +  CttO,  SO«}  +  5  HO;  &  giebt  an,  auch  ein  mit  dem 
vorhergehenden  der  Form  und  der  Zusammensetzung  nach 
ttberaoatimmendes  Kalisalz  erhalten  zu  haben,  welches  aber 
iger  darzustellen '  und  unbeständiger  sey. 


18* 


!•        _  • 


MB  IM«r 

lieber  die  Eiawirkoiig  des  Salmiaks  auf  Kiffer. 


H.    Rilthausen^)  liat  die  Binwirinuig  des 
aaf  Xnpfer  nnlenroeht 

Der  Salmiak  wird  dvtsh  Kupfer  nor  serseCH,  wemi  die 
Laft  Zotritt  hal.  Ist  aoberdem  das  Kupfer  im  Uebersdiois 
Torhanden,  so  bildet  sich  stets  ein  weiße$  SaU.  Beim  Br- 
hitaen  einer  kaltgesittigten  SafaniaUösang  mit  fein  xertheB- 
tem  Kupfer  bis  nahe  xum  Sieden,  so  lange  als  keine  stnfca 
Ammoniakentwickelung  bemeikbar  ist,  wird  eme  lAsfmg  er* 
halten,  welche,  selbst  wenn  sie  ganx  faihlos  war,  sieh  beim 
Filtriren  tief  blau  fiirbt  und  wenn  sie  sehr  gesittigt  ist  sofort 
kleine  weifse  Krystalle  ausscheidet  Bei  langsamem  Abktthlmi 
der  Lösung  scheidet  sich  das  weifse  SaU  in  groben  Khom* 
bendodekaedem  ab,  denen  sich  etwas  später  Krystalle  eines 
blauen  Salzes  beimengen.  Zur  Reindarsleilung  des  weiCsen 
Salzes  kann  man  die  nrspttngliche  siedende  Lösung  unmittel-> 
bar  in  die  Hälfte  ihres  Volumens  Wasser  filtriren,  wo  der 
gröfste  Theil  des  blauen  Sabees  und  auch  etwas  Ton  dem 
weifsen  unter  Ausscheidung  von  gelbem  Kupferoxydulhydral 
zersetzt  werden;  nach  nochmaligem  Filtriren  der  noch  war* 
men  Flüssigkeit  scheiden  sich  beim  Erkalten  des  Filtrats  zaU- 
reiche  weifse  Krystalle  ohne  alle  Beimengung  aus,  die  mit 
Alkohol  gewaschen  und  zwischen  Fliebpapier  rasch  getrock- 
net werden.  Das  weifse  Salz  wird  durch  Wasser  unter  get* 
her  Färbung  zersetzt;  durch  Alkohol  wird  es  nicht  zersetzt; 
in  Säuren  ist  es  ohne  Zersetzung  nicht  löslich ;  in  concentrir- 
ter  heifser  Salmiaklösung  löst  es  sich  unter  Bläuung  durch  den 
Sauerstoff  der  Luft.  Die  Krystalle  oxydiren  sich  an  der  Luft 
rasch  oberflächlich  und  bedecken  sich  mit  einer  bläuUcli- 
grünen  oder  violetten  Schichte;  bei  100^  verlieren  sie  selbst 


*)  J.  pr.  Che».  LIX, 


Sakdah9  auf  Kupfer.,  269 

oaeh  langer  Zeit  nur  wenig  an  Gewicht  unter  brauner  Fär«- 
bnng  and  Verflüchtigung  von  etwas  Ammoniak;  bei  stiirke<* 
rem  Erhitzen  entweicht  nur  Ammoniak,  kein  Sahniak,  etwas 
KnpfercUorür,  und  es  bleibt  ein  weifser  Rückstand  von  Ku- 
^^cldorttr.  Die  Zusammensetzung  dieses  weifsen  Salses  ist 
Knpferchlorttr-Ammoniak,  Cu,Q  +  NHg  : 

berecbnel        f  efanden  im  Mittel 


Kupfer 

54,70 

54,3i 

Chlor 

30,63 

30,38 

Ammoniak 

14,67 

13,90 

100,00  98,59. 

Die  Bildung  dieses  Salzes  erklärt  sich  nach  dem  Schema 
2  Cu  +  NH4CI  +  0  ==  CujCI,  NH,  +  HO. 

Aus  einer  Lösung  des  vorhergehenden  Salzes  in  mög- 
lichst wenig  concentrirter  heifser  Salzsäure  schieden  sich  beim 
Erkalten  weifse  Krystalle  ab^  die  sich  an  der  Luft  etwas 
brttunten,  beim  Erhitzen  kein  Ammoniak  sondern  nur  Sal- 
miak gaben  und  Kiqiferchlorttr  hinterliersen^  durch  Wasser 
unter  gelber  Filrbung  zersetzt,  durch  Alkohol  nicht  verändert 
wurden.  Sie  schienen  3  CuiCl  +  2  NH4CI  zu  seyn  (gefun- 
den 48,4,  berechnet  47,1  pC.  Kupfer}.  Versuche,  die  Ver- 
bindung CufCl  +  NH4CI  darzustellen,  waren  erfolglos. 

Aus  der  Flüssigkeit,  welche  Kupferchlorür  -  Ammoniak 
enthält,  entsteht  durch  Einwirkung  der  Luft  ein  blaues  SaU^ 
welches  sich  aus  sehr  gesättigten  Lösungen  in  langen  dünnen 
Prismen,  bei  langsamerer  Bildung  aus  weniger  davon  enthal- 
tenden Flüssigkeiten  in  schönen  grofsen  Krystallen  ausschei- 
det, welche  rhombisch  zu  seyn  scheinen  und  durch  vierseitige 
Prionen  mit  auf  die  Prismakanten  aufgesetzten  Pyramiden 
gebildet  sind.  Schön  erhält  man  auch  diese  blauen  Krystalle, 
wenn  man  Sahniaklösung  und  Kupfer  lange  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  auf  einander  einvrirken  läfst,  wobei  nur  sehr 
wenig,  dem  Kupfer  fest  anhaftendes  Kupferchlorttr-Ammoniak 


270  Debet  dk  ElmmMkmg  des 

entsteht  Das  bfame  Siis  aersetst  sich»  weM  es  Mdi  wtA 
Miitteriaiqfe  benetil  ist,  rasch  an  der  Luft  und  ilbenieht  sieh 
dabei  mit  eioer  matten  bliolich^grrttnen  Schichte ;  gut  getrock- 
nete gröfsere  KrystaUe  werden  an  der  Luft  erst  nach  Ubig»- 
rer  Zttt  matt  und  sersetEt,  ihr  violettes  Puhrer  nach  ttageren 
Stehen  an  der  Luft  grünlich.  Das  blaue  Sah  wird  dlirdi  Wa«er 
und  durch  Alkohol  zersetzt;  beim  Kochen  mit  Wasser  scheiden 
sich  Kupferoxydul  und  ein  gelb-grttnes  Pulver  ab,  während  Sal- 
miak und  Ammoniak  vom  Wasser  aufgenommen  werden.  In 
Sahniaklösung  ist  es  ziemlich  reichlich  aber  unter  theilwräer 
Zersetzung  löslich.  In  Säuren  ist  es  ohne  Zersetzung  nidat 
löslich.  Bei  100^  verliert  es  unter  dunkelbrauner  Fäitang 
Wasser  und  vielleicht  auch  Spuren  von  Ammoniak,  beim 
CStthen  giebt  es  Sahniak,  Ammoniak  und  ab  Rtkkstand  Kn- 
pferchlorttr.  Die  Analyse  des  blauen  Salzes  ergab  seme  Z»- 
sammensetzung  aus  Kupferchlorflr«- Ammoniak,  Kupfercktoid- 
Ammoniak  und  Wasser,  Cu^Cl,  NH.  +  CuCl,  NH.  +  HO. 

berechnet       seAmdea  im  MittBi 


Kupfer 

45,54 

45,62 

Chlor 

33,90 

34,31 

Ammoniak 

16,36 

16,65 

Wasser 

4,30 

— 

100,00. 

Aus  der  Lösung  des  blauen  Salzes  in  warmer  Salisäure 
oder  Salpetersäure  krystallisirt  beim  Erkalten  die  schon  firfi- 
her  mehrfach  untersuchte  Verbindung  CuCl  4-  NII4CI  +  3  HO, 
deren  Zusammensetzung  Ritt  hausen  bestätigte  : 

berechnel  gefunden 

Kupfer  22,86  23,52    23,19 

Chlor  51,20  50,80 

Ammonium     12,97  1!),67 

Wasser  12,97  — 

100,00. 


Sabmak»  tmf  Kupfer.  271 

In  der  Vattoriange  tchi  blauem  Salz  ist  noch  ein  ^Nbtat 
Sah  eathdten,  deaseo  Menge  beim  Stehen  dieser  Mutter« 
lange  an  der  Lnfl  noch  zunimmt;  diese  fkrbt  sich  dabei  von 
oben  ans  grttn.  Aus  solchen  Lösungen,  namentlich  aus  Sal* 
miakülflsigkeit  die  wiederholt  zur  Darstellnng  des  blauen  Sal- 
zes angewendet  wurde,  krystaUisirt  das  grüne  Salz  bei  niedri- 
ger Temperatur  in  grorsen,  schön  ausgebildeten  Würfeln,  die 
durch  Wasser  zu  einem  Manen,  später  gelblich  -  grünen  Pul- 
Ter  werden  und  etwas  Chlorkupfer,  Ammoniak  und  Salmiak 
an  dasselbe  abgeben,  durch  ^kohol  in  geringerem  Grade 
zersetzt,  durch  Säuren  nicht  ohne  Zersetzung  gelöst  werden. 
(Die  Lösung  in  verdünnter  heifser  Salzsäure  oder  verdünnter 
Salpetersäure  giebt  Chlorkupfer-Salmiak).  Bei  iOO^  bleibt  das 
grüne  Salz  unverändezt,  beim  Glühen  entwickelt  es  AmaM>aiak 
und  Salmiak  unter  Hinterlassung  von  Kiq>ferchlorür.  Das  grüne 
Salz  besteht  aus  Knpferchlorid- Ammoniak  und  Chlorammo- 
nium, CuCl,  NH.  +  NH4CL 

berechnet   gefanden  im  HiUel 

Kupfer 23,02  23,60 

Chlor     ......    51,56  50,73 

Ammoniak  u.  Ammonium    25,42  23,92  Ammoniak 

100,00. 
Dss  s.  g.  Brmmschweiger  Gfrim,  das  bisher  allein  be- 
kannte Product  der  Einwirkung  des  Salmiaks  auf  Kupfer, 
hält  Ritthausen  für  ein  secundäres  Product.  Es  bleibt 
bei  dem  Auslaugen  des  hellblauen  Pulvers  zurück,  das  bei 
anhaltendem  Kochen  der  Lösung  des  blauen  krystallisirten 
Salzes  in  wässerigem  Salmiak  unter  Ammoniakentwickelung, 
oder  auch  bei  längerem  Stehen  dieses  blauen  Salzes  mit  sei- 
ner Mutterlauge  an  der  Luft  entsteht  (in  welch  letzterem 
Fall  es  sich  als  hellblaue  Kruste  abscheidet^,  und  dessen  Ent- 
stehung von  der  Umwandlung  des  Kupferchlorürs  in  Kupfer- 
eUorid  und  Kupferoxyd  begleitet  ist;    bei   dem  Auslaugen 


HB     Ueber  d.  Zu$aammiM.  d.  pkotpkon,  QmedMIberc^jfdM. 

dietes  heUbbuen  PiÜTers  mil  heifimn  Waner  gAeu  Gilor- 
kapfer,  Ammoniak  und  Salmiak  in  Ldsmig.  Den  «BgeHM 
bleibenden  Braunscbweiger  Grin,  bei  100*  getrocknel,  giebl 
Rilthausen  die  Zuaammenaetamig  CaCI,  3  CnO  +  3  HO 
(lisher  halle  man  4  HO  darin  an;enomnien}i  nach  den  Herat» 
lalen  xweier  Analysen  von  Prodnclen  verschiedener  Daniel- 
longen  : 

beriNsbiiel  V^^ 

Kupferchlorid      31,44  27,03    29,53 

Kupferoxyd         55,97  59,90    59,60 

Wasser               i2,59  —        — 

100,00. 


Ueber  die  Zosammenselsnng  des  phosphorsauren 

Quecksilberoxyds. 


R.  Brandes*}  unlersuchle  das  durch  Fällung  bereilele 
Quecksilberoxydsalz  der  gewöhnlichen  Phosphorsiure ,  wd- 
chem  bisher  die  Formel  2  HgO,  PO«  beigelegt  worden  war. 
Eine  aus  überschüssigem  Quecksilberoxyd  mil  reiner  Salpeter* 
silure  bereitete  Flüssigkeit  wurde  mit  phosphorsaurem  KaH 
(durch  Neutralisiren  von  kohlensaurem  Kali  mit  Phosphorsiure 
in  der  Wärme  bereitet}  gefüllt;  der  weifse  pulverfSrmige  Nie- 
derschlag, welcher  bd  100^  wasserfrei  wurde,  ergab  die  Zu- 
sammensetzung 3  HgO,  PO«. 

fefonden 
ber^Jio«  (bei  »^  getrodmei) 

Ouecksilberoxyd      81,82        79,9     80,2^ '  79,5 
Phosphorsäure         18,18         18,5     18,0      — 
Wasser  —  1,4      —        — 

100,00. 


•)  Arcb.  Phann.  [2]  LXXHI,  174. 


Ueber  schwefelsaores  Qaecksilberoxyd. 

Bigsfeldt*}  hat  über  krystallisirtes  neutrales  Onedt- 
aüberoxyd  und  die  Darstellung  von  krystallisirbarem  saurem 
Sab  Versuche  angestellt. 

Neutndes  schwefelsaures  Quecksilberoxyd  —  auf  gewöhn- 
liche Weise  bereitet  durch  Lösen  von  Quecksilber  in  über- 
schttssiger  Schwefelsäure  und  Verjagen  des  Debersciraffses 
der  letztem  durch  längeres  Erhitzen,  bis  eine  Probe  an  der 
Lufl  nicht  mehr  feucht  wird  —  wird,  in  dünner  Schichte  mit 
einer  es  gerade  bedeckenden  Menge  Wasser  Übergossen, 
anfangs  gelb,  aber  nach  einer  Stunde  etwa  beginnt  die  Bil-* 
düng  deutlicher  Krystalle,  mitunter  einige  Linien  grofser  farb- 
loser quadratischer  Säulen.  Wurde  etwas  zu  viel  Wasser 
zugesetzt,  so  sind  diesen  farblosen  Krystallen  auch  gelbe  von 
basischem  Salz  beigemengt.  Die  farblosen,  durch  Wasser 
zersetzbaren  Krystalle  sind  HgO,  SO«  +  HO;  das  Wasser 
entweicht  bei  100^ 

berecbnel      gefanden  berechnet  gefonden 

HgO,  SO,    94,27      —       —         FfoO    72,99      72,82 
HO  5,73    5,25    5,67         SO,    27,0i      27^ 

100,00  100,00    100,I0~ 

Die  nach  dem  Kochen  des  neutralen  schwefelsauren 
Ovecksilberoxyds  mit  Wasser  vom  Turpethum  minerale  ab* 
filtrirte  Lösung  gab  zur  Krystallisation  verdunstet  silberglän- 
zende sternförmig  gruppirte,  durch  Wasser  zersetzbare  Blätt- 
chen von  neutralem  schwefelsaurem  Quecksilberoxyd  Ä^  die 
bei  100^  nur  2,06  pC.  Wasser  verloren.  Auch  aus  einer  zur 
Krystallisation  verdunsteten  Lösung  von  neutralem  schwefel- 
saurem Quecksilberoxyd  in  Überschüssiger  Schwefelsäure  wurde 
nur  neutrales  Salz  in  ähnlichen  Blättchen  B  erhalten,  die  bei 
iOO*  2,3  bis  2,8  pC.  Wasser  verloren. 


•)  Arab.  Phaim.  ß]  LXXVI,  16. 


fM  üdmr  diB  Vm'Umhmgm  der  beidm  Sdmrm 

fcAndM  (W 100*  für.) 
barechnel  Ä  B 

HgO      72,99  71,98      72,89 

SO,      27,01  29,33      27,43 

100,00  101,31     100,32. 


Delmr  die  Verbindmigra  der  beiden  Siuren  des  Selaos 

mit  den  beiden  Qnecksilberoxyden 

hat  F.  Köhler*}  Untersuchungen  angestellt 

1}  Emfack^demgMures  Quecksilberoxyduly  welches  schon 
Ton  Berzelius  beschrieben  worden  war>  wurde  durch  FSl- 
lung  von  selenigsaurem  Natron  mit  salpetersaurem  Qo^ck* 
silberoxydul  erhalten.  Es  ist  ein  weifses,  am  Lidit  sich 
nicht  veränderndes  Pulver,  das  weder  im  leeren  Räume  noch 
bei  100*  an  Gewicht  verliert  oder  die  Farbe  Ändert.  Bei 
stärkerem  Erhitzen  giebt  es  eine  sehr  geringe  Menge  Wasser 
ab^  vrird  strohgelb,  entwickelt  gelben  Rauch,  indem  unter  theil- 
weiser  Zersetzung  des.  Salzes  Quecksilber  und  selenige  Säure 
subUmiren,  und  schmilzt  zuletzt  zu  dunkelbrauner  Flüssigkeit, 
die  sich  unter  Sieden  vollständig  verflüchtigt  und  zu  braunen, 
mit  bemstein*  oder  schwefelgelber  Farbe  durchsichtig  und 
amorph  erstarrenden  Tropfen  sublimirt.  Es  wird  von  Wasser 
nickt  angegriffen,  ist  unlöslich  in  kalter,  löslich  in  heilst 
Salpetersäure,  wird  durch  Salzsäure  von  ausgeschiedenen 
Selen  roth,  durch  Kalilösung  schwarz  gefärbt.  Die  Zuflam- 
menselittng  dieses  Salzes  ist  HgsO,  SeOs. 

berecluiel        geftiDtei 

Ouecksilberoxydul      78,92  79,50 

Seienige  Säure  21,06  20,34 

100,00  99,84. 


*}  Pogf.  Adb.  LXXXn,  148. 


dm  8ekn$  mii  (km  beUm  QiMeltnlhraflyibfi*        iW 

Dieses  Chdz  im  wasserfreien  Zustand  fand  Köhler  als 
Stroh-  bis  citrongelbe  erdige  Masse  neben  andern  O^^ck- 
Silberverbindungen  in  den  Ouecksilbererzen  von  San  Onofrio 
in  Mexiko,  und  bezeichnet  das  natürlich  vorkommende  ak. 
Onofirä. 

Z)  Satwe»  selenigsaures  Quecksilberoxydul  entsteht  aus 
dem  vorhergehenden  Salz,  wenn  dieses  über  seinen  Schmelz- 
punkt (180^)  erhitzt  wird;  es  bildet  eine  dunkelziegelrothe, 
undurchsichtige,  im  Bruche  krystalliniseh -  strahb'ge  Masse, 
vom  spec.  Gewicht  7,350  bei  13^5  C.  Es  zeigt  im  Allge- 
meinen das  Verhalten  des  neutralen  Sabses^  wird  aber  selbst 
durch  kochende  Salpetersäure  nur  wenig  verändert,  die  das 
neutrale  Salz  vollkommen  löst.  Es  wurden  darin  die  Be- 
standtheile  im  Yerhältnirs  3  Hg^O,  4  SeO^  gefunden. 

berechnel         gefonden 

Ouecksilberoxydul       73,74  73,51 

Selenige  Säure  26,26  26,24 

100,00  99,75. 

3}  SdenMoures  QuecksilberoxydtU.  —  Lösungen  von  seien- 
saurem  Natron  und  salpetersaurem  Qnocksilberoxydul  geben 
einen  weiTsen  Niederschlag,  wahrscheinlich  wasserhaltiges 
neutrales  Salz,  der  aber  beim  Auswaschen  allmälig  gelb  wird 
ond  sich  in  geringer  Menge  löst.  Das  bei  100®  getrocknete 
Salz  ist  schwach  gelblich  und  wird  am  Licht  bald  grau.  Durch 
Kalilösung  wird  es  sogleich  geschwärzt,  durch  kochende  Sal- 
petersäure weifs  gefärbt,  aber  sonst  wenig  angegriffen,  durch 
Sabsäure  nicht  in  der  Kälte,  wohl  aber  in  der  Hitze  von 
ausgeschiedenem  Selen  roth  geförbt  In  der  Hitze  verhält  es 
sich  dem  selenigsauren  Ouecksilberoxydul  ähnlich.  Die  Ana- 
lyse f&hrte  zu  dem  Verhältnifs  6HgsO,  5SeO„  und*  Köhler 
selbst  befrachtet  es  als  wahrscheinlich,  dab  das  untersuchte 
Salz  ein  Gemenge  von  4  At.  Hg,0|  SeO»  ond  1  At.  2  BgtO, 
SeO«  gewesen  sey 


y?t  {7«ftir  dfe  fwtimthmfm  der  beUm  Sämrm 


OuecksAberoxydiil      79,73  78,60 

Seleii5äiire  20,27  21,22 


100,00  99,82. 

4)  Selemgsaures  Queckiäberoxyd.  —  Im  Widerspruch  mit 
Berzelius'  Angaben,  der  durch  Eintragen  von  Quecksilber- 
oxyd in  aelenige  Säure  ein  sich  ausscheidendes  weifses  neu- 
trales und  ein  leichtlösliches  krystallisirbares  saures  Salz  erhal- 
ten hatte,  beobachtete  Köhler,  dafs  wässerige  selenige  Säare 
das  auf  trockenem  Wege  bereitete  Qu^cksilberoxyd  weder  In 
der  Kälte  noch  in  der  Hitze  angreift,  und  das  auf  nassem  Wege 
bereitete  Quecksilberoxyd  erst  beim  Erhitzen  blafsgelb  färbt, 
ohne  es  aufzulösen.  Auch  beim  Abdampfen  von  auf  nassem 
Wege  bereitetem  Quecksilberoxyd  mit  überschüssiger  seleniger 
Säure  bis  zur  Trocknifs  blieb  ein  Rückstand,  der  an  Wasser 
nur  selenige  Säure  abgab,  wobei  dasselbe  blafsgelbe  Salz  zu- 
rückblieb.  Köhler  schreibt  den  Widerspruch  zwischen  sei- 
nen und  Berzelius'  Beobachtungen  auf  Rechnung  des  ver- 
schiedenen Concentrationsgrades  der  angewendeten  selenigen 
Säure.  —  Das  blafsgelbe  amorphe  Salz  verändert  sich  nicht 
am  Licht,  löst  sich  selbst  in  heifser  Salpetersäure  schwer, 
leicht  hingegen  in  Salzsäure,  giebt  mit  Kali  gelbes  Oxyd; 
beim  Erhitzen  entweicht  eine  sehr  geringe  Menge  Wasser, 
es  sublimirt  ziemlich  viel  selenige  Säure  und  reducirtes 
Quecksilber,  und  der  Rückstand  schmilzt  dann  zu  brauner 
Flüssigkeit,  die  unter  Hinterlassung  von  wenig  Quecksilber- 
oxyd zu  schwefelgelben  Tropfen  sublimirt.  Die  Analyse  ent- 
sprach dem  Yerhältnifs  7  HgO,  4  SeOi,  einer  Verbindung 
oder  wahrscheinlicher  einem  Gemenge  von  3  At.  2  HgO,  SeO« 
und  1  At.  HgO,  SeO«. 

berechnet        gefunden 

Quecksilberoxyd       77,28  76,99 

Selenige  Säure        22,72  22,52 

100,00  -        99,51. 


des  8elem$  mU  dm  Imdm  Qited^äbetoxydm.        STT 

5}  B<uuchr^9den$aur€$  Queckrilberox^d.  —  Ouecksilber* 
Chlorid  xenetsi  sich  nicht  mit  seleiuntirein  Natron.  Auf 
trodieaem  We;e  bereitetes  Qaecksilberoxyd  wird  selbst  durch 
kochende  concentrirte  SelensMure  nicht  angegriffen,  während 
frisch  auf  nassem  Wege  bereitetes  Qaecksilberoxyd  in  beifiMr 
Selensäure  schnell  seine  Farbe  ändert  und  sich  zum  gerin- 
geren Theile  auflöst.  Das  ungelöst  bleibende  Salz  ist  im 
feuchten  Zustand  lebhaft  roth,  nach  dem  Trocknen  an  der 
Luft  und  im  Wasserbad  etwas  bräunlich.  Es  löst  sich  nicht 
in  kalter,  wohl  aber  in  heifser  Salpetersäure,  leicht  in  Salz- 
säure, und  giebt  mit  Kali  gelbes  Quecksilberoxyd.  Beim  Er- 
hitzen giebt  es,  ohne  zu  schmelzen  und  unter  schwarzbrauner 
Färbung,  erst  wenig  Wasser  ab,  dann  erscheinen  redudrtes 
Quecksilber,  selenige  Säure  und  selenigsaures  - Quecksilber- 
oxydnl,  endlich  kommt  der  Rückstand  unter  Sublimation  der 
eben  genannten  Substanzen  zum  Schmelzen  und  erstarrt  dann 
wieder.  Die  Analyse  gab  die  Zusammensetzung  2  (3  HgO^ 
SeOs}  +  HO,  welche,  abgesehen  vom  Wassergehalt,  der  des 
Mineralturpeths  analog  ist. 


berechnet 

gefuadea 

Quecksilberoxyd 

82,64 

82,75 

Selensäure 

16,21 

15,52 

Wasser 

1,15 

l,2i 

100,00  99,48. 

6}  Emfach^teUnsmire*  Quecksilberoxyd,  —  Die  vom  vor- 
hergehenden basischen  Salze  abgegossene  saure  Flüssigkeit 
gab  beim  Eindampfen  in  sehr  gelinder  Wärme  kleine  war- 
zenförmige Gruppen  von  concentrisch-faseriger  Structur,  die 
nach  dem  Trocknen  auf  unglasirtem  Porcellan  und  dann  im 
leeren  Räume  als  ein  Haufwerk  matter  leichter  Kömer'  von 
schmutzig  graugelblicher,,  am  Licht  sich  nicht  weiter  än- 
dernder Farbe  erschienen,  Wasser  zersetzt  dieses  Salz 
schnell  zu  ungelöst  bleibendem  rothem  basischem  Salz,  wäh- 
rend nur  wenig  als  saures  Salz  sich  auflöst.  Erhitzt  schmilzt 


das  8«k  lekht  luiter  Abgabe  yoa  Wasser,  dann  to»  selenif  er 
Mure,  redadrleai  QMcbrilber,  gelben  Tropfen  von  seieaigf- 
senrem  QuecksHberoxydid  und  ffinterlassnng  einer  geringen 
Hange  Oxyd.  Die  Analyse  ergab  die  Zosamnenseteang  HgO, 
SeOft  +  HO. 

Quecksilberoxyd       59,86  59,25 

Selensfiure  35,20  35,16 

Wasser  4,98  4,04 

100,00  98,45. 


b.   Orginitfche  Chemie. 

Ueber  einige  Yerbntdangen  des  Cyans  mil  Kiqifer. 


Dufau*}  hat  die  Verbindungen  des  Cyans  mit  Enpfer 
antersucht  und  darüber  folgende,  zum  Theil  nnt  den  Resul- 
taten früherer  Beobachter  nicht  übereinstimmende  Angaben 
mitgetheilt 

Bei  der  Fällung  einer  verdünnten  Lösung  eines  Kupfer- 
sabEOs  mit  einer  gleichfalls  verdünnten  Lösung  von  Cyanka- 
lium  oder  Blausfiure,  so  dals  ein  ziemlich  grofser  Theil  des 
Kupfersalzes  unzersetzt  bleibt,  entsteht  ein  etwas  krystalli- 
nisch  aussehender  grüner  Niederschlag,  nach  Dufau  CutCy, 
CuCy,  HO.  Dieselbe  Verbindung  entsteht  bei  der  Einwirkung 
eines  Stroms  von  Cyanwasserstoffgas  auf  in  Wasser  suspen- 
dirtes  Kupferoxydhydrat^  wo  sich  ein  zuerst  gelber  Nieder- 
schlag bildet,  welcher  sich  bald  unter  Cyanentwickelung  grün 
flrrbt  Die  Verbindung  wird  bei  100**  ohne  weitere  Zer- 
setzung wasserfrei;  bei  höherer  Temperatur  wird  sie  onler 
Cyanentwickelung  zu  Halb-Gyankupfer.  Sie  löst  sich  l^ht 
in  Cyankalium,   und  die  farblose  oder  schwach  blfinliche  Ld* 


•)  Compt  rend.  XXXVI,  1699. 


nttg  irM  bdd  ra  einer  perimattecglinsenden  KrynteDoMMe 
fOB  Halb  -  Cyukupfer  -  CywkalnuB,  das  sich  hierbei  unler 
Cyaneiilvrickehiiig  bildet  Durch  AeUdcali  wird  sie  au  Ka* 
pferoxyd  ond  Halb-Cyankupfer-Cyankaliui ;  Säuren  acheidea 
daraus  Halb-Cyankupfer,  unter  Bildung  eines  Kupferoxyd-^ 
sahes  und  Entwickelung  von  Blausäure.  Ammoniak  löst  die 
Verbindung  zu  einer  blauen  Flüssigkeit,  die  beim  freiwilligen 
Verdunsten  grüne  Nadeln  der  unten  beschriebenen  Verbin- 
dung Cu,Cy,  CuCy,  2  NH,  giebt. 

Wird  ein  Kopfersalz  durch  eine  solche  Menge  Cyanka- 
Unmlösnng  von  mittlerer  Ck)ncentration  zersetzt,  dafs  fast  alles 
Kupfer  ausgefäUt  wird,  so  entsteht  unter  reichlicher  Cyan* 
entwickelung  ein  ollvengelber  amorpher  pulveriger  Nieder- 
schlag von  der  Zusammensetzung  2  Ctt»Cy,  CuCy,  HO.  — * 
Diese  wie  die  vorhergehende  Verbindung  wird  leicht,  durch 
Temperalorerhdhung  und  namentlich  bei  Gegenwart  von  über* 
schüssigem  Cyanwasserstoff,  unter  Verlust  von  Cyan  zu  HaUn 
Cyankupfer. 

Die  Darstellung  des  Einfach-^Cyankupfers  gelang  nicht. 

Wendet  man  Cyanammonium  an  der  SteDe  des  Cyanka-* 
liums  zur  Fällung  eines  Kupfersalzes  an,  so  entweicht  gleich- 
falls viel  Cyan,  aber  der  so  entstejhende  amorphe  bläulich- 
grüne Niederschlag  enthält  immer  Ammoniak  in  chemischer 
Verbindung  und  hat  die  Zusammensetzung  CutCy,  CuCy,  NHg^ 
HO.  Er  verändert  sich  nicht  an  der  Luft,  bei  100*  verliert 
ei  Wasser  und  Ammoniak;  bei  etwas  stärkerer  Hitze  wird 
er  zu  Halb-Cyankupfer.  Er  löst  sich  wenig  in  kaltem  Wasser, 
unter  schwacher  Bläuung  desselben;  beim  Kochen  mit  Wasser 
wird  er  ui^r  Ammoniakentwickelung  zu  gelöst  bleibendem 
Halb-Cyankupfer-Cyanammonium  und  sich  niederschlagendem 
Halb -Cyankupfer,  welches  eine  bräunliche  Färbung  zeigt, 
aber  der  Formel  CUfCy  entsprechend  susanunengesetzt  ist.  — 
Die  vorhergehende  Verbindung  löst  sieh  leicht  in  Ammoniak 
zu  einer  himmelblauen  Flttosigkeit,  die  bei  freiwilligem  Ver- 


duilen  whöiie  grOne  Nadehi  von  der  ZosMWMWBaliyng  CotCy» 
CoCy,  S  NH,  yiebt,  welche  sich  «i  der  Luft  nichl  yerinden 
and  unlöslich  in  Wasser  sind.  Einfacher  bereitet  man  diese 
Verbindnng  durch  Zuleiten  von  Cyanwasserstoff  »i  Kupfer- 
oxyd, welches  in  mit  Blausäure  versetxtem  wüsserigem  Am- 
moniak suspendirt  ist;  das  überschüssige  Knpferoxyd  löst  sich 
suerst  auf|  dann  zeigen  sich  in  der  Flüssigkeit  kleine  grttne 
glänzende  Nadeln  i  bei  deren  Erscheinen  man  die  Operation 
unterbricht;  mehr  von  der  yeri>indung  scheidet  sich  noch 
beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  aus.  Dieselbe  bildet  sich  auch 
bei  der  Auflösung  von  Halb  -  Cyankupfer  in  Ammoniak;  bei 
AbschloTs  der  Luft  bereitet  ist  diese  Lösung  farblos,  bei  Zu- 
tritt von  Sauerstoff  fkitt  sie  sich  rasch  blau  und  giebt  sie 
beim  Verdunsten  grüne  Nadehi  der  in  Rede  stehenden  Ver- 
bindung. —  Die  vorhergehende  Verbindung  löst  sich  in  der 
Wärme  leicht  in  Ammoniak,  und  diese  Lösung,  durch  Ein- 
leiten von  Ammoniakgas  stets  mit  diesem  übersättigt  gdial- 
ten,  giebt  beim  Erkalten  blaue  Nadeln  und  Krystallbiättchen 
von  der  Zusammensetzung  CutCy,  CuCy,  3  Nüg.  An  der 
Luft  fKri)t  sich  diese  Verbindung  unter  Verlust  von  Ammo- 
niak grün. 

Fährt  man  bei  der  Darstellung  der  Verbindung  CUfCy, 
CuCy,  2  NH|  durch  Einleiten  von  Cyanwasserstoff  zu  in  Am- 
moniak suspendirtem  Kupferoxyd  noch  fort,  wenn  sich  schon 
grüne  Nadeln  dieser  Verbindung  bilden,  so  lösen  sich  die 
Krystalle  derselben  wieder  auf  und  die  Flüssigkeit  entfürbt 
sich  dann  allmälig.  Durch  Concentration  und  langsames  Er- 
kalten derselben  erhält  man  schöne  farblose*  Nadeln  des  Dop- 
pelsatees  CusCy,  NH4Cy,  welches,  wie  die  entsprechende 
Kaliumverbindung,  nur  wenig  in  Wasser  löslich  ist  und  bei 
längerem  Kochen  mit  denselben  zersetzt  wird;  bei  100*  ver- 
liert es  Cyanammonium  und  bei  etwas  stärkerem  Erhitzen 
wird  es  zu  reinem  Halb-Cyankupfer. 


281 

lieber  die  Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffs  auf 

die  Pikrinsäure 
stellte  A.  Girard*)  Untersuchungen  mit  folgenden  Resul- 
taten an. 

Wird  eine  kalt  gesättigte  alkoholische  Lösung  von  Pikrin- 
säure mit  Ammoniak  neutralisirt  und  dann  mit  Schwefelwas- 
serstoffgas gesättigt,  so  fürbt  sich  die  Pliissigkeit  intensiv  roth 
und  es  scheiden  sich  kleine  dunkefarothe  Krystalle  aus.  Bei 
dem  Abdestilliren  des  v  Alkohols  aus  der  Flüssigkeit  scheidet 
sich  Schwefel  ab,  und  man  erhält  eine  neue  Quantität  der 
rothen  Krystalle.  Diese  sind  das  Ammoniaksalz  einer  Säure, 
welche  sich  auf  Zusatz  von  Essigsäure  zu  der  heifsen  wässe- 
rigen Lösung  des  Ammoniaksalzes  nach  einiger  Zeit  in  schö- 
nen rothen  Nadeln  ausscheidet,  die  manchmal  zu  tafelartigen 
Aggregaten  an  einander  gewachsen  sind.  Diese  Säure  ergab 
die  Zusammensetzung  CuHsNsOio  =  C|sHs(N04)sN09  und 
wird  von  Girard  als  Pikrammsäure  bezeichnet. 

berechnet  g^°°^^° 

Kohlenstoff  36,1  35,76  35,50  35,46  35,7 

Wasserstoff  2,5  2,65  2,73  2,82  2,9 

Stickstoff  21,1  2t,50  21,42  21,48  21,4 

Sauerstoff  40,3  40,09  40,35  40,24  40,2 


100,0      100,00    100,00    100,00    100,0. 

s 

Die  Bildung  dieser  Säure  erklärt  sich  nach  der  Gleichung 
C,tH,(N04),0,  +  6  SH  =  C,,Hs(N04),N0t  +  4  HO  +  6  S. 
Die  Pikraminsäure  ist  löslich  in  Alkohol  (die  kalt  gesät- 
tigte Lösung  ist  roth  gerärbt;  die  Intensität  der  Färbung  wird 
durch  Zusatz  eines  Tropfens  Ammoniakflüssigkeit  bedeutend 
erhöht),  fast  unlöslich  in  Wasser,  selbst  in  siedendem,  löslich 
in  Aether.  Sie  schmeckt  nur  schwach  bitter.  Bei  100®  zeigt 
sie  keine  Veränderung,  bei  165<»  schmilzt  sie  zu  einer  beim 
Erkalten  krystallinisch  erstarrenden  Flüssigkeit.    Stärker  er« 


*)  Compt.  rand.  XXXVI,  431. 

Auiial.  d.  Chem.  n.  Phurm.  LXXXVUI.  Bd.  3.  Heft  19 


382        Od^er  die  Emwirkung  des  SchwefdwoiserMiofs 

hitst  zereetst  sie  sich  unter  Bntwickelung^  theerartiger  Dimpfe 
und  Hinterlassung  eines  Rückstands  von  Kohle;  unter  den 
Zersetzungsproducten  finden  sich  CyanwasserstoSsäure  und 
Ammoniak.  Auf  glühenden  Kohlen  zeigt  die  Säure  lebhaftes 
Verbrennen.  In  Schwefelsäure  löst  sie  sich  unter  rother  Fär- 
bung, und  aus  der  mit  Wasser  verdünnten  Lösung  wird  auf 
Zutröpfeln  von  Ammoniak  die  Pikraroinsäure  unverändert  wie- 
der abgeschieden;  gegen  Salzsäure  verhält  sie  sich  ebenso. 
Heifse  concentrirte  Schwefelsäure  zersetzt  und  verkohlt  die 
Pikraminsäure.  Concentrirte  Salpetersäure  zersetzt  sie  unter 
reichlicher  Entwickelung  salpetriger  Dämpfe;  die  Flüssigkeit 
wird  strohgelb  und  die  Säure  wird  wieder  zu  Pikrinsäure. 
Beim  Einleiten  von  Chlorgas  in  eine  wässerige  Lösung  von 
pikraminsaurem  Amriioniak  scheidet  sich  ein  gelber  pulveriger 
Körper  ab,  der  in  Wasser  unlöslich,  in  Alkohol  löslich  ist, 
und  sich  aus  letzterer  Lösung  harzartig  ausscheidet. 

Die  Pikraminsäure  verbindet  sich  leicht  mit  Basen  und 
giebt  damit  im  Allgemeinen  krystallisirbare  Salze;  die  unter- 
suchten  Salze  waren  wasserfrei,  entsprechend  der  Formel 
RO,  C|)H4(N04))N0  zusammengesetzt.  Das  Kiüisab  erhält 
man  krystallisirt  durch  Zersetzung  einer  heifsen  Lösung  des 
Ammoniaksalzes  mittelst  Kali;  es  scheidet  sich  bei  dem  Er- 
kalten in  rothen,  durchsichtigen,  verlängerten  rhombischen 
Tafeln  ab,  weiche  in  Wasser  ziemlich  löslich,  in  Alkohol 
wenig  löslich  sind,  und  erst  bei  ziemlich  hoher  Temperatur 
unter  schwacher  VerpufTung  und  Hinterlassung  eines  Rück- 
stands von  Kohle  zersetzt  werden.  Es  ergab  19,9  pC.  Kali, 
die  Rechnung  erfordert  19,8.  —  Das  Anmamaksals^  dessen 
Darstellung  oben  angegeben  wurde,  scheidet  sich  beim  frei- 
willigen Verdunsten  der  alkoholischen  Lösung  in  dunkel- 
orangerothen  rhomboedrischen  Tafeln  ab,  welche  in  Wasser 
und  in  Alkohol  löslich,  in  Aether  unlöslich  sind.  Das  Salz 
ergab  26,9  pC.  StickstoiT  (berechnet  37,0}.     Bei   längerem 


auf  die  PikriMOure.  283 

Kochen  der  wässerigen  Lösung  zersetzt  sich  das  Salz  unter 
Ausscheidung  eines  braunen  Pulvers.  Das  Salz  wird  bei 
lOO*  nicht  verändert,  bei  135*'  verwittert  es  unter  Verlust 
von  Ammoniak,  bei  165<*  schmilzt  es  und  bei  höherer  Tem- 
peratur zersetzt  es  sich.  —  Durch  Fällung  einer  heifsen 
Lösung  von  pikraminsaurem  Ammoniak  mittelst  salpetersauren 
Baryts  scheidet  sich  das  Barytsah  in  kleinen  seideartigen, 
aus  rothen  und  goldglänzenden  Nadeln  gebildeten  Büscheln 
ab.  Es  ist  in  Wasser  und  In  Alkohol  wenig  löslich.  Es  läfst 
sich  ohne  Veränderung  bis  auf  200^  erhitzen;  bei  höherer 
Temperatur  detonirt  es  unter  Hinterlassung  eines  kohligen 
Rückstands.  Es  gab  27,9  pC.  Baryt  (berechnet  27^8).  — 
Das  Kupfersak  ist  ein  gelblich-grüner  amorpher  Niederschlag, 
unlöslich  in  Wasser  und  in  Alkohol ,  löslich  in  Säuren  und 
in  Ammoniak;  es  detonirt  schwach.  Gefunden  wurden  darin 
17,2  pC.  Kupferoxyd  (berechnet  17,3).  —  Das  JSMfob  wird 
mittelst  Zersetzung  durch  doppelte  Wahlverwandtschaft  als 
orangefarbenes  Pulver  erhalten,  welches  löslich  in  Wasser, 
unlöslich  in  Alkohol,  löslich  in  Ammoniak  und  in  Säuren  ist, 
beim  Erhitzen  explodirt,  auch  durch  einen  starken  Schlag, 
aber  ohne  grofses  Geräusch,  detonirt.  —  Das  SäbersaU  wird 
durch  Zersetzung  des  Ammoniaksalzes  mittelst  salpetersauren 
Silberoxyds  als  ein  ziegelrother  amorpher  Niederschlag  er- 
halten, welcher  sich  am  Licht  nicht  schwärzt,  unlöslich  in 
Alkohol  und  in  kaltem  Wasser  ist,  durch  siedendes  Wasser 
aber  unter  Hinterlassung  eines  unlöslichen  Rückstands  zer- 
setzt wird.  Es  zersetzt  sich  unter  Schwärzung  bei  etwa 
140®,  und  der  Rückstand  schmilzt  bei  etwa  165<*;  auf  glü- 
henden Kohlen  verbrennt  es  ohne  zu  detoniren.  Es  ergab 
37,4,  37,6  und  37,1  pC.  Silberoxyd  (berechnet  37,6).  —  Die 
löslichen  pikraminsauren  Salze  geben  mit  Mangan-,  Eisen-, 
Kobalt-  und  Nickelsalzen  keine  Fällung,  mit  Quecksilbersalzen 
einen  rothen,  in  Säuren  löslichen  Niederschlag. 

19» 


284 

lieber  die  Bildung  der  salicyligen  Sfiure  in  den  BIttthen 

der  Spiraea  almaria. 


Nach  L.  A.  Buchner*}  bildet  sich  die  in  den  Spirfia- 
blüthen  enthaltene  salicylige  Säure  aus  Salicin.  Die  Biüthen- 
knospen  enthalten  nur  ftufserst  wenig  von  dieser  Säure, 
schmecken  aber  der  Weidenrinde  ähnlich  balsamisch  zusam- 
menziehend und  bitter;  bei  der  Destillation  mit  Wasser  geht 
mit  diesem  nur  äufserst  wenig  salicylige  Säure  über,  während 
der  Rückstand  bei  Destillation  mit  etwas  zweifach-chromsau- 
rem Kali  und  Schwefelsäure  ein  an  salicyliger  Säure  viel  rei- 
cheres Destillat  giebt. 

Der  mit  heifsem  Wasser  aus  den  im  Frühjahr  gesam- 
melten und  getrockneten  Blüthenknospen  von  Spiraea  ulmaria 
bereitete,  gelbliche,  angenehm  riechende  Auszug  gab  beim 
Fällen  mit  essigsaurem  Bleioxyd  einen  hellgelben  Nieder- 
schlag, in  welchem  eine  sich  anscheinend  wie  Citronsäure 
verhaltende  organische  Säure,  eisenbläuender  Gerbstoff,  ein 
gelber  Farbstoff,  ein  harzartiger  Körper  und  eine  gummiar- 
tige Materie  enthalten  waren.  Die  von  diesem  Niederschlag 
getrennte  Flüssigkeit  wurde  nach  dem  Ausfällen  des  Bleis 
mittelst  Schwefelwasserstoffs  eingedampft,  wobei  sie  sich 
bräunlich  färbte,  und  hinterliefs  einen  stark  süfs  und  zugleich 
bitter  schmeckenden  Rückstand,  welcher  von  Alkohol  theil- 
weise  und  unter  Hinterlassung  eines  stark  braun  gefärbten, 
geschmacklosen  Extractivstoffs  gelöst  wurde.  Die  alkoholische 
Lösung  hinterliefs  beim  Verdampfen  eine  amorphe,  zähe,  stark 
und  anhaltend  bitterschmeckende  Masse,  die  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  rothe  Färbung  gab,  deren  Lösung,  sich  beim 
Erwärmen  mit  Salzsäure  unter  Ausscheidung  eines  harzigen 
Körpers  (Saliretin?)  trübte,  und  welche  bei  der  Destillation 


*)  J.  pr.  Cbem.  LIX,  51. 


Ueber  das  Zerteturngsproduci  bei  DeMiütaiion  etc.     285 

mit  zweifach-chromsaurem  Kali  und  verdünnter  Schwefelsäure 
neben  Ameisensäure  auch  Tröpfchen  von  salicyliger  Säure 
gab.  Buchner  betrachtet  danach  die  aus  der  alkoholi- 
schen Lösung  erhaltene  Masse  als  ein  Gemenge  von  Sälicin 
mit  viel  Zucker,  welcher  letetere  das  Krystallisiren  des  er- 
steren  verhinderte;  die  Reindarstellung  des  Salicins  aus  die- 
ser Masse  gelang  nicht. 

Nach  dem  Verblühen  ist  sowohl  die  saUcylige  Säure  als 
das  Salidn  gröfstentheils  verschwunden.  --  Auch  die  Blätter 
der  Spiraea  ulmaria  enthalten  neben  viel  Gerbstoff  eine  ge^ 
ringe  Menge  des  Stoffs,  aus  welchem  durch  chromsaures  Kali 
und  Schwefelsäure  salicylige  Säure  entsteht. 


Ueber  das  feste  Zersetzungsproduct  bei  Destillation  der 

Stearinstture  mit  Kalk. 


Rowney*)  untersuchte  das  feste  Zersetzungsproduct, 
welches  bei  Destillation  der  Stearinsäure  mit  Kalk  erhalten 
wird.  Er  destillirte  käufliche,  mit  ihrem  halben  Gewicht  Aetz- 
kalk  gemischte  Stearinsäure  in  einem  eisernen  Gefäfs  im  Sand- 
bad; das  Destillat  schied  beim  Erkalten  Krystalle  ab;  behufs 
weiterer  Reinigung  mischte  er  diese  nach  dem  Schmelzen 
mit  Aether,  prefste  die  nach  dem  Erkalten  abgeschiedenen 
Krystalle  aus,  wiederholte  diese  Operationen  mehrmals,  und 
krystallisirte  dann  das  feste  Product  noch  einigemale  aus 
Aether  um.  So  erhielt  er  weifse  Krystalltafeln,  die  in  sie- 
dendem Alkohol  löslich,  in  Aether  leicht  löslich  waren,  bei 
76^  C.  schmolzen  und  bei  72®  krystallinisch  erstarrten.  Durch 
heifse  concentrirte  Schwefelsäure  wird  diese  Substanz  unter 
EntWickelung  schwefliger  Säure  verkohlt,  durch  Salpetersäure 


*)  Chem.  Soc  On.  J.  VI,  97. 


286     üeber  das  Zeneiwungsprodud  bei  DesH/taHom  etc, 

selbst  behn  Kochen  nicht  zerselst,  darch  eine  Mischong^  von 
concentrirter  Schwefel-  und  SalpeKersänre  beim  Erhitzen  unter 
Bildung  einer  flttchtigen  öligen  Säure  zersetzt.  Die  Substanz 
erga))  die  Zusammensetzung  : 

faftmdeii berecho« 


Kohlenstoff  —  82,51  81,89  81,97  C.  82,35 
Wasserstoff  13,85  —  13,66  13,72  H„  13,72 
Sauerstoff         _        _        _        _        0         3,93 


100,00, 
wonach  diese  Substanz  der  Znsammensetzung,  wie  auch  dem 
Schmelzpunkt  nach  mit  dem  von  nussy*),  Redtenba- 
eher**)  und  Varrentrapp •••J  untersuchten,  durch  De- 
stillation der  Stearinsäure  oder  der  Margarinsäure  mit  Kalk 
erhaltenen  festen  Körper  nahe  übereinstimmt.  Rowney  ent- 
scheidet sich  unter  mehreren,  der  gefundenen  Zusammen- 
setzung nahe  entsprechenden  Formeln  für  GiaH,«0,  auf  Grund 
der  Untersuchung  eines  von  ihm  erhaltenen  Substitutionspro- 
ducts.  Wird  Brom  der  geschmolzenen  Substanz  zugesetzt, 
so  tritt  sogleich  Einwirkung  ein,  Bromwasserstoffsäure  wird 
frei  und  eine  rothe  ölige  PIttssigkeit  bildet  sich,  die  unter 
Wasser  zu  einer  krystallinischen  Masse  erhärtet.  Zur  Reini- 
gung von  Brom  wurde  dieselbe  mit  verdünntem  wässerigem 
Ammoniak  und  dann  mit  kaltem  Alkohol  gewaschen ;  aus  ihrer 
Lösung  in  kaltem  Aether  schied  sie  sich  beim  freiwilligen 
Verdunsten  derselben  in  Büscheln  federiger  Krystalle  aus, 
die  aus  mikroscopischen  quadratischen  Blättchen  bestanden. 
Diese  Substanz  schmolz  bei  43  bis  45^  und  ergab  folgende, 
am  besten  mit  der  Formel  C,«HsfBrO  übereinstimmende  Zn- 
sammensetzung : 


*)  DieM  Annalen  IX,  260. 
*•)  DMeliMt,  XXXV,  5B. 
*•*)  Datelbft,  XXXV,  80. 


ü&ber  äü  CmmMmIumi  des  SieanM.  367 

^^^^oden^^^  berechnet 

Kohlenstoff  59,77  59,95*"^^  ib„  59,70 

WaMersloff  9J8  9,75       —  H«,  9,58 

Brom  —        —      27,93  Br  27,85 

Sauerstoff  _        _         _  o  2,87 


100,00. 
Das  als  C^aHttO  betrachtete  Zersetzungsproduct  der  Stea- 
rinsäure bezeichnete  Rowney   als  Siearm.  —  Jod  wirkt 
selbst  beim  Schmelzen  auf  dasselbe  nicht  ein. 


lieber  die  Constitatioii  des  Stearins. 


P.  Duffy*}  erhielt  bei  der  Analyse  von  Stearin,  wel* 
ches  durch  25  maliges  Umkrystallisiren  von  Hammeltalg  aus 
Aether  dargestellt  war  und  seinen  zweiten  Schmelzpunkt  **J 
bei  62<*,5  hatte,  folgende  Resultate  (die  Verbrennungen  wur- 
den mittelst  chromsauren  Bl^oxyds  ausgeführt}  : 

L  IL  IIL  IV.  V. 

Kohlenstoff  77,40  77,37  77,05  76,81  76,99 
Wasserstoff  12,18  12,42  12,23  12,40  12,27 
Sauerstoff        10,42      10,21      10,72      10,79      10,74 

100,00    100,00    100,00    100,00    100,00. 
Das  Mittel  dieser  Resultate  ist,   verglichen  mit  den  Re- 
sultaten Lecanu's'***)  und  Heintz'f)  : 

Lecanu       Heintz         Duffy 
Zweiter  Scbnielzpankt      62*  62«  e2«,5 

Kohlenstoff  76,90  76,74  77,12 
Wassersoff  12,44  12,42  12,30 
Sauerstoff  10,66      10,84      10,58 

100,00    100,00    100,00. 


*)  Chem.  Soc  Qu.  J.  V,  303. 

**}  Vergl   Doffy'g  frfihere  Abhandlung  in  diesen  Ann.  LXXXIV,  291. 
•^)  Dm»  Ann.  XII,  25. 
t)  DuelbM,  LXXX,  29«. 


386  Veber  üe  (htuäiiUlm  des  atemmt. 

1  bis  2  Gmi.  dieses  Stearins  wurden  in  einem  kleinen 
Kolben  miltelst  weingeistiger  KalSösong  verseift,  der  Wein- 
geist fast  vollständig  im  Wasserbade  abdestillirl,  and  Wasser 
zugesetzt)  welches  die  gebildete  Seife  klar  löste.  Die  Lö- 
sung wurde  nach  dem  Erhitzen  im  Wasserfoad,  bis  aller 
Geruch  nach  Weingeist  verschwunden  war,  durch  schwach 
ttberschttssige  verdünnte  Schwefelsiure  zersetzt;  die  ausge- 
fehiedene  fette  Säure  wurde  nach  dem  Erkalten  abgenom- 
men, gewaschen,  bei  iOO*  getroduiet  und  gewogen.  In  zwei 
Versuchen  wurden  so  aus  100  Theilen  Stearin  95J6  and 
95,51  Theile  fette  Säure  erhalten.  Ein  dritter  Versuch  ergab 
95,50  Theile  fette  Säure';  zur  Bestimmung  des  Glycerins  wurde 
hier  die  von  der  fetten  Säure  getrennte  glycerinhaltige  Lo- 
sung von  schwefelsaurem  Kali  bei  Dampfhitze  fast  bis  zur 
Trockne  eingedampft,  festes  kohlensaures  Kali  zugesetzt,  das 
Glycerin  mittelst  wasserfreien  Weingeists  ausgezogen,  das 
weingeistige  Filtrat  über  Schwefelsäure  im  luftleeren  Räume 
verdunstet,  bis  das  Gewicht  d«6  Rückstands  constant  blieb; 
das  so  erhaltene  Glycerin  betrug  8,94  auf  100  Theile  des 
angewendeten  Stearins. 

Im  Mittel  aus  diesen  Versuchen  wurden  also  aus  100 
Stearin  8,9  Glycerin  und  95,6  fette  Säure  erhalten,  die  jedes- 
mal bei  64<^,7  schmolz.  Die  fette  Säure  ergab  bei  der  Ver- 
brennung mit  Chroms.  Bleioxyd  : 

I. 
Kohlenstoff       75,85 

Wasserstoff      12,42 

Sauerstoff         11,73 

100,00    100,00      100,00. 

Mit  dieser  Säure,  die  indefs  keine  ganz  reine  Substanz 
war,  bereitete  Duffy  das  Natronsalz  durch  Lösen  der  Säure 
in  kochendem  wässerigem  kohlensaurem  Natron,  Eindampfen 
zur  Trockne,  Ausziehen  des  Natronsalzes  der  fettwi  Säure 


IL 

Mittel 

75,74 

75,79 

12,54 

12,48 

11,72 

11,73 

lieber  die  ComsÜhOwn  des  Sieming,  tSÜ 

mit  siedendem  wasserfreiem  Weingeist,  Abdampfen  dieser 
Lösung;  und  das  Silbersalz  durch  Zersetzen  einer  Lösung 
dieses  Natronsalzes  mit  salpetersaorem  Silberoxyd,  Auswa- 
schen und  Trocknen  bei  100^  bei  möglichstem  Abschlufs  des 
Sonnenlichts.  Das  Silbersalz  ergab  27,79  pC.  Silber,  das 
Natronsalz  7^85  und  7,76  pC.  Natrium. 

Das  Aequivalentge wicht  der  freien  Säure  (Salz,   worin 

1  Aeq.  Metall  durch  1  Aeq.  M'asserstoff  vertretenj  berechnet 
sich  aus  der  Zusammensetzung  des  Natronsalzes  zu  273,  und 
das  des  Stearins  somit  zu  285  (95,6  :  100  ==  273  :  285> 
100  Theile  Stearin  enthalten  77,12  Kohlenstoff;  die  daraus 
entstandenen  95,6  fette  Säure  72,44  Kohlenstoff;  die  Differenz 
an  Kohlenstoff  (77,12  —  72,44"  =  4,68)  war  in  die  Zusam* 
mensetznng  des  Glycerins  eingegangen.  Dieses  Resultat  ist 
unverträglich  mit  der  gewöhnlichen  Annahme,  bei  der  Ver- 
seifang  eines  Fetts  trete  an  die  Stelle  von  1  Aequivdent 
Lipyloxyd  C,HtO  1  Aequivalent  der  angewendeten  Base,  und 

2  Aeq.  des  so  ausgeschiedenen  Lipyloxyds  bilden  mit  4  Aeq. 
Wifflser  s.  g.  Glycerinbydrat  C«HtO«;  nach  der  letiteren  Be* 
trachtungsweise  und  dem  eben  angegebenen  Aequivalentge- 
wicht  des  Stearins  müfsten  nämlich  ^  (3  Aeq.  Kohlenstoff 
auf  1  Aeq.  Stearin)  =  6,31  Theile  Kohlenstoff  aus  100  Th^ 
len  Stearin  in  die  Zusammensetzung  des  Glycerins  eingehen« 
Das  von  Duffy  gefundene  geringere  Resultat  wird  aber 
durch  die  früheren  Untersuchungen  ChevreuTs*)  bestätigt, 
wonach  aus  100  (ungereinigtem)  Fett  4,18,  4,69,  4,49  Koh- 
lenstoff nicht  in  die  Zusammensetzung  der  bei  der  Verseifung 
zum  Vorschein  kommenden  Säure,  sondern  in  die  des  Glyce* 
rins  eingingen.  —  Mit  der  Erfahrung  übereinstimmendere  Zah- 
len berechnen  sich  unter  der  Voraussetzung,  dafs  aus  1  Aeq. 
Fett  nicht  3  sondern  2  Aequivalente  Kohlenstoff  in  die  Zu- 


*)  Rechercbes  sar  les  corpt  gras,  333  bis  343. 


ttO  V€h0r  *e  CotuÜMiom  (hs  8iemm$. 

iMunenflelsiiiig  dts  CHyeeriiis  eingehen;  für  das  von  Dnffy 
•nlenochte  Stearin  berechnet  sich  die  Menge  Kohlenstoff, 
die  bei  der  Verseifung  von  100  Fett  in  Form  von  Glyee- 
rin  anfiritt,  nach  dieser  Annahme  eu  4,21,  und  auch  mit 
ChevreuTs  Versuchen  stimmen  die  nach  dieser  AnnabiM 
geführten  Rechnungen  nahe  tiberein. 

Nach  der  firüher  angenommenen  Lipyltheorie  unterschei- 
den sich  s.  g.  neutrales  Fett  und  die  daraus  abgeschiedene 
Simre  dadurch,  dafs  in  der  letzteren  1  Aeq.  HO  an  der  Stelle 
von  1  Aeq.  Lfpyloxyd  CgHtO  in  dem  ersteren  enthalten  seyn 
soll;  in  einer  gewissen  Menge  Fett  und  der  daraus  abge- 
schiedenen Säure  mtirste  hiernach  gleich  viel  Sauerstoff  ent- 
halten seyn.  Die  Erfahrung  spricht  auch  in  dieser  Beiiehung 
gegen  die  Lipyltheorie;  100  des  von  Duffy  dargesteBten 
Stearins  enthalten  10,56  Sauerstoff,  aber  die  aus  100  Stearin 
erhaltenen  95,6  fetle  Stture  enthalten  mehr,  nämlich  11,21 
Saverstoff.  Auch  in  diesem  Punht  stimmen  ChevreuTs  iS- 
tere  Verasche  mit  diesen  neueren  Duf  fy*s  ttberein,  dafs  in 
einer  bestimmten  Menge  fetter  Säure  mehr  Sauerstoff  enthal- 
ten ist,  als  in  der  Ouantitttt  neutralen  Fetts,  aus  welcher  sich 
jene  Menge  fetter  Säure  abscheiden  läfst;  und  Duffy  hSt  es 
fir  das  Wahrscheinlichste,  dafs  der  Mehrgehalt  an  Sauerstoff 
in  der  fetten  Säure  auf  der  Aufnahme  «von  Wass^  bei  der 
Veneifung  beruhe. 

Duffy  analysirte  ferner  Stearin  aus  Hammeltalg,  wel- 
ches 32 mal  aus  Aether  umkrystallisirt  worden  war,  seine 
drei  Schmelzpunkte  '^)  bei  52^,  64^,2  und  69^,7  hatte  und 
eine  bei  66^,5  schmelzende  Säure  gab.  Dieses  Stearin  ergab 
bei  der  Verbrennung  mit  chromsaurem  Bleioxyd  : 


*)  Vergl.  Dnffy's  frfthere  Untersacbong  in  diegen  Annalen  LXXXIV, 
291. 


lieber  die  ConstUuHon  des  Stearms.  89f 

L             U.           DL  IV.            y. 

Kohlenstoff      76,53      76,56      76,02  76,20      76,28 

Wasserstoff      12,27  .    12,11      12,10  12,16      11,95 

Sauerstoff        11,20      11,33      11,88  11,64      11,77 

100,00    100,00  100,00  100,00  100,00. 

Stearin  aus  Ochsentalg,  welches  seine  drei  Schmelzpunkte 

bei  51  ^,  63®  und  67<>  hatte,  zeigte  dieselbe  Zusammensetzung : 

L  II. 

Kohlenstoff       76,87       76,87 

Wasserstoff      12,24        12,15 

Sauerstoff        10,89        10,96 

100,00  100,00. 
Als  Stearin  aus  Hammeltalg  mit  Bleioxyd  und  einer  nur 
Lösung  des  Stearins  hinreichenden  Menge  wasserfreien  Wein- 
geists vier  Stunden  lang  und  unter  hüufigem  Umschtttteln  mi 
Wasserbad  kochend  erhalten  wurde,  wobei  der  verdanpfende 
Weingeist  von  Zeit  zu  Zeit  ersetzt  wurde,  trat  keine  Verän- 
derung des  Bleioxyds  oder  des  Stearins  ein,  so  dafs  Versei« 
fiong  nicht  vor  sich  zu  gehen  scheint,  wenn  nicht  Wasser 
zugegen  ist. 

Duffy  theilt  noch  einige  früher  von  ihm  ausgeführte 
Versuche  mit,  welche  er  noch  in  der  Voraussetzung  anstellte, 
die  Fette  seyen  den  gewöhnlichen  Salzen  analog  zusammen- 
gesetzt und  Verseifung  bestehe  in  dem  Eintreten  von  Alkali 
an  die  Stelle  von  Lipyloxyd.  Die  Absicht  war,  Verbindungen 
darzustellen,  in  welchen  das  Lipyloxyd  statt  mit  W^asser  zu 
Glycerin,  mit  dem  Oxyd  eines  Aetherradicals  verbünden  sey. 
Zu  diesem  Ende  liefs  er  die  aus  Alkalimetallen  und  Alkoholea 
entstehenden  Verbindungen  (Alkohole,  in  welchen  1  Aeq.  H 
durch  1  Aeq.  K  oder  Na  vertreten  ist}  auf  Stearin  einwirken. 
Bei  dem  Kochen  einer  Lösung  von  Natrium  in  wasser- 
freiem Weingeist  mit  Stearin,  dessen  Menge  der  des  Na« 
triums  beinahe  äquivalent  war,  bildete  sich  eine  Flüssigkeit, 
die  nach  dem  Erkalten  gallertartig  erstarrte.    Der  Weingeist 


S9a  Tcfrer  die  CowMmÜon  deg  SieariHi. 

wurde  dann  im  Wasserbade  abdestiDirl,  und  die  gebildete 
Seife  in  Wasser  gelöst.  Auf  dieser  Lösung  schwamm  eine 
ölige  Schichte,  die  nach  dem  Waschen  und  Trocknen  23,4  pC. 
▼om  Gewicht  des  angewendeten  Stearins  wog;  die  Seife  wurde 
mit  Salzsäure  zersetzt  und  die  sich  abscheidende  fette  Sfiiire 
getrennt,  die  73,4  pC.  vom  Gewicht  des  angewendeten  Stea- 
rins wog;  in  der  von  der  fetten  Säure  getrennten  Flüssi^eit 
war  Glycerin  enthalten,  dessen  Menge  nicht  bestimmt  wurde. 
—  Die  ölige  Substanz  erstarrte  beim  Abkühlen  zu  einer 
durchscheinenden,  bei  29^  schmelzenden  Masse,  die  sich  leicht 
in  Weingeist  und  in  Aether  löste  und  deren  Schmelzpunkt 
sich  durch  Umkrystallisiren  aus  Weingeist  auf  33^7  erhöhen 
Uefa;  sie  krystallisirte  nicht  aus  der  ätherischen  Lösung, 
wurde  durch  wässeriges  Kali  nicht  merklich  angegriffen,  aber 
durch  weingeistige  Kalilösung  leicht  verseift;  bei  der  Deslfl- 
lution  ging  sie  bei  224^  unter  theilweiser  Zersetzung  ttber, 
wikrend  ein  schwarzer  Rückstand  blieb.  Die  aus  der  alko- 
holischen Lösung  erhaltenen  Krystalle  ergaben  bei  der  Ver- 
brennung mit  Kupferoxyd  die  Zusammensetzung  : 

L  n.  nL 

Kohlenstoff  76,53  75,12  74,99 
Wasserstoff  12,50  12,85  12,88 
Sauerstoff         10,97        12,03        12,13 

100,00  100,00  100,00. 
Hiernach  betrachtet  D uff y  diese  ölige  Substanz  als  iden- 
tisch mit  dem  von  Redtenbacher*}  untersuchten  Stearin- 
säureäther, und  er  fand  auch  ihre  physikalischen  Eigenschaf- 
ten ganz  mit  denen  des  durch  Einwirkung  von  salzsaurem 
Gas  auf  eine  weingeistige  Lösung  von  Stearinsäure  gebilde- 
ten Stearinsäureäthers  übereinstimmend. 

Gasförmige  Producte  bilden  sich  bei  der  Einwirkung  einer 
Lösung  von  Natrium  in  Weingeist  auf  Stearin  nicht.    Wird 


*)  DieM  Amuilea  XXXV,  51. 


ü^er  die  CatuHMUm  des  Siearms.  MS 

Stearinsäure  an  der  Stelle  Ton  Stearin  angewendet,  so  bildet 
sich  kein  StearinsSuredther,  sondern  nur  stearinsaures  Natron. 

Durch  Einwirkung  einer  Lösung  von  Natrium  in  reinem 
Amylalkohol  auf  Stearin  in  gleicher  Weise  wurde  stearin- 
saures Amyloxyd  gebildet,  welches  bei  25^5  schmolz  und 
sich  in  jeder  Beziehung  mit  dem  durch  Einleiten  von  salz- 
saurem Gas  in  eine  Lösung  von  Stearinsäure  in  Amyl- 
alkohol gebildeten  übereinstimmend  verhielt.  Unter  seinem 
Schmelzpunkt  war  es  durchscheinend,  weich  und  klebrig, 
geschmölzen  eine  klare  Flüssigkeit;  es  löste  sich  leicht  in 
Weingeist  und  in  Aether,  war  aber  aus  keiner  dieser  Lösun- 
gen in  Krystallen  zu  erhalten;  die  alkoholische  Lösung  er** 
starrte  in  einer  Kältemischung  gallertartig.  Wässeriges  Kali 
wirkte  darauf  nicht  ein,  aber  weingeisUges  Kali  bildete  damit 
rasch  stearinsaures  Natron  und  Amylalkohol. 

Bei  der  Anwendung  von  Palmitin  (mit  dem  zweiten 
Schmelzpunkt  61^}  an  der  Stelle  von  Stearin  wurden  ent- 
sprechende Resultate  erhalten.  Es  wurde  Palmitin  mit  einer 
Lösung  von  Natrium  in  Amylalkohol  einige  Zeit  gekocht,  die 
Flüssigkeit  dann  mit  einer  Lösung  von  Chlorcalcium  in  Amyl- 
alkohol versetzt y  wo  ein  Niederschlag  entstand,  der  Amyl- 
alkohol nachher  vollständig  verjagt,  ohne  dafs  etwas  anderes 
gleichzeitig  entwich,  der  Rückstand  nach  einander  mit  was- 
serfreiem Aether,  wasserfreiem  Weingeist  und  Wasser  be- 
handelt. Die  ätherische  Lösung  hinterliefs  beim  Verdampfen 
das  Palmitinsäure  Amyloxyd  als  eine  dem  stearinsauren  Amyl- 
oxyd sehr  ähnliche,  aber  schon  bei  13^5  schmelzende  Sub- 
stanz, deren  weingeistige  Lösung  in  einer  Kältemischung  un- 
durchsichtig und  gallertartig  wurde,  ohne  indefs  Krystalle  zu 
geben ;  bei  der  Analyse  mit  Kupferoxyd  und  chlors.  Kali 
ergab  das  Palmitinsäure  Amyloxyd  : 


IN  Ü0kmr  die  CSomMmArm  des  Siem*u. 


fefttB^Mi 

Kohlenstoff 

78,60 

-77,30 

Wasserstoff 

12,91 

12,88 

Sauerstoff 

8,49 

9,82 

100,00        100,00. 

Die  weingeistige  Flüssigkeit  enthielt  Glycerin,  eine  kleine 
Menge  palmitinsaares  Amyloxyd,  etwas  Palmitinsäuren  Kalk 
und  Chloride;  die  wässerige  Flüssigkeit  enthielt  nur  unoi^- 
nische  Salze. 

Wurde  bei  diesen  Operationen  mehr  Natrium  angewen* 
det,  als  dem  vorhandenen  Stearin  äquivalent  war,  so  bildete 
sich  weniger  Aether,  und  bei  2  Aeq.  Natrium  auf  1  Aeq. 
Stearin  trat  gar  keine  Bildung  eines  Aethers  ein. 

Bei  Anwendung  von  Lösungen  von  Kalium  in  Alkoholen 
wurden  dieselben  Resultate  erhalten,  wie  bei  Anwendung 
von  Natriumlösungen.  Eine  wasserfreie  Lösung  von  Ammo- 
niak in  Weingeist  schien  selbst  bei  längerem  Kochen  mit 
Stearin  auf  dieses  nicht  verändernd  einzuwirken. 


Duffy  untersuchte  noch  die  Einwirkung  des  Phosphor- 
superchlorids  PCI»  auf  Glycerin.  Bei  Mischung  der  beiden 
Substanzen  wird  Wärme  entwickelt,  die  Mischung  wird  zähe 
und  beim  Erkalten  hart;  bei  der  Behandlung  derselben  mit 
Wasser  oder  besser  mit  kohlensaurem  Natron  erhält  man 
eine  Substanz  von  beträchtlich  gröfserem  specifischem  Ge- 
wicht als  Wasser  und  ähnlichem  Aussehen  wie  geßllte  Kie- 
selerde. Bei  dieser  Einwirkung  mufs  man  das  Glycerin  so 
concentrirt  als  möglich  anwenden,  es  in  kleinen  Portionen 
und  unter  jedesmaligem  Umrühren  zu  dem  Phosphorsuper- 
chlorid setzen  und  mit  dem  Zusetzen  aufhören,  sobald  das 
Pbosphorsupercblorid  zersetzt  ist.  Bei  Anwendung  von  ver- 
dünnterer  Glycerinlösung  oder  bei  Zusatz  von  zuviel  der- 
selben auf  einmal  zersetzt  sich  das  Superchlorid  hauptsäch- 
lich zu  Phosphorsäure  und  Salzsäure,   welche  das  erwähnte 


VAer  die  Zummmtetueiwng  dm  RmdUtdffs. 

neue  ProducI  auflösen  und  verändern.  Bin  Thdl  dieses  neuen 
Products  wurde  bis  zur  vollständigen  Entfernung  von  Salz- 
säure und  Phosphorsäure  ausgewaschen;  es  enthielt  alsdann 
noch  Chlor,  aber  keinen  Phosphor.  Salpetersäure  wirkt  in 
der  Kälte  auf  das  neue  Product  nur  wenig  ein,  löst  es  aber 
in  der  Wärme  leicht;  kaltes  wässeriges  Kali  löst  es  nichl, 
siedendes  wässeriges  Ammoniak  sehr  langsam,  siedende  Essig- 
säure gleichfalls  sehr  langsam;  aus  keiner  dieser  Lösungen 
wird  es  durch  Neutralisiren  derselben  wieder  ausgeschieden. 
In  Alkohol  und  in  Aether  ist  es  unlöslich.  Kaltes  Wasser 
wirkt  darauf  nicht  ein,  aber  durch  siedendes  Wasser  wird 
es  langsam  gelöst,  und  die  Lösung  hinterläfst  beim  Abdampfen 
einen*  harten,  durchsichtigen,  Wasserdampf  rasch  ansiehenden 
Körper,  der  an  der  Luft  in  einigen  Tagen  unter  Absorption 
eines  gleichen  Gewichts  Wasser  zu  einer  zähen,  sauer  reagi- 
renden  Masse  wird.  —  In  der  salzsauren  Lösung  des  neuen 
Products  lieb  sich  nach  dem  Neutralisiren  kein  Glycerin 
auffinden. 


lieber  die  Zusammensetzung  des  Rindstalgs. 


Heintz*}  fand  bei  der  Untersuchung  des  Rindstalgs, 
übereinstimmend  mit  Duffy  (vergl.  S.  291},  dafs  das  in 
demselben  enthaltene  Stearin  dieselbe  Zusammensetzung  be- 
sitzt ,  wie  das  aus  Hammeltalg  erhaltene  **}.  Er  stellte  das 
Stearin  aus  dem  Rindstalg  dar,  indem  er  das  geschmolzene 
Petl  in  warmen  Aether  gofs,  nach  dem  Erkalten  der  Lösung 
das  ausgeschiedene  Stearin  ausprefste,  und  diese  Operation 
mehrmals  wiederholte.  Für  drei  Präparate  aus  dem  Talg  von 
drei   verschiedenen  Thieren    fand   er  so   folgende  Schmelz- 


*)  Pogg.  Ann.  I.XXXIX,  579. 
^*)  Hetniz'  Analyse  des  letzteren  vgl.  ii»  diesen  Am».  LXXX,  39f. 


pvBkte   «ad  ZaMoimenselziiii^  (lalle  Aoalyse»   wurden   flut 
Kttpferoxyd  im  Sauersloffgisstrom  ausgeltihrt)  : 

L  n.  in. 

Schmelipankt       61  «^SC.  61«  60V7 

Kohlenstoff      76,61        76,54       76,35 

Wasserstoff      12,61        12,30        12,32  - 

Sauerstoff         10,78        11,16        11,33 

100,00      100,00      100,00. 

Bei  der  weiteren  Untersuchnng  des  Rindstalgs  befolgte 
Heintz  das  von  ihm  bei  der  Zerlegung  des  Menschenfetts*} 
und  des  Hammeltalgs**)  eingeschlagene  Verfahren,  wendete 
aber  zur  fractionirten  Fällung  der  festen  fetteji  Säuren  stets 
essigsaure  Magnesia  an. 

Der  flüssige  Theil  der  aus  dem  Rindstalg  erhaltenen 
fetten  Säuren  bestand  wesentlich  aus  Oelsäure,  enthielt  aber 
noch  eine  geringe  Menge  einer  anderen  Säure  von  niedrige- 
rem Atomgewicht.  Beide  flüssigen  Säuren  sind  vorzugsweise 
in  dem  in  Aether  löslichen  Theile  des  Bleisalzes  der  leichter 
in  Alkohol  löslichen  fetten  Säuren  enthalten,  und  lassen  sich 
in  der  Art  von  einander  trennen^  dafs  man  ihre  Barytsalze  mit 
Aether  behandelt,  wo  der  Ölsäure  Baryt  meist  ungelöst  bleibt, 
während  das  Barytsalz  der  anderen  Säure  sich  leicht  auflöst 
Das  letztere  Salz  suchte  Heintz  durch  wied^holtes  Fällen 
der  ätherischen  Lösung  mittelst  wenig  Alkohol,  bis  der  an- 
fangs klebrige  Nied^schlag  flockig  erschien,  zu  reinigen; 
die  so  erhaltene  etwas  gelbliche  Barytverbindung  enthielt, 
bei  HO«»  getrocknet,  45,62  pC.  Kohlenstoff,  6,44  Wasserstoff, 
33,38  Baryt;  der  Differenz  dieser  Zahlen  mit  den  fiir  'das 
Barytsalz  der  ähnlichen  im  Hammeltalg-  gefundeneu  Säure  ge- 
fundenen ungeachtet  glaubt  Heintz  doch,  dafs  die  im  Rinds- 
talg und  im  Hammeltag  neben  Oelsäure  enthaltene  flüssige 


*)  Diese  Ann.  LXXX,  297. 
^)  DaaellMt,  LXXXIV,  297. 


üebet  die  ZmtammenMeimmg  des  ttindei^lgM.         diT 

Siore  identisch  sey,  und  hill  das  aus  dem  Riailstalg  darge- 
slellte  Barytsalz  für  die  reiner  erhaltene  Verbindung. 

Den  von  dem  eben  besprochenen  Barytsalz  gereinigten 
Ölsäuren  Baryt  fand  Heintz,  nach  mehrmaligem  Umkrystalli- 
siren  aus  Alkohol,  der  Formel  BaO,  Cs«HssOs  entsprechend 
zusammengesetzt  : 


berecboet 

gelkadtn 

KoblenstoiT 

61,82 

^^     61^ 

Wasserstoff 

9,44 

—          9,45 

Sauerstoff 

6,88 

—          7,45 

Baryt 

21,86 

21^7      21,90 

100,00  100,00. 

Den  festen  Theil  der  fetten  Säuren  des  Rindstalgs  fand 
Heintz,  wie  den  entsprechenden  der  Säuren  des  Hammel« 
talgs,  aus  Stearinsäure  und  Palmitinsäure  bestehend;  nur 
schien  im  Rindstalg  die  Menge  der  Palmitinsäure  gegen  die 
der  Stearinsäure  etwas  gröfser  zu  seyn*  Bei  dem  successi* 
ven  Scheiden  der  Säuren  erhielt  Heintz  auch  wieder  Säuren 
von  den  Eigenschaften  der  s.  g.  Anthropinsäure  (Schmelz- 
punkt 56®}  und  Margarinsäure  (60®),  die  er  als  Gemenge 
von  Stearinsäure  und  Palmitinsäure  erkannte. 

Die  aus  dem  Rindstalg  erhaltene  Stearinsäure  (Schmelz- 
punkt 69  bis  69^2)  und  Palmitinsäure  (Schmelzpunkt  62®) 
stimmten  mit  den  aus  Hammeltalg  dargestellten  vollkommen 
tiberein;  die  Zusammensetzung  ergab  sich  : 


Stearmtäure. 

Palmüitudure. 

berechnet         gf»"^». 

berecbDet        «•'"»^_ 

C„    76,06     75,77    75,85 

C„    75,00     75,00    74,95 

Hm     12,68     12,59    12,69 

H„     12,50     12,71    12,60 

O4      11.26     11,64    11,46 

O4      12,50     12,29    12,45 

100,00   100,00  100,00. 


100,00   100,00  100,00. 


Heintz   uniersuchte   femer  mehrere   Verbrndungen  der 
Pabmtintäure  y  die   er  nach  den  fttr  die  Verbindungen   der 

Ann.  d.  Chaml«  n.  Fhftrai.  LXXXVIII.  Bd.  8.  Hell.  20 


Mir  IIb  ZMi-wii^i-y  dm  RmdH^. 


Siearifistare  .tMgewendelen  Dttrstelhiiigswräen  *)  beratete; 
die  Paliniliiitiore  war^  wo  Nichts  Aniteres  benerkt  ist,  ass 
KniiMg  erhiltea. 

Des  pehniliiisaHre  Nitren  scheidet  sich  aus  der  dkoho- 
Kschen  Lösong  als  eine  gaHertaiüge  Masse  ab,  die  aber  bei 
längerer  Einwirkung  einer  hinreichenden  Menge  Alkohol  m 
bltttterigen  Krysteften  wird;  getrocknet  ist  es  farblos. 

berechnet        ^J^ü!^ 

C,t        69,06  68,67       — 

H„        11,15  11,15       — 
0,          8,64  9,15       — 

NaO      11,15  11,03    11,08 

100,00  100,00. 
Palmrtinsaiire  Magnesia  bfldet  einen  schneeweifsen,  höchst 
lockeren  krystallinischen  Niederschlag,  der  sich  beim  Srkalteii 
der  Lösung  in  kochendem  Alkohol  fast  vollstindig  wieder 
abscheidet  und  dabei  in  mikroscopischen  rechtwinkligen  BMtl- 
chen  fcrystallisirt.    Sie  schmilzt  bei  etwa  190*  C. 


BwmIumI: 

GeAMtfen; 

km  RindMalff.      Au  HanMltalK. 

c„ 

71,91 

71,27     —          —       — 

H,. 

11,61 

11,61 

0, 

8,9» 

9,48     —           _       _ 

MgO 

7,49 

7,69    7,62        7,58    7,65 

100,00        100,00. 
Palmitinsaurer  Baryt  ist  ein  perhnutiergUnzendes  weilses 
krystallinisches    Pulver,    das    sich   beim  Erhitzen   vor  de» 
Schmelzen  zersetzt. 

Gefunden  : 
Beredmet :         Am  4lindaUÜg.  Aus  Hammelmls. 

C„  59,37  59,04  —  — 

fl„  9,59  9,74  —  — 

0,  7,42  7,45  —  — 

BaO  _23,62  23,77  23,77  23,53 

100,1»  "*  100,00. 


*}  Meee  Anantea  IXXXIV,  399  ff. 


Dd^er  die  ZM$ammmnh%m$  4mm  Rimhial^.         989 

PalmilinMures  BMoxyd  ist  ein  ichaeeweifiies  Pulver, 
welches  zwischen  110  and  120^  schmilzt  und  beim  Erkalten 
zu  einer  weirsen,*  undurchsichtigen,  nnkrystailinischen  Masse 
erstarrt. 


Berechnet 

Gefinden 

c„ 

53,54 

53,57        - 

H., 

8,65 

8,62       ■ 

0« 

8,92 

8,87 

Pb 

■ 

28,89 

28,94    29 

100,00       100,00. 

Pabnitinisaures  Kupferoxyd  ist  ein  hell-grünlichblaues,  sehr 
lockeres,  aus  mikroscopischen  Blättchen  bestehendes  Salz,  das 
bei  allmdligem  Erhitzen  zu  einer  grünen,  bei  nur  wenig 
höherer  Temperatur  sich  zersetzenden  Flüssigkeit  schmilzt. 

GefaodeD 


Beredmet 

UVIIU 

c„ 

66,96 

66,65 

H., 

10,82 

10,78 

0, 

8.37 

8,42 

CuO 

13,83 

14,15 

13,92 
100,00       lo0,00. 

Pvlmitinsaiu'es  Silberoxyd  ist  ein  amorphes  weifses,  volu- 
minöses Pulver,  das  sich  selbst  im  Tageslicht  nicht  schwärzt. 


Beredmet: 

Gefunden  : 

Am  Rindflalf . 

An«  HanunelMlg. 

c.. 

52,89 

52,71        — 

H.. 

8,54 

8,53       — 

— 

O4 

8,82 

9,02 

— ■ 

Ag 

29,72 

29.74    29,79 

29,72 

100,00        100,00. 

Palmitinsaures  Aethyloxyd  schmilzt  bei  24^2  C,  und  er- 
starrt beim  Erkalten  blätterig -kryskallinisch;  aus  einer  ver- 
dünnten alkoholischen  Lösung  scheidet  es  sich  bei  5  bis  10* 
in  langcin  flachen  Nadeln  aus. 

20* 


SM  Üeber  äk  BuUer. 

Berechnet  ^"^ 

C       76,06         76,06      75,91 

H,«       42,68         12,73      12,66 

O4        11,26         11,21      11,43 
100,00       100,00    100,00. 


Ueber  die  Butter. 


Heintz*)  bat  die  in  der  Butter  enthaltenen  nicht  flQch- 
tigen  fetten  SSuren  untersucht,  welche  Bromeis  **}  als 
Hargarinsäure  und  eine  von  der  gewöhnlichen  Oelsäure  ver- 
schiedene flüssige  Säure  betrachtet  hatte.  Da  nach  Heintz 
die  Hargarinsäure  eine  Mischung  aus  Stearinsäure  und  Pal- 
mitinsäure ist  ***3 ,  mufste  letzterer  annehmen ,  dafs  die  aus 
der  Butter  abgeschiedene  feste  fette  Säure  Stearinsäure  and 
Palmitinsäure  enthalte,  und  in  der  That  gelang  es  ihm,  aus 
der  von  Brom  eis  selbst  dargestellten,  bei  54|®  schmelzen- 
den s.  g.  Margarinsäurc  durch  fractionirte  Fällung  der  heitsen 
alkoholischen  Lösung  mit  essigsaurer  Magnesia  und  Umkry- 
stallisiren  der  aus  den  Niederschlägen  abgeschiedenen  Säuren 
bei  69^  schmelzende  Stearinsäure  und  bei  62^  schmelzende 
Palmitinsäure  zu  erhalten. 

Heintz  untersuchte  dann  noch  eine  gröfsere  Menge  fri- 
scher Kuhbutter  auf  die  darin  enthaltenen  nicht  flüchtigen 
fetten  Säuren.  Die  Butter  wutde  mit  etwa  dem  vierten  Theil 
ihres  Gewichts  an  Aetzkali  verseift,  die  Seife  in  vielem  ko- 
chendem Wasser  gelöst,  in  einem  Destillationsapparat  mit 
verdünnter  Schwefelsäure  zersetzt  und  das  Kochen  so  lange 
fortgesetzt,  bis  der  Rückstand  nicht  mehr  nach  flüchtigen  Säuren 


•)  Pogg.  Ann.  XC,  137. 
**)  Diese  Annalen  XLIl,  46. 
***)  Vergl.  diese  Anoalen  LXXXIV,  303. 


\ 


Veber  die  Butler.  SOi 

roch. '  Der  Büdistand  bestand  nach  dem  Erkalten  aus  einer 
beinahe  festen  fetten  Substanz  und  einer  wässerigen  Flüssig« 
keit,  aös  welcher  letztem  durch  Neutralisation  mit  kohlen- 
saurem Kali,  Eindampfen  und  Ausziehen  des  Rückstands  mit 
starkem  Alkohol  bräunlich  gefärbtes  Glycerin  erhalten  wurde« 
Die  abgeschiedene  fette  Säure  wurde  in  wenig  Alkohol 
gelöst  und  die  erkaltete  Lösung  von  dem  in  fester  Form  A\h 
geschiedenen  abgeprefst,  welche  Operation  mehrmals  wieder^» 
holt  wurde.  Die  dabei  erhaltenen  alkoholischen  Flüssigkeiten 
wurden  mit  Ammoniak  gesättigt  und  in  der  Wärme  mit  essig- 
saurem Bleioxyd  gefällt;  der  Niederschlag  wurde  mit  Wasser 
ausgekocht,  getrocknet  und  in  viel  Aether  zertheilt,  das  Un- 
gelöstbleibende abfiltrirl  und  ausgeprefst  und  wiederholt  in 
Aether  zertheilt  und  ausgeprefst,  bis  der  Aether  Nichts  mehr 
löste  (das  rückständige  feste  Bleisalz  wurde  mit  verdünnter 
Salzsäure  wiederholt  anhaltend  gekocht  und  die .  abgeschie- 
dene fette  Säure  der  aus  der  alkoholischen  Lösung  abge- 
schiedenen und  ausgeprefsten  festen  fetten  Säure  zugefügt^. 
Bei  dem  Schütteln  der  ätherischen  Flüssigkeiten  mit  Salzsäure 
bildete  sich  eine  untere,  Chlorblei  enthaltende,  dickliche  wäs- 
serige Schichte,  und  eine  obere  ätherische,  welche  die  Oel«^ 
säure  in  Lösung  enthielt.  Die  obere  Schichte  wurde  abge*' 
sondert  und  filtrirt,  aus  dem  Filb*at  der  Aether  abdestillirt, 
die  rückständige  unreine  Oelsäure  mit  überschüssigem  Ammo- 
niak versetzt  und  mit  Chlorbarium  gefällt.  Aus  diesem  mit 
Wasser  und  dann  mit  Alkohol  vollständig  ausgewaschenen 
und  dann  getrockneten  Niederschlag  zog  Aether  eine  sehr 
kleine  Menge  eines  dem  Ölsäuren  Baryt  beigemengten  ande- 
ren Barytsalzes  aus;  der  Rückstand  gab,  aus  der  Lösung  in 
vielem  siedendem  Alkohol  umkrystallisirt,  ein  blendend  weifses 
Salz,  welches  22,30  pC.  Baryt  enthält,  also  noch  nicht  reiner 
ölsaurer  Baryt  war,  auch  durch  nochmaliges  Behandeln  mit 
Aether  und  Umkryslallisiren  aus  Alkohol  sich  nicht  reiner 


an  IMiT  die  BmUet. 

erhtHet  Heb.  £«r  weiteren  Rebiigimg  wnrde  dieMt*  Bmj^ 
sds  f  epolvert  mit  Aether  und  etwts  Sahstture  gescUttMl, 
die  obere  Itheriiclie  Schichte  mit  Amoioiiiik  schwach  aber- 
MHigt  «nd  mit  wttsaerigem  esrigMoren  Bleioxyd  anhdtend 
gesdittttett,  die  hierbei  entsteheode  obere  tttherisdie  Schichte 
ibgpenommen,  filtrirt  und  mit  SafauXure  geschüttelt,  von  der 
mm  wieder  erhaltenen  ätherischen  Ldsnng  der  Aether  abde-- 
slfHirt,  der  Rückstand  mit  Ammmiiak  ttb^rsittigt  md  bhI 
GUoiharittm  gefUlt;  der  Niederschlag  gab  nach  dem  Ana-- 
waschen  mit  Wasser  und  dann  mit  Alkohol  ond  UmkryalaUi- 
siren  aus  der  Lösung  in  siedendem  Alkohol  ein  blendend 
weifses  krystallinisches  PuWer^  das  Barytsalz  der  gewttn- 
Uchen  Odsiure  mit  der  Zusammensetsnng  : 

boroduMt 

Cu       61,82  61,53 
Hm        9,44         MS       —        — 
Oi          6,88         7,06      —        — 

BaO     81,86  21,97    21,93    22,09 

100,00  100^00. 

Die  festen  fetten  Sftnren  der  Butter  wurden  von  Heints 
■ack  dem  Yon  ihm  firtther  beschriebenen  Verfahren  *')  sn 
trennen  geaueht.  Die  aas  der  heifiien  alkoholischen  Lttraag 
bei  firactionirter  Fttllung  mit  essigsaurer  Magnesia  zuerst  sich 
niederachlagendo  Säure  war  nach  dem  Abscheiden  und  mehr- 
maligem Dmkrystallisiren  nicht  auf  einen  höheren  Schmeb- 
pinkt  als  A3|*  zu  bringen;  nach  nochmaligem  Kochen  wä 
alkoholisdier  Kalilösung,  Verjagen  des  Alkohols,  Ausscheiden 
der  Säure  mittelst  verdünnter  Salzsäure  und  Umkrystallisireii 
ans  Alkohol  war  ihr  SchmelqMinkt  64*.  Diese  Säure  zeigte 
sidi  bei  abermaliger  firactionirter  Fälhmg  mit  essigsaurer 
Magnesia  noch  als  ein  Gemenge;  die  aus  dem  Niederschlag 


')  Di«M  Aanaleii  LlXXIV,  397  ft 


ÜOer  die  Btmer.  •  806 

erhiHene  Siore  gchmobi  bei  59^  die  in  Ldsniif  gMiebet^ 
bd  6bi^.  Die  erslere  Säure  zeigte  nach  einmaligem  Umkry« 
stelliairen  aus  Alkohol  den  Schmelzpunkt  60|^  und  ergiA 
folgende  Zusammensetzung  : 


berechnet 

fefiuiden 

c«. 

76,92 

76,51      76,58 

H40 

12,82 

12,83      12,77 

04 

10,26 

10,66      10,65 

100,00  iOO,00  100,00. 
Heintz  betrachtet  die  Formel  C4OH40O4  flir  diese  Säuroi 
welche  er  als  BMmäute  bezeichnet,  als  die  wahrscheinlichste^ 
wenn  dieselbe  auch  insofern  noch  einige  Unsicherheit  biete, 
als  die  analysirte  Butinsäure  noch  mit  etwas  Stearinsäure  ge«- 
mischt  war.  Eine  Bestätigung  fttr  die  angenommene  Fom«l 
der  Butinsäure  fand  er  in  der  Analyse  des  Barytsalzes  der- 
selben,  welche  20,27  pC.  Baryt  (berechnet  20,14}  ergab. 

In  den  bei  der  fractionirten  Fällung  der  fetten  Säuren 
mit  Magnesia  sich  später  ausscheidenden  Niederschlägen  war 
vorzugsweise  Palmitinsäure  enthalten,  deren  Identität  Heintz 
durch  Reindarstellung  und  Elementaranalyse  nachwies.  Aus 
der  alkoholischen  Lösung  fetler  Säure,  die  zuletzt  übrig  blieb 
und  durch  essigsaure  Magnesia  nicht  mehr  gerällt  wurde,  er- 
hielt Heintz,  aufser  Palmitinsäure,  durch  vielfach  abgeän- 
derte Scheidungsversuche  auch  eine  geringe  Menge  einer 
bei  45  bis  48®  schmelzenden  Säure,  welche  er  als  Myristm- 
säure  CssHii04  betrachtet;  die  Analyse  der  letzteren  ergab  : 

.        .     ^  frefanden 

berechnet  •*     j. 


Cm 

73,69 

73,55 

73,43 

73,71 

73,64 

Hm 

12,28 

12,28 

12,25 

12,28 

12,24 

O4 

14,04 

14,17 

14,32 

14,01 

14,12 

100,00      100,00    100,00    100,00    100,00. 
Eine  Säure  von  den  Eigenschaften   der  Cocjniänre  &»d 
Heintz  unter  den  Verseifnagsproduct«  der  Butter  nicht 


SM  *  Veber  die  VerUmhmgm  dm  GlycermM 

Br  belHMshlel  die  Butter  tis  bestehend  ans  (Mein,  Baifai, 
Stearin,  Pahnitin  und  Myristm;  uter  den  festen  Fetten  ist 
das  PabnHin  das  vorherrschende.  Br  macht  darauf  aofinerk- 
sam,  dafs  die  aus  der  Butter  darstellbaren  festen  fetten  Sin* 
reu  alle  nach  der  Formel  C4iiH4a04  zusammengesetzt  sind, 
welche  auch  nach  Lerch's  Untersuchungen*}  den  darin 
enthaltenen  flüchtigen  Sfturen  zukommt.  Er  hiUt  es  für  wahr- 
scheinlich, dafs  bei  allen  durch  Verseifung  von  Fetten  erhal- 
tenen Säuren  die  Anzahl  der  Kohlenstoffatome  durch  4  theil- 
bar  sey,  und  spricht  die  Yermuthung  aus,  dafs  die  von  ihm 
aus  dem  Wallrath  dargestellten**),  als  Celinsäare  C,«Hm04 
und  CocinsMure  GttHs«04  beschriebenen  Säuren,  deren  Koh- 
lenstoffhtome  nicht  Multipla  von  4  sind,  noch  Gemenge  ge- 
wesen seyen. 


lieber  die  Verbindungen  des  Glycerins  mit  den  Säuren. 


Berthelot***)  hat  die  Verbindungen  des  Glycerins  mit 
Säuren  bearbeitet,  von  denen  früher  nur  die  von  Felo  uze 
untersuchten  Glycerinschwefelsäure  und  Glycerinphosphorsäure 
bekannt  waren,  und  das  von  Felo  uze  und  Gölisf)  aus 
Butlersäure  und  Glycerin  unter  Mitwirkung  von  Schwefel- 
säure erhaltene  Butyrin,  das  einzige  bisher  künstlich  darge- 
stellte neutrale  Fett. 

Berthelot  gelang  es,  das  Glycerin  sowohl  mit  den 
eigentlichen  fetten  Säuren,  als  auch  mit  anderen  organischen 
und  unorganischen  Säuren  zu  neutralen  Substanzen  zu  ver- 
binden, die  sich  mit  den  Alkalien  nicht  vereinigen  und  theils 


•)  Diese  Annalen  XLIX,  212. 

•*)  Dieee  Annalen  LXXXIV,  906. 

)  Compt.  rend.  XXXVII,  996. 

f )  Vernfl.  diese  Annalen  XLVII,  252. 


ifu/  dem  Säuren.  906 

krystaDisirbar^  theils  flüssig  sind.  Diese  Verbindungen  ge^ 
hdren  verschiedenen  Reihen  an;  die  der  einen  Reihe  sind 
mit  den  natürlich  vorkommenden  neutralen  Fetten  identisch; 
die  zahlreicheren  der  anderen  Reihe  sind  den  Aetherarten 
analog.  Alle  diese  Verbindungen  lassen  sich  betrachten  als 
Stture  +  Glycerin  —  Wasser.  Unter  der  Einwirkung  von 
Alkalien  entstehen  aus  ihnen  langsam  wiederum  die  ange» 
wendete  Säure  luid  Glycerin;  dieselbe  Zerlegung  zeigen  sie 
unter  dem  Einflufs  von  concentrirter  Salzsäure.  Bei  Behand-- 
lung  derselben  mit  Alkohol  und  ChlorwasserstoiT  bildet  sich 
die  Aetherart  der  voriier  mit  Glycerin  vereinigten  Säure  und 
das  Glycerin  wird  frei;  bei  Behandlung  mit  Ammoniak  bilden 
sie  Amide.  Beim  Erhitzen  zersetzen  sie  sich  meistens  unter 
Bildung  von  Acrolei'n ;  einige  sind  indefs  flüchtig,  und  andere 
(Stearin,  Olei'n,  Margarin  und  Primitin)  lassen  sich,  bei  An- 
wendung sehr  kleiner  Mengen  derselben,  im  luftleeren  Räume 
unzersetzt  verflüchtigen. 

Diese  Verbindungen  bilden  sich  unmittelbar  aus  Säure 
und  Glycerin,  wenn  letztere  Substanzen  in  verschlossenen 
Grefäfsen  bei  mehr  oder  weniger  erhöhter  Temperatur  längere 
Zeit  auf  einander  einwirken;  fast  alle  bilden  sich  auch  schon 
bei  gewöhnlicher  Temperatur^  doch  nur  in  sehr  geringer 
Menge.  Manchmal  kann  man  sie  auch  durch  Zersetzung  von 
Aetherarten  mittelst  Glycerin  erhalten.  Endlich  lassen  sie  sich 
noch  darstellen  durch  Einwirkung  von  GhlorwasserstoBgas 
auf  die  Mischung  der  Säure  mit  Glycerin  von  Syrupconsistenz.- 

Die  einzelnen  von  Berthelot  untersuchten  Verbindun- 
gen sind  folgende. 

Verbindungen  des  Glycerms  mit  nicht  flüchtigen  fetten  Säuren. 

Die  Stearinsäure  (die  nach  Chevreul's  Methode  dar- 
gestellt war  und  den  Schmelzpunkt  70®  hatte)  bildet  mit 
dem   Glycerin   drei  Verbindungen,   welche  Berthelot   als 


906  ÜAer  die  VwhMmgem  de»  Qtj/cerku 

Monotleariii,  Dislearni  und  Tetnslearin  mterscheidet;  das 
htsle  betrachtet  er  ab  mit  den  natflrlicli  Torkommeiiden 
Stearin  identisch. 

JfoMMtarM,  C^AtO«  =  (^«Hg.O«  +  C«H,0«  —  8  HO  *), 
entsteht,  wenn  gleiche  Theile  Glycerin  and  StearinsMure  wih- 
rend  86  Stunden  auf  200*  erhitst  werden.  Die  Schichten  von 
Glycerin  und  Säure  vermischen  »eh  diAei  nicht  mit  einander; 
die  entstehende  Verikindung  ist  gleichfalla  unlöslich  im  Gly- 
eerin.  Nach  dem  Erkalten  trennt  man  die  tlber^-dem  über- 
sebttssigen  Glycerin  schwimmende  feste  Schicht,  schmilzt  sie, 
setst  etwas  Aether  und  dann  Kalkhydrat  zu,  um  die  nicht  in 
Verbindung  getretene  Stture  zu  trennen,  erhitzt  das  Ganze 
während  einer  Viertelstunde  auf  iOO*,  und  zieht  dann  mit 
riedendem  Aether  aus.  So  erhält  man  das  Monostearin  ab  eine 
neutrale,  weifse,  in  kaltem  Aether  sehr  wenig  lösliche,  in 
feinen,  gewöhnlich  zu  rundlichen  Körnern  grupinrten  Nadeb 
krystallisirende  Substanz,  die  bei  61*  schmibt  und  bei  60* 
erstarrt,  im  leeren  Räume  des  Barometers  sich  ohne  Zor- 
seizung  verflüchtigen  läfst,  an  der  Luft  erhitzt  aber  sich  unter 
Bildung  von  Acrolein  zersetzt;  es  brennt  mit  weifser,  stark 
leuchtender  Flamme.  Bei  100*  mit  Bleioxyd  behandelt  ver- 
seift es  sich  nach  einigen  Stunden,  unter  Regenerirung  von 
Glycerin  und  Stearinsäure.  Läfst  man  concentrirte  Salzsäure 
106  Stunden  lang  bei  100*  darauf  einwirken,  so  zerlegt  es 
sich  fast  volbtändig  zu  Glycerin  und  Stearinsäure;  mit  Alko- 
hol vermischte  Essigsäure  bewirkt  unter  denselben  Umständen 
nicht  die  Zenetzung;  dasselbe  Verhalten  zeigt  auch  das  natür- 
lich vorkommende  Stearin. 


*3  Sertlielot  giebt  die  ZiuaninieiifeUuns  der  Verbindungen  aiu  Gly- 
oeria  nnd  Stearinsiure  ■nfaerdem  aocb  unter  der  Voranaaeteaas  aa, 
dala  die  freie  StearinsAure  C^J^i^^Oi  w<re,  wo  H  =  )  Aeq.  Waa- 
■entoff;  die  Formel  des  Moaostearins  wfire  dann  s.  B.  C,,H,«,0|| 
^  C,,H„,0,  +  a  C,H„0,  -  4  H,a 


fnü  den  Sterm.  80? 

Eine  tfhniicbe  Verbindungr  erhält  man,  indem  man  bei 
100®  ein  Gemenge  von  syrnpdickem  Glycerin  und  Stearinsäure 
mit  Chlorwasaerstoffgas  sättigt ;  aber  das  so  dargestellte  Pro- 
duct  schmilzt  schon  bei  47®  und  enthält  noch  Chlorfaydrin 
(die  aus  Chlorwasserstoff  und  Glycerin  entstehende  Verbin- 
ihittg),  das  sich  nicht  daraus  abscheiden  läfst. 

Wird  ein  Gemenge  von  Glycerin  und  Stearinsäure  tirei 
Monate  lang  bei  gewöhnlicher  Temperatur  stehen  gelassen, 
so  bilden  sich  Spuren  von  krystallisirbarem  neutralem  Fett. 

Distearm,  C,.H,gO,,  =  2  CseHseO*  +  C.H.O.  —  2  HO, 
erhält  man,  indem  man  gleiche  Theile  Glycerin  und  Stearin- 
säure lt4  Stunden  lang  auf  100®  erhitzt,  und  das  Product 
in  der  oben  angegebenen  Weise  mittelst  Kalk  und  Aether 
reinigt.  Bs  ist  eine  neutrale,  weifse,  körnige  Substanz,*  die 
untei*  dem  Mikroscop  schiefwinklige  Blättchen  zeigt,  bei  58^ 
schmilzt  und  bei  55®  erstarrt,  beim  Erhitzen  Acrolein  giebt, 
und  bei  100®  mit  Bleioxyd  behandelt  wieder  Glycerin  und 
Stearinsäure  bildet.  —  Dieselbe  Verbindung  erhält  man  durch 
siebenstündiges  Erhitzen  des  Gemenges  von  Glycerin  und 
Stearinsäure  auf  275®,  ferner  durch  Erhitzen  von  1  TheM 
Monostearin  mit  3  Theilen  Stearinsäure  auf  270®,  und  endr 
Kch  auch  durch  22  stündiges  Erhitzen  von  natürlichem  Stearin 
mit  überschüssigem  Glycerin  auf  200®. 

refroslaorm,  C,soH,4«Ou  =  4  C^eHstO«  +  C«H«0«  —  6  HO, 
erhält  man  durch  mehrstündiges  Erhitzen  des  Monostearins 
mit  dem  15-  bis  20  fachen  Gewicht  Stearinsäure  auf  270®, 
wo  sich  Wasser  ausscheidet  und  im  oberen  Theil  des  Rohrs 
verdichtet;  das  Product  reinigt  man  in  der  oben  angegebe* 
nen  Weise  mittelst  Kalk  und  Aether;  es  ist  dann  neutral  und 
besitzt  die  Zusammensetzung  des  natürlich  vorkommenden 
Stearins. 

Mit  Margarinsäure  (aus  Menschen  fett  dargestellt)  erhielt 
Berthelot  zwei  Glycerinverbindungen. 


308  ü^ber  die  Verbmdungm  de»  Gbfcerins 

Mmomargarm,  C4oH«oO«  ==  Cj^HsfO«  +  C«H«0«  —  2  HO, 
bildet  sich,  am  leichtesten  unter  den  festen  Fetten,  durch  Er- 
hitzen von  Glycerin  und  Margarinsäure  auf  100  oder  200*, 
in  sehr  kleiner  Menge  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur; 
es  schmilzt  bei  56*  und  erstarrt  wieder  bei  48*.  Es  zeigt  im 
Allgemeinen  dasselbe  Verhalten  wie  das  Stearin,  wird  aber 
durch  106  ständiges  Erhitzen  mit  einer  Mischung  von  Alko- 
hol und  Essigsäure  auf  100*  theilweise,  unter  Bildung  von 
Margarinsäureäther  und  Glycerin,  zersetzt,  was  die  Stearin- 
verbmdungen  nicht  thun. 

Teiramargarm  scheint  sich  beim  Erhitzen  des  Monomar- 
garins  mit  überschüssiger  Margarinsäure  auf  270*  zu  bilden, 
konnte  indefs  nicht  im  reinen  ZiTstand  erhalten  werden. 

Die  Palmitinsäure  bildet  mit  Glycerin  drei,  denen  der 
Stearinsäure  entsprechende  und  in  derselben  Weise  darsn- 
stellende  Verbindungen  :  Manopalmäin  CsgHssOg  =  CgtHstO« 
+  C«H,0«  —  2  HO,  welches  bei  58*  schmilzt,  bei  45*  er- 
starrt; DipabnUm  CvoHioOj,  =  2C,,H,;04  +  C«H«0«  -  2  HO, 
bei 59* schmelzend,  bei 51* erstarrend;  TetrapabnümCi^4fiii^0i^ 
=  4  C|«H,«04  +  CeH,0«  —  6  HO,  welches  bei  60*  schmflst, 
bei  46*  erstarrt  und  mit  dem  natürlich  vorkommenden  Palmiün 
identisch  ist.  Die  drei  Verbindungen  werden  durch  Bleioxyd 
zu  Glycerin  und  Palmitinsäure  zerlegt;  das  Monopalmitin  wird, 
wie  auch  das  natürliche  Palmitin,  durch  102  stündiges  Erhitzen 
mit  einer  Mischung  von  Alkohol  und  Essigsäure  auf  100* 
ilnter  Freiwerden  von  Glycerin  zersetzt. 

Oelsäure  (aus  käuflicher  Oelsäure  durch  zweimaliges  Fil- 
triren  bei  0*,  Umwandlung  in  Ölsäuren  Baryt  und  Umkrystalli- 
siren  dieses  Salzes  aus  Alkohol  gereinigt}  giebt  mit  Glycerin 
bei  200*  neutrales  Monolem  C4,H4oOs  r=  CseH^O«  +  CeHgO« 
—  2  HO,  eine  ölige,  bei  15*  fest  werdende  Flüssigkeil  von 
0,947  spec.  Gewicht,  welche  durch  Bleioxyd  nur  langsam 
und  schwierig  verseif!  und  (wie  auch  das  natürlich  vorkom- 


mU  den  Säuren.  309 

m 

mende  Olelfn)  durch  Alkohol  und  Essigsäure  bei  100*  nicht 
zersetzt  wird.  Diese  Verbindung. bildet  sich  auch  durch  an- 
haltendes Erwärmen  einer  Mischung  von  Oelsäureäther,  Gly- 
cerin  und  Salzsäure  auf  100^^  und  selbst  ohne  die  Mitwirkung 
von  Salzsäure  beginnt  die  Bildung  derselben.  —  Diolan 
CfsH,40i,  =:  2  C,«H,404  +  CtHsO«  —  2  HO  erhält  man 
durch  22  ständiges  Erhitzen  von  natürlichem  Olein  mit  61y- 
cerin  auf  200<^;  es  hat  das  spec.  Gewicht  0,921  bei  21*  und 
beginnt  bei  15*  zu  krystallisiren;  man  erhält  es  auch  durch 

Erhitzen  von  Monolein  mit  Oelsäure. 

« 

Verbindungen  des  Glycerins  mit  fluchtigen  fetten  Säuren. 

Diese  Verbindungen  bilden  sich  unter  denselben  Um- 
ständen, wie  die  im  Vorhergehenden  beschriebenen;  sie  sind 
flüssig,  neutral,  riechend.  Sie  werden  durch  Alkalien,  wäs- 
serige Salzsäure  und  selbst  Essigsäure  oder  Wasser  zu  Säure 
und  Glycerin  zersetzt;  durch  eine  Mischung  von  Alkohol  und 
Salzsäure  werden  sie  zu  Aetherarten  und  Glycerin.  Alkohol 
für  sich,  wenn  in  hinlänglich  grofser  Menge  angewendet, 
kann  schon  diese  Zersetzung  einleiten,  bei  100*  innerhalb 
48  Stunden^  oder  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  Mit- 
wirkung der  Luft.  —  Zur  Darstellung  dieser  Verbindungen  er- 
hitzt man  eine  Mischung  der  Säure  mit  Glycerin,  setzt  nach 
I.«  II  Erkalten  überschüssiges  kohlensaures  Kali  zu,  schüttelt 
mit  Aether,  dampft  den  Auszug  im  Wasserbad  ein  und  trock- 
net im  leeren  Raum  bei  erhöhter  Temperatur.  Schon  bei 
mehrmonatlicher  Einwirkung  einer  flüchtigen  fetten  Säure 
(wenigstens  bei  Anwendung  von  Buttersäure)  auf  Glycerin 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  tritt  Verbindung  in  erheblicher 
Menge  ein.  Endlich  bilden  sich  diese  Körper  auch  bei  der 
Einwirkung  von  ChlorwesserstofTgas  auf  eine  Mischung  von 
Glycerin  und  Säure,  oder  auch  von  Glycerin  und  einem  Aether 
der  Säure. 


HO  üeber  die  Vmimd$mgm  ä§M  Qljfcenn» 

Bei  Anwendonf  von  ValeriaasMare  bfldete  ntk  bei  900* 
MamnHderm  C,«H|«0«  sr  C.^H.oO«  +  C«HtO«  —  2  HO,  eiae 
neutrale,  ölige,  riechende  Flüssigkeit,  von  i,iOO  spec.  CSe* 
wicht,  welche  durch  die  Einwirkung  von  Anunoniak  langMn 
m  Valeramid  wird.  Bei  Einwirkung  der  wässerigen  Säure 
auf  Glycerin  bei  275"»  bildete  s»h  DwaUrm  CtAtOit 
SS  2  CioHioO«  +.  C«H«0«  —  2  HO ,  eine  neutrale,  diariige, 
nnangenehm  riecliende,  bitter  und  aromatisch  icAmeekcBile 
FUkssi^eit  von  1,059  spec.  Gewicht. 

Buttersäure  bildete  bei  Einwirioing  auf  BberachiiMgcs 
Glycerin  sowohl  bei  gewöhnlicher  Temperatur  als  bei  200* 
Manohayrm  CmH^O«  =  CsHtO«  +  C«H«0«  —  2  HO,  eine 
neutrale,  ölartige,  bitter  und  aromatisch  sckmeokande  FlQssig- 
keit  von  1,068  spec  Gewicht.  Wässerige  Säure  bildete  bei 
275  und  bei  200«  Dümi^  CttHttO»  ss  2CtHt04  +  C.fli.0« 
—  2  HO,  eine  neutrale,  ölartige,  ohne  merkbare  Zersetxung 
bei  300»  sich  verflüchtigende,  mit  Alkohol  und  AeUier  misch- 
bare, in  Wasser  etwas  lösliche  Flüssigkeit  von  1,061  spec. 
Gewicht.  Durch  Erhitzen  einer  Mischung  von  1  Theil  Gly- 
oerin  auil  4  Theüen  Butlersäure  auf  200<»  bildete  sich  BMjp- 
t«Mi  C,4H„0,  =  CftHtO«  +  CsH«0«  —  3  HO,  ein  neulraleü, 
Öbrtiges,  unangenehm  riechendes,  mittehnärsig  flüssiges  Li- 
quidum vom  spec«  Gewicht  1,064,  welches  in  einer  Lösung 
von  kohlens.  Natron  erheblich  löslich  ist  und  bei  Behandlung 
mit  Ammoniak  während  5  Tagen  zu  Butyramid  wird. 

Bei  Einwirkung  von  Essigsäure  auf  Glycerin  bei  100* 
biUele  sich  Aoeim  C|oH,oO,  =  G«H«0«  -I-  C^H,0«  ^  2  HO, 
eine  neutrale,  schwach  ätherartig  riechende  Flüssigkeü  von 
1,20  spec.  Gewicht  Bei  275«  und  bei  200^  bildete  sich, 
mochte  das  Glycerin  oder  die  Säure  im  Ueberschufs  vorhanden 
und  letztere  wasserhaltig  seyn  oder  nicht,  ^^cWtfrtti  Ci«H»Ot 
SS  C4H«04  +  C«H«0«  —  3  HO,  eine  neulrale,  riecbendf, 
stechend  schmeckende,  mit  Wasser  mischbare,  bei  280«  flüch- 
tige Flüssigkeit  von  1,184  spec.  Gewicht. 


ifwf  dm  Sämrmi.  Sil 

.VeHmubtngm  dies  Qhßcerim  mä  versdmdinen  &rgam$cken 

Säuren. 

Bei  Einwirkung  von  Benzoesäure  auf  Glycerin  bei  800* 
oder  bei  275^  bildete  sich  Bensogcm  C,oH„Ot  =  CuH^O« 
4*  CgHtOt  —  2  HO,  ein  blondes,  sehr  ztthflUssiges,  sich  we- 
nig oder  gar  nicht  oxydirendes  Oel  von  1,228  spec.  Gewicht. 
Seine  Bildung  beginnt  schon  bei  100*  and  selbst  bei  gewöhn*- 
ücher  Temperatur;  es  bildet  sich  auch  durch  die  Einwirfamg 
Ton  Chlorwassoiitoff  auf  eine  Mischung  von  Glycerin  and 
Benzoäsäureäther ,  oder  selbst  bei  direcler  Einwirkung  eines 
grofsen  Uebersckusses  von  Glycerin  auf  Benzo^sfiureiliier 
bei  100^  Durch  Alkalien  wird  es  zu  BensoesXure  und  Gly- 
cerin, durch  Alkohol  und  Chlorwasserstoff  zu  Benzo^ther 
und  Glycerin,  welche  letztere  Zersetzung  auch  Alkohol  allein, 
wenn  in  grofsem  Ueberschusse  angewendet,  bei  iOO^  sowohl 
als  unler  Mitwirkung  4er  Luft  bei  gewdhnlicfaer  Temperatur 
bewirkt;  durch  Ammoniak  wird  es  zu  Benzamid. 

Fettsäure  bildet  mit  Glycerin  bei  200«  8eMn  C„H,«Ou 
SS  CfoHj.Os  +  2  C«H,0«  —  4  HO,  einen  neutralen,  krystaHi- 
sirbaren,  durch  Bleioxyd  zu  Fettsäure  und  Glycerin  zerleg- 
baren Körper.  Camphersäure  bildet  Camphorm,  einen  neutra- 
len, wie  verdicktes  Terpentin  zähen,  in  Aether  löslichen, 
durch  Bleioxyd  zu  Camphersäure  und  Glycerin  zerlegbaren 
Körper. 

Verbmdy^gen  dcM  Glpcerms  mä  unorgani9chm  Säutm. 

Durch  Sättigung  von  schwach  erwärmtem  Glycerin  mit 
Ghlorwasserstofl^as  und  36  stttndige  Erwärmung  dieser  Lösung 
auf  100«,  Sättigen  der  Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Natron, 
Schütteln  mit  Aether,  Abdampfen  der  ätherischen  Lösung, 
DestiUnnen  des  Abdampfrttckstandes  wird  das  bei  227«  über- 
destillirende  CUorhydrin  erhalten,  das  zur  weiteren  Reini- 
gung noch  einmal  mit  Kalk  und  Aether  behandelt  wird.    Es 


319  ÜAer  neue  BiUkmgewei§en  der  ÄeAeraHen. 

ist  ein  iieatnles,  erfrischend  md  ätherisch  riechendes,  zacker- 
artig  und  dann  stechend  schmeckendes,  mit  Wasser  und  mit 
Aether  mischbares  Oel  von  1,31  spec«  Gewicht  und  der  Zu- 
sammensetzung C^HfClO«  =  C«HtOe  +  CIH  —  2  HO,  welches 
mit  salpetersaurem  Silberoxyd  keine,  wenigstens  keine  un- 
mittelbare Fällung  giebt,  mit  weilser  grttngesäumter  Flamme 
unter  Entwickelung  salzsaurer  Dämpfe  brennt,  durch  Bleioxjd 
langsam  und  schwierig  zersetzt  wird.  Allen  Glycerinverimi- 
düngen,  die  durch  Einwirkung  von  Chlorwasserstoff  auf  ein 
Gemische  von  Glycerin  und  Säure  dargestellt  werden,  ist 
Chlorhydrin  beigemischt,  welches  sich  nicht  vollständig  daraus 
entfernen  läfst;  Spuren  von  Chlorhydrin  bilden  sich  auch  bei 
Einwirkung  concentrirter  Salzsäure  auf  die  neutralen  Fette. 


lieber  neue  Bildungsweisen  der  Aetherarten. 


Berthelot*)  hat  über  neue  Bildungsweisen  der  Aether- 
arten Untersuchungen  angestellt. 

Bei  9  stündigem  Erhitzen  von  reinem  gewöhnlichem  Aether 
mit  Benzoesäure  in  sehr  starken  zugeschmolzenen  Glasrohren 
auf  360®  bildeten  sich  30  pC.  vom  Gewicht  des  Aethers  an 
Benzoäsäureäther ;  bei  3  stündigem  Erhitzen  einer  solchen 
Mischung  auf  360<>  bildeten  sich  25  pC.  vom  Gewicht  des 
Aethers  an  Benzoäsäureäther;  die  Bildung  des  Benzoäsäure- 
äthers  begann  schon  bei  300<^,^  doch  äufserst  langsam.  Bei 
6  stündigem  Erhitzen  von  Aether  und  Buttersäure  auf  360<* 
bildete  sich  Buttersäureäther, *  bei  9  stündigem  Erhitzen  von 
Aether  und  Palmitinsäure  bUdete  sich  Palmitinsäureäther,  wd- 
cher  den  Schmelzpunkt  22®  zeigte.  In  allen  diesen  Fällen  trat 
nie  die  ganze  Menge  des  Aethers  oder  der  Säure,  welcher 


*)  Coropt  rend.  XXXVII,  8&5. 


üeber  neue  BiUhmgeweuen  der  AeAerarten,         313 

dieser  Körper  auch  im  Ueberschufs  vorhanden  seyn  mochte, 
in  die  entstehende  Verbindung^  ein.  —  Bei  möglichst  starkem 
Erhitzen  von  Wasser  und  Aether  (bis  zu  45(>*?)  trat  keine 
Verbindung  dieser  beiden  Flüssigkeiten  ein. 

Bei  dem  Erhitzen  von  Säuren  mit  Alkoholen  auf  200  bis 
250^  bilden  sich  leicht  und  rasch  die  entsprechenden  Aether- 
arten.  So  erhielt  Berlhelot  durch  Erhitzen  auf  250^  das 
Palmitinsäure  Methyloxyd,  eine  krystallinische  Substanz ^  die 
bd  28^  schmolz,  bei  22^  erstarrte;  das  Palmitinsäure  Aethyl- 
oxyd,  das  bei  21^5  schmolz^  bei  18^  erstarrte;  das  Palmitin- 
säure Amyloxyd,  eine  wachsarlige  Substanz,  die  bei  9*  schmolz. 
Auch  hier  geht  weder  die  ganze  Menge  des  Alkohols  noch 
die  der  Säure  in  die  entstehende  ätherartige  Verbindung  ein. 
Diese  Verbindungen  bildeten  sich  am  reichlichsten  bei  Gegen-* 
wart  eines  Ueberschusses  von  Säure,  welcher  dann  mittelst 
Kalk  und  Aether  wieder  getrennt  wurde.  Als  die  drei  ge- 
nannten Aetberarten  wiederum  während  14  Stunden  mit  dem 
8-  bis  10  fachen  Gewicht  Palmitinsäure  auf  260*  erhitzt  wur- 
den, erlitten  sie  keine  Veränderung.  —  Bei  30  stündigem 
Erhitzen  auf  100®  bildeten  sich  reichlich  Benzoäsäureäther, 
Bssigsäureäther  und  namentlich  Buttersäureäther.  Bei  102- 
stündigem  Erhitzen  auf  100®  bildete  sich  auch  etwas  Stearin- 
säureäther, doch  nur  m  kleiner  Menge;  unter  denselben  Um- 
ständen wurde  die  ganze  Menge  der  Stearinsäure  zu  Stearin- 
säureäther, wenn  Essigsäure  zugegen  war. 

Bei  102  stündigem  Erhitzen  von  Wasser  mit  Stearinsäure- 
äther und  mit  Oleinsäureäther  auf  100®  zeigte  sich  eine  be- 
ginnende Zersetzung  dieser  Verbindungen,  mit  Ausscheidung 
von  Stearinsäure  und  Oleinsäure;  Benzoesäureäther  wurde 
unter  denselben  Umständen  nicht  zersetzt.  Bei  106  stündigem 
Erhitzen  von  Essigsäure,  die  mit  dem  2-  bis  3  fachen  Volum 
Wasser  verdünnt  war,  mit  Stearinsäureäther  auf  100®  zeigte 
sich  Zersetzung  des  letzteren  ohne  Büdung  von  Essigsäure- 

Aim.  d.  Ch«a.  n.  Phurm.  LXXXVUI.  Bd.  3.  Heft  21 


314  üeber  die  SptxUungen  des  Cyaneäureäthert. 

Mher;  unter  denselben  Umständen  wurde  der  Buttersiare- 
ftther  und  der  Benzoäsäurettther  IheSweise  zersetzt  Bei  106-* 
stttndigem  Erhitzen  von  raucliender  Salzsflure  mit  Essigsäure- 
äther,  Bultersäureäther,  Benzoßsäureäther,  Stearinsäureäther 
auf  100^  Würden  die  in  diesen  Aetberarten  enthaltenen  Säu- 
ren in  Freiheit  gesetzt,  unter  Bildung  von  Chloräthyl.  Doch 
war  die  Zersetzung  niemals  vollständig,  ausgenommen  viel- 
leicht bei  dem  Stearinsäureätber. 


lieber  die  Spattungen  des  GyansAoreithers. 


Wurtz*)  hat  Mittheilungen  Über  die  Spaltungen  der 
A^therarten  der  Cyansäure  gemacht.  Die  Zersetzung  dersel- 
ben durch  Alkalien  und  durch  Ammoniak,  wo  sich  zusam- 
mengesetzte Ammoniake  und  zusammengesetzte  Harnstoffe 
bflden ,  hatte  er  schon  früher  untersucht  ^').  Er  betrachtet 
jetzt  die  Spaltungen,  welche  der  Cyansäureäth^  unter  dem 
Binflufs  'des  Wassers  oder  solcher  Verbindungen  erleidel» 
welche  sich  vom  Wasser  CH»Os}  durch  theüweise  oder 
vollständige  Substitution  zusammengesetzter  Atomgruppen  an 
die  Stelle  des  Wasserstoffs  ableiten  lassen.  Bei  der  Einwir- 
kung des  Wassers  entwickelt  sich  Kohlensäure  und  es  btldel 
sich  Diäthyl-Hamstoff;  auch  bdi  der  Einwirkung  der  erwähn- 
ten, als  Substitutionsproducte  des  Wassers  betrachttaren  Ver- 
bindungen entwickelt  sich  häuBg  Kohlensäure,  und  es  bildet 
sich  eine  Amidverbindung  oder  eine  mit  einer  solchen  iso- 
mere Substanz,  die  sich  dann  als  durch  Umsetzung  der  er- 
steren  gebildet  betrachten  läfst.  So  ist  das  Carbamid  mit 
dem  Harnstoff,  das  Diäthyi^Carbamid  mit  dem  Diäth^Harn- 


*)  Compt.  rend.  XXXVII,  180. 
'^)  niese  Arnialen  LXXI,  32»  und  LXXVI,  317 ;  ferner  LXXX,  848. 


Ü0ber  die  Spakfmgm  des  CpaBJfAureäiherä,  315 

Stoff  isomer,  und  WurU  YernnnUcht  die  Besiehungen  zwi* 
sehen  diesmi  isomeren  Substanzen  durch  die  Formehi  : 

C.0, ,  N.H4  =  N,  I  ^Q^ 

Carbamid.  Harosloff. 

DUthyl-Carbamid.  Difttbyl-Hariutoff. 

Mischt  man  Gyansilureäther  mit  s.  g.  Essigsäurehydrat, 
so  entwickelt  sich  Kohlensäure  und  es  bildet  sich  Aeäiiflacet'- 
amiäf  welches  Wurtz  schon  früher  durch  Einwirkung  von 
Aethylamin  auf  Essigäther  eriialten  hatte.    Der  Vorgang  ist  : 

^*g»®«  j  0,  +  CANO,  =  CO,  +  N  j  c!h|o, 

EffifsSare.         Gyanaänreäther.  Aethylaoetamid. 

Cyansäureäther  wirkt  aueh  auf  wwserfreie  Essigsäure 
ein.  Schmilzt  man  etwa  gleiche  Volume  beider  Flüssigkeiten 
in  eine  Röhre  von  grünem  Glase  ein  und  erhitzt  die  letztere 
im  Oelbad  auf  etwa  ISO^*,  so  bildet  sich  Kohlensäure  und 
detkjfUiaeeiamid,  nach  folgender  Gleichung  : 

C*h'o*  1  Ol  +  C.H,NO,  =  C,0,  +  N    c!h!o, 
Waiierfr.  Enigi.     CyaniSarvitlur.  Aethyldlaoetaunid. 

Bei  der  Einwirkung  von  Alkohol  auf  Cyansäareäther  fin- 
det keine  Entwickelung  von  Kohlensänre  statt,  es  bildet  sich 
didiei  AHhyU^ürethan  : 

^*5*J0a  +  CANO,  =  C,oH„N04 

AlkohoL       Cyansiureätlier.      Aethyl-Urekhan. 

Gewöhnhcher  Aether  wirkt  gar  nicht  oder  nur  äufserst 
schwierig  auf  den  Cyansäureäther  ein.  Wurden  beide  Flüs- 
sigkeiten in  starke  Glasröhren  eingeschmolzen  auf  hohe  Tem- 
peraturen erhitzt,  so  zeigte  sich  nach  dem  Oeffnim  derselben 

21* 


316  UAer  da$  AawwM%l. 

keine  Gesentwickeliiiig  und  bei  der  DestSblion  fanden  »ch 
der  gewöhnliche  Aether  vnd  der  Cyanainreilher  nnverändert 
wieder;  eine  nur  sehr  kleine  Menge  einer  erst  gegen  200* 
sich  verflüchtigenden  Flüssigkeit  hatte  sich  gebildet,  welche 
möglicherweise  Diätiylr'UreOum  seyn  konnte,  was  aber  nach 
ihrem  qualitativen  Verhalten  zweifelhufl  erschien. 

Warte  beabsichtigt  noch,  die  Einwirkung  des  Cyan- 
ithers  auf  zusammengesetzte  Aetherarten  zu  untersuchen; 
von  der  Einwiikung  auf  Essigäther  erwartet  er,  dafs 
dabei  Di&äiylacetamid  nach  folgendem  Vorgang  bilde  : 

B«igitber.       CjaBffinrelther.  Düthylaoetimid. 


lieber  das  Stannmethyl. 


Cahours  und  Riebe*}  haben,  anknüpfend  an  ihre 
Untersuchung  über  das  Stannäthyl^},  auch  über  die  ent- 
sprechende Methylverbindung,  das  Stannmethyl^  Mittheilungen 
gemacht. 

Lärst  man  Zinn  auf  Jodmethyl  in  verschlossenen  Glas- 
röhren bei  150  bis  180*  einwirken,  so  ist  innerhalb  15  bis 
20  Stunden  die  Einwirkung  vollendet,  und  die  in  den  Röhren 
enthaltene  Flüssigkeit  wird  bei  dem  Erkalten  fest  Bei  der 
Destillation  dieser  Masse  geht  zuerst,  von  195®  an,  eine 
farblose,  stark  riechende,  bei  0®  nicht  erstarrende  Flüssig- 
keit über,  und  dann,  bei  220«^  bis  225<»,  das  Meiste,  etwa 
I  der  angewendeten  Substanz.  Das  bei  220®  Uebergehende 
wird  beim  Erkalten  zu  einer  krystallinischen  Masse,  die  durch 


•)  Compt  rend.  XXXVI,  1001. 
**)  Diefe  Anoalen  LXXXIV,  333. 


ÜAer  da$  SUummäkyl  317 

Schmelzen,  theilweises  Erstarrenlasiien  und  Abgfiefsen  des 
noch  Flüssigen  schöne  schief  -  rhombische  Prismen  giebt, 
welche  bei  34^  schmelzen,  in  Wasser  ziemUcli,  in  Alkohol 
noch  mehr,  in  Aeiher  nach  allen  Verhältnissen  löslich  sind. 
Diese  Verbindung  ist  Jod-Stannmethyl  CaH«Sn,  J.  Aus  der 
wässerigen  Lösung  desselben  fällt  Ammoniak  das  Stannme^ 
Ihyl-Oxyd  als  einen  weifsen  amorphen  Niederschlag,  welcher 
in  öberschttssigem  Ammoniak  unlöslich,  in  überschüssigem 
Kali  löslich,  in  Alkohol  und  in  Aether  unlöslich  ist;  der- 
selbe löst  sich  in  unorguiischen  und  organischen  Säuren 
leicht  unter  Bildung  krystallisirbarer  Salze,  von  welchen 
.Cahours  und  Riebe  nur  die  Formeln  angeben.: 

(VI,Sn,  Gl       Chlorverb.  C,H,SnO,  NO«  Salpeters.  Salz. 

C^HsSn,  Br      Bromverb.  C,H,SnO,  COs  Kohlens.  Salz. 

C^HsSn,  J        Jodverb.  CtHsSnO,  CiO,  Oxals.  Salz. 

C,HsSnO,  SO,  Schwefels.  Salz.  CASnO,  C4HSO,  Essigs.  Salz. 

Sie  theilen  weiter  mit,  dafs  sie  noch  einige  Skmnääiyl^ 
9al%e  dargestellt  haben.  Das  kohlensaure,  das  Oxalsäure  und 
das  phosphorsaure  Salz  sind  unlöslich,  das  essigsaure,  das 
weinsaure  und  das  ameisensaure  hingegen  in  Wasser  ziem* 
lieh  löslich  und  krystallisirbar.  Das  Schwefel-Stannäthyl  wird 
durch  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  auf  Jod-Stanuälhyl 
erhalten,  wo  es  sich  in  farblosen,  nur  äufserst  langsam  er- 
starrenden Tröpfchen  abscheidet,  die  unlöslich  in  Wasser, 
löslich  in  Alkohol  sind. 

Die  sich  gleichzeitig  mit  dem  Jod-Stannmelbyl  bildende, 
gegen  200<*  siedende  Flüssigkeit  ist  die  Jodverbindung  eines 
neuen  Radicals,  welches  2  Atome  Stannmethyl  zu  einem  ein- 
zigen verdichtet  zu  enthalten  scheint.  Diese  Jodverbindung 
riecht  durchdringend,  und  giebt  bei  der  Zersetzung  durch 
Ammoniak  ein  Oxyd,  welches  mit  Säuren  krystallisirbare  Salze 
bildet. 

Bei  der  Einwirkung  des  Zinns  auf  Jodäthyl  entsteht 
aufser  dem  sich  vorzugsweise  bildenden  Jod-Stwmäthyl  eine 


818  Ttffrtfr  da»  SimmmAjfl 

kleine  Menge  eines  nadi  Relt%  riechenden  Ods,  welches  im 
gröberer  Menge  erhalten  wird,  wenn  man  die 
schon  nach  einigen  Standen  nnteiiHricht.  Dieses  Oel  ist 
Jodrerbindung  eines  Radieals  SniCCA),  *} ;  bd  Bebandlnng 
mit  Ammoniak  gid>t  es  ein  amorphes  Oxyd»  welches  by- 
stanisiibare  Satee  bildet 

Phosphorsinn  giebt  bei  seiner  Einwirinmg  auf  Jodittyl 
mtter  Jod  -  Stannäthyl  and  der  Verbindang  8Bt(C4Hs},,  J 
noch  eine  der  flftssigen^  schon  Ton  Ldwig  durch  Einwirkung 
Ton  Zinnnatrium  auf  Jodftthyl  ertialtenen  JodTerbindongen. 
—  Arsen  wirkt  auf  das  Jodithyl  und  auf  das  Jodmethyl  ein 
und  giebt  dem  StibäAyl  und  dem  Stibmethyl  analoge  Vertm- 
dungen,  welche  unerträglich  knoblauchartig  riechen  und  bei 
geringer  Erwärmung  an  der  Luft  sich  entzänden.  —  Arsen- 
link  wird  dardi  Jodäthyl  rasch  angegriffen  und  giebt  eine 
weifse  krystallisirbare  Sidistanz  von  der  Zosammensetsung 
C|tH|sAS)  J  +  C4H«Zn,  J.  *—  Arseidcafium  eihitzl  sich  in 
Berührung  mit  Jodäthyl;  lelxteres  kommt  sogleich  ins  Koches 
and  man  erhält  leicht  entsUndliche  Producte.  —  Bltt  wird, 
Frankland's  Angabe  eatgegen,  leicht  angegriffen,  wäh- 
rend Jodädiyl  auf  Kupfer,  Arsenkupfer  und  Phosphorkopfer 
mcht  einzuwirken  scheint. 

Jodamyl  wird  durch  Zinii  bei  180^  nicht  aersetst;  eriiShl 
man  aber  die  Temperatur  auf  220  bfa  340^,  so  tritt  rasch 
EittwiriLung  ein;  die  Producte  woHen  Cahours  und  Siehe 
spüler  besdireiben. 


«B 


lieber  Hethplumbfithyl 

hat  Ldwig ^}  aus  einer  gröfseren  Arbeit  über  die  Blet- 

äthyle  zunächst  Folgendes  mitgetheilt. 

- 

*)  Vftrgl.  Lflwig'f  Uotcnriucfaimgeii  in  diaien  AtfiMlen  LUXIT,  333* 
•*)  }.  pr.  ChMi.  IX,  804. 


CWrer  MetkplwnbäAyl,  319 

JodiUhYl  wirkt  auf  eine  aus  1  Natrium  mt  6  Blei  be-  , 
stehende  Legirung,  welche  direct  wie  das  Zinnnatriam  *}  be- 
reitet wird,  nach  kurzer  Zeit  lebhaft  ein.  Schüttelt  man  nach 
beendigter  Reaction  die  Masse  mit  Aether,  so  bleibt  nach 
dem  Verdunsten  der  ätherischen  Lösung  bei  abgehaltener 
Luft  ein  Gemenge  von  Badicalen  zurück,  deren  Trennung 
wegen  der  übereinstimmenden  physikalischen  Verhältnisse 
nicht  ausgeführt  werden  bmn.  Die  Radicale  sind  vollkom- 
men farblos,  ziemlich  dünnflüssig,  flüchtige  von  keinem  stark 
berv(Hrtretende9  Geruch,  unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich 
in  Weingeist  und  Aetber.  Sie  rauchen  nicht  an  der  Luft' 
aber  angezündet  verbrennen  sie  unter  Entwickelung  eines 
starken  Dampfs  von  Bleioxyd;  sie  jßntzüQden  sich  beim  Ueber- 
giefsen  mit  concentrirter  Salpetersäure,  und  explodiren  beim  Zu- 
sammenbringen mit  Jod  und  besonders  mit  Brom  mit  grofser 
Heftigkeit.  Beim  Verdunsten  der  weingeistigen  oder  ätheri- 
schen Lösung  an  der  Luft  scheidet  sich  ein  weifses,  in 
Wasser,  Weingeist  und  Aether  unlösliches  amorphes  Pulver 
aus,  welches  mit  Säuren  krystallisirbare  Salze  bildet,  und 
in  der  Lösung  befindet  sich  eine  stark  alkalisch  reagirende 
Base,  das  MeAplumbäthyl-Oa^d,  dessen  Radical  PbsCC«!!»), 
bei  der  Einwirkung  des  JodäthyU  auf  Bleinatrium  in  über- 
wiegender Menge  gebildet  wird. 

Methphmbäthyl'^Oxydy  FbiCC^HJ,,  0.  -  Wird  zu  der 
weingeistigen  Lösung  des  Radicalgemenges  so  lange  eine  mit 
Weingeist  versetzte  Lösung  von  salpetersanrem  Silberoxyd 
gesetzt,  bis  kein  metallisches  Silber  mehr  gerallt  wird,  so 
enthält  die  vom  Silber  abfijtrirte  Flüssigkeit  das  salpetersaure 
üeltfbimbQiliyl-'Oxyd.  Zur  Darstellung  des  Oxyds  schüttelt 
man  diese  Lösung  zuerst  mit  einer  weingeistigen  Kalilösung 
und  dann  mit  Aether,  setzt  eine  genügende  Menge  Wasser  zu, 


*)  Drase  AüpatoD  1.XXXIY,  dOS. 


320  Heber  MeOpkmbiOkjfl. 

trennt  die  Ithertocbe  Lösung  des  Oxyds,  und  yerdonstet 
der  letzteren  den  Aether  in  einem  Destflktionsappnrat;  reines 
Hethplumbfithyl- Oxydhydrat  bleibt  als  dickdlige  nussigkeit, 
die  nach  einiger  Zeit  zu  einer  krystallinischen  Masse  gesteht. 
Die  Basis  ist  in  Weingeist  and  Aether  leicht^  auch  in  Wasser 
etwas  weniges  Idslich;  sie  ist  flüchtig,  and  an  einem  darüber 
gehaltenen,  *  mit  Salzsäore  befeuchteten  Glasstab  bilden  sich 
weifse  Nebel.  Beim  Erwfirmen  yerdampfl  sie  unter  Verbrei- 
tung weifser,  heftig  zum  Niefsen  reizender  Dämpfe,  welche 
Eigenschaft  auch  dem  Radical  und  sämmtlichen  Verbindungen 
zukommt.  Die  Lösungen  der  Basis  reagiren  stark  alkalisch, 
besitzen  einen  unangenehmen  scharfen  ätzenden  Geschmadc 
und  bewirken  ein  höchst  unangenehmes  Gefühl  im  ganzen 
Schlünde.  Die  Basis  fühlt  sich  schlüpfrig  an,  wie  KaUhydrat, 
und  zieht  an  der  Luft  Kohlensäure  an. 

Kohlensmtres  MeihphmbäAyl'-Oxyd  erhält  man  in  glän- 
zenden harten  kleinen  Krystallen,  wenn  man  die  weingeistige 
Lösung  des  Oxyds  langsam  an  der  Luft  verdunsten  läCst.  Die 
Verbindung  ist  in  Wasser  fast  unlöslich,  auch  von  Weingeist 
und  Aether  wird  sie  nur  in  geringer  Menge  aufgenommen. 
Saksäurehaltiger  Weingeist  löst  sie  leicht  unter  Brausen. 
Sie  schmeckt  stark  breimend.  Ihre  Zusammensetznng  ist 
Pb,CC4H.),0,  CO,  : 


berechnet 

Sciu 

Duen 

c., 
u,. 

0, 

64,00 

24,00 

4,62 

7,38 

63,87 

23,93 

4,74 

7,46 

63,74 

23,40 

5,00 

7,86 

100,00  100,00  100,00. 
Schwefikaures  Meihpbimbäthyl''Oxyd  wird  rein  erhalten, 
wenfi  zu  der  weingeistigen  Lösung  des  Oxyds  Schwefelsäure 
tropfenweise  gesetzt  wird,  so  dafs  die  Basis  im  Ueberschusse 
bleibt.  Es  entsteht  ein  blendend-weifser  krystaUinischer  Nie- 
derschlag,  welcher  mit  Weingeist  und  mit  Aether  ausge- 


Veb0r  JTellfrftoftUllityf .  SH 

waschen  wird.  D«s  Salz  ist- in  Wasser,  absolotem  WeingeM 
und  Aether  fast  unlöslich,  löst  sich  aber  reichlich  in  mit  Salx^ 
sMure  oder  Schwefelsäure  versetstem  Weing;eist.  Aus  d^ 
sauren  Lösung  krystalUsirt  es  in  ziemlich  grofsen,  glänzenden, 
harten  octa^drischen  Krystallen.  Seine  Zusammensetzung  ist 
Pb,(C,HOaO,  SO.  : 


berecho«! 
60,60 

gefimdea 

Pb, 

bl,40 

60,30    59,5    60,6    60,^ 

c.. 

20,90 

20,30 

20,33      —       —      — 

H.. 

4,30 

4,48 

4,60     —       —       — 

0 

2,54 

2,06 

3,10      _       —       — 

SO, 

■ 

11,66 

11,74 

11,67      —       —       _ 

100,00      100,00    100,00. 

SalpeienaureB  MethptumbäAyl'-Oxyd  bleibt  bei  dem  Ver- 
dunsten der  weingeistigen'  Lösung  dieses  Salzes,  die  man  bei 
dem  Zersetzen  der  weingeistigen  Lösung  der  Radicale  mit- 
telst salpetersauren  Silberoxyds  in  der  oben  angegebenen 
Weise  erhält,  als  farblose  dickölige,  butterartig  riechende 
und  brennend  schmeckende  Flüssigkeit  zurück,  welche  nach 
einiger  Zeit  zu  einer  krystallinischen ,  fettig  anzufühlenden 
Masse  erstarrt«  Das  Salz  löst  sich  leicht  in  Weingeist  und 
in  Aether,  bei  längerem  Erwärmen  der  weingeistigen  Lösang 
scheidet  sich  etwas  salpetersaures  Bleioxyd  aus;  es  zersetzt 
sich  beim  Erhitzen  unter  schwacher  Verpufliing.  Seine  Zu- 
sammensetzung ist  Pbi(C4H5)sO,  NOs,  wonach  sich  15,13  pC. 
Salpetersäure  berechnen,  während  14,65  und  14,89  pC.  ge- 
funden wurden. 

CMo^MefhphmJMhyl  erhält  man,  wenn  man  die  Lösung 
des  schwefelsauren  Salzes  in  mit  etwas  Salzsäure  versetztem 
Weingeist  mit  Chlorbarium  fällt,  das  Ganze  mit  Aether  schüt- 
telt und  dann  Wasser  bis  zur  Ausscheidung  des  Aethers 
zusetzt  Bei  dem  freiwilligen  Verdunsten  der  ätherischen 
Schichte  krystallisirt  die  Chlorverbindung  in  schönen,  langen, 


898  tkhet  M0ikpbmMM^, 

0lirk  gMtaMBden  ütdelii,  die  sich  leidit  ia  Aetibor  and  Wi 
firifl  Uiieii  ud  bei  schwaehem  Erwämen  staifc  fienCHartig 
riecben.  Bei  dem  Erhüsen  der  Verbindmig  in  einer  engen 
Gliflrölure  Irilt  sehon  bei  niederer  Temperatur  eise  schwadie 
VerpnAm;  ein,  anler  Bildung  von  CUorblei  und  Absehet- 
dnng  von  metallischem  Blei.  Die  Zusammensetaong  der  Ver- 
isl  Pb,CC«H,),,  Cl. 


beradiMl 

gefimdea 

Pb. 

62,93 

"S^eTlSiTT 

G.. 

2i,78 

21,68    21,51 

H.. 

4,56 

.  4,85      4,71 

a 

10,73 

10,54    10,58 

100,00      99,63    99,54. 

Bnm^Meikplumbäih^t  wird  in  gleicher  Weise,  wie  die 
Yorbergehende  Verbindung,  erhalten ;  nur  löst  man  das  sehwe- 
lelaaure  Salz  in  mit  Schwefelsäure  versetztem  Weingeist  auf 
und  fügt  dazu  eine  weingeistige  Liösong  von  Bromkaünm. 
Das  Salz,  Pbt(C4Hs}s,  Br  krystallisirt  aus  der  ätherischen 
Ldsung  gleichfalls  in  langen  Nadeln;  es  ergab  20,96  und 
21,23  pC.  Brom,  während  sich  21,33  pG.  berechnen. 

JM  -  Me^pbanbälkyL  —  Setzt  man  zu  .  der  mit  etwas 
Schwefdsäure  angesäuerten  weingeistigen  Lösung  des  schwe- 
felsauren Salzes  eine  weingeistige  Jodkaliumlösung,  schüttelt 
darauf  mit  Aethor  und  scheidet  die  ätherische  Lösung  mit- 
telst Wasser  ab,  so  scheidet  sich  beim  freiwilligen  Verdnn- 
aten  der  ätherischen  Lösung  des  Jod-tf  ethpkuabäthyls  Jodblei 
in  beträchtlicher  Menge  aus.  Bei  rascher  Verdunstung  bleibt 
•ein  p^etrant  riechender  farbloser  öliger  Rückstand,  aus  wel- 
'CJiem  sich  glejcbfalls  bald  Jodblei  ausscheidet.  Wird  die  noch 
nicht  zersetzte  Verbindung  mit  Wasser  destSlirt,  so  erfolgt 
4te  Anssckieiduiig  des  Jadbleis  sogleich,  während  mit  den 
Waanerdtappfen  eine  farblose,  dttsnSüssige^  höchst  stechend 
«nd  #enf&Iartig  riachnnde  FiHssigkeit  ttbei^igpekt,  die  nun  keine 


ÜMfer  emige  9lbäAyh>mMidtmgm.  333 

Zersetzung  mehr  erleidet  snd  ehie  der  Formel 
Pb4(C4H«)]i,  Jt,  welche  Ldwig  indeft  irar  vortitalig  mif- 
#teit,  entsprechende  Zusammensetemig  ergab  : 

bereehMt      getadca 


Pb« 

3«,40 

36,56 

•€4« 

25,02 

25,11 

H.. 

5,24 

5,70 

J. 

3S,34 

34,16 

100,00. 


Ueber  einige  StibAthylverbindimgen 

bat  Ldwig*},  nachträglich  zn  seiner  Untersuchung  des  Stib- 
äthyls**},  folgende  Mittheilungen  gemacht. 

AnHmomgMoures  Sübäthyloxyd,  —  Ueberläfst  man  die 
ätherische  Lösung  des  Stibäthyls  der  freiwilligen  Verdun- 
stung und  entzieht  dem  Rückstand  das  gebildete  Stibäthyl- 
Oxyd  durch  eine  Mischung  von  Aether  und  Weingeist,  so 
bleibt  ein  weirser  pulverförmiger  amorpher  Körper,  welchen 
Löwig  früher***}  als  ÄeihyUtibylsäute  bezeichnet  hatte. 
Der  von  Stibäthyl  an  der  Luft  vor  der  Entzündung  gebildete 
weifse  Rauch  besteht  fast  ganz  aus  dieser  Verbindung,  welche 
bei  100<>  getrocknet  eine  *der  Formel  Sb(C4Hs},0, ,  2  SbO. 
entsprechende  Zusammensetzung  ergab  : 

.^-^,^^!!:!!^!!L^  Berechne 

Antimon  68,33    69,04    69,66  Sb,  71,92 

Kohlenstoff      i2,58    12,67       •-  C,,  13,38 

Wasserstoff      2,70     2,77      —  H,,        2,78 

Sauerstoff  —         —        —  0,  11,92 

100,00. 
Bei  Zusatz  von  concentrirter  Salzsäure  zu  der  weingei- 
stigen Lösung  dieser  Verbindung  scheidet  sich  sogleich  Chlor- 


*)  J.  pr.  Chem.  LX,  352. 
•*)  DieM  Annalen  LXXV,  »15. 
^»^)  DasoUift,  SSO. 


SM 


Ü0bet  emige  SiMMfherbmdmgm. 


Stibilhyl  Sb(C«Bt),Clt  ab ;  SchweCelwaMentoff  eizeugt  in  der 
Ton  CUor-Stibätkyl  getreaiileii  salcsanren  Fltissigkeit  einen 
Niederschlag  von  Keimes,  und  beim  Vermischeii  ders^>en 
mit  Wasser  füllt  Algaroth «- Pu Wer  nieder.  Digerirt  man  die 
Verbindung  mit  verdünnter  Salpetersäure  und  dampft  die  Lö- 
sung ab,  so  erhält  man  Erystalle  von  salpetersaurem  Stib- 
äthyloxyd.  —  Die  Verbindung  schmeckt  bitter,  ist  in  Wasser 
und  in  Weingeist  löslich ;  die  kalt  bereitete  wässerige  Lösung 
ist  vollkommen  dünnflüssig,  wird  aber  beim  Erwärmen  dick 
wie  Stärkekleister,  und  trocknet  zu  einer  porcellanartigen 
serreiblichen  Hasse  ein,  die  mit  Wasser  übergössen  etwas 
Antimonoxyd  ungelöst  zurückläfst. 

SulfanÜmomgiaureM  Stibäihylsulfid.  —  Auf  Zusatz  von 
Schwefelwasserstoff  zu  der  wässerigen  Lösung  der  vorigen 
Verbindung  entsteht  ein  hellgelber  Niederschlag  von  höchst 
unangenehmem,  roercaptanähnlichem,  lange  anhaftendem  Ge- 
ruch. Ueber  Schwefelsäure  getrocknet  ist  er  ein  schönes 
hellgelbes  Pulver,  welches  im  Wasserbade  erhitzt  eine  braun- 
rothe  Farbe  annimmt.  Rauchende  Salpetersäure  zersetzt  diese 
Verbindung  unter  Feuererscheinung;  über  der  Spirituslampe 
destillirt  giebt  sie  ein  flüssiges ,  Destillat  mit  allen  Eigen- 
schaften des  Schwefeläthyls.  Beim  Uebergiefsen  der  Ver- 
bindung mit  verdünnter  Schwefelsäure  scheidet  sich  unter 
Bntwickelung  von  Schwefelwasserstoff  und  Bildung  von  schwe- 
felsaurem Stibäthyl-Oxyd  Kermes  aus.  Die  über  Schwefelsäure 
getrocknete  Substanz  ergab  die  Zusammensetzung  Sb(C4H5)tSs, 
2  SbS«. 


UCIUI 

HUVH 

Beredinet 

Antimon 

— 



Sb, 

64,28 

Kohlenstoff 

11,68 



c„ 

11,% 

Wasserstoff 

2,59 



H.. 

2,49 

Schwefel 

20,70 

20,78 

1 

21,27 

100,00. 


üeber  dm  CaproffUkokot,  385 

IKeselbe  Verbindung  ktnn  auch  direct  dnrch  ZiiMte  von 
frisch  gefttlltem  Kermes  zu  einer  Lösung  von  Schwefel-SUb- 
ftthyl,  so  dafs  letzteres  im  Ueberschufs  bleibt,  erhalten  wer- 
den ;  die  braunrotbe  Farbe  des  Kermes  geht  sogleich  in  hdl** 
gelb  ttber,  und  die  so  erhaltene  Verbindung  besitzt  den  Ge*^ 
ruch  und  aBe  iibrigen  Eigenschaften  der  durch  Fällung  er^ 
bdlenen. 


lieber  den   Caproylalkohol. 


In  dem  Fuselöl  des  aus  Weintrebem  bereiteten  Brannt- 
weins» welches  zum  gröfsten  Theil  aus  Amylalkohol  CioHi^Of 
besteht,  hatte  Chane el*}  auch  Fropylalkohol  C«H«Oi  gefun- 
den, welcher  "in  dem  Theil  des  Fuselöls  enthalten  ist,  der 
leichter  flüchtig  ist  als  der  Amylalkohol.  In  dem  schwerer 
flüchtigen  Theil  fand  Faget^)  den  der  Capronsiiure  ent^ 
sprechenden  Caproylalkohol  CitH]40t.  Er  hat  über  die  Rein« 
darstellung  desselben  noch  Nichts  Näheres  angegeben,  son- 
dern nur  bemwkt,  dafs  die  reinste  Probe  des  neuen  Alko- 
hols bei  148  bis  154^  übergegangen  war.  Der  Caproylalko-» 
hol  ist  eine  farblose,  aromatisch  riechende,  das  Licht  stark 
brechende,  in  Wasser  unlösliche  Flüssigkeit,  von  0,833  mid 
0,754  spec.  Gewicht  bei  0^  und  100<*  und  der  Dampfdichle 
8,53.  Bei  erhöhter  Temperatur  wird  er  durch  Kali  unter 
Bntwickelung  von  Wasserstoff  zu  Capronsäure  umgewandelt! 
Sne  noch  mit  Amylalkohol  verunreinigte  Probe  von  Caproyl-« 
alkohol  gab  mit  Schwefelsäureeine  Aetherschwefelsänre,  deren 
Kalisalz  —  in  zu  geringer  Menge  erhalten,  als  dafs  es  bitte 
gereinigt  werden  können  —  40,4  pC.  schwefelsaures  Kali 
ergab.  Eine  bei  154  bis  166^  übergegangene  (unreine)  Portion 


*)  Vergl.  diese  Annalen  LXXXVD,  127. 
»•)  Compt.  rend.  XXXVII,  73a 


3IS    UAer  d  BimMt.  dtr  KMm$.  a.  (Mm  u.  OkuAmtm 

4m.  immb  Alkohols  gab  bei  Behtaäliuif  nil  svreifiA-cItfoni- 
Moren  Kali  and  Schwefelsäure  CaproBsäure  und  efaie  g«geii 
140*  hio  siedende  ölartige  Fldssigkaii  tob  der  Danpfdichta 
7|S4  und  der  Zusanunensetnag  GmHm04,  welche  der  Capro»* 
siniellher  des  Oenanthf  lalkohols  oder  auch  ier  OManihyl- 
siareMIher  des  Gq^roylalkohols  seyn  köBBto.  Andere  PortiiH 
Ben  Flüssigkeit,  welche  zwischen  166  und  195*  ttbeiyagaa- 
gen  waren,  schienen  nach  der  Dampfdichte  und  der  Zosam- 
mensetxung  zu  urtheilen  Mischungen  von  Oenanthyblkohol 
CuHitOt  und  Caprylalkohol  CieHicO«  zu  seyn. 


Uebor  die  Einwirkaag  der  KoUeosiore  auf  Ctaam 

und  CinchoBiD. 


Nach  der  Beobachtung  von  Langlois  '^)  lösen  sieh 
finisch  gefldltes  ChiBiB  und  Cinchonin  in  Wasser  suspendirl 
bei  dem  Einigten  von  kohlensaureai  Gas  auf;  beim  StA«i 
der  Lösungen  an  der  Luft  entweicht  Kohlensiure,  und  ans 
der  einen  scheidet  sich  kohlensaures  Chinin  in  KrystaBen  ab, 
aus  der  anderen  freies  Cinchonin. 

Zur  Darstellung  von  krystallisirtem  kohlensaurem  ChiniB 
lertheill  L  an  gl  eis  das  aus  10  Grrn.  schwefelsaurem  ChiniB 
BBlIelsl  AmmomA  frisch  gefillte  Chinin  gleich  nach  dem  Aus- 
waschen in  1  Liter  Wasser^  leitet  KohleBSäure  zu  bis  zum 
Klarwerden  der  Flüssigkeit,  wekhe  nun,  obgleich  mit  Kohlen- 
slure  übersättigt,  doch  noch  alkalisch  reagirt.  Bei  dem  Stilen 
dieser  Flüssigkeit  an  der  Luft  bilden  sich  bald  Krystalle  vM 
kohlensaurem  Chinin,  deren  Volum  während  24  Stunden  su- 
nimmt.  Die  übersiehende  Flitosigkeit  enthält  auch  dann  noch 
kohlensaures  Chinin,  aber  beim  freiwflIigeB  Verdunsten  der- 
selben scheidet  sich  nur  Chinin  aus. 


*)  Compt.  reod.  XXXVII,  727. 


UiOermitlhmgen  tber  üe  Bumiala^AlludoidB.  9BT: 

Das  kohlensaure  ChiDin  bildet  durchsicliUge  Nadeln,  die 
an  der  Lufl  bald  verwittern;  es  ist  löslich  in  Alkohol,  unlös- 
lich in  Aether,  and  2eigt  alkalische  ReactiOD.  Bei  110^  ent- 
weicht die  Kohlensäure  daraus.  Für  die  Zusammensetzung 
dieses  Salzes  giebt  Langlois  die  Formel  CsoHnNO,,  HO, 
COt  +  HO  : 


berechoel 

gefondei 

Chinin 

80,2i 

80,4& 

Kohlensäure 

10,88 

10,58 

Wasser 

•  8,91 

— 

100,00. 
Langlois  bestätigte  noch,  dafs  bei  dem  Fällen  emes 
Chininsalzes  mittelst  kohlensauren  Kalis  oder  Natrons  der 
Niederschlag  freies  Chinin  ist,  und  das  Aufbrausen  dieses 
Niederschlags  mit  Säuren  von  einem  Gehalt  am  Fällungs- 
mittel herrührt,  welcher  selbst  durch  längeres  Auswaschen 
nicht  vollständig  entzogen  werden  kann. 


Untersuchungen  Ober  die  Harmala  -  Alkalolde. 


F  r  i  t  z  s  c  h  e  *3  hat  zur  Beseitigung  der  Unsicherheit, 
welche  seine  früheren  Analysen  **)  über  die  Zusammen- 
setzung der  im  Samen  von  Peganum  Harmala  enthaltenen 
und  daraus  sich  ableitenden  Basen  noch  liefsen,  den  Kohlen» 
stoiT-  und  Wassersto%ehalt  derselben  nochmals,  mit  Anwen- 
dung gröfserer  Mengen  Substanz,  bestimmt.  Die  Analysen 
wurden  im  Hessischen  Apparat  ausgeführt,  aber  erst  gegen 
das  Ende  der  Verbrennungen  Sauerstoff  zugeleiteL 

Bannalm  f  aus  Alkohol  krystallisirt  und  nur  ein  wenig 
bräunlich  gefärbt,  ergab  die  Zusammensetzung  CieHi4N«0t  : 


*)  Pelenb.  Acad.  Bull.  XII,  17. 
*•)  VeryL  dieM  Aooalm  LXIV,  360;  LXtlU,  361  u.  36&. 


»ümivriMChmom  lAer  dlh  üflimnto  ÄlhitaUi 


berecbnet 

KoUeDsioff      72,93  72,90  72,83 

Wasserstoff       6,52  6,51  6,43 

Stickstoff         «3,08          —  — 

Sauerstoff         7,47          —  — 

100,00. 

Blendend  weifses,  aus  Alkohol  krystaUisirtes  Harmm  er- 
gab die  Zusammensetzung  Cs«H,iN,Ot  : 

bereclmet  gefändeo 

Kohlenstoff  73,62  73,73  73,78 
Wasserstoff  5,64  5,62  5,64 
Stickstoff         13,20  —        — 

Sauerstoff         7,54  —        — 

100,00. 
Aus  der  wässerigen  Lösung  des  salzsauren  Salzes  durch 
Ammoniak  geteiltes  und  bei  100^  getrocknetes  NUroharmalUüi 
ergab  die  Zusammensetzung  C^eHjaNtO,  : 

Kohlenstoff      60,27  60,13  60,31 

Wasserstoff       5,01  4,94  4,91 

Stickstoff         16,21  —  — 

Sauerstoff        18,51  —  — 

100,00.  . 

Fritzsche  vergleicht  noch  die  aus  den  .neuen  Formeln 
sich  ableitenden  Zusammensetzungen  der  Verbindungen  dieser 
Basen  mit  den  früher  von  ihm  gemachten  Bestimmungen, 
und  findet  die  Uebereinstimmung  hinlänglich,  um  die  neuen 
Formeln  als  die  wahren  betrachten  zu  können. 


Die  Bildung  des  Nüroharmalidms  aus  dem  Harmalin  hatte 
Fritzsche  früher*)  beschrieben.  Bei  neueren  Untersuchun- 
gen über  die  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  das  Harmalin**^} 


•)  Dieie  Anoalen  LXVIII,  355. 
*•)  PetenU  Acad.  Bidl.  XU,  33. 


Onünuckunge^  Über  iU  Bi»rmak^AaküM&,         829 

fand  er,  dafii  die  Darstellung  des  Nitroharmalidins  ans  dem 
Harmalin  auch  ohne  Mitwirkung  von  Alkohol  geschehen  kann. 
Man  üfoergiefst  1  Th.  Harmalin  mit  2  Th.  Wasser,  setzt  eine 
zur  Lösung  des  Harmalins  hinreichende  Menge  Essigstture 
hinzu,  und  läfst  diese  Lösung  in  einem  dttnnen  Strahle  in 
24  Thefle  kochender  Saipetersilure  von  1,12  spec.  Gewicht 
fliefsen.  Sobald  das  Eintragen  beendigt  ist  und  die  Entwiche- 
lung  rother^Dämpfe  nachläfst,  läfst  man  die  Flüssigkeit  mög- 
lichst rasch  erkalten  und  versetzt  sie  dann  mit  überschüssi- 
gem Alkali,  wo  das  Nitroharmalidin  gefiillt  und  ein  als  haupt» 
sücUichstes  Nebenproduct  gebadetes  Harz  aufgelöst  wird. 
Der  Niederschlag  wird  ausgewaschen,  in  verdünnter  Essig- 
säure zerrieben  und  gelöst,  und  aus  der  filtrirten  Lösung 
durch  Chlornatrium  salzsaures  Nilroharmalidin  geflUlt,  welches 
mit  gesättigter  Chlomatriumlösung  ausgewaschen,  dann  in 
lauem  Wasser  gelöst  und  in  dieser  Lösung  durch  ein  Alkali 
zersetzt  wird.  So  erhielt  Fritzsche  bei  wiederholten  Ope- 
rationen stets  ein  von  andern  Basen  freies  Nitroharmalidin. 

Andere  Producte  erhält  man  i>ei  längerer  Einwirkung 
oder  stärkerer  Concentration  der  Salpetersäure ;  es  bildet  sich 
dann  eine  neue,  als  NUroharmidm  bezeichnete  Base,  die  aus 
dem  Nitroharmalidin  entsteht  und  aus  diesem  auch  direct 
durch  Einwirkung  der  Salpetersäure  erhalten  werden  kann. 

Läfst  man  die  aus  1  Th.  Harmalin,  2  Th.  Wasser  und 
der  zur  Auflösung  nöthigen  Menge  Essigsäure  bereitete  Flüs- 
sigkeit allmälig  in  einem  dünnen  Strahle  in  12  Th.  kochende 
Salpetersäure  von  1,40  spec.  Gewicht  einfliefsen  und  erhält 
nach  beendigtem  Eintragen,  welches  von  einer  stürmischen 
Entwickelung  rother  Dämpfe  begleitet  ist,  die  Flüssigkeit 
noch  eine  kurze  Zeit  im  Sieden,  so  enthält  dieselbe  weder 
Harmalin  noch  Nitroharmalidin,  sondern  vorzugsweise  Nitro- 
harmidin.  Bei  langsamem  Erkalten  der  orangegelben  Flüs- 
sigkeit scheidet  sich  ein  krystallinisches,   vorzugsweise  aus 

AniiAl.  d.  Chem.  a.  Phftrm.  LXZXVm.  Bd.  8.  Heft.  22 


«^tomareni  NitrekinDida  bat teheades  Prodoct  ans»  deoeii 
Memge  allmilig,  naMeiitlidi  bei  dem  freiwilligen  YerdiuMlea 
der  Sinre,  miiiBmit;  deeh  UeibI  viel  desselben  in  der  Hat- 
lerkuf e  gelösl.  Neben  dem  Nilrobarmidin  bildet  sich  bei 
der  Einwirlauig  der  Salpetersäure  auf  das  Harmtlin  nocb  ein 
banartiger  Körper,  welcher  beim  Verdünnen  der  Flflssigkeit 
BHt  Wasser  sich  anfangs  fein  zerlheill,  dann  in  Klompen  x»- 
sasunengebaltt  ausscheidet;  dieselbe  Ausscheidung  findet  aoch 
bei  Meotralisation  der  Flüssigkeit  mit  Alkali  statt,  und  der 
harzartige  Körper  sdieidet  sich  sogleich  ab,  wenn  man  eine 
geringere  als  die  angegebene  Menge  Salpetersäure  auf  Bar- 
«malin  einwirken  Ififst  oder  die  Säure  alhnälig  au  dem  Har- 
malin  setst.  Dieser  hamartige  Körper  ist  in  Alkalien  löslich. 
—  Zur  Gewinnung  alles  in  der  salpetersauren  Flüssigkeit  ent- 
halteaen  Nitroharmidins  kühlt  man  die  erstere  unmittelbar  nach 
vollendeter  Einwirkung  rasch  ab  und  versetzt  sie  dann  nnt 
überschüssigem  ätzendem  Alkali,  wo  sich  der  harzartige  Kör- 
per mit  tief  rothbrauner  Farbe  löst  und  ein  tiefgelber  Nie- 
derschlag von  Nitroharmidin  entsteht,  welchem  gewöhnlich 
nur  noch  wenige  Haraklümpchen  beigemengt  sind  und  der, 
wenn  die  angewendete  Salpetersäure  chlorhaläg  war,  noch 
eine  andere  Base  enthält  Zur  Reindarsteliung  des  Nitrohar- 
midins übergiefst  man  diesen  Niederschlag  mii  heiüsem  Was- 
ser und  setzt  tropfenweise  Salzsäure  hinzu,  bis  Lösong  ein- 
getreten ist;  diese  Lösung  wird  heifs  fiitrirt  und  nach  dem 
Erkalten  so  lange  mit  concentrirter  Salzsäure  vorsetzt,  bis 
eine  durch  Ausscheidung  mikroscopisoher  Krystalte  bewiriite 
Trübung  darin  entsteht;  bei  nachherigem  ruhigem« Stehen 
scheidet  sich  das  meiste  Nitroharmidin  als  salssaures  Salz  in 
nadeiförmigen  Krystallen  aus ,  welche  abfiltrirt  nnd  mit  ver- 
dünnter Salzsäure  etwas  abgewaschen  werden.  Aus  der  hö^ 
sung  des  salzsauren  Nitroharmidins  in  siedendem  Wasser  fällt 
Ammoniak,  bei  fortwährendem  Kochen  der  Lösung  und  Um- 


UtUerswJwngeH  €öer  die  HarmeAi'Alkalaide*         331 

rttbrett  tropfenweise  zugeselasl,  die  Base  in  gelben  Flocken, 
die  sich  in  der  siedenden  Flüssigkeit  bald  in  feine ,  leicht 
auszuwasehende  Nadehi  verwandehi.  Das  so  dargestdite  Nitro- 
hannidin  wird  nach  dem  Trocknen  in  heifsem  starkem  Alko- 
bei  gelöst,  wo  gewöhnlich  noch  einige  Flocken  eines  dnn«- 
kelfarbigen  Körpers  ungelöst  bleiben;  die  heifs  filtrirte  alko- 
holische Lösung  läfst  man  möglichst  langsam  erkalten. 

Das  Nitroharmidin  ist  schwefelgelb,  in  Wasser  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  nur  sehr  wenig,  bei  der  Siedehitze 
viel  reichlicher  löslich ;  aus  wässerigen  Lösungen  seiner  Salze 
durch  Alkalien  gefallt  bildet  es  gelbe  gallertartige  Flocken, 
die  sich  in  der  Flüssigkeit  in  der  Kälte  nur  langsam,  in 
der  Hitze  schneller  in  feine  Nadeln  verwandeln.  Es  ist  ge- 
schmacklos; seine  Salze  haben  einen  schwachen,  rein  bitte- 
ren Geschmack.  Es  löst  sich  in  Alkohol  in  der  Wärme  viel 
reichlicher  als  in  der  Kälte.  Bei  raschem  Erkalten  einer 
alkoholischen  Lösung  scheidet  sich  das  Nitroharmidin  zuerst 
in  dunkler  gelben  octaedrischen  Krystallen  ab,  die  sich 
schnell  in  Nadeln  umwandeln.  In  Aether  löst  es  sich  nur 
wenig;  in  heifsem  Steinkohlenöl  löst  es  sich  in  der  Siede- 
hitze reichlich  und  scheidet  es  sich  aus  dieser  Lösung  beim 
Erkalten  gröfstentheils  in  nadeiförmigen  Krystallen  aus;  in 
Steinöl  löst  es  sich  bei  der  Siedehitze  in  ziemlich  bedeuten- 
der Menge,  in  der  Kälte  fast  gar  nicht.  —  Aus  Chlorammo- 
niumlösung treibt  das  Nitroharmidin  selbst  beim  Kochen  das 
Ammoniak  nur  in  geringer  Monge  und  langsam  aus.  Seine 
Zusammensetzung  ergab  sich  CteHnNsOe  : 

berechnet  g^"°^"' 

Kohlenstoff  60,74  60^  60,77 
Wasserstoff  4,27  4,t9  4,26 
Stickstoff         16,33  16,00 

Sauerstoff        18,66  — 

100,00. 

22» 


38S         ümterMitekmigm  über  die  SarmakHMdMe. 

Ei  unteracheidet  sich  somit  vom  Nitrohamwlidin  dadurch^ 
dafs  es  2  Aeq.  Wasserstoff  weniger  enthält.  Wie  das  Nitro- 
harmalidin  als  Harmalin  betrachtet  werden  kann,  worin  i  H 
durch  1  NO4  ersetzt  ist,  so  kann  das  Nitroharmidin  als  Har- 
min betrachtet  werden,  worin  gleichfalls  1  H  durch  1  NO4 
ersetzt  ist.  Doch  liefs  sich  das  Hannin  nicht  in  Nitroharmidin 
umwandehi. 

Das  9al%$aure  Nüroharmidin  erhält  man  krystallisirt,  wenn 
man  eine  Lösung  der  Base  in  Essigsäure  oder  in  warmem, 
mit  wenigen  Tropfen  Salzsäure  versetztem  Wasser  mit  einem 
Ueberschusse  von  concentrirter  Salzsäure  versetzt;  es  schei- 
det sich  hier  in  feinen  Nadeln  ab,  und  concentrirte  Lösungen 
erstarren  zu  einem  breiartigen  Magma,  welches  mit  verdünn- 
ter Salzsäure  ausgewaschen,  zwischen  Fliefspapier  ausgeprefst 
und  in  kochendem  Alkohol  gelöst  wird.  Die  mit  Blutkohle 
digerirte  und  filtrirte  Lösung  giebt  beim  Erkalten  nur  schwach 
gelblich  gefärbte  Krystalle  des  Salzes,  welche  tlber  Schwefel- 
säure getrocknet  4  Aeq.  Wasser  enthalten  : 

berechnel      gefonden 

Nitroharmidin  1  Aeq.     78,02  — 

Salzsäure         1     „        11,06  — 

Wasser            4     „        10,92  10,78 

100,00. 

Das  salzsaure  Nitroharmidin  bildet  mit  Platinchlorid  ein 
Doppelsalz  I  welches  sich  aus  einer  kochenden  verdünnten 
Lösung  des  ersteren  bei  tropfenweisem  Zusatz  einer  Platin- 
chloridlösung in  nadelfürmigen  oder  blattartigen  Prismen  aus- 
scheidet und  sehr  schwer  löslich  ist.  —  Hit  Quecksilber- 
chlorid bildet  das  salzsaure  Nitroharmidin  beim  Mischen  kalter 
Lösungen  ein  in  gelatinösen  Flocken  sich  ausscheidendes, 
beim  Mischen  sehr  verdünnter  kochender  Lösungen  ein  erst 
beim  Erkalten  sich  in  hellgelben  mikroscopischen ,  büschel- 
förmig vereinigten  Nadeln  ausscheidendes  Doppelsalz. 


üniersit^$mffm  ober  die  HarmaU^AlkaMie.         333 

Bromwa9$er»iolfsaureM  Nürohanmdin  scheidet  sich  auf  Zu- 
saUs  von  Bromkalium-  oder  Bromnatriumlösung  zu  einer  Lö- 
sung des  essigsauren  Salzes  entweder  sogleich  oder  nach 
einiger  Zeit  in  gelben  seideglänzenden  Nadeln  ab.  —  Jod^ 
$Da$Mer$toffäaures  NUroharmüdin  wird  in  entsprechender  Weise 
gebildet;  doch  findet  dabei  manchmal  zugleich  die  Ausschei- 
dung eines  bräunlichen  gallertartigen  Körpers  statt,  welcher 
wahrscheinlich  eine  unten  zu  beschreibende  Verbindung  von 
Jod  mit  Nitroharmidin  ist. 

OyanwasserMtaffMaures  NÜroharmUHn  oder  eine  Verbin- 
dung von  CyanwasserstofT  mit  Nitroharmidin,  wie  sie  Har- 
malin  und  Nitroharmalidin  eingehen,  liers  sich  nicht  dar- 
stellen. Doch  existiren  sehr  beständige  Doppelsalze  von  cyan- 
wasserstoffsaurem  Nitroharmidin  mit  Eisencyanttr  und  Eisen- 
Cyanid.  Das  Cyanürdoppelsabs  scheidet  sich  beim  Vermischen 
kalter  concentrirter  Lösungen  in  gallertartigen  Flocken,  nach 
dem  Zutröpfeln  einer  Lösung  von  KaUumeisencyanür  zu  einer 
kochenden  Lösung  eines  Nitroharmidinsalzes  oder  einer  kal- 
ten aber  sehr  verdünnten  sauren  Lösung  desselben  in  hell- 
braunen mikroscopischen  prismatischen ,  selbst  in  siedendem 
Wasser  nur  sehr  wenig  löslichen  Krystallen  aus.  Das  Cyanid- 
doppelsalz  wird  in  derselben  Weise  bei  Anwendung  von 
Kaliumeisencyanid  erhalten ,  ist ,  aber  in  siedendem  Wasser 
löslicher  und  scheidet  sich  erst  beim  Erkalten  in  gelben  kör- 
nigen Krystallen  aus.  —  Ein  Doppelsalz  von  cyanwasser- 
stoffsaurem  Nitroharmidin  mit  Cyanquecksilber  scheidet  sich 
in  gelben  prismatischen  Krystallen  aus  einer  kochend  mit 
einer  Lösung  von  essigsaurem  Nitroharmidin  versetzten  Lö- 
sung von  Cyanquecksilber  beim  Erkalten  aus;  bei  Zusatz 
von  Ammoniak  zu  der  Mutterlauge  entsteht  ein  voluminöser 
flockiger  Niederschlags  welcher,  wenn  die  Fällung  in  der 
Siedehitze  vorgenommen  wird,  die  Form  feiner  hellgelber 
Nadeln  annimmt.  Die  Zusammensetzung  zeigte  sich  nicht 
constant ;  es  wurden  23  bis  27  pC.  Quecksilberoxyd  erhalten. 


SM         OniarMokMMiii  ifter  di$  BaHMk^JUMMe. 

MoiidMMtMr«loj^MNfr0f  JWfngtf  wMw  scheidet  eich  bmn 
Mischen  yerdünnter  kelier  Lösungen  von  Nitroharmidinsalseii 
wd  Rhodankiliiun  in  sehr  feinen,  ziemlich  farblosen  Sjrystall- 
iiideln  aus,  die  in  der  heÜsen  Flflssigkeit  löslicher  sind. 

Neutrales  sehw^fdiOttres  NUpohanmdm  erhält  bmh  durch 
Anrühren  von  frisehgefiilltein  fUtrohanaidin  mit  warmem  Was- 
ser nad  Zusats  einer  nur  voUstindif  en  Lömg  unzureichaiden 
Menge  Schwefelsäure,  wo  es  sich  naoh  dem  Piltifren  beim  Br- 
kalten  in  hellgelben  Nadeln  abscheidet;  aHS  der  davon  ge-> 
trennten  Flttssigkeit  setat  sich  nach  Zusatz  eines  grofsen 
Ueherschnssi^  vM  concentrirt^  Schwefdsämre  hei  ruhigem 
Stehen  swres  Salz  in  hellgelben  Naddn  ab. 

Das  HiJ^tUnrnnuir  Närdiarmidm  ist  schwer  löslich  im 
Wasser,  schwerer  töslich  noch  in  verdünnter  Salpetersäure. 
Salpetersäure  fällt  defshalb  die  Lösuegen  aller  andern  Sabe 
des  Nitroharmidias  bald;  das  salpetersaure  Sals  scheidet  sich 
gewöhnlich  zuerst  iu  hellgelben  Nadeln  aus,  die  sich  bei 
längerem  Verweilen  in  der  savren  Flüssigkeit  aUmälig  in 
dunkler- gelbe  körnige  rhomboedriscbe  Krystalle  verwandeln. 
-^  Wenn  man  frisch-gefälltes  Nitroharmidin  mit  kaltem  W^as- 
ser  anrührt»  einige  wenige,  zur  Auflösung  unzureichende  Tro- 
pfen  Salpetersäure,  dann  vorsichtig  verdünntes  Ammoniak  bis 
zur  beginnenden  Ausscheidung  von  Nitroharmidin  zusetzt»  und 
nun  fiUrirt,  so  scheidet  sich  aus  der  ruhig  stehenden  Fitkssig*- 
keit  allmälig  eine  Substanz  ab,  die  unter  dem  Mikroscop 
lange  gewundene  und  verflochtene,  von  einem  gemeinschaft- 
lichen Mittelpunkt  ausgehende  Bänder  zeigt;  nfich  Fritz- 
sche*s  Vermuthung  ist  diese  Substanz  vielleicht  basisches 
salpetersaures  Nitroharmidin. 

Aus  einer  Lösung  von  Nitroharmidin  in  einer  kochenden 
Mischung  von  Alkohol  und  concentrirter  Essigsäure  scheidet 
sich  bei  ruhigem  Stehen  eamgiovret  NUmkarmidm  in  gelben 
durchsichtigen  regeUnäbigen  (oetaedrischen?)  Kryslalleu  aus. 


welche  beim  AbspHleii  mit  Wasser  sich  Irfiben  und  bei  län- 
gerem Liegen  in  Wasser  (schneller  in  siedendem  Wasser} 
sich  unter  theüweiser  Lösung  und  Ausscheidung  von  Nitro- 
harmidin  zersetzen. 

Lösungen  von  NitroharmidiQsalzen  geben  mit  einfach- 
und  mit  zweifach -chromsanrem  Kali  krystaIHnische  Nieder- 
schlage  der  entsprechenden  chromsauren  Yerbindungen ,  die 
beim  Erhitzen  un  trockenen  Zustande  dieselben  Erscheinun- 
gen zeigen,  wie  sie  Fritz  sehe  fär  das  chromsaure  Har- 
malin  beschrieben  hat;  es  bildet  sich  dabei  eine  gelbe,  vom 
Nitroharmidin  verschiedene  Base. 

Hit  dem  Silberoxyd  geht  das  Nitroharmidin  eine  ähnliche 
Verbindung  ein,  wie  das  Nitroharmalidin*);  sie  wird  bei  Zu- 
satz einer  Lösung  von  salpetersaurem  Silberoxyd -Ammoniak 
zu  einer  vollkommen  neutralen  Lösung  von  salpetersaurem 
Nitroharmidin  als  dunkel-orangerothe ,  ziemlich  durchstphtige 
Gallerte  erhalten,  die  sich  beim  Trocknen  zu  braunrothen 
Stücken  zusammenzieht. 

Das  Nitroharmidin  verbindet  sich  direct  nvit  Jod.  Jodnüro^ 
harmidin  wird  erhalten  durch  Mischung  der  Lösungen  von  Jod 
und  von  Nitroharmidin  in  Alkohol  oder  in  Steinkohlenöl,  wo  es, 
selbst  bei  Anwendung  siedend  heiTser  Lösungen,  sich  sogleich 
krystallinisch  ausscheidet.  Es  ist  ein  lockeres  Aggregat  gelb- 
brauner mikroscopischer  Nadeln,  in  Wasser,  Alkohol,  Aether 
und  Steinkohlenöl  in  der  Kälte  fast  unlöslich,  in  der  Wärme 
nur  sehr  wenig  löslich.  Es  kann  ohne  Zersetzung  bis  100^ 
erhitzt  werden.  Bei  fortgesetztem  Kochen  mit  Alkohol  ver- 
dampft etwas  Jod  und  Nitroharmidin  wird  frei;  rascher  findet 
diese  Zersetzung  beim  Kochen  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
statt.    Die  Analyse  ergab  die  Zusammensetzung  CieH^iNtOeJi. 


*)  VergL  dieie  Annaleii  LXXII,  906. 


^0^F  %/^^P^^^    ^^^^PWP    ^HWl©    WB^W^^^wO    äIW»^^^^^^^^^W^P**'*^^W^W 


baredmet 


NitrohariBidin      50,34  —        — 

Jod      ...      49,66        4ßjb8    48JSi 

100,00. 
Mit  Salxsänre  scheint  es  ein  schwaragefürbtes  krystdlini- 
sclies,  sich  onler  Ausscheidung  von  Jod  leicht  zersetzendes 
Sab  zu  bilden.  Siedende  concentrirte  Essigsäure  bildet  damit 
eine  braune  Lösung,  die  beim  Eriodten  dunkelgefärbte  Kry- 
stalle  ausscheidet.  In  concentrirter  alkoholischer  Lösung  von 
Cyanwasserstoff  löst  es  sich  reichlich,  und  die  Lösung  giebt 
eine  nicht  näher  untersuchte  krystallinische  Verbindung. 

Chlor  und  Brom  scheinen  sich  nicht  direct  mit  dem 
Mitroharmidin  vert)inden  zu  können,  sondern  wirken  zer- 
setzend darauf  ein. 


lieber   einige   neue  basische  Zersetzungsprodocte 

von  Pflanzenbasen. 


Der  Umstand,  dafs  nach  Laurent's  Formel  CaiHigNOe 
für  das  Morphin  und  der  von  Anderson  für  das  Codein 
festgestellten  Formel  CaeHtiNOe  die  Zusammensetzung  dieser 
beiden  Basen  um  C^Ht  differirt  und  eine  Umwandlung  der 
ersteren  in  die  letztere,  durch  Substitution  von  CtH«  an  die 
Stelle  von  fl,  oder  wenigstens  die  Darstellung  einer  mit  dem 
Codein  isomeren  Substanz  möglich  erschien,  —  veranlafste 
How*},  die  Einwirining  des  Jodmethyls  und  analoger  Sub- 
stanzen auf  Morphin  und  dann  auf  Codein  zu  untersuchen. 

Ebtttirkung  van  Jodäihyl  auf  Morphin,  —  Fein  gepul- 
vertes Morphin  wurde  mit  etwas  Jodäthyl  und  mit  wasser- 
freiem Alkohol  in   zugeschmolzenen   Glasröhren  6  Stunden 


^  Cbem.  Soc*  QiL  h  VI,  135. 


lang  auf  100<^  erhitzt;  nach  dem  Erkalten  wurde  der  das 
überschüssige  Jodäthyl  in  Lösung  enthaltende  Alkohol  von 
dem  weifsen  krystallinischen  Product  getrennt,  letzteres  mit 
etwas  Alkohol  abgewaschen  und  getrocknet.  Die  krystallini- 
sehe  Masse  löste  sich  voUständig  in  heibem  Wasser,  und  die 

• 

Lösung  setzte  beim  Erkalten  feine  weifse  Nadeln  ab,  die  sich 
bei  der  Analyse  als  jodwoitersiofsaurei  AMigbnarfhm  er- 
wiesen. Die  Krystalle  enthalten  1  Aeq.  Wasser  (gefundeii 
und  berechnet  1,96  pC.};  das  bei  100^  getrocknete  Salz  ist 

C,4CH,N0«,  HJ. 

berechnel        gefanden 

Cs,  51,71  51,45 

H,4  5,44  5,74 

N  3,17  — 

0.  10,87  — 

J  28,81  28,59 

100,00. 

Das  jodwasserstoffsaure  Aethylmorphin  ist  das  einzige 
bei  der  beschriebenen  Operation  entstehende  Product,  und 
seine  Bildung  erklärt  sich  nach  dem  Schema  : 

C,4H,9N0e  +  C^HjJ  =  C,sH„NO.,  HJ. 

Es  ist  schwer  löslich  in  wasserfreiem  Alkohol,  löslicher 
in  rectificirtem  Weingeist,  leicht  löslich  in  heifsem  Wasser, 
Ittfibeständig.  Seine  wässerige  Lösung  wird  weder  durch  Kau 
noch  durch  Ammoniak  getällt.  Zur  Isolirung  der  Base  wurde 
zu  der  Lösung  des  Salzes  in  warmem  Wasser  Silberoxyd  ge- 
setzt; sowie  das  Salz .  vollständig  zersetzt  war,  zeigte  die 
Flüssigkeit  dunkele  Färbung,  und  sie  gab  dann  ein  roth* 
braunes,  stark  ätzendes  Filtrat,  welches  beun  Abkühlen  oder 
Concentriren  keine  Krystalle  absetzte  und  beim  Eindampfe« 
bei  100^  einen  durchscheinenden,  festen,  dunkelgefibrbten 
Rückstand  hinterliefs,  aus  welchem  die  Reindarstellung  der 
Base  nicht  gelang;  letztere  scheint  unter  dem  Einflufs  oj 
render  Agentien  leicbt  zersetzt  zu  werden. 


S96       üeber  euUge  neue  bäiieehe  Zereeiwimgsproduete 

Emwtrkimg  em  Jodmetkgl  auf  Morphin.  —  Als  ia  der- 
selben Weise  Jodmethyl  mit  Morphin  and  Alkohol  znranmeii- 
febracht  wurde,  schien  schon  nach  halbstOndigem  Erhitsen 
iKe  Btnwirkmig  yollendet  zu  seyn;  es  hatte  sich  ein  weiCses 
krystallinisches  Paber  abgeschieden^  welches  sich  in  heifsen 
Wasser  leicht  löste  und  beim  AlAtthlen  der  Lösung  in  gttn- 
senden,  quadratisch-prismatischen  fert>losen  Nadeln  abschied. 
Diese  KrystaHe  enthalten  2  Aeq.  Wasser  (gefunden  ^15, 
bereehnel  4,M  pC.),  welche  bei  100*  entweichen,  und  das 
bei  letzterer  Temperatur  getrocknete  Salz  ist  CgeHsiNOi,  HJ 

=  CgiQ^g  NOe,  HJ,  jodwasserstoffsaures  MeAybnorphüu 


berechnet 

gefaBden 

c,. 

50,57 

50,47 

H,, 

5,15 

5,36 

N 

3,27 

— 

0. 

li,26 

— 

J 

29,75 

29,66 

100,00. 
Dieses  Salz  hat  dieselbe  Zusammensetzung,  wie  das  bei  100* 
getrocknete  jodwasserstoffsaure  Ciodeln,  mit  welchem  es  indeb 
nur  isomer  ist.  Denn  die  aus  dem  jodwasserstoffsauren  Me- 
thylmorphin mittelst  Silberoxyd  in  derselben  Weise,  wie  beim 
vorhergehenden  Salze  angegeben  wurde,  abgeschiedene  Base 
ist  auch  wieder  eine  braune,  durchscheinende  amorphe  Masse. 
Ab  die  freie  Base,  wahrscheinlich  in  schon  etwas  zersetztem 
ZustMid,  gepulvert  mit  JodmethyPund  Alkohol  zusammenge- 
bracht wurde,  trat  schon  in  der  Kälte  Einwirkung  und  Bil- 
dung einer  hellbraunen  flockigen  Substanz  ein;  bei  dem  Er» 
hilien  der  Mischung  auf  100*  schied  sich  eine  dunkele  harz- 
artige Substanz  ab,  und  eine  damit  identische  wurde  nach  Be- 
endigung des  Versuchs  durch  Abdampfen  der  weingeistigen 
Flissigkeit  erhalten.  Diese  harzartige  Substanz  gab  an  Was- 
ser eine  geringe  Menge  eines  jodwasserstoffsauren  SahKS  ab, 
wührend  der  Rückstand  in  £Eist  allen  Fftlssigkeiten  unlöslidi 


and  rar  in  concentrirter  Salpetersäure  unter  Zersetzungr  Ite» 
lieh  war.  How  hat  die  Einwirkung  des  Jodmethyls  auf  M&* 
thyhnorphin  nicht  vollstfindig  untersucht,  glaubt  indefs  durcii 
seine  Beobachtungen  zu  dem  Schlufs  berechtigt  zu  seyn,  dafs 
hier  eine  verwickeltere  Reaction  eintritt^  als  die  euifache  Sub- 
stitution von  C,Hs  an  die  Stelle  von  H. 

Ebmairkung  ton  Cklaramyl  auf  Morphin.  —  Als  Morphin 
in  derselben  Weise  mit  Chloramyl  und  Alkohol  erhitzt  wurde, 
war  nach  3  Tagen  die  Base  noch  unverändert.  Bei  einem 
anderen  Versuch  zeigte  sich  nach  Stägigem  Erhitzen  auf  100* 
die  Bildung  einer  krystallinischen  Substanz;  die  Erhitzung 
wurde  14  Tage  lang  unterhalten  und  dann  die  Röhre  ge- 
öibet  Die  krystallinische  Substanz  gab  nach  dem  Umkry« 
stallisiren  aus  Wasser  Büschel  mikroscopischer  vierseitiger 
Prismen,  welche  bei  100<»  getrocknet  10,83  und  10,93  pC. 
Chlor  eingaben  und  von  How  als  salzsaures  Morphin 
Cg4H,9N0«,  HCl  betrachtet  wurden,  in  welchem  der  Rech-» 
nung  nach  11,04  pC.  Chlor  enthalten  sind.  Die  stattgefondene 
Zersetzung  glaubt  er,  unter  Berücksichtigung  des.  im  ange- 
wendeten Morphin  enthaltenen  Krystallwassers,  erklirbar  durch 
das  Schema  : 

C»4H„N0.,  2  HO  +  CioHnCl  =  C^A.NO.,  HCl  +  CioH.,0,. 
Einwirkung  von  JodaAyl  auf  Codein.  —  Fein  gepulvertes 
Codein  wurde  mit  ein  wenig  Jodäthyl  und  einer  zur  Lösung 
der  Base  hinreichenden  Menge  wasserfreien  Alkohols  in  eine 
Glasröhre  eingeschmolzen  und  diese  in  siedendes  Wasser  ge-* 
taucht;  nach  etwa  2  Stunden  war  der  Inhalt  der  Röhre  durch 
die  Bildung  einer  weifsen  krystallinischen  Substanz  beinahe 
fest  geworden.  Nach  dem  Erkalten  wurde  die  noch  vorhan- 
dene Flüssigkeit  von  der  krystallinischen  Substanz  getrennt, 
letztere  mit  wenig  Alkohol  gewaschen  und  zwischen  Fliefs- 
papier  getrocknet  Die  so  erhaltene  weifse  krystallinische  Sub- 
stanz löste  sich  leicht  in  kaltem  Wasser,  und  sohied  sich 


840         üther  eine  neite  BUnmgmoe^  de$  TobtidiHs. 

au  der  LöMiig  in  Büscheln  TOn  weifsen  seideirtigen  feinen 
Nadeln  ab,  welche  bei  100^  getrocknet  die  ZasaminensetaEiuig 

C|er*a  NOe»  HJ  ergaben,  somit  jodwassersto/fiaures  ilelAy/- 

eoddn  waren. 

berechnet        gefunden 

C40  52,73  «2,59 

H,.  5,71  5,87 

N  3,07  -. 

0.  10,57  — 

J  27,92  27,91 

100,00. 
Die  Lösung  dieses  Salzes  gab  mit  Ammoniak  oder  Kali 
keinen  Niederschlag;  beim  Kochen  mit  Kali  wurde  sie  zwar 
trttbe,  aber  diefs  schien  auf  ein^  weitergehenden  Zersetzung 
Bu  beruhen.  Durch  Silberoxyd  wurde  aus  dem  jodwasser- 
stoffsauren Salze  das  Aethylcodein  frei  gemacht,  und  bildete 
eine  staik  alkalisch  reagirende  Lösung,  die  beim  Eindampfen 
etwas  Kohlensäure  anzog  und  einen  durchscheinenden  dun- 
kelfarbigen Rückstand  hinterliefs.  Bei  Versuchen,  wo  der 
durch  Abdampfen  einer  solchen  alkalisch  reagirenden  Lösung 
im  leeren  Räume  gewonnene  und  als  Aethylcodein  betrach- 
tete Rückstand  wiederum  mit  Jodäthyl  und  Alkohol  erhitzt 
wurde,  traten  ähnliche  Erscheinungen  ein,  wie  sie  bei  dem 
Einwirken  von  Jodmethyl  auf  Methylmorphin  beobachtet  wur- 
den; auch  hier  schien  die  Zersetzung  viel  weiter  zu  gehen, 
als  bis  auf  die  nochmalige  Substitution  von  C4H5  an  die  Stelle 
von  H. 


lieber  eine  neue  Bildungsweise  des  Toluidins. 


J.  Chautard*)  theilt  hierüber  Folgendes  mit.    Das  Ge- 
menge harzartiger  Substanzen,  welches  bei  der  Einwiiiiung 


•)  J.  plwmi.  [3]  XXIV,  166. 


Debet  eine  neue  Büdungeweise  dee  Tduidlni,        341 

von  Salpetersäure  auf  Terpentinöl  entsteht,  bei  längerem 
Kochen  sfch  in  der  Säure  löst  und  durch  Verdttnnen  der 
Flüssigkeit  mit  Wasser  mit  safrangelber  Farbe  ausgeschie- 
den  wird,  enthält  viel  Untersalpetersäure,  und  entwickelt  bei 
Einwirkung  von  Kali  ammoniakalische  Dämpfe  unter  gleich- 
zeitiger Ausstofsung  eines  eigenthttmlichen  unangenehmen, 
lauchartigen  Geruchs.  Es  bildet  sich  hierbei  eine  organische 
Base.  Man  nimmt  die  Zersetzung  der  harzartigen  Substanz 
mittelst  Kali  in  einem  Destillationsapparat  vor  Czweckmäfsig, 
indem  man  der  heftigen  Einwirkung  und  des  Aufschäumens 
wegen  das  Kali  portionenweise  durch  eine  od  förmige  Röhre 
zusetzt),  und  destillirt  bis  sich  nur  noch  ein  schwacher  Am« 
moniakgeruch  entwickelt.  Das  Destillat  wird  mit  schwach 
überschüssiger  Salzsäure  versetzt,  wo  sich  harzartige  Materie 
ausscheidet,  und  im  Wasserbade  verdampft;  das  rückständige 
Gemenge  der  salzsauren  Salze  von  Ammoniak  und  der  neu- 
gebildeten Base  wird  mit  starkem  Weingeist  behandelt,  wel- 
cher das  salzsaure  Ammoniak  gröfstentheils  ungelöst  läfst. 
Die  weingeistige  Lösung  wird  Gltrirt,  abgedampft  und  der 
Rückstand  mit  wenig  Wasser  behandelt;  die  entstehende 
wässerige  Lösung  giebt  mit  Goldchlorid  einen  reichlichen 
Niederschlag,  welcher  nach  einigen  Minuten  zu  einer  ver- 
filzten krystallinischen  Masse  wird.  Diese  Krystalle  schmelzen 
im  Wasser  bei  50  bis  60^  und  lösen  sich  bei  etwas  höherer 
Temperatur  auf,  und  beim  Erkalten  der  Lösung  bilden  sich 
glänzende  gelbe  Nadeln.  Die  Analyse  der  letzteren,  im  luft- 
leeren Räume  getrockneten  Krystalle  erwies,  dafs  sie  Au  Ci« 
+  CmH^N,  HCl  waren,  somit  Toluidin  CuHtN  enthielten  : 

berecboel       gefandeo 

Kohlenstoff  18,85  19,17 

Wasserstoff  2,02  2,35 

Chlor  31,87  31,80 

Gold  44,10  43,2(5 

Stickstoff  3,14  3,40. 


34S       VAet  ÜB  vermAMmm  Arten  Je»  TerpenthMi 

Die  hanmrtige  Svbstanzi  avs  welcher  sieh  md  diese  Weise 
des  Teteidin  dtrsieUen  UUbi,  kann  durch  yorsichiige  Behend* 
hingp  des  Golephoninms  mitteUt  Saipelersäure  reicUicher  er- 
hatten  werden;  man  erhält  nebenbei  Oxalsäure  und  durck 
Verdunsten  der  Mutterlauge  Terebinsänre.  Reicher  ah  Unter« 
salpetersättre  kann  die  harzartige  Siri>stanz  noch  erhalten  w^- 
den,  indem  man  eine  Mischung  von  concentrirter  Schwefet- 
aänre  imd  Salpetersäurehydrat  darauf  einwirken  litst;  dio 
Einwirkung  auf  das  schon  gebildete  Hars  geht  langsam  tot 
sieh  und  man  kann  sogar  ohne  Gefahr  im  Wasserbad  er- 
wärmen, während  die  Einwirkung  jener  Mischung  auf  Ter- 
pentinöl oder  Colophonium  sehr  heßig  ist  und  Entattndung 
veranlassen  kann.  Die  harzartige  Substanz  wird  dann  mit- 
telst Wasser  niedergeschlagen  und  mit  kochendem  Wasser 
ausgewaschen;  nach  dem  Erkalten  ist  sie  gelb  und  brüchig. 


Ueber  die  verschiedenen  Arten  ies  Terpentinöls  und 
die  Einwirkung  der  Hitze  auf  dasselbe. 


Berthelot*}  hat  Untersuchungen  über  die  verschiedenen 
Arten  des  Terpentinöls  angestellt,  zunächst  zur  Entscheidung 
der  Fragen,  ob  im  Terpentin  von  verschiedenen  Pinus-Arten 
gleich  anfänglich  verschiedene  isomere  KoUenwasserstolFe 
enthalten  sind,  die  noch  in  ihren  entsprechenden  Verbindun* 
gen  verschieden  sind,  nnd  ob  das  in  dem  Terpentin  Einer 
Pinusart  enthaltene  flüchtige  Oel  aus  einem  einzigen  Kohlen- 
wasserstoff bestehe  oder  ein  Gemenge  m^rerer  sey.  Zur 
Beantwortung  dieser  Fragen  mufste  er  das  aus  dem  Ter- 
pentin selbst  mit  besonderer  Vorsicht  dargestellte  Oel  unter- 
suchen, denn  auf  das  käufliche  Terpentinöl  haben  verändernde 


*3  Ann.  eh.  phys.  [ß]  XL,  5t 


und  die  Emwirkung  der  SUie  mif  da$9dbe.         343 

UiDfltttade  schgii  bei  der  Darslellanif  eingewirkt  Diese  Um* 
stände  sind  die  Einwirkung  der  Wärme  und  die  Ton  Bei- 
mengungen  im  Terpentin  (Essigsäure,  Ameisensäure,  Hiurs« 
säuren}.  Die  Wärme  verändert  das  Terpentinöl  nameatlicii, 
wenn  es  in  verschlossenen  Geßifsen  über  250^  erhitst  wird, 
und  wandelt  es  in  isomere  Substanzen  um  (vergL  S.  347}; 
stärkere  unorganische  Säuren  wandeln  das  Terp^tinöl  schon 
bei  gewöhnlicher  Tesoperatur,  schwächere  organische  Säuren 
gegen  100®  hin  um. 

FroMöiiichei  TerpenUnöl.  —  Dieses  Oel  wird  aps  dem 
Terpentin  von  Pinus  maritima  gewonnen.  Um  das  hierin  ent* 
haltene  Oel  unverändert  zu  erhalten,  mengte  Berthelot  das 
Terpentin,  wie  es  aus  dem  Baume  ausgeflossen  war^  zum 
Zweck  der  Neutralisation  der  Säuren  mit  einem  Gemenge  von 
kohlensaurem  Kali  und  kohlensaurem  Kalk  und  destillirte  dann 
im  luftleeren  Raum  das  Oel  bei  80  bis  180<*  ab.  Das  zwi- 
schen 80  und  100®  und  das  zwischen  100  und  180®  über- 
gehende Oel  wurde  jedes  besonders  untersucht. 

Das  zwischen  80  bis  100®  übergangene  Oel  zeigte  die 
Zusammensetzung  C,oH,e  CfiT^funden  88,0  pG.  Kohlenstoff  und 
12,3  Wasserstoff}.  Es  schien  nur  aus  Einem  Körper  zu  be- 
stehen; die  bei  80  und  die  bei  100®  übergehende  Portion  zeig- 
ten dasselbe  spec.  Gewicht  0,864  bei  16®  und  dieselbe  lioks- 
drehende  Einwirkung  auf  die  Polarisationsebene  des  Lichtes 
([a]  =  —  32®,4}  *}.  Die  mit  diesem  Oel  bereitete  feste 
CUorwasserstoffverbindung ,  der  s.  g.  künsUiche  Campher 
C|oH|ei  HCl,  schien  gleichfalls  nur  aus  Einem  Körper  zu  be- 


[a]  =      ^     ,  wenn  a  die  fQr  die  f.  g«  Uehergaogifaiie  beobachtat« 
1  .«.a 

Drebnog  isl,  welche  durch  eine,  in  der  Gewiehtseinheil  $  Gewiditf- 

tbeile   der  optifch-wiriuameB  Snbstrax  enüialtende  und  daf  apec* 

Gewichl  S  zeigende  Lösung  ron  1  Decimeter  Dicke  bewirkt  wird. 

Wo  eine  optisch -wirkaame  Snbstanx  geradexu,   nicht  in  LAsung, 

unlersachl  wird,  ist  s  «  1. 


344       ü^er  die  ver$ekiedeneH  Arien  de»  TetpeiUmöle 

gtehen  und  kein  Gemenge  zu  seyn;  sein  DrehnngsrermSgeif 
ergab  sich  [a]  ss  —  23^,9.  —  Bei  der  Darstellung  dieses 
kOnstiichen  Camphers  bildete  sich  auch  flüssige  Chlorwasser- 
stoirVerbindung  ([a]  =  —  28^0).  Nach  Berthelot's  An- 
sicht beruhte  diese  Bildung  von  fester  und  von  flüssiger  Chlor- 
wasserstoffrerbindung  in  diesem  Fall  nicht  auf  der  Präejdstenz 
von  zwei  verschiedenen  Kohlenwasserstofficn  in  dem  Oel^  son- 
dern darauf,  dafs  die  Chlorwasserstoffsäure^  wfihrend  sie  sidi 
mit  dem  Oel  vereinigte,  einen  Theil  des  Oels  im  Augenblick 
der  Verbindung  zu  einer  isomeren  Substanz  umwandelte.  Er 
fand,  indem  er  ChlorwasserstoiTgas  auf  das  Oel  bei  verschie- 
denen Temperaturen  einwirken  liefs,  dafs  zwischen  —  30 
und  +  30^  mit  der  steigenden  Temperatur  zunehmende,  zwi- 
schen +  30  und  100^  mit  der  steigenden  Temperatur  ab- 
nehmende Mengen  der  festen  Verbindung  gebildet  werden 
(bei  100^  ist  die  sich  bildende  Menge  dieser  Verbindung  nur 
sehr  gering). 

Das  zwischen  100  und  180*  Uebergegangene  besteht  aus 
sauerstoffhaltigen  Verbindungen  und  einem  Kohlenwasserstoff, 
welcher  letztere  bei  der  Destillation  im  luftleeren  Räume  zu- 
erst übergeht.  Berthelot  betrachtet  diesen  Kohlenwasser- 
stoff, obgleich  er  nahezu  denselben  Siedepunkt  hat,  doch  von 
dem  im  bei  80  bis  100*  übergegangenen  Oel  enthaltenen  ver- 
schieden, sofern  er  für  «die  feste  Chlorwasserstoffverbindung 
des  ersteren  [ci]  =  —  22*,3  fand. 

Das  Terpentin  betrachtet  er  diesemgemäfs  als  von  Anfang 
an  zwei  isomere  Kohlenwasserstoffe  enthaltend.  Das  käuf- 
liche Terpentinöl  ist  noch  zusammengesetzter;  bei  noch  so 
oft  wiederholter  fractionirter  Destillation  gelang  es  nicht, 
einen  Körper  daraus  zu  erhallen,  der  nicht  bei  nochmaliger 
fractionirter  Destillation  Destillate  von  verschiedenen  Eigen- 
Schäften  gegeben  hätte;  und  dieses  Zusammengesetztseyn 
erwiefs    sich    fUr   das   käufliche   Terpentinöl    auch    bei    der 


md  au  Sinmirkimg  der  Miiu  auf  daueWe,         345 

Untenradumg  deMdben  durch  LöfluagsmiUeK  dieBerthelol 
wiederholt  in  zur  vollständigen  Lösung  anzureichender  Menge 
einwirken  liers.  Auch  die  ans  dem  kfiuflichen  Terpentinöl 
bereitete  feste  Cblorwasserstoffverbindung  betrachtet  Ber- 
thelot als  ein  Gemenge  von  Verbindungen  isomerer  Sub- 
stanzen ,  obgleich  sie  krystallisirt  und  unter  dem  chemischen 
Gesiditspunkt  als  eine  ganz  scharf  bestimmte  Verbindung  er- 
scheint; das  optische  Drehungsvermögen  der  aus  einer  Lo- 
sung in  einer  Mischui^  von  Alkohol  und  Aether  sich  mch 
einander  abscheidende^  Krystalle  der  festen  Chlorwasserstoff- 
Verbindung  fand  er  wechselnd^  [a\  zwischen  —  20^5  und 
—  24^,6.  Aufser  den  optisch-linksdrehenden  Kohlenwasser- 
stoffen, welche  bei  etwa  160®  sieden  und  s.  g.  Terpentinöl- 
hydrat und  künstlichen  Campher  (feste  Chlorwasserstoffver- 
bindung) bilden  können,  enthält  das  käufliche  Terpentinöl 
nach  Berthelot*s  Untersuchungen  auch  eine  kleine  Menge 
damit  isomerer,  aber  optisch -rechtsdrehender  .Kohlenwasser- 
stoffe, die  erst  gegen  250*  hin  sieden  und  die  erwähnten 
Verbindungen  zu  bilden  unfthig  sind. 

Engli»eheg  TerptnHnöL  —  Dieses  wird^  wenigstens  gröfs- 
tentheils,  aus  dem  Terpentin  von  Pinus  australis  gewonnen« 
Bertlielot  verschaflle  sich  zu  London  Terpentin  dieser  Art, 
welches  indefs  schon  einmal  heifs  filtrirt  worden  war.  Bei 
der  Destillation  desselben  im  luftleeren  Räume  bei  100®  zeigte 
das  zu  allen  Phasen  der  Destillation  Uebergehende  die  Zu- 
sammensetzung CaoHie,  aber  das  später  Uebergehende  drehte 
die  Polarisationsebene  weniger  (nach  rechts)  als  das  zuerst 
Uebergehende  ([a]  wechselte  von  +  l^^^fi  zu  16^4}.  Auch 
die  feste  Cblorwasserstoffverbindung  des  Destillats  drehte  die 
Folarisationsebene  nach  rechts  (für  die  Cblorwasserstoffverbin- 
dung des  zuerst  ikbeigegangenen  Destillats  ergab  sich  [a] 
SS.  +  9^,0).  —  Das  käufliche  englische  Terpentinöl  ist  noch 
zusammengesetzter,   und  giebt  feste  Chlorwasserstoffverbin- 

Am.  d.  Ohemi«  o.  PhMrm.  LZXXYUI.  Bd.  8.  H«ft.  23 


346       üeber  die  ver&ehiedmen  Arim  dm  Terpmiimib 

inngeny  deren  optiadies  DrelniiigsvenBSfaii  zwiwhet  [o] 
s  +  9«,9  und  [a]  s  +  4«,2  veracliiedM  ist 

CUrometM.  —  Das  aus  den  Schalen  der  Früdile  Ton 
Citrus  medica  in  Sicilien  durch  Auspressen  dargestellte  (nieht 
das  durch  I>estillalion  mit  Wasser  erhaltene)  Oel  wurde  tob 
Berthelot  gleichfalls  unlersncht  Bei  der  Destillation  im 
luftleeren  Räume  wurde  suerst  ein  gegen  55*  ttbetfehendes 
Destillat  erhalten^  von  der  Zusammenselsung  C^^Hi«  und  dem 
spec.  Gewicht  0,8514  bei  15«;  dann  gegen  80*  ein  Destillat 
von  0,8506  spec.  Gewicht  bei  15^  welches  etwa  3  pC.  Sauer- 
stoff enthielt;  ersteres  drehte  in  einer  iOO  Millimeter  dick« 
Schichte  die  Polarisationsebene  (f&r  die  Uebergangsfarbe}  um 
4*  56,4«  (nach  rechts),  letzteres  um  «f  72«,5.  Beide  DestU- 
late  gaben  mit  Chlorwasserstoff  gesiittigt  optisch -unwirksame 
Verbindungen.  —  Aus  dem  Rückstände  in  der  Retorte  kry- 
stallisirte  beim  Erkalten  eine  eigentbtlmliche  Substanz  in  farb- 
losen Süchtigen  Kry stallen,  welche  erst  über  iOO*  schmoizen, 
in  Wasser  fast  unlöslich  (die  Ldsung  zeigte  Dicbroismus), 
in  heifsem  Weingeist  sehr  wenig  löslich  waren  (die  Lösung 
erstarrte  beim  Erkalten  gallertartig)»  und  58,0  pC.  Kohlen- 
stoff, 7,5  Wasserstoff  nnd  34,5  Sauerstoff  ergaben. 

Als  Resultat  dieser  Untersuchnngen  betrachtet  Berthe- 
lot,  dafs  das  durch  denselben  Baum  gebildete  flüchtige  Oel 
von  der  Zusammensetzung  C,oHie  oft  ein  Gemenge  isomerer 
Kohlenwasserstoffe  ist,  die  sich  in  optischer  Besiehung  von 
einander  unterscheiden;  nnd  dafs  das  Terpentinöl  selbst  je 
nach  der  Baumart,  durch  welche  es  gebildet  wurde,  Verschie- 
denheiten zeigt.  Er  fügt  noch  hinzu,  dab  die  aus  den  ver- 
schiedenen Arten  des  flüchtigen  Oels  Cs^Hi«  da^estellten 
s.  g.  Terpentinölhydrate  nur  isomere,  nicht  identisdie  Ver^ 
btndungen  sind,  sofern  sie  etwas  (doch  nur  wenig)  versdiie- 
dene  Löslichkeit  in  Wasser  zeigen. 


und  die  SSnunrkmg  der  BUie  auf  doisMe.  ^      347 

Berthelot  ttntersachle  auch  noch  die  Einwirkung  der 
Hitze  «uf  das  Terpentinöl*}.  Durch  das  Kochen  unter  g-e- 
wöhnlichem  Druck,  so  lange  dasselbe  auch  fortgesetzt  wird, 
werden  die  Eigenschaften  des  Terpentinöls  nicht  geändert 
(das  Kochen  wurde  bis  zu  60  Stunden  lang  so  fortgesetzt, 
dafs  die  Dämpfe  stets  verdichtet  iifurden  und  die  condensirte 
Flüssigkeit  in  das  DestillationsgeffUs  ^urückflofs ;  ein  schwacher 
Strom  von  Kohlensäure  wurde  anhaltend  durch  das  kochende 
Terpentinöl  geleitet}.  Erhitzt  man  aber  das  Terpentinöl  in 
Glasröhren  eingeschmohEen  über  250®,  so  nimmt  sein  specifi- 
sches  Gewicht  zu  und  sein  optisches  Drehungsvermögen  än- 
dert sich;  diese  Umwandlung  geht  hn  Allgemeinen  bei  etwa 
300*  am  raschesten  vor  sich,  und  zeigt  sich  namentlich  deut- 
lieh  beim  englischen  Terpentinöl,  welches  vor  diesem  Erhitzen 
die  Polarisationsebene  nach  rechts,  nach  demselben  nach  links  ^ 
ablenkt.  Die  Umwandlung  ist  eine  rein  isomerische;  sie  geht 
in  verschlossenen  Getäfsen  ohne  Absorption  oder  Entwicke- 
lung  eines  Gases  vor  sich.  Der  Grad  der  Umwandlung 
wächst  mit  der  Intensität  und  der  Dauer  der  Erhitzung,  aber 
er  ist  unter  sonst  gleichen  Umständen  bei  Anwendung  der 
verschiedenen  Oele  CffHi^  ein  verschiedener  (Citronenöl  wird 
erst  über  300®  umgewandelt}. 

Das  umgewandelte  Oel  absorbirt  in  derselben  Zeit  mehr 
SauerstolT,  als  das  nicht  umgewandelte.  Es  scheint  ein  Ge- 
menge polymerer  Substanzen  von  verschiedenem,  bis  über 
360®  steigendem  Siedepunkt  mit  einer  Substanz  zu  seyn, 
wekhe  im  Siedepunkt  und  den  chemischen  Eigenschaften 
von  dem  im  ursprünglichen  Terpentinöl  enthaltenen  Kohlen- 
wasserstoiT  nicht  erheblich  verschieden  ist,  aber  auf  die  Po- 
larisationsebene in  anderer  Weise  einwirkt.  Berth^lot  be- 
zeichnet die  letztere  Substanz  als  boierebmiikeH.    Er  stellte 


*)  An.  cb.  pkjB.  IS]  XXXn,  5. 

23* 


S48    ÜM>erd.f^$dkied.AHMd,Terpenii9iöbu,d.Emwirkete. 

diesem  dar  darch  sweistündiges  Erhitzen  von  englischem  Ter- 
pentinöl auf  300*,  Ueberdestilliren  des  unter  250*  sich  Ter- 
flttchtigenden  und  Rectificiren  dieses  Destillats,  wobei  das  bei 
176  bis  178*  Uebergehende  besonders  aufgefangen  wurde. 
Diese  letztere  Substanz  hatte  noch  die  Zusammensetzung 
CtoH,«;  sie  war  eine  leichtbewegliche,  das  Licht  stark  bre- 
chende, im  Geruch  an  alte  Citronenschalen  erinnernde  S«^ 
stanZy  vom  spec.  Gewicht  0,8432  bei  22*.  Sie  dreht  die 
Polarisationsebene  nach  links,  doch  je  nach  der  Dauer  der 
Erhitzung,  welche  zu  ihrer  Darstellung  angewradet  worden 
war,  etwas  verschieden  stark ;  fftr  ein  solches  Präparat  ergab 
ach  [a]  :=  —  10*.  Sie  bildet,  wie  das  ursprüngliche  Ter- 
pentinöl, s.  g.  Terpentinölhydrat  und  zwei  krystallisirbare 
ChlorwasserstofiVerbindungen  GioHi«^  HCl  und  Ci^Hi«,  2  HCl. 
Sie  wird  durch  Säuren  in  derselben  Weise,  wie  das  gewöhn- 
liche Terpentinöl,  modificirt.  —  Die  nach  dem  Abdestilliren 
des  Isoterebenthens  zurückbleibende  Flüssigkeit  enthält  meh- 
rere Substanzen  von  verschiedenem  Siedepunkt;  setzt  man 
die  Destillation  bis  über  360*  fort,  so  bleibt  ein  von  Ber- 
thelot als  Meiaierebmiihen  bezeichneter  Rückstand,  dessen 
Menge  um  so  beträchtlicher  ist,  um  je  länger  und  stärker 
das  Terpentinöl  vorher  über  seinen  Siedepunkt  erhitzt  wor- 
den war.  Das  Metaterebenthen  ist  gelblich  und  zähflüssig, 
in  der  Kälte  schwach,  erwärmt  stark  und  unangenehm  rie- 
chend, von  0,913  spec.  Gewicht  bei  20*;  obgleich  es  erst 
über  360*  kocht,  ist  es  doch  ohne  bemerkbare  Zersetzung 
flüchtig;  es  dreht  die  Polarisationsebene,  doch  nur  schwach, 
nach  links.  Es  absorbirt  den  Sauerstoff  reichlich,  und  erhält 
dabei  die  Consistenz  des  Colophom'ums.  Es  absorbirt  17,7  pC. 
Chlorwa^serstoflgas. 


349 
Ueber  das  Entstehen  von  Theer  aus  filbfldendero  Gase. 


Magnas*}  beobachtete ,  dafs  reines  Ölbildendes  Gas 
bei  dem  Darchgang  durch  eine  rothgltthend^  Glasröhre  einen 
*  Geruch  nach  Steinkohlentheer  annimmt,  und  untersuchte  die 
hierbei  stattfindende  Zersetzung  genauer.  Auch  yoUkommen 
saaerstoflFTreies  Ölbildendes  Gas  zeigte  bei  Rothgltthhitze  die  Bil- 
dung Ton  Theer,  welcher  somit  nur  Kohlenstoff  und  Wasser- 
stoff enthalten  konnte.  Wurde  reines  Mbädendes  Gas  in  einer 
gekrttmmten  Glasröhre  aber  Quecksilber  abgesperrt,  und  dar 
obere  Thefl  der  Röhre  erhitzt,  so  trat  bei  dunkler  Rothglüh^ 
hRze  die  Bfldung  von  Theer  ein,  der  sich  in  Tropfen  ansam«* 
melte.  Der  entstandene  Theer  war  bald  heller,  bald  dunkler, 
und  hinterKefs  bei  der  Destillation  stets  etwas  Kohle;  das 
rttckstftndige  Gas  betrug  84,4  bis  93,6,  im  Mittel  89,7  Volum- 
procente  des  angewendeten  öbildenden  Gases,  und  bestand 
zum  gröftten  Theil  aus  Sumpfgas,  nebst  etwas  unzersetztem 
Ifibildendem  Gase,  den  Dämpfen  von  Theer  und  auch  freiem 
Wasserstoff,  welche  Bestandtheile  sich  in  den  dnzelnen  Ver^ 
suchen  in  wechselnden  Mengen  ergaben.  Wurde  Ölbildendes 
Gas  der  vollen  Weifsglühhitze  in  einer  PorceUanröhre  aus- 
gesetzt, so  verdoppelte  sich  sein  Volumen  und  der  Gemoh 
von  Theer  war  gar  nicht  oder  nur  sehr  wenig  wahrnehmbar ; 
das  Gas  bestand  dann  nach  dem  Erhitzen  fast  aus  reinem 
Wasserstoffgas,  die  Kohle  hatte  sich  an  den  Wfinden  der 
PorceUanröhre  ausgeschieden.  Nur  das  ölbildendc  Gas  liefert 
bei  Rothglühhitze  einen  Theer,  nicht  aber  das  Sumpfgas; 
dieses  bleibt  selbst  bei  der  Temperatur  ganz  unverändert, 
bei  welche  das  schwerschmelzbarste  böhmische  Glas  weich 
wird,  zerfidlt  aber  in  der  Weifsglühhitze  auch  zu  Kohlenstoff 
und  Wasserstoffgas.    Die  Zersetzung  des  ölbildenden  Gases 


*)  Pögf.  Ami.  XC,  t. 


350   üeber  die  Enisid^mtg  vom  Tkeer  oms  ölMdemdem  Gate. 

durch  Hitze  findet  hiernacli  in  der  Weise  siait,  dafk  es  äcii 
xunfichst  in  der  Rothglühhttze  ni  Theer  nnd  Sumpfgas  zer- 
legt«  welche  beide  Zersetzongsproducte  sich  in  der  Weifs- 
gltthhitze  zu  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  zersetzen. 

Der  aus  dem  Ölbildenden  Gas  entstandene  theer,  wel- 
cher indefs  ein  Gemenge  ist  und  nicht  immer  gleich  ausflliU, 
ergab  bei  der  Analyse  : 

L       IL         in. 

KeUetiMoff       (M,ll    «,46     93,40 
Wasserstoff        %,m     fl,»       «,81 

100,18  9»,11  100,21, 
also  sieBdich  nahe  die  ZiuMouDeBsetzuBg  des  Naphlkayas,  wel* 
oiies  98,75  pC.  KoUenstoff  und  6,25  Wasserstoff  enthilt  D^ 
Gemch  des  Tkeers  ist  auch  den  des  Nai^ithaUni  fOinlich,  und 
in  dem  Theer  fanden  sich  auch  bisweikn,  besonders  nadi 
dem  Verdmisten  des  fltkohligeren  Theib>  kleine  weifse  Krf- 
•Inlle  von  Naphthalin.  Man  ktante  daher  den  Theer  als  eine 
Mischung  von  verschiedenen  KoU^waseeriloifen  betrachten, 
welche  mit  dem  Naphthalin  isomer  sind,  oder  «Is  eine  Anf- 
Idsnng  von  Naphthalin  in  solchen  isomwen  Verbindunfen. 

Unter  der  Voranssetzong,  dafs  das  ölbiMende  Gas  nor 
in  Naphthalin  und  in  Sump^as  zerfalle,  drftekt  Magnus  die 
Zersetzung  ans  dnrch  das  Sehema  : 

8  Vol.  AlbUdanilflf  Gaa  (C.H«} 
=  6  Vol.  Sonpfgat  (C|H.)  +  1  VoL  Ifophlhaliodampf  (C^H.) 

wonach  75  pC.  von  dem  Volum  des  angewendeten  Ölbildeh- 
den  Gases  als  Sumpfgas  zurückbleiben  sollten.  Bei  den  oben 
erwähnten  Versuchen  war  stets  mehr  Gas  zurückgeblieben, 
aber  es  hatte  sich  auch  nicht  aUes  ölbildende  Gas  zersetzt 
und  ein  geringer  Theil  des  Theers  war  zu  Kohle  und  Was- 
serstoffgas zersetzt  worden. 

Magnus  schliefst  aus  diesen  Versnchen,  dafs  der  bei 
der  Fabrikation  des  Steinköhlengases  stets  auftretende  Theer 
sich  auf  zwei  verschiedene  Weisen  bildet,  ^elte  dirch  Zer- 


Deb^r  Ok  Dmrskthmg  der  CcOoUmmotte.  35i 

idtiini^  des  bereits  eneug^tan  Mbildendeii  Gases«  IheOs  gleidi- 
seitig  mil  diesem  unmiUelbsr  aus  der  Substanz  der  Kohle. 
Dean  wenn  auch  die  KoUe  nioht  geeignet  wäre,  ölbildendes 
Gas  sa  liefern,  so  würde  sie  doch,  ebenso  wie  die  meisten 
▼egelabilischen  Stoffe,  wie  Hob,  Cellolose,  Torf,  Zucker, 
WeiMttttre  i»id  viele  andere,  einen  Theer  od^  empyreama«* 
tische  Oeie  bilden.  Dieser  letstere  Antbeii  des  Theers  ist, 
da  die  SieinkoUen  Stickstoff  enthalten,  auch  stickstoffhaltig, 
md  liifefl  das  .^lin,  Leucolin  u.  a.  Der  aus  der  Zersetzui^ 
des  MbiMettdefl  GasM  entstandene  Theer  ist  frei  von  Stick* 
Stoff,  nnd  liefert  vorangsweise  Naphthalin. 


Mfim  die  Darstdluig  der  CcAodimiiwoUe. 


C.  Mann»)  theitt  hinssehHish  der  Darstellnng  von  CeHe«- 
fHnmwoUe  (ScUefsbaumwoUe,  weiche  sich  in  «IkehelhaltigMi 
Aether  leicht  «nd  voHstftndig  löst)  die  ResulUiie  seiner  Ver« 
snche  mit.  S^er  Ansicht  nach  kommt  es  dabei  vonttgUok 
Mf  die  Cenceniralion  der  Schwefelsiare^  die  Temperatur  und 
^e  Zeil  bei  der  DarsteHmg  und  die  Gegenwart  einer  ge* 
wissen  Menge  UntersälpetersHure  in  der  Saipetersünre  an« 

Die  mit  dem  Kalisalpeter  znsanmennnnisehende  Sdiwe* 
fdsfinre  darf  nicht  eine  höchst  concentrirte  seyn,  sondern 
solche  vom  spec.  Gewicht  1,830  bis  1,835  bei  15^5,  welche 
die  Znsfmimensetisung  3  (SO^,  HO)  +  HO  hat.  Der  Sa^eter 
nnd  die  Baumwolle  brmidien  nicht  vor  der  Anwendung  ge- 
trocknet M  werden.  Man  ttbergiefst  20  Theile  gepulverten 
Salpeter  aul  31  Tbeilen  Sdiwefelstture,  rührt  um  bis  der  SaK 
peter  sergangen  ist,  trigt  nach  dem  Erkdten  der  Mischung 
Osler  50^  C.  1  Theil  BaumwoHe  in  dieselbe  ein  tmd  arbeitet 


•>  Fdcr*.  KotA.  BidL  XI,  Ml. 


SSS  Ü0b€r  äk  IhtMHtkmg  d&r  OaKaikwmolk. 

diese  g«t  darcb,  bedeckt  dann  dts  Oeflli  mir  einer  GlimilnllB 
ond  labt  dis  tense  bei  etwa  2ß  bis  90*  nngefthr  94  StmulM 
bng  sieben,  bringt  dum  das  Gemenge  in  einen  Poredha* 
mörser  nnd  wascht  es  mit  kaltem  Wasser  bis  imn  Auf  hdm 
der  sauren  Reactien  ans,  nnd  enHiebt  dem  Prodnet  wtdüdk 
noch  durcb  siedendes  Wasser  die  leHlen  Sporen  des  «Aiii- 
genden  schwefelsauren  Kalis.  Bleibt  die  BanmwoBe  5  bb  C 
Tage  bei  ungefkhr  90^  in  der  Mischimg  Kegen,  so  gewinnt 
dm  CoHodinmwolIe  nnr  an  Güte;  eine  10  bis  90  Mmnten 
lange  Behandhing  der  Baumwolle  giebt  ein  onroHlonimeneres 
Präparat 

Auch  mit  Natronsalpeter  kann  Collodiumwolle  dargesteHt 
werden;  man  nimmt  daso  Schwefelsfittre  von  der  Znsammen* 
selsung  3  (SOt,  HO)  +  3  HO  oder  dem  spec.  fkiwiAx  1,800 
bei  15*,5.  33  Theiie  solcher  Schwefdsiinre,  17  Theiie  Na- 
tronsalpeter und  I  Thefl  BanmwoHe  ist  em  gutes  YerhillniEs. 
Da  bei  Anwondnng  Ton  Natronsalpeter  am  Mischung  tedeii 
bald  krystallisirt,  ist  die  Anwendung  von  Kaüsdpetar  in  prae- 
Hsdier.  Hinsicht  vorzuaiehen. 

Gute  CoUodhunwolle  erhdl  man  auch  bei  Anwendung 
Ton  M  Theilen  mner  Schwefelsttare  von  der  Zusammen- 
setMUg  S (SO,,  HO)  -h  2H0,  aO  TheUen  Kalisalpeter,  2  Thei- 
len Baumwolle,  oder  einer  Misohung  von  35  Theilen  Schwe- 
MsSnre  SO,,  2  HO  (spec.  Gewicht  1,780)  und  33  Theilen 
Schwefelsäure  3  (SO, ,  HO)  +  2  HO  (diese  Misdrang  hat 
das  spec  Gewicht  1,790  bei  15«,5),  17  Natronadpeter ,  1 
Baumwolle ;  bei  Anwendung  der  letztem  Vorschrift  ist  darauf 
SU  sehen,  dafs  die  Mischung  der  Sdiwefetsäure  und  des  Na- 
tronsalpeters vor  iem  Eintragen  der  Baumwolle  lange  genug 
gestanden  habe,  dafs  der  Natronsalpeter  gohOrig  serselst  sey. 

Ein  brauchbares  Verhältnift  ftkr  Anwendung  von  Schwe- 
felsäure und  Salpetersäure  ist :  13  Theiie  Schwefelsäure  SO,, 
3  HO  (1,632  spec.  Gewicht),  12  Theiie  Salpolersiurehydrat 


üeber  die  Bar^Mmg  der  CpUodbamootte,  859 

(l,&l24is  1,&16  sftc.  Gewicht)  und  1  Th^fl  BmunwuQe^  wo 
«um  letztere  mit  der  auf  ungeföhr  5^  &  fibgely^ten  Sikare^ 
ttfsciiiiDg  gfui  durcharbeitet  9  das  Gänse  dann  hp  bedecktem 
fiefitra  gegen  M  Stunden  lang  bei  &  bis  8^  stehen  iMfirt,  die 
Sditre  Ri0f Hebet  durch  Auspressen  fortsdiafft  und  d#e  tVfAy 
stindige  Produet  mit  kaltem  Wasser  yoUkommen  auswascht. 
Auch  daa  VerhUtnirs  45  Theile  Schwefebäure  von  1*750  bis 
1,758  spec*  Gewicht,  42  Theile  Salpetersämrehydrat  und  4 
Theil  Baumwolle  gi^  ein  gutes  Prüparat. 

9ie  Zeit  asur  Darstellung  der  Conodiumwolle  Ufb  sieh  ah- 
kürzen,  wenn  man  die  Baumwolle  etwa  4  Stunde  lang  mil 
4ieF  siurehaltenden  Mischung  bei  40  bis  50«  C.  behandelt; 
die  Misehng  ans  13  Tb.  Schwefelstore  yon  ij689  spec«  Gor 
wicht  und  12  Th.  Salpetersäurehydrat  TorMgt  inders  diee^ 
hdie  Temperatur  nicht,  und  die  mit  Qsr  auf  diese  Art  be- 
reitete Schiefid>aumwoUe  giebt  ein  Collodium^  weldies  bei 
dem  Verdampfen  der  Lösung  in  alkoholhaltigem  Aether  auf 
einer '  Glasplatte  nicht  em  durchsiditiges,  sondern  eki  opal»* 
sirendes  HSotchen  zurttckläfst.  Mann  sdireibt  dieb  dem 
Auftreten  von  UntersalpetersSure  zu.  Bei  der  Behandlung 
der  Baumwolle  mit  Mischungen  von  Schwefelsäure  und  Sal» 
petersMure  bei  0^  geht  auch  die  Umwandlung  zu  Collodium-- 
wolle  vor  sich,  doch  nur  langsam  und  unvollkommen;  die 
Temperatur  von  5  bis  8«  schien  hier  die  günstigste  zu  seyn. 

Die  nach  allen  diesen  Methoden  dargestellte  Collodium- 
wolle,  besonders  die  gleich  nach  dem  Auswaschen  stark  aus- 
geprefste  und  zwischen  Fliefspapier  von  der  noch  anhängen- 
den Feuchtigkeit  möglichst  befreite,  löst  sich  sehr  leicht  in 
einer  Mischung  von  7  bis  8  Theilen  gewöhnlichem  reinem 
wasserhaltigem  •  Aether  und  1  Theil  absolutem  Alkohol^  und 
die  Lösung  Iftfst  sich  mit  ebensoviel  oder  noch  mehr  Aether 
verdünnen,  ohne  etwas  auszuscheiden.  Vollkommen  trockene 
CoUodiumwoIIe  löst  sich  in  dem  A}kf  holfither  etwas  langsam 


Im  Vebet  dm$  Umrwk. 

itf;  irttt  lie  ib^  ftnl  Walser  «iifrftadrtel  md  ««ggepMlkl, 
M  Mit  sie  >iidi  leiclit  In  einer  MteehtiDg  aus  6  üieileii 
Wiiierflreieai  Aellier  und  I  Theil  wasaerfircieoi  A&ohol  iiidet 
ite  AaiOaiinlr  der  CoUodimwoUe  miToUaUiiidifer  adw  gar 
ateU  gMt  Von  Wasser  oder  von  AftoM  gaas  fireier  Aeflier 
wirkt  aof  die  GoBodiaaiwoQe  fast  gar  iricirt  14teead  eia.  A«ck 
wasaerfreier  nad  wassatMtiger  Wei&gelBt  Maen  iat  AHge- 
laeteea  die  Collodiaaiwolle  nicht;  mr  das  darch  2stllndfge 
Bdiandhittg  von  1  oder  S  Tkeilen  BananroUe  aut  13  Thefl» 
StfiweMsinre  von  l^OS  *8]iec.  <3ewiehl  and  12  Theaen  Sat- 
l^eiefaMrehycbat  bei  40  Ms  60»  C.  erhaltene  Pripmil  Ual 
aksh  ia  abaolatem  AUtohol  m  einer  dicken  klaren  FKkaRgkelt» 
welche  aar  einer  GlassoheAe  anstrocknend  ein  fuMoaes 
ttnichen  kintaitibt 

Das  ffer  die  DamieHnng  von  CoUadinn  geeignelste  Pri^ 
parat  vei^^  etwas  langsamer  nnd  mMger,  iAb  die  eigenli' 
liebe  StMefsbanrnwolle,  nnd  kinterüfitt  drtei  nnr  sellan  einen 
geitagen  koUigen  ftllkcsland.  Es  kmn  bei  100»  getrockttet 
nnd  ohne  Verftnderung  an  der  Lnft  aufbewahrt  werden« 


Ueber  das  LaoriiL 


Delffs*}  bat  den  1824  von  Bonastre  in  den  Lor- 
beeren entdeckten,  durch  Alkohol  ausziehbaren  krystallini- 
schen  Bestandtheil  untersucht,  welchen  der  letztere  Chemiker 
als  Laurin  bezeichnete.  Zu  der  Darstellung  desselben  wen- 
dete Delffs  immer  die  von  der  Hülle  befreiten  Cotyledonen 
an;  er  läfst  es  dahingestellt,  ob  das  Laurin  auch  in  der  Hülle 
der  Samen  enthalten  ist  Er  kocht  die  entschälten  und  zer- 
stofsenen  Lorbeeren  zwei*  bis  dreimal  mit  85-  bis  90 pro- 
centigem  Weingeist  aus,  filtrirt  siedendheifs  in  einem  keils 


*)  J.  pr.  (3i«n.  LVBl,  4SI 


lieber  das  Laurm.  3&i 

gehaltenen  Trichtäf^  lifisl  aUs  detti  erkalteten  FHtrat  in  einem 
bedeckten  Geßrs  während  einiger  Tage  das  Laurostearin  sich 
abscheiden,  und  überUfst  dann  die  von  diesem  getrennte 
Flüssigkeit  der  freiwilligen  Verdunstung.  Es  scheiden  sich 
hierbei  prismatische  Krystalle  aus,  die  mit  Tropfen  eines  bald 
dick  werdenden  Oels  untermischt  sind;  die  Krystalle  werden 
von  Zeit  zu  Zeit  herausgenommen  und  sogleich  zwischen 
dünnen  Schichten  Fliefspapier  ausgepreist,  bis  das  anhän- 
gende Oel  gröfstehtheils  aufgesogen  ist;  mehrmaliges  Um- 
krystallisiren  giebt  dann  das  Laurin  blendend  weifs.  So 
dargestellt  ist  es  geruch-  und  geschmacklos,  und  theilt  beim 
Kochen  mit  Wasser,  in  welchem  es  unlöslich  ist,  diesem 
keinen  tSeschmack  mit  Es  löst  sich  ziemlich  leicht  schon 
in  kaltem  Weingeist.  Die  Krystalle  scheinen  gerade  rhom- 
bische Prismen  mit  einem  auf  die  scharfen  Prismäkanteh  auf- 
gesetzten Doma  zu  seyn;  die  Flächen  sind  oft  matt  oder  un- 
eben.   Die  Analyse  führte  zur  empirischen  Formel  CtJinO^  : 

Kohlenstoir  77,«)  76,46  77,05  —  ?7i06 
Wasserstoff  8,77  8,«2  8,78  8,96  9,21 
Sauerstoff        14,03        ^        _        _        _ 

100,00. 
Verbindungen  mit  Metalloxyden  liefsen  sich  nicht  dar- 
stellen; die  weingeistige  Lösung  wird  weder  durch  egsig- 
saures  Bleioxyd  noch  durch  salpetersaures  Silberoxyd  gefdlU« 
Ueberhaupt  verhält  sich  das  Laurin  sehr  indifferent  Am 
meisten  findet  Delffs  seine  Eigenschaften  denen  des  von 
Lenoir*)  beschriebenen  Lactucons  analog,  für  welches  der 
letzt^e  die  Formel  C4<|HatO«  aufgestellt  hatte;  Delffs  schlttgt 
vor,  letztere  in  C4oH0»Os  abzuändern,  wo  die  Zusammen- 
setznngsdlfferenz  des  Lactucoiw  und  des  Laurins  die  homOi- 
loger  Substanzen  wäre. 


*)  Diete  AmialeD  LX,  83. 


SS6 


Ueber  eiiage  BiXbonloSe. 


Rochleder  imd  R.  Schwärs*}  haben  im  Anschlufs 
ihre  in  diesen  Annalen  LXXXVII^  186  mitgelheilten  Unter- 
Sttchangen  weitere  Forschungen  über  das  Aesculin  nnd  das 
Saponin.  ausgeflihrt. 

Äesculm.  —  Wird  die  kall  gesättigte  wässerige  Lösung 
▼on  Aesculin  mit  einer  Lösung  von  Emulsin  (ans  sttlsen  Man* 
dein}  vermischt  an  einen  mfiCsig  wannen  Ort  (bei  26  bis 
80*  C.}  hingestellt,  so  beginnt  bald  eine  Trübung  in  der 
Flüssigkeit  und  es  setzt  sich  am  Boden  des  GefaCses  nach 
und  nach  eine  Schichte  eines  weifsen  pulverigen  Körpers  ab ; 
die  anfangs  bittere  Flüssigkeit  verliert  ihren  bitteren  Geschmack 
und  wird  zuletst  süfs.  Der  am  Boden  sich  ausscheidende 
Körper  ist  Äeiculeün,  von  welchem  auch  noch  etwas  in  der 
Flüssigkeit  gelöst  bleibt.  Wird  diese  im  Wasserbade  ver- 
dunstet und  der  Rückstand  mit  heifsem  Weingeist  behandelt, 
so  bleibt  das  Emulsin  ungelöst,  während  Aesculetin  und  der 
neben  diesem  gebildete  Zucker  in  Lösung  gehen;  diese  bei- 
den Substanzen  werden  durch  Behandlung  mit  wenig  kaltem 
Wasser,  in  welchem  das  Aesculetin  schwerlöslich  ist,  oder  voll- 
kommener durch  Fällen  der  siedenden  Lösung  mit  Bleizucker, 
Abfiltriren  von  dem  Aesculetin -Bleioxyd,  Entfernen  des  Bleis 
durch  Schwefelwasserstoff  und  Eindampfen  der  vom  Schwefel- 
blei getrennten  Flüssigkeit  zur  Syrupsdicke,  von  einander 
geschieden.  Der  so  erhaltene  Zucker  gährt  bei  Zusatz  von 
Hefe,  und  reducirl  die  alkalische  Kupferoxydlösung  zu  Oxydul. 
Der  bei  100*  getrocknete  Zucker  ergab  die  Zusammensetzung 
CitHitOi,  (gefunden  40,50  pC.  Kohlenstoff  und  7,38  Wasser- 
stoff, berechnet  40,00  pC.  Kohlenstoff  und  6,66*Wasserstoff}. 


•)  Wiea.  Acad.  Ber.  XI,  334. 


ÜAer  einige  BiÜersioffe.  357 

Bei  eineiö  Versuch,  die  aus  einer  bestimmten  Menge  AescuUn 
auf  diese  Weise  sieh  bildende  Menge  Zucker  zu  bestimmen, 
wurde  letztere  (bei'  lOO«  getrocknet)  sä  70,7  pC.  vom  Ge- 
wicht des  angewendeten  Aesculins  gefunden;  nach  dem 
Schema  : 

C4AA.  +  6  HO  =  C,gHeO.  +  2  C„H„0., 

AmcdKu  Aeicutotui  TraubMMiGknr 

berechnen  srich  74,4  pC. 

Sapomn.  —  Das  urspriUiglich  in  der  Sapanaria  offid* 
naMt  lt.  aufgefundene  Saponin  ist  spiiter  in  vielen  Pflanzen 
nachgewiesen  worden;  namentlich  ist  es  in  der  Wurzd  von 
Gypsophila  Struthinm  durch  Bussy  erkannt  worden.  Aus 
der  letztern  Wurzel  stellten  Rochleder  und  Schwarz  das 
Saponin  dar  durch  Auskochen  mit  40gridigem  Weingeist 
und  34 stündiges  Stehenlassen  der  siedend  heifs  filtrirten  Lö- 
sung an  einem  kühlen  Orte,  wobei  sich  ein  weifser  Absatz 
von  Saponin  bildete,  welcher  auf  einem  Filter  gesammelt  und 
mit  Alkohol ,  dem  Aether  zugesetzt  war ,  gut  ausgewaschen 
wurde.  Das  so  dargestellte  Saponin  besafs^die  für  es  an- 
gegebenen Eigenschaften,  war  farblos,  leicht  löslich  in  Wasser 
zu  einer  schäumenden  Flüssigkeit,  schwer  löslich  in  kaltem^ 
leiehter  löslich  in  heifsem  Weingeist,  unlöslich  in  Aether; 
der  Staub  desselben  rdzt  heftig  zum  Miefsen.  Das  bei  100* 
getrocknete  Saponin  ergab  die  Zusammensetzung  Cs4HtoO|4  : 

berechnet  gefnadea 

C,,      52,17        5M5"'^,55"*52^ 
H,o        7,24  7,30        7,03        7,48 

0,4      40,59        40,25      40,42      39,89 

100,00  100,00  100,00  100,00. 
Dafs  der  Kohienstoffgehalt  etwas  zu  hoch  gefunden  wurde, 
rührt  nach  Rochleder  und  Schwarz  von  einer  geringen 
Yerunreitiigang  mit  schwer  zu  entfernenden  harzartigen  Kör- 
pern und  von  einer  Spur  eines  Zersetzungsproductes  des 
Saponins  her. 


Wl|d  4i0  wlMefige  Lteimg  des  Stpomas  mit  etwas  Sab- 
siiire  oder  Sdiwefelsäure  versetol  und  wm  Sieden  erhitst, 
so  trObt  sie  sich  nach  einigen  Augenblicken  und  es  schdden 
sick  gallertartige  I  weifs  oder  schwach  gelblich  geftrbte 
Flocken  ans,  welche  nach  der  Trennung  von  der  Flüssigkeit 
am  sweckmäbigsten  ^o  gereinigt  werden^  dafs  nan  sie  in 
siedender  Bssigslittre  löst,  die  Lösung  siedend  fiUrirt,  das 
Filtrat  mit  Wasser  mischt  und  erkalten  lälst,  und  Um  dabei 
sich  aussehaidettden  Flocken  mit  Wasser  auswascht.  Diese 
Sabslani  ergab  mehrere  Stunden  lang  bei  120  bis  185* 
getrocknet  die  Zusammensetsung  CitH,«0«  as  C,tII»Ot 
+  HO,  34  Stunden  lang  bei  10(H  getrocknet  C«oHmO|, 
B  5  C|  AO,  +  HO. 


kunkm* 

CttadtB 

banchMt 

gefinideii 

c.. 

63,16 

63^ 

C»    67,41 

67,04 

H,. 

8,77 

8,57 

U«,     8,61 

8,88 

0* 

m 

28,07 

28/» 

Ou   23,98 

24,08 

100,00      100,00.  100,00      100,00. 

Rochleder  und  Sch.warz  hdten  dibse  Snbstanx  nach 
ihm  angeführten  Eigenschäften,  ihrer  Ftthigkeit  sieh  in  con- 
centrirter  Schwefelsäure  mit  rothbrauner,  in  weniger  conoea- 
trirter  mit  rother  Farbe  n  lösen  und  mit  AlkaUen  und  Erden 
fai  Wasser  lösliche,  bittere  Verbindungen  su  bilden,  für  iden- 
tisch mit  der  ChinoTasäure  oder  dem  CSiinovabitter. 

Die  Flüssigkeit,  aus  welcher  sich  dieser  Körper  abge- 
schieden hatte,  enthidt  neben  der  freien  zur  Z^setzung  des 
Saponins  angewendeten  Säure  noch  eine  organische  Substanz 
in  Lösung.  Zur  Darstellung  der  letalem  wurde  die  Flüssigkeit  mit 
kohlensaurem  Bleioxyd  oder  Bleioxydhydrat  versetzt,  das  Filtrat 
mit  etwas  Schwefelwasserstoffwasser  versetzt,  von  dem  Scbwe- 
felbiei  abfiltiirt  und  mit  Thierkohle  behandelt;  nach  dem  Ver- 
dunsten blieb  ein  fadeschmeckender,  in  Wasser  leicht  löslicher, 
gelbbrännlicher   Rückstand,     der    bei    100*  getD^jctaiat  die 


Ud}er  einige  BiUereioffe.  99^ 

Zuflainmeitfetzuiig  CitBuOn  ergnb  (gnaden  41989  pC.  KoIh 
lenstoff  und  6,55  Wasserstoff,  berechnet  42,10  pC.  Kohlen- 
Stoff  und  6y44  Wasserstoff).  —  IMe  Zernetfsung  des  Sapomns 
dveh  SKureQ  beim  Erhitzen  drücken  RoQhleder  nnd 
Schwarz  aus  durch  die  Glmchung  : 

Cu^fOti   s=  CisH^Og    +    C12II11O11 

Sapotiin  ChiiioTafiare  Kohlehydrat. 

Bestiminte  VerbinduDfeB  des  Saponins  mit  Basen  liersen 
sidi  nicht  darateU^n.  Die  wässerige  Saponiidösung  giebt  mit 
aiafach-essif  sawem  Bleioxyd  einen  gallertartigen  Niederschlag; 
wird  dieser  abSItrirt  und  das  Filtrat  zum  Sieden  erhitzt,  so 
entsteht  abermals  ein  weifiser^  etwas  weniger  gelatinöser  Nie- 
derschlag, der  jedoch  beim  Apswaschen  aufquillt  und  gela- 
tinös und  durchs^einend  wird»  Mit  Alkalien  eingedampft 
wird  das  Saponin  braun  und  löst  sich  mit  brauner  Farbe  in 
Wasser.  Durch  ^  Einwirkung  von  Säuren  auf  Sanonin  lieft 
sich  die  Substanz  nicht  erhalten,  welche  sich  nach  Fremy 
aus  dem  in  den  Früchten  der  Rofskastanie  enthaltenen  und 
als  Saponin  betrachteten  Bestandtheil  durch  Erwärmen  mit 
Wasser  bei  Gegenwart  von  Säuren  bildet  und  als  Aesculin- 
säure  bezeichnet  wurde. 

In  der  Wurzel  von  Gypsophila  ist  auch  noch  Zucker  und 
Gummi  enthalten ,  welche  das  Saponin  verunreinigen  können, 
namentfieh  z«  B.  wenn  man  letzteres  so  darzustellen  ver- 
sackt, dafs  man  die  Wurzel  mit  schwachem  Weingeist  aus- 
kocht und  den  concentrirten  Auszug  mit  wasserfreien  Wein- 
gwt  versetzt.  Auch  die  Gegenwart  freier  schwächerer 
Säuren,  wie  z.  B.  Essigsäure,  ist  bei  der  DarsteUung  des 
Saponins  zu  vormeiden,  da  es  auch  schon  durch  diese  in 
dorselben  Art  wie  durch  die  stärkeren  Säuren  zersetzt  wird 
und  dem  Sv^onin  sieb  Gbinovasäure  beimengf. 


w» 


am 

Uaber  Pions  sylyeatris« 


Kaw alier*}  hat  Untersochongeii  tkber  die  iii  ien 
schiedenen  Theilen  von  Pinus  sylvestris  enlhalleKeii  eqpen- 
thttmlichen  Bestand theiie  angestellt;  das  Material  tu  den  Ün-> 
tersuchiuigen  stammte  von  60  bis  80  Jahre  alten  Binnen. 

Die  zerschnittenen  Nadeln  wurden  mit  40grildtgem  Wein» 
geist  ausgekocht,  das  weingeislige  Decoct  im  Wasserbade 
der  Destillation  unterworfen  und  der  Hfickstand  mit  Wasser 
vermischt  Man  erhält  auf  diese  Art  eine  wässerige,  etwas 
trübe  Flüssigkeit  und  eine  dunkelgrüne,  klebrige,  vogelleim- 
artige  Harzmasse.  Der  gröfste  Theil  des  flüchtigen  Gels  der 
Nadeln  geht  mit  dem  Weingeist  bei  der  DestiDation  über, 
und  nur .  ein  kleiner  Theil  desselben  bleibt  bei  dem  Harze 
zurück  und  theilt  ihm  seinen  Geruch  mit. 

Das  in  Alkohol  und  Aether  lösliche  Harz  wurde  in  40- 
grädigem  Weingeist  gelöst,  die  Lösung  mit  alkoholischer  Blei- 
zuckerlösung  geßllt,  der  Niederschlag  mit  Weingeist  gewa* 
sehen,  dann  mit  Weingeist  zu  einem  dünnen  Brei  zenieben 
und  in  diesen  Schwefelwasserstoff  eingeleitet;  die  Flüssigfceit 
wurde  dann  mit  dem  Schwefelblei  erhitzt  und  siedendbeifs  von 
dem  letzteren  abfiltrirt.  Aus  dem  Filtrat  schied  sich  beim 
Erkalten  eine  gelblichweifse  flockige  Substanz  aus,  deren  Lö- 
sung in  heifsem  Weingeist  mit  Thieilcohle  behandelt  wurde, 
und  die  aus  dieser  Flüssigkeit  beim  Erkalten  sich  ausschei- 
dende Masse  wurde  durch  wiederholtes  Lösen  in  heifsem 
Weingeist  vollkommen  gereinigt.*  Die  so  erhaltene  Substanz, 
welche  Kawalier  als  Ceropmsäure  bezeichnet,  Ist  weift 
und  leicht  .zejrreiblich,  besteht  aus  mikroscopischen  Krfstalien> 


*)  Wien.  Acad.  Ber.  XI»  344 


berechnet 

gefunden 

Ct. 

65,80 

65.50 

H.« 

10,36 

10,33 

0,. 

12,19 

12,65 

BaO 

11,65 

11,52 

Ueber  Pvms  $^eMiri$.  361 

ist  bei  100*  C.  voBkommen  flttssig  und  erstaitl  beim  Erkalten 
ztt  einer  dem  Bienenwachs  ähnlich  sehenden  Hasse.  Sie 
ergabt  im  leeren  Räume  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ge- 
trocknet, die  Zusammensetzung  C9eH,405;  ein  Barytsalz  der- 
selben, erhalten^  durch  Fällen  einer  heifsen  weingeistigen  Lö- 
sung der  Ceropinsäure  mit  essigsaurem  Baryt,  Auswaschen 
des  Niederschlags  mit  kaltem  wasserhaltigem  Weingeist  und 
Trocknen  im  leeren  Räume  ergab  die  Zusammensetzung  BaO, 
2  CscHsaO». 

berechnet       gefonden 

C„      74,4  74,24 

H„      11,7  12,17 

0,       13,9         13,59 

100,0        100,00. 

100,00        100,00. 

Die  vom  unreinen  ceropinsauren  Bleioxyd  abfiltrirte  wein- 
geistige Flüssigkeit  wurde  mittelst  Schwefelwasserstoff  vom 
Blei  befreit  und  vom  Schwefelblei  abfiltrirt,  welches  das  Chloro- 
phyll aufnahm,  so  dafs  die  Flüssigkeit  jetzt  gelb  erschien; 
bei  dem  Abdestilliren  des  Alkohols  schied  sich  ein  halbfltts- 
siges  Harz  aus,  welches  beim  Schütteln  mit  Kaläauge  und 
vielem  Wasser  sich  zu  einer  klaren  braunen  Flttssi^eit  löste. 
Wässeriges  Chlorcaicium  Tdllte  aus  der  letzteren  einen  kör- 
nigen hellgelben  Niederschlag,  der  mit  Wasser  ausgewaschen 
wurde;  aus  der  vom  Niederschlag  getrennten,  mit  dem  Wasch- 
wasser vereinigten  Flüssigkeit  fällte  Salzsäure,  in  geringem 
Ueberschufs  zugesetzt,  einen  schwefelgelb  geförbten  Nieder- 
schlag in  voluminösen  Flocken,  welcher  durch  Abfiltriren, 
Lösen  in  verdünntem  Kali,  Behandehi  dieser  Lösung  mit 
Thierkohle  und  Fällen  der  abfiltrirten  Flüssigkeit  mit  Salz- 
säure rein  und  weib  erhalten  wurde.  Derselbe  zeigte  im 
Aeufsem  viele  Aehnlichkeit  mit  der  Chinovasäure  oder  dem 
Chinovabitter  und  wird  von  Kawalier  als  chiioüige  Säure 
bezeichnet;  der  im  Vacuum  getrockneten  Substanz  legt  letz- 

Ana.  d.  Cli«m.  o.  Pharm.  LZXZVIU.  Bd.  S.  U«:».  24 


S62  lieber  Pimm  jyfeMlrM. 

terer  die  Formel  Ct4H|»0s,  dem  ebento  getrodmeten,  dmrdk 
Lösen  der  chinov^en  Sttare  in  KalkwiM^  und  FSUen  der 
Lösung  mit  salpetersaurem  Stiberoxyd  bereiteten  wetfsen  Sil- 
bersate,  das  beim  Erbitsen  verpafft  >  die  Formel  CmHj^Os 
-f  5  AgO  bei. 


berachaet 

fcfaste 

beMduMl    fefbadca 

C.4 

70,93 

70,55 

c,A,o,   —       — 

H.. 

9,36 

9,48 

5  AgO      74,2      74,11 

0, 

19,71 

19,97 

■ 

100,00        100,00. 
Die  Beziehungen  der  chinovigen  Säure,  welche  in  den 
Fichtennadeln  nur  in  sehr  geringer  Menge  vorkommt,  zur 
Chinovasiure  erUiutert  Kawalier  durch  die  Gleichung  : 
C4Hi»0s  +  0  —  H  =  C,4H,.0e  =  2  C,  AO, 

Cbinovif  e  SSiire.  ClwioTatinre. 

Der  durch  Chlorcaldum  aus  der  allndiscfaen  Harslösong 
gefliUte  Niederschlag,  von  welchem  die  rikalische  Lösung 
der  chinovigen  Siure  abHtrirt  war,  löste  sich  grofsentheils 
in  Aether  auf;  aus  der  filtrirten  Lösung  wurde  der  Aetb^ 
abdestilKrt,  der  RüdEstand  mit  40grfidigem  Weingeist  ge- 
schüttdt,  wobei  viel  Kallc  mit  wenig  Harz  verbunden  zurück- 
blieb,  der  Weingeist  abdestillirt  und  der  R&düstand  mit  salz- 
sllurehaltigem  Wasser  behandelt,  welches  den  Kalk  löste  und 
ein  briunlich-f  elfoes  weiches  Harz  zuröddiers.  Das  bei  100* 
getrocknete  Harz  zeigte  die  Znsammensetzung  C^oHitO«  (ge- 
ltenden 77,44  pC.  Kohlenstoff  und  10,63  Wasserstoff,  berecb^ 
net  77,30  pC.  Kohlenstoff  und  10,80  Wasserstoff);  Kawa-^ 
Her  betrachtet  es  als  ein  Gemenge  zweier  Harze.  Bei  der 
Destillation  eines  pulverigen  Gemenges*  dieses  Harzes  mit 
Kalkhydrat  ging  ein  ätherisches  Oel  über,  dessen  erste  Por- 
tion nach  dem  Rectificiren  mit  Wasser  und  TVocknen  mit^ 
telst  Ghlorcaicium  dfe  Zuslimmensetzung  G9«Ht40^  und  dessen 
zw^te  Portion  nach  gleicher  Behandlung  die  Zusammensetzung 
G4«H450  ergab  : 


Uelmr  Pinu$  iyhe$irü.  363 


tenchaM- 

gcAadM 

beMchmt 

gvAindMi 

c.. 

84,90 

84,92 

Cm    86,20 

85,92 

Hm 

11,32 

11,62 

H«,    11,49 

11,43 

0 

■ 

3,78 

3,46 

0        2,31 

2,65 

100,00        100,00.  ^    100,00        100,00. 

Aus  diesen  Gemengen  von  sauerstofiffreiem  und  sauer- 
stoffhaltigem Oel  wurde  durch  Destillation  über  wasserfreie 
Phosphorsfture  das  erstere  rein  erhalten.  Bin  zweimal  über 
wasserfreie  Phosphorsäure  destfllirtes  Oel  ergab  die  Zusam- 
mensetzung C10H9  :  , 

berechnet       gefonden 
C,o      88,24         8644 
H>       U,76         11,85 

100,00  99,99. 
Oasselbe  Harz  gab  beim  AuftrSpfeln  auf  Natron-Kalk,  wa- 
cher in  einer  Retorte  auf  220*  erhitzt  war,  ein  dickflüssiges, 
fist  farbloses  Destillat,  welches  nach  dem  Trocknen  über  ge* 
schmolienem  Chlorcalcium  die  Zusammensetzung  C,e0H84Of 
eigab  (gefunden  81,25  pC.  Kohlenstoff  und  11,75  Wasser* 
Stoff,  berechnet  81,10  pC.  Kohlenstoff  und  11,35  Wasserstoff). 
Der  Rückstand  in  der  Retorte  gab  bei  Behandlung  mit  Waa* 
ser  eine  Ldsang,  ai|s  welcher  Salzsäure  ein  Harz  fällte,  das 
durch  Lösen  in  verdünntem  Kali,  Behandeln  d^  Lösung  mit 
ThierkoUe  und  Fällen  des  Filtnrts  mit  Salzsäure  gereinigt 
wurde;  es  war  dann  in  Alkohol  eben  so  leicht  löslich  als 
in  verdünnten  alkalischen  Ftttssigkmten,  erweichte  bei  100*^ 
war  zerrieben  ein  aschgraues  Pulver,  und  ergab  im  leeren 
Räume  über  Schwefelsäure  getrodaet  die  Zusammensetzung 
CsoHtoO»  (gefunden  72,62  pC.  Kohlenstoff  und  9,82  Wasser- 
stoff, beredinet  72,82  pC.  Kohlenstoff  und  9,71  Wasserstoff}. 
Der  in  Wasser  unlösliche  Theil  des  Rückstands  in  der  Re- 
torte wurde  mit  verdünnter  Salzsäure  behimdelt,  wodurch  der 
Kalk  und  Spuren  von  Natron  entfernt  wurden  und  ein  Harz 
sich  ausschied,  das  sich  Ittcht  in  Aether,  sehr  sdiwer  in 

24» 


SM  Ueber  Fmm  $yk>e^ri$. 

Alkohol,  fast  gar  nicht  in  alkalihalligfem  Wasser  teste;  die 
bratfne  ätherische  Lösung  wurde  mit  Thierkohle  behandelt 
jind  das  Filtrat  hinterliefs  beim  Verdunsten  des  Aethers  ein 
hellgelbes  sprödes,  bei  100^  erweichendes  Han^  das  im  lee- 
ren Räume  getrocknet  der  Formel  CiqHsO  entsprechend  zu- 
sammengesetzt wal*  (gefunden  79,09  pC.  Kohlenstoff  und 
10,90  Wasserstoff,  berechnet  78,95  pC.  Kohlenstoff  und  10,52 
Wasserstoff}. 

Die  von  der  harzartigen  Masse  (S.  360)  getrennte  wäs- 
serige, etwas  trübe  Flüssigkeit  liefs  sich  erst  nach  Zusatz 
einiger  Tropfen  Bl^izuckerlösung  klar  filtriren.  Das  Fillrat 
gab  mit  Bleizuckerlösung  einen  Niederschlag,  die  davon  ge- 
trennte Flüssigkeit  wurde  bei  Siedehitze  mit  dreibasisch- 
essigsaurem.  Bleioxyd  gefällt,  und  dieser  Niederschlag  nach 
dem  Erkalten  der  Flüssigkeit  abfiltrirt  Das  Filtrat  Wurde 
durch  Schwefelwasserstoff  von  Blei  befreit  und  dann  in  einem 
Strome  von  Kohlensäure  eingedampft,  der  Rückstand  von  Ex- 
tractconsistenz  mit  einer  Mischung  von  wasserfreiem  Wein- 
geist und  Aether  ausgezogen,  und  der  nach  dem  Abdestilliren 
der  Lösungsmittel  aus  dieser  Flüssigkeit  bleibende  Rückstand 
so  oft  in  neuen  Mengen  von  mit  Aether  vermischtem  was- 
serfreiem Alkohol  gelöst,  bis  er  sich  darin  vollkommen  lös- 
lich zeigte.  Nach  dem  Verdunsten  der  gereinigten  Lösung 
blieb  ein  licht  gelbbraunes,  in  Alkohol,  einer  Mischung  von* 
Alkohol  und  Aether  und  in  Wasser  lösliches,  in  reinem 
Aether  unlöslidies,  amorphes,  intensiv  bitteres,  zu  einem 
gelblichen  Pulver  zerreibbares  Product  zurück,  dessen  wäs- 
serige Lösung  mit  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  erwärmt 
augenblicklich  denselben  Geruch,  wie  das  Ericoiin*)  unter 
diesen  Umständen,  entwickelte,  unter  Aussdieidung  eines  sich 
äufserst  leicht  verharzendrai  ätherischen  Oels.     Kawalier 


')  VerRl.  dieie  Annslen  LXXXIV,  966. 


üeber  Pmu$  syheiiris.  36S 

nennt  dieses  Product  Pmipikriny  und  legt  der  im  leeren 
Räume  getrockneten  Substanz  die  Formel  C44R3COS)  bei  (die 
Analyse  I.  geht  auf  in  der  oben  angegebenen  Art  dar«^ 
gestelltes  Pinipikrin,  die  Analyse  IL  anf  solches,  das  aus 
dem  wässerigen-  Decoct  der  mit  Weingeist  erschöpften  Fich^ 
teanadeln  in  derselben  Weise  durch  Fällen  mit  neutralem 
und  basischem  essigsaurem  Bleioxyd  u.  s.  w.  dargestellt 
worden  war)  : 


gefanden 

berechnet 

I.              IL 

C44 

55,46 

55,61      55,29 

H,. 

7,56 

7,60        7,42 

o„ 

36,98 

36,79      37,29 

100,00      100,00    100,00. 

Das  ipi  leeren  Räume  getrocknete  Pinipikrin  wird  bei 
55«  C.  weich,  bei  80«  dickflüssig,  bei  100<^  vollkommen 
flüssig  und  durchsichtig;  nach  dem  Erkalten  erstarrt  es  ztt 
einer  bräunlichgelben,  spröden,  leicht  pulverisirbaren  Masse; 
das  Pulver  ist  lebhaft  gelb  und  zieht  schnell  Feuchtigkeit 
aus  der  Luft  an. 

Das  bei  dem  Erwärmen  einer  mit  Schwefelsäure  versetz* 
ten  wässerigen  Lösung  von  Pinipikrin  mit  dem  Wasser  tU)er- 
gehende,  den  Sauerstoff  der  Luft  rasch  absorbirende  Oel  war 
frisch  dargestellt  kaum  gelblich  gefärbt,  wurde  aber  beim 
Sieben  über  Chlorcalcium  in  einer  halbgefliUten  Glasröhre 
dunkelbraun;  Ka  wall  er  giebt  ihm  die  Formel  C^oü^^Oit 
=  3  GioHieOi  +  40  (gefunden  73,66  pC.  Kohlenstoff  und 
9,66  Wasserstoff,  berechnet  73,77  pC.  Kohlenstoff  und  9,84 
Wasserstoff),  indem  er  das  ursprüngliche  Oel  als  CtoHjeOi 
betrachtet.  Das  aus  dem  Rückstand  im  Destillationsgeftfifse 
durch  Filtriren  abgeschiedene  Harz  wurde  in  Weingeist  ge* 
löst,  und  aus  der  concentrirten  Lösung  durch  Zusatz  von 
Wasser  und  weiteres  Eindampfen  ausgeschieden;  es  war 
dunkelschwarzbraun   und   spröde   und  gab  ein  rothbraunes, 


366  üeber  PiwM  $yhe9iri$* 

bei  100*  klebendes  Pohrer;  dem  bei  100*  getrockneten  Bmn 
giebt  Kawalier  die  Formel  CtoHnOf  Cff^funden  70,45  pC. 
Kohlenstoff  und  7,11  Wasserstoff^  berechnet  70^  pC.  Koh- 
lenstoff und  7^09  WasserstolF),  und  versnchl  £ese  durch 
die  Gleichung  3  Ci»BitO,  —  12H  +  8p  =  a  CmHisOt  n 
deuten.  Die  vom  Harz  abBItrirte  schwefelsSmrehaltige  FMs- 
sigkeil  gab  nach  Wegschaffen  der  Schwefelsliure  mittelst 
kohlensauren  Bleioxyds  und  des  sich  lösenden  Bleis  miltebl 
Schwefel¥rasserstoff  und  Verdunsten  des  Filtrats  einen  süben^ 
nicht  krystallisirbaren  Zucker,  der  bei  100*  erweichte  und  so 
.getrocknet  (nach  Abzug  von  etwas  Asche)  die  Ziisanunen- 
setzung  CisH|tO|t  ergab  (gefunden  39,06  pC.  Kohlenstoff  und 
6,62  Wasserstoff,  berechnet  40,00  Kohlenstoff  und  6,67  Was- 
serstoff). —  Fttr  die  Zersetzung  des  Pinipikrins  durdi  ver- 
dUnnte  Schwefefcäure  in  der  Wärme  giebt  Kawalier  die 
Gleichung  : 

C44HieO„  +  4H0  SS  2CuH„0„  +  C,oH|.0, 

Piaipikriii  Zacker  Eridool. 

Bei  der  Darstellung  des  Pinipikrins  (S.  364)  blieb  bei  der 
Behandlung  mit  einer  Mischung  von  Alkohol  und  Aether  ein 
in  dieser  Flüssigkeit  unlöslicher  Rückstand.  Bei  dem  Be- 
handeln dieses  Rückstands  mit  starkem  Weingeist  wurde  der- 
selbe in  einen  löslichen  und  einen  unlöslichen  Thefl  zerlegt 
I>er  lösliche  Theil  erwies  sich  als  Zucker,  welcher  sidi  in 
Krystallen  abschied '  und  bei  IQQ®  getrocknet  die  Zusammen- 
setzung Ci,H,,Oii  ergab  (gefunden  42,30  pG.  Kohlenstoff  und 
6,73  Wasserstoff,  berechnet  42,10  pC.  Kohlenstoff  und  6,43 
Wasserstoff);  von  dieser  Znckerart  enthalten  die  Fichten- 
nadeln eine  grofse  Menge.  Der  unlösliche  Theil,  welcher  nur 
wenig  betrug,  schien  unreine  Citronsäiffe,  an  Terschiedene 
Erden  gebunden,  zu  seyn,  wie  Kawalier  aus  der  Unter- 
suchung zweier  Bleisalze  von  verschiedenen  Daistelhingen 
schliefst,    die   durch  Füllen  der  wüsserigen  Ltfsug  jener 


Üeber  Pinui  ^heski^.  M7 

SubitüiE  mittebt  Bletzuckerlösung  eriialten  und  I.  im  leeren 
Räume,  II.  bei  100*  getrodinet  wurden;.  I.  enthielt  70,0  und 
II.  73,0  pC.  Bleioxyd,  und  nach  Abzog  dessdben  ergab  die 
enthaltene  organische  Substanz  die  Zusammensetsung  : 

gefunden 


beredmet 

I. 

IL 

Cm 

39,34 

39,19 

40,83 

H, 

3,82 

4,64 

4,26 

0., 

56^ 

56,17 

54,91 

100,00  100,00  100,00, 
welche  Kawalier  durch  die  Gleichung  CiJi.,0^^  =  Ci AOn 
^  2  HO  auf  Citronsfiure  oder  eine  damit  gleich  zusammen- 
gesetzte Säure  zu  beziehen  sucht.  Durch  Zersetzen  dieser 
Bleisalze  mittel^  Schwefelwasserstoff  und  Verdunsten  des 
sauren  Filtrats  im  leeren  Räume  wurde  ein  amorpher,  in 
Wasser  und  Weingeist  löslicher,  auf  Eisenoxydsalze  nicht 
reagirender  Rückstand  erhalten. 

Der  Niederschlags  welchen  Bleizuckerlösung  in  der  von 
der  harzartigen  Masse  getrennten  wässerigen  Flüssigkeit  her- 
vorgebracht >  hatte  (S.  364},  wurde  nach  dem  Auswaschen 
mit  Wasser  mit  Essigsäure  iUl>ergossen,  die  mit  dem  8  fachen 
Volum  Wasser  verdünnt  war.  Der  gröfste  Theil  des  Nieder- 
schlags löste  sich  auf;  die  gelbe  Lösung  wurde  vom  Unge- 
lösten abfiltrirt  und  das  Filtrat  mit  dreibasisch -essigsaurem 
Bleioxyd  geßlUt.  Den  hierbei  entstehenden  gelben,  mit  Was- 
ser, ausgewaschenen  und  bei  100^  getrockneten  Niederschlag 
betrachtet  Kawalier  als  CsgH„0|s  +  3  PbO,  und  die  darin 
enthaltene  organische  Substanz  Cs^HitHj»  als  2  C,4H«0t  4-  HO; 
die  aus  solchem  Bleisalz  durch  Anrühren  mit  Wasser,  Zer- 
setzen mittelst  Schwefelwasserstoff  und  Verdunsten  des  Fil- 
trats  dargestellte  Substanz,  ein  nach  dem  Zerreiben  graues, 
ins  Bräunliche  ziehendes  Pulver,  betrachtet  er  nach  dem  Trock- 
nen  bei  100«  als  C,«H,0,  =  CmH^O,  +  2  HO. 


3M  Oeber  Nnur  $jfk>e$iH$. 


bCfMBBOl 

gconiQM 

iMr«cinwt 

§ttmim 

Ca. 

26,43 

26,11 

C«      51,ISi 

51,24 

H.. 

2,05 

2,06 

H,         4,87 

4^96 

0.. 

18,86 

18,48 

,  0,       43,91 

43,78 

3PbO 

52,66 

53,33 

100,00 

100,00. 

100,00        100,00. 

Diese  Substanz  bezeichnet  Kawalier  als  Oxypmtdatm- 
«dar«.  Sie  ist  geruchlos,  schmeckt  stark  zusammenziehend, 
ist  leicht  in  Wasser  und  Alkohol  löslich.  Die  wässerige  Lö- 
sung wird  durch  Eisenchlorid  intensiv  grün  geftrbt,  durch 
Bleizuckerlösung  citrongelb ,  durch  dreibasisch  -  essigsaures 
Bleioxyd  isabelirarben  gefUlt;  schwefelsaures  Kupf^roxyd 
giebt  auf  Zusatz  von  etwas  Ammoniak  einen  dunkel -grün- 
braunen  Niederschlag  y  der  in  überschüssigem  Ammoniak  mit 
dunkelgrüner  Farbe  löslich  ist;  salpetersaures  Silberoxyd  giebt 
keine  Fällung,  aber  nach  Zusatz  von  etwas  Ammoniak  ent^ 
steht  braunrothe  Färbung  und  beim  Erwärmen  scheidet  sich 
metallisches  Silber  aus;  Barytwasser  bringt  gelbe  Färbung 
und  beim  Erhitzen  einen  flockigen  rothbraunen  Niederschlag 
hervor.  Die  Lösung  der  Oxypinotannsäure  fällt  nicht  den 
Lehn,  erhält  mit  Salzsäure  gekocht  einen  Stich  ins  Garmin- 
rothe  und  wird  trüb,  wird  nach  dem  Versetzen  mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  ebenfalls  roth  und  auf  Zusatz  von 
Wasser  scheiden  sich  dann  Flocken  aus.  Die  wässerige  Lö- 
sung der  Säure  wird  auf  Zusatz  von  Ammoniak  intensiv  gelb 
und  die  Flüssigkeit  nimmt  an  der  Luft  unter  dunkelbrauner 
Färbung  rasch  Sauerstoff  auf. 

Die  von  dem  oxypinotannsauren  Bleioxyd  abfiltrirte  Flüs- 
sigkeit wurde  siedendheifs  mit  basisch  -  essigsaurem  Bleioxyd 
gefällt  und  der  Niederschlag  nach  dem  Erkalten  abfiltrirt,  wie 
schon  S.  364  erwähnt  wurde;  die  im  letzteren  Niederschlag 
enthaltene  Säure  bezeichnete  Kawalier  als  Piniiannsäure, 
Zur  Darstellung  der  letztern  wurde  das  ausgewaschene  chrom- 


üeber  Pmus  gyloesirii.  369 

geJbe  Bleisfilz  in  Wasser  zertheilt  mittelst  Schwefelwasser- 
stoff zersetzt  y^  die  Flüssigkeil  mit  dem  Schwefelblei  erwärmt 
and  das  Fiitrat  in  einem  Strom  von  Kohlensäure  zur  Trockne 
gebracht  Für  die  freie  (wie  getrocknete?}  Pinitannsäure 
nimmt  Kawalier  die  Formel  CuHsO.  =:  C,4H«0e  +  2  HO 
an,  für  die  in  einem  nach  der  eben  angegebenen  Weise  dar- 
gestellten und  im  leeren  Räume  getrockneten  Bleisalz  (wel- 
ches 54  pC.  Bleioxyd  enthielt)  enthaltene  organisclie  Subjstans 
die  Zusammensetzung  CseHssO,,  =  4(Cj4HeOe,  2  HO)  +  HO^ 


berechnet 

gefimdea 

berechnet 

gefanden. 

C,4 

53,84 

53,51 

c„ 

53,06 

53,11 

H, 

5,12 

5,42 

Us. 

5^21 

5,42 

0, 

41,04 

41,07 

o„ 

41,71 

41,47 

100,00        100,00.  100,00        100,00. 

Die  Pinitannsäure  ist  getrocknet  und  zerrieben  ein  schwach 
rdlhliches,  gelbes  Pulver^  leicht  löslich  in  Wasser,  Weingeist 
und  Aether.  Sie  wird  bei  tOO«  weich  und  klebng,  bei  130« 
bläht  sie  sich  auf,  zwischen  160  und  200®  geht  eine  schwach*- 
saure  wässerige  Flüssigkeit  über,  bei  240®  hört  das  Aufblähen 
auf  und  die  Säure  ist  dann  fest;  bei  stärkerem  Erhitzen  geht 
ein  dickes,  braunes,  theerartig  riechendes  Liquidum  üben 
welches  bei  der  Destillation  mit  Wasser  ein  brenzlich  rie- 
chendes flüchtiges  Oel  giebt  und  eine  pechähnliche  Masse 
zorückläfst.  Die  gelbe  wässerige  Lösung  der  Pinitannsäure 
schmeckt  schwach  bitterlich,  -zusammenziehend;  mit  etwas 
Zinnchlorid  versetzt  und  zum  Sieden  erhitzt  ßrbt  sie  mit 
Alaun  oder  Zinnsalz  gebeizte  Schafwollenzeuge  dauerhaft  und 
schön  Chromgelb  bis  citrongelb.  Die  wässerige  Lösung  der 
Pinitannsäure  filllt  weder  Leim  noch  Brechweinstein,  wird 
durch  Batytwasser  weder  in  der  Kälte  noch  beim  Kochen 
geßlllt,  durch  Zusatz  von  Ammoniak  nicht  verändert^  aber  die 
ammoniakhaltige  Flüssigkeit  Tärbt  «ich  beim  Stehen  an  der 
Luft  unter  Sauerstoffabsorption  rothbraun;   sie  wird  durch 


910  ÜAer  PbmM  tgloe$iri$. 

Bsenchbrid  Amkd-rolkbnwi  gefllrbl,  giebt  mit  Blejnckcr 
einen  schon  in  sehr  wenig  freier  Barigvinre  löslichen  gelben 
NiederachlAg^  oft  basisch -essigsanr^m  Bleiozyd  in  der  KiRe 
einen  dtrongelben,  bei  Siedehitse  einen  fenrig-chronigdben 
Niederschlags  mit  schwefelsaurem  Kapferoxyd  nach  Zosata 
wn  etwas  Ammoniak  einen  grangrllnen ,  in  Überschüssigem 
Anunoniak  mit  grüner  Partie  löslichen  Niederschlag,  wk  sal- 
petersanrem  Silbmroxyd  nach  Zosata  von  wenig  Ammoniak 
eine  grane  Fällung,  die  sich  sehr  leicht  unter  Anssdiddung 
ton  Sübor  EeneM.  Concentrirte  Lösungen  der  Pinitannsäure 
geben  mü  ZinncMorid  keinen,  sehr  verdünnte  einen  Mais- 
gelben, Chlor  enüialtenden  NiedersdUag.  IBt  Salzsäure  ver- 
seist  und  erhitzt  trübt  sich  die  wässerige  Lösung  der  Säure 
sogleich.  Die  concentrirte  wässerige  Lösung  der  Säure  färbt 
sich  auf  ZutetK  von  concentrirter  Schwefdsäuro  roibbrann, 
nnd  Wasser  fällt  dann,  je  nach  der  eingetretenen  Tempera- 
^  tarerhöhnng,  ciegelrothe  bis  braunrothe  Flocken  (war  Ten* 
perainrerhöhung  vermieden  worden,  so  fällt  Wasser  die  Sämre 
nnverändert  in  gelben  Flocken3;  ein  solches  dunkel* roth- 
braunes Product  ergab  mit  Wasser  gewaschen  und  bei 
100^  getrocknet  die  Zusammensetzung  C^HitOt«  (gefunden 
58^22  pC.  KohleostofT  und  4,65  Wasserstoff,  berechnet  58,33  pCL 
Kohlenstoff  und  4,63  Wasserstoff),  welche  Kawulier  durch 
CiiHtOt  +  2  CuHcOo  ausdrückt  und  durch  Austreten  von 
Wasser  ans  der  Pinitannsäure  erklärt. 

Durch  Auskochen  der  mit  Weingeist  erschöpften  Fichten- 
nadehi  mit  Wasser^  den  eine  kleine  Menge  AetakaU  zuge- 
setzt war,  wurde  ein  scfamutiig-grünliddHraunes  Decoct  er- 
halten, aus  wddimn  SafaEsäure  vobuninöse  Flocken  eines  roth- 
braunen, gelatinösen  Körpers  fällte.  Diese  wurden  durch  Aus- 
kochen mit  Alkohol  von  etwas  Harz  befreit,  dann  in  mil 
wenig  Kali  vOTsetztem  Walser  gelöst,  und  nach  Beimischung 
von  Alkohol  abennals  durch  Salzsäure  gefUlt,  dann  mit  Alko- 


üeb€r  Pimti  sj^esln$. 

böl  gewaschen  und  bei  100*  getrocknet  Diese  Snbstaas  w«9 
nach  dem  Zerreiben  ein  röthUcb-braunes  Pulver,  fast  in  rilen 
Ldsongsmitteln,  mit  Ausnahme  alkalischer  Flüssigkeiten,  onlds« 
lieh,  und  ergab  (nach  Abzug  von  etwas  Asche}  die  Zusam-^ 
mensetoung  CgH^Os  oder  CieH|oOio  (gefunden  51,00  pC. 
Kohlenstoff  und  5,46  Wasserstoff,  berechnet  51,05  pC  Koh« 
lenstoff  und  5,37  Wasserstoff). 

B.    Die  Binde  des  Siammes. 

m 

Die  Rinde  des  oberen  llieils  der  Stumme,  von  Boike 
gereinigt,  wurde  zerschnitten  und  in  einem  Verdrängung»» 
apparate  mit  warmem  Aether  ausgezogen;  der  grttngefürbte 
Auszug  erstarrte  nach  dem  Abdestäliren  des  grttfseren  Thefli 
des  Aethers  zu  einer  salbenartigen  Masse.  Die  Lösung  dieser 
Masse  in  siedendem  Alkohol  gab  nach  Behandlung  mit  Thier^ 
kohle  und  siedendheifsem  Filtriren  beim  Erkalten  Veibe 
Rocken,  die  ein  schwach  gelbliches  Pulver  und  nach  dem 
Schmelzen  dne  dem  Bienenwachs  ähnliche  Masse  gaben» 
Denselben  Körper  erhielt  Kawalier  durch  Auskochen  der 
Rinde  mit  40grädigem  Weingeist,  aus  welchem  Deooct  er 
sieh  benn  Erkalten  in  gelblichen,  durch  Thierkohle  zu  ent- 
(Menden  Flocken  ausschied.  Für  die  Zusammensetzung 
dieses  Körpers  (nach  dem  Trocknen  im  leeren  Räume}  fand 
Kawalier  C^tHgaOs  (gefunden  75,55  pC.  Kohlenstoff  und 
11,32  Wasserstoff,  berechnet  75,00pa  Kohlenstoff  und  11,11 
Wasserstoff),  glaubt  jedoeh,  dafs  er  mit  dner  an  Kohlenstoff 
reicbeMn  und  an  Wasserstoff  ärmeren  Substanz  veranreiBigle 
Ceropinsäure  (S.  S60)  sey. 

Die  Rinde  wurde  mit  40grädigem  Weingeist  ausgekocht, 
die  eingedampfte  und  eritaltete  Lösung  von  dem  ausgeschie* 
denen  waehsaiiigen  Körper  abiltrirt,  aus  dem  Filtrat  der 
Weingeist  gröfstentheils  verdunrtet  ond  der  Rückstand  mü 
Wasser  vermischt;  es  bildete  sich  eine  trtbe  FlttseigkUit,  die 


37S  üeber  Pim$  »ghetiHs.  .    , 

■dt  BleteickeridMng  enten  NiederacU^  gnb.  Dieser  warde 
Bad  dem  Aaswaschen  mit  sehr  yerdtiimter  Essigsäure  be- 
bfindelty  worin  er  sich  grdbtentheils  löste,  unter  Hinterlassung 
eines  dunkelgefUrbten ,  klebrigen  Rückstands.  Die  filtrirte 
Lösung  wurde  mit  dreibasisch-essigsaurem  Bleioxyde  gefiillt, 
der  ausgewaschene  Niederschlag  in  Wasser  vertheilt  mittdst 
Schwefelwasserstoff  zersetzt,  die  warm  vom  Schwefelblei  ab- 
üllrirte  Flüssigkeit  in  einem  Strome  von  Kohlensäure  zur  Trockne 
gebracht.  Dem  zerriebenen  und  im  leeren  Räume  getrockneten 
Ktckstand  giebtKawalier  die  Formel  CstHuOts  =  2  C|«H«0,i 
-h  HO  (gefunden  48,57  pC.  Kohlenstoff  und  4,93  Wasserstoff, 
berechnet  48,60  pG.  Kohlenstoff  und  4,81  Wasserstoff)  und 
beseichttet  ihn  als  Pinkariatuumare,  Dieselbe  ist  im  trocknen 
Znstande  rothbraun,  löst  sich  nach  dem  Trocknen  sehr  schwer 
im  Wass^;  ihre  wässerige  Lösung  fkrbt  Eisenchlorid  dun- 
kelgrün. Fein  zerrid^en  und  mit  salzsäurebaltigem  Wasser 
gekocht  wffd  die  Pinicortannsäure  zu  einem  lebhaft  rothen 
Poher,  das  im  teeren  Räume  getrocknet  nach  Kawalier  die 
Znsammensetzung  C4aHt50ai  =:  C,aH,Oii  +  2  C|«H«0|«  hat 
(gefunden  5i,56  pC.  Kohlenstoff  und  4,47  Wasserstoff,  be- 
rechnet 51,34  pC.  Kohlenstoff  und  4,45  Wasserstoff)  nnd 
durch  Austreten  von  Sauerstoff  und  Wasserstoff  in  der  Form 
Ton  Wasser  aus  der  Pinicortannsäure  entstanden  ist 

Der  dunkelgefärbte  klebrige  Rückstand ,  welcher  bei  der 
Behandlung  des  aus  dem  weingeistigen  Auszug  des  Rinde 
durch  Bleizuckerlösung  gefitliten  Niederschlags  mit  verdünn- 
ter Essigsäure  ungelöst  blieb,  war  rothbraun;  er  wurde  mit 
starkem  Weihgeist  erhitzt,  die  filtrirte  Lösung  nut'  Schwefel- 
wasserstoff behandelt,  die  vom  Schwefelblei  abfiltrirte  Flüs- 
sigkeit eingedampft-,  der  Rückstand  noch  einmal  in  Weingeist 
gelöst,  die  Lösung  von  einigen  Flocken  getrennt  und  zur 
Trockne  gebracht.  Es  htnterblieb  eine  schwand)rattne  kle- 
brige Hasse ,   die  sich  in  ammoniakhattigem  Wasser  bis  anf 


üeber  Pmus  syh&$iris.  ST3 

geringe  Mengen  löste;  die  fiUrirte  Lösung  gab  mit  CUoiv 
barium  einen  rothen  Niederschlags  welchem  (nach  dem  Trook* 
nen  im  leeren  Räume}  Kaw alier  die  Zusamml^nseUnng 
S  Cs4H,«Ps  +  4  BaO  beilegt  (gefunden  47,45  pC.  Kohlen* 
Stoff,  6,45  Wasserstoff,  32,92  Baryt;  berechnet  47,20  pC. 
Kohlenstoff,  6,23  Wasserstoff,  33,45  Baryt).  Kawali er  be- 
zeichnet dieses,  von  ihm  als  isomer  mit  der  chinovigen  Säure 
betrachtete  Harz  als  Pimcarreän. 

Nachdem'  durch  Bleizuckerlösong  aus  dem  von  Wachs 
befreiten  weingeistigen  Auszug  der  Rinde  das  Pinieorrelin 
und  die  Pinicortannsäure  ausgefällt  worden  waren ,  brachte 
in  der  davon  abfiltrirten  Flüssigkeit  basisch '-essigsaures  Blei- 
oxyd einen  schmutzig -gelben  Niederschlag  hervor.  Nach 
Kawalier  ist  dieses  Bleisalz,  im  leeren  Räume  getrocknet^ 
C4fH„0„  +  3  PbO  =  3  PbO  +  3  C,«H,Ot,  2  HO.  Die 
durch  Schwefelwasserstoff  aus  dem  mit  Wasser  angerührten 
Bleisalz  abgeschiedene ,  durch  Verdunsten  der  hdfs  filtrirtea 
Flüssigkeit  in  einem  Strom  von  Kohlensäure  erhaltene  Säure 
betrachtet  er,  nach  dem  Trocknen  im  leeren  Räume,  als 
C„H„0„  =  2  C,.H,0,  +  3  HO. 


berechnet 

gefnodeo 

berechnet 

gefoBden 

C4. 

34,69 

34,17 

C„      55,65 

55,45 

H,. 

2,77 

2,86 

H„       4,92 

5,30 

0., 

22,17 

21,99 

0„     39,43 

39,25 

3  PbO 

40,37 

40,96 

100,00 

100,00. 

100,00      100,00. 

Kawalier  bezeichnet  diese  Säure  als  Cort^nnitafm$äure; 
dieselbe  giebt  getrocknet  ein  lebhaft  rothes  Pulver,  ihre  wä»» 
serige  Lösung  wird  durch  Eisenchlorid  intensiv  grün. 

Die  vom  cortepinitannsauren  Bleioxyd  abfiltrirte  Plus* 
sigkeit  war  beinahe  farblos;  sie  wurde  mittelst  Schwefelwas- 
serstoff von  Blei  befreit  und  im  Wasserbade  verdunsiet.  Der 
honigdicke  Rückstand  wurde  mii  einer  Mischung  von  wasser« 


ST4  I7«kr  Amt  sghedns. 

freite  ABboM  mtd  Aether  b^andell ,  in  welchen  iicb  etwas 
PkipikriB  (voyL  S.  365)  «uBoste.  Dcar  migelSste  TheU  w«r 
Znoke^,  der  wegen  einer  kleinen  Menge  niehl  m  entfernen- 
der Vemnreinignng  sdur  schwierig  krycrtalluwie  rnid  bei  100* 
gelroftoet  die  Zosemmensetiung  CnHitOu  ergab  (gefunden 
99,68  pC.  Kohlenstoff  and  6,92  Wessersloi;  boec^et  40^  pC 
Kohlenstoff  und  6,6T  Wasserstoff> 

Die  mit  Weingeist  erschöpfte  Binde  gab  mit  Waeeer^ 
dem  etwas  Aetikali  znges^t  war,  ein  rothbrannes  Decoct; 
ans  dem  filtrirten  Decoct  fällte  Salssänre  ei^en  rothen  gela- 
tinösen Niederschlag  in  groÜBra  Flodcen.  Dieser  wurde  wie- 
derholt mit  dOgridigem  Weingeist  ausgekocht.  Bei  100* 
getrodKuet  hat  derselbe  nach  Ka  wall  er  (nadi  Absng  von 
etwas  Asche)  die  Zusammensetzung  Ci«Hi»Oit,  und  der  durch 
FiUen  der  Lösung  dieser  Gallerte  in  ammoniakalischan  Wasser 
mittelst  CUorbarium  erhaltene  flockige  Niederschlag  (ebmso 
getrocknet)  die  Zusammenselsung  CieHi^Ou,  BaO. 

b«recliDet     fefimden  beredmet     getadea 

C„        47,52  47,39  C,.  32,37  31,93 

H,»         4,95  5,09  H»  4,04  3,97 

Ot>   47,53  47,52  0,^  37,78  37,61 

100,00  100,00.  BaO  25,81  26,49 


100,00   100,00. 


C.    Die  Borke  des  Siammee. 

Die  Borke  wurde  mechanisch  möglichst  gereinigt  und 
lu  groben  Pulver  cwstofsen.  Dieses  Pulver  wurde  mit  40- 
gridigem  Weingeist  ausgekocht;  beim  Erkalten  des  siedend- 
heifs  filtrirten  Decoctes  schieden  sich  voluminöse  Flodcen 
aus,  und  die  davon  getrennte  Flüssigkeit  erstarrte  naoh  dem 
Abdestilliren  des  gröfsten  Theils  des  Weingeistes  beim  Erhalten 
SU  einer  salbenartigen  Masse  desselben  Körpers.  Letzterer  wurde 
nach  dem  Auq>ressen   durch  Mischen   der  siedenden  wein- 


\ 


VAer  PinuM  nfloestris.  875 

geisligm  Lösong  mit  siedender  weingeisl^rer  Bleizockeiidsuiig^ 
heifs  Ffliriren,  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  in  das  er* 
kältete  Filtrat  (in  welchem  sich  weifse  Flocken  ausgeschieden 
hatten},  Erhitzen  mit  dem  Schwefelblei,  heifs  Filtriren  und 
Erkaltenlassen  oder  Verdunsten  des  Ffltrats  rein  erhalten. 
So  dargestellt  ist  dieser  Körper  rein  weifs,  schmelzbar  und 
zu  einer  Masse  vom  Aussehen  des  Bienenwachses  erstarrendi 
Im  leeren  Räume  getrocknet  ist  derselbe  nach  Kawalier 
isomer  mit  der  Palmitinsäure  C^tflu^O^  (gefunden  75,07  pC. 
Kohlenstoff  und  ^,60  Wasserstoff,  berechnet  75,00  pC.  Kok'* 
lenstoff  und  12,50  Wasserstoff}. 

Die  von  diesem  Wachs  durch  Ffltriren  und  Pressen  ge* 
trennte  Plttssij^eit  wurde  mit  Wasser  vermischt  und  mit  Blei«- 
zuckerlösung  versetzt,  wo  ein  röthlich  -  brauner  Niederschlag 
entstand,  der  bei  Behandlung  mit  verdünnter  Essigsäure  sieh 
gröfstentheils  löste.  Die  filtrirte  rothe  Lösung  wurde  mit 
basisch -essigsaurem  Bleioxyd  gefällt,  der  braunrothe  Nieder^ 
schlag  in  Wasser  vertheilt  mit  Schwefelwasserstoff  zersetzt, 
und  die  warm  vom  Schwefelblei  abfiltrirte  Flüssigkeit  in  einem 
Strom  von  Kohlensäure  zur  Trockne  gebracht.  Der  Rück- 
stand ergab  nach  dem  Trocknen  im  leeren  Räume  die  Zu* 
sammensetzung  C|4Hg,0g|  ss  4  CieHyO,  +  5  HO  : 

berechnet  gefonden 

Ce4    56,38       56,23        56,01 

H„      4,85         4,72         4,80 

On  38,77  39,05  39,19 
100,00  100,00  100,00, 
und  wird  von  Kawalier  als  Cortepinitannsäure  (S.  373}  be« 
trachtet,  die  mit  einer  kleinen  Menge  eines  dunkelgefärbten 
Oxydationsproductes  dieser  Säure  verunreinigt  gewesen  sey. 
Die  Flüssigkeit,  aus  welcher  durch  Bleizuckerlösung 
diese  Säure  gefällt  worden  war,  gab  mit  basisch-essigsaurem 
Bleioxyd  einen  schmutzig^gelben,  behn  Kochen  rothwerdeaden 


376  lieber  Pmus  «yitoMirM. 

Niederschlag,  welcher  im  leeren  Räume  getrocknet  54^9  pC. 
Bleioxyd  cnthieU,  während  die  damit  verbundene  Substanz 
der  Formel  C|«H»0«  entsprechend  zusammengesetzt  war  Qge^ 
fmden  nach  Abzug  des  Bleioxyds  54,61  pC.  Kohlenstoff  und 
5,i8  Wasserstoff,  berechnet  54,24  pC.  Kohlenstoff  und  5^06 
Wasserstoff).  Die  aus  diesem  Bleisalz  durch  Zersetzung  mit- 
teist Schwefelwasserstoff  abgeschiedene  Säure  wird  durch 
Eisenchlorid  dunkelgrün  geflirbt;  bei  dem  Verdunsten  ihrer 
wässerigen  Lösung  an  der  Luft  nimmt  die  Säure  Sauerstoff 
auf,  ohne  ihr  Ansehen  wesentlich  zu  verändern. 

In  dem  weingeistigen  Decocte  der  Borke  ist  aniserdem 
noch  etwas  Pinipikrin  enthalten,  jedoch  kein  Zucker. 

Die  mit  Weingeist  erschöpfte  Borke  wurde  init  Wasser 
ausgekocht f  dem  eine  kleine  Menge  AetzkaU  zugesetzt  war; 
die  so  erhaltene  dunkelrothe  Flüssigkeit  gab  auf  Zusatz  von 
Salzsäure  einen  voluminösen  rothbraunen  Niederschlag,  wel- 
cher mit  Wasser  gekoeht  eine  gummischleimähnliche  Flüssig- 
keit lieferte,  aus  der  sich  bei  Zusatz  von  etwas  freier  Säure 
die  Flocken  sogleich  wieder  ausschieden.  Diese  gallertartige 
Substanz  wurde  mit  Wasser  ausgewaschen,  mit  alkoholhalti- 
gem Aether  ausgezogen  und  mit  Alkohol  ausgekocht,  dann  in 
sehr  verdünnter  Kalilauge  gelöst^  mit  Salzsäure  gefillit,  und 
die  Flocken  mit  Weingeist  ausgewaschen.  Die  so  gereinigte 
Gallerte  besafs  alle  Eigenschaften  der  Gallerte  der  Nadeln 
(S.  370  f.}  und  auch  (bei  100®  getrocknet  und  nach  Abzug 
von  etwas  Asche)  die  Zusammensetzung  Ci«H|oOio  C^efunden 
51,18pC.  Kohlenstoff  und  5,39  Wasserstoff,  berechnet  51,05  pC. 
Kohlenstoff  und  5,37  Wasserstoff).  Die  vereinigte  ätherische 
und  alkoholische  Flüssigkeit  hinterliefs  beim  Verdunsten  im 
Wasserhad  einen  Rückstand,  der  durch  Eisenchlorid  dunkel- 
grün gefferbt  wurde^  nicht  constante  Zusammensetzung  ergab 
und  von  Kawalier  als  durch  Sauerstoffaufnahme  veränderte 
Gerbsäure  betrachtet  wird. 


ÜAer  Pmu9  »yhestrU,  377 

D.    Dag  Bob  äei  Skfmme$. 

Das  H0I2  des  Stammes,  von  welchem  die  Borke  und  die 
Rinde  entfernt  und  der  fiufserste  Theil  abgenommen  worden 
war^  gab  fein  zertheilt  mit  Weingeist  ein  Decoet^  in  welchem 
das  Harz  und  etwas  ätherisches  Oel  enthalten  waren.  Das 
mit  Weingeist  erschöpfte  Holz  wurde  mit  Kali  -  haltigem 
Wasser  ausgekocht,  wobei  sich  noch  etwas  Harz  und  gallert- 
artige Substanz  auflösten.  Weder  der  weingeistige  noch  der 
alkalische  Auszug  enthielten  Pinipikrin  oder  Zucker  oder 
Gerbsäuren. 


lieber  eine  krystallisirbare  organische  Substanz  aus 

dem  Blute. 

« 

Funke*)  hatte  beobachtet^  dafs  aus  Blut  eine  krystalli- 
sirbare,  einen  eiweifsartigen  Stoff  enthaltende  Substanz  er- 
halten werden  kann ,  wenn  das  Blut  zur  Zerstörung  der 
Blutkörperchen  mit  etwas  Wasser  versetzt  und  dann  unter 
dem  Mikroscop  auf  einer  Glasplatte  mit  einäm  Deckblättchen 
bedeckt  gelassen  wird.  Diese  krystallisirbare  Substanz  ist  der 
Gegenstand  fortgesetzter  Untersuchungen  von  Lehmann 
gewesen. 

Lehmann  erhielt  nach  einer  ersten  Mittheilung  **)  diese 
Substanz  in  gröfseren  Krystallen^  indem  er  mit  Wasser  und  Aether 
gemischtes  Blut  in  einen  Cylinder  brachte,  welcher  am  ein^nEnde 
mit  Schweinsblase^  am  andern  mit  einem  Caoutchoucblättchen  ver- 
schlossen war^  durch  letzteres  wässerigen  Weingeist  zutreten 


*)  He  nie  nnd  Pfeufer's  Zeilschrift    für  ralionelle  Medicin,    neue 
Fol^e,  II,  199,  288. 

**)  Berichte   der   Geaellschaft   der    Wissenicbaften   za   Leipsig,    1852, 

I.  23- 

AuMl.  d.  Ohftin.  Q.  Pharm.  LXXXVIU.  lid.  3.  Ile^t  25 


378  Deber  time  kryMoKmtiar^  orpamteke 


Uefs,  bb  das  Bhl  sich  £«  trtben  tnlhi^,  nmi  dünn  M  IS  bis 
90^  Wasser  darch  die  Blase»  Weingeist  durch  das  Gaoaldionc 
aiKhinsten  lieb,  wo  sich  schöne  Krystalle  (bei  MeersdiweiB- 
cbenblnt  bis  so  |  Linien  Durdtmesser)  bildeten,  die  sich 
auch  durch  Lösen  in  Wasser  von  40  bis  50*  nd  Filtriren 
der  Lösung  bei  dieser  Tenperatir,  doch  schwierig,  noikry- 
stallistren  Uefsen.  Die  Krystalle  v^iriiterten  Sdinell  aa  der 
Lnft;  ihre  Lösung  gerann  bei  8t  bis  69*  und  wmde  nicht 
durch  Essigslnre ,  wohl  aber  durch  Weingeist,  JGneralsänren 
und  aHe  andern  Reagentien ,  welche  s.  g.  frotelnsubstansen 
sonst  prScipitiren ,  coagulirt.  Lehmann  betrachtete  damals 
diese  Krystalle  als  aus  eiweifsartigem  Stoff  mid  unorganischer 
Substanz  bestehend ,  der  Verhindnng  von  Chlomatriani  und 
Traubenzucker  analog. 

In  einer  weiteren  Mittheilung  *}  hob  Lehnann  zu- 
nilchst  hervor,  AbIs  die  Verdunstung  der  Flüssigkeit  ohne 
allen  Einflurs  auf  die  Bildung  dieser  Krystalle  ist,  und  datis 
im  Gegentheil  die  Verdünnung  des  Blutes  mit  Wasser  ein  nicht 
unwichtiges  Mittel  zur  Herbeirührung  der  Krystallisation  ist. 
Denen  entgegen,  welche  die  Krystalle  im  Wesentlichen  für 
unorganische  Salze  hielten,  machte  Lehmann  auf  die  ver-^ 
hältnifsmäfsig  grofse  Menge  aufmerksam,  in  welcher  die  kry* 
stallisirbare  Substanz  aus  Blut  erhalten  werden  kann;  er  er- 
hielt aus  Meerschweinchenblut  unter  verschiedenen  Umstän- 
den von  1,6  bis  zu  7,0  pC.  steigende  Mengen  dieser  Substanz. 

Die  aus  dem  Blut  der  Carotiden  und  Jugularvenen  von 
Meerschweinchen  erhaltenen  Krystalle  zeigten  aufser  der 
am  häufigsten  vorkommenden  Telraederform  manchmal  auch 
Octaeder  und  andere  Formen  des  reguliren  Systems.  Ihre 
Farbe  war  zuweilen  etwas  dunkler,  zuweilen  etwas  heller 
roth;  selten  waren  sie  fast  farblos;  längere  Zeit  unter  Wasser 


*)  Beneble  <i.  GeseUidi.  d.  Wiifeoseh.  su  Ui|>ag,  11»  79. 


StAwim»  m$  dem  Blute.  379 

bei  LafbAichkib  asfbenrihri  pflegrlen  sie  eine  violeUe  Fir- 
bung  flnzvneliiiieii.  An  Aetker  und  Alkobol  gaben  die  Kry* 
stalle  sehr  wenig  (nicht  ganz  2  pC.)  ab.  In  Wasser  waren 
sie  sehr  schwer  löslich ;  100  gesättigte  Lösung  hiaterliersen 
0,155  bis  0,184  festen  Riiekstand.  Durch  Alkohol  worden  die 
Krystalle  nnlöslich  in  Wasser,  meistens  mit  ziemlicher  Bei- 
behaltung ihrer  Form;  fast  ebenso  verhielten  sie  sich  nach 
aUmällgem  Erhitsen  auf  100*. 

Die  Svbstani  der  Krystalle  erwies  sich  anfserordentlich 
leieht  zersetzbar,  sowohl  wenn  sie  aufgelöst  als  wenn  sie 
unter  Wasser  bei  Zutritt  der  Lufl  aufbewahrt  wurden.  Bei 
24-  bis  48slttndigem  Stehen  d^  frisch  bereitet  hellziegdrothen 
Krystallsediments  an  der  Luft  bei  mittlerer  Temperatur  wurde 
es  idlmfilig  kirsdiroth,  schmutzig  -  blauroth  und  fast  schwarz, 
worauf  es  zu  zerfliefsen  und  in  der  überstehenden  Flüssig-«^ 
keit  mit  dunkdbraunrother  Farbe  sich  aufzulösen  anfing. 
Waren  die  Krystalle  jedoch  nicht  mehr  mit  anderen  Blutbe- 
standtheilen  gemengt  und  bestand  die  darüber  stehende  Flüs- 
sigkeit nur  aus  Lösung  reiner  Krystalle,  so  blieben  sie  unter 
Wasser  oft  8  Tage  lang  und  bei  Luftabschlufs  noch  länger 
unverändert.  Auch  in  Lösung  zersetzte  sich  die  Substanz 
der  Krystalle  weit  langsamer  bei  Abwesenheit  der  anderen 
Blutbestandthefle ;  die  Zersetzung  beginnt  hier  stets  von  der 
Ob^fläche  der  Flüssigkeit  aus ,  und  wird  durch  dunkefarothe 
Färbung  der  ursprünglich  pfirsichblttthfarboien  Lörang  an- 
gezeigt. 

Deber  das  chemische  Vwhalten  der  krystalUsirbaren  Sub- 
stanz theilte  Lehmann  Folgendes  mit.  Die  wässerige  Lö- 
sung der  reinen  Krystalle,  welche  keine  Reaelion  auf  Fflan- 
zetfarben  zeigt,  ist  in  der  Hitze  gerinnbar;  bei  OS*  beginnt 
sie  zu  opalisiren,  bei  63^5  wird  die  Coagulation  vollendet; 
das  Goaguium  ist  schwer  zu  filtriren.  Durch  Aether  wird 
die  wässerige  Lösung   nicht  coagulirt,    mit  einem  gleichen 

2b* 


360  0«6er  eime  krfßsiaMklrbate  argamtdie 

Voluin  wanerfreien  Aftohob  versetst  aar  opalifireiid.  Darck 
kalte  concenirirle  Salpeteraüore  werden  die  Kiystaile  dunkel, 
hsl  schwarz  gefllrbt,  und  löiea  sich  beim  Erwärmen  siem- 
lich  leicht  zu  einer  gelben  FUlssigkeit  auf;  die  wttssarige 
Ldsung  der  Krystalle  giebt  mit  Salpetersäure  eine  sehr  be- 
dentende  weilse  Fällung.  Salzsäure  und  S<:hwefclsäare  be- 
wirken, gleich  der  Essigsäure,  in  der  wässerigen  Lösung 
keine  Trübung,  verwandeln  aber  3ire  Pflrsichblüthfinrbe  in 
blasses  Braungelb;  die  trockenen  Krystalle  werden  von  con- 
oentrirter  Salzsäure  und  Schwefelsäure  nicht  gelöst,  sondern 
zu  einer  schwärzlichen  klebrigen  Masse  vereinigt.  In  Essig- 
säure löst  sich  der  krystaUisirbare  Stoff  ziemfich  leicht  mit 
gelber  Farbe,  und  wird*  aus  dieser  Lösung  darch  gelbes  und 
durch  rothes  Blutlaugensalz  in  Flocken  gefällt;  bei  Neutra- 
lisation der  essigsauren  Lösung  scheidet  sich  ein  schmutzig- 
blafsgelber  Niederschlag  aus.  Aetzkali  verwandelt  die  licbt- 
rothe  Farbe  der  Lösung  der  Krystalle  in  ein  schmutziges 
Gelb ;  die  Krystalle  selbst  sind  in  concentrirter  Kalilauge  an- 
löslich, lösen  sich  aber  leicht  in  Aetzammoniak  zu  einer 
pfirsichblüthfarbenen  Flüssigkeit ,  aus  welcher  Essigsäure  das 
Gelöste  in  Flocken  fällt.  Chlorgas  entförbt  die  Lösung  der 
Krystalle  fast  augenblicklich  und  präcipitirt  weilse  Flocken. 
Sabniak,  gelbes  und  rothes  Blutlaugensalz,  Ghlorcalcium  und 
einfadi-essigsaures  Bleioxyd  verändern  die  Lösung  der  Kry- 
stalle nicht ;  basisch-essigsaures  Bleioxyd  macht  sie  opaKsiren 
und  auf  Zusatz  von  Ammoniak  scheiden  sich  schmutzig-weifse 
Flocken  aus ;  salpetersaures  Silberoxyd  bewiiitt  eine  schwache 
Opalescenz;  Quecksilberchlorid  giebt  nur  im  Ueberschusse 
zugesetzt  einen  weifsliehen  Niederschlag;  schwefebaures 
Kupferoxyd  scheidet  erst  nach  einiger  Zeit  einen  blafsgrün- 
lichen  Niederschlag  aus;  aalpetersaures  Quecksilberoxydul 
so  wie  zweibcb-chromsaures  Kali  bewirken  erhebliche  weide 


Substanz  am  dem  Blute.  381 

Niederschläge;  das  Millon'sche  Reagens  giebt  die  bei  Pro- 
teinkörpern gewöhnliche  Reaction. 

Bei  dem  Erhitzen  der  Krystalle  auf  160  bis  170*  be- 
ginnen diese  sich  zu  zersetzen,  unter  Entwicklung  eines 
bornartigen  Geruchs,  der  sich  jedoch  hier  schwächer  zeigt 
als  bei  den  anderft  eiweifsartigen  Stoffen ;  es  findet  starkes  Auf- 
blähen und  bei  stärkerem  Erhitzen  Entwicklung  entztindlicher 
und  mit  heller  Flamme  brennender  Dämpfe  statt. 

Da  die  Krystalle  nicht  luftbeständig  sind,  liefs  sich  der 
Gehalt  an  Krystallwasser  nicht  genau  bestimmen;  er  wurde 
zwischen  15  und  19,9  pC.  variirend  gefunden.  Die  Tollkom- 
meu  ausgetrockneten  Krystalle  zogen  an  mäfsig  feuchter  Luft 
bei  etwa  15®  11,1  bis  11,3  pC.  Wasser  an. 

In  den  getrockneten  Krystallen  wurde  der  Gehalt  an 
Asche  zwischen  0,8  bis  1,3  pC.  wechselnd  gefunden;  die 
Asche  enthielt  zuweilen  45  pC.  Eisenoxyd  neben  phosphor- 
sauren  Salzen;  der  lösliche  Theil  derselben  reagirte  neutral 
und  enthielt  weder  kohlensaure  Alkalien  noch  Chtornatrium 
oder  Chlorkalium. 

In  einer  dritten  Mittheilung*}  macht  Lehmann  fol- 
gende Angaben  ttber  die  Resultate  der  weiteren  Untersuchun- 
-  gen,  welche  er  über  diese,  jetzt  von  ihm  als  BdmatokrystaUm 
bezeichnete  Substanz  angestellt  hat. 

Er  überzeugte  sich,  dafs  weder  die  Abwesenheit  von 
Fibrin  noch  die  Anwesenheit  von  Serum  zur  Bildung  der 
Krystalle  nothwendig  ist.  Wenn  man  z.  B.  fein  geschnittenen 
Blutkuchen  von  Meerschweinehen  oder  Katzen ,  Hunden  u.  a. 
drei-  oder  viermal  mit  einem  gleichen  Volum  Wasser  anrührt 
und  auswascht,  so  kann  man  selbst  aus  den  letzten  Aus- 
wascbflttssigkeiten,  die  gewifs  nur  Spuren  von  Serumbestand- 
theilen  enthalten,   nach  dem   unten  zu  beschreibenden  Ver- 


*)  Berichte  d.  GcwHacb.  d.  WineiMcb.  sn  Leipsif  f.  18&3^  II,  101. 


382  V^her  eme  krysiattiskbare  €rgrtm$eke 

fahren  die  schönslen  und  reinsten  Krystalle  «rfcallen;  ans 
dem  Senun  selbst  waren  aber  auf  keine  Weise  denen  des 
Himatokrystallins  iknliche  KrysfaOe  in  erhalten.  DaEs  die 
Gegenwart  von  Fftrtn  der  Aasscheidung  von  BämatokrystalKn 
eher  i&rderüch  als  hinderUch  ist,  geht  s.  B.  darans  hervor, 
dafs,  wenn  man  aerscbnitlenen  oder  in  einem  feinen  Brei 
aerquelschten  Bhitknchen  von  Mensohen,  Hunden,  Meer- 
schweinchen, Igeln  u.  a.  wlederholl  mit  Wasser  answasdft  nnd 
dann  an  der  Lnik  am  Lichte  einige  Zeil  liegen  lifst,  der  vor- 
her dunkelblaorothe  ROduitand  sich  aOmilig  hellsinnoberrolh 
fkrbt  nnd  unter  dem  Mikrosoep  die  schönsten  Kryslatte 
»eigt 

Hinsichtlich  der  Ansscheidong  des  Hfinalokrystdlitts  be- 
stätigte es  sich,  dab  diese  nicht  auf  einer  Verdnnstnng  des 
Lösnngsnntlels  bemhl ;  und  der  Umstand,  dafs  diese  Ausschei- 
dnng  an  derLnft  stattfindet,  veranlafste  Lehmann  zu  unter- 
suchen ,  ob  der  Sauerstoff  oder  die  Kohlensäure  der  Lull  hier 
von  Einflufs  sey.  Die  Behandfaing  des  Bluts  mit  Sauerstofl^s 
gtib  nur  wenige  Krystalle,  aber  als  in  so  behanddtes  Blat 
Kohlensäure  eingeleitet  wurde,  trabte  sich  die  Flüssigkeit  bald 
von  ausgeschiedenen  Krystäilohen  des  Hämatokrystallins.  Al- 
leinige Anwendung  von  Kohlensäure,  ohne  voigängige  von 
Sauerstoff,  war  von  nur  sehr  geringem  Einfluls  auf  die  Bildung 
der  Krystalle.  Von  wesentlichem  Biatufs  erwies  sich  aber 
noch  die  Binwirining  des  Lichts ,  sofern  aus  demselben  Bhit 
bei  AbscUufs  des  Lichtes  weniger,  bei  directer  Bin  Wirkung 
des  Sonneidichts  aber  am  meisten  Hämatokryatallia  erhaltea 
wurde. 

Zum  Zweck  der  Darstdlung  des  HämatokrystaHins  mnfs 
die  Sauerstoffeinwirkang  der  Kohlensäureeinwirkuag  voraus- 
gehen ;  soll  möglichst  viel  Hämatokrystallin  erhallen  werden, 
so  ist  das  Blut  mit  Sauerstoff  voUkommen  zu  sättigen,  ehe 
man  Kohlensäure  einwirken  läist    Oaonisirler  Sanersloff  war 


Sttbsianz  am»  dem  Bbiie.  .  383 

akne  heoMridichea  Efaiflub  wf  die  Kryslam>fldung.  Wasserstoff 
konnte  zum  Zweck  der  Darsiellupg  von  Hfimatokrystallin  die  Koh* 
lensiure  nicht  erseUten,  schien  aber  ähidiches  zu  bewirken,  wie 
das  Saneirstoffgas,  sofern  erst  mit  WasserstoQg[as  und  dann  mit 
Kohlensäure  behandeltes  Blot  erhebliche  Mengen  Httmatokrystallio 
lieferte.  Durch  Slickoxydulgas  schien  bei  der  Darstellung  des 
littmatokrystallins  das  Sauerstoffgas,  wenn  auch  nicht  vollständig, 
ersetzt  werden  zu  können.  Kohlenoxydgas  färbte  das  mit 
Wasser  versetzte  Blut  sehr  dunkel,  fast  schv?arz,  und  ver« 
nichtete  in  jedem  Falle  die  Krystallisationsfähigkeit  des  Blutes, 
noehte  es  nach  Behandlung  des  Bluts  mit  Sauerstoff  oder 
vorher  mit  dem  Blute  in  Berillhining  gebracht  worden  seyn, 
oder  modite  das  mit  KoUenojiyd  impvägnirte  Blut  auch  noch 
so  lange  mit  Sauerstpff  und  Kohlensäure  behandelt  worden 
seyn;  es  wirkte  selbst  auf  die  schon  gebttdeten  Krystalle 
zersetzend  ein. 

Als  das  beste  Verfahren  zur  Darstellung  der  Krystalle 
aus  d^n  Blut  empfieht  Lehmann  folgendes.  Das  Blut  wird 
in  einem  tarirten  Geräfse  aufigefangen  und,  wo  möglich  vor 
vollständiger  Gerinnung,  mit  etwa  dem  gleichen  Gewicht  oder 
Volum  destiUirten  Wassers  gemischt  j  ^e  der  Blulkuchen  sich 
eontrahirt  hat  oder  zu  contrahiren  (Serum  auszupressen}  an* 
fängt,  wird  er  mit  einer  Coop  er 'sehen  Scheere  in  mäbig 
kleine  Stacke  zerschnitten.  Zur  weiteren  Zerkleinemng  des 
Faserstoffs  und  möglichster  Befreiung  desselben  von  Blut- 
klMrperchen  iUUt  ihn  Lehmann  in  eine  Spritze,  deren  offe- 
nes Ende  mit  einer  siebförmig  dturcUi^cherten  Platte  geschlos- 
sen werden  kann,  und  preist  ihn  durch  die  Löcher  der 
letzteren  auf  ein  Leinwfindflilter ,  aus  w.elchem  durch  end- 
Uobes  Ausj^ressen  die  cmorreiche  Flüssigkeit  gesammelt  wird. 
3ei  Anwendung  gröbeirer  Mengen  Blut  ist  es  vortheilhafter) 
das  ungewässerte  Bbit  erst  vollständig  gerinnen,  den  Blut- 
kuchen  siph  contrahiren   zu   lassen   und   das   ausg^refste 


384  üeber  eme  knfMiallmrbare  argmriMche 

m 

Seram  abzogiefgen,  ehe  man  denselben  gfröblich  zerschneide!  und 
in  die  Spritze  bringt ;  der  auf  dem  LeinwandMter  yerbldbende 
Faso-Stoff  wird  dann  mit  so  viel  Wasser  ausgewaschen,  dafs  die 
durchgehinfene  Cmorllttssigkeil  etwa  mit  dem  gleichen  oder  an* 
derthalbfachen  Volumen  Wasser  verdünnt  ist  Durch  die  in  einen 
Glaseylinder  aufgesammelte  Cmorflüssigkeit  wird  nnn  eine 
halbe  Stunde  lang  Sanerstoffgas  geleitet,  so  dafs  sidi  Gart- 
wührend  auf  ihref  OberIMche  grofsblasiger  Scliaum  befindet 
Leitet  man  dann  Kohlensäure  durch  die  Plilssig^dt ,  so  be- 
ginnt die  Krystallbildung  gewöhnlich  schon  nach  5  Minuten ; 
wird  die  Behandlung  mit  KoUensinre  10  bis  15  Minuten  lang 
fortgesetzt,  so  wird  die  Tritbung  sehr  bedeutend  und  beim 
blofsen  Stehen  hat  sich  dieKrystallsubstanz  mi  Veriaufyon  zwei 
Stunden  voHatindig  ausgeschieden.  —  Dodi  scheidet  sich  das 
HämatokrystalKn  auf  diese  Art  nur  aus  dem  gewässerten 
Blute  von  Meerschweinchen,  Ratten,  Mäusen  und  Oberhaupt 
solcher  Thiere  ab,  welche  tetra«dri$ch  krystallisirtes  Hämato- 
kryslaUin  geben.  Beim  Blut  anderer  Thiere,  deren  Htimalo- 
krystallin  in  Prismen,  sechsseitigen  Tafeln  oder  Rhomboädem 
krystallisirt,  lassen  sich  durch  noch  so  lange  fortgesetztes 
Einleiten  von  Sauerstoff  und  Kohlensäiffe  keine  ErystaHe  er- 
halten; das  in  den  letzteren  Formen  krystaHisirende  Hämato- 
krystallin  ist  weit  löslicher,  als  das  tetralMirische ,  ersteres 
löst  sich  in  etwa  90,  letzteres  in  etwa  €00  Theilen  Wasser. 
Zur  Gewinnung .  des  in  anderen  Formen ,  als  der  Tetraöder- 
form,  krystallisirenden  Hümatokrystallins  ist  jedoch  auch  die 
Verdünnung  der  Cruorfittssigkeit  mit  Wasser  unerläfslich ;  um 
das  Hämatokrystallin  weniger  löslich  zu  machen  und  auszo-*» 
scheiden,  ist  in  diesen  Fällen  der  Zusatz  von  etwas  Weffr- 
geist  zu  der  gewässerten  Cruorfittssigkeit,  vor  oder  nach  der 
Behandlung  mit  Sauerstoff  und  Kohlensäure,  nothwendig; 
manchmal  kann  auch  an  der  Stelle  von  Weiageisl  etwas 
Aether  mit  gleich  gutem  Erfolge  zuges^^t  werden. 


• 

Substm9  aus  dem  Bhiie.  38S 


Das  so  dargestellte  HimatokrystaUiii  ist  üidefs  noch 
rein ;  es  enthält  noch  andere  Beslandtheile  des  Bluts  (namenl*- 
lieh,  Lymphkdrperchen  und  Rudknente  farbiger  Blatz^Uen) 
beigemengt,  die  sich  durch  ScUttmmen  mit  Wasser  oder  wis- 
serigem  Weingeist  nicht  vollständig  entfernen  lassen.  Aus 
der  Lösung  des  Hämatokrystallins  dassdbe  in  irgend  grMMH 
ren  Mengen  umkrystalUsirt  zu  erhalten,  gefamg  nicht.  Unter 
dem  Kikroscop  oder  ii^  einer  dttnnen  Schichle  in  einer  sehr 
flachen  Schale  der  freiwilligen  Verdunstung  überlassen,  zeigte 
die  Lösung  zwar  wieder  Krystallbildung ,  aber  bei  der  frei» 
wfliigen  Verdunstnng  grOfserer  Mengen  Lösung  an  der  Luft 
trat  Zersetzung  des  HämatokrystaHms  ein.  Auch  im  leeren 
Räume  bildete  die  Lösung  keine  Krystalle  und  büfale  dabei 
ihre  Krystallisationsflhigkeit  sogar  vollständig  ein,  was,  wie 
es  scheint,  mit  dem  Entweichen  einer  geringen  Menge  Kohlen* 
säure  in  Zusammenhang  steht,  welches  unter  diesen  lAnstän- 
den  stattfindet  Einer  im  leeren  Räume  gewesenen  LösM^f 
von  Hämatokrystallin  liefs  sich  weder  durch  Behandlung  mit 
Kohlensäure,  noch  durch  die  mit  Sauerstoff  und  Kohlensäure, 
noch  durch  Zusatz  von  Weingeist  oder  Aether  die  Krystalli- 
sationsfahigkeit  wiedergeben. 

Das  aus  Hnndeblut  dargestellte  Hämatokrystallin,  wel- 
chem noch  Blutkörperchenhüllen  u.  a.  beigemengt  waren,  gab 
nach  der  Behandlung  mit  Alkohol,  Aether  und  Wasser  und 
getrocknet  bei  der  Analyse  (nach  Absug  der  Asche)  fol- 
gende Zahlen  : 

L         n.        HL 

Kohlenstoff 55,41  55,24  55,18 

Wasserstoff 7,08  7,12  7,14 

Stickstoff 17,27  17,31  17,40 

Sauerstoff  mit  etwas  Schwefel  20,24  20,33  20,28 

Trockene,  mit  Wasser,  Alkohol  und  Aether  ausgelaugte 

Krystallsubstanz  aus  Hundeblut  gab  in  3  Versuchen  0,25S; 

0,306  und  0,248  pC.  Schwefel;  ebenso  dargestellte  Krystall* 


aus  leenehweiacheiibliil  Q^M;  0^405  md  <VM6  |iC 


MnrofeL 

Lahnaaii*«  Beaidtito  tttier  den  Ascfaeagehall  des  Eioialo- 
faryattBiiii'Mtf  MewschweiBckeobkil  wurden  schon  oben  (S.381} 
■ygeUieai.  In  den  nril  Aikokol»  Aeihmr  und  aied^dem  Walser 
avagelraftai  HinalokryaUUni  ans  Amdeblot  fand  er  0,718 
bb  0,938  pC.  Asche;  in  solchem,  welches  nnr  im  leeren 
Banne  f  elracknet  aber  nioht  mii  den  genannten  Flttss^^i- 
ttn  extnMri  worden  war,  1,823  bia  1,392  pC.  Ajche.  Alle 
Aschen  enifaiellen  haopIsttcUich  Eisenoxyd,  neben  die- 

aber  Tenngsweise  metaphosphorsaure  Saiae  (in  dem  10»- 
Kehen  nnverinderten  Httmatokrysiailin  isl  gewahnliche  Phos- 
j^KWsinre  enthalten),  an  Basen  Kalk»  Magnesia  und  etwas 
Krii,  femer  geringe  Mengen  von  SckweMsilure,  aber  weder 
Chlor  nooh  Matron.  —  Die  Asche  der  KrystaDe  ans  Mear- 
schwainchenbhit  (I.)  und  ans  Hundehlnt  (IL)  ergab  die  Zn- 
sanmenseignng  : 


^ 

L 

n. 

Eisenoxyd    .    . 

48,648 

63,842 

PhospborsBure . 

18,750 

19,814 

Kalk    ...    . 

'5,314 

5,963 

Magnesia     .    . 

1,411 

0,970 

Chloriuliam 

22,964 

5,212 

Sekw«feb.  Kalk 

2,364 

3,456 

99,491    99,259. 

INe  Alehe  der  coignXrten  und  ansgewascbeuen  Krystallr 
snbstans  enthielt  91  bis  95,8  pG.  Eisenoxyd  und  9c|»ea  diesem 
nur  phosphorsaure  Salze. 

Lehmann  hebt  ausdrücklich  hervor,  dafs  die  untersuch- 
ten Proben  Uimatokrystallin  noch  erhebliche  und  veränder- 
liche Mengen  HOHen-  und  Kemsubstanz  der  farbigen  und  der 
farblosen  Blutkörperchen  enthieRen ;  bei  Veiauchen,  die  Menge 
dieser  Veronreinigungnn  zu  besUnnaen,  wo  die  KrystaUe  im 
leeren  Itanme  gairocknel  und  gewogen,  .dann,  bi  Wasser  ge- 


i 


Suktkms^  aus  dem  BM^  387 

löst  und  die  Hallen-  und  die  Kernsubstanz  als  unlösliolie 
schleimig^e  Masse  auf  einem  Filter  gesammelt  worden,  ergab 
sieb  das  Gewicht  der  letzleren  zu  9,4  bis  16,9  pC.  vom  Ge* 
wicht  der  im  leeren  Baume  getrockneten  Kry stalle. 

Lufttrockenes  prismatisches  Hämatokrystallin  aus  Hunde- 
blut verlor  im  leeren  Räume  9,790  pC,  und  die  getrocknete 
Substanz  zog  an  der  Luft  bei  etwa  15®  während  14  Tagen 
wieder  9,545  pC.  Wasser  an;  die  letztere  wieder  wasserhal- 
tig gewordene  Substanz  verlor  bei  120®  9,097  pC.  Wasser» 
lieber  die  Hygroscopicität  des  Hämatokrystallins  aus  Meer^ 
sehweinchenblut  vergl.  S.  381. 

Aether,  Alkohol  und  dann  auch  Wasser  ziehen  aus  dem 
Hämatokrystallin  verschiedene  Substanzen  aus,  die  indeb 
meist  schon  Zersetzungsproducfe  dieses  Körpers  sind,  denn 
das  Hämatokrystallin  geht  hierbei  in  den  unlöslichen  Zustand 
ttber,  unter  Abscheidung  mehrerer  organischer  Materien  und 
saurer  Mineralsalze.  I  und  II  sind  die  mit  tetraädrischem, 
III  die   mit  prismatischem  Hämatokrystallin  (aus  Hundeblut} 

erhaltenen  Resultate  in  Procenten  ausgedrückt  : 

I.  11.  IIL 

Bxtract  durch  Aether  und 

wasserfr.  Weingeist    .     0,705     0,730     1,220 

Bxtract  durch  Weingeist  von 

83  pC 1,225     1,236     0,610 

Extract  durch  Wasser  .    .     0,623     0,322     0,3^ 

Ungelöstes 97,138   96,898   97,534 

99,691    99,186   99,712. 

In  dem  ätherisch-alkoholischen  Auszug  ist  Fett  enthalten, 
welches  von  den  Verunreinigungen  herrührt.  Der  weiiigei- 
stige  Auszug  röthet  Lackmus  und  enthält  saure  phosphor- 
saure Salze  nebst  organischer  Materie;  zugleich  enthält  die 
Asche  dieses  Extracts  immer  auch  etwas  Eisen.  Der  wässe- 
rige Auszug  enthält  je  nach  der  Dauer  des  Kochens  ver- 
schieden viel  gelöst,  und  bei  wiederholtem  Auskochen  der 


38B  Üeber  ekm  krgtiatthirbm'e  örganiicke 

Snbsloui   nril   neaen  Mengen  Wasser   wurde   imnier    noch 
etwas  gelöst. 

Fihrirte  Lösungen  des  prismatischen  Hämatokrystallins 
aus  Hundeblut  hinterliefsen  0,48  bis  3,15  pC.  bei  120^  ge- 
trockneten festen  Rückstand. 

Bei  dem  Coaguliren  des  Hämatokrystallins  in  einer  vor 
dem  Sieden  mit  ^  ihres  Volums  an  Weingeist  versetzter  Lö- 
sung ergab  sich ,  dafs  nicht  Alles  Gelöste  in  das,  Coagulum 
ttberging,  sondern  100  Th.  des  ersteren  gaben  97,95  Th. 
Coagulum.  Die  vom  Coagulum  abgelaufene  Flüssigkeit  zeigte 
saure  ReacUon  auf  Lackmus,  und  enthielt  saure  phosphor- 
saure Salze  von  Alkalien,  Kalk  und  Magnesia  nebst  einer 
organischen  Säure,  welche  mit  den  meisten  Basen  lösliche, 
syrupartige,  nicht  krystallisirbare  Salze  bildet.  Lehmann 
betrachtet  es  hiernach  als  erwiesen,  dafs  sich  bei  dem  Ge- 
rinnen des  Hämatokrystallins  von  dieisem  saure  phosphorsaure 
Salze  und  eine  saure  organische  Materie  abspalten,  und  er 
glaubt  vorläufig  die  lösliche  Krystallsubstanz  als  eine  Ver- 
bindung einer  gepaarten  Phosphorsäure  ansehen  zu  dürfen, 
welche  beim  Erhitzen  in  die  coagulirte  Materie  und  freie 
Phosphorsäure  oder  saure  Phosphate  zerfalle* 

Lehmann  erinnert  noch  an  Berzelius'  Beobachtung, 
dafs  bei  dem  Gerinnen  der,  vorher  schwach  alkalischen, 
Lösung  des  Globulins  der  KrystalUinse  eine  saure  Flüssig- 
keit entsteht,  fügt  aber  hinzu,  dafs  nach  seinen  Erfahrungen 
das  Auftreten  saurer  Reaclion  hier  nicht  durch  Phosphor- 
säure, sondern  durch  eine  organii^che  Säure  verursacht  wird. 
Das  Globulin  scheint  auf  den  ersten  Blick  auch  darin  einige 
Aehnlichkeit  mit  dem  Hämalokrystallin  zu  haben,  dafs  auch 
das  erstere  aus  seiner  wässerigen  Lösung  durch  Kohlen- 
säure ausgeschieden  wird;  doch  ist  der  Niederschlag  des 
Globulins    stets   vollkommen   unkrystallinisch    und    löst   sich, 


Siikitan»  äu$  dem  BhOe, 

wenn  er  mit  der  Flüssigkeit  an  der  Luft  steht  oder  Sauer- 
stoff eingeleitet  wird,  wieder  voltständig  auf. 

Als  vier  verschiedene,  der  Httmatokrystallin*  Gruppe  an- 
gehörige  Verbindungen  unterscheidet  Lehmann  : 

i)  Das  jnisnuiHsche  Hämatokrystallin,  aus  dem  Blute  der 
meisten  Thiere,  namentlich  dem  Milzvenenblute  der  Pferde 
und  Hunde,  dem  Blute  der  Fische,  dem  Blute  des  Igels  u.  a. 
Lehmann  rermuthet,  dafs  auch  noch  unter  dieser  Abthei- 
Inng  verschiedene  Arten  Hämatokrystallin  jetzt  zusammen* 
gefafst  werden  und  später  zu  sondern  sind. 

2}  Das  telraSdrüche  Hämatokrystallin,  das  sich  auch  in 
anderen  Formen  des  regulären  Systems  zeigen  kann,  aus 
dem  Blute  des  Meerschweinchens,  der  Ratte  und  der  Maus; 
es  ist  die  schwerlöslichste  unter  den  verschiedenen  Hämato- 
krystallin -  Arten. 

3)  Das  hexaganale  Hämatokrystallin,  aus  dem  Blute  des 
Eichhörnchens;  es  bildet  entweder  grofse  sechsseitige  Tafi^ln 
oder  sechsseitige,  rosettenförmig  gruppirte  Prismen,  ist  etwas 
löslicher  als  das  tetraödrische,  aber  viel  schwerer  löslich  als 
das  prismatische. 

4}  Das  rhomboidrische  Hämatokrystallin,  aus  Hamster- 
blttt;  es  krystailisirt  bei  aihnäliger  Verdunstung  in  Rhom*' 
holdem  von  etwa  60^  und  120.,  durch  Einleiten  von  Satter^ 
Stoff  und  Kohlensäure  in  die  Cruorflüssig^eit  dargestellt  in 
äufserst  feinen  sechsseitigen  Tafeln,  und  scheint  hinsichtHcb 
seiner  LösUchkeit  zwischen  dem  hexagonalen  und  prismati- 
schen zu  stehen. 

Will  man  ein  Blut  unter  dem  Mikroscop  auf  seine  Kry^ 
stellisirbarkeit  prüfen  oder  eine  reine  HämatokrystalKn-Lösung 
zum  Krystallisiren  bringen  (welches  letztere  nicht  immer  so 
leicht  ist),  so  läfst  man  einen  Tropfen  davon  einige  Zeit  ail 
der  Luft  stehen  und  baucht  ihn,  wenn  es  gewässertes  Blut 
ist,  einigemal  an,  läfst  ihn  dann  so  weit  verdunsten,  dafs  der 


MO  Debet  ekm  knfeUUeMmre  mjgmmeeke 


ttmd  des  Tropfens  eüisalrooknen  (mlfaigi,  wd  kedackl  ikn 
dMiB  erst  mil  dem  Deckpttttehen ;  die  Fllbrigkeii  bralel  üdk 
dion  Aber  den  eingetrodaeteB  Ring  aus,  an  diesem  btMen 
•ick  aber  nun  am  leichtestai  Krystalle  und  diese  meist  tob 
rekti?  bedeutender  GrdEie. 

Das  prismalisdie  HimatokrystalUn  (rem  tknMUn£)  md 
das  telraMrisdie  (dessen  Reaetionen  S.379r«  angegeben 
den}  seifen  in  ihrem  chemischen  Verhaken  keine 
liehen  Unterschiede  and  meist  nur  sokhe»  die  dnrdi  die 
gröbere  Löslichkeit  des  ersteren  rerarsacht  sind.  Dib  Ld- 
anng  des  prismatisdiea  beginnt  swiseheii  A4  nnd  65*  zn 
gerinnen.  Sahtstture  nnd  Schwefelsftnre  geben  darin,  aber 
nmr  wenn  sie  concentrirt  ist,  Fillnngan. 

Die  Ton  Panum  mid  von  Melsens  Ar  das  Albomin 
hervorgehobene  Eigenschaft,  aus  mit  Essigsäofe  angeainerter 
Fltssigkdt  dmrch  neutral»  Alkalisaise  nnd  aas  einer  mit  sd- 
ehem  Salse  gesättigten  Lösung  durch  BssqpBlfmne  geffllt  sn 
werden,  kommt  allen  s.  g.  Protei*nsubslanxen  nnd  auch  dem 
Bimatokrystallin  su.  Das  auf  diese  Art  umgewandelte  Hiomto- 
krystsllin  kann  durch  Lösen  in  Wasser  und  FiHen  nmt  Chler> 
natriumi  Chlorammonium,  sdiwefelsanrem  Natron  a.  a.  frei 
▼on  Sfiure  erhalten  werden.  Es  bildet  dann  -einen  blab- 
bfiunlichen  amorphen  Niederschlag,  welcher  frisdi  gefkBt  in 
feinem  Wasser  etwas  anfquiQt  nnd  sidi  dann  leicht  lOst 
(durch  Liegen  an  der  Luft  oder  durch  Biatrocknen  wird  er 
in  Wasser  fast  nnlOslich).  Die  Lösung  kann  ohne  Trübung 
gekocht  werden,  aber  auf  Zusatx  von  Alkälisah  tritt  be 
schon  um  so  niedrigerer  Temperatur  Füllung  ein,  je  mdir 
Salz  sugeftagt  war.  Durch  Weingeist  wird  die  Lösung  nicht 
getrübt;  ^IpelersHure  und  Schwefelsliure  bewirken  reichliche 
NiederschUfige,  Salzsäure  nicht;  schwefehMare  tfagnesia,  Alaun, 
Schwefels.  Kupferoxyd,  Bis^dilorid,  Zinnchlorttr  und  einlhch- 
essigsaures  Bleioxyd  bewirken  käne  Fällung,  wohl  aber  ba» 


SitbUm»  ms  dem  Bkth.  391 

rifok^ei0ig0fliiM(i  Bltlhxfij  M^elersaoret  Silberoxyd,  Ottedi«* 
sflbercblorid,  salpetersaures  Qaecksilberoxydut  und  Kalimn*^. 
eisencyantlr.  Bei  der  Umwandlung  des  Hilmatokrystalluis 
durch  AusnUen  miUelsl  Chlorammonium  aus  der  essigsaureii 
Läsung  geht  es  vollständig  in  die  abgeänderte  ModificaUou 
über»  ohne  dab  eine  andere  organische  Substani  geMsl  bUebe« 
Wird  eine  schwach  saure  Lösung  des  umjgewandelleii 
HäiMitofcrystallins  mit  rerdttnnter  Kalilösung  vorsichtig  ne«^ 
Irriisirty  so  entsteht  ein  Miederschlag  von  wiederum  abgeäa* 
derten  Eigenschaften,  welcher  sich  leicht  filtriren  läfsl,  aber 
beim  Auswaschen  in  Wasser  wieder  löst;  die  reine  Lö8mi| 
gUbi  beim  Brhitiett^  ein  Coagulmn  bräunlieber  Flodten,  aber 
selbst  der  kleinste  Zusatz  von  Essigsäure  hebt  diese  Oeriiift» 
bailGeit  auf.  Die  wässerige  Lösng  wird  gefällt  durch  Sal« 
pelersänre,  durch  stark  ttberschüssig^  Salisäure,  durch  Schw«« 
feisäure  (letsterer  Niederschlag  löst  sich  in  iberschtissiger 
Schwefelsäure};  unter  den  Salzen  bewirkt  nur  das  salpeter» 
saure  QuecksUberoxydul  einen  permanenten  Niederschlag, 
andere  Salze  geben  keinen  oder  einen  im  Ueberschufs  des 
FäUunfsuMttels  lösUcfaen  Niederschlag.  Die  Lösung  scheidet 
beim  Stehen  an  der  Luft  allmälig  einen  nicht  krystaliintschen 
sehmntzig  -  fleischfarbenen  Niederschlag  aus;  der  in  Wasser 
suffpendirte  Niederschlag  wird  durch  Einleiten  von  KoUen* 
säure  gelöst  und  bei  darauf  folgendem  Einleiten  von  Sauer»* 
Stoff  wieder  ausgeschieden. 


c.   Analytitcbe  Beitrif^e. 

Ueber  die  Bestimmung  des  Ammoniakgehalts  in  Wasser. 


Boussingault*}  haf  Untersuchungen  fiber  den  Am- 
moniakgehalt von  Regen -y   Schnee-,   Flufs-,   Quell-   und 


«}  Ana.  dk  pkyi.  [S]  XtXVL,  257. 


Sn    Tefttfr  die  Bestimtmmg  de$  AwmumiakgihnUi  im  Waster. 

BruMDwasier  angresleDt    Seine  Methode,  iem  Gehall  etaes 
Wassers  an  Ammoniak  zu  bestimmen,  gründet  sidt  daraaf, 
daCs  bei  der  Destillation  von  Wasser,  das  nar  wenig  Admbo- 
niak  enthält,  dieses  sich  schon  in  den  ersten  Portionen  des 
Destillats  vollständig  vorfindet  Er  destiUirt  von  1  Liter  Wasser, 
welchem  zur  Zersetzung  der  darin  enthaltenen  Ammoniaksalze 
und  ZOT  Bin'dung  der  Kohlensäure  etwas  Aetzkali  zugesetzt 
isl,  400  Cubikcentimeter  ab,  bei  guter  Abkühlung  und  mit 
der  Vorsicht,  dafs  Nichts  von  dem  siedenden  Wasser  mecha- 
nisoh  in  das  Destillat  übergerissen  werde.    Die  Menge  den 
Aounoniaks  im  Destillat  bestimmt  er  dann  volumetrisch  nach 
Piligot's  Methode,   für  ammoniakreicheres  Wasser  anter 
Anwendung  einer  verdünnten  Schwefelsäure,  welche  in  1  Lh* 
ter  61,250  Grm.  Schwefelsäurehydrat  enthält  und  von  weldier 
10  Cubikcentimeter  0,212  Grm.  Ammoniak  zur  Neutralisation 
bedttrf(Mi,'  und  einer  verdünnten  Lösung  von  Aetzkali,  von 
welcher  bekarait  ist,  wieviel  Cubikcentimeter  derselben  ein 
bestimmtes  Volum  der  verdünnten  Schwefelsäure  neutralisiren. 
Es  brauchen  z.  B.  10  CC.  verdünnte  Schwefelsöure,  nachdem 
sie  mit  40  bis  50  CC.  Wasser  vennischl  und  mit  dnigen 
Tropfen  Lackmustinktur  roth  gefUrbt  worden  sind,  33»2  CC. 
der  Kalilösung,  damit  die  Farbe  der  Flüssigkeit  ins  Blaue 
spiele  Cdie  blaue  Färbung  der  Flüssigkeit  gebt  später  wieder 
in  Roth  über;  der  zu  treffende  Punkt,   wo  die  Menge  der 
verbrauchten  KaUlösung  notirt  wird,  ist  der,  wo  die  Flüssig* 
keit  in  ihrer  ganzen  Masse  zuerst  bläuliche  Färbung  zeigt}; 
wenn  10  CC.  der  verdünnten  Schwefelsäure,  die  mit  ammo- 
niakalischem  Destillat  versetzt  und  dann  mit  etwas  Lackmus- 
tinktur gefärbt  wurden,   nur   13,5  CC.  Kalilösung  (entspre- 
chend 4,066  CC.  Schwefelsäure}  bis  zum  Eintreten  der  blauen 
Färbung  brauchen,  so  waren  10  —  4,066  =:  5,934  CC.  Schwe- 
felsäure schon  durch  das  in  dem  Destillat  enthaltene  Ammo- 
niak  neutralisirt  und  letzteres  beträgt  0,1258  Grm.  (10  :  0^12 


Debet  die  BeiHkamng  des  AmmouiakgehalU  m  Wasser.    393 

^  5,934  :  0,1258).  Bei  geringem  Ammoniakgehalt  der  xu 
prüfenden  Flüssigkeit  nimmt  man  die  Schwefelsäure  und  die 
Kalilösung  noch  verdünnter;  die  Glasgertfthe,  welche  man  zu 
diesen  Versuchen  anwendet,  müssen  vorher  mit  concentrirter 
Schwefelsäure  behandelt  werden,  weil  namentlich  noch  nicht 
gebrauchtes  Glas  etwas  Alkali  an  saure  Flüssigkeiten  abgiebt; 
von  der  alkalischen  Lackmustinktur  mufs  man  immer  dieselbe 
Anzahl  Tropfen  zur  Färbung  derselben  Menge  verdünnter 
Säure  anwenden,  und  endlich  thut  man  wohl^  die  verdünnte 
Kalildsung  durch  Auflösen  von  neutralem  schwefelsaurem  Kali 
specifisch  schwerer  zu  machen,  damit  sie  bei  Zusatz  zu  der 
sauren  Flüssigkeit  in  derselben  untersinke  und  sich  rascher 
damit  mische. 

Bei  Versuchen,  wo  reinem  (ammoniak-  und  kohlensäure- 
freiem) Wasser  bekannte  Mengen  Ammoniak  oder  Ammo- 
niaksalz zugesetzt  wurden,  liefs  sich  nach  dem  obigen  Ver- 
fahren die  Menge  des  in  der  Flüssigkeit  enthaltenen  Ammo- 
niaks auf  weniger  als  ^Milligramm  wiederfindßn.  War  dem 
Wasser  eine  kleine  Menge  stickstoffhaltiger  organischer  Sub- 
stanz (z.  B.  Leim)  zugesetzt,  so  ergab  sich  dadurch  keine 
in  Betracht  kommende  Vermehrung  des  Ammoniaksaizes  im 
Destillat 

Boussingault  theilt  die  Resultate  vieler  einzelner  Ver- 
suche über  den  Ammoniakgehalt  verschiedener  Wasser  mit, 
die  für  die  verschiedenen  Arten  von  Flufswasser,  Quellwasser 
und  das  an  verschiedenen  Orten  und  Zeiten  gesammelte  Re- 
genwasser sehr  verschiedene' Resultate  ergaben.  Im  Allge- 
meinen enthielt  das  Regenwasaer  mehr  Ammoniak,  als  das 
Ffofs-*  und  Ollellwasser,  i  Liter  Regenwassa*,  gesammelt 
am  Uebfrauenberg  an  den  Vogesen,  enthielt  durchschnittlich 
0,79  Milligramm  Ammoniak  (1  Liter  Regenwasser  zu  Paris  ge- 
sammelt hingegen  mehr,  bis  zu  3  Milligramm),  1  Liter  Flufs- 
wasser durchschnittlich  0,17  und  1  Liter  Quellwasser  durch- 

Annal.  d.  Cham.  u.  Pharm.  LXXXVUI.  3d.  8.  Heft.  26  / 


394  ÜOker  die  Erkmmmg  der  Sa^^Mmreämre. 

schnittlick  0,09  MiHigramm  Ammmiiak  (die  Versuche  mit  sol- 
chem  nrunnenwasser  sind  hier  nichl  berttcksichtigt«  welches 
ebne  Zweifel  mit  faoleiMlen  SubstaiuBen  veronreioigt  war; 
1  Liter  BnianenwtfSser  von  Paris  hielt  bis  zu  34 
Ammoniak).  1  Liter  Meerwasser  von  Dieppe  enthielt  0,2 
gramm  Ammoniak;  1  Liter  Rheinwasser  ^  bei  Lauf  erborg  ge- 
schöpft, im  Juni  1853  0,49,  im  October  0,17  Milligrm.  Anuno* 
niak  (bei  dem  letzteren  kleineren  Ammoniakgehalt  filhrt  doch 
der  Rhein  in  24  Stunden  16245  Kilogramm  Ammoniak  bei 
Lauterburg  vorbei).  1  Liter  Wasser  von  firisdi  gefallenem 
Schnee  enthielt  1,78  Milligrm.;  1  Liter  Wasser  von  zu  glei- 
cher Zeit^  gefallenem  Schnee,  der  aber  36  Stunden  lang  anf 
Gartenerde  gelegen  hatte,  10,34  Milligrm.  Ammonidc. 


Ueber  die  Erkeaniuig  der  Salpetersiare. 


E.  W.  D  a  V  y  *)  empfiehlt  zur  Eritennung  der  Sdpeter- 
siure  folgendes  Verfahren,  welches  sich  auf  die  Bfldung  von 
Nitroprussidverbindungen  bei  Gegenwart  auch  nur  geringer 
Mengen  Salpetersäure  und  das  Verhalten  jener  Verbindungen 
zu  Schwefelalkalien  gründet.  Der  auf  Salpetersäure  au  prtt- 
fenden  festen  oder  flüssigen  Substanz  werden  einige  Tropfen 
einer  concenlrirten  wässerigen  Lösung  von  gelbem  Blutlao- 
gensalz  zugesellet,  dann  etwas  reine  Salzsäure  (von  etwa 
1,15  spec.  Gewicht);  die  Mischung  wird  alimälig  auf  71^  C. 
oder  etwas  stärker  erhilzt^  und  nach  dem  Abkühlen  mit  koh- 
lensaurem Natron  oder  kohlensaurem  Kdi  neutralisirt,  welche 
indefs  nur  schwach  überschüssig  zuzusetzen  sind;  hei  Gegen- 
wart von  vielem  Niederschlag  filtrirt  man  und  v^^^it  das 
Fillrat  mit  1  bis  2  Tropfen  einer  L(teang  von  SehwefelMnmo- 


•)  Phil  Mag.  [4]  V,  SSa 


»  , 


ütber  4.  Betümmmg  d.  Salpeim^ffehaltes  in  SeUrfspuher,    395 

niam,  Sohwefelnatriaml  oier  Schwefelkaliuin,  wo  bei  Anwe* 
seoheil  tob  Salpetersäure  eine  vorübergehende  parpame  oder 
violette  Filrbang  entsteht.  Davy  theilt  mit,  auf  diese  Art 
die  in  jl^  Grain  Salpeter  enthaltene  Salpeterstture  nachge- 
wiesen zu  haben. 


lieber  die  Bestinummg  des  Salpetergehaltes  im 

Schieüspolver. 


Uchatius*}  giebt  hierftkr  folgendes  Verfahren  an,  als 
rasch  zum  Sele  fUirend  ond  genaue  Resultate  ergebend. 

20  Gramme  Pulver  werden  mit  etwa  50  Grm.  Bleischrot 
in  eine  Flasche  gebracht,  200  Grm.  Brunnenwasser  mittelst 
einer  tarirten  Saugpipette  zugesetzt,  die  Flasche  wohl  ver- 
stopft und  8  Hinuten  lang  geschüttelt.  Der  im  Pulver  ent- 
haltene Salpeter  ist  dann  vollständig  gel^t;  die  Lösung  wird 
durch  graues  FUefspapier  filtrirt.  172  Grm.  des  Filtrats,  mit 
einer  zweiten  Saugpipette  abgemessen,  werden  in  ein  Becher- 
ghs  ^gebracht,  ein  Thermometer  eingesenkt  und  die  Flüssig- 
keit auf  die  dem  angewendeten  Brunnenwasser  entsprechende 
Normaltemperatur  (vergl.  unten)  gebracht.  Bin  gttserner 
Schwimmer  wird  nun  eingesenkt ,  welche  so  construirt  ist, 
dars  er  bei  einem  Salpetergehalt  des  Pulvers  von  75  pC. 
(oder  in  ebier  Lösung  von  15  Grm.  Salpeter  auf  200  Grm. 
Wasser)  bc$i  der  Normaltemperatur  gerade  noch  zur  Ober- 
fläche aufst^gt,  während  er  in  der  nur  mit  4  bis  5  Tropfen 
Wasser  verdünnteren  Flüssigkeit  zu  Boden  sinkt  Mittelst 
einer  graduirten  Saugröhre  setzt  man  nun  so  viel  einer 
specifisch  schwereren  Probefiü$$i^eii  Nr.  1  oder  einer  leich- 
teren Nr.  2  zu  (deren  Zusammensetaung  unten  angegeben  ist), 


•}  Wien.  Acad.  Ber.  X,  748. 

26' 


396  Veber  die  BeMÜmmmg  d&$  SalpetergekaUei 

dafs  der  Scbwinuner  in  der  Flüssigkeit  das  eben  angegebene 
Verhalten  xeigt  Ans  dem  dazn  ndthigen  Volumen  der  änen 
oder  der  andern  ProbeflHlssigkeit  ergiebt  sich ,  wieviel  weni* 
ger  oder  wieviel  mehr  Procente  Salpeter,  als  75,  in  dem 
untersuchten  Schieispulver  enthalten  waren. 

(Bei  Sprengpul^ern ,  welche  etwir  60  pC.  Salpeter  ent- 
halten, wägt  man  25  Grm.  anstatt  20  Grm.  ab,  verführt  wie 
oben  angegeben,  mufs  aber  das  Endresultat  mit  f  mnltipliciren, 
um  den  Procentgehalt  an  Salpeter  zu  erhalten.^ 

Der  ^Ifiserne  Sdiwknmer  ist  birnförmig ,  mit  einon  nach 
vollendeter  Construction  oben  zugeschmolzenen  Haarröhrchen 
versehen,  mit  Qa^cksilber  beschwert,  so  dafs  er  bei  14  bis 
16*  R.  gleiches  spec.  Gewicht  mit  diner  Lösung  von  15  Grm. 
reinem  trockenem  Salpeter  in  200  Grm.  Wasser  hat. 

För  jede  anzuwendende  Quantität  Brunnenwasser  ist  die 
NürmaUemperaiinr  zu  ermitteln ,  bei  welcher  der  Schwimmer 
und  eine  Lösung  von  15  Grm.  Salpeter  in  200  Grm.  des 
firaglichen  Wassers  gleiches  spec.  Gewicht  haben ,  d.  h.  bei 
wdcher  der  Schwimmer  in  dieser  Lösung  eben  noch  auf- 
steigt, auf  Zusatz  von  3  bis  4  Tropfen  Wasser  aber* nie- 
dersinkt. 

Zur  Lösung,  die  aus  20  Grm.  des  als  Normalpulver  an- 
genommenen Pulvers  von  75  pC.  Salpetergehalt  erhalt^a  wird, 
wären  200  Hilligrm.  Salpeter  zuzusetzen  oder  wegzunehmen, 
um  den  Salpetergehalt  um  /y  oder  um  i  pC.  zu  steigern 
oder  zu  verringern.  Nimmt  man  von  der  Flüssigkeit,  die  aus 
20  Grm.  Pulver  mit  200  Grm.  Wasser  erhalten  wird  und  an- 
nähernd  215  Grm.  wiegt,  wie  oben  angegeben  nur  |  oder 
172  Grm.  zur  Untersuchung,  so  sind  dieser  nur  f  .  200  oder 
160  Milligrm.  Salpeter  zuzusetzen  oder  wegzunehmen,  um 
den  Gehalt  um  1  pG.  zu  steigern  oder  zu  verringern.  Hier- 
nach wird  die  Prob^üssigkeii  Nr.  1 ,  welche  das  an  75  pC. 
Salpeter  im  Pulver  Fehlende  ersetzen  soll,  so  bereitel,  daCs 


im  Sehiefspulver.  397 

man  20  Grm.  Salpeter  in  200  Gm.  Wasser  löst;  7,017  Grm. 
derselben,  welche  auf  der  graduirten  Saug^öhre  1  Volum* 
einheit  mUen  müssen  (die  Volumeinheiten  sind  darauf  indeb 
auch  noch  in 'Zehntheile  getheilt},  enthalten  160  Milligrm. 
reinen  Salpeter  neben  6,857  einer  Lösung,  wie  sie  sich  durch 
Behandeln  von  20  Grm.  Normalpulver  mit  200  Grm.  Wasser 
bilden  m^fste.  Der  Zusatz  von  •  je  1  Volumeinheit  dieser 
ProbeflUssigkeit  Nr.  1  zu  der  in  der  oben  angegebenen 
Weise  erlfaltenen  Flüssigkeit,  damit  die  letztere  bei  der  Nop- 
maltemperatur  von  gleichem  spec.  Gewicht  wie  der  Schwimmer 
werde,  zeigt  an ,  dafs  das  untersuchte  Pulver  1  pC.  Salpeter 
weniger,  als  7S,  enthält.  —  Die  Probeflüssigkeit  Nr.  2,  welche 
einen  Ueberschufs  über  75  pC.  Salpeter  im  untersuchten 
Pdvw  ausgleichen  soll,  wird  durch  Lösen  von  10,184  Grm. 
Salpeter  in  200  Grm.  Wasser  dargestellt;  der  Zusatz  von  je 
7,017  Grm.  derselben,  gleichfalls  1  Volumeinheit  der  Saug- 
pipette füllend,  zu  der  wie  oben  angegeben  erhaltenen  Flüs- 
sigkeit, um  sie  auf  gleiches  spec.  Gewicht  mit  dem  Schwim- 
mer zu  bringen,  zeigt  einen  Mehrgehalt  an  Salpeter  von  1  pC. 
über  75  in  dem  untersuchten  Pulver  an. 


Uaber   die  Reduction   des  Arsens   und  des  Antimons 
aus  ihren  Verbindungen  durch  Cyankalium. 


H.  Rose  hat  Untersuchungen  über  das  Verhalten  des 
Cyankalinms  gegen  die  Verbindungen  mehrerer  Metalle  unter- 
nommen, um  die  für  die  analytische  Chemie  wichtigen  That- 
sachen  festzustellen,  und  zunächst  seine  Resultate  über  die 
Reduction  des  Arsens  und  des  Antimons  durch  Cyankalium 
mitgethe^t  *). 


^  PogS*  Ann.  XC,  193. 


S98    lieber  die  Reducüon  dei  äneme  tmd  des  AtOimm 

Bei  dem  Schmelzeii  von  ArienyerMMtuigcii  Hiit  CyoH 
kalium  wird  das  Anen  zuerst  redocirt  mid  dann  verflilelitigt, 
so  dars  sich  dasselbe  quantitativ  nidit  gut  aaf  diese  Art  bo» 
stimmen  lifst.  Ffir  qualitative  Untersochnng^n  wnrde  das 
Cyankalium  schon  seit  längerer  Zeit  angewendet,  namendich 
bei  Aufsuchung  des  Arsens  in  suchen  Verbindungett ,  in 
denen  es  dnrdi  andere  Mittel  schwieriger  au  rednctren  ist. 

Es  gehdren  hioher  die  Schwefel  Verbindungen.  Sowohl  AsSt 
als  AsSf  giebt,  in  der  hieinsten  Menge  in  einw  Ulasrdhre  mit 
Cyankalium  geschmolzen,  einen  Spiegel  von  metaBischem 
Arsen*  Es  bildet  sich  dAei  Schwrfelcyankalium ,  aber  nicht 
die  ganze  Menge  des  Arsens  wird  durch  Cpnkaliam  reduciit 
und  verflüchtigt.  Es  entsteht  ein  Schwefelsah  des  Arsens, 
in  welchem  das  Schwefelarsen  der  Zersetsung  durch  Cyan- 
kalium widersteht.  Aus  der  Lösung  der  geschnobenen  Masse 
in  Wasser  wird  durch  verdünnte  Säuren  unter  Schwefelwas* 
Serstoffentwicklung  gelbes  Schwefelarsen  .  gefällt  Aus  nrit 
Schwefel  gemengtem  Schwefelarsen  wird  durch  Schmelzen 
mit  Cyankalium  kein  Arsen  abgeschieden  und  kein  Arsen« 
Spiegel  gebildet. 

Auch  die  Gegenwart  leicht  reducirbarer  Metalle  kann 
die  Sublimation  des  Arsens  und  die  Abscheidung  desselben 
ganz  oder  theilweise  verhindern;  das  Arsen  scheidet  sidi 
dann  mit  dem  redacirten  Metalle  verbunden  ab,  aus  welcher 
Verbindung  sich  bei  einem  gewissen  Ueberschusse  des  Ar- 
sens nur  ein  Theil  desselben  metallisch  sublimiren  kann.  So 
giebt  arsenigsaures  Kupferoxyd  (Scheele's  Grün}  beim 
Schmelzen  mit  Cyankalium  nur  einen  geringen  Arsenspiegel, 
nach  dem  Mengen  mit  mehr  Kupferoxyd  aber  keine  Spur  eines 
solchen.  Wird  ein  Gemenge  aus  arsensaurem  Natron  und 
überschüssigem  Bieioxyd  mit  Cyankalium  geschmoiien,  so 
reducirt  sich  zwar  alles  Arsen  zugleich  mit  dem  Blei ,  aber 
es  zeigt  sich  kein  sublunirtes  Arsen.     Bei  dam  Schmelzen 


ami  ikreft  Verbmibtngm  durch  O^fankMum.  399 

« 

TM  «neiuiaQrein  Bleioxyd  mit  Cyankalium  erhült  man  vid 
mablirnttes  metallisches  Arsen,  aber  nach  dem  Mengen  des 
Sahses  mit  vielem  Bleioxyd  kann  durch  das  Schmelzen  mit 
Cyankalium  kein  Arsenspiegel  erhalten  werden.  Ein  Gemenge 
von  fein  zertheiltem  Schwefelblei  und  Schwefelarsen  AsS«  giebt . 
beim  Schmelzen  mit  Cyankalium,  selbst  bei  Gegenwart  eines 
bedeutenden  Ueberschusses  von  Schwefelblei,  einen  schwachen 
Arsenspiegel ,  aber  wird  vorher  das  Gemenge  geschmolzen 
oder  nur  bis  zum  Zusammensintern  erhitzt^  so  zeigt  sich  bei 
dem  Schmelzen  mit  Cyankalium  kein  sublimirtes  Arsen. 
Ebenso  wird  die  Bildung  von  subltmirtem  Arsen  verhindert, 
wenn  bei  dem  Zusammenschmelzen  von  arsensaurem  Natron 
mit  Cyankalium  sehr  viel  Silberoxyd,  Gold,  Eisenoxyd,  Nickel- 
oxydul oder  Kobaltoxydul  zugegen  ist;  ist  hingegen  Hangan- 
oxyd oder  Manganoxydoxydul  zugegen,  welches  beim  Schmel- 
zen mit  CyaidLalium  nicht  redudrt  wird,  so  entsteht  ein  starker 
ArsenspiegeL  Aus  demselben  Grunde  zeigt  sich  auch  ein 
starker  Spiegel  von  subUmirtem  Arsen,,  wenn  ein  Gemenge 
von  arsensaurem  Natron  und  vielem  Zinkoxyd  mit  Cyankalium 
zusammengeschmolzen  wird;  eine  Legirung  von  Zink  mit 
wenig  Arsen  giebt  indessen  beim  Schmelzen  mit  Cyankalium 
kein  metallisches  Arsen.  Ist  das  arsensaure  Natron  mit  sehr 
viel  Wismuthoxyd  gemengt,  so  entsteht  doch  beim  Schmelzen 
mit  Cyankalium  ein  Arsenspiegel,  obgleich  das  Wismuthoxyd 
dabei  gänzlich  reducirt  wird;  die  Verwandtschaft  des  Wis- 
mnths  zum  Arsen  ist  eine  so  schwache,  dafs  aus  einer  Legi- 
rung beider  Metalle  das  Arsen  durch  blolse  Erhitzung  beim 
Attsschlufs  der  Luft  abgetrieben  werden  kann. 

Von  keinem  Metalle  läfst  sich  aber  das  Arsen  so  voll- 
ständig durch  blofse  Erhitzung  trennen,  wie  vom  Antimon, 
und  in  allen  Antimonverbindungen  läfst  sich  ein  geringer 
Arsengebalt  nicht  sicherer  auffinden,  als  durch  Schmelzen  der- 
selben mit  Cyankalium ,   wo   die  >  kleinste  Menge  Arsen   nach 


MO    VA0r  dm  Redudum  dc$  Arwmu  «.  ite  AnHmmu  «fc. 

der  Redodfott  voDsliadig  verMchtigl  wird.  Audi  in  dem 
Schwefekniiiiion  läfsl  sich  ein  sehr  kleiner  Gehalt  an  Schipefel- 
araen  leicht  mittelst  Cyankaliom  entdecken ;  in  dem  ktuflicken 
Antimonium  cmdnm  kann  inders  der  darin  fast  immer  Tor- 
kommende  kleine  Gehalt  an  Schwefelarsen  anf  diese  Art  nicht 
nachgewiesen  werden,  weil  darin  gewöhnlich  andi  noch  an- 
dere Schwefelmetalle,  namentlich  Schwefelblei,  enthalten 
sind,  welche  dnrch  das  Cyankaliom  gleichfalls  redndrt  wer- 
den und  deren  Metalle  das  Arsen  bei  höherer  Tenq»eratiir 
fest  au  halten  im  Stande  sind. 

Aus  den  Verbindungen  der  Arsensäore  mit  den  Alkalien, 
den  alkalischen  Erden,  der  Magnesia  und  der  Thenerde  libt 
sich  das  Arsen  mittelst  Cyankalium  leicht  reduciren  und  ab 
metallischer  Spiegel  erhalten. 

Das  Axlmon  wird  in  den  antimonsanren  AHcali^i  AntA 
Schmelzen  mit  Cyankalium  vollständig  reducirt  und  schmilzt 
dabei  fast  ganz  zu  einer  grofsen  Kugel  zusammen.  Doch 
liifst  sich  die  Reduction  des  Antimons  mittelst  Cyankaliom 
nicht  zur  quantitativen  Bestimmung  dieses  Metalls  aiiwenden, 
weil  während  des  Schmelzens  sich  eine  kleine  Menge  des- 
selben verflQchtigt,  wahrscheinlich  durch  die  Feuchtigkeit 
des  Cyankidiiums  als  Antimonwasserstoff.  —  Auch  aus  den 
verschiedenen  Modificalionen  des  Schwefelantimons  wird  beim 
Schmelzen  mit  Cyankalium  das  Antimon,  doch*  nicht  vollständig, 
^  reducirt.  Es  bildet  sich  Schwefelcyankalium  und  ein  Schwe- 
felsalz des  Antimons,  aus  welchem  durch  Cyankalium  das 
Antimon  nicht  reducirt  abgeschieden  werden  kann;  aus  dem 
Schwefelantimon-Schwefelnatrinm  (Schlippe 'sehen  Salz)  wird 
durch  Cyankalium  gar  kein  Antimon  metallisch  abgeschieden, 
und  auch  nicht  beim  Zusammenschmelzen  von  kohlensaurem 
und  antimonsaurem  Alkali,  Schwefel  und  Cyankalium. 


4M 

Ueber  das  Verhalten  des  Schwefelarsens  g^eh 

kohlensaures  Alkali 
hat  H.  Rose  gleichfalls  Untersuchungen  angestellt*}. 

Bei  dem  Schmelzen  eines  Gemenges  von  Dreifach-Schwe- 
felarsen  AsSs  und  kohlensaurem  Alkali  in  einer  kleinen  GIas<* 
röhre  erhält  man  einen  Spiegel  vion  metallischem  Arsen;  die 
geschmolzene  Masse  enthält  ein  Schwefelsalz  aus  FünOach- 
Schwefelarsen  AsS«  und  dem  alkalischen  Schwefelmetall,  ne- 
ben arsensaurem  Alkali  (5  AsSs  =  2  As  +  3  AsS«,  welches 
letztere  mit  dem  Alkali  das  Schwefelsalz  und  arsensaares 
Alkali  bildet}. 

Wird  das  Gemenge  von  Schwefelarsen  AsSs  Q^d  kohlen- 
saurem Alkali  in  einem  Strome  von  WasserstoiTgas  geschmol- 
zen, so  entsteht  ein  »starker  Arsenspiegel,  ohne  dafs  indefs 
alles  Arsen  aus  dem  Gemenge  ausgetrieben  wird.  Denn  das 
sich  bildende  Schwefelsalz  aus  AsSs  und  alkalischem  Schwe- 
felmetall  wird  durch  Erhitzen  in  einem  ^ässerstofistrome 
nicht  zersetzt,  sondern  nur  das  gleichzeitig  entstehende 
arsensaure  Alkali,  bei  dessen  Umwandlung  in  Alkalihydrat 
Arsen  entweicht,  neben  dem  bei  der  Umwandlung  von  AsSt 
in  AsSs  freiwerdenden  Arsen.  Das  arsensaure  Alkali  wird  bei 
der  Reduclion  durch  WasserstoiTgas  zuerst  zu  arsenigsaurem. 

Bei  dem  Schmelzen  von  Fünflach- Schwefelarsen  AsS« 
mit  kohlensaurem  Alkali  bildet  sich  kein  Sublimat  von  me- 
tallischem Arsen,  und  es  ist  diefs  das  beste  Mittel,  AsSs  von 
AsSs  zu  unterscheiden;  es  bildet  sich,  ohne  Abscheiden  von 
Arsen,  neben  arsensaurem  Alkali  ein  Schwefelsalz  von  AsSs 
mit  alkalischem  SchwefelmetaIL>  Dasselbe  Resultat  erhält 
man  beim  Schmelzen  von  AsS^  mit  einem  Gemenge  von 
kohlensaurem  Alkali  und  überschüssigem  Schwefel  in  einem 
Glaskölbchen  oder  einem  Strom  von  WasserstoiTgas,  wo  nur 

*)  Pogg.  Ano.  XC,  566. 


40t  Ertwtummg  de$  Stydmku. 

m  BchweMwh  tm  AfS»  entolehl  und  mr  der  flbenoUkmg 
ivgesetsle  Schwefet  sick  verflttchligt  Schmilzt  man  aber  das 
nnffach  -  Schwefelarsen  mil  kohlensaurem  Atkali  in  einem 
Strome  von  Wasserstofl^,  so  erhält  man  einen  Arseaspie- 
gel ;  das  dabei^  sich  bildende  Schwefetsals  des  Arsens  bleibt 
nnaersetst,  während  aus  dem  entstandenen  arsensauren  Alkali 
Arsen  redocirt  vnd  sublfanirt  wird.  Die  Rednction  von  Arsen 
ans  dem  sich  bildenden  arsensauren  Alkali  geht  auch  tot 
wkf  wenn  man  AsS«  mit  kohlensanrem  Alkali  und  Kohle  in 
einem  CHaskölbchen  zusammenschmilzt 


Erkennung  des  Strychnins. 


Als  Brkennungsmittel  des  Strychniris*halten  Otto,  Le fort 
und  Thompson  die  Einwirkung  von  chromsaorem  Kali  und 
concentrirter  Scluvefelsäufe  vorgeschlagen,  wodurch  eine  vio- 
lette und  spftter  gelbe  Färbung  hervorgebracht  wird.  Nach 
W.  D  a  V  y  *}  bietet  die  Anwendung  des  rothen  Blutlaugen- 
salzes (Ferridcyankaliums}  an  der  Stelle  des  chromsauren 
Kalis  Vorzttge,  sofern  die  violelte  Färbung  beständig  und 
von  der  Gegenwart  anderer  organischer,  mit  dem  Strychnin 
zugleich  in  Lösung  befindlicher  Substanzen  unabhängig  sey. 
Bin  Tropfen  einer  Lösung,  die  nur  wi««  Strychnin  enthält, 
giebt  nach  Davy  auf  diese  Art  noch  eine  zwar  schwache, 
aber  hinlänglich  deutliche  violette  Färbung  **}. 


•)  J.  pharm.  [3]  XXIY,    204. 

**)  Dm  rothe  Blutlangensali  gieht  bei  obiger  Reaction  allerdings  die« 
leHM  Färbung,  wie  dae  cbromaaiire  Kali,  aber  ebeDJOWeoig  daa* 
emd,  wie  die  durch  du  letitere  bervorgeb rächte;  nur  geht  bei 
Anweedung  des  enteren  Saixet  des  Wechsel  des  Violett  in  Roth 
nnd  Gelb  etwas  langsamer  vor  sich,  und  in  dieser  Benebang  ver* 
das  rotbe  Blutlangansals  einigen  Vonng.  D.  R. 


Regrlster 

über 

Band  LXXXV,  LXXXVI,  LXXX  VII  und  LXXXVIII 
(der  neuen  Reihe  Band  IX,  X,  XI  und  XII} 

oder 

Jakrgang  185^  der  Amulen. 


(iaeliregister 


A. 


Acetanilid,    untersucht    von    Ger- 
hardt LXXXVII,  164. 
Aoetidin,  iintersiicht  von  Berthelot 

LXXXVm,  810. 
Aeetin,  untersucht  von  Berthelot 

LXXXVIII,  310. 
Aesculetin,  untersucht  von  Roch- 

leder  und  Beb  wars  LXXX VII, 

189;  LXXXVni,  856. 
AescuUn,  untersucht  von  Roch  le- 
der  und   Bchwars  LXXXVII, 

186;  liXXXVIU,  856. 
Aetherarten,  über  neue  Bildongs- 

weisen  derselben,  Ton Berthelot 

LXXXVIU,  813. 
Aethylacetamid ,     untersucht     von 

Wurts  LXXXVm,  815. 
Aethylamin,  Mittheilnng  aber  die 

Bildang  desselben  von  Wo  hier 

LXXXVI,  874. 
Aethjlcodem,  untersucht  von  How 

LXXXVIII,  840. 
Aethyldiaeetamid ,    untersucht  von 

Wurti  LXXXVUI,  815. 


Aethyfanorphin,  untersucht  von  How 

.  LXXXVIII,  887. 

Aethyfadicotin,  untersucht  von  Plaii  ta 
und  Keku)^  LXXXVn,  4. 

Aethyl  -  Urethan ,  untersncl^t  von 
Wurts  LXXXVUI,  815. 

Aldehyd,  über  das  Vorkommen  dee> 
selben  unter  den  Producten  der 
Destillation  des  Zuckers,  von 
Völckel  LXXXVII,  808. 

Aldehyd  -  Ammoniak ,  Mittheilung 
darüber  vonWöhler  LXXXVI, 
875. 

Aldehyde,  über  eine nene Bildung^ 
weise  derselben,  von  Chtossa 
LXXXV,  S8S. 

Allantoln,  Verbindungen  mit  Qneck- 
silberozyd  n.  a.  untersucht  von 
Limpricht  LXXXVIII,  94; 
über  die  Gähmng  desselben ,  von 
Wöhler  LXXXVUI,  100. 

AUozan,  über  freiwillige  Um- 
setzung desselben,  von  Gregory 
LXXXVII,  126. 

Amaritt,  über  die  BUdmg  desselben 
vonBertagniniLXXXVm,127. 


4M 


Saekregisier. 


Aaiide,  Onlemiehimgeii  ftb«r  die- 
■elbeo  von  Gerhardt  and 
GhiossA  LXXXVII,  296. 

Ammoniak  :  Aber  die  Bestimmung 
des  Ammoniakgebalts  in  Wasser, 
Yon  Bonssinganlt  LXZXVUI, 
891. 

Am/litiienchwefels.  Kalk,  Einwir- 
kung des  Ammoniaks  nntersacht 
vonBerthelotl^XXXVU,  872. 

Analyse  :  Beitrfige  zur  analjrtischen 
Chemie  too  Oibbs  LXXXVI, 
62;  Analyse  der  schwer  terleg- 
baren  CyanTerbinduigen  nach 
Bolley  LXXXVII,  254;  Ober. 
Verbesserungen  im  Titrirrerfah- 
ren,  Ton  Mohr  LXXXVI,  129; 
über  eine  volometriscbe  Methode 
▼on  sehr  allgemeiner  Anwendbar- 
keit, Ton  Bunsen  LXXXVI, 
285;  Tolumetrische  Bestimmung 
der  ManganTerbiodungen  nach 
Krieger  LXXXVII,  257;  Tcrgi.. 
Gasanaljse. 

Angelicasaure,  Bildung  ans  Rautenol 
und  Zersetcimg  durch  Kali  un- 
tersucht von  C  h  i  o  z  X  a  LXXXVI, 
261 ;  wasserfreie,  untersucht  yon 
Ghiosza  LXXXVI,  260. 

Angelicasiure-Bensoes&ure ,  wasser- 
freie, untersucht  von  Chiotza 
LXXXVI,  260. 

Anilin^  Mittheilnng  über  eine  Be- 
action  darauf,  von  Wohl  er 
LXXXVII,  876. 

Anisin ,  Bber  die  Bildung  desselben, 
von  Bertagnini  LXXXVIU, 
128. 

Anisylige  Sfture,  Verbindungen  mit 
zweifach-schwefligs.  Alkalien  un- 
tersucht v.  B  e  r  ta  g  ni  n  i  LXXXV, 
268. 

Anisylwasservtoff,  vei^.  anisylige 
8&ure. 

Anthranilsaure,  untersucht  von  Ger- 
land LXXXVI,  148. 

Antimon,  fiber  die  Reduction  des- 
selben durch  Cyankalium,  von 
H.  Rose  LXXXVUI,  897. 

Antimoiioxyd ,  über  die  Verbindun- 
g#i  desselben  'mit  Schwefelan- 
timon, von  H.  Rose  LXXXVni, 
259. 

Apophyllens&ure ,  untersucht  von 
Anderson  LXXXVI,  197. 


Aridiom,  UnteFsnchungendar&bervoa 
Bahr  LXXXVIU,  264. 

Arsen,  fiber  die  Reduction  desselben 
durch  Cyankalium,  vonH.  Rose 
LXXXVIU,  397  ;  über  die  Reduc- 
tion desselben  aus  Schwefelarsen 
durch  kohlens.  Alkali,  v.  H.  R  o  s  e 
LXXXVIU,  401. 

Arsenigs.  Metallsalze,  Einwirkung 
des  Ammoniaks  auf  einige  unter- 
sucht V.  Gi  ra  r  d  LXXXVUI,  249. 

Asphalt,  fiber  den  aus  dem  Cantoa 
Neuenbürg,  v.V  d  1  c  k  el  LXXXVII, 
139. 

Aspirator,  fiber  einen  neuen,,  von 
Andrews  LXXXV,  263. 

Assamar,  untersucht  vonVölckel 
LXXXV,  74. 

Athmen,  Untersuchungen  fiber  das 
des  Schlammpeixgers ,  von  Bau- 
mert LXXXVIU,  1. 

Azobenzid,  untersucht  von  Zinin 
LXXXV,  828. 

Azophenylamin ,  untersucht  von 
Gottlieb  LXXXV,  28. 

Azosybenzid,  untersucht  von  Zinin 
LXXXV,  828. 


B. 


Barium ,  Aequivalentgewicht  nach 
Andrews  LXXXV,  255. 

Basen,  Beitr&ge  zur  Kenntnifs  eini- 
ger fluchtigen,  von  Planta  und 
KeknULXXXVU,  1;  über  das 
optische  Drehnngsvermögen  or- 
ganischer Basen,  von  Bouchar- 
dat  u.Boudet  LXXXVIU, 218. 

Benxaminsäure,  untersucht  von  Ger- 
land LXXXVI,  148. 

Benzanilid,  untersucht  von  Ger- 
hardt LXXXVU,  164. 

Benzoesäure ,  wasserfreie ,  unter- 
sucht von  Gerhardt  LXXXVII, 
78;  über  den  der  Benaoesfture 
entsprechenden  Alkohol,  von  Can- 
nizzaro  LXXXVUI,  129. 

Benzols.  Kali,  Mittheilnng  darüber 
von  Gregory  LXXXVII,  125. 

BenzoSsfiure-Angelicasäure,  wasser- 
freie, untersucht  von  Chiozza 
LXXXVI,  260. 

BenzoSsäore  -  Cuminsaure ,  wasser- 
freie, untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVU,  79. 


Saehregisier. 


405 


BenioMmre  -  Eflsigvfture ,  wasser- 
freie, untersacht  von  Gerhardt 
LXXXVII,  81. 

Benzoäsättre-Nitrobenzoeräiire,  was- 
serfreie, untersucht  von  Ger- 
hardt LXXXVII,  158. 

Benzodsanre  -  Pelargonsänre ,  was- 
serfreie, untersacht  von  C  h  i  o  s  se  a 
liXXXV,  231. 

BensoSs&nre  -  Balicylsänre ,  wasser- 
freie, untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVII,  161. 

Benzoäsänre  -  Zimmtsänre ,  wasser- 
freie, untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVII,  80. 

Benxojcin,  untersuch^  von  Ber- 
thelot LXXXVin,  811. 

Benzoyl,  untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVII,  162. 

Benzoylsalicylamid ,  untersucht  von 
Gerhardtu.ChiozzaIjXXXVII, 
801. 

Benzoylsulfophenylamid ,  untersucht 
von  Gerhardt  und  Chiozza 
LXXXVII,  301. 

Benzoylwasserstoflf ,  Verbindungen 
mit  zweifach -schweflige.  Alkalien 
untersucht  von  Bertagnini 
LXXXV,  183. 

Bipyrotartramid ,  untersucht  von 
Arppe  LXXXVU,  231. 

Bittermandelöl,  vergl.  Benzoylwas- 
serstoff. 

Bitterstoffe,  Untersuchung  einiger, 
von  Bochleder  und  Schwarz 
LXXXVII ,  186  ;  LXXXVUI, 
356. 

Bl&ttertellnr ,  analysirt  von  Schön- 
lein  LXXXVI,  201. 

Blut,  Untersuchungen  über  eine  kry- 
stalUsirbare  organische  Substanz 
aas  demselben,  von  Lehmann 
LXXXVIU,  877. 

Boletsäare,  untersacht  von  BoUey 
LXXXVI,  44. 

Borsäure,  über  die  Einwirkung  der- 
selben auf  Lackmustinktnr ,  von 
Malaguti  LlCXXVUI,  227; 
aber  die  Verbindungen  derselben 
mit  Silberoxyd  und  mit  Eisen- 
oxyd, von  H.  Rose  LXXXVIU, 
226. 

Braunstein,  Prüfung  desselben  nach 
Bunsen  LXXXVI,  284. 

Bnnzschleims&ore ,   über  die  Dar- 


stellung derselben,  von  Arppe 
LXXXVII,  238. 

Brenzweins.  Ammoniak  and  Ver^ 
änderttng  desselben  beim  Er- 
hitzen, untersucht  von  Arppe 
LXXXVU,  228. 

Brom,  Bestimmung  desselben  nach 
Bansen  LXXXVI,  274. 

Bürette,  verbesserte  von  Mohr 
LXXXVI,  181 ;  über  eine  neue, 
von  Kersting  LXXXVU,  38. 

Butinsaure,  untersucht  von  He  in  ts 
LXXXVUI,  303. 

Butter ,  Untersachungen  darüber 
von  Heintz  LXXXVIU,  800. 

Buttersäure,  wasserfreie,  untersucht 
von  Gerhardt  LXXXVII,  156. 

Butylalkohol,  untersucht  von  W  u  r  t  s 
LXXXV,  197. 

Bntyranilid,  untersucht  von  Ger- 
hardt LXXXVII,  166. 

Butyridin,  untersucht  von  Ber- 
thelot LXXXVm,  810. 


c. 


Cadmiumverbindungen  ,  Untersu- 
chungen über  einige,  von  Schü- 
ler LXXXVII,  34. 

Calluna  valgaris,  Untersachung  der 
Asche,  von  Böthe  LXXXVU, 
118. 

Campher  aus  Sassafrasöl,  Mitthei- 
lung darüber  von  Wo  hl  er 
LXXXVU,  376. 

Gamphorin,  untersucht  von  Ber- 
thelot LXXXVIU,  311. 

Canthariden,  Untersuchung  des  Fetts 
derselben  von  G  ö  f  s  m  a  n  n 
LXXXVI,  817. 

Gapronsäure,  wasserfreie,  unter- 
sucht von  Chiosca  LXXXVI, 
269. 

Caproylalkohol,  untersucht  von  Pa- 
get LXXXVUI,  325. 

Caprylalkohol,  untersucht  v.  M  o  s  eh- 
nin  LXXXVU,  IIL 

Caprylsäare  ,  wasserfreie  ,  unter- 
sucht von  Chioftsa  LXXXV,  229. ' 

Garbanilidsäure,  untersucht  von  Ger- 
land LXXXVI,  143. 

Carvol,  untersucht  von  VÖlckel 
LXXXV,  248. 

Cerit,  untersucht  von  Kjeralf 
LXXXVU,  12. 


40f 


Ceropifttiiire,  «itanseht  v«i  Ka- 

walier  LXXXYIII,   860. 
Oerozydy  ToliiBictriache   Tr«iuiiiBg 
▼OD  Laathaiioxyd  nach  Banaen 
LXXXVI,  285. 
Chinicin,  nntenaeht  von  Pasten r 

LXZXYUI,  209. 
ChiDidin,  nntenucht  tob  Paiteur 

LXXXVIII,  210. 
düBin,  Aber  die  rothe  Flrbuig  des- 
selben  dorch  Ferro^ankalinm,  von 
Vogel  LXXXYI,  122;  Einwir- 
kung der  Kohlens&nre  nntenaeht 
▼on  L  an  gl  o  is'  LXXXVIII,  826 ; 
EiBwirirang  der  Wirme  vnter- 
raeht  Ton  Pastenr  LXXXVÜI, 
209. 

ChinoTdin,  mterracht  von  Patt enr 
LXXXVUI,  211. 

Chinovasinre  (Chinovahitter) ,  Bü- 
dnng  ans  Saponin  nach  Roeh- 
ledernnd  Schwan  LXXXVm, 
858. 

ChinoTige  Sänre,  nntersncht  von 
Ka  wall  er  LXXXVm,  861. 

Chlor,  Bestimmnng  desselben  mit- 
telst Salpeters.  Qnecksilberoxyds 
nach  Liebig  LXXXV,  297; 
Bestimmnng  desselben  nachBnn- 
sen  LXXXVI,  272. 

Chloraeetyly  nntersncht  von  G-er- 
bar  dt  LXXXVII,  68. 

Chlorammoninm ,  Einwirking  des- 
selben auf  Knpfer ,  nntersncht  von 
Ritthausen  LXXXVin,  268. 

Chlorbntyryl  y  nntersncht  von  0  er- 
hardt  LXXXVII,  71. 

Chlorhydrat,  Beobachtungen  fiber 
dasselbe  von  Wo  hier  LXXXY, 
875. 

Chlorhydritty  nntersncht  von  Ber- 
thelot LXXXVni,  811. 

Chlorige.  Salze,  Analyse  derselben 
nach  Bunsen  LXXXVI,   277. 

Chlorkalk,  Prikfang  desselben  nach 
Bnnsen  LXXXVI,  277. 

Chlomatrinmi  Bestimmung  dessel- 
ben nach  Lieb  ig  LXXXV,  297. 

Chlorpyrocitryl,  nntorsuebt  von  0  er- 
hardtundChioEsaLXXXVlI, 
294. 

Chlors.  Salse,  Analyse  derselben 
nach  Bnnsen  LXXXVI,  282. 

Ohlorsnceinyl,  nntersncht  von  Ger- 
hard t  u.  C  h  i  o  t  saLXXXVH,  298. 


Chrom,  aber  das  AaqoivaleBlgeiileiiC 

desselben,    von    Wilde ntt ein 

LXXXVIII,  261. 

Chroms.  Salse,  Analyse  denelbe« 

nach  Bunsen  LXXXVI,  2T9. 

Cinchonicin,  nntersncht  v.  Pas  1«  n  r 

LXXXVm,  209. 
Cinefaonidin,  nntessaehtv.  Patten  r 

LXXXVni,  910. 
Cinchonin,  Einwirkung  derK<Alett- 
s&nre  uatersncht  von  Langlois 
LXXXVIII,  826;     Einwirkmg 
der  W&rme  nntersncht  voa  Pa- 
stenr LXXXVm,  209. 
Cinnamylwassersloff,  Verbindnng  mit 
aweifiseh- schweflige  Alkalien  nn- 
tersneht  v.Bertagnini  LXXXV, 
271. 
Citraconanilin ,  Aber  einige  Uater- 
salpeten&nre   haltende    Derivate 
desselben,  V.  Gottlieb  LXXXV, 
17. 
Citraeonasophenylimid ,    nntenaeht 

von  Gottlieb  LXXXV,  86. 
Citracondtnicranil ,    nntenaeht   von 

Gottlieb  LXXXV,  21. 
Cod^Xn,  Einwirkung  von  Jodathyl 
untersneht  von  Ho w LXXXVIII, 
889. 
CoiUodiumwolIe,   dber   die  Daretel- 
Inng     derselben,     von     Mann 
LXXXVUI,  851. 
Cortepinitannsiure ,  nntersaeht  von 

Kawalier  LXXXVm,  878. 
Corydalis  bulbosa,   enthalt  Fnmar- 
sftnre  nach  Wicke  LXXXVn, 
225. 
Cotarnin,  Einwirkung  der  Salpeter- 
sSnre  untersucht  vonAndereon 
LXXXVI,  196. 
Cnminamid,    untersucht  von  Ger- 
hardt LXXXVn,  167. 
Cnminol ,  Verbindungen  mit  swei- 
fach  -  sehwefligs.   Alkalien   unter- 
sucht von  B e r tagni  ni  LXXXV, 
275. 
Cuminsfiare,  wasserfreie,  nntersncht 
von  Gerhardt  LXXXVU,  77. 
Cnmins&are  -  BenxoSs&ore ,    waseer^ 
freie,  untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVII,  79. 
Cnminsänre  -  Essigsäure  ,     vrasser- 
fbeie,  untersucht  von  Qerhaidt 
LXXXVn,  82. 
CamyH>ensoyljiulfo|iheayiaasid ,    m- 


StttAregiiier. 


40T 


temofat   von  Gerhardt  und 

ChioszA  LXXXVIl,  802. 
Ciuiiy]8«licylamid ,    untersucht    von 

Gerhardt     und     C  h  i  o  s  s  a 

LXXXVIl,  801. 
Cumylwaaserstoff,  vergl.  Cuminol. 
CyankaÜum,  über  die  Redootlon  des 

▲raens  und  des  Antimons  durch 

dasselbe,  ▼.  H.  Rose  LXXXYUI, 

897« 
Oyansaio^i   Aethylozyd,    über  die 

Spaltungen  desselben«  von  Wnrts 

LXXXVIU,  814. 
Cjranrerbindungen ,     Analyse     der 

schwer    serlegbaren   nach  Bol- 

ley  LXXXVIl,  254. 
Gyanverbindungen  des  Kupfers,  un- 
tersucht von  Duf  an  LXXXVHI, 

278. 


D. 


PestiUation ,  trockene  des  Zucken 
uotersocht  von  V  ö  1  c  kei  LXXXV, 
59 ;  über  die  Gase,  welche  bei  der 
Destillation  des  Zuckers  sich  hiU 
den,  vonVölckel'LXXXVI,  63; 
ftber  das  Vorkommen  des  Alde- 
hyds unter  den  Destillationspro- 
dncten  des  Zuckers,  von  Vö Icke  1 
LXXXVII,  808;  über  die  Pro- 
dncte  bei  der  Destillation  des 
Heises,  von  V  öl  ekel  LXXXVI, 
66;  über  die  flüchtigen  Oele  des 
Bnchenholis-Theers,  v.  Völckel 
LXXXVI,  881. 

Diamant,  über  künstlich  dargestell- 
ten, V.  Despretz  LXXXVIU,  226. 

Dibenaoylphenylamid ,  untersacht 
von  Gerhardt  und  Chiossa 
LXXXVII,   802. 

Dibensoylsulfophenylamid ,  unter- 
sucht V.  Gerhardt  u.  Chiozza 
LXXXVII,  801. 

Dibntyrin,  untersucht  von  Ber- 
thelot LXXXVUI,  810. 

Didym,  über  dasselbe  und  seine 
Verbindungen,  von  Marignac 
LXXXVIU,  282. 

Dinitranflin  und  Einwirkung  des 
Sohwefelammoninms  auf  dasselbe, 
unlersQcht  v.  Gottlieb  LXXXV, 
25  ff. 

Dioleln,  untersucht  von  Berthelot 
LXXXVUI,  809. 


DipafanittQ,  untersacht  von  Ber- 
thelot LXXXVni,  808. 

Distearin,  untersucht  von  Berthe* 
lot  LXXXVIU,  807. 

Divalerin,  untersucht  von  Berthe- 
lot  LXXXVIU,  310. 

Druck,  Einwirkung  desselben  auf 
das  Bestehen  von  Verbindungen 
untersucht  v.  Wöhler  LXXXV» 
874. 


E. 


Bis,  über  die  durch  das  Verdunsten 
desselben  erzeugte  Kälte,  von 
8  ehr  Otter  LXXXVIU,  188. 

Eisen,  Vorkonunen  von  gediegenem 
in  basaltischen  n.  a.  Felsarten 
nach  Andrews  LXXXV,  174] 
vergl.  Meteoreisen. 

Eisenosnrdnl,  Bestimmung  nachB  un- 
sen  LXXXVI,  288. 

Elsenstein,  Analyse  eines  vanadin- 
haltigen,  v.  A.  Müller  LXXXVI, 
127. 

Electricitüt  :  über  das  Silber  als 
Einheit  für  die  Messung  des  elec- 
trischen  Leitungswiderstandes,  v. 
Langsdorf  LXXXV,  155;  über 
voltametrische  Messungen ,  von 
Meidinger  LXXXVIU,  57; 
vergL  Tangentenboussole;  über 
das  electrolytische  Gesetz,  von 
Bnff  LXXXV,  1;  LXXXVIU, 
117;  über  die  Richtung  des  durch 
Entladung  angehäufter  Reibung»» 
electricität  erregten  Inductions- 
stroms,  V.  B  u  f  f  LXXXVI,  293. 

Erica  camea,  Untersuchung  der 
Asche  von  Röthe  LXXXVII, 
118. 

Erythrozym,  untersucht  v.  Schunck 
LXXXVU,  862. 

Essigsäure,  wasserfreie,  untersucht 
von  Gerhardt  LXXXVU,  149. 

Essigs.  Kali,  wasserfreies  zweifach- 
saures,  untersucht  v.  Gerhardt 
LXXXVU,  155. 

Essigsänre-BenzoSsaure,  wasserfreie, 
unters,  v.  Gerhardt  LXXXVU, 
81. 

Essigsäare-Cuminsänre,  ifasserfreie, 
unters,  v.  Gerhardt  LXXXVII, 
82. 

Bssigsänre-Salicyliäare^  wasserfreiei 


40» 


Saekregitier, 


uater«.  ▼.  Gerhardt  LXXXVII, 
162. 
Kastgsäiire-Ztnimti&nre,  waMerfreie, 
nnters.  ▼.  Gerhardt  LXXXYIl, 
SS. 

F. 

Fanlbaam,  Tergl.  Rhamone  Irangala. 

Felaarten,  über  Stmetor  and  Zn- 
aammensetiimg  eini^r  basalti- 
acher  ond  metamorphiecher,  Ton 
Andrews  LXXXV«  172. 

FerrocyanwasBerstoffiiinre,  Darstel- 
loDg  nach  Lieb  ig  LXXXVII, 
127. 

Fette,  kunatlich  dargestellte,  nach 
Berthelot  LXXXVIH,  804. 

Fichte,  vergl.  Pinos  sylvestris. 

Fleisch,  yergl.  Froschfleisch. 

Ftarsaaure,  über  Gef&(se  inr  Auf- 
bewahrang  derselben,  von  Sti^ 
deler  LXXXVU,  137. 

Fnurinin,  .nntersacfat  von  Roch- 
leder n.  Schwärs  LXXXVU, 
198. 

Froschfleisch,  Aber  die  Bestandtheile 
desselben,  von  Groh^  LXXXV, 
2S3. 

Fnmarsaare,  in  Schw&mmen  nach- 
gewiesen von  B  o  1 1  e  7  LXXXVI, 
47 ;  Vorkommen  in  Oorydalis  bnl- 
bosa  nach  Wicke  LXXXVil,  225. 

Pnrfarin,  über  die  Bildung  dessel- 
ben, V.  Ber^agnini  LXXXVÜI, 
128. 

Fttrfnrol,  DestUlationsprodnct  des 
Znckers  nach  Völckel  LXXXV, 
65;  Darstellung  desselben  |iach 
Babo  LXXXV,  100. 


G. 


Gallensteine,  nntersncht  v.  Planta 
nnd  Keknl^  LXXXVII,  867. 

QasaaalTse,  verbesserter  Apparat  sn 
derselben,  von  Frankland  nnd 
Ward  LXXXVIII,  82. 

Gase,  Verdichtung  derselben  an  star- 
ren Körpern  untersucht  von  Ja- 
min  u.  Bertrand  LXXXVIII, 
187,  von  Magnus  LXXXVIII, 
189;  specifiscbe  Wärme  gasförmi- 
ger Substanzen  nach  Regnanlt 
LXXXVIU,  184. 

Gehirn,  Untersuchung  des  Wasser- 


nnd  Fettgehalts  doreh  J.  Hauff 
und  B.  Wafther  LXXXV,  42; 
ütttersnchnngen  darüber  v;  Bi  bra 
LXXXV,  201 ;  Untersuchung  dea 
Gehirns  der  Neugebomen  von 
Schlofsberger  LXXXVI,  119. 

Glycerin,  über  die  Binwiikang  von 

.Phosphorsuperchlorid,  v.  Dnffj 

LXXXVm,  294;  Verbindangen 

desselben   mit  S&nren  untersagt 

von  Berthelot  LXXXVni,  804. 

Graduirea  eylindrlseher  Glasgela&e, 
Apparat  dazu  von  W^'thoff 
LXXXVIII,  181. 

Greenoddt,  klnsthch  daigestelk  von 
Schüler  LXXXVII,  84. 

Grün,  s  g.  Braunschweiger,  nn- 
tersncht von  Ritthausen 
LXXXVin,   271. 


H. 


HimatokTystallin ,  unterendit  von 
Lehmann  LXXXVm,  881. 

Hannala-Alkalolde,  nntersndit  von 
FritKSChe  LXXXVm,  827, 
828. 

Harmalin,  analysirt  .von  Fritisehe 
LXXXVUI,  827. 

Harmin,  analysirt  von  Fritssche 
LXXXVin.  828. 

Harn,  neue  Methode  zur  Bestiaunong 
des  Kochsalzes  und  Hamstofis 
darin,  von  Liebig  LXXXV, 
289. 

Harnsäure,  über  die  Darstellung  dei^ 
selben,  von  Arppe  LXXXVH, 
287. 

Harnstoff,  VerMndnngen  mit  Queck- 
silberoxyd n.  a.  untersucht  von 
Liebig  LXXXV,  289;  Bestim- 
mung desselben  nach  Lieb  ig 
LXXXV,  812;  über  denselben 
als  Mafs  des  Stoffwechsels,  von 
Th.  Bise  hoff  LXXXVIU,  101, 
109;  Versuche  über  die  Aus- 
scheidung des  Harnstoffs,  von 
Siegmund  LXXXViH,  112. 

Harz,  über  ein  neues  fossiles,  von 
J.  W.  Mall  et  LXXXV,  185. 

Helix  pomatia,  Analyse  des  Gehftnse- 
deckels  dnrch  Wicke  LXXXVH, 
224. 

Hemipinsiiare,  nntersncht  von  An- 
derson LXXXVI,  194. 


Sackregutet. 


409 


HezAchlorhydroKyloii»  ontwiaeht  v. 
Gorap-Besanes  LXXXVI, 
.141. 

HiBzachlorxylony  nntersncht  y.  G-o- 
rup-Bdsanes  LXXXVI,  S41. 

Hippnn&ure,  über  die  Regeneratiaa 
derselben ,  Ton  DeeaaigDes 
LXXXVn,  826. 

Holz,  über  die  Prodacte  der  Destil- 
lation desselben,  von  V  öl  ekel 
LXXXVI,  66;  über  die.flüchti- 
l^n  Oele  des  Bacbenbols-Theers, 
von  Völckel  LXXXVI,  331. 

Holsesftig,  nntersncht  t.  VCIckel 
LXXXVI,  67 ;  Gehalt  an  Pyro- 
gaUnssaure  LXXXVII,  S66. 

I. 

Imide,  aber  die  Constitntion  der- 
selben ,  von  Schlofsberger 
LXXXV,  66. 

Indactionsstrom,   vergL  Electricitat 

Isoterebenthen,  untersacbt  y.  Ber- 
thelot LXXXVI II,  847. 

Itaconanilid,  Einwirkung  der  Salpe- 
tersäure untersucht .  y.  G  o  1 1 1  i  e  b 
LXXXV,  40. 

J. 

Jod,  Bestimmung  desselben  nach 
Bnnsen  LXXXVI,  271,  nach 
Kersting  LXXXVII,  19. 

Jodäthyl,  Einwirkung  von  Zinn  un- 
ters. Y.  Fr  an  kl  and  LXXXV, 
382. 

Jodmethyl,  I^inwirknng  Yon  2nnk 
untersucht  Yon  Frankland 
LXXXV,  846,  Yon  Quecksilber 
untersucht  von  Frankland 
LXXXV,  861. 

K. 

Kaffee,  Untersuchungen  über  ihn  als 
Getränk  in  chemisch- physiologi- 
scher Hinsicht,  you  Lehmann 
LXXXVII,  205,  276. 

Kakodyl  der  Valeriansäure,  unter- 
sucht Y.  Gibbs  LXXXVI,  222. 

Kalibydrat,  Bereitung  Yon  reinem 
nach  Wohl  er  LXXXVII,  373. 

Kalksteine  Yon  Zizers  in  Graubnn- 
den,  analysirt  you  Planta  und 
KekuU  LXXXVII,  866. 

Ann.  d.  Chsmle  n.  Pharm.  LXXXVUI. 


Kapnomor,  untenacht  y.  Völckel 
LXXXVI,  99. 

Kobalt,  Scheidung  Yom  Nickel  nach 
Liebig  LXXXVir,  128. 

Kobaltsalze,  über  die  Zusammen- 
setzi|ng  ammoniakalischer,  von 
Gregory  LXXXVH,  126. 

Kochsalz,  YergL  Chlomatrium. 

Kohlensäure,  über  die  Einwirkung 
derselben  auf  Lackmustinktnr,  Yon 
Malaguti  LXXXVUI,  227. 

Kohlens.  Amylozyd ,  Darstellung 
desselben  nach  J.  A.  Bruce 
LXXXV,  16. 

Kohlenstoff,  über  künstlich  krystalli- 
sirten,  y.  Despretz  LXXXVUI, 
226. 

Kreosot,  untersucht  Yon  Völckel 
LXXXVI,  91,  Yon  Gorup-Be- 
sanez  LXXXVI,  223;  über  das 
Verhalten  desselben  zu  Kalk  in 
höherer  Temperatur,  y.  Völckel 
LXXXVn,  806. 

Kümmelöl,  untersucht  y.  Völckel 
LXXXV,  246. 

Kupfer,  Einwirkung  des  Salmiaks 
auf  dasselbe  untersucht  y.  Ritt« 
hausen  LXXXVUI,  268;  Cyan- 
Yerbindungen  desselben  untersw 
Yon  Dufau  LXXXVIH,  278. 

KnpferoxydulYerbindungen,Untersn- 
chung  der  schwefligsauren,  Y.P€an 
de  Saint-Gilles  LXXXVUI, 
266. 

Kupfenritriol,  zur  Consenrirung  der 
Thierbälge  empfohlen  you  Wicke 
LXXXVUI,  186. 

Kynnrensäure,  untersacht  Yon  Lie- 
big LXXXVI,  126. 


L. 


Lackmustinktnr,  über  die  Einwir- 
kung Yon  Borsäure  und  Kohlen- 
säure darauf,  you  Malaguti 
LXXXVUI,  227. 

Lanthanozyd,  Yolumetrische  Tren- 
nung Yom  Ceroxyd  nach  Bnn- 
sen LXXXVI,  286. 

Laurin,  untersucht  Yon  Delffs 
LXXXVUI,  364. 

Leitungswiderstand,  Yefgl.  Eleetri- 
cität. 

Lencin,  Beaction  desselben,  you 
a  Ho  ff  mann  LXXXVH,  128. 

Bd.  8.  Hell.  27 


410 


SaekregM^. 


iilthioii,  DAtteilmig  »«•  Triphyllift 
nach  H.  Mfiller  LXXXT,  95l. 


M 


Ifmgaetimiiii  ?  ib«r  dto  EiwwMnmg 
deastttbeB  aaf  dven  gnütaAg  po- 
laridrien  LfeMstrahl  bei  deweii 
Gang  durch  compridilfCas  Ola«, 
Ton  Edland  LX;XxVIi,  M^ 

Uangatt,  BeBtimmnai^  and  Tretmimg 
von  anderen  Mtlallan,  nach  Qibbtf 
LXXXVI,  n. 

Manganhjperoxyd,  Beätiramoiig  des- 
iclben  nach  Bingen  LXXXYI, 
»88. 

Manganrerbindnngen,  votnmetriaohe 
Beftthnttinng  nach  Krieger 
LXXXVII,  «57. 

Metali-Redaeiioneii,  Über  eigenthftm- 
Hehe  aaf  nassem  Wege,  von  Wäh- 
ler LXXXT,  868. 

Metaterebenthen,  nntenacht  y.  Ber- 
thelot LXXXYIII,  348. 

Meteoreisen  von  CoSbjr's  Creek,  un- 
tersneht  von  J^y  LXXXVI,  89. 

MetfapImaMthyl,  nntersncht  v.  Lö- 
wig LXXXVIII,  318, 

Ifctbrfanorphini  untersucht  von  Hew 
LXXXVIII,  888. 

Milch,  ttber  die  Reaction  der  ftU 
sehen ,  von  Schlofs berger 
LXXXVn,  817;  Untersnchmig 
der  s.  g.  Hexenmiich  von  Dem- 
selben LXXXII,  824. 

Mineralien,  iber  die  kttnstliche  Bil- 
dong  krystallisirter  aaf  nassem 
Wege ,  von  Dreyermanri 
LXXXVII,  120,  ton  Yohl 
LXXXVm,  114. 

Mineralwasser  :  Untersnchnng  des 
Mineralwassers  zu  Wolkenstein 
durch  Seyferth  LXXXV,  878; 
Aber  den  Jodgehalt  des  von  Bir- 
menstorf  in  der  Schweiz,  von 
Bolley  LXXXVI,  öl;  Unter- 
snchnng des  Orber  Baidesalzes, 
ton  Bibra  LXXXVII,  179; 
Untersnchmig  der  Mineralquelle 
zu  Langenbrücken  in  Baden,  ton 
Wandesieben  LXXXVII,  248; 
Untersuchimg  der  Schwefelquelle 
von  Semens  in  Graabfinden,  von 
Planta  n.  Keknl«  LXXXVII; 
884. 


MolybdlASiaire  :  ÜMtrssdiwigieii 
llher  DoppcäsalM  von  Moljrb&i. 
s&ure  und  PhosporAnre  und  iber 
■loly  bdftne.  Natron,  von  Z  a  n  k  e  r 
LXXXVni,  S6S. 

Mottobntyifai,  untemcht  von  Bar- 
thtlot  LXXXVUI,  810. 

Monoleln,  untersacht  von  Berthe- 
lot LXXXVin,  808. 

Mottomargarin,  ustenvcht  ▼•  Ber- 
thelot LXXXVin,  808. 

Monopahnitin,  untarsncht  von  Btr- 
thelot  LXXXVUI,  808. 

Monostearin,  uncertueht  nm  Be^ 
thelot  LXXXVni,  806. 

Moaovalerin,  unlersiMiht  ven  Bar- 
thelot LXXXVUI,  810. 

Morphin,  Einwirkung  von  JodSthyl, 
Jodmethyl  u.  a.  untersucht  von 
How  LXXXVIII,  838. 


N. 


NarceiCn,  untersncht  von  Ander- 
son LXXXVI,  18t. 

Narcotin,  Einwirkung  der  Salpeter- 
säure untersucht  von  Anderson 
LXXXVI,  187. 

Nickel,  Scheidung  vom  Kobalt  nach 
Lieb  ig  LXXXVII,  128. 

Nickelschmelsen,  Schlacke  von  dem«' 
selben  analysirt  durch  Winter 
LXXXVn,  221. 

Nicotin,  Untersuchungen  darüber  r. 
Planta  u.KekuH  LXXXVII,  2. 

Niobsänre  und  Niobchlorid,  Unter- 
snchungen  darüber  von  H.  Hose 
LXXXVni,  246. 

Nitrobanzo^sfiure,  wasserfreie^  un- 
ters, von  Gerhardt  LXXXVII, 
158. 

Nitrobenso^säur^-BenzoSs&ore,  was- 
serfreie, untersucht  von  Ger- 
hardt LXXXVII,  158. 

Nttrobenzoylwasserstoir,  Vefbindun- 
den  mit  zweifach-schwefligs.  Al- 
kalien untersucht  von  B er t ag- 
nin i  LXXXV,  189. 

Nitroharmalidin ,  untersucht  von 
Fritzsche  LXXXVni,  828. 

Nitroharmidin,  untersucht  v.  Frita- 
sche  LXXXVni,  829. 

Nitroslmmts&nre,  wasserfreie,  nnter- 
sucht  von  Chiosaä  LXXXVI, 
260. 


SaekregiMter. 


4t  i 


0. 

Oelbildendes  Gas,  aber  die  Enttto- 
bnng  TTon  Tbeer  ans  demselben, 
▼OD  Magnus  LXXXVIU,  849. 

Oele«  fiber  die  Yerbindongen  ei- 
niger flüchtigen  mit  sweifach- 
fchweflig«.  Alkalien,  von  Ber- 
tagnini  LXXXV,  179,  268. 

Oenanthol,  Verbindongea  mit  swei- 
faeh-Bchwefligs.  Alkalien,  nnter- 
SQcht  T.  Bertagnini  LXXXV, 
278. 
'  O]|gokla0  Ton  Wolfaeh,  analysirt  t. 
J.  Moser  LXXXV,  97. 

Onofrit,  ontersacht  von  Köhler 
LXXXVIU,  276. 

Opians&nre,  untersucht  von  Ander- 
son LXXXVI,  193. 

Opianyl,  untersucht  von  Anderson 
LXXXVI,  191. 

Opianylhydrat,  untersacht  von  An- 
derson LXXXVI,  192. 

Opium,  über  einige  krystaUinisehe 
BestandtheUe  desselben,  von  An- 
derson LXXXVI,  179.     « 

Optik  :  über  die  Berechnung  der 
Axeawinkel  der  sweiaxigen  Kri- 
stalle, von  Wilde  LXXXVIU, 
124. 

Ozalaaophenylimid,  untersucht  von 
Qottlieb  LXXXV,  88. 

Oxala.  Kalk,  vergl.  Tbierschit. 

Ozylisarinsänre,  Mittheilung  darüber 
von  Debus  LXXXVI,  117. 

Ozypinotannsanre,  untersucht  von 
Ka  wall  er  LXXXVUI,  368. 

Oson,  Untersuchungen  darüber  von 
Baumert  LXXXVlII,  22L 

P. 

FaUadkthyhimin ,  untersucht  von 
H.  Müller  LXXXVI,  866. 

Palladamine,  Untersuchungen  über 
dieselben  v.  H.  Müller  LXXXVI, 
841. 

Pailaddiamia,  unters,  von  H.  Mül- 
ler LXXXVI,  868. 

Padmitins&are ,  Verbindungen  der- 
selben untersucht  von  Heints 
LXXXVIU,  297. 

Pelargonsfture,  VerbindungmitStiek- 
ozyd  UDtarsueht  von  C  hl  o  s  s  a 
LXXXV,  226;  wasserfreie,  un- 


tersucht von  0 bloss»  LXXXV, 
281. 

Pelargonsftnre-BenaoSsfture,  wasser- 
freie, untersucht  von  Chiossa 
LXXXV,  281. 

Pelopsaure  und  Pelopehlorid ,  Un- 
tersuchungen darüber  v.  H.  Rose 
LXXXVIU,  246. 

Phosphor,  spec.  Wftrme  des  anor* 
phennach^egnauULXXXVIII, 
186. 

Phosphormaogau,  Mittheilungen  dar- 
über V.  Wöblef  LXXXVI,  371. 

Phospborozyohlorid ,  Darstellung 
nach  Gerhardt  LXXXVU,  66. 

Phosphorsäure,  über  die  scheinbare 
Flüchtigkeit  derselben  beim  Ver- 
dampfen in  saurer  Lösung,  von 
Fresenius  LXXXVI,  216. 

Phosphors.  Natron,  über  die  Ein- 
wirkung der  Salzsäure,  von  Fre- 
senius LXXXVI,  216. 

Phosphors.  Qnecksilberoxyd,  unter- 
sacht von  Brandes  LXXXVIU, 
272. 

l(*hosphor8ulfnret,  Beobachtang  dar- 
über von  Wicke  LXXXVI, 
116. 

Phosphortitan,  Mittheilung  darüber 
von  Wo  hier  LXXXVU,  376. 

Photographie  :  Mittheilungen  von 
Niipce  de  Saint-Victor 
LXXXVIU,  216;  photographi- 
sche Gravirung  auf  Stahl,  nach 
Talbot  LXXXVIU,  216,  nach 
Ni^pce  de  Saint-Victor 
,  LXXXVIU,  218;  Uebertragung 
von  Photographieen  auf  lithogra- 
phischen Stein  nach  Lerebours, 
Barreswil  und  Lemercier 
LXXXVIU,  219;  über  das  Miß- 
lingen der  Photographieen,  von 
Bertsch  LXXXVIU,  219;  Lin- 
senapparat für  Photographieen  v. 
Heilmann  LXXXVUI,  220; 
über  Photographie  mittelst  des 
Gaslichtmikroscops,  von  Kings- 
ley  LXXXVIU^  220. 

Pikraminsaure,  untersucht  von  Gi- 
rard  LXXXVUI,  281. 

Pikrinsäure,  Einwirkung  des  Schwe- 
felwasserstoff^ untersucht  von  Gi« 
rard  LXXXVUI,  281. 

Pilssäure,  untersucht  von  Bolley 
LXXXVI,  44. 


41t 


Saekn§ui€r. 


PtDicorrelin,  tmMnaelit  tob  Ka wa- 
lle r  LXXXVIU,  »78. 

PhticortaMMiore,  nnterraeht  y.  Ka- 
walier  LXXXVIU  S72. 

PiDipikriQ,  nnienncht  tos  Kawa^ 
Her  LXXXVni,  WS. 

PlBitaniM&iir«,  «ntenneht  von  Ka- 
w  all  er  LXXXVIU,  868. 

pfnns  sylTesiris,  UBtenndmiigeii 
darfiber  ▼.  K  a  wali  er  LXXXVIII, 
860. 

Platin,  AeqniTaleiitgttwiehl  nach  An- 
drews  LXXXV,  255. 

Porphyre,  vergl.  Qnartpoip^re. 

Pfopylalkohol,  nnterraohtTon  C  h  an- 
cel  LXXXVII,  127. 

Pvrpnrin,  T«rgl.  Oxylisarinsiiire. 

PtrogaBuseftore,  Über  das  Vorkom- 
men in  Holsesaig  LXXXVU,  256. 


Qnanpoiphyre,  fiber  die  Znaammen- 
setsuDg  derselben,  70d  T  r  i  b  o  1  e  t 
LXXXVII,  827. 

QaeckfiUberoxyd ,  Bestimmnng  des- 
selben in  der  Salpeters.  Lösung  nach 
Liebig  LXXXV,  807;  über 
phospborsaures ,  von  Brandes 
LXXXVIU,  272,  über  schwefeis. 
von  Eisfeldt  LXXXVIU,  278, 
aber  selenigs.  nnd  selens.  von 
Köhler  LXXXVIU,  274. 

Qnecksilberoz3rdal,  über  selens.  nnd 
selenigs.,  v.  K ob  1er  LXXXVUI, 
274. 

Qnercitronrinde ,  Ober  den  gelben 
Farbstoff  derselben,  vonBigaud 
LXXXVIU,  136. 


R. 


Bapsöl,  über  die  Sanren  desselben, 
▼on  Stideler  LXXXVII,  188. 

Bantenöl,  Verbindungen  mit  swei- 
fach-Bcbwefligs.  Alkalien  unter- 
sacht  y.  Bertagnhii  LXXXV, 
288. 

Rhamnoxanthin ,  untersucht  yon 
Bachner  LXXXVII,  218. 

Bhamnns  frangula,  Farbstoff  in  der 
Wunelrinde  untersucht  y. Büch- 
ner LXXXVII,  218. 

Rindstalg,   über   die  Z 


ttung    desselben,    von   Heinis 

LXXXVUI,  2«6. 
Rabiaein  nnd  BubiaeinsKiire,  nntei^ 

sacht  yon  8c hnnck  LXXXVII, 

856. 
Rnbiadin,  untersacbtyonSchanelt 

LXXXVU ,  849. 
Bnbiad ipin,  untersucht y.SchuBck 

LXXXVII,  859. 
Rnbiafln,  nntersucht  yon  Sehunck 
*      LXXXVU ,  355. 
Rnbiagin,  nntersacht  yon  Sc  hnnck 

LXXXVU,  857. 
Rubiaa,    ttbor  dasselbe  and  seine 

ZersetKungsproduete,  y.  8ch  u  ac  k 

LXXXVU,  844. 


s. 


JSinren,  Beitrige  sur  Kenntaift  der 
Itoneren,  y.  Gottlieb  LXXXV, 
17;  über  wasserfreie  oiganiaehe, 
yon  Chiossa  LXXXVI,  269, 
yon  Gerhardt  LXXXVII,  57, 
149»  yonGerhardt  u«Chioiaa 
LXXXVU,  290. 

fiallc jlid,  nntersucht  von  G  e  r  h  *r  d  t 
LXXXVU,  160. 

Salicylige  Bäure,  über  die  Bfldnng 
derselben  in  den  BIfithen  von 
Spiraea  ulmaria,  yon  Buchner 
LXXXVIU,  284;  Verbindungen 
mit  sweifach-schweitgs.  AlkaUen 
untersucht  yon  Bertagnini 
LXXXV,  198. 

Salicylsaare ,  wasserfreie  ,  unter- 
sucht von  G  e  r  h  ard  «  LXXXVII, 
159. 

SalicylMure  -  Benaoöslure ,  wasser- 
freie, untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVU,  161, 

Balicjlsfture- Essigsaure,  waasetfimie, 
unters. y.  GerhardtLXXXVII, 
162. 

Salieylwasserstoff,  vergl.  sali^lige 
Saure. 

Salmiak,  vergl.  ChloTammoninm. 

Salpeter,  Besümrnung  desaelben  im 
Schiebpniver  nach  Uehatius 
LXXXVUI,  895. 

Salpetersiure,  Erkennung  derselben 
nach  Davy  LXXXVIU,  894. 

Salpeters.  Qnecksilberoxydnl ,  Ter- 
bindungen  des  basischen  Jidt  aül- 


Saokregüier. 


41S 


petera.    6«ls«i    antersnoht    tou 
8t&deler  LXXXVU,  129. 

SapoDin,  antenucht  von  Roch- 
leder XL.  Schwarz  LXXXVIII, 
857. 

SaMafraaöl ,  fiber  Campheraas  dem- 
selben, vonWöhler  LXXXYII, 
876. 

BohiefsbaamwoUe  cur  Collodinmbe- 
reitnng,  vergl.  Gollodinmwolle. 

Sebiefspulver,  Bestimmung  des  Sal* 
petergehalts  desselben  nach  Ucha^ 
tins  LXXXVm,  895. 

Sohlacke  vom  Nickelschmehe»,  ana^ 
lysirt  von  Winter  LXXXVD, 
221. 

Sohnecke,  vergl.  Helix  pomada. 

Schwämme,  Beiträge  zur  Kenntnils 
der  darin  enthaltenen  Säaren, 
von  Bolley  LXXXVI,  44. 

Schwammsanre,  untersucht  von  B  ol- 
le y  LXXXVI,  44. 

Schwefel ,  Beobachtungen  über 
blauen,  von  Wo  hier  LXXXVI, 
373. 

SchwefelMhjl ,  Verbindungen  mit 
Chlormetallen  untersucht  von 
Loir  LXXXVII,  869. 

Schwefelantimon,  über  die  isomeri- 
sehen  Verbindungen  desselben, 
von  H.  Rose  LXXXVIII,  266; 
fiber  die  Verbindungen  desselben 
mit  Antimonoxyd,  von  Demsel- 
ben LXXXVIII,  259. 

Sohwefelarsen ,  fiber  das  Verhalten 
desselben  gegen  kohlens.  Alkali, 
von  H.  Rose  LXXXVIII,  401. 

Schwefelkohlenstoff,  über  die  Auf- 
findung desselben,  von  A.  Vogel 
LXXXVI,  869. 

Schwefelmethyl,  Verbindungen  mit 
Chlormetallen  untersucht  von 
Loir  LXXXVII,  869. 

Schwefelsäure,  fiber  das  Gefrieren 
und  Sieden  der  Hydrate  derselben, 
von  Marignae  LXXXVIII, 
228. 

Schwefels.  Jodohinin ,  untersucht 
von  Haidinger  LXXXVIII, 
206;  fiber  die  Darstellung  des- 
selben, v.  Herapath  LXXXVIII, 
207. 

Schwefel«.  Queeksilberoxyd ,  unter- 
sucht von  Sisfeldt  LXXXVIII, 
278. 


SehwefelwAseeratoff,  Beeüamulng 
desselben  nach  B  un  sc  nLXXXVI, 
278;  Hydtot  dessfilben  beobach« 
tet  von  Wo  hier  LXXXV, 
376. 

Schweflige  Saure,  Bestimmung  der- 
'  selben  nach  Bussen  LXXXVI, 
278. 

Scbwefligs.  KnpferozydulverfaindQn- 
gen,  untersucht  von  P^an  de 
Saint-GillesLXXXVIIl4  865. 

Sebin,  nhtersneht  von  Berthelet 
LXXXVIII,  811. 

Selenäthyl  und  Verbindungen  4ea- 
selben,  nntersucfat  von  Joy 
LXXXVI,  85. 

Selens,  und  selenigs.  Verbindungen 
des  Quecksilbers  unlersncht  von 
Köhler  LXXXVUl,  274. 

Seminaphtalidin,  untersucht  von  Z  i- 
nin  LXXXV,  829. 

Silber,  über  dasselbe  als  Einheit 
für  die  Messung  des  electrischen 
Leitungswiderstandes,  v.  Lange- 
dorf LXXXV,  155;  .Verhalten 
des  Salpeters.  Salzes  n.  a.  Ver- 
bindungen zxL  den  beiden  Blut- 
langensaizen,  v.  K  ü  h  n  LXXXVII, 
84. 

Skleretinit,  untersucht  von-  J.  W. 
Hallet  LXXXV,  186. 

Stannäthyl  und  Verbindungen,  un- 
tersucht v.  FranklandLXXXV, 
834  ff. 

Stannmethyl,  Untersuchungen  dai^ 
über  von  Cahours  nnd  Riebe 
LXXXVIII,  816. 

Stearen,  untersucht  von  Rowney 
LXXXVIII,  287. 

Stearin,  fiber  die  Constitution  de»- 
selben,  von  Duffy  LXXXVUl, 
287 ;  über  die  Zusammensetxmig 
desselben,  V.  HeintvLXXXVH^ 
295 ;  künstlich  dargestellt  von 
Berthelot  LXXXVIII,  807.. 

Stearinsäure,  fiber  das  feste  Zer- 
setsungeproduct  bei  Destillation 
derselben  mit  Kalk,  v.  Rowney 
LXXXVIII,  285. 

Stibäthylverbindungen ,  untetsuehl 
von  Löwig  LXXXVm,  828. 

Stickstoff ,  Bestimmung  desselben 
nach  Qottlieb  LXXXV,  19. 

Stickstoffhensoyl,  «her  die  Bildvbg 
desselben  ans  Hippursänre,  von 


414 


l^iW^^wl^Ww^^^W^ « 


Li«ipri«hta.UslarLKXXY]II» 

isa. 

Btoyahniii,  H«r  dto  BricaoaoBg da«- 
MlbM  BMh  Dayy  LXXXVill, 
402. 


T. 


Mol. 
tipUeatordnihte,  UotanBcfanogen 
Auribar  Ton  Baff  LXXXTI,  1. 

TiirtririfcBf  «id  Tmtelclilorid,  Ub- 
tenachnngen  daiAber  tob  H. 
Eote  LXXXVllI,  t46. 

T«'kur,  über  üe  Geviannng  deitel- 
ben  im  GroCwn  siu  dem  Sieben- 
bttfftf  OoidcBian,  rom.  Low« 
LXXXVm,  381 ;  über  die  Wir- 

'  knof  deetelbea  «of  den  leben* 
den  OcgmiamH,  von  Hansen 

LxxxYi,  soa. 

Tereyiimnion,  nnteisnebt  ▼(»  An* 
dereon  LXXXYI,  188. 

Terfkentindl,  aber  die  venohiedenen 
Arten  und  die  Binwirknng  der 
Hitse  «Df  dneeelbe,  yna  Ber- 
tbelot  LXXXVm,  84S. 

XetnUhytaainioniiiin ,  iüier  ein  Zer- 
setsangsprodact  desselben ,  yod 
Weltsien  LXXXVI,  288. 

Tetramftrgmrin,  nntenncht  ron  B  e  r- 
thelot  LXXXVm,  808. 

Tetr^kelmitin,  nntersncht  von  Ber- 
thelot LXXXVin,  808. 

Tetrastenrin,  nntersncht  von  Ber* 
thelot  LXXXVUI,  807. 

Theba3En,  nntersncht  von  Ander- 
son LXXXVl,  184. 

Theer,  aber  die  Entstehnog  des- 
selben «os  ölbHdendeni  Gase,  von 
Magn  o  s  LXXXYUl,  848 ;  vergL 

Das&llAtUML 

Xhermoehemische  jünteiMelMuigen» 

vergL  bei  Wärme. 
Thiersebit,  nntersncht  ron  Li e big 

LXXXVI,  118. 
Tbon,  iMilgraoer  von  Wissloch,  ana- 

Ijsnt  von  J.  Moser  LXXXV, 99. 
Titrinrerfahren,  vergl.  Analyse. 
Toinidin,  aber  eine  nene  Bildnngt- 

weise  desselben,  fon  Ghantard 

LXXXVUI,  840. 
TracbTt,  fiber  eine  isUadische  qnan- 

Ahrende  Abänderung  desselben, 

ton  Kjarnlf  LXXXV,  267. 


lieh    dargestelk    von    Pasteor 

LXXXVUI,  211. 
Troebnsdeekel,  enalytirt  von  Wieke 

LXXXVU,  225. 
Tnnnalin,  s.  g.  ktinstlichery  v«^g|L 

eehwefds.  Jodchinin. 
Tyrosin,  Beaction   desselben,  von 

B.  Hoffmann  LXXXVH,  12t. 


ü. 


Uebermangaas8vre,  Beobarhfngen 

dariber  vonWdhler  LXXXVI, 

878. 
Unterehlorigs.  Sabe,  Analyse  der- 

selben'nuek  Bnnsen  LXXXVI, 

277. 


V. 


ValerianslMire ,  fiber  das  Kakodyl 
derselben,  von  Oibbs  LXXXVI, 
822. 

Verbindnngen ,  Einwirkong  des 
Dmoks  anf  das  Bestehen  dersel- 
ben nntersncht  von  W 5 hier 
LXXXV,  874;  organische  metall- 
.baltige  Verbindungen,  nntecenolii 
von  Frankland  LXXXV,  829. 

Verdampfnng,  Versnche  ttber  die  des 
Wassers  von  Marc  ei  LXXXVUI, 
187,  über  die  des  Kises  von 
Schrötter  LXXXVni,  186. 

Verwandtschaft,  Untersaehnngen  dar» 
fiber  von  Debns  LXXXV,  108; 
LXXXVI,  156 ;  LXXXVH,  288 ; 
von  Bansen  LXXXV,  ]87{ 
fiber  mechanische  Wirknngen  che- 
mischer Kr&fte,  von  Jonle 
LXXXVUI,  179. 

w. 

Wftrme,  Aber  die  W&rmeeatwicfclnng 
bei  chemischen  Pvooessen,  von 
Thomson  LXXXVUI,  141, 
von  Favre  und  Silbermana 
LXXXVUI,  149;  specüsche 
Wärme  gasförmiger  8ttbstan«en 
nntersneht  von  Begnanlt 
LXXXVUI,  184,  des  amorphen 
Phosphors,  von  Begnanlt 
LXXXVUI,  186;  fiber  Wfinae- 
leitnng  in  Metallen,  von  Wie  de- 


Sachregister, 


415 


mann  nnd  Frans  LXXXVÜI, 
191 ,  in  organischen  Substanzen, 
von  Tyndall  LXXXVIII,  198? 
Cntersachnngen^ber  Wärmestrali- 
Inng  von  Provostaye  und 
D esain 8  LXXXVIII,  208. 

Wasser,  Versuche  aber  die  Ver- 
dampfong  desselben  vonMarcet 
LXXXVm,  187,  über  das  Ge- 
frieren desselben  im  Inftverdüna- 
ten  Räume  und  die  durch  das 
Verdunsten  des  Eises  erzeugte 
K&lte,  v.Schrötter  LXXXVIII, 
188 ;  aber  den  Einflnfs  des  Wasser« 
bei  chemischen  Zersetzungen,  von 
H.Rose  LXXXVIII,  224;  ftber 
die  Bestimmung  des  Ammoniak- 
gehaHs  in  Wasser,  von  Bons- 
singanlt  LXXXVIII,  891. 

Wasserstoff  byperoxyd,  fiber  die  Bil- 
dung desselben  bei  der  Electro- 
lyse  des  Wassers,  von  Meidin- 
ger  LXXXVIII,  69;  über  ein 
neues  (HO3),  von  Baumert 
LXXXVIII,  221. 

Weinsäure  ,  optisch  *  unwirksame, 
dargesteUt  v.Pa  s  t  e  u  r  LXXXVIU, 
212. 

Wickensamen,  Analyse  der  Asofae, 
von  Cohen  LXXXV,  288. 


Wismnthozydnl ,  U^tertaehnngen 
darüber  von  R.  Sehn  ei  der 
LXXXVni,  260. 

Wnrmsamenöl ,  untersucht  von 
VölckelLXXXVU,  812. 

z. 

Zimmtsäure,  wasserfreie,  nntersncht 
von  Gerhwdt  LXXXVII,   76. 

Zimmts&or^  -  Benzoesäure  ,  wasser- 
freie, nntersncht  von  Gerhardt 
LXXXVn,  80. 

Zimmtsäure  -  Essigsäure  ,  wasser- 
freie, untersucht  von  Gerhardt 
LXXXVU,  83. 

Zinkmethyl,  untersoeht  von  Fr« sk- 
ia nd  LXXXV,  847. 

Zinnjodür,  Mittheilungen  di^rttber 
von  Wöhler  LXXXVJ,  874, 

Zncker,  trockene  Destillation  des- 
selben untersucht  von  Yölckel 
LXXXV,  69;  über  die  Gase, 
welche  bei  der  DestiUation  dies- 
eelben  sich  bilden,  von  V  öl  ekel 
LXXXVI,6t3;  über  das  Vorkam- 
men  von  Aldehyd  uater  den  De- 
stiUattonsprodncten  desselben,  von 
Völekel  LXXXVU,  903« 


Autorenregister. 


A. 


Anderson,  über  einige  kryttalU- 
nitehe  Betkandtheil«  des  Opinms 
LXXXVI,  179. 

Andrews,  über  die  Stmctnr  und 
Zusammensetzang  einiger  basal- 
tischen n.  metamorphisehen  Fels- 
arten  LXXXV,  172. 

«— ,  Ober  die  Aeqnivalentgewichte  v. 
Platin  und  Barium  LXXXV,.  265. 

— ,  fiber  einen  neuen  Aspirator 
LXXXV,  263. 

Arppe,  Ober  das  brensweins.  Am- 
moniak und  dessen  Verinderung 
beim  Erhitzen  LXXXVII,  228. 

— ,  chemische  Notisen  LXXXVII, 
287. 


B. 


Babo,  Mittheilungen  ans  dem  che- 
mischen Laboratorium  zu  Frei- 
bnrg  LXXXV,  97. 

— ,  über  die  Darstellung  des  Fur- 
furols  LXXXV,  100. 

Bahr,  iiber  das  vermeintlich  neue 
Metall  Aridium  LXXXVIII,  264. 

Barreswil,  rergl.  bei  Lerebours, 

Baumert,  Untersuchang  über  die 
Respiration  des  Schammpeizgers 
(Cobitis  fossilis)  LXXXVII],   1. 

— ,  fiber  eine  neue  Oxydationsstufe 
des  Wasserstoffs  und  ihr  Verhalt- 
ttifs  zum  Ozon  LXXXVUI,  221. 

Bertaguini,  über  die  Verbindun- 
gen einiger  fluchtigen  Oele  mit 
den  sweifach-schwefligs.  Alkalien 
LXXXV,   179,   268. 

— ,  über  die  Bildung  von  Amarin, 
Furfurin  und  Anisin  LXXXVIII, 
127. 


Berthelot,  über  die  Einwitlrang 
des  Ammoniaks  auf  amylither- 
schwefels.  Kalk  LXXXVII,  372. 

— ,  über  die  Verbindungen  des  Gl  jce- 
rins  mit  S&uren  LXXXVIII,  304. 

— ,  über  neue  Bildnngsweisen  der 
Aetherarten  LXXXVIII,  812. 

— >,  über  die  Terschiedenen  Arten 
des  Terpentinöls  und  die  Ein- 
wirirang  der  Hitze  auf  dasselbe 
LXXXVIII,  342. 

-Bertrand  undJamin,  rergl.  Ja- 
min  und  Bertrand. 

B  e  r  t  s  c  h ,  Vorsiehtsmafsregeln  beim 
Photographiren  LXXXVIII,  219. 

Bibra,  über  das  Gehirn  LXXXV, 
201. 

~  ,  Untersuchung  des  Orber  Bade- 
salzes LXXXVII,  179. 

Bisch  off  (Th.),  über  den  Harn- 
stoff als  Mafs  des  Stoffwechsels 
LXXXVni,  101. 

— ,  Einflafs  des  Kochsalzes  auf  die 
Hamstoffentleeruug;  Bericbtig^g 
und  Zasatz  LXXXVIII,  109. 

B  0 1 1  e  y ,  Beitrage  zur  Kenntnils  der 
in  den  Schwämmen  enthaltenen 
Säuren  LXXXVI,  44. 

— ,  Torllufige  Notiz  über  ein  jodhal- 
tiges Mineralwasser  LXXXVI,  51. 

-i-,  über  die  Analyse  der  schwer 
zei  legbaren  Cyanverbindungen 
LXXXVII,  264. 

Boucbardat  und  Boudet,  opti- 
sches DrehungsTermÖgen  einiger 
organischen  Basen  LXXXVIII, 
213. 

Boudet  und  Boucbardat,  yergl. 
Boucbardat  und  Boudet 

Boussingault,  über  die  Bestim- 
mung des  Ammoniakgebalts  in 
Wasser  LXXXVIII,  391. 


AtUoramgitter. 


417 


Brande»,  über  phosphors.  Qn^ck- 

«ilbcroxyd  LXXXVUI,  f72. 
Bruce  (J.  A.),  über  die  Darttellniig 

▼on  kohlena.  Amjlozyd  LXXXV, 

16. 
Bachner,  über  einen  nenen  gelben 

Farbstoff  in  der  Faulbaum- Wursel- 

rinde  LXXXVII,  218. 
— ,  über  die  Bildung  der  salicyligen 

Saure  in  den  Blüthen  der  Bpiraea 

nlmaria  LXXXVm,  284. 
Buff  (H.),  über  das  eleotroljtische 

Gesetz  LXXXV,  1. 
— ,  Tangentenboussole  mit  langem 

Multiplicatordrahte  LXXXVI,  1. 
~,    über  die  Richtung  des  durch 

Entladung  angehäufter  Reibungs- 

electricität     erregten    Inductions- 

stroms  LXXXVI,  298. 
— ,  über  das  electroljtische  Qesetz 

LXXXVIir,  117. 
B  u  n  s  e  n ,    Untersuchungen    über 

die     chemische     Verwandtschaft 

LXXXV,    137. 
— ,  über  eine  rolumetrische  Methode 

von  sehr  allgemeiner  Anwendbar- 
keit LXXXVI,  265. 

c. 

Cahours  und  Riebe,  über  das 
Stannmethyl  LXXXVUI,  816. 

Cannizzaro,  über  den  der  Ben- 
zoesäure entsprechenden  Alkohol 
LXXXVni,  129. 

Chautard,  über  eine  neue  Bildungs- 
weise des  Tolnidins  LXXXVUI, 
840. 

Chiozza,  über  eine  Verbindung 
der  Pelargonsäure  mit  Stickoxjd 
LXXXV,  226. 

— ,  über  wasserfreie  Caprylsäure 
u.  Pelargonsäure  LXXXV,  229. 

— ,  über  eine  neue  Bildungsweis^ 
der  Aldehyde  LXXXV,  232. 

— ,  über  wasserfreie  organische  Säu- 
ren LXXXVI,  259. 

Chiozza  und  Gerhardt,  vergl. 
Gerhardt  und  Chiozza. 

Cohen,  Analyse  von  Wickensamen 
aus  Neufchatel  LXXXV,  288. 

D. 

Dary  (£.  W.),  Über  die  Erkennung 
der  Salpetersäore  LXXXVUI,  894. 


DaTj  (E.  W.),  über  die  Erkennung 
des  Strychnins  LXXXVIU,  402. 

D  e  b  u  s ,  über  chemische  Verwandt- 
schaft LXXXV,  103;  LXXXVI, 
166;  LXXXVII,  288. 

— ,  über  Oxylizarinsäure  (Purpurin) 
LXXXVI,  117. 

Delffs,  über  d.  Laurin  LXXXVUI, 
354. 

DespretTz,  über  künstlich  krystal- 
Usirten  Kohlenstoff  LXXXVIU, 
226. 

Dessaignes,  aber  die  Regenera- 
tion der  Hippursäure  LXXXVII, 
326. 

Dre?ermann,  über  die  Bildung kry- 
stallisirter  Mineralien  LXXXVU, 
120. 

Dufau,  über  einige  Verbindungen 
des  Cyans  mit  Kupfer  LXXXVIU, 
278. 

Duffy,  über  die  Constitution  des 
Stearins  LXXXVIU,  287. 

E. 

Edlnnd,  über  die  Einwirkung  des 
Magnetismus  auf  einen  gradlinig 
polarisirten  Lichtstrahl  bei  dessen 
Gang  durch  comprimirtes  Glas 
LXXXVII,  838. 

E  issfei  dt,  über  schwefeis.  Queck- 
silberozyd  LXXXVUI,  -273. 

F. 

Faget,  über  den  Caproylalkohol 
LXXXVIU,  326. 

Favre  und  Silbermann,  Unter- 
suchungen über  Wärmeentwicke- 
lung   bei   chemischen  Processen ' 
LXXXVIU,  149. 

Frankland,  über  eine  neue  Reihe 
organischer  Körper,  welche  Me- 
talle enthalten  LXXXV,  829. 

Frankland  u.  Ward,  über  einen 
▼erbesserten  Apparat  zu  GKuana- 
lysen  LXXXVIU,  82. 

Franz  und  Wledemann,  vergl. 
Wiedemann  und  Franz. 

Fresenius,  über  die  scheinbare 
Flüchtigkeit  der  Phosphori«ure 
beim  Verdampfen  in  saurer  Lö- 
sung und  die  Einwirknag  der 
Cblorwasserstoffsänre  auf  phos- 
phors.  Natron  LXXXVI,  216. 


Annal.  d.  Ühem.  u.  Pharm.  LXXXVIII.  Bd.  8.  Heft. 


2» 


4f8 


\ 


FritBsehe,  Ünterraehnngen  über  die 
HarnuU  -  AUuüoIde  LXXXVUI, 
827  f. 


G. 


Gerhardt,  Untersachimgeii  über 
die  wasserfreieo  organischen  Spa- 
ren LXXXVU,  67,  U9. 

Gerhardt  und  Chiozsa,  Znsati 
sn  den  ünterBachnngen  über  die 
wasserfreien  S&oren  LXXXYH, 
290. 

— ,  ünterraehnngen  über  die  Amide 
LXXXVU,  296. 

Q  e  r  1  a  n  d,    Über    Anthranilsänre, 
*Benxaminsaare    und    Carbanilid- 
säure  LXXXVI,  148. 

Gibbs,  Beiträge  snr  analytischen 
Chemie  LXXXVI,  52. 

— ,  Notii  über  das  Kakodyl  der 
Valeriansäure  LXXXVI,  222. 

Girard,  über  die  Einwirkung  des 
Ammoniaks  auf  einige  arsenigs. 
Metallsalle  LXXXVUI,  249. 

— ,  über  die  Einwirkung  des  Schwe- 
felwasserstoffs auf  Pikrinsäure 
LXXXVUI,  281. 

G Ö  fs m an  n ,  über  die  Natur  des  Fet- 
tes der  Canthariden  LXXXVI, 
817. 

Qorup  -  Besanes,  Beitrag  sur 
KenntniTs  des  Kreosots  und  eini- 
ger seiner  Zersetsnngsproducte 
LXXXVI,  228. 

Qottlieb,  Beiträge  cur  Kenntnifs 
der  isomeren  Säuren  LXXXV, 
17. 
•Gregory,     ▼ermischte     Notizen 
LXXXVU,  127. 

G  r  o  h  ^ ,  über  die  Bestandtheile  des 
Froschfleisches  LXXXV,  288. 


H. 


Haidinger,  über  Herapath's 
Jodcbininsals  LXXXVIU,  206. 

Hansen,  Verrache  über  die  Wir- 
kung des  Tellnrs  anf  den  lebenden 
Organismas  LXXXVI,  208. 

Hauff  (J.)  nnd  R.  Walther,  ver- 
gleichende Untersuchung  des 
Wasser-  nnd  Fettgehaltes  des 
Gehirns  LXXXV,   42. 


Heilmann,  Linsenapparat  suPho- 
tographieen  LXXXVUI,  220. 

H  e  i  n  t  s ,  Über  die  Zusammensetzang 
des  Bindstalgs  LXXXVUI,  295. 

— ,  Über  die  Butter  LXXXVUI,  800. 

Herapath  (W.  B.) ,  Darstellung 
gröfirarer  Kiystalle  von  schwefeis. 
Jodchinin  LXXXVUI,  207. 

Hoffmann  (R.),  Reaction  anf  Len- 
cin  undTjTosin  LXXXVU,  123. 

How,  Über  einige  nene  basisehe 
Zersetsnngsproducte  von  Pflan- 
zenbasen  LXXXVm,    886. 


J. 


Jamin  nnd  Bertrand,  über  die 
Verdichtung  von  €kwen  an  star- 
ren Kövpem  LXXXVUI,  187. 

Joule,  über  die  mechanischen 
Wirkungen  chemischer  Exitfte 
LXXXVUI,   179. 

J  o  7 ,  über  das  Selenäthjl  LXXXVI, 
85. 

— ,  Analyse  des  Meteoreisens  von 
Cosby's  Creek  LXXXVI,  89. 


K. 


Kawalier,  über  Pinus  sylvestris 
LXXXVm,  860 

KeknU  n.  Planta,  vgl.*  Planta 
nnd  Keknl^. 

Kersting,  über.  Jodbestimmung 
LXXXVU,  19. 

~ ,  über  eine  nene  Bürette  LXXXVU^ 
88. 

K  i  n  g  8 1  e  y ,  Photographieen  mit- 
telst des  Kalklichtmikroscops 
LXXXVIU,  220. 

Kjerulf,  über  eine  isländische 
qnarzfuhrende    Abänderung    des 

'   Trachyts  LXXXV,   257. 

— ,  über  die  Zusammensetzung  des 
Cents  LXXXVU,  12. 

Köhler,  über  die  Verbindungen  der 
beiden  Säuren  des  Selens  mit 
den  beiden  Qnecksilberozyden 
LXXXVUI,  274. 

Krieger,  znr  voinmetrischen  Be- 
stinmiung  der  Manganverbindnn- 
den  LXXXVU,  267. 

Kühn,  über  das  gegenseitige  Ver- 
halten der  beiden  Blntlangensalxe 


Autorenregister. 


419 


and  des  Nitrats  und  der  eiofachen 
Verbrennungsproducte  des  Silbers 
LXXXVU,  84. 


L. 


Langlois,  über  die  Einwirkimg 
der  Kohlensäure  aaf  Chinin  and 
Cinchonin  LXXXVIII,  826. 

Langsdorf,  das  Silber  als  Einheit 
für  d.  Messung  d.  electrischen  Lei- 
tnngswiderstandes  LXXXV,  155. 

Lehmann  (CG.)«  über  eine  kiy- 
stallisirbare  organische  Substanz 
ans  dem  Blute  LXXXVIII,  377. 

Lehmann  (J.),  über  den  Kaffee 
als  Qetränk  in  chemisch -physio- 
logischer Hinsicht  LXXXYII, 
205,  275. 

Lemercier|Tergl.beiLereboars. 

Lerebours,  Barreswil  und  Lo- 
me r  c  i  e  r ,  Uebertragung  von 
Lichtbildern  auf  lithographischen 
Stein  LXXXVIII,  219. 

Liebig,  über  einige  HamstoffVer- 
bindangen  nnd  eine  neue  Methode 
zur  Bestimmung  von  Kochsalz 
u.  Harnstoff  im  Harn  LXXXV,  289. 

— ,  überd.ThierschitLXXXVI,118. 

— ,  über  Kynurensäure  LXXXVI, 
125. 

— ,  Darstellung  von  Ferrocjran was- 
serstoffsäure LXXXVII,  127. 

~,  Scheidung  des  Nickels  vom 
Kobalt  LXXXVII,  128. 

— ,  Pyrogallussäure  im  Holzessig 
LXXXVII,  256. 

Limpricht,  Verbindungen  des- 
Quecksilberoxyds  mit  Allantolüai 
LXXXVm,  94. 

Limpricht  und  Uslar,  über  die 
Bildung  des  Stickstoffbenzoyls 
aus  Hippursäure  LXXXVIII,  ISS. 

Löwe,  Gewinnung  des  Tellurs  im 
Grollen  aus  den  Siebenbürger 
Golderzen  LXXXVIU,  281. 

L  ö  w  i  g ,  über  Methplumbäthyl 
LXXXVIII,  818. 

— ,  über  einige  Stibathylverbindun- 
gen  LXXXVUI,  828. 

Loir,  über  die  Verbindangen  des 
Schwefeläthyls  und  des  Schwe- 
feUnethyls  mit  Chlormetallen 
LXXXVU,  869. 


M. 


Magnus,    über    die   Verdichtung 

von  Gasen   an   starren   Körpern 

LXXXVIU,  189. 
— ,  über  das  Entstehen  von  Theer 

aus  ölbildendem  Gase  LXXXVHI, 

849. 
Malagnti,    über  die  Einwirkung 

der  Kohlensäure  und  der  Borsaare 

auf  Lackmustinktur   LXXXVIII, 

227. 
Mall  et  (J.  W.),    über  ein-  neues 

fossUes  Harz  LXXXV,  135. 
Mann,   über  die  Darstellung  der 

CoUodiumwoUe  LXXXVHI,  851. 
Marcet,  über  das  Verdampfen  des 

Wassers  LXXXVHI,  187. 
Marignac,    über    dsis    Gefrieren 

und    Sieden    der    Hydrate    der 

Schwefelsäure  LXXXVHI,  228. 

—  y  über  das  Didym  und  seine  Ver- 
bindungen LXXXVIH,  282. 

Meidinger,  über  voltametrische 
Messungen  LXXXVIH,  57. 

Mohr,  über  Verbesserungen  im 
Titrirverfahren  LXXXVI,  129. 

Moschnin,  über  den  Caprylalkohol 
LXXXVH,  111. 

M  o  s  er  ( J.) ,  Analyse  des  Oligoklases 
von  Wolfach  LXXXV,  97. 

— ,  Analyse  des  hellgrauen  Thones 
von  Wiesloch  LXXXV,  99. 

Müller  (A.),  Analyse  eines  vana- 
dinhaltigen  Eisensteins  LXXXVI, 
127. 

Müller  (Hugo),  über  die  Gewin- 
nung des  Llthions  aus  TripbylUn 
LXXXV,  251. 

—  ,  über  die  Palladamine  LXXXVI, 
841. 


JV. 


Ni^pee  de  Saint  -  Victor, 
photographische  Mittheilungen 
LXXXVIII,  21»;  photographi- 
sche Gravirung  auf  Stahl 
LXXXVHI,  218. 


P. 


Paste  nr,  Untersuchungen  über  die 
Chinabasen  LXXXVIH,  209. 


420 


Pa  8 1  e  n  r,  über  die  Cmwandlang  der 
Wetn«iiire  in  Tranben^nre  und 
optiich  -  nnwirkMune  WeinBäiire 
LXXXVUI,  211. 

P^an  de  Saint  -  Oilles,  fiber 
•ehwefliffs.  KnpferoxydiilFerbia- 
doBgen  LXXXVUI,  266. 

Planta  undKeknU,  Beiträge  snr 
KenntniA  einiger  flaehtigen  Ba- 
sen LXXXYII,  1. 

_,  ehemisehe  Notisen  LXXXYII, 
864. 

Provostaye  und  Desains,  Un- 
tennchnngen  Ober  Wärmeetrah- 
long  LXXXVni,  208. 


R 


Bagnanit,  fiber  die  ipeeiflwba 
Wiime  gasföimiger  Bobstansen 
LXXXVIII,  184. 

— ,  gpeeiflsohe  Wlirme  des  amor-f 
phen  Phosphors  LXXXVIII,  166. 

Biehe  und  Gahours,  Tergl.  Ca* 
honrs  nnd  Biohe. 

Bigaad,  Torl&nflge  Notii  aber  den 
gelben  Farbstoff  der  Qnereitron- 
rinde  LXXXVIH,  186. 

Bitthaasen,  über  die  Einwir- 
kung des  Salmiaks  anf  KnpAr 
LXXXVm,  268. 

Bochleder  nnd  B.  Behwars, 
fiber  einige  Bitterstoffe  LXXXVII, 
186;  LXXXVIII,  856. 

Bot  he,  Analyse  der  Asche  von 
Erica  camea  L.  und  Callnna  vulgär 
risSalisb.,  sowie  der  entsprechen- 
den Bodenarten   LXXXYII,  118. 

Böse  (H.),  über  den  Einflufs  des 
Wassers  bei  chemischen  Zer- 
setsungen  LXXXVIII,  224. 

— ,  über  die  Niobsäare,  die  Pe- 
lopsäure  und  die  Tantalsanre 
LXXXYin,  245. 

— ,  fiber  die  isomerisohen  Yerbin* 
düngen  des  Sehwefelantimons 
LXXXVIII,  255. 

.— ,  über  die  Verbindungen  des 
Schwefelantimons  und  Antimon- 
oxyds LXXXVIII,  259. 

— ,  fiber  die  Beduction  des  Arsens 
und  des  Antimons  aus  ihren  Ver- 
bindungen durch  Cyaiikalinm 
LXXXVm,  897. 


Böse  (EL),  fiber  daaVeriudtta  des 
Schwefelarsens  gegen  koUeiia. 
AlkaU  LXXXVUI,  401. 

Bowney,  fiber  das  feste  Zer- 
setzungsprodnct  bei  Destillation 
der  Stearitts&nre  mit  Kalk 
LXXXVin,  286. 

S. 

Baint-Gilles,  rargL  P^an  de 
Saint-Gilles. 

Schlofsberger,  Vernich  einer 
neuen  Deutung  der  sog.  bnide 
LXXXV,.  65. 

— ,  fiber  das  Gehirn  des  Neugebo- 
renen LXXXYI,  119. 

^t  Kritisches  und  Thats&ehllches 
aber '  die  Beaction  der  frischen 
Mflch  LXXXYII,  817. 

--,  Untersnehang  der  s.  g.  Hexen- 
mflch  LXXXYII,  824. 

Sobneider  (B.),  über  das  Wia- 
muthoxydnl  LXXXVIII,  260. 

Bohönlein,  Analyse  des  Blitter- 
teUnrs  LXXXYI,  201. 

Sehr  Otter,  fiber  dasGefHeren  des 
Wassers  im  luftrerdännten  Baume 
und*  die  dabei  durch  das  Ver- 
dunsten des  Eises  eneugte  K£he 
LXXXVIU,  188. 

Schüler  (E.),  über  die  kfinstliche 
Darstellung  des  Greenockits  und 
einige  andere  KadmiumTerbindnn- 
gen  LXXXYII,  34. 

Schunck,  fiber  Bubian  und  seine 
Zersetznngsproducte  LXXXYII, 
844. 

Schwärs  (B.)  und  Bochleder, 
vergl.  Bochleder  n.  Schwärs. 

Seyferth,  Analyse  des  Wolken- 
steiner Mineralwassers  LXXXY, 
373. 

Siegmund,  Versuche  über  die 
Ausscheidung  des  Hamstoft 
LXXXVIII,   112. 

Silbermann  und  Farre,  vergL 
Favre  und  Silbermann. 

St&deler,  über  einige  Verbindun- 
gen des  basischen  Salpeters.  Queck- 
silberoxydnls  mit  Salpeters.  Sauten 
LXXXYII,  129. 

— ,  über  die  Säuren  des  Bapsdls 
LXXXYII,  188. 


Aulorenregiiter. 


421 


S  t  &d  e  1  e  r,  Qefäfie  enr  Aafbe  wabrniig 
der  FlaCisaore  LXXXYll,  187. 


T. 


T  a  1  b  0 1 ,  photographische  Gravirnng 
auf  Stahl  LXXXVIII,  216. 

Thomsen,  thermochemische  ün- 
tarsnehangen  LXXXVIII,  141. 

T  r  i  b  o  1  e  t ,  über  d.  ZnsammeDsetzong 
der  Qnarsporphyre  LXXXVII, 
827. 

Tyndall,  über  die  Leitangsfahig* 
keit  organischer  Sobstanzen  für 
die  Warme  LXXXVIII,  198. 


u. 


Uc  hat  ins,  über  die  Bestimmung 
des  Salpetergehalts  im  Schiefa- 
pulver  LXXXVIU,  396. 

Dslar  und  Limpricht,  vergl. 
Limpricht  und  Uslar. 


V. 


V  öl  ekel,  fortgesetzte  Untersuchun- 
gen über  die  Prodacte  der  trocke- 
nen Destillation  organischer  Kör- 
per LXXXV,  69. 

— ,  über  das  Kümmelöl  LXXXV, 
246. 

— ,  über  die  Gase,  welche  bei  der 
Destillation  des  Zuckers  sich  bil- 
den LXXXVI,  63. 

— ,  über  die  Prodncte  der  Destilla- 
tion des  Holzes  LXXXVI,  66. 

— ,  über  die  flüchtigen  Oele  des 
Buchenholz  -  Theers  LXXXVI, 
831. 

— ,  über  den  Asphalt  aus  dem  Can- 
ton  Neuenburg  LXXXVU,   189. 

—  ,  über  das  Vorkommen  des  Alde- 
hyds unter  den  Producten  der  De- 
stillation des  Zuckers  LXXXVII, 
808. 

— ,  über  das  Verhalten  des  Kreo- 
sots zu  Kalk  in  höherer  Tempe- 
ratur LXXXVII,  806. 

— ,  über  d.  Wurmsamcnöl  LXXXVII, 
312. 

Vogel,  über  die  rothe  Färbung  des 
Chinins  durch  Ferrocyankalium 
LXXXVI,  122. 


Vogel,   über  die  Auffindung  du 

Schwefelkohletistoffs     LXXXVI, 

369. 
Vohl,  künstliche  Bildung  krystolli- 

sirter  Mineralien  auf  nassem  Wege 

LXXXVIU,  114. 

w. 

Walther  (R),  vergl.  bei  Hauff  (J.). 

Wandesieben,  Untersuchung  der 
Mineralquelle  zu  Langenbrücken 
in  Baden  LXXXVII,  248. 

Ward  und  Frankland,  vergU 
Frankland  und  Ward. 

Weltzien,  über  ein  Zersetzungs- 
product  des  Teträthjlammoniums 
LXXXVI,  292. 

Westhoff,  Apparat  zum  Gra- 
duiren  cylindrischer  Glasgefafse 
LXXXVin,  181. 

Wicke,  Beobachtung  über  das 
Phosphorsulfuret  LXXXVI,  116. 

— ,  Analyse  des  Geh&usedeckels 
der  Helix  pomatia  (Weinbergs- 
schnecke) LXXXVII,  224. 

— ,  Analyse  eines  Trochusdeckels 
LXXXVII,  226. 

— ,  über  das  Vorkommen  der  Fu- 
marsäure in  Gorydalis  bulbosa 
LXXXVII,  225. 

— ,  Anwendung  von  Kupfervitriol 
zur  Conservirung  von  Thierbäl- 
gen  LXXXVIII,  186. 

Wiedemann  und  Franz,  über 
die  ^^meleitung  in  Metallen 
LXXXVm,  191. 

Wilde,  über  die  Berechnung  der 
Axenwinkcl  der  zweiaxigen  Kry- 
stalle  LXXXVIII,  124. 

Wildenstein,  über  das  Aequivalent- 
gewicht  des  Chroms  LXXXVIH, 
261. 

Winter,  Analyse  einer  Schlacke 
vom  Nickelschmelzen  der  Do- 
rothea -  Hütte  bei  Dillenburg 
LXXXVII,  221. 

W  ö  h  1  e  r ,  über  eigenthümliche  Me- 
tallreductionen  auf  nassem  Wege 
LXXXV,  263. 

— ,  Einflnfs  des  Drucks  auf  das  Beste- 
hen von  Verbindungen  LXXXV, 
874. 


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