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C. BONSELL :.
Smithsonian
Institution
Libraries
Purchased from the
CULLMAN ENDOWMENT
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Anweiſung
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Nutzen und Vergnuͤgen zu ſammlen und
nach dem Linneiſchen Syſteme zu
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Abbrecht Wilhelm Roth.
Der Arzneigelahrtheit Doktor, Landphyſikus des Her—
zogthums Bremen, Mitgliede der Roͤmiſch⸗Kaiſerlichen
Akademie der Naturforſcher und mehrerer an⸗
derer gelehrter Geſellſchaften.
Gotha,
in der Ettingerſchen Buchhandlung.
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Res ardua, velustis novitatem dare, novis
| auctoritatem, obsoletis nitorem, obscu-
ris Iucem, fastidiis gratiam, dubiis fidem;
omnibus vero naturam et naturae suae
Omnia. 5 ur Ah
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P. 1 11 1 üs ‘ His L. Nat. in Praef.
Seiner Excellenz
dem Herrn
ehriſtian Ludwig Hake
Königlich Großbrittanniſchem und Churfürſlich Braun⸗
ſchweig⸗Luͤneburgiſchem Staats miniſter, auch Praͤſes
in den Brem⸗ und Verdiſchen Landeskollegien und
Gräfe des Landes Hadeln.
Widmet
dieſe Anweifung
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igen geringen Beweis feiner untertpänigen |
Hochachtung .
der Berfaffer,
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Vorrede
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Wer jemals eine Sammlung gut getrockneter
Pflanzen, oder auch nur gute Kupferſtiche ges
ſehen hat, wird mir zugeſtehen muͤſſen, daß es
hoͤchſt unangenehm und aͤrgerlich ſey, eine Plans
zenſammlung durchzuſehen, wo der groͤßte
Kenner nicht im Stande iſt, die Pflanzen von
einander zu unterſcheiden, ſollten es oft auch
die allerbekannteſten ſeyn. Ich habe ſolche
Sammlungen geſehen, wo die Pflanzen theils
ganz verſtuͤmmelt waren, daß bei dleſer die
Blume, bei einer anderen die Blätter und der⸗
gleichen fehlten; theils fie auch ihre natuͤrliche
Farbe gaͤnzlich verlohren hatten, und ich habe
herzlich gewuͤnſcht, daß dieſem Uebel einiger⸗
maßen moͤgte abgeholfen werden.
| Da
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Da es mir bisher ziemlich geglückt ift, die
Pflanzen, fo viel als möglich, bei ihrer natuͤr⸗
lichen Geſtalt und Farbe „trocken zu erhalten ,
fo haben mich im verwichenen Sommer einige
Freunde erſuchet, ihnen einige Regeln und Kunſt—
griffe an die Hand zu geben, wodurch ſie dieſen
Endzweck erreichten, weil es ihnen in dieſer
Abſicht an noͤthigen Anweiſungen fehlte. Es
find auch, fo viel ich weiß, nicht viele Schrif⸗
ten vorhanden, die einem Anfaͤnger einen hin—
reichenden Unterricht darin geben koͤnnten. Aus
eben dieſer Urſache habe ich mich ent ſchloſſen
dieſe Abhandlung dem Drucke zu uͤberliefern 7
damit Anfänger in dieſer Wiſſenſchaft einen
geitfaden haben moͤgten, an den ſie ſich einis
germaßen bei dem Unterſuchen, Sammlen, Auf⸗
legen und Trocknen der Pflanzen halten konnen.
Ich habe nach meinem Vermoͤgen geſuchet, die
Sachen, als z. B. die Art des Auflegens, ſo
deutlich vorzuſtellen, als es ſich in einer Be⸗
ſchreibung ohne Zeichnungen thun laͤſſet. Ich
wurde es gewiß nicht unterlaſſen haben, einige
Zeichnungen beizufügen, wenn ich nicht hätte
befürchten müffen daß alsdann ein etwas ſtaͤr⸗
kerer Preis manchen Anfaͤnger abſchrecken moͤgte.
In dem erſten Theile handele ich von
der 2 let; nach welcher Pflanzen zu behandeln find,
welche
yon
welche man zu einer Sammlung getrockneter
Kraͤuter, zum Nutzen und Vergnuͤgen, beſtim—
met. Ich zeige im erſten Kapitel nur über
haupt einige Vortheile, welche man von einer
Pflanzen ſammlung und vornemlich von der
Kenntniß derſelben, zu erwarten hat und ſuche
zugleich bei Bei Ge egen ee eee
ee Alsdann le 10 im zweiten Ka⸗
pitel gezeiget, wie die Pflanzen zu beſtimmen
ſind, damit man im Stande ſey, die getrockne⸗
ten Pflanzen gruͤndlich und ſyſtematiſch zu ord⸗
nen. Ich habe auch zugleich Gelegenheit 9%
nommen, das Linneiſche Syſtem, welches doch
wohl bis jetzt das beſte und brauchbarſte bleibet,
etwas durchzugehen, damit die Leſer, die die
lateiniſche und griechiſche Sprache nicht inne
haben, ſich doch im Ganzen von dieſem Syſteme
einigermaßen einen Begriff machen können. Da
die Schönheit einer getrockneten Pflanze haupt⸗
ſaͤchlich auf das Sammlen, Auflegen und Trock⸗
nen beruhet, fo zeige ich im dritten Kapi⸗
tel, was man zu beobachten habe, wenn man
Pflanzen zu einer Kraͤuterſammlung ſammlet.
In dem vierten Kapitel handele ich von
der Art, die Pflanzen aufzulegen und in dem
fünften Kapitel von dem, was man bei
| dem
VIII
dem Auftrocknen der Pflanzen zu beobachten
habe und zeige zuletzt, wie man die getrockne⸗
ten Pflanzen aufbewahre und ordne.
Der zweite Theil enthält, als ein Ans
hang, diejenigen Pflanzen, welche, nach der
Anzahl und Beſchaffenheit ihrer Geſchlechtstheile,
nicht in den gehoͤrigen Klaſſen und Ordnungen
des Linneiſchen Syſtems zu finden ſind, in
welchen fie. doch ein Jeder, nach geſchehener Un⸗
terfuchung y mit Recht zu finden glaubet.
Ich hoffe, daß dieſe Abhandlung manchem
Anfängen in der Botanik nicht ganz unange⸗
nehm ſeyn werde und wuͤnſche zugleich herzlich,
daß der zu ſtiftende Nutzen meinem e
entſpreche. mel den öten Januar 1778.
3 A. W. Roth.
Vor⸗
IX
| 85 Vorbericht
zur zweiten Auflage.
Ba den großen Fortſchritten, die in den letz;
teren Jahren in der Erweiterung der Pflanzen⸗
kenntniß gemachet worden ſind, fehlet es dem
angehenden Pflanzenforſcher noch immer an ei⸗
nem Leitfaden, nach welchem er die kryptogami⸗
ſchen Gewächſe gehoͤrig zu beſtimmen und zu ei⸗
ner Sammlung vorzubereiten angewieſen wird.
Selbſt bei den bisherigen Anleitungen, zur Ver⸗
fertigung einer vollſtaͤndigen und brauchbaren
Pflanzen ſammlung, blieb dieſes Beduͤrfniß un⸗
befriediget, ohnerachtet ein großer Theil der
deutſchen Pflanzenforſcher ſich bisher faſt aus
ſchlleßlich dem Studium der kryptogamiſchen
Gewaͤchſe widmete. Auch mir wurde dieſes Bes
{ Ä duͤrf⸗
duͤrfniß ſehr fühlbar als ich mich ohne 2 inwei⸗
ſung und Unterſtuͤtzung in dieſes weite Feld
wagte. Ich ſammlete daher meine durch die
Erfahrung gemachten Beobachtungen, und faßte
den Vorſatz, in der Folge einmal dieſem Be
duͤrfniſſe einigermaßen abzuhelfen. Die Ausfuͤh⸗
rung dieſes Vorſatzes wurde durch die Nachricht |
beſchleuniget, daß meine eiffe Schularbeit das
unberdiente Gluͤck gehabt hatte, gaͤnzlich vers
griffen zu ſeyn und jetzt eine zweite Auflage
erleben ſollte. Dieſen Umſtand glaubte ich bes
nutzen zu müſſen, meinen Vorſatz in Abſicht der
kryptogamiſchen Gewaͤchſe auszuführen. Da
aber die Botanik in einem Zeitraume von fünf
und zwanzig Jahren, durch den unermuͤdeten
Fleiß der Pflanzenforſcher, eine ganz andere Ge⸗
ſtalt gewonnen hat und meine damals heraus
gegebene Anweiſung fuͤr das jetzige botaniſche
Zeitalter nicht hinreichend ſeyn kann, ſo faßte
ich auch zugleich den Entſchluß, fie ganz umzu⸗
| e wie ich ſie hier meinen Leſern uͤberge⸗
be. Ob ich in der Ausführung meines Borfass
zes nur einigermaßen gluͤcklich geweſen ſey,
uͤberlaſſe ich dem unpartheliſchen Urtheile ſol⸗
| | cher
E
cher Sachverſtaͤndigen, welche die Schwierigkei⸗
ten kennen, die mit der Bearbeitung eines Lehr⸗
Buches zum Selb ſtunterrichte verbunden find.
Ohne Vorkenntniſſe vorauszuſetzen, mußte ich
mich der Deutlichkeit befleißigen und mich vor
dem Fehl er der Weitſchweifigkeit huͤten, wenn
ich nicht den Leſer ermuͤden und den Preis dies
ſes Buches unndthigerweiſe erhoͤhen wollte.
Freilich wird ein ſolches Lehrbuch, durch den
mündlichen Unterricht begleitet, ungleich größes
ren Nutzen ſtiften koͤnnen und der Lehrer wird
allenthalben Gelegenheit genug finden, die vor;
getragenen Saͤtze zu erweitern: indeſſen ſchmei,
chele ich mir doch mit der angenehmen Hoff;
| nung, daß auch die ejenigen die einen muͤndli⸗
chen Unterricht entbehren muͤſſen, bei einigem |
Fleiße und Ausdauer daſſelbe nicht gent ohne
Nutzen aus der Hand legen werden,
Auch dieſe Auflage zerfällt in zwei Theile.
Im erſten Theile gebe ich eine Auweiſung
zur Beſtimmung der Gewaͤch ſe nach dem Linnei⸗
ſchen Syſteme, nachdem ich einige Bemerkungen
een den allgemeinen Nutzen der Pflanzenkennt⸗
niß,
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niß, die Anzeige einiger Huͤlfsmittel zu der Ers
lernung derſelben und eine erklaͤrende ueberſicht
des Linneiſchen Syſtems vorangeſchickt habe.
Bei der Erklärung des Linneiſchen Syſtems
mußte ich einige von Linne begangene Fehler
bemerklich machen, welche bisher von den Her⸗
ausgebern ſeiner Werke entweder uͤberſehen, oder
aus Achtung fuͤr den großen Mann, beibehalten
ſind. Ich glaube nicht, dadurch den Verdacht
der Neuerungsſucht auf mich geladen zu haben.
Als ich in der erſten Ausgabe dieſer Anweiſung
S. 34. Anmerk. den Vorſchlag that, die
letzte Ordnung der neunzehnten Klaſſe (Mono-
gamia) eingehen zu laſſen und die Pflanzen die⸗
fer Ordnung zur fünften Klaſſe zu bringen, ihn
auch in meiner Flora Germanica befolgte, miß⸗
billigte man es nicht und die Herren Smith“)
und Willdenow ) waren meine Nachfolger.
Ein gleiches hoffe ich auch von der Zukunft in
) Flora brittannica auctore J. E.
Smith Londini 1800. Vol. T. pag.
24177249.
*) Gar. a Linne Species Plantarum
cnrante a L. Willdenow. Bero-
dini 1797. Tom, 1. Pars 2.
* 111
Abſicht der hier getroffenen Veraͤnderungen, da
ſie der Sache nach angemeſſener ſind. Wird
man aber mein Verfahren billigen, daß ich die
kryptogamiſchen Pflanzen von den phaͤnogami⸗
ſchen trennte und fie als eine beſondere Abthei⸗
lung in Klaſſen und Ordnungen brachte? Ich
hielt es wenigſtens fuͤr nothwendig, dieſen
Schritt zu wagen, wenn ich den Anfaͤnger auch
mit der näheren Beſtimmung dieſer Gemächfe
gruͤndlich bekannt machen wollte. Ueberdem
bahnte ich mir den Weg, auch bei der Ausfühs
rung meines Zweckes in dem zweiten Theile,
eine gewiſſe ſyſtematiſche Ordnung beobachten zu
konnen. Ich will indeſſen keinem Pflanzenfor⸗
ſcher mit dieſem Verſuche vorgreifen, ſondern ich
wuͤnſche vielmehr, ihn nur aus dem eben ange
zeigten Geſichtspunkte zu betrachten. —
In dem zweiten Theile gebe ich die
Vorſchriften zu der Anlage einer vollſtaͤndigen
Pflanzenſammlung mit jedesmaliger Ruͤckſicht
auf die kryptogamiſchen Gewaͤchſe, nach den im
erſten Theile angenommenen Klaſſen. Da ich in
der verſchiedenen Behandlung der kryptogami⸗
ſchen
Kin, |
ſchen Gewwaͤchſe keinen Vergaͤnger hatte und ich
daher meinen eigenen Beobachtungen und Er,
fahrungen folgen mußte, ſo werde ich eine jede |
weſentliche s Berichtigung und Verbeſſerung / die
zu der Verbollkommenung eines bisher faſt ganz
vernachlaͤſſigten Theiles der botaniſchen Wiſſen
ſchaft beitragen konnen, mit Danke annehmen.
Vergebens aber wir d der Leſer hier das Ders
zeichniß derjenis gen Pflanzen ſuchen, welche nach |
der. Anzahl und Beſchaff enheit der Befruchtungs⸗
werkzeuge nicht in den gehoͤrigen Klaſſen und
Ordnungen des Linneiſchen Syſtems zu finden
find, in welcher ſie ein Jeder, nach angeſtellter
Unterſuchung, mit: Recht zu finden glaubet, das
den zweiten Theil der erſten Ausgabe ausfüllte,
Da ich nachher dieſes Verzeichniß weitläufiger
aus arbeitete und als ein beſonderes Buch her⸗
e ) ſo war s völig uͤberfluͤſſig , hier
die
0 Verzeichniß derjenigen ie
welche nach der Anzahl und Be ſch a fe
fenheit ihrer Geſchlechtstheile nicht
in den gehörigen Klaſſen und Ord⸗
nungen des Linneiſchen Syſtems
ſtehen, nebſt einer Einleitung in die⸗
ſes Syſtem von A. W. Roth. Alten⸗
burg 1781. 8 vo.
NV
die Ausnahmen in dem Linneiſchen Syſteme zu
wiederholen und meine Leſer werden durch die
Bearbeitung der kryptogamiſchen Gewaͤchſe ſich
hoffentlich dafür eutſchaͤdiget finden,
Wenn ich aber hier mein gegebenes Ders
ſprechen „) bei einer abermaligen Bearbeitung
dieſer Anweiſung, auch auf die Behandlung der
Pflanzen zum mediciniſchen Gebrauche Ruͤckſicht
zu nehmen, nicht erfuͤlle, ſo, geſchiehet dieſes
lediglich darum, weil meine Bearbeitung dieſes
Gegenſtandes der nur einen Theil meiner Leſer
intereſſtren kann, ſchon mehreremale abgedrucket
iſt und ich alſo den Ankauf dieſer Auflage dem
größten Theile der Leſer unnoͤthigerweiſe erſchwe⸗
ret haben wuͤrde. | |
Sollte ich durch dieſe Arbeit auch einige
Schullehrer veranlaſſen, die in fruͤheren Jahren
keine Gelegenheit hatten, in eine genauere Be⸗
kanntſchaft mit den ſchoͤnen Buͤrgern des Pflan⸗
zen;
Br 1 angezeigten Verzeichniſſe Vorrede
XVI
zenreiches zu treten, ſich in dieſer angenehmen
und für alle Stände ſo nuͤtzlichen Wiſſenſchaft
einige Kenntniſſe zu verſchaffen, um ſie, nach
dem erforderlichen Beduͤrfniſſe, auf ihre Zoͤglinge
uͤbertragen zu koͤnnen, ſo werde ich mich gluͤck⸗
lich fuͤhlen und meine Bemuͤhungen e be⸗
loßnet finden.
Vegeſack im December 1802.
Erſter
SUDale
Erſter Theil.
Erſtes Kapitel. Von dem Nutzen der
Pflanzenkenntniß und einigen Hinder⸗
niſſen, die der Erlernung derſelben im
Wege ſtehen.
Zweites Kapitel. Von den Huͤlfsmit⸗
teln zur Erlernung der Pflanzenkenntniß.!
Drittes Kapitel. Ueberſicht des Linnei⸗
ſchen Syſtems.
Viertes Kapitel. Verſuch einer Klaſſifi—
kation der kryptogamiſchen Pflanzen.
Fünftes Kapitel. Anleitung zu der
richtigen Beſtimmung der Gewaͤchſe nach
dem Linneiſchen Syſteme.
Zweiter Theil.
Erſtes Kapitel. Von dem Nutzen und
den Erforderniſſen einer guten Dflans
zenſammlung.
139
175
Zwei⸗
Zweites Kapitel. Von dem, was man
bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe zu
einer Pflanzenſammlung zu beobachten
hat. 0 184
Drittes Kapitel. Vom dem Verfahren
bei dem Auflegen der Pflanzen. 814
Viertes Kapitel. Von dem Verfahren
bei dem Trocknen der Gewaͤchſe. 252
Fuͤnftes Kapitel. Von der Eineichtmm
einer Pflanzenſammlung. |
Erſtes Kapitel,
Von dem Nutzen der Pflanzenke nnt-
nitz und einigen Hinderniſſen, die
der Erlernung derſelben im Wege
ſtehen.
Unter allen Wiſſenſchaften, die uns zu
der naͤheren Kenntniß der natuͤrlichen Koͤrper
fuͤhren, hat diejenige ſehr viel Vorzuͤgliches, die
ſich mit dem Pflanzenreiche beſchaͤftiget. Sie
iſt, nach Verhaͤltniß anderer Wiſſenſchaften,
nicht ſehr koſtbar und die Natur hat in allen
Gegenden dieſe Schaͤtze ſehr freigebig ausge⸗
theilet.
Das Pflanzenreich hat, mittelbar und
unmittelbar, auf alle Beduͤrfniſſe des menſch⸗
lichen Lebens einen ſo allgemeinen Einfluß, daß
das Studium deſſelben einem jeden Menſchen
nuͤtzlich ſeyn kann, vielen aber bleibt es unent⸗
behrlich. Dennoch wird es oft von ſolchen
vernachlaͤſſiget, denen das Gewaͤchsreich bei
der Ausuͤbung ihrer Kunſt oder Wiſſenſchaft
die mehreſten Materialien liefern muß. Seit
einigen Jahren hat man angefangen, die Vor⸗
4 theile
2
theile, die eine ausgebreitete Pflanzenkenntniß
faſt einem jeden Stande gewähren kann, ge-
na uer zu erwegen. Bei der Verbeſſerung des
Schulweſens hat man ſchon hin und wieder
auch hierauf einige Ruͤckſicht genommen, es
find an mehreren Orten botaniſche Geſellſchaf⸗
ten errichtet worden, die bei manchem jungen
Menſchen eine Nacheiferung erwecket und den
Verehrer dieſer Wiſſenſchaft zu neuen Entdek⸗
kungen und Beobachtungen aufgemuntert ha-
ben, und ſelbſt verſchiedene unſerer Fuͤrſten ſind
Kenner und Befoͤrderer derſelben. |
In den Schulen follen die Vorkenntniſſe
zur Erlernung der hoͤheren Wiſſenſchaften ge⸗
ſammlet werden. Es bleibet daher immer ein
weſentlicher Fehler einer Schulanſtalt, bei der
der Unterricht in den Vorkenntniſſen der Na⸗
turgeſchichte und vorzuͤglich auch der Botanik
gaͤnzlich vermißt wird. Durch die erlangten 10
Vorkenntniſſe auf Schulen in der Botanik
wird auf Akademien nicht allein das Studium
der Pflanzenkenntniß ſelbſt, ſondern auch der
Oekonomie, Cameralwiſſenſchaft, Chemie
u. ſ. w. in der Folge ſehr erleichtert, und fuͤr
den kuͤnftigen Arzt und Apotheker bleiben ſie
ohnehin unentbehrlich. Haͤtte man bisher auf
den ausgebreiteten Nutzen dieſer Wiſſenſchaft
auf alle Staͤnde mehr Ruͤckſicht genommen, ſo
wuͤrden unſere jetzigen Schullehrer, groͤßten⸗
theils wahrſcheinlich, im Stande ſeyn, denen
Schuͤlern die erſten Grundſaͤtze der Botanik bei⸗
zubringen. Aus Mangel an eee Neu
8 ni
3
niß muß aber dieſer Unterricht unterbleiben,
und ſelten iſt der vorhandene Schulfond hin⸗
reichend, einen eigenen Lehrer dieſer Wiſſen⸗
fchaft zu beſolden. Bei den häufigen Hülfs-
mitteln zur Erlernung dieſer Wiſſenſchaft und
einem ernſtlichen Willen wird es aber gewiß
keinem einzigen Schullehrer ſehr ſchwer fallen,
ſich in kurzer Zeit die noͤthigen Kenntniſſe zu
erwerben, die zu dem Unterrichte auf Schulen
erforderlich ſind, und auch ich wuͤnſche durch die⸗
fe Anweiſung ihnen dazu behäfflich zu ſeyn. Mir
ſind verſchiedene ſchaͤtzbare Maͤnner bekannt,
die erſt in ſpaͤteren Jahren den Anfang mach—
ten, dieſe Wiſſenſchaft, groͤßtentheils durch
eigenen Fleiß mit dem gluͤcklichſten Erfolge zu
erlernen. Auch bei ihnen findet man den faſt
allgemein anerkannten Satz beſtaͤtiget, daß
das ernſtliche Studium dieſer Wiſſenſchaft ſo
viel reizendes und anziehendes habe, daß
es ſehr leicht eine leidenſchaftliche Neigung
erzeuge.
Ich wuͤrde die mir feſtgeſezten Grenzen
bei dieſer Anweiſung uͤberſchreiten, wenn ich
den vielfachen Nutzen der Pflanzenkenntniß bei
vielen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften weitlaͤuftig
auseinander ſetzen wollte. Ich begnuͤge mich,
zur Erreichung meines Endzweckes, nur einige
aus dieſer Kenntniß entſprieſende Vortheile zu
beruͤhren und zugleich die Schwierigkeiten zu
heben, die der Erlernung dieſer Wiſſenſchaft
auf Schulen und Akademien am haͤufigſten im
Wege zu ſtehen ſcheinen.
A 2 Durch
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Durch die Kenntniß der Gewaͤchſe bah⸗
net man ſich den Weg, die Wiſſenſchaft, von
ihren Beſtandtheilen, ihren Kraͤften und der
richtigen Benutzung derſelben für die Lebens⸗
erhaltung und einen frohen Lebensgenuß, leich-
ter und gruͤndlicher zu erlernen. Man ſchaͤrft
dadurch ſeinen Verſtand und erhaͤlt zugleich ei⸗
nen Schluͤſſel zu neuen Entdeckungen und Er-
findungen. Wie manche wichtige Entdeckung
zum Vortheile der Oekonomie, Arzeneiwiſſen⸗
ſchaft u. ſ. w. haben wir nicht dieſer Wiſſen⸗
ſchaft zu verdanken, ſeitdem man in den neu-
ern Zeiten angefangen hat, ſie nach feſteren
Grundſaͤtzen zu ſtudiren, und wie manches Un⸗
gluͤck iſt nicht durch den richtigen Unterſchied
ſchaͤdlicher Gewaͤchſe, von andern ihnen ähn-
lichen, abgewendet worden. Kann aber wohl
der Arzt, der Oekonom, der Forſtmann rich-
tige Beobachtungen und Entdeckungen machen,
wenn er die Gegenſtaͤnde nicht kennet, die er
beobachten fol? Aeußerſt wichtig find vorzuͤg⸗
lich die Folgen für Menſchen und Vieh, wenn
diejenigen, die die Arzeneimittel aus dem Ge⸗
waͤchsreiche ſammlen und zubereiten, keine ge⸗
naue Kenntniß der Gewaͤchſe haben. Es ſollte
daher in ſolchen Ländern, die das Glück einer
guten medieiniſchen Polizei genießen, auch
ſtrenge darauf gehalten werden, daß keinem die
Aufſicht und Verwaltung einer Apotheke uͤber⸗
tragen würde, der nicht bei der Prüfung Ber
weiſe einer gruͤndlichen Pflanzenkenntniß gaͤbe.
Alsdann iſt es aber e nothwendig, daß der⸗
jenige
5
jenige, dem dieſe Prüfung oblieget, ſelbſt in
dieſer Wiſſenſchaft nicht unbewandert ſey. —
Ein großer Vortheil, den das ernſtliche
Studium der Botanik ſeinem Verehrer ge—
waͤhret, beſtehet vorzuͤglich auch darin, daß es
ihn zum ſyſtematiſchen Denken gewoͤhnet, und
bei dem künftigen Arzte den am Krankenbette
ſo noͤthigen genauen Beobachtungsgeiſt und
einen richtigen Blick bei der Zuſammenſtellung
und Beurtheilung der Umſtaͤnde, erzeuget.
Boerhaave, Ludwig, Moͤhring und
andere geben davon bekannte Beweiſe. |
Durch die Kunſtwoͤrter dieſer Wiſſen⸗
ſchaft und durch die verſchiedenen Arten Pflan-
zen, die man kennen lernt und bei der Ver⸗
gleichung mit Aehnlichen oft wieder ſiehet, wird
das Gedaͤchtniß auſſerordentlich geſchaͤrft.
Auch fuͤr den Koͤrper ſchaffet das Pflan⸗
zenſtudium unlaͤugbare Vortheile. Durch das
Aufſuchen der Gewaͤchſe im Freien wird der—
ſelbe nicht allein in eine wohlthaͤtige, ſelten er⸗
muͤdende, Bewegung verſetzet, ſondern auch
das Geſicht wird dadurch ſehr geſtaͤrket. Die
Erfahrung lehret uns, daß eine wiederholte,
nicht zu anhaltende und nicht uͤberſpannte An⸗
ſtrengung eines oder des andern Sinnes den⸗
ſelben eher ſtaͤrke, als ſchwaͤche. Hiervon habe
ich in Abſicht des Geſichts bei verſchiedenen
Pflanzenforſchern die auffallenſten Beweiſe.
Einer meiner Freunde, der erſt in ſpaͤtern Jah⸗
ren ſich der Botanik widmete, war vorher ſehr
kurzſichtig. Jetzt iſt ſein Geſicht auch in der
Ferne
6
| Ferne ſo gut, daß er auf dem Wagen, auch in
einiger Entfernung, eine jede Pflanze am We⸗
ge erkennen und Aber den kann.
Diejenigen, denen in fruͤheren Jahren
das Gefuͤhl für die Schoͤnheiten der Natur
und der Wunſch, mit derſelben in naͤhere Be⸗
kanntſchaft zu kommen, nicht eingefloͤßet war,
oder denen es bei dem Schulunterrichte an
Gelegenheit fehlte, ſich einige gründliche Vor⸗
kenntniſſe, auch im Pflanzenreiche, zu ſammlen,
ſchaffen ſich gemeiniglich ſelbſt Hinderniſſe, die
ihnen bei der ſpaͤteren Erlernung der Pflanzen⸗
kenntniß unüberwindlich ſcheinen und ſie oft
von einem ernſtlichen Verſuche abhalten.
Eine jede Wiſſenſchaft hat ihre eigenen
Kunſtwoͤrter, mit welchen man ſich bekannt
machen muß, wenn man ſie gruͤndlich erlernen
will. Die Erlernung dieſer Kunſtwoͤrter ſchei⸗
net manchem fo ſchwer zu ſeyn, daß er fich da-
durch von dem Studium der Botanik abhal-
ten laͤſſet. Waͤre es erforderlich, dieſelben
ſchulmaͤßig zu lernen, ſo haͤtte allerdings dieſe
Beſorgniß einigen Grund. Aber durch eine
kurze Uebung, fortgeſetzten, ernſtlichen Fleiß
und einige hierzu dienliche Huͤlfsmittel, wird
dieſe Schr ierigkeit gewiß leicht überwunden.
Bei der öfteren Unterſuchung der Gewaͤchſe
und der genauen Beobachtung ihrer Theile,
lernet man fie gehörig unterſcheiden und, indem
man den gefundenen Unterſchied durch Worte
richtig auszudrucken ſuchet, gewoͤhnet man
ſich nach und nach unvermerkt an die Woͤrter,
welche
7
welche die Theil der Gewaͤchſe und ihre Be⸗
e richtig bezeichnen.
Man halt gemeiniglich die Kenntniß
fremder Sprachen und vorzuͤglich der lateini⸗
ſchen, fuͤr ein unumgaͤngliches Beduͤrfniß zu
der Erlernung der Naturgeſchichte uͤberhaupt,
beſonders aber der Botanik; und diejenigen,
welche in fruͤhern Jahren keine Gelegenheit
hatten, ſich dieſelbe zu erwerben, glauben dar⸗
in ein vorzuͤgliches und unuͤberwindliches Hin⸗
derniß bei der Erlernung der Pflanzenkenntniß
zu finden. Die Kenntniß der lateiniſchen und
griechiſchen Sprache erleichtert allerdings das
Studium der Botanik und bleibet demjenigen
unentbehrlich, der in der Folge als Lehrer und
Schriftſteller darin auftreten will. Aber zu
der Erlernung dieſer Wiſſenſchaft iſt die Kennt⸗
niß dieſer Sprachen nicht ſchlechterdings noth⸗
wendig. Da man in den neuern Zeiten ein⸗
ſahe, wie nuͤtzlich und nothwendig auch fuͤr
manche Kuͤnſte und Gewerbe die Pflanzen⸗
kenntniß ſey, ſo iſt man darauf bedacht gewe⸗
ſen, auch den Unkundigen in fremden Spra⸗
chen, Huͤlfsmittel in die Haͤnde zu geben, die
ſie in den Stand ſetzen, in eine naͤhere Be⸗
kanneſchaft mit den Gewaͤchſen zu kommen, und
unſer Zeitalter hat manchen guten Pflanzen⸗
kenner und Beobachter aufzuweiſen, der
ohne eine ausgebreitete Sprachkenntniß ſich
eine gründliche le dieſer Wiſſenſchaft
erworben hat.
Viele
8 10
Viele junge Leute, die ſich den Wiſſen⸗
ſchaften widmen, befuͤrchten, durch das Stu⸗
dium der Botanik zu viele Zeit zu verliehren,
und unterlaſſen daher daſſelbe ganz, wenn ſie
ſich auch überzeugt halten, daß die Pflanzen⸗
kenntniß ihnen in der Folge bei ihrer kuͤnftigen
Beſtimmung ſehr nuͤtzlich und nothwendig wer-
den konnte Großtentheils beruhet dieſe Be-
ſorgniß auf einer fehlerhaften Eintheilung und
unrichtigen Benutzung der Zeit, wovon der
Grund faſt durchgaͤngig in der erſten Geiſtes⸗
bildung lieget. Suchet man den Knaben ſchon
früh an nuͤtzliche Beſchaͤftigungen und über»
haupt an ein thaͤti ges Leben zu gewoͤhnen, fuͤhrt
man ihn bei Zeiten dazu an, feine Erholungs-
ſtunden angenehm und doch nuͤtzlich fuͤr den
Körper und Geiſt anzuwenden; ſo wird er als
Juͤngling und Mann mit dem ſchrecklichen Un⸗
geheuer, Langeweile und ſeinem ſchaͤdlichen
Gefolge, nicht zu kaͤmpfen haben, welche ſo
manchen verfolget und feine moraliſche Bil-
dung oft auf immer vernichtet. Er wird nicht
gefuͤhllos gegen die Schoͤnheiten der Natur
ſeyn, und durch falſche Freuden berauſcht, ihre
Schaͤtze, die ſie in endloſer Mannichfaltigkeit
allenthalben darbietet, unbemerkt und unbe⸗
nutzt laſſen. Die Stunden, welche zu der Er⸗
holung unſeres Geiſtes von anſtrengenden Ar⸗
beiten beſtimmt ſind, koͤnnen nicht angenehmer
und nuͤtzlicher angewendet werden, als zu der
naheren Betrachtung der uns umgebenden Na⸗
tur, und wenn auch dieſe Stunden nur dazu be⸗
ſtimmt
ſtimmt werden, ſich mit den Gewaͤchſen näher:
bekannt zu machen, ſo wird man ſich einen
reichen Schatz fuͤr die Zukunft ſammeln, und
fuͤr manche koſtſpielige Vergnuͤgungen hinlaͤng⸗
lich entſchaͤdiget finden. |
N | Zweites
10
Zweites Kapitel.
Von den Hüͤlfsmitteln zur Erlernung
der Pflanzenkenntniß.
Die Kenntniß der verſchiedenen Theile
der Gewaͤchſe, nach welchen ſie unterſchieden
und geordnet werden, iſt das erſte und vorzuͤg⸗
lichſte Beduͤrfniß zur Erlernung der Botanik,
und mit dieſen muß man ſich zuvoͤrderſt genau
bekannt machen. In den Faͤllen, wo die Ge⸗
legenheit eines gründlichen mündlichen Unter⸗
richts fehlet, muß man ſeine Zuflucht zu ſol⸗
chen Buͤchern nehmen, die dieſes Beduͤrfniß
bei einem ausdauernden Fleiße hinlaͤnglich er⸗
ſetzen. Zu dem Ende will ich hier an⸗
gehenden Pflanzenforſchern, unter den vielen
Lehrbuͤchern der Botanik, nur ein Paar in
Vorſchlag bringen, von welchen ich uͤber⸗
zeuget bin, daß ſie dieſelben am fiche ee zu
dieſem Zwecke fuͤhren.
1) Botaniſches Woͤrterbuch, oder
Verſuch einer Erklarung der
vor⸗
11
vornehmſten Begriffe und Kunſt⸗
woͤrter in der Botanik von Dr.
Moriz Balthaſar Borckhauſen.
2 Theile. Gießen 1797. 8.
5 Dieſes Buch enthalt einen Schatz von
ausgebreiteten botaniſchen Kenntniſſen, die
nach alphabetiſcher Ordnung mit Genauigkeit
und philoſophiſchem Scharfſinne vorgetragen
ſind. Man findet hier nicht allein alle in der
Botanik vorkommende Kunſtwoͤrter nach ihren
verſchiedenen Bedeutungen richtig erklaͤret, ſon⸗
dern es liefert auch vorzuͤglich eine genaue
Kenntniß aller Pflanzentheile nach ihren Eigen⸗
ſchaften, Verſchiedenheiten und Eintheilungen,
wie ſie dem gruͤndlichen Pflanzenforſcher zu
wiſſen nothwendig find.
Bei einem Woͤrterbuche, das alle in eine
Wiſſenſchaft einſchlagende Sachen enthaͤlt,
wird durch die alphabetiſche Ordnung der Wör-
ter das Nachſchlagen ſehr erleichtert; bei der
naͤheren Betrachtung aber eines Koͤrpers nach
ſeinen verſchiedenen Theilen iſt es nothwendig,
eine ſolche Ordnung zu beobachten, daß die
Theile mit dem Ganzen in Verbindung erhal⸗
ten werden. Wenn wir gleich mehrere botani⸗
ſche Lehrbücher dieſer Art haben, fo behält doch
in mehrerer Hinſicht das Folgende einen Vorzug.
2) Termini botanici iconibus illuſtrati:
oder botaniſche Kunſtſprache
durch Abbildungen erläutert
von
ı 12;
von Friedrich Gottlob Hayne.
Berlin 1799. ge. 4 |
Zu der Erlangung einer genauen A Kenntniß
der verſchiedenen Theile der Gewaͤchſe, ihres
Unterſchiedes und ihrer botaniſchen Benennung
iſt es ſchon bei dem muͤndlichen Unterrichte er⸗
forderlich, dem Lehrlinge durch Beiſpiele aus
der Natur die ſonſt trockene und ermuͤdende
Pflanzentermmologie angenehm und deutlich zu
machen, wenn derſelbe nicht gleich anfaͤnglich
von der Erlernung der Pflanzenkenntniß abge⸗
ſchrecket werden ſoll; bei dem Selbſtſtudium
dieſer Wiſſenſchaft aber iſt dieſes Beduͤrfniß am
fuͤhlbarſten. Schon bei dem muͤndlichen Un⸗
terrichte halt es aͤußerſt ſchwer, die Theile aus
der Natur gleich zuſammen zu bringen, die
dem Lehrlinge den Unterſchied und die Benen⸗
nungen anſchaulich machen, wenn der Lehrer
nicht zu dieſem Ende eine beſondere und in⸗
ſtruktive Sammlung derjenigen einzelnen Thei⸗
le beſitzet, die dem Lehrlinge deutlich gemachen
werden ſollen, zu welcher er bei dem jedesmali⸗
gen Unterrichte ſeine Zuflucht nehmen kann.
Derjenige aber, der ſich ſelbſt dieſe Kenntniß
der Theile verſchaffen will, wird zu Irthuͤmern
verleitet, die er ſelbſt nicht allemal zu verbeſſern
im Stande iſt, indem ſeine Kenntniß immer
nur hiſtoriſch bleibet. Herr Hayne hat in
dem angezeigten Werke, von dem jetzt acht
Hefte erſchienen ſind, dieſes große Beduͤrfniß
vollig befriediget. Indem Er alle Theile eines
\ . Ge⸗
13
Gewaͤchſes, von der Wurzel bis zur Frucht
ſehr deutlich erklaͤret und auf den, einem jeden
Hefte angehaͤngten, Kupfertafeln mehrere nach
der Natur genau und ſchoͤn abgebildete Ge⸗
waͤchſe zuſammen ſtellet, auf welche Er bei der
Erklaͤrung eines jeden Theiles und deſſen Wer⸗
ſchiedenheit zurück weiſet, hat Er dem Lehrer
den Unterricht und dem Anfaͤnger das Selbſt⸗
ſtudium außerordentlich erleichtert. Dadurch
wird der Anfaͤnger in den Stand geſetzet, auch
ohne den muͤndlichen Unterricht ſich richtige Be⸗
griffe von den verſchiedenen Theilen zu machen,
und bei der Vergleichung aͤhnlicher Theile aus
der Natur, ſie unvermerkt ſeinem ie
einzupraͤgen.
Ein ſehr wichtiges Hüͤlfsmittel zu der
gruͤndlichen Erlernung der Pflanzenkenntniß
giebt die genaue Betrachtung und Verglei—
chung der Theile eines Gewaͤchſes in ſeinem
lebendigen, oder wenn hierzu die Gelegenheit
fehlet, im getrockneten Zuſtande. Eine Pflan⸗
ze und deren Theile in der Natur behalten auch
bei dem Unterrichte, einen ungleich groͤßeren
Vorzug, ſelbſt vor der genaueſten Abbildung.
Ihre aͤußere Beſchaffenheit und vorzuͤglich die
Verſchiedenheit ihrer Theile faͤllt deutlicher in
die Sinne, als bei einer Abbildung und druͤckt
ſich dem Gedaͤchtniſſe weit richtiger und tiefer
ein. Die angehenden Pflanzenforſcher werden
dadurch zum richtigen Beobachten gewoͤhnet,
und zugleich auf den genauen Unterſchied aͤhn⸗
licher und dennoch oft in weſentlichen Stücken
e ver⸗
14
verſchiedener Theile aufmerkſam gemachet.
Durch ſie wird der Weg zu der Kenntniß von
dem inneren Baue der verſchiedenen Theile,
deren Eigenſchaften und Verrichtungen bei der
Erhaltung und Fortpflanzung der Gewaͤchſe
gebahnet. Da die genaue Kenntniß der Ver-
ſchiedenheit der Theile auf das ganze Pflanzen
ſtudium einen ſo wichtigen Einfluß hat, ſo
muß man alle Mittel anwenden, die zu der
baldigen Erlangung derſelben beitragen koͤn⸗
nen. Aus eigener Erfahrung weiß ich es, daß
zu der baldigen Erreichung dieſes Endzweckes
nichts mehr beitrage, als wenn man ſich eine
Sammlung von den verſchiedenen Theilen der
Gewaͤchſe, nach ihren vorzuͤglichſten Abwei⸗
chungen von einander, ſelbſt verfertiget. Man
ſammle daher z. B. bei der Beſtimmung der
verſchiedenen Blaͤtter, mehrere derſelben von
verſchiedener Geſtalt und Eigenſchaft, und
vergleiche ſie genau mit den, in einem der an⸗
gezeigten Buͤcher, angegebenen Kennzeichen,
oder der dabei angefuͤhrten Abbildung. Hat
man die fuͤr ſie paſſende Benennung gefunden,
ſo ſchreibe man ſie auf ein Blaͤttchen Papier
und lege dieſes alsdann einem jeden Blatte bei,
welches man fuͤr die Sammlung gehoͤrig trock⸗
net, ordnet und aufbewahret. Wenn gleich
eine ſolche Sammlung von den verſchiedenen
Pflanzentheilen in der Folge, bei erlangten
Kenntniſſen, keinen außerordentlichen Werth
zu haben ſcheinet, ſo ſchaffet ſie doch fuͤr die
N fehr große Vortheile. a
Zu
15
Zu den Huͤlfsmitteln bei der Unterſuchung
der Theile der Gewaͤchſe gehören, nebft einem
ſcharfen ſpitzigen Meſſer, eine Zange und
ein Vergroͤßerungsglas. Erſtere iſt dazu
erforderlich, die kleineren und zarteren Theile,
vorzüglich bei der Unterſuchung der Blumen,
damit auseinander zu biegen, fie damit zu faſ⸗
ſen und feſt zu halten. Sie muß aber ſehr
ſpitzig ſeyn und ihre Spitzen muͤſſen genau auf
einander paſſen. Letzteres iſt zu der Unter⸗
ſuchung der kleineren Theile der Gewaͤchſe, die
man mit dem unbewaffneten Auge nicht gehoͤ⸗
rig unterſcheiden kann, unumgaͤnglich noth⸗
wendig. Zu dieſem Endzwecke iſt ein einfa=
ches Vergroͤßerungsglas, oder ein ſogenanntes
Handmikroskop, hinreichend „welches aber
mit einer Blende verſehen ſeyn muß, deren
Oeffnung nicht zu groß iſt. Hierauf muß man
bei dem Ankaufe ſolcher Inſtrumente nothwen⸗
dig ſehen, weil ſie ſonſt das Licht verfaͤlſchen
und zu Irthuͤmern Anlaß geben. Da dieſes
in manchen Faͤllen unentbehrliche Huͤlfsmittel
außerdem noch zu manchen Irthuͤmern Anlaß
geben kann und der zu haͤufige und anhaltende
Gebrauch derſelben die Augen ſchwaͤchet, ſo
iſt es dem Pflanzenforſcher ſehr anzurathen,
die kleineren Theile der Gewaͤchſe jedesmal mit
bloßen Augen genau und ſcharf zu beſehen,
und nur alsdann erſt das Vergroͤßerungsglas
zu Huͤlfe zu nehmen, um ſich zu uͤberzeugen,
ob man richg geſehen und beobachtet habe.
Drit⸗
16
Drittes Kapitel.
Durch die genaue Kenntniß der Theile
der Pflanzen und ihrer Verſchiedenheiten wird
der Pflanzenforſcher in den Stand geſetzet, die
Gewaͤchſe nach gewiſſen, von einem oder mehre⸗
ren Theilen derſelben hergenommenen, allge⸗
meinen Kennzeichen zu ordnen und dieſes Ord-
nen nennet man eine Methode oder ein Sy—
ſtem. Dieſes kann entweder kuͤnſtlich oder
naturlich ehe;
a Das natuͤrliche Syſtem beruhet auf
der natürlichen Verbindung und Verwandſchaft
aller Gewaͤchſe unter einander. Dieſes ſetzet
die Kenntniß aller Gewaͤchſe unſerer Erde vor⸗
aus. Wie viel uns aber hierbei noch fehle,
beweiſen die taͤglichen Entdeckungen neuer Ge⸗
waͤchſe. Ein natuͤrliches Pflanzenſyſtem, im
allgemeinen Verſtande, iſt alſo vorerſt unmoͤg⸗
lich. Verſchiedene Pflanzenforſcher haben es
indeſſen verſuchet, die uns bekannten Gewaͤchſe
nach übereinſtimmenden aͤußeren, von ihrem
gan⸗
ER
ganzen Baue hergenommenen Kennzeichen zu
ordnen. Die Anordnung liefert aber nur
Bruchſtuͤcke zu einem natuͤrlichen Syſteme.
Ein kuͤnſtliches Syſtem beſtehet
darin, daß man von einem oder dem andeen
Theile der Gewaͤchſe einen allgemeinen Ein⸗
theilungsgrund entlehnet und nach den mans
nigfaltigen Modifikationen der Theile, die man
zur Grundlage ſeiner Methode gewaͤhlet hat,
einem jeden Gewaͤchſe die Stelle anweiſet,
welche die Geſetze des gewaͤhlten Eintheilungs⸗
grundes vorzeichnen. Die verſchiedenen Mo⸗
diftkationen der Theile machen verſchiedene
Unterabtheilungen nothwendig und dieſe bilden
die Klaſſen, Ordnungen, Gattungen,
Arten und Abarten. Es iſt faſt kein
Pflanzentheil vorhanden, der nicht einem oder
dem andern Pflanzenforſcher zu einer Grund⸗
lage eines kuͤnſtlichen Syſtemes gedienet hätte,
Ich wuͤrde die Grenzen dieſer Anweiſung uͤber⸗
ſchreiten, wenn ich hier mehrere der vorhande—
nen kuͤnſtlichen Syſteme durchgehen wollte.
Ein jeder kann ſich hieruͤber ſelbſt belehren,
wenn er in dem, im vorhergehenden Kapitel,
angefuͤhrten Werke des Herrn Borkhauſen
(Botaniſches Woͤrterbuch 2. Th. Seit. 146.)
das Wort Pflanzenſyſteme nachſchlaͤget, wo
mehrere der vorzuͤglichſten natuͤrlichen und kuͤnſt⸗
lichen Syſteme erklaͤret ſind. Ich beſchraͤnke
mich hier, zu der Erfuͤllung meines Endzweckes,
nur auf die Erklaͤrung eines kuͤnſtlichen Sy⸗
ae das zwar fo, wie alle andere bis jetzt
B be
befannte Pflanzenſyſteme, nicht frei von allen
Maͤngeln iſt, welches aber am fleißigſten durch—
gearbeitet und, wegen des Reichthums der in
demſelben aufgezaͤhlten Gewaͤchſe, von den
mehreſten Pflanzenforſchern der neueren Zeit,
zum Leitfaden gewaͤhlet wurde, die vorfom-
menden Gewaͤchſe darnach zu ordnen, nemlich
das Pflanzenſyſtem des Ritter von Linne,
welches auf die Zahl, Lage und Beſchaffenheit
der äußern Geſchlechtstheile (Partes lexus feu
ſexuales externae) gegruͤndet iſt und daher
auch Sexualſyſtem (Syſtema ſexuale) ge-
nannt wird. Ehe ich aber zu der näheren Er—
klaͤrung dieſes Syſtems uͤbergehe, muß ich vor—
her die angehenden Pflanzenforſcher mit den
Befruchtungswerkzeugen und den Befruch-
tungsgeſchaͤfte der Gewaͤchſe naͤher bekannt
machen. Dadurch hoffe ich ihnen den Weg zu
bahnen, mit wenigeren Schwierigkeiten das
Linneiſche Syſtem ſelbſt zu ſtudiren.
Wenn die Pflanzen ihr hinlaͤngliches
Wachsthum erlanget und alle ihre Theile ſich
gehoͤrig entwickelt haben, ſo treten ſie in den
Zuſtand, wo fie fähig werden, durch die Er»
zeugung ihres Gleichen ſich fort zu pflanzen.
Die Erzeugung ſelbſt wird durch die Zuſam⸗
menwuͤrkung und innige Vermiſchung zweier,
ihrer Subſtanz nach oͤligter, aber nach ihrer
Eigenſchaft verſchiedener, Saͤfte vollendet,
die in beſonders dazu eingerichteten organiſchen
Theilen bearbeitet und abgeſondert werden.
Dieſes wichtige Geſchaͤft der Natur wird 32
| | g=
19
Begattungs⸗ oder Befruchtungs⸗Ge⸗
ſchaͤft Fructificatio) genannt. Durch die
Begattung wird in beſondern Behaͤltern
ein neuer Koͤrper hervorgebracht, welcher in
denſelben bis zu einem gewiſſen Grade der
Vollkommenheit ernaͤhret und befchüßet wird,
aus welchen ſich, nach erlangter Vollkommen⸗
heit, unter erforderlichen guͤnſtigen Umſtaͤnden,
ein neues, der Mutterpflanze aͤhnliches, Ge⸗
waͤchs entwickelt. Dieſen neuen Koͤrper nennet
man die Frucht, das Fruchtkorn (Spora,
Semen). Einer jeden Frucht muß alſo eine
Befruchtung oder Begattung voran gegangen
ſeyn. Die beiden verſchiedenen Saͤfte, welche
durch ihre Zuſammenwuͤrkung und innige Ver⸗
miſchung das Befruchtungsgeſchaͤft vollenden,
werden in verſchiedenen, beſonders dazu be⸗
ſtimmten Gefaͤßen bearbeitet und abgeſondert.
Man nennet ſie die maͤnnliche und weibliche
Saamenfeuchtigkeit oder den maͤnnlichen
und weiblichen Saamen (Sperma) die
organiſchen Theile aber, worin ſie bearbeitet
und abgeſondert werden, nennet man die
maͤnnlichen undweiblichen Geſchlechts—
oder Befruchtungstheile (Partes fexua-
les feu fructificationis) dieſe machen eigent⸗
lich das Geſchlecht (Sexus) der Gewaͤchſe und
die weſentlichen Stücke bei dem Befruchtungs⸗
geſchaͤfte aus. Maͤnnlicher Seite ſind es die
Saamengefaͤße (Vafa [permatica) und
weiblicher Seite das Pflanzenei oder der
Fruchtkeim (Ovulum) mit den, mit dem⸗
W 2 ſel⸗
20
felben in Verbindung ſtehenden, weiblichen
Saamengefaͤßen. Das Pflanzenei gehet
nach der Befruchtung in das Fruchtkorn uͤber,
es wird von der Mutterpflanze ernaͤhret und
bleibet bis zu der voͤlligen Reife der Frucht mit
derſelben verbunden. Es iſt alſo keine Be⸗
fruchtung möglich, wenn nicht der männliche
Saame dem Eie zugefuͤhret wird. Zu der
Erreichung dieſes großen und wichtigen End⸗
zweckes hat ſich die Natur beſonderer Vorrich-
tungen, nach dem Beduͤrfniſſe der Mae
ſtaͤnde, bedienet.
Bei ſolchen Gewächſen, die das Befruch⸗
tungsgeſchaͤft in der freien Luft vollenden, iſt
denen maͤnnlichen und weiblichen Geſchlechts⸗
theilen eine beſondere Bedeckung gegeben, die
fie theils beſchuͤtzet, theils aber und vorzüglich
das Befruchtungsgeſchaͤft in dieſem Elemente
erleichtert. Durch dieſe Bekleidung der Ge⸗
ſchlechtstheile, werden beſondere Theile gebildet,
die man Befruchtungswerkzeuge oder
auch die aͤußern Geſchlechtstheile (Par-
tes genitales ſeu fructificationis externae)
nennet. Dieſe in Verbindung mit den innern
Geſchlechtstheilen, machen die weſentlichſten
Theile der Bluͤthen der Gewaͤchſe aus. Sie
werden nach dem Unterſchiede des Geſchlechtes
in maͤnnliche und weibliche eingetheilet. Die
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge
(Partes fructificationis maſculinae) find die
. (Stamina) und die 1
en
21
chen (Partes fructificationis femininae) der
Stempel (Piltillum.)
Die maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge,
oder die Staubfaͤden werden in drei Theile
unterſchieden und dieſe find folgende:
a) Der Traͤger (Filamentum) iſt der
untere Theil des Staubfadens welcher
denen übrigen Theilen zur Stüße dienet
und ihnen die noͤthige Nahrung zufuͤhret.
Nach der Verſchiedenheit der Gewaͤchſe
hat derſelbe eine verſchiedene Geſtalt und
Richtung. Bei verſchiedenen fehlet er
ganz | | |
b) Der Staubkolben oder Staub⸗
beutel (Anthera) iſt der obere Theil
des Staubfadens, welcher auf dem Traͤ⸗
ger ruhet und ſich von demſelben durch
einen verſchiedenen Bau und groͤßtentheils
auch durch eine verſchiedene Farbe merk⸗
lich unterſcheidet. Er iſt ein haut⸗ oder
lederartiger faͤcheriger Koͤrper, der in ſei⸗
nen Gefachen den Saamenſtaub enthaͤlt
und ihn bis zu ſeiner Vollkommenheit
aufbewahret.
%) Der Saamenſtaub (Pollen) bildet
mehlartige, groͤßtentheils runde Koͤrner,
von verſchiedener Farbe und Groͤße. Dieſe
mehlartigen Körner enthalten die Saa—
mengefaͤße und find mit einer netzfoͤrmi⸗
gen Haut umkleidet, durch deren Oef⸗
nungen die in den Saamengefaͤßen berei⸗
tete und abgeſonderte Saamenfeuchtigkeit,
oder
oder der männliche Saame hervorgehet.
Bei den weiblichen Befruchtungswerkzeu⸗
gen oder dem Stempelhat man gleich⸗
falls auf drei Theile zu achten, welche
folgende ſind.
a) Der Eierſtock oder der Fruchtkno⸗
ten (Ovarıum, welcher auch uneigent⸗
lich Germen genannt wird) iſt der un⸗
terſte Theil des Stempels, welcher das
Pflanzenei mit ſeinen Saamengefaͤßen
enthaͤlt, oder auch in gewiſſen Faͤllen von
demſelben gebildet wird. Er erweitert
ſich nach der Befruchtung des Eies gleich⸗
foͤrmig mit demſelben und dienet demſel⸗
ben zum Schutze.
b) Der Griffel (Stylus, Tuba) iſt aus
verſchiedenen feinen Kanaͤlen zuſammen
geſetzet, die eine oͤligte Feuchtigkeit ab⸗
ſondern und mit den Gefaͤßen des Frucht⸗
keimes in Verbindung ſtehen. Er hat
eine verſchiedene Geſtalt, Lage und Rich⸗
tung. Groͤßtentheils ſitzet er auf dem
Fruchtknoten, zuweilen zur Seite oder
am Grunde deſſelben. Er dienet vor»
zuͤglich dazu, die männliche Saamen⸗
feuchtigkeit zu dem Fruchtkeime zu fuͤhren,
in manchen Faͤllen erleichtert er durch
ſeine Richtung das Befruchtungsgeſchaͤft,
e ind zuweilen fehlet er gaͤnzlich.
c) Die Narbe (Stigma) iſt der oberſte
Theil des Griffels, welche in ihrem voll-
kommenen Zuſtande vor der Vollendung
des
23
des Begattungsgeſchaͤftes mit mehreren
kleinen Oefnungen verſehen und mit einer
oligten Feuchtigkeit bedecket iſt. Sie iſt
dazu beſtimmt, die, aus dem ſich ihr an⸗
hängenden Saamenſtaube (Pollen) aus-
tretende, maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit
aufzunehmen und durch den Griffel dem
Fruchtkeime zuzufuͤhren. In dem Falle,
wo der Griffel zu fehlen ſcheint, iſt ſie
faſt unmittelbar mit dem Fruchtknoten
verbunden. Sie hat bei verſchiedenen
Gewaͤchſen eine verſchiedene Geſtalt und
| Richtung.
Es iſt ein nothwendiges Grundgeſetz im
Pflanzenreiche, daß bei dem Eintritte der Be⸗
fruchtungsperiode die maͤnnlichen und meibli-
chen Geſchlechtstheile, auch ſogar bei Pflan⸗
zen mit getrennten Geſchlechtern fich mit glei-
chen Schritten zu dem großen Geſchaͤfte zube⸗
reiten, zu gleicher Zeit den hoͤchſten Grad ihrer
Vollkommenheit erreichen und zur Vollendung
des Befruchtungsgeſchaͤftes die erforderlichen
Stücke darbieten. Die oͤlige oder wachsartige
Beſchaffenheit der Saamenfeuchtigkeiten beider
Geſchlechter war zu dem Befruchtungsgeſchaͤfte
in mehrerer Rückſicht unumgaͤnglich nothwen⸗
dig, indem nur dadurch die erforderliche innige
Miiſchung beider, ihrer Eigenſchaft nach ver-
ſchiedener Saͤfte bewuͤrket werden konnte.
Sobald die Staubkolben den hoͤchſten Grad
ihrer Vollkommenheit erreicht haben, oͤffnen ſie
fi ich und bieten den Saamenſtaub auf verſchie⸗
| denen
*
24
denen Wegen der Narbe dar. Zu gleicher Zeit
ſondern die weiblichen Saamengefaͤße ihre
Saamenfeunchtigkeit ab und die Narbe wird
mit der oͤligten Feuchtigkeit bedecket, die zu der
Aufnahme und innigen Vermiſchung beider
Saamenfeuchtigkeiten unentbehrlich iſt. Wenn
der Saamenſtaub die feuchte Narbe beruͤhret,
ſo gehet durch die Oeffnungen der ihn umge⸗
benden loͤcherichen Haut die männliche Saa⸗
menfeuchtigkeit hervor, dieſe vermiſchet ſich als⸗
dann mit der Feuchtigkeit der Marbe und wird
durch dazu beſtimmte einſaugende Gefaͤße dem
Eie oder Fruchtkeime zugefuͤhret. Auf dieſe
Art wird das Pflanzenei belebet und zu der
Entwickelung der Frucht geſchickt gemachet.
Bei den Gewaͤchſen, die das Befruch—
tungsgeſchaͤft in der freien Luft vollenden, war
es groͤßtentheils ein nothwendiges Beduͤrfniß,
das denen männlichen Saamengefaͤßen zu der
Bearbeitung des maͤnnlichen Saamens in mehl⸗
artigen oder pulveraͤhnlichen Koͤrnern der Auf-
enthalt angewieſen wurde, damit dieſe Koͤrner
durch ihre, in den mehrſten Faͤllen, ſpecifiſche
Leichtigkeit in Verhaͤltniß der Luft, leichter durch
dieſelbe der weiblichen Narbe zugefuͤhret und
auf dem hier angezeigten Wege das Pflanzenei
befruchtet werden konnte. Dieſe Zurichtung
der Natur in Abſicht des Saamenſtaubes iſt
aber dem Elemente des Waſſers auf keinen
Fall angemeſſen. Die fpecififche Leichtigkeit
des Saamenſtaubes wuͤrde ihn beſtaͤndig auf
der Oberflaͤche des s erhalten und da die
e
—
25
öligte Beſchaffenheit des männlichen Saamens
keine Vermiſchung mit dem Waſſer verſtatt et,
fo würde derſelbe alfo niemals auf dem Wege,
wie in der freien fuft, zu dem unter dem Waß.
fer befindlichen Eierſtocke der Waſſergewaͤchſe
dieſer Art und dem darin enthaltenen Frucht⸗
keime gelangen koͤnnen. Zu der Wegräumung
dieſer Schwierigkeit hat die Natur einen beſon⸗
dern, bewunderungswuͤrdigen Weg eingeſſihla⸗
ne der darin beſtehet, daß alle Waſſſerge⸗
vaͤchſe, die in Staubkolben einen Saamen⸗
ac bei dem Eintritte der Befruch⸗
tungsperiode ſich mit ihrem maͤnnlichen und
weiblichen Befruchtungswerkzeugen uͤber die
Oberflache des Waſſers erheben, damit fie un⸗
gehindert in der freien Luft das Befruchtungs⸗
geſchaͤft vollenden koͤnnen. Nach vollendeter
Befruchtung gehen fie alsdann geöfstentheils |
in ihr Element wieder zuruͤck. )
Es iſt durchgaͤngig in dem Pflanzenreiche
die weiſe Einrichtung von der Natur getroffen,
die bei ſo mancherlei Befruchtungsarten auf
das genaueſte befolget wird und wodurch allen
nur zu beſorgenden Unordnungen und Verwir⸗
rungen vollkommen vorgebauet iſt. Sie be⸗
ſtehet nemlich darin, daß bei einer zur Befruch⸗
t ung
89 In meinen neuen Beitragen zur G o⸗
tanik Bremen 1802. Th. 1. S. 6 — 8.
habe ich hiervon weitlaͤuftiger gehandelt. Das
merkwuͤrdigſte Beiſpiel dieſer Art giebt die
Valisneria. Siehe dieſe neuen Beiträge
S. 8. und S. 338. — 346.
26
tung hinreichenden Menge von eigenen und
fremden Saamenſtaube, wenn von Ohngefaͤhr
beide zugleich auf eine Narbe kommen, nur
der eigene maͤnnliche Saame, des von ihrer Art
erzeugten Saamenſtaubes, allein aufgenom-
men, der fremde dagegen, der von einer an⸗
dern Pflanzenart erzeuget iſt, gaͤnzlich verdraͤngt
wird. Wie viele, unzaͤhliche Ungeheuer wür-
den nicht im Pflanzenreiche entſtehen, und wie
wenig wuͤrden wir im Stande ſeyn, die Ge⸗
waͤchſe nach gewiſſen Grundſaͤtzen zu ordnen,
wenn dieſe weiſe Einrichtung nicht getroffen
waͤre. Wir finden daher auch in der Wildniß
keine Baſtarte. Entſtehen aber, in Erman⸗
gelung des von ihrer Art erzeugten Saamen⸗
ſtaubes, durch die kuͤnſtliche Vermiſchung ei—
nes freinden, Baſtarte, fo find dieſe doch zu
einer fernneren Befruchtung und Fortpflanzung
ihrer felbft, ganz unfähig, wie die Verſuche
eines Koͤlreuters 9 hinlaͤnglich bewieſen
haben.
Aus den hier mitgetheilten Bemerkungen
über das Befruchtungsgeſchaͤft der Gewaͤchſe
in der freien Luft, wird es ein jeder ohne meine
Erinnerung einſehen, daß bei ſolchen Waſſer⸗
gewaͤchſen, die oft tief unter dem Waſſer, oh⸗
ne Beihuͤlfe der freien Luft, das Befruchtungs⸗
geſchaͤft vollenden, die Natur eine andere Vor⸗
rich⸗
ED G. K 1e es Beobachtung und
Verſuche, das Geſchlecht der Pflan⸗
zen betreffend: drei Fortſetzungen.
Leipzig 1761 — 1766. 8vo.
27
richtung, vorzuͤglich in Abſicht des maͤnnlichen
Saamens, treffen mußte, um auch bei dieſen
Gewaͤchſen den großen Endzweck zu befoͤrdern.
Wenn die maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit bei
dieſen Gewaͤchſen zum Fruchtkeime gelangen
ſollte, ſo war es unumgaͤnglich nothwendig,
daß ſie, wenn ſie ſich von dem Koͤrper, der ſie
erzeugte, getrennet hat, eine Bedeckung erhiel⸗
te die das Gleichgewicht mit dem Waſſer her⸗
ſtellte und ſie mit dem zu befruchtenden Frucht⸗
keime in eine gleiche Richtung brachte. Dieſes
geſchiehet bei dem Eintritte der Befruchtungs⸗
periode auf eine doppelte Weiſe. a) Entweder
trennen ſich von den Saamenkolben (Con-
ceptacula ſpermatica) die nackten Saa⸗
mengefaͤße und erſcheinen alsdann im Waſſer
unter der Geſtalt häufiger wurm- oder haar⸗
foͤrmiger, gegliederter, weißer Faͤden. Wenn
ſie den hoͤchſten Grad ihrer Vollkommenheit
erreicht haben; fo zerplatzen ſte und laſſen die
Saamenblaͤschen mit dem darin enthaltenen
männlichen Saamen in fo großer Menge von
ſich, daß das Waſſer dadurch zu Zeiten gefaͤr⸗
bet wird. Oder b) die Saamengefaͤße tren⸗
nen ſich nicht von den Saamenkolben, ſondern
fie laſſen entweder die nackten Sasmenblaͤs⸗
chen, oder in dem Falle, wo auch dieſe ſich
nicht von den Saamenkolben trennen, die
männliche Saamenfeuchtigkeit, zugleich mit
einer duͤnnen mucilaginöfen Subſtanz umge⸗
ben, von ſich. Die Saamenkolben dieſer Ge⸗
waͤchſe haben mit den Staubkolben derjenigen
Pflan⸗
28
Pflanzen, welche das Befruchtungsgefchäft in
der freien Luft vollenden, eine gleiche Beſtim⸗
mung und bei einigen auch eine große Aehnlich
keit. Sie erzeugen aber in ihren Gefachen
keinen Saamenſtaub (Pollen) ſondern nackte
Saamengefaͤße und Saamenblaͤschen. In
dem Falle ſowohl, wo die Saamengefaͤße oder
Saamenblaͤschen ſich von den Saamenkolben
trennen, als auch da, wo dieſe nur die Saa⸗
menfeuchtigkeit mit der fie umgebenden mucila-
ginoͤſen Subſtanz von ſich laſſen, wird das
Gleichgewicht des ſpecifiſch leichteren, oͤligten,
maͤnnlichen Saamens mit dem Waſſer herge⸗
ſtellet und der große Endzweck erreichet. Im
erſtern Falle bewuͤrken daſſelbe die Haͤute der
Saamengefaͤße und Saamenblaͤschen; im lez⸗
tern Falle aber die mucilaginöfe Subſtanz, die
mit dem maͤnnlichen Saamen erzeuget, abge⸗
ſondert und demſelben zur Begleitung gegeben
wird. Da uͤberdem die Gewaͤchſe dieſer Art
groͤßtentheils haufenweiſe beiſammen wachſen,
fo wird auch dadurch das Befreuchtungsgeſchaͤft
ſehr erleichtert.) Unter dieſen Umſtaͤnden
kann es, auch ſelbſt bei Gewaͤchſen dieſer Art
mit getheilten Geſchlechtern nicht fehlen, daß
die maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit die weiblichen
Geſchlechtstheile in gehoͤriger Menge erreiche
und das Befruchtungsgeſchaͤft auf dieſe Weiſe
gluͤcklich vollendet werde.
0 Non; Bei
5 S. weitläuftger meine neuen Beiträge
zur Botanik Theil 1. S. 4%
29
Bei verſchiedenen dieſer Waſſergewaͤchſe
ſcheinen die weiblichen Befruchtungswerkzeuge,
oder die aͤußern weiblichen Geſchlechtstheile
nicht in der Vollkommenheit vorhanden zu ſeyn,
als bei den uͤbrigen Gewaͤchſen, wenigſtens hat
man bei vielen derselben an ihrem Eierſtocke
bisher keine Spur einer Narbe (Stigma) ent⸗
decken koͤnnen. Man betrachtete bisher faſt
nn die äußern Geſchlechtstheile als
weſentliche Stücke des Befruchtungsgeſchaͤftes
im ganzen Pflanzenreiche und wo man dieſe
vermißte, bezweifelte man auch die inneren Ge⸗
ſchlechtstheile, nemlich die Saamengefaͤße und
den Saamen beider Geſchlechter. Man dachte
nicht daran, daß, ſo wie im Thierreiche auch
im Pflanzenreiche nach dem Beduͤrfniſſe der
Umſtaͤnde, verſchiedene Modificationen der zur
Befruchtung erforderlichen Theile Statt finden
koͤnnten und mußten. Daher ſprach man auch
dieſen Gewaͤchſen bisher groͤßtentheils eine
wuͤrkliche Befruchtung durch die Vermiſchung
beider Geſchlechter ab, wenn man gleich bei
ihnen eine durch die Begattung erzeugte Frucht
mit uͤberzeugenden Gruͤnden nicht ſchlechterdings
leugnen konnte. Dieſer Mangel einer weibli⸗
chen Narbe ſcheinet aber bei dieſen Gewaͤchſen
durch die haͤufigen Einſaugungsgefaͤße des Eier⸗
ſtockes hinlaͤnglich erſetzet zu werden, deren
Muͤndungen eben ſo viele Narben bilden, die
die maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit aufnehmen
und dem Fruchtkeime zufuͤhren. Vielleicht
iſt dieſe Einrichtung bei dieſen Gewaͤchſen ein
a Des
39
Beduͤrfniß, damit der große Endzweck der Be⸗
fruchtung unter dem Waſſer, wo mehrere Um⸗
ſtaͤnde, die dem Befruchtungsgeſchaͤfte in der
freien Luft zu Huͤlfe kommen, wegfallen, deſto
ſicherer erreicht werde.
So groß das Beduͤrfniß der Befruchtungs—
werkzeuge fuͤr einen großen Theil derjenigen
Gewaͤchſe blieb, die in der freien Luft das Be⸗
fruchtungsgeſchaͤft vollenden, ſo entbehrlich ſind
ſie denen Gewaͤchſen, die in einer gemeinſchaft⸗
lichen Hülle beide Geſchlechtstheile enthalten
und ohne den Zugang der freien Luft in dieſer
dicht verſchloſſenen Hülle das Befruchtungsge⸗
ſchaͤft vollenden. Dieſe Huͤlle, welche den
Eierſtock bildet, oͤfnet ſich nur alsdann erſt, und
zwar groͤßtentheils gewaltſam, wenn die Frucht
ihre voͤllige Reife erlangt hat. Bei dieſen Ge⸗
waͤchſen enthaͤlt der Eierſtock beide Geſchlechts⸗
theile, wie bei verſchiedenen Schaalthieren und
den Zoophyten und die ihnen völlig uͤberfluͤßi⸗
gen aͤußeren Geſchlechtstheile fehlen ihnen gaͤnz⸗
lich. Ihre nackten maͤnnlichen Saamengefaͤße
bilden bei verſchiedenen Pflanzen dieſer Art
Schlaͤuche, welche die Fruchtkeime von allen
Seiten umgeben und nackte Saamenblaͤschen
enthalten. Wahrſcheinlich hauchen dieſe bei
der eintretenden Befruchtungsperiode die
maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit aus, welche
alsdann, ohne die Dazwiſchenkunft eines frem⸗
den Theiles, von den einſaugenden Gefaͤßen
des Eies oder des Fruchtkeimes der weiblichen
Saamenfeuchtigkeit zugefuͤhret wird und durch
die
31
die Vermiſchung mit derſelben das Mifenmß
tungsgeſchaͤft vollenden. 760
Wenn ich gleich vorausſetzen konnte, daß
ein jeder, der ſich mit einem Pflanzen ſyſteme
naͤher bekannt machen will, ſich vorher eine
gruͤndliche Kenntniß der verſchiedenen Theile
der Gewaͤchſe, nach den im vorigen Kapitel
angegebenen Huͤlfsmitteln, erworben habe, ſo
hielt ich es doch nicht ganz fuͤr uͤberfluͤſſig, hier
eine kurze Ueberſicht der Geſchlechtstheile und
des Beſruchtungsgeſchaftes der Gewaͤchſe zu ge⸗
ben. In dieſer Vorausſetzung gehe ich jetzt
zu der “näheren Betrachtung des Linnei⸗
ſchen Syſtems uͤber,
Bei dem Syſteme des Ritters von
Linne ſind die Befruchtungswerkzeuge zum
Eintheilungsgrunde der Gewaͤchſe gewaͤhlet.
Die erſten und vorzuͤglichſten Eintheilungen
gründen fich auf die Lage, den Zuſammenhang,
das Verhaͤltniß und die Anzahl der maͤnnlichen
Befruchtungswerkzeuge und werden Klaſſen
(Claſſes) genannt. Die Eintheilungen der
Klaffen find theils von den Befruchtungswerk⸗
zeugen und theils von der Frucht hergenommen
und heißen Ordnungen (Ordines). Wenn
Gewaͤchſe nach der Anzahl, Lage und Befchaf-
fenheit der Befruchtungswerkzeuge und der
Frucht mit einander uͤbereinkommen, ſich aber
durch andere weſentliche Stücke der Bluͤthen⸗
und
) Reue Beiträge zur Botanik S. 15.
uind Fruchttheile von einander unterſcheiden;
ſo bilden ſie Gattungen (Genera) einer
Klaſſe und Ordnung. Gewaͤchſe, welche ſo—
wohl nach den Klaſſen und Ornungen als
auch nach den Gattungsunterſchieden mit ein⸗
ander uͤbereinkommen, in Abſicht des Baues
der übrigen Theile aber von einander abwei—
chen, werden Arten (Species) einer Gattung,
und deren zufaͤllige oder weniger bedeutende
Abweichungen, Abarten (Vaxietates) ge⸗
nannt. Die Benennungen der Klaffen und
Ordnungen ſind aus dem Griechiſchen entleh—
net, wie ich bei jeder derſelben zeigen werde.
Die Namen der Gattungen ſind theils von den
Benennungen der aͤlteren Botaniker, theils
von Nebenumſtaͤnden hergenommen, die auf die
denenſelben untergeordneten Arten einige Be⸗
ziehung haben, theils und am haͤufigſten ſind
ſie mit den Namen um die Botanik verdienter
‚Männer beleget worden. Die Arten find nach
dem aͤußern Habitus und andern Nebenum—
ſtaͤnden gemeiniglich benennet. |
Die Gewaͤchſe werden in zwei Hauptheile
getheilet: I. In ſolche, deren Befruchtungs⸗
werkzeuge kenntlich find und deren Befruch⸗
tungsgeſchaͤft uns deutlich vor Augen lieget,
dieſe werden phaͤnogamiſche Gewaͤchſe
(Plantae phaenogamicae) genannt; II. In
diejenigen, deren Befruchtungswerkzeuge uns
entweder nicht hinlaͤnglich bekannt ſind, oder
deren Befruchtungsgeſchaͤft ſich dem Auge des
Forſchers entziehet. Dieſe beleget .
N As
33
Namen verborgenehige oder kryptogamiſche
Gewaͤchſe (Plantae cryptogamicae). Die
Erſteren umfaſſen die drei und zwanzig erſteren
Klaſſen dieſes Syſtems und die Lezteren die
vier und zwanzigſte Klaſſe. Dieſe vier und
zwanzig Klaſſen machen das ganze Linneiſche
Syſtem aus.
I. Bei den han o ee Ge⸗
waͤchſen reichen die Befruchtungswerkzeuge
in Abſicht der Lage, des Zuſammenhan⸗
ges, des Verhaͤltniſſes und der Anzahl
von einander ab.
In Abſicht der La ge finden ſi 0 entweder
A. die Befruchtungswerkzeuge in
einer Dlüthe beiſammen und alsdann
wird fie eine Zwitterblume (Flos herma⸗
phroditus) und die Pflanze eine Zwitter⸗
pflanze (Planta monoclinis, aus Hovws eins
und +Aıvy das Bette) genannt: Oder B. fie
ſind von einander getrennt, ſo, daß
in der einen Bluͤthe die maͤnnlichen und in der
andern derſelben Art (Species) die weiblichen
Befruchtungswerkzeuge ſich befinden. Dieſe
heißen Bluͤthen oder Pflanzen mit getrenn⸗
ten Geſchlechtern (Plantae diclines, aus
dio zwei und u. das Bette.
A. Finden beide Befruchtungswerkzeuge,
oder der Stempel und die Staubfaͤden
ſich in einer Blüͤthe beiſammen, Vo
find die Staubfaͤden in Ruͤckſicht des Zu ſa m⸗
menhanges entweder A A. ganz und
C | gar
34
gat nicht: oder B B. in einem oder dem
andern Theile verwachſen. |
A A. Sind die Staubfaͤden i in
kein en Theile verwachſen, ſondern.
einzeln, ſo ſind ſie dem Verhaͤltniſſe nach
a) von einer unbeſtimmten oder ” von
einer beſtimmten Laͤnge. vu
a) Haben die Staubfaͤden in einer
Zwitterblume eine unbeſtimmte
Laͤnge, oder kein gewiſſes Verhaͤltniß
zu einander (Indifferentismus); fo
trift man der Anzahl nach entweder aa)
nur einen Staubfaden, oder deren bb)
zwei, oc) drei, dd) vier, ee) fünf,
ff) ſechs, ge) fieben, bh) acht, ü)
neun, kk) zehn. Auf dieſe verſchie⸗
dene Anzahl ſind die zehn erſten Klaſſen
dieſes Syſtems gegruͤndet, nehmlich:
aa) Mit einem Staubfaden:
Klaſſe J. Monandria (ein maͤnnige) 8
bb) Mit zwei Staubfaͤden:
Klaſſe II. Diandria (Gmweimännige) @
f as | AAN US cc)
5) Zur Unterſuchung dieſer Klaſſe koͤnnen dienen,
das indianiſche Blumenrohr Canna
indica und der gemeine Tannenwedel
Hippuris vulgaris.
6) Der ſp aniſch e Flieder in 1
gemeiner Liguſter, Ligultrum vulgare,
die Arten des Ehrenpreiſes, Veronica.
33
cc) Mit drei Staubfaͤden:
Klaffe III. Triandria (dreimaͤnnige) )
dd) Mit vier Staubfaͤden:
Klaſſe 177. Tetrandria (viermaͤnnige) 8)
ee) Mit fuͤnf Staubfaͤden:
Klaſſe 7. Pentandria (fünfmännige) >)
ff) Mit ſechs Staubfaͤden:
Klaſſe 71. Hexandrıia (ſechsmaͤnnige) 90
1 gg) Mit ſieben Staubfaͤden:
Klaſſe VII, af ene en (ſtebenmaͤnni⸗
ge). J.
E 2 88 nh)
7) Die gemeine Siegwurz, Gladiolus
communis, der Fruͤhlings⸗ Safran,
Crocus vernus.
s) Die Sockenblume Epimedium alpinum,
der rothe Hartriegel Cornus languinea.
9) Das ſchwarze Bilſenkraut Hyolcia-
mus niger, gemeiner Tabak Nicotiana
Tabacum, der eßbare Nachtſchatten
oder die Kartoffel Solanum tnberoſum.
20) Die Narciſſenarten Nareillus, die wil⸗
de und gemeine Tulpe Tulipa Iylvefiris
et gelneriana. Die buͤſchliche Schachblu⸗
me oder Kaiferkrone Fritillariaimperialis,
21) Die gemeine Roßkaſtanie Aelculus
Hyppocaftanum, die europaͤiſche Trien⸗
talis, Trientalis europaea.
36
hh) Mit acht Staubfaͤden:
Klaſſe VIII. Octandria (achtmaͤnnige) *)
ii) Mit neun Staubfaͤden:
Klaſſe IX. Enneandria (neunmännige) ““)
kk) Mit zehn Staubfaͤden:
Klaſſe X. Decandria Gehnmännige) a
11) Finden fich über zehn bis neunzehn
Staubfaͤden, ſo gehören die Pflanzen zur
Klaſſe XI. Dodecandria (zwoͤlfmaͤn⸗
nige) )
mm) Sind zwanzig und e
Staubfaͤden vorhanden, ſo hat man auf einen
doppelten Umſtand zu achten:
ada)
12) Der gemeine Seidelbaſt, Daphne
Mezereum ; die gemeine Nacht ker ze,
Oenothera biennis; die große Ca pu ei⸗
nerkreſſe, Tropaeolum majus,
33) Der doldenbluͤthige Waſſerleich,
Butomus umbellatus. N
1) Der weißwurzliche Diptam, Dictam-
nus albus; das gemeine Seifenkraut,
Saponaria officinalis; die Gartennelke,
Dianthus Caryophyllus; die gemeine
Schade, Agoſtemma Githago. 1
) Der gemeine Weiderich, Lythrum
Salicaria; der gemeine dennis,
A grimonia Eupatoria. 10
37
aaa) ob fie an der innern Seite des
Kelches, oder der Blumendecke (Ca-
Iyx s. Perianthium) ſitzen; alsdann
gehoͤren ſie zur Klaſſe XII. Joo ſa n-
dria (zwanzigmaͤnnige) “)
bbb) oder ob fie aus dem Boden des
Kelches ihren Urſprung nehmen;
alsdann machen fie die Klaſſe XIII. Vo-
Iyandria (vielmännige) aus.)
Bei der Unterſuchung bemerkt man den
Unterſchied dieſer beiden Klaſſen am deutlich⸗
ſten dadurch, wenn man ein Blatt oder einen
Einſchnitt des Kelches zuruͤck bieget. Biegen
ſich die Staubfaͤden nicht zuruͤck, ſo iſt dieſes
ein offenbarer Beweis, daß ſie dem Kelche
einverleibt ſind. Sitzen ſie aber nicht an dem
Kelche, ſondern auf dem Kelch- oder Frucht-
boden (Receptaculum, Thalamus), fo laſ—
ſen ſich bei dieſem Verſuche die Staubfaͤden
nicht mit zuruͤckbiegen, ſondern man kann alle
Kelch- und Blumenblaͤtter bis an den Grund
wegnehmen, ohne daß die Staubfaͤden dadurch
in ihrer Lage veraͤndert werden.
| | An⸗
) Die gemeine Birne, Pyrus communis;
die Apfelbirne, Pyrus Malus; Die Him⸗
beerarten, Kubus.
72 9 Die Mohnarten, Fapaver; die gelbe
a weiße Seerofe, Nymphaea lutea
alba; die gemeine Päonie, Paeonia
officinalis. | &
38
Anmerk. Die Namen dieſer dreizehn Klaſſen
ſind aus den griechiſchen Zahlwoͤrtern No-
vus eins, dis zwei, 7918 drei, reh
für reooapss vier, veyre fünf, es ſechs,
srra fieben, dure acht, svvex neun,
dena zehn, dwoͤeng zwoͤlf, soclz wan—⸗
zig / roAus viel und dem Worte avyp,
avoosıa der Mann, der maͤnnliche
Geſchlechtstheil zuſammengeſetzet, daher
Monandria, Diandria, Triandria, Tetran⸗
dria u. ſ. w.
Die Ordnungen dieſer dreizehn Klaf-
ſen ſind von der Anzahl derjenigen weiblichen
Befruchtungswerkzeuge, die man Griffel
(Styli) und Narben (Stigmata) nennet,
hergenommen und ihre Benennungen find auf
ahnliche Art, wie die der Klaſſen, aus den
griechiſchen Zahlwoͤrtern povos eins, dis
zwei, ros drei u. ſ. w. und dem Vorte
95% das Weib, zuſammen geſetzet. Daher
mit einem Griffel Monogynid (ein weibige)
mit zwei Griffeln Disynia (zweiweibige)
mit drei Griffeln Trigynia (dreiweibige)
u. ſ. w. Bei der Beſtimmung dieſer Ord-
nungen muß ich aber folgendes bemerklich ma⸗
chen Aus dem Vorhergehenden erhellet, daß
der Griffel (Stylus) derjenige Theil der weib⸗
lichen Befruchtungswerkzeuge ſey, der die
Narbe (Stigma) trägt, dem Eierſtocke oder
Fruchtknoten einverleibet iſt und die durch die
Narbe aufgenommene maͤnnliche Saamen⸗
feuchtigkeit dem Fruchtkeime zu fuͤhret. Bei
der Beſtimmung der Ordnungen dieſer Klaſſen
wird
39
wird auf den Kierfto: ck keine Ruͤckſicht genom⸗
men, ſondern nur allein auf die Anzahl der
Griffel und wo dieſe fehlen, auf die Anzahl
der Narben, die alsdann, ohne Dazwiſchen⸗
kunft eines in die Augen fallenden Griffels,
dem Eierſtocke zunaͤchſt anſitzen und daher auch
ſitzende Narben (Stigmata lellila) ges
nannt werden, wie bei der Gattung Tulpe,
Tulipa, und Mohn, Papaver. Wenn die
Narbe mit dem Griffel in zwei und mehrere
Theile getheilet iſt, ſo hat man vorzuͤglich dar⸗
ir zu ſehen, ob die Spalten fich vollig bis
auf den Fruchtknoten erſtrecken, oder nicht.
Erſtrecken ſich die Spalten Bl bis auf den
Fruchtknoten, ohne daß fie, ehe fie denſelben
erteichen, in einen Koͤrper wieder zuſammen
geſüget find, ſo betrachtet man fie alsdann
als einzelne weibliche Befruchtungswerkzeuge
dieſer Art und beſtimmet alsdann nach deren
Arzahl die Ordnung jeder Klaſſe. Vereinigen
ſich aber die Griffel, oder, in deren Abweſen⸗
heit, die Narben, wieder in einen Koͤrper, ehe
fie den Fruchtknoten erreichen, fo ſiehet man die
durch eine oder mehrere Spalten erzeugten
Theile nicht als beſondere Griffel und Narben,
ſondern nur als Einſchnitte an, deren Anzahl
auf die Ordnungen keinen Einfluß hat. Er⸗
ſtrecken ſich die Einſchnitte bis zur Haͤlſte, oder
bis uͤber die Haͤlfte nach dem Fruchtknoten zu,
ſo nennet man die Griffel und in deren Abwe⸗
ſenheit, die Narben getheilet z. B. zwei⸗
drei⸗ vier⸗ oder viel=theilig e leu Stig-
ma
40
ma bipartitum, tripartitum, quadriparti-
tum, multipartitum), als bei dem wohlrie⸗
chenden Pfeifenſtrauche (Philadelphus coro-
marius) bei dem der Griffel vier oder fuͤnf⸗theilig
iſt. Erſtrecken ſich die Einſchnitte aber nicht
vollig bis zur Hälfte, fo nennet man fie ge⸗
ſpalten z. B. zwei⸗, drei⸗, vier⸗ oder viel⸗
ſpaltig (Stylus ſeu Stigma bifidum, trifi-
dum, quatrifidum, enen als bei den
Johannisbeeren (Ribes), wo der Griffel zwei⸗
ſpaltig iſt und bei den Nareiſſen (Narcillus)
die eine dreiſpaltige Narbe haben.
b) Haben die Staubfaͤden in ei⸗
ner Zwitterblume eine beſtimmte
Laͤnge, oder iſt das ungleiche Verhaͤltniß
der länge zu einander unter allen Umſtaͤnden
„ (Subordinatio), ſo finden ſich
entweder aa) zwei laͤngere und zwei kuͤr⸗
1900 oder bb) vier laͤngere und zwei
kuͤrzere.
aa) Sind zwei längere und zwei
kuͤrzere Staubfaͤden vorhanden,
ſeo machen fie die Klaſſe XIV. Di d-
namia (aus dis zwei und Ovvanıs die
Gewalt, daher zweimaͤchtige) 79 .
aus.
6) Zur Unterſuchung dieſer Klaſſe koͤnnen fols
gende Gewaͤchſe gewählet werden: der gold⸗
farbige Phlomis Phlomis Leonurus,
die Meltffenblättrige Melittis Melit-
tie Melilfophyllum „die langſchnablige
Martinie Martynia Probolcidea, das
große Loͤwen maul Antirrhinum majus.
41
aus. Sie ſtehen paarweiſe dicht neben
einander, oder naͤhern ſich einander paar⸗
weiſe (Stamina perparia approximata)
und auch dadurch unterſcheiden ſich dieſe
Gewaͤchſe von den Gewaͤchſen der vierten
Klaſſe, Tetrandria, wo ebenfalls vier
Staubfaͤden in einer Zwitterblume ſich
befinden, die aber eine unbeſtimmte Laͤnge
und kein gewiſſes Verhaͤltniß zu einander
haben. Die Blumen dieſer vierzehnten
Klaſſe unterſcheiden ſich bei dem erſten
Anſehen von vielen andern dadurch, daß
ſie mehr oder weniger der Geſtalt eines
Rachens aͤhnlich ſind, daher werden ſie
auch rachenfoͤrmige oder verlarvte
Blumen (Corollae ringentes [eu per-
ſonatae) genannt und machen zwei na⸗
tuͤrliche Familien aus. g
Anmerk. Wenn Linne gleich in manchen an⸗
dern Faͤllen, wie wir in der Folge ſehen
werden, denen Grundſaͤtzen der kuͤnſtlichen
Methode, nach welcher er die Gewaͤchſe in
ſeinem Syſteme ordnete, nicht immer treu
geblieben iſt, ſo hat er ſie doch bei den
Gewachſen dieſer Klaſſe ſtrenge in Ausuͤbung
gebracht. Es finden ſich mehrere Gewaͤchſe,
die in ihrem ganzen Bluͤthen⸗ und Frucht-
Baue vollkommen mit den e Dies
fer Klaſſe uͤbereinkommen, die gleichfalls ein
rachenfoͤrmiges oder verlarvtes Auſehen ha⸗
ben, deren Staubfaͤden, wenn fie vollſtän⸗
dig vorhanden find, ein gleiches Verhältniß
und eine gleiche Richtung gegen einander
beobachten und daher von der Natur auf
das
42
das innigſte mit einander verbunden find,
die aber darin von den Gewaͤchſen dieſer
Klaſſe abweichen, daß fie groͤßtentheils nur
zwei vollſtaͤndige Staubfäden beſitzen „die
andern beiden aber ihnen entweder gaͤnzlich
mangeln oder unvollkommen ſind. Dieſer
Umſtand bewog Lin ne, 0 nicht in dieſe,
fondern in die zweite Klaſſe Dian-
dria zu verſetzen. Unter chere andern
Gattungen will ich hier nur Gratiola, Sal-
via, Verbena und Monarda nennen. In⸗
dem er aber die Grundſaͤtze ſeiner Methode
hier treu befolgte und nach der vorhande⸗
nen Anzahl der Staubfaͤden eine natürliche
Familie gewaltſam trennte, ſchuf er eine
neue Schwierigkeit, die den Anfaͤnger ſo⸗
wohl, als auch nicht ſelten den ſchon geuͤb⸗
ten Pflanzenforſcher, der dadurch angewieſen
iſt, die Grundſaͤtze dieſer kuͤnſtlichen Mes
thode hier ſtrenge zu befolgen, oft in große
Verlegenheit ſetzet. Wollte Linne nicht
unnbthiger Weiſe die Anzahl der Gattun⸗
gen vermehren, ſo mußte er mehrere Ges
wächfe, die nach ihrem Bluͤthen⸗ und Frucht⸗
Baue mit einander uͤbereinkommen, in eine
Gattung zuſammenbringen, wenn ſie gleich
nach der Anzahl der Staubfaͤden von ei⸗
nander verſchieden waren. Daher finden
ſich ſowohl in dieſer vierzehnten, als auch
in der zweiten K Klaſſe, verfchiedene Pflanzen
in eine Gattung vereiniget, deren lochen;
foͤrmige Blumen vier vollſtaͤndige (nemlich
zwei langere und zwei kuͤrzere), und dagegen
andere, die nur zwei vollſtaͤndige Staub⸗
faͤden haben, bei welchen aber die andern
beiden entweder unvollſtaͤndig find, oder
ganz fehlen. Beweiſe hiervon geben in die⸗
ſer vierzehnten Klaſſe einige Arten der Gat⸗
tungen
43
tungen Hemimeris, Bignonia und Limofel-
da, die nur zwei Staubfaͤden haben und in der
zweiten Klaſſe mehrere Arten der Gattun⸗
gen Verbena, Monarda, Salvia und Gra-
tiola, die mit vier vollſtaͤndigen zwei maͤch⸗
tigen Staubfaͤden (Stamina quatuor didy-
nama) verſehen find. Da bei der Anwen
dung der Grundfaͤtze dieſer kuͤnſtlichen Me⸗
thode auf dieſe Gewaͤchſe, entweder der
Natur, oder denen Regeln des Syſtems,
| Gewalt angethan werden muß und auf allen
Sal dadurch Ausnahmen erzeuget werden,
fo fraͤget es ſich, ob es nicht rathſam ſey,
dieſe Gewoͤchſe, welche die Natur (wie die
Schmetterlingsblumen Flores papilionacei)
ſo genau mit einander verbunden hat, auch
in dieſer vierzehnten Klaſſe zuſammen zu
fat: I und fie in beſondere Abtheilungen
unter bie Ordnung zu bringen die ihnen
9909 der Beschaffenheit der Frucht zukommt? 2
Dadurch Bi. die Unterſuchung und Des
9 10 . Gewaͤchſe ſehr erleichtert
wer Wir finden ja in den folgen den
Klaſſen bauch Abweichungen don dem Es
ſteme, zuf welche Linne keine J. ai
nahm, ſondern fie doch bei der, e le ließ,
en Fe die Natur zugeſellet hatte, z.
B. tele Gattungen der ſtebenzehmten Klaſſe
la a die nach den Grun dſätzen ſei⸗
00 Syſtems zu der ſechzehnten Klaſſe Mo.
nadelphia hatten gebracht werden m er, 2)
Diefe
0 Man ſche hierüber weitlaͤuftiger: Verzeich⸗
niß derjenigen Gewaͤchſe, welche nach
der Unzahl und Beſchaffenheit ihrer
Geſchlechtstheile nicht in den gehoͤ⸗
rigen Klaſſen und Ordnungen des
Linneiſchen Syſtems ſtehen, von A.
W. Roth. Seite 128 und 129.
44
Dieſe Klaſſe hat zwei Ordnungen,
welche von der Lage und der Bedeckung der
Fruchtkörner hergenommen ſind Entweder a)
liegen die Fruchtkoͤrner, deren gewöhnlich
vier ſind, ohne eine gemeinſchaftliche
Bedeckung, einzeln und nackt auf
dem Grunde des Kelches oder der
Blumendecke und dieſe gehoͤren in die er ſte
Ordnung, welche Linne GYymnoſpermia
(aus yo nackt und orspua der Saame)
nennet, die aber eigentlich Gymno/pora
(aus yuuvos nackt und grog die Fruch t, das
Fruchtkorn) genannt werden muͤßte: z. B.
der weiße Bienenſang (Lamium al-
bum) der ſtinkende Zieſt (Stachys [ylva-
tica) ) oder 80 ſie ſind gemeinſchaft⸗
lich
20) Die G Praßum Wache gleichſam den
Uebergang dieſer Ordnung zur zweiten, und
iſt daher für den ungeuͤbten Pflanzenforſcher
ſehr wichtig, weil ſie, wie ich aus Erfahrung
weiß, denſelben leicht zu einem Irrthum ver⸗
leiten kann. Sie iſt die einzige Gattung in
dieſer Ordnung, deren Fruchtkoͤrner zwar ein⸗
zeln, aber im ſtrengſten Verſtande nicht ganz
nackt auf dem Boden des Kelches ſitzen. Ein
jedes derſelben iſt mit einer fleiſchigen Sub—
ſtanz umgeben und dadurch werden vier ein⸗
zelne Beeren erzeuget, deren jede ein Frucht⸗
korn enthält, Diefe vier Beeren find als ein⸗
zelne Fruchtkoͤrner zu betrachten und deshalb
gehoͤrte dieſe Gattung mit Recht in die erſte,
und nicht in die zweite Ordnung dieſer Klaſſe.
In der zweiten c d finden ſich mehrere
Gewaͤchſe, deren Frucht Beerenartig iſt. Bei
dieſen
45
lich in ein Fruchtgehaͤuſe (Pericarpium)
eingeſchloſſen und dieſe machen die zwei⸗
te Ordnung aus, welche Linne Angio-
[permia (aus ayysıov ein Gefaͤß und omeou«
den Saame) nennet, die aber eigentlich An-
giofpora (aus ayysıov ein Gefäß und
orooadie Frucht, das Fruchtkorn) genannt
werden müßte, z. B. der rothe Fingerhut
(Digitalis purpurea); das große Loͤwen⸗
maul (Antirrhinum majus).)
Anmerk. Durch das teutſche Wort Saas
men und das lateinifhe Semen wurde
Linne wahrſcheinlich verleitet, bei der Zu⸗
eee der Namen, womit 5 die
| rds
diefen aber iſt nur eine einzelne Beere vor⸗
handen, die entweder mehrere Fruchtkoͤrner
enthält, oder deren einzelne Nuß faͤcherig iſt
und mehrere Koͤrner einſchließet, alſo auf al⸗
len Fall ein Fruchtgehaͤuſe bildet.
22) Die Gattung Ovieda iſt in dieſer Ordnung
eben fo wichtig, als die Gattung Prafium
in der vorigen erſten Ordnung. Dieſe Gat⸗
tung hat eine einzelne Beere, welche vier
Fruchtkoͤrner enthält. Sobald fie zur voll⸗
kommenen Reife gelanget, wird fie viertheilig.
In dieſem Zuſtande koͤnnte man bei dem er⸗
ſten Anſehen vielleicht verleitet werden, ſie in
der erſten Ordnung zu ſuchen. Wenn aber
auch die Beere bei vollkommener Reife vier⸗
theilig iſt, fo machet ſie doch im Grunde nur
einen Koͤrper aus und bildet daher ein vier⸗
theiliges Beerenartiges Fruchtgehaͤuſe, welches
vier Fruchtkoͤrner enthaͤlt. Sie gehoͤret alſo
mit Recht in dieſe Ordnung.
Ordnungen dieſer vierzehnten Klaſſe aus—
druͤcken wollte, einen Fehler zu begehen,
der wider den Sprachgebrauch iſt und zu
Mißdentungen Anlaß geben kann. Gemei⸗
niglich werden die Wörter Saamen und
Semen in einem doppelten Sinne, obgleich
unrichtig, gebrauchet, nemlich als dae jenige,
was die Befruchtung vollendet, oder die
Saamenfeuchtigkeit, und als dasjeni-
ge, was durch die Befruchtung erzeuget
wird, nemlich die Frucht, das Frucht⸗
korn. Erſtere druͤcken die Griechen durch
das Wort arspna, Sperma, und letzteres
durch oropa , Semen, aus. Linne gruͤn⸗
dete dieſe Ordnungen auf die Lage der
Fruchtkoͤrner und nicht auf die Lage der
Saamenfeuchtigkeit oder des Sgamens. Er
hätte alſo nothwendig bei der Zuan mens
ſetzung der Benennungen dieſer Ordnungen
das Wort groga für orsppma gebrauchen
muͤſſen. Bisher wagte es niemand dieſen
wider den richtigen Sprachgebrauch began⸗
genen Fehler in Linnes Werken zu berich⸗
tigen, da es doch einem großen Manne
nicht zum Nachtheile gereichen kann, wenn
man einen Irthum, worein Er verfiel, ver⸗
beſſert. N
bb) Sind vier längere und zwei
kuͤrzere Staubfaͤden, in einer Zwit⸗
terblume vorhanden, ſo gehoͤren dieſe
Gewaͤchſe in die Klaſſe XY. Tetrady-
namia (aus rerpa vier und ovale
die Gewalt daher viermaͤchtige). )
Die
(2² Die zum Beweiſe dienlichen Pflanzen en
nen h ſeyn: der Garten Kohl,
1
47
Die beiden kuͤrzern Staubfaͤden ſtehen je⸗
derzeit gegen einander uͤber und dadurch
unterſcheidet ſich dieſe Klaſſe von der
ſechsſten Hexandria, deren Staubfaͤden
kein gewiſſes Verhältniß zu einander ha⸗
ben und von unbeſtimmter Länge find,
Bei den Gewaͤchſen dieſer funfzehnten
Klaſſe beſtehet ſowohl die aͤußere Blumen⸗
decke oder der Kelch (Perianthium ſ. Ca-
lic), als auch die innere, oder die Krone
(Corolla) aus vier Blättern, die kreutz⸗
weiſe gegen einander uͤber ſtehen. Sie
werden daher Freusblüthige Pflanzen
(Plantae cruciferae) genannt.
Dieſe Klaſſe hat gleichfalls nur zwei
Ordnungen, die von den Fruchtbe⸗
haͤltniſſen hergenommen ſind und ſich auf
das Verhaͤltniß der Laͤnge derſelben zu
ihrer Breite gruͤnden. Die Fruchtbe⸗
haͤltniſſe der Gewaͤchſe dieſer Klaſſe ſind
groͤßtentheils zweiklappig ( .
Zwiſchen den beiden Klappen findet ſich
ein gemeinſchaftlicher Fruchtboden, der ge⸗
meiniglich eine Scheidewand bildet und
zu beiden Seiten die Fruchtkoͤrner traͤget.
a) Iſt die Laͤnge des Fruchtbe⸗
haͤltniſſes deſſen Breite gleich,
oder iſt daſſelbe nicht viel laͤnger, als
breit, ſo wird es ein ee (Si-
licula
Braffica oleracea, die Lakviole, nend
Cheiri, die ſtumffruehtige M ond ⸗
viol e ‚ Lunaria annua,
48
licula) genannt und dieſe machen die
erſte Ordnung dieſer Klaſſe aus, die
Linne Siliculoſa nennet, z. B. die
Gartenkreſſe Lepidium fatiuum),
das gemeine Taſchenkraut Thla-
[pi Burfa paſtoris 8) Iſt aber das
Fruchtbehaͤltniß fo ſehr verlän-
gert, daß deſſen Laͤnge die Brei⸗—
te um vieles uͤbertrifft, fo erhält
es den Namen Schote (Siliqua). Die⸗
ie machen die zweite Ordnung Sili—
quo ſa aus, z. B. die verſchiedenen Kohl—
arten (Brallica), die eukoſenarten
(Cheiranthus). )
BB. Sind die Staubfaͤden in ir⸗
gend einem Theile verwachſen, ſo
kann dieſes auf eine doppelte Weiſe geſche—
hen, nemlich a) unter ſich, oder . mit dem
Stempel.
a)
Die Gattung 1 aun vielleicht auf
der einen Seite den ungeuͤbten Pflanzenfor⸗
ſcher in Verlegenheit ſetzen, in welcher von
beiden Ordnungen dieſer Klaſſe er ſie bei der
Unterſuchung und Beſtimmung aufſuchen ſoll:
auf der andern Seite giebt ſie demſelben das
deutlichſte Beiſpiel eines Schoͤtchens, welches
ſich einigermaßen einer Schote naͤhert und
den Uebergang der erſten Ordnung zur zwei⸗
ten zeiget. Ohnerachtet der Groͤße ihrer Frucht⸗
behaltniſſe uͤbertreffen ſie doch ihre Breite nicht
viel an Laͤnge und verdienen daher eher den
Namen eines Schoͤtchens, als einer Schote.
Linne brachte fie daher mit Recht in die
erſte Ordnung dieſer Klaſſe.
49
a) Sind die Staubfaͤden unter
ſich verwachſen, ſo findet ein doppelter Fall
Statt, nemlich aa) entweder find die Traͤ⸗
ger (Filamenta) unter ſich verwachſen;
bb) oder die Staubkolben (Antherae).
aa) Bei der Verwachſung der
Traͤger hat man darauf zu achten, ob ſie
aaa) in einen Koͤrper, oder bbb) in
zwei Parthien, oder cec) in mehrere
Parthien verwachſen ſind.
aaa) Sind die Traͤger in einen Zy⸗
linder verwachſen; gehoͤren ſie zur
Klaſſe XVI. Monadelphia (aus povws
eins und ade! Oos der Bruder, da—
1 einbrüderige) )
bbb)
2 Die deutlichſten Beweiſe zu der Unterſu—
chung dieſer Klaſſe geben folgende Gewaͤchfe:
Der gemeine Eibiſeh Althaea officinalis,
der Stockroſen-Eibiſeh Althaea rolea,
die Garten⸗Lavatere, Lavatera trimes-
tris und der ſyriſche Hibiscus Hibis-
cus lyriacus.
In den uͤbrigen Klaſſen finden ſich mehrere Ges
waͤchſe, deren Traͤger am Grunde in einen
Körper verwachſen find, worauf Linne aber
keine Nückfiht nahm, theils um nicht die
Gattungen zu vervielfaͤltigen, und theils, weil
dieſe Verwachſung nur bei genauer Unterſu⸗
chung entdecket werden kann, bei dem erſten
Anſehen aber weniger in die Augen fällt.
Es finden ſich aber in der Familie der
Schmetterlingsblumen (Flores papilionacei)
mehrere, deren Träger in einen Zylinder voll⸗
kommen verwachſen ſind und daher mit dem
groͤßten e hierher gehoͤren. Linne ver⸗
D ließ
1 30
bbb) Sind die Traͤger in zwei
Parthien verwachfen, fo machen
fie die Klaſſe XVII. Diadelphia (aus
eis zwei und aösAGos der Bruder,
daher zweibrüderige) 2) Die Blu⸗
men der Gewaͤchſe dieſer Klaſſe haben,
mehr oder weniger, das Anſehen eines
ſitzenden Schmetterlings. Sie werden
daher auch Schmetterlingsblumen
(Corollae papilionaceae) genannt und
machen eine der vollſtaͤndigſten natuͤrlichen
Familien aus. Die vollſtaͤndige Schmet⸗
terlingsblume beſtehet aus folgenden Thei⸗
len: k. der Fahne (Vexillum) dem
oberſten Kronblatte; 2. den beiden
—
*
Fluͤgeln (Alae) die zu beiden Seiten
ein⸗
ließ hier die Grundſaͤtze ſeines Syſtems und
behielt ſie bei ihrer natuͤrlichen Familie in
der folgenden Klaſſe Diadelphia bei.
25) Die gemeine Erbſe, Pilum lativum
giebt das deutlichſte Beiſpiel zu der Unterſu⸗
chung dieſer Klaſſe. ö
Bei der Unterſuchung der ſchmetterlingsförmigen
Blumen hat man folgendes zu beobachten:
zuerſt nehme man den obern Theil oder die
Fahne (Vexillum) weg; alsdann die. bei:
den Seitenflügel (Alae) und zuletzt das
Sehiffehen (Carina). Da das Schiff⸗
chen die Befruchtungswerkzeuge enthaͤlt, ſo
muß dieſes mit gehoͤriger Vorſicht abgenom—
men werden, damit man die verwachſenen
Traͤger mit ihren Staubkolben nicht verletze.
0}
51
einander gegen uͤber ſtehen und 3. dem
Schiffchen (Carina) welches unter der
Fahne zwiſchen den Fluͤgeln ſitzet, gewoͤhn—
lich kielfoͤrmig iſt und die Defruchtungs-
werkzeuge einſchließet.
1 Bei dieſer Klaſſe ſtehet an
offenbar mit den Grundſaͤtzen ſeines Sy⸗
ſtems im Widerſpruche. Auf der einen
Seite befolgte Er ſie ſtrenge, auf der an⸗
dern ſetzte Er ſie voͤllig aus den Augen.
Es finden ſich mehrere ſchmetterlingsfoͤrmige
Blumen, die ſich von den uͤbrigen dieſer Fa;
milie nur darin unterſcheiden, daß die Traͤ⸗
ger der zehn Staubfaͤden nicht in zwei Par;
thien verwachſen find, fondern einzeln ſte⸗
hen, wenn ſie gleich vollkommen dieſelbe
Richtung haben, die denen Staubfaͤden der
Schmetterlingsblumen gemein iſt und auch
dadurch die genaueſte Verwandſchaft mit
denſelben zeigen. N aber bei ihnen keine
Verwachſung der Trager Statt findet, fo
trennte fie Linne von dieſer Klaſſe und
ihrer natuͤrlichen Familie und brachte ſie in
die zehnte Klaſſe Decaudria z. B. die Gat⸗
tungen Sophora, Anagyris, Cereis u. ſ. w.
Dagegen finden ſich viele Schmetterlings⸗
blumen, deren Traͤger in einen Zylinderar⸗
tigen Koͤrper verwachſen ſind und daher
offenbar zu der vorhergehenden ſechszehnten
Klaſſe Monadelphia gehoͤrten. Dieſe hats
ten mit eben dem Rechte, wenn Linne die
Grundſaͤtze ſeines Syſtems ſtrenge befolgen
wollte, zur ſechszehnten Klaſſe gebracht wer⸗
den muͤſſen, als diejenigen ſchmetterlingsfoͤr⸗
migen Blumen, deren Trager nicht verwach⸗
ſen ſind, in die zehnte Klaſſe von Ihm ver⸗
ſetzet wurden. ir N anf die 10
ö wach⸗
.
32
wachſung aller Träger mit einander, ließ
Er ſie bei ihrer Familie in dieſer ſieben⸗
zehnten Klaſſe. Die Arten der Gattung
Trifolium und mehrere andere Gewaͤchſe
dieſer Klaſſe koͤnnen . Beweiſe ge
ben.)
ccc) Sind die Träger in drei und
mehrere Parthien verwachſen,
ſo gehoͤren dieſe Gewaͤchſe in die Klaſſe
XVIII. Polyadelphia (aus rokvs viel
und ade Dos der Bruder, daher viel—
bruͤderige) “)
Die Ordnungen dieſer drei Klaſſen,
nemlich der ſechszehnten, ſiebenzehnten
und achtzehnten, ſind wie in den dreizehn
erſten Klaſſen von der Anzahl der Staub-
faͤden hergenommen und haben gleiche en
nennungen.
bb) Wenn die Staubkolben 1
Staubbeutel (Antherae) mit einander
in einen Körper verwachſen find, fo
bilden ſie gemeiniglich eine Roͤhre und dieſe Ge⸗
waͤchſe werden verwachſenbeutlige Syphyan-
therae aus ovpPvopaı ich wachſe zuſammen
und arge der Staubbeutel genannt.
Alle
269 Siehe Verzeichniß dete Gewaͤchſe,
welche nach der Anzahl und Beſchaffenheit
ihrer Geſchlechtstheile nicht in den gehoͤrigen
Klaſſen und Ordnungen des Linneiſchen Sy⸗
ſtems ſcehen ꝛc. Seite 128 und 129.
27) Zur Unterſuchung koͤnnen gewaͤhlet werden:
der gemeine Citronen baum, Citrus medi-
ca und die Arten des Hartheu, Hypericum.
53
Alle Gewaͤchſe dieſer Art, welche aus meh»
reren einblätterigen Bluͤmchen zu⸗
ſammen geſetzte Blumen (Flores com-
pofiti flofculis pluribus monopetalis)
hervorbringen, die auf einen gemein⸗
ſchaftlichen Fruchtboden (Receptacu-
lum commune) ſitzen, der am Grunde
mit einer gemeinſchaftlichen Blu⸗
mendecke (Perianthium commune) ver⸗
ſehen iſt, die alſo mehrere Bluͤmchen in
einem Beſchluſſe enthalten, brachte Linne zu⸗
ſammen in die Klaſſe XIX. Syngenefia
(aus ovv zugleich, zuſammen und yavacıs
die Erzeugung daher zuſammenzeugende).
Dieſe in einem Beſchluſſe zuſammenzeugenden
einblaͤtterigen Bluͤmchen enthalten entweder
beide Befruchtungswerkzeuge, oder nur einen
von beiden. Sie haben alle nur einen Griffel
(Stylus) und fünf Staubfaͤden (Stamina),
deren Traͤger gemeiniglich frei ſtehen und nicht
zuſammen verwachſen ſind; die in einen Koͤr⸗
per verwachſenen Staubkolben aber bilden ei⸗
nen Zylinder, der ſich an der Spitze oͤffnet,
durch welchen ſich (in den Zwitterbluͤmchen)
der Griffel mit feinen beiden Narben hervor⸗
draͤnget.
Anmerk. 1. Verſchiedene botaniſche Schrift⸗
ſteller nennen dieſe neunzehnte Klaſſe ver⸗
wachſenbeutlige und überſetzen daher
die Linneiſche Benennung Syngeneha ganz
unrichtig, wozu Linne allerdings ſelbſt Anlaß
gegeben hat. Freilich find alle Syngeneſi⸗
ſten auch verwachſenbeutlige e
the-
54
therae); aber nicht alle Pflanzen mit ver⸗
wachſenen Staubbeuteln ſind Syngeneſiſten.
In den folgenden Klaſſen finden ſich vers
ſchiedene Gewaͤchſe, deren Staubbeutel in
einer einzelnen Blume in einen Korper vers
wachſen find und daher mit Recht gleich⸗
falls verwachſenbeutlige (Symphyantherae)
genannt werden, ſie koͤnnen aber auf keinen
Fall Syngeneſtſten heißen, da ſie nicht meh—
rere zuſammenzeugende Blumen in einem
Beſchluſſe hervorbringen, wie ich in der Folge
zeigen werde. |
Anumerk. 2 2. Außer den Gewaͤchſen dieſer
3
4
Klaſſe, welche eine natürliche Familie bils
den, finden ſich andere, die auf einen ge—
meinſchaftlichen Fruchtboden, der am Grun—
de mit einer gemeinſchaftlichen Hülle (In-
volucrum), die einer gemeinſchaft lichen Blu⸗
mendecke (Perianthium commune) gleichet,
umgeben iſt, mehrere Bluͤmchen tragen, mel’
che daher eine nahe Verwandſchaft in dem
Bluͤthenſtande (Intlorelcentia) mit den Ge⸗
waͤchſen dieſer neunzehnten Klaſſe verrathen
und von dem ungeübten Pflanzenforſcher
bei dem erſten Unfehen mit ihnen leicht
berwechſelt werden koͤnnen, wenn er nicht
auf den Bau der Bluͤmchen und die Anzahl
und Beſchaffenheit der Befruchtungswerk⸗
zeuge achtet. Die Blümchen dieſer Pflan⸗
zen wachſen auch nicht eigentlich in einem
Beſchluſſe zuſammen und bilden daher auch
keine zuſammengeſezte Blume (Flos compo-
ſitus) mit zuſammenzeugenden Bluͤmchen;
ſondern es find nur einzelne zuſammenge⸗
haͤufte Blumen (Flores aggregati) die ſich
uͤberdem noch von den Blumen dieſer Klaſſe
dadurch un terſcheiden, daß eine jede 19 5
ben größ kentheils nur vier Staubfaͤden hat,
die
55
die in keinem Theile mit einander verwach⸗
ſen ſind, ſondern einzeln ſtehen, wie bei den
Arten der Gattung Karten (Diplacus)
und der Scabioſe (Scabiola). Linne
brachte ſie daher mit Recht in die vierte
Klaſſe Tetrantria,
Linne theilte die Gewaͤchſe dieser Klaſſe
in zwei Abtheilungen, nemlich in ſolche, deren
Blumen aus mehreren Bluͤmchen zuſammen
geſetzet ſind und dieſe Abtheilung nannte er
Poly gamid (aus roAvs viel und Jes die
Ehe, daher Vielehe) und in ſolche, deren
Blumen nicht zuſammen geſetzet ſind, dieſe
nannte er Monogammia (aus Kovas und yanos
Einehe, einzelne Ehe). Die Gewaͤchſe
dieſer letztern Abtheilung ſtehen aber mit dem
Sinne der Benennung dieſer Klaſſe (nemlich
zuſammenzeugende Syngenella) . im
Wiederſpruche, indem ſie nur einzelne frucht⸗
bare Zwitterblumen hervorbringen z. B. die
Veilchen und Balſaminen (Viola et Im-
patiens). Ihr ganzer Blumenbau weichet ſo
ſehr von den Syngeneſiſten ab, daß fie fchlech-
terdings nicht zu dieſer Klaſſe gerechnet werden
koͤnnen. Ueberdem ſind ihre Staubkolben
nicht wirklich in einem Körper verwachſen,
ſondern ſie haͤngen nur zuſammen (Antherae
cohaerentes) und trennen ſich mit der Zeit
groͤßtentheils von ſelbſt, auf gleiche Weiſe, wie
bei den Nachtſchattenarten (Solanum). Ich
wagte es daher, dieſe Gewaͤchſe in meiner Flora
germanica von. DIR Klaſſe ſe zu trennen und ſie
in
56
die fünfte Klaſſe Pentandria zu verſetzen,
worin mir nachher mehrere botaniſche Schrift⸗
ſteller gefolget ſind. Da nun dieſe Linneiſche
Abtheilung nothwendig eingehen muß, fo fol-
get ſchon von ſelbſt, daß die erſtere Abtheilung
dieſer Klaſſe Polygamia, als Gegenſatz der
Letztern Monogamia, wegfallen muͤſſe, zumal
da das Wort Syngeneha (zuſammenzeugende)
ſchon den Begriff der Vielehe (Polygamia)
in ſich faſſet. Weil aber alle Gewaͤchſe dieſer
neunzehnten Klaſſe verwachſene Staubbeutel
haben, dieſer wichtige Nebenumſtand aber
nicht in dem Worte Syngenelia ausgedruͤcket
wird und ſich außer den Gewaͤchſen dieſer Klaf-
fe andere finden, deren Dluͤthenſtand Aehn⸗
lichkeit mit den Syngeneſiſten hat, deren
Staubbeutel aber nicht verwachſen find, fo
koͤnnte man fuͤglich der Benennung dieſer
Klaſſe Syngenefia das Beiwort Symphyan-
therae beifi fügen,
Die in einem Beſchluſſe zufam-
menzeugenden verwachſenbeutligen
Gewaͤchſe, Syn gene ſia Symphyantherae
al Sinne in gleichartige (Zequales),
deren Blumen aus lauter fruchtbaren Zwitter⸗
bluͤmchen zuſammen geſetzet ſind und in un⸗
gleichartige (Spuriae), deren Blumen ent⸗
weder neben den fruchtbaren Zwitterbluͤmchen
auch einzelne weibliche Bluͤmchen enthalten,
oder die nur aus einzelnen maͤnnlichen und
weiblichen Blümchen zuſammen geſetzet ſind.
0 dieſe Eintheilung gruͤndete Linne vor⸗
1
57
zuͤglich die Ordnungen dieſer Klaſſe, deren
ſie, (nachdem die letzte Ordnung Monogamia
wie ich eben gezeiget habe, wegfaͤllt) fuͤnf ent⸗
haͤlt. Bei den vier erſteren Ordnungen hat
man bei den Blümchen in der zuſammen geſez⸗
ten Blume auf den Zuſtand der Befruchtungs—
werkzeuge zu achten; bei der fuͤnften aber wird
hierauf keine Ruͤckſicht genommen, ſondern nur
auf die Gegenwart einer Blumendecke, womit
jedes einzelne Blümchen verſehen iſt (Perian-
thium proprium), Ich will jetzt die Ord⸗
nungen dieſer weitlaͤuftigen und fuͤr den An⸗
faͤnger ſchwierigen Klaſſe der Reihe nach durch
gehen.
4) Sind alle Bluͤmchen in einer
zuſammen geſezten Blume Zwit⸗
ter, oder mit vollkommenen maͤnn⸗
lichen und weiblichen Befruch—
tungswerkzeugen verfehen, fo
gehören die Pflanzen dieſer Art in die
erſte Ordnung, die .
e genannt iſt.) |
60
2) Die Blümchen ſind in einer jeden Blume
dieſer Ordnung alle gleichfoͤrmig (conformes);
es findet aber bei ihnen ein doppelter Fall
der Gleichfoͤrmigkeit Statt. Theils ſind die
Bluͤmchen einlippig und zungenfoͤrmig
(Flosculi unilabiati, ligulati); alsdann
nennet man die Blume zuſammengeſetzt⸗
geſehweift. Dieſe zungenfoͤrmigen Bluͤm⸗
chen liegen wie Dachziegeln übereinander
(Flosculi ligulati imbricati), und find ges
meig
58
m Finden ſich neben den frucht⸗
baren Zwitterblümchen der
Scheibe (Difcus) im Umkreiſe (Pe-
ripheria auch weibliche Blümchen,
ſo machen ſie die zweite Or ednung
aus, welche Linne Superfhia (über-
f kü ſſ ig) nannte. Die weiblichen Bluͤm⸗
chen des Umkreiſes, denen die maͤnnlichen
Befruchtungswerkzeuge fehlen, werden
von den maͤnnlichen Befruchtungswerk⸗
zeugen der en der Scheibe
beftüchtet⸗ 70%
| PR
1 an der Spitze fuͤnf⸗ oder dreizaͤh⸗
nig, oder auch nur ausgerandet. Die Ci⸗
ehorie, Cichorium Intybus, und der ge»
meine löwenzahn, Leontodon Taraxa-
cum koͤnnen als Beiſpiel dienen. Theils find
die Bluͤmchen alle röhrenfoͤrmig (los-
culi tubulosi) und haben eine gleiche fuͤnf⸗
ſpaltige Muͤndung. Die Blume wird als⸗
dann ſcheibenartig (Corolla discoidea)
genannt. Die gemeine Klette, Arctium
Lappa und die verſchiedenen Arten der Dis
ſftelgattung, Carduus, koͤnnen zur Unter⸗
ſuchung gewaͤhlet werden. | |
11% N dieſer Ordnung findet gleichfalls eine
zweifache Verſchtedenheit der zuſammengeſetz⸗
ten Blume Statt. Einige find ſcheiben⸗
artig (discoidei) und alle Blümchen, ſo⸗
wohl die Zwitter, als die Weibchen im Um⸗
no kreiſe, ſind roͤhre nförmig (tubulosi), z.
B. der gemeine Rheinfarn, Tanacetum
vulgare, die gemeine Duͤrrwurz, Co-
nyza
4
39
Bi Finden fih neben den frucht⸗
baren Zwitterbluͤmchen der
Scheibe im Umkreiſe unfrucht⸗
bare Bluͤmchen, die entweder gar
keine, oder doch verſtuͤmmelte weibliche
Befruchtungswerkzeuge haben, fo gehoͤ⸗
ren dieſe Gewaͤchſe in die dritte Ord⸗
nung raten kruchelos) 15
0
nyza [quarrofa. Andere find geſehweift⸗
geſtrahlet (Flores compositi ligulati ra-
diati) En beſtehen aus ungleichfoͤrmigen Bluͤm⸗
chen. Die Zwitterbluͤmchen der Scheibe ſind
0 alle roͤhrenfoͤrmig, und die des Um⸗
kreiſes einlippig und zungenfoͤrmig. Dieſe
bilden am Umkreiſe Strahlen (Radii). Die
verſchiedenen Arten der Gattung Wuchers
blume, Chrysanthemum, der Bergwohl⸗
verlei, Arnica montana und die gemeis
ne Maßliebe, Bellis Pexennfs koͤnnen
zum Beweiſe dienen.
e Die enen Blumen dieser Ord⸗
nung haben alle ungleichfoͤrmige Bluͤmchen;
es findet aber ein doppelter Fall der Ungleich⸗
foͤrmigkeit Statt. Bei allen ſind die frucht⸗
baren Zwitterbluͤmchen der Scheibe roͤhrenfoͤr—
mig, die unfruchtbaren Bluͤmchen des Ums
kreiſes aher, denen die Befruchtungswerk⸗
zeuge fehlen, ſind entweder bei einigen einlip⸗
pig und zungenfoͤrmig und bilden daher eine
geſehweift⸗geſ „ Blume (Flos li
gulatus radiatus), z. B. die jaͤhrige
Sonnenblume, Helianthus annuus,
oder bei andern roͤhrenfoͤrmig, z. B. die ge⸗
mei⸗
60
0) Finden fich neben den unfrucht⸗
baren Zwitterblümchen der
Scheibe im Umkreiſe fruchtbare
weibliche Blümchen, fo machen fie
die vierte Ordnung aus, die Ne-
ceſſaria (nothwendig) genannt iſt.
Bei dieſen Gewaͤchſen haben die Zwitter⸗
bluͤmchen der Scheibe unvollkommene
weibliche Befruchtungswerkzeuge und
ſind daher unfruchtbar, dagegen haben
die Bluͤmchen im Umkreiſe vollkommene
weibliche Befruchtungswerkzeuge, ihnen
fehlen aber die männlichen, ſte muͤſ⸗
ſen daher von den maͤnnlichen Befruch—
tungswerkzeugen der unfruchtbaren Zwit—
terblümchen der Scheibe, befruchtet
Werden
0
—
meine Korns oder Flokkenblume, Cen-
taurea Cyanus. Dieſe roͤhrenfoͤrmigen uns
fruchtbaren Bluͤmchen des Umkreiſes ſind aber
viel groͤßer, als die roͤhrenfoͤrmigen Zwitter⸗
bluͤmchen der Scheibe und geben dieſen zu⸗
ſammengeſetzten Blumen das Anſehen einer
geſtrahlten Blume, daher werden ſie auch roͤh—
rig⸗geſtrahlte Blumen, (Flores tubuloloradia-
ti) genanut.
31) Die Blumen dieſer Ordnung find größten:
theils geſchweift⸗geſtrahlet. Die ums
fruchtbaren Zwitterbluͤmchen der Scheibe ſind
nemlich roͤhrenfoͤrmig und die fruchtbaren weib⸗
lichen im Umkreiſe einlippig und e
| z.
61
2) Sind die Blümchen in einer zu⸗
ſammengeſetzten Blume durch
eine beſondere Blumendecke
(Perianthium partiale) von einan⸗
der abgeſondert, ſo gehoͤren dieſe
Pflanzen, ohne Ruͤckſicht auf die Bluͤm⸗
chen, ob ſie alle Zwitter ſind, oder ge⸗
trennte Geſchlechter haben, zur fuͤnften
Ordnung Segregata (abgeſon⸗
dert). )
b)
z. B. die gemeine Ringelblume Calen-
dula officinalis. Es finden ſich aber auch
in dieſer Ordnung einige wenige auslaͤndiſche
Gewaͤchſe, die ſcheibenartige Blumen haben,
bei welchen alle Bluͤmchen, e die frucht⸗
baren weiblichen im Umkreiſe, als die unfrucht⸗
baren Zwitter der Scheibe, roͤhrenfoͤrmig find.
32) In dieſe Ordnung hat Linne alle die Dflans
zen gebracht, deren Blumen aus mehreren
Bluͤmchen zuſammengeſetzt ſind, wovon ein je⸗
des mit einer beſondern Blumendecke verſehen
iſt, z. B. bei der rundkoͤpffigen Kugel⸗
diſtel Echinops ſphaerocephalus. Sie
enthaͤlt mehrere Gewaͤchſe, die nach dem Baue
ihrer Blume und nach der Gegenwart oder
der Abweſenheit der Befruchtungswerkzeuge zu
der einen oder der andern der vorhergehenden
vier Ordnungen gebracht werden koͤnnten, wenn
man nicht auf die bei einem jeden Bluͤmchen
vorhandene beſondere Blumendecke Ruͤckſicht
nehmen wollte. Es finden ſich daher Blumen
mit gleichartigen und ungleichartigen, gleichföre
migen und ungleichfoͤrmigen Bluͤmchen in die⸗
ſer Ordnung.
62
b) Sind die Staubfaͤden mit
dem Stempel (Piſtillum) verwachſen,
ſo gehoͤren dieſe Pflanzen in die Klaſſe XX.
Gynandria (aus yuvy das Weib und
avyp der Mann, daher weibermaͤnnige) ?)
| Die Ordnungen dieſer Klaffe find, wie
bei den dreizehn erſten Klaſſen dieſes Syſtems,
von der Anzahl der Staubfaͤden hergenommen,
daher Monandria, Diandria, Triandria
u. ſ. w. 100
B. Wenn die Befruchtungswerkzeuge bei⸗
der Geſchlechter von einander getrennet ſind,
ſo, daß in der einen Bluͤthe die maͤnnlichen
und in der andern von derſelben Art ſich die
weiblichen befinden, ſo nennet man ſolche
Pflanzen mit getrennten Geſchlech⸗
tern (Plantae diclines). Dieſe Trennung
der Geſchlechter kann auf eine dreifache Art
Statt finden. AA. Entweder finden ſich die
getrennten maͤnnlichen und weiblichen Bluͤthen
auf einer und derſelben Pflanze. BB. oder
eins von beiden Geſchlechtern ſind auf verſchie—
denen Pflanzen: CC. oder es ſind ſowohl beide
Geſchlechter in einer Blume zuſammen, als
auch in verſchiedenen Blumen und Pflanzen
einer Art von einander getrennet. 1
A.
3) Zur Unterſuchung koͤnnen die Arten der
Gattung Knabenkraut Orchis und der
gemeine Frauenſchuh eiu
Calceolus dienen.
63
AA, Finden ſich aufen Pflan⸗
ze die maͤnnlichen und weiblichen
Bluͤthen beiſammen: oder haben auf
einer Pflanze einige Blüthen nur maͤnnliche
und dagegen andere nur weibliche Befruchtungs⸗
werkzeuge; ſo gehoͤren dieſe Pflanzen in die
Klaſſe XXI. Monoecia (aus hoe eins
und o das Haus, daher ein haͤuſt ge) )
BB. Finden ſich auf verſchiede⸗
nen Pflanzen derſelben Art die maͤnn⸗
lichen und weiblichen Bluͤthen ge-
trennet, ſo, daß die eine Pflanze nur Bluͤ⸗
then mit männlichen und die andere nur Bluͤ—
then mit weiblichen Befruchtung gswerkzeugen
hervorbringt; ſo machen ſie die Klaſſe X XII.
Dioecia (aus dis zwei und oma das
Haus, daher zweihaͤuſige) aus. 7970
Anmerk. Die Gewaͤchſe dieſer Klaſſe ver⸗
rathen gewoͤhnlich ſchon bei dem erſten Ati
ſehen die Verſchiedenheit der Geſchlechte .
So iſt zum Bene die männliche Pflan ze
bei
34( Zur Unterſuchung dieſer Klaſſe koͤnnen di ie
gemeine Haſelnuß Corylus Avellana,
die Waldbuche Fagus lylvatica; die Ler⸗
chenfichte Pynus larix; die gemeine
Gurke Cucumis lativus gewaͤhlet werden.
35) Zum Beiſpiele koͤnnen die Arten der Wei:
de Salix; der gemeine Hopfen Humulus
Lupulus; der gemeine Spinat Spinacea
oleracea dienen.
64 .
bei verſchiedenen heller von Farbe, als die
weibliche, oder bei andern umgekehrt. Bei
dem gemeinen Hanfe (Cannabis lativa)
iſt die maͤnnliche Pflanze hellgruͤn und hat
einen ſchlankeren Wuchs: die weibliche hin⸗
gegen iſt dunkelgruͤn, ſtaͤrker von Wuchs
und hat gedrungenere Blaͤtter.
Die Ordnungen dieſer beiden Klaſſen,
nemlich der ein und zwanzigſten und zwei und
zwanzigſten (Monoecia et Dioecia) grün-
den ſich auf die Anzahl und Beſchaffenheit der
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge und haben
dieſelben Namen, wie die vorhergehenden
zwanzig Klaffen, nemlich Monandria, Dian-
dria, Triandria, Monadelphia, Syngene-
ſia, Gynandria, |
+) Anmerk. Auch in diefen beiden Klaſſen
finden ſich Gewaͤchſe, deren Staubbeutel
(Antherae) in einen Koͤrper verwachſen
find. Dieſe bringt Linne in die Ord⸗
nung, welche er Syngenelia nennet.
Unter der neunzehnten Klaſſe Anmerk. 1.
habe ich ſchon erinnert, daß das Wort Syn-
genelia ſchlechterdings nur durch zuſa m⸗
menzeugende uͤberſetzet werden koͤnne
Hund nach dem Sinne der griechiſchen Wörs
ter, woraus es zuſammen geſetzet iſt, keinen
andern Nebenbegriff leide. Die zuſammen⸗
zeugenden Blumen, welche die neunzehnte
Klaſſe ausmachen, find aus mehreren Bluͤm—
chen in einem Beſchluſſe zuſammen geſetzet
und ihre Staubbeutel ſind in eine zylinder⸗
foͤrmige Roͤhre verwachſen. Blumen dieſer
Art ſtehen offenbar mit ſolchen im Wider;
ſpruche, die einfach ſind und von no
N enk;
65
entfernt, getrennte Geſchlechter enthalten.
Dadurch daß Linne den Nebenumſtand der
verwachſenen Staubbeutel mit dem Worte
Syngenelia verband und daher auch die
Gewaͤchſe dieſer beiden Klaſſen, deren ein
zelne männliche Blumen auch verwachſene
Staubkolben enthalten, gleichfalls, aber ganz
unrichtig, Syngeneſiſten nannte, wurden
verſchiedene botaniſche Schriftſteller verleitet,
das Wort Syngeneha durch verwachſen⸗
beutlige zu überfegen, wenn gleich dieſe
beiden Klaſſen keine zuſammengeſetzte und in
einem Beſchluſſe zuſammenzeugende Blu⸗
men enthalten, wie die Gurken und Kuͤr⸗
bisarten (Cucumis et Cucurbita) und
mehrere andere Gewaͤchſe der ein und zwei
und zwanzigſten Klaſſe mit verwachſenen
Staubbeuteln hinlaͤngl ich beweiſen. Damit
alſo dem Anfänger in der Botanik kein Anlaß
zu irrigen Begriffen in der Folge gegeben
werde, muͤßte man die Ordnung dieſer beis
den Klaſſen, welche die Gewaͤchſe mit ver⸗
wachſenen Staubbeuteln enthält, nicht Sy-
genelſia, ſondern Symphyantherae nennen.
CC. Sind ſowohl beide Befrud-
tungswerkzeuge in einer Blüͤthe
beiſammen, als auch ein oder das an⸗
dere in beſondern Bluͤthen, die ſich
unter einander begatten; oder finden
ſich Zwitterblumen und maͤnnliche oder weibli⸗
che bei einer und derſelben Pflanzenart, fo ge-
hoͤren ſie zu der Klaſſe XXIII. en
id (aus moAus viel und vans die E Ehe,
daher Vielehe.) |
| Die Ordnungen dieſer Klaffe gruͤn⸗
dete Linne auf die verſchiedene Vertheilung
E der
66
der Geſchlechter. Es finder hier ein dreifacher
Fall Statt.
a) Sind wirt emen und maͤnn⸗
liche oder weibliche Blumen auf
einer und derſelben Pflanze vor—
handen, ſo gehören fie in die erſte
Ordnung, Mon oel aſeinhauſige.) s“
55 Finden ſich auf zwei verſchiede⸗
nen Pflanzen derſelben Art,
auf der einen Zwitterblumen,
auf der andern aber nur maͤnn⸗
liche oder weibliche Blumen; ſo
machen ſie die zweite Ordnung, wel⸗
che Dioecia Gweihaͤuſige) ge⸗
nannt iſt.
) Finden fich auf drei verſchiede⸗
nen Pflanzen derſelben Art,
auf der einen Zwitterblumen,
auf der andern nur maͤnnliche
und auf der dritten nur weibli⸗
che Blumen, ſo gehoͤren ſie in die
dritte Ordnung Trioecia (Brei
Näpſts eh u
Am
35) Zum Beispiele der Feld aß elde Acer
campeſtre, der Ahnenbiakkeuige, Maß⸗
holder, Acer platanoides
37) Die ſtach lichte Gleditſchie, Gledit-
fChia triacanthos, die hohe Eſche Fraxi-
nus excellior. |
%% Der Jehannisbrodbaum, Ceratonia
liliqua.
67
Anmerk. Die maͤnnlichen oder weiblichen
Blumen, welche man außer den vollſtaͤndi⸗
gen und fruchtbaren Zwitterblumen etz
weder auf derſelben Pflanze, oder auf vers
ſchiedenen derſelben Art findet, ſind groͤß⸗
tentheils verſtuͤmmelte Zwitterblumen, bei
welchen von den Befruchtungswerkzeugen
nur eins von beiden Geſchlechtern zur Voll⸗
kommenheit gekommen iſt, indem von dem
andern, dem Anſcheine nach fehlenden doch
gemeiniglich noch einige Spuren vorhanden
ſind. Die Verſtuͤmmelung dieſer Blumen
ruͤhret groͤßtentheils von Nebenumſtaͤnden
ber und wenn dieſe wegfallen, ſo erhalten
nicht ſelten die Blumen die verlohren ge;
gangenen Befruchtungswerkzeuge wieder und
werden Zwitterblumen. Auch ſelbſt dem
geuͤbten Pflanzenforſcher faͤllt es daher oft
ſchwer, die Pflanzen dieſer Klaſſe jedesmal
in die Ordnung zu bringen, worein ſie
Linne verſetzte. Oft wird man ſogar
zweifelhaft, ob eine Pflanze in dieſe, oder
in eine der vorhergehenden Klaſſen gehoͤre.
Findet man zum Beiſpiele eine Zwitter;
blume ohne eine maͤnnliche oder weibliche,
fo wird man fie in der Klaſſe des Linnei⸗
ſchen Syſtems aufſuchen, wohin ſie nach
der Anzahl und der Beſchaffenheit ihrer
Befruchtungs werkzeuge gehoͤret und es nicht
ahnden, daß man fie in dieſer Klaſſe auf
ſuchen muͤſſe. In eine aͤhnliche Verle⸗
genheit ſiehet man ſich verſetzet, wenn man
Pflanzen beobachtet, deren Blumen nur
männliche oder weibliche Befruchtungswerk⸗
zeuge hervorbringen, ohne eine Pflanze der⸗
ſelben Art mit Zwitterblumen zu finden.
Man wird ſie, aber vergeblich, in der vor⸗
hergehenden zwei und zwanzigſten Klaſſe
UDioecia) Wai e .
2 |
68 f
Es würde gewiß dem Pinneifchen Syfteme zu
einiger Vollkommenheit gereichen, wenn man
in der Folge dieſe drei und zwanzigſte
Klaſſe ganz eingehen ließe und die Gewaͤch⸗
ſe derſelben, nach der Anzahl und Beſchaf⸗
fenheit der Befruchtungswerkzeuge ihrer
Zwitterblumen, in die ihnen zukommenden
Klaſſen und Ordnungen vertheilte. Die
Unterfuchung und Beſtimmung der Gewaͤch⸗
ſe nach dieſem Syſteme wuͤrde e ſehr
erleichtert werden.
Die kryptogamiſchen Gewäaͤchſe
(Plantae eryptogamicae) deren Ge⸗
ſchlechtstheile uns entweder noch
nicht hinlaͤnglich bekannt ſind oder
deren Befruchtungsgeſchaͤft ſich dem
Auge des Beobachters entziehet,
gehören in die Klaſſe XXIV. Crypto-
gamıa (aus zoonzes verborgen und ya-
nos die Ehe, daher verborgene oder un⸗
kenntliche Ehe.) Bei dem groͤßten Theile
der Gewaͤchſe ee Klaſſe vermiſſet man die
äußern Geſchlechtstheile oder Befruchtungs⸗
werkzeuge, weil das Befruchtungsgeſchaͤft auf
einem andern Wege, als bei den phänogami-
ſchen Gewächſen voll nder wird und daher die
innern Geſchlechtstheile anders modificiret ſeyn
mußten. Bei einigen ſind die maͤnnlichen und
weiblichen Geſchlechtstheile in einer gemein⸗
ſchaftlichen Hulle eingeſchloſſen und vollenden
daſelbſt ohne den freien Zugang der Luft oder
des Waſſers das Befruchtungsgeſchaͤft. Bei
andern liegen die Ge 8 in der r Sub.
ſtanz
69
ſtanz des Gewaͤchſes verborgen und wir wer⸗
den nur durch das Fruchtkorn in der Folge
uͤberzeuget, daß daſelbſt eine Begattung voran
gegangen ſeyn. Andere im Gegentheil vollen-
den das Begattungsgeſchaͤft unter dem Waſſer
und bei dieſen war eine beſondere Zurichtung
der Geſchlechtstheile, vorzuͤglich aber des
männlichen Saamens nothwendig.) Linne
geſtand zwar denen kryptogamiſchen Gewaͤchſen
ein Begattungsvermoͤgen zu, ihm waren aber
die Geſchlechtstheile und die Art der Begat⸗
tung nicht hinlaͤnglich bekannt. Durch die
Entdeckungen einiger neueren Pflanzenforſcher
ſind wir zwar bei verſchiedenen Familien dieſer
Klaſſe dem Befruchtungsgeſchaͤfte auf die
Spur gekommen, es fehlet uns aber noch zu
viel an der Kenntniß der Geſchlechtstheile aller
dieſer Gewaͤchſe, als daß man, wie bei den
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſen, auf deren Ver⸗
ſchiedenheit die Ordnungen gruͤnden koͤnnte.
Hieraus erhellet, daß die Ordnungen
dieſer Klaſſe von andern Theilen oder Eigen⸗
ſchaften vorerſt hergenommen werden mußten.
Linne theilte dieſe Klaſſe in vier Ordnungen
oder 3 die Er a) Filices, (Far-
renkraͤuter). 6) Mufe (Mooſe). )
Algae (Aftermooſe) und e) Fungi
(Schwaͤmme) nannte. Der Herr Präfi-
dent von Schreber machte in der neuen Aus⸗
gabe
5 75 Siehe meine neuen Beiträge zur Bor
tanik, Theil 1. S. 24— 28.
70
gabe der Generum Plantarum des Linne
)) eine neue Eintheilung, indem Er die Ge⸗
waͤchſe dieſer Klaſſe inf echs Abtheilungen brach⸗
te, nemlich
a) Mileellaneae (Vermiſchte). Diefe Ab⸗
theilung enthaͤlt diejenigen Gewaͤchſe, die
nach der Beſchaffenheit ihrer Fruchttheile
ſowohl unter ſich verſchieden ſind, als auch
unter keine der folgenden Abtheilungen
gebracht werden konnten. Einige derſel⸗
ben tragen in einer keulenfoͤrmigen Aehre
mehrere ſchildfoͤrmige Fruchtkapſeln, als
die Arten des Kannenkrauts (Equi-
ſletum). Bei andern bildet die Frucht
ein verſchloſſenes Behaͤltniß an der Wur⸗
zel, als bei den Pillenfarn (Pilula-
ria) und der Salvinie (Salvinia na-
tans) und bei andern ſitzen die nierenfoͤr⸗
migen zweiklappigen Fruchtkapſeln in den
Blattwinkeln der Pflanze oder einer be⸗
ſondern Aehre, wie bei den Arten der
Baͤrlappe (Lycopodium).
6% Filiees (Farrenkraͤuter). Dieſe
Abtheilung faſſet diejenigen Gewaͤchſe
dieſer Klaſſe zuſammen, deren Fruchtkap⸗
ſeln entweder auf der Ruͤckſeite des We⸗
dels (krons) ſitzen und daher auch Ruͤk⸗
kentraͤger gere) genannt werden;
oder
#°) Caroli a Linne Genera Plantarum,
ed, Octava curante I. C. D. Schreber,
Francof. ad Moen, Vol. 2. gvo 1789 et gr.
71
| oder in eine Aehe, „Riſpe oder Traube
vertheilet ſind. In Abſicht des Baues
der Fruchtkapſeln nimmt man eine doppel⸗
te Verſchiedenheit wahr. Bei einigen
ſind ſie mit einem gegliederten elaſtiſchen
Ringe umqguͤrtet und zerplatzen bei der
vollkommenen Reife ihrer Fruchtkoͤrner in
zwei Halbkugeln: bei andern ſind die
Fruchtkapſeln nicht mit einem ſolchen Rin⸗
ge umguͤrtet und öffnen ſich in zwei oder
drei regelmaͤßige Klappen.
) Mufei Caubmooſe). Zu dieſer Ab⸗
theilung gehoͤren alle Gewaͤchſe, deren
buͤchſenfoͤrmige Fruchtkapſel in einer ein⸗
blaͤttrigen Huͤlle eingeſchloſſen iſt, die ſich
mit dem zunehmenden Alter der Kapſel
am Grunde trennet und auf der Kapſel
bis zu deren herannahenden Reife in der
Geſtalt einer Haube oder Muͤtze, welche
Calyptra genannt wird, ſitzen bleibet,
alsdann aber abfaͤllt. Die Fruchtkapſel
ſelbſt iſt mit einem Deckel verfehen, der
bei vollkommener Reife entweder ſitzen
bleibet, oder wie dieſes am häufigften
der Fall iſt, abfaͤllt und denen Fruchtkoͤr⸗
nern einen Ausweg verſchaffet.
9 Hepaticae (Lebermoofe). Ein gro⸗
ßer Theil der Gewaͤchſe dieſer Abtheilung
hat das mit den Laubmooſen gemein, daß
| ihre Fruchtkapſel im jüngeren Zuſtande in
einer einblaͤttrigen Hülle eingeſchloſſen ift,
die aber ſitzen bleibet und ſich nicht am
Grunde
72
Grunde trennet, ſondern ſich an der Spitze
oͤffnet, damit die Fruchtkapſel aus derſel⸗
ben hervorgehen kann. Sie unterſchei⸗
den ſich uͤberdem noch darin, daß ſie keine
buͤchſenfoͤrmige, mit einem Deckel verſe⸗
hene Fruchtkapſel haben, ſondern die reife
Fruchtkapſel theilet ſich in Klappen. Es
finden ſich aber in dieſer Abtheilung auch
Gewaͤchſe, die keine beſondere Fruchthuͤlle
haben und deren Fruchtkapſel ſich nicht
uͤber die Oberflaͤche des Gewaͤchſes erhe⸗
bet, ſondern beſtaͤndig in der Subſtanz
deſſelben verborgen lieget und ſich nur bei
1 7 Reife der Mchtkoͤrner
oͤfnet.
) Algae (Aftermooſe). Dieſe When
lung enthaͤlt die flechtenartigen Gewaͤchſe
(plantae lichenolae) und die kryptoga⸗
miſchen Waſſergewaͤchſe. In Abſicht der
Fruchttheile ſind dieſe Gewaͤchſe ſehr von
einander unterſchieden. Bei einigen bil⸗
det die Frucht auf der Oberflaͤche fchüffel-
Roder ſchildfoͤrmige oder auch knopfartige
Erhabenheiten, bei andern warzenfoͤrmige
Kapſeln in der Subſtanz. Einige erzeu⸗
gen in beſonders dazu beſtimmten Theilen
Fruchtkoͤrner, die, mit einem Schleime
umgeben, aus demſelben hervorgehen; an⸗
dere erzeugen in der ganzen Subſtanz
Fruchtkoͤrner, ohne daß ſie in einer beſon⸗
dern Kapſel kes ſind. 0
73
) Fungi (Schwaͤmme). So verſchie⸗
den die Gewaͤchſe dieſer Abtheilung in
Abſicht ihres Baues und ihrer Geſtalt
ſind, eben ſo groß iſt auch die Verſchie⸗
denheit ihrer Fruchttheile und deren Lage.
Ehe ich meine Betrachtungen über die
kryptogamiſchen Gewaͤchſe weiter fortſetze, will
ich hier die Klaſſen und Ordnungen des Lin⸗
neiſchen Syſtems, der Reihe nach, namentlich
wiederholen und dadurch Anfängern in der Bo⸗
tanik einen Ueberblick des Ganzen geben.
I, Kenntliche Ehe (Phaenogamia),
A. Zwitterblumen (Monoclines).
AA, Einzelne 1 (Stamina
diltincta).
a) Von unbeſtimmter Ange (indiffe-
rentismus),
aa) Mit ı Stanbfaben. Klaſſe
| J. Monandria (Einmaͤnnige)
bb) Mit 2 Staubfaͤden. Klaſſe
II. Diandria (Zweimaͤnnige)
cc) Mit 3 Staubfaͤden. Klaſſe
III. Triandria (Dreinaän⸗
nige).
dd) Mir 4 Staubfäden, Kaffe
IV, Tetrandria (Biermäns
nige).
ee)
74
ee) Mit 3 Staubfaͤden. Klaſſe
V. Pentandria (Fuͤnfmaͤnnige)
f) Mit 6 Staubfaͤden. Klaſſe
JI. Hexandrıa (Sechsmaͤn⸗
nige)
28) Mit 7 Staubfaͤden. Klaſſe
VII. Heptandria (Sieben⸗
maͤnnige). |
hh) Mit 8 Staubfaͤden. Klaſſe
VIII, Octandria (Achtmaͤn⸗
nige). |
11) Mie 9 Staubfaͤden. Klaſſe
IX. Enneandria (Neunman⸗
nige).
kk) Mit 10 Staubfaͤden. Klaſſe
X. Decandria (Zehnmaͤnnige).
I) Mit 11 bis 19 Staubfaͤden.
Klaſſe XI. Dodecandria (Zwoͤlf⸗
maͤnnige).
mm) Mit 20 und mehreren Staub⸗
faͤden.
ana) An der Binn en dec
Klaſſe XII. Icoſandria
(Zwanzigmaͤnnige).
bod) Auf dem Fruchtboden.
Klaſſe XIII. Polyandria
(GVVielmaͤnnige).
Die tina nach der Anzahl der weib⸗
lichen Geſchlechtstheile: a) Mono- 6)
Di-) 4 00 e 0 Pentagy-
mia u. a w.
b) Von
—
75
b) Von ber unge (Subordi-
natio). ö
aa) Zwei e und zwei kuͤr⸗
zere. Klaſſe XIV. Didyna-
‚mia (Zweymaͤchtige).
b a) oymnoſpora. 8) Angi-
bora. 45
PR Bier längere und zwei kür⸗
zere. Klaſſe XV. Tetradyna-
mia (Viermaͤchtige).
a) Siliculofa. 6) Siliquo ſa.
BB) Verwachſene Staubfaͤden. (Sta-
mina Bon
a) Unter fi ich: |
aa) Die Traͤ g er (Filamenta),
| aaa) In eine Roͤhre: Klaſſe
XVI. Monadelphia (Ein-
brüdrige). |
bbb) In zwei Parthien. Klaſſe
XII. Diadelphia (Zwei-
brüdrige).
ccc) In drei und mehrere Par⸗
thien. Klaſſe XVIII. Po-
yadelphia (Vielbruͤdrige).
a) Triandria, 8) Pentandria
u. ſ. w.
bb)
76
bb) Die Staubkolben in eine
Röhre (Symphyantherae). Klaſſe
XIX, Syngenefia Syınphyan-
therae (zuſammenzeugende verwach⸗
ſenbeutlige). | .
a) Aequalis. 8) Superfiua.
) Frustranea, ö) Neceſſaria.
e E gre gad.
b) Mit dem Stenpel (Piſtillum). Kaffe
XX. Gynandria (Veibermaͤnnige).
a) Monandria. ß) Diandria,
02) Triandria u. ſ. W.
8) Getrennte Geſchlechter Diclines).
AA) Maͤnnliche und weibliche Bluͤthen
auf einer Pflanze. Klaſſe XXI. Mo-
noecia (Einhaͤuſige).
BB. Männliche und weibliche Bluͤthen auf
verſchiedenen Pflanzen. Klaſſe XXII.
Dioecia (Zweihaͤuſige).
a) Monandria. 8) Diandria
e en Y) Triandrıa N. ſ. w.
CC), Zwitter und getrennte Geſchlechter.
Klaſſe XXIII. Polygamia (Vielehige).
a) Monoecia, R) Dioecia, Y)
Trioecia.
| IL,
27
II. Unkenntliche Ehe. Klaſſe XXIV. (Cry -
togamia (Verborgene Ehe).
A Miscellaneae, 8) Pe
Y Muse. 9) ‚Hepatieae. e
80 Agde. 0 * ungi, ee
Zum Schluſſe dieſes Kapitels muß ich
noch einiger Huͤlfsmittel gedenken, deren ſich
die Natur bedienet, bei verſchiedenen Gewaͤch—
ſen das Befruchtungsgeſchaͤft zu erleichtern
und zu vollenden. Die kryptogamiſchen Ge⸗
waͤchſe, welche entweder unter dem Waſſer das
Befruchtungsgeſchaͤft vollenden, oder deren
Geſchlechtstheile in einem gemeinſchaftlichen
Behaͤltniſſe eingeſchloſſen ſind, beduͤrfen ſolcher
Hilfsmittel nicht. Bei einen großen Theile
der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe haben die de
fruchtungswerkzeuge eine ſolche tage und Rich⸗
tung gegen einander, daß dadurch das Bei
fruchtungsgeſchaͤft ſehr erleichtert wird; bei
dem groͤßten Theile aber wuͤrde dieſer große
Endzweck nicht erreichet werden, wenn nicht an⸗
dere Mittel zu Hülfe kaͤmen, welche die Be⸗
ruͤhrung des maͤnnlichen Saamenſtaubes mit
der weiblichen Narbe bewerkſtelligten. Die⸗
ſen in der Pflanzenoͤkonomie ſo wichtigen Ge⸗
genſtand haben Koͤlreuter )und Spren⸗
gel
) J. G. Koͤlreuter vorläufige Nachricht
11 5 einigen das Geſchlecht der Pflanzen be⸗
treffenden Unterſuchungen und Betrachtungen.
Leipzig 1761. 8.
. 155
gel“ ſehr vollſtaͤndig bearbeitet und vorzuͤglich
auf das lezteren Werk verweiſe ich alle die
Pflanzenforſcher und Naturliebhaber, welche
mit den mannigfaltigen, einem jeden Gewaͤchſe
angemeſſenen, weiſen Vorrichtungen der
Natur bei dem Begattungsgeſchaͤfte der Ge-
waͤchſe, in naͤhere Bekanntſchaft zu kommen
wuͤnſchen. |
Die Inſ ekten ſpielen bei dem Befruch⸗
tungsgeſchaͤfte ſehr vieler Gewaͤchſe eine wich“
tige Rolle. Durch den in den Blumen abge-
ſonderten honigartigen Saft werden fie herbei
gelocket und indem ſie denſelben nachſpuͤren,
ſtreifen ſie mit ihrem Koͤrper einen Theil des
Saamenſtaubes von den Staubkolben ab.
Bei den Beſuchen mehrerer Blumen derſelben
Art, kann es nicht fehlen, daß ſie auch die
weibliche Narbe beruͤhren. Auf ſolche Weiſe
wird der an dem Körper des Inſektes befind-
b Saamenſtaub denen Narben mehrerer
Blumen mitgetheilet und das Befruchtungsge⸗
ar vollendet.
Bei mehreren Gewaͤchſen der ein und zwei
und engen Klaſſe des Linneiſchen Sy⸗
ſtems, deren Befruchtungswerkzeuge in ge⸗
trennten Blumen oder auf getrennten Pflan⸗
zen derſelben Art ſich befinden, wuͤrde
Wige eine Begattung Statt finden,
| | wenn
ae Das deckte Geheim niß der Natur im
Bau und in der Befruchtung der Blumen
von Chriſtian Konrad Sprengel.
Berlin 1793 4.
79
wenn nicht entweder die Inſekten, oder ein
guͤnſtiger Wind zu Huͤlfe kaͤmen. Die
Gewaͤchſe mit Kaͤtzchenbluͤthen (Amentaceae)
erzeugen einen ſehr leichten, flüchtigen Saa⸗
menſtaub und in ſo großer Menge, daß die
Natur in der Erzeugung dieſes Theiles ver⸗
ſchwenderiſch zu ſeyn ſcheinet. Die ſchlanken
maͤnnlichen Kaͤtzchen haͤngen gemeiniglich ſenk⸗
recht herunter, dagegen ſind die weiblichen
groͤßtentheils aufwaͤrts gekruͤmmet. Oefnen
ſich bei den maͤnnlichen die Staubkolben ae
oͤfnen ſich bei den weiblichen auch die Schup⸗
pen und entbloͤßen ihre Narben. Bei der ge⸗
ringſten Erſchuͤtterung faͤllt alsdann der Saa⸗
menſtaub auf die weiblichen Narben herab.
In dem Falle aber, wo ſich die Befruchtungs⸗
werkzeuge auf getrennten und oft von einander
entfernten Pflanzen derſelben Art befinden,
erleichtert ein guͤnſtiger Wind das Befruch⸗
tungsgeſchaͤft, indem er den leichten maͤnnli⸗
chen Sammenſtaub der ge Pflanze zu⸗
fuͤhret. Damit aber auf dieſem Wege die Be⸗
fruchtung deſto ſicherer vollendet werde, mußte
der maͤnnliche Saamenſtaub in groͤßerer Men⸗
ge, als bei den uͤbrigen Gewaͤchſen, vorhan⸗
den ſeyn.
Außer den beiden hier ange eig vor⸗
züglichen Huͤlfsmitteln zur Erleichterung und
Befoͤrderung des Befruchtungsgeſchaͤftes der
Gewaͤchſe, findet ſich in der Organiſation der
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge und vor⸗
lich der Träger, bei verſchiedenen Pflanzen,
ein
80
ein beſonderes Huͤlfsmittel, nemlich die Reiz⸗
barkeit. Dieſe Reizbarkeit findet aber nur
bei dem Eintritte der Befruchtungsperiode
Statt und endiget ſich nach vollendeter Be⸗
fruchtung. Bei dem gemeinen Sauer—
dorn (Berberis vulgaris) biegen ſich die
Traͤger, nach einem erhaltenen Reize, mit ei⸗
nor Schnellkraft nach der weiblichen Narbe,
die Staubkolben werden dadurch derſelben ge⸗
naͤhert und laſſen den Saamenſtaub auf dieſel⸗
be fallen. Bei dem gemeinen Glas-
kraute (Parietaria officinalis) ſpringen die
Traͤger, nach einem erhaltenen Reize, mit ei⸗
ner Schnellkraft auseinander und die Staub⸗
kolben, ſtreuen den Saamenſtaub um ſich her.
Bei den Gewaͤchſen mit zuſammenzeugenden.
verwachſenbeutligen Blumen, welche die
neunzehnte Klaſſe (Syngenelia Symphyan-
therae) des Sinneifchen Syſtems in ſich faſſet,
haben die Traͤger eine beſondere Reizbarkeit.
Bei dem Eintritte der Befruchtungsperiode,
wo ſich die Bluͤmchen oͤfnen, fangen die Traͤ⸗
ger an, ſich abwechſelnd zu verkuͤrzen und zu
verlaͤngern. Dieſe abwechſelnde Bewegung
wirket nicht allein auf die beſondere Blumen⸗
krone, ſondern ein jeder derſelben zugefuͤgter
Reiz oder Stoß, z. B. von Inſekten, wirket
auch auf die Traͤger zuruͤck. Dadurch erhaͤlt
oft die beſondere Blumenkrone eine wider-
natürliche und gezwungene Richtung, bis ſie
nach und nach unmerklich zu ihrer natuͤrlichen
Richtung zuruͤck kehret. Waͤhrend dieſer ab⸗
0 wech⸗
wechſelnden Bewegung der Träger bemuͤhet
die weibliche Narbe in den Zwitterbluͤmchen
ſich durch die Röhre der verwachſenen Staub-
beutel, die ſich an der innern Seite oͤffnet und
den Saamenſtaub von ſich giebt, hindurch zu
draͤngen und treibet einen Theil des Saamen⸗
ſtaubes vor ſich her, bis ſie die Muͤndung der
Staubroͤhre erreichet hat und uͤber dieſelbe
endlich hervorraget. Auf dieſem muͤhſamen
Wege wird das Befruchtungsgeſchaͤft bei die⸗
ſen Gewaͤchſen vollendet.
Der aufmerkſame Beobachter wird fin⸗
den, daß bei dem Befruchtungsgeſchaͤfte der
Gewaͤchſe oft mehrere Kraͤfte zu dieſem großen
Endzwecke mitwirken und auch hier oͤffnet ſich
demſelben ein weites Feld, zu wichtigen und
e e
82
FAR
wertes bene. 10
dern einer Siaftation ? der tend
togamiſchen G 9
Nachdem man in den neuern Seiten an⸗
ſieng, denen kryptogamiſchen Gewaͤchſen eine
groͤßere Aufmerkſamkeit zu ſchenken, wurde
man auch mit ihren Fruchttheilen genauer be⸗
kannt. Die zu dieſem Ende angeſtellten ge⸗
naueren Unterſuchungen mit Beihuͤlfe guter
Vergroͤßerungsglaͤſer, gaben Gelegenheit, daß
die Gattungen und Arten genauer unterſchie⸗
den wurden und ihre Anzahl in einem kurzen
Zeitraume von Jahren einen ſo großen Zu⸗
wachs erhielten, daß fie jetzt der Anzahl der
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe bald gleich kommen
und ſie vielleicht in der Folge uͤbertreffen werden.
Linne gründete fein Pflanzenſyſtem auf
die Anzahl, Sage und Beſchaffenheit der Be⸗
fruchtungswerkzeuge und bildete daraus ſowohl,
als auch aus der Lage und Beſchaffenheit der
Frucht, die Ordnungen der drei und zwanzig
erſtern Klaſſen feines Syſtems. Aus dem
aber, was ich ſchon vorher über die kryptoga⸗
mi niſchen
83
miſchen Gewaͤchſe geſaget habe, erhellet, daß
wir bei der Zartheit ihrer Theile, die ſo oft
unſern Unterſuchungen und Beobachtungen
Grenzen ſetzet und bei den Zweifeln, die uns
uͤber die Begattungsart und die Geſchlechts⸗
theile verſchiedener dieſer Gewaͤchſe noch uͤbrig
bleiben, bis jetzt keinen allgemeinen ſicheren
Maasſtab von den Geſchlechrstheilen entleh⸗
nen koͤnnen, welcher hinreichend waͤre, alle
Gewaͤchſe dieſer großen Familie, wie in der
Phaͤnogamie, gehoͤrig zu ordnen. Was uns
alſo an der hinlaͤnglichen Kenntniß der Ge—
ſchlechtstheile abgehet, das muͤſſen uns die
Lage und die Beſchaffenheit der Fruchttheile
erſetzen, auch die kryptogamiſchen Gewaͤchſe
ſoſtematiſch zu ordnen, wenn uns gleich auch
hierbei einige Zweifel uͤbrig bleiben, die nur
die Zukunft zu heben vermag. Ich will es
daher wagen, meine Meinung über die ſyſte⸗
matiſche Eintheilung der kryptogamiſchen Ge⸗
waͤchſe, nachdem, was uns bis jetzt von ihren
Fruchttheilen bekannt iſt, hier mitzutheilen. Ich
werde ſo wenig als meine Vorgaͤnger, hierin
etwas Vollkommenes liefern koͤnnen, indeſſen
hoffe ich doch dadurch dem angehenden Pflan⸗
zenforſcher auch das Studium dieſer e
zu erleichtern.
Wenn man, wie bisher, die kryptogami⸗
ſchen Gewaͤchſe in eine Klaſſe eines angenom⸗
menen Syſtems zuſammen faſſet, fo verur-
ſachet die Beſtimmung der Ordnungen dieſer
Klaſſe, wegen der großen Anzahl der Gewaͤchſe
FJ 2 und
84
und wegen der mannichfaltigen Verſchiedenheit
ihrer Fruchttheile, ſo große Schwierigkeiten,
daß dadurch das Studium derſelben, an Statt
daſſelbe zu erleichtern, nothwendig noch mehr
erſchweret werden muß. Man müßte alsdenn
in jeder Ordnung mehrere Unterabtheilungen
machen, deren Grenzen nicht immer ganz genau
feſt geſetzet werden koͤnnen und wo dieſe richti⸗
ge Beſtimmung der Grenzen fehlet, da fällt
auch der Nutzen einer ſolchen Eintheilung weg.
Wenn man aber die Kryptogamiſten als eine
beſondere Hauptfamilie betrachtet und ſie, wie
Linne die Phaͤnogamiſten, in Klaſſen theilet,
ſo wird es ungleich leichter, ſie in einer jeden
der feſtgeſetzten Klaſſen richtig zu ordnen.
Da die Benennungen der Linneiſchen Ord⸗
nungen in der Kryptogamie allgemein bekannt
und bis jetzt auch von den neuern Pflanzenbe⸗
obachtern beibehalten ſind, ſo kann man ſie
bei der Benennung der Klaſſen auch fuͤglich ſo
lange anwenden, bis man in Zukunft durch
neue Entdeckungen in den Stand geſetzet wird,
ſie nach einem allgemeinen Maasſtabe zu be⸗
nennen, damit nicht jetzt durch neue Woͤrter
die botaniſche Kunſtſprache unnöthig vermehret
und das Studium dieſer Gewaͤchſe erſchweret
werde.
So wie die phänogamifchen Gewäͤchſe nach
dem Linneiſchen Syſteme in zwei und zwan⸗
zig Klaffen (nachdem man nemlich die drei und
zwanzigſte Klaſſe, wie ich vorher gezeiget habe,
füglich eingehen laͤſſet) e ſind, ſo koͤn⸗
nen
85
nen die uns bis jetzt bekannten kryptogamiſchen
Gewaͤchſe in ſechs Klaſſen gebracht werden, de-
ren Ordnungen ſich groͤßtentheils auf die Lage
und Beſchaffenheit der Frucht gruͤnden.
PLANTAE CRYPTOGAMICAR,
Claff. I. Rhizocarpae (aus 91% die Wurzel
und aagros die Frucht, daher mit Wur⸗
zelfrucht.
Linne rechnete die Gewachſe dieſer
Klaſſe zu den Farrenkraͤutern, und Herr von
Schreber zu der Ordnung Milcellaneae,
Sie wachſen alle entweder im Waſſer, oder
auf ſchlammigen naſſen Boden. Sie haben
mit den Farrenkraͤutern nur das gemein, daß
ihre Blaͤtter im juͤngeren Zuſtande von der
Spitze nach dem Grunde gemeiniglich eingerol⸗
let find. Ihre Frucht beſtehet aus einer Hülle,
die an dem Wurzelſtocke (Rhizoma) oder der
Wurzel ſelbſt ſitzet und ſich nur erſt bei vollkom⸗
mener Reife der Fruchtkoͤrner oͤffnet, oder ohne
ſich zu öffnen durch die Auflöfung ihrer Haͤute
die Fruchtkoͤrner von ſich giebt. In Abſicht
der maͤnnlichen Geſchlechtstheile bemerket man
bei dieſen Gewaͤchſen eine doppelte Verſchie⸗
denheit. Bei einigen finden ſich dieſelben auf:
ſerhalb der Fruchthuͤlle: bei andern im Gegen⸗
theil find fie mit den Fruchtkeimen in einer ge-
meinſchaftlichen Huͤlle eingeſchloſſen. Auf
dieſen
86
dieſen Unterſchied gründen ſich die beiden Ord⸗
nungen dieſer Klaſſe. |
0 Het pe f (aus sxros. außerhalb
und oreon« der maͤnnliche Saame, der
männliche Geſchlechtstheil, daher mit
maͤnnlichen Geſchlechtstheilen
außerhalb der Fruchthuͤlle).
Zu dieſer Ordnung gehoͤren die Gat⸗
tungen Salvinia und Zfoetes. Bei der
Salvinia umgeben die nackten, geglieder⸗
ten Saamengefaͤße die Fruchthuͤlle. )
Bei der Iloötes ſitzen nach Linne 2
und Oeder °) die einzelnen ruͤndlichen
Saamenkolben (conceptacula [perma-
tica) zwiſchen den inneren, die Frucht⸗
huͤlle aber zwiſchen den aͤußeren Blaͤttern.
69 Encleifmenofpermae (aus sy-
»Asıonevos eingefchloffen und Frepua der
männliche Geſchlechtstheil, daher mit
maͤnnlichen Geſchlechtstheilenin
g 5 Fruchthülle eingeſchloſſen.)
N | Diefe
79 H edwig Theoria ee et Audi
fieationis ed, 2. pag. 105. ne VIII.
i Basta |
89 Linne Iter Scand. pag. 420. Genera
Plant. ed. Schreber n. 1620.
) Oeder Enum. Plant. Florae Danicae
pag. 111. Flora Dan, Tab. 191.
87
Dieſe Ordnung enthält die Gattungen
Pilar ) und Mar ſelea. ) Bei dieſen
Gewaͤchſen bilden die Saamenkolben Schlaͤu⸗
che, welche innerhalb der dicht verſchloſſenen
Fruchthuͤlle die Fruchtkeime von allen Seiten
umgeben.)
Claſſ. II. Filices en.
Die Gewaͤchſe dieſer Klaſſe tragen rund⸗
liche Fruchtgehaͤuſe, die entweder auf der
Ruͤckſeite und am Rande der Blaͤtter ſitzen;
oder in eine Aehre, Riſpe, Traube und die
Winkel der Blaͤtter vertheilet ſind. Ein jedes
dieſer Fruchtgehsufs enthaͤlt mehrere Bentht-
koͤrner.
Da man auch bei den kryptogamiſchen Ge⸗
wächfen bisher von dem Grundſatze ausging,
daß da, wo eine Befruchtung Statt finde,
auch wie bei den Phaͤnogamiſten, die aͤußeren
Geſchlechtstheile vorhanden ſeyn muͤßten, ſo
bemuͤhete man ſich, auch bei den Farrenkraͤu⸗
tern die maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge
ausfindig zu machen. Man glaubte daher
ſie in fremdartigen Theilen, die ſich durch das
Vergroͤßerungsglas an der aͤußern Oberflaͤche
des Gewaͤchſes wahrnehmen laſſen, entdecket
zu
3 Hedwig Theor, generat. et fruct. ed.
2. p. 107, Tab. VIII. Fig. 6 - II.
) Hedwig a. a. O. pag. 109. Tab. VIII.
Fig. 12 - 15.
) Roth neue Beitraege zur Botanik Th.
I. pag. 15,
88
zu haben. Schon ha, einer andern Gelegen⸗
heit habe ich meine Zweifel daruͤber mitge⸗
theilet ) und mache hier nur bemerklich, daß
die Farrenkraͤuter durch eine Befruchtung er⸗
zeugte Fruchtkoͤrner in beſonderen Fruchtge⸗
haͤuſen hervorbringen, die Zurichtung aber zu
der Erzeugung und Abſonderung des maͤnnli⸗
chen Saamens hoͤchſt wahrſcheinlich in den
Fruchtgehaͤuſen ſelbſt ihren Sitz habe. Der
Bau der Fruchtkapſeln iſt aber zu zart, als
daß man auch durch die ſtaͤrkſte Vergrößerung
ihre innere Struktur gehörig en
und bar koͤnnte.
Nach der Verſchiedenheit ders reifen
Fruchtkapſeln laſſen ſich die Farrenkraͤuter in
drei Ordnungen theilen. Einige derſel⸗
ben ſind mit einem gegliederten elaſtiſchen
Ringe umgürtet, bei andern fehlet dieſer Ring
und bei andern fa nd die Feu ſchüld⸗
foͤrmig. |
1000 e ee (aus dar
der Ring und n die Fruchtkapſel, da⸗
her mit beringter Fruchtkapſel).
Dieſe Ordnung faſſet die eigentlichen
Farrenkraͤuter oder ſo genannte Ruͤcken⸗
traͤger (dorſiferae, epiphyllocarpae)
in ſich und alle Gewaͤchſe dieſer Art,
welche bisher unter der Abtheilung Fili⸗
| ‚ces
?) Roth Tentamen Florae Germ. Tom. 3.
Pars 1. pag. 29. Oblerv. IV.
89
ces annulatae bekannt geworden find )
gehoͤren dieſer Ordnung.
Die Fruchtkapſeln dieſer Gewaͤchſe bedecken
entweder die ganze Ruͤckſeite des Wedels,
oder ſie ſitzen in rundlichen Haufen und
Linien vertheilet, die bei einigen nackt,
bei andern aber mit einer hautartigen
Huͤlle bis zu der Reiſe der Fruchtkoͤrner
bedecket find. Im lezteren Falle erheben
ſich bei der herannahenden Reife der
Fruchtkoͤrner die Kapſeln, druͤcken die
Hülle gewaltſam nach ihren Befeſti⸗
gungspunkt zuruͤck und treten aus den
Grenzen hervor, die ihnen die verſchloſ—
ſene Fruchthuͤlle vorher anwies. Die
Fruchtkapſeln ſitzen auf einem Stielchen
(pedicellus), welches gemeiniglich knie⸗
foͤrmig eingebogen iſt und ſich an der
Spitze in einen gegliederten, faſt durch-
ſichtigen, glaͤnzenden elaſtiſchen Ring
endiget, der die Fruchtkapſel umguͤrtet.
Bei der voͤlligen Reife der Fruchtkoͤrner
zerplatzen die Fruchtkapſeln rundum in
zwei Halbkugeln, der elaſtiſche Ring
trennet ſich groͤßtentheils von der Kapſel
und bildet alsdann einen Halbzirkel, an
oh beiden mem die Halbkugeln
be⸗
) Roemer Archiv für die Bot. Band 1.
St. 2. pag 50 - 37. Schrader lournal
für die Bot, Band. 2. St. I. 1801. pag.
9 103 N
90
befeftiget bleiben.) Der gegliederte
Ring ziehet ſich alsdann, vermoͤge ſeiner
Spannkraft, wechfeisweife zuſammen und
erweitert ſich wieder. Durch dieſe Be⸗
wegung werden die an deſſen beiden End⸗
ſpitzen ſitzenden Halbkugeln wechſelsweiſe
einander genähert und wieder von einan⸗
der entfernet, bis die Halbkugeln ſich
ihrer Fruchtkoͤrner voͤllig entlediget haben.
Bei den Gewaͤchſen dieſer Ordnung be-
merket man, daß die Wedel (frondes)
im juͤngeren Zuſtande von der Spitze
nach der Baſis einwaͤrts zuſammen ge⸗
rollet find und bei der erſten Entwicke⸗
lung derſelben entdecket man, mit Huͤlfe
der Vergroͤßerungsglaͤſer, vorzüglich an
den Ribben und Adern, zerſtreute, kurz⸗ |
geſtielte oder ſtielloſe, rundliche oder ei⸗
foͤrmige, druͤſenaͤhnliche Koͤrper, welche
Hedwig *) fuͤr die maͤnnlichen Be⸗
fruchtungswerkzeuge dieſer Gewaͤchſe
haͤlt. Man entdecket ſie aber zu einer
Zeit, wo ſich die weiblichen Befruch⸗
i e oder der Eierſtock, noch
nicht
) um ſich e in Ermangelung einer
"Selofunterfuchung, einigen Begriff zu machen,
ſehe man J. F. Hoffmann Tabula I!y-
nopt. Filicum in Roemer und Ulteri
Magazin für die Botanic Stück 9. wo
verſchiedene dieſer Fruchtkapſeln abgebildet ſind.
) Hedwig Theoria 1 et fructiſic.
ed. 2. pag 82. e Tab, .
91
nicht entwickelt haben und wenn ſich die
erſten Spuren derſelben zeigen, ſo ſind
dieſe vermeintlichen männlichen Befruch⸗
tungswerkzeuge ſchon ganz verſchwunden.
Die Stielchen, worauf bei verſchiedenen
Arten dieſer Familie die rundlichen Kör-
per ſitzen, ſcheinen vielmehr Ausduͤn⸗
ſtungskanaͤle zu ſeyn, durch welche ſich
das Gewaͤchs in dieſem Alter der uͤber⸗
flüfftgen Feuchtigkeiten entlediget und die
Koͤrper ſelbſt aus der abgeſonderten
und an der Luft verdickten Jeuchtigkeit
ihren Urſprung zu haben. In dem aͤlte⸗
ren Zuſtande dieſer Gewaͤchſe entdecket
man auf der Ruͤckſeite der Blätter haͤu⸗
fige Spaltoͤffnungen, welche einige Pflan⸗
zenforſcher fuͤr die Werkſtaͤtte des maͤnn⸗
lichen Saamens hielten. Hedwig
aber hat ſehr ſchoͤn gezeiget, daß ſie ſich
auch bei anderen Gewaͤchſen finden. *)
Er ſiehet ſie daher fuͤr die Muͤndungen
der abſondernden oder ausduͤnſtenden
Gefaͤße an. Sie ſind aber vielmehr da⸗
zu beſtimmt, die Feuchtigkeiten aus der
Luft zur Nahrung des Gewaͤchſes einzu⸗
ſaugen. Es iſt daher die Zurichtung zu der
Erzeugung des maͤnnlichen Saamens bei
Dieſen Gewächſen entweder in dem elaſti⸗
ſchen Ringe, oder in der Fruchtkapſel
ſelbſt, zu ſuchen.
6)
* Hedwig Theor. generat. et fruet, ed.
2. p. 88 - go. Tab. III und IV. Fig, 1 - 3.
D) Adactyliothecae (aus dem a
privat. aus daxrulıos der Ring und 9.
un die Fruchtkapſel, daher mit unbe-
ringter Fruchtkapſel). |
Zu dieſer Ordnung gehbten die Gattun⸗
gen Ofınunda, Marattia, Ophyo-
gloſſum, Lycopodium und einige an-
dere, die uns durch die genauere Beſtim⸗
mung der Herren Smith *) und
Swarz ') unter der Abtheilung Fili-
ces exannulatae naͤher bekannt gewor⸗
den ſind.
Bei den Gewaͤchſen dieser Ordnung ſitzen
die Fruchtkapſeln theils in den Blartwin⸗
keln, theils ſind ſie in eine Aehre, Riſpe,
oder Traube vertheilet und theils nehmen
ſie den Rand oder die Ruͤckſeite des We⸗
dels ein. Die Fruchtkapſeln ſind rund⸗
lich, bei einigen Nierenfoͤrmig, geſtielt
oder ſtiellos und oͤffnen ſich, bei der voll⸗
kommenen Reife der Fruchtkoͤrner, ent⸗
weder der Quere oder der Laͤnge nach, in
zwei oder drei regelmaͤßige Klappen (Cap-
lula bi- ſeu trivalvis) deren Spalt
entweder nur zur Hälfte oder bis an den
Grund ſich erſtrecket. Auf allen Fall
bleiben aber die Klappen, deren Raͤnder
un fi Ind in ee mit einander
ſtehen,
9970 Roem er htp für die Bot. Band 1.
St. 2. pag. 37. leg.
15 80 Journal für die Bot. Band
„Sk. 1 ROT pag. 103. leg,
93
? ſtehen, auch ſelbſt alsdann Pre wenn
die Fruchtkoͤrner ſie verlaſſen haben.
Auch findet man an denſelben keine
Spur eines gegliederten, elaſtiſchen Rin⸗
ges welcher ihnen auch bei der Art, wie
fie ſich öffnen, uͤberfluͤſſig ſeyn würde.
Die Zurichtung zu der Erzeugung des maͤnn⸗
lichen Saamens ſcheinet bei dieſen Ge⸗
wuaͤchſen offenbar in den Fruchtkapſeln
ſelbſt und nicht in andern 9 00 des Ge⸗
woͤchſes, ihren Sitz zu haben. Die eifoͤr⸗
migen druͤſenartigen Körper, welche Hed-
wig an den fangen Seuchtkapſeln des
Ophyogloſſum vulgatum ſo haͤufig
beobachtete ) ſcheinen die Wahrſchein⸗
lichkeit dieſer Vermuthung zu beſtaͤtigen,
da man ſie aber noch nicht bei mehreren
Gewaͤchſen dieſer Art gefunden hat, ſo
geben ſie wenigſtens keinen allgemeinen
Beweis für dieſe Meinung ab. Die
vielblaͤtterigen Knoſpen, die man bei
einigen Arten der Gattung Lycopodium
in den Blattwinkeln beobachtet, welche
wie reife Fruͤchte abfallen und Wurzel
ſchlagen, hielt Hedwig fuͤr die maͤnnli⸗
chen Befruchtungswerkzeuge. ) Da fie
aber nicht bei allen Arten dieſer Gattung
ge⸗
*) Hedwig Theor. generat. et fructiſic.
ed. 2. pag. 91 93. Tab. IV. Fig. 4 7.
1) Hedwig Theor. generat. et fruct. a,
a. O. pag. III - 116. Tab. IX.
94
gefunden werden, die ubrigens in dem
Baue ihrer Fruchtkapſeln mit einander
uͤbereinkommen, ſo kann man ſie, we⸗
nigſtens nicht allgemein dafür annehmen.
a Peltothecae (aus reAry ein Schild
und dyn) die Fruchtkapſel, daher mit
ſchildfoͤrmigen Kapſeln (Capfulae
peltatae). Zu dieſer Ordnung gehoͤ—
ren die Arten der Gattung Equiſel run.
Dieſe Gewaͤchſe haben einen gegliederten
Wedel (krons) oder Schaft (Scapus)
deſſen Glieder am Grunde mit einer
Scheide umkleidet ſind. Er traͤgt auf
der Spitze eine keulenfoͤrmige Fruchtaͤhre,
welche aus mehreren ſchildfoͤrmigen,
rundlich = vieleckigen, kurzgeſtielten
Fruchtkapſeln zuſammen geſetzet iſt. Die⸗
ſe Fruchtkapſeln find mit vier bis fieben
Möhren verſehen, die mit den Stielchen
der Fruchtkapſeln eine gleiche Richtung
haben, an der inneren Seite ſich der
Länge nach oͤffnen und denen reifen
Fruchtkoͤrnern einen Ausweg verſchaffen.
Die Fruchtkoͤrner ſind rundlich und am
Grunde mit vier elaſtiſchen, ausgebrei⸗
teten, fadenförmigen Auswuͤchſen verſe⸗
hen, die zwei und zwei an Grunde in ei⸗
nen Körper ſich vereinigen, in ſpatelfoͤr⸗
migen, ſtumpfen Spitzen ſich endigen und
mit pulverartigen Koͤrnchen beſtreuet ſind.
Man entdecket aber an den ſpatelfoͤrmi⸗
Endungen kein zelliges Gewebe, oder
Oef⸗
95
Oeffnungen. Wenn man dieſe faden⸗
foͤrmigen Koͤrper anfeuchtet, ſo winden
ſie ſich um das Fruchtkorn zuſammen:
ſo bald ſie aber trocken werden, breiten
fie ſich mit einer gewiſſen Schnellkraft
wieder aus. Sie erzeugen ſich zugleich
mit dem Fruchtkorne und begleiten daſ⸗
ſelbe bei ſeiner vollkommenen Reife, aus
der Fruchtkapſel. Hedwig, welcher
die Fruchttheile dieſer Gewaͤchſe ſehr
ſchoͤn abgebildet hat, ) hält dieſe faden⸗
foͤrmigen Koͤrper fuͤr die maͤnnlichen Be⸗
fruchtungswerkzeuge. Sie ſcheinen aber
von ihrer erſten Entſtehung, oder doch
wenigſtens bei der vollkommenen Reife
der Fruchtkoͤrner, dazu beſtimmt zu ſeyn,
daß ſie die Stelle elaſtiſcher Hebel ver⸗
treten ſollen, durch deren wurmfoͤrmige
Bewegung die reifen Fruchtkoͤrner aus
der Fruchkapſel, aus welcher ſie, vermoͤge
ihrer horizontalen Richtung, ohne eine
ſolche Huͤlfe nicht hervorgehen konnten,
hervor getrieben werden. Wahrſchein⸗
lich wird vorzüglich in den Fäden und
nicht in den ſpatelfoͤrmigen Endſpitzen
der maͤnnliche Saame zubereitet, welcher
bei dem Eintritte der Wei
periode ausdunſtet und die Befruchtung
in der verſchloſſenen Fruchthuͤlle vollen⸗
det, nach vollendeter Befruchtung aber
ein⸗
460) Hedwig Theor. generat, et fructifig,
“ed, 2; pag. 83, leg. Tab. I. II.
96
eeintrocknet und auf der Oberfläche dieſer
Korper in der Geſtalt wachsartiger, pul⸗
veraͤhnlicher Koͤrnchen erſcheinet. We⸗
nigſtens Fonnen dieſe Koͤrnchen nicht mit
dem Saamenſtaube (Pollen anthera-
rum) der 1 0 Gewaͤchſe
verglichen werden.
cla. III. Mufei (Moose)
Die Moofe haben entweder einen Sten⸗
gel mit hautartigen Blaͤttern verſehen; oder
ſie beſtehen nur aus fleiſchigen, lappigen, ein⸗
fachen, oder getheilten Blaͤttern. Die Blaͤt⸗
ter der Mooſe ſind mit einem netzfoͤrmigen Ge⸗
webe durchwirket und außer de Gewebe
findet man nur in den Ribben geſtreckte Ge⸗
faͤße. Sie haben die Eigenſchaft, daß fie,
wenn ſie auch mehrere Jahre getrocknet auf:
bewahret ſind, im Waſſer ſich wieder auffri⸗
ſchen und in einen es lebendigen ähnlichen
Zuſtand verſetzen laſſen.
Bei den Mooſen finden ſich außerhalb
den Fruchtkapſeln beſondere organiſche Theile,
die man nach Hedwigs Meinung fuͤr die
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge haͤlt, deren
Endzweck bei dem Begattungsgeſchaͤfte aber
nicht wenigern Zweifeln unterworfen iſt, als
bei den Gewaͤchſen der vorigen Klaſſe. Nach
dieſer Meinung ſollen ſich bei dieſen Gewaͤchſen
Zwitterbluͤthen und Bluͤthen mit getrennten
Geſchlechtern, entweder W derſelben e |
5 oder
oT
oder auf verſchiedenen Pflanzen derfelben Art
nden.
t Der größte Theil dieſer Gewaͤchſe hat
eine haubenfoͤrmige Fruchtdecke, welche die
Fruchtkapſel, bis zu der herannahenden Reife
der Fruchtkoͤrner, umhuͤ llet und daher auch
Calyptra genannt wird; andern dagegen
fehlet dieſe haubenartige Huͤlle. Einige der⸗
ſelben haben eine buͤchſenartige Fruchtkapſel N
welche ſich oben mit einem Deckel öffnetz an⸗
dern dagegen fehlet dieſer Deckel und ſie oͤffnen
ſich auf eine andere, verſchiedene Art. Auf
die Gegenwart und den Mangel eines ſolchen
Deckels gruͤnden ſich die beiden Ordnungen
dieſer Klaſſe.
a) Operculati (Mit einer Deckel - Kapſel
Dieſe Ordnung ſchlieſet die ſo genann⸗
ten Laubmooſe (Mulci frondoſi) in
ſich, durch deren genauere Unte rſuchung
und Beſtimmung ſich Hedwig vorzuͤg⸗
lich verdient um die Botanik gemacht
hat. ) Sie haben alle einen kuͤrzeren
oder längeren, mit hautartigen Blaͤttern
be⸗
#2) Brian Hedwig fundamentum hif-
toriae naturalis mufcorum frondoſorum.
Lipſiae 1782. Vol. I. II. 410. Defcriptio
et adumbratio muſcorum frondolorum,
Lipfiae 1787 1797. Vo Kol,
Theoria generationis et fructificationis
plantarum eryptogamicarım Linnei Edit.
2. Lipliae 1798. 4to. Species mufcorum
frondolorum, opus polihumum Curante
Fri d. e a 1801. 4to.
0
beſetzten Stengel 1 60 der bald einfach,
bald aͤſtig iſt.
Eutweder an der Seite des Stengels in den
Blattwinkeln, oder an deſſen Spitze, er⸗
zeugen ſich die Fruchtkapſeln, die am
Grunde mit mehreren hautartigen Blaͤt⸗
tern un mgeben find, welche dichte über ein⸗
ander I iegen, eine Scheide bilden, die die
Stelle einer gemeinſchaftlichen Huͤlle
vertritt und mehrere Fruchtknoten oder
Eierſtoͤcke einſchließen, wovon aber bei
den mehreſten Gewaͤchſen dieſer Familie
nur einer zur Vollkommenheit kommt.
Dieſe gemeinſchaftliche Huͤlle wird Peri⸗
cligetium genannt. Ueberdem aber hat
ein jeder Fruchtknoten noch ſeine eigene
Bedeckung, die aus einer zarten, durch⸗
ſichtigen Haut beſtehet, die ihn von allen
Sceiten umhuͤllet, ihren Urſprung aus dem
Fruchtboden erhält und Calyptra ge⸗
nannt wird. Die Fruchtkapſeln der
Laubmooſe ſitzen auf einem kuͤrzeren
oder laͤngeren Stiele (Seta). Nach vol⸗
lendeter Befruchtung und dem zunehmen⸗
den Wachsthume des Fruchtknotens erhe⸗
1 vermoͤge der zunehmenden Ver⸗
| laͤng⸗
8) Nur eine einzige Pflanze dieſer großen na⸗
tuͤrlichen Familie macht hiervon eine Ausnah⸗
me, nemlich die Bux baumi a aphylla,
die weder einen Stengel, noch Blätter hat,
ſondern der Fruchtſtiel nimmt unmittelbar
aus der Wurzel feinen Urſprung.
99
laͤngerung des Fruchtſtieles, die junge
Kapſel, die beſondere Bluͤthendecke wird
dadurch am Grunde losgeriſſen, mit der
Kapſel in die Hoͤhe gehoben und dienet
derſelben, bis zu der herannahenden Reife
der Fruchtkoͤrner, in der Geſtalt einer
oberwaͤrts mehr oder weniger zugeſpitzten
Muͤtze oder Haube, zur Bedeckung. Die
Kapſeln dieſer Gewaͤchſe ſind entweder
ruͤndlich, laͤnglich oder eifoͤrmig und oben
mit einem Deckel (Operculum) verſchloſ⸗
fen. Da, wo der Deckel anſchließet, iſt
die Fruchtkapſel gleichſam mit einer Linie
umſchnitten. Der Deckel iſt oben mit
einer kuͤrzeren oder laͤngeren Spitze ver⸗
ſehen, die ſich in den oberen Theil der hau⸗
benartigen Bluͤthendecke erſtrecket. Bei
der Reife der Fruchtkoͤrner trennet er ſich
in ſeinem ganzen Umkreiſe von der Kap-
ſel und fällt ab. ) Alsdenn gehen die
Fruchtkoͤrner hervor und die Kapſel hat
voͤllig das Anſehen einer Buͤchſe. Die
n Ee 912 Muͤn⸗
29) Die Arten der Gattung Phalcum find
zwar mit einem Deckel verſehen, der Deckel
trennet ſich aber nicht von der Fruchtkapſel,
ſondern ſie bleibet durch denfelben verſchloſſen.
Die Art wie die Fruchtkoͤrner bei bieſen Ge—
waͤchſen einen Ausweg erhalten, iſt noch nicht
bei allen Arten hinlaͤnglich bekannt. Der
Deckel machet ſich bei den Gewaͤchſen dieſer
Gattung durch einen ringfoͤrmigen Abſatz
kenntlich. |
\
100
Muͤndung der Kapſeln (Periſtoma 10 6
Periſtomium) iſt entweder nackt und
glatt, oder mit Haaren und Zaͤhnen von
verſchiedener Geſtalt, Anzahl und Rich⸗
tung, bekraͤnzet.
| A auf derſelben Pflanze mit dem Frucht
klapſeln und theils auf getrennten Pflan⸗
zen derſelben Art, entweder zur Seite in
den Blattwinkeln, oder an der Spitze
der Stengel, bemerket man zu gewiſſen
Zeiten bei dieſen Gewaͤchſen knoſpenartige
Auswüchſe, die aus hautartigen Blaͤt⸗
2
tern beſtehen. Sie haben größtentheils
das Anſehen einer Blattknoſpe, bei eini⸗
gen aber, vorzuͤglich wenn ſie an der
Spitze des Stengels ſitzen, gleichen ſie
einer Sternbluͤthe ). In dieſen kno⸗
ſpenartigen Auswüchſen entdecket man
mit Huͤlfe eines guten Vergroͤßerungsgla⸗
ſes, Baͤlglein von verſchiedener Geſtalt,
Anzahl, Farbe und Richtung, die auf
Türzeren oder längeren Stilchen fi itzen,
ein koͤrniges Weſen enthalten und an der
ſtumpfen Spitze mit einer Oeffnung ver-
ſehen find, durch welche, wenn Re von
einer waͤſſerigen Feuchtigkeit gereizet wer⸗
den, die enshaltenen SAT bee
hen
77 5 Das deutlichſte Beiſpiel e einer Stanibränge
dieſer Art ſowohl, als Überhaupt auch zu der
Unterſuchung der verſchiedenen Theile der Laub⸗
mooſe, giebt uns das gemeine Hat eos, |
Polytry chum commune.
101
hen. Sie ſind mit dee durchſich⸗
tigen Saftfaͤden umgeben. Dieſe Baͤlg⸗
lein hielt Hedwig fuͤr die maͤnnlichen
Befruchtungswerkzeuge der Laubmoſe und
nannte fie daher Sper matocyflidia.
Die mehreſten der neueren Pflanzenfor⸗
ſcher ſcheinen dieſer Meinung beizu⸗
pflichten. Gaͤrtner erhob dagegen
wichtige Zweifel, die bis jetzt noch nicht
berichtiget ſind, welche ich aber wegen
der engen Grenzen dieſer Anweiſung
hier nicht mittheilen kann. Ich verweiſe
daher einen jeden auf das vortreffliche
Werk des Verfaſſers felbft *) oder auf
den Auszug, den Herr Borkhauſen
unter dem Worte Mooſe uns davon
geliefert hat.) Gaͤrtner iſt der
Meinung, daß die haͤufige Vermehrung
dieſer Gewaͤchſe auf eine doppelte Weiſe
bewirket werde, nemlich durch wirkliche
Fruchtkoͤrner und durch Knoſpenkeime
( Propagines). Die Erzeugung der
Fruchtkoͤrner nach einer vorhergegangenen
Befruchtung, findet in der buͤchſenartigen
Kapſel Statt und die Zurichtung zu der
Erzeugung und Abſonderung des maͤnn⸗
lichen eee iſt, nach Gaͤrtners
Mei⸗
23) Tolgnhi Gaertner de e et
feminibus plantarum Vol. I. Introduct. pag.
23 25. 33 36.
%% M. B. Bor khaulen botaniſches Wöer⸗
terbuch, Band 2. Seite 20 — 25.
| ur
Meinung, in dem Deckel eee zu
ſuchen. Die Erzeung der Knoſpenkeime
gehn aber in den Baͤlglein der knoſpen⸗
artigen oder ſternfoͤrmigen Hüllen vor
ſich, die Hedwig fuͤr die maͤnnlichen
Befruchtungswerkzeuge hielt. Ein paar
0. zufällige Beobachtungen, die ich zu ma⸗
chen Gelegenheit hatte und bei einer an⸗
deren Gelegenheit mittheilen werde )
ſcheinen ſehr fuͤr Gaͤrtners Meinung,
in Abſicht der Erzeugung der Knoſpen⸗
keime in den Baͤlglein, zu zeugen.
Zu dieſer Ordnung gehoͤren alle die Gattun⸗
gen der Laubmooſe, die der Herr Praͤſ.
von Schreber in ſeiner Ausgabe der
Generum Plantarum Lirmei in der
Ordnung Mufei von Nr. nos si 1600.
aufgezaͤhlet hat.
60 Ezoperoulati, Mir deteltofen
Kapfeln)
Zu dieſer zweiten Ordnung: gehören
die Wake Andreaea **) Porel-
| la
23). Neue Beitraege 1 Botanic Theil 2.
%% Roth Flora Germanica Tom. 3. Pars
HERE 74 Neue l’eitraege zur Bot, Th.
1. pag, 232, Hedwig Species Mulcorum
En ja 47 Diele Gattung, welche
Ehrhart ‚Beitraege Band 1. pag. 15. und
192. zuerſt beſtimmte, machet den Uebergang
der vorigen Hrdnung zu biefer, Die beiden
Arten derſelben, die uns bis jetzt bekannt find,
haben
| 103
la ?°). Inng germannia, Anthoceros,
| rn . Targionia, ‚Blafıa,
Riccia und (Sphaerocarpos, u.
Ä Die
14 5 *
haben voͤllig das Anſehen eines Laubmooſes
und kommen auch groͤßtentheils in dem Baue
ihrer Bluͤthen⸗ und Fruchttheile mit den Laub⸗
mooſen uͤberein, zu welchen ſie auch Hedwig
a. a. O. gezaͤhlet hat. Ihnen fehlet aber der
Deckel (Operculum) der Fruchtkapſel. Sie,
oͤffnet ſich vielmehr bei der Reife ihrer Frucht⸗
koͤrner in vier regelmäßige Klappen. Die vier
Klappen ſind an der Spitze, mittels des
Saͤulchen (Columnula) Weiche ſich in die⸗
ſelbe erſtrecket, in einen Punkt zuſammen ge⸗
klebet und trennen ſich alsdann erſt gaͤnzlich
von einander, wenn die Fruchtkoͤrner alle die
Fruchtkapſel verlaffe haben. Hedwig hielt
dieſen Vereinigunspunkt der Klappen für den
Deckel und die vier Klappen für die vierzaͤhnige
Muͤndung der Kapſel, und glaubte an dieſen
Kapfeln denſelben Bau wahr zu nehmen, den
man an den Laubmooſen fo häufig beobachtet.
Aber wir finden bei den Laubmooſen eben ſo
wenig, daß der Deckel auf der Spitze der
Mundzaͤhne ſitzet (er ſchlieſet vielmehr dieſelben
ganz ein) als da ß derſelbe ſich mit den Zähnen
gleiche Theile theile. Was Hedwig für
die eigentliche Kapſel haͤlt, iſt ein leerer An⸗
ſatz (Apophylis) welcher dem Säulchen zur
Grundlage dienet und vielleicht auch der S
der maͤnnlichen Saameng ‚fälle iſt. Nach
Verſchiedenheit der Luft, je nachdem ſie feucht
oder trocken iſt, ziehen ſich die Klappen zuſam⸗
men und erweitern ſich wieder. Dieſes hängt
von dem Saͤulchen ab, je nachdem ſich daſſelbe
vermoͤge ſeiner Spannkr. aft, verlängert oder
\ | ver⸗
En
15 0 Pan
104
Die Gewaͤchſe dieſer Ordnung haben
theils einen kuͤrzeren oder ein laͤngeren,
eee oder aͤſtigen mit hautartigen
Blattern beſetzten Stengel; oder fie bil⸗
den fleifchige, zuweilen faſt lederartige,
einzelne oder vielfach getheilte und lappi⸗
ge Blaͤtter, von verſchiedener Geſtalt,
die oft auf der untern Seite mit haarfoͤr⸗
migen Wurzeln verſehen ſind, welche ſich
in die Erde, oder das Waſſer erſtrecken.
Theils an der Spitze des Stengels, oder an
der Seite, auch zuweilen am Grunde
deſſelben, in den Blattwinkeln, theils in
dem Blatte ſelbſt er; zeugen ſich Frucht⸗
kapſeln. Einige haben eine aus mehre⸗
ren e zufammengefeßte, oder ein⸗
I blaͤt⸗
verkuͤrzet und dieſe wechſelſeitige end
die durch die Befchaffenheit der Luft modificiret
wird, ſcheinet dazu beſtimmt zu ſeyn, daß die
Fruchtkoͤrner, die an der inneren Seite der
Klappen ſitzen, ſich allmaͤhlig loͤßen und abfal⸗
len. Da die Fruchtkapfeln dieſer Gewaͤchſe
alſo keine Spur eines Deckels haben, fo ges
hoͤren ſie auch in dieſe una för in die
vorige Ordnung. W
25) Die Porrella, die uns nur durch Dil
lens Beſchreibung und Abbildung (Hiſtoria
Mulcorum p. 459. Tab. 68.) bekannt iſt,
ſcheinet den Laubmooſen dem aͤußern Baue
nach fehr nahe zu kommen, fie har aber nach
deſſen Jeugniß weder eine befondere Fruchtdecke
(Calyptra) noch eine Deckel Kapfel. Die
Früchtkopfel offnet ſich vielmehr durch verſchie⸗
dene Settenöfnungen.
105 10
blaͤtterige Bluͤthenhuͤlle; anderen eden
fehlet dieſelbe und die aͤußere Haut des
Gemwaͤchſes vertritt deren Stelle. Bei
dem groͤßten Theile aber iſt der Frucht⸗
knoten oder Eierſtock in einer beſonderen
Bluͤthendecke (Calyptra) verhuͤllet, )
die aus einer zarten, durchſichtigen Haut
beſtehet, und bei dem zunehmenden
Wachsthume der jungen Kapſel, entwe⸗
der mit derſelben in die Hoͤhe gehoben
wird und deren obern Theil bis zu der
Reife der Fruchtkoͤrner bedecket; oder am
Grunde ſitzen bleibet, ſich an der Spitze
oͤffnet und durch dieſe Oeffnung die junge
Kapſel durchlaͤſſet. Die Kapſeln diefer.
Gewaͤchſe ſind entweder laͤnglich, rund,
ſtern⸗ oder eifoͤrmig. Einige derſelben
ſitzen auf einem Stiele (leta), andere ſind
dagegen unmittelbar an dem Fruchtboden
befeſtiget, und wieder andere ſind in die
Subſtanz des Gewaͤchſes eingeſenkt und
liegen in derſelben bis zu der Reife ihrer
Fruchtkoͤrner, von der aͤußeren Haut be⸗
becker, verborgen. Sie oͤffnen ſich theils
mit vier oder zwei Klappen, theils mit
Zaͤhnen und theils mit einer ſchlichten,
in heike Mündung. 115 Die Frucht⸗
koͤr⸗
390 Denen Had ge Porella, Riccia
und Sphaerocarpos fehlet fie.
) Die Fruchtkapſel der Gattung Porella
fen nach Dillen ius ſich mit mehreren Muͤn⸗
dungen
106
koͤrner find rund und bei einigen an ge»
wundenen oder ungewundenen Fäden
befeſtiget, mit welchen ſie aus der apfel
hervorgehen.
Noch der Verſchiedenheit der Gewächſe die⸗
ſer Ordnung beobachtet man außer den
Fruchtkapſeln auch verſchiedene beſondere
N Vorrichtungen, als eifoͤrmige oder runde
Baͤlge in beſonderen Becherchen, die in
de Subſtanz des Gewaͤchſes eingeſenket
ſind, oder in ſchildfoͤrmigen Gehaͤuſen,
ſtaubige oder koͤrnige Knoͤpfchen entweder
auf der oberen Flaͤche, am Rande oder
an der Spitze der Blätter, oder auf
beſonderen Stielchen, die man fuͤr
die maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge
halt. 1750 Aber 2 bei diefen Gewaͤch⸗
0 „ ſen
dungen öffnen. Bei der Blafi ia Arge fie
ſich in eine Röhre, die ſich oben mit einer
ſtumpfen Muͤndung öffnet. Bei der Riccia
1 öffnet fie. ſich mit einer Spalte. Die Kapſeln
der Jungermannien und der Andrea en
Öffnen: ſich mit vier Klappen und die Ans
1 thoceroten mit zwei Klappen. Die Tar⸗
gionie und die Marchantien haben Kap⸗
1 ſeln, die ſich mit vier bis acht Zaͤhnen oͤffnen.
1 5 Dieſe organiſchen Körper, welche für die
maͤnnlichen Velruchtungs werkzeuge gehalten
werden, bilden bei den Jungermannien
förnige Knoͤpfchen von verſchiedener Farbe,
auf beſonderen Stielchen oder an der Ober⸗
flaͤche der Blätter, Bei den 1 4
| I aben
387
ſen ba Gärtner und andere 29) den
Endzweck dieſer Theile bei den Befruch⸗
tungsgeſchaͤfte, bezweifelt und halten fie
vielmehr für Behaͤltniſſe der Knoſpen⸗
keime. Einige Gewaͤchſe dieſer Ord⸗
nung geben uns allerdings einen offenba⸗
ren Beweis, daß je einfacher ſie in ihrem
Baue werden, deſto mehr auch bei ihnen
das Beduͤrfniß zunehme, ſich zugleich
auch durch Knoſpenkeime zu vermehren. 9989
Hall.
b Be fe- e eine a Aehnlichkeit mit den
Fruchtkapſeln und ſind auch mit einer haut⸗
artigen Huͤlle am Grunde verſehn. Sie bilden
Behaͤltniſſe von verſchiedener Geſtalt, die einen
hautartigen Rand haben und birnfoͤrmige
Bälge enthalten, welche ſich oͤffnen. Bei der
Targionie ſind es zuſammengeknaͤuelte, faſt
cylindriſche Baͤlgchen, an der Spitze der Blaͤtter
oder deren Lappen. Bei den Anthocero⸗
ten bilden fie Becherchen, die in die Sub»
ſtanz der Blättern eingeſenket find und am
Grunde eifoͤrmige Baͤlgchen enthalten. Bei der
Blaſie und den Riccien bilden fie rund»
liche Baͤlgchen in der Subſtanz des Gewaͤch⸗
ſes, die ein koͤrniges Weſen enthalten und bei
Sphaͤrocarpus find es ähnliche Baͤlgchen
in der ſchleimigen Subſtanz des Gewaͤchſes.
9 Gaertner de kructibus et leminibus
plantarum Vol. 1 Introduct. p. 19 - 23.
e botaniſches Wötte buch Band
Seite 23 — 28.
1 50 Bei verſchiedenen Arten der Gattung Mar-
chantia beobachtet man außer den beſchrie⸗
benen Theilen ſchon mu bloßen Augen becher⸗
. aut
108
Claff. IV. Algae. (Algen oder krypto⸗
gamiſche Waſſergewächſe. \
Linne rechnete unter die Ordnung dieſes
Namens in der vier und zwanzigſten Klaſſe
ſeines Pflanzenſyſtems auch die flechtenartigen
Gewaͤchſe (Lichenes). Da dieſe aber in dem
Baue ihrer Fruchttheile mit den Schwaͤmmen
nahe verwand ſind, ſo koͤnnen ſie auch in die⸗
fer Klaſſe nicht fuͤglich einen Platz finden.
Aus dieſen Gruͤnden behandelte ich auch die
Algen, die ich unter dem teutſchen Namen
kryptogamiſche Waſſergewaͤchſe be⸗
arbeitete, 3) als eine eigene, von jenen ge⸗
trennte Familie. 0
Das Waſſer iſt das Element, welches
dem groͤßten Theile dieſer Gewaͤchſe zum Auf⸗
enthalte angewieſen iſt und diejenigen, die auſ⸗
ſer dem Waſſer wachſen, beduͤrfen wenigſtens
einer anhaltenden naſſen Witterung zu ihrem
Wachsthume. Die Algen weichen von allen
N der eee Klaſſen darin
artige Hebeln, die denen vermeintlichen
mannlichen Becherchen der Anthoceroten gleis
chen, welche in die Subſtanz des Blattes eins
geſenket ſind und mehrere linſenfoͤrmige gruͤne
Baͤlge enthalten. Schmiedel, Hedwig
und alle ihre Nachfolger nehmen dieſe linſen⸗
foͤrmige Körper für die Behaͤltniſſe der Kno⸗
ſpenkeime, oder für die Knoſpenkeime ſelbſt, an.
a) Bemerkungen über das Studium der
cryptogamilchen Wallergewächle von A.
W. Roth, Hannover 1797. 8vo.
109
ab, daß derjenige Theil, welchen wir mit dem
Namen Wurzel bezeichnen, bei ihnen in
Abſicht ſeines Baues und Endzweckes ganz
verſchieden ſey, wenn er gleich bei einigen
wenigen, den aͤußern Anſehen nach, einige
Aehnlichkeit zeiget. Bei den Algen bildet die⸗
ſer Theil eine harte, knorpelartige, groͤßten⸗
theils ſchildfoͤrmige und ungetheilte Fläche,
welche bei der erſten Entwickelung des Frucht⸗
korns einem, mit einer Vertiefung verſehenen,
Waͤrzchen gleichet, aus deſſen Mitte die junge
Pflanze hervorgehet. Dieſes Waͤrzchen ſchei⸗
net bei den Algen das zu ſeyn, was bei den
vollkommeneren Gewaͤchſen der Mut terkuchen
(Cotyledon) iſt. Dieſer Theil unterſcheidet
ſich aber von den Cotyledonen der uͤbrigen Ge⸗
waͤchſe dadurch, daß er durch das ganze Leben
des Gewaͤchſes ausdauernd bleibet und der
Pflanze zur Grundlage dienet. Mit Huͤlfe
eines klebrigen Schleims, welchen entweder bei
der erſten Entwickelung das Fruchtkorn abfon-
dert, oder welcher daſſelbe aus der Mutter⸗
pflanze begleitet und umgiebt, wird das Waͤrz⸗
chen auf fremden dichteren Koͤrpern gleichſam
feſtgeleimet und dadurch erhaͤlt die junge Pflan⸗
ze zu ihrer weiteren Entwickelung einen Ruhe⸗
und Befeſtigungspunkt. Schon das ungleiche
Verhaͤltniß dieſes Theiles gegen das ganze
Gewaͤchs verraͤth es, daß derſelbe mit den
Wurzeln der uͤbrigen zu der Herbeiſchaffung
des noͤthigen Nahrungsſaftes nicht einen glei⸗
chen e 00 Man entdecket uͤberdem
il ON
an demſelben keine Spur eines beſondern orga⸗
niſchen Baues, vielweniger entdecket man ein⸗
ſaugende Roͤhren oder Muͤndungen, durch deren
Hülfe derſelbe aus dem Koͤrper, auf welchem
er befeſtiget iſt, Nahrung an ſich ziehen koͤnnte.
Was denen Algen dadurch, als ein nothwen⸗
diges Beduͤrfniß bei den übrigen Gewaͤchſen,
abzugehen ſcheinet, wird dadurch erſetzet,
daß ihre ganze Oberflaͤche mit einſaugenden
Oeffnungen verſehen iſt, durch welche ſie die
noͤthige Nahrung aus dem Elemente, das ſie
bewohnen, an ſich ziehen. Daher laſſen ſich
dieſe Gewaͤchſe oft ſo bald im Waſſer wieder
auffriſcheu, wenn fie auch fchon mehrere Jahre
trocken lagen. Sie wachſen theils in ſuͤßen,
theils in ſalzigen Waſſer und weichen in Abſicht
ihrer Geſtalt, Subſtanz, Groͤße, Farbe und
der Lage ihrer Fruchttheile ſehr von einander ab.
Dem groͤßten Theile der Algen ſpricht
Gärtner ) ein Befruchtungsvermoͤgen
und wirkliche, durch eine Begattung erzeugte,
Sruchtförner ab, weil man an dieſen Gewaͤch⸗
ſen, außer den Köbnchen, die er fuͤr Knoſpen⸗
keime hält, keine beſondere organiſche Theile
entdecket, denen man die Eigenſchaft maͤnnli⸗
cher Geſchlechtstheile zuſchreiben koͤnnte. Da
aber der groͤßte Theil dieſer Gewaͤchſe unter
dem Waſſer vegetiret, ohne, daß die freie Luft
auf fe wirken kann, fo mußten auch ihre Ge⸗
ſchlechtstheile anders ee und die Ein⸗
wir⸗
25 Gaetrier de kruüctie et leminibus
planiarum Vol. I. Introduct, pag.
waͤchſen unter ähnlichen Umſtaͤnden für wirkli⸗
111
wirkung der Geſchlechter auf einander mußte
auch dem Elemente worin fie wachſen, ange
meſſen ſeyn, wie ich dieſes ſchon an einem an⸗
deren Orte gezeiget habe... |
So wahrſcheinlich es iſt, daß ein großer
Theil dieſer Gewaͤchſe ſich auch durch Knoſpen⸗
feime (Propagines) vermehre, eben fo wahr-
ſcheinlich bleibet es, daß fie auch durch eine
Begattung erzeugte Fruchtkoͤrner hervorbrin⸗
gen. Der Zukunft bleibet es aber vorbehalten
die Geenen, zwiſchen Fruchtkorn und 9
Bi Da wir aber bei den Algen verſchiedene
Zurichtungen wahrnehmen, welche die Verei⸗
nigung mehrerer Kraͤfte verrathen, als zu der
Bildung der Knoſpenkeime gewöhnlich erfor⸗
derlich ſind, ſo muͤſſen wir auch die Theile,
welche wir bei anderen kryptogamiſchen Ge⸗
che Fruchtkoͤrner halten, auch bei den Algen
dafür annehmen. Wenn wir auch hier wirk⸗
liche Fruchtkoͤrner annehmen, fo koͤnnen auch
die Gegenwart und Vermiſchung beider Ge⸗
ſchlechter nicht gelaͤugnet werden. Aber die
Zurichtung zu der Erzeugung und Abſonde⸗
rung des maͤnnlichen Saamens iſt uns bei
dieſen Senninfen nen) un bekannt. Entwe⸗
der
S P
323) ee über de Be
gelchäft der Gewächle, in vorzüglicher
Rückficht auf den männlichen Saamen.
Neue. Beiträge zur Botanie Theil 1. Pag.
24 28.
1
112
der hat dieſe Zurichtung in den Fruchtkapſeln
ſelbſt, oder, da, wo die Fruchtkeime ohne eine
gemeinſchaftliche Bedeckung in der Subſtanz
des Gewächſes ſich befinden, in deren Nach⸗
barſchaft, ihren Siß; oder ſie befindet ſich
auſſer demſelben und wohl gar in einer von der
weiblichen getrennten Pflanze. In dem Falle,
wo der maͤnnliche Saame nicht in der Nach⸗
barſchaft der Fruchtkeime erzeuget wird, müf-
ſen auch Mittel und Wege vorhanden ſeyn,
die dazu behuͤflich ſind, daß der maͤnnliche
Saame zu dem Eierſtocke gelangen und beide
Geſchlechter ungehindert auf einander wirken
konnen. Wenn man erwaͤget, daß das Waſ⸗
ſer, welches dieſe Gewaͤchſe von allen Seiten
umgiebt, da, wo die Geſchlechter getrennet
ſind und wohl gar in getrennten Individuen
ſich befinden, dem Befruchtungsgeſchaͤfte die
wichtigſten Hinderniſſe in den Weg lege, ſo
blieb es unumgaͤnglich nothwendig, daß der
miaͤnnlichen Saamenfeuchtigkeit vorzüglich eine
Bedeckung gegeben wurde, welche ſie vor der
Einwirkung dieſes Elementes ſicherte und ſie
ungehindert zu den Fruchtkeimen gelangen
ließe. Die männliche Saamenfeuchtigkeit iſt,
zu Folge ihrer öligen Natur, fpeeififch leichter
als das Waſſer und wuͤrde alſo, ſo bald ſie die
Saamengefaͤße verließ, nach der Oberflaͤche
des Waſſers in die Hoͤhe ſteigen, ohne jemals
zu den Fruchtkeimen, oft tief unter dem Waſſer,
zu gelangen, wenn ihr nicht eine Bedeckung
gegeben ae die das Gleichgewicht ef
aſ⸗
113
Waſſer herſtellte und ſie in gleicher Richtung
mit den Fruchtkeimen erhielt. Unter dieſen
Umſtaͤnden blieb eine ſchleimige Subſtanz das
ſchicklichſte Huͤlfsmittel und alle bisherige Beob⸗
achtungen an dieſen Gewaͤchſen ſtimmen darin
überein, daß die Natur ſich hoͤchſt wahrſchein⸗
lich auch dieſes Huͤlfsmittels wirklich bedienet
habe und zugleich mit dem maͤnnlichen Saamen
eine ſchleimige Subſtanz erzeuget und abgefon-
dert werde, die denſelben umgiebt und bis zu
dem Aünſtset eue u |
Auf die Gegenwert due den Mangel eines
beſondern Behaͤltniſſes, worin die angenomme⸗
nen Fruchtkoͤrner bis zu ihrer voͤlligen Reife
aufbewahret bleiben, gruͤnden ſich die beiden
Ordnungen dieſer Klaſſe.
0) e (aus 1 di Frucht⸗
kapſel und gro das Fruchtkorn, daher
mit Fruchtkoͤrnern in beſondern
Kapfeln) Zu dieſer Ordnung gehd-
ren die Gattungen Fucus = Ce-
ra
34) Siehe Weist Roth neue Beiträge
Zur Botanic, Th. I. a. a. O. 5
| 35) N dener en über das Studium
der Re eben Wallergewächfle,
5 997 5 g | ' %
114
ramium il, und e
mum 3).
Die Gewaͤchſe dieſer Ordnu ng bilden ent⸗
weder ſtrauchartige Buͤſchel, oder eine
ausgebreitete Haut, oder einzelne Faͤden.
Ihrer Subſtanz nach ſind ſie theils leder⸗
oder knorpelartig, theils haut- oder gal⸗
lertartig. Ihre Farbe iſt braun oder
ſchwaͤrzlich, roth oder gruͤn. |
Die Fruchtkoͤrner find bei dieſen Gewachſen
in beſonderen Kapſeln eingeſchloſſen, die
entweder in gewiſſen angeſchwollenen, mit
Warzenoͤffnungen verſehenen Theilen, in
der Geſtalt kleiner Bläschen, unter der
äußeren Haut des Gewaͤchſes verborgen
liegen; oder ſich als beſondere Fruchtbe⸗
haͤltniſſe an der aͤußeren Oberflaͤche deſſel⸗
ben, zur Seite oder an den Endſpitzen
der Zweige, kenntlich machen. Bei den
Zangen (Fuci) ſitzen die Kapſeln in
der Geſtalt kleiner Blaͤschen, gemeiniglich
zu achten im Umkreiſe, unter den erhabe⸗
nen Warzenoͤffnungen. Sie enthalten
mehrere Fruchtkoͤrner und ſind mit einer
ſchleimigen Subſtanz ae Bei
| i der
3) Bach Bemerk, über das Studium der
cryptogam. Wallergew, p. 33. Tentamen
15 Germanicae, Tom. 3. 1 I-
56.
37) ) Koch Bemerkungen über 1 Stud.
der crypt. Wallergewächle, p. 36. Tent,
Florae Germ. Tom, 3. Pars 1. p. 480.
115
der Reife der Fruchtkörner zerplatzen die
blaſenfoͤrmigen Fruchtkapſeln und die
Fruchtkoͤrner gehen alsdann, mit der, jene
umgebenden, ſchleimigen Subſtanz be⸗
gleitet, durch die Warzenoͤffnungen her⸗
vor. Bei den Ceramien (Cera-
mium) und Batrachoſpermen (Ba-
0 trachoſpermum) bilden die Fruchtkap⸗
ſeln runde oder laͤngliche, geſtielte oder
anſitzende, groͤßtentheils durchſichtige Be⸗
haͤltniſſe, denen aber die Warzenoͤffnun⸗
gen fehlen. Sie enthalten ein, oder
mehrere Fruchtkoͤrner. Vei einigen öff-
nen fie ſich, wenn die Fruchtkoͤrner ihre
Reife erhalten haben, und laſſen ſie von
ſich; bei den mehreſten Arten aber fallen
ſie ab und die Fruchtkoͤrner werden nur
alsdann erſt in Freiheit geſetzet, wenn die
Haͤute der Fruchtkapſeln durch die Faͤul⸗
niß aufgeloͤſet ſind. Die Fruchtkoͤrner
ſind bei dieſen Gewaͤchſen rundlich.
Aus dem Vorhergehenden erhellet, das bei
dieſen Gewaͤchſen das Begattungsgeſchaͤft
nicht auf dem Wege, wie bei den Land⸗
gewaͤchſen vollendet werden koͤnne und
daher auch die maͤnnlichen Geſchlechts⸗
theile vorzuͤglich anders modifteiret ſeyn
muͤſſen. Bei den Tangen erzeuget ſich
bei der erſten Entwickelung der Frucht-
blaͤschen, die die Fruchtkeime enthalten,
ceine ſchleimige Subſtanz, welche fie um⸗
giebt und in der Folge die Fruchtkoͤrner
| wa. bei
0
146
bei ihrer Trennung von der Mutterpflan⸗
ze begleitet. Bei dieſen Gewaͤchſen ſchei⸗
net daher dieſe ſchleimige Subſtanz einen
doppelten Endzweck zu haben, nemlich,
daß fie vor der Befruchtung den männli-
chen Saamen enthalte und nach der Vol—
lendung derſelben, denen Fruchtkoͤrnern
bis zu der Entwickelung der neuen Pflan⸗
ze zum Schutze diene ). Bei den Ce⸗
ramien findet man gemeiniglich, daß
zu gleicher Zeit, wo ſich aͤußerlich an dem
Gewaͤchſe die Fruchtbehaͤltniſſe mit ihren
Fruchtkeimen erzeugen, auch bei andern
Individuen derſelben Art, die aber nie⸗
mals Fruchtbehaͤltniſſe hervorbringen,
merklich angeſchwollene Theile an den
Seiten oder Endſpitzen der Zweige ſich
bilden, welche eine ſchleimige Subſtanz
enthalten, in welcher man aber niemals
eine Spur von Fruchtkeimen, oder denen
etwas aͤhnliches entdecket hat. Zu einer
gewiſſen Zeit und wahrſcheinlich bei dem
Eintritte der Befruchtungsperiode, gehet
dieſe ſchleimige Subſtanz, entweder durch
beſondere Oeffnungen, oder durch die
zerriſſene Haut, aus dieſen angeſchwolle⸗
nen Theilen hervor. Da dieſelbe mit
dem ase eine gleiche Schwere hat und
ee
| 09 Roth Neue Beitntegs znr Bot, "Theil |
I. pag. 30-43 8
117
dieſe Gewächſt faſt alle haufenweise bei
einander wachſen, ſo kann es nicht fehlen,
daß, wenn man in derſelben den Sitz des
männlichen Saamens annimmt, ein gro—
ßer Theil dieſer ſchleimigen Subſtanz auch
die weiblichen Fruchtkeime beruͤhre und
der in dem Schleime befindliche maͤnnli⸗
Saame, vermoͤge der haͤufigen Einſau⸗
gungsmuͤndungen, womit auch die Frucht⸗
kapſeln dieſer Gewaͤchſe verſehen ſind,
von denſelben eingeſogen und denen
Furchtkeimen zugefuͤhret werde ). Auf
dieſe Weiſe ſcheinet hoͤchſt wahrſcheinlich
das Befruchtungsgeſchaͤft bei dieſen Ge⸗
wuaͤchſen vollendet zu werden.
Ey Atheca/porae (aus dem a priva-
tivo, aus Jun die Fruchtkapſel und
grog das Fruchtkorn, daher mit Frucht⸗
koͤrnern ohne beſondere Frucht⸗
kapſel). Zu dieſer Ordnung ge⸗
hoͤren die Gattungen Conferva *°)
| e "I Ulva e nion
La-
39 Roth Neue Beitr. zur Bot. Th. I.
sun Bag 3 61
*°) Roth Bemerkungen über das Stud. der
crypt. Wallergewächle, p. 38. Catalecta
botanica, ale 17 5. 140.
) Roth Bemerkungen über das fiud, der
crypt. Wallerge w. p. 48. Catalecta bot.
Falc, 2. pag. 37-40.
*2) Roth Bemerkungen über das ſtud. der
erypt, Wallergew. p. 50.
118
laria 16 9 Linkia 59 und Tremel-
d. |
Bei dem größten Theile der Gewaͤchſe dieſer
Ordnung findet man eine große Aehnlich⸗
keit in Abſicht des aͤußern Baues mit den
Gewaͤchſen der vorigen Ordnung. Sie
bilden theils haut⸗ oder knorpelartige, ge⸗
gliederte, einfache und aͤſtige, groͤßten⸗
theils roͤhrige Faͤden von verſchiedener
Dicke; theils eine ausgebreitete, duͤnne,
am Rande einfache oder lappige Haut;
theils gallerartige Koͤrper von verſchiede⸗
ner Geſtalt. Auch in der Farbe findet
man eine große Verſchiedenheit bei ihnen.
Die Fruchtkoͤrner ſind bei dieſen Gewaͤchſen
in keine beſondere Kapſel eingeſchloſſen,
ſondern fie find entweder an der inneren
Seite der Roͤhren in gewiſſen verſchiede⸗
nen Richtungen geordnet, oder einzeln
und zerſtreut in der Subſtanz des Ge⸗
wuaͤchſes, oder auch in aͤußerſt zarten ge⸗
gliederten, aAfigen oder einfachen Haar⸗
| roͤhr⸗
43) Roth e über dsl feld, der
crypt. Wallerg. p. 55. Neue Beitr. zur
Botan. Theil T. p. 239-287.
434) Roth Neue Beitr. zur Bot. Th. 1. p.
287 308. Michel Nova Genera Plan-
tarum, p. 126. Tab. 67. ö
Rt h Bemerkungen über das ſtud. der
crypt. Wallerge w. p- 60. Neue Beitr.
Ur Don Th. I. D: 308 - 321
119
roͤhrchen eingeſchloſſen „ die eine gallert⸗
artige Subſtanz in einen Koͤrper vereini⸗
get. Dieſe Fruchtkoͤrner find faſt durch⸗
gaͤngig rund. Bei den Conferven
und Hydrodiktyen ſind ſie in der
Roͤhre oder an deren inneren Wand, ge⸗
mediniglich ſehr kuͤnſtlich, und nach der
Verſchiedenheit der Arten, in verſchiede⸗
nen Richtungen, geordnet. Bei den
Ulven fißen fie zwiſchen der Haut, wor⸗
aus das Gewaͤchs beſtehet, groͤßtentheils
ohne eine gewiſſe Ordnung zerſtreuet.
Bei den Rivularien befinden ſie ſich
in gegliederten Haarroͤhrchen, welche mit
einer nackten Gallerte umgeben ſiud. Bei
den Linkien ſind fie in einfache, ge-
kruͤmmte Linien an einander gereihet, die
in einer gallertartigen, mit einem haut⸗
artigen Ueberzuge bekleideten, Subſtanz
liegen. Bei den Tremelleu ſitzen ſie
unordentlich zerſtreut zwiſchen dem faſe⸗
rigen Gewebe der Haut, die eine klare
Gallerte einſchließet.
Auch bei den Gewaͤchſen dieſer Ordnung
beobachtet man verſchiedene kuͤnſtliche
Vorrichtungen, welche zu dem großen
Zwecke des Befruchtungsgeſchaͤftes be⸗
ſtimmt zu ſeyn ſcheinen. Wegen der
nahen Verwandſchaft dieſer Gewaͤchſe
mit den Gewaͤchſen der vorigen Ordnung
iſt es auch nicht zu bezweifeln, daß das
Begattungsgeſchaͤft auf eine ahnliche
Weis
120:
Weiſe und duech dieſelben Huͤlfsmittel
vollendet werde. Aus Mangel hinläng-
licher Beobachtungen laͤſſet ſich aber hier⸗
uͤber nichts beſtimmtes weiter ſagen.
Die bisherigen Beobachtungen berechti⸗
gen uns nur zu Muthmaßungen, die ich
bei einer anderen Gelegenheit mitgetheilt
habe *°) und da die Zukunft es erſt leh⸗
ren muß, ob ſie gegründet oder unge⸗
gruͤndet find, fo will ich fie hier übergehen.
Anmerk. Bisher rechnete man die Gattung
Bylfus «) zu den Algen, da aber ein
großer Theil der Arten derſelben in Abſicht
ihres Baues mit den Schwaͤmmen naͤher
verwandt iſt, ſo muß Be Gattung auch
fͤglicher in die letzte Klaſſe Fungi ge⸗
bracht werden. Nur diejenigen Arten, Des
ren Fruchttheile an der inneren Seite der
Roöhre ſitzen, welche guößtentheilg gegliederte
Faͤden bilden, als Byllus lolithus,
velutina, atra Hudl. und Flos
a quae gehoren zu der Gattung Gonfer-
va in dieſe Klaſſe. |
Clalf. N Lichenes (Flechten).
Dieſe K laſſe ſchließet die weitlaͤuftige
Gattung Lichen in ſich, welche bisher zu den
Algen „ wurde. Die Folge wird uns
VF aber
260 Nele Hei tee zur Botanic Theil I.
pag. 5I 61. 0 6 ;
2 Linnei Genera Plantarum 800 e
beri No. 1673. Roth Bemerkungen
über das Studium der cryptog, Walfer-
gewächle, pag. 63. |
| 121
aber lehren, daß die Flechten in der Beſchaf⸗
fenheit ihrer Fruchttheile ſehr von den Algen
abweichen und daher mit Recht eine eigene
Klaſſe oder Familie ausmachen. Sie naͤhern
ſich in Abſicht ihrer Fruchttheile vielmehr denen
Schwaͤmmen (Fungi) und unterſcheiden ſich
von denſelben vorzuͤglich darin, daß ſie beſon⸗
dere, verſchieden geſtaltete Fruchtbehaͤltniſſe
hervorbringen, da im Gegentheil bei den
Schwaͤmmen der ganze Koͤrper gleichſam ein
Fruchtbehaͤltniß ausmachet.
Die Flechten wachſen auf der Erde, auf
Baͤumen, faulenden Holze und Steinen.
Einige haben faſerige Wurzeln, welche Sau⸗
geroͤhren bilden, durch welche ſie einen Theil
der Nahrung an ſich ziehen; andere dagegen
haben, wie die kryptogamiſchen Waſſergewaͤch⸗
ſe, an Statt der Wurzel, eine harte, rundliche
ſchildfoͤrmige und ungetheilte Grundflaͤche,
durch welche ſie aber keine Nahrung an ſich
ziehen, ſondern ſie dienet ihnen nur zum Ruhe⸗
und Befeſtigungspunkte. Den groͤßten Theil
ihrer Nahrung ziehen dieſe Gewaͤchſe aus der
Luft an ſich. Zu dem Ende ſind ſie an ihrer
ganzen Oberflaͤche mit häufigen einſaugenden
Muͤndungen verſehen und daher laſſen fie ſich
auch groͤßtentheils ſehr leicht mit Waſſer wie⸗
der auffriſchen, wenn fie ſchon mehrere Jahre
trocken n aufbewahrt waren.
In Abſicht der äußern Geſtalt, Subſtanz
und Farbe beobachtet man an ihnen eine man⸗
nigfaltige Verſchiedenheit. Ein großer Theil
der⸗
122
derfelben hat eine ſchorf- oder mehl- oder
blaͤtterartige Unterlage (Cruſta leproſa, fari-
nola aut frondoſa). Sie bilden theils eine
ausgebreite, rindenartige, ſchlichte oder riſſige,
brüchige oder biegſame, oder auch eine ſchup⸗
pige und blaͤtterige Flaͤche; theils ausgebreitete,
haut⸗gallert⸗ oder lederartige, groͤßtentheils
eingeſchnittene und gekerbte, ſchlechte oder
gefaltene, oder auch nabelfoͤrmige Blätter;
theils ſtrauchartige, oder fadenfoͤrmige, ein⸗
fache oder aͤſtige, aufrechte und ausgebreitete,
oder niederhaͤngende Buͤſchel.
Auch bei den Flechten wollen Gartner“)
und andere keine wirkliche, durch eine Begat⸗
tung erzeugte, Fruchtkoͤrner annehmen, ſondern
ſie halten die in den verſchieden gebildeten
fruchtaͤhnlichen Theilen befindlichen Koͤrnchen
fuͤr Knoſpenkeime (Propagines). Man hat
zwar außer den mehl oder kleienartigen
Knoͤpfchen oder Waͤrzchen, die ſich bei verſchie⸗
denen Flechten an der aͤußeren Flaͤche zeigen,
keine Fünftliche Vorrichtung bis jetzt entdecket,
der man die Erzeugung und Abſonderung des
maͤnnlichen Saamens zuſchreiben koͤnnte. Da
aber die Koͤrnchen in den angenommenen
Fruchttheilen bei der groͤßten Anzahl dieſer
b fe in eu Behaͤltniſſen Fünftlich
ADD
48) Gaertner de fructibus et enge
Plantar Vol. I. Introduct pag. 13. Bork⸗
hauſen botanuiſches N Theil 2. pag.
31. 32.
123
und regelmaͤßig geordnet ſind, ſo bleibet es
wenigſtens eben fo wahrſcheinlich, daß fie wirk⸗
liche, durch eine Begattung erzeugte, Frucht⸗
förner find, wenn uns gleich die Art und Wei—
ſe der Begattung bis jetzt noch unbekannt
geblieben iſt.
In Abſicht der Lage und Geſtalt der
Fruchtbehaͤltniſſe beobachtet man bei den Flech⸗
ten gleichfals eine große Mannigfaltigkeit.
Großtentheils zeichnen ſie ſich ſchon bei dem
erſten Anſehen durch eine beſondere Geſtalt
und Farbe von den übrigen Theilen des Ge-
waͤchſes aus. Entweder ragen ſie uͤber die
Oberflaͤche des Gewaͤchſes hervor, oder ſie ſind
ganz, oder zum Theil in die Subſtanz derſelben
eingeſenket. Sie ſitzen entweder zur Seite,
am Rande oder der Spitze der Blaͤtter und
Zweige; oder ſie kommen unmittelbar aus der
Unterlage hervor und ſind entweder geſtielet
oder anſitzend. Ihrer aͤußeren Geſtalt nach
ſind ſie theils halbkugelfoͤrmig, vertieft oder
flach und fleiſchig; theils erhaben, am Rande
zuruͤckgebogen und knopf⸗ oder kugelformig;
theils find fie laͤnglich, Aftig oder einfach und
theils ſchneckenfoͤrmig gewunden. Auch in
9 5 cht der Farbe weichen ſie ſehr von einander
Sie ſind ſchwarz, braun, roth, gruͤn,
per u. ſ. w. In Ruͤckſicht des inneren Baues
der Fruchtbehaͤltniſſe findet bei den Flechten
eine doppelte Verſchiedenheit Statt. Entwe⸗
der ſitzen die Fruchtkapſeln (Thecae) auf einem
offenen, unbedeckten Fruchtboden (Thalamus)
haͤu⸗
124;
haufig neben einander vereiniget; oder der
Fruchtboden bildet ein verſchloſſenes, kapſel⸗
artiges Gehaͤuſe, in welchem die Fruchtkapſeln
oder die Fruchttheile eingeſchloſſen find. Die⸗
ſes Fruchtgehaͤuſe wird von einer beſondern
Haut in dem Fruchtbehaͤltniſſe gebildet. Die
eifͤrmigen oder rundlichen Fruchtkoͤrner ſitzen
entweder in ſchotenaͤhnlichen Kapſeln beiſam⸗
men; oder ſie ſind in Faͤden gereihet, die einer
Corallenſchnur gleichen und mit einer gallert⸗
artigen Maſſe umgeben; oder ſie bilden up )
artige zuſammengeballte Körnchen; |
Außer dieſen Fruchtbehaͤltniſſen bepbarch⸗
tet man an der aͤußeren Flaͤche der Flechten
zerſtreute, rundliche, kleienartige Knoͤpfchen,
oder glatte, birnfoͤrmige Koͤrper, welche Hed⸗
wig *°) für die maͤnnlichen Befruchtungs⸗
werkzeuge haͤlt. Dieſer Meinung ſtehen aber
ichtige Zweifel im Wege. Die an demſelben
erzeugten Eleien = oder mehlartigen Körner
find wahrfcheinlich Knoſpenkeime, die zu der
größeren Vermehrung dieſer Gewaͤchſe be⸗
ſtin n. bleiben.
Nach der Verſchiedenheit der aͤußeren
Bildung dieſer Gewaͤchſe und vorzuͤglich der
Unterlage wurden die Flechten von den neueren
Pflanzenforſchern in mehrere Gattungen 9
4 Hedwi Theoria i et fruc-
5
tilicationis ed. 2. pag. 202 - 207. Tab.
32. Fig 2. d. et Tab. 33. Fig. 8. ar
125
Familien getheilet.) Da aber dieſe Unter⸗
ſcheidungszeichen, nach der Verſchiedenheit des
Standortes und des Alters oft ſehr veraͤnder⸗
lich ſind und mehrere, dem aͤußeren Anſehen
nach, einander aͤhnliche Gewaͤchſe dieſer Art
in der Beſchaffenheit der Fruchttheile von ein⸗
ander abweichen, ſo kann auch die aͤußere
Bildung nicht zur Richtſchnur gewaͤhlet wer⸗
den, dieſe Gewaͤchſe nach feſten Grundſaͤtzen
zu ordnen. Die Lage und Beſchaffenheit der
Fruchttheile ſind bei den Gewaͤchſen weniger
Veraͤnderungen unterworfen, als irgend ein
anderer Theil. Sie geben uns daher auch)
bei dieſen Gewaͤchſen die ſicherſten Kennzeichen,
fie nach feſten Grundſaͤtzen ſyſtematiſch zu otär=
nen. Hr. Dr. Perſoon ) und vorzüglich
Hr. Med. Rath Schrader °?) haben utis
auf die verſchiedene Lage und Beſchaffenhe it
der Fruchttheile bei den Flechten aufmerkſain
gene
Die
3) G. F. Hoffmann Deſcriptio et adum-
bratio plantarum e clalle cryptogamica
Linnei, quas Lichenes dicuntur Vol. -
. Lipfiae 1790 - Fol. Ejusdem Deutſch-
lands Elora oder Botanifches Tafchenbuch
Theil 2. für das lahr 1795. pag. 98-200.
Lichenographiae ſuecicae prodromus auct,
'Eriek Acharius Lincopiae 1708. gvo.
2.) Einige Bemerkungen über die Flechten
von C. H. Perloon in Ulteri Annalen
der Botanik Stück 7. pag. I. - 32.
780. Spicilegium Florae Germanicae auct.
H, A, Schrader Pars 1. pag. 78 - 114-
ae
Die Beſchaffenheit des Fruchtbodens Tie-
fert uns den Unterſchied der beiden erſten
Ordnungen dieſer Klaſſe. Da ſich aber uͤber⸗
dem noch einige Gewaͤchſe finden, die in ihrem
aͤußeren Baue denen Flechten gleichkommen,
bei welchen man aber bis jetzt noch keine
Fruchttheile entdecket hat und deswegen von
den Gewaͤchſen dieſer Kläffe nicht getrennet
werden koͤnnen, ſo machen A die Deitke
Ordnung aus.
a) Gymnothalami (aus nahe ale
und Saas der Fruchtboden, daher mit
unbedeckten Fruchtboden). ) Zu
dieſer Ordnung gehoͤren alle die Flech⸗
ten, deren Fruchtbehaͤltniſſe einen
offenen, unbedeckten Fruchtbo⸗
den bilden (ohne Ruͤckſicht auf ihre
aͤußere Geſtalt, Lage und Groͤße) auf
welchem die ſchotenfoͤrmigen Fruchtkap⸗
ſeln nackt ſitzen. Die Gewaͤchſe dieſer
Ordnung machen den größten Theil die⸗
er Sani aus.
| Groß-
33) Vielleicht koͤnnte dieſe Ordnung beſſer Anoec-
tothalami (aus avoıros offen und daher
mit offenen Fruchtboden) genannt werden,
wenn nicht bei einigen Gewaͤchſen der folgen⸗
den Ordnung, deren Fruchtboden ein beſon⸗
deres Gehaͤuſe bildet, das Fruchtgehaͤuſe bei
der Reife der Fruchtkoͤrner ſich mit einer
Muͤndung oͤffnete und dieſer Fruchtboden als⸗
dann gleichfals offen genannt werden koͤnnte.
um alfo Mißverſtaͤndniſſen vorzubeugen, wählte
ich den Ausdruck: unbedeckter und be
deckter Fruchtboden,
127
Gößtenheits wird bei den Gewaͤchſen die⸗
fer Ordnung das Fruchtbehaͤltniß (Con-
ceptaculum fructus) von der aͤußeren
Rinde des Gewaͤchſes gebildet, und er-
haͤlt von derſelben aͤußerlich einen Ueber⸗
zug, daher haben die Fruchtbehaͤltniſſ e
äußerlich auch gemeiniglich eine gleiche
Farbe und Beſchaffenheit mit derſelben.
Die aͤußere Rinde bildet auch den Rand
der Fruchtbehaͤltniſſe. Bei der zuneh⸗
menden Entwickelung der Fruchttheile
erweitert ſich der Rand und nur mit die⸗
ſer zunehmenden Entwickelung erhält
das Fruchtbehaͤltniß feine eigenthuͤmliche
Geſtalt. Bei einigen erreichen die
Fruchttheile, welche die innere Flaͤche der
Fruchtbehaͤltniſſe bei dieſen Gewaͤchſen
bilden, nach ihrer voͤlligen Entwickelung,
niemals die Hoͤhe des Randes, vielmehr
raget der Rand uͤber dieſelben hervor
und das Fruchtbehaͤltniß bleibet vertieft.
Theils ſind ſie alsdann halbkugelfoͤrmig
und haben die Geſtalt einer tieferen oder
flacheren Schuͤſſel: theils bilden fie ge⸗
ſpaltene, einfache oder aͤſtige, ſchriftaͤhn⸗
liche Linien. Bei anderen erreichen die
Fruchttheile die Hoͤhe des Randes und
bilden mit demſelben eine ebene, ſchild⸗
förmige Fläche oder fie find ſchneckenfoͤr⸗
mig zuſammengewunden. Bei anderen
dagegen erheben ſich die Fruchttheile ſo
er über den Rand des Fruchtbehaͤltniſ⸗
ſes,
128
ſes, daß derſelbe von allen Seiten zurück⸗
gedraͤngt wird und oft ganz verſchwindet;
die innere Flaͤche woͤlbet ſich dagegen und
das Fruchtbehaͤltniß erhält eine kugelfoͤr⸗
mige oder knopfartige Geſtalt.
Die Fruchttheile, welche vor ihrer Entwik⸗
kelung in das Fruchtbehaͤltniß eingeſenket
ſind, bilden, nach erhaltner Vollkommen⸗
heit, laͤngliche, ſchotenfoͤrmige Frucht⸗
kapſeln, die aus einer duͤnnen durchſichti⸗
gen Haut beſtehen, an der Spiße ſtumpf
ſind und mehrere eifoͤrmige Fruchtkoͤrner
enthalten. Es ſtehen derer ſehr viele,
dicht neben einander gedraͤngt, aufrecht
auf dem unbedeckten Fruchtboden und
ihre Spitzen bilden die, gewoͤhnlich mit
einer abſtehenden Farbe verſehene, innere
Flaͤche der vertieften, oder die aͤußere Flaͤche
der erhabenen und gewoͤlbten oder knopf⸗
artigen Frucht. Im jüngeren unent-
wickelten Zuſtande der Frucht ſind die
Spitzen der Fruchtkapſeln gemeiniglich
mit einer zarten Haut vereiniget, bei ihrer
völligen Entwickelung aber verſchwindet
dieſe Haut und bei der Reife der Frucht-
koͤrner oͤffnen ſie ſich an der Spitze und
ſchaffen denen Fruchtkoͤrnern einen
Auweg.
Nach der verſchiedenen Geſtalt der Frucht
Da aber bei einem großen Theile dieſer
koͤnnen die Gewaͤchſe dieſer Ordnung in
verſchiedene Gattungen getheilet werden.
Ge⸗
129
Gewuͤchſe das Fruchtbehaͤltniß nach der
>
Verſchiedenheit des Alters eine verfchie-
dene Geſtalt annimmt und eine Frucht,
die im jüngeren Zuſtande vertieft und oft
ſchuͤſſelformig iſt, im aͤlteren Zuſtande,
bei der zunehmenden Entwickelung der
1 Fhhile, erhaben und Fnopfartig wird, fo
iſt es rathſamer, dieſe Gewaͤchſe in eine
Gattung zufammen zu faſſen, bei der
Vertheilung der Arten aber auf die Ver⸗
ſchiedenheit der Frucht nach ihrem ver⸗
ſchiedenen Alter Ruͤckſtcht zu nehmen und
nur diejenigen, nach der abweichenden
Beſchaffenheit der Frucht, unter beſondere
Gattungen zu bringen „deren Fruchtbe⸗
haͤltniſſe in jedem Alter und unter allen
Umſtaͤnden eine gleiche Geſtalt und Ei⸗
genſchaft haben. Z. B. die ſchriftaͤhn⸗
lichen, Opegraphe; die een,
Pelligera. |
G5). Angiothalami (aus 0 Eο ein
Gefäß und Sadlauos der Fruchtboden,
daher mit bedeckten Fruchtboden).
Su dieſer Ordnung gehoͤren alle diejenigen
Flechten, deren Fruchtboden ein ver⸗
ſchloſſenes Gehaͤuſe bildet, in wel⸗
chem die Fruchtkoͤrner entweder in beſon⸗
deren Kapſeln oder nackt erzeuget, bis zu
ihrer Reife verborgen liegen. Bis jetzt
ſind uns nur folgende, Gattungen be⸗
kannt, die zu dieſer Ordnung gerechnet
1 werden konnen, ne Endocarpon
.
I 0 N e, de
1 30
Pr n, .
rum abe und Calicium, °’) |
| | Bei
1 Hedwig Detenple et nl
muscorum frondolorum Vol. 2. P. 36.
„ah., 20% fie, A, Schrader Spic. Flor.
Germ. Pars 1. pag. 112. Bei Endo ar-
| pon bildet die Frucht eine zirkelrunde Ver⸗
tiefung in der Subſtanz des Gewaͤchſes, oder
alich ene e aM, der
Oberflache. A
N Pe on in Ufteri Annalen 995
Botanik Stück 7. pag. 23. Schrader
FSßpic. Flor. Germ. Pars I. pag. 108 III.
Bei Verrucaria zeiget ſich die Frucht als
eine warzenfoͤrmige Erhabenheit auf der Ober⸗
fläche des Gewaͤchſes. „%% NHL:
| a Perfoon in U fteri Annalen der 5
tanik Stick 7. pag. 23. Schra der
Spic. Flor. Germ. Pars 1. pag. 112. Bei
Spaerophorum bildet die Frucht kugel⸗ |
foͤrmigs Knoͤpfchen an den Spitzen der Zweige.
| ak ö
2) Perfoon in Ulteri Annalen der Bo-
tanik Stück 7. pag. 20. Bei Calicium
kommen aus der flechtenartigen Cruſte groͤß⸗
tentheils geſtielte Schuͤſſelchen oder Schildchen
hervor, die mit einer korkartigen Rinde uͤber⸗
zogen ſind. Man rechnete die Arten dieſer
Gattung bisher zu den Schimmelgewaͤchſen.
Die kleien⸗ oder mehlartige Cruſte, aus welcher
die Fruchtbehaͤltniſſe hervorkommen, verraͤth
eine ſehr nahe Verwandſchaft mit verſchiede⸗
nen Flechten. Dieſe Gewaͤchſe 1 daher
mit groͤßerem Rechte zu dieſer Klaſſe, als zu
den Schwaͤmmen gerechnet werden. g
131
Bei den Gewaͤchſen dieſer 8 bildet
die Frucht theils warzenfoͤrmige Erhaben⸗
; heiten oder kugelfoͤrmige Vertiefungen
auf der Oberflaͤche des Gewaͤchſes; theils
klugelfoͤrmige, theils ſchild⸗ oder ſchüſſel⸗
foͤrmige, anſitzende oder geſtielte Behaͤlt ·
niſſe, die über die Oberfläche. des Ge⸗
waͤchſes hervorrag en und das verſchloſ⸗
ſeene Fruchtgehaͤuſe enthalten. Gemei⸗
niglich giebt die äußere Rinde des Ge⸗
waͤchſes der Frucht nur einen geringen
Theil zum aͤußeren Ueberzuge. Ihre
äußere Subſtanz beſtehet groͤßtentheils
aus einer trockenen korkartigen Rinde,
die ſich gemeinigli ch durch eine verſchie⸗
dene Farbe von der aͤußeren Rinde des
Gewaͤchſes auszeichnet. |
rn verfchloffene Fruchtgehaͤuſe wird von
einer beſonderen Haut gebildet, die dem⸗
ſelben feine eigenthuͤmliche Geſtalt giebt.
Bei den mehreſten Gewaͤchſen dieſer Ord⸗
nung oͤffnet ſich daſſelbe bei der Reife der
Fruchtkoͤrner durch unregelmaͤßige Riſſe,
nur bei der Gattung Endocarpon öffnet
es ſich durch eine Mündung an der Spitze.
Die Fruchtkoͤrner find bei einigen in be⸗
ſonderen ſchotenaͤhnlichen Kapſeln einge⸗
ſchloſſen, deren mehrere ſich in einem
Fruchtgehaͤuſe befinden, als bei Endo-
carpon und Ve errucaria 5) bei anderen
* a N N lie⸗
356) Bei Anne r n pufillum. Head.
wWwig delcriptio et adumbratio Muſc. frond.
eh Vol.
132
liegen ſie vor ihrer Reife als eine zuſam⸗
mengeballte, Fleien- oder mehlartige Maſſe
nackt in dem Fruchtgehaͤuſe, als bei Sphae-
rophorum und Caliciunmn.
Wenn wir bei dieſen Gewaͤchſen wirkliche
durch eine Begattung erzeugte, Frucht⸗
koͤrner annehmen, ſo muß man die Zu⸗
richtung zu der Erzeugung und Abſon⸗
derung des männlichen Saamens noth-
wendig in dem Fruchtbehaͤltniſſ e oder dem
Fruchtgehaͤuſe ſuchen.
5 Adilocarpi (aus aöydos zweifelhaft
und zagros die Frucht, daher mit zwei⸗
felhafter Frucht). Zu dieſer Ord⸗
nung gehören die Gattungen Stereo-
caulon ) und 1 179 |
Die
vol. 2. p. 36 Tab. 20. Fig. A. a die
ſchotenaͤhnlichen Kapſeln eine gleiche Geſtalt,
als bei den Gewaͤchſen der vorigen Ordnung,
bei den uͤbrigen Arten aber, die uns bis jetzt
bekannt ſind, ſo wie bei den Arten der Ver-
rucaria gleichen ſie einer Corallenſchnur.
(Siehe Schrader Spicil. a. a. O. Tab 2.)
Bei Verrucaria find uͤberdem die Fruchtkap⸗
ſeln mit einer gallertartigen Subſtanz umge⸗
ben, die, wenn die Pflanze trocken, wird,
ſich an die Waͤnde des Fruchtgehaͤuſes an⸗
ſchließen.
590 Schrader ell Flor. Germ. Pars 1.
p. ı13. Lichen corallinus Roth
Flor. Germ. Tom. 1. p. 499. n. 35. Nach
Hr. Schraders Zeugniß hat man noch
niemals an dieſen Gewaͤchſe Fruchttheile ent⸗
decket.
9969 Schrei Her Spic. Flor. Germ. Pars 1.
PAS»
133
im Gewaͤchſe dieſer Ordnung haben voͤllig
das Anſehen der übrigen Flechten. Sie
ſind entweder ſtrauchartig, oder ſie bilden
eine fchorf = und mehlartige Cruſte. Lin⸗
ne brachte fie theils zu feiner Gattung
Lichen, theils zu der Gattung By/Jus.
Man hat an denſelben bis jetzt noch keine
wirkliche Fruchttheile entdecken koͤnnen.
Sollten in der Folge dergleichen Theile
an ihnen entdecket werden, ſo kann man
ſie nach dem inneren Baue derſelben in
die eine oder die andere der vorhergehen⸗
den Ordnungen dieſer Klaſſe bringen.
Bei dieſen Gewaͤchſen ſcheinet der aͤußerſt |
einfache Bau zu verrathen, daß bei ihnen
keine wirkliche Fruchtkorner durch eine
Begattung erzeuget werden. Hoͤchſt
wahrſcheinlich vermehren fie ſich nur
durch knoſpenartige Keime (Propagines).
car. VL 1 (Schwaͤmme oder
Pilze).
Die Sch waͤmme oder Pilze en
gleichſam die unterſte Stufe des Pflanzen⸗
reiches aus. Sie halben einfaghe Körper von
| ver⸗
pag. 113. n e in Ufteri Annal.
der Bot. Stück 7. p. 24. Zu dieſer Gat⸗
tung gehören die pulverartigen Byſſusarten
(Byſſi pulverulentae Linn.) an welchen
man bis jetzt noch keine fruchtaͤhnlichen Theile
entdecket hat. Auch einige ſchorfartige Flech⸗
ten des e welche Hr. Perloon in
| Ulte-
134
verſchiedener Geſtalt, Eutin; Farbe und
Größe, denen die zufälligen Theile, als Sten⸗
gel, Blaͤtter u. ſ. w. gaͤnzlich fehlen „die
größtentheils ſchnell wachſen und in gleichem
Verhaͤltniſſe eine eben ſo kurze Lebensdauer
haben. Man vermiſſet bei ihnen auch ſogar
eine blaͤtter⸗ oder ſchorfartige Unterlage, die
verſchiedene ihnen ſehr nahe verwandte Ge⸗
waͤchſe der vorigen Klaſſe haben, ihr einfacher
Körper bildet vielmehr eine nackte Frucht.
So lange es nicht durch Beobachtungen erwie⸗
ſen iſt, daß die wurzelaͤhnlichen Faſern, welche
man an dem unterſten Theile bei einigen dieſer
Gewaͤchſe wahrnimmt, einer gleichen Verrich⸗
tung faͤhig ſind, als die Wurzeln der übrigen
Gewaͤchſe, kann man ihnen auch nicht einmal
eigentliche Wurzeln zu ſchreiben. Der unter⸗
ſte Theil der Schwaͤmme, den man gemeini⸗
glich Wurzel nennet, bildet theils Faſern, theils
eine ſchildfoͤrmige, ungetheilte Flaͤche und ſchei⸗
net lediglich nur zur Befeſtigung dieſer Ge⸗
waͤchſe beſtimmt zu ſeyn.
Ueber die Art, wie ſich die Schwaͤmme
fortpfanzen und vermehren ‚find. die Pflan-
zenfort ſcher noch nicht einig. Es wuͤrde aber
zu weitlaͤufig ſeyn, hier die verſchiedenen
Meiningen au dieſen Gegenſtang er |
thei⸗
; leer: el der Ber. St, 100 pag. 23.
24. unter dem Namen Variol avis, in eine
Gattung bringet, gehoͤren zu dieſer Gattung,
da an deufelben noch niemals wirkliche Frucht⸗
hetle entdecket worden ſind.
theilen und zu prüfen Ich verweiſe daher
meine Leſer auf Herrn Borkhauſens bota⸗
niſches Woͤrterbuch unter dem Worte: Pilze
er). Der einfache Bau dieſer Gewaͤchſe laſ⸗
ſet es zwar vermuthen, daß fie ſich wahrſchein⸗
lig nicht durch wirkliche Fruchtkoͤrner, ſondern
durch Knoſpenkeime (Propagines) vermehren.
So lange indeſſen die Art ihrer Fortpflanzung
noch nicht außer allen Zweifel geſetzet iſt, neh⸗
men wir die in den Pilzen, entweder in beſon⸗
deren kapſelartigen Gehaͤuſen, oder nackt auf
dem Fruchtboden erzeugten» ſtaub oder mehl⸗
artigen Koͤrnchen, für Fruchtkoͤrner an.
Bei den Schwaͤmmen bildet größtentheils
das ganze Gewaͤchs einen allgemeinen Frucht⸗
boden, deſſen innere Flaͤche aber gemein iglich
noch mit einer beſonderen Haut oder einem an⸗
deren Theile verſehen iſt, an welchen die Frucht⸗
theile zu naͤchſt befeſtiget ſind, den man daher
einen beſondern Fruchtboden nennen
kann. Dieſer beſondere Fruchtboden iſt aber
bei den mehreſten Schwaͤmmen ſo genau mit
dem allgemeinen verwachſen, daß er ſich oft
nicht leicht unterſcheiden laͤſſet. Bei der Ver⸗
ſchiedenheit des allgemeinen Fruchtbodens hat
man vorzuͤglich darauf zu achten, ob derſelbe
vor der Reife der Fruchtkoͤrner verſchloſſen iſt,
die Ac ee, von allen Seiten umgiebt und
ſich
) Borkhauſen botaniſches Waͤrterbuch Th.
2, Seite 210 — 230.
—
1
136
fich nur erſt bei der Reife derſelben oͤffnet: oder
bob derſelbe offen iſt. Bei dem offenen Frucht⸗
boden werden die Fruchttheile entweder nur
zum Theil von demſelben bedecket; oder ſie ſind
nur auf verſchiedene Weiſe an denſelben befe⸗
ſtiget. Sowohl bei dem verſchloſſenen, als
bei dem offenen Fruchtboden ſind die Frucht⸗
koͤrner entweder in beſonderen kapſelartigen Ge⸗
haͤuſen eingeſchloſſen, oder mit einer ſchleimar⸗
tigen Maſſe umgeben, oder ganz nackt. Die
Verſchiedenheit der Fruchttheile und des Frucht⸗
bodens iſt bei dieſen Gewaͤchſen ſo mannichfal⸗
tig, daß ich die Grenzen dieſer Anweiſung uͤber⸗
ſchreiten müßte, wenn ich fie hier genauer
durchgehen wollte. Ich verweife daher die an⸗
gehenden Pflanzenforſcher auf eine ſehr beleh⸗
rende Abhandlung über dieſen Gegenſtand von
dem Hrn. Dr. P erfoon in dem neuen Mas
gazin für die Botanik von J. J. Römer, Bl.
1. S. 73 bis 128. Tab. I. — IV. und auf
die Einleitung deſſelben Verfaſſ ers zu deſſen
Synop/fis methodica Fungorum. e
Auf die Beſchaffenheit des Seuche,
ob derſelbe verſchloſſen oder offen iſt, beruhen
die beiden Ordnungen dieſer Klaſſe; 195
0 Angiocarpi (aus ah ein Ge |
füß und xapros die Frucht, daher mit
N Frucht.) !
Diefe
. methodica i auctore
H. Perfoon, Gosttingen 1801. 8.
137
Dieſe Ordnung enthaͤlt diejenigen
Schwaͤmme welche die Fruchttheile bis
zx!u ihrer Reife in ſich verſchloſſ en halten.
Sie oͤffnen ſich auf eine verſchiedene Wei⸗
a ſe und enthalten faſt alle viele Fruchtkoͤr⸗
her. Hr Dr. Perſoon, der die
Schwaͤmme bis jetzt am vollſtaͤndigſten
bearbeitet und ſyſtematiſch geordnet hat
) bringet die Gattungen dieſer Ord⸗
nung in drei e e e, die Er
Ordnungen nenne.
00 Gymnocar pi (aus v — 89
und vagros die Frucht, daher mit un⸗
bedeckter oder offfener Frucht).
Zu dieſer Ordnung gehoͤren diejenigen
Schwaͤmme, deren Fruchttheile entweder
nackt auf dem Fruchtboden erzeuget, oder
doch nur zum Theil von demſelben umge⸗
ben und bedecket werden. Sie enthalten
groͤßtentheils weniger Fruchtkoͤrner als die
Schwaͤmme der vorigen Ordnung. Dieſe
machen Herrn Perſoons zweite Klaſſe
aus und werden von demſelben, nach
der Verſchiedenheit des beſonderen Frucht⸗
bodens ebenfalls in drei Amietabiheiliin:
gen geordnet. |
Wenn der hier mitgetheilte Verſuch, auch
die kryptogamiſchen achse nach der Lage
und
) A., , OD, Seite XII. — XV. des Con-
ſpectus.
138
und Beſchaffenheit ihrer Fruchttheile in eine
ſyſtematiſche Ordnung zu bringen, freilich nicht
dazu geeignet iſt, ihn als eine allgemeine Richt⸗
ſchnur bei der Eintheilung der Gewaͤchſe anzu⸗
nehmen und ich überzeugt bin, daß ein jeder
ſachkundiger Pflanzenforſcher im Stande ſeyn
werde, in der Folge nach aͤhnlichen Grundſaͤz⸗
zen eine vollſtaͤndigere Eintheilung zu liefern,
ſo hoffe ich doch wenigſtens hierbei einen dop⸗
pelten Endzweck nicht verfehlet zu haben, nem⸗
lich den angehenden Pflanzenforſcher auf eine
ſyſtematiſche Eintheilung der kryptogamiſchen
Gewaͤchſe aufmerkſam zu machen und demſel⸗
ben das Studium der Gewaͤchſe zu erleichtern.
Fuͤnf⸗
139
N Bone Ranch, >
Önteitune zu der ichen Beſtim⸗
mung der Gewaͤchſe nach dem
e een 115
1 Wer die Körper des 1 nach
einem angenommenen Syſteme richtig beftim-
men will, der muß nicht allein eine hinlaͤngliche
Kenntniß der einzelnen Theile nach ihrer ver⸗
ſchiedenen Geſtalt, Lage, Anzahl und Be⸗
ſchaffenheit beſitzen, ſondern ſich auch vorher
mit dem gewählten Syſteme und deſſen Ein⸗
theilungen nach den feſtgeſetzten Grundſaͤtzen,
gehoͤrig bekannt gemachet haben. Ich kann
daher mit Recht vorausſetzen, daß derjenige,
welcher die Gewaͤchſe nach dem Anneiſchen Sy⸗
ſteme beſtimmen will, ſich vorher einige Kennt⸗
niß deſſelben erworben habe. Zu dem Ende
bemuͤhete ich mich, dieſes Syſtem und deſſen
Eintheilungen, fo deutlich, als möglich vor
Augen zu legen und in der Ermangelung eines
muͤndlichen Unterrichtes, durch die gewaͤhlten
Beispiele von bekannten Pflanzen, ihnen das
Selbſtſtudium zu RAN Durch fortges
5 ſetzten
festen Fleiß und oͤftere Uebung werden ſie ſich
bald in den Stand geſetzet ſehen, die Gewaͤch⸗
ſe nach dieſem Syſteme richtig zu beſtimmen.
Jetzt will ich fie dem Ziele näher führen und
ihnen kurz zeigen, worauf man bei der Beſtim⸗
mung der Gewaͤchſe nach dem Linneiſchen Sy⸗
ſteme vorzuͤglich zu achten habe und auf wel⸗
chem Wege man am ficherften dieſem Endzweck
erreiche. Ehe ich aber hierzu ſchreite, muß ich
einige allgemeine Vorſchriften voran ſchicken,
deren Befolgung den gewünſchten Endzweck
ſehr erleichtern. |
a) Bei der Unterfischung einer zu beſtim⸗
menden Pflanzenart ziehe man jedesmal die
wildwachſenden denen in Gaͤrten gezogenen
Gewaͤchſen vor. Die Pflanzen im wilden
Zuſtande, ſich ſelbſt uͤberlaſſen, ſind weniger
Abweichungen von ihrer Natur ausgeſetzet, als
wenn ſie der Kultur unterworfen ſind. Die
fruchtbare Gartenerde erzeuget, durch die jaͤhr⸗
liche Bebauung, in ihnen oft eine beſondere
Richtung des Bildungstriebes, ſie werden
ſaftreicher und größer, vorzüglich aber äußern
ſich die Folgen der Kultur an den Bluͤthen.
Ihre Theile vervielfaͤltigen ſi ſich und erhalten
nicht ſelten eine andere Geſtalt, als ſie im na⸗
tuͤrlichen Zuſtande haben. Der ungeuͤbte
Pflanzenforſcher wird daher durch ſie leicht zu
Irrungen verleitet, die der Erreichung des ge⸗
wuͤnſchten Endzweckes hinderlich ſind. Iſt
man aber aus Mangel an wildwachſenden
Pflanzen der zu ee e Art, Ahe e
| ar⸗
141
Gartenpflanzen zu nehmen, ſo waͤhle man nur
ſolche, welche geringere Spuren eines üppigen
Wachsthumes aͤußern und deren Bluͤthen ein⸗
Men find. Die vollen und 1 Blumen)
ſind d
5 Wenn Gewaͤchſe einen haufigen guſluß von
Nahrungsſaͤften erhalten, ſo äußert ſich dieſer
Zufluß am merklichſten in der Blume, zuma!
wenn durch die Kultur dieſer ſtaͤrkere Jufluß
an Nahrungsſaͤften bei ihnen mehrere Jahre
nach einander unterhalten wird. Der erſte
Grad der Abweichung von ihrem natuͤrlichen
Zuſtande aͤußert ſich dadurch, daß ſich mehrere
Blumenblaͤtter (Petala) und Staubfaͤden ers
zeugen, als die Pflanze gewoͤhnlich zu haben
pfleget. Der zweite Grad beſtehet darin,
daß ſich einige Staubfaͤden in Blumenblaͤtter
verwandeln. Eine ſolche Blume wird eine
volle Blume (Flos multiplicatus) ge⸗
nannt. Dieſe Blumen haben noch das Ver⸗
mögen, durch eine Begattung erzeugte Frucht⸗
koͤrner hervor zu bringen. Am haͤufigſten be⸗
weiſen dieſes die vollen Blumen der Garten⸗
nelken (Dianthus Caryophyllus), einiger
Mohnarten (Papaver) und der Stockroſen
(Althaea rolea). Die weiße Seeroſe (Nym-
phaea alba) iſt unter den teutſchen Gewaͤch⸗
ſen die einzige, welche uns ein Belſpiel einer
natuͤrlich vollen Blume giebt, indem ihre
Staubfaͤden den Uebergang in Blumenblaͤtter
deutlich zeigen. Der dritte Grad iſt der,
wo ſich alle Befruchtungswerkzeuge in Blu⸗
menblaͤtter verwandeln. Eine ſolche Blume
wird gefuͤllt genannt (Flos plenus). Die
gefuͤllten Leukojen, Goldlaken, Hyacinthen u.
a. m. beweiſen dieſes. Solche Blumen ſind
142
find zu der Beſtimmung einer Pflanzenart auf
keinen Fall anwendbar.
b) Unter den wildwachſenden Pflanzen
waͤhle man die vollſtaͤndigſten Exemplare zu
der Unterſuchung und Beſtimmung einer Art.
Alle von Wuͤrmern und Inſekten beſchaͤdigte,
wie auch alle mit wiedernatuͤrlichen Auswuͤch⸗
ſen verſehene Gewaͤchſe fü ind zu We End⸗
zwecke untauglich.
c) Bevor man die genaue Unterſuchung
zur Beſtimmung einer Art anſtellet, vergleiche
man die vorhandenen Pflanzen dieſer Art, ob
ſte alle mit einander uͤbereinkommen und be⸗
merke es ſich genau, wenn ſich Verſchieden⸗
heiten in der Farbe, dem Geruche und der aͤu⸗
ſeren Geſtalt der Theile wahrnehmen laſſen.
Die groͤßte Anzahl derſelben, welche in allen
Theilen eine Uebereinkunft zeiget, pfleget ge⸗
meiniglich die eigentliche Art auszumachen und
die übrigen dagegen nur Abaͤnderungen.
d) Zu dem, am Schluße des zweiten
Kapitels, angezeigten Huͤlfsmitteln bei der
Unterſuchung der Gewaͤchſe, nemlich einem
zu der Erzeugung der Frucht voͤllig unfaͤhig.
Durch eben dieſe Grade kehren die gefüllten
Blumen nach und nach in ihren natuͤrlichen,
einfachen Zuſtand wieder zuruͤck, wenn ihnen
der uͤberfluͤſſige Nahrungsſaft entzogen wird
und ſie aus einem fetten Boden in einen ma⸗
gern kommen. Es finden ſich noch einige an⸗
dere Fälle, der Vervielfältigung der Bluͤthen⸗
theile, woruͤder man in Hen. Borkhauſens
botaniſchen Woͤrterbuche unter dem Woͤrtern:
gefüllte und volle Bluͤthe Th. 1 Seite
142 - 144 und 147. weiter nachleſen kann.
| 1
ſcharfen, ſpitzigen Meſſer, einer Zan⸗
ge und einem Vergroͤßerungsglaſe, ge⸗
hoͤren noch reines Schreibpapier und ein
Bleiſtift, um bei der Unterſuchung eines
Gewaͤchſes das beobachtete gleich niederſchrei⸗
ben zu koͤnnen. |
e) Zu der Beſtimmung der Gewaͤchſe ges
hoͤret ferner das Linneiſche Pflanzenfy-
ften 2) oder in Ermangelung deſſen, das
Pflanzenverzeichniß der Gegend
1 15 | 0 (Flora
2) Die letztere Ausgabe, welche wir von dem
Syſteme Vegetabilium Linne i
haben, ift die funfzehnte vom Hr. D. Per-
oon beſorget. Goͤttingen 1797. Seit der
Zeit find aber durch den Fleiß mehrerer Pflan⸗
zenforſcher nicht allein viele neue Gewaͤchſe
entdecket worden, ſondern die innere Einrich⸗
tung des Linneiſchen Syſtems hat in manchen
Stuͤcken weſentliche Verbeſſerungen erhalten
und wird deren in Abſicht der Kryptogamie
bald noch mehrere zu hoffen haben. Hr.
Prof. Wildenow hat ſeit einigen Jahren,
angefangen, die Species Plantarum
Linnei in mehreren Baͤnden heraus zu
geben. Ein Werk, welches ſchon einen großen
Theil der neueren Entdeckungen enthaͤlt, wel⸗
ches ſich aber wenige Anfänger werden an⸗
ſchaffen koͤnnen. Es iſt daher zu wuͤnſchen,
daß wir bald eine neue Ausgabe des Syliema.
Vegetabilium aus der Feder eines Mannes
erhalten, der dieſer Arbeit gewachſen iſt und
dem zugleich die erforderlichen Hülfsquellen
zur Hand ſind. Bis dahin rathe ich denen
angehenden Pflanzenforſchern, ſich nicht in
unnoͤthige Koſten zu ſetzen und ſich mit dem
neu,
144
(Flora regionis) wenn es nach dem Lnnei⸗
ſchen Syſteme eingerichtet iſt. ) So lange
man aber in der Beſtimmung der Gewaͤchſe
noch nicht voͤllig geuͤbt iſt, bleiben Buͤcher die⸗
ſer Art bei botaniſchen Wanderungen entbehr⸗
lich. Es iſt dagegen weit rathſamer, bei der
jedesmaligen Unterſuchung einer zu beſtimmen⸗
den Pflanze an Kran URAN die beobach⸗
tete
gehen und volltändigten Pflänzenvelzeich'
nie der Gegend, worin fie ſich befinden, zu
behelfen, das zu dem gegenwaͤrtigen Endzwecke
hinreichend ſeyn wird.
N Faſt von einem jeden Theile Europens und
vorzüglich Deutſchlands haben wir ſyſtemati⸗
ſche Verzeichniſſe der in demſelben wildwach⸗
ſenden Pflanzen. Ich verſuchtete es in meiner
Flora Germanica die Fleren Deutſch⸗
lands zu verernigen und denen deutſchen
Pflanzenforſchern dadurch eine Ueberſicht des
Ganzen zu geben. Da aber dieſes Werk fuͤr
den Anfaͤnger zu weitlaͤufig und fuͤr die bota⸗
niſchen Wanderungen zu beſchwerlich iſt, ſo
ſuchte der Hr. Prof. Hoffmann in Goͤr⸗
tingen dieſem abzuhelfen und gab daſſelbe in
der Geſtalt eines Taſchenbuches heraus. Die⸗
ſes Taſchenbuch entſpricht indeſſen nicht ganz
dem Endzwecke, da es in mehrere Baͤndchen
eeingetheilet und noch nicht vollendet iſt, auch
fuͤr manchen Anfänger noch zu theuer ſeyn
moͤchte. Hr. Pfarrer Röhli ing hat ein Ta⸗
ſchenbuch unter dem Titel Deutſchlands
Flora Bremen 1706. 8vo. herausgegeben,
welches vorzuͤglich für diejenigen, die der latei⸗
niſchen Sprache nicht maͤchtig ſind, bei den
botaniſchen Wanderungen ſehr brauchbar iſt,
indem es dem Endzwecke ganz entſpricht.
145
tete ne der Lerſthieelleh Theile
gleich nieder zu ſchreiben und bei der Zuhauſe⸗
kunft, nach den niedergeſchriebenen Beobach⸗
tungen, in Vergleichung der Pflanze ſelbſt, die
man zu dem Ende mit Ka Haufe nehmen
muß, dieſelbe nach dem Syſteme oder dem
Pflanzenverzeichniſſe der Gegend zu beftim-
men. Bei der wiederholten Vaigleicunz der
Pflanze mit den niedergeſchriebenen Beobach⸗
tungen wird man am ſicherſten gewahr, ob
man einen Theil oder einen weſentlichen Um«
ſtand bei der Unterſuchung überfehen habe und
man gewoͤhnet ſich zugleich an genauere Be⸗
ſchreibungen und richtigere Unterſachungen.
Haller gab daher Anfaͤngern den Rath *)
bei ihren botaniſchen Wanderungen an den
friſchen Pflanzen die Geſtalt, Anzahl,
Lage, Farbe, Groͤße, den Geruch und
den Geſchmack der Wurzel, des Stengels,
der Blaͤtter, der Blume, des Kelches, der
Blummenblaͤtter, der Staubfaͤden, der Stem⸗
pel, der Frucht und der Fruchtkoͤrner genau zu
unterſuchen und zu beſchreiben, alsdann auch
den Tag, den Monath und den Ort, wo
man die Pflanze beobachtete, der e
hinzu zu fügen.
f) Wenn die niedergeſchriebenen Beo⸗
bachtungen, der zu beſtimmenden Pflanze ent⸗
ſprechen ſollen ; jo muß nothwendig die Pflanze
friſch
5 Alberti Halleri Diſſ. de Kudie me-
thodico botanices abſque praeceptore.
Goettingae 1736. 8 $. VI. pag. 13 20.
146
friſch erhalten werden. Denn die Beobach⸗
tungen an einer welken Pflanze koͤnnen niemals
der Natur getreu ausfallen. Zu dieſem End⸗
zwecke iſt ein leichter blechener Kaſten
nothwendig, deſſen Deckel ſo dichte anſchließet,
daß die freie Luft nicht in denſelben eindringen
kann. Ueberdem muß derſelbe ſo beſchaffen
ſeyn, daß mehrere Pflanzen darin Raum ha⸗
ben und er ſich bequem unter dem Arme tragen
laͤſſet. In der Folge werde ich weitlaͤuftiger
von demſelben handeln.
g) Bei den mehreſten kryptogamiſchen
Gewaͤchſen von der kleineren Art, iſt ein ein⸗
faches Vergroͤßerungsglas nicht hinreichend,
ihre Fruchttheile und ihren inneren Bau ge⸗
hoͤrig zu unterſcheiden und zu beobachten. Zu
dieſem Ende iſt ein zuſammengeſetztes
ſtehendes Vergroͤßerungsglas noth⸗
wendig, worunter man den zu unterſuchenden
Gegenſtand bringen und mittels eines darunter
angebrachten beweglichen Spiegels denſelben
in Licht und Schatten verſetzen kann. Zu die⸗
ſem Ende gehoͤren auch einige S treifen
von klaren weißen Fenſterglaſe mit
zu den Huͤlfsmitteln bei der Unterſuchung und
Beſtimmung der Gewaͤchſe. Auf einen fol-
chen Glasſtreifen bringe man den zu unterſu⸗
chenden Gegenſtand mittels eines oder mehre⸗
rer Tropfen reines Waſſers, betrachte ihn nach
allen ſeinen Theilen genau mit dem einfachen
Vergroͤßerungsglaſe und wo dieſes nicht hin⸗
| länglich befeiebige, muß man zu dem zuſam⸗
men⸗
147
mengeſetzten Vergroͤßerungsglaſe feine Zu⸗
flucht eee i
In dem vorigen Kapitel habe ich gezei⸗
get, daß die Gewaͤchſe nach dem Linneiſchen
Syſteme in zwei Hauptabtheilungen einge⸗
theilet werden muͤſſen, nemlich in ſolche, deren
Befruchtungswerkzeuge dem Beobachter ſicht⸗
lich werden und in ſolche, deren Befruchtungs⸗
werkzeuge nicht in die Augen fallen, oder die
nur durch die vorhandene Frucht verrathen,
daß eine Vermiſchung der Geſchlechter voran
gegangen ſey, ohne daß wir den eigentlichen
Sitz derſelben bis jetzt genau kennen. Bei der
Unterſuchung zur Beſtimmung eines Gewaͤch⸗
ſes hat man hierauf zuerſt zu ſehen, um zu er⸗
fahren, ob das zu beſtimmende Gewaͤchs zur
Phaͤnogamie oder Kryptogamie gehoͤre und
wo man daſſelbe im Syſteme aufzuſuchen habe.
Die drei und zwanzig erſten Klaſſen des
Linneiſchen Syſtems, welche die phaͤnogami⸗
ſchen Gewaͤchſe enthalten, ſind auf die Anzahl,
Lage, Verhaͤltniß und Beſchaffenheit der Be⸗
fruchtungswerkzeuge und die Unterabtheilun-
gen zum Theil mit auf die Frucht gegruͤndet.
Hieraus erhellet, daß bei den phaͤnogamiſchen
Gewaͤchſen zur richtigen Beſtimmung nur der
Zeitpunkt zu waͤhlen ſey, wo ſie bluͤhen und
Frucht anſetzen.
um die Klaſſe ausfindig zu machen,
in welche eine zu beſtimmende Pflanze der Phaͤ⸗
nogamie gehoͤrt, hat man ſein vorzuͤglichſtes
ke aa auf die Staubfaͤden zu sichten
K 2 und
148
und nach Anleitung des vorigen Kapitels, bei
denſelben auf folgende Stuͤcke zu achten. a)
Ob die Staubfaͤden mit den weiblichen Be⸗
fruchtungswerkzeugen in einer Bluͤthe beiſam⸗
men, oder von einander getrennet, in verſchie⸗
denen Bluͤthen derſelben Art ſich befinden. b)
Ob die Staubfaͤden einzeln, oder in irgend
einem Theile, entweder unter ſi ch oder mit dem
Stempel verwachſen find, c) Bei den ein⸗
zelnen Staubfaͤden achte man genau auf ihre
Anzahl, Lage und das Verhaͤltniß unterein⸗
ander. d) Findet man derſelben mehr, als
zwoͤlf, fo unterſuche man, ob fie aus der aͤuſ⸗
ſeren Bluͤthendecke (dem Kelche); oder dem
Fruchtboden ihren Urſprung nehmen. e) Ha⸗
ben die Staubfaͤden in Abſicht der Laͤnge unter
ſich ein gewiſſes Verhaͤltniß, ſo koͤmmt es dar⸗
auf an, ob deren zwei längere und zwei kuͤrzere;
oder vier laͤngere und zwei kuͤrzere vorhanden
find. f) Sind die Staubfaͤden unter ſich ver⸗
wachſen, ſo achte man darauf, ob die Traͤger
(flamenta) in einen Körper, oder mehrere
Partheien verwachſen ſind; oder ob die Staub⸗
kolben (Antherae) in einen Körper verwachſen
find und eine Röhre bilden. g) Finden ſich
die männlichen und weiblichen Befruchtungs⸗
werkzeuge in verſchiedenen Bluͤthen derſelben
Art von einander getrennet, ſo kommt es dar⸗
auf an, ob die maͤnnlichen und weiblichen Bluͤ⸗
then ſich auf einer und derſelben Pflanze, oder,
von einander N u öl nah
ann befinden, | 0
Hat
*
149
Hat man auf dieſe Weiſe, durch die Ver⸗
gleichung der VBefruchtungs werkzeuge der zu
beſtimmenden Pflanze mit den hier angezeigten
Fällen, die Klaſſe gefunden, wohin ſie gehoͤ⸗
ret, fo bemühe man ſich, die Ordnung aus
findig zu machen, worin man fie zu ſuchen ha⸗
be. Hierzu wird man leichter gelangen, wenn
man auf folgende Stücke Rüͤckſicht nimmt.
a) Bei den Gewaͤchſen mit ungetrennten Ge⸗
ſchlechtern, deren Staubfaͤden in keinem Theile
verwachſen ſind und kein gewiſſes Verhaͤltniß
gegen einander haben, ſind die Ordnungen von
der Anzahl der Griffel (Styli) oder in deren Ab⸗
weſenheit von der Anzahl der Narben (Stigma-
ta) hergenommen. Dieſe muß man alſo genau
unterſuchen und zaͤhlen. b) Bei den Gewaͤchſen,
deren Staubfaͤden zwar in keinem Theile mit ein⸗
ander verwachſen ſind, die aber ein gewiſſes Ver⸗
haͤltniß gegen einander beobachten, ſind die
Ordnungen auf die Lage und Beſchaffenheit
der Frucht gegruͤndet. Bei den Zweimaͤchtigen
(Didynamae) hat man darauf zu ſehen, ob
die Fruchtkoͤrner nackt und ohne eine gemein⸗
ſchaftliche Bedeckung auf dem Fruchtboden lie⸗
gen; oder ob ſie gemeinſchaftlich in ein Frucht⸗
behaͤltniß eingeſchloſſen ſind. Bei den Vier⸗
mächtigen (Tetradynamae) beruhen die Ord⸗
nungen auf das Verhaͤltniß der Laͤnge zur Brei⸗
te des Fruchtbehaͤltniſſes. c) Bei den Pflan⸗
zen, deren Traͤger in einen Koͤrper, oder meh⸗
rere Parthien, oder auch deren Staubfaͤden
mit dem —s verwachſen ſind, muß man
anf
150
auf die Anzahl der Staubfaͤden Ruͤckſicht neh⸗
men, wenn man bei dieſen die Ordnung be⸗
ſtunmen will. d) Bei den in einem Beſchluſſe
zuſammenzeugenden Pflanzen, deren Staub⸗
kolben in eine Rohre verwachſen find (Synge-
nella Symphyantherae) beruhet der Unter⸗
ſchied der Ordnungen auf der Beſchaffenheit
der Bluͤmchen (Flofculi). Theils ſind fie alle
Zwitter (Hermaphroditi) und fruchtbar, theils
find die Bluͤmchen der Scheibe (Dilcus) nur
Zwitter und die des Umkreiſes (Peripheria)
weibliche, oder auch ganz unfruchtbar, theils
find die Zwitterblümchen der Scheibe, wegen
der Unvollkommenheit der weiblichen Befruch⸗
tungswerkzeuge unfruchtbar, dagegen die weib⸗
lichen Bluͤmchen des Umkreiſes nur fruchtbar
und theils iſt ein jedes Bluͤmchen mit einer be⸗
ſonderen Blumendecke (Perianthium partiale)
verſehen. e) Bei den Gewaͤchſen mit getrennten
Geſchlechtern, entweder auf einer und derſelben,
oder auf verſchiedenen Pflanzen derſelben Art,
werden die Ordnungen nach der Anzahl und
Beſchaffenheit der Staubfaͤden beſtimmt.
Igſt man nun wegen der Klaſſe und Ord⸗
nung bei einer zu beſtimmenden Pflanze in
Richtigkeit, fo fraͤget es ſich alsdann zuf welcher
Gattung dieſelbe gehoͤre? Die Gattungen
gründen ſich auf die weſentliche Verſchieden⸗
heit un der Bläthen⸗ und Ae ae Man
achte
Die eher Gia welche ach threr
Verſchiedenheit zu den Gattungskennzeichen ans
gewendet werden müllfen, hat Hr. Borkhau⸗
ſen
131
achte alſo genau auf die Geſtalt, Lage, Anzahl
und das Verhaͤltniß des Kelches (Calix), der
Krone (Corolla), der Befruchtungswerkzeuge,
des Honigbehaͤltniſſes (Nectarium) der Frucht,
des Fruchtbodens und der Fruchtkoͤrner, Z. B.
ob der Kelch und die Krone einblaͤttrig oder
mehrblaͤttrig ſind; ob ſie unter oder uͤber dem
Fruchtknoten ſitzen; ob der einblaͤttrige Kelch
oder die Krone getheilet, eingeſchnitten, gezaͤhnt
oder am Rande ſchlicht en ob das Fruchtbe⸗
haͤltniß ein⸗ oder mehrfaͤcherig ſey ); ob der
Fruchtboden nackt, mit Borſten oder ſpreuar⸗
tigen Schuppen beſetzet ſey u. ſ. w. Hat man
die Blüthen- und Fruchttheile genau unterſu⸗
chet, ſo nehme man das Linneiſche Pflanzenſy⸗
ſtem oder, in deſſen Ermangelung, das Pflan⸗
zenverzeichniß der Gegend 5 regionis)
| zur
fen in dem botaniſchen Woörterbuche unter
Regeln, nach welchen Gattungen zu
beſtimmen find Theil 2. Seite 2535— 274.
ſehr vollſtaͤndig abgehandelt.
) Der Eierſtock oder der Fruchtknoten enthält
ſchon ziemlich vollſtaͤndig die Grundlinien der
kuͤnftigen Frucht. Man kann daher, in dem
Falle, wo die Gattungsunterſchiede vorzuͤglich
auf die Verſchiedenheit der Frucht beruhen
und noch keine reife Frucht zur Unterſuchung
BR vorhanden iſt, wenn man den Fruchtknoten
quer durchſchneidet, ſchon deutlich wahrnehmen,
ob das kuͤnftige Fruchtbehaͤltniß ein oder
mehrfaͤcherig ſey. Wenn man aber eine reife
Frucht von dem zu beſtimmenden Gewaͤchſe
erhalten kann, ſo iſt dieſe zur richtigeren Be⸗
ſtimmung jedesmal vorzuziehen.
1
152
-
zur Hand, gehe alsdann die verſchiedenen Gat⸗
tungen der Klaſſe und Ordnung, in welche die
vorliegende Pflanze gehoͤret, nach den angege-
benen Gattungskennzeichen genau durch und
ſehe alsdann, welche Gattung vollkommen mit
der zu beſtimmenden Pflanze uͤbereinkommt.
a Unterſcheidungskennzeichen mehrerer
Arten einer Gattung werden von ſolchen
Theilen der ganzen Pflanze hergenommen, die
bei dem Gattungscharakter nicht Statt finden
und doch allen Indioiduen jeder Art unveraͤn⸗
dert eigenthuͤmlich fi ſind, z. B. die verſchiedene
Geſtalt, Bekleidung, Richtung u. ſ. w. der
Wurzel, des Stengels, der Blätter, der Stuͤz⸗
zen (Fulcra) der Bluͤthen, der Bluͤthenhüllen
(Involucra). der Frucht und der Seuchtförner.
Kurz, alle Theile einer Pflanze, in ſo ferne ſie
mehrere eigenthämliche, beſtaͤndige und in die
Augen fallende Verſchiedenheiten zeigen, koͤn⸗
nen Kennzeichen abgeben, eine Pflanze, als eine
beſondere Art, von andern. ‚ähnlichen oder nahe
verwandten Arten zu unterſcheiden. Man ver⸗
gleiche daher alle Theile eines Gewaͤchſes ge⸗
nau mit den, im Syſteme oder dem Pflanzen⸗
verzeichniſſe der Gegend, angegebenen Unker⸗
ſcheidungszeichen der Arten, die mit der zu be⸗
ſtimmenden Pflanze eine Gattung aus machen, |
und man wird ſich bald im Stande befinden,
zu beſtimmen, welche: von den angeführten Br
ten die vorliegende Pflanze ſey. .
Finden ſich bei einer Pflanzenart e.
ven Wee in SUR der
date
153
Farbe, der Größe, des Geruches u. ſ. w. ſo
nennet man ſolche Pflanzen Abarten oder |
Spielarten. Wenn gleich die Abarten wer
niger in Betracht kommen, als die Art ſelbſt,
fo darf man fie doch nicht unbemerket laſſen,
weil mehrere dergleichen zu der richtigen Be⸗
ſtimmung der ae. Art fuͤhren koͤn⸗
nen. )
Ju mehrerer Deutlichkeit deſſen, was ich
hier über die weſentlichſten Stücke zu der Be»
ſtimmung der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe geſa⸗
get habe, will ich jetzt ein paar Pflanzen nach
ihren verſchiedenen Theilen in der zu befolgen
den Ordnung unterſuchen, und nach dem Lin⸗
neiſchen Syſteme beſtimmen. Wenn fie. zwar
keine teutſche Pflanzen ſind, ſo finden ſie ſich
doch in den mehreſten Gaͤrten Teutſchlands
und zu Folge der Groͤße ihrer Bluͤthen- und
Fruchttheile geben ſie die deutlichſten Beiſpiele.
zu dieſem Endzwecke. =
Eine der erfien und anfehnlichften Fruͤh⸗
lingsblumen in den Gaͤrten iſt die ſogenannte
Kaiſerkrone oder die buͤſchlige Schach⸗
blume. Bei dem erſten Anblicke der Blumen
wird man gewahr, daß ſie ſaͤmtlich beide Be⸗
fruchtungswerkzeuge enthalten, dieſe Pflanze
alſo nicht allein zu der Phaͤnogamie gehöre,
ſondern a Swießerblu men Vea
. Wenn
| 755 Site. sur Botanik. Bremen
1782. Theil 1. S. 45—60. Hier habe ich
von dem Unterſchiede der Spielarten von
wahren Pflanzenarten weitlaͤuftiger bey andelt.
154
Wenn man die anſehnlichen, niederhängenden,
glockenfoͤrmigen Blumen in die Hoͤhe bieget:
fo ſiehet man ſechs Staubfaͤden, die ein⸗
zeln ſtehen, in keinem Theile ver
wachſen und alle von gleicher Laͤnge
find. Dieſe Pflanze gehoͤret alſo offenbar in
die Klaſſe YL Hexandria (fehsmän-
nige) und, da man in der Mitte der ſechs
Staubfaͤden nur einen einfachen Grif—
fel (Stylus) findet, in die erſte Ordnung
dieſer Klaſſe Monogynia (ein weibige). Um
zu erfahren, zu welcher Gattung dieſe Pflan⸗
ze gehoͤre, betrachtet man die Blums mit allen
ihren Theilen ganz genau. Hier beobachtet
man folgendes: a) Sie hat keinen Kelch oder
Bluͤthendecke und bildet daher eine nackte
Blume (Corolla nuda). b) Sie beſtehet
aus ſechs Blumenblaͤttern, die eine
glockenfoͤrmige Blume bilden (Corolla
hexapetala, campanulata), c) Bieget
man dieſe Blumenblaͤtter auseinander, ſo be⸗
merket man an der inneren Seite eines
jeden unterwaͤrts eine halbkugelfoͤr⸗
mige Vertiefung, die mit einer kla⸗
ren Feuchtigkeit angefuͤllet i ſt. (Su-
pra ungues petalorum cavitas nectarife-
ra). d) Die Staubfaͤden find fo lang
als die Blumenkrone. e) Der Eier⸗
ſtock ſitzet innerhalb der Blume und
alſo die Blumenblaͤtter unter demſel⸗
ben (Germen ſuperum; corolla infera).
f) Das Fruchtbehaͤltniß iſt 2 rund,
drei
155
dreikantig und dreifächerig. Linne erleichter⸗
te die Beſtimmung der Gattung, zu welcher
eine Pflanze gehoͤret, dadurch ungemein, daß
er in ſeinem Syſteme bei einer jeden Klaſſe
nach ihren Ordnungen eine Ueberſicht aller da⸗
hin gehoͤrigen Gattungen mit ihren weſentlichen
Unterſcheidungszeichen voranſchickte und fie in
verſchiedene Abtheilungen ordnete, die er von
dem Bluͤthenſtande oder von andern Theilen
der Bluͤthe und Frucht entlehnte. Dieſe vor-
an geſchickte Ueberſicht der Gattungen zur ſech⸗
ſten Klaſſe und deren erſte Ordnung ſehe man
im Syſteme nach ). Hier findet man die Gat⸗
tungen unter folgende Abtheilungen gebracht:
* Flores calyculati, ** Flores [patha-
cei. * Flores nudi. **** Flores incom-
pleti. Nach der beobachteten Beſchaffenheit
der Bluͤthentheile kann die Kaiſerkrone weder
unter die beiden erſten, noch unter die letzte
Abtheilung gerechnet werden, ſondern ſie ge⸗
hoͤren offenbar zur dritten (*** Flores nudi).
Gehet man nun die Gattungen dieſer Abthei⸗
lung der Reihe nach durch, ſo findet man nur
zwei?) nemlich Uvularia und Fritillaria,
deren Gattungscharaktere auf unfere Pflanze
paſſen. Bei beiden ift Corolla infera
herxapetala, baſi nectarifera. Der Unter-
ſthied dieſer beiden Gattungen von einander
wird hier nur dadurch bezeichnet, daß bei
Vvu⸗
e) Car. a Linne Syfiema Vegetabi-
dium edit. XV, cura Perfoon pag.
328—330.
) a. a. O. Seite 330.
156
Uvularira corolla erecta und bei Tri-
tillaria Corolla ovata ſeyn fol. Dies
fer Unterſchied ift aber zu unbedeutend und auf
keinen Fall befriedigend. Wir muͤſſen alſo ſe⸗
hen, ob da, wo die Gattungen mit ihren Ar⸗
ten in der Folge abgehandelt werden, kein we⸗
ſentlicheres Unterſcheidungszeichen dieſer beiden
Gattungen angegeben ſey. Hier heißt der Cha⸗
rakter ) von Fritillaria Corolla hexapetala, |
campanuläta, ſupra ungues cavitate necta-
rifera. Stamina longitudine corollae: von
Uvularia abet Corolla hexapetala erecta:
Nectarü fovea boſeos petali. Filamenta
brevillima. Dieſen zu Folge beſtehet der we⸗
ſentliche Unterſchied der Gattung Fritillaria
von Uvularia darin, theils daß die Honigbe⸗
haͤltniſſe uͤber dem Nagel der Blumenblaͤtter 5
(Vnguis petalorum) nicht aber am Grunde
derſelben liegen, theils aber und vorzuͤglich,
daß die Staubfaͤden ſo lang als die Krone und
nicht aͤußerſt kurz find. Es bleibet alſo kein
Zweifel mehr übrig, daß unſere Pflanze zur
Gattung Fritillaria und nicht zur LDvularia
gehoͤre. Nun kommt es darauf an, zu beſtim⸗
men, welche Art fie ſey. Wenn wir dieſe
Pflanze nach ihren uͤbrigen Theilen beobachten,
ſo finden wir, daß der Stengel mit laͤnglichen f
am Rande ganzen Blättern beſetzet
ſey und ſich in eine Bluͤthentraube en⸗
dige, die unterwaͤrts nackt, oberwaͤrts
aber mit einem Buͤſchel von Blaͤt⸗
tern ver ſehen if (Racemus comofus, infer-
ne
20) 8. d. O. Seite 345.
157
ne nudus). Vergleichet man nun die von
Linne aufgezählten Arten dieſer Gattung
hiermit, ſo findet man, daß gleich die erſte
Art Fritillaria imperialis unſere Pflanze ſeyn
muͤſſe, wovon die Unterſcheidungszeichen fol⸗
gendermaßen angegeben find: Fr. racemo co-
molo inferne nudo, foliis integerrimis.
1 Die zweite Pflanze, welche wir jetzt be⸗
trachten wollen, iſt die gemeine Sonnen⸗
blume, die, wegen ihrer Schoͤnheit t und ihres
oͤkonomiſchen Nutzens haͤufig in den Gaͤrten
Teutſchlands jährlich angebauet wird. Gleich
bei dem erſten Anſehen der Blume bemerket
man, daß fie aus mehreren Bluͤmchen,
die auf einem semeigghaftlihen
Fruchtboden ſizzen und mit einer ges
meinſchaftlichen Bluͤthendecke ver⸗
ſehen ſind, zuſammengeſetzet ſey. Unterſu⸗
chet man die einzelnen Blänichen genauer, fo
findet man, daß die fünf Traͤger der Staubfaͤ⸗
den (Filamenta) Bei ſtehen, die Staubkol⸗
ben (Antherae) aber in eine Roͤhre ver⸗
wachſen ſind. Dieſe Pflanze gehoͤret alfo
unter die Abtheilung des Linneiſchen Syſtems,
die in einem Beſchluſſe z uſammen⸗
zeugende verwachſenbeutliche Ge⸗
waͤchſe enthaͤlt, welche die Klaſſe XIX.
Syngeneſid Symphy antherae in
ſich faſſet. Dieſe Klaſſe beſtehet, wie ich in
dem vorigen Kapitel gezeiget habe, aus fuͤnf
Ordnungen. Um aber zu beſtimmen, zu
welches derfelben die Sonnenblume gehöre,
muͤſſen
158
muͤſſen wir die Beſchaffenheit der Blümchen
in Abſicht ihrer Befruchtungswerkzeuge unter⸗
ſuchen. Hierbei ergiebt ſich, daß die Blüm-
chen der Scheibe (Flofeuli diſci) beide
Befruchtungswerkzeuge enthalten und
alſo Zwitterblümchen find, deren zwei⸗
theilige Narbe ſich durch die Roͤhre der verwach⸗
ſenen Staubkolben hervorgedraͤnget und uͤber
derſelben zuruͤck gebogen hervorraget. Die
Blümchen des Umkreiſes (Floſculi ra-
dii) haben dagegen keine männliche Be:
fruchtungswerkzeuge, ſondern nur das
weibliche, dem aber die Narbe (Srigma)
fehlet. Sie ſind alſo ganz unfruchtbar.
Ferner ben man, daß die Blümchen Fei-
ne beſondere Bluͤthendecke (Perian-
thium proprium I. Calyx proprius) haben,
fondern alle nackt auf dem Fruchtboden ſitzen.
Nun gehe man die Ordnungen dieſer neunzehn⸗
ten Klaſſe nach der gegebenen Erleuterung durch
und man wird finden, daß, nach der beobach⸗
teten Beſchaffenheit der Bluͤmchen, die Son⸗
nenblume weder zur erſten noch zur zweiten,
noch zur vierten oder fuͤnften Ordnung gehoͤren
koͤnne, ſondern zur dritten Fruſtranea, wel:
che diejenigen verwachſenbeutlichen, in einem
Beſchluſſe zuſammenzeugenden, Gewaͤchſe ent⸗
haͤlt, bei welchen ſich neben den fruchtba⸗
ren Zwitterblümchen der Scheibe, im
Umkreiſe unfruchtbare Bluͤmchen fin⸗
den. Linne entlehnte die Unterſcheidungszei⸗
chen der Gattungen dieſer Klaff .
{ 1 N be
159
Beſchaffenheit des Kelches, cheils von der An⸗
zahl und Beſchaffenheit der Bluͤmchen der
Scheibe und des Umkreiſes, theils von der Be⸗
ſchaffenheit des Fruchtbodens, ob derſelbe nackt,
oder mit Haaren, Borſten oder mit ſpreuarti⸗
gen Schuppen beſetzet ſey und endlich ob die
Fruchtkoͤrner an der Spitze mit Haarkronen
oder ſpreuartigen Schuppen verſehen ſind oder
nicht. Wir muͤſſen alſo, um zu erfahren, zu
welcher Gattung dieſe Pflanze gehoͤre, dieſe
Theile genauer betrachten. Hier bemerken wir
a) daß der Kelch, oder die allgemeine Bluͤthen⸗
decke, aus mehreren Schuppen zuſam⸗
mengeſetzet ſey, die wie e ee
übereinander liegen und zu ruͤckgebo⸗
gen ſind (Calyx imbricatus, Iquarroſus).
b) Daß die Blümchen der Scheibe
roͤhrenfoͤrmig, die des Umkreiſes aber
band- oder zu ngenfoͤrmig find (Floſou-
li diſci tubuloli, radii ligulati.) c) Der
Fruchtboden iſt flach und mit ſpreu⸗
artigen Schuppen beſetzet, deren zwei
und zwei ein Fruchtkorn einſchließen
(Receptaculum planum paleaceum; paleis
duabus femen includentibus). Die Kro-
ne der Fruchtkoͤrner ift zweiblaͤttrig;
die ſpreuartigen Blattchen find lan⸗
zettfürmig, grannenartig und fallen
leicht ab. (Pappus diphyllus: paleis lan-
ceolatis ariſtatis deciduis). Gehet man
nun in der gegen ne. dieſer Ordnung
, im
160
im Syſteme 55 die Granger durch, ſo
koͤnnten nach der Beſchaffenheit des Fruchtbo⸗
dens und der Krone der Fruchtkorner nur zwei
Gattungen auf unſere Pflanze paſſen, nemlich
Coreophis und Helianthus, Dei beiden
heißet es: Receptaculum paleäceum, Pap-
pus ariſtatus. Bei der erfteren aber wird ge⸗
geſaget: Calyx calyculatus und bei der letz⸗
teren Calix Iquarroſus. Unſere Pflanze
muß alſo nothwendig zur letzteren Gattung
Helianthus gehören, da bei derſelben die
Kelchblaͤtter wie Dachziegeln uͤber einander
liegen und zurückgebogen find, der Kelch
aber nicht am Grunde mit einem beſonderen
Kelche vermehret iſt (Calyx calyculatus).
Wenn man indeſſen in der Folge ) den Gat⸗
tungscharakter des Helianthus mit dieſem
vergleichet, ſo wird man noch mehr uͤberzeuget,
daß die Sonnenblume zur Gattung Helian-
thus gehöre, Hier wird der Charakter fol-
gendermaßen angegeben: Aeceptaculum
paleacenm, planum. Pappus diphyllus,
Calix imbricatus lubſgarroſus. Jetzt
bleibet noch übrig, die Art zu beſtimmen,
welche unſere Pflanze ausmachet. Bei der
Betrachtung der uͤbrigen Theile der Pflanze
bemerken wir hauptſaͤchtlich, daß die Blaͤtter
alle herzfoͤrmig und dreirippig find, der Bluͤ⸗
chenſtiet iſt nach oben zu verdickt und die Blu-
me
0 inne 85. Veger. bag. 74
52) a. a. O. Seite 822.
161
me iſt niedergebogen „die beiden erſten Arten
dieſer Gattung im Syſteme find FTelianthus
‚annuus und indieus. Beide find fich ſehr
ähnlich, beide find jährige Pflanzen und beide
haben herzfoͤrmige, dreirippige Blätter. Sie
unterſcheiden ſich nur dadurch von A
daß bei den erſteren die Bluͤthenſtiele nach oben
zu verdickt und die Kelchſchuppen ee
ſind, bei den letztern dagegen iſt der Bluͤth
ſtiel oben und unten von gleicher Dicke, die
Blume weniger uͤbergebogen und die aͤußeren
Kelchſchuppen wachſen in geſtielte, meberhän⸗
gende Blaͤtter aus. Die letztere Art kann alſo
unſere Pflanze nicht ſeyn, ſondern die erſtere,
nemlich: Helianthus annuus foliis omnibus
cordatis trinerviis, pedunculis i iner allatis,
| floribus cernuis.
Durch die hier mitgetheilten Vorschriften
und Erlaͤuterungen habe ich hoffentlich dem an⸗
gehenden Pflanzenforſcher, dem die Gelegen⸗
heit eines muͤndlichen Unterrichtes fehlet, deut⸗
lich gezeiget, wie er zu der Wiſſenſchaft gelan⸗
ge, die phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe nach dem
Linneiſchen Syſteme zu beſtimmen. Da aber
dennoch zuweilen ſchwierige Faͤlle vorkommen,
die auch ſelbſt dem geuͤbteren Pflanzenforſcher
Zweifel erregen koͤnnen, fo rathe ich demſelben,
die, nach dieſen angegebenen Grundſaͤtzen be⸗
ſtimmten Pflanzen, einem Pflanzenkenner mit⸗
zutheilen und denſelben um fein Urtheil zu
bitten, ob man richtig Rim Nabe oder
9 189 5
8 2 e Die
162
Die groͤßte Schwierigkeit, welche dem
noch nicht hinlaͤnglich geuͤbten Pflanzenforſcher
bei der Beſtimmung der Gewaͤchſe nach dem
Linneiſchen Syſteme aufſtoͤßt, veranlaſſen die
häufigen Ausnahmen von den angenommenen
Grundſaͤtzen, nach welchen die Klaſſen und
Ordnungen dieſes Syſtems errichtet ſind, und
dieſe waren bei einem kuͤnſtlichen Syſteme, das
ſich auf die Anzahl, Lage und Beſchaffenheit der
Befruchtungswerkzeuge gruͤndet, unvermeid⸗
lich, wenn man nicht auf der anderen Seite
der Natur zu große Gewalt anthun und durch
eine zu große Vervielfaͤltigung der Gattungen,
das Studium der Pflanzenkenntniß noch mehr
erſchweren wollte. Es finden ſich naͤmlich ver⸗
ſchiedene Gewaͤchſe, die in ihrem ganzen Bluͤ⸗
then= und Fruchtbaue mit andern fo genau ver⸗
bunden find, daß, ſie nicht von ihnen getrennet
werden koͤnnen, ſondern mit denſelben in eine
Gattung gehören, wenn fie gleich in der An⸗
zahl, Lage und Beſchaffenheit der Befruch⸗
tungswerkzeuge von einander abweichen.)
g | Linne
| 3) Anmerk. Merkwürdig iſt es, daß die Ans
zahl der Blumenblaͤtter, oder, bei der einblaͤt⸗
terigen Blumenkrone, deren Einſchnitte, mit
der Anzahl der Staubfaͤden gemeiniglich in
einem genauen Verhaͤltniſſe ſtehen. In dem
Falle nemlich, wo eine Bluͤthe, die ihrer Na⸗
tur nach eine ungleiche Anzahl der Staubfaͤ :
den und Bluͤthentheile hat, eine gleiche Zahl
von Stoubfaͤden erhaͤlt, nimmt gewoͤhnlich die
Blumenkrone auch eine gleiche Anzahl ihrer
Theile
163
Linne ſuchte zwar dieſe wichtige Schwierig⸗
keit dadurch einigermaßen zu heben, daß er bei
der Ae cht der Gattungen zum . ei⸗
91. e e
Theile an und 1 5 ſo in dem bange e
Falle. Dieſes Verhaͤltniß der ungleichen oder
gleichen Anzahl der Staubfaͤden erſtrecket ſich
gemeiniglich auch auf die Blaͤtter des Kelches
oder deſſen Einſchnitte. Ein paar Beiſpiele
werden dieſen Satz deutlicher machen. Bei
dem gemeinen Spindelbaum (Evonymus
europaeus) enthält die erſte aufbluͤhende Blu⸗
me fünf Staubfäden, fünf Blumenblaͤtter und
fuͤnf Kelcheinſchnitte. Die ſpaͤteren Blumen
enthalten alle vier Staubfaͤden und daher auch
vier Blumenblaͤtter und vier Kelcheinſchnitte.
Bei dem gemeinen Biſamkraute (Adoxa
Molchatellina) findet der entgegengeſetzte Fall
Statt. Die erſte und oberſte Blume hat acht
Staubfaͤden, vier Stempel, eine vierſpaltige
Blumenkrone und einen zweiſpaltigen Kelch.
Die Übrigen und ſpaͤteren Seitenblumen ha⸗
ben zehn Staubfaͤden und daher auch fuͤnf
| ‚Stempel, eine fuͤnfſpaltige Blumenkrone und
einen dreiſpaltigen Kelch. Auch bei den Aus⸗
artungen in Abſicht der Anzahl der Staub⸗
faͤden durch zufällige Urſachen beobachtet die
Natur ein gleiches Verhaͤltniß und auch als⸗
dann noch zeiget ſie die groͤßte Ordnung. Man
kann daher bei dem erſten Anſehen einer Blu⸗
me von einer gleichen oder ungleichen Anzahl
der Kelch⸗ und Kron ⸗Theile auf eine gleiche
oder ungleiche Anzahl der Staubfaͤden muth⸗
maslich ſchließen. Es bleibet aber dennoch je⸗
desmal nothwendig, durch die genauere Unter⸗
ſuchung ſich davon zu überzeugen. IM
164
ner jeden Klaſſe, dieſe Ausnahmen unter der
Ordnung, wohin ſie eigentlich gehoͤrten und wo
man ſie aufſuchen wuͤrde, namentlich anzeigte.
Theils aber iſt dieſe Anzeige nicht ganz vollſtaͤn⸗
dig geliefert und theils iſt fie an und fuͤr ſich
ſelbſt nicht hinreichend. Ich ſammlete daher
dieſe Ausnahmen und handelte ſie in den
Klaſſen und Ordnungen, nach ihren Bluͤ⸗
then⸗ und Frucht Theilen ab, worin fie
ein jeder nach der Anzahl, Lage und Beſchaf⸗
fenheit der Befruchtungswerkzeuge im Syſteme
ſuchen wuͤrde und wohin ſie eigentlich gehoͤrten.
S. Verzeichniß derjenigen Pflanzen,
welche nach der Anzahl und Beſchaf⸗
fenheit ihrer Geſchlechtstheile nicht
in den gehörigen Klaſſen und Ord⸗
nungen des Linneiſchen Nm ſt e⸗
hen ꝛc. Altenburg 1781. 8. Zu dieſem
Verzeichniſſ e habe ich in dem en Thei-
le meiner Beiträge zur Botanik, Seite
101— 124. einen Nachtrag geliefert. Bei
der veränderten Einrichtung dieſer Auflage
wuͤrde ich die Grenzen dieſer Anweiſung unnd-
thiger Weiſe zu weit hinausſetzen, wenn ich die⸗
ſe Ausnahmen hier wieder abhandeln wollte.
Ich verweiſe daher meine Leſer auf dieſes ange⸗
zeigte Verzeichniß und gehe jetzt in meiner Be⸗
trachtung uͤber die Beſtimmung der kühe g
ichen Gewaͤchſe weiter. 92
Linne
2) Vergleiche hem die Vorrede dieſer
Auflage.
163
sin ne brachte bekanntlich die kryptoga⸗
miſchen Gewaͤchſe in die vier und zwanzigſte
Klaſſe ſeines Pflanzenſyſtems und theilte ſie als
Hauptfamilien in vier Ordnungen. In dem
vorigen Kapitel verſuchte ich es, ſie, ſo wie die
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe, in Klaſſen und
Ordnungen zu theilen und hoffte dadurch dem
Anfaͤnger das ſchwere Studium dieſer großen
Familie zu erleichtern. Da aber bei den meh⸗
reſten Gewaͤchſen dieſer Art die Geſchlechtstheile
nicht hinlaͤnglich bekannt ſind und bei ſolchen,
wo wir ſie kennen, ſie nur durch Huͤlfe guter
Vergroͤßerungsglaͤſer beobachtet werden muͤſ⸗
ſen, ſo koͤnnen ſie uns auch nicht zum allgemei⸗
nen Masſtabe dienen, die Klaſſen darauf zu
gruͤnden. Ich waͤhlte daher groͤßtentheils die bis
jetzt von den Botanikern angenommenen Linnei⸗
ſchen Ordnungen zur Beſtimmung der NER.
Hier find alſo die Vorſchriften, die ich bei Be⸗
ſtimmung der Klaſſen der phaͤnogamiſchen Ge⸗
waͤchſe gegeben habe, nicht anwendbar, ſondern
man muß hierbei vorzuͤglich auf den 1
Bau der ganzen Pflanze und ihre befondere:
Eigenſchaften Ruͤckſicht nehmen. Die bose
gamiſchen Gewaͤchſe zeichnen ſich vor den phä⸗
nogamiſchen durch beſondere Verſchiede nheiten,
ſchon bei dem erſten Anſehen, aus, die ganzen
Familien eigen find und welche zu der Beſtim⸗
mung der angenommenen Klaſſen fuͤhren. Um
dieſe eigenthuͤmliche Verſchiedenheiten ganzer
Familien zu bemerken und bei dem erſten Anſe⸗
m zu unterſcheiden, muß man ſchon einige
Kennt.
166
a: der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe befiz-
zen. Ich rathe daher dem angehenden Pflan⸗
zenforſcher ſich eine hinlaͤngliche Kenntniß der
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe zu verſchaffen, ehe
er ſich an die Beſtimmung der Kryptogamiſten
waget. Bei einer jeden der angenommenen
ſechs Klaſſen habe ich die eigenthuͤmlichen Ver⸗
ſchiedenheiten angezeiget und wenn man bei der
Beſtimmung eines kryptogamiſchen Gewaͤchſes
hierin zu einiger Gewißheit gelangen will, ſo
muß man dieſe mit dem vorliegenden Gewaͤch⸗
ſe vergleichen.
| Die Ordnungen der vorgeſchlagenen
ſechs Klaſſen beruhen dagegen auf feſteren
Gründen. nemlich auf die Lage und Beſchaf⸗
fenheit der Frucht. Bei den Gewaͤchſen der
erſten Klaſſe mit Wurzelfrucht (Rhi-
zocarpae) welche denen phanogamiſchen Ge⸗
waͤchſen nach ihrem aͤußeren Baue und ſonſti⸗
gen Eigenſchaften am naͤchſten kommen, ſind
die Ordnungen von der Lage der maͤnnlichen
Geſchlechtstheile hergenommen. Entweder
ſitzen ſie außerhalb der Fruchthuͤlle; oder ſie
find mit dem Eierftocfe in der Fruchthuͤlle dicht
eingeſchloſſen. Bei den Farrenkraͤutern
(Filices), welche die zweite Klaſſe ausma⸗
chen, hat man auf die aͤußere Geſtalt der reifen
Fruchtkapſel, ob ſie ſchildfoͤrmig oder rund iſt
und im letzteren Falle auf die Art, wie ſie ſich
oͤffnet, zu achten. Entweder öffnet fie fich in
regelmäßige Klappen; oder ſie ſpringt rundum
1 und bildet iwei Halbkugeln, welche mit
einem
167
einem gegliederten, llaſtiſch en Ringe in Ver⸗
bindung bleiben, bis die Fruchtkoͤrner alle aus⸗
geleeret find, Bei den Mooſen (Mulci)
welche zur dritten Klaſſe gehören, beruhet
der Unterſchied der Ordnungen lediglich darauf,
ob die Fruchtkapſel mit einem Deckel (Oper-
culum) verfchloffen ift, oder nicht. Im er⸗
ſteren Falle trennet ſich bei der Reife der
Fruchtkoͤrner der Deckel rundum von der
Fruchtkapſel; im letzteren Falle aber oͤffnet ſich
die Fruchtkapſel entweder mit vier oder zwei
Klappen, oder mit Zaͤhnen, oder auch mit ei⸗
ner ſchlichten, ungetheilten Muͤndung. Bei
den Algen oder den kryptogamiſchen
Waſſergewaͤchſen (Algae), welche die
vierte Klaſſe ausmachen, hat man bei der
Beſtimmung der Ordnungen darauf zu fehen,
ob die Fruchtkoͤrner in beſonderen Kapſeln ein-
geſchloſſen ſind; oder ob ſie ohne eine beſondere
Fruchtkapſel in der Subſtanz des Gewaͤchſes
ſitzen. Die Ordnungen der fuͤnften Klaſſe,
welche die Flechten (Lichenes) enthaͤlt, be⸗
ruhen auf die Beſchaffenheit des gemeinſchaft⸗
lichen Fruchtbodens, ob derſelbe offen und un⸗
bedeckt, oder verſchloſſen if. Bei den
Schwaͤmmen (Fungi) welche die ſechſte
Klaſſe ausmachen, hat man, ſo wie bei den
Flechten darauf zu ſehen, ob fie einen verſchloſ⸗
des „oder eee Fruchtboden a |
G0 lange man noch kein Eoftchi; ‚frech
weißem die kryptogamiſchen Gewaͤchſe geord⸗
zet
168
net werden, allgemein angenommen hat, haͤlt
es ſehr ſchwer, allgemeine Vorſchriften zu der
Beſtimmung der Gattungen zu geben. Ich
will indeſſen auf dem hier eingeſchlagenen We⸗
ge fortgehen und dem angehenden Pflanzenfor-
ſcher zeigen, von welchen Theilen die Unter-
ſcheidungszeichen der bis jetzt feſtgeſetzten Gat⸗
tungen der verſchiedenen Klaſſen entlehnet ſind
und worauf man bei deren Beſtimmung vor⸗
züglich zu achten habe. In der erſten Klaſſe
Rhizocarpae find die Unterſcheidungszeichen
der Gattungen von der inneren Beſchaffenheit
der Frucht hergenommen, ob dieſe ein- oder
mehrfächerig fey. Bei den Gewaͤchſen der
zweiten Klaſſe oder den Sarrenfräus
tern find die Gattungen theils von der ver-
ſchiedenen Vertheilung der Fruchtkapſeln, theils
von ihrer inneren Eintheilung und theils von
der Gegenwart und dem Mangel einer allge⸗
meinen Fruchtdecke (Involucrum, Induſium)
hergenommen. Man hat hierbei vorzuͤglich
auf folgende Stuͤcke zu ſehen: a) Ob ſie ein⸗
zeln, oder haufenweiſe beiſammen ſitzen. b)
Ob fie in eine Aehre, Riſpe, Traube verthei⸗
let ſind, oder ob ſie in den Blattwinkeln, auf
der Ruͤckſeite der Blaͤtter oder deren Rande ſiz⸗
zen. c) Ob fie mit zwei und drei Klappen
ſich oͤffnen; oder ob ſie rundum aufſpringen.
d) Ob fie ein- oder mehrfächerig find. e) Ob
ſie nackt liegen, oder ob deren mehrere mit einer
gemeinſchaftlichen Fruchtdecke verſehen ſind, die
fie bis zur Reife der Fruchtkorner .
ie
169
Die Gattungen der Familie der Laubmooſe
(Muſci frondoſi) oder derjenigen Mooſe, de⸗
ren Fruchtkapſel mit einem Deckel verſehen
iſt, welche die erſte Ordnung der drit⸗
ten Klaſſe ausmachen, ſind groͤßtentheils von
der Beſchaffenheit der Kane s (Peri-
ſtomium) entlehnet. Bei der Beſtimmung
einer Gattung dieſer Gewicht hat man auf
folgendes zu achten. a) Ob die Kapſelmuͤn⸗
dung nackt und glatt, oder mit Haaren und
Zähnen beſetzet fen. b) Ob die Zähne einfach
oder getheilet ſind. ) Ob die Zähne und
Haare die Kapſelmündung in einer einzelnen
oder doppelten Reihe umgeben. d) Ob die
Zähne gerade, gekruümmet oder; uſammen. ge⸗
drehet ſind. e) Wie groß die Anzahl derſelben
fey. k) Ob die Fruchtkapſel rund oder eckig,
laͤnglich, ei- oder kugelförmig ſey. 2) Ob fie
am unteren Ende einen fruchtleeren Anſatz
(Apophyſis) habe. h) Ob die Haube (Ca-
Iyptra) nackt oder mit Haaren beſetzet ſey; ob
ſie ſich am Grunde lostrenne, oder an der
Spitze öffne. i) Ob die fo genannten maͤnn⸗
lichen Bluͤthen auf derſelben Pflanze mit den
Fruchtkapſeln, oder auf getrennten Pflanzen
derſelben Art ſich befinden; ob ſie in den
Blattwinkeln zur Seite des Stengels oder an
deſſen Spitze ſitzen; ob ſie einer Blattknoſpe,
oder einer Sternbluͤthe gleichen. Die Unter⸗
ſcheidungszeichen der Gattungen bei den Mo o⸗
fen mit deckelloſer Fruchtkapfel (Exo-
pereul abi) welche die zweite Ordnung der
| drit⸗
170
dritten Klaſſe in fich faſſet, find theils von
der Geſtalt und Lage der Fruchtkapſeln und
theils von der Art, wie ſich dieſelben bei der
Reife der Fruchtkoͤrner oͤffnen, hergenommen.
Bei dieſen hat man vorzuͤglich auf folgende
Stuͤcke zu ſehen. a) Ob die Fruchtkapſeln,
mit einem Stielchen (leta) verſehen, aus der
Subſtanz des Gewaͤchſes hervorgehen; oder
ob ſie ſtiellos bis zu der Reife der Fruchtkoͤrner
in derſelben verborgen bleiben. b) Ob ſie vor
ihrer Entwickelnng mit einer beſonderen Huͤlle
oder Haube (Calyptra) bedecket find, oder nicht.
c) Ob ſie ei⸗ ſchild⸗ kugelfoͤrmig oder laͤnglich
find. d) Ob fie ſich in zwei oder vier Klappen,
mit einer Spalte, mit einer ſchlichten Muͤndung
oder mit Zähnen oͤffnen. Bei den krypto⸗
gamiſchen Waſſergewaͤchſen (A’gae),
die die vierte Klaſſe ausmschen, find die Gat⸗
tungsunterſcheidungszeichen theils von der Be⸗
ſchaffenheit des Fruchtgehaͤuſes, theils von der
Lage der Fruchtkoͤrner und theils von der
Struktur des ganzen Gewaͤchſes hergenom—
men. Hier fraͤget es ſich: a) Ob die Frucht⸗
gehaͤuſe dicht verſchloſſen oder mit warzenarti⸗
gen Mündungen verſehen find. b) Ob ſie in
ihrer Subſtanz von der uͤbrigen Subſtanz des
Gewaͤchſes unterſchieden ſind. c) Ob das
Gewaͤchs eine Roͤhre, ein netzfoͤrmiges Gewe⸗
be, eine ausgebreitete Haut, oder eine gallert⸗
artige Subſtanz bilde. d) Ob die gallertarti-
ge Subſtanz mit einer hautartigen Bedeckung
bekleidet ſey oder nicht. e) Ob die Frucht⸗
e koͤrner
171
koͤrner an der inneren Seite der Röhren geord⸗
net, in fadenfoͤrmigen Roͤhren in einer gallert⸗
artigen Subſtanz vertheilet, in krammen Linien
an einander gereihet, oder unordentlich in der
Subſtanz zerſtreuet liegen. Bei den Flech—
ten, (Lichenes) welche die fünfte Klaſſe aus⸗
machen, werden die Gattungen am ſicherſten
nach der Geſtalt und Lage der Fruchtbehaͤltniſſe
beſtimmet. Man achte hierbei vorzuͤglich auf
folgende Stucke: a) Ob fie laͤnglich und linien⸗
foͤrmig; oder ſchildfoͤrmig und flach; oder
ſchuͤſſelfoͤrmig, vertieft und mit einem erhabe⸗
nen Rande verſehen; oder erhaben, knopfartig
und kugelförmig; oder ob ſie ſpiralformig zu⸗
ſammen gedrehet find. b) Ob fie in die Sub⸗
ftanz des Gewaͤchſes verſenket und nur mit dem
oberen Theile aus derſelben hervorragen; oder
b ‘fe über dieſelbe erhaben find. G) Ob b fi e be-
ſtändig verſchloſſen ſind; oder ob fie ſich bei der
Reife der Fruchtkoͤrner öffnen; oder mit ai
vorragenden Muͤndungen; oder mit einer
Spaltoͤffnung verſehen ſind. Die Gattu 17
der Schwaͤmme (Fungi) werden nach der
Verſchiedenheit ihrer äußeren Geſtalt, des be⸗
ſonderen Fruchtbodens, ihrer inneren Beſchaf—
fenheit, nach der Art wie fie ſich oͤffnen und
die Fruchtkoͤrner von ſich geben, nach dem
Mangel und der Gegenwart einer Huͤlle (invo-
lucrum), die entweder nur den fruchttra>
genden Theil oder den ganzen Schwamm bis
zu ſeiner Vollkommenheit einſchließet, be⸗
ſtimmet.
Die
172
N Die Unterſcheidungszeichen der Arten
einer Gattung werden, wie bei den phaͤnoga⸗
miſchen Gewaͤchſen, von ſolchen Theilen herge⸗
nommen, die zum Gattungscharakter nicht an-
gewendet und einer jeden Art unveraͤndert eigen⸗
da ſind.
*5) Worauf man bei der Beſtimmung der Ar⸗
ten einer jeden Gattung bei den kryptoga⸗
miſchen Waſſergewaͤchſen zu ſehen habe,
findet man weitlaͤuftig in meinen Bemer⸗
kungen uͤber das Studium der kryp⸗
togamiſchen Waſſergewaͤchſe Seite 28
bis 87. Wie man aber die Unterſuchungen
der kleineren Arten dieſer Familie unter einem
zuſammengeſetzten Dergrößeruugsglafe anſtellen
ö muͤſſe und was man dabei zu beobachten habe,
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Zweiter Theil
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175
Erſtes Kapitel.
Von dem Nutzen und den Erforder⸗
niſſen einer guten eee.
länge
unter einer Sammlung . Pfan⸗
zen, die man auch gemeiniglich Herbarium
nennet, verſtehet man eine Anzahl Gewaͤchſe,
die ſo vollſtaͤndig als moglich nach allen ihren
Theilen und nach ihrer natuͤrlichen Richtung
zwiſchen Papierbogen ausgebreitet, gehoͤrig ge⸗
trocknet, geordnet und aufbewahret find. Eine
ſolche Sammlung gewaͤhret dem angehenden
Pflanzenforſcher große Vortheile und auch dem
Kenner und Liebhaber dieſer Wiſſenſchaft kann
ſie nuͤtzlich werden.
Bevor ich meinen Zweck weiter verfolge
und die Vorſchriften zu der Verfertigung einer
brauchbaren Pflanzenſammlung liefere, will
ich hier ihren Nutzen und die Erforderniſſe ei-
ner ſolchen Sammlung meinen Leſern bekannt
machen.
Dem angehenden Pflanzenforſcher wird
ſie doppelt nüßlich, wenn er fie ſelbſt verferti>
get
ID
get. Indem er die ihm vorkommenden Ges
wachſe, nach vorhergegangener Unterſuchung
und Beſtimmung, aufleget und nachher waͤh⸗
run dem Trocknen mehreremale wieder ſiehet,
praͤget ſich ihr Bild, nach allen ihren Verſchie⸗
denheiten der Theile, ſo tief ſeinem Gedaͤcht⸗
niſſe ein, daß er fie in der Folge bei dem erſten
Anſehen gleich wieder erkennet. Er erwirbt
55 dadurch unmerklich die Fertigkeit, eine jede
erſelben richtig zu benennen und fiehet ſich da⸗
durch in den Stand geſetzet, bei vorkommen⸗
den Verſchiedenheiten zu beſtimmen, welche
di eigentliche Art, oder Abart ſey. Die Ver⸗
fertigung einer ſolchen „ gewaͤhret
ihm einen angenehmen und nüßlichen Zeitver-
treib in müffisen Stunden und wenn ſeine
Sammlung mehrere Exemplare von einer Art
enthaͤlt, ſo bahnet er ſich dadurch den Weg,
durch die Vertauſchung derſelben gegen andere
ihm noch fehlende Arten, diefelbe zu vermeh⸗
ren und bald zu einiger Vollkommenheit zu
bringen. Indem man ſich bemuͤhet, eine moͤg⸗
lichſt ſchoͤne und vollſtaͤndige Sammlung mit
der Zeit zu erhalten und zu dieſem Ende den
erforderlichen Fleiß bei der Behandlung der
Gewaͤchſe anwendet, gewoͤhnet man ſich an
u nigkeit und Ordnung, die bei einem jun⸗
en Menſchen auch auf andere Fälle des thäti-
en Lebens einen ſehr eee Einfluß
haben.
Bei ſolchen in die Augen fallenden Vor⸗
theilen muß man es um ſo mehr 1
da
177
daß bisher auf Schulen und Akademien die
Verfertigung einer Pflanzenſammlung ſo ſehr
vernachlaͤſſiget wurde. Man betrachtet ſie
gemeiniglich als eine fuͤr den gegenwaͤrtigen
Zeitpunkt zwar nuͤtzliche, aber zugleich auch fuͤr
eine zeitverſchwendende und entbehrliche Be⸗
fchäftigung und erweget nicht den Nutzen der⸗
ſelben fuͤr die Zukunft. Bei demjenigen aber,
der die Verfertigung einer Pflanzenſammlung
fuͤr ein Spielwerk haͤlt, kann man mit Recht
voraus ſetzen, daß es ihm um die Erlernung
der Pftanzenkenntniß nie ein Be Ernſt ge⸗
weſen ſey.
In dem erſten Kapitel des aten Theiles
habe ich gezeiget, wie groß der Einfluß ſey,
den die Pflanzenkenntniß auf verſchiedene Kuͤn⸗
ſte und Wiſſenſchaften habe. Wenn man auch
nicht die Abſicht hat, in der Folge ſich der Bo⸗
tanik ganz zu widmen, ſo bleibet fi ie doch als
Huͤlfswiſſenſchaft betrachtet fuͤr einen jeden
Stand nuͤtzlich und in vielen Faͤllen nothwen⸗
dig. Dem Arzte, dem Apotheker, dem Oeko⸗
nomen, dem Forſtmanne u. ſ. w. bleibet nicht
allein die Kenntniß, ſondern auch eine moͤg⸗
lichſt vollſtaͤndige Sammlung der in ſein Fach
einſchlagenden Gewaͤchſe unentbehrlich und
auch zu dieſem Endzwecke behaͤlt eine ſelbſt
verfertigte Sammlung vor einer erkauften ei⸗
nen unendlichen Vorzug. Hier kann er ſehr
oft bei vorkommenden ſtreitigen oder zweifel⸗
haften Faͤllen, ſowohl durch die bei dieſer Ge⸗
Be ſich erworbene hiſtoriſche Kenntniß
M der
178 N
der Gewaͤchſe, als auch durch den Augenſchein
ſelbſt, die obwaltenden Zweifel gruͤndlich heben.
Schon mancher hat daher in der Folge es be⸗
dauert, daß er in früheren Jahren die ihm dar⸗
gebotenen Gelegenheiten nicht benutzte, ſich
ſelbſt eine Sammlung zu verfertigen, die wahr⸗
ſcheinlich vollſtaͤndiger und lehrreicher für ihn
geworden waͤre, als eine erkaufte, wozu er fehr
ſeine Zuflucht nehmen muß. ii
| Dem geuͤbteren Pflanzenforſcher, 5 Sind
cher feine Kenntniſſe zu erweitern und zu der
Erweiterung der Botanif das Seinige beizu⸗
tragen wuͤnſchet, bleibet eine anſehnliche
Sammlung gut getrockneter und aufbewahrter
Gewaͤchſe unentbehrlich. Sie wird ihm den
reichſten Stoff zu nuͤtzlichen Beobachtungen
und Entdeckungen liefern, es ſey an einheimi⸗
ſchen oder auslaͤndiſchen Pflanzen. Wenn er
auch ſo gluͤcklich iſt, die beſten Werke mit Ab⸗
bildungen einer oͤffentlichen oder privat Bib⸗
liothek zu benutzen, ſo muß er doch, in der Er⸗
mangelung einer lebendigen Pflanze, zu einer
trockenen feine Zuflucht nehmen, wenn er über
verſchiedene Stuͤcke, die in der Abbildung nicht
immer deutlich ausgedruckt werden koͤnnen, ſich
gehörig unterrichten will. Ueberdem ſind ſel⸗
ten die Mahler und Kupferſtecher auch Pflan⸗
zenkenner und daher fallen auch ſelten die Ab⸗
bildungen ganz nach Wunſch aus. Man kann
alſo mit Wahrheit behaupten, daß auch ſelbſt
eine gut getrocknete Pflanze in den mehreſten
a einen FR vor r einet Abbildung habe,
wenig⸗
179
wenigſtens bleibet fie zu der Vergleichung uns
entbehrlich. Durch die Verſchiedenheit des
Klimas und des Bodens nehmen die Gewaͤch⸗
ſe oft ſolche Verſchiedenheiten im Habitus an,
daß man nicht ſelten in Verſuchung kommt,
ſie fuͤr eine andere Art zu halten, wenn man
nicht mehrere Exemplare derſelben Art aus
verſchiedenen Gegenden damit vergleichen kann.
Bei den Gewaͤchſen mit getrennten Geſchlech⸗
tern giebt ein trockenes Exemplar des einen
oder des andern Geſchlechtes in vorkommenden
zweifelhaften Faͤllen die ſicherſten Aufſchluͤſſe.
Wenn gleich bei der Unterſuchung und
Beſtimmung der Gewaͤchſe die lebendige
Pflanze einer getrockneten weit vorzuziehen iſt,
fo gewähret doch die letztere, in Ermangelung
der erſteren, immer noch große Vortheile, vor⸗
zuͤglich auch bei der genaueren Unterſuchung
der Bluͤthen⸗ und Befruchtungstheile. Durch
das Aufweichen der Blumen in lauwarmen
Waſſer, oder uͤber dem Dampfe des ſiedenden
Waſſers, werden die bei dem Trocknen zuſam⸗
men geſchrumpften Theile weicher und biegſa⸗
mer und nehmen groͤßtentheils ihre vorige
Richtung wieder an. Auf ſolche Weiſe ſiehet
ſich der Pflanzenforſcher in den Stand geſetzet,
auch uͤber den Bau der Bluͤthentheile ſich Din
laͤnglich zu belehren. |
Auch demjenigen, welcher keine Pflan-
zenkenntniß beſitzet, aber nicht gefuͤhllos gegen
die Schoͤnheiten der Natur iſt, gewaͤhret die
bg einer ſchonen e gewiß
| ein
180
ein großes Vergnuͤgen und einen lehrreichen
Zeitvertreib. Indem er hier mehrere Gewaͤch⸗
ſe wieder ſiehet, die ihm dem Namen und dem
Anſehen nach im lebendigen Zuſtande bekannt
ſind, bemuͤhet er ſich, durch die Vergleichung
des in ſeinem Gedaͤchtniſſe zuruͤck gebliebenen
Bildes einer Pflanze, mit dem vorliegenden
trockenen Exemplare, die Aehnlichkeit wieder zu
finden und freuet ſich, wenn er durch das Ur⸗
theil des Kenners feine Muthmaßung beſtaͤti⸗
get findet. Mir ſind einige Beiſpiele bekannt,
daß ſogar Frauenzimmer auf dieſem Wege
aufgemuntert wurden, ſich eine Sammlung
ſchoͤner Gewaͤchſe zu verfertigen und dadurch
einige muͤſſige Stunden ſehr angenehm und
nuͤtzlich anszufuͤllen. Bei dem weiblichen Ge⸗
ſchlechte hat dieſe Nebenbeſchaͤftigung uͤber⸗
dem noch den großen Nutzen, daß ſich das
Bild einer ſchoͤnen Blume oder Pflanze nach
allen ihren Theilen ihrem Gedaͤchtniſſe richtiger
eindrucket und dadurch die Stickerei der Blu⸗
men und Pflanzen der Natur aͤhnlicher und
treuer ausfaͤllt, als nach einem durch die Ein-
bildungskraft geſchaffenen Bilde. ö
Wenn eine Pflanzenſammlung fuͤr den
Forſcher und Beobachter nuͤtzlich und brauch⸗
bar ſeyn ſoll, ſo muß ſie ſo vollſtaͤndig als
moͤglich verfertiget und in gutem Stande er⸗
halten werden. Von einer vollſtaͤndigen
Sammlung fordert man folgende Stuͤcke.
1) Sie muß alle vorkommende
Arten, onen und merkwuͤrdige
181
Abweichungen von ihrem natuͤrli⸗
chen Habitus, als Folgen des ver-
ſchiedenen Himmelsſtriches und des
Bodens, ſowohl von inlaͤndiſchen,
als auslaͤndiſchen Pflanzen, enthal⸗
ten. Auſſer der Pflanzenſammlung des its
ter Banks in England moͤgte ſich wohl ſchwer⸗
lich in Europa eine Privatſammlung finden,
die dieſes Erforderniß in einem ſo hohen Grade
erfuͤllet. Die Pflicht des eifrigen Pflanzen⸗
forſchers bleibet es jedoch immer, ſo lange er
lebet, ſeine Sammlung zu vervollkommenen und
zu vermehren, wenn er auch vorher berechnen
kann, daß er ſeine Wuͤnſche in dieſer Hinſicht
nie ganz erreichen wird. Dieſes Erforderniß
leidet indeſſen nach dem beſonderen Beduͤrfniſſe
eines Jeden einige Einſchraͤnkungen. Für den
praktiſchen Arzt und Apotheker iſt es hinrei⸗
chend, ſich eine moͤglichſt vollſtaͤndige Samm⸗
lung von den Arzeneigewaͤchſen, den Giftpflan⸗
zen und den mit einer oder der andern aͤhnli⸗
chen, leicht zu verwechſelnden und nahe ver⸗
wandten Art zu verfertigen. Das Beduͤrfniß
des Forſtmannes wird durch eine vollſtaͤndige
Sammlung aller wildwachſenden und im Freien
ausdauernden Straͤucher und Baͤume hinläng-
lich befriediget. Dem Oekonomen bleibet eine
Sammlung der Kuͤchengewaͤchſe, „der Futter⸗
kraͤuter und überhaupt aller in die Landwirth⸗
ſchaft einſchlagenden Gewaͤchſe hinreichend.
2) Die Gewaͤchſe müffen nach
Allen ihren Theilen fo Welte nis
als
182
als moͤglich geſammlet und nachihrer
Geſtalt, Groͤße, Richtung und Farbe
bei dem Auflegen und Trocknen der
Natur fo aͤhnlich als möglich erhale
ten ſeyn. Dieſe Stuͤcke ſind nothwendige
Bedingungen fuͤr eine jede Pflanzenſammlung.
Der beſondere Endzweck einer eingeſchraͤnkten
Sammlung erfordert indeſſen noch einige be⸗
ſondere Rückſichten. Der Arzt und Apotheker
muß zum Deifpiele darauf bedacht feyn, auch
diejenigen Theile ſo vollſtaͤndig als moͤglich ſei⸗
ner Sammlung beſonders beizufuͤgen, die vor⸗
züglich von einem Gewaͤchſe in den Apotheken
zum Gebrauche aufbewahret und angewendet
werden, als die Wurzeln, Fruͤchte und Frucht⸗
koͤrner. Der Forſtmann hat darauf zu ſehen,
daß von jeder Art ein Exemplar mit Knoſpen
gegen das Ende des Winters und ehe ſich die
Knoſpen wieder entwickeln, geſammlet, auch
von jeder Art eine duͤnne Platte des Holzes,
ſeiner Sammlung beigefuͤget werde, weil ihm
auch die Straͤucher und Baͤume, ſowohl nach
der Verſchiedenheit ihres Holzes, als nach
ihrem aͤußeren Anſehen im ‚erlitt Zuſtan⸗
a bekannt ſeyn müflen.
3) Die Gewaͤchſe müſſen richtig
ene ee und ſyſtematiſch geordnet
ſeyn. Da das Linneiſche Syſtem das voll⸗
ſtaͤndigſte und gebraͤuchlichſte iſt, ſo muͤſſen
die Gewaͤchſe einer brauchbaren Sammlung
auch nach dieſem Syſteme benennet und geordnet
werden. Bei einer zu einer beſonderen Abſicht
u. ver⸗
183
verfertigten Sammlung kann man nach eige⸗
nem Gutduͤnken, z. B. bei einer Sammlung
von Arzeneigewaͤchſen, die in den Apotheken ge⸗
braͤuchlichen lateiniſchen und deutſchen Namen
hinzufuͤgen, die Gewaͤchſe aber nach dem Lehr⸗
buche ordnen, welches ein jeder in ſeinem Fache
fuͤr das beſte und brauchbarſte haͤlt, jedoch iſt
es rathſam, bei jeder Pflanze alsdann auch die
Linneiſche Klaſſe und Ordnung, wohin ſie in
dem Syſteme gehoͤret, zu bemerken.
4) Eine ſolche Sammlung muß
in einem guten Stande erhalten
werden. Um eine Pflanzenſammlung in
einem guten und fuͤr die Zukunft brauchbaren
Stande zu erhalten, muß man alles entfernen,
was zu ihrer Verderbniß und Zerſtoͤrung bei⸗
tragen kann, vorzuͤglich aber auch ſie vor dem
Zugang ſchädlicher Inſekten ſchuͤtzen.
Was man bei dem Sammlen, Auflegen
| und Trocknen der Gewaͤchſe zu einer brauchba⸗
ren Sammlung, wie auch bei deren Einrich⸗
tung und Verwahrung gegen ihre Zerftörung
zu beobachten habe, will ich ve in den felgen-
den Kapitein Feigen. 1 nor
Zwei⸗
3 ar tes ei 1 apitel.
vn, dem, was man 1 5 dem Ein⸗
ſammlen der Gewaͤchſe zu einer
e zu beobachten
Wenn man die in dem vorigen Kapitel
tiejeigten: Bedingungen 1 welche bei einer
vollſtaͤndigen und brauchbaren Pflanzenfamm-
lung vorausgeſetzet wer den, nach Wunſche er⸗
Rn 9 0 . ſo Mat man bei dem Ein⸗
een |
9 )Anmert, Indem ic hier einige Vorſchriften
gebe, die man bei dem Einſammlen der
Gewächſe zu einer Pflanzenſammlung zu
beobachten hat, kann ich dem von dem Hrn.
Verleger geäußerten Wunſche kein Gnüge
leiſten, hier auch zugleich von dem zu han⸗
deln, was man bei dem Einſammlen der
Gewaͤchſe und ihrer Theile fuͤr eine Apo⸗
theke, beobachten muß, wenn die Arzenei⸗
mittel die erwuͤnſchte Wirkung haben follen.
Ich wuͤrde dadurch die Grenzen dieſer An⸗
weiſung ohne Noth zu ſehr erweitern und
eine überflüffige Arbeit liefern. Wer auch
a einige Pelbrung zu erhalten fen
eh,
185
ſammlen dazu den Grund legen. Ehe ich aber
die Vorſchriften zu der Erreichung dieſes End-
zweckes gebe, will ich vorher einige nothwen⸗
dige Beduͤrfniſſe anzeigen, die als Huͤlfsmittel
angeſehen werden koͤnnen, die Bedingungen
deſto leichter und vollkommener zu erfuͤllen.
Auſſer den zu der Unterſuchung und Be-
ſtimmung der Gewaͤchſe erforderlichen und in
dem vorigen Theile) angezeigten Huͤlfsmit⸗
teln, ſind zu dem Einſammlen der Gewaͤchſe
noch einige Stuͤcke noͤthig, welche der Pflan⸗
e 5 feinen en lan Wanderun⸗
f gen
ſchet, den verweiſe ich auf meine An wei⸗
ſung Pflanzen zum mediciniſchen
Gebrauche zu ſammlen, in dem medici⸗
ſchen Wochenblatte fuͤr Aerzte, Wundaͤrzte
und Apotheker, herausgegeben von J. J.
Reichard Frankfurt am Mayn 1781. zter
Te Seite 229 — 252, die ich in
dem erſten Hefte meines Herbarium vivum
Plantarum officinalium verbeſſert mittheilte
und uͤberdem in dem Taſchenbuche fuͤr
Scheidekünſtler und Apotheker fuͤr das Jahr
1782 und in J. J. Romer Annalen der
Arzeneilehre Band 1. Stuͤck 2. Seite 162
— 181 abgedruckt ſich befindet.
19 9 Die am Schluſſe des zweiten Kapitels und
im vierten Kapitel (d. e. g.) a Be⸗
duͤrfniſſe zur Unterſuchung der Gewaͤchſe ſind
folgende: ein ſcharfes ſpitziges Meſſer, eine
Zange, ein einfaches und zuſammen⸗
geſetztes Vergroͤßerungsglas, einige
Gllasſtreifen, reines Schreibpapier
und ein Bleiſtift.
186
gen bei der Hand haben muß. Dieſe Stuͤcke
muͤſſen aber fo beſchaffen ſeyn, daß fie demſel⸗
ben nicht zu ſehr belaͤſtigen und dennoch die
a Dienſte leiſten. Hierauf muß
nan bei der Auſthaffüng derſelben bezüge
70
1) Bei ſolchen Gewaͤchſen, die man füg«
lich ganz in ſeine Sammlung bringen kann,
iſt es nothwendig, auch die Wurzel oder den
Wurzelſtock unbeſchaͤdiget zu erhalten. Ueber⸗
dem ſind bei einigen Gewaͤchſen die Unter⸗
ſcheidungszeichen der Arten von der Wurzel
mit her genommen, z. B. bei den Orchiden
(orchides). Verſchiedene Gewaͤchſe wachſen
auf Steinen, in Felſenritzen oder einem ſteini⸗
gen Boden, wo ein Taſchenmeſſer nicht hinrei⸗
chend iſt, ſeinen Zweck zu erreichen. Hierzu
iſt ein, am unteren Ende gut verſtahlter Mei⸗
ſel von mittelmäßiger Größe nothwendig.
2) Wenn man von Baͤumen und hohen
Straͤuchern gute Exemplare fuͤr ſeine Samm⸗
lung haben will, ſo muß man ihre Zweige,
mittels eines Hakens, an ſich holen. Auch bei
den mehreſten Waſſergewaͤchſen muß man ſich
eines ſolchen Huͤlfsmittels bedienen, wenn man
ihrer habhaft werden will. Zu dem Ende iſt
ein leichter Spazierſtock mit einem
Haken verſehen bei botaniſchen Wanderun⸗
gen ein nothwendiges Beduͤrfniß. In dem
Falle, wo man die entfernteren Waſſergewaͤch⸗
ſe mit dieſem Stocke nicht erreichen kann, laͤſ⸗
ſet ſich mit leichter Mühe ein anderer laͤngerer
Stock
187
Stock ſchneiden, an welchen man diefen Ha⸗
kenſtock feſt bindet, um auf ſolche Weiſe das
Gewaͤchs zu erreichen. ö
3) Wenn gleich das Auflegen der Ge⸗
wächſe an Ort und Stelle viele Zeit wegnimmt,
die man vortheilhafter zu der Beobachtung
und dem Einſammlen der Gewaͤchſe anwenden
kann, die Hoffnung aber, oder der Wunſch,
eine neue Pflanze zu finden, gemeiniglich Ge⸗
legenheit giebt, daß man bei dem Auflegen an
Ort und Stelle niemals den Fleiß anwendet,
als nach der Zuhauſekunft, ſo bleibet es doch
rathſam, bei kuͤrzeren Spaziergaͤngen oder auf
den Fall, wo man zartere, leicht gebrechliche
| Pflanzen findet, ſich mit dem dazu noͤthigen
Papiere zu verſehen. Da man aber die
Pflanzen in feſtgehefteten Bogen weit vollſtaͤn⸗
diger auflegen und ihnen weit genauer die na⸗
tuͤrliche Richtung geben kann, als in einzelnen
freiliegenden Bogen, fo hefte man zu dem En⸗
de ein Buch Loͤſch⸗ oder Druck⸗ Papier in er
nen Umſchlag von dünner Pappe, der die
Groͤße der zuſammengeſchlagenen Bogen ha⸗
ben muß und befi eflige an der einen Seite und
oben und unten zwei Bänder gegen einander
uͤber, womit man den Umſchlag an den offe⸗
nen Seiten zuſammen bindet und dadurch ver⸗
hindert, daß die eingelegten Pflanzen aus ihrer
Richtung kommen oder wohl gar heraus fallen.
Ein ſolches Buch kann man ohne Beſchwerde
unter die Weſte knoͤpfen und immer bei ſich
führen, Es Al aber auf keinen Fall rathſam,
RT: das
/
188
das Papier, worein Pflanzen geleget find, der
Laͤnge nach zuſammen zu rollen und mit einem
Bindfaden zu umwinden, weil dadurch die
Gewaͤchſe zu ſehr leiden und aus ihrer natuͤr⸗
lichen Richtung gebracht werden. Im Noth⸗
falle kann ein jeder duͤnner Foliant dieſelben
Dienſte leiſten.
4) Sowohl bei der Wiederholung der an Ort
und Stelle gemachten Beobachtungen, als
auch bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe zu
einer Pflanzenſammlung, beruhet alles darauf,
daß man ſie bis zu der Zuhauſekunft, wo man
fie mit Muße nach allen ihren Theilen noch»
mals unterſuchen, fie mit den gemachten Beob⸗
achtungen vergleichen und alsdann einlegen
kann, vollkommen friſch erhalte. Bei dem
Einſammlen der Gewaͤchſe fuͤr eine Samm⸗
lung hat man aber noch auf einen andern Um⸗
ſtand Ruͤckſicht zu nehmen, nemlich man muß
dafuͤr ſorgen, daß die Landgewaͤchſe nicht naß
werden. Dieſe doppelte Bedingung wird durch
einen blechernen Kaſten am beſten erfuͤllet.
Man laſſe ſich daher bei einem Blechenſchlaͤger
einen viereckigen Kaſten von dünnen uͤberzinn⸗
ten Eiſenbleche, einen Fuß bis vierzehn Zolle
lang, acht Zolle breit und drei Zolle hoch, ver⸗
fertigen, deſſen Deckel hinten mit einem Ge⸗
winde befeſtiget iſt und deſſen Rand über dem
Rand des Kaſtens genau ſchließet, damit der
Zugang der freien Luft zu den Gewaͤchſen in
dem Kaſten verhindert werde. Man kann ihn
a zu mehrer Befeſtigung an der vorderen Seite
mit
189
mit einem Ueberfalle verſehen und in- und auge
wendig mit Oelfarbe beſtreichen laſſen, wenn
das Blech nicht gut uͤberzinnt ſeyn und daher
leicht roſten ſollte. Einen ſolchen Kaſten kann
man ohne Beſchwerde unter dem Arm oder in
der Hand tragen. Auf ſolche Weiſe bleiben
die Gewaͤchſe, auch bei der ſtaͤrkſten Sommer⸗
hitze, einen ganzen Tag friſch. Bei weiten
botaniſchen Wanderungen, wo ich eine reiche
Erndte zu hoffen habe, bediene ich mich eines
groͤßeren Kaſtens dieſer Art. Er iſt gleichfalls
von dünnen uͤberzinnten Eiſenbleche, mit Oel—
farbe uͤberzogen, dreizehn Zolle lang, fuͤnf
Zolle breit und eilf Zolle hoch. Zu beiden
Seiten find oben und unten ein paar Blech-
ſtreifen befeſtiget, durch welche ein ledener
Riemen, mit einer Schnalle, gezogen iſt, der
ſo lang ſeyn muß, daß man den Kaſten uͤber
die Schulter haͤngen und, ohne ihn von der
Schulter abzunehmen, den Deckel oͤffnen und
die Pflanzen hinein legen kann. Der Deckel
iſt flach, hinten mit einem Gewinde befeſtiget,
vorne mit einem Ueberfalle verſehen, daß er
mittels eines angehaͤngten kleinen Schloſſes
verſchloſſen werden kann und der Rand deſſel⸗
ben ſchließet bis zur Haͤlfte uͤber den en Des
Kaſtens.
5)
2) Bei folhen Reiſen, wo man fich wegen ans
derer Geſchaͤfte, oder um einen Strich Landes
zu durchſuchen, mehrere Tage an einem Orte
aufhalten muß, bedienet man ſich mit Vortheil
eines hoͤlzernen Kaſtens von felgen der Groͤße
und
190
z) Da aber die kleineren phaͤnogamiſchen
und einige kryptogamiſche Gewaͤchſe, als Flech⸗
ten und kleinere Schwaͤmme, wenn man fie
zwiſchen die groͤßeren Pflanzen in den Kaſten
leget, entweder leicht zerſtreuet, oder doch,
indem ſie ſich mit den groͤßeren Gewaͤchſen ver⸗
wickeln, leicht beſchaͤdiget werden koͤnnen, ſo
00 es rathſam, ſich zu he Endzwecke einer
| fag
und Einrichtung. dan laſſe ſich von bäfnen
Tannenbrettern einen viereckigen Kaſten, zwei
und einen halben Fuß lang, einen Fuß breit
und hoch verfertigen. Die Bretter muͤſſen
gut zuſammen gefuget ſeyn, damit kein Regen
in den Kaſten dringen kann, auch iſt es rath⸗
ſam, ihn mit einem kleinen Schloſſe zu ver⸗
ſehen. Der Deckel muß am Rande mit einer
Leiſte den Rand des Kaſtens dicht verſchließen.
Inwendig kaſſe man ihn in drei Faͤcher theilen,
deren beide Scheidewaͤnde mittels ein paar
dünner, am Kaſten befeſtigter, Leiſten heraus
genommen und wieder hinein geſchoben wers
den koͤnnen. Das mittelſte Fach muß einen
Fuß und vier 3 Zolle, bis anderthalb Fuß lang
ſeyn, damit 1105 noͤthige Papier mit den ein⸗
gelegten Pflanzen und ein Foliant von mittel⸗
maͤßiger Dicke, darin Raum haben. In den
beiden Nebenfaͤchern kann man die zur Unter⸗
ſuchung und Beſtimmung, wie auch die uͤbri⸗
gen, bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe noͤthi⸗
ger Beduͤrfniſſe und die auf einer ſolchen Reiſe
nothwendige reine Waͤſche, legen. Ein ſolcher
Kaſten findet auf einem jeden Wagen Naum
und kann von einem Boten unter dem Arm
ohne große Beſchwerde von einem Orte n
Anderen Sagen werden.
191
laͤnglichen Schachtel zu bedienen, die man
fuͤglich in eine Taſche ſtecken, oder in den groͤ⸗
un blechernen Kaſten legen kann.
6) Es finder ſich ſchwerlich eine Pfuͤtze,
ein Graben, oder ein Sumpf, wo man nicht
auch Gelegenheit haͤtte, einige keyptogamiſche
Waſſergewaͤchſe zu ſammlen. Dieſe groͤßten⸗
theils ſehr zarten und leicht verderblichen Ge⸗
waͤchſe verdienen bei dem Einſammlen eine be⸗
ſondere Sorgfalt, wenn man ſte fuͤr ſeine
Sammlung gut erhalten will. Für dieſe Ge⸗
waͤchſe ſind noch zwei Stuͤcke unumgaͤnlich
nothwendig, die man bei einem jeden botani⸗
ſchen Spaziergange bei ſich fuͤhren muß, nem⸗
lich: a) eine blecherne Kapſel nach der
vorhin (n. 4.) beſchriebenen Art verfertiget,
die man entweder in den größeren Kaſten legen,
oder fuͤglicher in der Taſche tragen kann. Sie
muß etwa fieben bis acht Zoll lang, vier bis
fuͤnf Zölle breit, anderthalb bis zwei Zolle hoch
und mit einem feſte ſchließenden Deckel verſe⸗
hen ſeyn. Eine ſolche blecherne Kapſel fuͤr
die kleineren kryptogamiſchen Waſſergewaͤchſe
iſt einer hoͤlzeenen Schachtel weit vorzuziehen,
weil in der erſteren, wenn der Deckel gut ſchlie⸗
ßet, die denen Gewaͤchſen anhaͤngenden Feuch⸗
tigkeiten beſſer beiſammen bleiben und die Ge⸗
waͤchſe friſch erhalten werden. b) Einige
kleine Gläfer mit einer Oeffnung, worin
man in den Apotheken ſolche Pulver vertheilet,
die entweder leicht Feuchtigkeit aus der Luft
an ng ziehen, oder wegen des Verluſtes ihrer
lich
192
flüchtigen Theile in einem anderen Behältniffe
leicht unwirkſam werden. Ein jedes dieſer
Glaͤſer muß mit einem guten Korkpfropfe ver-
ſehen ſeyn, der zwar das Ausfließen des Waſ⸗
ſers verhindert, aber nicht zu weit in dem
Glaſe hervorragen darf, damit ſich die in dem⸗
ſelben befindlichen Gewaͤchſe nicht daran reiben
oder feſte ſetzen koͤnnen. Wenn man Gelegen-
heit hat in der Naͤhe einer Glasfabrik zu woh⸗
nen, ſo laſſe man ſich zu dieſem Endzwecke
viereckige oder runde Glaͤſer, anderthalb bis
zwei Zolle weit und hoch verfertigen, deren
Muͤndung cylinderfoͤrmig, einen halben Zoll
hoch und dreiviertel Zolle weit iſt. Solche
Glaͤſer laſſen ſich entweder in der Weſtentaſche
tragen, oder auch in den blechernen Kaſten
zwiſchen die geſammleten Gewaͤchſen ſetzen.
Jetzt will ich zeigen, was man bei dem
Einſammlen der Gewaͤchſe zu einer brauchba⸗
ren Sammlung zu beobachten habe und mache,
der Ordnung nach, mit den e
Pflanzen den Anfang.
Die erſte und vorzüglichſte Bedingung,
die man bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe zu
dieſem Endzwecke zu erfuͤllen hat, beſtehet dar⸗
in, daß man, ſo viel als moͤglich, dahin ſehe,
vollſtaͤndige Pflanzen zu erhalten. Zu
einer vollſtaͤndigen Pflanze werden folgende
Stücke gerechnet: a) die Bluͤthe mit ihren
Theilen, weil alsdann die Pflanze den hoͤchſten
Grad ihrer Vollkommenheit und Schönheit
erreichet hat. Fehlet die Bluͤthe an einer
W | Pflan⸗
193
Pflanze, ſo it ba Werth in dieſer Hinſicht ſehr
geringe und für eine Pflanzenſammlung iſt fie
faſt ganz untauglich. Man bemuͤhe ſich daher,
die Pflanzen in der Bluͤthe zu erhalten, jedoch
waͤhle man ſolche Exemplare, deren Bluͤthen
ſich noch nicht lange geoͤffnet haben, denn bei
dem Trocknen ziehen ſich ihre Theile zuſammen
und die Blumenkrone, wenn fie ſchon lange
gebluͤhet hat, fällt alsdann leicht ab. Bei ei⸗
nigen Gewaͤchſen iſt es ſogar nothwendig, ſie
alsdenn zu ſammlen, wenn ſie noch nicht völlig
aufgebluͤhet ſind.) b) Die Blätter, Bei
den mehreſten Gewaͤchſen ſind die Unterſchei⸗
dungszeichen der Arten von den Blaͤttern her⸗
genommen und dieſe geben auch die beſten
Kennzeichen ab, da ſie auch bei einer gut getrock⸗
neten Pflanze gleich in die Augen fallen und da⸗
durch einen jeden in den Stand ſetzen, ſie von
aͤhnlichen Arten zu unterſcheiden. Einige Pflan⸗
zen haben gar keine Blaͤtter, deren Anzahl iſt
aber nach Verhaͤltniß der uͤbrigen ſehr geringe,
andere haben nur Wurzelblaͤtter (Folia radica-
lia), und wieder andere haben Wurzelblaͤtter,
Stengelblaͤtter (Folia caulina) und auch wohl
Deckblaͤtter (Bracteae) zugleich. Finden ſich dies
ſe drei Arten von Blaͤttern an einer Pflanze bei⸗
ſammen, ſo find Rena oftfo fehr von einander
Tan Aer
3) Die ſchoͤne blaue Kornblume (Centaurea
Luyanus) muß man vor dem völligen Auf⸗
bluͤhen ſammlen, wenn ſie ihre Farbe behalten
und in der Sammlung 5 bleiben ſoll.
194 |
verſchieden, daß ſie gar keine Aehnlichkeit unter⸗
einander haben. Man muß daher bei ſolchen
Pflanzen alle drei Arten von Blaͤttern ſamm⸗
len, wenn die Pflanze vollſtaͤndig ſeyn ſoll.
Bei verſchiedenen Anfaͤngern in der Pflanzen⸗
kenntniß herrſcht die uͤble Gewohnheit, daß ſie
nur die Bluͤthen einer Pflanze ſammlen, ohne
auf den Stengel mit ſeinen Blaͤttern und auf
die Wurzelblätter Ruͤckſicht zu nehmen. Da⸗
her kommt es denn auch, daß oft der geuͤbteſte
Pflanzenkenner bei ſolchen mangelhaften Exem-
plaren nicht im Stande iſt, ſie von aͤhnlichen
Arten zu unterſcheiden und richtig zu beſtimmen.
Bei verſchiedenen krautartigen Gewaͤchſen, vor⸗
zuͤglich bei den ausdauernden und zweijährigen,
ſind die Wurzelblaͤtter, alsdann, wenn die
Pflanze bluͤhet, entweder vertrocknet oder ver⸗
faulet. Von dieſen ſammle man, nebſt den
bluͤhenden, auch einige Pflanzen, die noch nicht
blühen, deren Wurzelblaͤtter aber noch vollſtaͤn⸗
dig ſind. Wenn ſie aber ſo groß ſeyn ſollten,
daß ſie in einem Papierbogen nicht fuͤglich Raum
haben, ſo ſammle man wenigſtens einige der
vollſtaͤndigſten Wurzelblaͤtter. ) Die Wur-
zel machet das dritte Stück einer vollſtaͤndi⸗
gen Pflanze aus. Auch von den Wurzeln und
Zwiebeln verſchiedener Pflanzen ſind die Unter⸗
ſcheidungszeichen der Arten hergenommen. Es
iſt daher auch nothwendig, daß man den Wur⸗
zelſtock und die Wurzeln, wenn ſie nicht gar zu
groß ſind, mit ſammle. Da die Wurzeln ver⸗
e Gewaͤchſe in den Apotheken, 5 der
Haus⸗
195
Haushaltung oder ſonſt gebraucht werden, fo.
iſt es uͤberdem ſehr nuͤtzlich und angenehm, wenn
man fie kennen lernet und in der Folge fie in
ſeiner Sammlung vorzeigen kann. d) Die
Frucht iſt das letzte Stuck einer vollſtändigen
Pflanze. Die Frucht wird ſowohl bei den Gat⸗
tungen, als bei den Arten haͤuſig zu den Un⸗
terſcheidungszeichen angewendet und daher
machet ſie ein vorzuͤgliches Stuͤck bei einer voll⸗
ſtaͤndigen Pflanze in einer Pflanzenſammlung
aus. Bei ſolchen Gewaͤchſen, welche große
und ſaftreiche Fruͤchte tragen, iſt es nicht rath⸗
ſam, mit dem Sammlen ſo lange zu warten,
bis ſie völlig reif find. Denn, wenn fie zu
groß find, fo iſt man nicht im Stande fie auf-
zulegen und wenn ſie ſaftreich ſind, ſo trocknen
ſie ſehr langſam und werden alsdann größten-
theils ganz unkenntlich. Kirſchen, Pflaumen
und andere ſaftreiche Fruͤchte koͤnnen davon
Beweiſe geben. In ſolchen Faͤllen iſt es daher
rathſam, die Fruͤchte fuͤr eine Pflanzenſamm⸗
lung . zu ſammlen, wenn ſie noch nicht
ihre voͤllige Groͤße und Reife erreichet haben.
Iſt die Frucht aber nicht ſehr ſaftreich als die
Frucht des Weisdorns (Crataegus Oxyacan-
tha), ſo kann man mit dem Sammlen ſo lange
warten, bis ſie ſich dem Zeitpunkte der Reife
naͤhert. Bei den Schotenfruͤchten und uͤber⸗
haupt bei trockenen Fruͤchten darf man bei dem
Sammlen nicht fo lange warten, bis ſie voͤllig
reif ſind, ſonſt ſpringen die Schoten und die
Fruchtkapſeln bei dem Trocknen auf. Ver⸗
N EN ſchie⸗
i 196
ſchiedene Gewaͤchſe tragen Fruͤchte und bringen
dabei noch Bluͤthen hervor, als die mehreſten
krautartigen Gewaͤchſe und einige Sträucher
z. B. der Wacholder (Juniperus communis).
Bei dieſen Gewaͤchſen iſt es rathſam nur ſol⸗
che Exemplare zu waͤhlen, die noch bluͤhen und
doch ſchon Fruͤchte angeſetzet haben. Soll⸗
ten aber ſolche Pflanzen noch keine Fruͤchte
angeſetzet haben, man auch vielleicht befuͤrch⸗
ten muͤßte, daß ſie verbluͤhen, ehe man Ge⸗
legenheit hat, ſie wieder zu ſehen, ſo ſamm⸗
le man ſie vorerſt mit Bluͤthen und bemuͤ⸗
he ſich nachher auch Exemplare mit Fruͤchten
zu erhalten. Andere Pflanzen blühen vollig
aus und alsdann ſetzen fie erſt Fruͤchte an, oder
ihre Bluͤthen oͤffnen ſich alle zu gleicher Zeit und
fallen auch zu gleicher Zeit ab. Hierzu gehoͤ⸗
ren unter andern die mehreſten Baumfruͤchte,
als die Eiche (Quercus Robur) die Cornelkir⸗
ſche (Cornus mafcula) und das Obſt. Bei
dieſen muß man die Bluͤthezeit wohl beobach⸗
ten, damit man vollſtaͤndige Bluͤthen erhalte
und nachher ſammlet man Exemplare, deren
Fruͤchte ſich ſchon hinlaͤnglich gebildet haben.
Die mehreſten Gewaͤchſe dieſer Art bluͤhen, ehe
ſich die Blaͤtter voͤllig entwickelt haben. Hier
muß man daher bei dem Einſammlen der Ex⸗
emplare mit Fruͤchten auch vorzuͤglich auf gute
ZBlaͤtter Ruͤckſicht nehmen. Bei den Gewaͤch⸗
ſen mit getrennten Geſchlechtern muß man da⸗
hin trachten, von beiden Geſchlechtern gute
Exemplare zu 1
| \ Wenn
197
Wenn man von einer Art mehrere Indi⸗
viduen beiſammen findet und daher eine freie
Wahl hat, die vollſtaͤndigſten Exemplare zu
ſammlen, ſo waͤhle man die groͤßten und ſchoͤn⸗
ſten derſelben und ſehe vorzuͤglich dahin, daß
ſie an keinem Theile von Inſekten oder anderen
Thieren beſchaͤdigt ſind. Bei dieſer Gelegen⸗
heit muß ich eines Fehlers gedenken, in den ei⸗
nige angehende Pflanzenſammler leicht verfal⸗
len. Sie ſehen naͤmlich bei dem Sammlen fuͤr
ihre Sammlung nur auf ſolche Gewaͤchſe, die
ſchoͤne Blumen haben und vernachlaͤßigen an⸗
dere unanſehnlichere oder kleinere Pflanzen ganz,
oder betrachten ſie wohl gar mit einer Art von
Verachtung. Fuͤr den emſigen Pflanzenfor⸗
ſcher, dem es an der Erweiterung ſeiner Kennt⸗
niſſe gelegen iſt, muß die kleinſte unanfehnlich-
ſte Pflanze eben ſo wichtig ſeyn, als die ſchoͤn⸗
ſte Prachtblume und in einer vollſtaͤndigen,
brauchbaren Sammlung erwartet der Kenner
die eine ſowohl, als die andere. |
Bei der Unterſuchung und. Beste
der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe muß man noth⸗
wendig den Zeitpunkt waͤhlen, wenn ſie in ih⸗
rer voͤlligen Bluͤthe ſtehen, ohne Ruͤckſicht auf
Nebenumſtaͤnde, als Regen, Thau oder
feuchte Luft zu nehmen. Bei dem Ein⸗
ſammlen aber zu einer brauchbaren Pflanzen⸗
ſammlung kommen dieſe Nebenumſtaͤnde ſehr
in Betracht und muͤſſen ſorgfaͤltig vermieden
werden, wenn man ſeinen Endzweck nach Wun⸗
ſche erreichen will. Man bemuͤhe ſich daher
0 | die
1 98
die bbansgawich en echte ſo
trocken als möglich einzuſammlen. Wenn die
Pflanzen oder ihre Theile feucht ſind, ſo ver—
2 ren fie bei dem Trocknen fehr leicht ihre na-
uͤrliche Farbe. Auch bei der größten Sorgfalt
aue fie entweder, oder bekommen doch ſchwar⸗
ze Flecken und werden unkenntlich. Die Mor⸗
gen- und Abend - Stunden muͤſſen daher zum
Einſammlen dieſer Gewaͤchſe vermieden wer⸗
den, weil des Morgens der Thau noch nicht
abgetrocknet iſt und des Abends derſelbe ſchon
wieder aus der Erde hervordunſtet. Am we⸗
nigſten iſt es rathſam, bald nach einem Nebel
oder Regen dieſelben zu ſammlen, weil alsdann
die Pflanzen ſehr naß und ſchmutzig ſind. Man
waͤhle daher, bei trockener Witterung, die Zeit
von zehn Uhr des Vormittages bis 5 Uhr des
Nachm ittages. Zuweilen aber ſtehet man fi ch
doch in die Nothwendigkeit verſetzet, Pflanzen,
wenn ſie naß oder feucht ſind zu ſammlen, ent⸗
weder, weil man auf einer botaniſchen Wan⸗
derung von einem Regen uͤberfallen wird und
man befuͤrchten muß, eine gefundene neue
Pflanze fuͤr ſeine Sammlung nicht wieder zu
erhalten; oder weil wichtigere Geſchaͤfte es
nicht verſtatten, eine andere Tageszeit, als die
Morgen- oder Abend - Stunden zum Ein⸗
ſammlen der Gewaͤchſe zu waͤhlen. Hier muß
man alſo denen uͤbelen Folgen vorzubauen fü-
chen und zwar auf folgende Weiſe. Sobald
man feine Wanderung zuruck geleget hat, neh⸗
me man e die Pflanzen ans dem blechernen
5 Ka⸗
199
Kaſten und lege! ſie an einen trockenen, ſchatti⸗
gen und Fühlen Ort in eine flache Schuͤſſel, die
mit friſchem Fluß- oder Regenwaſſer angefuͤllet
iſt. Diejenigen Gewaͤchſe, welche noch mit
Wurzeln verſehen ſind, lege man ſo weit in das
Woſſer, daß die Wurzeln von demſelben bedek⸗
ket werden, die Blätter und ubrigen Theile der
Pflanze muͤſſen aber vom Waſſer unberuͤhret
bleiben. Bei den Zweigen von Baͤumen und
Straͤuchern, wie auch bei den abgeſchnittenen
Theilen groͤßerer Pflanzen muß man, ehe man
fie mit dem unteren Theile, ein bis zwei Zolle
tief in das Waſſer ſetzet, die Vorſicht beobach⸗
ten, daß man das untere Ende mit einem
ſcharfen Meſſer ſchief abſchneidet. Durch dieſe
ihnen zugefuͤgte friſche Wunde werden die ab⸗
gene, ſehr feinen Gefaͤße, welche nach
der erſten Verletzung waͤhrend der Wanderung
ſich ſchon wieder zuſammen gezogen hatten, in
den Stand geſetzet, die zum einſtweiligen Un⸗
terhalte nothduͤrftigen Feuchtigkeiten einzu⸗
ſaugen. Auf ſolche Weiſe kann man die Ge⸗
waͤchſe ſo lange friſch erhalten, bis ſie voͤllig
abgetrocknet und zum Einlegen geſchickt ſind.
Einige Gewaͤchſe bluͤhen nur des Nachts, ihre
Blumen oͤffnen ſich nur nach dem Untergange
der Sonne und ſchließen ſich wieder bei dem
Aufgange derſelben. Bei dieſen iſt man ger
zwungen, ſie vom Thaue befeuchtet zu ſammlen,
wenn man ſie in voller Bluͤthe fuͤr ſeine Samm⸗
lung einlegen will. Dieſe muß man auf die
eben beſchriebene Art, wie die naß gewordenen
Pflan⸗
290
Pflanzen, behandeln und nachdem fie in eini⸗
gen Stunden völlig abgetrocknet find, während
der Nachtzeit einlegen.
Es finden ſich verſchiedene Pflanzen, de⸗
ren Blaͤtter oder Blumen, zu Folge einer ih⸗
nen eigenthuͤmlichen Reizbarkeit, zu gewiſſen
Tageszeiten, vorzuͤglich gegen Abend bei der
Abnahme der Waͤrme, ſich zuſammen ziehen
und dadurch eine verſchiedene Richtung ihrer
Theile annehmen. Dieſen Zuſtand nennet
man gewoͤhnlich den Schlaf der Pflanzen.
Dieſe Gewaͤchſe muͤſſen nur alsdann geſamm⸗
let werden, wenn ihre Theile ſich voͤllig entfal⸗
tet und ausgebreitet haben, nemlich am Tage,
bei warmer, trockener Witterung.
Wenn Pflanzen einer Art (fpecies) theils
auf trockenem, theils auf naſſem, ſumpfigem
Boden wachſen, fo find die erſteren denen lez⸗
teren vorzuziehen, weil diejenigen, die auf
trockenem Boden wachſen, nicht ſo viel Saft
enthalten, als die letzteren, daher auch leichter
trocknen und im getrockneten Zuſtande, wenn
die erforderlichen Masregeln beobachtet ſind,
auch beſſer ihre Farbe behalten. Sollte man
aber durch die ſorgfaͤltige Vergleichung wahr⸗
nehmen, daß durch dieſe Verſchiedenheit des
Bodens einige merkwuͤrdige Abweichungen in
der äußeren Geſtalt und Farbe der Theile er⸗
zeuget worden ſind, ſo muß man die Letzteren,
fo wie die Erſteren fammlen, |
Die phaͤnogamiſchen Waſſerge⸗
wi j e werden weit leichter welk, * nn
and⸗
201
Landgewaͤchſe. Sobald das ihnen anhängende .
Waſſer abgelaufen iſt und ſie der aͤußeren Luft
ausgeſetzt bleiben, ſchrumpfen vorzuͤglich ihre
Blaͤtter zuſammen, die Pflanze verliehret ihre
natürliche Geſtalt und wird ganz unkenntlich.
Wenn man mit dem Auflegen an Ort und
Stelle ſich nicht aufhalten will, ſo muß man
Dafür Sorge tragen, daß fie friſch und unbe⸗
ſchaͤdiget bis zu der Zuhauſekunft erhalten wer⸗
den. Wollte man ſie aber zu den geſammleten
phaͤnogamiſchen Landgewaͤchſen in den blecher⸗
Kaſten legen, fo wuͤrden jene dadurch naß
werden, welches man doch, wie aus dem vor⸗
hergehenden erhellet, vermeiden muß. Es iſt
daher nothwendig, daß, ſobald man ſie aus
dem Waſſer gezogen hat, man das anhaͤngende
Waſſer ablaufen laſſe, ſie alsdann mit ein paar
Bogen Loͤſchpapier beſchlage und, alſo verwah-
ret, in den blechernen Kaſten lege. Man kann
auch die Bogen döſchpapfer, worin dieſe Waſ⸗
ſerpflanzen liegen, der Laͤnge nach, nur nicht
zu feſt, zuſammenrollen, einen Faden darum
binden und dieſe Rolle in die Taſche ſtecken.
Die mehreſten phaͤnogamiſchen Waſſer⸗
gewaͤchſe haben unter dem Waſſer ganz ver⸗
ſchiedene Blatter von denen über dem Waſſer.
Hierauf muß man bei dem Einſammlen dieſer
Gewaͤchſe nothwendig Ruͤckſtcht nehmen und
dahin trachten, daß man auch den Theil der
Pflonze unter dem — mit 1 Blaͤt⸗
tern erhalte. u N 4
Da
‚202
Da fi unter den krautartigen, ſowohl
Land als Waſſer⸗Gewaͤchſen, verſchiedene
finden, die nach ihrer ganzen Laͤnge nicht in den
blechernen Kaſten geleget werden koͤnnen, ſo iſt
rathſamer, ſie, wenn fie nicht zu groß und aͤſtig
ſind, nach der Länge des Kaſtens einzuknicken,
als in mehrere Stucke zu ſchneiden, weil fie im
letzteren Falle viel leichter welk werden.
Die kryptogamiſchen Gewaͤchſe
erfordern, nach der Verſchiedenheit ihres
Baues und des Ortes, wo ſie wachſen, eine
verſchiedene Behandlung bei dem Einſammlen,
wie ich jetzt der Ordnung nach zeigen will.
Die kryptogam iſchen Gewaͤchſe der er⸗
ſten und zweiten, in dem vorigen Theile
angenommenen, Klaſſe, nemlich die mit
Wurzelfrucht ( Rhizocarpae) und die
Farrenkräuter (Filices) muͤſſen bei dm
Einſammlen eben ſo behandelt werden, als die
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe. 5
Bei den Farrenkraͤutern iſt jedoch zu erin⸗
nern, daß man außer den fruchttragenden We⸗
deln (Frondes) auch einige von den unfrucht⸗
baren mit einſammle, weil bei verſchiedenen
Gewaͤchſen dieſer Familie die letzteren von den
erſteren einige weſentliche Verſchiedenheiten in
dem aͤußeren Baue zeigen. Auch muß man
bei dieſen Gewaͤchſen nothwendig den Wurzel⸗
hoc (Rhizoma) und die Wurzeln mit ſammlen.
Die Mooſe und Flechten (Muſci
et Lichenes) laſſen ſich, wenn ſie trocken ge⸗
worden ſind, ſehr leicht mit Waſſer wieder auf⸗
fri⸗
203
friſchen und nehmen alsdann völlig ihre natür- -
liche Geſtalt und Richtung wieder an, die ſie
durch das Trocknen verlohren hatten. Sie er-
fordern daher bei dem Einſammlen nicht die
beſondere Fuͤrſorge, ſie friſch zu erhalten, als
die bisher abg gehandelten Gewaͤchſe. Es iſt
daher hinreichend, die leicht zerbrechlichen Arten
in eine Schachtel zu ſammlen, die uͤbrigen aber,
eine jede Sorte für ſich, in Papier zu wickeln
und entweder in eine Taſche zu ſtecken, oder
auch, der Bequemlichkeit wegen, in den blecher⸗
nen Kaſten zu legen. Da aber bei dieſen Ge⸗
waͤchſen die Kennzeichen zu der Beſtimmung
der Ordnungen und Gattungen von der Frucht
hergenommen fi ſind, ſo iſt es auch nothwendig,
bei dem Einſammlen dieſer Gewaͤchſe vorzüg⸗
lich darauf zu ſehen, daß man Exemplare mit
wahle igen Fruchttheilen erhalte. 1
Bei den Mooſen finden ſich verſchiedene
Arten, die auf getrennten Pflanzen Fruchtkap⸗
ſeln und knoſpenartige Auswuͤchſe, welche man
fuͤr die „nannligen Bluͤthen haͤlt, hervorbrin⸗
gen. In dem Falle wo ſich dieſe ſo genaunten
männlichen Bluͤthen auf getrennten Pf Lanzen |
ihrer Art finden, muß man auch auf dieſe
Ruͤckſicht nehmen und u beſonders ſammlen,
wenn fie nicht mit den Fruchttragende n gemein⸗
ſchaftlich in einem Raſen wachſen.
| Verſchiedene Mooſe und vorzuͤglich Flech⸗
ten ſind fo klein und fißen dem Koͤrper, wor⸗
auf fie wachſen, z 5. D. dem Holze, der Erde,
denen Steinen, To 1 25 an, daß es nicht rath⸗
Reh ſam
4
ſam iſt ſie einzeln davon zu trennen, wenn man
nicht Gefahr laufen will, fie zu zerflören, oder
fie zwiſchen den übrigen geſammleten Gewaͤch⸗
ſen zu verliehren. Bei dieſen muß man die
ganze Stelle, worauf ſie wachſen und welche
fie einnehmen, von dem Holze oder der Erde
mit dem Meſſer duͤnne abſchneiden oder ab⸗
ſchaͤlen, von den Steinen aber mit dem Meiſel
abſchlagen und auf ſolche Weiſe fuͤr ſeine
Sammlung vollſtaͤndige Exemplare ſammlen.
Die Algen, oder kryptogamiſchen
Waſſergewaͤchſe (Algae) erfordern vor
allen andern Gewaͤchſen eine beſondere und
verſchiedene Behandlung bei dem Einſammlen,
die von ihrer aͤußeren Beſchaffenheit, ihrer
Groͤße und der Art des Waſſers, worin ſie
wachſen, abhaͤngt. Die groͤßeren und ſtaͤrke⸗
ren Gewaͤchſe dieſer Familie, als die mehreſten
Tangarten (Fuci) erfordern bei dem Einſamm⸗
len groͤßtentheils keine andere Behandlung, als
die phaͤnogamiſchen Waſſergewaͤchſe. Sie
laſſen ſich aber weit leichter und bequemer
uͤber Weg bringen, wenn man ſie, in dem
Falle, wo man ſich mehrere Stunden in der
Nachbarſchaft des Seeſtrandes aufhaͤlt, an der
Sonne ſchnell trocknen laͤſſet. Bei dem Auf
legen laſſen ſie ſich im Waſſer leicht wieder
aufweichen. Da die Gewaͤchſe dieſer Klaſſe
aber keine eigentlichen Wurzeln haben, durch
welche ſie, wie die uͤbrigen Pflanzen, Nahrung
an ſich ziehen, ſondern nur mittels einer ausge⸗
breiteten, oft ſchilpformigen em auf
| rem⸗
205
€
fremden Kbrper befeſtiget ſind, ſo muß man
bei dem Einſammlen auch dahin trachten, die⸗
fen Theil zugleich zu erhalten, wenn das Exem⸗
plar vollſtaͤndig ſeyn ſoll. Dagegen erfordern
die kleineren und zarteren eine groͤßere Fuͤrſorge.
Dieſe Gewaͤchſe laſſen ſich, wegen ihrer Zart⸗
heit oder Schluͤpfrigkeit, auf botaniſchen
Wanderungen nicht mit der noͤthigen Sorgfalt
und Behutſamkeit auflegen und ihre Frucht⸗
theile find groͤßtentheils fo klein, daß man fie
nur mit Hülfe eines zuſammengeſetzten Ver⸗
groͤßerungsglaſes e kann, wozu man
aber auf botaniſchen Wanderungen weder Zeit
noch Gelegenheit hat. Man muß daher noth⸗
wendig darauf bedacht ſeyn, daß man ſie bis
zu der Zuhauſekunft, wo man ſie mit Muße
unterſuchen kann, nach allen ihren Theilen un⸗
beſchaͤdigt erhalte, zugleich aber auch bei dem
Einſammlen ſie dazu vorbereiten, daß ſie bei
dem Auſweichen, ſo viel als möglich, ihre vori⸗
ge Geſtalt, Farbe und Richtung wieder erhal⸗
ten und ſich deſto vollſtaͤndiger auflegen laſſen.
Da aber dieſe Gewaͤchſe, ſobald ſie aus dem
Waſſer genommen werden, ihre natuͤrliche Ge⸗
ſtalt, Farbe und Richtung der Theile veraͤn⸗
dern, die ſie ſelten durch das Aufweichen, auch
bei der groͤßten Sorgfalt, ganz wieder anneh-
men, ſo iſt es um ſo nothwendiger, daß man
ſich, ehe man ſie von ihrem Standorte entfer⸗
net, eine genaue Kenntniß dieſer Stuͤcke in
dem Waſſer, wo ſie wachſen, zu verſchaffen
ſuche, weil man ſich dadurch den es zu einer
rich
/
206
richtigen Beſtimmung bahnet. Wenn man
alſo ein ſolches Gewaͤchs in dem Waſſe er entdek⸗
ket, welches unbekannt zu ſeyn ſcheinet, ſo
achte man genau darauf, ob es auf der Ober⸗
flaͤche des Waſſers ſchwimme, oder unter dem⸗
ſelben wachſe; ob es raſenfoͤrmige oder laͤngli⸗
che Buͤſchel bilde, ob es einzeln oder haufen-
weiſe beiſammen wachſe u. ſ. w. Hat man
ſich a, voͤllig unterrichter, ſo hebe man
ſie behutſam aus dem Waſſer und enthalte ſich
dabei, ſo viel als moglich, aller gewalkſamen
Bewegung derſelben, wodurch entweder bei
einigen die Theile zerbrochen, oder bei andern
die innere Struktur zerſtoret werden koͤnnte.
Wenn der Koͤrper, e das Gewaͤchs ſei⸗
nen Standpunkt hat, groß iſt, ſo loͤſe man
daſſelbe behutſam mit Hul lfe eines Meſſers
oder eines Fingers unter dem Waſſer! von dem⸗
ſelben ab: iſt derſelbe aber nicht groß und von
der Beſchaffenheit, daß man ihn, ohne dadurch
dem zarten Gewaͤchſe zu ſchaden, mit ſich neh⸗
men kann. Z. B. dünne Reiſer, Blätter
und Halme von Graͤſern oder anderen
Waſſerpflanzen; ſo ſchneide man ihn unter
dem Waſſer in mehrere kleine Stucke und hebe
ſie mit den darauf feſte ſitzenden Gewaͤchſen be⸗
hutſam aus demſelben. Am wenigſten ſchadet
man hierbei denen Gewaͤchſen, wenn man ſie
mit der hohlen Hand auffiſchet, ſie mit dem
Waſſer, welches ſich in der Hand ſammlet, her⸗
aus hebet und alsdann Das Waſſer langſam
u durch
| durch die Finger ablaufen laser, ohne fü fü 4 zu
druͤcken, zu ſchuͤtteln oder auszuſchwenken.
| Die zarteren und ſchluͤpfrigen Gewaͤchſe
dieſer Art laſſen ſich aber auch auf en Ba
nicht ganz ohne Nachtheil behandeln. Enkwe⸗
der haͤngen ſich die zarten Faͤden, wenn man
das Waſſer zwiſchen den Fingern 1 laͤſ⸗
ſet, fo fefte der Haut an, daß man fie ſchwer⸗
lich davon abnehmen kann; oder ſie ſch Lipfen |
mit dem ablaufenden Waſſer durch die Finger.
Dieſe muͤſſen alle in Glaͤſer ) geſammlet und
bis zu der genaueren Unterſuchung fo aufbe⸗
wahret werden, daß ihre innere Struktur von
den aͤußeren Erſchuͤtterungen bei dem Gehen
oder Fahren keinen Schaden leidet. Entwe⸗
der ſchoͤpfe man ſie mit einem leeren offenen
Glaſe aus dem Waſſer behuiſam auf; oder
man laſſe ſie mit dem in der Hand aufgeſchoͤpf⸗
ten Waſſer langſam in das Glas laufen.
Wenn das Glas ſo voll Waſſer laͤuft, daß es
überftrömet und man befürchten muß, daß die
darin befindlichen Gewaͤchſe mit dem Waſſer
heraus ſchluͤpfen, ſo laſſe man einen Theil des
Waſſers, indem man die Oeffnung des Glaſes
mit dem Finger oder der Hand verſchließet,
langfam, etwa bis zur Hälfte oder dem dritten
Theile, abtroͤpfeln. Auf ſolche Weiſe kann
man nach und nach ſo viele dieſer kleinen Ge⸗
waͤchſe in ein Glaß zuſammen fammien, als
e darin Raum 5 Alsdann fuͤlle
man
0 In dieſem Ke No. 6. b, habe ich dieſe
Glaͤſer meitläuftiger beſchriehen.
208
man das Glas 1 wieder ſo voll, daß
das Waſſer, wenn das Glas dichte zugepfroft
iſt, den Pfropf beruͤhre und ein moͤglichſt gerin-
ger, vom Waſſer leerer Raum, in dem Glaſe
bleibe. Auf ſolche Weiſe verhindert man am
ſicherſten, das aͤußere Erſchuͤtterungen auf die
in dem Glaſe befindlichen Gewaͤchſe wirken
koͤnnen, ſie auch mit dem Waſſer nicht ſo leicht
der Faͤulniß ausgeſetzet ſind. Wenn man aber
mehrere Arten in ein Glas zuſammen ſammlet,
ſo verſtehet es ſich von ſelbſt, daß man keine
Gewaͤchſe, die in ſalzigem Waſſer wachſen, zu
ſolchen, die in ſuͤßem Waſſer wachſen, in ein
Glas zuſammen bringe und umgekehret; ſon⸗
dern man muß dieſe Gewaͤchſe in verſchiedenen
Glaͤſern mit der Sorte Waſſer ſammlen, wor⸗
in fie gewachfen find. 10
Die groͤßeren Conferven und der ehßte
Theil der Ceramien (Confervae et Ceramia)
die einen feſteren Bau haben, koͤnnen, nachdem
man das ihnen anhaͤngende Waſſer langſam
hat ablaufen laſſen, in die blecherne Kapſel
(No. 6. a.) oder in den kleineren blechernen
Kaſten (No. 4.) wenn ſich in demſelben keine
andere Gewaͤchſe befinden, die dieſen einigen
Schaden zufuͤgen koͤnnten, geleget werden.
Weil aber dadurch, daß mehrere dieſer Ge⸗
waͤchſe in der blechernen Kapſel dicht beiſam⸗
men, oder auch aufeinander liegen, die Frucht⸗
theile an der innern Wand der Conferven leicht
aus ihrer Ordnung treten koͤnnen und dadurch
die achte Beſtimmung erſchweret, oder auch
oft
209
oft unmöglich gemachet wird, fü bleibet es
nothwendig, von einer jeden Art auch einige
Exemplare, auf die eben beſchriebene Weiſe,
in ein Glas mit Waſſer zu ſammlen, wo ihre
Theile unbeſchaͤdigt erhalten werden, damit
dieſe zur Unserhepung und Beftimmung dienen
können.
Die Seeg ewäch ſe dieſer Akt etlieh⸗
ren, wenn ſie aus dem Waſſer genommen und
der freien Luft ausgeſetzet ſind, entweder ihre
natuͤrliche Farbe, oder ſie gehen oft in wenigen
Stunden in Faͤulniß uͤber. Will man dieſem
Uebel durch ein ſchnelles Trocknen an Ort und
Stelle abhelfen, ſo wird dadurch ein neues
Uebel erzeuget, das eben ſo nachtheilige Folgen
fir die geſammelten Exemplare hat. Durch
das Ablaufen des ihnen anhaͤngenden Waſſers
legen ſich die zarten Faͤden der Aeſte und die
Endſpitzen fo dicht aneinander, daß fie bei dem
Trocknen in einem Koͤrper zuſammen geklebet
bleiben. Sehr ſelten iſt man bei dem nachhe⸗
rigen Aufweichen, um fie für feine Sammlung
aufzulegen, im Stande die Fäden wieder aus⸗
einander zu bringen. Großtentheils werden
dadurch die Exemplare ganz unkenntlich und
haben fuͤr eine gute Sammlung keinen Werth.
Dieſe Gewaͤchſe erfordern daher eine beſondere
Behandlung, wodurch dieſen Uebeln abgehol⸗
fen wird. Da das ihnen anhaͤngende See⸗
waſſer hieran allein Schuld iſt, ſo muß man
ſuchen, ſie deſſelben zu entledigen und dieſes
geſchteſet am beſten 1 INN Weiſe. Wenn
man
210
man die Gewaͤchſe aus dem Waſſer genommen
hat, laͤſſet man den groͤßten Theil des ihnen
anhaͤngenden Waſſers ablaufen, beſtreut ſie
alsdann mit trockenem Sande, den man an den
mehreſten Seeufern haͤufig findet, und kehret
ſie ſo nase in demſelben um, bis die ihnen an⸗
haͤngenden Feuchtigkeiten ſich dem Sande mit⸗
getheilet haben. Dieſes nimmt man daran
wahr, daß alle ihre Aeſte und Endſpitzen nicht
mehr zuſammen geklebet, ſondern einzeln er⸗
ſcheinen. Alsdann uͤberſtreue man fie noch ⸗
mals mit trockenem Sande und lege ſie in den
blechernen Kaſten oder in eine zu dem Ende
mitgenommene Schachtel. Je groͤber der
Sand iſt, deſto beſſere Dienſte leiſtet er zu
dieſem Endzwecke. Die alsdann der ganzen
Pflanze anhaͤngenden Sandkoͤrner verhindern
es, daß die zarten Faͤden der aͤußeren Zweige
ſich wieder an einander hängen koͤunen. Auf
den Fall, wo man vorher weiß, daß man
keinen ſandigen Strand vorfinden werde, muß
man ſich ſchon der Unbequemlichkeit unterzie⸗ |
hen, trockenen Sand mitzunehmen. So⸗
bald man die Wanderung vollendet hat und
in ſein Quartier gekommen iſt, breite man
dieſe Gewaͤchſe behutſam, damit ſie nicht zu
viel von dem ihnen anhangenden Sande ver⸗
liehren, auf einem reinem Brette aus und
laſſe ſie in der freien Luft trocknen. Des
Abends aber bringe man ſie wieder unter Dach,
damit ſie durch den aufſteigenden Thau des
0 nicht neue Heucheagkenen aus der Luft
an
211
an ſich ziehen und das Trocknen dadurch aufge⸗ ö
halten werde. Wenn man ſich nicht zu uͤber⸗
eilen braucht, ſo bleibet es immer rathſamer,
ſte im Schatten, wo ein freier Durchzug der
duft iſt, zu trocknen, als fie der brennenden
Sonnenhitze auszuſetzen. Sie trocknen als⸗
dann zu ſchnell und werden leicht bruͤchig.
Wenn ſie auf ſolche Weiſe getrocknet find,
kann man fie in einer Schachtel an einem
trockenen Orte bis zu der Zeit aufbewahren,
wo man ſie zum Auflegen aufweichet. Bei
dem Aufweichen laſſen ſie den ihnen anhaͤngen⸗
den Sand wieder von ſich und e voͤllig
ihre natürliche Geſtalt wieder. Da aber
durch das Schutteln und Umkehren im Sande
die Fruchttheile bei den Conferven in ihrer Ord⸗
nung nothwendig in etwas geftöret werden, ſo
muß man auch bei dieſen von jeder Art einige
Exemplare in ein Glas mit Waſſer ſammlen,
damit man an dieſen die Unterſuchung anſtellen |
und fie defto richtiger beſtimmen fünne
Bei verſchiedenen Arten der Gattung
Cel niit findet man außer den fruchttragen⸗
den, unfruchtbare Individuen, welche in dem
aͤußeren Baue einige, obgleich weniger weſent⸗
liche, Verſchiedenheiten zeigen, deren Endſpiz⸗
zen der Zweige angeſchwollen und mit einer
We Maſſe angefuͤllet fi fü nos in int
00 2 | auf
) Siehe meine neuen Beiträge zur So
tanik, Th. 1. ©. 4350. | 2
212
auf dieſe, welche als die männlichen Pflanzen
ihrer Art anzuſehen ſind, muß man bei dem
Einſammlen dieſer Gewaͤchſe Ruͤckſicht nehmen,
wenn man ſeine Sammlung ſo vollſtäͤndig als
moͤglich machen will.
Bei den in Glaͤſern mit Waſſer gene
ten kryptogamiſchen Waſſergewaͤchſen von zar⸗
terem Baue, muß man dahin trachten, ſie ſo⸗
bald als möglich zu unterſuchen, um fie geho=
rig beſtimmen und fuͤr die Sammlung zuberei⸗
ten zu koͤnnen. Dieſe Erinnerung iſt um ſo
nothwendiger, da verſchiedene der ſchleimigen
und der ungegliederten Arten bei der Waͤrme
der verſchloſſenen Hausluft leicht in eine Art
von Faͤulniß übergehen, oder ihr natürliches
Anſehen dadurch verliehren, daß ſie einen
ſchnellen Wachsthum der Theile erhalten und
die ganze Oberfläche des Waſſers, worin fie
ſich befinden, gleichſam mit einer Decke von
jungen Zweigen oder verlängerten Faͤden uͤber⸗
ziehen. Es iſt daher rathſam, denen Glaͤſern
mit dieſen Gewaͤchſen bei der Zuhauſekunft
einen kuͤhlen, ſchattigen Platz zu geben und den
Zeitpunkt der Unterſuchung nicht zu weit hin⸗
aus zu ſetzen. Wenn man ſie unterſuchen will,
ſo muß man behutſam das Glas, worin ſich
die Algen befinden, in einem Gefäße mit Waf-
ſer ausleeren, damit durch eine ſtarke Erſchuͤt⸗
terung ihre innere Struktur nicht zu ſehr leide.
Die zur Unterſuchung beſtimmten Exemplare,
wenn ſie in ſalzigem Waſſer gewachſen ſind,
muͤſſen auch in ein Gefaͤß mit ſolchem Waſſer
ge⸗
213
gebracht werden und zu dem Ende iſt es noͤthig,
eine Flaſche mit Seewaſſer gefuͤllet, mit nach
Hauſe zu nehmen. Finden ſich mehrere Arten
in einem Glaſe, ſo ſondere man alsdann eine
jede Art für ſich in andere kleinere, mit Waſſer
gefuͤllte Gefaͤße, z. B. Untertaſſen oder Teller,
ſetze ſie an einen hen ſchattigen Ort und
bedecke jedes Gefaͤß mit einem Blatte Papier,
damit kein Staub hinein fallen konne.
Da die Schwaͤmme (Fungi) nach der
Verſchiedenheit ihres Alters verſchiedene Ge⸗
ſtalten haben, ſo muß man auch bei dem Ein⸗
ſammlen darauf Ruͤckſicht nehmen und die Ex⸗
emplare für die Sammlung nach ihren verſchie⸗
denen Alter waͤhlen. Bei den groͤßeren, flei⸗
ſchigeren Arten muß man vorzuͤglich dahin ſe⸗
| 5 daß die Exemplare, die man fuͤr die Samm⸗
lung beſtimmet, ſich noch nicht lange entwickelt
haben, „weil fie im älteren Zuſtande größten
theils ſchon mit Wuͤrmern oder Larven der In⸗
ſekten beſetzet find, die ihre natürliche Anlage
zur Faͤulniß noch um vieles vermehren. Die
kleineren Arten, welche haufenweiſe beiſam⸗
men wachſen, muß man nicht einzeln ſammlen,
ſondern ganze Haufen oder Raſen mit dem
Grunde, worauf I Beer. mit t nach Hauſe
nehmen. | i
Drittes
214
ii eh
Son dem Verfahren bei dem Auf
legen der eee i
Das Auflegen 9870 Einlegen einer Pflan-
ur 1 darin, daß man ſie nach allen ihren
Theilen zwiſchen Papierbogen ſo ausbreitet, wie
‚fie nach der Lage und Richtung derſelben ihrer
Natur nach beſchaffen iſt und fie in dieſer Lage
zu erhalten ſuchet, bis die Theile durch das
Trocknen eine ſolche Feſtig keit erlanget haben,
daß ſie ihre Richtung, ohne eine ihnen zuge⸗
fuͤgte Gewalt, nicht mehr veraͤndern koͤnnen.
Man darf daher nicht willführlich dabei ver⸗
fahren, oder wohl gar denen Theilen Gewalt
anthun, ſondern man muß auch hierbei die Na⸗
tur zur Richtſchnur nehmen, wenn das Gewaͤchs
nicht unkenntlich und fuͤr die Sammlung nicht
unbrauchbar werden ſoll. Ich werde daher in
dieſem Kapitel zeigen, was man bei dem Auf-
legen der Gewaͤchſe zu beobachten habe, wenn
man ſeinen BEE nach e erreichen |
will.
Das
215
Das vorzuͤglichſte Beduͤrfniß bei dem
| Einlegen der Gewaͤch ſe iſt das Papier. Ge⸗
woͤhn! lich waͤhlet man hierzu gemeines Loͤſchpa⸗
pier, welches am wohlfeilſten iſt. Man muß
aber bei dieſer Papierſorte nothwendig darauf
ſehen, daß es eben und ſchlicht ſey und keine er⸗
habene, knotige Stellen enthalte, weil dieſe
durch ihren Druck auf die Theile des Gewaͤch⸗
ſes, gemeiniglich ſchwarze Flecken verurſachen.
Beſſer iſt zu dieſem Endzwecke das weiße Loͤſch⸗
papier oder Druckpapier. Schreibpapier aber,
und unter dieſem das blaue, fogenannte Con⸗
ceptpapier, iſt allen andern Papierſorten zum
Einlegen vorzuziehen, wenn man die Koſten
daran wenden kann. Die Gewaͤchſe, in dieſer
Papierſorte eingeleget, behalten am beſten ihre
er wenn man ſonſt die noͤthigen Vorſichts⸗
regeln beobachtet. Vorzuͤglich muß man aber
dahin ſehen, daß das Papier zum Einlegen
recht trocken ſehy. Wenn man Gelegenheit hat,
alte Folianten um einen wohlfeilen Preis zu
kaufen, ſo wird man ſie mit Vortheil zu dieſem
Endzwecke benutzen koͤnnen.
| Verſchiedene Theile der Gewächſe ſi ad fo
klein, daß man fie mit den Fingern nicht faſ⸗
ſen und ihnen die noͤthige Richtung bei dem
Einlegen nicht geben kann. Daher gehoͤret die
Zange, deren man ſich bei der Unterſuchung
der Gewaͤchſe gewoͤhnlich bedienet, mit zu den
Huͤlfsmitteln bei dieſem Geſchaͤfte. Auch ein
ſcharfes Meſſer iſt dazu erforderlich, weil
einige 8 zuweilen ſo beſchaffen find daß
man
a
man fie zum Einlegen, mit t Hülfe des Meſſers
dazu geſchickter machen muß. 0 |
Zu den Beduͤrfniſſen bei dem Einlegen der
Gewächfe rechnet man gemeiniglich auch eine
Preſſe, von der Art, wie ſie die Buchbinder
zu gebrauchen pflegen, um die Gewaͤchſe und
ihre Theile nach dem Einlegen, bis ſie ganz
welk geworden ſind und den größten Theil ihrer
Feuchtigkeit verlohren haben, in der Lage und
Richtung zu erhalten, die man ihnen zwiſchen
den Papierbogen gegeben hat und fie vor den
Zuſammenſchrumpfen ihrer Theile, bis zu ih⸗
rer volligen Trockenheit zu ſichern. Aber we⸗
nige Gewaͤchſe beduͤrfen einer ſehr ſtarken Preſſe
und bei den mehreſten phaͤnogamiſchen Gewaͤch⸗
ſen iſt. ein ſtarkes Preſſen eher nachtheilig „ als
| vortheilhaft, wie ich in der Folge zeigen werde.
Das Preſſen durch einen, oder ein, Paar mit⸗
telmaͤßige Folianten oder mit Huͤlfe eines leich⸗
ten Bretes, von der Groͤße der Papierbogen, |
auf welches ein platter Stein, zwei bis drei
Pfunde an Gewicht, geleget wird, iſt in den
mehreſten Faͤllen hierzu hinreichend.
Ehe man eine Pflanzenart aufleget, ſchrei⸗
be man auf ein Zettelchen den Namen der
Gattung und der Art des Gewaͤchſes, das
Jahr, den Monat und den Tag, an welchen
man es gefunden und geſammlet hat, nebſt dem
Orte, wo es gewachſen iſt. Dieſes Zettelchen
befeſtige man an eins der aufzulegenden Exem⸗
plare, damit man daſſelbe in der Folge bei dem
Ordnen der Gewaͤchſe benutzen koͤnne. Fuͤr
| den
217
den angehenden Pflanzenforfcher, der in der
Pflanzenkenntniß noch nicht geuͤbt iſt, ſchaffet
dieſe geringe Muͤhe großen Nutzen und ſelbſt
dem Pflanzenkenner iſt dieſe Nachricht bei der
Durchſicht einer e Sammlung febe
angenehm.
Der Werth einer getrockneten Pflanze,
die zu einer brauchbaren Pflanzenſammlung be⸗
ſtimmt iſt, beruhet nicht allein darauf, daß ſie
nach allen ihren Theilen vollſtaͤndig geſammlet
worden ſey, ſondern daß fie auch völlig die fa=
ge und Richtung derſelben behalte, die ihr im
lebendigen Zuſtande eigenthuͤmlich iſt und
dieſes haͤngt lediglich von der Behandlung bei
dem Einlegen ab. Hierzu ſind Aufmerkſamkeit
und Genauigkeit nothwendig. Ehe man alſo
eine Pftanzenart aufteget, betrachte man fie
nach allen ihren Theilen nochmals aufmerkſam
und alsdenn, nachdem man ſich ein lebhaftes
Bild von ihrem ganzen Umriſſe, nach der Lage
und Richtung aller ihrer Theile, geſchaffen und
dieſes Bild dem Gedaͤchtniſſe e eingepraͤget hat,
breite man fie, in beſtandiger Vergleichung
deſſelben mit der Natur, zwiſchen dem Papier⸗
bogen aus. Dieſe Bedingung ſetzet eine an⸗
dere voraus, nemlich, daß die Pflanze noch
vollkommen friſch ſey und durch das Stocken
oder eine Abnahme ihrer Nahrungsſaͤfte, wel⸗
ches man welken nennet, die natuͤrliche Lage und
Richtung ihrer Theile noch nicht verändert ha⸗
be. Hieraus erhellet, wie unrichtig der Grund⸗
ſatz fei, den einige Botaniker allgemein und
unde
218
| unbedingt annehmen, man muͤſſe die Pflanzen
alsdann erſt auflegen, wenn fie ſchon in etwas
welk geworden ſind. Die Theile laſſen ſich
freilich in dem welken Zuſtande der Pflanze be⸗
quemer in eine flache Lage zwiſchen den Papier-
blaͤttern bringen, als im friſchen, wo ſie a
ge einer gewiſſen Spannkraft einigen Wider⸗
ſtand leiſten. Aber dagegen iſt man auch ſel⸗
ten im Stande denen Theilen ihre natuͤrliche
Richtung ganz wieder zu geben und groͤßten⸗
theils bleiben die Folgen davon an den ate
nen Exemplaren unverkennbar. |
Das Ausbreiten oder Auflegen einer
g Pflanze zwiſchen Papierbogen geſchiehet auf
folgende Weiſe. Nachdem man die zuſammen⸗
geſchlagenen Blaͤtter eines Bogens auseinan⸗
dergeſchlagen hat, lege man auf beide Haͤlften
deſſelben einen leeren Bogen. Auf den Bo⸗
gen rechter Hand leget man die Pflanze und
breitet alsdann die Theile, die zu dichte über-
einander zu liegen kommen und im trockenen Zu⸗
ſtande die Pflanze unkenntlich machen koͤnnten, N
behutſam aus, doch ſo, daß ſie nicht zu ſehr
aus ihrer natuͤrlichen Richtung gebracht wer⸗
den oder zerbrechen. Man bringt die Pflanze
in eine gehoͤrige Lage, indem man mit Huͤlfe
der linken Hand ihren Theilen, nach ihrer na⸗
‚türlichen Richtung, eine flache Lage giebt, fie
mit den Fingern der rechten Hand auf dem
Papier behutſam niederhaͤlt und dadurch ver-
hindert, daß ſie die ihnen gegebene Lage veraͤn⸗
dern koͤnnen, ohne ſie an irgend einem Theile
zu
219
zu beſchaͤdigen. Alsdann leget man den linken
Bogen mit dem linken Platte des Umfihlages
über die mit der rechten Hand nie dere ‚elegten
Theile und hält mit dem linken Vorderarm die⸗
ſelben unter den übergeſchlagenen Blaͤttern ſo
lange in ihrer Lage, bis man auch die uͤbrigen
Theile der Pflanze gehoͤrig ausgebreitet und in
die noͤthige Lage gebracht hat. Hierauf lege
man ein paar leere Bogen Loͤſchpapier auf die⸗
ſen Bogen, worin ſich die eingelegte Pflanze
befindet und faͤhret alsdann fort, über dieſe
eine andere Pflanze auf die eben beſchriebene
Art einzulegen. Die Zwiſchenlagen der leeren
Bogen zwiſchen den eingelegten Pflanzen ſind
deshalb nothwendig, damit, wenn man meh⸗
rere Pflanzen auf ſolche Art übereinander leget,
der Druck der oberen denen unteren nicht nach⸗
theilig werden koͤnne.) In dieſer Lage muß
1 1 252 einen 1 starken, a 5 1 W
mig gen,
a An merk. 5 Die Anzahl der wichen. zwei
Pflanzen zu legenden Bogen, oder die Dicke
der Zwiſchenlagen muͤſſen mit der Starke
und der Beſchaffenheit der zu nächſt liegen⸗
den Pflanzen und ihrer Theile in Berhälts
niß ſtehen. Sind die Pflanzen, oder einige
ihrer Theile dicke oder ſtark, fo, daß fie
nachtheilige Eindrücke auf die zunachſt lie⸗
genden Gewaͤchſe machen koͤnnen, ſo wird
auch eine ſtaͤrkere Zwiſchenlage von mehreren
Bogen erfordert. Bei zarten Gewächſen
im Gegentheil iſt oft nur ein Aniger Bo⸗
gen als Zwiſchenlage noͤthig.
220
migen, Druck die Pflanzen erhalten, bis ſie
welk geworden und auſſer Stand geſetzet ſind,
die ihren Theilen gegebene Lage zu veraͤndern.
Der in dieſem Zeitpunkte angebrachte gleich-
foͤrmige Druck muß dem oben angezeiten End⸗
zwecke angemeſſen und mit der Natur des auf⸗
gelegten Gewaͤchſes in einem gewiſſen Ver⸗
haͤltniſſe ſtehen. Wird ein ſtaͤrkerer Druck an⸗
gebracht, als dazu erforderlich iſt die Theile
bis zu ihrem Welken in der ihnen gegebenen
Lage zu erhalten, fo brechen fie entweder, oder
ſie verliehren auf einmal einen Theil ihrer
Säfte und werden ſchadhaft und unkenntlich.
Daher erfordern die krautartigen Gewaͤchſe,
deren Theile biegſamer ſind und eine weichere,
fleifchigere Subſtanz haben, einen weit gelin⸗
dern Druck, als die, welche eine feſtere Sub⸗
ſtonz haben, holzaͤrtig find und deren Theile
einen ärkeren Widerſtand bei dem Einlegen
leiſten. In dieſer Ruͤckſicht iſt es rathſam,
unter den geſammleten Pflanzenarten jedesmal
die erſteren von den letzteren vor dem Einlegen
gehörig abzuſondern und jede Sorte beſonders,
nicht aber, wie gewoͤhnlich „ vermiſcht durch⸗
einander einzulegen, damit man einer jeden
Sorte die ihr angemeſſene gelindere oder ſtaͤr⸗
kere Preſſe geben koͤnne. Fuͤr mehrere Exem⸗
plare der weicheren, krautartigen Gewaͤchſe iſt
der Druck mittels eines daraufgelegten mittel»
maͤßigen Folianten, oder bei zarteren Gewaͤch⸗
ſen, 1 0 einige Buͤcher, noch nicht auseinan⸗
der geblätterten Loͤſchpapieres, in dieſem Zeit⸗
punkte
221
punkte hinreichend, bei den feſteren und ſteife⸗
ren Gewaͤchſen iſt dagegen ſchon ein ſtaͤrkerer
Foliant, oder ein dünnes Brett, mit ein Paar
Pfundſtuͤcken beſchwert, erforderlich. W e
Einige fangen von unten an, die Theile
einer Pflanze auszubreiten, andere von oben
und wieder andere zur Seite. Dieſes ſchei⸗
net ſehr willkürlich zu ſeyn und 10 0 ſowohl
von der Gewohnheit, als auch von der Be⸗
ſchaffenheit der Pflanze und ihrer Theile ab.
Kleinere Pflanzen, deren Lange die Breite eis
nes zufagen g ſchagene Papierbogens nicht
uͤbertreffen, leget man gem einiglich quer in den
Bogen und machet mit dem Ausbreiten der
Theile von oben den Anfang. Bei ſolchen
Pflanzen aber, deren Lange der Laͤnge des Bo⸗
gens gleich kom I) oder dieſelbe übertrifft,
pfleget man auf der linken Seite der in einen
Bogen gelegten Pflanze nach ihrer ganzen
Laͤnge den Anfang mit dem Ausbreiten der
Theile zu machen und wenn dieſe in die gehoͤ⸗
rige Lage gebracht und erhalten iſt, ſo gehet
man alsdann zu der rechten Seite uͤber.
Größere Pflanzen laſſen ſich weit vollſtaͤn⸗
diger einlegen, wenn die Papierblaͤtter, zwi⸗
ſchen welche ſie geleget werden, einige Feſtig⸗
keit haben, als in frei liegenden Bogen. In
den frei liegenden Bogen haben die Theile der
Pflanzen, welche man in eine flache Lage ge⸗
bracht hat, ſo lange ſie friſch ſind, mehr Frei⸗
heit, ihre Spannkraft auszuüben und ändern
79 gemeiniglich die ihnen gegebene Lage
N Wah
222
während der Zeit, daß man die leeren Bogen,
als noͤthige Zwiſchenlagen daruͤber leget und
ehe man im Stande iſt, ſie durch einen gelin⸗
den Druck an der Ausuͤbung ihrer Spannkraft
zu hindern. Die gehefteten Bogen aber, z. B.
eines Folianten, entſprechen dieſem Endzwecke
weit beſſer. Es iſt daher rathſam, wenn man
die Pflanzen nicht unmittelbar in einen Folian⸗
ten legen und darin trocknen laſſen will, die
einzelnen Bogen, worin die Pflanzen liegen
ſollen, in einen Folianten zu legen, zugleich
aber, nachden ein Theil der Pflanze in eine
flache Lage gebracht iſt, mit der linken Haͤlfte
des Bogens mehrere Blaͤtter des Folianten zu
faſſen und dieſe zugleich auf die eben angezeigte
Weiſe über die Pflanze zu legen. Die Blätter
des Folianten vertreten hier zugleich die Stelle
der Zwiſchenlagen und wenn die Theile der
Pflanzen durch das Welken ihre Spannkraft
ganz verlohren haben, kann man die Bogen
aus dem Folianten wieder heraus nehmen und
die darin eingelegten Pflanzen bis zu ihrer voͤl⸗
ligen Trockenheit ſo behandeln, wie ich in dem
folgenden Kapitel zeigen werde. 4
Die phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe
enthalten verſchiedenartige Saͤfte und ihre
Bluͤthentheile ſind nicht allein kuͤnſtlich gebildet
und zuſammen geſetzet, ſondern auch gemeini⸗
glich verſchieden gefaͤrbet, ſie verliehren daher
auch leichter ihre Farbe und werden leichter
unkenntlich, als die mehreſten kryptogamiſchen
Gewaͤchſe. Jene erfordern daher in Ruͤckſicht
e der
22
der Verſchiedenheit ihrer Theile eine beſondere
Sorgfalt bei dem Einlegen, damit ſie getrock⸗
net kenntlich und dem lebendigen Zuſtande ſo
ahnlich, als möglich, bleiben. Ich will daher
bei einem jeden Theile dieſer Gewaͤchſe zeigen,
worauf man bei dem Einlegen deſſelben vor⸗
zuͤglich zu achten habe und alsdann noch ein
Paar allgemeine Bemerkungen hinzu fuͤgen,
die auf die Eigenſchaft mühen Pflanzenarten
Bezug haben. 5
Die Blume iſt bekanntlich derjenige
Theil der phaͤnogamiſchen Pflanzen von wel⸗
chem die mehreſten Unterſcheidungszeichen der
Gattungen und Arten bei der ſyſtematiſchen
Eintheilung dieſer Gewaͤchſe entlehnet werden.
Man muß daher auch auf dieſen Theil bei dem
Einlegen eine beſondere Sorgfalt verwenden,
damit derſelbe nach ſeiner natürlichen Geſtalt,
Lage, Richtung und Farbe in dem getrockneten
Zuſtande ſich gleich bleibe und auch alsdann
noch den Pftanzenforſcher in den Stand ſetze,
die Pfl flanze nach den von dieſem Theile herge⸗
nommenen Unterſcheidungszeichen richtig zu
beſtimmen. Iſt die Blume ihrer Natur nach
offen und ausgebreitet „ als bei der gemeinen
Stockroſe (Althaea roſea), fo muß fie auch
ausgebreitet eingeleget werden. Hat ſie meh⸗
rere Kronblaͤtter (Petala) die entweder gerade
in die Hoͤhe ſtehen, als bei der gemeinen Gar⸗
ten⸗ Tulpe (Tulipa geſneriana), oder bis
zur Haͤlfte ausgebreitet ſind, als bei der weißen
Lilie (Lilium candidum), ſo muß man im
1 er⸗
224
erſteren Falle fie alle in gerader Richtung bei
dem Einlegen erhalten, im letzteren Falle aber,
wenn die Blume deren vier oder ſechs und
mehrere hat, werden zwei, drei und mehrere
Kronblaͤtter, ſo weit ſie ausgebreitet ſind,
nemlich bis zur Hälfte, zuruͤcke gebogen. Be⸗
ſtehet die Blume nur aus einem Kronblatte
(Corolla monopetala) welches mehrere Ein⸗
ſchnitte hat, als bei den Primeln, Hyacinthen,
ſo leget man die Haͤlfte oder einige derſelben
zuruͤck. Sind die Kroneinſchnitte, oder die
Kronblaͤtter ganz zuruͤck geſchlagen oder zurück
gerollet, als bei der europaͤiſchen Eröfcheibe
(Cyclamen europaeum) und bei der gelb⸗
wurzlichen Lilie (Lilium Martagon), fo leget
man ſie auch ſo ein, ohne die Thetle gerade zu
biegen, oder ſie in ihrer Lage zu ſtoͤren. Iſt
die Blume rachenfdrmig (Corolla rin-
gens), ſo leget man ſie auf die Seite, damit
die obere ſowohl, als die untere Lippe (La-
bium fuperius et inferius) deutlich zu
ſehen iſt und man die Blume im trockenen Zu⸗
ſtande gleich als rachenfoͤrmig erkennen kann,
wie bei denn großen Loͤbenmanle (Antirrhinum
majus). Iſt die Blume ſchmetterlings⸗
förmig (Corolla papilionacaea) fo leget
man fie gleichfals auf die Seite, jedoch fo, daß
die verſchiedenen Kronblaͤtter völlig ihre natür-
liche Richtung und Lage behalten. Das
Schiffchen (Carina) und die beiden Seiten⸗
flügel (Alae) koͤnnen ruhig in der Lage blei⸗
1 6 die ſie her Natur nach 4 af‘ r
a
4
22 5
Fahne nn bedarf nach der Verſchie⸗
denheit ihrer Richtung einer beſonderen Auf⸗
merkſamkeit bei dem Einlegen. Stehet ſie
aufrecht und ausgebreitet, fo muß fie auch aus⸗
gebreitet eingeleget werden, iſt ſie ruͤckwaͤrts
zuſammen geklappet, oder iſt ſie ganz zuruͤck
geſchlagen ‚ fo muß man fie Mit ausbreiten
oder in die Hoͤhe richten.
Einige Blumen ſind ſo ſpröde, daß ne
Theile, wenn man fie gehörig ausbreiten will,
zerbrechen, als bei den rien, Schwerteln,
Lilien und anderen (Ixiae, Irides, Lilia).
Bei dieſen Gewaͤchſen iſt es nothwendig, ſie
nicht eher einzulegen, als bis die Blumentheile
durch das Welken ihre Sproͤdigkeit groͤßten⸗
theils verlohren haben und biegſamer werden,
nach dem Einlegen aber muß man ſie nur ge⸗
linde preſſen. Man darf aber mit dem Einle⸗
gen nicht ſo lange warten, bis die Blumen⸗
theile ihre natuͤrliche Richtung veraͤndern und
zuſammen fallen. Verſchiedene derſelben ha⸗
ben die Eigenſchaft, daß fie, wenn fie ganz
welk geworden find, fo, wie bei dem Verbluͤ⸗
hen, ſich zuſammen rollen und ihre Geſtalt
völlig verliehren. Bei dieſen Gewaͤchſen iſt
es rathſam, eine jede Blume zwiſchen ein zu⸗
ſammen geſchlagenes Blaͤttchen reines Schreib⸗
papier, welches der Groͤße der Blume, wenn
ſie ausgebreitet iſt, angemeſſen ſeyn muß, be⸗
ſonders einzulegen und dieſes Blatt nicht eher
wieder auseinander zu ſchlagen, bis die Blume
ag trocken iſt. Dadurch verhindert man,
N daß
488
daß die Blumen bei dem Verlegen der Bogen
und Zwiſchenlagen waͤhrend dem Trocknen, ſich
nicht zuſammenrollen koͤnnen. Man ſorge
aber dafuͤr, daß keine Deckelblaͤtter (Bracteae),
oder Stengelblaͤtter mit in das Dlättchen zu
liegen kommen, weil ſonſt die Blume durch
deren Druck, ihre Farbe verliehret. Zu dem
Ende ſchiebe man die eine Haͤlfte des zuſammen
geſchlagenen Blaͤttchens Papier zwiſchen die
Blume und den zunaͤchſt liegenden Blaͤttern
und lege alsdann die andere Hälfte über die
ausgebreitete Blume, ſo, daß die Blume ganz
allein darin lieget. Auch bei ſolchen Blumen,
deren Theile zart und duͤnne ſind und daher
durch den Druck der zunaͤchſt liegenden Theile
leicht ihre Farbe verliehren, oder bei dem Ver⸗
legen der Bogen die ihnen gegebene Lage leicht
veraͤndern koͤnnen, iſt dieſe Vorſicht, ſie in be⸗
ſondere Papierbahn zu au “ an in em⸗
fehlen
Volle Blumen ore 1
wo mehrere Kronblaͤtter bei dem Ausbreiten
derſelben aufeinander zu liegen kommen, als
bei der weißen Seeroſe (Nymphaea alba),
erfordern eine beſondere Behandlung, wenn
ſie nicht ihre Farbe verliehren und unkenntlich
werden ſollen. Bei dieſen muß man zwiſchen
ein jedes Kronblatt ein Blaͤttchen duͤnnes
Schreibpapier oder ſogenanntes Poſtpapier
ſchieben, ſo, daß ſich keines ee unmit⸗
telbar beruͤhren kann. 8
In
227
In dem Falle, wo mehrere große Blu⸗
men dicht an einem Stengel ſtehen, die bei dem
Auflegen einander hindern, oder auf einander
zu liegen kommen und dadurch im getrockne⸗
ten Juſtande alle unkenntlich werden, z. B.
bei der Stockroſe (Althaea. rolea) ſchneide
man die uͤberfluͤſſigen behutſam weg. Bei
ſolchen Gewaͤchſen aber, wo mehrere Blumen
von mittelmaͤßiger Groͤße ſo gedraͤngt bei ein⸗
ander ſtehen, daß man den größten Theil der⸗
ſelben weg ſchneiden muͤßte, wenn man ſie ein⸗
zeln ausbreiten wollte, dadurch aber der natür⸗
liche Bluͤthenſtand an der trockenen Pflanze
ganz unkenntlich wuͤrde, als bei der Roßkaſta⸗
nie (Aelculus Hippocaftanum), iſt es rath⸗
ſamer nur wenige, oder gar keine Blumen
weg zu ſchneiden, dagegen aber einige einzelne
Blumen beſonders einzulegen, damit man an
dieſen im trockenen Zuſtande den eigentlichen
Bluͤthenbau deutlich beobachten koͤnne.
Auch die Deckblaͤtter (Bracteae),
die Stengelblaͤtter und die Blattan⸗
fäße (Stipulae) muͤſſen bei dem Einlegen
ihre natuͤrliche Richtung behalten. Liegen ſie
dicht an dem Stengel, ſo darf man ſie auch
nicht ausbreiten; find fie dages gen ausgebkeitet
und niedergebogen oder zuruͤck gerollet, fo muͤſ⸗
ſen ſie auch in dieſer Richtung eingeleget werden.
Gemeiniglich leget man bei dem Aus⸗
breiten die Blätter auf die untere Seite, fo,
daß bei der trockenen Pflanze die obere Seite
derſelben vor Augen lieget. Da aber die un⸗
, etergen
228
tere Seite der Blatter bei den mehreſten phaͤ⸗
nogamiſchen Gewaͤchſen in Abſicht des Baues,
der Farbe oder des Ueberzuges von der oberen
verſchieden zu ſeyn pfleget und einige auf der
oberen Seite ſchlicht, glatt und nackt, auf der
unteren dagegen runzelicht, ſteifhaarig und
filzig ſind, oder umgekehret, hierauf aber bei
der Beſtimmung der Arten oft ſehr viel an⸗
kommt, ſo iſt es rathſam, bei dem Ausbreiten
auch einige Blaͤtter auf die obere Seite zu le⸗
gen, damit bei dem erſten Anſehen der trocke⸗
nen Pflanze, die untere Seite und ihre natuͤr⸗
liche Beſchaffenheit dem I Steich in
| bie Augen falle.
Der Stengel und die Hefte eeſchwe⸗
ren zuweilen das Einlegen und trocknen ſehr
durch ihre Dicke, als bei der buͤſchlichen
Schachblume (Fritillaria imperialis). In
dieſem Falle ſchneide man ſie der Laͤnge nach
von einander und wenn ſie holzig ſind, ſchaͤle
man das Holz aus der Rinde, jedoch mit eini⸗
ger Vorſicht, damit nicht gar zu viele Blätter
oder Blumen befchädiget werden und die
Pflanze dadurch ihr natuͤrliches Anſehen ver⸗
liehre. Alsdann leget man die Pflanze ſo,
daß die flache Seite des geſpaltenen Stengels
oder Aſtes nach unten zu liegen komme, die
erhabene unbeſchaͤdigte aber nach oben, damit
man dieſen verurſachten Schaden nicht bemerke.
Uuꝛeebertrifft der Stengel eines krautartigen
Gewaͤchſes den Bogen, worin es eingeleget
werden ſoll, an Laͤnge und iſt 12 5 dabei
ſehr
229
ſehr aͤſtig, ſo ſchneide man ihn naͤch der Laͤnge
des Bogens in zwei oder mehrere Stuͤcke und
breite alsdann ein jedes derſelben mit ſeinen
Theilen beſonders in einen Papierbogen aus.
Damit aber der obere, bluͤthentragende Theil
ſo vollſtaͤndig, als moͤglich bleibe, ſo made
man von oben den Anfang, ihn nach der Laͤnge
der Bogen in zwei oder mehrere Stücke zu thei⸗
len. Sind die Aeſte ſehr abſtehend und aus⸗
gebreitet, daß ſie die Breite eines Bogens
uͤbertreffen, wenn ſie ihre Richtung beibehalten
ſollen, ſo ſchneide man ſie nach der Breite der
Papierbogen in zwei oder mehrere Stuͤcke und
lege ſie alsdann quer in dieſelben, ſo, daß die
Aeſte nach der Laͤnge eines jeden Bogens ihrer
Natur nach ausgebreitet werden koͤnnen. Ein
gleiches Verfahren muß auch alsdann beobach⸗
tet werden, wenn die Blaͤtter ſehr groß und
abſtehend find, Iſt der Stengel aber nicht ſehr
aͤſtig und dicke, als bei den mehreſten Graͤſern,
dem gemeinen Flachſe (linum ulitatifimum)
und anderen Gewaͤchſen, ſo bleibet es rathſa⸗
mer, ihn nicht zu zerſchneiden, ſondern die
ganze Pflanze, nach der Laͤnge des Bogens,
in zwei oder mehrere Theile einzuknicken und
auf ſolche Weiſe ſie ganz mit ihren Theilen in
einem Bogen auszubreiten.
Sollten die eingeknickten Theile fo ſteif
ſeyn, daß ſie einigen Widerſtand leiſten, oder
doch wenigſtens Gelegenheit geben, daß die
ausgebreitete Pflanze durch die Schnellkraft
derſelben, wieder aus der ihr gegebenen Lage
| ge⸗
230
gebracht werden koͤnnte, welches bei den Hal⸗
men der groͤßeren Graͤſer durchgaͤngig der Fall
zu ſeyn pfleget, ſo verhindert man die⸗
ſe Unbequemlichkeit dadurch, daß man die
eingeknickte Stelle an der aͤußeren Seite, mit
einem ſcharfen Meſſer, bis zur Haͤlfte einſchnei⸗
det, damit die Theile ihre Spannkraft verlie-
ren und die ihnen gegebene Lage behalten, ohne
ganz von einander getrennet zu werden.
Bei einigen Pflanzen iſt der Stengel krie⸗
1 oder niederliegend und die Aeſte ſtehen
aufrecht, als bei dem gemeinen Gundermann
(Glechoma hederacea) und der nordiſchen
Linnea (Linnea borealis). Dieſe muͤſſen
bei dem Auflegen vollkommen die Lage und
Richtung behalten und man darf daher ihre
Zweige nicht zu beiden Seiten des Stengels
ausbreiten, wie e bei den ü e Ge⸗ |
en |
Mit der ene und der Wurzel, w wenn
ſie zu um Einlegen zu dicke fi nd, verfaͤhret man eben
ſo, wie mit dem Stengel. Bei den Zwiebel⸗ und
Knollen ⸗Gewaͤchſen iſt das Durchſchneiden
der Wurzel um fo. nothwendiger, weil verſchie⸗
dene derfelben. z. B. verſchiedene Laucharten
(Allia), auch nachdem ſie ſchon einige Wochen
zwiſchen den Papierbogen ausgebreitet und ge⸗
preſſet find, „aus der faftigen Wurzel Nahrung
ziehen, ſo daß ihre Blumen verbluͤhen und die
Fruchttheile wohl gar bis zu ihrer Reife fort-
wachen. Bei dieſen muß man die Wurzel,
19 wenn
231
wenn ſie zum Einlegen nicht zu dicke iſt und da ⸗
her im trockenen Zuſtande in der Sammlung
keine Unbequemlichkeit verurſachen kann, vor
dem Einlegen einigemale in kochendes Waſſer
ſtecken und jedesmal bald wieder heraus ziehen,
oder wenn fie zu Einlegen zu dicke iſt, bis über
die Haͤlfte der Dicke, durchſchneiden, dabei
aber zugleich, ſo viel als moͤglich, dahin ſehen,
daß der Stengel an derſelben und ein Theil der
Wurzelfaſern fiß en bleiben. je
Unter den phänogamifchen bend gewöchſen
finden ſich einige, die einen klebrigen, leimar⸗
tigen Saft aus ihrer Oberflaͤche abſondern,
mittels deſſen ſie denen Koͤrpern, die ſie beruͤh⸗
ren, ſo feſte ankleben, daß ſie nur mit Muͤhe
davon wieder getrennet werden koͤnnen, als die
klebrige Madia (Madia viſcoſa). Die wein-
blaͤttrige Kitaibelia (Kitaibelia vitifolia) die
klebrige Lychnis oder ſo genannte Pechnelke
(Lychnis viſcaria), die Arten des Sonnen⸗
thaues (Drofera) und andere mehr. Bet
dem Einlegen dieſer Gewaͤchſe klebet das Pa⸗
pier, worin fie ausgebreitet werden, denen
Theilen ſo feſte an, daß entweder ein Theil
deſſelben, wenn man es von der Pflanze tren⸗
nen will, daran zuruͤcke bleibet, oder doch we⸗
nigſtens die Theile des Gewaͤchſes aus ihrer
naturlichen Richtung gebracht werden, auf al⸗
len Fall aber die Pflanze im trockenen Zuſtande
für die Sammlung einen großen Theil ihres
Werthes verliehret. Um dieſem Uebel vorzu⸗
bauen
232
bauen muß man fie i in einem Dutch Wachs ge⸗
zogenen Bogen Schreibpapier auflegen, deſſen
man ſich gewoͤhnlich in den Apotheken zur Ver⸗
ſendung der Pflaſter bedienet. Man hat bei
dieſen Gewaͤchſen das Beſtreuen der ganzen
Pflanze und der Papierbogen, worin dieſelbe
ausgebreitet werden ſoll, mit dem ſogenannten
Hexenmehle (Pulvis lycopodii) empfohlen.
Dieſes verhindert allerdings das Ankleben der
Pflanze, es hat aber auf der andern Seite auch
das Unangenehme, daß immer ein Theil des
Pulvers mit dem klebenden Safte der Pflanze
fo feſt zuſammen trocknet, daß es ſich weder weg⸗
blaſen, noch wegwiſchen laͤſſet und die Pflanze,
durch die veraͤnderte Farbe von dem zuruͤck⸗
bleibenden Pulver, ein fremdartiges Anſehen
erhaͤlt. Dagegen giebt es einige Gewaͤchſe,
die mit einem hakigten Ueberzuge verſehen ſind,
als die eiförmige Forſkolea (Forskolea tena-
ciffima) die ſich, ſo wie die klebrigen Pflan⸗
zen, mittels der Wiederhaken ihres Ueberzuges,
denen Papierbogen, worin fie ausgebreitet wer⸗
den, ſo feſte anhaͤngen, daß ſie nur mit Muͤhe
davon wieder zu trennen ſind. Bei dieſen waͤh⸗
le man geglaͤttetes, oder ſogenanntes Perga⸗
mentpapier zum Einlegen, wodurch ihre Theile
verhindert werden, ſich feſte zu halten.
Diejenigen Pflanzen, welche dicke, ſaftige
Blaͤtter haben und daher auch ſaftige oder
fette Gewaͤchſe genannt werden, als die
Arten der Gattungen Sedum, Sempervivum,
Cotyledon, Aloe, Talimum, Portulaca
| und
233
und anderer, welken aͤußerſt langſam und er⸗
halten aus den Blaͤttern einen immer neuen
Zufluß von Nahrungsfäften, fo, daß fie auch
unter der Preſſe zwiſchen den Papierbogen, wo⸗
rin ſie ausgebreitet ſind, mehrere Wochen und
Monate fortwachſen, und dabei ihr natuͤrliches
Anſehen faſt ganz verliehren. Wenn ſie aber
endlich trocken werden, ſo fallen die Blaͤtter ge⸗
meiniglich mit den Bluͤthen ab und das Ge⸗
waͤchs wird ganz unkenntlich. Man muß da⸗
her darauf bedacht ſeyn, die Spannkraft der
Gefaͤße zu zerſtoͤren, ihnen das Vermoͤgen zum
weiteren Umtriebe der Saͤfte und zum ferneren
Wachsthume der Theile zu benehmen, und ſie
auf einmal in einen welken Zuſtand zu ver⸗
ſetzen, ohne dabei der aͤußeren Geſtalt der
Theile 8 ſchaden. Dieſes kann auf eine dop⸗
pelte Weiſe bewirket werden, entweder durch
$
Huͤlfe eines heißen Plätteifens, oder durch ko⸗
chendes Waſſer. Bei dem Gebrauche des hei⸗
fen Plaͤtteiſens zu dieſem Endzwecke verfaͤhrt
man folgendermaßen: Wenn man daſſelbe in
Bereitſchaft hat, breitet man die Pflanze zwi⸗
ſchen zwei zuſammengeſchlagenen Bogen Lſch⸗
papier, wie es die natuͤrliche Richtung ihrer
Theile erfordert, behutſam aus, damit die ſproͤ⸗
den Theile nicht zerbrechen und erhalte ſie durch
einen gelinden Druck der linken Hand in der
ihnen gegebenen Lage zwiſchen dem Papierbo⸗
gen. Alsdann ſtreiche man gelinde mit dem
heißen Eifen über den anf der Pflanze liegenden
| Bogen, damit der rf welcher nicht ſo ſehr
| durch
234
durch den Druck des Plaͤtteiſens, ſondern viel-
mehr durch den hohen Grad der Hitze deſſelben,
herausgetrieben wird, in das Loͤſchpapier ziehe.
Hierauf verwechſele man die naſſen Bogen mit
trockenen, jedoch mit der Vorſicht, daß die
Theile der Pflanze dabei nicht aus ihrer Lage
und Richtung gebracht werden. Dieſes Ver⸗
fahren ſetze man ſo lange fort, bis die Theile
der Pflanze eine flache Sage angenommen und
den größten Theil ihrer Säfte verlohren haben.
Man vermeide aber, ſo viel als moͤglich, die
Blumen mit dem heißen Eiſen zu berühren,
weil fie durch die Hitze größtentheils ihre natür-
liche Farbe verliehren und ohnehin leichter trock⸗
nen, als die uͤbrigen Theile. Sollten aber die
Bluͤthenſtengel wegen ihrer Steifheit es ver⸗
hindern, die Pflanze in einer flachen Lage zwi⸗
ſchen den Papierbogen waͤhrend des Trocknens
zu erhalten, ſo iſt es hinreichend, ſie nur eini⸗
geile mit dem heißen Eiſen auf die angezeigte
Art gelinde zu uͤberſtreichen, jedoch ohne ſie zu
druͤcken, weil ſie ſonſt leicht gequetſcht werden.
Ueberhaupt iſt ein jeder ſtarker Druck mit dem
heißen Eiſen ſehr zu widerrathen, weil dadurch
die ſehr ſaftigen und durch die Hitze weich ge⸗
wordenen Theile eine widernatürliche Geſtalt |
annehmen koͤnnen. Das Verwechſeln der naſ⸗
ſen Bogen mit trockenen, ohne die Theile der
Pflanze aus ihrer Richtung zu bringen, wird
am leichteſten dadurch bewerkſtelliget, daß man
die Bogen, worin die Pflanze auf die eben an⸗
| gezeigte Art zum baldigen Trocknen vorbereitet
wird,
\
wird, auf ein dünnes Bret oder ein Stuͤck
Pappe, von der Groͤße der Bogen leget, und,
nachdem man den oberen, naſſen Bogen mit
einem trockenen verwechſelt hat, ein anderes
Bret oder Pappenſtuͤck daruͤber leget, dieſe
Theile mit beiden Händen zuſammen faſſet und
umkehret, ſo, daß der untere noch naſſe Bogen
jetzt nach oben zu liegen komme. Die andere
Art, die ſaftigen Gewaͤchſe zu einem baldigen
Trocknen vorzubereiten, beſtehet darin, daß
man die einzulegende Pflanze bis an die Blu⸗
men einigemale in kochendes Waſſer untertau⸗
chet und ſchnell wieder herausziehet, bis die
Theile ihre Spannkraft gaͤnzlich verlohren ha⸗
ben, der fernere Umtrieb der Saͤfte nicht mehr
Statt finden kann und die Pflanze vertrocknet,
oder verfaulet, je nachdem ſie behandelt wird,
wie ich in Det Folge En. werde Die 9 85
ac werben 5 wenn fi 4 ihr natürliches An⸗
ſehen behalten ſollen. Alsdann br eite, man die
Pflanze in einem 1 Papierbogen gehört 9 aus 155
ben oder ganzen Buche Loſchpapier, oder dich
mit einem dünnen 6 amit die 0 ne |
RIND RR
5 Er
dene
A Diete pflanze en, ee gegen Abend
bei der Abnahme der atmosphaͤriſchen Warme,
die Richtung ihrer Theile veraͤndern, welchen
e man gewoͤhnlich den Pflanzenſchlaf
nennet,
236 |
nennet, find einer gleichen Veränderung unter⸗
worfen, wenn fie in dem Fühlen, verſchloſſenen
blechernen Pflanzenkaſten nach dem Einſamm⸗
len einige Zeit aufbewahret liegen. Bei dieſen
Gewaͤchſen iſt es rathſam, fie entweder gleich
an Ort und Stelle fuͤr die Sammlung gehoͤrig
einzulegen, oder doch den Zeitpunkt des Einle⸗
gens nicht lange hinaus zu ſetzen. Einige der⸗
ſelben ſind ſo reizbar, als einige Mimoſenarten
(Mimolae) daß ihre Theile nach einer ihnen
beigebrachten Erſchuͤtterung, augenblicklich ihre
.. verändern. : Bei dieſen Pflanzen iſt
es ſchlechterdings nothwendig, ſie an Ort und
Stelle einzulegen und zwar waͤhle man dazu
einen kuͤhlen „ trüben Tag, indem alsdann ihre
Theile einen geringeren Grad von Reizbarkeit
beſitzen. Man vermeide aber bei dem Einle⸗
gen, ſo viel als moͤglich, eine jede ſtarke Er⸗
ſchuͤtterung. Auch iſt es rathſam, dieſen Ge⸗
waͤchſen gleich nach dem Einlegen eine etwas
ſtaͤrkere Preſſe zu geben, bis ſie ihre Reizbarkeit
durch das Welken gaͤnzlich verlohren haben,
welches in einigen Stunden der Fall zu ſeyn
pfleget. Sie gerathen am beſten, wenn man
ſie zwiſchen Bogen von Schreibpapier in einen
Folianten leget und bis zu ihrer voͤlligen Trok⸗
kenheit in demſelben liegen laͤſſet.
Da die phaͤnogamiſchen Waſſer⸗
gewaͤch ſe durch die ihnen anhaͤngenden Waſ⸗
ſertheile leicht ihre natürliche Farbe verliehren,
ſchwarz und unkenntlich werden oder faulen,
ſo Muß man bei dem Einlegen darauf gr
| eyn,
237
ſeyn, ihnen die anhaͤngenden Feuchtigkeiten
gaͤnzlich zu nehmen. Dieſes geſchiehet am be⸗
ſten auf folgende Weiſe: Man breite ſie zwi⸗
ſchen zwei zuſammengeſchlagene Bogen Loͤſch⸗
papier nach ihrer natuͤrlichen Richtung aus,
ſtreiche alsdann mit der flachen Hand über
den aufliegenden Bogen, damit durch den ges
linden Druck der Hand die Waſſertheile fich in
das Loͤſchpapier ziehen. Alsdann verwechſele
man die naſſen Bogen mit trockenen. Es iſt
aber auf allen Fall rathſam, ſie nicht zwiſchen
den phaͤnogamiſchen Landgewaͤchſen einzulegen,
weil fie durch die fernere Ausduͤnſtung der zu⸗
ruͤckgebliebenen wäfl erigen Feuchtigkeiten, ei⸗
nen nachtheiligen Einfluß auf die zu erhaltende
natuͤrliche Farbe der erſteren haben Fönnten.:
Die kryptogamiſchen Gewaͤchſe
erfordern, nach der Verſchiedenheit ihres
Baues und des Ortes, wo ſie gewachſen ſind,
auch bei dem inisgen eine wee Be⸗
eee, 1
Die Gewaͤchſe der angengtemenen baten
Klaſſe, mit Wurzelfrucht (Rhizocarpae)
muͤſſen eben ſo behandelt werden, als die Pi
nogamifchen Waſſergewaͤchſe.
Die bei dem Einlegen der ohänogamifchen
Landgewachſe gegebene Vorſchriften ſind auch
bei den e (Filices) an⸗
wendbar.
Bei den Moofen und Flechten
(Muſci et Lichenes) die man groͤßtentheils
raſenweiſe einleget, N en die Raſen gehörig
| aus⸗
ausgebreitet werden, damit die Individuen,
welche dieſelben ausmachen, deutlich zu erken⸗
nen ſind. Alle fremde Theile und andere Ge⸗
waͤchſe, die nicht unmittelbar zu der einzulegen⸗
den Art gehoͤren, muß man ſorgfaͤltig abſon⸗
dern. Bei den kleineren Gewaächſen dieſer
Familien, die man haufenweiſe mit ihrer Un⸗
terlage, als Holz oder Erde, eingeſammlet
hat, muß man die Unterlage, wenn man ſie
zu dicke abgeſchnitten haben ſollte, ſo duͤnne
abzuſchaͤlen ſuchen, ‚ daß fie in der Folge die
Sammlung nicht beſchweren und die Raſen
dennoch zuſammen halten. Nach dem Einle⸗
gen iſt es aber nicht rathſam, ſie ſo ſtark zu
preſſen, als gewoͤhnlich zu geſchehen pfleget,
weil fie dadurch ein widernatürliches Anſehen
erhalten. Man muß ſie nicht ſtaͤrker preſſen,
als dazu erforderlich iſt, daß ihre Theile bei
dem Trocknen nicht ſuſammen, ſchrumpfen koͤn⸗
nen. Wenn es an Zeit und Gelegenheit feh⸗
len ſollte, dieſe Gewaͤchſe gleich nach dem Ein⸗
ſammlen einzulegen, fie aber nachher durch
das Trocknen ihre natürliche Geſtalt verliehren,
oder doch unbiegſam und ſproͤde werden, ſo
muß man ſie alsdann vor dem Einlegen wieder
auffriſchen und in einen, dem lebendigen aͤhn⸗
lichen Zuſtand wieder verſetzen. Dieſes ge-
ſchiehet am beſten auf folgende Weiſe. Man
lege die einzulegenden Pflanzen dieſer Familien
auf ein Bret oder ein flaches Gefaͤß, in der Lage
und Richtung, die ſie im natürlichen Zuſtande
Eat. und beſpriße ſie alsdann wiederhohlet
mit
239
mit kaltem friſchen Waſſer „oder ſetze ſie bei
einem gelinden Regen in die freie Luft. So⸗
bald fie ihre natürliche Geſtalt und die vorige
Spannkraft der Theile wieder erhalten haben,
ſind ſie zum Einlegen ſowohl, als zur Unter⸗
ſuchung und Beſtimmung geſchickt. Einige
Pflanzenforſcher legen die aufzufriſchenden
Pflanzen dieſer Art in ein Gefaͤß mit Waſſer,
andere dagegen beſchlagen ſie in angefeuchtetes
und von Zeit Ju Zeit feucht unterhaltenes
Loͤſchpapier. Im erſteren Falle ziehen die
Theile und vorzuͤglich die erdigten Unterlagen
zu viel Waſſer auf einmal an ſich, wodurch
nachher das Auflegen und Trocknen ſehr er⸗
ſchweret wird, im letzteren Falle haben die
Theile in dem beſchraͤnkten Raume des naſſen
Loͤſchpapieres nicht das Vermögen, ſich gehörig
auszubreiten und ihre natuͤrliche Richtung
wieder anzunehmen. Beide e R ind
alſo zu widerrathen.
Bei dem Einlegen behandelt man ft e wie
die phaͤnogamiſchen Waſſergewaͤchſe, indem
man ihnen vorher, durch einen gelinden Druck
der Hand, zwiſchen Loͤſchpapier den größten
Theil der ihnen 1 7 1 be⸗
nimmt.
Die Algen oder kryptogamiſchen
Waſſſergewächſe (Algae) erfordern vor
allen anderen Pflanzen eine beſondere und
verſchiedene Behandlung bei dem Aufweichen
und hee die von der Art des Waſſers
| wor⸗
20
worin fi e gewachſen fi nd, von ihrer Beſchaffen.
heit und Größe abhaͤngt. i
In dem Falle, wo man weder Zeit noch
Gelegenheit hat, die geſammleten Algen im
friſchen Zuſtande fuͤr die Sammlung zuzuberei⸗
ten und ſie daher, nach Anleitung des vorigen
Kapitels, trocknen mußte, um fie bei geleguerer
Zeit für die Sammlung ausbreiten, oder wo
man von entfernten Freunden trockene Exem⸗
plare zur Unterſuchung und Beſtimmung er⸗
haͤlt, bleibet es nothwendig, ſie in einen, dem le⸗
bendigen ähnlichen Zuſtand wieder zu verſetzen,
wenn man dieſen doppelten Endzweck nach
Wunſche erreichen will. Ehe ich alſo meinen
Zweck weiter verfolge, muß ich einige Bemer⸗
kungen uͤber das Aufweichen der kryptoga⸗
miſchen Waſſergewaͤchſe voranſchicken. 0
Wenn man die trockenen Gewaͤchſe in rei⸗
nes, friſches Regen⸗ oder Flußwaſſer leget, ſo
ziehen fie, nach der Verſchiedenheit ihres inne⸗
ren Baues geſchwinder oder langſamer, ſo vie⸗
le Waſſertheile ein, daß fie ihre natürliche Ge:
ſtalt, welche durch das trocknen veraͤndert wor⸗
den war, groͤßtentheils voͤllig wieder erhalten.
Bei den hautartigen Algen geſchiehet dieſes weit
geſchwinder und oft in einigen Minuten, als
bei den ſchleimigen und gallertartigen, bei wel⸗
chen oft mehrere Stunden und Tage erforder⸗
lich ſind. Man waͤhle aber zu dieſem End⸗
zwecke kein Brunnen⸗ oder Quellwaſſer, weil
daſſelbe, vermoͤge ſeines groͤßeren Gehalts mi⸗
neraliſcher N entweder das h er⸗
hwe⸗
2241
ſchweret, oder zuweilen bei den aufg etbeichten
Pflanzen eine Veraͤnderung der Farbe hervor⸗
bringen kann. Auch iſt es nicht rathſam,
wenn man mehrere Arten von Algen in einem
Gefaͤße aufweichet, die in ſüßem Waſſer ge»
wachſenen zugleich mit den Seegewaͤchſen ver⸗
miſcht, aufzuweichen, weil das aus den letz⸗
teren in das Waſſer übergehende Seeſalz ent⸗
weder das Aufweichen der erſteren erſchweret,
oder doch ihre Farbe zerſtoͤret. Rathſamer iſt
es dagegen, eine jede Art fuͤr ſich in einem be⸗
ſonderen Gefaͤße aufzuweichen. Unter den
Seegewaͤchſen finden ſich verſchiedene, welche
ſich in ſußem Waſſer nicht leicht wieder aufwei⸗
chen laſſen, wenn ſie auch mehrere Tage darin
liegen. Bei dieſen iſt es nothwendig, fie, in
Ermangelung des feifchen Seewaſſers, „in ſol⸗
ches Waſſer zu legen, welches mit Seeſalz
hinlaͤnglich geſchwaͤngert iſt, wenn man feinen
Endzweck erreichen will. Man waͤhle daher
bei dieſen Gewaͤchſen zum Aufweichen dasje⸗
nige Waſſer, worin ſchon vorher andere See⸗
gewaͤchſe, denen noch viel Seeſalz anhing,
aufgeweichet waren. Bei dem Aufweichen
der kryptogamiſchen Waſſergewaͤchſe muß man
aber zugleich auch dahin ſehen, daß ſie, nach⸗
dem ſie ihre vorige Geſtalt und Biegſamkeit
wieder erhalten haben, n nicht zu lange int dem
vetbleichen, oder doch, vorzüglich in einer ver⸗
ſchloſſenen W u Tan in mil uͤber⸗
ee
242
gehen und auf allen Fall der gewünschte End.
zweck verfehlet wird.
Sowohl bei den friſch aufzulegenden, „
als auch bei den, aufgeweichten Seegewaͤch⸗
ſen dieſer Familie iſt es eine nothwendige Be⸗
dingung, ſie, ehe man fie für die Sammlung,
aufleget, einige Minuten in reines ſuͤßes Waſ⸗
ſer zu bringen, damit ſie von den, ihnen noch,
anhaͤngenden, Salztheilen befreiet werden.
Vernachlaͤſſiget man dieſe Vorſicht, ſo ziehen
dieſe Gewaͤchſe, wenn fi e auch dem Anſcheine
nach völlig trocken fi ind, in der Folge Feuchtig⸗
keiten aus der Luft an ſich und faulen entwe⸗
der, oder verliehren doch wenigſtens ihre na⸗
tuͤrliche Farbe. Bei dieſer Gelegenheit ſon⸗
dere man von ihnen, die ihnen etwa anhaͤn⸗
genden fremden Gewaͤchſe, ſorgfaͤltig ab, um
auch in dieſer Hinſicht die Exemplare ſo voll⸗
ſtaͤndig und en zu erhalten, als mog.
lich iſt. '
Nachdem man pieſe Volſicht beobachtet
hat, „muß man die groͤßeren Seegewaͤchſe die⸗
ſer Familie „ die einen feſteren, knorpel⸗ le⸗
der⸗ oder, hautartigen Bau haben „ als die
mehreſten Tange (Fuci) und größeren. Ulsen.
‚(Ulvae) ehe man fie zwiſchen Söichpapier gehö-
rig ausbreitet, zuvor aufhängen, „damit der
groͤßte Theil des ihnen anhaͤngenden Waſſers
abſtörfele n | Uebrigens behandele man ſie eben
ſo, wie die phaͤnogamiſchen Waſſergewaͤchſe.
Man . nemlich die naſſen Bogen ſo
kaut mit trockenen, bis ſie „bei einem gelin⸗
den |
243
den Drucke der Hand, keine Spuren von
Feuchtigkeiten, denen Papierbogen mittheilen.
Man vermeide aber gleich nach dem Einlegen
dieſer Gewaͤchſe das gewoͤhnliche ſtarke Preſ⸗
ſen. Da in dieſem Zuſtande verſchiedene
Theile derſelben weich und ſaftig ſind, ſo hat
ein ſtarker Druck auf dieſelben die nachtheilig⸗
ſten Folgen. Bei den Tangen, zum Bei⸗
ſpiele, werden die mit vielem Schleime ange⸗
fuͤllten Fruchtgehaͤuſe leicht zerdruͤcket und Das
her ungeſtaltet, der Stamm aber und die
groͤßeren Zweige, welche bei einigen rund ſind
und dadurch von ahnlichen Arten unterſchieden
werden, erhalten durch dieſe Behandlung oft
eine platte, zuſammen gedruͤckte Geſtalt und
verliehren dadurch in der Folge, bei dem Ver⸗
gleichen der trockenen Exemplare, ein ihrer
wichtigſten Unterſcheidungszeichen. Der Druck
eines mittelmaͤßigen Folianten iſt dazu hinrei⸗
chend, dieſe eingelegten Gewaͤchſe in der ihnen
gegebenen natürlichen Lage zu erhalten und das
ſchnelle Trocknen zu verhindern. Nach Ver⸗
haͤltniß der Dicke ihrer Theile ſind aber auch
mehrere Zwiſchenlagen von leeren Papierbo⸗
gen erforderlich, als bei den Beige, Ge
ERS Nee |
Die unten em en zarteren und
fehe biegſamen Algen laſſen ſich nicht auf die
gewoͤhnliche Weiſe auflegen, „ſondern fie erfor⸗
dern eine beſondere Behandlung, wenn man
ſie für: die Sammlung ihrer Natur nach gehö«
eig e und kenntlich erhalten will.
2 2 Im
244
Sm lebendigen und aufgefriſchten Zuſtande
haben fie in dem Waſſer die ihnen natürliche
Richtung der Theile. So bald man fie aber
aus dem Waſſer nimmt, folgen die zarten, ſehr
biegſamen Theile dem Zuge des an ihnen ab⸗
laufenden Waſſers und legen ſich ſo dicht uͤber
einander, daß es unmoͤglich bleibet, fie auf ei⸗
nem Papierblatte gehörig auszubreiten, und
ihnen die natürliche Richtung der Theile wieder
zu geben. Leget man ſie wieder in das Waſ⸗
ſer, ſo breiten ſich ihre Theile wieder aus und
kehren ihre natürliche Richtung wieder an.
Bei dieſen Gewaͤchſen muß man daher noth⸗
wendig einen andern Weg einſchlagen, wenn
man eine brauchbare Sammlug von ihnen er⸗
halten will. Dieſer erwünſchte Endzweck kann
aber nur auf die Weiſe erreichet werden, das
man dieſe Gewaͤchſe, nach der natuͤrlichen
Richtung ihrer Theile ausbreitet, unter dem
Waſſer auf Papierblaͤtter bringet und in
ihrer Lage zu erhalten ſuchet. Da aber dieſe
Gewaͤchſe einen ſo zarten Bau haben, daß
man nur durch Hülfe eines zuſammen geſetzten
Vergroͤßerungsglaſes denſelben gehoͤrig unter⸗
ſcheiden und beobachten kann, der groͤßte Theil
derſelben aber im trockenen Zr uſtande dem Pa⸗
pierblatte, worauf ſie ausgebreitet ſind, ſo
feſt anklebet, daß man nur ihre Oberflaͤche
alsdann beobachten kann und uͤberhaupt die
Unterſuchung ihrer inneren Struktur durch die
Undurchſichtigkeit des Papieres unmoͤglich ge⸗
machet wird, ſo 1975 man zucht darauf be⸗
dacht
N
245
dacht ſeyn, dieſes wichtige Hinderniß aus dem
Wege zu raͤumen, damit man ſich im Stande
befinde, auch im trockenen Zuſtande, bei der
Vergleichung ähnlicher Arten, fie nach ihrem
inneren und äußeren Baue unter dem Ver⸗
groͤßerungsglaſe hinlaͤnglich beobachten zu koͤn⸗
nen. Ueberdem nehmen die Theile dieſer zar⸗
teren Gewaͤchſe durch das Trocknen, nach der
Verſchiedenheit der Arten, oft eine verſchie⸗
dene Geſtalt an, die von der Verſchiedenheit
ihrer inneren Struktur abhaͤngt, und bei der
Beſtimmung der Arten nicht ganz uͤberſehen
werden darf. Dieſem Endzwecke entſpricht
klares, weißes Glas vollkommen. Man breite
daher von jeder Art einige Exemplare auf ſol⸗
che Glasſtreifen aus, welche die Breite haben,
daß man ſie fuͤglich unter das zuſammen geſetzte
Mikroskop bringen kann. Von groͤßeren,
ſehr aͤſtigen Gewaͤchſen dieſer Art trage man
zur kuͤnftigen Unterſuchung und Vergleichung
nur einzelne Zweige auf, die aber mit den cha⸗
rakteriſtiſchen Theilen verſehen ſeyn muͤſſen.
Bei einigen dieſer Gewaͤchſe, die entweder
weiß und durchſichtig find, ober deren Theile
einen ſo zarten Ban haben, daß ſie auf dem
Papiere, worauf man ſie ausbreiten will, nicht
gehoͤrig erkannt und unterſchieden werden koͤn⸗
nen, iſt es rathſamer, alle Exemplare au
Glas zu bringen. Bei den Exemplaren, die
auf Glas getragen ſind, hat man noch den
vorzuͤglichen Vortheil, daß fie ſich weit leich⸗
ter und 1 Gefahr zu zerbrechen wieder auf⸗
wei⸗
246
weichen laſſen, als diejenigen, die auf Papier
ausgebreitet ſind. Ehe man alſo zu dem Auf⸗
legen diefer Gewaͤchſe ſchreitet, muß man dar⸗
auf bedacht ſeyn, dieſe erforderlichen Beduͤrf⸗
niſſe in Bereitſchaft zu haben. Man ſchneide
zu dem Ende mehrere viereckige Blaͤtter von
dem weißeſten ſogenannten Poſt- oder Velin⸗
Papier, deren Groͤße mit der Groͤße des Ge⸗
waͤchſes, wenn es gehoͤrig ausgebreitet iſt und
darauf gebracht werden ſoll, in Verhaͤltniß fies
het. Auch laffe man ſich von ſtarkem, reis
nen, weißen Fenſter Glas, Glasſtuͤcke von
Veh dez Größe in Vorrath ſchneiden.
Das Auflegen der fadenfoͤrmigen zarte⸗
ren Algen auf Papier oder Glas unter dem
Waſſer⸗ wird auf folgende Weiſe bewerkſtelli⸗
get, Man fuͤlle ein flaches Gefaͤß, z. B.
eine Schüſſel „ einen Teller oder eine Unter-
taſſe, bis unter den Rand mit reinem klaren
Waſſer und lege darein das Gewaͤchs, welches
man auf Glas oder Ani ausbreiten will,
und theile die groͤßeren Zweige deſſelben mit
Huͤlfe der Zange unter dem Waſſer behutſam
auseinander, ſo, daß kein Zweig über dem
andern liegen bleibet und fie ihre natürliche
Richtung erhalten. Alsdann ſchiebe man lang⸗
ſam, ohne das Waſſer zu bewegen und das
Gewaͤchs aus ſeiner natuͤrlichen Richtung zu
0 bringen „den Glasſtreifen oder das Papier fo
weit unter das Gewaͤchs, daß nur ein gerin⸗
ger Theil dieſer Stucke, den man zwiſchen den
e der linken a feſt hält, 1
aſ⸗
=
247
Waſſer hervorraget und die Pflanze auf dem⸗
ſelben die tage erhaͤlt, die fie im trockenen Zu⸗
ſtande ihrer Natur nach haben muß, halte ſie
alsdann am unterſten Ende, wo ſie ihren Be⸗
feſtigungs punkt gehabt hat, mit dem Dau⸗
men der linken Hand auf dem Papiere oder
Glaſe feſt und ziehe ſte, faſt in horizontaler
Richtung, langſam aus dem Waſſer, ſo, daß
der untere Theil des Gewaͤch ſes auſſer dem
Waſſer ſich auf dem Glaſe oder Papiere feſt
ſetze, der größte Theil deſſelben ſich aber noch
in dem Waſſe er befinde, waͤhrend man durch
Beihuͤlfe der Zange mit der rechten Hand
denen Theilen, welche durch das herabfließende
Waſſer vielleicht in Unordnung kommen, die
natürliche Richtung wieder giebt. Da aber
die zarteren Endzweige, ſobald ſie mit dem
darunter befindlichen Papiere oder Glasſtreifen
an die Oberfläche des Waſſers bei dem Her⸗
ausziehen kommen, ſehr leicht in Unordnung
gerathen, oder doch, durch das Herabfließen
des ihnen anhaͤngenden Waſſers, gemeiniglich
in laͤngliche Buͤndel zuſammen gezogen werden,
deſſen Theile man alsdann nicht gehoͤrig unter⸗
ſcheiden kann, fe muß man dieſes dadurch zu
verhuͤten ſuchen, daß man waͤhrend dem Her⸗
ausziehen aus dem Waſſer, in der angezeigten
Richtung, eine gelinde Bewegung zu beiden
Seiten machet, wodurch man die zarten End⸗
ſpitzen und Zweige in einer wellenförmigen
Bewegung erhält und den gleichförmigen Druck
des Waſſers auf dieſelben Wan Sollte den⸗
noch
Ka | |
noch ein, oder der andere Seitenzweig des Ge⸗
waͤchſes, durch das Herausziehen aus dem
Waſſer, feine natürliche Richtung verlohren
haben, ſo kann man denſelben dadurch leicht
wieder in Ordnung bringen, wenn man dieſen
Zweig mit dem darunter befindlichen Papier
oder Glasſtreifen beſonders wieder in das Waſ⸗
ſer tauchet und auf die eben angezeigte Art
behandelt. Iſt auf dieſe Weiſe das Gewaͤchs |
auf dem Glaſe oder Papiere gehörig ausge⸗
gebreitet, ſo ſtelle man den Glasſtreifen faſt
ſenkrecht in die Hoͤhe, indem man ihn an einen
andern Koͤrper lehnet, doch ſo, daß der obere
Theil des Gewaͤchſes nach unten zu ſtehe und
der untere, oder der Befeſtigunspunkt deſſel⸗
ben, nach oben, damit das Waſſer deſto beſſer
ablaufen koͤnne, daß Papierblatt aber ſtecke
man nach eben der Richtung des Gewaͤchſes
an einer ſeiner Ecken, mit einer Nadel auf
einen andern Koͤrper feſt, daß er frei haͤnget
| und von allen Seiten zugleich trocknen kann.
Die ſchluͤpfrigen und ſchleimigen
Gewächſe dieſer Art nehmen, aller angewand⸗
ten Muͤhe ungeachtet, bei dem Herausziehen
aus dem Waſſer einen fo großen Vorrath von
Waſſertheilen mit ſich auf das Glas oder Pa⸗
pier, daß ihre Zweige, wenn ſie auch noch fo
gut ausgebreitet aus dem Waſſer gebracht ſind,
bald nachher wieder zuſammen fließen und das
Gewaͤchs dadurch ganz unkenntlich wird.
Dieſem, fuͤr die Schönheit, und Brauchbarkeit
der rn, dieſer Gewächse, n
in⸗
240
Hinderniſſe kann man auf eine doppelte Weiſe
abhelfen. Entweder breite man mit Hülfe
der Zange oder einer Nadel, nachdem das
Waſſer von dem Glaſe oder Papierſtuͤcke gaͤnz⸗
lich abgefloſſen iſt und die dem Gewaͤchſe an»
hängenden Waſſertheile groͤßtentheils verdun⸗
ſtet find, bei dem noch völlig friſchen Gewaͤch⸗
ſe, die zuſammen gefloſſenen Theile wieder aus⸗
einander, indem man mit der Spitze dieſer In⸗
ſtrumente behutſam zwiſchen den Zweigen von
unten nach oben zu faͤhret und gebe ihnen die
Richtung wieder, die fie im naturlichen Zuſtan⸗
de hatten. Man kann aber das zuſammenflie⸗
ſen der Zweige dieſer Gewaͤchſe dadurch ſehr
vermindern, wenn man das Papier oder den
Glasſtreifen, auf welchen das Gewaͤchs aus.
Bee ift, einige Zeit in der faſt horizontalen
Richtung erhaͤlt, nach welcher man ſie aus dem
Waſſer gezogen hat, damit das Waſſer nicht
ſo ſchnell abfließe, ſondern nur nach und nach
verdunſte. Oder man ziehe das Waſſer aus
dem Gefaͤße, in welchem die Pflanze ſich befindet,
nachdem man derſelben auf dem Papiere oder
Glasſtuͤcke die erforderliche Lage gegeben hat,
mittels eines kleinen Hebers, oder auch durch
Huͤlfe eines wollenen Lappens, langſam ab,
bis das Gewaͤchs auf der demſelben gegebenen
Unterlage von dem groͤßten Theile des Waſſers
befreiet und nach ſeiner natuͤrlichen Richtung
ausgebreitet, ſich feſtgeſetzet hat und nur als⸗
dann erſt nehme man das Papier oder Glas⸗
ir mit dem vr liegenden Gewaͤchſe aus
dem
250
dem leeren u Geſte⸗ und gebe demſelben, euf
die vorhin ane Weiſe, eine ee
Nichtung.
Die größeren, „ gallera artigen, „ mit einer
Sat umkleideten kryptogamiſchen Waſſer ſerge⸗
waͤchſe, als die pflaumartige Linkie
(Länkia pruniformis) ) und die größeren
Tremellen (kremellae) 75 laſſen ſich nicht
fuͤglich, wie die übrigen, zwiſchen Hapierbogen
einlegen, weil fie auf dieſe Weiſe eher verfau⸗
len, als trocknen. Man bereitet ſie am beſten
für die Sammlung, wenn man ſie mit einem
kleinen? Brete oder Buche be ſchweret, nachdem
die ihnen außer fi en anhängenden Feuchtigkeiten
verdunſtet find, damit ſie, ohne runzelich oder
105 zerdruͤckt; zu werden, eine platte Geſtalt erhal⸗
ten und in der Sammlang der übrigen Ge⸗
wäͤchſe dieſer Familie durch ihre Dicke keine
Unbes emlichkeit verurſachen.
0 So leicht es iſt, durch die Befolgung
der hier gegebenen Vorſchriften die bisher ab⸗
gehandelten Pflanzen durch das Auflegen zu
einer ſchoͤnen und brauchbaren Sammlung vor-
zubereiten, ſo ſchwer und faſt unmoͤglich iſt
dieſes bei den Pilzen oder Schwaͤmmen.
Verſchiedene derſelben 5 ſo groß und fleiſchig,
oder zerfließen doch bald nach ihrer Entſte⸗
hung ieee in einen dintenaktigen 9 0
2) Kork Nene Beitraege zur Bot, Th, 15
pag. 301.
1 15 Roth Neue Beitraege zur Bot, Th. I.
pag. 319.
ö
257
daß es unmoͤ öglich bfeibet, fie fo, wie die übri⸗
gen Gewaͤchſe, zwiſchen Papierbogen einzule⸗
300 und ihnen eine ſo platte Geſtalt zu geben,
daß fie im trockenen Zuſtande denen übrigen
Pflanzen in einer Sammlung fuͤglich beigeſel⸗
let werden koͤnnten. Die kleineren und uͤber⸗
haupt diejenigen Schwaͤmme, welche eine haut⸗
oder lederartige und uͤberhaupt eine weniger
fleiſchige Subſtanz haben, koͤnnen zwar auf
dem gewoͤhnlichen Wege eingeleget und gepreſ⸗
ſet werden, ſie verliehren aber dadurch groͤßten⸗
theils ihre naturliche Geſtalt, werden unfennt-
.
lich und ſind daher, weil ſie ſich nicht durch
das
lichen Zuſtand each wieder verſetzen laſſen zur
Auffriſchen in einen, dem natürlichen aͤhn⸗
Vergleichung und B Beſtimmung faſt unbrauch⸗
bar. Es iſt daher rathſamer, ſich von dieſen
Naturprodukten eine beſondere, von den uͤbri⸗
gen Gewaͤchſen getrennte, Sammlung zu ma⸗
chen, wo man ſie ganz und unveraͤndert in ihrer
naluͤrlichen Geſtalt zu erhalten ſuchet. Zu der
Erreichung dieſes Endzweckes kann man ver⸗
ſchiedene Wege einſchlagen, die ich aber fuͤgli⸗
cher am Schluſſe des letzten Kapitels zeigen
muß, wo ich von der Einrichtung einer Pflan⸗
9 1 handeln werde.
5 Vier⸗
Viertes Kapitel.
User die 0 der banal
bei Lan E N
Wenn man die in ben beiden RN
henden Kapiteln gegebenen Vorſchriften bei dem
Einſammlen und Einlegen der Gewaͤchſe beob⸗
achtet hat, ſo muß man darauf bedacht ſeyn,
ſie nicht allein in der ihnen gegebenen natuͤrli⸗
chen Richtung, ſondern auch mit der einem je⸗
den Theile eigenthuͤmlichen Farbe trocken zu er»
halten. Von der Behandlung der eingelegten
Pflanze bei dem Trocknen haͤngt aber groͤßten⸗
theils ihre künftige Schönheit und Brauchbar⸗
keit in der Sammlung ab. Hat man bei dem
Einlegen ein Verſehen in Abſi cht der Lage nach
der natuͤrlichen Richtung der Theile gemachet,
fo laſſet ſich daſſelbe bei dem Trocknen groͤßten⸗
theils wieder verbeſſern; denen Fehlern aber,
die man bei dem Trocknen begehet, kann man
ſchwerlich wieder abhelfen. Je geſchwinder die
Gewaͤchſe trocknen, ohne entweder ſich ſelbſt
Wehen; ungeſtaltet und nen, zu werden,
' oder
253
oder durch einen zu ſtarken Druck einen Theil
ihrer Saͤfte zu verliehren, deſto erwuͤnſchter er⸗
reichet man ſeinen Endzweck. Ehe ich die er⸗ \
forderliche Behandlung bei dem Trocknen der
verſchiedenen Gewaͤchſe zeige, will ich einige
allgemeine Bemerkungen voranſchicken.
1) Der Ort, wo man die Pflanzen zu ei⸗
ner Sammlung trocknen will muß luftig und
denen Sonnenſtrahlen nicht unmittelbar ausge⸗
ſetzet ſeyn. Es iſt daher eben fo wenig rath⸗
ſam, ein dumpfigtes, dem Zugange der freien
Luft verſchloſſenes Zimmer hierzu zu waͤhlen,
als die zu trocknenden Gewaͤchſe der Sonnen⸗
hitze oder der Ofenwaͤrme unmittelbar auszuſez⸗
zen. Ein Zimmer, deſſen Thuͤre und Fenſter
bei trockenem Wetter geoͤffnet werden koͤnnen,
iſt hierzu am zweckmaͤßigſten. 1
2) Man lege nicht viele Pflanzen auf einen
Haufen zuſammen, weil dadurch theils der er⸗
forderliche gleichfoͤrmige Druck auf alle Theile
unmöglich gemachet wird, theils aber die Ge⸗
wächfe weit langſamer die in ihnen enthaltenen
Säfte verdunſten koͤnnen, als dazu erforderlich
iſt, die ihnen eigenthuͤmliche Farbe, 0 legen
men ‚ als möglich, zu erhalten. Ben
3) Die, denen Gewaͤchſen b dem Eine
legen gegebenen, und feuchtgewordenen Zwi⸗
ſchenlagen von leeren Papierbogen, verwechſele
man taͤglich ein oder zweimal, nach Verhaͤltniß
des geringeren oder groͤßeren Vorrathes von
Saͤften, welche die verſchiedenen Gewaͤchſe
enthalten, mit trockenen. Man muß daher
eine
—
254
eine hinlangliche Anzahl och he leerer Bogen
in Vorrath haben und zugleich dafür ſorgen, daß
die feuchten Papierbogen vollig wieder trocken
werden. Dieſes bewerkſtelliget man auf folgen⸗
de Weiſe: Man ſpaltet einen Stock von beliebiger
Laͤnge einige Zolle lang auseinander, klemmt
zwiſchen den Spalt mehrere der feuchten Bogen,
und haͤngt denſelben an dem ungeſpaltenen En⸗
de mittels eines Bindfadens auf. Auf ſolche
Weiſe kann die freie duft die Bogen durchſtreichen,
ohne daß fie vom Winde weggefuͤhret werden.
4) Die zwiſchen Papierbogen in Folian⸗
ten gelegten Pflanzen muͤſſen mit den Papier⸗
bogen von Zeit zu Zeit in andere trockene Fo⸗
lianten geleget werden, damit man die feucht⸗
gewordenen an der freien Luft gehörig wieder
1 könne.
5) So lange die Gewächſe noch des
10 0 das Verdunſten der enthaltenen Saͤfte
groͤßtentheils trocken geworden ſind und daher
durch einen ſtarken Druck leicht nachtheilige
Folgen fuͤr ihre natuͤrliche Geſtalt und Farbe
entſtehen koͤnnen, iſt das gewöhnliche ſtarke
Preſſen ſehr zu widerrathen. Ueberdem wird
verhaͤltnißmaͤßig die noͤthige Aus duͤnſtung der
Gewaͤchſe mehr oder weniger dadurch zuruͤcke
gehalten und das Trocknen verzögert, Die ih⸗
nen, bis zu dem % Zeitpunkte der ſcheinbaren
Trockenheit, zu gebende Preſſe muß nach Ver⸗
haͤltniß der Gewaͤchſe nur fo ſtark ſeyn, daß die
Theile außer Stand geſetzet werden, bei der
Ke e ihrer Sifte ſich ſo ſtark e zu
ziehen,
259
ziehen, daß ſie runzeln. So bald ſie e aber größe
tentheils trocken geworden und ihre Theile kei⸗
ner nachtheiligen Eindrücke mehr faͤhig ſind,
kann man ihnen eine ſt arkere Preſſ € geben, wenn
es erforderlich ſeyn ſollte. N k
Wenn die Gewaͤchſe, nachdem man ihnen
bei dem Einlegen, die ihnen eigenchümliche Rich⸗
tung ihrer Theile gegeben und in derſelben er⸗
halten hat, nach einigen e tunden unter einem
mittelmäßigen, und dem Widerſtande, den fie,
im friſchen Zuſtande mehr oder weniger leiſten,
W Drucke, bei der & Stockung
oder Abnahme ihrer Nahrungs sſafte, den größ⸗
ten Theil ihrer S Spannkraft verlohren haben und
ſie, vermoͤge derſelben, die ihnen gegebene Lage N
nicht mehr veraͤndern koͤnnen, ſo entledige man
fie dieſes Druckes und vertauſche die fer chten
Papierbogen mit trockenen. Dieſe Verwechſe⸗
lung der Bogen wird mit wenigerm Machtheil für |
die Gewaͤchſe und mit geringerer Höhe geſche⸗
hen, wenn man das, im Anfang des vorigen
Kapitels, empfohlene Verfahren bei dem Ein⸗
legen befolget hat. Wollte man die Gewaͤchſe
aus den feuchten Bogen herausnehmen und
in trockene legen, ſo wuͤrden die welken und
ſchlaffen Theile zuſammen fallen und ihre na⸗
tuͤrliche Richtung gaͤnzlich verliehren. Die
Verwechſelung der Bogen muß daher mit Be⸗
hutſamkeit geſchehen, ohne die Pflanzen aus ihrer
natuͤrlichen Richtung zu bringen, worin man ſie
trocken zu erhalten wuͤnſchet. Nachdem man
die ecken Awiſchenlagen weggenommen und
das
| x 256 |
das linke Blatt des Aue enen Bogens,
der die beiden Bogen einſchließet, zwiſchen wel⸗
chen die Pflanze ausgebreitet iſt, zuruͤck geleget
hat, hebe man den Bogen, der unmittelbar die
Oberflache der Pflanze bedecket, behutſam nach
und nach auf, indem man den linken Vorder⸗
arm, wie bei dem Einlegen, auf denſelben leget
80 und die Pflanze in ihrer natuͤrlichen Lage feſt⸗
haͤlt, um zu ſehen, ob ſich irgend ein Theil der⸗
felben an den Bogen feſtgeſetzet habe. Sollte
dieſes der Fall ſeyn, ſo bemühe man ſich, in⸗
dem man mit der linken Hand den aufgedeckten >
Theil des Bogens feſthaͤlt, mit Huͤlfe der Zan⸗
ge in der rechten Hand den, an den Bogen an⸗
haͤngenden, Theil der Pflanze abzulöfen und in
die ihm zukommende Lage zu bringen, bis auf
ſolche Weiſe die ganze Pflanze auf dem unteren
Bogen frei lieget. Jetzt betrachte man die
Pflanze nach dem von ihrer natürlichen Geſtalt
und Richtung im lebendigen Zuſtande ſich ge⸗
ſchaffenen und eingepraͤgten Bilde, genau.
Bemerket man, daß ein, oder der andere Theil
nicht die, der Natur entſprechende, Sage habe,
ſo gebe man ihm, mit Huͤlfe der Zange, die ge⸗
hoͤrige Richtung und alsdann erſt bringe man
einen trockenen Bogen wieder darauf und lege
das zuruͤckgeſchlagene Blatt daruͤber. Hat
man auf dieſe Weiſe die feuchten Bogen in dem
vorliegenden Haufen, die unmittelbar auf den
Pflanzen lagen, mit trockenen verwechſelt, „ ſo
kehre man den Haufen um, ſo, daß die unter⸗
ſten Pflanzen jetzt nach oben liegen „ und vo
Wech⸗
257
wechſele alsdann mit eben der Vorſicht, auf die
eben angezeigte Weiſe, die jetzt nach oben lie⸗
genden feuchten Bogen mit trockenen, damit
auf dieſe Art eine jede Pflanze in dem Haufen
zwiſchen zwei trockenen Bogen zu liegen kom⸗
me. Alsdann beſchwere man den Haufen
wieder mit einem mittelmaͤßigen Folianten.
Es iſt nicht rathſam, wenn man die feuchten
Bogen mit trockenen verwechſelt hat, die
Pflanzen, ohne ſie zu beſchweren, frei liegen
zu laſſen, weil alsdann, zumal bei trockener
Witterung, die zarteren Theile zu ſchnell trock⸗
nen und Runzeln erhalten. Sollte man aber
durch dringende Geſchaͤfte verhindert werden,
die Verwechſelung der feuchten Bogen einige
Stunden nach dem Einlegen vorzunehmen,
ſo verhuͤtet man die daraus fuͤr die Erhaltung
der Farbe leicht entſtehenden nachtheiligen
Folgen einigermaßen dadurch, wenn man den
Haufen mit den Pflanzen von dem gegebenen
Drucke befreiet, ihn einige Stunden unbe⸗
ſchweret liegen laͤſſet und in dieſer Zeit einige⸗
male umkehret, damit die unteren Pflanzen,
ſo wie die oberen, mit den feucht gewordenen
Bogen, gelinde ausduͤnſten koͤnnen. Da die
Gewaͤchſe in dem Zeitraume zwiſchen dem Ein⸗
legen und der erſten Verwechſelung der feuch-
ten Bogen mit trockenen, durch den ihnen ge⸗
gebenen Druck, die erforderliche flache Lage
ihrer Theile erhalten haben und bis zu ihrer
ſcheinbaren Trockenheit, keine ſo ſtarke Preſſe
erfordern, ihre Theile alſo auch nicht nachthei⸗
N | ligen
258
ligen Folgen durch den Druck der ihnen zu⸗
naͤchſt gelegenen Pflanzen in einem Haufen
ausgeſetzet werden koͤnnen, ſo ſind groͤßten⸗
theils bei den folgenden Vertauſchungen der
feuchten Bogen, die ſtaͤrkeren Zwiſchenlagen
entbehrlich. Mit der Verwechſelung der feuch⸗
ten Bogen fahre man taͤglich ſo lange fort,
bis alle Theile der Pflanzen durch das Trocknen
eine ſolche Feſtigkeit erlanget haben, daß ſie
die ihnen bei dem Einlegen gegebene Richtung
nicht mehr veraͤndern koͤnnen und ſo ſteif ge⸗
worden ſind, daß man ſie ohne nachtheilige
Folgen aus einem Bogen in den andern verlegen
kann. Da aber nicht alle Gewaͤchſe in einem
Haufen, nach dem geringeren oder groͤßeren
Gehalte ihre Saͤfte, in einem Zeitraume einen
gleichen Grad der Trockenheit erhalten, ſo muß
man die trockneren von den noch feuchten tren⸗
neu, damit die Ausduͤnſtungen der letzteren
keine nachtheilige Folgen auf die erſteren ver⸗
breiten koͤnnen. Die trockneren beinge man
alsdann, zwiſchen trockenen Papierbogen, in
einen beſondern Haufen und gebe demſelben
einige Stunden eine verhaͤltnißmaͤßige ſtaͤrkere
Preſſe, als bisher, laſſe alsdann denſelben ei⸗
nen Tag frei liegen und bringe darauf eine jede
Pflanze von groͤßerer Art in einen beſondern,
trocknen, zuſammen geſchlagenen, Bogen.
Von den kleineren Gewaͤchſen kann man meh⸗
rere in einen Bogen legen, doch muß man da⸗
105 ſehen, daß kein Theil den andern beruͤhre.
Einem 9 e trockener Gewaͤchſe gebe
man
259
man alsdann einen ſchattigen aber luftigen
Platz, beſchwere ihn mit einem noch nicht aus⸗
einander geblaͤtterten Buche Söfchpapieres,
oder einem duͤnnen Brete von aͤhnlichem Ge⸗
wichte und laſſe ihn ſo lange ruhen, bis man
die Gewaͤchſe in die Sammlung eintragen kann.
Wenn hieruͤber mehrere Wochen verſtreichen,
ſo muß man wöchentlich einmal die trockenen
Pflanzen durchſehen, ob vielleicht eine oder die
andere Feuchtigkeiten aus der Luft wieder an
ſich gezogen habe, oder ob ſich vielleicht ſchaͤd⸗
liche Inſekten einfinden, welche die Pflanzen
zerſtoͤren koͤnnten. |
Bei den zwiſchen einem Bogen aus bre
teten und in einen Folianten. gelegten Pflanzen
iſt die Verwechſelung der Bogen nicht noͤthig,
ſondern es iſt hinreichend, wenn man ihnen
täglich einen friſchen Platz in dem Folianten
giebt und denſelben von Zeit zu Zeit gelinde
beſchweret. Nach einigen Tagen aber bringe
man ſie in einen andern, trockenen Folianten
und fahre damit ſo lange fort, bis die Pflan⸗
zen voͤllig trocken ſind.
Die hier gegebenen Vorſchriften bei dem
Trocknen der Pflanzen ſind auf alle Gewaͤchſe
anwendbar, einige aber erfordern, nach der
Verſchiedenheit ihrer beſonderen Beſchaffenheit,
auch eine beſondere Behandlung, die ich jetzt
anzeigen werde. i
Bei dem Trocknen der phaͤnogami⸗
ſchen Gewaͤchſe überhaupt muß man auf
die Blumen bei dem jedesmaligen Verwechſeln
R 2 ö DR
260
der feuchten Bogen beſonders achten. Unter
allen Theilen dieſer Gewächſe verliehren dieſe
wegen ihrer Zartheit, am leichteſten ihre Far⸗
be. Werden ſie verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤrker ge⸗
preſſet, als die uͤbrigen feſteren Theile, ſo ge⸗
het ihre Farbe unwiederbringlich verlohren,
find aber die ubrigen Theile des Gewaͤchſes,
z. B. der Stengel oder die Blaͤtter, ſo dicke,
daß die Blumen nicht den erforderlichen Druck
erhalten koͤnnen, der ſie hindert, die ihnen ge⸗
gebenen Lage willkuͤrlich wieder zu veraͤndern,
fo runzeln fie, ſich gleichſam ſelbſt überlaffen,
bei dem Trocknen zuſammen und werden un⸗
kenntlich. Bei der erſten Verwechſelung der
feuchten Bogen nach dem Einlegen muß man
dieſen Uebeln vorbauen. Im erſteren Falle,
too bie Blumen fo ſtark und groß find, daß fie
ausgebreitet die uͤbrigen Theile an Dicke nber
treffen und daher der durch die Preſſe gegebene
Druck ſie faſt allein trifft, muß man die
Gleichheit des Druckes auch auf die uͤbrigen
Theile dadurch zu erſetzen ſuchen, daß man ſo
viele einzeine Papierſtücke über den Stengel
und die Blaͤtter leget, als dazu erforderlich
ſind, dieſen Theilen eine gleiche Hoͤhe mit den
Blumen zu geben, im letzteren Falle aber, wo
die Blumen einer ſolchen Huͤlfe beduͤrfen,
ſchneide man auf allen Fall, dieſe uͤberzulegen⸗
de Stuͤcke, aus blauem Conceptpapier, die
aber mit der Groͤße der Blumen in Verhaͤlt⸗
niß ſtehen muͤſſen, damit ſie dieſelben ganz be⸗
ie ohne ſich uͤber die nahe gelegenen rn
If
Tl
REN
261
dickeren Theile zu verbreiten. Bei der Ver-
wechſelung der Bogen vertauſche man von Zeit
zu Zeit auch dieſe feucht gewordenen Blaͤtter
mit trockenen.
Die Seeſtrands⸗ Gewaͤchſe, welche
durchgängig ſaftiger ſind, als die uͤbrigen Land⸗
gewaͤchſe und wegen des größeren Gehaltes
der Salztheile, weit langſamer trocknen, auch
aus eben dem Grunde, wenn ſie ſchon groͤßten⸗
theils trocken zu ſeyn ſcheinen, aus der Luft
wieder Feuchtigkeiten an ſich ziehen und daher
ſehr leicht ihre Farbe verliehren, oder faulen,
muß man mit beſonderer Vorſicht bei dem
Trocknen behandeln. Wenn ſie nach dem Ein⸗
legen durch die erſte gelinde Preſſe welk gewor⸗
den ſind und die erforderliche platte Lage zwi⸗
ſchen den Papierbogen angenommen haben,
laſſe man ſie in kleineren Haufen ohne Preſſe
einen Tag frei liegen. Alsdann verwechſele
man die feuchten Zwiſchenlagen und Bogen
mit trockenen und beſchwere ſie nur mit einem
Buche noch nicht auseinander geblaͤtterten
Löſchpapieres. Bemerket man bei dem ferne⸗
ren Verwechſeln der Bogen, daß ſie zu ſchnell
trocknen und ihre Theile Runzeln erhalten, ſo
gebe man ihnen ohngefehr eine halbe Stunde
eine etwas ſtaͤrkere Preſſe und behandele fie.
alsdann wieder ſo, wie ich eben angezeiget
habe, bis ſie voͤllig trocken ſind. Auf allen
Fall iſt es aber nicht rathſam, dieſe Pflanzen
zwiſchen die ubrigen getrockneten Landgewaͤchſe
zu _ fondern man u ihnen beſonders
eini⸗
262
einige Wochen hindurch einen warmen, luftigen
Platz, ehe man ſie in die Sammlung eintraͤget.
Die ſaftigen oder ſogenannten fetten
Gewaͤchſe erfordern, je nachdem ſie bei dem
Einlegen behandelt ſind, auch bei dem Trocknen
eine verſchiedene Behandlung. Diejenigen
Pflanzen dieſer Art, welche, nach dem vori⸗
gen Kapitel, durch Huͤlfe des heißen Eiſens ſchon
einen betraͤchtlichen Theil ihrer Saͤfte verlohren
haben, erfordern ſtaͤrkere Zwiſchenlagen und eine
etwas ſtaͤrkere Preſſe, als die uͤbrigendandgewaͤch⸗
ſe, weil ſie leichter runzeln und ihre Geſtalt ver⸗
liehren. Diejenigen aber, die mit Huͤlfe des
kochenden Waſſers die Spannkraft ihrer Theile
verlohren haben, aber noch alle ihre Saͤfte
enthalten, muͤſſen ſo, wie die Seeſtrands⸗
Gewächfe bei dem Trocknen behandelt werden,
damit ihre häufigen Säfte nach und nach ver⸗
dunſten, ohne daß ihre Theile runzeln oder
faulen. Man muß ihnen gleichfals ſtaͤrkere
Zwiſchenlagen geben und taͤglich zweimal die
feuchten Bogen verwechſeln. So wie nach
und nach ihre Saͤfte verdunſten, kann man
ihnen eine verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤrkere Preſſe ge⸗
ben, bis ſie voͤllig trocken ſind. Einige Pflan⸗
zenſammler haben das Trocknen dieſer Ge⸗
waͤchſe im trockenen Sande empfohlen. Ihr
Verfahren iſt folgendes: Man prefiet die
Pflanze maͤßig einen Tag, nimmt ſie alsdann
aus dem Papiere, beſtreuet fie über und über
mit ausgetrocknetem Sande und leget ſie an
einen trocknen N Ort. Sobald die
Pflan⸗
263
Pflanze groͤßtentheils trocken iſt, nimmt man
ſie aus dem Sande wieder heraus, ſchuͤttelt
denſelben behutſam ab und preſſet ſie wieder
einige Zeit, bis fie völlig trocken iſt. Derſeni⸗
ge aber, welcher dieſen Verſuch einmal ge⸗
machet hat, wird finden, daß dieſe Behand⸗
lung mit einigen Unbequemlichkeiten verbunden
ſey, die auch nicht frei von nachtheiligen Fol⸗
gen fuͤr die Schönheit der Pflanze im trockenen
Zuſtande bleiben und daher kann ich wenigſtens
dieſe Beha ndlungsart nicht ſehr empfehlen.
Diejenigen Gewaͤchſe, welche naß oder
feucht eingeleget werden muͤſſen, als die pbhäs
nogamiſchen Wafſerpflanzen, erfor⸗
dern täglich zweimal trockene Zwiſchenlagen
und Bogen, wenn ſie ihre Farbe behalten ſollen
und dürfen nicht ganz frei von einer gelinden
Preſſe gelaſſen werden, weil ſie leichter bei dem
Verdunſten ihrer Feuchtigkeiten runzeln, als
die mehreſten Landgewaͤchſe. |
Bei der Behandlungsart der krypto⸗
gamiſchen Gewaͤchſe waͤhrend dem Trock⸗
nen, kann ich mich kuͤrzer faffen, weil bei den
mehreſten derſelben eine gleiche Behandlung
erforderlich iſt, als ich bisher bei den uͤbrigen
Gewaͤchſen bon gezeiget habe. Es wird da⸗
her hinreichend ſeyn, den Pflanzenſammler
bei jeder Familie dieſer Gewaͤchſe nur auf die
vorher gegebenen verſchiedenen Vorſchriften zu⸗
ruͤcke zu führen.
Die Gewaͤchſe mit Wurzelfrucht
e die Mooſe und Flechten
(Mul-
FR
264 |
(Mufei et Lichenes) werde wie die phaͤno⸗
gamiſchen Waſſerpflanzen behandelt, die Far⸗
renfräuter (Filices) aber wie die phaͤno⸗
gamiſchen Landgewaͤchſe von trockener Art,
jedoch erfordern fe eine etwas ſtaͤrkere Preſſe.
Auch die groͤßeren knorpel⸗leder⸗ oder
hautartigen Algen (Algae) beduͤrfen keiner
anderen Behandlung, als die phaͤnogamiſchen
Waſſerpflanzen. Man gebe ihnen aber eine
gelindere Preſſe und dagegen ſtaͤrkere Zwiſchen⸗
lagen. Dagegen muß man bei den zarteren,
ſchluͤpferigen und ſchleimigen Arten dieſer Fa⸗
milie, die man unter dem Waſſer auf Papier⸗
blaͤtter gebracht hat und im trockenen Zuſtande
denenſelben 1 größtentheile feſt ankleben, eine
beſondere Vocſicht gebrauchen. Wenn die
Papierblaͤtter mit dem darauf befindlichen
Gewaͤchſe den Grad der Trockenheit in der
\ freien Luft erlanget haben, daß daſſelbe ſich
ain mehr von ihnen trennen kann, ſo lege
man ſie zwiſchen feines Schreibpapier oder in ein
gut planirtes Buch und gebe ihnen eine mit⸗
telmaͤßige Preſſe mit Huͤlfe eines anderen Bu⸗
ches, damit die Blaͤtter, die durch das Trock⸗
nen erhaltenen Runzeln verliehren und wieder
ganz ſchlicht werden. Auf der Ruͤckſeite dieſer
Blatter kann man es am ſicherſten wahrneh⸗
men, ob die auf denſelben befindliche Pflanze
ſchon voͤlli ig trocken ſey und dieſes erhellet dar⸗
aus, wenn das Blatt auf der Stelle, wo die
Pflanze lieget, nicht mehr feucht iſt. Leget
man ſie fruͤher zwiſchen Papierbogen, oder in
| ein
265
ein Buch, ehe das darauf ausgebreitete Ge⸗
waͤchs voͤllig trocken iſt, ſo verlaͤſſet daſſelbe das
feuchte Blatt und haͤngt ſich an dem trockenen
Papierbogen ſo feſt an, daß man es ohne
Nachtheil nicht wieder davon trennen kann.
Diejenigen Gewaͤchſe aber dieſer Art, die im
trockenen Zuſtande ſich nicht feſt an die Papier⸗
blaͤtter anſetzen, ſondern wenn ſie trocken wer⸗
den zuſammenrunzeln und alſo fuͤr die Samm⸗
lung unbrauchbar bleiben, lege man, ſobald
die ihnen anhaͤngenden Waſſertheile voͤllig ab⸗
gelaufen und verdunſtet ſind, ehe ſie den Grad
der Trockenheit erhalten, daß ſie zuſammen⸗
ſchrumpfen, zwiſchen Papierbogen oder in ein
Buch und gebe ihnen nur eine gelinde Preſſe,
damit ſie verhindert werden zu runzeln, ohne
durch einen ſtarken Druck ihre naturliche Ge⸗
ſtalt zu verliehren.
Die kleineren, weniger fleiſchigen und
ſaftigen Pilze oder Schwaͤmme koͤnnte
man allenfals ſo, wie die Flechten, chen
Papierbogen aufgeleget „trocknen. Da fie
aber groͤßtentheils alsdann unkenntlich werden
und es uͤberhaupt rathſamer bleibet, von die⸗
ſen Naturprodukten eine beſondere Sammlung
zu verfertigen, die aber eine beſondere Behand⸗
lung und Einrichtung erfordert, ſo verſpare
ich die Anzeige von der Behandlungsart der
Schwaͤmme zu einer Sammlung, bis zum
Schluſſe des e Kapitels.
Fünftes
266
e |
Von der Einrichtung einer funzen
ſammilung.
Sind bei der Anlage zu einer ſchoͤnen und
brauchbaren Pflanzenſammlung die Vorſchrif⸗
ten, die ich bei dem Sammlen, Einlegen und
Trocknen der Gewaͤchſe, in den vorhergehenden
Kapiteln dieſes Theiles gegeben habe, erfüllet
worden, fo muß man die geſammleten trockenen
Pflanzen gehoͤrig ordnen und aufbewahren, daß
ſie nicht allein in der gegebenen Ordnung erhal⸗
ten, ſondern auch vor einer jeden ihnen nachtheifie
ligen Beſchädigung geſichert werden. Ich will
daher in dieſem Kapitel zeigen, wie man zu die⸗
ſem erwuͤnſchten Endzwecke gelanget. |
Die muͤſigen Zwiſchenſtunden in den Win⸗
termonaten, die zur Erholung von anſtrengenden
Geſchaͤften beſtimmt ſind, koͤnnen für den Pflan⸗
zenliebhaber nicht angenehmer und nuͤtzlicher an⸗
gewendet werden, als wenn er die den Sommer
hindurch geſammelten Gewaͤchſe in eine ſolche
Ordnung bringet, die man von einer brauchba⸗
ren e fordert, welche Nutzen Rh
er⸗
267
Vergnuͤgen zugleich gewähren folk Zudem iſt
es auch deswegen rathſam, dieſes angenehme
Geſchaͤft auf den Winter zu verſparen, damit
die geſammleten Gewaͤchſe deſte vollkommener
trocken werden koͤnnen, ehe man ſie in ein dicht
verwahrtes Behaͤltniß einſchließet. Bringet
man fie zu fruͤh in die Sammlung, ſo verlieh⸗
ren ſie entweder ihre Farbe, oder geben Anlaß,
daß Schimmel, und andere ihnen nachtheilige
Naturprodukte, aus der Familie der kleineren
Schwaͤmme, an ihnen erzeuget werden. Auch
find fie alsdann eher denen Nachſtellung gen ſchaͤ⸗
licher Inſekten ausgeſetzet.
Wer ſich an Ordnung und Genauigkeit
gewoͤhnet hat, dem kann es nicht gleichguͤltig
ſeyn, ob ſeine kuͤnftige Pflanzenſammlung nur
aus einem Haufen in Loͤſch- oder Druckpapier
ſyſtematiſch aufgeſtapelter Gewaͤchſe beſtehe,
oder ob dabei Genauigkeit, Reinlichkeit und
eine gewiſſe Eleganz zum Grunde liege, wodurch
fie ihm und anderen Pflanzenliebhabern bei ih⸗
rer Durchſicht nicht allein unterrichtender blei⸗
bet, ſondern auch das Auge ergoͤtzet. Eine
Pflanze, wenn ſie auch noch ſo (ron aufgeleget
und getrocknet iſt, erhaͤlt in einem Bogen reinen
Schreibpapiers, wegen der Abwechſelung ihrer
Farben, ein ungleich ſchoͤneres Anſehen, als in
Loͤſch- oder Druckpapier. Die Verſchiedenheit
ihrer Theile fällt ſchon bei dem erſten Anſehen
weit deutlicher in die Augen, fie iſt der Zerſtoͤ⸗
rung von Inſekten weit weniger ausgeſetzet, als
in einer ſchlechteren Papierſorte und man iſt
1
|
|
268
uͤberdem im Stande, die bei dem Einſammlen
gemachten beſonderen Beobachtungen einem fol-
hen Bogen bleibender anzuvertrauen, als
einem freiliegenden Blatte, das bei der öfteren
Durchſicht der Sammlung entweder verwechſelt
werden, oder leicht verlohren gehen kann. Es
iſt daher rathſam, einer jeden Pflanzenart und
einer jeden wichtigen Abaͤnderung derſelben,
(Varietas) fie ſey groß oder klein, einen beſon⸗
deren reinen Bogen Schreibpapieres zu wid⸗
men, in welchem fie, in der Sammlung
aufbewahret, liegen bleibe. Ob das für
Sammlung beſtimmte Schreibpapier weiß oder
blaͤulich, fein oder grob ſey, hängt von dem ei⸗
genen Gutfinden des Befigers und deſſen Ver⸗
mögensumftänden ab, nur wähle man, fo viel
als moͤglich, einerlei Papierſorte und wenn es
die Vermoͤgensumſtaͤnde verſtatten, ein etwas
größeres Format, als das gewöhnliche Schreib-
oder Conceptpapier. 8
Ehe ich meinen Zweck weiter verfolge,
muß ich eine Frage aufwerfen, deren Beant⸗
wortung man hier mit Recht von mir fordern
kaoͤnnte, nemlich ob es rathſamer fen, die Pflan⸗
zen einer ſelchen Sammlung in den für fie be»
ſtimmten OR zu befeſtigen, oder frei liegen
zu laſſen. Eine jede dieſer Methoden hat ihre
nachtheilige und vortheilhafte Seite, die ich hier
einem Jeden, ſtatt der Beantwortung, zur
eigenen Beurtheilung vorlegen will.
Die kuͤnſtliche Befeſtigung einer trockenen
Pflanze auf einem Papierblatte kann auf eine
dop⸗
269
doppelte Weiſe bewerkſtelliget werden, entwe⸗
der mit Huͤlfe einer klebenden Maſſe, oder durch
ſchmale Papierſtreifen. Ich will zuvor die Be⸗
handlung dieſer beiden Befeſtig gungsarten zei⸗
gen, ehe ich die mit der Befeſtigung der Plane
zen überhaupt verbundenen Nachtheie waer |
betrachte, | |
Die zum Aufkleben der Pflanzen d
liche Maſſe kann aus einer Abkochung des ge⸗
woͤhnlichen Tiſchlerleimes in Waſſer, der Hau⸗
ſenblaſe in gemeinem Brandwein, oder einer
Auflöͤſung des arabiſchen Gummi in warmen
Waſſer beſtehen. Bei dem Aufkleben ſelbſt aber
verfaͤhrt man folgendermaßen: : Man leget die
aufzuklebende Pflanze mit der oberen Seite auf
ein Blatt Loͤſchpapier, beſtreichet die untere und
jetzt nach oben gebrachte Seite, durch Huͤlfe eines
kleinen Haarpinſels, nach ihrer ganzen Flache,
mit der dazu in Bereitſchaft habenden kleben⸗
den Maſſe und traͤgt alsdann die Pflanze auf
den für fie beſtimmten Bogen über, worauf fie
in der Folge feſtſitzen ſoll. Hierauf leget man
ein Blatt duͤnnes Loͤſchpapier uber die Pflanze,
drücket ihre Theile von allen Seiten mit der
flachen Hand nieder, damit ſie alle an den Pa⸗
pierbogen ſich gleichfoͤrmig feſtſetzen und die
uͤberfluͤſſigen Theile der klebenden Maſſe in das
daruͤberliegende Loͤſchpapier übergehen, ohne
Flecken auf dem reinen Papierbogen zuruͤck zu
laſſen, verwechſelt alsdann das aufliegende Blatt
mit einem andern Bogen Löſchpapier und giebt
dieſen
270
dieſen Theilen zuſammen, mittels eines be⸗
ſchwerten Bretes oder eines Folianten, eine hin⸗
laͤngliche Preſſe, bis die klebende Maſſe völlig
trocken geworden iſt und die Pflanze auf dem
Papier feſtſitzet. Eine fuͤr die Schoͤnheit des
Gewaͤchſes ſehr nachtheilige und faſt nicht zu
vermeidende Unbequemlichkeit erſchweret auch
bei der groͤßten Vorſicht dieſe Behandlung.
Sie beſtehet darin, daß verſchiedene der zarte⸗
ren Theile, vorzuͤglich aber die Blumenblaͤtter,
ſobald ſie mit der klebenden Maſſe beruͤhret
werden, augenblicklich ſich zuſammenrollen oder
ſchrumpfen und dadurch dieſelben ihre natürli⸗
che Geſtalt groͤßtentheils verliehren. Es iſt
daher rathſam, dieſe Theile zuletzt zu beſtreichen
und alsdann die Pflanze ſo geſchwinde als moͤg⸗
lich auf den Papierbogen uͤberzutragen.
Bei der anderen Befeſtigungsart mit
Huͤlfe ſchmaler Papierſtreifen verfaͤhet man fol⸗
gendermaßen: Man ſchneide einen hin läugli⸗
chen Vorrath Papierſtreifen aus ſtarken BE
Papiere, die ohngefehr die Lange eines Zolles
haben, deren Breite aber beinahe der Dicke
eines mittelmaͤßigen Strohhalmes gleichet.
Hierauf leget man die zu befeſtigende Pflanze
auf das rechte Blatt des fuͤr ſie beſtimmten
und auseinandergeſchlagenen Papierbogens in
der Richtung, die ſie im befeſtigten Zuſtande
haben ſoll, nachdem man zuvor dieſem Blatte
eine Unterlage von Pappe gegeben hat. In⸗
dem man mit der linken Hand die Pflanze in
| der a ‚gegebenen Richtung feſthaͤlt, machet
man
6
man mit Huͤlfe eines ſcharfen, ſpitzigen Feder⸗
meſſers in der rechten Hand, hin und wieder
auf beiden Seiten des Stengels und der groͤſ⸗
ſeren Zweige, zwei Einſchnitte gegen einander
über, deren Lange mit der Breite der Papier⸗
ſtreifen in Verhaͤltniß ſtehen. Durch dieſe bei⸗
den Einſchnitte ſtecket man alsdann, ohne die
Pflanze aus ihrer Richtung zu bringen, mit
Huͤlfe der gewoͤhnlichen Blumenzange, die bei⸗
den Enden der Papierſtreifen zu bein en Seiten
des Stengels und der Zweige ganz durch den
Bogen, ſo, daß dieſer Theil der Pflanze auf
dem Papierbogen von den Papierſtreifen,
gleichſam wie mit einer Schlinge, feſigehalten
wird. Sind alle die Stellen, wo die Ein⸗
ſchnitte durch den Bogen gemachet waren, mit
ſolchen Papierſtreifen befeſtiget, fo ſchlaͤgt man
den Bogen zuſammen, kehret denſelben um und
klebet alsdann auf der Ruͤckſeite deſſelben die
Papierſtreifen nachdem man ſie Mi angezo⸗
gen hat, mittels gewoͤhnlichen Kleiſters oder
Mundleimes } feſt. Daß dieſe Befeſtigungs⸗
art vor der vorigen, mittels des Feſtklebens der
ganzen Pflanze, ungleich größe Vorzuͤge habe,
wird ein Jeder leicht einſehen und durch die Er⸗
fahrung beſtatiget finden. Man erreichet da⸗
durch den Endzweck, die Pflanze in ihrer Lage
feſt zu halten, ohne ſie einer Gefahr der Verun⸗
ſtaltung auszuſetzen und durch die klebende
Maſſe, welche das Verbindungsmittel zwiſchen
der Pflanze und dem Papiere unmittelbar ab⸗
u denen ſchaͤdlichen Inſekten einen groͤße⸗
| | ken
272
ren Anlaß zur Zerſtoͤrung derſelben zu geben.
Die Befeſtigung der Pflanzen in den Papier-
bogen hat den Vortheil, daß dieſelben bei der
Durchſicht der Sammlung, durch ungeſchickte
oder untreue Haͤnde nicht herausfallen, oder ent⸗
wendet werden koͤnnen. Aber kein Pflanzen⸗
liebhaber, dem die Erhaltug ſeiner ſchoͤnen und
vollſtaͤndigen Sammlung am Herzen lieget,
wird irgend Jemanden ſeine Sammlung zur
Durchſicht anvertrauen, von deſſen Treue, Vor⸗
ſicht und Geſchicklichkeit in der Behandlung
dieſer Schaͤtze, er nicht voͤllig uͤberzeuget iſt.
Dagegen aber hat die Befeſtigung der Gewaͤch⸗
fe überwiegende Nachtheile. 1) Der Haupt⸗
endzweck einer brauchbaren Sammlung, nem⸗
lich bei vorkommenden zweifelhaften Faͤllen Un⸗
terſuchungen und Vergleichungen anzuſtellen,
faͤllt groͤßtentheils ganz weg, indem man die be⸗
feſtigte Pflanze nur oberflaͤchlich, nicht aber von
allen Seiten betrachten kann. 2) Iſt die Be⸗
feftigung eine zeitverſchwendende Arbeit, deren
Nutzen mit dem Zeitverluſte in kein Verhaͤltniß
gebracht werden kann. 3) Bleibet es ohne
Verwerfung des Papierbogens, worauf die
Pflanze befeſtiget iſt, unmoͤglich, ein unvollſtaͤn⸗
diges oder von Inſekten beſchaͤdigtes Exemplar
mit einem vollſtaͤndigern und beſſern zu ver⸗
tauſchen. 5 5 \ no,
Die Befeſtigung der Pflanzen mittels klei⸗
ner Stecknadeln, wodurch man denenſelben auf
eine aͤhnliche Weiſe, als mit den Papierſtreifen,
auf dem Papierbogen eine beſtimmte, feſte 770
giebt,
273
giebt, ſcheinet vor den beiden eben angezeigten
Befeſtigungsmethoden einige Vorzüge zu haben.
Es iſt aber mit derſelben ein uͤberwiegender
Nachtheil verbunden, welcher darin beſtehet,
daß die mehreſten Pflanzen, deren Theile durch
das Trocknen einige Sproͤdigkeit erhalten haben,
auch bei der größten Behutſamkeit, ſehr leicht
der Gefahr einer Beſchaͤdigung ausgefeßet
ſind. „ 1
Bei den in den Bogen frei liegenden
Pflanzen fallen alle die, mit der Befeſtigung
derſelben verbundenen Nachtheile gaͤnzlich weg
und der Vortheil, der ihnen abgehen moͤchte,
kann, wie ſchon gezeiget iſt, durch eigene Vor⸗
ſicht leicht erſetzet werden. Bei kleineren und
zarteren Gewaͤchſen, ſo, wie bei einzelnen Thei⸗
len groͤßerer Pflanzen, die ſehr zerbrechlich ſind,
oder leicht verlohren gehen koͤnnten, bleibet es
indeſſen rathſam, ſie in den Papierbogen ſo zu
verwahren, daß fie nicht herausfallen, oder von
Inſekten leicht zerſtoͤret werden koͤnnen. Die⸗
fen nothwendigen Endzweck erreichet man am
beſten durch eine aus einem Papierblatte ver⸗
fertigte Kapſel, deren man ſich gewoͤhnlich zur
Verſendung kleiner kryptogamiſcher Pflanzen
bedienet. Man leget nemlich, nach Verhaͤlt⸗
niß der Größe des Gemächfes und der aufzu⸗
bewahrenden Theile, ein Oetavblatt, Quart-
blatt oder einen halben Bogen weißen, reinen
Schreibpapieres in zwei Theile zuſammen und
ſchlaͤget die drei offenen Seiten am Rande,
einen 8 oder ganzen Zoll breit, um. Ehe
S man
274
man die Pflanzen, oder einzelne Theile eines
Gewaͤchſes, in eine ſolche Papierkapſel leget,
befeſtige man dieſelben auf der Ruͤckſeite, mit⸗
tels einer naſſen Oblate, an den Bogen. Bei
Pflanzen mit getrennten Geſchlechtern iſt es
rathſam, einem jeden Geſchlechte von groͤßerer
Art, einen eigenen Bogen, bei den kleineren
Pflanzen aber einem jeden eine beſondere Pa⸗
ä pierkapſel, in einem gemeinſchaftlichen Bogen,
zu geben und fie von einander durch die Woͤr⸗
Mas und foemina, oder durch die, zu meh⸗
rerer Kuͤrze von Linne angenommenen Zei⸗
chen +) gleich bei der Eroͤffnung des ge
kenntlich zu machen.
Zur Vollſtaͤndigkeit und Brauchbarkeit |
einer Sammlung wird nothwendig erfordert,
daß die Gewaͤchſe in derſelben gehoͤrig geordnet
werden und der Beſitzer ſowohl, als auch an⸗
dere Pflanzenliebhaber, bei der Durchſicht der⸗
ſelben, ſich in den Stand geſetzet ſehen, ohne
weitere Unterſuchung (voraus geſetzet, daß die
Pflanze bei dem Einſammlen oder Einlegen
ſchon richtig beſtimmet ſey) nach ihrer Klaſſe,
Ordnung und Gattung ihnen den Platz
anzuweiſen, wohin ſie nach dem Sinneifchen -
Syſteme gehören, fie aber auch zugleich durch
die Anzeige der A rt und ihrer eigenthuͤmlichen
Un⸗
» Linne bezeichnete gewöhnlich in ſeinen Wer⸗
ken die maͤnnliche Pflanze mit dem Zei⸗
chen des Mars (&') und die er
mit dem Zeichen der Venus 1 1
275
uUnterfheidn ngszeichen kenntlich zu ma⸗
chen und von aͤhnlichen Arten unterſcheiden zu
koͤnnen, ohne jedesmal ſich hieruͤber in dem Sy⸗
ſteme Raths erholen zu muͤſſen. Ferner traͤget
es zu der Vollſtaͤndigkeit einer Sammlung ſehr
viel bei, wenn man bei einer jeden Art das
Jahr, den Monat und Ort, wo die Pflan⸗
ze aufgenommen wurde, oder den Namen des
Freundes, von dem man ſie erhalten hat, zu⸗
gleich mit ihrem gewoͤhnlichen Vakerlande
und ihrer Dauer +) anzeiget. Sollte man
bei dem Einſammlen, an einer oder der anderen
Art, eine wichtige Beobachtung gemacht ha⸗
ben die zu der genaueren Beſtimmung in
der Folge Anlaß geben koͤnnte, ſo fuͤge man dieſe
gleichfalls hinzu. Bei einer Sammlung, die ſich
nur auf eine gewiſſe Anzahl Pflanzen einſchraͤn⸗
ket, z. B. die in den Apotheken und in der Oeko⸗
nomie angewendet werden, kann man auch ihren
beſonderen Nutzen anfuͤhren, damit eine ſolche
Sammlung auch fuͤr andere Liebhaber einer ſol⸗
chen Wiſſenſchaft lehrreich werde. Bei den
Abarten (Varietates) iſt es hinreichend, wenn
2 man
+) Auch bei der Anzeige der Dauer der Ge—
waͤchſe bediente ſich Linne nur gewiſſer ange⸗
nommener Zeichen. Die Baͤume und Straͤu⸗
cher werden mit dem Zeichen des Saturns
(5); die krautartigen, mehrere Jahre
ausdauernden Pflanzen mit dem Zeichen
des Jupiters (Z); die zweijährigen
mit dem Zeichen des Mars (A) und die
einjaͤhrigen mit dem Zeichen der Sonne
(O) bezeichnet.
276
man mit Weglaſſung der Klaſſe und Ordnung,
nur den Namen der Gattung und der Art an⸗
führet, von welcher fie durch zufällige Urſachen
in ihrem aͤußeren Baue etwas abgewichen iſt.
Die eben erwaͤhnten Anzeigen werden in
folgender Ordnung auf das linkere Blatt des
Bogens geſchrieben, in welchem die dazu be⸗
ſtimmte Pflanzenart ihren Platz erhalten ſoll.
Auf der aͤußeren Seite des linkeren Blattes
ſchreibet man die Klaſſe, Ordnung und den
Gattungsnamen. Nachdem man alsdann den
Bogen auseinander geſchlagen hat, ſchreibet
man auf die innere Seite dieſes Blattes den
Namen der Gattung und Art und darunter die
Diagnoſe nach der neueſten Ausgabe des Sy-
ſtema Vegetabilium oder der Species plan-
tarum Linnei, nebſt der Anzeige der Seite,
wo die zu dieſer Art gehoͤrige und angeführte
Synonymie, zum weiteren Nachſchlagen der
daſelbſt angezeigten Werke, nachgeſehen werden
kann. Alsdann folgen das Jahr, der Monat
und die uͤbrigen angezeigten Stuͤcke. Das
rechtere Blatt des Bogens bleibet fuͤr die Pflan⸗
10 und deren Theile ganz frei und unbeſchrieben.
Zu mehrerer Deutlichkeit will ich hier die ganze
Einrichtung eines ſolchen Bogens, ſo, wie ich
ſie in meiner Sammlung durchgaͤngig getroffen |
haben, als ee zeigen. 5
Claſl.
ICOSANDRIA
PENTAGYNIA.
MESPILUS.
Me ſpilus germanic d.
M. inermis, folüs sene ſubtus bo-
men to ſis, 8 floribus Jeff libus Jolitarus,
Linn, Spec. Plant. ed, Willde-
now Tom. 2. Pars 2. pag. 1010.
Ob 5 erv, Spontanea planta. conftan-
ter ſpinoſa eft, eulta ‚tantum, in-
ermis.
\
1777. Majo.
Legi in Fruticetis inter Belberg eb
Woermlitz prope Halam Sa
On mn.
Habitat in Europa aufn B,
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281
Auch bei den kryptogamiſchen Gewaͤchſen
findet eine gleiche Einrichtung der Papierbogen
Statt in welchen dieſelben aufbewahret bleiben
ſollen. Die kleineren Gewaͤchſe dieſer Art wer⸗
den, wie ich bei den kleineren phaͤnogamiſchen
Pflanzen gezeiget habe, gleichfals in Papierka⸗
pſeln eingeſchloſſen und dieſe auf die angezeigte
Weiſe befeſtiget. Bei den zarteren kryptoga⸗
miſchen Waſſergewaͤchſen muß man aber die
beſondere Vorſicht gebrauchen, daß die auf
Glasſtreifen aufgetragenen Exemplare einer
Art, mit den auf Papierblaͤttern, nicht in eine
gemeinſchaftliche Kapſel gebracht werden, weil
das Glas die Exemplare auf den Papierblaͤt⸗
tern leicht beſchaͤdigen koͤnnte. Auch muß
man dahin ſehen, daß die Papierkapſeln, wor-
in ſich die Glasſtreifen befinden, auf dem rech⸗
teren Blatte des Bogens nicht alle in der Mitte,
ſondern groͤßtenthells abwechſelnd zu beiden
Seiten oben und unten, befeſtiget werden,
damit ein Haufen ſolcher Gewaͤchſe eine gleich⸗
foͤrmige Dicke erhalte und der durch das Zu⸗
ſammenbinden deſſelben verurſachte Druck
gleichfoͤrmig auf die Glasſtreifen wirke, damit
ſie nicht zerbrechen.
Beſitzet man mehrere Arten einer Gat⸗
tung in ſeiner Sammlung, ſo leget man die⸗
ſelben gemeinſchaftlich in einem Bogen reines
Schreibpapier zuſammen und ſchreibet auf die
aͤußere Seite deſſelben den Gattungsnamen
und darunter den Gattungscharakter. Die
| Gattungen einer Klaffe werden nach den Ord-
f | nung⸗
282
nungen derſelben oder wenn jene ſehr groß iſt,
als die neunzehnte (Syngenelia) die Gattungen
einzelner Ordnungen, zwiſchen zwei Blätter ſtei⸗
fer Pappe, in einen Haufen geleget, zuſammen
gebunden und aufbewahret, bis die Samm-
lung nach und nach einen ſolchen Zuwachs er⸗
hält, daß man auf ein gemeinfchaftliches Be⸗
haͤltniß fuͤr dieſelbe bedacht ſeyn muß. Auf
den oberen | fchreibe man alsdann
die Numer der Klaſſe oder der Ordnung der
in dieſem Haufen enthaltenen Gewaͤchſe, da⸗
mit man bei dem Machſuchen einer Pflanzen⸗
art gleich wiſſe, wo man ſie zu finden habe.
Ein nothwendiges Beduͤrfniß bei einer
jeden Pflanzenſammlung iſt ein vollſtaͤndiges
und von Zeit zu Zeit zu unterhaltendes Ver⸗
zeichniß aller der Arten und Abarten, die man
in ſeiner Sammlung aufzuweiſen hat. Zu
dem Ende trage man den Namen einer jeden
Pflanzenart, nachdem man den fuͤr ſie beſtim⸗
ten Bogen, auf die vorhin angezeigte Weiſe,
fuͤr die Sammlung eingerichtet hat, jedesmal
gleich in daſſelbe ein und im Falle man kein
vollſtaͤndiges Exemplar von einer oder der an⸗
deren Art beſitzen ſollte, ſo bemerke man dieſes
zugleich mit einem beliebigen Zeichen, damit
man bei vorkommender Gelegenheit darauf
Ruͤckſicht nehmen und das unvollſtaͤudige oder
beſchaͤdigte Exemplar mit einem beſſeren ver⸗
tauſchen koͤnne. Damit man aber auch im
Stande ſey, die Namen einer jeden nachzu⸗
ſehenden Pflanzenart, ohne Zeitverluſt, gleich
8
283
in dem Verzeichniſſe zu finden, bleibet es rath⸗
ſam, daſſelbe nach den Anfangsbuchſtaben der
Gattungen in alphabetiſcher Ordnung einzu⸗
richten. In mehrerer Erleichterung des Ge⸗
daͤchtniſſes kann man hinter den Namen einer
jeden Gattung, durch roͤmiſche und teutſche
Zahlen, die Klaſſe und Ordnung bezeichnen,
wohin dieſelbe nach dem Linneiſchen Syſteme
gehoͤret. Alsdann laſſe man unter dem Gat⸗
tung gsnamen d die Arten folgen, wie man ſie von
Zeit zu Zeit in ſeine Sammlung eintraͤget.
Ein jeder, dem daran gelegen iſt, ſeine
muͤhſam zuſammen gebrachte Sammlung, ſie
ſey klein oder groß, auch fuͤr die Zukunft zum
Nutzen und Vergun gen in einem brauchbaren
Stande zu erhalten, muß darauf bedacht ſeyn,
fie vor nachtheiligen äußeren Einwirkungen zu
ſichern. Feuchte Luft, Staub und Infekten
koͤnnen vorzüglich ſchaͤdliche Folgen auf eine
Pflanzenſammlung verbreiten und dieſe Stuͤcke
muß man daher, ſo viel als moͤglich, von der⸗
ſelben abzuhalten ſuchen. Der Ort, wo man
die Sammlung aufbewahret, muß, vorzüglich
auch für die Wintermonate, trocken und luftig
ſeyn. Gegen Staub’ und ſchaͤdliche Thiere
ſchuͤtzet man die Samm! ung. theils durch zweck⸗
maͤßige Behaͤltniſſe, worin ſie theilweiſe, oder
ganz aufbewahret wird, theils durch ſolche
Mittel, die dazu geeignet ſind, die Inſekten
davon abzuhalten. 0
So lange man noch keinen bleibenden
Aufenthalt hat, als auf 88 8 und Akade⸗
mie
254
mien, muß man darauf bedacht feyn, feiner
Sammlung ſolche Behaͤltniſſe zu geben, die
ſie nicht allein vor den eben benannten ſchaͤdli⸗
chen Einwirkungen ſichern, ſondern die auch ſo
beſchaffen find, daß man die Gewaͤchſe derſel⸗
ben, ohne große Beſchwerde und ohne Gefahr
ſie zu zerbrechen, von einem Orte zum andern
bringen koͤnne. Dieſe werden am wohlfeilſten
und zweckmaͤßigſten aus ſteifer Pappe verfer⸗
tiget. Sie koͤnnen ſo eingerichtet ſeyn, daß
man nur eine gewiſſe Anzahl Papierbogen
mit Pflanzen, nach Verhaͤltniß des Raumes,
den ſie zu Folge ihrer Einrichtung beſchraͤnken,
darin aufbewahren, oder daß man ihren Raum
nach der Anzahl der darin aufzubewahrenden
Pflanzen erweitern kann. Die letzteren ſind
denen erſteren in manchen Betrachte voczuziehen.
Die erſteren haben entweder die Geſtalt und
Einrichtung eines Kaſtens, oder ſie beſtehen
aus einem Stuͤcke Pappe, welches man durch
zwei nicht tief eindringende Einſchnitte der
Lange noch in zwei gleiche Blaͤtter, von der
Größe der zuſammengeſchlagenen Papierbo⸗
gen, theilet, ſo, daß ſie mit dem dazwiſchen
befindlichen Mittelſtuͤcke in Verbindung blei⸗
ben und doch beweglich ſind, damit ſie nach
Belieben auseinander und wieder zuſammen⸗
geſchlagen werden konnen, wie der Umſchlag
eines Buches. Dieſes Pappenſtuͤck wird an
den drei offenen Seiten, durch daran befeſtigte
Baͤnder zuſammengebunden, damit die darin
eingeſchloſſs enen ai mit den en
e
| 285
Feſtigkeit erhalten. Bringt man aber in ein
ſolches Behaͤltniß mehr Pflanzen, als die Brei⸗
te des Mittelſtuͤckes verſtattet, ſo leiden die
Pflanzen durch das ungleiche Zuſammenpreſ⸗
ſen; ſind deren aber ſo wenige, daß ſie den
durch das Mittelſtuͤck angewieſen Raum nicht
ausfuͤllen, fo entſtehet bei dem Zuſammenbin⸗
den gleichfals ein ungleicher Druck und es
bleibet ein leerer Zwiſchenraum zwiſchen dem
Mittelſtuͤcke und den Papierbogen welcher dem
Staube und den Inſekten zum Verſammlungs⸗
orte dienen kann. | |
Die kaſtenartigen Behaͤltniſſe, fuͤr die in
Papierbogen geordneten Gewaͤchſe ſind noch
unzweckmaͤßiger und haben uͤber dem die beſon⸗
dere Unbequemlichkeit, daß das Aufſuchen, ei⸗
ner Pflanzenart ſehr erſchweret wird.
Diejenigen Behaͤltniſſe, in welchen man
einen Haufen Pflanzen von verſchiedener Groͤſ—
fe befeſtigen und aufbewahren kann, beſtehen
nur aus zwei einzelnen Pappblaͤttern, welche
die Sänge und Breite der Papierbogen haben,
worin ſich die Pflanzen befinden. Zwiſchen
dieſen Blättern leget man die Pflanzen einer
Klaſſe, oder wenn ſie groß ſeyn ſollte, einer
Ordnung, in einen Haufen. Alsdann bindet
man ſie entweder mit Huͤlfe eines Bindfadens,
oder mittels an allen Seiten gegen einander
uͤber befeſtigter Baͤnder, ſo feſt zuſammen, daß
die dazwiſchen befindlichen Pflanzen eine gleich⸗
foͤrmige Befeſtigung erhalten, ohne ſich rei⸗
ben oder zerbrechen zu koͤnnen. Auf dieſe
Wei⸗
286
Weiſe verhindert man dem Staube und denen
Inſekten den Zugang zwiſchen den Papierbo⸗
gen zu den Pflanzen. Zu mehrerer Vorſicht
aber kann man um einen ſolchen Haufen einen
großen Bogen Papier ſchlagen. Auf gleiche
Weiſe werden die Pflanzen auch an auswaͤrti⸗
ge Freunde verſendet, nur iſt es in dieſem Falle
rathſam, ihnen hinlaͤngliche Zwiſchenlagen zu
geben und ſie bei weiten Verſendungen in
Wachstuch vor Naͤſſe zu verwahren.
Wird aber die Sammlung durch ausdau⸗
ernden Fleiß und die Beihuͤlfe auswaͤrtiger
Freunde, zahlreicher, ſo iſt es rathſam, ſo lan⸗
ge man noch keinen bleibenden Aufenthalt hat,
ſie nach ihren Klaſſ en auf ein Bücherbret der
Reihe nach, nicht aber wie gewoͤhnlich, in
mehreren Haufen aufeinander, zu legen. Im
letzteren Falle wird das Rachſuchen einer Dflan-
zenart erſchweret und die unt eiten Pflanzenla⸗
gen leiden zu ſehr durch den Druck der oberen.
Hat man aber einen bleibenden Aufenthalt von
einigen Jahren, oder laͤſſet ſich eine entfernte
Ortsveraͤnderung nicht vermuthen, ſo bleibet
es immer rathſamer, ſich ein beſonderes Be⸗
haͤltniß von Holz fuͤr die Sammlung verferti-
gen zu laſſen, in welchem die Gewaͤchſe nach
ihren Klaſſen geordnet und vor aͤußeren Ein⸗
wuͤrkungen nachtheiliger Zufaͤlle geſichert wer⸗
den. Ein ſolches Behaͤltniß iſt ein ſtehender
Schrank. Freilich kann im Nothfal e ein jeder
Schrank, der raͤumlich genug iſt, die Pflanzen
uch, g zu ordnen, hierzu angewendet werden.
Wer⸗
——— — — — — —
287.
Wer aber im Stande iſt, die Koſten daran zu
wenden, ſich ein beſonderes eingerichtetes Be⸗
haͤltniß fuͤr ſeine Sammlung verfertigen zu laſ⸗
ſen, der kann dafuͤr ſorgen, daß es nicht allein
dem Zwecke vollig angemeſſen ſey, ſondern auch,
bei der moͤglichſten Erſparung der Koſten und
des Raumes, der jaͤhrliche Zuwachs der Samm⸗
lung mit in Anſchlag gebracht werde. Ein ſol⸗
cher Schrank muß daher folgende Eigenſchaften
9 9 9
haben. a) Er muß aus zolligen Tannen⸗Bre⸗
tern verfertiget ſeyn, die vollkommen trocken
find, ſonſt erhält er bei dem Zufammentrock⸗
nen des Holzes Riſſe und Oeffnungen. b) Die
Breter muͤſſen mit einem Pfalze zuſammenge⸗
fuget und mit den Thuͤren fo feſt anſchließen,
daß weder Staub noch Inſekten in denſelben
eindringen koͤnnen. c) Er muß mit Faͤchern
verſehen und fo groß ſeyn, daß eine mittelmaͤ⸗
ſige Sammlung darin gehoͤrig geordnet werden
könne. d) Die Fächer muͤſſen fd eingerichtet
ſeyn, daß ihre Breite und Tiefe nicht allein der
Breite und Laͤnge eines zuſammengeſchlagenen
Papierbogens von groͤßerem Formate ange⸗
meſſen ſey, ſondern auch ihre Groͤße nach dem
jedesmaligen Bedürfniſſe der Klaſſen und rd
nungen veraͤndert werden koͤnne.
Ich will jetzt das Maaß und die Gig
tung eines ſolchen Schranfes genau angeben,
wie ich ihn durch die Erfahrung am zweckmaͤſ⸗
ſigſten gefunden habe und dadurch einen yon
in den Stand feßen, den Ueberſchlag der Ko⸗
ſten mit einem Tiſchler ſeines Ortes machen zu
koͤu⸗
288
koͤnnen. Dieſer Schrank muß 7 Fuß 6 Zolle
hoch, 5 Fuß 5 Zolle breit und 15 Fuß im
Lichten dein. In demſelben werden vier Bre⸗
ter, deren Lange und Breite der Höhe und dem
Lichten deſſelben gleichen, jedes eilf Zolle von
einander befeſtiget, ſo, daß dadurch fuͤnf Ab⸗
theilungen entſtehen. An die Seitenwaͤnde
dieſer fuͤnf Abtheilungen laſſe man, nach der
Breite der Breter, alle ſechs Zolle von einan⸗
der, kleine Leiſten feſt nageln, auf welchen
duͤnne Breter, deren Laͤnge der Tiefe oder dem
Lichten des Schrankes gleich iſt, und welche ohn⸗
geſaͤhr die Dicke eines halben Zolles haben,
ruhen koͤnnen. Zu einer jeden der fuͤnf Ab⸗
theilungen gehören ſechs bis ſteben ſolcher
Breter, alſo überhaupt dreiſig bis fünf und
dreiſig, welche nach Belieben verle; ger oder aus
und eingeſchoben werden koͤnnen. Vier und
zwanzig derſelben werden an der vorderen Sei⸗
te nach den vier und zwanzig Klaſſen des Lin⸗
neiſchen Syſtemes numeriret, damit man bei
dem erſten Anſehen jede Klaſſe gleich finde,
welche man ſuchet. Der Schrank wird mit
zwei Thuͤren verſehen, die mit einer uͤberſtehen⸗
den Leiſte von allen Seiten dicht anſchließen
und mittels eines Schloſſes verſchloſſen werden.
In einem Schranke dieſer Art koͤnnen einige
tauſend Pflanzen bequem geordnet werden und
man wird immer fo viel Platz übrig behalten,
daß man in den unterſten Faͤchern zweifelhafte
Tan oder una 70 sn" 1 an
di,
289
Die Klaſſen des Linneiſchen Syſtems
find nach der Anzahl der Gattungen und Arten
ſo ſehr von einander verſchieden, daß einige
derſelben, als die erſte, ſtebende, neunte, acht⸗
zehnte und zwanzigſte Klaſſe nur eine geringe,
dagegen die fuͤnfte, ſiebenzehnte, neunzehnte
und vier und zwanzigſte eine ſehr große Anzahl
Pflanzen enthalten, auch hat man zuweilen
Gelegenheit, aus einer Klaſſe mehr Arten fuͤr
ſeine Sammlung zu erhalten, als aus der an⸗
dern. Nach dieſem Verhaͤltniſſe muͤſſen auch
die Faͤcher, vermoͤge ihrer beweglichen Breter,
abgemeſſen werden. So erfordern die erſte,
ſiebende, neunte, achtzehnte und zwanzigſte
Klaſſe, jede fuͤr ſich, nur ein Fach von ſechs
Zolle Hoͤhe; die zweite, vierte, ſechste, achte,
zehnte, eilfte, zwoͤlfte, dreizehnte, vierzehnte,
funfzehnte, ſechzehnte, zwei und zwanzigſte und
drei und zwanzigſte, ein Fach von einem bis
anderthalb Fuß Hoͤhe, dagegen erfordern ein⸗
zelne Ordnungen der dritten, fuͤnften, ſieben⸗
zehnten, neunzehnten, ein und zwanzigſten und
vier und zwanzigſten Klaſſe beſondere Fächer,
von einem bis anderthalb Fuß. Sind die
Rächer des Pflanzenſchrankes nach Linne's Vor-
ſchrift f) durch feſtſitzende Breter in einen ge»
wiſſen Raum beſchraͤnket, ſo wird bei einigen
Klaſſen viel Raum verlohren gehen und dage⸗
gen bei andern es an Raum gebrechen.
| | Soll⸗
1) Caroli Linnei Philoſophia botanica
pag. 291. et 309, 1 K.
290
Sollte aber die Sammlung fo zahlreich
werden, daß der Kaum in dem bier befchriebe-
nen Schranke die vier und zwanzig Klaſſen des
Linneiſchen Syſtems nicht mehr faſſen kann,
fo iſt es rathſam, dieſen Schrank den phaͤno⸗
gamiſchen Gewaͤchſen allein zu überlaffen und
für die kryptogamiſchen Pflanzen einen befon-
deren Schrank nach obiger Finke verfer⸗
tigen zu laſſen. Dieſe Abſonderung der kryp—
togamiſchen Pflanzen von den phaͤnogamiſchen
wird um ſo nothwendiger werden, da durch die
neueren Entdeckungen die Anzahl der erſteren
denen letzteren faſt gleich kommt. Da aber
mehrere Arten aus der Familie der Flechten
(Lichenes) und Pilze (Fungi), die auf Stei⸗
nen und Holz wachſen und wegen der Groͤße
und Feſtigkeit ihrer Unterlagen es nicht verſtat⸗
ten, ihnen nach Belieben und ohne Zerſtoͤrung
der Exemplare, eine platte Geſtalt zu geben
und daher auch nicht, wie die übrigen, zwiſchen
Papierbogen gebracht werden koͤnnen, fo muß
man bei der Einrichtung eines Schrankes für
die kryptogamiſchen Gewaͤchſe auch auf dieſe eine
beſondere Ruͤckſicht nehmen, damit derſelbe auch
fuͤr dieſe eine zweckmaͤßige Einrichtung erhalte.
Fuͤr eine ziemlich anſehnliche Sammlung
kryptogamiſcher Gewaͤchſe wird ein Schrank
von 7 Fuß 6 Zollen Höhe, 3 Fuß 5 Zollen
Breite und 12 Fuß im Lichten, hinreichend
ſeyn. In demſelben werden zwei Scheide⸗
wände von der Hoͤhe und Tiefe des Schrankes,
jede eilf Zolle von einander, befeſtiget, ſo, daß
drei
291
drei Abtheilungen entftehen. An die Seiten»
waͤnde der beiden Abtheilungen linker Hand
werden, wie bei dem vorhin angezeigten
Schranke, alle ſechs Zolle von einander, kleine
Leiſten ſeſt genagelt, auf welchen duͤnne Breter
aus- und eingeſchoben werden koͤnnen. In der
dritten Abtheilung rechter Hand aber laſſe man,
an Statt der Leiſten, einen Fuß von einander
duͤnne Breter befeſtigen, auf welchen ſich ſie⸗
ben dazu verfertigte Schiebladen aus- und ein⸗
ſchieben laſſen. Dieſe Schiebladen koͤnnen
nur aus halbzolligen Holze zuſammengeſetzet
ſeyn, fie muͤſſen aber die Breite und Tiefe der
Abtheilung haben. Auch wuͤrde es rathſam
ſeyn, fie in der Mitte mit einer dünnen Schei⸗
dewand verfehen zu laſſen, um die für fie bes
ſtimmten Gewaͤchſe deſto richtiger zu ordnen.
In die beiden erſten Abtheilungen bringe man.
alsdann die in Papierbogen befindlichen kryp⸗
Ren Gewaͤchſe, nach einer angenom—
menen Ordnung. In den Schiebladen der
ritten Abtheilung finden aber die Steinflech⸗
ten und Schwaͤmme einen ſicheren Verwah⸗
rungsort. Die Breter ſowohl, als die Schieb—
laden muͤſſen an der vorderen Seite mit den
Namen der Klaſſe oder Familie bezeichnet
werden, um dadurch das Nachſuchen einer
Art zu erleichtern.
Fuͤr dieſen Schrank iſt eine Thuͤr die
verfchloff en werden kann hinreichend.
Die fuͤr die Schiebladen beſtimmten
Steinflechten oder Schwaͤmme muͤſſen aber
D
22 auch
292
auch ſo, wie die uͤbrigen in Papierbogen be⸗
findlichen Gewaͤchſe, eine zweckmaͤßige Einrich⸗
tung erhalten, damit ein jeder bei der Betrach⸗
tung und Vergleichung derſelben, ſich im Stan⸗
de befinde, ohne Beihuͤlfe eines Buches, ſie
von einander zu unterſcheiden. Damit aber
auch durch die Reibung der harten Unterlagen
die auf denſelben ſitzenden Gewaͤchſe in den
Schiebladen keinen Schaden leiden, bleibet es
nothwendig, eine jede Art beſonders in ein
Blatt reines Schreibpapier zu wickeln, welches
der Groͤße des Exemplaͤres hinlaͤnglich ange⸗
meſſen iſt. Auf die innere Seite dieſes Blattes
ſchreibet man den Namen der Gattung und
Art, alsdann die Diagnoſe u. ſ. w. wie ich bei
den phanogamiſchen Gewaͤchſen gezeiget habe,
auf der aͤußeren Seite deſſelben aber muß man
den Namen der Gattung und Art ſchreiben.
Da es dem Pflanzenforſcher immer wich⸗
tig bleiben muß, ſo wie von den uͤbrigen Ge⸗
waͤchſen, auch von den Pilzen eine moͤglichſt
vollffandige und unterrichtende Sammlung zu
erhalten, die Verfertigung derſelben aber, we⸗
gen der beſonderen Geſtalt und Beſchaffenheit
dieſer Naturprodukte mit manchen Schwierig⸗
keiten verbunden iſt, ſo erfordert eine ſolche
Sammlung eine beſondere Einrichtung, die
aber muͤhſamer und koſtſpieliger bleibet, als
die der übrigen Gewaͤchſe.
Ein großer Theil der Schwaͤmme, die
eine feſtere, weniger fleiſchige Subſtanz haben,
I | 0 f laſſen
293
laſſen fi ſch leichter trocknen und aufbewahren.
Sie verliehren zwar durch das Trocknen ſehr
viel von ihrem natürlichen Anſehen und ihrer
Geſtalt, indeſſen können fie doch immer, bei
der eee und Beſtimmung aͤhnlicher
Arten, ſehr nuͤtzlich werden. Dieſer Endzweck
wird aber ganz verfehlet, wenn man ihnen,
wie bei den uͤbrigen Gewaͤchſen, durch das
Preſſen eine platte Geſtalt giebt. Man laſſe
ſie vielmehr nach ihrer Raa en Geſtalt und
Richtung trocken werden. Bei einem großen
Theile derſelben iſt es aber nothwendig, ſie bei
einem ſtaͤrkeren Grade der Waͤrme auf einem
heißen Ofen, geſchwinde zu trocknen, wodurch
fie vollſtaͤndiger erhalten und zugleich die in ih⸗
nen ſchon befindlichen Wuͤrmer und Larven der
Inſekten getödtet werden. Zu dem Ende
waͤhle man bei dem Einſammlen ſolche Exem⸗
plare, die ſich entweder noch nicht voͤllig, oder
doch wenigſtens noch nicht lange vorher ent⸗
wickelt haben. Die groͤßeren Arten der Hut⸗
pilze, welche in der Sammlung einen zu großen
Raum einnehmen moͤgten und ſchwerer trocknen,
kann man, vom Scheitel bis zum Grunde ihres
Stieles ſenkrecht in zwei Theile theilen. Als⸗
dann bringe man ſie auf einen heißen Ofen,
nachdem man ihnen vorher eine Unterlage von
ein Paar Bogen Papier gegeben hat. Dieje⸗
nigen Arten aber, welche ſehr fleiſchig, ſaftig
oder milchicht ſind, laſſen ſich nicht auf dieſem
Wege fuͤr die b erhalten, indem fie
bald nach ihrer Entwickelung und ehe man im
Stan⸗
294
Stande ift, fie trocken zu erhalten, in eine
Brei⸗ oder Dintenartige Maſſe zerfließen.
Dieſe machen alſo in der Sammlung immer
eine Lucke, wenn man nicht darauf bedacht iſt,
durch die Kunſt dieſe Lucke auszufuͤllen. G lei
ditſch +) machte daher Verſuche, dieſe und
andere Pilze in Wachs abzugießen, die ſehr
gluͤcklich ausfielen. Das Wachs iſt vorzuͤglich
dazu geeignet, alle Erhabenheiten, Vertiefun⸗
gen und Narben, nebſt den feineſten auch fla⸗
cheſten Zuͤgen und Punkten an den Schwaͤm⸗
men auf das deutlichſte auszudrucken und das
Abformen ſelbſt iſt ſo einfach und leicht, daß es
aller Orten auf dem Sande in Gipsformen bald
verrichtet werden kann. Dieſer unermuͤdete
Pflanzenforſcher raͤth zu dieſem Ende, ſo viel
Gips in einem ledernen Beutel und etwas
Baumol auf botaniſchen Wanderungen bei ſich
zu führen, als dazu erforderlich iſt, die Forme
zu machen, und die abzugießenden Schwaͤmme
zuvor mit dem Oele zu beſtreichen. Die Ver⸗
fertigung einer ſolchen vollſtaͤndigen Samm⸗
lung von Wachsabguͤſſen iſt, feiner. Behaup⸗
tung nach, nicht ſehr koſtſpielig und erfordert
nur eine durch Uebung und Erfahrung erlangte
e 00 ih El ee
| welche
5, J. G. Gleditſch vermiſchte phyſikaliſch⸗
botaniſch⸗oͤkonomiſche Abhandlungen Theil I.
S. 58-68. Vorlaͤufige Anzeige eines nuͤtzli⸗
chen Verſuches, die Schwaͤmme in 1 und
Metall abzugießen.
295
welche ſich dieſer Arbeit unterziehen wollen, em⸗
pfehle ich, die Abhandlung ſelbſt nachzuleſen.
Withering +) ſchlägt eine andere Methode
zu der Verfertigung einer vollſtaͤndigen Samm⸗
lung von Pilzen vor, welche zwar in Abſicht
der Erhaltung ihrer natürlichen Geſtalt und
Farbe ſehr große Vortheile zu haben ſcheinet,
die aber zu koſtbar für einen Privatmann ſeyn
moͤgte. Sie . darin, die Schwaͤmme
in beſonderen Giäfern von hinlaͤnglicher Größe,
mit einer kuͤnſtlich zubereiteten Fluͤſſigkeit zu
uͤbergießen, wovon derſelbe zwei Vorſchriften
liefert um ſie e darin aufzubewahren.
Solch die auf die vorhin angezeigte
Weiſe getrockneten, als auch die in Wachs
pouſſirten Schwaͤmme werden am beſten in
einem beſonders dazu eingerichteten Schranke
aufbewaͤhret, wenn man die Koſten daran
wenden kann. Ein ſolcher Schrauk be⸗
ſtehet aus Schiebladen, die mit einem dicht⸗
ſchließenden Glasdeckel verſehen ſind, deren
man ſich bei den ee e ge⸗
woͤhnlich zu bedienen pfleget. In dieſe Schieb⸗
laden werden die Schwaͤmme nach Numern
geleget, die mit dem dazu erfertigten? Verzeich⸗
niſſe uͤbereinſtimmen. In dem Verzeichniſſe.
ſelbſt kann man nach den, mit den Exemplaren
e der
10 A New Meihod of en Fungi ete.
By William Withering, Linnean
Transactions Vol. 2. Pag. 263 266.
296
der Sammlung übereinftimmenden Numern
nicht allein den Namen der Gattung und Art,
ſondern auch die Diagnoſe u. ſ. w. anführen.
Da es die taͤgliche Erfahrung lehret, daß
die Pflanzenſammlungen denen Nachſtellungen
ſchaͤdlicher Inſekten ſehr ausgeſetzet ſind, ſo
muß man alle Sorgfalt anwenden, theils
durch Vorſichtsmaaßregeln, theils durch zweck⸗
mißt Mittel, ſie davon abzuhalten. Mit
der naͤheren Betrachtung dieſes wichtigen Ge⸗
genſtandes will ich dieſe Anweiſung beſchließen.
Die denen Pflanzenſammlungen ſchaͤdli⸗
chen Inſekten ſind theils einige Käfer mit ih⸗
ren 0 als der Plinus Fur und einige Ar⸗
ten der Gattung Dermeltes, theils die Staub⸗
oder Papier⸗Laͤuſe (Permes). Die Erſteren
verſchonen keinen Theil der Pflanze, auch ſelbſt
das Papier nicht, die letzteren aber zerſtoren
vorzüglich die zarteren Theile der Blumen und
die zateren Conferven. Zur Abhaltung dieſer
ſchaͤdlichen Thiere ſind unſtreitig einige zu
beobachtende Vorſſ chtsregeln wirkſamer, als
alle andere empfohlene Mittel zur Vertilgung
derſelben.
Wenn ich gleich ſchon in dem Vorherge⸗ |
henden verſchiedene dahin abzweckende Vor⸗
ſchriften gegeben habe, fo halte ich es doch nicht
für uͤberfluͤſſig, fie hier zur beſſeren Ueberſicht
zu wiederholen. 5 5
| 1) Man achte forgfältig darauf,
daß der Pflanzenſchrank von allen
Seiten dicht verſchloſſen bleibe, da⸗
mit
297
mit weder a noch eee einen
Eingang finden konnen. . gleich
der Staub an 25 fuͤr ſich den Gewaͤchſen
keinen erheblichen Sg zuzufuͤgen 9
ſo iſt er doch oft ein Mittel, die Eier | ſchaͤdlicher
Inſekten denen Pflanzen zuzuführen. S Sole
der Schrank vielleicht, durch das Eintrocknen
des Holzes, Riſſe erhalten, oder deſſen Fugen
ſich erweitern, ſo fülle man dieſelben mit dem
gewoͤhnlichen Fenſt terkuͤtte forgfältig aus und
leime zum Ueberſlaſſe einen breiten Papierſtrei⸗
fen daruͤber. Auch iſt es rathſam, den Schrank
auswendig mit Oelfarbe zu uͤberſtreichen.
2) Denen Pflanzenbehaͤltniſſen
gebe man einen ſolchen Platz, der des
Sommers luftig und trocken iſt, des
Winters aber erwaͤrmetwerden kann.
Iſt der Ort, wo die trockenen Gewaͤchſe auf⸗
bewahret ſtehen, dumpfig und feucht, ſo ziehen
ſie leicht wieder einige Feuchtigkeiten an ſich
und werden dadurch denen Nachſtellungen der
Inſekten mehr ausgeſetzet. Je trockener die
Gewaͤchſe erhalten werden, deſto weniger lei⸗
den ſie von den Inſekten. Die Erfahrung hat
es uͤberdem beftätiget, daß Pflanzenſammlun⸗
gen in einem Zimmer, welches des Win⸗
ters geheizet und des Sommers fleißig durch
offene Thuͤren und Fenſter geluftet wird, weit
ſeltener von Inſekten beſchaͤdiget werden.
Wahrſcheinlich ſtoͤret die Abwechſelung der kuͤnſt⸗
lichen Warme des Tages mit der unverhaͤltniß⸗
maͤßigem ſtaͤrkeren Kälte des Nachts ihre Ver⸗
rn wand⸗
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wandlung und das Aufkommen der jungen
Brut.
3) Man ſehe im Frühjahre und
Herbſte ſeine Sammlung ſorgfaͤltig
durch, ob ſich bei einer oder der an⸗
deren Pflanze ein ſchaͤdliches Inſekt
eingefunden habe. Entdecket man ver-
gleichen, ſo toͤdte man es nicht allein, ſondern
man reinige auch die Pflanze und den Papier-
bogen, mittels einer kleinen weichen Buͤrſte,
von dem ſich vorfindenden mehlartigen Staube,
der durch die Inſekten gewoͤhnlich cezeuget wird.
4) Mantrage niemals eher ein Ge⸗
waͤchs in die Sammlung ein; als bis
es vollkommen trocken iſt. Ueberdem
unterſuche man es genau, ob ſich an demſelben
Spuren eines Inſektes, oder deſſen Puppen,
Larven und Eier wahrnehmen laſſen. Bemer⸗
ket man Schimmel und dergleichen an derſel⸗
ſelben, ſo iſt es ein Beweis, daß die Pflanze
nicht den gehoͤrigen Grad der Trockenheit erhal⸗
ten, oder Feuchtigkeiten wieder an ſich gezogen
habe. Man ſchaffe denſelben mit Huͤlfe einer
weichen Buͤrſte behutſam weg und laſſe die
Pflanze noch einige Zeit trocknen, ehe man ſie
in die Sammlung aufnimmt.
Bis jetzt iſt uns noch kein untı'» liches
Mittel bekannt, welches die denen Pftanzen⸗
ſammlungen ſchaͤdlichen Inſekten abhaͤlt oder
toͤdtet. Indeſſen iſt es doch nicht ganz uͤber⸗
fluͤſſig, einige der zweckmaͤßigſten mit anzuwen⸗
den, da fi e auf keinen Fall der Sammlung
(ha
299
ſchaden und gegen die Inſekten nuͤtzlich ſeyn
koͤnnen. | 3
Eins der vorzuͤglichſten Mittel iſt der
Campher, deſſen fluͤchtige Theilchen ſich durch
die ganze Sammlung verbreiten. Man lege
daher hin und wieder in die Faͤcher des Pflan⸗
zenſchrankes Stückchen Campher, entweder
blos oder in Papier gewickelt und erneuere
ſie von Zeit zu Zeit, wenn ſie verdunſtet ſind.
Das Eindringen der Inſekten in das Be⸗
haͤltniß, worin die Gewaͤchſe und ihre Theile
aufbewahret werden, kann man auch dadurch
ſehr verhuͤten, wenn man daſſelbe mit ſolchen
Mitteln beſtreichet, die ihnen entweder wider-
lich oder gar toͤdtlich ſind. Einige haben zu
dieſem Ende eine Aufloͤſung von Schwefel⸗
leber (Hepar fulphuris) in Waſſer ange⸗
rathen. Ellis +) empfiehlet dagegen ein
Mittel, daß ſehr zweckmaͤßig iſt und auf fol⸗
gende Weiſe bereitet wird. Man loͤſet zwei
Loth rohen Salmiak (Sal ammoniacum
crudum) in einem Quarte oder zwei Pfunden
nach medieiniſchem Gewichte, Waſſer auf und
giebt alsdann vier Loth äßendes ſublimirtes
Queckſilber (Mercurius ſublimatus corrofi-
vus
+) Johann Ellis Anweiſung, wie man
Samen und Pflanzen aus Oſtindien und
andern entlegenen Laͤndern friſch und gruͤnend
uͤber See bringen kann. Aus dem Engliſchen
überfeget. Mit einer Kupfertafel, Lpz. 1775.
8vo. Seite 29. 30.
300
vus) hinzu. Wenn man dieſe Aufloͤſung an⸗
wenden will, ſo muß man ſie zuvor in einem
glaͤſernen Gefaͤße warm machen. Zu dem En⸗
de waͤhlet man ein ſogenanntes Zuckerglas,
bindet um den Rand deſſelben einen Bindfa⸗
den oder Eiſendraht und ſetzet es mit der Auf⸗
loͤſung in einen Topf mit kalten Waſſ er auf ein
Kohlenfener. Wenn das Waſſer in dem Topfe
kochet, ſo iſt die Aufloͤſung in dem Glaſe zum
Gebrauche heiß genug. Mit derſelben be⸗
ſtreiche man alsdann, mittels eines Pinſels von
Schweinsborſten, inwendig und auswendig
(wenn er noch nicht mit Delfarbe uüͤbertünchet
iſt) den Schrank, vorzüglich aber die Fugen
und Ritzen deſſelben. Die Erwaͤrmung dieſer
Aufloͤſung erleichtert das Eindringen derſelben
in das Holz und nach Ellis Behauptung
wird kein Inſekt ſich da Mühe wo fie einmal
aufgeſtrichen iſt.
8¹ quid 0 rectius Iltis, Kandis imperli,
1 non, his utere mecum.
Am NU
.
Kur
11
DR
III