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Full text of "Anweisung Pflanzen zum Nutzen und Vergnügen zu sammlen [that is, sammeln] und nach dem Linneischen Systeme zu bestimmen"

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Ä ExBiblistheca Ai: 
C. BONSELL :. 


Smithsonian 
Institution 
Libraries 


Purchased from the 


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Anweiſung 
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Nutzen und Vergnuͤgen zu ſammlen und 
nach dem Linneiſchen Syſteme zu 
| beſtimmen 


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Abbrecht Wilhelm Roth. 
Der Arzneigelahrtheit Doktor, Landphyſikus des Her— 
zogthums Bremen, Mitgliede der Roͤmiſch⸗Kaiſerlichen 


Akademie der Naturforſcher und mehrerer an⸗ 
derer gelehrter Geſellſchaften. 


Gotha, 
in der Ettingerſchen Buchhandlung. 
1 8 0 3. 


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Res ardua, velustis novitatem dare, novis 
| auctoritatem, obsoletis nitorem, obscu- 
ris Iucem, fastidiis gratiam, dubiis fidem; 
omnibus vero naturam et naturae suae 


Omnia. 5 ur Ah 


— 


P. 1 11 1 üs ‘ His L. Nat. in Praef. 


Seiner Excellenz 
dem Herrn 


ehriſtian Ludwig Hake 


Königlich Großbrittanniſchem und Churfürſlich Braun⸗ 

ſchweig⸗Luͤneburgiſchem Staats miniſter, auch Praͤſes 

in den Brem⸗ und Verdiſchen Landeskollegien und 
Gräfe des Landes Hadeln. 


Widmet 


dieſe Anweifung 


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igen geringen Beweis feiner untertpänigen | 
Hochachtung . 


der Berfaffer, 


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Vorrede 


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Wer jemals eine Sammlung gut getrockneter 
Pflanzen, oder auch nur gute Kupferſtiche ges 
ſehen hat, wird mir zugeſtehen muͤſſen, daß es 
hoͤchſt unangenehm und aͤrgerlich ſey, eine Plans 
zenſammlung durchzuſehen, wo der groͤßte 
Kenner nicht im Stande iſt, die Pflanzen von 
einander zu unterſcheiden, ſollten es oft auch 
die allerbekannteſten ſeyn. Ich habe ſolche 
Sammlungen geſehen, wo die Pflanzen theils 
ganz verſtuͤmmelt waren, daß bei dleſer die 
Blume, bei einer anderen die Blätter und der⸗ 
gleichen fehlten; theils fie auch ihre natuͤrliche 
Farbe gaͤnzlich verlohren hatten, und ich habe 
herzlich gewuͤnſcht, daß dieſem Uebel einiger⸗ 
maßen moͤgte abgeholfen werden. 

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Da es mir bisher ziemlich geglückt ift, die 
Pflanzen, fo viel als möglich, bei ihrer natuͤr⸗ 
lichen Geſtalt und Farbe „trocken zu erhalten , 
fo haben mich im verwichenen Sommer einige 
Freunde erſuchet, ihnen einige Regeln und Kunſt— 
griffe an die Hand zu geben, wodurch ſie dieſen 
Endzweck erreichten, weil es ihnen in dieſer 
Abſicht an noͤthigen Anweiſungen fehlte. Es 
find auch, fo viel ich weiß, nicht viele Schrif⸗ 
ten vorhanden, die einem Anfaͤnger einen hin— 
reichenden Unterricht darin geben koͤnnten. Aus 
eben dieſer Urſache habe ich mich ent ſchloſſen 
dieſe Abhandlung dem Drucke zu uͤberliefern 7 
damit Anfänger in dieſer Wiſſenſchaft einen 
geitfaden haben moͤgten, an den ſie ſich einis 
germaßen bei dem Unterſuchen, Sammlen, Auf⸗ 
legen und Trocknen der Pflanzen halten konnen. 
Ich habe nach meinem Vermoͤgen geſuchet, die 
Sachen, als z. B. die Art des Auflegens, ſo 
deutlich vorzuſtellen, als es ſich in einer Be⸗ 
ſchreibung ohne Zeichnungen thun laͤſſet. Ich 
wurde es gewiß nicht unterlaſſen haben, einige 
Zeichnungen beizufügen, wenn ich nicht hätte 
befürchten müffen daß alsdann ein etwas ſtaͤr⸗ 
kerer Preis manchen Anfaͤnger abſchrecken moͤgte. 

In dem erſten Theile handele ich von 
der 2 let; nach welcher Pflanzen zu behandeln find, 

welche 


yon 


welche man zu einer Sammlung getrockneter 
Kraͤuter, zum Nutzen und Vergnuͤgen, beſtim— 
met. Ich zeige im erſten Kapitel nur über 
haupt einige Vortheile, welche man von einer 
Pflanzen ſammlung und vornemlich von der 
Kenntniß derſelben, zu erwarten hat und ſuche 
zugleich bei Bei Ge egen ee eee 
ee Alsdann le 10 im zweiten Ka⸗ 
pitel gezeiget, wie die Pflanzen zu beſtimmen 
ſind, damit man im Stande ſey, die getrockne⸗ 
ten Pflanzen gruͤndlich und ſyſtematiſch zu ord⸗ 
nen. Ich habe auch zugleich Gelegenheit 9% 
nommen, das Linneiſche Syſtem, welches doch 
wohl bis jetzt das beſte und brauchbarſte bleibet, 
etwas durchzugehen, damit die Leſer, die die 
lateiniſche und griechiſche Sprache nicht inne 
haben, ſich doch im Ganzen von dieſem Syſteme 
einigermaßen einen Begriff machen können. Da 
die Schönheit einer getrockneten Pflanze haupt⸗ 
ſaͤchlich auf das Sammlen, Auflegen und Trock⸗ 
nen beruhet, fo zeige ich im dritten Kapi⸗ 
tel, was man zu beobachten habe, wenn man 
Pflanzen zu einer Kraͤuterſammlung ſammlet. 
In dem vierten Kapitel handele ich von 
der Art, die Pflanzen aufzulegen und in dem 
fünften Kapitel von dem, was man bei 

| dem 


VIII 


dem Auftrocknen der Pflanzen zu beobachten 
habe und zeige zuletzt, wie man die getrockne⸗ 
ten Pflanzen aufbewahre und ordne. 

Der zweite Theil enthält, als ein Ans 
hang, diejenigen Pflanzen, welche, nach der 
Anzahl und Beſchaffenheit ihrer Geſchlechtstheile, 
nicht in den gehoͤrigen Klaſſen und Ordnungen 
des Linneiſchen Syſtems zu finden ſind, in 
welchen fie. doch ein Jeder, nach geſchehener Un⸗ 
terfuchung y mit Recht zu finden glaubet. 

Ich hoffe, daß dieſe Abhandlung manchem 
Anfängen in der Botanik nicht ganz unange⸗ 
nehm ſeyn werde und wuͤnſche zugleich herzlich, 
daß der zu ſtiftende Nutzen meinem e 
entſpreche. mel den öten Januar 1778. 


3 A. W. Roth. 


Vor⸗ 


IX 


| 85 Vorbericht 


zur zweiten Auflage. 


Ba den großen Fortſchritten, die in den letz; 
teren Jahren in der Erweiterung der Pflanzen⸗ 
kenntniß gemachet worden ſind, fehlet es dem 
angehenden Pflanzenforſcher noch immer an ei⸗ 
nem Leitfaden, nach welchem er die kryptogami⸗ 
ſchen Gewächſe gehoͤrig zu beſtimmen und zu ei⸗ 
ner Sammlung vorzubereiten angewieſen wird. 
Selbſt bei den bisherigen Anleitungen, zur Ver⸗ 
fertigung einer vollſtaͤndigen und brauchbaren 
Pflanzen ſammlung, blieb dieſes Beduͤrfniß un⸗ 
befriediget, ohnerachtet ein großer Theil der 
deutſchen Pflanzenforſcher ſich bisher faſt aus 
ſchlleßlich dem Studium der kryptogamiſchen 
Gewaͤchſe widmete. Auch mir wurde dieſes Bes 

{ Ä duͤrf⸗ 


duͤrfniß ſehr fühlbar als ich mich ohne 2 inwei⸗ 
ſung und Unterſtuͤtzung in dieſes weite Feld 
wagte. Ich ſammlete daher meine durch die 
Erfahrung gemachten Beobachtungen, und faßte 
den Vorſatz, in der Folge einmal dieſem Be 
duͤrfniſſe einigermaßen abzuhelfen. Die Ausfuͤh⸗ 
rung dieſes Vorſatzes wurde durch die Nachricht | 
beſchleuniget, daß meine eiffe Schularbeit das 
unberdiente Gluͤck gehabt hatte, gaͤnzlich vers 
griffen zu ſeyn und jetzt eine zweite Auflage 
erleben ſollte. Dieſen Umſtand glaubte ich bes 
nutzen zu müſſen, meinen Vorſatz in Abſicht der 
kryptogamiſchen Gewaͤchſe auszuführen. Da 
aber die Botanik in einem Zeitraume von fünf 
und zwanzig Jahren, durch den unermuͤdeten 
Fleiß der Pflanzenforſcher, eine ganz andere Ge⸗ 
ſtalt gewonnen hat und meine damals heraus 
gegebene Anweiſung fuͤr das jetzige botaniſche 
Zeitalter nicht hinreichend ſeyn kann, ſo faßte 
ich auch zugleich den Entſchluß, fie ganz umzu⸗ 
| e wie ich ſie hier meinen Leſern uͤberge⸗ 
be. Ob ich in der Ausführung meines Borfass 
zes nur einigermaßen gluͤcklich geweſen ſey, 
uͤberlaſſe ich dem unpartheliſchen Urtheile ſol⸗ 
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cher Sachverſtaͤndigen, welche die Schwierigkei⸗ 
ten kennen, die mit der Bearbeitung eines Lehr⸗ 
Buches zum Selb ſtunterrichte verbunden find. 
Ohne Vorkenntniſſe vorauszuſetzen, mußte ich 
mich der Deutlichkeit befleißigen und mich vor 
dem Fehl er der Weitſchweifigkeit huͤten, wenn 
ich nicht den Leſer ermuͤden und den Preis dies 
ſes Buches unndthigerweiſe erhoͤhen wollte. 
Freilich wird ein ſolches Lehrbuch, durch den 
mündlichen Unterricht begleitet, ungleich größes 
ren Nutzen ſtiften koͤnnen und der Lehrer wird 
allenthalben Gelegenheit genug finden, die vor; 
getragenen Saͤtze zu erweitern: indeſſen ſchmei, 
chele ich mir doch mit der angenehmen Hoff; 
| nung, daß auch die ejenigen die einen muͤndli⸗ 
chen Unterricht entbehren muͤſſen, bei einigem | 
Fleiße und Ausdauer daſſelbe nicht gent ohne 
Nutzen aus der Hand legen werden, 


Auch dieſe Auflage zerfällt in zwei Theile. 
Im erſten Theile gebe ich eine Auweiſung 
zur Beſtimmung der Gewaͤch ſe nach dem Linnei⸗ 
ſchen Syſteme, nachdem ich einige Bemerkungen 
een den allgemeinen Nutzen der Pflanzenkennt⸗ 

niß, 


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niß, die Anzeige einiger Huͤlfsmittel zu der Ers 
lernung derſelben und eine erklaͤrende ueberſicht 
des Linneiſchen Syſtems vorangeſchickt habe. 
Bei der Erklärung des Linneiſchen Syſtems 
mußte ich einige von Linne begangene Fehler 
bemerklich machen, welche bisher von den Her⸗ 
ausgebern ſeiner Werke entweder uͤberſehen, oder 
aus Achtung fuͤr den großen Mann, beibehalten 
ſind. Ich glaube nicht, dadurch den Verdacht 
der Neuerungsſucht auf mich geladen zu haben. 
Als ich in der erſten Ausgabe dieſer Anweiſung 
S. 34. Anmerk. den Vorſchlag that, die 
letzte Ordnung der neunzehnten Klaſſe (Mono- 
gamia) eingehen zu laſſen und die Pflanzen die⸗ 
fer Ordnung zur fünften Klaſſe zu bringen, ihn 
auch in meiner Flora Germanica befolgte, miß⸗ 
billigte man es nicht und die Herren Smith“) 
und Willdenow ) waren meine Nachfolger. 
Ein gleiches hoffe ich auch von der Zukunft in 


) Flora brittannica auctore J. E. 
Smith Londini 1800. Vol. T. pag. 
24177249. 

*) Gar. a Linne Species Plantarum 
cnrante a L. Willdenow.  Bero- 
dini 1797. Tom, 1. Pars 2. 


* 111 


Abſicht der hier getroffenen Veraͤnderungen, da 
ſie der Sache nach angemeſſener ſind. Wird 
man aber mein Verfahren billigen, daß ich die 
kryptogamiſchen Pflanzen von den phaͤnogami⸗ 
ſchen trennte und fie als eine beſondere Abthei⸗ 
lung in Klaſſen und Ordnungen brachte? Ich 
hielt es wenigſtens fuͤr nothwendig, dieſen 
Schritt zu wagen, wenn ich den Anfaͤnger auch 
mit der näheren Beſtimmung dieſer Gemächfe 
gruͤndlich bekannt machen wollte. Ueberdem 
bahnte ich mir den Weg, auch bei der Ausfühs 
rung meines Zweckes in dem zweiten Theile, 
eine gewiſſe ſyſtematiſche Ordnung beobachten zu 
konnen. Ich will indeſſen keinem Pflanzenfor⸗ 
ſcher mit dieſem Verſuche vorgreifen, ſondern ich 
wuͤnſche vielmehr, ihn nur aus dem eben ange 
zeigten Geſichtspunkte zu betrachten. — 


In dem zweiten Theile gebe ich die 
Vorſchriften zu der Anlage einer vollſtaͤndigen 
Pflanzenſammlung mit jedesmaliger Ruͤckſicht 
auf die kryptogamiſchen Gewaͤchſe, nach den im 
erſten Theile angenommenen Klaſſen. Da ich in 
der verſchiedenen Behandlung der kryptogami⸗ 

ſchen 


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ſchen Gewwaͤchſe keinen Vergaͤnger hatte und ich 
daher meinen eigenen Beobachtungen und Er, 
fahrungen folgen mußte, ſo werde ich eine jede | 
weſentliche s Berichtigung und Verbeſſerung / die 
zu der Verbollkommenung eines bisher faſt ganz 
vernachlaͤſſigten Theiles der botaniſchen Wiſſen 
ſchaft beitragen konnen, mit Danke annehmen. 
Vergebens aber wir d der Leſer hier das Ders 
zeichniß derjenis gen Pflanzen ſuchen, welche nach | 
der. Anzahl und Beſchaff enheit der Befruchtungs⸗ 
werkzeuge nicht in den gehoͤrigen Klaſſen und 
Ordnungen des Linneiſchen Syſtems zu finden 
find, in welcher ſie ein Jeder, nach angeſtellter 
Unterſuchung, mit: Recht zu finden glaubet, das 
den zweiten Theil der erſten Ausgabe ausfüllte, 
Da ich nachher dieſes Verzeichniß weitläufiger 
aus arbeitete und als ein beſonderes Buch her⸗ 


e ) ſo war s völig uͤberfluͤſſig , hier 
die 


0 Verzeichniß derjenigen ie 
welche nach der Anzahl und Be ſch a fe 
fenheit ihrer Geſchlechtstheile nicht 
in den gehörigen Klaſſen und Ord⸗ 
nungen des Linneiſchen Syſtems 
ſtehen, nebſt einer Einleitung in die⸗ 
ſes Syſtem von A. W. Roth. Alten⸗ 
burg 1781. 8 vo. 


NV 


die Ausnahmen in dem Linneiſchen Syſteme zu 
wiederholen und meine Leſer werden durch die 
Bearbeitung der kryptogamiſchen Gewaͤchſe ſich 
hoffentlich dafür eutſchaͤdiget finden, 


Wenn ich aber hier mein gegebenes Ders 
ſprechen „) bei einer abermaligen Bearbeitung 
dieſer Anweiſung, auch auf die Behandlung der 
Pflanzen zum mediciniſchen Gebrauche Ruͤckſicht 
zu nehmen, nicht erfuͤlle, ſo, geſchiehet dieſes 
lediglich darum, weil meine Bearbeitung dieſes 
Gegenſtandes der nur einen Theil meiner Leſer 
intereſſtren kann, ſchon mehreremale abgedrucket 
iſt und ich alſo den Ankauf dieſer Auflage dem 
größten Theile der Leſer unnoͤthigerweiſe erſchwe⸗ 
ret haben wuͤrde. | | 


Sollte ich durch dieſe Arbeit auch einige 
Schullehrer veranlaſſen, die in fruͤheren Jahren 
keine Gelegenheit hatten, in eine genauere Be⸗ 
kanntſchaft mit den ſchoͤnen Buͤrgern des Pflan⸗ 

zen; 


Br 1 angezeigten Verzeichniſſe Vorrede 


XVI 


zenreiches zu treten, ſich in dieſer angenehmen 
und für alle Stände ſo nuͤtzlichen Wiſſenſchaft 
einige Kenntniſſe zu verſchaffen, um ſie, nach 
dem erforderlichen Beduͤrfniſſe, auf ihre Zoͤglinge 
uͤbertragen zu koͤnnen, ſo werde ich mich gluͤck⸗ 
lich fuͤhlen und meine Bemuͤhungen e be⸗ 
loßnet finden. 


Vegeſack im December 1802. 


Erſter 


SUDale 
Erſter Theil. 


Erſtes Kapitel. Von dem Nutzen der 
Pflanzenkenntniß und einigen Hinder⸗ 
niſſen, die der Erlernung derſelben im 
Wege ſtehen. 


Zweites Kapitel. Von den Huͤlfsmit⸗ 


teln zur Erlernung der Pflanzenkenntniß.! 


Drittes Kapitel. Ueberſicht des Linnei⸗ 
ſchen Syſtems. 


Viertes Kapitel. Verſuch einer Klaſſifi— 
kation der kryptogamiſchen Pflanzen. 


Fünftes Kapitel. Anleitung zu der 
richtigen Beſtimmung der Gewaͤchſe nach 
dem Linneiſchen Syſteme. 


Zweiter Theil. 


Erſtes Kapitel. Von dem Nutzen und 
den Erforderniſſen einer guten Dflans 
zenſammlung. 


139 


175 


Zwei⸗ 


Zweites Kapitel. Von dem, was man 
bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe zu 
einer Pflanzenſammlung zu beobachten 


hat. 0 184 
Drittes Kapitel. Vom dem Verfahren 
bei dem Auflegen der Pflanzen. 814 


Viertes Kapitel. Von dem Verfahren 
bei dem Trocknen der Gewaͤchſe. 252 


Fuͤnftes Kapitel. Von der Eineichtmm 
einer Pflanzenſammlung. | 


Erſtes Kapitel, 


Von dem Nutzen der Pflanzenke nnt- 
nitz und einigen Hinderniſſen, die 
der Erlernung derſelben im Wege 
ſtehen. 


Unter allen Wiſſenſchaften, die uns zu 
der naͤheren Kenntniß der natuͤrlichen Koͤrper 
fuͤhren, hat diejenige ſehr viel Vorzuͤgliches, die 
ſich mit dem Pflanzenreiche beſchaͤftiget. Sie 
iſt, nach Verhaͤltniß anderer Wiſſenſchaften, 
nicht ſehr koſtbar und die Natur hat in allen 
Gegenden dieſe Schaͤtze ſehr freigebig ausge⸗ 
theilet. 

Das Pflanzenreich hat, mittelbar und 
unmittelbar, auf alle Beduͤrfniſſe des menſch⸗ 
lichen Lebens einen ſo allgemeinen Einfluß, daß 
das Studium deſſelben einem jeden Menſchen 
nuͤtzlich ſeyn kann, vielen aber bleibt es unent⸗ 
behrlich. Dennoch wird es oft von ſolchen 
vernachlaͤſſiget, denen das Gewaͤchsreich bei 
der Ausuͤbung ihrer Kunſt oder Wiſſenſchaft 
die mehreſten Materialien liefern muß. Seit 
einigen Jahren hat man angefangen, die Vor⸗ 

4 theile 


2 


theile, die eine ausgebreitete Pflanzenkenntniß 
faſt einem jeden Stande gewähren kann, ge- 
na uer zu erwegen. Bei der Verbeſſerung des 
Schulweſens hat man ſchon hin und wieder 
auch hierauf einige Ruͤckſicht genommen, es 
find an mehreren Orten botaniſche Geſellſchaf⸗ 
ten errichtet worden, die bei manchem jungen 
Menſchen eine Nacheiferung erwecket und den 
Verehrer dieſer Wiſſenſchaft zu neuen Entdek⸗ 
kungen und Beobachtungen aufgemuntert ha- 
ben, und ſelbſt verſchiedene unſerer Fuͤrſten ſind 
Kenner und Befoͤrderer derſelben. | 
In den Schulen follen die Vorkenntniſſe 
zur Erlernung der hoͤheren Wiſſenſchaften ge⸗ 
ſammlet werden. Es bleibet daher immer ein 
weſentlicher Fehler einer Schulanſtalt, bei der 
der Unterricht in den Vorkenntniſſen der Na⸗ 
turgeſchichte und vorzuͤglich auch der Botanik 


gaͤnzlich vermißt wird. Durch die erlangten 10 


Vorkenntniſſe auf Schulen in der Botanik 
wird auf Akademien nicht allein das Studium 
der Pflanzenkenntniß ſelbſt, ſondern auch der 
Oekonomie, Cameralwiſſenſchaft, Chemie 
u. ſ. w. in der Folge ſehr erleichtert, und fuͤr 
den kuͤnftigen Arzt und Apotheker bleiben ſie 
ohnehin unentbehrlich. Haͤtte man bisher auf 
den ausgebreiteten Nutzen dieſer Wiſſenſchaft 
auf alle Staͤnde mehr Ruͤckſicht genommen, ſo 
wuͤrden unſere jetzigen Schullehrer, groͤßten⸗ 
theils wahrſcheinlich, im Stande ſeyn, denen 
Schuͤlern die erſten Grundſaͤtze der Botanik bei⸗ 
zubringen. Aus Mangel an eee Neu 

8 ni 


3 


niß muß aber dieſer Unterricht unterbleiben, 
und ſelten iſt der vorhandene Schulfond hin⸗ 
reichend, einen eigenen Lehrer dieſer Wiſſen⸗ 
fchaft zu beſolden. Bei den häufigen Hülfs- 
mitteln zur Erlernung dieſer Wiſſenſchaft und 
einem ernſtlichen Willen wird es aber gewiß 
keinem einzigen Schullehrer ſehr ſchwer fallen, 
ſich in kurzer Zeit die noͤthigen Kenntniſſe zu 
erwerben, die zu dem Unterrichte auf Schulen 
erforderlich ſind, und auch ich wuͤnſche durch die⸗ 
fe Anweiſung ihnen dazu behäfflich zu ſeyn. Mir 
ſind verſchiedene ſchaͤtzbare Maͤnner bekannt, 
die erſt in ſpaͤteren Jahren den Anfang mach— 
ten, dieſe Wiſſenſchaft, groͤßtentheils durch 
eigenen Fleiß mit dem gluͤcklichſten Erfolge zu 
erlernen. Auch bei ihnen findet man den faſt 
allgemein anerkannten Satz beſtaͤtiget, daß 
das ernſtliche Studium dieſer Wiſſenſchaft ſo 
viel reizendes und anziehendes habe, daß 
es ſehr leicht eine leidenſchaftliche Neigung 
erzeuge. 

Ich wuͤrde die mir feſtgeſezten Grenzen 
bei dieſer Anweiſung uͤberſchreiten, wenn ich 
den vielfachen Nutzen der Pflanzenkenntniß bei 
vielen Kuͤnſten und Wiſſenſchaften weitlaͤuftig 
auseinander ſetzen wollte. Ich begnuͤge mich, 
zur Erreichung meines Endzweckes, nur einige 
aus dieſer Kenntniß entſprieſende Vortheile zu 
beruͤhren und zugleich die Schwierigkeiten zu 
heben, die der Erlernung dieſer Wiſſenſchaft 
auf Schulen und Akademien am haͤufigſten im 


Wege zu ſtehen ſcheinen. 
A 2 Durch 


\ 


Durch die Kenntniß der Gewaͤchſe bah⸗ 


net man ſich den Weg, die Wiſſenſchaft, von 


ihren Beſtandtheilen, ihren Kraͤften und der 


richtigen Benutzung derſelben für die Lebens⸗ 
erhaltung und einen frohen Lebensgenuß, leich- 
ter und gruͤndlicher zu erlernen. Man ſchaͤrft 


dadurch ſeinen Verſtand und erhaͤlt zugleich ei⸗ 


nen Schluͤſſel zu neuen Entdeckungen und Er- 
findungen. Wie manche wichtige Entdeckung 
zum Vortheile der Oekonomie, Arzeneiwiſſen⸗ 
ſchaft u. ſ. w. haben wir nicht dieſer Wiſſen⸗ 


ſchaft zu verdanken, ſeitdem man in den neu- 


ern Zeiten angefangen hat, ſie nach feſteren 
Grundſaͤtzen zu ſtudiren, und wie manches Un⸗ 


gluͤck iſt nicht durch den richtigen Unterſchied 


ſchaͤdlicher Gewaͤchſe, von andern ihnen ähn- 
lichen, abgewendet worden. Kann aber wohl 


der Arzt, der Oekonom, der Forſtmann rich- 


tige Beobachtungen und Entdeckungen machen, 
wenn er die Gegenſtaͤnde nicht kennet, die er 


beobachten fol? Aeußerſt wichtig find vorzuͤg⸗ 


lich die Folgen für Menſchen und Vieh, wenn 


diejenigen, die die Arzeneimittel aus dem Ge⸗ 
waͤchsreiche ſammlen und zubereiten, keine ge⸗ 


naue Kenntniß der Gewaͤchſe haben. Es ſollte 
daher in ſolchen Ländern, die das Glück einer 


guten medieiniſchen Polizei genießen, auch 
ſtrenge darauf gehalten werden, daß keinem die 
Aufſicht und Verwaltung einer Apotheke uͤber⸗ 


tragen würde, der nicht bei der Prüfung Ber 


weiſe einer gruͤndlichen Pflanzenkenntniß gaͤbe. 


Alsdann iſt es aber e nothwendig, daß der⸗ 


jenige 


5 


jenige, dem dieſe Prüfung oblieget, ſelbſt in 
dieſer Wiſſenſchaft nicht unbewandert ſey. — 
Ein großer Vortheil, den das ernſtliche 
Studium der Botanik ſeinem Verehrer ge— 
waͤhret, beſtehet vorzuͤglich auch darin, daß es 
ihn zum ſyſtematiſchen Denken gewoͤhnet, und 
bei dem künftigen Arzte den am Krankenbette 
ſo noͤthigen genauen Beobachtungsgeiſt und 
einen richtigen Blick bei der Zuſammenſtellung 
und Beurtheilung der Umſtaͤnde, erzeuget. 
Boerhaave, Ludwig, Moͤhring und 
andere geben davon bekannte Beweiſe. | 

Durch die Kunſtwoͤrter dieſer Wiſſen⸗ 
ſchaft und durch die verſchiedenen Arten Pflan- 
zen, die man kennen lernt und bei der Ver⸗ 
gleichung mit Aehnlichen oft wieder ſiehet, wird 
das Gedaͤchtniß auſſerordentlich geſchaͤrft. 

Auch fuͤr den Koͤrper ſchaffet das Pflan⸗ 
zenſtudium unlaͤugbare Vortheile. Durch das 
Aufſuchen der Gewaͤchſe im Freien wird der— 
ſelbe nicht allein in eine wohlthaͤtige, ſelten er⸗ 
muͤdende, Bewegung verſetzet, ſondern auch 
das Geſicht wird dadurch ſehr geſtaͤrket. Die 
Erfahrung lehret uns, daß eine wiederholte, 
nicht zu anhaltende und nicht uͤberſpannte An⸗ 
ſtrengung eines oder des andern Sinnes den⸗ 
ſelben eher ſtaͤrke, als ſchwaͤche. Hiervon habe 
ich in Abſicht des Geſichts bei verſchiedenen 
Pflanzenforſchern die auffallenſten Beweiſe. 
Einer meiner Freunde, der erſt in ſpaͤtern Jah⸗ 
ren ſich der Botanik widmete, war vorher ſehr 
kurzſichtig. Jetzt iſt ſein Geſicht auch in der 


Ferne 


6 


| Ferne ſo gut, daß er auf dem Wagen, auch in 
einiger Entfernung, eine jede Pflanze am We⸗ 
ge erkennen und Aber den kann. 
Diejenigen, denen in fruͤheren Jahren 
das Gefuͤhl für die Schoͤnheiten der Natur 
und der Wunſch, mit derſelben in naͤhere Be⸗ 
kanntſchaft zu kommen, nicht eingefloͤßet war, 
oder denen es bei dem Schulunterrichte an 
Gelegenheit fehlte, ſich einige gründliche Vor⸗ 
kenntniſſe, auch im Pflanzenreiche, zu ſammlen, 
ſchaffen ſich gemeiniglich ſelbſt Hinderniſſe, die 
ihnen bei der ſpaͤteren Erlernung der Pflanzen⸗ 
kenntniß unüberwindlich ſcheinen und ſie oft 
von einem ernſtlichen Verſuche abhalten. 
Eine jede Wiſſenſchaft hat ihre eigenen 
Kunſtwoͤrter, mit welchen man ſich bekannt 
machen muß, wenn man ſie gruͤndlich erlernen 
will. Die Erlernung dieſer Kunſtwoͤrter ſchei⸗ 
net manchem fo ſchwer zu ſeyn, daß er fich da- 
durch von dem Studium der Botanik abhal- 
ten laͤſſet. Waͤre es erforderlich, dieſelben 
ſchulmaͤßig zu lernen, ſo haͤtte allerdings dieſe 
Beſorgniß einigen Grund. Aber durch eine 
kurze Uebung, fortgeſetzten, ernſtlichen Fleiß 
und einige hierzu dienliche Huͤlfsmittel, wird 
dieſe Schr ierigkeit gewiß leicht überwunden. 
Bei der öfteren Unterſuchung der Gewaͤchſe 
und der genauen Beobachtung ihrer Theile, 
lernet man fie gehörig unterſcheiden und, indem 
man den gefundenen Unterſchied durch Worte 
richtig auszudrucken ſuchet, gewoͤhnet man 
ſich nach und nach unvermerkt an die Woͤrter, 
welche 


7 


welche die Theil der Gewaͤchſe und ihre Be⸗ 
e richtig bezeichnen. 


Man halt gemeiniglich die Kenntniß 
fremder Sprachen und vorzuͤglich der lateini⸗ 
ſchen, fuͤr ein unumgaͤngliches Beduͤrfniß zu 
der Erlernung der Naturgeſchichte uͤberhaupt, 
beſonders aber der Botanik; und diejenigen, 
welche in fruͤhern Jahren keine Gelegenheit 
hatten, ſich dieſelbe zu erwerben, glauben dar⸗ 
in ein vorzuͤgliches und unuͤberwindliches Hin⸗ 
derniß bei der Erlernung der Pflanzenkenntniß 
zu finden. Die Kenntniß der lateiniſchen und 
griechiſchen Sprache erleichtert allerdings das 
Studium der Botanik und bleibet demjenigen 
unentbehrlich, der in der Folge als Lehrer und 
Schriftſteller darin auftreten will. Aber zu 
der Erlernung dieſer Wiſſenſchaft iſt die Kennt⸗ 
niß dieſer Sprachen nicht ſchlechterdings noth⸗ 
wendig. Da man in den neuern Zeiten ein⸗ 
ſahe, wie nuͤtzlich und nothwendig auch fuͤr 
manche Kuͤnſte und Gewerbe die Pflanzen⸗ 
kenntniß ſey, ſo iſt man darauf bedacht gewe⸗ 
ſen, auch den Unkundigen in fremden Spra⸗ 
chen, Huͤlfsmittel in die Haͤnde zu geben, die 
ſie in den Stand ſetzen, in eine naͤhere Be⸗ 
kanneſchaft mit den Gewaͤchſen zu kommen, und 
unſer Zeitalter hat manchen guten Pflanzen⸗ 
kenner und Beobachter aufzuweiſen, der 
ohne eine ausgebreitete Sprachkenntniß ſich 
eine gründliche le dieſer Wiſſenſchaft 

erworben hat. 
Viele 


8 10 


Viele junge Leute, die ſich den Wiſſen⸗ 
ſchaften widmen, befuͤrchten, durch das Stu⸗ 
dium der Botanik zu viele Zeit zu verliehren, 
und unterlaſſen daher daſſelbe ganz, wenn ſie 
ſich auch überzeugt halten, daß die Pflanzen⸗ 
kenntniß ihnen in der Folge bei ihrer kuͤnftigen 
Beſtimmung ſehr nuͤtzlich und nothwendig wer- 
den konnte Großtentheils beruhet dieſe Be- 
ſorgniß auf einer fehlerhaften Eintheilung und 
unrichtigen Benutzung der Zeit, wovon der 
Grund faſt durchgaͤngig in der erſten Geiſtes⸗ 
bildung lieget. Suchet man den Knaben ſchon 
früh an nuͤtzliche Beſchaͤftigungen und über» 
haupt an ein thaͤti ges Leben zu gewoͤhnen, fuͤhrt 
man ihn bei Zeiten dazu an, feine Erholungs- 
ſtunden angenehm und doch nuͤtzlich fuͤr den 
Körper und Geiſt anzuwenden; ſo wird er als 
Juͤngling und Mann mit dem ſchrecklichen Un⸗ 
geheuer, Langeweile und ſeinem ſchaͤdlichen 
Gefolge, nicht zu kaͤmpfen haben, welche ſo 
manchen verfolget und feine moraliſche Bil- 
dung oft auf immer vernichtet. Er wird nicht 
gefuͤhllos gegen die Schoͤnheiten der Natur 
ſeyn, und durch falſche Freuden berauſcht, ihre 
Schaͤtze, die ſie in endloſer Mannichfaltigkeit 
allenthalben darbietet, unbemerkt und unbe⸗ 
nutzt laſſen. Die Stunden, welche zu der Er⸗ 
holung unſeres Geiſtes von anſtrengenden Ar⸗ 
beiten beſtimmt ſind, koͤnnen nicht angenehmer 
und nuͤtzlicher angewendet werden, als zu der 
naheren Betrachtung der uns umgebenden Na⸗ 
tur, und wenn auch dieſe Stunden nur dazu be⸗ 

ſtimmt 


ſtimmt werden, ſich mit den Gewaͤchſen näher: 
bekannt zu machen, ſo wird man ſich einen 
reichen Schatz fuͤr die Zukunft ſammeln, und 
fuͤr manche koſtſpielige Vergnuͤgungen hinlaͤng⸗ 
lich entſchaͤdiget finden. | 


N | Zweites 


10 


Zweites Kapitel. 


Von den Hüͤlfsmitteln zur Erlernung 
der Pflanzenkenntniß. 


Die Kenntniß der verſchiedenen Theile 
der Gewaͤchſe, nach welchen ſie unterſchieden 
und geordnet werden, iſt das erſte und vorzuͤg⸗ 
lichſte Beduͤrfniß zur Erlernung der Botanik, 
und mit dieſen muß man ſich zuvoͤrderſt genau 
bekannt machen. In den Faͤllen, wo die Ge⸗ 
legenheit eines gründlichen mündlichen Unter⸗ 
richts fehlet, muß man ſeine Zuflucht zu ſol⸗ 
chen Buͤchern nehmen, die dieſes Beduͤrfniß 
bei einem ausdauernden Fleiße hinlaͤnglich er⸗ 
ſetzen. Zu dem Ende will ich hier an⸗ 
gehenden Pflanzenforſchern, unter den vielen 
Lehrbuͤchern der Botanik, nur ein Paar in 
Vorſchlag bringen, von welchen ich uͤber⸗ 
zeuget bin, daß ſie dieſelben am fiche ee zu 
dieſem Zwecke fuͤhren. 


1) Botaniſches Woͤrterbuch, oder 
Verſuch einer Erklarung der 
vor⸗ 


11 


vornehmſten Begriffe und Kunſt⸗ 
woͤrter in der Botanik von Dr. 
Moriz Balthaſar Borckhauſen. 

2 Theile. Gießen 1797. 8. 


5 Dieſes Buch enthalt einen Schatz von 

ausgebreiteten botaniſchen Kenntniſſen, die 
nach alphabetiſcher Ordnung mit Genauigkeit 
und philoſophiſchem Scharfſinne vorgetragen 
ſind. Man findet hier nicht allein alle in der 
Botanik vorkommende Kunſtwoͤrter nach ihren 
verſchiedenen Bedeutungen richtig erklaͤret, ſon⸗ 
dern es liefert auch vorzuͤglich eine genaue 
Kenntniß aller Pflanzentheile nach ihren Eigen⸗ 
ſchaften, Verſchiedenheiten und Eintheilungen, 
wie ſie dem gruͤndlichen Pflanzenforſcher zu 
wiſſen nothwendig find. 

Bei einem Woͤrterbuche, das alle in eine 
Wiſſenſchaft einſchlagende Sachen enthaͤlt, 
wird durch die alphabetiſche Ordnung der Wör- 
ter das Nachſchlagen ſehr erleichtert; bei der 
naͤheren Betrachtung aber eines Koͤrpers nach 
ſeinen verſchiedenen Theilen iſt es nothwendig, 
eine ſolche Ordnung zu beobachten, daß die 
Theile mit dem Ganzen in Verbindung erhal⸗ 
ten werden. Wenn wir gleich mehrere botani⸗ 
ſche Lehrbücher dieſer Art haben, fo behält doch 
in mehrerer Hinſicht das Folgende einen Vorzug. 


2) Termini botanici iconibus illuſtrati: 
oder botaniſche Kunſtſprache 
durch Abbildungen erläutert 

von 


ı 12; 


von Friedrich Gottlob Hayne. 
Berlin 1799. ge. 4 | 


Zu der Erlangung einer genauen A Kenntniß 
der verſchiedenen Theile der Gewaͤchſe, ihres 
Unterſchiedes und ihrer botaniſchen Benennung 
iſt es ſchon bei dem muͤndlichen Unterrichte er⸗ 
forderlich, dem Lehrlinge durch Beiſpiele aus 
der Natur die ſonſt trockene und ermuͤdende 
Pflanzentermmologie angenehm und deutlich zu 
machen, wenn derſelbe nicht gleich anfaͤnglich 
von der Erlernung der Pflanzenkenntniß abge⸗ 
ſchrecket werden ſoll; bei dem Selbſtſtudium 
dieſer Wiſſenſchaft aber iſt dieſes Beduͤrfniß am 
fuͤhlbarſten. Schon bei dem muͤndlichen Un⸗ 
terrichte halt es aͤußerſt ſchwer, die Theile aus 
der Natur gleich zuſammen zu bringen, die 
dem Lehrlinge den Unterſchied und die Benen⸗ 
nungen anſchaulich machen, wenn der Lehrer 
nicht zu dieſem Ende eine beſondere und in⸗ 
ſtruktive Sammlung derjenigen einzelnen Thei⸗ 
le beſitzet, die dem Lehrlinge deutlich gemachen 
werden ſollen, zu welcher er bei dem jedesmali⸗ 
gen Unterrichte ſeine Zuflucht nehmen kann. 
Derjenige aber, der ſich ſelbſt dieſe Kenntniß 
der Theile verſchaffen will, wird zu Irthuͤmern 
verleitet, die er ſelbſt nicht allemal zu verbeſſern 
im Stande iſt, indem ſeine Kenntniß immer 
nur hiſtoriſch bleibet. Herr Hayne hat in 
dem angezeigten Werke, von dem jetzt acht 
Hefte erſchienen ſind, dieſes große Beduͤrfniß 
vollig befriediget. Indem Er alle Theile eines 

\ . Ge⸗ 


13 
Gewaͤchſes, von der Wurzel bis zur Frucht 
ſehr deutlich erklaͤret und auf den, einem jeden 
Hefte angehaͤngten, Kupfertafeln mehrere nach 
der Natur genau und ſchoͤn abgebildete Ge⸗ 
waͤchſe zuſammen ſtellet, auf welche Er bei der 
Erklaͤrung eines jeden Theiles und deſſen Wer⸗ 
ſchiedenheit zurück weiſet, hat Er dem Lehrer 
den Unterricht und dem Anfaͤnger das Selbſt⸗ 
ſtudium außerordentlich erleichtert. Dadurch 
wird der Anfaͤnger in den Stand geſetzet, auch 
ohne den muͤndlichen Unterricht ſich richtige Be⸗ 
griffe von den verſchiedenen Theilen zu machen, 
und bei der Vergleichung aͤhnlicher Theile aus 
der Natur, ſie unvermerkt ſeinem ie 
einzupraͤgen. 
Ein ſehr wichtiges Hüͤlfsmittel zu der 
gruͤndlichen Erlernung der Pflanzenkenntniß 
giebt die genaue Betrachtung und Verglei— 
chung der Theile eines Gewaͤchſes in ſeinem 
lebendigen, oder wenn hierzu die Gelegenheit 
fehlet, im getrockneten Zuſtande. Eine Pflan⸗ 
ze und deren Theile in der Natur behalten auch 
bei dem Unterrichte, einen ungleich groͤßeren 
Vorzug, ſelbſt vor der genaueſten Abbildung. 
Ihre aͤußere Beſchaffenheit und vorzuͤglich die 
Verſchiedenheit ihrer Theile faͤllt deutlicher in 
die Sinne, als bei einer Abbildung und druͤckt 
ſich dem Gedaͤchtniſſe weit richtiger und tiefer 
ein. Die angehenden Pflanzenforſcher werden 
dadurch zum richtigen Beobachten gewoͤhnet, 
und zugleich auf den genauen Unterſchied aͤhn⸗ 
licher und dennoch oft in weſentlichen Stücken 
e ver⸗ 


14 


verſchiedener Theile aufmerkſam gemachet. 
Durch ſie wird der Weg zu der Kenntniß von 
dem inneren Baue der verſchiedenen Theile, 
deren Eigenſchaften und Verrichtungen bei der 
Erhaltung und Fortpflanzung der Gewaͤchſe 
gebahnet. Da die genaue Kenntniß der Ver- 
ſchiedenheit der Theile auf das ganze Pflanzen 
ſtudium einen ſo wichtigen Einfluß hat, ſo 
muß man alle Mittel anwenden, die zu der 
baldigen Erlangung derſelben beitragen koͤn⸗ 
nen. Aus eigener Erfahrung weiß ich es, daß 
zu der baldigen Erreichung dieſes Endzweckes 
nichts mehr beitrage, als wenn man ſich eine 
Sammlung von den verſchiedenen Theilen der 
Gewaͤchſe, nach ihren vorzuͤglichſten Abwei⸗ 
chungen von einander, ſelbſt verfertiget. Man 
ſammle daher z. B. bei der Beſtimmung der 
verſchiedenen Blaͤtter, mehrere derſelben von 
verſchiedener Geſtalt und Eigenſchaft, und 
vergleiche ſie genau mit den, in einem der an⸗ 
gezeigten Buͤcher, angegebenen Kennzeichen, 
oder der dabei angefuͤhrten Abbildung. Hat 
man die fuͤr ſie paſſende Benennung gefunden, 
ſo ſchreibe man ſie auf ein Blaͤttchen Papier 
und lege dieſes alsdann einem jeden Blatte bei, 
welches man fuͤr die Sammlung gehoͤrig trock⸗ 
net, ordnet und aufbewahret. Wenn gleich 
eine ſolche Sammlung von den verſchiedenen 
Pflanzentheilen in der Folge, bei erlangten 
Kenntniſſen, keinen außerordentlichen Werth 
zu haben ſcheinet, ſo ſchaffet ſie doch fuͤr die 
N fehr große Vortheile. a 

Zu 


15 


Zu den Huͤlfsmitteln bei der Unterſuchung 
der Theile der Gewaͤchſe gehören, nebft einem 
ſcharfen ſpitzigen Meſſer, eine Zange und 
ein Vergroͤßerungsglas. Erſtere iſt dazu 
erforderlich, die kleineren und zarteren Theile, 
vorzüglich bei der Unterſuchung der Blumen, 
damit auseinander zu biegen, fie damit zu faſ⸗ 
ſen und feſt zu halten. Sie muß aber ſehr 
ſpitzig ſeyn und ihre Spitzen muͤſſen genau auf 
einander paſſen. Letzteres iſt zu der Unter⸗ 
ſuchung der kleineren Theile der Gewaͤchſe, die 
man mit dem unbewaffneten Auge nicht gehoͤ⸗ 
rig unterſcheiden kann, unumgaͤnglich noth⸗ 
wendig. Zu dieſem Endzwecke iſt ein einfa= 
ches Vergroͤßerungsglas, oder ein ſogenanntes 
Handmikroskop, hinreichend „welches aber 
mit einer Blende verſehen ſeyn muß, deren 
Oeffnung nicht zu groß iſt. Hierauf muß man 
bei dem Ankaufe ſolcher Inſtrumente nothwen⸗ 
dig ſehen, weil ſie ſonſt das Licht verfaͤlſchen 
und zu Irthuͤmern Anlaß geben. Da dieſes 
in manchen Faͤllen unentbehrliche Huͤlfsmittel 
außerdem noch zu manchen Irthuͤmern Anlaß 
geben kann und der zu haͤufige und anhaltende 
Gebrauch derſelben die Augen ſchwaͤchet, ſo 
iſt es dem Pflanzenforſcher ſehr anzurathen, 
die kleineren Theile der Gewaͤchſe jedesmal mit 
bloßen Augen genau und ſcharf zu beſehen, 
und nur alsdann erſt das Vergroͤßerungsglas 
zu Huͤlfe zu nehmen, um ſich zu uͤberzeugen, 

ob man richg geſehen und beobachtet habe. 


Drit⸗ 


16 


Drittes Kapitel. 


Durch die genaue Kenntniß der Theile 
der Pflanzen und ihrer Verſchiedenheiten wird 
der Pflanzenforſcher in den Stand geſetzet, die 
Gewaͤchſe nach gewiſſen, von einem oder mehre⸗ 
ren Theilen derſelben hergenommenen, allge⸗ 
meinen Kennzeichen zu ordnen und dieſes Ord- 
nen nennet man eine Methode oder ein Sy— 
ſtem. Dieſes kann entweder kuͤnſtlich oder 
naturlich ehe; 

a Das natuͤrliche Syſtem beruhet auf 
der natürlichen Verbindung und Verwandſchaft 
aller Gewaͤchſe unter einander. Dieſes ſetzet 
die Kenntniß aller Gewaͤchſe unſerer Erde vor⸗ 
aus. Wie viel uns aber hierbei noch fehle, 
beweiſen die taͤglichen Entdeckungen neuer Ge⸗ 
waͤchſe. Ein natuͤrliches Pflanzenſyſtem, im 
allgemeinen Verſtande, iſt alſo vorerſt unmoͤg⸗ 
lich. Verſchiedene Pflanzenforſcher haben es 
indeſſen verſuchet, die uns bekannten Gewaͤchſe 


nach übereinſtimmenden aͤußeren, von ihrem 
gan⸗ 


ER 


ganzen Baue hergenommenen Kennzeichen zu 
ordnen. Die Anordnung liefert aber nur 

Bruchſtuͤcke zu einem natuͤrlichen Syſteme. 
Ein kuͤnſtliches Syſtem beſtehet 
darin, daß man von einem oder dem andeen 
Theile der Gewaͤchſe einen allgemeinen Ein⸗ 
theilungsgrund entlehnet und nach den mans 
nigfaltigen Modifikationen der Theile, die man 
zur Grundlage ſeiner Methode gewaͤhlet hat, 
einem jeden Gewaͤchſe die Stelle anweiſet, 
welche die Geſetze des gewaͤhlten Eintheilungs⸗ 
grundes vorzeichnen. Die verſchiedenen Mo⸗ 
diftkationen der Theile machen verſchiedene 
Unterabtheilungen nothwendig und dieſe bilden 
die Klaſſen, Ordnungen, Gattungen, 
Arten und Abarten. Es iſt faſt kein 
Pflanzentheil vorhanden, der nicht einem oder 
dem andern Pflanzenforſcher zu einer Grund⸗ 
lage eines kuͤnſtlichen Syſtemes gedienet hätte, 
Ich wuͤrde die Grenzen dieſer Anweiſung uͤber⸗ 
ſchreiten, wenn ich hier mehrere der vorhande— 
nen kuͤnſtlichen Syſteme durchgehen wollte. 
Ein jeder kann ſich hieruͤber ſelbſt belehren, 
wenn er in dem, im vorhergehenden Kapitel, 
angefuͤhrten Werke des Herrn Borkhauſen 
(Botaniſches Woͤrterbuch 2. Th. Seit. 146.) 
das Wort Pflanzenſyſteme nachſchlaͤget, wo 
mehrere der vorzuͤglichſten natuͤrlichen und kuͤnſt⸗ 
lichen Syſteme erklaͤret ſind. Ich beſchraͤnke 
mich hier, zu der Erfuͤllung meines Endzweckes, 
nur auf die Erklaͤrung eines kuͤnſtlichen Sy⸗ 
ae das zwar fo, wie alle andere bis jetzt 
B be 


befannte Pflanzenſyſteme, nicht frei von allen 
Maͤngeln iſt, welches aber am fleißigſten durch— 
gearbeitet und, wegen des Reichthums der in 
demſelben aufgezaͤhlten Gewaͤchſe, von den 
mehreſten Pflanzenforſchern der neueren Zeit, 
zum Leitfaden gewaͤhlet wurde, die vorfom- 
menden Gewaͤchſe darnach zu ordnen, nemlich 
das Pflanzenſyſtem des Ritter von Linne, 
welches auf die Zahl, Lage und Beſchaffenheit 
der äußern Geſchlechtstheile (Partes lexus feu 
ſexuales externae) gegruͤndet iſt und daher 
auch Sexualſyſtem (Syſtema ſexuale) ge- 
nannt wird. Ehe ich aber zu der näheren Er— 
klaͤrung dieſes Syſtems uͤbergehe, muß ich vor— 
her die angehenden Pflanzenforſcher mit den 
Befruchtungswerkzeugen und den Befruch- 
tungsgeſchaͤfte der Gewaͤchſe naͤher bekannt 
machen. Dadurch hoffe ich ihnen den Weg zu 
bahnen, mit wenigeren Schwierigkeiten das 
Linneiſche Syſtem ſelbſt zu ſtudiren. 
Wenn die Pflanzen ihr hinlaͤngliches 
Wachsthum erlanget und alle ihre Theile ſich 
gehoͤrig entwickelt haben, ſo treten ſie in den 
Zuſtand, wo fie fähig werden, durch die Er» 
zeugung ihres Gleichen ſich fort zu pflanzen. 
Die Erzeugung ſelbſt wird durch die Zuſam⸗ 
menwuͤrkung und innige Vermiſchung zweier, 
ihrer Subſtanz nach oͤligter, aber nach ihrer 
Eigenſchaft verſchiedener, Saͤfte vollendet, 
die in beſonders dazu eingerichteten organiſchen 
Theilen bearbeitet und abgeſondert werden. 
Dieſes wichtige Geſchaͤft der Natur wird 32 
| | g= 


19 


Begattungs⸗ oder Befruchtungs⸗Ge⸗ 
ſchaͤft Fructificatio) genannt. Durch die 
Begattung wird in beſondern Behaͤltern 
ein neuer Koͤrper hervorgebracht, welcher in 
denſelben bis zu einem gewiſſen Grade der 
Vollkommenheit ernaͤhret und befchüßet wird, 
aus welchen ſich, nach erlangter Vollkommen⸗ 
heit, unter erforderlichen guͤnſtigen Umſtaͤnden, 
ein neues, der Mutterpflanze aͤhnliches, Ge⸗ 
waͤchs entwickelt. Dieſen neuen Koͤrper nennet 
man die Frucht, das Fruchtkorn (Spora, 
Semen). Einer jeden Frucht muß alſo eine 
Befruchtung oder Begattung voran gegangen 
ſeyn. Die beiden verſchiedenen Saͤfte, welche 
durch ihre Zuſammenwuͤrkung und innige Ver⸗ 
miſchung das Befruchtungsgeſchaͤft vollenden, 
werden in verſchiedenen, beſonders dazu be⸗ 
ſtimmten Gefaͤßen bearbeitet und abgeſondert. 
Man nennet ſie die maͤnnliche und weibliche 
Saamenfeuchtigkeit oder den maͤnnlichen 
und weiblichen Saamen (Sperma) die 
organiſchen Theile aber, worin ſie bearbeitet 
und abgeſondert werden, nennet man die 
maͤnnlichen undweiblichen Geſchlechts— 
oder Befruchtungstheile (Partes fexua- 
les feu fructificationis) dieſe machen eigent⸗ 
lich das Geſchlecht (Sexus) der Gewaͤchſe und 
die weſentlichen Stücke bei dem Befruchtungs⸗ 
geſchaͤfte aus. Maͤnnlicher Seite ſind es die 
Saamengefaͤße (Vafa [permatica) und 
weiblicher Seite das Pflanzenei oder der 
Fruchtkeim (Ovulum) mit den, mit dem⸗ 

W 2 ſel⸗ 


20 


felben in Verbindung ſtehenden, weiblichen 
Saamengefaͤßen. Das Pflanzenei gehet 
nach der Befruchtung in das Fruchtkorn uͤber, 
es wird von der Mutterpflanze ernaͤhret und 
bleibet bis zu der voͤlligen Reife der Frucht mit 
derſelben verbunden. Es iſt alſo keine Be⸗ 
fruchtung möglich, wenn nicht der männliche 
Saame dem Eie zugefuͤhret wird. Zu der 
Erreichung dieſes großen und wichtigen End⸗ 
zweckes hat ſich die Natur beſonderer Vorrich- 
tungen, nach dem Beduͤrfniſſe der Mae 
ſtaͤnde, bedienet. 


Bei ſolchen Gewächſen, die das Befruch⸗ 
tungsgeſchaͤft in der freien Luft vollenden, iſt 
denen maͤnnlichen und weiblichen Geſchlechts⸗ 
theilen eine beſondere Bedeckung gegeben, die 
fie theils beſchuͤtzet, theils aber und vorzüglich 
das Befruchtungsgeſchaͤft in dieſem Elemente 
erleichtert. Durch dieſe Bekleidung der Ge⸗ 
ſchlechtstheile, werden beſondere Theile gebildet, 
die man Befruchtungswerkzeuge oder 
auch die aͤußern Geſchlechtstheile (Par- 
tes genitales ſeu fructificationis externae) 
nennet. Dieſe in Verbindung mit den innern 
Geſchlechtstheilen, machen die weſentlichſten 
Theile der Bluͤthen der Gewaͤchſe aus. Sie 
werden nach dem Unterſchiede des Geſchlechtes 
in maͤnnliche und weibliche eingetheilet. Die 
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge 
(Partes fructificationis maſculinae) find die 
. (Stamina) und die 1 

en 


21 


chen (Partes fructificationis femininae) der 
Stempel (Piltillum.) 

Die maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge, 
oder die Staubfaͤden werden in drei Theile 
unterſchieden und dieſe find folgende: 

a) Der Traͤger (Filamentum) iſt der 
untere Theil des Staubfadens welcher 
denen übrigen Theilen zur Stüße dienet 
und ihnen die noͤthige Nahrung zufuͤhret. 

Nach der Verſchiedenheit der Gewaͤchſe 

hat derſelbe eine verſchiedene Geſtalt und 

Richtung. Bei verſchiedenen fehlet er 


ganz | | | 

b) Der Staubkolben oder Staub⸗ 
beutel (Anthera) iſt der obere Theil 
des Staubfadens, welcher auf dem Traͤ⸗ 
ger ruhet und ſich von demſelben durch 
einen verſchiedenen Bau und groͤßtentheils 
auch durch eine verſchiedene Farbe merk⸗ 
lich unterſcheidet. Er iſt ein haut⸗ oder 
lederartiger faͤcheriger Koͤrper, der in ſei⸗ 
nen Gefachen den Saamenſtaub enthaͤlt 
und ihn bis zu ſeiner Vollkommenheit 

aufbewahret. 
%) Der Saamenſtaub (Pollen) bildet 
mehlartige, groͤßtentheils runde Koͤrner, 
von verſchiedener Farbe und Groͤße. Dieſe 
mehlartigen Körner enthalten die Saa— 
mengefaͤße und find mit einer netzfoͤrmi⸗ 
gen Haut umkleidet, durch deren Oef⸗ 
nungen die in den Saamengefaͤßen berei⸗ 
tete und abgeſonderte Saamenfeuchtigkeit, 
oder 


oder der männliche Saame hervorgehet. 
Bei den weiblichen Befruchtungswerkzeu⸗ 
gen oder dem Stempelhat man gleich⸗ 
falls auf drei Theile zu achten, welche 
folgende ſind. 
a) Der Eierſtock oder der Fruchtkno⸗ 
ten (Ovarıum, welcher auch uneigent⸗ 
lich Germen genannt wird) iſt der un⸗ 
terſte Theil des Stempels, welcher das 
Pflanzenei mit ſeinen Saamengefaͤßen 
enthaͤlt, oder auch in gewiſſen Faͤllen von 
demſelben gebildet wird. Er erweitert 
ſich nach der Befruchtung des Eies gleich⸗ 
foͤrmig mit demſelben und dienet demſel⸗ 
ben zum Schutze. 
b) Der Griffel (Stylus, Tuba) iſt aus 
verſchiedenen feinen Kanaͤlen zuſammen 
geſetzet, die eine oͤligte Feuchtigkeit ab⸗ 
ſondern und mit den Gefaͤßen des Frucht⸗ 
keimes in Verbindung ſtehen. Er hat 
eine verſchiedene Geſtalt, Lage und Rich⸗ 
tung. Groͤßtentheils ſitzet er auf dem 

Fruchtknoten, zuweilen zur Seite oder 

am Grunde deſſelben. Er dienet vor» 

zuͤglich dazu, die männliche Saamen⸗ 

feuchtigkeit zu dem Fruchtkeime zu fuͤhren, 

in manchen Faͤllen erleichtert er durch 

ſeine Richtung das Befruchtungsgeſchaͤft, 
e ind zuweilen fehlet er gaͤnzlich. 

c) Die Narbe (Stigma) iſt der oberſte 
Theil des Griffels, welche in ihrem voll- 
kommenen Zuſtande vor der Vollendung 

des 


23 


des Begattungsgeſchaͤftes mit mehreren 
kleinen Oefnungen verſehen und mit einer 
oligten Feuchtigkeit bedecket iſt. Sie iſt 
dazu beſtimmt, die, aus dem ſich ihr an⸗ 
hängenden Saamenſtaube (Pollen) aus- 
tretende, maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit 
aufzunehmen und durch den Griffel dem 

Fruchtkeime zuzufuͤhren. In dem Falle, 

wo der Griffel zu fehlen ſcheint, iſt ſie 

faſt unmittelbar mit dem Fruchtknoten 
verbunden. Sie hat bei verſchiedenen 

Gewaͤchſen eine verſchiedene Geſtalt und 

| Richtung. 

Es iſt ein nothwendiges Grundgeſetz im 
Pflanzenreiche, daß bei dem Eintritte der Be⸗ 
fruchtungsperiode die maͤnnlichen und meibli- 
chen Geſchlechtstheile, auch ſogar bei Pflan⸗ 
zen mit getrennten Geſchlechtern fich mit glei- 
chen Schritten zu dem großen Geſchaͤfte zube⸗ 
reiten, zu gleicher Zeit den hoͤchſten Grad ihrer 
Vollkommenheit erreichen und zur Vollendung 
des Befruchtungsgeſchaͤftes die erforderlichen 
Stücke darbieten. Die oͤlige oder wachsartige 
Beſchaffenheit der Saamenfeuchtigkeiten beider 
Geſchlechter war zu dem Befruchtungsgeſchaͤfte 
in mehrerer Rückſicht unumgaͤnglich nothwen⸗ 
dig, indem nur dadurch die erforderliche innige 
Miiſchung beider, ihrer Eigenſchaft nach ver- 
ſchiedener Saͤfte bewuͤrket werden konnte. 
Sobald die Staubkolben den hoͤchſten Grad 
ihrer Vollkommenheit erreicht haben, oͤffnen ſie 
fi ich und bieten den Saamenſtaub auf verſchie⸗ 

| denen 


* 


24 


denen Wegen der Narbe dar. Zu gleicher Zeit 
ſondern die weiblichen Saamengefaͤße ihre 
Saamenfeunchtigkeit ab und die Narbe wird 
mit der oͤligten Feuchtigkeit bedecket, die zu der 
Aufnahme und innigen Vermiſchung beider 


Saamenfeuchtigkeiten unentbehrlich iſt. Wenn 


der Saamenſtaub die feuchte Narbe beruͤhret, 
ſo gehet durch die Oeffnungen der ihn umge⸗ 
benden loͤcherichen Haut die männliche Saa⸗ 
menfeuchtigkeit hervor, dieſe vermiſchet ſich als⸗ 
dann mit der Feuchtigkeit der Marbe und wird 
durch dazu beſtimmte einſaugende Gefaͤße dem 
Eie oder Fruchtkeime zugefuͤhret. Auf dieſe 
Art wird das Pflanzenei belebet und zu der 

Entwickelung der Frucht geſchickt gemachet. 
Bei den Gewaͤchſen, die das Befruch— 
tungsgeſchaͤft in der freien Luft vollenden, war 
es groͤßtentheils ein nothwendiges Beduͤrfniß, 
das denen männlichen Saamengefaͤßen zu der 
Bearbeitung des maͤnnlichen Saamens in mehl⸗ 
artigen oder pulveraͤhnlichen Koͤrnern der Auf- 
enthalt angewieſen wurde, damit dieſe Koͤrner 
durch ihre, in den mehrſten Faͤllen, ſpecifiſche 
Leichtigkeit in Verhaͤltniß der Luft, leichter durch 
dieſelbe der weiblichen Narbe zugefuͤhret und 
auf dem hier angezeigten Wege das Pflanzenei 
befruchtet werden konnte. Dieſe Zurichtung 
der Natur in Abſicht des Saamenſtaubes iſt 
aber dem Elemente des Waſſers auf keinen 
Fall angemeſſen. Die fpecififche Leichtigkeit 
des Saamenſtaubes wuͤrde ihn beſtaͤndig auf 
der Oberflaͤche des s erhalten und da die 
e 


— 


25 


öligte Beſchaffenheit des männlichen Saamens 
keine Vermiſchung mit dem Waſſer verſtatt et, 
fo würde derſelbe alfo niemals auf dem Wege, 
wie in der freien fuft, zu dem unter dem Waß. 
fer befindlichen Eierſtocke der Waſſergewaͤchſe 
dieſer Art und dem darin enthaltenen Frucht⸗ 
keime gelangen koͤnnen. Zu der Wegräumung 
dieſer Schwierigkeit hat die Natur einen beſon⸗ 
dern, bewunderungswuͤrdigen Weg eingeſſihla⸗ 
ne der darin beſtehet, daß alle Waſſſerge⸗ 
vaͤchſe, die in Staubkolben einen Saamen⸗ 
ac bei dem Eintritte der Befruch⸗ 
tungsperiode ſich mit ihrem maͤnnlichen und 
weiblichen Befruchtungswerkzeugen uͤber die 
Oberflache des Waſſers erheben, damit fie un⸗ 
gehindert in der freien Luft das Befruchtungs⸗ 
geſchaͤft vollenden koͤnnen. Nach vollendeter 
Befruchtung gehen fie alsdann geöfstentheils | 
in ihr Element wieder zuruͤck. ) 
Es iſt durchgaͤngig in dem Pflanzenreiche 
die weiſe Einrichtung von der Natur getroffen, 


die bei ſo mancherlei Befruchtungsarten auf 


das genaueſte befolget wird und wodurch allen 
nur zu beſorgenden Unordnungen und Verwir⸗ 
rungen vollkommen vorgebauet iſt. Sie be⸗ 


ſtehet nemlich darin, daß bei einer zur Befruch⸗ 


t ung 


89 In meinen neuen Beitragen zur G o⸗ 
tanik Bremen 1802. Th. 1. S. 6 — 8. 
habe ich hiervon weitlaͤuftiger gehandelt. Das 
merkwuͤrdigſte Beiſpiel dieſer Art giebt die 
Valisneria. Siehe dieſe neuen Beiträge 
S. 8. und S. 338. — 346. 


26 


tung hinreichenden Menge von eigenen und 
fremden Saamenſtaube, wenn von Ohngefaͤhr 
beide zugleich auf eine Narbe kommen, nur 
der eigene maͤnnliche Saame, des von ihrer Art 
erzeugten Saamenſtaubes, allein aufgenom- 
men, der fremde dagegen, der von einer an⸗ 
dern Pflanzenart erzeuget iſt, gaͤnzlich verdraͤngt 
wird. Wie viele, unzaͤhliche Ungeheuer wür- 
den nicht im Pflanzenreiche entſtehen, und wie 
wenig wuͤrden wir im Stande ſeyn, die Ge⸗ 
waͤchſe nach gewiſſen Grundſaͤtzen zu ordnen, 
wenn dieſe weiſe Einrichtung nicht getroffen 
waͤre. Wir finden daher auch in der Wildniß 
keine Baſtarte. Entſtehen aber, in Erman⸗ 
gelung des von ihrer Art erzeugten Saamen⸗ 
ſtaubes, durch die kuͤnſtliche Vermiſchung ei— 
nes freinden, Baſtarte, fo find dieſe doch zu 
einer fernneren Befruchtung und Fortpflanzung 
ihrer felbft, ganz unfähig, wie die Verſuche 
eines Koͤlreuters 9 hinlaͤnglich bewieſen 
haben. 

Aus den hier mitgetheilten Bemerkungen 
über das Befruchtungsgeſchaͤft der Gewaͤchſe 
in der freien Luft, wird es ein jeder ohne meine 
Erinnerung einſehen, daß bei ſolchen Waſſer⸗ 
gewaͤchſen, die oft tief unter dem Waſſer, oh⸗ 
ne Beihuͤlfe der freien Luft, das Befruchtungs⸗ 
geſchaͤft vollenden, die Natur eine andere Vor⸗ 


rich⸗ 


ED G. K 1e es Beobachtung und 
Verſuche, das Geſchlecht der Pflan⸗ 
zen betreffend: drei Fortſetzungen. 
Leipzig 1761 — 1766. 8vo. 


27 


richtung, vorzuͤglich in Abſicht des maͤnnlichen 
Saamens, treffen mußte, um auch bei dieſen 
Gewaͤchſen den großen Endzweck zu befoͤrdern. 
Wenn die maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit bei 
dieſen Gewaͤchſen zum Fruchtkeime gelangen 
ſollte, ſo war es unumgaͤnglich nothwendig, 
daß ſie, wenn ſie ſich von dem Koͤrper, der ſie 
erzeugte, getrennet hat, eine Bedeckung erhiel⸗ 
te die das Gleichgewicht mit dem Waſſer her⸗ 
ſtellte und ſie mit dem zu befruchtenden Frucht⸗ 
keime in eine gleiche Richtung brachte. Dieſes 
geſchiehet bei dem Eintritte der Befruchtungs⸗ 
periode auf eine doppelte Weiſe. a) Entweder 
trennen ſich von den Saamenkolben (Con- 
ceptacula ſpermatica) die nackten Saa⸗ 
mengefaͤße und erſcheinen alsdann im Waſſer 
unter der Geſtalt häufiger wurm- oder haar⸗ 
foͤrmiger, gegliederter, weißer Faͤden. Wenn 
ſie den hoͤchſten Grad ihrer Vollkommenheit 
erreicht haben; fo zerplatzen ſte und laſſen die 
Saamenblaͤschen mit dem darin enthaltenen 
männlichen Saamen in fo großer Menge von 
ſich, daß das Waſſer dadurch zu Zeiten gefaͤr⸗ 
bet wird. Oder b) die Saamengefaͤße tren⸗ 
nen ſich nicht von den Saamenkolben, ſondern 
fie laſſen entweder die nackten Sasmenblaͤs⸗ 
chen, oder in dem Falle, wo auch dieſe ſich 
nicht von den Saamenkolben trennen, die 
männliche Saamenfeuchtigkeit, zugleich mit 
einer duͤnnen mucilaginöfen Subſtanz umge⸗ 
ben, von ſich. Die Saamenkolben dieſer Ge⸗ 
waͤchſe haben mit den Staubkolben derjenigen 


Pflan⸗ 


28 


Pflanzen, welche das Befruchtungsgefchäft in 
der freien Luft vollenden, eine gleiche Beſtim⸗ 
mung und bei einigen auch eine große Aehnlich 
keit. Sie erzeugen aber in ihren Gefachen 
keinen Saamenſtaub (Pollen) ſondern nackte 
Saamengefaͤße und Saamenblaͤschen. In 
dem Falle ſowohl, wo die Saamengefaͤße oder 
Saamenblaͤschen ſich von den Saamenkolben 
trennen, als auch da, wo dieſe nur die Saa⸗ 
menfeuchtigkeit mit der fie umgebenden mucila- 
ginoͤſen Subſtanz von ſich laſſen, wird das 
Gleichgewicht des ſpecifiſch leichteren, oͤligten, 
maͤnnlichen Saamens mit dem Waſſer herge⸗ 
ſtellet und der große Endzweck erreichet. Im 
erſtern Falle bewuͤrken daſſelbe die Haͤute der 
Saamengefaͤße und Saamenblaͤschen; im lez⸗ 
tern Falle aber die mucilaginöfe Subſtanz, die 
mit dem maͤnnlichen Saamen erzeuget, abge⸗ 
ſondert und demſelben zur Begleitung gegeben 
wird. Da uͤberdem die Gewaͤchſe dieſer Art 
groͤßtentheils haufenweiſe beiſammen wachſen, 
fo wird auch dadurch das Befreuchtungsgeſchaͤft 
ſehr erleichtert.) Unter dieſen Umſtaͤnden 
kann es, auch ſelbſt bei Gewaͤchſen dieſer Art 
mit getheilten Geſchlechtern nicht fehlen, daß 
die maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit die weiblichen 
Geſchlechtstheile in gehoͤriger Menge erreiche 
und das Befruchtungsgeſchaͤft auf dieſe Weiſe 
gluͤcklich vollendet werde. 
0 Non; Bei 


5 S. weitläuftger meine neuen Beiträge 
zur Botanik Theil 1. S. 4% 


29 


Bei verſchiedenen dieſer Waſſergewaͤchſe 
ſcheinen die weiblichen Befruchtungswerkzeuge, 
oder die aͤußern weiblichen Geſchlechtstheile 
nicht in der Vollkommenheit vorhanden zu ſeyn, 
als bei den uͤbrigen Gewaͤchſen, wenigſtens hat 
man bei vielen derselben an ihrem Eierſtocke 
bisher keine Spur einer Narbe (Stigma) ent⸗ 
decken koͤnnen. Man betrachtete bisher faſt 
nn die äußern Geſchlechtstheile als 
weſentliche Stücke des Befruchtungsgeſchaͤftes 
im ganzen Pflanzenreiche und wo man dieſe 
vermißte, bezweifelte man auch die inneren Ge⸗ 
ſchlechtstheile, nemlich die Saamengefaͤße und 
den Saamen beider Geſchlechter. Man dachte 
nicht daran, daß, ſo wie im Thierreiche auch 
im Pflanzenreiche nach dem Beduͤrfniſſe der 
Umſtaͤnde, verſchiedene Modificationen der zur 
Befruchtung erforderlichen Theile Statt finden 
koͤnnten und mußten. Daher ſprach man auch 
dieſen Gewaͤchſen bisher groͤßtentheils eine 
wuͤrkliche Befruchtung durch die Vermiſchung 
beider Geſchlechter ab, wenn man gleich bei 
ihnen eine durch die Begattung erzeugte Frucht 
mit uͤberzeugenden Gruͤnden nicht ſchlechterdings 
leugnen konnte. Dieſer Mangel einer weibli⸗ 
chen Narbe ſcheinet aber bei dieſen Gewaͤchſen 
durch die haͤufigen Einſaugungsgefaͤße des Eier⸗ 
ſtockes hinlaͤnglich erſetzet zu werden, deren 
Muͤndungen eben ſo viele Narben bilden, die 
die maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit aufnehmen 
und dem Fruchtkeime zufuͤhren. Vielleicht 
iſt dieſe Einrichtung bei dieſen Gewaͤchſen ein 
a Des 


39 


Beduͤrfniß, damit der große Endzweck der Be⸗ 
fruchtung unter dem Waſſer, wo mehrere Um⸗ 
ſtaͤnde, die dem Befruchtungsgeſchaͤfte in der 
freien Luft zu Huͤlfe kommen, wegfallen, deſto 
ſicherer erreicht werde. 

So groß das Beduͤrfniß der Befruchtungs— 
werkzeuge fuͤr einen großen Theil derjenigen 
Gewaͤchſe blieb, die in der freien Luft das Be⸗ 
fruchtungsgeſchaͤft vollenden, ſo entbehrlich ſind 
ſie denen Gewaͤchſen, die in einer gemeinſchaft⸗ 
lichen Hülle beide Geſchlechtstheile enthalten 
und ohne den Zugang der freien Luft in dieſer 
dicht verſchloſſenen Hülle das Befruchtungsge⸗ 
ſchaͤft vollenden. Dieſe Huͤlle, welche den 
Eierſtock bildet, oͤfnet ſich nur alsdann erſt, und 
zwar groͤßtentheils gewaltſam, wenn die Frucht 
ihre voͤllige Reife erlangt hat. Bei dieſen Ge⸗ 
waͤchſen enthaͤlt der Eierſtock beide Geſchlechts⸗ 
theile, wie bei verſchiedenen Schaalthieren und 
den Zoophyten und die ihnen völlig uͤberfluͤßi⸗ 
gen aͤußeren Geſchlechtstheile fehlen ihnen gaͤnz⸗ 
lich. Ihre nackten maͤnnlichen Saamengefaͤße 
bilden bei verſchiedenen Pflanzen dieſer Art 
Schlaͤuche, welche die Fruchtkeime von allen 
Seiten umgeben und nackte Saamenblaͤschen 
enthalten. Wahrſcheinlich hauchen dieſe bei 
der eintretenden Befruchtungsperiode die 
maͤnnliche Saamenfeuchtigkeit aus, welche 
alsdann, ohne die Dazwiſchenkunft eines frem⸗ 
den Theiles, von den einſaugenden Gefaͤßen 
des Eies oder des Fruchtkeimes der weiblichen 
Saamenfeuchtigkeit zugefuͤhret wird und durch 

die 


31 


die Vermiſchung mit derſelben das Mifenmß 
tungsgeſchaͤft vollenden. 760 

Wenn ich gleich vorausſetzen konnte, daß 
ein jeder, der ſich mit einem Pflanzen ſyſteme 
naͤher bekannt machen will, ſich vorher eine 
gruͤndliche Kenntniß der verſchiedenen Theile 
der Gewaͤchſe, nach den im vorigen Kapitel 
angegebenen Huͤlfsmitteln, erworben habe, ſo 
hielt ich es doch nicht ganz fuͤr uͤberfluͤſſig, hier 
eine kurze Ueberſicht der Geſchlechtstheile und 
des Beſruchtungsgeſchaftes der Gewaͤchſe zu ge⸗ 
ben. In dieſer Vorausſetzung gehe ich jetzt 
zu der “näheren Betrachtung des Linnei⸗ 
ſchen Syſtems uͤber, 

Bei dem Syſteme des Ritters von 
Linne ſind die Befruchtungswerkzeuge zum 
Eintheilungsgrunde der Gewaͤchſe gewaͤhlet. 
Die erſten und vorzuͤglichſten Eintheilungen 
gründen fich auf die Lage, den Zuſammenhang, 
das Verhaͤltniß und die Anzahl der maͤnnlichen 
Befruchtungswerkzeuge und werden Klaſſen 
(Claſſes) genannt. Die Eintheilungen der 
Klaffen find theils von den Befruchtungswerk⸗ 
zeugen und theils von der Frucht hergenommen 
und heißen Ordnungen (Ordines). Wenn 
Gewaͤchſe nach der Anzahl, Lage und Befchaf- 
fenheit der Befruchtungswerkzeuge und der 
Frucht mit einander uͤbereinkommen, ſich aber 
durch andere weſentliche Stücke der Bluͤthen⸗ 
und 


) Reue Beiträge zur Botanik S. 15. 


uind Fruchttheile von einander unterſcheiden; 
ſo bilden ſie Gattungen (Genera) einer 
Klaſſe und Ordnung. Gewaͤchſe, welche ſo— 
wohl nach den Klaſſen und Ornungen als 
auch nach den Gattungsunterſchieden mit ein⸗ 
ander uͤbereinkommen, in Abſicht des Baues 
der übrigen Theile aber von einander abwei— 
chen, werden Arten (Species) einer Gattung, 
und deren zufaͤllige oder weniger bedeutende 
Abweichungen, Abarten (Vaxietates) ge⸗ 
nannt. Die Benennungen der Klaffen und 
Ordnungen ſind aus dem Griechiſchen entleh— 
net, wie ich bei jeder derſelben zeigen werde. 
Die Namen der Gattungen ſind theils von den 
Benennungen der aͤlteren Botaniker, theils 
von Nebenumſtaͤnden hergenommen, die auf die 
denenſelben untergeordneten Arten einige Be⸗ 
ziehung haben, theils und am haͤufigſten ſind 
ſie mit den Namen um die Botanik verdienter 
‚Männer beleget worden. Die Arten find nach 
dem aͤußern Habitus und andern Nebenum— 

ſtaͤnden gemeiniglich benennet. | 
Die Gewaͤchſe werden in zwei Hauptheile 
getheilet: I. In ſolche, deren Befruchtungs⸗ 
werkzeuge kenntlich find und deren Befruch⸗ 
tungsgeſchaͤft uns deutlich vor Augen lieget, 
dieſe werden phaͤnogamiſche Gewaͤchſe 
(Plantae phaenogamicae) genannt; II. In 
diejenigen, deren Befruchtungswerkzeuge uns 
entweder nicht hinlaͤnglich bekannt ſind, oder 
deren Befruchtungsgeſchaͤft ſich dem Auge des 
Forſchers entziehet. Dieſe beleget . 
N As 


33 


Namen verborgenehige oder kryptogamiſche 
Gewaͤchſe (Plantae cryptogamicae). Die 
Erſteren umfaſſen die drei und zwanzig erſteren 

Klaſſen dieſes Syſtems und die Lezteren die 
vier und zwanzigſte Klaſſe. Dieſe vier und 
zwanzig Klaſſen machen das ganze Linneiſche 
Syſtem aus. 


I. Bei den han o ee Ge⸗ 
waͤchſen reichen die Befruchtungswerkzeuge 
in Abſicht der Lage, des Zuſammenhan⸗ 
ges, des Verhaͤltniſſes und der Anzahl 
von einander ab. 


In Abſicht der La ge finden ſi 0 entweder 

A. die Befruchtungswerkzeuge in 
einer Dlüthe beiſammen und alsdann 
wird fie eine Zwitterblume (Flos herma⸗ 
phroditus) und die Pflanze eine Zwitter⸗ 
pflanze (Planta monoclinis, aus Hovws eins 
und +Aıvy das Bette) genannt: Oder B. fie 
ſind von einander getrennt, ſo, daß 
in der einen Bluͤthe die maͤnnlichen und in der 
andern derſelben Art (Species) die weiblichen 
Befruchtungswerkzeuge ſich befinden. Dieſe 
heißen Bluͤthen oder Pflanzen mit getrenn⸗ 
ten Geſchlechtern (Plantae diclines, aus 
dio zwei und u. das Bette. 


A. Finden beide Befruchtungswerkzeuge, 
oder der Stempel und die Staubfaͤden 
ſich in einer Blüͤthe beiſammen, Vo 
find die Staubfaͤden in Ruͤckſicht des Zu ſa m⸗ 
menhanges entweder A A. ganz und 

C | gar 


34 
gat nicht: oder B B. in einem oder dem 
andern Theile verwachſen. | 
A A. Sind die Staubfaͤden i in 
kein en Theile verwachſen, ſondern. 
einzeln, ſo ſind ſie dem Verhaͤltniſſe nach 
a) von einer unbeſtimmten oder ” von 
einer beſtimmten Laͤnge. vu 
a) Haben die Staubfaͤden in einer 
Zwitterblume eine unbeſtimmte 
Laͤnge, oder kein gewiſſes Verhaͤltniß 
zu einander (Indifferentismus); fo 
trift man der Anzahl nach entweder aa) 
nur einen Staubfaden, oder deren bb) 
zwei, oc) drei, dd) vier, ee) fünf, 
ff) ſechs, ge) fieben, bh) acht, ü) 
neun, kk) zehn. Auf dieſe verſchie⸗ 
dene Anzahl ſind die zehn erſten Klaſſen 
dieſes Syſtems gegruͤndet, nehmlich: 


aa) Mit einem Staubfaden: 
Klaſſe J. Monandria (ein maͤnnige) 8 


bb) Mit zwei Staubfaͤden: 
Klaſſe II. Diandria (Gmweimännige) @ 


f as | AAN US cc) 


5) Zur Unterſuchung dieſer Klaſſe koͤnnen dienen, 
das indianiſche Blumenrohr Canna 
indica und der gemeine Tannenwedel 
Hippuris vulgaris. 

6) Der ſp aniſch e Flieder in 1 
gemeiner Liguſter, Ligultrum vulgare, 
die Arten des Ehrenpreiſes, Veronica. 


33 
cc) Mit drei Staubfaͤden: 
Klaffe III. Triandria (dreimaͤnnige) ) 
dd) Mit vier Staubfaͤden: 
Klaſſe 177. Tetrandria (viermaͤnnige) 8) 


ee) Mit fuͤnf Staubfaͤden: 
Klaſſe 7. Pentandria (fünfmännige) >) 


ff) Mit ſechs Staubfaͤden: 
Klaſſe 71. Hexandrıia (ſechsmaͤnnige) 90 
1 gg) Mit ſieben Staubfaͤden: 
Klaſſe VII, af ene en (ſtebenmaͤnni⸗ 


ge). J. 
E 2 88 nh) 


7) Die gemeine Siegwurz, Gladiolus 
communis, der Fruͤhlings⸗ Safran, 
Crocus vernus. 


s) Die Sockenblume Epimedium alpinum, 
der rothe Hartriegel Cornus languinea. 


9) Das ſchwarze Bilſenkraut Hyolcia- 
mus niger, gemeiner Tabak Nicotiana 
Tabacum, der eßbare Nachtſchatten 
oder die Kartoffel Solanum tnberoſum. 


20) Die Narciſſenarten Nareillus, die wil⸗ 
de und gemeine Tulpe Tulipa Iylvefiris 
et gelneriana. Die buͤſchliche Schachblu⸗ 
me oder Kaiferkrone Fritillariaimperialis, 


21) Die gemeine Roßkaſtanie Aelculus 
Hyppocaftanum, die europaͤiſche Trien⸗ 
talis, Trientalis europaea. 


36 
hh) Mit acht Staubfaͤden: 
Klaſſe VIII. Octandria (achtmaͤnnige) *) 


ii) Mit neun Staubfaͤden: 
Klaſſe IX. Enneandria (neunmännige) ““) 


kk) Mit zehn Staubfaͤden: 
Klaſſe X. Decandria Gehnmännige) a 


11) Finden fich über zehn bis neunzehn 
Staubfaͤden, ſo gehören die Pflanzen zur 
Klaſſe XI. Dodecandria (zwoͤlfmaͤn⸗ 


nige) ) 


mm) Sind zwanzig und e 
Staubfaͤden vorhanden, ſo hat man auf einen 
doppelten Umſtand zu achten: 


ada) 


12) Der gemeine Seidelbaſt, Daphne 
Mezereum ; die gemeine Nacht ker ze, 
Oenothera biennis; die große Ca pu ei⸗ 
nerkreſſe, Tropaeolum majus, 


33) Der doldenbluͤthige Waſſerleich, 
Butomus umbellatus. N 


1) Der weißwurzliche Diptam, Dictam- 
nus albus; das gemeine Seifenkraut, 
Saponaria officinalis; die Gartennelke, 
Dianthus Caryophyllus; die gemeine 
Schade, Agoſtemma Githago. 1 

) Der gemeine Weiderich, Lythrum 


Salicaria; der gemeine dennis, 
A grimonia Eupatoria. 10 


37 
aaa) ob fie an der innern Seite des 
Kelches, oder der Blumendecke (Ca- 
Iyx s. Perianthium) ſitzen; alsdann 
gehoͤren ſie zur Klaſſe XII. Joo ſa n- 
dria (zwanzigmaͤnnige) “) 
bbb) oder ob fie aus dem Boden des 
Kelches ihren Urſprung nehmen; 
alsdann machen fie die Klaſſe XIII. Vo- 
Iyandria (vielmännige) aus.) 
Bei der Unterſuchung bemerkt man den 
Unterſchied dieſer beiden Klaſſen am deutlich⸗ 
ſten dadurch, wenn man ein Blatt oder einen 
Einſchnitt des Kelches zuruͤck bieget. Biegen 
ſich die Staubfaͤden nicht zuruͤck, ſo iſt dieſes 
ein offenbarer Beweis, daß ſie dem Kelche 
einverleibt ſind. Sitzen ſie aber nicht an dem 
Kelche, ſondern auf dem Kelch- oder Frucht- 
boden (Receptaculum, Thalamus), fo laſ— 
ſen ſich bei dieſem Verſuche die Staubfaͤden 
nicht mit zuruͤckbiegen, ſondern man kann alle 
Kelch- und Blumenblaͤtter bis an den Grund 
wegnehmen, ohne daß die Staubfaͤden dadurch 
in ihrer Lage veraͤndert werden. 
| | An⸗ 


) Die gemeine Birne, Pyrus communis; 
die Apfelbirne, Pyrus Malus; Die Him⸗ 
beerarten, Kubus. 

72 9 Die Mohnarten, Fapaver; die gelbe 
a weiße Seerofe, Nymphaea lutea 
alba; die gemeine Päonie, Paeonia 
officinalis. | & 


38 


Anmerk. Die Namen dieſer dreizehn Klaſſen 
ſind aus den griechiſchen Zahlwoͤrtern No- 
vus eins, dis zwei, 7918 drei, reh 
für reooapss vier, veyre fünf, es ſechs, 
srra fieben, dure acht, svvex neun, 
dena zehn, dwoͤeng zwoͤlf, soclz wan—⸗ 
zig / roAus viel und dem Worte avyp, 

 avoosıa der Mann, der maͤnnliche 
Geſchlechtstheil zuſammengeſetzet, daher 
Monandria, Diandria, Triandria, Tetran⸗ 
dria u. ſ. w. 


Die Ordnungen dieſer dreizehn Klaf- 
ſen ſind von der Anzahl derjenigen weiblichen 
Befruchtungswerkzeuge, die man Griffel 
(Styli) und Narben (Stigmata) nennet, 
hergenommen und ihre Benennungen find auf 
ahnliche Art, wie die der Klaſſen, aus den 
griechiſchen Zahlwoͤrtern povos eins, dis 
zwei, ros drei u. ſ. w. und dem Vorte 
95% das Weib, zuſammen geſetzet. Daher 
mit einem Griffel Monogynid (ein weibige) 
mit zwei Griffeln Disynia (zweiweibige) 
mit drei Griffeln Trigynia (dreiweibige) 
u. ſ. w. Bei der Beſtimmung dieſer Ord- 
nungen muß ich aber folgendes bemerklich ma⸗ 
chen Aus dem Vorhergehenden erhellet, daß 
der Griffel (Stylus) derjenige Theil der weib⸗ 
lichen Befruchtungswerkzeuge ſey, der die 
Narbe (Stigma) trägt, dem Eierſtocke oder 
Fruchtknoten einverleibet iſt und die durch die 
Narbe aufgenommene maͤnnliche Saamen⸗ 
feuchtigkeit dem Fruchtkeime zu fuͤhret. Bei 
der Beſtimmung der Ordnungen dieſer Klaſſen 

wird 


39 


wird auf den Kierfto: ck keine Ruͤckſicht genom⸗ 
men, ſondern nur allein auf die Anzahl der 
Griffel und wo dieſe fehlen, auf die Anzahl 
der Narben, die alsdann, ohne Dazwiſchen⸗ 
kunft eines in die Augen fallenden Griffels, 
dem Eierſtocke zunaͤchſt anſitzen und daher auch 
ſitzende Narben (Stigmata lellila) ges 
nannt werden, wie bei der Gattung Tulpe, 
Tulipa, und Mohn, Papaver. Wenn die 
Narbe mit dem Griffel in zwei und mehrere 
Theile getheilet iſt, ſo hat man vorzuͤglich dar⸗ 
ir zu ſehen, ob die Spalten fich vollig bis 
auf den Fruchtknoten erſtrecken, oder nicht. 
Erſtrecken ſich die Spalten Bl bis auf den 
Fruchtknoten, ohne daß fie, ehe fie denſelben 
erteichen, in einen Koͤrper wieder zuſammen 
geſüget find, ſo betrachtet man fie alsdann 
als einzelne weibliche Befruchtungswerkzeuge 

dieſer Art und beſtimmet alsdann nach deren 
Arzahl die Ordnung jeder Klaſſe. Vereinigen 
ſich aber die Griffel, oder, in deren Abweſen⸗ 
heit, die Narben, wieder in einen Koͤrper, ehe 
fie den Fruchtknoten erreichen, fo ſiehet man die 
durch eine oder mehrere Spalten erzeugten 

Theile nicht als beſondere Griffel und Narben, 
ſondern nur als Einſchnitte an, deren Anzahl 
auf die Ordnungen keinen Einfluß hat. Er⸗ 
ſtrecken ſich die Einſchnitte bis zur Haͤlſte, oder 
bis uͤber die Haͤlfte nach dem Fruchtknoten zu, 
ſo nennet man die Griffel und in deren Abwe⸗ 
ſenheit, die Narben getheilet z. B. zwei⸗ 


drei⸗ vier⸗ oder viel=theilig e leu Stig- 
ma 


40 


ma bipartitum, tripartitum, quadriparti- 
tum, multipartitum), als bei dem wohlrie⸗ 
chenden Pfeifenſtrauche (Philadelphus coro- 
marius) bei dem der Griffel vier oder fuͤnf⸗theilig 
iſt. Erſtrecken ſich die Einſchnitte aber nicht 
vollig bis zur Hälfte, fo nennet man fie ge⸗ 
ſpalten z. B. zwei⸗, drei⸗, vier⸗ oder viel⸗ 
ſpaltig (Stylus ſeu Stigma bifidum, trifi- 
dum, quatrifidum, enen als bei den 
Johannisbeeren (Ribes), wo der Griffel zwei⸗ 
ſpaltig iſt und bei den Nareiſſen (Narcillus) 
die eine dreiſpaltige Narbe haben. 

b) Haben die Staubfaͤden in ei⸗ 
ner Zwitterblume eine beſtimmte 
Laͤnge, oder iſt das ungleiche Verhaͤltniß 
der länge zu einander unter allen Umſtaͤnden 
„ (Subordinatio), ſo finden ſich 
entweder aa) zwei laͤngere und zwei kuͤr⸗ 
1900 oder bb) vier laͤngere und zwei 
kuͤrzere. 

aa) Sind zwei längere und zwei 

kuͤrzere Staubfaͤden vorhanden, 
ſeo machen fie die Klaſſe XIV. Di d- 
namia (aus dis zwei und Ovvanıs die 
Gewalt, daher zweimaͤchtige) 79 . 
aus. 


6) Zur Unterſuchung dieſer Klaſſe koͤnnen fols 
gende Gewaͤchſe gewählet werden: der gold⸗ 
farbige Phlomis Phlomis Leonurus, 
die Meltffenblättrige Melittis Melit- 
tie Melilfophyllum „die langſchnablige 
Martinie Martynia Probolcidea, das 
große Loͤwen maul Antirrhinum majus. 


41 


aus. Sie ſtehen paarweiſe dicht neben 
einander, oder naͤhern ſich einander paar⸗ 
weiſe (Stamina perparia approximata) 
und auch dadurch unterſcheiden ſich dieſe 
Gewaͤchſe von den Gewaͤchſen der vierten 
Klaſſe, Tetrandria, wo ebenfalls vier 
Staubfaͤden in einer Zwitterblume ſich 
befinden, die aber eine unbeſtimmte Laͤnge 
und kein gewiſſes Verhaͤltniß zu einander 
haben. Die Blumen dieſer vierzehnten 
Klaſſe unterſcheiden ſich bei dem erſten 
Anſehen von vielen andern dadurch, daß 
ſie mehr oder weniger der Geſtalt eines 
Rachens aͤhnlich ſind, daher werden ſie 
auch rachenfoͤrmige oder verlarvte 
Blumen (Corollae ringentes [eu per- 
ſonatae) genannt und machen zwei na⸗ 
tuͤrliche Familien aus. g 
Anmerk. Wenn Linne gleich in manchen an⸗ 
dern Faͤllen, wie wir in der Folge ſehen 
werden, denen Grundſaͤtzen der kuͤnſtlichen 
Methode, nach welcher er die Gewaͤchſe in 
ſeinem Syſteme ordnete, nicht immer treu 
geblieben iſt, ſo hat er ſie doch bei den 
Gewachſen dieſer Klaſſe ſtrenge in Ausuͤbung 
gebracht. Es finden ſich mehrere Gewaͤchſe, 
die in ihrem ganzen Bluͤthen⸗ und Frucht- 
Baue vollkommen mit den e Dies 

fer Klaſſe uͤbereinkommen, die gleichfalls ein 
rachenfoͤrmiges oder verlarvtes Auſehen ha⸗ 
ben, deren Staubfaͤden, wenn fie vollſtän⸗ 

dig vorhanden find, ein gleiches Verhältniß 
und eine gleiche Richtung gegen einander 
beobachten und daher von der Natur auf 
das 


42 


das innigſte mit einander verbunden find, 


die aber darin von den Gewaͤchſen dieſer 
Klaſſe abweichen, daß fie groͤßtentheils nur 
zwei vollſtaͤndige Staubfäden beſitzen „die 
andern beiden aber ihnen entweder gaͤnzlich 
mangeln oder unvollkommen ſind. Dieſer 
Umſtand bewog Lin ne, 0 nicht in dieſe, 
fondern in die zweite Klaſſe Dian- 
dria zu verſetzen. Unter chere andern 
Gattungen will ich hier nur Gratiola, Sal- 
via, Verbena und Monarda nennen. In⸗ 


dem er aber die Grundſaͤtze ſeiner Methode 


hier treu befolgte und nach der vorhande⸗ 
nen Anzahl der Staubfaͤden eine natürliche 


Familie gewaltſam trennte, ſchuf er eine 


neue Schwierigkeit, die den Anfaͤnger ſo⸗ 


wohl, als auch nicht ſelten den ſchon geuͤb⸗ 
ten Pflanzenforſcher, der dadurch angewieſen 


iſt, die Grundſaͤtze dieſer kuͤnſtlichen Mes 
thode hier ſtrenge zu befolgen, oft in große 
Verlegenheit ſetzet. Wollte Linne nicht 
unnbthiger Weiſe die Anzahl der Gattun⸗ 
gen vermehren, ſo mußte er mehrere Ges 
wächfe, die nach ihrem Bluͤthen⸗ und Frucht⸗ 
Baue mit einander uͤbereinkommen, in eine 


Gattung zuſammenbringen, wenn ſie gleich 


nach der Anzahl der Staubfaͤden von ei⸗ 
nander verſchieden waren. Daher finden 
ſich ſowohl in dieſer vierzehnten, als auch 
in der zweiten K Klaſſe, verfchiedene Pflanzen 

in eine Gattung vereiniget, deren lochen; 
foͤrmige Blumen vier vollſtaͤndige (nemlich 
zwei langere und zwei kuͤrzere), und dagegen 
andere, die nur zwei vollſtaͤndige Staub⸗ 
faͤden haben, bei welchen aber die andern 
beiden entweder unvollſtaͤndig find, oder 
ganz fehlen. Beweiſe hiervon geben in die⸗ 


ſer vierzehnten Klaſſe einige Arten der Gat⸗ 
tungen 


43 


tungen Hemimeris, Bignonia und Limofel- 
da, die nur zwei Staubfaͤden haben und in der 
zweiten Klaſſe mehrere Arten der Gattun⸗ 
gen Verbena, Monarda, Salvia und Gra- 
tiola, die mit vier vollſtaͤndigen zwei maͤch⸗ 
tigen Staubfaͤden (Stamina quatuor didy- 
nama) verſehen find. Da bei der Anwen 
dung der Grundfaͤtze dieſer kuͤnſtlichen Me⸗ 
thode auf dieſe Gewaͤchſe, entweder der 
Natur, oder denen Regeln des Syſtems, 
| Gewalt angethan werden muß und auf allen 
Sal dadurch Ausnahmen erzeuget werden, 
fo fraͤget es ſich, ob es nicht rathſam ſey, 
dieſe Gewoͤchſe, welche die Natur (wie die 
Schmetterlingsblumen Flores papilionacei) 
ſo genau mit einander verbunden hat, auch 
in dieſer vierzehnten Klaſſe zuſammen zu 

fat: I und fie in beſondere Abtheilungen 
unter bie Ordnung zu bringen die ihnen 
9909 der Beschaffenheit der Frucht zukommt? 2 
Dadurch Bi. die Unterſuchung und Des 
9 10 . Gewaͤchſe ſehr erleichtert 
wer Wir finden ja in den folgen den 
Klaſſen bauch Abweichungen don dem Es 
ſteme, zuf welche Linne keine J. ai 
nahm, ſondern fie doch bei der, e le ließ, 
en Fe die Natur zugeſellet hatte, z. 
B. tele Gattungen der ſtebenzehmten Klaſſe 
la a die nach den Grun dſätzen ſei⸗ 
00 Syſtems zu der ſechzehnten Klaſſe Mo. 
nadelphia hatten gebracht werden m er, 2) 
Diefe 


0 Man ſche hierüber weitlaͤuftiger: Verzeich⸗ 
niß derjenigen Gewaͤchſe, welche nach 
der Unzahl und Beſchaffenheit ihrer 
Geſchlechtstheile nicht in den gehoͤ⸗ 
rigen Klaſſen und Ordnungen des 
Linneiſchen Syſtems ſtehen, von A. 
W. Roth. Seite 128 und 129. 


44 


Dieſe Klaſſe hat zwei Ordnungen, 
welche von der Lage und der Bedeckung der 
Fruchtkörner hergenommen ſind Entweder a) 
liegen die Fruchtkoͤrner, deren gewöhnlich 
vier ſind, ohne eine gemeinſchaftliche 
Bedeckung, einzeln und nackt auf 
dem Grunde des Kelches oder der 
Blumendecke und dieſe gehoͤren in die er ſte 
Ordnung, welche Linne GYymnoſpermia 
(aus yo nackt und orspua der Saame) 
nennet, die aber eigentlich Gymno/pora 
(aus yuuvos nackt und grog die Fruch t, das 
Fruchtkorn) genannt werden muͤßte: z. B. 
der weiße Bienenſang (Lamium al- 
bum) der ſtinkende Zieſt (Stachys [ylva- 
tica) ) oder 80 ſie ſind gemeinſchaft⸗ 
lich 


20) Die G Praßum Wache gleichſam den 
Uebergang dieſer Ordnung zur zweiten, und 
iſt daher für den ungeuͤbten Pflanzenforſcher 
ſehr wichtig, weil ſie, wie ich aus Erfahrung 
weiß, denſelben leicht zu einem Irrthum ver⸗ 
leiten kann. Sie iſt die einzige Gattung in 
dieſer Ordnung, deren Fruchtkoͤrner zwar ein⸗ 
zeln, aber im ſtrengſten Verſtande nicht ganz 
nackt auf dem Boden des Kelches ſitzen. Ein 
jedes derſelben iſt mit einer fleiſchigen Sub— 
ſtanz umgeben und dadurch werden vier ein⸗ 
zelne Beeren erzeuget, deren jede ein Frucht⸗ 
korn enthält, Diefe vier Beeren find als ein⸗ 
zelne Fruchtkoͤrner zu betrachten und deshalb 
gehoͤrte dieſe Gattung mit Recht in die erſte, 
und nicht in die zweite Ordnung dieſer Klaſſe. 
In der zweiten c d finden ſich mehrere 
Gewaͤchſe, deren Frucht Beerenartig iſt. Bei 

dieſen 


45 


lich in ein Fruchtgehaͤuſe (Pericarpium) 
eingeſchloſſen und dieſe machen die zwei⸗ 
te Ordnung aus, welche Linne Angio- 
[permia (aus ayysıov ein Gefaͤß und omeou« 
den Saame) nennet, die aber eigentlich An- 
giofpora (aus ayysıov ein Gefäß und 
orooadie Frucht, das Fruchtkorn) genannt 
werden müßte, z. B. der rothe Fingerhut 
(Digitalis purpurea); das große Loͤwen⸗ 
maul (Antirrhinum majus).) 


Anmerk. Durch das teutſche Wort Saas 
men und das lateinifhe Semen wurde 
Linne wahrſcheinlich verleitet, bei der Zu⸗ 

eee der Namen, womit 5 die 

| rds 


diefen aber iſt nur eine einzelne Beere vor⸗ 
handen, die entweder mehrere Fruchtkoͤrner 
enthält, oder deren einzelne Nuß faͤcherig iſt 
und mehrere Koͤrner einſchließet, alſo auf al⸗ 
len Fall ein Fruchtgehaͤuſe bildet. 


22) Die Gattung Ovieda iſt in dieſer Ordnung 
eben fo wichtig, als die Gattung Prafium 
in der vorigen erſten Ordnung. Dieſe Gat⸗ 
tung hat eine einzelne Beere, welche vier 
Fruchtkoͤrner enthält. Sobald fie zur voll⸗ 
kommenen Reife gelanget, wird fie viertheilig. 
In dieſem Zuſtande koͤnnte man bei dem er⸗ 
ſten Anſehen vielleicht verleitet werden, ſie in 
der erſten Ordnung zu ſuchen. Wenn aber 
auch die Beere bei vollkommener Reife vier⸗ 
theilig iſt, fo machet ſie doch im Grunde nur 
einen Koͤrper aus und bildet daher ein vier⸗ 
theiliges Beerenartiges Fruchtgehaͤuſe, welches 
vier Fruchtkoͤrner enthaͤlt. Sie gehoͤret alſo 
mit Recht in dieſe Ordnung. 


Ordnungen dieſer vierzehnten Klaſſe aus— 


druͤcken wollte, einen Fehler zu begehen, 
der wider den Sprachgebrauch iſt und zu 
Mißdentungen Anlaß geben kann. Gemei⸗ 
niglich werden die Wörter Saamen und 
Semen in einem doppelten Sinne, obgleich 
unrichtig, gebrauchet, nemlich als dae jenige, 
was die Befruchtung vollendet, oder die 
Saamenfeuchtigkeit, und als dasjeni- 
ge, was durch die Befruchtung erzeuget 
wird, nemlich die Frucht, das Frucht⸗ 
korn. Erſtere druͤcken die Griechen durch 
das Wort arspna, Sperma, und letzteres 
durch oropa , Semen, aus. Linne gruͤn⸗ 
dete dieſe Ordnungen auf die Lage der 
Fruchtkoͤrner und nicht auf die Lage der 


Saamenfeuchtigkeit oder des Sgamens. Er 


hätte alſo nothwendig bei der Zuan mens 
ſetzung der Benennungen dieſer Ordnungen 
das Wort groga für orsppma gebrauchen 
muͤſſen. Bisher wagte es niemand dieſen 


wider den richtigen Sprachgebrauch began⸗ 


genen Fehler in Linnes Werken zu berich⸗ 
tigen, da es doch einem großen Manne 
nicht zum Nachtheile gereichen kann, wenn 


man einen Irthum, worein Er verfiel, ver⸗ 


beſſert. N 


bb) Sind vier längere und zwei 


kuͤrzere Staubfaͤden, in einer Zwit⸗ 
terblume vorhanden, ſo gehoͤren dieſe 
Gewaͤchſe in die Klaſſe XY. Tetrady- 
namia (aus rerpa vier und ovale 


die Gewalt daher viermaͤchtige). ) 
Die 


(2² Die zum Beweiſe dienlichen Pflanzen en 


nen h ſeyn: der Garten Kohl, 
1 


47 


Die beiden kuͤrzern Staubfaͤden ſtehen je⸗ 
derzeit gegen einander uͤber und dadurch 
unterſcheidet ſich dieſe Klaſſe von der 
ſechsſten Hexandria, deren Staubfaͤden 
kein gewiſſes Verhältniß zu einander ha⸗ 
ben und von unbeſtimmter Länge find, 
Bei den Gewaͤchſen dieſer funfzehnten 
Klaſſe beſtehet ſowohl die aͤußere Blumen⸗ 
decke oder der Kelch (Perianthium ſ. Ca- 
lic), als auch die innere, oder die Krone 
(Corolla) aus vier Blättern, die kreutz⸗ 
weiſe gegen einander uͤber ſtehen. Sie 
werden daher Freusblüthige Pflanzen 
(Plantae cruciferae) genannt. 

Dieſe Klaſſe hat gleichfalls nur zwei 
Ordnungen, die von den Fruchtbe⸗ 
haͤltniſſen hergenommen ſind und ſich auf 
das Verhaͤltniß der Laͤnge derſelben zu 
ihrer Breite gruͤnden. Die Fruchtbe⸗ 
haͤltniſſe der Gewaͤchſe dieſer Klaſſe ſind 
groͤßtentheils zweiklappig ( . 
Zwiſchen den beiden Klappen findet ſich 
ein gemeinſchaftlicher Fruchtboden, der ge⸗ 
meiniglich eine Scheidewand bildet und 
zu beiden Seiten die Fruchtkoͤrner traͤget. 
a) Iſt die Laͤnge des Fruchtbe⸗ 
haͤltniſſes deſſen Breite gleich, 
oder iſt daſſelbe nicht viel laͤnger, als 
breit, ſo wird es ein ee (Si- 


licula 


Braffica oleracea, die Lakviole, nend 
Cheiri, die ſtumffruehtige M ond ⸗ 
viol e ‚ Lunaria annua, 


48 


licula) genannt und dieſe machen die 


erſte Ordnung dieſer Klaſſe aus, die 
Linne Siliculoſa nennet, z. B. die 
Gartenkreſſe Lepidium fatiuum), 
das gemeine Taſchenkraut Thla- 
[pi Burfa paſtoris 8) Iſt aber das 
Fruchtbehaͤltniß fo ſehr verlän- 
gert, daß deſſen Laͤnge die Brei⸗— 
te um vieles uͤbertrifft, fo erhält 
es den Namen Schote (Siliqua). Die⸗ 
ie machen die zweite Ordnung Sili— 
quo ſa aus, z. B. die verſchiedenen Kohl— 
arten (Brallica), die eukoſenarten 
(Cheiranthus). ) 

BB. Sind die Staubfaͤden in ir⸗ 


gend einem Theile verwachſen, ſo 
kann dieſes auf eine doppelte Weiſe geſche— 
hen, nemlich a) unter ſich, oder . mit dem 
Stempel. 


a) 


Die Gattung 1 aun vielleicht auf 


der einen Seite den ungeuͤbten Pflanzenfor⸗ 
ſcher in Verlegenheit ſetzen, in welcher von 


beiden Ordnungen dieſer Klaſſe er ſie bei der 
Unterſuchung und Beſtimmung aufſuchen ſoll: 


auf der andern Seite giebt ſie demſelben das 


deutlichſte Beiſpiel eines Schoͤtchens, welches 


ſich einigermaßen einer Schote naͤhert und 
den Uebergang der erſten Ordnung zur zwei⸗ 
ten zeiget. Ohnerachtet der Groͤße ihrer Frucht⸗ 
behaltniſſe uͤbertreffen ſie doch ihre Breite nicht 
viel an Laͤnge und verdienen daher eher den 


Namen eines Schoͤtchens, als einer Schote. 
Linne brachte fie daher mit Recht in die 


erſte Ordnung dieſer Klaſſe. 


49 


a) Sind die Staubfaͤden unter 
ſich verwachſen, ſo findet ein doppelter Fall 
Statt, nemlich aa) entweder find die Traͤ⸗ 
ger (Filamenta) unter ſich verwachſen; 
bb) oder die Staubkolben (Antherae). 

aa) Bei der Verwachſung der 
Traͤger hat man darauf zu achten, ob ſie 
aaa) in einen Koͤrper, oder bbb) in 
zwei Parthien, oder cec) in mehrere 
Parthien verwachſen ſind. 
aaa) Sind die Traͤger in einen Zy⸗ 

linder verwachſen; gehoͤren ſie zur 

Klaſſe XVI. Monadelphia (aus povws 

eins und ade! Oos der Bruder, da— 

1 einbrüderige) ) 

bbb) 

2 Die deutlichſten Beweiſe zu der Unterſu— 
chung dieſer Klaſſe geben folgende Gewaͤchfe: 
Der gemeine Eibiſeh Althaea officinalis, 
der Stockroſen-Eibiſeh Althaea rolea, 
die Garten⸗Lavatere, Lavatera trimes- 
tris und der ſyriſche Hibiscus Hibis- 
cus lyriacus. 

In den uͤbrigen Klaſſen finden ſich mehrere Ges 
waͤchſe, deren Traͤger am Grunde in einen 
Körper verwachſen find, worauf Linne aber 
keine Nückfiht nahm, theils um nicht die 
Gattungen zu vervielfaͤltigen, und theils, weil 
dieſe Verwachſung nur bei genauer Unterſu⸗ 
chung entdecket werden kann, bei dem erſten 
Anſehen aber weniger in die Augen fällt. 
Es finden ſich aber in der Familie der 

Schmetterlingsblumen (Flores papilionacei) 
mehrere, deren Träger in einen Zylinder voll⸗ 
kommen verwachſen ſind und daher mit dem 
groͤßten e hierher gehoͤren. Linne ver⸗ 

D ließ 


1 30 


bbb) Sind die Traͤger in zwei 
Parthien verwachfen, fo machen 
fie die Klaſſe XVII. Diadelphia (aus 
eis zwei und aösAGos der Bruder, 
daher zweibrüderige) 2) Die Blu⸗ 
men der Gewaͤchſe dieſer Klaſſe haben, 
mehr oder weniger, das Anſehen eines 
ſitzenden Schmetterlings. Sie werden 
daher auch Schmetterlingsblumen 
(Corollae papilionaceae) genannt und 
machen eine der vollſtaͤndigſten natuͤrlichen 
Familien aus. Die vollſtaͤndige Schmet⸗ 
terlingsblume beſtehet aus folgenden Thei⸗ 
len: k. der Fahne (Vexillum) dem 
oberſten Kronblatte; 2. den beiden 


— 
* 


Fluͤgeln (Alae) die zu beiden Seiten 


ein⸗ 


ließ hier die Grundſaͤtze ſeines Syſtems und 
behielt ſie bei ihrer natuͤrlichen Familie in 
der folgenden Klaſſe Diadelphia bei. 


25) Die gemeine Erbſe, Pilum lativum 
giebt das deutlichſte Beiſpiel zu der Unterſu⸗ 
chung dieſer Klaſſe. ö 


Bei der Unterſuchung der ſchmetterlingsförmigen 
Blumen hat man folgendes zu beobachten: 
zuerſt nehme man den obern Theil oder die 
Fahne (Vexillum) weg; alsdann die. bei: 


den Seitenflügel (Alae) und zuletzt das 


Sehiffehen (Carina). Da das Schiff⸗ 
chen die Befruchtungswerkzeuge enthaͤlt, ſo 
muß dieſes mit gehoͤriger Vorſicht abgenom— 
men werden, damit man die verwachſenen 
Traͤger mit ihren Staubkolben nicht verletze. 


0} 


51 


einander gegen uͤber ſtehen und 3. dem 
Schiffchen (Carina) welches unter der 
Fahne zwiſchen den Fluͤgeln ſitzet, gewoͤhn— 
lich kielfoͤrmig iſt und die Defruchtungs- 
werkzeuge einſchließet. 


1 Bei dieſer Klaſſe ſtehet an 
offenbar mit den Grundſaͤtzen ſeines Sy⸗ 
ſtems im Widerſpruche. Auf der einen 
Seite befolgte Er ſie ſtrenge, auf der an⸗ 
dern ſetzte Er ſie voͤllig aus den Augen. 
Es finden ſich mehrere ſchmetterlingsfoͤrmige 
Blumen, die ſich von den uͤbrigen dieſer Fa; 
milie nur darin unterſcheiden, daß die Traͤ⸗ 
ger der zehn Staubfaͤden nicht in zwei Par; 
thien verwachſen find, fondern einzeln ſte⸗ 
hen, wenn ſie gleich vollkommen dieſelbe 
Richtung haben, die denen Staubfaͤden der 
Schmetterlingsblumen gemein iſt und auch 
dadurch die genaueſte Verwandſchaft mit 
denſelben zeigen. N aber bei ihnen keine 
Verwachſung der Trager Statt findet, fo 
trennte fie Linne von dieſer Klaſſe und 

ihrer natuͤrlichen Familie und brachte ſie in 
die zehnte Klaſſe Decaudria z. B. die Gat⸗ 

tungen Sophora, Anagyris, Cereis u. ſ. w. 
Dagegen finden ſich viele Schmetterlings⸗ 
blumen, deren Traͤger in einen Zylinderar⸗ 
tigen Koͤrper verwachſen ſind und daher 
offenbar zu der vorhergehenden ſechszehnten 
Klaſſe Monadelphia gehoͤrten. Dieſe hats 
ten mit eben dem Rechte, wenn Linne die 
Grundſaͤtze ſeines Syſtems ſtrenge befolgen 
wollte, zur ſechszehnten Klaſſe gebracht wer⸗ 
den muͤſſen, als diejenigen ſchmetterlingsfoͤr⸗ 
migen Blumen, deren Trager nicht verwach⸗ 
ſen ſind, in die zehnte Klaſſe von Ihm ver⸗ 
ſetzet wurden. ir N anf die 10 

ö wach⸗ 


. 


32 

wachſung aller Träger mit einander, ließ 

Er ſie bei ihrer Familie in dieſer ſieben⸗ 

zehnten Klaſſe. Die Arten der Gattung 

Trifolium und mehrere andere Gewaͤchſe 

dieſer Klaſſe koͤnnen . Beweiſe ge 

ben.) 
ccc) Sind die Träger in drei und 
mehrere Parthien verwachſen, 
ſo gehoͤren dieſe Gewaͤchſe in die Klaſſe 

XVIII. Polyadelphia (aus rokvs viel 

und ade Dos der Bruder, daher viel— 

bruͤderige) “) 

Die Ordnungen dieſer drei Klaſſen, 
nemlich der ſechszehnten, ſiebenzehnten 
und achtzehnten, ſind wie in den dreizehn 
erſten Klaſſen von der Anzahl der Staub- 
faͤden hergenommen und haben gleiche en 
nennungen. 

bb) Wenn die Staubkolben 1 
Staubbeutel (Antherae) mit einander 
in einen Körper verwachſen find, fo 
bilden ſie gemeiniglich eine Roͤhre und dieſe Ge⸗ 
waͤchſe werden verwachſenbeutlige Syphyan- 
therae aus ovpPvopaı ich wachſe zuſammen 
und arge der Staubbeutel genannt. 

Alle 


269 Siehe Verzeichniß dete Gewaͤchſe, 
welche nach der Anzahl und Beſchaffenheit 
ihrer Geſchlechtstheile nicht in den gehoͤrigen 
Klaſſen und Ordnungen des Linneiſchen Sy⸗ 
ſtems ſcehen ꝛc. Seite 128 und 129. 

27) Zur Unterſuchung koͤnnen gewaͤhlet werden: 
der gemeine Citronen baum, Citrus medi- 
ca und die Arten des Hartheu, Hypericum. 


53 


Alle Gewaͤchſe dieſer Art, welche aus meh» 
reren einblätterigen Bluͤmchen zu⸗ 
ſammen geſetzte Blumen (Flores com- 
pofiti flofculis pluribus monopetalis) 
hervorbringen, die auf einen gemein⸗ 
ſchaftlichen Fruchtboden (Receptacu- 
lum commune) ſitzen, der am Grunde 
mit einer gemeinſchaftlichen Blu⸗ 
mendecke (Perianthium commune) ver⸗ 
ſehen iſt, die alſo mehrere Bluͤmchen in 
einem Beſchluſſe enthalten, brachte Linne zu⸗ 
ſammen in die Klaſſe XIX. Syngenefia 
(aus ovv zugleich, zuſammen und yavacıs 
die Erzeugung daher zuſammenzeugende). 
Dieſe in einem Beſchluſſe zuſammenzeugenden 
einblaͤtterigen Bluͤmchen enthalten entweder 
beide Befruchtungswerkzeuge, oder nur einen 
von beiden. Sie haben alle nur einen Griffel 
(Stylus) und fünf Staubfaͤden (Stamina), 
deren Traͤger gemeiniglich frei ſtehen und nicht 
zuſammen verwachſen ſind; die in einen Koͤr⸗ 
per verwachſenen Staubkolben aber bilden ei⸗ 
nen Zylinder, der ſich an der Spitze oͤffnet, 
durch welchen ſich (in den Zwitterbluͤmchen) 
der Griffel mit feinen beiden Narben hervor⸗ 
draͤnget. 

Anmerk. 1. Verſchiedene botaniſche Schrift⸗ 
ſteller nennen dieſe neunzehnte Klaſſe ver⸗ 
wachſenbeutlige und überſetzen daher 
die Linneiſche Benennung Syngeneha ganz 
unrichtig, wozu Linne allerdings ſelbſt Anlaß 

gegeben hat. Freilich find alle Syngeneſi⸗ 


ſten auch verwachſenbeutlige e 
the- 


54 


therae); aber nicht alle Pflanzen mit ver⸗ 
wachſenen Staubbeuteln ſind Syngeneſiſten. 


In den folgenden Klaſſen finden ſich vers 


ſchiedene Gewaͤchſe, deren Staubbeutel in 
einer einzelnen Blume in einen Korper vers 


wachſen find und daher mit Recht gleich⸗ 


falls verwachſenbeutlige (Symphyantherae) 
genannt werden, ſie koͤnnen aber auf keinen 
Fall Syngeneſtſten heißen, da ſie nicht meh— 
rere zuſammenzeugende Blumen in einem 
Beſchluſſe hervorbringen, wie ich in der Folge 
zeigen werde. | 


Anumerk. 2 2. Außer den Gewaͤchſen dieſer 


3 
4 


Klaſſe, welche eine natürliche Familie bils 
den, finden ſich andere, die auf einen ge— 


meinſchaftlichen Fruchtboden, der am Grun— 
de mit einer gemeinſchaftlichen Hülle (In- 
volucrum), die einer gemeinſchaft lichen Blu⸗ 


mendecke (Perianthium commune) gleichet, 


umgeben iſt, mehrere Bluͤmchen tragen, mel’ 


che daher eine nahe Verwandſchaft in dem 


Bluͤthenſtande (Intlorelcentia) mit den Ge⸗ 


waͤchſen dieſer neunzehnten Klaſſe verrathen 


und von dem ungeübten Pflanzenforſcher 


bei dem erſten Unfehen mit ihnen leicht 
berwechſelt werden koͤnnen, wenn er nicht 


auf den Bau der Bluͤmchen und die Anzahl 


und Beſchaffenheit der Befruchtungswerk⸗ 
zeuge achtet. Die Blümchen dieſer Pflan⸗ 


zen wachſen auch nicht eigentlich in einem 
Beſchluſſe zuſammen und bilden daher auch 
keine zuſammengeſezte Blume (Flos compo- 


ſitus) mit zuſammenzeugenden Bluͤmchen; 


ſondern es find nur einzelne zuſammenge⸗ 
haͤufte Blumen (Flores aggregati) die ſich 
uͤberdem noch von den Blumen dieſer Klaſſe 
dadurch un terſcheiden, daß eine jede 19 5 


ben größ kentheils nur vier Staubfaͤden hat, 


die 


55 


die in keinem Theile mit einander verwach⸗ 
ſen ſind, ſondern einzeln ſtehen, wie bei den 
Arten der Gattung Karten (Diplacus) 
und der Scabioſe (Scabiola). Linne 
brachte ſie daher mit Recht in die vierte 
Klaſſe Tetrantria, 


Linne theilte die Gewaͤchſe dieser Klaſſe 
in zwei Abtheilungen, nemlich in ſolche, deren 
Blumen aus mehreren Bluͤmchen zuſammen 
geſetzet ſind und dieſe Abtheilung nannte er 
Poly gamid (aus roAvs viel und Jes die 
Ehe, daher Vielehe) und in ſolche, deren 
Blumen nicht zuſammen geſetzet ſind, dieſe 
nannte er Monogammia (aus Kovas und yanos 
Einehe, einzelne Ehe). Die Gewaͤchſe 
dieſer letztern Abtheilung ſtehen aber mit dem 
Sinne der Benennung dieſer Klaſſe (nemlich 

zuſammenzeugende Syngenella) . im 
Wiederſpruche, indem ſie nur einzelne frucht⸗ 
bare Zwitterblumen hervorbringen z. B. die 
Veilchen und Balſaminen (Viola et Im- 
patiens). Ihr ganzer Blumenbau weichet ſo 
ſehr von den Syngeneſiſten ab, daß fie fchlech- 
terdings nicht zu dieſer Klaſſe gerechnet werden 
koͤnnen. Ueberdem ſind ihre Staubkolben 
nicht wirklich in einem Körper verwachſen, 
ſondern ſie haͤngen nur zuſammen (Antherae 
cohaerentes) und trennen ſich mit der Zeit 
groͤßtentheils von ſelbſt, auf gleiche Weiſe, wie 
bei den Nachtſchattenarten (Solanum). Ich 
wagte es daher, dieſe Gewaͤchſe in meiner Flora 
germanica von. DIR Klaſſe ſe zu trennen und ſie 
in 


56 


die fünfte Klaſſe Pentandria zu verſetzen, 
worin mir nachher mehrere botaniſche Schrift⸗ 
ſteller gefolget ſind. Da nun dieſe Linneiſche 
Abtheilung nothwendig eingehen muß, fo fol- 
get ſchon von ſelbſt, daß die erſtere Abtheilung 
dieſer Klaſſe Polygamia, als Gegenſatz der 
Letztern Monogamia, wegfallen muͤſſe, zumal 
da das Wort Syngeneha (zuſammenzeugende) 
ſchon den Begriff der Vielehe (Polygamia) 
in ſich faſſet. Weil aber alle Gewaͤchſe dieſer 
neunzehnten Klaſſe verwachſene Staubbeutel 
haben, dieſer wichtige Nebenumſtand aber 
nicht in dem Worte Syngenelia ausgedruͤcket 
wird und ſich außer den Gewaͤchſen dieſer Klaf- 
fe andere finden, deren Dluͤthenſtand Aehn⸗ 
lichkeit mit den Syngeneſiſten hat, deren 
Staubbeutel aber nicht verwachſen find, fo 
koͤnnte man fuͤglich der Benennung dieſer 
Klaſſe Syngenefia das Beiwort Symphyan- 
therae beifi fügen, 

Die in einem Beſchluſſe zufam- 
menzeugenden verwachſenbeutligen 
Gewaͤchſe, Syn gene ſia Symphyantherae 
al Sinne in gleichartige (Zequales), 
deren Blumen aus lauter fruchtbaren Zwitter⸗ 
bluͤmchen zuſammen geſetzet ſind und in un⸗ 
gleichartige (Spuriae), deren Blumen ent⸗ 
weder neben den fruchtbaren Zwitterbluͤmchen 
auch einzelne weibliche Bluͤmchen enthalten, 
oder die nur aus einzelnen maͤnnlichen und 
weiblichen Blümchen zuſammen geſetzet ſind. 
0 dieſe Eintheilung gruͤndete Linne vor⸗ 

1 


57 


zuͤglich die Ordnungen dieſer Klaſſe, deren 
ſie, (nachdem die letzte Ordnung Monogamia 
wie ich eben gezeiget habe, wegfaͤllt) fuͤnf ent⸗ 
haͤlt. Bei den vier erſteren Ordnungen hat 
man bei den Blümchen in der zuſammen geſez⸗ 
ten Blume auf den Zuſtand der Befruchtungs— 
werkzeuge zu achten; bei der fuͤnften aber wird 
hierauf keine Ruͤckſicht genommen, ſondern nur 
auf die Gegenwart einer Blumendecke, womit 
jedes einzelne Blümchen verſehen iſt (Perian- 
thium proprium), Ich will jetzt die Ord⸗ 
nungen dieſer weitlaͤuftigen und fuͤr den An⸗ 
faͤnger ſchwierigen Klaſſe der Reihe nach durch 
gehen. 

4) Sind alle Bluͤmchen in einer 
zuſammen geſezten Blume Zwit⸗ 
ter, oder mit vollkommenen maͤnn⸗ 
lichen und weiblichen Befruch— 
tungswerkzeugen verfehen, fo 
gehören die Pflanzen dieſer Art in die 
erſte Ordnung, die . 
e genannt iſt.) | 

60 


2) Die Blümchen ſind in einer jeden Blume 
dieſer Ordnung alle gleichfoͤrmig (conformes); 
es findet aber bei ihnen ein doppelter Fall 
der Gleichfoͤrmigkeit Statt. Theils ſind die 
Bluͤmchen einlippig und zungenfoͤrmig 
(Flosculi unilabiati, ligulati); alsdann 
nennet man die Blume zuſammengeſetzt⸗ 
geſehweift. Dieſe zungenfoͤrmigen Bluͤm⸗ 
chen liegen wie Dachziegeln übereinander 
(Flosculi ligulati imbricati), und find ges 

meig 


58 


m Finden ſich neben den frucht⸗ 
baren Zwitterblümchen der 
Scheibe (Difcus) im Umkreiſe (Pe- 

ripheria auch weibliche Blümchen, 
ſo machen ſie die zweite Or ednung 
aus, welche Linne Superfhia (über- 

f kü ſſ ig) nannte. Die weiblichen Bluͤm⸗ 
chen des Umkreiſes, denen die maͤnnlichen 
Befruchtungswerkzeuge fehlen, werden 
von den maͤnnlichen Befruchtungswerk⸗ 
zeugen der en der Scheibe 
beftüchtet⸗ 70% 

| PR 


1 an der Spitze fuͤnf⸗ oder dreizaͤh⸗ 
nig, oder auch nur ausgerandet. Die Ci⸗ 
ehorie, Cichorium Intybus, und der ge» 
meine löwenzahn, Leontodon Taraxa- 
cum koͤnnen als Beiſpiel dienen. Theils find 
die Bluͤmchen alle röhrenfoͤrmig (los- 
culi tubulosi) und haben eine gleiche fuͤnf⸗ 
ſpaltige Muͤndung. Die Blume wird als⸗ 
dann ſcheibenartig (Corolla discoidea) 
genannt. Die gemeine Klette, Arctium 
Lappa und die verſchiedenen Arten der Dis 
ſftelgattung, Carduus, koͤnnen zur Unter⸗ 
ſuchung gewaͤhlet werden. | | 


11% N dieſer Ordnung findet gleichfalls eine 
zweifache Verſchtedenheit der zuſammengeſetz⸗ 
ten Blume Statt. Einige find ſcheiben⸗ 
artig (discoidei) und alle Blümchen, ſo⸗ 
wohl die Zwitter, als die Weibchen im Um⸗ 

no kreiſe, ſind roͤhre nförmig (tubulosi), z. 
B. der gemeine Rheinfarn, Tanacetum 
vulgare, die gemeine Duͤrrwurz, Co- 
nyza 


4 


39 


Bi Finden fih neben den frucht⸗ 
baren Zwitterbluͤmchen der 
Scheibe im Umkreiſe unfrucht⸗ 
bare Bluͤmchen, die entweder gar 
keine, oder doch verſtuͤmmelte weibliche 
Befruchtungswerkzeuge haben, fo gehoͤ⸗ 
ren dieſe Gewaͤchſe in die dritte Ord⸗ 
nung raten kruchelos) 15 


0 


nyza [quarrofa. Andere find geſehweift⸗ 
geſtrahlet (Flores compositi ligulati ra- 
diati) En beſtehen aus ungleichfoͤrmigen Bluͤm⸗ 
chen. Die Zwitterbluͤmchen der Scheibe ſind 
0 alle roͤhrenfoͤrmig, und die des Um⸗ 
kreiſes einlippig und zungenfoͤrmig. Dieſe 
bilden am Umkreiſe Strahlen (Radii). Die 
verſchiedenen Arten der Gattung Wuchers 
blume, Chrysanthemum, der Bergwohl⸗ 
verlei, Arnica montana und die gemeis 
ne Maßliebe, Bellis Pexennfs koͤnnen 
zum Beweiſe dienen. 


e Die enen Blumen dieser Ord⸗ 
nung haben alle ungleichfoͤrmige Bluͤmchen; 
es findet aber ein doppelter Fall der Ungleich⸗ 
foͤrmigkeit Statt. Bei allen ſind die frucht⸗ 
baren Zwitterbluͤmchen der Scheibe roͤhrenfoͤr— 
mig, die unfruchtbaren Bluͤmchen des Ums 
kreiſes aher, denen die Befruchtungswerk⸗ 
zeuge fehlen, ſind entweder bei einigen einlip⸗ 
pig und zungenfoͤrmig und bilden daher eine 
geſehweift⸗geſ „ Blume (Flos li 
gulatus radiatus), z. B. die jaͤhrige 
Sonnenblume, Helianthus annuus, 
oder bei andern roͤhrenfoͤrmig, z. B. die ge⸗ 

mei⸗ 


60 


0) Finden fich neben den unfrucht⸗ 
baren Zwitterblümchen der 
Scheibe im Umkreiſe fruchtbare 
weibliche Blümchen, fo machen fie 
die vierte Ordnung aus, die Ne- 

ceſſaria (nothwendig) genannt iſt. 
Bei dieſen Gewaͤchſen haben die Zwitter⸗ 
bluͤmchen der Scheibe unvollkommene 
weibliche Befruchtungswerkzeuge und 
ſind daher unfruchtbar, dagegen haben 
die Bluͤmchen im Umkreiſe vollkommene 
weibliche Befruchtungswerkzeuge, ihnen 
fehlen aber die männlichen, ſte muͤſ⸗ 
ſen daher von den maͤnnlichen Befruch— 
tungswerkzeugen der unfruchtbaren Zwit— 
terblümchen der Scheibe, befruchtet 
Werden 


0 
— 


meine Korns oder Flokkenblume, Cen- 
taurea Cyanus. Dieſe roͤhrenfoͤrmigen uns 
fruchtbaren Bluͤmchen des Umkreiſes ſind aber 
viel groͤßer, als die roͤhrenfoͤrmigen Zwitter⸗ 
bluͤmchen der Scheibe und geben dieſen zu⸗ 
ſammengeſetzten Blumen das Anſehen einer 
geſtrahlten Blume, daher werden ſie auch roͤh— 
rig⸗geſtrahlte Blumen, (Flores tubuloloradia- 
ti) genanut. 


31) Die Blumen dieſer Ordnung find größten: 
theils geſchweift⸗geſtrahlet. Die ums 
fruchtbaren Zwitterbluͤmchen der Scheibe ſind 
nemlich roͤhrenfoͤrmig und die fruchtbaren weib⸗ 
lichen im Umkreiſe einlippig und e 

| z. 


61 


2) Sind die Blümchen in einer zu⸗ 
ſammengeſetzten Blume durch 
eine beſondere Blumendecke 
(Perianthium partiale) von einan⸗ 
der abgeſondert, ſo gehoͤren dieſe 
Pflanzen, ohne Ruͤckſicht auf die Bluͤm⸗ 
chen, ob ſie alle Zwitter ſind, oder ge⸗ 
trennte Geſchlechter haben, zur fuͤnften 
Ordnung Segregata (abgeſon⸗ 


dert). ) 
b) 


z. B. die gemeine Ringelblume Calen- 
dula officinalis. Es finden ſich aber auch 
in dieſer Ordnung einige wenige auslaͤndiſche 
Gewaͤchſe, die ſcheibenartige Blumen haben, 
bei welchen alle Bluͤmchen, e die frucht⸗ 
baren weiblichen im Umkreiſe, als die unfrucht⸗ 
baren Zwitter der Scheibe, roͤhrenfoͤrmig find. 
32) In dieſe Ordnung hat Linne alle die Dflans 
zen gebracht, deren Blumen aus mehreren 
Bluͤmchen zuſammengeſetzt ſind, wovon ein je⸗ 
des mit einer beſondern Blumendecke verſehen 
iſt, z. B. bei der rundkoͤpffigen Kugel⸗ 
diſtel Echinops ſphaerocephalus. Sie 
enthaͤlt mehrere Gewaͤchſe, die nach dem Baue 
ihrer Blume und nach der Gegenwart oder 
der Abweſenheit der Befruchtungswerkzeuge zu 
der einen oder der andern der vorhergehenden 
vier Ordnungen gebracht werden koͤnnten, wenn 
man nicht auf die bei einem jeden Bluͤmchen 
vorhandene beſondere Blumendecke Ruͤckſicht 
nehmen wollte. Es finden ſich daher Blumen 
mit gleichartigen und ungleichartigen, gleichföre 
migen und ungleichfoͤrmigen Bluͤmchen in die⸗ 
ſer Ordnung. 


62 


b) Sind die Staubfaͤden mit 
dem Stempel (Piſtillum) verwachſen, 
ſo gehoͤren dieſe Pflanzen in die Klaſſe XX. 
Gynandria (aus yuvy das Weib und 
avyp der Mann, daher weibermaͤnnige) ?) 


| Die Ordnungen dieſer Klaffe find, wie 

bei den dreizehn erſten Klaſſen dieſes Syſtems, 
von der Anzahl der Staubfaͤden hergenommen, 
daher Monandria, Diandria, Triandria 
u. ſ. w. 100 


B. Wenn die Befruchtungswerkzeuge bei⸗ 
der Geſchlechter von einander getrennet ſind, 
ſo, daß in der einen Bluͤthe die maͤnnlichen 
und in der andern von derſelben Art ſich die 
weiblichen befinden, ſo nennet man ſolche 
Pflanzen mit getrennten Geſchlech⸗ 
tern (Plantae diclines). Dieſe Trennung 
der Geſchlechter kann auf eine dreifache Art 
Statt finden. AA. Entweder finden ſich die 
getrennten maͤnnlichen und weiblichen Bluͤthen 
auf einer und derſelben Pflanze. BB. oder 
eins von beiden Geſchlechtern ſind auf verſchie— 
denen Pflanzen: CC. oder es ſind ſowohl beide 
Geſchlechter in einer Blume zuſammen, als 
auch in verſchiedenen Blumen und Pflanzen 
einer Art von einander getrennet. 1 

A. 


3) Zur Unterſuchung koͤnnen die Arten der 
Gattung Knabenkraut Orchis und der 
gemeine Frauenſchuh eiu 
Calceolus dienen. 


63 


AA, Finden ſich aufen Pflan⸗ 
ze die maͤnnlichen und weiblichen 
Bluͤthen beiſammen: oder haben auf 
einer Pflanze einige Blüthen nur maͤnnliche 
und dagegen andere nur weibliche Befruchtungs⸗ 
werkzeuge; ſo gehoͤren dieſe Pflanzen in die 
Klaſſe XXI. Monoecia (aus hoe eins 
und o das Haus, daher ein haͤuſt ge) ) 


BB. Finden ſich auf verſchiede⸗ 
nen Pflanzen derſelben Art die maͤnn⸗ 
lichen und weiblichen Bluͤthen ge- 
trennet, ſo, daß die eine Pflanze nur Bluͤ⸗ 
then mit männlichen und die andere nur Bluͤ— 
then mit weiblichen Befruchtung gswerkzeugen 
hervorbringt; ſo machen ſie die Klaſſe X XII. 
Dioecia (aus dis zwei und oma das 
Haus, daher zweihaͤuſige) aus. 7970 


Anmerk. Die Gewaͤchſe dieſer Klaſſe ver⸗ 
rathen gewoͤhnlich ſchon bei dem erſten Ati 
ſehen die Verſchiedenheit der Geſchlechte . 
So iſt zum Bene die männliche Pflan ze 

bei 


34( Zur Unterſuchung dieſer Klaſſe koͤnnen di ie 
gemeine Haſelnuß Corylus Avellana, 
die Waldbuche Fagus lylvatica; die Ler⸗ 
chenfichte Pynus larix; die gemeine 
Gurke Cucumis lativus gewaͤhlet werden. 


35) Zum Beiſpiele koͤnnen die Arten der Wei: 
de Salix; der gemeine Hopfen Humulus 
Lupulus; der gemeine Spinat Spinacea 
oleracea dienen. 


64 . 
bei verſchiedenen heller von Farbe, als die 
weibliche, oder bei andern umgekehrt. Bei 
dem gemeinen Hanfe (Cannabis lativa) 
iſt die maͤnnliche Pflanze hellgruͤn und hat 
einen ſchlankeren Wuchs: die weibliche hin⸗ 

gegen iſt dunkelgruͤn, ſtaͤrker von Wuchs 
und hat gedrungenere Blaͤtter. 


Die Ordnungen dieſer beiden Klaſſen, 
nemlich der ein und zwanzigſten und zwei und 
zwanzigſten (Monoecia et Dioecia) grün- 
den ſich auf die Anzahl und Beſchaffenheit der 
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge und haben 
dieſelben Namen, wie die vorhergehenden 
zwanzig Klaffen, nemlich Monandria, Dian- 
dria, Triandria, Monadelphia, Syngene- 
ſia,  Gynandria, | 


+) Anmerk. Auch in diefen beiden Klaſſen 
finden ſich Gewaͤchſe, deren Staubbeutel 
(Antherae) in einen Koͤrper verwachſen 
find. Dieſe bringt Linne in die Ord⸗ 
nung, welche er Syngenelia nennet. 
Unter der neunzehnten Klaſſe Anmerk. 1. 
habe ich ſchon erinnert, daß das Wort Syn- 
genelia ſchlechterdings nur durch zuſa m⸗ 
menzeugende uͤberſetzet werden koͤnne 
Hund nach dem Sinne der griechiſchen Wörs 
ter, woraus es zuſammen geſetzet iſt, keinen 
andern Nebenbegriff leide. Die zuſammen⸗ 
zeugenden Blumen, welche die neunzehnte 
Klaſſe ausmachen, find aus mehreren Bluͤm— 
chen in einem Beſchluſſe zuſammen geſetzet 
und ihre Staubbeutel ſind in eine zylinder⸗ 
foͤrmige Roͤhre verwachſen. Blumen dieſer 
Art ſtehen offenbar mit ſolchen im Wider; 
ſpruche, die einfach ſind und von no 

N enk; 


65 


entfernt, getrennte Geſchlechter enthalten. 
Dadurch daß Linne den Nebenumſtand der 
verwachſenen Staubbeutel mit dem Worte 
Syngenelia verband und daher auch die 
Gewaͤchſe dieſer beiden Klaſſen, deren ein 
zelne männliche Blumen auch verwachſene 
Staubkolben enthalten, gleichfalls, aber ganz 
unrichtig, Syngeneſiſten nannte, wurden 
verſchiedene botaniſche Schriftſteller verleitet, 
das Wort Syngeneha durch verwachſen⸗ 
beutlige zu überfegen, wenn gleich dieſe 
beiden Klaſſen keine zuſammengeſetzte und in 
einem Beſchluſſe zuſammenzeugende Blu⸗ 
men enthalten, wie die Gurken und Kuͤr⸗ 
bisarten (Cucumis et Cucurbita) und 
mehrere andere Gewaͤchſe der ein und zwei 
und zwanzigſten Klaſſe mit verwachſenen 
Staubbeuteln hinlaͤngl ich beweiſen. Damit 
alſo dem Anfänger in der Botanik kein Anlaß 
zu irrigen Begriffen in der Folge gegeben 
werde, muͤßte man die Ordnung dieſer beis 
den Klaſſen, welche die Gewaͤchſe mit ver⸗ 
wachſenen Staubbeuteln enthält, nicht Sy- 
genelſia, ſondern Symphyantherae nennen. 
CC. Sind ſowohl beide Befrud- 
tungswerkzeuge in einer Blüͤthe 
beiſammen, als auch ein oder das an⸗ 
dere in beſondern Bluͤthen, die ſich 
unter einander begatten; oder finden 
ſich Zwitterblumen und maͤnnliche oder weibli⸗ 
che bei einer und derſelben Pflanzenart, fo ge- 
hoͤren ſie zu der Klaſſe XXIII. en 
id (aus moAus viel und vans die E Ehe, 
daher Vielehe.) | 
| Die Ordnungen dieſer Klaffe gruͤn⸗ 
dete Linne auf die verſchiedene Vertheilung 
E der 


66 


der Geſchlechter. Es finder hier ein dreifacher 
Fall Statt. 

a) Sind wirt emen und maͤnn⸗ 
liche oder weibliche Blumen auf 
einer und derſelben Pflanze vor— 
handen, ſo gehören fie in die erſte 
Ordnung, Mon oel aſeinhauſige.) s“ 

55 Finden ſich auf zwei verſchiede⸗ 
nen Pflanzen derſelben Art, 
auf der einen Zwitterblumen, 
auf der andern aber nur maͤnn⸗ 
liche oder weibliche Blumen; ſo 
machen ſie die zweite Ordnung, wel⸗ 
che Dioecia Gweihaͤuſige) ge⸗ 
nannt iſt. 

) Finden fich auf drei verſchiede⸗ 
nen Pflanzen derſelben Art, 
auf der einen Zwitterblumen, 
auf der andern nur maͤnnliche 
und auf der dritten nur weibli⸗ 
che Blumen, ſo gehoͤren ſie in die 
dritte Ordnung Trioecia (Brei 
Näpſts eh u 

Am 


35) Zum Beispiele der Feld aß elde Acer 
campeſtre, der Ahnenbiakkeuige, Maß⸗ 
holder, Acer platanoides 


37) Die ſtach lichte Gleditſchie, Gledit- 
fChia triacanthos, die hohe Eſche Fraxi- 
nus excellior. | 


%% Der Jehannisbrodbaum, Ceratonia 
liliqua. 


67 


Anmerk. Die maͤnnlichen oder weiblichen 
Blumen, welche man außer den vollſtaͤndi⸗ 
gen und fruchtbaren Zwitterblumen etz 
weder auf derſelben Pflanze, oder auf vers 
ſchiedenen derſelben Art findet, ſind groͤß⸗ 
tentheils verſtuͤmmelte Zwitterblumen, bei 
welchen von den Befruchtungswerkzeugen 
nur eins von beiden Geſchlechtern zur Voll⸗ 
kommenheit gekommen iſt, indem von dem 
andern, dem Anſcheine nach fehlenden doch 
gemeiniglich noch einige Spuren vorhanden 
ſind. Die Verſtuͤmmelung dieſer Blumen 
ruͤhret groͤßtentheils von Nebenumſtaͤnden 
ber und wenn dieſe wegfallen, ſo erhalten 
nicht ſelten die Blumen die verlohren ge; 
gangenen Befruchtungswerkzeuge wieder und 
werden Zwitterblumen. Auch ſelbſt dem 
geuͤbten Pflanzenforſcher faͤllt es daher oft 
ſchwer, die Pflanzen dieſer Klaſſe jedesmal 
in die Ordnung zu bringen, worein ſie 
Linne verſetzte. Oft wird man ſogar 
zweifelhaft, ob eine Pflanze in dieſe, oder 
in eine der vorhergehenden Klaſſen gehoͤre. 
Findet man zum Beiſpiele eine Zwitter; 
blume ohne eine maͤnnliche oder weibliche, 
fo wird man fie in der Klaſſe des Linnei⸗ 
ſchen Syſtems aufſuchen, wohin ſie nach 
der Anzahl und der Beſchaffenheit ihrer 
Befruchtungs werkzeuge gehoͤret und es nicht 
ahnden, daß man fie in dieſer Klaſſe auf 
ſuchen muͤſſe. In eine aͤhnliche Verle⸗ 
genheit ſiehet man ſich verſetzet, wenn man 
Pflanzen beobachtet, deren Blumen nur 


männliche oder weibliche Befruchtungswerk⸗ 


zeuge hervorbringen, ohne eine Pflanze der⸗ 

ſelben Art mit Zwitterblumen zu finden. 

Man wird ſie, aber vergeblich, in der vor⸗ 

hergehenden zwei und zwanzigſten Klaſſe 

UDioecia) Wai e . 
2 | 


68 f 


Es würde gewiß dem Pinneifchen Syfteme zu 
einiger Vollkommenheit gereichen, wenn man 
in der Folge dieſe drei und zwanzigſte 
Klaſſe ganz eingehen ließe und die Gewaͤch⸗ 
ſe derſelben, nach der Anzahl und Beſchaf⸗ 
fenheit der Befruchtungswerkzeuge ihrer 
Zwitterblumen, in die ihnen zukommenden 
Klaſſen und Ordnungen vertheilte. Die 

Unterfuchung und Beſtimmung der Gewaͤch⸗ 
ſe nach dieſem Syſteme wuͤrde e ſehr 
erleichtert werden. 


Die kryptogamiſchen Gewäaͤchſe 


(Plantae eryptogamicae) deren Ge⸗ 


ſchlechtstheile uns entweder noch 
nicht hinlaͤnglich bekannt ſind oder 
deren Befruchtungsgeſchaͤft ſich dem 
Auge des Beobachters entziehet, 
gehören in die Klaſſe XXIV. Crypto- 
gamıa (aus zoonzes verborgen und ya- 
nos die Ehe, daher verborgene oder un⸗ 
kenntliche Ehe.) Bei dem groͤßten Theile 
der Gewaͤchſe ee Klaſſe vermiſſet man die 
äußern Geſchlechtstheile oder Befruchtungs⸗ 
werkzeuge, weil das Befruchtungsgeſchaͤft auf 
einem andern Wege, als bei den phänogami- 
ſchen Gewächſen voll nder wird und daher die 
innern Geſchlechtstheile anders modificiret ſeyn 
mußten. Bei einigen ſind die maͤnnlichen und 
weiblichen Geſchlechtstheile in einer gemein⸗ 
ſchaftlichen Hulle eingeſchloſſen und vollenden 
daſelbſt ohne den freien Zugang der Luft oder 
des Waſſers das Befruchtungsgeſchaͤft. Bei 
andern liegen die Ge 8 in der r Sub. 
ſtanz 


69 


ſtanz des Gewaͤchſes verborgen und wir wer⸗ 
den nur durch das Fruchtkorn in der Folge 
uͤberzeuget, daß daſelbſt eine Begattung voran 
gegangen ſeyn. Andere im Gegentheil vollen- 
den das Begattungsgeſchaͤft unter dem Waſſer 
und bei dieſen war eine beſondere Zurichtung 
der Geſchlechtstheile, vorzuͤglich aber des 
männlichen Saamens nothwendig.) Linne 
geſtand zwar denen kryptogamiſchen Gewaͤchſen 
ein Begattungsvermoͤgen zu, ihm waren aber 
die Geſchlechtstheile und die Art der Begat⸗ 
tung nicht hinlaͤnglich bekannt. Durch die 
Entdeckungen einiger neueren Pflanzenforſcher 
ſind wir zwar bei verſchiedenen Familien dieſer 
Klaſſe dem Befruchtungsgeſchaͤfte auf die 
Spur gekommen, es fehlet uns aber noch zu 
viel an der Kenntniß der Geſchlechtstheile aller 
dieſer Gewaͤchſe, als daß man, wie bei den 
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſen, auf deren Ver⸗ 
ſchiedenheit die Ordnungen gruͤnden koͤnnte. 
Hieraus erhellet, daß die Ordnungen 
dieſer Klaſſe von andern Theilen oder Eigen⸗ 
ſchaften vorerſt hergenommen werden mußten. 
Linne theilte dieſe Klaſſe in vier Ordnungen 
oder 3 die Er a) Filices, (Far- 
renkraͤuter). 6) Mufe (Mooſe). ) 
Algae (Aftermooſe) und e) Fungi 
(Schwaͤmme) nannte. Der Herr Präfi- 
dent von Schreber machte in der neuen Aus⸗ 
gabe 
5 75 Siehe meine neuen Beiträge zur Bor 
tanik, Theil 1. S. 24— 28. 


70 


gabe der Generum Plantarum des Linne 
)) eine neue Eintheilung, indem Er die Ge⸗ 
waͤchſe dieſer Klaſſe inf echs Abtheilungen brach⸗ 
te, nemlich 
a) Mileellaneae (Vermiſchte). Diefe Ab⸗ 
theilung enthaͤlt diejenigen Gewaͤchſe, die 
nach der Beſchaffenheit ihrer Fruchttheile 
ſowohl unter ſich verſchieden ſind, als auch 
unter keine der folgenden Abtheilungen 
gebracht werden konnten. Einige derſel⸗ 
ben tragen in einer keulenfoͤrmigen Aehre 
mehrere ſchildfoͤrmige Fruchtkapſeln, als 
die Arten des Kannenkrauts (Equi- 
ſletum). Bei andern bildet die Frucht 
ein verſchloſſenes Behaͤltniß an der Wur⸗ 
zel, als bei den Pillenfarn (Pilula- 
ria) und der Salvinie (Salvinia na- 
tans) und bei andern ſitzen die nierenfoͤr⸗ 
migen zweiklappigen Fruchtkapſeln in den 
Blattwinkeln der Pflanze oder einer be⸗ 
ſondern Aehre, wie bei den Arten der 
Baͤrlappe (Lycopodium). 
6% Filiees (Farrenkraͤuter). Dieſe 
Abtheilung faſſet diejenigen Gewaͤchſe 
dieſer Klaſſe zuſammen, deren Fruchtkap⸗ 
ſeln entweder auf der Ruͤckſeite des We⸗ 
dels (krons) ſitzen und daher auch Ruͤk⸗ 
kentraͤger gere) genannt werden; 
oder 


#°) Caroli a Linne Genera Plantarum, 
ed, Octava curante I. C. D. Schreber, 
Francof. ad Moen, Vol. 2. gvo 1789 et gr. 


71 


| oder in eine Aehe, „Riſpe oder Traube 
vertheilet ſind. In Abſicht des Baues 
der Fruchtkapſeln nimmt man eine doppel⸗ 
te Verſchiedenheit wahr. Bei einigen 
ſind ſie mit einem gegliederten elaſtiſchen 
Ringe umqguͤrtet und zerplatzen bei der 
vollkommenen Reife ihrer Fruchtkoͤrner in 
zwei Halbkugeln: bei andern ſind die 
Fruchtkapſeln nicht mit einem ſolchen Rin⸗ 
ge umguͤrtet und öffnen ſich in zwei oder 
drei regelmaͤßige Klappen. 
) Mufei Caubmooſe). Zu dieſer Ab⸗ 
theilung gehoͤren alle Gewaͤchſe, deren 
buͤchſenfoͤrmige Fruchtkapſel in einer ein⸗ 
blaͤttrigen Huͤlle eingeſchloſſen iſt, die ſich 
mit dem zunehmenden Alter der Kapſel 
am Grunde trennet und auf der Kapſel 
bis zu deren herannahenden Reife in der 
Geſtalt einer Haube oder Muͤtze, welche 
Calyptra genannt wird, ſitzen bleibet, 
alsdann aber abfaͤllt. Die Fruchtkapſel 
ſelbſt iſt mit einem Deckel verfehen, der 
bei vollkommener Reife entweder ſitzen 
bleibet, oder wie dieſes am häufigften 
der Fall iſt, abfaͤllt und denen Fruchtkoͤr⸗ 
nern einen Ausweg verſchaffet. 
9 Hepaticae (Lebermoofe). Ein gro⸗ 
ßer Theil der Gewaͤchſe dieſer Abtheilung 
hat das mit den Laubmooſen gemein, daß 
| ihre Fruchtkapſel im jüngeren Zuſtande in 
einer einblaͤttrigen Hülle eingeſchloſſen ift, 
die aber ſitzen bleibet und ſich nicht am 
Grunde 


72 


Grunde trennet, ſondern ſich an der Spitze 
oͤffnet, damit die Fruchtkapſel aus derſel⸗ 
ben hervorgehen kann. Sie unterſchei⸗ 
den ſich uͤberdem noch darin, daß ſie keine 
buͤchſenfoͤrmige, mit einem Deckel verſe⸗ 
hene Fruchtkapſel haben, ſondern die reife 
Fruchtkapſel theilet ſich in Klappen. Es 
finden ſich aber in dieſer Abtheilung auch 


Gewaͤchſe, die keine beſondere Fruchthuͤlle 


haben und deren Fruchtkapſel ſich nicht 
uͤber die Oberflaͤche des Gewaͤchſes erhe⸗ 
bet, ſondern beſtaͤndig in der Subſtanz 
deſſelben verborgen lieget und ſich nur bei 
1 7 Reife der Mchtkoͤrner 


oͤfnet. 


) Algae (Aftermooſe). Dieſe When 


lung enthaͤlt die flechtenartigen Gewaͤchſe 
(plantae lichenolae) und die kryptoga⸗ 


miſchen Waſſergewaͤchſe. In Abſicht der 


Fruchttheile ſind dieſe Gewaͤchſe ſehr von 
einander unterſchieden. Bei einigen bil⸗ 


det die Frucht auf der Oberflaͤche fchüffel- 


Roder ſchildfoͤrmige oder auch knopfartige 
Erhabenheiten, bei andern warzenfoͤrmige 


Kapſeln in der Subſtanz. Einige erzeu⸗ 
gen in beſonders dazu beſtimmten Theilen 
Fruchtkoͤrner, die, mit einem Schleime 
umgeben, aus demſelben hervorgehen; an⸗ 
dere erzeugen in der ganzen Subſtanz 
Fruchtkoͤrner, ohne daß ſie in einer beſon⸗ 
dern Kapſel kes ſind. 0 


73 


) Fungi (Schwaͤmme). So verſchie⸗ 
den die Gewaͤchſe dieſer Abtheilung in 
Abſicht ihres Baues und ihrer Geſtalt 
ſind, eben ſo groß iſt auch die Verſchie⸗ 
denheit ihrer Fruchttheile und deren Lage. 


Ehe ich meine Betrachtungen über die 
kryptogamiſchen Gewaͤchſe weiter fortſetze, will 
ich hier die Klaſſen und Ordnungen des Lin⸗ 
neiſchen Syſtems, der Reihe nach, namentlich 
wiederholen und dadurch Anfängern in der Bo⸗ 
tanik einen Ueberblick des Ganzen geben. 


I, Kenntliche Ehe (Phaenogamia), 
A. Zwitterblumen (Monoclines). 


AA, Einzelne 1 (Stamina 
diltincta). 


a) Von unbeſtimmter Ange (indiffe- 
rentismus), 


aa) Mit ı Stanbfaben. Klaſſe 

| J. Monandria (Einmaͤnnige) 

bb) Mit 2 Staubfaͤden. Klaſſe 

II. Diandria (Zweimaͤnnige) 

cc) Mit 3 Staubfaͤden. Klaſſe 

III. Triandria (Dreinaän⸗ 
nige). 

dd) Mir 4 Staubfäden, Kaffe 

IV, Tetrandria (Biermäns 


nige). 
ee) 


74 


ee) Mit 3 Staubfaͤden. Klaſſe 
V. Pentandria (Fuͤnfmaͤnnige) 

f) Mit 6 Staubfaͤden. Klaſſe 
JI. Hexandrıa (Sechsmaͤn⸗ 
nige) 

28) Mit 7 Staubfaͤden. Klaſſe 
VII. Heptandria (Sieben⸗ 
maͤnnige). | 

hh) Mit 8 Staubfaͤden. Klaſſe 
VIII, Octandria (Achtmaͤn⸗ 
nige). | 

11) Mie 9 Staubfaͤden. Klaſſe 
IX. Enneandria (Neunman⸗ 


nige). 


kk) Mit 10 Staubfaͤden. Klaſſe 
X. Decandria (Zehnmaͤnnige). 


I) Mit 11 bis 19 Staubfaͤden. 
Klaſſe XI. Dodecandria (Zwoͤlf⸗ 
maͤnnige). 

mm) Mit 20 und mehreren Staub⸗ 
faͤden. 


ana) An der Binn en dec 
Klaſſe XII. Icoſandria 
(Zwanzigmaͤnnige). 

bod) Auf dem Fruchtboden. 
Klaſſe XIII. Polyandria 
(GVVielmaͤnnige). 


Die tina nach der Anzahl der weib⸗ 
lichen Geſchlechtstheile: a) Mono- 6) 
Di-) 4 00 e 0 Pentagy- 
mia u. a w. 

b) Von 


— 


75 
b) Von ber unge (Subordi- 


natio). ö 


aa) Zwei e und zwei kuͤr⸗ 
zere. Klaſſe XIV. Didyna- 


‚mia (Zweymaͤchtige). 


b a) oymnoſpora. 8) Angi- 

bora. 45 

PR Bier längere und zwei kür⸗ 

zere. Klaſſe XV. Tetradyna- 
mia (Viermaͤchtige). 


a) Siliculofa. 6) Siliquo ſa. 
BB) Verwachſene Staubfaͤden. (Sta- 


mina Bon 


a) Unter fi ich: | 
aa) Die Traͤ g er (Filamenta), 


| aaa) In eine Roͤhre: Klaſſe 

XVI. Monadelphia (Ein- 
brüdrige). | 

bbb) In zwei Parthien. Klaſſe 
XII. Diadelphia (Zwei- 
brüdrige). 

ccc) In drei und mehrere Par⸗ 
thien. Klaſſe XVIII. Po- 
yadelphia (Vielbruͤdrige). 


a) Triandria, 8) Pentandria 
u. ſ. w. 
bb) 


76 


bb) Die Staubkolben in eine 
Röhre (Symphyantherae). Klaſſe 
XIX, Syngenefia Syınphyan- 
therae (zuſammenzeugende verwach⸗ 
ſenbeutlige). | . 
a) Aequalis. 8) Superfiua. 
) Frustranea, ö) Neceſſaria. 
e E gre gad. 


b) Mit dem Stenpel (Piſtillum). Kaffe 
XX. Gynandria (Veibermaͤnnige). 
a) Monandria. ß) Diandria, 
02) Triandria u. ſ. W. 
8) Getrennte Geſchlechter Diclines). 
AA) Maͤnnliche und weibliche Bluͤthen 


auf einer Pflanze. Klaſſe XXI. Mo- 
noecia (Einhaͤuſige). 


BB. Männliche und weibliche Bluͤthen auf 

verſchiedenen Pflanzen. Klaſſe XXII. 
Dioecia (Zweihaͤuſige). 

a) Monandria. 8) Diandria 

e en Y) Triandrıa N. ſ. w. 

CC), Zwitter und getrennte Geſchlechter. 

Klaſſe XXIII. Polygamia (Vielehige). 

a) Monoecia, R) Dioecia, Y) 

Trioecia. 


| IL, 


27 


II. Unkenntliche Ehe. Klaſſe XXIV. (Cry - 
togamia (Verborgene Ehe). 


A Miscellaneae, 8) Pe 
Y Muse. 9) ‚Hepatieae. e 
80 Agde. 0 * ungi, ee 


Zum Schluſſe dieſes Kapitels muß ich 
noch einiger Huͤlfsmittel gedenken, deren ſich 
die Natur bedienet, bei verſchiedenen Gewaͤch— 
ſen das Befruchtungsgeſchaͤft zu erleichtern 
und zu vollenden. Die kryptogamiſchen Ge⸗ 
waͤchſe, welche entweder unter dem Waſſer das 
Befruchtungsgeſchaͤft vollenden, oder deren 
Geſchlechtstheile in einem gemeinſchaftlichen 
Behaͤltniſſe eingeſchloſſen ſind, beduͤrfen ſolcher 
Hilfsmittel nicht. Bei einen großen Theile 
der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe haben die de 
fruchtungswerkzeuge eine ſolche tage und Rich⸗ 
tung gegen einander, daß dadurch das Bei 
fruchtungsgeſchaͤft ſehr erleichtert wird; bei 
dem groͤßten Theile aber wuͤrde dieſer große 
Endzweck nicht erreichet werden, wenn nicht an⸗ 
dere Mittel zu Hülfe kaͤmen, welche die Be⸗ 
ruͤhrung des maͤnnlichen Saamenſtaubes mit 
der weiblichen Narbe bewerkſtelligten. Die⸗ 
ſen in der Pflanzenoͤkonomie ſo wichtigen Ge⸗ 
genſtand haben Koͤlreuter )und Spren⸗ 

gel 


) J. G. Koͤlreuter vorläufige Nachricht 
11 5 einigen das Geſchlecht der Pflanzen be⸗ 
treffenden Unterſuchungen und Betrachtungen. 
Leipzig 1761. 8. 


. 155 


gel“ ſehr vollſtaͤndig bearbeitet und vorzuͤglich 
auf das lezteren Werk verweiſe ich alle die 
Pflanzenforſcher und Naturliebhaber, welche 
mit den mannigfaltigen, einem jeden Gewaͤchſe 
angemeſſenen, weiſen Vorrichtungen der 
Natur bei dem Begattungsgeſchaͤfte der Ge- 
waͤchſe, in naͤhere Bekanntſchaft zu kommen 
wuͤnſchen. | 

Die Inſ ekten ſpielen bei dem Befruch⸗ 
tungsgeſchaͤfte ſehr vieler Gewaͤchſe eine wich“ 
tige Rolle. Durch den in den Blumen abge- 
ſonderten honigartigen Saft werden fie herbei 
gelocket und indem ſie denſelben nachſpuͤren, 
ſtreifen ſie mit ihrem Koͤrper einen Theil des 
Saamenſtaubes von den Staubkolben ab. 
Bei den Beſuchen mehrerer Blumen derſelben 
Art, kann es nicht fehlen, daß ſie auch die 
weibliche Narbe beruͤhren. Auf ſolche Weiſe 
wird der an dem Körper des Inſektes befind- 
b Saamenſtaub denen Narben mehrerer 

Blumen mitgetheilet und das Befruchtungsge⸗ 
ar vollendet. 

Bei mehreren Gewaͤchſen der ein und zwei 
und engen Klaſſe des Linneiſchen Sy⸗ 
ſtems, deren Befruchtungswerkzeuge in ge⸗ 
trennten Blumen oder auf getrennten Pflan⸗ 
zen derſelben Art ſich befinden, wuͤrde 
Wige eine Begattung Statt finden, 

| | wenn 


ae Das deckte Geheim niß der Natur im 

Bau und in der Befruchtung der Blumen 
von Chriſtian Konrad Sprengel. 
Berlin 1793 4. 


79 


wenn nicht entweder die Inſekten, oder ein 
guͤnſtiger Wind zu Huͤlfe kaͤmen. Die 
Gewaͤchſe mit Kaͤtzchenbluͤthen (Amentaceae) 
erzeugen einen ſehr leichten, flüchtigen Saa⸗ 
menſtaub und in ſo großer Menge, daß die 
Natur in der Erzeugung dieſes Theiles ver⸗ 
ſchwenderiſch zu ſeyn ſcheinet. Die ſchlanken 
maͤnnlichen Kaͤtzchen haͤngen gemeiniglich ſenk⸗ 
recht herunter, dagegen ſind die weiblichen 
groͤßtentheils aufwaͤrts gekruͤmmet. Oefnen 
ſich bei den maͤnnlichen die Staubkolben ae 
oͤfnen ſich bei den weiblichen auch die Schup⸗ 
pen und entbloͤßen ihre Narben. Bei der ge⸗ 
ringſten Erſchuͤtterung faͤllt alsdann der Saa⸗ 
menſtaub auf die weiblichen Narben herab. 
In dem Falle aber, wo ſich die Befruchtungs⸗ 
werkzeuge auf getrennten und oft von einander 
entfernten Pflanzen derſelben Art befinden, 
erleichtert ein guͤnſtiger Wind das Befruch⸗ 
tungsgeſchaͤft, indem er den leichten maͤnnli⸗ 
chen Sammenſtaub der ge Pflanze zu⸗ 
fuͤhret. Damit aber auf dieſem Wege die Be⸗ 
fruchtung deſto ſicherer vollendet werde, mußte 
der maͤnnliche Saamenſtaub in groͤßerer Men⸗ 
ge, als bei den uͤbrigen Gewaͤchſen, vorhan⸗ 
den ſeyn. 
Außer den beiden hier ange eig vor⸗ 
züglichen Huͤlfsmitteln zur Erleichterung und 
Befoͤrderung des Befruchtungsgeſchaͤftes der 
Gewaͤchſe, findet ſich in der Organiſation der 
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge und vor⸗ 
lich der Träger, bei verſchiedenen Pflanzen, 
ein 


80 


ein beſonderes Huͤlfsmittel, nemlich die Reiz⸗ 
barkeit. Dieſe Reizbarkeit findet aber nur 
bei dem Eintritte der Befruchtungsperiode 
Statt und endiget ſich nach vollendeter Be⸗ 
fruchtung. Bei dem gemeinen Sauer— 
dorn (Berberis vulgaris) biegen ſich die 
Traͤger, nach einem erhaltenen Reize, mit ei⸗ 
nor Schnellkraft nach der weiblichen Narbe, 
die Staubkolben werden dadurch derſelben ge⸗ 
naͤhert und laſſen den Saamenſtaub auf dieſel⸗ 
be fallen. Bei dem gemeinen Glas- 
kraute (Parietaria officinalis) ſpringen die 
Traͤger, nach einem erhaltenen Reize, mit ei⸗ 
ner Schnellkraft auseinander und die Staub⸗ 
kolben, ſtreuen den Saamenſtaub um ſich her. 
Bei den Gewaͤchſen mit zuſammenzeugenden. 
verwachſenbeutligen Blumen, welche die 
neunzehnte Klaſſe (Syngenelia Symphyan- 
therae) des Sinneifchen Syſtems in ſich faſſet, 
haben die Traͤger eine beſondere Reizbarkeit. 
Bei dem Eintritte der Befruchtungsperiode, 
wo ſich die Bluͤmchen oͤfnen, fangen die Traͤ⸗ 
ger an, ſich abwechſelnd zu verkuͤrzen und zu 
verlaͤngern. Dieſe abwechſelnde Bewegung 
wirket nicht allein auf die beſondere Blumen⸗ 
krone, ſondern ein jeder derſelben zugefuͤgter 
Reiz oder Stoß, z. B. von Inſekten, wirket 
auch auf die Traͤger zuruͤck. Dadurch erhaͤlt 
oft die beſondere Blumenkrone eine wider- 
natürliche und gezwungene Richtung, bis ſie 
nach und nach unmerklich zu ihrer natuͤrlichen 
Richtung zuruͤck kehret. Waͤhrend dieſer ab⸗ 
0 wech⸗ 


wechſelnden Bewegung der Träger bemuͤhet 
die weibliche Narbe in den Zwitterbluͤmchen 
ſich durch die Röhre der verwachſenen Staub- 
beutel, die ſich an der innern Seite oͤffnet und 
den Saamenſtaub von ſich giebt, hindurch zu 
draͤngen und treibet einen Theil des Saamen⸗ 
ſtaubes vor ſich her, bis ſie die Muͤndung der 
Staubroͤhre erreichet hat und uͤber dieſelbe 
endlich hervorraget. Auf dieſem muͤhſamen 
Wege wird das Befruchtungsgeſchaͤft bei die⸗ 
ſen Gewaͤchſen vollendet. 

Der aufmerkſame Beobachter wird fin⸗ 
den, daß bei dem Befruchtungsgeſchaͤfte der 
Gewaͤchſe oft mehrere Kraͤfte zu dieſem großen 
Endzwecke mitwirken und auch hier oͤffnet ſich 
demſelben ein weites Feld, zu wichtigen und 
e e 


82 


FAR 


wertes bene. 10 


dern einer Siaftation ? der tend 
togamiſchen G 9 


Nachdem man in den neuern Seiten an⸗ 
ſieng, denen kryptogamiſchen Gewaͤchſen eine 
groͤßere Aufmerkſamkeit zu ſchenken, wurde 
man auch mit ihren Fruchttheilen genauer be⸗ 
kannt. Die zu dieſem Ende angeſtellten ge⸗ 
naueren Unterſuchungen mit Beihuͤlfe guter 
Vergroͤßerungsglaͤſer, gaben Gelegenheit, daß 
die Gattungen und Arten genauer unterſchie⸗ 
den wurden und ihre Anzahl in einem kurzen 
Zeitraume von Jahren einen ſo großen Zu⸗ 
wachs erhielten, daß fie jetzt der Anzahl der 
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe bald gleich kommen 
und ſie vielleicht in der Folge uͤbertreffen werden. 

Linne gründete fein Pflanzenſyſtem auf 
die Anzahl, Sage und Beſchaffenheit der Be⸗ 
fruchtungswerkzeuge und bildete daraus ſowohl, 
als auch aus der Lage und Beſchaffenheit der 
Frucht, die Ordnungen der drei und zwanzig 
erſtern Klaſſen feines Syſtems. Aus dem 
aber, was ich ſchon vorher über die kryptoga⸗ 

mi niſchen 


83 


miſchen Gewaͤchſe geſaget habe, erhellet, daß 
wir bei der Zartheit ihrer Theile, die ſo oft 
unſern Unterſuchungen und Beobachtungen 
Grenzen ſetzet und bei den Zweifeln, die uns 
uͤber die Begattungsart und die Geſchlechts⸗ 
theile verſchiedener dieſer Gewaͤchſe noch uͤbrig 
bleiben, bis jetzt keinen allgemeinen ſicheren 
Maasſtab von den Geſchlechrstheilen entleh⸗ 
nen koͤnnen, welcher hinreichend waͤre, alle 
Gewaͤchſe dieſer großen Familie, wie in der 
Phaͤnogamie, gehoͤrig zu ordnen. Was uns 
alſo an der hinlaͤnglichen Kenntniß der Ge— 
ſchlechtstheile abgehet, das muͤſſen uns die 
Lage und die Beſchaffenheit der Fruchttheile 
erſetzen, auch die kryptogamiſchen Gewaͤchſe 
ſoſtematiſch zu ordnen, wenn uns gleich auch 
hierbei einige Zweifel uͤbrig bleiben, die nur 
die Zukunft zu heben vermag. Ich will es 
daher wagen, meine Meinung über die ſyſte⸗ 
matiſche Eintheilung der kryptogamiſchen Ge⸗ 
waͤchſe, nachdem, was uns bis jetzt von ihren 
Fruchttheilen bekannt iſt, hier mitzutheilen. Ich 
werde ſo wenig als meine Vorgaͤnger, hierin 
etwas Vollkommenes liefern koͤnnen, indeſſen 
hoffe ich doch dadurch dem angehenden Pflan⸗ 
zenforſcher auch das Studium dieſer e 
zu erleichtern. 

Wenn man, wie bisher, die kryptogami⸗ 
ſchen Gewaͤchſe in eine Klaſſe eines angenom⸗ 
menen Syſtems zuſammen faſſet, fo verur- 
ſachet die Beſtimmung der Ordnungen dieſer 
Klaſſe, wegen der großen Anzahl der Gewaͤchſe 

FJ 2 und 


84 

und wegen der mannichfaltigen Verſchiedenheit 
ihrer Fruchttheile, ſo große Schwierigkeiten, 
daß dadurch das Studium derſelben, an Statt 
daſſelbe zu erleichtern, nothwendig noch mehr 
erſchweret werden muß. Man müßte alsdenn 
in jeder Ordnung mehrere Unterabtheilungen 
machen, deren Grenzen nicht immer ganz genau 
feſt geſetzet werden koͤnnen und wo dieſe richti⸗ 
ge Beſtimmung der Grenzen fehlet, da fällt 
auch der Nutzen einer ſolchen Eintheilung weg. 
Wenn man aber die Kryptogamiſten als eine 
beſondere Hauptfamilie betrachtet und ſie, wie 
Linne die Phaͤnogamiſten, in Klaſſen theilet, 
ſo wird es ungleich leichter, ſie in einer jeden 
der feſtgeſetzten Klaſſen richtig zu ordnen. 

Da die Benennungen der Linneiſchen Ord⸗ 
nungen in der Kryptogamie allgemein bekannt 
und bis jetzt auch von den neuern Pflanzenbe⸗ 
obachtern beibehalten ſind, ſo kann man ſie 
bei der Benennung der Klaſſen auch fuͤglich ſo 
lange anwenden, bis man in Zukunft durch 
neue Entdeckungen in den Stand geſetzet wird, 
ſie nach einem allgemeinen Maasſtabe zu be⸗ 
nennen, damit nicht jetzt durch neue Woͤrter 
die botaniſche Kunſtſprache unnöthig vermehret 
und das Studium dieſer Gewaͤchſe erſchweret 
werde. 

So wie die phänogamifchen Gewäͤchſe nach 
dem Linneiſchen Syſteme in zwei und zwan⸗ 
zig Klaffen (nachdem man nemlich die drei und 
zwanzigſte Klaſſe, wie ich vorher gezeiget habe, 
füglich eingehen laͤſſet) e ſind, ſo koͤn⸗ 

nen 


85 


nen die uns bis jetzt bekannten kryptogamiſchen 
Gewaͤchſe in ſechs Klaſſen gebracht werden, de- 
ren Ordnungen ſich groͤßtentheils auf die Lage 
und Beſchaffenheit der Frucht gruͤnden. 


PLANTAE CRYPTOGAMICAR, 


Claff. I. Rhizocarpae (aus 91% die Wurzel 
und aagros die Frucht, daher mit Wur⸗ 
zelfrucht. 


Linne rechnete die Gewachſe dieſer 
Klaſſe zu den Farrenkraͤutern, und Herr von 
Schreber zu der Ordnung Milcellaneae, 
Sie wachſen alle entweder im Waſſer, oder 
auf ſchlammigen naſſen Boden. Sie haben 
mit den Farrenkraͤutern nur das gemein, daß 
ihre Blaͤtter im juͤngeren Zuſtande von der 
Spitze nach dem Grunde gemeiniglich eingerol⸗ 
let find. Ihre Frucht beſtehet aus einer Hülle, 
die an dem Wurzelſtocke (Rhizoma) oder der 
Wurzel ſelbſt ſitzet und ſich nur erſt bei vollkom⸗ 
mener Reife der Fruchtkoͤrner oͤffnet, oder ohne 
ſich zu öffnen durch die Auflöfung ihrer Haͤute 
die Fruchtkoͤrner von ſich giebt. In Abſicht 
der maͤnnlichen Geſchlechtstheile bemerket man 
bei dieſen Gewaͤchſen eine doppelte Verſchie⸗ 
denheit. Bei einigen finden ſich dieſelben auf: 
ſerhalb der Fruchthuͤlle: bei andern im Gegen⸗ 
theil find fie mit den Fruchtkeimen in einer ge- 
meinſchaftlichen Huͤlle eingeſchloſſen. Auf 

dieſen 


86 


dieſen Unterſchied gründen ſich die beiden Ord⸗ 
nungen dieſer Klaſſe. | 


0 Het pe f (aus sxros. außerhalb 
und oreon« der maͤnnliche Saame, der 
männliche Geſchlechtstheil, daher mit 
maͤnnlichen Geſchlechtstheilen 
außerhalb der Fruchthuͤlle). 


Zu dieſer Ordnung gehoͤren die Gat⸗ 
tungen Salvinia und Zfoetes. Bei der 
Salvinia umgeben die nackten, geglieder⸗ 

ten Saamengefaͤße die Fruchthuͤlle. ) 
Bei der Iloötes ſitzen nach Linne 2 
und Oeder °) die einzelnen ruͤndlichen 
Saamenkolben (conceptacula [perma- 
tica) zwiſchen den inneren, die Frucht⸗ 
huͤlle aber zwiſchen den aͤußeren Blaͤttern. 


69 Encleifmenofpermae (aus sy- 
»Asıonevos eingefchloffen und Frepua der 
männliche Geſchlechtstheil, daher mit 
maͤnnlichen Geſchlechtstheilenin 

g 5 Fruchthülle eingeſchloſſen.) 

N | Diefe 


79 H edwig Theoria ee et Audi 
fieationis ed, 2. pag. 105. ne VIII. 
i Basta | 


89 Linne Iter Scand. pag. 420. Genera 
Plant. ed. Schreber n. 1620. 


) Oeder Enum. Plant. Florae Danicae 
pag. 111. Flora Dan, Tab. 191. 


87 
Dieſe Ordnung enthält die Gattungen 


Pilar ) und Mar ſelea. ) Bei dieſen 


Gewaͤchſen bilden die Saamenkolben Schlaͤu⸗ 
che, welche innerhalb der dicht verſchloſſenen 
Fruchthuͤlle die Fruchtkeime von allen Seiten 
umgeben.) 


Claſſ. II. Filices en. 


Die Gewaͤchſe dieſer Klaſſe tragen rund⸗ 
liche Fruchtgehaͤuſe, die entweder auf der 
Ruͤckſeite und am Rande der Blaͤtter ſitzen; 
oder in eine Aehre, Riſpe, Traube und die 
Winkel der Blaͤtter vertheilet ſind. Ein jedes 
dieſer Fruchtgehsufs enthaͤlt mehrere Bentht- 
koͤrner. 

Da man auch bei den kryptogamiſchen Ge⸗ 
wächfen bisher von dem Grundſatze ausging, 
daß da, wo eine Befruchtung Statt finde, 
auch wie bei den Phaͤnogamiſten, die aͤußeren 
Geſchlechtstheile vorhanden ſeyn muͤßten, ſo 
bemuͤhete man ſich, auch bei den Farrenkraͤu⸗ 
tern die maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge 
ausfindig zu machen. Man glaubte daher 
ſie in fremdartigen Theilen, die ſich durch das 
Vergroͤßerungsglas an der aͤußern Oberflaͤche 
des Gewaͤchſes wahrnehmen laſſen, entdecket 
zu 

3 Hedwig Theor, generat. et fruct. ed. 

2. p. 107, Tab. VIII. Fig. 6 - II. 


) Hedwig a. a. O. pag. 109. Tab. VIII. 
Fig. 12 - 15. 


) Roth neue Beitraege zur Botanik Th. 


I. pag. 15, 


88 


zu haben. Schon ha, einer andern Gelegen⸗ 
heit habe ich meine Zweifel daruͤber mitge⸗ 
theilet ) und mache hier nur bemerklich, daß 
die Farrenkraͤuter durch eine Befruchtung er⸗ 
zeugte Fruchtkoͤrner in beſonderen Fruchtge⸗ 
haͤuſen hervorbringen, die Zurichtung aber zu 
der Erzeugung und Abſonderung des maͤnnli⸗ 
chen Saamens hoͤchſt wahrſcheinlich in den 
Fruchtgehaͤuſen ſelbſt ihren Sitz habe. Der 
Bau der Fruchtkapſeln iſt aber zu zart, als 
daß man auch durch die ſtaͤrkſte Vergrößerung 
ihre innere Struktur gehörig en 
und bar koͤnnte. 

Nach der Verſchiedenheit ders reifen 
Fruchtkapſeln laſſen ſich die Farrenkraͤuter in 
drei Ordnungen theilen. Einige derſel⸗ 
ben ſind mit einem gegliederten elaſtiſchen 
Ringe umgürtet, bei andern fehlet dieſer Ring 
und bei andern fa nd die Feu ſchüld⸗ 
foͤrmig. | 


1000 e ee (aus dar 
der Ring und n die Fruchtkapſel, da⸗ 
her mit beringter Fruchtkapſel). 
Dieſe Ordnung faſſet die eigentlichen 
Farrenkraͤuter oder ſo genannte Ruͤcken⸗ 
traͤger (dorſiferae, epiphyllocarpae) 
in ſich und alle Gewaͤchſe dieſer Art, 
welche bisher unter der Abtheilung Fili⸗ 
| ‚ces 


?) Roth Tentamen Florae Germ. Tom. 3. 
Pars 1. pag. 29. Oblerv. IV. 


89 


ces annulatae bekannt geworden find ) 

gehoͤren dieſer Ordnung. 
Die Fruchtkapſeln dieſer Gewaͤchſe bedecken 
entweder die ganze Ruͤckſeite des Wedels, 
oder ſie ſitzen in rundlichen Haufen und 
Linien vertheilet, die bei einigen nackt, 
bei andern aber mit einer hautartigen 
Huͤlle bis zu der Reiſe der Fruchtkoͤrner 
bedecket find. Im lezteren Falle erheben 
ſich bei der herannahenden Reife der 
Fruchtkoͤrner die Kapſeln, druͤcken die 
Hülle gewaltſam nach ihren Befeſti⸗ 
gungspunkt zuruͤck und treten aus den 
Grenzen hervor, die ihnen die verſchloſ— 
ſene Fruchthuͤlle vorher anwies. Die 
Fruchtkapſeln ſitzen auf einem Stielchen 
(pedicellus), welches gemeiniglich knie⸗ 
foͤrmig eingebogen iſt und ſich an der 
Spitze in einen gegliederten, faſt durch- 
ſichtigen, glaͤnzenden elaſtiſchen Ring 
endiget, der die Fruchtkapſel umguͤrtet. 
Bei der voͤlligen Reife der Fruchtkoͤrner 
zerplatzen die Fruchtkapſeln rundum in 
zwei Halbkugeln, der elaſtiſche Ring 
trennet ſich groͤßtentheils von der Kapſel 
und bildet alsdann einen Halbzirkel, an 
oh beiden mem die Halbkugeln 
be⸗ 


) Roemer Archiv für die Bot. Band 1. 
St. 2. pag 50 - 37. Schrader lournal 
für die Bot, Band. 2. St. I. 1801. pag. 
9 103 N 


90 


befeftiget bleiben.) Der gegliederte 
Ring ziehet ſich alsdann, vermoͤge ſeiner 
Spannkraft, wechfeisweife zuſammen und 
erweitert ſich wieder. Durch dieſe Be⸗ 
wegung werden die an deſſen beiden End⸗ 


ſpitzen ſitzenden Halbkugeln wechſelsweiſe 


einander genähert und wieder von einan⸗ 
der entfernet, bis die Halbkugeln ſich 
ihrer Fruchtkoͤrner voͤllig entlediget haben. 


Bei den Gewaͤchſen dieſer Ordnung be- 


merket man, daß die Wedel (frondes) 


im juͤngeren Zuſtande von der Spitze 


nach der Baſis einwaͤrts zuſammen ge⸗ 
rollet find und bei der erſten Entwicke⸗ 
lung derſelben entdecket man, mit Huͤlfe 
der Vergroͤßerungsglaͤſer, vorzüglich an 
den Ribben und Adern, zerſtreute, kurz⸗ | 


geſtielte oder ſtielloſe, rundliche oder ei⸗ 


foͤrmige, druͤſenaͤhnliche Koͤrper, welche 


Hedwig *) fuͤr die maͤnnlichen Be⸗ 
fruchtungswerkzeuge dieſer Gewaͤchſe 


haͤlt. Man entdecket ſie aber zu einer 
Zeit, wo ſich die weiblichen Befruch⸗ 


i e oder der Eierſtock, noch 


nicht 


) um ſich e in Ermangelung einer 


"Selofunterfuchung, einigen Begriff zu machen, 
ſehe man J. F. Hoffmann Tabula I!y- 
nopt. Filicum in Roemer und Ulteri 


Magazin für die Botanic Stück 9. wo 


verſchiedene dieſer Fruchtkapſeln abgebildet ſind. 


) Hedwig Theoria 1 et fructiſic. 


ed. 2. pag 82. e Tab, . 


91 


nicht entwickelt haben und wenn ſich die 
erſten Spuren derſelben zeigen, ſo ſind 
dieſe vermeintlichen männlichen Befruch⸗ 
tungswerkzeuge ſchon ganz verſchwunden. 
Die Stielchen, worauf bei verſchiedenen 
Arten dieſer Familie die rundlichen Kör- 
per ſitzen, ſcheinen vielmehr Ausduͤn⸗ 
ſtungskanaͤle zu ſeyn, durch welche ſich 
das Gewaͤchs in dieſem Alter der uͤber⸗ 
flüfftgen Feuchtigkeiten entlediget und die 
Koͤrper ſelbſt aus der abgeſonderten 
und an der Luft verdickten Jeuchtigkeit 
ihren Urſprung zu haben. In dem aͤlte⸗ 
ren Zuſtande dieſer Gewaͤchſe entdecket 
man auf der Ruͤckſeite der Blätter haͤu⸗ 
fige Spaltoͤffnungen, welche einige Pflan⸗ 
zenforſcher fuͤr die Werkſtaͤtte des maͤnn⸗ 
lichen Saamens hielten. Hedwig 
aber hat ſehr ſchoͤn gezeiget, daß ſie ſich 
auch bei anderen Gewaͤchſen finden. *) 
Er ſiehet ſie daher fuͤr die Muͤndungen 
der abſondernden oder ausduͤnſtenden 
Gefaͤße an. Sie ſind aber vielmehr da⸗ 
zu beſtimmt, die Feuchtigkeiten aus der 
Luft zur Nahrung des Gewaͤchſes einzu⸗ 
ſaugen. Es iſt daher die Zurichtung zu der 
Erzeugung des maͤnnlichen Saamens bei 
Dieſen Gewächſen entweder in dem elaſti⸗ 
ſchen Ringe, oder in der Fruchtkapſel 
ſelbſt, zu ſuchen. 
6) 


* Hedwig Theor. generat. et fruet, ed. 
2. p. 88 - go. Tab. III und IV. Fig, 1 - 3. 


D) Adactyliothecae (aus dem a 
privat. aus daxrulıos der Ring und 9. 
un die Fruchtkapſel, daher mit unbe- 
ringter Fruchtkapſel). | 

Zu dieſer Ordnung gehbten die Gattun⸗ 
gen Ofınunda, Marattia, Ophyo- 
gloſſum, Lycopodium und einige an- 

dere, die uns durch die genauere Beſtim⸗ 

mung der Herren Smith *) und 
Swarz ') unter der Abtheilung Fili- 
ces exannulatae naͤher bekannt gewor⸗ 
den ſind. 

Bei den Gewaͤchſen dieser Ordnung ſitzen 
die Fruchtkapſeln theils in den Blartwin⸗ 
keln, theils ſind ſie in eine Aehre, Riſpe, 
oder Traube vertheilet und theils nehmen 

ſie den Rand oder die Ruͤckſeite des We⸗ 

dels ein. Die Fruchtkapſeln ſind rund⸗ 
lich, bei einigen Nierenfoͤrmig, geſtielt 
oder ſtiellos und oͤffnen ſich, bei der voll⸗ 
kommenen Reife der Fruchtkoͤrner, ent⸗ 
weder der Quere oder der Laͤnge nach, in 
zwei oder drei regelmaͤßige Klappen (Cap- 
lula bi- ſeu trivalvis) deren Spalt 
entweder nur zur Hälfte oder bis an den 

Grund ſich erſtrecket. Auf allen Fall 

bleiben aber die Klappen, deren Raͤnder 
un fi Ind in ee mit einander 


ſtehen, 


9970 Roem er htp für die Bot. Band 1. 
St. 2. pag. 37. leg. 
15 80 Journal für die Bot. Band 
„Sk. 1 ROT pag. 103. leg, 


93 


? ſtehen, auch ſelbſt alsdann Pre wenn 
die Fruchtkoͤrner ſie verlaſſen haben. 
Auch findet man an denſelben keine 
Spur eines gegliederten, elaſtiſchen Rin⸗ 
ges welcher ihnen auch bei der Art, wie 
fie ſich öffnen, uͤberfluͤſſig ſeyn würde. 

Die Zurichtung zu der Erzeugung des maͤnn⸗ 
lichen Saamens ſcheinet bei dieſen Ge⸗ 
wuaͤchſen offenbar in den Fruchtkapſeln 
ſelbſt und nicht in andern 9 00 des Ge⸗ 
woͤchſes, ihren Sitz zu haben. Die eifoͤr⸗ 
migen druͤſenartigen Körper, welche Hed- 
wig an den fangen Seuchtkapſeln des 
Ophyogloſſum vulgatum ſo haͤufig 
beobachtete ) ſcheinen die Wahrſchein⸗ 
lichkeit dieſer Vermuthung zu beſtaͤtigen, 
da man ſie aber noch nicht bei mehreren 
Gewaͤchſen dieſer Art gefunden hat, ſo 
geben ſie wenigſtens keinen allgemeinen 
Beweis für dieſe Meinung ab. Die 
vielblaͤtterigen Knoſpen, die man bei 
einigen Arten der Gattung Lycopodium 
in den Blattwinkeln beobachtet, welche 
wie reife Fruͤchte abfallen und Wurzel 
ſchlagen, hielt Hedwig fuͤr die maͤnnli⸗ 
chen Befruchtungswerkzeuge. ) Da fie 
aber nicht bei allen Arten dieſer Gattung 


ge⸗ 


*) Hedwig Theor. generat. et fructiſic. 
ed. 2. pag. 91 93. Tab. IV. Fig. 4 7. 


1) Hedwig Theor. generat. et fruct. a, 
a. O. pag. III - 116. Tab. IX. 


94 


gefunden werden, die ubrigens in dem 


Baue ihrer Fruchtkapſeln mit einander 
uͤbereinkommen, ſo kann man ſie, we⸗ 
nigſtens nicht allgemein dafür annehmen. 


a Peltothecae (aus reAry ein Schild 


und dyn) die Fruchtkapſel, daher mit 
ſchildfoͤrmigen Kapſeln (Capfulae 
peltatae). Zu dieſer Ordnung gehoͤ— 
ren die Arten der Gattung Equiſel run. 


Dieſe Gewaͤchſe haben einen gegliederten 


Wedel (krons) oder Schaft (Scapus) 


deſſen Glieder am Grunde mit einer 
Scheide umkleidet ſind. Er traͤgt auf 


der Spitze eine keulenfoͤrmige Fruchtaͤhre, 


welche aus mehreren ſchildfoͤrmigen, 


rundlich = vieleckigen, kurzgeſtielten 


Fruchtkapſeln zuſammen geſetzet iſt. Die⸗ 
ſe Fruchtkapſeln find mit vier bis fieben 
Möhren verſehen, die mit den Stielchen 


der Fruchtkapſeln eine gleiche Richtung 


haben, an der inneren Seite ſich der 


Länge nach oͤffnen und denen reifen 
Fruchtkoͤrnern einen Ausweg verſchaffen. 
Die Fruchtkoͤrner ſind rundlich und am 
Grunde mit vier elaſtiſchen, ausgebrei⸗ 


teten, fadenförmigen Auswuͤchſen verſe⸗ 


hen, die zwei und zwei an Grunde in ei⸗ 


nen Körper ſich vereinigen, in ſpatelfoͤr⸗ 


migen, ſtumpfen Spitzen ſich endigen und 
mit pulverartigen Koͤrnchen beſtreuet ſind. 


Man entdecket aber an den ſpatelfoͤrmi⸗ 
Endungen kein zelliges Gewebe, oder 


Oef⸗ 


95 


Oeffnungen. Wenn man dieſe faden⸗ 
foͤrmigen Koͤrper anfeuchtet, ſo winden 
ſie ſich um das Fruchtkorn zuſammen: 
ſo bald ſie aber trocken werden, breiten 
fie ſich mit einer gewiſſen Schnellkraft 
wieder aus. Sie erzeugen ſich zugleich 
mit dem Fruchtkorne und begleiten daſ⸗ 
ſelbe bei ſeiner vollkommenen Reife, aus 
der Fruchtkapſel. Hedwig, welcher 
die Fruchttheile dieſer Gewaͤchſe ſehr 
ſchoͤn abgebildet hat, ) hält dieſe faden⸗ 
foͤrmigen Koͤrper fuͤr die maͤnnlichen Be⸗ 
fruchtungswerkzeuge. Sie ſcheinen aber 
von ihrer erſten Entſtehung, oder doch 
wenigſtens bei der vollkommenen Reife 
der Fruchtkoͤrner, dazu beſtimmt zu ſeyn, 
daß ſie die Stelle elaſtiſcher Hebel ver⸗ 
treten ſollen, durch deren wurmfoͤrmige 
Bewegung die reifen Fruchtkoͤrner aus 
der Fruchkapſel, aus welcher ſie, vermoͤge 
ihrer horizontalen Richtung, ohne eine 
ſolche Huͤlfe nicht hervorgehen konnten, 
hervor getrieben werden. Wahrſchein⸗ 
lich wird vorzüglich in den Fäden und 
nicht in den ſpatelfoͤrmigen Endſpitzen 
der maͤnnliche Saame zubereitet, welcher 
bei dem Eintritte der Wei 
periode ausdunſtet und die Befruchtung 
in der verſchloſſenen Fruchthuͤlle vollen⸗ 
det, nach vollendeter Befruchtung aber 
ein⸗ 
460) Hedwig Theor. generat, et fructifig, 
“ed, 2; pag. 83, leg. Tab. I. II. 


96 


eeintrocknet und auf der Oberfläche dieſer 
Korper in der Geſtalt wachsartiger, pul⸗ 
veraͤhnlicher Koͤrnchen erſcheinet. We⸗ 
nigſtens Fonnen dieſe Koͤrnchen nicht mit 
dem Saamenſtaube (Pollen anthera- 
rum) der 1 0 Gewaͤchſe 
verglichen werden. 


cla. III. Mufei (Moose) 


Die Moofe haben entweder einen Sten⸗ 
gel mit hautartigen Blaͤttern verſehen; oder 
ſie beſtehen nur aus fleiſchigen, lappigen, ein⸗ 
fachen, oder getheilten Blaͤttern. Die Blaͤt⸗ 
ter der Mooſe ſind mit einem netzfoͤrmigen Ge⸗ 
webe durchwirket und außer de Gewebe 
findet man nur in den Ribben geſtreckte Ge⸗ 
faͤße. Sie haben die Eigenſchaft, daß fie, 
wenn ſie auch mehrere Jahre getrocknet auf: 
bewahret ſind, im Waſſer ſich wieder auffri⸗ 
ſchen und in einen es lebendigen ähnlichen 
Zuſtand verſetzen laſſen. 

Bei den Mooſen finden ſich außerhalb 


den Fruchtkapſeln beſondere organiſche Theile, 


die man nach Hedwigs Meinung fuͤr die 
maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge haͤlt, deren 
Endzweck bei dem Begattungsgeſchaͤfte aber 
nicht wenigern Zweifeln unterworfen iſt, als 
bei den Gewaͤchſen der vorigen Klaſſe. Nach 
dieſer Meinung ſollen ſich bei dieſen Gewaͤchſen 
Zwitterbluͤthen und Bluͤthen mit getrennten 


Geſchlechtern, entweder W derſelben e | 


5 oder 


oT 


oder auf verſchiedenen Pflanzen derfelben Art 
nden. 
t Der größte Theil dieſer Gewaͤchſe hat 
eine haubenfoͤrmige Fruchtdecke, welche die 
Fruchtkapſel, bis zu der herannahenden Reife 
der Fruchtkoͤrner, umhuͤ llet und daher auch 
Calyptra genannt wird; andern dagegen 
fehlet dieſe haubenartige Huͤlle. Einige der⸗ 
ſelben haben eine buͤchſenartige Fruchtkapſel N 
welche ſich oben mit einem Deckel öffnetz an⸗ 
dern dagegen fehlet dieſer Deckel und ſie oͤffnen 
ſich auf eine andere, verſchiedene Art. Auf 
die Gegenwart und den Mangel eines ſolchen 
Deckels gruͤnden ſich die beiden Ordnungen 
dieſer Klaſſe. 

a) Operculati (Mit einer Deckel - Kapſel 
Dieſe Ordnung ſchlieſet die ſo genann⸗ 
ten Laubmooſe (Mulci frondoſi) in 
ſich, durch deren genauere Unte rſuchung 
und Beſtimmung ſich Hedwig vorzuͤg⸗ 
lich verdient um die Botanik gemacht 
hat. ) Sie haben alle einen kuͤrzeren 
oder längeren, mit hautartigen Blaͤttern 

be⸗ 


#2) Brian Hedwig fundamentum hif- 
toriae naturalis mufcorum frondoſorum. 
Lipſiae 1782. Vol. I. II. 410. Defcriptio 
et adumbratio muſcorum frondolorum, 
Lipfiae 1787 1797. Vo Kol, 
Theoria generationis et fructificationis 
plantarum eryptogamicarım Linnei Edit. 

2. Lipliae 1798. 4to. Species mufcorum 
frondolorum, opus polihumum Curante 
Fri d. e a 1801. 4to. 


0 


beſetzten Stengel 1 60 der bald einfach, 
bald aͤſtig iſt. 

Eutweder an der Seite des Stengels in den 
Blattwinkeln, oder an deſſen Spitze, er⸗ 
zeugen ſich die Fruchtkapſeln, die am 
Grunde mit mehreren hautartigen Blaͤt⸗ 
tern un mgeben find, welche dichte über ein⸗ 
ander I iegen, eine Scheide bilden, die die 
Stelle einer gemeinſchaftlichen Huͤlle 
vertritt und mehrere Fruchtknoten oder 
Eierſtoͤcke einſchließen, wovon aber bei 
den mehreſten Gewaͤchſen dieſer Familie 

nur einer zur Vollkommenheit kommt. 
Dieſe gemeinſchaftliche Huͤlle wird Peri⸗ 
cligetium genannt. Ueberdem aber hat 
ein jeder Fruchtknoten noch ſeine eigene 
Bedeckung, die aus einer zarten, durch⸗ 
ſichtigen Haut beſtehet, die ihn von allen 

Sceiten umhuͤllet, ihren Urſprung aus dem 
Fruchtboden erhält und Calyptra ge⸗ 

nannt wird. Die Fruchtkapſeln der 

Laubmooſe ſitzen auf einem kuͤrzeren 

oder laͤngeren Stiele (Seta). Nach vol⸗ 
lendeter Befruchtung und dem zunehmen⸗ 
den Wachsthume des Fruchtknotens erhe⸗ 

1 vermoͤge der zunehmenden Ver⸗ 

| laͤng⸗ 


8) Nur eine einzige Pflanze dieſer großen na⸗ 
tuͤrlichen Familie macht hiervon eine Ausnah⸗ 
me, nemlich die Bux baumi a aphylla, 
die weder einen Stengel, noch Blätter hat, 
ſondern der Fruchtſtiel nimmt unmittelbar 
aus der Wurzel feinen Urſprung. 


99 


laͤngerung des Fruchtſtieles, die junge 
Kapſel, die beſondere Bluͤthendecke wird 
dadurch am Grunde losgeriſſen, mit der 
Kapſel in die Hoͤhe gehoben und dienet 
derſelben, bis zu der herannahenden Reife 
der Fruchtkoͤrner, in der Geſtalt einer 
oberwaͤrts mehr oder weniger zugeſpitzten 
Muͤtze oder Haube, zur Bedeckung. Die 
Kapſeln dieſer Gewaͤchſe ſind entweder 
ruͤndlich, laͤnglich oder eifoͤrmig und oben 
mit einem Deckel (Operculum) verſchloſ⸗ 
fen. Da, wo der Deckel anſchließet, iſt 
die Fruchtkapſel gleichſam mit einer Linie 
umſchnitten. Der Deckel iſt oben mit 
einer kuͤrzeren oder laͤngeren Spitze ver⸗ 
ſehen, die ſich in den oberen Theil der hau⸗ 
benartigen Bluͤthendecke erſtrecket. Bei 
der Reife der Fruchtkoͤrner trennet er ſich 
in ſeinem ganzen Umkreiſe von der Kap- 
ſel und fällt ab. ) Alsdenn gehen die 
Fruchtkoͤrner hervor und die Kapſel hat 
voͤllig das Anſehen einer Buͤchſe. Die 
n Ee 912 Muͤn⸗ 


29) Die Arten der Gattung Phalcum find 
zwar mit einem Deckel verſehen, der Deckel 
trennet ſich aber nicht von der Fruchtkapſel, 
ſondern ſie bleibet durch denfelben verſchloſſen. 
Die Art wie die Fruchtkoͤrner bei bieſen Ge— 
waͤchſen einen Ausweg erhalten, iſt noch nicht 
bei allen Arten hinlaͤnglich bekannt. Der 

Deckel machet ſich bei den Gewaͤchſen dieſer 


Gattung durch einen ringfoͤrmigen Abſatz 
kenntlich. | 


\ 


100 


Muͤndung der Kapſeln (Periſtoma 10 6 


Periſtomium) iſt entweder nackt und 
glatt, oder mit Haaren und Zaͤhnen von 


verſchiedener Geſtalt, Anzahl und Rich⸗ 
tung, bekraͤnzet. 


| A auf derſelben Pflanze mit dem Frucht 
klapſeln und theils auf getrennten Pflan⸗ 


zen derſelben Art, entweder zur Seite in 


den Blattwinkeln, oder an der Spitze 


der Stengel, bemerket man zu gewiſſen 
Zeiten bei dieſen Gewaͤchſen knoſpenartige 
Auswüchſe, die aus hautartigen Blaͤt⸗ 


2 


tern beſtehen. Sie haben größtentheils 
das Anſehen einer Blattknoſpe, bei eini⸗ 
gen aber, vorzuͤglich wenn ſie an der 
Spitze des Stengels ſitzen, gleichen ſie 


einer Sternbluͤthe ). In dieſen kno⸗ 
ſpenartigen Auswüchſen entdecket man 
mit Huͤlfe eines guten Vergroͤßerungsgla⸗ 


ſes, Baͤlglein von verſchiedener Geſtalt, 
Anzahl, Farbe und Richtung, die auf 
Türzeren oder längeren Stilchen fi itzen, 
ein koͤrniges Weſen enthalten und an der 
ſtumpfen Spitze mit einer Oeffnung ver- 
ſehen find, durch welche, wenn Re von 
einer waͤſſerigen Feuchtigkeit gereizet wer⸗ 
den, die enshaltenen SAT bee 
hen 


77 5 Das deutlichſte Beiſpiel e einer Stanibränge 


dieſer Art ſowohl, als Überhaupt auch zu der 
Unterſuchung der verſchiedenen Theile der Laub⸗ 


mooſe, giebt uns das gemeine Hat eos, | 


Polytry chum commune. 


101 


hen. Sie ſind mit dee durchſich⸗ 
tigen Saftfaͤden umgeben. Dieſe Baͤlg⸗ 
lein hielt Hedwig fuͤr die maͤnnlichen 
Befruchtungswerkzeuge der Laubmoſe und 
nannte fie daher Sper matocyflidia. 
Die mehreſten der neueren Pflanzenfor⸗ 
ſcher ſcheinen dieſer Meinung beizu⸗ 
pflichten. Gaͤrtner erhob dagegen 
wichtige Zweifel, die bis jetzt noch nicht 
berichtiget ſind, welche ich aber wegen 
der engen Grenzen dieſer Anweiſung 
hier nicht mittheilen kann. Ich verweiſe 
daher einen jeden auf das vortreffliche 
Werk des Verfaſſers felbft *) oder auf 
den Auszug, den Herr Borkhauſen 
unter dem Worte Mooſe uns davon 
geliefert hat.) Gaͤrtner iſt der 
Meinung, daß die haͤufige Vermehrung 
dieſer Gewaͤchſe auf eine doppelte Weiſe 
bewirket werde, nemlich durch wirkliche 
Fruchtkoͤrner und durch Knoſpenkeime 
( Propagines). Die Erzeugung der 
Fruchtkoͤrner nach einer vorhergegangenen 
Befruchtung, findet in der buͤchſenartigen 
Kapſel Statt und die Zurichtung zu der 
Erzeugung und Abſonderung des maͤnn⸗ 
lichen eee iſt, nach Gaͤrtners 
Mei⸗ 


23) Tolgnhi Gaertner de e et 
feminibus plantarum Vol. I. Introduct. pag. 
23 25. 33 36. 

%% M. B. Bor khaulen botaniſches Wöer⸗ 
terbuch, Band 2. Seite 20 — 25. 


| ur 


Meinung, in dem Deckel eee zu 
ſuchen. Die Erzeung der Knoſpenkeime 
gehn aber in den Baͤlglein der knoſpen⸗ 

artigen oder ſternfoͤrmigen Hüllen vor 

ſich, die Hedwig fuͤr die maͤnnlichen 

Befruchtungswerkzeuge hielt. Ein paar 

0. zufällige Beobachtungen, die ich zu ma⸗ 

chen Gelegenheit hatte und bei einer an⸗ 

deren Gelegenheit mittheilen werde ) 

ſcheinen ſehr fuͤr Gaͤrtners Meinung, 

in Abſicht der Erzeugung der Knoſpen⸗ 
keime in den Baͤlglein, zu zeugen. 

Zu dieſer Ordnung gehoͤren alle die Gattun⸗ 
gen der Laubmooſe, die der Herr Praͤſ. 
von Schreber in ſeiner Ausgabe der 
Generum Plantarum Lirmei in der 
Ordnung Mufei von Nr. nos si 1600. 
aufgezaͤhlet hat. 

60 Ezoperoulati, Mir deteltofen 
Kapfeln) 

Zu dieſer zweiten Ordnung: gehören 
die Wake Andreaea **) Porel- 
| la 


23). Neue Beitraege 1 Botanic Theil 2. 


%% Roth Flora Germanica Tom. 3. Pars 
HERE 74 Neue l’eitraege zur Bot, Th. 
1. pag, 232, Hedwig Species Mulcorum 
En ja 47 Diele Gattung, welche 
Ehrhart ‚Beitraege Band 1. pag. 15. und 
192. zuerſt beſtimmte, machet den Uebergang 

der vorigen Hrdnung zu biefer, Die beiden 
Arten derſelben, die uns bis jetzt bekannt find, 
haben 


| 103 


la ?°). Inng germannia, Anthoceros, 
| rn . Targionia, ‚Blafıa, 
Riccia und (Sphaerocarpos, u. 

Ä Die 


14 5 * 
haben voͤllig das Anſehen eines Laubmooſes 
und kommen auch groͤßtentheils in dem Baue 
ihrer Bluͤthen⸗ und Fruchttheile mit den Laub⸗ 
mooſen uͤberein, zu welchen ſie auch Hedwig 
a. a. O. gezaͤhlet hat. Ihnen fehlet aber der 
Deckel (Operculum) der Fruchtkapſel. Sie, 
oͤffnet ſich vielmehr bei der Reife ihrer Frucht⸗ 
koͤrner in vier regelmäßige Klappen. Die vier 
Klappen ſind an der Spitze, mittels des 
Saͤulchen (Columnula) Weiche ſich in die⸗ 
ſelbe erſtrecket, in einen Punkt zuſammen ge⸗ 
klebet und trennen ſich alsdann erſt gaͤnzlich 
von einander, wenn die Fruchtkoͤrner alle die 
Fruchtkapſel verlaffe haben. Hedwig hielt 
dieſen Vereinigunspunkt der Klappen für den 
Deckel und die vier Klappen für die vierzaͤhnige 
Muͤndung der Kapſel, und glaubte an dieſen 
Kapfeln denſelben Bau wahr zu nehmen, den 
man an den Laubmooſen fo häufig beobachtet. 
Aber wir finden bei den Laubmooſen eben ſo 
wenig, daß der Deckel auf der Spitze der 
Mundzaͤhne ſitzet (er ſchlieſet vielmehr dieſelben 
ganz ein) als da ß derſelbe ſich mit den Zähnen 
gleiche Theile theile. Was Hedwig für 
die eigentliche Kapſel haͤlt, iſt ein leerer An⸗ 
ſatz (Apophylis) welcher dem Säulchen zur 
Grundlage dienet und vielleicht auch der S 
der maͤnnlichen Saameng ‚fälle iſt. Nach 
Verſchiedenheit der Luft, je nachdem ſie feucht 
oder trocken iſt, ziehen ſich die Klappen zuſam⸗ 
men und erweitern ſich wieder. Dieſes hängt 
von dem Saͤulchen ab, je nachdem ſich daſſelbe 
vermoͤge ſeiner Spannkr. aft, verlängert oder 
\ | ver⸗ 


En 


15 0 Pan 


104 


Die Gewaͤchſe dieſer Ordnung haben 
theils einen kuͤrzeren oder ein laͤngeren, 
eee oder aͤſtigen mit hautartigen 

Blattern beſetzten Stengel; oder fie bil⸗ 
den fleifchige, zuweilen faſt lederartige, 
einzelne oder vielfach getheilte und lappi⸗ 
ge Blaͤtter, von verſchiedener Geſtalt, 
die oft auf der untern Seite mit haarfoͤr⸗ 

migen Wurzeln verſehen ſind, welche ſich 
in die Erde, oder das Waſſer erſtrecken. 

Theils an der Spitze des Stengels, oder an 
der Seite, auch zuweilen am Grunde 
deſſelben, in den Blattwinkeln, theils in 
dem Blatte ſelbſt er; zeugen ſich Frucht⸗ 
kapſeln. Einige haben eine aus mehre⸗ 
ren e zufammengefeßte, oder ein⸗ 
I blaͤt⸗ 


verkuͤrzet und dieſe wechſelſeitige end 
die durch die Befchaffenheit der Luft modificiret 
wird, ſcheinet dazu beſtimmt zu ſeyn, daß die 
Fruchtkoͤrner, die an der inneren Seite der 
Klappen ſitzen, ſich allmaͤhlig loͤßen und abfal⸗ 
len. Da die Fruchtkapfeln dieſer Gewaͤchſe 
alſo keine Spur eines Deckels haben, fo ges 
hoͤren ſie auch in dieſe una för in die 
vorige Ordnung. W 


25) Die Porrella, die uns nur durch Dil 
lens Beſchreibung und Abbildung (Hiſtoria 
Mulcorum p. 459. Tab. 68.) bekannt iſt, 
ſcheinet den Laubmooſen dem aͤußern Baue 
nach fehr nahe zu kommen, fie har aber nach 
deſſen Jeugniß weder eine befondere Fruchtdecke 
(Calyptra) noch eine Deckel Kapfel. Die 
Früchtkopfel offnet ſich vielmehr durch verſchie⸗ 
dene Settenöfnungen. 


105 10 


blaͤtterige Bluͤthenhuͤlle; anderen eden 
fehlet dieſelbe und die aͤußere Haut des 
Gemwaͤchſes vertritt deren Stelle. Bei 
dem groͤßten Theile aber iſt der Frucht⸗ 
knoten oder Eierſtock in einer beſonderen 
Bluͤthendecke (Calyptra) verhuͤllet, ) 
die aus einer zarten, durchſichtigen Haut 
beſtehet, und bei dem zunehmenden 
Wachsthume der jungen Kapſel, entwe⸗ 
der mit derſelben in die Hoͤhe gehoben 
wird und deren obern Theil bis zu der 
Reife der Fruchtkoͤrner bedecket; oder am 
Grunde ſitzen bleibet, ſich an der Spitze 
oͤffnet und durch dieſe Oeffnung die junge 
Kapſel durchlaͤſſet. Die Kapſeln diefer. 
Gewaͤchſe ſind entweder laͤnglich, rund, 
ſtern⸗ oder eifoͤrmig. Einige derſelben 
ſitzen auf einem Stiele (leta), andere ſind 
dagegen unmittelbar an dem Fruchtboden 
befeſtiget, und wieder andere ſind in die 
Subſtanz des Gewaͤchſes eingeſenkt und 
liegen in derſelben bis zu der Reife ihrer 
Fruchtkoͤrner, von der aͤußeren Haut be⸗ 
becker, verborgen. Sie oͤffnen ſich theils 
mit vier oder zwei Klappen, theils mit 
Zaͤhnen und theils mit einer ſchlichten, 
in heike Mündung. 115 Die Frucht⸗ 
koͤr⸗ 


390 Denen Had ge Porella, Riccia 

und Sphaerocarpos fehlet fie. 
) Die Fruchtkapſel der Gattung Porella 
fen nach Dillen ius ſich mit mehreren Muͤn⸗ 
dungen 


106 


koͤrner find rund und bei einigen an ge» 
wundenen oder ungewundenen Fäden 
befeſtiget, mit welchen ſie aus der apfel 
hervorgehen. 
Noch der Verſchiedenheit der Gewächſe die⸗ 
ſer Ordnung beobachtet man außer den 
Fruchtkapſeln auch verſchiedene beſondere 
N Vorrichtungen, als eifoͤrmige oder runde 
Baͤlge in beſonderen Becherchen, die in 
de Subſtanz des Gewaͤchſes eingeſenket 
ſind, oder in ſchildfoͤrmigen Gehaͤuſen, 
ſtaubige oder koͤrnige Knoͤpfchen entweder 
auf der oberen Flaͤche, am Rande oder 
an der Spitze der Blätter, oder auf 
beſonderen Stielchen, die man fuͤr 
die maͤnnlichen Befruchtungswerkzeuge 
halt. 1750 Aber 2 bei diefen Gewaͤch⸗ 
0 „ ſen 
dungen öffnen. Bei der Blafi ia Arge fie 
ſich in eine Röhre, die ſich oben mit einer 
ſtumpfen Muͤndung öffnet. Bei der Riccia 
1 öffnet fie. ſich mit einer Spalte. Die Kapſeln 
der Jungermannien und der Andrea en 
Öffnen: ſich mit vier Klappen und die Ans 
1 thoceroten mit zwei Klappen. Die Tar⸗ 
gionie und die Marchantien haben Kap⸗ 
1 ſeln, die ſich mit vier bis acht Zaͤhnen oͤffnen. 
1 5 Dieſe organiſchen Körper, welche für die 
maͤnnlichen Velruchtungs werkzeuge gehalten 
werden, bilden bei den Jungermannien 
förnige Knoͤpfchen von verſchiedener Farbe, 
auf beſonderen Stielchen oder an der Ober⸗ 
flaͤche der Blätter, Bei den 1 4 
| I aben 


387 


ſen ba Gärtner und andere 29) den 
Endzweck dieſer Theile bei den Befruch⸗ 
tungsgeſchaͤfte, bezweifelt und halten fie 
vielmehr für Behaͤltniſſe der Knoſpen⸗ 
keime. Einige Gewaͤchſe dieſer Ord⸗ 
nung geben uns allerdings einen offenba⸗ 
ren Beweis, daß je einfacher ſie in ihrem 
Baue werden, deſto mehr auch bei ihnen 
das Beduͤrfniß zunehme, ſich zugleich 
auch durch Knoſpenkeime zu vermehren. 9989 
Hall. 


b Be fe- e eine a Aehnlichkeit mit den 
Fruchtkapſeln und ſind auch mit einer haut⸗ 
artigen Huͤlle am Grunde verſehn. Sie bilden 
Behaͤltniſſe von verſchiedener Geſtalt, die einen 
hautartigen Rand haben und birnfoͤrmige 

Bälge enthalten, welche ſich oͤffnen. Bei der 
Targionie ſind es zuſammengeknaͤuelte, faſt 
cylindriſche Baͤlgchen, an der Spitze der Blaͤtter 

oder deren Lappen. Bei den Anthocero⸗ 
ten bilden fie Becherchen, die in die Sub» 
ſtanz der Blättern eingeſenket find und am 

Grunde eifoͤrmige Baͤlgchen enthalten. Bei der 
Blaſie und den Riccien bilden fie rund» 
liche Baͤlgchen in der Subſtanz des Gewaͤch⸗ 

ſes, die ein koͤrniges Weſen enthalten und bei 

Sphaͤrocarpus find es ähnliche Baͤlgchen 
in der ſchleimigen Subſtanz des Gewaͤchſes. 


9 Gaertner de kructibus et leminibus 
plantarum Vol. 1 Introduct. p. 19 - 23. 
e botaniſches Wötte buch Band 

Seite 23 — 28. 


1 50 Bei verſchiedenen Arten der Gattung Mar- 
chantia beobachtet man außer den beſchrie⸗ 
benen Theilen ſchon mu bloßen Augen becher⸗ 

. aut 


108 


Claff. IV. Algae. (Algen oder krypto⸗ 
gamiſche Waſſergewächſe. \ 
Linne rechnete unter die Ordnung dieſes 

Namens in der vier und zwanzigſten Klaſſe 

ſeines Pflanzenſyſtems auch die flechtenartigen 

Gewaͤchſe (Lichenes). Da dieſe aber in dem 

Baue ihrer Fruchttheile mit den Schwaͤmmen 

nahe verwand ſind, ſo koͤnnen ſie auch in die⸗ 

fer Klaſſe nicht fuͤglich einen Platz finden. 

Aus dieſen Gruͤnden behandelte ich auch die 

Algen, die ich unter dem teutſchen Namen 

kryptogamiſche Waſſergewaͤchſe be⸗ 

arbeitete, 3) als eine eigene, von jenen ge⸗ 

trennte Familie. 0 
Das Waſſer iſt das Element, welches 

dem groͤßten Theile dieſer Gewaͤchſe zum Auf⸗ 

enthalte angewieſen iſt und diejenigen, die auſ⸗ 
ſer dem Waſſer wachſen, beduͤrfen wenigſtens 
einer anhaltenden naſſen Witterung zu ihrem 

Wachsthume. Die Algen weichen von allen 

N der eee Klaſſen darin 


artige Hebeln, die denen vermeintlichen 
mannlichen Becherchen der Anthoceroten gleis 
chen, welche in die Subſtanz des Blattes eins 
geſenket ſind und mehrere linſenfoͤrmige gruͤne 
Baͤlge enthalten. Schmiedel, Hedwig 
und alle ihre Nachfolger nehmen dieſe linſen⸗ 
foͤrmige Körper für die Behaͤltniſſe der Kno⸗ 
ſpenkeime, oder für die Knoſpenkeime ſelbſt, an. 
a) Bemerkungen über das Studium der 
cryptogamilchen Wallergewächle von A. 
W. Roth, Hannover 1797. 8vo. 


109 


ab, daß derjenige Theil, welchen wir mit dem 
Namen Wurzel bezeichnen, bei ihnen in 
Abſicht ſeines Baues und Endzweckes ganz 
verſchieden ſey, wenn er gleich bei einigen 
wenigen, den aͤußern Anſehen nach, einige 
Aehnlichkeit zeiget. Bei den Algen bildet die⸗ 
ſer Theil eine harte, knorpelartige, groͤßten⸗ 
theils ſchildfoͤrmige und ungetheilte Fläche, 
welche bei der erſten Entwickelung des Frucht⸗ 
korns einem, mit einer Vertiefung verſehenen, 
Waͤrzchen gleichet, aus deſſen Mitte die junge 
Pflanze hervorgehet. Dieſes Waͤrzchen ſchei⸗ 
net bei den Algen das zu ſeyn, was bei den 
vollkommeneren Gewaͤchſen der Mut terkuchen 
(Cotyledon) iſt. Dieſer Theil unterſcheidet 
ſich aber von den Cotyledonen der uͤbrigen Ge⸗ 
waͤchſe dadurch, daß er durch das ganze Leben 
des Gewaͤchſes ausdauernd bleibet und der 
Pflanze zur Grundlage dienet. Mit Huͤlfe 
eines klebrigen Schleims, welchen entweder bei 
der erſten Entwickelung das Fruchtkorn abfon- 
dert, oder welcher daſſelbe aus der Mutter⸗ 
pflanze begleitet und umgiebt, wird das Waͤrz⸗ 
chen auf fremden dichteren Koͤrpern gleichſam 
feſtgeleimet und dadurch erhaͤlt die junge Pflan⸗ 
ze zu ihrer weiteren Entwickelung einen Ruhe⸗ 
und Befeſtigungspunkt. Schon das ungleiche 
Verhaͤltniß dieſes Theiles gegen das ganze 
Gewaͤchs verraͤth es, daß derſelbe mit den 
Wurzeln der uͤbrigen zu der Herbeiſchaffung 
des noͤthigen Nahrungsſaftes nicht einen glei⸗ 
chen e 00 Man entdecket uͤberdem 
il ON 


an demſelben keine Spur eines beſondern orga⸗ 
niſchen Baues, vielweniger entdecket man ein⸗ 
ſaugende Roͤhren oder Muͤndungen, durch deren 
Hülfe derſelbe aus dem Koͤrper, auf welchem 

er befeſtiget iſt, Nahrung an ſich ziehen koͤnnte. 
Was denen Algen dadurch, als ein nothwen⸗ 
diges Beduͤrfniß bei den übrigen Gewaͤchſen, 
abzugehen ſcheinet, wird dadurch erſetzet, 
daß ihre ganze Oberflaͤche mit einſaugenden 
Oeffnungen verſehen iſt, durch welche ſie die 
noͤthige Nahrung aus dem Elemente, das ſie 


bewohnen, an ſich ziehen. Daher laſſen ſich 


dieſe Gewaͤchſe oft ſo bald im Waſſer wieder 
auffriſcheu, wenn fie auch fchon mehrere Jahre 
trocken lagen. Sie wachſen theils in ſuͤßen, 
theils in ſalzigen Waſſer und weichen in Abſicht 
ihrer Geſtalt, Subſtanz, Groͤße, Farbe und 
der Lage ihrer Fruchttheile ſehr von einander ab. 
Dem groͤßten Theile der Algen ſpricht 
Gärtner ) ein Befruchtungsvermoͤgen 
und wirkliche, durch eine Begattung erzeugte, 
Sruchtförner ab, weil man an dieſen Gewaͤch⸗ 
ſen, außer den Köbnchen, die er fuͤr Knoſpen⸗ 
keime hält, keine beſondere organiſche Theile 
entdecket, denen man die Eigenſchaft maͤnnli⸗ 
cher Geſchlechtstheile zuſchreiben koͤnnte. Da 
aber der groͤßte Theil dieſer Gewaͤchſe unter 
dem Waſſer vegetiret, ohne, daß die freie Luft 
auf fe wirken kann, fo mußten auch ihre Ge⸗ 
ſchlechtstheile anders ee und die Ein⸗ 
wir⸗ 


25 Gaetrier de kruüctie et leminibus 
planiarum Vol. I. Introduct, pag. 


waͤchſen unter ähnlichen Umſtaͤnden für wirkli⸗ 


111 


wirkung der Geſchlechter auf einander mußte 
auch dem Elemente worin fie wachſen, ange 
meſſen ſeyn, wie ich dieſes ſchon an einem an⸗ 
deren Orte gezeiget habe... | 

So wahrſcheinlich es iſt, daß ein großer 
Theil dieſer Gewaͤchſe ſich auch durch Knoſpen⸗ 
feime (Propagines) vermehre, eben fo wahr- 
ſcheinlich bleibet es, daß fie auch durch eine 
Begattung erzeugte Fruchtkoͤrner hervorbrin⸗ 
gen. Der Zukunft bleibet es aber vorbehalten 
die Geenen, zwiſchen Fruchtkorn und 9 
Bi Da wir aber bei den Algen verſchiedene 
Zurichtungen wahrnehmen, welche die Verei⸗ 
nigung mehrerer Kraͤfte verrathen, als zu der 
Bildung der Knoſpenkeime gewöhnlich erfor⸗ 
derlich ſind, ſo muͤſſen wir auch die Theile, 
welche wir bei anderen kryptogamiſchen Ge⸗ 


che Fruchtkoͤrner halten, auch bei den Algen 
dafür annehmen. Wenn wir auch hier wirk⸗ 
liche Fruchtkoͤrner annehmen, fo koͤnnen auch 
die Gegenwart und Vermiſchung beider Ge⸗ 
ſchlechter nicht gelaͤugnet werden. Aber die 
Zurichtung zu der Erzeugung und Abſonde⸗ 
rung des maͤnnlichen Saamens iſt uns bei 
dieſen Senninfen nen) un bekannt. Entwe⸗ 

der 


S P 


323) ee über de Be 
gelchäft der Gewächle, in vorzüglicher 
Rückficht auf den männlichen Saamen. 
Neue. Beiträge zur Botanie Theil 1. Pag. 
24 28. 


1 


112 


der hat dieſe Zurichtung in den Fruchtkapſeln 
ſelbſt, oder, da, wo die Fruchtkeime ohne eine 
gemeinſchaftliche Bedeckung in der Subſtanz 
des Gewächſes ſich befinden, in deren Nach⸗ 

barſchaft, ihren Siß; oder ſie befindet ſich 
auſſer demſelben und wohl gar in einer von der 
weiblichen getrennten Pflanze. In dem Falle, 
wo der maͤnnliche Saame nicht in der Nach⸗ 
barſchaft der Fruchtkeime erzeuget wird, müf- 
ſen auch Mittel und Wege vorhanden ſeyn, 
die dazu behuͤflich ſind, daß der maͤnnliche 
Saame zu dem Eierſtocke gelangen und beide 
Geſchlechter ungehindert auf einander wirken 
konnen. Wenn man erwaͤget, daß das Waſ⸗ 
ſer, welches dieſe Gewaͤchſe von allen Seiten 
umgiebt, da, wo die Geſchlechter getrennet 
ſind und wohl gar in getrennten Individuen 
ſich befinden, dem Befruchtungsgeſchaͤfte die 
wichtigſten Hinderniſſe in den Weg lege, ſo 
blieb es unumgaͤnglich nothwendig, daß der 
miaͤnnlichen Saamenfeuchtigkeit vorzüglich eine 
Bedeckung gegeben wurde, welche ſie vor der 
Einwirkung dieſes Elementes ſicherte und ſie 
ungehindert zu den Fruchtkeimen gelangen 
ließe. Die männliche Saamenfeuchtigkeit iſt, 
zu Folge ihrer öligen Natur, fpeeififch leichter 
als das Waſſer und wuͤrde alſo, ſo bald ſie die 
Saamengefaͤße verließ, nach der Oberflaͤche 
des Waſſers in die Hoͤhe ſteigen, ohne jemals 
zu den Fruchtkeimen, oft tief unter dem Waſſer, 
zu gelangen, wenn ihr nicht eine Bedeckung 
gegeben ae die das Gleichgewicht ef 

aſ⸗ 


113 


Waſſer herſtellte und ſie in gleicher Richtung 
mit den Fruchtkeimen erhielt. Unter dieſen 
Umſtaͤnden blieb eine ſchleimige Subſtanz das 
ſchicklichſte Huͤlfsmittel und alle bisherige Beob⸗ 
achtungen an dieſen Gewaͤchſen ſtimmen darin 
überein, daß die Natur ſich hoͤchſt wahrſchein⸗ 
lich auch dieſes Huͤlfsmittels wirklich bedienet 
habe und zugleich mit dem maͤnnlichen Saamen 
eine ſchleimige Subſtanz erzeuget und abgefon- 
dert werde, die denſelben umgiebt und bis zu 
dem Aünſtset eue u | 


Auf die Gegenwert due den Mangel eines 
beſondern Behaͤltniſſes, worin die angenomme⸗ 
nen Fruchtkoͤrner bis zu ihrer voͤlligen Reife 
aufbewahret bleiben, gruͤnden ſich die beiden 
Ordnungen dieſer Klaſſe. 


0) e (aus 1 di Frucht⸗ 
kapſel und gro das Fruchtkorn, daher 
mit Fruchtkoͤrnern in beſondern 
Kapfeln) Zu dieſer Ordnung gehd- 
ren die Gattungen Fucus = Ce- 

ra 


34) Siehe Weist Roth neue Beiträge 
Zur Botanic, Th. I. a. a. O. 5 


| 35) N dener en über das Studium 


der Re eben Wallergewächfle, 
5 997 5 g | ' % 


114 


ramium il, und e 
mum 3). 

Die Gewaͤchſe dieſer Ordnu ng bilden ent⸗ 
weder ſtrauchartige Buͤſchel, oder eine 
ausgebreitete Haut, oder einzelne Faͤden. 

Ihrer Subſtanz nach ſind ſie theils leder⸗ 

oder knorpelartig, theils haut- oder gal⸗ 

lertartig. Ihre Farbe iſt braun oder 
ſchwaͤrzlich, roth oder gruͤn. | 

Die Fruchtkoͤrner find bei dieſen Gewachſen 
in beſonderen Kapſeln eingeſchloſſen, die 
entweder in gewiſſen angeſchwollenen, mit 
Warzenoͤffnungen verſehenen Theilen, in 
der Geſtalt kleiner Bläschen, unter der 
äußeren Haut des Gewaͤchſes verborgen 
liegen; oder ſich als beſondere Fruchtbe⸗ 
haͤltniſſe an der aͤußeren Oberflaͤche deſſel⸗ 
ben, zur Seite oder an den Endſpitzen 
der Zweige, kenntlich machen. Bei den 
Zangen (Fuci) ſitzen die Kapſeln in 
der Geſtalt kleiner Blaͤschen, gemeiniglich 

zu achten im Umkreiſe, unter den erhabe⸗ 
nen Warzenoͤffnungen. Sie enthalten 
mehrere Fruchtkoͤrner und ſind mit einer 
ſchleimigen Subſtanz ae Bei 
| i der 


3) Bach Bemerk, über das Studium der 
cryptogam. Wallergew, p. 33. Tentamen 
15 Germanicae, Tom. 3. 1 I- 


56. 
37) ) Koch Bemerkungen über 1 Stud. 
der crypt. Wallergewächle, p. 36. Tent, 
Florae Germ. Tom, 3. Pars 1. p. 480. 


115 


der Reife der Fruchtkörner zerplatzen die 
blaſenfoͤrmigen Fruchtkapſeln und die 
Fruchtkoͤrner gehen alsdann, mit der, jene 
umgebenden, ſchleimigen Subſtanz be⸗ 
gleitet, durch die Warzenoͤffnungen her⸗ 
vor. Bei den Ceramien (Cera- 
mium) und Batrachoſpermen (Ba- 
0 trachoſpermum) bilden die Fruchtkap⸗ 
ſeln runde oder laͤngliche, geſtielte oder 
anſitzende, groͤßtentheils durchſichtige Be⸗ 
haͤltniſſe, denen aber die Warzenoͤffnun⸗ 
gen fehlen. Sie enthalten ein, oder 
mehrere Fruchtkoͤrner. Vei einigen öff- 
nen fie ſich, wenn die Fruchtkoͤrner ihre 
Reife erhalten haben, und laſſen ſie von 
ſich; bei den mehreſten Arten aber fallen 
ſie ab und die Fruchtkoͤrner werden nur 
alsdann erſt in Freiheit geſetzet, wenn die 
Haͤute der Fruchtkapſeln durch die Faͤul⸗ 
niß aufgeloͤſet ſind. Die Fruchtkoͤrner 
ſind bei dieſen Gewaͤchſen rundlich. 
Aus dem Vorhergehenden erhellet, das bei 
dieſen Gewaͤchſen das Begattungsgeſchaͤft 
nicht auf dem Wege, wie bei den Land⸗ 
gewaͤchſen vollendet werden koͤnne und 
daher auch die maͤnnlichen Geſchlechts⸗ 
theile vorzuͤglich anders modifteiret ſeyn 
muͤſſen. Bei den Tangen erzeuget ſich 
bei der erſten Entwickelung der Frucht- 
blaͤschen, die die Fruchtkeime enthalten, 
ceine ſchleimige Subſtanz, welche fie um⸗ 
giebt und in der Folge die Fruchtkoͤrner 
| wa. bei 


0 


146 


bei ihrer Trennung von der Mutterpflan⸗ 


ze begleitet. Bei dieſen Gewaͤchſen ſchei⸗ 


net daher dieſe ſchleimige Subſtanz einen 
doppelten Endzweck zu haben, nemlich, 
daß fie vor der Befruchtung den männli- 
chen Saamen enthalte und nach der Vol— 
lendung derſelben, denen Fruchtkoͤrnern 
bis zu der Entwickelung der neuen Pflan⸗ 
ze zum Schutze diene ). Bei den Ce⸗ 


ramien findet man gemeiniglich, daß 


zu gleicher Zeit, wo ſich aͤußerlich an dem 
Gewaͤchſe die Fruchtbehaͤltniſſe mit ihren 


Fruchtkeimen erzeugen, auch bei andern 


Individuen derſelben Art, die aber nie⸗ 
mals Fruchtbehaͤltniſſe hervorbringen, 
merklich angeſchwollene Theile an den 
Seiten oder Endſpitzen der Zweige ſich 
bilden, welche eine ſchleimige Subſtanz 
enthalten, in welcher man aber niemals 


eine Spur von Fruchtkeimen, oder denen 


etwas aͤhnliches entdecket hat. Zu einer 


gewiſſen Zeit und wahrſcheinlich bei dem 
Eintritte der Befruchtungsperiode, gehet 
dieſe ſchleimige Subſtanz, entweder durch 


beſondere Oeffnungen, oder durch die 
zerriſſene Haut, aus dieſen angeſchwolle⸗ 
nen Theilen hervor. Da dieſelbe mit 


dem ase eine gleiche Schwere hat und 


ee 


| 09 Roth Neue Beitntegs znr Bot, "Theil | 
I. pag. 30-43 8 


117 
dieſe Gewächſt faſt alle haufenweise bei 
einander wachſen, ſo kann es nicht fehlen, 
daß, wenn man in derſelben den Sitz des 
männlichen Saamens annimmt, ein gro— 
ßer Theil dieſer ſchleimigen Subſtanz auch 
die weiblichen Fruchtkeime beruͤhre und 
der in dem Schleime befindliche maͤnnli⸗ 
Saame, vermoͤge der haͤufigen Einſau⸗ 
gungsmuͤndungen, womit auch die Frucht⸗ 
kapſeln dieſer Gewaͤchſe verſehen ſind, 
von denſelben eingeſogen und denen 
Furchtkeimen zugefuͤhret werde ). Auf 
dieſe Weiſe ſcheinet hoͤchſt wahrſcheinlich 
das Befruchtungsgeſchaͤft bei dieſen Ge⸗ 
wuaͤchſen vollendet zu werden. 
Ey Atheca/porae (aus dem a priva- 
tivo, aus Jun die Fruchtkapſel und 
grog das Fruchtkorn, daher mit Frucht⸗ 
koͤrnern ohne beſondere Frucht⸗ 
kapſel). Zu dieſer Ordnung ge⸗ 
hoͤren die Gattungen Conferva *°) 
| e "I Ulva e nion 


La- 


39 Roth Neue Beitr. zur Bot. Th. I. 

sun Bag 3 61 
*°) Roth Bemerkungen über das Stud. der 
crypt. Wallergewächle, p. 38. Catalecta 
botanica, ale 17 5. 140. 

) Roth Bemerkungen über das fiud, der 
crypt. Wallerge w. p. 48. Catalecta bot. 
Falc, 2. pag. 37-40. 

*2) Roth Bemerkungen über das ſtud. der 
erypt, Wallergew. p. 50. 


118 


laria 16 9 Linkia 59 und Tremel- 
d. | 
Bei dem größten Theile der Gewaͤchſe dieſer 
Ordnung findet man eine große Aehnlich⸗ 
keit in Abſicht des aͤußern Baues mit den 
Gewaͤchſen der vorigen Ordnung. Sie 
bilden theils haut⸗ oder knorpelartige, ge⸗ 
gliederte, einfache und aͤſtige, groͤßten⸗ 
theils roͤhrige Faͤden von verſchiedener 
Dicke; theils eine ausgebreitete, duͤnne, 
am Rande einfache oder lappige Haut; 
theils gallerartige Koͤrper von verſchiede⸗ 
ner Geſtalt. Auch in der Farbe findet 
man eine große Verſchiedenheit bei ihnen. 
Die Fruchtkoͤrner ſind bei dieſen Gewaͤchſen 
in keine beſondere Kapſel eingeſchloſſen, 
ſondern fie find entweder an der inneren 
Seite der Roͤhren in gewiſſen verſchiede⸗ 
nen Richtungen geordnet, oder einzeln 
und zerſtreut in der Subſtanz des Ge⸗ 
wuaͤchſes, oder auch in aͤußerſt zarten ge⸗ 
gliederten, aAfigen oder einfachen Haar⸗ 

| roͤhr⸗ 


43) Roth e über dsl feld, der 
crypt. Wallerg. p. 55. Neue Beitr. zur 
Botan. Theil T. p. 239-287. 


434) Roth Neue Beitr. zur Bot. Th. 1. p. 

287 308. Michel Nova Genera Plan- 
tarum, p. 126. Tab. 67. ö 

Rt h Bemerkungen über das ſtud. der 
crypt. Wallerge w. p- 60. Neue Beitr. 
Ur Don Th. I. D: 308 - 321 


119 


roͤhrchen eingeſchloſſen „ die eine gallert⸗ 
artige Subſtanz in einen Koͤrper vereini⸗ 

get. Dieſe Fruchtkoͤrner find faſt durch⸗ 
gaͤngig rund. Bei den Conferven 

und Hydrodiktyen ſind ſie in der 

Roͤhre oder an deren inneren Wand, ge⸗ 

mediniglich ſehr kuͤnſtlich, und nach der 

Verſchiedenheit der Arten, in verſchiede⸗ 

nen Richtungen, geordnet. Bei den 
Ulven fißen fie zwiſchen der Haut, wor⸗ 
aus das Gewaͤchs beſtehet, groͤßtentheils 

ohne eine gewiſſe Ordnung zerſtreuet. 

Bei den Rivularien befinden ſie ſich 
in gegliederten Haarroͤhrchen, welche mit 
einer nackten Gallerte umgeben ſiud. Bei 

den Linkien ſind fie in einfache, ge- 

kruͤmmte Linien an einander gereihet, die 
in einer gallertartigen, mit einem haut⸗ 

artigen Ueberzuge bekleideten, Subſtanz 
liegen. Bei den Tremelleu ſitzen ſie 
unordentlich zerſtreut zwiſchen dem faſe⸗ 
rigen Gewebe der Haut, die eine klare 
Gallerte einſchließet. 

Auch bei den Gewaͤchſen dieſer Ordnung 
beobachtet man verſchiedene kuͤnſtliche 
Vorrichtungen, welche zu dem großen 
Zwecke des Befruchtungsgeſchaͤftes be⸗ 
ſtimmt zu ſeyn ſcheinen. Wegen der 
nahen Verwandſchaft dieſer Gewaͤchſe 
mit den Gewaͤchſen der vorigen Ordnung 
iſt es auch nicht zu bezweifeln, daß das 
Begattungsgeſchaͤft auf eine ahnliche 

Weis 


120: 


Weiſe und duech dieſelben Huͤlfsmittel 
vollendet werde. Aus Mangel hinläng- 
licher Beobachtungen laͤſſet ſich aber hier⸗ 
uͤber nichts beſtimmtes weiter ſagen. 
Die bisherigen Beobachtungen berechti⸗ 
gen uns nur zu Muthmaßungen, die ich 
bei einer anderen Gelegenheit mitgetheilt 
habe *°) und da die Zukunft es erſt leh⸗ 
ren muß, ob ſie gegründet oder unge⸗ 
gruͤndet find, fo will ich fie hier übergehen. 
Anmerk. Bisher rechnete man die Gattung 
Bylfus «) zu den Algen, da aber ein 
großer Theil der Arten derſelben in Abſicht 
ihres Baues mit den Schwaͤmmen naͤher 
verwandt iſt, ſo muß Be Gattung auch 
fͤglicher in die letzte Klaſſe Fungi ge⸗ 
bracht werden. Nur diejenigen Arten, Des 
ren Fruchttheile an der inneren Seite der 
Roöhre ſitzen, welche guößtentheilg gegliederte 
Faͤden bilden, als Byllus lolithus, 
velutina, atra Hudl. und Flos 
a quae gehoren zu der Gattung Gonfer- 

va in dieſe Klaſſe. | 


Clalf. N Lichenes (Flechten). 


Dieſe K laſſe ſchließet die weitlaͤuftige 
Gattung Lichen in ſich, welche bisher zu den 
Algen „ wurde. Die Folge wird uns 
VF aber 


260 Nele Hei tee zur Botanic Theil I. 
pag. 5I 61. 0 6 ; 

2 Linnei Genera Plantarum 800 e 
beri No. 1673. Roth Bemerkungen 
über das Studium der cryptog, Walfer- 
gewächle, pag. 63. | 


| 121 


aber lehren, daß die Flechten in der Beſchaf⸗ 
fenheit ihrer Fruchttheile ſehr von den Algen 
abweichen und daher mit Recht eine eigene 
Klaſſe oder Familie ausmachen. Sie naͤhern 
ſich in Abſicht ihrer Fruchttheile vielmehr denen 
Schwaͤmmen (Fungi) und unterſcheiden ſich 
von denſelben vorzuͤglich darin, daß ſie beſon⸗ 
dere, verſchieden geſtaltete Fruchtbehaͤltniſſe 
hervorbringen, da im Gegentheil bei den 
Schwaͤmmen der ganze Koͤrper gleichſam ein 
Fruchtbehaͤltniß ausmachet. 
Die Flechten wachſen auf der Erde, auf 
Baͤumen, faulenden Holze und Steinen. 
Einige haben faſerige Wurzeln, welche Sau⸗ 
geroͤhren bilden, durch welche ſie einen Theil 
der Nahrung an ſich ziehen; andere dagegen 
haben, wie die kryptogamiſchen Waſſergewaͤch⸗ 
ſe, an Statt der Wurzel, eine harte, rundliche 
ſchildfoͤrmige und ungetheilte Grundflaͤche, 
durch welche ſie aber keine Nahrung an ſich 
ziehen, ſondern ſie dienet ihnen nur zum Ruhe⸗ 
und Befeſtigungspunkte. Den groͤßten Theil 
ihrer Nahrung ziehen dieſe Gewaͤchſe aus der 
Luft an ſich. Zu dem Ende ſind ſie an ihrer 
ganzen Oberflaͤche mit häufigen einſaugenden 
Muͤndungen verſehen und daher laſſen fie ſich 
auch groͤßtentheils ſehr leicht mit Waſſer wie⸗ 
der auffriſchen, wenn fie ſchon mehrere Jahre 

trocken n aufbewahrt waren. 
In Abſicht der äußern Geſtalt, Subſtanz 
und Farbe beobachtet man an ihnen eine man⸗ 
nigfaltige Verſchiedenheit. Ein großer Theil 
der⸗ 


122 


derfelben hat eine ſchorf- oder mehl- oder 
blaͤtterartige Unterlage (Cruſta leproſa, fari- 
nola aut frondoſa). Sie bilden theils eine 
ausgebreite, rindenartige, ſchlichte oder riſſige, 
brüchige oder biegſame, oder auch eine ſchup⸗ 
pige und blaͤtterige Flaͤche; theils ausgebreitete, 
haut⸗gallert⸗ oder lederartige, groͤßtentheils 
eingeſchnittene und gekerbte, ſchlechte oder 
gefaltene, oder auch nabelfoͤrmige Blätter; 
theils ſtrauchartige, oder fadenfoͤrmige, ein⸗ 
fache oder aͤſtige, aufrechte und ausgebreitete, 
oder niederhaͤngende Buͤſchel. 

Auch bei den Flechten wollen Gartner“) 
und andere keine wirkliche, durch eine Begat⸗ 
tung erzeugte, Fruchtkoͤrner annehmen, ſondern 
ſie halten die in den verſchieden gebildeten 
fruchtaͤhnlichen Theilen befindlichen Koͤrnchen 
fuͤr Knoſpenkeime (Propagines). Man hat 
zwar außer den mehl oder kleienartigen 
Knoͤpfchen oder Waͤrzchen, die ſich bei verſchie⸗ 
denen Flechten an der aͤußeren Flaͤche zeigen, 
keine Fünftliche Vorrichtung bis jetzt entdecket, 
der man die Erzeugung und Abſonderung des 
maͤnnlichen Saamens zuſchreiben koͤnnte. Da 
aber die Koͤrnchen in den angenommenen 
Fruchttheilen bei der groͤßten Anzahl dieſer 
b fe in eu Behaͤltniſſen Fünftlich 
ADD 


48) Gaertner de fructibus et enge 
Plantar Vol. I. Introduct pag. 13. Bork⸗ 
hauſen botanuiſches N Theil 2. pag. 
31. 32. 


123 


und regelmaͤßig geordnet ſind, ſo bleibet es 
wenigſtens eben fo wahrſcheinlich, daß fie wirk⸗ 
liche, durch eine Begattung erzeugte, Frucht⸗ 
förner find, wenn uns gleich die Art und Wei— 
ſe der Begattung bis jetzt noch unbekannt 
geblieben iſt. 
In Abſicht der Lage und Geſtalt der 
Fruchtbehaͤltniſſe beobachtet man bei den Flech⸗ 
ten gleichfals eine große Mannigfaltigkeit. 
Großtentheils zeichnen ſie ſich ſchon bei dem 
erſten Anſehen durch eine beſondere Geſtalt 
und Farbe von den übrigen Theilen des Ge- 
waͤchſes aus. Entweder ragen ſie uͤber die 
Oberflaͤche des Gewaͤchſes hervor, oder ſie ſind 
ganz, oder zum Theil in die Subſtanz derſelben 
eingeſenket. Sie ſitzen entweder zur Seite, 
am Rande oder der Spitze der Blaͤtter und 
Zweige; oder ſie kommen unmittelbar aus der 
Unterlage hervor und ſind entweder geſtielet 
oder anſitzend. Ihrer aͤußeren Geſtalt nach 
ſind ſie theils halbkugelfoͤrmig, vertieft oder 
flach und fleiſchig; theils erhaben, am Rande 
zuruͤckgebogen und knopf⸗ oder kugelformig; 
theils find fie laͤnglich, Aftig oder einfach und 
theils ſchneckenfoͤrmig gewunden. Auch in 
9 5 cht der Farbe weichen ſie ſehr von einander 
Sie ſind ſchwarz, braun, roth, gruͤn, 
per u. ſ. w. In Ruͤckſicht des inneren Baues 
der Fruchtbehaͤltniſſe findet bei den Flechten 
eine doppelte Verſchiedenheit Statt. Entwe⸗ 
der ſitzen die Fruchtkapſeln (Thecae) auf einem 
offenen, unbedeckten Fruchtboden (Thalamus) 
haͤu⸗ 


124; 


haufig neben einander vereiniget; oder der 

Fruchtboden bildet ein verſchloſſenes, kapſel⸗ 

artiges Gehaͤuſe, in welchem die Fruchtkapſeln 

oder die Fruchttheile eingeſchloſſen find. Die⸗ 
ſes Fruchtgehaͤuſe wird von einer beſondern 

Haut in dem Fruchtbehaͤltniſſe gebildet. Die 

eifͤrmigen oder rundlichen Fruchtkoͤrner ſitzen 
entweder in ſchotenaͤhnlichen Kapſeln beiſam⸗ 
men; oder ſie ſind in Faͤden gereihet, die einer 
Corallenſchnur gleichen und mit einer gallert⸗ 
artigen Maſſe umgeben; oder ſie bilden up ) 
artige zuſammengeballte Körnchen; | 

Außer dieſen Fruchtbehaͤltniſſen bepbarch⸗ 
tet man an der aͤußeren Flaͤche der Flechten 
zerſtreute, rundliche, kleienartige Knoͤpfchen, 
oder glatte, birnfoͤrmige Koͤrper, welche Hed⸗ 
wig *°) für die maͤnnlichen Befruchtungs⸗ 
werkzeuge haͤlt. Dieſer Meinung ſtehen aber 

ichtige Zweifel im Wege. Die an demſelben 
erzeugten Eleien = oder mehlartigen Körner 
find wahrfcheinlich Knoſpenkeime, die zu der 
größeren Vermehrung dieſer Gewaͤchſe be⸗ 
ſtin n. bleiben. 

Nach der Verſchiedenheit der aͤußeren 
Bildung dieſer Gewaͤchſe und vorzuͤglich der 
Unterlage wurden die Flechten von den neueren 
Pflanzenforſchern in mehrere Gattungen 9 


4 Hedwi Theoria i et fruc- 
5 

tilicationis ed. 2. pag. 202 - 207. Tab. 

32. Fig 2. d. et Tab. 33. Fig. 8. ar 


125 


Familien getheilet.) Da aber dieſe Unter⸗ 
ſcheidungszeichen, nach der Verſchiedenheit des 
Standortes und des Alters oft ſehr veraͤnder⸗ 
lich ſind und mehrere, dem aͤußeren Anſehen 
nach, einander aͤhnliche Gewaͤchſe dieſer Art 
in der Beſchaffenheit der Fruchttheile von ein⸗ 
ander abweichen, ſo kann auch die aͤußere 
Bildung nicht zur Richtſchnur gewaͤhlet wer⸗ 
den, dieſe Gewaͤchſe nach feſten Grundſaͤtzen 
zu ordnen. Die Lage und Beſchaffenheit der 
Fruchttheile ſind bei den Gewaͤchſen weniger 
Veraͤnderungen unterworfen, als irgend ein 
anderer Theil. Sie geben uns daher auch) 
bei dieſen Gewaͤchſen die ſicherſten Kennzeichen, 
fie nach feſten Grundſaͤtzen ſyſtematiſch zu otär= 
nen. Hr. Dr. Perſoon ) und vorzüglich 
Hr. Med. Rath Schrader °?) haben utis 
auf die verſchiedene Lage und Beſchaffenhe it 
der Fruchttheile bei den Flechten aufmerkſain 
gene 

Die 


3) G. F. Hoffmann Deſcriptio et adum- 
bratio plantarum e clalle cryptogamica 
Linnei, quas Lichenes dicuntur Vol. - 

. Lipfiae 1790 - Fol. Ejusdem Deutſch- 
lands Elora oder Botanifches Tafchenbuch 
Theil 2. für das lahr 1795. pag. 98-200. 
Lichenographiae ſuecicae prodromus auct, 
'Eriek Acharius Lincopiae 1708. gvo. 


2.) Einige Bemerkungen über die Flechten 
von C. H. Perloon in Ulteri Annalen 
der Botanik Stück 7. pag. I. - 32. 


780. Spicilegium Florae Germanicae auct. 
H, A, Schrader Pars 1. pag. 78 - 114- 


ae 


Die Beſchaffenheit des Fruchtbodens Tie- 
fert uns den Unterſchied der beiden erſten 
Ordnungen dieſer Klaſſe. Da ſich aber uͤber⸗ 
dem noch einige Gewaͤchſe finden, die in ihrem 
aͤußeren Baue denen Flechten gleichkommen, 
bei welchen man aber bis jetzt noch keine 
Fruchttheile entdecket hat und deswegen von 
den Gewaͤchſen dieſer Kläffe nicht getrennet 
werden koͤnnen, ſo machen A die Deitke 
Ordnung aus. 

a) Gymnothalami (aus nahe ale 
und Saas der Fruchtboden, daher mit 
unbedeckten Fruchtboden). ) Zu 
dieſer Ordnung gehoͤren alle die Flech⸗ 
ten, deren Fruchtbehaͤltniſſe einen 
offenen, unbedeckten Fruchtbo⸗ 
den bilden (ohne Ruͤckſicht auf ihre 
aͤußere Geſtalt, Lage und Groͤße) auf 
welchem die ſchotenfoͤrmigen Fruchtkap⸗ 
ſeln nackt ſitzen. Die Gewaͤchſe dieſer 
Ordnung machen den größten Theil die⸗ 
er Sani aus. 
| Groß- 


33) Vielleicht koͤnnte dieſe Ordnung beſſer Anoec- 
tothalami (aus avoıros offen und daher 
mit offenen Fruchtboden) genannt werden, 
wenn nicht bei einigen Gewaͤchſen der folgen⸗ 
den Ordnung, deren Fruchtboden ein beſon⸗ 
deres Gehaͤuſe bildet, das Fruchtgehaͤuſe bei 
der Reife der Fruchtkoͤrner ſich mit einer 
Muͤndung oͤffnete und dieſer Fruchtboden als⸗ 
dann gleichfals offen genannt werden koͤnnte. 
um alfo Mißverſtaͤndniſſen vorzubeugen, wählte 
ich den Ausdruck: unbedeckter und be 
deckter Fruchtboden, 


127 


 Gößtenheits wird bei den Gewaͤchſen die⸗ 
fer Ordnung das Fruchtbehaͤltniß (Con- 
ceptaculum fructus) von der aͤußeren 
Rinde des Gewaͤchſes gebildet, und er- 
haͤlt von derſelben aͤußerlich einen Ueber⸗ 
zug, daher haben die Fruchtbehaͤltniſſ e 
äußerlich auch gemeiniglich eine gleiche 
Farbe und Beſchaffenheit mit derſelben. 
Die aͤußere Rinde bildet auch den Rand 
der Fruchtbehaͤltniſſe. Bei der zuneh⸗ 
menden Entwickelung der Fruchttheile 
erweitert ſich der Rand und nur mit die⸗ 
ſer zunehmenden Entwickelung erhält 
das Fruchtbehaͤltniß feine eigenthuͤmliche 
Geſtalt. Bei einigen erreichen die 
Fruchttheile, welche die innere Flaͤche der 
Fruchtbehaͤltniſſe bei dieſen Gewaͤchſen 
bilden, nach ihrer voͤlligen Entwickelung, 
niemals die Hoͤhe des Randes, vielmehr 
raget der Rand uͤber dieſelben hervor 
und das Fruchtbehaͤltniß bleibet vertieft. 
Theils ſind ſie alsdann halbkugelfoͤrmig 
und haben die Geſtalt einer tieferen oder 
flacheren Schuͤſſel: theils bilden fie ge⸗ 
ſpaltene, einfache oder aͤſtige, ſchriftaͤhn⸗ 
liche Linien. Bei anderen erreichen die 
Fruchttheile die Hoͤhe des Randes und 
bilden mit demſelben eine ebene, ſchild⸗ 
förmige Fläche oder fie find ſchneckenfoͤr⸗ 
mig zuſammengewunden. Bei anderen 
dagegen erheben ſich die Fruchttheile ſo 
er über den Rand des Fruchtbehaͤltniſ⸗ 
ſes, 


128 


ſes, daß derſelbe von allen Seiten zurück⸗ 
gedraͤngt wird und oft ganz verſchwindet; 
die innere Flaͤche woͤlbet ſich dagegen und 


das Fruchtbehaͤltniß erhält eine kugelfoͤr⸗ 


mige oder knopfartige Geſtalt. 


Die Fruchttheile, welche vor ihrer Entwik⸗ 


kelung in das Fruchtbehaͤltniß eingeſenket 
ſind, bilden, nach erhaltner Vollkommen⸗ 


heit, laͤngliche, ſchotenfoͤrmige Frucht⸗ 


kapſeln, die aus einer duͤnnen durchſichti⸗ 


gen Haut beſtehen, an der Spiße ſtumpf 


ſind und mehrere eifoͤrmige Fruchtkoͤrner 
enthalten. Es ſtehen derer ſehr viele, 
dicht neben einander gedraͤngt, aufrecht 
auf dem unbedeckten Fruchtboden und 
ihre Spitzen bilden die, gewoͤhnlich mit 
einer abſtehenden Farbe verſehene, innere 
Flaͤche der vertieften, oder die aͤußere Flaͤche 
der erhabenen und gewoͤlbten oder knopf⸗ 
artigen Frucht. Im jüngeren unent- 
wickelten Zuſtande der Frucht ſind die 
Spitzen der Fruchtkapſeln gemeiniglich 


mit einer zarten Haut vereiniget, bei ihrer 


völligen Entwickelung aber verſchwindet 


dieſe Haut und bei der Reife der Frucht- 


koͤrner oͤffnen ſie ſich an der Spitze und 
ſchaffen denen Fruchtkoͤrnern einen 


Auweg. 


Nach der verſchiedenen Geſtalt der Frucht 


Da aber bei einem großen Theile dieſer 


koͤnnen die Gewaͤchſe dieſer Ordnung in 
verſchiedene Gattungen getheilet werden. 


Ge⸗ 


129 


Gewuͤchſe das Fruchtbehaͤltniß nach der 


> 


Verſchiedenheit des Alters eine verfchie- 


dene Geſtalt annimmt und eine Frucht, 
die im jüngeren Zuſtande vertieft und oft 


ſchuͤſſelformig iſt, im aͤlteren Zuſtande, 


bei der zunehmenden Entwickelung der 


1 Fhhile, erhaben und Fnopfartig wird, fo 


iſt es rathſamer, dieſe Gewaͤchſe in eine 


Gattung zufammen zu faſſen, bei der 
Vertheilung der Arten aber auf die Ver⸗ 
ſchiedenheit der Frucht nach ihrem ver⸗ 
ſchiedenen Alter Ruͤckſtcht zu nehmen und 
nur diejenigen, nach der abweichenden 


Beſchaffenheit der Frucht, unter beſondere 


Gattungen zu bringen „deren Fruchtbe⸗ 
haͤltniſſe in jedem Alter und unter allen 


Umſtaͤnden eine gleiche Geſtalt und Ei⸗ 


genſchaft haben. Z. B. die ſchriftaͤhn⸗ 
lichen, Opegraphe; die een, 
Pelligera. | 
G5). Angiothalami (aus 0 Eο ein 


Gefäß und Sadlauos der Fruchtboden, 
daher mit bedeckten Fruchtboden). 


Su dieſer Ordnung gehoͤren alle diejenigen 


Flechten, deren Fruchtboden ein ver⸗ 
ſchloſſenes Gehaͤuſe bildet, in wel⸗ 
chem die Fruchtkoͤrner entweder in beſon⸗ 


deren Kapſeln oder nackt erzeuget, bis zu 


ihrer Reife verborgen liegen. Bis jetzt 
ſind uns nur folgende, Gattungen be⸗ 


kannt, die zu dieſer Ordnung gerechnet 
1 werden konnen, ne Endocarpon 


. 


I 0 N e, de 


1 30 


Pr n, . 
rum abe und Calicium, °’) | 
| | Bei 


1 Hedwig Detenple et nl 
muscorum frondolorum Vol. 2. P. 36. 
„ah., 20% fie, A, Schrader Spic. Flor. 
Germ. Pars 1. pag. 112. Bei Endo ar- 
| pon bildet die Frucht eine zirkelrunde Ver⸗ 

tiefung in der Subſtanz des Gewaͤchſes, oder 
alich ene e aM, der 
Oberflache. A 


N Pe on in Ufteri Annalen 995 
Botanik Stück 7. pag. 23. Schrader 
FSßpic. Flor. Germ. Pars I. pag. 108 III. 
Bei Verrucaria zeiget ſich die Frucht als 
eine warzenfoͤrmige Erhabenheit auf der Ober⸗ 
fläche des Gewaͤchſes. „%% NHL: 


| a Perfoon in U fteri Annalen der 5 
tanik Stick 7. pag. 23. Schra der 
Spic. Flor. Germ. Pars 1. pag. 112. Bei 
Spaerophorum bildet die Frucht kugel⸗ | 
foͤrmigs Knoͤpfchen an den Spitzen der Zweige. 


| ak ö 


2) Perfoon in Ulteri Annalen der Bo- 
tanik Stück 7. pag. 20. Bei Calicium 
kommen aus der flechtenartigen Cruſte groͤß⸗ 
tentheils geſtielte Schuͤſſelchen oder Schildchen 
hervor, die mit einer korkartigen Rinde uͤber⸗ 
zogen ſind. Man rechnete die Arten dieſer 
Gattung bisher zu den Schimmelgewaͤchſen. 
Die kleien⸗ oder mehlartige Cruſte, aus welcher 
die Fruchtbehaͤltniſſe hervorkommen, verraͤth 
eine ſehr nahe Verwandſchaft mit verſchiede⸗ 
nen Flechten. Dieſe Gewaͤchſe 1 daher 
mit groͤßerem Rechte zu dieſer Klaſſe, als zu 
den Schwaͤmmen gerechnet werden. g 


131 


Bei den Gewaͤchſen dieſer 8 bildet 
die Frucht theils warzenfoͤrmige Erhaben⸗ 
; heiten oder kugelfoͤrmige Vertiefungen 
auf der Oberflaͤche des Gewaͤchſes; theils 
klugelfoͤrmige, theils ſchild⸗ oder ſchüſſel⸗ 
foͤrmige, anſitzende oder geſtielte Behaͤlt · 
niſſe, die über die Oberfläche. des Ge⸗ 
waͤchſes hervorrag en und das verſchloſ⸗ 
ſeene Fruchtgehaͤuſe enthalten. Gemei⸗ 
niglich giebt die äußere Rinde des Ge⸗ 
waͤchſes der Frucht nur einen geringen 
Theil zum aͤußeren Ueberzuge. Ihre 
äußere Subſtanz beſtehet groͤßtentheils 
aus einer trockenen korkartigen Rinde, 
die ſich gemeinigli ch durch eine verſchie⸗ 
dene Farbe von der aͤußeren Rinde des 
Gewaͤchſes auszeichnet. | 
rn verfchloffene Fruchtgehaͤuſe wird von 
einer beſonderen Haut gebildet, die dem⸗ 
ſelben feine eigenthuͤmliche Geſtalt giebt. 
Bei den mehreſten Gewaͤchſen dieſer Ord⸗ 
nung oͤffnet ſich daſſelbe bei der Reife der 
Fruchtkoͤrner durch unregelmaͤßige Riſſe, 
nur bei der Gattung Endocarpon öffnet 
es ſich durch eine Mündung an der Spitze. 
Die Fruchtkoͤrner find bei einigen in be⸗ 
ſonderen ſchotenaͤhnlichen Kapſeln einge⸗ 
ſchloſſen, deren mehrere ſich in einem 
Fruchtgehaͤuſe befinden, als bei Endo- 
carpon und Ve errucaria 5) bei anderen 
* a N N lie⸗ 
356) Bei Anne r n pufillum. Head. 


wWwig delcriptio et adumbratio Muſc. frond. 
eh Vol. 


132 


liegen ſie vor ihrer Reife als eine zuſam⸗ 
mengeballte, Fleien- oder mehlartige Maſſe 
nackt in dem Fruchtgehaͤuſe, als bei Sphae- 
rophorum und Caliciunmn. 


Wenn wir bei dieſen Gewaͤchſen wirkliche 


durch eine Begattung erzeugte, Frucht⸗ 
koͤrner annehmen, ſo muß man die Zu⸗ 
richtung zu der Erzeugung und Abſon⸗ 
derung des männlichen Saamens noth- 


wendig in dem Fruchtbehaͤltniſſ e oder dem 


Fruchtgehaͤuſe ſuchen. 


5 Adilocarpi (aus aöydos zweifelhaft 


und zagros die Frucht, daher mit zwei⸗ 
felhafter Frucht). Zu dieſer Ord⸗ 
nung gehören die Gattungen Stereo- 
caulon ) und 1 179 | 
Die 


vol. 2. p. 36 Tab. 20. Fig. A. a die 
ſchotenaͤhnlichen Kapſeln eine gleiche Geſtalt, 
als bei den Gewaͤchſen der vorigen Ordnung, 


bei den uͤbrigen Arten aber, die uns bis jetzt 


bekannt ſind, ſo wie bei den Arten der Ver- 
rucaria gleichen ſie einer Corallenſchnur. 


(Siehe Schrader Spicil. a. a. O. Tab 2.) 


Bei Verrucaria find uͤberdem die Fruchtkap⸗ 


ſeln mit einer gallertartigen Subſtanz umge⸗ 
ben, die, wenn die Pflanze trocken, wird, 


ſich an die Waͤnde des Fruchtgehaͤuſes an⸗ 
ſchließen. 


590 Schrader ell Flor. Germ. Pars 1. 


p. ı13. Lichen corallinus Roth 
Flor. Germ. Tom. 1. p. 499. n. 35. Nach 
Hr. Schraders Zeugniß hat man noch 
niemals an dieſen Gewaͤchſe Fruchttheile ent⸗ 
decket. 


9969 Schrei Her Spic. Flor. Germ. Pars 1. 


PAS» 


133 


im Gewaͤchſe dieſer Ordnung haben voͤllig 
das Anſehen der übrigen Flechten. Sie 
ſind entweder ſtrauchartig, oder ſie bilden 
eine fchorf = und mehlartige Cruſte. Lin⸗ 
ne brachte fie theils zu feiner Gattung 
Lichen, theils zu der Gattung By/Jus. 
Man hat an denſelben bis jetzt noch keine 
wirkliche Fruchttheile entdecken koͤnnen. 
Sollten in der Folge dergleichen Theile 
an ihnen entdecket werden, ſo kann man 
ſie nach dem inneren Baue derſelben in 
die eine oder die andere der vorhergehen⸗ 
den Ordnungen dieſer Klaſſe bringen. 
Bei dieſen Gewaͤchſen ſcheinet der aͤußerſt | 
einfache Bau zu verrathen, daß bei ihnen 
keine wirkliche Fruchtkorner durch eine 
Begattung erzeuget werden. Hoͤchſt 
wahrſcheinlich vermehren fie ſich nur 
durch knoſpenartige Keime (Propagines). 


car. VL 1 (Schwaͤmme oder 
Pilze). 

Die Sch waͤmme oder Pilze en 
gleichſam die unterſte Stufe des Pflanzen⸗ 
reiches aus. Sie halben einfaghe Körper von 

| ver⸗ 


pag. 113. n e in Ufteri Annal. 
der Bot. Stück 7. p. 24. Zu dieſer Gat⸗ 
tung gehören die pulverartigen Byſſusarten 
(Byſſi pulverulentae Linn.) an welchen 
man bis jetzt noch keine fruchtaͤhnlichen Theile 
entdecket hat. Auch einige ſchorfartige Flech⸗ 
ten des e welche Hr. Perloon in 

| Ulte- 


134 


verſchiedener Geſtalt, Eutin; Farbe und 
Größe, denen die zufälligen Theile, als Sten⸗ 
gel, Blaͤtter u. ſ. w. gaͤnzlich fehlen „die 
größtentheils ſchnell wachſen und in gleichem 
Verhaͤltniſſe eine eben ſo kurze Lebensdauer 
haben. Man vermiſſet bei ihnen auch ſogar 
eine blaͤtter⸗ oder ſchorfartige Unterlage, die 
verſchiedene ihnen ſehr nahe verwandte Ge⸗ 
waͤchſe der vorigen Klaſſe haben, ihr einfacher 
Körper bildet vielmehr eine nackte Frucht. 
So lange es nicht durch Beobachtungen erwie⸗ 
ſen iſt, daß die wurzelaͤhnlichen Faſern, welche 
man an dem unterſten Theile bei einigen dieſer 

Gewaͤchſe wahrnimmt, einer gleichen Verrich⸗ 
tung faͤhig ſind, als die Wurzeln der übrigen 
Gewaͤchſe, kann man ihnen auch nicht einmal 
eigentliche Wurzeln zu ſchreiben. Der unter⸗ 
ſte Theil der Schwaͤmme, den man gemeini⸗ 
glich Wurzel nennet, bildet theils Faſern, theils 
eine ſchildfoͤrmige, ungetheilte Flaͤche und ſchei⸗ 
net lediglich nur zur Befeſtigung dieſer Ge⸗ 
waͤchſe beſtimmt zu ſeyn. 

Ueber die Art, wie ſich die Schwaͤmme 
fortpfanzen und vermehren ‚find. die Pflan- 
zenfort ſcher noch nicht einig. Es wuͤrde aber 
zu weitlaͤufig ſeyn, hier die verſchiedenen 
Meiningen au dieſen Gegenſtang er | 

thei⸗ 


; leer: el der Ber. St, 100 pag. 23. 
24. unter dem Namen Variol avis, in eine 
Gattung bringet, gehoͤren zu dieſer Gattung, 
da an deufelben noch niemals wirkliche Frucht⸗ 
hetle entdecket worden ſind. 


theilen und zu prüfen Ich verweiſe daher 
meine Leſer auf Herrn Borkhauſens bota⸗ 
niſches Woͤrterbuch unter dem Worte: Pilze 
er). Der einfache Bau dieſer Gewaͤchſe laſ⸗ 
ſet es zwar vermuthen, daß fie ſich wahrſchein⸗ 
lig nicht durch wirkliche Fruchtkoͤrner, ſondern 
durch Knoſpenkeime (Propagines) vermehren. 
So lange indeſſen die Art ihrer Fortpflanzung 
noch nicht außer allen Zweifel geſetzet iſt, neh⸗ 
men wir die in den Pilzen, entweder in beſon⸗ 
deren kapſelartigen Gehaͤuſen, oder nackt auf 
dem Fruchtboden erzeugten» ſtaub oder mehl⸗ 
artigen Koͤrnchen, für Fruchtkoͤrner an. 


Bei den Schwaͤmmen bildet größtentheils 
das ganze Gewaͤchs einen allgemeinen Frucht⸗ 
boden, deſſen innere Flaͤche aber gemein iglich 
noch mit einer beſonderen Haut oder einem an⸗ 
deren Theile verſehen iſt, an welchen die Frucht⸗ 


theile zu naͤchſt befeſtiget ſind, den man daher 


einen beſondern Fruchtboden nennen 
kann. Dieſer beſondere Fruchtboden iſt aber 
bei den mehreſten Schwaͤmmen ſo genau mit 
dem allgemeinen verwachſen, daß er ſich oft 
nicht leicht unterſcheiden laͤſſet. Bei der Ver⸗ 


ſchiedenheit des allgemeinen Fruchtbodens hat 


man vorzuͤglich darauf zu achten, ob derſelbe 
vor der Reife der Fruchtkoͤrner verſchloſſen iſt, 
die Ac ee, von allen Seiten umgiebt und 

ſich 


) Borkhauſen botaniſches Waͤrterbuch Th. 
2, Seite 210 — 230. 


— 


1 


136 


fich nur erſt bei der Reife derſelben oͤffnet: oder 
bob derſelbe offen iſt. Bei dem offenen Frucht⸗ 
boden werden die Fruchttheile entweder nur 
zum Theil von demſelben bedecket; oder ſie ſind 
nur auf verſchiedene Weiſe an denſelben befe⸗ 
ſtiget. Sowohl bei dem verſchloſſenen, als 
bei dem offenen Fruchtboden ſind die Frucht⸗ 
koͤrner entweder in beſonderen kapſelartigen Ge⸗ 
haͤuſen eingeſchloſſen, oder mit einer ſchleimar⸗ 

tigen Maſſe umgeben, oder ganz nackt. Die 
Verſchiedenheit der Fruchttheile und des Frucht⸗ 
bodens iſt bei dieſen Gewaͤchſen ſo mannichfal⸗ 
tig, daß ich die Grenzen dieſer Anweiſung uͤber⸗ 
ſchreiten müßte, wenn ich fie hier genauer 
durchgehen wollte. Ich verweife daher die an⸗ 
gehenden Pflanzenforſcher auf eine ſehr beleh⸗ 
rende Abhandlung über dieſen Gegenſtand von 
dem Hrn. Dr. P erfoon in dem neuen Mas 
gazin für die Botanik von J. J. Römer, Bl. 
1. S. 73 bis 128. Tab. I. — IV. und auf 
die Einleitung deſſelben Verfaſſ ers zu deſſen 
Synop/fis methodica Fungorum. e 


Auf die Beſchaffenheit des Seuche, 
ob derſelbe verſchloſſen oder offen iſt, beruhen 
die beiden Ordnungen dieſer Klaſſe; 195 


0 Angiocarpi (aus ah ein Ge | 
füß und xapros die Frucht, daher mit 
N Frucht.) ! 

Diefe 


. methodica i auctore 
H. Perfoon, Gosttingen 1801. 8. 


137 


Dieſe Ordnung enthaͤlt diejenigen 
Schwaͤmme welche die Fruchttheile bis 
zx!u ihrer Reife in ſich verſchloſſ en halten. 
Sie oͤffnen ſich auf eine verſchiedene Wei⸗ 
a ſe und enthalten faſt alle viele Fruchtkoͤr⸗ 
her. Hr Dr. Perſoon, der die 
Schwaͤmme bis jetzt am vollſtaͤndigſten 
bearbeitet und ſyſtematiſch geordnet hat 
) bringet die Gattungen dieſer Ord⸗ 
nung in drei e e e, die Er 
Ordnungen nenne. 


00 Gymnocar pi (aus v — 89 
und vagros die Frucht, daher mit un⸗ 
bedeckter oder offfener Frucht). 


Zu dieſer Ordnung gehoͤren diejenigen 
Schwaͤmme, deren Fruchttheile entweder 
nackt auf dem Fruchtboden erzeuget, oder 
doch nur zum Theil von demſelben umge⸗ 
ben und bedecket werden. Sie enthalten 
groͤßtentheils weniger Fruchtkoͤrner als die 

Schwaͤmme der vorigen Ordnung. Dieſe 
machen Herrn Perſoons zweite Klaſſe 
aus und werden von demſelben, nach 
der Verſchiedenheit des beſonderen Frucht⸗ 
bodens ebenfalls in drei Amietabiheiliin: 
gen geordnet. | 


Wenn der hier mitgetheilte Verſuch, auch 
die kryptogamiſchen achse nach der Lage 
und 


) A., , OD, Seite XII. — XV. des Con- 
ſpectus. 


138 


und Beſchaffenheit ihrer Fruchttheile in eine 
ſyſtematiſche Ordnung zu bringen, freilich nicht 
dazu geeignet iſt, ihn als eine allgemeine Richt⸗ 
ſchnur bei der Eintheilung der Gewaͤchſe anzu⸗ 
nehmen und ich überzeugt bin, daß ein jeder 
ſachkundiger Pflanzenforſcher im Stande ſeyn 
werde, in der Folge nach aͤhnlichen Grundſaͤz⸗ 
zen eine vollſtaͤndigere Eintheilung zu liefern, 
ſo hoffe ich doch wenigſtens hierbei einen dop⸗ 
pelten Endzweck nicht verfehlet zu haben, nem⸗ 
lich den angehenden Pflanzenforſcher auf eine 
ſyſtematiſche Eintheilung der kryptogamiſchen 
Gewaͤchſe aufmerkſam zu machen und demſel⸗ 
ben das Studium der Gewaͤchſe zu erleichtern. 


Fuͤnf⸗ 


139 


N Bone Ranch, > 


Önteitune zu der ichen Beſtim⸗ 
mung der Gewaͤchſe nach dem 
e een 115 


1 Wer die Körper des 1 nach 
einem angenommenen Syſteme richtig beftim- 
men will, der muß nicht allein eine hinlaͤngliche 
Kenntniß der einzelnen Theile nach ihrer ver⸗ 
ſchiedenen Geſtalt, Lage, Anzahl und Be⸗ 
ſchaffenheit beſitzen, ſondern ſich auch vorher 
mit dem gewählten Syſteme und deſſen Ein⸗ 
theilungen nach den feſtgeſetzten Grundſaͤtzen, 
gehoͤrig bekannt gemachet haben. Ich kann 
daher mit Recht vorausſetzen, daß derjenige, 
welcher die Gewaͤchſe nach dem Anneiſchen Sy⸗ 
ſteme beſtimmen will, ſich vorher einige Kennt⸗ 
niß deſſelben erworben habe. Zu dem Ende 
bemuͤhete ich mich, dieſes Syſtem und deſſen 
Eintheilungen, fo deutlich, als möglich vor 
Augen zu legen und in der Ermangelung eines 
muͤndlichen Unterrichtes, durch die gewaͤhlten 
Beispiele von bekannten Pflanzen, ihnen das 
Selbſtſtudium zu RAN Durch fortges 
5 ſetzten 


festen Fleiß und oͤftere Uebung werden ſie ſich 
bald in den Stand geſetzet ſehen, die Gewaͤch⸗ 
ſe nach dieſem Syſteme richtig zu beſtimmen. 
Jetzt will ich fie dem Ziele näher führen und 
ihnen kurz zeigen, worauf man bei der Beſtim⸗ 
mung der Gewaͤchſe nach dem Linneiſchen Sy⸗ 
ſteme vorzuͤglich zu achten habe und auf wel⸗ 
chem Wege man am ficherften dieſem Endzweck 
erreiche. Ehe ich aber hierzu ſchreite, muß ich 
einige allgemeine Vorſchriften voran ſchicken, 
deren Befolgung den gewünſchten Endzweck 
ſehr erleichtern. | 
a) Bei der Unterfischung einer zu beſtim⸗ 
menden Pflanzenart ziehe man jedesmal die 
wildwachſenden denen in Gaͤrten gezogenen 
Gewaͤchſen vor. Die Pflanzen im wilden 
Zuſtande, ſich ſelbſt uͤberlaſſen, ſind weniger 
Abweichungen von ihrer Natur ausgeſetzet, als 
wenn ſie der Kultur unterworfen ſind. Die 
fruchtbare Gartenerde erzeuget, durch die jaͤhr⸗ 
liche Bebauung, in ihnen oft eine beſondere 
Richtung des Bildungstriebes, ſie werden 
ſaftreicher und größer, vorzüglich aber äußern 
ſich die Folgen der Kultur an den Bluͤthen. 
Ihre Theile vervielfaͤltigen ſi ſich und erhalten 
nicht ſelten eine andere Geſtalt, als ſie im na⸗ 
tuͤrlichen Zuſtande haben. Der ungeuͤbte 
Pflanzenforſcher wird daher durch ſie leicht zu 
Irrungen verleitet, die der Erreichung des ge⸗ 
wuͤnſchten Endzweckes hinderlich ſind. Iſt 
man aber aus Mangel an wildwachſenden 
Pflanzen der zu ee e Art, Ahe e 

| ar⸗ 


141 


Gartenpflanzen zu nehmen, ſo waͤhle man nur 
ſolche, welche geringere Spuren eines üppigen 
Wachsthumes aͤußern und deren Bluͤthen ein⸗ 
Men find. Die vollen und 1 Blumen) 

ſind d 


5 Wenn Gewaͤchſe einen haufigen guſluß von 
Nahrungsſaͤften erhalten, ſo äußert ſich dieſer 
Zufluß am merklichſten in der Blume, zuma! 
wenn durch die Kultur dieſer ſtaͤrkere Jufluß 
an Nahrungsſaͤften bei ihnen mehrere Jahre 
nach einander unterhalten wird. Der erſte 
Grad der Abweichung von ihrem natuͤrlichen 
Zuſtande aͤußert ſich dadurch, daß ſich mehrere 

Blumenblaͤtter (Petala) und Staubfaͤden ers 
zeugen, als die Pflanze gewoͤhnlich zu haben 
pfleget. Der zweite Grad beſtehet darin, 
daß ſich einige Staubfaͤden in Blumenblaͤtter 
verwandeln. Eine ſolche Blume wird eine 
volle Blume (Flos multiplicatus) ge⸗ 
nannt. Dieſe Blumen haben noch das Ver⸗ 
mögen, durch eine Begattung erzeugte Frucht⸗ 
koͤrner hervor zu bringen. Am haͤufigſten be⸗ 
weiſen dieſes die vollen Blumen der Garten⸗ 
nelken (Dianthus Caryophyllus), einiger 
Mohnarten (Papaver) und der Stockroſen 
(Althaea rolea). Die weiße Seeroſe (Nym- 
phaea alba) iſt unter den teutſchen Gewaͤch⸗ 
ſen die einzige, welche uns ein Belſpiel einer 
natuͤrlich vollen Blume giebt, indem ihre 

Staubfaͤden den Uebergang in Blumenblaͤtter 
deutlich zeigen. Der dritte Grad iſt der, 
wo ſich alle Befruchtungswerkzeuge in Blu⸗ 
menblaͤtter verwandeln. Eine ſolche Blume 
wird gefuͤllt genannt (Flos plenus). Die 
gefuͤllten Leukojen, Goldlaken, Hyacinthen u. 
a. m. beweiſen dieſes. Solche Blumen ſind 


142 


find zu der Beſtimmung einer Pflanzenart auf 
keinen Fall anwendbar. 

b) Unter den wildwachſenden Pflanzen 
waͤhle man die vollſtaͤndigſten Exemplare zu 
der Unterſuchung und Beſtimmung einer Art. 
Alle von Wuͤrmern und Inſekten beſchaͤdigte, 
wie auch alle mit wiedernatuͤrlichen Auswuͤch⸗ 
ſen verſehene Gewaͤchſe fü ind zu We End⸗ 
zwecke untauglich. 

c) Bevor man die genaue Unterſuchung 
zur Beſtimmung einer Art anſtellet, vergleiche 
man die vorhandenen Pflanzen dieſer Art, ob 
ſte alle mit einander uͤbereinkommen und be⸗ 
merke es ſich genau, wenn ſich Verſchieden⸗ 
heiten in der Farbe, dem Geruche und der aͤu⸗ 
ſeren Geſtalt der Theile wahrnehmen laſſen. 
Die groͤßte Anzahl derſelben, welche in allen 
Theilen eine Uebereinkunft zeiget, pfleget ge⸗ 
meiniglich die eigentliche Art auszumachen und 
die übrigen dagegen nur Abaͤnderungen. 

d) Zu dem, am Schluße des zweiten 
Kapitels, angezeigten Huͤlfsmitteln bei der 
Unterſuchung der Gewaͤchſe, nemlich einem 


zu der Erzeugung der Frucht voͤllig unfaͤhig. 
Durch eben dieſe Grade kehren die gefüllten 
Blumen nach und nach in ihren natuͤrlichen, 
einfachen Zuſtand wieder zuruͤck, wenn ihnen 
der uͤberfluͤſſige Nahrungsſaft entzogen wird 
und ſie aus einem fetten Boden in einen ma⸗ 
gern kommen. Es finden ſich noch einige an⸗ 
dere Fälle, der Vervielfältigung der Bluͤthen⸗ 
theile, woruͤder man in Hen. Borkhauſens 
botaniſchen Woͤrterbuche unter dem Woͤrtern: 
gefüllte und volle Bluͤthe Th. 1 Seite 
142 - 144 und 147. weiter nachleſen kann. 


| 1 


ſcharfen, ſpitzigen Meſſer, einer Zan⸗ 
ge und einem Vergroͤßerungsglaſe, ge⸗ 
hoͤren noch reines Schreibpapier und ein 
Bleiſtift, um bei der Unterſuchung eines 
Gewaͤchſes das beobachtete gleich niederſchrei⸗ 
ben zu koͤnnen. | 


e) Zu der Beſtimmung der Gewaͤchſe ges 
hoͤret ferner das Linneiſche Pflanzenfy- 
ften 2) oder in Ermangelung deſſen, das 
Pflanzenverzeichniß der Gegend 

1 15 | 0 (Flora 


2) Die letztere Ausgabe, welche wir von dem 
Syſteme Vegetabilium Linne i 
haben, ift die funfzehnte vom Hr. D. Per- 
oon beſorget. Goͤttingen 1797. Seit der 
Zeit find aber durch den Fleiß mehrerer Pflan⸗ 
zenforſcher nicht allein viele neue Gewaͤchſe 
entdecket worden, ſondern die innere Einrich⸗ 
tung des Linneiſchen Syſtems hat in manchen 
Stuͤcken weſentliche Verbeſſerungen erhalten 
und wird deren in Abſicht der Kryptogamie 
bald noch mehrere zu hoffen haben. Hr. 
Prof. Wildenow hat ſeit einigen Jahren, 
angefangen, die Species Plantarum 
Linnei in mehreren Baͤnden heraus zu 
geben. Ein Werk, welches ſchon einen großen 
Theil der neueren Entdeckungen enthaͤlt, wel⸗ 
ches ſich aber wenige Anfänger werden an⸗ 
ſchaffen koͤnnen. Es iſt daher zu wuͤnſchen, 
daß wir bald eine neue Ausgabe des Syliema. 
Vegetabilium aus der Feder eines Mannes 
erhalten, der dieſer Arbeit gewachſen iſt und 
dem zugleich die erforderlichen Hülfsquellen 
zur Hand ſind. Bis dahin rathe ich denen 
angehenden Pflanzenforſchern, ſich nicht in 
unnoͤthige Koſten zu ſetzen und ſich mit dem 
neu, 


144 


(Flora regionis) wenn es nach dem Lnnei⸗ 
ſchen Syſteme eingerichtet iſt. ) So lange 
man aber in der Beſtimmung der Gewaͤchſe 
noch nicht voͤllig geuͤbt iſt, bleiben Buͤcher die⸗ 
ſer Art bei botaniſchen Wanderungen entbehr⸗ 
lich. Es iſt dagegen weit rathſamer, bei der 
jedesmaligen Unterſuchung einer zu beſtimmen⸗ 
den Pflanze an Kran URAN die beobach⸗ 
tete 


gehen und volltändigten Pflänzenvelzeich' 

nie der Gegend, worin fie ſich befinden, zu 
behelfen, das zu dem gegenwaͤrtigen Endzwecke 
hinreichend ſeyn wird. 

N Faſt von einem jeden Theile Europens und 
vorzüglich Deutſchlands haben wir ſyſtemati⸗ 
ſche Verzeichniſſe der in demſelben wildwach⸗ 

ſenden Pflanzen. Ich verſuchtete es in meiner 
Flora Germanica die Fleren Deutſch⸗ 
lands zu verernigen und denen deutſchen 
Pflanzenforſchern dadurch eine Ueberſicht des 
Ganzen zu geben. Da aber dieſes Werk fuͤr 
den Anfaͤnger zu weitlaͤufig und fuͤr die bota⸗ 
niſchen Wanderungen zu beſchwerlich iſt, ſo 
ſuchte der Hr. Prof. Hoffmann in Goͤr⸗ 
tingen dieſem abzuhelfen und gab daſſelbe in 
der Geſtalt eines Taſchenbuches heraus. Die⸗ 
ſes Taſchenbuch entſpricht indeſſen nicht ganz 
dem Endzwecke, da es in mehrere Baͤndchen 
eeingetheilet und noch nicht vollendet iſt, auch 
fuͤr manchen Anfänger noch zu theuer ſeyn 
moͤchte. Hr. Pfarrer Röhli ing hat ein Ta⸗ 
ſchenbuch unter dem Titel Deutſchlands 

Flora Bremen 1706. 8vo. herausgegeben, 

welches vorzuͤglich für diejenigen, die der latei⸗ 
niſchen Sprache nicht maͤchtig ſind, bei den 
botaniſchen Wanderungen ſehr brauchbar iſt, 
indem es dem Endzwecke ganz entſpricht. 


145 


tete ne der Lerſthieelleh Theile 
gleich nieder zu ſchreiben und bei der Zuhauſe⸗ 
kunft, nach den niedergeſchriebenen Beobach⸗ 
tungen, in Vergleichung der Pflanze ſelbſt, die 
man zu dem Ende mit Ka Haufe nehmen 
muß, dieſelbe nach dem Syſteme oder dem 
Pflanzenverzeichniſſe der Gegend zu beftim- 
men. Bei der wiederholten Vaigleicunz der 
Pflanze mit den niedergeſchriebenen Beobach⸗ 
tungen wird man am ſicherſten gewahr, ob 
man einen Theil oder einen weſentlichen Um« 
ſtand bei der Unterſuchung überfehen habe und 
man gewoͤhnet ſich zugleich an genauere Be⸗ 
ſchreibungen und richtigere Unterſachungen. 
Haller gab daher Anfaͤngern den Rath *) 
bei ihren botaniſchen Wanderungen an den 
friſchen Pflanzen die Geſtalt, Anzahl, 
Lage, Farbe, Groͤße, den Geruch und 
den Geſchmack der Wurzel, des Stengels, 
der Blaͤtter, der Blume, des Kelches, der 
Blummenblaͤtter, der Staubfaͤden, der Stem⸗ 
pel, der Frucht und der Fruchtkoͤrner genau zu 
unterſuchen und zu beſchreiben, alsdann auch 
den Tag, den Monath und den Ort, wo 
man die Pflanze beobachtete, der e 
hinzu zu fügen. 
f) Wenn die niedergeſchriebenen Beo⸗ 
bachtungen, der zu beſtimmenden Pflanze ent⸗ 
ſprechen ſollen ; jo muß nothwendig die Pflanze 
friſch 
5 Alberti Halleri Diſſ. de Kudie me- 
thodico botanices abſque praeceptore. 
Goettingae 1736. 8 $. VI. pag. 13 20. 


146 


friſch erhalten werden. Denn die Beobach⸗ 
tungen an einer welken Pflanze koͤnnen niemals 
der Natur getreu ausfallen. Zu dieſem End⸗ 
zwecke iſt ein leichter blechener Kaſten 
nothwendig, deſſen Deckel ſo dichte anſchließet, 
daß die freie Luft nicht in denſelben eindringen 
kann. Ueberdem muß derſelbe ſo beſchaffen 
ſeyn, daß mehrere Pflanzen darin Raum ha⸗ 
ben und er ſich bequem unter dem Arme tragen 
laͤſſet. In der Folge werde ich weitlaͤuftiger 
von demſelben handeln. 

g) Bei den mehreſten kryptogamiſchen 
Gewaͤchſen von der kleineren Art, iſt ein ein⸗ 
faches Vergroͤßerungsglas nicht hinreichend, 
ihre Fruchttheile und ihren inneren Bau ge⸗ 
hoͤrig zu unterſcheiden und zu beobachten. Zu 
dieſem Ende iſt ein zuſammengeſetztes 
ſtehendes Vergroͤßerungsglas noth⸗ 
wendig, worunter man den zu unterſuchenden 
Gegenſtand bringen und mittels eines darunter 
angebrachten beweglichen Spiegels denſelben 
in Licht und Schatten verſetzen kann. Zu die⸗ 
ſem Ende gehoͤren auch einige S treifen 
von klaren weißen Fenſterglaſe mit 
zu den Huͤlfsmitteln bei der Unterſuchung und 
Beſtimmung der Gewaͤchſe. Auf einen fol- 
chen Glasſtreifen bringe man den zu unterſu⸗ 
chenden Gegenſtand mittels eines oder mehre⸗ 
rer Tropfen reines Waſſers, betrachte ihn nach 
allen ſeinen Theilen genau mit dem einfachen 
Vergroͤßerungsglaſe und wo dieſes nicht hin⸗ 

| länglich befeiebige, muß man zu dem zuſam⸗ 

men⸗ 


147 


mengeſetzten Vergroͤßerungsglaſe feine Zu⸗ 
flucht eee i 
In dem vorigen Kapitel habe ich gezei⸗ 
get, daß die Gewaͤchſe nach dem Linneiſchen 
Syſteme in zwei Hauptabtheilungen einge⸗ 
theilet werden muͤſſen, nemlich in ſolche, deren 
Befruchtungswerkzeuge dem Beobachter ſicht⸗ 
lich werden und in ſolche, deren Befruchtungs⸗ 
werkzeuge nicht in die Augen fallen, oder die 
nur durch die vorhandene Frucht verrathen, 
daß eine Vermiſchung der Geſchlechter voran 
gegangen ſey, ohne daß wir den eigentlichen 
Sitz derſelben bis jetzt genau kennen. Bei der 
Unterſuchung zur Beſtimmung eines Gewaͤch⸗ 
ſes hat man hierauf zuerſt zu ſehen, um zu er⸗ 
fahren, ob das zu beſtimmende Gewaͤchs zur 
Phaͤnogamie oder Kryptogamie gehoͤre und 
wo man daſſelbe im Syſteme aufzuſuchen habe. 
Die drei und zwanzig erſten Klaſſen des 
Linneiſchen Syſtems, welche die phaͤnogami⸗ 
ſchen Gewaͤchſe enthalten, ſind auf die Anzahl, 
Lage, Verhaͤltniß und Beſchaffenheit der Be⸗ 
fruchtungswerkzeuge und die Unterabtheilun- 
gen zum Theil mit auf die Frucht gegruͤndet. 
Hieraus erhellet, daß bei den phaͤnogamiſchen 
Gewaͤchſen zur richtigen Beſtimmung nur der 
Zeitpunkt zu waͤhlen ſey, wo ſie bluͤhen und 
Frucht anſetzen. 
um die Klaſſe ausfindig zu machen, 
in welche eine zu beſtimmende Pflanze der Phaͤ⸗ 
nogamie gehoͤrt, hat man ſein vorzuͤglichſtes 
ke aa auf die Staubfaͤden zu sichten 
K 2 und 


148 


und nach Anleitung des vorigen Kapitels, bei 
denſelben auf folgende Stuͤcke zu achten. a) 
Ob die Staubfaͤden mit den weiblichen Be⸗ 
fruchtungswerkzeugen in einer Bluͤthe beiſam⸗ 
men, oder von einander getrennet, in verſchie⸗ 
denen Bluͤthen derſelben Art ſich befinden. b) 
Ob die Staubfaͤden einzeln, oder in irgend 
einem Theile, entweder unter ſi ch oder mit dem 
Stempel verwachſen find, c) Bei den ein⸗ 
zelnen Staubfaͤden achte man genau auf ihre 
Anzahl, Lage und das Verhaͤltniß unterein⸗ 
ander. d) Findet man derſelben mehr, als 
zwoͤlf, fo unterſuche man, ob fie aus der aͤuſ⸗ 
ſeren Bluͤthendecke (dem Kelche); oder dem 
Fruchtboden ihren Urſprung nehmen. e) Ha⸗ 
ben die Staubfaͤden in Abſicht der Laͤnge unter 
ſich ein gewiſſes Verhaͤltniß, ſo koͤmmt es dar⸗ 
auf an, ob deren zwei längere und zwei kuͤrzere; 
oder vier laͤngere und zwei kuͤrzere vorhanden 
find. f) Sind die Staubfaͤden unter ſich ver⸗ 

wachſen, ſo achte man darauf, ob die Traͤger 
 (flamenta) in einen Körper, oder mehrere 
Partheien verwachſen ſind; oder ob die Staub⸗ 
kolben (Antherae) in einen Körper verwachſen 
find und eine Röhre bilden. g) Finden ſich 
die männlichen und weiblichen Befruchtungs⸗ 
werkzeuge in verſchiedenen Bluͤthen derſelben 
Art von einander getrennet, ſo kommt es dar⸗ 
auf an, ob die maͤnnlichen und weiblichen Bluͤ⸗ 
then ſich auf einer und derſelben Pflanze, oder, 
von einander N u öl nah 


ann befinden, | 0 
Hat 


* 


149 


Hat man auf dieſe Weiſe, durch die Ver⸗ 
gleichung der VBefruchtungs werkzeuge der zu 
beſtimmenden Pflanze mit den hier angezeigten 
Fällen, die Klaſſe gefunden, wohin ſie gehoͤ⸗ 
ret, fo bemühe man ſich, die Ordnung aus 
findig zu machen, worin man fie zu ſuchen ha⸗ 
be. Hierzu wird man leichter gelangen, wenn 
man auf folgende Stücke Rüͤckſicht nimmt. 
a) Bei den Gewaͤchſen mit ungetrennten Ge⸗ 
ſchlechtern, deren Staubfaͤden in keinem Theile 
verwachſen ſind und kein gewiſſes Verhaͤltniß 
gegen einander haben, ſind die Ordnungen von 
der Anzahl der Griffel (Styli) oder in deren Ab⸗ 
weſenheit von der Anzahl der Narben (Stigma- 
ta) hergenommen. Dieſe muß man alſo genau 
unterſuchen und zaͤhlen. b) Bei den Gewaͤchſen, 
deren Staubfaͤden zwar in keinem Theile mit ein⸗ 
ander verwachſen ſind, die aber ein gewiſſes Ver⸗ 
haͤltniß gegen einander beobachten, ſind die 
Ordnungen auf die Lage und Beſchaffenheit 
der Frucht gegruͤndet. Bei den Zweimaͤchtigen 
(Didynamae) hat man darauf zu ſehen, ob 
die Fruchtkoͤrner nackt und ohne eine gemein⸗ 
ſchaftliche Bedeckung auf dem Fruchtboden lie⸗ 
gen; oder ob ſie gemeinſchaftlich in ein Frucht⸗ 
behaͤltniß eingeſchloſſen ſind. Bei den Vier⸗ 
mächtigen (Tetradynamae) beruhen die Ord⸗ 
nungen auf das Verhaͤltniß der Laͤnge zur Brei⸗ 
te des Fruchtbehaͤltniſſes. c) Bei den Pflan⸗ 
zen, deren Traͤger in einen Koͤrper, oder meh⸗ 
rere Parthien, oder auch deren Staubfaͤden 
mit dem —s verwachſen ſind, muß man 
anf 


150 


auf die Anzahl der Staubfaͤden Ruͤckſicht neh⸗ 
men, wenn man bei dieſen die Ordnung be⸗ 
ſtunmen will. d) Bei den in einem Beſchluſſe 
zuſammenzeugenden Pflanzen, deren Staub⸗ 
kolben in eine Rohre verwachſen find (Synge- 
nella Symphyantherae) beruhet der Unter⸗ 
ſchied der Ordnungen auf der Beſchaffenheit 
der Bluͤmchen (Flofculi). Theils ſind fie alle 
Zwitter (Hermaphroditi) und fruchtbar, theils 
find die Bluͤmchen der Scheibe (Dilcus) nur 
Zwitter und die des Umkreiſes (Peripheria) 
weibliche, oder auch ganz unfruchtbar, theils 
find die Zwitterblümchen der Scheibe, wegen 
der Unvollkommenheit der weiblichen Befruch⸗ 
tungswerkzeuge unfruchtbar, dagegen die weib⸗ 
lichen Bluͤmchen des Umkreiſes nur fruchtbar 
und theils iſt ein jedes Bluͤmchen mit einer be⸗ 
ſonderen Blumendecke (Perianthium partiale) 
verſehen. e) Bei den Gewaͤchſen mit getrennten 
Geſchlechtern, entweder auf einer und derſelben, 
oder auf verſchiedenen Pflanzen derſelben Art, 
werden die Ordnungen nach der Anzahl und 
Beſchaffenheit der Staubfaͤden beſtimmt. 
Igſt man nun wegen der Klaſſe und Ord⸗ 
nung bei einer zu beſtimmenden Pflanze in 
Richtigkeit, fo fraͤget es ſich alsdann zuf welcher 
Gattung dieſelbe gehoͤre? Die Gattungen 
gründen ſich auf die weſentliche Verſchieden⸗ 
heit un der Bläthen⸗ und Ae ae Man 
achte 

Die eher Gia welche ach threr 
Verſchiedenheit zu den Gattungskennzeichen ans 


gewendet werden müllfen, hat Hr. Borkhau⸗ 
ſen 


131 


achte alſo genau auf die Geſtalt, Lage, Anzahl 
und das Verhaͤltniß des Kelches (Calix), der 
Krone (Corolla), der Befruchtungswerkzeuge, 
des Honigbehaͤltniſſes (Nectarium) der Frucht, 
des Fruchtbodens und der Fruchtkoͤrner, Z. B. 
ob der Kelch und die Krone einblaͤttrig oder 
mehrblaͤttrig ſind; ob ſie unter oder uͤber dem 
Fruchtknoten ſitzen; ob der einblaͤttrige Kelch 
oder die Krone getheilet, eingeſchnitten, gezaͤhnt 
oder am Rande ſchlicht en ob das Fruchtbe⸗ 
haͤltniß ein⸗ oder mehrfaͤcherig ſey ); ob der 
Fruchtboden nackt, mit Borſten oder ſpreuar⸗ 
tigen Schuppen beſetzet ſey u. ſ. w. Hat man 
die Blüthen- und Fruchttheile genau unterſu⸗ 
chet, ſo nehme man das Linneiſche Pflanzenſy⸗ 
ſtem oder, in deſſen Ermangelung, das Pflan⸗ 
zenverzeichniß der Gegend 5 regionis) 

| zur 


fen in dem botaniſchen Woörterbuche unter 
Regeln, nach welchen Gattungen zu 
beſtimmen find Theil 2. Seite 2535— 274. 
ſehr vollſtaͤndig abgehandelt. 


) Der Eierſtock oder der Fruchtknoten enthält 
ſchon ziemlich vollſtaͤndig die Grundlinien der 
kuͤnftigen Frucht. Man kann daher, in dem 
Falle, wo die Gattungsunterſchiede vorzuͤglich 

auf die Verſchiedenheit der Frucht beruhen 
und noch keine reife Frucht zur Unterſuchung 
BR vorhanden iſt, wenn man den Fruchtknoten 
quer durchſchneidet, ſchon deutlich wahrnehmen, 
ob das kuͤnftige Fruchtbehaͤltniß ein oder 
mehrfaͤcherig ſey. Wenn man aber eine reife 
Frucht von dem zu beſtimmenden Gewaͤchſe 
erhalten kann, ſo iſt dieſe zur richtigeren Be⸗ 
ſtimmung jedesmal vorzuziehen. 


1 


152 


- 


zur Hand, gehe alsdann die verſchiedenen Gat⸗ 
tungen der Klaſſe und Ordnung, in welche die 


vorliegende Pflanze gehoͤret, nach den angege- 


benen Gattungskennzeichen genau durch und 
ſehe alsdann, welche Gattung vollkommen mit 
der zu beſtimmenden Pflanze uͤbereinkommt. 
a Unterſcheidungskennzeichen mehrerer 
Arten einer Gattung werden von ſolchen 
Theilen der ganzen Pflanze hergenommen, die 

bei dem Gattungscharakter nicht Statt finden 
und doch allen Indioiduen jeder Art unveraͤn⸗ 
dert eigenthuͤmlich fi ſind, z. B. die verſchiedene 
Geſtalt, Bekleidung, Richtung u. ſ. w. der 
Wurzel, des Stengels, der Blätter, der Stuͤz⸗ 
zen (Fulcra) der Bluͤthen, der Bluͤthenhüllen 
(Involucra). der Frucht und der Seuchtförner. 
Kurz, alle Theile einer Pflanze, in ſo ferne ſie 


mehrere eigenthämliche, beſtaͤndige und in die 


Augen fallende Verſchiedenheiten zeigen, koͤn⸗ 
nen Kennzeichen abgeben, eine Pflanze, als eine 
beſondere Art, von andern. ‚ähnlichen oder nahe 
verwandten Arten zu unterſcheiden. Man ver⸗ 
gleiche daher alle Theile eines Gewaͤchſes ge⸗ 
nau mit den, im Syſteme oder dem Pflanzen⸗ 
verzeichniſſe der Gegend, angegebenen Unker⸗ 
ſcheidungszeichen der Arten, die mit der zu be⸗ 
ſtimmenden Pflanze eine Gattung aus machen, | 
und man wird ſich bald im Stande befinden, 
zu beſtimmen, welche: von den angeführten Br 
ten die vorliegende Pflanze ſey. . 
Finden ſich bei einer Pflanzenart e. 
ven Wee in SUR der 


date 


153 


Farbe, der Größe, des Geruches u. ſ. w. ſo 
nennet man ſolche Pflanzen Abarten oder | 
Spielarten. Wenn gleich die Abarten wer 
niger in Betracht kommen, als die Art ſelbſt, 
fo darf man fie doch nicht unbemerket laſſen, 
weil mehrere dergleichen zu der richtigen Be⸗ 
ſtimmung der ae. Art fuͤhren koͤn⸗ 
nen. ) 
Ju mehrerer Deutlichkeit deſſen, was ich 
hier über die weſentlichſten Stücke zu der Be» 
ſtimmung der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe geſa⸗ 
get habe, will ich jetzt ein paar Pflanzen nach 
ihren verſchiedenen Theilen in der zu befolgen 
den Ordnung unterſuchen, und nach dem Lin⸗ 
neiſchen Syſteme beſtimmen. Wenn fie. zwar 
keine teutſche Pflanzen ſind, ſo finden ſie ſich 
doch in den mehreſten Gaͤrten Teutſchlands 
und zu Folge der Groͤße ihrer Bluͤthen- und 
Fruchttheile geben ſie die deutlichſten Beiſpiele. 
zu dieſem Endzwecke. = 
Eine der erfien und anfehnlichften Fruͤh⸗ 
lingsblumen in den Gaͤrten iſt die ſogenannte 
Kaiſerkrone oder die buͤſchlige Schach⸗ 
blume. Bei dem erſten Anblicke der Blumen 
wird man gewahr, daß ſie ſaͤmtlich beide Be⸗ 
fruchtungswerkzeuge enthalten, dieſe Pflanze 
alſo nicht allein zu der Phaͤnogamie gehöre, 
ſondern a Swießerblu men Vea 
. Wenn 


| 755 Site. sur Botanik. Bremen 
1782. Theil 1. S. 45—60. Hier habe ich 
von dem Unterſchiede der Spielarten von 
wahren Pflanzenarten weitlaͤuftiger bey andelt. 


154 


Wenn man die anſehnlichen, niederhängenden, 
glockenfoͤrmigen Blumen in die Hoͤhe bieget: 
fo ſiehet man ſechs Staubfaͤden, die ein⸗ 
zeln ſtehen, in keinem Theile ver 
wachſen und alle von gleicher Laͤnge 
find. Dieſe Pflanze gehoͤret alſo offenbar in 
die Klaſſe YL Hexandria (fehsmän- 
nige) und, da man in der Mitte der ſechs 
Staubfaͤden nur einen einfachen Grif— 
fel (Stylus) findet, in die erſte Ordnung 
dieſer Klaſſe Monogynia (ein weibige). Um 
zu erfahren, zu welcher Gattung dieſe Pflan⸗ 
ze gehoͤre, betrachtet man die Blums mit allen 
ihren Theilen ganz genau. Hier beobachtet 
man folgendes: a) Sie hat keinen Kelch oder 
Bluͤthendecke und bildet daher eine nackte 
Blume (Corolla nuda). b) Sie beſtehet 
aus ſechs Blumenblaͤttern, die eine 
glockenfoͤrmige Blume bilden (Corolla 
hexapetala, campanulata), c) Bieget 
man dieſe Blumenblaͤtter auseinander, ſo be⸗ 
merket man an der inneren Seite eines 
jeden unterwaͤrts eine halbkugelfoͤr⸗ 
mige Vertiefung, die mit einer kla⸗ 
ren Feuchtigkeit angefuͤllet i ſt. (Su- 
pra ungues petalorum cavitas nectarife- 
ra). d) Die Staubfaͤden find fo lang 
als die Blumenkrone. e) Der Eier⸗ 
ſtock ſitzet innerhalb der Blume und 
alſo die Blumenblaͤtter unter demſel⸗ 
ben (Germen ſuperum; corolla infera). 


f) Das Fruchtbehaͤltniß iſt 2 rund, 
drei 


155 


dreikantig und dreifächerig. Linne erleichter⸗ 
te die Beſtimmung der Gattung, zu welcher 
eine Pflanze gehoͤret, dadurch ungemein, daß 
er in ſeinem Syſteme bei einer jeden Klaſſe 
nach ihren Ordnungen eine Ueberſicht aller da⸗ 
hin gehoͤrigen Gattungen mit ihren weſentlichen 
Unterſcheidungszeichen voranſchickte und fie in 
verſchiedene Abtheilungen ordnete, die er von 
dem Bluͤthenſtande oder von andern Theilen 
der Bluͤthe und Frucht entlehnte. Dieſe vor- 
an geſchickte Ueberſicht der Gattungen zur ſech⸗ 
ſten Klaſſe und deren erſte Ordnung ſehe man 
im Syſteme nach ). Hier findet man die Gat⸗ 
tungen unter folgende Abtheilungen gebracht: 
* Flores calyculati, ** Flores [patha- 
cei. * Flores nudi. **** Flores incom- 
pleti. Nach der beobachteten Beſchaffenheit 
der Bluͤthentheile kann die Kaiſerkrone weder 
unter die beiden erſten, noch unter die letzte 
Abtheilung gerechnet werden, ſondern ſie ge⸗ 
hoͤren offenbar zur dritten (*** Flores nudi). 
Gehet man nun die Gattungen dieſer Abthei⸗ 
lung der Reihe nach durch, ſo findet man nur 
zwei?) nemlich Uvularia und Fritillaria, 
deren Gattungscharaktere auf unfere Pflanze 
paſſen. Bei beiden ift Corolla infera 
herxapetala, baſi nectarifera. Der Unter- 
ſthied dieſer beiden Gattungen von einander 
wird hier nur dadurch bezeichnet, daß bei 
Vvu⸗ 

e) Car. a Linne Syfiema Vegetabi- 
dium edit. XV, cura Perfoon pag. 


328—330. 
) a. a. O. Seite 330. 


156 


Uvularira corolla erecta und bei Tri- 
tillaria Corolla ovata ſeyn fol. Dies 
fer Unterſchied ift aber zu unbedeutend und auf 
keinen Fall befriedigend. Wir muͤſſen alſo ſe⸗ 
hen, ob da, wo die Gattungen mit ihren Ar⸗ 
ten in der Folge abgehandelt werden, kein we⸗ 
ſentlicheres Unterſcheidungszeichen dieſer beiden 
Gattungen angegeben ſey. Hier heißt der Cha⸗ 
rakter ) von Fritillaria Corolla hexapetala, | 
campanuläta, ſupra ungues cavitate necta- 
rifera. Stamina longitudine corollae: von 
Uvularia abet Corolla hexapetala erecta: 
Nectarü fovea boſeos petali. Filamenta 
brevillima. Dieſen zu Folge beſtehet der we⸗ 
ſentliche Unterſchied der Gattung Fritillaria 
von Uvularia darin, theils daß die Honigbe⸗ 
haͤltniſſe uͤber dem Nagel der Blumenblaͤtter 5 
(Vnguis petalorum) nicht aber am Grunde 
derſelben liegen, theils aber und vorzuͤglich, 
daß die Staubfaͤden ſo lang als die Krone und 
nicht aͤußerſt kurz find. Es bleibet alſo kein 


Zweifel mehr übrig, daß unſere Pflanze zur 


Gattung Fritillaria und nicht zur LDvularia 


gehoͤre. Nun kommt es darauf an, zu beſtim⸗ 


men, welche Art fie ſey. Wenn wir dieſe 
Pflanze nach ihren uͤbrigen Theilen beobachten, 


ſo finden wir, daß der Stengel mit laͤnglichen f 


am Rande ganzen Blättern beſetzet 
ſey und ſich in eine Bluͤthentraube en⸗ 

dige, die unterwaͤrts nackt, oberwaͤrts 
aber mit einem Buͤſchel von Blaͤt⸗ 


tern ver ſehen if (Racemus comofus, infer- 
ne 
20) 8. d. O. Seite 345. 


157 


ne nudus). Vergleichet man nun die von 
Linne aufgezählten Arten dieſer Gattung 
hiermit, ſo findet man, daß gleich die erſte 
Art Fritillaria imperialis unſere Pflanze ſeyn 
muͤſſe, wovon die Unterſcheidungszeichen fol⸗ 
gendermaßen angegeben find: Fr. racemo co- 
molo inferne nudo, foliis integerrimis. 
1 Die zweite Pflanze, welche wir jetzt be⸗ 
trachten wollen, iſt die gemeine Sonnen⸗ 
blume, die, wegen ihrer Schoͤnheit t und ihres 
oͤkonomiſchen Nutzens haͤufig in den Gaͤrten 
Teutſchlands jährlich angebauet wird. Gleich 
bei dem erſten Anſehen der Blume bemerket 
man, daß fie aus mehreren Bluͤmchen, 
die auf einem semeigghaftlihen 
Fruchtboden ſizzen und mit einer ges 
meinſchaftlichen Bluͤthendecke ver⸗ 
ſehen ſind, zuſammengeſetzet ſey. Unterſu⸗ 
chet man die einzelnen Blänichen genauer, fo 
findet man, daß die fünf Traͤger der Staubfaͤ⸗ 
den (Filamenta) Bei ſtehen, die Staubkol⸗ 
ben (Antherae) aber in eine Roͤhre ver⸗ 
wachſen ſind. Dieſe Pflanze gehoͤret alfo 
unter die Abtheilung des Linneiſchen Syſtems, 
die in einem Beſchluſſe z uſammen⸗ 
zeugende verwachſenbeutliche Ge⸗ 
waͤchſe enthaͤlt, welche die Klaſſe XIX. 
Syngeneſid Symphy antherae in 
ſich faſſet. Dieſe Klaſſe beſtehet, wie ich in 
dem vorigen Kapitel gezeiget habe, aus fuͤnf 
Ordnungen. Um aber zu beſtimmen, zu 
welches derfelben die Sonnenblume gehöre, 

muͤſſen 


158 


muͤſſen wir die Beſchaffenheit der Blümchen 
in Abſicht ihrer Befruchtungswerkzeuge unter⸗ 
ſuchen. Hierbei ergiebt ſich, daß die Blüm- 
chen der Scheibe (Flofeuli diſci) beide 
Befruchtungswerkzeuge enthalten und 
alſo Zwitterblümchen find, deren zwei⸗ 
theilige Narbe ſich durch die Roͤhre der verwach⸗ 
ſenen Staubkolben hervorgedraͤnget und uͤber 
derſelben zuruͤck gebogen hervorraget. Die 
Blümchen des Umkreiſes (Floſculi ra- 
dii) haben dagegen keine männliche Be: 
fruchtungswerkzeuge, ſondern nur das 
weibliche, dem aber die Narbe (Srigma) 
fehlet. Sie ſind alſo ganz unfruchtbar. 
Ferner ben man, daß die Blümchen Fei- 
ne beſondere Bluͤthendecke (Perian- 
thium proprium I. Calyx proprius) haben, 
fondern alle nackt auf dem Fruchtboden ſitzen. 
Nun gehe man die Ordnungen dieſer neunzehn⸗ 
ten Klaſſe nach der gegebenen Erleuterung durch 
und man wird finden, daß, nach der beobach⸗ 
teten Beſchaffenheit der Bluͤmchen, die Son⸗ 
nenblume weder zur erſten noch zur zweiten, 
noch zur vierten oder fuͤnften Ordnung gehoͤren 
koͤnne, ſondern zur dritten Fruſtranea, wel: 
che diejenigen verwachſenbeutlichen, in einem 
Beſchluſſe zuſammenzeugenden, Gewaͤchſe ent⸗ 
haͤlt, bei welchen ſich neben den fruchtba⸗ 
ren Zwitterblümchen der Scheibe, im 
Umkreiſe unfruchtbare Bluͤmchen fin⸗ 
den. Linne entlehnte die Unterſcheidungszei⸗ 
chen der Gattungen dieſer Klaff . 

{ 1 N be 


159 


Beſchaffenheit des Kelches, cheils von der An⸗ 
zahl und Beſchaffenheit der Bluͤmchen der 
Scheibe und des Umkreiſes, theils von der Be⸗ 
ſchaffenheit des Fruchtbodens, ob derſelbe nackt, 
oder mit Haaren, Borſten oder mit ſpreuarti⸗ 
gen Schuppen beſetzet ſey und endlich ob die 
Fruchtkoͤrner an der Spitze mit Haarkronen 
oder ſpreuartigen Schuppen verſehen ſind oder 
nicht. Wir muͤſſen alſo, um zu erfahren, zu 
welcher Gattung dieſe Pflanze gehoͤre, dieſe 

Theile genauer betrachten. Hier bemerken wir 
a) daß der Kelch, oder die allgemeine Bluͤthen⸗ 
decke, aus mehreren Schuppen zuſam⸗ 
mengeſetzet ſey, die wie e ee 
übereinander liegen und zu ruͤckgebo⸗ 
gen ſind (Calyx imbricatus, Iquarroſus). 
b) Daß die Blümchen der Scheibe 
roͤhrenfoͤrmig, die des Umkreiſes aber 
band- oder zu ngenfoͤrmig find (Floſou- 
li diſci tubuloli, radii ligulati.) c) Der 
Fruchtboden iſt flach und mit ſpreu⸗ 
artigen Schuppen beſetzet, deren zwei 
und zwei ein Fruchtkorn einſchließen 
(Receptaculum planum paleaceum; paleis 
duabus femen includentibus). Die Kro- 
ne der Fruchtkoͤrner ift zweiblaͤttrig; 
die ſpreuartigen Blattchen find lan⸗ 
zettfürmig, grannenartig und fallen 
leicht ab. (Pappus diphyllus: paleis lan- 
ceolatis ariſtatis deciduis). Gehet man 

nun in der gegen ne. dieſer Ordnung 

, im 


160 


im Syſteme 55 die Granger durch, ſo 
koͤnnten nach der Beſchaffenheit des Fruchtbo⸗ 
dens und der Krone der Fruchtkorner nur zwei 
Gattungen auf unſere Pflanze paſſen, nemlich 
Coreophis und Helianthus, Dei beiden 
heißet es: Receptaculum paleäceum, Pap- 
pus ariſtatus. Bei der erfteren aber wird ge⸗ 
geſaget: Calyx calyculatus und bei der letz⸗ 
teren Calix Iquarroſus. Unſere Pflanze 
muß alſo nothwendig zur letzteren Gattung 
Helianthus gehören, da bei derſelben die 
Kelchblaͤtter wie Dachziegeln uͤber einander 
liegen und zurückgebogen find, der Kelch 
aber nicht am Grunde mit einem beſonderen 
Kelche vermehret iſt (Calyx calyculatus). 
Wenn man indeſſen in der Folge ) den Gat⸗ 
tungscharakter des Helianthus mit dieſem 
vergleichet, ſo wird man noch mehr uͤberzeuget, 
daß die Sonnenblume zur Gattung Helian- 
thus gehöre, Hier wird der Charakter fol- 
gendermaßen angegeben: Aeceptaculum 
paleacenm, planum. Pappus diphyllus, 
Calix imbricatus lubſgarroſus. Jetzt 
bleibet noch übrig, die Art zu beſtimmen, 
welche unſere Pflanze ausmachet. Bei der 
Betrachtung der uͤbrigen Theile der Pflanze 
bemerken wir hauptſaͤchtlich, daß die Blaͤtter 
alle herzfoͤrmig und dreirippig find, der Bluͤ⸗ 
chenſtiet iſt nach oben zu verdickt und die Blu- 
me 


0 inne 85. Veger. bag. 74 
52) a. a. O. Seite 822. 


161 


me iſt niedergebogen „die beiden erſten Arten 
dieſer Gattung im Syſteme find FTelianthus 
‚annuus und indieus. Beide find fich ſehr 
ähnlich, beide find jährige Pflanzen und beide 
haben herzfoͤrmige, dreirippige Blätter. Sie 
unterſcheiden ſich nur dadurch von A 
daß bei den erſteren die Bluͤthenſtiele nach oben 
zu verdickt und die Kelchſchuppen ee 
ſind, bei den letztern dagegen iſt der Bluͤth 
ſtiel oben und unten von gleicher Dicke, die 
Blume weniger uͤbergebogen und die aͤußeren 
Kelchſchuppen wachſen in geſtielte, meberhän⸗ 
gende Blaͤtter aus. Die letztere Art kann alſo 
unſere Pflanze nicht ſeyn, ſondern die erſtere, 
nemlich: Helianthus annuus foliis omnibus 
cordatis trinerviis, pedunculis i iner allatis, 
| floribus cernuis. 
Durch die hier mitgetheilten Vorschriften 
und Erlaͤuterungen habe ich hoffentlich dem an⸗ 
gehenden Pflanzenforſcher, dem die Gelegen⸗ 
heit eines muͤndlichen Unterrichtes fehlet, deut⸗ 
lich gezeiget, wie er zu der Wiſſenſchaft gelan⸗ 
ge, die phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe nach dem 
Linneiſchen Syſteme zu beſtimmen. Da aber 
dennoch zuweilen ſchwierige Faͤlle vorkommen, 
die auch ſelbſt dem geuͤbteren Pflanzenforſcher 
Zweifel erregen koͤnnen, fo rathe ich demſelben, 
die, nach dieſen angegebenen Grundſaͤtzen be⸗ 
ſtimmten Pflanzen, einem Pflanzenkenner mit⸗ 
zutheilen und denſelben um fein Urtheil zu 
bitten, ob man richtig Rim Nabe oder 


9 189 5 
8 2 e Die 


162 


Die groͤßte Schwierigkeit, welche dem 
noch nicht hinlaͤnglich geuͤbten Pflanzenforſcher 
bei der Beſtimmung der Gewaͤchſe nach dem 
Linneiſchen Syſteme aufſtoͤßt, veranlaſſen die 
häufigen Ausnahmen von den angenommenen 
Grundſaͤtzen, nach welchen die Klaſſen und 
Ordnungen dieſes Syſtems errichtet ſind, und 
dieſe waren bei einem kuͤnſtlichen Syſteme, das 
ſich auf die Anzahl, Lage und Beſchaffenheit der 
Befruchtungswerkzeuge gruͤndet, unvermeid⸗ 
lich, wenn man nicht auf der anderen Seite 
der Natur zu große Gewalt anthun und durch 
eine zu große Vervielfaͤltigung der Gattungen, 
das Studium der Pflanzenkenntniß noch mehr 
erſchweren wollte. Es finden ſich naͤmlich ver⸗ 
ſchiedene Gewaͤchſe, die in ihrem ganzen Bluͤ⸗ 
then= und Fruchtbaue mit andern fo genau ver⸗ 
bunden find, daß, ſie nicht von ihnen getrennet 
werden koͤnnen, ſondern mit denſelben in eine 
Gattung gehören, wenn fie gleich in der An⸗ 
zahl, Lage und Beſchaffenheit der Befruch⸗ 
tungswerkzeuge von einander abweichen.) 

g | Linne 
| 3) Anmerk. Merkwürdig iſt es, daß die Ans 
zahl der Blumenblaͤtter, oder, bei der einblaͤt⸗ 
terigen Blumenkrone, deren Einſchnitte, mit 
der Anzahl der Staubfaͤden gemeiniglich in 
einem genauen Verhaͤltniſſe ſtehen. In dem 

Falle nemlich, wo eine Bluͤthe, die ihrer Na⸗ 

tur nach eine ungleiche Anzahl der Staubfaͤ : 

den und Bluͤthentheile hat, eine gleiche Zahl 
von Stoubfaͤden erhaͤlt, nimmt gewoͤhnlich die 

Blumenkrone auch eine gleiche Anzahl ihrer 

Theile 


163 


Linne ſuchte zwar dieſe wichtige Schwierig⸗ 
keit dadurch einigermaßen zu heben, daß er bei 
der Ae cht der Gattungen zum . ei⸗ 

91. e e 


Theile an und 1 5 ſo in dem bange e 
Falle. Dieſes Verhaͤltniß der ungleichen oder 
gleichen Anzahl der Staubfaͤden erſtrecket ſich 
gemeiniglich auch auf die Blaͤtter des Kelches 
oder deſſen Einſchnitte. Ein paar Beiſpiele 
werden dieſen Satz deutlicher machen. Bei 
dem gemeinen Spindelbaum (Evonymus 
europaeus) enthält die erſte aufbluͤhende Blu⸗ 
me fünf Staubfäden, fünf Blumenblaͤtter und 
fuͤnf Kelcheinſchnitte. Die ſpaͤteren Blumen 
enthalten alle vier Staubfaͤden und daher auch 
vier Blumenblaͤtter und vier Kelcheinſchnitte. 
Bei dem gemeinen Biſamkraute (Adoxa 
Molchatellina) findet der entgegengeſetzte Fall 
Statt. Die erſte und oberſte Blume hat acht 
Staubfaͤden, vier Stempel, eine vierſpaltige 
Blumenkrone und einen zweiſpaltigen Kelch. 
Die Übrigen und ſpaͤteren Seitenblumen ha⸗ 
ben zehn Staubfaͤden und daher auch fuͤnf 
| ‚Stempel, eine fuͤnfſpaltige Blumenkrone und 
einen dreiſpaltigen Kelch. Auch bei den Aus⸗ 
artungen in Abſicht der Anzahl der Staub⸗ 
faͤden durch zufällige Urſachen beobachtet die 
Natur ein gleiches Verhaͤltniß und auch als⸗ 
dann noch zeiget ſie die groͤßte Ordnung. Man 
kann daher bei dem erſten Anſehen einer Blu⸗ 
me von einer gleichen oder ungleichen Anzahl 
der Kelch⸗ und Kron ⸗Theile auf eine gleiche 
oder ungleiche Anzahl der Staubfaͤden muth⸗ 
maslich ſchließen. Es bleibet aber dennoch je⸗ 
desmal nothwendig, durch die genauere Unter⸗ 
ſuchung ſich davon zu überzeugen. IM 


164 


ner jeden Klaſſe, dieſe Ausnahmen unter der 
Ordnung, wohin ſie eigentlich gehoͤrten und wo 
man ſie aufſuchen wuͤrde, namentlich anzeigte. 
Theils aber iſt dieſe Anzeige nicht ganz vollſtaͤn⸗ 
dig geliefert und theils iſt fie an und fuͤr ſich 
ſelbſt nicht hinreichend. Ich ſammlete daher 
dieſe Ausnahmen und handelte ſie in den 
Klaſſen und Ordnungen, nach ihren Bluͤ⸗ 
then⸗ und Frucht Theilen ab, worin fie 
ein jeder nach der Anzahl, Lage und Beſchaf⸗ 
fenheit der Befruchtungswerkzeuge im Syſteme 
ſuchen wuͤrde und wohin ſie eigentlich gehoͤrten. 
S. Verzeichniß derjenigen Pflanzen, 
welche nach der Anzahl und Beſchaf⸗ 
fenheit ihrer Geſchlechtstheile nicht 
in den gehörigen Klaſſen und Ord⸗ 
nungen des Linneiſchen Nm ſt e⸗ 
hen ꝛc. Altenburg 1781. 8. Zu dieſem 
Verzeichniſſ e habe ich in dem en Thei- 
le meiner Beiträge zur Botanik, Seite 
101— 124. einen Nachtrag geliefert. Bei 
der veränderten Einrichtung dieſer Auflage 
wuͤrde ich die Grenzen dieſer Anweiſung unnd- 
thiger Weiſe zu weit hinausſetzen, wenn ich die⸗ 
ſe Ausnahmen hier wieder abhandeln wollte. 
Ich verweiſe daher meine Leſer auf dieſes ange⸗ 
zeigte Verzeichniß und gehe jetzt in meiner Be⸗ 
trachtung uͤber die Beſtimmung der kühe g 
ichen Gewaͤchſe weiter. 92 

Linne 


2) Vergleiche hem die Vorrede dieſer 
Auflage. 


163 


sin ne brachte bekanntlich die kryptoga⸗ 
miſchen Gewaͤchſe in die vier und zwanzigſte 
Klaſſe ſeines Pflanzenſyſtems und theilte ſie als 
Hauptfamilien in vier Ordnungen. In dem 
vorigen Kapitel verſuchte ich es, ſie, ſo wie die 
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe, in Klaſſen und 
Ordnungen zu theilen und hoffte dadurch dem 
Anfaͤnger das ſchwere Studium dieſer großen 
Familie zu erleichtern. Da aber bei den meh⸗ 
reſten Gewaͤchſen dieſer Art die Geſchlechtstheile 
nicht hinlaͤnglich bekannt ſind und bei ſolchen, 
wo wir ſie kennen, ſie nur durch Huͤlfe guter 
Vergroͤßerungsglaͤſer beobachtet werden muͤſ⸗ 
ſen, ſo koͤnnen ſie uns auch nicht zum allgemei⸗ 
nen Masſtabe dienen, die Klaſſen darauf zu 
gruͤnden. Ich waͤhlte daher groͤßtentheils die bis 
jetzt von den Botanikern angenommenen Linnei⸗ 
ſchen Ordnungen zur Beſtimmung der NER. 
Hier find alſo die Vorſchriften, die ich bei Be⸗ 
ſtimmung der Klaſſen der phaͤnogamiſchen Ge⸗ 
waͤchſe gegeben habe, nicht anwendbar, ſondern 
man muß hierbei vorzuͤglich auf den 1 
Bau der ganzen Pflanze und ihre befondere: 
Eigenſchaften Ruͤckſicht nehmen. Die bose 
gamiſchen Gewaͤchſe zeichnen ſich vor den phä⸗ 
nogamiſchen durch beſondere Verſchiede nheiten, 
ſchon bei dem erſten Anſehen, aus, die ganzen 
Familien eigen find und welche zu der Beſtim⸗ 
mung der angenommenen Klaſſen fuͤhren. Um 
dieſe eigenthuͤmliche Verſchiedenheiten ganzer 
Familien zu bemerken und bei dem erſten Anſe⸗ 
m zu unterſcheiden, muß man ſchon einige 
Kennt. 


166 


a: der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe befiz- 
zen. Ich rathe daher dem angehenden Pflan⸗ 
zenforſcher ſich eine hinlaͤngliche Kenntniß der 
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe zu verſchaffen, ehe 
er ſich an die Beſtimmung der Kryptogamiſten 
waget. Bei einer jeden der angenommenen 
ſechs Klaſſen habe ich die eigenthuͤmlichen Ver⸗ 
ſchiedenheiten angezeiget und wenn man bei der 
Beſtimmung eines kryptogamiſchen Gewaͤchſes 
hierin zu einiger Gewißheit gelangen will, ſo 
muß man dieſe mit dem vorliegenden Gewaͤch⸗ 
ſe vergleichen. 
| Die Ordnungen der vorgeſchlagenen 
ſechs Klaſſen beruhen dagegen auf feſteren 
Gründen. nemlich auf die Lage und Beſchaf⸗ 
fenheit der Frucht. Bei den Gewaͤchſen der 
erſten Klaſſe mit Wurzelfrucht (Rhi- 
zocarpae) welche denen phanogamiſchen Ge⸗ 
waͤchſen nach ihrem aͤußeren Baue und ſonſti⸗ 
gen Eigenſchaften am naͤchſten kommen, ſind 
die Ordnungen von der Lage der maͤnnlichen 
Geſchlechtstheile hergenommen. Entweder 
ſitzen ſie außerhalb der Fruchthuͤlle; oder ſie 
find mit dem Eierftocfe in der Fruchthuͤlle dicht 
eingeſchloſſen. Bei den Farrenkraͤutern 
(Filices), welche die zweite Klaſſe ausma⸗ 
chen, hat man auf die aͤußere Geſtalt der reifen 
Fruchtkapſel, ob ſie ſchildfoͤrmig oder rund iſt 
und im letzteren Falle auf die Art, wie ſie ſich 
oͤffnet, zu achten. Entweder öffnet fie fich in 
regelmäßige Klappen; oder ſie ſpringt rundum 
1 und bildet iwei Halbkugeln, welche mit 

einem 


167 
einem gegliederten, llaſtiſch en Ringe in Ver⸗ 
bindung bleiben, bis die Fruchtkoͤrner alle aus⸗ 
geleeret find, Bei den Mooſen (Mulci) 
welche zur dritten Klaſſe gehören, beruhet 
der Unterſchied der Ordnungen lediglich darauf, 
ob die Fruchtkapſel mit einem Deckel (Oper- 
culum) verfchloffen ift, oder nicht. Im er⸗ 
ſteren Falle trennet ſich bei der Reife der 
Fruchtkoͤrner der Deckel rundum von der 
Fruchtkapſel; im letzteren Falle aber oͤffnet ſich 
die Fruchtkapſel entweder mit vier oder zwei 
Klappen, oder mit Zaͤhnen, oder auch mit ei⸗ 
ner ſchlichten, ungetheilten Muͤndung. Bei 
den Algen oder den kryptogamiſchen 
Waſſergewaͤchſen (Algae), welche die 
vierte Klaſſe ausmachen, hat man bei der 

Beſtimmung der Ordnungen darauf zu fehen, 
ob die Fruchtkoͤrner in beſonderen Kapſeln ein- 
geſchloſſen ſind; oder ob ſie ohne eine beſondere 
Fruchtkapſel in der Subſtanz des Gewaͤchſes 
ſitzen. Die Ordnungen der fuͤnften Klaſſe, 
welche die Flechten (Lichenes) enthaͤlt, be⸗ 
ruhen auf die Beſchaffenheit des gemeinſchaft⸗ 
lichen Fruchtbodens, ob derſelbe offen und un⸗ 
bedeckt, oder verſchloſſen if. Bei den 
Schwaͤmmen (Fungi) welche die ſechſte 
Klaſſe ausmachen, hat man, ſo wie bei den 
Flechten darauf zu ſehen, ob fie einen verſchloſ⸗ 
des „oder eee Fruchtboden a | 


G0 lange man noch kein Eoftchi; ‚frech 
weißem die kryptogamiſchen Gewaͤchſe geord⸗ 
zet 


168 


net werden, allgemein angenommen hat, haͤlt 
es ſehr ſchwer, allgemeine Vorſchriften zu der 
Beſtimmung der Gattungen zu geben. Ich 
will indeſſen auf dem hier eingeſchlagenen We⸗ 
ge fortgehen und dem angehenden Pflanzenfor- 
ſcher zeigen, von welchen Theilen die Unter- 
ſcheidungszeichen der bis jetzt feſtgeſetzten Gat⸗ 
tungen der verſchiedenen Klaſſen entlehnet ſind 
und worauf man bei deren Beſtimmung vor⸗ 
züglich zu achten habe. In der erſten Klaſſe 
Rhizocarpae find die Unterſcheidungszeichen 
der Gattungen von der inneren Beſchaffenheit 
der Frucht hergenommen, ob dieſe ein- oder 
mehrfächerig fey. Bei den Gewaͤchſen der 
zweiten Klaſſe oder den Sarrenfräus 
tern find die Gattungen theils von der ver- 
ſchiedenen Vertheilung der Fruchtkapſeln, theils 
von ihrer inneren Eintheilung und theils von 
der Gegenwart und dem Mangel einer allge⸗ 
meinen Fruchtdecke (Involucrum, Induſium) 
hergenommen. Man hat hierbei vorzuͤglich 
auf folgende Stuͤcke zu ſehen: a) Ob ſie ein⸗ 
zeln, oder haufenweiſe beiſammen ſitzen. b) 
Ob fie in eine Aehre, Riſpe, Traube verthei⸗ 
let ſind, oder ob ſie in den Blattwinkeln, auf 
der Ruͤckſeite der Blaͤtter oder deren Rande ſiz⸗ 
zen. c) Ob fie mit zwei und drei Klappen 
ſich oͤffnen; oder ob ſie rundum aufſpringen. 
d) Ob fie ein- oder mehrfächerig find. e) Ob 
ſie nackt liegen, oder ob deren mehrere mit einer 
gemeinſchaftlichen Fruchtdecke verſehen ſind, die 
fie bis zur Reife der Fruchtkorner . 
ie 


169 


Die Gattungen der Familie der Laubmooſe 
(Muſci frondoſi) oder derjenigen Mooſe, de⸗ 
ren Fruchtkapſel mit einem Deckel verſehen 

iſt, welche die erſte Ordnung der drit⸗ 
ten Klaſſe ausmachen, ſind groͤßtentheils von 
der Beſchaffenheit der Kane s (Peri- 
ſtomium) entlehnet. Bei der Beſtimmung 
einer Gattung dieſer Gewicht hat man auf 
folgendes zu achten. a) Ob die Kapſelmuͤn⸗ 
dung nackt und glatt, oder mit Haaren und 
Zähnen beſetzet fen. b) Ob die Zähne einfach 
oder getheilet ſind. ) Ob die Zähne und 
Haare die Kapſelmündung in einer einzelnen 
oder doppelten Reihe umgeben. d) Ob die 
Zähne gerade, gekruümmet oder; uſammen. ge⸗ 
drehet ſind. e) Wie groß die Anzahl derſelben 
fey. k) Ob die Fruchtkapſel rund oder eckig, 
laͤnglich, ei- oder kugelförmig ſey. 2) Ob fie 
am unteren Ende einen fruchtleeren Anſatz 
(Apophyſis) habe. h) Ob die Haube (Ca- 
Iyptra) nackt oder mit Haaren beſetzet ſey; ob 
ſie ſich am Grunde lostrenne, oder an der 
Spitze öffne. i) Ob die fo genannten maͤnn⸗ 
lichen Bluͤthen auf derſelben Pflanze mit den 
Fruchtkapſeln, oder auf getrennten Pflanzen 
derſelben Art ſich befinden; ob ſie in den 
Blattwinkeln zur Seite des Stengels oder an 
deſſen Spitze ſitzen; ob ſie einer Blattknoſpe, 
oder einer Sternbluͤthe gleichen. Die Unter⸗ 
ſcheidungszeichen der Gattungen bei den Mo o⸗ 
fen mit deckelloſer Fruchtkapfel (Exo- 
pereul abi) welche die zweite Ordnung der 
| drit⸗ 


170 


dritten Klaſſe in fich faſſet, find theils von 
der Geſtalt und Lage der Fruchtkapſeln und 
theils von der Art, wie ſich dieſelben bei der 
Reife der Fruchtkoͤrner oͤffnen, hergenommen. 
Bei dieſen hat man vorzuͤglich auf folgende 
Stuͤcke zu ſehen. a) Ob die Fruchtkapſeln, 
mit einem Stielchen (leta) verſehen, aus der 
Subſtanz des Gewaͤchſes hervorgehen; oder 
ob ſie ſtiellos bis zu der Reife der Fruchtkoͤrner 
in derſelben verborgen bleiben. b) Ob ſie vor 
ihrer Entwickelnng mit einer beſonderen Huͤlle 
oder Haube (Calyptra) bedecket find, oder nicht. 
c) Ob ſie ei⸗ ſchild⸗ kugelfoͤrmig oder laͤnglich 
find. d) Ob fie ſich in zwei oder vier Klappen, 
mit einer Spalte, mit einer ſchlichten Muͤndung 
oder mit Zähnen oͤffnen. Bei den krypto⸗ 
gamiſchen Waſſergewaͤchſen (A’gae), 
die die vierte Klaſſe ausmschen, find die Gat⸗ 
tungsunterſcheidungszeichen theils von der Be⸗ 
ſchaffenheit des Fruchtgehaͤuſes, theils von der 
Lage der Fruchtkoͤrner und theils von der 
Struktur des ganzen Gewaͤchſes hergenom— 
men. Hier fraͤget es ſich: a) Ob die Frucht⸗ 
gehaͤuſe dicht verſchloſſen oder mit warzenarti⸗ 
gen Mündungen verſehen find. b) Ob ſie in 
ihrer Subſtanz von der uͤbrigen Subſtanz des 
Gewaͤchſes unterſchieden ſind. c) Ob das 
Gewaͤchs eine Roͤhre, ein netzfoͤrmiges Gewe⸗ 
be, eine ausgebreitete Haut, oder eine gallert⸗ 
artige Subſtanz bilde. d) Ob die gallertarti- 
ge Subſtanz mit einer hautartigen Bedeckung 
bekleidet ſey oder nicht. e) Ob die Frucht⸗ 
e koͤrner 


171 


koͤrner an der inneren Seite der Röhren geord⸗ 
net, in fadenfoͤrmigen Roͤhren in einer gallert⸗ 
artigen Subſtanz vertheilet, in krammen Linien 
an einander gereihet, oder unordentlich in der 
Subſtanz zerſtreuet liegen. Bei den Flech— 
ten, (Lichenes) welche die fünfte Klaſſe aus⸗ 
machen, werden die Gattungen am ſicherſten 
nach der Geſtalt und Lage der Fruchtbehaͤltniſſe 
beſtimmet. Man achte hierbei vorzuͤglich auf 
folgende Stucke: a) Ob fie laͤnglich und linien⸗ 
foͤrmig; oder ſchildfoͤrmig und flach; oder 
ſchuͤſſelfoͤrmig, vertieft und mit einem erhabe⸗ 
nen Rande verſehen; oder erhaben, knopfartig 
und kugelförmig; oder ob ſie ſpiralformig zu⸗ 
ſammen gedrehet find. b) Ob fie in die Sub⸗ 
ftanz des Gewaͤchſes verſenket und nur mit dem 
oberen Theile aus derſelben hervorragen; oder 
b ‘fe über dieſelbe erhaben find. G) Ob b fi e be- 
ſtändig verſchloſſen ſind; oder ob fie ſich bei der 
Reife der Fruchtkoͤrner öffnen; oder mit ai 
vorragenden Muͤndungen; oder mit einer 
Spaltoͤffnung verſehen ſind. Die Gattu 17 
der Schwaͤmme (Fungi) werden nach der 
Verſchiedenheit ihrer äußeren Geſtalt, des be⸗ 
ſonderen Fruchtbodens, ihrer inneren Beſchaf— 
fenheit, nach der Art wie fie ſich oͤffnen und 
die Fruchtkoͤrner von ſich geben, nach dem 
Mangel und der Gegenwart einer Huͤlle (invo- 
lucrum), die entweder nur den fruchttra> 
genden Theil oder den ganzen Schwamm bis 
zu ſeiner Vollkommenheit einſchließet, be⸗ 

ſtimmet. 
Die 


172 


N Die Unterſcheidungszeichen der Arten 
einer Gattung werden, wie bei den phaͤnoga⸗ 
miſchen Gewaͤchſen, von ſolchen Theilen herge⸗ 
nommen, die zum Gattungscharakter nicht an- 
gewendet und einer jeden Art unveraͤndert eigen⸗ 
da ſind. 


*5) Worauf man bei der Beſtimmung der Ar⸗ 
ten einer jeden Gattung bei den kryptoga⸗ 
miſchen Waſſergewaͤchſen zu ſehen habe, 
findet man weitlaͤuftig in meinen Bemer⸗ 

kungen uͤber das Studium der kryp⸗ 
togamiſchen Waſſergewaͤchſe Seite 28 
bis 87. Wie man aber die Unterſuchungen 
der kleineren Arten dieſer Familie unter einem 
zuſammengeſetzten Dergrößeruugsglafe anſtellen 

ö muͤſſe und was man dabei zu beobachten habe, 
l Seite 77. ‚80 sea 


Zweiter Theil 


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175 


Erſtes Kapitel. 


Von dem Nutzen und den Erforder⸗ 
niſſen einer guten eee. 
länge 


unter einer Sammlung . Pfan⸗ 
zen, die man auch gemeiniglich Herbarium 
nennet, verſtehet man eine Anzahl Gewaͤchſe, 
die ſo vollſtaͤndig als moglich nach allen ihren 
Theilen und nach ihrer natuͤrlichen Richtung 
zwiſchen Papierbogen ausgebreitet, gehoͤrig ge⸗ 
trocknet, geordnet und aufbewahret find. Eine 
ſolche Sammlung gewaͤhret dem angehenden 
Pflanzenforſcher große Vortheile und auch dem 
Kenner und Liebhaber dieſer Wiſſenſchaft kann 
ſie nuͤtzlich werden. 

Bevor ich meinen Zweck weiter verfolge 
und die Vorſchriften zu der Verfertigung einer 
brauchbaren Pflanzenſammlung liefere, will 
ich hier ihren Nutzen und die Erforderniſſe ei- 
ner ſolchen Sammlung meinen Leſern bekannt 
machen. 

Dem angehenden Pflanzenforſcher wird 
ſie doppelt nüßlich, wenn er fie ſelbſt verferti> 

get 


ID 
get. Indem er die ihm vorkommenden Ges 
wachſe, nach vorhergegangener Unterſuchung 
und Beſtimmung, aufleget und nachher waͤh⸗ 
run dem Trocknen mehreremale wieder ſiehet, 
praͤget ſich ihr Bild, nach allen ihren Verſchie⸗ 
denheiten der Theile, ſo tief ſeinem Gedaͤcht⸗ 
niſſe ein, daß er fie in der Folge bei dem erſten 
Anſehen gleich wieder erkennet. Er erwirbt 
55 dadurch unmerklich die Fertigkeit, eine jede 
erſelben richtig zu benennen und fiehet ſich da⸗ 
durch in den Stand geſetzet, bei vorkommen⸗ 
den Verſchiedenheiten zu beſtimmen, welche 
di eigentliche Art, oder Abart ſey. Die Ver⸗ 
fertigung einer ſolchen „ gewaͤhret 
ihm einen angenehmen und nüßlichen Zeitver- 
treib in müffisen Stunden und wenn ſeine 
Sammlung mehrere Exemplare von einer Art 
enthaͤlt, ſo bahnet er ſich dadurch den Weg, 
durch die Vertauſchung derſelben gegen andere 
ihm noch fehlende Arten, diefelbe zu vermeh⸗ 
ren und bald zu einiger Vollkommenheit zu 
bringen. Indem man ſich bemuͤhet, eine moͤg⸗ 
lichſt ſchoͤne und vollſtaͤndige Sammlung mit 
der Zeit zu erhalten und zu dieſem Ende den 
erforderlichen Fleiß bei der Behandlung der 
Gewaͤchſe anwendet, gewoͤhnet man ſich an 
u nigkeit und Ordnung, die bei einem jun⸗ 
en Menſchen auch auf andere Fälle des thäti- 
en Lebens einen ſehr eee Einfluß 

haben. 
Bei ſolchen in die Augen fallenden Vor⸗ 
theilen muß man es um ſo mehr 1 
da 


177 


daß bisher auf Schulen und Akademien die 
Verfertigung einer Pflanzenſammlung ſo ſehr 
vernachlaͤſſiget wurde. Man betrachtet ſie 
gemeiniglich als eine fuͤr den gegenwaͤrtigen 
Zeitpunkt zwar nuͤtzliche, aber zugleich auch fuͤr 
eine zeitverſchwendende und entbehrliche Be⸗ 
fchäftigung und erweget nicht den Nutzen der⸗ 
ſelben fuͤr die Zukunft. Bei demjenigen aber, 
der die Verfertigung einer Pflanzenſammlung 
fuͤr ein Spielwerk haͤlt, kann man mit Recht 
voraus ſetzen, daß es ihm um die Erlernung 
der Pftanzenkenntniß nie ein Be Ernſt ge⸗ 
weſen ſey. 

In dem erſten Kapitel des aten Theiles 
habe ich gezeiget, wie groß der Einfluß ſey, 
den die Pflanzenkenntniß auf verſchiedene Kuͤn⸗ 
ſte und Wiſſenſchaften habe. Wenn man auch 
nicht die Abſicht hat, in der Folge ſich der Bo⸗ 
tanik ganz zu widmen, ſo bleibet fi ie doch als 
Huͤlfswiſſenſchaft betrachtet fuͤr einen jeden 
Stand nuͤtzlich und in vielen Faͤllen nothwen⸗ 
dig. Dem Arzte, dem Apotheker, dem Oeko⸗ 
nomen, dem Forſtmanne u. ſ. w. bleibet nicht 
allein die Kenntniß, ſondern auch eine moͤg⸗ 
lichſt vollſtaͤndige Sammlung der in ſein Fach 
einſchlagenden Gewaͤchſe unentbehrlich und 
auch zu dieſem Endzwecke behaͤlt eine ſelbſt 
verfertigte Sammlung vor einer erkauften ei⸗ 
nen unendlichen Vorzug. Hier kann er ſehr 
oft bei vorkommenden ſtreitigen oder zweifel⸗ 
haften Faͤllen, ſowohl durch die bei dieſer Ge⸗ 
Be ſich erworbene hiſtoriſche Kenntniß 

M der 


178 N 


der Gewaͤchſe, als auch durch den Augenſchein 
ſelbſt, die obwaltenden Zweifel gruͤndlich heben. 
Schon mancher hat daher in der Folge es be⸗ 
dauert, daß er in früheren Jahren die ihm dar⸗ 
gebotenen Gelegenheiten nicht benutzte, ſich 
ſelbſt eine Sammlung zu verfertigen, die wahr⸗ 
ſcheinlich vollſtaͤndiger und lehrreicher für ihn 
geworden waͤre, als eine erkaufte, wozu er fehr 
ſeine Zuflucht nehmen muß. ii 
| Dem geuͤbteren Pflanzenforſcher, 5 Sind 
cher feine Kenntniſſe zu erweitern und zu der 
Erweiterung der Botanif das Seinige beizu⸗ 
tragen wuͤnſchet, bleibet eine anſehnliche 
Sammlung gut getrockneter und aufbewahrter 
Gewaͤchſe unentbehrlich. Sie wird ihm den 
reichſten Stoff zu nuͤtzlichen Beobachtungen 
und Entdeckungen liefern, es ſey an einheimi⸗ 
ſchen oder auslaͤndiſchen Pflanzen. Wenn er 
auch ſo gluͤcklich iſt, die beſten Werke mit Ab⸗ 
bildungen einer oͤffentlichen oder privat Bib⸗ 
liothek zu benutzen, ſo muß er doch, in der Er⸗ 
mangelung einer lebendigen Pflanze, zu einer 
trockenen feine Zuflucht nehmen, wenn er über 
verſchiedene Stuͤcke, die in der Abbildung nicht 
immer deutlich ausgedruckt werden koͤnnen, ſich 
gehörig unterrichten will. Ueberdem ſind ſel⸗ 
ten die Mahler und Kupferſtecher auch Pflan⸗ 
zenkenner und daher fallen auch ſelten die Ab⸗ 
bildungen ganz nach Wunſch aus. Man kann 
alſo mit Wahrheit behaupten, daß auch ſelbſt 
eine gut getrocknete Pflanze in den mehreſten 
a einen FR vor r einet Abbildung habe, 
wenig⸗ 


179 


wenigſtens bleibet fie zu der Vergleichung uns 
entbehrlich. Durch die Verſchiedenheit des 
Klimas und des Bodens nehmen die Gewaͤch⸗ 
ſe oft ſolche Verſchiedenheiten im Habitus an, 
daß man nicht ſelten in Verſuchung kommt, 
ſie fuͤr eine andere Art zu halten, wenn man 
nicht mehrere Exemplare derſelben Art aus 
verſchiedenen Gegenden damit vergleichen kann. 
Bei den Gewaͤchſen mit getrennten Geſchlech⸗ 
tern giebt ein trockenes Exemplar des einen 
oder des andern Geſchlechtes in vorkommenden 
zweifelhaften Faͤllen die ſicherſten Aufſchluͤſſe. 
Wenn gleich bei der Unterſuchung und 
Beſtimmung der Gewaͤchſe die lebendige 
Pflanze einer getrockneten weit vorzuziehen iſt, 
fo gewähret doch die letztere, in Ermangelung 
der erſteren, immer noch große Vortheile, vor⸗ 
zuͤglich auch bei der genaueren Unterſuchung 
der Bluͤthen⸗ und Befruchtungstheile. Durch 
das Aufweichen der Blumen in lauwarmen 
Waſſer, oder uͤber dem Dampfe des ſiedenden 
Waſſers, werden die bei dem Trocknen zuſam⸗ 
men geſchrumpften Theile weicher und biegſa⸗ 
mer und nehmen groͤßtentheils ihre vorige 
Richtung wieder an. Auf ſolche Weiſe ſiehet 
ſich der Pflanzenforſcher in den Stand geſetzet, 
auch uͤber den Bau der Bluͤthentheile ſich Din 
laͤnglich zu belehren. | 

Auch demjenigen, welcher keine Pflan- 
zenkenntniß beſitzet, aber nicht gefuͤhllos gegen 
die Schoͤnheiten der Natur iſt, gewaͤhret die 
bg einer ſchonen e gewiß 
| ein 


180 


ein großes Vergnuͤgen und einen lehrreichen 
Zeitvertreib. Indem er hier mehrere Gewaͤch⸗ 
ſe wieder ſiehet, die ihm dem Namen und dem 
Anſehen nach im lebendigen Zuſtande bekannt 
ſind, bemuͤhet er ſich, durch die Vergleichung 
des in ſeinem Gedaͤchtniſſe zuruͤck gebliebenen 
Bildes einer Pflanze, mit dem vorliegenden 
trockenen Exemplare, die Aehnlichkeit wieder zu 
finden und freuet ſich, wenn er durch das Ur⸗ 
theil des Kenners feine Muthmaßung beſtaͤti⸗ 
get findet. Mir ſind einige Beiſpiele bekannt, 
daß ſogar Frauenzimmer auf dieſem Wege 
aufgemuntert wurden, ſich eine Sammlung 
ſchoͤner Gewaͤchſe zu verfertigen und dadurch 
einige muͤſſige Stunden ſehr angenehm und 
nuͤtzlich anszufuͤllen. Bei dem weiblichen Ge⸗ 
ſchlechte hat dieſe Nebenbeſchaͤftigung uͤber⸗ 
dem noch den großen Nutzen, daß ſich das 
Bild einer ſchoͤnen Blume oder Pflanze nach 
allen ihren Theilen ihrem Gedaͤchtniſſe richtiger 
eindrucket und dadurch die Stickerei der Blu⸗ 
men und Pflanzen der Natur aͤhnlicher und 
treuer ausfaͤllt, als nach einem durch die Ein- 
bildungskraft geſchaffenen Bilde. ö 
Wenn eine Pflanzenſammlung fuͤr den 
Forſcher und Beobachter nuͤtzlich und brauch⸗ 
bar ſeyn ſoll, ſo muß ſie ſo vollſtaͤndig als 
moͤglich verfertiget und in gutem Stande er⸗ 
halten werden. Von einer vollſtaͤndigen 
Sammlung fordert man folgende Stuͤcke. 
1) Sie muß alle vorkommende 
Arten, onen und merkwuͤrdige 


181 


Abweichungen von ihrem natuͤrli⸗ 
chen Habitus, als Folgen des ver- 
ſchiedenen Himmelsſtriches und des 
Bodens, ſowohl von inlaͤndiſchen, 
als auslaͤndiſchen Pflanzen, enthal⸗ 
ten. Auſſer der Pflanzenſammlung des its 
ter Banks in England moͤgte ſich wohl ſchwer⸗ 
lich in Europa eine Privatſammlung finden, 
die dieſes Erforderniß in einem ſo hohen Grade 
erfuͤllet. Die Pflicht des eifrigen Pflanzen⸗ 
forſchers bleibet es jedoch immer, ſo lange er 
lebet, ſeine Sammlung zu vervollkommenen und 
zu vermehren, wenn er auch vorher berechnen 
kann, daß er ſeine Wuͤnſche in dieſer Hinſicht 
nie ganz erreichen wird. Dieſes Erforderniß 
leidet indeſſen nach dem beſonderen Beduͤrfniſſe 
eines Jeden einige Einſchraͤnkungen. Für den 
praktiſchen Arzt und Apotheker iſt es hinrei⸗ 
chend, ſich eine moͤglichſt vollſtaͤndige Samm⸗ 
lung von den Arzeneigewaͤchſen, den Giftpflan⸗ 
zen und den mit einer oder der andern aͤhnli⸗ 
chen, leicht zu verwechſelnden und nahe ver⸗ 
wandten Art zu verfertigen. Das Beduͤrfniß 
des Forſtmannes wird durch eine vollſtaͤndige 
Sammlung aller wildwachſenden und im Freien 
ausdauernden Straͤucher und Baͤume hinläng- 
lich befriediget. Dem Oekonomen bleibet eine 
Sammlung der Kuͤchengewaͤchſe, „der Futter⸗ 
kraͤuter und überhaupt aller in die Landwirth⸗ 
ſchaft einſchlagenden Gewaͤchſe hinreichend. 
2) Die Gewaͤchſe müffen nach 
Allen ihren Theilen fo Welte nis 
als 


182 


als moͤglich geſammlet und nachihrer 
Geſtalt, Groͤße, Richtung und Farbe 

bei dem Auflegen und Trocknen der 
Natur fo aͤhnlich als möglich erhale 
ten ſeyn. Dieſe Stuͤcke ſind nothwendige 
Bedingungen fuͤr eine jede Pflanzenſammlung. 
Der beſondere Endzweck einer eingeſchraͤnkten 
Sammlung erfordert indeſſen noch einige be⸗ 
ſondere Rückſichten. Der Arzt und Apotheker 
muß zum Deifpiele darauf bedacht feyn, auch 
diejenigen Theile ſo vollſtaͤndig als moͤglich ſei⸗ 
ner Sammlung beſonders beizufuͤgen, die vor⸗ 
züglich von einem Gewaͤchſe in den Apotheken 
zum Gebrauche aufbewahret und angewendet 
werden, als die Wurzeln, Fruͤchte und Frucht⸗ 
koͤrner. Der Forſtmann hat darauf zu ſehen, 
daß von jeder Art ein Exemplar mit Knoſpen 
gegen das Ende des Winters und ehe ſich die 
Knoſpen wieder entwickeln, geſammlet, auch 


von jeder Art eine duͤnne Platte des Holzes, 


ſeiner Sammlung beigefuͤget werde, weil ihm 
auch die Straͤucher und Baͤume, ſowohl nach 
der Verſchiedenheit ihres Holzes, als nach 
ihrem aͤußeren Anſehen im ‚erlitt Zuſtan⸗ 
a bekannt ſeyn müflen. 

3) Die Gewaͤchſe müſſen richtig 
ene ee und ſyſtematiſch geordnet 
ſeyn. Da das Linneiſche Syſtem das voll⸗ 
ſtaͤndigſte und gebraͤuchlichſte iſt, ſo muͤſſen 
die Gewaͤchſe einer brauchbaren Sammlung 
auch nach dieſem Syſteme benennet und geordnet 
werden. Bei einer zu einer beſonderen Abſicht 
u. ver⸗ 


183 


verfertigten Sammlung kann man nach eige⸗ 
nem Gutduͤnken, z. B. bei einer Sammlung 
von Arzeneigewaͤchſen, die in den Apotheken ge⸗ 
braͤuchlichen lateiniſchen und deutſchen Namen 
hinzufuͤgen, die Gewaͤchſe aber nach dem Lehr⸗ 
buche ordnen, welches ein jeder in ſeinem Fache 
fuͤr das beſte und brauchbarſte haͤlt, jedoch iſt 
es rathſam, bei jeder Pflanze alsdann auch die 
Linneiſche Klaſſe und Ordnung, wohin ſie in 
dem Syſteme gehoͤret, zu bemerken. 

4) Eine ſolche Sammlung muß 
in einem guten Stande erhalten 
werden. Um eine Pflanzenſammlung in 
einem guten und fuͤr die Zukunft brauchbaren 
Stande zu erhalten, muß man alles entfernen, 
was zu ihrer Verderbniß und Zerſtoͤrung bei⸗ 
tragen kann, vorzuͤglich aber auch ſie vor dem 
Zugang ſchädlicher Inſekten ſchuͤtzen. 

Was man bei dem Sammlen, Auflegen 
| und Trocknen der Gewaͤchſe zu einer brauchba⸗ 
ren Sammlung, wie auch bei deren Einrich⸗ 
tung und Verwahrung gegen ihre Zerftörung 
zu beobachten habe, will ich ve in den felgen- 
den Kapitein Feigen. 1 nor 


Zwei⸗ 


3 ar tes ei 1 apitel. 


vn, dem, was man 1 5 dem Ein⸗ 


ſammlen der Gewaͤchſe zu einer 
e zu beobachten 


Wenn man die in dem vorigen Kapitel 


tiejeigten: Bedingungen 1 welche bei einer 
vollſtaͤndigen und brauchbaren Pflanzenfamm- 
lung vorausgeſetzet wer den, nach Wunſche er⸗ 


Rn 9 0 . ſo Mat man bei dem Ein⸗ 


een | 


9 )Anmert, Indem ic hier einige Vorſchriften 
gebe, die man bei dem Einſammlen der 
Gewächſe zu einer Pflanzenſammlung zu 

beobachten hat, kann ich dem von dem Hrn. 


Verleger geäußerten Wunſche kein Gnüge 
leiſten, hier auch zugleich von dem zu han⸗ 
deln, was man bei dem Einſammlen der 
Gewaͤchſe und ihrer Theile fuͤr eine Apo⸗ 
theke, beobachten muß, wenn die Arzenei⸗ 
mittel die erwuͤnſchte Wirkung haben follen. 
Ich wuͤrde dadurch die Grenzen dieſer An⸗ 
weiſung ohne Noth zu ſehr erweitern und 
eine überflüffige Arbeit liefern. Wer auch 
a einige Pelbrung zu erhalten fen 

eh, 


185 


ſammlen dazu den Grund legen. Ehe ich aber 
die Vorſchriften zu der Erreichung dieſes End- 
zweckes gebe, will ich vorher einige nothwen⸗ 
dige Beduͤrfniſſe anzeigen, die als Huͤlfsmittel 
angeſehen werden koͤnnen, die Bedingungen 
deſto leichter und vollkommener zu erfuͤllen. 
Auſſer den zu der Unterſuchung und Be- 
ſtimmung der Gewaͤchſe erforderlichen und in 
dem vorigen Theile) angezeigten Huͤlfsmit⸗ 
teln, ſind zu dem Einſammlen der Gewaͤchſe 
noch einige Stuͤcke noͤthig, welche der Pflan⸗ 
e 5 feinen en lan Wanderun⸗ 
f gen 


ſchet, den verweiſe ich auf meine An wei⸗ 
ſung Pflanzen zum mediciniſchen 
Gebrauche zu ſammlen, in dem medici⸗ 
ſchen Wochenblatte fuͤr Aerzte, Wundaͤrzte 

und Apotheker, herausgegeben von J. J. 
Reichard Frankfurt am Mayn 1781. zter 
Te Seite 229 — 252, die ich in 
dem erſten Hefte meines Herbarium vivum 
Plantarum officinalium verbeſſert mittheilte 
und uͤberdem in dem Taſchenbuche fuͤr 
Scheidekünſtler und Apotheker fuͤr das Jahr 
1782 und in J. J. Romer Annalen der 
Arzeneilehre Band 1. Stuͤck 2. Seite 162 
— 181 abgedruckt ſich befindet. 


19 9 Die am Schluſſe des zweiten Kapitels und 
im vierten Kapitel (d. e. g.) a Be⸗ 
duͤrfniſſe zur Unterſuchung der Gewaͤchſe ſind 

folgende: ein ſcharfes ſpitziges Meſſer, eine 
Zange, ein einfaches und zuſammen⸗ 
geſetztes Vergroͤßerungsglas, einige 

Gllasſtreifen, reines Schreibpapier 

und ein Bleiſtift. 


186 


gen bei der Hand haben muß. Dieſe Stuͤcke 
muͤſſen aber fo beſchaffen ſeyn, daß fie demſel⸗ 
ben nicht zu ſehr belaͤſtigen und dennoch die 
a Dienſte leiſten. Hierauf muß 

nan bei der Auſthaffüng derſelben bezüge 
70 

1) Bei ſolchen Gewaͤchſen, die man füg« 
lich ganz in ſeine Sammlung bringen kann, 
iſt es nothwendig, auch die Wurzel oder den 
Wurzelſtock unbeſchaͤdiget zu erhalten. Ueber⸗ 
dem ſind bei einigen Gewaͤchſen die Unter⸗ 
ſcheidungszeichen der Arten von der Wurzel 
mit her genommen, z. B. bei den Orchiden 
(orchides). Verſchiedene Gewaͤchſe wachſen 
auf Steinen, in Felſenritzen oder einem ſteini⸗ 
gen Boden, wo ein Taſchenmeſſer nicht hinrei⸗ 
chend iſt, ſeinen Zweck zu erreichen. Hierzu 
iſt ein, am unteren Ende gut verſtahlter Mei⸗ 
ſel von mittelmäßiger Größe nothwendig. 

2) Wenn man von Baͤumen und hohen 
Straͤuchern gute Exemplare fuͤr ſeine Samm⸗ 
lung haben will, ſo muß man ihre Zweige, 
mittels eines Hakens, an ſich holen. Auch bei 
den mehreſten Waſſergewaͤchſen muß man ſich 
eines ſolchen Huͤlfsmittels bedienen, wenn man 
ihrer habhaft werden will. Zu dem Ende iſt 
ein leichter Spazierſtock mit einem 
Haken verſehen bei botaniſchen Wanderun⸗ 
gen ein nothwendiges Beduͤrfniß. In dem 
Falle, wo man die entfernteren Waſſergewaͤch⸗ 
ſe mit dieſem Stocke nicht erreichen kann, laͤſ⸗ 


ſet ſich mit leichter Mühe ein anderer laͤngerer 
Stock 


187 


Stock ſchneiden, an welchen man diefen Ha⸗ 
kenſtock feſt bindet, um auf ſolche Weiſe das 
Gewaͤchs zu erreichen. ö 

3) Wenn gleich das Auflegen der Ge⸗ 
wächſe an Ort und Stelle viele Zeit wegnimmt, 
die man vortheilhafter zu der Beobachtung 
und dem Einſammlen der Gewaͤchſe anwenden 
kann, die Hoffnung aber, oder der Wunſch, 
eine neue Pflanze zu finden, gemeiniglich Ge⸗ 
legenheit giebt, daß man bei dem Auflegen an 
Ort und Stelle niemals den Fleiß anwendet, 
als nach der Zuhauſekunft, ſo bleibet es doch 
rathſam, bei kuͤrzeren Spaziergaͤngen oder auf 
den Fall, wo man zartere, leicht gebrechliche 
| Pflanzen findet, ſich mit dem dazu noͤthigen 
Papiere zu verſehen. Da man aber die 
Pflanzen in feſtgehefteten Bogen weit vollſtaͤn⸗ 
diger auflegen und ihnen weit genauer die na⸗ 
tuͤrliche Richtung geben kann, als in einzelnen 
freiliegenden Bogen, fo hefte man zu dem En⸗ 
de ein Buch Loͤſch⸗ oder Druck⸗ Papier in er 
nen Umſchlag von dünner Pappe, der die 
Groͤße der zuſammengeſchlagenen Bogen ha⸗ 
ben muß und befi eflige an der einen Seite und 
oben und unten zwei Bänder gegen einander 
uͤber, womit man den Umſchlag an den offe⸗ 
nen Seiten zuſammen bindet und dadurch ver⸗ 
hindert, daß die eingelegten Pflanzen aus ihrer 
Richtung kommen oder wohl gar heraus fallen. 
Ein ſolches Buch kann man ohne Beſchwerde 
unter die Weſte knoͤpfen und immer bei ſich 
führen, Es Al aber auf keinen Fall rathſam, 
RT: das 


/ 


188 


das Papier, worein Pflanzen geleget find, der 
Laͤnge nach zuſammen zu rollen und mit einem 
Bindfaden zu umwinden, weil dadurch die 
Gewaͤchſe zu ſehr leiden und aus ihrer natuͤr⸗ 
lichen Richtung gebracht werden. Im Noth⸗ 
falle kann ein jeder duͤnner Foliant dieſelben 
Dienſte leiſten. 

4) Sowohl bei der Wiederholung der an Ort 
und Stelle gemachten Beobachtungen, als 
auch bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe zu 
einer Pflanzenſammlung, beruhet alles darauf, 
daß man ſie bis zu der Zuhauſekunft, wo man 
fie mit Muße nach allen ihren Theilen noch» 
mals unterſuchen, fie mit den gemachten Beob⸗ 
achtungen vergleichen und alsdann einlegen 


kann, vollkommen friſch erhalte. Bei dem 


Einſammlen der Gewaͤchſe fuͤr eine Samm⸗ 
lung hat man aber noch auf einen andern Um⸗ 
ſtand Ruͤckſicht zu nehmen, nemlich man muß 
dafuͤr ſorgen, daß die Landgewaͤchſe nicht naß 
werden. Dieſe doppelte Bedingung wird durch 
einen blechernen Kaſten am beſten erfuͤllet. 
Man laſſe ſich daher bei einem Blechenſchlaͤger 
einen viereckigen Kaſten von dünnen uͤberzinn⸗ 
ten Eiſenbleche, einen Fuß bis vierzehn Zolle 


lang, acht Zolle breit und drei Zolle hoch, ver⸗ 
fertigen, deſſen Deckel hinten mit einem Ge⸗ 
winde befeſtiget iſt und deſſen Rand über dem 
Rand des Kaſtens genau ſchließet, damit der 
Zugang der freien Luft zu den Gewaͤchſen in 
dem Kaſten verhindert werde. Man kann ihn 
a zu mehrer Befeſtigung an der vorderen Seite 


mit 


189 


mit einem Ueberfalle verſehen und in- und auge 
wendig mit Oelfarbe beſtreichen laſſen, wenn 
das Blech nicht gut uͤberzinnt ſeyn und daher 
leicht roſten ſollte. Einen ſolchen Kaſten kann 
man ohne Beſchwerde unter dem Arm oder in 
der Hand tragen. Auf ſolche Weiſe bleiben 
die Gewaͤchſe, auch bei der ſtaͤrkſten Sommer⸗ 
hitze, einen ganzen Tag friſch. Bei weiten 
botaniſchen Wanderungen, wo ich eine reiche 
Erndte zu hoffen habe, bediene ich mich eines 
groͤßeren Kaſtens dieſer Art. Er iſt gleichfalls 
von dünnen uͤberzinnten Eiſenbleche, mit Oel— 
farbe uͤberzogen, dreizehn Zolle lang, fuͤnf 
Zolle breit und eilf Zolle hoch. Zu beiden 
Seiten find oben und unten ein paar Blech- 
ſtreifen befeſtiget, durch welche ein ledener 
Riemen, mit einer Schnalle, gezogen iſt, der 
ſo lang ſeyn muß, daß man den Kaſten uͤber 
die Schulter haͤngen und, ohne ihn von der 
Schulter abzunehmen, den Deckel oͤffnen und 
die Pflanzen hinein legen kann. Der Deckel 
iſt flach, hinten mit einem Gewinde befeſtiget, 
vorne mit einem Ueberfalle verſehen, daß er 
mittels eines angehaͤngten kleinen Schloſſes 
verſchloſſen werden kann und der Rand deſſel⸗ 
ben ſchließet bis zur Haͤlfte uͤber den en Des 
Kaſtens. 

5) 


2) Bei folhen Reiſen, wo man fich wegen ans 
derer Geſchaͤfte, oder um einen Strich Landes 
zu durchſuchen, mehrere Tage an einem Orte 

aufhalten muß, bedienet man ſich mit Vortheil 
eines hoͤlzernen Kaſtens von felgen der Groͤße 

und 


190 


z) Da aber die kleineren phaͤnogamiſchen 
und einige kryptogamiſche Gewaͤchſe, als Flech⸗ 
ten und kleinere Schwaͤmme, wenn man fie 
zwiſchen die groͤßeren Pflanzen in den Kaſten 
leget, entweder leicht zerſtreuet, oder doch, 
indem ſie ſich mit den groͤßeren Gewaͤchſen ver⸗ 
wickeln, leicht beſchaͤdiget werden koͤnnen, ſo 
00 es rathſam, ſich zu he Endzwecke einer 

| fag 


und Einrichtung. dan laſſe ſich von bäfnen 
Tannenbrettern einen viereckigen Kaſten, zwei 
und einen halben Fuß lang, einen Fuß breit 
und hoch verfertigen. Die Bretter muͤſſen 
gut zuſammen gefuget ſeyn, damit kein Regen 
in den Kaſten dringen kann, auch iſt es rath⸗ 
ſam, ihn mit einem kleinen Schloſſe zu ver⸗ 
ſehen. Der Deckel muß am Rande mit einer 
Leiſte den Rand des Kaſtens dicht verſchließen. 
Inwendig kaſſe man ihn in drei Faͤcher theilen, 
deren beide Scheidewaͤnde mittels ein paar 
dünner, am Kaſten befeſtigter, Leiſten heraus 
genommen und wieder hinein geſchoben wers 
den koͤnnen. Das mittelſte Fach muß einen 
Fuß und vier 3 Zolle, bis anderthalb Fuß lang 
ſeyn, damit 1105 noͤthige Papier mit den ein⸗ 
gelegten Pflanzen und ein Foliant von mittel⸗ 
maͤßiger Dicke, darin Raum haben. In den 
beiden Nebenfaͤchern kann man die zur Unter⸗ 
ſuchung und Beſtimmung, wie auch die uͤbri⸗ 
gen, bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe noͤthi⸗ 
ger Beduͤrfniſſe und die auf einer ſolchen Reiſe 
nothwendige reine Waͤſche, legen. Ein ſolcher 
Kaſten findet auf einem jeden Wagen Naum 
und kann von einem Boten unter dem Arm 
ohne große Beſchwerde von einem Orte n 
Anderen Sagen werden. 


191 


laͤnglichen Schachtel zu bedienen, die man 
fuͤglich in eine Taſche ſtecken, oder in den groͤ⸗ 
un blechernen Kaſten legen kann. 
6) Es finder ſich ſchwerlich eine Pfuͤtze, 
ein Graben, oder ein Sumpf, wo man nicht 
auch Gelegenheit haͤtte, einige keyptogamiſche 
Waſſergewaͤchſe zu ſammlen. Dieſe groͤßten⸗ 
theils ſehr zarten und leicht verderblichen Ge⸗ 
waͤchſe verdienen bei dem Einſammlen eine be⸗ 
ſondere Sorgfalt, wenn man ſte fuͤr ſeine 
Sammlung gut erhalten will. Für dieſe Ge⸗ 
waͤchſe ſind noch zwei Stuͤcke unumgaͤnlich 
nothwendig, die man bei einem jeden botani⸗ 
ſchen Spaziergange bei ſich fuͤhren muß, nem⸗ 
lich: a) eine blecherne Kapſel nach der 
vorhin (n. 4.) beſchriebenen Art verfertiget, 
die man entweder in den größeren Kaſten legen, 
oder fuͤglicher in der Taſche tragen kann. Sie 
muß etwa fieben bis acht Zoll lang, vier bis 
fuͤnf Zölle breit, anderthalb bis zwei Zolle hoch 
und mit einem feſte ſchließenden Deckel verſe⸗ 
hen ſeyn. Eine ſolche blecherne Kapſel fuͤr 
die kleineren kryptogamiſchen Waſſergewaͤchſe 
iſt einer hoͤlzeenen Schachtel weit vorzuziehen, 
weil in der erſteren, wenn der Deckel gut ſchlie⸗ 
ßet, die denen Gewaͤchſen anhaͤngenden Feuch⸗ 
tigkeiten beſſer beiſammen bleiben und die Ge⸗ 
waͤchſe friſch erhalten werden. b) Einige 
kleine Gläfer mit einer Oeffnung, worin 
man in den Apotheken ſolche Pulver vertheilet, 
die entweder leicht Feuchtigkeit aus der Luft 
an ng ziehen, oder wegen des Verluſtes ihrer 


lich 


192 


flüchtigen Theile in einem anderen Behältniffe 
leicht unwirkſam werden. Ein jedes dieſer 
Glaͤſer muß mit einem guten Korkpfropfe ver- 
ſehen ſeyn, der zwar das Ausfließen des Waſ⸗ 
ſers verhindert, aber nicht zu weit in dem 
Glaſe hervorragen darf, damit ſich die in dem⸗ 
ſelben befindlichen Gewaͤchſe nicht daran reiben 
oder feſte ſetzen koͤnnen. Wenn man Gelegen- 
heit hat in der Naͤhe einer Glasfabrik zu woh⸗ 
nen, ſo laſſe man ſich zu dieſem Endzwecke 
viereckige oder runde Glaͤſer, anderthalb bis 
zwei Zolle weit und hoch verfertigen, deren 
Muͤndung cylinderfoͤrmig, einen halben Zoll 
hoch und dreiviertel Zolle weit iſt. Solche 
Glaͤſer laſſen ſich entweder in der Weſtentaſche 
tragen, oder auch in den blechernen Kaſten 
zwiſchen die geſammleten Gewaͤchſen ſetzen. 

Jetzt will ich zeigen, was man bei dem 
Einſammlen der Gewaͤchſe zu einer brauchba⸗ 
ren Sammlung zu beobachten habe und mache, 
der Ordnung nach, mit den e 
Pflanzen den Anfang. 

Die erſte und vorzüglichſte Bedingung, 
die man bei dem Einſammlen der Gewaͤchſe zu 
dieſem Endzwecke zu erfuͤllen hat, beſtehet dar⸗ 
in, daß man, ſo viel als moͤglich, dahin ſehe, 
vollſtaͤndige Pflanzen zu erhalten. Zu 
einer vollſtaͤndigen Pflanze werden folgende 
Stücke gerechnet: a) die Bluͤthe mit ihren 
Theilen, weil alsdann die Pflanze den hoͤchſten 
Grad ihrer Vollkommenheit und Schönheit 
erreichet hat. Fehlet die Bluͤthe an einer 

W | Pflan⸗ 


193 

Pflanze, ſo it ba Werth in dieſer Hinſicht ſehr 
geringe und für eine Pflanzenſammlung iſt fie 
faſt ganz untauglich. Man bemuͤhe ſich daher, 
die Pflanzen in der Bluͤthe zu erhalten, jedoch 
waͤhle man ſolche Exemplare, deren Bluͤthen 
ſich noch nicht lange geoͤffnet haben, denn bei 
dem Trocknen ziehen ſich ihre Theile zuſammen 
und die Blumenkrone, wenn fie ſchon lange 
gebluͤhet hat, fällt alsdann leicht ab. Bei ei⸗ 
nigen Gewaͤchſen iſt es ſogar nothwendig, ſie 
alsdenn zu ſammlen, wenn ſie noch nicht völlig 
aufgebluͤhet ſind.) b) Die Blätter, Bei 
den mehreſten Gewaͤchſen ſind die Unterſchei⸗ 
dungszeichen der Arten von den Blaͤttern her⸗ 
genommen und dieſe geben auch die beſten 
Kennzeichen ab, da ſie auch bei einer gut getrock⸗ 
neten Pflanze gleich in die Augen fallen und da⸗ 
durch einen jeden in den Stand ſetzen, ſie von 
aͤhnlichen Arten zu unterſcheiden. Einige Pflan⸗ 
zen haben gar keine Blaͤtter, deren Anzahl iſt 
aber nach Verhaͤltniß der uͤbrigen ſehr geringe, 
andere haben nur Wurzelblaͤtter (Folia radica- 
lia), und wieder andere haben Wurzelblaͤtter, 
Stengelblaͤtter (Folia caulina) und auch wohl 
Deckblaͤtter (Bracteae) zugleich. Finden ſich dies 
ſe drei Arten von Blaͤttern an einer Pflanze bei⸗ 
ſammen, ſo find Rena oftfo fehr von einander 
Tan Aer 


3) Die ſchoͤne blaue Kornblume (Centaurea 

Luyanus) muß man vor dem völligen Auf⸗ 
bluͤhen ſammlen, wenn ſie ihre Farbe behalten 
und in der Sammlung 5 bleiben ſoll. 


194 | 
verſchieden, daß ſie gar keine Aehnlichkeit unter⸗ 
einander haben. Man muß daher bei ſolchen 
Pflanzen alle drei Arten von Blaͤttern ſamm⸗ 
len, wenn die Pflanze vollſtaͤndig ſeyn ſoll. 
Bei verſchiedenen Anfaͤngern in der Pflanzen⸗ 
kenntniß herrſcht die uͤble Gewohnheit, daß ſie 
nur die Bluͤthen einer Pflanze ſammlen, ohne 
auf den Stengel mit ſeinen Blaͤttern und auf 
die Wurzelblätter Ruͤckſicht zu nehmen. Da⸗ 
her kommt es denn auch, daß oft der geuͤbteſte 
Pflanzenkenner bei ſolchen mangelhaften Exem- 
plaren nicht im Stande iſt, ſie von aͤhnlichen 
Arten zu unterſcheiden und richtig zu beſtimmen. 
Bei verſchiedenen krautartigen Gewaͤchſen, vor⸗ 
zuͤglich bei den ausdauernden und zweijährigen, 
ſind die Wurzelblaͤtter, alsdann, wenn die 
Pflanze bluͤhet, entweder vertrocknet oder ver⸗ 
faulet. Von dieſen ſammle man, nebſt den 
bluͤhenden, auch einige Pflanzen, die noch nicht 
blühen, deren Wurzelblaͤtter aber noch vollſtaͤn⸗ 
dig ſind. Wenn ſie aber ſo groß ſeyn ſollten, 
daß ſie in einem Papierbogen nicht fuͤglich Raum 
haben, ſo ſammle man wenigſtens einige der 
vollſtaͤndigſten Wurzelblaͤtter. ) Die Wur- 
zel machet das dritte Stück einer vollſtaͤndi⸗ 
gen Pflanze aus. Auch von den Wurzeln und 
Zwiebeln verſchiedener Pflanzen ſind die Unter⸗ 
ſcheidungszeichen der Arten hergenommen. Es 
iſt daher auch nothwendig, daß man den Wur⸗ 
zelſtock und die Wurzeln, wenn ſie nicht gar zu 
groß ſind, mit ſammle. Da die Wurzeln ver⸗ 


e Gewaͤchſe in den Apotheken, 5 der 
Haus⸗ 


195 


Haushaltung oder ſonſt gebraucht werden, fo. 
iſt es uͤberdem ſehr nuͤtzlich und angenehm, wenn 
man fie kennen lernet und in der Folge fie in 
ſeiner Sammlung vorzeigen kann. d) Die 
Frucht iſt das letzte Stuck einer vollſtändigen 
Pflanze. Die Frucht wird ſowohl bei den Gat⸗ 
tungen, als bei den Arten haͤuſig zu den Un⸗ 
terſcheidungszeichen angewendet und daher 
machet ſie ein vorzuͤgliches Stuͤck bei einer voll⸗ 
ſtaͤndigen Pflanze in einer Pflanzenſammlung 
aus. Bei ſolchen Gewaͤchſen, welche große 
und ſaftreiche Fruͤchte tragen, iſt es nicht rath⸗ 
ſam, mit dem Sammlen ſo lange zu warten, 
bis ſie völlig reif find. Denn, wenn fie zu 
groß find, fo iſt man nicht im Stande fie auf- 
zulegen und wenn ſie ſaftreich ſind, ſo trocknen 
ſie ſehr langſam und werden alsdann größten- 
theils ganz unkenntlich. Kirſchen, Pflaumen 
und andere ſaftreiche Fruͤchte koͤnnen davon 
Beweiſe geben. In ſolchen Faͤllen iſt es daher 
rathſam, die Fruͤchte fuͤr eine Pflanzenſamm⸗ 
lung . zu ſammlen, wenn ſie noch nicht 
ihre voͤllige Groͤße und Reife erreichet haben. 
Iſt die Frucht aber nicht ſehr ſaftreich als die 
Frucht des Weisdorns (Crataegus Oxyacan- 
tha), ſo kann man mit dem Sammlen ſo lange 
warten, bis ſie ſich dem Zeitpunkte der Reife 
naͤhert. Bei den Schotenfruͤchten und uͤber⸗ 
haupt bei trockenen Fruͤchten darf man bei dem 
Sammlen nicht fo lange warten, bis ſie voͤllig 
reif ſind, ſonſt ſpringen die Schoten und die 
Fruchtkapſeln bei dem Trocknen auf. Ver⸗ 
N EN ſchie⸗ 


i 196 


ſchiedene Gewaͤchſe tragen Fruͤchte und bringen 
dabei noch Bluͤthen hervor, als die mehreſten 
krautartigen Gewaͤchſe und einige Sträucher 
z. B. der Wacholder (Juniperus communis). 
Bei dieſen Gewaͤchſen iſt es rathſam nur ſol⸗ 
che Exemplare zu waͤhlen, die noch bluͤhen und 
doch ſchon Fruͤchte angeſetzet haben. Soll⸗ 
ten aber ſolche Pflanzen noch keine Fruͤchte 
angeſetzet haben, man auch vielleicht befuͤrch⸗ 
ten muͤßte, daß ſie verbluͤhen, ehe man Ge⸗ 
legenheit hat, ſie wieder zu ſehen, ſo ſamm⸗ 
le man ſie vorerſt mit Bluͤthen und bemuͤ⸗ 
he ſich nachher auch Exemplare mit Fruͤchten 
zu erhalten. Andere Pflanzen blühen vollig 
aus und alsdann ſetzen fie erſt Fruͤchte an, oder 
ihre Bluͤthen oͤffnen ſich alle zu gleicher Zeit und 
fallen auch zu gleicher Zeit ab. Hierzu gehoͤ⸗ 
ren unter andern die mehreſten Baumfruͤchte, 
als die Eiche (Quercus Robur) die Cornelkir⸗ 
ſche (Cornus mafcula) und das Obſt. Bei 
dieſen muß man die Bluͤthezeit wohl beobach⸗ 
ten, damit man vollſtaͤndige Bluͤthen erhalte 
und nachher ſammlet man Exemplare, deren 
Fruͤchte ſich ſchon hinlaͤnglich gebildet haben. 
Die mehreſten Gewaͤchſe dieſer Art bluͤhen, ehe 
ſich die Blaͤtter voͤllig entwickelt haben. Hier 
muß man daher bei dem Einſammlen der Ex⸗ 
emplare mit Fruͤchten auch vorzuͤglich auf gute 
ZBlaͤtter Ruͤckſicht nehmen. Bei den Gewaͤch⸗ 
ſen mit getrennten Geſchlechtern muß man da⸗ 
hin trachten, von beiden Geſchlechtern gute 
Exemplare zu 1 
| \ Wenn 


197 


Wenn man von einer Art mehrere Indi⸗ 
viduen beiſammen findet und daher eine freie 
Wahl hat, die vollſtaͤndigſten Exemplare zu 
ſammlen, ſo waͤhle man die groͤßten und ſchoͤn⸗ 
ſten derſelben und ſehe vorzuͤglich dahin, daß 
ſie an keinem Theile von Inſekten oder anderen 
Thieren beſchaͤdigt ſind. Bei dieſer Gelegen⸗ 
heit muß ich eines Fehlers gedenken, in den ei⸗ 
nige angehende Pflanzenſammler leicht verfal⸗ 
len. Sie ſehen naͤmlich bei dem Sammlen fuͤr 
ihre Sammlung nur auf ſolche Gewaͤchſe, die 
ſchoͤne Blumen haben und vernachlaͤßigen an⸗ 
dere unanſehnlichere oder kleinere Pflanzen ganz, 
oder betrachten ſie wohl gar mit einer Art von 
Verachtung. Fuͤr den emſigen Pflanzenfor⸗ 
ſcher, dem es an der Erweiterung ſeiner Kennt⸗ 
niſſe gelegen iſt, muß die kleinſte unanfehnlich- 
ſte Pflanze eben ſo wichtig ſeyn, als die ſchoͤn⸗ 
ſte Prachtblume und in einer vollſtaͤndigen, 
brauchbaren Sammlung erwartet der Kenner 
die eine ſowohl, als die andere. | 

Bei der Unterſuchung und. Beste 
der phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe muß man noth⸗ 
wendig den Zeitpunkt waͤhlen, wenn ſie in ih⸗ 
rer voͤlligen Bluͤthe ſtehen, ohne Ruͤckſicht auf 
Nebenumſtaͤnde, als Regen, Thau oder 
feuchte Luft zu nehmen. Bei dem Ein⸗ 
ſammlen aber zu einer brauchbaren Pflanzen⸗ 
ſammlung kommen dieſe Nebenumſtaͤnde ſehr 
in Betracht und muͤſſen ſorgfaͤltig vermieden 
werden, wenn man ſeinen Endzweck nach Wun⸗ 
ſche erreichen will. Man bemuͤhe ſich daher 

0 | die 


1 98 


die bbansgawich en echte ſo 
trocken als möglich einzuſammlen. Wenn die 
Pflanzen oder ihre Theile feucht ſind, ſo ver— 
2 ren fie bei dem Trocknen fehr leicht ihre na- 
uͤrliche Farbe. Auch bei der größten Sorgfalt 
aue fie entweder, oder bekommen doch ſchwar⸗ 
ze Flecken und werden unkenntlich. Die Mor⸗ 
gen- und Abend - Stunden muͤſſen daher zum 
Einſammlen dieſer Gewaͤchſe vermieden wer⸗ 
den, weil des Morgens der Thau noch nicht 
abgetrocknet iſt und des Abends derſelbe ſchon 
wieder aus der Erde hervordunſtet. Am we⸗ 
nigſten iſt es rathſam, bald nach einem Nebel 
oder Regen dieſelben zu ſammlen, weil alsdann 
die Pflanzen ſehr naß und ſchmutzig ſind. Man 
waͤhle daher, bei trockener Witterung, die Zeit 
von zehn Uhr des Vormittages bis 5 Uhr des 
Nachm ittages. Zuweilen aber ſtehet man fi ch 
doch in die Nothwendigkeit verſetzet, Pflanzen, 
wenn ſie naß oder feucht ſind zu ſammlen, ent⸗ 
weder, weil man auf einer botaniſchen Wan⸗ 
derung von einem Regen uͤberfallen wird und 
man befuͤrchten muß, eine gefundene neue 
Pflanze fuͤr ſeine Sammlung nicht wieder zu 
erhalten; oder weil wichtigere Geſchaͤfte es 
nicht verſtatten, eine andere Tageszeit, als die 
Morgen- oder Abend - Stunden zum Ein⸗ 
ſammlen der Gewaͤchſe zu waͤhlen. Hier muß 
man alſo denen uͤbelen Folgen vorzubauen fü- 
chen und zwar auf folgende Weiſe. Sobald 
man feine Wanderung zuruck geleget hat, neh⸗ 
me man e die Pflanzen ans dem blechernen 
5 Ka⸗ 


199 


Kaſten und lege! ſie an einen trockenen, ſchatti⸗ 
gen und Fühlen Ort in eine flache Schuͤſſel, die 
mit friſchem Fluß- oder Regenwaſſer angefuͤllet 
iſt. Diejenigen Gewaͤchſe, welche noch mit 
Wurzeln verſehen ſind, lege man ſo weit in das 
Woſſer, daß die Wurzeln von demſelben bedek⸗ 
ket werden, die Blätter und ubrigen Theile der 
Pflanze muͤſſen aber vom Waſſer unberuͤhret 
bleiben. Bei den Zweigen von Baͤumen und 
Straͤuchern, wie auch bei den abgeſchnittenen 
Theilen groͤßerer Pflanzen muß man, ehe man 
fie mit dem unteren Theile, ein bis zwei Zolle 
tief in das Waſſer ſetzet, die Vorſicht beobach⸗ 
ten, daß man das untere Ende mit einem 
ſcharfen Meſſer ſchief abſchneidet. Durch dieſe 
ihnen zugefuͤgte friſche Wunde werden die ab⸗ 
gene, ſehr feinen Gefaͤße, welche nach 
der erſten Verletzung waͤhrend der Wanderung 
ſich ſchon wieder zuſammen gezogen hatten, in 
den Stand geſetzet, die zum einſtweiligen Un⸗ 
terhalte nothduͤrftigen Feuchtigkeiten einzu⸗ 
ſaugen. Auf ſolche Weiſe kann man die Ge⸗ 
waͤchſe ſo lange friſch erhalten, bis ſie voͤllig 
abgetrocknet und zum Einlegen geſchickt ſind. 
Einige Gewaͤchſe bluͤhen nur des Nachts, ihre 
Blumen oͤffnen ſich nur nach dem Untergange 
der Sonne und ſchließen ſich wieder bei dem 
Aufgange derſelben. Bei dieſen iſt man ger 
zwungen, ſie vom Thaue befeuchtet zu ſammlen, 
wenn man ſie in voller Bluͤthe fuͤr ſeine Samm⸗ 
lung einlegen will. Dieſe muß man auf die 
eben beſchriebene Art, wie die naß gewordenen 
Pflan⸗ 


290 


Pflanzen, behandeln und nachdem fie in eini⸗ 
gen Stunden völlig abgetrocknet find, während 
der Nachtzeit einlegen. 

Es finden ſich verſchiedene Pflanzen, de⸗ 
ren Blaͤtter oder Blumen, zu Folge einer ih⸗ 
nen eigenthuͤmlichen Reizbarkeit, zu gewiſſen 
Tageszeiten, vorzuͤglich gegen Abend bei der 
Abnahme der Waͤrme, ſich zuſammen ziehen 
und dadurch eine verſchiedene Richtung ihrer 
Theile annehmen. Dieſen Zuſtand nennet 
man gewoͤhnlich den Schlaf der Pflanzen. 
Dieſe Gewaͤchſe muͤſſen nur alsdann geſamm⸗ 
let werden, wenn ihre Theile ſich voͤllig entfal⸗ 
tet und ausgebreitet haben, nemlich am Tage, 
bei warmer, trockener Witterung. 

Wenn Pflanzen einer Art (fpecies) theils 
auf trockenem, theils auf naſſem, ſumpfigem 
Boden wachſen, fo find die erſteren denen lez⸗ 
teren vorzuziehen, weil diejenigen, die auf 
trockenem Boden wachſen, nicht ſo viel Saft 
enthalten, als die letzteren, daher auch leichter 
trocknen und im getrockneten Zuſtande, wenn 
die erforderlichen Masregeln beobachtet ſind, 
auch beſſer ihre Farbe behalten. Sollte man 
aber durch die ſorgfaͤltige Vergleichung wahr⸗ 
nehmen, daß durch dieſe Verſchiedenheit des 
Bodens einige merkwuͤrdige Abweichungen in 
der äußeren Geſtalt und Farbe der Theile er⸗ 
zeuget worden ſind, ſo muß man die Letzteren, 
fo wie die Erſteren fammlen, | 

Die phaͤnogamiſchen Waſſerge⸗ 
wi j e werden weit leichter welk, * nn 

and⸗ 


201 


Landgewaͤchſe. Sobald das ihnen anhängende . 
Waſſer abgelaufen iſt und ſie der aͤußeren Luft 
ausgeſetzt bleiben, ſchrumpfen vorzuͤglich ihre 
Blaͤtter zuſammen, die Pflanze verliehret ihre 
natürliche Geſtalt und wird ganz unkenntlich. 
Wenn man mit dem Auflegen an Ort und 
Stelle ſich nicht aufhalten will, ſo muß man 
Dafür Sorge tragen, daß fie friſch und unbe⸗ 

ſchaͤdiget bis zu der Zuhauſekunft erhalten wer⸗ 
den. Wollte man ſie aber zu den geſammleten 
phaͤnogamiſchen Landgewaͤchſen in den blecher⸗ 
Kaſten legen, fo wuͤrden jene dadurch naß 
werden, welches man doch, wie aus dem vor⸗ 
hergehenden erhellet, vermeiden muß. Es iſt 
daher nothwendig, daß, ſobald man ſie aus 

dem Waſſer gezogen hat, man das anhaͤngende 

Waſſer ablaufen laſſe, ſie alsdann mit ein paar 

Bogen Loͤſchpapier beſchlage und, alſo verwah- 

ret, in den blechernen Kaſten lege. Man kann 
auch die Bogen döſchpapfer, worin dieſe Waſ⸗ 

ſerpflanzen liegen, der Laͤnge nach, nur nicht 


zu feſt, zuſammenrollen, einen Faden darum 


binden und dieſe Rolle in die Taſche ſtecken. 


Die mehreſten phaͤnogamiſchen Waſſer⸗ 
gewaͤchſe haben unter dem Waſſer ganz ver⸗ 
ſchiedene Blatter von denen über dem Waſſer. 
Hierauf muß man bei dem Einſammlen dieſer 
Gewaͤchſe nothwendig Ruͤckſtcht nehmen und 
dahin trachten, daß man auch den Theil der 
Pflonze unter dem — mit 1 Blaͤt⸗ 
tern erhalte. u N 4 

Da 


‚202 


Da fi unter den krautartigen, ſowohl 
Land als Waſſer⸗Gewaͤchſen, verſchiedene 
finden, die nach ihrer ganzen Laͤnge nicht in den 
blechernen Kaſten geleget werden koͤnnen, ſo iſt 
rathſamer, ſie, wenn fie nicht zu groß und aͤſtig 
ſind, nach der Länge des Kaſtens einzuknicken, 
als in mehrere Stucke zu ſchneiden, weil fie im 
letzteren Falle viel leichter welk werden. 

Die kryptogamiſchen Gewaͤchſe 
erfordern, nach der Verſchiedenheit ihres 
Baues und des Ortes, wo ſie wachſen, eine 
verſchiedene Behandlung bei dem Einſammlen, 
wie ich jetzt der Ordnung nach zeigen will. 

Die kryptogam iſchen Gewaͤchſe der er⸗ 
ſten und zweiten, in dem vorigen Theile 
angenommenen, Klaſſe, nemlich die mit 
Wurzelfrucht ( Rhizocarpae) und die 


Farrenkräuter (Filices) muͤſſen bei dm 


Einſammlen eben ſo behandelt werden, als die 
phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe. 5 
Bei den Farrenkraͤutern iſt jedoch zu erin⸗ 
nern, daß man außer den fruchttragenden We⸗ 
deln (Frondes) auch einige von den unfrucht⸗ 
baren mit einſammle, weil bei verſchiedenen 
Gewaͤchſen dieſer Familie die letzteren von den 
erſteren einige weſentliche Verſchiedenheiten in 
dem aͤußeren Baue zeigen. Auch muß man 
bei dieſen Gewaͤchſen nothwendig den Wurzel⸗ 
hoc (Rhizoma) und die Wurzeln mit ſammlen. 
Die Mooſe und Flechten (Muſci 
et Lichenes) laſſen ſich, wenn ſie trocken ge⸗ 
worden ſind, ſehr leicht mit Waſſer wieder auf⸗ 


fri⸗ 


203 


friſchen und nehmen alsdann völlig ihre natür- - 
liche Geſtalt und Richtung wieder an, die ſie 
durch das Trocknen verlohren hatten. Sie er- 
fordern daher bei dem Einſammlen nicht die 
beſondere Fuͤrſorge, ſie friſch zu erhalten, als 
die bisher abg gehandelten Gewaͤchſe. Es iſt 
daher hinreichend, die leicht zerbrechlichen Arten 
in eine Schachtel zu ſammlen, die uͤbrigen aber, 
eine jede Sorte für ſich, in Papier zu wickeln 
und entweder in eine Taſche zu ſtecken, oder 
auch, der Bequemlichkeit wegen, in den blecher⸗ 
nen Kaſten zu legen. Da aber bei dieſen Ge⸗ 
waͤchſen die Kennzeichen zu der Beſtimmung 
der Ordnungen und Gattungen von der Frucht 
hergenommen fi ſind, ſo iſt es auch nothwendig, 
bei dem Einſammlen dieſer Gewaͤchſe vorzüg⸗ 
lich darauf zu ſehen, daß man Exemplare mit 
wahle igen Fruchttheilen erhalte. 1 
Bei den Mooſen finden ſich verſchiedene 
Arten, die auf getrennten Pflanzen Fruchtkap⸗ 
ſeln und knoſpenartige Auswuͤchſe, welche man 
fuͤr die „nannligen Bluͤthen haͤlt, hervorbrin⸗ 
gen. In dem Falle wo ſich dieſe ſo genaunten 
männlichen Bluͤthen auf getrennten Pf Lanzen | 
ihrer Art finden, muß man auch auf dieſe 
Ruͤckſicht nehmen und u beſonders ſammlen, 
wenn fie nicht mit den Fruchttragende n gemein⸗ 
ſchaftlich in einem Raſen wachſen. 
| Verſchiedene Mooſe und vorzuͤglich Flech⸗ 
ten ſind fo klein und fißen dem Koͤrper, wor⸗ 
auf fie wachſen, z 5. D. dem Holze, der Erde, 
denen Steinen, To 1 25 an, daß es nicht rath⸗ 
Reh ſam 


4 


ſam iſt ſie einzeln davon zu trennen, wenn man 
nicht Gefahr laufen will, fie zu zerflören, oder 
fie zwiſchen den übrigen geſammleten Gewaͤch⸗ 
ſen zu verliehren. Bei dieſen muß man die 
ganze Stelle, worauf ſie wachſen und welche 
fie einnehmen, von dem Holze oder der Erde 
mit dem Meſſer duͤnne abſchneiden oder ab⸗ 
ſchaͤlen, von den Steinen aber mit dem Meiſel 
abſchlagen und auf ſolche Weiſe fuͤr ſeine 
Sammlung vollſtaͤndige Exemplare ſammlen. 
Die Algen, oder kryptogamiſchen 
Waſſergewaͤchſe (Algae) erfordern vor 
allen andern Gewaͤchſen eine beſondere und 
verſchiedene Behandlung bei dem Einſammlen, 
die von ihrer aͤußeren Beſchaffenheit, ihrer 
Groͤße und der Art des Waſſers, worin ſie 
wachſen, abhaͤngt. Die groͤßeren und ſtaͤrke⸗ 
ren Gewaͤchſe dieſer Familie, als die mehreſten 
Tangarten (Fuci) erfordern bei dem Einſamm⸗ 
len groͤßtentheils keine andere Behandlung, als 
die phaͤnogamiſchen Waſſergewaͤchſe. Sie 
laſſen ſich aber weit leichter und bequemer 
uͤber Weg bringen, wenn man ſie, in dem 
Falle, wo man ſich mehrere Stunden in der 
Nachbarſchaft des Seeſtrandes aufhaͤlt, an der 
Sonne ſchnell trocknen laͤſſet. Bei dem Auf 
legen laſſen ſie ſich im Waſſer leicht wieder 
aufweichen. Da die Gewaͤchſe dieſer Klaſſe 
aber keine eigentlichen Wurzeln haben, durch 
welche ſie, wie die uͤbrigen Pflanzen, Nahrung 
an ſich ziehen, ſondern nur mittels einer ausge⸗ 
breiteten, oft ſchilpformigen em auf 
| rem⸗ 


205 


€ 


fremden Kbrper befeſtiget ſind, ſo muß man 


bei dem Einſammlen auch dahin trachten, die⸗ 
fen Theil zugleich zu erhalten, wenn das Exem⸗ 


plar vollſtaͤndig ſeyn ſoll. Dagegen erfordern 


die kleineren und zarteren eine groͤßere Fuͤrſorge. 
Dieſe Gewaͤchſe laſſen ſich, wegen ihrer Zart⸗ 
heit oder Schluͤpfrigkeit, auf botaniſchen 
Wanderungen nicht mit der noͤthigen Sorgfalt 
und Behutſamkeit auflegen und ihre Frucht⸗ 
theile find groͤßtentheils fo klein, daß man fie 
nur mit Hülfe eines zuſammengeſetzten Ver⸗ 
groͤßerungsglaſes e kann, wozu man 
aber auf botaniſchen Wanderungen weder Zeit 
noch Gelegenheit hat. Man muß daher noth⸗ 
wendig darauf bedacht ſeyn, daß man ſie bis 
zu der Zuhauſekunft, wo man ſie mit Muße 
unterſuchen kann, nach allen ihren Theilen un⸗ 
beſchaͤdigt erhalte, zugleich aber auch bei dem 
Einſammlen ſie dazu vorbereiten, daß ſie bei 
dem Auſweichen, ſo viel als möglich, ihre vori⸗ 


ge Geſtalt, Farbe und Richtung wieder erhal⸗ 


ten und ſich deſto vollſtaͤndiger auflegen laſſen. 
Da aber dieſe Gewaͤchſe, ſobald ſie aus dem 
Waſſer genommen werden, ihre natuͤrliche Ge⸗ 
ſtalt, Farbe und Richtung der Theile veraͤn⸗ 
dern, die ſie ſelten durch das Aufweichen, auch 
bei der groͤßten Sorgfalt, ganz wieder anneh- 
men, ſo iſt es um ſo nothwendiger, daß man 
ſich, ehe man ſie von ihrem Standorte entfer⸗ 
net, eine genaue Kenntniß dieſer Stuͤcke in 
dem Waſſer, wo ſie wachſen, zu verſchaffen 
ſuche, weil man ſich dadurch den es zu einer 

rich 


/ 


206 


richtigen Beſtimmung bahnet. Wenn man 
alſo ein ſolches Gewaͤchs in dem Waſſe er entdek⸗ 
ket, welches unbekannt zu ſeyn ſcheinet, ſo 
achte man genau darauf, ob es auf der Ober⸗ 
flaͤche des Waſſers ſchwimme, oder unter dem⸗ 
ſelben wachſe; ob es raſenfoͤrmige oder laͤngli⸗ 
che Buͤſchel bilde, ob es einzeln oder haufen- 
weiſe beiſammen wachſe u. ſ. w. Hat man 
ſich a, voͤllig unterrichter, ſo hebe man 
ſie behutſam aus dem Waſſer und enthalte ſich 
dabei, ſo viel als moglich, aller gewalkſamen 
Bewegung derſelben, wodurch entweder bei 
einigen die Theile zerbrochen, oder bei andern 
die innere Struktur zerſtoret werden koͤnnte. 
Wenn der Koͤrper, e das Gewaͤchs ſei⸗ 
nen Standpunkt hat, groß iſt, ſo loͤſe man 
daſſelbe behutſam mit Hul lfe eines Meſſers 
oder eines Fingers unter dem Waſſer! von dem⸗ 
ſelben ab: iſt derſelbe aber nicht groß und von 
der Beſchaffenheit, daß man ihn, ohne dadurch 
dem zarten Gewaͤchſe zu ſchaden, mit ſich neh⸗ 
men kann. Z. B. dünne Reiſer, Blätter 
und Halme von Graͤſern oder anderen 
Waſſerpflanzen; ſo ſchneide man ihn unter 
dem Waſſer in mehrere kleine Stucke und hebe 
ſie mit den darauf feſte ſitzenden Gewaͤchſen be⸗ 
hutſam aus demſelben. Am wenigſten ſchadet 
man hierbei denen Gewaͤchſen, wenn man ſie 
mit der hohlen Hand auffiſchet, ſie mit dem 
Waſſer, welches ſich in der Hand ſammlet, her⸗ 
aus hebet und alsdann Das Waſſer langſam 
u durch 


| durch die Finger ablaufen laser, ohne fü fü 4 zu 
druͤcken, zu ſchuͤtteln oder auszuſchwenken. 
| Die zarteren und ſchluͤpfrigen Gewaͤchſe 
dieſer Art laſſen ſich aber auch auf en Ba 
nicht ganz ohne Nachtheil behandeln. Enkwe⸗ 
der haͤngen ſich die zarten Faͤden, wenn man 
das Waſſer zwiſchen den Fingern 1 laͤſ⸗ 
ſet, fo fefte der Haut an, daß man fie ſchwer⸗ 
lich davon abnehmen kann; oder ſie ſch Lipfen | 
mit dem ablaufenden Waſſer durch die Finger. 
Dieſe muͤſſen alle in Glaͤſer ) geſammlet und 
bis zu der genaueren Unterſuchung fo aufbe⸗ 
wahret werden, daß ihre innere Struktur von 
den aͤußeren Erſchuͤtterungen bei dem Gehen 
oder Fahren keinen Schaden leidet. Entwe⸗ 
der ſchoͤpfe man ſie mit einem leeren offenen 
Glaſe aus dem Waſſer behuiſam auf; oder 
man laſſe ſie mit dem in der Hand aufgeſchoͤpf⸗ 
ten Waſſer langſam in das Glas laufen. 
Wenn das Glas ſo voll Waſſer laͤuft, daß es 
überftrömet und man befürchten muß, daß die 
darin befindlichen Gewaͤchſe mit dem Waſſer 
heraus ſchluͤpfen, ſo laſſe man einen Theil des 
Waſſers, indem man die Oeffnung des Glaſes 
mit dem Finger oder der Hand verſchließet, 
langfam, etwa bis zur Hälfte oder dem dritten 
Theile, abtroͤpfeln. Auf ſolche Weiſe kann 
man nach und nach ſo viele dieſer kleinen Ge⸗ 
waͤchſe in ein Glaß zuſammen fammien, als 
e darin Raum 5 Alsdann fuͤlle 
man 


0 In dieſem Ke No. 6. b, habe ich dieſe 
Glaͤſer meitläuftiger beſchriehen. 


208 


man das Glas 1 wieder ſo voll, daß 
das Waſſer, wenn das Glas dichte zugepfroft 
iſt, den Pfropf beruͤhre und ein moͤglichſt gerin- 
ger, vom Waſſer leerer Raum, in dem Glaſe 
bleibe. Auf ſolche Weiſe verhindert man am 
ſicherſten, das aͤußere Erſchuͤtterungen auf die 
in dem Glaſe befindlichen Gewaͤchſe wirken 
koͤnnen, ſie auch mit dem Waſſer nicht ſo leicht 
der Faͤulniß ausgeſetzet ſind. Wenn man aber 
mehrere Arten in ein Glas zuſammen ſammlet, 
ſo verſtehet es ſich von ſelbſt, daß man keine 
Gewaͤchſe, die in ſalzigem Waſſer wachſen, zu 
ſolchen, die in ſuͤßem Waſſer wachſen, in ein 
Glas zuſammen bringe und umgekehret; ſon⸗ 
dern man muß dieſe Gewaͤchſe in verſchiedenen 
Glaͤſern mit der Sorte Waſſer ſammlen, wor⸗ 
in fie gewachfen find. 10 

Die groͤßeren Conferven und der ehßte 
Theil der Ceramien (Confervae et Ceramia) 
die einen feſteren Bau haben, koͤnnen, nachdem 
man das ihnen anhaͤngende Waſſer langſam 
hat ablaufen laſſen, in die blecherne Kapſel 
(No. 6. a.) oder in den kleineren blechernen 
Kaſten (No. 4.) wenn ſich in demſelben keine 
andere Gewaͤchſe befinden, die dieſen einigen 
Schaden zufuͤgen koͤnnten, geleget werden. 
Weil aber dadurch, daß mehrere dieſer Ge⸗ 
waͤchſe in der blechernen Kapſel dicht beiſam⸗ 
men, oder auch aufeinander liegen, die Frucht⸗ 
theile an der innern Wand der Conferven leicht 
aus ihrer Ordnung treten koͤnnen und dadurch 


die achte Beſtimmung erſchweret, oder auch 
oft 


209 


oft unmöglich gemachet wird, fü bleibet es 
nothwendig, von einer jeden Art auch einige 
Exemplare, auf die eben beſchriebene Weiſe, 
in ein Glas mit Waſſer zu ſammlen, wo ihre 
Theile unbeſchaͤdigt erhalten werden, damit 
dieſe zur Unserhepung und Beftimmung dienen 
können. 

Die Seeg ewäch ſe dieſer Akt etlieh⸗ 
ren, wenn ſie aus dem Waſſer genommen und 
der freien Luft ausgeſetzet ſind, entweder ihre 
natuͤrliche Farbe, oder ſie gehen oft in wenigen 
Stunden in Faͤulniß uͤber. Will man dieſem 
Uebel durch ein ſchnelles Trocknen an Ort und 
Stelle abhelfen, ſo wird dadurch ein neues 
Uebel erzeuget, das eben ſo nachtheilige Folgen 
fir die geſammelten Exemplare hat. Durch 
das Ablaufen des ihnen anhaͤngenden Waſſers 
legen ſich die zarten Faͤden der Aeſte und die 
Endſpitzen fo dicht aneinander, daß fie bei dem 
Trocknen in einem Koͤrper zuſammen geklebet 
bleiben. Sehr ſelten iſt man bei dem nachhe⸗ 
rigen Aufweichen, um fie für feine Sammlung 
aufzulegen, im Stande die Fäden wieder aus⸗ 
einander zu bringen. Großtentheils werden 
dadurch die Exemplare ganz unkenntlich und 
haben fuͤr eine gute Sammlung keinen Werth. 
Dieſe Gewaͤchſe erfordern daher eine beſondere 
Behandlung, wodurch dieſen Uebeln abgehol⸗ 
fen wird. Da das ihnen anhaͤngende See⸗ 
waſſer hieran allein Schuld iſt, ſo muß man 
ſuchen, ſie deſſelben zu entledigen und dieſes 
geſchteſet am beſten 1 INN Weiſe. Wenn 


man 


210 


man die Gewaͤchſe aus dem Waſſer genommen 
hat, laͤſſet man den groͤßten Theil des ihnen 
anhaͤngenden Waſſers ablaufen, beſtreut ſie 
alsdann mit trockenem Sande, den man an den 
mehreſten Seeufern haͤufig findet, und kehret 
ſie ſo nase in demſelben um, bis die ihnen an⸗ 
haͤngenden Feuchtigkeiten ſich dem Sande mit⸗ 
getheilet haben. Dieſes nimmt man daran 
wahr, daß alle ihre Aeſte und Endſpitzen nicht 
mehr zuſammen geklebet, ſondern einzeln er⸗ 
ſcheinen. Alsdann uͤberſtreue man fie noch ⸗ 
mals mit trockenem Sande und lege ſie in den 
blechernen Kaſten oder in eine zu dem Ende 
mitgenommene Schachtel. Je groͤber der 
Sand iſt, deſto beſſere Dienſte leiſtet er zu 
dieſem Endzwecke. Die alsdann der ganzen 
Pflanze anhaͤngenden Sandkoͤrner verhindern 
es, daß die zarten Faͤden der aͤußeren Zweige 
ſich wieder an einander hängen koͤunen. Auf 
den Fall, wo man vorher weiß, daß man 
keinen ſandigen Strand vorfinden werde, muß 
man ſich ſchon der Unbequemlichkeit unterzie⸗ | 
hen, trockenen Sand mitzunehmen. So⸗ 
bald man die Wanderung vollendet hat und 
in ſein Quartier gekommen iſt, breite man 
dieſe Gewaͤchſe behutſam, damit ſie nicht zu 
viel von dem ihnen anhangenden Sande ver⸗ 
liehren, auf einem reinem Brette aus und 
laſſe ſie in der freien Luft trocknen. Des 
Abends aber bringe man ſie wieder unter Dach, 
damit ſie durch den aufſteigenden Thau des 
0 nicht neue Heucheagkenen aus der Luft 

an 


211 


an ſich ziehen und das Trocknen dadurch aufge⸗ ö 
halten werde. Wenn man ſich nicht zu uͤber⸗ 
eilen braucht, ſo bleibet es immer rathſamer, 
ſte im Schatten, wo ein freier Durchzug der 
duft iſt, zu trocknen, als fie der brennenden 
Sonnenhitze auszuſetzen. Sie trocknen als⸗ 
dann zu ſchnell und werden leicht bruͤchig. 
Wenn ſie auf ſolche Weiſe getrocknet find, 
kann man fie in einer Schachtel an einem 
trockenen Orte bis zu der Zeit aufbewahren, 
wo man ſie zum Auflegen aufweichet. Bei 
dem Aufweichen laſſen ſie den ihnen anhaͤngen⸗ 
den Sand wieder von ſich und e voͤllig 
ihre natürliche Geſtalt wieder. Da aber 
durch das Schutteln und Umkehren im Sande 
die Fruchttheile bei den Conferven in ihrer Ord⸗ 
nung nothwendig in etwas geftöret werden, ſo 
muß man auch bei dieſen von jeder Art einige 
Exemplare in ein Glas mit Waſſer ſammlen, 
damit man an dieſen die Unterſuchung anſtellen | 
und fie defto richtiger beſtimmen fünne 
Bei verſchiedenen Arten der Gattung 

Cel niit findet man außer den fruchttragen⸗ 
den, unfruchtbare Individuen, welche in dem 
aͤußeren Baue einige, obgleich weniger weſent⸗ 
liche, Verſchiedenheiten zeigen, deren Endſpiz⸗ 
zen der Zweige angeſchwollen und mit einer 
We Maſſe angefuͤllet fi fü nos in int 
00 2 | auf 


) Siehe meine neuen Beiträge zur So 
tanik, Th. 1. ©. 4350. | 2 


212 


auf dieſe, welche als die männlichen Pflanzen 
ihrer Art anzuſehen ſind, muß man bei dem 
Einſammlen dieſer Gewaͤchſe Ruͤckſicht nehmen, 
wenn man ſeine Sammlung ſo vollſtäͤndig als 
moͤglich machen will. 

Bei den in Glaͤſern mit Waſſer gene 
ten kryptogamiſchen Waſſergewaͤchſen von zar⸗ 
terem Baue, muß man dahin trachten, ſie ſo⸗ 
bald als möglich zu unterſuchen, um fie geho= 
rig beſtimmen und fuͤr die Sammlung zuberei⸗ 


ten zu koͤnnen. Dieſe Erinnerung iſt um ſo 


nothwendiger, da verſchiedene der ſchleimigen 

und der ungegliederten Arten bei der Waͤrme 
der verſchloſſenen Hausluft leicht in eine Art 
von Faͤulniß übergehen, oder ihr natürliches 
Anſehen dadurch verliehren, daß ſie einen 
ſchnellen Wachsthum der Theile erhalten und 
die ganze Oberfläche des Waſſers, worin fie 
ſich befinden, gleichſam mit einer Decke von 
jungen Zweigen oder verlängerten Faͤden uͤber⸗ 
ziehen. Es iſt daher rathſam, denen Glaͤſern 
mit dieſen Gewaͤchſen bei der Zuhauſekunft 
einen kuͤhlen, ſchattigen Platz zu geben und den 
Zeitpunkt der Unterſuchung nicht zu weit hin⸗ 
aus zu ſetzen. Wenn man ſie unterſuchen will, 
ſo muß man behutſam das Glas, worin ſich 
die Algen befinden, in einem Gefäße mit Waf- 
ſer ausleeren, damit durch eine ſtarke Erſchuͤt⸗ 
terung ihre innere Struktur nicht zu ſehr leide. 
Die zur Unterſuchung beſtimmten Exemplare, 
wenn ſie in ſalzigem Waſſer gewachſen ſind, 
muͤſſen auch in ein Gefaͤß mit ſolchem Waſſer 
ge⸗ 


213 


gebracht werden und zu dem Ende iſt es noͤthig, 
eine Flaſche mit Seewaſſer gefuͤllet, mit nach 
Hauſe zu nehmen. Finden ſich mehrere Arten 
in einem Glaſe, ſo ſondere man alsdann eine 
jede Art für ſich in andere kleinere, mit Waſſer 
gefuͤllte Gefaͤße, z. B. Untertaſſen oder Teller, 
ſetze ſie an einen hen ſchattigen Ort und 
bedecke jedes Gefaͤß mit einem Blatte Papier, 
damit kein Staub hinein fallen konne. 

Da die Schwaͤmme (Fungi) nach der 
Verſchiedenheit ihres Alters verſchiedene Ge⸗ 
ſtalten haben, ſo muß man auch bei dem Ein⸗ 
ſammlen darauf Ruͤckſicht nehmen und die Ex⸗ 
emplare für die Sammlung nach ihren verſchie⸗ 
denen Alter waͤhlen. Bei den groͤßeren, flei⸗ 
ſchigeren Arten muß man vorzuͤglich dahin ſe⸗ 

| 5 daß die Exemplare, die man fuͤr die Samm⸗ 
lung beſtimmet, ſich noch nicht lange entwickelt 
haben, „weil fie im älteren Zuſtande größten 
theils ſchon mit Wuͤrmern oder Larven der In⸗ 
ſekten beſetzet find, die ihre natürliche Anlage 
zur Faͤulniß noch um vieles vermehren. Die 
kleineren Arten, welche haufenweiſe beiſam⸗ 
men wachſen, muß man nicht einzeln ſammlen, 
ſondern ganze Haufen oder Raſen mit dem 
Grunde, worauf I Beer. mit t nach Hauſe 
nehmen. | i 


Drittes 


214 


ii eh 


Son dem Verfahren bei dem Auf 
legen der eee i 


Das Auflegen 9870 Einlegen einer Pflan- 
ur 1 darin, daß man ſie nach allen ihren 
Theilen zwiſchen Papierbogen ſo ausbreitet, wie 
‚fie nach der Lage und Richtung derſelben ihrer 
Natur nach beſchaffen iſt und fie in dieſer Lage 
zu erhalten ſuchet, bis die Theile durch das 
Trocknen eine ſolche Feſtig keit erlanget haben, 
daß ſie ihre Richtung, ohne eine ihnen zuge⸗ 
fuͤgte Gewalt, nicht mehr veraͤndern koͤnnen. 
Man darf daher nicht willführlich dabei ver⸗ 
fahren, oder wohl gar denen Theilen Gewalt 
anthun, ſondern man muß auch hierbei die Na⸗ 
tur zur Richtſchnur nehmen, wenn das Gewaͤchs 
nicht unkenntlich und fuͤr die Sammlung nicht 
unbrauchbar werden ſoll. Ich werde daher in 
dieſem Kapitel zeigen, was man bei dem Auf- 
legen der Gewaͤchſe zu beobachten habe, wenn 
man ſeinen BEE nach e erreichen | 


will. 
Das 


215 


Das vorzuͤglichſte Beduͤrfniß bei dem 
| Einlegen der Gewaͤch ſe iſt das Papier. Ge⸗ 
woͤhn! lich waͤhlet man hierzu gemeines Loͤſchpa⸗ 
pier, welches am wohlfeilſten iſt. Man muß 
aber bei dieſer Papierſorte nothwendig darauf 
ſehen, daß es eben und ſchlicht ſey und keine er⸗ 
habene, knotige Stellen enthalte, weil dieſe 
durch ihren Druck auf die Theile des Gewaͤch⸗ 
ſes, gemeiniglich ſchwarze Flecken verurſachen. 
Beſſer iſt zu dieſem Endzwecke das weiße Loͤſch⸗ 
papier oder Druckpapier. Schreibpapier aber, 
und unter dieſem das blaue, fogenannte Con⸗ 
ceptpapier, iſt allen andern Papierſorten zum 
Einlegen vorzuziehen, wenn man die Koſten 
daran wenden kann. Die Gewaͤchſe, in dieſer 
Papierſorte eingeleget, behalten am beſten ihre 
er wenn man ſonſt die noͤthigen Vorſichts⸗ 
regeln beobachtet. Vorzuͤglich muß man aber 
dahin ſehen, daß das Papier zum Einlegen 
recht trocken ſehy. Wenn man Gelegenheit hat, 
alte Folianten um einen wohlfeilen Preis zu 
kaufen, ſo wird man ſie mit Vortheil zu dieſem 
Endzwecke benutzen koͤnnen. 
| Verſchiedene Theile der Gewächſe ſi ad fo 
klein, daß man fie mit den Fingern nicht faſ⸗ 
ſen und ihnen die noͤthige Richtung bei dem 
Einlegen nicht geben kann. Daher gehoͤret die 
Zange, deren man ſich bei der Unterſuchung 
der Gewaͤchſe gewoͤhnlich bedienet, mit zu den 
Huͤlfsmitteln bei dieſem Geſchaͤfte. Auch ein 
ſcharfes Meſſer iſt dazu erforderlich, weil 
einige 8 zuweilen ſo beſchaffen find daß 
man 


a 


man fie zum Einlegen, mit t Hülfe des Meſſers 
dazu geſchickter machen muß. 0 | 

Zu den Beduͤrfniſſen bei dem Einlegen der 
Gewächfe rechnet man gemeiniglich auch eine 
Preſſe, von der Art, wie ſie die Buchbinder 
zu gebrauchen pflegen, um die Gewaͤchſe und 
ihre Theile nach dem Einlegen, bis ſie ganz 
welk geworden ſind und den größten Theil ihrer 
Feuchtigkeit verlohren haben, in der Lage und 
Richtung zu erhalten, die man ihnen zwiſchen 
den Papierbogen gegeben hat und fie vor den 
Zuſammenſchrumpfen ihrer Theile, bis zu ih⸗ 
rer volligen Trockenheit zu ſichern. Aber we⸗ 
nige Gewaͤchſe beduͤrfen einer ſehr ſtarken Preſſe 
und bei den mehreſten phaͤnogamiſchen Gewaͤch⸗ 
ſen iſt. ein ſtarkes Preſſen eher nachtheilig „ als 
| vortheilhaft, wie ich in der Folge zeigen werde. 
Das Preſſen durch einen, oder ein, Paar mit⸗ 
telmaͤßige Folianten oder mit Huͤlfe eines leich⸗ 
ten Bretes, von der Groͤße der Papierbogen, | 
auf welches ein platter Stein, zwei bis drei 
Pfunde an Gewicht, geleget wird, iſt in den 
mehreſten Faͤllen hierzu hinreichend. 

Ehe man eine Pflanzenart aufleget, ſchrei⸗ 
be man auf ein Zettelchen den Namen der 
Gattung und der Art des Gewaͤchſes, das 
Jahr, den Monat und den Tag, an welchen 
man es gefunden und geſammlet hat, nebſt dem 
Orte, wo es gewachſen iſt. Dieſes Zettelchen 
befeſtige man an eins der aufzulegenden Exem⸗ 
plare, damit man daſſelbe in der Folge bei dem 
Ordnen der Gewaͤchſe benutzen koͤnne. Fuͤr 

| den 


217 


den angehenden Pflanzenforfcher, der in der 
Pflanzenkenntniß noch nicht geuͤbt iſt, ſchaffet 

dieſe geringe Muͤhe großen Nutzen und ſelbſt 

dem Pflanzenkenner iſt dieſe Nachricht bei der 
Durchſicht einer e Sammlung febe 
angenehm. 

Der Werth einer getrockneten Pflanze, 
die zu einer brauchbaren Pflanzenſammlung be⸗ 
ſtimmt iſt, beruhet nicht allein darauf, daß ſie 
nach allen ihren Theilen vollſtaͤndig geſammlet 
worden ſey, ſondern daß fie auch völlig die fa= 
ge und Richtung derſelben behalte, die ihr im 
lebendigen Zuſtande eigenthuͤmlich iſt und 
dieſes haͤngt lediglich von der Behandlung bei 
dem Einlegen ab. Hierzu ſind Aufmerkſamkeit 
und Genauigkeit nothwendig. Ehe man alſo 
eine Pftanzenart aufteget, betrachte man fie 
nach allen ihren Theilen nochmals aufmerkſam 
und alsdenn, nachdem man ſich ein lebhaftes 
Bild von ihrem ganzen Umriſſe, nach der Lage 
und Richtung aller ihrer Theile, geſchaffen und 
dieſes Bild dem Gedaͤchtniſſe e eingepraͤget hat, 
breite man fie, in beſtandiger Vergleichung 
deſſelben mit der Natur, zwiſchen dem Papier⸗ 
bogen aus. Dieſe Bedingung ſetzet eine an⸗ 
dere voraus, nemlich, daß die Pflanze noch 
vollkommen friſch ſey und durch das Stocken 
oder eine Abnahme ihrer Nahrungsſaͤfte, wel⸗ 
ches man welken nennet, die natuͤrliche Lage und 
Richtung ihrer Theile noch nicht verändert ha⸗ 
be. Hieraus erhellet, wie unrichtig der Grund⸗ 
ſatz fei, den einige Botaniker allgemein und 

unde 


218 


| unbedingt annehmen, man muͤſſe die Pflanzen 
alsdann erſt auflegen, wenn fie ſchon in etwas 
welk geworden ſind. Die Theile laſſen ſich 
freilich in dem welken Zuſtande der Pflanze be⸗ 
quemer in eine flache Lage zwiſchen den Papier- 
blaͤttern bringen, als im friſchen, wo ſie a 
ge einer gewiſſen Spannkraft einigen Wider⸗ 
ſtand leiſten. Aber dagegen iſt man auch ſel⸗ 
ten im Stande denen Theilen ihre natuͤrliche 
Richtung ganz wieder zu geben und groͤßten⸗ 
theils bleiben die Folgen davon an den ate 
nen Exemplaren unverkennbar. | 
Das Ausbreiten oder Auflegen einer 

g Pflanze zwiſchen Papierbogen geſchiehet auf 
folgende Weiſe. Nachdem man die zuſammen⸗ 
geſchlagenen Blaͤtter eines Bogens auseinan⸗ 
dergeſchlagen hat, lege man auf beide Haͤlften 
deſſelben einen leeren Bogen. Auf den Bo⸗ 
gen rechter Hand leget man die Pflanze und 
breitet alsdann die Theile, die zu dichte über- 
einander zu liegen kommen und im trockenen Zu⸗ 
ſtande die Pflanze unkenntlich machen koͤnnten, N 
behutſam aus, doch ſo, daß ſie nicht zu ſehr 
aus ihrer natuͤrlichen Richtung gebracht wer⸗ 
den oder zerbrechen. Man bringt die Pflanze 
in eine gehoͤrige Lage, indem man mit Huͤlfe 
der linken Hand ihren Theilen, nach ihrer na⸗ 
‚türlichen Richtung, eine flache Lage giebt, fie 
mit den Fingern der rechten Hand auf dem 
Papier behutſam niederhaͤlt und dadurch ver- 
hindert, daß ſie die ihnen gegebene Lage veraͤn⸗ 
dern koͤnnen, ohne ſie an irgend einem Theile 
zu 


219 


zu beſchaͤdigen. Alsdann leget man den linken 
Bogen mit dem linken Platte des Umfihlages 
über die mit der rechten Hand nie dere ‚elegten 
Theile und hält mit dem linken Vorderarm die⸗ 
ſelben unter den übergeſchlagenen Blaͤttern ſo 
lange in ihrer Lage, bis man auch die uͤbrigen 
Theile der Pflanze gehoͤrig ausgebreitet und in 
die noͤthige Lage gebracht hat. Hierauf lege 
man ein paar leere Bogen Loͤſchpapier auf die⸗ 
ſen Bogen, worin ſich die eingelegte Pflanze 
befindet und faͤhret alsdann fort, über dieſe 
eine andere Pflanze auf die eben beſchriebene 
Art einzulegen. Die Zwiſchenlagen der leeren 
Bogen zwiſchen den eingelegten Pflanzen ſind 
deshalb nothwendig, damit, wenn man meh⸗ 
rere Pflanzen auf ſolche Art übereinander leget, 
der Druck der oberen denen unteren nicht nach⸗ 
theilig werden koͤnne.) In dieſer Lage muß 
1 1 252 einen 1 starken, a 5 1 W 
mig gen, 


a An merk. 5 Die Anzahl der wichen. zwei 
Pflanzen zu legenden Bogen, oder die Dicke 
der Zwiſchenlagen muͤſſen mit der Starke 
und der Beſchaffenheit der zu nächſt liegen⸗ 
den Pflanzen und ihrer Theile in Berhälts 
niß ſtehen. Sind die Pflanzen, oder einige 
ihrer Theile dicke oder ſtark, fo, daß fie 
nachtheilige Eindrücke auf die zunachſt lie⸗ 
genden Gewaͤchſe machen koͤnnen, ſo wird 
auch eine ſtaͤrkere Zwiſchenlage von mehreren 
Bogen erfordert. Bei zarten Gewächſen 
im Gegentheil iſt oft nur ein Aniger Bo⸗ 
gen als Zwiſchenlage noͤthig. 


220 


migen, Druck die Pflanzen erhalten, bis ſie 
welk geworden und auſſer Stand geſetzet ſind, 
die ihren Theilen gegebene Lage zu veraͤndern. 
Der in dieſem Zeitpunkte angebrachte gleich- 
foͤrmige Druck muß dem oben angezeiten End⸗ 
zwecke angemeſſen und mit der Natur des auf⸗ 
gelegten Gewaͤchſes in einem gewiſſen Ver⸗ 
haͤltniſſe ſtehen. Wird ein ſtaͤrkerer Druck an⸗ 
gebracht, als dazu erforderlich iſt die Theile 
bis zu ihrem Welken in der ihnen gegebenen 
Lage zu erhalten, fo brechen fie entweder, oder 
ſie verliehren auf einmal einen Theil ihrer 
Säfte und werden ſchadhaft und unkenntlich. 
Daher erfordern die krautartigen Gewaͤchſe, 
deren Theile biegſamer ſind und eine weichere, 
fleifchigere Subſtanz haben, einen weit gelin⸗ 
dern Druck, als die, welche eine feſtere Sub⸗ 

ſtonz haben, holzaͤrtig find und deren Theile 
einen ärkeren Widerſtand bei dem Einlegen 
leiſten. In dieſer Ruͤckſicht iſt es rathſam, 
unter den geſammleten Pflanzenarten jedesmal 
die erſteren von den letzteren vor dem Einlegen 
gehörig abzuſondern und jede Sorte beſonders, 
nicht aber, wie gewoͤhnlich „ vermiſcht durch⸗ 
einander einzulegen, damit man einer jeden 
Sorte die ihr angemeſſene gelindere oder ſtaͤr⸗ 
kere Preſſe geben koͤnne. Fuͤr mehrere Exem⸗ 
plare der weicheren, krautartigen Gewaͤchſe iſt 
der Druck mittels eines daraufgelegten mittel» 
maͤßigen Folianten, oder bei zarteren Gewaͤch⸗ 
ſen, 1 0 einige Buͤcher, noch nicht auseinan⸗ 


der geblätterten Loͤſchpapieres, in dieſem Zeit⸗ 
punkte 


221 


punkte hinreichend, bei den feſteren und ſteife⸗ 
ren Gewaͤchſen iſt dagegen ſchon ein ſtaͤrkerer 
Foliant, oder ein dünnes Brett, mit ein Paar 
Pfundſtuͤcken beſchwert, erforderlich. W e 

Einige fangen von unten an, die Theile 
einer Pflanze auszubreiten, andere von oben 
und wieder andere zur Seite. Dieſes ſchei⸗ 
net ſehr willkürlich zu ſeyn und 10 0 ſowohl 
von der Gewohnheit, als auch von der Be⸗ 
ſchaffenheit der Pflanze und ihrer Theile ab. 
Kleinere Pflanzen, deren Lange die Breite eis 
nes zufagen g ſchagene Papierbogens nicht 
uͤbertreffen, leget man gem einiglich quer in den 
Bogen und machet mit dem Ausbreiten der 
Theile von oben den Anfang. Bei ſolchen 
Pflanzen aber, deren Lange der Laͤnge des Bo⸗ 
gens gleich kom I) oder dieſelbe übertrifft, 
pfleget man auf der linken Seite der in einen 
Bogen gelegten Pflanze nach ihrer ganzen 
Laͤnge den Anfang mit dem Ausbreiten der 
Theile zu machen und wenn dieſe in die gehoͤ⸗ 
rige Lage gebracht und erhalten iſt, ſo gehet 
man alsdann zu der rechten Seite uͤber. 

Größere Pflanzen laſſen ſich weit vollſtaͤn⸗ 
diger einlegen, wenn die Papierblaͤtter, zwi⸗ 
ſchen welche ſie geleget werden, einige Feſtig⸗ 
keit haben, als in frei liegenden Bogen. In 
den frei liegenden Bogen haben die Theile der 
Pflanzen, welche man in eine flache Lage ge⸗ 
bracht hat, ſo lange ſie friſch ſind, mehr Frei⸗ 
heit, ihre Spannkraft auszuüben und ändern 
79 gemeiniglich die ihnen gegebene Lage 

N Wah 


222 


während der Zeit, daß man die leeren Bogen, 
als noͤthige Zwiſchenlagen daruͤber leget und 
ehe man im Stande iſt, ſie durch einen gelin⸗ 
den Druck an der Ausuͤbung ihrer Spannkraft 
zu hindern. Die gehefteten Bogen aber, z. B. 
eines Folianten, entſprechen dieſem Endzwecke 
weit beſſer. Es iſt daher rathſam, wenn man 
die Pflanzen nicht unmittelbar in einen Folian⸗ 
ten legen und darin trocknen laſſen will, die 
einzelnen Bogen, worin die Pflanzen liegen 
ſollen, in einen Folianten zu legen, zugleich 
aber, nachden ein Theil der Pflanze in eine 
flache Lage gebracht iſt, mit der linken Haͤlfte 
des Bogens mehrere Blaͤtter des Folianten zu 
faſſen und dieſe zugleich auf die eben angezeigte 
Weiſe über die Pflanze zu legen. Die Blätter 
des Folianten vertreten hier zugleich die Stelle 
der Zwiſchenlagen und wenn die Theile der 
Pflanzen durch das Welken ihre Spannkraft 
ganz verlohren haben, kann man die Bogen 
aus dem Folianten wieder heraus nehmen und 
die darin eingelegten Pflanzen bis zu ihrer voͤl⸗ 
ligen Trockenheit ſo behandeln, wie ich in dem 
folgenden Kapitel zeigen werde. 4 
Die phaͤnogamiſchen Gewaͤchſe 
enthalten verſchiedenartige Saͤfte und ihre 
Bluͤthentheile ſind nicht allein kuͤnſtlich gebildet 
und zuſammen geſetzet, ſondern auch gemeini⸗ 
glich verſchieden gefaͤrbet, ſie verliehren daher 
auch leichter ihre Farbe und werden leichter 
unkenntlich, als die mehreſten kryptogamiſchen 
Gewaͤchſe. Jene erfordern daher in Ruͤckſicht 
e der 


22 


der Verſchiedenheit ihrer Theile eine beſondere 
Sorgfalt bei dem Einlegen, damit ſie getrock⸗ 
net kenntlich und dem lebendigen Zuſtande ſo 
ahnlich, als möglich, bleiben. Ich will daher 
bei einem jeden Theile dieſer Gewaͤchſe zeigen, 
worauf man bei dem Einlegen deſſelben vor⸗ 
zuͤglich zu achten habe und alsdann noch ein 
Paar allgemeine Bemerkungen hinzu fuͤgen, 
die auf die Eigenſchaft mühen Pflanzenarten 
Bezug haben. 5 
Die Blume iſt bekanntlich derjenige 
Theil der phaͤnogamiſchen Pflanzen von wel⸗ 
chem die mehreſten Unterſcheidungszeichen der 
Gattungen und Arten bei der ſyſtematiſchen 
Eintheilung dieſer Gewaͤchſe entlehnet werden. 
Man muß daher auch auf dieſen Theil bei dem 
Einlegen eine beſondere Sorgfalt verwenden, 
damit derſelbe nach ſeiner natürlichen Geſtalt, 
Lage, Richtung und Farbe in dem getrockneten 
Zuſtande ſich gleich bleibe und auch alsdann 
noch den Pftanzenforſcher in den Stand ſetze, 
die Pfl flanze nach den von dieſem Theile herge⸗ 
nommenen Unterſcheidungszeichen richtig zu 
beſtimmen. Iſt die Blume ihrer Natur nach 
offen und ausgebreitet „ als bei der gemeinen 
Stockroſe (Althaea roſea), fo muß fie auch 
ausgebreitet eingeleget werden. Hat ſie meh⸗ 
rere Kronblaͤtter (Petala) die entweder gerade 
in die Hoͤhe ſtehen, als bei der gemeinen Gar⸗ 
ten⸗ Tulpe (Tulipa geſneriana), oder bis 
zur Haͤlfte ausgebreitet ſind, als bei der weißen 
Lilie (Lilium candidum), ſo muß man im 
1 er⸗ 


224 


erſteren Falle fie alle in gerader Richtung bei 
dem Einlegen erhalten, im letzteren Falle aber, 
wenn die Blume deren vier oder ſechs und 
mehrere hat, werden zwei, drei und mehrere 
Kronblaͤtter, ſo weit ſie ausgebreitet ſind, 
nemlich bis zur Hälfte, zuruͤcke gebogen. Be⸗ 
ſtehet die Blume nur aus einem Kronblatte 
(Corolla monopetala) welches mehrere Ein⸗ 
ſchnitte hat, als bei den Primeln, Hyacinthen, 
ſo leget man die Haͤlfte oder einige derſelben 
zuruͤck. Sind die Kroneinſchnitte, oder die 
Kronblaͤtter ganz zuruͤck geſchlagen oder zurück 
gerollet, als bei der europaͤiſchen Eröfcheibe 

(Cyclamen europaeum) und bei der gelb⸗ 
wurzlichen Lilie (Lilium Martagon), fo leget 
man ſie auch ſo ein, ohne die Thetle gerade zu 
biegen, oder ſie in ihrer Lage zu ſtoͤren. Iſt 
die Blume rachenfdrmig (Corolla rin- 
gens), ſo leget man ſie auf die Seite, damit 
die obere ſowohl, als die untere Lippe (La- 
bium fuperius et inferius) deutlich zu 
ſehen iſt und man die Blume im trockenen Zu⸗ 
ſtande gleich als rachenfoͤrmig erkennen kann, 
wie bei denn großen Loͤbenmanle (Antirrhinum 
majus). Iſt die Blume ſchmetterlings⸗ 
förmig (Corolla papilionacaea) fo leget 
man fie gleichfals auf die Seite, jedoch fo, daß 
die verſchiedenen Kronblaͤtter völlig ihre natür- 
liche Richtung und Lage behalten. Das 
Schiffchen (Carina) und die beiden Seiten⸗ 
flügel (Alae) koͤnnen ruhig in der Lage blei⸗ 
1 6 die ſie her Natur nach 4 af‘ r 

a 


4 


22 5 


Fahne nn bedarf nach der Verſchie⸗ 
denheit ihrer Richtung einer beſonderen Auf⸗ 
merkſamkeit bei dem Einlegen. Stehet ſie 
aufrecht und ausgebreitet, fo muß fie auch aus⸗ 
gebreitet eingeleget werden, iſt ſie ruͤckwaͤrts 
zuſammen geklappet, oder iſt ſie ganz zuruͤck 
geſchlagen ‚ fo muß man fie Mit ausbreiten 
oder in die Hoͤhe richten. 

Einige Blumen ſind ſo ſpröde, daß ne 
Theile, wenn man fie gehörig ausbreiten will, 
zerbrechen, als bei den rien, Schwerteln, 
Lilien und anderen (Ixiae, Irides, Lilia). 
Bei dieſen Gewaͤchſen iſt es nothwendig, ſie 
nicht eher einzulegen, als bis die Blumentheile 
durch das Welken ihre Sproͤdigkeit groͤßten⸗ 
theils verlohren haben und biegſamer werden, 
nach dem Einlegen aber muß man ſie nur ge⸗ 
linde preſſen. Man darf aber mit dem Einle⸗ 
gen nicht ſo lange warten, bis die Blumen⸗ 
theile ihre natuͤrliche Richtung veraͤndern und 
zuſammen fallen. Verſchiedene derſelben ha⸗ 
ben die Eigenſchaft, daß fie, wenn fie ganz 
welk geworden find, fo, wie bei dem Verbluͤ⸗ 
hen, ſich zuſammen rollen und ihre Geſtalt 
völlig verliehren. Bei dieſen Gewaͤchſen iſt 
es rathſam, eine jede Blume zwiſchen ein zu⸗ 
ſammen geſchlagenes Blaͤttchen reines Schreib⸗ 
papier, welches der Groͤße der Blume, wenn 
ſie ausgebreitet iſt, angemeſſen ſeyn muß, be⸗ 
ſonders einzulegen und dieſes Blatt nicht eher 
wieder auseinander zu ſchlagen, bis die Blume 
ag trocken iſt. Dadurch verhindert man, 

N daß 


488 


daß die Blumen bei dem Verlegen der Bogen 
und Zwiſchenlagen waͤhrend dem Trocknen, ſich 
nicht zuſammenrollen koͤnnen. Man ſorge 
aber dafuͤr, daß keine Deckelblaͤtter (Bracteae), 
oder Stengelblaͤtter mit in das Dlättchen zu 
liegen kommen, weil ſonſt die Blume durch 
deren Druck, ihre Farbe verliehret. Zu dem 
Ende ſchiebe man die eine Haͤlfte des zuſammen 
geſchlagenen Blaͤttchens Papier zwiſchen die 
Blume und den zunaͤchſt liegenden Blaͤttern 
und lege alsdann die andere Hälfte über die 
ausgebreitete Blume, ſo, daß die Blume ganz 
allein darin lieget. Auch bei ſolchen Blumen, 
deren Theile zart und duͤnne ſind und daher 
durch den Druck der zunaͤchſt liegenden Theile 
leicht ihre Farbe verliehren, oder bei dem Ver⸗ 
legen der Bogen die ihnen gegebene Lage leicht 
veraͤndern koͤnnen, iſt dieſe Vorſicht, ſie in be⸗ 
ſondere Papierbahn zu au “ an in em⸗ 
fehlen 


Volle Blumen ore 1 
wo mehrere Kronblaͤtter bei dem Ausbreiten 
derſelben aufeinander zu liegen kommen, als 
bei der weißen Seeroſe (Nymphaea alba), 
erfordern eine beſondere Behandlung, wenn 
ſie nicht ihre Farbe verliehren und unkenntlich 
werden ſollen. Bei dieſen muß man zwiſchen 
ein jedes Kronblatt ein Blaͤttchen duͤnnes 
Schreibpapier oder ſogenanntes Poſtpapier 
ſchieben, ſo, daß ſich keines ee unmit⸗ 
telbar beruͤhren kann. 8 


In 


227 


In dem Falle, wo mehrere große Blu⸗ 
men dicht an einem Stengel ſtehen, die bei dem 
Auflegen einander hindern, oder auf einander 
zu liegen kommen und dadurch im getrockne⸗ 
ten Juſtande alle unkenntlich werden, z. B. 
bei der Stockroſe (Althaea. rolea) ſchneide 
man die uͤberfluͤſſigen behutſam weg. Bei 
ſolchen Gewaͤchſen aber, wo mehrere Blumen 
von mittelmaͤßiger Groͤße ſo gedraͤngt bei ein⸗ 
ander ſtehen, daß man den größten Theil der⸗ 
ſelben weg ſchneiden muͤßte, wenn man ſie ein⸗ 
zeln ausbreiten wollte, dadurch aber der natür⸗ 


liche Bluͤthenſtand an der trockenen Pflanze 


ganz unkenntlich wuͤrde, als bei der Roßkaſta⸗ 


nie (Aelculus Hippocaftanum), iſt es rath⸗ 


ſamer nur wenige, oder gar keine Blumen 
weg zu ſchneiden, dagegen aber einige einzelne 
Blumen beſonders einzulegen, damit man an 
dieſen im trockenen Zuſtande den eigentlichen 
Bluͤthenbau deutlich beobachten koͤnne. 
Auch die Deckblaͤtter (Bracteae), 
die Stengelblaͤtter und die Blattan⸗ 
fäße (Stipulae) muͤſſen bei dem Einlegen 
ihre natuͤrliche Richtung behalten. Liegen ſie 
dicht an dem Stengel, ſo darf man ſie auch 
nicht ausbreiten; find fie dages gen ausgebkeitet 
und niedergebogen oder zuruͤck gerollet, fo muͤſ⸗ 
ſen ſie auch in dieſer Richtung eingeleget werden. 
Gemeiniglich leget man bei dem Aus⸗ 
breiten die Blätter auf die untere Seite, fo, 
daß bei der trockenen Pflanze die obere Seite 
derſelben vor Augen lieget. Da aber die un⸗ 
, etergen 


228 


tere Seite der Blatter bei den mehreſten phaͤ⸗ 
nogamiſchen Gewaͤchſen in Abſicht des Baues, 
der Farbe oder des Ueberzuges von der oberen 
verſchieden zu ſeyn pfleget und einige auf der 
oberen Seite ſchlicht, glatt und nackt, auf der 
unteren dagegen runzelicht, ſteifhaarig und 
filzig ſind, oder umgekehret, hierauf aber bei 
der Beſtimmung der Arten oft ſehr viel an⸗ 
kommt, ſo iſt es rathſam, bei dem Ausbreiten 
auch einige Blaͤtter auf die obere Seite zu le⸗ 
gen, damit bei dem erſten Anſehen der trocke⸗ 
nen Pflanze, die untere Seite und ihre natuͤr⸗ 
liche Beſchaffenheit dem I Steich in 
| bie Augen falle. 
Der Stengel und die Hefte eeſchwe⸗ 
ren zuweilen das Einlegen und trocknen ſehr 
durch ihre Dicke, als bei der buͤſchlichen 
Schachblume (Fritillaria imperialis). In 
dieſem Falle ſchneide man ſie der Laͤnge nach 
von einander und wenn ſie holzig ſind, ſchaͤle 
man das Holz aus der Rinde, jedoch mit eini⸗ 
ger Vorſicht, damit nicht gar zu viele Blätter 
oder Blumen befchädiget werden und die 
Pflanze dadurch ihr natuͤrliches Anſehen ver⸗ 
liehre. Alsdann leget man die Pflanze ſo, 
daß die flache Seite des geſpaltenen Stengels 
oder Aſtes nach unten zu liegen komme, die 
erhabene unbeſchaͤdigte aber nach oben, damit 
man dieſen verurſachten Schaden nicht bemerke. 
Uuꝛeebertrifft der Stengel eines krautartigen 
Gewaͤchſes den Bogen, worin es eingeleget 
werden ſoll, an Laͤnge und iſt 12 5 dabei 
ſehr 


229 


ſehr aͤſtig, ſo ſchneide man ihn naͤch der Laͤnge 
des Bogens in zwei oder mehrere Stuͤcke und 
breite alsdann ein jedes derſelben mit ſeinen 

Theilen beſonders in einen Papierbogen aus. 
Damit aber der obere, bluͤthentragende Theil 
ſo vollſtaͤndig, als moͤglich bleibe, ſo made 
man von oben den Anfang, ihn nach der Laͤnge 
der Bogen in zwei oder mehrere Stücke zu thei⸗ 
len. Sind die Aeſte ſehr abſtehend und aus⸗ 
gebreitet, daß ſie die Breite eines Bogens 

uͤbertreffen, wenn ſie ihre Richtung beibehalten 
ſollen, ſo ſchneide man ſie nach der Breite der 
Papierbogen in zwei oder mehrere Stuͤcke und 
lege ſie alsdann quer in dieſelben, ſo, daß die 
Aeſte nach der Laͤnge eines jeden Bogens ihrer 
Natur nach ausgebreitet werden koͤnnen. Ein 
gleiches Verfahren muß auch alsdann beobach⸗ 

tet werden, wenn die Blaͤtter ſehr groß und 
abſtehend find, Iſt der Stengel aber nicht ſehr 
aͤſtig und dicke, als bei den mehreſten Graͤſern, 
dem gemeinen Flachſe (linum ulitatifimum) 
und anderen Gewaͤchſen, ſo bleibet es rathſa⸗ 
mer, ihn nicht zu zerſchneiden, ſondern die 
ganze Pflanze, nach der Laͤnge des Bogens, 
in zwei oder mehrere Theile einzuknicken und 
auf ſolche Weiſe ſie ganz mit ihren Theilen in 
einem Bogen auszubreiten. 

Sollten die eingeknickten Theile fo ſteif 
ſeyn, daß ſie einigen Widerſtand leiſten, oder 
doch wenigſtens Gelegenheit geben, daß die 
ausgebreitete Pflanze durch die Schnellkraft 
derſelben, wieder aus der ihr gegebenen Lage 
| ge⸗ 


230 


gebracht werden koͤnnte, welches bei den Hal⸗ 
men der groͤßeren Graͤſer durchgaͤngig der Fall 
zu ſeyn pfleget, ſo verhindert man die⸗ 
ſe Unbequemlichkeit dadurch, daß man die 
eingeknickte Stelle an der aͤußeren Seite, mit 
einem ſcharfen Meſſer, bis zur Haͤlfte einſchnei⸗ 
det, damit die Theile ihre Spannkraft verlie- 
ren und die ihnen gegebene Lage behalten, ohne 
ganz von einander getrennet zu werden. 


Bei einigen Pflanzen iſt der Stengel krie⸗ 
1 oder niederliegend und die Aeſte ſtehen 
aufrecht, als bei dem gemeinen Gundermann 
(Glechoma hederacea) und der nordiſchen 
Linnea (Linnea borealis). Dieſe muͤſſen 
bei dem Auflegen vollkommen die Lage und 
Richtung behalten und man darf daher ihre 
Zweige nicht zu beiden Seiten des Stengels 
ausbreiten, wie e bei den ü e Ge⸗ | 
en | 


Mit der ene und der Wurzel, w wenn 
ſie zu um Einlegen zu dicke fi nd, verfaͤhret man eben 
ſo, wie mit dem Stengel. Bei den Zwiebel⸗ und 
Knollen ⸗Gewaͤchſen iſt das Durchſchneiden 
der Wurzel um fo. nothwendiger, weil verſchie⸗ 
dene derfelben. z. B. verſchiedene Laucharten 
(Allia), auch nachdem ſie ſchon einige Wochen 
zwiſchen den Papierbogen ausgebreitet und ge⸗ 
preſſet find, „aus der faftigen Wurzel Nahrung 
ziehen, ſo daß ihre Blumen verbluͤhen und die 
Fruchttheile wohl gar bis zu ihrer Reife fort- 
wachen. Bei dieſen muß man die Wurzel, 

19 wenn 


231 


wenn ſie zum Einlegen nicht zu dicke iſt und da ⸗ 

her im trockenen Zuſtande in der Sammlung 
keine Unbequemlichkeit verurſachen kann, vor 
dem Einlegen einigemale in kochendes Waſſer 
ſtecken und jedesmal bald wieder heraus ziehen, 
oder wenn fie zu Einlegen zu dicke iſt, bis über 
die Haͤlfte der Dicke, durchſchneiden, dabei 
aber zugleich, ſo viel als moͤglich, dahin ſehen, 
daß der Stengel an derſelben und ein Theil der 
Wurzelfaſern fiß en bleiben. je 


Unter den phänogamifchen bend gewöchſen 
finden ſich einige, die einen klebrigen, leimar⸗ 
tigen Saft aus ihrer Oberflaͤche abſondern, 
mittels deſſen ſie denen Koͤrpern, die ſie beruͤh⸗ 
ren, ſo feſte ankleben, daß ſie nur mit Muͤhe 
davon wieder getrennet werden koͤnnen, als die 
klebrige Madia (Madia viſcoſa). Die wein- 
blaͤttrige Kitaibelia (Kitaibelia vitifolia) die 
klebrige Lychnis oder ſo genannte Pechnelke 
(Lychnis viſcaria), die Arten des Sonnen⸗ 
thaues (Drofera) und andere mehr. Bet 
dem Einlegen dieſer Gewaͤchſe klebet das Pa⸗ 
pier, worin fie ausgebreitet werden, denen 
Theilen ſo feſte an, daß entweder ein Theil 
deſſelben, wenn man es von der Pflanze tren⸗ 
nen will, daran zuruͤcke bleibet, oder doch we⸗ 
nigſtens die Theile des Gewaͤchſes aus ihrer 
naturlichen Richtung gebracht werden, auf al⸗ 
len Fall aber die Pflanze im trockenen Zuſtande 
für die Sammlung einen großen Theil ihres 
Werthes verliehret. Um dieſem Uebel vorzu⸗ 

bauen 


232 


bauen muß man fie i in einem Dutch Wachs ge⸗ 
zogenen Bogen Schreibpapier auflegen, deſſen 
man ſich gewoͤhnlich in den Apotheken zur Ver⸗ 
ſendung der Pflaſter bedienet. Man hat bei 
dieſen Gewaͤchſen das Beſtreuen der ganzen 
Pflanze und der Papierbogen, worin dieſelbe 
ausgebreitet werden ſoll, mit dem ſogenannten 
Hexenmehle (Pulvis lycopodii) empfohlen. 
Dieſes verhindert allerdings das Ankleben der 
Pflanze, es hat aber auf der andern Seite auch 
das Unangenehme, daß immer ein Theil des 
Pulvers mit dem klebenden Safte der Pflanze 
fo feſt zuſammen trocknet, daß es ſich weder weg⸗ 
blaſen, noch wegwiſchen laͤſſet und die Pflanze, 
durch die veraͤnderte Farbe von dem zuruͤck⸗ 
bleibenden Pulver, ein fremdartiges Anſehen 
erhaͤlt. Dagegen giebt es einige Gewaͤchſe, 
die mit einem hakigten Ueberzuge verſehen ſind, 
als die eiförmige Forſkolea (Forskolea tena- 
ciffima) die ſich, ſo wie die klebrigen Pflan⸗ 
zen, mittels der Wiederhaken ihres Ueberzuges, 
denen Papierbogen, worin fie ausgebreitet wer⸗ 
den, ſo feſte anhaͤngen, daß ſie nur mit Muͤhe 
davon wieder zu trennen ſind. Bei dieſen waͤh⸗ 
le man geglaͤttetes, oder ſogenanntes Perga⸗ 
mentpapier zum Einlegen, wodurch ihre Theile 
verhindert werden, ſich feſte zu halten. 
Diejenigen Pflanzen, welche dicke, ſaftige 
Blaͤtter haben und daher auch ſaftige oder 
fette Gewaͤchſe genannt werden, als die 
Arten der Gattungen Sedum, Sempervivum, 
Cotyledon, Aloe, Talimum, Portulaca 
| und 


233 


und anderer, welken aͤußerſt langſam und er⸗ 


halten aus den Blaͤttern einen immer neuen 
Zufluß von Nahrungsfäften, fo, daß fie auch 
unter der Preſſe zwiſchen den Papierbogen, wo⸗ 
rin ſie ausgebreitet ſind, mehrere Wochen und 
Monate fortwachſen, und dabei ihr natuͤrliches 
Anſehen faſt ganz verliehren. Wenn ſie aber 
endlich trocken werden, ſo fallen die Blaͤtter ge⸗ 
meiniglich mit den Bluͤthen ab und das Ge⸗ 
waͤchs wird ganz unkenntlich. Man muß da⸗ 
her darauf bedacht ſeyn, die Spannkraft der 
Gefaͤße zu zerſtoͤren, ihnen das Vermoͤgen zum 
weiteren Umtriebe der Saͤfte und zum ferneren 
Wachsthume der Theile zu benehmen, und ſie 
auf einmal in einen welken Zuſtand zu ver⸗ 
ſetzen, ohne dabei der aͤußeren Geſtalt der 
Theile 8 ſchaden. Dieſes kann auf eine dop⸗ 
pelte Weiſe bewirket werden, entweder durch 


$ 


Huͤlfe eines heißen Plätteifens, oder durch ko⸗ 


chendes Waſſer. Bei dem Gebrauche des hei⸗ 
fen Plaͤtteiſens zu dieſem Endzwecke verfaͤhrt 
man folgendermaßen: Wenn man daſſelbe in 
Bereitſchaft hat, breitet man die Pflanze zwi⸗ 
ſchen zwei zuſammengeſchlagenen Bogen Lſch⸗ 
papier, wie es die natuͤrliche Richtung ihrer 
Theile erfordert, behutſam aus, damit die ſproͤ⸗ 
den Theile nicht zerbrechen und erhalte ſie durch 
einen gelinden Druck der linken Hand in der 
ihnen gegebenen Lage zwiſchen dem Papierbo⸗ 
gen. Alsdann ſtreiche man gelinde mit dem 
heißen Eifen über den anf der Pflanze liegenden 
| Bogen, damit der rf welcher nicht ſo ſehr 

| durch 


234 


durch den Druck des Plaͤtteiſens, ſondern viel- 
mehr durch den hohen Grad der Hitze deſſelben, 
herausgetrieben wird, in das Loͤſchpapier ziehe. 
Hierauf verwechſele man die naſſen Bogen mit 
trockenen, jedoch mit der Vorſicht, daß die 
Theile der Pflanze dabei nicht aus ihrer Lage 
und Richtung gebracht werden. Dieſes Ver⸗ 
fahren ſetze man ſo lange fort, bis die Theile 
der Pflanze eine flache Sage angenommen und 
den größten Theil ihrer Säfte verlohren haben. 
Man vermeide aber, ſo viel als moͤglich, die 
Blumen mit dem heißen Eiſen zu berühren, 
weil fie durch die Hitze größtentheils ihre natür- 
liche Farbe verliehren und ohnehin leichter trock⸗ 
nen, als die uͤbrigen Theile. Sollten aber die 
Bluͤthenſtengel wegen ihrer Steifheit es ver⸗ 
hindern, die Pflanze in einer flachen Lage zwi⸗ 
ſchen den Papierbogen waͤhrend des Trocknens 
zu erhalten, ſo iſt es hinreichend, ſie nur eini⸗ 
geile mit dem heißen Eiſen auf die angezeigte 
Art gelinde zu uͤberſtreichen, jedoch ohne ſie zu 
druͤcken, weil ſie ſonſt leicht gequetſcht werden. 
Ueberhaupt iſt ein jeder ſtarker Druck mit dem 
heißen Eiſen ſehr zu widerrathen, weil dadurch 
die ſehr ſaftigen und durch die Hitze weich ge⸗ 
wordenen Theile eine widernatürliche Geſtalt | 
annehmen koͤnnen. Das Verwechſeln der naſ⸗ 
ſen Bogen mit trockenen, ohne die Theile der 
Pflanze aus ihrer Richtung zu bringen, wird 
am leichteſten dadurch bewerkſtelliget, daß man 
die Bogen, worin die Pflanze auf die eben an⸗ 
| gezeigte Art zum baldigen Trocknen vorbereitet 
wird, 


\ 


wird, auf ein dünnes Bret oder ein Stuͤck 
Pappe, von der Groͤße der Bogen leget, und, 
nachdem man den oberen, naſſen Bogen mit 
einem trockenen verwechſelt hat, ein anderes 
Bret oder Pappenſtuͤck daruͤber leget, dieſe 
Theile mit beiden Händen zuſammen faſſet und 
umkehret, ſo, daß der untere noch naſſe Bogen 
jetzt nach oben zu liegen komme. Die andere 

Art, die ſaftigen Gewaͤchſe zu einem baldigen 
Trocknen vorzubereiten, beſtehet darin, daß 
man die einzulegende Pflanze bis an die Blu⸗ 
men einigemale in kochendes Waſſer untertau⸗ 
chet und ſchnell wieder herausziehet, bis die 
Theile ihre Spannkraft gaͤnzlich verlohren ha⸗ 
ben, der fernere Umtrieb der Saͤfte nicht mehr 
Statt finden kann und die Pflanze vertrocknet, 
oder verfaulet, je nachdem ſie behandelt wird, 
wie ich in Det Folge En. werde Die 9 85 
ac werben 5 wenn fi 4 ihr natürliches An⸗ 
ſehen behalten ſollen. Alsdann br eite, man die 
Pflanze in einem 1 Papierbogen gehört 9 aus 155 
ben oder ganzen Buche Loſchpapier, oder dich 
mit einem dünnen 6 amit die 0 ne | 


RIND RR 


5 Er 


dene 
A Diete pflanze en, ee gegen Abend 
bei der Abnahme der atmosphaͤriſchen Warme, 
die Richtung ihrer Theile veraͤndern, welchen 
e man gewoͤhnlich den Pflanzenſchlaf 

nennet, 


236 | 


nennet, find einer gleichen Veränderung unter⸗ 
worfen, wenn fie in dem Fühlen, verſchloſſenen 
blechernen Pflanzenkaſten nach dem Einſamm⸗ 
len einige Zeit aufbewahret liegen. Bei dieſen 
Gewaͤchſen iſt es rathſam, fie entweder gleich 
an Ort und Stelle fuͤr die Sammlung gehoͤrig 
einzulegen, oder doch den Zeitpunkt des Einle⸗ 
gens nicht lange hinaus zu ſetzen. Einige der⸗ 
ſelben ſind ſo reizbar, als einige Mimoſenarten 
(Mimolae) daß ihre Theile nach einer ihnen 
beigebrachten Erſchuͤtterung, augenblicklich ihre 
.. verändern. : Bei dieſen Pflanzen iſt 

es ſchlechterdings nothwendig, ſie an Ort und 

Stelle einzulegen und zwar waͤhle man dazu 
einen kuͤhlen „ trüben Tag, indem alsdann ihre 
Theile einen geringeren Grad von Reizbarkeit 
beſitzen. Man vermeide aber bei dem Einle⸗ 
gen, ſo viel als moͤglich, eine jede ſtarke Er⸗ 
ſchuͤtterung. Auch iſt es rathſam, dieſen Ge⸗ 
waͤchſen gleich nach dem Einlegen eine etwas 
ſtaͤrkere Preſſe zu geben, bis ſie ihre Reizbarkeit 
durch das Welken gaͤnzlich verlohren haben, 
welches in einigen Stunden der Fall zu ſeyn 
pfleget. Sie gerathen am beſten, wenn man 
ſie zwiſchen Bogen von Schreibpapier in einen 
Folianten leget und bis zu ihrer voͤlligen Trok⸗ 
kenheit in demſelben liegen laͤſſet. 

Da die phaͤnogamiſchen Waſſer⸗ 
gewaͤch ſe durch die ihnen anhaͤngenden Waſ⸗ 
ſertheile leicht ihre natürliche Farbe verliehren, 
ſchwarz und unkenntlich werden oder faulen, 
ſo Muß man bei dem Einlegen darauf gr 

| eyn, 


237 
ſeyn, ihnen die anhaͤngenden Feuchtigkeiten 
gaͤnzlich zu nehmen. Dieſes geſchiehet am be⸗ 
ſten auf folgende Weiſe: Man breite ſie zwi⸗ 
ſchen zwei zuſammengeſchlagene Bogen Loͤſch⸗ 
papier nach ihrer natuͤrlichen Richtung aus, 
ſtreiche alsdann mit der flachen Hand über 
den aufliegenden Bogen, damit durch den ges 
linden Druck der Hand die Waſſertheile fich in 
das Loͤſchpapier ziehen. Alsdann verwechſele 
man die naſſen Bogen mit trockenen. Es iſt 
aber auf allen Fall rathſam, ſie nicht zwiſchen 
den phaͤnogamiſchen Landgewaͤchſen einzulegen, 
weil fie durch die fernere Ausduͤnſtung der zu⸗ 
ruͤckgebliebenen wäfl erigen Feuchtigkeiten, ei⸗ 
nen nachtheiligen Einfluß auf die zu erhaltende 
natuͤrliche Farbe der erſteren haben Fönnten.: 

Die kryptogamiſchen Gewaͤchſe 
erfordern, nach der Verſchiedenheit ihres 
Baues und des Ortes, wo ſie gewachſen ſind, 
auch bei dem inisgen eine wee Be⸗ 
eee, 1 
Die Gewaͤchſe der angengtemenen baten 
Klaſſe, mit Wurzelfrucht (Rhizocarpae) 
muͤſſen eben ſo behandelt werden, als die Pi 
nogamifchen Waſſergewaͤchſe. 

Die bei dem Einlegen der ohänogamifchen 
Landgewachſe gegebene Vorſchriften ſind auch 
bei den e (Filices) an⸗ 
wendbar. 

Bei den Moofen und Flechten 
(Muſci et Lichenes) die man groͤßtentheils 
raſenweiſe einleget, N en die Raſen gehörig 

| aus⸗ 


ausgebreitet werden, damit die Individuen, 
welche dieſelben ausmachen, deutlich zu erken⸗ 
nen ſind. Alle fremde Theile und andere Ge⸗ 
waͤchſe, die nicht unmittelbar zu der einzulegen⸗ 
den Art gehoͤren, muß man ſorgfaͤltig abſon⸗ 
dern. Bei den kleineren Gewaächſen dieſer 
Familien, die man haufenweiſe mit ihrer Un⸗ 
terlage, als Holz oder Erde, eingeſammlet 
hat, muß man die Unterlage, wenn man ſie 
zu dicke abgeſchnitten haben ſollte, ſo duͤnne 
abzuſchaͤlen ſuchen, ‚ daß fie in der Folge die 
Sammlung nicht beſchweren und die Raſen 
dennoch zuſammen halten. Nach dem Einle⸗ 
gen iſt es aber nicht rathſam, ſie ſo ſtark zu 
preſſen, als gewoͤhnlich zu geſchehen pfleget, 
weil fie dadurch ein widernatürliches Anſehen 
erhalten. Man muß ſie nicht ſtaͤrker preſſen, 
als dazu erforderlich iſt, daß ihre Theile bei 
dem Trocknen nicht ſuſammen, ſchrumpfen koͤn⸗ 
nen. Wenn es an Zeit und Gelegenheit feh⸗ 
len ſollte, dieſe Gewaͤchſe gleich nach dem Ein⸗ 
ſammlen einzulegen, fie aber nachher durch 
das Trocknen ihre natürliche Geſtalt verliehren, 
oder doch unbiegſam und ſproͤde werden, ſo 
muß man ſie alsdann vor dem Einlegen wieder 
auffriſchen und in einen, dem lebendigen aͤhn⸗ 
lichen Zuſtand wieder verſetzen. Dieſes ge- 
ſchiehet am beſten auf folgende Weiſe. Man 
lege die einzulegenden Pflanzen dieſer Familien 
auf ein Bret oder ein flaches Gefaͤß, in der Lage 
und Richtung, die ſie im natürlichen Zuſtande 
Eat. und beſpriße ſie alsdann wiederhohlet 


mit 


239 


mit kaltem friſchen Waſſer „oder ſetze ſie bei 
einem gelinden Regen in die freie Luft. So⸗ 
bald fie ihre natürliche Geſtalt und die vorige 
Spannkraft der Theile wieder erhalten haben, 
ſind ſie zum Einlegen ſowohl, als zur Unter⸗ 
ſuchung und Beſtimmung geſchickt. Einige 
Pflanzenforſcher legen die aufzufriſchenden 
Pflanzen dieſer Art in ein Gefaͤß mit Waſſer, 
andere dagegen beſchlagen ſie in angefeuchtetes 
und von Zeit Ju Zeit feucht unterhaltenes 
Loͤſchpapier. Im erſteren Falle ziehen die 
Theile und vorzuͤglich die erdigten Unterlagen 
zu viel Waſſer auf einmal an ſich, wodurch 
nachher das Auflegen und Trocknen ſehr er⸗ 
ſchweret wird, im letzteren Falle haben die 
Theile in dem beſchraͤnkten Raume des naſſen 
Loͤſchpapieres nicht das Vermögen, ſich gehörig 
auszubreiten und ihre natuͤrliche Richtung 
wieder anzunehmen. Beide e R ind 
alſo zu widerrathen. 


Bei dem Einlegen behandelt man ft e wie 
die phaͤnogamiſchen Waſſergewaͤchſe, indem 
man ihnen vorher, durch einen gelinden Druck 
der Hand, zwiſchen Loͤſchpapier den größten 
Theil der ihnen 1 7 1 be⸗ 
nimmt. 


Die Algen oder kryptogamiſchen 
Waſſſergewächſe (Algae) erfordern vor 
allen anderen Pflanzen eine beſondere und 
verſchiedene Behandlung bei dem Aufweichen 
und hee die von der Art des Waſſers 

| wor⸗ 


20 


worin fi e gewachſen fi nd, von ihrer Beſchaffen. 
heit und Größe abhaͤngt. i 
In dem Falle, wo man weder Zeit noch 
Gelegenheit hat, die geſammleten Algen im 
friſchen Zuſtande fuͤr die Sammlung zuzuberei⸗ 
ten und ſie daher, nach Anleitung des vorigen 
Kapitels, trocknen mußte, um fie bei geleguerer 
Zeit für die Sammlung ausbreiten, oder wo 
man von entfernten Freunden trockene Exem⸗ 
plare zur Unterſuchung und Beſtimmung er⸗ 
haͤlt, bleibet es nothwendig, ſie in einen, dem le⸗ 
bendigen ähnlichen Zuſtand wieder zu verſetzen, 
wenn man dieſen doppelten Endzweck nach 
Wunſche erreichen will. Ehe ich alſo meinen 
Zweck weiter verfolge, muß ich einige Bemer⸗ 
kungen uͤber das Aufweichen der kryptoga⸗ 
miſchen Waſſergewaͤchſe voranſchicken. 0 
Wenn man die trockenen Gewaͤchſe in rei⸗ 
nes, friſches Regen⸗ oder Flußwaſſer leget, ſo 
ziehen fie, nach der Verſchiedenheit ihres inne⸗ 
ren Baues geſchwinder oder langſamer, ſo vie⸗ 
le Waſſertheile ein, daß fie ihre natürliche Ge: 
ſtalt, welche durch das trocknen veraͤndert wor⸗ 
den war, groͤßtentheils voͤllig wieder erhalten. 
Bei den hautartigen Algen geſchiehet dieſes weit 
geſchwinder und oft in einigen Minuten, als 
bei den ſchleimigen und gallertartigen, bei wel⸗ 
chen oft mehrere Stunden und Tage erforder⸗ 
lich ſind. Man waͤhle aber zu dieſem End⸗ 
zwecke kein Brunnen⸗ oder Quellwaſſer, weil 
daſſelbe, vermoͤge ſeines groͤßeren Gehalts mi⸗ 
neraliſcher N entweder das h er⸗ 
hwe⸗ 


2241 


ſchweret, oder zuweilen bei den aufg etbeichten 
Pflanzen eine Veraͤnderung der Farbe hervor⸗ 
bringen kann. Auch iſt es nicht rathſam, 
wenn man mehrere Arten von Algen in einem 
Gefaͤße aufweichet, die in ſüßem Waſſer ge» 
wachſenen zugleich mit den Seegewaͤchſen ver⸗ 
miſcht, aufzuweichen, weil das aus den letz⸗ 
teren in das Waſſer übergehende Seeſalz ent⸗ 
weder das Aufweichen der erſteren erſchweret, 

oder doch ihre Farbe zerſtoͤret. Rathſamer iſt 
es dagegen, eine jede Art fuͤr ſich in einem be⸗ 
ſonderen Gefaͤße aufzuweichen. Unter den 
Seegewaͤchſen finden ſich verſchiedene, welche 
ſich in ſußem Waſſer nicht leicht wieder aufwei⸗ 
chen laſſen, wenn ſie auch mehrere Tage darin 
liegen. Bei dieſen iſt es nothwendig, fie, in 
Ermangelung des feifchen Seewaſſers, „in ſol⸗ 
ches Waſſer zu legen, welches mit Seeſalz 
hinlaͤnglich geſchwaͤngert iſt, wenn man feinen 


Endzweck erreichen will. Man waͤhle daher 


bei dieſen Gewaͤchſen zum Aufweichen dasje⸗ 
nige Waſſer, worin ſchon vorher andere See⸗ 
gewaͤchſe, denen noch viel Seeſalz anhing, 
aufgeweichet waren. Bei dem Aufweichen 
der kryptogamiſchen Waſſergewaͤchſe muß man 

aber zugleich auch dahin ſehen, daß ſie, nach⸗ 
dem ſie ihre vorige Geſtalt und Biegſamkeit 
wieder erhalten haben, n nicht zu lange int dem 
vetbleichen, oder doch, vorzüglich in einer ver⸗ 
ſchloſſenen W u Tan in mil uͤber⸗ 


ee 


242 


gehen und auf allen Fall der gewünschte End. 
zweck verfehlet wird. 

Sowohl bei den friſch aufzulegenden, „ 
als auch bei den, aufgeweichten Seegewaͤch⸗ 
ſen dieſer Familie iſt es eine nothwendige Be⸗ 
dingung, ſie, ehe man fie für die Sammlung, 
aufleget, einige Minuten in reines ſuͤßes Waſ⸗ 
ſer zu bringen, damit ſie von den, ihnen noch, 
anhaͤngenden, Salztheilen befreiet werden. 
Vernachlaͤſſiget man dieſe Vorſicht, ſo ziehen 
dieſe Gewaͤchſe, wenn fi e auch dem Anſcheine 
nach völlig trocken fi ind, in der Folge Feuchtig⸗ 
keiten aus der Luft an ſich und faulen entwe⸗ 
der, oder verliehren doch wenigſtens ihre na⸗ 
tuͤrliche Farbe. Bei dieſer Gelegenheit ſon⸗ 
dere man von ihnen, die ihnen etwa anhaͤn⸗ 
genden fremden Gewaͤchſe, ſorgfaͤltig ab, um 
auch in dieſer Hinſicht die Exemplare ſo voll⸗ 
ſtaͤndig und en zu erhalten, als mog. 
lich iſt. ' 
Nachdem man pieſe Volſicht beobachtet 
hat, „muß man die groͤßeren Seegewaͤchſe die⸗ 
ſer Familie „ die einen feſteren, knorpel⸗ le⸗ 
der⸗ oder, hautartigen Bau haben „ als die 
mehreſten Tange (Fuci) und größeren. Ulsen. 
‚(Ulvae) ehe man fie zwiſchen Söichpapier gehö- 
rig ausbreitet, zuvor aufhängen, „damit der 
groͤßte Theil des ihnen anhaͤngenden Waſſers 
abſtörfele n | Uebrigens behandele man ſie eben 
ſo, wie die phaͤnogamiſchen Waſſergewaͤchſe. 
Man . nemlich die naſſen Bogen ſo 
kaut mit trockenen, bis ſie „bei einem gelin⸗ 


den | 


243 


den Drucke der Hand, keine Spuren von 
Feuchtigkeiten, denen Papierbogen mittheilen. 
Man vermeide aber gleich nach dem Einlegen 
dieſer Gewaͤchſe das gewoͤhnliche ſtarke Preſ⸗ 
ſen. Da in dieſem Zuſtande verſchiedene 
Theile derſelben weich und ſaftig ſind, ſo hat 

ein ſtarker Druck auf dieſelben die nachtheilig⸗ 

ſten Folgen. Bei den Tangen, zum Bei⸗ 
ſpiele, werden die mit vielem Schleime ange⸗ 
fuͤllten Fruchtgehaͤuſe leicht zerdruͤcket und Das 
her ungeſtaltet, der Stamm aber und die 
groͤßeren Zweige, welche bei einigen rund ſind 
und dadurch von ahnlichen Arten unterſchieden 
werden, erhalten durch dieſe Behandlung oft 
eine platte, zuſammen gedruͤckte Geſtalt und 
verliehren dadurch in der Folge, bei dem Ver⸗ 
gleichen der trockenen Exemplare, ein ihrer 
wichtigſten Unterſcheidungszeichen. Der Druck 
eines mittelmaͤßigen Folianten iſt dazu hinrei⸗ 
chend, dieſe eingelegten Gewaͤchſe in der ihnen 
gegebenen natürlichen Lage zu erhalten und das 
ſchnelle Trocknen zu verhindern. Nach Ver⸗ 
haͤltniß der Dicke ihrer Theile ſind aber auch 
mehrere Zwiſchenlagen von leeren Papierbo⸗ 
gen erforderlich, als bei den Beige, Ge 
ERS Nee | 
Die unten em en zarteren und 
fehe biegſamen Algen laſſen ſich nicht auf die 
gewoͤhnliche Weiſe auflegen, „ſondern fie erfor⸗ 


dern eine beſondere Behandlung, wenn man 


ſie für: die Sammlung ihrer Natur nach gehö« 
eig e und kenntlich erhalten will. 


2 2 Im 


244 


Sm lebendigen und aufgefriſchten Zuſtande 
haben fie in dem Waſſer die ihnen natürliche 


Richtung der Theile. So bald man fie aber 


aus dem Waſſer nimmt, folgen die zarten, ſehr 
biegſamen Theile dem Zuge des an ihnen ab⸗ 
laufenden Waſſers und legen ſich ſo dicht uͤber 
einander, daß es unmoͤglich bleibet, fie auf ei⸗ 
nem Papierblatte gehörig auszubreiten, und 
ihnen die natürliche Richtung der Theile wieder 
zu geben. Leget man ſie wieder in das Waſ⸗ 
ſer, ſo breiten ſich ihre Theile wieder aus und 
kehren ihre natürliche Richtung wieder an. 
Bei dieſen Gewaͤchſen muß man daher noth⸗ 
wendig einen andern Weg einſchlagen, wenn 
man eine brauchbare Sammlug von ihnen er⸗ 
halten will. Dieſer erwünſchte Endzweck kann 
aber nur auf die Weiſe erreichet werden, das 
man dieſe Gewaͤchſe, nach der natuͤrlichen 
Richtung ihrer Theile ausbreitet, unter dem 
Waſſer auf Papierblaͤtter bringet und in 
ihrer Lage zu erhalten ſuchet. Da aber dieſe 
Gewaͤchſe einen ſo zarten Bau haben, daß 
man nur durch Hülfe eines zuſammen geſetzten 
Vergroͤßerungsglaſes denſelben gehoͤrig unter⸗ 
ſcheiden und beobachten kann, der groͤßte Theil 
derſelben aber im trockenen Zr uſtande dem Pa⸗ 
pierblatte, worauf ſie ausgebreitet ſind, ſo 
feſt anklebet, daß man nur ihre Oberflaͤche 
alsdann beobachten kann und uͤberhaupt die 
Unterſuchung ihrer inneren Struktur durch die 
Undurchſichtigkeit des Papieres unmoͤglich ge⸗ 
machet wird, ſo 1975 man zucht darauf be⸗ 
dacht 


N 


245 


dacht ſeyn, dieſes wichtige Hinderniß aus dem 
Wege zu raͤumen, damit man ſich im Stande 
befinde, auch im trockenen Zuſtande, bei der 
Vergleichung ähnlicher Arten, fie nach ihrem 
inneren und äußeren Baue unter dem Ver⸗ 
groͤßerungsglaſe hinlaͤnglich beobachten zu koͤn⸗ 
nen. Ueberdem nehmen die Theile dieſer zar⸗ 


teren Gewaͤchſe durch das Trocknen, nach der 


Verſchiedenheit der Arten, oft eine verſchie⸗ 
dene Geſtalt an, die von der Verſchiedenheit 
ihrer inneren Struktur abhaͤngt, und bei der 
Beſtimmung der Arten nicht ganz uͤberſehen 
werden darf. Dieſem Endzwecke entſpricht 
klares, weißes Glas vollkommen. Man breite 
daher von jeder Art einige Exemplare auf ſol⸗ 
che Glasſtreifen aus, welche die Breite haben, 
daß man ſie fuͤglich unter das zuſammen geſetzte 
Mikroskop bringen kann. Von groͤßeren, 
ſehr aͤſtigen Gewaͤchſen dieſer Art trage man 
zur kuͤnftigen Unterſuchung und Vergleichung 
nur einzelne Zweige auf, die aber mit den cha⸗ 
rakteriſtiſchen Theilen verſehen ſeyn muͤſſen. 
Bei einigen dieſer Gewaͤchſe, die entweder 
weiß und durchſichtig find, ober deren Theile 
einen ſo zarten Ban haben, daß ſie auf dem 
Papiere, worauf man ſie ausbreiten will, nicht 
gehoͤrig erkannt und unterſchieden werden koͤn⸗ 


nen, iſt es rathſamer, alle Exemplare au 


Glas zu bringen. Bei den Exemplaren, die 
auf Glas getragen ſind, hat man noch den 
vorzuͤglichen Vortheil, daß fie ſich weit leich⸗ 
ter und 1 Gefahr zu zerbrechen wieder auf⸗ 

wei⸗ 


246 


weichen laſſen, als diejenigen, die auf Papier 
ausgebreitet ſind. Ehe man alſo zu dem Auf⸗ 
legen diefer Gewaͤchſe ſchreitet, muß man dar⸗ 
auf bedacht ſeyn, dieſe erforderlichen Beduͤrf⸗ 
niſſe in Bereitſchaft zu haben. Man ſchneide 
zu dem Ende mehrere viereckige Blaͤtter von 
dem weißeſten ſogenannten Poſt- oder Velin⸗ 
Papier, deren Groͤße mit der Groͤße des Ge⸗ 
waͤchſes, wenn es gehoͤrig ausgebreitet iſt und 
darauf gebracht werden ſoll, in Verhaͤltniß fies 
het. Auch laffe man ſich von ſtarkem, reis 
nen, weißen Fenſter Glas, Glasſtuͤcke von 

Veh dez Größe in Vorrath ſchneiden. 
Das Auflegen der fadenfoͤrmigen zarte⸗ 
ren Algen auf Papier oder Glas unter dem 
Waſſer⸗ wird auf folgende Weiſe bewerkſtelli⸗ 
get, Man fuͤlle ein flaches Gefaͤß, z. B. 
eine Schüſſel „ einen Teller oder eine Unter- 
taſſe, bis unter den Rand mit reinem klaren 
Waſſer und lege darein das Gewaͤchs, welches 
man auf Glas oder Ani ausbreiten will, 
und theile die groͤßeren Zweige deſſelben mit 
Huͤlfe der Zange unter dem Waſſer behutſam 
auseinander, ſo, daß kein Zweig über dem 
andern liegen bleibet und fie ihre natürliche 
Richtung erhalten. Alsdann ſchiebe man lang⸗ 
ſam, ohne das Waſſer zu bewegen und das 
Gewaͤchs aus ſeiner natuͤrlichen Richtung zu 
0 bringen „den Glasſtreifen oder das Papier fo 
weit unter das Gewaͤchs, daß nur ein gerin⸗ 
ger Theil dieſer Stucke, den man zwiſchen den 
e der linken a feſt hält, 1 
aſ⸗ 


= 


247 


Waſſer hervorraget und die Pflanze auf dem⸗ 
ſelben die tage erhaͤlt, die fie im trockenen Zu⸗ 
ſtande ihrer Natur nach haben muß, halte ſie 


alsdann am unterſten Ende, wo ſie ihren Be⸗ 


feſtigungs punkt gehabt hat, mit dem Dau⸗ 
men der linken Hand auf dem Papiere oder 


Glaſe feſt und ziehe ſte, faſt in horizontaler 


Richtung, langſam aus dem Waſſer, ſo, daß 
der untere Theil des Gewaͤch ſes auſſer dem 
Waſſer ſich auf dem Glaſe oder Papiere feſt 
ſetze, der größte Theil deſſelben ſich aber noch 
in dem Waſſe er befinde, waͤhrend man durch 
Beihuͤlfe der Zange mit der rechten Hand 
denen Theilen, welche durch das herabfließende 
Waſſer vielleicht in Unordnung kommen, die 
natürliche Richtung wieder giebt. Da aber 


die zarteren Endzweige, ſobald ſie mit dem 
darunter befindlichen Papiere oder Glasſtreifen 


an die Oberfläche des Waſſers bei dem Her⸗ 
ausziehen kommen, ſehr leicht in Unordnung 


gerathen, oder doch, durch das Herabfließen 


des ihnen anhaͤngenden Waſſers, gemeiniglich 
in laͤngliche Buͤndel zuſammen gezogen werden, 
deſſen Theile man alsdann nicht gehoͤrig unter⸗ 
ſcheiden kann, fe muß man dieſes dadurch zu 
verhuͤten ſuchen, daß man waͤhrend dem Her⸗ 
ausziehen aus dem Waſſer, in der angezeigten 
Richtung, eine gelinde Bewegung zu beiden 


Seiten machet, wodurch man die zarten End⸗ 

ſpitzen und Zweige in einer wellenförmigen 
Bewegung erhält und den gleichförmigen Druck 
des Waſſers auf dieſelben Wan Sollte den⸗ 


noch 


Ka | | 
noch ein, oder der andere Seitenzweig des Ge⸗ 
waͤchſes, durch das Herausziehen aus dem 
Waſſer, feine natürliche Richtung verlohren 
haben, ſo kann man denſelben dadurch leicht 
wieder in Ordnung bringen, wenn man dieſen 
Zweig mit dem darunter befindlichen Papier 
oder Glasſtreifen beſonders wieder in das Waſ⸗ 
ſer tauchet und auf die eben angezeigte Art 
behandelt. Iſt auf dieſe Weiſe das Gewaͤchs | 
auf dem Glaſe oder Papiere gehörig ausge⸗ 
gebreitet, ſo ſtelle man den Glasſtreifen faſt 
ſenkrecht in die Hoͤhe, indem man ihn an einen 
andern Koͤrper lehnet, doch ſo, daß der obere 
Theil des Gewaͤchſes nach unten zu ſtehe und 
der untere, oder der Befeſtigunspunkt deſſel⸗ 
ben, nach oben, damit das Waſſer deſto beſſer 
ablaufen koͤnne, daß Papierblatt aber ſtecke 
man nach eben der Richtung des Gewaͤchſes 
an einer ſeiner Ecken, mit einer Nadel auf 
einen andern Koͤrper feſt, daß er frei haͤnget 
| und von allen Seiten zugleich trocknen kann. 

Die ſchluͤpfrigen und ſchleimigen 
Gewächſe dieſer Art nehmen, aller angewand⸗ 
ten Muͤhe ungeachtet, bei dem Herausziehen 
aus dem Waſſer einen fo großen Vorrath von 
Waſſertheilen mit ſich auf das Glas oder Pa⸗ 
pier, daß ihre Zweige, wenn ſie auch noch fo 
gut ausgebreitet aus dem Waſſer gebracht ſind, 
bald nachher wieder zuſammen fließen und das 
Gewaͤchs dadurch ganz unkenntlich wird. 
Dieſem, fuͤr die Schönheit, und Brauchbarkeit 
der rn, dieſer Gewächse, n 

in⸗ 


240 


Hinderniſſe kann man auf eine doppelte Weiſe 
abhelfen. Entweder breite man mit Hülfe 
der Zange oder einer Nadel, nachdem das 
Waſſer von dem Glaſe oder Papierſtuͤcke gaͤnz⸗ 
lich abgefloſſen iſt und die dem Gewaͤchſe an» 
hängenden Waſſertheile groͤßtentheils verdun⸗ 
ſtet find, bei dem noch völlig friſchen Gewaͤch⸗ 
ſe, die zuſammen gefloſſenen Theile wieder aus⸗ 
einander, indem man mit der Spitze dieſer In⸗ 
ſtrumente behutſam zwiſchen den Zweigen von 
unten nach oben zu faͤhret und gebe ihnen die 
Richtung wieder, die fie im naturlichen Zuſtan⸗ 
de hatten. Man kann aber das zuſammenflie⸗ 
ſen der Zweige dieſer Gewaͤchſe dadurch ſehr 
vermindern, wenn man das Papier oder den 
Glasſtreifen, auf welchen das Gewaͤchs aus. 
Bee ift, einige Zeit in der faſt horizontalen 
Richtung erhaͤlt, nach welcher man ſie aus dem 
Waſſer gezogen hat, damit das Waſſer nicht 
ſo ſchnell abfließe, ſondern nur nach und nach 
verdunſte. Oder man ziehe das Waſſer aus 
dem Gefaͤße, in welchem die Pflanze ſich befindet, 
nachdem man derſelben auf dem Papiere oder 
Glasſtuͤcke die erforderliche Lage gegeben hat, 
mittels eines kleinen Hebers, oder auch durch 
Huͤlfe eines wollenen Lappens, langſam ab, 
bis das Gewaͤchs auf der demſelben gegebenen 
Unterlage von dem groͤßten Theile des Waſſers 
befreiet und nach ſeiner natuͤrlichen Richtung 
ausgebreitet, ſich feſtgeſetzet hat und nur als⸗ 
dann erſt nehme man das Papier oder Glas⸗ 
ir mit dem vr liegenden Gewaͤchſe aus 


dem 


250 


dem leeren u Geſte⸗ und gebe demſelben, euf 
die vorhin ane Weiſe, eine ee 
Nichtung. 

Die größeren, „ gallera artigen, „ mit einer 
Sat umkleideten kryptogamiſchen Waſſer ſerge⸗ 
waͤchſe, als die pflaumartige Linkie 
(Länkia pruniformis) ) und die größeren 
Tremellen (kremellae) 75 laſſen ſich nicht 
fuͤglich, wie die übrigen, zwiſchen Hapierbogen 

einlegen, weil fie auf dieſe Weiſe eher verfau⸗ 
len, als trocknen. Man bereitet ſie am beſten 
für die Sammlung, wenn man ſie mit einem 
kleinen? Brete oder Buche be ſchweret, nachdem 
die ihnen außer fi en anhängenden Feuchtigkeiten 
verdunſtet find, damit ſie, ohne runzelich oder 


105 zerdruͤckt; zu werden, eine platte Geſtalt erhal⸗ 


ten und in der Sammlang der übrigen Ge⸗ 
wäͤchſe dieſer Familie durch ihre Dicke keine 
Unbes emlichkeit verurſachen. 
0 So leicht es iſt, durch die Befolgung 
der hier gegebenen Vorſchriften die bisher ab⸗ 
gehandelten Pflanzen durch das Auflegen zu 
einer ſchoͤnen und brauchbaren Sammlung vor- 
zubereiten, ſo ſchwer und faſt unmoͤglich iſt 
dieſes bei den Pilzen oder Schwaͤmmen. 
Verſchiedene derſelben 5 ſo groß und fleiſchig, 
oder zerfließen doch bald nach ihrer Entſte⸗ 
hung ieee in einen dintenaktigen 9 0 
2) Kork Nene Beitraege zur Bot, Th, 15 
pag. 301. 
1 15 Roth Neue Beitraege zur Bot, Th. I. 
pag. 319. 


ö 


257 


daß es unmoͤ öglich bfeibet, fie fo, wie die übri⸗ 
gen Gewaͤchſe, zwiſchen Papierbogen einzule⸗ 
300 und ihnen eine ſo platte Geſtalt zu geben, 
daß fie im trockenen Zuſtande denen übrigen 
Pflanzen in einer Sammlung fuͤglich beigeſel⸗ 
let werden koͤnnten. Die kleineren und uͤber⸗ 
haupt diejenigen Schwaͤmme, welche eine haut⸗ 


oder lederartige und uͤberhaupt eine weniger 
fleiſchige Subſtanz haben, koͤnnen zwar auf 
dem gewoͤhnlichen Wege eingeleget und gepreſ⸗ 


ſet werden, ſie verliehren aber dadurch groͤßten⸗ 


theils ihre naturliche Geſtalt, werden unfennt- 


. 


lich und ſind daher, weil ſie ſich nicht durch 
das 
lichen Zuſtand each wieder verſetzen laſſen zur 


Auffriſchen in einen, dem natürlichen aͤhn⸗ 


Vergleichung und B Beſtimmung faſt unbrauch⸗ 


bar. Es iſt daher rathſamer, ſich von dieſen 


Naturprodukten eine beſondere, von den uͤbri⸗ 
gen Gewaͤchſen getrennte, Sammlung zu ma⸗ 
chen, wo man ſie ganz und unveraͤndert in ihrer 


naluͤrlichen Geſtalt zu erhalten ſuchet. Zu der 
Erreichung dieſes Endzweckes kann man ver⸗ 


ſchiedene Wege einſchlagen, die ich aber fuͤgli⸗ 
cher am Schluſſe des letzten Kapitels zeigen 


muß, wo ich von der Einrichtung einer Pflan⸗ 


9 1 handeln werde. 


5 Vier⸗ 


Viertes Kapitel. 


User die 0 der banal 
bei Lan E N 


Wenn man die in ben beiden RN 
henden Kapiteln gegebenen Vorſchriften bei dem 
Einſammlen und Einlegen der Gewaͤchſe beob⸗ 
achtet hat, ſo muß man darauf bedacht ſeyn, 
ſie nicht allein in der ihnen gegebenen natuͤrli⸗ 
chen Richtung, ſondern auch mit der einem je⸗ 
den Theile eigenthuͤmlichen Farbe trocken zu er» 
halten. Von der Behandlung der eingelegten 
Pflanze bei dem Trocknen haͤngt aber groͤßten⸗ 
theils ihre künftige Schönheit und Brauchbar⸗ 
keit in der Sammlung ab. Hat man bei dem 
Einlegen ein Verſehen in Abſi cht der Lage nach 
der natuͤrlichen Richtung der Theile gemachet, 
fo laſſet ſich daſſelbe bei dem Trocknen groͤßten⸗ 
theils wieder verbeſſern; denen Fehlern aber, 
die man bei dem Trocknen begehet, kann man 
ſchwerlich wieder abhelfen. Je geſchwinder die 
Gewaͤchſe trocknen, ohne entweder ſich ſelbſt 
Wehen; ungeſtaltet und nen, zu werden, 

' oder 


253 


oder durch einen zu ſtarken Druck einen Theil 
ihrer Saͤfte zu verliehren, deſto erwuͤnſchter er⸗ 


reichet man ſeinen Endzweck. Ehe ich die er⸗ \ 


forderliche Behandlung bei dem Trocknen der 
verſchiedenen Gewaͤchſe zeige, will ich einige 
allgemeine Bemerkungen voranſchicken. 

1) Der Ort, wo man die Pflanzen zu ei⸗ 
ner Sammlung trocknen will muß luftig und 
denen Sonnenſtrahlen nicht unmittelbar ausge⸗ 
ſetzet ſeyn. Es iſt daher eben fo wenig rath⸗ 
ſam, ein dumpfigtes, dem Zugange der freien 
Luft verſchloſſenes Zimmer hierzu zu waͤhlen, 
als die zu trocknenden Gewaͤchſe der Sonnen⸗ 
hitze oder der Ofenwaͤrme unmittelbar auszuſez⸗ 
zen. Ein Zimmer, deſſen Thuͤre und Fenſter 
bei trockenem Wetter geoͤffnet werden koͤnnen, 
iſt hierzu am zweckmaͤßigſten. 1 
2) Man lege nicht viele Pflanzen auf einen 
Haufen zuſammen, weil dadurch theils der er⸗ 
forderliche gleichfoͤrmige Druck auf alle Theile 
unmöglich gemachet wird, theils aber die Ge⸗ 
wächfe weit langſamer die in ihnen enthaltenen 
Säfte verdunſten koͤnnen, als dazu erforderlich 
iſt, die ihnen eigenthuͤmliche Farbe, 0 legen 
men ‚ als möglich, zu erhalten. Ben 

3) Die, denen Gewaͤchſen b dem Eine 
legen gegebenen, und feuchtgewordenen Zwi⸗ 
ſchenlagen von leeren Papierbogen, verwechſele 


man taͤglich ein oder zweimal, nach Verhaͤltniß 


des geringeren oder groͤßeren Vorrathes von 
Saͤften, welche die verſchiedenen Gewaͤchſe 


enthalten, mit trockenen. Man muß daher 


eine 


— 


254 


eine hinlangliche Anzahl och he leerer Bogen 
in Vorrath haben und zugleich dafür ſorgen, daß 
die feuchten Papierbogen vollig wieder trocken 
werden. Dieſes bewerkſtelliget man auf folgen⸗ 
de Weiſe: Man ſpaltet einen Stock von beliebiger 
Laͤnge einige Zolle lang auseinander, klemmt 
zwiſchen den Spalt mehrere der feuchten Bogen, 
und haͤngt denſelben an dem ungeſpaltenen En⸗ 
de mittels eines Bindfadens auf. Auf ſolche 
Weiſe kann die freie duft die Bogen durchſtreichen, 
ohne daß fie vom Winde weggefuͤhret werden. 
4) Die zwiſchen Papierbogen in Folian⸗ 
ten gelegten Pflanzen muͤſſen mit den Papier⸗ 
bogen von Zeit zu Zeit in andere trockene Fo⸗ 
lianten geleget werden, damit man die feucht⸗ 
gewordenen an der freien Luft gehörig wieder 
1 könne. 
5) So lange die Gewächſe noch des 
10 0 das Verdunſten der enthaltenen Saͤfte 
groͤßtentheils trocken geworden ſind und daher 
durch einen ſtarken Druck leicht nachtheilige 
Folgen fuͤr ihre natuͤrliche Geſtalt und Farbe 
entſtehen koͤnnen, iſt das gewöhnliche ſtarke 
Preſſen ſehr zu widerrathen. Ueberdem wird 
verhaͤltnißmaͤßig die noͤthige Aus duͤnſtung der 
Gewaͤchſe mehr oder weniger dadurch zuruͤcke 
gehalten und das Trocknen verzögert, Die ih⸗ 
nen, bis zu dem % Zeitpunkte der ſcheinbaren 
Trockenheit, zu gebende Preſſe muß nach Ver⸗ 
haͤltniß der Gewaͤchſe nur fo ſtark ſeyn, daß die 
Theile außer Stand geſetzet werden, bei der 
Ke e ihrer Sifte ſich ſo ſtark e zu 
ziehen, 


259 


ziehen, daß ſie runzeln. So bald ſie e aber größe 
tentheils trocken geworden und ihre Theile kei⸗ 
ner nachtheiligen Eindrücke mehr faͤhig ſind, 
kann man ihnen eine ſt arkere Preſſ € geben, wenn 
es erforderlich ſeyn ſollte. N k 
Wenn die Gewaͤchſe, nachdem man ihnen 
bei dem Einlegen, die ihnen eigenchümliche Rich⸗ 
tung ihrer Theile gegeben und in derſelben er⸗ 
halten hat, nach einigen e tunden unter einem 
mittelmäßigen, und dem Widerſtande, den fie, 
im friſchen Zuſtande mehr oder weniger leiſten, 
W Drucke, bei der & Stockung 
oder Abnahme ihrer Nahrungs sſafte, den größ⸗ 
ten Theil ihrer S Spannkraft verlohren haben und 
ſie, vermoͤge derſelben, die ihnen gegebene Lage N 
nicht mehr veraͤndern koͤnnen, ſo entledige man 
fie dieſes Druckes und vertauſche die fer chten 
Papierbogen mit trockenen. Dieſe Verwechſe⸗ 
lung der Bogen wird mit wenigerm Machtheil für | 
die Gewaͤchſe und mit geringerer Höhe geſche⸗ 
hen, wenn man das, im Anfang des vorigen 
Kapitels, empfohlene Verfahren bei dem Ein⸗ 
legen befolget hat. Wollte man die Gewaͤchſe 
aus den feuchten Bogen herausnehmen und 
in trockene legen, ſo wuͤrden die welken und 
ſchlaffen Theile zuſammen fallen und ihre na⸗ 
tuͤrliche Richtung gaͤnzlich verliehren. Die 
Verwechſelung der Bogen muß daher mit Be⸗ 


hutſamkeit geſchehen, ohne die Pflanzen aus ihrer 


natuͤrlichen Richtung zu bringen, worin man ſie 
trocken zu erhalten wuͤnſchet. Nachdem man 
die ecken Awiſchenlagen weggenommen und 

das 


| x 256 | 


das linke Blatt des Aue enen Bogens, 
der die beiden Bogen einſchließet, zwiſchen wel⸗ 
chen die Pflanze ausgebreitet iſt, zuruͤck geleget 
hat, hebe man den Bogen, der unmittelbar die 


Oberflache der Pflanze bedecket, behutſam nach 


und nach auf, indem man den linken Vorder⸗ 
arm, wie bei dem Einlegen, auf denſelben leget 


80 und die Pflanze in ihrer natuͤrlichen Lage feſt⸗ 
haͤlt, um zu ſehen, ob ſich irgend ein Theil der⸗ 


felben an den Bogen feſtgeſetzet habe. Sollte 
dieſes der Fall ſeyn, ſo bemühe man ſich, in⸗ 
dem man mit der linken Hand den aufgedeckten > 
Theil des Bogens feſthaͤlt, mit Huͤlfe der Zan⸗ 
ge in der rechten Hand den, an den Bogen an⸗ 
haͤngenden, Theil der Pflanze abzulöfen und in 

die ihm zukommende Lage zu bringen, bis auf 


ſolche Weiſe die ganze Pflanze auf dem unteren 


Bogen frei lieget. Jetzt betrachte man die 
Pflanze nach dem von ihrer natürlichen Geſtalt 
und Richtung im lebendigen Zuſtande ſich ge⸗ 
ſchaffenen und eingepraͤgten Bilde, genau. 
Bemerket man, daß ein, oder der andere Theil 
nicht die, der Natur entſprechende, Sage habe, 
ſo gebe man ihm, mit Huͤlfe der Zange, die ge⸗ 
hoͤrige Richtung und alsdann erſt bringe man 
einen trockenen Bogen wieder darauf und lege 
das zuruͤckgeſchlagene Blatt daruͤber. Hat 
man auf dieſe Weiſe die feuchten Bogen in dem 
vorliegenden Haufen, die unmittelbar auf den 
Pflanzen lagen, mit trockenen verwechſelt, „ ſo 
kehre man den Haufen um, ſo, daß die unter⸗ 
ſten Pflanzen jetzt nach oben liegen „ und vo 
Wech⸗ 


257 


wechſele alsdann mit eben der Vorſicht, auf die 
eben angezeigte Weiſe, die jetzt nach oben lie⸗ 
genden feuchten Bogen mit trockenen, damit 
auf dieſe Art eine jede Pflanze in dem Haufen 
zwiſchen zwei trockenen Bogen zu liegen kom⸗ 
me. Alsdann beſchwere man den Haufen 
wieder mit einem mittelmaͤßigen Folianten. 
Es iſt nicht rathſam, wenn man die feuchten 
Bogen mit trockenen verwechſelt hat, die 
Pflanzen, ohne ſie zu beſchweren, frei liegen 
zu laſſen, weil alsdann, zumal bei trockener 
Witterung, die zarteren Theile zu ſchnell trock⸗ 
nen und Runzeln erhalten. Sollte man aber 
durch dringende Geſchaͤfte verhindert werden, 
die Verwechſelung der feuchten Bogen einige 
Stunden nach dem Einlegen vorzunehmen, 
ſo verhuͤtet man die daraus fuͤr die Erhaltung 
der Farbe leicht entſtehenden nachtheiligen 
Folgen einigermaßen dadurch, wenn man den 
Haufen mit den Pflanzen von dem gegebenen 
Drucke befreiet, ihn einige Stunden unbe⸗ 
ſchweret liegen laͤſſet und in dieſer Zeit einige⸗ 
male umkehret, damit die unteren Pflanzen, 
ſo wie die oberen, mit den feucht gewordenen 
Bogen, gelinde ausduͤnſten koͤnnen. Da die 
Gewaͤchſe in dem Zeitraume zwiſchen dem Ein⸗ 
legen und der erſten Verwechſelung der feuch- 
ten Bogen mit trockenen, durch den ihnen ge⸗ 
gebenen Druck, die erforderliche flache Lage 
ihrer Theile erhalten haben und bis zu ihrer 
ſcheinbaren Trockenheit, keine ſo ſtarke Preſſe 
erfordern, ihre Theile alſo auch nicht nachthei⸗ 

N | ligen 


258 


ligen Folgen durch den Druck der ihnen zu⸗ 
naͤchſt gelegenen Pflanzen in einem Haufen 
ausgeſetzet werden koͤnnen, ſo ſind groͤßten⸗ 
theils bei den folgenden Vertauſchungen der 
feuchten Bogen, die ſtaͤrkeren Zwiſchenlagen 
entbehrlich. Mit der Verwechſelung der feuch⸗ 
ten Bogen fahre man taͤglich ſo lange fort, 
bis alle Theile der Pflanzen durch das Trocknen 
eine ſolche Feſtigkeit erlanget haben, daß ſie 
die ihnen bei dem Einlegen gegebene Richtung 
nicht mehr veraͤndern koͤnnen und ſo ſteif ge⸗ 
worden ſind, daß man ſie ohne nachtheilige 
Folgen aus einem Bogen in den andern verlegen 
kann. Da aber nicht alle Gewaͤchſe in einem 
Haufen, nach dem geringeren oder groͤßeren 
Gehalte ihre Saͤfte, in einem Zeitraume einen 
gleichen Grad der Trockenheit erhalten, ſo muß 
man die trockneren von den noch feuchten tren⸗ 
neu, damit die Ausduͤnſtungen der letzteren 
keine nachtheilige Folgen auf die erſteren ver⸗ 
breiten koͤnnen. Die trockneren beinge man 
alsdann, zwiſchen trockenen Papierbogen, in 
einen beſondern Haufen und gebe demſelben 
einige Stunden eine verhaͤltnißmaͤßige ſtaͤrkere 
Preſſe, als bisher, laſſe alsdann denſelben ei⸗ 
nen Tag frei liegen und bringe darauf eine jede 
Pflanze von groͤßerer Art in einen beſondern, 
trocknen, zuſammen geſchlagenen, Bogen. 
Von den kleineren Gewaͤchſen kann man meh⸗ 
rere in einen Bogen legen, doch muß man da⸗ 
105 ſehen, daß kein Theil den andern beruͤhre. 


Einem 9 e trockener Gewaͤchſe gebe 
man 


259 


man alsdann einen ſchattigen aber luftigen 
Platz, beſchwere ihn mit einem noch nicht aus⸗ 
einander geblaͤtterten Buche Söfchpapieres, 
oder einem duͤnnen Brete von aͤhnlichem Ge⸗ 
wichte und laſſe ihn ſo lange ruhen, bis man 
die Gewaͤchſe in die Sammlung eintragen kann. 
Wenn hieruͤber mehrere Wochen verſtreichen, 
ſo muß man wöchentlich einmal die trockenen 
Pflanzen durchſehen, ob vielleicht eine oder die 
andere Feuchtigkeiten aus der Luft wieder an 
ſich gezogen habe, oder ob ſich vielleicht ſchaͤd⸗ 
liche Inſekten einfinden, welche die Pflanzen 
zerſtoͤren koͤnnten. | 
Bei den zwiſchen einem Bogen aus bre 
teten und in einen Folianten. gelegten Pflanzen 
iſt die Verwechſelung der Bogen nicht noͤthig, 
ſondern es iſt hinreichend, wenn man ihnen 
täglich einen friſchen Platz in dem Folianten 
giebt und denſelben von Zeit zu Zeit gelinde 
beſchweret. Nach einigen Tagen aber bringe 
man ſie in einen andern, trockenen Folianten 
und fahre damit ſo lange fort, bis die Pflan⸗ 
zen voͤllig trocken ſind. 
Die hier gegebenen Vorſchriften bei dem 
Trocknen der Pflanzen ſind auf alle Gewaͤchſe 
anwendbar, einige aber erfordern, nach der 
Verſchiedenheit ihrer beſonderen Beſchaffenheit, 
auch eine beſondere Behandlung, die ich jetzt 
anzeigen werde. i 
Bei dem Trocknen der phaͤnogami⸗ 
ſchen Gewaͤchſe überhaupt muß man auf 
die Blumen bei dem jedesmaligen Verwechſeln 
R 2 ö DR 


260 


der feuchten Bogen beſonders achten. Unter 
allen Theilen dieſer Gewächſe verliehren dieſe 
wegen ihrer Zartheit, am leichteſten ihre Far⸗ 
be. Werden ſie verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤrker ge⸗ 
preſſet, als die uͤbrigen feſteren Theile, ſo ge⸗ 
het ihre Farbe unwiederbringlich verlohren, 
find aber die ubrigen Theile des Gewaͤchſes, 
z. B. der Stengel oder die Blaͤtter, ſo dicke, 

daß die Blumen nicht den erforderlichen Druck 
erhalten koͤnnen, der ſie hindert, die ihnen ge⸗ 
gebenen Lage willkuͤrlich wieder zu veraͤndern, 
fo runzeln fie, ſich gleichſam ſelbſt überlaffen, 
bei dem Trocknen zuſammen und werden un⸗ 
kenntlich. Bei der erſten Verwechſelung der 
feuchten Bogen nach dem Einlegen muß man 
dieſen Uebeln vorbauen. Im erſteren Falle, 
too bie Blumen fo ſtark und groß find, daß fie 
ausgebreitet die uͤbrigen Theile an Dicke nber 
treffen und daher der durch die Preſſe gegebene 
Druck ſie faſt allein trifft, muß man die 
Gleichheit des Druckes auch auf die uͤbrigen 
Theile dadurch zu erſetzen ſuchen, daß man ſo 


viele einzeine Papierſtücke über den Stengel 


und die Blaͤtter leget, als dazu erforderlich 
ſind, dieſen Theilen eine gleiche Hoͤhe mit den 
Blumen zu geben, im letzteren Falle aber, wo 
die Blumen einer ſolchen Huͤlfe beduͤrfen, 
ſchneide man auf allen Fall, dieſe uͤberzulegen⸗ 
de Stuͤcke, aus blauem Conceptpapier, die 
aber mit der Groͤße der Blumen in Verhaͤlt⸗ 
niß ſtehen muͤſſen, damit ſie dieſelben ganz be⸗ 
ie ohne ſich uͤber die nahe gelegenen rn 

If 


Tl 


REN 
261 


dickeren Theile zu verbreiten. Bei der Ver- 
wechſelung der Bogen vertauſche man von Zeit 
zu Zeit auch dieſe feucht gewordenen Blaͤtter 
mit trockenen. 

Die Seeſtrands⸗ Gewaͤchſe, welche 
durchgängig ſaftiger ſind, als die uͤbrigen Land⸗ 
gewaͤchſe und wegen des größeren Gehaltes 
der Salztheile, weit langſamer trocknen, auch 
aus eben dem Grunde, wenn ſie ſchon groͤßten⸗ 
theils trocken zu ſeyn ſcheinen, aus der Luft 
wieder Feuchtigkeiten an ſich ziehen und daher 
ſehr leicht ihre Farbe verliehren, oder faulen, 
muß man mit beſonderer Vorſicht bei dem 
Trocknen behandeln. Wenn ſie nach dem Ein⸗ 
legen durch die erſte gelinde Preſſe welk gewor⸗ 
den ſind und die erforderliche platte Lage zwi⸗ 
ſchen den Papierbogen angenommen haben, 
laſſe man ſie in kleineren Haufen ohne Preſſe 
einen Tag frei liegen. Alsdann verwechſele 
man die feuchten Zwiſchenlagen und Bogen 
mit trockenen und beſchwere ſie nur mit einem 


Buche noch nicht auseinander geblaͤtterten 


Löſchpapieres. Bemerket man bei dem ferne⸗ 
ren Verwechſeln der Bogen, daß ſie zu ſchnell 
trocknen und ihre Theile Runzeln erhalten, ſo 
gebe man ihnen ohngefehr eine halbe Stunde 
eine etwas ſtaͤrkere Preſſe und behandele fie. 
alsdann wieder ſo, wie ich eben angezeiget 
habe, bis ſie voͤllig trocken ſind. Auf allen 
Fall iſt es aber nicht rathſam, dieſe Pflanzen 
zwiſchen die ubrigen getrockneten Landgewaͤchſe 
zu _ fondern man u ihnen beſonders 

eini⸗ 


262 


einige Wochen hindurch einen warmen, luftigen 
Platz, ehe man ſie in die Sammlung eintraͤget. 

Die ſaftigen oder ſogenannten fetten 
Gewaͤchſe erfordern, je nachdem ſie bei dem 
Einlegen behandelt ſind, auch bei dem Trocknen 
eine verſchiedene Behandlung. Diejenigen 
Pflanzen dieſer Art, welche, nach dem vori⸗ 
gen Kapitel, durch Huͤlfe des heißen Eiſens ſchon 
einen betraͤchtlichen Theil ihrer Saͤfte verlohren 
haben, erfordern ſtaͤrkere Zwiſchenlagen und eine 
etwas ſtaͤrkere Preſſe, als die uͤbrigendandgewaͤch⸗ 
ſe, weil ſie leichter runzeln und ihre Geſtalt ver⸗ 
liehren. Diejenigen aber, die mit Huͤlfe des 
kochenden Waſſers die Spannkraft ihrer Theile 
verlohren haben, aber noch alle ihre Saͤfte 
enthalten, muͤſſen ſo, wie die Seeſtrands⸗ 
Gewächfe bei dem Trocknen behandelt werden, 
damit ihre häufigen Säfte nach und nach ver⸗ 
dunſten, ohne daß ihre Theile runzeln oder 
faulen. Man muß ihnen gleichfals ſtaͤrkere 
Zwiſchenlagen geben und taͤglich zweimal die 
feuchten Bogen verwechſeln. So wie nach 
und nach ihre Saͤfte verdunſten, kann man 
ihnen eine verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤrkere Preſſe ge⸗ 
ben, bis ſie voͤllig trocken ſind. Einige Pflan⸗ 
zenſammler haben das Trocknen dieſer Ge⸗ 
waͤchſe im trockenen Sande empfohlen. Ihr 
Verfahren iſt folgendes: Man prefiet die 
Pflanze maͤßig einen Tag, nimmt ſie alsdann 
aus dem Papiere, beſtreuet fie über und über 
mit ausgetrocknetem Sande und leget ſie an 
einen trocknen N Ort. Sobald die 


Pflan⸗ 


263 


Pflanze groͤßtentheils trocken iſt, nimmt man 
ſie aus dem Sande wieder heraus, ſchuͤttelt 
denſelben behutſam ab und preſſet ſie wieder 
einige Zeit, bis fie völlig trocken iſt. Derſeni⸗ 
ge aber, welcher dieſen Verſuch einmal ge⸗ 
machet hat, wird finden, daß dieſe Behand⸗ 
lung mit einigen Unbequemlichkeiten verbunden 
ſey, die auch nicht frei von nachtheiligen Fol⸗ 
gen fuͤr die Schönheit der Pflanze im trockenen 
Zuſtande bleiben und daher kann ich wenigſtens 
dieſe Beha ndlungsart nicht ſehr empfehlen. 
Diejenigen Gewaͤchſe, welche naß oder 
feucht eingeleget werden muͤſſen, als die pbhäs 
nogamiſchen Wafſerpflanzen, erfor⸗ 
dern täglich zweimal trockene Zwiſchenlagen 
und Bogen, wenn ſie ihre Farbe behalten ſollen 
und dürfen nicht ganz frei von einer gelinden 
Preſſe gelaſſen werden, weil ſie leichter bei dem 
Verdunſten ihrer Feuchtigkeiten runzeln, als 
die mehreſten Landgewaͤchſe. | 
Bei der Behandlungsart der krypto⸗ 
gamiſchen Gewaͤchſe waͤhrend dem Trock⸗ 
nen, kann ich mich kuͤrzer faffen, weil bei den 
mehreſten derſelben eine gleiche Behandlung 
erforderlich iſt, als ich bisher bei den uͤbrigen 
Gewaͤchſen bon gezeiget habe. Es wird da⸗ 
her hinreichend ſeyn, den Pflanzenſammler 
bei jeder Familie dieſer Gewaͤchſe nur auf die 
vorher gegebenen verſchiedenen Vorſchriften zu⸗ 

ruͤcke zu führen. 
Die Gewaͤchſe mit Wurzelfrucht 
e die Mooſe und Flechten 
(Mul- 


FR 


264 | 


(Mufei et Lichenes) werde wie die phaͤno⸗ 


gamiſchen Waſſerpflanzen behandelt, die Far⸗ 
renfräuter (Filices) aber wie die phaͤno⸗ 


gamiſchen Landgewaͤchſe von trockener Art, 


jedoch erfordern fe eine etwas ſtaͤrkere Preſſe. 


Auch die groͤßeren knorpel⸗leder⸗ oder 
hautartigen Algen (Algae) beduͤrfen keiner 
anderen Behandlung, als die phaͤnogamiſchen 
Waſſerpflanzen. Man gebe ihnen aber eine 
gelindere Preſſe und dagegen ſtaͤrkere Zwiſchen⸗ 
lagen. Dagegen muß man bei den zarteren, 


ſchluͤpferigen und ſchleimigen Arten dieſer Fa⸗ 


milie, die man unter dem Waſſer auf Papier⸗ 
blaͤtter gebracht hat und im trockenen Zuſtande 
denenſelben 1 größtentheile feſt ankleben, eine 
beſondere Vocſicht gebrauchen. Wenn die 


Papierblaͤtter mit dem darauf befindlichen 


Gewaͤchſe den Grad der Trockenheit in der 


\ freien Luft erlanget haben, daß daſſelbe ſich 


ain mehr von ihnen trennen kann, ſo lege 
man ſie zwiſchen feines Schreibpapier oder in ein 
gut planirtes Buch und gebe ihnen eine mit⸗ 


telmaͤßige Preſſe mit Huͤlfe eines anderen Bu⸗ 


ches, damit die Blaͤtter, die durch das Trock⸗ 


nen erhaltenen Runzeln verliehren und wieder 
ganz ſchlicht werden. Auf der Ruͤckſeite dieſer 


Blatter kann man es am ſicherſten wahrneh⸗ 
men, ob die auf denſelben befindliche Pflanze 
ſchon voͤlli ig trocken ſey und dieſes erhellet dar⸗ 

aus, wenn das Blatt auf der Stelle, wo die 
Pflanze lieget, nicht mehr feucht iſt. Leget 
man ſie fruͤher zwiſchen Papierbogen, oder in 
| ein 


265 


ein Buch, ehe das darauf ausgebreitete Ge⸗ 
waͤchs voͤllig trocken iſt, ſo verlaͤſſet daſſelbe das 
feuchte Blatt und haͤngt ſich an dem trockenen 
Papierbogen ſo feſt an, daß man es ohne 
Nachtheil nicht wieder davon trennen kann. 
Diejenigen Gewaͤchſe aber dieſer Art, die im 
trockenen Zuſtande ſich nicht feſt an die Papier⸗ 
blaͤtter anſetzen, ſondern wenn ſie trocken wer⸗ 
den zuſammenrunzeln und alſo fuͤr die Samm⸗ 
lung unbrauchbar bleiben, lege man, ſobald 
die ihnen anhaͤngenden Waſſertheile voͤllig ab⸗ 
gelaufen und verdunſtet ſind, ehe ſie den Grad 
der Trockenheit erhalten, daß ſie zuſammen⸗ 
ſchrumpfen, zwiſchen Papierbogen oder in ein 
Buch und gebe ihnen nur eine gelinde Preſſe, 
damit ſie verhindert werden zu runzeln, ohne 
durch einen ſtarken Druck ihre naturliche Ge⸗ 
ſtalt zu verliehren. 

Die kleineren, weniger fleiſchigen und 
ſaftigen Pilze oder Schwaͤmme koͤnnte 
man allenfals ſo, wie die Flechten, chen 
Papierbogen aufgeleget „trocknen. Da fie 
aber groͤßtentheils alsdann unkenntlich werden 
und es uͤberhaupt rathſamer bleibet, von die⸗ 
ſen Naturprodukten eine beſondere Sammlung 
zu verfertigen, die aber eine beſondere Behand⸗ 
lung und Einrichtung erfordert, ſo verſpare 
ich die Anzeige von der Behandlungsart der 
Schwaͤmme zu einer Sammlung, bis zum 
Schluſſe des e Kapitels. 


Fünftes 


266 


e | 


Von der Einrichtung einer funzen 
ſammilung. 


Sind bei der Anlage zu einer ſchoͤnen und 
brauchbaren Pflanzenſammlung die Vorſchrif⸗ 
ten, die ich bei dem Sammlen, Einlegen und 
Trocknen der Gewaͤchſe, in den vorhergehenden 
Kapiteln dieſes Theiles gegeben habe, erfüllet 
worden, fo muß man die geſammleten trockenen 
Pflanzen gehoͤrig ordnen und aufbewahren, daß 
ſie nicht allein in der gegebenen Ordnung erhal⸗ 
ten, ſondern auch vor einer jeden ihnen nachtheifie 
ligen Beſchädigung geſichert werden. Ich will 
daher in dieſem Kapitel zeigen, wie man zu die⸗ 
ſem erwuͤnſchten Endzwecke gelanget. | 

Die muͤſigen Zwiſchenſtunden in den Win⸗ 
termonaten, die zur Erholung von anſtrengenden 
Geſchaͤften beſtimmt ſind, koͤnnen für den Pflan⸗ 
zenliebhaber nicht angenehmer und nuͤtzlicher an⸗ 
gewendet werden, als wenn er die den Sommer 
hindurch geſammelten Gewaͤchſe in eine ſolche 
Ordnung bringet, die man von einer brauchba⸗ 
ren e fordert, welche Nutzen Rh 

er⸗ 


267 


Vergnuͤgen zugleich gewähren folk Zudem iſt 
es auch deswegen rathſam, dieſes angenehme 
Geſchaͤft auf den Winter zu verſparen, damit 
die geſammleten Gewaͤchſe deſte vollkommener 
trocken werden koͤnnen, ehe man ſie in ein dicht 
verwahrtes Behaͤltniß einſchließet. Bringet 
man fie zu fruͤh in die Sammlung, ſo verlieh⸗ 
ren ſie entweder ihre Farbe, oder geben Anlaß, 
daß Schimmel, und andere ihnen nachtheilige 
Naturprodukte, aus der Familie der kleineren 
Schwaͤmme, an ihnen erzeuget werden. Auch 
find fie alsdann eher denen Nachſtellung gen ſchaͤ⸗ 
licher Inſekten ausgeſetzet. 

Wer ſich an Ordnung und Genauigkeit 
gewoͤhnet hat, dem kann es nicht gleichguͤltig 
ſeyn, ob ſeine kuͤnftige Pflanzenſammlung nur 
aus einem Haufen in Loͤſch- oder Druckpapier 
ſyſtematiſch aufgeſtapelter Gewaͤchſe beſtehe, 
oder ob dabei Genauigkeit, Reinlichkeit und 
eine gewiſſe Eleganz zum Grunde liege, wodurch 
fie ihm und anderen Pflanzenliebhabern bei ih⸗ 
rer Durchſicht nicht allein unterrichtender blei⸗ 
bet, ſondern auch das Auge ergoͤtzet. Eine 
Pflanze, wenn ſie auch noch ſo (ron aufgeleget 
und getrocknet iſt, erhaͤlt in einem Bogen reinen 
Schreibpapiers, wegen der Abwechſelung ihrer 
Farben, ein ungleich ſchoͤneres Anſehen, als in 
Loͤſch- oder Druckpapier. Die Verſchiedenheit 
ihrer Theile fällt ſchon bei dem erſten Anſehen 
weit deutlicher in die Augen, fie iſt der Zerſtoͤ⸗ 
rung von Inſekten weit weniger ausgeſetzet, als 
in einer ſchlechteren Papierſorte und man iſt 

1 


| 
| 


268 


uͤberdem im Stande, die bei dem Einſammlen 
gemachten beſonderen Beobachtungen einem fol- 
hen Bogen bleibender anzuvertrauen, als 
einem freiliegenden Blatte, das bei der öfteren 
Durchſicht der Sammlung entweder verwechſelt 
werden, oder leicht verlohren gehen kann. Es 
iſt daher rathſam, einer jeden Pflanzenart und 
einer jeden wichtigen Abaͤnderung derſelben, 
(Varietas) fie ſey groß oder klein, einen beſon⸗ 
deren reinen Bogen Schreibpapieres zu wid⸗ 
men, in welchem fie, in der Sammlung 
aufbewahret, liegen bleibe. Ob das für 
Sammlung beſtimmte Schreibpapier weiß oder 
blaͤulich, fein oder grob ſey, hängt von dem ei⸗ 
genen Gutfinden des Befigers und deſſen Ver⸗ 
mögensumftänden ab, nur wähle man, fo viel 
als moͤglich, einerlei Papierſorte und wenn es 
die Vermoͤgensumſtaͤnde verſtatten, ein etwas 
größeres Format, als das gewöhnliche Schreib- 
oder Conceptpapier. 8 
Ehe ich meinen Zweck weiter verfolge, 
muß ich eine Frage aufwerfen, deren Beant⸗ 
wortung man hier mit Recht von mir fordern 
kaoͤnnte, nemlich ob es rathſamer fen, die Pflan⸗ 
zen einer ſelchen Sammlung in den für fie be» 
ſtimmten OR zu befeſtigen, oder frei liegen 
zu laſſen. Eine jede dieſer Methoden hat ihre 
nachtheilige und vortheilhafte Seite, die ich hier 
einem Jeden, ſtatt der Beantwortung, zur 
eigenen Beurtheilung vorlegen will. 
Die kuͤnſtliche Befeſtigung einer trockenen 
Pflanze auf einem Papierblatte kann auf eine 
dop⸗ 


269 


doppelte Weiſe bewerkſtelliget werden, entwe⸗ 
der mit Huͤlfe einer klebenden Maſſe, oder durch 
ſchmale Papierſtreifen. Ich will zuvor die Be⸗ 
handlung dieſer beiden Befeſtig gungsarten zei⸗ 
gen, ehe ich die mit der Befeſtigung der Plane 
zen überhaupt verbundenen Nachtheie waer | 
betrachte, | | 
Die zum Aufkleben der Pflanzen d 
liche Maſſe kann aus einer Abkochung des ge⸗ 
woͤhnlichen Tiſchlerleimes in Waſſer, der Hau⸗ 
ſenblaſe in gemeinem Brandwein, oder einer 
Auflöͤſung des arabiſchen Gummi in warmen 
Waſſer beſtehen. Bei dem Aufkleben ſelbſt aber 
verfaͤhrt man folgendermaßen: : Man leget die 
aufzuklebende Pflanze mit der oberen Seite auf 
ein Blatt Loͤſchpapier, beſtreichet die untere und 
jetzt nach oben gebrachte Seite, durch Huͤlfe eines 
kleinen Haarpinſels, nach ihrer ganzen Flache, 
mit der dazu in Bereitſchaft habenden kleben⸗ 
den Maſſe und traͤgt alsdann die Pflanze auf 
den für fie beſtimmten Bogen über, worauf fie 
in der Folge feſtſitzen ſoll. Hierauf leget man 
ein Blatt duͤnnes Loͤſchpapier uber die Pflanze, 
drücket ihre Theile von allen Seiten mit der 
flachen Hand nieder, damit ſie alle an den Pa⸗ 
pierbogen ſich gleichfoͤrmig feſtſetzen und die 
uͤberfluͤſſigen Theile der klebenden Maſſe in das 
daruͤberliegende Loͤſchpapier übergehen, ohne 
Flecken auf dem reinen Papierbogen zuruͤck zu 
laſſen, verwechſelt alsdann das aufliegende Blatt 
mit einem andern Bogen Löſchpapier und giebt 
dieſen 


270 


dieſen Theilen zuſammen, mittels eines be⸗ 
ſchwerten Bretes oder eines Folianten, eine hin⸗ 
laͤngliche Preſſe, bis die klebende Maſſe völlig 
trocken geworden iſt und die Pflanze auf dem 
Papier feſtſitzet. Eine fuͤr die Schoͤnheit des 
Gewaͤchſes ſehr nachtheilige und faſt nicht zu 
vermeidende Unbequemlichkeit erſchweret auch 
bei der groͤßten Vorſicht dieſe Behandlung. 
Sie beſtehet darin, daß verſchiedene der zarte⸗ 
ren Theile, vorzuͤglich aber die Blumenblaͤtter, 
ſobald ſie mit der klebenden Maſſe beruͤhret 
werden, augenblicklich ſich zuſammenrollen oder 
ſchrumpfen und dadurch dieſelben ihre natürli⸗ 
che Geſtalt groͤßtentheils verliehren. Es iſt 
daher rathſam, dieſe Theile zuletzt zu beſtreichen 
und alsdann die Pflanze ſo geſchwinde als moͤg⸗ 
lich auf den Papierbogen uͤberzutragen. 

Bei der anderen Befeſtigungsart mit 
Huͤlfe ſchmaler Papierſtreifen verfaͤhet man fol⸗ 
gendermaßen: Man ſchneide einen hin läugli⸗ 
chen Vorrath Papierſtreifen aus ſtarken BE 
Papiere, die ohngefehr die Lange eines Zolles 
haben, deren Breite aber beinahe der Dicke 
eines mittelmaͤßigen Strohhalmes gleichet. 
Hierauf leget man die zu befeſtigende Pflanze 
auf das rechte Blatt des fuͤr ſie beſtimmten 
und auseinandergeſchlagenen Papierbogens in 
der Richtung, die ſie im befeſtigten Zuſtande 
haben ſoll, nachdem man zuvor dieſem Blatte 
eine Unterlage von Pappe gegeben hat. In⸗ 
dem man mit der linken Hand die Pflanze in 
| der a ‚gegebenen Richtung feſthaͤlt, machet 

man 


6 


man mit Huͤlfe eines ſcharfen, ſpitzigen Feder⸗ 
meſſers in der rechten Hand, hin und wieder 
auf beiden Seiten des Stengels und der groͤſ⸗ 
ſeren Zweige, zwei Einſchnitte gegen einander 
über, deren Lange mit der Breite der Papier⸗ 
ſtreifen in Verhaͤltniß ſtehen. Durch dieſe bei⸗ 
den Einſchnitte ſtecket man alsdann, ohne die 
Pflanze aus ihrer Richtung zu bringen, mit 
Huͤlfe der gewoͤhnlichen Blumenzange, die bei⸗ 
den Enden der Papierſtreifen zu bein en Seiten 
des Stengels und der Zweige ganz durch den 
Bogen, ſo, daß dieſer Theil der Pflanze auf 
dem Papierbogen von den Papierſtreifen, 
gleichſam wie mit einer Schlinge, feſigehalten 
wird. Sind alle die Stellen, wo die Ein⸗ 
ſchnitte durch den Bogen gemachet waren, mit 
ſolchen Papierſtreifen befeſtiget, fo ſchlaͤgt man 
den Bogen zuſammen, kehret denſelben um und 
klebet alsdann auf der Ruͤckſeite deſſelben die 
Papierſtreifen nachdem man ſie Mi angezo⸗ 
gen hat, mittels gewoͤhnlichen Kleiſters oder 
Mundleimes } feſt. Daß dieſe Befeſtigungs⸗ 
art vor der vorigen, mittels des Feſtklebens der 
ganzen Pflanze, ungleich größe Vorzuͤge habe, 
wird ein Jeder leicht einſehen und durch die Er⸗ 
fahrung beſtatiget finden. Man erreichet da⸗ 
durch den Endzweck, die Pflanze in ihrer Lage 
feſt zu halten, ohne ſie einer Gefahr der Verun⸗ 
ſtaltung auszuſetzen und durch die klebende 
Maſſe, welche das Verbindungsmittel zwiſchen 
der Pflanze und dem Papiere unmittelbar ab⸗ 
u denen ſchaͤdlichen Inſekten einen groͤße⸗ 

| | ken 


272 


ren Anlaß zur Zerſtoͤrung derſelben zu geben. 
Die Befeſtigung der Pflanzen in den Papier- 
bogen hat den Vortheil, daß dieſelben bei der 
Durchſicht der Sammlung, durch ungeſchickte 
oder untreue Haͤnde nicht herausfallen, oder ent⸗ 
wendet werden koͤnnen. Aber kein Pflanzen⸗ 
liebhaber, dem die Erhaltug ſeiner ſchoͤnen und 
vollſtaͤndigen Sammlung am Herzen lieget, 
wird irgend Jemanden ſeine Sammlung zur 
Durchſicht anvertrauen, von deſſen Treue, Vor⸗ 
ſicht und Geſchicklichkeit in der Behandlung 
dieſer Schaͤtze, er nicht voͤllig uͤberzeuget iſt. 
Dagegen aber hat die Befeſtigung der Gewaͤch⸗ 
fe überwiegende Nachtheile. 1) Der Haupt⸗ 
endzweck einer brauchbaren Sammlung, nem⸗ 
lich bei vorkommenden zweifelhaften Faͤllen Un⸗ 
terſuchungen und Vergleichungen anzuſtellen, 
faͤllt groͤßtentheils ganz weg, indem man die be⸗ 
feſtigte Pflanze nur oberflaͤchlich, nicht aber von 
allen Seiten betrachten kann. 2) Iſt die Be⸗ 
feftigung eine zeitverſchwendende Arbeit, deren 
Nutzen mit dem Zeitverluſte in kein Verhaͤltniß 
gebracht werden kann. 3) Bleibet es ohne 
Verwerfung des Papierbogens, worauf die 
Pflanze befeſtiget iſt, unmoͤglich, ein unvollſtaͤn⸗ 
diges oder von Inſekten beſchaͤdigtes Exemplar 
mit einem vollſtaͤndigern und beſſern zu ver⸗ 
tauſchen. 5 5 \ no, 
Die Befeſtigung der Pflanzen mittels klei⸗ 

ner Stecknadeln, wodurch man denenſelben auf 
eine aͤhnliche Weiſe, als mit den Papierſtreifen, 
auf dem Papierbogen eine beſtimmte, feſte 770 
giebt, 


273 


giebt, ſcheinet vor den beiden eben angezeigten 
Befeſtigungsmethoden einige Vorzüge zu haben. 
Es iſt aber mit derſelben ein uͤberwiegender 
Nachtheil verbunden, welcher darin beſtehet, 
daß die mehreſten Pflanzen, deren Theile durch 
das Trocknen einige Sproͤdigkeit erhalten haben, 
auch bei der größten Behutſamkeit, ſehr leicht 
der Gefahr einer Beſchaͤdigung ausgefeßet 
ſind. „ 1 
Bei den in den Bogen frei liegenden 
Pflanzen fallen alle die, mit der Befeſtigung 
derſelben verbundenen Nachtheile gaͤnzlich weg 
und der Vortheil, der ihnen abgehen moͤchte, 
kann, wie ſchon gezeiget iſt, durch eigene Vor⸗ 
ſicht leicht erſetzet werden. Bei kleineren und 
zarteren Gewaͤchſen, ſo, wie bei einzelnen Thei⸗ 
len groͤßerer Pflanzen, die ſehr zerbrechlich ſind, 
oder leicht verlohren gehen koͤnnten, bleibet es 
indeſſen rathſam, ſie in den Papierbogen ſo zu 
verwahren, daß fie nicht herausfallen, oder von 
Inſekten leicht zerſtoͤret werden koͤnnen. Die⸗ 
fen nothwendigen Endzweck erreichet man am 
beſten durch eine aus einem Papierblatte ver⸗ 
fertigte Kapſel, deren man ſich gewoͤhnlich zur 
Verſendung kleiner kryptogamiſcher Pflanzen 
bedienet. Man leget nemlich, nach Verhaͤlt⸗ 
niß der Größe des Gemächfes und der aufzu⸗ 
bewahrenden Theile, ein Oetavblatt, Quart- 
blatt oder einen halben Bogen weißen, reinen 
Schreibpapieres in zwei Theile zuſammen und 
ſchlaͤget die drei offenen Seiten am Rande, 
einen 8 oder ganzen Zoll breit, um. Ehe 
S man 


274 


man die Pflanzen, oder einzelne Theile eines 


Gewaͤchſes, in eine ſolche Papierkapſel leget, 


befeſtige man dieſelben auf der Ruͤckſeite, mit⸗ 
tels einer naſſen Oblate, an den Bogen. Bei 
Pflanzen mit getrennten Geſchlechtern iſt es 
rathſam, einem jeden Geſchlechte von groͤßerer 
Art, einen eigenen Bogen, bei den kleineren 
Pflanzen aber einem jeden eine beſondere Pa⸗ 
ä pierkapſel, in einem gemeinſchaftlichen Bogen, 
zu geben und fie von einander durch die Woͤr⸗ 
Mas und foemina, oder durch die, zu meh⸗ 
rerer Kuͤrze von Linne angenommenen Zei⸗ 
chen +) gleich bei der Eroͤffnung des ge 
kenntlich zu machen. 


Zur Vollſtaͤndigkeit und Brauchbarkeit | 


einer Sammlung wird nothwendig erfordert, 
daß die Gewaͤchſe in derſelben gehoͤrig geordnet 
werden und der Beſitzer ſowohl, als auch an⸗ 
dere Pflanzenliebhaber, bei der Durchſicht der⸗ 


ſelben, ſich in den Stand geſetzet ſehen, ohne 


weitere Unterſuchung (voraus geſetzet, daß die 
Pflanze bei dem Einſammlen oder Einlegen 
ſchon richtig beſtimmet ſey) nach ihrer Klaſſe, 
Ordnung und Gattung ihnen den Platz 


anzuweiſen, wohin ſie nach dem Sinneifchen - 


Syſteme gehören, fie aber auch zugleich durch 


die Anzeige der A rt und ihrer eigenthuͤmlichen 


Un⸗ 


» Linne bezeichnete gewöhnlich in ſeinen Wer⸗ 


ken die maͤnnliche Pflanze mit dem Zei⸗ 
chen des Mars (&') und die er 
mit dem Zeichen der Venus 1 1 


275 


uUnterfheidn ngszeichen kenntlich zu ma⸗ 


chen und von aͤhnlichen Arten unterſcheiden zu 
koͤnnen, ohne jedesmal ſich hieruͤber in dem Sy⸗ 
ſteme Raths erholen zu muͤſſen. Ferner traͤget 
es zu der Vollſtaͤndigkeit einer Sammlung ſehr 
viel bei, wenn man bei einer jeden Art das 

Jahr, den Monat und Ort, wo die Pflan⸗ 


ze aufgenommen wurde, oder den Namen des 


Freundes, von dem man ſie erhalten hat, zu⸗ 
gleich mit ihrem gewoͤhnlichen Vakerlande 
und ihrer Dauer +) anzeiget. Sollte man 


bei dem Einſammlen, an einer oder der anderen 
Art, eine wichtige Beobachtung gemacht ha⸗ 


ben die zu der genaueren Beſtimmung in 
der Folge Anlaß geben koͤnnte, ſo fuͤge man dieſe 


gleichfalls hinzu. Bei einer Sammlung, die ſich 
nur auf eine gewiſſe Anzahl Pflanzen einſchraͤn⸗ 


ket, z. B. die in den Apotheken und in der Oeko⸗ 


nomie angewendet werden, kann man auch ihren 


beſonderen Nutzen anfuͤhren, damit eine ſolche 
Sammlung auch fuͤr andere Liebhaber einer ſol⸗ 


chen Wiſſenſchaft lehrreich werde. Bei den 


Abarten (Varietates) iſt es hinreichend, wenn 
2 man 


+) Auch bei der Anzeige der Dauer der Ge— 
waͤchſe bediente ſich Linne nur gewiſſer ange⸗ 
nommener Zeichen. Die Baͤume und Straͤu⸗ 
cher werden mit dem Zeichen des Saturns 
(5); die krautartigen, mehrere Jahre 
ausdauernden Pflanzen mit dem Zeichen 
des Jupiters (Z); die zweijährigen 
mit dem Zeichen des Mars (A) und die 


einjaͤhrigen mit dem Zeichen der Sonne 


(O) bezeichnet. 


276 


man mit Weglaſſung der Klaſſe und Ordnung, 
nur den Namen der Gattung und der Art an⸗ 
führet, von welcher fie durch zufällige Urſachen 
in ihrem aͤußeren Baue etwas abgewichen iſt. 
Die eben erwaͤhnten Anzeigen werden in 
folgender Ordnung auf das linkere Blatt des 
Bogens geſchrieben, in welchem die dazu be⸗ 
ſtimmte Pflanzenart ihren Platz erhalten ſoll. 
Auf der aͤußeren Seite des linkeren Blattes 
ſchreibet man die Klaſſe, Ordnung und den 
Gattungsnamen. Nachdem man alsdann den 
Bogen auseinander geſchlagen hat, ſchreibet 
man auf die innere Seite dieſes Blattes den 
Namen der Gattung und Art und darunter die 
Diagnoſe nach der neueſten Ausgabe des Sy- 
ſtema Vegetabilium oder der Species plan- 
tarum Linnei, nebſt der Anzeige der Seite, 
wo die zu dieſer Art gehoͤrige und angeführte 
Synonymie, zum weiteren Nachſchlagen der 
daſelbſt angezeigten Werke, nachgeſehen werden 
kann. Alsdann folgen das Jahr, der Monat 
und die uͤbrigen angezeigten Stuͤcke. Das 
rechtere Blatt des Bogens bleibet fuͤr die Pflan⸗ 
10 und deren Theile ganz frei und unbeſchrieben. 
Zu mehrerer Deutlichkeit will ich hier die ganze 
Einrichtung eines ſolchen Bogens, ſo, wie ich 
ſie in meiner Sammlung durchgaͤngig getroffen | 
haben, als ee zeigen. 5 


Claſl. 


ICOSANDRIA 


PENTAGYNIA. 


MESPILUS. 


Me ſpilus germanic d. 


M. inermis, folüs sene ſubtus bo- 


men to ſis, 8 floribus Jeff libus Jolitarus, 
Linn, Spec. Plant. ed, Willde- 


now Tom. 2. Pars 2. pag. 1010. 


Ob 5 erv, Spontanea planta. conftan- 


ter ſpinoſa eft, eulta ‚tantum, in- 
ermis. 


\ 


1777. Majo. 


Legi in Fruticetis inter Belberg eb 
Woermlitz prope Halam Sa 
On mn. 


Habitat in Europa aufn B, 


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281 


Auch bei den kryptogamiſchen Gewaͤchſen 
findet eine gleiche Einrichtung der Papierbogen 
Statt in welchen dieſelben aufbewahret bleiben 
ſollen. Die kleineren Gewaͤchſe dieſer Art wer⸗ 
den, wie ich bei den kleineren phaͤnogamiſchen 
Pflanzen gezeiget habe, gleichfals in Papierka⸗ 
pſeln eingeſchloſſen und dieſe auf die angezeigte 
Weiſe befeſtiget. Bei den zarteren kryptoga⸗ 
miſchen Waſſergewaͤchſen muß man aber die 
beſondere Vorſicht gebrauchen, daß die auf 
Glasſtreifen aufgetragenen Exemplare einer 
Art, mit den auf Papierblaͤttern, nicht in eine 
gemeinſchaftliche Kapſel gebracht werden, weil 
das Glas die Exemplare auf den Papierblaͤt⸗ 
tern leicht beſchaͤdigen koͤnnte. Auch muß 
man dahin ſehen, daß die Papierkapſeln, wor- 
in ſich die Glasſtreifen befinden, auf dem rech⸗ 
teren Blatte des Bogens nicht alle in der Mitte, 
ſondern groͤßtenthells abwechſelnd zu beiden 
Seiten oben und unten, befeſtiget werden, 
damit ein Haufen ſolcher Gewaͤchſe eine gleich⸗ 
foͤrmige Dicke erhalte und der durch das Zu⸗ 
ſammenbinden deſſelben verurſachte Druck 
gleichfoͤrmig auf die Glasſtreifen wirke, damit 
ſie nicht zerbrechen. 

Beſitzet man mehrere Arten einer Gat⸗ 
tung in ſeiner Sammlung, ſo leget man die⸗ 
ſelben gemeinſchaftlich in einem Bogen reines 
Schreibpapier zuſammen und ſchreibet auf die 
aͤußere Seite deſſelben den Gattungsnamen 
und darunter den Gattungscharakter. Die 
| Gattungen einer Klaffe werden nach den Ord- 


f | nung⸗ 


282 


nungen derſelben oder wenn jene ſehr groß iſt, 
als die neunzehnte (Syngenelia) die Gattungen 
einzelner Ordnungen, zwiſchen zwei Blätter ſtei⸗ 
fer Pappe, in einen Haufen geleget, zuſammen 
gebunden und aufbewahret, bis die Samm- 
lung nach und nach einen ſolchen Zuwachs er⸗ 
hält, daß man auf ein gemeinfchaftliches Be⸗ 
haͤltniß fuͤr dieſelbe bedacht ſeyn muß. Auf 
den oberen | fchreibe man alsdann 
die Numer der Klaſſe oder der Ordnung der 
in dieſem Haufen enthaltenen Gewaͤchſe, da⸗ 
mit man bei dem Machſuchen einer Pflanzen⸗ 
art gleich wiſſe, wo man ſie zu finden habe. 
Ein nothwendiges Beduͤrfniß bei einer 
jeden Pflanzenſammlung iſt ein vollſtaͤndiges 
und von Zeit zu Zeit zu unterhaltendes Ver⸗ 
zeichniß aller der Arten und Abarten, die man 
in ſeiner Sammlung aufzuweiſen hat. Zu 
dem Ende trage man den Namen einer jeden 
Pflanzenart, nachdem man den fuͤr ſie beſtim⸗ 
ten Bogen, auf die vorhin angezeigte Weiſe, 
fuͤr die Sammlung eingerichtet hat, jedesmal 
gleich in daſſelbe ein und im Falle man kein 
vollſtaͤndiges Exemplar von einer oder der an⸗ 
deren Art beſitzen ſollte, ſo bemerke man dieſes 
zugleich mit einem beliebigen Zeichen, damit 
man bei vorkommender Gelegenheit darauf 
Ruͤckſicht nehmen und das unvollſtaͤudige oder 
beſchaͤdigte Exemplar mit einem beſſeren ver⸗ 
tauſchen koͤnne. Damit man aber auch im 
Stande ſey, die Namen einer jeden nachzu⸗ 
ſehenden Pflanzenart, ohne Zeitverluſt, gleich 


8 


283 


in dem Verzeichniſſe zu finden, bleibet es rath⸗ 
ſam, daſſelbe nach den Anfangsbuchſtaben der 
Gattungen in alphabetiſcher Ordnung einzu⸗ 
richten. In mehrerer Erleichterung des Ge⸗ 
daͤchtniſſes kann man hinter den Namen einer 
jeden Gattung, durch roͤmiſche und teutſche 
Zahlen, die Klaſſe und Ordnung bezeichnen, 
wohin dieſelbe nach dem Linneiſchen Syſteme 
gehoͤret. Alsdann laſſe man unter dem Gat⸗ 
tung gsnamen d die Arten folgen, wie man ſie von 
Zeit zu Zeit in ſeine Sammlung eintraͤget. 
Ein jeder, dem daran gelegen iſt, ſeine 
muͤhſam zuſammen gebrachte Sammlung, ſie 
ſey klein oder groß, auch fuͤr die Zukunft zum 
Nutzen und Vergun gen in einem brauchbaren 
Stande zu erhalten, muß darauf bedacht ſeyn, 
fie vor nachtheiligen äußeren Einwirkungen zu 
ſichern. Feuchte Luft, Staub und Infekten 
koͤnnen vorzüglich ſchaͤdliche Folgen auf eine 
Pflanzenſammlung verbreiten und dieſe Stuͤcke 
muß man daher, ſo viel als moͤglich, von der⸗ 
ſelben abzuhalten ſuchen. Der Ort, wo man 
die Sammlung aufbewahret, muß, vorzüglich 
auch für die Wintermonate, trocken und luftig 
ſeyn. Gegen Staub’ und ſchaͤdliche Thiere 
ſchuͤtzet man die Samm! ung. theils durch zweck⸗ 
maͤßige Behaͤltniſſe, worin ſie theilweiſe, oder 
ganz aufbewahret wird, theils durch ſolche 
Mittel, die dazu geeignet ſind, die Inſekten 
davon abzuhalten. 0 
So lange man noch keinen bleibenden 
Aufenthalt hat, als auf 88 8 und Akade⸗ 
mie 


254 


mien, muß man darauf bedacht feyn, feiner 
Sammlung ſolche Behaͤltniſſe zu geben, die 
ſie nicht allein vor den eben benannten ſchaͤdli⸗ 
chen Einwirkungen ſichern, ſondern die auch ſo 
beſchaffen find, daß man die Gewaͤchſe derſel⸗ 
ben, ohne große Beſchwerde und ohne Gefahr 
ſie zu zerbrechen, von einem Orte zum andern 
bringen koͤnne. Dieſe werden am wohlfeilſten 
und zweckmaͤßigſten aus ſteifer Pappe verfer⸗ 
tiget. Sie koͤnnen ſo eingerichtet ſeyn, daß 
man nur eine gewiſſe Anzahl Papierbogen 
mit Pflanzen, nach Verhaͤltniß des Raumes, 
den ſie zu Folge ihrer Einrichtung beſchraͤnken, 
darin aufbewahren, oder daß man ihren Raum 
nach der Anzahl der darin aufzubewahrenden 
Pflanzen erweitern kann. Die letzteren ſind 
denen erſteren in manchen Betrachte voczuziehen. 
Die erſteren haben entweder die Geſtalt und 
Einrichtung eines Kaſtens, oder ſie beſtehen 
aus einem Stuͤcke Pappe, welches man durch 
zwei nicht tief eindringende Einſchnitte der 
Lange noch in zwei gleiche Blaͤtter, von der 
Größe der zuſammengeſchlagenen Papierbo⸗ 
gen, theilet, ſo, daß ſie mit dem dazwiſchen 
befindlichen Mittelſtuͤcke in Verbindung blei⸗ 
ben und doch beweglich ſind, damit ſie nach 
Belieben auseinander und wieder zuſammen⸗ 
geſchlagen werden konnen, wie der Umſchlag 
eines Buches. Dieſes Pappenſtuͤck wird an 
den drei offenen Seiten, durch daran befeſtigte 
Baͤnder zuſammengebunden, damit die darin 
eingeſchloſſs enen ai mit den en 
e 


| 285 
Feſtigkeit erhalten. Bringt man aber in ein 
ſolches Behaͤltniß mehr Pflanzen, als die Brei⸗ 
te des Mittelſtuͤckes verſtattet, ſo leiden die 
Pflanzen durch das ungleiche Zuſammenpreſ⸗ 
ſen; ſind deren aber ſo wenige, daß ſie den 
durch das Mittelſtuͤck angewieſen Raum nicht 
ausfuͤllen, fo entſtehet bei dem Zuſammenbin⸗ 
den gleichfals ein ungleicher Druck und es 
bleibet ein leerer Zwiſchenraum zwiſchen dem 
Mittelſtuͤcke und den Papierbogen welcher dem 
Staube und den Inſekten zum Verſammlungs⸗ 
orte dienen kann. | | 
Die kaſtenartigen Behaͤltniſſe, fuͤr die in 
Papierbogen geordneten Gewaͤchſe ſind noch 
unzweckmaͤßiger und haben uͤber dem die beſon⸗ 
dere Unbequemlichkeit, daß das Aufſuchen, ei⸗ 
ner Pflanzenart ſehr erſchweret wird. 
Diejenigen Behaͤltniſſe, in welchen man 
einen Haufen Pflanzen von verſchiedener Groͤſ— 
fe befeſtigen und aufbewahren kann, beſtehen 
nur aus zwei einzelnen Pappblaͤttern, welche 
die Sänge und Breite der Papierbogen haben, 
worin ſich die Pflanzen befinden. Zwiſchen 
dieſen Blättern leget man die Pflanzen einer 
Klaſſe, oder wenn ſie groß ſeyn ſollte, einer 
Ordnung, in einen Haufen. Alsdann bindet 
man ſie entweder mit Huͤlfe eines Bindfadens, 
oder mittels an allen Seiten gegen einander 
uͤber befeſtigter Baͤnder, ſo feſt zuſammen, daß 
die dazwiſchen befindlichen Pflanzen eine gleich⸗ 
foͤrmige Befeſtigung erhalten, ohne ſich rei⸗ 
ben oder zerbrechen zu koͤnnen. Auf dieſe 
Wei⸗ 


286 


Weiſe verhindert man dem Staube und denen 

Inſekten den Zugang zwiſchen den Papierbo⸗ 
gen zu den Pflanzen. Zu mehrerer Vorſicht 
aber kann man um einen ſolchen Haufen einen 
großen Bogen Papier ſchlagen. Auf gleiche 
Weiſe werden die Pflanzen auch an auswaͤrti⸗ 
ge Freunde verſendet, nur iſt es in dieſem Falle 
rathſam, ihnen hinlaͤngliche Zwiſchenlagen zu 
geben und ſie bei weiten Verſendungen in 
Wachstuch vor Naͤſſe zu verwahren. 

Wird aber die Sammlung durch ausdau⸗ 
ernden Fleiß und die Beihuͤlfe auswaͤrtiger 
Freunde, zahlreicher, ſo iſt es rathſam, ſo lan⸗ 
ge man noch keinen bleibenden Aufenthalt hat, 
ſie nach ihren Klaſſ en auf ein Bücherbret der 
Reihe nach, nicht aber wie gewoͤhnlich, in 
mehreren Haufen aufeinander, zu legen. Im 
letzteren Falle wird das Rachſuchen einer Dflan- 
zenart erſchweret und die unt eiten Pflanzenla⸗ 
gen leiden zu ſehr durch den Druck der oberen. 
Hat man aber einen bleibenden Aufenthalt von 
einigen Jahren, oder laͤſſet ſich eine entfernte 
Ortsveraͤnderung nicht vermuthen, ſo bleibet 
es immer rathſamer, ſich ein beſonderes Be⸗ 
haͤltniß von Holz fuͤr die Sammlung verferti- 
gen zu laſſen, in welchem die Gewaͤchſe nach 
ihren Klaſſen geordnet und vor aͤußeren Ein⸗ 
wuͤrkungen nachtheiliger Zufaͤlle geſichert wer⸗ 
den. Ein ſolches Behaͤltniß iſt ein ſtehender 
Schrank. Freilich kann im Nothfal e ein jeder 
Schrank, der raͤumlich genug iſt, die Pflanzen 


uch, g zu ordnen, hierzu angewendet werden. 
Wer⸗ 


——— — — — — — 


287. 


Wer aber im Stande iſt, die Koſten daran zu 


wenden, ſich ein beſonderes eingerichtetes Be⸗ 
haͤltniß fuͤr ſeine Sammlung verfertigen zu laſ⸗ 
ſen, der kann dafuͤr ſorgen, daß es nicht allein 
dem Zwecke vollig angemeſſen ſey, ſondern auch, 
bei der moͤglichſten Erſparung der Koſten und 
des Raumes, der jaͤhrliche Zuwachs der Samm⸗ 
lung mit in Anſchlag gebracht werde. Ein ſol⸗ 


cher Schrank muß daher folgende Eigenſchaften 
9 9 9 


haben. a) Er muß aus zolligen Tannen⸗Bre⸗ 
tern verfertiget ſeyn, die vollkommen trocken 
find, ſonſt erhält er bei dem Zufammentrock⸗ 
nen des Holzes Riſſe und Oeffnungen. b) Die 


Breter muͤſſen mit einem Pfalze zuſammenge⸗ 


fuget und mit den Thuͤren fo feſt anſchließen, 
daß weder Staub noch Inſekten in denſelben 
eindringen koͤnnen. c) Er muß mit Faͤchern 
verſehen und fo groß ſeyn, daß eine mittelmaͤ⸗ 


ſige Sammlung darin gehoͤrig geordnet werden 


könne. d) Die Fächer muͤſſen fd eingerichtet 
ſeyn, daß ihre Breite und Tiefe nicht allein der 
Breite und Laͤnge eines zuſammengeſchlagenen 
Papierbogens von groͤßerem Formate ange⸗ 
meſſen ſey, ſondern auch ihre Groͤße nach dem 
jedesmaligen Bedürfniſſe der Klaſſen und rd 
nungen veraͤndert werden koͤnne. 

Ich will jetzt das Maaß und die Gig 
tung eines ſolchen Schranfes genau angeben, 
wie ich ihn durch die Erfahrung am zweckmaͤſ⸗ 
ſigſten gefunden habe und dadurch einen yon 
in den Stand feßen, den Ueberſchlag der Ko⸗ 
ſten mit einem Tiſchler ſeines Ortes machen zu 

koͤu⸗ 


288 


koͤnnen. Dieſer Schrank muß 7 Fuß 6 Zolle 
hoch, 5 Fuß 5 Zolle breit und 15 Fuß im 
Lichten dein. In demſelben werden vier Bre⸗ 
ter, deren Lange und Breite der Höhe und dem 
Lichten deſſelben gleichen, jedes eilf Zolle von 
einander befeſtiget, ſo, daß dadurch fuͤnf Ab⸗ 
theilungen entſtehen. An die Seitenwaͤnde 
dieſer fuͤnf Abtheilungen laſſe man, nach der 
Breite der Breter, alle ſechs Zolle von einan⸗ 
der, kleine Leiſten feſt nageln, auf welchen 
duͤnne Breter, deren Laͤnge der Tiefe oder dem 
Lichten des Schrankes gleich iſt, und welche ohn⸗ 
geſaͤhr die Dicke eines halben Zolles haben, 
ruhen koͤnnen. Zu einer jeden der fuͤnf Ab⸗ 
theilungen gehören ſechs bis ſteben ſolcher 
Breter, alſo überhaupt dreiſig bis fünf und 
dreiſig, welche nach Belieben verle; ger oder aus 
und eingeſchoben werden koͤnnen. Vier und 
zwanzig derſelben werden an der vorderen Sei⸗ 
te nach den vier und zwanzig Klaſſen des Lin⸗ 
neiſchen Syſtemes numeriret, damit man bei 
dem erſten Anſehen jede Klaſſe gleich finde, 
welche man ſuchet. Der Schrank wird mit 
zwei Thuͤren verſehen, die mit einer uͤberſtehen⸗ 
den Leiſte von allen Seiten dicht anſchließen 
und mittels eines Schloſſes verſchloſſen werden. 
In einem Schranke dieſer Art koͤnnen einige 

tauſend Pflanzen bequem geordnet werden und 
man wird immer fo viel Platz übrig behalten, 
daß man in den unterſten Faͤchern zweifelhafte 
Tan oder una 70 sn" 1 an 


di, 


289 


Die Klaſſen des Linneiſchen Syſtems 
find nach der Anzahl der Gattungen und Arten 
ſo ſehr von einander verſchieden, daß einige 
derſelben, als die erſte, ſtebende, neunte, acht⸗ 
zehnte und zwanzigſte Klaſſe nur eine geringe, 
dagegen die fuͤnfte, ſiebenzehnte, neunzehnte 
und vier und zwanzigſte eine ſehr große Anzahl 
Pflanzen enthalten, auch hat man zuweilen 
Gelegenheit, aus einer Klaſſe mehr Arten fuͤr 
ſeine Sammlung zu erhalten, als aus der an⸗ 
dern. Nach dieſem Verhaͤltniſſe muͤſſen auch 
die Faͤcher, vermoͤge ihrer beweglichen Breter, 
abgemeſſen werden. So erfordern die erſte, 
ſiebende, neunte, achtzehnte und zwanzigſte 
Klaſſe, jede fuͤr ſich, nur ein Fach von ſechs 
Zolle Hoͤhe; die zweite, vierte, ſechste, achte, 
zehnte, eilfte, zwoͤlfte, dreizehnte, vierzehnte, 
funfzehnte, ſechzehnte, zwei und zwanzigſte und 
drei und zwanzigſte, ein Fach von einem bis 
anderthalb Fuß Hoͤhe, dagegen erfordern ein⸗ 
zelne Ordnungen der dritten, fuͤnften, ſieben⸗ 
zehnten, neunzehnten, ein und zwanzigſten und 
vier und zwanzigſten Klaſſe beſondere Fächer, 
von einem bis anderthalb Fuß. Sind die 
Rächer des Pflanzenſchrankes nach Linne's Vor- 
ſchrift f) durch feſtſitzende Breter in einen ge» 
wiſſen Raum beſchraͤnket, ſo wird bei einigen 
Klaſſen viel Raum verlohren gehen und dage⸗ 

gen bei andern es an Raum gebrechen. 

| | Soll⸗ 
1) Caroli Linnei Philoſophia botanica 
pag. 291. et 309, 1 K. 


290 


Sollte aber die Sammlung fo zahlreich 
werden, daß der Kaum in dem bier befchriebe- 
nen Schranke die vier und zwanzig Klaſſen des 
Linneiſchen Syſtems nicht mehr faſſen kann, 
fo iſt es rathſam, dieſen Schrank den phaͤno⸗ 
gamiſchen Gewaͤchſen allein zu überlaffen und 
für die kryptogamiſchen Pflanzen einen befon- 
deren Schrank nach obiger Finke verfer⸗ 
tigen zu laſſen. Dieſe Abſonderung der kryp— 
togamiſchen Pflanzen von den phaͤnogamiſchen 
wird um ſo nothwendiger werden, da durch die 
neueren Entdeckungen die Anzahl der erſteren 
denen letzteren faſt gleich kommt. Da aber 
mehrere Arten aus der Familie der Flechten 
(Lichenes) und Pilze (Fungi), die auf Stei⸗ 
nen und Holz wachſen und wegen der Groͤße 
und Feſtigkeit ihrer Unterlagen es nicht verſtat⸗ 
ten, ihnen nach Belieben und ohne Zerſtoͤrung 
der Exemplare, eine platte Geſtalt zu geben 
und daher auch nicht, wie die übrigen, zwiſchen 
Papierbogen gebracht werden koͤnnen, fo muß 
man bei der Einrichtung eines Schrankes für 
die kryptogamiſchen Gewaͤchſe auch auf dieſe eine 
beſondere Ruͤckſicht nehmen, damit derſelbe auch 
fuͤr dieſe eine zweckmaͤßige Einrichtung erhalte. 

Fuͤr eine ziemlich anſehnliche Sammlung 
kryptogamiſcher Gewaͤchſe wird ein Schrank 
von 7 Fuß 6 Zollen Höhe, 3 Fuß 5 Zollen 
Breite und 12 Fuß im Lichten, hinreichend 
ſeyn. In demſelben werden zwei Scheide⸗ 
wände von der Hoͤhe und Tiefe des Schrankes, 


jede eilf Zolle von einander, befeſtiget, ſo, daß 
drei 


291 


drei Abtheilungen entftehen. An die Seiten» 
waͤnde der beiden Abtheilungen linker Hand 
werden, wie bei dem vorhin angezeigten 
Schranke, alle ſechs Zolle von einander, kleine 
Leiſten ſeſt genagelt, auf welchen duͤnne Breter 
aus- und eingeſchoben werden koͤnnen. In der 
dritten Abtheilung rechter Hand aber laſſe man, 
an Statt der Leiſten, einen Fuß von einander 
duͤnne Breter befeſtigen, auf welchen ſich ſie⸗ 
ben dazu verfertigte Schiebladen aus- und ein⸗ 
ſchieben laſſen. Dieſe Schiebladen koͤnnen 
nur aus halbzolligen Holze zuſammengeſetzet 
ſeyn, fie muͤſſen aber die Breite und Tiefe der 
Abtheilung haben. Auch wuͤrde es rathſam 
ſeyn, fie in der Mitte mit einer dünnen Schei⸗ 
dewand verfehen zu laſſen, um die für fie bes 
ſtimmten Gewaͤchſe deſto richtiger zu ordnen. 
In die beiden erſten Abtheilungen bringe man. 
alsdann die in Papierbogen befindlichen kryp⸗ 
Ren Gewaͤchſe, nach einer angenom— 
menen Ordnung. In den Schiebladen der 
ritten Abtheilung finden aber die Steinflech⸗ 
ten und Schwaͤmme einen ſicheren Verwah⸗ 
rungsort. Die Breter ſowohl, als die Schieb— 
laden muͤſſen an der vorderen Seite mit den 
Namen der Klaſſe oder Familie bezeichnet 
werden, um dadurch das Nachſuchen einer 
Art zu erleichtern. 
Fuͤr dieſen Schrank iſt eine Thuͤr die 
verfchloff en werden kann hinreichend. 
Die fuͤr die Schiebladen beſtimmten 
Steinflechten oder Schwaͤmme muͤſſen aber 


D 


22 auch 


292 


auch ſo, wie die uͤbrigen in Papierbogen be⸗ 
findlichen Gewaͤchſe, eine zweckmaͤßige Einrich⸗ 
tung erhalten, damit ein jeder bei der Betrach⸗ 
tung und Vergleichung derſelben, ſich im Stan⸗ 
de befinde, ohne Beihuͤlfe eines Buches, ſie 
von einander zu unterſcheiden. Damit aber 
auch durch die Reibung der harten Unterlagen 
die auf denſelben ſitzenden Gewaͤchſe in den 
Schiebladen keinen Schaden leiden, bleibet es 
nothwendig, eine jede Art beſonders in ein 
Blatt reines Schreibpapier zu wickeln, welches 
der Groͤße des Exemplaͤres hinlaͤnglich ange⸗ 
meſſen iſt. Auf die innere Seite dieſes Blattes 
ſchreibet man den Namen der Gattung und 
Art, alsdann die Diagnoſe u. ſ. w. wie ich bei 
den phanogamiſchen Gewaͤchſen gezeiget habe, 
auf der aͤußeren Seite deſſelben aber muß man 
den Namen der Gattung und Art ſchreiben. 


Da es dem Pflanzenforſcher immer wich⸗ 
tig bleiben muß, ſo wie von den uͤbrigen Ge⸗ 
waͤchſen, auch von den Pilzen eine moͤglichſt 
vollffandige und unterrichtende Sammlung zu 
erhalten, die Verfertigung derſelben aber, we⸗ 
gen der beſonderen Geſtalt und Beſchaffenheit 
dieſer Naturprodukte mit manchen Schwierig⸗ 
keiten verbunden iſt, ſo erfordert eine ſolche 
Sammlung eine beſondere Einrichtung, die 
aber muͤhſamer und koſtſpieliger bleibet, als 
die der übrigen Gewaͤchſe. 


Ein großer Theil der Schwaͤmme, die 


eine feſtere, weniger fleiſchige Subſtanz haben, 
I | 0 f laſſen 


293 


laſſen fi ſch leichter trocknen und aufbewahren. 
Sie verliehren zwar durch das Trocknen ſehr 
viel von ihrem natürlichen Anſehen und ihrer 
Geſtalt, indeſſen können fie doch immer, bei 
der eee und Beſtimmung aͤhnlicher 
Arten, ſehr nuͤtzlich werden. Dieſer Endzweck 
wird aber ganz verfehlet, wenn man ihnen, 
wie bei den uͤbrigen Gewaͤchſen, durch das 
Preſſen eine platte Geſtalt giebt. Man laſſe 
ſie vielmehr nach ihrer Raa en Geſtalt und 
Richtung trocken werden. Bei einem großen 
Theile derſelben iſt es aber nothwendig, ſie bei 
einem ſtaͤrkeren Grade der Waͤrme auf einem 
heißen Ofen, geſchwinde zu trocknen, wodurch 
fie vollſtaͤndiger erhalten und zugleich die in ih⸗ 
nen ſchon befindlichen Wuͤrmer und Larven der 
Inſekten getödtet werden. Zu dem Ende 
waͤhle man bei dem Einſammlen ſolche Exem⸗ 
plare, die ſich entweder noch nicht voͤllig, oder 
doch wenigſtens noch nicht lange vorher ent⸗ 
wickelt haben. Die groͤßeren Arten der Hut⸗ 
pilze, welche in der Sammlung einen zu großen 
Raum einnehmen moͤgten und ſchwerer trocknen, 
kann man, vom Scheitel bis zum Grunde ihres 
Stieles ſenkrecht in zwei Theile theilen. Als⸗ 
dann bringe man ſie auf einen heißen Ofen, 
nachdem man ihnen vorher eine Unterlage von 
ein Paar Bogen Papier gegeben hat. Dieje⸗ 
nigen Arten aber, welche ſehr fleiſchig, ſaftig 
oder milchicht ſind, laſſen ſich nicht auf dieſem 
Wege fuͤr die b erhalten, indem fie 
bald nach ihrer Entwickelung und ehe man im 
Stan⸗ 


294 


Stande ift, fie trocken zu erhalten, in eine 
Brei⸗ oder Dintenartige Maſſe zerfließen. 
Dieſe machen alſo in der Sammlung immer 
eine Lucke, wenn man nicht darauf bedacht iſt, 
durch die Kunſt dieſe Lucke auszufuͤllen. G lei 
ditſch +) machte daher Verſuche, dieſe und 
andere Pilze in Wachs abzugießen, die ſehr 
gluͤcklich ausfielen. Das Wachs iſt vorzuͤglich 
dazu geeignet, alle Erhabenheiten, Vertiefun⸗ 
gen und Narben, nebſt den feineſten auch fla⸗ 
cheſten Zuͤgen und Punkten an den Schwaͤm⸗ 
men auf das deutlichſte auszudrucken und das 
Abformen ſelbſt iſt ſo einfach und leicht, daß es 
aller Orten auf dem Sande in Gipsformen bald 
verrichtet werden kann. Dieſer unermuͤdete 
Pflanzenforſcher raͤth zu dieſem Ende, ſo viel 
Gips in einem ledernen Beutel und etwas 
Baumol auf botaniſchen Wanderungen bei ſich 
zu führen, als dazu erforderlich iſt, die Forme 
zu machen, und die abzugießenden Schwaͤmme 
zuvor mit dem Oele zu beſtreichen. Die Ver⸗ 
fertigung einer ſolchen vollſtaͤndigen Samm⸗ 
lung von Wachsabguͤſſen iſt, feiner. Behaup⸗ 
tung nach, nicht ſehr koſtſpielig und erfordert 
nur eine durch Uebung und Erfahrung erlangte 
e 00 ih El ee 

| welche 


5, J. G. Gleditſch vermiſchte phyſikaliſch⸗ 
botaniſch⸗oͤkonomiſche Abhandlungen Theil I. 
S. 58-68. Vorlaͤufige Anzeige eines nuͤtzli⸗ 
chen Verſuches, die Schwaͤmme in 1 und 
Metall abzugießen. 


295 


welche ſich dieſer Arbeit unterziehen wollen, em⸗ 
pfehle ich, die Abhandlung ſelbſt nachzuleſen. 
Withering +) ſchlägt eine andere Methode 
zu der Verfertigung einer vollſtaͤndigen Samm⸗ 
lung von Pilzen vor, welche zwar in Abſicht 
der Erhaltung ihrer natürlichen Geſtalt und 
Farbe ſehr große Vortheile zu haben ſcheinet, 
die aber zu koſtbar für einen Privatmann ſeyn 
moͤgte. Sie . darin, die Schwaͤmme 
in beſonderen Giäfern von hinlaͤnglicher Größe, 
mit einer kuͤnſtlich zubereiteten Fluͤſſigkeit zu 
uͤbergießen, wovon derſelbe zwei Vorſchriften 
liefert um ſie e darin aufzubewahren. 


Solch die auf die vorhin angezeigte 
Weiſe getrockneten, als auch die in Wachs 
pouſſirten Schwaͤmme werden am beſten in 
einem beſonders dazu eingerichteten Schranke 
aufbewaͤhret, wenn man die Koſten daran 
wenden kann. Ein ſolcher Schrauk be⸗ 
ſtehet aus Schiebladen, die mit einem dicht⸗ 
ſchließenden Glasdeckel verſehen ſind, deren 
man ſich bei den ee e ge⸗ 
woͤhnlich zu bedienen pfleget. In dieſe Schieb⸗ 
laden werden die Schwaͤmme nach Numern 
geleget, die mit dem dazu erfertigten? Verzeich⸗ 
niſſe uͤbereinſtimmen. In dem Verzeichniſſe. 
ſelbſt kann man nach den, mit den Exemplaren 

e der 


10 A New Meihod of en Fungi ete. 
By William Withering, Linnean 
Transactions Vol. 2. Pag. 263 266. 


296 


der Sammlung übereinftimmenden Numern 
nicht allein den Namen der Gattung und Art, 
ſondern auch die Diagnoſe u. ſ. w. anführen. 
Da es die taͤgliche Erfahrung lehret, daß 

die Pflanzenſammlungen denen Nachſtellungen 
ſchaͤdlicher Inſekten ſehr ausgeſetzet ſind, ſo 
muß man alle Sorgfalt anwenden, theils 
durch Vorſichtsmaaßregeln, theils durch zweck⸗ 
mißt Mittel, ſie davon abzuhalten. Mit 
der naͤheren Betrachtung dieſes wichtigen Ge⸗ 
genſtandes will ich dieſe Anweiſung beſchließen. 
Die denen Pflanzenſammlungen ſchaͤdli⸗ 
chen Inſekten ſind theils einige Käfer mit ih⸗ 
ren 0 als der Plinus Fur und einige Ar⸗ 
ten der Gattung Dermeltes, theils die Staub⸗ 
oder Papier⸗Laͤuſe (Permes). Die Erſteren 
verſchonen keinen Theil der Pflanze, auch ſelbſt 
das Papier nicht, die letzteren aber zerſtoren 
vorzüglich die zarteren Theile der Blumen und 
die zateren Conferven. Zur Abhaltung dieſer 
ſchaͤdlichen Thiere ſind unſtreitig einige zu 
beobachtende Vorſſ chtsregeln wirkſamer, als 
alle andere empfohlene Mittel zur Vertilgung 
derſelben. 
Wenn ich gleich ſchon in dem Vorherge⸗ | 
henden verſchiedene dahin abzweckende Vor⸗ 
ſchriften gegeben habe, fo halte ich es doch nicht 
für uͤberfluͤſſig, fie hier zur beſſeren Ueberſicht 
zu wiederholen. 5 5 
| 1) Man achte forgfältig darauf, 
daß der Pflanzenſchrank von allen 
Seiten dicht verſchloſſen bleibe, da⸗ 
mit 


297 


mit weder a noch eee einen 
Eingang finden konnen. . gleich 
der Staub an 25 fuͤr ſich den Gewaͤchſen 
keinen erheblichen Sg zuzufuͤgen 9 
ſo iſt er doch oft ein Mittel, die Eier | ſchaͤdlicher 
Inſekten denen Pflanzen zuzuführen. S Sole 
der Schrank vielleicht, durch das Eintrocknen 
des Holzes, Riſſe erhalten, oder deſſen Fugen 
ſich erweitern, ſo fülle man dieſelben mit dem 
gewoͤhnlichen Fenſt terkuͤtte forgfältig aus und 
leime zum Ueberſlaſſe einen breiten Papierſtrei⸗ 
fen daruͤber. Auch iſt es rathſam, den Schrank 
auswendig mit Oelfarbe zu uͤberſtreichen. 

2) Denen Pflanzenbehaͤltniſſen 
gebe man einen ſolchen Platz, der des 
Sommers luftig und trocken iſt, des 
Winters aber erwaͤrmetwerden kann. 
Iſt der Ort, wo die trockenen Gewaͤchſe auf⸗ 
bewahret ſtehen, dumpfig und feucht, ſo ziehen 
ſie leicht wieder einige Feuchtigkeiten an ſich 
und werden dadurch denen Nachſtellungen der 
Inſekten mehr ausgeſetzet. Je trockener die 
Gewaͤchſe erhalten werden, deſto weniger lei⸗ 
den ſie von den Inſekten. Die Erfahrung hat 
es uͤberdem beftätiget, daß Pflanzenſammlun⸗ 
gen in einem Zimmer, welches des Win⸗ 
ters geheizet und des Sommers fleißig durch 
offene Thuͤren und Fenſter geluftet wird, weit 
ſeltener von Inſekten beſchaͤdiget werden. 
Wahrſcheinlich ſtoͤret die Abwechſelung der kuͤnſt⸗ 
lichen Warme des Tages mit der unverhaͤltniß⸗ 
maͤßigem ſtaͤrkeren Kälte des Nachts ihre Ver⸗ 
rn wand⸗ 


298 


wandlung und das Aufkommen der jungen 
Brut. 
3) Man ſehe im Frühjahre und 
Herbſte ſeine Sammlung ſorgfaͤltig 
durch, ob ſich bei einer oder der an⸗ 
deren Pflanze ein ſchaͤdliches Inſekt 
eingefunden habe. Entdecket man ver- 
gleichen, ſo toͤdte man es nicht allein, ſondern 
man reinige auch die Pflanze und den Papier- 
bogen, mittels einer kleinen weichen Buͤrſte, 
von dem ſich vorfindenden mehlartigen Staube, 
der durch die Inſekten gewoͤhnlich cezeuget wird. 
4) Mantrage niemals eher ein Ge⸗ 
waͤchs in die Sammlung ein; als bis 
es vollkommen trocken iſt. Ueberdem 
unterſuche man es genau, ob ſich an demſelben 
Spuren eines Inſektes, oder deſſen Puppen, 
Larven und Eier wahrnehmen laſſen. Bemer⸗ 
ket man Schimmel und dergleichen an derſel⸗ 
ſelben, ſo iſt es ein Beweis, daß die Pflanze 
nicht den gehoͤrigen Grad der Trockenheit erhal⸗ 
ten, oder Feuchtigkeiten wieder an ſich gezogen 
habe. Man ſchaffe denſelben mit Huͤlfe einer 
weichen Buͤrſte behutſam weg und laſſe die 
Pflanze noch einige Zeit trocknen, ehe man ſie 
in die Sammlung aufnimmt. 

Bis jetzt iſt uns noch kein untı'» liches 
Mittel bekannt, welches die denen Pftanzen⸗ 
ſammlungen ſchaͤdlichen Inſekten abhaͤlt oder 
toͤdtet. Indeſſen iſt es doch nicht ganz uͤber⸗ 
fluͤſſig, einige der zweckmaͤßigſten mit anzuwen⸗ 
den, da fi e auf keinen Fall der Sammlung 


(ha 


299 
ſchaden und gegen die Inſekten nuͤtzlich ſeyn 
koͤnnen. | 3 
Eins der vorzuͤglichſten Mittel iſt der 

Campher, deſſen fluͤchtige Theilchen ſich durch 
die ganze Sammlung verbreiten. Man lege 
daher hin und wieder in die Faͤcher des Pflan⸗ 
zenſchrankes Stückchen Campher, entweder 
blos oder in Papier gewickelt und erneuere 
ſie von Zeit zu Zeit, wenn ſie verdunſtet ſind. 

Das Eindringen der Inſekten in das Be⸗ 
haͤltniß, worin die Gewaͤchſe und ihre Theile 
aufbewahret werden, kann man auch dadurch 
ſehr verhuͤten, wenn man daſſelbe mit ſolchen 
Mitteln beſtreichet, die ihnen entweder wider- 
lich oder gar toͤdtlich ſind. Einige haben zu 
dieſem Ende eine Aufloͤſung von Schwefel⸗ 
leber (Hepar fulphuris) in Waſſer ange⸗ 
rathen. Ellis +) empfiehlet dagegen ein 
Mittel, daß ſehr zweckmaͤßig iſt und auf fol⸗ 
gende Weiſe bereitet wird. Man loͤſet zwei 
Loth rohen Salmiak (Sal ammoniacum 
crudum) in einem Quarte oder zwei Pfunden 
nach medieiniſchem Gewichte, Waſſer auf und 
giebt alsdann vier Loth äßendes ſublimirtes 
Queckſilber (Mercurius ſublimatus corrofi- 
vus 


+) Johann Ellis Anweiſung, wie man 
Samen und Pflanzen aus Oſtindien und 
andern entlegenen Laͤndern friſch und gruͤnend 
uͤber See bringen kann. Aus dem Engliſchen 
überfeget. Mit einer Kupfertafel, Lpz. 1775. 
8vo. Seite 29. 30. 


300 


vus) hinzu. Wenn man dieſe Aufloͤſung an⸗ 
wenden will, ſo muß man ſie zuvor in einem 
glaͤſernen Gefaͤße warm machen. Zu dem En⸗ 
de waͤhlet man ein ſogenanntes Zuckerglas, 
bindet um den Rand deſſelben einen Bindfa⸗ 
den oder Eiſendraht und ſetzet es mit der Auf⸗ 
loͤſung in einen Topf mit kalten Waſſ er auf ein 
Kohlenfener. Wenn das Waſſer in dem Topfe 
kochet, ſo iſt die Aufloͤſung in dem Glaſe zum 
Gebrauche heiß genug. Mit derſelben be⸗ 
ſtreiche man alsdann, mittels eines Pinſels von 
Schweinsborſten, inwendig und auswendig 
(wenn er noch nicht mit Delfarbe uüͤbertünchet 
iſt) den Schrank, vorzüglich aber die Fugen 
und Ritzen deſſelben. Die Erwaͤrmung dieſer 
Aufloͤſung erleichtert das Eindringen derſelben 
in das Holz und nach Ellis Behauptung 
wird kein Inſekt ſich da Mühe wo fie einmal 


aufgeſtrichen iſt. 


8¹ quid 0 rectius Iltis, Kandis imperli, 
1 non, his utere mecum. 


Am NU 


. 


Kur 
11 
DR 


III