ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG
HERAUSGEGEBEN
VOM
ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUT DES DEUTSCHEN REICHS.
JAHRGANG XLIII.
1885.
REDACTEUR: DR. MAX FRANKEL
BERLIN,
DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1886.
INHAL T.
Spalte
H. DiERKs lieber das Kostüm der griecliischeu Schauspieler iu der alten Komödie (Tafel 5 und
Textabbildung) 31
F. VON DuHN Charondarstellungen ('J'afel 1 — 3 und zwei Textabbildungen) 1
Die Götterversamnilung- am Ostfries des Parthenon 99. (167)
M. Fränkel Inschriften aus Mytilenc 141
A. FuRTwÄRGLEn Griechische Vasen des s. g. geometrischen iStils (Taf. S) 131
Prometheus (Textabbildung) 223
Die „Hera von Girgenti" und drei andere KöjitV (vier Textabbildungen) 275
G. KoERTE Koma, antikes Wandgemälde im Palazzo Barberini (Tafel 4) 23
M. Lehnerdt Herakles und Aeheloos (Tafel 6. 7, 1) 105
F. Marx Ein neuer Aresmythus (Textabbildung) 169
Dioskuren aus Siiditalien (Textabbildung) 269
M. Mayer Lamia (Tafel 7, 2) 119
Alkmeons Jugend (Tafel 15) 241
P. J. Meiek Beiträge zu den griechischen Vasen mit iMeistersignaturen. II (Tafel 10. 11) .... 179
A. Michaelis Die Lücken im Parthenonfries (Textabbildung) 53
W. M. Ramsay Basrelief of Jbriz (Tafel 13) 203
K. Wernicke Lebenslauf eines Kindes in Sarkophag-Darstellungen (Tafel 14) 209
Beiträge zur Kenntniss der Vasen mit Meisternamen (Tafel 16 — 19) 249. (289)
F. Winter Ueber Vasen mit Unirisszeichnung (Tafel 12 und drei Textabbildungen) 187
P. Wolters Die Eroten des Praxiteles (Textabbildung) 81
Der Triton von Tanagra (Textabbildung) 263
MISCELLEN.
C. Aldenhoven Zu der Cicerobüste in Madrid 235
H. Blümner "Noch einmal die griechischen Speisetische (Textabbildung) 287
M. Fränkel Zu der Karlsruher Unterweltsvase Archäol. Zeitung 1884 Tafel 19 71
Hermes als Kind (Tafel 9) 151
A. Furtwängler Zu Archäologische Zeitung 1885 Tafel 1 153
A. Michaelis Theseus oder lason? 231
Nachtrag 281. 291
Die verschollene mediceische Poseidon-Statue (Textabbildung) 283
F. Studniczka Nachtrag zu Archäologische Zeitung 1884 S. 281 ff 293
K. Wernicke Die Kindheit des Zeus (2 Textabbildungen) 229
Zu den Vasen mit Meisternamen. Nachtrag 289
BERICHTE.
Erwerbungen der kgl. Museen im Jahre 1884
I. Sammlung der Sculpturen und Abgüsse (A. Conze) 153
II. Antiquarium (A. Furtwängler) 155
Erwerbungen des Britischen Museums im Jahre 1884 237
Sitzungen der archäologischen Gesellschaft zu Berlin im Jahre 1885 73. 161. 293
Festsitzung des deutschen archäologischen Instituts in Rom 157
Chronik der Winckelmannsfeste (Athen. Rom. Berlin. Bonn. Kiel) 295
Benachrichtigung betreffend die künftige Gestaltung der periodischen Publicationen des kaiserlich
deutschen archäologischen Instituts 301
Register von Konrad Wernicke 305
IV Inhal t.
ABBILDUNGEN.
Tafel 1. Cliaron, Teiiacotta-Relief im Berliner Museum.
2. H. Charon-Lekythen im Berliner Museum.
4. Homa, Wandgemälde im Palazzo Barberini.
5. Komödien-Sceuen, Vasen in Paris.
6. Herakles und Acheloos, s. f. Amphora des British Museum.
7. 1. Schale iu Verona. 2. Krater aus Kameiros.
8. Vasen des s. g. gcometrisciien Stils in Kopenhagen.
9. Hermes als Kind, Marraorkopf.
- 10. Tanzender Satyr, Schale der Sammlung Bourguignon in Neapel.
- 11. Schale in München.
- 12. 1. Schale in Bonn. 2. Lekythos des British Museum. 3. Bemalte Stele in Berlin.
- 13. Felsrelief' von Ibriz.
- 14. Sarkopliage im Louvre.
- 15. Alkmeou, Hydria in Berlin.
- 16. Vasen 1) des Nikostheues 2) des Hermogencs 3) des Epiktet.
- 17. Schale, muthmaasslich von Euphronios.
- 18. 19, 1. Schale, mutlmiaasslich von Hieron.
- 19, 2. lunenbild einer Leagros-Schale.
Spalte 9. Charon, Teriacottarelief der Sammlung Liechtenstein in Wien.
17. Charon, Lekythos in Athen (nach Pottier, les lecythes blaues T. 3).
49. Rückseite der Vase Tafel 5,1.
57. Hekatombe vom Südfries des Parthenon.
90. Münzen von Parion mit Eros.
131. 139. Vase des s. g. geometrischen Stils in Athen.
139. Bronzefibula aus Athen.
142. Darstellung eines orientalisclien Cylinders.
169. Feuerbad des Ares auf einer pränestinischen Ciste in Berlin (nach Monumenti IX T. 48).
189. 197. 198. Weibliche Köpfe in Umrisszeichnung auf Vasen des British Museum.
223. Prometheus, Carneol-Scarabaeus zu Odessa.
229. 230. Die Kindheit des Zeus, Sarkophag in Florenz.
263. Münzen von Tanagra mit Dionysos und dem Triton.
269. Dioskuren, Terracottagruppe aus Süditalien.
275. Vier weibliche Marmorköpfe: A die s. g. Hera von Girgenti im British Museum, B im Besitze
von Castellani, C im Berliner Museum, D im Besitze des Herrn von Warsberg in Wien.
283. Mediceische Poseidon-Statue (nach Cavalieri, Anliqnae slahiae urbis Romae II T. 27).
287. Bronzetisch im Berliner Museum.
CHARONDARSTELLUNGEN
(Tafel 1-3.)
„Der hellenisclie Mythos war der gemeinsame
Inhalt der hellenischen Poesie; jeder rechte Dichter
hatte nicht nur die Form, sondern auch den Stoff
aus dem Gesanimtbesitz des Volkes entnommen')."
Aber nicht Alles entnahm der epische Dichter jenem
Gesammtbesitz: vornehm wählte er aus. Der ari-
stokratische Charakter einer Kunstdichtuug ist
dem Epos eigen und neben aller voiksthümlichen
Färbung der Schilderung unverkennbar: das hat
noch kürzlich scharf, aber gewiss richtig von Wila-
mowitz hervorgehoben. Man schreibt anders, als
man spricht; wer schreiben will, bedient sich noch
heute gewisser couventioneller Ausdrucksweisen,
welche dem gesproclieneu Wort fremd sind, Leute
aus dem Volk mehr noch und auffälliger, als der
Gebildete. Ist die Kluft zwischen Schreib- und
Sprechweise eine grosse, so ist sie es auch auf
anderen Gebieten des geistigen Schaffens. Je freier
das Individuum, je mehr eines dem andern gleich-
berechtigt ist, um so stärker gewahren wir das
Freiwerden vom Angelernten, von den conventio-
neilen Formen, wie im Leben überhaupt, so im
Schreiben, im Denken und Dichten, in der Kunst.
Epische Motive, attischen Kunstlern des fünften
Jahrhunderts nacherzählt, werden noch im vierten
Jahrhundert verwendet, um den Grabesbezirk eines
lykischen Grossen zu schmücken: denn es herrsehte
damals noch stärker als anderswo die Macht der
Tradition in jenem isolirten Berglande. So mussten
im einsamen Monte Oliveto noch Signorelli und
Sodoma das religiöse Gefühl interpretireu durch
episches Kacherzählen der Thaten des heiligen
Benedict; ungern genug gingen sie daran und
leicht genug machten sie sich davon. Bereits zu
Ende des sechsten Jahrhunderts bahnten die atti-
sciien Verfassungsänderungen die bald darauf fac-
tisch gewordene Gleichberechtigung aller Freige-
borenen an, und damit jenes Freiwerden des Indi-
viduums, welches den Stempel des attischen Volks-
geistes im fünften und vierten Jahrliundert bildet.
Einen der ersten Schritte auf diesem Wege hat
uns von Wilamowitz soeben mit glücklichem Sciiarf-
sinn aufgezeigt, indem er ein altattisches Weih-
epigramm und das Hyporchema des Pratinas in
das rechte Licht rückte^): Myrons Marsyasgruppe
zeigt aber, wie lange in gewissen Kreisen die
Opposition gegen die neue Zeit noch dauerte.
Auch das geschiciitliche Verständniss der Werde-
zeit attischer Kunst bedarf noch sehr der Förderung.
Selbst wird der Mann: das ist die Signatur der
Zeit zwischen Kleisthenes und Perikles. Wie an
die Stelle der gewerbsmässigen Choreuten und
ihres öiödaxalog der Mäunerchor attischer Bürger
tritt, so der Atliener an Stelle des loniers oder
Inselgriechen, wenn es galt, Statuen zu arbeiten
oder das Epigramm darunter zu dichten.
Die führende Kunst wurde bald die Malerei,
weniger aristokratisch und conservativ, als die
Plastik, auch dem Aermsten zugänglich. Eine
anspruchslose für Hoch und Niedrig mehr gleich-
artige Bestattungsweise ist dem fünften Jahrliiuidert
eigen; wie an Stelle der Oligarchie die Demokiaüe,
so tritt an Stelle der wenigen stolzen Porträts,
welche bestimmt waren, bei dem Vorübergehen-
den eine hohe Vorstellung von adligen Männern
und Frauen zu erwecken, für Jedermann die ein-
') V. Wihimowitz, Homer. Untersuchungen S. 397.
Archliolos;. Zt<;. Jahrgang XLHl.
■-■) Hermes XX S. Ü2 ff.
F. V. Diilin, Charondarstclliinyen.
fache Stele mit dem Namen oder gemalten Bilde,
oder gar vergänglicher tbönerner Schmuck^); mit
leichter Hand werden die Umrisse der Verstor-
benen durch Malerhand auf den Stein fixirt, und
nicht blos er allein, sondern häufig auch seine
nächsten Angehörigen, sein Kind, sein Diener; in
der Plastik schon verschiedentlich vorgebildete
Typen*) wurden gewiss auch in der JVIalerei
fortgeführt: leichter folgten Griffel und Pinsel der
zartesten Tönung der Empfindung; inneres Leben
erfüllt die Gestalten, und als das Bild gegen Ende
des Jahrhunderts wieder in die Plastik tritt"), da
ist es ein ganz anderes geworden, und vernehm-
lich auch unserem Herzen tönt die stille Klage um
verlorenes Glück. — Den Weg, welchen die für uns
fast verlorene sepulcrale Malerei genommen haben
muss, scheint die Geschichte der Lekythenmalerei
uns noch anzudeuten '^^). Was wir zu Ende des
Jahrhunderts als vollzogene Tiiatsache vor uns
sehen, auf den Reliefs der Gräberstrasse so gut
wie in den Dramen des Euripides, das bereitet sich
im Laufe des Jahrhunderts vor unseren Augen vor,
an hundert Punkten greifbar.
Wer die Giebel von Aigina mit ihrem Schmuck
füllte, war noch gewöhnt, sein Denken und Em-
pfinden einzufügen in den selbstgewählten Zwang
epischer Ausdrucksweise, die eigenen Gedanken in
■') Eine Parallele zu den Lutroplioioi sind die nach Vasen-
art bemalten Firstdeckziegel (Benmlorf, Vasenb. S. 70; Furt-
wängler, Samml. Saboiuoff zu Tat" LII).
•") Z. B. Mitiheil. des Arch. Inst VIII Tuf XVII.
') Sitzungsber. der küuigl. jjreuss. Akademie der Wissenscli.
1882 S. 575 redet Conze mit Kecht von der praktischen Gleich-
stellung von Malerei und Relief. Als Beleg hierzu und als
Parallele zu der uns im Folgenden beschäftigenden Erscheinung
ist das enge Verwandtschaftsverhültniss bemerkenswerth zwischen
der alterthümlichen Terracottaplatte mit Uarstellung der ?z</oo(«
(Piraeus), jetzt in Kopenhagen (Kayet, Monutn. de l'art ant.
pl. 75) und einer sf. Vase aus Vulci im Cab. des midailles 4901),
abgeb. bei Micali Mon. per serv. alla stör. d'It. 96,1, besser
Gaz. d. b. arts. 1878, I, 105 = Rayet, a. a. O. Text. Auch
an das Verhältniss der bekannten Vase aus Chiusi Mon. deW
Ist. IX 42 zu den freilich bedeutend späteren Terracottareliel's
gleicher Darstellung mag hier erinnert werden , ebenso an das-
jenige des von Purgold zusammengefundenen archaischen Giebel-
feldes auf der Akropolis ('/ir/Tj^u. tiijy. 1884 nCv. 7) zu den sf.
Vasenbildern mit gleicher Darstellung, dos Kekropsreliefs zu
den Vasen u. ä.
'■) Furtwäiigler, Arch. Zeitg. ISSO S.1.36. 137.
die epischeu Formen zu kleiden; die monumentale
Kunst des kimonischen und perikleischen Athen
beginnt sich ihre eigene Sprache und dieser Sprache
wieder ihren eigenen Inhalt zu schaffen, erst lang-
sam und allmählich, bald immer rascher. Am klarsten
ist dieser Process an den Vasenbildern zu verfolgen,
wo erst in den rothfigurigeu Vasen die neue Zeit
sich uns aufthut; doch auch hier zuerst mit alten
Schläuchen, in die der neue Wein gefüllt wird.
Bald aber gewahrt man die Emancipation vom Epos
in merkwürdiger Weise sich regen: gerade solche
Mythen werden hervorgeholt, welche das aristo-
kratische Epos verschmäht hat, die Localsage, der
nicht kunstmässig verarbeitete Volksmythos drängt
sich seit Euphronios' Zeiten überall vor, durchbricht
die traditionellen Schranken, welche die heroische
Dichtung ihm setzte, an denen in Attika noch kein
Stesichoros gerüttelt li atte. Eminent v o 1 k s t h ü m 1 i c h ,
in manchen ihrer Aeusserungen wahlverwandt der
vorangeeilten Lyrik anderer Stämme, ist somit die
athenische Kunst und ganze Cultur der zweiten
Hälfte des fünften Jahrhunderts. Aber nicht lange
dauert dieser glückliche Zustand: entweder unter-
liegt auch das eigentlich Volksthümliche der lite-
rarischen Verarbeitung und verändert dadurch seinen
Charakter, oder aber es wird durch die auf höherem
Kothurn dahinschreitende Bildung wieder zurück-
gedrängt. An Stelle der materiellen Aristokratie
des sechsten Jahrhunderts tritt im Laufe des vierten
gar bald eine geistige, welche eine Kluft befestigt
zwischen Gebildeten und Ungebildeten, die in der
Folgezeit immer weiter und klaffender wird und
eine im wahren Sinne volksthümliche Kunst und
Poesie grösseren Stiles nicht wieder aufkommen
lässt.
Gewiss werden die vorstehenden Ausführungen
Manchem recht selbstverständlich, vielleicht auch
überflüssig erschienen sein. Ich habe sie aber nicht
zurückhalten wollen, weil durch sie der Versuch
gemacht werden sollte, das unvermittelte Erscheinen
der Vorstellung vom Todtenschiöer Charon in der
attischen Kunst und Dichtung des fünften Jahr-
hunderts und ebenso das rasche Wiedcrvcrsciiwinden
derselben nach Alexander zu erklären. Denn schwer-
F. V. Dului, CIiarondai-stelluiiLi
6
lieh wird Jemand aus dem vereinzelten Vorkommen
des Charon in Grabepigrammen und sonstiger grie-
chischer oder römischer Dichtung und Prosa schliessen
wollen, der betreffende Verseschmied oder Sclnift-
steller habe jedesmal direct aus dem Volksbewusst-
sein geschöpft, ebensowenig wie man vereinzelte
Grabmonumeute in diesem vSinne wird verwerthen
wollen'). — Dass im attischen Volksbewusstsein
die Vorstellung vom Todtenschififer Charon wirklich
lebendig war, beweisen deutlicher nocii als die be-
kannten Dichterstellen von Aischylos an die gerade
ihrem Charakter nach volksthiimliclien Monumente;
dass Charou zum Todtenfeigen individualisirt sei,
erst nachdem die Phantasie die Vorstellungen von
der Unterwelt bis in die bekannten Einzelheiten
ausgebaut hatte, also spätestens im sechsten Jahrhuu-
dertj, wird man ja von Wilamowitz*) gern zugeben;
dass Charon selbst erst eine Schöpfung dieser Zeit
sei, wird widerlegt durch die gewisslich mit dem
Namen aus Griechenland frühzeitig übernommene
Gestalt des ganz anders functiouirenden etruskischen
Charun'), wie ich glaube auch durch den niittel-
und neugriechischen Charos'"), der, in einigen Ge-
genden sogar mit der Cbarontissa gepaart, unmöglich
aus einer Weiterbildung der Vorstellung vom Tod-
tenfergen entstanden sein kann, sondern aus einer
tieferen Schicht des Volksglaubens nach Wegrasi-
rung der oberen Lagen zu Tage getretener eiir-
würdiger Rest ist einer uralten persönlichen Hades-
vorstellung ").
Die griechischen Cliarondarstellungen guter
') So hat jetzt i. ß. lür den vaticaiiischen l'rotesilaos-
sarkophag M. Mayer (Hermes XX S. 125) unmittelbaren Anschlnss
an Enripides wahrscheinlich gemacht.
*) Uomer. Unters. S. 225; vgl. S. 33!ir
') MilchhiU'er, Anf. d. Kunst in Griechen!. S. 235. Von ähn-
licher W'ichtigkeit für das Verstäodniss des griechischen Gervones
ist der etruskische Trabant des Pluton, den man nicht etwa mit
Körte Ann. d Ist. 1S79 p. 304 einfach als „orora mandato iiW
inferno dalla mono vittrice d'Ercoh" erklären darf.
'») B. Schmidt, Volksl. d. Neugriechen S. 222—246; gricch.
Märchen u. s. w. S. 158—180.
") Vgl. Find. Ol. IX, 50. Wie zähe auch Hades als Per-
sönlichkeit sich hielt, zeigt z. B. die Lazaruserweckung in einem
byzantinischen Psalter des 13. Jahrhunderts, mit der Hamilton-
sammlung nach Berlin gekommen: G. Voss, Zeitschr. f. bild.
Kunst 1884 S. 335.
Zeit'-) sind alle mit einander verwandt: es ist
Familienverwandtscliaft zwischen ihnen, nicht blosse
Aehnliclikeit, wie sie sich häufig von selbst ergiebt,
wo eine auf wenige typische Gestalten bescliränkte
einfache Handlung von verschiedenen Künstlern
dargestellt werden soll. Niemals ist auf den jetzt
schon ziemlich zahlreichen Lekythen ") der Augen-
blick der Ueberfahrt, nie derjenige der Ankunft
drüben gewählt. Eigentlich sind es nur zweiTypen'^),
von denen der erste die Ankunft der Todteu am
Unterweltsflusse und ihre erste Begegnung mit
Charon darstellt, während der zweite, augenschein-
lich später erfundene eine Combination herzustellen
sucht zwischen dieser Scene und der Trauer am
Grabmal, jenem stets wirkungsvollen und hundert-
fältig von ihnen wiederholten Lieblingsgegenstand
der Lekythenmaler und ihrer Abnehmer. Der erste
Typus lässt sicli wieder in zwei Unterabtheilungen
zerlegen, je nachdem die Gestalt des Heimes theils
vermittelnd eintritt, theils weggelassen ist; von die-
sen Unterabtheilungen durfte die zweite, zahlreicher
vertretene die ersterc zur Voraussetzung gehabt haben,
die Weglassung des Hermes nur eine Vereinfachung
darstellen.
Von beiden Haupttypen bieten Tafel 1 — 3 schöne
und lehrreiche Beispiele.
Das Terracottarelief auf Taf. 1 ist seit kurzem
im Besitz des Berliner Museums. Der Fundort ist
nicht bekannt, beim Verkauf wurde nur angegeben,
dass es aus Kleinasien stamme. Eingedenk der
Warnung Reinach's") wird man jedoch gut tliun,
'-■) Spätere zusammengestellt von G. Krüger, Charon und
Thanatos, Progr. von Charlottenburg, Berlin 1866 S. ICH'.
Natürlich giebt es da zu sichten und nachzutragen.
'•') Das bis jetzt vollständigste Verzeichniss giebt Pottier:
Etüde sur les lg,ythes btancs atiiques (bibl. des icol. frnnc. XXX),
Paris 1883. p. 34 fi'.
'^) Ich bemerke, dass es mir nicht möglich ist, auf dem
bekannten Relief der Grdberstrasse (v. Sybel 3328) Charon zu er-
kennen. Die grosse Barke liegt mit dem Hintertheil am Ufer
und zeigt ausser dem Steuerruder noch eine reguläre Ruderreihe:
der behaglich darin sitzende Schiffer zeigt keine für Charon be-
zeichnende Eigenthümlichkeit. Schon Salinas {ilonum. sepolcr.
j>T. la chiesa dt S. Trinitä in Atene p. 25 entschied sich mit
richtigen Gründen gegen die Deutung. Ich möchte nicht ein-
mal mit Milchhöfer (Museen Athens S. 37) wagen, den Unter-
weltsnachen festzuhalten.
1^) Keine archiol. 1SS4, II p. 95.
1*
F. V. Duliii, Charondarstellnnu'en.
8
gegen nicht zweifellos bezeugte Provenienzangaben
aus Kleinasien in jetziger Zeit etwas skeptisch zu
sein. Dass vielmehr für ein Terracottarelief dieses
Gegenstandes und dieser Zeit, der Wende etwa
vom fünften zum vierten Jahrhundert, alle Wahr-
scheinlichkeit für Attika wenigstens als Fabrika-
tionsort spricht, wird sich aus den vorherigen all-
gemeinen Erörterungen bereits als das nächstliegende
ergeben haben, durch weiter unten folgende Be-
trachtungen noch wahrscheinlicher machen lassen.
Die Maasse sind folgende: Länge 0.235, Höhe
0.18. Merkmale die auf die ursprüngliche Verwen-
dung und Befestigung schliessen lassen würden,
sind keine vorhanden. „Farbenspuren sind folgende
erhalten: die Exomis des Charon war dunkelbraun,
am Körper sind .'Spuren von heilerem Braun; der
dachen war gelb. Die Chlamys des Hermes war
roth, auch das Haar des Mädchens. Neben dem
Gewände des Hermes zeigt der Reliefgrund Reste
einer graublauen Färbung. Der weisse Ueberzug
des Thongrundes ist an vielen Stelleu erhalten" "^).
Die graublaue Farbe des Hades bildet den Hinter-
grund, charakterisirt den Ort der Handlung. Der
Nachen hat das Schilf zurückgestreift, dem man
die dadurch veranlasste Bewegung noch ansieht;
ebenso überschlagen sich noch in kleinen Kräusel-
wellen die Wasserfluten, welche der Bug des Nachens
soeben durchfurchte. Charon, der natürlich bis
kurz vor diesem Augenblick seinen Platz hinten im
Nachen hatte, ist an den Schnabel geeilt, mit dem
langen Ruder im Arm, welches ihm gerade diente
den Anprall zu pariren, und im nächstfolgenden
Moment helfen sollte, die etwa nöthige Schwenkung
zu bewerkstelligen. Mit dem Naturalismus eines
Landschaftsmalers hat der Künstler all dies Detail
dem ruderkundigen Beschauer vor Augen geführt:
das hin und her wogende Schilf mit seinen vielfach
scharf eingeknickten Blättern, das aufspritzende
Wasser, die noch heute in fast gleicher Form au
der venezianischen Gondel uns begegnende Schna-
belverzierung, die breitschauflige Ruderstange des
Flussschiffers, schliesslich dessen ganze dem Le-
i)en abgelauschte Gestalt mit dunkler Exomis,
") Mittlieilung der Ked.
Schiffermfitze, struppigem Haar und Bart, höchst
gewöhnlich profilirten Zügen, den tiefliegenden klei-
nen, aber scharf beobachteuden Augen — das alles
muthet uns an wie eine in Plastik übersetzte Malerei
nach dem Leben. — Gerade im Augenblick seiner
eigenen Ankunft, nichtetwa ausruhend nach längerem
Warten, gewahrt Charon das Mädchen, welches
Hermes im Begriff ist ihm zuzuführen.
Vielleicht haben die Beiden schon auf Charons
Ankunft gewartet, jetzt ist er wirklich da. Hermes
schreitet kräftig vor, weist mit der Rechten auf
Charon hin, begleitet diese Hinweisung vielleicht
noch durch ein paar Worte, etwa „siehe da ist er",
und berührt mit seiner Linken die r. Schulter des
Mädchens, um sie zu veranlassen, ebenfalls vorzu-
schreiteu, vielleicht um ihr dies Vorschreiten zu
erleichtern. Sie aber steht noch ruhig da und tasst
furchtsam, vielleicht auch verschämt, den Zipfel
ihres Mantels , um ihn vor's Antlitz zu führen.
Sie, die im Leben so züchtig und scheu erzogen
war, soll jetzt, verlassen auch von Hermes dem
treuen Geleiter, dem einzigen, der in diesem Augen-
blick für ihre Vorstellung noch die Verbindung
aufrecht hält mit der glücklichen Oberwelt wohin
er zurückkehren wird, sie soll jetzt zu jenem rauhen
Furcht erregenden Schiffsmann allein in den Nachen,
ihm sich anvertrauen, ohne Schutz, ohne Hoffnung,
ohne Kenntniss des Zieles! Wir verstehen ihr Inne-
halten. Es ist nicht blos Todesfurcht, es ist zugleich
eine künstlerisch und psychologisch feine Consequenz
aus jener Gegenüberstellung von Gegensätzen, wie
sie allerdings schärfer niciit gedacht werden konn-
ten"). Hermes wechselt Blicke mit ihr, in welchen
sie Ermuthigung, Beruhigung finden mag; Charon
selbst scheint ein paar auffordernde milde Worte
zu sprechen und dieselben mit seiner Linken zu be-
gleiten. Nur einen Augenblick wird der Kampf
") Wer meine Auft'assung als zu modern empfunden tadeln
mochte, wird bei einer Durchmusterung der sonstigen verütt'ent-
lichten Charondarstellungen auf Lekythen von ihrer Richtigkeit
sich überzeugen. Es liegt in der That ausser dem Ausdruck
der Schwermuth über den zu fassenden Entschluss noch ein
Etwas in jenen Mädchengestalten, das nur durch jene tradi-
tionelle Auflassung der Persönlichkeit des Charon erklärt wer-
den kann, welche schon in der Bedeutung seines Namens als
ö /ttQonus begründet liegt.
F. V, Diilui. Cliaroiularstellungen.
10
noch (lauern, dann ist er überwunden: davon giebt
uns künstlerisch Gewissheit die Bewegung des
Hermes, zu welcher die Ruhe des Mädchens in
einem Coutrast steht, der nur Secunden dauern
darf, wenn er nicht unmöglich, undenkbar werden
soll. Es war ein ungemein glücklicher Gedanke,
durch Fixiruug gerade dieses Augenblickes ein so
eigenartiges Leben in die einfache Gruppe zu bringen.
Zwei Gestalten mit einander eng verbunden, in der
auf dasselbe Ziel gerichteten Bewegung einen Augen
blick innehaltend, eine dritte, Charon, nicht un-
mittelbar betheiligt, aber zur Trennung der Beiden
berufen, vielleicht sogar selbst von leiser Mitleids-
regung erfasst, die mittlere Gestalt durch ihr Be-
wegungsmotiv die beiden äusseren auf das natür-
lichste verbindend — wer wird da nicht an die
Rhythmik des Orpheusreliefs gemahnt werden? Eine
so ganz andere Handlung, so ganz andersartige
Gegensätze und doch das Compositionsproblem so
gleichartig gelöst! Ursprung und Datirung des
Orpheusreliefs bedürfen hier keiner weiteren Er-
örterung; dass unser Relief, schon angesichts des
in der Mädchengestalt noch leiclit durclischimmern-
den Archaismus eher etwas früher als später ge-
setzt werden muss, wird man mir wohl zugeben.
Um die Wende vom fünften zum vierten Jahrhundert
wird auch unser Relief gearbeitet sein.
Tiefer in's vierte Jahrhundert hinein bringt uns
ein zweites Terracottarelief, dem Inhalt und der
Composition nach ähnlich, der künstlerischen Be-
handlung nach bereits einer anderen Zeit ange-
hörend. Es ist ein schönes Stück der früheren
Sammlung Lecuyer, das ich zu meiner Freude im
Herbst 1883 im Besitz des Fürsten Liechtenstein in
Wien wiederfand"). Als vermufhlicher Fundort
'*) Da die bisherigen beiden photographiscben Reproduc-
tionen: Lenormant, de Witte u. A., Collection Camilte Lecuijer pl.
7'-; Fröhner, Coli. C. Lecuyer (Auktionslciitalog), Paris 1883 pl. X
ungenügend und weiteren Kreisen kaum zugänglich sind, erschien
es der Red. besonders erwünscht, von diesem Relief eine gute neue
Abbildung geben zu können. Mit gleicher Freundlichkeit gab
der erlauchte Besitzer die Erlaubniss und vermittelte Herr
Dr. Schneider eine photographische Aufnahme. Leider konnte
dieselbe , wohl in Folge lokaler Verhältnisse, nicht so aus-
fallen, dass sie einer nach allen Richtungen befriedigenden Ver-
öffentlichung hätte zu Grunde gelegt werden können. Die Red.
hat somit geglaubt, sich auf einen anspruchslosen Zinkdruck
beschränken zu müssen, der mit Benutzung der beiden älteren
Abbildungen und der neuen Photographie hergestellt worden
ist. Der Schönheit des Originals hat derselbe selbstverständ-
lich nicht gerecht werden können.
11
F. V. Duliii, Charondarsteüungen.
12
wird Tanagra angegeben"), jedenfalls liegt nicht
der geringste Grund vor, an einer Provenienz aus
Griechenland zu zweifeln; schon die Aeusserliclj-
keit des am Aussencontour weggeschnittenen Relief-
grundes verhindert uns, an Kleinasien zu denken,
von wo diese Erinnerung an die alte Art der „me-
lischen" Reliefs bisher meines Wissens durch kein
Beispiel bekannt ist.
Herr Dr. Schneider hatte die Freundlichkeit, mir
folgende vor dem Original von ihm niedergeschrie-
benen Notizen zu übersenden: „Höhe 0,205. Länge
der Basis 0,25; hinten kein Brennloch, aus an ein-
ander passenden Bruchstücken zusammengefügt.
Das Haar des Mädchens und des Hermes ist blond,
das Kleid des Mädchens weiss, sein Mantel rosa,
sowie die Chlamys des Hermes, die Schuhe des
letzteren dunkel, an seinem Körper Reste weisser
Farbe. Mütze und Exomis des Charon röthlich,
Bart und wie es scheint auch sein Haupthaar weiss,
Schilf und Schiff dunkelblau'")."
Eine Vergleichung mit dem Berliner Relief zeigt
sofort, dass jenes der Originalerfindung näher steht,
der Darstellung und gewiss auch der Entstelmng
nach. An Stelle der strengen Flächenbehandlung
des fünften Jahrhunderts ist im Wiener Relief das
Bestreben getreten, den Grund perspectivisch zu ver-
tiefen, ihn verschwinden zu lassen, die Gestalten
vom Grunde loszulösen, Stellung und Bewegung
nicht mehr der Grundfläche parallel sich entwickeln
zu lassen. Nicht mehr auf dem blossen coloristi-
schen Gegensatz zwischen Silhouette und Grund
beruht die künstlerische Wirkuug, sondern auf der
plastisch und perspectivisch durchgebildeten freien
Bewegung der ganzen Figur, der Wirkung von
Licht und Schatten, auf der technischen Vollendung
und psychologischen Vertiefung in ein Detail, wel-
ches durcli die einfache Silhouettenbehandlung nicht
mehr gegeben werden kann, aber von der neuen
Zeit gefordert wird. An Stelle der coloristisch
einfachen Wirkung des polygnotischen Jahrhunderts
") Pottier und Reinach, Bull, de corr. Hell. VII i>. 499.
-'') Frilhncrs Notizen im Auktionskatalog Coli. Lecuver
l'aiis 1883 \i. 20 sind nicht ganz so ansfühilich. Die Chlamys
des Hermes wird dort als roth, die Schuhe als gelb, das Schiff
als hellbraun angegeben.
ist im Zeitalter des Apelles die Forderung nach
einer malerischen und wieder in der Malerei plasti-
schen getreten. Diese Wandlung vollzog sich im
vierten Jahrhundert"'); auf ihr als einer vollendeten
Thatsache beruht bekanntlich das hellenistische
und römische Relief, soweit beide sich im Strom
der natürlichen Entwickelung befinden, nicht
mit Bewusstsein demselben entgegenstreben. Je
mehr der Grund zurück, die Figuren in den Vor-
dergrund treten, um so naturgemässer treibt die
Entwickelung im Gegensatz zur früheren Entfaltung
auf der Fläche zu einem engeren Zusanimeuschluss
der Figuren, für die wieder, wo es um Leeren zu
vermeiden wünschenswerth erscheint, ein besonderer
durch die Situation bedingter Hintergrund ge-
schaffen wird. Für letzteres Verfahren bietet z. B.
der kleine Fries von Pergamon und manche der
hellenistischen „Reliefbilder" vielfache Belege; auf
unserem Wiener Relief erklärt sich aus dieser
Ueberlegung der hinter und rings um den Nachen
des Charon herumgeführte Schilfhintergrund. Das
Schilf zeigt bei weitem nicht mehr jenes Streben,
eine richtige Gesammtwirkuug durch sorgfältige
Zeichnung der Einzelheiten zu erzielen, ebenso
wenig wie die Wellen unter dem Nachen: Schilf
und Wellen sind „malerischer" behandelt. Wäh-
rend auf dem Berliner Relief Charon selbst nur der
Situation und der Rücksicht auf die beiden An-
kömmlinge entsprechend dargestellt ist, tritt im
Wiener Relief die Rücksicht auf den Beschauer
hinzu; sein Nachen steht nicht mehr in strengem
Profil, er selbst aber halb in Vorderansicht. Um
dieselbe zu erreichen wurde das Ruder der Rechten,
welche im Begriff war, damit zu agireu, genom-
men und in die Linke gegeben, und der durch
diesen Wechsel hervorgerufenen Vorstellung grös-
serer Ruhe entsprechend die so lebendige Bewegung
der freien Hand, jetzt auch perspectivisch schwierig
geworden, ersetzt durch die lässig bequeme Hüft-
stellung; folgerichtiger Weise musste jetzt auch der
Mund geschlossen werden. So ist schliesslich au
-') Mitth. des Archäol. Inst. II S. 214; Schreiber, Archäol.
Zeitg. 1880 S. 157; Conze, Sit/.ungsber. der künigl. jireuss. Akad.
d. W. 1882 S. 570.
13
F. V. Diilii), Cliaroiularstellnngen.
14
Stelle der leisen Tlieilnalime, die aus dem stark
vornüber, der Gruppe entgegen geneigten Cliaron
des Berliner Reliefs so liebenswürdig uns entgcgen-
zuklingeu scheint, ein kaltes Abwarten getreten,
eine Interesselosigkeit, welche nur die alltägliche
Pflicht kennt und keinen Unterschied macht, ob es
nun gilt, einen altersschwachen Greis oder ein
jugendfrisches Miidciien in das Todteureich zu be-
fördern. Der Contrast zu der Gruppe rechts wird
dadurch um so fühlbarer. Diese ist enger zusam-
mengeschlossen, zunächst in Folge des vorhin Ite-
sprochenen Zurücktretens des Grundes. Dann aber
hat der Künstler augenscheinlich den zwar psycho-
logisch richtigen Gegensatz zwisciien der lebhaften
Bewegung des Hermes und dem Stillstehen des
Mädchens, welchen die ältere Vorlage aufweist, als
künstlerisch unrichtig empfunden^''). Er gleicht
diesen Gegensatz aus, indem er Hermes seinen
Schritt etwas massigen, das Mädchen den ihrigen
etwas beschleunigen lässt, wobei die leichte Vor-
neigung der beiden, künstlerisch derjenigen des
Charon entsprechend, jeden Zweifel nimmt, ob die
Bewegung zu Ende geführt werden wird. Die Ver-
tiefung des Grundes im Verein mit der mehr in
Vorderansicht genommenen Bewegung der Beiden
erlaubt es ihm ferner, Hermes nicht blos in nähere,
sondern auch in künstlerisch gefälligere Beziehung
zum Mädchen zu setzen; der Führer tritt mehr an
ihre Seite, lässt dadurch ihr den Blick auf Charon
frei und bringt sie mehr in den Vordergrund, wo-
durch das Interesse des Beschauers sich sofort ihr
zuwendet. Seine Chlamys braucht jetzt nicht mehr
hinten so lang niederzufallen, da keine Veran-
lassung mehr vorliegt, den Körper von ihr sich
-^ Kein Verständiger wird aus den personlichen Wendun-
gen, die ich der Deutlichkeit und Einfachheit wegen vorziehe,
den Schluss ziehen wollen, als würde ich als unmittelbares Vor-
bild der Composition des Wiener Keliefs diejenige des Berliner
ansehen. Wie viele Zwischenglieder vorhanden waren, wie viele
künstlerische Persönlichkeiten vermittelnd eingetreten sind,
können wir nicht wissen. Es kommt hier nur darauf an, ur-
sprüngliche Identität der Composition und bewusste Umsetzung
derselben in den Geist einer neuen Zeit nachzuweisen. Dass
eine solche Umsetzung meistens langsam vor sich geht, mitunter
aber auch rasch, plötzlich, von einer Künstlerpersönlichkeit zur
andern, stattfindet, lässt sich durch vielfache Analogien aus der
Renaissance erweisen.
abheben zu lassen; sie fällt deswegen vorn länger,
bis zum Obersehenkel, herab, in glücklichem colo-
ristischen Gegensatz zu seiner Hautfarbe einerseits,
auf der anderen Seite zum weissen Cliiton und
rosa Mantel des Mädchens. Seinen Kopf braucht
er nicht mehr in Profilansicht umzudrehen, der
Gegensatz zwischen seiner Bewegung und Kopf-
richtung ist aufgehoben, und mit leichter Wendung
trifft sein schönes Antlitz, in seiner feinen praxite-
lischen '-^) Form jetzt recht zur Geltung kommend,
dasjenige des Mädchens. Die glücklichste Folge der
ganzen Veränderung ist aber die Möglichkeit, seinen
Armen ein anderes Bewegungsmotiv zu geben:
während der rechte Arm auf dem Berliner Relief
unglücklich an den Körper gepresst werden musste,
um nicht mit der Hand des Charon zu collidiren,
hat er jetzt Raum zu freierer Bewegung erhalten,
der linke Arm aber braucht nicht mehr, in jener
zwar deutliclien aber weder für den Faltenwurf
seiner Chlamys noch für die Armbewegung des
Mädchens vortheilhaften Weise ihr vou vorn auf
die Schulter gelegt zu werden ; er verschwindet
hinter dem Rücken des Mädchens und übt höchstens
mit der Hand einen leisen zarten Druck auf die
EntSchliessung seiner Schutzbefohlenen aus. Die
Hand des Mädchens aber wird frei und kann jetzt
mit dem Zipfel des Mantels zum Kinne geführt
werden, diesem zur Stütze, mit jenem den Alten
so geläufigen Ausdruck schmerzvollen Sinnens, der
an Stelle des zwar naiven aber unklaren Gewand-
motivs auf dem Berliner Relief getreten ist. Dort
wird das Heben des Gewandes nur erklärt durch
den gleichzeitigen Anblick des Charon; hier hat
sie Charon längst erblickt, sie weiss, dass er da
steht; zögernd setzt sie den Fuss vor, sinnend haften
ihre Augen am Boden; der feingeschnittene Mund
ist nicht festgeschlossen, wie man nach dem gerade
hier besonders mangelhaften Zinkdruck vermuthen
müsste; leise Klage entweicht ihren Lippen, die
sich eben ein wenig zu öffnen scheinen, vielleicht
auch zu öffnen, um ihren Entschluss auszusprechen
und von Hermes mit einem letzten Worte Abschied
'-^) Natürlich nur am Original oder auf der Originalplioto-
graphie wahniohmbar.
15
F. V. Duliu, Cliarondarstelluiigen.
16
zu nehmen. Ein eigener poetischer Schimmer liegt
über dieser Gruppe; der Beschauer wird dauernd
durch sie beschäftigt, er fühlt sich aufgefordert, die
Gedanken des Mädchens nicht blos zu errathen,
sondern auch sie nachzudenken; der Contrast zu
Charon ist mehr in das geistige Gebiet übertragen
und wirkt dadurch doppelt intensiv. — Auch die
Tracht des Mädchens hat sich in charakteristischer
Weise verändert; zwar hebt auch hier noch die
Linke den Mantel, damit er auf der Wanderung
sie nicht belästige: aber aus dem kleinen Zipfel
des Berliner Reliefs ist eine Hülle für den unteren
Theil der Gestalt geworden, welcher die Vertikal-
falten in wirksamster Weise abschneidet und gleich-
zeitig dem Oberkörper, der aus ihm schlank
emporsteigt, als Folie dient. Sehr viel mehr Sorg-
falt ist auf die Ausführung der weichen feinen
Falten des Chitons vom Künstler des Berliner Reliefs
gewendet, aber eine gewisse Eintönigkeit lässt sich
nicht läugnen: wie unten durch den Mantel und die
Bewegung des Schreitens, so hat oben durch die
effectvoUe, wenn auch nichts weniger als naive Ent-
blössung der linken Brust unser Künstler Ab-
wechslung in die Erscheinung der jugendlichen
Gestalt zu bringen gesucht und auch verstanden.
So stehen sich diese beiden Darstellungen des-
selben Gegenstandes thatsächlich gleichberechtigt
gegenüber, jede als ein schönes Zeugniss künstle-
rischen Könnens und Empfindens, unter sich ver-
schieden, wie es die Menschen des Phidias waren
von denen des Praxiteles.
Bereits bei Besprechung des Berliner Reliefs
glaubte ich den Eindruck, welchen namentlich seine
linke Hälfte machte, bezeichnen zu müssen als den-
jenigen einer in Plastik übersetzten Malerei, natür-
lich einer Malerei im Sinne und Stil noch des
fünften Jahrhunderts, an dessen Ausgang, allenfalls
an den Anfang des folgenden, das Relief ja ge-
hören wird. Die neuen Lehren eines Zeuxis und
Parrhasios waren noch kein Gemeingut geworden,
als die attischen Handwerker ihre Gestalten auf
die Lekythen malten, nur mit dem Gegensatz von
Silhouette und Grund operirten, und trotz der ein-
fachen Colorirung durch die Klarheit der Compo-
sition und die Innigkeit der Empfindung ihrer
Wirkung sicher sein konnten. An jene Lekytlien
wird man angesichts des Berliner Reliefs un-
mittelbar erinnert, schon durch die Gruppirung und
Behandlung der Gestalten im allgemeinen; der
glückliche Umstand, dass unter den erhaltenen
Charonlekythen sich zwei befinden, deren Compo-
sition mit der unseren so übereinstimmt, dass ein
Verwandtschaftsverhältniss nicht abgeläugnet werden
kann, ermöglicht es uns, jene Rückführung auf ein
gemaltes attisches Original des fünften Jahrhunderts
mit noch grösserer Bestimmtheit auszusprechen.
Beide Lekythen unterscheiden sich von den übrigen
dadurch, dass sie die Gestalt des Hermes an der-
selben Stelle und in der gleichen Function wie
auf den Terracottareliefs erhalten haben. Die eine,
in München, die jüngere, ist mehrfach veröffent-
licht,*^) die zweite, einer athenischen Privatsamm-
lung angehörig, wird hier in Zinkdruck wiederholt,
nach der farbigen Publikation Pottier's verkleinert").
Dieselbe, ü,32 hoch, ist bei Halimus (Trachones)
gefunden und wird von M^ionas als untadelig er-
halten bezeichnet, womit Pottier's Tafel nicht ganz
übereinzustimmen scheint. Die Farben werden als
theil weise restaurirt angegeben: Bart und Haupt-
haar der drei Gestalten sind schwarz, der Chiton
des Charon weinroth, feuerroth der Mantel des
Jünglings und wie es scheint aucli die Chlamys
des Hermes, ebenso verticale Streifen an des
letzteren Schuhen. Gelbbraun sind Nachen und
Ruderstange. Also auch in den Hauptfarben
herrscht Uebereinstimmung mit den Reliefs.
Gewiss steht die Darstellung dieser Lekythos
dem Archetypos des ganzen Bildes am nächsten.
Während die Münchener Lekythos zwar den Charon
als gerade heranfahrend noch deutlicher festhält,
schildert sie ihn dabei docli schon mit einem im
Gegensatz zu der inniger zusamniengesclilosseneu
Gruppe des Hermes und des Mädchens absicht-
lichen Realisnms, wie er unserer Lekythos nocli
-') Stackeiberg, Gräber der Hell, T. 47; Benndorf, griecb.-
sic. Vasenb. T. 27, 1, wonach in Roscher's Lexikon und Hau-
nieister's Denkni. im Artikel 'Charon'.
■') Les Uci/thes blams \>\. III. Vgl. ebenda \>. 35, ö und
Mylonas, BuU. de corr. hell. III p. 177,2.
17
F. V. Dulm, CharondarstcUunKen.
18
fremd ist. Auf ihr sehen wir das Schema der drei
Gestalten in der einfachsten Weise vor uns, noch
ohne alles landschaftliehe Beiwerk, das schon
manche der jüngeren Charonlekythen aufweisen.
Der noch bärtige Hermes, genau in der Mitte in
Vorderansicht stehend, weist rechts auf Charon,
während Linke und Kopfwendung zum Jüngling
gehen. Dieser steht ruhig da, eingewickelt in den
Mantel; wir sehen in ihm den noch unbewussten
Keim zum beabsichtigten Stillstand des Berliner
Eeliefs. Die Weiterbewegung des Typus, welche
schliesslich im Wiener IJelief aus dieser schon auf
der Münchener Lekythos mit feiner Absicht in's
Weibliche übersetzten Gestalt die Hauptperson
macht, hat noch nicht eingesetzt. Völlig neutral
stellt Hermes nur den Vermittler dar zwischen
Jüngling und Charon; die Gefühlsregungen in der
Gruppe wie im Charon zu entdecken überlässt der
Maler noch durchaus dem Beschauer.
Das ruhige ^^og der polygnotischen Schöpfungen
werden wir uns ähnlich zu denken haben. Die
erste in der griechischen Kunst ims bekannte
Charondarstelluug war in der Lesche zu Delphi
von Polygnotos' Hand geschaffen: wäre der Gegen-
stand damals schon in Literatur und Kunst ein
allgemein geläufiger gewesen, so hätten schwer-
lich die gelehrten Erklärer den Schluss gezogen
auf die Minyas als directe Quelle des Malers. Die
erste uns erhaltene Darstellung findet sich auf einer
Archiiolog. Ztg. Jahrgauf; XLUI.
attischen Lekythos, auf vielen anderen ebenfalls
attischen die Weiterentwickelung. Noch im poly-
gnotischen Zeitalter wird ein in Attika ansässiger
Maler die so entwickelungsfähige Composition zum
ersten Male geschaffen haben, deren Weiterbildungen
wir so glücklich waren, bis in die zweite Hälfte
des vierten Jahrhunderts herabverfolgen zu können.
Tafel 2 und 3 geben die Darstellungen zweier
Lekythen, welche im Jahre 1880 in den Besitz des
Berliner Museums kamen*'^). Beide sind in Attika
gefunden.
Die Lekythos der Taf. 2 (Furtwängler, Katalog
der Berliner Vasensammluug II, 2681) ist „0,465
hoch. Unter dem Boote ist die Wassermasse violett,
das Schilf ist schwarz. Der Mantel des Mädchens
ist violett, dieselbe Farbe haben die herabhängenden
Tänien."
Die Lekythos Taf 3 (Furtwängler II, 2680) ist
„0,535 hoch. Die Akanthosblätter unten an der
Stele sind violett mit rothbraunem Contur, violett
auch die Akanthosblätter oben neben den Palmetten,
welche blassgelb auf grünem, grösstentheils ver-
wischtem Grunde sind. Die Streifen am Gewände
der Frau sind violett , ihr Haar rothbraun. Die
Exomis des Charon ist jetzt violettschwarz. Die
-') Archäol. Zeitg. 18S1 S. 259. Die iiusseren Angaben ver-
danke ich freundlicher Mittheilung der Redaktion.
19
F. V. Duhn, Charondarstellungen.
20
kiirbisälinlicheu Gegenstände nuten rechts sind
grün, das Schilf ist dunkelviolett."
Es sind die ersten Exemplare dieser von mir
oben S. 6 als zweiter Typus der Charondarstel-
lungen bezeichneten Composition, welche veröffent-
licht werden. Die bis jetzt bekannten sind folgende:
1) Im Jahre 1870 bei einem athenischen Händler
(Heydemann, Arcb. Zeitg. XXVIII (1871) S. 15,13 =
Pottier, les lecyllies blancs p. 38, 18): „Polychrome
Lekythos (H. 0,47), deren Zeichnung nicht so fein
als gewöhnlich ist. Cliaron im Nachen, mit Peta-
sos, Exomis, und Stange. Es nahen zwei Frauen,
mit der R. den Schleier hebend; hinter ihnen As-
phodelosstaudeu, vor ihnen eine Stele."
2) Berlin. Unsere Tafel 2. (Pottier 38,19.)
3) British Museum, 1873 erworben. Academy VI
(1874) p. 57: „ow one of them (lekythos) is io be
Seen Charon approching in his boat to where a
lady Stands beside a iomb."
4) Atlien. Sammlung Messinesis. (Mylonas, Bull,
de con: Hell. l\ p. -dl 1,1; Pottier p. 36,13; Milch-
höfer, Mitth. des arch. Inst. V S. 181,3). Gefunden
in einem Grabe beim Dipylou. H. 0,54. Pottier:
„Charon barbu, coijfe d'un bonnet, est debout ä droite
dans sa barque et tienl ä deux mains la rame, le
bas du Corps a disparu. Au centre se dresse la
Stele couronnee d'une palmelte et de feuillage. Sur les
degres im jeune hemme | ebenso Milchböfer; Mylo-
nas: yvvaixEia noQ(frj mit Fragezeichen, wogegen
Pottier die kurzen Haare und die Bildung der
Brust anführt] est assis, le haut du corps nu, une
draperie jetee sur les jambes ; il tient entre les doigis
de la main droite [zwischen Zeigefinger und Daumen
nach Mylonas] l'obole, quil va donner ä Cliaron.
A gauche une femme drapee, aux cheveux längs et
jiendanis, apporte vers la siele une corbeille, d'oii
pend une bandelelle. Le type de Charon est rcgulier.^^
Nacli Mylonas ist die Ausführung schön, Contur-
linien noch sciiarf, Farben fast verschwunden bis
auf die rothbraune Farbe von Charons Haar und
Bart und die gleiche Haarfarbe des Mädchens.
5) Athen. Sammlung Messinesis (Mylonas, Bull,
de corr. Hell. IV p. 372,2; Pottier p. 37,14). In demsel-
ben Grabe mit der vorigen gefunden. H. 0,32. Pottier:
„Charon barbu, coijfe d'un bannet ä bords retrousses,
vetu d'tme courte tunique, est debout ä droite dans
sa barque; il tient la rame de la main gauche et
tend l'autre ä un enfant drape qui se leve des degres
de la siele, oü il elait assis [yvvaixela (.lOQcpi^ Mylo-
nas]. Au cenire se dresse la siele ä palmelte cou-
ronnee de feuillage et ornee d'une bandelelle. On
aperqoit encore les traits d'une siele plus large que le
peintre avait d'abord tracee, mais qu'il na pas ter-
minee. A gauche, une femme drapee, dont la tele a
disparu, s'avance vers la siele et parte une corbeille
d'ou pend une bandelelle; de la main droite eile sou-
tient en l'air une aulre corbeille qui parail contenir
un lecythe. Le type de Charon est regulier. ^'' Nach
Mylonas sind die Farben bis auf das rothbraune
Haar der Gestalt an der Stele verschwunden, die
Zeichnung schön.
6) Berlin. Unsere Tafel 3. (Pottier 38,20.)
Auf 1 und 2 kommt Charon von der linken
Seite, ob auf 3 weiss ich nicht; von rechts dagegen
auf 4—6. Die Thatsache, dass nicht blos auf den
Charonlekythen des ersten Typus die Hälfte, darun-
ter die älteren Exemplare, Charon von links kom-
men lässt, sondern auch die beiden Terracottareliefs,
legt uns nahe, jene Richtung als die ursprünglichere
anzusehen.
Unsere Tafel 2 zeigt uns somit zur Linken im
wesentlichen noch die gleiche Scenerie, welche wir
von den Terracottareliefs kennen: Vordertheil des
Nachens, Charon darin vornübergebeugt und auf
seine Ruderstange gelehnt, Schilf und Wasser, alles
wie auf der uns schon bekannten Composition und
sicher von dort übernommen. Aber Unterweltsfluss
uud Todtenschiff kommen an die Oberwelt, wo
kein vermittelnder Hermes mehr nöthig ist. Wir
sehen die Verstorbene auf deu Stufen ihres eigenen
Grabmals sitzend, ihr Geschick betrauernd, bis
Charon kommt, sie ganz dem Lichte zu entführen;
erstaunt hält eine Gefährtin der Verstorbenen in
ihrem Schritt inne: die traute Vereinigung, welche
in den Weihegaben ihren Nachhall fand, die sie
am Grabe niederlegte, in dem Schmucke, womit
sie dasselbe umgab, muss abgebrochen werden; die
Zeit löst alle Zweifel über eine Fortexistenz nach
■21
F. V. nulin, Charondarstellniisren.
22
dem Tode, ein Lebeu nach demselben; die Todte
kehrt niclit wieder, Charon ist gekommen und hat
sie entführt auf Nimmerwiedersehen. „We here
reach one of lliose radical confusions of ideas which
exist among all peoples, enen among oursehes, if we
take Ihe trouble to consider Ihe malle?-" '"). Die Vor-
stellung von dem Fortleben der Todten als fjpweg
in seligem Dasein war ursprünglich allen Griechen
gemein; dieser Vorstellung entspringen die Opfer-
gaben und Erinnerungsfeste am Grabe auch noch
im attischen Volksbrauche der Zeit, die uns be-
schäftigt. Aber lebendig verstanden war der Glaube
damals nur noch bei nichtionischen Griechen und
blieb es noch lange. Diese mochten auf ihren
Grabsteinen darstellen wie der selige Todte zu Ross
der Anbetung der Seinen theilhaftig wird oder als
nägeögog der Götter sein Mahl einnimmt in Gegen-
wart jener Qea Baaileia, die kürzlich Löschcke")
so glücklich zu neuem Leben erweckte, die uns als
Bezeichnung d^r sitzenden Frau auf den Todten-
mahlreliefs in einem Falle inschriftlich bezeugt ist^^).
Wie die griechischen Dialekte am richtigsten in
ionische und nichtionische geschieden werden, so
auch eine Fülle religiöser Vorstellungen. An Stelle
des Heroenglaubens trat bei den loniern früh die
Verzweiflung über das Nichts, zu welchem der Tod
führe, später jene stille weihevolle aber hoffnungs-
lose Trauer, welche die attischen Gräber mit ewiger
Poesie verklärt hat. Hoffnungslos war die Trauer:
denn selbst dem schönstgeschmückten Grabe naht
Charon und heischt die Todte, heischt versöhnende
Gaben. Das Geschenk, welches auf den altsparta-
nischen Grabstelen dem Heros selbst von seinen
Hinterbliebenen dargebracht wird, der Granatapfel :
hier nimmt ihn nicht mehr der Todte, sondern
Charon entgegen (Taf. 3). Dass die Verstorbenen
selber vielfach zu erkennen seien unter jenen Ge-
stalten, die am Grabmal in Trauer versenkt, Lyra
"0 GaiJner, Joum. of hell. slud. V (i. 133.
-") Veniuithuugen zur griech. Kunstgescli. u. s. w. Dor-
pater Piogr. 18S4 S. 17.
-') Grabrelief der städtischen SammluDg in Triest, von mir
neu untersucht im Herbst 1883. Am besten abgeb. Sitzungsber.
d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. LXXI (1872) Taf. I, 2, wozu
Conze S. 323. (= Wiener Vorlegebl. Ser. IV T. 12).
spielend oder sonst anmuthig beschäftigt sitzen,
haben Milchhöfer^") und Furtwängler^') mehr als
wahrscheinlich gemacht. Grade die Charonvasen
unseres Typus sind entscheidend, was Milchhöfer
richtig erkannte unter besonderem Hinweis auf
unsere Nr. 4, wo der am Grabmal sitzende Jüng-
ling dem Charon seinen Obolos hinreicht.
Während das Bild unserer Tafel 2 bei der ein-
fach und klar angeordneten Handlung der Erklärung
keine Schwierigkeit macht, ist das Bild auf Tafel 3
eigenartig und bis jetzt ohne Analogie. Ich habe
bereits angedeutet, wie die für die Todten bestimmt
gewesenen Opfergaben dem Charon anheimfallen,
der mit der Rechten nach ihnen greift. Die ur-
sprüngliche Bedeutung der Gaben erklärt die Grab-
stele ; klar ist ebenfalls, dass die Trägerin der
Spenden nicht die Verstorbene selbst sein kann.
Dieselbe fehlt aber nicht, sondern schreitet in be-
sonders schönem epheugesticktem Gewände in
würdevoller Haltung heran, sie die Herrin hinter
der Dienerin. Aber der Tod kennt keinen Unter-
schied; Charon selbst, plötzlich mit seinem Nachen
erschienen, greift nach den Fruchten, die für die
Herrin bestimmt waren. — So weit scheint mir die
Deutung sich von selbst zu ergeben; andere mögen
eine finden für den Haufen grüner Kürbisse zur
Rechten, an der Stelle, wo man nach Analogie der
verwandten Monumente die Andeutung des Unter-
weltsflusses voraussetzen würde. Etwa in dem
stillen Gewässer schwimmende Blattpflanzen zu er-
kennen möchte man versucht sein, wenn es auch
nur annähernd ähnliche gäbe: aber die am meisten
charakteristische Eigentliümlichkeit aller Nymphäen-
blätter, die zum Stilansatz scharf eingezogene Peri-
pherie, würde doch selbst ein Lekythenmaler zum
Ausdruck gebracht haben, wenn anders ihm über-
haupt daran lag, was er malte auch erkannt zu
sehen.
Man sieht, wie auch auf diesen Lekythen der
Grundzug der alten Composition sich wiederfindet:
Charon im Nachen ankommend auf der einen Seite,
auf der anderen zwei Gestalten ; war freilich ein-
■'0) Mittheil, des Archäol. Inst. V S. ISO.
•■") Samml. Sabouroff zu Taf. XV— XVII und zu Taf. LX, 2.
23
G. Körte, Roma im Palazzo Barberini.
24
mal die Stele mit der zu ihr gehörigen Figur ein-
gesetzt, so erforderte die Symmetrie allerdings die
dritte, so dass ich nicht wagen möchte, in der Ver-
storbenen und ihrer Begleiterin ein unmittelbares
Echo des Hermes mit der Todten wiederzuerkennen.
Beide Lekythen gehören in's vierte Jahrhundert.
Der Ausführung nach älter ist natürlich das Bild
auf Tafel 3.
Heidelberg.
F. VON DUHN.
ROMA
ANTIKES WANDGEMÄLDE IM PALAZZO BARBERINI.
(Tafel 4.)
Das Monument, von welchem wir eine neue Ab-
bildung vorlegen, hat unseres Erachtens neuerdings
die Beachtung nicht gefunden, welche ihm nicht
nur des Gegenstandes sondern auch des ihm mehr
als irgend einem andern antiken Frescobilde inne-
wohnenden monumentalen Charakters wegen — eine
thronende Göttin ist in mehr als Lebensgrösse dar-
gestellt — gebührt. Der Grund hierfür liegt wohl
einerseits darin, dass das Bild seit geraumer Zeit
nicht öfi'entlich dem Publikum zugänglich ist; wäh-
rend andererseits die Abbildungen desselben sämmt-
lich älteren Datums (die letzte aus dem Jahre 1810)
und bis auf eine, in einem wenig bekannten Werk
befindliche, keineswegs genügend sind. Unter diesen
Umständen erschien es F. von Duhu und mir als
eine Pflicht, die im Winter 1876/7 durcli das Ent-
gegenkommen des fürstlichen Besitzers gebotene
Gelegeniieit zur Erlangung einer neuen Zeichnung
nicht unbenutzt zu lassen. Bei Ausführung der-
selben durch die bewährte Hand E. Eichlers konnte
ich das Bild in der Nähe eingehend untersuchen
und die Ergänzungen sowie die ziemlich ausge-
dehnten Uebermalungen der antiken Theilc, welche
liisher überhaupt nicht beobachtet waren, feststellen.
Die Veröffentlichung der neuen Abbildung sollte
in Verbindung mit einer eingehenden Untersuchung
eines befreundeten Fachgenossen über die Dar-
stellungen der Roma erfolgen, welcher meine Beo-
bachtungen über das barbcrinische Gemälde als
Material einverleibt worden wären. Da die Aus-
führung jener an sich höchst wünschenswerthen
Arbeit aber durch die Verhältnisse in allzu weite
Ferne gerückt ist, so übernahm ich es auf Wunsch
der Redaction, die Abbildung mit denjenigen Be-
merkungen, welclie der Gegenstand zunächst er-
fordert, zu begleiten.
Authentische Kunde von der Auffindung des
Bildes giebt das Memoriale di Cassiano dal Pozzo
(bei Lumbroso, Notizie sulla vita di Cassiano dal
Pozzo etc. Torino 1875 p. 77 f.), dessen Bericht
es angezeigt scheint vollständig herzusetzen. „Vanno
1655 nel giorno deW assunzione di N. S. al ponte-
ficnto che fu ai seile d'aprile, si irovd in alcune
aniicaglie assai vicino al battistero di S. Giovanni in
Laterano una slanza dipinta nella quäle s'osservd
rcffigie di Roma trionfanle colorila vagamenle che al-
lellö V eminentissiino signor cardiual Francesco Bar-
berino a far tagliare il muro e trasporlar quella
pittura nel giardino del palazzo dt casa sna, che e
alle quallro fontane, ho preso a farne far copia da
quella che il medesimo signor cardinale fece fare in
tela." Das Bild ist mit modernem Rahmen in einem
leider schlecht beleuchteten Zimmer des Erd-
geschosses, welches gegenwärtig als eine Art
Rumpclkammer dient'), in die Wand eingelassen
') Es besteht die Absicht — deren Ausführung lebhaft zu
wünschen ist — das Bild in einen besser beleuchteten Kaum
zu überführen und diesen mit zu der Gemälde-Galerie zu ziehen.
25
G. Körte, Roma im Palazzo Barlioriiii.
26
und (ohne den Ralinien) 1,70 in. hoch und 1,85 ni.
breit. Es war ringsherum, am meisten oben und
unten, beschädigt; eine punktirte Linie auf der Ab-
bildung bezeichnet die Ergänzungen, wozu in erster
Linie der ganze Obertheil des Kopfes mit den
Augen und dem Helme — einer missverstandenen
Nachbildung eines korinthischen — gehört. Der
Obertheil des letzteren ücheint gar nicht ausgeführt
worden zu sein, ebenso wenig wie das fehlende
Stück des Schildes. Gleichzeitig aber hat das
Bild ziemlich ausgedehnte, theilweise willkürliche
Restaurationen erfahren, welche, weil mit Oelfarbe
ausgeführt, bei näherer Betrachtung leicht als solche
zu erkennen sind. Diesen interpolirten Zustand
geben sämmtliche Abbildungen wieder. Die älteren
unter ihnen, welche den Helm der Eoma vollständig
geben, scheinen nicht nach dem Original, sondern
nach jener „copia in tela", von welcher Cassiano dal
Pozzo berichtet''), hergestellt zu sein. Auf unserer
Tafel sind die willkürlichen Zusätze weggelassen.
-) Eine zweite t'iii' Kaiser Ferilinand III angefertigte Copie
erwähnt Winckelmann Werke V p. 159. — Abbildungen:
Belluri , Fi-agm. vestiyii vet. liomat (1G73) p. 86 (vermehrte
Ausgabe von Xav. Cauale u. d. Titel hhnographia vet. R. \lQi
ji. S'i) im Gegensinne des Originals, auf der Standarte der
Victoria: ü. P. Q. R. — Reproducirt bei Bellori und M. A. Cau-
seus, Pktae veterum tabutae in cryplu Romanorum receptae Ro-
mae 1738 Titellcupfer; s. p. 105 (die erste Ausgabe: Pitlure anti-
che (teile ijrotte di Roma 1706 enthält die Abbildung nicht);
Montfaucon, antiqu. expl. 1,2 p. 293 pl. CXCIII (ed. LH Ro-
niae 1746); Causeus, Romanum Museum vol. II Titel cf. Sectio
VI, 18 (Lens, h costume des peuples de l'antiqu. pl. 32; Bottari,
Pkt. ant. crypt. Rom. Titelkupfer). Causeus Pictae vet. tab.
p. 105 citirt eine grössere Abbildung des „Crosalius Gallus
in sua celebrium picturarum stjllot/e"' — Selbständig: A curious
collection of ancient paintings etc. London 1741 fol. pl. 1 (von
Schreiber Gott. gel. Anz. 1882 p. 615 nachgewiesen). Weitaus
be^te Abbildung, welche genau den gegenwärtigen Zustand
wiedcrgiebt. — P'arbig mit vollständigem Helm, in Farben
und !>til der Zeichnung nicht treu: Sickler und Reinhart, Al-
uianach aus Rom I Leipzig 1810 (Titelkupfer); wiederholt bei
l'iper, Rom die ewige Stadt (Sehr.). Beschrieben: Matz und
V. Duhn, Antike Bildwerke in Rom III n. 4111 nach der ersten
von V. Duhn und mir gemeinsam vorgenommenen Betrach-
tang. Leider hat v. Duhn versäumt, vor Drucklegung seiner
Notizen die Eichlev'sche Zeichnuug und meine, wie oben ge-
sagt, unter günstigeren Bedingungen aus nächster Nähe ge-
machten Beobachtungen zur Vergleichung heranzuziehen. Dies
zur Erklärung der erheblichen Abweichungen seiner Beschrei-
bung von der meinigen und der neuen Abbildung. Eine neuer-
dings wiederholte Vergleichung des Originals hat die Richtig-
Koma sitzt auf einem Stuhl ohne Arm- und
Rückenlehne^) in ruhiger, majestätischer Haltung.
Das rechte Bein ist leicht gebogen und der Fuss
steht ein wenig zurück. Der Kopf ist ganz un-
merklich nach links gewandt'). Sie ist bekleidet
mit einem an den Schultern genestelten weissen
Untergewande, welches den oberen Theil der Büste
frei lässt°). Darüber trägt sie ein mit dunkel-
farbigem Gürtel gegürtetes Praehtgewand aus
schwerem Stoff von gelber Farbe mit breitem
rothen Längs- und (unten) drei Querstreifen von
derselben Farbe; auf den letzteren ein Ranken-
ornament in Grau'). Zwischen dem ersten und
zweiten dieser Querstreifen bemerkt man auf der rech-
ten Seite ebenfalls als eingewebt oder gesticktgedachte
grau gemalte Figuren'). Es sind deutlich erkenn-
bar zwei Seekentauren *), auf deren Fischschwanz
je ein nacktes Weib sitzt; sie sind von einander
ab, die eine nach 1., die andere nach r. gewandt.
Auch diesis Gewand war an den Schultern ge-
nestelt, doch ist es links bis dicht oberhalb der
durch die doppelte Hülle hindurch erkennbaren
Brustwai-ze herabgeglitteu — ein Motiv, welches
dem sonst allzu einförmigen Faltenzug der gleich-
artigen Gewänder eine grössere Mannigfaltigkeit
verleihen und die feinen Falten des weissen Unter-
gewandes nach der linken Schulter hin zur Geltung
bringen soll. Die Bekleidung der Göttin wird ver-
vollständigt durch einen künstlich drapirten, dunkel-
keit der letzteren in den betreft'enden Differenzpunkten lediglich
bestätigt.
^) Die doppelte schwarze Linie, welche die letztere andeuten
soll, ist ebenso wie der ganze Hintergrund mit Oelfarbe gemalt.
■•) Auch die erhaltenen Theile übermalt; die dunkel-
braune Farbe des Haares wohl nach vorhandenen Spuren.
^) Der ganz schmale Streifen dieses Untergewandes, der
unten unter dein gelben zum V^orschein kommt, ist mit Oel-
farbe übermalt.
'') Nicht in Gelb wie bei Sickler imd Reinhart. Der
unterste (Rand-) Streifen ist übermalt.
') Auf der linken Seite — wo nur ein kleines Stück der
tunica unter dem Mantel zum Vorschein kommt — habe ich auf
dem Original keine entsprechenden Figuren bezw. Reste von
solchen sicher zu erkennen vermocht. (Die älteren Abbildungen
geben solche — auch die englische wenigstens eine Andeutung
— und in der That sind sie sicher vorauszusetzen).
') Der am deutlichsten erkennbare znr L. ist auf allen
älteren Abbildungen als knieende Figur aufgefasst.
27
G. Körte, Roma im Palazzo Baiberini.
28
rothen (purpurnen) Mantel. Derselbe fällt laug
über den Rücken berab, ein Zipfel liegt auf der
r. Schulter, bedeckt die linke und ist um den 1.
Arm herumgescMungen; von da fällt ein Tbeil zum
Boden berab, der grössere ist über den Scbooss
gelegt, so dass ein Zipfel in sorgfältig geordneten
Falten zwiscben den Knieen herabhängt. Den Hals
der Göttin schmückt ein gelb gemaltes (goldenes)
Halsband mit Anhängseln in Gestalt von kleinen
ampullae. Der rechte Unterarm ist vom Körper
abgestreckt und trägt eine, dem Beschauer zu, nur
ein wenig nach links hingewandte Victoria. Die-
selbe ist mit einem langen weissen Chitou mit
Ueberfall bekleidet und etwas nach vorn geneigt,
als sei sie im Begriife, von der Hand der Göttin auf
den Beschauer zu herabzuschweben. Der Kopf
und der ganze rechte Arm, sowie andere kleinere
Theile sind übermalt. Die rechte Hand war offen;
die ebenfalls in Oelfarbe gemalte Kugel auf der-
selben scheint nach vorhandenen Spuren ergänzt.
Der 1. Arm hängt am Körper herab, die (antiken)
Finger sind leicht geschlossen an den Leib gelegt;
von irgend einem Gegenstände, den sie gehalten
hätten (etwa einem Palmzweig), ist keine Spur vor-
handen, auch ist speciell der Daumen nicht ange-
drückt. Die Standarte, welche diese Hand jetzt
hält"), ist moderne Zuthat und daher auf unserer
Zeichnung weggelassen. Mit der Linken hält Eoma
ein Scepter'"), dessen Ende auf den Boden ge-
stützt ist, zum Theil verdeckt durch den grossen
neben dem Sitz lehnenden (grösstentheils modernen)
Schild. Auf ihren Schultern sitzt je eine kleine
weibliehe Flügelgestalt, die nach innen gewandtep
Hände auf die Schulter der Göttin gestützt. Die zurR.
des Beschauers (auf der 1. Schulter) ist ganz übermalt,
die zur L. dagegen unberührt. Sie neigt den Ober-
körper und Kopf etwas nach innen zu und ist mit
einem grünen Chiton bekleidet. Es erübrigt noch
der merkwürdigen Gruppen Erwähnung zu tliun,
'■') Siehe die Abbildungen.
'") Dasselbe ist jetzt ganz mit Oelfarbe gemalt (gelb mit
herumgewundenem rothen Streifen), doch wohl, wenigstens was
die Länge und Form betrifft, nach den antiken Resten: eine
Lanze müsste beträchtlich länger sein und würde in anderer
Weise gehalten werden.
welche sich vorn auf den Pfosten des Stuhles")
befinden. Zur L. sieht man einen flach auf der
Oberfläche des Pfostens aufliegenden Schwan mit
entfaltetem r. Flügel (der 1. konnte des Raumes
wegen nicht angegeben werden) und etwas nach
unten herabgebogenem Hals. Offenbar ist der
Vogel als lebend gedacht. Auf demselben sitzt
eine unterwärts mit einem Gewände (grün mit
rothem Randstreifen) bekleidete Frau, welche die
Rechte auf den Flügel des Thieres stützt, während
sie mit der erhobenen und vom Körper abge-
streckten L. das Gewand wie ein Segel emporzieht.
Nur der Kopf dieser Gestalt ist übermalt, das
Uebrige unberührt. Die entsprechende Gruppe zur
R. ist etwas abweichend gebildet. Der Schwan
liegt bedeutend höher") als auf der andern Seite,
die Flügel sind nicht ausgebreitet und der Kopf
hängt in einer Weise herab, dass man das Thier
für todt halten muss; auf demselben liegt eine
Kugel, welche wiederum der 1. Hand der Roma
zur Stütze dient. Die der Frau auf der anderen
Seite entsprechende Figur sitzt nicht auf, sondern
neben dem Schwane und stützt die linke Hand
anscheinend auf die obere Bekrönung des Pfostens
selbst auf. Dieselbe ist roh überschmiert und da-
her das Geschlecht nicht völlig deutlich; doch ist
sie der genauen Entsprechung wegen zweifellos
für weiblich zu halten '■'). —
Roma ist als siegreiche Weltherrscherin auf-
gefasst. Als solche führt sie das Scepter und stützt
den 1. Arm auf die Weltkugel — denn dafür wird
man trotz ihrer Kleinheit jene Kugel halten müssen.
Denselben Gedanken drückt in freilich ungewöhn-
licher Weise") die Kugel iu der R. der Victoria
") Die Pfosten selbst sind beide, auch in ihrem antiken
Theil, ganz übermalt, die Ornamente und der eigenthünilich
ausgebildete obere Abschluss des Pfostens fallen also dem
Kestaurator zur Last.
''■') Worauf er liegt, ist nicht zu erkennen. Diese ganze
Partie ist übermalt.
") Bei Bellori sind beide Gestalten als nuinulich wiederge-
geben, daher der Irrtliuni Winckelnumns (Werke II .S. 510), wel-
cher die durch den Schwan cliarukterisirlen Dioskuren erkennt.
") Insofern als Victoria die Weltkugel trägt, während sie
gewöhnlich auf derselben steht, sowohl iu Einzeldarstellungen
als auf der Hand der Koma.
29
G. Körte, Roma im Palazzo Barberini.
30
aus. Zwei andere Siegesgöttinnen sitzen ausserdem
auf den Schultern der Koma, als die stets bereiten
Boten der Weltherrscheriu, den Adleru des Zeus
entsprecliend. Schwer verständlich sind die beiden
Gruppen auf den Pfosten des Sessels. Zur Erklä-
rung derselben weiss ich nur auf das bekannte
Florentiner Relief ^) und die verwandten Monumente
zu verweisen, wo die auf dem Schwane cinher-
sehwebende Frau von O.Jahn"') zweifellos richtig
als „die Luft" erklärt worden ist. Diese Deutung
wird man auch auf die entsprechende Gruppe (zur
L.) unseres Mouumeutes anzuwenden haben. Da
dieselbe nicht als ein bioser architektonischer Zier-
rath behandelt ist, so wird man auch annehmen
müssen, dass sie irgendeine bestimmte allegorische
Bedeutung habe. Die Schwierigkeit wird vermehrt
dadurch, dass von dieser die entsprechende Gruppe
zur K. auch der Bedeutung nach nicht wohl zu
trennen ist. Wenn mau nun die zur L. etwa so
auffassen könnte, dass selbst die Luft, das flüch-
tigste, freieste Element, der Weltherrscherin Roma
dienstbar ist, so bleibt schon die Verdoppelung
dieser Personificatiou höchst sonderbar. In welchem
Sinne aber gar der Schwan, und zwar dem An-
.scheine nach als todt gedacht, jene Function als
Stutze der Weltkugel und indirect der Hand der
Roma erhalten konnte, weiss ich nicht zu erklären.
Rein äusserlich betrachtet widerspricht dieser ganze
Aufbau allen tektonischen Gesetzen, um so mehr als
wegen der andern Seite an eine Seitenlehne des
Stuhles nicht gedacht werden kann. Aber auch die
Art, wie links der schwebende Vogel unmittelbar
auf der Fläche des Stuhles aufliegt, muss als durch-
aus unnaturlich bezeichnet werden. Nicht undenk-
bar ist es übrigens, dass der unerfreuliche Eindruck
durch willkürliche Ergänzung des Stuhlpfostens von
Seiten des Restaurators hervorgerufen oder ge-
steigert ist.
Die Ausfuhrung des Bildes ist sorgfältig, der
Faltenwurf der Gewänder, je nach der Natur des
Stoffes verschieden, mit Verständniss behandelt"),
''•') üütschke, Ant. Bildw. in Obeiitalien III ii. 353.
'8) Arch. Zeitg. 1858 S. 2-13ff.; Iö64 S. 178ff.
'^) Unsere Radirung hat diu Falten der oberen Partie leider
iu knitterig und unruhig wiedergegeben
und die Brechung des Lichtes auf dem gelben Gewand
ist zum Ausdruck gebracht. Die Haltung der Gestalt
ist würdig und von ungesuchter Einfachheit, die For-
men sind, der Bedeutung der dargestellten Göttin
angemessen , wohl mit Absicht etwas schwer ge-
halten. Verzeichnet ist allerdings der 1. Arm.
Alles in Allem kann man der constantinischen
Zeit, in welche das Gemälde wegen seiner Auf-
findung in der Nähe des lateranensischeu Baptiste-
riums gesetzt worden ist'"), eine solche Leistung'
unmöglich zutrauen. Eine solche Datirung wird
auch durch die Angabe des Cassiano dal Pozzo in
keiner Weise gefordert. Sie beruht auf der ganz
willkürlichen Ansicht älterer Topographen, dass
an jener Stelle der Palast des Constantin gelegen
habe. Näheres aber über jenes antike Bauwerk,
in welchem das Gemälde gefunden wurde, wissen
wir nicht und entbehren somit jedes äusseren Kri-
teriums, um dieEntstehuDgszeitdes letzteren zu fixireu.
Eineallerdingsnurannäherungsweise Datirung ergiebt
sich dagegen aus dem Typus der Roma auf dem
Gemälde selbst. Auf den Münzen der Kaiser bis
zu Hadrian überwiegt für die Darstellung der Roma
völlig der Amazonentypus''), erst seit und nach
Hadrian findet sich daneben häufiger, später über-
wiegend der Athena- Typus, wie er auf unserem
Bilde vorliegt. Danach ist es, wenn auch nicht
sicher, so doch wahrscheinlich, dass das letztere
nicht vor der Zeit des Hadrian entstanden ist; die
weitere Vermuthung (von Duhn's) dagegen, dass
es unter dem directen Einflüsse des Cultbildes in
dem von diesem Kaiser (880 = 127 n. Chr.) ge-
stifteten Tempel der Venus und Roma gemacht
sei, schwebt so viel ich sehe in der Luft. Denn
aus litterarischen Quellen wissen wir über dieses
'*) Vgl. Winckelmann V S. 159; Zoega, Bassirilievi p. 152.
") Doch nicht ausschliesslich, wie Zoega a.a.O. p. 149
bchaujjtet. Vgl. das Medaillon des Domitian bei Fröhner les
med. de l'emp. rom. p. 19 und Grueber Roman medatlions in ihe
Brit. Mus. pl. I, 2 : Koma ganz in der Gestalt der Athene, aber
mit Scepter (so richtig Grueber). Dass Koma gemeint sei
(Fröhnev), beweist die knieende germanische Gefangene als Schild-
halter. Dasselbe Medaillon widerlegt die seit Zoega geltende
Ansicht, dass Koma zum Unterschied von Minerva nie mit der
Aegis dargestellt sei. Vgl. auch die Goldmünze des Antoninus
Pins bei Kenner, Roma-Tjpen (Ber. der phil. - bist. Cl. der
Wiener Akademie d. W. 1857) Fig. IG.
31
H. Dierks, Kostüm der griechischen Schauspieler.
32
Cultbild der Roma nur, dass die Göttin sitzend
dargestellt war""), und von den zahlreichen Dar-
stellungen der Roma auf Münzen dieses Kaisers
bat keine Anspruch darauf, für eine genaue Nach-
bildung desselben zu gelten: weichen doch selbst
die mit der Beischrift Roma aeterna versehenen
Münztypen der Göttin in den Attributen nicht un-
erheblich von einander ab^'). Unser Bild aber
unterscheidet sich (abgesehen von dem übrigen
Beiwerk) von allen in Betracht kommenden")
Münztypen dieses und der folgenden Kaiser durch
1311.
2») Dio Cassius 69, 4. 5.
=') Vgl. Cohen, m^d. impi-r. IV n. 1299, 1301 — 3, 1306,
--') Am nächsten stehen: Pedrusi, { Cesnri d'aryento III
tav. 3,14 (Hadrian) = Bellori, ichnogr. vet. liom. p. 2 (zwei Mün-
zen des Antoninus Pius und des Septimiiis Severus).
das Scepter, welches Roma statt der Lanze in der
L. führt. Es kann also, wenn überhaupt, nur von
einem ganz allgemeinen Zusammenhange desselben
mit dem Cultbilde der Roma die Rede sein.
Bezüglich des die Venus darstellenden Gemäldes
im Pal. Barberini, welches ebenfalls für antik ge-
halten wurde und von Carlo Maratta oder Pietro
da Cortona ergänzt sein soll, stimme ich durchaus
dem Urtheil F. von Duhn's bei"'), dass es ganz
modern und als Pendant zu dem der Roma, mit
dem es in den Maassen übereinstimmt, gemalt sei.
Rom, October 1884. G. Körte.
"^) Antike Bildwerke III n. 4112. Abgeb. A curious collect,
of anc. jjaint. pl. II (ohne den angeblich von Carlo Maratta er-
gänzten Vordergrund). Am Original ist von Ergänzungen nichts
zu bemerken.
ÜBER DAS KOSTÜM DER GRIECHISCHEN SCHAUSPIELER
m DER ALTEN KOMÖDIE.
(Tafel 5.)
Während durch PoUux die Tracht der komischen
Schauspieler in der alexandrinischen Zeit einiger-
massen vollständig überliefert ist, finden sich bei
ihm über ihr Kostüm in der alten Komödie nur
dürftige Andeutungen. Auch vereinzelte Bemerkun-
gen anderer Grammatiker sind zu geringfügig, um
ein Bild von dem Bühnenkostüm des 5. Jahrhunderts
V. Chr. zu ergeben. Glücklicherweise besitzen wir
noch zwei weitere Quellen: die auf uns gekommenen
Dramen und die Monumente. Beide sind bereits
theilweise zur Reconstruction benutzt, aber es fehlt
an einer Darstellung, welche alle Notizen über das
Kostüm der Schauspieler in der alten Komödie zu-
sauimenfasst und das Verhältniss der Monumente
zu den schrii'tlichen Quellen darlegt'). Dies möge
im Folgenden meine Aufgabe sein.
') Für die tragischen Schauspieler habe ich dusselbe ver-
sucht in meiner Schrift: De irnr/icorutn /lislrionum habilu scae-
nico apud Graecos. Goltinc/ae 1S83.
1. Die Masken.
Ueber die Masken der alten Komödie berichtet
Pollux^): T« de xiü(.ity.tt nqöaiona xa /.isv ziig
naXaiäg y.iof.uodiag dig ImnoXv xoig ngoGionoig cov
excü/.imdoi'v EnsixdueTO, ^i] snlro yelniÖTSQOv sayrjiAä-
tiOTo. Er unterselieidet hiernach: Porträt- und
Caricaturmasken.
Ueber das monströse Aussehen der Masken fin-
den wir in den Dramen des Aristophanes häufiger
Bemerkungen, offenbar in der Absicht, die Aufmerk-
samkeit des Publikums darauf zu lenken. Beson-
ders reich an solchen Scherzen sind die VögeP).
'^) Onomasticon IV 143.
•') Auch auf Vasenbildern Knden wir häuKger die Darstel-
lung von menschlichen Gestalten mit Vogelmasken: Gerhard,
Trinkschalen T. XXX, 1 — 3; Journal of hellenic studies, PI.
XIVB; Tischbein, Rec. de gravures II, Ö7. Diese Vasen sind
besprochen von C. Smith in dem Journal of liellenic sttidies,
Vol. 2 p. 309 fg.
33
H. Dicrks, Kostüm der griccliisolicn Sclmnspicler.
34
Da Trochilos eine Maske mit einem g'äiinenden
Sclinabel trägt, so ruft Euelpides staunend aus
(Vs. 61): ^Tin}.i.ov anoTQÖnaie, %ov yao/urj^tarog*).
Nicht minder lacbenenegend ist der Sclinabel au der
Älaske des Epops (Vs. 99: lo Qäfiq-og rjulv aov
yikoiov (paiverai^). Die Maske des Euelpides gleicht
einem Gänsekopf (Vs. 804: nlad-' w /naXiar' i'nixag
STTTtQfüfuvng; elg evtsXsiav xr^vi avyysyQafifiivoj)
und die des Peitlietaeros einem Amselkopfe (Vs. 806:
av ÖS icoxpiy^ii) ye axäq'iov änorsxiXf.iivui). Den Cho-
reuten voran, von denen jeder Einzelne einen be-
sonderen Vogel repräsentirtc, ziehen die vier
Musiker''), ebenfalls mit Vogehnasken. Der eine
trägt einen mächtigen Buscli auf dem Kopfe
(Vs. 278: etEQog av Xöcpov xaiEtlTjqiiog rig oQvig
nvToai)^ ein anderer — der Phoenikopteros —
einen stark gekrümmten Schnabel')-
Die Masken des Chores in den Wolken waren
nach dem Scholiasten zu Vers 343 mit grossen,
ungestalteten Nasen versehen: slaslTjkvdijaav ol
yngei'Tal ngoatünüa ncQixeliitsvni f.ieyaXag tynvia
(iivag yeXdia xai aaxr]i.inva.
In der Maske des Pseudartabas war ein unge-
wöhnlich grosses Auge, umgeben von dicken Wülsten.
(Acharner Vs. 95: vavcpQaxiov ßXsnetg rj negl axgav
xdfinTiüv vEwanixnv oxnnslg; oaxu/it eyeig nnv nsql
zov <j(f&aXi.iQv xazco).
Die Lakedaemonier traten mit langen Bar-
ten auf (Lj'sistrata Vs. 1073: xal j-ii^v ann trjg
^nÖQTTjg oidi ngicßeig elxovTsg vn/jvag yuQOvai)
und ebenso diejenigen, welche auf der Seite
der Lakedaemonier standen, die „^axwv/covTeg",
wie z. B. Bdelykleon in den Wespen (Vs. 475:
'') Der Sclioliiist bemerkt hierzu: (nt'i THjüaionov nijviov
f7iott]nfv 0 vTioxniiii^ 6/o}'Tog 70 Qt'tuifoq ye/rjyö^, (^lü jovro
fiTifv /aniirifiiiTOi.
^) Nach dem Scholiasten entsprach seine Matke dem Kopf
einer Nachtigall. Denn zu Vs. G74 bemerkt derselbe, dass Epops
aufgetreten sei iri iilia xixtü.XtoTiiaud'OV, irjV <)'* xf<fi0.ijv
oQViUüi f/ov log i'irjiSoroi.
^ Dass dies die Musiker sind, ist eine treffende Bemerkung
Wieselers {A'iimadv. in Aristoph. p. 37 seq. Satyrspiel p. 202).
') Der Scholiast zu Juvenal XI, 139 beschreibt den Schna-
bel des Phoenikopleros in folgender Weise: huius roslrum lam
prolxxwn est , ut nlsi merso cajjite tujtia in o.v ipsius non possit
intrarti.
ArchSolog. Ztg. Jahrgang ,XLm.
xai ^vvwv BQaaiön") ■ . . rijv &'v7ii^vi]v axovqov
TQSCpCüV;).
Die Ernsten und Traurigen sind durch die zu-
sammengezogenen Augenbrauen gekennzeichnet^).
Eine solche Maske trägt z. B. Lysistrata, zu der
Kalonike sagt (Vs. 7): /a} axv!}QCüTiaV, lutixvov, nv
yag ngirtsi am zoSonnuiv läg otfQvg.
Die Masken der jüngeren Frauen sind, wie in
der Tragödie, von weisser Farbe. Chremylos sagt
deshalb auch von dem Chore in den Ekklesiazusen
(Vs. 386): Ol' yaq aX)^ vnsQCpviög wg XevxoTiXT]&rjg
^v löelv ^xxXrjala'"). Mit weissgefärbter Maske tritt
auch Agatiiou auf, dessen weibischer Charakter
dadurch verspottet werden soll , und zugleich mit
einem jugendlich schönen Gesichte. Denn in den
Thesmophoriazusen redet ihn Euripides an (Vs. 191):
av d'evnQnaiüTing, Xevxng, i^vgrifiEvog.
Dagegen waren die Masken der alten Frauen
hässlich und runzlig. Der Jüngling im Plutos sagt
deshalb von der alten Frau (Vs. 1051): iv rtjü
nQoaconq) zdiv qvtIöiov naag e^ei.
Ueber die Porträtmasken finden wir bei Aristo-
phanes nur eine Andeutung. Es ist die bekannte
Stelle in den Rittern, wo Demosthenes vor dem
Auftreten des Kleon zu den Zuschauern sagt
(Vs. 2.30): xal fxrj deSi^' • nv ydo saiiv s^i^xaafisvog.
vno Tov ösnvg yag avxov ovÖEig rj^sXs tüv axEvo-
noiiöv Eixäacd. Man hat diese Motivirung, dass
kein Maskenmacher die Porträtmaske Kleons aus
Furcht vor diesem habe anfertigen wollen, für einen
launigen Scherz gehalten "); allein die Worte schei-
nen durciiaus ernst zu sein. Denn dass die axEvo-
noioi sicii scheuten, das Porträt des mächtigen
Demagogen anzufertigen, ist sehr glaublich; gerieth
doch Aristophanes selbst wegen der Ritter mit Kleon
in Conflict, und ebenso glaublich ist es, dass der
Dichter die Maskenmacher für ihre Feigheit be-
strafen wollte, indem er sie vor den versammelten
*) Der Scholiast bemerkt: xa'i ^vvtov Bnnald'if avii loü
laxoiviCfii'.
^ Quintilian Inst. or. XI, 3, 79: trislitia deductis (super-
uiliis), hilariias remissts oslenditur. Ebenso wird der Ausdruck
der Trauer auf den Masken der Tragödie bezeiclinet, vgl.
Dierks a a. O. p. 2ü.
1») Vgl. Vs 427 : i.ivx6s Jig.
") Bernhardy, Griech. Litt II, 2.
3
35
H. Dierks. Kostüm der griephiseheii Schauspieler.
36
Athenern brandmarkte. — Die Stelle kann also
soviel lehren, dass die Anwendung von Porträt-
masken damals nicht undenkbar war, doch ist dabei
an eine Porträtirung im Sinne unserer Zeit selbst-
verständlicli nicht zu denken; man wird die haupt-
sächlichsten, am meisten charakteristischen Züge
wiedergegeben liabeu.
Auch von zwei späteren Schriftstellern werden
die Porträtmasken erwähnt; jedoch deren Kennt-
niss ist gewiss erst aus der aristophanischen Stelle
hervorgegangen. Platonios nämlich sagt von den
Masken der alten Komödie'^): iv ftsv ydg rf]
naXctiä el'xatoj' ta nQoaioneia xolg xio/iKpöoviLievnig,
"iva, TTQiv Ti ■Kai tnvg vno'xqirag smelv, n xcofKo-
dov/xevog ix rTjg h^iOLOxr^xog zrjg nipswg xaxäöijXog
fi'lv de TTJ fiiOTj xal via ■kw^küÖicx snirrjösg ra
TigoöioTiEia ngng xh yEXoiöxEqnv iörjj^unvQyr^aav — .
Nach Platonios gab es also in der alten Ko-
mödie nur Porträtmasken, während erst die neuere
Caricaturmasken einführte. Es sei dies geschehen,
M'ie er weiterhin auseinandersetzt, aus Furcht vor
den Macedoniern, damit nicht etwa eine Maske
einem der macedonischen Herrseher ähnele. Die
letzte Nachricht ist anekdotenhaft und unwahr-
scheinlich, die erste unrichtig. Denn Caricatur-
masken wurden — wie wir sahen — gerade haupt-
sächlich in der alten Komödie gebraucht.
Der andere Schriftsteller, welcher die Porträt-
masken erwähnt, ist Aelian. Dieser berichtet in
seinen Vermischten Geschichten (II, 13), dass So-
krates bei der Aufluhrung der Wolken des Aristo-
phanes aufgestanden sei und sich den Zuschauern
zugewandt habe, damit sie sein Gesicht mit der
Maske des Schauspielers, der seine Rolle spielte,
vergleichen könnten. Die Anekdote ist gewiss er-
funden, vielleicht geradezu in der Absicht, die aus
den Kittern gezogene Voraussetzung vom Gebrauch
der Porträtmasken zu bekräftigen. Denn der Schrift-
steller fügt hinzu: (5>yAa yag dt] oxi xal o'i axevnnoioi
inXaaav avtov (hg bxi /näliata i^eixäaavxtg'^).
'^ 711(11 ()(«f/0()äj xcofjoxhüiv XXXV, 20 (Meineke, Comic,
r/raec. frnijiii. I, 533).
") Ausserdem (indet sich in den Progymnasmatu des Ajjh-
thonius eine Stelle (ed. Petzlioldt. Lipsiac 1839, p. 53), die die
l'ortiätmasken zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber doch auf
Unsere ganze Kenntniss der Porträtmasken be-
ruht demnach auf der aristophanischen Stelle; nur
die Angabe über Agathon lässt sich hinzufügen,
der eine weissgefärbte Maske von jugendlich schö-
nem Aussehen trug (s. o.), also jedenfalls eine
Maske, die an sein wirkliches Aussehen erinnerte.
Wie die Porträt-, so sind auch die Cari-
caturmasken dieser Zeit nicht wie in der neueren
Komödie für eine Klasse typischer Figuren be-
rechnet, sondern für jede einzelne Rolle wird eine
besondere Maske geschaffen, durch deren Origi-
nalität der Skeuopoios Aufsehen zu erregen sucht.
Erst mit der Entwickelung der typischen Charaktere
in der Komödie bildet sich der systematische Appa-
rat aus, wie er uns durch Pollux überliefert ist.
Es findet also hier derselbe Process statt, wie in
der Tragödie, wo sich allmählich aus den Einzel-
masken ein System entwickelt, welches in den
sxaxsva ngnatona nur noch einen Rest von den
früheren Originalmasken bewahrt.
2. Die Kleidung,
lieber die Kleidung der Schauspieler in der
alten Komödie besitzen wir gar keine directe litte-
rarische Ueberlieferung. Wir sind deshalb zunächst
allein auf die Komödien des Aristopbanes ange-
wiesen. Das Wichtigste, was wir aus diesen er-
fahren, ist unbedingt die Nachricht, dass die Scliau-
spieler männlicher Rollen in der alten Komödie den
Phallus trugen, dass sich jedoch bereits am Ende
des 5. Jahrhunderts eine Reaction dagegen geltend
machte, wie aus einer Stelle in den Wolken hervor-
geht; denn der Dichter sagt dort (Vs. 537): fjxig (^
xioiuodia) ngtäxa fiev ovösv ^ß^e gaipa/J-ivr] axvxivov
xa9sifxsvov, sQvd-Qov i^ axgov, nayv, xolg naidiotg
/V fi yiXtog. Einen solchen Phallus trägt z. B.
Strepsiades in den Wolken, der auf die Frage des
Sokrates: ixsig xi; erwidert (Vs. 734): oidiv ys
nXtjv i] t6 neog sv xfj (Je|t^'^), ferner die Lakedä-
sie anzuspielen scheint: fMiüAo/ro//« ij nitoaamov fiii' f/ovaa
yvüioiuor, Tt!)v(cts (Tf xiti loi' )Jynr nttvaufitvor, log fv
ittiuoii F.vnolis ?nX(tnt xcu '.4ninin'äii^ ^v rtp vn'tQ luv
Ttooäooii'.
") Der Scholiast bemerkt hierzu: nnyf/j/j'ynf/ »;' d'ii )'«(>
uviöy x<t:)^Cfa:it<i iyovjn i6 itiitoTor xa) fiififia!fai Tor «ffp-
37
H. Dierks. Kostüm der griecliisclien Schauspieler.
38
monier in der Lysistrata (Vs. 989 fg. 1083), und
Mnesilochos in den Thesmophoriazuseo, der auf
seineu Phallus zeigend ihn tovxl z6 näog (Vs. 62)
nennt.
Die Gewissheit, dass die Schauspieler männ-
licher Kollen den Phallus trugen, lässt uns die
innige Verbindung der Komödie mit dem Phallo-
phoreucultus und ihre Entstehung daraus erkennen.
Die (fallocpÖQOL trugen nach dem Delier Hemos'^),
dem Verfasser des Buches neQi uaiävtüv, eine eng-
anliegende Kleidung, älinlich der der Kleiiiasiaten
und — wie ilir Name sagt — den Phallus. Den
Kopf bedeckten sie mit Blättern und Epheukränzen.
Der Gebrauch des Phallus auf dem attischen Theater
beweist, dass mau die Tracht der Phallophoren
auf der Bühne beibehielt. Nur die Maske wurde
neu eingeführt, weil dieselbe bei der kunstmässigen
Ausbildung der Komödie nothwendig wurde"').
Dasselbe Kostüm finden wir wieder auf den
scenischen Darstellungen unteritalischer Vasenbil-
der. Auch hier tragen die Schauspieler männlicher
Rollen den Phallus, aucli hier zeigen die Masken
jene Gestaltungen, wie wir sie aus Aristopbanes
kennen gelernt haben: wir finden monströse Miss-
gestalten"), die Form eines Löwenkopfes ") u. s. w.
Es fragt sicli nun, in welcher Beziehung die
Vasenbilder zur alten Komödie stehen. Am Ende
des 5. Jahrhunderts macht sich in Athen — wie
wir aus der Stelle in den Wolken (Vs. 537) er-
sehen — eine Reaction gegen das Tragen des Phallus
auf der Bübne geltend, wie sich auch auf anderen
Gebieten eine Bewegung gegen das Obscöne kund
giebt, z. B. auf dem der Vasenmalerei, welche, wenn
sie erotische Vorwürfe wählt, jetzt an Stelle der
fjvD.oi'ia. Dass Stveiisiades troU der ubigen Worte (Vs. 537)
in demselben Stücke doch den Phallus trägt, scheint mir durch-
aus wahrscheinlich. Der Widerspruch soll die Zuschauer noch
mehr zum Lachen reizen. Es verhält sich hiermit ebenso wie
mit dem Scherze des Xanthias im Anfange der Frösche. Dio-
nysos bittet ihn, nur ja nicht den Scherz zu machen: (uj
m.ißofiai j weil er allzu bekannt sei. aber X. macht ihn
darum doch.
'^) Athenaeus XIV, 16.
") Ueber die Einführung der komischen Maske wusste
schon Aristoteles nichts näheres {De arte poetica c. 5).
'') Wieseler, D. d. B. IX, 13.
'») il. d. l. 1844, Vol. VI, Tav. XII.
rohen Bordellscenen zarte Liebesbilder setzt. Die
Schauspieler der neuen Komödie treten überhauj)t
nicht mehr in der burlesken Phallophorentracht,
sondern in der Kleidung des täglichen Lebens auf.
Wenn dies auch in Athen der Fall war, so
sehen wir die Phallophorenkomödie sich doch auf
den Inseln des ägäischeu Meeres und an der klein-
asiatischen Küste im 4. und 3. Jahrhundert weiter-
bilden, von wo aus sie etwa 300 v. Chr. von Rhin-
thon in Tarent eingeführt wird. Man nannte sie
dort auch Phlyakographie, weil die Italiker die
Phallophoroi mit dem Namen Phlyakes bezeich-
neten '").
Aus der nun folgenden Zeit stammen eine Menge
von unteritalischen Vasen, auf denen wir sehr
häufig Darstellungen von Phlyakes finden. Nicht
alle von diesen beziehen sich auf das Theater.
Denn zuweilen sieht man jene in Verbindung mit
Dionysos, mit Kentauren, denen sie voranspringen,
mit Bacchantinnen, oder der Maler hat durch An-
deutung der Landschaft zu erkennen gegeben, dass
er die Phlyakes im Culte darstellen wilP°). Bei
einer verhältuissmässig grossen Anzahl ist jedoch
die Beziehung auf das Theater durch die Angabe
der Bühne gesichert.
Auf den Inhalt der Phlyakographie näher einzu-
gehen, ist hier nicht der Ort"')- Nur das Eine
ist noch zu erwähnen, dass diese Komödie auch
inhaltlich Berührungspunkte mit der alt-attischen
hat. Welcker bezog daher das bekannte Bild mit
der Darstellung aus den Fröschen direct auf die
Komödie des Aristopbanes''). Dies ist zwar nicht
berechtigt — abgesehen davon, dass die Annahme
etwas gewagt ist, die Komödien des Aristopbanes
seien noch in jener Zeit in Unteritalien allgemein
verbreitet gewesen — , weil Dionysos beim Aristo-
pbanes im langen Chitou auftritt, während letzterer
auf dem Vascnbilde fehlt. Der Chiton ist nämlich
") Athenaeus XIV, 1.x
-f) Lenormant, Chefs-d'oeuvre de l'art ant. V" s€rie. Vol. I,
PI. 92. — Siehe auch das unten von mir edirte Vasenbild.
■•^') In nächster Zeit hoffe ich eine Sammlung der Frag-
mente der lihinthonica und eine Untersuchung über dieselbe
geben zu können.
"2) Abgebildet bei: Gerhard, D. u. F. 1S4:), T. III, 1 =
Wieseler, D. d. B. S.-X. A,2i.
3*
39
H. Dierks, Kostüm der griechischen Scliauspieler.
40
gerade das Wichtigste; denn der Gegensatz zwischen
dem langen weiblichen Gewände und den Insignien
des Herakles sind der Grund, weshalb dieser in
ein Gelächter ausbricht. Die Anlehnung jedoch an
Aristophanes ist unverkennbar. Was liegt in diesem
Falle näher als an eine Neubearbeitung dieser
Scene durcli einen Hilarotragüden zu denken? Diese
kannten der Vasenmaler und seine Kunden aus
eigener Anschauung und jener konnte daher auf
Interesse und auf Käufer für seine Waare rechnen.
Auf einer anderen Vase finden wir zwei Diener,
die sich in Liebkosungen gegen Apollo, ihren Herrn,
überbieten"). Der eine sucht seine Gunst durch
einen Korb mit Früchten, der andere durch decla-
matorische Schmeicheleien zu gewinnen. Es gemahnt
dies lebhaft an die Scene mit dem Wettstreit des
Paphlagoniers und des Wursthändlers um die Gunst
des Demos.
Panofka wurde durch ein anderes Bild an Kra-
tinos' Weinflasche erinnert"^).
Ein anderes schliesslich (s. Taf. 5,1) ruft eine
Scene aus den Acharnern in's Gedächtniss zurück.
Nach dem Gesagten dürfen wir die scenischen
Darstellungen unteritalischer Vasenbilder zwar nicht
direct dem Inhalte nach auf die alte Komödie be-
ziehen, sondern auf die Hilarotragödie, welche
Scenen aus derselben entlehnt; wohl aber können
wir bei dem Zusammenhange, in welchem das
Lustspiel des 5. und 3. Jahrhunderts v. Chr. zu ein-
ander und zu dem Phallophorenkult stehen, die
Kleidung der Hilarotragüden zur Reconstruction des
Kostüms komischer Scliauspieler des 5. Jahrhun-
derts benutzen. —
Die Schauspieler männlicher liollen tragen
einen dem Körper dicht anliegenden Anzug aus
steifem Leder, welcher die Beine bis an die Knöchel
der Füsse und die Arme bis an die Hand bedeckt'*).
-■•') M. d. I. 1859, Vol. VI, T. XXXV, 1.
-*) Gerhard, D. n. V. 1849, T. IV, 1. — Smilh [Jour-
tiül of heil. siud. 2,313) vergleicht eine scenische Darstellung
(Tischbein II, 57) mit der Scene aus den Vögeln des Aristopha-
nes „where tlie Chorus 0/ ÄiVrf.v altacks ihn intruding human
strangers. '^
-'} Die eng anliegenden GewUndcr der rhallophoren nannte
man nach Athenaeus XIV. 16 xniivaxei. Wieseler hat die-
Ein besonderes, eng anliegendes Gewandstück be-
deckt bloss den Oberkörper und lässt Arme und
Beine frei"). An diesem befindet sich vorn der
Phallus, aus Leder-') und von unförmlicher Grösse.
Dieser eng anliegende Anzug ist nicht als ein Ge-
wand aufzufassen, sondern als eine Nachahmung
des Körpers. Darum sind die Brustwarzen ange-
geben, darum ist auch das Somation zuweilen aus-
gestopft, um einen Schmerbauch darzustellen"). Mit
einem solchen trat z. B. Dionysos in den Fröschen
auf. Denn Vs. 200 sagt der Chor zu ihm nvxovv
xa^söei diix svd^adl, yaatQiov;''^)
Die Arme und Beine sind meist buntfarbig ge-
streift und zwar in der Weise, dass an jeder Seite
derselben ein Streifen von oben nach unten läuft,
die beide duich Querstriche verbunden sind; das
Somation dagegen ist einfarbig.
Die Gewänder der Männer entsprechen der Klei-
dung des täglichen Lebens: die e^cofilöes, cci.t(pifitta-
XaXni, l^ÖTia und xla^ivösg, jedoch sind sie im Sinne
der alten Komödie carikirt. Die Exomis ist von
dickem, steifem Zeuge oder auch Leder, gegürtet,
uud zuweilen weit vom Körper abstehend"'). Mit
derselben sind z. B. die Greise in der Lysistrata
bekleidet (Vs. G61 : aXla Trjv e^w/z/d' exdvco^tsi^a).
Einen Amphimasclialos überreicht der Allantopolos
dem Demos in den Rittern (Vs. 881). Auf den
Vasenbildern siud die Schauspieler meist mit der
Exomis bekleidet, und zwar ebensowohl Sklaven
wie Götter, Könige und Heroen; es findet sich
auch der Amphiniaschalos^'), und zuweilen sind sie
selben wegen der Aehnlichkeit mit der persischen Kleidung
di>iiiv()td'fi genannt.
-'') Ohne Zweifel ist dies das aio/A(iriov, von welchem
Photius sagt: aw/^diirf in (iianXciauaTn, oig ol imoxQnal
äiicadiTOvaiv avTovt, o'uiiof IV.iiiior. Vgl. hierüber Dierks
a. a. 0. p. 8,
■') S. Wolken 538.
-«) Wieseler, D. d. B. IX, 11. 12.
-^) Der Seholiast bemerkt hierzu: tinuyovni yi<() lov Jio-
vvaov 71 ijoydmonec xitl oiiiaX^ov ktiö riis (<()j'i'«f xnl oh'o-
(flvylttq.
™) Die Nachrichten des I'oUux (IV, 118, VII, 47) und
Hesycli (I, p. 1301) beziehen sich nicht auf die Exomis der
alten Komödie, sondern auf die der neueren und des tüg-
11 üben Lebens.
■") Gerhard, D. u. F. 1849, Taf. IV M. d. I. 1859.
T:iv. XXXV, 2.
41
H. Dicrks, Kostüm tlcr gricchisclieii Schauspieler.
42
ganz nackt, d. Ii. bis auf die Kaunakes und das
Soniation ''■'). So treten aucli die Clioreuten in der
Lysistrata auf, naclideni sie ihre Exoniides ausge-
zogen haben (Vs. GGl). Sehr liäutig trugen die
Schauspieler das Himation, jedoch von spasshaft
kleiner Dimension"); z. 15. der Gerechte im Plutos
(Vs. 881), Mnesiiochos in den Thesmoplioriazusen
(Vs. Ln4), die Athener in der Lysistrata (Vs. 1083),
die Frauen in den Ekklesiazusen, welciie in Männer-
traclit erscheinen (Vs. 74), Strepsiades (Vs. 497) u. a.
Mit einem Himation aus gröberem Tuche, tqißuv
oder tQißiüvinv genannt, trat der Sykophant im
Plutos auf (Vs. 897), Philokieon in den Wespen
(Vs. 1131) u. a. Die Chlamys tragen auf der Bühne
nur Personen, für die sie auch sonst charakteristisch
ist, wie Hermes^') oder die Krieger, die sich —
wie es im Kampfe Sitte war — dieselbe um den
linken Arm gewickelt haben''''). Auch die Lake-
diimonier in der Lysistrata sind mit der Chlamys
bekleidet (Vs. 987: ti drj nQoßällei ti)v %Xaixvda).
Die Kleidung der Schauspieler, welche die
Frauenrolleu gaben, lernen wir — abgesehen von
den Va.seiibildern ^'') — am besten aus den Thes-
mophoriazuseu kennen, wo Mnesiiochos, sich als
Weib verkleidend, vor den Augen des Publi-
kums ein Gewandstiick nach dem andern anlegt.
Zunächst zieht er deu langen Chiton an, fesselt ihn
mit dem Gürtel (aigöcfiov^'] und wirft sich schliess-
lich ein an den Kändern verziertes Himation {s'yxv-
xlov) über"*). Ein solches Enkyklon trägt auch
Myrrhine in der Lysistrata (Vs. 113^''). Dasselbe
wurde häutig, wie es im Leben Sitte war, über den
Hinterkopf gezogen'").
='-') S. W'ietelur, D. d. li. IX, 11. IL'. ].j. Gerhard, D. u. F.
1849, T. III.
■") S. Wieseler, D. d. H. IX, 7. 13. A. d. I. 1859, T. K.
") Wieseler, D. d. B. IX, U.
35) A. d. I. 1871, Tav. G. Gerhard, D. u. F. 1849, T. V, 2.
3«) M. d. I 1859, Vol. VI, T. XXXV, 2. A. d. I. 187],
Tav. //. u. 0.
•") Auch Myrrhine in der Lysistrata trägt diesen Gürtel
(Vs. 931 10 njoöifior i'idri ).vo/.tai), vgl. Thesmophor. Vs. 139. 255.
3*) Ueber das Haarnetz {atxgv<fiti.og) ». u.
3^) Ueber das iyxvyJ.ov s. Hermann, Privat- Alt. ■* p. 188,
A. 3. Becker, Charikles Ul\ p. 222. 256.
"«) M. d. 1. 1859, Vol. VI, T. XXXV, 2.
Die Farbe der Chitone war meistens safrangelb
(xßoxwTog ")■ ^^'^ solches Gewand trägt z. B. die
Frau in den Ekklesiazusen, welche Vs. 878 sagt:
lyu) ÖS xaxansn'kaai.iivrj ipifw^liii ?art]xa xai xqo-
xwtov rj^iqiiEai.iivrj, ebenso die Männer, welche sich
als Frauen verkleidet haben, wie Mnesiiochos in
den Thesmophoriazusen (Vs. 253), Agathon in dem-
selben Stücke (Vs. 137), ßlepyros in den Ekkle-
siazusen (Vs. 331) und Dionysos in den Fröschen
(Vs. 45). Bunte Kleider trägt das alte Weib im
Plutos l)ei der Opferscene am Ende des Stückes.
Denn Vs. 1199 sagt Chremylos zu ihr: t^ovaa d^fjl-
^eg avTrj notxlla. Nach Artemidor'-) wurden
bunte Kleider meistens von Reichen oder Uetaeren
getragen. Ohne Zweifel wird liierzu in Beziehung
stehen, dass auch die Dienerinnen der Hetaeren in
der neuen Komödie mit bunten Gewändern auf-
traten, wälirend die Dienerinnen ehrbarer Frauen
einfach weisse trugen").
Da die Frauenrollen bekanntlich von Män-
nern gegeben wurden, so mussten diese sicii die
Brüste ausstopfen. Die falsclien Brüste nannte
man ngnazEgvlöia^*). — Als die Verkleidung des
Mnesiiochos in den Thesmophoriazusen entdeckt
wird, ruft Eine aus dem Ciiore (Vs. 640): xai
vrj Jia Tizd^oüg yüansQ Tjfislg ovx bxbi. Ein
anderes Beispiel ist die Stelle in der Lysistrata,
wo diese zur Lampito sagt (V.s. 83): log 6^ xalov
to yiQrj(.i ex^ig töJv Tizd^luv.
Eine Kopfbedeckung trugen die Männer —
wie im täglichen Leben — für gewöhnlich nicht.
Auch Strepsiades tritt ohne dieselbe auf, aber er
beklagt es sehr, seinen Hut zu Hause gelassen zu
haben, als er den Chor der Wolken heranziehen
sieht (Vs. 2()8: to de /.ttjdi xvvrjv ol'xod-ei> sld^eiv
eui Tov xaxodaifxov s'xovTa). Dagegen trugen die
auf der Reise Befindlichen stets eine Kopfbe-
■") Auch in der neuereu Komödie war nach PoUux (IV,
120) die Gewandung der jüngeren Frauen weiss oder byssos-
l'arbig.
^-') Oneirocrit. II, 3: yuvaixi dt noixü.t] xat aväijoit
la!>iji avfttfioti, uitkiaitt Sl ijafgn xai nkiivaitt.
") S. Pollux IV, 154.
'■") Lucian, De saltat. c. 27. — Ueber den Gebrauch der
7t(>uoit{JVidiu in der Tragödie vgl. Dierks a. a. O. p. 7.
43
H. Dierks, Kostiim der griecliisehen Schauspieler.
44
deckung"), ebenso wie Iris und Heiuaes "). Als
Iris in den Vögeln auftritt, fragt Peithetaeros sie
mit Anspielung auf ihren Hut (Vs. 1202): ovoi.ia
de 001 Ti SOZI, nXolov }^ xvvt]*^}. — Die Frauen
trugen gewöhnlich auf dem Kopfe eine Haube
(xexQvcpalog) und eine Binde Qiitqu). Beides muss
auch Mnesilochos anthuu, als er sich als Weib ver-
kleidet (Vs. 257 KEXQV(fittknv 8ei xal jtuVpag), und
ebenso trägt den Kekryphalos der in Frauenklei-
dung auftretende Agathen (Vs. 138). Ueber ihre
Form unterrichten uns am besten die Vasenbilder ").
Die gewöhnliche Bezeichnung für die Fussbe-
kleid ung der Männer ist bei Aristophanes e^u/Jag").
In den Wolken sagt Philokieon zum Bdelykleon
(Vs. 1157): ayi vvv, anodvov rag xaraQäzovg ifißa-
dag. Auch der in den Ekkle-siazusen verkleidete
Chor der Frauen hatte i^ißadag angezogen (Vs. 507
ifißcig exnodcüv iVw). Die Form derselben ent-
sprach unseren Schuhen. Dies gebt hauptsächlich
aus der Stelle in den Rittern hervor, wo der Chor
sagt (Vs. 321): ttqIv ydg stvai Jlsayaorjaiv eveov
iv talg £fxßdot.v '""). Es waren Schuhe mit niedrigen
Schäften; denn dies folgt meiner Ansicht nach aus
der Angabe des Pollux, dass ihre Gestalt niedrigen
Kothurnen glich (VII, 85 zfiv di Idiav xodögvoig
Tanetvolg eotjce*').
Bisweilen werden die ifißäöeg auch laxiovixai
genannt. In den Wespen fordert Bdelykleon den
Philokieon auf, seine e/ißädeg auszuziehen und dafür
die von ihm mitgebrachten neuen i.axiovixai anzu-
legen (Vs. 1157). Der Unterschied liegt hier nicht
■'■') Ebenso in der Tragödie, s. Dieiks ii. u. Ü.
") Wieseler, D. d. B. IX, 11.
^') Der Scholiast bemerkt hierzu: xuvfi äi Zu f/ti ntni-
xttfalttCttV tov Ttdaoov.
<8) Wieseler. D. d. B. IX, ü. 11. 12. A. ä. 1. 1871,
Tav. H.
") Ekkl. 507. Ritter 321, 8üy. Wolken 719, 858. Wespen
103, 274, 447, 1157. l'lutos 759 u.a.
'») Vgl. Becker, Charikles III-', der noch andere Zeugnisse
anführt.
^') Schoene (^De personur. in Eurip. Bacchah. hab. scaen.
pag. 32), Becker (Charikles 111 ', p. 277) u. a. haben rnTifirög
auf die Sohlen bezogen, weil sie meinten, dass Pollux an dieser
Stelle von den hoehsohligen Kothurnen der Tragödie spräche.
Dieser spricht aber durchaus nicht von dem Bühnenkothurn,
sondern von dem des täglichen Lebens. Es ist deshalb gewiss
richtiger lunnvoi auf die Schäfte zu beziehen.
in der Form, wie man gemeint hat*-), sondern
darin, dass die einen Schuhe alt und die anderen
neu sind. Denn dass die laxojvixal nur eine an-
dere Bezeichnung für die si^ßäösg sind, folgt aus
den Ekklesiazusen, wo Blepyros seine Schuiie la-
xiovixtti nennt (Vs. 345), während dieselben später
von den Frauen ej-ißädeg genannt werden (Vs. 507).
Die Fussbekleidung der Frauen wird von Aristo-
phanes meist mit dem Worte xöd^oqvog bezeichnet.
Mit diesen tritt der Chor der Frauen in der Lysi-
strata auf (Vs. 656), ebenso auch der als Frau ver-
kleidete Blepyros in den Ekklesiazusen (Vs. 345)
und der weibische Dionysos in den Fröschen
(Vs. 47). — Ueber die Form dieser xöi^oqvoi kann
nach der Beschreibung Heiodots (VI, 125) im all-
gemeinen kein Zweifel sein"). Es waren Schuhe
mit hohen Schäften und — nach der im Etymolo-
gicum Magnum (p. 524,40) erhaltenen Nachricht —
mit viereckigen Sohlen. ■ — Die Kothoruoi wurden
auch nsQoixal genannt. Dass dies nicht etwa eine
andere Fussbekleidung, sondern nur ein anderer
Ausdruck war, geht aus den Ekklesiazusen hervor.
Denn dort spricht Blepyros zuerst von neQOixai,
die er anziehen will (Vs. 319), während er gleich
darauf sagt (Vs. 346): eg zco xo&6qvco tw nod'
svd^elg 'üfiai.
Aus den Vasenbildern lässt sich über die Fuss-
bekleidung nichts Sicheres seh Hessen, weil sie
in solchen Details meist zu undeutlich ausgeführt
sind. Wo jedoch bei den Männern Schuhe ange-
geben sind"), haben diese niedrige, also den Em-
bades entsprechende Schäfte.
3. Die Attribute.
Zur Individualisirung bestimmter Rollen werden
natürlich die dafür geeigneten Attribute verwendet,
die mithin von mannigfacher, nicht auf Regeln zu-
rückzuführender Art sind. So tritt Dionysos in den
Fröschen mit Keule und Löwenfell auf (Vs. 45),
der Chor der Wcs])eii mit einem hinten angebrach-
^•) Becker, Charikles III ■ p. 27S.
''■') Vgl. Becker, Char. III" ]i. 2S2. Wieseler, Satyrsp.
p. 72. Hermann, P.-A.'' p. 196. Dierks a. a. 0. p. 48.
'■•*) Ä. d. I. 1871, Tav. G.
45
H. Dicrks, Kostfiiii
jjriccliisdioii Schauspieler.
46
ten Stachel, der Feldherr Laniachos in den Achar-
nern mit Schild und Helm, auf dem sich ein grosser
Federbusch befand (Vs. 583"), die Handwerks-
leute in den Vögeln mit iiiren Werkzeugen (Vs. 980.
1002. 1036 u. ü.) und der conservative Demos in den
Rittern mit altmodischer Haartracht (Vs. 1331). Be-
kränzt erschienen die Schauspieler in jeder Situation,
bei der es im Leben Sitte war: der Jüngling im
Plutos, weil er sich zum Gastmahl begiebt (Vs. 1041),
Karion und Ciiremylos, da sie vom Orakel zurück-
kehren'"^), Kleon in den Rittern (Vs. 1227) und
diejenigen Frauen in denThesmophoriazusen, welche
als Redner auftreten (Vs. 38 tieqi^ov xÖvSe nqü-
rov nqlv Xiyeiv'"^).
Die Bürger führten, wie im täglichen Verkehr"),
meist einen Stock. Erwähnt wird er im Plutos
Vs. 271 und von den Frauen, die in Männertracht
auftreten, Ekklesiazusen Vs. 74^').
Bei Scenen, welche als am Abend oder in der
Nacht spielend gedacht wurden, traten die Schau-
spieler mit Fackeln oder Lampen auf'"). In den
Ekklcsiazusen trägt eine Fackel der zur Geliebten
(Vs. 978), im Plutos der zum Gastmahle gehende
Jüngling (Vs. 1041), in den Ekklesiazusen die
Sklavin, die den Herrn zum Gastmalil begleitet
(Vs. 1149). Lampen werden in den Wespen (Vs. 246)
und in den Ekklesiazusen (Vs. 27) erwähnt.
Die auf der Reise Befindlichen waren von Die-
nern begleitet, die das Gepäck {azQw^taza) in zu-
sammengerollten Decken (axQtifiaxndeafia oder axqio-
'") Krieger mit Helm und Kederbusch finden ticli häufig
auf den scenisehen Vasenbildern: Gerhard, IJ. u, F. 1S49,
T. V, 2. A. d. I. 1S71, Tav. G. Wieseler, D. d B. IX, 14.
*'■) Aus demselben Grunde bekränzen sich die Schauspieler
in der Tragödie, vgl. Dierks a. a. 0. \i. 32. "
■■') Der Scholiast bemerkt hierzu: äij'i lov orf/nioc f.Voj
yiio r)V loTi X(yovai aTHfavovaUni nQÜijov.
'"'^ Ueber den Gebrauch der Spazierstöcke im täglichen
Leben s. Becker, Charikl. I p. löS). Hermann, l'.-A.^ p. 184, 1.
^') Dass jedoch jeder athenische Greis zwei Stäbe getragen
habe, wie der Scholiast zu dieser Stelle meint {ntnin; ot yf'ooi-
ifS fv ifits HUrjvaig ävo ßax7ii(ili<s fßtinTit^or), ist sicher nicht
richtig; es wird sich gewiss auf einzelne Fälle beschränkt haben.
— Auf den Vasenbildern führen die Männer sehr häufig einen
Stab, der mannigfach gekrümmt ist (Wieseler, D. d. B. IX,
6. 15. A. d. I. 18ö,3, Tav. D. u. ö.).
«") S. Wieseler, ü. d. B. IX, II. 12. Hier bandelt es sich
beide Male um ein Liebcsabentener.
I.iazeia'") trugen, und zwar auf einem zweigabeli-
gen Stock (äväq'nQnv"). In den Vögeln treten
die Diener des Peithetaeros und Euelpides mit dem-
selben auf (Vs. 656), in den Fröschen Xanthias
(Vs. 12). Auch auf den Vasenbildern sind die Stro-
mateia und Anaphora häutiger dargestellt").
Die auf Tafel .5,2 zum ersten Male (in Va) ver-
öffentlichte unteritalische Vase befindet sich im Louvre.
Auf der einen Seite, die als Vorderseite zu gelten
hat, ist die Darstellung eines Phlyaken, der be-
kleidet mit den Kaunakes, dem Somation (mit
Phallus) und der gegürteten Exoniis sich von rechts
nach links bewegt, den maskirten Kopf nach rechts
zurückwendet, auf demselben einen Korb mit Früch-
ten und in der Rechten eine brennende Fackel
trägt, während die linke Hand den Kopf stützt und
zugleich eine Binde hält. Er bewegt sich gegen
einen Altar, der zur Linken steht, während ihm
rechts ein Vogel folgt, der wahrscheinlich eine Ente
darstellen soll, und im Schnabel einen Wurm oder
eine kleine Binde trägt.
Die vorwiegende Farbe ist hellbraun; dunkel-
braun ist das aiüfiättov ~- mit Ausnahme der gelb-
lich braunen Brust — und der dazu gehörige unter
der Exomis zum Vorschein kommende Phallus, wie
auch die Binde im Haare; weiss sind die Streifen
an den Kaunakes, die Striche auf der Haarbinde
und die Spitzen an derselben, die Früchte im Korbe,
die Kügelchen auf dem Altar, an dem Kranz um
den Kopf und unter dem Phlyaken, der obere
Flügelansatz der Ente und einzelne Punkte auf dem
Gefieder.
Der Phlyake dreht sich um nacli dem auf der
entgegengesetzten Seite befindlichen Dionysos. Die-
ser, im Profil nach links gewandt, setzt den rechten
Fuss auf eine Blume, legt den linken Arm auf das
rechte Knie, indem er mit der linken Hand einen
Kranz und den Thyrsosstab hält, der über die linke
") S. l'oUu.x, Onom. VII, 79.
''-) Der Scholiast zu den Fröschen Vs. 8 bemerkt: i'«)'«-
f/opov (H ii'lov i(Uif ixoil.oy, h' lö k'i ifumfu fScQirjnKtiig
Ol ((lydjtti ßi<ai<i(ovai.
«■■0 Gerhard, D. u. F. 1849, Taf III, 1. A. <l. I. 1853,
Tav. C-D.
47
II. Dierks, Kostüm der grieclüselien Schauspieler.
48
Schulter gebt und an dem sich oben eine Binde
befindet. Ueber den linken Arm fällt ein mit einer
Einfassung verziertes Hiniation; auf der am Hand-
gelenk mit einer Spange verzierten Rechten trägt
er einen Korb, einen Kranz und eine Rinde, um
den Kopf eine Binde und einen doppelten Kranz,
über der Brust ebenfalls einen Kranz, der .sich von
der rechten Schulter unter den linken Arm hinzieht,
an den Füssen endlich zierliche Schuhe.
Die Grundfarbe ist wiederum hellbraun; das
Hiniation ist auf allen Seiten mit einem dunkel-
braunen Bande und Punkten verziert (eyxvxlnvy,
dunkelbraun ist auch die Binde in der rechten
Hand und am Thyrsosstab mit Ausnahme der Spitzen,
welche weiss sind; von der letzteren Farbe ist
auch die Blume, auf welche Dionysos den Fuss
setzt, der Kranz um den Korb, in der linken
Hand und im Haare, ebenso die KUgelchen auf
dem Altar, je drei Punkte auf den Schuhen und
schliesslich die Spangen am rechten Arme und
unten am rechten Fusse, von welchem letzteren
jedoch nur noch wenig zu sehen ist.
Aus den vom Boden aufspriessenden Blumen
und der unter dem Phlyaken gemachten Terrain-
angabe erkennen wir, dass diese Scene als in
freier Landschaft vor sich gehend zu denken ist.
Der Phlyake begiebt sich, das Phalloslied (to
(fallixöv) singend, zum Altar des Dionysos, um
ihm den mit Früchten gefüllten Phalluskorb, die
Binde und Fackel zu weihen. Und wie auf dem
Friese des Parthenon die Götter bei der festlichen
Handlung als Theilnehmer versammelt sind, so ist
auch bei diesem Feste Dionysos zugegen.
Auf einer von Tischbein gezeichneten Vase
begegnet uns eine ganz ähnliche Darstellung ''').
Hier sind beide Figuren auf einem Bilde vereinigt.
Der Phallophore ist in derselben Stellung wie auf
unserer Vase und blickt sich nach dem auf ihn
zueilenden Dionysos um; statt der Fackel hält er
einen gehenkelten Korb in der Kechten.
Eine solche Feier der ländlichen Dionysien istaucii
''*) Recueil de rjratmres d'djjreii des vaaes anticjues elv.
Naples 1791, Vol. I, I'l. 41. — Auf diese Vase nuuhte mich
Herr I'rofessor Wieseler uufmerksuin.
von Aristophanes in den Acharnern auf die Bliline
gebracht, wo Dikaeopolis wegen des eingekauften
dreis.sigjährigen Friedens dies Fest veranstaltet
und das (fallixöv singend mit dem Phalluskorbe
über die Bühne zieht (Vs. 241 fgg.).
Die andere früher im Besitze Maffei's, jetzt
ebenfalls im Louvre befindliche Vase (Tafel 5,1;
Maassstab Vj) ist bereits mehrfach, aber stets in
völlig ungenügender Weise veröffentlicht worden ^^).
Auf der Vorderseite stehen zwei Schauspieler der
Phlyakographie in dem bekannten Theaterkostüm
in Action einander gegenüber. Der links stehende
hält mit der linken Hand einen Korb vor sich, die
rechte leere Hand dagegen hinter sich. Abge-
sehen von den Kaunakes und dem Somation (mit
Phallus) ist er mit der Exomis bekleidet. Um
den Kopf trägt er eine breite Binde, aber keine
Kopfbedeckung, wie alle früheren Zeichnungen an-
geben. Der andere Schauspieler hat den rechten
Arm gesticulirend erhoben und den linken in das
Himation gewickelt, welches er noch über der
Exomis trägt. Zugleich hält er in der linken
Hand einen Stock, dessen unteres Ende nach
oben gerichtet ist "'^). Die Schauspieler stehen auf
einem Gerüst, welches, wie auch auf anderen sce-
nischen Darstellungen"), die Bühne andeuten soll.
Durch die über ihnen befindlichen weissen Punkte
wie durch die Rosetten wird wohl der Hintergrund
der Bühne angezeigt.
Das Bild hat stark gelitten und der Firniss ist
'''') Zuerst von Dempster, De Etruria regali, Vol. II,
Tab. LXXXX, Florent. 1724 (hier ist der Korb einigermaassen
richtig und an der linken Figur der Phallus sichtbar; bei den
übrigen ist der Korb falsch und der Phallus bei beiden Schau-
spielern weggelassen); von Maffei, Museum Veronense 1749,
Tab. IX, 1 (hiernach ist die Abbildung bei Wieseler gemacht,
1). d. B IX 8); von Passeri, Picturae Etruxcorum in Vasculis,
Romae 1752, Vol. II, Tab. CLXIV (in dieser Publication am
ungenauesten). — Dass die früher Maffei gehörende Vase und
unsere identisch sind, kann keinem Zweifel unterliegen, da sie
— abgesehen von den offenbaren Fehlern in der an und für
sich ungenauen Zeichnung — in unmöglich zufälligen Einzel-
heiten übereinstimmen.
•''') Der Stock ist auf keiner früheren Zeichnung augegeben,
da derselbe kaum noch sichtbar if.t und liei oberflächlicher Be-
trachtung leicht übersehen wird.
") A. d. I. 1853, Tav. C-D. 1S70, Tav. /.
49
H. Dierks, Kostüm der griechisclion Scliauspieler.
50
deslialb au verschiedenen Stelleu abgeblättert ").
Ob die Scliauspieler eine Fussbekleidung; tragen,
ist daher an der linken Figur gar nicht zu er-
kennen; die Andeutungen an den Füssen der rech-
ten Figur deuten auf nackte Füsse. Die unter
der rechten Hand der links stehenden Figur zum
Vorschein kommenden Umrisse sind nicht etwa
Theile von Kleidungsstücken — wie die übrigen
Zeichnungen angeben — noch eine Angelruthe '^'),
sondern eine stark abgeblätterte Stelle.
Der links stehende Schauspieler trägt eine
weisse Binde im Haar, der andere am Hinterkopfe
ein weisses Rand; von weisser Farbe sind feiner
der gekrümmte Stock und die Punkte über den
Figuren.
^*) Die abgeblätterten iStellen sind von dem Zeichner der
Vase, Herrn Volbebr, sorgfältig durch punktirte Linien ange-
geben. Ueberhaupt sind die Zeichnungen bis auf den kleinsten
Strich mit miiglichster Genauigkeit angefertigt,
'i') Wieseler, D. d. B. IV, 56.
.\rchiiolog. Zt^. Jahrjjang XLUl.
Erklärt ist dies Vasenbild von Passeri '") iu
folgender Weise: „In tabula . . . vides Maccos ge-
minos in siiggeslu thealri de ßscella dispittantes,
veluH contraclum itteant de inlerioribns poniis sice
pullis." AVieseler sagt hieran anknüpfend: „Warum
nicht piscibus'i Denn wenn die Handlung in der
bezeichneten Weise zu deuten ist, so scheint es am
passendsten, die Figur links als Fischer zu fassen."
Allein die Kopfbedeckung und die Angelruthe,
welche er für den Fischer anführt, sind in Wirk-
lichkeit nicht vorhanden und damit wird die An-
nahme hinfällig.
Sicher ist, dass wir in diesen beiden Figuren
Herr und Diener vor uns haben "). Jener ist ge-
kennzeichnet durch den gekrümmmten Stock, wel-
'») A. a. O. p. 49.
'') Bereits Wieseler a. a. O. machte die Bemerkung, dass
es, wenn nicht ein Fischer, gewiss ein Sklave mit seinem
Herrn sei.
4
51
II. Dicrks, Kostüm der giiechisclieii Schauspieler.
52
clier nur den Freien zustand, und durch das
verzierte Himation. An irgend einen Streit um
den Korb oder seinen Inhalt ist nach dem Aus-
druck der Gesichter durchaus nicht zu deniien,
wohl aber scheint es, als ob der Diener dem Herrn
etwas aus dem Korbe dargereicht hat, was dieser
eben kostet. Er hat sich zu diesem Zwecke in
eine feste Position gestellt, den Arm in die Seite
gestützt, indem er das untere Ende des Stockes
nach oben kehrt, und macht mit der rechten Hand
den Gestus eines feinen Kenners, der ein Gericht
probirt, während der Sklave, gespannt auf den Eifect,
seine Hand erwartungsvoll auf den Rücken legt.
Diese Scene hat mich an das Zwiegespräch
zwischen Amphitheos und Dikaeopolis in den
Acharnern erinnert, wo der erstere mit dem für
8 Drachmen gekauften Frieden zurückkehrt und
davon seinem Herrn, der ihn ausgesandt hat, zu
kosten giebt. Dass Amphitheos den Frieden in
einem Korbe bringt, ist ganz im Sinne der alten
Komödie. Er langt zuerst den fünfjährigen Frie-
den daraus hervor und lässt den Herrn probiren
(Vs. 188: avzai /.liv slai nevTSTeig' ysvaai Xaßcöv),
darauf den zehnjährigen (Vs. 191: av ö'alla ToaSl
Tocg de-iceT£ig ysvaai laßtov), welcher wie der erste
dem Dikaeopolis nocli einen etwas herben Beige-
schmack hat, und endlich den SOjährigeu (Vs. 194:
aX)J avtaii anovdal Tgiayco^Tovridsg xava yfjv ts
xai {yäXoTxav), welcher seinen Herrn zu dem freu-
digen Ausrufe veranlasst: w Jinvvaia, avTcti fisv
oCnva af.ißQnalag xal vfxzoQog. Der letzte Moment
ist gewiss auf unserem Vasenbilde gemeint.
Ist meine Deutung richtig, so haben wir hier
ein zweites Beispiel, dass die Phlyakographie direct
eine Scene aus der alten Komödie entlehnt. —
Auf der Sp. 49. 50 im Text abgebildeten Rück-
seite befinden sich zwei einander gegenüberstehende,
in ein langes Himation gehüllte Männer, von denen
der rechts befindliche seinen Arm auf einen Stab
stützt, beide tragen um den Kopf eine Binde.
Zwischen ihnen kommt aus dem Boden ein Blumen-
ornament hervor und oben, hinter dem Rücken der
rechts stehenden Person, ist eine Rosette. Da sich
ähnliche zwei, in der Tracht des gewöhnlichen
Lebens gekleidete Männer, häufiger auf den vorn
mit scenisehen Darstellungen versehenen Vasen be-
finden, so ist gewiss ein Zusammenhang zwischen
ihnen und den auf der Vorderseite befindlichen
Schauspielern anzunelimen. Man könnte an Zu-
schauer denken und hat daran gedacht; allein da-
gegen spricht, dass sich die Personen einander
gegenüberstehen. Dagegen scheint mir die Binde
im Haar, das Zeichen des Siegers, darauf hinzu-
weisen, dass wir hier die Schauspieler vor uns
haben, welche auf der vorderen Seite in ihrer Glanz-
und Siegesrolle auftreten.
Paris.
Hermann Dierks.
53
54
DIE LÜCKEN IM PARTHENONFRIES.
Bei den Versuchen die Fragmente des Partiieuon-
frieses in eine
bringen niusste
möglichst
gesicherte
Ordnung
zu
icli es, wie bei manchen anderen
Abschnitten meiner Ausgabe des Parthenon, als
einen besonders schweren Uebelstand empfinden,
dass es mir nicht vergönnt war vor dem Abschluss
der Arbeit die Originale einer erneuten Prüfung
zu unterziehen. Stand mir doch selbst von Abgüssen
nur eine ganz geringe Zald zur Verfügung, sogar
die Ancienl Marbles konnte ich nur zeitweilig zu
Rathe ziehen. So blieb mir denn für die Berech-
nung der Länge der erhaltenen Fragmente und des
Verhältnisses derselben zur ursprünglichen Länge
des ganzen Frieses nichts übrig, als auf Grund der
Tafelu meines Atlas nach dem Reductionsverhältniss
von n zu 100 die Länge des Erhaltenen zu schätzen.
Wie unsicher ein so gewonnenes Resultat sein
musste, sobald es sich um schwierige Einzelfragen
handelte, konnte mir natürlich niclit entgehen; ich
habe daher aucli meine Bereclinungen nur als an-
nähernde Schätzungen gegeben (,S. 234. 241). Ver-
suche einer genaueren Bestimmung sind seither
meines Wissens kaum gemacht worden. Auch
Robert in seinen durcli Mittheilung neuen Stoifes
dankenswertheu, obschon in den Sehlussfolgerungen
vielfach irrigen Bemerkungen über neue Fragmente
des Frieses (Arch. Ztg. 1875 S. 95fif.) hat sich in
Beziehung mit meinen Aufstellungen be-
obiger
gnügt.
Schon im Jahre 1873, als ich zum erstenmale
nach Abschluss meines Werkes das britische Museum
wieder besuchen konnte, habe ich die Gelegenheit be-
nutzt, alle Platten und Fragmente des Frieses genau
zu messen. Damals war Newton gerade mit der
Neuaufstellung des Frieses beschäftigt und gestattete
mir mit seiner stets bewährten Liberalität völlige
Freiheit in meinen Arbeiten. Aueii war der Fries
damals noch nicht hinter den allerdings schützenden,
aber alle Einzeluntersuchung erschwerenden und
die künstlerische Wirkung empfindlich schädigenden
Glasplatten verborgen. Natürlich ist der Wertli
der
um die Originale oder um Abgüsse handelt; wegen
der verschiedenen Ausdehnung des Gipses beim
Trocknen und bei der grossen Nachlässigkeit der
Giesser können die Messungen an Abgüssen eine
absolute Genauigkeit nicht beanspruchen. Indessen
handelt es sich hierbei doch höchstens um wenige
Centimeter, d. h. um Grössen, welche bei Bestimmung
der Gesammtzahl der Platten kaum in Frage kom-
men. Uebler ist der fragmentirte Zustand so
vieler Platten, der eine directe Bestimmung der
ursprünglichen Länge nicht gestattet; und am alier-
übelsten ist es, wo wir nur mit Carrey's Zeichnungen
zu thun haben. Es hat sich mir aber als ein
werthvolles Resultat der durchgeführten Messung
ergeben, dass die erhaltenen Platten des Nord- und
des Südfrieses, auf die allein es ankommt, mit
einigen besonders motivirten .Xusnahmcn durchweg
eine feste Normallänge aufweisen. Wir können
diese also ohne Gefahr wesentlichen Irrthums auch
für die fragmentirten und die nur bei Carrey
überlieferten Platten voraussetzen.
Zur vollständigeren Orientirung schicke ich eiu
paar Worte über die Schmalseiten voraus.
Am Ostfriese sind Platten verwandt worden
von einer Länge wie sie am übrigen Friese nicht
wieder vorkommt. Die Mittelplatte (V) niisst nicht
weniger als 4,44 Meter, d. h. genau 15 attische
Fuss (zu 0,296 M.). Diese Platte entspricht der
Länge des mittleren Intercolumniums. Etwas un-
regelmässig schliessen sich beiderseits die weiteren
Platten an, dergestalt dass sie gegen die Enden
allmählich an Länge abnehmen, im Einzelnen aber
sehr verschiedene Maasse aufweisen. Man möchte
glauben, dass die ungewöhnlich langen Blöcke
schwerer zu beschaffen waren und daher so un-
gleichmässig ausgefallen sind; in geringerem Grade
mag der Wunsch mitgewirkt haben, die Figuren
uiclit durch Plattenenden zu durchschneiden. Im
Folgenden bezeichnen die eingeklammerten Ziffern
die wahrscheinlichen ursprünglichen Längen; ein
Stern hinter der Zahl weist darauf hin, dass es sich
Hessun
^en verschieden, je
nachdem
es sich
um ein Fragment hai
ideit.
I
0,54
II
0,79*
(1,22)
III
3,19
IV
.3,42
V
4,44
VI
l,38* + a;-|-2,7G*
(4,23)
VII
2,00
VIII
1,1)0
IX
(0,54)
Die gesammte Länge des Frieses beträgt 21,18 M.
(Parthenon S. 203), d. h. 71' 9" attisch.
Anders ist der ebenso lange Westfries zu-
sammengesetzt. Nach den Abgüssen in London lia-
ben die Platten III bis XIV eine Duichschnittslänge
von 1,40 M. (4' 11" attisch). Die Schwankungen
4*
00
Ad. Michaelis. Die Lücken im Partlienonfrics.
56
bewegen sich, abgesehen von Platte XII mit 1,37 M.,
zwischen 1,39 und 1,40 M. Dann folgt jederseits
eine längere Platte, 11 von 1,705, XV von 1,67 M.
Diese Platten dienen zur Ausgleichung mit den
schmalen Endplatten, welche nur die Breite oder
Schmalseite eines Friesblockes darstellen. XVI
misst 0,52 M., entspricht also nahezu Ostfries I;
Platte I des Westfrieses habe ich mir zu 0,47 M.
notirt, aber mit einem Fragezeichen, dessen Grund
ich nicht mehr anzugeben weiss. Hinter der ge-
forderten Gesammtlänge von 21,18 M. bleibt die
gemessene um 0,045 zurück; dürfen wir diesen
Ueberschuss zu Platte I hinzurechnen, so wird sie
fast genau so lang wie die andere Eckplatte XVI.
Die beiden Langseiten sind ähnlich wie die
Westseite eingerichtet. Abgesehen von den End-
])latten ergiebt die Messung als Durchschnittsmaass
der Platten eine Länge von 1,22 M. (=4' 2" attisch).
Die Schwankungen bewegen sich fast durchweg
innerhalb der Grenzen von 1,205 und 1,23, nur
ganz vereinzelt kommen Platten von 1,19 und 1,25
vor (unmittelbar neben einander, also einander
ausgleichend, Xordfries XXVIII und XXIX), einmal
eine von 1,24 (Nordfries XXII); in letzterem Falle
kommt in Betracht, dass die Platte jetzt aus ver-
schiedenen Fragmenten zusammengestückt und da-
durch vielleicht etwas länger geworden ist. Legt mau
das Durchschnitlsniaass von 1,22 M. zu Grunde, so
ergiebt sich, dass die Gesammtlänge von 58,53 M.
(Parthenon S. 203) fast genau 48 solche Platten
umfasst. Diese würden 58,56 M., d. h. 198' attisch
ergeben ; es ist wohl sicher, dass dies letztere Maass
das wirklich gemeinte war und dass entweder die
mangelnden 0,03 M. auf IJechuung ungenauer Aus-
führung kommen oder dass die nach Penroses
Angaben angestellte Berechnung der Länge nicht
ganz genau ist. Ich bemerke übrigens ausdrücklich,
dass ich die Messung der einzelnen Platten und die
Berechnung des Durchschnittsmaasses ohne Rück-
sicht auf die attischen Maasse oder auf die Gesammt-
länge des Frieses vorgenommen habe; die Ueber-
einstimmung mit jenen und das glatte Aufgehen
von 48 Plattenlängen in die Gesammtlänge haben
sich mir erst nachträglich ergeben.
Dennoch enthielt jede der beiden Langseiten
ursprünglich nicht 48, sondern nur 47 Platten,
so dass nicht die Fuge zwischen der 24. und 25.
JMatte, sondern die 24. Platte selbst die Mitte des
Frieses bildete. Dies rührt daher, dass für die
Eckplatten, die ja, wie oben bemerkt, der östlichen
und westlichen Friesseite ihre schmalere Fläche
(0,52 — 0,54 M.) zukehrten , um grosserer Festigkeit
willen möglichst lange Blöcke gewählt wurden,
deren gegen Norden und Süden gekehrte Langseiten
das Durchschnittsmaass von 1,22 M. um ungefähr
0,40 M. (Genaueres s. u.) überschritten. Da dieser
Ueberschuss von rund 2x0,40 = 0,80 M. nicht die
ganze Länge einer Normalplatte ausmacht, so musste
die Ausgleidmng mit der zusammenhängenden Reihe
der Normalplatten dadurch herbeigeführt werden,
dass zwischen die letztere und die Endplatten
einige etwas grössere Platten eingefügt wurden.
Thatsächlich ist die Aufgabe so gelöst worden,
dass ein für 7 Normalplatten ausreichender Raum
(8,54 M.) auf 6 Platten vertheilt und hierdurch die
Gesammtzahl von 48 Platten um eine verringert
ward. Von jenen sechs Platten wurden je drei an
jedes Ende gebracht. Dabei war es keineswegs
nöthig die 8,54 M. ganz genau in zwei gleiche
Hälften von 4,27 M. zu theilen; es genügte wenn
die sechs Platten zusammen jene Länge besassen.
Es ist der Mühe werth, das dabei beobachtete Ver-
fahren etwas genauer zu verfolgen.
Am Westende des Nordfrieses sind alle
drei Platten XL-XLII vollständig erhalten (von
XXXIX linkshin beginnen die Normalplatten).
Sie messen 1,31 -|-l,41-f 1,65 = 4,37 M., sind also
um 0,10 M. länger als die Hälfte des für beide
Enden bestimmten Raumes. Somit bleiben für die
drei östlichsten Platten des Nordfrieses
I — III nur 4,17 M. übrig, vorausgesetzt dass die
dazwischen liegenden 41 gewöhnlichen Platten ge-
nau die normale Gesammtlänge von 50,02 M. hatten,
was nicht mehr controlirbar ist. Von jenen drei
Platten misst die einzig erhaltene (II) 1,415 M., die
beiden andern sind vollständig nur bei Carrey er-
halten. Indessen haben sich allmählich von Platte III
zehn Fragmente zusammengefunden; sie beweisen,
dass das rechte Ende dieser Platte unmittelbar
hinter die vierte Kuh fällt, und Fig. 9 mit dem
Bruch darunter bereits zu Platte IV gehört. Be-
rechnet man nach diesen Fragmenten (vom Fuss
von Fig. 8 bis zum rechten Plattenrand sind es
0,64 M.) die Länge der ganzen Platte, so erhält
man 1,40 M. Für Platte I ergiebt die Rechnung, auf
Grund der Facsimiles nach Carrey in Labordes
Parthenon vorgenommen, nur 1,19 M., während
bei Zuziehung der Stuart'schen Zeichnung von
Fig. 1 (vgl. die Reconstruction in meinem Atlas)
eine bedeutend grössere Länge (1,495 M.) heraus-
kommt. Nach ersterer Rechnung erhalten wir
1,19+1,415-1-1,40 = 4,005 M., nach der letzteren
57
Ad. Michaelis, Die i^iickeii im Partli<nonfries.
58
1,495+1,415+1,40 = 4,31 M. Der oben berechnete
Retrag von 4,17 M. liegt etwa in der Mitte zwischen
beiden auf Schätzung beruhenden Werthen. Die
Differenz kann bei so schwankender Grundlage
der Messung nicht Wunder nelinien; sie mag sich
in Wirklichkeit auf beide Platten I und III vertheilt
haben ; jedenfalls ist sie nicht erheblich genug, um
das Gesamnitrcsultat wesentlich zu gefährden.
Besonders einfach gestaltet sich die Sache beim
Westende des Südfrieses (PI. I— III). Platte I
misst ungefähr 1,65'), die nächste Platte II, die
xi.i iiu ' 117 118 119 x],nn2e
am rechten Rande ein wenig gelitten zu haben
scheint, 1,42 M. Dies ergiebt zusammen ungefähr
3,07 M., d. li. etwa 2'l., Normaüängen (3,05), so
dass die Ausgleichung also bereits durch diese
beiden Platten erreicht ist und Platte III das gewöhn-
liche Maas.s erhalten konnte; in der That misst sie
1,225 M.
Am wichtigsten erweist sich die gemachte Be-
obachtung für das Ostende des Südfrieses.
Bekanntlich gehört die dort dargestellte athenische
Hekatombe zu denjenigen Theilen des Frieses, die
xxxixion 110 111 XL 112 ii.s 114 115
(XL) 114
XLlir20 121
122 123
124 XXXVIII 106 107
108
XLIII 127 128 XLIV 120 I.SO
131
einer möglichst raumsparenden Anordnung am
meisten Schwierigkeit entgegenstellen. Ich konnte
in meinem Parthenon (S. 239 f.) nur das Geständniss
ablegen, zu keinem befriedigenden Ergebuiss gelangt
7AI sein; der Ausfall von wenigstens zwei Platten
erschien mir als siclier. Fortgesetzte Beobachtungen
sowoiil an den Originalen wie an Abgüssen führten
nicht weiter; ich verzweifelte desto mehr an einer
befriedigenden Lösung der Aufgabe, je deutlicher
ich erkannte, dass es sich nur um ganz geringe
Lücken handeln könne. Auch Petersen und Kobert
sciieinen nicht glücklicher gewesen zu sein. Nur
Newton (Guide to tlie Sculptures of Ihe Parthenon,
') Die Länge läsat sich wegen des Bruches nicht ganz genau
bestimmen und ist vielleicht noch etwas grösser, in meinem
Atlas ist der Bruch zu weit gerathen. Wie die Entfernung
zwischen Fig. 3 und dem zugehörigen Pferdekopf beweist, sollte
das hinter Fig. 4 nach links vorspringende abgebrochene Stück
durch die erhaltene Oberfläche von Fig. 3 grösstentheils verdeckt
werden.
2. Ausg., S. 76) hat einen neuen Vorschlag gemacht ■),
der wenigstens einen Punkt iu sehr wahrscheinlicher
Weise erledigt (s. u., S. 59), dafür aber noch mehr
Lücken im Zuge anzunehmen zwingt und eben hier-
durch in seiner Gesammtheit alle ^^'ahrscheinlichkeit
verliert. Jetzt giebt die Beobachtung über die
grössere Länge der Endplatten einen festen Aus-
gangspunkt. Zunächst ist klar, dass die Eck-
platte XLIV, deren erhaltenes Stück 0,965 M. misst,
einst bedeutend länger gewesen sein muss. Da
nun das Fragment XLIII, 127. 128 (lang 0,46 M.)
nach der Wendung des Kopfes von Fig. 128 am
besten an Platte XLIV mit dem ganz links er-
scheinenden, linkshin gewandten Beine sich an-
schliesst, so ist dies Fragment ohne Frage ein Theil
der Endplatte selbst, deren somit gesicherte Länge
von 1,325 M. noch durch zwei weitere kleine Stücke
-■) XLI. XLIII, 126. II XXXIX. XL.
XLIII, 127. XLIV.
xxxvin. iixLii.i
59
Ad. Micbaclis, Die Lücken im Partlienonfries.
60
am linken Rande und zwischen den beiden erhal-
tenen Fragmeuten erweitert werden uiuss: wir mö-
gen etwa 1,50 M. als annähernde Länge annehmen^).
Von den übrigen Platten der Hekatombe über-
schreiten nur XXXVIII und XLII die Normallänge
und müssen also der Endplatte zunächst ihren Platz
finden. Jene misst 1,39, diese 1,38 M.; dabei ist jene
anscheinend am liuken, diese am rechteu Rande
ein wenig bestossen, so dass die Maasse ursprüng-
lich etwas grösser gewesen sein werden. Von den
beiden Platten schliesst sieh XXXVIII gut an
XLIII,127 an, wenn wir die Lücke zur Linken des
letzteren Fragments als klein annehmen: die von
Fig. 108 geführte, auf der Abbildung sehr lang er-
scheinende Kuh erhält dabei nach Ausweis des Ab-
gusses genau ihre gehörige Länge. Ebenso findet
der Zusammenschluss von XLII und XXXVIII mit
einer ganz geringen Lücke dazwischen in den er-
haltenen Resten kein Hinderniss; das Ende der Kuh
ward von Fig. 124 verdeckt. Bleiben wir nun bei
den angegebenen Maassen stehen, so ergiebt sich
für die drei Platten eine Gesammtlänge von 1,38* +
1,39* + (1,50) = 4,27 M., d. h. genau das geforderte
Maass. Da die Länge aber nach dem Gesagten ein
wenig höher wird angesetzt werden müssen, so ist
der Ueberschuss, falls nicht die Endplatte etwas
kürzer war, aus der Reihe der Normalplatten zu
ergänzen.
Es möge gestattet sein, auch die weitere An-
ordnung der Hekatombe hier gleich zu erledigen,
und zwar mit Rücksicht darauf, dass, wie schon
bemerkt ward und wie sich weiter unten genauer
ergeben wird, die grösste Sparsamkeit in Annahme
von Lücken dringend geboten ist. Newton hat sehr
richtig, wie ich mich am Originale überzeugt habe,
erkannt, dass das Fragment XLIII,12G sich un-
mittelbar rechts an Platte XLI anschliesst. Das
Fragment bildet die obei'e linke Ecke einer Platte,
das am linken Rande abgebröckelte Stück lässt
noch den Umriss des verhüllten rechten Arms von
Fig. 119 erkennen. Ferner hat Newton der Platte
XLI mit grosser Wahrscheinlichkeit den letzten
Platz im Zuge der Kühe augewiesen. Nichts deutet
auf eine nachfolgende Kuh hin; die von Fig. 117
geführte Kuh schreitet völlig ruhig einher, die
Handbewegung von Fig. IIG findet ihre Erklärung
am leichtesten in der Annahme, dass der Mann
') Die linke unteie Ecke dieser Endplatte wird das Frag-
ment mit dem Fuss gebildet haben, das auf meinem Atlas unter
XLIil, 126 gesetzt worden ist; der Fuss scheint zu Fig. 127 zu
gehören.
zurückblickte, etwa nach der folgenden Abtheiluug
des Zuges. Somit würden die ruhigen Thiere auf
Platte XLI. XLIII,126 und auf Platte XLII. XXXVIII.
XLIII,127f. XLIV Ende und Anfang der Hekatombe
bezeichnen, jenes ohne Zweifel durch eine weitere
Kuh ergänzt, die in dem hinter XLIII,126 verloren
gegangenen Theil der Platte dargestellt war. Die
ruhigen Gruppen nahmen nach Analogie anderer
Friestheile die beiden unruhigen Kühe der zusammen-
gehörigen Platten XXXIX. XL in die Mitte. XL
kann sich füglich unmittelbar an XLII anschliessend),
und ebenso ist kein Grund ersichtlich, zwischen
XLIII,126 und XXXIX mehr als den Rest der
ersteren Platte ausgefallen sein zu lassen. Somit
ergiebt sich als wahrscheinliche Anordnung der
ganzen Hekatombe XLI. XLIII,126 und Rest der
Platte. XXXIX. XL. XLII. XXXVIII. XLIII,127.
128+ XLIV. Ausgefallen ist danach, abgesehen
von den kleinen Lücken der Endplatte, nur der
grössere Theil einer einzigen Platte, deren erhaltene
obere linke Ecke (XLIII,126) 0,27 U. misst; die
Lücke beträgt also ungefähr 0,95 M. Ich möchte
glauben, hiermit ein unbequemes Problem befrie-
digend gelöst zu haben; es wird schwerlich ge-
lingen mit geringerem Aufwand von Lücken diesen
Theil des Frieses anzuordnen. —
Wenden wir uns nunmehr zur Bestimmung
der im Friese nachweisbaren Lücken. Es
bedarf jetzt nicht mehr genauer Messungen der
einzelnen Fragmente, sondern wir können mit ganzen
Platten rechnen. Alles Unwesentliche, alle für diese
Frage gleichgiltigeu Fragmente lasse ich bei Seite;
ihre Einordnung wird in einem seit Jahren vor-
bereiteten Ergänzungshefte zu meinem Parthenon,
zu dem mir aber noch einige Zeichnungen fehlen,
eine passendere Stelle finden. Auch will ich mich
auf abweicheude Verniuthungeu nur so weit ein-
*) Ich will eine .scheinbare Schwierigkeit nicht unerwähnt
lassen , damit sie nicht gegen obige Anordnung eingewandt
werde. Auf dem Abguss von Platte XL erscheint der untere
Umriss der von Fig. 114 und llü verdeckten Kuh linkshin
dergestalt gerundet, dass man auf den ersten Blick den Ansatz
des Hinterbeins darin vermuthen möchte. Doch erledigt sich
diese Annahme alsbald durch die tiefe Lage des Bauchuujrisses,
welche nicht zur Gegend der Euter, sondern nur zu einer mehr
nach vorn liegenden Partie des Bauches passt. .lene Rundung
ist lediglich durch den Uebergang von der Bauchlinie der Kuh
in den Mantel von Figur 114 veranlasst, und in der That so
unscheinbar, dass sie in den sonst so genauen Ancient Marbles
VIII, 41 gar nicht wiedergegeben ist. Bemerkenswerther ist
dass die Fortsetzung der Kuh in der Lücke zwischen Fig. 1 Vi
und 114 vom Bildhauer übersehen worden ist.
61
Ad. Micliaulis. Die Lüok(Mi im Partlienonfries.
62
lassen, wie es zur Klarstellung des Tliatbestandes
unerlässlich ist.
Im Nordfries bilden die östlichen Platten
I — XVI einen uuunterbroclienen Zusammenhang;
wenigstens liegt kein hinlänglicher Grund vor, eine
Lücke anzunehmen. Platte XIII und Platte XV
umfassen aber je zwei Platten. Diese Vermuthuug
(Parthenon S. 245) ist seither durch Auffindung von
Endstücken, welche die Theilung von Platte XIII
mitten durch Fig. 48 und diejenige von Platte XV
hinter dem vordersten Pferde darthun (Robert
S. lOOf.), vollends erwiesen. Somit vertritt jene
Eeihe in Wirklichkeit 18 Platten. Ebenso schliesseu
am westlichen Ende 12 Platten (XXXI — XLII)
unmittelbar aneinander an; das macht zusammen 30.
Dazwischen liegen Trümmer von verschiedenem
Umfang. Das grösste Stück wird von 6 Platten
I XXI— XXVI), dem Schluss des Wagenzuges und
dem Anfang des Reiterzuges, gebildet; denn Robert's
Einwand gegen die Zusammengehörigkeit von Platte
XXI und XXII (S. 102) ist durch ein von ihm
übersehenes grösseres Fragment widerlegt, das die
Lücke zwischen beiden Stücken genau ausfüllt
(Newton S. 55f.), und der Anschluss von XXIII an
XXIV wird durch ein Stück des Apobaten (Südfries
XXVIII, s. u. S. 65) am linken Rande von XXIV
hergestellt (Newton S. 54). Zu diesen 36 Platten
kommen zwei zusammengehörige (XVII. XVIII)
und eine vereinzelte Wagenplatte (XIX), desgleichen
zwei zusammengehörige Reiterplatten ohne Anschluss
links und rechts fXXVIII. XXIX) und ein grösseres
links unvollständiges Fragment (XXX). Insgesammt
sind also 42 Platten im Original oder in Zeichnung
erhalten. Die beiden kleineren Fragmente XX
(s. Anm. 5) und XXVII A lasse ich einstweilen aus
dem Spiel; XXVII B mag zu Fig. 76 oder 77 ge-
hört haben, XXVII C und D gehören sicher zu
Platte III, deren linke obere und rechte untere
Ecke sie bilden. Von später gefundenen Fragmenten
bildet I liei Robert (S. 101) die obere linke Ecke
von Platte XLI, und s hat seinen passenden Platz
als obere rechte Ecke von Platte XXIV gefunden
(Newton S. 54). Damit erledigen sich die von
Robert (S. 102) aus diesen Fragmenten entnommenen
Schwierigkeiten.
Die noch nachweislichen 42 Platten lassen also
Kaum für fünf fehlende Platten. Hiervon sind
nach der auch jetzt noch giltigen Ausführung im
Parthenon S. 248 mindestens zwei Platten für den
Reiterfries erforderlich (s. u.), für den Wagenzug
stehen also höchstens drei Platten zur Verfügung.
Legen wir für diesen Theil des Frieses die in
meinem Atlas angenommene Reihenfolge zu Grunde,
so werden in der That alle drei Platten erforderlich
sein. Platte XVI, entsprechend verlängert, würde
dann in Platte XVII. XVIII ihre Fortsetzung haben.
Von dem Apobaten XVIII,61 fiele noch ein kleines
Stück in die Lücke, und ebenso ein Theil der
Pferdevorderbeine von Platte XIX. Wäre nun hier
nur eine Platte ausgefallen, so müssten wir uns
diese zum grössten Theil durch einen in ganzer
Gestalt zwischen den Wagen sichtbaren Geleitsmann
ausgetüllt denken (so Parthenon S. 246). Das
würde aber eine gar aufl'ällige Wiederholung nebeu
der ähnlichen Figur 58 sein. Somit bleibt wohl
nichts übrig als den Ausfall zweier Platten (XVIII
a. b) anzunehmen, welche natürlich ein weiteres
Gespann enthielten, etwa in ähnlich langgezogener
Coraposition wie das Gespann von Platte XI. XII.
In der That existirt ein Fragment, das icli weder
bei Robert noch bei Newton erwähnt finde, haupt-
sächlich in dem unteren Stück eines sehr breiten
Schildes bestehend, mit ein wenig Gewand links;
wenn dies zu Fig. 61 gehörte (und ich wüsste
nicht, wo es sonst unterzubringen wäre), so würde
schon diese Figur einen ungewöhnlich grossen
Raum beanspruchen. — Weiter bliebe eine zweite
Lücke hinter XIX. Von der nächstfolgenden Platte
(XIX a) ist, wie Robert S. 101 richtig erkannt hat,
ein unmittelbar anschliessendes Fragment (»•) er-
halten; es ergänzt den Wagenlenker und enthält
dazu den Mittelkörper des schildbewehrten Apobaten
nebst einem Stück des Wagenrandes. Leider fehlt
mir das genaue Maass; nach der mir vorliegenden
Zeichnung nimmt das Fragment etwa ein Drittel
einer Platte ein, misst also ungefähr 0,40 M.; es
blieben sonach etwa 0,82 M. übrig. Andrerseits
beträgt die Länge des erhaltenen Stückes von
Platte XXI 0,99 M., es fehlen also an der vollen
Länge dieser Platte 0,23 M. Somit erhalten wir
für die fehlenden Stücke eine Gesammtlänge von
1,05 M. Diese würde durch die Vordertheile der
Pferde allerdings wohl kaum ganz erfordert werden,
der übrig bleibende Raum würde sich aber für
einen nicht allzu breiten Geleitsmann eignen, da
von einem solchen ja in dem erhaltenen Stücke
nichts sichtbar wird 0- Es ergäbe sich also folgende
Reihe:
XVI* XVIL XVIII. [XVIII a. XVIII b.J XIX.
[XIX a.] XXI* XXII. XXIII;
') Ueber Fragment XX wüsste ich dem Parthenon S. 247
(jcsagteu nichts hinzuzufügen; vgl. auch Robert S. 102.
63
Ad Michaelis, J)ie Lücken im Parthenonfries.
64
Bei dieser Anordnung würde die Zahl der Gespanne
sich von neun auf zehn erhöhen; ebenso viele
waren einst im Siidfriese vorhanden (Parthenon
S. 238 zu Platte XXIX). Es blieben danach für
den Reiterzug nur zwei Platten übrig. Von den
im Parthenon S. 248 bezeichneten beiden Möglich-
keiten (XXVI. XXVI a. XXVIII. XXIX. XXX.
XXX a. XXXI, oder XXVI. XXX. XXX a. XXVIII.
XXIX. XXIXa. XXXI) möchte ich jetzt der
zweiten den Vorzug geben. Danach würde die
fragmentirte Platte XXX in die Lücke unmittelbar
hinter Platte XXVI rücken. Es ist ungefähr die
Hälfte einer vollständigen Platte (0,62 M.); die
verloren gegangene linke Hälfte würde das Pferd
von Fig. 92 vervollständigt und ausserdem den
grössten Theil desjenigen Pferdes enthalten haben,
dessen vorderer Umriss am rechten Rande von
Platte XXVI neben Fig. 80 erscheint. Hinter Platte
XXX wäre dann eine Platte (XXX a) verloren ge-
gangen, auf welche Platte XXVIII. XXIX folgten,
und dahinter eine zweite (XXIXa) die den Anschluss
an Platte XXXI bewirkte. In dieser zweiten Platte,
nahe dem linken Ende, möchte ich dem Wiener
Fragment XXVII A seinen Platz anweisen. Dann
erhält das hinter Fig. 90 sichtbare Pferd seinen
Reiter in Fig. 81, Fig. 82 fiele mit Fig. 91 zusammen,
und der am Knie von Fig. 91 sichtbare Pferdefuss
gehörte zu dem Pferdekopf, der neben Fig. 82 er-
scheint. Eben dies Zusammenpassen der Figuren
scheint mir für die dargelegte Anordnung zu sprechen,
doch ist es nicht durchaus entscheidend, da das
Wiener Fragment links keine Stossfuge aufzuweisen
scheint. Somit bleibt auch die im Atlas beiolgte
Anordnung mit je einer fehlenden Platte hinler
Platte XXVI und Platte XXX immerhin möglich.
Es lässt sich aber auch eine andere Anord-
nung aller Lücken im Nordfries aufstellen,
bei der dem Wagenzug nur zwei, dem Reiterzug
dagegen drei fehlende Platten zugewiesen würden.
Nimmt man hinter Platte XVI, mit der Carrey's
zusammenhängende Zeichnung des Wagenzuges
schliesst, den Ausfall einer Platte (XVIa) an, die
den zugehörigen Wagen enthalten hätte, lässt dann
Platte XIX folgen, und auf diese wiederum eine
zweite fehlende Platte (XIX a), welche ausser dem
oben (S. 02) besproclienen Fragment r mit dem
Apobaten ein sich hoch empor bäumendes, also
auch verhältnissmässig eng zusammenrückendes Ge-
spann enthalten iiätte, so könnten nun Platte XVII
mit dem stark hemmenden Lenker, Platte XVIII,
und im unmittelbaren Anschluss daran das ver-
vollständigte Gespann der ergänzten Platte XXI
nebst den zugehörigen Platten XXII. XXIII folgen.
Also:
XVP. [XVIa.] XIX. [XIXa.] XVIL XVIII. XXI*
XXII. XXIII.
Es blieben dann zur Ergänzung des Reiterfrieses
drei Platten übrig, für deren Einschiebung sich auf
diese Weise natürlich die Möglichkeiten verviel-
fältigen würden. Die Zehnzahl der Gespanne
bliebe die gleiche, wie bei der vorhin erörterten
Anordnung. Auch lässt sich gegen diese Annahme
nicht etwa daraus ein Einwand entnelimen, dass
dann Carrey zwischen dem Ende seiner längeren
Zeichnung (Platte XI — XVI) und der vereinzelten
Zeichnung von Platte XIX nur eine einzige Platte
übersprungen hätte, während bei der anderen Anord-
nung vier Platten dazwischen liegen würden. Denn
der gleiche Fall tritt nicht nur bei Platte X ein,
wo die Auslassung der einen Platte sich allenfalls
aus dem geringeren Interesse des Gegenstandes
erklären Hesse (vgl. jedoch Südfr. XXXV. XXXVI),
sondern auch im Südfries hinter Platte XXI
(s. u.); ebendort sind die beiden langen Stücke
Platte XVIII— XXVII und Platte XXX— XXXVII
nur durch zwei Platten, XXIX und [XXIXa], von
einander getrennt. Nichtsdestoweniger halte ich
diesen zweiten Vorschlag für minder vvalirsclieinlich.
Denn erstens würde für die Rosse vor Platte XVII
der Raum sehr knapp ausfallen, was im Ganzen
nicht die Art des Nordfrieses ist (nur das Gespann
auf Platte XIX macht eine Ausnalime). Und zwei-
tens reicht für die Ergänzung des Gespannes von
Platte XXI, dessen eines Pferd ziemlich stark vor-
anstrebt, das an dieser Platte fehlende Stück von
0,23 M. nicht aus. Die Pferdebeine müssten also
auf Platte XVIII hinübergegriffen haben; dort ist
aber nichts von ihnen zu sehen. Dieser Grund
scheint mir entscheidend zu sein. Auch würde das
oben besprochene Fragment mit dem sehr breiten
Schilde als Ergänzung von Fig. Gl keinen Platz auf
Platte XXI finden können, während es sich doch
kaum an irgend einer anderen Stelle so schicklich
unterbringen lässt (auch kaum auf Platte XVIa).
Aus diesen Gründen glaube icli also au der Reihen-
folge meines Atlas und der an erster Stelle vorge-
schlagenen Ergänzungsweise festhalten zu müssen.
Einfacher gestaltet sich die Frage und sicherer
die Lösung für den Südfries. Mehr oder weniger
vollständig erhalten sind zunächst 23 Platten vom
Reiterzug (I— XXIII), sodann 13 Platten vom Zuge
der Wagen und der ihnen voranschreitenden Fuss-
65
Ad. Michaelis, Die Lücken im Partlienonfries.
66
ganger (XXIV— XXVII. XXIX— XXXVIP), end-
lich nacli dem oben (S. 59 f.) Bemerkten 7 Platten
von der Hekatombe (XLI. XLIII, 126*. XXXIX.
XL. XI.II. XXXVIII. Xi.ilF, 127*f. + XLIV*), zu-
sammen also 43 Platten. Von Fragmenten, welche
Schwierigkeiten machen könnten, gehört XXIV A zu
Fig. GS, B zu Nordfr. Fig. 8, die Pferdeköpfe dersel-
ben Platte wahrscheinlich als obere rechte Ecke zu
Platte XXII (Newton S. 80); das Fragment XXVIII,
dessen Htossfuge nicht reclits, sondern links fällt,
gehört, wie Petersen richtig bemerkte (Parth. S. 238),
zum Nordfries, und ist von Newton (S. 54) mit
grosser Walirscheinliclikeit als linkes Ende von
Nordfr. XXIV bezeichnet worden; der Kopf Fig. 125
füllt die Lücke von Figur 52 aus, der Fuss unter
Fig. 12G endlich mag zu Fig. 127 gehören (s. Anm. 3).
Das von Robert S. 98 als e bezeichnete Fragment
vervollständigt nicht Platte XXX, sondern Platte
XXIX; das Fragment h findet seinen Platz unmittel-
bar unter Fragment b und bildet mit diesem zu-
sammen den rechten Rand von Platte XVII (Newton
S. 81), nöthigt also nicht zur Annahme einer be-
sonderen Lücke.
Obige 43 Platten (wenn wir von der nur zur
Hälfte erhaltenen Platte XXXVll* zunächst ab-
sehen) erfordern eine Ergänzung durcii vier ver-
lorene Platten. Es gilt die Plätze für diese zu
finden. Keine Lücke braucht hinter Platte XI an-
genommen zu werden (Robert S. 98f.), denn das
Original von Platte XII ist in seiner linken Hälfte
in Wirklichkeit so zerstört, dass nicht abzusehen
ist, warum die Linie des Pferdehalses sich nicht gut
an den Rest auf Platte XI anschliessen sollte.
Ebenso spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, dass
zwischen Platte XIII und XH' nichts fehlt. Das er-
giebt sich aus der Beobachtung (Parth. S. 235), dass
dieser Theil des Zuges in Reihen von je sechs
gleichmässig uniformirten Reitern zerfällt. Die
gleiche Beobachtung muss uns auch bei der Aus-
füllung der ersten sicheren Lücke leiten, die
Platte XVI und XVII von einander trennt (Parth.
S. 236). Robert (S. 98) vermuthet die untere rechte
Ecke der verloren gegangenen Platte in seinem
Fragment g (hoch 0,35, lang 0,25 M.), welches das
Hintertheil des Pferdes von Fig. 44 und den erho-
benen Vordcrfuss eines zweiten enthält. Ein Ab-
guss des Fragments scheint in London zu fehlen,
da es weder von Newton erwähnt wird noch von
mir bemerkt worden ist; so fehlt es denn auch
unter meinen Zeichnungen. Uebrigens passt der
von Robert ihm angewiesene Platz anscheinend
Archjiolog. Ztg. Jahrgang; XLUI,
sehr gut. An dem auf Platte XVII erhaltenen
Theil des Pferdes von Fig. 44 ist nämlich keine
Spur eines nachfolgenden Pferdes zu entdecken,
woraus ich schon früher den Schluss zog, dass mit
dieser Figur ein neues Glied (44 — 47) beginne.
Dies wird durch das neue Fragment bestätigt;
denn mag der Vorderfuss des zweiten Pferdes den
schmalen Rest vom Hintertheil des ersten noch
berühren oder nicht, immerhin besteht zwischen
Fig. 44 und dem nachfolgenden Reiter ein so weiter
Zwischenraum, wie er in diesem Theil des Frieses
eben nur zwei Glieder von je sechs Figuren von
einander trennt. Andrerseits scheint der Anschluss
von Platte XVII an die arg zerstörte Platte XVIII
durch die neugefundenen Fragmente b und h ge-
sichert zu sein (Newton S. 81); wenigstens passen
die Stücke in den Linien der Pferde vortrefflich
mit Platte XVIII zusammen und ergänzen das Glied
zur Zahl von sechs Reitern, von denen drei (44.
45. 45a, d. h. die neuen Fragmente) auf Platte XVII,
die drei vorderen (456, nur noch am Pferd erkenn-
bar. 46. 47) auf Platte XVIII ihren Platz finden.
Kehren wir nun aber zur Lücke hinter Platte XVI
zurück, so ist es höchst unwahrscheinlich, dass nur
eine Platte ausgefallen sein sollte. Diese könnte
aller Analogie zufolge nur drei Reiter enthalten
haben, eine Abtheilung von drei Reitern ist aher
gerade in der Mitte zwischen je drei deutlich ge-
schiedenen Gliedern von je sechs Reitern undenkbar.
Alles wird klar, sobald wir den Ausfall zweier
Platten (XVIa. XVI b) annehmen; dann erhalten
wir auch hier sechs mit Ledermänteln bekleidete
Reiter, von denen nur das Pferdehintertheil des
letzten (Fig. 43«) auf Platte XVI und ein Pferde-
vorderfuss des ersten (Fig. 43) auf Roberts Frag-
ment g, dem Schlusstheil von Platte XVI b, erhalten
sind'^).
Somit stehen nur noch zwei Platten zur Ver-
fügung. Diesen ist ihr Platz sicher bestimmt. Eine
Platte muss in die von Carrey deutlich bezeichnete
Lücke zwischen Platte XXI und XXII eingesetzt
werden (XXI a). Die vorhergehende Platte XXI wird
ausser durch das Fragment Fig. 125, das zu Fig. 52
gehört (s. o. S. 65), auch noch durch die obere
rechte Ecke ergänzt, Schulter und Kopf des Reiters
enthaltend; letzterer trägt, wie es sich gebührt, den
Petasos (Newton S. 80). Die Reihe der Reiter mit
*■) Auft'aUend bleibt dabei nur, dass auch der zum vorher-
gehenden Gliedc gehörige Reiter 44 einen ähnlichen Ledermantel
zu tragen scheint.
ä
67
Ad. Michaelis. Die Lücken im Parthenonfries.
68
Petasos') ist also beinahe vollständig-, es fehlt nur
die vordere Hälfte des Pferdes von Fig. 53. Andrer-
seits sind von dem vordersten aufgelösten Gliede auf
den Platten XXII. XXIII fünf Reiter vollstän-
ständig erhalten (Fig. 54— 58), von dem letzten
(Fig. 53a) nur Kopf und Brust des Pferdes. Auf
der verlorenen Platte XXIa muss sich also dieser
Reiter mit seinem Pferde befunden haben. Zwischen
ihm und Fig. 53 wird ein kleiner Zwischenraum
die Trennung der beiden Glieder der Reiter be-
zeichnet haben; die ganze Platte glich also hin-
sichtlich der Raumausfülluug etwa der Platte XIX.
— Die letzte Platte endlich (XXIX a) ist erforder-
lich um zwischen Platte XXIX und XXX den
zehnten Wagen einzuschieben, von dessen Inhabern
sich auf der vorhergehenden Platte deutliche Reste
erhalten haben. Bei der gedrängten Darstellungs-
weise des Südfrieses ist eine Platte hierfür völlig
ausreichend. — Die Lücken des Südfrieses ver-
theilen sich also in folgender Weise:
I-XVI. [XVI a. XVI b.] XVII— XXI. [XXIa.]
XXII— XXIX. [XXIX a.] XXX u. s. w.
Wenn diese Darlegung richtig ist — und ich
wüsste in der That nicht, was gegen sie vorgebracht
werden könnte — so ergiebt sich das wichtige
Resultat, dass hinter der zur kleineren Hälfte er-
haltenen Platte XXXVII keine weitere Platte fehlen
kann, sondern dass alles, was hier fehlt, in dem
verlorenen Theil jener Platte untergebracht werden
muss. Dies ist zunächst das kleine fehlende Stück
vom Hintertbeil der Kuh links auf Platte XLI, und
weiter ein hochinteressantes Fragment mit dem Rest
eines Skaphephoren, f bei Robert (S. 98. Newton
S. 77. Academy 1879 S. 308). Hierdurch wird fest-
gestellt, dass zwischen den Thallophoren und
der Hekatombe ausser drei sicheren Kitharisten
(Fig. 102 — 104) und einer weiteren langbekleideten
Gestalt (Fig. 105), die wahrscheinlich ebenfalls ein
Kitharist ist, allenfalls ein Flötenspieler sein kann,
mindestens einer, aber sicher nicht mehr als zwei
Skaphephoren dargestellt waren. Für die Hydrien-
träger des Nordfrieses war also kein Platz vorhanden,
ebensowenig für eine so ausführliche Darstellung
der Flötenbläser und Skaphephoren wie an jenem
Fries. —
Zum Schluss werfe ich noch einen vergleichen-
den Blick auf die beiden Langseiten, um die
Gleichheiten und die Unterschiede der beiden
Züge hinsichtlich der räumlichen Vertheilung deut-
lich zu überschauen. Eine tabellarische Zusammen-
stellung wird das Verhältniss am klarsten machen.
Nordfries.
4 Kühe mit 8 Begleitern
4 Schafe mit 3 Begleitern
3 Skaphephoren und 1 Zugordner
4 Spondophoren
4 Flötenbläser ]
4 Kitharisten j
17 (Newton S. 59) Thallophoren
10 weitgestelite Viergespanne mit Apobaten,
dazu mindestens 7 Geleiter und 1 Diener
Ungefähr 63 Reiter in unregelmässigen Glie-
dern und mindestens 2 Nebenpersonen
Platten
3
1
1
1
17
20
Summe der Platten 47
Die vorderste Abtheilung, die Fussgänger um-
fassend, ist in beiden Friesen nahezu gleich lang
') Der von mir der Fig. 48 zugewiesene Kopf kann nicht
zn dieser gehören, wie sich am Original gezeigt hat; das
Fragment wird demnach am besten Fig. 4'J zugetheilt werden,
deren Kopf in gleicher Weise leicht geneigt ist.
Südfries.
10 Kühe mit mindestens 25 Begleitern
'l — 2 Skaphephoren
4 (3?) Kitharisten
18 Thallophoren
10 enggedrängte Viergespanne mit Be
waffneteu, dazu mindestens 7 Geleiter
42 Reiter in regelmässigen Gliedern z
sechs Mann
24 Reiter in unregelmässigen Gliedern
und ein Begleiter
zu
1
2
17
9
Summe der Platten 47
(N. 10, S. 10 V2 Platten), in allem Einzelnen aber
möglichst verschieden gestaltet. Dem reichen Wech-
sel der Kühe und Schafe der Bundesstädte, der
Träger trockener und nasser Opfergaben, und der
Flötenspieler (8 Thiere und 23 Personen) entsprechen
auf der anderen Seite nur die attische Hekatombe
69
Ad. Michaelis. Die Lüclven im Partlicnonfries.
70
mit ihren zahlreichen Geleitsleuten, und ein oder
zwei Opfertriiger (10 Thiere und 26 — 27 Personen).
Erst mit je 4 Kitharisten und der gedrängten Schaar
von fast gleich vielen Thallophoren (17 : 18) erreiclit
diese Abtheiiung jederseits ihr gleichmässiges Ende,
so dass die Reihen der Viergespanne in beiden
Friesen ziemlich an der gleichen Stelle anheben.
Aber dieselbe Zahl von Wagen und Begleitern er-
fordert hier 17, dort nur lO'/, Platten, so verschie-
den ist die Art der Darstellung; an der bevorzugten
Nordseite wiederum die reiche Abwechselung durch
die auf- und abspringenden Apobaten zwischen
den galoppirenden Gespannen, an der Südseite die
Bewaffneten meist neben dem Lenker auf dem
Wagen und nur auf der vordersten und den beiden
letzten Platten ruhig neben dem Wagen stehend; auf
der Nordseite Gespanne mit und ohne Geleits-
männer in anscheinend bunterem Wechsel, auf der
Südseite die ersten und letzten Wagen regelmässig
geleitet, die mittleren ohne solche Zugabe. Der
starke Vorsprung des nördlichen Wagenfrieses um
ß'/o Platten wird aber auf der Südseite mehr als
ausgeglichen durch die 17 Platten der etwas einför-
migen militärischen Reiterei, denen eine viel gerin-
gere Zahl bunter angeordneter Reiter auf 9 Platten
sich anschliesst. Auf der Nordseite finden wir fast
genau die gleiche Gesammfzahl der Reiter (63? : 66),
aber auf den bedeutend engeren Raum von 20 Platten
zusammengedrängt zu jenem unvergleichlich voll und
reich in breiten Wogen vorbeirauschenden Strom
rossefroher Jünglinge, hier und da von stolzen
adligen Gestalten geführt. So hat Phidias es meister-
lich verstanden, an beiden Friesseiten wesentlich
die gleichen Hauptbestandtheile des Zuges, mit fast
der gleichen Zahl von Theilnehmern in den drei
Abtheilungen, au uns vorüberzuführen (so dass für
den Verständigen auch nicht der leiseste Zweifel
bestehen kann, dass beidemal derselbe Festzug ge-
meint sei); im Einzelnen aber hat er durch das
Ganze eine so wuuderbare Variation des Grund
themas durchgeführt, dass wir immer von neuem
mit staunender Bewunderung vor der unerschöpf-
lichen Erfindungs- und Gestaltungskraft des Künst-
lers erfüllt werden.
Strassburg.
Ad. Michaelis.
71
72
MISCELLEN.
zu DER KARLSEUHER UNTERWELTS-VASE
Archäol. Zeitung; 18S4 Tafel 19.
Es ist mir von zwei Seiten die Ansicht mitge-
theilt worden, dass auf Fragment b der oben ge-
nannten Vase die zweite Beiscbrift nicht AlßN,
sondern A'i[i.i]cüv zu lesen, und demgemiiss die dar-
gestellte Eurydike nicht als die Gemahlin des
Orpheus sondern als die des Kreon aufzufassen, das
ganze Bild auf den Antigonemythos zu beziehen
sei. Es müsste dann die andere Seite der einerseits
mit der Unterweltsdarstellung a geschmückten Vase
gebildet haben; denn an der Zusammengehörigkeit
der Fragmente kann nicht der leiseste Zweifel sein:
das Palmettenornament von Fragment b ist nämlich
auch auf a vorhanden und nur in der Abbildung des
Raumes wegen nicht wiederholt, wovon durch das
Weiterführen der beiden Bruchconturen über den
Eierstabstreifen hinaus eine Andeutung gegeben
werden sollte.
Die eben erwähnte Deutung gewinnt, wenn man
die Arch. Zeitg. 1870 Taf. 40 von Heydemann zu-
sammengestellten beiden Antigonevaseu vergleicht,
einen solchen Schein, dass sie für evident gehalten
werden müsste, wenn ihr nicht der Thatbestaud,
der in der Abbildung nicht deutlich hervortreten
kann, widerspräche. Die Darlegung desselben hat
daher nicht bloss ein actuelles, sondern auch ein
methodologisches Interesse.
Ausgegangen war die neue Deutung bei den
beiden Gelehrten davon, dass der AI UN iu dem-
selben typischen Gestus der Betrübniss den Kopf
mit der rechten Hand stützt wie Haimon auf bei-
den Antigone-Vasen. Der Eine derselben, Herr
Friedrieh Hauser in Stuttgart, hatte noch be-
merkt, dass die Eurydike unseres Scherbens das
Himation ebenso über den Kopf gezogen hat wie
auf der Jatta'scheu Vase die Frau zur äussersten
Rechten, welche Heydemann mit Recht für Eurydike,
die Gemahlin des Kreon, erklärt hat. Der Andere
hatte in dem Namensreste A A I dazu noch den
MANv, den Sohn des Haimon und der Antigene,
erkannt, der auf beiden Antigonevaseu dargestellt
ist. Man sieht, dass die Deutung von allen Seiten
gestützt zu sein scheint.
Für die Beurtheilung der Inschriften und der
möglichen Defecte, die sie erlitten haben, ist vor
Allem zu erwägen, dass sie nicht aufgemalt, son-
dern eingeritzt sind, was ich dem Bearbeiter Herrn
Dr. Hai-twig hätte mittheilen sollen. Das gänzliche
Schwinden des My in der angenommenen Beischrift
^'i[lii\cüv ist dadurch ausgeschlossen; überdies ist
der Raum für diesen Buchstaben, wie unsere auch
hierin ganz zuverlässige Abbildung zeigt, nicht vor-
handen, da nirgends auf unseren Scherben die
Buchstaben so gedrängt stehen wie es hier der
Fall gewesen wäre. Die Stellung des zweiten Iota
in der Beischrift neigld^oog darf hiergegen nicht
angeführt werden, da dasselbe augenscheinlich ver-
gessen und später nachgetragen worden ist. Herr
Dr. Luckenbach in Karlsruhe, der auf meine Bitte
die Fragmente genau untersucht hat, schreibt mir
auch, dass weder vor dem AlßN noch in der Mitte
je ein weiterer Buchstabe gestanden habe. Ein Ver-
seheu anzunehmen wäre bei der eine so sorgfältige
Hand aufweisenden Vase aber äusserst misslich;
wir müssen voraussetzen, dass der Maier hier wie
in dem eben erwähnten Falle nicht versäumt haben
würde zu verbessern.
Nicht besser steht es mit dem Maiiov. Das
ist doch ganz unmöglich, dass von einem einge-
ritzten My die Hälfte vollkommen erhalten, die an-
dere Hälfte bis auf die letzte Spur geschwunden
ist. Ich kann nichts besseres thun als die Auskunft
des Herrn Luckenbach über diese Beischrift hierher-
zusetzen: „Das erste Zeichen kann nur A sein, der
Buchstabe ist vollständig erhalten. Die Hasta rechts
vom A steht sehr weit von demselben entfernt,
jedoch nicht viel weiter als iu AlßN das | vom
ß. Es kann nur ein Iota sein. Zwischen diesem
I und dem vorhergehenden A 'lat kein anderes
Zeichen gestanden." Herr Luckenbach hat, wie ich
selbst angesichts des Originals, an die Ergänzung
AAI"? gedacht. Wer es unseren Scherben gegen-
über wagt seine Deutung auf die Annahme eines
Versehens zu gründen, könnte freilich an der An-
tigene festhalten, indem er deu Schatten des Laios
gegenwärtig glaubt.
Ich darf schliesslich noch mittlieiien, dass Herrn
Hauser seine Deutung bei einer von ihm vorge-
nommenen Prüfung des Originals nicht Stand ge-
halten hat. Ilim sowie Herrn Dr. Luckenbach sei
i'Ur ihre freundliche Beiliilfe auch an dieser Stelle
Dank gesagt.
Max Fkänkel.
73
74
SITZUNGSBERICHTE
Archäologische Gesellschaft in Berlin.
Sitzuug- vom 6. Januar. Nach erfolgter
Kechnuugsablage und AViederwahl des Vorstandes
wurden an neu eingegangenen Schriften u. A. vor-
gelegt: Perrot-Chipiez liistoire de l'art III; Hey-
deniann, Vase mit Theaterdarstellungen; Richter,
rüm. Rednerblihne; Wieseler, geschnittene Steine
des 4. Jahrli. ii. Chr.; Kuhnert, Statue und Ort
bei den Griechen in ihrem gegenseitigen Verhältniss;
E. Böttieher, 4 Aufsätze in der Zeitschrift für
Museologie, welche Hissarlik als Feuernekropole
zu erweisen versuchen; B üb lau, de re cesliaria
Graecorum. Herr Engelniann fügte diesen Vor-
lagen hinzu: Antike Charakterköpfe, 12 Bildnisse
von Rubens nach antiken Büsten gezeichnet (Nach-
bildungen von Hirth); Tb. Schreiber, culturhisto-
rischer Bilderatlas II — IV (Cultus, Spiele, Kriegs-
wesen); Brizio, situla di bronzo (nach dem Ver-
fasser ein Product der unter etruskischem Einfluss
stehenden Umbrier). — Herr Conze sprach über
die Bronzefigur des betenden Knaben im k.
Museum und ihren modernen Kachguss in der
JVIarciana in Venedig. Wie dieser letztere ohne
Arme sei, so sei man bei den Untersuchungen für
den neuen Katalog der Originalsculpturen unseres
Museums unter Vorgang des Herrn Furtwängler zu
der Ueberzeugung gekommen, dass die Arme des
Berliner Exemplars beide modern seien. Der Vor-
tragende nahm an, dass das Berliner, unzweifelhaft
antike Exemplar dasjenige ist, welches für das Jahr
158G in Venedig beglaubigt ist, und dass es bei
späterer Entfernung von dort durch einen Nachguss
ersetzt sei. Ueber die Herkunft unseres Exemplars
sei nichts beglaubigt, als dass es vom Vater des
Marschalls Belleisle an Prinz Eugen von Savoyen,
von diesem an den Fürsten Liechtenstein und
endlich an Friedrich den Grossen gekommen
sei. Der Vortragende behielt sich vor, die Prove-
nienz noch weiter zu verfolgen. — Herr Robert
legte zunächst Urlichs, Beiträge zur Kunstge-
schichte und Löschcke, Vermuthungen zur griech.
Kunstgeschichte und Topographie Athens vor.
Die in letzterer Schrift enthaltene neue Deutung
der rechten Hälfte des westlichen Parthenongiebels:
Herakles (bisher Aphrodite genannt) im Schooss der
Melite, neben ihnen Demeter Kurotrophos mit den
beiden Söhnen dieses Paares, erkannte der Vortra-
gende als bestechend an, jedoch stehe derselben der
Umstand entgegen, dass die auf Herakles gedeutete
Figur in Carrey's Zeichnung, von welcher der sog.
Pariser Anonymus nach des Vortragenden Ueber-
zeugung nur eine an Missverständnissen reiche Copie
sei, eher weiblich als männlich erscheine. Sodann
machte derselbe darauf aufmerksam, dass sich unter
den Zeichnungen des Coburgensis auch eine solche
des Aaclicner Kore-Sarkophages, den die Le-
gende für den Sarg Karls des Grossen hält, befinde,
welche aus dem Ende des Iß. Jahrhunderts stamme,
also das älteste Zeugniss für dieses Denkmal sei.
Die unter dem Gespanne Plutons neben dem Ker-
beros auftauchende bärtige Gestalt sei als ianitor
Orci, die drei Jüngliugsgestalten der r. Schmalseite
als Frühling, Sommer und Herbst, wo Köre auf der
Oberwelt weile, zu deuten. Eine neue Zeichnung
des Sarkophags der h. Agathe in Catania, die
der Vortragende demnächst vorlegte, lässt eine
von den römischen stark abweichende Darstellung
der kalydonischen Jagd erkennen, die der
einer apulischen Vase in Berlin (Gerhard, apul.
Vasenb. 9) und in einigen Punkten auch der auf
dem Grabmal von Gjölbaschi sehr ähnlich ist.
Zum Schluss besprach der Vortragende den Ma-
drider Achilleus - Sarkophag unter Vorlage
einer Photographie und zeigte, dass die Stücke C
und D (areh.Zeitg. 1869 Taf 13) zusammengehören
und die vollständige Vorderseite bilden, während
A die rechte, B die linke Schmalseite sei. — Herr
Schöne legte das soeben erschienene Werk von
0. Benndorf und G. Niemann vor: Reise in
Lykien und Karlen, ausgeführt im Auftrage des
k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht. Der
Vortragende recapitulirte die bereits durch den
„vorläufigen Bericht" von Benndorf bekannte That-
sache, dass die österreichische Regierung auf Vor-
schlag des Prof. Benndorf 1881 eine Expedition
nach Lykien und Karlen ausgesandt habe, welche,
von dem genannten Gelehrten in Gemeinschaft mit
dem Architekten G. Niemann, dem Dr. med.
F. von Luschan und dem Hofphotographen W. Burger
ausgeführt, zu der Entdeckung eines ausgedehnten
Werkes altlykischer Sculptur, des Grabdenkmals
von Gjölbaschi, geführt und sich zu einer geogra-
phisch-archäologischen Erforschung der lykischen
und karischeu Landschaft ausgedehnt hat. Dieselbe
hat alsdann eine zweite Expedition veranlasst.
75
Sitzunffs-Bericlite.
76
welche die Uebeifüluung des Monumentes von Gjöl-
baschi nach Wien zum Ziele hatte und unter den
Auspicien der österreichischen Regierung mit den
Mitteln eines aus den Kreisen der Wiener Geburts-
und Geistesaristokratie zusammengetretenen Comite's
durchgeführt wurde. Das vorliegende Werk be-
schränkt sich auf eine Darlegung der reichen
und mit ebensoviel yachkenntniss wie Energie ge-
wonnenen Ergebnisse der ersten Expedition und
greift über dieselbe nur insofern hinaus, als Prof.
Kiepert in der beigegebenen Karte, zu der er in
einem besonderen Hefte Erläuterungen gegeben hat,
auch bereits den reichen geographischen Ertrag der
zweiten Expedition verwerthet. Das durch die Fülle
neuen Materials ebenso wie durch die geschmack-
volle Darlegung desselben in Wort und Bild bedeut-
same W^erk legt glänzendes Zeugniss ab für die
umsichtige Förderung, Avelche die österreichische
Regierung den Alterthumsstudien widmet, und für
das verständnissvolle Entgegenkommen, welches sie
dabei findet.
Sitzung vom 3. Februar. Herr Curtius
machte Mittheilungen über den Fortgang der Aus-
grabungen im Heiligthum des Asklepios bei
Epidauros, wo ein inschriftlich bezeugter Artemis-
tempel, ferner das Bad des Asklepios und ein drittes
Gebäude — alle nur wenig von Erde bedeckt —
zum Vorschein gekommen sind. Aus dem neuesten
Heft der athenischen Epliemeris wurden die Inschrift-
funde beim Amphiareion von Oropos, die eJeusini-
schen Inschriften, welche auf Athen zur Zeit der
Antigoniden neues Licht werfen, und die alten
Giebelreliefs von der Akropolis besprochen. — Herr
Hübner legte zunächst einige englische Publica-
tionen vor, welche Abbildungen der am Hadrianswall
in Nordengland gefundenen Denkmäler und eines
in dem römischen Castell von South Shields ent-
deckten Grabmonumentes — der Todte ist beim
Maiile liegend dargestellt — aus dem 3. Jahrb. n.
Chr. entiialten. Sodann berichtete er über das von
der Akademie der Geschichte in Madrid herausge-
gebene Boletin, worin neuerdings der Oberst F.
Coello, welcher als Gast der Sitzung beiwohnte,
einen jüngst gefundeneu Meilenstein des Nero be-
sprociien hat, der einen Theil des römischen Strassen-
zuges durch den Norden der Halbinsel und den bis
dahin unbekannten Platz der römischen Station Inter-
amnium kennen lehrt. — HerrBohn, der zu einem
kurzen Aufenthalt aus Pergamon hier eingetroffen ist,
l)erichtete über den gegenwärtigen Stand der per-
gamenischen Arbeiten. Von der grossen auf
8 Bände berechneten Publication liegt der zweite
Band, das Heiligtlium der Atliena Polias mit der
Stoa und der Bibliothek, druckfertig vor. Die
letzten Ausgrabungen wandten sich zunächst dem
alten, von Hallen umgebeneu Stadtmarkte zu,
welcher südlich an den Altarbau des Zeus Soter
stösst. Neben zahlreichen Fragmenten des Giganten-
frieses wurden das Fundament und die Bauglieder
eines zierliehen dorischen Prostylos aus Marmor
aufgedeckt, der dem Dionysos geweiht war. Dem-
nächst wurde die Aufräumung des grossen, über
80 Sitzreihen enthaltenden Theaters in Angriff ge-
nommen, welches in der Königszeit am Westabhang
unterhalb des Athenaheiligthums errichtet worden
ist. Augenblicklich sind die Arbeiten wegen der
Winterregen auf einige Wochen unterbrochen wor-
den. Zum Schluss berichtigte der Vortragende
seine Reconstruction des Südflügels der Propy-
läen zu Athen, der wegen späterer Ueberbauung
bisher nicht genau untersucht werden konnte, in
einem Punkte. Seitdem nämlich unter Dörpfeld's
Leitung auch die letzte Spur dieser Einbauten ent-
fernt ist, hat sich herausgestellt, dass einige eigen-
thümlich geschnittene Giebelgeisa nicht, wie der
Vortragende angenommen hatte, zur Nordfrout ge-
hörten, sondern als halber Giebel die Südwand
des Südflügels abschlössen, so dass dessen Dach-
constructiou genau der des Nordflügels entsprach,
nur wegen der geringeren Tiefe halbirt. — Herr
Conze ergänzte seine in voriger Sitzung gemachte
Mittheilung über die Herkunft des betenden
Knaben durch den Nachweis aus Mariette's Abe-
cedario 11, Paris 1853/54, (unter dem Worte „Fou-
quet"), dass die Bronze im 17. Jahrhundert dem
Surintendant Fouquet gehört habe und von dessen
Sohn an Prinz Eugen gekommen sei. Damals sei
man in Frankreich im Stande gewesen, eine so
gute Ergänzung wie die der Arme zu machen, wo-
für die Statue des Augustus- Pourtales, die einst
Richelieu gehörte, einen Beleg liefere. Schliesslich
betonte der Vortragende, wie merkwürdig der ganze
Nachweis für die Controle unseres Kunstverständ-
nisses sei, wenn der Adorant, der vorzugsweise als
Muster des reinen antiken Geschmackes zu gelten
pflege, einen wesentlichen Theil seiner Gefälligkeit
einer Ergänzung aus der Zeit Ludwigs XIV. ver-
danke.
Sitzung vom 3. März. Vorgelegt wurden
vom Vorsitzenden ausser den Fortsetzungen der
periodiscii erscheinenden Zeitschriften u. A. Gozza-
dini, nuovi scavi presso Bologna; von Herrn
77
Sitzungs-Bericlite.
78
Forc'liliaiiinier aus Kiel seiu neues Buch: Erklä-
rung- der Ilias auf Grund der topischen und phy-
sischen Eig'entiilimlichkciten der troischeu Ebene;
von Herrn Hübner, ausser zwei Abhandlungen
von Meli da über die ägyptische Religion und über
die Terracotten des Madrider Natioualmuseuuis,
die Schrift von Pleyte über Mars Thitigsiis. —
Herr Conze hatte eine grössere Anzahl von im
Probedruck fertigen Tafeln des Corpus der
attischen Grabreliefs, welches von der Aka-
demie der Wissenschaften zu Wien im Spemaun-
sehen Verlage herausgegeben werden wird, zur
Stelle gebracht. Er erzählte kurz den Hergang der
Unternehmung, welche nach einem schon weit
früher von Ad. Jlicliaelis verfolgten Gedanken mit
dessen Zustimmung und unter seiner Mitwirkung
bei der Wiener Akademie seit 1873 ins Werk ge-
setzt wurde. Ausser dem Vortragenden als Heraus-
geber haben Michaelis, Achilleus Postolakkas in
Athen und Robert Schneider in W^ien an der Ar-
beit Theil genommen, während für die bildliche
Reproduction Louis Jacoby von Anfang an be-
rathend und leitend betlieiligt war. Das Erscheinen
des Werkes konnte erst als gesichert gelten, seit-
dem die Spemann'sche Verlagshandlung mit an-
sehnlichem Aufwände für die Beschaffung der ge-
sammten Reproduction den Verlag übernahm. Der
Sitz der Reproduction ist bei der kaiserl. Reichs-
druckerei in Berlin, wo unter Mitwirkung Jacoby's
die Heliographien von Professor Roese, die Radi-
rungeu von Pfründner ausgeführt werden. Mittelst
dieser beiden Arten der Wiedergabe gedenkt man
den Originalen, wie einem fremden Litteraturwerke
durch eine wörtliche und durch eine freie Ueber-
setzung, von zwei Seiten her möglichst nahe zu
kommen, da ein vollkommenes Wiedergeben weder
allein in der einen noch in der anderen Form mög-
lich ist. Die wichtigsten Exemplare werden in aus-
geführten Blättern, die Menge der unbedeutenderen
auf üebersichtstafeln oder ohne Abbildung in knapper
Beschreibunggegeben. Zum Anordnungsprincip ist als
das einfachst durchführbare das nach den Haupt-
figuren der Darstellung gewählt (weibliche sitzend,
stellend; männliche sitzend, stehend, kämpfend,
reitend, jagend, liegend — Todtenmahle), wäh-
rend die kleine Zahl der antiquissima mit einer
auch bei den Inschriftensammlungen als praktisch
bewährten Inconscquenz vorangestellt wird. In
Aussiciit genommen ist, dass diesem Haupttheile
des Werkes Abschnitte über die tektonische Form
der Grabsteine (mit erschöpfender bildlicher Mit-
theilung der .\kroterien), über die Technik, über
die Bedeutung der Darstellungen und über die ge-
sanimte geschichtliche Entwickelung der Monumen-
tenklasse, endlich die Register sich anschliessen
sollen. Der Vortragende rechnet darauf, dass,
nachdem die Vorarbeiten so gut wie beendet sind
und die Tafeln ihrer Vollendung ebenfalls entgegen-
gehen, nur noch eine voraussichtlich in diesem
Jahre ausführbare Revisionsarbeit in Athen nöthig
sein wird, um dann die lieferungsweise Heraus-
gabe in möglichst gesicherter Folge beginnen zu
können. — Herr Mommsen wies hin auf die in
Tel el Maskukah westlich von Ismailia von dem
Egypl Exploration Fund unter Leitung des Herrn
Naville veranstalteten Ausgrabungen, welche fest-
gestellt haben, dass an der genannten Stelle das
Heroonpolis der Griechen und das Pithom der
Bücher Mosis lag, und unweit davon die Griechen-
stadt Arsinoe und das Castell Klysma, also die
Seeschi ff fahrt in alter Zeit nicht bei Suez endigte,
sondern am See Timsah bei Ismailia. — Herr
Diels sprach über die neu gefundene grosse In-
schrift von Gortyn, den Theil einer Codification
des Civilrechts, und wies auf die grosse Wichtigkeit
derselben in sprachlicher und sachlicher Hinsicht
hin. — Herr Robert legte zunächst die neueste
Serie der Wiener Vorlegeblätter vor und sprach
dann über die zwei jüngst in der athenischen
Ephemeris von Kumanudis veröffentlichten Trink-
schaleu mit iiischriftlich bezeichneten Darstellungen
aus der troischen Sage. Die eine derselben giebt
den Raub der Helena durch Theseus, die zweite
eine Episode der Iliupersis. In der letzteren, welche
aus 5 Figuren besteht, deutete der Vortragende die
3. und 4. Figur nicht, wie der Herausgeber, auf Aias
und Kassandra, sondern auf Neoptolemos und Age-
nor, auf dessen Namen aucii der Rest der Inschrift
führt, die letzte weibliche aber, welclie in die Kniee
gesunken beide Arme Hebend emporhebt, auf
Hekabe.
DIE EROTEN DES PRAXITELES.
Von vier Eroten des Praxiteles ist uns Kunde
erhalten, von keinem babeu wir bis jetzt eine ge-
niig-eude Vorstellung-. Das ist zum Theil in der Art
unserer Ueberlief'erung begründet, die neben vielen
Lobspriieben nur sehr wenig Tbatsäcblicbes bietet;
um so nothwendiger ist eine scharfe Sonderung der
wirklich brauchbaren Nachrichten und eine strenge
Prüfung der daraus gezogenen Schlüsse. Eine
solche Kritik der Ueberlieferung iiat Stark (Leip-
ziger Berichte 18G6 S. 155ft".) zu geben versucht,
aber seine Resultate bedürfen durchgehends der
Verbesserung. Auch ist seither wenigstens für den
einen Eros neues Material bekannt geworden, wenn
auch noch nicht gehörig benutzt.
Weitaus der grösste Theil unserer Nachrichten,
wie sie Brunn (Geschichte der griechischen Künstler
I S. 341) und Overbeck (Schriftquellen N. 1249—
1267) zusammengestellt haben, bezieht sich auf den
Thespischen Eros. Aber wir hören viel von den
Schicksalen des Werkes, nichts von seinem Aus-
sehen. Ziemlich werthlos ist zunächst eine Reihe
von Epigrammen (VI 260. XVI 167. 203—206).
Der Dichter von XVI 167 ergeht sich in einer ge-
suchten Gegenüberstellung des Eros und der Aphro-
dite; die übrigen erzählen mit mehr oder weniger
Witz, wie Phryne diesen Eros von Praxiteles ge-
schenkt erhalten und in Thespiae geweiht habe.
Die List, durch welche sie dem Künstler das Ge-
ständniss entlockt haben sollte, dass dieser Eros und
der später in der Tripodenstrasse aufgestellte Satyr
von ihm für seine besten Werke angesehen wurden,
und auf welche hin Phryne nun den Eros erbat
und erhielt, hat Pausanias I 20,1 erzählt. Die Stelle
ist nach Lesung und Erklärung ungewöhnlich oft
und eingehend behandelt woi-deu, ohne dass bis
jetzt eine Einigung erzielt wäre. Ueber die Lesart
allerdings kann man jetzt kaum mehr schwanken:
einleuchtend richtig hat Robert (Hermes XIV, 1879,
S. 314) vaoi oaov eg zovzo fisyä^^oi geschrieben,
und damit den Anstoss entfernt, welchen man an den
überlieferten Worten nehmen musste. Der Zweifel,
der über die Erklärung der Stelle herrscht, be-
trifft zwar nicht den Eros, sondern den Satyr
ArchSoIog. Ztg. Jahrgang XLUI.
des Praxiteles, trotzdem wird es gut sein, der
Streitfrage nicht aus dem Wege zu geben. Pau-
sanias spricht von der Tripodenstrasse in Athen.
Ihren Namen hat sie von den verhältnissmässig
grossen Tempelcheu, die von Dreifüssen gekrönt
werden. Nur von Erz sind diese, aber sie um-
schliessen werthvolle Kunstwerke, so den Satyr,
auf welchen Praxiteles stolz war. Als Beweis für
diese Notiz erzählt Pausanias nun, wie Phryne
durch die bekannte List den Künstler zum Ge-
ständniss gebracht habe, dass er den Satyr und den
Eros am höchsten schätze, und fährt dann fort:
^liqvvTj I.ISV nvTtü tov Eqona aiQEaai' Jiovvaio
öe ev T(7j j'ortjü x(^ nXrjaiov ^ärvgög iart nalg xat
diöcoaiv Exniüiiia. Beziehen sich die letzten Worte
auf den vorher erwähnten Satyr des Praxiteles?
Friederichs (Praxiteles S. 13) hat diese Frage nach
dem Vorgang anderer bestimmt verneint, und zu
demselben Ergebniss ist Lugebil (Pliilologus XXXIII
1874 S. 67 ff.) gelangt, hat aber in seine weit-
schweifigen Erörterungen so kühne Vermuthungen
über deu ehemaligen Zusammenhang der Stelle ver-
webt, dass ihnen alle Ueberzeugungskraft verloren
gegangen ist. Etwas vor ihm hatte Stepbaui sich
mit der Stelle beschäftigt {Parerga archaeologica
XXVIII; Melanges greco-romains\l\ S. 363) uud die
Auffassung Friederichs' aufs schärfste bestritten, und
ihm hat sich Benndorf (Beiträge zur Kenntniss des
attischen Theaters VII; Zeitschrift für die öster-
reichischen Gymnasien XXVI 1875 S. 731) ange-
schlossen. Drei Gründe führt Stepbaui au. Zu-
nächst habe Pausanias wohl erzählt, wie Phryne
von Praxiteles das Geständniss erjjresst habe, dass
der Satyr und der Eros seine besten Werke seien,
und wie Phryne für sich den Eros gewählt habe,
aber man vermisse die Mittheiluug, was nun aus
dem Satyr geworden sei. Also müsse im Folgen-
den eben von diesem Satyr des Praxiteles die Rede
sein. Dieser Einwand hätte vielleicht Gewicht,
wenn die Anekdote für sich erzählt wäre, sie ist
aber als Beleg für den Werth des Satyrs ange-
führt und knüpft an diesen und seinen Aufbe-
wahrungsort an. Was aus dem Satyr geworden,
83
P. Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
84
weiss der aufmerksame Leser von vorn herein:
der steht in der Tripodenstrasse zu Athen. Mit
mehr Recht könnte man eine Notiz üljer den Ver-
bleib des Eros erwarten, aber nothweudig ist für
den Zusammenbang auch diese nicht. Einen zweiten
Beweis für seine Ansicht findet Stephani in dem
Sehhisssatz Wqvvrj /.tiv ovzio %6v Eqioto a'igeliaf
/tiovvaio ÖE . . ^äzDQÖg eotl naig- Denn hier sei
Phryne, die Besitzerin des Eros, in Gegensatz zu
einer anderen Person genannt, und diese könne
logischer Weise nur der Besitzer des Satyrs sein.
Pausanias ist leider nicht der Schriftsteller, für den
Gründe der Logik viel Gewicht hatten; ihm kam
es darauf an, seinen eigensinnigen, anspruchsvollen
und gekünstelten Stil glänzen zu lassen, und er
wird manche Notiz, die einem sachlich interessirten
Manne nothwendig erschienen wäre, weggeworfen
haben, weil sie sich seinem Periodenbau nicht fügen
wollte. Friederiehs hat (Praxiteles S. 13) gerade
darauf hingewiesen, wie sehr es Pausanias liebt,
vermittelst einer nichtssagenden Gegenüberstellung
mit fiiv und ös auf einen anderen Gegenstand über-
zugehen. Er hat eine Reihe von Beispielen ange-
führt, in denen der vordere Satz nur eine leere
Phrase ('So ging es zu') ist, und bei denen der
rein stilistische Zweck der Redewendung deshalb
besonders ofien liegt. Wenn Stephani aber be-
hauptet, diese Beispiele bewiesen nichts für unseren
Fall, in welchem der Vordersatz noch eine wirk-
liche, sachliche Bedeutung hat, so übersieht er, dass
ganz entsprechende Fälle bei Pausanias nicht selten
sind. Man vergleiche z. B. I 13,9. I 17,6 oder be-
sonders I 20,7 ^d-tjvai fiiv otitiog vno tov no).sf.iov
xaxiü&Eiaat zov ' Pw/naiiuv av^cg ^dgiavoü ßaai-
levovTog rjv&r^aav slai di ^itrjvaioig eIxoves ev
xüi ^ediqoj . . noir^Tiüv. Man wird also mindestens
darauf verzichten müssen, diese Satzverbindung
gegen die von Friederichs vertretene Meinung an-
zuführen. Einen dritten Umstand, welcher die
Identität der beiden Satyrstatuen beweisen soll,
findet Stephani darin, dass Pausanias bei Anführung
der beiden, mit dem letztgenannten Satyr zusammen
aufgestellten Statuen des Thymilos 'nicht die Nach-
riclit von diesem Beisammensein, sondern die Nen-
nung des Verfertigers als logisches Anknüpfungs-
mittel benutzt.' Dies sei nur möglich, wenn auch
der Künstler der Satyrstatue ausdrücklich bezeichnet
sei, und diese Bezeichnung sei nur vorhanden,
wenn dieser Satyr mit dem früher erwähnten des
Praxiteles identisch sei. Auch hier setzt Stephani
für Pausanias zu viel logische Folgerichtigkeit vor-
aus. Wenn wir I 8,4 lesen: T/]g öe tov Ji]/iinad-E-
vovg slxövog nlrjalnv 'AgEiog eotiv isqov, sv&a
aydkiiara ovo (.liv IdtfQodixrjg xslzai, xo ös zov
^QEiog ETtolrjasv Jtlxa/itEvrjg, zr^v ds ^itrjväv avfjQ
nÜQiog. oroi.ia Se avzi^ ^oxgng, so hat Pausanias
eine Verknüpfung der Gedanken angewandt, die
Stephani an unserer Stelle als 'vollkommen sinn-
los' abweist. Nach planer Logik dürften wir auch
hier etwa schreiben: ev{}a dydlf.iaza ovo /niv ^cpQo-
ölzfjg xelzat, LiQEwg öi fV, o EnoirjOEv AXxaj.iEvr)g,
xai Ä&riväg dyak/iia, sQyov ytöxQov — Pausanias
hat so nicht schreiben mögen. Wir dürfen also
zum mindesten dies behaupten, dass keiner der
vorgetragenen Gründe die Identität der beiden
Satyrstatuen beweist. Dass sie aber durchaus nicht
identisch sein können, geht aus einem Umstand
hervor, auf den mit aller Bestimmtheit hingewiesen
zu haben das Verdienst Benndorf's ist. Pausanias
erklärt die Dreifüsse, welche auf den Tempelchen
der Tripodenstrasse standen, für besonders inter-
essant der trefflichen Kunstwerke wegen, welche
sie umschlossen. Als Beleg führt er den Satyr des
Praxiteles an; also auf einem Tempelchen stand
dieser. Der au zweiter Stelle erwähnte Satyrknabe
aber befand sich in einem Tempel des Dionysos in
der Nähe der Tripodenstrasse. Denn in der Auf-
fassung dieser Worte scheint mir Stephani (S. 382.
389) durchaus das Richtige zu treffen, wenn er den
vaog 6 nXi]aiov als Tempel in der Nähe der Tri-
podenstrasse versteht, das Jiovvom ^dzvQog iazi
durch Vergleich ähnlicher Wendungen bei Pausanias
schützt, und von einer Weihung au Dionysos ver-
steht. Auch daran, dass die Statuen des Thymilos
mit dem jugendlichen Satyr keine Einheit bildeten
(S. 385), ist nicht zu zweifeln. Benndorf hält die
Identität der beiden Satyrstatuen für erwiesen; der
jetzige Zusammenhang der Stelle scheint ihm des-
halb unmöglich, da sonst derselbe Satyr auf einem
Tempelcheu der Tripodenstrasse und in einem
Tempel in deren Nähe gestanden hätte. Er löst
diese Schwierigkeit durch die Annahme einer
grösseren Lücke vor dem ISdzvQog ydg iaziv, in
welcher die berühmtesten Kunstwerke der Tripoden-
strasse aufgezählt gewesen wären; von diesen erst
sei Pausanias auf den Satyr des Praxiteles ge-
kommen, der in einem nahen Tempel stand. Dass
die Partikel ydg nach ^dtvgog dann gestrichen
werden muss, spricht ebensowenig gegen diese An-
nahme, als der Umstand, dass sie in einzelnen
Handscliriften wirklich fehlt, für dieselbe. Nöthig
ist die Annahme aber nur, wenn die Identität der
85
P. Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
86
beiden Satyrstatuen aufrecht erhalten wird, und dass
die von Stejihani vorgetragenen Gründe diese nicht
beweisen, haben wir gesehen. Es liegt also in der
That kein Grund für die Annahme einer Lücke
vor. Ja, ich meine, es spricht sogar Einiges direkt
gegen dieselbe. Tansanias will die Treö'liclikeit
der Kunstwerke unter den Dreifüssen beweisen.
Konnte es dafür einen besseren Beleg geben als
ein berUiimte.s Werk des Praxiteles, und gar ein
Werk, das der Meister selbst für sein vollkom-
menstes erklärt iiatte? Erst in diesem Zusammen-
hang gewinnt die Anekdote von der List der Phryne
ihre volle Bedeutung. Es wäre ein eigener Zu-
fall, der so gut Zusammenpassendes zusammen-
gebracht hätte. Ferner könnte Pausanias von der
Aufzählung der Kunstwerke in der Dreifussstrasse
doch nicht unmittelbar zu denen im Dionysostempel
übergegangen sein; es müsste also mindestens der
Dionysostempel und seine Lage zur Tripodenstrasse
berührt worden sein. Dann aber ist das av t(Z
vaui TW nXr^ainv am Schluss des Abschnittes völlig
unverständlich. Endlich wissen wir aus Athenaeus
(XIII S. 591 B), dass der Satyr den Beinamen o
eni Tginnöojv führte. Diese Bezeichnung wäre
durchaus nicht zutreffend, wenn derselbe sich in
einem Tempel nicht weit von der Tripodenstrasse
befunden hätte, er weist gerade auf die DreifUsse
als dessen Aufstellungsort hin. Wir werden also
den Praxitelisclien Sat^n- eni Tginndcov von dem
löiTVQng nalg durchaus getrennt halten, und es fällt
die urkundliclie Bestätigung, welche man für den
Praxitelischen Ursprung des einschenkenden Satyr-
knaben (Berliner Gipsabgüsse N. 1217) zu besitzen
glaubte, um so sicherer dahin, als der Satyr im
Dionysostempel ein Triukgefäss darbot (öi'doiaiv
exnwfia), der uns erhaltene, wie vor allem die
Berliner Replik lehrt, aus hoch erhobener Kanne
in ein Trinkliorn eingiesst. Daran, dass dieser
einschenkende Satyr auf Praxitelische Kunst zurück-
gehe, ist trotz des Mangels äusserer Bestätigung
nicht zu zweifeln; ob er ein Werk des Meisters
selbst sei, ist kaum zu entscheiden. Sicherer scheint
dies bei dem ausruhenden Satyr zu sein; vgl.
Brunn, Deutsche Bundschau VIII 1882 S. 200; Ber-
liner Gipsabgüsse 1216. Eine Beziehung auf litte-
rarisch bekannte Werke ist wohl nicht möglich.
Da der neqißnrjTog, als Theil einer Gruppe aus dem
Spiel bleiben muss, kann man nur den Satyr aus
der Tripodenstrasse und den aus Megara (Pau-
sanias I 43,5) heranziehen, aber ich sehe keine
Möglichkeit sicherer Entscheidung.
Den Eros des Praxiteles hat Phryne nach Thes-
piae geweiht; nur Strabon (IX S. 410) nennt statt
ihrer die Glykera. Sowohl Eustathios (zu Ilias B^
498; S. 2G6, 10) als der späte, schon lateinisch
schreibende Scholiast zu Lukian (Jaoobitz IV S. 162,
25) habeu aus Strabon geschöpft und kommen neben
ihm nicht in Betracht. Unzweifelhaft hat Phryne
wie die Ueberlieferung so die innere Wahrschein-
lichkeit für sich, da sie ja aus Thespiae gebürtig
war. Die Glykera Strabon's könnte wolil nur die
Geliebte des Harpalos sein, aber wir wissen weder
von einer Beziehung derselben zu Praxiteles noch
zu Thespiae. Vielleicht hat Strabon die Geliebte
des Pausias mit der des Praxiteles verwechselt. In
Thespiae blieb der Eros bis auf Caligula, ward
dann nach Rom versetzt, von Claudius zurückge-
geben, von Nero wieder entführt (Pausanias IX
27,3); zu Plinius' Zeit (N. H. 36,22) befand ersieh
in Oclamae schoiis und ging im Jahre 80 n. Ch.
durch Feuer zu Grunde (Cassius Dio 66, 24,2).
In Thespiae ersetzte ihn eine Kopie von Meno-
doros. Was es mit der Bemerkung Julian's (Rede II
S. 54C), dass eine Vergoldung der Flügel die Fein-
heit des Werkes geschädigt habe, auf sich hat, ist
schwer zu sagen. Stark (S. 165) vergleicht die
rohe Vergoldung, welche Nero einer Erzstatue des
Lysipp angedeihcn Hess (Plinius N. H. 34, 63), und
macht auch für die Schädigung des Eros Nero ver-
antwortlich. Aber jenes war eine Erzfigur, bei
welcher die Vergoldung eine müssige und sogar
störende Zutliat war, der Eros eine Marmorstatue,
die sicher der Bemalung von Anfang an uiclit ent-
behrte. Was also hier eine nachträgliche Vergol-
dung sollte, ist nicht recht einzusehen, und Julian,
der nur nach dem Hörensagen erzählt, wird irgend
ein Missverständniss begangen haben.
Unsere Kenntniss des zweiten Eros, des zu Pa-
rion an der Propontis befindlichen, beruht ganz auf
der kurzen Erwähnung bei Plinius N. H. 36, 22:
eiusdem (Praxitelis) est et Cupido obiecliis a Cice-
rone Verri, ille propter quem Thespiae visebantur,
nunc in Octaviae schoiis positus. Eiusdetn et alter
nudiis in Paria colonia Propontidis, par Veneri Cni-
diae nobilitate et iniuria: adamavit enim AIcelas
Rhodins atque in eo quoqne simile amoris vesligiiim
reliquit. Von dieser Stelle ist Stark in seinem be-
reits erwähnten Aufsatze über die Erosbildungen
des Praxiteles ausgegangen, um Genaueres über
die Eroten in Thespiae und in Parion zu ermitteln.
Er setzt auseinander, dass die Worte des Plinius
eiusdem et aller nudus bewiesen, dass der Eros in
6*
87
P. Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
88
Parion michis war, der andere in Thespiae nicht,
und findet eine berechnete Geg-eniiberstelluug zwi-
schen den beiden Aphroditen des Praxiteles in Kos
und Knidos und diesen Eroten. Die eine Statue
jeden Paares war bekleidet, die andere nackt, diese
letzteren in ähnlicher Weise frevelhaft beschädigt.
Und diese befinden sich in Knidos und Parion, den
blühenden Hafenstädten an der südlichen und nörd-
lichen Spitze der kleinasiatischen Westküste, während
die Aphrodite von Kos weniger Ruhm besass, der
Eros von Thespiae von seinem ursprünglichen Platz
entführt in Rom unter der Masse der Kunstwerke
eher verschwand, und bald durch Feuersbrunst ganz
unterging. • — Es hält schwer, sich bei Pliuius eine
so ausgetiftelte Anordnung vorzustellen, auch wenn
wir ihm die Ahnung und Verwendung des dem
Thespischen Eros drohenden Unterganges zuge-
stehen wollten. Wer sich die Arbeitsart des alten
Plinius vergegenwärtigt, wie sie uns sein Neffe
(3,5) so harmlos ausplaudert, der wird solche Fein-
heiten bei ihm nicht suchen, einer Zahl von weiteren
Schwierigkeiten zu geschweigen. Stark glaubt nun
aber das nudns, welches der eigentliche springende
Punkt der Gegenüberstellung war, beim Eros ganz
anders auffassen zu müssen, als bei der Aphrodite.
Es bedeutet ihm 'waffenlos', und da er nun den
Mangel aller Waffen als eigentliches Kennzeichen
des Eros von Parion erkannt zu haben meint, be-
zieht er weiter auch auf diesen das Epigramm des
Palladas CXVI207):
ri\uvng Egcog. /liu xovxo ysXä xal /.i£lXi)rög iariv
Ov yccQ £%£* tÖ^ov xal nvqöevTu ßsXrj.
OvSi /.ittztjv naXai-iaig xartxii deXq^ha xal avdog'
Tfj fiiv yciQ yalav, lij de Oäkaaociv i'yei.
Aber der Umstand, dass der eine Eros nudus, der
andere yvi.iv6g genannt wird, genügt doch wahr-
haftig nicht, die Identität zu beweisen; ja ob
das Epigramm eine Statue schildert, ob ein Re-
lief oder Gemälde ist nirgends angedeutet. Auf
ein Gemälde würden die Worte des Tzetzes (Chili-
aden V 11 V. 500 ff.) füiiren, wenn dieser überhaupt
mehr gekannt hätte als unser Epigramm (vgl. Förster
im Rhcinisclien Museum N. F. XXXVIII 1883 S.
427,1). Auch entspricht doch ein Eros mit Delphin
und Blüthe in den Händen, wie wir ihn nach Stark
annehmen mUssten, kaum der Vorstellung, die wir
von Praxiteles haben und haben dürfen. Trotz-
dem hat diese Annahme ihre Vertreter gefunden,
und noch ganz kürzlich hat Overbeck (Plastik^ II
S. 34) ihr ohne Rückhalt zugestimmt. Doch ehe
wir zu den Tliatsaciien übergehen, welciie ihre Un-
haltbarkeit beweisen, müssen wir kurz noch den
Versuch Stark's berüliren, den Thespischen Eros
wieder herzustellen, einen Versuch, den wir oben
übergehen mussten, weil er in zu naher Beziehung
zu der Annahme Stark's vom Eros in Parion steht.
Waffenlos sollte der Eros von Parion sein ; nicht
nudus, also nicht ohne Gewand und Waffen der
von Thespiae. Und in welcher Handlung er dar-
gestellt sei, glaubte Stark aus einem Epigramm zu
erkennen, das mit unwesentlichen Abweichungen
beim Planudes (Anthologie XVI 204) und Athenaeus
(XIII S. 591 A) steht, an erster Stelle unter dem
.Namen des Simonides, an letzterer unter dem des
Praxiteles. Dass es keinem von beiden gehört, ist
klar; vgl. Stark S. 1G4. Benndorf, De anihologiae
graecae epigraminatis quae ad arles spectant S. 25.
Bergk, Poetae lyrici graeci* II S. 323. Es handelt
sich vor allem um die Worte, welche das Epigramm
dem Eros selbst in den Mund legt cfiXtqa de ßälXco
Ov-xei' oi'avsvwv ulX! aitviL.nj.ievng. 'Also der Gott
schiesst nicht mehr mit seinen Geschossen, er hat
es aber gethan, die Waffe wird daher bei ihm vor-
ausgesetzt, aber ihr Gebrauch als ein vollendeter
bezeichnet, die Hauptmacht liegt nun in dem inten-
siven, auf einen Punkt gerichteten, Liebeszauber
erregenden Blick . . . Wir haben dalier uns bei dem
Thespischen Eros Bogen und Pfeil oder Pfeil allein
gesteckt noch in der einen Hand gehalten, und das
Uebrige in der Abrüstung begriffen, etwa den Köcher
bereits mit Chlamys zur Seite auf einen Steiu oder
Stamm niedergelegt zu denken, den noch die Hand
berührte.' Diese Erörterung von Stark scheint mir
auf einer allerdings verbreiteten, aber irrigen Auf-
fassung des Epigramms zu beruhen. Nicht die
Handlung, welche dem in der Statue dargestellten
Augenblicke vorausging, wird geschildert, sondern
die Zeit vor Entstehung des PraxiteJischeu Kunst-
werkes und das Gebahren des Liebesgottes vor Er-
schaffung seines schönsten Bildes in witzigen Gegen-
satz zur Folgezeit gesetzt. Früher bedurfte Eros
der Pfeile um Liebe zu erwecken, jetzt, wo ihn
Praxiteles so wunderbar geschildert, braucht er
sich nur noch anschauen zu lassen. Denn das
aTEvitni.iEvog ist kein Medium, wie man fast all-
gemein annimmt — unsere Stelle wäre, so viel ich
sehe, der einzige Beleg für diesen Gebrauch —
sondern Passivum, wie wenigstens Grotius richtig
übersetzte inde sagiUis nil opus est: mdear si modo,
sat ferio. Also auch hieraus ist kein Schluss auf
die Darstellung des Eros zu ziehen, und wir be-
hielten nur die aus Plinius gewonnene Vorstellung,
89
P. Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
90
ilass der Eros von Tliespiae nicht nndus gewesen
sei, übrig', wenn sich die scliou vorhin aus all-
üemcinen Gründen angezweifelte Gegenüberstellung
nicht siclier als irrig erweisen Hesse, so dass wir
zunächst übej- die Thespische Statue und ilir Aus-
sehen ganz ohne Kenntniss bleiben.
In den Berliner Blättern für j\Iünzkunde V
1870 Tafel 5r),3 S. 1(1,14 batliaucli eine Münze des
Antouinus I'ius aus Parion abgebildet, die sicii jetzt
im Berliner Münzkabinet befindet. Er vermuthete,
dass der auf der Rückseite dargestellte Eros Nach-
ahmung eines Bildwerkes in Parion sei, und Bursian
hat in dem Jenaischen Programm von 1873 De
Praxilelis Cupiditie Pariano mit unzweifelhaftem
Rechte eben den Praxitelischen Eros als Vorbild in
Anspruch genommen. Leider war die Abbildung,
welche Rauch gab, sehr unvollkommen, ja irre-
führend: sie zeigt Eros vor einem Altar, der Blick
ist nach oben gericlitet, die Rechte ist gesenkt, die
Linke ist erhoben und zieht ein Gewand über die
Schulter. Bursian hat es versäumt, dem Typus
unter den sonstigen Münzen von Parion nachzu-
gehen; seine Vermuthung kann aber nur dann auf
Sicherheit Anspruch machen, wenn die Darstellung
übereinstimmend mehrfach vorkommt. Schon Rig-
gauer (Sallet's Zeitschrift für Numismatik VIII 1881
S. 84) wies daraufhin und führte eine Zahl anderer
Münzen von Parion mit dem Eros an, glaubte aber
zwei verschiedene Typen unterscheiden zu müssen,
einen mit der Rauch'schen Münze übereinstimmen-
den, einen in welchem Eros die Linke in die Seite
stemmt. Dieselbe Scheidung nimmt Gardner vor,
der im Journal of hellenic sliidies IV S. 270 die
meisten dieser Münzen bespriciit und abbildet. Trotz
dieser Verschiedenheit, deren Ursache zu erklären
er nicht versucht, iiält er daran fest, dass der
Praxiteliscbe Eros das Vorbild der Münzen sei.
Aber wenn wir auf den Münzen zwei verschiedene
Typen besässen, würde uns durchaus jedes Mittel
zu der Entscheidung fehlen, welcher derselben denn
nun das Praxiteliscbe Werk wiedergäbe, ja ob
überhaupt einer dies beabsichtige. Wir haben aber
in der That nur einen Typus anzuerkennen. Eine
Untersuchung der Rauch'schen Münze hat mich
überzeugt, dass dieselbe gewaltsam gereinigt, und
ihr Gepräge dabei entstellt worden ist, und die
frühere Abbildung i.st den verunstalteten Formen
noch durch willkürliche Aenderungen in ihrer Weise
zu Hülfe gekommen, so dass jenes ganze trüge-
rische Bild entstand. Die nachstehende Abbildung 1
giebt das in der That noch Erkennbare treu wieder.
Der linke Unterarm, der in die Hüfte gestemmt
war, ist vom Ellenbogen an weggeschabt. Der
Zeichner Rauch's hielt dann den oberen Rand des
linken Flügels für diesen fehlenden Unterarm und
Hess, beim Versuch sicli das Erhaltene klar zu
machen, ganz willkürlich die erhobene Linke das
Gewand fassen. Auch der aufwärts gerichtete Blick
des Eros ist reine Erfindung des Zeichners, der
auch die Herme neben Eros zu einem flammenden
Altar umgestaltete. Es ist danach klar, dass der
Versuch Furtwängler's (Athenische Mittheilungen
V S. 38,2), den Praxitelischen Eros als Umgestal-
tung des uns in dem Petersburger Eros (Berliner
Gipsabgüsse N. 217) erhaltenen alterthümlichen
Typus aufzufassen, als auf thatsächlich unrichtiger
Grundlage beruhend misslingen musste.
Der nie versagenden Güte Imhoof-Blunier's ver-
danke ich die Abdrücke der hierher gehörigen
Münzen. Die Berliner Exemplare konnte ich im
Original untersuchen, auch liegen Abdrücke von
diesen vor mir. Nur bei einem Exemplar, einer
noch zweimal und besser erhaltenen Münze — es
ist die unter 4 aufgeführte — , bin ich auf Ab-
bildungen angewiesen. Es kommen überhaupt
folgende Münzen in Betracht:
1. Antouinus Pins, frUiier in der Sammlung
Rauch, jetzt in Berlin. Abgebildet: Berliner Blätter
für Münzkunde V 1870 Taf. 5.Ö, 3; danach bei Bur-
sian, De Praxilelis Cupidine Pariano^ phototypisch
bei Gardner N. 1. Letztere Abbildung gestattet kein
Urteil über den wirkliclien Zustand des Originals;
unser Holzschnitt 1 wird diesem Zwecke besser
dienen. Die Umschrift lautet: DEO CVPIDINI
C0\-Oitia CEAAiwa IVLia H/\Oriaua PArium.
2. Antouinus Pins in der Sammlung Imhoof-
Blumer's. Als Umschrift die Anfangsbuchstaben
des Namens der Colonie CCIHP. Abgebildet;
Gardner N. 2. Riggauer Taf. 1, 13. Vgl. Im-
hoof-Blumer, Motinaies grecques S. 25G.
3. Dieselbe Münze in München, schlechteres
Exemplar; vgl. Riggauer S. 85.
4. Dieselbe Münze in Paris, früher Wiczay.
Abgebildet: Gardner N. 3. Ungenau beschrieben
91
P. "Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
92
von Mionnet, Sripplemcnt V S. 399, 732; vgl.
Riggauer S. 84.
5. Conimodus in Kopenbagen-, abgebildet bei
Gardner N. 4 und in unserem Holzschnitt 2. Vgl.
Imlioof-Blumer, Monnaies grecques S. 25G, 139. Die
Umschrift wie bei 1.
6. Severus Alexander in Berlin. Abgebildet
bei Gardner N. 5, in unserem Holzschnitt 3. Die
Umschrift lautet DEO CVPIDINI Colonia Qemina
\ulia /Kdriana PARi«w.
7. Dieselbe Münze, ebenfalls in Berlin, früher
in der Sammlung von Knobelsdorff. Abgebildet Se-
stini, Lcltere VI Taf. 2, 10.
8. OtaciliaSevera in München; vgl. Mionnet II
S. 583, 454. Riggauer S. 85. Imhoof- Blumer, Mon-
naies grecques S. 256, 141. Abgebildet bei Garduer
N. 6, wo nur irrig als Aufbewahrungsort Mai-
land angegeben wird. Umschrift: DEO CVPIDINI
CCIHP.
9. Philippus junior aus der Sammlung Cou-
sinery, in Paris. Abgebildet Gardner K. 7; vgl.
Mionnet, Supplement V S. 406, 774. Riggauer
S. 84. Imhoof-Blumer , Monnaies grecques S. 256,
140. Umschrift DEO CVPIDINI CCIHPA-
Der Eros aller dieser Münzen stimmt genau
überein, nur die unter 2—4 beschriebene zeigt
eine kleine Abweichung. Die beiden Exemplare in
München und Paris sind sehr schlecht erhalten, ich
benutze deshalb vornehmlich das Imhoof sehe. Dass
dieselbe Erosgestalt abgebildet ist, ergiebt sich mit
Sicherheit aus der Herme links, die auch hier nicht
fehlt, und die bei einer etwa frei erfundeneu Figur
unerklärlich bliebe. Die ganze Haltung ist die-
selbe, wie bei den anderen Münzen, nur ist die
Gestalt mehr von ihrer rechten Seite her aufge-
nommen. Die Stellung wird dadurch etwas steifer,
und besonders der rechte Arm und das rechte Bein
gestreckter. Eine Veränderung, die sich nicht aus
der veränderten Aufnahme erklärt, ist nur mit dem
linken Arm geschehen. Riggauer (S. 84) und
Gardner (S. 271) irren, wenn sie denselben er-
hol)en sein lassen, er muss vielmehr gesenkt sein.
Wie das Gewand angeordnet ist, lässt sich nicht
deutlich erkennen; unklar ist auch die Bedeutung
eines oben gekrümmten und in zwei kleine Spitzen
auslaufenden, stabartigen Gerätes, welches nach
Imhoof's Ansicht Eros in der Rechten hält. Was
die Veranlassung gewesen sein mag, dem bekann-
ten Bild des Eros auf dieser einen Münze noch
dies besondere Attribut in die Hand zu geben, wird
sich kaum ermitteln lassen; dass dies der Sach-
verhalt ist, und nicht etwa diese eine Münze des
Antoninus Pins das treuere Abbild des Praxiteli-
schen Eros, die anderen nur ein durch willkür-
liches Weglassen eines Attributes entstelltes bieten,
liegt auf der Hand. Gegen den einen (in drei
Exemplaren erhaltenen^ Stempel stehen fünf ver-
schiedene, unter verschiedenen Kaisern gefertigte,
ganz übereinstimmende. Und es ist kein Grund
zu ersinnen, der zur Tilgung eines Attributes immer
wieder in gleicher Weise gewirkt haben könnte,
von Antoninus Pius bis auf Philippus, während
sich der Anlass zur Hiuzufügung eines solchen eher
denken lässt. Wir werden also diese eine, übrigens
au Grösse wie Arbeit ziemlich tief stehende Münze
bei der Herstellung des Praxitelischen Eros ganz
bei Seite lassen, und uns vor allem an die oben
abgebildeten halten. Denn auch die Münzeu der
Otacilia und des Philippus sind, wenn auch sach-
lich durchaus zuverlässig, doch von sehr roher und
plumper Ausführung. W^ir haben uns also deu
Eros von Parion in einer Haltung vorzustellen, die
lebhaft an den Hermes des Praxiteles gemahnt ; die
zarte, weiche Biegung des Körpers, die wir an seinen
Werken bewuudern, lässt sich am ehesten noch aus
dem Kopenhagener Exemplar ahnen. Die linke
Hand war in die Hüfte gestemmt, ganz ähnlich wie
beim ausruhenden Satyr oder deu von Praxiteles
so offenbar abhängigen Hermesgestalteu (Berliner
GipsbgOsse N. 1218—1220). Das Gewand scheint
nur über dem linken Unterarm gelegen zu haben;
auch hierin lässt sich der Hermes von Olympia
vergleichen. In der Rechten hat Imhoof-Blumer
beim Kopenhagener Exemplar einen Pfeil erkannt.
So ansprechend diese Vorstellung ist, müssen wir sie
doch als ungewiss hinstellen, da die anderen Münzen
uns hier entweder im Stich lassen, oder — und
dies sind allerdings die rohen Exemplare der
Otacilia und des Philippus — sicher keinen Pfeil
zeigen. Grosse, stattliche Fittige würden wir auch
ohne Gewähr der Münzen für einen Eros des
Praxiteles anzunehmen geneigt sein. Der Kopf war
natürlich nicht so stark ins Profil gestellt, wie ihn
die Münzen zeigen — schon ein Vergleich der
Münzen mit der Knidischen Aphrodite lehrt das — ,
aber offenbar war er etwas nach seiner linken
Seite gewendet. Ueber die Tracht des Haares
lehren die besseren Exemplare nur, dass es auf
dem Wirbel hinten zu einem Knoten zusammenge-
nommen war. Endlich besitzen wir in der kleinen
Herme zur Rechten des Eros einen nicht un-
interessanten Beitrag zur Kenntniss der technischen
93
P. Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
94
Gewohnheit tles Praxiteles. Wenn Riggauer (S. 85)
diese Herme für ein primitives Bild des Eros
lialten wollte, das nur der Stenipelschneider neben
die Statue gesetzt hätte, so konnte diese Annahme
schon an sich keinen iiohen Anspruch auf Wahr-
scheinlichkeit machen. Gardner (S. 270, 1) hat
unter Vergleicliung' einer kleinen Münze des An-
toninus Pius, auf welcher nur diese Herme erscheint,
behauptet, dass die Herme bärtig gewesen sei, und
man wird sich diesem Schluss kaum entziehen
können. Dann aber war, wie er mit Kecht sagt,
dieselbe sicher kein Bild des Eros. Dass die
Herme integrirender Bestandteil des Praxitelischen
Werkes war, ist nicht wohl zu bezweifeln. Praxiteles
hielt auch hier eine äusserliche Stütze bei der
Statue für nölitig, aber er suchte sie in die Com-
position hinein zu ziehen, ganz ebenso wie er dies
beim Hermes, der Aphrodite, dem Sauroktouos, dem
ausrulienden Satyr gethan hat. Hier gab er ihr
wenigstens die Gestalt eines dem Eros verwandten
Dämon. Wenn wir den Namen des in jener
Gegend verehrten Priapos nennen, so soll damit
nur der Kreis bezeichnet sein, innerhalb dessen er
gesucht werden darf.
Gar nichts Genaueres wissen wir von einer
dritten Erosstatue, die Heius in Messana besass
und Verres raubte; vgl. Stark S. 166. Die Aus-
drucksweise des Cicero empfiehlt die Annahme,
dass es sich nur um eine Copie des Thespisclien
Eros handele; ob diese aus Praxiteles' eigener
Hand hervorgegangen war, wird man wol be-
zweifeln dürfen.
Für die vierte Statue sind wir ganz auf die
Beschreibung angewiesen, welche Kallistratos in
seiner dritten Ekphrasis giebt, und befinden uns in
Folge dessen auf äusserst schwankendem Boden.
Es ist schwer zu sagen, wieviel Wahrheit in dem
Phrasengeklingel des Kallistratos enthalten sei.
Audi in dem gunstigsten Falle, dem, dass er uns
keine Hirngespinnste vorzutragen beabsichtigt, kann
er nicht für einen gut unterrichteten Gewährsmann
gelten. Scharf aber richtig sagt Winckelmann in
der Vorrede zur Geschichte der Kunst von ihm:
'dieser magere Sophist hätte noch zehenmal so viel
Statuen beschreiben können, ohne jemals eine
einzige gesehen zu haben', und auch Welcker in
seiner kurzen Besprechung des Kallistratos (in
Jacobs' Ausgabe des Philostrat S. LXXl) glaubt
nicht, dass dieser alle von ihm beschriebenen
Werke aus eigener Anschauung kenne. In der
That, wer wird es sicii einreden lassen, dass Kalli-
stratos, nur um vierzehn rhetorische Prunkstücklein
zu verfassen, Aegypten, Aethiopieu, Makedonien
und Skythien ebenso wie den Helikon und Sikyon
])esuclit habe, mag er selbst auch fortwährend den
Schein des Augenzeugen erheucheln? Doch das
würde seinen Werth für die Kunstgescliichte nicht
])eeinträchtigen, wenn er nur gute Quellen sorg-
fältig benutzt hätte. Diese Annahme ist aber bei
einem Schriftsteller, dessen ganzes Interesse auf der
formalen Seite liegt, wenig wahrscheinlich. Trotz-
dem könnte man auf den ersten Blick glauben,
Kallistratos besässc sehr genaue Kenntuiss. Er
giebt fast immer an, ob die Statue aus Erz oder
Marmor besteht, und weiss von der Art der Auf-
stellung im Einzelnen zu berichten. Aber das ist
Schein. Ein bestimmtes Material nennt der Rhetor
nur um seines bis zum Ueberdruss wiederholten
Gedankens willen, dass der todte Stoff durch die
Kunst zu scheinbarem Leben gelangt sei, dass Erz
oder Marmor blühendes Fleisch geworden sei, oder
Locken, in denen der Zephyr spielt. Und die ge-
nauen Schilderungen von der Oertlichkeit, wo ein
Werk steht, haben auch nur den Zweck, den poeti-
schen Reiz der Darstellung zu heben. Gleich die
erste Ekphrasis zeigt, wie w'enig es Kallistratos
darauf ankam, überhaupt Wahrscheinliches zu er-
finden: der Satyr steht in den Katakomben beim
ägyptischen Theben. Der geheimnissvolle Zauber,
den die Nennung eines solchen Ortes auf die Leser
hervorbringen sollte, ist das einzige Ziel dieser an
sich so unwahrscheinlichen Erfindung. Und noch
manches andere ist ohne Zweifel rein poetische
Aussciimückung. Die Wangen der beschriebenen
Gestalten sind blühend roth, die Augen leuchten,
das Haar des Inders ist an der Wurzel dunkel,
an der Spitze röthlich, obwol die Statue aus
schwarzem Stein bestehen soll, das Haar des Eros
fühlt sich sogar weich an, der Körper des Narkissos
scheint durch's Gewand, und bei der Medea sieht
man abwechselnd bald die Wut in dem Blicke, bald
die Trauer. Das ist offenbar alles auf die
Phantasie der Leser berechnet; Wirkliches liegt
nicht zu Grunde. Ein Theil der von Kallistratos
beschriebenen Statuen hat in der That existirt:
die Mänade des Skopas, der Kairos des Lysipp,
der Orpheus auf dem Helikon, der Memnon. aucii
wohl der Satyr; denn abgesehen von dem unpassen-
den Zusatz des Pan mit der Echo kann man die
Kallistratische Beschreibung von dem Borghesischen
Satyr (Berliner Gipsabgüsse N. 1427) verstehen.
Für die Jledea lässt sich wenigstens das Epigramm
95
P. Wolters. Die Eroten des Praxiteles.
96
der Antliologie XVI 142 anführen. Nach Abzug
der eben charakterisirten Phrasen könnte man also
hoffen, hier thatsächliche Nachrichten zu finden.
Aber auch ohne Vergleich des Pausanias IX 30, 4
würden wir z. B. beim Orpheus die Flüsse, welche
aus den Quellen zu dem Gesänge hin strömen und
die Meereswoge, die sich aus Liebe zur Musik er-
hebt, für eitel Phantasie des Rhetors halten. Eine
vollständige Erfindung ist der Memnon. Er gilt
dem Kallistratos für eine besonders wunderbare
Leistung der Kunst; denn die Klagen die er er-
tönen lässt, die Thränen, deren er nicht entbehrt,
haben die kunstfertigen Aethiopen ihm verliehen,
und so die beweglichen Statuen des Daidalos bei
weitem Ubertroffen. Es zeigt sich also hier eine
völlige Unkenntniss der wirklichen Verhältnisse
und eine willkürliche Ausmalung einer missver-
standenen Nachricht. Dass beim Satyr die Hin-
zufUgung des Pan Willkür sei, ist sciion bemerkt;
dass die Kugel, auf welcher Kallistratos den Kairos
stehen lässt, nicht zu der Beschreibung des Posei-
dippos (Anthologie XVI 275) stimmt, bat Benndorf
(Arch. Ztg. 1863 S. 85) mit Recht behauptet. Aber
wir brauchen nicht anzunehmen, dem Rhetor habe
eine spätere Umgestaltung des Lysippisclien Werkes
vorgeschwebt: er selbst beansprucht ja, das be-
kannte Werk des Lysipp zu beschreiben. Die
Kugel wird also ebenso gut der Phantasie des
Kallistratos und nur dieser entstammen, wie alle
die blühenden Wangen und flatternden Haare. Die
Kenntniss des Tiiatsächlichen in allen Beschrei-
bungen ist so gering, dass ein Epigramm gewöhn-
lichsten Schlages als einzige Quelle genügen würde.
Wie ähnlich Auflassung und Ausdruck der Epi-
gramme sei, liegt auf der Hand ; schon Welcker
dachte an sie gerade als Quelle, und Benndorf
(Arch. Ztg. 1863 S. 84) hat von neuem auf die
Verwandtschaft hingewiesen. Vielleicht ist es also
kein Zufall, dass der Kairos und die Mänade zu
den in Epigrammen gefeierten W^erken gehören, und
dass in den Gedichtchen auf die Medea des Timo-
machos (XVI 135. 136. 138—140) ebenso wie beim
Kallistratos die Mischung von Zorn und Mitleid
hervorgehoben wird, und man bei dem einen dieser
Epigramme (XVI 143) nicht weiss, ob es von einem
Gemälde oder einer Statue handelt. Dass sich zu
jeder Ekphrasis nun ein entsprechendes Epigramm
aufweisen lasse, wird Niemand verlangen, ebenso
wenig wie wir behaupten wollen, Kallistratos habe
immer aus diesen geschöpft. Der Asklcpios ist so
allgemeines Gerede, dass auch nicht der geringste
Anlass ist, eine besondere Anregung dafür zu
suchen, und um den Kentauren zu schreiben be-
durfte es auch nur der Kenntniss, dass es solche
Wesen gebe. Die albernen Verse der Anthologie
XVI 115 und 116 dürfte man mit demselben
Recht auf ein statuarisches Werk zurückführen wie
diese Ekphrasis.
Solche Betrachtungen müssen für die Benutzung
des Kallistratos zu kunstbistorischeu Zwecken die
Norm abgeben. Je mehr er sich zu poetischer
Schilderung des Eindruckes erhebt, welchen die
Kunstwerke machen, desto unbrauchbarer wird er
für uns. Seine gespreizten Phrasen zur Charakte-
ristik eines Künstlers zu verwenden, kann nur irre
führen. Sogar in der Angabe über Thatsächliches
verdient er nicht unbedingten Glauben: wir dürfen
uns also nur auf ihn verlassen, wo wir die Wahr-
lieit seiner Aussagen anderweitig zu prüfen ver-
mögen. Wir werden uns ernstlich zu fragen haben,
ob nicht am Ende der trunkene Inder ebenso gut
rein aus der Phantasie des Kallistratos stammen
könne, wie der Asklepios oder der Kentaur. Und
dieselbe Frage wird sich für jedes Werk mit dem-
selben Recht wiederholen, auch für die einem be-
stimmten Künstler zugetheilten. Denn wer eine
ganze Statue erfand, konnte leicht einen Künstler
dazu erfinden, zumal wenn er sich ganz auf den
sprichwörtlichen Praxiteles beschränkte. Nur Skopas
und Lysipp als Meister der Mänade und des
Kairos kommen bei Kallistratos vor, sonst Niemand
als der einzige Praxiteles. Gerade bei dem Eros
lag es zu nahe, Praxiteles als Künstler zu nennen ;
wir haben hier also doppelt das Recht, misstrauisch
zu sein.
Nun hat Stark (Leipziger Berichte 1866 S. 167)
einen Erostorso in Dresden mit dem von Kalli-
stratos geschilderten Werke identificirt, und hierin
ist ihm sowol Overbeck (Plastik' II S. 35) gefolgt,
als auch Michaelis (Arch. Ztg. 1879 S. 175), der
zugleich einige andere von Stark als gleichartig
herangezogene Statuen abgesondert hat. Ueber
die Haltung des Eros hat der Rhetor nur wenige
Zeilen: 'i'öqvto di ett,- /^lav zt)v xoQixprjv xov de^inv
inixai-imcuv xagTiov, zij da etfQCi juerscogiCcov zo
tö^ov xai t)]v trjg (iäastog laoggoniav anixlivcop
ani tä laia, zrjv yag t?}c UQiazsQäs ?.aynvos ax-
azaoiv avlazi] n.Qog svfiaQnzr^za xov %ahxov zn
azäyavov exxläaac:. Denn die vorhergehenden
Worte als /"«'' yoQ aSgav azaaifiov 'iöqvzo, rjnaza
de d<s xal zijg (.tazaioQov xvQiaviuv cfogäg beschreiben
noch nicht das Motiv der Statue; sie sind nur eine
97
P. Wolters, Die Eroten des Praxiteles.
98
der vielen Wendungen fUr den tausendfach wieder-
holteu Gedanken, dass die Statue zu leben schien.
Ebenso heisst es vom Kairos, der doch mit beiden
Füssen auf der Kugel stehen soll: eotwc: ös oy^i^g
i^ovai'ai' t%eiv söeixvvvn aal anv znv ocp&a^^tov rjnäia,
<hg xal r/;g £ig 10 nQoaio xv(}ievii>v q^nfjög. xai na^d
tov dr]int.ovQYOV laßcov xal tijv at^inv Xrj^iv lif.ivsi.v,
sl ßnvlniTo, znlg nxf.Qv^i, oder vom Diadunienos:
äxlvrjTog öi äv nving n scfrjßog tdo^Ev av aoi
xivr/aswg (XEiiyiELv xai eig yoQslav EvTgeniCeoä-ai.
Davon also, dass ein beginnender Flug in die
Lüfte dargestellt gewesen sei, ist nicht die Rede.
Es ist schwer, die verschnörkelten Sätze des Rhetors
in klares Deutsch zu fassen, doch kann es kaum
etwas anderes heissen als dies: Er stand, indem er
die rechte Handwurzel zum Scheitel hin umbog,
mit der andern Hand den Bogen in die Höhe hob
und das Gleichgewicht des Standes (d. h. den
Schwerpunkt) nach links hin legte; denn er Hess
die Erhebung der linken Weiche hervortreten, in-
dem er die Hülle des Erzes gefällig ausbog. Ich
habe dabei nong Ev^iagort^za = EVfiaQiug gefasst und
tnü yalxnv von zo oziyavov abhängen lassen. In
txoiaaiv ctviozTj ist das Hervortreten eigentlich
doppelt ausgedrückt; die üebersetzung kann das
geschickt kaum wiedergeben. Offenbar trat die
linke Seite der Gestalt aus dem völligen Gleich-
gewicht heraus; die linke Hüfte war etwas heraus-
gebogen. Denn von dem Betrachtenden kann hier
das links nicht verstanden werden. Bei dem
Dresdener Torso tritt aber gerade die rechte Hüfte
hervor. Damit hört jede Sicherheit der Beziehung
auf, und wir sind wieder auf Kallistratos allein
angewiesen. Ein klares Motiv liegt seiner Statue
nicht zu Grunde; was liei einer bequemen Stellung
mit leicht hervortretender Hüfte der hoch erhobene
Bogen, und bei so lebhafter Handlung die doch
wohl ruhend auf's Haupt gelegte rechte Hand be-
deuten soll, ist kaum zu sagen. Ich neige also
zu der Ansiclit, dass Kallistratos diesen Eros des
Praxiteles entweder ganz erfunden oder auf eine
kümmerliche Kenntniss hin ausgeschmückt hat:
sicher müssen wir ihn als äusserst mangelhaft be-
glaubigt vorläufig durchaus bei Seite lassen.
Es bleiben uns endlich noch zwei Epigramme
des Meleager zu betrachten übrig, die sich jetzt in
der Anthologie XII 56. 57 unter den Gedichten
des Straton finden. Sie mit Brunn von dem Thespi-
schen Eros zu verstehen, ist kein Grund vorhanden,
ja nicht einmal von irgend einer einzelnen, nur
uns nicht mehr genau bestimmbaren Statue, wie
Overbeck will, ist hier die Rede. Meleager spielt
mit der Thatsache, dass Praxiteles der sprichwört-
liche Bildner des Eros ist, und lässt nuu im
ersten Epigramm den gleichnamigen schönen Knaben
von Eros selbst nach seinem Bilde erschaffen sein,
im andern den Knaben Praxiteles gleich dem Bild-
hauer einen Eros hervorbringen, allerdings nicht
im Marmor, sondern in der Menschen Herzen. Der
thatsächliche Hintergrund beider Epigramme ist der
Ruhm, den die Eroten des Praxiteles genossen,
sonst nichts.
Wir müssen nach alledem gestehen, dass unsere
Kenntniss von den Erosbilduugen des Praxiteles
noch eine sehr dürftige ist. Am ersten könnte man
hoffen, Nachbildungen des Eros von Parion zu ent-
decken. Gardner glaubt auch in der That eine
solche in einer Terracottastatuette erkannt zu
haben, deren Veröffentlichung und Besprechung
ihm Anlass wurde, die oben angeführte Zusammen-
stellung der Jlünzeu von Parion zu machen; in
Einzelheiten sei dieselbe allerdings nicht treu. Aber
so viel Praxitelisches wir auch in jeuer Statuette
spüren oder aufspüren mögen, der Umstand, dass
Eros hier die Linke erhebt, statt sie in die Seite
zu stemmen, zeigt, dass sie vielleicht mittelbar von
Praxitelischer Kunst, aber nicht von dem bestimm-
ten Werke abhängen kann.
Eine Kritik der sonst beliebten Rückführungen
zu geben, ist ebenso unmöglich wie unnöthig; es
ist ja kaum eine wirkliche oder vermeintliche
Erosdarstellung nicht in Verbindung mit dem
Namen des Praxiteles gesetzt worden. Nur von
einer sei schliesslich ein Wort gesagt, nicht weil
sie besser begründet wäre wie andere, sondern
weil sie bekannter geworden ist und lange unbe-
dingten Glauben gefunden hat. Der Eros von
Centocelle ist weit entfernt, Praxitelischer Kunst
überhaupt nahe zu stehen. Er gehört erst der
römischen, vermuthlich der Hadrianischen Zeit an.
Die richtige Ergänzung, welche über seine Be-
deutung als Todesgenius mit der gesenkten Fackel
keinen Zweifel lässt, hat Friederichs nachgewiesen;
vgl. seine Bausteine N. 448. Berliner Gipsabgüsse
N. 1578. Damit ist aber jeder Zusammenhang
mit Praxiteles unmöglich geworden, auch wenn
man den süsslichen Charakter des Werkes nicht
als Gegengrund gelten lassen wollte.
Bonn, im Mai 1885.
Paul Wolters.
Archäolog. Ztg. Jahrgang XLIU.
99
100
DIE GOTTERYERSAMMLUNG
AM OSTFRIES DES PARTHENON.
Kann eigentlich der „Poseidon" des Ostfrieses
Poseidon sein? Ob sich ein Fachgenosse diese
Frage schon in so entschiedener Fassung gestellt
hat, weiss ich nicht; auf den Lippen war sie wohl
schon Manchem. Denn ein leichtes Befremden über
gewisse Eigenthümlichkeiten, welche der uns ge-
läufigen Vorstellung von Poseidons Eigenart zu
widerstreben scheinen, geht durch die Parthenou-
literatur hindurch und zeigt sich in den verschieden-
artigen Versuchen, jene Eigentbümlichkeifen zu er-
klären.
Die vorzügliche Erhaltung der Platte erlaubt
uns noch ein sicheres Urtheil über die einzelnen
künstlerischen Mittel, durch welche Pheidias be-
müht war, dem Beschauer die Gestalt kenntlich zu
machen. Schon durch die Gesammthaltung allein
hat bei allen anderen Göttergestalten Pheidias es
meisterlich verstanden, das Wesen jeder einzelnen
klar zum Ausdruck zu bringen: sollte allein bei
dieser Gestalt die Gesammthaltung wenig bezeich-
nend sein? Leider zugeben müssten wir das unter
der Voraussetzung, dass Poseidon thatsächlieh ge-
meint sei. Wo immer die Kunst des sechsten und
fünften Jahrhunderts Gelegenheit hatte, Poseidon
darzustellen, suchte sie in ihm den kraftvollen
Bruder des höchsten Himmelsgottes vorzuführen,
jenem nahezu gleichberechtigt und unumschränkter
Herrscher in seinem Gebiet. Vieles neuerte Phei-
dias — es bedarf ja nur eines Blickes auf die be-
nachbarten Gestalten des Dionysos und der Athena
— , aber den Grundzug des
gewaltigen
Erder-
schütterers derartig zu verändern, dazu fehlte ihm
die Berechtigung. Gerade den Poseidon fasste die
spätere Kunst mit nichten weniger machtvoll auf,
als die früiiere; eher lässt sich im vierten Jahr-
hundert noch eine Steigerung walirnehmen, wofern
eine solche möglich war gegenüber der gewaltigen
Kampfgestalt, wie sie im Westgiebel desselben
Parthenon Pheidias geschaffen hatte. Die meisten
Beurtheiler haben diese für Poseidon etwas matte
Ruhe als auffällig empfunden und gesucht, dieselbe
sehr verschiedenartig — ein Beweis, dass eine
richtige Erklärung keineswegs nahe liegt — zu
deuten: ging man doch sogar soweit, eine künst-
liche, selbsterzwungene Ruhe erkennen zu wollen.
so Flaseh und Lucy Mitchell; der klarste Beweis,
wie sehr man diese flaue Haltung als für Poseidon
unrichtig, ja unwahr empfand.
Gehen wir von dieser allgemeinen Betrachtung
weiter zum Einzelneu, so möchte zunächst der
schlaif und regungslos herabhängende rechte Arm
als ein gerade für Poseidon besonders wenig-
passendes Motiv empfunden werden; zwar hat man
auch hier „eine gewisse materielle Derbheit, z. B.
in den stark geschwellten Adern" finden wolleo,
als ob solche Schwellung der Adern nicht das einzig
natürliche wäre bei herabhängender Hand! Dieser
Arm ist nicht bestimmt, eine wuchtige Angriffswaffe
zu schwingen: so deutlich als es ihm möglich
war, hat der Künstler ausgesprochen, dass wenn
dieser jetzt regungslose Arm in Action tritt, seine
blosse Erhebung, das Aussfrecken der Hand, ge-
nügt, um die Menschheit zu überzeugen von der
Wirksamkeit göttlicher Kraft. • — Die linke Hand
ist leicht erhoben, ebenfalls wenig kraftvoll, die
Finger umschlossen einen Schaft — ob derselbe
plastisch ausgearbeitet war, ob blos gemalt, ist eine
hier weniger wesentliche Frage, deren sichere Ent-
scheidung wohl nur Autopsie der Originaljjlafte,
und vielleicht auch diese nicht einmal, bringen
kann. Gewöhnlich wird das vorauszusetzende At-
tribut zu einem Dreizack ergänzt; einen bloss ge-
malten Dreizack bezeichnetOverbeck(Kunstmyfhol. II,
2,235) mit Recht als unwahrscheinlich; die von ihm
(ebenda 327) gegen einen Dreizack von Bronze an-
geführten Bedenken scheinen mir noch verstärkt
zu werden durch einen Hinweis auf das ungünstige
Verhältniss, in welchem die obere Ausladung eines
solchen zum Kopf des Dionysos stehen würde; die
Eventualität aber eines schräg gehaltenen Dreizacks
überhaupt in's Auge zu fassen ist überflüssig. Das
Attribut wird also wohl etwas anderes, kein Drei-
zack, gewesen sein. Somit hätte Pheidias des für
Poseidon namentlich in Ermangelung von etwas
anderem, z. B. einem Fische, fast obligatorischen
Attributes sich absichtlich begeben, hätte verzichtet
auf ein Mittel der Kenntlichmachung, dem gegen-
über alle anderen Abweichungen vom traditionellen
Typus hätten hingenommen werden müssen. —
Dass das Attribut ein stabartiges war, ist das Ein-
101
F. V. Dulni, Die Giitterversammliiii^' am Ostfries des Partheiiüii.
102
'/ige, was man mit einiger Sicherheit wird be-
haupten können; nahe dem oberen Rande der Platte,
gerade in Verlängerung einer von der Hand vcrtical
nach oben geführton Linie zeigen gute Photogia-
phien wie die Sebali'sche eine viereckige Ansatz-
stelle, die, wenn sie thatsächlieh einen Puntello
trug, nur einen solchen i'iir einen Stab, niclit für
einen Dreizack, kann getragen liaben. — Wir
kommen zum Kopf. Mächtig wallendes Haupthaar,
ein reicher voller Bart, beides an Länge und Stärke
demjenigen des Zeus nichts nachgebend'), sind die
am meisten in die Augen fallenden Kennzeichen
des späteren Poseidontypus geradeso wie des
früheren. Schon auf den Münzen von Poseidonia
ist das Aufbauschen der Haarmassen über der
Stirn, ihr langes Niederwallen au den Seiten und
im Nacken, der mächtige Sj)itzbart, als Grundzüge
des Typus erkennbar; ebenso auf den schwarz-
und rothfigurigen Vasen vom sechsten Jahrhundert
ab. Kurzgehaltenes, wohlgepflegtes, nicht in grosse
blassen sondern in einzelne freie Lockchen geord-
netes, durch ein Band zusammengehaltenes Haar,
ein so knapper anliegender Bart, ein nach oben
und hinten so wenig ausladender Schädel, ein so
ruhiger Blick aus weitgeöffneten Augen sind alles
für Poseidon möglichst wenig charakteristische
Dinge: dagegen sind es gerade diejenigen Mittel,
durch deren Vereinigung die Plastik des fünften
Jahrhunderts dem Wesen des Asklepios nahe zu
kommen glaubte. Eine Vergleichung des „Posei-
don" kopfes mit den sicheren Poseidonköpfen auf
Münzen und Vasen dieser und älterer Zeit einer-
seits , andererseits mit den Asklepiosköpfen z. B.
der Reliefs Mitth. des arch. Inst. II Taf 14. 15 wird,
denke ich, noch deutlicher sprechen als meine
Worte es vermögen. „Friedlich und ruhig, keine
hochideale Figur" nennt Overbeck den „Poseidon".
„Poseidon bietet unter allen Göttern die wenigst
ideale Erscheinung in Körperbildung und Gesichts-
ausdruck, eine gewisse Trockenheit haftet ihm an,"
meint Michaelis. W^er die Reihen der im Asklepi-
eion von Athen gefundenen Reliefs durchmustert,
wird in ganz ähnlicher Weise gerade den Asklepios
zu kennzeichnen sich veranlasst fühlen. Dass auch
tür den Asklepiostypus die Zeusbildung der Aus-
gangspunkt war, ist noch heute meine Ueberzeu-
gung^); wurde dieselbe um zum Ausdruck des
Poseidon zu dienen, mehr in's Physisch -kraftvolle
') ihn eher übertreftend , wie auf der Sclmle mit dfr
Gi'itterversamnilung Hon. deW Ist. V, 49.
2) Mitth. des arch. Inst. II S. 210.
differcnzirt, so wurde sie herabgestimmt, mehr der
Sphäre des täglichen Lebens genähert, um dem
Wesen des hülfreichen Heilgottes nahe zu kommen.
AVie für Zeus das Scepter, so ist für Asklepios der
attische Bürgerstock stehendes Attribut, das erst in
späterer Zeit zum Schlangenstab wird und damit
wieder in's Gebiet des Uebermensclilichen eintritt.
Diesen Stock kann die Linke sehr wohl umfasst
iiaben. Die Rechte aber ist die naiuiving yeiQ,
deren blosse segnende Erhebung dem Kranken
Heilung bringt.')
Durch die Deutung auf Asklepios ist noch
mehr gewonnen, als das Verständniss dieser einen
Gestalt.
Die Götterversammlung über dem Eingang in
den Parthenon ist seli)stverständiich nicht eine zu-
fällige Zusammenstellung von Gottheiten, die mehr
oder minder passend erschienen. Sicherlich haben
feste religiöse Vorstellungen bestimmt, welche Götter
hier Platz finden, welche ausgeschlossen werden
sollten oder durften. Wäre unter den letzteren
Poseidon, so würde sich dafür ebensogut eine Er-
klärung finden lassen, wie sich bis jetzt die Ge-
lehrten abmühten, darzuthuu, dass derselbe am
wenigsten könne gefehlt haben.
Dargestellt sein müssen solche Götter, die man
besondere Veranlassung hatte, als Zeugen gegen-
wärtig zu denken, wenn der panathenäische Festzug
seinem Ziele zustrebte. Es kann kein Kreis von
auf der Akropolis verehrten Göttern sein: Dionysos
und Aphrodite, Demeter, Ares, Apollon schliessen
diese Möglichkeit aus; nur folgerecht ist es, wenn
man sich umgekehrt auch nicht genöthigt siebt,
Alles was von Göttern auf der Akropolis Ver-
ehrung genoss, an dieser Stelle wiederzufinden,
wie z. B. die brauronische Artemis. — Deutlich,
so scheint mir, bat der erfindende Künstler die
beiden der Mitte zunächst befindlichen Gruppen
von den übrigen geschieden. Zeus Polieus mit der
von ihm augenscheinlich hier als untrennbar
empfundenen Hera und der dienenden FlUgelgestalt
auf der einen Seite, auf der anderen Atliena und
Hephaistos, die sowohl in der Cultgemeinschaft des
Erechtheiou wie auf der platonischen Urburg ver-
einigten beiden Burggötter, deren gemeinsamer
Sohn Erichthonios als Stifter der Panathenäen ver-
ehrt wurde: das sind diejenigen Götter, welche zu-
^) Votivrelief des TlieoiJOrapos, beschrieben bei Suidas u.
6£Ö-0|i-o;; Mitth. des arch. Inst. II S. 17 = Arch. Zeitg. 1S77
S. 146 Nr. 14; Lebas, Mon. fig. 53 = Arch. Zeitg. 1877 S. 174
Nr. 115, Girard, l' Ascl^/iteion p. 100.
103
F. V. Duhn, Die Götterversammlung am Ostfries des Parthenon.
104
näohst berufen sind zur Hut der Akropolis und
jener beiden Haupttenipel, die der Verehrung der
Stadt- und StaatsgGttin Athena geweiht sind. — In
klar hervorgehobenem Gegensatz zu diesen beiden
Hauptgruppen schliessen sich die Seitengruppen
unter sich enger zusammen. Nicht bloss durch
Verschiedenheit des Ranges, sondern auch durch
eine solche des Lokals möchte mau geneigt sein, jene
Trennung der seitlichen von den beiden mittleren
Gruppen sich motivirt zu denken; eine gewisse
örtliche. Gemeinsamkeit würde alsdann wieder die
Erklärung geben für den engeren Zusammenschluss
jener Seitengruppen unter sich.
Ein Kranz von Heiligthümern legte sich von
aussen der Burg vor. Am Südfuss, von wo
steilere Wege dem Burgeingang zuführten, eine
Reihe von Culfstätten, theilweise wohl erst
fechüpfungen des fünften Jahrhunderts, unmittelbar
überragt vom Parthenon auf leuchtender Höhe.
Dem Burgeingang gegenüber, im Westen und etwas
weiter entfernt im Nordwesten an der Agora
Götter, an denen vorüberschreiten musste, wer
vom Dipylon kommend zur Akropolis emporstieg.
W^enn die beiden von den Mittelgruppen so auf-
fällig getrennten und unter sich zusammenge-
schlossenen Seitengruppen keine sicheren Burggötter
aufweisen sollten, wäre es da nicht das einzig nahe
Liegende, in ihnen die hauptsächlichsten jener
Götter wiederzufinden, an deren heiligen Stätten
vorüber musste, wer sei es vou Süden sei es von
Norden zur Burg emporstieg, jeuer Götter, welche
gewissermassen als die Vorposten derjenigen be-
trachtet werden konnten, deren eigentlichstem
Schutz die Burg und ihre Tempel anvertraut
waren ?
In der Gruppe zur Rechten erkenne ich nun-
mehr ausschliesslich Götter des Südfusses. Asklepios
und Dionysos sind dort unmittelbare Nachbaren. Die
Umfassungsmauer des Dionysostheaters schmiegt
sich an die spätestens gleichzeitige, vielleicht ältere'')
Gesammtterrasse des Asklepios; eine bequeme selbst
für Processionen geeignete Verbindung setzte
Theater und beide Dionysostempel mit der As-
klcpiosterrasse in engste Beziehung^). Mit der ab-
wartenden Ruhe des beobachtenden Arztes sitzt der
Asklepios des Frieses; in traulichem Wechsel-
gespräch an ihn geschmiegt, die Füsse übereinander
gelegt, behaglich mit beiden Armen aufgestützt
Diouysos neben ihm; freundnachbarlich denkt sich
*) Köhler, Mitth. des arch. Inst. II S. 178 2öS.
'■') Köhler, a. a. O. S. 180.
natürlich der Grieche, nicht bloss der Künstler, das
Verhältniss beider Götter: es möchte schwer sein,
ohne in barocke Kleinmalerei zu verfallen, in
plastischer Wiedergabe beider Gestalten dies ihr
durcli die Oertliclikeit bedingtes Verhältniss klarer
und anmuthiger auszudrücken. Blit einander be-
schäftigt sind diese Beiden, die Hauptgötter des
Südfusses; in die Ferne hinaus schaut Aphrodite
und begleitet ihren Blick durch Hand- und
Fingerbewegung, welcher die Blicke des Eros
folgen: xaTnxpini' ytigtrJQ TQoitrjvtag nennt Euripides
Hippol. 32 den Tempel der Aphrodite EnVlnnolmo):
ich verweise für alles übrige auf Köhler"). Dass
für mich die Begleiterin der Aphrodite nicht Artemis
seiu kann, wie neuerdings wieder vorgeschlagen
ist'), versteht sich nach den vorstehenden Dar-
legungen vou selbst; als gemeinsam verehrt mit
dieser Aphrodite nennt Pausanias Peitho, in un-
mittelbarster Nähe aber des Aphroditctempels und
Hippolj'tosdenkmals, hier wie in Troizen selbst
(Paus. II, 27) lag das Heiligthum der Themis
(bezw. rij Qefiig), mit Aphrodite und ihrem Cult
eng verbunden: ob hier der Name Peitho oder
Themis der richtigere sei, ist demnach die einzig
mögliche Alternative; für die Oertlichkeit bedeut-
samer war jedenfalls Themis.
Die Probe für die richtige Identification der
rechten Seitengruppe mit den vornehmsten Göttern
des Südfusses ergiebt sich mir aus der unge-
zwungenen Einfachheit, mit der jetzt die vier
Götter der entgegengesetzen Gruppe sich benennen
und lokal vertheilen.
Den Akropolisgöttcrn zunächst sehen wir Ares
und Demeter. Für die Ansetzung des Eleusinion
in unmittelbarer Nähe des Areopag sind neuer-
dings so gewichtige Gründe zu Tage getreten,
dass wir in der Vereinigung der beiden Götter an
dieser Stelle wohl nur die weitere Bestätigung einer
an und für sich schon höchst wahrscheinlichen topo-
graphischen Thatsache sehen dürfen"). Bis an den
'•) a. a. O. S. 17Ö. 246. 253 Da die Entfestigung bereits mit
der ersten Kimonischen Zeit beginnt (s. Löschcke, Dorp. Progr.
1 ^83 S. 13), braucht nicht mit v. Wilamowitz (ausKydathen S 170)
die Terrassenanlage des Südfusses erst in die zweite Hälfte der
rcntekoutaetie hinabzurücken, wer es glaubt beweisen zu kiinneu,
dass diese Anlagen erst im Gefolge der Entfestigung entbtan-
ilen sind,
') Robert, Ann. dcW Ist. 1882 p. 2S5; A. Herzog, olymp.
Göttervereine S. 32. Hätte Pheidias Artemis gemeint, so würde er
schwerlich durch das herabgleitende Untergewand ein gerade
für Artemis besonders wenig passendes Motiv angebracht
haben.
«) Löschcke, Dorp. l'rogr. 1883 S.13. 1884 S.22. Milchhöfer,
105
M. Lehnerdt, Herakles uufl Aclieloos.
106
Fuss des Aveopag erstreckt sich der Markt. Seine
beiden alteinlieimischen Hauptg-öttcr sind Hermes
Agoraios und Apollon l'atroos, jener auf der nörd-
lichen dem Dipylon zugewendeten, dieser') auf
der südlichen an den Areopag stossenden Hälfte,
beide an der panathenäischeu Feststrasse, die ersten
göttlichen Augenzeugen der auf den Markt ein-
tretenden Procession, welche schwerlich an ihnen
Bauiiieiüter's Denkra. I S. 19S. Mit der Bezeichnung üttö tiq
itoXei (einzig richtig bereits von Wachsmuth gefasst) und der engen
Nachbarschaft des Pelasgikon, wie sie aus der eleusinischen In-
schrift hervorgeht, einerseits, andererseits des Areopag (Loschcke)
scheint mir die Ansetzung K. Lange's (Haus und Halle S. 62,
Tf. 7) östlich vom Markte unvereinbar. Die weitere Frage,
ob das Hauiuheiligthuni auf der Südseite oder an der Nordost-
seite des Areopag gelegen habe, kommt fiir unsern Zweck hier
weniger in Betracht. Dass beide Götter den gleich zu be-
sprechenden Marktgöttern gleichmässig zugewendet sind, möchte
eher für die zweite Alternative sprechen.
'■') Der neuerdings wieder von Löschcke vertretene Versuch,
den Apollon in's „Theseion" zu bringen, steht mit Pausanias in
Widerspruch: wir verlieren aber in athenischer Topographie den
letzten Boden unter den Füssen, wenn wir uns so leicht über
ihn hinwegsetzen. Mit Pausanias einzig vereinbar und daher
meines Erachtens einzig discutirbar sind Hephaisteion und Aphro-
<litetempel (Lange). Nissen's lakcheion lag am Dipylon.
vorüberzog, ohne — moderne Analogieen fehlen ja
nicht — Station zu machen.
Die Umnennung des „Poseidon" zu Asklepios
hat sich mir als nothwendig ergeben aus der künst-
lerischen Charakterisirung der Gestalt; sie ergab
sich mir, wie icii versichern kann, ohne dass ich
voraussah, wie sehr diese Erkeiintniss das Ver-
ständniss der ganzen Götterversammlung zu fördern
geeignet sei. Die Erklärung der Giebelcompositio-
nen hat man sich lange bemüht und bemüht sich
noch immer, auf äiinlichem Wege zu finden, ohne
bis jetzt, so scheint es, zu einem allgemeinen Ein-
verständniss gelangen zu können. Auch mein Er-
klärungsversuch des Ostfrieses wird von mir selbst-
verständlich nur angesehen als hiermit zur Dis-
cussion gestellt. Seine Annahme würde auf dem
Gebiet attischer Religionsgeschichte zu mancherlei
Consequenzen von erheblicher Wichtigkeit führen.
Die Anerkennung ehrlichen Bestrebens, für das
Verständniss einer der eigenartigsten Schöpfungen
des Pheidias an Stelle subjectiven Ermessens und
Eathens methodisches Erkennen zu setzen wird
man wenigstens den vorstehenden Ausführungen
nicht versagen wollen.
Heidelberg.
F. VON DUHS.
HERAKLES UND ACHELOOS.
(Tafel 6.
Das auf unserer Tafel 6 in "^ der Original-
grösse abgebildete Vasengemälde befindet sich auf
einer schwarzfigurigen Amphora aus Vulci. Höhe
1 Fuss 47,„ Zoll engl. Brit. Mus. Nr. 536.
Von reichen Blattornamenten umgeben sehen
wir den Kampf des Herakles mit Acheloos. Der Held,
das Schwert an der Seite, Bogen, Köcher und
Keule auf dem Rücken'), stürmt von 1. mit erho-
benem 1. Bein gegen den Flussgott an, er hat den
Fliehenden erreicht und packt mit der I!. sein Hörn,
mit der L. seinen spitzen Bart. Acheloos ist in
') Sie hüngen wohl nicht an dem Baumzwcigc, wie der
Vasenkatalog besagt
7,1.)
das r. Vorderknie gesunken, auch die Hinterbeine
sind von der Kraft des andringenden Helden ge-
lähmt, sein Mund ist zum Schreien geöffnet und
vergebens sucht er mit der r. Hand den Arm sei-
nes Gegners von seinem Hörne zurückzudrängen.
Hinter Herakles sehen wir Hermes, bärtig, mit
Chlamys, Stiefeln, Petasos und Kerykeion, sich
nach den Kämpfern umblickend; er ist im Weg-
gehen begrifl'en, da er den Kampf entschieden
sieht. Vor Acheloos ein Baum, dessen Zweige
sich weit üi)er das Bild erstrecken.
Die andere Seite der Vase zeigt Herakles auf
einer siebensaitigen Lyra spielend, vor ihm Po-
107
M. Lehnerdt, Herakles und Acbeloos.
108
seidon auf einem Klappstuhl, hinter diesem ein
Krieger im Helm mit zwei Speeren (Ares), hinter
Herakles Pallas Athene.
Im folKeuden stelle ich die auf den Acheloos-
zusammen, indem ich mit der am wenigsten figuren-
reichen Darstellung beginne. Zu den fünf bereits
0. Jahu (Arch. Ztg. 1862, S. 314 Anm. 3) bekannten
Gefässen sind durch Stcphani Compie rendu 1867
kämpf bezüglichen schwarzfigurigen Vasenbilder zwei weitere hinzugekommen:
A. Sammlung der Akad. d. Wisseusch. zu Petersburg,
gekauft in Neapel. Stephaui S. 5.
B. Brit. JIus. 536. Unsere Taf. 6.
C. Berlin 661. Gerhard, etr. u. camp. Vasenb. 15, 1.2.
D. Paris. Catal. del Museo Campana IV. 28. Arch.
Zeitg. 1862 Taf. CLXVII.
E. Berlin 669. Gerhard a.a.O. 15,3.4.
F. Aufbewahrungsort und Herkunft wie A. Be-
schrieben von Stephan! S. 19.
G. Brit. Mus. 452. Gazette archcot. 1. 1875 pl. 20-').
Das zuletzt genannte Gefäss verdient als die
figurenreichste Darstellung dieses Kampfes eine
kurze Beschreibung. Es ist eine schwarzfigurige
Hydria aus der Sammlung Canino. Höhe 1 Fuss
67,0 Zoll engl.
Herakles, in gleicher Ausrüstung wie auf
der Vase B gegen den Flussgott anstürmend, hat
ihn mit der L. um den Hals gepackt und mit der
R. sein Hörn ergriffen; Acheloos fasst mit dem r.
Arm nach dem Beine des Helden und schwingt in
der L. einen Felsblock gegen den Feind. Sein 1.
Vorderbein ist vom Maler fortgelassen. Hinter dem
Flussgott Hermes, wie auf B abgehend, aber noch
gespannt t^ich nach dem Kampfe umsehend. Rechts
davon steht den Kämpfern zugewandt eine Frau,
bekränzt, in langem Chiton und Peplos; der 1.
Unterarm, in das Gewand gehüllt, ist wagereciit
gekrümmt, der r. mit nach innen gebogener Hand
emporgehoben. Hinter ihr sitzt auf einem Klapj)-
stuhl ein weisshaariger Mann, gleichfalls bekränzt,
in einen weiten Mantel gehüllt. Sein r. Unterarm
-) In der Publication ist der Liinzenscliuft der Athena
vor dem Beine des lolaos sichtbar, wührcnd er auf der mir
vorliegenden Ourchzeiclinung hinter demselben versehwindet.
Ferner ist daselbst der lielmbusch der Göttin fälschlich mit dem
Stirntheil des Helms verbunden. Bei der üebertragung des run-
den Vasenbildes auf die ebene Flüche der Zciclniung nuissten
einige Zwischenräume verändert werden.
Herakles. Acheloos.
Hermes. Herakles. Acheloos.
Herakles. Acheloos. Hermes sitzend.
Hermes. Athena. Herakles. Acheloos.
Athena. Oineus. Herakles. Acheloos.
Hermes. Athena. Herakles. Acheloos. Oineus.
lolaos. Athena. Herakles. Acheloos. Hermes.
Deianeira. Oineus.
ist, wie das herabhängende Gewandstück beweist,
vorgestreckt und hält ein unterhalb des Knies der
Frau zum Vorschein kommendes Scejjter. Es ist
Oineus, und die Frau Deianeira, der Preis des
Kampfes.
Hinter Herakles steht seine Beschützerin Pallas
Athene in langem Gewände, mit Helm und Aegis,
den Speer in der R.; der Schild lelint vor ihr an
ihrem Beine. Die L. ist aufmunternd erhoben.
Hinter ihr, nicht mehr völlig sichtbar, steht ein
Mann in der Chlamys, einen Speer in der R. und
den Helm auf dem Haupte, dessen Visir sein Ge-
sicht verdeckt. Es ist lolaos, den der Künstler
ohne das Vorbild der Sage dem Helden auch hier
zum Gefährten gegeben hat.
Oberhalb dieses Bildes läuft eine streng sym-
metrisch componirte Darstellung von Thcseus Kampf
mit dem Minotauros (Gaz. arch. I. 1875, pl. 21),
der schon am amykläischen Thron mit dem Acheloos-
kampfe verbunden war. —
In der Darstellung des Acheloos stimmen sämmt-
liche schwarzfigurige Vasen darin überein, dass der
vollständige Oberkörper eines Mannes mit mensch-
licheu Armen, die er zur Gegenwehr gebraucht,
mit dem vierfüssigen Stierleib vereinigt ist, ganz
nach Analogie der späteren Kenfaurenbildung. Der
bärtige Kopf, von dem lange Haarflechten auf den
109
M. Lehnerdt, Herakles und Aclicloos.
110
Nacken berabfalleu, hat vom Stier die Oliien und
Hünier auf B auch eine thiei iscli aufgestülpte Nase.
Herakles eilt stets von links') gegen Aeheloos
heran (auf BCG liat er iliu von hinten eingeholt),
von seinen Waifen macht er keinen Gebrauch, son-
dern liat Keule, Köcher und Bogen entweder über
dem Rücken hängen und ist nur mit der Löwen-
haut bekleidet, oder er hat sein Gewand und die
Keule ganz abgelegt (A). Immer sucht er den
Gegner allein durch die Kraft seiner Hände im
Ringkampf zu überwinden und das Hörn, den Preis
des Sieges, ihm abzubrechen. Des gewöhnlichen
Ringergrift's^), den Gegner am Bein zu packen und
ihn so zum Falle zu bringen (i't^siv), bedient sich
Aeheloos auf D und E, auf B hat er den Arm
desselben gepackt. Auf G schwingt er, ganz wie
die kämpfenden Kentauren, einen gewaltigen Stein
gegen Herakles. Auf allen Darstellungen sieht
man, Aeheloos werde unterliegen, auf C streckt
er bereits flehend die Hände aus, wälirend der ver-
folgende Herakles von hinten das Hörn packt.
Ungefähr gleichzeitig mit den schwarzfigurigen
Vasen dürfen wir eine von P. Gardner, ttjpes of
ancienl cohis PI. IV, 1 veröffentlielite Münze von
Phaseiis in Lykien (Mionnet Suppl. VII. S. 18 n. 74)
ansetzen. Aeheloos, als Stier mit bärtigem Mannes-
antlitz dargestellt, ist mit den Vorderbeinen in die
Kniee gesunken; Herakles, dessen Kopf über den
Rücken des Stiers hervorragt, hat ihn mit dem
rechten Arme nni den Leib gepackt. Auch hier
also sucht er den Gegner im Ringkampf zu be-
zwingen.
In der Bildung des Aeheloos sehen wir auf dieser
Münze bereits die Gestalt, welche seit den rotlifigu-
rigen Vasen ') für denselben auf den erhaltenen
■") Die Bewegung von links nach rechts von dem Beschauer
lierrscht in den ältesten griechischen Werken vor. Vgl. Conze,
Theseus und Minotauros (Berl. Winckelmannsprogr. 1878) S. 7.
■*) So Herakles im Ringkampf mit Nereus: Gerhard Auserl.
Vasenb. II, 113, mit Antaios; Archäol. Ztg. 1878. Taf. 10. Vgl.
Stephan! Compte rtndu 1867 S. 17ft'.
■') A. Miinchener Vase 251. Urlichs Ann. d. Inst. XI S. 2C5.
Tau. d'ayg. Q.
B. Vase aus Girgenti , jetzt im Besitz von de Witte (Goj.
anh. 1875, S. 84), Arch. Ztg. 1862, Taf. CLXVIII, 1. Bau-
luei.-ter, Denkm. d. class. Alterth. , Aeheloos".
Der Kampf ist auf diesen Gelassen nicht ein Ringkampf,
Monumenten typisch geworden ist, nämlicli die
eines Stiers mit menschlichem, meist bärtigem An-
gesicht.
Haben wir sonach auf den Vasen schwarzfigu-
liger Technik die Bildung des Aeheloos als Stier
mit mensclilichem Oberleibe gefunden, so liegt es
nahe, dieselbe auch für die uns nur durch schrift-
liche Ueberliefcrung bekannten archaischen Monu-
mente in Anspruch zu nehmen. Es sind dies die
Gruppe des Dontas aus vergoldetem Cedernholz,
cinWeihgeschenk der Megarenser in ihremThesaurus
zu Olympia (Paus. VI 19, 12) und ein Relief au
der Innenseite des amykläischen Throns (ji nqng
ylxehijov 'HQaxXeovg nälrj Paus. III 8, 16). 0. Jahn
a. a. 0. S. 317 meint, der Ausdruck nälrj sei für die
Kentaurengestalt nicht passend und weise auf ein
eigentliches Ringen hin, ferner sei es wahrschein-
lich, dass Aeheloos wegen des unmittelbar daneben
dargestellten Kampfes des Herakles mit dem Ken-
tauren Oreios in anderer Weise kenntlich gemacht
war. Er sei daher wohl als bärtiger Mann mit
Stierhörnern vorgestellt gewesen.
Warum der Ringkampf eines Helden mit einem
Stier mit mensclilichem Oberleibe, wie er z. B. auf
A dargestellt ist, nicht die Bezeichnung nuXrj recht-
fertigen solle, dafür ist ein Grund nicht ersichtlich.
Was ferner die Unterscheidung des Aeheloos von
dem Kentauren Oreios betrifft, so wäre bei Jahns
.Vnnahme ebenso leicht eine Verwechselung mit
dem daneben dargestellten Minotauros möglich.
lOrittens spricht gegen die Annahme Jahns der
Umstand, dass die Gestalt des gehörnten Mannes
sondern auf beiden bedient sich Herakles der Keule zum An-
grirt', auf A streckt er noch mit der 1. Hand den Bogen dem
Feinde entgegen. Auf ß als Zuscliauer eine lang bekleidete
Frau, einen Schleier über den Kopf und ein Scepter in der
1. Hand (Deianeira). — Alleinstehend ist die Bildung des Aehe-
loos als Sehlange mit gehörntem Menschenkopf und mensch-
lichen Armen auf einer Vase des Pamjihaios (Gerhard, Auserl.
Vasenb. II, 115; vgl. Klein, d. griech. Vasen mit Meistersigna-
turen S. 158 n. 27). Der Künstler bediente sich des bereits vor-
handenen Typus des Triton nicht, wie Gerhard meint, um den
Aeheloos als Meergott zu kennzeichnen, sondern indem er dem
Theil der Sage folgte, wonach Aeheloos in Schlangengestalt mit
Herakles kämpfte. Kr wählte dazu jenen Typus, weil eine blosse
Schlangengestillt in der bildenden Kunst unverständlich gewesen
w äre.
111
M. Lehnerdt, Herakles und Aclieloos.
112
bei den Flussgöttern stets später ist als die Stier-
gestalt. Dies lässt sich besonders deutlich auf
Münzen von Gela, Catana und Neapolis erkennen.
In Gela ist in älterer Zeit das Vordertheil des Stieres
der gewöhnliche Typus der Silbermiiuzen (auf sel-
tenen Tetradraclinien auch die ganze Figur); die
Silberiniiiizen mit dem unbärtigen Flussgottkopf sind
um 400 geprägt, ebenso die Goldmünzen'^).
In gleicher Weise gehört auf Münzen von Ca-
tana') der Mannstier (in ganzer Gestalt, stehend
oder schwimmend) der älteren Zeit an, der mensch-
liche Kopf des Flussgottes Amenanos (manchmal
ohne sichtbare Hörner, oft durch die Inschrift be-
zeichnet) ist später.
In Neapolis *) endlich erscheint der Mannstier
schon auf Münzen von durchaus archaischem Stil
und war auch weiterhin der bedeutend häufigere
Typus, in mannigfacher Form, stehend und von
Nike gekränzt, stossend, schwimmend, mehrfach
mit angegebenen Wellen, einmal auch wasser-
speiend"), oft die Protome und sogar der blosse
bärtige Kopf en face mit Stieihörnern und -Ohren.
Aber schon frühe, bereits in der Periode des Ueber-
gangsstils, findet sich der gehörnte jugendliche
Kopf des Flussgotts Sebethos (^EPEIOO^ '")•
^) Nach gütiger Mittheilung des Herrn Director von Sallet.
Vgl. Catal. of the greek coins in the Brit. Mus., Sieily S. 65 — 75.
Berliner Blätter f. Münz-Siege!- und Wappenk. VI S. 135 flf.
') Bril. Mus., Sieily S, 41 ff.
") Brit. Mus., llahj S. 92 ff.
3) Archäol. Ztg. 1862 Taf. CLXVIII, 7.
")) Der Mannstier und der gehörnte Jünglingskoiif
findet sich ferner auf M. von Laus in Lucanien Bril. Mus., Italy
S. 2.36, Bull. Nap I (1843) Taf. I, 15) und Selinus in Sicilien
(Müller, D. a. K. 11, 97, Brit. Mus., Sieily S. 141. 142) Kupfer-
münzen von Agyrium (.Salinas, le mottete delle antiche cittä di
Sic. XV, 9 — 11) zeigen auf dem Avers den gehürnten Jüng-
lingskopf, auf dem Revers den Mannstier.
Der Mannstier findet sich in Sicilien auf Münzen von
Abacaenum (Salinas II, 1. 2), Entella (Mionn. I, 234 n. 214,
Suppl. I, 385 n. 189), Erbessos (Berl. Blätter V, 1870, S. 41),
l^anorrnus (Brit. Mus. S. 249), Stiela (S. 144), Solus (S. 242),
Tauromenium (S. 231), Silerae (S. 239). In Italien: Aesernia,
Larinum {Brit. Mus. Italy S. 67. 70. Carelli, num. vet. Ital.
T. LXI), Allifae {Bull. Nap. N. S. IV, 1856, T. IX, 1), Cam-
pani, Cales, Cubultcria, Ilyria {Brit. Mus. S. 72. 78. 84. 91,
Carelli LXVIII, Fiiedlaender, oskische Münzen Taf. I. V),
Cuniae {Bull. Na/i. N. S. III T. 8), Nola, Nuceria Alfalerna,
Suessa Aurunca, Teanum Sidicinuni, Malies {Brit. .Mus. S. 120 ft'.)
Phistelia (Friedlaender, osk. M. T. V, 7). In Spanien: Km-
Die von Jahn angeführten Darstellungen des
Acheloos selbst in dieser Gestalt, die bekannte
Preismünze von Metapont und eineGemme ")i können
ihrer relativ späten Zeit wegen bei der Frage nach
der Beschaffenheit jener archaischen Werke nicht
in Betracht kommen.
Sonach dürfte bei denselben die Bildung des
Acheloos wohl sicher sein. Weitere Vermuthungen
über die Composition der Gruppe des Dontas auf-
zustellen erscheint misslich.
Zu der von Jahn und Stephan! gegebenen Zu-
sammenstellung späterer Darstellungen des Acheloos
werden einige Ergänzungen nicht unwillkommen
sein. Nach dem Cataloge des britischen Museums"')
findet sich der Acheloosko])f auf Münzen von Akar-
nanien, Ambrakia, Leukas, Stratos und Thyrreium.
Ausser in Metapont wird auch in Alontion der
Maunstier auf Münzen nicht den localen Flussgott,
sondern den Acheloos darstellen, da diese Stadt
eine Gründung der Akarnanen unter Patron aus
Tliurion ist'^). Herakles und Acheloos, Bronze des
britischen Museums P. Gardner, transact. of roijal
SOG. II. Ser. XI (1878) PI. 3. - Derselbe Kampf
auf einer Dreifussbasis von Nabulus, deren Publi-
cation (Schreiber, Zeitschrift d. deutschen Palästina-
vereins, Bd. VIII Heft 2) mir leider nicht zugäng-
lich ist'O-
Archäol. Ztg. 1883 Taf. XI S. 163 veröffentlicht
Purgold das Bild einer Amphora aus Kuvo im
poriae, von Massilia aus gegründet (Ileiss, description g^n&.
des me'd. ant. de l' Espagne T. I. 12. 13). Unbekannte Stadt
Arse im nordwestlichen Spanien (T. XL).
Der gehörnte Jünglingskopf in Sicilien auf Münzen
von Adranum, Agrigentuni (Salinas II, 11. VIII, 14. XI, 6), Ca-
marina, Longon {Brit. Mus. S. 96), Naxos (AilSINOS Brit.
Mus. S. 120), Piacus (S. 130), Segesta (S. 135, Berl. Blätter I,
Taf. VIII, 2), Selinus {Brit. Mus. S. 141 flF). Unsicher Thermae
Ilimereae S. 240. — In Italien ausser in Neapolis und Laus
auf M. der Bruttier (Berl. Blätter V, 1879, S. 37), von Cau-
lonia {Bull. Nap. VI, 1848, T. IV. 20), Consentia {Brit. Mus.
S. 341), Croton (S. 355, 35G), Bandosia (KPAOSM Brit. Mus.
S. 370).
") Archäol. Ztg. 1862 T. CLXVIII, 3. 4.
i-O Thessaly to Aetolia S. 168. 95. 175. lS9ß'. Vgl. Ini-
hoof-Blumer Wiener numism. Zeitschr. X (1878) S. 26 und
161.
'') Dion. llal. Antic.|. Koni. I, 51.
n) Berl. l'hilol. Wochenschr. 1885 S. 411.
113
M. Lehnei-dt, Herakles und Acheloo.s.
114
Neapeler Museum. Das Gefäss stammt aus der
Verfallzeit und zeigt die bekannten Eigeuscliafteu
der spätereu unteritalischen Vasenmalerei. Ein
Stier sprengt von rechts gegen einen nackten Jüng-
ling heran, der sich ihm entgegen ins Knie ge-
worfen hat, ihn mit der L. packt und in der R.
eine Keule schwingt. Rechts von den Kämpfern
steht ein Baum, um den sich eine grosse Schlange
windet, die züngelnd ihnen den Kopf entgegen-
streckt. Ueber dem Rücken des Stiers erscheint
auf einer Ait Balustrade der Oberkörper einer reich
geschmückten Frau; sie blickt auf den Kampf
herab und streckt die R. nach dorthin aus, zu ihrer
1. Seite ein Eros. Purgold erkennt dann eine Dar-
stellung Jasons im Stierkampf unter dem Beistaude
Aphrodites.
Gegen diese Deutung hat sich Robert ausge-
sprochen (ebenda S. 262). Er erklärt das Bild für
eine Daistellung des Kampfes des Herakles mit
Acheloos, die Frau für Deianeira. Der Drache
deute eine zweite Verwandlung des Flussgottes au,
das ganze Bild stehe unter dem Einflüsse sophokle-
ischer Dichtung.
Nun ist aber unter allen erhalteneu Kunstwerken
keines bekannt, wo Acheloos als reiner Stier dar-
gestellt wäre. Die Sage und Poesie (Piudar, So-
phokles, Ai)o!lodor) konnte ihn sich in dieser Ge-
stalt wohl denken, in der bildenden Kunst aber
würde ein als reines Thier, als Stier oder Schlange,
(s. Anm.5) dargestellter Flussgott nicht von einem ge-
wöhnlichen Thier zu unterscheiden sein. Dass ein
Flussgott als reiner Stier dargestellt gewesen, da-
rüber haben wir nur eine Nachricht: Timaios bei
Schol. Pind. Pyth. I 185 x hv yaq iv xff nölsi (Gela)
dEf)cvvi.iEVOv Tuvqnv (.n] sivat tov (Dalägidog, —
all' elxöva Fika tov nmafiov, eine Nachricht, die
schon durch ihre Fassung das Ungewohnte und
Ausserordentliche dieser Bildung zeigt'*). Auf
Münzen von Gela, Adranum und anderen Städten
Siciliens '") findet sich der ganze Stier häufig auf
'^) Die Worte Aelians v. h. II, 33 oi ät /iodr fiJof uvioTi
7if(ii4!>tjxtiii mit den angeführten Beispielen passen auch auf den
Stier mit Menschengesieht.
"') Brit. Mus., Si'c% S. Uöft'. Salinas T. II, 11.
Archäolog. Ztg. Jahrgang XLIII.
dem Revers, während auf dem Avers der gehörnte
jugendliche Kopf des Flussgottes dargestellt ist;
der Stier kann also in diesem Falle nicht den
Flussgott bedeuten, sondern wird auf die au
seinen Ufern betriebene Viehzucht hinweisen sollen.
Auch für einige alleinstehende Bronzemünzen von
Gela"), deren Avers den Stier, deren Revers ein
Rad mit vier Gerstenkörnern zeigt, hat man nicht
nöthig an den Flussgott zu denken, sondern es ist
einfach eine Bezeichnung der Fruchtbarkeit und
der Viehzucht in dem von ihm bewässerten
Lande '0.
Demnach ist die völlige Stierbildung des Ache-
loos und überhaupt eines Flussgottes in der bil-
denden Kunst nicht nachweisbar"). Wie ist dann
ferner eine solche Symbolisirung möglich, dass die
um den Baum gewundene Schlange eine zweite
Verwandlung des Acheloos andeutet? Der Künstler
konnte wohl beim Ringkampfe des Peleus mit Thetis
glauben seine Absicht dadurch kenntlich zu macheu,
dass er die Schlange sich um Thetis winden lässt,
oder allenfalls dass er sie neben dieselbe setzt; er
konnte aber nicht verstanden zu werden hoffen,
wenn er sie wie hier um einen anderen Gegen-
stand schlingt.
Man wird aus diesen Gründen von Robert's
Deutung füglich Abstand nehmen müssen. Da es
al)er aus der Anwesenheit des Eros klar ist, dass
in dem Bilde ein erotisches Motiv herrscht, so
passt keine andere Deutung als jenes Abenteuer
aus der Argonautensage. Die Keule, die lasou
in der Hand hält, kann ihm, wie auch Purgold
bemerkt, mit demselben Rechte gegeben werden,
wie sie in der bildenden Kunst aus der Herakles-
iu die The.seu8-Sage übertragen ist.
") Mionnet Suppl. I S. 391.
'*) In andern Fällen ist der Stier bekanntlich Symbol Posei-
dons (Preller, Gr. Myth. I S. 468), so auf Münzen von Poseidonia,
Sybaris, Thurioi, Syrakus. In Tauromenium kann der Name
der Stadt selbst Veranlassung gewesen sein. In anderer Bedeu-
tung (als Sieusstier) auf kretischen Münzen (\wu. brit. T. VIII,
13 15).
•'■') Ausgesprochen bereits von Urlichs Ann. d. Inst. 1839
S. 270: in niun luogo un ßume e rappreseutato come un animale
Miro. Vgl. O. Müller, Handbuch der Archäologie § 33-1, 3.
8
115
M. Lehiierdt, Herakles und Acheloos.
116
Fassen wir die bei dieser Gelegenheit für die
Bildung- der Flussgötter überliaupt gewonnenen Re-
sultate zusammen, so ergiebt sicli Folgendes. Ne-
ben der mensehliclien Gestalt der Flussgötter,
wie sie uns Homer und die Giebelfiguren von
Olympia und dem Parthenon zeigen, lief früh die
Stierbildung, die vielleicht ursprünglich aus der
Localsage von Acheloos auf die übrigen Flüsse
übertragen ist. Die Kunst konnte die reine Stier-
bildung, wie sie in der Sage auftrat, nicht ge-
brauchen, wählte daher den Stier mit menschlichem
Antlitz °"), dessen spätere künstlerische Milderung
der gehörnte Jüngling ist. Eine Umwandlung hierzu
wäre in einer so kurzen Spanne Zeit, wie sie uns
die sicilischen und unteritalischen Münzen zeigen,
nicht möglich gewesen, wenn die Bildung in mensch-
licher Gestalt nicht vorher existirt hätte und neben
der Stierbildung herlief, welche sie in der hellenisti-
schen und römischen Zeit völlig verdrängte.
Anhangsweise schliesse ich auf Bitte der Redac-
tion dieser Zeitschrift die Besprechung einer auf
Tafel 7, 1 abgebildeten rothfigurigen Trinkschale
des Museo cicico zu Verona an, deren eine Dar-
stellung zu dem Gefässe Berührungspunkte bietet,
von welchem Purgold bei Deutung der Ruveser
Amphora auf lasons Stierkampf ausgegangen ist.
Das Gefäss ist entschieden attischer Herkunft;
die flotte Zeichnung und die bei genauer Symmetrie
doch in den einzelnen Figuren durchaus freie Com-
position berechtigen uns, dasselbe in die Zeit der
blühenden Kunstentwicklung um die Wende des
fünften zum vierten Jahrhundert zu setzen.
Beginnen wir mit der unverletzten Seite der
Schale. Ein jugendlicher nackter Held dringt von
links gegen eine auf ihn losstürmende Sau (die
■-'") Nach E. Curtius haben die Hellenen diesen Typus aus
dem Orient sich angeeignet und veredelt (Plastik der Hellenen
an Quellen und Brunnen, Abh. d. Berl. Akad. 1876 S. 144).
In der ältesten in Griechenland voikoininenden Form desselben,
nämlich bei den Uarstellungen des Acholüoskampfes, ist jedoch
ein völlig menschlicher Oberkörper auf den Stierleib gesetzt.
Kine solche Bildung erinnert mehr an die Kentaurengestalt als
an den orientalischen Mannstier.
Zitzen sind deutlich erkennbar) ein. Um seine
rechte Schulter hängt der Schwertriemen; der linke
Fuss ist vorangestellt; der linke Arm, um den er
die Chlamys gleichsam als Schild geworfen hat,
ist gehoben ; in der Rechten zückt er das Schwert.
Neben dem Thiere, auf dessen linker Seite, steht
eine Frau in langem Gewände; die Rechte hat sie,
mit der Handfläche nach oben, vorgestreckt, mit
der Linken stützt sie sich auf einen langen Stab.
Der etwas gebeugte Nacken deutet auf ein höheres
Alter; ihre Geberde scheint auszudrücken, dass sie,
wiewohl vergeblich, den Angreifer des Thieres ab-
zuwehren sucht.
Das Geschlecht des Thieres würde uns auch
ohne die vorhandenen Repliken die Deutung sicher
stellen. Es ist der Kampf des Theseus mit der
krommyonischen Sau, eines seiner Abenteuer auf
seinem Wege von Troezen nach Athen. Das mehr-
fache Vorkommen der Gruppe unseres Gefässes
unter den Darstellungen rothfiguriger attischer
Vasen ^') weist auf ein gemeinsames Vorbild hin;
das Alter der neben dem Thiere stehenden Frau
und dass sie mit der Bewegung ihrer Arme den
angreifenden Helden abwehren will, ist besonders
deutlich auf der im Journal of liellenic studies
1880 PI. X veröffentlichten Vase des Britischen Mu-
seums No. 824*.
Man hat diese Frau Phaia genannt und in ilir
die Nymphe der Gegend um Krommyon gesehen,
welche ihr Thier vor dem Helden zu schützen
suche. Das erstere ganz ohne Grund, denn Plutarch ")
und Stephanos Byzantios'-') erzählen nur, dass die
21) Sie Hndet sich auf folgenden Vasen mit Darstellung der
Theseusalienteuer :
i. Brit. Mus. 824*. Journal of lie.llenic studies 11,1 S. 57 — 64.
ri. X.
II. Brit. Mus. 824. Gerhard A. V. III, 234.
III. Sammlung Canino 75.
IV. Brit. Mus. 826. De Witte, cab. itr. No. 111.
Vgl. Gerhard, A. V. III S. 42 Anm. 46. O. Jahn, Archäol.
Ztg. 1865 S. 23.
■■) Flut. Thes. 9. 7/ äi KQOfJ/JVMvta aus, Jy)' </>ni«i' TiQoa-
(ov6/.inCov .... "Eyioi S( (faai irjv 'Pniuv krjmQdSn y(v^a»ixi.
YVVciTxtt (fOvixi]\' zßi «xakaaiov , aiJröOi xmoixovaav Iv
K(>ofi/xv(üi't , aCv äi inovofiaattdaat' ihn lo »j'/oj xcd jov
ßCov ditt vnö ßr\oi(og Ü7io!t«i'(ii'.
'-') Steph. Byz. s. v. Kijtfj/.wu)V h' li fivlHuovoi i<( nifit
irjV VI'- . . . . 10 lU xv(iii)i' ot'Ofia cwjij; h.ctktiio <l'ata.
117
M. Lehncrdt, Herakles und Acheloos.
118
Sau selbst so genannt wurde, und der crstere fügt
noch eine der beliebten euhemeristischen Deutungen
liinzu, wonacb Pbaia eigentlich ein räuberisches
und wollüstiges Weib gewesen"^), die ihres Lebens
und Charakters wegen den Namen jenes Thieres
erhalten habe. Die ungewülinliche Darstellung einer
Nymphe als einer alten Frau könnte mit dem Na-
men des Thieres Waiä „die Graue" zusammen-
hängen, obwohl es wahrscheinlicher ist, dass wir
hier eine Lücke in unserer Ueberlieferung anzuneh-
men liabcn.
Wenden wir uns nunmehr zu der anderen Seite
der Schale. Ein nackter Jüngling zieht einen vor-
wärts springenden Stier mit der Linken an den
Hörnern zurück (vielleicht mittelst eines Strickes,
von dem auf der erwähnten Vase des Britischen
Museums ein Stückchen sichtbar ist); sein rechtes Bein
ist gerade nach vorn gestemmt, so dass der Ober-
körper sich weit nach hinten biegt; das linke Knie
stemmt er gegen den Bug des Stieres, dessen Unter-
liegen nicht melir zweifelhaft erscheint. Der Jüng-
ling hat um die rechte Schulter das Schwert hän-
gen; der rechte Unterarm ist nach der Brust zu
gebogen; die Hand hält eine gerade Keule, deren
oberer, über die Scliulter ragender Theil ausge-
brochen ist. Vor dem Stiere gelit eine jugendliche
weibliche Figur in langem Gewände; der Kopf,
dessen Haar durch ein Band gehalten wird, ist nach
rückwärts gewendet; die linke Hand nach vorn
gestreckt, die rechte hält dem Stier eine flache
Schale entgegen.
Wenn uns diese Darstellung allein auf einer
Vase entgegenträte , würden wir kaum an eine
Deutung aus der Theseussage denken können. Die
Frau, welche dem Stier eine Schale vorhält, würde
die Zauberin Medeia sein, mit deren Hilfe Jason
die Stiere des Aietes überwindet, wie Purgold die-
sen Vorgang gewiss richtig auf einem zuerst iu den
'■") Eine sonderbare Vermuthung wird in der Besprechung
der Vase 824* von Cecil Smith in dem Journal o/ hell. slud.
S. ü2 aufgestellt. Hiernach soll die Nebeneinanderstellung von
Weib und Thier sich möglicherweise auf diese Deutung be-
ziehen und eine Verbindung der beiden Naturen darstellen,
gleich als wenn die Angabe Plutarohs eine wirkliche Sage und
nicht bloss eine jener in grosser Zahl vorhandenen pragmatischen
L'indeutungcn späterer Zeit wäre.
Anütiiiiles du Bosphore Cimmerien T. 63o, 2 ver-
öffentlichten Vasenbilde aus Kertsch erkannt hat").
Die Frau trägt dort das in der späteren Vasen-
malerei der Medeia eigenthümliciie orientalische
CostUm und hält in der Linken den Zauberkasten,
mit dem sie, mit vorgebogenen Knien vorwärts
gehend, den Stier gleichsam nach sieh zieht. Dass
an Stelle desselben auf unserer Vase eine Schale
getreten wäre, dürfte nicht auffallen, da sie auf
Vasen und Reliefs zur Bezauberung des das Vliess
hütenden Drachens gleichfalls von Medeia ange-
wendet wird.
Nun ist es aber kaum denkbar, dass der Maler
sich zu dem Kampf des Tiieseus mit der krommyo-
nischen Sau, dessen Deutung auf unserer Schale
sicher steht, sein Gegenstück nicht aus der Theseus-
sage gewählt haben sollte. Weil Medeia in einem
ganz anderen Sinne dem Kampfe des lason bei-
wohnt als die sogenannte Phaia der Theseus-
tliat, konnte es einem antiken Künstler und na-
mentlich dem attischen Maler, der die Thaten
seines Natioualheros darstellte, nicht nahe liegen,
beide als Gegenstücke zu bilden. Hierzu bot sich ihm
naturgemäss die zweite Bestie, die Theseus be-
zwungen, der marathonische Stier. Den Kampf des
Helden mit diesem auf unserer Vase zu erkennen,
nöthigt ausserdem die Aehnlichkeit mit der Com-
position desselben Kampfes auf der Metope des
sogenannten Theseion und auf den meisten übrigen
Vasenbildern.
Der Kampf mit der Sau bot die altherge-
brachte Gruppe von drei Figuren, somit forderte
die Symmetrie auch auf der anderen Seite den Zu-
satz einer weiblichen Figur. Und zwar musste
diese vom Stiere weggehen ; denn wie auf jener Seite
der Schale die Composition gleichsam centripetal
ist, war sie auf dieser entschieden centrifugal be-
absichtigt.
Diese weibliche Gestalt Medeia zu nennen, wie
es Michaelis bei dem oben erwähnten Kertscher
Vasenbild -"), das er für eine Darstellung des Kampfes
■') Archäol. Ztg. 1884 S. 163.
•^) Archiiül. Ztg. 1877 S. 75, wo auch ein Holzschnitt des
betreflenden Bildes.
8*
119
M. Mayer, Lamia.
120
mit dem maratlionischen Stier erklärt, getlian liat,
dafür bietet die von ihm berangezog-eue Stelle des
Mythographus Vaticanus I docb einen zu geringen
Rückhalt. Auch die alte Bäuerin Hekale, die den
Helden, ehe er zum Kampfe auszog, freundlich
pflegte und für seine glückliche Rückkehr dem Zeus
Opfer gelobte (Plut. Thes. 14), passt wenig dazu,
der entschieden jugendlichen Figur unserer Bilder
zu einem Namen zu verhelfen. Wir werden uns
begnügen müssen, die Anwesenheit dieser weib-
lichen Figur aus rein künstlerischen Gründen der
Composition zu erklären. Gewiss ist dieselbe beim
Stierkampf des Theseus nicht erforderlich; aber
wenn schon einmal von Theseus die Rede, und der
Kampf des Mannes mit dem Stier nach dem be-
kannten Schema des Stierkampfes des Theseus ge-
bildet war, so hat gewiss der antike Beschauer
die weibliche Figur — falls er sie wirklich nicht
in seiner Erinnerung vorfand, was wir doch niclit
ganz siclier wissen — sich zurecht gelegt und bei
der Erklärung einer Ortsgottheit sich beruhigt, die
aus denkbarem Grunde am Stierkampf sich be-
theiligte. —
Das Mittelbild unserer Schale, mit den Aussen-
bildern in keinem Zusammenhang stehend und
daher liier nicht mitabgebildet, stellt eine Opfer-
scene dar: eine jugendliche langbekleidete weib-
liche Figur steht, das rechte Bein mit leicht ge-
bogenem Knie etwas vorgesetzt, vor einem nur
zur Hälfte sichtbaren Altar; mit der Rechten
streckt sie eine Kanne aus, aus der sie im Be-
griff ist die Spende auszugiessen; die linke Hand
hält einen Gegenstand, den wir am besten als einen
Teller mit pyramidenförmigem Opferkuchen erklären
werden. Eine Kuchenart nvQa/nis erwälmt Athe-
naeus XIV p. 642 f. 647 c, Kuchen in Pyramiden-
form finden sich z. B. auf der Vase Mon. deW Inst.
1860 lav. 37. M. Lehnerdt.
LAMIA.
(Tafel 7, 2.)
Die sonderbare Darstellung, welche auf Taf. 7, 2
wiedergegeben ist, ziert den Bauch einer schwarz-
figurigen Kanne mit weissem Bildfelde, die zu
Kameiros gefunden und aus der Sammlung Bilioti
in den Besitz des Berliner Antiquariums über-
gegangen ist (No. 1934). Das Gefäss reiht sicli
nach Form und Ornamentik') durchaus einer weit-
verbreiteten Classe attischer Töpferpruducte an
und bekundet seinen Ursprung ebenso deutlich wie
zahlreiche andere in Kameiros gefundene Vasen
derselben Sammlung, die sich ohne weiteres als
attisch zu erkennen geben.
Von links her, wo ein Baum sich erhebt und
seine Zweige über die ganze Scene ausbreitet, be-
wegt sich mit vorgestrecktem Oberleib mit dem
') Ks steht bei Furtwängler Beschreibung d. Vusensamnilg.
in dem schwariefigurigen Stil Klasse 2« S. 402.
linken Fuss vorsichtig ausschreitend eine Figur
von wunderlichster Bildung. Der ganze Körper
ist bedeckt von einer rauhen Hülle, die man
nach der Art wie sie gezeichnet ist ebensowohl
als Scliuppen wie als Federn oder Zotten ver-
stehen könnte. An den Extremitäten verliert sich
diese Charakteristik jedoch in kurze, weniger
geschwungene Linien, derart dass an dem rechten
Fusse etwas wie das überhängende Haar eines
Affen, an dem linken ein dem Hühnerfusse ähn-
liches Bild entsteht, während man bei Armen,
Hals und Brust nur den Eindruck starker thieri-
scher Behaarung erhält. Fügt man hinzu, dass die
Figur nachdrücklich als ein Weib gekennzeichnet ,
ist, sowohl durch die Bauchlinie als durch langes
strähniges Haar und tief herabhängende Brüste,
deren eine sichtbar ist, so würde man glauben die
121
M. Mayer, Lamia.
122
Sonderbarkeiten dieser Erscheinung erschöpft zu
iiaben, wenn man niclit scliliesslich nocli bemerkte,
dass sie statt der Hände grosse Tatzen mit Krallen
hat, die sie krampfhaft dem Feinde entgegen-
streckt.
Auf sie zu schreitet nämlich, soweit wie es der
Platz erlaubte d. h. etwa bis zur Mitte des Körpers
siclitbar, ein gewaltiges Ungethüm von ungewöhn-
licher Gestalt. Auf einem Löwenleibe, von dessen
Bug vorn zwei mächtige Brüste herabfallen, um
sich am Bauche in einer Reihe Zitzen fortzusetzen,
sitzt vermittelt durcü einen stiermässigen Nacken
ein menschliches Haupt, bekränzt und wie es scheint
mit massig langem Haar, welches letztere jedoch
nur an den Wangen herabfällt, während das Hinter-
haupt, an welches in pliantastischer Weise sogleich
der Nacken ansetzt, natürlich solchen Schmuckes
entbehrt; übrigens ein Umstand, der nicht hindert,
die vom Ohr aus tief hinabgehende Wellenlinie als
Andeutung einer Locke aufzufassen. Der geöffnete
Mund, aus dem in dünner Linie die dreigespaltene
Zuge sich hervorreckt, ist von einer grossen Linie
umzogen, wodurch anscheinend ein Grinsen her-
vorgebracht wird, in Wirklichkeit aber diese Partie
der eines Thierrachens angeähnelt werden soll.
In ziemlich seltsamer Weise und offenbar ohne
rechten Sinn ist an beiden Figuren die rothe Farbe
verwendet. An Schulter und Bug der Bestie dienen
diese rothen Streifen zur Andeutung der Musculatur,
vor und hinter dem Ohr können sie allenfalls zur
Colorirung der Haare dienen — den letzteren Zweck
haben die Streifen, wie auch sonst zuweilen an
schwarzfigurigen Vasen, ersichtlich in den langen
Haarendes Krallenweibes — , aber welche Bedeutung
an dieser Figur die beiden Querstreifen haben
sollen, der eine über den Oberarm, der andre
parallel darunter bis zur Brustwarze laufend, ist
schwer zu sagen. Sollte damit etwa angedeutet
werden, dass das Fell kein natürliches bondern
nur ein Costüm sei, so war dies jedenfalls die un
günstigste Stelle um die Nähte zu zeigen; bei den
Silenen der Bühne pflegt, was das Einfache und
Natürliche ist, der Abschluss des Felles an den
Fussknöcheln und am Halse markirt zu sein. Es
ist aber wohl klar, dass der Maler sich in diesen
leicht hingeworfenen Pinselstrichcn gefiel und we-
nigstens bei dem unteren der Parallelstreifen ge-
dankenlos gewesen oder verunglückt ist. Auch
in der Zeichnung herrscht ja eine eigenthümlich
flotte und flüchtige Manier, die aber auf einer weit
grösseren Formenbeherrschung und Formenrundung
fusst als man sie im Allgemeinen von schwarz-
figurigen Gefässen selbst dieser späteren Technik
gewohnt ist. Speciell die Frauengestalt mit ihrer
zugleich vorstrebenden und zurückweichenden Be-
wegung würde man, zumal bei solcher Zeichnung
der Beine und Schultern, weit eher auf einer Satyr-
vase des Brygos oder Hieron suchen. Mit dieser
Routine contrastirt — ein in der älteren Kunst
häufiger Mangel — die geringe Naturwahrheit der
Gesichtszüge, und zwar an beiden P^iguren, beson-
ders in der stumpfen, kurzen Nase und den grossen,
in Seitenansicht und viel zu tief gegebenen Augen :
Züge die nicht durch den grotesken Charakter der
beiden Personen, sondern durch wirkliche Unge-
schicklichkeit veranlasst scheinen. Andrerseits kann
doch wieder mit einiger Bestimmtheit gesagt wer-
den, dass der übergrosse, täppisch geöffnete Mund
der Weibsperson eine beabsichtigte und anschei-
nend wohlgelungene Charakteristik enthält.
Aber was ist dargestellt? Rechterseits jedenfalls
eine Sphinx, obschon in der Auffassung eigenartig
genug und zwar nicht bloss durch das Fehlen der
Flügel, wofür es auch sonst Beispiele giebt^).
Weit räthselhafter ist das Weib, das vor dem
sicher einher schreitenden Ungethüm ersichtlich zu-
rückweicht, wenn auch nicht, ohne ihm instinktiv
seine Krallen entgegenzustrecken. Furtwängler
nennt sie eine Sirene, indem er die ganze Dar-
stellnng für eine Caricatur erklärt. Eher Hesse
sich noch eine komische Scene annehmen; denn
der erste Eindruck erinnert an jene Vasen ^), wo
-) Z. B. der etruskische Spiegel Gerhard 11 177 (Overbeck
Her. Gal. Taf. II 9), den Welcker A. D. IH, 88 wegen der anschei-
nenden Kleinheit der Sphinx, die hier nicht auf einer Säule
oder einem Felsen sitzt, und wegen ihrer erhobenen Pfote irrig
in parodistischeni Sinne deutete.
^) S. Jahn Perseus, Herakles, Satyrn auf Vasenbildern und
das Satyrdrama S. 21. Ein Satyrspiel .S"'//;? von Aeschylos
Nauck 7'rayicorum Fragm, p. 59.
123
M. Mayer, Lamia.
124
ein Satyr oder Silen sich vor einer Sphinx zu
schaffen macht und sie gleichsam zu neciien
scheint. Allein eine Caricatur, d. h. eine absicht-
liche Entstellung der Formen, oder auch nur
eine Parodie, wie sie einige bekannte schwarz-
figurige Vasen bieten*), vermag ich nicht zu er-
kennen. Auch hätte der Maler eine Sirene nicht
aller irgendwie charakteristischen Merkmale be-
raubt: für den Mangel der Flügel, die doch auf
der schwarzfigurigen Caricatur des Vögelchors nicht
fehlen, kann man sich, wie wir gesehen haben, auf
die Analogie der ohnehin genügend charakteri-
sirten Sphinx nicht berufen, und für den Vogel-
leib könnte die vorliegende Darstellungsweise kei-
nen erkennbaren Ersatz bieten, auch wenn sie
wirklich Befiederung bedeutete; dass dies aber
nicht der Fall ist, sieht man sowohl an Brust und
Armen wie an den Füssen, deren rechter die schein-
bare Charakteristik des linken Lügen straft und
als blosse Flüchtigkeit erweist. Endlich die mit
Tatzen ausgestatteten Arme für eine Parodie der
Vogel fUsse zu erklären, bliebe immer gezwungen,
selbst wenn es an einer besseren Erklärung fehlte.
Zunächst erinnert man sich, dass am Kypselos-
kasten die Ker in ähnlicher Erscheinung vorgeführt
war: tov Ilolvvelxovg ds onia^sv eOTtjusv döövzas
%E exovaa ovdiv rjfiaQtüTeQOVS ^rjgiov, xai oi xal
xüv xeiQwv slaiv Inixa^insig oi ovvxsg (Paus. V.
19,1,6*). Damit ist uns aber wenig geholfen. Wie
könnte die Ker mit der Sphinx in Conflict gerathen?
Ohne zu wissen, ob unserem Bilde eine komische
^) o) London 659. Journ. o/ hell. stud. \A. XIV, B. 6) Ber-
lin 1830. Gerhard Trinksch. 30. Journ. of hell. stud. pl. XIV A.
c) Berlin 1697. Panofka P.irodien T. I, 4. 5. d) Bull. Nap.
N. S V, T. 7, 1. Vgl. J. Bolte, de tuonwnentis ad Odysseam
pertinentibus, Berol. 1882, p. 4ü.
') Bei dem pergaraenischen Flügel -Giganten der früher in
Konstantinopel, jetzt in Berlin betindlichen Platte müssen die
Vogclkrallen, die er statt der Hände hat, eine Anspielung
auf den Namen enthalten, wie bei dem löwenhäuptigen, in dem
Conze trefl'end den Leon erkannt hat; es ist vermuthlich Alkyo-
neus gemeint, den die hellenistische Sage (Hegesander Fr. 46)
wirklich mit den Eisvögeln in Beziehung setzte. Bei dem Giganten-
könig Porphyrion, der ohnehin wahrscheinlich in der Zeus-
grujipe zu suchen ist, wiire eine solche Anspielung auf den gleich-
namigen Vogel nicht ohne Absurdität möglich gewesen (nomen
hallet ma(jni volucris tum parva Giijantis. Marlial XIII 78); sie
würde in das Bereich des Komischeu fallen (Aristoph. Vög. 1252).
Scene zu Grunde liegt oder nicht, verlangt man doch
unwillkürlich eine minder ernsthafte Persönlichkeit
als die Ker und womöglich eine solche, von der
irgend welche Fabeln im Umlauf waren. Da bietet
sich denn meines Wissens nur eine, die allen oder
doch den meisten Bedingungen gerecht würde:
Tig — TOVvof.ia TovnovaiöiaTOv ßqoToig
ovx oida yta/.tiag tfjg yiißvotixtjg ytvog;'^)
Kaum ein andrer weiblicher Däniou ist im
Volksleben des Alterthums so populär gewesen und
es bis in die spätesten Zeiten geblieben wie dieses
kinderraubende Gespenst, mit dessen Namen man
wie mit dem der Mormo, die aber keine Mythen hat,
die Kleinen schreckte. Euripides, dem die citirten
Verse gehören, Hess ihn in einem Satyrspiel den
Prolog sprechen. Aristophanes erwähnt den schmutzi-
gen Unhold mehrfach, und schon Krates hatte ihn
in einer eigenen Komödie behandelt'). Dieses ge-
frässige Weib, welches in einer Höhle wohnte und
wenn es nicht auf Raub ausging, seine Augen in
einen Sack zu tliuu pflegte *), war für komische Be-
handlung wie geschaffen: es galt für ebenso lüstern")
wie hässlich'") und liebte unmässig den Wein").
Vielleicht ist es hier am Orte, sich zu erinnern,
dass gerade Krates der Erste gewesen sein soll, der
Betrunkene auf die Bühne brachte'^); und die
trunkene Alte blieb ja eine stehende Figur der
komischen Bühne. Bei Aristophanes Vesp. 1177,
'') Em- Fr. 914. So und obenein mit felilerhafter Auf-
lösung der Krasis im dritten Wort ist überliefert; evident
richtig hat Meineke il^ lova'ov öroftet hergestellt. Dass es ein
Stück von Euripides Namens Lamia (Nauck p. 402) nicht gab,
darüber s. Wilamowitz Anal. Eur. 159, der später die obigen
Verse sehr passend in den Busiris gesetzt hat.
') Meineke Com. II, p. 240. Kock I, p. 136.
8) Plut. de curios. 2. Diod. XX, 41 nuch Durh nt^lUyn-
nox).(ovi (vgl. 104, 3. XXI, 6. 8).
5) Philostr. vita Apollon. IV, 25 p. 165: fotöai ä'nvrm (vgl.
Anm. 20) xal üifnoäinCuiv fJ^v, aatjxiöv tS't /jahma iiv!li>(anflu)v
foiüai xn'i nttliuouat lolg ct<fgoöin(oig, ofc's uv flkilotni da(aaaHtti.
Man denke auch an die beiden Lamien bei Apuleius Met. I,
17. V, 11. Dass Aristophanes ihr burlesker Weise grade öp;^f/c
zutheilt Vesp. 1035, Fried. 758, scheint nach derselben Rich-
tung zu deuten.
"•) Duris b. Schol. Aristoph. Wesp. a. O., Fried, a. 0.,
Schol. Aristid. 111, p. 42. Paroemiogr. ed. Leutsch II, 498.
") Diod. a, 0. Dazu passt olxoi fjiv itöiiv TViflrjV (Plut.).
'-) Anonymus nt(>i xiofUiid'tn; p. XV Dübner.
125
M. Mayer, Lamia.
126
dem vielleicht die Fabel des Kratcs vorschwebt,
ist die Rede davon ilg rj y/ä^u' äknva e7t£Q<hzo.
Horaz in der Ars poetica 340, wo er zuvor auch
vom Satyrspiel gesprochen, bezeugt aus solchen
Lamia- Possen ein höchst burleskes Motiv: man
schneidet der Megäre den Bauch auf, und siehe da,
ein lel)endiges Knäblein, das sie „zum Frühstück"
verspeist hatte, kommt zum Vorschein.
Wie sollte nun ein Vasenmaler mit seiner be-
schränkten Technik den halbthierischen Charakter
der Lamia — rrjv owiv amrjg d^7]QicüÖ7]") — besser
kennzeichnen als durch ein zottiges Fell — ähn-
lich wie die Phaia der Londoner Theseusschale '^)
durch starke Hehaarung ausgezeichnet ist — und
ganz besonders durch Krallen; denn dass sie ihre
Opfer auch zerfleischte, wird ausdrücklich gesagt:
Laniias qiias fabitlae iradimt infaiiles corripe.re ac
laniare solilas^'-) (Isiodor Etymol. VIII 11, 102).
Auch verkennt man in dem grossen geöffneten
Munde nicht die Andeutung des gefrässigen Cha-
rakters, der schon in ihrem Namen liegt. Ich muss,
um einem naiieliegenden Einwände zu begegnen,
hinzufügen, dass die Empuse und die Mormo, Spuk-
gestalten, die oft mit der Lamia zusammengeworfen
werden, den für sie charakteristischen Eselsfuss im
5. Jahrhundert noch nicht haben'"), wie auch die
Verwechselung mit Lamia") und die Mehrheit von
Lamien einer späteren Zeit angehört. Bildliche
Darstellungen dieser Wesen, besonders der Lamia,
sind aber bis jetzt nicht bekannt.
Was soll aber die Gegenüberstellung mit der
Sphinx? Eine bestimmte Situation, wie sie die
Fabel oder die Bühne an die Hand gab, ist jeden-
falls gemeint. Man kann sich etwa denken, dass
13) Diod. a. 0.
'■') Journ. of hell. slud. pl. X. Vol. II, p. 59.
'^) Sollte die zweite Eigenschaft wirklich hlos um des ety-
mologischen Schlusses willen (a laninndo specialüer diclas) er-
funden sein? Auch der Erklärer des isidor, Arevali , giebt eine
ganz willkürliche Etymologie ,« i.rif/i] quae est sordes oculorum',
und doch stützt er sich, wie man sieht, auf einen überlieferten Zug.
1*) S. Aristoph. Frö. 288 ff. — Dass die Eselsfüsse später
auch auf Lamia übertragen wurden, dafür scheint Scbol. Cruq. z.
Horaz A. P. 340 der einzige Zeuge zu sein.
1'^) Jedoch theilt Lamia mit der Empuse schon früh die
Fähigkeit jede Gestalt anzunehmen (vgl. Arist Frö. a. 0. und Schol.
Arist. Fried. 758)
die Megäre, die besonders Knaben und Jüng-
linge liebt, um sie dann zu verspeisen, in der
Sphinx, die plötzlich vor ihren Blicken auftaucht,
eine furchtbare Rivalin findet, und es käme nur
ein beliebtes Komödienmotiv zur Anwendung, wenn
nun die Megäre selber von dem Ungethüm ge-
fressen würde: die Alte, rjv zo xrJTog ija&iev ist
aus Phrynichos (Aristoph. Wölk. 556) und den
Späteren"*) genugsam bekannt. Man wünsclit aber
auch ungefähr zu wissen, wie und wo sich die
beiden überhaupt begegnen konnten. Nach der
verbreitetsten Version, die auf Duris zurückgeht'^),
haust die einstmals schöne""), von Zeus geliebte,
aber durch die Eifersucht der Hera zur Megäre ge-
wordene Lamia in Libyen, also derselben Gegend,
welche schon von Euripides angegeben wurde ^').
'«) Platu, Meineke Com. II, p. 634, 1. Kock Fr. b6 (I,
p. 616). Vgl. Ameipsias, Mein. 705, 3. Kock Fr. 7 (672).
") S. Anmkg. 10. Phot. Lex., Suid. s. v., Villoison Anecd.
p. 274 f.
"") Vgl. für diesen Zug auch Philostr. a. 0. >; /(»JT^ vvatfr)
ulu itüv ffiTjovaMv iaiir, as i.aui'ag rt xci'i /noijuolvxia; ot
Tiokloi rjyovt'jcti. Dabei verdient wohl bemerkt zu werden, dass
die Empuse des Aristophanes Frü. 288 den Menschen ausser in
anderen Truggestalten auch als ein blühendes junges Weib er-
scheint. Goethe im Faust II (in der Peneios-Scene) hat dies für
die Lamien benutzt, doch anscheinend an der Hand des Philostratus.
'-') Von den Zeugnissen (Anm. 19 und 10), die sich sogar
in der Fassung wesentlich an die Aristophanes-Scholien anlehnen,
nennt Schol. Aristid. die Lamia eine ylißvnan yvvi] und beginnen
die Lexica luvirir (v jrj Aißvrf Aovoii h' ß' Aißvxtuv larooil
. . . yirfaOat, während in Schol. Ar. Wesp. (r jfj Aißv\] fehlt.
Wenn nun der ausführlichste Bericht, Schol. Ar. Fried., so be-
ginnt: Xiynai öl i], .U'tuia Brikov xai Aißvtjs Ovyiirrjo, i);
f(jcin!Hji'ni luv Jiit ifttalv, finccyttytTv öi ciinr]V ano -4ißvris
tl; ' iTtü.tttr, ü(f' f); xa'i ttÖXi; h' ' hakin Ai'ifiin \^,li<uog'i] TiQog-
uyoQfvtTdi, so kann dies freilich ein nachträglicher Zusatz sein;
ebenso möglich aber, ja wahrscheinlicher ist das folgende Ver-
hältniss. Duris Hess die Lamie unzweifelhaft in Libyen hausen,
da die Geschichte unter seinen andern Aißvxii (vgl. Fr. 34—36
Müller) ligurirt und bei Diodor speciell an eine libysche Oert-
liehkeit angeknüpft wird. Diodors Quelle sagt aber; or» d* xccia
iijl' Aißvriit y^yoi'H' nviJ] xcd i6)' Eviii7iiät)V äfiiai tiq uv
/JC<(jivoovvja, eine Berufung, deren Anlass und Nothwendigkeit
man nicht einsieht, wenn damit nicht auf eine abweichende
Version, eben die italische, Rücksicht genommen wurde. Diese
Beziehung ist aber in Diodors Excerpten verloren gegangen
ebenso wie in dem Aristophanus-Commentar vermuthlich die Ent-
scheidung zu Gunsten Libyens. — Die Euripideische Darstellung
unterschied sich übrigens von der vorliegenden in mehreren Punk-
ten. Bei Duris sterben der Lamia durch Heras Hass alle Kinder,
bei Euripides dagegen muss sie entweder nur eines gehabt oder
wenigstens dies eine behalten haben, nämlich die Sibylle. Diese
127
M. Mayer, Lamia.
128
Da nun die Kenntniss von dem ägyptischen Ur-
^pl•ung der Sphinx, wenn auch vereinzelt, sich be-
nierlibar macht {snifKf&rj t) ~q'iy^ To7g Gijßalocg
ano züJv laxäziüv (.ieqwv T^g ^l&ioniag Pseudo-
Pisander, Schol. Eur. Phoen. 1760), so stände
hiernach nichts im Wege, als Localität für die vor-
gestellte Scene Afrika anzunehmen. Aber ich weiss
nicht, ob wir jene Kentniss schon für das fünfte
Jahrhundert, die Zeit unserer Vase, voraussetzen
dürfen. Auch wird man a priori eine weniger
entlegene Oertlichkeit vorziehen, zumal wenn sich
eine solche wirklich darbietet. Ich spreche nicht
von Italien, wohin die Sage frühzeitig gewandert
ist: Stesichoros (Fr. 13) kannte die Lamia dort
als Mutter der Skylla; eine Gegend bei Akrai, ver-
nnithlich ein Hügelpaar, hiess ylaf.iiag i-iaa&oi (GIG
gilt merkwürdiger Weise lür ihre Tochter bei Paus. X, 12,1:
iiv iH'yitJ^Qcc ' EkkrjVfg ^1ibg y.ctl .4itfAiug i^f Iloanäiövog i/naiv
ih'cci neu /Qrjauovg re niT'jl' yvveiixwi' nnanijv (Jnai xk'i vtjö
jtüv jtißviiiv ^'i'ßv)J.{iv )Jyouaiv övofiaaOrjvai, ebenso bei Plut.
Pyth. or. 9 jfjii jiQtÖTyjv 2^ißvllav — h'ioi ä( ifctoiv Ix MaXifoiv
iiq ixiaHui ^'Iii^ufag oiauv xlvycii^Qa jijg Hoatiöiüvog, desgleichen
bei Suidas (nach Hesych; Maass de Sib. ind. p 53). Da nun
die Erwähnung der libyschen Sibylle bei Euripi<les (Nauck Trag.
Frngm. p. 402) in den oben citirten Prolog der Lamia (Fr 914)
gehört, so kann die seltsame Verbindung der beiden Personen
auch hier — darauf führt schon die Euripideische Prologuianier —
nur die genealogische gewesen sein. Ist dies richtig, so muss
auch wohl die Herkunft der Lamia von Poseidon bereits Euri-
jjideische Ueberlieferung sein. Diuis scheint als ihre Eltern viel-
mehr Belos und Libye genannt zu haben. — Wenn die höchst
wahrscheinliche Annahme, dass das fragliche Stück des Euripides
der Busiris sei, zuiriift, so würde die Erwähnung der Sibylle im
Eingang ungemein an die übrigens ebenfalls in Libyen spielende
Helena desselben Dichters erinnern, wo gleichfalls die Ankunft
eines griechischen Helden bei fiemdentötenden Barbaren er-
wartet und von der prophetischen Theouoe vorausgewtisst wird;
ein Motiv, worauf sich denn vielleicht auch hier die Anlage des
.Stückes und die Rettung des Helden aufbaute. — Maass a. a. O.
p. Gl geht wohl zu weit, wenn er annimmt, Euripides habe nur
dieErythräische Sibylle gekannt und gemeint, die nach Eratoothenes
in Libyen geweilt haben soll. Die Sibylle, deren Ursprung
Maass mit Hecht von Kleinasicn herleitet, whrde wohl, da sie
eine mythische Figur ist, von altersher noch an mehr Orten
localisirt als sich an der Hand der Zeugnisse erweisen lässt.
Andrerseits lässt sich z. B. in Bezug auf die Gergithische Sibylle
bemerken, dass die Münzen der Stadt, die allerdings um ein paar
Jahrhunderte älter sind als der Zeuge, nicht wie Phlugon bei
Steph. B. u. rdiyig behauptet, die Sphinx und die Sibylle zeigen,
sondern die Sphinx und einen sehr weiblich aussehenden Apollo
mit Halsband L'ebrigens gab es an der Küste der Troas ein
paar Inseln, die den Namen Lamiue führten (Plin. N. H. V, 138).
III, 5430"). Aber was hätte die Sphinx dort zu
schaffen? Halten wir uns vielmehr an das Mutter-
land, so finden wir den Mythus heimisch in Trachis'^),
wo sie Königin gewesen sein soll, und vor Allem
in Delphi. Nikander (bei Anton. Lib. 8), der so
manche Ortssage bewahrt hat, berichtet, dass die
Lamia am Fusse des Paruass in einer Höhle des
Kirphis- Gebirges hauste. Hier also können sich
Lamia und Sphinx so gut begegnen wie Oidi-
pus mit Laios. Die Kenntniss der näheren Um-
stände fehlt uns freilich. Immerhin macht der
Baum, der auf dem Vasenbild sich über Lamia
hinrankt "^), sowie die ganze Art der Begegnung
den Eindruck, das.s wir uns vor der Behausung
der Lamia befinden, nicht in Theben. Und die
Sphinx, deren Sage ja einen ihrer Schwerpunkte
in Delphi hat, kann, auch wenn sie aus dem Osten
kommt, gleich Kadmos und dem Delphischen Apoll
den Weg über diese Stätte nehmen. —
Lamia war nicht von jeher der Kinder raubende
und schreckende Popanz. Sie muss, ehe sie so
entstellt wurde, eine ernsthafte Figur gewesen
sein. Nicht sowohl darum, weil der Mythus sagt,
sie sei einstmals von hervorragender Schönheit ge-
wesen; denn diesen Rückschluss zog nur die nimmer
ruhende, stets fabulircnde Volksphantasie aus der
abstossendeu Hässlichkeit, für die sie einen Gruud
suchte; das gilt von der Lamia so gut wie von der
Meduse, die ja von Anfang an eine Fratze war.
Aber Niemand kann sich für die Dauer der Ueber-
zeugung verschliessen, dass gerade die groteskcsten
Erscheinungen der hellenischen Mythologie aus
alterthümlichen Göttergestalteu hergeflossen sind,
die allmählig von jüngeren Vülkerschichteu miss-
-'-') Die Uebertragung nach Sybaris bezeugt Nikander, dem
zufolge Sybaris ein anderer Narae der Lamia war. Vgl.
Anm. 21.
-■') Etym. M. s. V. Vgl. die Anm. 21 angeführte Plutarch-
stelle, wo fx Mttkidov unzweifelhaft richtig von Alexandre
{exerc. ad Sibi/Uin. etc. Paris 18ÖG p. 42) für das überlieferte
fg MuXtm'a (Plut) oder IVlnhcäuiv (C'lem. AI. Str. 131 S.) emcn-
dirt ist. Davon wohl zu unterscheiden ist die Diodor'sche Dar-
stellung, welche obwohl auf Duris fussend mit bewusstem Ratio-
nalismus aus der Fabelgestalt eine böse Königin macht.
-■■) iii'iiioy ^1' iv/^(}'f!ltg xirroi xiii a/jO,ctxi avvr'iunpig.
Diod. a. O.
129
M. Mayer, Laiuia.
130
verstandeu und entstellt wurden. Gewiss nicht der
Popanz, sondern die „Königin" von Trachis ist es
gewesen, wonach sich die benaciibarte Stadt Lamia
benannte. Von einer der Lamia ganz verwandten
Spukgestalt, der Empuse, ist sich das fünfte Jahr-
hundert noch der Identität mit Hekate bewusst"').
Bei der ganz gleichartigen Mormo, die, wie be-
zeugt wird, ein korinthischer Dämon war'"^), kann
man sich mit 0. Müller") an das äel/aa erinnern,
welches zu Korinth an dem uralten , Grabmal' der
Medeia zu sehen war (Paus. II 3, 6). Es wird dies
— auch das Medusenhaupt ist ja ursprünglich nichts
Anderes — eines jener ältesten Idole gewesen
sein, die oft nur das furchtbare Angesicht der Gott-
heit zeigten, dergleichen Masken ausser im Diony-
soskult, wo sie sich am längsten erhielten, besonders
im Kreise der Demeter nachzuweisen sind: so bei
der infernalischen Demeter von Pheneos (Paus. VIII
15, 1), bei Praxidike d. i. Persephone"'), bei De-
meter, Persephone und Dionysos in Phlius (Paus. II
11, 3). Danach ist denn auch das Wesen der
Lamia zu beurtheilen. Man erinnere sich an Er-
scheinungen wie die Demeter Idödrjcpayla, d. i. Viel-
") Aristoph. Fr. 500. 501 Kock; p. 1153 f. Meineke:
A. — /9ovitt &' 'Exärrj
B. iC xakfis Tiji' "Eunovnay;
Vgl. Arist. Frö. 288, wo die Empuse in der Unterwelt weilt.
26) Schol. Aristid. III p. 42.
2^ Zu den Eumeniden S. 141,7.
28) Phot. Lex., Suid. s. v.; Welcker Götterl. III, 24.
frass, die in Sicilien verehrt wurde (Polemo Fr. 39
Preller). Dort scheinen auch die „Brüste der
Lamia" auf eine Erdgottheit hinzudeuten, wie denn
die riesigen Brüste der Lamia sich noch in neu-
griechischen Märchen erhalten haben "). Und man
wird wenigstens nicht läugnen können, dass der
Name der ldX(fi%iö, die ebenfalls ein kinder-
schreckendes Gespenst war ^^), genau in der gleichen
Richtung liegt und erst von da aus Licht erhält.
Beiläufig sei bemerkt, dass die durch Gefrässigkeit
ausgezeichneten Unholde und Riesen, wie der mit
Demeter eng verbundene Erysiclithon, Idas, Amykos
(Theokr. 24, 115), Bupliagos^') und der Laistry-
gonenhäuptling ^o^aog'^), im Vergleich zu der
Göttin eine etwas jüngere Sagenstufe repräsentiren,
gleichwie den Aloaden ") eine Demeter Irilioäg vor-
aufging.
Maximilian Mayer.
2') B. Schmidt, das Volksleben der Neugriechen S. 134.
Derselbe Zug wie der dort berichtete soll in dem Märchen von
einer Drakäna und in einem anderen von den Schwestern der
Sonne vorkommen. Das kann möglicher Weise von Bedeutung
sein. Lamia ist bei Nikander ein !h]nlov fi^ya xal vTinjtfv^g.
Tertullian adv. Valent. 3 spricht von Lamiae turres et pectines
Solls.
20) Plut. de Stoic. rep. 15.
^') Paus. VIII, 27, II; er ist Sohn eines Titanen und
frevelt gegen Artemis.
•'-') Mit diesem Namen hängt es zusammen, wenn bei Schol.
Theokr. XV, 40 Lamia gerade Königin der Laistrygonen ge-
nannt wird; vgl. Schol. Ar. Fried. 758.
2'') Ephialtes ist übrigens auch eine Spukgestalt.
Archäolog. Ztg. Jahrgang XLTII.
131
132
GRIECHISCHE VASEN
DES S. G. GEOMETRISCHEN STILS.
(Tafel 8.)
Bei meiner Anweseubeit im Museum von
Kopenbagen im Jabre 1883 sah icb die beiden
hier wiedergegebenen Vasen aus Athen vom Dipy-
lon, die der Director Herr Etatsratb L. Müller mit
freundiicber Bereitwilligkeit zeichnen zu lassen
gestattete.
Es sind ohne Zweifel zwei der merkwürdig-
sten Gefässe ihrer Art, mit ungewöhnlich reichem
figürlichem Schmucke ausgestattet, eine bedeutende
Erweiterung der immer noch ziemlich seltenen
Classe mit menschlichen Darstellungen. Zu dem
beschränkten Kreise der bisher bekannten Bilder
dieser Art, die uns nur Leichenfeierlichkeiten,
Wagen- und Kriegerzüge, tanzenden Chor, See-
schlacht und Männer mit Pferden zeigten '), treten
hier mehrere ganz neue Stoffe.
1. Die eine der Vasen (1 ^) ist eine Kanne von der
schönen ja eleganten Form (1 c), die wir auch sonst
zuweilen in diesem Kreise treffen'). Der Hals(la)
zeigt als Bild einen Mann zwischen zvcei Pferden,
die er am Zügel hält; an seiner Seite ist das
Schwert und auf dem Kopfe der Helmbusch ange-
deutet. Es ist dieser Mann mit den zwei Pferden
') S. den Catalog von G. Ilir.ichfeld in den Annuli d. Inst.
1872 p. 137ff. ; Dumont, les ce'rami'/ues de la Gr. pr. p. 96 f.
2) Nr. 1628. Höhe 0,23.
=) Vgl. Mittheil. d. atben. Inst. 1881, Taf. ,3. Conze An-
fänge Taf. 4.
ein bekannter Typus, den wir sowohl auf anderen
Vasen dieser Gattung (z. B. Annali d. Inst. 1872,
Tav. I, 1) als sonst in der archaisch griechischen
und etruskischen Kunst finden. — Auf dem Schulter-
streif darunter (1 &) ist ein in der Gattung dieser geo-
metrischen Vasen neues, aber sonst in der ältesten
und älteren griechischen Kunst allgemein beliebtes
Bild gemalt, die Verfolgung eines Hasen durch
laufende Hunde, worüber man vgl. Arch. Ztg. 1881,
S. 33ff. 1883, S. 155. 161.
Das Hauptbikl läuft in einem ununterbroche-
nen Streifen um den Bauch der Vase; es stellt einen
Kampf dar, in dessen Mitte sich ein Schiff befindet;
doch ist es keine Seeschlacht, wie sie in den be-
kannten Fragmenten vom Dipylon (Mon. d. Inst.
IX, 40) erscheint, sondern der Kampf eines gelande-
ten Schiffes und seiner Besatzung gegen Krieger
am Strande. Wasser und Land zu unterscheiden
hat der Maler unterlassen; die Zickzackstreifen
dienen nur zur ornamentalen Raumfüllung wie in
den andern Bildern; doch ist offenbar das Schiff
auf beiden Seiten von Land umgeben dargestellt.
Es ist ein Ruderschiff; links ist das aufgebogene
Hintertheil ziemlich erhalten; hier sitzt auf dem
Verdecke der Steuermann und ist im Begriffe zu
steuern; die hinter ihm emporragenden drei Pfähle
oder Ruder weiss ich nicht zu deuten. Leider ist
das Vordertheil des Schiffes verloren gegangen, und
133
A. Furtwängler, Vasen geometrischen Stils.
134
wir wissen deshalb nicht, ob es wie die anderen
auf den Dipylonvasen dargestellten Schiflfe einen
e'ußolog hatte oder nicht ^); der erhaltene Rest eines
nach aussen gekrümmten kammartigen Abschlusses,
der einem Pferdehals gleicht, lässt indess eine ganz
verschiedene Gestalt dieses vorderen Schiffsendes
vermuthen. Auf dem Deck vertreten zwei Männer
die Besatzung, die von zwei Seiten angegriffen
wird und sich nach beiden zu vertiieidigen ge-
zwungen wird. Einige von der Schiffsmannschaft
waren schon ans Land gestiegen und sind hier
bereits erlegen. Die Vertheidiger im Schiffe tragen
den ausgeschnittenen Schild, der wie gewöhnlich den
Körper bis gegen die Kniee deckt; er erscheint hier
nur umgehängt, indem die Männer mit beiden Armen
Angriffswaffen tragen. Auch sonst zeigen Dipylon-
vasen und selbst Kampfscenen mykenischer Monu-
mente die Schilde zuweilen nur umgehängt und
beide Arme in Action'*). Der eine der Männer
schwingt Schwert und Lanze; der andere, dessen
Schwert noch an der Seite hängt, schiesst mit dem
Bogen. Von rechts stürmen zwei Krieger heran,
der vordere mit Lanze, der andere mit Schwert.
Dann folgt eine sehr merkwürdige Figur; es ist
ein Gefallener, der nach rechts vornüber gestürzt
ist. — Offenbar gehörte er zur Besatzung des
Schiffes; er ist von dem üblichen ausgeschnittenen
Schilde bedeckt und hat einen Helmbusch. In
seinem Kopfe steckt ein kurzer Speer (kein Pfeil,
denn Pfeile sind hier mit Widerhaken gebildet);
die zwei schräg nach seinem Oberkörper gerichte-
ten Stäbe möchte man nach ihrer Form ebenfalls
etwa für Speere halten ; dann müssen auch die
unten in der Diagonale dazu angebrachten Striche
für solche angesehen werden; die Beine waren
wohl auf dem verloreneu Stücke dargestellt, die
Arme sind ganz unterdrückt. Von rechts kommt
ein Krieger mit Bogen und Pfeil. — Betracliten wir
nun die Seite vom Schiffe links, so kämpft zu-
nächst ganz nahe demselben ein Manu mit dem
*) Vgl. Heibig, (1. homer. Epos S. 56. 114. Annali d. Inst.
1880 p. 126ff.
*) Vgl. den mykenischen King bei Helbig, homer. Epos
S. 220, 79; das Schwert ebenda S. 232.
Schwerte und vorgehaltenem kleinem Schilde; hinter
ihm liegt ein rücklings gestürzter Angreifer, von
der Lanze eines der Schiffskämpfer durchbohrt;
er trägt das Schwert an der Seite und ist vom
Schiide bedeckt. Das zunächst Folgende ist zu frag-
mentirt um sicher gedeutet zu werden; deutlich ist
dann wieder die Figur eines Kriegers nach rechts,
der zwei Lanzen hält und Schild und Schwert um-
gehäugt hat. Dann ein wie es scheint nach vorn
fallender Mann, der an den Schenkeln von Pfeilen
getroffen scheint; in der Rechten hält er noch seine
Lanze und ist mit dem Schwerte umgürtet.
Es ist das Bild eines kriegerischen, seefahren-
den Stammes, das der Vasenmaler vor Augen ge-
habt haben muss, das Bild unternehmender Männer,
die an fremden Küsten landen und harte Kämpfe
zu bestehen haben.
2. Das zweite Gefäss (2) ist eine Schüssel mit
hohen Henkeln") deren Form (2a), bisher noch
nicht publicirt war. Die Henkel sind breit und an
den Aussenflächen mit Bildern geschmückt. Der
bandförmige Streif ist in Quadrate getheilt, die ab-
wechselnd mit einem Schwan oder dem in dieser
Decoration so beliebten Vierblatt bemalt sind. Auch
der etwas eingezogene Rand der Schüssel ist in
Vierecke getheilt — fünf auf jeder Seite — , die
gegen einander durch einen verticalen Streif von
Kreisen mit Centralpunct getrennt werden. Die
Bilder der einen Seite sind streng symmetrisch
angeordnet: in der Mitte liegendes Reh, rechts und
links das Vierblatt, an den Enden je zwei Schwäne,
die sich gegenüberstehen. Die Bilder der anderen
Seite sind willkürlicher angeordnet: an den Enden
je ein Reh, das den Kopf umwendet; das liegende
Thier ist hier ein Hirsch, der auf den Vasen dieses
Stils selten ist. Die liegenden Rehe mit umge-
wendetem Kopfe erscheinen auch auf dem Henkel
der Annali 1872 p. 144 Nr. 43 beschriebenen grossen
Vase mit der Protliesis des Todten. Der Typus
findet sich indess auch ganz gleich auf babyionisch-
assyrischen Cylindern'), was wohl hervorgehoben
6) Nr. 727. IIGhe 0,13.
■) Z. B. auf Nr. 45 der Petermann'schen Sammlung in Berlin:
q *
135
A. Furtwangler, Vasen geometrischen Stils.
136
zu werden verdient. Das meiste Interesse bietet
jedoch der an Stelle des grössten Umfangs der
Vase angebrachte Bilderfries jeder Seite. In der
Mitte der einen Hälfte sehen wir eine Gruppe,
die trotz unbehülflichster Zeichnung zwei Löwen
erkennen lässt, die einen mit dem Schwerte aus-
gerüsteten Blann verschlingen, indem sie ihn — in
einer übrigens sehr unwahrscheinlichen Stellung —
an Kopf und Hintern mit den Zähnen gefasst und
emporgehoben haben, wobei sie mit dem einen
Vorderbeine etwas nachhelfen. Die hier in den
ungeschickten Vasenstil — der die Darstellung von
Löwen sonst ganz ausschliesst — übersetzte Gruppe
ist im wesentlichen dieselbe, die wir auf einem
Goldrelief gefunden haben, das aus einem Grabe
derselben Art vom Dipylon stammt und unserer
Vase ungefähr gleichaltrig ist (Arch. Ztg. 1884,
Taf. 9, 2, vgl. S. 103 und über Löwenkämpfe
ebenda 1883, S. 159 ff.). — Rechts davon steht ein
nackter Mann mit einer Leier, der Kitharis oder
Phorminx der alten Zeit mit nur vier Saiten. So
sicher dies letztere ein Zeichen relativen Alters der
Vase ist, so wenig kann es doch zu einer genauen
Zeitbestimmung dienen, denn obwohl Terpander
um Ol. 26 das siebensaitige Instrument eingeführt
zu haben scheint, so wird das einfachere doch nicht
gleich verschwunden sein. Es mag indess daran
erinnert werden, dass auf der alten melischen Vase
bei Conze, Mel. Thongef. Taf. 4 und im Hymnus
auf Hermes V. 51 bereits die siebensaitige Leier
erscheint. Vor jenem Manne nun stehen zwei offen-
bar weibliche Figuren mit Krügen auf dem Kopfe
und Zweigen in den Händen; es sind Hydrophoren,
die ja auch auf den attischen Vasen gewöhnlich
Zweige halten. Der eine Arm der Figur rechts
wird durch den Rand abgeschnitten; die beiden
Mädchen scheinen dadurch und durch die für den
Tanzreigen typische Art sich die Hände zu geben
als Theil einer längeren Reihe, eines Choros be-
zeichnet, zu dem der Leierspieler die Musik macht.
Bekanntlich zeugen zahlreiche Terracotteufunde*)
Darstellung einer .Jagd, darunter der liegende Hirsch mit um-
gewendetem Kopfe.
') Besonders aus dem Ileiligthum in Tegca, s. Nuove
davon, dass Hydrophoren in griechischen Heilig-
thümern chthonischer Gottheiten, deren Gebräuche
zumeist sehr alterthümlich zu sein pflegten, zum
Cultpersonale gehörten; es sind Mädchen, die
Wasserkrüge auf dem Kopfe tragen, wie die hier
dargestellten, und man möchte vermuthen, dass auch
diese letzteren nebst dem sie begleitenden Leier-
spieler im Dienste eines Cultes gedacht sind. —
Die Mädchen sind hier wie nackt gebildet; da-
bei müssen wir aber wohl bedenken, dass dieser
Stil nur ein gleichsam abstractes Bild menschlicher
Gestalt giebt ohne Rücksicht auf Bekleidung, und
dass der Maler wohl nur weibliche Figuren über-
haupt, nicht aber nackte Frauen malen wollte; das-
selbe müssen wir bei der Vase mit dem Leichen-
zuge Mon. d. I. IX, 39 annehmen. Ein anderer
Maler desselben Kreises freilich malt deutlich be-
kleidete Frauen (ebenda 39, 2).
Links von der Löwengruppe sehen wir einen
Zweikampf mit dem Schwerte; die beiden Gegner
sind nackt und fassen sich gegenseitig am linken
Arm, während sie mit der Rechten gegen einander
zu stechen suchen. Es dürfte eher nur ein Waffen-
spiel als wirklicher Kampf gemeint sein. Der Zwei-
kampf als Agon war bei den Arkadern, speciell
den Mautineern Brauch (Hermippos und Ephoros
bei Athen, p. 154 d) und kam auch anderwärts bei
den Griechen vor (s. ebenda); alte Sitte war der
Zweikampf bei den Festen auch in Etrurien, von
wo er zu den Römern kam (Nikol. v. Damask. bei
Athen, p. 153 f.). — Weiter links befindet sich noch
eine Gruppe: es stehen sich Mann und Frau gegen-
über; letztere ist etwas kleiner als jener; sie hält
mit beiden Händen einen langen Zweig und er
greift nach ihren Händen; er trägt das Schwert um
die Hüfte. Die Gruppe erinnert sehr an den in
der altgriechischen und altetruskischen Kunst be-
liebten Typus, wo wie hier ein Mann links und
Memorie d. Inst. tav. 6, 6; Mitth. d. athen. Inst. IV S. 171 ; Votiv-
relief beschr. Arch. Ztg. 1883 S. 225; aus dem Ileiligthum in
Knidos Newton Discoveries pl. 46, 4. 47, 1; ferner aus Athen,
Megara, Theben, Atalanti und andern Orten, wo das Ileiligthum,
aus dem die E"iguren stammen, nicht mehr genau bekannt ist.
137
A. Fiirtwänglcr, Vasen geometrischen Stils.
138
eine Frau rechts stellt und er gegen sie etwas zu-
dringlich zu werden versucht').
Die andere Seite entlüilt drei Gruppen. In der
Mitte stehen sich zwei unbewaffnete Männer gegen-
über, deren Handlung nicht ganz deutlich ist; doch
dürfte man am ehesten Faustkämpfer in ihnen
sehen. Links davon ist ein Tanz zweier Bewaffne-
ter dargestellt, dem ein dritter, der indess nur das
Schwert trägt, zusieht. Die Tänzer, eben in einem
Sprunge begriffen und mit beiden Sohlen über der
Erde schwebend, sind vom Schilde bedeckt, der
die übliche ausgeschnittene Form hat, und tragen
jeder zwei Lanzen, wie denn die Bewaffneten auf
den Vasen dieses Stiles in der Kegel zwei Lanzen
führen. Auf der anderen Seite war ein einzelner
Tänzer in einem noch viel stärkeren Sprunge dar-
gestellt; sein Oberkörper fehlt leider und man sieht
nur die emporgezogenen Beine. Sein Tanz wird
von den Tönen einer Leier begleitet, die ein Mann
zur Linken spielt; rechts befinden sich zwei nackte
Männer, die beide gleichmässig die linke Fuss-
sohle heben und die Hände aufeinander legen; sie
sind offenbar in leichtem Tanzschritte begriffen und
scheinen durch Klatschen mit den Händen den
Ehythmus für Tanz und Musik anzugeben; ja wir
dürfen sie uns auch als singend denken ; denn Ge-
sang gehörte zu einem solchen Tanz mit Leierspiel.
Man darf in dieser k'vonlog 0Qxr]aig ohne
Zweifel die nvQQixt] erkennen, die in alter Zeit
auf Cypern und Kreta heimisch war, sich von
dort verbreitete und auf Cypern nQvXig hiess '"),
ein Name, mit dem Kallimachos den Waffentanz
der Kureten auf Kreta (Hymn. in lov. 52) und den
der Amazonen im Culte der ephesischen Artemis
(Hymn. in Dian. 240) bezeichnet; er hängt mit dem
in der Ilias vorkommenden TiQvXeeg = bnlaat zu-
sammen, das als speciell gortyuisch bezeichnet wird
(Hesych). Auf die Inseln im südlichen ägeischen
Meere werden wir als Herkunft unserer Vasengat-
tung bekanntlich auch sonst vielfach gewiesen. —
Besonderes Interesse beansprucht unsere Darstel-
') Vgl. über den Typus Milchhöfer, Anfänge d. Kunst S.
ISO ff ; meinen Beiliner Vasencatalog Nr. 1573.
'") Aristoteles beim Schol. Piud. Pyth. 2, 127.
lung aber, da die Pyrrhiche hier zugleich als Hyp-
orchera erscheint. Dass Hyporchemata zur
PjTrhiche gewöhnlich waren, ist bezeugt (Schol.
Find. Pyth. 2, 127). Die zwei Männer im ruhigen
Tanzscliritt singen den Gesang, den der Waffen-
träger mit seinen heftigen Sprüngen begleitet: vuoq-
Xsaai, vgl. Boeckh de metris Find. p. 270). Nach
Sosibios waren aber ra vnoaxrnxaTiKa f.iikrj nävta
Kq>]tixcc (Schol. Find. Pyth. 2, 127). — Mau nahm
bisher an, dass die Pyrrhiche nur von der Flöte
begleitet wurde (weil beim Evöukiog der Spar-
taner die Flöte bezeugt ist"); unsere Vase be-
weist, dass auch die Leier dazu gespielt werden
konnte oder vielleicht ursprünglich immer gespielt
wurde. Wenn aus den antiken Nachrichten her-
vorgelit, dass die Pyrrhiche ein sehr rascher und
lebhafter Tanz war, so stimmt unsere Darstellung
damit trefflich Uberein. Der Tänzer, der den
hohen Sprung macht, kehrt ebenso wieder auf
einer anderen alten Darstellung der Prylis, auf die
ich früher einmal aufmerksam zu machen Gelegen-
iieit hatte"'), auf einem in Etrurien gefundenen
Silbergefässe, das wahrscheinlich cyprischer Her-
kunft ") und etwas jünger als unsere Vase ist. Dort
finden sich auch Faustkämpfer und es schliesst sich
ein ganzer Opfer-Festzug an. Wie dort ist gewiss
auch auf unserer Vase der Waffentanz als ein
Theil des Festgottesdienstes zu fassen. Der fest-
liche Chor der Hydrophoren auf der anderen Seite
passt nun sehr gut in diesen Zusammenhang. Der
Maler unserer Vase stellte also einzelne Scenen
einer Festfeier dar, denen er einen ihm durch
die gleichzeitige Metallblech-Decoration überliefer-
ten Typus, den von Löwen verschlungnen Mann
und w'ohl auch die Gruppe von Mann und Frau
zufügte. — Dem Gegenstande unserer Vase nächst
verwandt, freilich viel einfacher ist die Moti. d. I.
9, 39, 2 mit dem Bilde des festlichen Chorrei-
gens; die Reihe von Dreifüssen rein griechischer
") Vgl. 0. Müller, Doiier II S. 329.
'■-') Bronzefunde v. Olympia (Abb. d. Berl. Akad. 1879)
S. 56.
") Inyhirami, Mon. elruschi III 19. 20; die Hälfte des Bild-
frieses auch in Müller-Wieseler, Denkm. a. K. I, 302 b; Schrei-
ber, Kulturhist. Bilderatlas 1, 13, 6.
139
A. FurtwäDgler, Vasen geometrischen Stils.
140
Form auf derselben Vase bedeutet die ausgesetzten
Preise für die Festspiele. —
Durch die Freundlichkeit G. Hirschfeld's sind
wir im Stande, in den hier beigegebenen Vignetten
noch einiges Material zur Kenntniss dieser Vasen-
gattung beizubringen. Die vorstehende Abbildung
zeigt eine Bronzefibula aus einem der Dipylongrä-
ber'*), die genau übereinstimmt mit der Arch. Ztg.
1884 Taf. 9, 3 abgebildeten goldenen Fibel aus
Athen, die demnach sehr wahrscheinlich auch aus
einem der Dipylongräber stammt; im Uebrigen ver-
gleiche man was ich ebenda S. 105 über das Vorkom-
men des Typus bemerkt habe. — Die beiden Bilder
über dem Texte und an der Spize dieser Seite sind
einer Vase des Akvopolismuseums in Athen entnom-
men '*). Der Zug der Krieger ist interessant durch
die Rundschilde, da die gewöhnliche Schildform auf
diesen Vasen die längliche mit den Ausschnitten
ist. Auch haben die Schilde in dem Vierblatt schon
eine Art Schildzeichen. Das Fragment einer Dipy-
lonvase in Wien zeigt einen Kriegerzug nach rechts,
1«) Erwähnt Annali d. I. 1872 p. 136.
") Beschrieben von Hirschfeld Annali 1872 p. 139 Nr. 15.
wo abwechselnd immer Einer mit Rundschild und
einem Ornament als Zeichen und Einer mit ausge-
schnittenem Schilde sich folgen. Immer tragen sie
je zwei Speere. Das andere Bild mit dem Stücke
einer Wagenprocession ist deshalb von Interesse,
weil es meines Wissens zum ersten Male auf einer
Vase dieser Gattung ein Viergespann statt der sonst
vorkommenden Zwei- und Einspänner zeigt. Im ho-
merischen Epos erscheinen Viergespanne bekannt-
lich nur an wenigen Stellen späteren Ursprungs '*).
Der Lenker sowohl wie der Krieger auf dem Wagen
haben Helme mit langen Büschen.
Die Schlüsse auf Zeit und Herkunft der ganzen
Vasengattung zu ziehen, welche das vorgeführte
neue Material erlauben könnte, ist hier nicht meine
Absicht. Und nur um zu weiteren Forschungen
anzuregen, lasse ich noch in der am Schlüsse stehen-
den Abbildung die (auf das Doppelte vergrösserte)
Darstellung eines orientalischen Cyliuders folgen,
dessen Stil eine auffallende Aehulichkeit in der Bil-
dung der menschlichen Gestalt mit dem unserer Vasen
hat. Leider ist die genauere Herkunft des Steines
unbekannt"). Merkwürdig ähnlich ist auch die
Bildung des Zweiges in der Hand der Frau und
die Art wie er gehalten wird. Babylonisch oder
assyrisch ist der Cylinder übrigens schwerlich; er
1«) S. Ilelbig, d. homer. Epos S. 90.
") Es befand sich in einer einst dem Berliner Musenm an-
gebotenen l'rivatsmnmlung von babj'Ionischen Cylindern. Das
Material ist der gewöhnliche dunkle Stein. Die Zeichnung ist
nach einem Abdruck geuiiicht.
141
M. Fränkel, Inschriften aus Mytilene.
142
wird vielleicht in Kleinasien gemacht sein. Wenn
auch die Frage noch offen zu lassen ist, ob Cy-
linder dieser Art den geometrischen Vasenstil als
Vorbilder beeinflussten, so giebt der Cylinder doch
wenigstens eine merkwürdige Analogie zu den Va-
sen und bestätigt, dass deren Stil durch die Nacli-
ahmung vertieft in nicht zu harten Stoff einge-
schnittener Arbeiten bedingt ist, worauf Milchhöfer
hingewiesen hat, wie es bereits durch die Stil-
analogie einer gewissen in reicherem Stein gearbei-
teten Gattung von mykenischen und „Inselsteinen"
sich wahrscheinlich machen Hess.
A. FURTWÄNGLER.
INSCHRIFTEN AUS MYTILENE.
Dass wir die folgenden beiden Inschriften un-
mittelbar nach ihrer Auffindung zurKenutniss unserer
Leser bringen können, verdanken wir dem Eifer
und der Freundlichkeit des Herrn Gregorios
Bernardakis, Directors des grieciiischen Gymna-
siums in Mytilene, der Abschriften derselben und
einer ganzen Reihe anderer eingesandt hat. In dem
Wunsche, die neuen Funde möglichst bald der Wis-
senschaft zugänglich zumachen hat Herr Bernardakis
bei seiner durch Amtsgeschäfte sehr in Anspruch
genommenen Zeit die Inschriften schnell copiren
müssen; wir wählen aus den durch seine Güte uns
zugänglich gemachten Urkunden diejenigen beiden
aus, deren Text uns sicher genug scheint, um durch
eine spätere Lesung, die wir von der grösseren
[E\öo^£ Tolg AitwXrng noii xovq Mvtt^rjvaiovg
[T]dy qiiXiav ruv vnaQxnvaav diacpvXaaoeiv xal inr]&[e-
[v]a aysiv Altiohöv fir/di tiöv tv u4itiüX/ai nnXnivn^-
[ßlvwv {Toi)g MvTilTjvaioig /.irjöa/^iödsv oq(xwi.ibvov,
5 i-ir^TE not afi<i iJCTvnvixoi' jm^re ttot alln e'yxl7]iia
/LtTjd-f.v. £1 öi ii'g xa Qvoiä'Cr] ij ayrj, xa /.lif Ivcfavia av\a
ngaaaeiv xnv axqmaynv aei zov evagxnv ovza
xai anndidniiisv zolg MvTiXrjvainig, jiöv de a(fai'£ü)v
xaiadixaCoviag Tovg avi'iögovg xaxa xcuv aynv-
10 xiüv xai quatatoviiüv Caftiav, av xa doxi^iaCiovii,
\x\vQtovg eliiuy. nQtGjievxtti Ewofiog QrjQiov,
Msliörjiuog 'L4iaviog.
IHqi CUV ol öTQnrayni ngmldtiai ngnoTtt^ctiaag t5\c ßol-
l]ag xai ol ngsaßeig ol annatalEvxEg elg Au\iüliav
15 a\nayYt.X}.oiai xai dnyf.ia Ijvixav nag xio xnivuj Ali[(ü}.iov
Musse[sei es des Herrn Bernardakis oder Anderer
erwarten, sehr wesentliche Berichtigungen nicht er-
fahren zu können. Die beiden hier mitgetbeilten
Inschriften, die beim Abbruch der Kirche des hei-
ligen Simeon gefunden wurden, sind auch jedenfalls
die bei weitem wichtigsten unter den eingesandten.
Unter den übrigen befindet sich ein anscheinend ganz
spätes Grabepigramm in 6 Distichen.
1.
Stele, oben mit Abschluss, hoch 1,10 M., breit
47, dick 13—15 Cm. Es lag auch ein Abklatsch
vor, der jedoch nur theil weise helfen konnte. —
Buchstabenformen: AI0MN£op!2^ Sigma hat theils
ganz wenig
Schenkel.
theils gar nicht auseinanderstehende
143
M. Fränkel, Inschriften aus Mvtilene.
144
7i\tQi Tag oixrjiÖTttxog xai rag qnliag a'g xe diaf(sv[cüai
£]lg xöv närxa xqovov xal /^tjöeig ixiqTE Ahuihijv ///;[t:« xÜj-
v] xaxoixrjvxojv kv ^Ixwllai firjdeva Mvxilrjvaicnv a[yij
fi]T]daiin&ev nQfiä/nevng, /Lir/xs xaxayQvaiov f.irjTS UQÖg [ä-
20 fi<pi]xivörixnv /iiijxE ngog aXkn syxXr]/.ia i.irjdev- dtöoyüai t[w d-
«f^]a) enalvTjaai x6 xolvov xwv uälxiöXwv xai xnlg irQOfÖQOig xa[i
njavxaleovxa xnv axgoxayov oxi svvocog eyniai ngog xd[v
Säfiov xov MvxilT]vanüv xal eni/iisXsad-ai «iTwr xdv ß6[X-
Xav xal xov dttf.iov xal xqlg dqyaig äet xalg xat^iaxaf.i£vaig,
25 wg a xe cptlia xal nlxrjiÖTag d imagyniaa ngog ^IxwXoig
dinusvet eig xov nana xgnvov xal aY xi xivog dsviovxai n[ä-
ga] rag nnXtng iog saxac avxoiai nävxa slg xr) dvvaxov, £naiv[rj-
aai Se xal xnlg ngioßsig Evvn/.inv Qrjglaov, MElsdannv Äß[n-
vjxsiov xal aitcpäviuaai avxoig sv xoig Jiovvaioiai ygi>a[eiü
30 ax£(pavü) xax 6vöi.iaxog, oxi xiov xe n{nli\vav xivag xiov in-
\vx\ü}v iv risXonoväaiü elvxgojaavxo xal eTigaa{a)ov eni xd E^\i-
nef.tq>&ev ngoit^viiiiog, xn de ip[d]q)iai.ia xovxn xal xn Tidg ^h(ülio[v
y]gaüiavxag xnl(g') i^sxdaiaig elg (a)xdXav ■Ifs/.isvai slg j'£o[j'?
xcü AaxXanUü. xov de xafxiav xnv k'ni xäg dinixeaiog dnf.i[£-
35 vai avxniat, xn xe avdlwaav eig xoig alxnaXcuxntg xal elg ig[a
dgaxf-iacg xgiaxnaiaig ÄXei,avögelaig, xn ös dvdXwfta xnvi[n
£]fi/isvai elg nöling acaxrjglav. "Eygaipe Wasaxag Evoäfieio[g.
Die Ergänzungen sind zum grösseren Theil
schon von Herrn Bernardakis angegeben.
Die Inschrift umfasst zwei Decrete, ein auf
die Mytilenäer bezügliches der Aetoler und ein
durch dasselbe veranlasstes der Mytilenäer; in
dem letzteren ist die uns vorliegende Aufzeich-
nung angeordnet (Z. 32 f.). Während der ätoli-
sche Beschluss manche dialektische Formen enthält
(noxi, xdv, xa, dnodid6(.iev, ^a^iia, el^tev), ist der
zweite ein seiir werthvolles Denkmal des äolischen
Dialekts.
Das ätolische Decret ist in seinem Eingange,
natürlich bis auf den Namen der zweiten Partei,
identisch mit einem sclion früher bekannten (C. /. Gr.
2350. LeBas VoyageUnryd. DittenbergerS!//%el83),
nur dass das im Folgenden gesperrt Gegebene in der
neuen Inschrift fehlt und statt des Mediums noli-
xevo/^evwv das gleichbedeutende Activuni gesetzt
ist: tdnS,ev xoig Ahiolnlg, noxl xovg {Ke]iovg xdv
(fiXiav xdv vnagyjwaav diacpvXdaaeiv xai fiTj&eva
äyeiv AliioXiüv /.irjöe xiiiv sv AhcüXla nnXixevöv-
xcov xovg Keinvg, (.irjöanoitsv 6g/^ü)/.tsvov, /xijze
xaxd yäv fxt]xe xaxd &äXttTxav, /xijxe not"
a(j.(fixxvnviK6v iiyxXt]/.ia /.iijxe nnz' aXXn syxXrjfxa
fxTj^iv, log AlxcüXiüv ovxwv xwv Ksüov. Audi
die weitere Fassung bietet nach Iniialt und Form
die grösste Aehnlichkeit: ei de xi'g xa dyei. xovg
Ksinvg, xov axgaxayov asi xov s'vag"/ov [ov')xa') zd
iv .AixiüXiav xaxayo/iisva [avaTigdaa]nvza'') xvgiov
eip.sv, xai zovg ovvsdgnvg xaxaöixdCovxag xoJg
Keioig [xazd tw]»»') d[y6vxtov ai]xo[vg Ca]iiiiav, ay
xa doxcfiäCiüvxi, xvgiovg eifisv. — Ebenfalls recht
^) So ist auf Grund der neuen Inschrift zu lesen, indem
das zweite ov auf dem Steine ausgelassen wurde. Dittenberger
zweifelte schon an Bockh's h'ÜQXovict ; er wollte i« als durch
Dittographie entstanden streichen.
-) Böckh ergänzte xajttäiy.nC\ovTn, was auch Dittenberger
beibehält. Der Erstere übersetzt; „praetor potestatem habeto ea
Ceis adiudicandi, quae in Aeloliam adducta fuerint"; aber xara-
ihxäCiiv heisst stets ,verurtheilen', nie ,zuerliennen' und es nimmt
niemals den Gegenstand des Processes im Accusativ zu sich,
sondern die Strafe : correct gebraucht steht das Wort so in der
nächsten Zeile derselben Inschrift, üeberdies könnte der Dativ
ToTs Kffoi; nicht fehlen. Die Bedeutung der Stelle hat Bockh's
Scharfsinn besser getroffen wie den Wortlaut; durch die neue
Inschrift scheint beides ausser Zweifel gesetzt zu sein: die Güter,
die der Struteg eintreiben kann, sind natürlich nur die f^ifnv(n;
dass sie den Eigenthümern zurückgegeben werden sollen, durfte
als selbstverständlich ausgelassen werden; sind die Güter aber
nicht eintreibbar, also (\(fnv(ct, so muss durch gerichtmässiges
Verfahren eine Schätzung des zu leistenden Ersatzes eintreten,
und wenn gesagt wird, dass die Verurtheilung in denselben zu
Gunsten der Keer (rofs KtCüig) erfolgen soll, so ist damit aus-
gedrückt, dass diesen die ganze Strafsuniuie zufällt; dass also ledig-
lich auf Ersatz, nicht auch auf jirocessualische Busse erkannt wird.
') Dass so zu ergänzen ist, zeigt die neue Inschrift. Böckh
schrieb [thi'tw]!', was auch ohne dies neue Zuugniss nicht zu
billigen wäre.
145
M. Fränkel, Inschriften aus Mytilene.
146
ähnlich ist das Decret C. I. Gr. 304G (besser bei
Waddingtoü in den Explications zai Le Bas Asie 85),
in welchem die Aetoler den Tcern Freundschaft und
Asylie gewähren; hier findet sich wie in unserer
Insclirift die Unterscheidung zwischen verborgenen
und oflenbaren Gütern, die geraubt worden sind:
(el de Tig xa ayrj rj amovg ij rd ex tag nökiog ?]
ytjQag, zu /itiv ejnqiavrj avariQaaasiv xnv aTQaTaydv
xal Tovg avviÖQOvg ael lovg ivagyniig, zwv de
aqiaveiav vnodlxnvg etfxev xnvg ayvi^xorag xtX.). ■ —
l'eber die Zeit unserer Inschrift werden wir unten
zu Z. 22 sprechen.
Z. 4. Der Stein hat nach dem Zeuguiss von
Abschrift und Abklatsch ngog Mvtili^vaiotg, was
keinen Sinn giebt. In der Recapitulation des äto-
lischen Besclilusses in dem äolischen Decret stellt
an der entsprechenden Stelle (Z. 18) (.nqdeva Mvzi-
Xrjvttitov^ in dem übereinstimmenden auf die Keer
bezüglichen Beschluss xovg Keinvg; C. I. Gr. 3046
xai ixi^&iva Ahiolüiv firjde tüjv ev AlrwUcf xatoi-
xeni'Tiov ayeiv tovg Trjiovg. Es kann also kein Zwei-
fel sein, dass tovg Mviilrjvalovg als Object zu aysiv
geschrieben werden sollte; wir haben angenommen,
dass es dem lesbischen Steinmetzen im Sinne lag,
die ihm geläufige Form TO<c^^i'r<A);j'«/ofe ebenso ein-
zuschwärzeu wie er es Z. 7 in dem Worte OTQÖxayov
gethan hat. Indem er dann nqög für ro/g schrieb,
ist ihm eine neue Verwechselung dieser Art unter-
gelaufen; denn Z. 1 beweist, dass im ätolischen
Original noti gestanden hätte. — Dass das ayeiv
nicht bloss gegenüber den Personen der Mj'tilenäer,
sondern auch gegenüber ihrem Eigenthum unter-
sagt sein soll, zeigt das Neutrum lä hcpavea in Z. 6,
wie der ganze Inhalt der Bestimmung Z. 6 ff. Cor-
reeter drückt sich C. /. Gr. 3046 in der oben aus-
geschriebenen Stelle aus.
Z. 6 QvaiäC'], ayt). Die Auslassung des Iota
in den Conjunctivendungeu kommt nur auf Eechnung
der mytilenäischen Wiedergabe, nicht des ätolischen
Originals; vgl. zu Z. 18. — Ueber den Bedeutungs-
unterschied zwi>chen qvaiäuEiv und ayeiv s. zu Z. 19.
Z. 8ff. zwvöi dcpavecov gehört zu ^a^iiav; xvgiovg
elfiev ist mit dem Particip construirt, wie C. I. Gr.
2350 (s. oben), wo Böckh noch 1693 ff. 2360 an-
führt. „Für das Verborgene aber sollen die Syne-
dren diejenigen, die es geraubt und fortgeführt ha-
ben, in eine Busse, so hoch sie dieselbe für ange-
messen halten, zu verurtheilen befugt sein."
Z. 11. Der Vater des Eunomos hiess nach Aus-
weis von Z. 28 QrjQiag.
Archiiolog. Ztf. Jahrgang XLni.
Von den dialektischen Formen des Decretes der
Mytilenäer wollen wir im Folgenden nur die merk-
würdigeren hervorlieben.
Z. 13. ngoTi&eiai, vgl. l'eiai bei Sappho Fragm.
16. — TtQoaia^alaag für ngoaiaSäat^g, wie nalaa
für näaa u. A., s. Meister Griech. Dialekte I S. TD.
Z. 15. ijvixav, yg]. e^e[vi]xd^ievog in der grossen
Inschrift von Eresos bei Conze Reisen auf Lesbos
Taf. 12 A (Collitz Dialektinschriften 281) Z. 5/6.
Z. 18. Man erwartet xaxoixivTwv nach der Ana-
logie von ßai^6evTi,{^=ßot^&ovvTi)Q>Q\\\tz 281A,27und
of-iovöevreg 214,30; noiivxiov überliefern die Gram-
matiker (s. Meister S. 174); Ahrens hat die analogen
Formen gewiss mit Recht mehrfach hergestellt (Al-
caeus Fragm. 18. 37. 102). Unser xaxoLxr\vTiov hat
aber eine beachtenswerthe Analogie in dem divt^vz^eg
zweier Handschriften bei Sappho 1,11 statt ölvevvxeg.
— Iota ist am Ende von AliwXiai geschrieben,
während es sonst überall (Z. 21 däfxit)., 30 axs(pävw,
31 IleXoTioväaw) fehlt. Der äolische Dialekt hat
diesen Laut früh vernachlässigt: daraus, dass er in
der erythräischeu Inschrift bei Collitz No. 215, die
der Mitte des 2. Jahrhunderts angehört, ungleich
häufiger als in der unsrigen auftritt, ist für diese
eine Zeitbestimmung nicht zu entnehmen, da schon
auf Inschriften aus dem Ende des 4. Jahrhunderts
das Iota fehlt, die Schreibung oder Fortlassung
des längst nicht mehr vorhandenen Lautes also
auf orthographischer Willkür beruht.
Z. 19. ogf-iä^evog. Die Contraction von ao in
a belegt Meister S. 97 nur durch ag (aus aog
= eiog) bei Theokrit 29, 20.
xaxaggvaiov. Bekannt war bisher nur das
Simplex qvoiov] nach seinem Stamme liegt iu
dem Worte der Begriff des gewaltsam Angeeigneten
(,Beute, Pfand'); xaxä verstärkt den Begriff des andern
Componenten. fO]X£ xaxaggvaiov fehlt an der Stelle
des ersten Beschlusses, die hier reproducirt wird;
da die Mytilenäer aber unmöglich eine Bestimmung
als von den Aetolern erlassen hinzudichten können,
so ist ganz klar, dass sie die iu den Worten
el de xig xa gvaiatrj Z. 6 thatsächlich enthaltene
Erweiterung der ätolischen Zusicherungen deshalb
hier einzuschalten beabsichtigten, weil sie den jene
Worte einschliessenden Theil des ätolischen De-
cretes in dem ihrigen nicht mehr rcproducirten.
Das Verbot des ayeiv ngog d^qiixxvovixov i] ä?.ko
eyxlrj^a, das Fortführen auf Grund einer von irgend-
wem erhobenen Beschwerde, ist in der That eine
unzureichende Garantie; firjxe xaxaggvaiov enthält
offenbar die noch fehlende Zusicherung: auch nicht
10
147
M. Fränkel, Inschriften aus Mytilene.
148
bei mangelnder Beschwerde solle ein Mj'tilenäer
ge- und beraubt werden, auch nicht „als Gegenstand
des Raubes" — so muss man übersetzen; gramma-
tisch stehen die Worte f.irjTE ^azagguaiov als Appo-
sition zu firjdsva MvTilrjvaiiüv. Daraus ergiebt sich
auch, dass in Z. 6 und 9. 10 aysiv und qvoiäCeiv nicht
bloss zur Verstärkung neben einander gesetzt sind,
sondern auf Grund eines Bedeutungsunterschiedes :
QvaiäCsiv ist einfach , rauben', aysiv , fortführen auf
Grund eines behaupteten Rechtes'. Dass die Myti-
lenäer die Sicherstellung gegen das Qvaiä^eiv in
ihre Reproduction des ätolischen Beschlusses ge-
flissentlich hineinzogen, begreift sich bei dem
räuberischen Charakter ihrer Bundesgenossen sehr
leicht. — Die Form xäza (sonst xdt) spricht
Meister S. 191 f. dem älteren Aeolisch ab; da es
aber schon im 4. Jahrh. auf dem zu Z. 15 erwähnten
Decret aus Eresos in Conipositioii und einzeln vor-
kommt, wird man xoTctQQsi bei Sappho Fr. 4 nicht
ändern dürfen.
Z. 21. snaivrjoaL (auch Z. 27. 28), s. Meister
S. 180.
Z. 22. navzalEovza. Wir kenneu in der Ge-
schichte der Aetoler zwei Männer des Namens
Pantaleon. Nach dem Tode des Antigonos Gonatas
239 V. Chr.*) schlössen die Achäer unter Avat mit
den Aetolern Frieden und Freundschaft zu einem
Bündniss gegen Antigonos' Sohn Demetrios; sie
wurden dazu von Pantaleon bestimmt, rw nlsToTOv
AhioXüv övvai-isvo) (Plutarch %Arat 33). Vielleicht
derselbe Pantaleon ist es, der von Polybios 4,
57,7. 58,9 im Jahre 219 als Vater des Archidamos,
eines der Führer der verunglückten Expedition
gegen die achäische Stadt Aigeira genannt wird.
Den zweiten Mann des Namens finden wir bei
Polybios 20, 9, 2 als Gesandten an den römischen
Feldherrn M.' Acilius Glabvio, als im Jahre 191
Antiochos der Grosse bei den Thermopylen, die ihm
verbündeten Aetoler bei Heraklea den Römern unter-
legen waren. Er war mit König Eumenes II. von
Pergamon, als dieser seine Beschwerden gegen
Perseus von Makedonien anbrachte, im Jahre 172
in Rom und gegenwärtig bei dem Ueberfall, den
Eumenes, angeblich auf Anstiften des Perseus, bei
der Rückreise in Delphi erlitt, wobei Pantaleon sich
tapfer benahm. Aeloliae princeps nennt ihn Livius
42, 15.') Bei Polybios 28, 4,8 fl". hören wir von
demselben Manne, dass er im Jahre 109 in einer
*) Ueber die Zeit s. Droysen, Hellenismus III 1 S. 442.
^) Ucber den Anfall vgl. ausser Liviiis noch Ajipian, Maccd.
9, 9, 4. Polyb. 27, 6.
Volksversammlung in Anwesenheit der römischen
Gesandten auf die gegen ihn von Lykiskos erhobenen
Beschuldigungen eine heftige Scene herbeiführte.
Dieser Pantaleon kann ganz gut der Enkel des älteren
gewesen sein, Sohn des Archidamos nur, wenn die
Ei-eignisse der beiden letzten Berichte in sein hohes
Alter fallen. In unserer Inschrift werden wir den
jüngeren Pantaleon zu erkennen haben: gewiss näm-
lich gehört unser ätolisehes Decret nacli der Gleich-
artigkeit in Form und Inhalt in dieselbe Zeit wie
die oben angeführten auf die Keer und Teer bezüg-
lichen C. /. Gr. 2350 und 3046, welches letztere sicher
ungefähr in das Jahr 193 fällt. Gerade dieses Jahr
ist es, in welchem die Aetoler alle Anstrengungen
machten, um sich für den bevorstehenden Kampf mit
den Römern Bundesgenossen zu verschatfen: zu Nabis
von Sparta, zu Pliilipp von Makedonien, zu Antiochos
gingen iln-e Gesandtsehalteu (Livius 35,12). Von
wem die Initiative zu dem Vertrage mit Mytilene
ausgegangen ist, können wir nicht wissen: obwohl
er mit Gesandten dieser Stadt in Aetolien abge-
schlossen wurde, können ätolische Gesandte vorher
ebenso in Mytilene gewesen sein, wie solche zum Ab-
schlüsse der gleiclilautenden Vereinbarung in Keos
waren*). Jedenfalls passen diese identischen Ver-
träge vollkommen in die Bestrebungen von 193.
Das Jahr 193/192 ist für unsere Inschrift ausge-
schlossen, da in demselben Damokritos Strateg der
Aetoler war'); wir können also mit Sicherheit Pan-
taleon als Strategen des Jahres 194/193 ansehen;
sein Vorgänger von 195/194 muss Alexander sein,
den Waddington aus oifenbar unzureichendem Grunde
in das von uns dem Pantaleon zugewiesene Jahr ge-
setzt bat. Die Buchstabenformen stimmen zu unserem
Ansatz: sie sind identisch mit denjenigen der zwi-
schen den Jahren 222 und 205 liegenden lesbischen
Inschrift Btiltethi de corr. hellen. IV p. 434 ^)] die sicher
kurz vor 167 zu setzende Inschrift C. I. Gr. 22656
trägt einen etwas jüngeren Charakter, da sie nach
Le Bas II 1905 A hat.
Um die historischen Beziehungen hier zusam-
'') ainu{Tny(nvjogiov ätivoi,'] nnfoßivaavjiov ii' K^oi . . .
heisst es in der Inschrift. Der Vertrag mit Xeos kann hier
nicht herangezogen werden, da derselbe nur einer in einer gan-
zen Reihe gleichartiger ist, welche dieser Staat damals abschloss.
') S. die Liste bei Waddington zu Lebas Aste 85.
') In der ganz gleichzeitigen Inschrift Bulletin VII p. 37
giebt freilich die Publikation TT, in der andern P, ein Unter-
schied, der recht deutlich beweist, wie unzureichend die Buch-
stabenformen für eine nähere Zeitbestimmung gewöhnlich sind,
am meisten, wo unsere Kenutniss auf jedenfalls ungenügender,
oft sogar unsorgfäUiger Reproduction in Bucbdrucktypen beruht.
149
M. Friinkel, Inschriften aus Mytilone.
150
luenzustellen, sei gleich bemerkt, dass die Kämpfe
im Peloponnos, die Z. 30f. erwälint werden, die der
Acliiier gegen Nabis sein können. Wie freilicii niytile-
nisclie Bürger dabei in Kriegsgefangenschaft kom-
men konnten, wissen wir uiciit; es kann auf blossem
Zufall beruhen, indem sie als Privatleute, in Ge-
schäften oder zu irgend einem andern Zwecke, auf
dem Kriegsschauplatze anwesend waren.
Z. 26. dia^tkVEL ist Futurum, wie taiai Z. 27
heweist, das von demselben Worte loq abhängt.
Da als 3. Person Pluralis Futuri bei Collitz 214
Z. 29 si.tfist'£niat steht, ist in dieser das Tempus-
zeichen e bewahrt, im Singularis mit der Endung
contrahirt worden. — devwviai. Ueber ösvio =
decü (aus tff/w) s. Meister S. 92.
Z. 27. amoiai. Ueber die langen Formen des
Dativ Pluralis der Wörter auf og, die kurzen des
Artikels (Z. 29 rotg Jiowalniai) s. Meister S. 164.
Z. 28/29 JißävTeiov, Z. ol Evaäf^iEins- Ueber die
l)atrouymischen Adjectiva auf eiog Meister S. 92.
Z. 29. avToiai, wie nach Bernardakis ausdrück-
licliem Zeugnisse auf dem ^>tein steht, ist Schreib-
fehler.
Z. 30/31. £o[vT]tüv. Die echt äolische Form vom
Particip des Verbum substantivum ist e/'g, eVrog,
Feminin t'aaa, s. Meister S. 171; doch steht eövrwv
auch in der dem 4. Jahrhundert angehörenden In-
schrift Collitz 214 Z. 23.
Z. 31. e7iQaa{a)ov. Dass nur ein Sigma ge-
schrieben ist, bezeugt Bernardakis ausdrücklich. —
enl T« E^liJTteftqi^ev: „das wozu sie abgesandt
worden sind." Der Artikel ist relativisch gebraucht,
wie auch Z. 35 tÖ te avähoaav^ ein Gebrauch, der
aus unseren Inschriften zwar bekannt, aber in den-
selben seltener ist als die Anwendung der gewöhn-
lichen Relativpronomina (Meister S. 168). — e^tuEfi-
if&Ev. Die kurze Form der letzten Person der Prä-
terita wird von den Grammatikern auch dem äoli-
schen Dialekt beigelegt, doch fehlte es bisher in der
literarischen und inschriftlichen Uebcrlieferung an
jedem Beispiel ; s. Meister Ö. 187.
Z. 33. Das Öigma von rotg fehlt auf dem Steine,
das von «tg {^a)väXav vielleicht nur in der Ab-
schrift. — Das letzte Wort der Zeile, von dem die
Abschrift NEO giebt (das dritte Zeichen als un-
sicher) wird schwerlich etwas anderes als /rempel' be-
deuten; naqa ^ilolsvaiv vadg vavog heisst es aber
in der grammatischen Uebcrlieferung (s. Gregor.
Cor. ed. Schäfer S. 443), und so steht noch in der
dem Anfange unserer Zeitrechnung angeliörigen In-
schrift C. I. Gr. 3524 (Collitz 311). Da die attische
Form viojv ausgeschlossen ist, habe ich veov gesetzt,
ohne dafür einstehen zu wollen.
Z. 34. Tov tafiiav tov e'ni zäg dioixiaiog. Inter-
essant ist die Uebereinstiramung mit der Bezeich-
nung des obersten sittischen Schatzamtes; hier ist
der oflicielle Titel nur kurzer o (oij enl ti] öioixt]aEi.
Z. 35. Iga = iequ s. Meister S. 72.
Z. 36. dQäyi.iaig ^Is^avdQEiaig: Alexanderdrach-
men nach dem von Alexander dem Grossen in sein
Reich eingeführten attischen Fusse, damals der ver-
breitetsten Währung.
2.
Oberer Theil eines viereckigen Pfeilers, 52 Cm.
hoch, 52 Cm. breit, 63 Cm. hoch.
OMnHION MAKPEI
N E O N e E O <t> A N H N
O Y ATTOPOYIPONTA
MIANKAIANTICTPATH
5 rONnONTOYkA IBEieV
N I A S A H M A P X O N £ T P A
THrONAHMOYPriMAI
J2NEniMEAHTHNOAfiN
N . S . nPESBE
nln/x7H]inv MaxQsl-
vn\i\ viov Q£0<fdv7]v,
x]nvaTTnQnviQni', ta-
feittv xal avTiazQttTrj-
5 yov növTov xal Bei&v-
vlag, örßiaQxnv, axQazrjynv
drji^iov ' Ptüfial-
lüv, E7tijitEkrjz>]v odiüv,
. . . ., nQeaßElvvt]v - - -
Die Ergänzungen sind von Herrn Bernardakis,
der folgende Erläuterungen hinzufügt: „Ilofint^i'ov
MaxQEjvnv, eitieq oQ&üJg avfiTiEnki^iJCüxa , Xiyovaa
Tj IncyQaqifj drjXniv Yatog ßovXEzai zov vnazEvaavza
ziö EZEi 164 p. Chr. laiog dt zig ovx anEixaziog
Einot TOV nof.inrjiov zovzov ekxEiv z6 yivog ccno
nofinr]ittg MaxQivrjg zijg enl Tißeqlov, ueqI ^g
eni-^i Taciti Annales \'I, 18, zijg ngönannov
EXOvat]g Qsocfävrjv exeIvov zov MvziXrjVaiov zov xal
avyygacpEa xal noXizixov avöga (xaza ^igäßcova ev
zFj ly' p. 617. 618), (piXrarov de Ilof-ini^Ui) ziü
Mäyvo). 'Ev zu zqIzuj azi^qi Elkijvixolg ygäfif^aai
zo Qiü/xa'i'xöv qualtiiorvirum drjkovzai." Wir möch-
ten hinzufügen, dass die Familie des hier ge-
ehrten Mannes uns nicht zum ersten Male auf
Inschriften von Mytilene begegnet: auf einem
Archäologischer Anzeiger 1854 S. 515 von Newton
veröffentlichten Steine wird der Gründer des Ge-
10*
151
M. Fränkel, Hermes als Kind.
152
schlechtes, der berühmte Theophanes, als aiÖTrjq
xal sveQyezag xal xtiazag devregog Tag näzQiöng
geehrt und ein Ehrendecret für die Enkelin eines
MÜQxog no/.inr]ing MaxQlvog 0£Ofpävvrjg hat Kaibel
Epheiii. epigr. 11 S. 19 fius der Sammlung des
Cyriacus herausgegeben. Wie Newton a. a. 0. an-
führt, bestätigt eine mytilenische Münze mit der
Aufschrift Qeoq'ävrjg d-sng die Nachricht des Tacitus,
dass der Geschichtschreibcr nach seinem Tode
göttliche Ehren erfahren habe; daraus erklärt sich
in unserer Inschrift der Ausdruck veog Qeocpävrig
als eine Form der Adulation, die den Nachkommen
dem vergötterten Vorfahren gleichsetzt, wie viog
Jiövvang und dgl.
Max Fränkel.
MISCELLEN.
HERMES ALS KIND
(Tafel 9).
Das Köpfchea, von dem wir auf Tafel 9 zwei
Ansichten in natürlicher Grösse geben — die eine,
halb von der Seite genommene vor, die andere mit
den von Herrn Possenti ausgeführten Ergänzungen — ,
befindet sich in Berlin in Privatbesitz. Ueber seine
Herkunft ist näheres nicht zu ermitteln gewesen,
als dass der frühere Besitzer es aus Italien mitge-
bracht hat; der Marmor ist pentelisch. Wie die
Anwendung des Bohrers zeigt, stammt es aus spä-
terer Zeit; die Arbeit ist aber von ausserge wohn-
licher Trefflichkeit und es ist dem Künstler geglückt,
die Formen eines wohlgenährten, etwa dreijährigen
Kindes lebensvoll und wahr wiederzugeben und in
dieselben den Ausdruck schelmischer Verschmitzt-
heit zu legen.
Eigenthümlich ist eine Anzahl von Bohrlöchern,
die an der Stelle angebraclit sind, wo die einzelnen
Löckchen sich über der Stirn von der Masse des
Haares lostrennen. Obwohl sie regelmässig in einer
Keihe angeordnet sind, können sie doch einen an-
deren Zweck als den einer Verstärkung der Schatten
nicht gehabt haben; denn bis auf eines sind sie
nicht tief genug, als dass sie zur Befestigung, etwa
eines metallenen Haarbandes, das hinter dem Hute
verschwindend gedacht wäre, gedient haben könnten.
Ausser seinem künstlerischen Werthe hat das
Köpfchen auch einen gegenständlichen. Darge-
stellt ist unzweifelhaft Hermes, da die Ansätze
beider Flügel auf dem Hute erhalten sind; eine
statuarische Darstellung des Gottes in so jugend-
lichem Alter mit dem Flügelhut scheint aber bisher
nicht bekannt zu sein. In einer Bronze der Uffizien')
trägt der in der Linken den Beutel haltende, in
die Paenula gehüllte Mercur dieses Attribut, doch
ist er hier, nach den Abbildungen zu urtheilen, zwar
noch knabenhaft, aber doch in viel höherem Alter
dargestellt.
Max Fränkel.
Serie IV, Vol. 3,
') Zannoni Reale Galleria di Firenzi
tav. 131. 132. Müller- Wieseler 28, 313 a.
153
154
ZU ARCHÄOLOGISCHE
Die Proveuienzangalie des vorziig-licheu auf
Tafel 1 abgebildeten Reliefs wird oben S. 6f. ange-
zweifelt, aber die Bezeichnung „aus Kleinasien",
die ich bei der Aufstellung des Objectes im kgl.
Museum demselben beigab, beruht nicht allein
auf der Aussage des Verkäufers; die technischen
und stilistischen Eigenthtiralichkeiten machen viel-
mehr für Jeden, der mit den Terracottafunden
der letzten Jahre näher vertraut zu werden Gele-
genheit hatte, die Herkunft aus Kleinasien und zwar
speciell aus der an Terracotten so ergiebigen Gegend
vou Myrina und Kyme zur Gewissheit. Stilistisch
hat unser Eelief freilich noch seinen besonderen
Charakter, der uns aber nicht irre machen darf.
Nicht nur die strenge Haltung des Mädchens, auch
die Figur des Hermes, namentlich sein Kopf und
die Haartracht desselben, lassen die Einmischung
von Zügen älteren Stils erkennen, die zum Uebri-
gen, besonders zu der ganz freien Gestalt des
Charon im Contraste stehen und uns bewusst und
beabsichtigt erscheinen. Seinem Gesammtcharakter
nach ist das Relief indess von dem Gros der Terra-
cotten jener Gegend nicht zu trennen; das bestätigen
uns auch die Details wie die Modetracht der weib-
lichen Figur, die doppelte GUrtung des Chitons direct
unter der Brust und um die Taille, und ihre Haar-
anordnung. Es kann demnach das Relief auch
kaum älter als um den Anfang des dritten oder
ZEITUNG 1885 TAFEL 1.
frühestens das Ende des vierten .Jahrhunderts ge-
setzt werden. Archaisirende Elemente kommen in
kleinasiatischen Terracotten dieser Zeit zuweilen vor.
Aber auch das andere Charonrelief, das S. 10
abgebildet ist und das ich zur Zeit als es noch im
Besitze von Herrn Lecuyer war genau untersuchen
konnte, stammt zweifellos aus Myrina. Die ge-
rüchtweise Angabe „Tanlagra" ist ganz werthlos;
schöne Terracotten werden und wurden, namentlich
bevor die kleinasiatischen Funde allgemeiner be-
kannt waren, im Kreise der Liebhaber bekanntlich
immer gern als aus Tanagra stammend bezeichnet.
Trotz der Verschiedenheiten von dem vorigen Relief
werden beide Darstellungen wesentlich derselben
Zeit angehören.
Eine dritte Gruppe mit Charon , Hermes und
einem Mädchen, grösser und wesentlich abwei-
chend von den beiden vorigen hatte ich vor kurzem
im Kunsthaudel zu sehen Gelegenheit; auch diese
stammte aus jener Gegend Kleinasiens.
Ein weiteres Beispiel für die Benutzung der Mo-
tive attischer sepulcraler Kunst im Kreise der Terra-
cotten von Myrina und Umgegend bietet eine grosse
und prachtvolle Gruppe im Besitze des Herrn Baron
L. Hirsch in Paris, die mehrere Figuren um ein
Grabmal versammelt zeigt.
Berlin.
A. FURTWÄNGLER.
BEEICHTE.
ERWERBUNGEN DER K.
I. Sammlung der Sculpturen und Abgüsse.
Indem ich mich auf die vollständigeren Berichte
über die Gesammthätigkeit der Abtheilung, welche
im Jahrbuche der kgl. prcussischen Kunstsammlun-
gen vierteljährlich erscheinen, berufe, gebe ich hier
nur eine Uebersicht der Erwerbungen.
Die Haupterwerbung an Originalen waren die
Sculpturen der Sammlung Saburoff, 64Num-
mern, wie sie grossentheils bereits in der Publica-
tion dieser Sammlung von Furtwängler abgebildet
MUSEEN IM JAHRE 1884.
sind. Als wichtigstes Stück mag die lebensgrosse
Bronzestatue (ohne Kopf) eines Jünglings
(nach F. Apollon) aus dem Meere bei Attika, eine
Arbeit aus dem Anfang des 4. Jahrh. v. Chr. ge-
nannt sein, sodann die zwei attischen Marmor-
grabstatuen sitzender Dienerinnen (4. Jahrh.
V. Chr.), ausserdem namentlich zahlreiche andere
attische Sepulcralsculpturen derselben Periode.
Nicht unerheblich waren auch die Zusendungen
von Fundstücken der dritten pergameni-
155
Erwerbungen der k. Museen ISS-l.
156
sehen Ausgrabuug-speriode, wenn auch von
Sculptuien nur Bruchstücke aufweisend, doch da-
runter so wichtige wie das, durch welches die bis-
her unbekannte Breite der Altartreppe bestimmt
und damit in der Eeconstruction des Monuments
ein grosser Fortschritt gemacht werden konnte.
Herrn Grafen Tyskiewicz verdankt die Abthei-
lung als Geschenk die leider stark verstümmelte
Porträtherme des Piaton mit Inschrift aus Cas-
tellanischem Besitze.
Diese und einige unbedeutendere Erwerbungen
von Originalen sind in dem eben zur Ausgabe
gelangten Verzeichnisse der antiken Sculpturen
(W. Spemann's Verlag) verzeiclmet.
Ebenso ist der ganze Bestand der Gips-
sammluug, die Erwerbungen des Jahres 1884
eingeschlossen, aus dem soeben im Drucke fertigen
Verzeichnisse der antiken Gipsabgüsse von Frie-
derichs, neu bearbeitet von P. Wolters, zu er-
sehen.
Besonders erfreulich war, dass wir von vier
sehr wichtigen, bisher der Abformung schwer zu-
gänglichen Werken Abgüsse erwerben konnten, von
der Ludovisischen Galliergruppe, welche den
kgi. i\luseen doch am wenigsten fehlen durfte, von
den delischen Sculpturen, unter denen aller-
dings besonders wichtige Stücke leider noch immer
nicht in Abgüssen hergestellt sind, von dem tha-
sischen Nymphenrelief im Louvre (Fröhner
No. 9- — 11) und den Reliefs der Westseite am
Grabdenkmal der Julier zu St. Remy (Gla-
num). Dieser letztgenannte Abguss durfte mit Er-
laubniss des Herrn Bertrand über dem Gips des
Museums zu St. Germain geformt werden. Ausser
den beiden altgriechischen Reliefs vom Es-
quilin (Bull, municipale IX Taf. 14. XI Taf. 13)
wurden sonst namentlicii eine Anzahl von Abgüs-
sen nach griechischen Porträtköpfen ver-
schiedener Sammlungen unter Beistand der Herren
Dilthey und Heydemann angeschafl't.
Was von allen den genannten Erwerbungen
in Abgüssen von den k. Museen zu beziehen ist,
weist der zweite Nachtrag zum Verzeichnisse der
im k. Museum verkäuflichen Gipsabgüsse (ausge-
geben am 1. December 1884, W. Spemann's Verlag)
nach. CoNZE.
II. Antiquarium.
A. Bronzen.
Statuette eines gerüsteten Jünglings, der eben
den Schild anlegt; streng - schöner Stil aus Ita-
lien. — Statuette eines nackten ausschreitenden
Mannes, archaisch, aus Gr-echenland; Hydria aus
Eretria mit Silensmaske. Beides aus der S. Saburoff.
— Frosch mit altgriecliisclier Inschrift, aus der
Peloponues. — Grosser Henkel, an dem ein nackter
Jüngling als Griff verwendet ist, spät etruskisch.
— Zwei Geräthbeschläge in Form eines Giganten
mit zwei Schlangenbeinen, arcijaisch, Italien. —
Drei weibliche Votivfiguren, archaisch, etruskisch.
— Kleines Rund mit zwei wapjjenhaft gegenüber-
stehenden Löwen in Relief, aus Kappadocieu, Ge-
schenk des Herrn Ramsay.
B. Terracotten.
Kleiuasien. Grosse Gruppe eines Adlers, der
eine allem Anscheine nach weibliche Figur in der-
selben Weise emporträgt, wie dies anderwärts mit
Ganymed geschieht; aus der Gegend von Myriua.
Griechenland. Muse mit Kithara, aus dem
Piräus.
Italien, a) Etrurieu und Campanien. Eine
Sammlung von Stirnziegeln archaischen Stils, meist
sehr wohl erhaltene Stücke; auch einige spätere
Stiruziegel. — Thronsessel und Canopus aus Chiusi,
ersterer mit eingeritzter Ornamentik. — Kleinere
campanische Figuren späteren Stils, u. A. eine
Gauklerin.
b) Tarent. Grössere Sammlung, die mehrere
Hauptstücke enthält, so ein grosses vollständig er-
haltenes Exemplar des gelagerten Mannes im
archaischen Stile; mehrere vorzügliche Köpfe des
archaischen und besonders des streng-schönen Stils.
Mehrere Stirnziegel.
C. Vasen.
Die ganze Sammlung Saburoff, die wichtigste
Erwerbung dieses Jahres, ca. 100 Stück aus Grie-
chenland stammender Vasen; alle wichtigeren Stücke
werden in dem Werke „die Sammlung Saburoff"
publicirt; auch sind sämmtliche bereits in meinem
neuen Vasenkataloge beschrieben. — Der letztere
enthält auch die Beschreibung der übrigen Erwer-
bungen dieses Jahres; es sind das namentlich Stücke
aus der Sammlung Castellani (besonders No. 2G35.
4033. 3983. 3912. 4026). Ferner das merkwürdige
Gefäss No. 3984; die Fragmente des Epilykos 4041;
der Krater mit der aufsteigenden Köre (2(546);
endlich die feine Kanne mit Demeter und Köre
(4053).
D. Gemmen und Edelmetalle.
Archaische Fibel und Diadem von Gold aus
Athen (abg. Arch. Ztg. 1884 Taf. 9, 3. 10, 1). -
Goldener Fingerring, glatt, mit Höhlung für einen
157
Festsitzung des deutschen archäoloffischen Instituts in Rom.
158
Stein; wahrscheinlich zum Vettorsfelder Goldfund
gehörig. — Fränkischer rioldschmuck aus einem
Grabe bei Rheims, Vermiichtniss Sr. kgl. Hoiieit
des Prinzen Carl von Preussen. — Viereckiger
dunkler Stein mit vertieftem Bilde an sechs Seiten
(Tliiere), sehr alterthümlich, aus Cyperu. — Fünf
der sog. „Inselsteine" aus Kreta. — Carneol, Scara-
bäoid: schlafender Negerknabe, strengen Stils, aus
Grieclienland.
E. Varia.
Die auf dem llunsriick gefundene Elfeuliein-
grupi)e eines nackten Mannes, der einen anderen
auf dem Rücken trägt (H. Knebel, de sigiio ebiir-
neo nuper e/fosso), Geschenk des Herrn Suer-
mondt. Nach Ansicht des Unterzeichneten ist die
zwar vorzüglich gearbeitete Gruppe kein antikes
Werk. — Mosaikbild der Britannia mit der In-
schrift Pf>ITANNIA, Brustbild mit Thurmkrone und
Schleier, von Biredschik am Euphrat; von einem
Fussboden, von dem andere Stücke bereits 1876
erworben waren; Geschenk des Herrn Pressel in
Wien. — Ein Bleibarren von 32 Kilo, 913 Gramm
Gewicht, aus Carthagena; mit drei Stempeln : yv\. RAI-
RVFh dann ein Caduccus, dann FER, Geschenk Sr.
kais. u. kgl. Hoheit des Kronprinzen.
A. FURTWÄNGLER.
FESTSITZUNG DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS IN ROM.
Rom, 17. April. Anknüpfend an die eben er-
folgte Publication des Werkes von Gaetano Marini
über die antiken Doliarinschriften gab Herr
Dr. Dressel eine kurze Uebersicht über die stadt-
röniischen Ziegeleien der Kaiserzeit. Er wies
nach, dass während der allerersten Kaiserzeit die
Fabrication der Ziegel in Rom und Umgegend fast
ausschliesslich von Privatunternehmern betrieben
wurde, bis das kaiserliche Haus durch Anlage von
Ziegeleien auf eigenem Boden allmählig einen
Theil dieses Industriezweiges an sich zu bringen
suchte. Noch gegen Ende des 1. Jahrhunderts ist
eine reiche und angesehene Privatfamilie, die der
Domitier, im Alleinbesitz fast aller römischen
Ziegeleien; von da au bezeichnen die Ziegelstempel
immer häufiger Kaiser und Kaiserinnen als Besitzer
von Oefen und Prädien, auf denen allerlei Ziegel-
werk gefertigt wird. Trotzdem lässt sich mit
Sicherheit nachweisen, dass die Kaiser keineswegs
die Absicht des Monopols verfolgten: waren doch
eine Menge Oefen im Besitze von Leuten aus der
Nobilität und vieler hochgestellter Beamten und
einflussreicher Personen, denen die Kaiser gewisse
Rücksichten schuldig waren.
Die politischen Ereignisse seit dem Beginn des
3. Jahrhunderts haben auf die Fabrication des
Ziegelmaterials einen entscheidenden Einfluss. So
verschwinden die Ziegelstempel mit Septimius Se-
verus und Caracalla und treten erst während der
Neugestaltungsperiode unter Diocletian und Con-
stantin wieder auf: freilich in ganz anderer Gestalt
und mit ganz anderen Formeln als früher. Den
letzten Abschnitt bilden die Dachziegel mit den
Namen des Theoderich und Athalarich.
Der zweite Theil des Vortrages besprach die
Ziegelstempel als werthvoUes Hilfsmittel für die
chronologische Bestimmung der antiken Gebäude.
Nur ein geringer Theil der Stempel trägt die Be-
zeichnung des Jahres, in welchem die Ziegel an-
gefertigt sind, andere lassen sich nur annähernd
einem bestimmten Zeitabschnitt zuweisen. Die Con-
suldaten beginnen mit dem Jahre 110. Unter
Hadrian erreicht die Ziegelfabrication die höchste
Blüthe, zumal im Jahre 134, demselben, in welchem
der Kaiser von seinen Reisen definitiv nach Rom
zurückkehrte. Mit dem Jahre 1G4 hört die Be-
zeichnung des Datums auf den Stempeln plötzlich
auf und verliert sich für immer. Die plötzliche
Unterbrechung führte der Vortragende auf die
grosse Pest zurück, welche, aus dem Orient im
Jahre 162 eingeschleppt, in Rom ungefähr 167 aus-
brach und auf lange Zeit die Gewerbthätigkeit
lähmte.
Herr Professor Jordan aus Königsberg sprach
darauf über die von ihm in den letzten Tagen
wieder aufgenommene Ausgrabung des Vesta-
tempels und legte einen Plan desselben im Grund-
riss und Durchschnitt vor. Auf einem mächtigen,
runden Unterbau aus braunem Tuff liegt zunächst
im Innern eine schmale Schicht von kleinen
Marmorstücken und über dieser eine zweite, etwa
einen Meter dicke aus Ziegeln und gelben Tuff-
stücken, weiche kreisförmig einen Erdkern umgiebt.
Von dem unteren Theile dieses Baues gehen nach
159
Festsitzung des deutschen archäologischen Instituts in Rom.
160
Westen die Reste einer Stufenreilie aus. Dieser
Umstand hatte den Vortragenden schon früher zu
der Vermutliuug veranlasst, dass die gelbe Tuff-
schicht nicht zu der ursprünglichen Anlage gehöre;
mehrere jetzt ausgeführte Bohrungen haben diese
Vermuthung zur völligen Gewissheit erhoben.
Einmal ist diese obere Schicht nicht stark genug,
um die Säulen und die Cellamauer zu tragen, dann
fehlt aber auch der Raum für eine Stufenreihe,
welche bis auf die jetzige Höhe hinaufgeführt haben
könnte. Die erhaltenen Reste zeigen ein nur für
drei bis fünf Stufen genügendes Profil, während im
anderen Falle zwölf bis fünfzehn Stufen nöthig
gewesen wären. Es ist daher anzunehmen, dass
die spätere Erhöhung frühestens im 6. oder 7.
Jahrhundert aufgeführt ist, der Zeit, bis zu welclier
der Tempel bestand. Schwieriger ist die Frage
nach dem architektonischen System des Tempels.
Ein Versuch, den Durclunesser des Rundbaues nach
den Maassen der vorhandenen Cassetten des Peri-
styls zu bestimmen, führte zu keinem sicheren Re-
sultat, da ihre Erhaltung eine zu mangelhafte ist;
dagegen lässt der Umstand, dass im Innern der
Substruction sich niclits findet, worauf der obere
Bau hätte basirt sein können, nur die Möglichkeit,
dass Säulen und Mauern von den Tuffparallelepipe-
den getragen wurden, weiche radienweise den
unteren Theil des Fundamentes durchziehen. Dem-
nach ergiebt sich für den runden Oberbau ein
Durchmesser von vierzehn bis fünfzehn Metern.
Hieran knüpfte der Vortragende eine Bemerkung
über die Tracht der Vcstalinnen. Ein lateinischer
Grammatiker spricht von den ^sex crities' , welche
ihren Kopfschmuck bildeten. Durch die Ausgra-
bungen sind vier unverschleierte Köpfe von Vcsta-
linnen bekannt geworden, und alle diese tragen
oberhalb der Stirn sechs Binden, welche aus Haaren
oder Wolle geflocliten sind.
Als weiteres Resultat der neuesten Ausgrabungen
ist hervorzuheben, dass die Bäckerei, die Cisterne
und die Vorrathskammer der Vestalinuen aufge-
deckt sind. In der letzteren fand man an der
Hinterwaad im Boden eingegraben drei grosse
Vorrathsgefässe aus Thon und in einem derselben
eine grosse Schale und einen kleinen Krug aus
demselben Material, zwar der Teciinik nach aus
der späteren Kaiserzeit, aber in der Form der
ältesten Gefässe. Der Vortragende vermuthete,
dass sie für die ,mola salsa' benützt worden seien.
Endlich haben sich im Westen bei den Stufen der
Tempeltreppe die gut erhaltenen Reste einer Art
quadratisclien Brunnens gefunden. Er wird durch
sieben mächtige, gut behanene Peperinblöcke ge-
bildet, welche ihn auch nach unten zu völlig ab-
schliessen, und ist etwa einen Meter breit und 2,07
Meter tief. Es scheint, dass diese Grube zur Auf-
bewahrung des heiligen Tempelkehrichts, des
'stercus Vestae' diente, welcher einmal in jedem
Jahre herausgenommen und nach dem clicus Capi-
tolinus gebracht wurde.
Herr Professor Mommsen besprach eine vor
wenigen Tagen in Pratica, dem alten Lanuvium
gefundene Inschrift. Dieselbe bezieht sich auf
einen schon aus einer pompejanischen Inschrift
(Wilmauns 1746) bekannten Mann aus der Zeit
des Claudius, Sp. Turranius Proculus Gellianus,
welcher eine Anzahl merkwürdiger priesterlicher
Aemter bekleidete. Er war u. A. paler patralus
populi fjaiirentis foederis ex libris Sibyllinis per-
cutiendi cum p. R., ferner sacrorum principiorum
populi Romatd Quiriiium ttominisqne Lat'mi quai apud
Laurentum coluntur flainen Diatis, lauter Priester-
fhümer, die uns in die Urzeit Roms zurückführen.
Die Inschrift ist zwar fragmentirt, aber mit Sicher-
heit zu ergänzen. Der Zeit nach steht sie etwas
vor der pompejanischen: sie gehört noch in die
letzten Regierungsjahre des Tiberius.
Herr Professor Henzen legte eine in der Nähe
des Monte Testaccio gefundene Inschrift in einem
Abklatsche vor, welche von den Mitgliedern eines
colleglum salulare dem numen domus Auguslae, dem
Aesculapius und der Salus geweiht ist. Inter-
essant ist dieselbe zunächst durch die Erwähnung
der praedia Galbana. Diese stehen ohne Zweifel
in Beziehung zu den horrea Galbiana, welche, wie
aus früheren Funden bekannt ist, am Tiber unter
dem Abhänge des Aventin, also in der Nähe des
Fundortes unserer Inschrift lagen. Es waren dies
Getreidemagazine, welche Augustus für die Ver-
sorgung eines Theiles der Stadtgarnison (cohortes
urbanae tres) einrichtete, und welche ihren Namen
von einem Sulpicius Galba erhielten. Da die De-
dicanten nun, wie die Inschrift besagt, einen Platz
von dem procurator rationis palrimomi angewiesen
erhalten hatten, so müssen die praedia zum Do-
manialgut des Kaisers gehört haben. Das 7iumeti
domus Auguslae findet sich höcbst selten und mit
einer einzigeu Ausnahme (C. I. L. VIII 4199) nur
auf stadtrömischen Denkmälern, welche meist mit
der kaiserlichen Dienerschaft in Verbindung stehen.
Das coUeginm salulare, zu welchem sich die Wei-
henden vereinigt liaben, ist die Bezeichnung einer
161
Sitzungsberichte.
162
in den eisten Jahrliunderten der Kaiserzeit häufigen
Genossenschaft, deren Mitglieder durch gemeinsame
Beiträge eine Begräbnisslcasse zusammenbrachten.
Das unsrige hatte ausser einem Vorstand von drei
Personen drei als immunes bezeiclinete Elirenmit-
glieder und 53 zalilende Mitglieder (phbs). Was
die Zeit der Inschrift betritift, so fehlen directe
Angaben, doch lässt sich aus den Namen und
anderen Judicien schiiessen, dass sie etwa in die
hadrianische Periode gehört.
Der Vortragende machte sodann die .Mittheilung
von einer dem Institut zu Theil gewordenen werth-
vollen Schenkung. Herr Baron von Platner^
der schon gelegentlich des Institutsjubiläunis 1879
seine reiche Bibliothek italienischer Staaten- und
Städtegeschichten als Geschenk Übermacht hatte,
hat jetzt eine zweite Sammlung desselben Inhalts
geschenkt, welche, mit der ersten vereinigt und mit
dem Namen des verdienten Stifters bezeichnet, als
besondere Abtheilung der Institutsbibliothek aufge-
stellt wird. Das Institut besitzt in dieser jetzt über
GOOO Bände zählenden Abtheilung eine so reiche
uud vollständige Sammlung auf diesem Gebiete wie
sie sonst scinverlicli anzutreffen sein wird.
Der Vortragende scliloss mit den Worten des
Dankes an diejenigen, welche durcli iiire Theil-
nahmc an den Sitzungen dazu beigetragen haben,
dass der alte Zweck unseres Instituts erreicht
werde, einen wissenschaftlichen Sammelpunkt zu
bilden für die in Rom weilenden Gelehrten, nament-
lich Deutsche und Italiener.
Archäologische Gesellschaft in Berlin.
Sitzung vom 5. Mai. Eingegangen waren u. A.
Hauck, die Grenzen zwisclien Malerei und Plastik;
Pervauoglu, Corcyra; Papers of the american
school at Athens; Imhoof-Bluiner, Griechische
Münzen aus Klagenfnrt; Schreiber, Rom. Fnndbe-
richte; Six, de Gorgone; Hirsch, De tinminibus
oppidorum Phrygiae; Ziemann, De anathemalis
Graecis; Bruchmann, De ApoUiiie et Minerva düs
medicis. — Herr Adler besprach die Befestigungen
von Troia, Tiryns und Mykenae. Er suchte
an den Mauern und Thoren von Troia die Existenz
des Flankirungssystems, welches Hauptmann Steffen
für die heroische Zeit geläugnet hat, nachzuweisen,
hob flir Tiryns die musterhafte Ausnutzung des
Platzes und die merkwürdigen Jlauerprofile hervor
und sprach für Mykenae auf Grund der Ausgra-
bungsberichte uud eigener Untersuchungen die von
ihm schon früher geäusserte Ansicht aus, dass die
von Dr. Öchliemann aufgedeckten Burggräber älter
seien, als die gleichzeitig mit dem Löwenthore er-
baute südliche Ringmauer. — Herr H übner legte den
soeben von ihm herausgegebenen Band der Exem-
pla scripturae epigraphicae Latinae vor, wel-
cher eine Ergänzung zum Corpus Inscr. Lal. bildet
und die Paläographie der lateinischen Inschriften
aus der Zeit von Cäsars Tod bis auf Justinian
Archiiolog. Ztg. J.ihrgaiif: XLIII.
durch 1200 ausgevväiilte Proben der verschiedenen
Scluiftarten erläutert.
Ausführliche Prolegomena
legen die Besonderheiten derselben dar. Die Bei-
spiele selbst, nach Papierabdrucken der Originale
zinkotj-pirt, sind in die zwei Hauptgruppen der
monumentalen uud der urkundlichen Schrift ge-
getlieilt und innerhalb dieser nach chronologischen
Gesichtspunkten geordnet. Drei Register beschliessen
das Werk, welches iioffentlich dazu beitragen wird,
die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die paläo-
graphische Seite der Inschriftenkunde zu lenken. —
Herr Furtwängler legte Abgüsse eines neuerdings
vom konigl. Antiquariuin angekauften Skarabäus
aus Orvieto vor, der sowohl durch seine streng
alterthümliche und sehr sorgfältige Arbeit, als auch
dureli die Darstellung, in welcher der Vortragende
den vom Pfeil des Apollo getroffenen Tityos er-
kannte, von Bedeutung ist. Ferner legte derselbe
eine Zeichnung nach einem Skarabäus im Privat-
besitz vor, dessen Bild er als Prometheus deutete,
der von Hephästos angeschmiedet wird. — Herr
Curtius besprach das jüngst in Athen gefundene
und von Knmanudes in der Ephemeris veröffent-
lichte Psephisraa aus dem Archontat des Antiphon
(41<S v. Chr.), welches für die Topographie wie
für die Geschichte der Kulte von hervorragender
11
163
Sitzungsberichte.
164
Wichtigkeit ist. Die Urkunde bezieht sich auf die
Verpachtung des „Heiligthums des Kodros und des
Neleus und der Basile", welches in einer von
einem Graben durcbflossenen Niederung lag, zum
Zweck seiner Wiederherstellung. Der Pächter soll
über den Graben uud alles Regenwasser eines Be-
zirks verfügen, dessen vier Grenzen genau ange-
geben sind. Derselbe lag danach im Quartier
Limnä, das durch den nach dem Ilisos geführten
Graben entwässert wurde, so dass das Heiligthum
in der Gegend des jetzigen Militärhospitals zu
suchen ist. Von den drei Inhabern desselben wird
Neleus auch allein, und nach ihm das Ganze Neleion
genannt, also ein Heroon des Sohnes des Kodros,
des Gründers der ionischen Städte. Vermuthlich
ist diese Stiftung, welche die Beziehungen zwischen
Athen und lonien so stark betont, in der Zeit des
Themistokles erfolgt, als es sich um die Betheili-
gung am ionischen Aufstand handelte. In der
„Basile" erkennt der Vortragende eine Personifica-
tion des alten Königthums (Baaih), so auch die
besten Handschriften im Anfang des platonischen
Charmides), von der sich Spuren auch in dem
Volksmärchen von Basileia, der Uranostochter, der
Erzieherin ihrer jüngeren Geschwister, finden. Wahr-
scheinlich waren nach einheimischer Ueberlieferung
auch Kodros' üeberreste von dem Platze, wo er
gefallen, hierher gebracht worden, wie ja das Ko-
dros-Epigramm (Kaibel 1083) auch beide Stätten
unterscheidet und mit dem Ende des Königthums
die Gründung der Dodekapolis von lonien ver-
knüpft. [Vgl. die Ausführungen des Herrn Vortra-
genden in den Sitzungsberichten der Akademie der
Wissenschaften 1885 S. 437 ff. mit einer die Lage des
Heiligthuras darstellenden Kartenskizze des Herrn
Kaupert.] •
Sitzung vom 2. Juni. Eingegangen waren
u. A. Ebers, Richard Lepsius; Benndorf, Ueber
eine Statue des Polyklet und Blümner, Westliches
Giebelfeld des Partlienon (beides aus der Fest-
schrift für Anton Springer); Imhoof- Blumer,
Porträtköpfe auf antiken Münzen hellenischer und
hellenistiselier Völker (von Herrn Weil mit erläu-
ternden Bemerkungen begleitet). — Herr 0. Richter
sprach über die Topographie des Palatin, dessen
Gebäude besonders schwierig zu bestimmen sind
und sich bisher die willkürlichsten Benennungen
haben gefallen lassen müssen, weil jede inschrift-
liche oder anderweitige Ijegiaubigung fehlt. Als
Beispiele hierfür wurden angefüllt t der sog. Cali-
gulapalast, der frühestens aus der Zeit Domitians,
wahrsclieinlich aber erst aus der Traians stamme,
und ein Complex anscheinend uralter Gebäude an
der S. W. Ecke des Palatin, die bisher 'Haus des
Romulus' u. s. w. genannt wurden, in der That aber
ganz junge, aus und über den Trümmern der alten
Befestigungsmauer errichtete Bauten sind. Auf die
litterarisch bekannten Tempel des Palatin eingehend,
erläuterte der Vortragende ausführlich die Lage
der aedes Magnae Malris. Er ging aus von einer
topographischen Analyse des Nordrandes des Pala-
tin, östlich vom Titusbogen, stellte fest, dass die
Torre Cariularia auf den Trümmern eines grossen
Tempels errichtet gewesen sei, und dass längs der
Sacra via zwischen der Strasse und jenem Tempel
eine Säulenhalle gelegen habe, die vermuthlich den
Vorhof desselben umgab. Durch Erläuterung des
bekannten Reliefs, welches Gebäude an der sacra
tia darstellt, wurde sodann dargethan, dass der ge-
fundene Tempel derjenige der Magna Mater sei,
ein Resultat, welches seine Bestätigung u. A. in
der Orientirung der Ruine und der Beschreibung
der Oertlichkeit bei Martial (I, 70) findet. — Herr
Curtius legte die wohlgelungenen Photographien
vor, welche Herr Frisch von der Ostfront und dem"
Westgiebel des olympischen Zeusterapels nach
den im Olympia-Museum aufgestellten Modellen an-
gefertigt hat. Von dem Westgiebel sind zwei Auf-
nahmen gemacht worden, die eine mit allen 21, die
andere — unter Weglassung der beiden Nymphen
rechts uud links — mit 19 Figuren. Bei einer
Vergleichung beider Ansichten ersclieint die letztere
vortheilhafter; man vermisst nichts, das Gedränge
und die unangenehme Wiederhoking zweier liegen-
der Frauen an jedem Giebelende wird vermieden.
Die beiden einander vollkommen gleichen und im Stil
von den übrigen Figuren abweichenden Nymphen sind
überflüssig. — Herr Trendelenburg versuchte, ob-
wohl er die Archäol. Ztg. 1884 S. 213 von Herrn
Puchstein gegebene Berichtigung anerkannte, die
Beziehung des Schlangengefässes im pcrgamenischen
Altarfriese auf den Kreis der Heilgötter festzuhalten,
da das Schlangengefäss auf Mysteriendienst hin-
weise. [Vgl. Wochenschrift für klassische Philo-
logie 1885 S. 952.]
Sitzung vom 7. Juli. Aufgenommen wurde
Herr Professor 0. Hirsch fei d, ausgeschieden ist
Herr Generalmajor Bergius. Eingegangen waren
u. A.: Pöhlmann, die Uebervölkerung der antiken
Grossstädte; G. Hirschfeld, Paphlagonische Felsen-
gräber; H. Lewy, Altes Stadtrecht von Gortyn.
— Herr Furtwängler berichtete über neue Aus-
165
Berichte.
166
grabungen in Cypeni auf Grund von Mittliei-
lungen des Herrn Ohnefalsch -Richter, welcher sich
schon seit mehreren Jahren dureli gewissenhafte
Beobachtung und Leitung von Ausgrabungen auf
Cyperu um die Alterthumskunde dieser Insel grosse
Verdienste erworben bat. Vor Kurzem bat Herr
Richter bei Dali ein Heiligthura ausgegraben, das
nach den darin geweihten Statuen, weiblichen be-
kleideten Figuren, die meist eine Blume an die Brust
drücken, der Aphrodite gehört zu haben scheint.
Fast alle sind in altertbUmlichem Stile gearbeitet
und zeigen theils den ägypto-phönikischen Typus,
tbeils den eigentbUmlicben lokalcypriscben, theils
den griechischen des alten und des entwickelt ar-
chaischen Stils. Ferner berichtete der Vortragende
über die Resultate, die er aus den selir reichhaltigen
und überaus dankenswerthen Mittheilungen Herrn
Richters über die Geschichte der iiltesten Keramik
auf Cypern ziehen konnte. Es lassen sich jetzt
zwei grosse Gruppen in den alteyprischen Gräbern
mit Vasen scheiden: die ältere entbehrt jedes phö-
nikischen Einflusses, die Gefässe sind ohne Dreh-
scheibe gemacht und nur linear verziert; die andere
enthält die pbönikisirenden Gefässe. Ein genauer
Bericht Herrn Richters über 11 von ihm geöffnete
Gräber der ersteren Gruppe wurde nebst den zu-
gehörigen Photographien vorgelegt. — Schliesslich
berichtete der Vortragende kurz über die von ihm
besuchte Auction der Bronzen der Sammlung
Greau in Paris im Juni d. J. und verweilte etwas
länger bei der im Kataloge von Fröhner pl. 20
abgebildeten, jetzt im Berliner Museum befindlichen
Statuette des Apollon wegen ihrer unverkennbaren
Verwandtschaft mit der grossen Bronzestatue der
Sammlung Saburoff, deren Deutung auf Apollon
durch die neue Statuette eine wesentliche Bestäti-
gung empfangen zu haben scheint. Die Attribute
sind unwesentlich verschieden: letztere hielt offen-
bar Bogen und Pfeil in der Linken, in der Rech-
ten einen LorberbUscliei; die Saburoff'sche wahr-
scheinlich den Pfeil in der rechten und den Bogen
in der andern Hand. — Herr Robert legte die
Photographien von sechs vor Porta Salara in Rom
in einer Grabkammer gefundenen, durch hohen
Kunstwerth ausgezeichneten Sarkophagen vor und
knüpfte daran einige Bemerkungen über die in der
ersten Hafte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts
gebräuchlichen Sarkophag- Typen. — Herr Curtius
machte Mittheilung über eine von Herrn Purgold aus
Olympia eingeschickte, von ihm neuerdings ge-
fundene Siegerinschrift, welche dem Postament
des von Pausanias VI 3,2 erwähnten Messeniers So-
phios angehörte. — Herr Adler gab zu seinem letzten
Vortrage über die Befestigungen von Troia, Tiryns
und Mykenä wesentliche Ergänzungen, welche durch
die jüngst vollendeten Ausgrabungen auf der Burg
von Tiryns gewonnen worden sind. Dieselben
beziehen sich auf die Entdeckung von zahlreichen,
in den starken Ringmauern angelegten Räumen,
welche durch Galerien unter einander und mit dem
Palaste verbunden waren und sicherlich als Maga-
zine, Kasematten und Cisternen gedient haben. Be-
sonders wichtig erscheint die Aufdeckung einer
Treppe von 65 Stufen, welche den geheimen Burg-
eingang gebildet hat.
Bericht
über die Tbätigkeit des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts vom 1. April 1884 bis 1. April 1885.
Die regelmässige Plenarversammlung der Cen-
traldirection fand vom 7. bis 10. April 1884 statt; in
ihr fanden unter Anderem die Mitgliederernennun-
gen statt. Es wurden zu ordentlichen Mitgliedern
ernannt: in Deutschland Herr Puchstein; in Frank-
reich die Herren HomoUe und Heron de Ville-
fosse; in Holland Herr J. P. Six; in Italien Herr
Ghirardini; in Ocsterreich Herr Klein; in Eng-
land Herr Ramsay; in der Türkei die Herren
Maspero in Cairo, Joh. Mordtmann in Constan-
tinopel. Zu correspondirenden Mitgliedern wurden
ernannt: in Deutschland die Herren Ohlenschla-
ger in München, Arnold in Kempten, Hammeran
in Frankfurt a. M., Keller in Mainz; in Amerika
Herr Jos. Th. Clarke in Boston, Herr J. R. Ster-
rett aus Lexington und Frau Lucy Mitchell in
New- York; in Frankreicli die Herren Blade in
Agen, de la Blanchere in Algier, Cagnat in
Douay, Duchesne in Paris, Poulle in Constan-
tine und Sacaze in St. Gaudant; in England die
Herren Jebb in Glasgow, Hodgkin in Ivewcastle
und Nichols in Lawford Hall; in Italien die Her-
ren Piccolomini in Pisa, Promis in Turin, Mar-
tinelli in Anagni, Cicerchia in Palestriua, Ferri
167
Berichte.
168
in Florenz, Tamponi iu Terrauuova-Pausania, so-
wie die Herren DUmmler, Hülsen, Kroker,
Meier und Richter, zur Zeit in Rom; in Oester-
reich die Herren Schneider in Wien und Gelcich
in Ragusa; in den ottomanischen Staaten die Her-
ren Delattre in St. Louis de Carthage, Nikepho-
ros, Erzbischof von Methymua, in Kalloni, Fon-
trier in Siuyrna und Stamatiadis in Sanios; in
Portugal Herr Colcho in Lissabon; in Russland
Herr Korrolkow in Orel; in Spanien Herr Meli da
in Madrid.
Für die Reisestipendien wurden erwählt und
erhielten die Bestätigung des auswärtigen Amts
die Herren Dümmler, Kopp, Marx, Rossbach
und für das Stipendium der cliristlichen Archäologie
Herr Moritz.
Die archäologische Zeitung, die Ephemeris epi-
graphica, die römischen Monumenti, An?iali und
Bullettino, die Mittheilungen des athenischen Zweig-
instituts haben ihren Fortgang genommen, wenn
auch das Erscheinen der Monumenti und Annali sich
etwas verzögerte.
Bei dem römischen Zweiginstitute wurde na-
mentlich die ständige Beobachtung der pompejani-
schen Entdeckungen und der etruskischen Funde
fortgesetzt, iu Orvieto auch eine kleine Ausgrabung
unternommen.
Die römische Bibliothek des Instituts wurde
ausser den regelmässigen Anschaffungen durch
Schenkung einer Photographieusammlung von
Herrn des Granges und von Seiten des Herrn
von Platner durch die werthvoUe Schenkung be-
reichert, durch welche die bereits früher dem In-
stitute zugewendete Platner'sche Sammlung italischer
Städtegeschichten eine äusserst erwünschte Vervoll-
ständigung erhalten hat.
Von dem athenischen Zweigiustitute gingen im
Laufe des Rechnungsjahres namentlich zwei grössere
Unternehmungen aus, eine Ausgrabung an der
Stelle des Tempels von Sun'on und eine Bereisung
der Insel Greta. Die Ausgrabung leitete Herr
Dörpfeld, die Bereisuug unternahm Herr Fabricius;
das am meisten in die Augen fallende Ergebniss
der kretischen Reise war der Fund der grossen
Inschrift von Gortys, an welchem der italienische
Reisende Herr Halbherr wesentlichen Antheil
nahm.
Von den Unternehmungen der Centraldirection
führte Herr Michaelis das Repertorium in diesem
Jahre noch fort, Herr Kekule mit Herrn Otto die
Sammlung der antiken Terracotten, Herr Robert
mit Herrn Eichler die der römischen Sarkophage,
Herr Körte die der etruskischen Urnen und Spie-
gel; für die Fortsetzung der Wiener Sammlung der
griechischen Grabreliefs waren namentlich
Herr Kieseritzky in St. Petersburg und Herr Posto-
lakkas in Athen thätig; die kartographische Auf-
nahme von Attika nahm unter Leitung der Her-
ren Curtius und Kaupert durch die Herren Eschen-
burg, von Tvvardowski, von Zieten und Wolff ihren
Fortgang.
Es erschienen der zweite Band der antiken
Terracotten, Sicilien umfassend, das zweite und
dritte Heft der Fortsetzung der etruskischen Spiegel,
das dritte Heft der attischen Karten. Die testamen-
tarisch verordnete Herausgabe der Iwanoff'schen
Darstellungen aus der heiligen Geschichte schritt
bis zur Ausgabe des zehnten Heftes, mit welchem
das neue Testament abgeschlossen ist, vor; es wird
nunmehr das alte Testament folgen.
Ein Erlass Sr. Durchlaucht des Herrn Reichs-
kanzlers vom 9. März d. J. hat die Centraldirection
aufgefordert, eine in Zukunft weiter als bisher
gehende Anwendung der deutschen Sprache in den
Publicationen und bei den öffentlichen Sitzungen
des römischen Zweiginstituts herbeizuführen.
NACHTRAG ZU S. lOl.
Herr Dr. A. Herzog, der auf meine Bitte die
Originalplatte kürzlich untersucht hat, schreibt mir:
„einen Puntello an der betreffenden Stelle anzu-
nehmen zwingt nichts; der Marmor ist hier nur
etwas tiefer und rundlicher zerfressen, wie au vielen
Stellen. Gegen Stab oder Dreizack spricht die fest
geschlossene Hand."
F. VON DUHN.
EIN NEUER ARESMYTHUS.
Mit Ares bescliäftigt sich die griechische Voiks-
sage und Poesie verhältnissmässig wenig. Ebenso
finden wir verliältnissiuässig selten den Ares als
solchen oder Mythen des Ares auf Darstellungen
der bildenden Kunst. Es haftet dem thrakischen
Kriegsgott stets etwas Barbarisches, etwas Un-
griechisches an. Wüstes Raufen und tobender
Kampf ist ihm lieb: deshalb ist er dem Vater Zeus
der verhassteste unter allen himmlischen Göttern
(Hom. E 890), und Athena behandelt ihn im fünften
Gesang der Ilias wie einen thörichten Knaben
(35. 830). 'Den Bakchos mit goldenem Stirnband,
den weinfunkelnden', bittet der Chor im König Oedi-
pus 210 'die hell leuchtende Fichtenfackel zu schleu-
dern gegen den unter den Göttern ungeehrten Gott.'
Und dennoch ist Ares von hoher Geburt, als Sohn
des Zeus und der Hera allgemein anerkannt: kaum
dass gegen diese Ueberlieferung die Notiz eines
späten Mythographen, der Enyo seine Mutter nennt
ArchUolog. Ztg. Jalir^:ang XLIII.
(Cornutus 21), und die vereinzelte Sage bei Ovid
Fasti V 251 ff., wo Juno von einer Blume schwanger
den Mars gebiert — letztere eine ursprünglich ita-
lische und wahnscheinlich nur gräcisirte Sage, wie
die Motivirung mit der Athenageburt des Zeus es
beweist — dagegen in Betracht kommen '). Von
dem Ort und den Nebeuumstiinden seiner Geburt
verlautet in der Sage nichts: insgemein gilt als
sein Vaterland Thrakien; Epicharm hatte ihn einen
Spartiaten, andere einen Arkader genannt (Clemens
Alexr. Protr. p. 25 P).
Einen ganz neuen Aresmythus gewinnen wir
durch die, wie mir scheint, noch nicht gefundene
Deutung dreier auf italischem Boden sicherlich
unter griechischem Einfiuss entstandener Bildwerke.
Das erste und wichtigste derselben ist eine jetzt in
Berlin befindliche, philologisch wie archäologisch
') Usener, Kliein. Mus. XXX p. 216.
12
171
Fr. Marx, Aresmytlius.
172
gleich interessante Ciste aus Palestrina, welche
Monum. IX Tav. LVIII publicirt und zuerst von
Michaelis Aimali 1873 p. 221 IT., seitdem öfters be-
sprochen ist. Mehr als die Ansicht, es sei die Ge-
burt oder das Bad des Areskindes dargestellt, ist
im grossen und ganzen nicht darüber vorgebracht
■worden (Preller-Jordan, Piöm.Mythol. I S. 343 Anm.).
Wir sehen als Hauptgegenstand der Darstellung
Atheua {Menerva), welche Helm und Schild hinter
sich auf einen Fels gelegt hat, um desto ungehin-
derter sich der Pflege eines jungen Götterkindes
widmen zu können. Sie trägt die Aegis, eine
kleine Nike schwebt im Päieken der Göttin auf
dieselbe zu. Vor Athena steht eine grosse Urne
mit vier Doppelstreifen verziert, aus welcher Flam-
men hervorzusclilagen scheinen, und auf dem Eande
derselben kniet von der Linken der Göttin leicht
umschlungen der kleine Ares (Mars), in der Rech-
ten die gezückte Lanze schwingend, in der Linken
hält er den runden Schild, sein Haupt ist mit dem
Helm bedeckt. Mit einem kleinen Stäbchen (?),
welches die mütterliche Pflegerin in der rechten
Hand hält, berührt sie dem Kinde das Antlitz, lieber
dem Ares unterbricht ein dreiköpfiger Kerberos in
auffälliger Weise den breiten, sonst überall gleich-
massigen Ornanientstreifen, welcher um die ganze
Ciste herumläuft. Die Versammlung der olym-
pischen Götter wohnt dem wunderbaren Akt bei:
rechts von der Urne folgen in ununterbrochener
Reihenfolge Diama Fortuna, Inno lonos Mer-
curis, Herde Apolo Leiber und Victoria. Die
Einzelheiten der Dar.stellung alle zu erläutern, er-
scheint nach der ausführlichen Besprechung von
Michaelis a. a. 0. überflüssig.
Was bedeutet diese wunderbare Darstellung?
Ist es die Geburt des Ares aus der Urne? Dafür
spricht nichts, dagegen alles, schon der Umstand,
dass der Knabe gar nicht aus dem Gefäss heraus-
kommt, sondern vielmehr über der Urne gehalten
wird. Also besser ein Bad. Aber was für ein
Bad? Ist Hera gerade entbunden worden, und wird
das Neugeborene von Athena jetzt nur gewaschen,
wie auf den mannigfachen Darstellungen der He-
rakles- uud Dionysosgeburt, wie der kleine Apoll
(Ilyrim. Ilom. in Apoll. Del. 120) von den Göttinnen
auf Delos gewaschen wird?-) Aber die Urne gleicht
einer Badewanne sehr wenig. Warum streicht
Athena dem Kinde über das Antlitz? Hat der erste
Erklärer der Darstellung recht, wenn er darin nur
den allgemein üblichen, abergläubischen Brauch der
^) Meursius ad Li/cophr. 322.
Ammen und Mütter sieht, welche ihre Pfleglinge
dadurch von allem Zauber und Bösen schützen
wollen (a. a. 0. p. 225)?
Die erste Frage, welche zur Erklärung weiter-
hilft, ist die: was ist dies für eine Urne, und für
ein feurig aufloderndes Wasser in dem Gefäss?
Doch sicherlich kein Wasser der gewöhnlichen Art,
auch kein siedendes Wasser, denn wir sehen keiner-
lei Feuer unter dem Gefäss brennen. Der bisher
unerklärte Kerberos über dem Ares giebt die Ant-
wort auf die Frage, woher die feurige Fluth
stammt: aus den flumina ßagratitia igne der Unter-
welt (Seneca, Consolatio ad Marciam 19), wie dem
Pyriphlegethon, dem Acheron und Kokytos. Der
ünterweltsfluss xar' e^ox>^v ist aber der Stygische
Fluss, mit seiner furchtbaren, tödtlichen Wasserfluth
(Preller Griech. Myth. I S. 28 Anm. '). Wie auf
unserer Ciste zur Taufe des Ares, so bringt Iris zum
Eidschwur der Götter nach Hesiod Theog. 782 in
einer goldenen Kanne (ev XQvaerj nqoxöii)) das Wasser
der Styx in den Olymp, und so finden wir die
Göttin mit einer Urne oder einem Eimer dahin-
schwebend dargestellt auf den Spiegeln bei Gerhard
Etr. Spiegel I Tat'. XL. XLl : wie auf unserer Ciste,
so schlagen auch dort die Wasser aus dem Gefäss
(a. a. 0. Taf. XLI).
Die klarste Annlogie bietet die Sage und eine
Darstellung von der Eintauchung des Achilleus-
kindes in die Styx. Während auf der capitolini-
schen Brunnenmündung {Mus. Capitol. IV 17) Thetis
den Knaben am Knöchel fasst und in den Ünter-
weltsfluss selbst kopfüber eintaucht, vollzieht die
Mutter auf einer Gemme (Cades XXVII 147) das
Bad sonst in derselben Weise wie dort, aber in
einer grossen Urne. Mit der Rechten fasst sie den
Knaben am Knöchel und taucht ihn kopfüber in
das Gefäss, welches zweifelsohne die Stygische
Fluth enthält. Die ganze Feuertaufe geschieht
offenbar ausserhalb des Hauses bei Nacht und ohne
Vorwissen des Vaters: Thetis selbst hält in der
linken Hand eine Fackel, und eine Dienerin, welche
neben der Urne kniet, deren zwei. Links schliesst
ein Baum, an dem ein Widdcrkopf angebracht ist
und ein Bogen hängt, die Darstellung ab.
Die Sage von der Eintanchung des Achilltus-
kindes in die Styx tritt uns verhältnissmässig spät
entgegen : erst Statius spielt Achill. I 2G9 darauf an
und auf den Versen des Statius beruhen zum Theil
die Berichte des Serv. Aen. VI 57 und Fulgent. Mythol.
') Der Kerberos heisst bei Seneca Herc. Für. 783, Herc. üet.
1245 und iilters der Sty{,'ische Hund, der Stvtjische Wiieliter.
178
Fr. Marx, Aresmythus.
174
III 7. Das besprochene Gcmmcnbild gicbt uns die
Sage ausflibilicher, als die sciiriftliciien Quellen: in
einer Urne bolt die Multer das furchtbare Wasser
der Styx aus der Unterwelt, wie auch Psyche bei
Apuleius Met. VI p. 408 Oudend., und nächtlicher
Weile beim Schein der Fackeln ohne Vorvvisseu
des Pelcus fasst sie den Knaben am Knöchel und
taucht ihn kopfüber in das Gefäss. Dass es sich
auf dem besprochenen Geramenbiid in der That
um die Eintaucliung in das Styxwasser handelt,
dafür ist ausser der Analogie mit dem capitoliui-
schen Relief der Umstand beweisend, dass sich die
Sage von der alleinigen Yerwnndbarkeit der
Achillesferse ohne Zweifel nur im Zusammenhang
mit der vom Bade im Styxwasser ausgebildet hat.
In den ältesten Berichten über die Geburt des Achill
ist von Verleihung der Unsterblichkeit und dgl. gar
nicht die Rede, wenn anders der Sclioliast des Apol-
lonios IV 8 IG richtig über das Epos vom Könige
Aigimios berichtet. Thetis will nur erfahren, ob ihre
Kinder unsterblicli sind: sie wirft eines nach dem
andern in einen Kessel mit (was für?) Wasser*),
nach Lykophr. 178. Schol. Hom. JI36 (Ptol. Heph. 7)
deren sechs nacheinander ins Feuer, bis Peleus ^ie
überrascht und den letztgeborenen Achill noch rettet.
Die Sage von der vereitelten Absicht der Thetis
dem Sohne Unsterblichkeit und ewige Jugend zu
verschaften, finden wir zuerst bei Apollonios IV
8G9ff. (Apollodor III 13,0); sie ist augenscheinlich
dem nachgebildet, was der Homerische Hymnus auf
Ceres 235ff. (Apollodor I 4, 5,4. Ovid Fasti IV 551)
von Demeter erzählt, welche Demophon, den Sohn
der Metaneira, unsterblich und nie alternd machen
will. Bei beiden misslingt das Unternehmen, hier
durch der Metaneira, dort durch des Peleus Da-
zwischenkommen: beide Göttinnen salben den Pfleg-
ling am Tage mit Ambrosia, nachdem sie des Nachts
alles, was an ihm sterblich, in den Feuerflammen
verzehrt. Nacli dieser Sage ist es das Feuer*),
welches den sterblichen Leib zum unsterblichen
*) Schol. Apoll. Rhod. IV. 816 ... ij 0^r/f fi\- l^ßrija
liäaroi C^oiTic fif'iici).t rotf fx IIr)).^tü; yfrof4(i'Ovg ititTj
TJttiäa;. So die älteren Ausgaben des Apollonius und der
Fragmente der Epiker. Bei Merkel und Kinkel lehit Cfof'"',
es steht, wie ich mich selbst überzeugt habe, ni.ht im Lauren-
tianus. — Eine ähnliche Scene bei Gerhard A. V. Taf. LXX
p. 196, womit Etr. Sp. IV 1, Taf. CCCLII zu vergleichen ist:
unseren Darstellungen steht näher das Vasenbild AViVe c^ramogr.
III /)/. XLV. Gerbard A. B I 5-.>.
') Ebenso zerstört bei der Apotheose des Herakles das
Feuer alles Sterbliche an dem Helden. Theokrit XXIV 82.
Seneca Herc. C'et 1960. Lucian Ilerniot 7.
macht, nach der Glaukossage bei Ovid Metam. XIII
Ö.'iOfi". läutern mit der Fluth von hundert Strömen
Okeanos und Tethys den Sterblichen zum Gott, bei
der Apotheose des Aeneas ebenda XIV 600 neh-
men die Flusswellen des Numicius alles, was an
dem Helden irdisch ist, hinweg, nach der andern
Version der Aciiiiieussage bewirkt dies das Wasser
der Styx — denn die Unverwundbarkeit, welclie in
dieser Gestaltung der Sage an die Stelle der Un-
sterblichkeit getreten ist, ist doch wohl mit dieser
gleichbedeutend — , und eine analoge Darstellung
iiaben wir auf unserer Ciste.
Dass wirklich Ares auf unserer Darstellung als
Kind aufzufassen ist, und es sich nicht etwa um
ein Bad handelt, wie es Hebe Ilias E 905 an dem
verwundeten Kriegsgott vollzieht, dass ferner der
Knabe auf unserem Monument in der Urne wirklich
gebadet und eingetaucht gedacht ist, beweisen zur
Evidenz die beiden unten zu besprechenden etrus-
kischen Spiegelzeichnungen. Die Consequenzen
der obigen Betrachtungen sind aber jetzt leicht zu
ziehen. Ist Ares wirklich auf unserer Ciste dar-
gestellt, wie er im Feuer.strom der Unterwelt ge-
läutert wird, dann dient dieses merkwürdige Bad
nach der Analogie der obigen Mythen zur Ver-
leihung der Unsterblichkeit au Ares, zu seiner
Apotheose. Folgerecht kann aber dieser Ares
unmöglich der Sohn des Zeus und der Hera
sein: die Darstellung setzt eine Sage voraus, nach
welcher "der unter den Göttern ungeehrte Gott' von
einem sterblichen Vater oder einer sterblichen
Mutter abstammte, und nach der Athena ihm durch
das läuternde Bad der Styx Unsterblichkeit uud
Göttlichkeit verlieh. Dann muss die Berührung
des Antlitzes des Knaben mit dem stiftähnlichen,
undeutlichen Gegenstand den gleichen Zweck haben
wie die Eintauchung in die feurige Fluth: der
Knabe, soeben gebadet, kniet hoch über der Urne,
während — offenbar der wichtigere Akt — ihm
Athene das Gesicht bestreicht. Wie bei der De-
mophon- und Achilleussage, so geht auch hier der
Feuerläuterung die Salbung mit Ambrosia parallel.
Der undeutliche Gegenstand in der Hand der Athena
muss zur Salbung mit der Götterspeise dienen, es
ist vielleicht ein Salbstift''), vielleicht stellt der
Künstler so die Götterspeise selbst dar. Uud ge-
rade das Bestreichen des Gesichtes ist für die Ver-
göttlichungbedeutungsvoll. Aphrodite machtTheokrit
XV 108 Berenike zur Göttin dfißQoaiav tg atrjSog
«) Gerhard, Etr. Rp. III 1, S. -204, Anm. 1G8.
12*
175
Fr. Marx, Aresmythus.
176
anoazä'£.aoa yi'vaixöi;'); den Fluss Numicius heisst
sie (Ovid Metaiu. XIV GOOff.) alles, was an dem
Aeneas sterblich und dem Tod verfallen ist, mit
seinen Wellen wegspulen; darauf
liistraliim genetrix diumo corpus odore
unxil et ambrosia cum dulci nectare mista
coiitigit OS feciique deum.
Diese Deutung der Pränestinischen Ciste be-
stätigen und erweitern zugleich die Zeichnungen
der beiden kurz schon oben erwähnten etruskiscben
Spiegel, welche bei der ersten Besprechung der
Ciste in den Annali noch nicht mit in Betracht ge-
zogen worden sind. Der erste derselben bei Ger-
hard Etr. Sp. II Taf. CLXVI stammt aus Chiusi
und befindet sich jetzt gleichfalls in Berlin. Wir
sehen eine evident analoge Darstellung. Athena
(Menrfa) mit Helm und Aegis hält über einer reich
verzierten doppelhenkligen Amphora ein mit Hän-
den und Füssen zappelndes, nacktes Knäblein
(^Marishusrtiana), offenbar um dasselbe in das mit
Wasser gefüllte Gefäss einzutauchen. Die eine
nackte Brust mit deutlich ausgeprägter Brustwarze
schaut aus dem Obergewaude der Göttin hervor.
Hinter ihr ein nackter Jüngling, die Chlamys um
Schultern und Kücken, auf seine Lanze ge-
stützt, ohne Beischrift. Auf der anderen Seite der
Amphora steht Aphrodite (Tnran) in langem Ge-
wände, neben welcher ein ganz nackter Jüngling
(Leitith) auf eine Lanze gestützt dasitzt. Der-
selbe hält auf seinem linken Knie ein zweites
nacktes Knäblein (Marishahia), welches, ebenso
wie das erste, eine Bulla am Halse trägt. Die
weibliche Figur am Griff (Recial) gehört nicht zur
Darstellung.
Ein zweiter Spiegel aus Bolsena, jetzt im Bri-
tish Museum, a. a. 0. III 2 Taf. CCLVII B von
Gerhard zuerst auf die Geburt der Kabiren ge-
deutet (p. 328 ff.), zeigt uns ebenfalls Athena
{Menrfa) mit Helm, Lanze und Aegis, welche in
derselben reichverzierten doppelhenkligen Amphora
das Knäblein Marishusrnana bis über die Brust
eintaucht. Nach rechts folgen dieselben Figuren
wie auf dem vorhergehenden Spiegel, Turan und
der Jüngling mit der Lanze und Ciilamys, welchen
die Beiscbrift aran erklären soll. Kechts schliesst
eine nur mit einem Ueberwurf bekleidete Frau
') rindar l'yth. IX 61 sollen die göttlichen Pflegerinnen
den Aribtaeus zum unsterblichen Gott wie Zeus und Apoll
machen, indem sie ihm vixittn (v yilkioai xnl (tfiß^inaluv
axttioiai.
Amatiitunia, links Hermes (Turms) die Darstellung
ab: erstere hat den zappelnden kleinen Marishalna,
letzterer einen dritten Knaben Marisisminihians^ wie
die beiden anderen nackt und mit dem Amulet ge-
schmückt, auf dem linken Arm. Im ^Segment über
der Darstellung Helios mit der Quadriga, am Griff
Herakles.
Die Analogie der beiden Darstellungen mit der
Pränestinischen Ciste ist unmittelbar einleuchtend-
sie ist auch fördernd für die Kenntniss des Etrus-
kiscben, insofern wir daraus lernen, dass der
etruskische Name des Kriegsgottes Maris ist, mit
dem der übrigen Italiker verwandt wie analog A'e-
thuns und Menrfa. Ueber die Beinamen der Ares-
kinder, sowie die beiden andern räthselhaften Bei-
schriften philologisch zu handeln erscheint hier
überflüssig: es genügt die Figuren rein archäolo-
gisch zu betrachten, um so mehr, da bis jetzt
nichts Sicheres über die Bedeutung dieser Beinamen
eruirt ist. Klar ist auf beiden Darstellungen, dass es
sich um ein bedeutsames Bad der drei, beziehungs-
weise zwei Knäblein in der schön verzierten Urne
handelt, welches Athena vollzieht. Wie auf der Ciste
so ist die Form des Gefässes sicher charakteristisch:
es ist gewiss kein Badegeräth, keine Badewanne;
es ist das mythologisch bedeutsame Gefäss, in dem
Iris das Styxwasser in den Olymp bringt. Dass
auf beiden Darstellungen die Liebesgöttin Turan
zugegen ist, erklärt sich leicht: sie hat den Liebes-
bund gestiftet, dem die neugeborenen Knäblein ent-
sprungen. Für das Verständniss des jugendlichen
Leinth auf dem Chiusiner Spiegel scheint wenig-
stens ein Fingerzeig vorhanden zu sein: auf einem
Spiegel bei Gerhard II Taf. CXLI führt Herakles
von Nike (Mean) bekränzt den Kerberos hinweg,
eine verhüllte langbekleidete Frauengestalt Leinth,
von Gerhard a. a. 0. für Pcrsephone erklärt, steht
mit abgewandtem Gesicht dabei. Leinth ist also
geueris communis im Etruskiscben, wie ja auch
Turan (Corssen Spr. d. Etr. I p. 254). Hat Gerhard
recht mit seiner Deutung, und haben die Etrusko-
logen richtig mit dem Wort das leine — mortuus
est der Grabschriften verglichen (Corssen Spr. d.
Etr. I p. 300), dann hätten wir auch auf diesem
Spiegel wie auf der Ciste in dem Kerberos eine
Andeutung der Unterwelt, woher das Wasser in
der Urne stammt. Statt des Leinth sehen wir auf
dem zweiten Spiegel den Hermes angebracht: offen-
bar nur, weil man gewohnt war, ihn als Pfleger
neugeborener Götterkinder, des Dionysos, Herakles,
Aristaeus, Asklepios, der Dioskuren dargestellt zu
177
Fr. Marx, Aresmythus.
178
sehen. Die mit deiu duiikelu Amalntunia be-
zeichnete weibiiciie Figur auf dem Spiegel aus
Bolsena ist wohl nur Fiillfigur wie die Lasa.
Die wichtigste Figur ist der nackte auf dem
letzteren Spiegel mit aran, auf dem ersteren gar
nieiit bezeichnete Jüngling mit der Lanze. Er ist
offenbar neben Athena am meisten bei dem Vorgang
betheiligt, auf beiden Spiegeln gleichermaassen dar-
gestellt, wahrscheinlich der Vater der Kinder. Man
liat wohl richtig den Namen zu Lara» ergänzt, die-
sen öfters (Corssen a. a. 0. p. 252) vorkommenden
Namen aber mit '-^t"?S verglichen und als gräcisi-
rende Bezeiclinung des Kriegsgottes im Gegensatz zu
dem italischen Maris aufgefasst (Bugge in Deeckes
Forschungen u. Studien IV p. 223fi'., vgl. Deecke
Forschungen IV p. 35). Aber dass auf denselben
Darstellungen derselbe Gott einmal mit griechischem,
einmal mit etruskischem Namen vorkommen soll —
die Vorbilder waren doch griecliisch und einheitlich
— wie auf unsern Spiegeln und bei Gerhard I Taf.
XC*) (Bugge a. a. 0. p. 224), ist unmöglich. Es
ist gewiss denkbar, dass der ctruskische Künstler
den griechischen Kaufmann, der ihm die Vorbilder
brachte und wohl auch erklärte, falsch verstand,
und so derselbe Gott unter zwei Namen zweimal
auf dieselbe Darstellung kam: in einem solchen
Fall hätten wir aber die Beischriften ganz bei Seite
zu lassen. Da uns die Namen, mit denen die
etruskischen Spiegelzeichuer die Haupfgötter der
Griechen bezeichneten, bekannt sind, so kann jener
Laran nur eine niedere Gottheit, oder einen Heros,
einen Helden bezeichnen; möglich, dass das Wort
gar kein Name ist, sondern allgemein nur „Held"
oder „Krieger" bedeutet.
Das Auffallende und Neue, was die beiden
Spiegel bieten, ist die Mehrzahl der Kinder. Wir
müssen die Dreizahl des Spiegels von Bolsena als
die ursprüngliche Zahl der Atlienapfleglinge zu
Grunde legen: der Zeichner des Chiusiner Spiegels
hat nachlässiger Weise ein Kind beim Copiren
des Vorbildes weggelassen; ähnliches kommt auch
sonst vor"). Wie ist aber die Mehrzahl der Knaben
zu erklären? Ist die Zahl der Kinder etwa für den
Mythus gleichgiltig, und wirft etwa die Mutter meh-
rere derselben wie Thetis in die Stygische Fluth
zu ihrem Verderben, bis nur der einzige Ares der
Cista die Taufe besteht? Dagegen sprechen schon
^) liier ist die Rückfülirung des Hephaistos in den Olymp
durch Dionysos dargestellt.
■') ]Man vergleiche die öfters wiederholte Uarstellung bei
Gerhard A. V. I. Tal. LV mit Taf. LVI.
die genau bezeichnenden Beischriften Marishusr-
ttana, Marishalna, Marisisminthiatis , welche uns
noch dunkel sind. Nur eines lehren sie uns
mit Bestimmtheit: die drei Kinder sind drei ein-
ander gleichartige, marsartige Gottheiten, welche
durch Beinamen von einander unterschieden sind, wie
Lasavecu, Lasasilmica, Lasaraciirieta. Werden wir
diese Zunamen einst verstehen, so werden wir einen
Einblick haben, wie die griechischen Kaufleute
die etruskischen Arbeiter, welche von ihnen ihre
Vorlagen kauften, in der Theologie Altgriechen-
lands unterwiesen, und wie diese solche Unter-
weisungen verstanden und missverstanden. Wenn
wir auf einem Spiegel bei Gerliard IV 2 Taf.
CCCLXXXI über einem geflügelten Jüngling mit
Chlamys und Speer geschrieben lesen Mtirislnran,
so hat es allerdings den Anschein, als hätte der
Zeichner damit sagen wollen, dass er von dem
Verhältniss, in dem Ares zur Aphrodite in den
griechischen Liedern stand, erzählen gehört (Cor-
ssen I p. 2G4).
Die Darstellung der Ciste wie die des Spiegels
gehen auf dieselbe Sage, aber nicht auf dieselbe
Version der Sage zurück, wie rein äusserlich die
Vorbilder für beide Darstellungen offenbar verschie-
den waren. Nach der Version der Sage, welche
dem lateinischen Monument zu Grunde liegt, ist nur
der einzige Ares'") der Ehe der Göttin und des
Sterblichen entsprossen und wird von Athena im
Wasser des Unterweltsstromes gebadet, nach der
anderen Version sind es drei Kriegsgötter, Drillinge
offenbar — sagen wir, blos um Namen zu haben,
Ares, Deimos und Phobos — , seine Gesellen in Kampf
und Feldschlacht. Wer ist nun aber die göttliche
Mutter der Kinder? Wir haben die Wahl zwischen
den anwesenden Göttinnen, Aphrodite oder Athena
selbst. Gegen Aphrodite spricht schon der Um-
stand, dass diese Göttin auf der Ciste überhaupt
fehlt: für Athena schon die Analogie mit der The-
tissage. Es ist ferner bedeutungsvoll, dass auf dem
Chiusiner Spiegel die nackte Brust mit deutlich aus-
geprägter Brustwarze aus dem Obergewande der
'*') Vgl. auch die etruskische Bronze Annali 1872 Tav. N.
(und Roulez ebenda p. 2 16 ff), welche Athena geflügelt darstellt
mit einem Knäbleiii auf dem Arm. Die von Schreiber Arch. Ztg.
1883 p. 277 veröffentlichte Gemme zeigt Athena, zu ihren Füssen
ein nacktes Knäblein mit Schlangenbeinen (?), welches Schreiber
richtig Erichthonios nennt. Analogien sind übrigens die Statuet-
ten bei Müller -Wieseler, A. D. II 21, 230 und besonders Jahr-
bücher der Alterthumsfreunde im liheinl XVIII Taf. II, und
der Knabe ist kein willkürlicher Zusatz des Steinschneiders.
Vgl. die Münze bei Müller-Wieseler a. a. O. 232.
179
P. J. Meier, Vasen mit Meistersignaturen.
180
Atheiia hervorschaut: offenbar hat die Göttin die
Kinder gerade gesäugt wie Hera den Herakles und
Hermes"). Dann ist diese Athena aber nicht mehr
die unberührte Jungfrau der attischen Sage; sie ist
offenbar die Mutter der drei Kriegsgötter, welchen
sie Unsterblichkeit und ewige Jugend gleich nach
der Geburt zu verleihen trachtet, wie Thetis ihrem
und des Peleus Sohn '■).
Es ist zwar misslich, wissen zu wollen xai wt;
Zeig ^}'(xys9'"HQi]v, aber wenn nicht alles täuscht,
gewinnen wir aus den drei besprochenen Monu-
menten mit einiger Wahrscheinlichkeit etwa folgen-
den Mythus:
11) Preller, Gr. Mythol. -i II. p. 179 Anin. 1.
12) Auf dem Spiegel bei Gerhard II Taf. CLXI umfasst
ein nackter Jüngling Athena wie Peleus die Thetis; es scheint
sich um einen Liebesraub zu handeln, vergl. Gerhard III 1,
p. 151.
Aphrodite, erzürnt über die spröde Jungfräulich-
keit der Athena, erregt deren Liebe zu einem sterb-
lichen Helden, der der Göttin begehrt, wie nach
der attischen Landessage einst Hephaistos. Dem
Liebesbund entspringt der Kriegsgott Ares, nach
einer andern Version der Sage gebiert Pallas Tri-
togeneia drei Kriegsgötter, Drillinge, deren ältester
Aies ist. Die Göttin will den Kindern Unsterblich-
keit und ewige Jugend verleihen: sie nährt die
neugeborenen an ihrer Mutterbrust, und in die Urne,
welche die Feuerfluth des Unter weltsstromes, der
Styx enthält, taucht sie die Knaben ein und läutert
sie von dem, was an ihnen sterblich und irdisch
ist. Darauf bestreicht sie das Antlitz des von allem
Yergängliclien gereinigten Götterkindes mit Am-
brosia: ambrosia ditlci cum rieclare mista configit
OS fecitqiie deitm.
Friedrich Marx.
BEITRAGE ZU DEN
GRIECHISCHEN VASEN MIT MEISTERSIGNATUREN. IP).
(Tafel 10. 11.)
Vasen mit dem Lieblingsnamen Leagros.
(Klein, Griechische Vasen mit Meistersignaturen
S. 57).
Zu den rothfigurigen Schalen mit yteayQng xalög
kommt neu hinzu:
9b (Taf. 10). Schale aus Orvieto in der Sammlung
Bourguignon zu Neapel. Sie ist nur innen bemalt,
und zwar mit einem völlig nackten Satyr, der tan-
zend mit dem linken Bein auf der Erde steht und
das rechte hoch emporzieht-). Die übermUthige
Bewegung der weinseligen, ithyphallischen Figur
erstreckt sich auch auf die beiden Arme, die Hände
und den Kopf, der im Gegensatz zu dem von vorne
gesehenen Körper nach rechts gewandt und stark
') Vgl. Archäol. Zcitg. 1884 S. 237.
^ Es steht vom Knie bis /.u den lang ausgestreckten Zehen
in Vorderansicht; vgl. hierüber Arch. Zeitg. 1883 S. 15, Anm. 35.
Oberhalb des Knöchels sitzt ein King, wie er sich z. B. bei
der Borghesischen Arcsstatue im Louvre findet.
zurückgeworfen ist, so dass die Enden des langen
aufgelösten Haares noch unter der rechten Achsel
sichtbar werden. Selbst der lange Pferdeschweif
bleibt nicht ruhig, sondern wedelt offenbar hin und
her. Den lustigen Gesellen verräth die leere Spitz-
amphora, die hinter ihm auf dem Boden liegt. Rechts
von der Figur liest man AGENOAOTO^
KAUO^, links von ihr linksläulig UEÄARO^
KAUO^- Ein drittes KAUO^ stellt auf der Am-
phora. Das Bild, welches den ganzen Kreis ein-
nimmt, ist von einem Mäauderstreifeu eingefasst.
Der Satyr gehört unstreitig zu den bedeutendsten
Leistungen der Vasenmalerei. Wie schön ist die
Figur der Rundung angepasst, wie vorzüglicli der
begeisterte Rausch dargestellt, wie sorgfältig die
Muskeln •■'), besonders der Rippen- und der Bauch-
•1) Die Linien der Innenzeichnung, welche Brust und Unter-
leib begrenzen, sind wie gewöhnlich mit schwarzem, die übrigen
mit verdünntem FimLss angegeben.
181
P. J. Meier, Vasen mit Meistersignaturen.
182
partie, die der Neigung und Wendung des Kör-
pers nach rechts genau folgen, angegeben. Alles
ist fleissig beobachtet und wohl erwogen; von
Schematismus, von gedankenlosem Nachsprechen
überkommener Formen, von falschem Verständnis«
der Natur ist nirgends die Rede. Das Ganze atli-
met originelle Urspriinglichkeit*). Hervorragend
ist vor allem der Kopf, der kaum seines Gleichen
findet*). Von seiner Stellung sprach ich oben.
Der kaiile Sciiädel, den nur ein rothbrauner Epheu-
kranz bedeckt, ist flach gewölbt, der Hals kurz und
gedrungen. Ein mächtiger, in langen Einzelhaaren
endender Vollbart, an dem die Partie unter der Lippe
mit Rothbraun angegeben ist, ein dichter Schnauz-
bart und übermässig buschige Augenbrauen geben
in Verbindung mit dem Contur des Gesiclits, der
kleinen, aufgestülpten Nase, den dicken Lippen,
den vollen Backen, dem grossen Auge mit seiner
weit vorgerückten Pupille den thierischen Ausdruck,
zugleich auch die Verzücktheit in unnachahmlicher
Weise wieder.
Zur Lösung der Frage, wer der Meister dieser
hervorragenden Schale ist, sind besonders die In-
schriften zu Rathe zu ziehen. Der Lieblingsname
Athenodotos findet sich auf dem Gefäss des
Peithinos in Berlin (2279 Furtw.) und auf einem
Gefäss ähnlicher Darstellung, das Klein a. a. 0.
S. 73 aus diesem Grunde zu jenem gestellt hat,
Leagros dagegen auf Vasen des Kachrylion,
Euxitheos, Euthymides (vgl. Klein S. 81 Nr. 4) und
besonders des Euphrouios. Bei diesem häufigen
Vorkommen der Namen erscheint die Zuweisung
der Schale an den einen oder den anderen Meister
schwer. Aber die gegebenen Möglichkeiten verrin-
gern sich doch sehr, wenn man zunächst Ijeachtet,
dass beide Lieblingsnamen sich nur bei stilistisch
*) Nur die Finger und Zehen sind noch zu lang gebildet;
ausserdem waren Kopf und Obertheil des Leibes etwas zu gross
angelegt, to dass tur die Beine nicht mehr hinreichend Kaum
blieb; sie sind daher zu kurz gerathen. Vermuthlich erschienen
die oberen Partien dem Künstler selbst so wohlgelungen, dass
er die Vorzeichnung nicht ändern und lieber einen Fehler sich
erlauben wollte, als Gefahr laufen, die wohlgelungene Stimmung
des Ganzen zu zerstören.
•') Seine Haltung ist fast dieselbe, wie beim Satyr auf dem
Berliner Untersatze des Sosias, Nr. 1 Klein 2315 Furtw.
und zeitlich eng zusammengehörigen Meistern fin-
den; denn auch Euphronios hat den Namen Leagros
nur auf seinen älteren Schalen 1 — 3 Klein. Es ist
nun unzweifelhaft, dass ausser Euphronios die
Meister dieser Periode der rothfigurigen Technik
nicht die Mittel besassen, solche Figur wie den Sa-
tyr zu compouiren. Ja, man möchte sogar Bedenken
tragen, dieselbe der ersten Periode des Euphronios
zuzuschreiben, wenn man nicht bedächte, dass dieser
auf seinen älteren Gefässen freilich in der Anord-
nung der Gewänder noch manches zu wünschen
übrig lässt, aber gerade in der Bildung nackter
Körper und im Ausdruck des Gesichts wenigstens
bei den Hauptfiguren die gleichzeitigen Meister weit
überholt hat. In beiderlei Beziehung vergleiche
man nur die grossartige Zeichnung des Antaios auf
Schale 1 Klein oder des todten Memnon auf der Pam-
phaio - Schale (19 Klein), deren Aussenbilder von
dem Letzteren mit Fug und Recht dem Euphronios
zugeschrieben werden, und man wird mir zugeben,
dass alle Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass
der Meister schon früh auch den Satyr malen konnte
und ihn in der Tliat gemalt hat.
Euphronios (Klein S. 59).
Die auf Tafel 11 veröffentlichte Schale, Nr. 515
der MUnchener Sammlung*^), ist bereits in meinen
früheren „Beiträgen zu den griechischen Vasen mit
Meistersignaturen" (Arch. Zeitg. 1884 S. 243) kurz
•^ Jahns Vasenkataloge entnehme ich folgende Angaben:
Höhe 3,2; Durcbm. 8, 5; früher zur Sammlung Candelori ge-
hörig (Nr. 123r, also aus den Vulcenter Ausgrabungen von
1829 herrührend. Jahns Beschreibung des Innenbildes ist nicht
ganz genau. Der Jüngling ist laufend zu denken; nur ist des
Raumes wegen die Stellung der Beine noch unnatürlich, wie
auf archaischen Denkmälern. Dafür bieten Innenbilder von Scha-
len der ülteren streng -rothtigurigen Technik zahlreiche Analo-
gien. Fetner giebt Jahn fälschlich für die Inschrift des Innen-
bildes zweimal ein Z statt S an. — Herr Professor von Brunn
hat die grosse Güte gehabt, die Schale einer genauen Prüfung
in Bezug auf die Ergänzungen zu unterziehen: ergänzt ist nach
ihm nur der rechte Arm der Figur links auf Ausscnseite B. Da-
gegen hat die Oberfläche der Vase an sehr vielen Stellen durch
Wasser gelitten und man hat dann Contur und Innenzeichnung,
meist in etwas roher Weise , modern nachgezogen. Am auf-
fälligsten ist dies beim Kopf des jugendlichen Reiters auf Aussen-
seite A. Sonst schien et unnötbig die modernen Striche genau
anzugeben, da sie den antiken durchaus entsprechen.
18c
P. .1. Meier, Vasen mit Meistersignaturen.
184
erwähnt und als Werk des Euphronios bezeichnet
worden. Den Beweis für diese Benennung ermög-
licht aber eist die beigegebene Tafel, wenngleich
die ihr zu Grunde liegende Originalbause nicht
als eine völlig ausreichende zu bezeichnen ist.
Im Innern des Gefässes sehen wir einen fast
gänzlich unbekleideten Jüngling eiligst nach rechts
fliehen; hinter ihm ist ein Gegner in Gedanken
zu ergänzen, zu dem jener den Kopf zurück-
wendet; zugleich streckt er gegen denselben den
linken von einem prächtigen Pantherfell geschütz-
ten Arm aus und zückt in der halb gesenkten
Rechten die Lanze. Das lange Haar des Jünglings
ist hinten aufgebunden und zwar, wie es scheint,
in der Weise, dass auch der grosse, breitkrämpige
Petasos durch dieses Band festgehalten wird; doch
dient zu weiterem Schutze des Hutes ein zweites
Band unter dem Kinn. Beide Bänder gehen von
einem Ringe am Hute aus. Im freien Raum lechts
von der Figur liest mau über der Lanze HOPÄI^,
unter ihr KAUO^- Das Bild, welches den ganzen
Raum füllt, ist von einem Mäanderrahmen eiu-
gefasst.
Auf der Aussenseite A gehen zwei Pferde,
auf deren hinterem ein Knabe sitzt, nach links.
Von links eilt ein völlig nackter Jüngling mit
einer langen Springstange, deren Ende bereits
auf den Boden aufgesetzt ist, herbei, um sich, wie
es scheint, in kühnem Sprunge auf das vordere
der beiden Pferde zu schwingen'), die deshalb
von dem jugendlichen Reiter angehalten werden.
Man vergleiche hierzu das späte schwarzfigurige
Vasenbild bei Salzraann, necropole de Camiros
pl. 57, wo ein Gaukler mit Helm, Beinschienen und
zwei Schilden versehen unter Flötenbegleitung und
dem Bravorufen der Zuschauer (xahög zJi •Avßia{trj)-
xi',Qi) von hinten auf ein Pferd springt, das von
dem Reiter eines zweiten gehalten wird. Ein rechts
von den Pferden der Münchener Schale auf seinem
') Der Gebrauch der Spriiigstange, der hier sicher zur Dar-
stellung gebracht ist, wurde bisher geleugnet; vergl. Krause,
Gymnastik und Agonistik I 386. Uebrigens mnss man sich
denken, dass der Springer in Wirklichkeit nicht von vorn, son-
dern von der Seite auf die l'l'erde zueilt. Für den Vasenmaler
war es unmöglich, dies der Nalur villlig entsprechend darzustellen.
Krückstock sich weit vorbiegender älterer Mann im
Himation ruft dem Springer etwas zu, indem er
zugleich die Rechte weit austreckt; sein etwas
spärliches Haupthaar ziert ein schmales Band. —
Ueber dem Springer steht NAIKI, tlas dazuge-
hörige KAU0[^] rechts vom Reiter; ganz links
hängt Palästritengeräth.
Auf B zieht ein gleichfalls völlig nackter Ephebe
ein Pferd am Zügel nach rechts fort; in der er-
hobenen Rechten schwingt er einen gabelförmigen
Stab, wie ihn die Aufseher in der Palästra führen.
Dem Alten auf A entspricht ganz links ein nach rechts
gewandter Jüngling im Himation, der sich auf den
Krückstock stützt; seine Rechte ruht auf dem Hüft-
knochen. Das Haar beider Figuren ziert ein Band.
Links hinter dem Pferde wächst ein Oelbaum. Die
Inschrift, welche sich zu beiden Seiten des Pferde-
kopfes befindet; lautet HOPAI^ KÄUO^-
Schon bei der ersten kurzen Besprechung der
Schale wies ich auf die bewegten lebendigen Ge-
sichtszüge der Figur des Innenbildes und auf den
mit äussei'ster Sorgfalt gezeichneten Rücken der-
selben hin, der dem Beschauer recht geflissentlich
in seiner ganzen Ansicht gezeigt wird; in beiderlei
Hinsicht mag man die Innenbilder der Panätios-
schaleu Arch. Zeitg. 1878 Tat. 11 und 1884 Taf 16,2
vergleichen. Derartige Profile mit ihrer weit vor-
springenden Nase sind ein untrügliches Merkmal
der Hand des Euphronios; und wenn sie sich z. B.
auch auf der Wiener Durisschale Nr. 14 Kl.
finden, so kommen hier noch andere Momente hinzu,
die beweisen, dass Duris bei diesem Gefässe sich
eben eng an den älteren Euphronios angeschlossen
hat; vgl. Archäol. Zeitg. 1883 S. 25. Die höchst
natürliche Oeffnung des Mundes bei körperlicher
Anstrengung' oder innerer Erregung, die z. B. auf
der Berliner Schale des Duris Nr. 19 Kl. (2287 Furtw.)
vielleicht sorgfältiger, aber zugleich gezwungener er-
scheint, findet sich besonders beim Achilleus im
Innenbilde der Troilosschale Nr. 8 Kl. — Auch
die Aussenseiten verrathen ganz bestimmt den
Stil des Euphronios. Bei den unbärtigen Figuren
lässt uns leider der Zustand des Gefässes im
Stich; aber der Kopf des älteren Mannes und
185
P. .1. Meier, Vasen mit Meistersignaturen.
186
die Pfeide bieten untriigliclie Kennzeiclien dar.
Für jenes ausdrucksvolle, realistisclie Gesicht ver-
gleiclie man die ganz ähnlichen, nur noch sorg-
fältiger durchgeführten auf der Eurystheusschale
(Nr. 4 Kl.): tles Slannes im Innenbilde und des
Greises auf A"). Dieselbe Schale bietet aber auch
auf B analog gezeichnete Pferde. Hier, wie auf
unserer M unebener Schale dürre, fast unschöne For-
men, reiche lunenzeicimung, eigenthinnliche Köpfe
mit sehr hoch gesträubter Jlähne; selbst das Zaum-
zeug ist auf beiden Gefässen völlig gleich dar-
gestellt. Aehnlich gebildet sind auch die Pferde
auf der Troilosschale (Kr. 8 KI.) und der Per-
liner polychromen Schale (Nr. 9 Kl. 2282 Furtw.),
besonders was die ungelenke, bizarre Bewegung
betrifft; man beaclite, wie auf der Münchener Schale
nirgends die aufgesetzten Vorderbeine durchgedrückt
sind. Ganz anders ist das Pferd, welche Leagros
auf der älteren Schale 3 Kl. reitet. Es ist stärker
gebildet und die lebhafte Bewegung ist besser ge-
lungen; nur der Zaum entspricht dem oben er-
wähnten. Dieser Pferdetypus lehnt sich ziemlich
eng an die fiüheren Darstellungen an; auf den
späteren Schalen hat sich Euphrouios von der
Tradition frei gemacht. — Ich möchte hervorheben,
dass ich die Analogien für unsere Schale nicht
von Gefässen aus den allerverschiedensteu Ent-
wicklungsstadien des Euphrouios zusammenzusuchen
brauchte; weitaus die raeisteu bot die Eurystheus-
und die zeitlich nahe Troilosschale'). In die
gleiche Zeit gehört auch die Münchener Schale.
*) Ganz ähnlich ist auch hier wieder eine Figur auf der
Wiener Durisschale, von links gerechnet die erste auf A,
^) Klein, Euphronios S. 40 hält die Kurystheusschale, wie
mir scheint, für älter, als sie in der That sein möchte. Sie
wiederholt aussen ein herkömmliches Thema, aber in durchaus
zeitgemässer Auffassung und Durchführung, und das Innenbild
ist vollends ganz modern gedacht.
Duris und Hieron haben zahlreiche Gefässe, die
palästrische, bakchische und Liebes-Scenen dar-
stellen, mit ihrem Namen bezeichnet. Unter Eu-
phronios' Namen gehen fast nur Vasen, deren Bil-
der entweder sämmtlich oder zuiu grössten Theil
mythologisch sind; nur Nr. 2 Kl. maclit eine
Ausnahme. Die w-olil überwundene Schwierigkeit,
nackte Frauen, noch dazu in dieser Grösse, wieder-
zugeben, mag den Meister veranlasst haben, seinen
Namen hinzunialen. Unter den Gefässen dagegen,
die wir an der Hand bestimmter Lieblingsnameu
und stilistischer Momente dem Euphronios zuschrei-
ben können, findet sich nur eine (Klein S. 62 Nr. 6)
mit einer bestimmten mythologischen Scene, Dionysos
im Giganfenkampf, während 3 von ihnen (Nr. 4 Klein,
Nr. 8 in meinen Beiträgen Aich. Zeitg.1884 S. 243ff.
und die hier veröffentlichte Münchener Schale) pa-
lästrische Scenen darbieten, die oben besprochene
Neapler Schale eine aus dem bakchischen Kreise.
Man wird daraus den Schluss ziehen dürfen, dass
Euphronios derartige Darstellungen nicht um ihrer
selbst willen gewählt, sondern sie nur als bequeme
Vorstudien für grössere Aufgaben betrachtet hat.
Auf den Uebungsplätzen Hess sich ja der Körper
in allen seinen Stellungen und Wendungen, mit
allen Muskeln und Sehnen sorgfältig studiren, und
Euphronios ist es gerade, der sich die aller-
grösste Mühe gegeben hat, die Formen der mensch-
lichen Gestalt sich zu eigen zu machen. Im Gegen-
satz aber zu seinen Schülern — hierzu gehören die
weniger bedeutenden Meister Duris uud Hierou —
stellt er sich höhere Aufgaben, nicht allein in der
Formgebung seiner Figuren, sondern vor allem in
die Wahl des Gegenstandes. Vgl. hierüber auch
Klein, Archäol. Zeitg. 1878 S. 71.
Brauuschweig. P- J- Meier.
Archaolog, Ztg. .Jahrgang XLIU.
13
187
188
ÜBER VASEN MIT ÜMRISS- ZEICHNUNG.
(Tafel 12.)
In einer niclit genauer bestimmbaren Zeit, ver-
mutliiieli während der ersten Hälfte des sechsten
Jahrhunderts, begannen die Vasenmaler eine von
der ältesten Gewohnheit abweichende Decorations-
art zu verwenden. Die wesentliche Neuerung be-
stand darin, dass man nicht mehr wie früher die
ganze Fläche der Gefässe mit Figuren und Orna-
menten bedeckte, sondern das Bild auf einen be-
stimmt abgegrenzten Raum beschränkte und die
übrigen Gefässtheile mit einer Decke von schwarzem
Firniss überzog. Damit war die Entstehung der
rothfigurigen Technik im eigentlichen Sinne vor-
bereitet. Nur daueite es eine Zeit lang, bis mau
die Vortheile, welche das neue Verfahren an die
Hand gab, für die Ausführung des Bildes selbst
verwerthete und auf den Gedanken kam, den gan-
zen Grund der Gefässe schwarz auszufüllen und die
Figuren in der rothen Thonfarbe stehen zu lassen.
Wie Klein, Euphronios S. 20ff. gezeigt hat, waren
die Schalenmaler aus dem Kreise des Epiktetos die
ersten, welche den rothfigurigen Stil zur Anwendung
brachten; aber schon vor ihnen war, wenn auch
zaghaft und immer nur bei einer ganz bestimmten
Art von Darstellungen, der Versuch gemacht, für
die Zeichnung der Figuren ein neues Ausdrucks-
mittel zu finden. Als nächste Vorläufer des Epi-
ktetischen Kreises giebt sich eine eng zusammen-
gehörige Gruppe von Künstlern zu erkennen, welche
sicli durcli die Ausführung zierlicher, mit geringem
Bilderschmuck versehener Schalen charakterisiren ').
Meist sind es ein paar kleine schwarze Figuren
zwischen Palmettenornamenten oder ornamental be-
handelten Thiergestalten, welche zusammen mit der
Inschrift die einzige Verzierung der Gefässe aus-
machen. Doch ist der Darstellungskreis damit niclit
erschöpft. Mit Vorliebe beschränkt man den gan-
zen bildlichen Schmuck darauf, am äusseren Rande
•) Eine vollstäniligc Zusammenstellung giebt Klein, Die
griechischen Vasen mit Meistersigniituren S. 32 — 39. Ihre liiiupt-
vertreter sind Eucheiros, der fSohn des Ergotiuios, Tleson, Archi-
kles und ülaukjtes, Xenokles, liermogeiies, S.ikoniiles.
der Schale jederseits einen — in der Regel weib-
lichen — Kopf anzubringen und darunter die In-
schrift zu setzen. Diese Art von Decoration war eine
neue Erfindung. Die alten Künstler des schwarz-
figurigen Stiles malten nur gauze Figuren, und für
die Ausführung dieser hielten auch die Schalen-
maler der bezeichneten Gruppe an der gewohnten
Technik fest. Für die Darstellung einzelner Köpfe
dagegen eignete sich das alte Verfahren schlecht.
Schon das Motiv zeigt, dass man etwas Besonderes
geben wollte: man fing an, in sehr wesentlichem
Gegensatze zu der früheren Zeit sich für die Ge-
sichtszüge im besonderen zu interessiren, und hatte
bei der Ausführung dieser Köpfe offenbar den
Wunsch, wenn auch nicht die Züge bestimmter
Persönlichkeiten zu bieten, so doch eine von der
frUlieren schematischen Behandlungsweise entfernte,
individuell belebte Darstellung zu erreichen, welcher
nicht das Gegenständliche, sondern lediglich das
Formelle den Werth gab. Einem solchen Bestre-
ben, hinter welchem freilich das Können dieser
Vasenmaler noch stark zurückblieb, indem sich die
wirklichen Fortschritte auf nicht viel mehr als auf
Einzelheiten, wie die Ausführung des Auges, er-
streckten, stand die schwarzfigurige Technik im
Wege. Man half sich mit demselben Auskunfts-
mittel, welches man bei der Ausführung des in
Vorderansicht gebildeten Gorgoneiou anwendete,
d. h. man zeichnete den Kopf in einfachen Umriss-
linien auf den rotheu Thongruiid auf'). Dass es
-) Es versteht sich, dass diese Unirisszeichnungen für sich
betrachtet werden müssen, und nicht etwa im Zusammenhang
mit den ersten Versuchen, menschliche Gewichter zu zeichnen,
wie sie von den Verfertigern der melischen Thongefässe gemacht
wurden Auf diesen Vasen sind die Köpfe der Figuren in
Unirisszeichnung ausgeführt, ebenso wie auf den alterthümlichen
Gefässen bei Salzmann, Nicropole de Camiros Taf, 49, 60, 51, 54.
In dersellrcn Weise sind auf der Schüssel aus Acgina, Berlin
1G82 Furtwängler, abgeb. Arch. Ztg. 1882 Taf. 9. 10 (vgl. S. 205),
die nackten Theile der Athenafigur behandelt, während die übrigen
ITiguren mit Farbe vollständig ausgefüllt sind. Das gleiche Ver-
fahren kehrt wieder auf der Vase des Kolchos, Berlin 1732,
abgeb. Gerhard A. V. Taf. 122. 123 (vgl. Furtwängler's Be-
schreibung), welche den oben genannten Schalen bereits nahesteht
189
F. Winter, Vasen mit Umriss-Zeiclinuiig.
190
nur ein Versucli war und nicht eine Lösung des
gestellten Problems, zeigt sich g.anz deutlicli darin,
dass die schwarzfigurige Teclinik nach wie vor
weiter geübt wuide.
Die älteste Vase, auf der ein Brustbild in Um-
risszeiclinung vorkommt, ist die iuj lierliner Museum
befindliche Schale des Eucheiros (N. 1756 Furtwäng-
1er; Klein, Die griechischen Vasen mit Meistersigna-
turen S. 33, 2). Von den Malern dieser Gruppe der
'Kleinmeister' sind es ausserdem Hermogenes, Epi-
timos und Sakonides, welche Darstellungen der
gleichen Art ausgeführt haben. Hermogenes ist mit
vier Schalen (München 28, 30; Louvre, Dubois Vases
de Canino 253; Castle Ashby bei Northarapton, siehe
Archäol. Zeitg. 1881 S. 302; Klein's Beschreibung
S. 38,8 — 11 ist ungenau) vertreten, die auf beiden
Seiten einen Fiauenkopf in Umrisszeichnung tra-
gen; ebenso sind die beiden Sclialen des Sakoni-
des (Sammlung Fontana in Triest und München
27; Klein S. 38, 1.2) verziert; auf der Schale des
Epitimos (Klein S. 38) entspricht ein in Konturen
ausgeführter bärtiger Kopf auf der einen Seite einer
schwarzfigurigen Darstellung von zwei Reitern auf
der anderen. Gleichartig in der Gefässform (Fig. 11
Jahn) und in der Anordnung des Bilderschmuckes
reiht sicli diesen Beispielen eine niclit mit einem
Künstlernamen bezeichnete, nachstehend abgebildete
Schale des Hrittischen Museums an (aus Vulci, früher
Sammlung Blacas), welche auf beiden Aussenseiten
mit einem in Umrissen gezeiclineten weiblichen
Kopfe geschmückt ist'). Derselben Art sind die
Der Vollständigkeit halber seien die korinthischen Aryballoi in
Berlin 1042 und 1094 und in Athen, Sammlung der archäologisch.
Gesellschaft 2480, auf denen am Henkel ein Kopf in Umriss-
zeichnung angebracht ist, sowie die korinthischen l'inakes in Berlin
475. 477. 479. 487. 488. 493. 495. 498. 538. 765. 787. 827.
828. 891 erwähnt. Vgl. Puchstein, Arch. Ztg. 1881 S. 245.
^) Die heigegebene Abbildung sowie die Beschreibung der
Vase verdanke ich l'aul Wolters. Das Haar des Kopfes ist mit
schwarzer, die Binde und das Gewand mit rothbrauncr Farbe aus-
gefüllt. Eingeritzt ist nur die Grenze von der Schulter zum Zopf
Schalen Berlin 1757, Münclien 12 und 3G, wäiirend
die in Berlin befindliche Schale 1803 sowie die
der Münchener Sammlung 553 und G30 (abgeb.
Micali, Monumeuli inediti Taf. 43, 5) bereits in ab-
weichender Form ohne abgesetzten oberen Rand ge-
bildet sind. Bei den beiden Münchener Exemplaren
sind die Köpfe an den Aussenseiten von zwei
Augen umgeben, das innere Rund ist mit einem
Gorgoneion ausgefüllt, eine Decorationsweise, welche
bekanntlich den Schalen des Epiktetischen Kreises
eigentliünilich ist.
In beschränkterer Zahl treten diesen Vasen die
Schalen gegenüber, bei welchen für die Ausführung
der Köpfe die alte schwarzfigurige Technik beibe-
halten ist. Gefässe mit Künstlerinschriften sind
hier gar nicht vertreten. Von Schalen der älteren
Form mit abgesetztem oberen Rande sind mir nur
zwei Beispiele bekannt: die Schale des Brittischen
Museums 680, abgeb. Annali 1857 Taf. A, und die
der Münchener Sammlung 1224. Bei beiden ist die
bildliche Ausstattung auf die Darstellung eines weib-
lichen Kopfes jederseits beschränkt. Ihnen reiht
sich als Glied einer zweiten, etwas jüngeren Gruppe
die Schale Petersburg 84 an; sie ist ohne abgesetzten
Rand geformt und trägt auf der einen Aussenseite
von zwei Augen umgeben die 'Maske' des Dionysos,
auf der anderen die 'Maske' eines Satyrs, im In-
neren ein Gorgoneion. An Stelle des Gorgoneion
trägt die Schale des Museo Campana Ser. IV — VIT
115 im Inneren eine 'Maske' des Dionysos, welche
Darstellung zwischen zwei Augen an den Aussen-
seiten wiederholt ist, während auf der ebendaselbst
N. 104 beschriebenen Schale, auf deren beiden
Aussenseiten ein weibliches und ein männliches
Brustbild zwischen Augen angebracht ist, das
Inneubild fehlt.
hin und das in sechs Strichen angedeutete Zopfband. Unterhalb
des Kopfes befindet sich die Inschrift Nl -f- OSl-hOSI -|- I -|- 1-4-,
welcher auf der anderen Seite, deren identischeDarstellungschlechter
erhalten und durch moderne Ausbesserung entstellt ist, die Inschrift
KA-fNI -f VI +AOSI+ entspricht. Eine Schale mit einem
Kopfe in Umrisszeichnung auf jeder Seite befindet sich in der
Sammlung Bourguignon , zwei ähnliche Exemplare in Athen,
Sammlung der arch. Ges. 705 und 1494, wie mir 1'. J. Meier
mittheilt.
13*
191
F. Winter. Vasen mit Umriss-Zeichnuna;.
192
In näherer Beziehung zu den Vasen mit Uni-
risszeichnung stehen zwei Schalen, welche der Form
und Decoratiousweise nach der zuletzt behandelten
jüngeren Gruppe angehören. Die Schale Berlin
2056 (abgeb. Gerhard, Gesammelte akademische Ab-
handlungen Taf. LXVII, 4. 5) zeigt auf der einen
Seite zwischen Augen die nebeneinander gestellten
Brustbilder eines bärtigen Mannes und einer Frau,
und zwar ist das männliche Gesieht roth, das weib-
liche weiss gemalt, auf der anderen Seite ist ein
wie ein Gorgoneion behandelter, männlicher Kopf
in Konturen aufgezeichnet. Reichhaltiger ist die
Darstellung der Schale Neapel S. A. 172, abgeb.
Gerhard, Ges. akad. Abhandlungen Taf. LXVIII, 1.
2: auf der einen Seite der Kopf des bärtigen Diony-
sos, dem Kopfe einer mit KAH^ bezeichneten Frau
gegenüber, rechts und links der Kopf einer Jlaenade,
auf dem Gegenbilde die Köpfe des Dionysos und
der Semele zwischen Kebzweigen, auf denen sich
drei kleine schwarzfigurige Satyrn herumtreiben.
In der Zeit, welche dem Aufkommen des roth-
figurigen Stiles vorangeht, ist die Darstellung von
Einzelköpfen fast ausschliesslich auf die Schale be-
schränkt. Sie findet sich auf Gefässen anderer
Form während dieser Zeit in der Regel nur als
nebensächliche Decoration verwerthet*), so auf den
Henkelplatte einer sog. Amphora a colonnetle, Mün-
chen 983. Als Beiwerk giebt sie sich aucii zu er-
kennen, wo sie als Schmuck für den oberen Theil von
Amphoren verwendet ist, wie z. B. auf den Vasen
Neapel 2832, München 916. 917. 918, Berlin 1674,
Museo Campana Ser. IV — VII 1042. Eine Aus-
nahme machen die kleinen Kannen Berlin 1933
und 4003, abgeb. Furtwängler Sammlung Sabouroff
Taf. 50, 2, deren erstere mit dem Kopfe eines
Greises geschmückt ist, während die letztere, in
abweichender Technik, einen Hermeskopf schwarz
auf weissen Grund aufgemalt trägt. Die Amphora
Gerhard, Ges. akad. Abhandlungen Taf. LXVIII 3,
mit der Darstellung eines männlichen und eines
weiblicheu Brustbildes, verniuthlich des Dionysos
■•) Auf dem oberen Rande der .Scliiile Berlin 17Ö3 ist ein
männlicher Kopf zwischen zwei mit MenschcukiJijfen versehenen
Vögeln angebracht.
und der Semele, welche von Satyrn und Maenaden
umtauzt werden, weicht insofern ab, als auf ihr
die Köpfe, ebenso wie auf der an letzter Stelle er-
wähnten Schale, nicht selbständige Bedeutung
haben ^).
in der eigentlichen Blüthezeit der attischen roth-
figurigen Vasenmalerei während der ersten Hälfte
des fünften Jahrhunderts scheint man fast ganz
von der Ausführung des Brustbildes abgekommen
zu sein. Die drei als rothfigurig bezeichneten Scha-
len des Museo Campana Ser. IV — VII 1U9 (auf jeder
Seite die 'Maske' eines bärtigen Satyrs zwischen
zwei Augen, unter den Henkeln kämpfende Krie-
ger, im Innern ein Satyr und eine Maenade), 112
(Brustbild eines Kriegers zwischen Augen, unter
den Henkeln zwei Satyrn), 624 (jederseits die
'Maske' eines Satyrs zwischen zwei Augen, unter
den Henkeln Rebzweige, im Inneren ein Gorgoneion)
geben sich deutlich als Werke des epiktetischen
Kreises zu erkennen. Nicht viel später ist die Sosias-
scliale (Berlin 2278) verfertigt, auf welcher unter
dem einen Henkel in eine ausgesparte rothe Scheibe
ein Frauenkopf in Umrissen hineingezeichnet ist.
Auch die Lekythos Berlin 2230 mit einem, wie es
scheint, auf dem schwarzen Grunde ausgesparten
weiblichen Kopfe und die Vase (sog. Phiale) Ber-
lin 2310, auf deren Omphalos ein Frauenkopf in
'schönem, strengem Typus' aufgemalt ist, gehören
dem älteren rothfigurigen Stile an. Um so be-
stimmter wird man in der Wahl dieser Art von
Decoration eine Nachwirkung der vorhergehenden
Epoche erkennen dürfen, als analoge Darstellungen
auf den Vasen, welche der zweiten Hälfte des
fünften Jahrhunderts entstammen, so viel ich sehe,
überhaupt nicht nachweisbar sind.
Erst seit dem vierten Jahrhundert kam das
Brustbild wieder zu Ehren. Mit V'orliebe benutzte
mau es von dieser Zeit an zur Verzierung von
Lekythen, für welche ein Hinweis auf die Zusam-
menstellung hei Heydemann, Griechische Vasen-
') Aniiloge Darstellungen, meist später Zeit angehörig, sind
in der folgenden Aufzählung fortgelassen. Vergleiche die Zu-
sammenstellungen bei Froehner, Musies de France S. 68 — 74,.
Taf. 22, 1 und Annali 1884 S. 205 flf., Taf. N.
193
F. Winter, Vasen mit Umriss-Zeichming.
194
bilder S. 12 zu Taf. XI, 4') genügen möge. Auch
anderen Gefässeu zierlicher Form, wie Rliyton
(Münciien 872,870 abgeb. Brunn-Lau Taf. XL 1,
XLIV 2), Aryballos (I'.erlin 2(595, Neapel 2312,
R. C. 57, 59), Oinochoc (Frochner, Mnsees de France
Taf. 22, 2. Neapel 1957, 196G), Pyxis (Berlin 2721,
abgeb. Furtwängler, Sammlung Sabouroff Taf. G5,2)
diente es als Ausstattung. Vou hier übernahmen
es die unteritaliscben Vascnmaler, um es vorzugs-
weise zur Decoration des Halsstreifens der grossen
Prachtgefässe zu verwenden. Manches Neue brach-
ten sie hinzu, indem sie den Kopf mit reichem
Blätterornameiit umgaben, so dass er wie aus den
Zweigen herausgewachsen sich ausnimmt, und die
Vorderansicht des Gesichtes ausbildeten, die we-
nigstens für den Einzelkopf, abgesehen von dem
Gorgoneion und ähnlichen Bildungen, auf attischen
Vasen noch nicht versucht zu sein seheint. Die
Ausfuhrung im Einzelnen ist auf den jüngsten
attischen und vielen unteritalischen Bildern so wenig
verschieden, dass eine Entscheidung über die Her-
kunft nach stilistischen Merkmalen oft zu den Un-
möglichkeiten gehört: schwerlich würde man die
beiden gemalten Frauenköpfe 'E(prjfiEQts ctQxaiolo-
yixt] 18G9 Taf. 51 als Werke eines attischen Künst-
lers in Anspruch zu nehmen wagen, wüsste man
nicht, dass die Firstziegel, zu deren bildlichem
Schmuck sie gehören, in Athen selbst gefunden
sind').
Die jüngeren Vasen dieser Gattung unterschei-
den sich von den älteren sehr merklich dadurch,
dass die Köpfe nicht in Umrisszeichnung ausgeführt,
sondern durcbgehends auf dem scliwarzen Grunde
ausgespart sind. Die Umrisszeichnung ist über-
haupt der Uebergangszeit des schwarzfigurigen
zum rothfigurigen Stile eigenthUmlicli und begegnet
späterhin, abgesehen von den Gefässen mit weissem
Grund, welche ihre selbständige Eutwickelung ha-
^ Unter den daselbst aufgezählten Vjisen befinden sich auch
einige ältere, so N. 4, welche als schwarztiguiig bezeichnet ist,
ferner ein "Skyjjhos', der jederseits mit einem in schwarzer Um-
risszeichnung ausgelührten Frauenkopfu bemalt ist.
') Ein in Athen gefundener Firstziegel derselben Form mit
der Darstellung eines weiblichen Kopfes an dem einen ge-
schlossenen Ende befindet sich in Berlin No. 2624.
ben, nur in vereinzelten seltenen Fällen. Die bei
Dubois-Maisonneuve, InlroducHou Taf. 18 veröffent-
lichte Vase mit der Darstellung einer nach links
eilenden Frau, sowie die Lekythos des Neapler
Museums R. C. 182 (abgeb. bei Fiorelli, Vasi Cumani,
Titelvignette), auf der eine Frau gemalt ist,
welche in der erhobenen Hand eine Blume hält,
sind die einzigen mir bekannten jüngeren Beispiele
für Umrisszeichnung -auf rothem Grund. Sie sind
beide, wie der Stil deutlich verräth, bald nach der
Mitte des fünften Jahrhunderts verfertigt. Auch das
kennzeichnet die jungem Vasenmaler, dass sie es
ängstlicher als die älteren vermeiden, die begren-
zenden Linien verschiedener Theile der Figuren
zusammentreffen zu lassen. Auf der Schale des
Pamphaios Gerhard A. V. Taf. 221. 222 sind die
Köpfe der beiden Flügelfiguren und des gestor-
benen Helden so gezeichnet, dass sich die Ge-
sichtslinien nicht vom schwarzen Grunde abheben,
sondern auf die rothe Fläche der angrenzenden
Körpertheile, der Flügel und des einen Armes, zu
stehen kommen. Eine ähnliche Häufung derartiger
Konturzeichnungen, für welche sich aus den älteren
rothfigurigen Vasen ohne Mühe weitere Beispiele
auffinden lassen'), gehört auf den Gefässbildern
des freien Stiles zu den Seltenheiten').
Die gegebene Uebersicht, welche allerdings bei
den oft unzureichenden Angaben über die Technik
der Vasenbilder keinen Anspruch auf Vollständig-
keit machen kann, bei welcher ich aber hoffe nichts
Wesentliches ausgelassen zu haben, lässt die Be-
deutung und Stellung der zwei auf Taf. 12, 1 und 2
abgebildeten Vasenbildcr leicht erkennen.
Das eine Bild, welches auf Taf. 12, 1 zum ersten
Male — in der Grösse des Originals — veröffent-
») Vgl. auch I'.,J. Meier, Arch. Ztg. 188.3 S. 3 Anm.,
welcher einige Beispiele von Unirisszeichnungen zusammenge-
stellt hat.
^ Eine Ausnahme macht die bei Fiorelli, lusi C'umnni
Taf. 8 veröffentlichte Amazonenvase. Doch ist zu berüclssich-
tigen, dass das auf diesem Bilde reichlich verwandte imd auf
den gleichzeitigen (gegen Ende des fünften Jahrhunderts verfer-
tigten) Vasen überhaupt sehr beliebte Motiv der in Angriffs-
stellung gebildeten Figur, bei welcher die Profillinien des Ge-
sichtes mit der Fläche des einen zum Schlage erhobenen Armes
zusammentreffen, von den Vasenmalern nicht selbst erfunden,
sondern aus den Werken der grossen Kunst entlehnt ist.
195
F. Winter, Vasen mit Umriss-Zeiclinung.
196
licht wird'"), scliiiiückt das innere Hund einer
Schale, welche Ende des Jahres 1877 in Orvieto
gefunden worden ist und sich jetzt im akademischen
Kunstmuseum zu Bonn befindet. Das Gefäss ist
mehrfach zerbrochen, doch fehlen nur wenige
Stücke des äusseren Randes. Die Bruchlinien des
lunenbildes, welche von dem oberen Naseiiansatz
der Figur über den Hals sich hinziehen, sind auf
der Abbildung fortgelassen, um den Eindruck der
Zeichnung nicht zu stören; nur an der einen Stelle
des umlaufenden Streifens schien es wegen der Ver-
letzung der Inschrift nüthig, die Bruchstelle anzu-
geben. Die Schale (H. 0,7 m. Dm. 0,196 m.), ohne
besonders abgesetzten oberen Rand gebildet, hat
dieselbe Gestalt, wie beispielsweise die Schalen des
Pampliaios und Epiktetos. Auch die gleiche De-
coratiousart theilt sie mit einer Anzahl von Werken
dieser Künstler"). Sie ist bis auf den Raum des
Innenbildes vollständig mit schwarzem Firniss tiber-
zogen, nur ein schmaler ausgesparter Streifen ohne
Ornament leitet zu der Darstellung über. Der brei-
tere, schwarz ausgefüllte Kreis zwischen diesem
Streifen und dem eigentlichen Bilde ist zur Auf-
nahme der Inschrift EUPINIKO^ KÄUO^ ") be-
nutzt. In dem inneren Runde der Sciiale ist mit
kräftigen, ausserordentlicli sicher gefülirteu schwar-
zen Pinselkonturen ein Kopf auf den rothen Thon-
grund aufgemalt. Dass es der Kopf eines Mäd-
chens ist, zeigt der weibliche Charakter der Züge.
sowie namentlich die Hinzufügung des Ohr- und
Halsschmuckes. Das kurze, aber volle Haar, wel-
ches allein mit schwarzer Farbe ausgei'üllt ist, fällt
in zierlichen Löckchen auf Stirn und Wangen her-
ab und wird von einer breiten, hinten zusammen-
geschluugenen Binde festgehalten. Die Pünktchen
am Ilalshaude selien fast aus wie eine Inschrift;
man meint, in den acht Zeichen reclitcr Hand ein
EPOIE^EN lesen zu können. Doch iiat sich mir
'") Die Vorlage für die Abbildung ist nach einer Photo-
graphie hergestelll iiml von mir mit dem Originale verglichen.
") Vgl. Klein, Muistersignaturen S. 44, 20—24. S. 47,11— l.'J.
'-') Achnlich lindet sicli die Liebcsinschrift STPOIBOS
KAPOS in Verbindung njit einem weiblieben Brustbild auf der
.Schale de.-* lirittischen Mu.■^eums 680, abgebildet Annali 1857
Taf. A.
bei wiederholter Prüfung des Originals ergeben,
dass die Aehnlichkeit der Zeichen mit Buchstaben
nur eine zufällige ist.
Wie bereits hervorgehoben wurde, giebt sich
die Schale deutlich als ein Werk des epiktetischen
Kreises zu erkennen: das zeigt die Gefässform und
die Einfachiieit der auf das innere Rund be-
schränkten bildlichen Ausstattung, Eigenthümlich-
keiten, durch welche sich die Vase ebenso merk-
lich -von den älteren Schalen der sog. 'Kleinmeister',
wie von den jüngeren des Duris und Genossen
unterscheidet. Die stilistische Ausführung des Bil-
des maclit es wahrscheinlich, dass sie zu den jün-
geren Werken dieses epiktetischen Kreises gehört.
Trägt der Kopf auch noch archaischen Charakter,
so verräth die Zeichnung doch bereits einen leb-
haften Fortschritt gegenüber der Art, wie beispiels-
weise Andokides, Oltos, Pamphaios die Köpfe ihrer
Figuren gebildet haben. Die nächsten Analogien
auf Vasenbildern scheinen mir die Köpfe der Theseus-
schale des Euphronios zu bieten. Wir werden nicht
weit fehl gehen, wenn wir die Schale in das
zweite oder dritte Jahrzeliut des fünften Jahrhun-
derts verweisen.
Das zweite auf Taf. 12, 2 abgebildete Vasenbild
— ein Athenakopf zwischen zierlichen Palmetten-
ranken — gehört einer Lekythos des Brittischen
Museums (früher Sammlung Hamilton 392) an.
Dieselbe ist 0,25m. hoch, Ausguss und Hals sind
schwarz gefirnisst; die Schulter ist in zwei Streifen
getheilt, das Stubornament, welches den oberen
derselben ziert, sowie die Palmettenranken am
unteren sind mit schwarzer Farbe auf den rothen
Thoiigrund aufgemalt. Das Bild wird oben durch
einen Mäander begrenzt; der unterhalb der Dar-
stellung befindliche Theil der Lekythos mit Aus-
nalime des unbemalt gebliebenen Fussrandes ist mit
schwarzem Firniss überzogen. Der eigentliche
Körper des Gefässes ist mit gelblich weissem Grunde
bedeckt, und auf diesen das Bild selbst in schwarzer
Umrisszeichuung aufgemalt''). Mit schwarzer Farbe
'■') Auf den schlecliten f.irbigcn Abbildungen der Lekjthos
bei Dubois- Maisonneuve, Iniruduciinn 'J'al'. 18 und bei David,
Antiquilds V Taf. 31 ist der Grund fälschlich reib angegeben.
197
F. Winter, Vasen mit Umriss-Zeichnung.
198
l^g^^l^^J^ggl^
■pj^JT^LTSf^RSSJ-^U^i
sind nur die Palmetten voll ausgefüllt, sowie die
Verzierungen am Helm und das Haar, während der
Granatapfel, welchen die Göttin in der erhobenen
Linken hält, zuerst mit einer schwarzen Linie um-
zogen und dann mit brauner Farbe ausgefüllt ist.
Unsere Abbildung, die nach derselben Zeichnung
Benndorf 8 ausgeführt ist, welche der verkleinerten
Wiedergabe bei Kekule, Die Reliefs an der Balu-
strade der Athena Nike S. 25, zu Grunde liegt, giebt
die Zeichnung in natürlicher Grösse.
Ueber die enge Zusammengehörigkeit beider
Vasen kann bei dem verwandten Charakter der
Zeichnung kein Zweifel sein. Sie entstammen ge-
wiss beide ein und derselben Zeit und sie sind
beide in Athen verfertigt. Liegt die Bedeutung
des Schalenbildes im Wesentlichen darin, dass wir
in ihm die einzige in Umrisslinien ausgeführte Dar-
stellung grösseren Umfanges aus der ersten Zeit
der bereits entwickelten rothfigurigen Teclmik be-
sitzen, so nimmt die Lekythos innerhalb der Klasse
von technisch gleichartigen Gelassen eine nicht
minder wichtige Stellung ein. Unter den vielen
weissgrundigen Gefässen mit Umrisszeichnung ist
die Zahl derjenigen, deren bildlicher Sclmuick auf
die Darstellung des Eiuzelkopfes beschränkt ist,
eine versehwindend geringe. Zeitlich scheinen der
Lekythos des Brittischen Museums die beiden Vasen
gleicher Form und Technik nahe zu stehen, welche
Furtwängler, ArchZtg. 1880 S. 13G als im athenischen
Kunsthandel befindlich anführt: die eine mit einem
grossen Athenakopfe, die andere 'mit einem grossen
weiblichen Kopfe, neben welchem noch die leier-
spielenden Hände vorkommen, von vier dorischen
Säulen überdacht.' Als jüngere Werke, wohl spä-
testens dem Ende des fünften Jahrhunderts ange-
hörend, geben sich zwei Lekythen des Brittischen
Museums zu erkennen, deren Darstellungen oben ab-
gebildet sind"). Die eine derselben ist in Athen ge-
funden und aus der Sammlung Elgin's in das Britti-
sche Museum gelangt. Sie ist ohne den abgebroche-
nen Hals 0,12 Meter hoch. An der Schulter sind
schwarze Palmetten auf den rothen Thongrund aufge-
malt. Am Bauch ist ein weiblicher, nach rechts blicken-
der Kopf mit Haube, neben welchem eine siebensaitige
Leier sichtbar wird, in Umrisslinieu auf den weissen
Grund aufgezeichnet. Die andere Lekythos —
0,11 Meter hoch, in Nola gefunden — stammt aus
der Sammlung Blacas. Nicht nur der Bauch, sondern
auch die Schulter trägt einen weissen Ueberzug,
auf welchen ein Strichornament aufgesetzt ist. Der
in Konturen ausgeführte weibliche Kopf, mit Haube
und Ohrschmuck versehen, ist nach links gewendet
und zwischen zwei dorische Säulen gestellt.
Einen interessanten Vergleich zu den beiden
Vaseubildern, welche auf unserer Tafel veröffent-
licht sind, gewährt ein in Attika gefundenes und
jetzt im Berliner Museum (Conze, Verzeichniss der
antiken Sculpturen 734) befindliches Bruchstück einer
bemalten Marmorstele, deren Darstellung Taf. 12,3 in
Verkleinerung auf '/., wiedergegeben ist. AVie die
Figur des Lyseas war auch das Bild dieser Stele nur
in Farben ausgeführt. 'Die Farben sind verschwun-
den, aber man erkennt in der einst von ihnen be-
'*) Die Abbilcliingen sind durch die Vermittelung von
l'aul Wolters besorgt. Die auf S 197 i>t im Massstabe von 731
die auf S 198 iu Originalgri'isse gegeben.
199
F. Winter, Vasen mit Umriss-Zeichnung.
200
deckten und dadurch gesell ützten und hell erhaltenen
Fläche deutlich einen nach links hin gewendeten
Jünglingskopf, das Gesicht mit doppeltem Umrisse
umzogen, Augenbrauen und Ohr kaum noch kennt-
lich, sehr deutlich aber das Auge' (Conze). Die Vor-
lage für die Tafel ist auf Grundlage der im Bulletin
de Correspondance hellenique VIII (1884) Taf. XIV
veröffentlichten Heliogravüre mit genauer Verglei-
chung des Originals unter Aufsicht des Herrn Dr.
Fränkel hergestellt. 'Sie giebt' — so schreibt der-
selbe — , eine deutlicliere Vorstellung von dem Ori-
ginal als es einer photographischen Wiedergabe mög-
lich ist, da eine solche stets die täuschenden und
nur mit Mühe von den beabsichtigten Linien zu unter-
scheidenden Flecken scharf hervortreten lässt, da-
gegen da versagt, wo nur noch blasse, kaum er-
kennbare Reste der Zeichnung vorhanden sind, wie
namentlich deutlich wird, wenn man die Lippen und
die Augen der beiden Abbildungen vergleicht'.
Der Kopf der Stele zeigt in der Profiilinie sowie
in manchen Einzelheiten, in der Ausführung des
Haares "), der Bildung des Auges, der Angabe der
Lippen eine überraschende Aehnlichkeit mit dem
Bilde der Schale, wie ihn denn schon Pottier Bulle-
lin de Corr. hell. 1884 S. 459 ff. mit Köpfen von
Figuren des Euphronios verglicheu, und Conze auf
die Verwandtschaft mit Zeichnungen der gegen die
Mitte des fünften Jahrhunderts verfertigten Vasen
hingewiesen hat. Wir gewinnen durch dieses Werk
ein neues Beispiel für die gleichartige Entwicke-
lung der Kunst der Vasenmaler und der monumen-
talen Malerei, für welche wir ein Zeugniss aus
früherer Zeit in der bekannten Lyseasstele be-
sitzen.
Locschcke"*) hat für die älteren Vasen ein stren-
ges Abhängigkeitsverhältniss naciizuvveiseu versucht,
indem er auf Grund der engen Verwandtschaft,
welche die Lyseasstele mit den frühesten rothtigu-
rigen Vasen verbindet, die Entstehung der roth-
figurigen Teclinik unmittelbar aus der Malerei auf
'•') Herr I>r. Fränkel tlieilt mir mit, dass nur <lie in der
Abliildung gegebenen Lücicelien sicher, weitere Simren dagegen
zweifelliaft sind.
""') Mittlieilungen des atlienisclien Instituts XV 1879 S. 39ft'.
Marmor ableitete. Das Hauptargumeut für diese
Ansicht beruht darauf, dass das Bild der Ly-
seasstele ebenso wie das der Aristionstele ver-
mittelst desselben technischen Verfahrens wie die
Zeichnungen der rothfigurigen Vasen ausgeführt ist:
man entwarf eine Konturzeicimung auf hellem
Grunde und füllte die Darstellung selbst mit bun-
ten Farben aus, wälircnd man den Grund dunkel
färbte. Schwerlich würden die Vasenmaler auf
jene Stiländerung gekommen sein, wenn nicht ein
ähnlicher Umschwung in der monumentalen Malerei
vorangegangen wäre. Indessen ist gegen Loeschcke's
Vorstellung einzuwenden, dass eine directe Abhän-
gigkeit nur dann wahrscheinlich sein würde, wenn
die Vasen, auf welchen die rothfigurige Technik
zum ersten Male angewendet ist, noch unter dem
frischen Eindruck einer neuen Erfindung entstanden
wären. Dagegen fällt die Entstehungszeit der
ältesten rothfigurigen Vasen vermuthlich in die
Wende des seciisten und fünften Jahrhunderts, wäh-
rend die Stele des Lyseas und wohl auch die des
Aristion noch in die Zeit des Peisistratos hinauf-
reicht und zudem diese Monumente gewiss nicht
gerade die ersten Werke waren, deren Maler den
Versuch machten, eine vom dunkeln Grunde sich
abhebende Figur auf den Marmor zu malen. An-
dererseits ist, wie Klein mit Recht ausgeführt hat,
die rothfigurige Technik nicht mit einem Male ent-
standen, sondern in allmähliger Entwicklung inner-
halb des Kreises der Vaseumaler selbst ausgebildet.
Die Versuche, welche die Schalenuiaier mit der
Umrisszeichnung machten, bestätigen diese An-
nahme").
Klein hat (Euphronios S. 24f.) das Aufliommen
des rothfigurigen Stiles mit den technischen Neue-
rungen in Zusammenhang gebracht, welclie nach
der viel besprochenen Stelle des Plinius N. H.
XXXV 56 '") Kimou von Kleouae ausgebildet hat.
") Vgl. auch Milchhiilcr, Mittlieilungen des athenischen
Instituts V 1880 S. 165.
") '- - et qui primus in piciura mtirem a femina rüscreverit,
Eumarum Alheniensctii, fiyuras oninis imitari ausuin , ijuique in-
venta eitts ej-colueril , Cimotiem Cleonaeum. hie catagraplia iuvenil,
hoc est ohlifjiias irnaqines et varic formarc roltus, rt'spicientis^
201
F. Wiiiti-T, \'aseii mit Umriss-Zeiclmnns.
202
Soweit die gleichartigen HestrebungxMi jener ver-
schiedenen Kunstarten bewiesen werden sollen, ist
gegen diese Zusammenstellung nichts einzuwenden.
Nur scheint mir die Charakteristik des Kimon, wie
sie Klein gegeben hat, iu einem Tunkte nicht das
nichtige zu trefifen, der für die Reurtheilung der
Vasen mit Umrisszeichnung nicht ohne Bedeutung
ist. Klein fasst in dem Belichte des Plinius das
'invetiif wörtlicii auf und muss daher zu einer
gezwungenen und keinesfalls richtigen Erklärung
des 'calagrapha' seine Zuflucht nehmen. 'Cataiiraplia!
heisst nichts anderes als 'Profil', und so hat auch
Plinius das Wort verstanden, wenn er es mit
'obliquae imagiiies' übersetzt. Es wird sich dem-
nach mit dieser 'Erfindung' ebenso verhalten wie
mit vielen anderen Erfindungen, welche bei Plinius
so manchem Kunstler zugeschrieben werden. Man
malte von Anfang an die Köpfe — denn auf diese
kommt es wesentlich an — im Profil. Aber so
lange man die Figuren wie Silhouetten behandelte,
ging die Zeichnung des Gesichtes nicht über die
äusserlichste Wiedergabe der Form hinaus. Erst
als man die Figuren mit heller Farbe bemalte und
dadurch die Möglichkeit gewann, eine wirkliche
Innenzeichnung auszuführen, war man in den Stand
gesetzt, eine lebenswahrere Behandlung der Köpfe
zu erreichen. Kimon führte seine Bilder in dieser
Weise aus, das zeigt der Gegensatz, in den er zu
Eumaros gesetzt ist, welcher noch nach der alten
Weise malte, das zeigen ferner die Worte des Pli-
nius über die Einzelheiten der Ausführung Kimoni-
scher Figuren, welche, wie Klein richtig hervor-
gehoben hat, Anwendung der Linearzeichnung im
Gegensatz zu der früher gewohnten Technik des
Einritzens bedingen. Durch die Anwendung dieses
Verfahrens gelang es Kimon vermuthlich, sowohl
in der Ausführung der ganzen Figuren als nament-
lich in der Wiedergabe der Köpfe seine Vorgänger
zu übertreffen, und so kam es, dass man ihm die
Profilzeichnung als Erfindung zuschrieb, während
sufpicieiitisv« vel despicientis , arlictilis niembra distinxit, venas
prolulil jiraeterijue in vesle rugas et sinus invenii.' Vgl Brunn,
Geschichte der griechischen Künstler II S, 9 f.
Archäolog. Ztg. Jahrgang XLUI.
sein wirkliches Verdienst nur iu einer höheren
Ausbildung derselben beruhte''').
Klein erklärt 'calagrapha' als Umrisszeichnung.
'Kimon ersetzt die Silhouette durch den Umriss, des-
sen Linien die rothfigurigen Vasen strengen Stiles
auch unter dem Gewände nicht verschwinden lassen.
Seine Intentionen geben sie aber doch nicht völlig
rein wieder. Die Aussparung des hellen Grundes
ist ein Compromiss, den der Linearstii mit dem
Flächenstil einging, während der Fortschritt sich
in voller Schärfe auf den weissgrundigen, kleinen
Gefässen ausprägt'. Wäre diese Vorstellung richtig,
so würden wir besonders in jenen frühesten Ver-
suchen, welche die Schalenmaler mit der Umriss-
zeichnung machten, eine unmittelbare Einwirkung
der Kunst des Kimon zu suchen haben. Dagegen
liegt es auf der Hand, dass hierin nicht der Fort-
schritt des Kimon bestanden haben kann. Umriss-
zeichnung im strengen Sinne hat für einen Vasen-
maler nichts Auffälliges; dass sie in der grossen
Malerei jemals anders, als für den ersten vorläufi-
gen Entwurf verwendet sein sollte, ist völlig un-
wahrscheinlich. Vielmehr wird die neue Technik,
wie sie in der Lyseasstele vertreten ist, ohne ver-
mittelnden Uebergang das alte Verfahren abgelöst
haben.
Im Grunde wird durch diese abweichende Er-
klärung an der Stellung und Bedeutung, welche
Klein dem Kimon zuertheilt hat, wenig geändert.
Dass dieser Künstler für die Entwicklung der
Jlalerei von dem höchsten Einfluss war, geht nicht
nur aus der Notiz des Plinius, sondern auch aus
den Worten Aelians (V. H. VIII 8) hervor, und diese
Ueberlieferung lässt allerdings mit Wahrscheinlich-
keit in Kimon den Begründer des neuen Stiles er-
kennen.
W^enn die von mir vorgetragene Ausführung
stichhaltig ist, so ergiebt sich für die chronologische
'■') Die Erfindung der l'rofilbildung mit Brunn speciell
auf die Zeichnung des Auges zu beschränken, scheint mir des-
halb nicht annehmbar, weil von einem derartigen Fortschritt,
welcher doch gewiss sehr bald auch von anderen Künstlern und
namentlich von den Vaseninalern ausgenutzt worden wäre, die
erhaltenen Monumente selbst aus den ersten Decennien des fünften
.Taliihunderts noch keine Spur aufweisen.
U
203
W. M. Rainsay, Basrelief of Ibriz.
204
Bestimmung des Kimon ein fester Anhaltspiniiit^"):
seine Wiricsamkeit muss vor die Verfertigung der
^'') Die beiden Epigramme der Anthologie IX 758 und XVI
84 geben für die Zeitbestimmung nichts aus. In ersterem, welches
bei Planudes unter dem Namen des Simonides überliefert ist,
dessen Urheberschaft aber bekanntlich nicht geringen Bedenken
unterliegt, ist Ali'xojr für Ki'uoiv eine wahrscheinliche Aenderung
O. Müllers. Letzteres ist nur durch Conjectur dem Simoiiides zu-
gewiesen. Vgl.O. Jahn, Sächsische Berichte 1856S. 284ft'. Benn-
Lyseasstele fallen; ihn in erheblich frühere Zeit,
viel über die Mitte des sechsten Jahrhunderts hin-
aufzurücken, scheint nach dem Grade der künst-
lerischen Entwickelung, welchen die Beschreibung
bei Plinius für ihn voraussetzen lässt, nicht rathsam.
Bonn. Franz Winter.
dorf , de Anthologiae Graecae epigrmnmatis S. 26 if. Bergk,
Poetae lyrici Gnieci 4 III S 503. 517.
BASRELIEF
(Tafel
Close to the village of Ibriz, nunierous foun-
tains burst out froni the naked limestone rocks of
the lofty Taurus mountains (vvhich in this part are
now called Bulgar Dagh) and form at once a con-
siderable river. Flowing down through the town
of Eregli, the ancient Cybistra-Heracleia, which is
embowered in luxuriant orchards and gardens, the
river is then lost in the Ak Göl, 'White Lake',
which was in ancient times probably the Lake of
Derbe. The lake reaches close to the precipitous
sides of Mount Taurus, and discharges its surplus
waters through a xcnäßo&Qov (what the Turks
now. call a diuleii), helping no doubt to feed the
Cydnus or some other of the Cilician rivers, which
rise in great Springs from the southern flanks of
Mount Taurus. The modern road, and certainly
also the ancient road, from Konia or Iconium to
the Cilician Gates, runs close under the cliffs of
Mount Taurus, where they rise in lofty precipices
straight from the piain, and crosses by a bridge
the Channel through which the lake communicates
with the duden. In June 1882 the Channel was dry
and the duden was a little pond in a sunken hole
under the cliff.s, but three years previously, in the
height of Summer, tlie water was running through
the Channel with a strong current towards the
duden^). The river therefore seems to be given by
') Sir C. Wilson observed the differencc in bis two visits.
OF IBRIZ.
13.)
God himself expressly to convert this little cor-
ner of the great plains of Lycaonia and Cappadocia
iuto a blooming gardeu, and then to disappear
again into the mountain.
In the rock beside the fountains at Ibriz, though
not exactly over the largest sources, is carved the
basrelief, which is represented on Plate 13. The sub-
ject is piain: a Priest or King is adoring the living
God, and the striking contrast between the gor-
geous embroidered rohes of the Priest and the
simple peasant's dress of the God has clearly lain
within the intention of the artist. The God is
conceived as the giver of corn and wiiie and of
the fruits of the earth, who fertilises mother-earth
with the life-giving river, and he bears his gifts
in his hands. He is dressed as a husbandman, and
the peasants of the district at the present day
wear exactly the same kind of dress: the short
tunic girt with a belt, and the boots made with two
flaps and fastened by a tliong passed several times
round the ankle. The curious pointed hat of the
God isthe only part of his attire that differs from the
modern dress of the district.
The monument at Ibriz is represented in Ritter's
Kleinasien (vol. I, plate 3) from a drawing by
Fischer, a hasty sketch by a traveller who had no
time to make a finished drawing. Davis, an English
clergyman, published in 'Life in Asiatic Turkey',
205
W. M. Kainsay, Basrelief of lliiiz.
206
London 1879, p. 252, a small drawing, raucli more
careful and corrcct than Fisclier's. It gives tlic
geueral efl'ect very well, but as soon as tbe details
are looked carcfully into, it is found wanting. It
has beeil niade on too small a scale, aud tlie very
complex details cau liavdly bc drawn except on a
large scale.
While I liave been obliged to differ froni Davis'
drawing on many points, I niust express my great
Obligation to it. In the tiuie wliich I liad at my
disposal it would liave been impossible for me to
make a large drawing of tlie entire monument,
witb it.s elaborate detail, while a small one would
have been quite useless. Tbose wbo have travelled
in rough style, without proper equipment, for
monfhs at a time, in Anatolia, will appreciate the
difficulties Davis had in making bis drawing.
In Order to justify my drawing in those points
where it diifers from Davis's, and to explain bow
far I have been obliged to leave some details
uncertain, a few words are required.
Wben I accompanied Sir C. Wilson to Ibriz
in June 1882, I was able to spend a day and a
half before the monument, and I had witb me a
hasty tracing of Davis'-s publisbed drawing'). In
tbe first place I set myself to make an accurate
copy of tbe bieroglypbics, and it will bardly be
believed how much time and trouble were required
before I succeeded in tbis. I tben made a large
drawing of tbe elaborately ornamented dress of
tbe priest: but tbe paper wbicb I had was not
large euough to take in the head, and I made a
separate sketcb of the hat alone. Tbe pattern of
the Priest's garment recalls the pattern of tbe Tomb
of Midas: tbe broocb whicb fasteiis bis cloak is
of similar sbape to one of tbe gold Ornaments
found in a Lydiau tomb and photographed in Bull.
de Corresp. Hellen., 1879 PI. IV. V. (I saw the Origi-
nals in iSmyrna in 1880, and believe them to have
been found in a tumulus south of Mount Messogis.)
The artist had not skill enougb to counect tbe left
'■) The tracing was made at Konia, where the late Col.
Stewart (who was afterwards with Gordon in Khartum) had a
copy of Davis's book at his residence.
arm witb the left Shoulder, or to repre.sent the
body properly in profile. The bands are clasped
as if in prayer, and at least two fingers of tbe
right band apjiear at tlie side of the left band.
I bad uo time to make a complete drawing of
tbe God, but was obliged to restrict myself to
a few details in which Davis was inaccurate. I
drew tbe hat, whose form Davis has quite mis-
conceived, the profile of tbe face, the pattern of
the girdie, and the right leg with its boot and
with tbe object (wbicb to me is unintelligible')
betweeu the two feet. I am uncertain about tbe
manner in wbicb tbe ears of corn were rcpresented.
In tbe hasty tracing of Davis's drawing wbicb I car-
ried with me I left tbe details blank, and thus I
had no opportunity of comparing bis representation
of the corn with the original. The description of
the monument wbicb I wrote on the spot has been
lost: and as I feel convinced now tbat Davis's de-
tails are inaccurate, I bave only memory to de-
peud on, and tbirty eigbt montbs bave elapsed
since I saw the monument*). According to Davis
the grains in tbe ears of corn are represented, not
by zigzag lines, but by rows of little circles.
Anotber detail must remain uncertain. I have
a note' tbat botb figures wear ear-rings, but I have
no note as to tbe sliape of tbe ear-rings. I may
speak positively on fhis poiut, as I was particu-
larly interested at tbat time to observe bow far
ear-rings were used by male figures in tbe Ana-
tolian raonuments. Davis on the other band says,
'neither of tbe figures appears to bave ear-rings'.
Finally tbe Clusters of vine-leaves and grapes
are simply imitated Irom Davis: I have no notes
on this point.
In carving tbis subject the artist seems first to
bave prepared a smootb flat surface on the rock.
He next indicated tbe outline of the two figures,
and tben eut away tbe rock all round tbe outlines
to a depfb of several incbes, leaving tbe two figures
•') This object is in very low relief, much Iower than the
legs and feet of the god.
') It clings in my memory that the number of bars in the
zigzag was uneven.
14*
207
AV. M. Kamsay, Basrelief of Ibriz.
208
Standing out in low relief within a sunken panel.
The surfaee of each figuve is tlierefore perfectly
flat, and the details are indicated by incision on
this flat surfaee. In Davis's drawing, ou tbe other
band, tbe two figures are sbaded so tbat tbey seem
to be carved in tbe ordinary style of round relief.
In one point, viz. tbe girdle of tbe priest, the
treatnient is a little more complicated, a double
System of relief being employed. Tbe circles are
in relief on a raised band, wbile the small Squares
are in lower relief witbin a sunk squarc.
According to Davis's estimate made by eye, tbe
God is about 6 metres, 20 feet bigh, and the Priest
about S'/a metres, or 12 feet bigb^). He mentions
tbat Ibriz was first visited in 1737 by Otter, a Swe-
disb traveller sent to the east by tbe Frencb mi-
nister, Comte de Maurepas. Otter says ^on a
taille datis le rocher oh est sa sonrce, uiie figiire
dhomme qnon appelle Abris. L'ou reut que ce soit
nne corrupiion du tiom d'nn certain 'Abrmos', sei-
gneur de ce Heu." One is familiär in Turkey witb
this kind of rationalistic explanatiou. Davis ex-
plains 'Ibriz" as derived from a Persian word
meaning 'water', and tbougb I doubt the admissi-
bility of tbis derivation, I bave no other to ofier.
Tbe word may be an aucient name.
The monument at Ibriz is marked by tbe biero-
glypbic inscriptions °) accompanying it as belonging
to tbat distinct and well - marked class of nionu-
^) The estimate appeared to us correct. Accurate measure-
ment cannot be made without a scafFolding.
'') Two are given in the accompanying plate: a third longer
one is carved below the monument, but being under the level
of the water it has been mucli defaced.
nients wbich are fouud all over Asia Minor from
Sniyrna to Marasb, and in north ern Syria. Tbis
class of monuments, wbose striking similarity of
character can be appreciated only by tbose who
bave Seen a large number of photographs together
witb some at least of tbe actual monuments, is
frequenthy called 'Hittite'; but tbis name implies
tbe acceptance ol' an bistorical bypothesis, wbich,
tbougb it has certainly expressed part of tlie trutb,
appears to me at least to require considerable
moditication, before it can be accepted. The mar-
vellous agreemeut in general style and in details
between monuments excavated at Jerabis and tbose
found in Anatolia is a fact from wbich we bave
to Start, but tbe inference tbat a race from northern
Syria conquered and ruled over the whole of Asia
Minor is certainly unjustifiable at present, and
seems to me to be opposed by other evidence.
Comparing tbe monument at Ibriz witb the rock-
monuments in the north of Asia Minor, at Boghaz
Keui, Eyuk, Giaour Kalesi, Magnesia, etc., there
appears to be a certain difference in style. The
former seems to belong to a different and later
period and to be much more under the influenee
of Assyrian art, wbereas tbe northern monuments
probably show more the influenee of Egyptian art.
But along witb this difference there is in tbe wbole
style a close resemblance between tbe southern
monument and the northern group; and even without
the existence of identical bieroglypbics in both there
could be no question tbat all belong to an art
distinct from both Egyptian and Assyrian.
Oxford. W. M. Eamsay.
209
210
LEBENSLAUF EINES KINDES
IN SARKOPHAG -DARSTELLUNGEN.
(Tafel 14.)
Bei den Sarkophagen, welche Scenen des mensch-
lichen Lebens darstellen, gehen zuerst zwei Typen
nebeneinander her, die des Kinderlebens und der
Hochzeit. Von beiden sind uns Exemplare er-
halten, die zu den ältesten Überhaupt bekannten
Sarkophagen gehören; beide haben ihre selbstän-
dige Entwickelung und werden zu Mittelpunkten,
um die sieh andere Scenen gruppiren ; beide
fliessen schliesslich in eine Darstellung des ge-
sammten Menschenlebens zusammen. Nei)enher
aber gehen immer noch die alten Typen; denn
einerseits konnten Darstellungen des Menschenlebens
auf Kindersai'kopliagen sich nicht über den Lebens-
lauf eines Kiudes liinaus erstrecken, andererseits
sehen wir das treurerbundene Ehepaar bis in die
späteste Zeit hinein den gern wiederholten Schmuck
der Sarkophage Erwachsener bilden.
1. Unter der Reihe der Kindersarkophage ist
der hier auf Tafel 14, 1 zum ersten Male abge-
bildete von ganz besonderem Interesse, da er uns über
Zusammenhang und Entwickelung der Typen man-
cherlei Aufschluss giel)t.
Derselbe geliörte
ehe-
mals der Campaua'schen Sammlung an und befindet
sich jetzt im Louvre'). Zahlreiche Farbenspuren
weisen auf die einstige Bemalung hin: rothe an
dem Gebäude und dem Gewände der Mittelfigur,
schwarze am Pfeiler der Sonnenuhr, der Kline und
dem Parapetasma dahinter. Die Darstellung der
Vorderseite zerfällt in drei Scenen; die mittlere
spielt vor einem Parapetasma. Auf einem erhöhten
Thron sitzt in Vorderansicht ein Knabe mit Aermel-
tunica, Mantel und Stirnbinde, welcher in der ge-
senkten Linken eine Rolle hält und die Rechte mit
ausgestrecktem Mittel- und Zeigefinger deklamirend
erhebt. Zu seiner Linken lehnt ihm zugewandt
eine weibliche Figur, welche das Kinn auf die
rechte Hand stützt und die Linke auf die Seiten-
leliue des Thrones legt. Sie trägt ein Untergewand
') Flühner No. 397. Maseo Campaiia No. 324.
und einen Mantel, der fast die ganze Figur um-
hüllt. Ihr entspricht auf der anderen Seite des
Knaben eine mehr von vorn gesehene weibliehe
Figur, die in der Linken ein Diptychon hält und
mit der Rechten einen Griffel in ein neben ihr am
Boden stehendes liermenartig gebildetes Tintenfass
taucht'); über der Stirn trägt sie eine Feder. Zwi-
schen diesen Figuren und dem Knaben zeigt sich
noch im Hintergrunde jederseits ein weiblicher,
gleichfalls mit einer Feder geschmückter Kopf.
Diese „Sirenenfedern" kennzeichnen die vier Ge-
stalten als Musen , welche der Deklamation des
Knaben zuhören. An der linken Seite der Scene
ist auf einem Pfeiler eine Sonnenuhr aufgerichtet.
Im Hintergrunde der zweiten Scene, links von der
vorigen, erblickt man ein Gebäude, dessen Fa^ade
von mehreren Bogenöffnungen durchbrochen ist.
Links sitzt vor dem ersten Rogen auf einem Korb-
stuhl mit RUcklehne eine Frau nach rechts gewandt,
welche die Rechte auf den Sitz und die Linke auf
eine Rolle stützt. Aus dem zweiten Bogen fährt
nacli rechts ein zweirädriger Sitzwagen, mit zwei
Widdern bespannt. Unter den Füssen der letzteren
liegt ein umgestürzter Korb; auf dem Wagen sitzt
ein Knabe, der die Zügel hält. Ein anderer steht
nach links hin gebückt auf dem Wagen und rückt
die Kissen zurecht; offenbar ist er ein Diener.
Im Hintergründe läuft neben dem Gespann her ein
Knabe, der den Kopf umwendet und ermunternd
die linke Hand nach den Insassen des Wagens
ausstreckt. Die dritte Scene endlich, rechts von
der Mittelscene, spielt wie diese vor einem Para-
petasma. Auf einer Kline (Fassende links) ist ein
Knabe gelagert, mit nacktem Oberkörper, um die
Beine einen Mantel geschlungen. Er stützt sidi
-') In ganz derselben Weise findet sich die Herme neben
der Kalliope des Veroneser Musensarkophags (Matfei, Museum
Veronense p. 93, 1), wo Dütschke (Antike Bildw. in Oberita-
lien IV Nr. 518) ihre Verwendung als Tintentass nicht er-
kannt h.it.
211
K. Wernicko. Lebenslauf eines Kindes in Sarlfophag-Davstellungen.
212
auf den linken Ellenbogen und streckt die rechte
Hand aus zu einem links am Lager lehnenden
Mädchen, das ihm aus einem Korbe einen Becher
reicht. Vor der Kline steht ein Tisch mit Speisen,
von rechts naht ein Diener, der eine neue Platte
bringt; was darauf liegt, ist undeutlich, nach den
Analogien dürfte es Geflügel sein. Auf der Kline
steht am Fussende ein Eros, der einen Fruchtkorb
und das Ende einer Guirlande hält. Vor der Kline
sitzt ein kleiner Knabe, der mit einem Hunde
spielt ■').
Dass diese drei Scenen sowohl einzeln be-
trachtet wie in ihrer Zusammenstellung nicht selb-
ständig entstanden sind, sondern am Ende einer
Enfwiekelung stehen, würde, auch abgesehen von
der verhältuissmässig späten Zeit des Sarkophags,
aus mehreren Gründen ersichtlich sein. Denn erst-
licli stellt sich die Museuscene nur als eine ziem-
lich gezwungene Uebertragung von den Dichter-
sarkophagen dar; ferner sehen wir den bekannten
Typus des heroisirten, von seiner Gattin beim
Mahle bedienten Mannes hier auf den Knaben und
— offenbar — seine Schwester übertragen; endlich
ist die Bedeutung der zweiten Scene ohne Ver-
gleichung anderer Monumente völlig unverständlich.
Auch begreifen wir nicht, was zwisclien diesen
Scenen die Sonnenuhr zu bedeuten hat.
2. Versuchen wir nun, durch Heranziehung
und Vergleichuug der verwandten Monumente die
mannichfachen Wechselbeziehungen, die hier statt-
finden, zu erkennen. Am einfachsten und natür-
lichsten sind die typischen Scenen des Kinderlebens
dargestellt auf dem Sarkophag des M. Cornelius
Statins im Louvre, der sich gleichfalls früher in
der Campana'schcn Sammlung befand (Tafel 14, 2).
Derselbe gehört der hadrianischen Zeit an, wie der
kurze Vollbart und die schlichten Haare des Man-
nes zeigen. Die fast vollständig auf der unteren
Leiste erhaltene Inschrift 'lautet
M-C'OKNEI,IO-M-r-PAL-STATIO-P[«;-i'«<e,s////o]FRCER-
Die Darstellung läuft von links nach rechts und
') Bei Caiiipana befund sich auf dem Sarkoiiliag noch ein
Deckel mit der Grabschiift einer Coceeia Severa. Derselbe
scheint jetzt verschollen zn sein.
zerfällt in vier Scenen. Ein grosser Theil des jetzt
Vorhandenen ist ergänzt, und zwar ausser den
Nasen des ersten Paares die ganze untere Hälfte
der rechten Seite ^). Links sitzt in einem Korb-
stuhle') nach rechts gewandt eine jugendliche
Frauengestalt, bekleidet mit einem langen Unter-
gewand mit geknöpften Halbärmeln und einem
Mantel über dem Schooss. Die Haare sind in einen
Knoten zusammengenommen. Auf ihrem Schoosse
sitzt ein kleiner Knabe, mit leichtem Jäckchen be-
kleidet, der von ihr gesäugt wird. Vor ihr steht
mit linkem Standbein und rechtem Spielbein nach
links gewandt ein bärtiger Mann, der sich an einen
zwischen ihm und der Frau befindlichen Pfeiler
lehnt. Den Kopf stützt er in die rechte Hand; was
er in der Linken hält, die er auf den Pfeiler legt,
ist nicht ganz klar^). Er ist bekleidet mit Unter-
und Obergewand sowie mit Stiefeln. Sehen wir
hier das Kind in Gegenwart des Vaters von der
Mutter gesäugt, so sitzt es in der folgenden Scene
schon munter auf dem Arme des ersteren. Dieser
steht in Vorderansicht, mit rechtem Standbein und
linkem Spielbein da, blickt etwas nach (seiner) lin-
ken Seite und hält auf dem linken Arm den Kna-
ben, der ihn mit seiner Rechten vergnügt an den
Haaren zaust und ihm die Linke entgegenstreckt.
Die Eechte des Vaters legt dieser zur Unterstützung
der tragenden Hand an die Füsse des Kindes. In
einem weiteren Stadium der Entwickelung zeigt
uns den Knaben die dritte Scene: er hat einen
Wagen bestiegen, hält in der Hand die Peitsche
und fährt nach rechtshin. Vor den Wagen ist
ein Thier gespannt, das in der vorliegenden
**) Bis auf den Fuss des sitzenden Maune.s und da.s Inschiift-
fragraent fecer.
^) Mit der gewölbten Rücklehne, wie sie z. B. auch bei
l'rothesisdarstellungen üblich ist; solche geflochtenen Stühle finden
sich besonders häufig auf Monumenten der Rheingegend, vgl.
beispielsweise Westdeutsche Zeitschr. für Geschichte und Kunst
II. Taf. I, 2.
'') Es scheint eine Rolle zu sein; in diesem Falle wären es
die lahulae nuptiales, die bei den Ehesarkophagen eine so be-
deutsame Stelle einnehmen. Vielleicht ist es auch nur ein Tuch,
wie es ähnlich bei Circusrenneu der Eestgeber hält, vgl. Vis-
conti, Mus. Pio-Clem. 5,42. Auf dem Maflei'schen Relief
Annali 1839 Tav. d'agg. N 2 sieht es eher wie ein Bündel von
Stäben aus.
2i:5
K. WL'rnickc, Lebenslauf eines Kindes in Sarkc)pliaj;-Darstcllun<;Tn.
214
Eichlcv'sclien Zeichnuug- nicht recht deutlich ist.
Nach den Analogien niüsste es ein Widder sein,
aber es scheinen die Hörner zu fehlen; zudem hat
das Thier einen Bart. Die Darstellung des Kör-
pers kann nichts lehren, denn dieser Theil des
Sarkopliags ist eben ergänzt, und zwar das Thier
als Widder. Um so melir aber fällt der Gegensatz
zwischen dein antiken Kopf und dem ergänzten
Körper auf. Ergänzt ist ferner die ganze Figur
des Knaben bis auf den Kopf. Die Peitsche, von
der die Spitze erhalten war, ist ihm in die Rechte,
die Zügel in die Linke gegeben. Freilich hat man
ihn dann auf einen Streitwagen gestellt, der natür-
lich hier ganz unpassend ist. Vielmehr wird der
Knabe auf einem nach vorn zu offenen Wagen ge-
sessen habeu, wie es sich auch sonst findet. End-
lich von der letzten Scene ist nur der nach rechts
gewandte Kopf des Knaben und der Oberkörper
des nach links sitzenden Vaters antik. Derselbe
sitzt auf einem Lehnstulil, dessen untere Hälfte
ganz unverständig als Klappstuhl ergänzt ist, stützt
das Kinn in die rechte Hand und legt die Linke
auf seinen Schooss. Der Vorgang ist leicht zu er-
rathen: der Knabe wird unterrichtet, und zwar
hätte er nach der Analogie der anderen Darstel-
lungen lesend, nicht deklamirend ergänzt werden
müssen.
So zeigt dieser Sarkophag, welcher den ersten
Typus repräsentirt, in der That die Elemente des
Kinderlebens: Pflege durch die Mutter (I) und den
Vater (II), Ausfahrt auf dem Kinderwagen (III),
Unterricht (IV). Aus ihm entstellt nun durch ein-
fache Fortentwickelung ein zweiter Typus, dessen
Ilauptrepräsentant
(3.) ein Sarkophag der Villa Panfili in Rom
ist'). Durch Beseitigung der Scene II ist hier
für Einfügung einer neuen Scene (V) vor I Raum
geschaffen. Wieder sitzt die Mutter auf einem
Stuhl nach rechts, aber sie stützt sich mit der
') Matz-Duhn II. 3087, wo AbbiUlungen und Literatur an-
geführt sind; hinzuzufügen wäre noch die Zeichnung No. 22 des
Berliner Codex von Girolanio Ferrari aus dem IC. Jahrhundert,
vgl. Schreiber bei Conze, das Berliner Medearelief, in den histor.
u. philolog. Aufsätzen Ernst Curtius gewidmet S. 101.
rechten Hand auf ihren Sitz, während sie die
Linke in den Schooss legt. Vor ihr steht ge-
bückt, nach links gewandt, eine ältliche Frau
mit Kopftuch, welche damit beschäftigt ist, einen
kleinen nackten Knaben in einem am Boden ste-
henden Napfe zu baden. Der Knabe sclireit und
gestikulirt lebhaft mit den Armen. Dass hier kein
beliebiges Bad, sondern das erste Bad des neuge-
borenen Kindes gemeint ist'), zeigen die bei dem
Vorgang anwesenden Parzen. Die erste von ihnen
hält in der gesenkten Linken eine Rolle und weist,
indem sie die Rechte erhebt, mit einem Stäbchen
auf die Himmelskugel, welche sich vor der auf
einem Pfeiler aufgerichteten Sonnenulir befindet, —
sie stellt dem Kinde das Horoskop; die zweite,
deren eigenthümlicher, einer phrygischen Mütze
ähnelnder Kopfschmuck Missverständniss der Publi-
cation ist, hält in der gesenkten Linken ein Dipty-
chon'); die dritte trägt eine Rolle. Ihnen folgt
noch eine vierte weibliche Figur mit Diadem, welche
in der Linken ein Scepter trägt und die Rechte auf
die Brust legt; das Rad zu ihren Füssen keun-
zeichnet sie als Fortuua. Es folgt nun die ihren
Knaben säugende Frau der Scene I, und dann die
Unterrichtsscene (IV). Aber wie der allgemein
natürlichen Beschäftigung der Eltern mit dem Kinde
die bedeutsame erste Pflege hinzugefügt war, so
ist auch diese Scene hier vertieft und reicher ge-
staltet: anwesend sind Mercur und die .Musen.
Jener steht links vom Knaben in Vorderansicht,
das linke .Bein über das rechte geschlagen; er ist
'') Der Knabe ist zwar ungemein entwickelt, aber unzweifel-
haft soll es sich doch um das Bad des Nengeborenen handeln.
Ganz kleine Kinder stellt die antike Kunst nur als Wickelkimler
dar; da aber der Knabe zum Baden nackt sein musste, so wunle
ihm schon jenes Maas» von Beweglichkeit und Entvvickeltsein
gegeben, ohne das in der antiken Kunst ein nackter Körper un-
denkbar war, vgl. Furtwängler, der Dornauszieher und der Knabe
mit der Gans S. 9. Eine ähnliche Beobachtung kann man in
der christlichen Malerei an den Darstellungen des Christkindes
machen, das vom frühen Mittehilter bis zur Renai^sance, ja
selbst bis auf unsere Zeit, fast immer zu entwickelt dargestellt
wird, vgl. Kaffaels sixtinische Madonna.
^) Im Pighianus und Coburgensis sind diese beiden Figuren
durch einen Irrthum des Zeichners, der nach Vollendung der
vorderen Hälfte der ersten zur Rückseite der /.weiten überging,
in eine zusammengezogen
215
K. Weniicke. Lebenslauf eines Kindes in Sarkophag-Darstellungen.
216
l)is auf ein kleines Gewandstiick über der linken
Schulter unbekleidet, stützt die Kechte in die Seite
und liält in der Linken den Caduceus; so blickt er
aufmerksam auf die Gruppe. Links von ihm, sowie
zwischen Vater und Sohn steht im Hintergrund in
Vorderansicht je eine Muse. In den äusseren Hän-
den halten sie eine Maske, die zur Linken eine
tragische, die andere eine komische. Wie bei der
Geburt schon die Parzen die Nativität stellen, so
zeigt sich auch im weiteren Leben das Walten der
Gottheit. Mercur ist seit dem Beginn der Kaiser-
zeit, seit man den römischen Haudelsgott immer
mehr mit den Eigenschaften des griechischen Her-
mes ausstattete, so recht eigentlich der Gott des
Jugendunterrichts '"). Während er somit die auf
das praktische Leben gerichtete Seite der Ausbil-
dung bezeichnet, namentlich in Rhetorik und Gram-
matik, die ja schon seit dem plagosus Orbilius
einen breiten Raum in der römischen Erziehung
einnahmen, weisen die Musen auf die ästhetische
Seite des Unterrichts hin"). Wir kommen zur
letzten Seene. Sie ist entwickelt aus III (der Aus-
fahrt); aber nicht mehr eine Vergnügungsfahrt sehen
wir vor uns, sondern die letzte Fahrt, die Fahrt
ins Jenseits'-); aus diesem Grunde liat auch die
Stellung von III und IV gewechselt. Ein Zwei-
gespann von Rossen sprengt eilig nach rechts, ge-
führt wieder von Mercur, der hier fast ganz in
Rückenansicht erscheint. Offenbar auf dem vor-
deren Wagenrand sit/.t ein Adler mit emporge-
hobenem Schnabel und ausgebreiteten Schwingen,
von vorn gesehen. Auf ihm sitzt, das über dem
'") Ich erinnere an das berühmte Merruri, facmide nepos
Atlantis^ qui feros ciiUus hominum recentum voce /oniiaxti caius
et decorae more fialaeHlrae (Ilor. Od. I 10, Ift'.), wo die bei-
den Seiten der geistigen und kilrpcrlichen Erziehung /.usaininen-
gefasst sind. Aelinlich Ovid. Fast V, (JüT : laele li/rae pulsii,
nitida rjuorjue laele pulaestra, rjuo didicil culle lingua docente lorjui.
") Die Masken sollen gewiss nicht andeuten, dass besonders
Tragödien nnd Komiidicn zur Lektüre gedient hätten, elienso-
wenig wie sie das im Knal)enaller verstorbene Kind als künl-
tigen Dichter bezeichnen wollen.
■-') Diese Fahrt ins Jenseits entspringt derselben echt ita-
lischen Anschauung wie der auf etruskischen Monumenten so
häufige Todtenritt, der auch bisweilen auf Siirkoi>hagen vor-
kommt, vgl. den Sarkojihag inj Belvedere des Vatican, abge-
bildet bei Gerhard i\utikc liildw. 74.
Haupte bogenförmig flatternde Gewand mit der
Rechten ergreifend, die Linke um die Flügel des
Adlers legend, der verstorbene Knabe in Vorder-
ansicht, das Haupt nach links wendend. Unter
den Rossen ist nach rechts hin gelagert Tellus,
gleiclifalls mit bogenförmig flatterndem Gewände.
Demselben Typus gehört nun noch eine Reihe
von Sarkophagreliefs an, die ich hier mit kurzer
Angabe der Abweichungen zusammenstellen will:
4. Sarkophag in der Loggia scoperta des Vati-
can. Abgebildet bei R. Rochette M. I. pl. LXXVII
2 zu p. 212. Die Badescene ist in merkwürdiger
Weise mit der Säugung durch die Mutter combi-
nirt, indem die letztere, während sie dem Bade
zusieht, selbst an ihrer Brust ein Kind hält"). Die
Fahrt zum Grabe nähert sich in der Darstellung
dem auf unserer Tafel als No. 1 abgebildeten Sar-
kophag: der Wagen, mit Widdern bespannt, fährt
aus einem Thorbogen auf ein Grabmal zu. Auch
kehrt der Diener, welcher die Kissen gerückt hat,
und der begleitende Knabe hier wieder. Die Fort-
setzung ist abgebrochen.
5. Verschollener Sarkophag, angeblich in Polen,
früher in der Sammlung de Angelis in Tivoli.
Nur ungenügend abgebildet bei Roccheggiani, rac-
coUa II, 6. Erhalten ist nur die Badescene; die
Attribute der Parzen sind vom Zeichner übersehen
worden, der die Figuren daher für Wärterinnen
hielt.
G. Kleines Fragment in der Villa Borghese,
von E. Eichler unter zahlreichen anderen Bruch-
.stücken in den Kellerräumen entdeckt. Die allein
erhaltene Unterrichtsscene ist hier für den Sarko-
phag eines Mädchens umgestaltet: im Beisein einer
Muse (es waren ursprünglich wohl zwei) wird das
Mädchen von der Mutter unterwiesen'*).
") Was das dui)]ielte Vorhandensein des Kindes betrifft, so
ergeben sich verschiedene Müglicbkeiten der Erklärung. Ich wäre
am meisten ;^eneigt, an einen Irrthum der Abbildung zn glauben,
zumal da die znm Säugen erforderliche Entblüssung der Brust
nicht angedeutet ist. Sollte aber die Zeichnung richtig sein,
so wird man sich zwischen den beiden Annahmen entscheiden
müssen, dass entweder zwei verschiedene Kinder (etwa ein
Zwillingspaar) gemeint sind, oder beide Mal dasselbe Kind in
sihr gewagter frolejise hier badend, dort gesäugt dargestellt ist.
") Zweifelhaft ist die Darstellung auf
217
K. Wcmicko, Lebenslauf eir.cs Kindes in Sar]<oi)liag-Darstelluiigen.
218
Zu den bisher besprochenen Seenen fügen die
Monumente des dritten Typus noch eine neue
(VI) hinzu, die Prothesis des Verstorbenen. Haupt-
vertreter dieser Gruppe ist
12. ein Sarkophagdeckel im Museo Torlonia,
abgebildet bei Kaoul-Rochette M. I. pl. LXXVII, 1
p. 406 n. 2'^). Wieder beginnt links die übliche
Badescene, diesmal ohne die Anwesenheit der Par-
zen, es folgt dann der Unterricht des Knaben in
Gegenwart der Musen, hierauf die Prothesis. Der
Todte liegt (Fussende links) auf einer Kline, stützt
den linken Ellenbogen auf das Polster und den
Kopf in die Hand; die Rechte sinkt kraftlos herab.
Unter der Kline steht ein Napf; am Fussende der-
selben sitzt auf einem Klappstuhl nach rechts der
Vater (Barttracht nach Septimius Severus), das Kinn
in die rechte Hand, und den rechten Ellenbogen
auf die linke im Schoosse ruhende Hand stutzend,
üen Mantel hat er trauernd über das Gesicht ge-
zogen. Ilim entspricht am Kopfende des Lagers
die Mutter, auf einem Sessel nach links sitzend.
Sie hat das rechte Bein über das linke geschlagen,
stützt sich mit der linken Hand auf den Sessel und
mit dem rechten Ellenbogen auf die öophalehne;
7. Ein Fragment in Verona, in der AbbiUlung bei Maffei,
Museum Veroneiise p. CXXVl n. 2 als SclmuUseite ergänzt,
zeigt die Unterrichtsscene mit mehr Figuren ausgestattet und
gehört daher vielleicht in einen anderen Zusammenhang.
8. Fragment in Rom, Falazzo Coraetti (Matz-Diihn II,
3130). Auch bei diesem aus sehr später Zeit stammenden Stück
ist unsicher, ob es hierhergehürt.
Ich will hier gleich hinzufügen, dass Bad und Unterricht
sich auch aui Sarkophagen finden, die das gesamnite Menschen-
leben umfassen:
9. Rechte Schmalseite des Sarkophags Medici, jetzt in
den Uffizien (Üütschke III 62; abgebiMet bei Guattani, Moii.
Ined. 178-t O'iui/uo I, II. Burtoli, Admininda N'o. 82. AVinckel-
niann M. I. N'i. 184): Bad und Unterricht.
10. Rechte Schnuilseite eines Sarkophags in Villa l'oggio
a Caiano hei Florenz (Dütschke II, 401; abgebildet bei
Gori, Inscr. Aul. Eh: III. p. 121 Taf. 34. Bei Rossbach, Ehe-
denkm. S. 147 als verschollen bezeichnet): nur die Badescene.
11. Fragment, einst der Sammlung Sacchetti angehürig,
jetzt im Capitol (abgebildet bei Bartoli, Admiranda N. 65.
Montfaucon II. Suppl., 44. Zeichnung auch bei l'ozzo): zwischen
dextrarum innctio und Opfer eingescholien das Bad.
'•'') Die Abbildung zeigt das Relief noch im Wesentlichen
unverletzt; es ist seitdem, wie die mir vorliegende Eichler'sche
Zeichnung beweist, mehrfach beschädigt und (besonders der ur-
,-prünglich nur abbozzirte Kopf durch Ueberarbeitung verdorben.
ArrhiioUi;.' Zt- .liihrijnni.' .VLIII
das von einem Kopftuch bedeckte Haupt legt sie
auf die rechte Hand. Hinter der Kline werden
noch drei Personen sichtbar: links der Pädagoge
im Mantel, auf seinen Stab gestützt, mit traurig
gesenktem Kopf, rechts die Amme mit Kopftuch,
und in ähnlicher Stellung wie die Mutter in der
Mitte die Schwester, welche die Hände gesenkt
hält. Endlich viertens folgt analog dem Sarkophag
Panfili die Fahrt zum Hades, hier charakterisirt als
Entführung durch Hades selbst, mit Benutzung des
Schemas des Koraraubes"'). Auf einem mit zwei
Rossen bespannten zweirädrigen Wagen fährt, sich
umsehend, nach rechts Pluto, ein bärtiger Manu
mit düsterem Gesichtsausdruck; er hält vor sich
auf dem Wagen den Knaben in langem faltigem
Chiton unifasst. Ueber den Pferden fliegt nach
rechts ein Eros, der sich zu Pluto umsieht und mit
beiden Händen eine brennende Fackel hält. Unter
den Pferden ragt mit halbem Leibe aus dem Boden
Tellus mit bogenförmig flatterndem Gewand. End-
lich führt die Rosse am Zaum der eilig dahin-
schreitende Mercur. Zu demselben Typus gehört
vor allem
13. ein Sarkophagdeckel im Louvre, abgebildet
bei Clarac 153, 459 und 333. Die Protliesis ist in
die Mitte gerückt und viel reicher mit Figuren aus-
gestattet. Rechts wird das Bad vollzogen in Anwe-
senheit der Parzen, welclie das Horoskop stellen.
Dieser Scene entspricht auf der linken Seite der Un-
terricht des Knaben durcli den kahlkö])figen Päda-
gogen; rechts hinter dem lesenden Knaben stehen
zwei Jünglinge, anscheinend im Gespräch: der
eine hat das Haar in einen Schopf zusammenge-
nommen ") und hält in der Linken eine Tasche, —
vielleicht hat er dem Knaben seine Schulbücher
nachgetragen; der andere hält in der Linken an-
scheinend eine Tänie und erhebt die Rechte, —
der Zweck seiner Anwesenheit bleibt unklar. Der
Sarkophag ist ebenso arm an Erfindung wie
reich an Figuren. Der Verfertiger operirt mit
'*) Vgl. Overbeck, Atlas zur Kunstmythologie Taf. 17.
") Diese Haartracht findet sich auch sonst, z. B. auf dem
unter No. 17 besprochenen Sarkophag; es scheint eine gallische
Tracht zu sein.
15
219
K. Weniioke. Lebenslauf eines Kindes in Sarkophag-Darstellungen.
220
einer überaus g-eriugeu Zahl von Jlotiven: das Mo-
tiv der sitzenden Mutter kommt zweimal fast über-
einstimmend vor, das Aufstützen der rechten Hand
auf den Sitz sogar auch noch bei dem Pädagogen.
Die Haltung des Kopfes und der Hände des Vaters
findet sich gleichfalls dreimal, nämlich ausserdem
nocli bei den beiden Figuren hinter den Lehn-
stühlen. Und diese Motive selbst sind eben auch
nicht eigene Erfindung des Künstlers. Sehr ver-
wandt mit diesem Sarkophag ist
14. ein ovaler Sarkophag in Lowther Castle"*),
der 1817 bei der Via Appia zu Eom gefunden
wurde. In ziemlich roher Weise ist links die Unter-
richtsscene, rechts die Prothesis dargestellt. Die
sitzende Figur, welche sich noch ausserdem ganz
rechts befindet, ist modern.
Eine Anzahl von Sarkophagen, die sich füglich
am besten hier einreihen lassen, beschränken sich
auf die Darstellung der Prothesis; es sind kurz
folgende:
15. Sarkophag im British Museum, früher im
Palazzo Capranica zu Rom (abgebildet bei Spon,
Recherches curieiises cfAnliquile, Lyon 1683, pl.oOB.
Bartoli Admiranda Taf. 72. Ancient Marbles V 3, 5).
Hier begegnet zuerst der unter der Kliue liegende
Hund'O.
17. Sarkophagdeckel im Musee de Cluny zu
Paris, gefunden bei Ausgrabungen in der llue Mon-
tholon {Musee des Thermes et de rUotel de Climy,
Paris 1855 No. 86). Ein todtes Mädchen wird von
Eltern und Geschwistern betrauert; der Vater hat
1") Aldi. Ztg. 1873 S. .SO No. ■-'. Michaelis, Ancient Marhles
in Greal B ritain No. 44.
") Der Spielgelälirte des verstorbenen Mililchens, vgl. Iii-
venal IX, 60 f. ruslicus in/ans cum niatre et casulis et cum
lusore catello. Anf einem verschollenen Sarkophag (16),
erhalten in einer Zeichnung des Cassiano dal Pozzo (bei A.
W.Franks; ist an die Stelle des Ttidtenbettes die Grabinschrift
getreten :
D ^ M
SEX ■ SlLl ■ l'ATKKNl • QVI
VIX-ANN-XXXVIl •
AEMILIAMAHCIANA
C ON IV Ü • BEN .M IC K •
Aber als ob das Todtenbett dargestellt sei, ist die trauernde
Familie versammelt, und der Hund liegt neben der gleichfalls
typischen Fussbaiik mit den Schuhen dus Verstorbenen.
das Haar nach gallisch - germanischer Sitte ^'') in
einen Schopf zusammengeuommen.
18. Sarkopliag in den Uffizien zu Florenz"')
Die Daistellung ist eingefasst durch zwei Eroten;
der zur Linken, geflügelt, stützt sich mit der
linken Achsel auf eine umgekehrte Fackel, in der
linken Hand hält er ein Bändel Mohnköpfe und
legt die rechte Hand auf die linke Schulter; das
linke Bein hat er über das rechte geschlagen. Der
zur Rechten, ungeflügelt, hat dieselbe Stellung im
Gegensinn, Auf der Kline liegt ein Knabe, links
sitzt die Mutter, neben der die Schwester steht,
reclits der Vater, neben dem der Bruder steht.
19. Fragment in den Uffizien (Dütschke 111431).
Erhalten ist ausser dem Fussende der Kline nur
der stehende Vater und der Oberkörper einer weh-
klagenden Frau'"').
Dieser 'J'yP^"' ^l*^'" Frotiiesis ist auf sehr ver-
schiedene Scenen übertragen worden. Abgeleitet
ist aus ihm z. B. die Darstellung der Vermählung
von Eros und Psyche auf einem ovaleu Sarkophage
im British Museum (Aue. Marbl. V U, 3—5); abge-
leitet auch die Sterbescene der Alkestis-Sarkophage.
Eine dritte Ableitung finden wir auf einem ovalen
Sarkophag des Museo Kircheriano, welcher eng
verwandt ist mit der hier besprocheneu Reihe '').
Hier ist aus der feierlichen Ausstellung der Leiche
die — Geburtsscene geworden: auf der Kline liegt
eine Frau ; ihr Gewand ist von der rechten Schulter
-") Martial III 9: Crinibus in nodum tortis venere Si-
camhri. Seneca de ira III 27: ruß'us crinis et coactus in nodum
apud Germanos. Tacitus Germania cap. 38 hält diese Tracht
mit Unrecht für eine dem Stamme der Sueven eigenthümliche.
-') Dütschke III, 377; abgebildet bei Gori, Inscr.ant. [1727]
III Tab. 17. Barbault, Recueil de Munumens anciens de l' Italic,
Rome 1770 pl, 43, 3, läarbault, Monumens antiijues, Rome 1783
pl. '.'O, 2.
-'■) Aehnlicli tinilen wir die I'rotbesis z. ß. auch auf dem
Grabstein der üctavia Exorata in Verona (Maffei, Mus. l'eron.
p. 137, 3. Dütschke IV, 470), wo die Figuren inschriftlich als
pater, niater , jiatruus bezeichnet sind. Ein Sarkoi)hag (20) im
Louvre (Caylus Recueil III pl. LXXIill scheint stark über-
arbeitet zu sein. Nur aus Beschreibungen sind mir folgende
in Rom befindliche Fragmente bekannt: 21. Villa Medici
(Mat/.-Duhn 11, 3145 ; 22. Atelier des Bildhauers Jerichau
(M.-D. II, 3148); 23. Via Margutta No. 53b (M.-D. II,
3148a); 24. Vigna Codini (M.-D. II, 3149).
■^) Abgebildet Annali deW Ist. 1868 Tav. QR. Gefunden
bei Fortnnati's Au.-grabiuigeii in der Via Laiina.
221
K. Wi'niickc. l.i'liiMislaiif ciiios Kindes in 8;irkn]]lKig-r)ar.steilMnL''cn.
9 2 2
lierabg:cglitten, sie stützt sich auf den linken Ellen-
bogen und erliebt die Linke zu dem selinierzvoll
seitwärts geneigten Haupt; die Rechte hängt sclilaft'
herab. Hinter der Kline werden links und rechts
Kopf und linke (resp. rechte) Hand zweier weib-
licher Figuren siclitbar, deren Aufmerksamkeit auf
die liegende Frau gerichtet ist; in der Jlitte eine
gleiche Figur, w eiche die Linke auf die Lehne legt
und die Rechte mit dem uralten typischen Gestus
der Geburtshilfe erhebt. Am Fussende des Lagers
sitzt eine Frau, welche beide Hände in ähnlicher
Weise eriicbt; hinter ihr sieht man noch zwei weib-
liche K(i])fe. Am Kopfende l)efindet sich die Gruppe
eines sitzenden und eines dahinter stehenden Mäd-
chens. Unter der Kline endlich steht ein Napf,
neben dem links ein nackter Kna!)e liegt, — offen-
bar das neugeborene Kind. Für todt kann man
es niciit halten, da es dann wohl nicht am Erd-
boden liegen würde; auch haben wir es mit keinem
Kind'ersarkophage zu thun. Die Grösse des Neu-
geborenen wird aber Niemand befremden, der
dasselbe bei den Darstellungen des Hades bemerkt
hat. Aber warum liegt das Kind an diesem Platze,
scheinbar höchst ungehörig? Man wird hierbei wohl
an die von Vielen bezeugte römische Hitte denken
müssen, das Neugeborene auf den Erdboden zu
legen, und der Entscheidung des Vaters zu über-
lassen, ob er es durch Aufheben Uiiairipere, tollere)
anerkennen wolle oder nicht ''^). Hob der Vater
das Kind nicht auf, so wurde es ausgesetzt und
konnte froh sein, wenn sich ein nnlrtlor seiner
erbarmte, der es nicht zur Schande aufzog"*). So
liegt aucii hier der Knabe, man wird wohl sagen
niUssen vor der Kline und liarrt noch der Aner-
kennung und des darauf folgenden Bades. Aber,
so fragt mau unwillkürlich, wo findet denn ];ier
die bei Darstellungen aus dem Menschenleben doch
nothwendige Beziehung auf die in dem Sarge
ruhende Person statt? Die Vermuthung liegt nahe,
in der liegenden Frau etwa eine im Wochenbett
-*) .v«sr;i),e)e : Ter Andr. II •-'(;. Cic. \'en-. 11 i, G9.
riin. ep. IV 1. 34. tollere: Ter. Ileaiit. IV 1, IS. Plaut. Trucul.
II 4,45. Cic. Div. 1 21. Suet. Nero .).
'•'•') Wie ■/.. 15. bei dem Rhetor M Antonius (inipho, vgl.
Sueton de grammuticis VII, 1.
Verstorbene zu sehen; aber dagegen spricht, dass
links von der besprochenen Scene weiter der Unter-
richt des Knaben dargestellt ist. Also der Knabe
muss schon selbst der Todte sein; freilicli war er
bereits erwachsen, als er starb und der grosse
Sarkophag flir ihn bestellt wurde; im Anschluss an
diese Kindheitsscenen dürfen wir daher in der dritten
Scene, die, so wie sie jetzt in der Abbildung vor-
liegt, unerklärbar scheint^'), eine Dar.stellung aus
dem späteren Leben erwarten. Zwischen diesen
Scenen sind die Figuren der römischen Lupa und
des Cerberus als Symbole von Geburt und Tod
angebracht.
Schliesslich stellt sich auch die römische Form
des Todtenmahles als eine Umbildung des Prothesis-
typus dar"). Das Charakteristische der griechischen
Todtenmahle nämlich ist die auf dem Lager am
Fussende sitzende Frau; auf den römischen Mo-
numenten sitzt dagegen die Frau entweder neben
der Kline, oder sie geniesst neben dem Manne auf
der Kline liegend die Freuden des Mahles mit"").
Am Ende der Entvvickelung angelangt, kehren
wir zum Ausgangspunkt, dem Sarkophag Campana,
zurück. Jetzt ist alles klar geworden: die Scene
links ist die Fahrt ins Jenseits; die auf dem Korb-
stuhl sitzende Mutter ist von der Badesceue herüber-
genommen, hier blickt sie dem scheidenden Sohne
nach; die Sonnenuhr stammt gleichfalls aus der
Badescene; die Anwesenheit der Musen bei der
Unterrichtsseene war die Veranlassung, die letztere
nach dem Vorbilde der Dichtersarkophage zu ge-
stalten; für die Prothesis endlich ist hier das wirk-
liche Todtenmahl gesetzt").
Berlin. Konrad Wernicke.
-'') Vielleicht sind es niissverständlich gezeichnete I'arzen.
■-') Vgl. Welcker A. D. II S. 232 f.
-^) Vgl. Garrucci. Museo Laleranense Taf. 30, 1 und 2.
Benndorf-Schöne, No. 481. Matz-Duhn 11, 3144. Ciacconius de
triclinio (Amstelod. 1G64) im Appendix von Fulvius Ursinus.
Gnlleria Giustiniani II. 91. Montfaucon III 1, 57. Conze, Ver-
zcichniss der antiken .Scnlpturcn des Kgl Museums zu Berlin
No. 83S ; eine Zeichnung des letztgenannten Reliefs befindet sich
im archüol. Apparat der kgl. Museen.
-'^) Die Schmalseiten des Sarkophags zeigen die eine Eroten
beim Vogelfang, die andere tanzende Eroten; über den Vogel-
fang mit der Leimrnthe (itrumlo) verweise ich auf die inter-
essante Zusammenstellung von Zacher im Hermes XIX S. 432ft".
15*
223
224
PROMETHEUS.
Das hier stark vergrössert nach einem Abdrucke
wiedergeg'ebene Bild befindet sieb als Iniaglio auf
einem Carneol-Scarabaeus im Privatbesitze vai Odessa
und wurde im Pariser Kuusthandel erworben. Bei
näherer Betrachtung kann man über die Darstellung
nicht im Zweifel sein; auf den ersten Blick zwar
glaubte ich Philoktet mit verbundenem Schenkel und
Odysseus zu erkennen; doch die Kette, die nach
oben geht, machte es bald klar, dass niemand
anders als Prometheus geraeint sei, der als dsaftwztjg
in Fesseln geschmiedet ist.
Um den linken Oberschenkel des Titanen, der
mit mächtigen Körperfoimen gebildet ist, liegt eine
breite Fessel, und von dieser aus geht eine Kette
nach oben, wo sie an einer runden convexen Scheibe
befestigt ist, die auf der als Hintergrund zu denken-
den festen Wand sitzt. Die Aime sind noch frei
von Banden; die Rechte stützt er auf ein Scepter,
doch an den linken Arm fasst ihm ein Mann von
rechts'), zwar ruhig und milde, doch offenbar in
der Absicht ihn auch hier zu fesseln. Prometheus
macht zwar eine abwehrende Bewegung mit der
noch freien linken Hand, aber Widerstand leistet
er nicht. Jeuer Mann ist bärtig, trägt einen Pilos
und bat den Mantel so umgeworfen, dass seine
linke Brust frei bleibt; der Zipfel des Mantels fnllt
zwischen ihm und Prometheus herab. Er ist etwas
kleiner und scliwächer gebildet als der Titane neben
ihm. Ohne Zweifel ist es Hepiiästos, der Pro-
metheus fesseln soll, es aber nur widerwillig thut
und von Mitleid ergriffen ist.
Die Situation entspricht demnach vollständig
der Darstellung des Acschylos im TJQnimjd^evg öta-
fi(ÖTi]g, nur dass die beiden Gesellen, die llepbästos
') Seine rechte Hand erscheint unter ricjpielheus' ülieriinii;
mit der linken, die ohne etwas zu halten unter Prometheus'
Unterarm zu sehen ist, scheint er Prometheus' linke Hand
fassen zu wollen, der sie ihm aber entzieht.
dort beigegeben sind, Kratos und Bia, hier fehlen.
Hephästos sagt bei Aeschylos (V. 18 ff.)
T(ye oQdoßovlnv Qi/iitdog alTiv/.irJTa nai,
axnvTci a axiuv dvalvioig %aXx£vj.iaai,
nQoariaacalsvaiiJ tmö anav&Qiüno) xnnii).
Aufrecht stehend soll Prometheus angeschmiedet
werden (^ngi^naräöip V. 3"2); an dem Felsen selbst
werden seine Fesseln befestigt, zuerst die der Arme,
dann wird ihm ein Keil durch die Brust getrieben,
dann um die Hüften /.taaxaliatrJQsg gelegt und
endlich die Beine mit Ringen umgeben {axslrj de
xiQxcoaov ßia V. 74). Nur die letztere Fesselung,
welche die freie Haltung der Gestalt am wenigsten
behinderte und doch deutlich genug sprach, ist auf
unserem Scarabäus dargestellt, und zwar als bereits
geschehen.
Dass Prometheus ein Scepter trägt, entspricht
zwar nicht der Scene der Fesselung bei Aeschylos,
wohl aber der ganzen Auffassung des Titanen bei
diesem Dichter und der Geltung desselben im atti-
schen Cultus. Als mächtiger Gott, der dem Zeus
zum Siege verhalf, als Sohn der Themis, als
Beratiier und Propliet der Götter, konnte er ange-
messener Weise mit Scepter gedacht werden. Auch
der versöhnte Prometheus, der im Olymp vor
Hera steht, trägt auf einer attischen Vase (iWon. d. I.
V. 35) das Scepter.
Nicht nur durch die mächtigen Körperformen,
auch durch die Bildung des Kopfes-) hat der Stein-
schneider eine Ciiarakterisiiung des Titanen ver-
sucht. Die Haare sind wie in die Höhe ge-
sträubt, die Stirn ungewöiiulich breit und in der
Mitte eingesenkt, der Mund etwas geöffnet, der
l'>art kräftig, der ganze Kopf mehr breit als oval.
In der Wiodcrgal)e der Muskulatur des Körpers hat
sich der Küustler viel Mühe gegeben, doch ist ihm
■-') Der Abbildung ist die Wiedergabe desselben nicht ganz
gelungen.
225
A. Fiirtwängler, Prometheus.
226
der Ucbergang vom Oberkörper zu den Beinen und
die Stellung der letzteren niclit gut gelungen.
Man wird den Scarahäus etwa um das Ende
des fünften Jahrhunderts datiren müssen.
Wir f(igen an die Beschreibung dieses inter-
essanten Denkmales einige Bemerkungen über das
Verhältniss desselben zu den bisher bekannten
Darstellungen des gefesselten Prometheus. Diese
scheiden sich in zwei grosse Gruppen, von denen
die eine, die ältere, der uns bei Hesiod erhaltenen
Sage von der ?>sselung folgt, während die andere
sich an die Umarbeitung hält, die Aeschylos mit
jener Ueberlieferung vorgenommen hatte.
Die wichtigsten unter den Denkmälern der
ersten, älteren Beihe zeigen den Prometheus in ganz
unzweideutiger Weise gepfählt^); ein aufrechtstehen-
der Pfahl ist ihm der Länge nach durch den Rumpf
getrieben; die Arme sind beweglich, jedoch meist
durch Handschellen verbunden; die Stellung ist in
der Regel die hockende, indem die Kniee herauf-
gezogen sind. Nur eine altattische Vase wählt statt
dessen das bekannte arcliaische Lanfschema und
lässt deslialb auch die Arme ohne Fesseln^)
Nicht deutlich ist der Pfahl auf der Darstellung
einer Gemme ^), was aber bei der Uebereinstimmung
des übrigen Tj'pus nur als UnvoUständigkeit und
Nachlässigkeit gefasst werden kann. Der genannte
Stein ist seinem Stile nach schwerlich älter als
das sechste Jahrhundert; seiner Form nach gehört
er freilich zu den sog. Inselsteinen , deren grosse
Menge in eine bedeutend ältere Zeit zu setzeu ist;
doch giebt es eine kleinere Gruppe unter denselben
— und zu ihr gehört jener Stein — die bereits
einen ausgebildeten hellenisch archaischen Stil zeigt
und dem 7. und 6. Jahrb. angehört ; derartig sind
') So das sehr alteithümliche Vasen fragnient vom Phaleron
bei Benndorf, giiecli. u. sie. Vasenb. Tal". 54, 2; S. 105 f. Ferner
die Vase in Berlin, Furtw. Xo. 1722 (Benndorf ebenda S. 106),
die entschieden chalkidischer Fabrik ist (s. meinen Vasenkatalog
S. 1054); endlich die altattische Amphora Arch. Ztg. 1858,
S. 165 Taf. 1 14, 2 (O. Jahn)
*) Ks ist die Arch. Ztg. 1S58 Taf. 114, 2 abgebildete Am-
phora der von Gerhard sog. tyrrbenisclien Gattung. Es sind
hier mehrere Götter anwesend. Uie von Jahn für Zeus ge-
haltene Figur ist aber vielmehr Poseidon mit dem Fünfzack (wie
auf korinthischen Pinakes in Berlin, Furtw. No. 379. 385. 464).
Der Hermes im langen Chiton und der ebenfalls langgewandcte
Apoll, der umbliikt, ents]irechen ganz den Figuren der Berliner
Amphora gleicher Gattung mit der Athenageburt (Furtw. Xo. 1704;
Mon. d. Inst. IX 55).
^) Milchhiifer, Anfänge d. gr. Kunst S. S9, No. 58. Wiener
Vorlegebl. D, 0, 5.
z. B. die Arch. Ztg. 1883, Taf. IG, 5. G und na-
mentlicli Ifi abgebildeten Steine'').
Ein anderer ,, Inselstein" aber und zwar einer
der älteren Art, ist fälschlicli auf Prometheus be-
zogen worden; er stellt das in der alten orienta-
lischen Kunst beliebte 'riienia des von den Vögeln
zerfleischten Gefallenen dar'); wie geläufig diese
Vorstellitng dem homerischen Epos ist, braucht kaum
erinnert zu werden "). Auszuscheiden ist aus den
Prometheusdenkniälern auch ein Vasenbild von der
Gattung der Arkesilasschale'), das wohl den thro-
nenden Zeus mit seinem Adler ''), sicher nicht Pro-
metheus darstellt. — Ungewisser Deutung ist das
Fragment eines olympischen Bronzereliefs").
Wir müssen also nach den Denkmälern anneh-
men, dass die alte Sage von einer Pfählung des
Prometheus berichtete. Diese ist, wie Welcker
(Alte üenkm. 3, S. 19.3, 2) gesehen hat, auch bei
Hesiod Theogouie 521 angedeutet:
(J^ffe (Zeus) d'dkvxToued>]ai nQn^trji^ia noixi-
Xößnvknv
dsainnlc: ägyakeniai /.teaov dia xlnv ikäaaag,
aber der Dichter hat das grausame Motiv möglichst
in den Hintergrund gedrängt; er macht die Fesse-
lung zur Hauptsache und deutet die Pfählung nur
an, und zwar so, dass sogar eine Zweideutigkeit
entsteht und man ohne Kenntniss der Sage von der
Pfälilung die Worte natürlicher nur auf die Fesse-
lung bezieht und zu iläaaag aus dem Vorigen
akvxTOTiiöag ergänzt, also die Fesseln durch die
Mitte einer Säule geschlagen werden lässt. So er-
klärten nicht nur Neuere; auch im Alterthum i.st
^) Bei Untersuchung des Originales glaubte ich deutlich zu
erkennen, dass das Bild der a. a. O. No. IC abgebildete Seite
des Steins erst später eingearbeitet ist, nachdem die andere
Seite mit den Fischen No. 15 längst ihr Bild hatte.
') Ein Goldring aus dem Grabe der äthiopischen Königin
von Meroe in Berlin (Inv. 1720) zeigt einen von einem Geier
zerfleischten Gefallenen. Da jenes Grab indess später nach-
chrisllicher Zeit angehört, so verzichtet man besser auf diese
Analogie; in eigentlich ägyptischer Kunst scheint das Thema
nicht vorzukommen.
*) Da>s die Figur stehe, wie Milchhiifer a. a. O. behauptet,
finde ich durch nichts ausgedrückt; dagegen kann man wohl aus
der Stellung des Vogels, dessen natürliche Haltung die horizon-
tale ist, auch auf das Liegen des Mannes schliessen.
') Arch. Ztg. 1881 Taf. 12, 3. Wiener Vorlegebl. D, 9, 2.
'") Dieser Ansicht scheint auch Bonndorf zu sein, indem er
in den Vorlegebl. D, 9, 3 eine arkadi>che Münze neben jene
Vase stellt.
") Ausgrab. v. Olympia IV S. IS. Curtius, d. arch. Bron-
zerel., Abh. d. Akad. 1879, S. 14. Milchhöfer, Anfange S. 185.
Wiener Vorlegebl. D, '.), 4.
227
A. Fiirtwäiitiler, Prüinctheus.
228
diese Auffassung- naclizuweisen. Das I5ilcl einer
Sehale von der Gattung- der Arkesilasvasen entspricht
derselben genau, indem hier Prometheus nur ge-
fesselt ist und die Fesseln um die Mitte einer Säule
befestigt sind. Während die oben angeführten Denk-
mäler mit dem gepfählten Titanen wahrsclieinlicli
aus der Sage selbst scliopften, die für die Theo-
gonie Quelle war, iiat sich der Künstler der
letztgenannten Scliale offenbar nur an jene Hesiod-
stelle angeschlossen. Es passt hierzu, dass diese
Schale den Prometheus dem Atlas gegenüberstellt,
der bei Hesiod als Bruder des Prometheus un-
mittelbar neben und mit demselben behandelt wird
(Thcog. 509 ff.).
Der Fall ist überaus lehrreich und zeigt uns
mit seltener Deutlichkeit, wie die arcliaische Kunst
liieils aus der Sage selbst schöpft, theils aus der
dichterischen Verarbeitung. Ueberdies lernen wir,
<lass im 6. Jahrhundert an dem Fabrikationsorte der
.\rkesilasschalen jene Stelle der Theogonie in der-
selben Geslalt bekannt war, wie wir sie lesen.
Die zweite und spätere Gruppe von Denkmälern,
die uns den Prometheus öeopuJTrjg vorführen, unter-
scheidet sich vor allem dadurch, dass er mit den
Armen oder Beinen an einen Hintergrund gefesselt
ist, der, wo er überhaupt charakterisirt ist, als
Fels erscheint. Diese Darstellungen sind somit von
der Gestaltung beeiuflusst, die Aeschylos der Sage
gegeben hatte.
Jlau kann zwei Abtheilungen in dieser Gruppe
unterscheiden. Die eine, ohne Zweifel die ältere,
zeigt den Helden in einer gewissen Ruhe und
Würde. An die Spitze dieser Keihe tritt der hier
veröffentlichte Scarabäus, der die von Aeschylos
geschaffene Gestalt unter den bisher bekannten Mo-
numenten wohl am besten ausdrückt, indem liiei-
edler Stolz, und hohes göttliclies Wesen mit Trotz
und titanisclier Kraft vereint angedeutet sind. Es
gehören dann ferner hierher zwei etruskisehe Spie-
gel, die Prometlieus sogar ein Gewand geben.
Auf dem einen'") steht er nur mit Handschellen
gefesselt ruhig da und Herakles blickt zu ihm aui'.
'■) Gfvliard, etr. Siiiug. 13!l. Wiener Vorlejjeljl. I), '.), 4.
\'gl. Jahn, uicli. licitr. S •.'i)'.'.
Verwandt muss der Besclireibung nach das Ge-
mälde des Panainos im olympischen Zeustempel
(Paus. 5, 1 1, 6) gewesen sein. Der andere Spie-
gel'^) zeigt den sitzenden Helden, dem eben die
Handfesseln abgenommen worden sind.
Die zweite Reihe stellt Prometheus nur als den
Gequälten dar in ganz pathetischer Fassung; die
betreffenden Bildwerke gehen alle auf ein Original
zurück, das Milchhöfer ") niclit ohne Wahrschein-
lichkeit in einem Gemälde des Parrhasios vermuthet.
Zu den von Milchhöfer a. a. 0. besproclienen Bild-
werken kommen noch zwei rothe Terracottareliefs
von Gefässen gallischer Fabriken; die für die grosse
Verbreitung der Composition 7AUgcn. Das eine
derselben, aus Orange stammend, ist bei Froeliner,
miis. de France pl. 15, 1 abgebildet; das andere
befindet sich im Besitze des lleirn Jul. Greau in
I^aris, in dessen grossartiger Sammlung gallischer
Thonvvaaren, die er mir mit grösster Zuvorkommen-
heit zeigte, ich das Stück 1883 notierte. Es stammt
aus der „vallee du lihöne^' und ist ein locales Pro-
duct in Nachahmung aretinischer Fabrik. Der Pro-
metheus ist nach rechts gewandt; das linke Bein
ist heraufgezogen wie auf dem Esquilinischen
Wandgemälde (Milchhöfer a. a. 0. S. 14); der Adler
hackt von rechts ein. Rechts, unterhalb, und zwar
in der Höhe des heraufgezogenen linken Fusses
ist der linke vom Löwenfell behangene Unterarm
des Herakles mit dem Bogen erhalten; daneben
die Inschrift HERCVLES. Interessant ist an dieser
Replik namentlich die tiefe Stellung des Herakles.
Sie passt zu der von mir frUlier geäusserten Ver-
muthung'^), dass die jetzt zu der pergameuischen
Gruppe gerechnete liegende Gestalt ein Flussgott
sei und nicht zu ihr gehöre, dass vielmehr rechts
oben ein Berggott zu ergänzen, folglich Herakles
weiter herabzurücken sei.
A. Fliktwanolek.
") Gtrhard 138; Voi-legebl. D, 0, 5; pliotoyraijhiscli alig.
in dem Auctionscatalog der coli. Jul. Griau (1885) pl. 11, No.
580 (Fröliner).
") Befreiung des l'rometlieus, Berl. Wiiickclmannsprogr.
1882. S 20 ft'.
'■') Deiitselie Literatur/.eitung ISSÖ tS. 781.
229
230
M I S C E L L E N.
DIE KINDHEIT DES ZEUS.
H. V. Kohden liat in deu Ainiali cleä' Ist. 1884
p. 30 ff. eine Keihe von Relief'daistellungen (ausser
mehreren etrnski.sclien Spieg-cldcckehi auch eine
Thonschaehtel aus Canosa im Berliner Museum)
besprochen, die er für die Pflege des Diouysos-
kindes durch die Nymphe Nysa erklärt. Zu die-
ser Gruppe von Monumenten treten die oben ab-
gebildeten Sciiuialseiten eines Sarkojjhages der
Uftizien (DUtsciike III, 377) hinzu, welche die Scene
in einem wesentlich andereu Liclite ersclieinen
lassen:
A. Auf einem Leimstuhl sitzt nach links eine
Frau mit einem Kinde auf dem Schooss. Vor ihr
steht ein Jüngling und streckt beide Arme aus, wie
um das Kind in Empfang zu nehmen.
B. Eine Frau mit nacktem Oberkörper sitzt
nacii links vor einem Baum und stützt sich mit der
Linken auf ihren Sitz; auf ihrem Schoosse iiat sie
ein riesiges Füllhorn, das sie vcrmuthlich mit der
abgebrochenen IJechten hielt.
Eine im Freien unter Bäumen sitzende weibliche
Figur mit einem Füllhorn im Schooss kann nur
eine Nymphe sein. Setzen wir sie in Verbindung
mit der anderen Schmalseite, so wird klar, dass
der Jüngling auf A das Kind von seiner Mutter
fort und zu der Nyui])he tragen soll. Nehmen wir
diesen Zusammenhang, durch den allein die beiden
Seenen verständlich werden, an, so haben wir unter
deu verschiedenen Mythen von der Erziehung eines
Kindes durch die Nymphen nach einer zu suchen,
in welcher das Füllhorn eine liolle spielt; das kann
nur die Erziehung des Zeus sein, wobei es gleich-
giltig ist, ob wir die Nymphe Adrastea oder Anial-
thea nennen.
Aber auch für die anderen Darstellungen halte
ich mit Heydemann (Mitth. aus Antiken-*. S. 98 f.)
die Deutung auf Zeus fest. Denn erstens bildet
das Füllhorn in allen so augenfällig den Mittel-
punkt, dass die Deutung uuab weislich davon aus-
gehen nuiss. Dass es aber der Nymphe gehört
und nicht dem Kinde, zeigt unser Sarkophag-
relief; aber auch ohne dieses würde man nicht
anders urtheilen dürfen, da das Füllhorn durch-
aus kein stehendes Attribut des Dionj'sos ist,
vielmehr nur äusserst selten sich bei ihm findet
(vgl. Stephani, Coinple Reiidti 1867 p. 181), dagegen
in der Zensfabel bedeutsam genug hervortritt. Fer-
ner, ist niclit die Auffassung die natürlichste, welche
den auf den Spiegeln erscheinenden Adler, den
mit Zeus zugleich geborenen Vogel, der das Götter-
kind nach anderer ^'crsion nn't Hiuimclsspeise nährte,
lieber als eine llindeutung auf Zeus seihst ansieht,
als auf einen seiner Söhne, mit dem das .Attribut
gar nichts zu thun hat? Und wenn man an dem
angeblichen Anachronismus Anstoss nimmt, dass
Mercur, der Sohn des Zeus, hier als Ueberbringer
des Zeuskindes erscheint, so lässt sich darauf ent-
gegnen, dass die Figur, welche das Kind überbringt,
in einigen Fällen, so auf der Annali 1884 tar. E
(übrigens sehr ungenau) ))ublicirten Schachtel aus
Canosa und unserem Relief, durch nichts als Mercur
charakterisirt erscheint, und man daher zuversicht-
lich mit Ileydemann annehmen kann, dass Mercur
nicht ursprünglich der Ueberbringer war, sondern
231
A. Michaelis, Theseus oder lason.
232
erst daich eine künstleriscbe Fictiou, die der Reclit-
fertigung' nicht bedarf, aus seiner bekannten Eigen-
schaft als göttlicher Kinderwärter heraus auch in
diese Scene eingeführt wurde. Weshalb übrigens
Priap, der Dämon des überquellenden Katursegens
und Katurlebens, nicht passen sollte zu Amalthea,
die doch schliesslich wie die Magna Mater, wie
Tellus mit dem Füllhorn (deren von 0. Benndorf,
Griech. und sicil Vasenb. 8. 113f. besprochenen
Typus Kohden mit Unrecht iieranziebt) auch nur
eine Rejiräsentation der allnährcnden, segenspen-
denden Mutter Erde ist, vermag ich nicht einzu-
sehen.
Berlin. Konrad Wernicke.
THESEUS ODER lASON?
In dem Jahrgang 1877 S. 75ff. habe ich Stephanis
Erklärung einer Kertscher Vase in St. Petersburg
(No. 2012. Atüiq. du Bosph. Cimm. Taf. 63a, 2) auf
Theseus' Bezwingung des niarathonischen Stiers
durch die Deutung- einer orientalisch bekleideten
Frauengestalt auf Medeia zu ergänzen gesucht; der
erste Mythogra])hus Vaticanus 48 gab die entspre-
chende Tradition. Piirgold hat im Bullcttino 1879
p. 76 und ausführlicher neuerdings in dieser Zei-
tung (1883 S. 163ff.) dieser Deutung widersprochen.
Medeia eile nicht fort, sondern sitze oder lehne
sich an; die Haltung des Zauberkastens wider-
spreche der Annahme dass der Zauber unwirksam
sei; die „entlegene und vereinzelte Erzählung eines
späten Slythographen" könne für die attische Vase
nichts beweisen. Gestützt auf die ähnliche Dar-
stellung einer späten, manierierten Vase aus Ruvo
(Neapel 3-i52. Arch. Zeitg. 1883 Taf. 11) stellt er
die Deutung- auf Jasons Stierkampf auf, obschon
er die ihr entgegenstehenden Schwierigkeiten nicht
verkennt. Das Abenteuer lasons weiss ebenso in
der litterarischen wie in der bildlichen Tradition nur
von zwei Stieren, nicht einem einzelnen Stier, ganz
latürlich, da es sich um das Gespann für einen
Pflug handelt; ein einzelner Stier würde geradezu
dem angenommenen Vorgange widersprechen. Fer-
ner muss Purgold selbst anerkennen, dass die Dar-
stelluogsart von den Abenteuern des Theseus und
Herakles entlehnt ist. in der That ist nicht die
Beugung des Stieres unter das Joch dargestellt,
>ondern der Held umklammert ihn, eine Bewegung
die vollständig zu der überlieferten Fesselung des
Thieres passt. Die sicheren erhaltenen Darstellun-
gen von lasons Stierkampf, die Sarkojihagrelicfs,
sind in beiden Beziehungen correkt und deutlich;
die genannten Abweichungen des Vasenbildes, da-
zu die für lasen ebenso ungebräuchliche wie für
Theseus übliche Keule, scheinen mir Purgolds Deu-
tung völlig unannehmbar zu machen. Als Stütze
dient ihr denn auch lediglich das Ruveser Vasen-
bild. Da ist es eigenthümlich, dass Robert (Arch.
Zeitg. 1883 S. 261) eben dies letztere auf Herakles
und Acheloos bezieht und dennoch Purgolds Deu-
tung des Kertscher Vasenbildes für „unbedingt
richtig" erklärt, obschon ihm die von Purgöld selbst
hervorgehobenen Seltsamkeiten der Darstellung doch
nicht entgehen konnten. Letztere hat auch Leh-
nerdt nicht gewürdigt, wenn er (oben S. 117) Pur-
golds Erklärung für „gewiss richtig" erklärt, darin
consequenter als Robert, dass er auch für das Ru-
veser Vasenbild die gleiche Deutung bestehen lässt.
Nun hat Lehnerdt ebenda S. llöft'. eine attische
Vase des Museums in Verona (Taf. 7, 1 ) besprochen,
die mit dem Kei-tscher Bilde nahe verwandt ist
und die er um des Gegenbildes der krommyonischen
Sau willeu bkiov aixovil ys i^vfic^ für Theseus' Stier-
kampf gelten lassen muss, wofür sie allerdings
jeder Unbefangene wohl auch ohne jenes Gegeu-
bild gehalten haben würde. Das Bild bietet die
bei diesem Theseusabenteuer sonst nicht gewöhn-
liehe Ergänzung der Hauptscene durch eine Frau,
die zurückblickend mit ausgeljreiteten Armen davon
eilt, in der Rechten eine Schale gegen den Stier
hin iKiltciid. Die Analogie dieser Figur mit der-
jenigen auf der Kertscher Vase hat Lehnerdt nicht
entgehen können. Dennoch zieht er es vor „die
Anwesenheit dieser weibliehen Figur aus rein künst-
lerischen Grüudcu der Composition zu erklären",
233
A. Michaelis, Thcscus oder lason.
234
d. h. sie zu einer uiclitssageuden Figur /u stcnipelu,
als dass er Äledeia in iiir anerkennte, da für diese
die Stelle des vaticanischen Mytiiograplien doch
einen zu geringen Anhalt biete. Auch hierin stimmt
er also mit Purgold überein. Als ob alles in jener
Sammlung Ueberliet'ertc von dem Verfasser erfun-
den wäre oder erst in seine Zeit gehörte! Neben
vielem späten Gerede ist bei dem Mythographus I
doch auch eine ganze Reilie von Abschnitten vor-
handen, die gerade so viel Auctorität beanspruchen
können wie Hygins Fabeln. So sclieint mir denn
aucii die erste Hälfte jenes Abschnittes 48 ganz
unverkennbar auf alter guter Grundlage zu be-
ruhen. So etwas erfindet kein später Mytliograph ;
man glaubt ja noch, ganz wie so oft bei Hygin,
die einzelnen capitiila einer tragischen Hypothesis
deutlich zu erkennen. Was hat denn auch das von
dem Mythographen bezeugte Yerhäitniss Medeias
zu Tiiescus Auftälliges oder für die alte Zeit Un-
annehmbares, wenn man sich (worauf ich schon
früher hinwies) ihrer ganz entsprechenden Eolle in
dem euripideischen Aegeus oder der Stelle er-
innert, die ihr auf der Kodrosschale zugewiesen
wird?
Mir scheint es unzweifelhaft, dass die Kertscher
Vase und die in Verona denselben Vorgang dar-
stellen, und dass die Frauen in beiden Vasen die
gleiche Bedeutung haben. Beide entweichen rasch;
denn wenn Purgold dies für das Kertscher Bild
für nicht sicher, sondern auch ein Sitzen oder An-
lehnen der Figur für möglich hält, so widerspricht
dem der klare Augenschein: die Stellung der Füsse,
der Zug der Falten des Gewandes, die Haltung
des Mittelkörpers verglichen mit derjenigen der
sitzenden Athena, die Bewegung des linken Arms,
welcher sich sicher nicht au den Baum lehnt, alles
das zeugt wider Purgolds und für meine Auffassung
des Motivs. Beide Frauen blicken sich nach dem
Ort der Handlung um; beide halten auf der Hand,
und zwar beide auf der dem Kampf zunächst be-
findlichen Hand, ein Geräth, die eine den (pwQia^iög,
die andere eine Schale, welch letztere ja in glei-
cher Bedeutung auch sonst bei Medeia nicht selten
vorkommt (z. B. beim Drachenkampf auf der Paesta-
ner Vase Neapel 3248, der Vase bei Millingen
peint. de din. coli. Taf. G, dem Tiionrelief Campana
'l'af. 03. Bril. Mus. Taf. 28, 52). Das ist doch sicher
die gleiche Fi-au — dann aber kann es nur Medeia
sein wegen der ausländischen Tracht auf der
Kertscher Vase, wogegen die griechische Tracht
auf der Veroneser Schale der Weise der älteren
attisclien Vasenmalerei entspricht.
Uebrig bleibt die Vase von Ruvo. Roberts Deu-
tung auf Acheloos und Herakles wird von Leiinerdt
(S. 112ft'.) mit guten Gründen bekämpft. Aber auch
Purgolds Deutung ist keineswegs ohne Schwierig-
keit: der einzelne Stier, die Keule als Waffe lasous,
die von Robert richtig hervorgehobene ängstliche
Spannung der zuschauenden Frau, die Heydemann
für Medeia, Purgold für Aphrodite erklärt, dies
alles ist mit der Erklärung auf lason schwer ver-
einbar. Eine bessere Deutung weiss ich freilich
nicht zu geben; sollte aber wirklich Jasons Stier-
kampf gemeint sein, so kann doch aus der unver-
ständigen, allem Herkommen und aller Ueberliefe-
rung widersprechenden Darstellung eines in dem
überladenen Beiwerk stark zum Seltsamen neigen-
den apulischen Vasenmalers kein RUckschluss auf
ein an sich völlig deutliches attisches Bild gemacht
werden, dessen Bedeutung durch die unzweifelhafte
Darstellung einer zweiten attischen Vase vollends
sichergestellt wird.
Strassburg.
Ad. Michaelis.
Archiiolog. Zt;. .Talusfing XLHI.
235
236
ZU DER CICERO BÜSTE IN MADRID.
Das Porträt Ciceros im Museum des Prado hat
in der letzten Zeit grosses Ausehen erlangt, theils
wegen der sicheren Inschrift an der Büste, theils
wegen der lebendigen Charakteristik des Kopfes.
Was letzteren betrift't, so ist der Ausdruck aller-
dings ganz eigenthiimlich: der obere Theil des Ge-
sichtes mit seiner durchfurchten, hohen, doch nach
vorn zugesj)itzten Stirn und den kleinen uuruliigen
Augen gehört einem von Geschäftssorgen bedrück-
ten Staatsbeamten, die untere Hälfte, deren beide
Seiten merkwürdig ungleich sind, wird zwar durch
das starke Kinn etwas gehoben, ist aber sehr weich,
und der von tiefen Falten umgebene, halbgeöffnete
Mund scheint durch die geistreiche aber rabulistische
Beredsamkeit eines gescliiekten Reclitsanwalts ge-
formt zu sein.
Ob eine solche Erscheinung dem Bilde entspricht,
welches wir uns von dem grössten römischen Red-
ner nach seinen Werken und Thateu maclien l<öii-
nen, ist eine liberflüssige Frage, sobald durch eine
„wahrsciieinlich gleichzeitige" Inschrift die Wahr-
heit des Porträts beglaubigt ist Allein hier möchte
ich mir erlauben einen Zweifel zu äussern. Herr
Professor Httbner, welclier das grosse Verdienst
hat die antiken Kunstwerke der Madrider Samm-
lung zuerst bekannt gemacht zu haben, sagt: „Der
Kopf war vom Bruststücke getrennt, gehört aber
unzweifelhaft dazu, wie die Gleichheit des Marmors
und der Behandlung beweist" (s. E. Hübner: Die
antiken Bildwerke in Madrid Nr. 191 S. 115). Dies
scheint mir niciit richtig zu sein. Die Büste besteht
aus gelbem, wahrselieinlich griechischem Marmor
mit kleinen leuchtenden Krystallen, und die Behand-
lung ist in Folge des feinen Materials seiir zart
durchgeführt; der Kopf dagegen ist aus grauem
glanzlosem italienischem Marmor gearbeitet, die
Flächen und Vertiefungen setzen hart ab, auch be-
merkt man überall die Spuren der Raspel. (Die
Lücken an Brust und Schulter sind mit einer dritten
Steinart ausgefüllt). Es scheint freilich so, als ob
auch an dem oberen Theil der Büste die Muskeln
von derselben Hand ein wenig übergangen sind,
um die beiden Theile des Halses vollkommen aus-
zugleichen.
Der Wertli des Kopfes lässt sich also nur be-
haupten, wenn mau annimmt, dass die Büste be-
reits zur Römerzeit dazu gearbeitet sei, was bei
dem Alter der Inschrift doch nicht gerade wahr-
scheinlich ist. Ein zufälliges Zusammenpassen
zweier antiker Fragmente möchte ich bei der eigen-
thümlichen Faltenbilduug am Halse für unmöglich
halten. Wonach komme ich zu der Ansicht, dass
der Kopf modern ist.
Ich will gerne einräumen, dass ich ohne äussere
Verdachtsgründe nicht an seiner Echtheit gezweifelt
hätte, denn er trägt im Allgemeinen das Gepräge
einer römischen Arbeit, wenn auch nicht gerade
aus der besten Zeit. Spuren hohen Alterthums
kann mau in der schmutzig braunen Farbe des
Gesichtes und den Verletzungen an Lippen, Nase,
Ohren und Augen sehen; alle diese Beschädigungen
haben aber keinen Schaden getlian, und nur ganz
hinten, wo es nicht auffällt, scheint der Stein ge-
waltsam aufgeschlagen zu sein. Als Vorbild würde
die Maltei'sche Büste in Apsley House gedient haben.
Sie hat einen vornehmen Zug, der hier gänzlich
fehlt, und stimmt nach der Abbildung bei Visconti
(Iconographie romaine pl. 12 Nr. 3) auch in Nase,
Mund und Kinn mit der Madrider überein, was um
so merkwürdiger ist, als gerade diese Theile in
London ergänzt sind (s. A. Michaelis: A7icient
marbles in Great Britaiu p. 429).
Bei dieser Gelegeniieit sei mir noch eine Be-
merkung gestattet. Dass der behelmte Jünglings-
kopf in Madrid, den Stark für „Aies Sotcr" erklärt
(bei Hübner Nr. 123 S. 90), nicht zu der Büste mit
der Aegis gehört, hat Michaelis iu der Archäologi-
schen Zeitung (187G S. 154) nachgewiesen: auch
hier sind die beiden Stücke von verschiedenem
Marmor.
Gotha.
C. Aldenhoven.
237
23K
BERICHTE.
ERWERBUNGEN DES BRITISCHEN MUSEUMS IM JAHRE 1884.
Auszug aus C. T. Newton's Bericht an das Parlament.
Masken lialten, aus Athen. Alle drei von bester Er-
haltung und grosser Scliönlieit. — Eine Anzahl ar-
chaischer Fragmente eines etruskisclien Frieses. Aus
Marmor. Zurücklehnende weibl. Figur, durch
das Attribut eines Kauiuehens als Personification
von Spanien bezeichnet. — Sonnenuhr aus Smyrna
— Weibl. Kopf, mit vielfachen Farbenspuren. —
Aus den Ausgrabungen des Herrn J. T. Wood in
Ephesos: verschiedene Architekturfragmente vom
Artemision; zwei Beinfragmente einer etwa lebens-
grossen Figur, welche an einen Hintergrund be-
festigt waren; Fragment eines Decretes, welches
verbietet Jemanden (waiirscheinl. innerhalb des Tem-
pelbezirks) zu schlagen; Weihung von Moscheine
an ihren Gemahl M. Cocccius Alexander; Grab-
stele: ein sitzender Mann, syrinxspielend, mit der
W^eiiiung eines gewissen „Protaules" Ebenos an
seinen Sohn, den j-Syristen" (Syrinxspieler) Hie-
rokles; Jlarmorhuf eines Pferdes, aus dem Tempel-
bezirk.
Kalkstein. Sitzende männl. P^igur von sehr
altem etruskischen Stil, aus Cliianciano bei Chiusi.
Erworben auf der Castellani-Auction, Paris.
Bronee. Schale, um den Bauch einen Epheu-
kranz, reich mit Silber eingelegt; zwei Flöten mit
Maenadenköpfen iu Relief. Aus der Sammlung
Castellani, Rom. — Beilschneide aus Calabrien mit
der Inschrift Röhl 543; 5 Cisten aus Palestrina: 1)
Aeneas abgeb. Mouumenti deW Inst. VIII tav. 7. 8. 2)
Bellerophon und Pegasos, 3) auf dem Deckel Nerei-
den auf Seeungeheuern reitend, 4) auf dem Deckel
Kampfscene, den Griff bilden die Figuren zweier
einen Todten tragender Krieger (in diesen Cisten
wurde eine Reihe htllzerner Kästchen gefunden, ent-
haltend Schminke, Kämme u. A.); Reliefspiegel
(Ganymed und der Adler) aus Palestrina, abgeb.
Mouumenli deW Inst. YlII tav. 47, 2; zwei Spiegel
mit gravirter Zeichnung; archaische Figur eines
Kriegers; Statuette der Athena und Kopf des Her-
mes. Alles dies erworben auf der Castellani-Auction,
Paris. — Androsphinx, aus Kleinasien. — 4 Vasen
aus Galaxidi bei Delphi. — Kleine archaische Apollo-
statuette.
Terracdtta. Weibliche Figur, an einen Fel-
sen leluKMul; zwei sitzende weibliche Figuren, die
der Sammlung Castellani, Rom. — Aus Tarent: Sta-
tuette, Spuren von Vergoldung im Haar, von Roth
und Blau in der schön comjionirten Gewandung; 10
Deckziegel, mit Masken iu Relief; 25 Gewichte mit
verschiedenen Abzeichen; Kopf eines Flussgottes
(Journal of heUcnic stKclies IV pl.32, 4); Meduseu-
kopf (ebenda 3); Panskopf (ebenda 1); bärtiger
Kopf, vermuthl. Dionysos (vgl. Gazelle archcol. VII
p. 159); Obertheil eines zuriicklehnendeu Dionysos
(vgl. ebenda p. 157).
Vasen. Oinochoe mit dem Relief eines ge-
flügelten Jünglings mit phrygischer Mütze, wahr-
scheinlich Ganymed, aus Korinth. — Vase, angeb-
lich aus Piiokaea, abgebildet Journal of hellcnic
studies II p. 305. — Vase von rothem Thon mit
dem Relief einer weiblichen Figur, von einem häufig
in Cypern begegnenden Typus, angeblich aus Pho-
kaea.
Keselförmige Vase mit Ausguss und zwei
Henkeln, von einem in Rhodus und andern Inseln
des Archipelagus, auch in Aegypten begegnenden
Typus. Aus Telmessos in Lykieu. — Eine Reihe
von archaischen Fragmenten, ähnlich denen von
Mykenae und lalysos, aus Myrina. — Attische
Lekytiios von besonderer Grösse mit weissem
Grunde: Hypnos und Thanatos legen die Leiche
des Sarpedon ins Grab. — Pyxis, um den Bauch
im Umriss auf weissem Grunde acht Frauen bei
der Toilette, aus Athen. — Archaische Oinoclioe
mit dem Kam})fe zweier Krieger, an jeder Seite
ein Jüngling zu Pferde, ein anderes Pferd führend.
Aus Korinth. — Archaische Oinochoe mit dem
Kampfe zweier Kriegerpaare, eines Bogenschützen
und einer sich duckenden Figur, bezeichnet XAPON-
Aus Korinth. — Erworben auf der Auction Castel-
lani in Rom: Schwarz bemaltes Trinkhorn, in Kopf
und Vordertheil eines Pferdes endend, aus Vulci.
Oinochoe, r. f., Caricatur des Palladionraubes (abge-
bildet Catalog Castellani Nr. 1 17). Gruppe von vier
auf einem säulenartigeu Fussc vereinigten Bechern,
239
Krwcrbiintren des Britischen Museums 1884.
240
jeder eiu Sehwanenei enthaltend (abgebildet ebeuda
pl. 4). Lekj'tlios mit Hochrelief, darstellend den
Kaub der ans Palladien geklammerten Kassandra.
Geschnittene yteiue. 3 archaische Gemmen
aus Comana, einer aus Kaisarich in Klein-Asien.
— 9 archaische vertieft geschnittene Steine aus
Kreta: 1) 3 Hirsche, 2) Blume, 3) Gorgoneion?,
4) Ziege, 5) Ziegen, G) Löwe, 7) Schiff, 8) Löwe
und Vogel, 9) Schiff.
Gold. Ornament in Blassgold, wahrscheinlich
der griechisch phönicischen Periode angehörend. —
Zwei goldene Fingerringe, in schönstem griechischen
Stil. Auf dem einen eingravirt ein weiblicher Kopf,
auf dem andern ein galoppireuder Reiter. Beide
aus der Auction Castellani, Rom (der zweite abge-
liildet Catalog p. 116). — • Eine Reihe von Schmuck-
gegenstäuden, darunter Skarabäus mit sitzender
weiblicher Figur, bezeichnet AIIPON, aus Tarent;
Ohrring mit Gehäuge in Form eines Kentauren von
weissem Email; ein Paar Ohrringe mit Gehängen
in Form von Hähnen von weissem Email (diese
Email- Ohrringe sind von grosser Seltenheit, sie
sind bei den Ausgrabungen des Fürsten Torlonia in
Vuici gefunden); Ohrring von ausserordentlicher
Grösse und Schönheit, als Gehänge ein weil)licher
Kopf in reichem Blumeuornament; Fibula mit der
Figur eines Löwen, aus Cervetri; Haarnadel, be-
krönt mit einer Apliroditenfigur; Halsband mit
einem Satj'rkopf als Gehänge; Alabastos mit gra-
nulirten Mustern, aus Palestrina. Alles dies er-
worben auf der Auction, Castellani in Paris.
Cyprische Alterthümer entdeckt von Obne-
falsch-Richter: Vasen mit eingeritzten oder gemalten
geometrischen Mustern; Thonwirteln mit eingeritzten
Mustern; Porzellankügelchen ; Marmorfragment einer
griechischen Inschrift; Steiufigur eines hockenden
Silens; Frau in Terracotta, einen Fäclier, eine an-
dere ein Kind auf dem Arm haltend u. A.
Verschiedenes. 11 Amulete von Elfenbein,
Stein und Porzellan, aus Rliodos. Grosser Bern-
steinring, ringsum mit eingeschnittenen Figuren in
hohem Relief, aus der Sammlung Castellani, Rom.
— Verschiedene Elfenbeingegenstände, darunter eine
dünne Kette mit eingegrabener Zeichnung einer
nackten weiblichen Figur, die vor einem Brunnen
kniet. Aus der Auction Castellani in Paris, ab-
geb. Catalog p. 29.
ALKMEONS
(Tafel 1
Gegenüber den zahllosen Vasenbildern mit be-
stimmter Action, sei sie kriegerischer oder erotischer,
scenischer oder palästrischer Art, werden Bilder
wie das der Berliner Ilydria No. 2395, welches auf
Tafel 15 in der natürlichen Grösse wiedergegeben ist,
immer eine winzige Minderheit bilden. Es war für
den Kleinkünstler, und nicht bloss für den griechi-
schen, ein langer und schwieriger Weg von historien-
haften Schildereien bis zur rein beschaulichen f]rfas-
sung alltäglicher Momente, und es bedurfte schon
einer gewissen Reflexion, um das Interesse an der
Handlung, welches in dem Genre des fünften Jahr-
hunderts noch überwiegt, zu Gunsten des blossen
Situationsbildes zurückzudrängen; die Beobachtung
von Situationen ist überdies schwieriger als die von
Begebenheiten. Andrerseits kommen die vielen
genrehaften Vasen des vierten Jahrhunderts über
die gemächliche, zum Theil recht weichliche Schil-
derung eines ziemlich inhaltlosen Verkehrs von
Mädchen und Frauen unter einander und mit dem
anderen Geschlecht meist nicht hinaus') und können,
auch wo nicht gerade Eros gegenwärtig [ist oder
sonst ein erotischer Beigeschmack anhaftet, mit dem
Inhalt und dem schönen Ernst der liier vorgeführten
Familienscene kaum verglichen werden. Dem ent-
spricht zum grossen Theil die Ausführung der
Zeichnung. Wenn es zuweilen befremden will, eine
bis ins Kleinste und Feinste eindringende Kunst-
analj'se auf Vaseneigeuthüiulichkeiteu angewandt
zu sehen, die sich bei methodischer Vergleichung
ähnlicher Typen oder nur stilverwandter Exemplare
als zufällige oder gemeinsame zu erkennen geben,
so gewähren Vasenzeichnungen wie die vorliegende,
') Die Grablekythen natürlich ausgenommen.
Archäolog. Ztg. Jahrgnn^' XLIIl.
JUGEND.
5)
ein doppeltes Recht, sich vor dem isolirten Bilde
dem ungelehrtesten Genüsse hinzugeben.
Auf einem jener eleganten Stühle mit geschweif-
ter Lehnen- und Fussform, wie sie seit dem vierten
■ Jahrhundert in Athen an Stelle der geradlinigen,
reich gedrechselten aufkommen, sitzt nach rechts
hin ein junges Weib, die Stirn mit einem schmalen
Kopftuch umwunden, angethan mit einem Chiton,
der die mit Spangen geschmückten Arme frei lässt,
während der schmale Peplos von den Schultern
herabgeglitten ist und nur den Sitz und die Kniee
einhüllt. Sie säugt einen auf ihrem Schoosse sitzen-
den Knaben^), der als AAKMEßN bezeichnet ist,
wie sie selbst durch den Inschriftiest (( VAH) sich
als Eriphyle zu erkennen giebt. Mit der Linken
stützt sie das Haupt des Kindes, das seinerseits
die Brust im Trinken erfasst; doch ist das Profil
dieses Kürpertheiles total verzeichnet und in seiner
Schmalheit fast unkenntlich geworden: eine Folge
der in der attischen, man kann eigentlich sagen in
der griechischen Kunst überhaupt von Anfang an
herrschenden Vorliebe, der weiblichen Brust, und
nicht bloss der jungfräulichen, eine eigenthümlich
spitzige Form zu geben. Die Verzeichnung ist in
unserm Fall um so störender, als der Maler damit
ein gut beobachtetes Motiv verbunden hat: die Frau
legt mit leisem Drucke, um das Saugen des Kindes
zu erleichtern, die ausgespreizte Rechte so an ihre
Brust als ob sie eine grosse Fläche umspannte.
Hinter dem Stuhl der Gattin, in einiger Entfer-
nung, lehnt Amphiaraos (AMtl)IAPA..), bis auf
die freigebliebene Brust in den Mantel gehüllt und
mit der linken Achsel in der bei attischen Männern
-') Er tragt um die Brust ein Band mit zwei Amuletten.
17
243
M. Mayer, Alkmcoiis .Ino-end.
244
üblichen Stellung auf den Stab gestützt, während vou die Stuhlleiste beabsichtigt gewesen zu sein scheint:
der andern Seite her sich sanft bewegend oder nur
den linken Fuss leise zurücksetzend eine Dienerin
sichtbar wird, welche in der jetzt zerstörten Rechten^)
eine in ihrem untern Tlieil noch sichtbare S])indel
hält und in der erhobenen Linken wie die Haltung
der Finger, besonders des Daumens verräth, den
einst mit Farbe angegebenen Faden ab- oder auf-
wickelte. Ein Wollkorb hinter ihr vervollständigt
das weibliche Arbeitsgeräth.
Sehr hübsch wird die häusliche Scene durch
zwei mit einander kämpfende Hähne belebt, eine
an sich nicht ungewöhnliche Darstellung, die aber
in der Art, wie sie hier mit der Familienscene ver-
bunden ist, den anheimelnden Eindruck derselben
verstärkt. Er beruht auf der Wahl des Vorwurfs,
die über das gewöhnliche Gefühlsniveau der Vasen-
zeichner hinausgeht und dem stillen Innenleben der
Familie ein gemüthliches Interesse abzugewinnen
.sucht.
Ich kann nicht umhin, auf die verwandte und
nicht minder graziöse ßeliefdarstellung eines Glas-
tellers aus Myrina zu verweisen, der im BnUelin de
corr. hell. 1885 p. 176 abgebildet ist. Auf einem
Sessel älterer Form nach r. hin sitzend, die Füsse
übereinanderschlagend, säugt dort eine Mutter, deren
Oberkörper entblösst ist, einen Knaben, der rittlings
auf ihrem Knie sitzt und instinctiv nach der Brust
greift. Auch diese Frau legt die r. Hand (deren
Finger hier geschlossen sind '), an die Brust, ^^ur
ist das Kind nicht genügend angelehnt, und es han-
delt sich dort um die linke Brust, wodurch der Arm
der Frau zu eng an ihrem Leibe haftet, während auf
der Vase der Arm mehr zurückgehen kann und
ursprünglich sogar ein Auflehnen des Ellenbogens auf
^) Die Vase ist aus vielen Stücken zusammengesetzt und
liat zuilem durch Feuer gelitten; s. Kurtwängler a. a. ü., der
übrigens den Namen der Dienerin y1)]f)oJ liest. [Eine zufällige
Verletzung über dem auf unserer Tafel gezeichneten schrägen
Strich, der fast sicher ein Buchstabenrest ist, bringt den an-
nähernden Schein eines Sl hervor. Hinter JIl glaubt man bei
wechselndem Lichte bald dies bald das zu erkennen; doch ist
nur eine senkrechte Hasta einigermassen sicher. Red.]
^) Aehnlich wie bei iler ein Kind nährenden Göttin im
Mus. C'hiaramonti.
Umstände, wodurch die Bewegung hier eine ungleich
freiere und ausdrucksvollere wird. — Den Hühnern
des Vasenbildes entspricht auf dem Eundrelief ein
Hündchen, das sich an den Kuieen der Herrin
emporrichtet und ihrem Thun aufmerksam zusieht.
Das Haupt der Frau ist in beiden Fällen geneigt;
aber dort seheint es unmittelbar auf den Säugling
zu blicken, während in unserem Bilde der Blick
um etwas darüber hinausgeht und auf das Treiben
der geflügelten Hausgenossen gerichtet ist.
Was die Grössenverhältnisse des kleinen Alkmeon
anbetrifft, die nach unsern Begriffen keineswegs die
eines Säuglings sind, so erinnert man sich leicht,
dass auf einem der Poh'gnotischen Gemälde, der
Iliupersis, der kleine Astyanax sogar stehend von
der Mutterbrust trank oder wenigstens danach griff.
Zwar sollen in südlichen Gegenden wirklich Kinder
von drei, vier und mehr Jahren noch die Brust
nehmen. Allein man weiss doch auch, wie spät
die griechische Kunst gerade in der Bildung der
Kindesgestalt dazu gelangte, der Natur gerecht zu
werden. Von langgezogenen Puppenfiguren aus-
gehend, die sich als diminutive Männer auf dem
Arm ihrer Wärterinnen oft komisch genug aus-
nehmen, hat sie vielleicht noch am Ostgiebel des
Parthenon nicht diejenigen Kindesproportionen, die
sie beabsichtigte, zu Stande gebracht und lässt noch
auf dem Erechtheion- Friese einen ungeschlacht
grossen Jungen sich auf dem Schoosse der Mutter
oder Pflegerin lagern. Dass noch Praxiteles bei
seinem Bakchoskind in den entgegengesetzten Fehler
verfiel, lässt sich, trotzdem sein Vater bereits die
richtigen Proportionen traf, nicht wohl als Absicht
deuten, sondern lediglich als ein Rest von Ungeübt-
heit neben der vollendetsten Kenntniss der erwach-
senen Menschengestalt.
Uebrigens zeigt unser Bild in den Seitenfiguren
Spuren von Flüchtigkeit, besonders in den unteren
Gliedmaassen des Mannes, wie auch die Hände
durchweg zu gross gerathen sind. Trotzdem enthält
die Zeichnung grosse Feinheiten und verdient im
Allgemeinen um so grössere Anerkennung, als sie
au einem ziemlich schwierigen Orte des Gefässes,
245
M. M;iver. Alkiiieons Jniroiul,
246
an dem Uebergang der Scluilter zum Bauche an-
gebiaclit ist.
Es giebt eine Metliodc der Vasenerklärung,
weiche Heroendarstelluugeu, wenn sie unbedeutende
odei- alltägliche Momente vorführen, lediglich als
ein iieroisirtes Genre betrachtet, d. h. darin nichts
anderes sehen will als den Versuch, Bildern des
gewöhnlichen Lebens durch Beifügung bedeutender
Namen ein liüheres Interesse zu verleihen. Zwar
widerspriclit Heydemann'^), der Vertreter dieses
Standj)unkts, sich selber, wenn er auf den Umstand
Gewicht legt, dass im wirklichen Leben die den
Heroen entlelinteu Namen etwas Gewöhnliches
waren; auch hat er seiner Darlegung dadurch die
Spitze abgebrochen, dass er sie bis auf kriegerische
Sceneu ausdeiint und andererseits blosse Neben-
einandersteliungen heroischer Figuren, wie die der
Kodros-Schale, deren Interesse eben nur in der
Bedeutung der vorgestellten Persönlichkeiten lag,
in den Kreis seiner Betrachtung zieht. Aber auch
so muss dieser Anschauung gegenüber'') immer wie-
der betont werden, dass umgekehrt vielmehr in An-
lehnung an die Dichtung erfundene Scenen eine
Verallgemeinerung erfuhren. Es sei hier, wo die
Frage nicht auf's Neue erörtert werden soll , nur
ein Beispiel angeführt, welches bei Heydemann folge-
recht hätte Erwähnung finden müssen: das Brett-
spiel auf der bekannten Vase des Exekias. Kann
es einen alltäglicheren Vorgang geben? Und doch
ist in den beigeschriebenen Namen ,Achilleus' und
,Aias' weit mehr als ein blosses Spielen mit bedeu-
tenden Namen zu erkennen. Es ist nicht Zufall,
dass die zahllosen Wiederholungen dieses Typus auf
Vasen älterer Technik immer nur Krieger vor-
führen, und dass Athena dabei gegenwärtig zu sein
und eine Stellung in der Mitte einzunehmen pflegt,
die ganz aussieht wie eine Eigenthümlichkeit des
ursprünglichen Schemas, vielleicht entstanden aus
demselben BedUrfniss der Raumfüllung wie der Palm-
baum, der sie in einzelnen Fällen vertritt.'). Auf
die Krieger, die zuweilen die Umgebung bilden,
sei gar kein Gewicht gelegt, da die Scene auch in
anderer AVeise, z. B. durcii beiderseitige Frauen-
liguren, Erweiterung erfaiiren hat. Jedenfalls lehrt
Polygnots Gemälde (Paus. X 31, 1), wo Palamedes
und der Tolanionier Aias spielend und der zweite
Aias zuschauend dargestellt waren, lehrt vor Allem
die Euripideische Schilderung des Aulischen Heer-
lagers mit der Spielergruppe der beiden Aias und
des Protesilaos (Eur. Iph. A. 193") in Verbindung
mit dem Vers ßeßXrjx' ^yi?.).svg 6vn mißcu xal xio-
auQtt (Eur. Fragni. 880), dass solche Scene schon im
Epos vorkam.
Unsere Alkmeon-Vase ist mehr als irgend eine
andere jener Behandlungsweise ausgesetzt. Die
heroischen Namen erscheinen in diesem häuslichen,
fast kleinbürgerlichen Idyll beinahe entbehrlich.
Aber doch nur so entbehrlich wie die biblischen
Namen in manchem Bilde der heiligen Familie,
welches um seiner Naivetät willen auch noch kein
,heroisirtes Genre' ist. Sieht man nämlich genauer
zu, so zeigt sich dass die Wahl gerade solcher
Scene für den dargestellten Mythus in gewissem
Sinne sogar etwas Charakteristisches hat und einem
ganz bestimmten Gedanken entsprang.
Zunächst ist die Thatsache ins Auge zu fassen,
dass die (fast durchweg schwarzfigurigen) Vasen-
biider, die sich mit unserem Mythus beschäftigen —
nur der Auszug des Aniphiaraos erfreute sich im
Allgemeinen bildlicher Darstellung') — den Alk-
^) Comment, in hou. Muniniseni p. 163 sqq.
«) Auch Luckeobach (Jahrb f. Phil. XI. Suppl.-Bd.) theilt
dieselbe öfter als mir iiijtlüg scheint; so z. B. in dem Falle
(S. Ö53) wo Helena zwischen zwei bekränzten Jünglingen, deren
einer Uiomedes ist, kredenzend steht (Jahn Vasenb. IM). Der
Inschriftrest des zweiten, ElO, lässt doch nur die Lesung 'Ennos
zu (vgl. Walz Ztschr. f. Alt.-W. 1839 S. 1219). Es wären also
einfach die Helden der beiden für Ilions Fall entscheidenden
Abenteuer vereinigt, wobei etwa die Erinnerung vorschwebte,
dass Helena, die den Diomedes hier anblickt, die Käuber des
l'alladions heimlich aufnahm.
') Welcker A. D. III 16f. hatte Kecht, ihr nur massige
Bedeutung beizulegen. Keinesfalls brauchte die Scene von
Hause aus den l'alamedes und Athenes Gegenwart dessen neue
Erfindung anzugchen.
*) xajiiJov äf äv ' Aiavil av\'(önuo,
idv Oli-^ioi Tiluf/äirös ii yövor,
T«f Jialnijhog aidfarot;
llntoitadnov i in\ Häxaiq
tfitJni nolvTiXöxoi;.
'■') D. h. dies war die einzige von Alters her dargestellte und
17*
247
JI. Mayer, Alkmeons Jugend.
248
maion immer nur im Kindesalter zeigen, als einen
Knaben, der kaum erwachsen genug ist, um den
verhängnissvollen Auftrag des Vaters in Empfang
zu nehmen. Schon dies und der Umstand, dass
man gewolint war, auf dem Arm der Eripliyle oder
der Amme einen Säugling, den Amphilochos, zu
erblicken, jedenfalls aber junge Kinder bei dem
Auszuge des Vaters zurückbleiben zu sehen, lässt
soviel erkennen, dass unsere Scene sich nicht allzu
weit von dem gewohnten Vorstellungskreise entfernt.
Aber für einen Maler von nicht ganz banausisclier
Empfindung, wie es der unsrige doch war, und für
jeden antiken Beschauer, der in der Schule das
Epos gelesen hatte und dessen Gestalten auf der
Bühne täglich verkörpert sah, verbanden sich mit
solchem Bilde tiefsten häuslichen Friedens noch
ganz andere Gedanken, zu denen es keines beson-
ders tiefen Nachsinnens bedurfte.
Alle die Scbreckensgedanken, die die spätere
Dichtung und wir heute mit den Namen des Orest
und der Klytaimnestra verbinden, knüpften sich für
das fünfte und theilweise noch für das vierte Jahr-
hundert an den Namen Alkmaion und Eriphyle.
Nicht nur historisch tritt Alkmaions schon in den
alten thebanischen Epen erzählter Muttermord —
wovon die göttliche Strafe des Wahnsinns doch
wohl unzertrennlich ist — früher auf als der ent-
sprechende Mythus des Atriden-Hauses'"), sondern
auch in dem Bewusstseiu der klassischen Zeit ver-
mochte die erst durch Aeschylos und Euripides
dem attisclien Publikum näher gebrachte Fabel vom
Muttermord und Wahnsinn Orests nur sehr langsam
Hoden zu fassen. Noch bei dem Komiker Timokies
in den Dionysiazusen (Meineke III 503, Kock II
p. 458) heisst es:
tovg yag XQayojdnvg tiqüiov, st ßnvlei, axnnsi,
big üiq'tXovac nävtag. o iiiiv lot' yaQ nepijg
nxMxnxSQOv aimov xazoftai/iov zov TrjXsrfov
yevöjiievnv f]ör] t^v neviav ^änv (ftgei.
o vnaiTiv r/ (lavixnv Ji Ixfttoiy i^ßxiipazo . . .
typisch gewordene ■Scene. Andere Momente des Alknuiion-
Mjthus, die man auf Vasen erkennen wollte, beruhen auf ganz
unsicherer Deutung.
'") S. Robert, Bild und Lied S. 10-.'.
Bei dem Komiker Antiphanes in der Poiesis
(Meineke III 105, Kock II p. 90) liest man:
— ioaS- vnnftvrjoai. fiövnv
ötl Tov Ti()tr]Trjv Oldlnovv ydo av piövnv
(fiij. TciXla nävT laaciiv o nazriQ y/äing^
/'('jcriQ 'loKäaxrj xxl.
av naliv
eint] xig Alxf^iliüva, xai xd naidia
nävx evi}vg sI'qi]"/ oti /itaieig'^) änexxnvev
xrjv firjxeg , ayavaxuov d ^ögaaxog ev^-e'wg
tj^si 7ici?.iv X aneiai . . .'')
Aristoteles Nikom. Eth. III 1,8 p. 1110a, wo er
die Nöthigung zu einer unnatürlichen Handlung ver-
wirft, exempliticirt auf den dem Alkmaion befoh-
leneu Muttermord, während er allerdings an an-
deren Stellen (Poet. 13, 1453a 19. 14, 145ob 21)
wie Plato (Alkib. II 6, 143 c) den Orest daneben
anführt.
Es bedarf nuu gar nicht erst der Annahme,
das in den Orestes-Dichtungen oft wiederholte Mo-
tiv, dass die Mutter im Momente der höchsten
Angst dem Mörder die entblösste Brust zeigt, die ihn
genährt (Eurip. Elektra 1206, Orest 527, 566, 1205),
sei schon bei Alkmäon vorgekommen. Klar ist
auf alle Fälle dies: den Alkmäon als Kind an der
Mutterbrust liegend und im Genüsse dieses häus-
lichen Glückes den Vater gegenwärtig zu sehen,
denjenigen Vater, dessen Fluch der zur Verrätherin
gewordenen Gattin Tod und dem unschuldigen Kinde
Wahnsinn und Elend bringen wird: dies war ejn Con-
trast, der deutlich und lebhaft zu den Sinnen jedes
denkenden Beschauers sprach. Sollte aber, was
keineswegs ausgeschlossen ist, in der Schilderung
von Alkmäon's Jugend schon epische Dichtung dem
Vasenmaler vorgearbeitet haben, so würde es dessen
Verdienst sein, dass wir das Gewicht seiner Kunst-
gattung auf dem Gebiete des Genres ausnahmsweise
tiberschätzt hätten.
Maximilian Mavek,
") Dies natürlich ungenau; der Mord zog erst den AVahn-
sinn nach sich.
'-) Die Scene ist wahrscheinlich aus der Sophoklcischen
Eriphyle, gegen deren Identiticirung mit den , Epigonen' und
Keconstruirung mit Hülfe des Attius (Welcker Gr. Tr. II ■-'09)
sich, wie mich dünkt, wenig einwenden lässt.
249
250
BEITRAGK ZUR KENNTNISS
DER VASEN MIT MEISTERNAMEN.
(Talel
Bei der Durclisicht des Apparates von Zeich-
nungen, welcher aus Eduard Gerhaid's Besitz iu
den des Berliner Museums übergegangen ist und
in der Bibliothek desselben aufbewahrt wird, fand
sich eine Reihe von Durchzeiclinuugen nach bisher
unpublicirten Vasen attischer Meister. Es schien
wiinschenswcrth, dieselben zu einer Fortsetzung der-
jenigen Nachtrüge zusammenzustellen, welche P. J.
Meier in daukenswertlier Weise zu der trefflichen
Schrift von Wilhelm Klein „Die griechischen Vasen
mit Meistersignaturen" geliefert hat. Die inter-
essantesten Stücke werden zugleich durch Abbildung
bekannt gemacht. Bei der Besprechung folge ich
der Reihenfolge der Malernaraeu bei Klein; die
Nummer der Zeichnung im Berliner Museumsappa-
rat füge ich unter der Bezeichnung „App." hinzu.
Von den verschollenen Vasen gebe ich eine ge-
nauere Beschreibung.
Taleides.
Voll iler Berliner .Scliale 17C'2 (Klein S. "22, -i) ist eine Zeich-
nung vorhanden (A.\>\>. MM 310), welche auf A die Inschrift des
Hermogenes, sogar mit dem für Hermogenes charakteristischen t'^
zeigt: HE^'/V\OAE^ESE^OIESE^. Eine Revision der Vase,
welche ich daraufhin vornahm, ergab die Unrichtigkeit dieser An-
gabe; das Facsimile iu Furtwüngler's Katalog ist absolut genau.
Dass dennoch dieselbe Vase gemeint ist, beweist die Intclirift auf B,
welche die Zeichnung ganz richtig TAEIAESPOIKESEN
giebt. Ob die Fälschung der Inschrift nur auf dem Papiere
vorgenommen wurde, oder ob der Name des Hermogenes ehe-
mals auch auf der Vase übcrgemalt war, um die letztere inter-
essanter Z.U machen, lässt sich natürlich nicht mehr feststellen.
Tychios.
Die Zeichnung (App. M 31, 49) der bisher allein
bekannten Vase dieses Meisters, einer Hydria der
Sammlung Fontana in Tri est, giebt die Ergän-
zungen an. Danach bleibt für den guten Tychios
nicht viel übrig. Antik ist:
A. in dem Schulterbild: 1) der Greis links bis
auf ein Stück des Gewandes und einen Theil des
Stabes; 2) von der Gruppe des Herakles und Tri-
ton fast nichts, nur recliter Ellenbogen, oberer
Kopfrand und linker Fuss des Herakles, linke Hand
l(i— 19.)
und Schwanz des Triton; 3) die oberen Hälften der
drei rechts stehenden Figuren.
B. in dem Bauchbild: 1) an Atheua nur ein
kleiner Theil der Aeg\s und der Unterkörper; 2) der
Wagen bis auf den vorderen Theil des Kastens und
den oberen Rand des Rades; 3) an Apollo Gesicht,
Kranz, Leier mit linker Hand und Blüte, Unter-
schenkel und Flisse, sowie die Inschrift; 4) die vor-
deren Hälften der Pferde; .5) der von den Pferden
merkwürdigerweise fast verdeckte Hermes, dessen
Beischrift übrigens ^3iVl 13 'I lautet.
Nikosthenes.
1 (Klein). Amphora mit Bandhenkelu. App. M
416. Aus Cerveteri. Von Gerhard bei üepoletti
gesehen, nicht, wie Klein angiebt, bei Basseggio.
Henkel: Jederseits eine Sirene nach rechts mit
umgewandtem Kopf.
Hals: Jederseits die zweimal wiederholte Gruppe
eines nackten Satyrs, der eine mit gegürtetem Chi-
ton bekleidete Mänade verfolgt.
Bauch: A. Herakles, nackt, schreitet die Keule
mit der Rechten erhebend auf den Löwen zu (eine
Variation des alten Steh-Schemas), der von rechts
mit erhobenen Vordertatzen auf ihn zukommt. Un-
ter den letzteren weg fliegt auf Herakles ein Vogel
zu. Hinter dem Löwen steht ein nackter Jüngling
nach links, der in der Linken etwas Undeutliches
(wohl ein Kerykeion) hält; er erhebt die Rechte
und trägt einen aufgeklappten Reisehut: Hermes;
hinter Herakles steht nach rechts gewandt ein nack-
ter Jüngling, beide Hände halb erhebend: lolaos.
B. Dieselbe Darstellung wie auf A. NIKO-
^GENE^EPOIE^EN.
47 (Klein). Hcnkeltasse'). App. M 392. Aus-
gelassener Tanz von fünf Satyrn und vier Mänaden.
') Der Name Kelle', den Klein dieser Vasenform giebt,
und von dem ich nicht weiss, wer ihn aufgebracht hat. ist so
unpassend wie möglich gewählt. Da niiige man denn doch lie-
ber bei den alten von Gerhard beliebten Namen, wie Kyathis,
O.xybaphon, Kclebe u. s. w. bleiben, so unverbürgt sie auch sind.
251
K. Wernicke, Vasen mit Meisternamen.
252
Von Gerhard bei Bassegg-io gesehen.
54 (Klein). Triukschale, ehemals bei Depoletti.
App. M 463. Abgebildet auf unserer Tafel 16, 1 in V3.
I. Gorgoneion.
A. Viergespann in Vorderansieht') mit Wagen-
leuker und behelmtem Krieger; jederseits eine
Frau, bekleidet mit Cliiton und Himation, die dem
Beschauer zugewandte Hand halb, die andere in
das Gewand gehüllte ganz erhebend. NIKO^GE-
NE^MEPOIE^EN.
B. Dionysos, bärtig und bekränzt, sitzt nach
rechts auf einem Klappstuhl; er trägt Chiton und
Mantel und hält in der Linken ein'Trinkhorn. Die
Rechte sollte wohl den Rebstock halten, der sich
über das ganze Bild verbreitet. Auf beiden Seiten
des Gottes schwingt sich im Tanz je die Gruppe
eines nackten Satyrs und einer mit Chiton, gegür-
teter Kebris und Binde angethanen Mänade.
Um die Henkel Rebzweige mit Trauben.
55 (Klein). Trinkschale im Louvre. App. M
343. Nach der Notiz auf der Zeichnung einst zur
Feoli'schen Sammlung gehörig.
Um die Henkel Rebzweige.
I. Gorgoneion.
A. Zwischen Augen schreitet der bärtige He-
rakles nach rechts, mit beiden Händen die mäch-
tige Keule aufstellend^); das Löwenfell hat er ge-
gürtet und über den Kopf gezogen, auf dem Rücken
trägt er den Köcher, hinter der linken Seite wird
die Seil wertscheide sichtbar. NIKO^GENE^
EPOIE^EA/.
B. Zwischen Augen nach rechts gewandt der
bärtige Dionysos, bekränzt, mit Locken über der
Schulter, in langem Chiton und Himation, mit der
-) Üass die Beine der Pferde auf der AbbilJunj^ in eine
etwas eigenthümliche Stellung gerathen sind, liegt oB'enbar nur
an der Uebertragung des runden Vasenbildes auf eine gerade
Fläche und gerade Grundlinie, wobei die untere Hälfte der Figu-
ren auseinander gerückt werden musste. — Ein Gespann in Vorder-
ansiclit so darzustellen, dass der Krieger und der Lenker beide
hinter Wagenrand und l'ferdeki)i)fen sichtbar werden, i>t ein
l'roblem, welches der Kreis des Epiktet mit Vorliebe behandelt,
vgl. die Panphaiossehale Museo Oregoriaiio II 06,4.
'■') Durch diese etwas schwer verständliche Hantirung mit der
Keule sind die Deutungen 'Herakles am Spinnrocken' und He-
rakles mit dem Bratspiess' hervorgerufen, die wir bei Panolka
lesen.
Linken den Kantharos erhebend. Rechts von ihm
schreitet der bärtige Hermes nach rechts, sich um-
blickend, mit Chlamys über den Schultern, aufge-
klapptem Reisehut und Stiefelu mit Zugstück; in
der Linken hält er das Kerjkeion.
Charitaios.
Trinkschale Torlonia (Klein S. 36, 1). App. M 417. Die
Inschriften sind bei Klein falsch, bei Brunn (Künstlergesohichte
II, 666) richtig angegeben.
Heriiiogeues.
13 (Klein). Trinkschale in München 1U82.
App. M M 299. Die Seite A in Originalgrösse ab-
gebildet auf Tafel 16, 2.
Jederseits ein Viergespann nach links; auf dem
Wagen steht der Lenker in langem Chiton, den
böotischen Schild auf dem Rücken. Hinter dem
Wagen schreitet ein Krieger nach links, mit Helm,
Panzer und Beinschienen; am linken Arm trägt er
den Rundschild (Sciiildzeichen auf A ein Dreifuss
mit zwei Henkeln, auf B eine Rosette), in der rech-
ten Hand die quergehaltene Lanze. Auf A und B
gleichlautend die Beischrift HEF'MOAENE>-
EPOIE^ENENE.O
Charinos.
5 (fehlt bei Klein). Uinochoe. App. MM 315.
Weinstock mit Trauben. Unter dem Henkel Pal-
metten. Links die Inschrift XAPINO^: FTOIE^;
rechts X ^ ^ A/ O AO • ■ • i A v -v--- <' [. SivoöoTog
•/.ctXng.
Paiipbaios.
'l\ (Klein). Trinkschale, einst bei Lucien Bo-
u aparte 1513. App. NN 213, 325.
Die Darstellung ist keine Badescene, wie Brunn
und ihm folgend Klein nach de Witte angenommen
haben. Während bei solchen Innenbildern, die Ra-
descenen darstellen, wie z. B. Neapel 2630 Heyde-
mann oder das bei Gerhard, Auserl. Vasenb. 180.
181 abgebildete, stets deutlich die vollständige
Wanne dargestellt ist, sehen wir hier eine fortlau-
fende Mauer ^) die ohne AbschJuss nacli rechts oder
') Ob in dem A^tp*-"^'^ einer zierlichen ehemals Feoli-
hcheu, jetzt Würzburger Trinkschale (Urlichs III, 400. Apji.
MM :!1L') nicht der Name des Sakonides steckt, wage ich nicht
zu entscheiden.
■') Dafür erklärte schon l'anofka den Gegenstiuul mit licclit.
253
K. Wernioke. Vasen mit Mcisteriiaiiicn,
254
links über den Kreis des Innenbihles hinausgehend
zu denken ist, aber oben mit einer vors])ringendeu
Leiste abschliesst. Ueber dieser Mauer erscheint
der nackte Oberkörper eines bekränzten Mannes,
der dieselbe eben übersteigen will. Das rechte
Bein ist (in unniüglieher Weise) erhoben, die Brust
von vorn gesehen; mit der Linken seheint er zum
Aufstützen nach der Mauer greifen zu veollen. In
der erhobenen Rechten hält er einen halbrunden
Gegenstand wie das Ende eines Hornes. Dicht
unter dem oberen Ahschluss der Mauer steht die
KUnstlerinschrift rAMOAlO^EPOIE^EA/. Dass
kein Bad dargestellt ist, lehrt auch die Bewegung
des Mannes, der die Hände weder eintaucht wie
auf der Neapeler, noch, um sich aufzurichten, sie
am Wannenrande festklammert, wie auf der Ger-
hard'schen Vase. Weslialb er die Mauer übersteigt,
dafür lassen sich zwar mancherlei Gründe denken,
aber die ganze Darstellung hat so wenig von be-
zeichnender Schärfe, dass dies blosse Vermuthungen
sein würden.
Epiktet.
1 (Klein). Trinkschale in Würzburg. App. N
50. Die Darstellung von A abgebildet auf Tafel
16, 3 in V,.
Um die Henkel Palmetten.
L Ein bekränzter Jüngling, nur mit einem über
den Schultern hängenden Mäntelchen bekleidet,
schreitet eilig nach rechts und balancirt auf der
linken Hand einen Skyphos; Gesicht und Mittel-
körper sind stark beschädigt. Die Figur ist eine
nur wenig variirte Wiederholung des von Panofka
im Katalog Pourtales Tafel 41 abgebildeten Innen-
bildes (Klein, Epiktet No. 11), von dem sich App.
NN 213, 323 gleichfalls eine Zeichnung findet.
A. Das Gesiciit des kauernden bekränzten Sa-
tyrs ist, wie die Abbildung zeigt, nicht in Vorder-
ansicht, sondern nach links gewandt.
Oefässe mit dem Lieblingsnamen des
Hipparclios.
8 (fehlt bei Klein). Trinkschale Feoli, jetzt in
Würzburg (Urlichs III, 432). App. NN 60.
I. Krieger, nach links stehend, mit Beinschie-
nen, Schild (Sz. Delphin) und Helm; Gesicht und
oberer Schildrand sind zerstört. Umschrift AP.O^
KA.O^-
A. Zwischen Augen zwei Palmetten, in deren
Mitte ein nackter Jüngling steht; in beiden Händen
hält er einen Stab und bückt sich mit schöner
Kückeiilinie tief nacli rechts hin, um mit dem Stabe
nach einem (unsichtbaren) Gegenstande zu stossen.
Hinter ihm hängen Schwamm und Alabastron.
B. Aehnliche Darstellung.
Die Liebesinschrift ist mit grosser Wahrschein-
lichkeit zu "[TTTiag'/og xalög zu ergänzen, da die
ganze Darstellung auf den Kreis des Epiktet hin-
weist"). Besonders der gebückte Jüngling erinnert
lebhaft an das Aussenbild der Panphaiosschale im
Museo Gregoriano (Klein S. 42, 8), wie auch an
den Maulwurfjäger der Berliner Nikosthenes-Schale
No. 1806 (Gerhard 'i'rinkschalen u. Gef. T. 1).
Cliachrylion.
7 (Klein). Trinkschale, von Gerhard bei Bas-
seggio gesehen, später im Besitz von Lucien Bo-
naparte. App. N 66.
I. Nackter, epheubekränzter Satyr mit langem
Haar, gefranstem Bart und Spitzoliren, das linke
Bein zum Tanze erhebend. In der Rechten hält er
ein Trinkhorn, in der Linken einen Schlauch. Der
Typus entspricht genau dem bei Chelis und anderen
Meistern des Epiktetischen Kreises üblichen, beson-
ders dem Innenbild der Berliner Schale des Epiktet
und Panphaios. -^A+^■VHONE^OIE^EN.
A. Tod des Aigisthos ("?). Von links stürmt
heran ein nackter Jüngling, in der Rechten das
blosse Schwert. Mit der Linken ergreift er die
") Die Angabe der Inschrift fehlt im Würzbnr^'er Katalog
Ich habe deswegen Herrn Geheimrath von Urlichs briellich um
eine Revision der Vase gebeten, welche derselbe mit der lie-
benswürdigsten Bereitwilligkeit bewirkt hat. Die Vase ist jetzt
"besonders auf der linken Seite dick mit Kitt iiberschmiert,
ausserdem mit Klammern durchzogen. Die Decke liess sich
nicht lösen, ohne das Gefäss zu beschädigen'. Von den Buch-
staben, welche die Berliner Zeichnung giebt, fand sich das A und
S des Lieblingsnamens noch erhalten, ausserdem noch ein sehr
undeutlicher Rest des S von xakog. Vor dem ersten A hat die
Untersuchung kein Zeichen ergeben. Die Berechtigung unserer
Ergänzung bleibt also zwar wahrscheinlich, ist aber nicht völlig
zu sichern.
255
K. Weiiiieko. Vasen mit Meisternamen.
256
Locken eines bärtigen Mannes ') und bat ibu zu
Boden gerissen. Dieser streckt den recbten Arm
weit nacb links am Boden bin, bat das rechte Bein
unter den Körper gezogen, das linke aufgestemmt,
und erbebt klagend die linke Hand. Darüber
UE'^AAmM^ • • UOr wolil ylsayQog xaXng (nur ein-
mal, auf B überhaupt nicht). Von links eilen zwei,
von rechts eine Frau herbei in Chiton und Hima-
tion. Ergänzt sind alle Oberkörper bis auf den
des liegendeu Mannes und der ersten Frau links.
Durch diese mangelhafte Erhaltung sowie dadurch,
dass der angebliche Pjiades, wie die Gewandung
des antiken Unterkörpers deutlieh zeigt, weiblich
ist, wird die Deutung der Scene auf Aigisthos' Er-
mordung sehr zweifelhaft.
B. Auch diese Seite, bei der Klein's Beschrei-
bung zutrifft, giebt zu gerechten Bedenken Anlass,
doch sind die modernen Stücke aus der Zeichnung
nicht zu erkennen.
Vasen mit dem Lieblingsuameu des Leagros.
IG (fehlt bei Klein). App. L 200. Das Inuen-
bild abgebildet auf unserer Tafel 19, 2 in %.
I. Auf einer niedrigen Basis steht nach links
ein nackter bekränzter Knabe, in der halb erhobe-
nen Rechten einen Stab, in der gesenkten Linken
einen Schwamm und ein Alabastron haltend. Glei-
ches Geräth hängt an der AVand. Vor der Basis
ist eine Hacke mit dem Stil in die Erde gesteckt;
vor dem Knaben steht nach rechts ein bärtiger be-
kränzter Mann im Himation, der die Rechte in die
Seite stemmt und in der Linken einen Stab hält,
mit dem er die Beine des Knaben zu berühren
scheint. Umschrift Aiayqoc, [xaA.Jo(o)e. Der Sinn
der Situation ist jedenfalls der, dass der Knabe
beim Paidotriben eine sichere Stellung und feste
Haltung lernen soll. Koch stehen die Beine nicht
vorschriftsmässig, weswegen sie der Lehrer mit dem
Stabe berührt. Interessant ist an der Figur des
Mannes die Wiedergabe des von vorn gesehenen
rechten Fusses.
') Die Grösse dieser Figur geht weit über das Maass der
übrigen hinaus; die Sccne ist deshalb von Gerhard im Inventar
als 'Ermordung eines Riesen bezeiclmet.
A. Zwei mit Himation bekleidete bekränzte
Jünglinge, zwischen denen ein Krater steht, sind,
offenbar um den Besitz des letzteren, in Streit ge-
ratheu. Der Linke, der über der rechten Schulter
eine an einem Stab hängende Oinochoe trägt und
mit der Linken einen Becher vorstreckt, taumelt
zurück, während der andere zum Schlage ausholt.
Ein nackter Jüngling und ein Mädchen im Hima-
tion, beide bekränzt, eilen ersehreckt von rechts
herbei. KAUO^.
ß. Ein mit Himation bekleideter bekränzter
Jüngling, der in der Linken einen Stab hält, tau-
melt weinselig vornüber nach links und bietet
einen grossen Skj'piios einem bärtigen Manne dar,
welcher, in der Rechten einen Stab tragend, über
den linken Arm das Himation geschlagen, entsetzt
zurückweicht. Rechts von dieser Gruppe spielt
ein bekränzter Jüngling im Himation die Doppel-
flöte und tanzt dazu nach rechts hin, wo ihm ein
Mädchen im Ciiiton mit Ueberschlag voraneilt, sich
umsehend, die Linke vorwärts streckend und in
der Rechten einen Thyrsos haltend. Beischrift
lAt^OMO'y. AUO^ (etwa 'EnlÖQoinns xalSg).
Euplu'onios.
Den Vasen des Euphronios glaube ich mit ziem-
licher Sicherheit eine unbezeichnete hinzufügen zu
können, welche auf Tafel 17 abgebildet ist (in 74):
Trinkschale aus Camposcala, früher bei Depo-
letti. App. NN G8. Die Haare sind auf der Zeich-
nung braun gefärbt; vielleiclit weist dies darauf
hin, dass die Figuren in ähnlicher Weise wie Euphri)-
nios 9 '(Klein) auf weissen Grund gemalt sind.
L Ein jugendlicher Krieger ist nach rechts ge-
stürmt und stösst in die Trompete, die er in der
rechten Hand hält **). Auf dem Kopfe hat er einen
attischen Helm mit niederem Bügel, an den Unter-
schenkeln Beinschienen, am linken Arm den halb-
mondförmigen Schild, welcher von innen gesehen
wird.
A. Auf einem Polster ist ein bekränzter Jüng-
ling bequem nach links gelagert; er trägt nur ein
") Ein Motiv, das an die Berliner Euxitheosscliale (1 Klein)
erinnert.
257
K. Wonücke, Vn^m mit McistciMiamen.
258
Hiiiiatiou, welches die linke Seliulter und den rech-
ten Oberschenkel bedeckt. Den Oberkörper wendet
er nach vorn und trinkt aus einem grossen Skyphos,
den er mit der rechten Hand zum Munde führt.
Das Gesicht ist zuerst vollständig aufgezeichnet,
und dann die Linie des oberen Becherraudes Über
die untere Partie des Gesichtes hinübergezogen.
In der linken Hand hält er zwei Flöten, welche
dem links ihm zugewandt knieeuden Mädchen ge-
hören; die letztere, unbekleidet (ihr Gewand ist
hinter dem Jüngling aufgehängt), ist beschäftigt,
sich eine Binde um das Haar zu legen. Hinter ihr
hängt ihr Flötenfutteral, die ovßi'jvrj.
B. Wiederum lagert nach links auf einem ge-
stickten Polster ein Jüngling, bekleidet wie der auf
A, im Haar eine Binde, deren Enden auf beide
JSchultern herabfallen; an der Wange ist Bartflaum
angedeutet. In der rechten Hand hält er eine
Triukschale zum Kottaboswurf, der Mund ist leicht
geöffnet. Links von dem Jüngling ist in derselben
Weise ein mit weichem ionischem Chiton (die zier-
lichen Falten sind, wie die Zeichnung erkennen
lässt, durch verdünnten Firniss angedeutet) beklei-
detes Mädchen gelagert; die Haare, um die eine
Binde gelegt ist, sind in einen Knoten aufgenom-
men; ihre rechte Brust ist entblösst, am linken
Arm trägt sie eine Spange. Mit beiden Händen
hält sie die Uopi)elflö!e, auf der sie bläst, ^'or ihr
hängt ein grösseres und ein kleineres (?) Flöten-
futteral, hinter dem Jüngling ein Wandkorb.
Das Ganze ist durciiaus im Stile des Euphro-
nios gehalten; fast meint man aus dem Munde
des Jünglings das tlv tÜiöe Imaooio, ^idaygs zu
vernehmen. Auch ist eine grosse Aehnlichkeit zwi-
schen dem Kopfe dieses Jünglings und dem des
Achillcus der Berliner polj'chromen Schale 2282
(9 Klein) unverkennbar. Vor allem aber erinnert
das ganze (Belage auf beiden Aussenseiten lebhaft
an die Petersburger Hetärenvase, speciell der Kojjf
des trinkenden Jünglings au den der Hetäre Pu-
laisto, wie es denn überhaupt Euphronios liebt.
Köpfe in Vorderansicht darzustellen. Er war sicli
offenbar der eigeuthümlichen Wirkung dieser Stel-
lung wohl bewusst, und wir treffen dieselbe daher
Arihiiolog. Zlj.'. .lahrifang XLlll.
nicht selten, so bei dem Kerkyon der Theseus-
schale 7 (Klein), dem Troilos auf 8 (Klein), dem
Astyanax der Berliner Hiupersisschale G (Kleiu),
besonders häufig aber auf der interessanten Mün-
chener Schale mit Tlavaizing xaAo'g, die Klein (Areh.
Ztg. 1878 S. (iiif) doch wohl mit Hecht demselben
Meister beigelegt hat. Auch die Schüler des Euphro-
nios versuchen gelegentlich dieses Motiv zu ver-
werthen, so Duris auf der Londoner Palästravase 1
(Klein) und auf der gewiss ihm gehörenden Ber-
liner Skironschale 2288; auch Hieron auf der Go-
thaer Vase Mov. deW Iiisl. X 37'). Welche Wirkung
dies Motiv ausübte, beweist die verunglückte Nach-
ahmung desselben durch den ausscrlialb dieses
Schulzusammenhanges stehenden Hermonax (Arch.
Ztg. 1878 Taf. 12). Auch auf der aus dem Kreise
des Euphronios hervorgegangenen Schale Mtin. deW
Iiisl. III 12 finden wir das gleiche Motiv wieder.
Dnris.
Dem Stil des Duris nahe verwandt scheint mir die Vase,
welche E, Braun Mon. de/l' Insl. IV 33 aus englischem Privat-
besitz publicirt IkU.
Hierou.
13 (Klein). Auch von der bei Gerhard im
liaiijiorlo Volceiile (Aintali Bd. III) n. 710 kurz er-
wähnten Hieronscliale Depoletti's aus Camposcala
mit bacchischen Darstellungen und 'col nome graf-
fiaio nella parle superiore del veriiicialo piede' hat
sich eine Zeichnung gefunden: App. N 56. Dieselbe
giebt aber zu grossen Bedenken gegen die Urheber-
schaft des Hierou Anlass.
I. Ein nackter bekränzter Satyr mit langem
Bart und Locken läuft nach links, indem er dun
Kopf umwendet und die linke Hand zurück-
streckt'°). Dabei links KATO-PAUO, rechts
KAUO^.
'') Auf dieser Vase mit Aussenbilderii auf weissem Grund
und rothfigurigem Innenbild ergänzt Furtwängler (Mittb. d. alh.
Inst. 1881 S. 114) sicherlich mit Recht den Künstlernamen zu
Ilicron, dessen Urheberschaft für das Innenbild nicht zu be-
zweifeln ist. In den Ausscnbildern zeigt er noch nicht ganz
seinen individuellen Stil, sondern bleibt mehr in der Schultr.i-
dition. Im Motiv des trinkenden Mannes in Vorderansicht lehnt
er sich an seinen Meister Euphronios an, während die Zeich-
nung dieses Kopfes an den Skiron seines Schulgenossen Duris
gemahnt.
'") Dieses Motiv bezeichnet hier wie so oft in der iilteren
18
259
K. \Vernicke, Vasen mit Meisteniamen.
260
AB. Jederseits wird eiue Mäuade durch drei
itliypiialiische Satyrn, die ihr tanzend und jubili-
rend nahen, augegriffeu. Auf A wehrt sie sich
durch eine vorgehaltene Schlange und trägt in der
Linken Krotalen; auf B ist sie oline Attribut. Der
links stehende Satyr hat auf A ein Triukhoru, auf
B einen Schlauch; die übrigen sind beidemal ohne
Attribut. Alle Satyrn sind nackt und bekränzt, die
Mänaden tragen Chiton mit Halbärmeln, Himation
und Binde. Jederseits über der Darstellung-
HOPAI^KAUO^-
Dass Hieron an diesem Werke keinen Theil
hat, wird Jedem, der die Zeichnung sieht, sofort
in die Augen springen. Da ist nichts von dem
wilden Liebestaumel, der in den bacchischen Ge-
mälden des Uieron lebt (vgl. Wiener Vorlegeblätter
A2und A4); wir sehen nur eiue der vielen gleichgil-
tigen Wiederholungen des alten Themas. Auch der
Typus der Satyrn ist völlig verschieden von denen
des Hieron; vor allem fehlt ihnen die Glatze, welche
für die Satyrn des Hieron so charakteristisch ist.
Xicht geringere Unterschiede zeigen sich auch in der
weiblichen Gewandung; während dieselbe bei Hie-
ron in der Regel in einem über dem bisweilen fast
zu stark gebauschten Ueberschlag gegürteten Chiton
besteht, der in zahlreichen, sorgfältig gezeichneten
Falten herabfällt, begnügt sich hier die Zeichnung
mit der Angabe der Hauptfalten in ziemlich sche-
matischer Weise. Aus allem diesem glaube ich
schliessen zu dürfen, dass die Vase nicht von Hie-
ron sei. Dagegen finde ich keinen Grund, weder
in der Vase noch in der Inschrift eine Fälschung
zu sehen"). Es mag liier ebenso nicht Zusammen-
gehöriges aneinandergesetzt sein, wie bei der Vase
Wiener Vorlegeblätter AI.
Während so diese Vase vermuthlich aus der
Liste der Werke des Hieron zu streichen sein
wird, glaube ich eine andere, nicht bezeichnete
Vasenmalerei nur die Eile des Laufes iiml den Ausgangspunkt
desselben.
") IJass die Inschrift (HIEPONEPOIESEN) bei dem sonst
am Henkel zeichnenden Hieron am Fuss steht, ist nicht mehr
zu beanstanden, seit sich auch auf der Akropolis zu Athen ein
Vascnfuss mit seinem Namen gefunden hat {'Ei/rju. un/uioX.
1(585 S. 56).
derselben hinzufügen zu dürfen, und zwar schei-
nen mir die stilistischen Kennzeichen so sichere,
dass ich den Vorwurf der Unvorsichtigkeit dabei
nicht befürchten zu müssen glaube.
Trinkschale, ehemals bei Basseggio. App. NN
39; abgebildet auf unserer Tafel 18 uud 19,1 in 7,.
L Ein bekränzter Jüngling mit Backenbart-
fiaume steht nach links auf seinen Stab gelehnt;
er ist ganz in sein Himation gewickelt und neigt
sich zärtlich herab zu einem Knaben, der gleich-
falls bekränzt und sittsam in seinen Mantel ge-
wickelt ihm gegenübersteht.
A. Drei Paare von Männern und Knaben; der
sQaaii'iq steht immer links, der sQiüfievog rechts.
Alle bis auf deu Knaben rechts (und dieser ist
wohl nur durch Versehen der Zeichnung ausge-
nommen) sind bekränzt. Von den Männern ist
derjenige links unbärtig; er hält eine Blume in der
linken Hand. Der zweite ist bärtig, seine Brust
nackt; er spricht lebhaft mit seinem Liebling-
und gesticulirt dabei mit den Händen. Der dritte,
gleichfalls bärtig, steht ruhig auf seinen Stock ge-
stützt da. Die Knaben sind alle in ihre Mäntel
gehüllt und benehmen sich ausserordentlich zurück-
haltend.
ß. Gleichfalls drei Paare von Männern und
Knaben; igaaciji; und eQCti/.tsi'og haben ihre Plätze
gewechselt, die Situation ist eine wesentlich andere.
Zwei der Knaben haben deu Mantel bereits nach-
lässiger umgeworfen, so dass einzelne nackte
Körpertheile gesehen werden; sie halten die ihnen
von ihren Liebhabern geschenkten Blumen in der
Hand, und der eine scheint nicht abgeneigt, auch
nach dem Beute! zu greifen, der ihm dargeboten
wird. In der Mittelgruppe dagegen will der Knabe
den Kranz, welchen sein Freund trägt, zum Ge-
schenk haben.
Es kann nicht schwer halten, für diese Dar-
stellungen bei llieron Analogien zu finden; sie bie-
ten sich von allen Seiten. Besonders der Vergleich
der Liebesscenen des Hieron mit denen des Duris
zeigt deutlich, wem unser Vasenbild gehört. Der
Typus der lockigen Knaben ist am ähnlichsten dem
Innenbild der Berliner Trinkschale mit dem Paris-
261
K. Woriiicko. Vasen mit M(.'istt'i'ii;iiiU'n.
262
urtheil (14 Klein), die Knaben mit kurzem Haar
sind häufiger; der Typus der bärtigen Männer ist
hier durchaus der Hieron eigenthümliche.
Polygiiotos.
2 (Klein). Stamuos in Brüssel. Eiienials bei
Campanari. App. N 169, 2215.
A. Kaineus (KAlNEV^), halb nach rechts ge-
wandt, ragt mit dem Oberkörper aus der Erde; er
trägt Panzer und Schurz, attisclien IleUn mit Backen-
klappen, in der Linken den Scliild (von innen ge-
sehen), in der Kechten das Schwert. Er blickt
empor zu einem von rechts ansprengenden Ken-
tauren, der sich auf den Hinterbeinen bäumt und
mit einem Baumast nach ihm stösst. Ihm ent-
sprechend sprengt von links ein zweiter Kentaur
heran, über dem vorgestreckten linken Arm ein
Pantberfell, mit der Rechten einen Felsblock schwin-
gend. rOUVANOTO^ 11 E/\I^A I' Ei^.
B. Laugbekleidete Mänade mit Thyrsos ruhig
stehend zwischen zwei nackten Satyrn, deren linker
eine Kanne trägt, während der üeclitc ein Trink-
horn hält.
Die Durchzeichnung ist namentlich an den Köpfen
offenbar stilistisch ungenau und manierirt, war da-
her zur Publicatiou nicht geeignet. Doch mochte
der Stil des jedenfalls schon der freiereu Manier
angehörigen Polygnotos (vgl. die Londoner Vase
Gerhard, Auserl. Vasenb. 243) zur Modernisirung
gewissermaassen herausfordern. —
Im Anschluss an diese Vase des Polj^gnot sei
mir gestattet, noch kurz von der Zeichnung einer an-
deren Kaineusvase (App. N 168, 262) Nachricht zu
geben, welche aus Vitorchiano stammt und von
Gerhard bei Depoletti gesehen wurde. Die Köpfe
der Kentauren sind auch hier wieder stillos wie-
dergegeben; sie waren offenbar wie die bejahrter
bärtiger Satyrn mit Glatze und Spitzohren aufgefasst.
A. Kaineus, von vorn gesehen, ragt mit dem
Oberkörper aus der Erde. Er hat unten ausge-
fransten Bart und Einzeliocken, trägt korinthischen
Helm, Panzer mit Lederstreifen und Achselklappen
(auf deren sichtbarer rechter eine Rosette), und hält
in der Linken einen mächtigen Schild (Zeichen: nach
links sjn'engender Kentaur mit Baumstamm); mit
der Rechten stösst er einem von links auf ihn zu-
sprengenden Kentauren, zu dem er sich auch hin-
wendet, das Schwert in den Bauch. Dieser bäumt sich
mit den Vorderbeinen auf Kaineus zu und hält iil)er
seinem Kopfe mit beiden Händen einen Felsblock
erhoben, den er auf seinen Gegner schleudern will;
luii die Schultern liat er ein Pantherfell geworfen.
Ebenfalls von links sprengt ein zweiter Kentaur
lierbei, der einen Baumast schwingt. Rechts von
Kaineus ist noch ein Kentaur zu erblicken, in sehr
kühner Verkürzung von hinten gesehen und eben-
falls einen Baumast schwingend. Ein fast identi-
sches Beispiel dieser Verkürzung, die mir wegen
ihrer Kühnheit zuerst verdächtig vorkam, findet sich
abgebildet in dem Aiiiiali dell' lusl. 1860 Tat-, d'agg.
A (Prachtamphora aus Ruvo in Neapel 2350).
B. Mänade in Chiton und Himation, in der
Linken einen Schlüssel (?) haltend, steht zwischen
zwei nackten Satyrn, von denen der links befind-
liche im linken Arm einen Thyrsos hält.
Die Abhängigkeit der Darstellung beider Seiten
von dem Staninos des Polygnot ist unverkennbar.
Berlin. Konrad Wernicke.
18*
263
264
DER TRITON VON TANAGRA.
In der Wiener Numismatischen Zeitschrift IX
1877 S. 32 hat Iinhoof-Blumer eine unter Marc Aurel
in Tanagra geschlagene Münze veröfl'entliclit, die
ein besonderes Interesse beanspruciit. Dargestellt
ist unter einem von Atlanten gestützten Baldachin
der jugendliche Dionysos, zu dessen Füssen ein
Triton am Hoden liegt. Zur Erklärung des Münz-
bildes verwies Imhoof auf Pausanias IX 20, 4 und
erkannte in dem Dionysos demgemäss das Werk
des Kaiamis. Bei der immer noch nicht aufge-
hellten, quälenden Dunkelheit, die einen in der
litterarischen Ueberlieferung so vielfach genannten
und scheinbar so deutlich charaktcrisirten Künstler
umgiebt, verdiente diese Beobachtung die vollste
Aufmerksamkeit der Archäologen, welcher E. Cur-
tius noch durch eine eineute Besprechung und
bessere Abbildung (Arch. Ztg. 1883 S. 255) zu
Hülfe kam. Doch ist jenes Exemplar der Münze
nicht besonders gut erhalten, und da in Folge da-
von, wie mich ein vom Besitzer bereitwilligst zur
Verfügung gestellter Abdruck lehrt, auch die neue
Abbildung nicht ganz genau ist, so erscheint die
Mittheilung zweier besser erhaltener Exemplare
nicht überflüssig.
LONDON.
BERUH.
Die erste der hier abgebildeten Münzen befindet
sich im Brittischen Museum, ist im Katalog dessel-
ben Central Greece S. 6(j, 60 besprochen und Taf. 10,
15 abgebildet. Sie ist unter Antoninus Pins ge-
schlagen; ihr Revers entspricht dem Imhoof'schen
Exemplare vollkommen, doch lehrt sie uns, dass
die Atlanten nicht, wie die früheren Abbildungen
zeigten, Kränze in den Händen erheben, sondern
vielmehr das Dach des Baldachins stützen, wie es
ja auch angemessener ist, und dass die Linie,
welche jenen täuschenden Schein hervorrief, viel-
mehr der Band eines halbkreisförinigen, über dem
Haupt des Gottes gewölbten Bogens ist. Ferner
sehen wir, dass Dionysos Stiefel trägt, und, wie
wir aus den Faltenspuren au der rechten Hüfte
schliessen dürfen, eine auf der linken Schulter ge-
heftete Nebris. Eine Chlamys wäre für Dionysos
kaum passend. Ob der Gott einen Chiton trägt,
vermögen wir weder auf dieser noch auf der zweiten
JlUnze mit völliger Sicherheit zu erkennen, doch
würden die Umrisse einer fast ganz nackten Figur
wohl etwas anders erscheinen.
Die zweite der abgebildeten Münzen befindet
sich in Berlin. Sie bietet auf der Vorderseite den
Kopf des Marc Aurel mit Resten derselben Um-
schrift wie das Imhoofsche Exemplar; der Revers
stimmt in allem Wesentlichen mit den besprochenen
Münzen überein, nur erscheint neben dem linken
Arm des Dionysos noch ein herabhängendes Stück
Tuch oder Band. Man ist zuerst versucht, dies für
einen ^lautelzipfel zu halten, und für die Statue
eine Gewandanordnung vorauszusetzen, wie wir sie
etwa beim Augustus von Prima Porta tindeu; da
aber der Arm, dessen Hand unten am Thyrsos
sichtbar ist, oä'enbar ebenso gekrümmt war wie auf
dem Londoner Exemplar, und das Stück Gewand
sich bis weit über den Ellenbogen hinauf verfolgen
lässt, von wo es gerade herabhängt, so ist diese
Annahme unmöglich. Der Stempelschneider hat
wohl ein besonderes kleines, um den Arm ge-
schlungenes Gewandstück, wahrscheinlich einen
Zipfel der Nebris, gemeint.
Aber obwohl jeuer moderne Wurf des Mantels, -
der eine Beziehung des Werkes auf Kaiamis ohne
weiteres unmöglich machen würde, nicht vorhanden
ist, bleibt doch eine grosse Schwierigkeit. Den
Baldachin mit den Atlanten hat schon Curtius für
jünger erklärt als Kaiamis, aber kann diese Statue
auf ihn zurückgehen? Es scheint vielleicht kühn, an
einer zunächst so einleuchtenden Zurückführung zu
zweifeln, zumal wir ja eben ein sicheres Bild von
der künstlerischen Eigenart des Kaiamis noch nicht
gewonnen haben, aber das wenige was w ir wissen,
zwingt dazu. Kaiamis gehört der ersten Hälfte
des fünften Jahrhunderts an (Brunn, Geschichte der
griechischen Künstler I S. 125. Overbeck, Plastik''
I S. 217), dahin weisen die wenigen festen Daten
ebenso wie die bei Cicero (Brutus 18, 70) und Quin-
tilian (XII 10, 7) erhaltenen Kunsturtheile '). Nach
') Aus der Notiz des Uionj's von Iliilikainasä (//fp! 'InoxQn-
TOi's 3 S. 541 Heiske) lässt sich kein Zeitiinsat/., weder für Kalainis
noch lür Kalliinachus gewiiineii, weil liier nicht die geschieht-
265
1'. Woltcis. Der Tritiiii von Taiiajrr;!.
266
diesen iiiHssen wir ilin uns sogar noeli areliaisclier
denken als Myron, und dazu stimmt die Nachah-
mung des Hermes Krioplioros auf den Münzen von
Tauagra (Wiener Muniismatische Zeitschrift IX S. 2St),
obschon wir vou dem uubelioU'en steifen Eindruci<,
den das Figürchen macht, ein gutes Theil abziehn,
und bedenken müssen, dass etwa der Apollo aus
dem Theater von Athen') in iilinlicher Verkleine-
rung kaum anders erscheinen würde. In dem
Dionysos der Münzen haben wir aber offenbar eine
Gestalt in der charakteristischen IStcllung vor uns,
welche erst Pliidias ausgebildet und zum Gemein-
gut der griechischen Kunst gemacht hat; vgl. Win-
ter, Die jüngeren attischen Vasen und ihr Ver-
hültniss zur grossen Kunst S. 10. Kaiamis konnte
so noch nicht arbeiten. Wenn Triton und Dionysos
ein einheitliches Werk wären, wie dies Imlioof an-
zunehmen scheint, oder auch, wenn es zwei nicht
durch die Handlung, sondern nur durch die Auf-
stellung vereinigte, ursprünglich sell)st;indige Kunst-
werke wären, wie Curtius glaubt, immer wür<len
wir vor einem unlösbaren Widerspruch unserer
Ueberlieferung stellen. Das ist aber nicht der Fall.
Pausanias (1X20,4) schreibt: 'Im Tempel des
Dionysos ist auch das Bild sehenswürdig, das von
parischem Marmor und ein Werk des Kaiamis ist,
wunderbarer ist aber der Triton'. Eine enge Zu-
sammengehörigkeit ist nicht ausgesprochen, im
Gegentheil ist der Triton dem Dionysos als beson-
ders wunderbar gegenüber gestellt. Darauf theilt
Pausanias die beiden Sagen mit, durch welche die
Tanagräer die Anwesenheit des Triton und den
Umstand, dass ihm der Kopf fehlte, zu erklären
versuchten, fügt die überraschende Xotiz hinzu,
dass er noch einen anderen Triton unter den
Sehenswürdigkeiten zu Rom bemerkt habe, der
aber kleiner gewesen sei als der zu Tanagra, und
giebt uns eine naturgeschichtliche Beschreibung der
Tritonen nach Haar, Schuppen, Kiemen u. s. w.
Alles das ist bei einem Kunstwerk unverständlich,
und der Verdacht, es sei ein Naturwunder gewesen,
das die Neugier des Pausanias in so hohem Grade
erregte, wird weiter dadurch bestätigt, dass er aus
Anlass dieses Triton uns nun eine ganze Liste
liclie Stellung tles Isoki-.ites und Lysias in l'arallele zu l'hidias,
l'olyklet und Kiiliunis, KalUmaohos gesetzt wird, sondern der
Gegensatz einer grossartigen Kunst gegenüber der /f/iTori); und
X^SiS '•ur Erläuterung ihres verschiedenen Charakters verwendet
ist. Vgl. Beundorf, Ueber das Cultusbild der Athena Nike S. 40.
'■') Vgl. Conzc, Beiträge zur beschichte der griechischen
Plastik S. 19.
melkwürdiger Thiere vorführt, vom Nashorn bis
auf den Martichoras des Aufschneiders Ktesias, um
uns zum Schluss eine naturphilosophische Betrach-
tung über den Einfluss des Klimas auf Menscii
und Thier und einen geflügelten Skorpion mit in
den Kauf zu geben '). Naturwunder, wirkliche und
vermeintliche, hat das Alteithum ebenso gern in
den Tempeln aufgehoben wie das Mittelalter in
seinen Kirchen; vgl. Friedländer, Sittengeschichte^
II S. 15(3. Unser Triton war, wie es scheint, ein
sehr berühmtes Stück, und nicht nur Pausanias hat
Interesse an ihm genommen. Bei Aeliau (Heql
Cwwv XIII 21) linden wir folgendes: 'Demostratos
in den ylnyoi aXtsvzixol sagt, dass er in Tanagra
einen einbalsamirten Triton {läotxnv TQiiiova) ge-
sehen habe. Im Uebrigen, sagt derselbe, war er
denen in der Plastik und Malerei ähnlich, der Kopf
aber war in Folge der langen Zeit zerstört und
nicht mehr deutlich zu erkennen; bei meiner Be-
rührung fielen feste und sehr harte Schuppen ab'.
Die weitere Geschichte, wie einer der Collegen des
Deniostratos eine Probe vou der Haut des Tritons
verbrannte, um zu erkennen, ob es ein Geschöpf der
See oder des Landes sei, und kurze Zeit darauf er-
trank, und wie die Tanagräer das als Strafe für diesen
Frevel ansahen, bietet weiter kein Interesse. Ueber
eine dritte Stelle vermögen wir leider nicht zur
Klarheit gelangen. Bei Athenaeus XII S. 551A
lesen wir zum Schluss des Kataloges der unnatür-
lich Wohlbeleibten, es sei doch besser arm zu sein
und mager i] vnsQTtlovTovvTa roT Tavayqauü xij-
TEi ioixevai xaf^ariEQ n'i nQoetQrjftei'oi arÖQsg.
Es liegt nahe, in diesem xfJTos eben unseren Triton,
und in dieser sprichwörtlichen Redensart einen wei-
teren Beweis von der Popularität des Meerwunders
zu sehen, jedoch hat Meineke (Philologicanan exer-
citalionum in Alhenaei Deipiiosophistas specimen II
S. 25 und danach in seiner Ausgabe IV S. 25ü)
die Richtigkeit der Lesart bezweifelt, unter Hin-
weis auf die leider corrupte Glosse des Hesych
TavayQaliov '/ vfjv x^rsi o/noinzrjTa. Eqingng ksyei
tivai Tira fi' Tavayqq nayiiaTOv og kXiy&in Krj-
Tevg. Er schreibt deshalb auch bei Athenaeus
KrjT£i, und versteht beide Stellen vou einem unge-
wöhnlich dicken Menschen, der den Namen oder
2) Es ist aurtullig, dass Tansanias hier wie V 12, 1 das
Nashorn als tuvijos .iHtionixög bezeichnet, worunter andere
Schriftsteller ein fabelhaftes Ungeheuer verstehen, vgl. Aelian's
Thiergeschichtc XVII 45 mit der Anmerkung von Jacobs; für
die übrigen genannten Thiere vgl. dort II 38. IV 21. VI 20.
VII 3. XVI 41. 42.
267
P. Wolters, J-»ci- Triton von Tanagrn.
268
waliischeinlicber den Spitznamen Keteus gefUlnt
habe. Die Scliwierigkeit, tla!<s wir auf diese Weise
in Tanag-ia ein berühmtes xriTog und einen sprich-
wörtlichen KijTavg liabeu, liegt auf der Hand, und
wenn ich aucli glauben möchte, dass ein Zusam-
menhang dazwischen besteht, so sehe ich doch
keine Möglichkeit in einfacher und sicherer Weise
die Ueberlieferungen zu vereinigen^).
Jedenfalls ist der Triton von Tanagra aus der
Liste der Kunstwerke zu streicheu, und wenn er
auf der Münze zu Füssen des Götterbildes er-
scheint, so kann er diese Stelle nur dem Stempel-
schneider verdanken, der ihm auch wohl die leb-
hafte Bewegung und den Kopf wieder verlieli; eine
einfache Abbildung der Mumie würde auf der
••) Man könnte vei-muthen, Krjjtvg sei auch in TanagiM
mythisclier, vielleicht in der Gestalt eines zijro? gedachter Ahn-
herr gewesen, der dann spater an Würde so sehr eingebüsst
haben müsste, dass man seinen angeblichen Leichnam als Cn-
riosität zeigte. Allerdings galt es den Tanagräern auch dann
noch als «af'ßrj/^tt, was der neugierige Genosse des Demostratos
that. Zu Kr,T(vs vgl. Wilamowitz, Homerische Untersuchungen
S. 152,12. 8allet's Zeitschrift liir Nnraismatik XIII S. 73,
Münze undeutlich geworden sein, und es kam ja
nur darauf an, das Meerwunder, auf dessen Besitz
Tanagra stolz sein durfte, in möglichst deutliclier
und überraschender Gestalt vor Augen zu führen.
Ist aber auf diese Weise jeder engere Zusammen-
hang zwischen dem Triton und dem Dionysos des
Kaiamis gelöst, so ist uns wohl die Sicherheit ge-
geben, dass der Dionysos der Münze auf ein Werk
in dem von Pausanias erwähnten Tempel zurück-
geht, aber nicht mehr. Man kann es walirschein-
lich finden, dass dies das Hauptbild des Tempels
sei, obschon Pausanias eben dies eigentliche Cult-
Ijild dem Kaiamis zuzuschreiben scheint, da er es
kurz als in äyaf^ia bezeichnet. Vielleicht liegt
hier wieder einer jener Fälle vor, in denen Pau-
sanias uns Nachrichten bietet, die nur für eine
weit vor ihm selbst liegende Periode Richtigkeit
liatten, vielleicht lässt sich die Schwierigkeit auf
anderem Wege heben: keinesfalls kann sie gegen
die vorgetragene Auffassung des Münzbildes in's
Feld geführt werden.
Bonn, im Oktober 1885.
Paul Wolters.
269
270
DIOSKUREN AUS SÜDITALIEN.
Das hier uach einer Eicliler'schen Zeiclinung-
in 74 '^er natürlichen Grösse (Höhe 0,11 tn., Breite
0.07 m.) in Zinkdruck mitgethcilte kleine Jlonunient
aus gebranntem Thon wurde der Seltenheit der Dar-
stellung wegen im römischen Kunsthandel erworben
und stammt nach einer zuverlässigen Mittheilung
aus dem Tarentinerlande, aus der Gegend von
Bari. Das Material hat eine rüthliche Farbe. Auf
der durch die Reinigung stark angegriffenen Ober-
fläche treten rothe Farbspuren an verscliiedenen
Stellen deutlich zu Tage. Die Rückseite ist ausser
der oberen Partie um Ko])f und Hals ganz roh
behandelt und zeigt in der Mitte ein grosses rund-
liches Brennloch.
Wir erkennen zwei nackte, dicht neben einan-
der sitzende Jünglingsgestalteu, mit lang herab-
wallendem Haar, die Köpfe mit Spitzmützen be-
deckt, von denen die eine rechts vom Beschauer
zur Hälfte abgebrochen ist. Hie legen sich wechsel-
seitig die inneren Arme um die Schultern, die
äusseren Arme fassen nach dem Rücken der bei-
den Thiergestalten, welche von rechts und links zu
ihnen aufspringen. Letztere sind durch den breiten
Kopf, die Schnauze, die stark hervortretenden Hüft-
knochen, den schlanken Leib deutlich als katzen-
artige Raubthiere, Löwen oder Panther, charakte-
risirt. Sie legen den Kopf und die beiden deut-
lich ausgeprägten Vordertatzen auf die äusseren
Oberschenkel der .Jünglinge; auf der linken Seite
ist deutlich die rechte Hand des Jünglings zu er-
kennen, welche das Thier unter dem Kopf fasst.
An dem rechten Unterschenkel des Sitzenden rin-
gelt sich der Schweif des aufspringenden Löwen
aufwärts: auf der schlechter erhaltenen rechten
Seite der Gruppe sind die Details nicht mehr so
genau zu erkennen. Auch die Oberfläche der Ge-
sichter der Jünglinge ist stark angegriffen und ver-
waschen : die Arbeit des Ganzen roh und unsorg-
fältig.
Trotzdem uns keine ganz analogen Darstel-
lungen erhalten sind'), so kann doch über die
Bedeutung dieser interessanten Gruppe kein Zweifel
obwalten. Wir haben fraglos das spartanische
Brüderpaar der Tyndarideu in derselben zu er-
kennen , dessen Cult, wie die unteritalischen Mün-
zen beweisen, mit den lakonischen Colonisten im
achten und siebenten Jahrhundert vor Christus nach
Grossgriechenland herüberkam und dort stets in
hoher Ehre stand: man vergleiche u. a. die Gold-
münze bei Lenormant Gazella archeolog. VII p. 164.
Am nächsten kommt noch unserer Darstellung die
Terracotta aus Kyzikos, ])ublicirt und auf Dios-
knren gedeutet von Gerhard Archäol. Zeitg. 186.0
') Vgl. die Siubildei- der nimisclien l'enuten Dionys I 68
imj die Münzen der gens Caesiii.
271
Fr. Marx, Dioskuren aus Siiditalien.
272
Taf. 199 p. 66^). Das Neue uud Interessaute in-
dessen, was unsere Gruppe bietet, ist das merk-
würdige Beiwerk der aufspringeudeu katzenartigeii
Thierfigureu zu beiden Seiten. Es sind dieselben
keineswegs etwa rein ornamental aufzufassen, wie
die mannigfachen Thiergestalten, Löwen, Sphinxe
und Greife, welclie als Stütze der Armlehnen von
Sesseln und Stühlen dienen: weit eher macheu
dieselben den Eindruck von Attributen, wie die
Löwen der Kybele oder der asiatisclien Artemis,
welche in gleicher Weise den Göttinnen zur Seite
stehen. Die Jünglinge packen vertraulich mit der
Hand den Kücken der anspringenden Thiere, welche
ihrerseits Kopf und beide Vordertatzen ganz zahm
auf die Oberschenkel ihrer Herrn auflegen.
Von den Löwen oder Panthern als den heiligen
Thieren der Dioskuren ist weder aus der Sage
noch aus dem Cult derselben irgend eine Andeu-
tung erhalten. Die heiligen Thiere der ö^eni lav-
xönwlni sind die Lichtrosse: in der Heldensage
dagegen ist der sterbliche Kastor allein der Rosse-
tummler'), wie auf der Vase des Exekias im Museo
Gregoriano {Moimm. II Tav. XXII), wo dem Poly-
deukes ein zu ilim aufspringender Hund beigegeben
ist. Das Scliema der zu beiden Seiten aufsprin-
genden Raubthiere scheint uns vielmehr in die
Heimath jener Artemis- und Kybele- Idole, nach
Kleinasien zu verweisen.
Dies unscheinbare Monument zeigt klar die
Macht einer durch ein bedeutenderes Denkmal der
bildenden Kunst angeregten rein bildlichen Tradi-
tion. Die Schaaren spartanischer Auswanderer,
welche im achten und siebenten Jahrhundert im
Westen eine neue Heimath suchten, und unter denen
besonders Perioeken aus Amyklae und Tlierapuae
genannt werden, brachten fraglos auch ilire Götter-
bilder mit in ihre neuzugründenden Wohnsitze und
unterhielten stets einen regen Verkehr mit der
Mutterstadt am Taygetos, besonders einen Verkehr
religiöser Art*). Es ist höchst wahrscheinlich, dass
die archaische Bronze aus Grumentum Mon. \
Tav. L, welche einen gerüsteten Krieger mit Helm
und Lanze, hinter ihm einen Jüngling ohne Waffen,
beide in vollem, langen Haarschmuck auf demsel-
ben Pferde sitzend, darstellt, angeregt ist durch
ein Vorbild auf dem amyklacjischen Thron, wo
'-') Uebcr dieses uml ähnliche Momimente aus Boeolien und
Olympia vgl. Mittheil, des athen. Instit. 1885 S. 81 ft'.
•■') Ebenso auf dem Spiegel hei Gerhard, Etr. Spieg. III 'i,
Taf. CCLIV A 1.
* Müller, Dorier- I S. 12 7 f.
dargestellt war MsyaTrevdip' öa tov Mersläov xal
NixnaTQarnv 'innog slg rpfgcuv. (Paus. III 18,3^).
Die Darstellungen der Dioskuren auf italischen
Münzen, römischen wie griechischen, zeigen die
Götter meist auf ihren Pferden sitzend und stets
einander assimilirt. Dieser Assimilatioiisprocess
muss sich frülizeitig unter dem Einfluss des Cultus
uud der bildlichen Darstellungen von neuem voll-
zogen haben, nachdem die Sage die &eol lev-
xnntolni. geschieden und einen sterblichen Rosse-
tunimler Kastor und einen unsterblichen Faust-
kämpfer Polydeukes ausgebildet. Auf dem Kypse-
loskasten war der eine bärtig, der andere unbärtig'
dargestellt nach Paus. V 19,2"): noch Plutarch
(Ti. Gracch. 2) weiss in den Darstellungen der Tyu-
dareossölme den ni'xTtnog von dem dQoßixog zu
unterscheiden, und die Exekiasvase giebt nur dem
einen das Pferd, das mythologisch beiden gehört.
Aber daneben besteht die Vorstellung von den bei-
den rossetummelnden Zwillingsgöttern, welche ein-
ander vollständig gleichen, weiter fort, in Italien
vorzüglich, wo auch der nv^ ayai}6g Iloli'deir^r^g
wieder seinem Bruder assimilirt wird und in Rom
beide als Castores Innoöä^ioi verehrt werden.
Die beiden aufspringenden Thiergestalten wer-
den schwerlich einer blossen Laune des Verfertigers
dieses rohen Monuments zuzuschreiben sein: wir
werden nicht fehl gehen, wenn wir in der Heimath,
in der Eurotasebene das Vorbild oder die Anregung
zu einer derartigen Darstellung suchen. Pausanias
berichtet (III 18, 8) bei der Beschreibung des amy-
klaeischen Thrones: rov Sgömv de ngog rnlg äno
neoaaif iq> 'i'rinwv fy.uTfQ(üOiv alaiv o) Tfröagsw
nmdtg ' xal acplyyeg rt tlaiv vnn icng 'irtnotg xai
■Ürjoid ai'OJ ^invza, riö /.liv nägdalig, xcnot Ss inv
rin'/.vösvxTjr Haiva. Die beiden 'aufwärts sprin-
genden' Raubthiere hatten natürlich mythologisch
so wenig mit den Dioskuren zu Ihun, \vie die
Sphinxe: sie waren rein ornamental. Der klein-
asiatische Künstler des amyklaeischen Thrones
hatte den ganzen decorativen Apparat seiner Hei-
math mit nach Lakonien herübergebracht. Die
•'') Die Stelle verglich schon Brunn, s. BMelino 1851 p. 3i.
'■) F. Lenormant hat Qazette arch€ol. VII p. 165 zwei
Tarcntiner Terracottenköpfe bekannt gemacht, beide mit dem
I'ileus bedeckt, der eine bärtig, der andere unbärtig: mit dem
letzteren vgl. den als Dioskur gedeuteten Kopf von Tyndaris
bei Kekuld „Die Terracotten von Sicilien" S. 40. Zu seiner
Deutung auf Dioskuren hätte die Stelle des Pausanias ver-
werthet werden können ; doch ist diese Deutung äusserst zweifel-
haft. Vgl. Dünimler AtmaU 1883 p. 19G.
273
Fl-. M:ir\. l»ioskiu-cn aus Siiiiitalii'n,
274
beiden Tyudaiidcu waveu sclbstveistäudlicli Gegen-
stücke und plastisch dargestellt. Zu ihnen spran-
gen auf den Aussenseiten wappeiiartig von ruclits
und links die katzenartigen Bestien auf, welche
Pausanias als Fanther und Löwen bezeichnet. Un-
richtig liat man die beiden Thicre sich den Heroen
feindlich gegenüber gedacht. Batiivkles hatte offen-
bar das Schema der zu beiden Seiten der asiati-
schen Artemis aufspringenden Raubthiere') auf die
Dioskuren übertragen, aber doch schwerlich eine
Löwenjagd darstellen wollen. Auf den Armen der
uns erhaltenen Nachbildungen der ephesischen Ar-
temis sehen wir ein zu der CUittiu aufwärts sprin-
gendes Löwen- und Pantlierpaar: so auf den Ar-
men der Artemis Ephesia des Museo Pio Clemen-
tino (Visconti I Tav. 32), besonders des Museo Tor-
lonia no. 483 und öfters (Ste]iliani Coniple rendii 18()8
p. 24. Menetreius SyiuIxiHca Dianac Hphesiae slaliia
p. 9. 10. 58. (50): die Artemisbilder der Heimatli-
stadt des Batliykles waren aber der ephesischen
gleichgebildet. (Prcller Griech. Mythol. ■' I p. 253).
Auch sonst wechseln auf ornamentalen Tliicrstreifen
Löwen und Panther mit einander ab (Momim. IX
Tav. 25, 3). Der Sphinxe unter den Pferden waren
vielleicht mehrere: wir sehen dieselbe Art der De-
coration an der oben angeführten archaischen Bronze
von Grumentum, wo unter dem Pferde mehrere in
kleineren Verhältnissen gearbeitete Löwen- und
Pantherpaare (?) angebracht sind. Es ist nach die-
ser Analogie dies wahrscheinlicher, als dass die
Pferde je eine Sphinx unter sich hatten, welche als
Stütze diente: einerseits sehen wir zwar oft die
Sphinx als Stütze und Fuss von Geräthschaften be-
nutzt und andererseits werden gerade Stützen von
Pferden zu einem Steuerruder oder einer Herme
') Vgl. die Zusammenstellung bei Gerhard Arcliüol. Zeitg.
18.34 Tal". LXXff. — Von den Reeon.striictionen de.s ann-
klaeisehen Throns fasst die eine (Archäologische Zeitung 1854
Taf. 70) die Worte ')r)o(it Inui ih^ovia richtiger auf; auf der
anderen (ebenda 1852 Taf. 43) springen die Bestien dtn Dios-
kuren entgegen, wie zum Angriff'. Die Anmerkung Milelihlifer?,
Mittheilungen d. Athen. Instituts 1879 S. t!2 erledigt sich nach
der Betrachtung der Bronze von Grumentum und der obigen
Auseinandersetzung.
u. dergl. verarbeitet, wie an den bekannten Keiter-
statuen des Museo Nazionale in Neapel; doch
hatten die Posse der Dioskuren auf dem amy-
klacischen Thron, welche wir uns steif und ruhig
aussclireitend denken müssen wie das Bronzepferd
von Grumentum, schwerlich eine Stütze nöthig.
Audi bei den Dioskuren auf dem amyklaeischen
Thron bemerken wir links und rechts aufspringende
katzenartige Kaubtliiere, wie auf unserer Terra-
cotta. Es wird dies schwerlich Zufall sein. Ein
Kunstwerk wie der Thron des Batliykles musste
bei dem Ausehen, den der Cultus des Apollo und
der Dioskuren von Amyklae bei allen Dorern, auch
in den Colonien genoss"), ungemein anregend wir-
ken und unser unscheinbares Monument zeigt, wenn
nicht alles trügt, einen Anklang an jene Darstel-
lung. Dass wir in der Tarentiner Terracotta keine
reitenden Dioskuren vor uns haben, sondern die
Jünglinge nebeneinander sitzen, ist für diese Auf-
fassung ebenso unwesentlich, wie der Umstand dass
hier die iieideu anspringenden Bestien einander
ganz gleich sind und beide Löwen zu sein schei-
nen. Ein Künstler entlehnt ein Motiv von einem
Vorgänger selten ganz unverändert. Während in-
dessen die anspringenden Itaubtliierc der Dios-
kurengruppe auf dem amyklaeisciien Thron rein
ornamental und schematisch erscheinen, unterschei-
den sich die beiden Löwen zur Seite der Terra-
cottagruppe bezüglicii ihres Verhältnisses zu den
Göttern in nichts von den attriijutiven Löwen der
Kybele, dem Panther des Dionysos, der Hindin
der Artemis, dem Esel der Vesta. Sie sehen aus
wie die Attribute der Tyndariden. Wir sehen unter
dem Einfluss der bildenden Kunst sich liier eine
Umwandlung in historischer Zeit vollziehen, welclie
für die Anfänge der griechischen Mythologie E. Cur-
tius in der Abhandlung 'Wappenstil und Wappen-
gebrauch im Alterthuni' (Abhandl. der Berl.; Akad.
der Wissensch. 1874j S. 117 vorausgesetzt hat.
Rom. Friedrich Marx.
'^ Die Dioskuren heissen '-luvxkaToi ßuailtiq, 'AiivyJ.atoi
ilioC Theokrit. XXII 12-2. A\)\t Anthol. Piilat. 219.
Archäolog. Ztg. Jahrganjj XLItl.
19
27.-
276
DIE „HERA VON GIRGENTI"
UND DREI ANDERE KÖPFE.
ü
Eine neue Besichtigung des Originales der sog.
Hera von Girgeuti in London giebt mir Anlass zu
diesen Bemerkungen.
Ich scliieke voraus, wie es mir persönlich mit
diesem Kopfe gegangen ist. Bevor ich das Origi-
nal kannte, versuchte ich es oft vergebens den Kopf
zu verstehen, Hess ihn aber immer bald wieder
fallen, da ich nichts mit ihm zu machen und ihn
nirgends einzureihen wusste. Ich schalt meine
eigene Thorheit, denn an der mir überlieferten
kunsthistorischen Bedeutung des Kopfes wagte ich
nicht zu zweifeln. Später als ich, 1881, zuerst das
Original selbst zu sehen bekam, entschied ich mich
dafür, dass es eine geringe und relativ späte rö-
mische Arbeit sei, die verschiedene Elemente in
missverstandener Weise vermenge. Ich wurde dann
an diese Hera wieder erinnert, als ich 1884 bei der
Auetion Castellani in Rom einem hochgepriesenen
Kopfe gegenüberstand, den ich selbst sciion 1877
bei Castellani pflichtschuldigst bewundert, aber nicht
verstanden hatte. Diesmal war mir sofort klar,
dass der Kopf eine Fälschung sei. Als icli nun
vor Kurzem die „Hera von Girgenti" in Lon-
don wiedersah, erkannte ich zu meiner eigenen
377
A. Kiirtwiiiigler. l->ie ,,Hcra von Oirgonti''.
378
Uebenaschung', dass auch sie nur eine Fäl-
schung ist.
Icli kann dies freilicli nicht daduich beweisen,
dass icii etwa den VerCertiger und ein Gestündniss
desselben vorführeu könnte. Ein solcher Beweis
wird ja auch nur vom Laien verlangt werden; der
Facliniann weiss, dass in diesen Dingen nur die
dem Werke selbst entnommenen Gründe die ent-
scheidenden sind. Ist es doch schon vorgekommen,
dass geständige Fälscher auch ächte Antiken als
ihre AVerke in Ansprucli nahmen und dadurch ver-
dächtigten. In unserem Falle indess glaube icii,
dass es sorgfältigen Nachforschungen gelingen
niüsste, den Verfertiger der „Hera von Girgenti"
nachzuweisen; aber ich bin im Augenblicke ausser
Stande sie anzustellen und gestehe auch sehr wenig
Interesse daran zu haben, wie der Jlann lieisst oder
hiess, von dem die vier Köpfe lierrühreu, die ich
oben in Skizzen habe zusammenstellen lassen.
Denn dass der Casteliani'sche Kopf (B) und
die Hera (A) von einem und demselben Künstler
verfertigt sind, war mir durch die völlige Ueber-
cinstinimung von Stil und Arbeit sofort deutlicii ge-
worden. Au die beiden anderen Köpfe aber er-
innerte mich Herr Dr. Puchstein, als ich ihm meine
Ansicht über die ersteren mittheilte. Und eine ge-
naue Vergleichung ergab uns, dass der in Berlin
im Original befindliche und hier bereits als Fäl-
schung erkannte Kopf C und der kleine Aphro-
ditekopf des Herrn von Warsberg (D) in der That
aus derselben Fälscherwerkstatt stammen müssen
wie jene.
Das Uebereinstimmende der vier Köpfe tritt
selbst in den hier gegebenen Skizzen hervor. Ich
habe die Seitenansicht für dieselben gewählt, weil
sie eine Hauptsache deutlich macht, die völlig un-
antike Führung des Profiles. Wir besitzen zwar in
der statuarischen Sculptur bekanntlich nur wenige
antike griechische Nasen — unsere Köpfe würden,
wenn sie antik wären, einen wunderbaren Zufall
darstellen, der gerade an diesen vier so ähnlichen
Stücken die Nasen völlig verschont hätte — , aber
Reliefs und Vasen und namentlich die Münzen ge-
ben uns reichen Ersatz und lehren uns die Ent-
wicklung der griechischen Pi-ofilbildung vollständig
kennen. Ich habe eine dei' hier angewandten ent-
sprechende an ächten Werken niemals bemerkt.
Das Eigenthümliche und Unantike derselben besteht
hauptsächlich in der zu lang herabhängenden Na-
senspitze und dann in dem zurückweichenden kraft-
losen Kinn. Gemeinsam ist den vier Köpfen ferner
eine gewisse Manier der Haarbeliaudlung; die Art
der Scheitelung über der Stirn und die Bildung
der Haare des Oberkopfes ist an allen fast ganz
gleich. Für die Haarschleife im Niicken hatte der
Künstler eine Vorliebe, aber er hat sie in keinem
Falle richtig anzubringen gewusst. Eine Vorliebe
hatte er ferner für den strengeren Stil, von dessen
Elementen er den Köpfen A — C etwas gab. Ge-
meinsam ist ilmen allen endlich auch eine leichte
Neigung und Wendung.
Betracliten wir nun die einzelnen noch etwas
näiier.
A. Die ..Hera von Girgenti" im British Mu-
seum. Sie tauchte Ende der 60er Jahre in Neapel
auf und kam bald in Besitz von AI. Castellani '),
auf den jedoch keinerlei Verdacht fällt, als ob er
um die Fälschung gewusst oder gar sie veranlasst
habe. Der Kopf besteht aus italischem Marmor
nicht sehr guter Qualität und etwas bläulichgrauer
Farbe. AVie an einer Stelle des Hintcrkojtfes er-
sichtlich, ist er aus einem bereits anders, wahr-
scheinlich architektonisch verwendet gewesenen
Blocke gearbeitet. Derselbe reichte für den Hinter-
kopf nicht ganz aus. An mehreren Stellen ist der
Kopf mit einer hauptsächlich durch Säuren erzeug-
ten künstlichen Corrosion") bedeckt, wie sie von
den Fälschern in Italien immer angewandt wird
und die z. B. den aufmerksamen Besuchern des
Museo Torlonia in Rom besonders bekannt sein
wird. — Der Kopf ist in allgemeiner Anlehnung
an die sog. Polykletische Amazone und an die
Hera oder Demeter genannten Kopfe und Statuen
strengeren Stiles in den italienischen Museen ge-
arbeitet, doch kein einziger Zug ist wirklich ver-
standen. Besonders unklar war der Künstler über
die Haartracht. Da der Block, wie schon bemerkt,
am Hinterkojjfe nicht ganz ausreichte, machte er
hier eine Andeutung als ob eine Haarschleife wie
(He an B und 0 weggebrochen sei, ohne zu beden-
ken, wie wenig eine solche zu der strengen Haar-
tracht gepasst haben würde. Ganz ungehöriger
Weise aber Hess er vor dem Olir ein Löckchen
herabfallen, ein Motiv, das in der etli'ectvollen und
freien Haarbehandiung des hellenistischen Stiles zu
1) Heibig in den Annali d. Iiisl. 1869. 1-I4H'. Monum. d.
Inst. IX, 1. Ovei-beck, Kunstmjthol. der Hera S. 81; Atlas
T;if. IX. 4. 5. Friederichs -Wolters, Gipsabgüsse 501.
■-') Fiilschlicli haben Heibig (a. a. 0.) und Murray {lii.il. of
yr. sculj)!. I, 278) dieselbe für eine zu st.irke Reinigung mit
Säuren gehalten. Von wirklicher Heinigung oder Ueberarbeitung
ist keine Spur zu bemerken.
19*
279
A. Furtwäiiifler, Die _Uera von Girgenti''.
280
Hause i.st, aber mit dem liier augeiiommeneu stren-
geren Cliaral\ter in unvereinbarem Widersprutilie
steht. Auch ein solches steifes und plumpes Diadem
erinnere ich mich nirgends gesehen zu haben. Sollte
die alterthiimliche hohe Stephane der Hera nachge-
bildet werden, so uiusste sie in ringsum gleicher
Höhe um den Kopf gehen; das gewöhnliche Dia-
dem aber hat immer ein geschwungenes Profil.
Vor Allem nichtssagend und kleinlich ist endlich
der Mund mit seinen leblosen schwächlichen For-
men, die sich wieder im stärksten Widerspruch mit
dem angenommenen Gesammtcharakter lietinden.
B. Dieser Kopf kam vor etwa zehn Jahren
bei AI. Castellani in Rom zum Vorschein, und zwar
mit der Fuudangabe Sicilien. Bei der Auction der
Sammlung Castellani im Jahre 1884 zu Rom bil-
dete er ein Hauptstück'), blieb aber, wenn ich nicht
irre, im Besitze der Familie. Er ist aus italischem
etwas bläulichem Marmor*) gearbeitet und zeigt au
vielen Stellen, namentlich an den Haaren, dieselbe
künstliche Conosion wie die „Hera von Girgenti".
Die Uebereinstimmung mit der letzteren im Ganzen
und Einzelnen, in der Formenbehandlung wie im
Technischen ist ganz in die .Augen fallend. Man
vergleiche namentlich die Haare am Oberkopfe so-
wohl wie vorne; dann die hier ganz ausgeführte
Haarsclileife über dem Nacken, die zu dem ama-
zonenartigen strengereu Charakter des Ganzen so
gar nicht passt. Dann das kleine Löckchen vor
dem Ohr genau ebenso wie an jener „Hera". End-
lich die lange Nase, der Ansatz der Oberlippe an
dieselbe und der matte leblose Mund, das charakter-
lose flaue Kinn.
C. Kopf im Berliner Museum^). Derselbe
kam schon 1825 in Besitz der königlichen Samm-
lungen und war durch Vermittclnng Bunsen's von
Capranesi in Rom gekauft worden, lieber seinen
Fundort wurde „absichtliches Geheimniss" bewahrt:
doch schien eine Spur auf Neapel als seine Her-
kunft zu weisen "). die Iteachtenswerth ist, da auch
'■') Er ist von zwei Seiten aligeliiMet ninl kurz bosc^liriehen
in dem Anctionseatalog von AV. Fiiiliiier pl. XXII. XXIII.
.\o. 108.'). Danach un^o^e Zeichnung.
^; Nicht aus pai-ischem , wie in dem angcliilirten Cataloge
angegeben wird.
') Vcrzeichn. d. antiken Scul)]turen, lierlin 18.S.J, N". 1328;
als Fälschung beschrieben.
'■) Icli setze hier den Wortlaut der mir von Hrn. Dr. l'iu-li-
stein nachgewiesenen Notiz Bunsens vom 12. Dccember 1825
in den Acten der kgl. Museen her: „Leider bin ich noch nicht
im Stande über die Herkunft des merkwürdigen antiken Koiifes
A von dort kam. Er ist aas schönem weissem,
wahrscheinlich griechischem Jfarmor gearbeitet. Die
künstliche Corrosion ist hier stärker als an A und B;
sie ist namentlich stark auf der einen Wange.
Auch sonst hat sich der Urheber noch mehr Mühe
gegeben den Schein des Antiken durch künstliche
Risse und Brüche zu erwecken. DieUebereinstimraung
mit A und B ist nicht gauz so gross als die der beiden
letzteren unter einander. Der araazonenartige Cha-
rakter und die ganze Auffassung ist zwar dieselbe;
auch die Haartracht, wieder mit der unpassenden
Schleife, stimmt im W^esentlichen überein. Doch
fehlt das Löckciien vor dem Ohr; auch ist das
Haar des Oberkopfes ein wenig anders behandelt
als an A und B und Auge und Mund sind etwas
strenger als dort. Auch das Kinn ist nicht ganz
so schwächlich, kurz der Kopf eigentlich besser als
jene beiden. Dennoch ist die Uebereinstimmung
im Wesentlichen so gross, dass ich an der Iden-
tität des Künstlers nicht zweifle. Die Köpfe A und B
werden also wohl schon längst existirt haben, be-
vor sie als in Sicilien gefunden bei AI. Castellani
auftauchten.
D. Kopf im Besitze des Freiherrn von Wars-
berg in Wien. Icii kenne denselben nur im Ab-
guss. Er wurde angeblich vor etwa 2 Jahren in
Athen unterhalb der Akropolis gefunden. Verdacht
an seiner Aechtheit ist schon von mehreren Seiten
ausgesprochen worden '). Die Uebereinstimmung
des Kopfes in der Gesammtanordnung, der Haar-
behaudlung und dem Proflie mit den drei anderen
ist offenbar. Auch die Art der Arbeit ist, soweit
und den vermuthlichen Fundort etwas Nüheres zu berichten.
AVährend der Monate September und October habe ich last vier
Wochen hindurch die Nachbarschaft von Frascati und der Stadt
durchfragt und durchsucht um hinter die Wahrheit zu kommen.
Ich hatte absichtlicli mir dort ein Landhaus gemietbet, um bei
erhaltener Nacbweisung unter meinen Augen an Ort und Stelle
nachgraben lassen zu können. Das Resultat ist am Ende nur
gewesen, dass ein absichtliches Geheimniss über den Fundort
waltet. Die Meinung Einiger ist, dass der Kopf vor geraumer
Zeit aus der berühmten Sammlung des Schlosses Mondragone
gestohlen sei, worin allerdings mehrere Kopfe fehlen, ohne dass
man bei der dreissigjiihrigen Vernachlässigung jener Villa X'ach-
wcisungen über den ehemaligen Bestand derselben erhalten kann.
Andere glauben, dass der Koiif urspiünglich im Neapolitani-
schen gefunden und hierher insgeheim transportirt sei, damit
die dortige Regierung ihn nicht reclamiren könne."
') Friederichs- Wolters, Gipsabgüsse 1458. — .\bgüsse des
Kopfes sind im Publicum unter der Bezeichnung ,,Venns von
der Akropolis", zuweilen mit dem Beisatze „von Praxiteles",
weit verbreitet worden.
281
A. Miciinclis. Theseus oder lasoii?
282
ich nach dem Abgüsse urtheilen kann, dieselbe.
Da jedoch dem Künstler hier nicht wie dort ein
strengeres amazonenartiges Ideal, sondern das der
Aphrodite aus der späteren Kunst vorschwebte, so
ist der Kopf in seinen einzelnen Formen natürlich
beträchtlicli verschieden von jenen. Statt der grossen
Augen des älteren Stiles, der dort nachgeahmt ist,
finden wir hier das schmale etwas sclimachtende
Auge der A])hrodite, ihre runderen Wangen und
ihren kleinen volleren Mund. Dennoch macht das
Ganze einen äusserst unantiken Eindruck. Die
Haarschleife ist hier bei der Anlehnung au das
spätere Apliroditeideal zwar an sich berechtigt,
aber sie sitzt falsch. Die Binde im Haar und die
rteheitelung stimmt ganz mit B und C überein.
Der Verfertiger dieser vier Köpfe hat sich an
keine einzelnen antiken Stücke genau angeschlossen.
Er hat aus seiner Kenntniss der Antike heraus
eigene Schöpfungen versucht. Dabei ist er verhält-
nissmässig nicht ungeschickt verfahren und mag über-
haupt kein ganz geringer Künstler gewesen sein.
Sehr merkwürdig ist es aber, dass seine Werke
wie es scheint erst lange nach ihrer Entstehung zu
Anseheu und Ruhm gelangt sind, und zwar dies zu
einer Zeit, wo das Verständniss des ächten griechi-
schen Stiles doch bereits ein höheres und allge-
meineres war als vordem.
A. FURTWÄNÜLER.
M I S C E L L E N.
THESEUS ODER lASON?
Nachtrag.
Die oben S. 231 aufs neue von mir vertretene
Ansicht, dass die Erzählung des Miilhogniphus Va-
licaiius von Medeias Autiieil an der Entsendung des
Theseus gegen den maratlionischen Stier auf alter
Ueberlieferung beruhe, hat sehr bald eine unver-
hoffte Bestätigung gefunden Gleichzeitig mit dem
dritten Hefte dieser Zeitung erhielt ich das erste Heft
des einundvierzigsten Bandes des rheinischen Muse-
ums, in dem R. Wagner von dem Funde einer vati-
canischen Excerptenhandschrift berichtet, die beson-
ders durch einen Auszug aus dem verlorenen Theile
von Apollodors Bibliothek wichtig ist. Dieser Auszug
kommt auch den Theseusabenteuern zu gute. „Bei
der Erzählung seiner Ankunft in Athen", sagt
Wagner S. 144, ..und der Nachstellungen, welche
Medea ihm bereitet, ist es liemerkenswerth, dass
Aegeus, ehe er den unerkannten Sohn durch Dar-
reichung des Giftbechers direkt zu verderben sucht,
ihn gegen den Marathonischen Stier aussendet in
der Erwartung, dass er von diesem Unternehmen
nicht zurückkehren werde-*; worauf dann Wagner
an die auch von Näke und von mir herange-
zogene Stelle Ovids (Mel. 7, 433 ff.) erinnert. Damit
wäre also die Uebereinstimnuing des Mythographen
mit Apollodoros nachgewiesen. Der zuvorkommen-
den Freundlichkeit des Entdeckers verdanke ich es,
die bezügliche Stelle hier im Originaltext mittheilen
zu können:
xaihiyng nvv &>jff£vs rrjv ndnv t]x£v eig Jibrj-
rag. Mi]dtia ds Alysi tote avvoixovaa ene-
ßnvXevasv avT(Z xal nsit}ei zov ^lyta (fvkät-
readoL log snißovXnv avznv, ^lyevg ds zov
löinr ayvnüiv naWa rieiaag ensfiipsv ettI zov
MoQnijuninv lavQov. log öi avsJlsv avznv,
nagä Mr^öei'ag Xaßdjv ai'i^r^usQivnv ngnarivEyxEv
avzu) (päg/^iaxov , o öe ftilloi'zng avzot znv no-
znv Tjona<ftQ£ai)ai iöioQi'jaazn ziü naTQi xh
^i'foc. nneq fTjLyvnvg uilyeig zrjv xvXixa e^eg-
Qtipe ZMv yttQiüv avzov. 0/]atvg de äi'ayywgi-
o.'>6/'c zoi nazQi xal zrjv iriißovXr^v fiatßwv
i^äßaXe zt]v Ulrjöeiav.
Strassburg.
Ai>. Michaelis.
283
284
DIE VERSCHOLLENE MEDICEIöCHE POSEIDON-STATUE.
Winckelmann kannte iiui- eine
einzige, von ihm öfter ervvälmte
Statue Poseidons, in der Villa Me-
dici (KG. 5, 1, 36. Mo», ined. S. XLII.
Werke II, 505); er giebt nichts Nä-
heres über sie an, ausser dass er
einige Bemerkungen über die Ver-
schiedenheit des Bartes und des
Haares vom Zeustypus macht. Die
Statue war im Jahre 1787 zur Ueber-
führung nach Florenz bestimmt (s.
Docum. ined. per serv. aUa storia
dei Musei d'Ilalia IV, 77 no. 18), ist
aber nie dahin gelangt, wenigstens
dort nicht zum Vorsehein gekom-
men; die Angabe im Register zu
Winckelmanns Werken (VII, 398),
sie „solle in Livorno aufgestellt
sein", die vernmthlicii auf AI. Hirt
(Bilderbuch I, 25) zurückgeht, hat
sich als irrthümlich erwiesen (vgl.
Overbeck Kunstmytii. III, 201 f.).
Da die Statue auch sonst nirgendwo
wieder aufgetaucht ist, so würde
H. Meyers Zeichnung des Kopfes
(zu Winckelmanns Werken IV, Taf.
8, A), die ohne Zweifel in Rom ge-
macht ist, die einzige Erinnerung
an das Standbild sein, wenn es
nicht einige ältere Zeugnisse gäbe.
Zunächst bemerkt F. A. Visconti in
seinem Gutachten
behufs der Ausfuhr
von Rom nach Flo-
renz (Docum. hied.
a. 0. S. 78) mit
der für solche Gut-
achten cliarakteristi-
schen Aufriciitigkeit
„ü Neltuno con piccolo Trilone ai piedi e dl
mediocre scultnra, e rislanralo in mollissime parli".
Ferner ergiebt sich, da ein anderer Poseidon in der
Sammlung Medici nicht vorhanden war, aus dem
1584 anlasslich des Verkaufs au den Cardinal Me-
dici aufgenommenen Inventar der Sculpturen des
Jlarchese di Cajjranica (Ootti Galt, di Firenze, 2. Aufl.,
1875, S. 362 = Donim. ined. IV, 377), dass die me-
h{evlunuj nLiritcne
diceische Statue aus dieser Samm-
lung herrührte. Dort heisst es von
ihr „Vn Neiluno, alto pal. 11, con
le ganibe moderne senza braccia, con
il posamento antico" (geschätzt auf
200 Ducaten). Dass es sich hier
wirklich um dieselbe Statue handelt,
beweist Aldrovandi(S.217 bei Mauro
Antich. di Roma, 1556), der 1550 an
gleicher Stelle im Hause Capranica
antraf „titi Neltuno ignudo in pie
sopra una aniica c bella hasi: e
setiza braccia: et ha seco altaccato
un buslo duna nimpha marina, che
dal mcizo in giu e pesce, ö delphino:
cosa appropriata ä Neltuno, che e
Idio del mare". Da nun das Haus
Capranica später an die verwandte
Familie della Valle gelangte, die
Ijereits die drei Nachbarhäuser be-
sass (Arch. Zeit. 1880, 13 f.), so
begreift es sich, dass eine Abbil-
dung der Statue im zweiten Baude
von Cavalieri's anliquae sta-
iuae nrbis Romae (III et IV l.,
1594) Taf. 27 (wiederholt bei
I. D. de Rubels insign. stat.
urbis R. icones, 1645) die Un-
terschrift Neplunus cum Tri-
lone In aedibns Vall. trägt.
Der Kopf zeigt in diesem na-
türlicii sehr massigen Stich,
der wegen der Seltenheit von
Cavalieri's Buch hier verklei-
nert wiederholt wird , Aehn-
lichkcit genug mit H. Meyer's
Zeichnung, um au der Identität
nicht zweifeln zu lassen. Die
Abbildung giebt die Statue mit
gebrochenen Armen, also ohne die von Visconti er-
wähnten Ergänzungen. Der völlig unbekleidete
Gott ruht — unter der Voraussetzung, dass hier
wie fast durchweg in jenem Werke der Stich
im Gegensinne gemacht ist — auf dem rechten
Bein und hält das linke in der bei lysippischeu
Statuen beliebten Weitstellung; die rechte Hüfte
tritt stark heraus. Von dem gesenkten linken Arm
285
A<1. Michaelis. Die Mcdicoisclie Po.seidon-Statiie.
286
ist etwa ein Drittel, von dem gehobenen rechten
nur die Schulter erhalten. Der Kopf ist anscheinend
ein wenig- nach seiner Rechten gewandt. Neben
dem rechten Bein erblickt man das in den Beschrei-
bungen genannte Jlischwcsen, das man nach dem
.Stich für männlich, also mit Visconti für einen
Triton halten muss. Der Torso desselben reicht
etwa bis /um Knie des Gottes, der Kopf sowie der
gehobene linke und der gesenkte rechte Arm fehlen.
Ein zicnilicii grosser Block, der dem linken Unter-
bein zur Stütze dient, legt den Veidacht modernen
Ursprungs für diesen Theil der Statue nahe, da
der Triton am anderen Bein zu dem angegebenen
Zwecke genügte. Uebrigens ist es nicht ganz un-
möglich, dass auch der Triton modern war. Das
oben erwähnte Inventar Capranica spricht von le
gamhe moderne, und auf einem jener geringen
Holzschnitte, wie sie Girolamo Francini seit etwa
1590 verotientiichte (wiederhqlt z. B. in der Roma
modenia von 1687, S. 5(3), erseheint unsere Statue
als loms sta. in hortis Car. Medic, im Uebrigen
mit Cavalieri's Stich übereinstimmend, doch so, dass
neben dem Standbein ein grösserer ziemlich form-
loser Block, neben dem gebogenen Bein Hals und
Kopf eines Adlers sichtbar werden. Wenn man
jedoch bedenkt, dass der Triton 1550 von Aldro-
vandi beschrieben, 1594 bei Cavalieri abgebildet
und wiederum 1787 von J. A. Visconti erwähnt
wird, und dass die Statue überall als Poseidon gilt,
so kann jeuer dürftige um 1590 entstandene Holz-
schnitt schwerlich einen genügenden Gegenbeweis
abgeben ; ja es ist nicht ganz undenkbar, dass der
grosse Block nur eine missverstandene Wiedergabe
des köpf- und armlosen Tritontorso ist. Ein Restau-
rator in der ersten Hälfte des Cinquecento würde
überhaujjt nicht leicht darauf verfallen sein, einen
Poseidon statt des so viel näher liegenden Zeus,
einen Triton als Nebenfigur Poseidons, und einen
Torso anstatt einer vollständigen Figur zu bilden.
Die Statue, die wir somit ruhig als Poseidon
werden gelten lassen dürfen, gehört im Ganzen in
die ziemlich zahlreiche Klasse derer, die durch
Münzen mit dem ehernen Poseidon von Kenchreä
(Paus. 2, 2, 3) in Verbindung gesetzt werden (s.
Jouni. ofHell. Sind. 1885, G6. Taf. 51, Ü0-ß2. Mfiller-
Wieseler II, (5, 72a, vgl. die Gemme bei Overbeck
Kunstmyth. III Gemment. 2, 9); böotische Münzen
wiederholen das gleiche Motiv im entgegengesetzten
Sinne (Overbeck a. a. 0. Münzt. 6, 8. Müller-Wieseler
II, 6, 72. Head Guide Taf. 42, 19. Bril. Mus. Cal.,
Boeotia Taf. 13, 5). Die weitbeinige Stellung kehrt
auch z. B. in den Bronzestatuetten in Wien und
Pest wieder (Overbeck a. 0. Hilfst. 3, 1.2), aber
dort sind beide Arme gesenkt. Auch der Triton
neben dem einen Fuss hat seine Analogie in der
korinthischen Münze des Commodus (no. 02), wo
ein ziemlich grosser Delphin neben dem rechten
Standbein erscheint, ähnlich wie in den Statuen
von Scherschel (Arui. 1857 Taf. E. Overbeck Atlas
Taf. 12, 34) und von Holkham Hall no. 18 (Clarac
IV, 744, 1796 A). Darin aber weicht die mediceische
Statue, so viel ich sehe, von allen verwandten ab,
dass das Standbein mit ausgebogener Hüfte nicht
dem gesenkten sondern dem gehobenen Arm ent-
spricht, der ohne Zweifel einst den Dreizack packte.
Da nun zugleich der Blick sich etwas nach dieser
Seite zu wenden scheint, so dürfen wir uns schwer-
lich die Hand mit einem Delphin oder Hippokampen
oder einem ähnlichen Attribut ausgestattet denken,
denn nach einem ebenso stehenden wie natürlichen
Gebrauch gehört eine beschwerte Hand auf die tra-
gende Körperseite und zieht die Blickrichtung nach
sich; vielmehr hing der linke Arm wohl unthätig
herab, obschon der Oberarm stärker zurüekgebogen
zu sein scheint als man danach erwarten sollte.
Auf jeden Fall nimmt die Statue einen gesonderten
Platz unter den Typen des Poseidon ein. Um so
mehr bleibt ihre Wiederaufündung zu wünschen. —
Wenige Tafeln später ist bei Cavalieri eine
Apollonstatue in aedibns Victoriarum (Palazzo
Vettori beim Pantheon) abgebildet, von der ich in
meinen Anc. Marlies in Gr. Brii. S. 599 f. unent-
schieden Hess, ob sie eine Replik des Apollon Egre-
mont oder mit diesem identisch sei. Sicherlich ist
Letzteres der Fall, da gerade alle an der Pet-
worther Statue ergänzten Theile hier fehlen, mit
Ausnahme des 1. Schienbeines, dessen Ergänzung
auch hier, wie beim Poseidon Medici, nöthig war,
damit die Figur überhaupt stehen konnte.
Strassburg.
Ad. Michaelis.
287
288
NOCH EINMAL DIE GRIECHISCHEN SPEISE-TISCHE,
(vgl. Ai-eh. Zeit«-. XLII, S. 179 uud 2SÖ.)
Im Berliner Aiitiquariuni befiudet sich eine bei
Clusium gefundene Bronze, welche in zierlichster
Arbeit einen mit Castaguelten seine Bewegungen
begleitenden Tänzer zeigt, dem ein dreifUssiger Tisch
als Postament dient. Friederichs, Berl. ant. Bildw.
II, 167 No. 093 bezeichnet dies Tischchen als modern.
Herr Professor Furtwängler hatte die Güte, micli
darauf aufmerksam zu machen, dass dies ein Irr-
thum, der Tisch vielmehr antik und ursprünglich
zugeliörig sei, und dass derselbe für die von mir
behauptete Form der Tische einen neuen Beleg ab-
gehe, nur, dass das Tischblatt ein regelmässiges
Rechteck aufweise; für letztere Form hatte ich
mich auch schon im Nachtrage zu meinem Auf-
satze ausgesprochen. — Meiner Bitte, das Tischchen
zeichnen zu lassen, kam die Rcdaction dieser Zeitung
bereitwilligst nach; die beifolgenden Abbildungen zei-
gen dasselbe in 7, der Oi iginalgrösse von der Seite
und von unten gesehen. Herr Dr. Fränkel bemerkt
dazu brieflich folgendes: „Die Figur steht auf einer
antiken oblongen Plintljc, zu deren Aufnalime die
Tiscliplatte einen vertieften Einschnitt aufweist, wie
die Zeichnung es giebt. Dass die Figur mit dem
Tische zusammengehangen hat, beweisen die antiken
Nietspuren an der Unterfläche des Tisches, deren
Abstände zu der Form der Plinthe genau passen,
und mindestens an einer Stelle ist auch bei dieser
die entsprechende Spur erhalten. Der Einschnitt
des Tisches ist aber modern, wie man nicht zwei-
feln kann, wenn man seine Fläclie nach Entfernung
der Figur untersucht. Ursprünglich sass also die
Figur mit ihrer kleinen Plinthe ohne weiteres auf
der Tiscliplatte auf. — Dass 'der Tisch antik ist,
kann keinem Zweifel unterliegen. Friederichs wurde
zu dem entgegengesetzten Glauben verniuthlich da-
durch gebracht, dass die Patinirung von der der
Figur etwas verschieden, minder stark ist, und wohl
auch dadurch, dass ihm die Dreibeinigkeit anstössig
erschien; endlich mag er auch den modernen Ursprung
des Einschnittes bemerkt und daraus eine Bestäti-
gung des ihm durch die beiden anderen Momente an
die Hand gegebenen Verdachtes entnommen haben".
Dies Tischchen bestätigt demnach, was wir aus
auderen Denkmälern entnommen hatten, dass von
den drei Füssen der eine an der schmalen Seite,
die beiden anderen dagegen an den beiden Lang-
seiten angebracht sind, und zwar so, dass noch
ein Theil der Tischplatte über dieselben hinausragt;
die Uuteransicht zeigt ferner, dass auch hier die
Vorrichtungen zur Aufnahme von Querstützen an-
gedeutet sind, obgleich diese Stützen nicht vor-
handen waren und der Bildner sich mit der An-
deutung der für ihre Aufnahme bestinmiten Bet-
tungen begnügte. Wir entnehmen daraus auch, dass
nur zwei Queerstützcn vorhanden waren: eine, welche
die beiden einander gegenüberliegenden Füsse ver-
band, und eine zweite, welche vom dritten Fuss aus
zur Mitte der ersten Stütze hinüberging. . — Die-
selbe Form des Tisches tritt deutliciier als au irgend
einem der von uns gesammelten Beispiele an dem
Yasengemälde aus Neapel hervor, welches vor kur-
zem Schreiber im kulturhistor. Bilderathis Taf. 7tj,2
publicirt hat. Da hier die Tischplatte perspektivisch,
nicht wie sonst gewöhnlich im Profil gezeiciinet ist,
so ist die Stellung der Füsse evident; die Queer-
leisten, die auf der Schale des Duris (Schreiber,
Taf. 77, 9) nebst den Stützen deutlich angegeben
sind, fehlen hier.
289
K. 'Wernickc, Vasen mit Mi'istci'iiaincii.
290
Es ent^^teht min wieder die alte T'rag'e: was liatfc
diese Form der Tische für einen Zweck? — Die
Erklärung-, die mir jetzt als die wahrscbeinlicliste
vorkommt, ist folgende: die Tische gingen, weil sie
dazu bestimmt waren, nach der Mahlzeit vor Be-
ginn des Sj'mposions entfernt zu werden (was frei-
lich oft unterbleiben mochte, wenn wir den Denk-
mälern Glauben schenken), auf Rollen oder Kadern;
und dass es bei weitem leichter ist, einen drei-
füssigen Tisch, bei dem das eine Bein gewisser-
maassen die Steuerung übernimmt, nach einer be-
stimmten Richtung zu rollen, als einen vierfüssigeu.
das liegt auf der Hand und bedarf nicht erst des Hin-
weises auf dreirädrige Stosswagen und dergleichen.
Dass aber dies eine Bein auf den Denkmälern sich
immer an der Fussseite des Gelagerten, nie zu Häup-
teu derselben befindet, das kommt jedenfalls daher,
dass der Gelagerte so, wenn er einmal aus der
liegenden Stellung in die sitzende überging und die
Beine auf die Erde setzte, nicht Gefahr lief, mit
einem Tischbeine zu collidiren.
H. Blümner.
ZU DEN VASEN MIT
Nachtrag zu
Zu den von mir zusammengestellten Zeichnungen
haben sich noch einige hinzugefunden, welche in
dieselbe Reihe gehören. Den Namen 'ETildQoi.iog,
den ich Sp. 256 vermuthungsweise auf der Leagros-
schale ergänzte, kann ich jetzt aus einer zeitlich
nahe genug stehenden') Vase belegen:
Schale mit Innenbild. Aufbewahrungsort unbe-
kannt. App. NN 208 A, Mb.
I. Ein nackter Jüngling steht nach rechts vor
einer palästrischen Stele; beide Hände vorstreckend''),
schickt er sich zum Sprunge an. Beischrift fePI-
APOA/^O 'EnlÖQnftng. Der Stil weist auf die
Uebergangszeit von der Manier des Epiktetischen
Kreises zur BUithe des strengen Stils hin.
Zu dem Motiv des trinkenden Mannes in Vor-
deransicht Hesse sich noch die demselben Kreise wie
die ebengenannten Gufässe angehörige Berliner
Schale 2298 (App. NN 216, 330) sowie die von
Minervini, monnmetdi arif. ined. possedvti da Raffaele
Barotie Taf. X abgebildete Vase mit der Spiiinx')
anführen.
Schalen mit ngoaayoQsvcij.
2 (Klein). Eine Zeichnung des Innenbildes be-
findet sich im App. NN 210, 319.
') Ihre Entstehiingszeit ist etwas früher .ils die der Lengros-
schiile anzusetzen.
-) Die Halteren, die er jedenfalls hielt, sind in der Zeich-
nung fortgelassen.
') Die Sphinx sitzt unter Männern und .Jünglingen, denen
sie ihr Riithsel aufgiebt; in dem Jüngling links vermag ich
Oedijius ebensowenig zu erkennen , wie in dem von vorn ge-
sehenen Jüngling rechts lokaste.
Archlinlog. Ztg. Jahrgang: XLIIl.
MEISTEKNAMEN.
S. 249 ff.
Schalen mit inoleoev.
3 (Klein). Wie die Zeichnung App. NN 203,
307 zeigt, liegen zu den Füssen des Jünglings statt
der räthselbaften eiförmigen Gegenstände zwei harm-
lose Halteren, die mit Eiern nicht die geringste
Aehnlichkeit haben. Natürlich kann sie der Jüng-
ling in diesem Augenblick nicht gebrauchen, da er
in jede Hand einen Springstock genommen hat.
Der Sprung scheint überhaupt in der Palästra ab-
wechselnd mit Stöcken und Springgewichten geübt
worden zu sein, wie dies auf einer ehemals Cande-
lori'schen Schale ^ (App. NN 203, 306) dargestellt
ist. Wir sehen daselbst einen nackten Jüngling, der
in jeder Hand einen alTtjg hält und vorschreitend
sich vornüber neigt, um sich zum Springen den er-
forderlichen Schwung zu geben. Hinter ihm sielit
man in schräger Richtung, also zu Boden fallend,
zwei Springstöcke gemalt: der Jüngling hat sie
eben weggeworfen und will nun zu der Uebung
mit den Hanteln übergehen.
Vase mit dem Lieblin^snameu des Megakles.
Megakles ist der Liebling des Phintias'j und
des Euthymides. Bisher war die seine Schönheit
rühmende Beischrift nur auf zwei Vasen dieser bei-
den Vasenmalcr bekannt. Jetzt kann ich eine
dritte, freilich ohne Malernamen gelassene Vase
liinzufügen.
■•) Ich finde sie im Münchener Katalog nicht; sie wird also
wohl mit der ersten Sammlung Candelori's in den Vatican ge-
kommen sein.
'■') So wird der Mann doch wohl heissen, wenn er sich auch
auf den drei von ihm bekannten Vasen zweimal 't>iXtia; resp.
'I'ni'ni verschrieben hat.
20
291
A. Michaelis. Zusatz.
292
Aiuphora, von Geiliavd bei Depoletti gesehen.
App. NN 214, 327.
Dargestellt ist ein Komos, der sich um beide
Seiten des Gefässes herumzieht. Auf A schreiten
drei bekränzte Jünglinge, nur mit einer kleinen
Chlamys um die Schultern bekleidet, in begeister-
tem Rausche nach rechts; der vorderste erhebt die
linke und senkt die rechte Hand, um sich im
Gleichgewicht zu erhalten; der zweite trägt in der
Linken wagerecht einen Stock, erhebt die Rechte
über den Kopf und wendet sich zu seinem Hinter-
mann um; dieser letztere bläst die Doppelflöte.
Ueber dem Kopfe des dritten Jünglings steht
MSAAKUE^, über dem des ersten KAUO^.
Den Jünglingen kommt von rechts entgegen ein
bärtiger Mann, die Leier spielend und mit erhobe-
nem Kopfe dazu singend.
Auf B sind drei Figuren im Hiraation: linksein
bärtiger Mann nach rechts stehend; er hält mit der
rechten Hand eine Schale am Fusse zum Kottabos-
wurf empor und blickt nach oben zu der hinzu-
zudenkenden nläaziy'^; über ihm KAUO^. Rechts
davon stehen ein Jüngling und ein bärtiger Mann
einander gegenüber; sie sind im Morraspiel be-
griffen. Beide halten in der Rechten einen Stock,
und der Jüngling hebt drei Finger der Linken em-
por, während der Gefährte noch überlegend die
Hand verbirgt. Ueber der Gruppe KUEO^ON
KAUO^.
Ob die Vase dem Phintias oder dem Euthymides
gehört, ist bei dem überaus älinlichen Stil beider
nicht zu entscheiden; auch leidet die Zeichnung an
übel angebrachter Verschönerungssucht, was sich
namentlich an den Köpfen bemerkbar macht. Aber
trotzdem schimmert die zierliche Manier des Euthy-
mides durch, wie ja das Bild auch stofflich sich
von seinem Gedankenkreise nicht entfernt und in
dem bei Jahn, Dichter auf Vasen bildern Tafel 5 ab-
gebildeten Gefäss, das bereits Klein zu Euthymides
gestellt hat, seine nächste Analogie findet.
Berlin. Konrad Wernicke.
ZUS
zu S,
Zu dem oben mitgetheilten Excerpt aus .\polIo-
dor möge es gestattet sein noch vor Abscliluss die-
ser Zeitung eine Bemerkung hinzuzufügen. Der Be-
richt Apollodors stimmt nicht nur mit dem Myllio-
graphus Vaticaniis in allem Wesentlichen überein,
sondern steht aucli dem Scholiou zu H. yt 741, das
den Inhalt des euripideischen Aegeus nach Krates
wiedergiebt, sehr nahe, nur dass hier der Zug ge-
gen den marathonischen Stier fehlt und die Ränke
Medeias sich sogleich in der Giftmischerei zeigen.
Sollen wir nun in dem Zuge gegen den Stier einen
blossen Zusatz der Mythographen oder etwa, wie
Herr Wagner anzunehmen geneigt ist, die Aus-
schmückung eines späteren tragischen Nachdichters
erblicken, oder gehört auch dieser Zug der euri])i-
deischen Tragödie an und ist nur in der Wieder-
gabe des Scholiasfen ausgefallen, dem es zur Er-
klärung des homerischen Verses (); rnaa (pägfiaxa
Jjdrj, oaa rgiffti tvQÜa yßwv) lediglich auf das Bei-
spiel des Giftmischens ankam? Ich neige zu letz-
terer Annahme, so dass Apollodor hier den euripi-
deischen Aegeus ebenso wiedergäbe, wie seine Er-
zählung von den korinthischen Ereignissen deutlich
eine Ilypothesis der Medeia desselben Dichters ent-
ATZ
281.
hält. Für diese Annahme scheint mir Folgendes
zu sprechen. Die Verbindung Medeias mit Aegeus
und Athen ist kein alter Sagenzug, sondern, so
weit wir sehen können, eine Erfindung des Euri-
pides; mit dem Thema seines Aegeus steht die
Einführung dieses Königs in der Medeia in
engem Zusammenhang. Nun finden wir in der
Kodrosschale Medeia als Theseus' Gegnerin im
Hause des Aegeus (nscpvxe yäg nug naiol nols-
l^itog yvvrj zolg ngöa^ev tj Cvytlaa öevciga naTQi,
wie es in Fragm. 4 des Aegeus heisst), also ein
euripideischer Zug; und ich glaube früher gezeigt
zu haben (Arch. Zeitg. 1877, 76f.), dass der Zug
gegen den Stier am meisten Anspruch darauf hat,
als Gegenstand der dort geschilderten Aussendung
des Theseus zu gelten. Die Kodrosschale gehört
aber sicher den letzten Jahrzehnten des fünften
Jahrhunderts an (vgl. Fr. Winter die jüngeren att.
Vasen S. If. 9. 26), fällt also schwerlich in den
Bereich eines euripideischen Nachdichters, sondern
steht unter dem Einfluss des Euripides selber, was
dann natürlich auch füi- die Veroneser Schale und
die Vase aus Kertsch gilt. Von dieser Seite steht
also nichts der Vermuthung von Wilamowitz ent-
293
F. Stiuliiiczka, Naclitrai;
294
gegen (anal. Enrip. S. 150. 175), dass die Anspie-
lung bei Aristoplianes Ach. 119 sicli auf den Aegeus
beziehe, und dieser somit vor 425 anzusetzen sei,
vielleicht gleiclizeitig mit dem 428 aufgeführten
Hi]ipol)'tos, nachdem die Medeia drei Jahre vorher
das Thema angesciilagen hatte. — Der Verlauf des
Dramas muss danach natürlich etwas anders recon-
struirt werden, als es von Welcker (griech. Trag.
II, 72'Jtf.) versucht worden ist. Medeia wird im
Prolog ihren Anschlag dargelegt und von der Ent-
sendung des gefährlichen Jünglings in das drohende
siclierc Verderl)en erzählt haben. Möglich, dass in
der Parodos die Worte des Fragm. 11 ihren Platz
hatten: tau xai maiaavT^ «Qeiav anodei^aadat,
&avaz(ii. l'nverniuthet kehrt er nun aber als Sieger
zurück und berichtet von seinem Kampf. Bei die-
ser Gelegenheit kann die paruethische Bergfeste
Panaktos erwähnt worden sein (Fragm. 12), und
vielleicht bezog sich auch das Wort avtqa'iog
(Fragm. 13) auf den Stier; vgl. Soph. K. Oed. 27G
(pnixä yuQ vn aygtav iilav arä % ätzga xal
neTQog ars ravQog. Ohne Zweifel feierte der
Chor den Sieg. Nachdem der Anschlag somit ver-
eitelt ist, sinnt Medeia auf neue List, für die
sie den schwachen Gatten gewinnt. Auf eine dem
Jüngling günstige Einmischung des Chores mag
sich in Medeias Munde der Vers deihöv yvvalxsg
deanoTiöv &Qaava[n/.ioi (Fiagm. 3) bezielien. Dar-
auf erfolgt av(yrjfieQLvöv (mit Recht maclit Herr
Wagner mich darauf aufmerksam, dass dies Wort
auf eine Tragödienhypothesis hinzuweisen scheine)
der Versuch der Vergiftung. Bei dieser findet die
avayvüqiaig statt, nach Apoliodor nicht durcli ein
zufälliges Ziehen des Schwertes zum Gebrauch als
Messer bei der Mahlzeit (Plut. Thes. 12), sondern
dadurch herbeigeführt, dass Theseus dem Vater sein
Schwert zum Geschenke darbot. Jetzt ahnt dieser
die Wahrheit, und seine Erregung glaube ich in
den gehäuften Fragen zu erkennen, mit denen der
alte homerische Vers umschrieben wird (Fragm. 1):
noiav ae (fiöf^uv yaiav £xlE?MinÖTCc
nolit ^einvadai t/jöe; tig näiqag oQog:,
zig saiy o (fvaag; zov x&xrjQviai nargog;
Natürlich sehloss die Tragödie mit der Anerkennung
des Theseus und der \'erbannung Medeias.
Strassburg. Ad. Michaelis.
NACHTRAG
zu Archäologische Zeitung 1884 S. 281 ff.
Die von mir in diesem Aufsatz begründete Um-
nennung der beiden stehenden Frauen im olym-
pischen Ostgiebel hatte, wie ich erst jetzt bemerke,
bereits Furtwängler gelegentlich, ohne jede Be-
gründung, Mittheil, des athen. Inst. V S. 40 Anm. 1
ausgesprochen: 'die sog. Hippodameia (besser Ste-
rope)'. In seiner ausführlichen Behandlung der
Olympiafunde (Preuss. Jahrbücher LI S. 373) sehloss
er sich freilich wieder auch in diesem Punkte der
Aufstellung von Curtius an. So erklärt es sich,
dass jene versteckte Bemerkung mir wie allen An-
deren entgangen ist.
Athen. Fhanz Studniczka.
BERICHTE.
Archäologische Gesellschaft in Berlin.
Sitzung vom 3. November. Der Vorsitzende
machte von dem Austritt der Herren Sachau und
Clemens Meyer Mittheilung und legte an einge-
gangenen Schriften vor: Loewy, Inschriften grie-
chischer Bildhauer; Urlichs, Phidias in Rom;
Lange, Profanbauten in Olympia; Holwerda, die
alten Kyprier in Kunst und Cultus; BlUmner,
Altgriechischer MObelstil; Wieseler, Geschnittene
Steine des 4. Jahrhunderts n.Chr.; Hertz, August
Böckh und Immanuel Bekker; AA'eber, Topogra-
phie d'Ephese; Holm und Cavallari, Topngraßa
archeoloyica dt Siracusa; Gozzadini, Dkc siele
einische; unter anderen Fortsetzungen die des ffi'^-
f.oyog ffiloloyixog zu Konstantinopel, der zu einer
internationalen Versammlung von Gelehrten am
20. August 1886 einladet. Im Anschluss an das
•20*
295
Chronik der Winckelmannsfeste.
296
letzte Heft des Journal of Hellenic sludies gab der
Vorsitzende einen Bericht über die merkwürdigen
Entdeckungen in Naukratis, Herr Weil über
den darin enthaltenen Anfang eines numismatischen
Commentars zu Pausanias von Inihoof- Blumer
und Perey Gardner. — Herr Furtwiingler
legte einen Bericht über eine Forschungsreise auf
Cypern vor, welche Herr Max Ohnefalsch-
Richter im Mai und Juni d. J. unternommen hat.
Er enthält eine Fülle werthvollen Materials, das
viele Lücken unserer Kenntniss ergänzt und eine
lebendige Anschauung der ältesten Cultur auf Cy-
pern gewährt. Bei Fortsetzung dieser Untersuchun-
gen seien für die gesammte altgrieehische Kunst
interessante Aufschlüsse zu hoffen, insbesondere für
die Uebergangszeit zwischen der mykenischen und
archaischen Periode. Einige Terracottastatuen,
Weihegaben an Todte, welche einen fast griechi-
schen Charakter tragen, wurden eingehender be-
sprochen. Zum Schluss machte der Vortragende aus
einer cyprischen Zeitung Mittheilung von einem Be-
richt des Herrn Dümmler über eine Ausgrabung,
die Herr Ohnefalsch-Richter vor Zeugen an der
Stelle veranstaltete, wo Cesnola den „Schatz von
Kurion" gefunden zu haben angiebt. Danach sollen
die Fundangaben Cesnolas sowohl über diesen
„Schatz", wie über den „Tempel von Golgoi" auf
Unwahrheit beruhen. — Herr Treu aus Dresden,
als Gast anwesend, erläuterte einige farbige
Wi e d e rh ers t el lu n g s v er SU ch e antiker plastischer
Werke, welche zu dem Zweck gemacht sind, einer
farbigen Reconstruction der olympischen Sculpturen
vorzuarbeiten und durch die Anschauung eine Klä-
rung der Ansichten über das System der antiken
Polychromie herbeizuführen, namentlich über den
Punkt, ob das Nackte farblos geblieben oder mit
den bemalten Gewändern durch transparente Far-
bentöne in Uebereinstimmung gebracht worden sei.
Dass letzteres der Fall gewesen, beweisen ausser
der Analogie der durchgängig bemalten Kalkstein-
und Terracotta-Statuen einzelne litterarisciie Nach-
richten über Statuenbemaiung durch bedeutende
Maler, ferner pompejanische Bilder, auf denen das
Nackte stets fleischfarbig bemalt sei, endlich die
Thatsache, dass sich Farbe am Fleisch der Statuen
in einigen Fällen wirklich erhalten habe. Nur eine
solche, wenn auch mehr decorativ- als realistisch-
farbige Gesammthaltung mache den Eindruck ästhe-
tischer Wahrsciieinlichkeit. Herr Lessing be-
merkte, dass an den Werken des Luca della Robbia
trotz der Farbigkeit der Gewänder, ja der Augen-
sterne und -brauen, doch das Fleisch weiss ge-
lassen wäre, möglicher Weise weil seine Technik
über Fleischfarbe nicht verfügte; seine Nachfolger
gaben dem Nackten eine braune, aber keine natu-
ralistische Färbung. — Herr Hübner besprach die
Abhandlung des General-Major Wolf über Köln
und seine römische Rheinbrücke und wies auf
den regen Antheil hin, welchen eine immer stei-
gende Zahl von Genie - Officieren an der Lösung
der zahlreichen topographisch -antiquarischen Auf-
gaben im römischen Deutschland nimmt. — Zum
Schluss legte Herr Curtius den Gipsabdruck einer
Münze der Akrasioten vor, die kürzlich in einem
vorzüglichen Exemplar vom königl. Münzkabinet
erworben worden ist und das Bild der farnesi-
schen Stiergruppe zeigt.
CHRONIK DER WINCKELMANNSFESTE.
Athen. In der am 9. December abgehaltenen
Erötfnungssitzung des archäologischen Instituts
.sprachen die Herren Köhler über die attischen
Nekropolen; Dörpfeld über die Ergebnisse der
Ausgrabungen in Tiryns; Conze über den gegen-
wärtigen Stand der Ausgral)ungen in Pergamon.
Rom, 11. December. In der Festsitzung des
archäologischen Instituts sprach Herr Tomassetti
über ein im Besitze des Fürsten Colonna befind-
liches opus seclile mit einer auf die Gründungsle-
gende von Rom bezüglichen Darstellung. Dasselbe
wurde 1837 in der Nähe von Marino gefunden, im
Bulleltino 1838 p. 112 kurz beschrieben, seither
jedoch nicht wieder erwähnt, und ist nun aufs
Neue aus einem Magazin des Palazzo Colonna zu-
gleich mit dem Mosaikfussboden, dessen vornehm-
sten Schmuck es bildete, durch den Vortragenden
ans Tageslicht gezogen worden. Der Redner ver-
breitete sich zunächst über die von dem eigentlichen
Mosaik (opus tessellalutn) wesentlich verschiedene
und dem heutigen Florentiner Mosaik verwandte
Technik des opus seclile, dessen äusserst seltenes
Vorkommen (in Rom sind nur drei Beispiele mit
figürlichen Darstellungen nachweisbar) er besonders
297
Cliroiiik der Winckcliiiaiiiisfeste.
298
ilaclurcli zu erklären suchte, das«« die in das opus
seclile eingesetzten verhältnissmässig- grossen Stücke
seltener Marmorsorten die spätere Zeit zur Weiter-
' Verwendung angereizt hätten. Die Darstellung der
aus rosso antico bestehenden Tafel, an der nur ge-
ringe Reste der Einsätze von weissem und gelbem
Marmor erhalten sind, zeigt in der Mitte die ßcus
riuniiialis, in deren Zweigen zwei aucli auf ver-
wandten Darstellungen vorkommende Vögel, piciis
und parrha^ letzterer hier deutlich als Kiebitz zu
erkennen, sitzen. Am Fusse des Baumes steht der
Hirt Faustulus mit Hut und Pedum, rechts von ihm
liegt die Wölfin mit den Zwillingen, den Kopf ihnen
zuwendend, lieber ihr befindet sich ein Altar, in
welchem man die ara qiiadrata des Romulus zu er-
kennen haben wird, und ein von reclits nach links
darüber hin fliegender Vogel, offenbar ein für die
Gründung der Stadt günstiges Auguriuni. Auf der
anderen Seite thront oberhalb eines Felsens, an
dessen Fusse sich zwei weidende Schafe befinden,
die dea Roma, aus deren römischen Waffenstücken
sich ein Schluss auf die locale Entstehung des
Kunstwerks ziehen lässt. Seinem Stile nach glaubte
der Vortragende es an das Ende des zweiten Jahr-
hunderts n. Chr. setzen zu müssen, doch liege jeden-
falls ein dem ersten Jahrhundert angehöriges Ori-
ginal zu Grunde.
Herr Hei big handelte anknüpi'eud an die in-
schriftlich bezeichnete, vormals in der Sammlung
Alessandro Castellani befindliche Herme über die
Ikonographie des Plato. Eine anselinliche Reihe
von Köpfen und auch eine vaticanische Herme, mit
der modernen Inschrift Zenon, darf auf Grund jenes
authentischen Porträts nunmehr mit Sicherheit dem
Plato zugesprochen werden. Allerdings stimmt der
finstere Ausdruck aller dieser Köpfe nur wenig mit
dem Bilde, welches sich der Moderne von dem
grossen Philosophen zu machen pflegt. Aber ein
Zeitgenosse, der Dichter Amphis, lässt den Plato
anreden: „0 Plato, du weisst nichts anderes zu
thun als finster zu blicken und majestätisch die
Augenbrauen emporzuziehen". Bei einem anderen
gleichzeitigen Komödiendichter, Ephippos, wird die
Haar- und Barttracht der Akademiker genau über-
einstimmend mit der jener Köpfe geschildert. Die
besser gearbeiteten Exemplare lassen auf ein Bronze-
original der zweiten attischen Schule schliessen.
Es scheint somit, dass alle Repliken dieses Typus
auf ein bei Lebzeiten des Plato gearbeitetes Porträt
zurückgehen.
Es gab aber im Altertlium noch ein anderes
Porträt des Plato, welches ihn als Greis darstellte.
Wir kennen dasselbe insbesondere durch eine bei
Chiusi gefundene Doppelherme, wo es mit demje-
nigen des Sokrates verbunden ist. Der fortge-
schrittene Naturalismus dieses Porträts verweist es
in die Zeit nach Plato's Tode. Es findet eine Ana-
logie in dem durch mehrere Rei)liken erhaltenen
Porträt des greisen Sophokles, in dem wir mit
Sicherheit eine Schöpfung der hellenistiseiien Kunst
erkennen dürfen.
Die inschriftlich bezeichnete Florentiner Büste
des Plato wurde von dem Vortragenden ausge-
schieden, da die Inschrift verdächtig erscheint.
Berlin. Das 45. Winckclmannsfest der archä-
ologischen Gesellschaft wurde am 4. December ge-
feiert. Das Programm „Ueber antike Steinmetz-
zeichen" hatte Herr 0. Richter verfasst. Der
Vorsitzende Herr Curtius gab einen Ueberblick
über die Funde und Forschungen des verflossenen
Jahres und verweilte insbesondere bei den epoche-
machenden Entdeckungen in Gortyu und Tiryns.
Während die in der kretischen Stadt gefundene
grosse Rechtsurkunde uns die Griechen in ganz
neuer Weise von der Seite ihres juristischen Den-
kens kenneu lehrt und uns in Volkszustände
blicken lässt, die sich in ihrer Ursprünglichkeit
hier viel länger, als in den uns bekannteren Staa-
ten erhalten haben, haben die Schliemann'schen
Ausgrabungen zu Tiryns uns den Grundplan eines
homerischen Anaktenhauses in allen Einzelheiten
vor Augen gelegt und uns ein anschauliches Lebens-
bild aus vorhistorischer Zeit entrollt. Die Ring-
mauer aber, welche mit ihren kasemattenartigen
Innenräumen eine anft'ällige Analogie mit den Rui-
nen Carthagos, Uticas und anderer phönikischer
Städte bietet, hat die Frage nach der Einwande-
rung der Phöniker in Griechenland in neuer Fas-
sung auf die Tagesordnung gesetzt. Schon 1850
hatte der Vortragende in seinem Aufsatz: Die
Phönicier in Argos" auf die in besonders nach-
haltiger Weise nach Argos eingeführte Cultur Phö-
nikiens aufmerksam gemacht; es hat also an sich
nichts Unwahrscheinliches, dass, wie David und
Salomo sich von Hiram ihre Künstler nach Jeru-
salem holten, so die Burgherren von Tiryns phö-
nicische Bautechniker zur Ausführung ihrer Burg-
anlage beriefen. Trotz dieses von Jahr zu Jahr
deutlicher erkennbaren Einflusses orientalischer Vor-
bilder auf griechische Architektur, Plastik und Ma-
lerei stehen doch die auf europäischem Grund und
Boden erwachsenen Denkmäler einzig in ihrer Art
299
Chronik der "Wiuckelmannsfeste.
300
da: die dem Morgeulaiide entstamiiiendeii Künste ha-
ben unter den überseeischen Fürstenhäusern der Ar-
golis eine besonders glückliche Entfaltung gehabt und
durch Berührung mit dem auf griechischem Boden
ansässigen Pelasgervolk Resultate gezeitigt, welche
die Ueberlegeuheit unseres Erdtheiles deutlich
offenbaren. — Herr Schöne legte das Werk von
Schliemann über Tiryns und den soeben erschie-
nenen Band der im Auftrage des Cultusministers
von Conze herausgegebenen Alterthümer von Per-
gamon vor, welcher die Bearbeitung des Atheua-
tempels und der umgebenden Hallen von Bohn
und der sog. Trophäenreliefs von H. Droysen um-
fasst. Der Vortragende erläuterte die architektur-
geschichtlichen Probleme, deren Lösung von einer
genauen Durchforschung der olympischen und per-
gamenischen Funde am ehesten zu erwarten sei. —
Zum ychluss erstattete Herr Piobert in eingehender
Weise Bericht über den Stand der Arbeiten für die
unter Co uze's Leitung von dem archäologischen
Institut vorbereitete Serienpublication der römischen
Sarkophage und entwickelte nach einem Ueber-
blick über die von Jahn, Matz und Michaelis die-
sem Unternehmen gewidmeten Vorarbeiten den
Publicationsplan des gauzen Werkes. Danach
soll die ganze grosse Masse der Sarkophage mit
Rücksicht auf den Gegenstand der Darstellungen
gesondert werden, wobei sich von selbst o Haupt-
gruppeu ergeben, deren erste die Darstellungen des
täglichen Lebens, die zweite die mythologischen,
die dritte die ornamentalen Darstellungen umfasst.
Die umfassendste dieser Gruppen ist die zweite;
sie wird daher, während für die Sarkophage der
ersten und dritten Gruppe je ein Band in Aussicht
genommen ist, deren 4 füllen und zwar in der
Weise, dass die Darstellungen der populären oder
Schulmythen (troische, thebische, Argonauten-Sagen)
und die der symbolischen, eine Beziehung auf den
Tod zulassenden Mythen (z. B. Endymion, Meleager,
Adonis, Piiaethon) je einen, die bacchischen und
die decorativ-mytliischen Darstellungen (Seewesen,
Eroten, Musen) zusammen zwei Bände bilden sollen.
Bonn, 19. December. Zum Winckelmannsfeste
des „Vereins von Alterthumsfreunden im Rhein-
lande" legte der Vorsitzende Herr Geh.-Rath Pro-
fessor Dr. Schaaffhausen das Winckelmannspro-
gramm des Vereins „ das römische Köln " von
General von Veith vor und zeigte den Gipsab-
guss eines Marmorkopfes, welcher bei Grund-
arbeiten auf dem Kölner Neumarkte gefunden
und dem Verein von Herrn Robert Heuser in
Köln zum Geschenk gemacht wurde. Alsdann
spracli Herr Professor Dr. Justi über altflan-
drische Malerei in Spanien, Herr Professor Dr.
Klein über die Ausgrabungen in Pommern an der
Mosel. Der genaue Ort derselben liegt zwischen
Carden und Pommern, Treis gegenüber, auf dem
öOO Fuss hohen Marberg. Hier hatte man schon
1831 mancherlei Alterthümer ausgegraben (so Sil-
bermünzen, welche die Umwohner zu Trauringen
umarbeiten Hessen), in der letzten Zeit aber die
Fundamente ausgedehnter alter Bauten blossgelegt,
sowie abermals eine Menge von Thonscherben,
metallene Gegenstände, wie Lanzenspitzen u. s. w.,
ein stark beschädigtes Schwert, dann aber eine
griechisch-lateinische Inschrift, 360 Münzen und eine
bronzene Statuette, die er für den jugendlichen
Mars erklärte. Was die Bestimmung der ehemali-
gen Baulichkeiten anbelangt, so entscheidet sich
der Vortragende dafür, dass es uralte Cultusstätten
gewesen, die im Innern überaus prächtig ge-
schmückt waren. Als ihre Erbauer nimmt er die
Römer au, auf welche das starke Mauerwerk, die
üppige Aussclmiückung und die an Ort und Stelle
gefundenen Münzen hinweisen. Die Zerstörung hat
wahrscheinlicli nach der Zeit des Gratian stattge-
funden.
Kiel. Am Abend des Winckelmannstages
wurde von Professor R. Foerster im Akademischen
Pliilologen-Verein ein Vortrag über „das Vorbild-
liche in Winckelmann", an dem darauffolgen-
den Sonntage von Herrn Geheimrath Professor
Forchhammer in der Universitäts-Aula eine Rede
über „Kunstbestrebungen. Rückgang der hö-
heren Geistesbildung" gehalten. Letztere ist
im Druck erschienen.
Benachrichtigung.
Jiir die periodischen Schriften des kiiiserlich deutschen arciiäuiogisciien Instituts tritt vom
Jalire 1886 ;iu folgende Neugestaltung in Ivraft.
Die Monuinenti inediti und Aimali, sowie die Archäologische Zeitung gehen ein.
In Berlin erscheinen fortan im ^'erlage von Georg Ifeinier:
T.
Antike Denkmäler herausgegeben vom kaiserlich deutscheu archäologischen Institut.
Am Ende eines jeden Jahres wird ein Heft in Foiioformat ausgegeben, in der IJegel 12 Tafeln ent-
lialtend, mit einem ganz knappen Texte, welcher nur die tliatsiicidichen, zur wissenschaftlichen Benutzung der
Abbildungen nothwendigen Angaben bringt. Die antiken DenkiniiJer entnelunen ihr Material dem ganzen
Umfange der klassischen Archäologie einschliesslich der Arcliitektürfursclmng, und dem gesamraten Bestände
innerhalb der lyänder klassisciier Kultur und der Samndunuen antiker Kunstwerke. Die Herausgabe der
„antiken Denkmäler" wird unter Mitwirkung der Centraldirektion und der Sekretariate in Rom und Athen
im Auftrage des In.stituts durch Herrn Dr. Max Fränkel erfolgen.
II.
Jahrbuch des kaiserlich deutschen archäologischen Instituts herausgegeben von Max Fränkel.
^'ierteljährlich wird eine Lieferung ausgegeben, in grösstcm Octav, mit Tcct-lllustrationen und Tafeln
nach Bedarf, der Jahrgang im Umfange von etwa 20 Bogen. Das „Jahrbuch" bringt in deutscher oder
lateinischer Sprache ^Vufsätze aus dem ganzen Umfange der klassischen Archäulogie und Epigraphik, so weit
letztere mit der Archäologie in A'erbindung steht, ausserdem Uebersichten, zunächst wenigstens in Inbliogra-
pliischer Form, über neue Erscheimmgen auf den beziigliclien (>ebieton.
Tür umfangreichere Abhandlungen ist die Beigabe von Su ppieiuenten in Aussicht genommen.
HI.
Ephemeris epigraphica Corporis luscriptionum Latinarum Snpplementum edita iussu Instituti
archaeologici Romani.
Die Ephemeris erscheint in i)isheriger Weise weiter.
303 804
In Rom erscheinen lioi Hermann Loescher:
IV.
Mittheiliingen des kaiserlich deiifscheii arcliäolofifischen Instituts. Römische Ahtheilung.
Vierteljährlich wird ein Heft ausgegeben, in Gross-Octav, mit Text-Illustrationen nach l'edarl'. der Jahr-
gang mit etwa 12 Tafeln. Die römischen „Älittheilungen" erscheinen in deutscher, italienischer, lateini-
scher oder bei Autoren aus den Ländern französischer Zunge französischer Sprache; sie bringen Bericlite über
die Sitzungen der römischen Institutsabtlieilung und über Reisen, sowie andere Aufsätze und Nachrichten
aus dem Gebiete der Archäologie und Epigraphik innerhalb Italiens und der übrigen westlichen Länder des
römischen Reichs.
In Athen erscheinen bei Carl A\'i]berg:
V.
Mittheilungen tles kaiserlich dentscheu archäologischen Instituts. Athenische Abtheilung.
Vierteljährlich wird ein Heft ausgegeljen, in Gross-Octav, mit Text-Illustrationen nach Bedarf, der Jahr-
gang mit etwa 12 Tafeln. Die athenischen „Mittheilungen" bringen, wie bisher in der Regel in deutscher
oder griechischer Sprache, Berichte über die Sitzungen der athenischen Institutsabtheilung und über Reisen, so-
wie andere Aufsätze und Nachrichten aus dem Gebiete der Archäologie und Epigraphik innerhalb Griechenlands
und der übrigen östlichen Länder hellenischer Kultur.
Berlin. März 1886.
Die Oentral-Direction.
Der Vorsitzende: Conze.
305
306
Br. = Bronze. G. = Gemme. Mos. =
Sta. := Statue.
Aachen Slcpluj. Karls des Grossen in —
74
Abacaeniim .1/,:«. von — lU, ]0
Acheloos Mze. von Metapont 112; (1.
112; — im Tyims des Triton I'. I Id,
10; — und Herakles Br. (Brit. Mus )
112, Drtijuxshasis von Nabulus 112,
Gruppe des Dontas HO, am amvkläi-
sclien Thron 108. HO, I'h. 105 H'.
Tat'. 6. 232, Mze. von l'haselis 109
AchiUeus von Tlietis gebadet 192; Vn.
184. 245. 257; Skphj. (Madrid; 74
M'. Acilius Glabrio 147
'.AiSif rjifayla s. Demeter
Adler Slcph(/.2lö; — eine Krau raubend
T. (Berlin) 156; — Ganymedes rau-
bend Sp. (Brit. Mus.) 237; — bei
Prometheus T.-Rel. 228; — bei Zeus
1'. 226, Sp. 230
Ad ran um Min. von — 112, 10
Adrastea Nymphe 230
Aeetes 1 17
Aegeus des Euripides 281 f. 291 rt
Aegina Tempelgiebel von — 3; I'.
aus — (Berlin) ISS, 2
Aegisthos Tod des — V. 254 f.
Aelian de N. An. XIII 21: 266; Var.
Hist. II 13: 35; VIII 8: 202
Aentas Ciste (Brit. Mus.) 237; Apotheose
174 f.
Aeschylos Prometheus 18 ft".: 224;
Sphinx. Satyrspitl 122, 3
Aesernia M:n. von — 111, 10
Aetoier Vertrag der — mit Mytileue
143 rt\
Agathon 34. 42 f.
Agenor V. 78
Agora in Athen 103. 105
Agoraios s. Hermes
Agrigentum Mzn. von — 112, 10
Agyrium Mzn. von — 111, 10
Aias I'h. 78. 245; Wgin. des Polygnot
246
Aigei ra Stadt 147
Akarnanien ihn. von — 112
Ak Giil See 203
Akrasioten Mze. der — (farnes. Stier)
294
Alexander Sever us il/oi. des — \ou
Parion 91
Archäolog. Ztg. Jahrgang' XLIII.
REGISTER
VON
KONRAD AVERNICKE.
I.
: Mosaik. Mze. = Münze, liel. = lielief.
T. = Terracotta. l'. = Vase. Wi/m. =
All'aterna s. Nuceria
Alkestis Skphrje. 220
Alkmeon's Jugend T'. (Berlin) 241 ff.
Taf. 15
Alkyoneus Gigant 123,5
Allifae Mzn. von — 111, 10
A 1 0 a d e n 1 30
Alontion Mzn. von — 112
Alphito 130
Altar Vn. 46. 120; ara cpiadrata des
Romnlus Mos. 297
Amalthea Nymphe 2301'.
Amazonen V. 194,9; Tanz der — 137
Ambrakia Mzn. von — 112
Ambrosia Salbung mit — 174
Ameipsias fr. 7: 126, 18
Amen an OS Flussgott Mzn. 111
Amphiaraos Vn. 242. 246f.; Heilig-
thuni des — in Oropos 75
Amphilochos I'h. 247
Amphitheos auf KomiJdien -Vase 51
Taf. 5, 1
Amselkopf als komische Maske 33
Amykläischer Thron 108. 110. 271ff.
A mykos 130
Andokides Vasenmaler 196
Anonymus ntQ'i x(üfimd'(tig p. XV:
124, 12; Parihenon/.eiehniingen des Pa-
riser — 74
Antaios und Herakles I'. 109,4
Anthologia Palatina VI 260: 81; IX
758: 203, 20; XII 56 f. : 97; XVI 84:
203,20; 167. 203 ff. 81; 207: 87; ApiJen-
dix219:274,8;- PlanudeaXVI204: 88
Ant igone-Sage auf Vn. 71
Antigonos Gonatas 147
Antiochos der Giosse 147
Antiphanes Komüdiendichter 248
Anton in US Liberalis 8: 128
Antonin US Pins .Mzn. des — 30, 19.
31. 89. 263 f.
Aphrodite macht Berenike zur Giittin
174f.; Tempel der — : df' fnnoXvrqt
104, in Cypern 165; Darstellungen:
Westgiebcl des Parthenon 73, Parthe-
nonfries 104, .Slatuen des Praxiteles
81. 87, Kopf angeblich von der Akro-
polis 280 f. Textabb., Vn. 113. 234,
Sp. 175 f, GoWiin*/ (Brit. Mns.) 240;
s. Venus
Skpluj. = Sarkophag. Sp. = Spiegel.
Wandgemälde.
Aphthonius p. 53: 35, 13
Apobat im Parthenonfries 61 f.
Apollo Patroos in Athen 105; Sta-
tuen aus Athen 265, (Egremont) 286;
Bronzen (Berlin) 154. 165f.. (Brit.
Mus) 237; Vn. 39.225,4. 250; Ciste
171; — und Tilyos G. (Berlin) 162
ApoUodor bibl. I 4,5. VII 13, 6; 173;
Fragment in vaticani^chen Excerpten
281 f. 291 ff.
ApoUonios IV 869ff.: 173
Apotheose 174ft'.
Appian Maced. 9,9,4: 147,5
Apuleius Met. I 17. V II: 124,9; VI
408 : 1 73
Ara tos 147
Archidamos Aetoier 147
Archikles Vasenmaler 187,1
Areopag 104
Ares im Panhenonfries 104; — Soter
Kopf (Madrid) 236; — von Athena
gebadet Ciste (Berlin) 169 ff. Textabb.;
— von Hebe gebadet 174; — in Göt-
terversammlung 1'. 107; Apotheose des
— 174ff. ; s. Mars
Aristaeus' Apotheose 175. 7
Aristion-Stele 200
Aristophanes 33ff 36. 37f. 40ff. 51.
123 ff. 129. 293; Scene der Acharner
auf I". 39 Taf. 5, 1
Aristoteles 37, 16. 248
Arse Mzn. von — 112, 10
Arsinoe Stadt 78
Artemidor Üneirocrit. II 3: 42,42
Artemis im Parthenonfries 104; —
Ephesia 137. 273; Tempel der — in
Ephesos 237, in Epidauros 75; s. Diana
Asklcpios im Parthenonfries lOlfl'.;
Heiligthum des — in Epidauros 75;
Votiv-fie/. desTheopompos an — 102,3
Assin OS Flussgott Mze. 112, 10
Astyanax T'. des Euphronios 253;
Wgm. des Polygnot 244
Athalarich Ziegelstempel des — 158
Athen Charakter der attischen Kunst
2rt'. ; Topographisches 103 ft'.; Satyr
des Praxiteles in der Tripodenstrasse
82 ff.
Funde: Apollon Sta. 265; sog. Ve-
nus von der Akropolis 2S0f. Textabb.;
21
307
Register.
308
Giebel-Äe/i'e/'s von der Akvopolis 75 ;
Charon Rel. 6, 14; Firstziegel 193;
Tn. (Brit. Mus) 237 f.; Vn. 16 ff.
Textabb. 19. 131 ff. 190,3. 238; Br.-
Fibel 139 Textabb.; Golä-Rel. 135;
Goldschmuck (Berlin) 156
Athena Tritogeneia 180; — Polias in
Pergamon 76; Cultgemeinscliaft mit
Hephaestos 102; im Partlienonfries
99. 102; Bronzen 178,10. 237; Ciste
(Berlin) 169 ff. Textabb.; Sp. 175 ff.
179,12; r». 107 f. 188,2. 196 Taf.
12,2. 198 Textabb. 245 f. 250
Athenaeus II p. 154d: 136; XII p.
551a: 26Gf.: XIII p. 591a: 88; p.
591b: 85; XIV 15: 38, 19; 16:37,15.
39,25; p. 642 f. 647 c: 120
Athenodotos Lieblingsname T';!. 180f.
Atlas V. 227; Atlanten M:n. 263f.
Aufseher der Palaestra Vn. 184. 255
Augen Vn. mit — 190 ff.
Augustus Pourtalcs Sta. 76; — von
Prima Porta Sta. 264
Aurunca s. Suessa
Bad von Göttern 171; Badescene auf
Slcphgn. 214. 21 6 ff., .auf Vn. 252 f.
Bäckerei der Vestalinneu in Rom 159
Bakch antin s. Mänade
Baldachin M:n. 263 f.
Bari Dioskuren 7\ aus — 269 ff'. Text-
abb.
Basile Heiligthum der — 163
Biia a s i tt ;>c(i GvAh-Rel. in Triest 21,29
Bathykles s. Amjkläischer Tliron
Bdelykleon 33. 43
Bellerophon Ciste (Brit. Mus.) 237
Bemalung s. Polychromie
Berenike Apotheose der — 174f.
Berlin Erwerbungen des kgl. Museums
1884: 153 ff.; Bronzen: betender Knabe
Sta. 73. 76, Ares" Apotheose Sp. 175 ff'.,
Ares von Athena gebadet Ciste 169 ff.
Textabb., Tisch mit Tänzer 287 ff.
Textabb.; Marmor: Prometheus Gruppe
aus Pergamon 208, Hermes als Kind
Kopf (Privatbesitz > 151f. Taf. 9, ge-
fälschter Frauen-Ä'o/)/ 279 f. Textabb.,
Kopf in Umrisszeichnung Siele 198 f.
Taf. 12,3; Gemmen: Apollo und Tityos
162, Prometheus 162; Vn.: aus Aegina
188, 2, Alkmeon 241 ff. Taf. 15, Charon
18 ff. Taf. 2. 3, Gelage 289, Herakles und
Achcloos 107, kaljdon. .Jagd 74, La-
mia 119 ff. Taf. 7, 2, mit Meisternamen
181,5. 184. 188,2. 192. 249. 254.
256,8. 257f., Parodie 123,4, Prome-
theus 225, 3, mit Umrisszciclinung 190 ff.;
Pinakes 189; Tn.: Charon lic.t. 6 f.
153f. Taf. 1, Zeus' Kindheit 229 ff.,
Firstziegel 193.7; M:n.: von Parion
(Eros) 90f., von Tanagra (Triton) 264;
Mos. von Biredschik (Britannia) 158
Bernstein Ring von — (Biit. Mus.)
240
Bestattung T. (Kopenhagen) und V.
(Paris) 3, 5
Biliotti'sche Vn. -Sammlung 119
Biredschik Britannia Mos. von —
(Berlin; 158
B 1 epy r os 42. 44
Blume G. (Brit. Mus.) 239
Büotien Mzn. von — (Poseidon) 286
Bogenschütz V. 238
Bolsena Apotheose des Ares Sp. aus —
175 ff.
Bonaparte s. Canino
Bonn i)/a)7HorAo/]/ aus Köln in — 300;
V. mit Umrisszeichnung in — 195 f.
Taf. 12, 1
Brettspiel F. 245
Britannia Mos. aus Biredschik (Berlin)
158
Bronzen Erwerbungen des Berl. Mus.
154 ff., des Brit. Mus. 237; Sammlung
Greau (P.iris) 165 f; Ciste: Bad des
Ares (Berlin) 169 ff. Textabb.; Fibula
vom Dipylon 139 Textabb. ; Mzn. von
Gela 114; Rel. Prometheus (aus Olym-
pia) 226; Sp.: Apotheose des Ares
I75ff. , Athena und Jüngling ringend
179, 12, Prometheus 227 f., Zeus' Kind-
heit 229 ff'.; Statuen: betender Knabe
(Berlin und Venedig) 73. 76, Herakles
und Aclieloos (Brit. Mus.) 112, Hermes
als Knabe (Florenz) 152, Athena ge-
flügelt mit einem Knaben auf dem Arm
178, 10, Pferd mit zwei Reitern (aus
Grumentum) 271, Poseidon (Wien und
Pesth) 286, Mars (aus Pommern a. d.
Jlosel) 300; Tisch mit Tänzer (Berlin)
287 ff'. Textabb.
Brüssel I". des Polygnotos in — 261
Brunnen Frau am — Elfenbeinkette
(Brit. Mus.) 240
Bruttier Mzn. der — 112,10
Bulgar Dagh 203
Buphagos Titan 130
Caere Löwe Gohlfihel aus — (Brit. Mus.)
240
Calabrien Br.-Rel. aus — (Brit. Mus.)
237
Cales Mzn. von — 111,10
Caligula raubt den Eros des Praxiteles
86; Palast des — 163
Camarina Mzn. von — 112, 10
Campani Mzn. von — 111, 10
Canino Vn. aus der Sammlung — 107 f.
116,21
Canopus T. (Berlin) 156
Capranica Sammlung — 284
Caricatur des Palladionraubes V. (Brit.
Mus.) 238; — en auf Vn. 122f.; —
masken der Komödie 34 ff.
Carrey'sche Zeichnungen des Parthenon
54 ff. 74
Carthagena Bleigewicht aus — (Ber-
lin) 158
Castell von South Shields 75
Castellani'scher Frauenkopf 279 Text-
abb.
Castle Ashby U. des Hermogenes in —
189
catagrapha Profil 201 f.
Catana Skphij. der h. Agata in — 74;
Mzn. von — 111
Caulonia Mze. von — 112,10
Centocelle Eros von — 98
Cervetri s. Caere
Charinos V. des — 252
Charitaios T'. des — 252
Charon als Todtenschiffer 4; etruskische
und neugriechische Umbildungen 5 ;
Darstellungen 1 ff. Taf. 1—3. 153f.
C h a r 0 n t i s s a 5
C h a r u n 5
Chelis Vasenmaler 254
Chianciano Kalkstein-Äa(ue«e aus -^
(Brit. Mus.) 237
Chremylos 34. 42
Chiusi Funde: Plato und Sokrates ZJo/)-
pelherme 298; T. (Berlin) 156; Br.-
Tisch mit Tänzer (Berlin) 287 ff. Text-
abb.
Cicero Brutus 18,70: 264; BlUte (Ma-
drid) 235 f.
Claudius giebt den Thespiern den Eros
zurück 86
Clemens Alexandrinus Strom, p.
131 S: 128,23; Protr. p. 25P: 170
Coburgensis Codex — 74
Comana Gemmen aus — (Brit. Mus,) 239
Commodus Mzn. des — 91. 226
Consentia Mze. von — 112, 10
Cornutus 21: 170
crines sex der Vestalinnen 159
Croton Mze. von — 112,10
Cnbulteria Mzn. von — 111, 10
Cumae Mzn. von — 111, IG
Cylinder orientalische— 140 Textabb.
Cypern Ausgrabungen auf — 165. 295;
Alterthümer aus — (Biit. Mus.) 240;
Waffentänze in — 137
Damokritos Aetoler 148
Declamation Skphg. 210
Deianeira Vn. 108. 110,5. 113
Delphi Ueberfall des Eumenes bei —
147; Lescbc in — 17
309
Register.
310
Deli>hin Mze. des Commoilus 2S6: Eros
mit — 87
Demeter 'Aäärj(iay(a 129: — 'Akuitti
130; — KovnojQÖtfog im Westgiebel
des Parthenon "3; — im Parthenon-
fries 104; — in Pheneos niui Phlius
129; — und Denioijhon 173; — und
Köre y. 156
Demetrios Sohn des Antigenes Genatas
147
Demophon 173
Demos personificirt bei Aristophanes -lä
Derbe. Der See von — 203
dextrarura iunctio Skphy. 217,14
Diana Cixie 171; s. Artemis
Dikaeepolis V. 48. 51 Taf. 5, 1
DioCassius66,22,2: 86; 69,4, 5: 31,20
Diodor XX 41. 104. XXI G. S: 124,8
Dioniedes 1'. 245,6
Dionvsiiizusen Komödie des Timokles
247
Dionysien ländliche 1'. 47 f.
Dionysios v. Halikarnass Ant. Rom. I
51: 112, 13: de Isocrate 3: 264, 1
Dionysos in Aristophanes' Fröschen
38f. 42. 44; Kindheit des — 229« :
Cult des — in Phlius 129; Tempel
des — in Athen 82. 84. 103, in
Pergamon 70; Theater des — in Athen
103: Darstellungen: im Parthenonfries
99. 103, Sla. des Kaiamis 263 ft', Tn.
(Brit. Mus.) 238, Vii. 46 Taf. 5,2
(Komödie). 186(Gigantenkampf). 190ff.
(— und Semele). 251 f. Taf. 16, 1
Dioskuren l-/Hi;z^«roi 274,8; Alvxo-
ntoXvi 271 f.; spartanischer Cult der —
270 ff. ; Darstellungen: amykl. Thron
272, Tn. 269 ff. Textabb., Mzn. 272,
V. des Exekias 271
Diptychon der Musen Skphij. 214
Dipylon in Athen 103. 105
Domitian Mze. des — 30, 19
Domitier als Ziegeleibesitzer 157
DoDtas Herakles und Acheloos Gruppe
des — 110
Dresden Eros Torso in — 96
Duris Mythograph 126
Duris Vn. des — 184ft\ 196. 258.
288
Egremon t Apollo Sta. der Sammlung —
286
Ehepaar Skphye. 209
Eleusinion in Athen 104
Elfenbein-Schmuck (Brit, Mus.) 240
'iXxiir Ringergriff V. 109
Emporiae Mzn. von — 111, 10
Empusa 125. 129
England Hadrianswall in — 75
Ente V. 46
Enteila Mzn. von lU, 10
Enyo Mutter des Ares 1G9
Epeios I'. 245, 6
Ephesos Artemis Ephesia 273: Funde
in — 237
Ephialtes Gespenst 130,33
Epidauros Heiligthümer in — 75
Epidromos Lieblingsname Vn. 256.
289
Epiktetos Vn. des — 187. 195. 2531".
Taf. IG, 3
Epilykos V. des — 156
Epitimos Vasenmaler ISO
Epops komische Maske 33
Erbessos Mzn. von — 111,10
Eregli Stadt 203
Eretria Br.-V. aus — 156
Erichtbonios .Stifter der Panathenäen
102; — und Athena G. 178, 10
Eriphyle des Sophokles 248, 12; — I".
242
Ergotinios Vasenmaler 187,1
Eros des Praxiteles 81 ff'.; Sta. (in Pe-
tersburg) 90, (von Centocelle) 98; T".
113; T.-Statuelle 98; Skphye. 211.220;
— und Psyclic Skjjhg. 220; beim
Vogelfang tSkph;i. 222, 29
Erysichthon 130
Esquilin altgriech. Tie/ie/s vom — 155
Etymologicum Magnum p. 524,40;
44
Eucheiros Vasenmaler I87, i_ j89
Euelpides 33. 46
Eumaros Maler 200 ff.
Eumenes II, von Pergamon 147
Euphronios \'asenmaler ISllK 196.
199; Tn. des — 256 ff". Taf. 17
Euripides bei Aristophanes 34; Aegeus
des — 291ff.;Elcktra 1206: 248; Hip-
polytos 293; Iph. Aul. 193: 246; Me-
deia 291 f.; Orestes 527, 566, 1205:
248; Fragm. SSO: 246: 914: 124.
127,21
Eurydike V. 71
Eurystheus T'. IS5
Eustathius ad II. H 498 jj. 266, 10: 86
Euthymides Vasennialer ISl; Vn. des
— 290 ft".
Euxitheos Vasennuilcr ISl; 1'. des —
256, 8
Exekias Vti. des — 245. 271
Fahrt zum Grabe SkpUg. 216; — ins
Jenseits Skphge. 210. 215. 218. 222
Farbenspuren s. Polychrotnie
farnesischer Stier auf .l/:i". der Akra-
sioten 296
Faustkämpfer V. 137
Faustulus Mos. 297
Felsrelief von Ibriz 203ft'. Taf. 13
Fibula Br. vom Dipylon 139 Textabb.:
goldene — aus Athen (Berlin) 156
ficns ruminalis Mos. 297
First Ziegel s. Stirnziegel
Fischer V. 50 Taf. 5, 1
Flöte Br. (Brit. Mus.) 237; bei der Pyr-
rhiche gespielt 138; Flötenspieler im
Parthenonfries 6 f., auf Vn. 256. 291;
Flötenspielerin V. 257
Florenz Uffizien: Personification der
Luft Rel. 29; Hermes als Knabe Bi:
152; Skphye. 217,14. 220. 229 ff. Text-
abb.; Skphg. in Villa Poggio a Caiano
bei — 217, 14
Flügelfiguren weibl. - auf den Schul-
tern der Roma Wgm. 27; männl. —
auf!'. 194; Athena geflügelt ßr. 178,10
Flügelhut Attribut des Hermeskindes
152
Flussgott in Stiergestalt lllft".: — in
Menschengestalt 115; — auf pergamen.
Rel. 228; - r.-Ä>/ (Brit. Mus.) 238
Fortuna t'isle 171; Skphg. 214
Fränkischer Goldschmuck (Berlin) 157
Frauenköpfe s. Köpfe
Frosch Br. (Berlin) 156
Frühling personificirt Skphg. 74
Füllhorn der Amalthea 229 f,; des Dio-
nysos 230
Fulgentiiis Mythol. III 7: 173 f.
Galaxidi Vn. aus — i,Brit. Mus.) 237
Gallier ludovisische — gruppe 155; gal-
lische Haartracht 218,17. 220,20
Gans als kom. Maske 33
Ganymedes Sp. (Brit. Mus.^ 237; T'.
(Brit. Mus.) 238
Gaukler T'. 183; Gauklerin T. (Berlin)
156
Ge Theuiis 104
Geburtsscene auf Skplign. 220ff.
Gefangene germanische — Mze. dei
Domitian 30, 19
Geier Gefallene zerfleischend Gohiring
226, 7
Gela Mzn. von — 111
Gelage T'. 256 f. Taf. 17; s, Komos
Gelas Flussgott 113
Gemälde des Panainos in Olympia (Pro-
metheus) 228; des Parrhasios (Prome-
theus) 228; des Polygnot 17. 244. 246;
Roma i)ersonificirt (Rom) 23ft". Taf. 4;
Venus (modern, Rom) 32
Gemmen Erwerbungen des Berl. Mus.
157, des Brit. Mus. 239; Acheloos 112:
Achilleus von Tbetis gebadet 172;
Apollo und Tityos 162; Athena und
Erichtbonios 178, 10; Gefallener von
Vögeln zerfleischt 226 ; Prometheus
162. 22311". Textabb.
21*
311
Register.
312
Genre heroisirtes — auf Vn. 245
Gergis Mzn. von — r27, 21
Germanin gefangene — il:e. des Do-
mitian 30, 19
Geryones etrusk. Umbildung des — 5,9
Gespräch F. 260f.
Gigant Br. (Berlin) 156: Giganto-
machie (pergamen. Altar) 76. 12;), 5;
T*. 186
Girgenti Hera- Ab/;/ von — (Brit Mus.)
275 ff. Textabb. ; Heraliles und Ache-
loos V. aus — 109, ö
Gjölbasclii Grabdenkmal von — 74
Glabrio M.' Acilius — U7
Glaukos 174
Glaukytes Vasenmaler 1S7, 1
Glykera Geliebte des Harpalos und
Pausias 86
Gold Erwerbungen des Berl. Mus 156 f.,
des Brit. Mus. 239 f.; Löwen Rel. vom
Dipylon 135: Mzn. 111. 270: Gefalle-
ner von Vögeln zerfleischt Ring 226,7;
Goldschmuck aus Lydien 205
Golgoi Ttmpel von — 295
Gorgoneion G. (Brit. Mus.) 239; T.
(Brit. Mus.) 238; Vn. 190 tf. 251
Gortyn Inschrift von — 78. 168. 298
Gotha T'. des Hieron in — 258
Gott von einem Priester angebetet, Fels-
Rel. von Ibriz 203 ff. Tiif. 13; Götter-
versammlung im Parthenonfries 99 ff.
167 f., beim Aresbad Ciste 171
Grab Fahrt zum — Skphg. 216; Grab-
mal Slcpliff. 216; Figuren um ein Grab-
mal T. -Gruppe (Paris) 154; Grabmal
der lulier in St. Remy 155; Corpus
der att. Grabreliefs 77; Grabstele I'. 20
Granatapfel Unterweltssymbol 21; At-
tribut der Athena V. 197
Greau'sche Antikensammlung 165f.
Grumentum Pferd mit zwei Reitern
Br. aus — 271. 273,7
Haartracht gallische— 218,17. 220,20
Hades Skphge. 74. 21S
Hadrian Mzn. des — 31; Hadrians-
wall 75
Hahn Ohrring (Brit. Mus.) 239; H^ihnen-
kampf V. 243
Haltercn Vn. 289,2. 290
Harpalos 86
Hase vom Hund verfolgt 132
Hebe Ares badend 174
Hegesander fr. 46: 123,5
Heius Eros-SVa. im Besitz des — 93
Hckabo V. 78
Hckalc 119
Hekate 129
Hekatombe im I'arthenonfries 58 ff.
Textabb.
Helena Raub der — V. 78; — kreden-
zend V. 245, 6
Helios Sp. 176
Hepha est OS Cultgemeinschaftmit Athena
102; — im Parthenonfries 102; — und
Prometheus G. (Berlin) 162. 223 ff.
Hera Mutter des Ares 170; im Par-
thenonfries 102; sog. — von Girgenti
Kopf (Jini. Mus.) 275 ft\ Textabb.
Herakleia Schlacht bei — 147; s. Ky-
bistra
Herakles Sp. 176; V. 251; Westgiebel
des Parthenon 73; — und Acheloos
Gruppe des Dontas 110, amykl. Thron
108. 110, Dreifussbasis von Nabulus
112, Br. (Brit. Mus.) 112, Vn. 105 ff.
Taf. 6. 232, Mze. von Phaseiis 109;
— und Antaios I'. 109,4; bei Aristo-
phanes 39; — und Kerberos -S)). 176;
leierspielend V. (Brit. Mus.) 106 f.; —
und der Löwe V. 250; — und Nereus
V. 109,4; — und Oreios 110; — und
Prometheus T.-MeL223; - imd Triton
V. 249 f.
Herbst personiticirt auf S/,p/i(f, 74
Hermen des Plato und Sokrates 297 f.
Hermes Agoraios in Athen 105; —
und Ares Sp. 176; — und Athena V.
250; — bei Athenageburt Vu. 225,4;
— und Charon 6 ff'. Taf. 1 und Text-
abb. 153; und Dionysos V. 252;
— und Herakles Vn. 106 f. Taf. 6.
250; als Kind Marmorkopf (Berlin)
151 f. Taf. 9; als göttl. Kinderwärter
176. 231; als Knabe Br. (Florenz)
152; in der Komödie 41. 43 ; — Krio-
phoros des Kaiamis auf Mzn. 265 ; —
und Prometheus V. 225,4; — und <las
Zeuskind Skphg. 230 f.; Hermeskopf
Br. (Brit. Mus;) 237, V. 191; s. Mer-
curius
Hermogeues Vasennialer 187, 1. 189.
249; r. des — 252 Taf. 16,2
Hermonax V. des — 258
Herodot VI 125: 44
Heroonpolis 78
Hesiod Theog. 509ft'. :227; 521:226;
782: 172
Hesych v. (iuiud 40,30; ni)vX(H 137;
TuvctyQddtiV 266
Hetären V. des Euphronios 186. 257
Hieron Vn. des — 258ff. Taf. 18. 19, 1
Himereae s. Thermae
Hipparchos Lieblingsname auf F. 25."! f.
Ili lijioda meia im olymp. Ostgiebel 293
Ilippolytos Aphroditetempel dj' Inno-
i.ijiif 104
Hirsch G. 239; F. 134
Hittitische Kunst 208
Ho chzei ts-.Sly;Äyc. 209
Ilolkham Hall Poseidon Sla. in —
286
Homer II. Z 35. 890. 830: 169; 905:
174; A 741: 291; hymn. in Apoll.
Del 120: 171; in Cer. 235ff.: 173; in
Merc. 51: 135
Iloraz ars poet. 340: 125; Od. 10, Iff'.:
215, 10
Horoskop auf Skplign. 214. 218
Hund Rel. eines Glastellers aus Myrina
244; Skphge. 211. 219; Vn. (Hasen
verfolgend) 142, (bei Polydeukes) 271
Ilunsrück Elfenheingruppe vom — (Ber-
lin) 157 f.
Hydrophoren 1351'.
Hypnos F. (Brit. Mus.) 238
Hyria Mzn. von — 111,10
Jagd kalydouische 74; Hasen — F. 132
lanitor Orci Skphg. 74
lason im Stierkampf Vn. 112 ff'. 117.
231 ff. 281 ff". 291 ff'.; Skphge. 23 Iff.
Ibriz FeU-Rel. von — 203 ff. Taf. 13
Idas 130
Iliupersis Wgm. des Polygnot 244; Vn.
78. 258
Inselsteine aus Kreta (Berlin) 157
Interamnium röm. Milifärstation in
Spanien 75
lolaos Vn. 108. 250
Iris in der Komödie 43; mit dem
Styxwasser 'S)j. 172
Isidor Etymol. Vlll 11, 102: 125
Jüngling behelmt Ä'o/)/ (Madrid) 236;
fliehend F. (München) 183; im Komos
r. 291; Rosse tummelnd V. 183 f.
lulian or. II p. 54 C: 86
lulier Grabmal der — bei St. Kemy
155
luno Ciste 171; s. Hera
luppiter Ciste 171; s. Zeus
luvenal IX 60f.: 219, 19
Kachrylion Vasenmaler 181: V. des
— 254 f.
Kaineus T". 2Glf.
Kairos des Lysipp 94 f.
Kaisarieh G. aus — (Brit. Mus.) 239
Kaiamis Dionysos des — 263 ff. ; Her-
mes Kriophoros des — 265
Kaliimachos hymn. in lov. 52, in
Dian. 240: 137
K allist ratos' Statuenbeschreibungen
93 f.
K a 1 o n i k e 34
Kalydonische Jagd, Darstellungen 74
Kam ei r OS F. aus — 119
Kaninchen Attribut der Hispania 237
Kappadokien Löwen Br.-Rel. aus —
(Berlin) 156
313
Register.
314
Kurien ö^terr. Expedition luicli — 74
Karl (1. Gr. Skphff. des — (Aachen) 74
Karlsruhe Unterwelts- K. in — 711'.
Kassa ndra Vn. 78. 239
Kastor 271 f.; Castoves in Korn 272
Kenchreae Mzn. von — 2Sö
Kentaur Ohrring (Brit. Mus) 239; — en
und Kaineus Vn. 2C1 f. ; — als Schilil-
»eiehen 262
Ker am Kypselosknsten 123
Kerberos Ciste 171; NX/j/h/c. 74. 222;
Sj). 17G
Kerkyon V. 2öS
Kertsch V. aus — 231 ff. 292
Keteus 266f.
Keule Herakles mit — Vit. 109. 250 f.;
lason mit — V. 113; Tlieseus mit —
Vn. 117. 232
Kiebitz Mos. 297
Kimon Maler 200 ff.
Kinder Uarstellung der — in der anti-
ken Kunst 214,8. 244; Lebenslauf
eines Kindes auf .'ikplif/n. 209 ff'. Taf. 14
Kirphis Gebirge 128
Kitharisten im Partlicnonfries 67ft'
Kleidung der kom. Schauspieler 36 ff'.
Klysma Castell 78
Knabe betender — Br. (Berlin und Ve-
nedig) 73.76; Negerknabe G. (Berlin)
157
Knidos Aphrodite von — 87; Hydro-
phoren Tn. aus — 136, 8
Kodros Ileiligtlium des — 163; —schale
29 1 f.
Köln röm. Rheinbrücke in — 296; Mar-
morkopf aus — (Bonn) 300
Kolchos Vasennialer 188,2
Komödie Scenen der — auf Vn. 38 f.
46 Taf. 5 und Textabh. ; Kostüm der
kom. Schauspieler 3 1 ff'.
Konios Vn. 256. 291: s. Gelage
Kopenhagen Bestattung T. in — 3,3;
Dipylon-F«. in — 131 ff. Taf. 8; Eros
Mze. von Parion in — 91
Kopf in Umrisszeichnung .Marmorstele
(Berlin) 198 f. Taf. 12. 3, Vn. 189 ff.
Taf. 12, 1.2 und Textabb.; Frauen-
kopf: Ohrring (Brit. Mus.) 239 f., Vn.
lS9ft'. Taf. 12 und Textabb., gefälschte
279 f. Textabb.
Köre Skphy. (Aachen) 74; Vn. (Berlin)
156; s. Persephone
Korinth Vn. aus — (Brit. Mus.) 238;
Mze. von — (Poseidonl 286
Kos Aphrodite des Praxiteles in — 87
Kostüm s. Kleidung
Kottabos Vn. 257. 291 f.
Krates Laniia des — 124
Krathis Flussgott Mze. 112, 10
Kreta Gemmen aus — 239; Inselsteine
aus — \;>7; .M:n. von — 114,18;
^^'aft'entän/.e in — 137
Krieger Vn 192. 253; — trompetend
r. 256; zwei — auf einem Pferd Br.
271
Krommyon Nymphe von — V. 116;
krommyon. Sau l'n. Hoff. Taf. 7, 1
Kühe im Partlicnonfries 56 Textabb.
59 f. 67 f.
Kürbis V. 22
Kureten Tanz der — 137
K u r i o n der Schatz von — 295
Kybistra Herakleia 203
Kydnos Fluss 203
Kypselosk asten 123. 272
Kyzikos Dioskuren T. aus — 270 f.
Laios Schatten iles — V. 72
Laistrygonen Lamia Königin der —
130,32
La mach OS 45
Lamia V. (Berlin) 11 9 ff. Taf. 7.2; L.t-
niiae, Inseln 127, 21 ; .Initlaq ui<n9oi'
Hügel 127
Lanios 130
Lampito 42
Lanuvium Inschriften aus — 160
Laos Mzn. von 111, 10
Leagros Lieblingsnanie auf I'h. I80ff.
255. 289
Leier Mann mit — im Parthenonfries
07f., auf Vn. 135. 137. 291; Muse
mit — T. (Berlin) 156
Leon Gigiint 123,5
Lesche s. Delphi
Leseunterricht .Sk/ih^e. 2 13 f. 216 ff'.
Leukas M:n. von — 112
llvxönojXog s. Dioskuren
Liber Ciste 171
Liechtenstein s. Wien
Livius 35, 12: 148; 42, 15: 147
Löwe Attribut der Artemis 273, der
Dioskuren 269 ff'. ; Darstellungen: Br.-
Ret. (Berlin) 156, Gemmen (Brit. Mus.)
239; Goldßhula (Brit. Mus.) 240; T.
(Rom) 269 ff'.: Vn. 135. 250
London British Museum, Erwerbungen
1884: 237 ff.; Br. Herakles und Ache-
loos) 112; Marmor: „Hera von Gir-
genti-' 275rt'. Textabb., .S'X-p%e. 2 1 9 f. ;
Mze. von Tanagra 263 f.; Sp. (Ares'
Apotheose) 175ff.; Vn. 19. lOöff. Taf.
6. 108. 116,21. 123,4. 189f. 196 ff.
Taf. 12,2 lind Te.xtabb. 258. 261
Longon Mze. von — 112,10
Lonvre s. Paris
Lowther Castle Skphtj. in — 219
Ludo visische Gailiergruppe 155
Luft personificirt Rel. (Florenz! und
\r</m. (Rom) 29
Lukian Hevmotim. 7: 173,5; de saltat.
■J7: 42,44
Lupa Mos. 295; Skpl.g 222
Lut r ophoroi 3, 3
Lydien Guldschuiuck aus — 205
Lykien österr. Expedition nach -- 74
Lykiskos 148
Lykophron 178: 173
Lyseas-Stele 19Sft'.
Lysippos Kairos des — 94 f.; Vergol-
dung einer Sia. <les — 86
Lysistrate 34
Macrina 150
Madrid Cicero Büste 23ö(.; Jünglings-
Kopf 236; Achilleus-.S'A^/Aii, 74
Mänade Vn 191 f. 250f. 259. 261 f.;
Kopf einer -- ß/-.- Flöte Brit. Mus.)
237
Magna Mater Tempel der — in Rom
164
Makedonien Porseus von — 147;
Philipp von — 148
Malies Mzn. von - 111, 10
.Mann stier s Mischbiklungen
Marathonischer Stier 231 ff". 281 f.
291 rt'.
Marc Aurel Jlzn. des — 263f.
.Marmor Erwerbungen des Berl. Mus.
153 ff'. ; des Brit. Mus. 237. Köpfe:
aus Köln (Bonn) 300; Cicero Büste
(Madrid) 235 f.; „Hera von Girgenti"
und 3 andere FäUchungen 275 ff. Text-
abb.; Hermes als Kind (Berlin, Privatbe-
sitz) 151 f. Taf. 9; Jüngling (Madrid)
236; Plato und Sokrates Dop/jelherme
298. Reliefs: Charon (Athen) 6, 14; Luft
(Florenz) 29; Todteumahl 75. 77; Fries
des Parthenon 53 ff'. 99 ff". 167 f, des
pergamen. Altars 76; Grabreliefs in
Triest 21, 29, attische 77; .Metopen des
Theseion 118: Skphge : von Porta Sa-
laru 166, Achilleus (Madrid) 74, ka-
lydon. Jagd (Catana) 74, Koraraub
(Aachen) 74, Lebenslauf 209 ff'. Taf. 14,
Protesilaos (Vatican) 5, 7, Zeus' Kind-
heit (Florenz) 229 ff'. Textabb. ; Volit-rel.
an Asklepios 102,3. .S'(a(aeii.; Apollo
(aus Athen) 265, (Egremont) 286;
Dionysos des Kaiamis 263 ff. ; Eros
(Dresden 96, (Petersburg) 90; Hermes
Kriophoros des Kaiamis 265; Poseidon
(Medici) 283 f. Textabb., (Scherschel
und Holkham Hall) 286; Sophokles
298 ; Giebel vom olymp. Zeustcmpel
164. 293 f, des Parthenon 73. Bemalte
Sielen 198 ff'. Taf. 12,3. Plerdehuf (lirit.
Mus.) 237
Mars Br.-Slatuetle aus Pommern a. d.
Mosel 300; s. Ares
315
Resister.
316
Marsyas des Rlyron 2
Martial I 70: IG-1; III 9; 220, 20: XIII
78: 123
RIartichoras 266
Masken der älteren Komödie 32 fl'.
Mauer Mann eine — übersteigend T".
253
Mauhvurfj äger V. 254
Medeia 117. 231ft'. 281f. 2niff.
Med iceische Poseidon-SVa. 283 f. Text-
abb.
Medusa s. Gorgoneion
Megakles Lieblingsname Vii. 290 ft'.
Megapenthes 272
Megara Satyr des Praxiteles in — 85:
Schatzhaiis der Megaieer in Olympia
110
Meisternamen s. Vasen
Melite im Westgiebel des Parthenon 73
ufV-äf bei Pausanias 83
Menodoros Copie des Eros in Thespiae
von — 86
Menschenleben Ükp/iye. 209. 217, 14
Mercurius Unturrichtsgott 215; Cistc
171; Skphrje. 214f. 218; s. Hermes
Metaneira 173
Metapont M:e. von — 112
Mikou Maler 203,20
Mi n erva s. Athcna
Minotauros V. (Brit. Mus.) 108
Mischbil düngen: (iiganten geflügelt,
löwenhäuptig (pergamen Fries) 123,5:
Lamia V. (Beilin HO«'. Taf 7,2;
Mannstier 111; Sirene Vn. 122. 250,
Sirenenfedern der Musen SL-/ihy. 210:
Sphinx am aniykl. Thron 272, Br.
(Brit. Mus.) 237, Vn. 121 ft". Taf. 7,2.
289; Triton 110. 249. 263 ff". Textabb.
285
Mnesilochos 41 ff.
mola Salsa 159
Mondragone Antiken in — 280,6
Mormo 124. 129
Morraspiel V. 292
Mosaik Urittannia (Berlin) lö><; lupa
(Rom) 297
München Eros-.l/;e. von Parion in —
90f.; Vn. in — 16. 109,5. 182ff.
Taf." 11. 189 fi'. 252
Münzen der Akrasioten (farnes. Stier)
296; des Antoniniis Pius 30,19. 31,
22; biiotische ~ (Poseidon) 286; des
Commodus (Poseidon) 286; des Domi-
tian (Roma) 30, 19: von Gergis 127,21;
des Iladrian 31 ; von Kenchreae (Po-
seidon) 285 f.; von Korinth (Poseidon)
286; von Mytilene 151 f.; von Phuselis
(Aclicloo.s) 109; von Poseidonia 101;
des Septimius Severus 31,22; von Ta-
nagra 26311, Textabb.; mit Achcloos
109. 112; mit Dioskuren 270. 272
mit Eros 89 ff". ; mit Flussgöttern 111
mit Poseidon und Zeus als Stier 1 14, 18
Münzfund in Ponmiern a. d. Mosel
300
Muse Skphge. 209ff. 214 ft'. 217: — mit
Leier T. (Berlin) 156
Mykenae Befestigung von — 161
Myrina V. aus — 238; Glasteller aus
— 243
Myron Marsyas des — 2
Myrrhine 41, 37
Myth ograph US Vaticanus 48. 1 19. 231.
281. 291
mythologische Scenen auf Vn. dos
Euphronios 186
Mytilene Inschriften aus — 141 ft'; Mze.
von — 1 5 1 f.
Kabis von Sparta 148
Nabulus Dreifussbasis von — 112
Nachen in Charondarstellungen 7ff.
Nashorn 266
Naukratis Ausgrabungen zu — 295
Naxos Mzn. von — 112, 10
Neapel Mzn. von — 111; Vn. in —
112 f. 179ft'. Taf. 10. 190f.
Negerknabe G. (Berlin) 157
Neleion in Athen 163
Neoptolemos F. 78
Nereiden Ciste (Brit. -Mus.) 237
Nereus Herakles und — V. 109,4
Nero raubt den Eros des Praxiteles 86;
vergoldet eine Sta. des Lysipp 86:
Meilenstein des — 75
Nike Ciste 171; M:n. 111: Sp. 176;
s. Victoria
Nikosthenes Vn. des — 250f 254
Nikostratos 272
Nola Mzn. von - 111,10; V. aus —
198 Textabb.
Nuceria Alfaterna .M:n. von —
111, 10
Numicius Fluss 174 f.
Nymphen Rel. (Louvre) 155; olymii.
AVestgiebcl 164
Nysa Nymphe 229
(Jdessa Prometheus G. in — 223ft'.
Textabb.
Oelbaum V. 184
Oineus Vn. 108
( ) k e a n 0 s 1 74
Ultos Vasenmaler 196
(Jlympia Prometheus Br.-Rel. aus —
226; Gemälde des Panainos im Zeus-
tempel 228; Giebel i\ci Zeustempels 1 15.
164. 293f.: Inschrift ;ius — 166; Scliatz-
haus der Megareer in — 110
Opfer .Skph,;. 217,4; V. 120
opus sectile und tessellatum 296 f.
Orcus s. lanitor Orci
Oreios Kentaur 1 10
Oropos Ileiligthum des Amphiaraos in
— 75
Orpheus liel. 9
O r vi eto Ausgrabungen in - 167; G. aus
— 162; Vn. aus — 179 ft'. Taf. 10.
195 Taf. 12, 1
Otacilia Sevcra Mzn. der — 91
Ovid Fast. IV 551: 173; V 251ff.: 170
V 667: 215, 10; Metam. VII 433 ft".
282; XIII 950ff'.: 174; XIV 600ft'.
174 f.
Paedagog Slcphr/e. 218
Paedotribe V. 255
Palaestra Vn. 184. 255 Taf. 19,2.
258. 289
Palaisto Hetäre V. 257
Palamedes Wym. des Polygnot 246
Palatin s. Rom
Palestrina Cisten aus — (Brit. Mus.)
237; Goldschmuck ans — (Brit Mus.)
240; S/j. aus — (Brit. Mus.) 237
Palladion V. (Brit. Mus.) 23Sf
Pallas s. Athena
Pan T.-Kopf (Brit. Mus.) 238
Panainos Prometheus Gemälde des —
228
Panaitios Lieblingsname Vn. 184.258
Pan ak tos Bergfeste 293
Panathenäen 102
Pandosia M:e. von — 112, IG
Panormus Mzn. von — 111, 10
Panphai OS Vasenmaler 182. 194f.; Vn.
des — 110,5. 252. 254
Pantaleon Aetoler 147
Panther Attribut der Artemis 273; der
Dioskuren 269 ft'.
Parion Eros von — 86ft'.
Paris Unheil des — V. 260
Paris Mze. von Parion in — 90f.;
Nymphen Rel. in — 155; Skphge. in
— 209ft'. Taf. 14. 219. 220,22; Tn.
in — 3,5. 46 Taf. 5 und Textabb.
107. 109,5. 189; Zeichnungen des
Parthenon in — 74
Parodien auf Vn. 1221'.
parrha Vogelart Mos. 297
Parrhasios Prometheus Gemälde des —
228
Parthenon Fries 53 ft'. Textabb. 99 ff.
167f.; AVestgiebel 73. 115; Zeichnun-
gen des Pariser Anonymus 74
Parzen Skphge. 214. 216. 218. 222,26
Patron Gründer von Alontion 112
Patroos s. Apollo
Pausanias nnmismat. Commentar zu —
295; /iih-äf bei — 83
317
Register.
318
I 8,4: 84; 13,9. 17,1: 83; 20,1: 81f.;
20,7: 83; 43,5: 85
H 2,3: 286; 3,6: 129; 11,3: 129;
27: 104
m 8, 16: 110; 18, 3. 8: 272
VU,6: 228; 19,1: 123; 19,2: 272
VI 3,2: 166; 19, 12: 110
Vm 15, 1: 129; 27, 1 1 : 130,31
IX 20,4: 263. 265. 268; 27,3: 86;
30,4: 95
X 12, 1: 127,21; 31,1: 246
Pausias Maler 86
Pegasos eiste (Brit. Mus.) 237
Peithetaeios 33. 43. 46
Peithinos Vasennuiler 181
Peitho im Parthenoiil'ries 104
Pergamon Kumenes II. von — 147;
Ausgrabungen in — 75 f. 154 f.; iler
kleinere Altarfties 12; Prometheus Rel.
228
Persephone in Phlius 129; s. Köre
Perseus von Maketlouien 147
Personificationen: Basile 163; Bri-
tannia Mos. (Berlin) 158; Demos bei
Aristophanes 45: Frühling, Sommer,
Herbst Skplnj. 74; Ilispania Sta. 237;
Luft Ril. (Florenz) und Wgm. (Rom)
29; Roma Wgm. (Rom) 23 ff. Taf. 4,
ihn. 30, 19, Mos. 297
Pesth Poseidon Br.-Slatv.eUe in — 286
Petersburg Eros Uta. in — 90; Vn.
in _ 107. 190. 231 ff. 257
Pferd Attribut der Dioskuren 271. Dar-
stellungen: im Parthenonfries 63ff. ;
I'h. 131. 183 ft'. 238; mit zwei Reitern
Br. 271; Viergespann im Parthenon-
fries 67 f., auf Vn. 250 tf. Taf. 16;
Zweigespann Skphg. 215; Pferdehuf
von Marmor 237 ; Pferdevordertheil,
Geläsäform (Brit. Mus.) 238
Phaia Vn. 116. 125
Phalaris Stier des — 113
Phaleron Prometheus F. aus — 225,3
Phallos in der Komödie 36; Phallos-
lied 47 f.; Phallophoren 37
Phaseiis Mze. von — 109
Pheidias s. Parthenon
Pheneos Demeter von — 129
Philipp von Makedonien 148; — Kai-
ser M:e. des — 91
Philokieon 41. 43
Philostrat V. Apollon. IV 25 p. 165:
124, 9
Phintias T'». des — 290ft'.
Phistelia il-.<i von — 111.10
Phlius Demeter, Persephone, Dionysos
in — 129
Phlyakographie 38. 46
Phönizier in Tiryns 2981".
Phokäa Vn. aus — (Brit Mus.) 238
Photius v. ^tü^iia 126, 19; noiunTiei
40, 26
Phryne 81 f.
Piacus ü/.-e. von — 112,10
picus Vogelart Mos. 297
Pindar Ol. IX 50: 5, 11; Pyth. IX 61:
175,7
Piräus Uestattiing T. aus — (Kopen-
hagen) 3, 5; Muse mit Leier T. aus —
(Berlin) 156
Pithora Stätte des alten — 78
Plato Porträts des — 155. 297f.; Alkib.
II e, 143 c: 248; fr. 56: 126,8
l'latonios Tiint äiai/oficig xcüfi^jäiiiJv
XXXV 20: 35, 12
Plinius N. II. V 138: 127,21; XXXIV
63: 86; XXXV 56: 200f.; XXXVI
22: 86; ep. 3,5: 87
l'hitarch Arat 33: 147 ;;Ti,_Graechus
2: 272; Thes,us9: 116,22; 12:294;
14: 119; de curios. 2: 124, 8; de Pyth.
orac. 9: 127,21; de Stoic. rep. 15:
130,30
Pluto s. Hades
Poiesis Komiidie des Antiphanes 248
Polemo fr. 39: 130
P olias s. Alhena
Polieus s. Zeus
PolUix On. IV 118: 40,30; 120:42,41;
143: 32,2; 154: 42,43; VII 47: 40,
30; 85: 43
Polybios 147
Polyohromie .'System der antiken —
295 f.; Farbenspuren an weibl. Kop/
(Brit. Mus ) 237, Skyhg. (Louvre) 209
Taf. 14, 1, Tn. 7. 11. 238. 269
Polydeukes 2711".
Polygnotos Maler 17. 244. 246
Polygnotos Vascnmaler Vn. des —
261
Polyneikes 123
Pommern a. d. Mosel, Ausgrabungen
in — 300
Pomp ei a Macrina 150
Pompeius Magnus 150
Porphyrion Gigant 123,5
Porträt des Plato, Sokrates, Sophokles
297f.; griechische —köpfe 155: — mas-
ken 34
Poseidon Vater der Lamia 127,21;
Parthenonfries 99. 167 f.; Parthenon-
giebel 99; Mzn. 285 f.; Statuen 285 ff.
Textabb.; Vn 1061". 225,4; Stier
Symbol des — .Vzn. 114, 18
Poseidonia M:n. von — 101. 114, 18
Praeneste s. Palestrina
Praxidike 129
Praxiteles Werke des — 81 f. 87
Priapos T. 231; Stützfigur des Eros
von P.arion 93
Priester anbetend, Fels /Je/, von Ibriz
203 ff. Taf 13
Prima Porta Augustus von — 264
Profilbildung griechische — 277
Prometheus Gemmen 162. 223ff. Text-
abb.; andere Darstellungen 225 ff.
Propyläen Reconstruction des Südflü-
gels 76
Protesilaos Sk/jlnj. (Vatican) 5,7;
Wgm. 246
P r o t h e s i s Skphge- 2 1 7 ff".
■nnvkt; Tanz in Cypern 137
Pseudartabas 33
Psyche mit dem Sty.xwasser 173; —
und Eros Skjjhg. (Brit. Mus.) 220
Ptolemaeiis Hephaestion 7: 173
TivQa/Aig Üpferkuchen 120
71 V li ö ly r] Tanz 1 37
Quintilian Inst. or. XI 3,79: 34,9;
XIII 10,7: 264
Reh V. 134
Reiter Gutdring (Brit. Mus.) 239; Vn.
183. 189; — im Parthenonfries 61 ft'.;
zwei — auf demselben Pferd Br. 271
Rem US J/bs. 297
R hei ms fränk. Goldschmuck aus —
(Berlin) 157
Rheinbrücke röm — in Köln 296
Rhinthonische Komödie 38
Ring von Gold 156 f. 226,7
Robbia Polychromie der - 296
Rom Gründungslegende Mos. 297; Pal.
B:irberini Wgm. 23 ff. Taf. 4. 32; V.
Borghese Skplig. 216; Capitol Skphg.
217, 14; Castellani'scher Frauenkopf
279 Textabb.; Pal. Colonna i/o«.
296 f.; Pal. C'orsetti Skphg 217,14;
Atelier Jerichau Skphg. 220, 22 ; Mus.
Kircheriano Skphg. 220ff.; Via Mar-
giitta Skphg. 220, 22; V. Medici
Skphy. 220,22; Topographie des Pa-
latin 163 f.; V. Panfili Skphg. 213 ft'.;
Skphge. vor Porta Salara 166; Mus.
Torlonia 217; Vatican, Porträt- /7e?-nic
des Plato 297, Skphge. 215,12. 216,
Vn. 254. 271, Handschrijl 281 f.;
Vestatempel 158 f.
Roma J/os. 297; .1/;«. 30,19; Wgm.
23 ff. Taf 4; Tempel der Venus und
— 30
Rom u Ins Mos. 297; Haus des — 164
Ruder Attribut des Charon 7ft'.
Ruvo V. aus — 112. 231 ft'.
Sabur off'sche Anlikensammlung 1.54.
156
Säugung Glasteller 243; Skphge. 212.
214. 216 V. 242
319
Register.
320
Sakonides Vasenmaler 187,1. 189; I'.
des — 25-2,4
«appho I 11 : 14U; l'r. 4: 147
Sarkophage Corpus der — 299; s.
Miiriiior
Sarpedon V. (lärit. Mus.) 23S
Satyr des Praxiteles 811. 85; Vii. 179ft'.
Taf. 10. 181,5. 191. 250f. Taf. IG, 1.
253 Taf. 16,3. 254. 258 f. 261 f.;
— knabe im Dionysostenipel zu Athen
82ff., einschenkend 85; — köpf Golcl-
liatsbaud {ßiit. Mus.) 240; — maske i'ii,
190. 192
Sau krommvünisclie — Vn. 115 ff. Tat.
7, 1
Schale im rarthenonfries 67
Schauspieler Kostüm der komischen
— 3 1 ff. ; s. Komödie, Masken, Theater
Scherschel Poseidon Sla. von — 286
Schiff Gemmen (Brit. Mus.) 239; Schiffs-
kampf V. 132 'Jaf. 8
Schildicichen: Delphin 253; Ureifiiss
252; Kentaur 262; Kosette 252
Schilf in Charondarstelluiiyen 7 ff'.
Schlange Vn. 113. 259; Schlangenstab
Attribut des Asklepios 102
Scholion ApoUon. IV 816: 173
Aristid. III p. 42: 124,10. 129,26
Aristoph. Ekkl. 74: 45,59; Fried. 758:
124,10. 125,17. 130,32; Frosch.
200: 40,29; Thesm. 38: 45,57;
Vög. 61: 33,4; 99: 33,5; Wesp
475: 34,8; Wölk. 343: 33; 734:
36, 14
Eurip. Phoen. 1760: 127
Hon.. ./ 741: 291; //36: 173
Hör. Ars Poet. 340: 125, 16
luven. XI 139; 33,7
Lukian IV p. 162,25: 86
Pind. l'ylh. I 185: 113; II 127: 138
Theokr. XV 40: 1.30,32
Schwan V. 134; Wgm. (Uom) 28f.;
Si;hwanenei V. 238 f.
Sehethos Flussgott Mzu. 111
Seckentauren Wym. (Rom) 26
Seeungeheuer Ciste (Brit. Mus.) 237
Segesta Mze. von — 112, 10
Sei in US Ahn. von — 111,10
Semcle und Dionysos V. 191 f.
Sencca cons. ad Marc. 19: 172; de ira
III 27: 220,20
Herc. für. 783: 172, 13; Hcrc. Üct.
1245: 172, 13; 1966: 173,5
Septimius Severus Mze. des — 31,22
Servius Aen. VI57: 172
Severa s. Otacilia
Severus s. Alexander, .Septimius
Sibylla Tochter der Lnmia 126.21:
Sibyllen 127,21
Sidicinum s. Teanum
Silen hockend Siehißgur (lirit. Mus.)
240; Silensmaske V. (Berlin) 156
Silerae Mzn. von — 111, 10
Sirene s. Mischbildungen
Situationsbild in der V:l^enmalerci
241
Skaphephoren im Parthenonl'ries 67 f.
Skiron V. 258
Skorpion geflügelt 266
Skylla Tochter der Lamia 127
Sükrales bei Aufführung der Wolken
35; — und Plato iJoppelherine 298
Solus Ahn. von — 111,10
Sommer personiticirt Skphg. 74
Sonnenuhr Skphgc 209 f.
Sophokles Eriphyle des — 248,12:
König Oed. 210: 169; Porträt des —
298
Sosias Vasenmaler 181,5. 192
Soter s. Ares, Zius
South Shields röni. Castell in — 75
Spanien personificirt Slu. 237; röm.
Strassennetz in — 75
Sparta Nabis von — 148; Cult der
Dioskuren in — 270 ff,
Speisetische der Griechen 2S7ff. Text-
abb.
Sphinx s. Misclibildiin;,'en
Spiele s. Brettspiel, Kottabos, Morra-
spiel
Spindel T'. 243
Spondophoren im Parthenonfries 67
Springstock Vn. 183. 290
Sprung Vn. 183. 289f.
Statius Achill. I 269: 172
Stele palästrische — V. 289
Stephanos von Byzanz v. Fioyig 127,
21; KnOfXfiviüf I 16,23
stercus Vestae 160
Sterope im olynip. Ostgiebel 293
Stesichoros fr. 13: 127
Stiela Ahn. von — 111, 10
Stier Symbol des Poseidon und Zeus
114,18; farnesischer — Mze. 296;
kretischer — Vn. I12rt'. 117; mara-
thonischer — I'». IIS. 281 f. 291 ff'.;
dos Phalaris 113; mit Menschenko]if s.
Miscbbildungen
Stirnziegel Tn 3,3. 156. 193. 23,s
Strabo IX p. 410: 86; XIII p. 617f.;
150
Stratos Mzn. von — 112
St. Remy Grabmal der lulier bei — 155
Strepsiades 37,14. 41
Styx 172 ff'.
Suessa Aurunca .l/cii. von — 111, 10
Sueton de gramin. \'II 1: .!21,25
Suidas V. GtoTiufinug 102,"; ..■lufii«
126, 19; :itftvXi.ic 127, 21
Sunion Ausgrabungen in — 168
Sybaris 128,22; Ahn. von — 114, 18
Syrakus Ahn. von — 114,18
Tacitus Annal. VI 18: 150; Germania
38: 220,20
Taleides V. des — 249
Tanagra Ahn. von — 263 ff". Textabb.;
Charon T.-Rel. ans — 11 Textabb.
Tanz von Eroten 222,29; von Mä-
naden I^;i. 250f. : Reigentanz Vn. 135.
137; von Satyrn Vn. 250 f. 254;
Tänzer auf ßc.-Tisch (Berlin) 287 ff'.
Tarent G. aus — (Brit. Mus.) 239;
In. aus — (Berlin) 156, (Brit. Jlus.)
238, (Rom) 272, 6
Tauromenion AJzn. von — 111, 10.
114, 18
Taurus Gebirge 203
Teanum Sidicinum Ahn. von —
111, 10
Tegea Hydrophoren 7'. aus — 135. 8
Tel el Maskukali Ausgrabungen in —
73
Teil US mit Füllhorn 232; auf Skplign.
216. 218
Telmessos V. aus — (Brit. Mus.) 238
Terp ander 135
Terracotten Erwerbungen des Berl.
Mus. 156, des Brit. Mus 237 f.; Re-
liefs: Bestattung (Kopenhagen) 3,5;
Charon (Berlin) 6 ff'. Taf. 1. 153, (Wien)
lOff. Textabb. 154; Prometheus 228.
Gruppen: Dioskuren 269 ff. Textabb.;
Figuren am Grabmal (Paris) 154. Sta-
tuetten: Eros 98; Hydrophoren 135,8:
— aus Cypern 295
TertuUian adv. Valent. 3; 130,29
Monte Testaccio Inschrift vom —
160 f.
Tethys 174
Thallo])horen im Partlienonfries 67 f.
Thanatos V. (Brit. Mus.) 238
Thasos Nymphen - /Je/, aus — (Paris)
155
©t« VnalXtia Grab-iJc/. (Triesti 21,29
Theater in Athen 103; — in Perga-
mon 76
Themis Mutter des Prometheus 224:
Ge Themis in Athen 104
Tlieoderich Ziegelstempel des — 158
Theokrit XV 108: 174; XXII 122:
274,8; XXIV 82: 173,5; 115: 130
Theonoe 127, 21
Theophanes 151
Theo pompös \o\'w- Ret. des — an
Asklepios 102, 3
Thermae lliniereae Alze. von —
112, 10
Thermopylen Schlacht hei den — 147
These ion in Athen 105,9. 118
121
Roristcr.
322
Theseus Suge 281 f. 201 rt'.; Vn. 78.
108. 115ff. Taf. 7, 1. mu. 231ff. 258
Thespiae Eros von — Sl
Thetis den Achill badend 172
Thron 7'. (Berlin) 150; amykläischer —
108. 110. 271 ft'.
Thurioi Alzn. von — 114,18
Thymi los Künstler 83 f.
Thyrreion M:n. von — 112
T i m a i 0 s 113
Timokles Koniodioniliuhter 247
Timsah See 78
Tintenl'ass Sk-pluje. 210
Tiryns Ausgrabungen in — 1G6. 298 f.;
Befestigungen von — Ißl
Tisch s. Speisetisch
Tityos und Apollo G. (Berlin) 162
Tivoli Skphy. in — 21Ü
Tleson Vasenmaler 181,1
Todtenmahl Reliefs 75. 77; Skphge.
2 10 f.; röm. und griech. form des —
222
Todtenritt 215, 12
Toilettenscene V. (Brit. Mus.) 238
Trachis 128
Triest Grab-ZiV^. in — 21,29; Vn. in
— 189. 249 f.
Trinkhorn Vn. 251. 254. 259
Tripodenstrasse Satyr der — 81
Tritogeneia s. Athena
Triton von Tanagra 263ft'. Textabb.;
bei Poseidon 285; — und Herakles V.
249; Typus des — auf Acheloos über-
tragen V. HO, 5
Trochilos koiii. Maske 33
Troia Befestigungen von — 161
Troilos Vn. 184f. 258
Tqoi Civ (f y>i 104
Trompete V. 256
Tychios V. des — 249 f.
Tyndaris Dioskur T. aus — 272,6
Tzetzes Chil. V ll.öOOff.: 87
ümriss/, eiclinung s. Vasen
Un terriehtsscene auf Skphgn. 213f.
210 rt'.
Unterwelt V. (Karlsruhe) 71 f.; feuriges
Wasser der — 172; FUiss der — 6
Vasen Erwerbungen iles Bcrl. Mus. 15G,
des Brit. Mus. 238 f.; Dipylon - 131 ff.
Taf. 8; kyprischo — 165; Lutroiihoroi
3,3; mit Meisternamen 179 ff. Taf.
lOf 249ff. Taf. 16—19. 289ff.; Si-
tuationsbilder auf — 241; mit Um-
risszeichnuug 187 ff. Taf. 12 und Text-
abb.; Veikiirzung auf Va.-enbildern 262;
Köpfe in Vorderansicht 257 f. 289
UarstelUinijen : Alkiueons .Jugend
(Berlin) 241 ff'. Taf. 15; Aristophanes'
Frösche 38; Caricaturen und Parodien
122f.; Charon lOff. Taf. 2. 3; Dios-
km-en (Vatican) 271; (Jrlage 288;
Götterveisanmihuig 100 f.; Herakles und
Aclieloos 105ff. Taf. 6; kalydon. Jagd
(Berlin) 74; Lamia (Berlin) UOff'. Taf.
7,2; Prometheus 225; Tlicseus oder
Lison 112ff. 231 f. 281 I'. 2^11 ff ; Unter-
welt (Karlsruhe) 711".
Va^eninaler s. Andokides. Archikles,
Charinos, Charitaios, Cheiis, Duris,
Epiktetos, Epitimos, Ergütimos, Euchei-
ros, Euphronios, Uuthymides, Euxitlieos,
Exekias, Glaukyles, Ilermogenes, Hie-
ron, Kachrylion, Kolchos, Nikosthenes,
Oltos, Panphaios, Peithinos, Phintias,
Polygnotos, Sakonides, Sosias, Talei-
des, Tleson, Tychios, Xenokles
Venedig Copie des beienden Knaben in
— 73
Venus Tempel der — und Koma 30;
s. Aphrodite
Vergoldung an T.-Stuiuetle (Brit.Mus.)
238
Verkürzung auf Vasenbildern 202
Verona Grab-i?e/. in — 220, 22 ; skphge.
in — 210,2. 217,14; V. in— 115ff.
Taf. 7, 1. 232. 292
Verrcs laubt den Eros des Praxiteles 86
Verstorbener in Charondarstellungen
6 ff.; auf Lebenslauf - N/yy/i(/» 2 10 f.
215 ff. 217 f.; gefallener Krieger Ciste
(Brit. Mus.) 237, von Vijgeln zer-
fleischt G. und Goldring 226
Vesta Ausgrabungen im Heiligthum der
— 158 f.
Vestalinnen 159
Victoria Cime 171; Wgm. 27; s. Nike
Viergespann s. Pferd
Vogel Gewimen 220. 239; Goldriny •226;
als koni. Maske 33; V. 250; — fang
Skphy. 222, 29
Vorderansicht der Kijpfc auf Vn.
257 f. 289
Vütivrelief des Theopompos 102,3
Vulci Ohrringe aus — 239; Vn. aus —
3,5. 105 ff. Taf. 0
Wagen mit Widdergespann Äiy^Aye. 210.
213. 210; mit Hossgespann s. Pterd; im
Parthenonfries Ol ff.
Wandgemälde s. Gemälde
Wassergottheiten s. Fhissgott
Weinstock V. 252
Wellen auf Cliarondarstellungen 7 ff.
Widderwagen Shphye. 210. 213. 216
Wien Poseidon Br.-Sliiiuette in — 286;
gefälschter Frauen - A'o/)/ (Warsberg)
280 f. Textabi).: Charon T.-Rel. (Liech-
tenstein) 10 ff'. Textabb ; K. des Duris 184
W ö 1 f i n s. Lupa
Würzburg Vn. in — 252 ff. Taf. 10.3
Xan thias 37, 14. 40
Xenodotüs Lieblingsname auf V. 252
Xenokles Vasenmaler 187,1
Zeus mit .\dler V. 226; als Kind
Skphy. 229 rt'. Textabb ; — Polieus im
Parthenonfries 102; — Soler 70; als
Stier ihe. 114, 18; Altar des — (Per-
gamon) 76; Tempel des — (Olympia) 104
Ziege Gemmen (Brit. Mus.) 239
Ziegeleien stadtrijmische — 157
Zug von Kriegern 139 Textabb.; —
von Wagen 140 Textabb.
Zweigespann s. Pferd
Zweikampf Vn. 130. 238
IL EPIGRAPHISCHES REGISTER.
1. Griechische Inschriften
aus Athen 162; Eleusis 75; Gortyn 78.
168; Mytilene 141 ft\; Olympia 166
Hßävjlioi 143f.
Ußtti 141
'A!tr)v6äoi OS xitlo; V. 180
Arcti V. 245
A'iutov V 71 f.
Aiiiokoi 141 tV.
.\rciuiolog. Ztjr. Jalir^'nng XLIII.
Aio:>v V. 71 f.
'A).tlitv ä ofln önti/fii] 143
•Alxfi^tüv V. 242
Li/xqi laQcio; V. 242
KjU(^( ZI i)0»'ixo? 143
liviioi Qi- rrjyog 150
'Ai' Ulf luv Archon 102
i'tnoiS I (So u fv 141
'An y. f.a 71 to s 143
'Aaxorii).. V. 252,4
ASiül NOS Mze. 112, 10
Axili.tv; V. 245
Bet9vv(a 150
ßöXXtt (= ßovXi'i) 144
yQic(f(o. fy{}ail'fi' V. 201
ö^vtü (^= J^w, tSf^tti) 149
dijudij/O'; 150
Aiju'i V- -■13,3
0-2
323
liioixeais. 6 jdui«; 6 ^/7i j('S liioixt-
aioi 14-t
^tioi'vain 144
"Eßti'o; 237
' E).7i iy ixtiq xu)6; V. lOj
iS iTi i Ulf !Hv l4o
i SiTtlairis 143
"CTifiös r. 240, fi
'Eniä QOfxOi xukoi Vn. 2äü. 28!l
i7itfxi>.r]r7]S üd'ior 150
'£p((/ü;.>i K. 242
En u tj s V. 250
'Eq fiOyf'rr]g Vn. 249. 252
Evvouog &>jgiuv 141
Evauf-Kios 144
^a/jCtt 141
©soycj'ijff öiö, ilZ-'e 152; v^os 150
@iO'füvvr]c: 151
(iriftCuOi 144
Ö^pioi 141
'ItQOxi.rjS 237
'I^Qoiv (noitatr V. 259,11
"Innaaxog xaloi V. 254
t'pös (= ifyöj) 144
Ä'uij'füs F. 261
Kit Kg V. 191
z«/l.os r«. 180. 183f. 195. 252. 254ff.
258 f. 291 f.; xitlöig im xufliaTrjiijfii V.
183
xicijo . 71 ulo . . . V. 25S
xctT(i(>()vaiOi 1 44
ÄHTOizij i'i («>■ (= /;nro(.züiIj';(u») 143
«■{Tof 143
Klioij wr xu).6s V. 292
xovuir Ci>uv iiiog 150
KPAOSM il/jc 112, 10
xvßioi >]i ri(j V. 183
^«'lOf V. T2
Xniüaniij V. 257
AiayQOi; xaXög Vn. 140. 255 257
MiUiav V. 71
il/«xji{f J'Off 150
JMuxnJvoi 150
Miytixi.fii xukoi V. 291
JVlcliä rjito; "-ißitviuq 141
AI VT tlrii'iiiog 1411).
vuixi 184
.V/zoo.V^j'ijf Kh. 2501'.
Ä«»'otfofO? xii).6s V. 2b'2
ntiig.i naf; xtiXös Vn. 1831". 259
//«»'«i'r/os zo^.o's K. 258
I[avin)(uiv 143
Register.
II äv if ai og V. 253
IleiQCHoog V. 72
IliloTi ovnaog 143
7iO(«ri'. (noitafv Vd 249ff. 290
Hoi.vyrojTog V. 2G1
IIoftTiTjiog 150 f.
llövi og 150
noji 141
7ipo(T«j'op{ (!üj r 2S9
TiQoajdiittnic 142
TZQOji 3 n ni (= nijoTiäiiiOi) 142
(j u a/(Jff ( I' 141 ff.
Poifiicioi 150
SEPEIOOS -1A--,. 111
^öifi og 166
^rooTiSof r. 195, 12
(Xipdr«j'Of = (TrfKtrr/J'o'f 1-11
TaliCiSrig V. 249
TttfiCag 6 in), läg iSioixiaiog 144
T^ioff 145
't'aiatag 144
'/>(l'it«j, '^PiXjt'ttg, •I'nüig Vn 290,5
XaQiv og V. 252
X«()ft»)' F. 238
Xn;^pii A t'(u 1/ F. 254
2. Liit einiselie Inschriften
aus Lanuvium 160; vom Monte Testaccio
160 f.; griechisch -lateinisclie — 300;
Palacographie der lateinischen — 161 f.
Aeniilia M.irciana Skphg. 219. 19
Aesculapius 160
Alexander 237
Amatutunia Sp 176
Apolo 171
nunien donms Aiiyiistue 100
Britannia Mos. (Berlin) 158
Cocceia Severa Hkplig. 211,3
M. Cocceius Alexander 237
collegiuni salutarc IGO
M. Cornelius Stalins Skplit/. 211
deo Cupidini 3fzn. 90 f.
flamen Uialis 160
Diaraa (= Diana) Cisle 171
Exorata 220,22
flamen Dialis 160
F o r t iin a Cisle 171
Galbana praedia, hurrea 100
GeUianus 160
Geinina. colonia Gcmina Iiilia Il.idriana
Barium M:n. 90 f.
11 adrianus s. Gemina
324
Hercules T.-Rel. 228
Uercle Cisle 171
horrea Galbiana 160
i m m u n i s 161
1 o u 0 s Cisle 171
lulia s. Gemina
Inno Cisle 171
Laran Sjj 175
Lasa 177
Lasavecu, Lasasitmica, L.isaracuneta
178
Latinum nomen 160
L a u r e n t u m 160
Leiber Cisle 171
leine 176
Leinth Sp. 175 f.
Marciana Skphg. 219, 19
Marishaina Sp. 175 f.
Mar ishusrnana Sp. 175
Marisisminthians Sji. 176
Maristuran Sp. 178
Mars Cisle 171
Mean Sp. 176
M e n e r V a Cisle 1 7 1
Meurfa Sp. 175
M e r c u r i s Cisle 1 7 1
Moscheine 237
Octavia Exorata 220.22
Barium M:n. 901".
pater patiatus populi Laurentis 160
Paternus SIcphg. 219, 19
plebs 161
praedia Galbana 160
l'roculus 160
procurator rationis patrimonii 160
Quirites 160
M. Rai Rufi Fer . . . Bleiycu-icht 158
Recial Sp. 175
Ruf US 158
Roma aeterna M;n. 31
populus Rom an US 160
Salus 160
salutare coUegium 160
Severa .S/.7%. 211,3
libri Sibyllini 160
Sex. Silius Paternus Skpliy. 219, 19
Statins Skphy. 211
Turan Sp. 175
Turms Sp. 176
Sp. Turranius l'roculus Gellianus 160
Victoria Ciste 1 7 1
Zenon Herme 297
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885,
TAFEL 7
1. SCHALE IN VERONA.
2. KANNE AUS KAMEIROS.
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VASEN DES S. G GEOMETRISCHEN STILS
IN KOPENHAGEN
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885
TAFEL10,
SCHALE DER SAMMLUN& BOURGUIGNON
IN NEAPEL.
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG I88b
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SCHALE IN MÜNCHEN.
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885
TAFEL 13
FELSENRELIEF VON IBRIZ
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885.
TAFEL 16
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1.DES NIKOSTHENES 2. DES HERMOGENES
3.DES EPIKTET.
ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885
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SCHALE
MUTHMASSLICH VON EUPHRONIOS.
ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885
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ARCHÄOLOGISCHE ZEITUNG 1885
TAFEL 19.
INNENBILDER ZWEIER SCHALEN
GETTY CENTER USRARY
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