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HISTORIAN OF THE
LATIN EAST
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ARCHIVALISCHE
ZEITSCHRIFT.
HERAUSÜEOEBEN
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D" FRANZ VON LÜHER
K. BATER. OEBBIMEN RATB. REICHSABCBIV-DIRECTOR, UKIVERSITÄTS-PROFESSOR. ORD. MITGLIED DER
AKADEMIEN DER WISSBXSCHArTEN IN MONCHKN, BRÜSSEL ttc.
.SIEBENTEK BAND.
MÜNCHEN.
THEODOR A C K E R II A N N
KÖNIOLICHER HOFBLCHHANDLER
1882.
K. KREIS-ARCHIV-GEBÄUDE IN NÜRNBERG.
ErdcfeschosÄ.
I ötocT^werk.
AROHIVALISCHE
ZEITSCHRIFT.
HERAUSGEGEBEN
VON
D^ FEANZ VON LÖHER
K. BATER. GEHEIMEN EATH. REICHSABCBIV.DIRECTOR. UNiyERSlTÄTS-PROFESSOR, ORD. MITGLIED DER
AKADEMIEN DER WISSSXSCHAFTSN IX kONCHKN, BRCSSKL etc.
SIEBENTER BAND.
MÜNCHEN.
THEODOR ACKERMANN
KÖKIGLICHIR HOPBL'CHUÄNDLER.
1882.
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Harvard Col^c^e Library
Henrys Liljc !> reo Fond
Jklay 7, liM).
Kgl. Hof-Buchdruckcrci von E. Müblthaler in München.
Inhaltsübersicht.
Seite
I. Die Urkunden des Bisthums WUrzburg. Aus dem Nachlass von
C'ontzen.
Einleitung 1
I. Das Archiv zu Würzburj? 4
II. Die l'rkunden der Stifter, Ordenseonnuenden und Klöster im
Bistimm Würzl)urg ö3
II. Zur Geschichte der bayerischen Archive. Von Neude^^er.
10. Das geheime Urkunden-Archiv r>7
11. Joh. Sebastian v. Wämpl, (ieh. Kath 1GG2— lGy4 G2
12. Freiherr von Prielmayer, Geh. Ratli-sprilsident 1694—1702 . . 70
13. Freiherr v. I'nertl, Kanzler 1702— 174G 72
14. Die Grafen Ze<h, 174{>- 1784 80
15. Hofrath von Eckartshausen 1784-180.* .' 89
IG. Joh. Georg v. Lori und die Geh. Staatsregistratur 1769—1772 102
17. Die Bestände und deren Bearbeitung 1773 — 1792 lOG
18. Der (ieh. Staatsanhivar v. Pallhausen 1702-1815 .... 111
III. Bruchstücke aus der Geschichte eines österreichischen Stadtarchivs.
Von Winter 120
IV. Einsammlung von Archivalien für das Salzburgische Landesarchiv.
Von Pirckmayer 13G
V. Aus dem Weinsberger Archiv In Oehringen fUr die Zeit von 1415—1448.
Von Bossert 151
VI. Beitrag zur Geschichte von König Christian II. Archiv und der Theilung
desselben unter Schweden, Norwegen, und Dänemark.
Von Bowallius 1G7
VII. Russisches Staatsarchiv in Witebsk. Von La 1 in 192
VIII. Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive 200
IX. Kriegsakten im k. bayer. allgemeinen Reichsarchiv. Von Aura eher. 232
X. Technische Ausdrucke fUr das Urkundenwesen der Päpste. Von Dr.
V. Pflugk-Harttung 239
XI. Vorbedingungen ffir Anstellung im k. bayerischen Archivdienste ■ . 2G7
XII. lieber Siegel-Carenz. Von Dr. F ü r s t z u II o h e n 1 o h e - W a 1 d e n b u r g 27G
XIII. Ueber iNaltha-Siegel. V(m v. Weech 280
Zusatz von Dr. Philippi 284
XIV. Einrichtung von Archiven. Vom Herausgeber.
VII. Schaustellungen 28G
VIII. Urkundenveruahrung . 292
Seite
XV. Das Kreisarchiv zu NUrnberg im neuen Gebäude. Vom 1 1 e r a u s g e b e r 298
XVI. Literaturbericht.
1. Divs rrkundenwesen Karl IV. und seiner Nachfolger (1340— 1347)
von Theodor Lindner 315
2. Urkundenlehre von Dr. Fr iedrich Leist 317
3. Kphragistische Aphorismen von Dr. F. K. Fürst zu Ilohen-
1 oh e- Waiden bürg 318
4. Svenska Sigiller fran Medeltiden von Hror Emil lli Idebrand 319
5. Statistica degli Arehivi della regione Veneta von Cecchetti . 320
H. L' Arehivio di stato in Venetia negli anni 187G — 1880 von Cecchetti 323
7. Steiermärkische (leschichtsblätter von J. v. Zahn 323
8. Mittheilungen aus dem Stadtarchiv zu Köln von Dr. Konstantin
Höhlbaum 3*J4
9. Magazin des Moskauer IIaui>tiirchivs des Ministeriums der aus- .
wärtigen Angelegenheiten 325
XVII. Kleinere Mittheilungen 320
I. Die Urkunden des Bisthums Würzburg.
Aus dem Nachlass des Univ.-Prof. und Archivkonservators Dr. Contzen.
Die Geschichte des Bisthums Würzburg ist, bei dem Mangel
oder der Unzulänglichkeit anderer Quellen, eine wesentlich urkund-
liche Geschichte. Die Urkunden sind ihre erste und vorzüglichste
Quelle; die Kenntniss derselben die nothwendige Bedingung einer
Erforschung der früheren Zustünde.
Es erheben sich die Fragen: Welche Urkunden sind vor-
handen und wo sind diese zu finden? Welche sind bisher veröffent-
licht, in welchen Schriften, — und wie sind die veröffentlichten
wissenschaftlich verwerthet worden? Während uns die letzte Frage
auf die Spezialliteratur, führt uns die erste auf die jetzigen Be-
wahrungsorte der Urkunden und da diese nicht immer die näm-
lichen waren, auf die Geschichte derselben.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg waren früher zu suchen :
1) in dem Archive des Landesherm, des Bischofs,
2) in dem Archive des Domcapitels,
3) in den Archiven der Stifter, Ordenscommenden und Klöster,
4) in den Archiven der Städte und
5) in den Familienarchiven des Adels.
Während die beiden letztern, wenn auch nicht ohne Einfluss
der injuria temporum, in ihren alten Sitzen verblieben sind, wurden
die der zweiten und dritten Classe mit dem der ersten grössten
Theils vereinigt und diese früher selbständigen nach Inhalt und
Ausdehnung, Alter und Werth höchst mannigfaltigen und ver-
schiedenen Archive bilden nun zusammen das königliche Archiv
zu Würzburg.
Was ausserdem einst vorhanden war, aber schon in früherer
Zeit zerstreuet in der Landeshauptstadt sich erhalten hat, fand, ab-
gesehen von einzelnen Stücken, die sich noch in Privatliänden
befinden mögen, seine sichere Stätte theils in dem Archive des
ArchiVÄlischo ZeitBchrlft VII. 1
2 ' Contzcn :
bischöflichen Ordinariats, theils in der Bibliothek der Universität,
theils in den Sammlungen des historischen Vereins zu Würzburg.
Aber diese Lagerorte erschöpfen den Vorrath nicht; nocli auf andere
weiset die Geschichte des einst so bedeutenden geistlichen Staates.
Das Bisthum Würzburg war früher von grösserm Umfange,
als was nun diesen Namen trägt oder was als Territorium des
deutsclien Reiches bei seiner Säkularisation zur Entschädigung dem
Hause Witteisbach zugetheilt ward und jetzt den Haupttheil des
unterfränkischen Kreises des Königreichs Bayern ausmacht. Würz-
burg hat zweimal während seines länger als tausendjährigen Be-
standes eine Gebietsverminderung erlitten, einmal im Anfange des
eilften Jahrhunderts durch Gründung des Bisthums Bamberg, dann
im Anfange des sechszehnten durch die Reformation. Wir halten
das Würzburg im Auge, wie es vom eilften bis zum sechszehnten
Jahrhundert bestand, und betrachten seine einzelnen Bestandtheile,
wie sie uns in den Formelbüchern der bischöflichen Canzlei auf-
geführt sind, die sich aus dem vierzehnten und fünfzehnten Jahr-
hundert erhalten haben und schon von Ussermann im Episcopatus
AVirceburgensis pag. XXVIII und von Würdtwein in den subsidiis
diplomaticis T. V. p. 345 veröffentlicht wurden.
Nach der damals bestehenden Archidiakonatseintheilung des
Bisthums liegen die altwürzburgischen Capitel Crailsheim, Ingel-
fingen. Schwäbisch - Hall , Weinsberg, Buchen, Geissa und Coburg
ausserhalb der Grenzen des Königreichs Bayern ; die Urkunden der
in diesen vorhandenen Stifter und Klöster flössen in die Archive
zu Stuttgart, Karlsruhe, Oehringen, Wortheim, Amorbach, Moiningen
und Weimar. Die Capitel Schlüsselfeld, Windsheim, Zenn und theil-
weise Iphofen liegen zwar innerhalb des Königreichs Bayern, aber
ausserhalb der Grenzen des unterfränkischen Kreises, und die Ur-
kuiulen aus diesen Gegenden befinden sich in den Archiven zu
Nürnberg und Bamberg. Aber noch weiter sind die Dokumente
des Bistluuns zerstreuet; wir finden sie in Darmstadt, in Ludwigs-
burg (bis 1868 in Mergentheim), in Fulda, in Cassel, in Magdeburg,
zu I^mbach in Oesterreich.
Die Vollständigkeit verlangt die Beiücksichtigung dieser ver-
schiedenen Bewahrungsorte ; die Liberalität der betreffenden Re-
gierungen und der wissenschaftliche Geist der Vorstände der
bedeutendsten genannten Institute ermöglichten uns deren Be-
nützung.
Die ITrkunden des Bistlmms AVürzburj?. 3
Unter Beachtung dieser Verhältnisse gliedert sich die Unter-
suchung in folgender Weise :
I. Das Archiv zu Würzburg, seine Geschichte, sein Bestand.
1) Aelteste Zeit bis zur hervortretenden Theilung in ein
bischöfliches und ein domcapitelisches Archiv.
2) Das bischöfliche Archiv und
3) die bischöflichen Archivare bis zur Säkularisation.
4) Die Ordnung dieses Archivs.
5) Bestand desselben.
6) Das Archiv des Domcapitels.
7) Stifter, Klöster und Ordenscommenden im Bisthum Würz-
burg bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts.
8) Bauernkrieg, Reformation und Revolution in ihrem Ein-
fluss auf die fränkischen Archive.
9) Die Urkunden der Stifter, Klöster und Coramenden ausser-
halb des jetzigen königlichen Archivs in Würzburg im
Allgemeinen.
10) Die Auflösung der Klosterarchive des säkularisirten Bis-
thums Würzburg und ihre Vereinigung mit dem könig-
lichen Archive.
11) Die Verluste zur Zeit der Säkularisation.
12) Die Registi'aturen des geistlichen und weltlichen Staates.
13) Die Centralisirung.
14) Die Zugänge zum königlichen Archive, besonders
15) Der Urkundenfund von 1860.
16) Summe der erhaltenen Originalurkunden nach den einzelnen
Jahrhunderten.
17) Die Copialbücher ^
a. des bischöflichen Archivs und
b. des domcapitelischen Archivs.
18) Handschriften historisch-statistischen Inhalts in dem Letz-
teren.
19) Die Amtsbücher der domcapitelischen Officianten.
20) Die alten Repertorien und domcapitelischen Protokolle.
Anhang. Die Urkundenbücher des fürstlichen Archivs in
der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts, von Lorenz Fries.
IL Die Urkunden aller einzelnen Stifter, Klöster und Ordens-
Commenden des Bisthums in alphabetischer Ordnung und deren
bisherige literarische Verwerthung.
1*
4 Contzen :
in. Die Archive der würzburgischen Städte und die Familien
archive des fränkischen Adels.
Anhang. Die jüngst aufgefundenen Kaiserurlninden, welche
bisher nicht bekannt oder nach schlechten Copien gedruckt wor-
den sind. 1)
L Das Archiv zu Würzburg.
1. Aelteste Zeit.
Die ersten genauen Nachrichten von dem würzburgischen
Stiftsarchiv stammen aus der ersten Hälfte des sechszehnten Jahr-
hunderts. In fiüherer Zeit geschieht desselben aber schon Erwähnung
bei dem grossen Brande, welcher am Bonifaciustage (5. Juni) 854
die damalige Kathedrale, das jetzige Stift Neumünster, zerstörte,
indem es heisst, dass bei diesem Unglück auch Bücher und Ur-
kunden, namentlich jene, wodurch König Pipin und seine Söhne
Karl und Karlmann das neue Bisthum mit Gütern und Rechten
ausgestattet, zu Grande gegangen seien (Fries bei Lud ewig
Geschichtschreiber S. 419 a); dann wurden, als die neuerrichtete
Salvatorskirche mit dem daran gebauten Kloster im Jahre 922
abermals ein Raub der Flammen wurde, wiederum manche Urkunden,
darunter eine Schenkung Kaiser Ludwigs des Frommen, von diesem
Missgeschick getroffen (Fries S. 432 b).
Die Urkunden der bischöflichen Kirchen wie der Klöster, deren
sorgfältige Bewachung schon Karl der Grosse gesetzlich anempfohlen
hatte, wurden in den ältesten Zeiten in Räumen neben den Kirchen
aufbewahrt, wo auch die Gelder, Kostbarkeiten und Heiligthümer
derselben niedergelegt waren. (Yergl. darüber Mabillon, de re
diplom. p. 7 und 29, Nouveau traitö de diplom. I, 97; Waitz,
Yerf. Gesch. IE, 436; Sickel, acta Karol. I, 9.) Ihre Aufsicht
bildete den Gegenstand eines besonderen Amtes, womit ein Mitglied
des Capitels, der Thesaurarius oder Gustos, belÄ-aut wurde. Dieser
*) Anm. d. H. Dieser Contzen'sche Aufsatz, zu welchem der dritte Theil
über Städte- und Adels-Urkunden fehlt, ist vor Juli 18G9 entstanden, seitdem
aber noch manches Stück dem k. Kreisarchive einverleibt. Einzelnes AVonige
wurde vom k. Kreisarchivar Um. Dr. Schäffler zu Würzburg berichtigt.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 5
genügte für die ersten Zeiten. Bei Mehrung des Vorrathes, be-
sonders als die Schonung der Originale die Anlegung von Copial-
büchern nöthig machte, übernahmen jüngere Kleriker unter ihnen
diese Arbeiten als scribae oder scriptores.
Der älteste Verwahrungsort der Urkunden war sicher in der
Stadt. Als in der Folge die Bischöfe ihren Wohnsitz auf „unser
lieben Frauenberg ob Würzburg'' oder die Veste Marienberg ver-
legten, wurden auch die Urkunden dort in sicherere Verwahrung
gebracht und blieben hier bis zum Jahre 1763, wenn auch nicht
ununterbrochen. In den Streitigkeiten des Bischofs Johann von
Brunn mit seinem Capitel scheint er die Urkunden in seinem Ge-
wahrsam behalten zu haben. Nach dem Vermittlungsvertrage vom
25. September 1432 soll er alle Briefe, Privilegien und Bullen des
Stiftes auf dem Frauenberge hinterlegen, nach dem s. g. Rund-
vertrage vom 15. Januar 1435 sollten dieselben auf dem Schloss
Zabelstein am Steigerwalde, aufbewahrt werden, und wann man
dieselben vonnöthen hätte, von da abgeholt und benützt, sodann
aber wieder dahin zurückgebracht werden. (Fries 1. c. S. 721 u. 735.)
Vor dem 16. Jahrhundert war aber sclion, weniger aus Ver-
anlassung der tief greifenden Streitigkeiten zwischen dem Bischof
und seinem Domkapitel, als in Folge der Stellung, die letzteres
dem Landesherrn gegenüber allmählig einzunehmen wusste, eine
Scheidung des vorhandenen Urkundenvorraths eingetreten, indem
ein Theil desselben das fürstliche oder landesherrliche Archiv, ein
anderer das des Domcapitels bildete.
2. Das bischöfliche Archiv.
Während das letztere unter Aufsicht des Gustos^ blieb jenes,
das den grössern und wichtigern Theil ausmachte, unter der Ueber-
wachung des Fürstbischofs und wurde von einem seiner ersten
Beamten verwaltet. Dieser Theil ist es nun, von welchem Lorenz
Fries, der Sekretari Bischofs Konrad von Thüngen, der Geschicht-
schreiber des Hochstifts, in der Einleitung zu seinem unschätz-
baren Liventar des Archivs um das Jahr 1545 uns ausführliche
Nachricht gibt. Sie verdient wohl hier aufgenommen zu werden.
„In dem Haus unser lieben Frauenberg ob der Stadt Würz-
burg liegt ein starker Thurm an dem fürstlichen Gemach gegen
Mittag, den vor alten Jahren die Burger von Würzburg in Kraft
eines zwischen dem dazumal regierenden Fürsten und ihnen er-
6 Contasen :
richteten Vertrags (vom 24. März 1308 ; er steht nun in den Monu-
mentis boicis Bd. 38 Seite 405) von Grund aus erbauen mussten,
und mit Namen Kandersacker geheissen worden ist, ohne Zweifel
darum, weil er gegen den Flecken Randersacker zu liegt, in der
folgenden Zeit aber nach einem Domherrn Nikiaus Schoder, welchen
Bischof Johann von Brunn eine Zeit lang darin gefangen hielt, der
Schoders-Thurm genannt wurde. (Es ist der südöstliche Eckthurm,
welcher jetzt den Namen Sonnenthiirm führt.) In diesem Thurm
ist ein starkes Gewölbe mit zwei Fenstern, darin stehen fünf unter-
schiedliche Schreine oder Behälter mit iliren geordneten Schubladen,
in welchen des Stiftes Würzburg und seines Herzogthums zu Franken
Regalien , Freiheiten , Kaufbriefe , Verträge , Quittanzien , Ijehen-
machungs- Register, Lehenreverse, Dicnerbestallungen, Ainigungen,
Bündnisse, Huldigungen der ünterthanen, Reverse über bewilligte
Verpfändungen, Urphcden und Anderes, so viel bei eines regieren-
den Fürsten Händen erlegt ist, aufbewahrt sind. Das Uebrigo liegt
bei dem Capitel.
Der erste Schrein steht zur linken Hand, so man in das Ge-
wölbe lünoin gehet und hat 33 Schubladen in, neun Zeilen und
wird, da am meisten des Stifts geistliche und weltJicho Privilegien
oder Freiheiten darin behalten liegen, der Privilegien- oder Frei-
heiten-Schrein genannt. Doch blieben etliche Laden übrig, darin
andere Sachen erhalten werden.
Der andere Schrein stehet fürder zur rechten Hand mit dem
Rucken gegen die Stadt Würzburg gekehrt, ist gebrochen und hat
27 Laden in neun Zeilen, uemlich in jeder Zeil drei Ijadcn; in den
obern sieben Zeilen liegen eitel Quittanzien, jede unter ihrem Hanpt-
buchstaben nach dem Alphabet, davon dann der Schrein den Namen
hat Quittanzien-Schrein. In den letzteren zwei Zeilen liegen aber
andere Briefe, wie dieselben aussen auf den Laden verzeichnet
stehen.
Der dritte Schrein, Eigenthums- oder Proprietatis-Schrein ge-
nannt, stehet hinüber auf der rechten Seite mit seinem Rücken
gegen den Olesberg (Nikolausberg) gewendet, liat 27 Laden in sieben
Zeilen getheilet; die oberen Laden sind mit den Buchstaben des
Alphabets bezeichnet, darin liegen die Briefe über des Stiftes
Eigenthimi, und in jeder Lade findet man einen Quatern oder Bogen,
der ebenftills in alphabetischer Ordnung anzeigt, was für Briefe
darin enthalten sind. In den untern Laden liegen andere Briefe,
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 7
wie die Ueberschrift auswendig solches deutlich meldet; oben aber
auf diesem Schreine stehen zwei überschriebene Laden, darin liegen
alte abgelöste Schuld- und andere Verschreibungen.
Hinter diesem Schrein in der Ecken steht ein kleiner Behälter
mit fünf einzelnen Laden, darin liegen alle des Stifts Würzburg
Lehenmachungen und Lehenroverse nach dem Alphabete, aus-
genommen diejenigen, welche bei Zeiten Bischof Konrads von
Thüngen, Konrads von Bibra und Melchiors von Zobel, des jetzt
regierenden Fürsten, gefallen sind; die .liegen in der andern Lade
der achten Zeile des Quittanzenschreines. Es ist auch ein Zettel
zu den genannten Lehenreversen gelegt, darin diejenigen, von denen
die Lehenmachung und Reverse herkommen sind, mit ihren Eigen-
namen und Zunamen nach dem Alphabete verzeichnet stehen.
Der fünfte und letzte Schrein, Contractum geheissen, stehet
fürder zur rechten Hand, wenn man hinein in das Gewölbe geht,
und hat 28 Laden in sieben Zeilen; in den obern mit dem Alphabet
bezeichneten Laden liegen eitel Verträge, Ainigungon und dergleichen
Briefe und in jeder Lade ein sonderer Zettel, worin dieselben unter-
schiedlich verzeichnet stehen; nur in der untern Laden liegen
andere Briefe, nach Anzeige der auswendigen Ueberschrift. Oben
auf diesem Schrein stehen drei besondere Laden; in zweien liegen
alte Urpheden, in der dritten alte Aufschreibbriefe der Lehen."
Soweit Fries, von dem vielleicht diese Ordnung des stiftischen
Archives herrührt. Von seiner Hand haben sich noch Zeichnimgen
des Archivlokales und der einzelnen Schreine darin erhalten (im
Besitze des Verfassers). In dem Schlossbrande am 29. März 1572
gingen, wie es heisst, nur einzelne Schriften und Urkunden zu
Grunde, wie es auch bei der Besetzung der Stadt durch Wilhelm
von Grumbach am 4. Oktober 1563 der Fall war. Im Ganzen blieb
das Arcliiv ohne Störung. Nach zweihundert Jahren aber treffen
wir in einer andern erhaltenen Aufzeichnung eines Archivars eine
andere Ordnung. Diese rührt entweder vom Bischof Julius her, da
dessen Kanzleiwcsen sehr geordnet erscheint, oder wurde in Folge
der Unbilden, die das Archiv bei Erstürmung des Marienbergs diircli
die Schweden am 18. Oktober des Jahrs 1G31 erlitt, auf Anordnung
des Fürstbischofs Johann Philipp von Schönborn, des berühmten
Kurfürsten von Mainz , ' getroffen. Ijetzteres ist wahrscheinlicher.
Das Archiv war von den plündernden Soldaten geleert, die Ur-
kunden und Akten in den mit Blut bedeckten Schlosshof geworfen
8 Contzen :
worden, bis Gustav Adolf selbst befahl, alles aufzuräumen und zu
sammeln; manche Urkunden tragen noch jetzt deutlich erkennbare
Blutspuren.
Die neue Einrichtung ist derjenigen gleich, die man in dem
kurmainzischen Archive findet, wie sich aus einem an den Fürst-
bischof Johann Karl von Schönborn unterm 21. Juni 1732 ge-
richteten Berichte des Oberregistrators Joh. Georg Bidermann
über die bessere Einrichtung des Archivs und der Eegistraturen
erkennen lässt. Darnach war das ganze Archiv in zwei Theile ge-
ordnet. Der erste begriff die geistlichen Sachen, der andere die
weltlichen. Jener hatte wieder zwei Abtheilungen, erstlich die Epis-
copalia, Stifter und Klöster im Allgemeinen, dann die Stifter;
zweitens die Klöster insbesondere und die milden Stiftungen, Alles
in alphabetischer Ordnung. Der weltliche Theil war in vier Fächer
unterschieden, erstens in die rubricas generales, wohin z. B. ablös-
lichc Kammergefälle, Ainigungcn u. s. w. gehörten ; zweitens in die
rubricas ad ladulas der benachbarten Stände, mit welchen das Hoch-
stift in Berührung kam, wie Bamberg, Brandenburg u. a. ; drittens
in die hochstiftischen Aemter, wohin die Orte, deretwegen etwas
verhandelt wurde, gehörten; viertens in die Rubrik: Lehenmachung,
welche dasjenige begriff, was dem Hochstifte von Ein- oder Aus-
heimischen zu Lehen gemacht worden war; diese Rubrik war Avieder
in Laden nach den Buchstaben der Orte geschieden. Dazu kamen
fünftens einige Rubriken, die nun nicht viel mehr^ zu bedeuten
hatten, nemlich Urpheden, Quittanzen und nichts mehr nutzende
Sachen oder cassata. üeber den geistlichen Theil und die drei
ersten Fächer des* weltlichen war ein nach alphabetischer und
chronologischer Ordnung verfasstes Repertorium zu jeder Lade oder
Rubrik vorhanden, dazu eine Bezeichnung, welche Laden mit ein-
ander in Yerbindung standen; dann befand sich dazu in jeder Lade
ein Special-Repertorium.
Das letzte Dokument, das aus der Zeit, wo das Archiv auf
dem Marienberg war, sich erhalten hat, ist eine Instruktion der
fiLrstbischöflichen Regierung für den Gehülfeu des gebrechlich ge-
wordenen Archivars J. G. Bidermann vom 12. August 1750.
Dieser Christoph Eberhard Armknecht war am 15. Juni
1750 zum Hofrath mit Uebertragung ' des Archivariats und des
Oberregistraturamts ernannt worden und sollte einstweilen vor allem
in der obern Registratur beschäftigt sein.
/
Die Urkunden de» Bisthums Würzburg. 9
Der siebenjährige Krieg gab endlich die Yeranlassung, den
bisherigen Lagerort der Archivalien zu verlassen. Die Einfälle der
Preusson in Franken — die Truppen des preussischen Generalmajors
Friedrich Wilhelm von Kleist erschienen sogar im November 1762
vor den Thoren der Stadt Würzburg — Hessen für die Sicherheit
des fürstlichen Archives auf dem Marienberge furchten. Es wurde,
um bei drohender Gefahr sogleich geflüchtet werden zu können,
eingepackt und zwar schon 1758 vom 4. bis 6. Juni; es blieb ge-
packt bis zum Frieden 1763. Als es nun wieder zum Einrichten
und Ordnen kommen sollte, zeigte sich, dass die Schränke halb
vermodert und manche Rubriken so überfüllt waren, dass kein
Raum zum Einordnen mehr übrig blieb. Deshalb griff man den
Plan des oben genannten Fürstbischofs Friedrich Karl von Schön-
born, das Archiv in das von ihm erbaute Residenzschloss in der
Stadt zu verlegen, wieder auf, und unter der Leitung des fürstlichen
Architekten, des Hauptmanns Johann Michael Fischer, wurden
die nöthigen Einrichtungen in dem dem Rennweger Thor gegenüber-
liegenden Entresolge wölbe getroffen, dem Archivar Hofrath Arm-
knecht, welcher dem thätigen Bidermann 1752 gefolgt war, in der
Person des F. L Sauerer ein Gehülfe beigegeben, und die Trans-
ferirung 1764 zu Stande gebracht.
Sauerer hatte den Auftrag, die eingepackten Archivalien zu
ordnen und das noch immer fehlende Lehen-Repertorium zu fertigen.
Letzteres brachte er aber nicht zu Stande; es ist überhaupt nicht
vorhanden, und was die Ordnung betrifft, so stand diesem Geschäfte
die grosse Aengstlichkeit des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal,
welcher den Schlüssel zum Archive in seinem Cabinette aufbewahrte
und nur zögernd auf jedesmalige Eingabe des Archivars diesenj
aushändigte, vielfach hindernd im Wege. Als Stumpf, der letzte
bischöfliche und erste bayerische Archivar, das Archiv übernahm,
traf er es noch in grösster Unordnung. „Ich fand dasselbe als einen
Schutthaufen und verliess es geordnet," schrieb er 1806 zu seiner
Rechtfertigung an die grossherzogliche Regierung zu Würzburg.
3. Die bischöflichen Archivare.
Hier dürfte es von Interesse sein, die Persönlichkeiten, die
dem Archive vorstanden, der Reihe nach kennen zu lernen. Das
Archiv stand in frühester Zeit unter der Aufsicht des Sekretärs des
Fürsten; als Belohnung dafür hatte er zu Lehen ein kleines Gut
10 CoDtzen:
ZU Dippach bei Püsselsheim oder vielmehr den halben Ertrag des-
selben. Einer der Besitzer, Schetzler von Sulzfeld, der Gehilfe und
Nachfolger des Tx)renz Fries, hat aus den Ijehenbüchern die be-
treffenden Stellen hierüber zusammengetragen, seine Nachfolger
haben sie fortgesetzt und so lernen wir aus diesem (jetzt im
Archiv befindlichen) pergamentnen Codex die folgende Keihe der
Archivare näher kennen. Der erste, der uns begegnet, ist Stephan
Wirsing, von 1457 bis 1468 Sekretari unter Bischof Johann von
Grumbach und Rudolf von Scheerenberg. Ihm folgte von 14Q3
bis 1476 Conrad Münch von Alitzheim; er hatte zwei Kinder:
Kilian und Colonat Münch. Seine Wittwe Katharina heirathete den
„hochgelelurten Maister" Doctor ConradWeigant, den Nachfolger
im Amt xmd Besitzer des Gütleins von 1476 bis 1504. Nach seinem
Tode bekommt beides sein Stiefsohn Doctor Kilian Münch, Canzler
unter Lorenz von Bibra und Konrad vonThüngeu. Nachdem er 1524
gestorben, kam Amt und Gut an den berühmten Lorenz Fries von
Mergentheim, auf dessen Leben und Verdienste ich später zurückkomme.
Nach seinem im J. 1550 erfolgten Tode folgte 1552 ihm Johann
Schetzler von Sulzfeld, „Lehenschreiber und Bottenmaister", dessen
schöner Hand wir manches archivalische und historische Denkmal ver-
danken. Er bekam das Gütchen zu Dippach, der Steinhof genannt, zu
echtem Mannlehen geliehen und kaufte 1560 auch den andern Theil
desselben von der Familie der Herrn von Forstmeister, die ihn seit
dem Jahre 1474 besassen und von der Familie von der Kere er-
worben hatten, bei der er spit dem Jahre 1408 vorkommt. Bischof
Friedrich von Wirsberg, in Berücksichtigung der langwierigen nütz-
lichen und getreuen Dienste, die Joh. Schetzler dreien seiner Vor-
führen und ihm geleistet, that ihm 1568 die besondere Gnade an,
obwohl es gegen des Stiftes Gebrauch war, das genannte Lehen in
ein Erblehen zu verwandeln, worin ihm seine Tochter Maria und
nach deren Tode seine Wittwe Amaleia, geborne von Burdian,
folgen sollte. Johann Schetzler starb in den siebenziger Jahren,
seine Tochter 1579, und seine Wittwe vermählte sich wieder mit
Hieronymus von Birckach, dem sie das Gut zubrachte. Dieser ver-
kaufte es 1580 an Kilian Mark, des Bischofs Julius Lehenschreiber,
dem dieser 1587 die Belehnung ortheilte. So kam das kleine Gut
wieder in Verbindung mit dem Archiv. Mark vererbte es 1595 auf
seine Wittwe Susanna, die es ihrem Sohne erster Ehe überliess,
Johann Georg Fick, welcher zugleich sein Nachfolger im Amte
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. H
wurde und dem es Bisehof Julius 1598 nach dem Tode der Susanna
zu rechtem Erblehen verlieh. J. G. Fick starb 1 G05 ; seine Wittwe
Barbara, die es erbte, brachte es 1607 ihrem zweiten Manne zu,
Johann Med er, artium et philosophiae magister und Nachfolger
im Amte, dem auch Bischof Julius in demselben Jahre die Be-
lehnung ertheilte, wie dasselbe am- 9. Mai 1G36 seinem Sohne
gleichen Vornamens und damaligem Hofschultheisscn von Seite des
Bischofs Franz von Hatzfeld geschah. Damit endigen die Nach-
richten über den Steinhof zu Dippach und seine Besitzer, die seinen
Ertrag als Belohnung für ihre Dienste im Archive zweihundert Jahre
lang genossen haben.
Mit dem Druck der Hof- und Staatskalender, der im J. 1747
begann, lernt man die Reihenfolge der Archivaro erst amtlich kennen.
In diesem Jahre erscheint der schon oben genante Johann Georg
Bidermann als Archivar und Oberregistrator. Ihm folgte im
J. 1752 Christoph Eberhard Armknecht, der an Franz
Ludwig Sauerer einen Gehülfen bekam, mit dem er die Trans-
ferirung des Arclüvs von der Festung Marienberg in das bischöf-
liche Schloss oder die Residenz 1764 vornahm, bis 1769. Mit dem
I.Juni dieses Jahres folgte ihm Johann Joseph Timler. Dieser
erhielt am 6. Mai 1773 bis zu seinem Tode 1779 einen Geliülfen
an dem Hofkammer-Protokollisten Johann Octavian Salver,
Sohn des fürstlichen Kupferstechers Johann Salver, geboren 1732,
ausgezeichnet durch seine Kenntnisse im Lehenwesen und Verfasser
des berühmten Werkes: Proben des hohen teutschen Reichs- Adels.
1775. fol. und anderer nicht gedruckten floissigen Arbeiten; er
starb den 23. April 1788. (Vergl. biographische Nachricliten über
ihn von Scharold im Archiv des histor. Vereins Bd. IV Heft 3 S. 141.)
Nach Timlers Tode wurde Dr. Justus Valentin Philippi am
9. Oktober 1780 zum wirklichen Archivar mit Beförderung zum
Hofrath ernannt und verwaltete dieses Amt bis zu seinem Tode am
Schlüsse des Jahres 1798. Der letzte fürstbischöfliche Archivar war
Andreas Sebastian Stumpf, geb. 11. Juli 1772 zu Sosslach,
gebildet zuStrassburg, 1794 Gehülfe, 1795 Kanzlist an der Universitäts-
Bibliothek, am 22. Januar 1799 fürstlicher Archivar, 1800 fürstlicher
Hof- uu4 Regierungsrath, im Jalir 1802, als Würzburg mit Bayern ver-
einigt wurde, als Archivar bestätigt, 1 804 zum Professor der Diplomatik
und vaterländischen Geschichte an der Universität und 1806 zum
Landesdirectionsrath in Bamberg, 1808 zum Legations- und Ministerial-
12 Contzen:
rath in München, 1815 zum Staatsarchivar und 1817 zum zweiten
Direktor der k. Regierung zu Würzburg ernannt — starb hier am
20. April 1820. (Vergl. die Biographie von seinem Sohne Pleikard St.,
dem verstorbenen ständischen Archivar, im Archiv des bist. Vereins
Bd. XII Heft 2 u. 3 S. 298 ff.) Seit L. Fries hat kein Archivar das
Archiv, dem er seine Kräfte sieben Jahre widmete, thätiger benutzt,
als Stumpf. Die Prüfung der Bemerkungen des Herrn von Schuttes
über den successiven Länderzuwachs des Hochstifts Würzburg 1799,
die diplomatische Geschichte der Liga 1800, die Denkwürdigkeiten
der teutschen, besonders fränkischen Geschichte, drei Hefte 1801 und
1802, das historische Archiv für Franken 1803, 2 Hefte, Recht und
Herkommen des würzburgischen Lehenhofes, die Ritterdienste der
Vasallen betreffend 1803, die Ritterschaft in Buchen 1803, die Bei-
träge zur Geschichte des Landsberger Bundes im sechszehnten Jahr-
hundert 1804, die Darstellung des bayerischen Wiederlösungsrechtes
der vormals würzburgischen Aemter Rothenfels, Lauda, Jagstberg
und Krautheim 1804, die Geschichte der Landstände des Gross-
herzogthums Würzburg 1808, — alle diese grösseren und kleineren
dem Druck übergebenen Schriften wurden im Archive und aus
Archivalien gearbeitet. Dazu kam eine zweijährige Abwesenheit;
denn am 9. März 1799 erhielt er den Auftrag, das hochstiftische
Archiv und andere wichtige Papiere nach Erfurt zu schaffen, — die
Kosten beliefen sich auf 1872 fl., — und am 26. April 1801, mit
demselben wieder nach Würzburg zurückzukehren ; dazu kam ferner
die neue Ordnung des Archivs , noch vor Uebergang desselben an
Bayern.
4. Die Ordnung des Archivs.
Stumpf theilte den ganzen Urkunden- Vorrath in acht (sehr
ungleiche) Theile in folgender Ordnung:
1) Urkunden über des Fürstenthums Privilegien und Regalien,
2) Verträge über des Landes rechtliche Verhältnisse mit
auswärtigen Reichen,
3) Urkunden über des Fürstenthums reichsständische Ver-
hältnisse,
4) Urkunden über des Fürstenthums rechtliche Verhältnisse
- mit den benachbarten Reichsständen, Churfürsten, Fürsten,
Grafen, Herren und Städten (es sind ihrer 24),
5) Urkunden in Rücksicht der Innern Staatsverhältnissc
Die Urkunden des Bisthnms Würzhurjr- 13
a. mit dem Domcapitel,
a. Wahlcapitulationen,
ß, besondere Verträge,
b. mit dem Klerus, der Ritterschaft und den Städten
des Landes in Hinsicht des Steuerwesens,
c. Recesse mit den geistlichen und weltlichen Land-
ständen,
6) Urkunden der Stifter, Stiftungen und Klöster, derselben
Rechte, Güter und Verbindlichkeiten betreffend. (Es sind
52 Rubriken),
7) die allgemeine Landes- und Regentengeschichte betreffende
Urkunden,
8) Urkunden der einzelnen Ortschaften.
Stumpf brachte nach dieser Eintheilung der Urkunden den
ersten Band des Repertoriums, der die ersten sieben Nummern um-
fasst, zu Stande ; sein tüchtiger Nachfolger, Ignaz Seidner, früher
Kloster Ebrachischer Kanzleidirector, vollendete die Arbeit während
seiner Verwaltung von 1806 bis 1829, wo er im 75. Lebensjalire
am 22. April an Entkräftung starb, sein grosses Vermögen dem
Juliusspitale und dem Waisenhause vermachend.
5. Bestand des fürstbischöflichen Archivos.
Beide Männer hatten die grosse Veränderung, welche die
Säkularisation über das Hochstift herauiführte, im Archivwesen zu
durchleben; sie hatten die Aufgabe, aus den verschiedenen Archiven
des Bisthums ein einziges fränkisches Landes- oder bayerisches Kreis-
Archiv zu schaffen.
Nach dem Verkaufe der Klostergtiter wurden ungeheure Massen
von Urkunden und Akten nach Würzburg gefahren; die Räume
des Archivs konnten sie nicht aufnehmen; sie mussten für's erste
anderswo untergebracht werden. Es war dies aber nicht die erste
Vermehrung, die das Archiv erhielt; diese wurde durch die Re-
formation herbeigeführt. Von folgenden Stiftern, Abteien und Klöstern,
Avelche im sechszehnten Jahrhundert ihre Auflösung erhielten, kamen
die Urkunden an das fürstliche Archiv:
1) die Benedictiner-Abtei Aura an der Saale,
2) die Augustiner -Probstei Birklingcn, deren Urkunden
später an Ansbach ausgehändigt worden sind und sich jetzt
in Nürnberg befinden;
14 Contzen:
I
3) die Carmolitenklöster zu Schweinfurt und auf der
Vogelsburg,
4) das Priorat zum h. Udalrich zu Würzburg, Bene-
dictinerordens,
5) die Frauenabteien: Frauenroth, Benedictinerordens,
6) Hausen, Prämonstratenser,
7) Heiligenthal, Cisterzienser,
8) St. Johann bei Wildborg, desgleichen,
9) zu Kitz in gen, Benedictiner,
10) Marienburghausen, Cisterzienser,
11) Maidbrunn, desgleichen,
12) Paradies zu Heidingsfold, Benedictiner,
13) Schönau, Cisterzienser,
14) Wechterswinkel, desgleichen,
15) das Kloster zu St. Agnes, Ciarissenordens zu Würz-
burg, in der Folge das Jesuiten collegi um, und
16) das Priorat der büssenden Frauen zu S. Magdalena (der
Reuerinnen), auch in Würzburg.
In dem landesherrlichen Archive haben sich die Urkunden
dieser Stiftungen am besten erhalten. Zuweilen wurden auch bei
herannahender Kriegsgefahr die Urkunden nach Würzburg geflüchtet,
so die des Klosters Theres im markgräflichen Kriege, wobei die
Folge war, dass der Landesherr die Originale im Archive behalten
und dem Kloster dafür beglaubigte Copien zurückgeben liess. Doch
änderten diese kleinen Zuflüsse den Charakter des Archivs nicht.
Dieses war ursprünglich ein bloss bischöfliches; es umfasste jene
Documente, welche auf die landeshoheitlichen und oberlehenherrlichen
Gerechtsame des geistliclien Staates und dessen unmittelbare Be-
sitzungen, sowie auf den persönlichen Haus- und Besitzstand des
Bischofs als Landesregenten Bezug hatten. Es umfasste am Schlüsse
seiner selbständigen Verwaltung 9430 Urkunden, davon 8 aus dem
eilften, 70 aus dem zwölften, 368 aus dem dreizehnten, 1575 aus
dem vierzehnten, 2428 aus dem fünfzehnten und die übrigen 4981
aus dem sechszehnten bis achtzehnten Jahrhundert, und 9144 Lehen-
briefo und Reverse, davon 91 aus dem vierzehnten, 619 aus dem
fünfzehnten und die übrigen 8434 aus dem sechszehnten bis acht-
zehnten Jahrhundert.
Die iTkundcn des Bisthunis Würzburg. 15
6. Das Archiv des Domcapitels.
Getrennt hievon und in eigener Verwaltung und eifersüchtig
bewacht war das Archiv des Domcapitels, das bei der Säkulari-
sation des Hochstifts zunächst mit dem landesherrlichen Archive
vereinigt werden sollte. Es war in seinen einzelnen Laden nach
den Beziehungen des Capitels zum Bischof, unter sich und zum
Klerus, dann zum Lande im Allgemeinen und zu den einzelnen
alphabetisch sich folgenden Ortschaften abgetheilt und hatte seine
eigenen Registratoren oder Archivare, deren Namen man vom Jahre
1747 an kennt. Der letzte war der gelehrte J. A. Oegg, der Ver-
fasser der Korographie von Würzburg. Würzb. 180L 1. Band (der
zweite handschriftliche im histor. Vereine). Das Archiv befand sich
oberhalb des im fünfzehnten Jahrhundert erbauten Kreuzganges und
wurde später mit der Registratur neben dem Capitelsaal verbunden.
Es ward im Jahre 1803, und zwar, wie es bei fast allen Kloster-
archiven auch der Fall war, ohne Repertorium und Inventar, an
das damals kurfürstlich bayerische, früher bischöfliche oder landes-
herrliehe Archiv abgeliefert und von dem geheimen Archivar J. J.
Seidner entsprechend dem Plane des fürstlichen Hauptarchivs in
den Jahren 1807 — 8 geordnet nach folgenden Rubriken:
1) Privilegien über den Erwerb und die Regalien des Hoch-
stifts. Hier tritt uns sofort eine stattliche Reihe kostbarer
Kaiserurkunden entgegen ! Voraus geht eine Urkunde über
die durch den Grafen Wamharius geschehene Stiftung des
Klosters Gamundias (Saargemünden) in Lothringen, actum
Gamundias regnante sub Carole majore in domo Theuderico
Rege anno XX pridie Kalendas Augustas (um 73p); dann
beginnen die Karolinger Urkunden mit denen Karls des
Grossen vom 7. August 807 und 1. Dezember 811, Ludwigs
des Frommen vom 20. Januar 820 und 20. Dezember 823.
Aus dem neunten Jahrhundert sind 15 Stück vorhanden,
aus dem zehnten 25, aus dem eilften 27, aus dem zwölften 11,
aus dem dreizehnten 14, im Ganzen 99 Kaiserurkunden,
von denen im 30. und 31. Bande der Monumenta Boica
die bis zur Mitte des dreizehnten Jahrhunderts reichenden
abgedruckt sind.
2) Urkunden der Stifter oder CoUegiatkirchen und sämmt-
licher Abteien in 67 Abtheilungen.
16 Contzen:
3) Stiftungsbriefe und sonstige Urkunden über die Vikarien
im Dome. Der Vikarien waren 53, der Urkunden sind 452.
4) Des Domstifts Rechte, Ministerialen, Hörige oder Eigen-
leute, ciiriae claustrales, GefäUe und Güter zu Würzburg.
Diese 341 Urkunden, davon die zwei ältesten aus dem
eilften Jahrhundert, sind natürlich für die Gescliichte des
Stiftes von der grössten Wichtigkeit
5) Präbendäl- Akten mit den Stammbäumen und Ahnenproben
der mit den Präbenden begabten Domicellaren an dem
Domstift, nebst den zwei Bänden des Repertoriums dar-
über. Der erste gemalte Stammbaum, aus dem Jahre 1669,
gehört dem Grafen Philipp Eberhard von Löwen stein-
Wertheim an; er hat 31 Ahnen. In der Folge wechseln
diese Stammbäume theils mit 9, theils mit 15 Ahnen, bis
vom Jahre 1680 an jederzeit 15 Ahnen auf denselben ge-
liefert werden. Diese Akten wurden zur Ergänzung des
anzulegenden Adelsarchivs am 22. Dezember 1817 an das
k. Reichsarchiv zu München eingesendet
6) Des Domstifts Anniversarien, Stiftungen und Merkwürdig-
keiten. Von den erhaltenen 60 Urkunden ist die älteste
aus dem Jahre 1180.
7) Urkunden über das Dietrichsspital, welches dem Dom-
capitel angehörte. Die ältesten der 103 Urkunden sind
von 1140, 1184, 1203 und 1218. (Jener Zeit mag auch
der Steinsarg angehören, der in der Behausung dieses
ehemaligen grossen Spitals vor einigen Jahren ausge-
graben wurde, er ist vielleicht der des Stifters, und sich
jetzt im histor. Vereine befindet) Das jüngste Dokument
ist von 1715.
8) Allgemeine Landes- und Regentengeschichte betreffende
Urkunden, im Ganzen 189, natürlich von grosser Wichtig-
keit In der ältesten von 1131 gibt Bischof Embricho die
Bestätigung einer durch das Ordal des glühenden Eisens
bewiesenen Aussage seines Ministerialen Konrad von Witige-
husen; die zweite ist eine Confirmationsurkunde König
Philipps vom 9. März 1205; in der dritten bestätigt Erz-
bischof Siegfried von Mainz die Wahl Otto's von Lobdeburg
zum Bischof 1207, und trägt in einer andern von 1230 als
Schiedsrichter dem Bischöfe von Bamberg auf, wegen
Die Urkunden dos Bisthiims Würzbur«:. 17
zugefügter Beschädigungen dem Bischöfe von Würzburg
1 000 Mark Silbers zu reichen. In der Keihe der folgenden
bestätigt. Biscliof Otto die alte Gewohnheit wegen der Steuer-
und Bedefreiheit eines Werkmeisters der Domkirche, und
sein Nachfolger Hermann, einer der bedeutendsten Re-
genten des Landes, lässt für diese baufällig gewordene
Domkirche Beiträge sammeln 1237 und 1240. Der in der
Nähe Würzburgs gewählte König Heinrich Raspe gibt ihm
ein Privilegium in Beti'eff der Juden (actum in Zulingis-
heim in castris) am 5. Februar 1246. Das Domcapitel und
die Bürgerschaft zu Würzburg verbinden sich gemein-
schaftlich durch Handschrift gegen den Bischof und alle,
die ihre beiderseitigen Rechte kränken würden 1272. Die
Geistlichkeit der Stadt und des ganzen Landes wendet sich
an den römischen Stuhl gegen das Sammeln des geist-
lichen Zehntens für das gelobte Land, da der Zug dahin
doch nicht zu Stande kommen würde 1277. Bischof
Mangold vergleicht sich mit dem Sammler der Beiträge
zum Kreuzzuge auf eine in Zielfristen zu zahlende Summe
von 1800 Pfund Häller 1302. Noch einige Verhandlungen
in dieser Sache, bis B. Andreas durch seinen Abgeord-
neten eine energische Vorstellung an den römischen Stuhl
richtet 12. September 1310, und die Mainzer, Würzburger,
Fuldaer und Hersfelder Kirchen sich gegen die päpstjichen
Steuern verbinden 1313. Papst Johannes XXII. befiehlt dem
Prior des Dominikanerklosters zu Würzburg durch seinen
Nuntius, den Bischof und das Capitel zu W. von allen
Censuren wegen nicht gezahlter Steuern zum Kreuzzug los-
zusprechen, 3. Juni 1318. Auch die folgenden Urkunden von
denen L. Fries in seiner Chronik melirere mittheilte, sind
für die Geschichte des Hochstifts von grösster Bedeutung.
Die Letzte vom 23. Februar 1795 ist die Antwort Kaiser
Franz H. auf die Notifikation des Hintritts des Fürst-
bischofs Franz Ludwigs von Erthal, beachtenswerthen Inhalts
zum Ruhme des Verstorbenen. Ich habe sie mitgetheilt in
der trefflichen Abhandlung von Kittel, Geschichte der frei-
herrlichen Familie von und zu Erthal im Archiv des histor.
Vereins von Unterfranken, Bd. XVII, 2. Heft (1865) S. 227.
9) Urkunden über die Städte, Dörfer, Höfe, Waldungen,
ArchivaUsche Zeltschrift VII. 2
1 8 Contzen :
Gedungen des Hochstifts und des Domcapitels, 1383 an
der Zahl, die ältesten von 1057 und 1096.
10) Urkunden, die Stadt Würzburg betreffend, im Ganzen 52,
davon 4 aus dem dreizehnten Jahrhundert.
11) Statuten des Domstifts. Es sind ihrer im Ganzen 188,
beginnen mit dem 29. April 1244 und schliessen mit dem
21. Juli 1797, für die innere Stiftsgeschichte von grosser
Wichtigkeit. Den Schluss bilden
12) jene Urkunden, welche die primae preces der Kaiser,
Könige und Bischöfe betreffen. Die älteste ist vom Jahre
1351, die jüngste vom Jahre 1793 von dem Kaiser Franz IL
für den Grafen Max von Elz. Das Stift Hang widersetzte
sich übrigens in einem Notariatsinstrumente, als Kaiser
Karl V. im Jahre 1533 von diesem Rechte Gebrauch machen
wollte.
Das im Jahre 1803 an die kurfürstlich bayerische Landes-
Diroction übergebene Archiv des Domcapitels umfasste, wenn ich
richtig gezählt habe, 3195 Urkunden, davon eine aus dem achten,
15 aus dem neunten, 25 aus dem zehnten, 32 aus dem eilften,
99 aus dem zwölften, 306 aus dem dreizehnten, 904 aus dem vier-
zehnten, 1087 aus dem fünfzehnten und 726 vom sechzehnten bis
zum Schlüsse des achtzehnten Jahrhunderts. Doch war es nicht
das ganze Archiv des Domcapitels , was übergeben wurde ; man
barg einen nicht unbedeutenden Theil desselben, in der Hoffnung der
Rückkehr der alten Verhältnisse. Ich entdeckte ihn im Jahr 1860.
7. Stifter, Klöster und Commenden im Bisthum Würz-
burg bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts.
Vor dem üebergange zu der grossen Anzahl von Urkunden
der einzelnen Stifter, Klöster und Ordens - Commenden scheint es
geboten, eine Uebersicht derselben bis zum Ende des fünfzehnten
Jahrhunderts zur Orientirung vorauszusenden.
Das Bisthum Würzburg war im Verhältniss zu seinem Um-
fange nicht arm an diesen Instituten des religiösen und wissen-
schaftlichen Lebens jener Zeiten; das Klosterleben in fast allen
seinen mannichf altigen Formen findet sich hier vertreten ; doch
führen Avir nur diejenigen Sitze desselben auf, die ihr Dasein in
Urkunden erhalten haben, die übrigen nennt die Geschichte des
Hochstifts.
Die Urkumlen des Bisthums Würzburg. 19
Der Zeit und Bedeutung nach stehen die Bcnedictiner voran,
die der Gründer des Bisthums einführte, denen die ersten Vor-
stände desselben angehörten. Schon in der ersten Hälfte des achten
Jahrhunderts finden wir in der Stadt Würzburg am Fusse des
Marienberges vom ersten Bischof Burkhard gegründet das St. Andreas-
kloster, seit 984 das St. Burkhardskloster genannt, mit berühmter
Schule, dem Ausgangspunkt der s. g. Würzburger Annalen. Eine
frühere Zeit weiset die Sage dem Kloster Amorbach zu, welches
714, und dem Kloster Neustadt am Main, das 725 entstanden
sein soll. Nicht viel jünger ist das Frauenkloster in Kitzingen.
Um die Mitte des achten Jahrhunderts treffen wir Onoldsbach
oder Ansbach, durch den h. Gumbert gegründet und 1057 in ein
Collegiatstift ve wandelt. Im Anfange des neunten folgten Schlüch-
tern und Murrhardt, etwas später Schwarzach. Mosbach
ist eine Stiftung des zehnten Jahrhunderts und tritt seit dem drei-
zelmten als Collegiatstift auf Das eilfto Jahrhundert sieht Neu-
münster in Würzburg, nach 1057 in ein berühmtes Collegiatstift
verwandelt, das Frauenkloster Laufen am Neckar (1003), welches
auch noch zweimalige Wandlungen erlebte, The res am Main (1043),
St. Stephan zu Würzburg, aus einem Collegiatstift 1057 zum
Kloster geworden, Banz auf herrlicher Anhöhe am Obermain (1069).
Komburg am Kocher (1078), das sich 1488 in ein vornehmes
Collegiatstift verkelirte, und das Priorat Schönrain (1093) am Main,
eine Stiftung der Grafen von ßieneck, allmählich entstehen. Ilmen
folgten im zwölften Jahrhundert Münch«teinach am Steigerwald
(1102), Aura an der Saale (1108) mit dem Historiker Ekkehard
als erstem Abte, Münchaurach an der Aurach (1110), beide
Stiftungen Otto's des 'Heiligen, Bischofs von Bamberg, dann das
kleine Frauenkloster St. Johanns zu Zell unter Fischberg (113G),
und das berühmte St. Jakobs- oder Schottenkloster zu Würz-
burg, unter dem h. Makarius für irische Mönche gegründet (1138),
sowie die beiden Frauenklöster St. Afra in Würzburg (um 1150)
und Veilsdorf an der Werra (1180). Den Schluss machen im
dreizehnten Jahrhundert die Frauenklöster Paradies in Heidings-
feld am Main (1237), St. Ulrich in Würzburg (1250) und Mistlau,
die kleine Stiftung einer Gräfin von Hohenlohe.
Aus den Benedictinerklöstern gingen zuerst die CoUegiat-
s tifter hervor, Collegien von Klerikern, welche für den regelmässigen
Chordienst und die Seelsorge präbendirt, unter der Vorstandschaft
2*
20 Contzcn:
eines Probstes und Dekans ihre eigene, den Domcapiteln nach-
gebildete, corporative Verfassung hatten, im Gegensatz zu den Doni-
oder Hochstiftern auch Unterstifter genannt, grösstentheils Mitglieder
bürgerlicher Abkunft zählten. Am Schlüsse des Mittelalters hatte
das Bisthum nicht weniger als vierzehn CoUegiatstifter. Das älteste
Institut dieser Art ist das Stift Haug, im Jahre 1000 auf einer
Anhöhe bei Würzburg errichtet und im siebzehnten Jahrhundert
in die neubefestigte Stadt versetzt; das zweite ist Oehringen, im
Jahre 1037 von Gebhard Bischof von Regensburg, wie jenes von Bischof
Heinrich vou Würzburg gegründet. Aus Benedictinerklöstern wurden
dann in demselben Jahre 1057 vom Bischof Adalbero Neumünster
auf der Stelle der alten Kathedrale in der Stadt und die alte
Gumbertsstiftung Ansbach zu Collegiatststiftern umgewandelt.
Diesem Beispiele folgte zunächst Mosbach, wie es scheint im An-
fange des dreizehnten Jahrhunderts. Im vierzehnten wurden dann,
durch die Liberalität frommer Fürsten ausgestattet, zu Collegiatkirclien
erhoben Hildburghausen (1319) und Schmalkalden (auch
1319), Rassdorf (1345) und Meckmühl an der Jagst (1379), im
fünfzehnten Wert heim (1419) und Römhild (1450), sowie im
Anfange des sechzehnten (1509) Murrhardt. Diese Umwandlung
der alten strengen Benedictinerklöster in Unterstifter wie auch der
berühmten Abteien St. Burkhard und Komburg in Ritterstifter für
Mitglieder adeliger Abkunft, jenes 1464, dieses 1488, bewies das
Sinken des religiösen Geistes jener Zeit.
Sehr früh wurden im Bisthum die Chorherrn des h. Au-
gustinus (canonici reguläres S. Augustini), über deren Gründung
man noch nicht im Klai*en ist, eingeführt; sie waren seit 1060 in
Heidenfeld und seit 1088 in Triefenstein, beide am Maine, und
im fünfzehnten Jahrhundert wurden zwei neue Klöster dieses Ordens
gestiftet zu Langenzenn 1409 und zu Birklingen 1462.
Am zahlreichsten finden sich aber nächst den Benedictinern
die Cisterzienser im Bisthum vertreten. Das reichste Kloster
der Diöcese gehört ihnen an, das für seine Unabhängigkeit einen
langen Kampf führte, E brach im Steigerwalde, von Morimond aus
von Mitgliedern der Staufischen Familie gestiftet im Jahre 1126.
Ihm folgten als älteste Tochter das Frauenkloster Wechterswinkel
um 1143, dann die bedeutenden Abteien Bildhausen 1156, die
Stiftung des Pfalzgrafen Hermann von Stahleck, Bronnbach an der
Tauber und Schönthal an der Jagst, beide im Jahr 1157 ge-
Die Urkimden des Bisthunis Würzburg. 21
gründet, und dann eine lange Keihe von Frauenklöstern über die
ganze Diöcese verbreitet, nämlich Schönau 1189, S. Johann
unter Wildberg um 1220, zu S. Magdalena in Würzburg
(das Reuerinnenkloster) 1227, Hi mm elspf orten bei Würzburg
1231, Frauenrode 1231, die Stiftung des Minnesängers Otto von
Bodenlauben, Frauenthal 1232, Heiligenthal bei Wipfeld 1234,
Mariaburg|hausen gegenüber von Hassfurt am Main 1237, Billig-
heim im Odenwalde 1238, Seligenthai 1239, Lichtonstern
1242, Gnadenthal 1243, dann Sonnenfeld 1260, Birkenfeld
1276, Kür nach am Ende des dreizehnten Jahrhunderts, wozu dann
1310 das kleine Priorat Georgenzell in Thüringen kam. Damit
waren die Stiftungen dieses Zweiges des Benedictinerordens erschöpft.
Aehnlich in der äusseren Einrichtung war der vom h. Norbert
gegründete Prämonstratens er- Orden, dem drei Abteien in der
Diöcese angehörten: Oberzell am Main unfern Würzburg, vom
h. Norbert selbst errichtet 1128, die bedeutendste, Sulz 1130,
Vessra in der Grafschaft Hennoberg, 1131 gegründet; dann fol-
gende Frauenklöster: Unterzeil um 1130, Tückelhausen 1138,
später den Karthäusern überlassen, Lochgarden bei Mergentheim
1144, Frauenbreitungen 1150, Trostadt 1160, Hausen bei
Kissingen 1161, Scheftersheim 1162, Gerlachsheim 1209 und
Michel feld 1261 gegründet. Nach der Milderung der Ordens-
regeln durch Papst Pius H. wurde schliesslich noch Laufen 1466
diesem Orden übergeben.
Spät erst fand der Orden der Karthäuser Aufnahme in die
Diöcese; die fünf Klöster desselben gehören dem vierzehnten und
fünfzehnten Jahrhundert an. Das älteste Kloster ist Grünau bei
Wertheim, um 1328 gegründet; dann folgten die Niederlassungen
von Ordensangehörigen in Würzburg 1348, in Tückelhausen
1351, in Astheim 1409 gegründet von der Familie der Seinsheim
und Schwarzenberg, und in Ilmbach am Steigerwald 1453.
Die Men d ik an ten- Orden, denen die thätigsten Förderer der
Wissenschaft, die grössten Theologen des Mittelalters angehörten,
waren zu sehr ein Bedürfniss der Zeit, als dass sie nicht auch
bald in die Würzburger Diöcese gerufen worden wären. Wir finden
sie im Gegensatz zu den frühern Klöstern nur in den Städten und
erinnern an die bekannten Verse:
Bernardus valles, montes Benedictus amabat,
Oppida Franciscus, cel obres Ignatius urbes.
22 Contzen :
Die Dominikaner, die 1216 die päpstliche Bestätigung er-
hielten, finden wir in Wlirzburg schon nm das Jahr 1230, wo in ihrem
Kloster der berühmte Albertus Magnus eine Zeitlang lebte, und in
ilergentheim seit dem Jahre 1273. Zwei Prauenklöster wurden
nach ihrer Regel umgewandelt, das Marx er (ad S. Marcimi) in
Würzburg 1245, das der unglücklichen Königin Margaretha eine
Trostesstätte bot, und das in Laufen um das Jahr 1250; eines,
das in Frauenaurach, 1275 sofort nach derselben eingerichtet.
Die Franziskaner, im Jahre 1210 bestätigt, siedelten sich
am frühesten 1236 in Schwäbisch-Hall an, dann 1240 in der
Stadt "Würzburg, im Jahre 1272 in Heilbronn und zuletzt in
Schi e Usingen 1402. Der zweite Orden des h. Franciscus von
Assissi, von der Stifterin der h. Clara auch Clarissinnen, auch arme
Frauen genannt, fand 1254 Aufnahme im Kloster St. Agnes zu
Würzburg und 1293 in einem zweiten zu Heilbronn.
Zu den Bettelorden wurden seit der Mitte des dreizehnten
Jahrhunderts durch päpstliche Bestimmungen auch die Karmeliter-
und Augustiner- Eremiten gezählt. Die Karmeliter hatten im
Würzburgischen sechs Klöster: eines in der Hauptstadt schon im
Jahre 1212, ein zweites auf der Vogelsburg 1282 in herrlicher
Tjage, eine Stiftung der Grafen von Castell ; diesen folgten die Con-
vente zu Neustadt an der Saale 1352, zu Schweinfurt 1366,
zu Hoilbronn 1448 und zu Crailsheim im Jahre 1481. Klöster
der Karmeliterinnen gab es hier nicht.
Eine Folge der allmählig vollzogenen Ansiedlung der Au-
gustiner-Eremiten in fünf Städten der Diöcese ist, dass sich
die Klosteranfänge nur annähernd bestimmen lassen. Das erste
findet sich in Schmalkalden um 1200, die beiden bedeutendsten
und noch jetzt bestehenden in Würz bürg xun 1263 undinMünner-
s tad t 1279 ; ihnen folgten die geringern Stiftungen zu Wi n d s h ei m
.um 1290 und zu Königsberg um 1350.
Endlich haben auch Orden von geringerer Verbreitung Auf-
nahme gefunden; dahin gehören die Antoniter in Würzburg,
die aber bald wieder untergingen; die Wilhelm it er oder Eremiten
des h. Wilhelm von Midoval, zu Sinnershausen schon vor dem
Jahre 1290 und zu Wasungen im Jahre 1299; die Pauliner
oder Einsiedler des h. Paulus, auch Bmder des Todes genannt,
bestätigt im Anfange des vierzehnten Jahrhimderts, hatten seit 1357
in Auhausen und seit 1380 in Goldbach kleine Niederlassungen.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 23
Glänzender als bei den genannten Instituten war das Auftreten
der beiden Ritterorden, der Johanniter und der Deutschberren, die
hier nicht vai übergehen sind. Die Johanniter, Hospitaliter, fratres
hospitalis S. Johannis, mit den Templern, die in unserm Bisthum
nicht nachweisbar sind, zu gleicher Zeit entstanden, hatten be-
kanntlich in Deutschland ein Grosspriorat, das an verschiedenen
Orten Cameralhäuser, Kittercommenden und Priestercommenden be-
sass. In Würzburg gründeten sie oder übernahmen das schon be-
stehende St. Oswalds- Spital und bildeten da, seit 1220 ungefähr,
eine Comthurei. Der deutsche Orden oder der Orden der Brüder
des St. Marienhospitals in Jerusalem gründete in Deutschland all-
mählig zwölf Balleien, deren bedeutendste Franken wurde, und in
jeder derselben Comthureien und einzelne Ordenshäuser. Zu den
dreiundzwanzig fränkischen gehört seit etwa 1219 die Commende
Würzburg, seit ungefähr 1240 die zu Münnerstadt, womit die in
der Stadt Schweinfurt errichtete später vereihigt wurde. Andere im
Umfange der Diöcese waren zu Morgentheim, das später eine höhere
Bestimmung bekam, zu Horneck, Heilbronn, Argshofen und zu
Rotenburg an der Tauber.
So sehen wir also in buntester Mannichfaltigkeit, wie es die
wechselnden Bedürfnisse der Zeiten hervorbrachten, in gowerbreichen
Städten, auf sonnigen Höhen und in stillen Thälern jene Sitze der
Cultur verbreitet, deren Archiven wir schliesslich doch zum grossen
Theile verdanken, was wir vom Leben der Vorzeit des Landes
kennen. Zur raschen Uebersicht der Entstehung derselben diene
folgende Tabelle:
24
Contzen :
Jahr-
hun-
derte
CoUegiatstlft^r
Benedictinor
VIU
IX
S. Burkhard vor
Amorbach vor .
Kiteingen vor . .
Änahitch um . . .
Neustadt
750
750
750
755
7b3
Schlüchtern vor .
MurrharJt ca. .
Schwarzach ...
817
817
877
Augustiner
Chorherrn
Ciöterzlcnser
PrämonstratcnBcr
Earthitu«r
Mosbach vor. .
976
Ilaug 10>XI NeumUiistei
Oeh ringen . . . 1037
XI
Neutnilnater . . 1057
Ansbach ca.. . H»57
XII
1200
XIII
1000
Laufen Xm'A
Theres 104 H
.S\ Stefan 1057
Banz lOO'J
Komburg 1078
Schönrain
10'J3
Jleidenfeld. KXiO
Triffentttt in 1088
MilnchsU'inach . . . 1102
Aura lias
Milnchaurach . . . 1110
Zell unter Fischberg 1 136
SchottenkUater . . . 1138
Mönchruden .... 1113
S. Afra ca 1150
Vcilsdorf II so'
Srhömtn 1180
Heidingsftld . . . . 123'i
S. Ulrich 1250
Mistlan 1282
I
Itildbn rgiMHsen 1 3 1 0
Schntulknlden . 131'.»
Rassdorf . . . 1345
Meckmühl . . . 137'J
Werf heim . . . 1419
liomhild .... 1450
S. Burkhard . 1461
Koniburg . . . 1488
Langemenn 1400
Birklingen 14(J2
Ebrach 1126
Weehters Winkel ca. . . 1143
Bildhansen ....
Bronnbach 11
Schönthal 11
Obi'TzeU ....
Wnterzell . . .
Sulz
1156 Vessra ....
Tückelhansen .
Lochgarden .
^'r. Breilungen
Trostadt .'. .
Hausen ....
Scheftersheim
1 12s
1130
1130
1131
1138
1141
1150
1160
1161
1162
Gerlachsheim 1201»
S. Johann unter Wild-
benj ca 1220
Reuerinnen 1227
Jlimmelspf orten 1231
Frauenr(Hie 1231
Maidbronn 1232
Frauenthal 1232
JleiligeiUhal 1234
Mariaburghausen . . . 1237
Billig fte im 1238
Seligenthal 12:>0
Lic'ßdenstcrn 1242
Gnadenthal 1243'
Sonnenfeld 121.0 Michclfeld
Birken fdd 12761
Kür nach i2'.»l
1261
Oeorgenthal 1310
(rrünau ca. TW
Würzburg . 131
TückethausKuiVi
Laufen
. 1466
Astheim . . 14^
nmbach . . l^
XVI
Murrhardt . . 1509
Die Urkunden des BiHthums Würzburg.
25
Dominikaner
Franziskaner
Karmeliter
Augustiner
Kleinere Orden
Johanniter
Deutscher Orden
" ^" "~
1
i
1
1
•
Würgimry ca. Ii30
St. Marjc. . . 124r>
Lamfen c». . . 12ö<>
M^rgentheint 1273
fmnenamraek l27j
Schtc. I/aU 1230
Meiningen . IZVJ
Warsburg . 1210
S. Agnes. . liT)!
llrilhronn 1272
Jidtt^ntntrg
JleiWruHH 12l»3
H'flri/>M#v/ ca. 1212
Vogelahurg . . 12)S2
SrhmatkaUhn
ca i2lM)
ff'arifcMry ca. 12G3
a/a«»»e/»/firf/ca.l27<>
H'i« /i^/itfimca. 121H)
Antoniter:
Wünhtirg ca. 120 i
N
Wiihelmiter:
Sinnvrshausen
vor 121K»
WasHngen . . 12in»
Würzbiirg ca. 122«)
■
Würzburg ca 1219
MünnerttadtcikXl^S
Schwein fnrt 12Ü8
SeuHtadt als. IXvi
SchwcinfHri . UtiJJ
Königsberg csk. I35<>
Pauliner:
AnhatiHen . . ISf)?
Coltibach . . . 13.su
ScMeusitigen 144V2
yeufitadt
afAiach . UöO
Heilbionn . . 1148
Crailithvim . . 14öl
20 Contzen :
8. Bauernkrieg, Reformation, Revolution.
In der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts sind es
zwei Ereignisse, die den Bestand aller dieser Anstalten in Frage
stellten; der Bauernkrieg bedrohte die leibliche, die Reformation die
geistige Existenz derselben. Durch den ersten wurden fast alle
Stifter und Klöster in ihrem Besitzthum so arg geschädigt, dass
der fernere Bestand mancher Genossenschaft sich als unmöglich
darstellte; die in Folge der Reformation hervorgebrachte veränderte
Geistesrichtung Hess viele Zellen leer stehen und bot Fürsten und
Städten die willkommene Handhabe zur Einziehung der geist-
lichen Güter.
Nachdem im Laufe der früheren Jahrhunderte zwei Klöster
(die Antoniter in Würzburg, dann Kürnach) erloschen, zwei (Tjoch-
garden und Michelfeld) mit andern sich vereinigt hatten, gingen von
den übriggebliebenen hundert und fünf Instituten in den Stürmen des
sechszehnten Jahrhunderts drei und sechzig ein und zwei und vierzig
blieben bestehen.
Von den vierzehn Collegiatstiftern verschwanden zehn, und
vier: Hang, Neumünster, St. Burkhard und Komburg blieben. Von
den Benedictinern gingen ab (nachdem schon früher Ansbac^h, Neu-
münster, Mosbach, Laufen, St. Burkhard, Komburg und Murrhardt
ausgeschieden): Kitzingen, Schlüchtern, Schönrain, Münchsteinach,
Aura, Münchaurach, Mönchroden, Veilsdorf, Heidingsfeld, St. Ulrich
und Mistlau. Bestehen blieben: Amorbach, das später zur Mainzer
Diöcese kam, Neustadt am Main, Schwarzach, Theres, St. Stephfin,
Banz, Zell unter Fischberg und das Schottenkloster zu Würzburg.
Von den Augustiner Chorherren hielten die alten Stiftungen Heiden-
feld und Triefenstein aus, die jungen Langenzenn und Birklingen
gingen unter. Am meisten verloren die Cisterzienser; von den zwei
und zwanzig Stiftungen derselben blieben nur fünf übrig: Ebrach,
Bildhausen, Brombach, Schönthal, und von allen Frauenklöstern
allein Himmelspforten. Die Prämonstratenser hatten schon früher
Lochgarden, Michelfeld und Tückelhausen eingebüsst und verloren
durch die Reformation das Uebrige bis auf Ober- und ünterzell
und Gerlachsheim. Laufen, das 1466 ihnen übergeben ward, bot
keinen Ersatz.
Die Carthäuser behaupteten ihre Besitzungen bis auf Grünau,
das jedoch im siebzehnten Jahrhundert unterging. Die Domini-
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 27
kaner verloren nur Frauenaurach; die Franziskaner retteten aber
nur Würzburg und Heilbronn; die Karmeliter verloren die Hälfte
ihrer Ansiedlungen und blieben nur in Würzburg, Neustadt und
Heilbronn; die Augustiner erhielten sich gleichfalls nur in Würz-
burg und Münnerstadt. Die kleinen Orden der Pauliner und Wil-
helmiter verschwanden ganz. Dagegen erhielten sich die Conimenden
der Johanniter und des deutschen Ordens, bis auch sie im Anfange
des neunzehnten Jahrhunderts mit den übrigen geistlichen Cor-
porationen der neuen Ordnung der Dinge zum Opfer fielen. Nur
drei haben sich von den 105 Instituten bis auf den heutigen Tag
erhalten: die Franziskaner in Würzburg, deren Kloster im Jahre
1240, und die Augustiner in Würzburg und Münnerstadt, deren
Klöster um 1263 und 1279 gegründet worden sind.
9. Die Urkunden der Stifter, Klöster und Commenden
ausserhalb des jetzigen kgl. Archivs in Würzburg.
Von grösster Wichtigkeit ist es, zu untersuchen, wohin die
Archive der genannten Corporationen bei ihrer Aufl()sung im sechs-
zehiiten und neunzehnten Jahrhundert gekommen sind. Das glück-
lichste Loos traf offenbar diejenigen, deren Archivalien ihr bisheriges
geistliches Oberhaupt, der Bischof von Würzburg, nach der von ihm
vollzogenen Einziehung der Klöster im sechszehnten Jahrhundert in
sein eigenes Archiv aufnahm und dadurch sie vor dem Untergänge
rettete. Diese haben sich fiist unverändert in dem Zustande, wie
sie übernommen wurden, bis auf den heutigen Tag erhalten. Von
den übrigen befand isich der grössere Theil in den Gebieten welt-
licher Fürsten, der geringere innerhalb der Territorien kleinerer
Keichsstände ; beide mussten schon, wenn auch Manches zerstreut
ward, wegen des in den Archiven liegenden Beweismaterials bei
entstehenden Besitzstreitigkeiten die Urkunden der Klöster möglichst
schonen. So kamen in den Besitz der Henneb ergischen und der
Sächsischen Fürsten die Archivalien der Klöster Coburg, Frauen-
breitiuigen, Oeorgenzell, Hausen, Hildburghausen, St. Johann unter
Wildberg, Königsberg, Meiningen, Mönchroden, Rassdorf, Römhild,
Sinnershausen , Sonnenfeld, Trostadt, Vessora, Wasungen und Zell
unter Fischberg. Jetzt befinden sich dieselben in dem gemeinschaft-
lichen Hennebergischen Archive zu Me i n i ngen und in dem Sachsen-
Ernestinischen Gesammt- Archive zu Weimar. Von den Herzogen
von Würtemberg wurden eingezogen die Stifter und Klöster
28 Contzen:
Komburg, Möckmühl und Murrhardt, Hall, Laufen, lichtenstern
Mergentheim (Dominikaner) und Schönthal. Die Arclüvalien der-
selben befinden sich jetzt grösstentheils im k. Haus- und Staats-
Archiv zu Stuttgart. Die Markgrafen von Brandenburg
unterhalb des Gebirgs zu Ansbach säkularisirten die Stifter und
Klöster Anhausen, Ansbach, Birkenfeld, Birklingen, Frauenaurach,
Langenzenn, Münchaurach, Mönchsteinach, Neustadt an der Aisch
und Sulz nebst den in ihrem Gebiet befindlichen Besitzungen dfes
Johanniter- und des deutschen Ordens. Die Archivalien werden
jetzt im k. Archive zu Nürnberg und in dem zu Bamberg ver-
wahrt, womit das alte Brandenburger Archiv auf der Plassenburg
(vergl. die Geschichte desselben von R Märcker im Archiv des
histör. Vereins von Oberfranken 1846 DI, 2. S. 15 — 24) vereinigt
ist. Die Klöster in Schmalkalden und Schlüchtern wurden von dem
Ijandgrafen von Hessen eingezogen, ihre Archivalien nach Gas sei
gebracht. Die Urkunden der in den Hohenlohischen Landen
gelegenen Klöster zu Oehringen, Gnadenthal und Scheftersheim
werden im fürstlichen Archive zu Oehringen, die wenigen von
Goldbach im Archive zu "Waidenburg verwahrt und sind von
Hansolmann (Hohenloh. Landeshoheit) und Wibel (Hohenloh.
Kirchen -Historie) grösstentheils benutzt und veröffentlicht worden.
Die Urkunden der Klöster Bronnbach, Grünau und Triefenstein
befinden sich im fürstlich Löwenstein'schen Archive zu Wertheim,
die Urkunden des Klosters Amorbach in dem fürstlich Leiningen'schen
Archive zu Amorbach.
Die Städte Rotenburg an der Tauber (vergl. v. Winter-
bach Geschichte der Stadt R. und ihres Gebietes. 2 Theile 1826—27 —
H. W. B e n s e n Historische Untersuchungen über die ehemalige Reichs-
stadt R Nürnberg 1837, Vorrede), Schwein fürt (vergl. Müh lieh
und Hahn, Chronik der Stadt S. Schweinfurt 1817. 4. — H. C. Beck
Chronik von S. Schweinfurt 1836. 4.), Windsheim (J. G. Neher
Zur Geschichte W's. Windsheim 1791—92. 4 St. — C. H. v. Lang
Kurzer Grundriss einer Geschichte der Stadt W., im Archiv des
histor. Vereins von Bayreuth I, 3. S. 93. — G. W. Schirmer Ge-
schichte Windsheims und seiner Nachbarorte. Nürnberg 1848), Heil-
bronn (C. Jäger Geschichte der Stadt H. Stuttgart 1837) und
Mosbach (H. Wirth Die Stadt M. historisch, topographisch und
statistisch geschildert. Heidelberg 1864, Vorrede) vereinigten auch
die Urkunden der innerhalb ihrer Mauern bestandenen Klöster nach
Die Urkmidcn dos Bisthunis Würzbiirg. 29
deren Aufhebung mit ihren städtischen Archiven, obgleich hier aller-
dings manche Verluste zu bedauern sind.
10. Die Urkunden der Stifter, Klöster und Commendcn
im kgl. Archive zu Würzburg.
Der überwiegend grösste Nachlass an Urkunden dieser Institute
befindet sich im kgl. Archive zu "Würzburg. Im Laufe des sechszehnten
Jahrhunderts wurden schon mehrere Klöster- Archive damit vereinigt,
die oben § 4 einzeln aufgeführt sind. Stärker war der Zuwachs in
den ersten Decennien des neunzehnten Jahrhunderts, über den wir
näher unterrichtet sind.
Nachdem die Archivalien des Domcapitels in das landesherrliche
Archiv verbracht waren, soUte nun die Einverleibung der Archive
jener Stifter, Klöster und Commenden des Bisthums folgen, die zur
Zeit der Säcularisation mit dem Kurfürstenthum Bayern vereinigt
wurden. Diese Archivalien wurden nun nicht in solcher Ordnung
übergeben, wie es bei denen des Domcapitels der Fall war.
Die Ursachen liegen nahe. Das Fürstbisthum Würzburg war
am 3. September 1802 von Bayern militärisch besetzt worden als
künftiges Entschädigungsland, wozu es formlich durch den Reichs-
Deputation shauptschluss vom 25. Februar 1803 erklärt ward. Die
Verwaltung wurde einer Landesdirection unter Leitung des General-
Coramissärs Grafen von Thürheim, die Ordnung der zum Einziehen
bestimmten geistlichen Güter einer besondern Abtheilung jener
Landesdirection, einem s. g. geistlichen Separat unter Leitung des
Freiherrn von Leyden übertragen. Dieser ordnete hinwieder zu dem
Geschäfte des Verkaufes der geistlichen Güter besondere Local-
Commissäre ab, die über den Vollzug ihrer Aufträge an ihn zu
berichten hatten. Diese Berichte sind theilweise erhalten. Man sieht
aus ihnen nur, dass das Kirchengut damals zwar nicht zum Besten
des Staates, aber doch zum Vortheil Einzelner beispiellos ver-
schleudert wurde. Wovon die Berichte aber nichts melden, das war
die brutale Rücksichtslosigkeit, womit manche jener Commissäre —
nomina sunt odiosa — ihre Aufträge vollzogen. Kunst und Wissen-
schaft erlitten unter der Barbarei dieser Beamten die schwersten
Verluste. Die Archive der Stifter imd Klöster hatten diesen bisher
als die Rüstkammern für die Behauptung ihrer Rechte gedient ; mit
dem Aufhören derselben verloren jene ihre praktische Bedeutung,
und wenn etwas noch für ihre Erhaltung sprach, war es die Rück-
30 Contzen :
sieht, aus ihnen die Eechtstitel der Erwerbungen jener Corporatiunen
kennen zu lernen. Am 7. Dezember 1802 erliielt der Archivar
Stumpf den Auftrag, eine generelle Uebersicht sämmtlicher in
seiner „Registratur" vorhandenen Archivalien zu fertigen, und wurde
von nun an mit Aufträgen derart überhäuft, dass er fortwährend
über Mangel an Arbeitski'äften klagt/ Am 1. August 1804 machte
er die Landesdirection darauf aufmerksam, dass bereits so viele
Klöster verkauft seien, und ihm noch nicht bekannt sei, auf welche
Art für die Archivalien derselben gesorgt wäre; er habe erst das
Ebracher Archiv und wenige Urkunden von den Karthäuserklöstern
erhalten. Unter dem 7. August erwiderte ihm das geistliche Separat
(Frhr. von Leyden), dass bereits an die Administrationen der auf-
gehobenen resp. verkauften Klöster der Befehl ergangen sei, sämmt-
liche Archivalien nach Würzburg einzusenden, wo man zu ihrer
Unterbringung einstweilen den Capitelsaal am Dom bestimmt habe,
in welchem auch die Auswahl und Sonderung der für das Archiv
nicht geeigneten Papiere vorgenommen werden könne.
Zu diesem Geschäfte wurde ein Kanzlist bestimmt, aber durch
andere Arbeiten ihm wieder entzogen. So blieb die Sache liegen,
bis im Jahre 1807, nachdem Würzburg längst von Bayern an den
Grossherzog Ferdinand abgetreten war, ein neuer Antrag in Betreff
der Archivalien an die Landesdirection gestellt wurde. Aus diesem
sieht man, dass die Papiere, Rechnungen und Urkunden der Stifter
und Klöster an verschiedenen Orten der Stadt waren untergebracht
worden. Als die Auflösung dekretirt und die Gebäude verkauft
waren, liess man die Papiere bei den Klöstern auf dem Lande nach
Würzburg bringen; bei den Stiftern in der Stadt sind sie heute
noch, heisst es in dem Berichte, in den vormals stiftischen Ge-
bäuden verwahrt. Man war unbekümmert, in welcher Verfassung
sich die Sachen befanden; nur darüber blieb kein Zweifel, dass die
wichtigsten Akten und Dokumente in grenzenloser Unordnung durch-
einander lagen, so dass, wenn man in den Fall kam, seinen Rekurs
auf derlei Papiere zu nehmen, diese entweder gar nicht oder erst
mit einem grossen Zeitverluste aufgefunden wurden. Auf diese
Vorstellung wurden zwei Männer zum Ordnen gewählt: der schon
genannte Kanzlist, an dessen Stelle dann, da er sich dieser uugcheuern
Aufgabe bald wieder entzog, ein emeritirter Lehrer der Gewerb-
schule trat, und ein Amtsschreiber. Jener liess nach dem überfüllten
Capitelsaal, der auch noch die Doubletten der Universitätsbibliothek
Die TTrkunden des Bisthums Würzburp. 31
hatte aufnehmen müssen, die Stift Hauger Registratur in 19 Kästen
schaffen; dieser zeigte in der Repertorisirung der Archivalien im
' Stephanerkloster , dass er von der Sache auch gar nichts verstand.
Wie es mit den Archivalien, die damals noch nicht eingeschickt
waren, aussah, davon ein paar Beispiele. Der Local(*ommissär für
das Kloster Heidenfeld verantwortete sich : „Das Archiv befand sich
bei der Aufhebung in griisster Unordnung, war wegen Feindes-
gefahr in unterirdische Räume geflüchtet, und ward jetzt wieder
im grössten Durcheinander heraufgeschafFt, ohne Repertorium.^' Der
Localcommissär für Theres meldet: Das Archiv sei in grösster Un-
ordnung gewesen, von da nach Mainberg geschafft und dann wieder
nach Theres, als dort unentbehrlich, zurückgebracht worden. Betreffs
des Archivs zu Schwarzach berichtet der Landrichter von Dettelbach,
dass er in der Repositur zu Schwarzach die noch vorhandenen
Papiere in grösster Unordnung auf dem Boden liegend vorgefunden
habe. Der Registrator sage aus, man hätte ihm schon 1805 Ver-
schlage zum Einpacken der Archivalien geschickt; er habe alles
Wichtigste eingepackt und abgeschickt, und was nicht in die Ver-
schlage gegangen, sei liegen geblieben. Der Administrator von
Astheim sagt aus, er habe mehrere Urkunden eingeschickt und die
übrigen an die Aemter vertheilt, die Gefälle von da zu erheben
hätten. Auch im Kloster zu Kitzingen, bemerkte der dortige Land-
richter, seien die Archivalien, die dem Rentamt überwiesen waren,
noch 1807 in einem Zimmer des verlassenen Klostergebäudes ganz
zerstreut vorgefunden worden.
Solchem Wesen gegenüber nimmt • es sich sonderbar aus, dass
dem letzten Abt des Schottenklosters Placidus Geddes die Auflage
gemacht wurde, über die Ablieferung der Urkunden durch Quitt-
ungen sich auszuweisen, was den alten Mann zu der bittern Ant-
wort an die Landesdirection veranlasste : „Hab und Gut habe ich
hergeben müssen — ohne Quittung!"
Was die in Würzburg aufgespeicherten Archivalien betrifft, so
wurde später ein Profess der vormaligen Abtei St. Stephan, Gregor
Schöpf, der Verfasser der einzigen Statistik des Fürstbisthums
Würzburg (Hildburghausen 1802. 8) — gegen Bezug eines Taggeldes
zum Ausscheidungsgeschäfte verwendet, das er mit unermüdetem
Fleisse besorgte, bis der Beschluss des Grossherzogs, aus dem oben
genannten grossen Siiale des Capitelhauses einen Musiksaal zur
Bildung der Studirenden in der Musik zu schaffen, eine plötzliche
32 Contzon:
Unterbrechung der Arbeiten hervorbrachte. Das Local musste
schleunig geräumt werden, ohne dass ein anderes geräumiges dafür
angewiesen wurde. Die bereits geordneten Papiere wurden nun in
andern mit Akten schon angefüllten* Zimmern auf einander ge-
schichtet und in einander geschoben, so dass' diese der Art über-
füllt wurden, dass es unmöglich war, in diesen Localen eine neue
Ordnung zu schaffen. Dazu wurde, um Kosten zu sparen, der
genannte Benedictiner Schöpf entlassen. Was an Urkunden und
Akten nicht bereits ausgeschieden und in das Archiv abgeliefert
war, blieb hier liegen bis zum Jahre 1818. Auf erneuerte Anregung
des wackern Archivars Seidiger wurde nicht nur das Ausscheidungs-
geschäft in der Universitäts- oder Neubaukirche, wohin Akten und
Urkunden aus den verschiedenen Aufbewahrungsorten scliliesslich
waren gebracht worden, durch den genannten Exbenedictiner Gregor
Schöpf bis zu dessen Tode im April 1820 und den Archivsekretär
Wohlfahrt bis zu dessen Abgang nach Nürnberg fortgesetzt, sondern
es gelangten auch die Urkunden der Commenden, des Johanniter-
ordens zu Würzburg und des Deutschordens zu Würzburg und
Münnerstadt, sowie die der noch übrigen Klöster Heidenfeld,
Schwarzach und Theres endlich in das Archiv und wiu'den wie die
früher hier aufgenommenen in den folgenden Jahren repertorisirt.
Die Urkunden der genannten Ordenscommenden, der Stifter
und Klöster, auf die ich später einzeln zurückkomme, bilden eine
stattliche Reihe; es sind ihrer 4 aus dem eilften, 124 aus dem
zwölften, 759 aus dem dreizehnten, 2041 aus dem vierzehnten,
1981 aus dem fünfzehnten, itnd 2953 aus dem sechszehnten bis acht-
zehnten Jahrhundert, im Ganzen 7862 Urkunden.
11. Die Verluste.
Wenn man damals von oben füi* diese Archivalien so wenig Sorge
trug, dass man sie jahrelang unter geringem Schutze liegen Hess, so
ist es nicht zu verwundern, dass auch die nun längst verstorbenen
Männer, denen die Aufsicht übergeben war, sie nicht zu strenge
bewachten. Von Einem derselben weiss man, dass seine Bekannten
für eine Flasche alten Leisten- oder Steinweins die schönsten Sachen
bei ihm haben konnten.
Wie viele Urkunden und Archivalien unter solchen Verhält-
nissen verschleppt und theils in die Werkstätten der Goldschläger
und Pergament-Fabrikanten, theils in die Sammlungen blosser Siegel-
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 33
liebhaber oder antiquarischer Sammler gerathen sind, lässt sich gar
nicht mehr bestimmen; dass aber ihre Zahl eine äusserst beträchtliche
ist, kann man daraus abnehmen, dass von den vielen fränkischen
Stiftern und Klöstern verhältnissmässig nur eine geringe Anzahl
von Documenten vorhanden und die Zahl der domcapitelischen
Urkunden in Vergleich zu jener anderer Capitel von beschränktem
Umfange ist. Die erhaltenen Copialbücher gewinnen dadurch um
so grössere Wichtigkeit.
Aber auch von den Behörden selbst wurden viele Documente
theUs absichtlich, theils ohne Absicht dem Untergange preisgegeben.
Es befinden sich im Archive viele Urkunden, welche auf der Eück-
seite die Bezeichnung cassatum oder cassata tragen und zu irgend
einer zum Theil sehr frühen Zeit als zur Ausstossung geeignet
auf angegebene Weise bezeichnet worden sein müssen. Bloss das
praktische Interesse oder die Brauchbarkeit für die Geschäfte scheint
bei jener Ausscheidung die Richtschnur abgegeben zu haben. Solche
Instrumente betrefTen Dienstbriefe, Entschädigungen oder Schadlos-
briefe, eingelöste Verpfandungen, abbezahlte Schulden u. s. w. Sie
finden sich desshalb auch nicht in den Repertorien eingetragen,
sondern wurden von den früheren Vorständen in eine s. g. Miscellaneen-
Rubrik gesammelt. Bei der Ausstossung der als unnütz betrachteten
Documente wurde offenbar von dem historischen Interesse ganz
abgesehen.
Aber auch durch den legalen Geschäftsverkehr gingen Staats-
urkunden zu Verluste, die als Beweis- und Probationsstücke sowohl
administrativen als judiciellen Akten beigelegt imd nicht wieder
ausgehoben und dem Archive restitiiirt wurden. Es konnte dies
um so leichter stattfinden, da der Brauch war, diese Documente
den Beamten zu ihren Arbeiten in's Haus zu geben. Als Beleg über
das hier stattgefundene Verfahren kann angeführt werden, dass in
dem Nachlass eines 1843 verstorbenen Regierungsrathes eine sehr
bedeutende Zahl von amtlichen Akten, Urkunden und Archivbänden
sich vorfand, von deren Existenz in den Archiv- Verzeichnissen nichts
zu finden war, so dass die amtliche MittheUung an die obere Ver-
waltungsstelle wohl schon unter der grossherzoglichen, wenn nicht
schon unter der förstbischöflichen und kurbayerischen Regierung
stattgefunden hatte. Die Einlaufs- und Expeditions'- Protokolle des
kgl. Archivs fangen erst mit dem Jahre 1817 an, und was also
früher geschehen ist, liegt im Dunkel begraben.
Archivalisclie Zeitschrift VII. 3
34 Contzen :
Für Franken zu spät kam eine Ministerialverfügung vom
3. Januar 1823, wonach die Kreis- und Stadtgerichte angewiesen
wurden, bei Todfällen der Prälaten und Exconventualen in An-
sehung der Klosterarchivalien Kachsuchung zu halten, da der Fall
vorgekommen war, dass bei einem Antiquar eine handschriftliche
Chronik eines Klosters zum Verkaufe ausgeboten ward, die derselbe
von den Erben des verstorbenen letzten Prälaten dieses Klosters
an sich gebracht hatte.
12. Die Registraturen.
Einen weit grösseren Verlust erlitt die Landesgeschichte der
letzten Jahrhunderte durch theilweise Vernichtung der Akten der
in der Stadt befindlichen fürstlichen Registraturen. Da sie mit der
ganzen Verwaltung des Hochstifts enge zusammenhäno^en, so wird
ein Bild von dieser auch die Kenntniss jener erleichtern.
Den einfacheren Verhältnissen während des Mittelalters genügte
eine einfache Verwaltung, die vom Fürstbischöfe persönlich ausging.
War dieser vom Domcapitel gewählt, vom Papste bestätigt und vom
Kaiser mit den weltlichen Rechten belehnt, so übernahm er die
geistliche Regierung als Bischof, die weltliche als Landesherr. In
jener standen ihm ein Weihbischof, der gewöhnlich auch General-
vikar war, einige Archidiakonen und schliesslich sämmtliche Dom-
capitularen zur Seite; diese besorgte er durch seine Ministerialen
oder Hofbeamten mit Hinzuziehung einzelner Männer aus dem
Ritterstande oder der Bürgerschaft, denen er Vertrauen schenkte.
Auch hier war Hofdienst zugleich Staatsdienst. Die Hofamter waren
schon in früher Zeit bei gewissen Familien erblich geworden; die
Grafen von Honneberg waren die Marschälle, die von Wertheim
die Kämmerer, die von Castell die Schenken und die von Rieneek
die Truchsesse des Hochstifts. Der wirkliche Hofdienst wurde aber
nicht von ihnen geleistet, sondern dazu wurden besoldete Ritter
und Edelknechte genommen, denen der Hofmeister, der Inhaber der
höchsten Beamtenwürde, vorstand. Die schriftlichen Arbeiten wurden
in der fürstlichen Kanzlei, die sich auf dem Marienberge neben dem
Archive, oder wo immer der Bischof längeren Aufenthalt nahm,
befand, durch den Kanzler oder Secretarius besorgt, der zum Aus-
fertigen der Urkunden sich der scribae oder Notare bediente. Diese
einfache Geschäftsbehandlung durch den Fürsten persönlich hatte
lange Zeit hindurch genügt, bis im fünfzehnten imd sechszehnten
Die Urkunden des Bist bums Würzburg. 35
Jahrhundert allmählig sich jene Verwaltungsformen ausbildeten, die
im achtzehnten ihren Abschluss erlangten.
Darnach stand an der Spitze aller Geschäfte die hochfürstliche
Geheime Kanzlei, mit einem Geheimen Referendar als Vorstand,
einem Cabinetssekretär, einem Registrator und mehreren Kanzlisten.
Bei wichtigen Geschäften, welche das Wohl des ganzen Staates
betrafen, wurde der Geheime Rath berufen, der aus Männern
geistlichen und weltlichen Standes zusammengesetzt war, deren
Wahl vom Fürsten abhing; diesem präsidirte er selbst oder in seiner
Abwesenheit der von ihm ernannte Statthalter. In nächster Be-
ziehung zur Geheimen Kanzlei standen die höchsten Verwaltungs-
behörden: die beiden Regierungen und die Hofkammer; in zweiter
die übrigen Zweige der Verwaltung.
Die Regierung des Landes theilte sich nemlich in eine
geistliche oder Diöcesan- und in eine weltliche oder eigentliche
Landes -Regierung. Jene, in dem Hof- und Staats -Kalender der
geistliche Staat genannt, wurde von einem Domcapitular als
Präsidenten geleitet und zählte mehrere Geheime und Geistliche
Räthe, die aus den Professoren der theologischen Fakultät, den Ca-
pitularen der Stifter Hang und Neumünster und den Pfarrern der
Stadt genommen wurden. Das untere Personal bestand aus einem
Sekretär, Aktuar, Registrator und einigen Kanzlisten. Li dieser
geistlichen Regierung sind nach der Geschäftsvertheilung zu unter-
scheiden: das Ordinariat, das Vikariat und das Consistorium. An
das erste gelangten jene Disciplinargegenstände, welche die Leitung
des Clerus und Volkes in geistlichen und kirchlichen Angelegen-
heiten und die Oberaufsicht auf die pias causas mit sich brachten.
Das bischöfliche Vikariat ist der Gerichtshof, wo vom Domcapitel
bis zum geringsten Kloster herab alle vorkommenden Processe,
welche geistliche Personen, Güter und Gerechtsame betrafen, ver-
handelt und entschieden wurden. Die Appellation ging unmittelbar
an das erzbischöfliche Vikariat in Mainz. Das bischöfliche Con-
sistorium behandelte die streitigen Ehesachen der sämmtlichen
Unterthanen ohne Unterschied der Geburt und Hess denselben
Instanzenzug zu wie das Vikariat. Jedes dieser beiden Dikasterien
hatte seinen eigenen Präsidenten, aber den Director, die Räthe und
das übrige Personal gemeinschaftlich. Die Registratur dieser
geistlichen Regierung ging nach der in Folge des Concordats ge-
troffenen Einrichtung an die dermalige bischöfliche Stelle über
3*
36 Contzen :
und bildet die Grundlage der jetzigen Registratur des bischöflichen
Ordinariats.
Die weltliche Regierung bestand aus einem Präsidenten,
welcher Mitglied des Domcapitels sein musste, einem Kanzler, ver-
schiedenen Räthen, die sich in zwei Bänke abtheilten, in die adelige
nnd in die gelehrte Bank, und dem nöthigen Unterpersonal. Ein
Mitglied der gelehrten Bank mit dem Titel als Hofrath war regel-
mässig Vorstand des fürstlichen Archivs und hatte hier einen
Registrator oder Sekretär zum Gehülfen. In diesem Regierungs-
Collegium unterschied man vier Aemter, jedes mit eigener Re-
gistratur, nemlich das Gebrechen-, Raths-, Lehn- und Malefiz-Amt.
1. Die Gegenstände, welche bei dem Gebrechenamt be-
handelt wurden, waren alle Jurisdictionalien und Rechte des Hoch-
stifts und Fürstenthums ; alles, was Privilegien und Zünfte betraf;
die Streitigkeiten in BetrefT der Grenzen und Markungen, der Hut
und der Weide und dergleichen. Den Vorsitz führte der Regierungs-
Präsident mit Hinzuziehung des Hofkanzlers. Die Registratur dieses
Amtes lag von der Säcularisation bis zum Jahre 1858, wo ich sie
ordnete, in einem Saale unbenutzt unter Staub und Moder wüst
durcheinander und enthält nun in seinen Akten und Protokollen
für Cultus und Gemeindewesen vom sechszehnten Jahrhundert an
einen Schatz von brauchbaren Documenten.
2. Das Rathsamt ist als das forum competens aller Civil-
sachen und Privathandlungen in Betreff der Verträge und Servituten
der Stadt- und Landgüter anzusehen; es war der Regel nach die
erste Instanz, an welche von den Urtheilssprüchen der Beamten auf
dem Lande appellirt wurde. Das Präsidium hatte der älteste Ge-
heime Rath. Von der Registratur, die den Namen der Syndicats-
Registratur führte und auch die Akten der von den Reichsgerichten
geführten Prozesssachen des Hochstifts enthielt, hat sich wenig
erhalten.
3. Das Lehen-Amt hatte alles, was unmittelbar in das
Lehenwesen einschlug, und die davon abhängigen Geschäfte zu be-
sorgen. Der versitzende Regierungsrath führte den Namen Lehen-
probst, hatte die Fälle in pleno vorzutragen und bei den fürstlichen
Belehnungen sub throne die Anreden zu halten. Der Würzburgische
Lehenhof war sehr bedeutend. Die Lehen-Registratur, eine alte und
eine neue, beide in alphabetischer Ordnung nach den Empfangern
eingerichtet, war sehr wichtig für die frühern Verhältnisse des Adels.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 37
Was an Lehenbüchern und Urkunden etwa noch darin aufbewahrt
wurde, ward bei der Säcularisation des Hochstifts dem Archive
übergeben; von den Akten, die an die neue Landesdirection ge-
langten, sind viele vernichtet, die erhaltenen aber in den letzten
Jahren geordnet worden.
4. Das Malefiz-Amt richtete und entschied in allen Criminal-
fallen. Bei todeswürdigen Verbrechen wurde der Process von der
Kegierung übernommen, instruirt und formirt. War die Todesstrafe
beschlossen , so wurde der Casus entweder zu jener Cent auf dem
Lande, von woher der Process angesponnen war, mit hinlänglichen
Instructionen versehen remittirt, damit der Delinquent sein Ver-
brechen sammt den damit verbundenen Umständen noch einmal
gerichtlich eingestehe oder sich in jeder Hinsicht reinige; darauf die
von den Centschöflfen nach der Carolina oder den Landcriminal-
gesetzen gefällte Sentenz an die Kegierung eingesendet, von dieser
in pleno approbirt und mit Gutachten dem Fürsten zugestellt. War
der Delinquent in der Stadt -Würzburger Obercent gefänglich ein-
gezogen worden, so hatte der referirende Kath den Fall dem hiesigen
Stadt- Saal- und Brückengericht vorzutragen, das Uebrige aber wie
bei den Centen zu beobachten. Die Malefiz-Registratur, welche die
Akten über die peinlichen Fälle, die älteren nach Centen, die
jüngeren nach Aemtern eingetheilt, enthielt, ist bis auf einige Hexen-
processe ganz vernichtet.
Alles, was dip Einnahmen und Ausgaben sowohl des Hoch-
süfts als des Fürstbischofs persönlich betraf, war centralisirt in der
Hofkammer. Diese stand unter einem Präsidenten, ebenfalls aus
dem Domcapitel genommen, hatte einen Director als zeitweiligen
Stellvertreter, einen Consulenten und mehrere Hofkammerräthe,
welchen sämmtliche ßent- oder Cameralämter verschiedener Function
und Benennung untergeben waren. Unter den Officianten nahm
der Ober-Registrator die erste Stelle ein. Die Oberregistratur sollte,
wie eine ältere Vorschrift sich ausdrückt, eine Copie des landes-
herrlichen Archives sein. Ausser den Akten, Rechnungen und
Protokollen wurden darin aufbewahrt die Contracten- imd Copial-
bücher, die Urkunden -Repertorien, die 355 Bände umfassenden
Reichstagsakten, welche mit 1471 beginnen und bis 1778 herab-
gehen, und die Kreistagsakten, welche in 246 Bänden die Zeit
von 1517 bis 1748 umfassen. Bei der neuen Organisation der
Behörden unter der kurfürstlich bayerischen Regierung kamen
38 Contzen :
die genannten Bücher in's Archiv, wo sie sich noch befinden; nur
die Kreistagsakten wurden 1819 an das kgl. Archiv zu Bamberg
abgegeben.
Yiel wichtiger aber als die aufgeführten Aktendepots war die
Registratur der geheimen Kanzlei des Fürsten. Hier
lagen seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die fürstlichen
Correspondenzen, die Akten über die politischen Vorfälle im Hoch-
stift, eine Zeit von mehr als dreihundert Jahren umfassend. Alle
wurden mit den Akten der Hofkammer und der Regierung nach
der Säcularisation an die neuerrichtete kurfürstlich bayerische Landes-
direction übergeben, von dieser aber, als zum Geschäftsgebrauch
nicht unmittelbar nöthig, in der gleichfalls säcularisirten und deshalb
leerstehenden Universitätskirche deponirt. Was nicht wegkam, blieb
bis in den Anfang der fünfziger Jahre hier liegen. Aber da die
Liebhaber alter Safehen sich den Zutritt zu diesen Akten sehr leicht
verschafften und noch Plünderung, Verbrauch zu Patronenhülsen
während der Kriegsjahre und schliesslich Verkauf der als un-
brauchbar ausgesonderten Akten hinzukam, so sind jene wichtigen
und unersetzbaren Papiere zu Grunde gegangen und zwar in solcher
Weise, dass selbst von den Sitzungsprotokollen der höchsten Landcs-
stellen nur noch Bruchstücke vorhanden sind, in das kgl. Archiv
aber nur noch wenige und nicht sehr bedeutende üeberreste ge-
langten. Viel wichtigere Aktenstücke kamen durch die genannten
historischen liebhaber in die Sammlungen des historischen Vereines
zu Würzburg, wo sich schon über tausend Urkunden und über
zwölfhundert Handschriften, als Copial- Saal- und Lagerbücher,
selbst Repertorien der im Archiv bewahrten Standbücher befinden.
Sie sind einzeln verzeichnet in meiner Schrift: Die Sammlungen
des histor. Vereins, Würzburg 1856. Aus Privathänden erhielt der
Verein, der gewissermassen eine Filiale des kgl. Archivs geworden
ist, die kostbare gleichzeitige Handschrift der Chronik des L. Fries
und das reiche Aufschwörungsbuch des Domcapitels, beide einst im
Cabinette des Fürsten. Vor einigen Jahren erwarb ich erst die
Correspondenz des Bischofs Conrad von Thüngen mit dem Kur-
fürsten Ludwig von der Pfalz in Betreff des Kriegs gegen Franz
von Sickingen 1523, und etwas später fand und kaufte ich zu Berlin
die würzburgische Stiftschronik von Johann Reinhard, die auch
einst Eigenthum des fürstlichen Cabinets gewesen war.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 39
13. Die Centralisirung.
Nicht als eigentlichen Verlust darf man die Abgabe sämmt-
licher Urkunden vor dem Jahre 1400 an's kgl. allgemeine Keichs-
Archiv betrachten. Sie bildet indess eine so interessante Episode
in der Gescliichte des Archivs, dass ich sie nicht ganz umgehen kann.
Die Centralisirung begann im Jahre 1817, in welchem unterm
9. December das Archiv den Auftrag erhielt, alle dort verwahrten
Aufschwörungsakten und Documente der Domcapitularen nach
München zu senden, indem dieselben zur Ergänzung des im
Keichsarchiv anzulegenden grossen Adelsarchivs wesentlich noth-
wendig seien. Der Archivar Seidner übersandte dieselben mit dem
Bemerken, dass er sie vor zehn Jahren zufalliger Weise gerettet
habe, und bedauert nur, dass das Wahl- und Aufschwörungsbuch
des Domcapitels, auf welches die Repertorien hinweisen, nicht mehr
vorhanden und muthmasslich in den Jahren 1802 — 3 auf die Seite
geschafft worden sei. (Es war auch seiner Zeit von einem Lieb-
haber gerettet worden und befindet sich, wie bemerkt, jetzt in den
Sanmilungen des historischen Vereins.)
Dann folgte zunächst die Centralisirung der Kaiserurkunden,
wozu das Eeichsarchiv unter dem 29. Juni 1818 in folgender Weise
den Auftrag ertheilte: „Zu einer grossen geschichtlichen Zusammen-
stellung und Vergleichung bedarf das kgl. allgemeine Reichs- Archiv
die Einsicht aU und jeder Original-Documente der alten teutschen
Kaiser und Könige von den ältesten Zeiten an bis zum Jahre 1200
einschlüssig. Das k. Archiv zu Würzburg erhält daher den Auftrag,
diese Originale aus allen Rubriquen des Archives fleissigst zu
sammeln, solche zu verzeichnen, und mij; allmöglicher Sorgfalt, was
vorzüglich der Sigille wegen nicht genug anempfohlen werden kann,
in Kästchens zu verpacken, dann anher einzusenden. Nach voll-
endeter Arbeit sollen dieselben wieder richtig remittirt
werden. Samet. — v. Hungerkhausen."
Unter dem 18. Juli übersandte Seidner 95 Kaiserdiplomo „in
einer mit bestmöglicher Sorgfalt gepackten und bewahrten Kiste, in
welcher die Urkunden sammt den mit zarter Baumwolle umwundenen
Siegeln mit aller Behutsamkeit eingelegt seien, und glaubte der
baldigen Rücksendung dieser kostbaren Kleinodien, dieser verehrungs-
würdigen Reliquien des grauen Alterthums, dieser gottseligen Gaben
zum Grabe des heiligen Chilian und seiner Gesellen, dieser er-
40 Contzen :
quickenden Quelle, welche dem ermüdeten Geist des Diplomatisten
Erfrischung und Stärkung gewährt, vertrauensvoll entgegensehen zu
dürfen." Dann ruhete die Angelegenheit bis 1828, wo die ferneren
Kaiserurkunden bis 1275 eingefordert wurden. Der alte Archivar
sträubte sich aber, diesem Auftrage zu entsprechen, und wies in
seiner Antwort an die kgl. Eegierung, der damals noch das Archiv
unterstellt war, darauf hin, dass das kgl. Reichsarchiv sein 1818
gegebenes Wort der Zurückstellung dieser Urkunden nicht gehalten
habe und jetzt sogar eine unbedingte Abgabe derselben verlange,
und stellte die Bitte, „dass jene 95 Kaiserurkunden als ein un-
veräusserliches Patrimonium Sti. ChUiani, nach während zehn Jahren
gjBwiss vollendeter Zusammenstellung und Vergleichiing derselben,
an das hiesige Archiv zurückbefordert werden, und das Reichsarchiv
jetzt mit beglaubigten Abschriften sich begnügen möchte, wodurch
der beabsichtigte Zweck ebenso erreicht und das immer höher an-
steigende Ausleerungs- System des Reichsarchivs sistirt und denen
nicht aufhörenden Ürkunden-Abforderungen gorechte Grenzen vor-
gezeichnet würden." Die Folge war ein Befehl des Ministers
Grafen von Armansperg zur unverzüglichen Einsendung und ein
Auftrag an die Regierung, dem alten Seidner über jene Schluss-
bemerkungen die geeignete Belehrung zu ertheilen.
Der damalige Regierungspräsident, Freiherr von Zu-Rhein,
nahm sich aber seines Archivars an und bemerkte bei Absendung
der weiteren 27 Kaiserurkunden, darimter zwei mit goldenen Bullen,
dass er auf Remission jener 122 Diplome schon aus dem Grunde
antrage, um solche bei Vorlesungen über das ohnehin seltener
werdende Studium der Diplomatik an der Universität gebrauchen
zu können, wohin man zu nicht geringem Ruhme derselben sie
schon früher unter der fürstbischöflichen Regierung abgegeben habe.
Darauf erhielt derselbe den Recognitionsschein des Reichsarchivs mit
dem Auftrage, denselben bis zur Zurückgabe der fraglichen Urkunden
aufzubewahren. Kaum hatten die letzten Worte beruhigend auf den
alten Archivar gewirkt, so erfolgte unter dem 13. November vom
Reichsarchiv die Reclamation der Urkunde Karls des Grossen vom
Jahre 777 (Hammelburg betreffend). „Auch die kostbarste Reliquie
des Alterthums und des hiesigen Archivs,'' schrieb er bei der Ab-
sendung, „wandert nunmehr nach München, um den fränkischen
Boden nie mehr zu betreten;" — und am 12. März, sechs Wochen
vor seinem Tode, bestätigt er den Empfang des kgl. Ministerial-
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 41
rescripts vom 20. Februar 1829, wonach sämmtliche in den Filial-
Archiven aufbewahrten Urkunden vor dem Jahre 1400 zur Benützung
und künftigen Aufbewahrung in dem Keichsarchive nach München
einzusenden seien. Diese Einsendung der Urkunden, wie die der
im folgenden Jahre reklamirten Diplomatarien und Copialbücher
beschäftigte die auf Seidner folgenden Archivare.
Diese sind Job. Xep. Buchin g er, eingewiesen im August 1829,
der die besondere Auflage erhielt, die Urkundenabsendung innerhalb
dreier Monate zu bewerkstelligen, und als erster Keichsarchivadjunct
im Mai 1835 nach München zurückkehrte, wogegen Heinrich von
Hungerkhausen, der bis dahin erster Adjunct gewesen war, um
diese Zeit an seine Stelle trat und auf sein Ansuchen am 11. Februar
1839 auf die erledigte ArchivarstjBlle in Bamberg versetzt wurde, —
ein Eiferer für Centralisirung im Geiste des Ritters von Lang, der,
wie er in seinen Memoiren erzählt, als Reichsarclüvsvorstand die
Idee verfolgte, sämmtliche bayerische Archive in München
zu vereinigen. Auf ihn folgte der zweite Adjunct des ßeichs-
archivs, Ferdinand Huschberg, vom 11. Februar 1839 bis zum
12. Juli 1852, wo er um seine Quiescenz anhielt und bald darauf
hier starb, ein tüchtiger Beamter. Unter der nun folgenden Ver-
wesung des ßegierungsrathes und Schlosscommissärs Grosser wurde
auch das hiesige Archiv gleich den übrigen zu einem Conservatorium
gemacht (vergleiche über die Folgen für das bayerische Archivwesen
den geistvollen Aufsatz des fürstlich Löwenstein'schen Archivraths
Alex. Kaufmann in Wertheim, der sich in der Cotta'schen Viertel-
jahrsschrift 2. Heft 1867 befindet) und erliiclt den bisherigen Con-
servator des Aktendepots zu Amberg, Karl Stenzer, einen
geschickten Musikus, zum Vorstände vom 19. November 1852 bis
zum 26. Mai 1856, wo er pensionirt wurde. An seine Stelle trat
dann der Verfasser dieser Zeilen.
In Folge der unter den verschiedenen Vorständen erfolgten
Einsendungen befinden sich nun die Quellen der Würzburgischen
Landesgeschichte von den frühesten Zeiten bis einschliesslich des
Jahres 1400 in München als Theil des kgl. allgemeinen Reichsarchivs.
Als auf Anregung des Regierungspräsidenten Frhrn. von Zu -Rhein
das hiesige Archiv die Bitte lun Rücksendung seiner Archivalien
stellte, erfolgte unter dem 31. November 1830 die Rückäusserung :
„dass solche mit dem über das Verhältniss des allgemeinen
Reichs- und Centralarchivs zu den Filialen, in höherer wissen-
42 Contzen :
schaftlicher Beziehung allerhöchsten Orts angeordneten und
durchgeführten Systemalgrundsätzen im Widerstreite stehe." Die
Bezugnahme auf die höhere wissenschaftliche Beziehung ist in
Betreff der Würzburger Urkunden durch die begonnene Herausgabo
derselben im 37. und 38. Bande der Monumenta Boica 1864 — 66
zur Ausführung gelangt. Ueber den Plan und die Art der Aus-
führung werde ich mich in der Einleitung zu den Regesten der
Bischöfe von Würzburg näher aussprechen.
Zu diesen Yerlusten kommen noch die Extraditionen von
Urkunden und Akten in Folge des Reichsdeputationshauptschlusses
1803 an das Fürstenthum Fulda, an die Fürsten von Löwenstein-
Wertheim und von Leiningen, an Preussen und an das bayerische
General -Landescomi^issariat in Franken zu Bamberg, an welches
namentlich ein grosser Theil der Urkunden der Abtei Ebrach über-
geben wurde, während der übrige Theil in Würzburg verblieb, und
in Folge des Berliner Friedensvertrags A^on 1866 die auf die ab-
getretenen Bezirke von Hersfeld und Orb bezüglichen Archivalien.
14. Die Zugänge.
Diesen grossen Verlusten gegenüber gewinnen die dem Archive
in neuerer Zeit gewordenen Zugänge von selbst an Bedeutung.
Es sind die Urkunden über die in Gemässheit des Staatsvertrags
vom Jahre 1810 von dem Königreich Bayern an das Grossherzog-
thum Würzburg gelangten Besitzungen, theils aus dem Archive von
Ansbach, theils aus dem zu Bamberg; aus jenem wurden im Ganzen
613, aus diesem 544 Urkunden an das Würzburger Ai-chiv ab-
gegeben. Ebenso kamen aus dem Deutschordensarchiv zu Mergent-
heim 83 und aus dem Fuldaer 334 Urkunden, darunter die erwähnte
Karls des Grossen vom 7. Januar 777 und die Hammelburger Markungs-
Beschreibung, facta anno tertio regni piissimi Caroli regis.
15. Der Urkundenfund von 1860.
Grösser noch war die Bereicherung, die dem Archive durch
den Verfasser dieser Zeilen dadurch geworden ist, dass er einen
grossen Theil des alten domcapiterschen Archives, der heimlich
verborgen worden war, wieder auffand. Die Seltenheit eines Urkunden-
fundes dieser Ausdehnung in unseren Tagen mag die umständlichere
Darlegung rechtfertigen.
Die Urkunden des Bisthums Wtirzburg. 43
Es hatte sich hierorts eine Sage erhalten, dass in den Dom-
gebäuden noch Bücher und Urkunden versteckt seien, welche bei
der Extradition dieser Sachen an die kurfürstlich bayerische Re-
gierungsconimission im Jahre 1803 zurückbehalten worden wären.
Der nun verstorbene, durch seine genaue Kenntniss der heimischen
Geschichte bekannte Domdechant Benkert, dem ich die Mittheilung
verdankte, hatte in Auftrag seines Capitels umsonst darnach gesucht,
und von meinen Vorgängern fand ich gar nichts dahin Deutendes
aufgezeichnet; aber der Umstand, das manche wichtige Würzburg
betreffende Kaiserurkunden, welche im 31. Bande der Monuraenta
Boica unter den Apographis aus hiesigen Copialbüchern oder
schlechten Abschriften mit allen hierin sich findenden Fehlern ab-
gedruckt stehen, von Fries, Eckhart und selbst von Stumpf, also
noch im Anfapge dieses Jahrhunderts, im Original benutzt worden
waren, liess die Hoffnung einer Auffindung dieser Schätze nicht
sinken, und die Nothwendigkeit , für das im Sommer des Jahres
1860 von Aschaffenburg hierher gebrachte Archiv des ehemaligen
oberrheinischen Reichskreises eine passende Unterkunft zu gewinnen,
führte auf ihre Entdeckung.
Der kgl. Archivsanstalt, die damals noch ihren Inhalt in vier
weit auseinander liegenden Räumen unterbringen musste, waren
auch seit sechszig Jahren die Localitäten des frühern domcapitelischen
Archivgebäudes zugewiesen. In diesem befindet sich ein altes aus
dem fünfzehnten Jahrhundert stammendes Gewölbe, welches durch
den Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim zur Aufnahme der
Urkunden -Schubladen eine zierliche Holzverkleidung erhalten hat.
Hinter dem Täfelwerk entdeckte ich am 18. Oktober 1860 zwanzig
verschlossene Truhen oder Kästen, unten mit Rollen, oben mit
deutschen Schlössern versehen, liess sie nach einander öffnen und
fand in ihnen sowohl Bücher als Urkunden; unter den Büchern
die "Werke des Baronius, van Espen, Thomassin, Guillelmi Duranti
Speculum, Mediolani 1513, die erste Ausgabe des Otto von Freising
und andere historischen und kirchenrechtlichen Inhalts. Die Urkunden
lagen in Fascikel zusammengebunden und von der Hand des letzten
' domstiftischen Archivars Oegg mit Aufschriften versehen, welche
auf den bisherigen Aufbewahrungsort hindeuteten, wie : ad ladulam
Archivi Imperialia oder Praepositura oder Fabrica oder ad lad. union
transactionum. Der noch frische Streusand auf den Aufschriften und
die Art, wie Bücher und Urkunden verpackt lagen, Hess die Eile
44 Contzen :
erkennen, womit sie in den Kästen geborgen wurden , wie die Spuren
einer 57jährigen Entbehrung von Luft und Licht sich an den Docu-
menten überhaupt sichtbar machten. Ob der Verheimlichung dieser
Documente, von der wohl nur Wenige Kenntniss hatten, die Hoff-
nung der Wiederkehr der alten Verhältnisse zu Grunde lag — wer
. mag es wissen ?
Die Urkunden wurden dann im kgl. Archive aufgehoben, ge-
ordnet und registrirt. Es sind aus dem neunten Jahrhundert drei
Kaiserurkunden von 846, 857 und 891, aus dem zehnten zwei
Kaiserurkimden von 950 und 985, aus dem eilften zwei Kaiser-
urkunden von 1002 und 1059, aus dem zwölften keine, aus dem
dreizehnten zwei kaiserliche von 1231 und 1289 und dazu in letzterer
das Transsumpt einer Urkunde König Heinrichs VU. vom Jahre 1227,
ferner drei päpstliche und 15 stiftische, aus dem vierzehnten Jahr-
hundert 107 und zwar sechs kaiserliche, drei päpstliche und 98
stiftische. Diese 134 Urkunden wurden der bestehenden Ordnung
gemäss an das kgl. Reichsarchiv in München abgeliefert. Ferner
fanden sich vor aus dem fünfzehnten Jahrhundert 558, aus dem
sechszehnten 425, aus dem siebzehnten 518, aus dem achtzehnten
479, — im Ganzen also 2115 Urkunden. Die praktische Bedeutung
der stiftischen Urkunden für den amtlichen Gebrauch will ich hier
übergehen und nur die ältesten kaiserlichen aufführen:
1) 846. 5. Juli. Franconofurt; ein zweites Original ist im kgl.
Reichsarchiv und davon der Abdruck in den Mon. Boic.
28\ 40.
2) 857. 27. März. Wormacie; nach einer schlechten Abschrift
in einem Würzburger Copialbuche abgedruckt in den Mon.
Boic. 31'. 92.
3) 891. 12. Januar. Reganesburch , mit trefflich erhaltenem
Siegel; aus demselben Copialbuch abgedruckt in den Mon.
Boic. 31\ 132.
4) 950. 18. Januar. Basenvillare (Busenweiler zwischen Saar-
louis und Thionville); aus gleich schlechter Abschrift in
den Mon. Boic. 3P. 193.
5) 985. 6. Februar. Miüinhusen, ebenso fehlerhaft abgedruckt
daselbst S. 243.
6) 1002. 10. Juli. Babenberge; ein zweites Original im kgl.
Reichsarchiv, wonach der Abdruck in den Mon. Boic
28'. 295.
Die Urkunden des Bisthums Würzbur^. 45
7) 1002. Ohne Ort und Datum, aber wahrscheinlich auch
10. Juli Bamberg; aus dem angeführten Copialbuch in den
Mon. Boic. 31'. 272 und in deutscher Uebersetzung bei
Lünig Reichsarchiv 17'. 935.
8) 1059. 14. März. Werede, für das Itinerar wichtig; noch
ungedruckt.
9) 1227. 11. August. Mulehusen ; Transsumpt aus der Urkunde
K. Rudolfs vom 17. März 1289; nach derselben schlechten
Copie in den Mon. Boic. 31'. 527.
10) 1231. 1. Mai. Apud Wormaciam, wodurch K. Heinrich VII.
der Entstehung der deutschen Landstände die Sanktion
ertheilt. H. rex in curia solempni, requisito consensu
principum, diffinitum esse testatur, ut neque principes
neque alii quilibet constitutiones vel nova jura facero
. possint, nisi meliorum et majorum terrae consensus pri-
mitus habeatur. Mit anhangendem wohlerhaltenen Siegel
König Heinrichs VH. Der hiesige Archivar Stumpf hatte
eine Abschrift davon an den Hennebergischen Geschichts-
schreiber Schultes mitgetheilt, welcher der Erste war, der
die Urk., aber mit vielen Fehlern und Ungenauigkeiten
abdrucken liess in seiner koburgischen Landesgeschichte
(Kob. 1814. S. 135) in der Note, aus der sie dann in die
Werke über deutsche Rechtsgeschichte überging. Ueber
ihre "Wichtigkeit vergl. Böhmer, Reg. imp. 1847. S. 238
No. 237. Mir war sie die Veranlassung zur Nachforschung
und Auffindung des ganzen ungeahnten Schatzes.
11) 1289. 17. März. Rotenburg, Bestätigung des unter No. 9
aufgeführten Transsumpts, unbekannt.
12) 1347. 18. November und 23. November. Nurenberch, Privi-
legienbestätigung der Würzburger Kirche in lateinischer und
in doppelter deutscher Ausfertigung.
Durch den Zugang von 2115 Urkunden — der stärksten Be-
reicherung, die das hiesige Archiv seit seiner Begründung in den
ersten Decennien dieses Jahrhunderts erhalten hat — ändert sich
das oben angeführte Zahlen verhältniss des alten domcapitelischen
Archives bedeutend.
46
Contzen :
16. Summe der erhaltenen Originalurkunden nach
den einzelnen Jahrhunderten.
Nach dem Vorausgegangenen sind wir überhaupt nunmehr in
den Stand gesetzt, eine Uebersicht der Würzburgischen Urkunden
zu geben, die sich nach den Einträgen in den Kepertorien im
Original erhalten haben, und dazu diene eine Tabelle:
Es enthielten Urkunden aus folgenden Jahrhunderten:
Till' II X
XI
XII
im
UV XV
XVI-
xvin
SuTtima
Bein erklinge»
I. Das Archiv des Fürstbischofs als Landesherrn,
in den ersten vier Bänden
des Rei)ortoriums ver-
zeichnet.
Zugang im J. 1810 ans Bam-
berg und Ansbach im
7. Rcp.-Bd.
aus der Neiibaukirche und
dem Kapitelsaal 1819—22
ausgehoben und im 5.
Lehen - Rep. - Bd. ver-
zeichnet.
9,144 Lehenbriefe und Reverse,
S175 in den 4 ersten und
Gr)VJ im 6. Band des Lehcn-
Rcpertoriums.
II. Das Archiv des Domcapitels.
im 5. Bd. des Repert. ver-
zeichnet.
Bullae Pontificnm et Con-
ciliorum im 7. Rcpcrt.-
Bande.
aufgefunden im Jahre lö(iO.
III. Die Archive der Ordenscommenden, Stifter und
Klöster.
8
70
368
1,575
2,428
4,931
9,430
2
14
29
169
385
558
1,157
3
17
180
91
844
619
2,198
8,434
3,242
9,144
10
87
414
2,015
4,276
16,171
22,978
1
15
25
32
99
306
904
1,087
726
3,195
2
11
44
137
186
380
2
2, 2
21
107
558
1,422
2,115
1
18
27
34
101
338
1,055
1,782
2,334
5,690
120
4
124
663 1,722
96
319
759 2,041
1,544
437
2,153' 6,206
800, 1,656
1,981 2,953 7,862
im C). u. 7. Rep.-Bd.
im 10. Bd, der Repert. vor-
zeichnet
Zusammenstellung der Wtirzburgischen Original-Urkunden n«ach Jahr-
hunderten :
1 1 18 I 27 I 48 j 312|1,511|5,111|8,039| 21,4581 36,525!
Die Urkunden des Bisthuras Würzburg. 47
Es finden sich also vom aphten bis zum Schluss des dreizehnten
Jahrhunderts 1,917, bis zu Ende des vierzehnten 7,028, bis 1500
im Ganzen 15,067, und von da bis zur Säcularisation des Hoch-
stifts 21,458, im Ganzen 36,525 Originalurkunden erhalten, welche
Würzburg betreffen.
Grösser ist aber ihre Zahl, wenn wir die verschiedenen
Copialbücher des landesherrlichen und des domcapitelischen
Archives, wie die der nicht kleinen Zahl der Stifter und Klöster,
in Betracht ziehen.
17. Die Copialbücher
a) des fürstbischöflichen Archivs.
Der Reichskanzler Erzbischof Gerhard II. von Mainz hatte
unterm 5. Oktober 1291 allen ihm untergebenen Corporationen den
Befehl ertheilt, die Urkunden über ihre Privilegien, Rechte und
Einkünfte in Bücher einzutragen, welche dann mit einer Kette ver-
sehen von den Mitgliedern derselben im Archive fleissig gelesen
werden sollten. Mit Ausnahme des Stiftes Neumünster, welches
schon im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts ein Copialbuch an-
legte, das sich noch erhalten hat, finden wir im Bisthum Würzburg
gleichfalls am Ende des dreizehnten Jahrhunderts die ersten Copial-
bücher des fürstlichen und domcapitelischen Archives angelegt, seit
der Mitte des folgenden aber die Eintragung der Urkunden in
gebundene Bücher allgemeiner werden. Es ist die Zeit, wo der
gelehrte Michael vom Löwen Kanzler des Fürstbischofs, wo Lupoid
von Bebenburg, der Verfasser des Werkes de jure regni et impcrii,
später Bischof von Bamberg, von grossem Einfluss im Capitel war.
Das erste Copialbuch des fürstlichen Archives ist um 1280 — 90
geschrieben und führt von seinem Einbände den Namen liber albus
privUegiorum (Nr. 272 der Standbücher), auf Pergament, jede Seite
in zwei Columnen zu je 37 — 41 Linien, kräftig und deutlich ge-
schrieben, die Aufschriften roth, die Anfangsbuchstaben schön ver-
ziert von derselben Farbe, zuerst die kaiserlichen, dann von Blatt 53
die bischöflichen bis Blatt 95, beide ohne chronologische Ordnung,
wie sie dem Schreiber zur Hand lagen, und dazu nicht sehr correct.
Die jüngste Urkunde ist von B. Berthold aus dem Jahre 1277.
Nach späterer Beifügung einiger vergessener Urkunden sind noch
zwei Register beigebunden aus dem Jahre 1407 und Bezeichnung
48 Contzen :
der Lagerorte derselben im Archive auf dem Marienberge. Dieses
Copialbuch genügte bis auf die Zeit des Bischofs Lorenz von Bibra
(1495 — 1520); er Hess ein neues anlegen, welches unter seinen
Nachfolgern fortgesetzt die wichtigsten Urkunden vom Anfange des
vierzehnten Jahrhunderts bis 1566 enthält Ausser dem Register
hat es 467 Blätter in gross Folio-Papier mit vielen Randbemerkungen
von L. Fries. Einband in gepresstem Pergament mit messingenen
Ecken (No. 644).
b) des domcapitelischen Archivs.
Ln Archiv des Domcapitels befanden sich mehr Copialbüeher.
Das älteste ist gleiclifalls um das Jahr 1280 unter der Regierung
Bischofs Bertholds geschrieben ; es ist mit dem ältesten Nekrologium
des Hochstifts in einen Band gebunden (No. 5), enthält die Urkunden
der Kaiser und der Bischöfe, die jüngste auf Seite 318 ist von 1278,
eine angefangene auf S. 320 vom Jahre 1277 (in den Mon. Boic. 37,
p. 475), ohne sich an eine Zeitfolge zu halten, wie sie dem Schreiber,
der vielleicht derselbe des Nekrologiums ist, in die Hand kamen,
von S. 203 — 330 in acht Quaternen. Wie dem Nekrolog der An-
fang und ein Stück gegen Ende, so fehlt dem Copialbuch der Schluss
Das zweite ist dasjenige, welches der genannte Lupoid von
Bebenburg, Canonicus und Archidiakonus der Würzburger Kirche
und decretorum doctor, im Jahre 1346 anfangen Hess. Es ist ein
starker Band von Pergament, in Doppelcolumnen zu je 31 Linien,
schön geschrieben, der Anfangsbuchstabe vergoldet, die Inhalts-
anzeigen mit rother Dinte ; enthält ausser dem gleichzeitigen Register
im ersten Theil die Privilegien der Kaiser und Könige von denen
Karls des Grossen bis zu denen Karls IV. 1354, 132 an der Zahl,
in chronologischer Ordnung und mit kurzer einleitender Geschichte
jedes Kaisers ; im zweiten die Briefe der Bischöfe und des Capitels
von dem (verlorenen) des Bischofs Bruno vom Jahre 1036 und dem
(ersten erhaltenen) Bischofs Adelberos von 1057 bis 1354, im
Ganzen 109. Einige päpstliche Breven sind später noch dazu ge-
schrieben. Der Einband gepresstes Leder mit messingenen Ecken
(No. 1). Abschriften Hess das Capitel von diesem Buch verfertigen,
eine fast gleichzeitige auf Pergament, die andere fünfzig Jahre später
auf Papier (No. 2 und 3).
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde ein neues
Copialbuch anzulegen begonnen, der sogenannte über eapitularis
Die Urkunden des Bistbums Würzburg. 49
(No. 12), bestehend aus 328 Blättern Papier in Folio. Er enthält
mit den Fortsetzungen Abschriften von Urkunden aus der Zeit von
817 — 1561. Bei der Anlage war auch Lorenz Fries betheiligt; es
finden sich viele Urkunden von seiner Hand eingeschrieben, ebenso
zahlreiche Randnoten von ihm. Die Einträge einzelner Schreiber sind
oft sehr fehlerhaft. Im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts wurden
alle Copialbücher erneuert und in drei Sammlungen gebracht ; die erste
bilden die libri privilegiorum imperatorum et regum, zwei Bände in
gross Folio, deren erster die Kaiserurkunden von 807 — 1498, der zweite
die von 1500—1701 enthält (No. 291—292 oder jetzt 82 u. 83 der
libri divers, form.); die zweite bilden die libri buUarum, auch in
zwei Bänden, deren erster die päpstlichen Bullen von 1148—1495,
der zweite die Fortsetzung bis 1754 umfasst (No. 276 und 277); die
dritte bilden die libri episcopalium sive diversarum fundationum et
donationum, davon der erste Band von 1036 (wie im Copialbuch des
L von Bebenburg, dem die Abschrift mit Auslassung der kurzen
Nachrichten genau folgt, fälschlich 1026) bis 1437, der zweite von
1440-1716 geht (No. 296—294, jetzt No. 75—76 der Ubri div. form.)
18. Handschriften historisch-statistischen In.halts.
An die Copialbücher schliesSen sich
1. die libri statutorum; das älteste ist angelegt im vier-
zehnten Jahrhundert (No. 6), hierin befinden sich Urkunden von
1254 — 1485; das zweite (No. 6'), zu Ende des sechszehnten Jahrhun-
derts begonnen und von späteren Händen fortgesetzt, enthält die
Statuten von 1244 bis zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts.
Beide sehr wichtig, ersteres die Grundlage und mit dem letzteren
zu vergleichen.
2. Die libri juramentorum. Zwei Bücher enthalten die
Eide der Bischöfe; No. 10 beginnt mit der forma juramenti Epi-
scopi herbipol. vom Jahre 1314 und geht herab bis 1623, umfasst
also die Wahlcapitulationen von Bischof Andreas von Gundelfingen
bis auf Philipp Adolph von Ehrenberg. No. 41 ist die Fortsetzung
von 1631—1683, von Bischof Franz von Hatzfeld bis auf Conrad
Wilhelm von Werdenau. Hieran schliesst sich No. 50, das im Jahre
1750 erneuerte domcapitelische Aidt- und Pflichtenbuch, wichtig,
weil die Obliegenheiten jedes Amtes, das vom Capitel abhing, darin
enthalten sind; und No. 61, das Aidt-Büchlein für die untern
SteUen.
ArchiTaUsche Zeltschrift VII. 4
50 Contzen :
Ein Pflichtbuch des Stiftes, das eine Sammlung von Dienst-
eiden verschiedener Hof- und Staatsbeamten enthält, unter Bischof
Julius geschrieben, ist an den historischen Verein gekommen.
3. Die Aufschwörungsbücher. Das älteste, No. 39*, wurde
1593 zusammengeschrieben und bis 1629 fortgesetzt; es enthält die
Aufschwörungsmatrikel von 1263 bis 1629; No. 40 ist über cano-
niconim cathedralis ecclesiae herbip. una cum natalibus eorum ab
anno 1503 usque ad annum praesentem (1621); No. 42, das sogen,
authentische Copeibuch, enthält die testimonia aetatis, die Legiti-
mation der Aufzunehmenden, und ist vom Jahre 1654, No. 48*"'
die diplomatisch -chronologische Sammlung aller Bischöfe, Kirchen-
prälaten und auf dem hohen Domstift zu Würzburg aufgeschwornen
Domherren iin 16., 17. und 18. Jahrhundert von 1501—1794. Ein
Aufschwörungsbuch von 1713—1803 sammt den Akten und Docu-
menten der Domcapitulare befindet sich seit 1817 im kgl. allge-
meinen Reichsarchiv zu München, das schöne colorirteAufschwörungs-
Wappenbuch vom Jahre 1623 — 1802 in den Sammlungen des
historischen Vereins (Fol. No. 97); das Archiv hat nur noch den Index
dazu (No. 34).
4. Wie die vorstehenden Bücher den Eintritt in's Capitel
feststellen, so bezeugt das folgende Buch den Ausgang. Der über
sepulturae DD. Canonicorum cathedr. eccl. herbip. (No. 36) enthält
die Beschreibung der Grabstätten in der Sepultur, über welcher der
schöne mit den Wappen verzierte Capitelsaal, worin des Stiftes
wichtigste Verhandlungen gepflogen wurden, sich befindet, mit den
Inschriften. Voran geht ein über nativitatis et aetatis DD. Canoni-
corum, darunter auch der Geburtsbrief des Gründers der Universitiit,
des Bischofs Julius (18. März 1545 ufF St. Anszhelmi Tag, der do ist
gewesen uff einen Mitwochen, morgents frue umb die Vier Uhr).
Hieran mag sich schliesslich
5. der Über emtionum des Domcapitels anreihen (No. 14
jetzt 73 der libri div. form.), unter Bischof Rudolph von Scheeren-
berg (1466—95) angelegt, mit manchen Urkunden, die man unter
diesem Titel hier nicht suchen sollte, und von L. Pries mit Inhalts-
anzeigen am Rande fleissig versehen.
19. Die Amtsbücher der domcapitclischen Officianten.
An diese Bücher, welche sich im Domcapitel-Archive unter
Aufsicht des Archivars befanden, schliesse ich diejenigen an, welche
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 51
der Sorge der domcapitelischen Officianten in der Stadt anvertraut
waren. Es sind folgende:
1. Der Domprobstei-Amtmann hatte die Gefälle für den
Domprobst, Zins, Gülten, Zehnten und andere Gefälle an Geld, Ge-
treide und Wein einzubringen, darüber Kechnung zu führen und
den domprobsteilichen Unterthanen Recht zu sprechen. Unter ihm
stand ein Registrator, früher Schreiber genannt. Der Domprobst
Markgraf Friedrich von Brandenburg Hess 1527 das Domprobstei-
buch oder Register über die sämmtlichen Gefälle der Domprobstei
durch Johann Ortteln Vicarier und Lorenz Kern Thumprobstey-
schroibern zusammentragen (No. 22) und einer seiner Nachfolger,
der Cardinal und Bischof von Augsburg Otto von Truchsess-
Waldburg dasselbe 1556 erneuern von Leonhart Schweitzern durch
Händen Michael Pollingers geschrieben (No. 29). Im Anfange beider
Bücher Angaben über die damaligen Qetreidemasse, Theurung und
Berechnung der Geldmünzen; beide wichtig für die darin auf-
geführten Ortschaften und die einzelnen abgabenpflichtigen Häuser
der Stadt Würzburg und ihre frühern Bewohner. No. 64' ist eine
im J. 1615 gefertigte Abschrift von No. 29. Eine Art letzter Er-
neuerung fand im achtzehnten Jahrhundert statt in dem Domprobstei-
Urkunden-Copialbuch über die Besitzungen und Einkünfte desselben
(No. 64**), worin sich auch einige ältere Urkunden befinden.
2. Der Präsenzmeister hatte darauf zu sehen, dass die
gestifteten Jahrtage nach Gebühr gehalten werden, die Präsenz der
Domherren und Vikare genau zu beobachten, die Calendarien ordentlich
zu halten und die Stiftungen bestens zu bewahren, daher die Gefälle
aller Art einzunehmen, zu verbuchen und an die Betheiligten zu
vertheilen. Zu seinem Amt gehörte darum die Bewahrung der
Copialbücher der Urkunden, welche für die gestifteten Jahrtage
ausgestellt waren, die Richtighaltung der Calendarien oder Nekro-
logien und der betreffenden Zins- und Gültbücher.
a) Im 15. Jahrhundert ward für alle, obigem Zwecke dienenden
Urkunden ein Copialbuch angelegt (No. 11, wovon das Copeibuch
No. 15 eine Abschrift ist) und mit A. B. bezeichnet; um das Jahr
1500 die erste Fortsetzung C (No. 18), im Jahre 1520 die zweite
Fortsetzung D (No. 30) begonnen und durch die namentlich angeführten
Präsenzmeister, darunter auch Johann Reinhart, der Freund des L. Fries
und Epitomator seiner Chronik, bis 1564 weitergeführt; die dritte
resp. vierte Fortsetzung F (No. 31), Copeybuch des Präsenzamtes
4*
52 Contzen :
genannt, ward 1590 unter Veit Gulmann angefangen und bis 1613
herabgeführt; die fünfte und letzte Fortsetzung (So. 45) im Jahre
1671 geschrieben und bis 1728 weitergeführt.
b) In Betreff der Calendarien wird auf die Einleitung zu den
Kekrologien verwiesen.
c) Ton den nach Orten geordneten Zins- und Gültbüchem
seines Amtes ist das älteste vom Jahre 1471 vom Präsenzmeister
Gregor von Guttenberg (Xo. 6*), das zweite vom Jahre 1501 (So. 35*)
und das dritte vom Pr. M. Johann Reinhart vom Jahre 1551
(No. 6^).
3. Der Pforten-Amtmann hatte die Einkünfte des Dom-
capitels in der Stadt und von den domcapitelisehen Beamten auf
dem Lande einzunehmen, zu verrechnen und nach Recht und Ge-
wohnheit jedem der Betheiligten einzuhändigen. Er war dem Dom-
dechant zunächst untergeben und hatte die Zinsbücher unter sich.
Das älteste ist vom Jahre 1416, das s. g. Regelbuch (So. 9) auf
Pergament in folio (Ao. dom. 1416 iste liber per scriptorem porte
est compositus et per capitulum nostrum eodem anno in octava
S. Martini confirmatus et roboratus), worin alle Einkünfte der dom-
capitelisehen Aemter auf dem Lande und die sämmtlichen curiae
claustrales, die Domherrenhöfe in der Stadt mit den frühern Be-
wohnern eingetragen sind; letztere hat Herr C. Heffner abdrucken
lassen im Archiv des histor. Vereins Bd. XXI Heft 2 und 3,
S. 183 — 244. Ein zweites Pfortenamts -Zinsbuch ist jünger, aber
auch aus dem fünfzehnten Jahrhundert (So. 64).
4. Der Obley-Amtmann hatte die Obleyrenten und Ein-
künfte zu besorgen, zu repartiren, die Obleygebäude in Stand zu
halten und den seiner Verwaltung Untergebenen Recht zu sprechen.
Aus seinem Amtskreise hat sich nur ein Buch erhalten (Xo. 47),
Copeybuch aller Obligationen des Obley-Ambts hohen Dombstiffts
durch J. A. Dischlern domcap. Obleyschreibern also eingerichtet und
verfertiget anno 1696.
5. Vom domcapitelisehen Bauamte hat sich auch nur ein
Zinsregister erhalten vom Jahre 1518 (So. 55**); aber von dem ihm
untergebenen Kellergericht: die Rechte und Freiheiten des hoch-
domcapitel. Kellergericlits und der dahin gehörigen Lehenleute
(No. 21), eine Copie des (verlorenen) pergament. Amtsbuchs vom
Jahre 1312, von dem kaiserlichen Notar Johann Stang von Ochsen-
furt 1480 geschrieben.
Die Urkunden des Bißthuma Wtirzburg. 53
No. 64*^' sind Emeuenmgen der beiden vorangehenden Bücher
aus den folgenden Jahrhunderten und von diesen für die Statistik
der frühern Zeit besonders No. 64^ aus dem siebzehnten Jahrhundert
wichtig, weil es die Einkünfte und Obliegenheiten von zwanzig
Aemtern in Bezug auf Keller, Küche und Bäckerei ausführlich
darlegt.
20. Die alten Kopertorien und die Doracapitels-
Protocolle.
Schliesslich sei noch auf Xo. 44, welches ein Repertorium über
die fundationes und andere Documonte aller Vikarien des Domstifts
(die übrigens in kein eigenes Copeibuch eingetragen sind) enthält
aus dem Jahre 1677; auf No. 51, den Index registraturao antiquus,
auf No. 52, den Index registraturao novus, etwa 1780 vcrfasst, und
den Inhalt der 39 Laden der domcapitelischen Registratur enthält, und
auf Xo. 55 aufmerksam gemacht, Repertorium rurale, Verzeichniss
der auf die Besitzungen des Domcapitols auf dem Lande sich be-
ziehenden Urkunden, nach Orten eingerichtet.
Selbstverständlich sind die Capitels-ProtokoUe, in denen
theilweise die Geschichte des Ilochstiftcs liegt, von grösster Wichtig-
keit; sie beginnen aber erst mit dem Jahre 1504, gehen bis 1803
und imifasson, ohne die Duplicate und die Beilagen, 261 Bände.
II. Die Urkunden der Stifter, Ordenscommenden
und Klöster im Bisthum Würzburg.
1. Die drei Collegiatstifter in der Stadt Würzburg.
A. Stift St. Burkhard.
Gegründet um 748 als Bonedictiner St. Andreaskloster, seit
984 St. Burkhardskloster genannt, wurde es unter dem Abt Johann
von Allendorf 1464 in das Ritterstift St. Burkhard umgewandelt
und bestand als solches bis 1803.
Es zeichnet sich aus durch die verhältnissmässig kleine An-
zahl erhaltener Urkunden; es hat nur 116, und von diesen sind
nur zwei aus dem vierzehnten (die älteste von 1356) und sechs
54 Contzen :
aus dem fünfzehnten Jahrhundert, die übrigen aus der folgenden
Zeit bis 1797. Auch die Copialbücher sind aus der spätesten Zeit,
indem das Recessbuch (No. 66), das Copialbuch in drei Bänden
(No. 66'") und das sehr umfassende Statutenbuch (Xo. 67) aus dem
achtzehnten, ein Urbar (No. 65) aus dem sechszehnten Jahrhundert ist.
Die Capitels- Protokolle sind desto umfassender; sie beginnen
mit 1547, gehen bis 1796 und umfassen 92 Bände.
Der historische Verein liefert einige Beiträge (Samml. S. 251,
No. 233 — 37), darunter Gropps Geschichte des Klostors, ebenso die
XJniversitäts- Bibliothek M. h. F. 266 und das Archiv des bischöf-
lichen Ordinariats. Aus diesen Materialien schrieb recht gut Herr
Dr. Mich. W i e 1 a n d seine historische Darstellung des Stiftes
St. Burkhard zu Würzburg im 15. Bande des Archivs des histor.
Vereins 1860—61, I. Heft S. 43—114, H. Heft S. 1 (wo sich in der
Anm. eine Angabe der Quellen findet) bis 178.
B. Stift Haug.
Errichtet von .dem Bischof Heinrich I (995 — 1018) gegen Ende
des zehnten Jahrhunderts vor der Stadt auf einem Hügel, woher
der Name, dann nach vollständiger Demolirung aller Stiftsgebäude
in die Stadt verlegt, wo die schöne Stiftskirche 1691 eingeweiht
wurde; im Jahre 1803 aufgehoben; die Kirche jetzt Pfarrkirche.
Aus dem achthundertjährigen Bestände des Stiftes haben sich
1104 Original- Urkunden erhalten, und zwar 6 aus dem zwölften,
42 aus dem dreizehnten, 277 aus dem vierzehnten, 333 aus dem
fünfzehnten Jahrhundert und 446 aus den folgenden Jahren bis 1799.
Auch an Copial- und anderen Büchern ist kein Mangel. Unter
dem Stiftsprobst Heinrich von Hohenlohe wurde das erste Copial-
buch angelegt 1320 — 30, das sich noch erhalten hat imter dem
Namen des Stift- Hauger Kettenbuchs (No. 68); an dem leder-
überzogenen Einbände mit messingenen Buckeln hängt noch die alte
Kette zur Befestigung an das Lesepult. Es ist ein starker Per-
gamentband in folio von 142 Blättern, die Seite zu zwei Columnen
mit 47 Linien, deutlich aber eng geschrieben, wegen starken Ge-
brauches manche Seiten schwer leserlich. Es war auf vier Ab-
theilungen angelegt: Incipiunt privilegia seu instrumenta Ecclesie
sancti Johannis in Hange extra muros Herbipolenscs , et primo
pontificalia, deinde imperatoria sive regalia, post hec episcopalia,
ultimo communia. Darnach sind die Einträge bis zum Jahre 1325
Die Urkunden des Bisthums Wtirzburg. 55
von einer Hand gemacht (fol. 58); dann folgen die Fortsetzungen
bis 1488 von verschiedenen Händen uad ohne Kücksicht auf den
Inhalt der Urkunden;' am Schlüsse sind auch Statuten des Stiftes
angehängt (fol. 105', 111 ff. und 124 ff.). Ein aus beiden Theilen
gezogenes Yerzeichniss der Dekane (E. 45) ist von Gropp und
Ussermann benutzt worden.
Mit Aemtern, welche die Einträge in die übrigen Bücher zu
besorgen hatten , war das Stift reich versehen ; wir finden ein
Probstei-, Ptocuracie-, Oblei-, Ornat-, Kellerei-, Präsei^z-, Büchsen-
und ein Vikarei-Amt, dazu eine Himmelskronenpflege, welche
übrigens meist in den Händen der geistlichen Stiftsangehörigen
selbst sich befanden. Zum Bereich des Probstei-Amtmanns gehörte
die s. g. Forma praepositi, ein im Jahre 1341 begonnenes Buch in
Pergament, worin verschiedene der Probstei zuständige Gerechtsame
und Gefälle niedergeschrieben sind (No. 69), besonders das Copial-
buch (No. 79) unter dem Titel : Abschrifift undt Copey der Kecht und
Gerechtigkeit der Probstey und derselben angehörigen DörfiFern des
StifiFts beeder Sanct Johannes zu Haug zue Würtzburg bey dem
ehrw. und edlen Herrn Erasmo Neustettern Stürmern genannt
üorabherrn zu Bamberg und Würtzburg auch beeder Ort zu Sanct
Gangolff und Haug Probsten etc. zusammengetragen im Jahr 1579.
Papier, 321 Blätter; hieran schliesst sich ein jüngeres Copeybuch
(No. 90), das Urkunden von 1405 bis 1736 enthält; ferner ein kleiner
Rotulus documentorum in causa capituli in Haugis contra mona-
sterium Amorbach vom Jahre 1627 (No. 91); ein kurzes Yerzeichniss
aller Gerechtsamen, Einkünfte und Beschwerden der Probstey Haug
1780 (No. 91*) und Beschreibung der Weinberge, die der Probstei
zehntpflichtig sind, 1791 (No. 9^). Vom Procuracie-Amt stammt die
Regula Procuraciae (No. 71), worin die Gefälle und Obliegenheiten
desselben niedergeschrieben sind, aus der Mitte des fünfzehnten
Jahrhunderts ; merkwürdig ist das darin befindliche, vom öffentlichen
Notar aufgenommene Yerzeichniss der nicht unbedeutenden Stifts-
bibliothek aus dem Jahre 1554.
Vom Oblei- und Omatamt haben sich keine Bücher erhalten;
dagegen sieben vom Kellereiamt, das älteste (No. 73) um das Jahr
1450 geschrieben, weil darin Ekarius von Milz als Dekan erwähnt
ist, voran geht ein Kalender, Papier; vollständiger ist das zweite
aus dem Jahre 1508 (No. 74) in gross folio, Pergament ; etwas später
das folgende (No. 75) ebenfalls folio, Pergament ; das vierte im Jahre
56 Contzen : Die Urkunden des Bisthums *Würzburg.
1542 — 45 unter dem Dekan Michael Hüttner geschrieben, folio,
Pergament, am Schhiss die forma cellerarii vom Jahre 1513 unter
dem Dekan Philipp Suppan, Pergament (No. 77); das fünfte ist im
Jahre 1543 angelegt, auf Papier; wichtiger ist das voranstehendo
Nekrologium mit den Einträgen von 1538 — 70 (No. 78); eine Kegula
Cellariae Haugensis ist aus dem 17. Jahrhundert (Xo. 81); das
einzige Copialbuch des Amts ist aus neuerei* Zeit : Copeybuch der
befindlichen Documenten und Briefschaften desz Kellerey - Amts.
Actum 2. Januarii 1703 (No. 88*). — Der über vicariarum in Hang
(No. 76) aus dem Jahre 1510 mit spätem Einträgen zählt die Ein-
künfte und Lasten der dreissig Vicarien auf, die ebenso einer
eigenen Verwaltung unterstellt waren, als die des im Jahre 1594
erkauften Eitterguts und Dorfs Acholshausen (unter, dem Namen
des Büchsenamts).
Das Präsenzamt, das hier dieselben Obliegenheiten hatte wie
jenes beim Domcapitel, , hinterliess uns ein Calondarium oder Necro-
logium sive über Regulae fraternitatis in Hang, begonnen 1450
mit spätem Nachträgen (No. 70), Pergament, geht bis zum 4. De-
cember, die folgenden Blätter fehlen. Ausserdem ist noch besonders
hingewiesen auf das schätzbare 1450 — 90 geschriebene Copialbuch
des Präsenzamtes (No. 72), das uns den Inhalt der Stiftungen erhalten
hat; starker FoUoband, Pergament.
Die Capitels- Protokolle des Stifts Hang haben sich nicht alle
erhalten; das älteste beginnt mit 1584 und geht bis 1601; dann
folgt eine Lücke bis 1627; von da sind die Protokolle bis 1760,
dann von 1763—1777, ferner von 1779—1788 und endlich von
1801 — 1803 in 25 Bänden erhalten. Ein s. g. Archivs-Protokoll von
1786— 1803 enthält nur die Nachweise über das im Archiv auf-
bewahrte Geld und dessen Yerweiidung. Ausserdem sind noch (No. 89)
24 Testamente der Canoniker und Vicare aus dem vorigen Jahr-
hundert vorhanden.
(Fortsetzung folgt.)
IL Zur Geschichte der bayerischen Archive.
Von
Max Josef Neudegger,
Sekretjlr am k. geh. Staatsarchiv zu München.
(Fortsetzung.)
10. Das (Jeheime Urkunden-Archiv.
Xm. bis XYII. Jahrhundert.
Bis zum Jahre 1595 bestand zu Münclien nur ein Archiv.
Es war dieses das alt -herzogliche „Briefgewölbe", welches das
dritte Jahrhundert seines Bestehens vollendet haben mochte, als im
obengenannten Jahre die Gründung eines zweiten, und zwar jenes
Akten- Archives unternommen wurde, das wir als sogenanntes
„äusseres" oder „Landesarchiv" in der ersten Darlegung zur
G(\schichto der bayerischen Archive in seiner ganzen Entwicklung
kennen gelernt haben. Der Zeitfolge entsprechend sollte daher dieses
nunmehr zu behandelnde ursprüngliche Archiv zuerst besprochen
worden sein; jedoch war es von Anfang an des Verfassers fest-
stehender Plan, die ältere Zeit nicht zu berühren. Das Geheime
Archiv hätte auch in keiner Periode so vielfach Gelegenheit geboten
zu jenen Aufschlüssen über Stand und Art der älteren Staatsver-
waltung, wie solche gleichwohl zum Verständniss auch dieses Archives
als bekannt vorauszusetzen sind. Indem ich mich daher auf jene
wieder beziehen darf, gebe ich hier allein jene vorgeschichtlichen
Grundzüge, welche nöthig sind, um mit dem Geheimen Urkunden-
archiv nach der Zeit des 30jährigen Krieges beginnen zu könnei^
was im Sinne wieder jener Grundfragen zu geben ist, nach denen
bei der darstellenden Geschichte von Staatsinstituten zu verfahren,
nämlich den Fragen nach Entstehung, Kompetenz und Verwaltung.
Wir treffen die Natur des Archivs besonders für die ältere
Zeit, wenn wir den „Kanzler, Brief- und Siegelbewahrer*'
in einer Person erkennen. Damit kann von einem „herzoglichen
58 Neudegger :
Brief^ewölbe in München" seit Ludwig dem Strengen, dem Erbauer
des Alten Hofes seit 1253, gesprochen werden, seit dem Bestehen
des ersten Regierungsorgans daselbst, der „Kanzlei" mit dem „ober-
sten Schreiber" oder „Kanzler". Dieser, das Bindeglied zwischen
dem später hinzutretenden Hofrath und der Exekutive, zugleich
auch Rath und Beamter in einer Person, hinterlegt selbst die vor-
züglichen Originale der Briefe und hat allein den „Verschluss des Ge-
wölbes", das anfänglich nur eine Exkavation, eine Art Wandschrank
im Kanzleigewölbe selbst gewesen zu sein scheint Verhält sich
zwar diese, fast schematisch sich ausnehmende, primitive Gestaltung
zu dem nachfolgenden Archivwesen unseres Königreichs ungefähr
wie eine natürliche Voraussetzung zu dem davon abgeleiteten System,
so hat es doch einen Reiz, ja unter der foi*schenden Hand des
Staats- und Geschichtskundigen keine geringe Bedeutung, das,
was in Mitte liegt, mit allen Ursachen und Erscheinungen, im
Angesichte der überlieferten Geschichte, besonders abzuhandeln. Da
aber gerade die Geschichtsforscher aller Disziplinen auf dieses
Punctum saliens, auf das allezeit hinter der Kanzlei liegende Archiv,
naturgemäss heute besonders eindringen, so dürften ihnen selbst
schon ganz bescheidene Andeutungen, die sie weiter leiten, aus
eigenem Hause nicht unerwünscht sein.
Dass Bayern in der glücklichen, unläugbar auch nützlichen
Lage ist, sein Archivwesen fast lückenlos sowohl in Beständen als
in Verwaltung bis zu jenem Ludwig den Strengen zurückzuführen,
ist schon ersichtlich gewesen aus jenen bei der Abhandlung über
das äussere oder Landesarchiv eingeschalteten Verzeichnissen, be-
sonders den ältesten „Registraturen", welche noch heute vorhanden
sind. Indem dort ferner unter dem J. 1595, von welcher Zeit an
das Geheime Archiv zum Unterschiede von jenem äusseren das
„innere" genannt wurde, auf das bayerische Kanzlei- und Ver-
briefungs-Verfahren hingewiesen ist, bedarf es nur mehr der Her-
vorhebung, dass eben jene seit Kaiser Ludwig chronologisch geführten
und im Geheimen Archive hinterlegt gewesenen Registraturen nicht
als Kanzlei- oder Archivs-Manualien, als einfache Handweiser im
heutigen Sinne, sondern als „Bayerns Landes-Registraturbücher" zu
erkennen sind, über deren gewissenhafte Führung, so wie die sichere
Hinterlegung, Extradition u. s. w. der Briefe überhaupt die bayerische
Landschaft eifersüchtig wachte. (Vgl. die Landesordnungen und Landes-
theilungen und hiezu die Bedenken der Landschaft in Bezug auf
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 59
bayer, Gerichts- und Kanzlei- Verfassung bei Krenner, b. Landt.
Handlungen seit 1429).
Die Ingrossationen der Kanzler - Archivare , auch noch die
Repertorien E. Fend's (f 1585) wurden als Beweisbücher hinterlegt
und abgefasst. Das Original des Eegistraturbuches Kaiser Ludwigs,
in jenen bayer. Privilegion- und Ingrossations-Büchern eingebunden,
hat Böhmer zu seinen Regesta imperii i) benützt. Während Heigel
in seiner Quellenkunde zur bayer. Geschichte dessen vollständige
Ausbeute empfiehlt, ist hier vielleicht die Bemerkung erwünscht,
dass sich ein grosser Theil der übrigen Landesregistraturen sowohl
in den erwähnten Privilegien-Tomen als auch in Arroden's mehr-
bändigem Repertorium .eingeheftet findet.
So mag es anschaulich geworden sein, dass sich die Begriffe
Kanzlei und Archiv längere Zeit decken, dass das letztere in seiner
Entwicklung an erstere sich knüpft, und dass das Briefgewölbe
seine Aufgabe bei dem um die Kanzlei sich gruppirenden Hofrath
zu erfüllen und dessen Schicksale zu theilen hat. Noch im J. 1553
hängt daher der Paragraph, welclier das Briefgewölbe behandelt,
der „Hofraths-'*, beziehungsweise der „Hofkanzlei - Ordnung" an,
u. A. bestimmend, dass „die gemeinen Insiegel heraussen in der
Kanzlei" gehalten werden dürfen, jedoch das „Sekret-Insigel" (das
spätere sog. grössere und Kabinets-Siegel) und „die Ringe" vom
Kanzler selbst im Gewölbe unter Yerschluss zu halten seien; dort
aber sollen auch „die brieflichen Urkunden, schriftlichen Handlungen
und die Registraturen in guter Ordnung" gehalten werden.
Mit der Bearbeitung der heranwachsenden Bestände scheint
auf Veranlassung des Kanzlers der erste Sekretär betraut worden
zu sein, bis die Aufstellung eigener Persönlichkeiten nothwendig
wurde. Denselben ward ihre Aufgabe und ihr Amt in jener Ord-
nung vom Jahre 1585/86, wovon bei der Untersuchung über die
Gründung des äusseren Archives die Rede war, zum ersten Malp
generell festgesetzt und die Bezeichnung der Archivare ge-
geben. So schien es, als ob es jetzt nur zeitweilig der Erweiterung
der Lager-Räume der Archivalien bedurft hätte, um des Archiv-
amtes klaren und ungestörten Fortlauf auf ewige Zeit zu sichern.
Doch war gerade der innere, an ihr nicht ersichtliche Grund zu
*) Ludoviei, vgl. die Vorrede hier und zu den Witteisbacher Kegesten
und das. seine Ausführungen über unsere Archive.
60 Neudegger:
der Ordnung vom J. 1585/86 der, dass die Errichtung eines zweiten
Kanzleramtes, eines „obersten" (1586), die fernere Zuständigkeit des
Geh. Archives in Frage gestellt hatte, umsomehr als der bei dem
Geheimen Raths- Kollegium an der Spitze der Geh. Kanzlei in der
Residenz geschaffene Oberst-Kanzler im Amte geschieden war von
dem in seinem Gewölbe im Alten Hofe verbliebenen Archive. Dieses
blieb jedoch unter dem Verschlusse des neuen Kanzlers, und es folgte
also das Geheime Archiv naturgemäss der Instanz des Geheimen
Rathes; ja es war auch das Gleiche mit dem zweiten, dem Akten-
Archive beabsichtigt, als dieses zwischen 1589 und 1595 von jenem
sich ablöste, nur dass hier dem Hofkanzler mit dem Rechte der
Benützung und der Beschaffung des Personales ein Mitverschluss
eingeräumt war. Das Recht der Zuständigkeit des Aktenarchives
zu der nunmehr konstituirten höchsten Stelle, bis 1617 gewahrt,
ging seitdem nur durch Unterlassung verloren, und daher kamen
jene Kontroversen mit dem Hofrath zur Zeit Aettenkhovers und
jenes vollständige Zurücktreten des äusseren Archives unter dem
letzten ArcMvare 1776—1792. Die Archiv-Frage von 1585—1595,
deren Lösung bereits in jene über das ursprüngliche Lokal des
äusseren Archiv-Gewölbes gelegt wurde und in den dortigen Ori-
ginal-Stellen enthalten ist, gelangte hiemit zur vollständigen Klarheit.
Das Herausgreifen des persönlichen Momentes, wo es dauernd
auf ein Objektiv gewirkt hat — aus sachlichen Gründen nicht
allein Pflicht der politischen, sondern jeder Geschichtschreibung —
scheint um Ursache und Wirkung willen am wenigsten bei der
• Klarstellung solcher Verhältnisse umgangen werden zu dürfen,
denen die einstigen Autoren und Berufenen Gestalt gegeben oder
mit Aufwand einer Lebensarbeit das Ganze der eigenen Fähig-
keiten verliehen haben. Alle Theile des Staats-Organismus gingen
einst aus der bildenden Hand eines Referenten hervor, und aus
der Plastik ihrer Ordnungen erkennen Nachfolger noch spät die
ursprüngliche Seele, die Motive, um sie zu überliefern und weiter
zu modelliren.
Sowohl die Archivare als ihre Amtsführungen unterschieden
sich nach zwei Seiten, insoferne als erstere das Warten des Archivs
als Funktion (Verschluss) oder als Amt (Bearbeitung und persönliche
Bedienung) betrachteten. Die Archivare wurden auch nach dem
herrschenden Bedürfniss bestellt, je nachdem es gerathener erschien,
einen Finanzmann, Juristen oder Geschichtskundigen zu berufen.
Zur Geschichte der bayerischen Arcliive. 61
War diese Besetzungsart dadurch geboten, dass der Archivar
eben dieses Amtes walten sollte, um von allen Eeferenten — dieser
Terminus ist schon im XTI. Jahrhundert üblich — der Kundigste
zu werden, um der erste Kath und das Orakel zu sein, so wurde
umsomejir an der Grundbedingung bei allen festgehalten, dass sie
bereits ,,guto Wissenschaft von alten Dingen" d. i. die bestmögliche
Kenntniss der geschriebenen und hergebrachten herzoglichen Rechte
und Prätensionen mit der Fähigkeit, sie zu „traktiren" (literarisch
abzuleiten) mitbrachten. Sie traten in der Eegel als Geheime Sekre-
täre oder Hofräthe ein und schritten in der Beförderung parallel
mit den Hof- und Geheimen Käthen fort, je nach den Bedürf-
nissen des Archivs oder der Referate „den Rath fi-equentirend" oder
hievon befreit.
So ist endlich, um von der älteren Zeit zur neueren tiber-
zugehen und den Zusammenhang der Dingo deutlich erscheinen zu
lassen, die Mittheilung sich ergänzender Personal-Reihen vielleicht
umsomehr dienlich und erwünscht, als sie auch der Möglichkeit
einer kontinuirenden Darstellung unserer Staatsverwaltung über-
haupt eine Aussicht eröffnen.
Reihe der bayerischen Kanzler (diese nach älterer
Sammlung) :
1261 Meister. Dietrich (Propst zu ümünster, Ludwigs
des Str.) Oberster Schreiber. 1266 Albert (Propst zu
Ilmünster) Ob. Schreiber, Kanzler, Protonotar. 1322
Berthold von Tuttlingen, 1325 ff. Ulrich der Wild,
XJlrichHagenor, Bonagratia, Ulrich von Schöneck,
Bischof von Augsburg (Kaiser Ludwigs) Kanzler. . . .
1367 Erhard der Meringer (Herzog Stephans) Kanzler.
1396 Wernher Pachmayr, 1430 Goerz Geheim-
schreiber. 1432 Priedr. Aichstetter (H. Wilhelms)
Schreiber. 1456 Hans Roessler, 1508 Neuhauser
(Propst bei U. L. F.), 1516 August in Loesch, 1548
Leonhard von Eck, 1560 Simon Eck, 1508 Johann
Schwappach, 1575 Christof Ulrich von Elsenheim,
Hofkanzler.
Reihe der Oberst- (auch Geheimen Raths- später
Staats-) Kanzler:
1586 Christof Ulrich v. Elsenheim, 1590 Hans
Georg Herwart von Hohenburg, 1598 Joachim v.
62 Xeudegger :
Donnersperg, 1644 Bartholomäus Eichel, 1649
Johann Adlzreiter von Tettenweis, 1662 Joh. Georg
V. Oexl, 1667 Joh. Kasp. Frh. v. Schraid, 1694—1704
Joh. Rudolf Frh. v. Waempl, 1725 Franz Jos. Frh.
V. Unertl, 1749 Franz Andr. Frh. v. Praidlohn,
1758 Alois Wig. Frh. v. Kreittraayr, 1790 Frh. v.
'Hertling, 1799 Max Jos. Frh. v. Montgelas.
Geh. Archivare: . . . Augustin Kölner (tabularius boicus,
1549 f nach Aventin). 1554 — 1585 Hans Schwarz, Joh.
Schwappach, Erasmus Fend (Hofkammer- u. Geh. Rath).
1585 Joh. Gailing (Hofrath). 1589 Mich. Arroden (Hof-
kaplan). 1595 Christof Gewold (Hofrath und Kabinets-
Sekretär). 1618 Joh. Mändl (Geh. Sekretär, . . . Hof-
kamnierpräsident, Geh. Rath). 1638 Joh. Adlzreiter (Geh.
Sekretär, . . . Kanzler 1662 t).
Und nun in medias res. i)
11. Job. Sebastian v. Wämpl, Geh. Rath, 1662—1694,
J. U. D. und Lizentiat, Rath der Regierung zu Landshiit,2)
scheint um 1646 durch Adlzreiter nach München gekommen zu
sein, wo er als Hofrath verwendet und später, sclion Arclüvar, in
den Revisionsrath berufen wurde. Beide Männer begegneten sicli
längere Zeit sowohl in als ausser dem Archive, wie das Wämpl's
Arbeiten mit sich brachten. Wir finden Um als Deputirten zum
Reichstage in Begleitung OexFs zu Regensburg (1652) und bethei-
ligt bei der Vergleichung mit Nürnberg wegen der oberpfiilzischen
Gerichte (1661). Adlzreiter 's Tod legte ihm das Archiv 1662 in
die Hände.
Sein Amtsantritt gibt sicli in Bälde kund durch die Ein-
forderung von Urkunden über die jüngsten Akte von 1654 — 1658,
*) Quellen sind allein die Akten und bezüglichen Handschriften
an den vier Münchener Archiven sowie der k. Hof- und Staatsbibliothek» be-
züglich deren, sowie der hinzutretenden Literatur, die früheren Kürzungen
wieder Anwendung linden.
*) Das Geschlecht der Wämpl zu Landshut giib dieser Stadt einige
Bürgenneister und der Regierung und Landsrliaft zu München mehrere Käthe,
Kanzler und Verordnete ; alle hiessen sie Johann oder Peter, und ist ihr Nicht
auseinandiThalten geeignet, erhebhche Irrthümer zu erzeugen. Vor Allem sind
<ler Landschafts- und der Oberst Kanzler (wie diess auch für die Herwart,
Unertl u. s. w. gilt) und unser Archivar verschiedene Personen.
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 63
bezüglich auf Polens Königskrone, das Reichsvikariat, das Bündniss
mit Mainz, die Besetzung Weidens. Fast ist es zu schwierig, in
ebenso kurzer als gerechter Weise über 30 Jahre einer Thätigkeit
liinwegzukommen, welche eine so gewaltige Sammlung, wie sie jetzt
schon das Urkundenarchiv darstellte, sozusagen von unten nach
oben kehrte und noch ausser dem Hause bei den Behörden, seH)st an
benachbarten Höfen ununterbrochen nach abgängigen Stücken, nach
ganzen Archiven forschte. Ohne Zweifel war es Adlzreiter's Ver-
mächtniss, welches ihn, den vertrauten Eidam, lehrte, wo das Archiv
Lücken zeigte, wo eine Deduktion der Rechte Unterbau verlangte.
Lade nach Lade wurde daher durchgegangen und hier fanden sich
Verzeichnisse und Merkzettel von dem, was hier hineingehörte oder
was überhaupt gebrach.
Auch dieses Archiv, das der „Briefe und Briefereien"
(Urkunden je nach der Verbriefungsform in Pergament oder Papier,
je nach der Materie unterschieden) hatte nicht systematische Ord-
nung. Die Urkunden waren in Schränken verwahrt, deren Anzahl
mit dem Bedürfniss wuchs. Die Schränke führten die Buchstaben
des lateinischen Alphabets (A — Z), von denen einige, scheint es,
offen gelassen waren zur späteren FüUung. Jeder Schrank hatte
mindestens 30, meist 40 Laden, welche die Unternummern bildeten
zur Schrank-Litera. Letztere kam später in Verfall und alle Laden
wurden durchgehend von 1 — 400 S. bezeichnet. Jetzt waren noch
die beiden Arroden'schen Schränke mit ihren je 30 Laden vor-
handen. „Die Registraturen" stimmten in ihrer Literirung mit den
Schränken überein, und es dürfte die Sammlung, welche aus ihnen
eben Arroden (1589 — 94), unter Hinzufügung neuer herstellte, die
letzte historische, vollständige und vereinigte gewesen sein. Uebrigens
ist es hiedurch er gewesen, welcher anfing, Werke seiner Vorgänger
aufzulösen und andere mit den seinigen zu vereinigen, zu welchem
Thun ihn auch Utilitüt, Umlagerung von Beständen veranlasst haben
kann. Wämpl dagegen und seine nächsten Vorgänger scheinen sich
auf heftweise Verzeichnung des neu Hereingelangenden beschränkt
zu haben und wahrscheinlich legten sie diese neuen Spezial-Registra-
turen in die Laden zu den Urkunden. Diese und andere Original-
Verzeichnungen scheint seinerzeit der Glaube, dass neue Manualien
ältere ohne Unterschied werthlos machen, in der Folge zerstreut zu haben.
Der natürliche Aufbau dürfte doch nie entbehrlich werden,
denn es trägt das zeitliche Inventar und Register hundert Eigen-
64 Neudegger :
Schäften der Archivalien Rechnung, welche später nicht mehr er-
kannt werden und deren Verlorengehen das Archivale für spätere
Benützung ertödtet. Von Doubletten geben wir lieute stets der
älteren den Vorzug und von alten Tekturen erhalten wir oft die
besten Aufschlüsse.
Nur von Adlzreiter erübrigt ein in charakterisirender Enge
fast unansehnlich erscheinender Plan zu einer systematischen Um-
arbeitung des Archivs, nach welchem er Hauptmaterien mit der
Bezeiehnimg A. B unterschied, und welcher iinter F — J die
Urkunden über die vier Rentämter umfasste. Der Plan verfügte
über 343 Laden.
Wämpl ergriff sein Amt als ausschliessliche Aufgabe. Denn
da Maximilians, des grossen Kurfürsten, Politik noch nachwirkte,
und die Absichten der Kanzler Oexl und Schmid mit gleicher
polarer Meidung Oesterreichs wie Frankreichs eine gesunde Mittel-
stellung Bayerns bezweckten, und dieser deutsche, leider nur im
Kanzleramte erblich gewesene Staatsgrimdsatz einstweilen den Frieden
erhielt, so galten der Vertiefung und der inneren Arbeit alle Kräfte.
Dadurch wird es erklärbar, dass unser Geheimer Archivar schon im
J. 1665 eii\e Reihe gewählter historisch-staatsrechtlicher Deduktionen
vorlegen konnte, welche, in hohem Grade bezeichnend, alle auf die
künftigen Interessen Bayerns und seines Fürstenhauses abzielten. Die
wir den nachgefolgten wirklichen Verlauf der Geschichte kennen,
müssen uns verwundern über die 10 Thema, welche Wämpl in einem
„Elenchus" (1665) selbst aufzählte. Er erweiterte diese Deduktionen
und fügte ilmen neue hinzu, so dass er sie um 1672 unter 19 Titeln
in grösserem Verzeichnisse anzeigen konnte. Indem deren Wieder-
gabe zuviel Raum beanspruchen würde, doch überzeugt, dass sie der
Gesclüchtsschreiber aufsuchen wird, genüge uns die Mittheilung, dass
ihre diplomatisch-ki-itische Besprechung eine Archivar-Schule prak-
tisch beschäftigen kann. Die Verzeichnisse und Proben der Allheiten
hat Rockinger „über ältere Arbeiten zur bayer. u. pfälz. Ge-
schichte^^ etc. (I. 11. 78 u. I. No. 33. 46. [I. 77—79) gegeben.
Wämpl arbeitete nämlich u. A. auch die nach Voraussicht einmal
eintretenden Ansprüche Bayerns („Prätensionen^', deren Eruirung
auf Titel, Allodien und Staatsgüter in grösserem Massstabe die ge-
heimen Archive auch in diesem Jahrhunderte beschäftigte) gegen-
über allen anverwandten Fürstenhäusern auf Grundlage der Verträge
aus, deren Evidenz, d. i. Reclierche, Sammlung und Zusammen-
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 65
Stellung damals des Archivars allerdings nächstliegende Aufgabe
war. Dass diese seine durchaus archivalischen Untersuchungen „auf
eintretenden Fall", wozu er sich den Apparat an Stammbäumen etc.
wieder selbst erst aus den Urkunden konstruirte, manchmal von
besonderem Interesse sind, zeigt der „fall da der manliche stamen
der Ertzhertzogen in Oesterreich absterben solt", für welchen er —
es ist zu beachten im J. 1665 — 12 selbstgestellte Fragen, auch
in Bezug auf Böhmen und Ungarn, historisch und juristisch beant-
wortete. Griff dieser Ti-aktat fast ein Jahrhundert voraus (und wo
ruhte die Arbeit dieses Vorgängers im J. 1740?), so lagen näher
die Fragen, welche den Abgang der pfälzischen Kurlinie zu behandeln
scheinen. Eine bezügliche Arbeit liegt aus dem J. 1672 (R. a. a. 0. 1. 6)
vor. Mögen diese und andere Arbeiten auch unmittelbar vorliegende
Thatfragen beantwortet haben, so ist es augenscheinlich, dass, wozu
ihn seine ausgezeichnete Stellung berechtigte, Wämpl höhere Ziele an-
strebte, nämlich eine aUmälilige Ausbildung des bayer. Territoriums
vor Allem durch Vereinigung der Pfalz und Neuburgs mit Bayern.
Die Vereitelung dieser Ziele, denen der Glaube an ein Deutschland
zu Grunde lag, wurde ja auch nur durch das französische und
habsburgische Schwert herbeigeführt. Aus dem bayerischen Krieg
und den nachfolgenden Landtags- und Reichshandlungen (1504 fl*.),
aus der Zertretung und schliesslichen Entwehrung Bayerns, alles
in Manuskripten (Kölner's) und Urkunden im Archive vorhanden,
kannte ja der Landshuter Wämpl — wie Adlzreiter und Maximilian
selbst — das alt -habsburgische krudele Schema der Vernichtung
edler Geschlechter.
Eben zu jener Arbeit vom J. 1672 und deren einzelnen
Fragen bedurfte Wämpl Aufschlüsse, welche er, wie es schien, nur
aus dem pfalzischen Archive zu Ifeuburg selbst erhalten konnte.
Er begab sich desshalb (1668) im Auftrage Ferdinand Maria's, wie
ein Gesandter und mit Creditiv versehen, dorthin zu Philipp Imdwig,
welcher ihm die Durchsicht seines Archivs gerne gestattete. Wie zu-
vorkommend sich ihm dort auch P. Albert Kurz S. J. (der Dritte der
berühmten zu München und Wien thätigen Brüder) erwies, so ernst
kam ihm der Kanzler Wieser entgegen. Allerdings hatte sich Wämpl
(wie Konzepte von ihm, Schmid und Berchem bezeugen) auch „mit
sonderm Fleiss unvermerkt nach Originalen umzusehen, wohin un-
sererseits wegen dieser (gewissen) Partikularsache die Intention gehe."
Das Neuburger Archiv war jedoch damals vor eventueller Benützung
Archivalische Zeitschrift VII. 5
66 Neudegger:
fremder Rechts-Quellen durcli die sichere Brustwehr einer gründlichen
Unordnung geschützt, und so niusste daher Wämpl wirklich ein ganz
negatives Resultat berichten. Und obwohl im nächsten Jahre „eine
ganze Kiste voll Original-Dokumente aus Herzog Georgs des Reichen
(1503 f) Archiv", von einem kleinen Gesandtschaftsgefolge begleitet,
in München eintraf, so erging doch, noch ehe dieses, mit Orden
und Geldgeschenken ausgestattet, die Stadt verlassen hatte, an den
bayer. Residenten Dr. Stoiber zu Wien der Auftrag, eine „Kopie
von dem Donationsbrief über Ott-Heinrich's Schenkung Neuburgs
an Zweybrücken in der Stille und höchsten Geheim zu Wege zu
bringen". Hiezu sind über den damaligen Verbleib von Urkunden,
insbesondere aber jener, in Folge des Kölner Spruches und der
nachfolgenden Spezial- Verträge von 1509 von den Ständen zur
Extradition bezeichneten Urkunden Herzog Georgs, sowie jener seit
1529 zu Preising hinterlegten gemeinschaftlichen Urkunden folgende
Recherchen zu registriren: nach Augsburg 1668 (vgl. Landtags-
handlungen von 1509), eine weitere 1670 durch Berchem an alle
Stellen, selbst an die Hofkaplanei und das JesuitenkoUegiura zu
München, 1671 nach Wasserburg, wo im J. 1646 eine Kiste mit
Landshuter Archivalien sollte zu Verlust gegangen sein (erinnerlich
forschte in demselben Jahre Maximilian mit Richel auf der Trausniz
zum ersten Male nach H. Georg's Archiv), und endlich (1672) eine Kor-
respondenz Ferdinand Maria's mit seinem Vetter dem Koadjutor
Albrecht Sigmund zu Freising, welcher dort bereitwilligst alle
Archive durchforschen Hess. Jedoch waren alle Bemühungen ver-
geblich. Ein Verzeichniss, No. 16 der öfter erwähnten alten Re-
gistraturen, über die zu Freising hinterlegten Urkunden befand
sich damals am äusseren Archive, während letzterwähnter Kor-
respondenz ein Summarium hievon beigegeben wurde (S. A. 148/3);
nach ihm gehörten diese Urkunden von nicht unbedeutender Anzahl
meist dem XIV. und XV. Jahrhundert an. Was aber die Vertheilung
von Herzog Georg's Archiv betrifft, so liegt heute zu Karlsruhe
ein Original-Verzeichniss von dem, was Herzog Wolfgangs Archivar
Morolt im J. 1558/59 nach Heidelberg extradirt hat. Krenner aber
hat noch 1799 berichtweise das Neubu^ger Archiv der Detention
bayer. Urkunden beschuldigt und in der That findet man in den
Neuburger Repertorien, welche sofort nach WämpFs Weggang 1670
— leider ohne System und Chronologie — angelegt wurden und
bis zum Ende in Benützung standen, die niederbayerischen Landes-
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 67
Urkunden vorgetragen; es war also die Neuburger Extradition nach
München vom J. 1669 die erste und letzte.
8chmid, seit Oexl's mysteriöser Abdankung und Verbannung
(1667 K. A. — Geh. Rth. 446 u. S. A. unter 0.) wirklicher Kanzler,
beheiTSchte durch Wämpl und Berchem die beiden Münchner Ar-
chive. Seine Erwähnung geschieht desshalb, weil seine Thätigkeit so
häufig auf die Archivverwaltung sich bezieht und weil sie gleii^h-
bedeutend ist mit einem Hinweise auf die innere bayerische Politik,
jene feststehende des Kanzleramtes gegenüber den — fast allein
überlieferten — traurigen Erscheinungen, welche, immer künstlich
und gegensätzlich, durchaus nicht auf Rechnung der Zeitverhältnisse
allein zu bringen sind, sondern früher und später auf eine vater-
landsfremde Hofpartei zurückführen und welche, einschliesslich
der zweifelhaften Führung durch ephemere Politiker und Generale,
ernster und ausschliesslicher historischer Untersuchung, einer durch-
gehenden Behandlung mehr oder weniger nicht werth scheinen
möchten.
Nicht erst sein grosser Rechtskommentar, den der Kanzler
gleichfalls in der Abdankung schrieb, sondern eine grosse Anzahl
kleinerer Deduktionen war es, wegen deren er seit langem den innig-
sten Verkehr mit Wämpl und den Archiven unterhielt (vgl. den
Katalog unserer Handschriften); fast aber möchte es nicht glaublich
erscheinen, dass der bedeutende Mann sich auch in der Geh. Re-
gistratur, welche — nicht das Archiv — 1674 bei dem Brande der
Residenz in Unordnung gerathen war, eigenhändig beschäftigte. Den
Archivar verwendete er öfter auswärts, 1679 — 1685 als bayerischen
Deputirten zu Regensburg, wo es den Frieden von Nimwegen, die
schwedisch-holländische und die österreichisch-bayerische Alliance
zu berathen galt. In dieser Zeit war es, dass Wämpl dem äusseren
Archiv jene 96 und 57 Säcke Briefereien überwies und als Ge-
heimer Rath „ex aedibus" 1683 eine General -Recherche an alle
Stellen erliess zur Einsendung hinterliegender Urkunden, „da die
Original documenta vnd Vrkhundten in das inner oder geheimbe
archiv als an sein aigentKch orth geliflert . . . vnd in die hiezu
destinirte Register eingetragen wenden sollen". Im Gegensatze zum
Aktenarchive verstand sich hier eine sofortige Hinterlegung der
Originale. Daran hielten alle Geh. Archivare fest und so liegen seit
Adlzreiter bezügliche Anfrage-Bögen und Empfangsscheine vor. Die
Wiederholung dieser Reklamation im J. 1685, in welcher Wämpl
5*
68 Xeude^er:
ein Verzeichniss von 27 HauptbetrefFen aufstellt, lässt deutlich die
letzten Abschlüsse, dann auch die letzten Erholungen aus dem
Archive erkennen. Wir finden darin das Testament Kurfürst Ma-
ximilians, die österr. Pfandschafts- und Schuldverschreibung über
32 Millionen, den Aufsatz der Eheberedung, welcher, wie Wämpl
bemerkt, in seiner Abwesenheit zu Regensburg zur Abschliessung
der Heiraths-Urkunde Max Emanuels nach Wien genommen wor-
den sei. (R A. — A. I. u. S. A. 148/3.)
Würden wir Wämpl weiter nachgehen, so liessen sich viel-
leicht auch Beziehungen zu der seit 1687 öfter in den Akten her-
vortretenden „Reformationskommission" auffinden. Letztere trug
nämlich den Namen von ihrer Aufgabe der Reformirung der Stellen,
worunter jedoch im Allgemeinen und hier zunächst nicht Organi-
sation, sondern Hebung von Uebelständen zu verstehen ist, deren
finanzielle Seite sie zu einer Art Landes-Reunionskammer gestaltete
mit der Aufgabe der Vindizirung durch die Zeit entfremdeter
AUodien, Staatsdomainen, Staatstitel, heimgefallener Lehen u. s. w.
und in der Beseitigung eingerissener Arrogationen. (1799 griff die
General-Landesdirektion auf diese Kommission zurück).
Des Archivars Thätigkeit als Geheimer Rath ist theilweise aus
jenen Referaten ersichtlich, welche aus der Zeit der Landesabwesen-
heit Max Emanuels erhalten sind. Nach ihnen scheint damals der
Geh. Rath die Geschäfte durch kumulative Unterzeichnung und
Glossirung der seitens der Hauptstellen eingelaufenen Berichte und
durch Zurückfertigung seitens der Geh. Kanzlei erledigt zu haben.
Im J. 1687 hielt Wämpl sein Leben für abgeschlossen. Diess
geht aus seinen letztwilligen Verfügungen hervor, welche sich ge-
wissemiassen öffentlich (im Cod. B. c. g. 2306) erhalten haben.
Dieselben geben denn auch öffentlich ureigenes Zeugniss von der
klaren, ordnenden und edlen Art dieses in seltener Weise verborgen
gebliebenen, hochangesehenen Mannes, liefern aber auch unerwartete
Beiträge zur Geschichte einiger Hofmarken und Adels-Familien,
wie der Jonner und Bassus.
Und um auch in seinem Amte Alles gethan zu haben, Hess
er (1690) eine Einforderuitg von Urkunden auch an die auswärtigen
Rentämter und Gerichte ergehen; aber noch das Jahr 1693 über-
zeugt uns, indem er angesichts der ,Je länger je näher kommenden
französischen Kriegsgefahren" auf eine Sicherstellung des Archivs
aufmerksam machte und noch sein Votum im Geh. Rathe gab,
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 69
dass er, einer der wenigen, bis zuletzt (1694 f) in Amt und Ehren
gebUeben ist. (K A. - A. 36. Eeg. S. I. Rep. 56. 1. 29. 31. Geh. Rth.
570. — R. A. — A. I. 315. 324. - S. A. 148/3. 261/26. 373/1.)
Wämpl's Arbeiten könnten einem Pessimisten zeigen, wozu es
nützt, sich in Fragen zu vertiefen, welche nach allgemeiner ge-
schichtlicher Erfahrung stets von dem Stärkeren entschieden werden.
Da wird es aber gerade recht deutlich, welchen Fortschritt zum
Guten wir der neuen und neuesten Zeit, dem Jahrhundert der
Geschichtschreibung, verdanken. Dass heute Dynastenkriege wenig
und Länderspekulationen durch Erb- und Heirathsbriefe gar nicht
möglich sind, beruht nicht in den Ereignissen, sondern allein im
zwingenden historischen Argumente, in der Erforschung der
Staatsrechte und der besten Staatsform aus der Reihe kritisch be-
trachteter Thatsachen. Wenn WämpFs und sämmtlicher Archivare
bekannte Arbeiten nicht selbst hiezu am meisten unmittelbar bei-
getragen haben, so sendeten sie doch in zahllosen Berichten das
beste historische Wissen ein, verzeichneten, ordneten und kon-
statirten ohne Unterbrechung und lenkten von Amtswegen auf
unzählige Quellen hin. Nehmen wir, die Arbeit der Archive in
einem Falle zu deuten, allein unsere eigene Verfassungsurkunde zur
Hand, gehen wir ihre Materie durch, suchen deren Referenten auf,
die Literatur, die sie schufen und benützten, und endlich ihre
Konzepte: das ganze gewaltige Material baute sich das Land seit
den ersten Freiheitsbriefen und Landesordnungen aus den eigenen
Archiven. Nie hat Bayern eine Einrichtung von anderem Stamme,
seine höchste Instanz nur vom Reiche genommen. Li der That
erwächst in der Popularisirung, d. i. in der allgemeinen Aufklärung
von Zweck und Inhalt der Archive ein dienliches Mittel zum Er-
weise, dass ein Staat, der Archive hat und benützt. Dank also
einer verwaltungsgeschichtlichen Kritik, subjektiv und in Sprüngen
gar nicht arbeiten könne. ^)
*) Das hervorragendste Beispiel gibt der letzte bayerische Kanzler, Mont-
gelas; selbst über ältere bayer. Verfassung, Verwaltung und Geschichte Studien
anstellend, Uess er sich schon unterm 24. August 1799 durch den Legations-
rath Kingl über die Opportunität der Berufung einer Landes Vertretung ein
Memoire ausarbeiten und leitete im J. 1803 unter Zuziehung der beiden
Krenner Berathungen ein über Vorbereitung eines den geschichtlichen Ver
hältnissen Bayerns und den Zeitverhältnissen gleich entsprechenden würdigen
Landtages; in der ersten Sitzung vom 8. November erhielten die Krenner den
Auftrag zu ihren (längst vorbereiteten) bezüglichen Quellen- Arbeiten.
70 Neudegger:
Wie sicher und erhaltend aber auch eine Eegierung auf
ureigenem Boden sich bewegt, so lehrt gleichwohl auch noch die
Geschichte unseres Jahrhunderts, dass es in Bezug auf Landes-
grenzen und Grundgesetze einen Stillstand zu keiner Zeit geben
wird, und daher ist und bleibt es, entsprechend seiner Spezial-
geschichte, wieder in erster Linie der Archivar, welcher in diesem
ernsten, fast sehermässigen und nüchternen Gedanken eben seinen
Beruf zu erkennen, und bei seiner Verzeichnung, Neu-Beurkundung
und Oeffnung der Bestände (seinem Klarmachen für die her-
anreifende Geschichte) mit dem Vorblick des vaterländischen
Sachwalters zu verfahren, jedes seiner Schlagworte auf der Gold-
wage hier der Vergangenheit, dort der Zukunft zu prüfen hat.
Unsere Handweiser sind uns mehr als dies : die Registraturen
des Landes und seine Ingrossationsbücher, werthvoUer und reicher
an Erkenntnissen als alle XJrtheilsbücher der Gerichte.
12. Freiherr v. Prielmayer, Geh. Rathspräsident.
1694—1702.
Es war eines der letzten Dekrete des Kanzlers Adlzreiter, durch
welches Korbinian Prielmayer im J. 1662 als „Kanzlei-Jung"
zu seinen Händen bestellt wurde. Bekanntlich wird er neben einem
Franzosen als Lehrer Max Emanuel's und zwar in den deutschen
und juristischen Fächern bezeichnet. Ihn, der mit den Münchner
Regierungsverhältnissen am vertrautesten war, nahm Max Emanuel
als Leiter seiner Geschäfte 1692 nach Brüssel, und er vermittelte
durch seine Korrespondenz mit den „zu München hinterlassenen
Geh. Räthen" — so lautet seit Max I. die offizielle Adresse der
ständigen Landesregierung d. i. des Geh. Ratlies bei Abwesenheit
des Kurfürsten aus München — die Fühlung mit Bayern in allen
Angelegenheiten der Civil- und Militärverwaltung. Diese war aber
wirklich nicht mehr als eine Fühlung, wenngleich Max Emanuel von
Brüssel aus eigenhändig selbst Münchner Personalien schlichtete,
woher eine „Grosse geheime Kommission" über alle Vorgänge be-
richtete. Diess ist die Zeit des Verfalles des Geh. Rathes, mit dem
die letzte Geschlossenheit einer"* Regierung und Landespolitik fiel.
Ausweislich Prielmayer's Diarien besorgte er gleichzeitig in
den Niederlanden die Berichterstattung aus der dortigen Feldkanzlei,
wie er auch in Bayern später (1702) stets im Hauptquartier arbeitete.
Ganze Bände-Reihen sind von ihm auch vorhanden als bayerischem
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 71
'Abgesandten im Haag über die Friedensverhandlungen der Jahre
1695 und 1696, welche mit ßyswik im folgenden Jahre endeten,
sowie ungezählte Faszikel und Privatkorrespondenzen, welche sich
auf die in Mitte liegenden Geschäfte bei Josef Clemens zu Cöln,
auf andere zu Lüttich u. s. w. beziehen. Drängte sich da angesichts
der so auseinandcrliegenden und zahlreichen Geschäfte der Gedanke'
auf an einen Doppelgänger, so Hess sich doch aus allen Akten und
einem hienach entworfenen Itinerar Prielmayer's Identität feststellen;
demnach war er der ausdauernde Begleiter jenes schwertliebenden,
unstäten Fürsten, der nur nicht das Loos einer endlichen Eückkehr
in das Vaterland mit ihm theilte.
Das Geheime Archiv war ihm schon 1687 in Exspektanz, seit
1694 wirklich übertragen worden. Die obigen Nachrichten erhärten
also, dass er sicli demselben nicht hat widmen können. Doch war
es nicht vermeint, ihm dasselbe als lediglichen Vertrauensposten zu
übergeben, was aus seinem brieflichen Verkelire mit dem äusseren
Archivar Pottner hervorgeht, den. er von Brüssel aus (1699, 1706)
um Uebersendung von Archivalien ersuchte, um sein „Compendium
über die bayerischen Landtage seit 1552 bis zum letzten (1669)
zum kurfürstlichen Gebrauche" vollenden zu können.
Bezügliche Nachforschung ergab, dass Prielmayer 1707 im
Gravenhaag starb. Seine Effekten standen damals noch zu Brüssel,
eine kostbare Sammlung von Kunstgegenständen und Alterthümern.
Die Gemälde, unter denen ein „Hans von Aachen" (vgl. Goer-
ling II. 80), waren bei den Karmelitern vor dem Namur'schen
Thore, ein Theil seiner für sehr werthvoll geltenden Bibliothek bei
den Jesuiten zu Mons untergebracht; als die Erbs - Interessenten
diese reklamirten, war sie verschollen und sollte werthlos gewesen
sein ; selbst seine Meubles und eine Anzahl von Gegenständen und
Bildwerken aus Holz, Elfenbein und Metall lassen erkennen, dass
dieser merkwürdige Mann, der nach Allem historische Würdigung
in höherem Grade verdiente, in jener Zeit selbst einer ehrwürdigen
Kunst Avie der am Niederrhein volles Verständniss entgegenbrachte.
(K. A. — Geh. Kth. 93. — RA — A. I. Dekr. 1705. Ad. Sei. — S. A.
46/9. 262/3— 8. 344/3. 4. etc.)
72 Neud^ger:
13. Freiherr v. ünerü, Kanzler.
1702—1746.
Der Sohn des Hofraths Georg Unertl — „der hochgelehrte
Hofrath Dr. Franz Josef Unertl" — wurde durch Verfügung
Max Emamiers aus Ingolstadt vom 9. Dezember 1702 in Ansehung
seiner bisherigen Arbeiten zum Geh. Sekretär ernannt mit der Be-
stimmung, bei dem „Innern Archiv den Geh. Rath v. Prielmayer
zu ersetzen."
Wie sollten wir von ihm, der uns als der hervorragende Staats-
mann Bayerns in der schwierigen Kegierungsperiode zwischen dem
spanischen imd österreichischen Erbfolgekriege genugsam bekannt
ist, es anders erwarten, als dass er wie ein Wämpl und Adlzreiter
das alte Briefgewölbe vom ersten Zutritt an auf Rechte und Her-
kommen ausforschte? Das war wie ein imunterbrochenes Graben
nach Schätzen im tiefen dämmernden Gewölbe, ein Entrollen von
Pergamenten, über welche „verlorene Kunde" und der „skeptische
Blick des Juristen" das — durch das mangelnde Licht geschichtlidier
Aufklärung genährte — Geheimniss wob. Das Kind einer schweren
und kummervollen Zeit erscheint Unertl auch als ihr Abbild, voll
Sorge, Bedacht und Sparsamkeit, Eigenschaften, welche vnr an einem
bedeutenden Staatsmanne nicht so offen bemerken wollen, die aber
für Bayern äusserst wohlthätig waren. An den verschwenderischen
Höfen des Auslandes galt er als ein genauer Mann , dem man
schon einen Juden zur Unterhandlung schicken müsse. Gerade,
dass dies geschehen, beweist seine Hartnäckigkeit für die wahre
vaterländische Sache und seine bekannte Unempfindlichkeit für Titel
und Geschenke, wie sie eine Gesandtschaft mitbrachte, mehr noch,
als die grossen Summen an Besoldungen und Gesandtschafts-
wartungen, welche er bei der Noth des Ijandes aus eigenen Mitteln
vorstreckte. Unertl, Finanzmann und Politiker in einer Person,
musste den Törring und Gelegenheitsmännern, welche mehr nach
Gefühlen als Erfahrungen und Kenntnissen urtheilten, welche ohne
Kasse und mit französischer Hülfe auf das alte Reich ein neues
setzen wollten, abgeneigt sein bis zur Theilnahmslosigkeit an ihren
Geschäften.
Schon 1703 hatte Unertl das Archiv zu einer Abhandlimg
von „Lebensbildern bayerischer Herrscher von Otto lY. bis Kaiser
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 73
Ludwig" [R I) a. a. 0. 11 No. 99], in welcher er die benutzten Archi-
valien bezeichnete, durchforscht. In diesem Jahre aber begannen
auch jene Beunruhigungen der Archive, wovon schon früher, ge-
legentlich der Rede von der österr. Okkupation Bayerns, gehandelt
worden, und wovon er selbst umständlich erzählt (Freyberg; Sammig
histor. Schriften II: Denkwürdigkeiten des Frh. v. Unertl). Dort
berichtet er übrigens nicht, dass er noch im J. 1711 aus der
Geh. Registratur — die zu jeder Zeit nächst den Archiven die
grösste Aufmerksamkeit verdient — die von TUly im J. 1624 aus
Heidelberg nach München gebrachten 4tten, in circa 200 Nummern
bestehend, in seine Wohnung und weiter flüchten liess. Unertl
verblieb nämlich unter der österreichischen Verwaltung, — welche
sich an die Stelle des Geh. Rathes setzte und, ohne besondere Ver-
änderungen vorzunehmen, die Ge^schäfte fortsetzte, — was er bisher
gewesen war, erster Geh. Sekretär, und hatte als Löwenstein's
„Kanzleidirektor'' allerdings zur Hälfte den Wirkungskreis eines
Kanzlers. Eben in dieser Eigenschaft war er Herr über Archiv und
Registratur und konnte diese schützen und that es auch, wie er-
sichtlich, wenn er ein Referat auf diese und jene Aktenbestände
abzielen sah. An seiner Treue wurde gezweifelt, wahrscheinlich
weil er jeder der beiden Parteien nach Können redlich diente, weil
Max Emanuel ihm von Paris aus viel versprach, der Kaiser ihn
beförderte (vgl. Unertrs Schreiben a, a. 0. u. Hormayr's Urtheil,
Taschenb. Xn/2). Vom Kaiser wurde er schon 1709 zum kaiserl.
Hofrath ernannt, und zwar als mitzählend, mit dem Rechte, jeder-
zeit in Wien, wo er sich mehrmals in Mission aufhielt, einzutreten.
Wäre er dort nicht vor Allem deutscher Reichsbeamte gewesen?
Und warum hat er dennoch die Stelle nicht wirklich angetreten?
Weil er Bayern nicht aufgeben wollte und weil es Max Emanuels
Wunsch war, nicht allein sein Land wieder zu erhalten, sondern
vielmehr sich Oesterreich noch auf die Dauer zu verbinden. Dazu
aber musste Unertl allein und vor Allen die besten Wege wissen,
da doch Max Emanuel sich auf Ludwig XIV., seinen Gastfreund,
gar nicht, weder für jetzt noch später, verliess. Der Kurfürst er-
nannte den Archivar, der zu Sorgen für seine Person allen Grund
zu haben schien, nach seiner Rückkehr, 1715, zum Geh. Rathe
und übertrug ihm die Untersuchung des gesammten Rechnungs-
*) R. Z3 Rockinger.
74 Neudegger:
Wesens des Staates. Unertl bezeugt ausdrücklich, dass die österr.
Verwaltung seit hergestellter Kiihe eine haushälterische gewesen
sei, und deklarirt die Schuldposten nach den Ausweisen des Hof-
zahlamtes, die auf viele Millionen lauteten, als solche aus der
Brüsseler Regierung, den Türkenfeldzügen und Schlossbauten. Bei
der Ordnung der Finanzen war er ohne Zweifel unterstützt von
den Staatsbuchhaltern (Hofzahlmeistern), seinen Anverwandten Benno
und Joh. B. Unortl, mit welch' letzterem (dem späteren Landschafts-
kanzler) er gelegentlich verwechselt worden. Da sollte man denken,
es wäre ihm ein Leichtes gQwesen, sich seine Gehalte und die von
ihm für Gesandte vorgeschossenen Tafelgelder (die a. o. Gesandt-
schaften wurden in älterer Zeit „ausgelöst", d. i. ihrem Wirthe die
Kosten erstattet) von kurzer Hand zu erholen. Unertl wollte das
nicht. Er löste die Finanzfrage (1721 — 26) durch eine Untersuchung
des veralteten Steuerplanes, durch eine in hohem Grade interessirende
Bilancirung des Staatseinkommens, welche mit seinem Gutachten
bei den Denkwürdigkeiten einzusehen ist, und in Vereinbarung
mit dem Landschaftsausschusse durch „Errichtung und Dotirung des
Schuldenwerkes", das seitdem die Tilgung oder „Abledigung" plan-
mässig besorgt. Diese Aufraffung des Landes nach den Wirren einer
Brüsseler Kegierung und von den Folgen des spanischen Erbfolge-
kriegcs ist Unortl's Verdienst. Dass ihn hiebei wenige aber ausgezeich-
nete Mitarbeiter unterstützt haben müssen, ist nicht zu bezweifeln.
Da traten zur selben Zeit Vorbereitungen nach anderer Richtung
hin zu Tage; denn in die Hand des Archivars war es ja gelegt, zur
einzuschlagenden Politik auch die nöthigen historischen Arbeiten
und vorbereitenden Exposes herzustellen. Dass Unertl desshalb wie
alle Kanzler und Archivare vor ihm vornehmlich politischer Rath
und Vertrauter, der Anwalt des Regenten sein musste, der alle Ein-
sprachen und Eventualitäten vorzusehen hatte, ist nur zu deutlich.
Und doch vermissen wir ihn und Andere noch heute an dem ge-
bührenden Platze, vielleicht aus der Ursache, weil sie jeweilig die
vertrautesten und die mündlichen Räthe des Fürsten waren. Um
das Referat am Orte der Regierung, um dessen Darstellung, um die
innere Gesammtlage, weniger um die momentane Instruktion, die
Handlungen und Schreiben der wechselnden Gesandten und Agenten
scheint sich in jener Zeit die politische Situation zu gruppiren, und
die Substanz der aufklärenden Geschichte dürfte ihre lohnendere
Aufgabe finden in der Untersuchung der Ursachen der thatsächlichen
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 75
Abweichungen von den augenscheinlich jeweilig festgehaltenen Zielen
der Kegierung; den Thatsachen selbst kann heute meist wenig Neues
hinzugefügt werdend)
Unertl legte im J. 1722, als nach fün^ährigem Hinziehen
endlich die Verbindung zwischen Karl Albrecht ujid Marie Amalie
zu Stande kam, diesen eine Art politischen Geschenkes vor, eine
„Zusammenstellung'' der in den Häusern Bayerns und Oesterreichs
bisher stattgefundenen Wechselheirathen (R. a. a. 0. HI. S. 5).
Mit welch' staun enswerther Leichtigkeit er sich der diplomati-
schen Korrespondenz unterzog, beweist die Thatsache, dass er neben
seinen inneren Staatsgeschäften (seit 1719) die Verhandlungen zur
Etablirung zweier Brüder Karl Albrechts auf nicht weniger als acht
ßischofsstühlen zu führen hatte. Da diese Präbenden Zweitgeborner
wegen der politischen Stimmen besonders von Wien, Rom und
Frankreich aus nur durch Aussicht auf Gegenleistungen zu erlangen
waren, so gab es da viele Schwierigkeiten zu überwinden. Bei
solcher Korrespondenz war es, dass die Kurie einmal in guter Laune
seine elegante und leichte Latinität rühmte. Als Korrespondent
hat Unertl schon damals die Politik der bezeichneten Höfe gründlich
kennen gelernt. Von Interesse ist es übrigens, dass ihm Klemens
August, Bischof zu Paderborn, Münster etc., sowie Johann Theodor
zu Regensburg ihre gesammte Arbeit, nämlich ihre Korrespondenz
und Verwaltung, zur Besorgung (von München aus) auferlegten.
Auch die Korrespondenz mit dem Hauptquartier des 1718/19 nach
Ungarn gegen die Türken gezogenen Karl Albrecht ging durch seine
*) Auch Bayern hat eine Geschichte semer Politik und zwar in den Kanzlern,
deren grosser Letzter, Montgelas,*) das System schloss. Das Studium seiner,
durch das Uebergewicht des Marschalls Wrede unvollendet und hypothetisch ge-
bhebenen Politik, welche von jetzt an wieder in cias alte Fahrwasser gerieth, würde
seine historisch-politischen Manuskripte (ad 1778 u. ff.) und eine Anzahl von Me-
moiren (historisch und staatsmännisch gebildeter Politiker) u. A. über Bayerns
Aufgabe in Deutschland seit der Kreirung des Österreichischen
Kaiserthumszu Tage gefördert haben. Er, der die Geschichte des Ministeriums
Hofenfels,*) wahrscheinlich jene von Heraog AVilhelm von Birkenfeld angekündigte
Handschrift, in dickleibigem Folianten niedergelegt, den Nap oleon und Talley-
rand durch Getto stets in der laufenden unheilbaren Pohtik Oesterreichs unter-
richteten, für den sie Süddeutschland strategisch aufnehmen Hessen, für den
Baader, ützschneider und Krenner die staatswirthschaftüchen Grenzen
Bayerns bestimmten, auch er ist im entscheidenden Momente entbehrlich gewesen.
♦) vgl. stumpf: Denkwürdige Uaycm.
76 ^'e^degge^:
Hand. Wenn Unertl daher sagt, er habe nicht Zeit gefunden, den
Besitz des ihm im J. 1718 geschenkten Gutes Mattsies anzutreten,
so ist das sehr wohl glaublich. Diese Schenkung war überhaupt
keine hervorragende und seltene Auszeichnung, da bis zu diesem
Jahrhundert derartige Vergabung sowie Verleihung von Gerichts-
Pflegschaften an verdiente Staatsbeamte üblich war. In höherem
Grade bezeichnend ist Unertls Mitthoilung, dass er im J. 1728 an
Gehalten und Auslagen bis zu 70 Tausend Gulden der Regierungs-
kasse vorgeschossen hatte. Bei der Neu-Kreirung der höchsten
Würden im J. 1726 übertrug ihm Karl Albrecht das wiederher-
gestellte Kanzleramt, das er eigentlich von jeher ausübte.
Dass der Gedanke „auf Ableben des Mannsstammes in Oester-
reich" den Archivar schon lange praktisch beschäftigte, zeigte jene
im J. 1722 produzirte Zusammenstellung aller Wechselheirathen.
Dieser leidige Erbfall untergrub ja in Wien und München alle fried-
lichen Beziehungen, man möchte sagen alles gesunde Denken und
Gedeihen seit dem letzten Kriege. So war es und so kam es
wieder und der so entsittlichenden Hof- und Staats-Erbschleicherei
war eigentlich in diesem ganzen Jahrhundert kein Ende. Schon
1721. war dem Kanzler aus Wien berichtet worden, man sei da nur
noch nicht einig, ob man den Herzog von Lothringen oder den
Prinzen von Portugal an Hof kommen und erziehen lasse. Während
Heigel in seinem schönen, lehrreich kritischen Buche „die Kaiser-
wahl Karl VII." (Nördlingen 1877) unter den einschlägigen Jahren
1727, 1731, 1741 Unertls mit Bezug auf die Erbfrage in Oester-
reich gedachte, hat Rockin g er a. a. 0. des Kanzlers bezügliche
Arbeiten weiter ermittelt Dieser vollendete 1731/32 seine „Exegesis
genealogica" über die vorhandene weibliche Descendenz aus dem
Hause Oestorreich und bald darauf seine „ücductio jurium Bavariae
ad Regna et Provincias Austriacas", welche er auf seinem Landsitze
zu Schönbrunn bearbeitete, worüber sich seine Bestellungen an
literarischen und archivalischen Quellen aus Archiv und Bibliotkek
zu München erhalten haben; diesen zufolge ging ihm hiebei auch
sein Nachfolger Praidlohn, damals noch Kanzler zu Freising, mit
der dortigen Stiftsbibliothek zur Seite. Es ist die Arbeit, mit
welcher Karl Albrecht eine Rundreise nach Mannheim und Bonn
unternahm, und welche in jener denkwürdigen Geh. Raths-Sitzung
vom 15. Febr. 1733 vorgetragen wurde, zu welcher der Kurfürst
unter Einladung seiner Gemahlin eigenhändig eine mehrere Bogen um-
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 77
fassende, vorliegende (S. A.) Exposition schrieb, (vgl. Freyb. a. a. 0. u. R.
a. a. 0. m. No. 62. 88. 89). Ein Jahrzehnt füllen dann die mit Unertl
über den Erbfall gepflogenen Korrespondenzen, und endlich im J. 1741
(Heigel a. a. 0. S. 190) wurde „des Kurhauses Bayern Successions-
recht auf Ungarn und Böhmen" öffentlich aufgelegt. Da hat wohl
an den Erfolg einer Rechtsdeduktion mit Ernst Niemand mehr ge-
dacht, und damals gab es nach bestem "Wissen nur den Rath zu einem
Vergleiche, einem Verzicht auf mindestens die Hälfte des Erbrechtes,
wenn das Land nicht sofort wieder dem Verderben preisgegeben
werden sollte. Man sagt, Unertl sei um diese Zeit in Ungnade
gefallen; aber vielleicht stand er nur allein, weil er, der Greis, sah,
dass — wie er selbst — das Land kaum etwas zu gewinnen, aber
Alles zu verlieren hatte. Zum End-Beschlusse wurde er nicht mehr
gehört; denn das Urtheil des Juristen und Landesministers, dessen
Lebensarbeit die Wiederaufrichtung der Ordnung und Finanzen war,
musste nicht nur als selbstloses, sondern auch als ein unerwünscht
nüchternes und unkriegerisches bekannt sein. Unertl hätte sagen
müssen, dass Bayern im Falle selbst des Sieges nicht in der Lage sei,
einen kaiserlichen Hof und eine Reichsregierung zu unterhalten,
dass man in München zwar über eine erlesene, aber nur kleine
Beamtenschaar verfügen könne, dass der ganze, seit Jahrhunderten
in den kaiserlichen Aemtern angesessene österr. Adel seinen Einfluss
aufgeben oder sich in Bayern begründen müsse (vgl. H. a. a. 0.
S. 164. 287 ff.). Versetzen wir uns in diese durchaus praktische
Frage und uns wird fühlbar, dass durch eine einfache Adäquirung
in Titeln und Gehalten ein Kaiserthum in München gegenüber Wien
auf die Dauer nicht zu begründen war. Dazu kannte Unertl die Ge-
schichte Bayerns und gerade seiner ruhmreichsten Fürsten allzugut,
kannte er Oesterreich aus 10jährigen Diensten (1704 — 14) und die
politischen Staats -Grundsätze, an denen die Regenten mächtiger
Staaten — und hierin gebrach es im kleinen Bayern — seit Alters
unverbrüchlich festhielten.
Warum sollen wir daher UnertFs Worte bezweifeln, wenn er
versichert, dass er dem Kurfürsten zum letzten Male bei seinem
Abzüge aus München zum Frieden gerathen, und dieser bei seiner
Rückkehr ihm sein Bedauern über' die Nichtbefolgung seines Rathes
auch ausgedrückt habe? •
Als dann Oberst Menzel am 12. Februar 1742 München ein-
nahm, waren durch Unertrs Fürsorge die Archive in der Haupt-
78 Xeudegger:
Sache nach Augsburg geflüchtet worden. Dorthin pflegte sich der
Kreis der höheren Beamten bei Bedrohung Münchens zurück-
zuziehen. Doch hier nicht sicher genug, wurde das Geh. Archiv mit
dem Hausschatze unterm 4. Febr. 1743 nach Ingolstadt gebracht
und hier eingemauert. Zufällig wurde aber gerade diese Festung das
am meisten bedrängte Objekt, sie fiel erst nach abgeschlossenem
Frieden in die österr. Hände. Jetzt sandte, das Archiv zu holen,
Unertl (6. Oktober) seinen Privatsekretär mit 30 Dragonern dort-
hin und in Seckendorfs Lager; als es ohne Einbusse in Augsburg
wieder bei den Karmelitern abgestellt war, sprach er dem bayer.
General seinen Dank und den Ausdruck seiner „Welts - Freude"
aus. In 20 Verschlagen führte es Aettenkhover 1745 mit dem
äusseren Archive nach München zurück.
Hier hatte nach dem Tode Karl Albrecht's mit dem jungen
Max Josef eine neue Regierung das Ruder ergrifTen, und trat jene
merkwürdige extreme Wendung ein, welche zwar der entartetsten aller
deutschen Kriegsbalgereien ein wohlthätiges Ende, aber auch einen
tiefen Einblick gewährte in die Charaktere, denen der (1745 f ) erlöste
Fürst im Feld, Staat und Haus sich anvertraut liatte. Man wird
sagen müssen, dass Max Josefs Regierung erst mit der Beseitigung
des österreichischen Elementes in Bayern — und ganz gelang es
ihm nicht — ihren Anfang genommen hat. Ihm dürfen wir dess-
halb auch nicht die Behandlung in Anrechnung bringen, welche
Unertl, wie seinen Vorgängern im Kanzleramte, am Abend seines
Lebens zu Theil geworden ist. Es war das Archiv noch nicht aus
seinen Verschlagen, als ihm die Enthebung von der ferneren Be-
sorgung desselben durch den kurzen Auftrag der Uebergabe der
Archiv-Schlüssel an seinen Nachfolger angezeigt wurde. Obwohl
Unertl durch diese Form hart berührt sein musste, hat es uns den-
noch überrascht, dass er in seiner sachlichen Erwiderung sich eine
deutliche kritische Bemerkung über seinen Nachfolger entgehen liess.
Das war jedoch wohl überlegt. In Berechnung seiner Tage setzte er
jetzt seine Guthaben an der Hand einer Darlegung über seine ge-
sammte Thätigkeit nieder und überreichte das Memoire. Da aber
das Kabinet es vor den Augen des Kanzlers uneröffnet liegen liess,
wendete er sich mit einem Duplikat an den Bischof von Freising,
den Oheim Max Josefs, idenselben, den er einst auf den Stuhl von
Regensburg hatte bringen helfen. Es ist dieses das Memoire, welches
Preyberg im J. 1836 als „Denkwürdigkeiten Unertrs" drucken liess,
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 79
und das noch im vorigen Jahrhundert mehrmals abgeschrieben
wurde (vgl B. c. g. 1947). Das hier benützte stammt von Mont-
gelas, dem es als einem Sammler historischer Memoiren bei einem
Gebirgsausfluge nach Oarmisch der dortige freisingische Landrichter
und spätere Münchner Bibliothekar Hoheneicher im J. 1801 gegeben
hat (S. A.).
Unertl hatte im J. 1746 das 70. Lebensjahr vollendet (1750 f)
und daher zeugt dieses sein letztes grösseres Schriftstück, erwägen
wir auch die Umstände, nicht mehr von kräftiger, klarer Hand,
während er in guter Zeit gerade eine kurze, bündige und schlagende
Feder führte. Eine spätere, mit Heranziehung der Staatsbücher ge-
führte Untersuchung befand seine Berechnungen für richtig und
beglich sie. Ueber seine Familie gibt ein besonderer Akt nähere
Aufschlüsse.
Bei der ausschliesslichen staatsmännischen Thätigkeit der beiden
letzten Archivare befand sich das Geheime Archiv genau ein halbes
Jahrhundert weniger in Pflege als vielmehr in Kustodie, und diese
war durch fremde Hand und wiederholte Flüchtungen bedeutend
gestört worden. Es ist aber deutlich, dass in dieser Zeit ein „Ver-^
schluss" des Archivs durch die höchste Vertrauensperson Berechtigung
hatte. Wie aber, wenn sich einmal in dieses „Arcanum" durch
einen Missgriff eine allerdings höchste und daher mächtige, der
Verantwortung sich aber entziehende Persönlichkeit gewagt hätte?
Solche Frage schliesst die Sittengeschichte des XVIII. Jahrhunderts
nicht aus und sie fehlte auch nicht schon in ihrer Zeit an diesem Orte.
Dass in der Zwischenzeit der amtliche Geschäftsgang im Archive,
Zusendung und Erholung, keine Einschränkung erlitt, geht aus be-
züglichen Schriftstücken hinlänglich hervor. Zu dessen Besorgung
bediente sich Unertl seiner Geh. Registratoren. Aus ihnen verdienen
Erwähnung Schlichtinger, Stegbucher (vgl. R. a. a. 0. ÜI
S. 63) und besonders Kandier, welcher auch die Bibliothek be-
sorgte und den „Geheimen 20'' der „Nutzerweckenden Gesellschaft"
(1702 ff.) angehörte, der Vater des gelehrten Augustiner -Propstes
Agnellus Kandier, Verfassers des „Arnulfus male malus cognomi-
natus". Damit erinnern wir aber an die Academia Karolina
(1722 — 40) und jene friedlicheren Bestrebungen, welche wir an das
äussere Archiv knüpften, da es auch in der Folge dem Geheimen
Archive nicht beschieden sein sollte, zu Werken des Friedens bei-
80 Neude^er :
zutragen. Diess an dieser Stelle zur Erklärung jener Folgerung
Böhmers, dass die Kommission der Akademie zur Herausgabe
der Monumenta boiea (1763 flP.) die Ausbeutung der Urbestände
des Landes, der Regierung selbst, wohl vergessen habe. (K. A. — A. 28.
Rep. 56. I. 31. Geh. R. 140. 568. - R. A. — Dekr. 1702. 4. 16. 24.
Ad. Sei. — S. A. 93/18. 19. 148/8. 234 etc. unter U).
14. Die Grafen Zech, 1746-1784.
Seit einem Jahrhundert einer fast lediglich admassirenden An-
ordnung überlassen, in seinen Inhalts-Anzeigern lokal und technisch
antiquirt, bedurfte das Urkundenarchiv begreiflicherweise einer Neu-
bearbeitung von Grund aus. Um es jetzt „durch jemand eigends
besorgen zu lassen", wurde der Fiskal- und Hofrath Josef
Albrecht v. Zech bestellt. Indess scheint Zech wenig an diese
Bearbeitung gedacht zu haben, er konnte unter Beibehaltung seines
Referates die erstrebte Laufbahn schneller erreichen. UnertFs milderes
Bedenken lautete dahin, dass er „nit die mindeste Cognition vom
Archiv" (-Wesen) mitbringen könne. Es hatten die Zech in München
seit 1700 das städtische Unterrichteramt, dessen Besetzung mit
„approbirten Juristen" erst seit 1803 geboten wurde, inne; Josef
Albrecht war auch als Advokat beim Hofgerichte zugelassen. Wenn
wir uns Unertl so recht vergegenwärtigen, wie er gerade im An-
denken der Stadt München als Urbild eines schlichten edlen Beamten
fortlebt, den die Stadt soeben, ohne dass er je zu ihren Magistraten
gehörte, mit vollem Rechte in ihr grösstes historisches Zeitbild auf-
genommen hat, so ist sein zweites, immer noch milderes Urtheil,
womit er seines Nachfolgers „besondere Verdienste" verwahrt,
mindestens überraschend. Diess erhält aber dadurch einige Be-
deutung, dass Zech als „fiskus regius" in der Zeit der letzten Behauptung
Oberösterreichs (1741 — 45) als eine Art Statthalter zu Linz residirte;
als solcher nahm er im Januar 1742 zu Prag die Huldigung der
böhmischen Stände, deren gesiegelte Erkläningen vorliegen, entgegen.
Seine bisherige Thätigkeit war also eine mehr politische. Mitte
dieses Jahres musste er flüchten, er begab sich nach Dresden. (Vgl.
Heigel über die Konkurrenz Sachsens und Bayerns 1740 in die
österreichische Erbmasse a. a. 0. S. 125. 183. 263. 275; sodann v.
versa in die bayerische 1778). Seine Ernennung zum Archivar
fällt ^uf den 31. März 1746, seine Beförderung zum Revisionsrath
imd Erhebung in den Freiherm-Stand erfolgte fast gleichzeitig. Im
Zur Geschichte der bayerischen Archive. gj
J. 1747 fand die Wechselheirath statt zwischen den beiden Kurfürsten
von Bayern und Sachsen, bei welcher der Archivar mit dem Auf-
satze der bezüglichen bayerischen Urkunde nicht unwahrscheinlich
betraut war. Nach vier Jahren ordentlicher bayerischer Dienst-
leistung, 1750, ist er Geheimer Eath, im J. 1758 Konferenzminister
geworden und bei der hier mit dem Tode Praidlohns nöthig gewesenen
Neu-Vertheilung der Geschäfte erhielt er den Vortrag über die
„Landschafts-, Grenz-, Schuldenabledigungs-, Kommerzien-, Maut-
und Aufschlagssachen"; 1773 wurde er, ohne dass sich ein öffentliches
Verdienst für Bayern nachweisen liesse, in den Reichs-Grafenstand
erhoben. In Bayern erhielt er nur den Titel eines Kämmerersi, kein
Ordensamt , in Folge einer Verwahrung. Dieser XJeberblick seiner
Laufbahn kennzeichnet die verflossene Amtsweise, an welcher er
sich noch einen Antheil ausbedungen zu haben schien, im Gegensatze
zu seinen Mitbeamten, welche um diese Zeit auf alle Weise bemüht*
waren, das geistig ,und materiell brach liegende Land, dem Oester-
reich unaufhörlich Netze warf, um jeden Preis aufzuraffen.
Wie um 1702, so wurde auch jetzt das Uebel, Mangel an
Volksgefühl und vaterländischer Aufklärung, an der Wurzel ange-
griffen, und man that diess durch die Schulen, die hohen und niederen.
Wie viel kann an einem Manne, an einem Amte hängen!
Bedenkt man, dass damals die Beamten aller Dienststellungen, feurige
junge Männer wie hochbetagte Präsidenten und Minister, Kleriker
wie Laien, ihr bestes Können öffentlich einsetzten, in allen Dis-
ziplinen in die Schule gingen, die nie stille steht, auf dem Forum
der Akademie zum mindesten in einer Rede ihre Erfahrungen
niederlegten ; bedenkt man, dass eben die Akademie damals in kluger
Handlung aus allen Kreisen Angehörige sammelte, um auf süd-
deutschem Boden ihren Zweck, den der Entzündung, Unterhaltung
und Krönung der Wissenschaft zu erreichen, so ist es auffallend,
dass der Minister -Archivar in diesem Kreise der „Gesellschaft der
Vaterlandsfreunde" neben wenigen aus der alten Hof- Zeit Uebrig-
gebliebenen gich nicht befand; ihn missen aber nicht allein Liste
und Geschichte der Akademie, sondern auch Verkehr- und Tage-
bücher jeglicher seiner Kollegen.
Während im Umkreise von Bayern die staatlichen * Archive
sich eröffneten, schon die Klöster im Lande die besten Urkunden
zur Veröffentlichung (Monum. boic.) gaben, selbst das äussere Archiv
durch den Fleiss Aettenkhovers wohlgeordnet stand und seine
ArchlTaUBche Zeitschrift VII. 6
82 Neudegger :
Kopialien, Registratur- und Privilegienbücher erschloss, liess Zech
das Urkundenarchiv wider seine ursprüngliche Instruktion un-
bearbeitet liegen. Es diente ihm nur als Neben-Objekt, nur für die Er-
fordernisse seiner Person, seines nicht hervorragenden Knanzrefe-
rates. Ganz war er der Ausdruck eines, wie man glaubte, in Bayern
schon hinübergegangenen absoluten Staats-Trägheits-Gesetzes. Aus
dem J. 1751 hinterliegen von ihm eine „Anzeig" über den Hausschatz
nach den bekannten Dispositions-Urkunden Albrechts V. (1565) und
Maximilians (1637) und einige Aufsätze zu bayerisch -sächsischen
Haus -Urkunden; 1769 mitunterzeichnete er das Testament Max
Josefs; aus dem J. 1788 liegt, von ihm deponirt^ die sächsische
Quittung vor über die 18. und letzte Rate der im Teschner Frieden
für Sachsen von 47 auf 6 Millionen herabgesetzten Allodial -Ent-
schädigung; auch hat sich ein starker Faszikel seiner Geheimraths-
Propositionen erhalten. Zech sen. (1793 f) verblieb Archivar bis
zum J. 1779.
Hatte sich UnertFs Urtheil wenigstens in Bezug auf das dem
Archiv schuldig gebliebene Entgegenkommen schon bisher erfüllt,
' so wäre Zech gleichwohl in der Lage gewesen, seine Versäumnisse,
die verhängnissvoll werden sollten, durch eine andere Hand gut zu
machen.
Als nämlich der Minister und Akademiepräsident Graf v. Paum-
garten den Hofrath und früheren Staatsrechtslehrer zu Ingolstadt,
Lori, im J. 1768 in sein (seit 1766 ausgestaltetes) Departement für
auswärtige Angelegenheiten nahm, machte sich in Bälde eine geheime
Bewegung geltend. Diese zog immer weitere Kreise und bald, wie
sie schon lange sollte, auch die hier imd dort stille liegenden Ar-
chive in ihr Bereich. Jene Erbeinigungen, welche in Folge der
Kinderlosigkeit Max Josefs zwischen Bayern und Pfalz geschlossen
und vorbereitet wurden, vollzogen sich, weil man wusste, dass die
Augen Sachsens und Oesterreichs seit 1740 nicht aufgehört hatten,
über Bayern zu wachen, als die grössten Geheimnisse. Lori bear-
beitete das Historische dieser Fragen: er gipfelte sie in dem Haupt-
punkte, ob die beiden Fürsten die Hausurkunden und so das Haus-
recht gewissermassen in Händen hätten, um in ihre Länder, die
schliesslich doch einzeln vom Reiche rührten, ohne dessen neue
Genehmigung sich zu succediren. Es galt eine reichsrechtliche Inter-
pretation der bayerischen Hausurkunden seit 1310, 1329 etc. Lori
bediente sich hiebei auch einer zum Theil chiffrirten Privatkorrespon-
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 83
denz und zwar mit Georg v. Stengel, welcher der Kabinetssekretär,
Kanzler, Geh. Archivar und Akademiepräsident zu Mannheim war.
Diese beiden arrangirten auch die zu den Unterzeichnungen nöthigen
Zusammenkünfte der hohen Kontrahenten auf eine Weise, dass^sie
keinem Hofe auffallen sollten. Jetzt war es, dass Zech nach zwanzig
Jahren seiner Berufung, als Aettenkhover die Geschichte der bayer.
Herzoge aus älteren Kepertorien zusammengestellt, Oefele sein Werk
vollendet hatte, zu einer Bearbeitung des Geh. Archives schritt, indem
er — ohne Dekret — seinen Sohn, den Hofrath Joh. Nep. Felix,
in das Archiv nahm. Dieses war seit einem Dezennium in die
Kesidenz verlegt worden, und befand sich „seit seiner Absonderung
von dem äusseren Archiv" in den Gewölben unter dem Kaiser-
und Schimmel-Saal, am Vestibül links, auf welches die Kaisertreppe
mündet (1756 — 59). Zech der jüngere, nicht ohne Geschichtskenntnisse
und von einem redlichen Fleisse beseelt, brachte innerhalb zwölf Jahren
bei wechselnder anderweitiger Verwendung die 36 Tausend Ur-
kunden des Geh. Archivs sorgfältigst zur Verzeichnung. Seine zehn
Bände sind ein mühvoUes Werk, jedoch so kindisch angelegt, dass es
damit unmöglich Ernst sein konnte ; 36,343 Urkunden zählte er uns
auf in Regesten ohne vollständigen Betreff, ohne Schlag-
wort, ohne Alphabet, ohne Chronologie, ohne irgend
ein System. Diese Art der Verzeichnung war eine beabsichtigte;
später wagte man, sie für ein System auszugeben. Sämmtlichen
Urkunden benannter Zahl wurde die Nummer auf einem oblongen
Blättchen Papier mit Stecknadel aufgesteckt. Man kann sagen, dass
so vom alten Archiv nicht ein Blatt auf dem andern blieb; man
hatte nur mehr die Laden von 1 — 400 ff., deren letzte, wie nach-
lässig, jetzt mit Kreide ihre Nummer erhielten. Unter die Urkunden-
masse wurden nicht allein die alten Briefereien, sondern .auch neue
Aktenstücke, einzelne Generalien und Reskripte hinein verarbeitet,
sie erhielten alle die UrkundenzifFer. An dieser Stelle flechten wir
übrigens ein, dass das Geh. Archiv nicht allein eine bedeutende
Masse von Akten, und zwar von jenen, welche ebenso gut als
Staats- wie als Hausakten angesehen werden können, sondern auch
das Archiv der reinen Hausakten und Hauskorrespondenzen, von den
Urkunden getrennt, beherbergte. Wir haben in letzterem Falle an
die Akten-Nachlässe der Herzoge und der obersten Hausverwaltung
selbst zu denken im Gegensatze zu jenen der Geheimen Registratur,
welche hier in den sogenannten „Herzogskästen" dieselben Betreffe,
6*
84 Neud^ger :
aber aus der Geschäftsführung des Geheimen Eathes, verwahrte.
Das Geheime Archiv schloss zu allen Zeiten das Archiv der herzog-
lichen Familie und der Hausverwaltung in genere (des Oberst-
hofmeisteramts) in sich.
Die Erhebung des Urkunden-Archives zum ,^auptarchiv"
der vereinigten kurpfalz-bayerischen Lande im J. 1778 war eine
natürlich begründete Verordnung. Das Dekret vom 3. April d. J.
(No. 36313 des Zech'schen Katalogs) bestimmte zugleich, dass die
jetzt gemeinschaftlich gewordenen Haus- und Staats-Urkunden und
Akten der Kurpfalz aus dem Mannheimer Archiv nach München
einzusenden seien. Schon hiebei wurde die Fatalität augenscheinlich,
nicht, dass die bayer. Regierung zwei Archive, sondern dass sie in
denselben die gleichen Bestände nach Urkunden und Akten getrennt
besass. Das war in den kurpfalzischen Landen mit deren Archiven
zu Mannheim, Neuburg und Sulzbach nicht der Fall. Bezüglich
dieser sowie des äusseren Archives fand jedoch nachher in keiner
Weise eine Unterordnung oder ein Geschäftszug statt zum Haupt-
archive, das als Geheimes oder Inneres fortlebte. (Nicht zum Landes-
verbände gehörte das Herzogthum Zweybrücken mit seinem Archive,
was in Ansehung der heutigen pfälzischen bezüglichen Archiv-
bestände zu beachten ist, weil durch eine Kette von Verhältnissen
schon in der Pfalz vor 1799 und etwas später durch Unkundige
die ganze pfälzische Masse mehr oder weniger in Eins gerieth;
selbst das Kabinet unterschied um 1800 nicht mehr die einst mit-
gebrachten dort liegenden kurpfälzischen Akten Karl Theodor's von
den eigenen zweybrücken'schen Max Josefs IV, daher s. Z. die
Kabinetsmasse der beiden Regenten ein Aggregat aus den Kanzleien
zu Neuburg, Strassburg, Mannheim und München darstellte.)
Als nun in demselben Jahre 1778, zum dritten und nicht
letzten Male im vorigen Jahrhunderte, Oesterreich das undeutsche
Princip seines Verfahrens gegen das Mutterland mit dem bekannten
Versuche bethätigte, auf Grund einer Urkunde vom J. 1426 den
besseren Theil Bayerns einzuziehen, nachdem doch darauf durch eine
Gegenurkunde vom J. 1429, die im selben Jahre Gegenstand der
bayer. Ständeverhandlungen gewesen, verzichtet war und aus ihr und
letzteren der Verzicht nachgewiesen werden konnte, da sollte es
wieder Bayern sein, das es ermangeln Hess. Während nämlich
im Jahre 1740 die entscheidende Urkunde Bayerns an falschem,
wenngleich reiohsrechtlich allein gerechtfertigtem Texte litt, fehlte
Zur GeHc'hiehte der bayerischen Archive. 85
dieses Mal die ganze Urkunde. Würdigt man die üeberraschung,
welche im J. 1740 durch das Geheime Archiv Wiens (vgl. Heigels
bezügliche Abhandlung a. a. 0.) der politischen Welt Europa's zu
Theil wurde, so mag man die Bewegimg ermessen, welche ein
Mangel im Archiv im Wiederholungsfalle, und zwar wiederholt zu
Ungunsten Bayerns hervorrief, diess jetzt, da dieses Land durch die
oben geschilderte vaterländisch - historische Aufklärung anfing, an
eine berechtigte und deutsche Existenz Glauben zu gewinnen.
Die österreichische Forderung war so allgemein vorhergesehen
und erwogen, dass man nicht die Fertigkeit der Streit-Schriftsteller,
sondern der Presse anstaunen muss. Es sind ja Bände geschrieben
und zusammengestellt worden. Bayern fühlte sich über den Abgang
der fraglichen Kenuntiationsurkunde so sehr ausser Schuld, dass die
muthmasslich in Mün(*hen geschriebene „Preussische Abfertigung''
Ocsterreichs (B. bav. 2221. II) auf S. 7— -14 das seinerzeitige Vor-
handensein gesuchter Urkunde im Geh. Archive zum Gegenstande
eines Beweises machte, von der dermaligen Unmöglichkeit
der Auffindung von Urkunden im bay er. Archive sprach,
und sodann auf Grund einer mehrmaligen Kopie weiter deduzirte.
(Die Masse der erschienenen Staats- und Privatschriften wurde von
der k. b. Staatsbibliothek unter einem besonderen Titel vereinigt;
Buchner IX behandelt die Sache ausführlich).
Hiezu liegt das Original - Konzept von Zech's Bericht vor
über das erfolglose Ergebniss seiner Recherche nach der von aller
Welt gesuchten Urkunde. Als handle es sich um ein Nichts, zieht
seine Feder wie immer — von einer erstaunlich verworrenen Hand
geführt — von Wort zu Wort und überrascht, enttäuscht durch einen
Gleichmuth, welcher beispielsweise auch nicht das Geringste von jener
dienstlichen Präzision zeigt, mit welcher sich im J. 1874 ein Mün-
chener Archiv über den Verbleib eines total leeren, aber ordnungs-
gemäss mitgezählten Papierblattes selbst meldete und verantwortete.
Unter ganz gelassen erhobenen persönlichen Beschuldigungen der
später aus dem Lande weggeschickten Lori und Obermayer verwies
Zech auf die Herzogskästen in der Geh. Registratur, welche auf
Urkunden anzufordern seither und gerade ihm von Amtswegen zu-
gestanden wäre, und auf die alten Herzogsarchive von Neuburg
und Ingolstadt. -Die Beschuldigten, Lori, welcher die 36 Tausend
Urkunden in den 10 Bänden von Zech's Sohne (soweit sie vollendet
waren) vergeblich durchlaufen hatte, Obermayer und der von Neu-
86 Neudegger:
bürg herbeigeeilte Regierungsrath und Archivar vonHabenschaden
begaben sich jetzt als Kommission nach dem Geh. Archiv, jedoch ohne
Resultat; hingegen orientirto sich Zech durch ein Privat seh reiben
höchsten Ortes über den Sinn dieser Kommission, worauf er,
24. August 1778, in derselben Form des hohen unveränderten Ver-
trauens versichert wurde. Zu gleicher Zeit waren die beiden Erst-
genannten als Verlassenschaftskomraissäre thätig, zu welchen sich
„ratione separationis allodii" der sächsische Tjegationsrath Gottlieb von
Unger gesellte. Seine Forderungen müssen sehr überrascht haben,
da desshalb umfassende Recherchen an alle Archive ergingen, die
Originalrepertorien eingefordert wurden, und wieder nach Herzog
Georg's von Landshut Archive allgemeine Suche war. Als ünger
auch auf „Oeffnung des Geheimen Archivs und Bekannt-
gabe seines vollständigen Inventars'' drang, erging zwar
an Zech die Weisung zur Vorlage des einschlägigen „gemein-
schaftlichen Materiales", und zwar umsomehr, als ohnediess
dem Gesandten die Erbverträge von 1766 und 1771 „seinerzeit
bekannt gemacht und aus,gehändigt worden" seien; an
Unger aber schrieb Lori (vidit Kreittmayer), dass „das Geheime
Archiv zum Landt gehörig und in dergleichen Fällen
unter fürstlichen Hä-usern eines (Archiv) sowenig als das
andere gemeinschaftlich gemacht'' zu werden pflege. Man kann
schon aus dem Tone ihrer Verfügungen sehen, dass die Männer,
welche eben noch die bayerische Regierung im reinen Interesse des
Landes vertraten, und welche unter dem edlen Kurfürsten Max
Joseph III. es so gewohnt waren, sich jetzt ohne Stütze; ohne
Befugniss, wie verrathen fanden.
Zech der Jüngere vollendete in diesem Jahre seinen an sich
unbrauchbaren Katalog, während von ihm nach eigener Inskription
erst aus dem J. 1780 zwei Bände vorliegen, welche, wenn vollständig,
den Katalog von 10 Bänden durch Brauchbares ersetzt hätten, ein
Index chronologicus und Ind. locorum ac rerum. Sie ver-
wahrt die k. Hof- und Staatsbibliothek als Cod. germ. 2130. 2131.
Der chronologische Index ist jedoch, soweit er hier vorliegt, nicht
über das Jahr 1400 hinausgediehen, auch das Orts- und Personen-
register kann unmöglich die 10 Bände begreifen. Das erste und
älteste Regest lautet:
827/14 kal. maji. 397. Lade. No. 34,673 — Donatio Ludovici
Bojoriun regis erga eccles. Pataviensem.
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 87
Immerhin ist der Werth der Zech 'sehen 12 Bände als des,
wie es scheint, einzigen zwischen 1600 und 1800 hergestellten In-
ventars, dem im XVI. Jhdt. wahre Musterwerke vorhergegangen
waren, für einzelne archivalische und historische Bedürfnisse nicht
ausser Augen zu lassen. Was aber hätte in den letzten 30 Priedens-
jahren geschehen können, wäre ein nach dem Rathe ünertls geeigneter
Beamte dahin gesetzt worden, wo es ein politisches und wissen-
schaftliches Vorarbeiten und mit ehernem Fleiss und staatshistori-
scher Kenntniss für das Land ein Meer auszuschöpfen galt! Der
jüngere Zech war ausserdem keineswegs von überlegenem Geiste,
nicht von vorschauendem Blick, sondern ein Sammler von Inschriften
und Wappen, die er an entlegenen Orten, vereinsamt, aufsuchte;
als solcher hat er sich allerdings Verdienste für die lokale Geschichte
erworben, und es berührt wohlthuend, dass wenigstens die Bavaria
subterranea und topographica sein aufrichtiges Wollen bezeugt Erst
das Jahr 1779 machte ihn dekretmässig zum Geh. Archivar und
Nachfolger seines Vaters, mit ihm aber auch zugleich jenen Lippert,
eine der späteren Geissein des Landes, den Westenrieder in
seinem Tagebuche (so eben von der k. Akademie, Abh. d. HI. Gl.
XVI. II durch Kluckhohn veröffentlicht) als den „bayerischen
Robespierre" aus unmittelbarer Nähe kennzeichnet. Neu ist, dass
Lippert, dessen Amtsführungen nicht alle bekannt sind, amtlich durch
einen vorliegenden Eechnungs-Revisionsbericht d^r Hofkammer als
anrüchig angemeldet war. In der That brach jetzt in allen Landen
eine Zeit herein, welche in jedem Redlichen den Wunsch nach
Erlösung erzeugte. Der Kurfürst selbst wurde der Leidenden einer,
und er trug, was damals Edlere tragen mussten. Er half der Furcht
seines wahren wie seines formellen Gewissens dadurch, dass er
in einem masslos ausgearteten Audienzwesen Allen Alles gewährte,
am meisten und öftesten daher denen, welche es wagten, drohend
und warnend vor ihm zu erscheinen; auch unter diesen vermochte
er die wahren und falschen Diener nicht zu unterscheiden; er über-
Uess das Weitere ihrem eigenen Existenzkampfe, ohne zu bedenken,
dass bei errungenem Uebergewichte der Intriguirenden, namentlich
im Stellenwesen, damit auch seine eigenen Bedürfnisse, ja seine
Regierungshandlungen zu blossen Wünschen gemacht und seine
Person und Sicherheit in spekulirende Hände gegeben wurden.
Wo waren damals alle jene bekannten Männer, welche im J. 1799
mit einem Schlage und wie die Pilze zahlreich aus dem Boden
88 Neudegger:
wuchsen? Gänzliche Systemlosigkeit, grösste Unkenntniss von Re-
feraten und Referenten kennzeichnet die Regierung Karl Theodors.
Wir finden daher in Folge des Stellenkampfes die nach Interessen
und Befähigung sich so widerstreitenden Naturen der Archivare
Zech und Lippert nicht allein in einem Vertrauensamte, sondern,
trotz der schreienden Erfordernisse des letzteren, angestellt auch
als frequentirende Räthe bei der eben errichteten 0. L. Regierung.
So war auch dieser bei ihrer Organisation (durch den pfalzischen
Regier ungsrath Kunzmann) das Geh. Archiv unterstellt worden.
Die 0. L. Regierung kämpfte aber später vergeblich dafür, das
äussere Archiv in ihre Kompetenz zu erhalten; das Urkunden-
archiv gab sie im Gegentheile ohne Berichterstattung bald wieder
zurück. Für dieses waren die Jahre 1779 — 84 ganz verloren.
Beide Archivare wurden 1784 vom Archive weggenommen und zur
Ober - Landesregierung gezogen. Als im J. 1793 Graf Albrecht
Zech auf seinem Gute zu Neuhofen starb, wurde Johann Felix als
Vicedom der Regierung nach Straubing versetzt. Schon früher hatte
er sich bezüglich der Anlage seines Repertoriums, dessen Nicht-
verwendbarkeit er eingesehen, gerechtfertigt; endlich (1807) glaubte
er jene Enthüllungen machen zu sollen, welche in seinen „Archi-
valischen Epochen" (R.A — A5.) niedergelegt sind, und worin die
seinem Vater zur Last gelegten Mittheilungen von Urkimden an
Sachsen (im J. 1773) auf Max Joseph HL, der von seinem Volke
den Beinamen des Guten hat, abgewälzt werden. In Beziehung
hierauf sind verschiedene bayerische und sächsische Atteste (alle
erst nach 1778 über Nebenumstände) vorhanden, welche jedoch
gegenüber den gegnerischen Aktenstücken und der Unmöglichkeit
einer Zeugschaft des todten Max Joseph niemals Werth haben
konnten. Zech erzählt und wesshalb : dass die erbende, Kurfürstin
von Sachsen 1773 in München gewesen, und dass er bei ihr den
Kammerdienst zu verrichten hatte. Es liegt nahe, dass er, wie bei
der Anlage seines Repertoriums, so auch bei dieser Gelegenheit
seinem Vater als dritte Person gedient hat. Es sind vier Arten
von Urkunden, durch deren Zurückhaltung, Mittheilung oder Fälsch-
ung von den Zeitgenossen verschiedene Umstände erklärt worden
sind. Zu den letzteren Ueberraschungen gehörte eben die sächsische,
zu Teschen um das Achtfache geniedrigte AUodialforderung in einer
Höhe von 47 Millionen, welche sogar die österreichischen Territorial-
ansprüche fast um das Doppelte des Werthes überstieg. Felix Zech
Zur Gewhichte der bayerischen Archive. 89
hat dem Archivariate, das diesen Namen trägt, mit folgendem merk-
würdigen Epigramm selbst das Unklare, dessen theilweise Aufhellung
der Zusammenhang erforderte, ohne Noth aufgeschrieben; an der
Stelle von 3 Regesten, unter den Nummern 7395 — 97 seines Kata-
loges, ist zu lesen:
Hie situata manent mihi cognita: quaerere cessa!
Nil prodest, nee ego quid tegat arca loquar.
Tres sunt personae quae istic abscondita noscunt:
Elector solus, Filius atque Pater.
Noscere si curas, tunc archivarius esse
Deberes: secus est cura, laborque nihil.
(H. A. — Manualien 1769 ff. — K. A. — A. 31. 36. 39. Rep. 56. 1.
16/29. 31. geh. Rth. 389. 580. 608. 609. — R. A. — A. II. u. 5. — S. A.
— 517/97.)
15. Hofrath v. Eckartohausen 1784—1803.
„Zu vollständiger Erreichung der Einrichtung des Geheimen
Archivs", namentlich in Rücksicht „prompter Benützung der Ur-
kunden", wurde Karl v. Eckartshausen, seit acht Jahren am Hof-
rath im Kriminalsenate thätig, jetzt ein Mann von 32 Jahren, als
„beständig arbeitender Geheimer Archivar" bestellt. Sein Dekret
vom 3. Februar 1784 enthielt zugleich die Bestimmung, „dass das
kfstl. Geh. Archiv (wieder) unmittelbar unter höchster Stelle stehe
und von höchster Person selbst . . . Weisung zu erholen habe."
Diese Zurückversetzung des Geh. Archivs in seine alte, jetzt sogar,
wenn man davon Gebrauch machen wollte, unmittelbare Zuständig-
keit zur höchsten Person, war Eckartshausens Eintrittsbedingung und
ist — von ihm nach der Erfahrung des J. 1778 im Zusammenhalte
mit der laufenden „Mannheimer Regierung" urgirt und durchgesetzt —
von innerer grosser Bedeutung geworden. Eckartshausen war ein
Dom und Hemmschuh, an dem der Wagen der Frank, Lippert und
Schneider ächzte und nicht zu vollem Laufe kam, der dem edlen
Gespann der Krenner, Westenrieder, Baader und Utzschneider
angehörte, bis sein früherer Kollege im Hofrath und Büchercensur-
KoUegium, Montgelas, vor Max Josef IV., dem „ersehnten
Fürsten", sich in den goldenen Sattel des neuen Jahrhunderts schwang.
Eckartshausen war nicht allein von universaler Anlage, sondern er
hatte sich im Besonderen, aus Neigung, das geschichtliche Wissen
angeeignet. Seinem Humanitätsgefühle gab er dadurch unbewusst
90 Neud^ger:
ein Zeugniss, dass er behauptete, ,,das beständige nutzlose Ver-
urtheilen zu Grausamkeiten und Martern" habe in ihm eine hypo-
chondrische Anlage erweckt. Er war einer der kühnen, aber wahren
vaterländischen Warner Karl Theodor's, ein einzelner und desshalb
von nicht sichtlichem Einflüsse, in Folge seines Richterscharfsinnes
und erworbenen Unerschrockenheit, seiner stets protokollirenden
Feder den bayerischen und pfälzischen „Mannheimern" weit über-
legen und desshalb an seiner Stelle, die ihm ein Schild war, ein
Schützer vieler, den Tag erwartender Existenzen.
Obwohl der Kanzler selbst den Archivar in das Amt eingeführt
hatte und der eigenhändigen kurfürstlichen Ernennung eine para-
graphirte Instruktion gefolgt war, hielten Lippert und Zech doch fast
ein volles Jahr das Archiv verschlossen und die Schlüssel zurück.
Mehreremal wurde Eckartshausen, der eigens von der Sitzung imHof-
rathe befreit war und vergeblich berichtete und seiner Bestimmung
harrte, vom altern Grafen Albert Zech, der wie ein böser Traum
bis hieher reicht, beschieden und von demselben ihm , jegliche
andere" Laufbahn angeboten. Welche Perspektive in solche Zustände !
„Nach mehr denn 20 gehabten Audienzen", zu denen Eckartshausen
im Miethwagen nach Nymphenburg fuhr, um mit den Beweisen
in der Hand dem Kurfürsten die Augen zu öffnen, besiegte er
endlich soweit den Widerstand, dass den beiden Archivaren „die
gänzliche Dispensirung vom Archive" neuerdings durch Dekret vor
Augen gehalten und ihnen die Frequentirung der 0. L. Regierung
zur Pflicht gemacht wurde. Erst nach weiteren vier Wochen über-
gaben sie die Schlüssel. Nach den Katalogen des abgehenden Zech
hätte sich eine Extradition wenigstens durch Abzahlung bewerk-
stelligen lassen müssen, ein seltener Fall bei einem grösseren Archive,
aber Eckartshausen weigerte sich dessen, da er ein von seinen Tor-
gängern hiedurch erzieltes volles Absolutorium nicht übernehmen
könne. Lippert vermochte solches, das er unter allen Umständen zu
erhalten wünschte, wiederholt nicht zu erreichen. Die Uebergabe,
mit welcher hier ein wechselvolles Jahrhundert, eine alte lehrreiche
Zeit für immer Abschied nahm, erfolgte „in folle — loco absolutorii."
Jetzt liess Eckartshausen den kaiserl. Notar und (letzten) bayer. Comes
palatinus, den bekannten Einzingerv. Einzing, mit zwei Zeugen
kommen und das Archiv inventarisiren. Dem beglaubigten libell
ist zu entnehmen, dass jeweilig benützte Urkunden, z. B. die oben-
genannten Testamente von 1565 ff. in Masse nicht wieder eingelegt,
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 91
die Bestände in den Zech'sehen Katalogen nicht evident erhalten,
die Verleihungen nur auf zerstreuten Blättern, nur durch Auf-
schreibung der Nummern angedeutet waren. Vorhandene ältere
Kataloge wurden bei der Extradition nicht übergeben, zu jenen
Bänden Zech's von I — X fehlte der chronologische und der alpha-
betische, die seitdem vom Werke (H. A.) abgekommen zu sein scheinen.
Hierauf entwarf Eckartshausen eine Archivordnung (Haus-
Instruktion), deren Vollkommenheit bei ihrer anscheinenden Ur-
sprünglichkeit überrascht Die Wiedergabe des jetzt 100 jährigen
Originals wäre hier nicht ohne Interesse, desshalb, weil sie für die
Archive kulturgeschichtlich ist und weil sie die Vorzüglichkeit unseres
Archivars deutlich zeigt. Sie zählt nur 36 Paragraphen und ent-
hält bereits Alles, was unsere allmälig ausgebildeten Generalien
in vielen BetreflTen einzeln behandeln. Der Archivar liess sich
dieselbe durch Karl Theodor's Unterzeichnung und das grosse
Kabinetssiegel fertigen (1784/23/XII). Er rügt darin beispielsweise
das in den zu grossen Laden zu hermetisch ui\d zu zahlreich auf
einander . gepackt Liegen der Urkunden , ordnet eine selbstthätige
Ventilation der Gewölbe an zur Ausgleichung ihrer Luft mit der
äusseren in Bezug auf Wärme- und Feuchtigkeitsgrad, räth gegen
Insekten eine periodische Ausschwefelung der Bäume bei geöffneten
Laden und Imprägnirung allen Holzes mit Wermuth, empfiehlt die
Anwendung leinener Bänder statt Faden. Sodann aber seien über
die Benützungen erläuternde Aktenstücke (Manualien) zu hinter-
legen, die Departements und Stellen sollten nicht einfach requiriren
[wollen wir immer die Erfahrungen des J. 1778 als Motive im
Auge behalten], sondern die Quaestio ordentlich aufwerfen und das
Archivs- Gutachten gewärtigen. Nach ergangener kfstl. Erlaubniss
sei den Referenten eine Benützung in loco archivi behufs Verein-
fachung der Geschäfte [nicht allein zur Schonung, sondern auch zur
kürzeren Interpretation des Materials] freizustellen. Selbst bei Im-
mediat- Befehl soll es dem Archivar unbenommen sein, durch Zu-
tritt zur höchsten Person pflichtmässige Gegenvorstellung zu er-
heben. Zu endlicher Feststellung des Inhalts des Archives, um darin
zu einem Systeme zu gelangen, seien die Materien zu bestimmen
und desshalb die Einrichtung der Staatsregistratur weiter zu betreiben.
— Eine Ergänzung der Hausordnung, unterm 17. November 1787
genehmigt, bestimmte weiter, dass der Geh. Archivar seine Bedenken
vorzutragen habe, wenn nur Neugierde Einzelner vorzuliegen oder
92 Neudegger:
die „feine Politik Auswärtiger" unter Vorwänden Kenntniss von
der Stärke oder Schwäche des Archivs sich verschaffen zu wollen
scheine; es seien desshalb die Gesuche und Akten dem Archivar
zuzuschliessen und sein Gutachten zu gewärtigen. Auch bei der
Benützung für wissenschaftliche Zwecke sei in jener Beziehung zu
achten, und so nothwendig die Kodifikation des bayer. Staats-
rechtes sei, so solle doch auch zu solchen Arbeiten dem Archivar
eine Erinnerung gestattet sein. Das Dienstpersonal anlangend, solle
dem Geh. AiThivar ohne sein Gutachten kein Offiziant aufgedrungen
werden, dessen erforderliche Fachkenntnisse (welche Eckartshausen
ganz im allerneuesten Sinne verlangte, eine allein juridische Aus-
bildung durchaus nicht befürwortend) vielmehr der Archivar zu
prüfen, hierüber einzuberichten, zugleich aber dem Geprüften das
Resultat im Attest zuzustellen habe. Den Schluss dieser Erfahrungs-
sätze Eckartshausens bildeten sieben Regeln, das Archiv in seiner Lager-
Ordnung auf die rascheste und erhaltendste Weise zu mobilisiren;
nach ihnen wurde später drei Mal mit bestem Erfolge das Archiv
zur Flüchtung bereit gestellt.
In Kaufmann hatte Eckartshausen noch 1784 einen Ofßzianten
mit den gewünschten Vorbedingungen, den noch in diesem Jahr-
hundert thätigen, verdienstvollen Sekretär erhalten. Mit ihm begann
er sofort die nach seinem Plane genehmigte, als Anstellungsbedingung
auferlegte Systematisirung der Bestände, theils nach den natürlichen,
historischen älteren Titeln . der Verfassung und Verwaltung, theils
nach den bestehenden, theils nach der territorialen einstigen und
jetzigen I^ndes-Organisation. Nebenher liefen seine General-Recher-
chen behufs Vervollständigung der Urkunden an alle bestehenden
Archive und Registraturen, auch nach den alten Residenzen zu
I^andshut, Straubing und Ingolstadt (1784—86).
Eine kurze Störung erlitt die Arbeit dadurch, dass Schneider
V. Negelsfürst, welcher sich schon zuvor gerühmt hatte, es werde
ihm die von Eckartshausen nicht begutachtete Ernennung zum
zweiten Geh. Archivare dennoch gelingen, allerdings eines Tages
mit seinem Dekrete im Archive erschien (1786/14/X). Dieser war
Archivar zu Neuburg gewesen und als solcher mit demlnspektorate
in absentia als 0,-L.-Regierungsrath zu München angestellt worden.
Nicht allein die Räthe zu Neuburg, sondern auch die zu München
verwahrten sich vor ihm ; er war auch im Archive nur vier Monate,
nachdem er durch einen greifbar unwahren Bericht über den Ar-
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 93
chivar Eckartshausen seine Absichten gekennzeichnet, eine auffallende
Neigung zu den verschlossen deponirten lUuminatenpapieren und
eine zur Schau getragene Unthäligkeit erwiesen hatte. Wir schulden
diese Mittheilungen aus Original und Protokoll allen Jenen, welche
nach der öffentlichen Ueberlieferung der bayerischen Geschichte,
— den stets für sein Leben fürchtenden Kurfürsten nicht aus-
genommen — unter diesen und anderen Geissein gelitten haben.
Es ist derselbe Schneider, den Westenrieder in seinem Tage-
buch (a. a. 0. S. 49 — 64) so milde als „Fabelhansen" bezeichnete,
derselbe, welcher sich zum Direktor einer öffentlichen Sittenzensur-
SteUe emporschwingen wollte, der Diener Lippert's.
Im Terlaufe seiner Einrichtungsarbeiten und seiner Einforder-
ungen von Urkunden war es, dass Eckartshausen sich überzeugte,
es lasse sich die Scheidung der Archive in Urkunden- und Akten-
Archiv, die TervoUständigung und Bearbeitung beider für die Zu-
kunft getrennt, nicht mehr durchführen. Formelle und materielle
Gründe konnte er hiefür schon aus den Antworten auf seine Ein-
forderungen schöpfen, z. B. des Staatsarchivs — w^e er dieses
selbst so richtig zu bezeichnen anfing. Nicht allein die moderne
Diplomatie, schon die des XVII. Jahrhunderts hatte die mittel-
alterlichen Kanzleiformen ganz verlassen. Die Schlussurkunde
verlor mit dem Werthe die Form; das Konzept des Referenten, die
Handschrift des Korrespondenten, die Proposition und der Präliminar-
Vertrag überwog das endliche Schriftstück, das durch den offiziellen
Druck vervielfältigt wurde, so dass in Bezug auf Konservirung
schliesslich selbst die Ratifikation wichtiger wurde, als das Haupt-
stück. Wollte man noch ferner die meist einer Auslegung fähigen
oder wenigstens unterziehbaren Hauptverträge in einem anderen
Hause verwahren, als die aufklärenden Verhandlungen ? Andererseits
hatte die veränderte Form der Urkunden dazu geführt, sie
den Akten beizulegen und beizubinden. Das zeigte sich bei dem
Extraditionsgeschäft, namentlich in Rücksicht des letzteren Umstandes,
mit der Staats-Registratur, und Eckartshausen bekundete, dass er die
ünhaltbarkeit des dermaligen Archivwesens vollständig einsah, dessen
ganzer Umgestaltung er durch sein System, jetzt schon und ohne
es zu wissen, in die Hände arbeitete, damit, dass er eine Vereinigung
des Hauptarchivs mit der Staatsregistratur beantragte; hiefür hatte
er auch die 0. L. Regierung gewonnen, welche damit umsomehr
mit dem äusseren Archive zu ihrem Ziele zu kommen glaubte. Der
94 Neudegger:
hierauf von Kreittmayr (concepit) ertheilte aufschiebende Bescheid
lautete jedoch, dass ihm die vollständig durchzuführende Material-
ordnung vorläufig seines eigenen Archives Zeit seines Lebens hin-
länglich zu thun geben werde (1786). In der That, welche Ver-
wirrung und welcher Verlust konnte entstehen, zwei noch in der
Gährung begriffene Archive, wobei man über die Staatsregistratur
qualitativ und quantitativ sich einer ganz gewaltigen Täuschung
hingab, bei nur drei Arbeitskräften zusammenfliessen zu lassen.
Und was wäre bezweckt gewesen ohne Hereinziehung des äusseren
Archives? Desshalb sagten wir früher, dass beim ersten Anstosse
im J. 1773, als der alte erfahrne Aettenkhover wenigstens noch hätte
über die Gtesammt- Massen aufklärend disponiren können, ihre all-
mälige Umsetzung am besten begonnen hätte. Dann hätten wir
bei der Vereinigung erst der Kur-Pfalz, dann Zweibrückens, dann
Frankens etc. mit Bayern die Archive immer in vorbereiteter, mit
den Ereignissen und den Keferaten natürlich und in Zeit -Pausen
fortgeschrittener Lage getroffen. — Die bayer. Eegierung verdient zu
allen Zeiten den Euf der Milde und des möglichsten Erhaltens,
nie des Arbeitens in vorzeitigen oder unbegründeten Sprüngen.
So war, wie in Bezug eben auch auf die nachfolgende Archivs-
organisation, Montgelas zwar ein umwälzender, aber durchaus
kein sog. fortschrittlicher, Theorien folgender Minister, sondern
man war so obsolet geworden, dass man das, was er als Quellen-
arbeiter aus der Geschichte des schon Dagewesenen als unabweis-
bares Bedürfniss zog, für neue divinatorische Konstruktionen hielt
Divus bleibt Montgelas, weil er alle Zweige der Staatsverwaltung
mit übermenschlicher Anstrengung sich zu eigen machte und so
als wahrhaft staatsmännische Einheit dem Lande, d. i. Fürst und
Volk und zwar nach den Eesultaten ihrer Geschichte, die er aus
eigenen Essay 's gar wohl kannte, zu dienen wagte und verstand.
Es ist hiezu zu bemerken, dass sowohl Bu ebner als G. Frhr.
V. Lerchenfeld mit Vorbehalt zur Geschichte des Königs Max L
und der bayer. Verfassung ausdrücklich und wiederholt erklären,
dass ihnen über den Zeitraum Montgelas' keine Akten vorgelegen
sind, und weil gleichwohl jedem bayer. Politiker und Staatsmanne
die Bedeutung der quellenmässigen, für Bayern so belangreichen
Geschichte des „Ministeriums Montgelas", selbst noch für den Zeit-,
räum nach dem deutschen Bunde klar ist. Vgl. Note S. 69 u. 75.
Es überrascht, dass Eckartshausen schon im J. 1787 die ge-
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 95
schehene Systematisirung der Urkunden (in einstweilen manueller
Durchführung) berichten konnte. Der Kurfürst selbst mit Kreitt-
majrr, Tieregg und Fugger nahm das Archiv in längeren Augenschein.
Aber, wie der Archivar als Motiv in das Protokoll aufnehmen liess,
„wegen der Angriffe, welche (ihm) bei der in Bayern allgemein herr-
schenden Unordnung widerfahren", liess er wieder durch Einzinger
unter Assistenz zweier Revisionsräthe als Zeugen Inventar und Be-
fund der neuMi Ordnung notariell herstellen. Dem beglaubigten Pro-
tokoll ist zu entnehmen, dass das Archiv jetzt unter systematischen
Rubriken in VI Haupt- Abtheilungen lagerte, so, dass in jeder Lade
die Urkunden gleichen Betreffes chronologisch in überschriebenen
Faszikeln sich befanden, und hiebei auch das Verzeichniss der Ur-
kunden, sowie ein „historischer Extrakt" derselben lag mit der An-
gabe der hiezu schon vorhandenen Literatur. Die Inventarisirung
nahm 10 '^age, 8.— 17. Nov. 1787, in Anspruch.
Das ganze System wurde später auf einer Tabelle übersichtlich
hergestellt und eine solche gleichfalls beglaubigt. Die weiteren De-
taillirungsarbeiten, wozu auch eine Sortirung der vorhandenen Akten
gehörte, besorgte Kaufmann, welcher sich hiebei nach dem Zeugnisse
seiner ordnenden Feder nicht geringe Verdienste für die kommende
Haupt- und Neuordnung der Archive (systematische Scheidung vom
J. 1799) erworben. Es verdient kurz der Erwähnung, dass er
es war, welcher die Anordnung des im J. 1799 ausgeschiedenen
Hausarchives durchführte und zwar entsprechend der Wittelsbach'-
schen Genealogie. Während Kaufmann in der Einzel- Verzeichnung
weiterschritt, sammelte und ordnete Eckartshausen nicht allein seine,
sondern auch ältere, später wieder in Zerstreuung gekommene Ma-
nualien, Verzeichnungen und Manuskripte, bearbeitete ein noch
heute sehr erwünschtes Werk, einen „Ländertheilungs-Folianten mit
dazu gehörigen Karten", ein chronologisches Verzeichniss der „Frie-
densschlüsse zwischen 1183 und 1779", und entwarf ausser seinen
Berichten eine grosse Zahl von Gutachten und Arbeiten, deren
einige Erwähnung verdienen. So war ohne Zweifel das Haupt-
und Urkundenarchiv in guten Händen, und liegt bei diesem Ge-
danken der an das Schwesterarchiv, das äussere, nahe. Dieses litt
eben jetzt unter jenem Indifferentismus, den der Hofkanzler in Folge
der nun untergeordneteren Stellung des Hofrathes nicht zu heben
vermochte. Als wir unlängst von Westenrieder (Tagebuch 1793)
lasen, dass er nach dem Ableben Sedlmayers (1792) sich um
96 Neudegger:
den Wirkungskreis des äussern Archivars vergeblich bewarb, fiel es
uns bei, wie er vermöge seiner Kenntnisse des älteren bayer. Staats-
wesens im Einvernehmen mit Eckartshausen die Natur des äusseren
Archivs bestimmen , auf die schon in Aussicht stehende Organisation
vorbereiten, sodann i. J. 1812 als erfahrener Fachmann die Schluss-
organisation, die in der Natur der Dinge gelegen war, vollständiger
als Lang, der in der historischen Verwaltung und Politik Bayerns
fremd und überhaupt kein wahrer Freund der Geschichte, ein politi-
scher Flüchtling war, hätte vollziehen können, i)
In der Zeit der „Invasion der Neufranken" war es in Bayern
zum ersten Male im J. 1796, dass die Archive flüchten mussten.
Am 16. August gingen das Geheime, das äussere und das Staats-
archiv unter der Leitung des Staatsarchivars v. Pallhausen ab und.
mit ihnen das Heidelberg -Mannheimer Urkunden- Archiv, das eben
in München eingetroffen war, nachdem es seit 1792 bereits zu Ingol-
stadt gestanden. (Zur gleichen Zeit weilte das seit 1793 flüchtende
Zweybrücker Urkundenarchiv unter Führung seines Archivars Bach-
mann auf Schloss Krailsheim.) Die Flüchtung ging „über Würzburg"
nach Lockwitz in Sachsen, wo sich Karl Theodor gleichzeitig befand,
war jedoch bald beendet, denn die Archive waren am 15. Jänner
folgenden Jahres wieder an Ort und Stelle. Das pfälzische Kur-
Archiv verblieb in München und gelangte als Ganzes nicht mehr
in seine Heimath. In der Folge fanden noch einige Bereitstellungen,
jedoch keine Versendung mehr statt.
Nachdem Eckartshausen's System der Aufstellung seiner Ar-
chivalien allerdings darüber aufklärt, wie die Urkundenmasse vor
ihrer grossen Scheidung im J. 1799 sich zu vergegenwärtigen ist, und
wie die bezeichnete Auseinandertheilung vor sich gegangen sein mag,
so bietet doch überraschender Weise das Protokoll der bezeichneten
Flüchtung, die so veranstaltet wurde, wie es die sieben Regeln
des Archivars vorschrieben, neue Anhaltspunkte. Bei Kasten 112
heisst es im Verpackungsprotokoll: „Hier endet sich . . . das
systematisch eingerichtete geheime Briefgewölbe". Also besass
das Hauptarchiv Eckartshausen's etwa auch eine nicht unmittelbar
1) Vergl. Heigel „Aus drei Jahrhunderten" (Wien 1881): „Die Me
moiren des Ritter von Lang" S. 214 ff., wozu wir nach unserer Kenntniss
des Nachlasses Max I. und Montgelas' vollsten Beifall KoUen. Man erzählt sich
von Lang, dass er m München nur eine Hotel -Wohnung unterhielt, in welcher
seme Koffer stets gepackt standen.
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 97
die Haus- und Staatsrechte berührende Urkundenmasse von ent-
fernterer Bedeutung, welche dem Systeme in ungetheilten Körpern
anhing? Allerdings. Das 11. und III. Gewölbe war damit, sodann
mit Akten und Handschriften, wovon gelegentlich die Hede war,
angefüllt. Da waren die Urkunden der Rentämter München, Strau-
bing, Landshut und Burghausen nach Gerichten geordnet; einzelne
Zugänge, der Eintheilung harrend, wie die Sendung aus Mannheim
1778; Urkunden, welche bei der Wegsendung Lori's und Obermayer's
1778 bei deren Arbeiten gefunden wurden; die Abschriften der 1779
an Oesterreich extradirten Gerichtsurkunden; die Archive der im
Laufe des Jahrhunderts erworbenen oder heimgefallenen Territorien :
Degenberg, Haag, Wolfstein etc.; Urkunden verschiedener Klöster;
eine grosse Masse von Sal- und Kopialbüchern ; Manuskripte und
ältere Archival-Arbeiten.
Zu den letzten Erlebnissen des Geheimen Archives vor Um-
gestaltung der alten Ordnung gehört die vorübergehende Ernennung
des Ob. L. Regierungsrathes v. Thoma (1797/98) zum 2. Archivar.
Diese geschah jedoch nur zu Zwecken seines Referates über die
österreichischen Prätensionen in der Oberpfiilz, wozu er sehr schöne
zusammenhängende historische Arbeiten (wS. A. 318/8. 623/51) ge-
liefert hat
War dieses der Kreis und waren dicss die Bedingungen, unter
welchen das Geheime Archiv unter Karl Theodor gestanden, unter
denen der Archivar gearbeitet hat, so war damit des rechten Mannes
innere Pflicht noch nicht erfüllt. Jeder, der in seinem Amte den
ethischen Werth erkennt, hat ja darin auch ein Stück Kultur zu
erfüllen; und soferne sein Werk diess nicht gestattet, hat er dem
Nothwendigen das menschlich Gute ausser demselben beizufügen,
wenn er 'eben einen humanen Beruf erfüllen will; kann er auch
dieses nicht, so pflegt er, der unbewusst Ziellose, zu sagen, dass sein
Amt, sein Leben ihn nicht befriedige. Schon Der lebt einer idealen
Auffassung und mit Befriedigung, welcher der rügbaren Forderung
etwas hinzufügt. So liegen von Eckartshausen einmal viele Vor-
schläge und Arbeiten halbamtlichen Ursprunges und viel Nützliches
aus Diensterfaiirungon vor. Ungefähr 1795 entwickelte er die Noth-
wendigkeit der Organisirung eines Ministerialdepartements '„in pu-
blicis" genau so, wie Montgelas später das auswärtige Ministerium
mit einer solchen höchsten Instanz zur staatsrechtlichen Abtheilung
der Ob. L. Regierung resp. Qen. Landesdirektion ausgestattet hat.
ArohlTtllsohe Zeltiohrift VIL 7
98 Neudegger :
Dadurch gelangten seit 1799 die Archive in den Geschäftszug des
Ministeriums des Aeussern, das Haus- und Staatsarchiv unmittelbar,
das Landesarchiv durch die General-Landesdirektion. Als an Mont-
gelas' Ministerium eine eigene Schule für Diplomaten gegründet
wurde, erwirkte sich der Archivar für sie die Vertretung eines
obligaten Lehrgegenstandes mit dem Rechte der öffentlichen Lesung
und Prüfung.
Bedenkt man, wie die bayerische Politik seither ohne Kon-
sequenz und Geschichte, von Eintags-Erscheinungen, stets das System
der Kanzler durchbrechend, geleitet wurde, dass kein Landtag und
keine Presse Kritik üben konnte, dass nach der Politik vom Jahre
1778 aus berufenem Munde die Klage sich erhob, ob denn der
„Historiker ein so unnützes Ding im Staate" sei, bedenkt man auch,
dass noch Westenrieder mit einem Gesuche, den jungen berufenen
Adeligen Münchens Geschichte vortragen zu dürfen, abgewiesen
wurde, -so war allerdings dem Archivar, freilich im J. 1802, sehr
Vielversprechendes gelungen. Sein „Lehrsystem einer praktischen
Staatsdiplomatik" 1) zerfällt in einen wissenschaftlichen und einen
angewandten Theil. Es geht von dem Ursprung der Sprach- und
Schriftformen aus und behandelt in 49 Titeln die geschichtlichen Hülfs-
wissenschaften, besonders Paläographie und Diplomatik (Tit. 48 z. B.
„Lehre der Veränderung der äussern und Innern Form
der Urkunden"), in weiteren 15 Titeln die Einrichtung und die
Materien der Archive, in 8 Titeln sodann die Grundzüge zur
Archiv-Benützung für die Zwecke der historischen Hülfs-
wissenschaften, der Geschichte selbst, insbesondere aber für die
Zwecke der Staatswissenschaften und einer ständigen
systematischen Landes-Politik.
Die Aufstellung eines mit Eücksicht auf die Ereignisse festzu-
haltenden „Systems der Landespolitik", aufgebaut auf deren
Geschichte, unter Betrachtung der stabilen geographischen, strate-
gischen und staatswirthschaftlichen Verhältnisse des Landes, das war
Eckartshausens Gedanke. Es wäre nicht historisch, zu bezweifeln,
dass eine bezügliche Geschichte der bayerischen Politik, seit Mont-
gelas aus dessen Memoiren-Sammlung fortgeführt, seit den Tagen
des Rieder- Vertrages, die besten, dem Lande und dem Reiche gleich
erspriesslichen Dienste geleistet hätte. Weder der, zwei Reichsfeinden
') £b liegt nur das System, nicht die Abhandlung vor.
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 99
systematisch zuneigende, lediglich chronikalische niedere Schul-, noch
der stets in einzelne Themata zerrissene europ.-deutsche Hochschul-
Unterricht war geeignet, das nächstliegende politische Bedürfniss
aufzuhellen, das Vaterlandsgefühl geographisch zu konzentriren ; die
politische Geschlossenheit war ja auch stets die der Verfassung und
der Grenzen, welche letztere im Osten Bayerns nie zur Festigkeit
gediehen. Leider starb Eckartshausen, ohne sein System ganz zur
Lesung gebracht zu haben. Seine Vorlesungen eröffnete er mit einer
Eede, welche u. A. in allgemeinen Sätzen aus den Ergebnissen der
letzten Regierung lehrreiche Konsequenzen zog und die Hof&iung
auf bessere Zeiten daran knüpfte.
Schon 1783 hatte Eckartshausen — bezeichnend — Karl
Theodor eine „historische Abhandlung über den bayerischen ursprüng-
lichen Nationalcharakter'' vorgelegt. Noch mehrere Aufsätze richtete
er an denselben, zum Theil mit eigenthümlicher, mysteriöser Captatio,
z. B. über die Berechtigung der Heranziehung des geistiichen Gutes
in Landesnoth, über die Heilung von Staatsgebrechen.
Im J. 1787 sendete er den Entwurf zu einer Landesverordnung
ein, welche in acht Punkten die Erhaltung der historischen Denk-
mäler des Landes (in Archiven, Bibliotheken und öflfentiichen Ge-
bäuden etc.) allen Unterthanen und Korporationen zur öffentlichen
Pflicht machen sollte. Ein nach drei Jahren erfolgtes Gutachten machte
jedoch mit Recht darauf aufmerksam, dass sich hieraus die Noth-
wendigkeit einer ständigen Kommission mit eigener Kassa ergeben
werde, und rieth unter den Umständen, die Sache zur Akademie
zu bescheiden (vgl. deren Geschichte L 115. 132. auch über die
Bestrebungen Kennedy 's; vgl. die Weiterentwicklung durch die
historischen Vereine bei Kockinger, Pflege d. Gesch. durch
d. Witteisbacher 1880).
Was endlich die freien Bestrebungen Eckartshausen's betrifft,
so berichtet darüber an vielen Stellen Westenrieder in der Geschichte
der Akademie, deren Mitglied in der belletristischen (literar-histori-
schen) und physikalischen Klasse er war. Des Archivars Arbeiten
und Reden sind da zahlreich. Die Allgemeine deutsche Bio-
graphie (1877) gibt näher an, wo seine Schriften verzeichnet sind.
Als ehemaliger Richter war er in einigen Reden bemüht, darzulegen,
dass der Richter etwas von einem Psychiater annehmen und der
Härte und Rauheit, welche das hochnothpeinliche Verfahren in ihm
zu erzeugen geneigt sei, durch das Mittel bildender, humanisirender
7*
100 Neudejjger:
Lektüre entgegenwirken müsse. — Merkwürdig ist es, dass er, gleich
einem mittelalterlichen Thesaurar, der „geheimen Kunst" sich ergab.
Er pflegte, die analytische Chemie und stand hinter den Retorten ;
er gab auch ein System der Chemie heraus, das jedoch durch
Lavoisier's Darstellung des Sauerstoffs wie alle Systeme der früheren
Zeit rasch veraltete. Das bisher angenommene JPhlogiston hat
auch ihn, den modernen Adepten, dem Spiritismus nahe gebracht und
in ihm mystische Schriften gezeitigt. Diese und andere wurden bis
zum J. 1876 wiederholt aufgelegt. Ob er wie Berthold Schwarz
seiner Zeit wirklich gedient hat, können wir nicht entscheiden, aber
es liegen preussische Schriftstücke vor, welche ihn einladen, seine
Verbesserung des Schiesspulvers darzulegen. Es steht diess im
Zusanunen hange damit, dass München seit Lori und den Zeiten der
Akademie nächst Paris aueli eine Metropole der Forschung auf dem
Gebiete der exakten Wissenschafton gewesen, durchaus in höherem
Grade als bisher bekannt und durch Westenricder (Gesch. d. Akad.)
und einige Biographen überliefert ist. Es dürfte unbezweifelt sein,
dass diese, so Wenigen verstündlichen „Künste" auch zu jenen
Missverständnissen der letzten Regierung ausgebeutet wurden, und
ebenso, dass die in hohem Grade interessanten, von Heigel („die
Jakobiner in München" a. a. 0.) mitgetheilten fraglichen Verbindungen
mit Frankreich nur als Reste solcher, die unter Karl Theodor an-
geknüpft wurden, zu betrachten sind; 9 anch sie mögen in Hinsicht
*) Hiezu folgender Beitrag: „Um dem Ungeheuer des Kriegs
mit Erfolg wenigstens auf dem Meere zu begegnen** wurde dem Ge-
sandten der französischen Republik zu München sub do. München, 12. Februar
1799, ein in technischem Französisch ausgearbeitetes Memoire über die Erfind-
ung unterseeischer bemannter Torpedoboote zur Mittheilung an das Directoire
in Paris tibergeben. Da» hier vorliegende Memoire enthält die vollständige Be-
schreibung des Bootes, das bei hermetischem Verschlusse mit Jcompriuiirter
Luft ausgerüstet wurde, sich durch ein, erst jüngst wieder aufgenommenes
Maschinen-System, in allen Tiefen, bewegte imd mit 3 Zentnei Pulver geladene
Petarden schleuderte, welche durch Zünder, in berechneter Entfenumg des Bootes,
zur Explosion gebracht wurden. Diese damals für Deutschland bedeutungs-
lose Erfindung war schon ein Jahr vorher (April 1798) mit allen Plänen über
Mainz nach Paris mitgetheilt worden, jedoch unbeantwortet geblieben; unter
wiederholter, nicht zu honorirender Preisgebung der Erfindung wendeten
sich die „zwei anonymen Ingenieure** an den genannten Münchener Gesandten,
den citoyen Alquier, welcher sie persönlich kannte. Alquier war seiner Zeit
zu Paris Referent für Cultus, Kunst und Kunstgewerbe und als solcher Kom-
missär im National-Convent gewesen. Die Ingenieure wussten, dass er nächstens
Zur Gesdiichte der bayerischen Archive. 101
der Pater Frank' und lippert'schen Gebahrung, das Land gänzlich
zu Grunde zu richten, allgemein-politische Färbung gehabt haben.
Belletrist war Eckartshausen mit besonderer Hingebung. Im
deutschen Konzepte bediente er sich einer ebenso ästhetischen als
geistreichen Form ; im Französischen aber war er Meister. Leichtig-
keit und Abrundiing der Konstruktion, melodisches Steigen und
Fallen der Sprache erinnern an die besten Klassiker. Da er seine
Aufsätze an bestimmte Adressen richtete, so ist es wahrscheinlich,
dass er sich einer in ihrer Art humanisireuden Mission angeschlossen
hatte. (Vgl. auch Realencyklopädie, 1867, Manz i. Regsbg.) In seinen
späteren akademischen Reden, welche nichts Neues mehr brachten,
sind Folgen von geistiger Ueberanstrengung deutlich wahrnehmbar.
Sein Tod erfolgte 1803, in seinem erst 52. Lebensjahre, nachdem er
bis 1799 aufs Schwerste um seine Existenz hatte ringen müssen.
Die ihm noch kurz zugemessene Zeit hatte nicht mehr vermocht,
ihm einen Ausgleich dafür zu bringen, dass er stets bei seiner
ersten Anstellung (1776) geblieben; er war ein Opfer jenes Regime's
der Etatisirung, dem Montgelas als Finanzminister ein Ende machte,
das Land von dem Parasiten der „Geh. Statuskommission^'
befreiend, die, ein Staat im Staate, seit Langem sowohl dem Fürsten
als der hochmögenden Landschaft bald Trotz bald Lohn geboten
hatte. Es ist nachzutragen, dass Dppert, Zech, Schneider u. A. sich
zu leitenden Räthen aufgeschwungen hatten. Denkwürdigkeiten, im
wahren Sinne des Wortes eine Zeit kennzeichnend, welche sehr mit
unrecht eine absolutistische genannt wird, schrieb er schon bald;
sie sind theils Auszüge, theils Ergänzungen der vorhandenen Akten-
stücke (S. A. bl. 198/7). 1)
(H. A. — Manualien 1 784 ff. — K. A. — Rep. 56. 1. 31. — R. A. —
A. IL 1778—90. — S. A. - 517/75. — 636/38 ff.)
in München seine Beziehungen abbrechen müsse; als dann auch der Gesandte
sein Archiv abgesandt hatte, ereignete es sich, dass es in Heidelberg von fran-
zösischen Soldaten angehalten und auf der Stelle von ihren Bajonetten zerstreut
wurde. Reste davon hat Montgelas sammeln lassen. Indess war jene Erfindung
Original und desshalb dürfte ihre Mittheilung auch ihrer fachgeschichtlichen
Bedeutung nicht entbehren.
*) So eben erschienen nach der Revision des Druckes Fournier's Auf-
sätze: niuminaten u. Patrioten, A. AUg. Ztg. 1882 No. 179 ff.
102 Neudegger:
16. Job. Qeorg v. Lori und die Geh. Staatsregistratnr
1769—1772.
Es gehört zur Geschichte des altern bayerischen Ministeriums,
des Geheimen Rathes, zu zeigen, wie dort die Referate vertheilt
waren und die Registratur geführt wurde. Trotz der bisherigen
Andeutungen bedarf es für das Folgende noch des Hinweises, dass
die politische „Korrespondenz" (Abtheilung für Auswärtiges) in der
Regel vom Kanzler geführt wurde; immer hatte er von ihr die
Kenntnissnahme als Vorstand der Geh. Kanzlei. Die Korrespondenz
zerfiel in eine deutsche, lateinische und wälsche (letztere eine
italienische im XVII./XVIII., französische im XVIII. Jahrhundert).
Je nach der Frequenz dieser Korrespondenzen wurden je Referenten
(Hofräthe, Geh. Sekretäre, Geh. Referendare), Kanzlisten, Registratoren
bestellt. Neben den politischen Geschäften besorgte der Geh. Rath
in geschiedenen Haupt -Referaten analog die der übrigen Staats-
verwaltung. Während im Laufe zweier Jahrhunderte der Geh. Rath
in seinen Abtheilungen, Abtheilungsvorständen (Ministern) und in
der Art der Erledigungen Unregelmässigkeiten und Unterbrechungen
aller Art erfuhr, ist seine Geh. Registratur stets an einem Orte
vereinigt und im Grossen und Ganzen nach den (c. 1640 entworfenen)
Referaten aufgestellt beisammen geblieben, i) Si^ befand sich mit der
Kanzlei zu allen Zeiten in der herzoglichen und kurfürstlichen
Residenz (Neuen Feste), wo auch natürlich das Sitzungslokal, die
„grosse Rathsstube", der Geh. Räthe war. Als es sodann Konferenz-
Minister und Departements (ohne eigene Arbeitslokale) gab, trennte
sich endlich von der Gesammtheit eine Abtheilung und errichtete
ein eigenes Bureau mit Kanzlei und Registratur. Diese Abtheilung
war die der auswärtigen und staatspolitischen Geschäfte,
welche der hiefür ernannte Minister Graf Joh. Jos. v. Paumgarten
gleichfalls in der Residenz einrichtete. Durch Dekret vom 1 3. April
1766 erhielt er als Geh. Referendar Peter v. Oster wald (Schriftsteller
über bayer. Kirchenrecht und Mathematik), als Geh. Sekretäre den
Abbate Iraldi und die Hofräthe Thiereck und Strobel und eine ver-
*) Interessante Bücher etc. derselben befinden sich S. A. 238/13 ff.
411/12.. H. 513/7.
Zur G^chichte der bayerischen Archive. 103
stärkte Kanzlei. Man ging jetzt (1767) damit um, auch Ton der
Geh. Kegistratur den entsprechenden politischen Theil loszulösen und
in eigener Neu-Ordnung und Aufstellung vorzüglich mit Rücksicht auf
dieses Departement zu führen, jedoch nicht als eine Hand-Regi-
stratur, — solche legte sich das Departement selbst neu an — sondern
als Archiv. Dieses geschah, indem man die losgetrennten Bestände
theils in einem Erdgeschosse der Residenz, theils in jenen Gewölben
der Herzog Maxburg unterbrachte, wo bis zur Zeit das (jetzt an die
Hofkammer ausgefolgte) Archiv des Herzogs Maximilian Philipp sich
befand. Die restirende (bis 1801/02 beisammen verbliebene) Geh.
Rathsregistratur hiess von nun an meist „Geh. Landesregistratur",
das neue politische Archiv die „Geh. Staat s reg istrat ur". Letztere
gelangte nicht unter die Direktion des Ministers des Aeussern, der
seine Registratur im Hause besass, sondern unter die des Kanzler-
amtes als selbständiges Amt und war ein Aktenarchiv in Parallele zum
Geh. Urkundenarchiv; das äussere Archiv hatte bekanntlich seine
Zuständigkeit zum Kanzleramte durch Usus des Hofrathes eingebüsst.
Nachdem die Transferirung der Archivalien beendet war, begann im
J. 1769 die Staatsregistratur ihre Geschäftsführung. Sie hinterlegte
sofort Manualien, von denen die „ Promemorien " über die Benütz-
ungen, ein alphabetisches Ausleihbuch über die Entleihungen Aus-
kunft geben. Die Bedürfnisse des äusseren Departements, des Geh.
Rathes und der Stellen vermittelte das Kanzleramt wie beim Geh.
Archiv. Was ihre Bezeichnung betrifft, so war die einer Registratur
eine irrthümliche, sei es, dass man das Alter ihrer Bestände oder ihre
Selbststellung zum Zwecke staatshistorischer Weiter-
behandlung deponirter Registraturtheile erwägt; mit der
Bezeichnung Staats- Registratur wollte man aber anzeigen, dass hier
die Staatsakten des Landes verwahrt werden sollten, und hieraus
nun, was man ursprünglich unter solchen und ihrem Archive verstand,
hat sich noch in diesem Jahrhundert mancher Irrthum über das Staats-
archiv und so über die ganze hieraus folgende Systematik in Bayern
ergeben. Wenn man nämlich auf die ältere Systematik der Staatspraxis
zurückgeht, so findet man, dass dort, am Ende des XVIII. Jahr-
hunderts, „politisch" und „auswärtig" zweierlei Dinge waren, dass man
ein jus publicum externum (vel germanicum) und internum unterschied.
Die rein auswärtigen Verhältnisse waren nur ein Theil der politisch-,
öffentlich- oder staatsrechtlichen Referate und die auswärtigen Akten
nur ein Theil der Staatsakten, d. i. der politisch-, öffentlich- oder Staats-
104 Neud^ger:
rechtlichen. In der Periode des Staatsarchives von 1769 — 1799
reichte also dieses, seinen Beständen nach, über die Kompetenz des
Departements des Auswärtigen hinaus, es war Archiv für sämmt-
liche vom Beiche rührende Staats-Titel in genere, also auch für
Referate des seit Erwerbung der Souveränetät inneren bayerischen
Staatsrechtes (1769—1779 Hofrath, seit 1779 Deputation I der Ober-
Landesregierung); erst Montgelas' Ministerium des Hauses, Staates
lind Auswärtigen vom J. 1799, welches das vollständige jus publicum
in genere umfasste, erwarb auch die volle Kompetenz des Staats-
Archives oder der Staatsregistratur, verlor aber diese wieder seit
der durchgeführten Ressortirung der Staatsgewalten in den Depar-
tements des Königthums. Das Geh. Staats-Archiv resp. die Staats-
registratur machte nicht gleich jene Wandlungen in der Ressortirung
der Staatsgeschäfte in den J. 1779, 1799, 1801, 1805 mit, sondern
war und blieb unabhängig hievon das Archiv für die aus der Reichs-
verfassung dem Tjande zustehenden Staats-Titel, und sollte nur
nicht das Archiv für jene Akten sein, welche sich aus der Ver-
waltung der einzelnen Hoheiten innerhalb der Grenzen
des Landes ergaben. Damit entfielen zum politischen oder
Staats-Archive ausser den Generalien über die erworbenen
Staatstitel auch die Spezialien aller Akte auf Grund der Reichs-
verfassung (Akten der Reichs-Instanzep), auch die Spezialien aus
dem relativen Rechte, Bündnisse, Verträge etc. zu schliessen, über
Krieg und Frieden zu entscheiden, die Spezialien über Hoheits-
Verletzungen an den Grenzen sowie, als Hoheitsgegenstände vom
Reiche rührend, Generalien über die Rechte der Landstände, über
Lehen- und Grundbarkeit aller Art.
Es erhellt, wie schwierig es einerseits für die Archive sein
musste, ihre ursprünglichen Kompetenzen gegenüber einem sich im
Laufe der Zeit stets verschiebenden Ressortwesen aufrecht oder
analog zu halten, wie nothwendig es aber andererseits, von den
Ressorts sich zweckentsprechend abhängig zu machen und die
Archivskompetenzen den Organisationen gegenüber stets zu erneuern.
Eine Folge solcher Versäumnisse war es, dass das äussere Archiv
im J. 1779 bis unter der Kompetenz einer Justizbehörde anlangte,
dass der Kanzler der letzteren, nicht der Archivar, über das Archiv
gehört wurde, da«s man (1792)^ fand, es sei letzteres „gar nicht
existenzberechtigt'' und man seine Auflösung beschloss, dass man
gleichzeitig dasselbe Archiv unter dem Namen Staatsregistratur neu,
Zur Greschichte der bayerischen Archive. 105
d. L aus denselben Bedürfhissen nach zwei Jahrhunderten zum zweiten
Male gründete. Die Bestände des äusseren Archives und der Staats-
registratur deckten sich vollkommen ; nur war das erstere durch
seine weiteren Finanz-, Kultus- und Justiz-Akten ein allgemeines
Landesarcbiv nach der genialen Idee Adizreiters. So sehr war die
Kenntniss von den älteren Staatsreferaten und, wohin bisher deren
Akten gekommen, — leider in den Archiven selbst — verloren
gegangen:
Dem neuen Archive hat der Geh. Rath Joh. Georg v. Lori,
der vielgenannte, die ersten Umrisse gegeben. Die Anzahl seiner
Biographen, an erster Stelle sein Zeitgenosse Westenrieder, sagt un-
richtig, dass'er äusserer Archivar gewesen. Der Vorgang war der,
dass Minister Paumgarten, zugleich Präsident der Akademie, an
Stelle seines gelehrten aber dem Kirchenrechte zuneigenden Referendars
Osterwald ihn, den Begründer der Akademie, noch mehr aber den
erprobten Staatsrechtslehrer an seine Seite zog (1768/6/ VIII). Als
Geh. Referendar nun überwachte; Lori die bereits im Gange befind-
liche Ausscheidung der politischen Aktenbestände des Geh. Rathes,
über deren Natur (und Ressortirung zum äusseren Archive) sich
wohl Niemand im Augenblicke die rechte Vorstellung machte. Da
Lori dafür bekannt war, dass er das historische Staatsrecht in allen
Zweigen gründlich kenne, da er mit Archivalien, wie seine Werke
zeigten, gewandt umzugehen verstand, — er zählte ja die von ihm
benützten Bände der Archive nach Hunderten, hatte dort freien
Zutritt und ein eigenes Benützungszimmer in der Maxburg — so
bekam er, jedenfalls auf Wunsch, die Staatsregistratur zur Ein-
richtung. Drei Jahre hat er sich ihrer Ausscheidung gewidmet.
In dieser Beschäftigung, sodann als Mitarbeiter bei den pfalz-
bayerischen Verträgen, als Geh. Referendar des eigentlich einzigen
Ministeriums wuchs er zu einer kleinen Macht heran und wurde
der Mittelpunkt und die Quelle jener Bewegung, an deren Spitze
später pfalzischer Seits Hofenfels, bayerischer Seits Maria Anna stand.
Auf diesem Wege, da die Beziehungen der Staatsmänner zu Mann-
heim und München freundliche und, wie man glaubte, von gleichem
Interesse geführte waren, war Lori wie bisher noch Keiner in den
sämmtlichen pfälzischen und bayerischen Archiven bekannt geworden,
denn er hatte theils die Originale, theils Abschriften, theils Auszüge
aus deren Repertorien erhalten. Ausser diesen einzelnen, durch
das Kanzleramt geführten Recherchen erging ein solcher Einsendungs-
106 Neud^»er: ^
Befehl im J. 1768 auch an die Kegierungen zu Landshut, Straubing,
Burghausen und Amberg. Immer Historiker, wie besonders Rudhart
in seiner schönen Denkrede (1859) ausführt, benützte er die Durch-
sicht dieser, auch den Fiskalräthen mitgetheilten, Archivskonspekte
zu wissenschaftlichen Zwecken, doch bUeb die Ausbeute durch seine
Entfernung aus München (1779) und seinen Tod (1787) leider in
seinem Nachlasse liegen. lieber dessen Schicksal gibt ein Akt
(R. A. — A. 6) Aufschluss, aus dem hervorzugehen scheint, dass
seine chronologisch beurkundete bayer. Geschichte für zehn Bände
berechnet war. Der schon drei Monate pach Lori verstorbene
Linbrun sowie Lippert schieden den Nachlass aus, welcher des An-
kaufs nicht gewürdigt wurde in der wohl von letzterem stammenden
Erwägung, dass man ja aus den Arbeiten die Quellen ersehen und
sich aneignen könne. Als solche wurden jedoch die verschiedensten,
auch nicht bayerischen Archive angegeben, aus denen Lori ge-
arbeitet hatte. Aus seinem Besitze stammen u. A. ein chronolog.
Auszug aus dem ehem. Urkunden-Archiv zu Heidelberg in zwei
Bänden von 1236—1582 (B. c. g. 1649, 1650), und die ßegesten
zum bayer. Kirchenrecht, 1 Bd. 7. 8.— 18. Jhdt. (S. A. 411/1).
Hieher, in das Jahr 1773 fällt der Versuch, die politischen
Parallel-Bestände aus dem äusseren Archive zu erhalten.
17. Die Bestände und deren Bearbeitnng 1773—1792.
In der Folge beschäftigten sich mit der Ordnung der Staats-
Eegistratur die Hofräthe J. K Wodizka 1773—79, El binger
1773—81, V. Thiereck 1779, v. Schneid 1779—1786, v. Kirstner
1787—99 und v. Pallhausen 1792—99. Die Arbeiten aller, mit
Ausnahme des letzten, bestanden allein in der Durchsicht und Neu-
bestimmung der Akten und Bände, so dass die Spuren ihrer Thätigkeit
über das Arcliiv hin zerstreut sind^ sie suchten übrigens nicht hier
ihre Lebensaufgabe. Das war jedoch der Fall mit dem fleissigen ünter-
beamten Imlinger, welcher ununterbrochen (seit Lori) 1769 — 92
nicht allein an dieser Aufgabe Theil nahm, sondern auch die Materien
verzeichnete, die gleichartigen zusammenstellte und so schliesslich
einen „Index materiarum über die in der Staatsregistratur in der
H. Max'schen Kesidenz befindlichen Akten" vollendete (S. A. 148/1).
Auch über den in der kurfürstlichen Residenz befindlichen Staats-
registratur-Theil liegt das Verzeichniss vor (148/15). Dieser wurde
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 107
1797 in die Maxburg gezogen, 1804 ( — 1845) aber das ganze Staats-
archiv in die Residenz zurückverlegt.
Was nun im Besonderen die Bestände der Staatsregistratur
oder des Staatsarchives betrifft, so wurde zu gewissen Zeiten amtlich
berichtet, dass dieselben der neuesten Zeit angehörten und dass sie
gewissermassen die chronologische Fortsetzung jener einst durch und
seit Lieb vom alten Hof- und vom Geh. Rath zum äusseren Archiv
gezogenen politischen Materien seien. Indem hier auf die Abhand-
lung über die Herkunft der ersten Bestände des äusseren Archives
(1586, 1596, 1607) sowie auf die Gründe zu Kurfürst Maximilians
ArchivordnuDg vom J. 1640 sich bezogen wird, — wo gesagt ist,
Adlzreiter hätte, um den Zweck eines allgemeinen Landesarchives
vollständig zu erreichen, die Evakuirung der Registraturen noch
ausdrücklich anordnen sollen, sowie, dass der Geh. Rath die Be-
stände des alten Hofraths gerne an sich zog und behielt — so
wird es verständlich, wenn wir politische Akten am Geh: Rathe
(resp. in der Staatsregistratur) in gewaltiger Masse angesammelt sehen,
Akten, welche weit über das Alter des Geh. Raths, rund bis 1450,
reichten.' So war die Staatsregistratur im vollen Sinne des Wortes
ein Staatsarchiv, welches das äussere ergänzte, welches namentlich
auch in Bezug auf Sammlungen von Haus- und Staatsverträgen,
nicht selten gleichzeitigen Kopien des XIV. und XV. Jhdts., reich
war. Sodann aber gingen die Akten und Korrespondenzen in der
Jahrzahl herauf bis zur Stunde der Einrichtung, zu denen in Fort-
setzung der politische Nachlass Max Josefs III., der Kabinete,
Ministerien und Gesandtschaften überhaupt gefügt wurde. Indem
sodann bei der organischen Umgestaltung der Archive vom J. 1799
das Staatsarchiv die gleichartigen Bestände des äusseren Archivs
sowie der pfälzischen Archive von Mannheim, Neuburg und Zwey-
brücken, von Berg und Bergen op Z. und zu diesen die sämmtlichen
entsprechenden Staatsurkunden erhielt, stellt es heute nach allge-
meinem Zeugnisse, was bei dem Alter des bayer. Fürstenhauses
leicht begreiflich, das umfassendste politische Archiv im deutschen
Reiche dar, welches durch Vereinigung der Parallel-Bestände Bayerns
und der Pfalz wahrscheinlich auch das verhältnissmässig vollstän-
digste Archiv für jede Zeitperiode ist. Es füllt gegenwärtig mehr
als 1300 verschliessbare Kästen in zehn Sälen und zwei Korridoren,
und erstreckt sich im alten Akademie- Gebäude oder Wilhelminum
in der ganzen Länge der Herzog-Maxburg-Strasse.
108 Xeudegger:
Da die Geh. Staatsregistratur nur nicht jene Akten aufnahm,
welche sich aus der inneren Verwaltung des Landes ergaben, für
welche die Bezeichnung der Landesakten, Landesarclüvalien gangbar
wurde, fiel ihr aus der Geh. Eegistratur auch der Inhalt der „Her-
zogskästen" zu. Dessen Natur und Herkommen ^vird deutlich, wenn
wir uns erinnern, was systemgemäss in der Einleitung zur Ge-
schichte des äusseren Archives gesagt wurde, dass nämlich das Oberst-
hofmeisteramt nicht allein die Vorstandschaft der Hofamter, sondern
auch das Direktorium des Geheimen (Hof-) Rathes führte. Oberst-
und Land-Hofmeister *) ist der vollständige Titel des sogen, ersten
und einzigen Haus- und Staatsministers, dessen Amt in Bayern noch
heute durch den Minister des Hauses und der auswärtigen Staats-
Angelegenheiten, entsprechend auch der Untheilbarkeit der Staats-
gewalten im Monarchen, vermittelt wird. Es fielen also im J. 1769
der Staatsregistratur auch jene Akten zu, welche in den Herzogskästen
des Geh. Rathes aus der Oberst-Verwaltung des Haus-Rechtes und
der Haus-Angelegenheiten seit Alters sich bewahrt hatten, — ein
Akten-Bestandtheil, welcher 1799 vor Allem dem kreirten „Haus-
archive des Landes", in dem sich das Wittelsbach'sche Privatarchiv
befindet wie seinerzeit im Geh. Urkunden- Archive, zuzutheilen war.
So wissen wir denn jetzt nicht, nachdem uns aus den drei
ursprünglichen bayerischen Archiven die Uebersichten einer gewisser-
massen noch imberührten Gesammtmasse vorliegen, welcher wir das
grössere Interesse zuwenden sollen; denn kein Archiv erscheint voll-
ständig ohne das andere, keines kann das andere entbehren. Da
konnte man sich auf dem Papier (seit 1787) ein ideales Archiv
zusammenstellen, denn noch bedrängten hier nicht die durch die
„Neufranken" herbeigeführten Welt-Ereignisse, nicht jene Massen,
welche bald flüchtend aus Mannheim und Zweibrücken die alte
Ordnung bedrohten, nicht die Trümmer und der Antheil an der
Verfassung des heiligen römischen Reiches d. N., und nicht die
Milliarde der Papiere und Pergamente des aufgelösten Heeres aller
Schilde bis in die siebente Ordnung
Imlinger's Index materiarum ist seinerzeit ein schönes
und verdienstvolles Werk gewesen; es hat noch heute ausser dem
*) Hofmeister bis c. 1500; dann XVI. J. LÄndliofmeister; Oberst und
Landhofmeister c. 1580—1662; Vorwiegen des Kanzlers; Erneuerung des Oberst-
hofmeisteramtes 1692, in beiden Kompetenzen, in Staatsangelegenheiten nur von
der Wirkung einer Reprüsentatioii.
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 109
subsidiären und archivgeschichtlicben Werth den, dass seine Lektüre
über die ältere Praxis der Hof- und Staatsverwaltung sehr ver-
anschaulichend instruirt. Da die Aktenpartien verzeichnet wurden,
wie sie zunächst zur Hand lagen, so ist auch das Werk von 298
Folien nicht selbst systematisch durchgeführt, ihm jedoch ein
orientirender Generalanzeiger vorangestellt. Es war diese Verzeich-
nung wohl schon über die Mitte gediehen, als seinerseits Eckarts-
hausen in der systematischen Scheidung seiner 36 Tausend Ur-
kunden auf etwa gleicher Höhe anlangte und jetzt angesichts der
mittlerweile erworbenen Einsicht von der Unthunlichkeit der lokalen
Trennung gleichartiger Archivalien die besprochene Zusammenlegung
des Geheimen und des Staats - Archives (1786) betrieb. In der
That war diese Vereinigung unter Einziehung von Personal und bei
mangelndem Räume unausftUirbar, aber es hätte im J. 1787, als
in den drei Archiven eine Material-Ordnung hergestellt war, ihre
Organisation (vom J. 1799), welclie 1769 in der Sache und nach dem
Bedürfnisse reif war, beginnen können. Immerhin aber wäre es
von Interesse gewesen, wenn Eckartshausen über die praktische,
lokale Durchführung der Zusammenlegung nur der zwei Archive
Vorschläge gemacht hätte. Sie hätten vor Allem an den zu jeder
Zeit für Archive geltenden Grundfragen : Platz und Arbeitskräfte in
einem Hause — brechen und scheitern müssen. Im Allgemeinen
ist es ein natürlicher Grundsatz, dass mit der Grösse des Lokales
die Fälligkeit der Ordnung eines Archives wächst, und zwar dess-
halb, weil vor Allem nach der Entfaltung der Massen erst der Grad
der Nothwendigkeit von Arbeitskräften richtiger bestimmt zu werden
vermag. Hierin liegen aber die zwei Faktoren aller Ordnung, Raum
und organische Kraft. Und von dieser Seite aus ist das Loos des
bayerischen Archivwesens beneidenswerth, weil es, seine Massen zu
ordnen, ein System von drei Häusern und drei Spezial- Verwaltungen
schon im vorigen, beziehgsw. seit dem XVI. Jahrhundert ausgebildet
hat; bei einem Zusammenwerfen von den zwei oder drei Häusern
wäre niemals mehr weder der nöthige Raum noch die angemessene
Exaft zur Bewältigung gewährt worden. Gerade davon wissen heute,
trotz der schönen, durch drei organische Hausverwaltungen seit dem
J. 1799 gelungenen Vorarbeit immer noch die Münchener Archive zu
erzählen. Raum und Kräfte sind da noch heute angesichts der kon-
servirten Massen bei keinem zu viel. Im Gegentheile ist noch zu
erinnern, dass Archiven nicht allein nach dem Masse ihres Raum-
110 Xeudegger:
bedürfnisses , sondern insbesondere auch nach ihrer inneren Be-
schaffenlieit (Geschäfts- und ßepertorisirungsbedürfniss) die Kräfte
zugemessen zu werden pflegen.
Es hatte in der zu beschreibenden Periode Niemand nähere
Gesammt-Kenntniss von den Archiven, selbst kein Archivar
wusste vollständig, was bei seinem Kollegen qualitativ
und quantitativ zu suchen und zu finden war, und die-
ses Ermangeln der Grundbedingung, der üebersicht in
gemeinsamer Aufgabe, h»k ja dem einen . Archive das Ende,
dem andern die Entstehung gegeben.
Viel wichtigere Bedenken standen noch — ausser der IjjIkA-
und Personenfrage und der von Kreittmayr hervorgehobenen Störung
der erst nothwendig zu Ende zu führenden Vorarbeiten für Zu-
sammenlegung aller Bestände — einem allgemeinen „Werfen in
Eins" entgegen.
Was in drei Bäumen nicht vermochte auseinander gehalten zu
werden und zu gedeihen, das wäre in einem und selbst in zweien
ganz begraben worden. Leider ist an dieser Stelle der Nachweis
ausgeschlossen, wie durch das Aufzehren (Einreihen) kleinerer
Archive durch grössere die ersteren durch Nicht-Wiedererkennung
gänzlich unbekannt und unwirksam lagerten, auch bei rückläufiger
Organisation von Territorien und Eeferaten nicht m^hr disponibel,
— Akt für Akt, Urkunde für Urkunde an tausend Orten einge-
theilt — nicht mehr zur Hand zu briDgen waren. Das ereignete
sich in Bayern schon vier Mal in Bezug auf eingereihte Haus- imd
Landes-Archive. Einerseits durch die Einreihung statt Anreihung,
andererseits durch die für die vereinigten Archive also verminderte
Pflege litten entsprechend die Bestände. [Es war aber nicht diese
Ueberlegung, sondern die Staatsrechtslehre und der erhaltende Wille
der Regierung, Montgelas' und Krenner's, wesshalb im J. 1799 bei
ihrer Umgestaltung den Archiven ein dreimal schützendes Dach und
dreifache Kraft von Neuem gewährt wurde.]
Dass die höchste Stelle selbst, der Geh. Rath, der Bestimmung
des inneren und äusseren Archives nicht Rechnung getragen, ist
durch die Materien der Geh. Staatsregistratur ersichtlich ; die Schuld
lag in der theils unintelligenten, jedenfalls aber jeder Personal- Ver-
minderung abgeneigten Bedienung der Registraturen, deinen aus-
schliessliches Belieben schon Aettenkhofer durch jene freimüthige
Aeusserung anzudeuten suchte, dass die Räthe an den Kollegien
Zur Geschichte der bayerischen Archive. Hl
selbst ,^eringstes Wissen" von der Gesammtheit der Bestünde hätten.
Allerdings, wie konnte von den Registratoren , deren jeder für ein
Referat da war und durch Ansammlung eines entsprechenden
Archives sich unentbehrlich zu machen suchte, die Beantragung
von Extraditionen erwartet werden? Im Gegen theile war hier Ver-
heimlichung durch Hinaufschrauben des Registratur-Geheimnisses bis
zu einer höchsten Vertrauensstellung, der gegenüber sich selbst die
Referenten in ihren Bedürfnissen als Eindringlinge in die Registratur
fühlten, erster Grundsatz und hier der Sitz jener Verwerflichkeit,
welche „um der Kontinuität der Personalien und der Verhältnisse
willen" fort und fort unwürdige Nepoten, die, könnte man sagen, in
den Registraturen geboren wurden, zu schützen wusste. Wessbalb
ist der „Registrator" und „Kanzlist" noch immer eine typische
Erscheinung in allen Darstellungen aus der Zeit des absolutistischen
Jahrhunderts, und als Gattungsbegriff jener „schreibende Mensch",
der vom Volke noch oft als überflüssig und mit so vielem unrechte
und ohne Unterschied mit Misstrauen in seine Arbeit angesehen,
wo nicht gehasst wird? Warum vermochten jetzt zwei Hände in
der Geh. Staatsregistratur Urkunden zu finden, welche. Jedermann
bewusst, dem Geh. Archive angehörten seit den Zeiten Adlzreiters?
In vielen Verzeichnissen wurden jetzt dorthin einzelne Urkunden
extradirt, allen Zeiträumen angehörig, z. B. die Heirathsabrede
Herzog Ludwigs des Strengen mit Grafen Richards von Cornwallis
Schwester und des ersteren Vcrspruch seiner Stimme für Richard
als römischen König, Orig. Perg. 1256; Kaiser Ludwigs Stadt- und
Landrecht u. A.
Im J. 1790, mit dem Tode Kreittmayr's, schritten die Archive
über in das Kanzleramt des Pfälzers Freiherrn v. Hertling, und es
arbeiteten jetzt an unserer Stelle der Hofrath v. Kirstner und noch
der alte Imlinger; ihn, den Unermüdeten (1792 f), ersetzte
18. Der Geh. Staatsarohivar v. Pallliansen 1792—1815.
Dieser, von ungewöhnlicher Strebsamkeit erfüllt und von einer
Arbeitslust durchdrungen, wie sie immer rühmenswerth, im Lebens-
alter von 33 Jahren aber wohl zu erwarten ist, setzte sich rasch
und mit denselben Erfolgen an die Spitze seines Archives, wie an
anderer Stelle Eckartshausen und einst Aettenkhover. Er hielt den
Index materiarum evident und stellte von einem Index personarum
et locorum einen Band her; diese Arbeit wurde aber 1796 gestört
112 Neudegger:
und sodann wegen der in nicht, mehr langer Dauer zu erwartenden
Umgestaltung der Archive eingestellt. In letzterer Beziehung reichte
er bald, nachdem er sich orientirt hatte, einen umfassenden allgemeinen
Plan ein, um hieraus zu einem Sonder-System für sein Archiv zu
gelangen ; der Staatsarchivar machte jedoch den klugen und richtigen
Vorbehalt, dass dessen Nichtgenehmigung insoferne nicht seine Syste-
matisirung aufhalte, als die natürliche Zusammenlegung gleichartiger
Materien und das Sondern des Nichtzusammengehörigen nicht, nur
die Vervollständigung — durch eine in den anderen beiden Archiven
parallel gehende Ausscheidung zu erreichen — Aufschub erleide,
wodurch allerdings auch die Repertorien nicht zur Evidenz gebracht
werden konnten. Aus seinem Berichte, der für die Bestände noch
heute Werthvolles, an Grundsätzen viele der Reproduktion würdige
enthält, geht jedoch deutlich hervor, wie auch Pallhausen, trotzdem
ja seine Bestände einen gewissen praktischen Schluss auf die Ge-
sammt-Archivalienmasse des Landes zuliessen , nicht den Umfang
ermass, den die beiden anderen Archive qualitativ und quantitativ
besassen. Welcher Mangel lag doch in diesem unorganischen Archiv-
wesen! Und doch war es Pallhausen, welcher seinem Systems-
Vorschlage sämmtliche Titel anfügte, ein werthvolles Verzeichniss,
aus welchem allerdings die gesammte damalige Archivssubstanz
Bayerns nach der Reichs-, Territorial-, Haus- und Stellen- Verfassung
abzuleiten war, — war es im äusseren Archive Georg Karl Mayer,
welcher dieselbe Substanz aus seiner Generalien -Sammlung kennen
musste, — war es der so entschieden organisatorisch talentirte
Eckartshausen im Geh. Archive, ein durchgebildeter Jurist und
Geschichtskundiger, welcher ebenfalls und noch im J. 1799 einen
verfehlten Plan vorlegte. Auch der Hofkanzler Vaccliiery zeigte in
seiner Repartition und seinem Gutachten vom J. 1793 nichts weniger
als freie Uebersicht über die Gesammtheit und richtige Beurtheilung
der Aktentitel. Das Lösen dieses Knotens war nur Dem möglich,
der die gründlichste — nirr durch Forschungen auf dem vater-
ländischen Rechtsboden erreichbare — Kenntniss der älteren bayeri-
schen Staatsverwaltung mit jener des geltenden allgemeinen, eben
heranwachsenden Staatsrechtes, von dem immer das gesammte par-
tikulare Referatswesen abhängt, verband; denn hier handelte es
sich nicht allein darum, mit einem Federzuge die Archive aus ihrer
Masse zur Krystallisation zu bringen, sondern auch die gesamm-
ten antiquirten und die neuen Registraturen nach dem
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 113
neuen Stande des Keferatswesens im Einklänge mit den
Archiven zu polarisiren. An die Vertheilung des Urkundenarchives
zu den Aktenbeständen dachte oder wagte sich aber Niemand, und
so war auch Pallhausen's Ausführung zu seinem System, wenn auch
der Lösung am nächsten, nicht annehmbar.
Wo er in seinem Berichte von dem Staatsarchive im Besonderen
spricht, geht er auf eine Behandlung ein, die einer Gattung von
Bänden, welche von Registraturwegen ein Loos ähnlich wie jene im
äussern Archive erfahren hatten, in erster Linie zuzuwenden sei.
Von diesem Archivar haben wir einen niedergelegten Hinweis gegen
das Binden von, durch lokale Gesichtspunkte nicht für die Archive
brauchbar geordneten Registratur- Akten. Manuskripte gestatten das
Binden, nicht Referatsakten; diese scheinen oft integrirend und ab-
abgeschlossen, doch haben sie in den Instanzen Parallelen, während
Korrespondenzen, Handlungen etc., wie die aus ihnen dargestellte
Geschichte beweist, durch die Verästelung der Verhältnisse eine Fort-
setzung immer wieder erhalten. So finden sich auch oft die wichtigsten
Recesse und Beweisstücke als Belege einer Bagatellsache, um ein
Jahrhundert dislocirt, verbunden. Und welcher Archivar möchte es
heute auf sich nehmen, mit Scheere und Messer hier den ersichtlichsten
Unfug, Lrthum oder Schaden zu repariren ? So ist auch eine Bildung
von historischen Gruppen (aus den Akten, nicht auf dem Papier)
völlig unzulässig. Die zeitgenössischen Akten erwuchsen nicht mit
Bezug z. B. auf jenen Bund, den erst ein folgendes Jahrhundert so
oder so, und wie etwa die neueste Forschung herausstellt, fälschlich
80 genannt hat; sie erwuchsen als Akten dieses oder jenes Referates
dieser und jener Stelle, vielleicht • an mehreren Instanzen zugleich,
und so hat sie der Archivar, der das ältere Referatswesen kennt
— allerdings unter Herausgreifen auch der Geschieh ts-Betreffö auf dem
Papiere — unter Stelle, Referat und Jahr zu verzeichnen, zu hinter-
legen und durch die Jahrhunderte in dieser verwaltungsgeschicht-
lichen Lagerung evident zu erhalten. Wodurch Pallhausen der Geh.
Staatsregistratur das Mittel ihres literarisch - thätigen Charakters, das
Attribut des Archives verlieh, das war die gelegentlich dieses seines
nützlichen Berichtes erstrebte und bewirkte Beschaffung einer Bi-
bliothek ; nicht Band für Band ward ihm nach der Aufzählung seiner
Bedürfhisse eine solche bewilligt, sondern mit einem Male und als ganz
selbstverständlich, damit die tausend Fragen der einzeln oft todten
Akten — bei ihrer Bearbeitung aus der Allgemeinheit der geschicht-
ArctaiTAliBche Zeitschrift VII. B
114 Neudc^er:
liehen Verhältnisse losgeschält — auch gewissenhaft beantwortet
werden könnten. Denn ein einzelner Betreflf ist in einem Archive
verloren, wenn er nur durch sein Schlagwort und nicht auch durch
seine politisch- oder verwaltungsgeschichtliche Gattung insinuirt ist.
Bei solchem Entgegenkommen überrascht es, dass des Archivars
gleichzeitiger Vorschlag der Erhaltung und Fortsetzung des äusseren
Archives (unter Westenrieder) als eines solchen für die gesammte
innere Landesverwaltung, in Verbindung mit den gleichzeitigen Vor-
stellungen des Hofrathes und der 0. L. Regierung, an hoher Stelle
keinen Einfluss übte. (Vgl. den Schluss der früheren Darstellung, 1792).
Aus der ferneren archivalischen Thätigkeit Pallhausen's, welche
vorzüglich in der Verzeichnung und Sammlung des Gleichartigen imd
Ausscheidung des nicht Hiehergehörigen bestand, ist zur vorliegenden
Aufgabe nichts mehr von grösserem Belang zu berichten. Im J. 1796
leitete er die Flüchtung aller Archive ; im folgenden Jahre wurde
er der bayer. Kommission zum Kongresse nach Rast a dt beigegeben.
Neben seiner amtlichen Tüchtigkeit bewies Pallhausen nicht
gewöhnliches Geschick in der Lösung historischer Zeitfragen. Er
erhielt den Preis zur Frage über die Natur der Unmittelbarkeit
der in Bayern enklavirten Reichsstandschaften (Akad. Abh. 1804),
welche im J. 1788 die Akademie stellte. Die Antwort über die im
J. 1796 aufgeworfene Frage bezüglich der Feststellung Bojoariens im
geographischen Noricum (Akad. Abh. 1807) legte er in einem preis-
gekrönten Bande mit Anfügung selbst aufgestellter und gezeichneter
Karte nieder. Aus dieser Arbeit geht hervor, dass seine Ursprünge
liehe Ausbildung zur Philologie neigte. Die Abhandlung ward ge-
druckt, als der spätere Staatsrath v. Stich an er, derselbe, welcher
sich im Jahre 1792 des äusseren Archives so sehr angenommen,
an der Akademie (1807) eine Archäologische Kommission
gründete. Pallhausen hat in dieser Arbeit, welche jetzt freilich ver-
altet ist, zum ersten Male für römische, keltische und germanische
Forschungen die für das süddeutsche Gebiet bezüglichen Literatur-
Quellen zusammengestellt. Durch seine Studien über die Urgeschichte
der Bayern (1810 u. 1815) zählt er zu der Reihe dieser damals nicht
sehr zahlreichen Schriftsteller; noch ein Jahr vor seinem Tode (1817)
gab er eine Beschreibung der röm. Heerstrasse von Verona nach
Augsburg mit Karte und Abbildungen.
Pallliausen gehörte aber nicht allein zu den verdienstvollen
und wahrhaft nützlichen Männern des damaligen Bayern, sondern
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 115
auch zu dessen edleren Kulturkämpfern (vgl. Cl. Baader, Lexik,
bayer. Schriftsteller). Von jener Anlage, wie wir sie aus den
Schriften vorztiglich der älteren Benediktiner erkennen, wollte er
sich auch ursprünglich in deren gelehrte Müsse (am Tegernsee)
zurückziehen. Hier mag er (1779) theils die erhoffte Kühe, theils
einen befriedigenden Wirkungskreis niclit mehr gefunden haben;
er gedachte nämlich im Sinne Heinrich Braun's für die Aus-
breitung der deutschen Volksschule zu wirken. Zufolge seiner zahl-
reichen, bis 1795 veröffentlichten Schul- und Jugendschriften kann
er als Schüler und Pfleger von Braunes segensreichem System gelten ;
nicht zum wenigsten dienen zur Werthschät^ung Pallhausen's seine
wiederholte Auflegung von Braun's deutscher Sprachlehre, Reinigung
der Orthographie und deren Feststellung durch ein Wörterbuch,
seine Vorschläge zu einer rationellen deutschen Mädchenerziehung.
Welche Fülle vaterländischer, später wieder durch jesuitisch-französi-
sirende Elemente vereitelter Bestrebungen ! Als ßecensent war Pall-
hausen geschätzt. Trotz allem fand er besonders in seinem geschicht-
lichen Wirken einen Gegner in Heinrich Lang (vgl. Heigel „aus
drei Jahrh." S. 230), welcher ihn mit offener Geringschätzung
behandelte; er begegnete diesem Manne, der dafür bekannt ist,
dass er seine Feder wider meinen König verläumdend erhob und
sie je nach seinen und den politischen Bedürfnissen der Zeit beliebig
yerwendete, in den akadem. Abhandlungen. Lang vermochte das
ernste Wissen und Wirken des Kollegen am Staatsarchive nicht zu
entwertheu; sowohl Montgelas als Krenner schenkten dem Archivar
und Historiker das rückhaltsloseste Vertrauen, von dem sie sich einst,
1801, nach End-Organisation der ersten vier Ministerien, ein Gut-
achten über die Zerlegung der restirenden Geh. Rathsregistratur,
1802 ein solches über die Reglements vier, mit den Archiven in Ein-
klang zu bringender Ministerialregistraturen vorlegen Hessen.
Was sich ein Archivar und Referent damals wünschen konnte, hat
Pallhausen in den beiden Gutachten entwickelt und dabei mit
Beziehung auf Ueberwälzung von Registratorenarboit auf die Archive,
deren Beruf eben nur in Archivalien zu suchen, den Grundsatz .
ausgesprochen: „Man soll die Archive nicht zu Registra-
turen und die Registraturen nicht zu Archiven machen."
Mit Rücksicht auf das 1808 erlassene Adols-Edikt hatte er das
Gutachten über die Art der Organisirung eines Herolden- und
Wappenzensur-Amtes bei dem Ministerium des Aeussern und
8*
116 Neud^ger:
die Errichtung und Führung einer Adels - Matrikel auszuarbeiten.
K. A. — (Reg. S. 45. Geh. Rth. 281/2. 398. 399. 515. 600. A. 39. Rep.
56. I. 31. — R. A. — A. n 1786. A. 6. — S. A. Manualien 1769 flf.
146/2. 39. 46. 49. 148/1. 2. 5. 6. 15. 23. 24. 149/1. 7. 536/88. 636/45.)
So hat auch dieser Archivar nach dem älteren Vorbilde Kölner's,
nach dem neueren eines Lieb, Wämpl, Aettenkhover und Eckarts-
hausen das Archiv um seiner selbst willen gepflegt und ausser-
dem, trotz der ursprünglichen Anwartschaft auf ein geringeres Loos,
doch auch an dem höchsten Zweck des Menschen mit bewusster
Anstrengung Theil genommen.
Oftmals ist in Vorliegendem auf die nun im J. 1799 erfolgte
organische Gestaltung der Archive Bezug genommen worden ; dieses
konnte geschehen, weil sie in ihrer Form durch v. Löher nicht
allein in den Blättern der Arcliivalischen Zeitschrift (Bd. I S. 81 flf.)
beschrieben und zur Kcnntniss gebracht worden, sondern weil sie
lange Jahre schon Gegenstand des Studiiuns der Archiv- Verwal-
tungen aller Länder gewesen und durch örtliche Einsicht allgemein
bekannt geworden ist. Es bedarf auch keines weiteren Hinweises
auf den folgenden Gang der bayerischen Archiv- Verwaltung, da diese
in den genannten Blättern nach Anstalten und Inhalt bis zum
heutigen Tage dargelegt wurde.
Schliesslich aber wird es jedem auch entfernteren Leser er-
kennbar sein, dass die vorliegenden Studien tieferen Grund haben.
Verfasser hat sich zur Aufgabe gestellt, nicht, aus Memorabilien
Art imd Dasein eines Staatsamtes imgefähr zu erläutern, sondern,
mit dem Bewusstsein der Haftung, dessen Geschichte darzustellen,
wie sie von der Reihe der früheren Amthabenden unter den jeweiligen
sachlichen Umständen selbst gefügt wurde. So war dann einerseits
um des Inhaltes des Amtes (der Bestände) willen, andererseits wegen
der Arbeits-Stellung des ArchivwTsens in der jeweiligen Staatsdienst-
Verfassung auch seine Umgebung in doppelter Rücksicht mitzuunter-
suchon und mitzubehandeln. Diese über 300 Jahre der bayerischen
Regierung ausgedehnten Studien zeigen aber, dass eine „Geschichte
der bayerischen Verwaltung'' ein aus den Münchner Archiven her-
stellbares und in hohem Grade nützliches Unternehmen ist Wie
sonst konnte PözTs Wunsch dahin gerichtet sein! Wenn wir für alle
Zweige der Kulturgeschichte im weitesten Begriffe Spezialgeschichten
aufweisen, die Nützlichkeit der Geschichte selbst antiker Rechtsquellen,
Rechts- und Regierungs- Verfahren, weit hinaus über den Staat des
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 117
Perikles verfolgend anpreisen, wenn wir die eine Seite, die Geschichte
unserer Landstände in voller Breite mehrmals niederschreiben, die
Geschichte unserer Kriegs- Vorfälle als Landesgeschiehte immer wieder
neu bearbeiten und auflegen, so dürfte heute die Geschichte der
Stellung, des Verfahrens, der Prinzipien, der Erfahrungen der La n des-
Verwaltung für sich, in regierungs-poli tischer und auch rein admi-
nistrativer Hinsicht, ein Erforderniss und gerade ihr die Eigenschaft
jeder Geschichte nicht vorzuenthalten sein, mit der sie mitzuwirken
hat als nicht ferner latente, sondern dem Gemeinwesen gehörige,
von der Regierung zu ihrem Selbst-Zweck und zur Erkenntniss
aller legalen Staatskräfte erzeugte Kraft.
Was nun zur Behandlung einer solchen, in ihre Ressorts zer-
fallenden Geschichte das letzte Menschenalter betrifft, so ist diese ohnehin
in jeder Weise noch lebende Tradition. Ueber das IL Viertel dieses
Jahrhunderts berichtet vorzüglich nach der Seite der Budgetisirung
hin Gustav Frhr. v. Lerchenfeld, der bekannte Minister und Ge-
schichtsfreund, in seiner „Geschichte unter König Max I mit besonderer
Beziehung auf die Entstehung der bayer. Verfassung" (1854). Liegt
damit eine Geschichte unter Max I eigentlich nicht vor, so ist auch
die zu erwartende Darstellung dessen, was unserer Urkundevom
J. 1818 und ihren Beilagen an Arbeiten, Thatsachen und Motiven
vorhergeht, nicht gegeben, das ganze, in Akten, Handschriften und
Literatur liegende „innere" Material nicht benützt, sondern nur der
formelle Prozess zur Verfassungsurkunde und, wie es scheint, auch
dieser nicht aus offiziellen Aktenstücken geschöpft. Montgelas und
wieder Montgelas heisst das Ministerium, welches auf dem Ver-
ordnungs-Wege das geographische Bayern zu einem politischen, das
privilegirte zu einem (sogenannten) nationalen umgearbeitet, dem seit
Kurfürst Max L in Bayern herrschenden Bureaukratismus, nicht
Absolutismus, ein intelligentes humanes Innere verliehen, Bayern mit
üeberlegenheit zu Gunsten Deutschlands von Frankreich und
Oesterreich selbständig losgerungen hat. Kann ferner mit Ernst unserer
Verfassung und ihrer Kontinuität auf die Dauer mit Nutzen gedient
sein, wenn verfassungsgeschichtlich das XIX. Jahrhundert, mit
Uebergehung selbst der nächst vorhergehenden Verwaltungs-Perioden,
unmittelbar an das XVI. angeschlossen, und wenn die Garantien
der Verfassungen dieser so entfernt von einander liegenden Epochen,
Landesperioden, deren Vertreter sich wie ihre Bildungs- und Rechts-
Mittel verschieden verbalten, zix ernstem Vergleiche aufgeboten
118 Neud^?ger:
werden ? Kurfürst Max I. war der letzte der absolutistischen
Regenten, seine Nachfolger regierten zur Zeit, da absolutistische
Gross-Staaten herrschten. Sodann erschien im folgenden Jahre
(1855) Professor A. Buchner's Band X der baver. Geschichte vom
J. 1799 — 1825, in welchem ausdrücklich gesagt ist, dass der Ver-
fasser nur schon Gedrucktes bringe, subjektive Ansichten vermeide,
die Thatsachen sich selbst begründen lasse. Eine Geschichte des
bayer. Ministeriums vom J. 1799 — 1817 hat Staatsrath und Reichs-
archiv-Direktor Frh. V. Freyberg als akadem. Denkrede (1838) auf
Montgelas geschrieben, wahrhaft historisch. Aber wie sehr wird selbst
eine Rede (und noch mehr eine pragmatische Staats-Geschichte) ohne
Quellen-Angabe werthlos! Er hätte jede Zeile zur Arbeitsgeschichte
Montgelas' mit dessen datirten Referaten belegen können, denn er
schrieb sie nirgends anders als sozusagen im Arbeitszimmer des
Ministers, der da einst seine Registratur mit eigener Hand gefuhrt hatte.
Alles, was als Sentenzen und Kautelen Freyberg's erscheint, sind
Montgelas' eigene geniale Gedanken, sein Eigenthum, und man darf
bloss hinzusetzen: So hat Montgelas Bayern und den Süden für
Deutschland erhalten, so hat er als der erste, und allein, dem öst-
lichen Feudalismus und westlichen Kommunismus, dieses integrirende
deutsche Land abgerungen. Wer kann sagen, mit welcher Politik er
dem Rheinbunde gegenübergestanden?
Die Brauchbarkeit von Freyberg's aktenmässiger Denkrede ging
unverdient leider dadurch noch mehr verloren, dass man damals
wusste, es könne Niemand sogleich nach ihm besser Begründetes
aufstellen, dann dadurch, dass er wie ein Anwalt spricht und fremde
Zeugnisse einführt. Dass Freyberg, der Staatshistoriker, inmitten der
Akten Montgelas' glaubte, so sehr jener Stimmung Rechnung tragen
zu sollen, welche mit der damaligen unhistorischen Zeitrichtung in
Bayern auf Romantik hinausging, ist bei der Persönlichkeit des
Autors und seiner Stellung also nicht ganz ohne Folgen geblieben
für das Studium unserer wichtigsten Geschichtsperiode, der Wurzel
unserer Verfassung und unseres Königthums. Ilebrigens
hat er die Berührung auch nur eines Punktes nicht übersehen und
richtig scheint seine Andeutung, dass die Enthebung Montgelas' er-
folgte, weil man ihn, den Gründer des neuen Staates, den Gegner
aller Romantik, seit den sicheren Zeiten eines deutschen Bundes-
tages für überlebt hielt. So urtheilte auch Söltl i. J. 1836 u. 1849
in seinem Werk'chen: „Max der Erste", das so merkwürdig der
Zur Geschichte der bayerischen Archive. 119
Tradition Bayerns und seiner Kanzler sich anschliesst, dass ein
besonderer Hinweis auf diesen Zusammenhang der Dinge noch für
lange vaterländische Pflicht bleiben wird.
Wem es aber nützlich genug erscheint, über die Geschichte,
iQsbesondere hinsichtlich der Selbständigkeit und Entwicklung des
bayerischen Verwaltungskörpers und seiner einzelnen Theile historisch-
rechtliche Studien anzustellen, wird sie am besten mit Montgelas
beginnen, von seinem Ministerium des Innern auf die Generallandes-
direktion, Oberlandesregierung, den Hofrath und den Geh. Rath,
sodann von seinem Finanzministerium auf die Hofkammer zurück-
gehen, hier das Hofzahlamt 0 ^^^ die Geh. Status -Kommission
berücksichtigen, und namentlich letztere bis zu den „zu den Stat's-
Sachen verordneten" Hof-, Hofkammer- auch Geh. Käthen bis zu
Mitte des XVI. Jahrhunderts verfolgen; auch in dieser Berück-
sichtigung wurden die Einleitungen zur Geschichte der bayerischen
Archive gegeben, deren Werth für die politische und innere Ver-
waltung eben Niemand richtiger beurtheilte und mehr liquid zu
machen verstand, als Minister Montgelas.
*) Vgl. E. Roth: lieber die Hofzahlamtsrechnungen im k. Kreisarchiv
für Oberbayem, in der Archiv. Zeitschr. II. S. 53; sodann F. Stieve: Zur Ge-
schichte des Finanzwesens und der Staatswirthschaft in Bayern unter Willielm V
und ^lax I: Akadem. Vortrag i. d. Sitzung der III. Ci. vom 8. Jan. 1881;
Derselbe: die Restaurationspoiitik Maximilians: Kap. I des Bandes V (im
Druck) zu den Briefen und Akten zur Gesch. des SQjähr. Krieges.
(Fortsetzung folgt.)
m. Bruchstücke aus der Geschichte eines östreichischeu
Stadtarchivs.
Von
Gustav Winter,
Concipist am k. k. Hof- und Staat sarfliiv.
Man wird der Geschichte der Archive eine gewisse Bedeutung
für die Culturgeschichte nicht absprechen können. Der Sinn für
die Vergangenheit und für die Zeichen und Denkmale, aus denen
sie sich vergegenwärtigen lässt, gebricht der Rohheit Wo culturelle
Strebungen Boden gefunden haben, tritt die Schätzung des bloss
Historischen ein, welche nicht nach dem praktischen Werthe des-
selben für die Gegenwart fragt. Wenn es gelänge, das Mass der
Sorgfalt und Pietät nachzuweisen, mit welchem irgend ein Rechts-
kreis: ein Land, eine Stadt, ein Kloster, eine Familie, seine alt-
überkommenen, für praktische Zwecke vielleicht schon belanglosen
Urkunden zu einer bestimmten Zeit aufbewahrt und gehütet hat,
so wäre daraus immerhin ein Schluss zulässig auf den Grad der
geistigen Potenzen, die damals in jenem Kreise wirksam waren.
Die Summe der örtlichen Erscheinungen und der zeitlichen Ent-
wicklungen gäbe dann ein zwar einseitiges, aber doch bemerkens-
werthes und lehrreiches Culturbild. Aber man wird hier nur sehr
schwer zu zusammenhängenden und umfassenden Darstellungen
gelangen können. Kaum die Geschichte eines einzelnen gegebenen
Archives, geschweige denn die Geschichte eines ganzen Archiv-
wesens wird sich aus den überaus dürftigen Spuren, welche das
Werden und Wachsen eines solchen Körpers zurückzulassen pflegt,
in einiger Continuität hersteUen lassen. Um so gebotener scheint
es, die Bruchstücke aufzulesen und zu bewahren, die der historische
Forscher hie und da auf seinen Wegen findet.
Solche Bruchstücke sind mir unter die Hände gekommen, als
ich im September 1877 einige Tage urkundlichen Studien auf dem
Stadtarchive zu Wiener-Neustadt widmete. Nur Bruchstücke: aber
Winter: Brudistücke aus der Gepchichte eineK « »st reich. Stadtarchivs. 121
doch vielleicht mehr, als man in einem anderen niederösterreichi-
schen Stadtarchive begegnen wird, und mehr als gut wäre, wieder
verloren gehen zu lassen. Darum glaube ich sie vorlegen zu dürfen
und zu sollen. 9
1.
Der Schutz der geweihten Stätten wurde im Mittelalter viel-
fach auch für die Urkunden in Anspruch genommen. Der Adel,
vereinzelt auf oft bedrohten, zerstreut im I^ande gelegenen Schlössern
lebend, legte häutig seine Docuniente in den benachbarten Kirchen
und Klöstern nieder. Hierin wird in nicht seltenen Fällen die
Erklärung des Umstandes zu finden sein, dass geistliche Archive
Urkunden bergen, die gar keine Beziehmig aufweisen zu dem Be-
sitzstande oder zu irgend einer Thätigkeitsäusscrung der betreffenden
geistlichen Anstalt. Die Städte hatten geringere Veranlassung, den
Schutz ihrer Privilegien der Hut fremdei' Hände zu empfehlen.
Auch in Oesterreich besassen sie schon früh ihre Rathhäuser. Dort
war der natürliche Aufbewahrungsort für die Schriftstücke, auf
denen das rechtliche Leben der Stadt beruhte. Aber auch in den
Städten suchte man hie und da Zuflucht und Sicherheit für den
Urkundenschatz in dem Sacrarium der Pfarrkirche. 2)
In Wiener-Neustadt ist für die Mitte des 16. Jahrhunderts
die Unterbringung des städtischen Archives nicht in, sondern an
der Pfarr-, späteren Domkircho zu Unserer Lieben Frauen, nämlich
in dem Erdgeschosse des einen ihrer Thürme bezeugt. In der Ur-
kunde aber, aus welcher die Kenntniss dieser Thatsache geschöpft
wird, 3) heisst es, diess sei „je und all wegen" so gewesen. Berück-
sichtigt man dazu die sofort mitzutheilenden urkundlichen Notizen
aus den Jahren 1363 und 1396, so wird man jenen Zustand mit
Sicherheit auch schon für das 14. Jahrhundert voraussetzen können.
Im Jahre 1363 machte Katharina, Witwe des alten Peter
*) Dieser Aufwatz erseliien in den Mittheihnij^en der k. k. Centralkommission
zur Jirhaltung der Kunst- und hiHtoriHehen Denkmale: da er aber von vorzüg-
lichem Interesse für archivali«che Kreise ist, und deshalb der Ilerausj^eber dieser
Zeit«ehrift die VerciffentHchung in derst»Iben wünschte, so wurde dazu die Ein-
willigimg bei der C'entralkommission erbeten und die Abhandlung vom Herrn
Verfasser zu diesem Zwecke noch einmal durchgesehen.
*) Vergl. Wattenbach Schriftw. S. 365 und fg.
*) Kais. Generalmandat ddo. 1555, Nov. 90, Wien, im Wiener-Xeustädter
Stadtarchiv, Hierin. XUII, Nr. 3. Vergl. unten § III,
122 Winter:
Permger, Bürgerin in der Neustadt, zu der Frauenkirche daselbst
eine Messstiftung, zu der sie 15 Pfund ewige Jahresgülte widmete.
Der Eath confirmirte diese Stiftung in einer Urkunde, die unter
anderem die Bestimmung enthält, dass „alle die brief, die umb die
vorgenant gult geben werdent, wie die genant sint, schullen alle
geantwort werden äne alle Widerrede den purgern dez rates in der
Newnstat, die^ schullen (si) denn legen in den turn, in den
sagrer oder wa si wizzen nach iren trewen, da si allerpest bewaret
und behalten sein", i) „Der" Thurm, von dem hier so ohneweiters,
ohne genauere Bezeichnung gesprochen ist, kann füglich nur ein
solcher sein, in dem die Stadt ihre Urkunden zu verwahren gewohnt
war; in dem „Sagrer*' lagen zweifelsohne die Documente der Pfarr-
kirche. Man sieht, wie die Gränzen zwischen Stadtarchiv und Pfarr-
archiv noch schwankend sind. Fuhrmann, in der Vorrede zu
seinem weiter unten (§ IV.) zu würdigenden Eepertorium des Neu-
städter Stadtarchives, stutzt schon auf obige Stelle die Behauptung,
dass im 14. Jahrhunderte das Neustädter Stadtarchiv im Thurme
der Pfarrkirche zu Unserer Lieben Frauen untergebracht gewesen
sei, „quem locum vulgo sagrer appellabant." Letztere Deutung ist
entschieden falsch; jenes aber, allerdings, wie gesagt, erst für die
Mitte des 16. Jahrhunderts ausdrücklich bezeugt, war sehr wahr-
scheinlich doch schon zwei Jahrhundertc früher das Bestehende. — Von
Fuhrmann übersehen, wenigstens nicht verwerthet ist Folgendes.
In den neunziger Jahren des 14. Jahrhunderts gingen heftige
Bewegungen durch die Bürgerkreise der Stadt. Parteiungen hatten
sich gebildet. Der Bürgermeister mit dem Rathe standen zusammen,
ihnen gegenüber der Stadtrichter mit der Gemeine der Bürger. Die
Geldgebarung des Rathes und die städtische Steuerwirthschaft erregten
in hohem Masse die Unzufriedenheit. Die Bürger erhoben die Frage,
wohin denn die Stadtsteuer komme, mit der man sie seit nun neun
Jahren drücke, da doch die Schuldenlast der Stadt von Jahr zu
Jahr anwachse? Dann ward geklagt, dass Recht und Gerechtigkeit
in der Stadt Schaden litten, da Bürgermeister und Rath nicht ^ehr
ins Burgtaiding, noch in die Schranne gingen. Nebst mancher anderen
Beschwerde wurden endlich auch noch Bedenken wegen leichtsinniger
Gebarung mit den städtischen Urkunden laut. Der Landesförst
>) Orig.-Urkuiide ddo. 1363, St. Dorotheen Tag (Febr. 6), Wiener -Neu-
städter Stadtarchiv, Scrin. XXIII, Nr. 17.
Bruchstücke aus der (teschichte eines ostrtMchist^hen Stadtarchivs. 123
bereinigte iu umfangreicher Urkunde*) die ganze Keihe der Zwist-
punkte, und da verfügte er bezüglich der zuletzt angeführten Be-
schwerde, „wegen der Schlüssel zu dem Thurme, darin ihre (der
Bürger) Briefe liegen": „wenn sie darüber gehen wollen, dass sie
zwei oder drei vom Rathe und ebenso viele von der Gemeine dazu
geben sollen, denen wohl zu glauben und zu getrauen sei, die
darüber gehen nach der Stadt Nothdurft; und dass auch der Rath
einen Schlüssel und die Gemeine den andern dazu habe."
Die Befolgung dieser herzoglichen Verordnung ist für das
15. Jahrhundert bezeugt. Die RathsprotokoUe der Stadt, die, bis
zum Jahre 1431 zurückreichend, einen der kostbarsten Schätze des
Neustädter Archives bilden, enthalten von Jahr zu Jahr die Namen
der Würdenträger der Gemeinde. Da erscheinen denn neben dem
Bürgermeister und dem Stadtrichter, den zwölf Räthen (consules,
Geschwornen), den zwei Stadtkämmerern, den vier oder sechs „Rait-
herren'', den vier „Steuerherren", auch die vier „Schlüsselherren".
Beim Jahre 143G findet sich angedeutet, was ihres Amtes ist: hier
heissen sie „die di sluessel zum turn sullen haben" ; 2) und im Jahre
1444 sind sie genannt „slüsselherren zu dem turn". 3) Regelmässig
befindet sich unter den vier Schlüsselherren, an ihrer Spitze genannt,
der Bürgermeister; eine zweite Stelle ist von einem Mitgliede des
Rathes besetzt; die beiden erübrigenden nehmen Bürger ein, die
nicht dem Rathe angehören.
n.4)
Für die Geschichte eines Archives sind diejenigen Cartularien
von Belang, welche die in dem Archive aufbewahrten Urkunden ent-
1) ddo. 1896, MontÄg nach der IIOÖO Maid Tag (Oct. 23), (Traz, Orig. im
Wiener-NeustÄdter Stadtarchiv, Scrin. XLI, Nr. 5; kurz erwfthnt bei Boeheim,
Chronik von Wiener-Neustadt, 2. Auflage, 1, 87.
») Rathsprotokoll I (1431—1467), Bl. 30».
») Ebd. Bl. 151». — Die Xeustädter Schlüssler des 14. Jahrh. aber sind
herzogliche Beamte. (Leupold der Lebel 1315 — 1329 , Pilgreim der Kitzel
1343—1346, Niklas Vegengast 1355-1360. Urkunden des Wiener Stadt- und
des steierm. Landesarchivs.)
*) Die Angaben des § II sind nunmehr durch dasjenige zu ergänzen, was
ich in der Einleitung zu meiner jüngst erschienenen Ausgabe des Wiener-Neu-
stÄdter Stadtrechtes (Archiv f. österr. Gesch. 60, 71—293), insbes. S. 79—94 und
97—99, über das c. 107 des Stadtrechtes, über die Neustädter Cartularien und
über Hans Roll beigebracht liabe. W.
124 Winter:
halten. Gewiss ist der Beweggrund zu ihrer mühevollen Anlegung
nicht allein in der Erleichterung der Urkundenbenutzung zu suchen:
einen vielleicht ebenso grossen Antheil daran hatte das Bestreben,
die Originale zu schonen. Sorgsam geführte Copialbücher werden
also auch Zeugniss ablegen für die richtige Würdigung, die ein
Archivbesitzer den Schätzen seiner Briefkammer entgegenbrachte.
Bei Geltendmachung und Verwerthung von Urkunden, die entfernt
vom Archive, etwa in einem Rechtsstreite, stattfinden sollte, war man
auf die Sicherung des Originals durch Anfertigung von mit demselben
völlig gleich worthigen Abschriften, von Transsumten bedacht.
In letzterer Beziehung ist ein Capitel des angeblich von Herzog
Leopold VI. der Neustadt ertheilten Stadtrechtes bemerkenswerth.
Dieses Capitel *) gewährt den Bürgern, dass sie nicht genöthigt
werden können, da« Original dieses Stadtrechtes („hoc nostrum
Privilegium") irgend jemandem ausser dem Landesfürsten vorzu-
weisen, „sed habeant unum rescriptum vel duo sub sigilli civitatis
karactere. cui velut nostro privilegio fides credula super omnibus
articulis debeatur." Aber die Echtheit der Leopoldinischen Urkunde
als solcher ist so fragwürdig, dass obige Bestimmung weit minder
als archivgeschichtliches, denn als kritisches Moment die Aufmerk-
samkeit herausfordert. Es möchte mit ihr weniger der Schutz des
wohl niemals vorhanden gewesenen Privilegiums, als vielmehr der
Schutz der Bürger vor Verlegenheiten beabsichtigt gewesen sein.
Gerade nur über dieses eine Capitel lassen sich Bürgermeister und
Rath im Jahre 1448 von dem Abte des Neuklosters zu Neustadt
ein Vidimus ertheilen. 2) Was sie dem Abte zu diesem Behufe vor-
legen, ist weder das Original, noch ein „rescriptum sub sigilli civi-
tatis karactere", sondern, wie aus dem Transsumte ganz unzweifel-
haft hervorgeht, jene Handschrift des Neustädter Stadtarchives aus
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus welcher der lateinische
Text des Stadtrechtes zuerst von Würth herausgegeben worden ist.
Was die Anlegung von Copialbüchern betrifFt, so ist Neustadt im 14.
und 15. Jahrhunderte darin eifrig genug gewesen. Bei der folgenden
Darstellung soll aus den Gränzen der Archivgeschichte in das Gebiet
der Archivbeschreibung so wenig als möglich hinübergetreten werden.
*) 107 des lateiiÜHchen Textes, Würth, 8tadtr. von Wiener-Neustadt 8. 105.
*) Vidimus ddo. 1448, Montag nach Tiburtius (Aug. 12), Neustadt. Abschrift
des 17. Jahrh. im Wiener »Staatsarchiv.
Bruchstücke aus der Geschichte eines Ost reichischen Stadtarchivs. 125
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand der bereits
von Würth und Meiller beschriebene und ausgebeutete Privilegien-
und Rechts-Codex (Scrin. A 1 no. 1), welcher das oben erwähnte,
angeblich von Herzog Leopold VI. den Bürgern verliehene Stadtrecht,
ausserdem die landesfürstlichen Privilegien des 13. und 14. Jahr-
hunderts enthält, in den auch das Kaiserliche Land- und Lehen-
rechtsbuch aufgenommen wurde. Zwei Schreiber sind an der
ursprünglichen Anlage des Codex betheiligt. Die von dem Einen
eingetragenen Privilegien reichen bis 1377, der Andere ging noch
zwei Jahre weiter. Da weder die allgemeine Privilegienbestätigung
des Herzogs Leopold von 1381, i) noch überhaupt eine spätere
Urkunde von diesen beiden Schreibern eingetragen wurde, so ergibt
sich ungefähr das Jahr 1380 als das der Entstehung der Handschrift.
Etwa hundert Jahre später schrieb man auf den leergebliebenen
Pergamentblättern noch einige weitere Freiheitsbriefe ein.
Ein anderes Cartular der Neustadt wird heute auf der kaiser-
lichen Hofbibliothek zu Wien bewahrt (Cod. 3083, ol. Rec. 405).
Es ist ein Quartband von 313 Blättern, dem. von einer Hand des
16. Jahrhundei-ts der Titel vorgesetzt ist: „Des edlen alten Hanns
Rollen und burger in der Neustat raths und ambtman und seiner
erben puech, in welchem erstlich di stiftbrief und benefici, die
khaiserlichen freihalten, die ungelt-, mautbrief und khaiser Priderichen
confirmationen aller freihält und die Statut oder statrecht der Neustat
in Oesterreich, auch die munzordnung, der munzmaister, des anwalds
und der andern unterambtleut und derselben zuegethonen oder ver-
wonthen aid, ain Ordnung und entschiedung wegen des weins in
die Steiermarch zu fueren, sambt der brotwag der Neustat in Oester-
reich, und khaiser Pridrichs confirmationen die khaufmanschaft und
niderlag der von der Neustat." In diesem Codex liegt sonach ein
Privatunternehmen einer patricischen, an der Stadtverwaltung in
hervorragender Weise betheiligten Familie vor. In dem ältesten
Stadtbuche erscheint Hanns Roll als Mitglied des Rathes der Zwölf
zu den Jahren 1462 und 1466, als Bürgermeister 1467, und aus
anderer Quelle ist bekannt, dass er noch 1469 diese oberste Würde
der Stadt bekleidete; er lebte noch 1482.2) Die Handschrift, wie
*) ddo. Freitag iu der Osterwoche (Apr. 19), Graz. Lichnowsky IV. Reg.
no. 1638 ad 1381. Wiener-Neustädter Stadtarchiv, Scrin. V, no. 3.
■) S. meine Urkundl. Beiträge zur Rechtsgeschichte etc. »S. XIX, nt^ 1
und Äich, f. österr. Gesch. CO, 88.
126 Winter:
sie jetzt vorliegt, ist aus verschiedenen Stücken zusammengetragen,
die nur zum Theil aus der Zeit des Hanns KoU stammen. Erst im
16. Jahrhunderte wurden sie — es sind ihrer neun — zu einem
Ganzen verbunden und je mit besonderen Titelüberschi*iften und
mit Ordnungszahlen versehen. Zu den ältesten Theilen gehört (no. 5)
ein deutscher Text des angeblich I^eopoldinischen Stadtrechtes, der ^
im Anfange des 15. Jahrhunderts geschrieben zu sein scheint und
sich durch Correctheit, sowie durch verständige Abgränzung und
Kubricirung der einzelnen Capitel auszeichnet. Etwa um die Mitte
des 15. Jahrhunderts ist der Abschnitt 6 geschrieben („Volget die
Ordnung und das ganz munzwesen, auch der munzmaister und des
anwalds sambt der unterambleuten, so dem munzwesen zuegethon,
aid und raitungen''), desgleichen 7 (Acten, betreffend die Verhand-
lungen zu Grätz zwischen den Bürgern von Wiener-Neustadt und
den steiermärkischen Ständen wegen der Weineinfnhr in Steiermark)
und 8 („Tolget der von der Neustat protwag nach gelegenhait, was
der muet waiz iederzeit pargelt gült, wie man das pfenbert brot
machen soll etc.''). Das erste Heft des Codex stammt aus der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts; es enthält Privaturkunden aus der Zeit
von 1340 bis 1469, grösstentheils Mess- und Altarstiftungen von
Neustädter Bürgern füi* dortige Kirchen betreffend. Die landes-
fürstlichen Privilegien von 1239 bis 1468 sammelten verschiedene
Hände des 15. und 16. Jahrhunderts in den Heften 2, 3 und 4.
Von der lezten (neunten) Abtheilung ist nichts vorhanden als der
Titel, wornach dieselbe die Freiheitsbriefe Kaiser Friedrichs HI. über
die Kaufmannschaft und das Niederlagsrecht der Neustadt von 1452
enthalten sollte.
Noch einmal wurden im 15. Jahrbunderte, und zwar gegen
den Ausgang desselben, die Rechtsurkunden der Stadt abschriftlich
zusammengetragen. Die Handschrift, 89 Blätter Papier in Quart,
gebunden in starke, mit braunem Leder überzogene Holzdecken, die
mit metallenen Ecken und Buckeln gefestet und verziert sind,
befindet sich im Neustädter Stadtarchive (Scrin. A 1 no. 2). Sie
enthält den deutschen Text des Leopoldinums sammt allen Anhängen,
und zwar einen Text, der mit jenem des eben besprochenen RolF-
schen Codex sehr nahe Verwandtschaft zeigt. Darauf folgen von
anderer, aber ziemlich gleichzeitiger Hand vierunddreissig landes-
fürstliche Privilegien aus der Zeit von 1239 bis 1468, in keinerlei
chronologischer oder systematischer Ordnung. Die Urkunden sind
Bruchstücke aus der Geschichte eines östreichischen Stadtarchivs. 127
als „capita" bezeichnet, mit fortlaufenden Ordnungszahlen versehen
und mit dürftigen Inhaltsangaben überschrieben.
Ein Nachkomme jenes Bürgermeisters Hanns Roll, Wolf gang
Roll, Hess noch im Jahre 1547 die Rechte der Stadt zusammen-
schreiben (Hofbibliothek Cod. 7702, ol. Rec. 110). Er brachte wieder
den lateinischen Text des Leopoldinums, dann auch das Lehenrecht
des Schwabenspiegels, das als „lehenpuch des loblichen hauss Oester-
reichs" bezeichnet ist. Des Lateinischen ist der Schreiber nicht
recht kundig gewesen, die in dieser Sprache geschriebenen Texte
sind grauenhaft verwildert.
m.
Für die Mitte des 16. Jahrhunderts ist folgende Art der Ver-
wahrung der Neustädter Urkundenvorräthe urkundlich beglaubigt.
An der Domkirche erhoben sich zwei Thürme, deren jeder „bei
der Erden" ein Gemach „auf das allerfleissigste mit eisernen Thüren,
Banden und gewaltigen Schlössen bewahrt" besass. In dem einen
dieser Erdgeschosse lagen gemeiner Stadt Privilegien und Freiheiten,
in dem anderen die Kleinodien und „Zier" der Kirche, wie es „je
und allwegen" der Fall gewesen. (Vgl. § I.)
In einer Novembernacht des Jahres 1555 ward der Stadtrath
über die Unzulänglichkeit seiner Vorsichtsmassregeln belehrt. Da ver-
suchten Diebe in den Thurm zu brechen, in welchem die Kirchen-
schätze lagen. Als dieser ihren Bemühungen widerstand, wandten
sie sich zu dem Archivthurm. Hier gelang es ihnen, die „grossen,
starken Schloss abzuwürgen" und in's Innere zu dringen. Ein
„goldenes Kleinotel, nämlich ein Kreuzel, so 39 Gulden wiegt und
darin zwei diamantene Lilien und zwei diamantene Rosen sammt
einem grossen Ratten (sie) doppelt gefasst sein", wurde geraubt;
auch schnitten die Einbrecher von den beiden grossen Freiheits-
briefen, mit denen Kaiser Friedrich III. zu Rom im Jahre 1452,
unmittelbar nach seiner Kaiserkrönung, die Stadt begnadet hatte,
die goldenen Sigille ab und nahmen sie mit sich.i) Die Jagd nach
den üebelthätern war eine lange. Im Mai des folgenden Jahres
^) Kai«. Generalmandat, „bei den Juden, CioldHchmieden und anderen
fleissige Ordnung zu thun, wo und an was Enden bemelte Uebelthäter betreten
wurden, dass die Kleinoder zur Obrigkeit genommen und denen von der Neu-
stadt zugestellt werden sollen", ddo. 1555, Xov. 20, Wien, im Wiener-Neustädter
Stadtarchiv, Scrin. XLIIT, nr. 3.
128 Winter:
wurde einer derselben, ein gewisser Primus ßaditsch aus Cilli, zu
Eisenstadt unter den Juden im Besitze der geraubten Gegenstände
betreten und gefangen genommen. Als Mitschuldige nannte er einen
haussässigen Hufschmied zu Neustadt Namens Thomas Martpurger,
einen Johann Mandritsch, Studiosus aus Mitterburg in Krain, und
einen Georg Wlabakher. Der Hufschmied wurde zu Neustadt ein-
gezogen, den Studiosus griff man zu Wien auf; der Vierte scheint
niemals ereilt worden zu sein. Raditsch und Martpurger büssten
ihre Schuld mit dem Tode. Die Anklage wider den Studiosus war
von Raditsch schon bei der ersten Confrontation widerrufen worden.
Noch auf der Richtstätte, vor der versammelten Menge, erklärten
ilm die beiden Todescandidaten für schuldlos und baten ihm ab,
worauf er gegen Urfehdeschwur des Gefängnisses entlassen wurde.
Die Stadt hatte seinetwegen noch Schreibereien und Weitläufigkeiten.
Denn mit der Genugthuung für die Antastung seiner Ehre und
zumal mit der Entschädigung für das erlittene Gefängniss nahm es
der Studiosus sehr genau und behelligte deshalb wiederholt die
niederösterreichische Regierung, welche endlich, nachdem die Ver-
handlungen ein Jalir gedauert hatten, resolvirte, dass ihm die von
der Neustadt die Kundschaft seiner Unschuld in lateinischer und
deutscher Sprache unter gemeiner Stadt gi-ossem Insiegel fertigen
und wegen des erlittenen Gefiingnisses ein Gnadengeld von 10 Gulden
rhein. zustellen sollten, i)
Die Folge der unliebsamen Erfahrung, die man mit dem Thurme
bei Unserer Lieben Frauen gemacht hatte, war die Uebertragung
des städtischen Archives in das Rathhaus, wo es in einem ziemlich
geeigneten, vor Feuer und Dieben gesichertea Räume untergebracht
wurde. 2)
IV.
Von nun an gibt es keine Nachricht mehr über Schicksale
und Bestände des Neustädter Archives bis ins 18. Jahrhundert.
Durch mehr als ein Jahrhundert scheint sich Niemand desselben
angenommen zu haben, der Verfall war ein fortschreitender. In
welchem Zustande sich in Folge dieser Verwahrlosung im Anfange
der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts das Archiv befunden,
») Wiener-Neustädter Stadtarchiv, Scrin. XLHI, nr. 4. Vgl. Boeheim 1, 169 fg.
*) Fuhrmanns Rep., praef. ad Iwt.
Bruchstttcke au8 <ler GeKoliichte eiiK»s östreiduHchen Stadtarchivs. 129
erfahren wir von seinem Retter, dem Pater Fuhrmann.^) Ohne
irgend eine Ordnung waren damals <lie Archivalien zu Häuf
geschichtet, „ima suramis permista ac quasi susque deque habita
penitusque neglecta". Viele Urkunden lagen auf dem Boden herum,
sie hatten „ob tarn ingentem rerum perplexitatem grave vulnus''
davon getragen, die Schriftzüge waren verwischt, die Siegel zertreten,
„miseram intuentibus speciem praebuerunf ' ; irgend etwas aufzu-
finden war ein Ding der Unmöglichkeit.
Welche Persönlichkeit es gewesen, der diese Wüstenei zu
Herzen ging, wer die Anregung gab, zu retten, was noch zu retten
war, ist nicht bekannt. Vielleicht war es der Pater Fuhrmann
selbst, der sich später Verdienste um das Xeustädter Archivwesen
erwarb, die noch nicht genug gewürdigt worden sind. Thatsache
ist, dass im Jahre 1724 an den Magistrat von dem landesfürstlichen
Stadt-Commissarius eine Resolution gelangte, welche die Herstellung
der Ordnung im Archive und die Anlegung eines Kataloges aller
darin vorhandenen Urkunden und Acten auftrug.
Mit der Resolution war nichts gethan; es fehlte der rechte
Mann für die schwierige Aufgabe. Fast noch dreissig Jahre schleppte
sich, trotz wiederholter Anläufe einzelner Stadträtho, die alte Ver-
wirrung foii: „(ad quam resolutionem exequendam) cura demandata
est iam his iam rursum aliis e . . . . magistratus viris consularibus ;
verum cum rem tot ambagibus tricisque intricatam vix primis labiis
degustassent, protinus manum de tabula subtraxerunt. Tentarunt
plures et plures inceperunt, at oneri cedero volentes non perfecerunt;
sicque res infecta manens in pristino implicato statu perduravit ".
Um das Jahr 1750 endlich kam die Sache in die richtigen Hände.
Da beauftragte der Magistrat den Conventualen des Pauliner-Klosters
zu Wiener-Neustadt P.Mathias Fuhrmann, der die vaterländische
Geschichtsliteratur mit mancher besser gemeinten als gewordenen
Leistung 2) bereichert hat, mit der Wiederherstellung des städtischen
Archivwesens.
*) Das Folgende gri^tentheÜH nach deHsen Repert. d. Nennt. Arch., praef.
ad lect.
*) Alt- und Neu-Oesterreich, 1734—37; Alt- und Nen-AVien, zwei Bünde,
ebd.; Leben und Wunderthaten de« heiligen Severini, aus dem I^tein., ebd. 1746;
Beschreibung und kurze Nachricht von der Stadt Wien und ihren Vorstädten,
4 Bände, ebd. 1766—70; Allgem. Kirchen- und Weltgeschichte von Oesterreich
ArchiTaliMhe Zeitachrift YU. ^
130 Winter:
Mehrjährige unausgesetzte Thätigkeit wandte der gelehrte
Pauliner an die Ausführung des ihm gewordenen Auftrages. Im
Jahre 1755 konnte er die Frucht seines Eiesenfleisses, das von seiner
Hand geschriebene Kepertorium des neu geordneten Archives, einen
Folianten von 620 Seiten, dem Stadtrathe vorlegen. Der Titel dieses
ßepertoriums lautet vollständig: ,,Eepertorium et recensio specialis
omnium diplomatum, privilegiorum, literanim fimdationalium, actorum
aliorumque veterum ac recentiorum monumentorum, quae in charto-
phylacio sive archivo archiducalis ac limitanei municipii Novae
civitatis Austriae inferioris asservantur. Cum subiunctis summariis
rerum in praecipuis instrumentis contentarum. A seculo post
Christum natum XTU. usque ad praesens sec. XYIII. ordine chrono-
logico coUocatum ac in quatuor classes digestum. Accedunt non
solum supplementa ad easdem classes spectantia, verum etiam copiosus
index materiarum, rerum et verborum. Quod iussu et auspiciis
consulis, iudicis et senatus eiusdem ci^-itatis, quos deus sospitet,
in hanc formam redegit publicoque commodo restituit K. P. M.
Fuhrmann ord. s. Pauli p. e. Anno reparatae salutis humanae
CIO.IO.CCLV."
Eine Widmungsscbrift an den Stadtrath: „Consuli, praetor!
ceterisque consultissimis senatoribus" eröffnet das Werk ; sie erwähnt
in Kürze den von Seite des Käthes an den Verfasser ergangenen
Auftrag und preist die wohlangewandte Fürsorge der Stadtväter mit
gebührender Lobeserhebung. Darauf folgt eine „Praefatio ad lectorem,
praesertim ad archivi praefectum'^ Sie beginnt mit einer Diatribe
über die Bedeutung und die Anfange des Archivwesens. Jene wird
mit Aussprüchen des Aristides Rhetor,^) des jüngeren Plinius^) und
des Königs Alfons von Spanien 3) illustrirt, für diese werden unter
Anderem die const. 30. Cod. I. 4. de episcop. audientia und die
von K. Augustus an bis auf das 337. Jahr n. Chr. G., ebd. 1768; u. s. w. Fuhr-
mann starb 83jährig als General der österreichischen Provinz semee Ordens
im Jahre 1773. Wurzbach, Biogr. Lex. 5, 28 fg.
*) „Totus vitae fructus et quasi summa in literis homini consistit." Orat.
in Aesculapiiun.
*) „Libros liberis clariores tanto esse oportere, quanto filü mentis praestant
filiis corporis". Epist. 19 de literar. laude.
') ,,Genmiae et uniones verae non in thesauiis prindpmn, sed in libris
quaerendae, mortuique in quovis negotio tutius consulendi quam vivi." Anton.
Panorm. 1. 2, c. 17.
Bruchstücke aus der Gescliichto eines östreichischen StadtÄrchivs. 131
Lex Alam. (reform.) tit. 1 herangezogen. ,J!fon ad usum solum,
sed etiam in ambitionem et splendorem" errichteten die Könige
Archive und Bibliotheken. In einigen dürftigen Andeutungen berührt
sodann Fuhrmann die Geschichte des Neustädter Archives vom 14.
bis zum 18. Jahrhundert, worauf er sein archivalisches System ein-
gehend erläutert. Die Vorrede schliesst mit Ermahnungen an die
künftigen Archivare über die gewissenhafte Führung des Aushebe-
Protokolles und über die Verwendung von Abschriften und Trans-
sumten zum auswärtigen Gebrauche.
Die gesammte Archivalienmasse ist von Fuhrmann in vier
Classen getheilt. Die erste Classe ist die der Privilegien. Sie ent-
hält „diplomata et privilegia ab imperatoribus, regibus, archiducibus
summisque terrarum Austriacarum principibus nee non Hungariae
regibus data et concessa; item resolutiones , patentes generales,
decreta, mandata et intimata tum ab aula caesarea tum a supremis
Attstriae atque Hungariae aulico-caesareis regiisque instantiis iudi-
cialibus emanata, antiquas et semper innovatas et confirmatas liber-
tates, immunitates, iura municipalia, exemptiones et consuetudines
privatas civitatis concernentia" ; im Ganzen 104 Stücke aus der Zeit
von 1239 bis 1753. Anfanglich Uebersehenes bringen ein Supple-
mentum und ein Appendix; sie enthalten zahlreiche Abschriften
und Transsumte. (Seite 1 bis 224 des Repertoriums.)
Die zweite Classe begreift die Stiftungen : „literas fundationales,
emptiones et venditiones, instrumenta ad sacras fundationes spec-
tantia^ documenta iuris patronatus seu praesontandi clericos ad
beneficia ecclesiastica, reversales, confirmationes et resignationes
capellanorum beneficiatorum sive recentiorum canonicorum ecclesiae
cathedralis ad b. Virginem, literas pontificias et buUas indulgentiarum,
nee non alias cartas et membranas tum civicorum hospitalium
fundationalia, tum reliquas pias causas et dispositiones concernentes";
113 Stücke aus der Zeit von 1295 bis 1753. Wieder ist ein Supple-
mentum, und ausser diesem noch ein Appendix erforderlich ge-
worden; zusammen 93 Stücke von 1341 bis 1716. (S. 225 bis 365
des Eepertoriums.)
Für seine dritte Classe hat Fuhrmann das Schlagwort Acta.
Wie weit er von dem heutigen archivalischen Begriffe dieses Wortes
entfernt ist, zeigt seine Speciflcation des Inhaltes dieser Classe:
^comprehendit multifaria civitatis huius acta, transactiones sive pacta
cum diversis partibus adversis conventa, Utes diremptas, causarum
9*
132 Winter:
decisiones et sententias in favorem magistratus et totius universi-
tatis civicae latas, iurisdictionem territorialem iuraque iudicii capitalis
et antiquorum privilegiorum, locationes fimdorum et bonorum cen-
suales, eontractus, reversales, emptionis et venditionis instrumenta
aliaque literaria et authentica raonumenta, quae partim in genere
ad res Austriacas, partim in specie ad notitiam rerum gestarum
praeinsinuatae Novae civitatis pertincnt". Ungemein zahlreiche Ur-
kunden und Acten des verschiedensten Betreffs aus der Zeit von
1276 bis 1751 sind hier zusammengebracht. Im Repertorium erscheint
in dieser Classe als älteste eine Urkunde ohne Jahresangabe zu
c. 1245 eingereiht; aber es ist der bekannte Brief Herzog Friedrichs
des Schönen aus Ravensburg an die Neustädter, i) der in das Jahr
1309 gehört. Fuhrmann theilte ihn Friedrich dem Streitbaren zu.
Ein Supplementimi enthält Archivalien aus der Zeit votf 1277 bis
1718. (S. 367 bis 503 des Repertoriums.)
Die uralte Noth der Archivare, die Miscellanea, haben dem
Bearbeiter des Neustädter Archives eine eigene Classe, die vierte
und letzte seines Repertoriums, abgedrungen. Hier hat er zusammen-
gelegt „privilegia exterorum et nonnullorum locorum vicinorum,
privatas causas iudiciales nee non critninales, varias sententias et
causarum decisiones, supplicationes, relationes ad excelsum regimen
et civium loci huius magistratum, acta diversissima ac omnis generis
instrumenta literaria tarn publica quam privata concementia, nulla
habita ratione ad ordinem clironologicum collocata": 1324 bis circa
1750. In dieses Kunterbunt konnte alles, und zwar an jeder beliebigen
Stelle, da die angekündigte chronologische Ordnung eine nichts
weniger als ungestörte ist, hineingestopft werden, und so gibt es
denn zur vierten Classe kein Supplement. (S. 504 bis 572 des
Repertoriums.)
In den ersten drei Classen und in deren Supplementen und
Appendices ist die Reihung der Documente die chronologische. Jede
Urkunde erscheint in dem Repertorium mit ihrem Datum, mit einer
kurzen schlagwortartigen Andeutung ihres Inhaltes und mit ihrer
Signatur ; fortlaufende Bezifferung ist nicht vorhanden. Die Signatur
bezieht sich auf die Location, sie besteht aus der Nummer der Lade
und der Nummer der Urkunde innerhalb der Lade. Bei den wich-
«) Hormayr's Archiv für Geschichte etc., 1828, S. 322, veigl. Böhmer,
Additam, IL ad 1246—1813, a 503.
Bruchstücke aus der Geschichte emes östreichischen Stadtarchivs. 133
tigeren Urkunden, fast durchgehends in Classe I und II, ist noch
ein „Summarium" beigefügt, nämlich eine ziemlich ausführliche,
theilweise wörtliche Wiedergabe des Inhaltes in der Sprache des
Documentes. In Classe IV findet keine Einzelbehandlung der Ur-
kunden und Acten mehr statt; nach gewissen sachlichen, oft recht
schwankenden Gesichtspunkten sind hier grössere oder kleinere
Gruppen unter gemeinsamem Rubrum vereinigt.
Den Schluss des Repertoriums bildet ein alphabetischer Index
zu demselben (S. 573 bis 620). Er weist die ganze Unbehilflichkeit,
den Mangel an Sinn für das praktische Bedürfiiiss des Benutzers
auf, welche den Gebrauch auch der gedruckten Urkundenwerke des
vorigen Jahrhunderts oft so sehr erschweren. Neuere Hände haben
lue und da nachgeholfen.
Die äussere archivalische Behandlung der Urkunden und Acten
selbst steht insofern auf einem vorgerückteren Standpunkte, als die
Vereinigung der Urkunden in Fascikel nicht die Regel ist. Alle
älteren Documente, durchschnittlich bis ans Ende des 15. Jahr-
hunderts, Privilegien, Stiftungsbriefe und andere wichtigere Urkunden
auch aus späterer Zeit — fast sämmtUche Archivalien der ersten
und zweiten Classe — sind einzeln in Pallien gelegt, welche die
Siegel frei lassen, und welche die im Repertorium erscheinende
Rubrik tragen: Datum, Inhaltsandeutung, Nummer der Lade und
der Urkunde innerhalb der Lade. Die „Acten" (Classe IQ) und Mis-
ceUanea aber sind in Fascikel vertheilt, welche in gleicher Weise
signirt sind. Die Archivalien ruhen in drei grossen Schränken
(Armaria) von solider Schreinerarbeit des vorigen Jahrhunderts. Der
erste enthält 123 mit römischen Ziffern bezeichnete Laden (Scrinia);
die Gefache des zweiten sind mit A — Z, jene des dritten mit Aa — ^^Zz
signirt.
Man kann der archivalischen Leistung des Paulinermönches
hohe Anerkennung nicht versagen. Die wüste Masse, die er vorfand,
ist von ihm in verhältnissmässig kurzer Frist mit erstaunlicher
Umsicht und bedeutendem Sachverständniss in das Oefüge einer
wenigstens äussern Ordnung gebracht worden. Was von ihm für
das Neustädter Archiv gethan ist, hat die Bedeutung einer Rettung.
Muss die Theilung des Stoffes in vier durch äusserst unsichere
Gränzen geschiedene Gruppen, muss insbesondere die zur Regel
gewordene Nachsehleppung von umfänglichen Supplementen und
Appendices als ein bedauerlicher ücbelstand bezeichnet werden,
134 Winter: Bruchstücke aus der Geschichte eines Ostreich. Stadtarchivs.
fehlt es ini Einzelneu nicht an Irrthümern und Missverständnisseu,
so ist doch die Leistung für das Jahrhundort, in dem sie entstanden
ist, als eine ungemein tüchtige zu bezeichnen. Nirgends sieht man
bestellte und bezahlte Arbeit; überall tritt die selbsteigerie freudige
Theilnahme des Arbeiters an seinem Werke hervor, seine ganze
und volle Hingebung an dasselbe aus eigener Lust imd liebe. Und
das gerade ist es, was den Mann und seine Leistung dem späten
Fachgenossen so worth macht, dass er gern übersieht, wo jener
strauchelte.
Wie Fuhrmann von dem Zwecke der Archive denkt, sagt er
in seiner Yorredc an den Leser; in Worten, die auch in unserer
Zeit als Epigrapli jedes Archivgebäude zieren wüi-den: „Me iudiec
haud male sensit, qui dixit eiusmodi monumenta, si lateant, esse
divitias pauperes, quia ingnotae; esse gratias gratis datas, quia
neglectae; esse opes inutiles, quia sine usu; verbo, esse privilegia
privilegiis carentia, quia tinearum, glirium et teredinum pabula."
Seit Fuhrmann hat bis auf die allerjüngste Zeit Niemand mehr
Hand angelegt an die Weiterführung des von ihm Geschaffenen.
Der grosse Brand des Jahres 1834 berührte kaum das Archiv.
Lücken sind allerdings eingerissen. Im Grossen und Ganzen aber
ist die Ordnung heute noch die von Fuhrmann hergestellte, sein
Repertorium noch immer der einzige Ijeitfaden für den Benutzer.
In letzter Zeit regt sich wieder in der Gemeinde der Sinn für das
städtische Archivwesen. Eine Commission zur Ueberwachung und
Leitung des Archives ist eingesetzt, dasselbe ist aus dem alten
finsteren und engen Räume in einen geräumigen hellen, im zweiten
Stockwerke, des Rathhauses gelegenen Saal übertragen. Aber was
die wissenschaftliche Neuordnung und Bearbeitung betrifft, so steht
dem guten Willen nicht das finanzielle Können zur Seite. Dies ist
bei einem Archive von dem Alter und der Reichhaltigkeit des hier
besprochenen, bei einer Stadt von so hoher vaterlandsgeschicht-
licher Bedeutung auf das tiefste zu beklagen.
IV. Einsammlung von Archivalien für das Salzburgische
Landesarchiv. ^)
Von
Friedrich Pirckmayer,
k. k, Regierungsarchivar in Salzburg.
Das bei der Landesregierung in Salzburg bestehende Archiv
ist schon in seiner ursprünglichen Anlage eine Sammlung von
Registraturen und Kogistraturresten der ehemaligen Central-Stellen
und der höheren Behörden aus der Zeit der Landesherrlichkeit des
Erzstiftes Salzburg, wie auch der der Säcularisation in raschem
Wechsel gefoigten Eegierungs-Perioden zu Anfang unseres Jahr-
hunderts. Das eigentliche salzburg-erzstiftische („geheime") Archiv
und das Archiv des Dom-Capitels sind, und zwar ersteres wieder-
holt (1796, 1797 und 1800), geflüchtet, dann aber - 1806 und
1809 — völlig nach Wien, der Rest des letzteren endlich — noch
1816 — nach München gebracht worden.
Als nach den erwähnten mehrfachen Regierungswechseln Salz-
burg im Jahre 1816 zum zweitenmal und dauernd mit Oesterreich
vereinigt wurde, war man sofort bedacht, die zurückgebliebenen,
insbesondere für die Administration immer noch bedeutenden und
werthvollen Archivtrümmer und Registraturen zu sammeln und zu
sichern und sie unter dem Namen „Central-Registratur" zu ver-
einigen.
Den ausdauernden Bemühungen geistvoller und patriotischer
Männer, wie Fellner, Skrbensky, Chorinsky und Anderer, gelang
*) Anm. (l. HerauHgeberH. Dieser Auszug aus dem in Üestreich
veröffentlichten Bericht finde hier seine Stelle als belehrendes Beispiel,
wie höchst verdienstlich, aber auch wie dringlich solche Vervollständigungen
der Landesarchive sind, und in welcher Art und Weise sie am füglichsten
durchgeführt werden.
136 Pirckmayer:
es auch, dem neugeschaiBFeiien Archive das eiforderliclie Per^jonal
und die nöthigen Mittel zu erwirken und zu erhalten, wodurcli
dessen Bestand und Entwicklung gesichert schien.
Die Activirung der politischen Behörden im Jahre 1850 braclite
zwar — allen Erwartungen entgegen — dem Archive Nachtheile,
die sogar dessen Fortbestand gefährdeten, indem das Archiv seine
Dotation und sein eigenes Personal verlor; allein im Jahre 1866
trat eine neue und hoffentlich nachhaltige Wendung zum Besseren
ein. Ein wesentliches Verdienst hiebei gebührt ohne Frage dem
salzburgischen Landtage.
Als nämlich dieser anlässlich der von ihm betriebenen und
auch erwirkten Extradirung der landschaftlichen Archivalien in die
Kenntniss des misslichen Zustande« des „Central-Archivs" gekommen
war, legte er, sofort den Werth und die Wichtigkeit dieser colossalen
Actensammlung für die salzburgische Landes- und Culturgeschichte
richtig erkennend, bei der Staatsregierung ein kräftiges Fürwort
für das Central-Archiv ein und bat um die Verfügung, dass das-
selbe gesichtet, geordnet und seine Benützung für öfFentliche, wissen-
schaftliche und Privatzwecke möglichst gefordert werde.
Die Landes-Kegierung theilte selbst diesen Wunsch, und den
vereinten Bemühungen Beider gelang es, von da an schrittweise
das Archiv aus dem (ungerissenen Verfalle zu befreien und einem
Aufschwünge zuzuführen, der .imVerhältniss zu den Kräften und
Mitteln höchst bedeutend genannt werden darf. Einer der wichtigsten
Schritte zu diesem Ziele war ausser Bestellung eines eigenen Ar-
chivars und Rückleitung der von Salzburg weggebrachten Archivalien
die Sammlung der im Lande bei verschiedenen Aemtem noch vor-
handenen (vorzüglich der pfleggerichtlichen) Acten, und der erste
Schritt dazu war die Sistirung der beabsichtigten Scartirung (Ma-
kulirung), welche bei dem Präsidium des k. k. (isterr. Ober-Landes-
gerichtes in Wien beantragt und auch sogleich verfügt wurde.
Diesem folgte die Einholung von amtlichen Auskünften: ob und
welche ältere sammeln swerthe Actenstücke vorhanden seien, und
unter welchen Modalitäten die Abgabe derselben am füglichsten zu
realisiren wäre?
Die Antworten der k. k. Bezirksgerichte waren nach Umfang,
Darstellung und Inhalt sehr verschieden. Die meisten waren ganz
allgemein gehalten, nur einzelne wenige von Registratur-Plänen
oder summarischen Verzeichnissen begleitet. . Sie Hessen eben nur
Einsammlung von Arclüvalien flVr (laß Salzburgisi'he T>an4lcsan'hiv. 1:37
erkennen, dass es hohe Zeit sei, einzugreifen, wenn überhaupt noch
etwas erhalten bleiben sollte.
Es zeigte sich nämlich, dass von den aJtsalzburgischen Pfleg-
gerichten nur noch drei Archive — zu Golling, Werfen und Tams-
weg — ziemlich vollständig und auch in verhältnissmässig guter
Ordnung erhalten seien, während bei acht Gerichten — Abtenau,
Gastein, St. Gilgen (Hüttenstein), Mittersill, Saalfelden (Lichtenberg),
St. Michael, Taxenbach und Thalgau (Wartenfels) — nur noch grössere
oder kleinere, mehr oder minder ungeordnete Beste vorhanden
blieben. Weiter ergab sich aus den eingelaufenen Nachrichten, dass
die pfleggerichtlichen Archive zu St. Johann, Goldeck, Grossari und
Wagrain — 1855 — durch Brand, jenes von ßadstadt theils —
1865 — gleichfalls durch Brand, theils vorher schon durch Scar-
tirung, und endlich jenes zu Lofer bis auf einen kleinen jetzt in
Sicherheit gebrachten Rest durch Scartirung unwiederbringlich ver-
loren gingen, dass Oberndorf niemals ältere Acten besass, und dass
die pfleggerichtlichen Archive zu Neumarkt (Alt- und Lichtenthann)
mit Strasswalchen-Hallein, Mattsee, und zwar erst seit 1867 Salz-
burg mit Glaneck, Neuhaus und einem Theile von Staufeneck mit
Glan, — dann von Zell am See (Caprun) spurlos verschwunden seien.
Die ebenfalls befi^agten k. k. Bezirkshauptmannschaften er-
statteten Fehlanzeigen.
Die Landes-Regierung sah sich durch dies Ergebniss veranlasst,
den mit der Besorgung der Central-Registratur betrauten damaligen
k. k. Regierungs-Official Friedrich Pirckmayer mit dem Auftrage
abzusenden, „das Wesentliche des Gehalts jener Archive, ihren
Zustand, Art und Ort fhrer Verwahrung, endlich ihre Eignung zur
Abgabe an das Central-Archiv, und die zweckmässigste Art, letztere
zu bewerkstelligen, so vollständig, als es ohne gi-ossen ZoitAufwand
möglich, zu erheben."
Da für diesen Zweck nur äusserst beschränkte Mittel zur Ver-
fügung standen, musste die Reise nach Zeit und Ausdehnung
beschränkt werden. Es wurde daher vorläufig als erste Tour der
Besuch der Gerichts- und Amtsorte Werfen, St. Johann, Lend,
Taxenbach, Zell am See und Saalfelden angeordnet und zugleich
jener von Hofgastein und Mittersill als erwünscht bezeichnet, und
in der kurzen Frist von nur 17 Tagen ausgeführt. Der Bericht-
erstattung hierüber war nur durch die oben angegebenen Fragen
eine bestimmte Gränze gezogen ; diesen standen die Verhältnisse
138 ' Pirckmayer :
des jCeiitral-Arcliives und die verfügbaren, respective in Aussicht
stehenden Mittel als weiter massgebende Factoren zur Seite. Nach
diesen Gesichtspuncten stellte Pirckmayer nach Durchführung der
ihm gewordenen Aufgabe unter Erstrebung des Erreichbaren seine
Anträge dahin: „Es seien bei der beabsichtigten Einsammlung in
Hinsicht auf den Zeitumfang nur Acten aus älterer Zeit bis zur
zweiten dauernden Besitzergreifung (1816) zu berücksichtigen, unter
diesen historisch wichtigen Zeitabschnitt aber in der Regel nicht
herabzugehen. Ebenso sei bei der Auswahl — mit Rücksicht auf
den Inhalt der Archive, beziehungsweise auf den Wirkungskreis der
Aeniter, welche Funde von geschichtlich hochwichtiger und allge-
meiner Bedeutung von vornherein nicht erwarten lassen, i) — vor-
züglich auf jene Acten zu greifen, welche für die Geschichte des
Landes und insbesondere für dessen Culturgeschichte oder Topo-
graphie von Werth sind, oder (mit Rücksicht auf die von höherer
Stelle wiederholt betonte vorwiegende Bedeutung des Central-Archives
für administrativ practische Zwecke) auf solche, welche Besitz- und
Rechts -Verhältnisse betreffen; es wäre sohin vorzugsweise auf
Original-Urkunden und Urkunden-Copien, auf Generalien (Mandate,
Befehle) jeder Art, auf Urbarien, Lehen-,. Stift- und Steuer-Bücher,
auf Religions-Gegenstände, Taidinge (Ehehaften und Landrechte),
Bürgerschafts- und Gewerbe-Acten, auf Bruderschafts- und Armen-
wesen , wichtigere Oriminal- oder Malefiz-Acten , endlich auch auf
Beschreibungen, Bauten, Pläne und Karten Rücksicht zu nelunen."
Hinsichtlich des Quantums der auszuwählenden Acten durfte
in erster Linie wohl nur der Werth derselben entscheidend sein.
Die Eigenart der pfleggerichtlichen Archive bietet jedoch gerade in
dieser Beziehung Gelegenheit zu sehr verschiedener Auffassung,
und konnten, ja mussten sogar für eine mehr oder minder rigorose
Auswahl wohl auch der Kostenpunct und die Frage der räumlichen
Unterbringung in Rechnung gezogen werden.
') Diess war unisowoiiigor möglich, als diese Acten bereits wiederholt
und unt^r weit günstigeren T^mständen gesichtet worden. Zuerst wvu'den die
l*rteg-Gerichte unter kurftlrstlicher Regierung (1803—1806) aufgefordert, wich-
tigere Acten und Urkunden an das salzburgisohe (damals „geheime") .Vrchiv
abzugeben; nachdem diess geschehen und im Jahre 1806 und 1809 das Archiv
nach AVien geflüchtet worden war, ordnete s])ilter die bayerische Regierung
(1810 — 1816) die Einheferung solcher Acten etc. an das bayerische Acten-Con-
servatorium in Salzburg an.
Einsammlung von Archivalien für das Salzburgische Landesarchiv. 139
Von vornhereift von der Uebernahmo für das Archiv aus-
geschlossen mussten aus diesen Gründen betrachtet werden die
überaus zahlreichen Gerichts - Protokolle und Amts - Rechnungen ;
Änlaitlibello und Weihsteuer -Bücher wurden, da sie im Central-
Archive bereits vorhanden, zurückgelassen; die Gerich ts-Notlbücher
endlich von den Gerichtsbehörden vorbehalten.
Da anderseits eine endgiltige und dabei erschöpfende Auswahl
des zur ferneren Verwahrung im Archive Geeigneten im Einzelnen
zunächst nicht gerathen noch nothwendig schien, weil eine solche
einen allzulangen Aufenthalt und daher zu grosse Kosten verursacht
hätte, auch ohne vorausgegangene genaue Erhebung des Bestandes
und Inhaltes sämmtlicher noch vorhandener Archive ein gleich-
mpsiger Vorgang hiebei gar nicht möglich gewesen wäre, so ging
nach vollendeter Lustrirung das (hitachten dos Berichterstatters
dahin: dass es sieh empfehle, die betreffenden Archive oder doch
die vorzüglich geeignet erscheinenden Gruppen möglichst vollstäudig
zu übernehmen und die Prüfung und Auswahl d(»s Einzelnen nach
den oben skizzirten Grundsätzen erst in Salzburg durchzuführen.
Die Deckimg der etwas grösseren Kost(ui für Verfrachtung,
welche durch die nur auf solche Art mögliche Bedachtnalime auf
alle einschlägigen Rücksichten völlig gerechtfertigt erscheinen dürften,
ist übrigens aus dem — vom Ministerium des Innern zu diesem
Zwecke überlassenen — Erhise für das archivaliscli werthlose Ma-
teriale mit Sicherheit zu erwarten.
Ans dem Reiseberichte möge Einiges zur Kennzeichnung der
Archivalien hier Platz finden.
Unter den pfleggerichtlichen Archiven Salzburgs ist jenes zu
Werfen dem Umfange nach gegenwärtig olvne Frage das bedeu-
tendste. Die territoriale Ausdehnung der alten Pflege und Probstei
Werfen, welcher die fünf Gerichtsstäbe im Pongau unterstanden,
und die sorgfaltige Verwaltung erklären den Umfang und die ziemlich
gute Ordnung dieses Archives, welches aus drei — verschiedenen
Zeitabschnitten angehörigen — Registraturen besteht. Jede dieser
Registraturen ist nach einem besonderen Plane eingetheilt. Die
ausführliche Wiedergabe dieser Pläne würde hier zu weit führen;
jener der neueren Registratur (1675 — 1816) ist besonders interessant,
er bietet in 9 Haupt- und 110 Unter- Abtheilungen ein getreues
Bild des die ganze Justiz-, Polizei-, Cameral- etc. Verwaltung um-
fassenden Wirkungskreises eines altsalzburgischen Pfleggerichtes,
140 Pirckmayer:
und entspricht — nach dem Hofkanimer-Generale vom Jahre 1769
angelegt — allerdings mit geringen Abweichungen der Eintheilung
fast sämmtlicher Archive dieser Art.
Die älteste Registratur umfasst in 45 Schubfachern Actenreste
der fünf Gerichtsstäbe : Werfen, Bischofshofen, St. Johann, St. Veit,
Gross- Arl, dann auch von Klein-Arl, Golling, Fritz- Amt, Radstadt
und Thumersbach aus der Amtszeit des Pflegers Erasmiis von
Khuenburg (1560—1584). Urkunden fanden sich nicht, dagegen die
Original - Correspondenz der Witwe Anna von Prant mit ihrem
Bruder dem Fürsterzbischofe Michael (von Khuenburg), ferner ein
Lädchen mit Acten: „Cömmunion und Religions-Üngehorsam bo-
treflfend^', ein anderes: „Herzogisch in Bayern" bezeichnet, endlich
Acten über das Schloss und die Schloss-Capelle auf Hohen-Werfen.
Unter den Acten der mittleren Registratur (1580 — 1675 cca.)
fanden sich: „Gemeiner Bürgerschaft zu Werfen Freibrief und
Bürger-Ordnung," — eine alte — wahrscheinlich gleichzeitige —
Abschrift des „Schiedbriefs Herzog Ludwigs in Bayern zwischen
Erzbischof Burghart und seinen Unterthanen, den armen Leuten
im Pongau, datum Freitag nach Francisci Tag n. Chr. G. 1462,"
— Acten über Schloss Bliembach, Schloss Schermberg und über
Judendorf, — „Römischer Majestät Durchzug," — 14 Bände mit allerlei
„Particularsachen" von 1533 an, zahlreichen Mandaten, Befehlen etc.
Unter dem Bestände der neueren Registratur zeigte sich ein
Stift- (Geld- und Traid-Dienst-) Buch, dann ein Burgrechts-Buch
von 1526, 1559, und ein Urbar von 1558.
Bei der k. k. Berg- und Hütten -Verwaltung in Lend fand
sich dagegen eine grosse Menge von Acten; ausser jenen des ehe-
maligen „Hochfürstlichen Handels" und des Berggerichtes Lend
waren auch die Acten der aufgelösten Bergämter von Hüttschlag
(Gross-Arl), Böckstein und Dienten hieher gebracht worden. Da der
Bergbau und insbesondere der Goldbergbau in Gastein, Böckstein
und Rauris für Salzbuig von höchster Wichtigkeit war, so wäre
der Verlust dieser AcUm — vor entsprechender Auswahl — aus
dem Grunde doppelt zu beklagen, als die nunmehr im Central-
Archive verwahrten Bergwesens-Acten, gerade in historischer Richtung,
empfindliche Lücken zeigen, und auch die pfleggerichtlichen Acten
dieser Bezirke fehlen (Gross-Arl), oder doch nur in geringen Resten
(Gastein, Rauris, Taxenbach) erlialten sind. Die räumliche Unter-
bringung der eigentlichen Lender Handels- luid Bergwesens-Acten
Einsainmlung von Archivalien für das Salzburgische Landesarchiv. 141
war eine ziemlich angemessene, jedoch gebrach es an Ordnung.
Es ergab sich übrigens, dass die Registratur auch hier ungefähr
mit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundertes beginne; sie besteht
theils aus Protokollen und Rechnungen, theils aus Acten. Yon
ersteren sind erwähnenswerth : Bruderschafts-Rechnungen 1712 — 800 ;
Schmelzbuch und Rechnungen 1623—774; — Verfach- und Freyungs-
bücher, Geldrechnungen etc. des Gold-, Silber- und Kupferberg-
werks-Handels zu Zell im Pinzgau; — Lender Geldrechnungen
1776—99; — Hauptraittungen 1630—65, 1750—60.
Die Acten zerfallen in 24 Rubriken, wovon nur Rubrik 25:
„Berg- und Waschwerk" streng fachlichen Charakter hat. Im Ein-
zelnen fielen hievon auf:
Bergwerks - Ordnungen 1532 (Matthäus Lang) und 1551,
Bayerische von 1784, — Schichtenordnung 1752; Urkunden — und
Actenstücke, welche Rechtsverhältnisse betreffen: Vertrag zwischen
dem Schermperger und der Pichler Nachbarschaft des Heukaareck-
Waldes wegen 1558, — Verlackung des Goldegger Anlasswaldes
1606, —_ Protest des Schermpergers wegen beschränkter Waldfrei-
heit enthalb der Ache 1609, — Blumbesuch am Puchberg 1610, —
Religions- Acten : Strafe der Arglistigen und Wiedertäufer 1593, —
Emigration der Handelsarbeiter 1723 — 30, etc.
Generalien (Mandate etc.), insbesondere sittenpolizeiliche:
1675—1732: Strafe der Leichtfertigen, — 1686: Hurerei, Blut-
schande, Ehebruch, Nothzwang, auch Gerichtsgebrauch bei zwei-
maliger Fornication, — 1698: Gasselgehon, Tanzen, — 1739/40:
Mascheragehen, — 1748; Sitten-Ordnung; — dann 1621: Hochzeit-
Ordnung, — 1625: Ordnung „bei Hergebung des Essens vor das
Gesinde", — 1686: Kein Unteithan darf mehr als 20 Kreuzer
täglich verspielen, — 1630: Beschwerliches Rechnen der Wirthe,
— 1638: Geldwechseln, — 1722: Einziehen der Riemenzieherund
Taschenspieler, — 1703: „Feuerschützen sollen gefasst sein", —
1740: „Grassirte üble Krankheit," — endlich: 1576 Mandat gegen die
Verwüstung der Waldungen, — 1699: „ünterthanen, welche ihr
Heimholz abschleppen, soll kein Stamm Holz aus landesfürstlichen
Waldungen gegeben werden", — 1717: Verbot des Bergwerks-
suchens.
In Zell am See fanden sich ältere Acten nur beim k. k. Forst-
amte, hier aber sehr zahlreich vor. Sie sind in ziemlich geeigneten
Zimmern im Schlosse Rosenberg untergebracht. Diese Acten —
142 Pirckraayor:
älterer und neuerer Zeit von circa 1500 — 1850 — betreffen aus-
schliesslich den Wald, die Jagd und Fischerei von den. Bezirken
Stuhlfelden (Mittersill), Caprun, Lichtenberg und Fischhorn (Fischam) ;
sie bieten daher ein weniger allgemeines, in ihrer Art aber immerhin
auch historisches und topographisches Interesse und eine Fülle
urkundlicher Aufschlüsse über Besitz- und Nutzungsrechte. Zu er-
wähnen liievon sind z. B. (Bezirk Mittersill) Landboth wegen
Hayung der Hoch- und Schwarzwälder, 1525, — Schwarzwald
Mittersill 1537 — 39, — 54, — neu entstandener See im Ammer-
thal, 1550 — 83, — Beschreibung der Reissgejaider und Fischwaid,
1593-604, — vier alte Forstrechtbücher, 1682—734 (förmliche
Anforstungs- Kataster), — Uttendorfer Blumbesuch- und Alpen-
beschreibung, 1791, — Mittersiller Schafgebirge, 1791, — NiedernsiU:
Aisdorfer Theilbrief, 1532, — Vertrag in Waldsachen Kitzbühl:
Mittersill betreffend, 1530 — Vertrag zwischen der Nachbarschaft
zu Pirtendorf und Lüldorf, 1533, — Türnberger Blumbesuch-Ord-
nung, 1545, und sehr viele ähnliche Parteisachen. — Von Ex
ofßcio-Acten sind bemerkenswerth : Waldordnungen von 1550 und
von 1563, „so jährlich zum Ehehaftrecht im Markte Mittersill
verlesen werden" — Richter r und Waldmeisters- Instruktion , die
Wälderbeschreibung und Vermarkung der Fürberg- und Heim-
hölzer betreffend, 1554, — offene Verlesung bei Kirchen und Land-
täting, 1587.
Unter den Resten des alten Pfleggerichts- Archivs in Mittersill
sind zu erwähnen: Krimmler -Vertrag und Ordnung (in alter Ab-
schrift), 1495 und 1558, — Bürgerschafts-Sachen, 1550—1746. —
Mittersiller Stift- und Urbarbuch, 1595 — 1606, ein älteres von 1546
mit Aufzeichnungen, betreffend Gült und Güter zum Velber Thurn,
— Form der alten Raittafel, ^- „Wie man das Urbargerichts-Futter
sammeln soll," — des Urbarboten Besoldung, — „Vermerk, wie sich
der Pfleger von des Landgerichts — und ein Kellner von Urbai*-
gerichts wegen gegen einander zu halten haben," 1541; — „Ver-
merk, wie sich ein Pfleger zu Lichtenberg und Propst in der Fusch
zu halten haben". 1440, — „Zu merken, wie vor Alter her ein
Komhof, Swaig und Tafem bericht worden ist," — „der vier Swaiger
in der Velm Pfründ, vnd was sie davon zu thun schuldig", —
Gamsjager und Bachhulter, — Urbars-Stiftrecht im Amte Mittersill,
— Altes Urbarsrecht, — Landmarch und Ehehaftrecht, — „Mandat
der Büchsen und Armbrust", 1522 (das älteste); — Beschreibung
Einßammlung von Archivalien für das Ralzburj^ische Landesarchiv. 143
der Confinen gegen T>to1, 1498; — aus derselben (1498) und etwas
späterer Zeit mehrere Urkunden über Weiderechte; — Bauregister
vom Schlosse Mittersill 1563; — Untersuchung gegen den Zauberei
halber sammt seiner Köchin inhaftirten] und justificirten Pfarrer in
Bramberg 1575.
Mit dem Besuche Mittersills war die erste Erhebungsreise zu
Ende. Der Bericht; über das Ergebniss derselben wurde durch den
Landesausschus dem Landtage vorgelegt, welcher seiner Befriedigiuig
hierüber in der Sitzung vom 6. December 1873 durch Bewilligung
eines weiteren Beitrages von 100 fl. Ausdruck gab. Hierdurch
wurde die baldige Fortsetzung des Unternehmens so wesentlich
erleichtert, dass im folgenden Jalu*e, 1874, sogleich mit Eintritt der
günstigen Jahreszeit die Untersuchung der älteren Registratur im
Lungau und im Flachlande angeordnet werden konnte, welche sich
somit programmgemäss auf Hallein, Tamsweg, St. Michael, Radstadt,
Abtenau, St. Gilgen und Thalgau auszudehnen hatte. Das Ergebniss
dieser zweiten Erhebungsreise war ein weitaus günstigeres, als
jenes der ersten. Hiezu trug am meisten der über alle Erwartung
reiche und werthvoUe Inhalt der alten Registraturen der k. k. Saline
in Hallein bei.
Hier fanden sich, wie vermuthet worden wai-, vor allem die
im Centi'al-Archive zu Salzburg längst vermissten Acten d^ Ab-
theilung „Hallein, Pfleggericht*' der altsalzburg'schen Hofkamniorr
Registratur. Diese Acten, welche zuerst 1808 sammt allen Berg-
wesens-Acten an die neu creirte „k. k. montanistische und salinarische
Direction zu Salzburg'' abgegeben, dann während der k. bayerischen
Regierungszeit nach Hallein gebracht worden sind, bestehen derzeit
aus 30 wohlgeordneten Folio-Fascikelu, welche die gesammte pflege-
richtliche Gestion in camerali und insbesondere auch den Bergbau
auf Salz und den Salzhandel, der Zeit nach aber — unberücksich-
tiget ältere Urkunden etc. — die Jahre 1455—1809 umfassen.
Die anfanglich abgängigen, endlich aber ziemlich wohl erhalten
aufgefundenen zwei Theile des Fascikels I reichen bis 1308 zurück.
Sie enthalten Amts-Copien landesherrlicher Verträge, Recesse, Pri-
vilegien, Reverse, Instructionen, Vergleiche etc. von oder mit dem
römischen Kaiser, mit Oesterreich, TatoI, Bayern, Berchtesgaden,
dem Dom-Capitel und verschiedenen Klöstern.
Diese Urkunden - Copien betreffen nicht nur das Salz wesen,
sondern auch den Bergbau im Zillerthale, den Bauernaufstand,
144 Pirekinayer:
Oränzen und streitige Hoheitsrechte, dann Ehehaftsrechte. Die Ab-
theilung 1 dieses Fascikels enthält — lose geheftet — 31 Stück
Urkunden dieser Art aus der Zeit 1308 — 1676; Abtheilung 2 besteht
aus einem Quartbande in Lederdecke, welcher auf 1829 Seiten
„alle*^ von 1376 — 1661 vorgekommenen Verträge, Recesse etc. ent-
hält; es sind deren 51 Nummern. Zu den Acten gehören auch die
aus dem Hofkammer- Archive stammenden „CatenichH) salis" (zu-
weilen auch „Bergwerks-CatenichP überschrieben) von 1524 — 91 in
16 Bünden, — sieh unten, — „Salz-Acta", 1589 — 1654, vollständig
in 9 Bänden.
Weiter können hier eingereiht werden die Salz - Ausgangs-
Acten, zahlreiche Original-Urkunden und Acten, auch Karten der
Salz-Strassen enthaltend, welche für die Geschichte des Salzhan-
dels von besonderem Interesse sind. Sie umfassen die Zeit von
1381 — 1800, unter diesen eine Salz-Traction mit Churbayern, dem
Bisthume und der Stadt Passau (2 Bünde, zahlreiche Original-
Urkunden und Actenstücke aus dem 15. Jahrhunderte, 2) Verträge
1511 — 1547, Passauer Privilegien etc.).
Von den uneingetheilt aufgefundenen Archivalien verdienen
Erwähnung : Sühnbrief der Bergmeister und Arbeiter, 1478, — dann
der Arbeiter am Salzberg, 1478, — Abschriften von kaiserlichen
Privilegien, dann Recessen und Verträgen mit Oesterreich, Baiem,
Berchtesgaden, Salz, Holz, Wein und Mauth betreffend, von 1180— 1732,
etwa 80 Stück — Recessbuch, die Salzach - SchifSahrt betreffend,
1344—1735; — Registratur der Recesse (auch Salz- und SchifF-
ordnung), 1585, (208 Blätter); — „Copeybuch allerhand fürstl. Man-
daten, Befeloh, Rechte und Gerechtigkeiten" etc.
Instructionen und Ordnungen : Instruction und Summar „Un-
terricht eines Pflegers zu Hallein" etc. (Original vom Erzbischof
Mathäus), hierin auch ,juramentum montanorum", Ordnung der
Bergmeister, der Kufer etc., Instruction über Bau und Verwaltung
des Dümbergs (vom Erzbischofe Wolf-Dietrich), — Instruction, wie
•) Von Catona, Kette; die wichtigsten Bücher der erzbischöflichen Kammer
waren nach damaliger Hitto mit Ketten an dem Pulte befestigt.
•) Vom Könige Friedrich IV., vom Ensbischof Friedrich IV., von Salz-
burg, von Albrecht, Markgrafen von Brandenburg, Biu^ggrafen zu Nümbeig,
nebst Schreiben und Kundschaften von den Städten Burghausen, Deggendorf,
Dingolfing, Gurk, Ilallein, Landau, Laufen, Regensburg, Schärding, Straubing,
Vilshofen und Wien.
Einsammlung von Archivalien für das Salzburgische Landesarchiv. 145
sich Pfleger, Stadtrichter, Bürgermeister und Eath der Stadt Hallein
hiefür verhalten sollen (vom Erzbischofe Guidobald, 1564), —
Instruction für den baierischen Oberanschaffer, — „Ordnung, nach
welcher der hochfürstliche Hofschreiber die Berg- und Pfannhaus-
löhne in seine Bücher schreiben soll", — Baumeisterei-Ordnung,
1615, — - Ordnung beim Holzeinbringen, — Ordnung im Oed- und
Almrechen, — Schiff-Ordnungen von 1581—1585, 1616 und 1767,
— Sitten-Ordnung von 1585, — „Kaitknecht auf dem Dümberg", —
Bestallungsbuch der Pflege und des Stadtgerichtes Hallein, 1561 — 1670.
„Ehehaftrecht am Dürnberg vom Stadtrichter zu verlesen", — „Ver-
merkt die Nothdurft- Artikel, so durch den Hofineister an der Berg-
beschau zu sagen und zu öffnen."
Die in Hallein erzielten günstigen Erfolge spannten die Er-
wartung auf das von Kürsinger — (in seinem histor.-ethnogr.-stat.
Werke „Lungau") — vielgenannte Moshamer Archiv. Der 1790 dem
Pfleggerichte Tamsweg zugewiesene Theil des genannten Archivs
fand sich in der an das Amtsgebäude anstossenden kleinen, hiezu
eigens adaptirten Capuciner-Kircho ganz passend untergebracht und
blieb daher ziemlich wohl erhalten und geordnet, wenn auch von
verhältnissmässig geringem Umfang. Das Archiv beginnt geschlossen
mit dem 16. Jahrhunderte, reicht in zahlreichen Fällen aber viel
weiter — bis 1327 — zurück. Die genauere Prüfung ergab die
erfreuliche Wahrnehmung, dass gerade die ältesten Nummern fast
sämmtlicher Kubriken nahezu vollzählig erhalten sind, — so der
Stiftbrief zur Kirche Maria-Pfarr, 1327, der Weisspriacher zur Kirche
Ramingstein, 1366, und ähnliche Stiftbriefe von 1445, 1465, 1491 etc.,
— Decret gegen die Wiedertäufer, 1524, Acten über Strafe der-
selben mit Feuer und Schwert, über Pfleger und Richter im geist-
lichen Bann, Communion in Einer Gestalt, und die Güter der
Emigrirten, die dem Fiscus verfallen, — ferner über Strafe der
Rebellen, 1546, — eine Bäcker-Ordnung von 1420, — Gebräuche
bei Richterwahl und Bürgeraufnahme in Tamsweg, — über Wehre
gegen die Türken, 1529, — Durchmarsch spanischer und venetiani-
scher Truppen, 1544, steierischer zur Unterdrückung der Revolte
abgesandter Truppen, 1600, — Jagdakten, nach welchen alle XJnter-
thanen der drei Märkte (Lungau's) Hanf zur Wolfs- und Bärenjagd
liefern mussten. Von uneingetheilt vorgefundenen Actenstücken und
zahlreichen Amtsbüchern wurden, weil für das Ijandesarchiv geeignet,
verzeichnet: „Vemerckt die Landes-Rechten als man fragt im Land-
ArchiTtliBche Zeitschrift Vn. 10
146 Pirckmayer:
täting" etc. auf Pergament, ohne Jahreszahl (15. Jahrhundert), —
Urbar meines gnädigen Herrn von Salzburg des Amts zu Moosham
im Lungau, 1523, — Urbar der domcapitularen Aemter Alt Mauteni-
dorf, Tamsweg, Weisspriach, Gross und Klein Kendlbruck, Sunder-
gut und Althofen, dann der Kirche in Lessach, — Mauterndorfer
Burgrechtsbuch, — Mannschaftsbeschreibung, 1611, — Rottenbücher
von Tamsweg und Bruckdorf.
Während der in Tamsweg verbliebene Theil des ehemaligen
Mooshamer Archivs wohlverwahrt und daher auch gut erhalten sich
zeigte, fand sich in St. Michael nur mehr ein ungeordneter Rest
des Archives. Stichproben förderten indessen eine Reihe ganz inter-
essanter älterer Actenstücke zu Tage, z. B. „Mathias Zehenthofer
soll sich binnen 14 Tagen zur katholischen Religion bekennen oder
das Erzstift räumen," — acht andere wegen des Glaubens Yer-
dächtige müssen mit Weib und Kind sofort das Land verlassen, —
„Anstalten gegen die zu Paternion entstandene Religions-Empörung",
— „Die zu Millstatt revoltirten Unterthanen sind handfest zu
nehmen etc.", — „Mauterndorf darf künftig keine ehebrüchigen
Personen mehr abstrafen" etc. — Process des „ob punctum Lyco-
phantriae suspecten Christoph Moser, Abdeckers in Mauterndorf'. —
„Anweisung, was bei den Landtädungen zu beobachten und denen
Unterthanen zu eröffnen", — „Vermerkt die Landts Rechten als
man fragt in dem Landtätung" etc.
Auch die Durchsicht der im Cassa-Zimmer des vorbestandenen
k. k. Steueramtes hinterlegten Amtsbücher und- Acten ergab manches
Brauchbare, so ein Generalien- Vorzeichniss, — eine Alpbeschreibung
und Ordnung, — Urbarien, — ein Stiftbuch von St. Michael, —
Steuerbuch von Moosham, 1648.
In Radstadt fanden sich nur das Wolf-Dietrich 'sehe — soge-
nannte „Stock"-Urbar und einige alte Gränzkarten noch vor. Auch
in Abtenau ist bloss ein relativer kleiner ungeordneter Rest erhalten
geblieben. Etwas mehr lohnte sich die Reise nach St Gilgen. Auch
hier waren nur ungeordnete Reste, von Moder stark ergriffen, zu
sehen. Mit älteren und neueren Amtsbüchern und Acten vermischt,
zeigten sich darunter:
Generalia und Commissionalia von 1593 — 1745, nicht voll-
ständig, aber sehr zahlreich; darunter Verruf ung bei den Land-
und Ehehaftrechten, — ein Mandat gegen die Wiedertäufer, —
Holz-Ordnung im Hüttensteiner-Gericht, — Der „Dorfschaft Fried
Einsammlung von Archivalien für das Salzburgische Landesarchiv. 147
und Zäun", 1671, — „Alte (Eisen-) Niederlag Instruction", 1574,
— „Abhaltung des Fischrechtes und Msch-Ordnung am Abersee",
1558, — Schififfahrts-Ordnungen auf demselben, 1621, — Ausrüstung
und Musterung der Hüttensteiner aus Anlass des fürwährenden
Passauerkrieges, 1611 — 42.
Von St. Gilgen führte die Heimreise über Thal g au. Von dem
Archive des alten Pfleggerichts -Wartenfels zeigte sich aber hier,
mit Ausnahme zahlreicher Gerichtsbücher, für's erste kaum eine
Spur; dennoch wurden Beste des Archives endlich, im Dachraume,
in zwei Kisten verpackt entdeckt, welche aber mit Rücksicht auf
den Umstand, dass sie zur sofortigen Versendung sich eigneten,
nicht genauer untersucht wurden.
Hiemit waren auch die zweite Reise beendet und die Erhebungen
vorläufig geschlossen. Der hierüber erstattete Bericht wurde auch
diesmal wieder der Landes Vertretung zur Kenntniss gebracht. Das
Ergebniss der gepflogenen Erhebungen bildete nunmehr die Grund-
lage, auf welche hin 1875 die Ministerien und Behörden, welchen
das Verfügungsrecht über die zur Einreihung in das Central- Archiv
in Aussicht genommenen Registraturen und Acten zustand, um
ihre Zustimmung angegangen werden konnten. Die bis zum Ein-
treffen derselben entstandene Zwischenpause wurde zu einem Besuche
des gräflichen FamUien-Archivs im Schlosse Sieghartstein benützt.
Otto Graf XJeberacker gestattete in bereitwilligster Weise nicht nur
die Durchsicht desselben, sondern auch die Auswahl und Aus-
folgung des für das Central-Archiv Geeigneten. Das Ergebniss war
ein lohnendes. Es fanden sich umfang- und inhaltsreiche Kriegs-
Acten aus den Jahren 1696, 1706, 1734; darunter Decrete, Patente,
Briefe und ein Tagebuch des das salzburgische Contingent comman-
direnden Obersten und später kais. Generals Wolf Max Grafen
üeberacker, darunter kais. Belobungs-Decrete und Dankschreiben
des Prinzen Eugen in Original und Abschrift, dann Kriegs- und
Schlachtenberichte, in specie über das unglückliche Treffen bei
Neuenburg, 1709, und über Belagerung und Uebergabe Freiburgs,
1713, etc., endlich Ordres de bataille, Kriegsrath- und Militär-
Oeconomie- Acten, auch „Memorabilia" aus der angegebenen Zeit;
ferner Landrechte, — Ehehaftrechte, — Hofmarksfreiheiten zu See-
kirchen, — Urbare, eine Jahrtags-Stiftung des Erhard XJeberacker
zu Kraiburg, 13?? (Orig.), — Schiedbrief zwischen Erzbischof Pilgrim
und Ekhart dem Tanner, 1370, — Confirmation der Wahl Georgs
10*
J48 Pirckmaycr:
von Ueberacker zum Bischöfe von Gurk, 1452 (Orig.), — Privile-
gium der Weinausfuhr aus Oesterreich, 1541 — Testamente, eine
Truchsess-Ordnung und Instruction 1555, — und das Promemoria
des Dom-Capitels contra Erzbischof Hieronymus in causa des neuen
Steuerfusses ^nit vielen historischen Nachweisungen. Alle diese
Acten und Urkunden des Archives in Sieghartstein wurden mittler-
weile bereits in das Central-Archiv übernommen.
Auch die alten Acten der Konten- und Rechen-Verwaltung
in Hall ein wurden nachträglich noch in den Kreis der Erhebungen
gezogen, und ausser andern nicht unwichtigen Erwerbungen stellten
sich endlich hier Wald-Acten der ehemals Stift Peter'schen Aemter
Weissenbach (zu Hallein) und Abtenau dar, welche in chronologisch
wohl geordneten Abtheilungen nebst Acten auch Urkunden im
Original und alte Abschriften aus der Zeit von 1135 — 1850 ent-
halten. Hievon sind besonders bemerkenswerth : Bestätigung der
Rechte und Besitzungen des Stiftes St. Peter vom Erzbischof
Chunrat I., 1135, und Adalbert HL, 1191, — „Gabbrief der Wälder
in der Abtenau vom Lammersteg bis an den Twechenberg" vom
Erzbischof Chunrat L, 1135, — „Verleihung eines Waldes in der
Gosach", vom Erzbischof Eberhard H., 1231, — Spruchbrief zwi-
schen dem Dompropste und dem Abte zu St Peter wegen streitiger
Märchen am Strubberge, 1250, — „Riegung des Panwaldes und
ganzen Dürnbergs, wie solcher dem Kloster St Peter zuständig'*,
1323, — Revers der Unterthanen des Amtes Weissbach, in den
ihnen zugelackten Waldungen nur Hausnothdurft und Dienstholz zu
schlagen, 1325, — Beschreibung der Gränzen der St. Peter'schen
Besitzungen im Amte Weissbach (aus einem Urbar von 1372) —
Recess zwischen dem Erzbischofe und dem Abte, betreffend Be-
nützung des Abtwaldes — Vermarkung des Holzbesuches der beiden
Güter Eck am Dümberg, 1420, — Uobergabe der Salzsieden zu
Hallein an die Hofkammer, 1506; — hierauf folgen sehr zahlreiche
Akten und Urkunden von 1508—10, 11—17 etc.
Das pfleggerichtliche Archiv zu Golling endlich zeigte sich
als ziemlich umfangreich und im grossen Ganzen relativ vollständig
und auch wohlerhalten. Sein Inhalt war der gewöhnliche, darunter
aber auch ziemlich zahlreich die im Central-Archive gänzlich fehlen-
den Consistorial-, Religions-, Deputations- und geistlichen Admini-
strations-Raths-Acten.
Inzwischen waren vom Ministerium des Innern die Genehmigung
Einsammlung von Archivalien für das Salzburgische Landesarchiv. 149
der in Antrag gebrachten Einsammlung und auch seitens der übrigen
competenten Stellen die zustimmenden Erklärungen vollständig ein-
gelangt, wenngleich an gewisse Bedingungen geknüpft Diese bestan-
den im Wesentlichen darin, dass die Uebergabe protocoUarisch und
auf Kosten des Uebernehmers zu erfolgen hätte, mit der Verpflichtung,
über die empfangenen Archivalien Verzeichnisse und Nachsohlage-
register anzulegen und solche dem Uebergeber in Abschrift mitzu-
theilen. — Die Gerichtsbehörde behielt sich überdiess im Falle der
Scartirung gerichtlicher Acten das Recht der Einsprache vor.
Diese Bedingungen konnten und mussten, als der eigenen
Absicht und dem Endzwecke im wesentlichen ' vollkommen ange-
messen, ohne weiteres eingegangen werden; zu bedauern blieb hiebei
nur, dass der k. k. Landes-Regierung nebst der Sorge für die fernere
Erhaltung dieser alten Archivalien auch die Bestreitung der Kosten
ihrer Eisammlung zu diesem Zwecke, welche nunmehr die nächste
Aufgabe bildete, ganz allein überlassen wurde, obschon diese Er-
haltung, die geordnete Verwahrung und hiedurch wieder ermög-
lichte Benützung ohne Zweifel auch im Interesse aller Betheiligten
liegt, wie, abgesehen von den vielfachen an das Central -Archiv
gelangenden Requisitionen verschiedener Behörden, die gestellte
Bedingung der Mittheilung respective Verfassung von Catalogen am
besten erweist. Da der k. k. Landes-Regierung ausser der jährlichen
äusserst spärlichen Dotation von 100 fl. für die currenten Archiv-
Auslagen und ausser den wiederholten Subventionen des Landtages
keine besonderen Mittel zur Verfügung standen, war die Durch-
führung des Unternehmens auch in dieser Richtung keine leichte
Aufgabe. Dennoch wurde es möglich, ohne Aufschub wenigstens
das Werthvollste und Nächstgelegene in die gesicherte Vewahrung
des Central-Archives zu bringen. Hiebei empfahl sich die Abtheilung
der Einsammlung in zwei Gruppen, nicht allein mit Rücksicht auf
die verfügbaren Mittel, sondern auch der räumlichen Unterbringung
und des leichteren Ueberblickes wegen von selbst. Die erste Ein-
sammlung erstreckte sich auf die Gerichts- respective Amts-Orte:
Golling, Hallein, Werfen, Radstadt, Tamsweg, St. Michael, Abtenau,
St. Gilgen und Thalgau. Es blieben somit für eine zweite Tour nur
die Archive zu Gastein und im Pinzgau; von diesen wurde nach-
träglich schon jenes von Mittersill nach Salzburg verschafft.
Geeignete Localitäten für Unterbringung des Eingesammelten
und ihre nöthigste Einrichtung zu beschaffen war nun eine neue
150 Pirckmayer: Einsammlung v. Archival. f. d. Salzburg. Landesarchiv.
und — bei dem Mangel verfügbarer Räume — nicht die geringtse
Sorge; auch diese wurde in befriedigender Weise zur Lösung ge-
bracht und hiemit, wenigstens bezüglich der für die erste Tour ins
Auge gefassten Gerichtsbezirke, das Unternehmen im Wesentlichen
völlig durchgeführt.
Gleichzeitig begann jedoch eine zweite nicht minder wichtige
und schwierige Aufgabe : die vSichtung, Ordnung, Aufstellung, endlich
die Beschreibung und Verzeichnung jener Acten, welche — wenn
der Zweck des Unternehmens erreicht werden soll — unerlässlich
ist. Auch diese Schlussarbeit ist längst in Angriff genommen. Um
unter den gegebenen Verhältnissen doch das Mögliche zu erreichen:
nämlich die thunlich baldige Unterbringung der eingesammelten
Archivalien in sicheren Bäumen, dann weiter die allmälige Ein-
ziehung der noch auswärtigen zu bewirken, — wurde als Grund-
satz angenommen, jene Registraturen, welche nach einem bestimmten
Systeme geordnet sind oder doch ein solches noch erkennen und
ohne allzugrossen Zeitaufwand wieder herstellen lassen, nach Aus-
scheidung beigemischter fremder oder ganz unbrauchbarer Bestand-
theile, vorläufig einfach nach der alten Ordnung aufzustellen. Mit
Hilfe der vorhandenen Repertorien oder festgestellten Registratur-
Pläne wird auf diese Art eine Benützung der Archivalien nicht
ausgeschlossen sein. Einer späteren Zeit — nach völliger Einsammlung
und vorläufiger Aufstellung — muss es vorbehalten bleiben, eine
strengere Sichtung, Ausscheidung und möglichst einheitliche Ord-
nung, endlich die genauere Boschreibung und Verzeichnung des
Verbleibenden vorzunehmen.
V, Aus dem Weinsberger Archiv in Oehringen
far die Zeit von 1415 bis 1448.
Von
G. Bossert,
Pfarrer in Bäclilingen (Württemberg).
Das alte staufische Ministerialengeschlecht der Herren von
Weinsberg, welche, der Umgegend der staufischen Stammburg ent-
stammend, aus dem Quellgebiet des Kochers und der Rems um 1140
auf die Burg Weinsberg, jene in Sagen und Liedern gefeierte Feste,
verpflanzt wurden, war im 14. Jahrhundert durch sein^ Erwerb-
imgen und Verbindungen mit den Grafen von Hohenlohe und
Leiningen, den Landgrafen von Leuchtenberg, den Schenken von
Limpurg u. A. zu Macht und Ansehen gelangt. Von 1390 — 96 sass
ein Weinsberger, Konrad, auf dem erzbischöflichen Stuhle von Mainz.
Die grösste Bedeutung aber bekam das Haus mit dem gleichnamigen
Neffen des Erzbischofs, dem Sohne Engelhards Vni., geboren um 1370,
gest. 18. Januar 1448. Obgleich viel genannt, ist der Mann doch noch
keineswegs so gewürdigt, wie er es werth wäre. Der verdiente
J. Albrecht, fürstl. hohenlohischer Domänendirector in Oehringen,
Herausgeber des schönen Werkes „Hohenlohisches Archiv" (2 Bände)
und der hohenlohischen Münzgeschichte, hatte ein Lebensbild
Konrads in Aussicht gestellt, war aber durch seine Verwaltungs-
geschäfte an der Ausführung der Arbeit verhindert worden. Nur
das Register der Einnahmen und Ausgaben Konrads von 1437 und
1438, das für die Kulturgeschichte von hohem Werth ist, hat er
in den Publicationen des literarischen Vereins Bd. XVHI, 1850 ver-
öffentlicht Den Streit Konrads mit der Stadt Weinsberg, welche
auf die Rechte einer freien Reichsstadt Ansprüche machte, hat der
Verfasser der Geschichte des Hauses Hohenlohe, A. Fischer, in den
württembergischen Jahrbüchern 1874, 2. Theil S. 187 eingehend
behandelt. Derselbe hat auch 1. c. S. 195 zwei geistliche Lieder
152 Bessert:
Konrads herausgegeben. Ein Minnelied, das wahrscheinlich von
Konrad stammt, hat Kektor Boger in den württembergischen Viertel-
jahrsheften für Landesgeschichte Band II S. 256 mitgetheilt
Wenn die folgenden Blätter die Bedeutung Konrads nach
verschiedenen Seiten im ümriss zu zeiclinen suchen, so ist die
Hauptabsicht, die Forscher, welche sich mit der ersten Hälfte des
15. Jahrhunderts beschäftigen, auf den Werth und die Reichhaltigkeit
des Weinsberger Archivs aufmerksam zu machen. Es wird künftig
nicht mehr möglich sein, z. B. eine Geschichte des Concils zu
Basel oder des K. Sigismund zu schreiben ohne gründliches Studium
der reichhaltigen Schätze jenes Archivs. Für die Geschichte und
Statistik des Judenthums im deutschen Keiche von 1420 — 1448
bietet das Weinsberger Archiv mit seinem werthvollen Material an
Correspondenzen und bis ins Einzelnste genau geführten Rechnungen
wohl eine in ganz Deutschland sonst nirgends sich findende Quelle
und sichere Grundlage.
Das Weinsberger Archiv bildet einen abgesonderten und schön
geordneten, von J. Albrecht genau revidirten Theil des fürstlich hohen-
lohischen Hausarchivs in Oehringen auf dem dortigen Blasethurm,
Im Jahre 1400 hatte nämlich Konrad von Weinsberg mit seinen
Schwägern Ulrich und Albrecht von Hohenlohe einen Erbverbrü-
derungsvertrag geschlossen. Als nun das Haus Weinsberg mit den
•beiden Söhnen Konrads, Philipp dem altern 1503 und Philipp dem
Jüngern 1515 in der männlichen Linie, tief verarmt und herabge-
sunken von der stolzen Höhe, auf welche Konrad mit persönlichen
Opfern sein Haus erhoben, ausgestorben war, fiel zwar kein irgend-
wie nennenswerther Besitz an Gütern an den Grafen von Hohenlohe,
dagegen wurde das ganze Urkundenmaterial des Hauses bis zu
Konrads Tod 1448 mit den zahlreichen Aufzeichnungen von Konrads
Hand dem hohenlohischen Hausarchiv einverleibt. Dasselbe steht
unter der Verwaltung der hohenlohischen Domänendirektion in
Oehringen, bei der die Geschichtsforscher, welche künftig das Weins-
berger Archiv benützen wollen, ein liberales Entgegenkommen finden
werden, da das hochfürstliche Haus Hohenlohe ein lebhaftes Interesse
für die deutsche wie für die speziell fränkische Geschichte stets
bekundet und die Geschichtsforschung thatkräftig unterstützt hat
Wir brauchen hier nur den Namen Sr. Durchlaucht des Fürsten
Friedrich Karl von Hohenlohe -Waidenburg zu nennen, dem die
philosopliische Fakultät in Tübingen in Anerkennung seiner Ver-
Aus d. Weinsberger Archiv in Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 153
dienste um Heraldik und Sphragistik neuesteas honoris causa die
Würde eines Doctors der Philosophie ertheilt hat. Die Geschäfte
eines Hausarchivars besorgt Stadtpfarrer A. Bacmeister in Oehringen.
Auch das kgl. statistisch-topographische Bureau in Stuttgart besitzt
von der schönen, leserlichen Hand J. Albrechts Abschriften der
Urkunden des Weinsberger Archivs, die ziemlich vollständig das
Material desselben wiedergeben dürften und vielleicht für die For-
schung eine wesentliche Erleichterung bieten möchten. Das statistisch-
topographische Bureau wird kein Bedenken tragen, die Benützung
dieser Abschriften unter denselben Bedingungen, wie sie bei Archiven
üblich sind, zu gestatten. Für die nachfolgenden Mittheilungen
konnte allerdings das Weinsberger Archiv nicht unmittelbar benützt
werden. Das verbot einmal die Reichhaltigkeit des Materials selbst,
sodann die räumliche Entfernung des Verfassers von Oehringen.
Aber in seinem stillen Dörfchen war ihm von der fürstlichen
Domänendirection in Langenburg ihr Exemplar des Repertoriums
über das gesammte Hausarchiv zur Verfügung gestellt. Ist dieses
Repertorium auch nur eine secundäre Quelle, so ist sie doch
eine Quelle von höchstem Werth. Denn das Repertorium ist
angelegt von dem heute noch in wissenschaftlichen Kreisen hoch-
geschätzten Geschichtsforscher und Hausarchivar Hansseimann in
Oehringen (S. den Artikel Hansseimann in der Allg. D. Biographie
Bd. X S. 528), der neben seinen schriftstellerischen Arbeiten über
die Geschichte Hohenlohe's die Umarbeitung der veralteten Reper-
torien des fürstlichen Hausarchivs wie des Nouensteiner Linien-
archivs, (das Archiv der Linie Hohenlohe- Neuenstein befindet sich
ebenfalls in Oehringen unter derselben Verwaltung wie das Haus-
archiv), die Revidirung der reichen Bestände und die vollständige
Angabe des Inhalts der Urkunden zu seiner Lebensaufgabe gemacht
hatte. Mag auch ab und zu im Repertorium die genauere Datirung
einer Urkunde vermisst werden, so leistet doch dieses Repertorium
aus der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts, da die Diplomatik
noch in den Windeln lag und die Ansprüche, welche die jetzige
Wissenschaft an ein Repertorium zu machen berechtigt ist, noch
unbekannt waren, für seine Zeit mehr, als man erwarten möchte.
Leider scheint der grimme Tod den fleissigen Mann allzufrüh über-
rascht zu haben. Es war ihm nicht mehr vergönnt, einige Fascikel
mit reichhaltigen Korrespondenzen zwischen Konrad von Weins-
berg und K. Sigismund, K. Albrecht und Friedrich, Reichsfürsten und
154 Bossert
Ständen ihrem Inhalt nach genau zu verzeichnen. Sie sind nur
kurz summarisch angegeben. Es ist darum für Forscher, welche
sich mit dem Inhalt des Weinsberger Arcliivs für die Zwecke der
deutschen Reichsgeschichte eingehender beschäftigen wollen, eine
noch viel reichere Ausbeute zu hoffen, als sie die nachfolgende
Darstellung in Aussicht stellen kann.
L Wir gehen aus vom Amt des Reichserbkämmerers, das
Konrad von Weinsberg in unmittelbaren Verkehr mit dem königlichen
Hofe brachte und seinem entschiedenen Rechnuugstalent ein weites
Feld bot, aber auch sicher den Grund zum finanziellen Ruin seines
Hauses legte. Es sei hier ein Exkurs in die Stauferzeit gestattet
Kaum hatte Konrad III. den königlichen Thron bestiegen, so
treffen wir in seiner Umgebung einen Kämmerer Tibert 1138. 41.
44. 45. cf Ficker, die Reichshof beamten der staufischen Periode und
die schöne Abhandlung meines Freundes J. Caspart in den Württb.
Vierteljahrsheften Band II S. 156. Im Februar 1150 findet er sich
als Thiepertus camerarius de Winspcrch auf dem Hoftag zu Speier,
im August desselben Jahres ohne seinen Amtstitel. Caspart hat
sicher Recht, wenn er den 1150 im Februar eben zu Speier auf-
tretenden Tibert von Lindaeh (Linbach ist Druckfehler) mit Tibert
von Weinsberg identificirt. Seine Heimath ist ohne Zweifel lindach
0. A. Gmünd. So erklärt sich der spätere Besitz der Weinsberger
Ministerialen in der unmittelbaren Umgebung von Lindach, in Muth-
langen, Täferroth (Afrenrod bei Böhmer -Ficker, Acta selocta 524),
Herlikofen, Hussonhofen 0. A. Gmünd, Dewangen 0. A. Aalen,
Haubersbronn 0. A, Schorndorf. Als Konrad III den Theil Wolframs
von Weinsberg-Bebenburg an Weinsberg um 1140 durch Kauf oder
Tausch und den Welfs durch Eroberung 1140 gewann, setzte er
ohne Zweifel den altstaufischon Ministerialen von Lindach nach
Weinsberg und gab ihm neben der wichtigen Burg das Kämmerer-
amt Nach 1150 tritt Tibert nicht mehr auf, dagegen erscheinen jetzt
und in einer langen Reihe von Jahren die Kämmerer von Siebeneich
0, A. Weinsberg, wahrscheinlich Verwandte Tiberts. Für die Weins-
berger war das staufische Kämmereramt verloren. Vereinzelt tritt
1166 ein Engelhard von Weinsberg als Schenke auf. Mit der Zeit
erscheinen die Ministerialen von Minzenberg besonders in den
Urkunden, die mehrere Kämmerer neben einander oder die Minzen-
berg zwar mitten i^nter Marschalken, Schenken, Truchsessen und
Aus d. Weinßberger Archiv in Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 155
Kämmerern, aber ohne Amtstitel nennen, in der Stellung von Ober-
tämmerern. Als die Minzenberger um 1254 ausstarben, theilten
zwar die Schwiegersöhne, darunter auch Engelhard von Weinsberg,
den Besitz derselben, aber das Reichserbkämmereramt erhielt nicht
Engelhard, sondern sein Schwager Philipp von Falkenstein, der 1257
am 22. Mai zu Aachen von K. Richard belehnt wurde. (Hanssel-
mann — Landeshoheit 1, 416 f. nach einer alten Copie aus dem Weins-
berger Archiv.) Die Weinsberger behielten aber die von der Minzen-
berger Verwandtschaft herstammenden Erbrechte stets im Auge.
Schon 1389 findet sich eine Kundschaft über die Weinsberger Erb-
ansprüche für den Fall des Erlöschens der Herren von Falkenstein.
1409 starb der letzte Herr von Falkenstein. Schon das Jahr zuvor
stand der Erzkämmerer des Reiches Markgraf Jobst v. Brandenburg
in Correspondenz mit den Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und
Sachsen wegen Uebertragung des Erbkämmereramts an Konrad von
Weinsberg. 1411 am Sonntag nach Ostern belehnte K. Sigismund
zu Kosschaw als Markgraf von Brandenburg Konrad von Weinsberg
imd seinen Vater Engelhard mit dem Unterkammermeisteramt.
(Hansseimann 1. c. 1, 479.) Aber Konrad begnügte sich nicht mit
dem neugewonnenen Amt. Er machte auch Ansprüche auf den
Haus besitz des Herrn von Falkenstein, auf die Herrschaften
Minzenberg, Königstein, Falkenstein. Es handelte sich dabei ^um
die Zölle zu Lahnstein und Engors, -die Städte Lieh, Butzbach,
Minzenberg, Königstein, Solms, Hohungen (Hungen), Willstatt,
Pfeddersheim, die Dörfer Sülzen bei Bockenheim, Vilbel, Geinsheim,
Münster, Sprendlingen, Freimersheim, Flörsheim, Zotzenheim, Bibels-
heim, Bretzenheim, Winzenheim, Welchersheim (Welgesheim), Nieder-
hilbersheim u. s. w. Dieselben waren Lehen, welche der letzte Herr
von Falkenstein von der Pfalz, von Mainz, von Trier u. A. als After-
lehen des Reiches getragen. Die Lehensherren hatten sich nach dem
Tode Philipps von Falkenstein beeilt, die verfallenen Lehen ein-
zuziehen und anderweitig zu verleihen. Konrad bestritt ihnen das
Recht, diese Lehen pro libitu zu verleihen, nachdem der Ober-
lehnsherr ihm das Erbkämmereramt verliehen, und behauptete, die
Herrschaft Falkenstein und das Erbkämmereramt hingen
so innig zusammen, dass beide mit einander unzertrennlich in einer
Hand liegen müssten. Diese Rechtsanschauung, welche eine nicht
datirte Abhandlung vertritt, ruht offenbar auf falschen Voraus-
setzungen. Die Herren von Falkenstein waren ja erst seit 1257
156 Bossert:
Erbkämmerer, auch die Herren von Minzenberg treten erst gegen
Ende des 12. Jahrhunderts als solche auf. Dass sie ihren Haus-
besitz mit dem Kämmeroramt erhalten, ist in keiner Weise
nachweisbar. Für Konrad war die falsche Voraussetzung die Quelle
unendlicher Processe. Wohl gebot 1420 das Hofgericht Cuno v. üos-
heim , Konrad um 10 000 Mark Gold auf die Hen-schaften Falken-
stein, Minzenberg und Königstein anzuleiten, wohl belehnte ihn K.
Sigmund am G. Januar 1421 zu Aussig mit diesen Herrschaften,
(Hansseimann 1. c. 1, 489), und gebot am 24. August 1422 allen
Vasallen der Herrschaften, Konrad zu huldigen. Konrad scheint
gerade in diesei- Zeit seine Sache aufs ernstlichste persönlich bei
K. Sigmund in Nürnberg betrieben zu haben, denn aus der letzten
Augustwoche 1422 liegen eine ganze Keihe königlicher Gebote und
Weisungen seines Hofgerichtes in dieser Richtung vor. Am Dienstag
nach Bartholomäi, 25. August, gebot K. Sigmund den Erzbischöfen
Konrad von Mainz und Otto von Trier, dass jener den Zoll zu
Lahnstein, dieser den zu Engers an Konrad übergeben sollte; am
darauffolgenden Mittwoch erging ein Mandat an die Kurfürsten von
Mainz, Köln, Pfalz, an die Bischöfe zu Würzburg und Speier, den
Herzog von Geldern, Landgrafen von Hessen, Markgrafen von Baden,
sowie an den Abt von Fulda, Konrad von Weinsberg zu den be-
sagten Herrschaften zu helfen (11 Stücke). Unter demselben Datum
erliess das Hofgericht ein ähnliches Gebot an die Grafen von
Leiningen, Nassau, Wertheim, Hanau, Katzenellenbogen, Isenburg,
Mors und Rheineck (10 Stücke), sowie an 28 ritterliche Geschlechter
am Neckar, Main und Mittelrhein (28 Stücke) und an die Städte
Trier, Köln, Strassburg, Speier, Worms, Friedberg, Gelnhausen,
Oppenheim (9 Stücke). Des Papiers ward nicht gespart, aber was
galt ein Gebot Sigmunds und seines Hofgerichts? In den vollen
Besitz der Herrschaft konnten sie Konrad nicht helfen. Unsere
Quelle zeigt uns nur auf einer Seite Bereitwilligkeit, dem könig-
lichen Gebot zu entsprechen. Am Donnerstag nach S. Ulrich (8. Juli)
stellte Konrad dem Abt Johann von Fulda einen Revers über folgende
Lehen des ehemaligen Falken stoiner Besitzes aus : ein Theil an Burg
und Stadt zum Hayn, Dorf Gotzenheim, Güter in der Mark Arheiligen,
ein Theil am Wald Lichtenhorst, zehn Hüben zu Assenheim, zwei
Theile an einem Hof zu Haselach sammt Vogtei, Stadt Butzbach,
ein Burglehen zu Bingen, Dorf Reicheisheim, die Hälfte an Burg
und Kirchsatz Dorfeiden etc. Die Belehiuing erfolgte 1424 auf
Alis d. WeinBberjrer Archiv in Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 1 57
^ •
S. Katharina und wurde 1441 von Abt Hermann erneuert. Ueber
Butzbach s. unten. Es scheint, dass Könrad nunmehr daran ver-
zweifelte, unter K. Sigmunds Regiment zu seinem vermeinten Rechte
zu gelangen, zumal der Streit um die Stadt Weinsberg Herrn und
Diener einander auf lange Zeit entfremdete. Der charakterlose König
wurde nämlich 1428 von den Städten gewonnen und liess seinen
treuen Diener mit seinen Ansprüchen auf Weinsberg, das sich als
Reichsstadt geberdete, trotz aller treuen Dienste, trotz der vielen
Opfer an Geld, welche Konrad dem König gebracht, wahrscheinlich
in einem Augenblick der Geldverlegenheit, fallen. Erst unter K.
Friedrich machte Konrad, so weit uns die Acten Aufschluss geben,
neue Versuche. 1441 war Konrad zu Naumburg von Markgraf
Friedrich von Brandenburg mit dem Unterkammermeisteramt neu-
belehnt worden, am 18. Juli (Mittw. vor Mar. Magd.) bestätigte das
kaiserliche Hpfgericht aufs Neue sein Recht auf Falkenstein, König-
stein und Minzenberg und erliess 1444 einen allgemeinen Befehl
ins Reich, Konrad zu seinem Recht zu helfen. Pfalz, Mainz,
Nassau u. A. erhielten den Befehl, binnen 6 Wochen und 3 Tagen
seinen angesprochenen Besitz auszufolgen. Die ungehorsamen Städte,
wie Butzbach, lieh, Königstein, wurden vom Rottweiler Hofgericht
in die Acht erklärt. Ganz besonders hatte Konrad mit Ruprecht
von Virneburg zu streiten. Konrad starb, ohne das Ziel seiner
Bemühungen erreicht zu haben. Wenn sein Sohn Philipp am
1. Juni 1500 von Kurfürst Joachim von Brandenburg neben dem
ünterkammeramt auch Alles, was die Herrschaft zu Minzen-
berg und Falkenstein von Amtswegen und sonst von
der Markgrafschaft zu Brandenburg als Lehen gehabt, zum
Mannlehen erhielt (Beschreibung des Oberamts Weinsberg S. 115),
so war das nichts als eine reine Formalität ohne allen Gehalt. Aber
für die Geschichte des Reiches unter K. Sigmund und Friedrich IV.
scheint uns di^ oben auf Grund unserer Quelle gegebene Schilderung
einen charakteristischen Beitrag zu geben. Die Acten, wie sie das
Repertorium verzeichnet, reichen bis 1447, also bis kurz vor Konrads
Tod (f 18. Januar 1448). Ganze Fascikel, darunter einer mit 100
Stütjken, sind in unserer Quelle nur summarisch angegeben. Sicher
enthalten dieselben ein für die Geschichte des Mittelrheins werth-
volles Material, das eine eingehende Untersuchung verdiente. Für
die Geschichte der Reichsämter dürfte eine wohl in Folge des Streits
entstandene „Beschreibung der Gerechtigkeiten des Erb-
158 Bessert:
kämmereramts" von Wertli sein. Dieselbe stammt wahrscheinlich
von Konrads Hand, der es liebte, nicht nur über Soll und Haben,
sondern auch über seine Rechte und Besitzungen genau Buch
Äu führen.
n. Gehen wir nun zu Konrads Stellung am königlichen
Hof und zu seiner Amtsverwaltung als Reichskämmerer über, so
treffen wir Konrad zuerst 1415 im Verkehr mit König Sigmund.
Von diesem Jahr an beginnen die Urkunden Konrads, welche
allgemeineres Interesse haben, vom folgenden Jahr auch seine Rech-
nungen über Ausgaben für den König. Es erklärt sich das leicht,
da Engelhard, Konrads Vater, im Frühjahr 1415 noch am Leben
war. Wir finden Konrad betheiligt an der Fehde gegen den un-
glücklichen Herzog Friedrich von Oestorreich, der Papst Johann XXIH.
zur Flucht verhelfen hatte. Konrad hatte wahrscheinlich zuvor schon
Geldforderungen an den Herzog zu machen und erwi;-kte nun ein
Gebot des Königs an Friedrich, dass er Konrad sein Guthaben be-
zahle. An dem Zug gegen Friedrich betheiligte sich Konrad unter
starken Opfern und erlitt dabei manchen Verlust. Er berechnete
denselben auf 1114 fl. Zum Ersatz gab ihm K. Sigmund den
22. Juli 1415 den Schnidershof bei Baden im Aargau. Für seine
Forderung an Herzog Friedrich erhielt Konrad vom Hause Oestor-
reich die Stadt Kenzingen und die Feste Kürnburg als Pfand,
trat aber dieselben an die Stadt Strassburg ab. Konrad muss in
jenem Jahr eine ziemliche Kenntniss des Aargau 's erlangt haben;
denn noch 1447 verlangte das Hofgericht zu Rottweil von ihm ein
Zeugniss „über der Schweizer An- und Abzug für das Schloss und
Stadt Oberbaden''.
Die Aufgabe, welche Konrad bei Sigmund als Kämmerer hatte,
war bei einem König, der mit dem Gold so wenig hauszuhalten
wusste und so viele Bedürfnisse, theilweiso von wenig nobler Natur,
zu befriedigen hatte, wie der letzte Luxemburger, keineswegs eine
leichte. Die Schubladen D., welche die Rechnungen des Erbkämmerers
enthalten, lassen uns einen Blick thun in die Wirthschaft am könig-
lichen Hof, besonders zu Konstanz. Konrad erhielt Anweisungen
zur Ausbezahlung von Dienstgeldern an des Königs Diener wie
Peter Wacker, des Königs Schreiber, und Wigleit Schenk von
Geyern; 1417 lieferte Konrad für 240 fl. Tuch an den Hof. Was
die königliche Tafel verschlang, dafür ein Beweis aus dem Jahr
1417. Konrad zahlte an Ulrich Lind von Konstanz für verschiedene
Aus (1. Weinsbcrger Archiv in Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 159
Weine 130 fl., ebenso 660 fl. an Heinrieh Ulmer, Bürgermeister
daselbst, für Elsässer Wein 66 fl. an Heinrich von Luzern, für
Tischweine 245 fl. an Ulrich Steinhäuser von Konstanz.
Die Schulden seines königlichen Herrn mochten Konrad schwere
Sorgen bereiten. Sigmund liebte grosse Summen aufzunehmen, 1417
hatte er von Bischof Johann von Lüttich 1000 französische Kronen
aufgenommen, welche nun Konrad aus der Reichssteuer von Regens-
burg bezahlen sollte. In demselben Jahr hatten Bürger von Basel
7000 fl. für die Zehrung des Königs und seines Hofes zu fordern.
Im Jahr 1434 hatte Sigmund gar die königliche Krone und all
sein Silbergeschirr an einige Bürger von Basel verpfändet und
ausserdem noch 1000 fl. sonstige Schulden dort gemacht. Selbst in
der fernen Neumark musste Konrad an Albrecht Zeitlitz 1000 fl.
für verpfändete Zinse und Gülten ausbezahlen. Wie mochte es
Konrad gelingen, das Gleichgewicht in dem königlichen Rechnungs-
wesen herzustellen? Ein Stück der Reichssteuer um das andere
musste Sigmund verpfänden, bald eine Stadtsteuer, bald die Juden-
steuer. Von 1424 an waren die Reichssteuern am Niederrhein nahezu
uneinbringlich. Viele Lehensfallo wurden verschwiegen. In andern
Fällen suchte man durch gütliche Verhandlungen die Lehenstaxe
möglichst zu ringern. Markgraf Jakob von Baden erlangte 1433
von Konrad von Weinsberg und Haupt von Pappenheim die Ver-
günstigung, statt 10 Mark Silber Roichslehentaxe 40 fl. bezahlen
zu dürfen. Es lässt sich leicht vorstellen, wie die Kammerrechnung
nur zu oft mit atarkem Deficit schloss. Als Konrad 1418 die ab-
geschlossene Kammerrechnung dem König zur Anerkennung vor-
legte, wies dieselbe ein Deficit (f. h. ein Guthaben Konrad's mit
1334 fl. auf. Dass dasselbe sich nicht verringerte, sondern stetig
steigerte, bis Konrad's Geduld riss, liegt in der Natur der Sache.
Schon 1417 hatte K. Sigmund bei Konrad 10,000 fl. Schulden. Im
Jahr- 1415 Freitag vor Misericor. dom. 12. April hatte Sigmund
Konrad (und seinem Vater Engelhard?) die Reichssteuer zu HaU
verschreiben müssen, 1417 am 19. Mai bekam er auch die zu Ulm,
wozu die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg (zu Konstanz auf
Pfingsten 30. Mai 1417) ihre Einwilligung gaben. Der vorsichtige
Konrad Uess sich diese Kandschaft am Freit, nach Georgii 26. April
1420 zu Schweidnitz von K. Sigmund aufs neue bestätigen. Es
möchte wohl scheinen, dass Konrad es satt bekam, dem König
weiteres Geld vorzustrecken, zumal er weder in seinem Handel
160 Bossert:
mit der Stadt Weinsberg, noch um die Herrschaft Falkenstein wirk-
liche Unterstützung genoss; die ernstliche Ungnade des Königs
über Konrad's Selbsthilfe gegen die Städte, indem er im August
1428 bei Sinsheim 135 Städter auf der Keise zur Frankfurter
Messe nebst ihrem Handelsgut überfiel und einzog, dürfte mehr in
seinem Geldwesen als in jenem für Sigmund's Zeit nicht unerhörten
Vorgang liegen. (Das Nähere s. Württb. Jahrb. 1874, 193.) Konrad
sah sich genöthigt, die Pfandschaft auf die Reichssteuer zu Hall
und Ulm 1430 an die Städte abzutreten. Aber schon 1431 fing
Sigmund wieder an bei Konrad, welchen die jüngsten Erfahrungen
wieder geschmeidig machen mochten, Geld zu entlehnen. Erst erhielt
Konrad 2000 fl. auf die Münzen zu Prankfurt und Nördlingen
angewiesen, bald waren es 5450 fl., wofür Konrad die ganze Ver-
waltung der Münzen von Basel, Frankfurt und Nördlingen bekam.
Den Schlagschatz von Gold und Silber zu Frankfurt, welchen 1421
Peter Gatz, Münzmeister, für 399 fl. rückständiges Dienstgeld genossen,
hatte K. Sigmund schon 1425, wie es scheint, auf ein Jahr an
Konrad geschenkt. Fortan trugen die Münzen jener drei Münz-
stätten wahrscheinlich das Wappen von Weinsberg. Die Münzmeister
waren vollständig von Konrad abhängig. Als 1438 der Münzmeister
Peter Scherif zu Frankfurt in den geistlichen Stand getreten war,
gebot ihm das Concil zu Basel, trotz seines neuen Standes, Konrad
Rechenschaft abzulegen. Am Donnerstag vor St. Galli 15. October
1444 gab K. Friedrich zu Straubing Konrad die Erlaubniss, diese
drei Münzstätten anderweitig zu verpfänden. Ob er davon Gebrauch
gemacht, ist aus unserer Quelle nicht zu ersehen. Für eine weitere
Schuld von 6850 fl. hatte Sigmund unsern Konrad auf die Reichs-
steuer in den Niederlanden, Sachsen, Westfalen d. d. Nürnberg,
Moni nach Mar. Magd. 23. Juli 1431, für 1000 fl. auf die Juden-
steuer von Regensburg d. d. Basel Freitag vor Phil, und Jacobi
30. April 1434 angewiesen. Die an Wigleis Schenk von Geyern
verpfändete halbe Judensteuer in der Landvogtei Niederschwaben
löste Konrad von Hans Schenk von Geyern 1434 ein.
Bei dem Übeln Zustand der königlichen Kasse ist es nicht
zu verwundem, dass K. Sigmund alle Einkünfte möglichst zu stei-
gern, die versiegenden Quellen wieder neu zu öffnen suchen musste.
Dazu konnte er Konrads Dienste nicht entbehren. Von der Juden-
steuer reden wir unten. Am Freitag nach Jakobi 27. Juli 1431
erhielt Konrad mit Peter Wacker vom König zu Nürnberg den
Aus (1. WeinHberger Archiv in Oehrinpren für die Zeit v. 1415 bis 1448. 161
Auftrag, alle versessenen Reiehssteuern und Gefalle in den Nieder-
landen einzutreiben. Im Jahr 1435 Donnerstag vor drei Könige
(v. f. 1434 den 30. Dec.) ertheilte Sigmund von Pressburg aus
Konrad einen ähnlichen Auftrag für den Südwesten des Reiches.
Er sollte alle versessenen, verfallenen und verschwiegenen Reichs-
lehen und Pfandschaften in den Bisthümern Strassburg und Basel,
im Elsass, Breisgau und Sundgau und bei den Eidgenossen erkunden.
Am 22. Februar sehen wir Konrad von Basel aus diesem Auftrag
nachkommen, er forderte von dort aus alle Reichslehensleute in
den genannten Gegenden auf, vor ihm zu erscheinen um sich über
den Lehensempfang resp. ihr Pfandrecht zu rechtfertigen und die
betr. Gebühren zu entrichten. An den Grenzmarken des Reiches
war es schwer, für Regelmässigkeit der Leistungen ans Reich zu
sorgen; werden wir doch unten sehen, wie an der nördlichen und
nordöstlichen Grenze die Eintreibung der Judensteuer und des Ab-
lassgeldes ihre Schwierigkeiten hatte.
Das Vertrauen K. Sigmund's Hess Konrad die verschiedensten
ehrenvollsten Aufträge zu Theil werden, welche Konrad zu weiten
Reisen veranlassten. Im Jahr 1418 hatte Konrad die Landgrafen
Friedrich und Wilhelm von Thüringen in des Königs Namen zu
belehnen. Im folgenden Jahr waren die Städte Hamburg, Rostock,
Wismar und die Ditmarsen in königliche Ungnade gefallen. Sig-
mund Hess sie vor dem Hofgericht wegen Majestätsbeleidigung
verklagen. Zum kgl. Fiskal und Prokurator für diesen Prozess
wurde unser Konrad bestellt. Wie es scheint, führte ihn diese
Angelegenheit nach Norden. Es liegt aus dem Jahr 1420 ein Ge-
leitsbrief des Königs Erich von Dänemark für den königlichen
Botschafter Konrad von Weinsberg vor. Unterwegs fungirte Konrad
als Kommissarius des Königs zu Breslau, wo K. Wladislaus V. von
Polen sich mit dem Hochmeister des Deutschordens, Michael Küchen-
meister von Sternberg (1414 — 22), vertrug. Am 6. Jan. kam der
Vertrag zu Stande. Unsere Quelle gibt das Datum 1470, was jeden-
falls irrig und ohne Zweifel ein Schreibfehler ist. Bei dem Mangel
an literarischen Hilfsmitteln und der Entfernung von Bibliotheken
ist es hier nicht möglich, das Datum des Jahres unbedingt sicher
anzugeben. Die Sendung Konrads an die Niederelbe scheint Erfolg
gehabt zu haben. Am St. Nikolaitag 1420 (6. Dec.) thut Sigmund
kund, dass Hamburg und die Ditmarsen mit ihm vertragen seien.
In ähnlicher Weise hatte Konrad im Jahre 1431, nachdem ihm
ArcWvallÄohe Zeitschrift VIT. 11
162 Bossert:
K. Sigmund wieder seine Gnade und sein Vertrauen zugewendet,
an der Weser und am Niederrhein zu wirken. Am 26. Juli ertheiite
der König zu Nürnberg unserem Konrad den Auftrag, den Erz-
bischof Nikolaus, Graf v. Delmenhorst 1422 — 35, zu belehnen. Am
folgenden Tag Freitag nach Jakobi fügte Sigmund neue, weitgreifende
Aufträge hinzu. In Bremen sollte erin Gemeinschaft mit dem könig-
lichen Notar Peter Wacker die zerfahrenen Verhältnisse ordnen,
den früheren Magistrat wieder in sein Amt einsetzen und die Stadt
von der Keichsacht entbinden. In den Niederlanden sollten beide
Königsboten neben der Ordnung der Roichseinkünfte in Utrecht
Frieden stiften, die vertriebenen Bürger zurückrufen und die Stadt
aus der Reichsacht lösen, zwei Domherren mit einander vertragen und
den Bischof Lueder v. Kulenburg 1425 — 33 belehnen. Als dieser am
21. Sept. 1433 gestorben war, hatte Konrad auch seinen Nachfolger
Graf Rudolf von Diepholz zu belehnen. Einen Beweis der Zufriedenheit
Sigmunds mit Konrads Leistungen auf dieser Reise dürfen wir in der
Urkunde vom 22. Juli 1434 erblicken, in welcher Sigmund zu Ulm
Konrad und seinen Amtleuten das Recht ertheiite, über Blut zu
richten, womit für Konrads Herrschaftsgebiet die alte, in Franken theil-
weise noch bis 1803 erhaltene Centgerichtsbarkeit aufgehoben war.
Am^ 11. Dezember 1437 war Sigmund gestorben. Sein Nach-
folger im Reich, Albrecht II. von Oestreich, erkannte bald, welche
reiche Erfahrung, weltmännische Gewandtheit und Finanzkunst
Konrad von Weinsberg besass. Die Kurfürsten hatten Konrad
und Haupt von Pappenheim mit der Botschaft der am 18. März
1438 zu Wien vollzogenen Königs wähl nach Wien gesandt (Lich-
nowsky 5, 286.) Am 3. Mai nahm K. Albrecht Konrad als Rath
und Diener in seine Dienste und verschrieb ihm ein ungewöhnlich
hohes Jahrgeld von 1500 fl.; Haupt v. Pappenheim, der ebenfalls
in des Königs Dienste trat, erhielt nur 1000 fl. Am Sonntag in
Allerheiligen 2. Nov. ertheiite K. Albrecht zu Görlitz unserem
Konrad die weitgehendsten Aufträge, im ganzen Reiche, nicht nur
in einzelnen Gegenden, sämmtliche in Abgang gekommenen Reichs-
einkünfte, auch die von der Judenschaft, wieder in Gang zu bringen.
Am 24. April (Ostermontag nach Jubilate) 1439 wurde Konrad zu
Pressburg bevollmächtigt, von den Städten am Rheinstrom, Basel,
Mülhausen, Türkheim, Strassburg, Colmar, Oberenheim, Schlettstadt,
Hagenau, Kaisersberg, Rottweil die Huldigung einzunehmen. Zugleich
sollte er dort einen alten Streit zwischen der Stadt Türkheim und
Au8 d. AVeinnber^r Archiv in Oehringen f(ir die Zeit v. 1415 bis 1448. 163
dem Ä.bt des Klosters Münster im Gregorienthai vertragen. (Urk.
dd. Petri und Pauli, Ofen.) Eine auf diesen Streit bezügliche
Richtigung des Abts Johann von Münster und der Stadt Thüreng-
heim von 1315 im Archiv zu Oehringen zeugt davon, wie Konrad
die Streitpunkte bis auf 120 Jahre zurück studirte. Ohne Zweifel
zum Ersatz für seine Baarauslagen erhielt Konrad unter dem
29. Juni 1439 die auf Martini fällige Eeichssteuer von Windsheim
angewiesen. Am 27. Oktober 1439 war K. Albrecht gestorben, aber
Konrad besorgte des Reiches Finanzen auch weiterhin ungestört.
Am 25. Nov. gebot der Reichsvikar, Pfalzgraf Ludwig, der Stadt
Frankfurt, ihre Reichssteuer an Konrad abzuliefern. Von dem Ver-
trauen, das Konrad am königlichen Hofe Albrechts genossen, zeugen
noch mehrere Schreiben seiner Wittwe Elisabeth. Sie zeigte ihm
die Geburt ihres Sohnes Ladislaus an. 1442 wandte sich Elisabeth
mit der flehentlichen Bitte an Konrad, er möchte den K. Friedrich
bestimmen, Jass er ihr ihre Kinder sammt der verpfändeten unga-
rischen Krone wieder zurückgebe. Wahrscheinlich hatte Elisabeth
selbst Konrad auch eine Abschrift ihres Schreibens an den Kur-
fürsten Friedrich von Brandenburg überschickt, worin sie diesem
meldet, wie die ungarischen Magnaten sie zur Ehe mit Wladislaw
von Polen nöthigen und ihren Sohn auf diese Weise um die
ungarische Krone bringen wollen, und bittet, der Kurfürst möge
Wladislaw zur Räumung von Ungarn bestimmen.
Aus der Zeit K. Friedrichs haben wir nur eine Urkunde,
welche zeigt, dass auch dieser König die Dienste des nun hoch-
betagten Konrad noch in Anspruch nahm. Sigmund H. von Sachsen,
Bischof zu Würzburg, war in schweren Streit mit ^inem Domkapitel
gerathen. Sigmund hatte am 5. Juni 1442 zu Frankfuit des Kaisers
Entscheidung angerufen (Lichnowsky 6. Regest. 337). K. Friedrich
bestellte nun Konrad zum Kommissär. Er brachte einen Vergleich
zu Stande, wornach Sigmund sich des Bisthums gegen ein Jahrgeld
von 2000 fl. begab, während Konrads Verwandter, Gottfried Schenk
von limpurg, Pfleger des Bisthums wurde.
ni. Ein besonderes -Gebiet der Thätigkeit Konrads als Erb-
kammerer haben wir bisher übergangen, da dasselbe eine besondere
Schilderung verdient. Es ist sein Verhältniss zu den kaiserlichen
Kammerknechten, den Juden in Deutschland.
Ausser den im Folgenden ihrem Inhalt nach angegebenen
Urkunden weist unsere Quelle für dieses gerade in der Gegenwart
11*
164 Bossert:
noch besonders interessante, meines Wissens noch nicht genügend
beleuchtete Kapitel „Die Juden Deutschlands im Mittelalter' ein
sehr umfangreiches statistisches Material auf, das nur summarisch
in Hansseimanns Repertorium angegeben ist. Da ist erstlich ein
gebundenes Buch mit Aufzeichnungen über die Judensteuer. Konrad
gibt darin Rechenschaft über seine Verhandlungen mit den Juden
im Reich, sodann ein Fascikel ,,Acta und Missiven die Judensteuer
betreffend*', endlich eine Anzahl Rechnungen über den Ertrag der
Judensteuer. Es dürfte die Hoffnung gegründet sein, auf der
sichern Grundlage dieses Materials Klarheit über die Verbreitung
der Juden im Deutschen Reich während der ersten Hälfte des
15. Jahrhunderts, sowie über die Kopfzahl derselben in den ein-
zelnen Ländern und Städten zu gewinnen. Wahrscheinlich findet
sich auch noch anderes im Repertorium gar nicht verzeichnetes
Material, hebräische Schriften die Juden betreffend, welche Konrad
in seinem langen Verkehr mit den Juden gesammelt. Diese Ver-
muthung gründet sich auf die von dem Hofprediger Wibel in
Ijangenburg, dem Verfasser der hohenlohischen Kirchen- und Re-
formationsgeschichte, ausgesprochene Absicht, vollständig neues und
unbekanntes Material an Urkunden und Schriften zur Geschichte
der Juden herauszugeben. Wibel hat wie kaum ein Anderer vor
und nach ihm das Archiv in Oehringen gekannt und benützt Das
zeigt besonders sein unschätzbares Codex diplomaticus zu den vier
Bänden des oben genannten Werkes. Die Quelle, aus der Wibel
für die beabsichtigte Publikation die Juden betreffend zu schöpfen
gedachte, kann kaum etwas anderes sein als unser Weinsberger
Archiv.
Gehen wir nun zu den in unserer Quelle genauer angegebenen
Urkunden über, so finden wir noch einige Schriftstücke aus dem
14. Jahrhundert. Schon Karl IV. gewährte 1348 Engelhard von
Weinsberg 300 % H. Gült von der Judensteuer in der Landvogtei
Schwaben. 1372 am 29. Oktober wurde diese Begabung zu Prag
erneuert Auch K. Ruprecht belehnte Konrads Vater Engelhard
zu Heidelberg 1404 Donnerstag vor Simonis und Judä 23. Oktober
mit diesem Bezug. Eine Urkunde von K. Wenzel dd. Prag Mitt-
woch nach dem Obersten 11. Januar 1385 besagt, dass Herzog
Przemysl von Teschen bevollmächtigt wurde, alle missethätigen
Juden, welche von Deutschland nach Welschland ziehen oder
Wechsel dahin machen, zur Strafe zu ziehen. Konrad selbst erhielt
Aus d. Weiiwberger Areliiv iii Oeliringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 165
seine Vollmacht, den Juden zu gebieten, von K. Sigmund zu Kon-
stanz am Sonntag vor Johannis den 19. Juni 1415. Er erhielt
damit ein doppeltes Recht: 1) sämmtliche Judensteuern einzu-
ziehen, 2)Eabbinen und Judenmeister ein-und abzusetzen.
Wie Konrad von letzterer Befugniss Gebrauch machte, sehen wir
aus einer Urkunde dd. Ulrichstag 4. Juli 1435. In dieser Urkunde
bestellte Konrad einen Juden Anselm aus Köln zum obersten Rabbi
und Meister über alle Juden in der westlichen Hälfte des
Deutschen Reiches. Als Wirkungskreis für Anselm bestimmte Konrad
die Erzbisthümer Köln, Mainz, Trier, Bremen, Besanyon, die Bis-
thümer Utrecht, Münster, Hildesheim, Verden, Metz, Worms, Speier,
Strassburg, Basel, Constanz und Lausanne, die Länder Jülich, Cleve,
Clevische Mark, Berg, Elsass und Savoyen. Es ist zu bedauern,
dass wir nicht eine ähnliche Bestallung für die östliche Hälfte des
Reiches vorfinden.
Die Strafgewalt über die missethätigen Juden in
Deutschland übertrug K. Sigmund in einer besonderen Vollmacht
dd. Paris 23. April 1416 an Konrad. Seine Hauptaufgabe aber
war der Einzug der Judensteuer. So weit aus unserer Quelle
zu ersehen ist, hatte die kaiserliche Kammer mancherlei Wege und
Mittel, um die Kammerknechte möglichst stark zu besteuern, und
zugleich das grösste Interesse, dass dieselben gegen Willkür und
Gewalt der Reichsfürsten und Stände geschützt und dem Deutschen
Reiche erhalten würden, freilich keinerlei ideales, sondern ein sehr
reales, rein finanzielles Interesse. Wir unterscheiden 1) die gemeine
Judensteuer oder Schätzung, 2) den goldenen Opferpfennig, eine
Kopfsteuer, welche jeder Israelite über 12 Jahren alljährlich auf
Weihnachten zu erlegen hatte, betragend einen Goldgulden, 3) die
Kronsteuer oder den dritten Pfennig, der jedem König nach der
Wahl und wieder wie bei K. Sigmund bei der Kaiserkrönung zu
entrichten war. Nebenher gingen noch mancherlei Auflagen bei
besonderen Gelegenheiten. Das Deutsche Reich hatte von der
Pinanzkunst der römischen Kurie Einiges gelernt. Papst Bene-
dict Xni, (Peter de Luna) war gegen die Juden streng aufgetreten,
und hatte besonders nach dem verunglückten Religionsgespräch mit
vielen Rabbinen 1413 Gewaltmassregeln über sie verhängt. Martin V.
hob dieselben auf und bestätigte 1417 die Privilegien der Juden,
aber nicht ohne dass die Juden für Promulgation der päpstlichen
Gnadenbttlle eine neue Steuer zu entrichten hatten. Mittwoch vor
16(3 Bossert:
Liietare 2. März 1418 kam Konrad von Weinsberg, der auch mit
Eintreibung dieser Steuer von K. Sigmund beauftragt und von
demselben schon mit 2400 fl. Guthaben auf dieselbe angewiesen war,
zu Constanz mit 3 Vertretern der Judenschaft über die Höhe dieser
Steuer überein. Man verständigte sich nach unserer Quelle auf den
30. Pfennig. Zur Einziehung der Steuer bediente sich Konrad be-
sonderer Kommissäre. Doch scheint es, dass K. Sigmund und- auch
Albrecht in einzelnen Jahren und Gegenden neben und anstatt
Konrad von Weinsberg noch andere Vertrauensmänner aufstellte.
1416 treffen wir Erkinger von Seinsheim und Wigleis Schenk von
Geyern, welche von der durch sie erhobenen Judensteuer an den
königlichen Notar Peter Wacker 200 fl. für seine Gesandtschaft
nach Meissen auszubezahlen hatten.
Wigleis Schenk von Geyern durfte auch 1418 die halbe Juden-
steuer zu Nürnberg zum Lohn für getreue Dienste „einfangen".
Sogar nachdem es den Städten 1428/29 gelungen war, die Gnade
K. Sigmunds Konrad auf einige Zeit zu entziehen, hatte der König
eben den genannten Erkinger von Seinsheim mit dem Einzug der
Jndensteuer für einige Zeit betraut und Konrad dieses Amtes ent-
hoben. 1434 treffen wir Martin von Eyb als königlichen Kommissär
mit dem Steuereinzug im Burggrafenthum Nürnberg, in der Graf-
schaft Oettingen, der Herrschaft Heideck, den Städten Nördlingen,
Bopfingen und Dinkelsbühl betraut. (Urk. K. Sigmund dd. Basel
Dienstag nach Palm. 23. April.) Die Kronsteuer im Herzogthum
Oestreich zog 1434 Graf Johann von Helfenstein ein. Dass für
Konrad diese Massregeln der Könige nicht immer angenehm waren,
ergibt sich aus einem Befehl K. Albrechts dd. Breslau 1439 Donners-
tag nach Dreikönigstag 8. Jan., wonach Konrad einen Hermann
Hecht im Einzug der dem Letzteren verschriebenen Judensteuer
zu Ulm und im Bisthum Constanz nicht beeinträchtigen sollte,
(cf. Lichnowsky Band 5. N. 4136.)
Als Organe für den Einzug der Steuer lernen wir wenigstens
für die ersten Jahre einige mit Namen genannte Männer kennen.
Wahrscheinlich wird sich aus den oben genannten Acten ein an-
nähernd vollständiges Verzeichniss derselben wie eine Klarheit über
den ganzen Mechanismus der Steuererhebung gewinnen lassen.
Konrad liebte es, Männer aus seiner näheren Umgebung, denen er
Vertrauen schenken konnte, auszuschicken und denselben einen
Juden als Sachverständigen beizugeben. 1415 sandte Konrad den
Aus d. Weinßberger Archiv iu Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 167
Pfarrer Meinwart Kraft von Baldersheim, das zu der von Konrad
erworbenen Herrschaft Keichesberg gehörte, sammt Seifried Greck
von Kochendorf, seinem Lehensmann, nach Norddeutschland. Ais
Steuergebiet wies er ihnen die Bisthümer Halberstadt, Hildesheim,
Merseburg, Minden, Naumburg, die Abteien Corvey und Quedlin-
burg, das Pürstenthum Anhalt, die Grafschaft Mannsfeld, die Städte
Goslar, Aschersleben und Halle an. 1418 zog der Pfarrer von
Baldersheim in Gemeinschaft eines Rabbi Joseph von Ofen aus.
Nach Oesterreich und Ungarn sandte Konrad wieder einen seiner
fränkischen Lehensmannen Seifried von Gosheim mit dem Juden
Fyvelmann von Giengen nach Münster, Osnabrück und Herford, 1422
seinen Kaplan Johann Stoppel mit Heinrich Schüterer. (Wibel
Hohenl. Kirchen- und Ref.-Geschichto 1, 253.) 1426 war es ein Jude
Namens Mschlin, den Konrad allein aussandte. Als K. Sigmund
zu Ofen 1436 Mittwoch nach Laetai*e 21. März die noch ausständige
Kronsteuer der Juden seiner Gemahlin Barbara von Cilli geschenkt
hatte, wählte diese Mittwoch nach Judica 28. März Michael Nadler,
Thomas von Gottlieben und den Juden Joseph von Ofen zu ihren
Einzugskonmiissären. Sie forderte die Kronsteuer auch von den
Juden im Lande Herzogs Amadeus von Savoyen wie von denen
im Kirchenstaat (Schreiben Baibanas an Pabst Eugen V. dd. Prag
30. April 1437). Thomas von Gottlieben treffen wir noch einmal
mit Thomas Kemzig und dem Judea Elias im Norden. Sie geben
1437 Mittwoch nach Himmelfahrt 15. Mai einem Ritter Peter
Siegelstrang die Vollmacht, die Judensteuer in Luckau und Cottbus
(die Torlage hat Kottwiz) einzuziehen. Konrad gab seinen Bevoll-
mächtigten einen Gewaltbrief, der ihnen zugleich allenthalben Zoll-
freiheit und sicheres Geleit verschfffifen sollte, mit. Die einzelnen
Fürsten ertheilten dann für ihr Land noch besondere Pässe, so
Herzog Albrecht von Oestreich 1418 Mont. nach Himmelfahrt 9. Mai,
der Palatinus Nikolaus von Ungarn 1418 an Ostern 27. März.
Der Einzug dieser Judensteuer war ein schwieriges Geschäft.
Die Kommissäre fanden vielfach Widerstand. Besondere Schwierig-
keiten gab es 1418 in Meissen und Thüringen, wohin Konrad per-
sönlich mit einer Vollmacht des Königs dd. 4. Juni ging. An dem-
selben Tag gebot der König den Deutschherren in Thüringen und
Meissen zur Einziehung der Judensteuer in ihrem Gebiet die Hand
zu bieten. Schon Freitag nach Fronleichnam 26. Mai hatte Konrad
noch einen besonderen Vertrag zu Altenburg mit Markgraf Wilhelm
1(58 BoHSiTt:
von Meissen wegen der Judensteuer geschlossen. In Erfiu-t ent-
deckte Konrad, dass verschiedene Juden ihr Vermögen theüweise
verschwiegen und unrecht versteuerten, und erwirkte deshalb ein
scharfes Mandat des Königs d. d. Ettlingen, Sonntag vor Laurentii
7. Aug. Noch verschiedene Aktenstücke weisen darauf hin, welche
Vorsicht in dieser Gegend von beiden Seiten angewandt wurde.
Von Landgraf Friedrich von Thüringen liess sich Konrad Mont
vor Mar. Geburt 5. Sept. bezeugen, dass er nicht mehr als den
3. Pfennig von der „Judenheit" erhoben habe. Die Juden Thüringens
und Meissens aber Hessen sich am 6. Jan. 1421 zu Leitmeritz von
K. Sigmund den Empfang des 3. Pfennigs quittiren. Landgraf
Wilhelm verlangte von Sigmund Dienstag nach Dreikönigstag zu
Leitmertiz wie schon 1418 einen Revers, dass die Judensteuer ihm
an seinen Privilegien keinen Eintrag thun sollte. Einzelne Fürsten
zogen die Judensteuer unter Ausschluss Konrads und seiner Kom-
missäre ein, so Burggraf Johann von Nürnberg 1423. Diesem
gegenüber wirkte Konrad zu Pressburg 4. Oktober eine Vollmacht
des Königs aus, wonach Konrad von Johann eine genaue Rechnung
über die eingezogene Juden Steuer fordern durfte. Auch Fälle von
Steuerverweigerung kommen vor. 1433 am 19. Nov. forderte Sig-
mund die Juden der Grafschaft Isenburg, welche die Steuer ver-
weigert hatten, zur Absendung einer Gesandtschaft nach Basel auf,
um sich in ihrem Namen zu verantworten. Vielfach zahlten die
Juden lieber statt des dritten Pfennigs eine Pauschalsumme. So
vermittelte Pfalzgraf Ludwig als Reichsvikar zu Heidelberg am
25. Nov. 1439 einen Vertrag zwischen Konrad und Vertretern der
Frankfurter Judenschaft, dahin gehend, dass die Frankfurter Juden
statt des dritten Pfennigs 600 fl. im Ganzen bezahlten. In gleicher
Richtung wird die Notiz zu verstehen sein, dass die Stadt Bremen
1435 am 25. Juli Bertold Bratenkohl bevollmächtigte, mit Konrad
wegen der Judensteuer in ihrer Stadt zu verhandeln. Ja es möchte
fast scheinen, dass König Albrecht die Pauschzahlungen als Regel
ansah. Denn nur so hat es einen Sinn, wenn K. Albrecht dd. 1. Mai
1439 von Pressburg aus die Juden des Reichs wiederholt auffordert,
Bevollmächtigte nach Nürnberg zu schicken, um dort mit ihnen
wegen Erlegung des dritten Pfennigs zu verhandeln, (cf. auch Lich-
nowsky Rep. 4260 „Vollmacht an Konrad, mit dem einen Theil der
Juden auf Jakobi zu Nürnberg, mit dem andern auf Bartholomäi
zu Mainz zu verhandeln". Pressburg 1. Mai 1439.)
Aus (1. Weiiisbei'ger Archiv in Oehringeu für dio Zeit v. Mio bi« 1448. 1()9
Selbstverständlich wäre es für die Keniitniss der Finanzen
des Eeiches von höchstem Werth zu erfahren, wie viel die ver-
schiedenen Judensteuern jährlich im Reich ertragen haben möchten.
Unsere Quelle reicht dazu nicht aus. Das Repertorium gibt nur
zwei einzelne Data. Graf Johann von Helfenstein lieferte 1434 als
Ertrag der Kronsteuer nach Sigmunds Kaiserkrönung 1434 aus dem
Herzogthum Oestreich 2500 Dukaten ab. Die Juden von Frankfurt
zahlen 1439 als dritten Pfennig 600 fl. Genaueres wird ein ein-
gehendes Studium der spezifizirten Rechnungen Konrads, der dem
König immer genau Rechnung ablegte, z. B. 1436 1. Jan. zu Press-
burg, in reicher Fülle ergeben.
IV. Wir wenden uns zu dem letzten Gebiet, füi* welches das
Weinsberger Archiv der deutschen Geschichte neues Licht geben
dürfte. Es ist die Geschichte des Concils zu Basel. Schon am
Concil zu Constanz hatte Konrad von Weinsberg theilgenommen.
Wir fanden ihn oben 1415 zum ersten Mal zu Constanz im Ver-
kehr mit K. Sigmund und betheiligt an der Fehde gegen Herzog
Friedrich von Oestreich, den Beschützer des abgesetzten Papstes
Johann XXTTL Aus jener Zeit stammt noch ein Fascikel des Weins-
berger Archivs „Fragmenta actoiiim des Concils zu Constanz, die
Absetzung Johanns XXIIL, die Verdammung Johann Wiclefs und
Johann Hussen betreffend''. Weiteren Aufschluss gewährt unsere
Quelle nicht. Aber auch diese fragmentarische Aktensammlung dürfte
einer Durchsicht werth sein. Von dem neugewählten Papst Martin V.
(erwählt 11. Nov. 1417) hatte Konrad bereits am 2. Dec. zwei
Indulgenzbriefe erlangt, denen sich bald vier weitere, theilweise
sehr weitgehende anschlössen, wie denn Konrad auf derartige Schrift-
stücke ein grosses Gewicht gelegt und viel Geld darum gegeben
zu haben scheint. Von Bonifacius IX. hatte sich Konrad bereits
1401 fünf Indulgenzbriefe verschafft, ebenso 1410 einen von dem
Vikar Papst Alexanders V., Bischof Peter von Tusculum, der eine
besonders reiche Spende empfangen zu haben scheint, denn er
nannte Konrad in dem Document Graf Konrad von Weinsberg.
Das Archiv enthält noch eine Zusammenstellung aller Artikel, für
welche Konrad päpstliche Dispensation während seines Lebens nach-
gesucht hatte.
Alle diese Schriftstücke bekunden ein lebhaftes inneres Interesse
für die Kirche, für ihre Satzungen und Gnadenerweisungen. Der
geistige Horizont des Erbkämmerers beschränkte sich nicht auf seine
170 BoBsert:
tinanziello Thätigkeit und auf die Mehrung seines Hausbesitzes,
wie denn auch die beiden oben S. 151 angeführten geistlichen Lieder
dafür zeugen. Ein solcher Mann musste vermöge seiner inneren
Stellung wie söiner auf dem Concil zu Constanz gesammelten Er-
fahrungen dem König Albrecht besonders geeignet erscheinen, auf
dem Concil zu Basel seine Stelle zu vertreten. Schon 1435 war
der erste Protektor des Concils, Herzog Wilhelm von Bayern, ge-
storben. Am 13. Nov. 1438 tritt Konrad von Weinsberg, der mit
Bischof Leonhard von Passau und Peter von Augsburg und einem
Johann von Aych des Königs Gesandtschaft nach Basel bildete,
mit einer königlichen Tollmacht auf, die ihn berechtigte, alle Streitig-
keiten auf dem Concil zu untersuchen und zu schlichten, (Görlitz
13. Nov., cf. auch lichnowsky 4077.)
Doch hatte Konrad schon 1434 mit dem Concil zu Basel zu
verhandeln gehabt. Cardinal Julian ertheilte ihm Namens des Concils
Dispens wegen naher Verwandtschaft mit seiner Gattin Anna v.
Henneberg. Als Protektor des Concils treffen wir Konrad zum
ersten Mal genannt in einem Gebotsbrief des K. Albrecht vom
22. Febr. 1439, worin er allen Fürsten und Ständen des Reiches
befiehlt, Konrad von Weinsberg als Protektor auf dessen Erfordern
Hilfe zu leisten. Das Concil hatte schon zuvor Konrad sein beson-
deres Vertrauen bewiesen; es hatte Konrad den Einzug des Ablass-
geldes in Deutschland übertragen, und Konrad hatte die Aufgabe
übernommen, den Bestand des Concils nach der finanziellen Seite
zu sichern. Die erste Urkunde, welche darauf hinweist, ist ein
Mandat des Concils an das Capitel zu Magdeburg, das Ablassgeld
an Konrad zu überliefern, vom 8. Febr. 1439. Wie Konrad sich
dieser seinem Talent besonders entsprechenden Aufgabe unterzogen,
soll unten dargelegt werden. Konrad hat mit eigener Hand auf-
gezeichnet, wie er das Protektoramt übernommen und verwaltet
habe. Dieses Schriftstück „Kurze und eigenhändige Beschrei-
bung, auf was Weise S. Gnaden zu einem Protektore
des Concilii zu Basel angenommen worden etc.'' (Schub-
lade G. n. 55) dürfte einer besondern Berücksichtigung von Seiten
der Geschichtsforscher werth sein. Das ConcU wusste seinerseits
Konrads Person und Amt zu schätzen. Der Präsident des Concils
Kardinal Ludwig d'Alemand von Arles behandelte Konrad mit aus-
gesuchter Höflichkeit; in seinen Schreiben gab er dem einfachen
deutschen Rittersmann, dessen Haus ursprünglich nicht einmal zum
Alis d. WeiiiHl)erger .Vrcliiv in Oehringt*n für die Zeit v. 1-415 bis 1448. 171
Stand der Freiherren gehörte, die höchsten Ehrentitel. Unsere Quelle
versäumt nicht hervorzuheben, wie der Kardinal seine Schreiben
an Konrad adressirte, das eine Mal: Magnifico militi, domino Con-
rado de Vinsperg, das andere Mal : dem wohlgeborenen und mächtigen
Grafen C. v. W. meinem allerliebsten Freund, wie ihn der Kardinal
im Context anredet: Magnificentia vestra, oder Eure Mächtigkeit.
Auch im deutschen Reich verlieh die Würde eines Protektors des
Concils unserem Konrad ein hohes Ansehen. Das zeigen wieder zwei
Schreiben, von denen Hansseimann die Adressen angibt. Hamburg
nennt Konrad den hochgebornen Herrn K. v. Weinsberg, die Stadt
Wismar gar den erleuchteten (illusti-em ?) hochgebornen Fürsten
und Herrn. Das Concil erwies sich gegen Konrad aufmerksam und
dankbar. Es liegen noch fünf Indulgenzbriefe des Concils aus dem
Jahr 1440, zwei aus* dem Jahre 1445 vor, Konrad war es wahr-
scheinlich auch, durch den mehrere Franken auf dem Concil eine
Stelle erhielten. Wir kennen Hans Gemminger (v. Gemmingen),
Vikar zu Basel 1444, und Hans v. Bachenstein, einen Sprossen
des weit verbreiteten Geschlechts der Bachen von Bachenstein, deren
Stammburg bei Döttingen, O.-A. Künzelsau, stand. Er war auditor
camerae. Aeneas Sylvius schildert ihn als vir et gravis et facundus,
et cujus opera in multis legationibus concilium saepe est usum.
(Stalin W. Geschichte 3, 441 not. 2.) lieber das Concil enthalten
zwei Bücher in Klein-Quart Originalaufzeichnungen ohne Zweifel
von Konrads Hand; von Akten und Korrespondenzen das Concil
betreffend führt unsere Quelle vier Fascikel auf und zwar einen
mit undatirtem Schreiben, 33 Nrn. stark, sodann drei mit datirten
Dokumenten, Nr. 1 von 1436—39, Nr. 2 von 1440/41, Nr. 3 von
1442 — 47. Wenn hier nicht für die Geschichte des Concils von
Basel neues, werthvoUes Material zu gewinnen ist, dann bat die
Hypothese überhaupt kein Recht mehr in der Welt. Wahrscheinlich
hatte Konrad die Beschlüsse des Concils, soweit er sie erlangen
konnte, gesammelt, doch haben sich nur einzelne derselben im Weins-
berger Archiv erhalten, nämlich der Beschluss vom 26. Febr. 1435
Beschränkung des Interdicts, die Erklärungen über die Suprematie
des Concils über den Papst vom 16. Mai 1439, Tind über den Vor-
schlag der christlichen Fürsten, das Concil an einen andern Ort,
wie Strassburg, Constanz, Mainz zu verlegen vom 13. Juni 1439,
die Bulle über Absetzung des Papstes Eugen IV. vom 25. Juni
1439, den Beschluss über Fortbestand des Concils trotz der Minderung
172 Bosöert:
seiner Mitglieder, und Festsetzung der Papstwahl nach 60 Tagen
vom 10. Juli 1439, dazu kommt noch eine Rechtfertigungsschrift
des Concils für diesen Beschluss. Fast möchte es scheinen, dass
Konrad auch zu den Gesandten K. Albrechts gehörte, welche er
an Papst Eugen IV. 1439 sandte, wenigstens liegt die Instruktion
für diese Gesandten vor. Bei den Verhandlungen der deutschen
Fürsten mit den Basler Vätern war Konrad in Frankfurt und
später in Mainz anwesend. Die Abgesandten des Concils brachten
ein besonderes Beglaubigungsschreiben des Concils mit (dd. 1. Aug.),
um sieh damit unter den Schulz des Protektors des Concils zu
stellen. Als nun der Termin der Wahl eines neuen Papstes nahte,
bat das Concil Konrad von Weinsberg als Protektor wiederholt am
23. Sept. und am 10. Okt., sich möglichst bald in Basel einzufinden.
Konrad kam zugleich als Gesandter K Albrechts für die Verhand-
lung zwischen dem Concil und den deutschen ßeichsfürsten, welche
ursprünglich am 5. November zu Mainz stattfinden sollte, (cf. lieh-
nowsky Bd. 5 n. 3. 4478.) Am 5. November hatte das Concil den
Herzog Amadeus von Savoyen zum Papst erwählt. Am 8. November
berichteten Konrad und Graf Hans von Thierstein, sein Stellver-
treter, dem König Albrecht den Vollzug und das Ergebniss der
Wahl. Den König traf dieser Bericht nicht mehr am Leben, am
27. Oktober war er gestorben. Nunmehr bestätigte der Reichsvikar
Pfalzgraf Ludwig, unsern Konrad als Statthalter und Protektor des
Concils. dd. Sonnt, nach S. Luciä (20. Dez.). Aus der späteren Zeit
haben wir nur noch wenige Nachrichten. K. Friedrich beliess Konrad
in seiner Stellung, obgleich er dem Concil zu Basel wenig geneigt
war, und bestätigte wenigstens seine Befugniss zur Einziehung des
Ablassgeldes. Mit dem neuen Papst Felix V. blieb Konrad bis 1445
in Briefwechsel. Unsere Quelle nennt vier Briefe von Felix V. an
Konrad, v. 1440,42,43,45, wovon zwei bei Hansseimann Landes-
hoheit 2, 152 flf. dd. 12. Febr. 1440 u. 27. Sept. 1443 abgedruckt
sind, und einen an seine Gesandten nach Frankfurt Möglich, dass
Wibel, der in der fortgesetzten Sammlung von theologischen Sachen
Band 50, S. 10 ff. Urkunden zur Geschichte des Concils heraus-
zugeben versprach mnd wirklich in den neuen Beiträgen von alten
und neuen theolog. Sachen 1753 Pentades V documentorum historiam
concilii Basiliensis illustrantium ex archivo Winspergensi erscheinen
liess, sie vollständig wiedergab. Jedenfalls ist diese theologische
Zeitschrift so wenig benüt;5t und wenig bekannt, dass es wohl der
Aus d, Weinsberjrer Archiv in Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 1 73
Mühe werth ist, noch besonders darauf aufmerksam zu machen.
Dass Konrad auch zur Zeit K. Friedrichs in Basel vielfach mit
Angelegenheiten des Ooncils beschäftigt war, ergibt sich noch aus
anderen Akten. Konrad stand nämlich 1439 in Rechtsstreit mit
seiner Tochter erster Ehe, Elisabeth, der Gattin Herzog Erichs
von Sachsen -Lauenburg, wegen des Erbtheils ihrer Mutter Anna
V. Brauneck. Nun hatte das Landgericht des Herzogthum Frankens
1440 einen Spruch zu Gunsten Elisabeths gethan. Deshalb wandte
sich Konrad an den König Friedrich um Aufhebung des Spruchs
und Sistirung des XJrtheils, da er von Basel aus die Prozesssache
nicht verfolgen noch sich vertheidigen könne. Ein weiteres Akten-
stück, das ebenso von Konrads Aufenthalt, wie von seinem An-
sehen in Basel zeugt, ist eine Bitte der Bürger von Basel, welche
Konrad um Schutz und Vermittlung für einige Mitbürger baten,
welche vor das Freigericht zu Herbedde (zwischen Witten und Essen
in der preuss. Kheinprov.) unter dem Hartenstein citirt waren. Der
Wunsch Konrads, durch Vermittlung des Papstes Felix für seinen
Erstgebornen eine vortheilhafte Verbindung zu gewinnen — viel-
leicht hatte er gar an eine Dame aus dem savoyischen Hause
gedacht, wie Pfalzgraf Ludwig eine Tochter des Papstes selbst zur
Gemahlin hatte — ging nicht in Erfüllung. Er musste sich später
mit einer Freiin von Stoffeln begnügen, während sein gleichnamiger
jüngerer Bruder, letzte des Geschlechts, im Jahre 1447 von dem
Generalvikar Bischof Gottfrieds von Würzburg, Hugo von Nicopolis,
die erste Tonsur erhielt.
Wenn uns für die letzten Jahre des Basler Concils nur sehr
wenige Data zur Verfügung stehen, so dürfte das weniger an den
Akten des Weinsberger Archivs, als in -der Art unseter Quelle
liegen, sämmtliche Dokumente aus den letzten Jahren Konrads nur
ganz summarisch anzugeben, wahrscheinlich konnte Hansseimann sein
Repertorium nicht mehr in der ursprünglichen Weise vollenden.
Es erübrigt noch, einen kurzen Blick auf die finanzielle
Thätigkeit Konrads für das Concil zu Basel zu werfen. Das
CJoncil hatte in seiner 24. Sitzung die reichste Quelle, aus der die
römische Hierarchie seit Jahrzehnten zu schöpfen gewohnt war,
trotz der Einsprache Papst Eugens IV. für sich zu eröffnen gewusst.
Es war ein sogenannter Jubelablas s. Die Wiedervereinigung mit
den Griechen gab den Titel für den Jubel, am 14. April 1436
wurde dieser reiche Ablass verkündigt. Für das Concil war es eine
174 BoRsert:
sicher sehr glückliche Massregel, die Erhebung des Ablassgeldes
Konrad von Weinsberg in Generalentreprise zu geben. Der Erb-
kämmerer war mit dem ganzen Mechanismus, den eine solche
Finanzoperation forderte, durch sein Kämmereramt wolü vertraut.
Konrad besorgte den Einzug des Ablassgeldes in ähnlicher Weise,
wie den Einaug der Judensteuer. In Süddeutschland, das dem Sitz
des Concils näher lag, scheint derselbe keine grösseren Schwierig-
keiten bereitet zu haben; wir finden unter den Akten nur wenige
Mahnungen an süddeutsche Herren und Städte, z. B. Raban von
Speier an Mühlhausen im Elsass und Rothenburg; aber je weiter
gegen Norden, um so grösser wurden die Schwierigkeiten. Das
Concii musste verschiedene Mahnungen an den Erzbischof von
Riga, an die Hochmeister in Preussen und Liefland erlassen. Konrad
scheint den dort eingehenden Ertrag des Ablasses, einen sehr
zweifelhaften Posten, vom Concil als Jahresgehalt des Protektors
übertragen bekommen zu haben; denn in der Fastenzeit 1441
erliessen die vier rheinischen Kurfürsten mit einander eine neue
Mahnung an jene Herren im Norden, Konrad das Ablassgeld als
seine Jahresbesoldung zu überantworten. Am Mittwoch vor Mar.
Magd. 19. Juli erwirkte Konrad ein ähnliches Mandat des Königs
Friedrich.
Ueber den Ertrag des Ablasses ist nichts bekannt ; doch liegen
noch Rechnungen mit Nachweis über die Reisezehrungen vor, wie
wir das bei Konrad gewöhnt sind. Als Gehilfen Konrads fungirten
zwei Verwandte, Schenk Albrecht von Limpurg, Domherr in Mainz,
dem Süddeutschland, Pfalz, Hessen, Baiern, Elsass zugewiesen war,
und Schenk Gottfried, Dekan in Bamberg, der spätere Bischof von
Würzburgi^ der in Sachsen, Braunschweig, Bremen, Mecklenburg
thätig war. Das schwierigste Gebiet, den Norden, das Erzbisthum
Riga und das Bisthum Kammin, Liefland, Preussen, Pommern war
Werner von Aufsess, Domherr in Bamberg, übertragen. Derselbe
gebraucht 1441 als Subcollectoren : Johann Gerber, Pfarrer von
Griesheim O.-A. Neckarsulm, und Peter Hof&nann, Kanoniker in
Bamberg. Ersteren hatte Konrad als seinen Kaplan nebst seinem
Lehensmann Konrad von Finsterlohn 1440 nach Rügen, Pommern
und Kammin geschickt. Leider geben unsere Akten keine Auskunft
darüber, ob auch andere Nationen dem Concil für den Jubelablass
sidi dankbar zeigten und mit ihren Steuern demselben das Leben
fristen halfen, oder ob Deutschland wieder einmal die Ehre hatte,
Aus d. Weinßberger Archiv in Oehringen für die Zeit v. 1415 bis 1448. 175
vor andern Nationen das geduldige Schäflein zu sein, das man
allezeit scheeren konnte, ohne dass der Ablass seine Zugkraft verlor.
Wir sind mit unsem Mittheilungen über Konrad und das
Concil zu Ende. Es vv^ii-d keine grundlose Erwartung sein, wenn
wir die Hoffnung aussprechen, dass eine genauere Nachforschung
im Weinsberger Archiv auch noch für andere Gebiete der deutschen
Geschichte neues Material bieten wird, als die im Obigen gezeich-
neten. Konrad hatte ein reges geistiges Interesse und hatte sehr
viele Beziehungen, er liebte es, über mancherlei Verhältnisse sich
schriftliche Belehrung zu verschafften. Hier nur wenige Beispiele
aus unserer QueUe, welche sie dort unter der Rubrik „Weinsberger
Miscellanea" aufführt: Eine kurze Chronologie der Stadt Köln ron
1274 — 1407, Gesetze und Regeln des von Ferdinand von Arra-
gonien gestifteten Ordens zum Greifen, Artikel der Rittergesellschaft
zum Lindwurm, welcher Konrad selbst angehörte, Diplom K. Sig-
munds für Johann von Egmont, worin er ihn in den erblichen
Grafenstand erhebt 1425 (Cop.).
So sehr ich mir der Unzulänglichkeit und Lückenhaftigkeit
meiner Arbeit bewusst bin, so hoffe ich doch den Zweck derselben,
andere Forscher auf das Weinsberger Archiv aufmerksam zu machen
und ihnen ein Bild von der Reichhaltigkeit desselben für die Zeit
von 1415 — 1448 zu geben, einigermassen erreicht zu haben.
VI. Beitrag zur Geschichte von König Christian IL
Archiv und der Theilung desselben unter Schweden,
Norwegen und Dänemark.
Von
E. M. Bowallius,
k. Bchwedischem Reichsarchivar in Stockholm.
Christian IL, der letzte Unionskönig, der in Schweden den
wohlverdienten Beinamen Tyrann erhielt, konnte, nachdem ihm
das schwedische Volk dem Eechte gemäss Treue und Grehorsani
aufgesagt, auch in Dänemark und Norwegen seine Herrschaft nicht
behaupten, sondern musste landesflüchtig werden und, nach fiaicht-
losen Versuchen, seine Kronen wiederzugewinnen, sein Leben in
dänischer Gefangenschaft beschliessen. Während der Zeit seiner
Verbannung hielt er sich lange in den Niederlanden auf, woselbst
sich ihm, wenn auch nicht viele, so doch bedeutende Anhänger
aus allen drei nordischen Ländern anschlössen, durch welche er
das Volk in den drei abgefallenen Reichen zu seinen Gunsten zu
bearbeiten suchte. Schon aus diesem Grunde ist es erklärlich, dass
der abgesetzte König, der in sein Exil nachweislich viele und
wichtige Akten mitgenommen, ein nicht unbedeutendes Archiv hin-
terlassen konnte. Weiter kam noch hinzu, dass einige seiner An-
hänger, besonders landesflüchtige Prälaten, mehr oder minder wichtige
Akten aus den nordischen Reichen mitbrachten. Wo die somit
gesammelten Archivalien zuletzt geblieben, darüber entbehrte man
lange einer zuverlässigen Kenntniss, trotzdem sowohl von Schweden
als von Dänemark wiederholt Versuche gemacht wurden, den Auf-
bewahrungsort zu ermitteln, i) Endlich entdeckte man, wie berichtet
*) Ueber die Versuche, welche während des 17. Jahrhunderts von schwe-
discher Seite gemacht wurden, siehe „Meddelanden Mn Svenska Riks-Arcliivet,
Bowallius: Beitrag z. Geschichte v. König Christian ü. Urkunden &c. 177
wird, durch einen Zufall, dass sich das Archiv Christian 11. in
Bayern in Verwahrung finde, i) Da die Tochter Christian 11. mit
dem Pfalzgrafen Friedrich vermählt war, und die Pfälzische Linie
des Hauses Witteisbach seit 1777 in Bayern regierte, ist es leicht
erklärlich, wie das Archiv des entthronten Königs nach Bayern zur
Verwahrung kommen konnte. Die Auffindung desselben, welche
bei einer Verlegung zum Kreisarchiv in Amberg im nordöstlichen
Bayern geschah, würde vielleicht nicht die wohlverdiente Aufmerk-
samkeit auf sich gelenkt haben, wenn nicht Dänemark damals
gerade nach diesen Akten besonders geforscht hätte. Nun wurden
sie nach dem bayrischen Reichsarchiv gebracht und auf Veranstalten
der Akademie der Wissenschaften zu München von dem Konsistorial-
rath Dr. Heintz und dem Professor J. A. Schmeller untersucht
und verzeichnet, und das Verzeichniss wurde nach Kopenhagen
gesandt. 2) Demzufolge war es ganz natürlich, dass diese Archiv-
schätze zunächst von Seiten Dänemarks zum Gegenstand besonderer
Forschung gemacht wurden. Der Kammerjunker Reedz und der
Sekretär Hvas hielten sich auf Kosten des Staates eine längere
Zeit in München auf, um von solchen wichtigen Diplomen und
Dokumenten, die besonders Dänemark betrafen, Abschriften zu machen.
Die bayrische Regierung lud nun auch Schweden ein, Forscher Zli
entsenden, welche von diesen Archivalien Kenntniss nehmen sollten,
und machte gleichzeitig den Vorschlag, dass die Akten, welche
besonders auf Schweden Bezug hätten, gegen solche ausgetauscht
werden möchten, die sich auf Bayern bezögen, und die vermeintlich
während der Zeit des 30jährigen Krieges nach Schweden über-
geführt worden wären. Dieser Vorschlag wurde im Jahre 1827
gemacht, und es wäre ganz besonders zu wünschen gewesen, wenn
dieses freundschaftliche Anerbieten zu dem beabsichtigten Austausch
hätte führen können. An dem guten Willen auf Seiten Schwedens
fehlte es keineswegs. Es wurden genaue Nachsuchungen in dem
schwedischen Reichsarchiv angestellt, um einige bayrische Archiva-
Heft n, 1879. pag. 49. Betreffend die Massnahmen von Seiten Dänemarks s.
Allen, Breve og Aktstykker til Oplysning af Christiern den An-
dens og Frederik den Forstes Historie. Kjöbenhavn, 1854, L p.
XIX, seq.
*) Brief des Staatsministers Grafen von Wetterstedt an den Envoy^
Grafen C. G. Löwenhielm, den 6. Jan. 1829. Schwed. Reichsarchiv. Caesareana.
») Allen, 1. c. p. XXn.
Archivaliscbe Zeitschrift VU. 12
178 Bowallius:
lien aufzufinden, die man hätte als Ersatz bieten können. Aber der
damalige Sekretär des Reichsarchivs, Olof Sundel, gab am 23. Juli
desselben Jahres die Erklärung ab , dass bayrische Archivalien
nicht hätten entdeckt werden können. Die Nachforschungen, welche
gleichzeitig in der königl. Bibliothek zu Stockholm und in der
Bibliothek zu Upsala angestellt wurden, verblieben ebenfalls fruchtlos.
Das von der bayrischen B.egierung gemachte Anerbieten konnte
somit zu keinem Resultat führen.
Aber die dänischen Vertreter hatten inzwischen bei ihrer
Beschäftigung mit den Archivalien Christian 11. die Entdeckung
gemacht, dass sich unter denselben eine Menge Dokumente befanden,
die der Drontheimer Erzbischof Olof Engelbrechtsen von Drontheim
(Trondhjem) mitgenommen, als er im Jahre 1736 Norwegen verliess.
Als dieser Fund in Norwegen bekannt wurde, so erregte er grosse
Aufmerksamkeit und selbstverständlich den lebhaften Wunsch, das
wieder zu gewinnen, was man mit Recht für ungesetzlich entfuhrt
hielt. Der norwegische Reichs-Statthalter Graf B. von Platen wurde
in dieser Angelegenheit bei dem Staatsminister des Auswärtigen,
dem Grafen von Wetterstedt, vorstellig. In Folge dessen erhielt der
schwedische und norwegische Gesandte in Wien, Graf C. G. Löwen-
hielm, der auch bei dem Hofe in München accreditirt war, den
Auftrag, dem bayerischen Ministerium die Sache officiell mit der
Andeutung vorzutragen, dass wenn das Gesuch günstig aufgenommen
würde, welches er im Namen Norwegens stelle, man von dort aus
einen sachkundigen Mann zu entsenden gedächte, der die Schrift-
stücke näher zu prüfen und diejenigen zu bezeichnen hätte, deren
Wiedererlangung man wünschte. Graf Löwenhielm zögerte nicht,
das auszuführen, was ihm also übertragen worden war. *) In einem
Schreiben an den bayrischen Staatsrainister, Grafen von Armans-
perg, bezeichnete er die obenerwähnten von dem Drontheimer Erz-
bischof mitgenommenen Urkunden als Eigenthum des norwegischen
Staates, sprach den Wunsch seiner Regierung aus, wieder in den
Besitz derselben zu kommen, und führte an, dass, wenn auf dieses
Verlangen eingegangen würde, man von Norwegen einen Vertrauens-
mann zu entsenden beabsichtige, der die Akten durchsehen und
diejenigen angeben sollte, welche man zurückzuerhalten wünschte,
oder auch, falls die Originale nicht ausgeliefert werden könnten,
*) Des Grafen von Wetterstedt oben erwähnter Brief.
Beitrag zur Geschidite von König Christian U. Urkunden &c. 17Ö
diese abschreibe. Er erklärte ausserdem, dass — obwohl der von
der bayrischen Regierung vorgeschlagene Austausch von Archivalien
zwischen Schweden und Bayern nicht vor sich gehen könne, weil
keine bayrischen Akten in Schweden zu finden seien — er seine
Hoffnung hinsichtlich der Genehmigung des von ihm im Namen
der norwegischen Kegierung vorgetragenen Gesuches nur auf das
Billigkeits- und Gerechtigkeitsgefühl gründe, welche die bayrische
Regierung so auszeichneten. ^)
An sich war wohl diese Angelegenheit so einfacher Natur,
dass sie keine Schwierigkeiten hätte hervorzurufen brauchen, noch
weniger einen scharfen Notenwechsel. Aber die politische Lage der
damaligen Zeit wirkte gewissermassen auf die Behandlung dieser
Frage ein, so zusammenhanglos sie auch zu jenen Erörterungen
stand, welche jetzt eine Spannung zwischen den Höfen zu Stock-
holm und München herbeiführten. Trotz des verwandtschaftlichen
Verhältnisses zwischen dem schwedischen und dem bayrischen
Königshause waren gerade zu dieser Zeit die Beziehungen zwischen
beiden Höfen recht kühle. Die Veranlassung dazu war eine, der
Wirklichkeit nach minder wichtige Frage, nämlich die den Titel
des ehemaligen schwedischen Kronprinzen Gustav betreffend. Be-
kanntlich wollte dieser Fürst den Titel Prinz von Schweden
führen, einen Titel, der bei dem neuen schwedischen Herrscher-
hause nur Anstoss erregen konnte. Gerade die Sympathie, welche
der Hof in München für den Prinzen (Justav hegte und nicht un-
deutlich an den Tag legte, 2) war es, die das Verhältniss zwischen
Schweden^ und Bayern trübte. Graf Armansperg beantwortete in-
dessen das Ansuchen des Grafen Löwenhielm schnell genug. Die
Antwort, datirt vom 13. März 1829, war zwar eine beifallige, jedoch
an Bedingungen geknüpft, die bei den schwedischen Staatsmännern
Ueberraschung und Verdniss hervorriefen. Der König von Bayern
wäre geneigt, hiess es, an den König von Schweden und Norwegen
die etwa vorhandenen Archivalien, welche die vereinigten König-
reiche Schweden und Norwegen beträfen, auszuliefern, jedoch in
der Erwartung, dass die schwedische Regierung ihrerseits die Rück-
') Löwenhielm an v. Armansperg, d. 21. Jan. 1829. Concept im Reichs-
Arehiv.
*) Prinz Gustav, der Ritter des St. Ilubertsordens war, hatte im bayri-
schen Hofkalender den Titel Prinz von Schweden erhalten.
12*
180 Bowallius:
Sendung der Bücher, Handschriften, Dokumente und anderen Sachen
veranlasse, welche Theile der früheren, im Jahre 1631 nach Schweden
übergeführten Bibliothek der Universität zu Würzburg ausmachten.!)
Graf Löwenhielm beeilte sich, während er weitere Vorschriften
seiner Regierung abwartete, im Voraus lebhafte Einwendungen gegen
die Antwort des Grafen Armansperg zu machen. Er wies darauf
hin, wie die jetzige Fassung von dem ursprünglichen Vorschlag
der bayrischen Regierung, bezüglich des Austausches von im bayri-
schen Archiv verwahrten schwedischen Akten gegen Schriftstücke
und Urkunden Bayerns sich wesentlich unterschiede; die Würz-
burger Bibliothek wäre eine in offenem Kriege eroberte, recht-
mässige Kriegsbeute, die reklamirten Akten des Stiftes Drontheim
dagegen wären Eigenthum Norwegens, und nur von einem straf-
baren Geistlichen, der sein Vaterland heimlich verlassen, ungesetzlich
entwendet; wenn Norwegen Akten wieder verlangte, die das eigene
Land beträfen, fordere man, dass Schweden als Ersatz eine der
vorzüglichsten Kriegsbeuten des grossen Gustav Adolf aufopfere. 2)
Weit davon entfernt, diese Einwürfe zu berücksichtigen, hielt Graf
Armansperg an seiner Auffassung fest, barsch darauf hinweisend,
dass die Würzburger Bibliothek gemäss dem westphälischen Friedens-
vertrag an den rechtmässigen Eigenthümer hätte zurückgeliefert
werden müssen. 3) Dagegen ging dem G4'afen Löwenhielm Seitens
seiner Regierung die volle Billigung der Antwort zu, die er dem
bayrischen Staatsminister vorneweg gegeben, und es wurde ihm
sogar anbefohlen, in seine definitive Antwort noch kräftigere Aus-
drücke aufzunehmen.-*) Diesem Befehl wurde eiligst und pünktlich
nachgekommen. Graf Löwenhielm schreibt den 6. Mai an Grafen
Wetterstedt, dass er am 2. desselben Monats die geforderte Ant-
wort habe ergehen lassen, und fügt hinzu, dass er hoffe, dieses
Schreiben würde die Wirkung, haben, dass diese Tracasserie damit
erledigt seil
Glücklicherweise wurde zu derselben Zeit die Veranlassung
*) Graf V. Armansperg an Grafen Löwenhielm, den 13. März 1829.
Original im Reichs- Archiv zu Stockholm.
*) Graf Löwenhielm an Grafen v. Armansperg, den 21. März 1829.
Concept im schwed. Reichs-Archiv.
■) Graf v. Armansperg an Grafen Löwenhielm, den 27. März 1829
Original im schwed. Reichs- Archiv.
*) Wetterstedt's Apostill Nr. 1 an Löwenliielm, den 17. August.
Beitrag zur Geschichte von König Christian ü. Urkunden &c. 181
zu der politischen Gespanntheit dadurch beseitigt, dass der ehe-
malige- Kronprinz Gustav von dem Titel Prinz von ScWveden ab-
stand und anstatt dessen den Namen Prinz von Wasa annahm.
Hieraach gab der bayrische Hof bald deutliche Zeichen einer mil-
deren Stimmung. Der bayrische Charg6 d'aflFaires in Petersburg,
Graf Lerchenfeld, wurde nach Schweden beordert, um dem Könige
Carl Johann einen freundschaftlichen Brief von dem Könige von
Bayern zu überbringen, und durch diese Gesandtschaft wurde
äusserlich das gute Einvernehmen zwischen den beiden Höfen wieder
vollständig hergestellt. Nun konnte auch die Frage wegen der
Archivalien leichter eine befriedigende Lösung finden. Schon am
2. Juni schrieb Graf Ärmansperg an Grafen Löwenhielm und er-
klärte, dass, wiewohl das Schreiben des letzteren vom 2. Mai bezüglich
der Würzburger Bibliothek den Erwartungen der bayrischen Re-
gierung nicht entspräche, der König, sein Herr, dennoch, um- dem
Könige von Schweden und Norwegen einen Beweis der Gesinnung
zu geben, die er zufolge des Freundschafts- und des Verwandt-
schaftsbandes, welches beide Höfe verbinde, für ihn hege, bereit-
willig sei, die bezüglichen Akten und Dokumente auszu-
liefern, welche gewünscht würden und welche Drontheim,
Bergen, Jemtland u. a. Oerter beträfen. Hieran wurde keine
Bedingung geknüpft, jedoch der Wunsch geäussert, dass die Regierung
in Schweden nochmals Nachforschungen über den Verbleib der
nach Schweden übergeführten Archive der Stadt Aschaflfenburg und
der AschafiFenburger Abteien St. Peter und Alexander anstellen
lassen möchte. ^) Der König von Bayern hatte also mit grosser Libera-
lität sich erboten, dem König von Schweden und Norwegen die
Akten, welche auf Schweden und auf Norwegen Bezug hätten, aus-
zuliefern, und der Wunsch, der dabei angedeutet wurde, event. die
von Aschaflfenburg fortgeführten Archivalien wieder zu erhalten,
insofern solche in Schweden zu ermitteln wären, war in der That
billig. Nachforschungen nach diesen wurden gleich angeordnet und
bewerkstelligt, aber in den öffentlichen Sammlungen war nichts
davon zu finden. 2)
*) Graf von Armansperjic an Grafen Löwenhielm, den 2. Juni 1829.
Original im Reichs-Archiv.
*) Wetterstedt's Brief an Löwenhielm, den 7. Juli und Apostill den
2». August 1820,
182 Bowallhis:
Die Frage wegen der Entgegennahme der Archivalien, zu
deren Rückgabe an den König von Schweden und Norwegen sich
der König von Bayern bereit erklärt, und welche nach den Briefen
des Grafen Armansperg auch schwedische Provinzen beträfen, wurde
als eine Norwegen allein berührende Angelegenheit behandelt Auf
Grund des Vorschlags Seitens der norwegischen Regierung in
Christiania wurde durch königl. Verordnung vom 19. September 1829
der Professor an der Universität in Christiania, Gregers Fougner
V. Lundhi)) dazu ausersehen, als Kommissar der norwegischen
Regierung an der Durchstöberung der wohlwollend versprochenen
Akten Theil zu nehmen, die nach der Empfangnahme an die
Universität in Christiania abgeliefert werden sollten. Die Wahl
dieses Abgesandten scheint eine recht glückliche gewesen zu sein.
Lundh war wohl als akademischer Lehrer kein Vertreter irgend
einer der historischen Disciplinen,^) aber er war im Begriff, ein
nordisches Diplomatarium 3) herauszugeben, wovon er einen Prospect
veröffentlichte, und während des Winters 1828 — 29 hatte er, um
norwegische Archivalien zu kopiren,^) sich eine längere Zeit in
Kopenhagen aufgehalten, woselbst die meisten Quellen der ältesten
Geschichte Norwegens aufbewahrt werden. Er besass also unzweifel-
haft die erforderliche Sachkenntniss , um den ihm anvertrauten
Auftrag gut ausführen zu können. Graf Löwenbielm hatte laut
erhaltener Anweisung ihn bei dem Grafen Armansperg schriftlich
angemeldet und ihn als Abgeordneten von Norwegen empfohlen.
In Folge dessen erfuhr Lundh, als er zu Anfang November 1829
nach München kam, viel Freundlichkeit und grosses Entgegenkommen.
Die Akten waren schon im Voraus so vertheilt, wie sie nach dem
Dafürhalten sich auf Schweden und Norwegen oder Dänemark
bezogen. 5) Bald glaubte Lundh zu der Annahme Grund zu haben,
*) So schreibt er in dem Briefe an (jJrafen Löwenhielm selbst seinen
Namen.
*) Er war Professor der Oekonomie und Teebnologie.
^) Specimen Diplonmtarii Norvagici oder Pröve af et Norskt Diplomatarium.
Kjöbenhavn, 1828.
*) Während seines Aufenthalts in Kopenliagen erhielt er Einblick in das
dort eingelieferte Verzeichniss über das Archiv Christian ü. und die Gewissheit,
dass die von dem Drontheimer Erzbischof Olof Engelbrechtsen fortgeführten
Akten sich in München befänden.
^) Die Sammlung bestand aus 172 Fascikeln, wovon 25 unter Schweden-
Norwegen, die übrigen unter Dänemark rubricirt waren.
Beitrag zur Geschichte von König Christian ü. Urkunden &c. 183
dass man beabsichtige, alle nordischen Archivalien ungetheilt zu
überliefern. Diesen zu Anfang nicht erwarteten Vortheil zu erringen,
das war, nachdem einmal Hoffnungen erweckt worden, das Ziel fiir
Lundh's eifriges Streben, insonderheit da er bei der näheren Unter-
suchung der Akten entdeckte, dass viele der Urkunden, die man
als dänische rubricirt hatte, seiner Ansicht nach als norwegische
zu betrachten wären. Als er darauf zu fürchten begann, dass sein
Wunsch nicht leicht Erfolg haben würde, wandte er sich dieserhalb
an den Grafen Tjöwenhielm und ersuchte ihn um seine kräftige
Mitwirkung.^) Die hauptsächliche Veranlassung zu seinem Eifer
war seine Berechnung, durch den Besitz der dänischen Akten auf
Dänemark einwirken zu können, das seiner Meinung nach Norwegen
dessen wichtigste historische Schätze unbillig vorenthalte. 2)
Graf Löwenhielm, der sich im übrigen gegen Lundh sehr
wohlwollend und behülflich zeigte, weigerte jedoch in diesem Punkte
jegliche Unterstützung. Er erklärte, dass er sich nicht für berechtigt
hielte hierbei einzugreifen, und erinnerte daran, dass die Archivalien,
um welche es sieh nun handelte, von der bayrischen Kogiorung
als ein Zugeständniss zu betrachten wären, und nicht als ein Aus-
tausch gegen Entschädigung; wenn die bayrische Regierung einen
Theil zurückbehalten oder an Dänemark überweisen wolle, so könnten
füglich hiergegen keine Einwendungen gemacht werden. '^) Trotzdem
Graf Löwenhielm sich somit weigerte, Unterstützung zu leisten und
noch eher abrieth, gab Lundh seinen Lieblingsplan dennoch nicht
auf. Er wandte sich unmittelbar an das bayrische Ministerium
*) Lundli an löwenhielm, d. 19. Nov. 1829. Original im schwed. Reichs-
Art'hiv.
•) Er schrieb (lariibor an (trafen Ijöwenbielm d. 14. Nov., als er zuerst
erwähnte, dass er Hoffnung habe, alle nordiselie Archivalien zu bekommen:
„Um so besser, wenn es auch die Dänen kränken sollte, welches indessen nicht
schaden kann. Sie haben Norwegen so schändlich ausgeplündert, indem sie die
historischen Denkmäler, besonders die schriftlichen Ueberreste, fortgeführt, dass
es nicht zu viel sein kann, wenn wir diesen kleinen Rest behalten, der glück-
licherweise ihren Händen entschlüpft ist". — Ein ander mal (d. 25. Nov.)
äussert er in derselben Sache: „Dieses wird für unseren Hof eine prächtige
Veranlassung werden, beim Austauscß von den Dänen die vielen Schriftstücke
ausgeliefert zu bekommen, welche Norwt^n, Schonen (Skäne), Halland und
Blekinge betreffen, und über welchen sie jetzt brüten, wie der Drache auf
seinem Golde".
•) Löwenhielm an Lundh, d. 25. Nov. 1829. Coneept im Reichs- Archiv.
184 Bowallius:
und — hatte Glück. Die bayrische Kegierung gestattete, dass die
fraglichen Archivalien ungetheilt ausgeliefert würden mit der Be-
dingung, dass die Krone Schweden die Ansprüche befriedigen
sollte, welche die Krone Dänemark auf gewisse von diesen Akten
(geltend) machen könnte, und mit der Hinzufügung, „dass Seine
Majestät (der König von Bayern) mit Vergnügen der Ausführung
und den Resultaten der freundlichen Bereitwilligkeit Seitens der
Krone Schwedens entgegensähe, ein Aequivalent für die im dreissig-
jährigen Kriege fortgeführte Bibliothek von Würzburg zu 'bieten^^
Dass nach den vorangegangenen Unterhandlungen nun dieser ganz
unerwartete Zusatz gemacht werden konnte, dazu hatte der nor-
wegische Deputirte in seinem patriotischen Eifer, auch die dänischen
Akten zu erhalten, unleugbar die Möglichkeit bereitet. In seiner
Eingabe an den Minister des Innern hatte Lundh — unvorsichtig
genug und ohne jeglichen Auftrag — geäussert, dass, wenn die
von den Schweden während des dreissigjährigen Krieges
aus Bayern entführton „Objecto" nicht in verschiedenen
Städten und Bibliotheken Schwedens zerstreut wären,
sein König und Herr dieselben schon selbst zurück-
gegeben haben würde, aber nöthige Anordnungen seien,
so weit er wüsste, schon getroffen, um aus dem, was
dem Laufe der Zeit und den elementarischen Unfällen
entgangen, für die Krone Bayern ein Aequivalent her-
zustellen. Es mag für Lundh gowissermassen zur Entschuldigung
dienen, dass ihm wahrscheinlich von dem stattgefundenen Noten-
wechsel bezüglich der Würzburger Bibliothek nichts bekannt war,
aber er kann von dem begangenen Versehen nicht freigesprochen
werden, im Namen Schwedens Versicherungen abgegeben zu haben,
wozu er in keiner Weise berechtigt war. Er selbst erschien über-
rascht von der Auslegung, die seine Worte gefunden, und er räumte
ein, dass er sich vielleicht zu überschwänglicher Ausdrücke bedient
habe; er hätte dabei aber nur an die AschaflFenburger Diplome
gedacht; von einer Würzburger Bibliothek hätte er niemals mit
einer Silbe erwähnen hören, ja, die bayrischen Minister hätten oft
im Laufe des Gesprächs erklärt, dass die Regierung von der vorher
gewünschten vollständigen Restitution abgestanden und nun ihre
Wünsche auf Wiedererhaltung der Aschaffenburger Diplome be-
schränke, wesshalb er fast bezweifelte, dass die königl. Resolution
die in der ihm vom Reichs- Archiv gemachten Mittheilung gebrauchten
Beitrag zur Geschichte von König Christian n. Urkunden &c. 185
Worte „Bibliothek von Würzbiirg" enthielte J) Graf Löwenhielm
beglückwünschte Lundh zu seinem Erfolg, jedoch mit dem leisen
Vorwurf, dass er in seinem „lobenswerthen Eifer für den Zweck
vielleicht bezüglich der Wahl der Mittel etwas zu weit gegangen sei".
„Die Bayern", fügt er hinzu, „haben auch nicht versäumt, in ihrem
ßescript reichlich Gebrauch davon zu machen". 2)
Es ist erklärlich und vielleicht auch verzeihlich, dass der
Norweger Lundh aus patriotischem Eifer sich zu einem Verfahren
hinreissen Hess, dessen Missbilligung in Schweden nicht ausbleiben
konnte. Schwerer ist es jedoch zu verstehen, wie er gleichzeitig
bei seinen ausdauernden und schliesslich mit Erfolg gekrönten Be-
mühungen, in München die nordischen Archivalien ungetheilt zu
erhalten, Dänemark selbst seine Dienste antragen konnte dahin
gehend, dass falls die dänische Regierung die nothwendigen Schritte
thun wolle, um die Zustimmung der bayrischen Regierung zu erhalten,
er als Vertreter derselben die dänischen Akten nach Kopenhagen
überbringen wolle. 3) Da sein Anerbieten wirklich angenommen
wurde, musste er es mit Vergnügen gesehen haben, was ja auch
eintraf, dass die Vollmacht erst ankam, nachdem er als der Ver-
treter für Schweden und Norwegen schon sämmtliche Schriftstücke,
auch die dänischen, in Empfang genommen.-*) Die ausgelieferten
>) Lundh's Briefe an I^wenhielra, d. 26. Dec. 1829 u. 2. Febr. 1830.
Originale im Reichs- Archiv.
*) Löwenhiehn an Lundli, d. 1. Jan. li^30. Concept im schwed. Reichs-
Ardiiv.
•) Dieses Anerhieten machte er im Briefe, d. 22. Nov. 1829. Allen,
l c. p. XXV. Vier Tage vorher ersuchte er, wie ohen erwttlmt, Löwenhielm
um seine Mitwirkung zur Auslieferung aller Archivaffen.
**) In einem Brief an Grafen Löwenhielm erwähnt Lundh der dänischen
Vollmacht (ohne jedoch zu berichten, dass sie durch sein eigenes Anerbieten
hervorgerufen worden) mit folgenden Worten : „In dem glückliclisten Augenblick
ist diese Sache zu Ende geführt ; deim an demselben Tage, wo ich die Archivalien
erhielt, bekam ich einen Brief von Kopenhagen, worin man mich benachrichtigt,
dass der dänische Gesandte beim Bundestage in Frankfurt a. M. Instructionen
eriialten, bei der bayrischen R^erung wegen Aushändigung des dänischen
Antheils an den Archivalien in Unterhandlung zu treten, — imd worin icli
gleichzeitig ersucht wenle, im Namen des dänischen Hofes Akten entgegen zu
nehmen und über den Empfang zu quittiren; und zu dem Zwecke sende der
Minister des Auswärtigen, (iraf Schimmelpfemug, eine ausgefertigte Vollmacht.
Glücklicherweise sind sie diesesmal auch zu spät gekommen, und ich habe
ihnen also nur zu antworten gehabt, dass das Ganze uns schon übergeben ist^
186 Bowallius:
Archivalien bestanden aus 4430 Nummern, welche Lundh 1830 zu
Anfang des Monats März nach Christiania heimführte und der
Universität tiberlieferte. ^
Auf diese Weise kamen die Archivakten Christian 11. nach
langen Irrfahi-ten wieder nach dem Norden. Wenn es schon eine
schwere Aufgabe gewesen war, sie wieder nach Skandinavien zu
schaffen, so gestaltete es sich noch weit schwieriger, die Angelegen-
heit zu solchem Abschluss zu bringen, dass jedes der nordischen
Keiche auch seinen ihm zugehörigen Antheil bekäme. Wenn nur
solche Akten ausgeliefert worden wären, die Norwegen betrafen,
so hätte sich die Sache in aller Einfachlieit und ohne Zwistigkeiten
erledigen lassen. Aber schon in dem Briefe des Grafen Armansperg
vom 2. Juni 1829 wurde eine Auslieferung von Archivalien ver-
sprochen, die sowohl Schweden als Norwegen beträfen, und durch
die EntSchliessung des Königs von Bayern vom 14. December —
durch das Schreiben des bayrischen Keichs-Archivs vom 23. December
zu Lundh's Kenntniss gebracht — wurde die Abtretung aller skan-
dinavischen Archivakten genehmigt, jedoch der Krone Schweden die
Verpflichtung auferlegt, etwaige Ansprüche, mit welchen die Krone
Dänemark hervortreten könnte, zu befriedigen. In Wirklichkeit
hatte dadurch die Frage eine Gestalt gewonnen, wo sie aufhörte,
eine ausschliesslich norwegische Angelegenheit zu sein. Sie wurde
indessen als solche Aveiter behandelt. Die Universität zu Christiania
nahm die Sache in die Hand und seheint geglaubt zu haben, dabei
in ihrem guten Rechte zu sein. Es lag gleichwohl in der Natur
der Sache, dass man sich bequemen musste, an eine Theilung zu
denken, zumal da Dänemark, nachdem es in München zu spät
gekommen, jetzt nichfe unterliess, durch seinen Gesandten in Stock-
holm an seine Ansprüche zu erinnern. Aus Anlass der Erinnerungen
von Seiten Dänemarks wurde beschlossen, dieser Krone das Aner-
bieten zu machen, dass sie entweder einen sachkundigen Mann
und dass ich im übrigen ohne nähere Krlaubniss die Ausführung des Auftrages
nicht würde haben übernehmen können, womit man mich beehrte. Damit ist
diese Sache abgemacht". Lundh an Löweiüiiehn d. 26. Dec. 1829. Original
im Reichs-Archiv, vergl. Allen, 1. c. p. XXV. *
*) Die reklamirten Akten waren durch königl. Entschlicssung vom 19. Sept.
1829 schon im Voraus für die Universität bestimmt, wohingegen die Kosten
für die Ueberführung von der Universität getragen werden sollten. Allen,
1. c. p. XXIV.
Beitrag zur Geschichte von König Christian n. Urkunden &c. 187
entsenden möchte, der an der Untersuchung der Akten theilnehme,
oder dass sie auf die Versicherung eingehe, auch ohnedem unweigerlich
Alles ausgeliefert zu erhalten, was in der Sammlung, nachdem sie
geordnet worden, sich als ausschliesslich Dänemark oder dänische
Verhältnisse« betreffend erweisen sollte. Dänemark erklärte sich mit
einer solchen Versicherung zufrieden, worauf nach geschehener
Anzeige der König von Schweden und Norwegen durch eine
Resolution vom 17. August 1830 der norwegischen Regierung
auferlegte, darüber zu wachen, dass die Auswahl der an Dänemark
abzuliefernden Akten in einer Weise getroffen Avürdo, die das Ver-
trauen rechtfertigte, welches die dänische Regierung an den Tag
gelegt. Professor Eundh und Lektor R Keyser wurden dazu aus-
ersehen, die Vertheilung vorzuschlagen, aber man Hess es sich,
wie es scheint, wenig angelegen sein, bald zu Ende zu kommen.
Fast zwei Jahre vergingen, bevor Lundh und Keyser (am 17. De-
cember 1831) dem Collegium Academicum ihren Theilungsvorschlag
vorlegten. Der hauptsächlichste Grundsatz dieses Vorschlages lautete
dahin, dass alle Dokumente, welche einigermassen Norwegen
beträfen, auch Norwegens Eigenthum verbleiben sollten ; ein anderer,
nicht weniger wichtiger war der, dass alles, was sich auf den Auf-
enthalt Christian IL, seine Rüstungen, Unterhandlungen, Reisen
u. s. w. bezöge, ebenfalls Norwegen zngehören sollte, auf Grund
der Maxime Beati possidentes. Laut diesem Vorschlage sollte
Schweden 40, Norwegen 4056 und Dänemark 334 Nummern erhalten.
Aber als der norwegische Universitäts- Prokanzler, Graf Wedel-
Jarlsberg, gegen diesen Vorschlag Einwand erhob, weil er ihm
Schweden gegenüber unbillig erschien, bequemton sich Lundh und
Keyser dazu, später (am 1. Juni 1832) mit einem anderen Vor-
schlage hervorzukommen, der etwas vortheilhaftcr für Schweden
ausfiel; Schweden sollte hiernach die Akten bezüglich Herjedalen,
Jemtland und Bohuslän erhalten, Dänemark die, welche Island und
die Färöer betrafen; in Betreff der Archivalien, welche auf Schonen,
Hailand, Blekinge und Gotland Bezug hätten, war vorgeschlagen,
dieselben dem schwedischen Antheil zu überweisen, jedoch mit der
Massgabe, dass Schweden und Dänemark sich über die Theilung
zu einigen hätten. Auf Grund dieses Vorschlages sollte Dänemark
295, Schweden 91 und Norwegen 4044 Nummern erhalten. Aber
dieser Theilungsvorschlag wurde von dem Collegium Academicum
vollständig verworfen.
188 BowaUius:
• Nun endlich fand sich die schwedische Regierung veranlasst,
einzugreifen und Schweden bei der Theilung repräsentirt zu sehen.
Durch Instruktion, ausgefertigt auf Befehl des Königs vom 18. Juli
1832 durch den Staatsminister Grafen von Wetterstedt, wurde der
derzeitige Amanuensis bei der Königl. Gesellschaft für Herausgabe
von Handschriften betreffend die Geschichte Skandinaviens, Sacri
Ministerii Adjunkt, nachmaliger Pfarrer der Adolf Fredriks-Gemeinde
in Stockholm, Nils Johan Ekdahl, beauftragt^ unverzüglich nach
Christiania abzureisen, um als Bevollmächtigter des Königs der
Theilung der Münchener Archivalien beizuwohnen, dieselbe vorzu-
nehmen und sodann den Antheil Schwedens sowie auch den dänischen
nach Stockholm zu bringen, welcher letztere später auf ministeriellem
Wege an die dänische Regierung abgeliefert werden sollte.^) Graf
Wetterstedt benachrichtigte gleichzeitig den norwegischen Staats-
minister über die Entsendung Ekdahl's und über dessen Instruktion,
und ersuchte ihn, Veranstaltungen zu treffen, dass die zuständigen
Autoritäten in Norwegen aus Anlass dessen die nöthigen Vor-
schriften erhalten möchten. Die Beorderung eines Vertreters für
Schweden zu der Theilung der Schriftstücke war unzweifelhaft ebenso
berechtigt wie erforderlich; nur das kann mit Recht angemerkt
werden, dass diese Massnahme schon weit früher hätte getroffen
werden müssen. Daneben wäre es wün sehen swerth gewesen, dass
die Wirksamkeit des Deputirten der Leitung und Aufsicht einer
sachkundigen Behörde unterstellt worden wäre, ein wichtiger Um-
stand, welcher nun völlig vergessen wurde, und zwar dem Deputirten
selbst nicht zu geringem Nachtheil. Ekdahl war ein junger Mann
von grosser Tüchtigkeit und in der geschichtlichen Forschung nicht
unbewandert. Inwieweit er im übrigen für den Auftrag vollständig
geeignet war, mag dahingestellt bleiben. So viel ist gewiss, dass
seine Aufgabe eine ausserordentlich schwere wurde. Es kommt
einem fast unglaublich vor, ist aber nichtsdestoweniger faktisch.
*) Die Instruktion ist nach einem Concept im Archiv des Auswärtigen
Amtes (Beilage IV) mitgetheilt. Allen berichtet, dass Ekclalil auch den Auftrag
hatte, Dänemarks Rechte zu überwachen. Dieses stimmt je<ioch mit der wirk-
lichen Sachlage nicht tiberein. Die Instruktion erwähnt davon kein Wort. Auch
war schon frülier der norwegischen Regierung aufgegeben worden, das Recht
Dänemarks wahrzunehmen, unter welchen Umständen es vermuthlich nicht für
angebracht gehalten wurde, dieses officium nobile dem schwedischen Abgesandten
zu übertragen.
Beitrag zur Geschichte von König Christian n. Urkunden &c. 189
dass, als Ekdahl Ende Juli 1832 sich in Christiania einfand, um
als bevollmächtigter Vertreter des Königs der Theilung beizuwohnen
und dieselbe zu Stande zu bringen, ihm der Zutritt zu den
Akten, die gotheilt werden sollten, verweigert wurdeJ)
Nach vielen Kämpfen und nach langer Korrespondenz wurde ihm
endlich am 7. December 1832 der Zutritt zu den Archivalien ge-
währt, aber erst, nachdem der König am 26. November eine aus-
drückliche Vorschrift erlassen und seine Unzufriedenheit über die
langsame Behandlung der Angelegenheit zu erkennen gegeben. 2)
Nach mehrwöchentlicher Untersuchung der Schriftstücke „unter
Lundh's und Keyser's Aufsicht", trat Ekdahl den 28. Januar 1833
mit seinem Theilungsvorschlag hervor, laut welchem Schweden 638,
Norwegen 3683 und Dänemark 109 Nummern bekommen sollte.
Es ist wahrscheinlich, dass Ekdahl einseitig genug die Vorschriften
seiner Instruktion angewendet, aber schon diese Vorschriften erregten
in Norwegen Anstoss, weil man meinte, dass dieselben eine Kränkung
des norwegischen Rechtes enthielten. 3) Ekdalil's Theilungsvorschlag
stiess auch bei Lundh und Keyser auf entschiedenen Widerstand,
welche am 15. Mai einen Gegenvorschlag machten, der von dem
Collegium Academicum gebilligt wurde. Keyser selbst hat später
über das gegenseitige Verhältniss dieser beiden Vorschläge Aeusser-
ungen gethan, die recht bemerkenswerth und aufklärend zu gleicher
Zeit sind. 4) „Ebensowie HeiT Ekdahl's Theilungsvorschlag über-
') Ekdahl's Erklärung an das Hof-Kanzleramt vom 25. November 1836.
Reichs- Archiv.
•) Schreiben des norwegischen Staats-Ministers an den Minister für Aus-
wärtige Angelegenheiten vom 27. November 1832 (Original im Archiv des Aus-
wärtigen Amtes) Beil. V. Allen berichtet (Faedrelandet 1850, Nr. 133), tlass
die Streitigkeiten zwischen Ekdalil und dem Collegium Academicum bis zu den
„äussersten Grenzen der Leidenschaften" gingen.
■) Die Schwierigkeiten bei der Auseinandersetzung kamen daher, dass
nach den' in Norwegen herrschenden Ansichten, dieses Land der rechtmässige
Besitzer aller Mtinchener Archivalien zu sein glaubte. Das Archiv Olof Engel-
brechtsen's konnte mit Recht als Norwegens Eigenthum bezeichnet werden, das
übrige war offenbar nur ein Depositum, da die ganze Sammlung von dem
Könige von Bayern dem Könige von Schweden und Norwegen überliefert
worden war unter der unverkennbaren Voraussetzung einer Theilung.
*) Keyser's Schreiben an das Collegium Academicum in Christiania vom
24 April 1834. Abschrift unter den Akten des Hof -Kanzleramtes im Reichs-
Archiv. Beilage \Tn.
190 BowaUius:
spannt und ganz und gw gegen das Keeht Norwegens streitend
war", sagt er, „so war auch Professor Lundh's und meiner — ich
gebe das gerne zu — wohl ziemlich darauf berechnet, demselben
entgegenzutreten und deshalb in gewisser Beziehung, was den
schwedischen Antheil anbetrifft, sparsamer, als er hätte sein
können und sein müssen, sofern Herr Ekdahl in seinen For-
derungen weniger tiberspannt und insonderheit, wenn nicht die
Rede davon gewesen wäre, um die Dokumente, welche sowohl Nor-
wegen als Schweden angingen, und um die ganze Abtheilung
„Allgemeines" das Loos zu werfen, ein Verfahren, wodurch das
Interesse und die Brauchbarkeit der Archivaliensammlung für die
Geschichte in hohem Grade verringert werden würde". Hieraus geht
deutlich genug hervor, dass schon die Instruktion Ekdahl's in den
Augen der Norweger ein Stein des Anstosses war.
Es wurde schliesslich klar, dass die Ansichten einander zu
schroff gegenüber standen, als dass eine Ausgleichung hätte erzielt
werden können. Graf Wedel -Jarlsberg entschloss sich dalier, den
Streitigkeiten, „die leicht ebenso langwierig werden könnten wie
die, welche dem westphälischen Frieden vorausgingen", ein Ende
zu machen, und er schlug zu diesem Zwecke gewisse Grundzüge
für die Theilung vor, welche förmlich festgestellt werden müssten.
Dieser Versucli hatte erwünschten Erfolg. Der König genehmigte
durch Ordre vom 6. Februar 1834 specielle Regeln für die endgiltige
Theilung und verordnete Ekdahl und Keyser dazu, dieselben zur
Ausführung zu bringen. Die nun festgestellten speziellen Regeln,
welche Ekdahl in einer weiteren Instruktion zur Befolgung mit-
getheilt wurden, enthielten:
1) dass sämmtliche Schriftstücke in vier Klassen getheilt werden
sollten : in schwedische, norwegische, dänische und allgemeine,
welche letzteren Norwegen zufallen sollten, doch mit dem
Vorbehalt für Schweden und Dänemark, sowohl von diesen
„allgemeinen" als auch von denen Abschriften nehmen zu
dürfen, welche im übrigen Norwegen zugetheilt würden, und
mit denselben Rechten für Norwegen bezüglich der Akten-
antheile Schwedens und Dänemarks;
2) dass die Schriftstücke, welche Provinzen und Vasallenländer
angingen, die ehemals einem dieser Reiche zugehört, aber
später von demselben abgetreten worden, dem Reiche zufallen
sollten, zu dem sie nun im Abhängigkeitsverhältniss ständen ;
Beitrag zur Geschichte von König Christian n. Urkunden &c. 191
sowie dass die Akten, die ausschliesslich von Christian 11.
als Familienoberhaupt handelten, wie auch die, welche Olden-
burg und Delmenhorst, und die Ehescheidungsfrage zwischen
dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg und seiner Ge-
mahlin, der dänischen Prinzessin Elisabeth, betrafen, Däne-
mark überwiesen werden sollten.
Nachdem die hauptsächlichsten Streitfragen durch Gebot des
Königs geschlichtet worden, kam die Theilung am 24. April 1834
zu Stande. Hierbei wurden Schweden 280, Dänemark 347 und Nor-
wegen 3802 Nummern zuerkannt.
VII. Russisches Staatsarchiv in Witebsk.
Auszug aus der Darstellung des Herrn Laiin im dritten und vierten Band
der Zeitschrift des archäologischen Instituts in St. Petersburg.
In Polen und Litthauen hat die Regierung bei dem ersten Er-
scheinen geschriebener Gesetze ihre besondere Aufmerksamkeit darauf
gerichtet, dass juristische und andere Akten auf das Sorgfaltigste
aufbewahrt wurden. Das Litthauen'sche Statut und die Comitial-
verhandiungen schrieben genaue Regeln über die Aufbewahrung
der Akten vor, und rügten streng jede frevelhafte Verletzung ilirer
Unantastbarkeit. In jeder höheren oder niederen Behörde, und solcher
gab es Hunderte in dem russisch -litthauen'schen Fürsten thum,
wurde gesetzlich ein besonderes Gelass zur Aufbewahrung der
Aktenbücher eingeräumt, und wo ein solches nicht vorhanden war,
wurde befohlen, auf Staats- und sogar auf Kronskosten ein beson-
deres vor Feuer und Wasser geschütztes Gebäude zu errichten.
Der Eintritt in das Archiv war fremden Personen streng verboten.
Die Behörden waren verpflichtet, zu Ende des Jahres all ihre Akten
in besondere Bücher einbinden zu lassen; jedes Aktenstück, so
gering es auch sein mochte, war einer Zusammenheftung und Unter-
schrift des Schreibers oder des Regenten zur Bestätigung seiner
Authenticität unterworfen. Für das Fälschen der Akten war eine
strenge Strafe, in besonders wichtigen Fällen sogar die Todesstrafe
festgesetzt.
Nach der Vereinigung der westlichen Gebiete mit Russland
lenkte dessen Regierung ihre Aufmerksamkeit auf die entdeckten
Missbräuche, die in Radiren, Hinzuschreiben und sogar Fälschen
der Akten bestanden. In Folge dessen wurden zwei besondere
Kommissionen eine nach der anderen beordert, die Tauf-» und Akten-
bücher in den von Polen zurück erhaltenen Gouvernements durch-
zusehen. Bei der Einführung genannter Kommissionen wurde ein
besonderer kaiserlicher Ukas erlassen, der dem Senat durch den
Laiin: Russisches Staatsarchiv in Witebsk. 193
Justizminister am 19. Dezember 1833 eröffnet wurde. „Nach ein-
gelaufenen Berichten^^, heisst es darin, „über die in Wilna und den
samogitskischen Kreisen herrschenden Missbräuche, die in Nach-
ahmung falscher Dokumente zum Beweis der Adelsherkunft bestehen,
wurden auf Allerhöchsten Befehl Untersuchungen veranstaltet, durch
welche die Schuldigen und deren Mitschuldige, sowie auch die Ver-
brechen dieser Personen bezeichnet sind." Ausserdem wurde ent-
deckt, dass in jenem Bezirk in Privathänden sich in grosser Anzahl
Blankes mit der wirklichen Unterschrift der früheren polnischen
Könige befanden, welche leicht durch Bösewichter in falsche Doku-
mente verwandelt werden konnten. Man kann jedoch nicht sagen,
dass die zu diesem Zwecke eingesetzten Kommissionen ihre Be-
stimmung erreicht hätten; wesshalb es auch jetzt noch vorkommt,
dass die Beamten genannter Archive auf Akten stossen, deren
Aechtheit sie bezweifeln.
Gemäss kaiserlicher Anordnung vom 2. April 1852 wurden
in den westlichen Gouvernements drei Central-Archive errichtet: in
Wilna für die Aktenbücher der Gouvernements Wilna, Grodno,
Kowno und Minsk ; in Kiew füi^ die Gouvernements Kiew, Podolsk
und Wolensk; und in Witebsk für die zwei Gouvernements von
Weissrussland : Witebsk und Mohilew. Die zwei ersten Archive
wurden zum Ressort des Ministeriums der Volksaufklärung gezogen
und das letzte zum Ministerium der inneren Angelegenheiten. Sie
wurden zu verschiedenen Zeiten eröffnet, das Witebsker zuletzt;
denn das Aufsuchen eines Lokals und das Zusammenbringen und
Konstatiren einer grossen Anzahl von Aktenbüchern verzögerten
die Sache, so dass dieses Archiv erst im Jahre 1863 seine Thätig-
keit beginnen konnte. /
In einem der ältesten Theile der Stadt Witebsk, der von drei
Seiten von den Flüssen Düna, Witbo und einem namenlosen, jetzt fast
ausgetrockneten Bache umgeben, existirten einstmals zwei Schlösser:
„das obere und untere", von denen in jetziger Zeit fast keine Spuren
übriggeblieben. Bei dem untern Schlosse befand sich eine kathoUsche
Pfarrkirche, dem örtlichen Dialekte gemäss „Pfarre" genannt, und
in dieser Pfarre ist eben jetzt das Centralarchiv zusammen mit
den Archiven der Gouvernementsverwaltung und der früheren General-
Gouvemementskanzlei untergebracht. Das umfangreiche und hohe
Kirchengebäude ist zu zwei Stockwerken umgebaut, von denen der
kleinere Theil, wo früher der Altar stand, zum Centralarchiv ein-
ArchiTAlIsclie Zeitsohrift VII. 13
194 Laiin:
geräumt, der grössere Theil von zwei anderen Archiven eingenommen
ist. In der untern Etage des Centralarchivs ist ein Arbeitszimmer
eingerichtet^ und in der obern befindet sich in zwei ziemlich ge-
räumigen Zimmern das eigentliche Archiv. In dem einen ist der
Fussboden aus Stein, in dem andern aus Holz; die Fenster sind
mit Gitterwerk und eisernen Innenladen versehen. Darüber hebt
sich statt einer Decke ein kuppelfomiiges Gewölbe, unter ihm stehen
die Statuen der h. Apostel Peter und Paul. Bei dem Gebäude
befindet sich ein geräumiger Hof. Ordnung, Eeinlichkeit und Auf-
sicht sind musterhaft. Aufgestellt sind auf 49 Gestellen 1823 Akten-
bücher — '956 aus Witebsk und 867 aus Mohilew. Die Bücher
sind nicht nach ihrem Inhalt (Stadtbüclier, Landschaftsbücher u. s. w.)
geordnet, sondern nach den Oertlichkeiten, von welchen sie geschickt
worden (Bücher aus Witebsk, Orschansk, Rjätschitzk u. s. w.). Das
äussere Ansehen ist sehr verschieden. Die einen sind nicht grösser
als Hefte von 10 — 12 Blättern, die andern grosse Folianten, von
denen jeder 1500, sogar 2000 Blätter enthält. Der grösste Theil
der Bücher ist eingebunden, viele aber bilden noch einfache Pakete.
Die Einbände sind in nicht geringer Anzahl dem Alter der Bücher
entsprechend 5 der grössere Theil aber gehört einer späteren Zeit
an. Die alten Einbände gleichen sich grösstentheils alle: ein dauer-
hafter Lederrücken und massive Deckel aus Eichenholz mit Leder
überzogen, an manchen haben sich messingene feste Spangen er-
halten. Auf vielen Einbänden sind auf dem Leder verschiedene
Ornamente und Figuren eingepresst: Kruzifixe, Adler, ein Reiter
(das Wappen von Litthauen), Stadtwappen und Wappen von Privat-
personen; einige von ihnen sind sehr kunstreich, sogar schön ange-
fertigt; auf einigen Einbänden ist oben auf dem Deckel in slavoni-
schen Buchstaben hübsch das Jahr eingepresst, in welchem das
Buch beendet worden , grösstentheils eines der siebenziger Jahre,
es kommen aber auch solche aus dem 17. Jahrhundert vor. Die
Mehrzahl der Bücher aber ist in Leinwandeinbänden mit Leder-
rücken, eine grosse Anzahl in einfachen Papierumschlägen mit
Leinwandrücken. Man findet auch nass gewordene und halb ver-
brannte Bücher. Nach den Verzeichnissen zu urtheilen, sind viele
Bücher schon seit langen Jahren verloren gegangen.
Die Thätigkeit des Centralarchivs von Witebsk, sowie auch
der beiden anderen von Kiew und Wilna zerfällt in zwei Theile:
den administrativ-juristischen und den wissenschaftlichen. Zum ersten
Russisches Staatsarchiv in Witehsk. 195
gehören: das Durchsehen juristischer Dokumente über das Eigen-
thumsre^jht, über Adelsabstammung u. s. w., und die Herausgabe
von Auszügen an Personen, die derselben bedürfen. Die administrative
Thätigkeit des Witebsker Centralarchivs hat während seiner 17jährigen
Existenz vollkommen dem Zweck seiner Gründung entsprochen und
somit zweifellos seinen Nutzen dargelegt. Hundertfach haben sich
jene unbedeutenden Ausgaben bezahlt gemacht, welche
der Staat dafür gemacht und noch macht Aber einen noch
grösseren Dienst, als dem Staate, erwies dieses Archiv der Wissen-
schaft durch seine Herausgabe der Akten, welche, wie es scheint,
die Anordnung vom 2. April des Jahres 1852 nicht ins Auge gefasst
hatte. Es ist wahr, dass in dieser Beziehung das Witebsker Central-
archiv ziemlich weit hinter seinen Mitbrüdern, dem Wilnaer und noch
mehr dem Kiewer zurückblieb, da es seine redaktionelle Thätigkeit
erst mit dem Jahre 1861 begann. Allein man darf nicht vergessen,
dass das Witebsker Archiv durchaus nicht unter gleich glücklichen
Verhältnissen, wie die beiden andern Archive gegründet worden, von
Kiew als einer Universitätsstadt, wo viele gelehrte Kräfte zur Hand
sind und ausserdem noch eine besondere speciell-redaktionelle Kom-
mission besteht, gar nicht zu reden. Sogar in Wilna, wo eine höhere
Lehranstalt sich findet, gestalteten sich die Umstände so angenehm,
dass das dortige Centralarchiv einen ziemlich grossen Ueberfluss an
Material für Herausgabe schafTen konnte und noch schafft, und dass
dort sich mehr Kräfte und Mittel dafür ergaben. In i^iew und Wilna
existiren besondere Kommissionen mit guten Etats, und alle ihre
Anstrengungen richten sich auf die Herausgabe von historischem
Material, das sie nicht nur aus den örtlichen Centralarchiven, son-
dern auch aus anderen Quellen schöpfen. In Witebsk, wie schon
gesagt, liegt alle juristische und redaktionelle Arbeit auf einer
Person — dem Archivar. Dieser, Herr Sosonow, begann seine
redaktionelle Thätigkeit 1871 und gab im Laufe von neun Jahren
zehn umfangreiche Bände heraus, historisch -juristisches Material,
entnommen aus den Aktenbüchern der Gouvernements Witebsk
und Mohilew, und bereitet eine neue Ausgabe vor. Von der
ganzen Masse von Aktenbüchern, die sich in dem Witebsker Central-
archiv befinden, gehören sehr wenig dem 16. Jahrhundert und auch
diese nur dem Ende an und sehr selten der ersten Hälfte, alle
übrigen fallen schon ins 17. und 18. Jahrhundert. Die Behörden,
bei denen diese Akten zusammengestellt worden, waren mit wenigen
13*
196 Laiin:
Ausnahmen Gerichtsbehörden und da^u noch die allerniedrigsten.
Alle Akten höherer Instanz, der Tribunalgerichte, befinden sich
ausschliesslich im Wilnaer Centralarchiv. Es darf jedoch nicht ausser
Acht gelassen werden, dass im Königreiche Polen und im russisch-
litthauen'schon Fürstenthum der Bereich der Behörden ehemals weit
umfangreicher als jetzt war; es gehörten dazu viele Angelegenheiten
in Sachep, des Staatsrechts, der Administration u. s. w. Daher ist der
von Forschern gemachte Vorwurf über Einförmigkeit und geringen
Werth in Betreff des Inhalts unserer Centralarchive (mit Ausnahme
des Wilnaer) lange nicht begründet. Die Archive geben vieles kost-
bare Material sowohl für die Geschichte des russischen Rechts, als
auch und vielleicht noch viel mehr für die Kulturgeschichte.
Von den 1823 Aktenbänden sind im Verlauf der ersten
neun Jahre erst 281 bearbeitet, und bereits ist viel unschätzbares
Material zu Tage gefördert. In hellen Farben zeichnen sich vor
unsern Augen BUder des städtischen Lebens aus dem 17. und
18. Jahrhundert, die ökonomische Lage einiger unserer ältesten
rein russischen Städte (z. B. Mohilews), die Einrichtung der städti-
schen Zünfte, gegenseitige Beziehungen der Stände, Zusammenstoss
der weltlichen und geistlichen Mächte u. s. w. Vollständig gedruckt
sind die Einnahme- und Ausgabebücher der Stadt Mohilew, die
uns sowolil mit der administrativen Einrichtung der Städte, ihrer
Selbstverwaltung, als auch mit ihren Finanzen im 17. Jahrhundert
bekannt machen. Die spärlichen Stadteinkünfte wurden nicht ohne
Mühe und nicht ohne Klagen der Zahlenden gesammelt; es kamen
zahlreiche Fälle von Rückständen vor, den schlechten Zahlern nahm
man ihr Eigenthum, auch Kleidungsstücke und Geräthe weg, man
„beraubte sie", wie es in den Akten heisst. Beim Einzahlen der
Rückstände übrigens wurde das. Geraubte dem Eigenthümer zurück
erstattet. Den Hauptposten der Stadteinnahmen bildete die Getränk-
steuer, in manchen Jahren veranschlagte sie sich auf zwanzig tausend
Goldstücke und darüber, ein beträchtlicher Theil derselben floss
aber in den königlichen Privatschatz. Es trug sich zu, dass die
Städte in eine solch ärmliche Lage kamen, dass sie nicht nur zum
Verpfänden des Stadteigenthums, sondern auch der Kirchengeräthe
greifen mussten. Dagegen wurden an einflussreiche Personen Gte-
schenke gemacht an Geld und Naturalien von Zobel, Hermelin und
andern russischen Fellen zu Pelzen und von theuren Seidenstoffen
zu Ueberzügen derselben. In einem Testament von 1702 vertheilt
KusBiBchee Staatearchiv in Witebsk, 197
Bürgenneister Hutoro witsch weit über 100,000 Goldstücke an Kirchen,
Klöster und Armenhäuser in Mohilew und der ganzen weiten Um-
gegend, das Geld für seine Kinder aber Hess er in harten Thalern
auf dem Kathhause zu Danzig verwahren. In einem andern Bande
der Akten befindet sich eine polnische Klageschrift vom Jahre 1692
gegen die Mohilewer Juden, weil sie christliche Kinder tödten sollten,
um deren Blut zu erhalten, das, wie man sagte, zur Bereitung
jüdischer Passahbrode (Mäzen) nöthig sei. Alle Akten dieser ältesten
Zeit wurden in russischer Sprache geschrieben; vom 17. Jahrhundert
an theils russisch, theils polnisch ; aber von der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts bis zur Vereinigung des Westens mit Russland ist
die polnische Sprache wieder vorherrschend. Diese aber ist nach Satz-
bildung und Wortfolge so wenig der jetzigen polnischen Sprache
ähnlich, dass sie vielmehr dem örtlichen „einfachen" Dialekt von
Weissnissland sich annähert.
In die frühere katholische Kirche, in welcher das Central-
archiv sich befindet, ist seit 1862 auch das Archiv der früheren
Witebsker Gouvernementsverwaltung und des früheren General-
gouverneur-Bezirks gebracht. Ihnen ist der ganze Kirchenraum, die
Altarpartio ausgenommen, zugewiesen. Dieses Lokal ist sehr bequem
und besteht aus drei Stockwerken, zu denen hölzerne Treppen hin-
auffuhren; in der unteren Etage ist der Fussboden aus Stein, in
den zwei übrigen aus Holz. Das Archiv des früheren General-
gouverneur-Bezirks nimmt jedoch nur einen kleinen hinteren Theil
des ganzen Raumes ein. Der grössere Theil der Akten ist zu den
Gouvernementsverwaltungen nach Witebsk und Smolensk geschickt;
einige wurden zum Zweck von Nachforschungen zum Ministerium
der inneren Angelegenheiten, zum hl. Synod und zum Hauptstab
gefordert, von wo aus nicht alle zurückgeschickt worden sind. Zwar
sind von den weggesandten Akten Inhaltsverzeichnisse zurück-
behalten, das Verschwinden derselben aber aus dem Witebsker
Archiv ist kein geringer Verlust. Was noch vorhanden soAvie die
Inhaltsverzeichnisse geben ausführlich Kunde, wie sich die griechisch-
russische Geistlichkeit mit der Regierung vereinigte, sobald die
politische Wiedervereinigung des Gebietes mit Russland Statt fand,
um auch die kirchliche zu Stande zu bringen, d. h. den Katholizismus
zu verdrängen. Dahin gehören die Aktenstücke über den Bau
russischer Kirchen in den früheren unirten und sogenannten ge-
mischten Gemeinden und über die Sicherstellung der russischen
198 Laiin-
Geistlichkeit; Schriften über die zum Katholizismus Verführten, über
die Einmischung der katholischen Geistlichkeit in Sachen der russisch-
griechischen Kirche, über die gesetzlose Wiederherstellung erledigter
Bethäuser, über den heimlichen Verkauf von Gegenständen mit
symbolischen Abbildungen, Akten über die Raskolniki, und über die
Unruhen der gutsherrschaftlichen Bauern. Im Jahre 1839 wurde in
dem ganzen Gebiete der „Triumph der rechtgläubigen Kirche" gefeiert
Der andere Theil der Akten betrifft die sogenannten Sekten, die
sich von der rechtgläubigen Kirche getrennt haben. Die weiss-
russischen Gouvernements dienten schon lange als Zufluchtsort der
Abtrünnigen mit ihren verschiedenen Lehren und Gebräuchen. Aber
auch in andern Gegenden bildeten diese Raskolniki ganze Gruppen,
welche als etwas für sich Bestehendes gleichsam ein Zauberkreis ein-
schloss, der sich eifrig gegen jede Berührung mit der übrigen Welt
schützte. Innerhalb dieses Kreises blieb die russische Bevölkerung
während der ganzen Zeit der polnischen Herrschaft unantastbar
russisch, und als solche fand sie auch die russische Regierung vor,
die alsbald gegen diese Sekten mehr oder weniger drückende Mass-
regeln ergriff. Den Hauptplatz nehmen hier die Akten ein über die
Schliessung der Bethäuser der Raskolniki, über ihre „Lehrer", über
die Pässe, die mit der grössten Vorsicht Denen gegeben wurden,
die ihren früheren Wohnort verliessen.
In den Akten des Archivs findet man endlich viele Mass-
regeln und Anordnungen, mit welchen die Regierung das Gebiet
gegen die revolutionäre Aufregung schützte, die im Jahre 1831
auch einen Theil von Litthauen heimsuchte. Selbst nach der Unter-
drückung des Aufstandes erschienen im westlichen Russland noch
polnische revolutionäre Emissäre. Im Archive befindet sich ein
interessantes Schriftstück aus dem Jalire 1832 über die Ankunft
ausländischer Propagandisten aus Brüssel, Paris, Piemont, Wien
und Krakau; Dank der Festigkeit und dem Takte der russischen
Obrigkeit wurde ihre Thätigkeit im Keime selbst erstickt. Andere
Schriftstücke legen in v()lliger Parteilosigkeit dar, dass die höhere
Orts- und Petersburger Obrigkeit inmitten dieser revolutionären
Zuckungen nicht willkürlich zu Werke ging, sondern in ihren
festen und ehrlichen Bemühungen der Wahrheit auf den Grund zu
konmien suchte.
Wir erwähnen noch etwas Heraldisches. Schon im Jahre 1781
erfolgte die Bestätigung der Wappen für die Städte der Polotsker
Russifiches StaatBarchiv in Witebsk. I99
Statthalterschaft. Für die Stadt Polotsk wurde folgendes Wappen
bestimmt: „ein in zwei Theile getheilter Schild, in seiner oberen
Hälfte auf goldenem Grunde das alte Polotsker Wappen, ein Krieger
auf einem Boss, in der rechten Hand einen Säbel haltend, in der
linken einen rothen Schild mit doppeltem Kreuz darauf'. Das kaiser-
liche Wappen darüber gestellt bedeutet die Botmässigkeit unter
Eussland. Die übrigen Städte der Statthalterschaft hatten zur Zeit
der polnischen Herrschaft keine besonderen Wappen, sie wurden ein-
fach durch Fahnen mit Abbildungen desselben Kriegers ersetzt und
durch ihre verschiedenen Farben unterschieden. Deshalb bekamen
auf Grund eines Senats-Ukases die übrigen eilf Städte der Statt-
halterschaft gleiche Wappen, die sich von einander nur durch die
Farbe der Schilde unterschieden. Im Jahre 1853 bemerkte der
Generalgouverneur, als er einen Saal der Witebsker Adelsversamm-
lung besuchte, „dass einige Wappen der Kreisstädte des Witebsker
Gouvernements mit der Vorschrift nicht übereinstimmten". Ins-
besondere war seine Aufmerksamkeit auf das Wappen der Stadt
Newal gerichtet; dieses zeigte einen Henker, einen Krieger hin-
richtend. Auch bei den andern Wappen war eine willkürliche, wenn
auch nicht so wichtige Voränderung bemerkbar. Der Adelsmarschall
befragt, aus welchem Grunde und von wem die Veränderung der
Wappen anbefohlen sei, antwortete, es sei auf Anordnung seines
verstorbenen Vorgängers geschehen. Der Kaiser, dem diese Sache
vorgelegt wurde, befahl, „den Schuldigen nicht zu suchen, die ver-
änderten Wappen aber zu vernichten und an ihrer Stelle die neuen
bestätigten aufzustellen".
Die dritte oder ökonomische Abtheilung des Witebsker Gou-
vemeraents-Archivs lässt ersehen, wie eifrig beide Gewalten, die
weltliche und geistliche, in die Nothstände der Kirche eindrangen
und die Interessen der Geistlichkeit wahrten. Ausserdem befindet
sich hier eine Menge ökonomischer, polizeilicher und Handelsakten,
welche der Centralgewalt sorgfältige Thätigkeit nachweisen, um der
griechischen Religion, den russischen Gesetzen, der russischen Sprache
die vorherrschende Bedeutung in von Alters her russischem Gebiete
wieder zu geben.
VIII. Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen
Landesarchive.
JX. Allgemeines RelchsarcMv.
A. Adelsselekt
1618.
1619.
1620.
1621.
1622.
1623.
1624.
1625.
1626.
1627.
1628.
1629.
1630.
1631.
1632.
1633.
1634.
1635.
1636.
1637.
1638.
1639.
1640.
Gradl 1790.
Graefeniz 1725—1801.
Graening, nur ein Schreiben vom
J. 1611.
Graenzig, Gränzing 1643—1756.
Graetzl 1792.
Graf, Graff 1542—1804.
Graf von Schernberg 1527—1699.
Graf von Wolfaberg 1322.
Grafeneck, Grauenegk 1441 —
1694.
Grafenreuth, Gravenreuth 1381
— It05.
Grafenstein 1758-1806.
Graftunu, ein Wapi>enbrief vom
J. 1483.
Graham 1679—1685.
Gramund, Gramundt, nur eine
Rechnung vom J. 1676.
Grana 1704.
Grandmont 1676—1709.
Grange aux bois 1791—1794.
Grater, Gratter 1504—1607.
Grauewisen, nur ein S<'hriftstück
vom J. 1608.
Grauvogel 1779- 1784.
Gravis! 1727—1767.
Greber 1602, nur ein Bestallungs-
revers vom J. 1504.
Gregerstorf, Gregersdorf 1575—
1608.
(Fortsetzung.)
1641.
1642.
1643.
1644.
1615.
1646.
1647.
1648.
1649.
1650.
1651.
1652.
1653.
1654.
1655.
1656.
1657.
1658.
1659.
1660.
1661.
1662.
1663.
Greifenfels 1713.
Greifensee 1612—1730.
Greiff 1790.
Greiffen 1391—1714 s. Greififen-
berg.
Greiffenberg l'?21— 1724.
Greiffenklau 1657-1795.
(ireimolt, nur em Lehenbrief vom
J. 1655.
(Jrein 1790—1792.
GreinviUe 1716 -1720.
Greiss 1595.
Greiser, nur ein Bestallungsbrief
vom J. 1504.
Greising, nur ein Scliriftstück
vom J. 1739.
(irembs s. Grems imd Crems.
Gremcl, Oemel 1616.
Gremiich, GrämUch 1398—1642.
Grems 1649—1784.
Grens, fiur ein Kaufl)rief vom
J. 1390.
Gresp(>ck, nur ein Scliriftstück
vom J. 1801 s. Harrer.
Gresseri, nur ein Schriftstück ca.
1700.
Gretier, Cretier 1771.
Grevenbroch , ein Schriftstück
vom J. 1752.
Griebl 1603—1605."
Grieching 1680,
Systematische I^ebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 201
1664. Grienagel 1781—1797.
1665. Grienauer 1786.
1666. Gries, nur ein Bestallungsrevers
vom J. 1426.
1667. Griesenbeck, Griessenböckh 1702
—1787.
1668. Griestetter 1430—1612.
1669. Grill 1801.
1670. Grilloni 1725-1727.
1671. Grim 1478—1762.
1672. Grimaldi 1632—1732.
1673. Griniberg 1759.
1674. Grhning 1720—1813.
1675. Grimmeisen 1790.
1676. Grimmel 1784.
1677. Grimmenstein, nur ein Schrift-
stück vom J. 1615.
1678. Groe 1613.
1679. Groeben, Groben 1740.
1680. Groeller, Gröller 1790-1792.
1681. Groenenstein 1490—1556.
1682. Groesser, ein Libell aus dem
17. Jahrhdt.
1683. Groez, (tröcz, nur ein Si'hrift-
stück vom J. 1683.
1684. Groff 1775.
1685. Groffay, nur ein Schriftstück vom
J. 1727.
1686. Groissbeck 1605—1774.
1687. Gronsfeld, Gransfeldt, Gronefeld
1646-1804.
1688. Grooth 1614—1747.
1689. Gropper 1702-1812.
1690. Grosberg, Baviore-Grosberjj: 1595
—1800.
1691. Gross v. Trockau, Pfersfeld, Zeu-
lenreut 1451—1794.
1692. Gross v. Meckenhausen 1521.
1693. Gross 1541— ca. 1720 (bürgerlich).
1694. Grosser 1630.
1695. Grosshauser 1728—1785.
1696. Grosskopf 1788.
1697. Grossschedel, Grossschedl 1578
—1799.
1698. Gpossschlag, nur ein Scliriftstück
vom J. 1754.
1699. Grossthoman b. Neumaier.
1700. Grotta 1582—1656.
1701. Gruber 1436—1806.
1702. Gruebel, nur ein Schriftstück vom
J. 1608.
1703. Gruell, nur ein Schriftstück vom
J. 1697.
1704. Gruen 1354—1675.
1705. Gruenbeck, Gruenbeckh 1751.
1706. Gruenberghen 1747.
1707. Grueneisen 1597—1598.
1708. Gruensfeld von. 1626.
1709. Gruensfelder 1575.
1710. Gnienstein 1536—1789.
1711. Gruenthal 1678—1689.
1712. Gruenwald 1790.
1713. Grumbach 1401—1721.
1714. Grundler 1583.
1715. Grundner 1790.
1716. Grunhartshofen, Grunharczhouen
1390.
1717. Grunne de. 1719.
1718. Grustner von Grustorf 1640 —
1750.
1719. Gnistorf s. Grustner.
1720. Gwhwind, (ischwindt 1742.
1721. (fuadagni, nur ein Schriftstück
vom J. 1737.
1722. Gualzatta, nur ein Wappenbrief
vom J. 1669.
1723. (iudenus 1737—1798.
1724. GuggomoSjGupgomos 1636 1811.
1725. Gugl 1534—1806.
1726. (tugler 1614—1808.
1727. (;ui<iebon 1581-1785 s. Caval-
chino.
1728. Gülch, nur eine Notiz vom J. 1671,
Wappenbrief betr.
1729. (luUehno 1808.
1730. Gulingstem 1785.
1731. Gültingen 1 799(eineDruck8chrift).
1732. (Jümich 1808.
1733. Gumpeltshaimcr 1541—1586; s.
Schobinger.
1734. Gumppenberg,Gumpenberg,1334
—1808.
1735. Gundacker von Auerbach, s.
Auerbach,
202 Systomatische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
1736. (Tundelfingen, Gundelfinger 1304
—1802.
1737. GundelHheimer 1601—1607.
1738. Cfunderniann, nur ein Schrift
stück vom J. 1687.
173J). (lunderstorf, Gunderstorfer 1591
—1635.
1740. Günter, Günther 1696—1793.
1741. Gürtner 1770.
1742. Ciunzmann, nur ein Schriftstück
vom J. 1780; s. Kunzmann, Cunz-
mann.
1743. Gussmann 13S9— 1777.
1744. Gutmann 1731—1737.
1745. Gutrather 1252—1782.
1746. Guttenberp JI92— 18()0.
1747. Guttenstein, Gutenstein 1259—
1521.
1748. Guttermaier, nur ein Studien-
zeugniss vom J. 1593.
1749. (tyllenstnun, Gyllenstonn 1800.
1750. Gymnich 1653—1808 s. Beissel.
1751. Gyongyosi 1741.
1752. Haag, Grafen v. 1513—1725.
1753. Haas 1695-1741.
1754. Habach, Haabach, nur ein Scluift-
stück vom J. 1765.
1755. Habenschaden 1778-1779.
1756. Haberkoni, Haberkliorn 1519—
1714.
1757. Haberland 1715—1729.
1758. Habersack, Haabersack 1703.
1759. Ha})er8chmellen 1682.
1760. Habisreitinger 1588—1604.
1761. Habsperg 1464—1565.
1762. Hachenberg, nur ein Schriftstück
vom J. 1547.
1763. Hacke 1674—1809.
1764. Hacker 1589.
1765. Hackled 1549—1769.
1766. Hadersbcrgh 1691—1695.
1767. Hadik 1776—1777.
1768. Haeberstein 1611.
1769. Haeckelbei^, Hacklberg 1733—
1734.
1770. Haeckl 1633—1760, s. Heckel.
1771. Haefelin 1790—1804.
1772. Haefner, Hafner 1605 s. Hefner.
1773. Haeckleder, Hackleder siehe
Hackled.
1774. Hael, Hai 1384—1619.
1 775. Haemerl, nur ein Schriftstück vom
J. 1789.
1776. Haerpfer von Harpfenburg 1613
-1792.
1777. Haertl 1507.
1778. Hafenbrätl 1773—1807.
1779. Haga s. Hager 1360.
1780. Hagedom 1627—1636.
1781. Hagen 1574-1784.
1782. Hagenau 1639—1767 s. Sagit-
tarius.
1783. Hagenbach 1716.
17^4. Hagenbucher 1617—1627.
1785. Hager 1364—1711.
1786. Hagken 1665.
1787. Hahenstainer, nur ein Schriftstück
vom J. 1651.
1788. Hahn 1628—1808.
1789. Haibe 1756—1772.
1790. Haibeck 1465, mit einem defekten
Adelsbrief vom J. 1587.
1791. Haid 1398—1598 s. Heiden.
1792. Haidenab 1666—1682.
1793. Haidenfels, nur eine Notiz ohne
Jahr.
1794. Haideiüieim 1701—1798.
1795. Haidenreich 1543—1609.
1796. HaidenÜial 1683—1702.
1797. Haieck 1728-1737.
1798. HaUbnmer 1603.
1799. Ihiilger 1452.
1800. Haill 1694—1734.
IbOl. Haim 1582—1725, s. Haimen-
hofer.
1802. Haimbucher, nur ein Schriftstück
vom J. 1730.
1803. Haimenhofer 1398 — ca. 1699 s.
Haim.
1804. Haimhausen 1619— 1785 8. Heim-
hausen.
1805. Haimspecht, Haimspechk 1331.
1806. Ilainrich, nur ein Schriftstück
vom J. 1713.
Systematische XJebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 203
1807. Haintz 1793 und zwei Fra^^ente
von 1725 und 1729.
1803. Haisdorf 1764—1801.
1809. Haiterbach 1355.
1810. Hakebom, nur ein ^Schriftstück
vom J. 1633.
1811. Halden 1640—1726.
1812. Halder 1473—1566.
1813. Haldermannstetten 1595 s.
Stettner.
1814. Hallart, nur ein Schriftstück vom
J. 1692.
1815. HaUberg 1718—1802.
1816. Haller 1393—1766.
1817. HaUver 1581.
1818. Halmaier 1557.
1819. Haltmaier 1612.
1820. Halweü 1472—1741.
1821. Hamal 1727.
1822. Hambloch 1573.
1823. Hamelin 1789.
1824. Hamm 1808.
1825. Hammer 1476—1792.
1826. Hammerbacher 1612.
1827. Hammerer 1772—1792.
1828. Hammer8pach,Hamer8pachl429.
1829. Hamilton 1657—1739.
1830. Hamxlede s. Hanxleden.
1831. Hanakam 1746—1782.
1832. Hanau 1493—1738.
1833. Handel, nur ein Adelsbrief vom
J. 1642.
1834. Hanemann 1583—1592.
1835. Hangenor 1394—1486.
1836. Hann 1801—1817.
1837. Hannbaum, nur ein Schriftstück
vom J. 1686.
1838. Hannewald, nur ein Schriftstück
vom J. 1609.
1839. Hanolt, Hannolt 1482—1604.
1840. Hansiz 1739.
1841. Hanstein, nur ein Adelsattest vom
J. 1786.
1842. Hanxleden 1625—1798.
1843. Haraucourt 1625—1684.
1844. Harching 1758.
1845. Hardeck 1468—1802.
1846. Hardenlierg 1632—1655.
1847. Hardenroth 1628—1632.
1848. Hardoncourt 1760.
1849. Hardmuth 1840.
1850. Harf 1790—1799.
LH51. Harlfinger 1764.
1852. Harlos, nur ein Schriftstück vom
J. 1790.
1853. Hamegkh, nur ein Si-hriftMück
vom J. 1616.
1854. Harold 1786—1799.
1855. Harrach 1580-1798.
1856. Harrant 1754—1755.
1857. Harras 1702—1729 s. Herzan.
1858. Harrer 1661-1805.
1859. Harscher 1101-1804.
1860. Harschkircher 1376-1418.
1861. Harselk^ 1606—1612 s. Hersell.
1862. Harstall, nur ein Stammbaum von
ca. 1750.
1863. Hart, nur ein Schriftstück vom
J. 1771.
1864. Hartenstein 1696—1727.
1865. Harter 1807.
1866. Hartessen 1514.
1867. Hartgen 1617-1730.
1868. Hartheim 1412.
1869. Hartig, Harding 1712-1801.
1870. Hartl (Härtl) von Hartenfels 1694
-1753.
1871. Hartlieb, Hartlieben, genannt:
Walsporn 1440—1778.
1872. Hartmann 1462—1805.
1873. Hartneik 1549—1602.
1874. Härtung 1508—1799.
1875. Hartweg ca. 1500—1511.
1876. Harz, nur ein Scliriftstück vom
J. 1791.
1877. Has 1558—1595.
1878. Haselbeck, Hasslbeckh 1472—
1694.
1879. Hasenbach 1799.
1880. Hassbeck, nur ein Scluiftstück
vom J. 1769.
1881. Hasslang 1431—1812.
1882. Hasslauer, nur ein Schriftstück
vom J. 1720,
204 Systematische ITei. ersieht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
1883. Hassloch 1463.
1884. Hassperg, nur ein Schriftstück
vom J. 1463.
1885. Hatzfeld 1753.
1886. Hauben 1539—1710.
1887. Haubitz, Haubiz 1514—1636.
1888. Haubt 1386.
1889. Hauensi-hild 1615.
1890. Hauer, nur ein Schriftstück vom
J. 1792.
1891. Hang 1468-1623.
1892. Haugewitz,Haugwitz 1765— 1766.
1893. Haulfinger 1398.
1894. Haunbaum s. Hanbaum.
1895. Haunsperg 1338—1711.
1896. Hausen, Häuser 1398—1748 s.
Gleichenstorf.
1897. Haushaimer 1499.
1898. Hausner 1507—1509.
1899. Hautefort 1798—1802.
1900. Hautmann, Uauttmann 1790.
1901. Hauyemont, nur ein Schriftstück
vom J. 1674.
1902. Hauzan 1433.
1903. Hauzenberg 1405—1792 s. Grei-
sing.
irOl. Hauzinger, Hawczinger, nur ein
Bestallungsbrief vom J. 1434.
1905. Haye de la 1647—1782, mit Ab-
bildung einer Voti\tafel v.J. 1664.
1906. Hay von. 1807.
1907. Hayeck, nur ein Schriftj^tück vom
J. 1751.
1908. Hayn 1594—1608.
1909. Haysdorf 1789—1805.
1910. Haxthausen 1686—1713.
1911. Hazart 1800.
1912. Hazfeld 1552—1801.
1913. Hazkofer 1468—1485.
1914. Hcbendanz, nur ein Schriftstück
vom J. 1792.
1915. Hebenstreit, nur ein Schriftstück
vom J. 1781.
1916. Hechenkircher 1419—1669.
1917. Hechinger 1460.
1918. Hechstötter, nur ein Schriftstück
vom J. 1628,
1919. Heckh, nur ein Schriftstück vom
J. 1773.
1920. Heckl, Hägkhl 1500.
1921. Heeg 1780-1787.
1922. Heems, Hems, nur ein Schrift-
stück vom J. 1711.
1923. Hefenstreit 1409.
1924. Hefner 1787, s. Haefner.
1925. Hegele, Högele 1650.
1926. HegemüUer 1574—1614.
1927. Heggenstaller 1583—1586.
1928. Hegi 1677-1746.
1929. Hegnenberg, genannt: Dax 1571
—1801.
1930. Heibeck, nur ein Schriftstück vom
J. 1453.
1931. Heideck 1448—15%.
1932. Heideck gen. Heidegger 1798—
ieo4.
1933. Heidecker von Haag 1656—1657.
1931. Heideloff, nur ein Schriftstück
vom J. 1799.
1935. Heiden, Heid, Heider 1364—1781.
1936. Heidenfeld 1703—1733.
1937. Heidenlieim 1665—1781.
193S. Heidon 1700—1781.
1939. Heidorf 1418—1709.
1940. Heigel 1524—1709.
1941. Heil 1712.
1942. Heiligenberg 1389—1467.
1943. I leiligenstein, nur ein Schriftstück
vom J. 1792.
1944. Heimbl, Haimbl, nur ein Schrift-
stück vom J. 1606 8. Hempel.
1945. Heimburg 1492—1497.
1946. Heimhausen 1592— 1780,8. Haim-
hausen.
1947. Heindel, Ileindl 1709—1723.
1 948. Heinleth, nur eui Schriftstück vom
J. 1817.
1949. Heinrich 1760.
1950. Heinrichmann 1521.
1951. Heiss 1621—1777.
1952. Heissenstein 15G6— 1573.
1953. Heisser 1787—1808.
1954. Heissler 1701.
1955. Heister 1782—1735
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 205
1956. Helber 1650.
1957. Held 1685.
1958. Helderbouche, nur ein Schrift-
stück vom J. 1778.
1959. Helderich 1522.
1960. Heldmann 1637—1650.
196 1 . Ileldrmg, nur ein Schriftstück vom
J. 1790.
1962. Helfenberg 1742—1756.
1963. Helfendorfer, nur ein Schriftstück
vom J. 1436.
1964. Helfenstein 1308 — 1658 , und
bürgert. Familie 1534.
1965. Helfmann, nur ein Schriftstück
vom J. 1551.
1966. Hell, nur ein Scliriftsttlck vom
J. 1800.
1967. Heller 1403—1627.
1968. HeUersperg, IleUersberg 1745—
1802.
1969. Hellingkhoven 1641—1646.
1970. HeUmann 1763.
1971. Hehnhack, nur ein Schriftstück
vom J. 1700.
1972. Helmreich 1812.
1973. Hehnstädt 1408.
1974. Heltburg 1418.
1975. Heitritt 1524—1541.
1976. Hempel 1751—1799; s. Heimbl.
1977. Hendl 1665—1747.
1978. Henkel ca. 1620—1756.
1979. Henndt 1688—1751.
1980. Hennenberg, Grafen von. 1346
—1561.
1981. Hennenbrith, Ilennebrith 1753—
1769.
1982. Hennenkopf 1538.
1983. Hennezel, nur ein Schriftstück
vom J. 1797.
1984. Hennigs, nur ein Schriftstück
vom J. 1790.
1986. Hennin 1787.
1986. Henot 1609—1622.
1987. Henrici, nur ein Schriftstück vom
J. 1675.
1988. Hepp 1776—1794.
1989. Heppe 1747—1754.
1990. Heppenheim, nur eine Tektur mit
Hinweis auf eine Urkunde v. 1622.
1991. Heppenstein 1767-1804.
1992. Herb 1546—1551.
1993. Herbeistatt 1407—1544.
1994. Herberstein 1591—1805 s. Hör-
manstein.
1995. Herbrand 1575.
1996. Herbrot 1581—1589.
1997 Herbst 1582—1770.
1998. Herbstheim 1588—1802.
1999. Herder 1801 s. Herter.
2000. Ilerdesian 1576.
2001. Herding 1757—1802.
2002. Herfurter 1461—1467.
2003. Hering 1612—1744.
2004. Heringen vonllering 1744— 1761.
2005. Herliberg 1608—1628.
2006. Hermann 1574.
2007. Hermannstein, nur ein Schrift-
stück vom J. 1581.
2008. Hermanstorf er, Hermstorffer 1 394
—1470.
2009. Hermersreuth 1665—1684.
2010. Herrestorfer 1394—1778.
2011. Herold 1645—1785.
2012. Ilerrlein, nur ein Schriftstück
vom J. 1792.
2013. Hermböck 1797—1800.
2014. Hersberg 1576.
2015. Hersell 1625.
2016. Herstenzki 1600—1679.
2017. Hertenberger 1437—1439.
2018. Ilertenstein 1617—1763.
2019. Herter 1446—1754, s. Herder.
2020. Herterich von Hertier ca. 1620.
2021. Hertgen, Härtgen 1650.
2022. Hertl, modo: von Tarn 1784.
2023. Hertling 1748—1806.
2024. Hertwig,Hertwich, Hartwig 1790.
2025. Herweg 1680—1722.
2026. Herz, nur ein Schriftstück vom
J. 1627.
2027. Herzan, nur ein Schriftstück vom
J. 1711, s. Harras.
2028. Herzberg, nur em Schriftstück
und ein Stammbaum, 1678.
206 Systematinche Uebersicht des Inhalts der bayerischen I^ndesarchive.
2029. Herzenkraft 1592—1594.
2030. Herzhaimer, Herzheim 1592-1G52.
2031. Herzog 1511—1795.
2032. Hesd-Lombret, 1776—1796.
2033. Hess 1428—1817.
2034. Hessberg, Hessburg 1399—1727.
2035. Hesse 1772—1807.
2036. Hettersdorf 1636—1799.
2037. Hettich 1625—1626 mit einem
gemalt. Wappen.
2038. Hetzer, nur ein Schriftstück vom
J. 1682.
2039. Hetichelin 1602.
2040. Heuruss s. Hirus.
2041. Hevel, Heuwel 1690—1717.
2042. Hewen 13S7-1403.
2043. Heusen, nur ein »Schriftstück vom
J. 1777.
2044. Heusser, nur ein Schriftstück
vom J. 1790.
2015. Heusinger 1712 s. Waldecker.
2046. Heusslein 1763—1788.
2047. Heussler, nur ein Schriftstück
vom J. 1773.
2048. Hey 1802—1806.
2049. Heydon s. Heidon.
2050. Heyperg, nur ein Schriftstück
vom J. 1579.
2051. Ilezendorf 1775—1784.
2052. Hezlstorfer, Heczelstorffer, 1496.
2053. Hieber 1591—1805.
2054. Hienle 1557 s. Huenlin.
2055. Hierl, nur ein Scliriftstück vom
J. 1766.
2056. Hilch 1539.
2057. Hillebrandt, Hildebrand, HU-
prant, 1512—1740.
2058. Hillesheim 1776—1784.
2059. HUlin 1661—1663.
2060. Hilz 1805—1806.
2061. Himel 1448—1795.
2062. Hinderer 1736—1742.
2063. Hinderskirchner, Hinterskircher
1418—1729.
2064. Hinsberg 1794—1804.
2065. Hinzenhauser 1376 s. Tuchsen-
hauser.
2066. Hipper 1764.
2067. Hirn 1467-1468.
2068. Himeis, Hiemeiss 1760—1807;
8. Rottenburg.
2069. Himheim, Hümhain 1397—1684
8. Nothaft.
2070. Himkofen, nur ein Schriftstück
vom J. 1540.
2071. Hirechauer 1491—1726.
2072. Hirechberg 1434—18008. Hürsdi-
berg.
2073. Hirschberger 1790.
2074. Hirster 1600 s. Ulmaninger.
2075. Hirns, Hyruss, Heurus 1621—
1690.
2076. Hiserlin, nur ein Schriftstück
vom 18. Jlirhdt.
2077. Histice, nur ein Schriftstück vom
J. 1780.
2078. Hittendorf 1666—1679.
2079. Hittersdorf, s. Plittersdorf.
2080. Hochberg (Markgrafen) 1451.
2081. Hochberg 1688—1739.
2082. Hoche, nur ein Schriftstück vom
J. 1714.
2083. Hochenberg ca. 1400—1774.
2084. Hochenftirt 1745—1763.
2085. Hocherbach, nur ein Schriftstück
vom J. 1779.
2086. Hochhaus, Hochhausen ca. 1660
-1747.
2087. Hochholtinger 1517—1679.
2088. Hochholz, Hochholzer 1744-1803.
2089. Hochreiter, Hochenreiter 1591—
1747.
2090. Hochstetter 1443—1779.
2091. Iloedl 1721—1724.
2092. Hoefel, Höfele 1585—1791.
2093. Hoefelich, nur ein Schriftstück
vom J. 1612.
2094. Hoefer 1793—1799.
2095. Hoeger 1684-1780.
2096. HochenWrcher 1549—1770.
2097. Hoek 1690—1772.
2098. Hoekmann 1695.
2099. Hoellenkofen,Höllingkhovenl612
-1660.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 207
2100. HoeUer 1641—1653.
2101. Hoelzl 1624.
2102. Hoenig 1680—1771.
2103. Hoerde 1782 mit Adelsattest vom
J. 1781.
2104. Hoerl,Hörel 1 594—1807, s. Eiseis-
berg.
2105. Hoerlin 1517.
2106. Hoermann 1635—1769, mit einem
Wappen.
2107. Iloermbstain, nur ein Schrift-
stück vom J. 1645.
2108. Hoersch 1747.
2109. Hoerting, nur ein Schriftstück
vom J. 1552.
2110. Hoerwarth 1482—1801.
2111. Hoesch 1727—1762.
2112. Hoesle 1796—1799.
2113. Hoezendorf, nm- ein Schriftstück
vom J. 1775.
2114. Hoezer 1704—1748.
2115. Hoezl 1754—1783.
2116. Hof vom, nur ein Schriftstück
vom J. 1482.
2117. Hof er 1389—1719 s. Lobenstein.
2118. Hofingen, Höfingen 1616.
2119. Hofmann 1703—1809.
2120. Hofmayr, nur ein Schriftstück
vom J. 1707.
2121. Hofmeister 1588.
2122. Hofmillen, Hofmüllen, Hof-
mühlen 1698—1805.
2123. Hofmiller 1687.
2124. Hofetetten,Hofetetterl616— 1812.
2125. HofweUer 1756-1773.
2126. Hohenadel 1673-1745.
2127. Hohenberg, Hohemberg 1328—
1360.
212a Hoheneck 1408-1780.
2129. Hohenems 1528—1777.
2130. Hohenfeld 1474—1768.
2181. Hohenfurth s. Hoclienfurt.
2132. Hohenhausen 1790—1794.
2133. Hohenkircher, nur ein Schrift-
stück vom J. 1495.
2134. Hohenlandsberg , Hohenlanden-
herg 1573—1587.
2135. Hohenlohe 1232—1802.
2136. Hohenschembach, nur ein Schrift
stück vom J. 1552.
2137. Hohenstein 1701—1726.
2138. Hohen waldeck auf Maylrain 1639
—1809.
2139. Hohenzollem (grilfl. und fürstl.
Haus) 1434—1806.
2140. Höhnlein, ein gemaltes Wappt*n
mit Beschreibung.
2141. Holand 1602—1604.
2142. Ilolbach 1511—1732.
2143. Holder 1574—1580.
2144. Holdermann, nur ein Schriftstück
vom J. 1538.
214.'). Holdingen 1551—1619.
2146. Holer, Hoiler 1586.
2147. HoU 1555—1601 s. Ulmaninger.
2148. Hollart, nur ein Schriftstück vom
J. ca. 1750.
2149. Holheim, Holhein 1352.
2150. Holnstein 1728—1801.
2151. Hülnsteiner, s. Tuchsenhauser.
2152. Holub 1463-1479.
2153. Holz, aus dem; 1402.
2154. Hobsapfel 1585-1790.
2155. Holzhauser 1431—1787.
2156. Holzheimer, nur ein Schriftstück
vom J. 1409.
2157. Holzheu 1690.
2158. Holzhus, Holczhuss, ein Ablass
brief vom J. 1502.
2159. Holzschuch 1469—1470.
2160. Holzschuher 1625—1790.
2161. Homburg 1470.
2162. Homodei, nur ©in Schrifststück
vom J. 1725.
2163. Hompesch 1764—1800.
2164. Honburg 1485—1566.
2165. Honichringer, ein Wappenbrief
vom J. 1664.
2166. Hopf, nur ein Schriftstück vom
J. 1747.
2167. Hopfer 1573—1695.
2168. Hoppenbühl, nur ein Schriftstück
vom J. 1773.
2169. Hora 1719-1720.
208 Systematische Uebersicht des Inhalte der bayerischen Landesarchive.
2170.
Horauff 1393 s. Seckendorf.
2210.
2171.
Horben 1578—1804.
2211.
2172.
Hordt 1602.
2173.
Hormayr 1704—1794.
2212.
2174.
Hom 1627—1791.
2213.
2175.
Homburg, nur ein Schriftstück
2214.
vom J. 1592.
2215.
2176.
Homeck 1434—1800.
2216.
2177.
Homecker 1509.
2178.
Homik 1684—1722.
2217.
2179.
Homstein 1365—1804.
2218.
2180.
Horst, von der — nur ein Schrift-
stück vom J. 1648.
2219.
2181.
Hosemann 1772—1817.
2220.
2182.
Hossmann 1617.
2221.
2183.
Hosson 1763—1802.
2222.
2184.
Hove 1804.
2185.
Hoyer 1792.
2223.
2186.
Hoym 1764-1807.
2224.
2187.
Iloyos 1801.
2225.
2188.
Hoys, nur ein Sc-hrift»tück vom
2226.
J. 1665.
2227.
2189.
Hruschowsky 1807.
2228.
2190.
Hubbart 1656—1662.
2229.
2191.
Huber 1435-1802.
2230.
2192.
Hubersar, nur ein Schriftstück
vom J. 1686.
2231.
2193.
Hueb 1750—1780.
2232.
2194.
Hueber s. Huber.
2233.
2195.
Huebner, nur ein Schriftstück
2234.
vom J. 1550.
2235.
2196.
Huebschmann 1515.
2197.
Huedtner 1782.
2236.
2198.
Hueffel, Hüffel 1668.
2237.
2199.
Huegel 1803.
2238.
2200.
HuetmauH 1602.
2239.
2201.
Hufnagel 1603-1749.
2240.
2202.
Hufschmiedt 1805.
2241.
2203.
Hügel 1628.
2242.
2204.
Huiruz 8. Öttingen.
2243.
2205.
Hulner 1599.
2244.
2206.
Hulzinger 1518.
2245.
2207.
Humbracht, nur ein Schriftstück
2246.
vom Jahre 1799.
2247.
2208.
Humel, nur ein Urkd. Fragment
2248.
vom J. 1436.
2249.
2209.
Hund 1488—1799.
2250.
Hundertpftind 1556—1558.
Hundheim, ein gedrucktes libell
vom J. 1746.
Hundsbiss 1427—1799.
Hundspichler 1652—1680.
Hunger 1739—1773.
Hunicke 1687.
Hünlin, Hünle, nur ein Bestall-
ungsrevers vom J. 1557.
Hunoldstein 1642—1660.
Hunreichstorfer 1476.
Hürblot, Huerblot, nur ein Schrift-
stück aus dem 16. Jhrhdt.
Hürschberg 1773.
Hurter 1789.
Huss, ein Pergament-Libell vom
J. 1525.
Hussmann 1603—1609.
Huth, nur einSchriftstück V.J.1774.
Huting, Hutinger 1543.
Hütten 1530—1765.
Hutter 1395.
Huzhofer, Huczhoner 1468.
Huzlmaier, Ilutzhnair 1467.
Hyruss s. Hirns.
Jacob, nur ein Schriftstück vom
J. 1799.
Jacquemond 1727—1770.
Jäger 1722-1724.
Jägeren 1735.
Jägersheun, Y^ersheinBirlin von
1331.
Jagdt von der — 1712.
Jahenstorfer 1379—1628.
Jahn 1614—1633.
Jahnus 1761.
Jahrsdorfer 1557—1694.
Jan 1605.
Janein 1492.
Janewiz , Janawitz 1438 — 1458.
Jansen 1784.
Janson v. der Stock 1720—1809.
Jasmund 1814.
Jauchflheim 1552.
Jaxtheim 1532—1725.
Iberie, Yberle 1768.
Ibscher 1790.
Systematische Uebersicht des Inlialts der bayerischen Landesarchive. 209
2251.
Icher, Yscher, nur ein Pergam.
2292.
Fragment ans dem 15. Jhrdt.
2293.
2252.
Ickstadt 1741-1776.
2294.
2253.
Jeger 1630.
2295.
2254.
Jehle 1698-1761.
2296.
2255.
JeMin, Jecklin 1713.
2297.
2256.
Jenisch 1617.
2298.
2257.
Jenison 1790—1799.
2299.
2258.
Jesenwanger 1797—1798.
2300.
2259.
Jett von Münzenberg 1711—1790.
2301.
2260.
Jezendorf 1599.
2302.
2261.
Iflinger 1435.
2303.
2262.
Jhena, nur ein Schriftstück vom
2304.
J. 1656,
2305.
2263.
Usung 1506—1792, mit genealog.
Notizen vom J. 675 an.
2306.
2264.
Uten 1665-1787.
2307.
2265.
Imbsen 1730—1731.
2308.
2266.
Imhof 1444-1806.
2309.
2267.
Immesen, nur ein Schriftstück
2310.
vom J. 1691.
2311.
2268.
Imsland 1622—1808.
2312.
2269.
Indermanr 1758—1755.
2313.
2270.
Indobler 1748-1772.
2314.
2271.
Ingbrecht s. Lochinger.
2315.
2272.
Ingelheim 1622-1769.
2316.
2273.
Ingenheim 1720—1803.
2317.
2274.
Ingerl 1762.
2275.
Ininger 1622.
2318.
2276.
Inzaghi 1802.
2319.
2277.
Inzinger, nur ein Schriftstück
vom J. 1436.
2320.
2278.
Jobst 1613—1776, s. Dix.
2321.
2279.
Jocher 1614—1802.
2322.
2280.
Jöchem 1716—1763.
2323.
2281.
Jörger 1504-1544.
2324.
2282.
Johann v. Mundolshehn, ein
Adelsattest vom J. 1787.
2325.
2283.
Joner 1669-1871.
2326.
2284.
Iphofer 1530-1662.
2327.
2285.
Jordan 1617-1799.
2328.
2286.
Irsch 8. Yrsch.
2329.
2287.
Irico 1691-1697. .
2330.
2288.
Isel, Ysel 1353.
2331.
2289.
Isenburg 1389—1805.
2332.
2290.
Isnard 1621—1627.
2291.
Isselbach 1617-1782.
2333.
AiohiTAlisobe Zeitsohiift YIL
Issenwanger 1797.
Jud 1758.
Judmann, nur einFragm. v.J. 1410.
Jugler 1586—1689.
Juncker 1570—1828.
Jung, Junge 1510—1792.
Junginger 1706—1711.
Jünglmg 1797.
Jungwulh 1765—1799.
Justin 1805—1808.
Kabelius, Kabel 1613—1690.
Kadmaier, Kadmer 1499.
Kaeding 1628—1763.
Kaepfl 1629—1647.
Kaeppler, Kappler, Keppler 1468
-1794.
Kaergel 1448—1729.
Kaeser 1804—1805.
Kageneck 1670—1823.
Kiigerer 1431—1449.
Kagner 1734.
Kaiser 1761.
Kaisersberg 1686—1699.
Kaiserstein 1718—1771.
Kaizmaim 1772—1781.
Kalb 1783—1797.
Kaihart, nur ein Schriftstück vom
J. 1538.
Kall 1655—1681.
Kaltenhausen, nur ein Schriftstück
vom J. 1736.
KaltenthaU 1522—1744.
Kaltner 1763—1804.
Kaltschmid 1659—1660.
Kammer 1397—1494 s. Cammer.
Kammer, Kammerer (bürgerlich)
1500—1504.
Kammerauer 1340—1476.
Kammerberg 1417—1529.
Kammerer 1422—1518.
Kammerlander 1778—1786.
Kammerioher 1637—17%.
Kamezki 1692—1694.
Kampel 1808.
Kamphausen, nur ein Schriftstück
vom J. 1633 und ein Wappen.
Kampz, ein Adelsattest v. J. 1769.
14
210 Systematische TJebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
2834. Kandelbacher, nur ein Bestall-
2374. Kenz, nur ein Schriftstück vom
ungsbrief vom J. 1792.
J. 1556.
2335. Kandier 1790.
2375. Kepler 1575.
2336. Kanzelmüller 1797.
2376. Ker, nur ein Schriftstück vom J.
2337. Kapler 1754—1802 s. Kepler.
1793.
2338. Kappeller 1769-1799.
2377. Kere von der, 1421-1506.
2339. Kappler v. Oeden 1799.
2378. Kerespertz, nur ein Schriftstück
2340. Karg 1692-1789.
vom J. 1800.
2341, Karl 1471-1680.
2379. Kern 1583—1803.
2342. Kamer, nur ein Schriftstück vom
2380. Kerpen 1748 1789.
J. 1564.
2381. Kesinger, nur ein Schriftstück vom
2343. Karwinsky, nur ein Schriftstück
J. 1527.
vom J. 1815.
2382. Kesselstadt 1758-1802.
2344. Kaspar, nur ein Schriftstück vom
2383. Kessler, eine Wappenbesdireib-
J. 1795.
ung vom J. 1579.
2345. Kaspers 1817.
2384. Kessimg 1799.
2346. Kaspis 1778.
2385. Ketschau 1658—1749.
2347. Kastel-Remling 1783-1785.
2386. Ketteier 1770-1777.
2348. Kastenmair 1434—1442.
2387. Ketterl 1773.
2349. Kästner 1537-1807.
2388. Kettner 1792—1793.
2350. If atzenstein s. öttingen.
2389. Keudel, Keudell, ein Adelsattest
2351. Katzmair 1583-1614.
vom J. 1760.
2352. Kauniz 1684-1782.
2390. Keuslin 1655—1774.
2353. Kautsch 1430.
2391. KevenhiUer 1614—17%.
2354. Kazbeck 1441—1640.
2392. Keversberg 1744.
2355. Kazenberger 1704-1718.
2393. Keutschach 1535—1573.
2356. Kazianer, nurein Schriftstück vom
2394. Khayn 1737.
J. 1717.
2395. Khepser 1594—1749.
2357. Kechler 1715-1797.
23%. Khoelderer 1512-1681.
2358. Keck 1477.
2397. Khorf, genannt Schmising 1732
2359. Keesborer 1739-1741.
—1736.
2360. Keferl 1717.
2398. Khuen v. Belasi 1574—1777.
2361. Keis 1534—1585.
2399. Khuenburg 1669—1813.
2362. Keitschach 1598—1617.
2400. Khundspruckh 1695.
2363. Keller vom Schieitheim, Stockach
2401. Khuon 1765-1799.
1406-1790.
2402. Kickingen, nur ein Schriftstück
2364. Kellermaus 1318—1366.
vom J. 1788.
2365. KeUner 1559-1618.
2408. Kidler, Khidler 1701—1708.
2366. Kemmeter 1803.
2404. Kiechl, Kiechel 1810.
2367. Kemna 1742—1743.
2405. Kielmansecke 1697—1712.
2368. Kemnater 1350—1594.
2406. Kiendle 1693—1694 s. Kienle.
2369. Kemnizer 1775.
2407. Kienle 1790.
2370. Kempenhausen 1800—1802.
2408. Küburg 1714—1769.
2371. Kempf 1653—1733.
2409. Küger 1606.
2372. Kempinski, Gempüntzkhi 1607
2410. KiHan 1550—1584.
—1618.
2411. Kmdler, Kinler, 1599 s. TJl-
2378. Kendlbacher 1792.
maninger.
Systematische Febersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 211
2412. Kmkel 1792-1804.
2449.
Klessheimer, Cleshaimer, nur
2413. Kindsberg, Kinsberg, Künsperg
ein Schriftstück vom J. 1471.
1414-1790.
2450.
Klessmg 1762-1808.
2414. Kinski 1689—1746.
2451.
Klieber 1779-1787.
2415, Kirchbauer, nur ein Schriftstück
2452.
KUmotoskhi 1661.
vom J. 1748.
2453.
Kling 1808.
2416. Kirchberg (Grafen) 1480—1765.
2454.
Klingen in der —1469.
s. Kaming.
2455.
Klingenberg 1465—1807.
2417. Kirchberger, Kirchperger 1400—
2456.
Klingensberg, Chlingensperg s.
1622.
Klingenberg.
2418. Kircher 1587— 17€y7.
2457.
Klmger 1732-1758.
2419. Kircheimb 1661.
2458.
Klobner 1663.
2420. Kirchmeier 1486—1647.
2459.
Klobusiczky 1805.
2421. Kirmaier, Ktirmeyer, nur ein
2460.
Kloeckel 1792.
Schriftstück vom J. 1785.
2461.
Klossmann 1790—1795.
2422. Kirmreith, Kirmreitter 1611—
2462.
Klossner 1614—1778.
1676.
2463.
Kloz, nur ein Schriftstück vom
2423. Kirstner 1790.
J. 1790.
2424. Kisl 1606-1645.
2464.
Kluegmann 1717.
2425. Kissling 1794.
2465.
Kluger 1792.
2426. Kistel 1643-1648.
2466.
Klupfel, Kluppfl, nur ein Bestall-
2427. Kißtinger 1654.
ungsbrief vom J. 1489.
2428. Kistler, Khistler 1741—1813.
2467.
Knab 1561.
2429. Kitl 1520.
2468.
Knapp, nur ein Schriftstück vom
2430. Kitner, Küttner 1630—1658.
J. 1790.
2431. Kitecher, nur ein Schriftstück
2469.
Knauer 1775.
vom J. 1607 s. Taufkircheu.
2470.
Knauf, nur ein Schriftstück vom
2432. Klam, Harn 1756-1786.
J. 1739.
2433. Klamenstemer 1385—1396.
2471.
Knebel, Knebl, Knöbl 1550—
2434. Kleber 1792-1800.
1717.
2435. Kleckler 1601-1676.
2472.
Knecht 1771-1803.
2436. Klee 1709.
2473.
Knöbelstorfer 1529.
2437. Kleidgen 1792-1796.
2474.
Knödelseder 1639.
2438. Klein 1621—1809.
2475.
Knöringen 1388—1799.
2439. Kleindienst 1592.
2476.
Knoll, nur ein Schriftstück vom
2440. Kiemhanns s. Kircher.
J. 1790.
2441. Kleming 1640-1690.
2477,
Knopf, nur ein Schriftstück vom
2442. Kleinmayr 1759—1761.
J. 1543.
244a Kleiss, Kleisen 1682—1763 s.
2478.
Knorr 1448.
Gleiss und Kleist.
2479.
Kobold 1589—1622.
2444. Kleissel 1616.
' 2480.
Koch 1440-1790.
2445. Kleist 1669-1809 s. Kleis und
2481.
Kocher, nur ein Schriftstück vom
Wachsenstein.
J. 1621 mit AVappen.
2446. Kleißtenthaller, nur em Schrift-
2482.
Kochleffel, nur ein Schriftstück
stück vom J. 1460.
vom J. 1757.
2447. Klenau 1763.
2483.
Kodolinsky 1737.
2448. Kless 1580-1731.
2484.
Koeck 1440-1806.
14*
212 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen lÄndesarchive.
2485. Koehler 1790.
2486. Koekeriz 1526—1584.
2487. Koele, Koehle 1781-1804.
2488. KoeUmayer 1721.
2489. Koenig 1582—1807.
2490. Koenigl, Ktinigl 1656—1745.
2491. Koenigsacker 1662—1680.
2492. Koenigsberger, Koenigsberg 1707
—1798.
2493. Koenigseck 1392—1785.
2494. Koenigsfeld 1566—1805.
2495. Koenigsmark 1673—1727.
2496. Koepf 1766—1769.
2497. Koeppele 1757—1759.
2498. Koemdorf 1755—1758.
2499. Koesler 1792.
2500. Koeth von Wanscheid, nur ein
Bestallungsbrief vom J. 1615.
2501. Kofler 1624—1726.
2502. Kohary 1780—1800.
2503. Kohl 1779.
2504. Koin, nur ein Schriftstück vom
J. 1671.
2505. Kokorsowez, Kokorzowetz von
Kokorzowa 1703—1772.
2506. Kolb 1574—1748.
2507. JColberger 1464—1539.
2508. Kolbitz 1645.
2509. Kolbweckh 1588.
2510. Kolbrenner 1773—1783.
2511. Koler, Kohler, KoUer 1608 mit
einem Wappen.
2512. Kolf 1791.
2513. Kolhausen 1517—1538.
2514 KoUefel, KoUeffel 1607.
2515. Koller von Mohrenfels 1763—
1783.
2516. KoUer s. Koler.
2517. Kollinger 1559.
2518. Kolhnair 1739.
2519. KoUmann 1787—1791.
2520. Kollonitz 1660—1750.
2521. Kolowrat 1688—1795.
2522. Kon s. Kuen.
2523. Konzki 1643.
2524. Kopp 1710.
2525. Koppler 1470.
2526. Koppmann 1757.
2527. Korb 1747—1792.
2528. KorfE s. Khorf.
2529. Korn 1628—1642.
2530. Kombeck 1742.
2531. Komberg 1692—1706.
2532. Kornfelder 1644—1807.
2533. Komtheur 1735.
2534. Kostelezki 1759—1763.
2535. Kotwiz, Kottwiz 1648—1781.
2536. Kotz, nur ein Schriftsttlck vom
J. 1431.
2537. Kotzau 1564—1603.
2538. Krabat, nur ein Bestallungsbrief
vom J. 1517.
2539. Krabler 1611—1770.
2540. Kräbl 1636.
2541. Kraenzle, Krenzlin 1604—1765.
2542. Kraft von Vestenberg, Weitingen,
Uhn etc. 1415—1635.
2543. Krafthofer 1579—1747.
5>544. Kraineckli 1624—1628.
2545. Krais von Lindenfels 1717— 1765.
2546. Krakawiz 1504.
2547. Kramer, Krämern 1584—1712.
2548. Krampro s. Barbaro.
2549. Krapf 1644.
2550. Kraus 1555—1804.
2551. Krauseneck,Krauseggl765-1768.
2552. Krausenthal 1701—1729.
2553. Krautmeister 1555.
2554. Kray 1687—1793.
2555. Kraysen, Kraisen 1771.
2556. Krayser 1595—1725.
2557. Kraz 1(540.
2558. Krazer, Kratzer 1643.
2559. Krazin, nur ein Schriftstück vom
J. 1459.
25C0. Krebs 1452.
2561. Kreibig 1764—1805.
2562. Kreiden weis, nur ein Schriftstück
vom J. 1598.
2563. Kreith 1462—1799.
2564. Kreitmaier 1633—1790.
2565. Krement 1594
2566. Krempelhuber 1780— 180&.
2567. Kremponer,Kremponl683— 1788.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 213
2568. Kremser 1742-1752.
2610.
Kuem, von derKüm 1342—1366.
2569. Krenner 1792—1801.
2611.
Kuemer 1598.
2570. Krenmnger 1792—1797.
2612.
Kuemreith s. Kirmreuth.
2571. Krensky 1699.
2613.
Kuesching 1460.
2572. Krenzing 1802.
2614.
Kufstein 1635—1802.
2573. Krenzhn s. Kränzle.
2615.
Kugler 1736.
2574. Kress 1281—1737.
2616.
Kuhlau 1802-1804.
2575. Kresser 1623-1698.
2617.
Kulmer 1608—1731.
2576. Kretz 1786.
2618.
Kulzer 1790.
2577. Kreutner, Kreuthner 1747
-1805.
2619.
Kummersbrucker 1361.
2578. Kreymer 1518.
2620.
Kummerstatt 1575—1588.
2579. Krez 1798—1799,
2621.
Kummersperg 1673.
2580. Knebel 1803.
2622.
Kumpfmüllen , Kumpfmühlen
2581. Kriechbaum 1695—1696.
1747-1759.
2582. Kriechinger 1631-1753.
2623.
Kun 1747.
2583. Krieger 1665—1689.
2624.
Kunsing ca. 1290.
2584. Kriegern 1G98— 1708.
2625.
Kunzmann 1780—1790 s. Cunz-
2585. Krienner 1663-1721.
mann und .Gunzmann.
2586. Kriestorf 1718-1722.
2626.
Kurz von Senftenau, Grafen
2587. Krimbl 1673—1681.
1589-1677.
2588. Kripp 1447—1705.
2627.
Kurz (bürgerUch) 1559-1789.
2589. Krizer 1779.
2628.
Kurzrock 1654—1762.
2590. Kronacher, Kronach 1700
-1715.
2629.
Kutenauer 1473—1599.
S591. Kronegg, Cronegg, s. Croneck
2630.
Kyburg, zwei Stammbäume mit
1669-1807.
dem 13. Jhrhdt. beginnend.
2592. Kronenberg, Kronberg
1624-
2631.
Kylmann, nur ein Schriftstück
1702.
vom J. 1790.
2593. Kronstem 1772.
2632.
Kympel 1651—1652.
2594. Kronstetten, nur em Schriftstück
2633.
Kyrein 1758—1772.
vom J. 1653.
2634. Kytscher 1823.
2595. Kronthall, Kronenthal 1730-1757.
2635.
Laber 1366—1407.
2596. Kropf 1778.
2636.
Labermaier 1792.
2597. Kroteneck 1731.
2637.
Labrique de — 1770.
2598. Kucher 1788.
2638.
Labrosa, nur ein Schriftstück
2599. Kuchler 1382-1638.
vom J. 1600.
2600. Kueebach 1653-1706.
2639.
Lachemayr 1750—1803.
2601. Kuehlitz, nur ein Schriftstück
2640.
La Colonie 1774.
vom J. 1574.
2641.
Lafabrique 1753—1776.
2602. Kuelberg 1745—1760.
2642.
Lafferdt 1774-1777.
2603. Kuen, Kon 1603—1779.
2643.
Lagus 1575-1585.
2601. Kuenburg 1694-1700.
2644.
Lainger 1675.
2605. Kuenigl s. Koenigl.
2645.
Laiming 1601 mit einem Adels-
2606. Kuenningen 1782—1791.
attest vom J. 1772.
2607. Kueniz 1616—1644.
2646.
Laittres 1639.
2608. Kuermeyer 1790.
2647.
Lamarc, Lamark 1569—1574.
2609. Kuensberg, Künsberg s.
Kinds-
2648.
Lambach, nur ein Schriftstück
berg.
vom J. 1815.
214 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarcliive.
2649. Lambardi, nur ein Schriftstück
2682.
vom J. 1740.
2683.
2650. Lamberg 1474—1815.
2651. Lambert, nur em Schriftstück
2684.
vom J. 1769.
2685-
2652. Lambrechtshauser 1520—1558.
2686.
2653. Lamersheim, Lamniershoim 1587
2687.
-1606.
2654 Lamezan, nur ein Schriftstück
2688.
vom J. 1790.
2689.
2655. Lamfrizhamer 1635—1759.
2690.
2656. Lammingen auf Albersreuth 1G27
2691.
— 1786.
2692.
2657. Lamotte 1797.
2693.
2658. Lamparter, nur ein Schriftstück
vom J. 1503.
2694.
2659. Lampel 1805-1806.
2660. Lampotmger 1450.
2695.
2661. Lampretsliaimer, Lanipetsham-
2696.
mer 1435-1757.
2697.
2662. Lancier, nur em Scliriftstück
2698.
vom J. 1697.
2699.
2663. Layminger 1377-1729.
2700.
2664 Landau 1440-1670.
2701.
2665. Landeck 1524.
2702.
2666. Landenberg 1505-1725 s. Brei-
2703.
tenlandenberg.
2704.
2667. Landerer 1588.
2705.
2668. Landersperger, nur em Bestall-
2706.
ungsbrief vom J. 1505.
2707.
2669. Landfredini 1735-1738.
2708.
2670. Landfrid 1555—1590 s. BeUatein.
2709.
2671. Landi 1743—1749.
2710.
2672. Landsberg, Landspcrg 1653 —
1792.
2711.
2673. Landschaden 1549—1551.
2712.
2674. Landsee 1803.
2713.
2675. Landsidler 1441.
2676. Landstorfer, nur ein Schriftstück
2714.
vom J. 1460.
2715.
2677. Lanöe 1788-1789.
2716.
2678. Irfing 1586—1820.
2717.
2679. Lang von Leinzeil, nur ein Adels-
2718.
attest vom J. 1768.
2680. Langen 1737.
2719.
2681. Langenau, nur ein Schriftstück
vom J. 1615.
2720.
Langenbach 1790.
Langonberg, nur ein Scluiftstück
vom J. 1682.
Langeneck 1398—1651.
Langenmantel 1429—1790.
Langonschwartz 1719.
Langlais, nur ein Schriftstück
vom J. 1801.
LangmajT 1702.
Lannay 1782.
Lansalut 1803—1804
Lante 1743—1750.
Lanthieri 1716—1729.
Lantquarter, nur ein Bestallungs-
revcrg vom J. 1433.
Larg, nur ein Schriftstück vom
J. 1773.
Laris 1693—1694
I^rost^e 1759—1809.
Laschansky 1722—1753.
Lassberg 1739—1740.
Lasser 1560—1784
Lasky 1572.
Lasso 1580—1689.
La Tour 1704—1731.
Latour d'Auvergne 1797—1801.
Lattennann 1717—1722.
Latti de LLxdor 1786.
Laubenberg 1415—1618.
Laubenthal 1749—1762.
Laubheim 1723—1725.
Lauch 1605.
Lauersberg, nur ein Schriftstück
vom J. 1782.
Laufenholz 1400.
Laufenstein 1797.
Laur, nur ein Schriftstück vona
J. 1690.
Lausnoit 1697.
Lautenschlager 15 14 — 1 765.
Lauterburg 1658—1804.
Lautorius 1574.
Laux, nur ein Schriftstück vom
J. 1795.
Lavignie, nur ein Schriftstück
vom J. 1701.
Lavon 1634—1641.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 215
2721. Lawn, nur ein ScJiriftsttick vom
2762.
J. 1504
2722. Lay 1661.
2763.
2723. Laynberg 1398.
2764.
2724. Layritz 1794.
2765.
2725. Lebenstein s. Löwensteia
2726. Leberer 1639.
2766.
2727. Lebonne 1774.
2767.
2728. Lechel 1787.
2768.
2729. Lechehnaier 1607—1017 mit
2769.
einem Wappen.
2770.
2730. Lechim 1575.
2731. T^hner 1476—1809. *
2771.
2732. Lechsberg 1332-1410.
2772.
2733. Leeluse 1766.
2773.
2734. Ledebur 1800.
2735. Lederburg 1724-1725.
2774.
2736. Leeb s. Low.
2775.
2737. Leeder 1712.
2738. Lefeubre 1727-1766.
2776.
2739. Legnani-Ferri, nur ein Stamm-
2777.
baum von ca. 1599.
2778.
2740. Lehenmann 1664.
2779.
2741. Lehle 1573.
2780.
2742. Lehmann, nur ein Schriftstück
2781.
vom J. 1790.
2743. Lehrbach 1616-1802.
2782.
2744. Leiblfing 1323-1808.
2783.
2745. Leiberstorfer 1870—1726.
2746. Leichtenberg, nur eine Notiz.
2784.
2747. Leick 1774.
2785.
2748. Leidel 1687—1732 s. Leyden.
2786.
2749. Leikam 1788—1802 s. Leykam.
2750. Leineck 1574.
2787.
2751. Lemingen 1300—1802.
2752. Leistner 1765.
2788.
2753. Leitenbeck, Lewtenbeckch 1393
2789.
—1583.
2790.
2754. Leiter s. Bern und Scala.
2791.
2755. Leitner, Leuthner 1407—1812. ,
2792.
2756. Leitti s. Leidl.
2757. Leixner 1806.
2793.
2758. Lelemacher, nur ein Schriftstück
2794.
vom J. 1745.
2795.
2759. Lelius s. Lilienfeld.
2796.
2760. LeUich 1780.
2761. Lemble s. Lemlm.
2797.
Lemel, nur ein Schriftstück vom
J. 1787.
Lemen, Lemmen 1787.
Lemens 1747-1776.
Lemingen, Lemmingen 1650 —
1800.
Lemlin 1581.
Lenck 1542—1805.
Lenger 1685.
Lengfelder 13%— 1460.
Lengrieseer, nur ein Schriftstück
vom J. 1790.
Lentersheün 1404—1656.
Lenz 1641—1790.
Lenzendorf^r, Lentzendorfer 1345
—1582.
Leo 1549—1778.
Leoncelli, nur ein Schriftstück
vom J. 1594.
Leone 1735—1773.
Leonhardi 1791.
Leonrath 1735.
Leonrod, Lehenrod 1418—1808.
Leopardt 1701—1718.
Leopold, Leupold 1486 — 1694,
mit einer Notiz vom J. 1755.
Leoprechting 1480—1807.
Le Paige, nur ein defekter Stamm
bäum vom J. 1700.
Leping, ein Fragment vom J. 1340
Lercari 1727—1752.
Lerchenfeld 1509—1808 s. Vol-
kerstof.
Leschwitz, nur ein Schriftstück
vom J. 1592.
Lettner 1755—1763.
Letzkau 1766—1768.
Leubold 1486.
Leuchsehing 1698—1721.
Leuchtenberg, Landgrafen von, —
1488—1600.
Leuthner s. Leitner.
Leutsch, Leusch 1580.
Leutzenrieder 1376.
Levi, nur ein Schriftstück vom
J. 1779.
LevHng 1780-1790.
216 Systematische Uebersioht des Inhalts der bayerischen Landesarcliive.
2798.
Lewenburg 1747—1749.
2836.
2799.
Lewenfeld 1676—1691.
2837.
2800.
Lexa, nur ein Schriftstück vom
2838.
J. 1792.
2839.
2801.
Leyden 1699—1803.
2802.
Leyen 1576—1781.
2840.
2808.
Leykam 1778—1789.
2841.
2804.
Leyllersperg, nur ein Schriftstück
2842.
vom J. 1726.
2843.
2805.
Lhotta 1746-1747.
2844.
2806.
Lichtenstem 1726-1781.
2807.
Lidbach, Lidwadi 1502-1503.
2845^
2808.
Lidl 1686—1687 s. Fronberg.
2846.
2809.
Lieb 1627—1632, mit genealog.
Notizen vom J. 1347 an.
2847.
2810.
Liebenau 1563.
2848.
2811.
Liebenberger, Liebenberg 1460
2849.
-1739.
2850.
2812.
Libangck 1504.
2851.
2813.
Liebenfels 1504—1741.
2814.
Liebenstein 1690—1694.
2852.
2815.
liebert 1763-1808.
2853.
2816.
Liebo, Liebault 1770.
2854.
2817.
Liechtenauer 1398 — 1722 s.
2855.
Maiger.
2856.
2818.
liechtenbeig 1589—1752.
2857.
2819.
Liechteneck 1434.
2820.
Liechtenstein 1453—1792.
2858.
2821.
liehr 1706-1779.
2859.
2822.
Lienberg, nur ein Schriftstück
2860.
vom J. ca. 1550.
2861.
2823.
Tngerz 1750—1752.
2862.
2821 Ligni, Ligne 1601-1783.
2863.
2825.
ligniville, nur ein Schriftstück
vom J. 1661.
2864.
2826.
Ligsalz 1470—1784.
2865.
2827.
LUgenau 1775—1793.
2866.
2828.
Lille 1715—1722.
2867.
2829.
LiUien, LiUen 1747-1805.
2868.
2830.
Lilienfeld 1742—1754.
2869.
2831.
Liliengleich, nur ein Schriftstück
2870.
vom J. 1805 s. Orioff.
2871.
2832.
Lillingau, nur ein Schriftstück
2872.
vom J. 1671.
2873.
2833.
Tiimbach ca. 1702.
2884.
Lunbeck 1436-1790.
2874.
2835.
limberger 1696,
2875.
Limbrunn, Linbrunn 1774 — 180L
Limburg 1340—1761.
Lind 1673-1680.
Lindau, nur ein Schriftstück
vom J. 1661.
Lindelo 1612—1679.
Linden 1600—1800.
Lindenfels 1598—1763.
Lindhart 1599—1600.
Lindlaun, nur ein Schriftstück
vom J. 1609.
Lindner 1600—1809.
Line 1779—1783 s. Ligne.
Ijnefels, nur ein Schriftstück
vom J. 1706.
Link 1541—1779.
Linker, Linkem 1697—1802.
Lion 1688.
Lipeki, nur ein Schriftstück vom
J. 1738.
Lipp 1609.
Lippe 1706—1794.
Lippert 1773—1805.
Lipsky 1738—1745.
Lisimor 1776—1807.
Lithe, nur ein Schriftstück vom
J. 1675.
Litinschkhy 1609.
Lititzki 1718—1729.
Litta 1802—1803.
Livizzani 1733—1774.
Lizen 1659—1738.
Lobenberg 1626.
I^benstein, Hof er von — 1430
-1616.
Lobkowitz 1561—1800,
Locatelli 1743.
Locella 1731—1742.
Ix)ch, Lock 1425—1433.
Locher 1636.
Lochinger 1454—1636.
Ix)chner 1461—1796.
Lockenburg 1574.
Loder, nur ein Schriftstück vom
J.1712.
Lodron 1606—1801.
Loö 1799—1806.
Systematische Uehersicht des Inlialts der bayerischen Ijandesarchive. 217
287«. Loechle 1723.
2877. Loefelholz 1505—1517.
2878. Loefen 1673-1674.
2879. Loefler 1686.
2880. Loehr 1728—1770.
2881. Loen,nurein Adelsattest v.J. 1766.
' 2882. Loesch 1472—180:3 s. Altinann.
2883. Loeschwitz 1670.
2884. Loesel 1790—1798.
2885! Loew, Leeb 1787—1806.
2886. Loewen 1694—1761.
2887. Loewenhaupt 1659-1703.
2888. Loewenklau 1663—1701,
2889. Loewenstein (Grafen), Leben-
stein 1511—1804,
2890. Loewenthal, Löwenthall 1643 —
1799.
2891. Lohn 1645.
2892. Lombardi 1722.
2893. Lommessen, nur ein Schriftstück
vom J. 1793.
2894. Longr^e 1783—1785.
2895. Longueval 1643—1663.
2896. Lonlay 1760—1792.
2897. Lonsdorf, nur em Schriftstück
vom J. 1702.
2898. Loos, Loose 1716—1733 s. Wahl.
2899. Lopauer 1745.
2900. Loran 1763.
2901. Lorbach, nur ein Schriftstück
vom J. 1762.
2902. Loreck 1750. .
2903. Lorena 1650— 1G64.
2904. Lorengo 1736-1741.
2905. Lori 1768—1798.
2906. Lorme 1700—1727.
2907. Losenstein 1511—1779.
2908. Loshert, Loschert 1759.
2909. Losnez, Losnitz 1637.
2910. Lotter 1806.
2911. Lotterbeck 1408—1462.
2912. Lougr^e s. Longrde.
2913. Loyers 1669.
2914. Lubomiersky 1628.
2915. Luc 1698—1717.
2916. Lucan 1622.
2917. Lucas 1805,
2918. Luchau 1477—1677.
2919. Luchs 1533.
2920. Lucino 1743.
2921. Luckner 17b9- 1790.
2922. Ludo\ici 1623—1631.
2923. Ludwig 1740—1787.
2924. Ludwigstorf 1799.
2925. Lueder, nur ein Schriftstück vom
J. 1801.
2926. Luedger 1672.
2927. Luegem 1746—1747.
2928. Luelsdorff, nur ein Schriftstück
vom J. 1628.
2929. Luendenherg, nur ein Schrift-
stück vom J. 1685.
2930. Luerzer 1671—1757.
2931. Luetgendorf 1751—1815.
2932. Luezelburg 1052—1793.
2933. Luezerode 1771.
2934. Luger 1635—1785.
2935. Lung 1578—1783.
2936. Lunghamer 1610—1759.
2937. Lupfen 1452—1597.
2938. Lui)ftich 1493—1509.
2939. Lupin 1698—1775.
2940. Luprecht, nur ein Schriftstück
vom J. 1539.
2941. Luschier, nur ein Schriftstück
vom J. 1631.
2942. Lustnau 1403.
2943. Lutzau 1741—1802.
2944. Luxburg 1790—1801.
2945. Luz 1571—1770.
2946. Luzan 1736—1739.
2947. Luzenberger 1612—1804.
2918. Lyer s. Liehr.
2949. L>iitacher 1352.
2950. Maccioni 1683.
2951. Maccolini 1691—1698.
2952. Mach 1792.
2953. Macheville 1699.
2954. Machdolf 18C0.
2955. Maclihaus 1692.
2956. Machska 1505.
2957. Mackey, Mackhay 1670—1680.
2958. Madelseder, Madlseeder, nur ein
Schriftstück vom J. X758.
218 Systematische UeherBieht de^ Inhalts der. bayerischen Landesardiive.
2959. Madrusdi 1534—1622.
2960. Maechtlinger 1699—1798.
2961. Maegerl, Magert 1552—1799.
2%2. Maeler 1495.
2963. Maemming 1563—1756.
2964. Maendl, Maentl zu Deutenliofen
1438—1798.
2965. Maerz 1502—1811.
2966. Maessenhausen s. Massenhausen
1750—1806.
2967. Maetsch, de Macia, 1310.
2968. Maexb-ain 1442—1769, mit einem
Geschlechtebuche vom J. 795 an.
2969. Maezinger 1510.
2970. Maffei 1655—1762.
2971. Magenbuch, nur ein Schriftstück
vom J. 1426.
2972. Magensreither 1506—1551.
2973. Magierus 1584—1586.
2974. Magis 1780—1802.
2975. Magolzheim 1710.
2976. ]\Iagzin 1792.
2977. Mahlknecht 1665—1779.
2978. Mahoine, nur ein Scludftstück v.
J. 1701.
2979. Maienbei^ 1760—1794.
2980. Maiger, nur ein Schriftstück vom
J. 1423.
2981. Maier, 1574—1806 s. Mayer.
2982. Maierhof 1786—1789.
2933. Maierhofen 1706—1791.
2984. Maierhof er, Mayrhofer 1786.
2985. Maietti, nur ein Schriftstück vom
J. 1629.
2986. Maülinger 1773—1816.
2987. Maillone 1607.
2988. MaiUot de la Treille 1779—1790.
2989. Maim, nur ein Schriftstück vom
J. 1700.
2990. Maister 1607—1697.
2991. Makhay 1679—1682.
2992. Malaise, Males 1715—1735.
2993. Malapert 1792.
2994. Malespina 1591—1767 s. OUvola.
2995. Malgrate, nur ein Schriftstück
vom J. 1540.
2996. Malineo 1618,
2997. Malsburg, Malzbui« 1702—1717.
2998. Malsen 1805.
2999. Mahiz, Malty, Maltys, Maltitz
1535—1594.
3000. Malty, s. Maltitz.
3001. Malvezzi 1743—1754.
3002. Malzan 1735.
3003. Mammer, nur ein Fragment aus
dem 17. Jahrhundert.
3004. :Mamming s. Maemming.
3005. :Mandach 1532—1593.
3006. Manderscheid 1346—1721.
3007. !Mandeslo s. Manteslohe.
3008. Mang 1551—1610.
3009. Mangin 1737 und ein Schriftstück
vom J. ca. 1700.
3010. Mangold 1634.
3011. Mangst 1617—1652.
3012. MangsÜ 1802—1805.
3013. Manini 1715-1807.
3014. Manithor, nur ein Schriftstück
von ca. 1650.
3015. Manne 1586.
3016. Manner 1751—1772.
3017. ^Mannstorf, nur ein Schriftstück
vom J. 1784.
3018. Manoel 1747—1752.
3019. Mansberg 1379.
3020. Mansfeld 1560—1799.
3021. Manson 1800.
3022. Mantauto s. Montauto.
3023. Manteslohe, Manteslo 1640-1650.
3024. Manteufel 1669—1799.
3025. Mantica 1721—1778.
3026. Manzmi 1750.
3027. Manzoni 1740—1746.
3028. :Maralt 1713-1723 s. Marold.
3029. Marazani 1785—1787.
3030. MarcelU 1749.
3031. Marchai 1758—1787.
3032. Marche de la 1642.
3033. Marck von der, 1572—1584.
3034. IMarcolmi 1750—1777.
3035. Marefosclü 1725—1740.
3036. Marexi 1515.
3037. Margareth von der, Margreth,
nur ein Schriftstück vom J. 1630.
Systemfttischo Uel^ergicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 219
3038.
Älarggraf 1609.
3076.
Mathys 1669.
3039.
Marghess, Margkhess, nur ein
3077.
Matruz 8. Madrusch.
Schriftstück vom J. ca. 1630.
3078.
Matschach 1517—1520.
3040.
Margroth, Margrot 1585—1596.
3079.
Matt 1792.
3041.
MarichaU 1752--1772.
3080.
Mauerkircher 1450—1470.
3042.
Marimont 1652—1749.
3081.
]VIaulhart, ein Papierübell 1457
3043.
Marhii 1628-1766.
-1469.
3044. Mariotti 1803.
3082.
Mauren 1435—1455.
3045.
Marischal 1751.
3083.
Maurer 1775-1777.
3016.
Mariscotti 1738—1742.
3084.
St. Maurice 1715-1721.
3047.
Älarkhausen, nur ein Schriftstück
3085.
Mausheimer 1454—1502 s. Tuch-
vom J. 1788.
senhauser.
3048.
Mark, nur ein Schriftstück vom
3086.
Mautner 1330—1518.
J. 1781.
3087.
Maxh^in, s. Maexlrein u. Hohen-
3049.
Markreither 1764—1806.
waldeck.
3050.
Marolt 8. Moralt und Maralt.
3088.
May 1693.
3051.
Marpeck, nur ein Schriftstück
3089.
Mayenfeld, Mayemfeld 1778.
vom J. 1626.
3090.
Mayenthall 1485.
3052.
Marschall, Marschalk 1293—1808.
3091.
Mayer, Freiherm 1709—1787.
3053.
Marstaller 1540.
3092.
Mayer 1715—1733.
3054.
Martern 1661—1680.
3093.
Mayershaim 1686—1694.
3055.
Martin 1796—1797.
3094.
Mayr v. Risenegg 1703.
3056.
S. ilartin 1764—1797.
3095.
Mayr v'. Schemeck 1702-1808.
3057.
Martinet 1679—1681.
3096.
Mayrau 1689—1700.
3058.
Martmi 1720—1737.
3097.
Mayrulrich, nur ein Schriftstück
3059.
Martiniz 1570—1684.
vom J. 1576.
3060.
Älartius 1576.
3098.
Mazzeti 1630.
3061.
Martzell, nur ein Schriftstück vom
3099.
Mazzini 1725-1754.
J. 1549.
3100.
MechUnger 1721.
3062.
Marx 1675.
3101.
Meclitling 1766—1769.
3063.
Marxer 1748.
3102.
Meckau 1581-1600.
3064.
Maschek 1792.
3103.
Meckenloher 1470—1488.
3065.
Maschkau s. Maschka.
3104.
Meder, nur ein Scliriftstück vom
3066.
Maschkoe, nur ein Schriftstück
J. 1605.
vom J. 1689.
3105.
Medices, nur ein Schriftstück vom
3067.
Massa de la 1776—1777.
J. 1621.
3068.
Massenbach 1799-18048. Messen-
3106.
Meding, nur ein Stammbaum
beck u. Schellner.
ohne Jahr.
3069.
Massenhauser , Mässenhausen
3107.
Megenberg 1342.
1767-1790.
3108.
Meggenhofen 1745 — 1778 , s.
3070.
Masso, nur ein Schriftstück vom
Mezgem.
J. 1749.
3109.
Meggerle, Megerle, nur ein Schrift-
3071.
Mastei 1731-1740.
stück vom J. 1648 mit einem
3072.
Wappen.
3073.
Mastiaux 1773—1793.
3110.
Mehllupi s. Sorogna.
3074.
Mateme 1771.
3111.
Meichsner 1539--1783,
3075.
Mathiel 1616,
3112.
Meiudl 1594,
220 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesardiive.
3113. Meindres 1759.
3150.
Merlau, nur ein Schriftstück vom
3114. MeLssenrienibl 1457—1645.
J. 1572.
3115. Meis.sner 1576—1796.
3151.
Mermann, Moermann 1613—1786.
3116. Meitting 1574 1589 s. Meutting.
3152.
Menxle 1625.
3117. Melfülirer,Moelführerl707-1738.
3153.
Merschin, nur em Schriftstück
3118. Meldeck s. Reiclilin.
vom J. 1645.
3119. Meldeman de Bour^, nur ein
3154.
Mersperg 1592—1642 s. Mörsberg.
Stammbaum vom J. 1700.
3155.
:yierveld 1752—1769 s. Merfeld.
3120. Meier 1512.
3156.
Merz 1720 s. Maerz.
3 121. Melheim, nur ein Schriftstück vom
3157.
Messa, nur ein Schriftstück vom
J. 1654.
J. 1728.
3122. Mello 1642.
3158.
Messenbeck, Massenbeck, 1441
3123. Melonius 1604—1618.
—1731.
3124. Melskinthner 1609.
3159.
Messerer, nur ein Schriftstück
3125. Meistein 1600.
vom J. 1773.
3126. Melun 1702.
3160.
Messner 1668—1681.
3127. Melzel 1795.
3161.
Metelska, nur ein Schriftstück
3128. Menacher 1806.
vom J. 1459.
3129. Menchofen 1404.
3162.
Metsch 1715—1740.
3130. Mend, Mennd, nur ein Schrift-
3163.
]Mcttemich 1590—1743.
stück vom J. 1603.
3164.
Mettemich (bürgerlich) 1784.
3131. Mendel zu Steinfeld 1454—1806.
3165.
Metzer 1790—1799.
3132. Mendorfer 1402—1429.
3166.
Meurers 1706—1782. "
3133. Mendoza 1749—1754.
3167.
Meusel 1459.
3134. Mengersen 1733 — 1766 , mit
3168.
Meutting, nur ein Schriftstück
Stammbaum vom J. 1743.
vom J. 1483.
3135. Mengersdorf 1562—1628.
3169.
Meyr 1717.
3136. Mengersreuth 1414—1650.
3170.
Mez, nur ein Schriftstück v. J.1723.
3137. Menrad 1708—1762.
3171.
Mezberger 1689.
3138. Menshingen, Menshengen 1668
3172.
Mezenhofen 1708.
—1750.
3173.
Mezger 1787—1796.
3139. Meuten 1603—1822.
3174.
Mezgem von Meggenliofen 1733
8140. Menter, nur ein Schriftstück vom
—1776 8. Meggenhofen.
J. 1792.
3175.
Mezrode 1556—1557.
3141. Menz 1783—1786.
3176.
MezzaneUi 1740—1746.
3142. Menzinger, Menzingen 1472—
3177.
Micliael 1741—1775.
1636.
3178.
Michelsperger 1399.
3143. Merchenti, nur ein Schriftstück
3179.
Michl 1752—1775.
vom J. 1740.
3180.
Michna 1745—1746.
3144. Merchier 1746.
3181.
Miedan 1680-1713.
3145. Mercü, Mercy 1641—1725.
3182.
Mieg 1792—1799.
3146. Merfeldt 1737--1738.
3183.
MieUch 1500—1579.
3147. Meringer zu Baumburg 1579—
3184.
Mieting 1723.
1592.
3185.
Migazi 1723—1780.
3148. Merkingen, nur eine Urkunde aus
3186.
Miglio, nur ein Schriftstück vom
dem 14. Jahrhundert.
J. 1728.
3149. Merkl, Merklin 1575—1796,
3187.
Mübacher 1655,
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarclüve. 221
3188.
Müchner, Müchler 1766—1767.
3223.
Moedemdorfer 1427.
8189.
Milendonk 1642—1647.
3224.
Moehner 1637.
3190.
Milt'es, nur ein Schriftstück vom
3225.
Moeller 1H03— 1811.
J. 1790.
3226.
Moellem 1690—1694.
8191.
Millairs 1755—1764.
3227.
Moeringer, nur ein Schrift8t|ttck
3192.
Millau, IVÜUauer 1682—1727.
vom J. 1471.
3193.
MiUenthal, nur ein Schriftstück
3228.
Moerlen, nur ein leerer Prae-
vom J. 1693.
bendalact-Umschlag v. J. 1608.
3194.
MiUer 1673—11-04, s. Müller.
3229.
Moers 1722—1723.
3195.
MiUiari, nur ein Schriftstück vom
3230.
Moer8perg,Moersberg 1588—1769
J. 1721.
8. Mersberg.
3196.
MiUini 1737—1754.
3231.
Moerz 1725.
3197.
Millino 1611-1628.
3232.
Moertzenfeld, nur ein Schriftstück
3198.
Millis 1697.
vom J. 1701.
3199.
Millo 1740-1754.
3233.
Moessl 1625—1792.
3200.
Millstetter 1695.
3234.
Mohr 1642—1813.
3201.
Miltenberger, Miltenburg 1566—
3235.
Mohrenfels 1722—1766.
1676.
3236.
Molart 1553—1689.
3202.
Miltiz 1764—1800.
3237.
Molike 1799.
3203.
Milz, nur ein Schriftstück vom
3238.
Mohna 1738—1740.
J. 1400.
3239.
Molinari 1741—1753.
3204. Minckwitz 1532.
3240.
Moütor 1792.
3205.
Minder 1792.
3241.
Moll 1521—1555.
3206.
Minig, nur ein Schriftstück vom
3242.
Mollendorf 1701—1717.
J. 1757.
3243.
Moller 1804.
3207.
Minsinger, nur ein Schriftstück
3244.
Molnar 1777—1780.
vom J. 1538.
3245.
Molza 1616.
3208.
Minuzi et Simeoni 1587—1806,
3246.
Momi, nur ein Schriftstück vom
u. Minutio.
J. 1743.
3209.
Mirande 1717.
3247.
Momphort 1365.
3210.
Mirandola 1625—1626.
3248.
Monasterol, Monasterola 1675 —
3211.
Mirtanner, nur ein Schriftstück
1725.
vom J. 1415.
3249.
Moncada 1628—1663.
3212.
Misching, nur em Schriftstück
3250.
Monflin, nur ein Schriftstück vom
vom J. 1460.
J. 1717.
3213.
MisÜbeck 1436—1437.
3251.
Monfredi, nur ein Schriftstück
3214.
Mitrowsky 1735—1738.
vom J. 1724.
3215.
Mitschan 1462.
3252.
Monherr, Edler v. Gall-Hagem,
3216.
Mittelbui« 1458—1490.
nur ein Schriftstück vom J. 1742.
8217.
Mitterhoven, Mithofen 1697.
3253.
Monjelaz s. Montgelas.
3218.
Äßtterkircher 1378.
3254.
Mont de — 1626, mit einem
3219.
Mittermayr 1792.
Wappen.
3220.
Mocenigo 1745.
3255.
Montauto, nur ein Schriftstück
3221.
Mpdena di, — nur ein Schrift-
vom J. 1626.
stück vom J. 1741.
3256.
Monte- Albano 1810.
3222.
Moeck von Balgheim, ein Adels-
3257.
Montecenere, nur ein Schriftstück
atteet vom J. 1786.
vom J. 1740.
222 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
3258. MontecuccuH 1691—1777.
3297.
3259. Monteni 1546—1547.
3298.
3260. Montezan 1792.
3299.
3261. Montfort 1309—1804.
3300.
3262. Montgelas 1754—1805.
3301.
3263. Montigny 1704—1808.
3302.
3264. Montijo 1741.
3303.
3265. Montmer^ 1806.
3304.
3266. Montouban, Montauban 1719—
3305.
1805.
3306.
3267. Montot 1781-1805.
3307.
3268. Montour 1674.
3308.
3269. Montreuil, nur ein Schriftstück
3309.
vom J. 1673.
3310.
3270. Montrichier 1642.
3311.
3271. Mony 1731.
3312.
3272. Moons 1647—1650.
3313.
3273. Moralt, Marolt 1488-1715.
3314.
3274. Moraltinger, Maroltinger 1491 —
1635 mit einem Stift- u. Schuld-
3315.
buch der Familie.
3316.
3275. Moran 1738.
3317.
3276. Morasch 1783.
3318.
3277. Morawez 1728—1739.
3319.
3278. Morawizki 1689— lb05.
3320.
3279. Morezze, Mouroux, nur ein Sclirift-
sttick vom J. 1676.
3321.
3280. Morhart 1506—1639.
3322.
3281. Morigni 1768.
3282. Morigoti 1768.
8323.
3283. Moriez, nur ein Schriftstück von
ca. 1700.
3324.
3284. Mormilo, nur ein Schriftstück vom
J. 1739.
3325.
3285. Momberg, Murmberg 1560-1721.
3326.
3286. Moro ca. 1700.
3327.
8287. Morolt s. Moralt.
3328.
3288. Morsheim, nur ein Schriftstück
vom J. 1584.
3329.
8289. Morspeck 1506—1508.
3330.
3290. Mortagni 1618—1633.
3331.
3291. Mosbach 1414—1420.
3292. Mosbui^er 1773.
8332.
3293. Mosca 1738—1751.
8333.
3294. Moscardo 1749.
3334.
8295. MoBcoso 1502.
8385.
8296. Moser 1682—1720.
8836.
Mosheim, Moshamm 1440—1790.
Mossmaier 1711.
Mossreither 1527.
Most 1723.
Motschenbach 1573—1608.
Motta 1738—1747.
Mottmanus 1630.
Moug6 1771—1788.
Mouleon 1746.
Moulin 1853 s. Aretin.
Moundet 1760.
Mourat 1708—1808 s. Murat.
Mouroux s. Morozze.
Mousin de Bemecourt 1809.
Mozinger s. Mäzinger.
Mühle, Mühlen 1711—1851.
Mühlenthal 1739.
Mühlenheini, nur ein Adelsattest
vom J. 1785.
Mühlheimer,Mühlheim 1450-1630.
Mühlhofer 1460.
Mühlholz 1694—1792.
Mülinen 1550.
Müller, Miller 1386—1823.
Müll von Ulmen, nur ein Stamm-
baum.
Münch 1697—1792.
Münch von Bellinghausen 1622
—1801.
Münch von Münchenstein 1735
—1759.
Münch von Münchhausen 1527
—1786.
Münchau 1513—1606.
Münchshausen s. Münch.
Münich V. 1647.
Münchsmayr, nur ein Schriftstück
vom J. 1753.
Münster 1349—1801.
Münsterer 1660—1804.
Munstern, nur ein Schriftstück
vom J. 1363.
Muffel 1660—1717.
Mugenhofer 1576—1612.
Muggenberg 1714
Muggenthall 1404—1806.
Mulfingen 1468—1584.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen I^ndesarchive. 223
3337.
Mulz 1790.
3377.
3338.
Mulzer, nur ein Schriftstück vom
3378.
J. 1627 mit einem Wappen.
3379.
3339.
Mumberger 1784.
3380.
3340.
Mundenheim 1548—1551.
3381.
8341.
Mundorf 1797—1798.
3382.
3342.
Hunzinger 1575—1581.
3343.
Murach 1415—1803.
3383.
3344.
Murat 1787.
3384.
3345.
Murhamer 1441—1590.
3385.
3346.
Murher 1382-1559.
3386.
3347.
Muringer, nur ein Verzeichniss
von Silbergeschirr von ca. 1450.
3387.
3348.
Murmberg s. Momberg.
3388.
3349.
Muschelrieder, nur ein Schrift-
stück vom J. 1406.
3889.
3350.
Mussinan 1792.
3390.
3351.
MutscheUe 1804—1805.
3352.
Muzenhard 1706—1708.
3353.
Mylaeus 1570—1617.
3354.
Mylius 1589—1686.
3391.
3355.
Nachbauer, Nachbur 1459.
3392.
3356.
Nachodt 1623.
3393.
3357.
NagaroUa 1571-1791.
3394.
3358.
Nagel 1570—1754.
3395.
3359.
Nankenreith 1448—1627.
3396.
3360.
Nassau (Fürsten und Grafen)
3397.
1332—1807.
3398.
3361.
Natali 1629.
3399.
3362.
Natterer, Naetterer 1772—1802.
3400.
3363.
Naundorf 1764.
3401.
3364.
Necker, nur ein Schriftstück vom
J. 1612.
3402.
3365.
Neetzow 1755—1756.
3403.
3366.
Nefzer 1627—1705.
3404.
3367.
Negri 1624—1813.
3368.
Negusanti, nur ein Schriftstück
3405.
vom J. 1684.
3406.
3369.
Nehmen 1773.
3407.
3370.
Neidegg s. Taufkirchen.
3371.
Neidhart 1408—1696.
3408.
3372.
Neller 1397.
3409.
3373.
Neuenbürg 1449—1579.
3410.
3374. Neningen, Neiningen 1404— 1532.
3411.
3875.
Nenner 1761.
3412.
3376.
Nemheimer, nur ein Schriftstück
3413.
vom J. 1441.
3414.
, Nesselrode 1618—1805.
Neubauer 1680—1779.
Neubeck 1801—1808.
Neubig 1761.
Neubronner, Neubroner 1805.
Neuburg 1683 — 1784 s. Neu-
burger.
Neuburger 1586—1679.
Neuchinger 1430—1684.
Neudeck 1506--1608.
Neuenfels, nur ein Schriftstück
vom J. 1539.
Neuenstein 1654 — 1793.
Neufelden 1680.
Neuhaus, Neuhausen s. Neu-
hauser.
Neuhauser, Neunhauser Greifen-
fels, Ehmhaus etc. 1479—1760,
mit einem Stammbaum von 1392
an beginnend.
Neumaier 1569—1722.
Neumann s. Puchholz.
Neumtiller 1738—1768.
Neuneck, Neunegg 1544 — 1781.
Neunes 1683—1776.
Neunmartter 1433.
Neur 1789.
Neusesser 1615.
Neusinger 1724—1780.
Neusönner 1719—1750.
Neustädter gen. Stürmer 1579—
1609.
Neuville, Neufville 1711—1790.
Neveu 1692—1694.
Neys, nur ein Schriftstück vom
J. 1762.
Nicki, Niggl 1551—1772.
NicoUi 1731—1733.
Nicoloti, nur ein Schriftstück vom
J. 1757.
Niedermaier 1558—1799.
Niederthor 1475.
Nidrum 1637—1639.
Nieberlin 1680—1712.
Niesen 1715.
Niessl 1731.
Nigg 1756—1801.
224 Systematische Ucbersicht des Inhalts der bayerischen Landosarchive.
3415. Nindl 1737.
3453.
8416. Nippenburg 1491—1402.
3454.
3417. Nischwiz 1608.
3455.
3418. Nitski 1775—1782 s. Nytz.
3419. Nitz, Kytz 1690-1731.
3456.
3420. Niuar, nur ein Schriftstück vom
3457.
J. 1G70.
3458.
3421. Nixdorf 1745.
3422. Noblet 1699.
3459.
3423. Nocera 1634.
3460.
3424. Nockher 1752—1799.
3461.
3425. Xoder, nur ein Wappenbrief vom
3462.
J. 1682.
3463.
3426. Noerdlmger 1461—1563.
3464.
8427. Noeringer, nur ein Schriftstück
3465.
vom J. 1660.
3466.
8428. Noessler, nur ein Schriftstück
3467.
vom J. 1672.
3468.
3429. Nogarola s. Nagarolla.
3469.
3430. Nonhauser 1572.
3431. Nopper 1784—1797.
3470.
3432. Nordeck 1629—1630.
3471.
8433. Norker, Narker 1429—1493.
3472.
3484. Normanvüle 1719.
3473.
3435. Norstat 1764.
3474.
3436. Nordheim, Northeim 1494.
3475.
8437. Nostiz 1687—1762.
8476.
9438. Nothaft 1354—1814.
3439. NoyeUe 1681.
3477.
3440. Nussberger 1430—1623, mit einer
3478.
genealog. Abhandlung vom J.
3479.
1307 beginnend.
3441. Nussdorfer 1367—1645.
34b0.
3442. Nuland 1761—1783.
3481.
3443. Nunner, nur ein Schriftstück vom
J. 1457.
3482.
8444. Nüss, Nyss 1746-1810.
3483.
8445. Nütz 8. Nytz.
3484.
3446. Ntitzel, nur ein Schriftstück vom
3485.
J. 1672.
8486.
3447. Nuzi s. Nytz.
3487.
8448. Nytz 1693—1782 s. Nitz.
3488.
8449. Oberau 1400—1753.
8489.
3450. Oberkamp 1799.
3490.
8451. Oberlander 1604, mit einem
3491.
Wappen.
8492.
34Ö2. Oberhover 1652.
Obermaier 1773—1789.
Obemberg 1793—1796
Obemdorfer, Obemdorf 1393—
1798.
Oberstein 1518—1645.
Obwexer 1770—1816.
Occoimer, nur ein Schriftstück
vom J. 1684.
d'Ocfort 1725—1780.
Ochs 1394—1570.
Ochsenbach 1578.
Oclisenhart 1368.
Ockel 1775—1808.
Od(ü 1743—1753.
Odescalco 1738—1754.
Oechslem, Oexle 1572—1801.
Oecker 1775.
Oed 1676—1752.
Oedelhuber, nur ein defekt. Schrift-
stück vom J. 1377.
Oedenbei^ 1395— ir»84.
Oefele 1601—1808.
Oelhafen 1793—1797.
Oellerbach 1531.
Oelsen 1689—1704.
Oerthel 1609 s. Ertl.
Oesterreicher, Oestreich 1431 —
1784.
Oettingen 1258—1801.
Oettl 1618 mit einem Wappen,
Oettlingcr 1460—1539 s. Ettling
und Edling.
Oexle 8. Oechslein.
Offenhausen, nur ein Schriftstück
vom J. 1568.
Offenheim 1428—1730.
Offenstetter 1428—1777.
Offringen 1676—1681.
Ogalhan 1753—1755.
Ogglfi 1732—1737.
Ognak s Onate.
Ohinger 1590.
Ohnweck 1599.
OUvieri 1727—1738.
Ohvola Lazaro Malaspina 1666.
Onate, Ognate, nur ein Schrift-
stück vom J. 1623.
Systematisahe Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 225
3493. Oncker 1775.
3536. Ottor 1794.
3494. Onelly, nur ein Schriftstück vom
3537. Ow s. Au.
J. 1702.
3538. Oxenstiem 1681.
3495. Oneüane 1736—1739.
3539. Paar 1636—1677.
34%. Onz 1760-1771 s. Vochenstein.
3540. Pabst 1599—1670.
3497. Operti 1679-1686.
3541. Pacco 1667.
3498. Oppen 1587.
3542. Pace 1780.
3499. Oppenrieder 1594 mit einem
3543. Pach 1733-1736.
Wappen.
3544. Pacher 1807.
3500. Oppersdorf 1685.
3545.'Pachmaier 1786—1795.
3501. Orb 1801.
3546. Pachner 1749—1806.
3502. Orban 1763.
3547. Pack 1529.
3503. Orff 1780—1790.
3548. Packenreith 1703—1809.
3504. Oristano 1628—1634.
3549. Paenkofer s. Pankofer.
3505. Orloff 1805.
3550. Paertlin 1483.
3506. Omatsberger 1780.
3551. Paeum 1605.
3507. Orsbeck 1623. ^
3552. Pagen 1681—1733.
3508. Orsino, Orsini 1620—1743.
3553. Paggiari, Graf v. Sarasona 1757.
3509. Orso 1628.
3554. Pagks 1540.
3510. Ortenbuig 1486—1802.
8555. Paiersberg 1542—1766 s. I^ngen-
3511. Orth 1710—1769.
mayr.
3512. OrtI 1584.
3556. Pakay 1734.
3513. Ortmann 1756—1758.
3557. Palavicmi 1618—1715 s. Toerring.
3514. Ortmayer 1790—1802.
8558. Palestrina 1737—1741.
3515. Orz, nur ein Schriftstück vom
3559. Palland 1499—1626.
J. 1054.
3560. Pallanka 1699.
3516. Osasco 1672.
3561. Pallau 1790.
3517. Osoa 1628—1633.
3562. PaUliausen 1792.
3518. Ossena 1637.
3563. Pallheun 1752.
3519. Ossenbroch 1679—1684.
3564. Palling 1680—1722.
3520. Ossiander 1591—1592, mit einem
3565. Palme de la, nur ein Schriftstück
Wappen.
vom J 1763.
3521. Ostein 1594—1759.
3566. Palm (Fürsten) 1788.
3522. Ostenberg, nur eine Notiz.
3567. Palm (Freiherm) 1770—1787.
3523. Osterberg 1630-1793.
35G8. Pahner 1781—1788.
3524. Osterman 1582—1583.
3569. PamphiU 1726—1753.
3525. Osterwald 1773.
3570. Pankofer 1773.
3526. Ostfriesland 1662—1664.
3571. Pansa 1629.
3527. Oswald 1693—1801.
3572. Panzer, nur ein Schriftstück vom
3528. Ott 1 503— 1807.
J. 1440.
3529. Otte zu Ottenthai 1759—1764. .
3573. Panzoldi 1790.
3530. Otten, Freiherm 1659—1806.
3574. PaoU 1799.
3531. Otten, büigeriich 1792.
3575. Papafava 1608—1624.
3532. Ottingen 1409—1498.
3576. Papat, nur ein Schriftstück vom
8533. Otto 1381.
J. 1606.
3534. Otto von Ottengrün 1652—1701.
3577. Pappenheim 1268—1815.
3535. Ottoboni 1725-1739.
3578. Pappenheimer 1778.
Archiv»lißche Zeltschrift VII.
15
226 Systematiscjhe Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
8579. Pappus 1543—1782.
3618.
3580. Pappius, Papius 1651—1763.
3619.
3581. Paradeisser 1599—1618.
3620.
8682. Paradies 1748—1799.
3621.
8583. Parati 1774.
3622.
3584. Paravicini 1753.
3623.
8585. Pardiack 1489.
3624.
8586. Pardong 1749.
8587. Parfetti 1722.
3625.
3588. Paris 1647-1670.
3626.
8589. Paritius 1710-1736.
3627.
3590. Parma 1710.
3628.
3591. Parragon, nur ein Schriftstück
3629.
vom J. 1701 8. Baragan.
3630.
3592. Parrot 1608—1609 mit einem
8631.
Wappen.
3632.
3598. Pareperger 1404—1704.
3633.
8594. Paratorffer, ein Wappenbrief vom
3634.
J. 1594.
3635.
8595. Partenhauser 1739.
35%. Particeila 1751.
3636.
8597. Parth 1569.
3637.
3698. Partie, nur ein Schriftstück vom
3638.
J. 1782.
3639.
8599. Paruker 1759.
8600. Pasquini 1740—1754.
3640.
8601. Passari 1733—1740.
3641.
3602. Passauer 1773-1806.
3608. Passi 1734—1741.
3642.
8604. Passionei 1731—1754.
3605. Passus 1698—1798 s. Bassus.
3643.
3606. Pauer, Paur 1666—1808 s. Bauer.
3644.
8607. Pauli 1736—1804.
3645.
8608. Paulstorfer 1804—1629.
3609. Paulucci 1724-1754.
3646.
8610. Paumann s. Baumann.
3647.
3611. PaumgartnerzuIIohenschwangau
3648.
1555—1609, s. Baumgartner.
3649.
8612. Paumgartner zu Frauenstein,
3650.
Ering etc. 1510—1801, s. Baum-
3651.
gartner.
• 8652.
8613. Paurschmidt, nur ein Schriftstück
3653.
vom J. 1572.
3654,
3614. Payr 1810 s. Bayer und Beyer.
3655.
3615. Paz 1784—1794.
3656.
8616. Pazinger 1467—1486.
3657.
3617. Pechmann 1687-1805.
3658.
Peck 1659 s. Beck.
PeckenzeU 1682—1758.
Peckert 1766—1771.
Peer 1735 s. Beer und Baer.
Peffenhausen 1500—1631.
Peglion 1755—1795.
Peilnstemer 1433—1597 s. Beil-
stein.
Peinde 1764.
Pekhof 1772—1808.
Peletier 1770—1779.
Pelheimer 1462—1517.
Pelkofer 1433—1797.
PeU^rini 1741.
PeUet 1769—1787.
Pellouz 1795.
Pelshofer 1482.
Peltier 1777—1800.
Pelz, nur ein Schriftstück vom
J. 1468.
Pemler, Pembler 1674—1780.
Pendler 1633.
Penker 1618.
Pensbui^, nur ein Schriftstück
vom J. 1549.
Pepoü 1740—1754.
Peralta, mu" ein Schriftstück vom
J. 1727.
Peranda, nur ein Schriftstück vom
J. 1603.
Peregrinis 1725—1726.
PerfaU 1599—1797.
Perg, nur ein Schriftstück vom
J. 1651.
Pergbauer 1735.
Pergen 1674—1764.
Perger s. Berger.
Pergles, Perglas 1700—1807.
Perinot 1801.
Perkamer 1778.
Perkhamber 1745—1778.
Perkofen s. Kuhn.
Perkofer 1558.
Perlichinger 1579—1584.
Perloz 1664—1734.
Pemat 1777.
Pemdorf 1597—1670
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 227
3659. Ferner 1770.
3697.
3660. Pemhaus, nur ein Schriftstück
3698
vom J. 1725.
3699.
3661. Pemstich 1760.
3662. Pemwald 1650.
3700.
3663. Perozzi s. Berozzi, nur ein Schrift-
3701.
stück vom J. 1720.
3702.
3664. Persico 1573—1791. .
3703.
3665. Perstl 1694—1698.
3704.
3666. Pertolzhofen s. Bertolzhofen.
3667. Pertoncelü 1729—1760.
3705.
3668. Perusa, Perouse, de la 1668— 1797.
3669. Perwang 1565—1594.
3706.
3670. Pesenegger, nur ein Schriftstück
3707.
vom J. 1766.
3708.
3671. Pesinger 1510—1511.
8709.
3672. Pesnizer 1482—1486.
3673. Pessl, Pesl 1790.
3710.
3674. Pesswürth 1628—1629.
3711.
3675. Pestaloza 1632—1801
3712.
3676- Petazi 1719.
3713.
3677. Peter 1790.
3714.
3678. Petigheim 1687—1694.
3715.
3679. Petit, nur ein Schriftstück vom
3716.
J. 1739.
3680. Petra 1725—1753.
3717.
3681. Petrangeh, nur ein Schriftstück
vom J. 1625.
3718.
8682. Petri 1693—1695.
3719.
3683. Petrucci 1725—1726.
3720.
3684. Petsky, nur ein Schrifstück vom
3721.
J. 1701.
3722.
3685. Pettenbeck 1591—1761.
3723.
3686. Pettendorf 1738—1767.
3724.
3687. Pettenkofer 1754—1804.
3688. Peuscher 1436—1479.
3725.
3689. Peutinger 1617—1698.
372G.
8690. Peyrer 1749—1843.
3727.
3691. Pez, Bez, Petz 1591—1757.
3728.
3692. Pfaff von Pfaffenhofen 1809—
3729.
1810.
3730.
8693. Pfaffenhofer, nur ein Schriftstück
vom J. 1427.
3731.
3694. Pfalhehn 1450.
3732.
3695. Pfeffel, nur em Scluiftsttick vom
3733.
J. 1801.
Ä96. Pfeflfenhauser 1426-1638.
8734.
Pfefferbalk, nur eine Notiz.
Pfefferün ca. 1424—1469.
Pfeffershofen, Pfeffershoven 1737
—1783.
Pfeffinger 1508—1515.
Pfeifer, I>feuffer 1742.
Pfeil 1460—1572.
Pfeüburg 1624.
Pfennigmann, nur ein Urkunden-
Fragm. aus dem 16. Jhrhdt.
Pferse, nur ein Schriftstück vom
J. 1374.
Pfetschovitz 1711.
Pfetten 1586—1844.
Pfettner, s. Pfetten.
Pfinzing, nur ein Schriftstück vom
J. 1564.
Pfister 1414—1799.
Pflacher 1778—1779.
Pflanz 1439.
Pflaumem s. Pflumem.
Pflug 1453—1714.
Pflumem 1555—1805.
Pforten von der, nur eine Quittung
vom J. 1390.
Pfraunheim ca. 1750 mit 2 Si-
tuationsplänen.
Pfreimter 1622—1726.
Pfreundtner s. Pfreimter.
Pfuhl 1731.
PfuUendorfer 1491—1513.
Pfürth 1521—1764.
Phüll 1798.
Pherer, nur ein Schriftstück vom
J. 1425.
Piazza 1721—1732.
Pichlegg 1753—1755.
Piclüer 1597—1697.
Pichlmayr 1576—1778.
Pichsenmeister 1439 — 1445.
Pickel, nur ein Schriftstück vom
J. 1750.
Pico 1730—1739.
Picolomini 1651—1746.
Pidenatorfer, nur ein Schriftstück
vom J. 1727.
Pienzenau 1480—1761.
15*
228 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
3735. Pieri 1734r-1739.
3774.
3736. Pieron 1754—1796.
3775.
3737. Pierozzi 1773—1795 s. Perozzi.
3776.
3738. Piesser 1619-1747.
3777.
3739. Pigage 1768.
3740. Pigenot 1796-1801.
3778.
3741. Pilastri 1754—1755.
3779.
3742. PUbis 1679.
3743. Pilgern, nur em Schriftstück vom
3780.
J. 1750.
3781.
3744. PUgram 1589-1790.
3782.
3745. Pili, nur ein Schriftstück v.J. 1737.
3783.
3746. Pilia 1527.
3784.
8747. Pillang, nur ein BestaUungsrevers
3785.
vom J. 1517.
3786.
3748. Pimpel, nur ein Schriftstück vom
3787.
J. 1792.
3749. Pindl 1798—1801.
3788.
3750. Pinet, nur ein Schriftstück vom
3789.
J. 1816.
3790.
3751. Pinto 1741.
3791.
3752. Pmzinger 1422.
3792.
8753. Piosasque 1724 1776.
3754. Pirchmger 1461-1809.
3793.
3755. Pirckhamer 16. Jhrhdt.
3794.
3756. Piring, Piringer 1558—1647.
3795.
3757. Pirk, Pirck, Ptirk 1504.
3796.
3758. Pirker 1609.
3797.
3759. Pirkner 1477—1478.
3798.
3760. Piscator 1583—1703.
3761. Pischelberger, nur ein »Schriftstück
3799.
vom J. 1599.
3800.
8762. Pischlstorfer 1532.
3801.
3763. Pisser, 18. Jhrhdt. nur ein Schrift-
3802.
stück.
3803.
3764. Pistorini 1715—1757.
3804.
3765. Pistorius 1607—1630.
3805.
3766. Pizot 1731—1771.
3806.
3767. Pizzini 1806—1808.
3807.
3768. Plaichshim 1735—1737.
3808.
3769. Planck 1554—1803.
3809.
3770. Plandorffer, nur ein Schriftstück
3810.
vom J. 1484.
3811.
3771. Plankenfels 1451—1591.
3812.
8772. Plass 1572-1574.
3773. Plato, nur ein Schriftstück vom
3813.
J. 1724.
3814.
Plauen 1483.
Platz 1725—1726.
Plebst 1667.
Pleikner 1584, mit 2 gemalten
Wappen.
Pleser 1779.
Plettenberg 1594— 1778 8. Bletten-
berg.
Pletterich 1781—1790.
Püeningen 1499—1521.
Plmtham 1808.
Phttersdorf 1649—1668.
Plockhausen 1691—1751.
Ploeckner 171^—1723.
Ploetz, Pletz 1752—1791.
Ploss, Plöss, nur em Schriftstück
vom J. 1398.
Plotho 1709.
Plumenfeld 1749—1750.
Pocci 1783—1787.
Pocksteiner 1737—1742.
Podenstainer, nur ein Schriftstück
vom J. 1750.
Podewils 1694—1757.
Podtmann 1691, s. Bodmann.
Podstaflky 1758.
Poeg, Peg 1546—1551.
Poehl 1764—1766.
Poekhl, nur ein Schriftstück vom
J. 1657.
Poehiiz, Pöhiitz 1624—1797.
Poemler, Pemler 1650—1799.
Poering, Püring 1630.
Poesl 1774-1793.
Poetschner 1511.
Poetting 1607—1808.
Pogarello 1745-1746.
Poippe de la 1691.
Poissl 1608—1762 s. Boissel.
Polenso 1715-1716.
Polheim 1424—1735.
Poll 1587—1753.
PoUinger 1485—1798.
PoUner, nur ein Schriftstück vom
J. 1518.
PoUweUer 1560-1611.
Pongratz 1733—1772.
Systematiscbe Uebereicht des InhalU der bayerischen Landesarcbive. 229
3815. Ponhauser 1627.
3816. Ponikaa 1747-1755.
3817. Ponschab, nur ein Mmftstück
vom J. 1700 ca.
3818. Pontifeser, nur ein Schriftstück
vom J. 1808.
3819. Pontin 1747.
3820. Ponton 1705—1717.
3821. Ponzelin s. Bonzelin.
382*2. Popen, Pt)p|)en, nur ein Shrift-
sttick vom J. 16o6.
3823. Popowsky 1776.
3824. Popparter, nur ein Sclmftstück
vom J. 1619 mit einem Wappen.
3825. Poppel 1603.
382G. PopueUe 1715-1752.
3827. Porenziani, nur ein Scliriftstück
vom J. 1743.
3828. Pomschlo^rel 1792.
3829. Porsch 1541.
2830. PortaU 1744.
3831. Portia 1573-1808.
3832. Portner, nur ein Schriftstück vom
J. 1510.
3833. Portocarers 1743-1753.
3834. Posch 1361—1801.
3835. Poschinger 1785—1791.
3836. Pose, nur ein Schriftstück vom
J. 1689.
3837. Poslam, nur ein Schriftstück von
ca. 1700.
3838. Possi, nur ein Schriftstück vom
J. 1777.
3839. Poth, Pothe 1772-1785.
3840. Pötschner, nur ein Schriftstück
vom J. 1449.
3S41. Potoki, Potocki 1776—1790.
3842. Potstatsky 1747—1770.
3843. Pottner, nur ein Schriftstück vom
J. 1678.
3844. Pouquoi 1765-1786.
3845. Poxauer 1430-1496.
3846. Pozzo, ein Stammbaum ohne Jahr;
8. Bozo.
8847. PozzoboneUi 1743—1754.
8848. Prackendorf er , Praeckendorfer
1526-1626.
3849. Piaechsel 1430.
3850. Praedler 1434—1485.
3851. PraenU 1566—1753.
3852. Praeuschengk, Preyschenk 1695.
3853. Praga, Praaga, nur ein Schrift-
stück vom J. 1790.
3854. Prai(Uohn 1731—1744.
3ö55. Praitenacker 1805.
3856. Praittenbach 1.573—1581.
3857. l*raitschedel 1686.
3858. Prambero 1774 s. Brampero.
3859. Pranck 1637-1817, mit einem
neuen Stammbaum der Familie.
3860. Prand s. Brand.
3861. Prandau 1740—1802 s. Brandau.
3862. Prandeburg, nur ein Schriftstück
vom J. 1635.
3863. Prand8tetterl578— 1738 8.B^and-
stetter.
3864. Prandtner 1770.
3865. Prantmair 1786.
3866. Prassberg 1508-1754.
3867. Pratti, l^tto 1670—1729.
8868. Prauscher 1427-1438.
3869. Praunlieim 1438 s. Pfraunlieim.
3870. Praz de Piain 1530—1775.
3871. l*recht, Precht von Hohen wart
1681—1796.
3872. Prechtl 1685—1797 s. Brei-htlein.
3873. Preckendorf s. Prackendorfer.
3874. Predl 1784—1809.
3875. Preiner 1685- -1732.
3876. Preisach, nur ein Schriftstück vom
J. 1547.
3877. Preising 1329-1813.
3878. Preisling 1706.
3879. Preitlohn 1736—1764 s. I>rait-
lohn.
3880. Premberg 1775.
3881. Premen, Premden 1520.
3882. Prening 1687-1698.
3883. Prenz 1659-1660.
3884. Presti 1741—1754.
3885. Preti 1756.
3886. Pretzl 1737—1793.
3887. Preu, Prey 1558—1735.
3888. Preuschen 1787—1794.
230 ^yHtematiBche Uebersicht des Inhalts der bayerißcben Landesart-hive.
88811. Preyss, nur ein Schriftstück vom
J. 1679.
3890. Prielmaier 1692—1807.
3891. Prieschenk 1734—1766.
3892. Priflinger 1790.
3893. Primbs, nur em Schriftstück vom
J. 1551.
3894. Primus s. Ruckher.
3895. Prinz, nur em Schriftstück vom
J. 1582.
3896. Probst 1781—1788.
8897. Prockhausen 1731-1742.
3898. Proebstl, nur ein Wapi)onbrief
vom J. 1670.
3899. Proeck 1730.
3900. ProeckeU 1617-1619.
3901. Proell 1720.
8902. Proessl 1717—1795.
3903. Proff 1772—1790.
3904. Promoli 1794.
3905. Pronner zu Tegemau 1602 —
1605.
3906. Proschowski 1793.
3907. Prosskau, Pruskau 1563-1569.
3908. Prosswaiden 1652-1686.
8909. Prost 1528.
8910. Pnickberg 1688—1797.
8911. Pruckbergor 1777.
3912. Prugg, Prugger 1626-1744 s.
Brugger.
8918. Prugglach 1592-1802 mit einem
Bande Ahnenproben, s. Bniglach.
8914. Prulei 1746.
3915. Prunn 1719 s. Brunn.
3916. Pruner 1717—1723 s. Prunner.
3917. Prüschenk s. IVieschenk.
3918. Prutsclier 1773-1775.
3919. l*ubenliofen 1540—1638 s. Buben-
hofen.
3920. Pucelini 1694-1706.
8921. Pucliheim 1572—1609.
8922. Puchholz 1732-1736.
3923. Puckh 1637—1696.
3924. Pudewils 1739—1740 s. Podewils.
3925. Puech 1642—1699.
8926. Puechberg 1571.
8927. Puecher 1683 s. Buecher.
3928. Puecldrfttner 1557—1730.
3929. Pueclüer 1611 s. Bueclder.
3930. Pueckler, nur ein Schriftstück
vom J. 1725.
8931. Puehel, nur ein Schrifstück vom
J. 1670.
3932. Puehler 1598-1626.
3933. Pueixau 1608—1671.
3934. Puendtl, nur ein Schriftstück vom
J. 1747.
3935. Puerck, Pürk 1615—1710.
3936. Puerkheimer 1464—1610.
3937. Puerkmaier 1594—1595.
3938. Puich de 1655.
3939. Pulacker 1698.
8940. inillinger, nur ein Scluiftstück
vom J. 1433.
3941. Punn 1437.
3942. Punzmger 1465.
3943. Purgberg, nur ein Schriftstück
vom J. 1703.
3944. Purgier, nur ein Schriftstück vom
J. 1468.
8945. Purtscher, nur ein Schriftstück
vom J. 1790.
3946. Pusch 1578—1814 s. Taufkirchen.
3947. Pusteria ca. 1570.
3948. Puttberg 1633 s. Buttberg.
3949. Pütz 1635.
3950. Puxberg 1718—1720.
3951. Quaglio 1782-1788.
3952. Qualen 1824.
3953. Quaritschett 1788.
3954. Quast, nur ein Scliriftstück vom
J. 1790.
3955. Quenerrg, nur ein Schriftstück
vom J. 1672.
3956. Quentel 1630—1782.
8957. Querini 1742—1753.
3958. Quesnoy 1738-1745.
3959. Questenberg 1622—1724.
3960. Raab 1535—1699.
3961. Rabatha 1367-1728.
8962. Rabel, nur eine Tektur zu einem
Wappenbrief mit dem Jahr 1671
3963. Rabenstem 1400-1595.
3964. Rabus, em Per^. Libell y. J. 1617
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 231
3965.
Rabutin, nur ein Schriftstück vom
4000.
J. 1687.
4001.
3966.
Rachowin 1792.
3967.
Rackendorfer 1460.
4002.
3968.
Rackniz, Rackoniz 1658—1806.
4003.
3%9.
Raclecour 163 i
4004.
3970.
Rada, Radda 1583—1606 s. Rex.
4005.
3971.
Radenhausen 1767.
4006.
3972.
Rader 1733.
4007.
3973.
Rädern ca. 1690.
4008.
3974.
Radisnegg 1723-1739.
4009.
3975.
Radlkofer, nur ein Schriftstück
vom J. 1537.
4010.
8976.
Radmansbourg 1754—1760.
4011.
3977.
Radsamhausen 1746—1802.
4012.
3978.
Radziwill, nur ein Schriftstück
4013.
vom J. 1802.
4014.
3979.
Raeckelsoed 1677.
4015.
3980.
Raesner 1421.
3981.
Raid 1473—1745.
1416,
3982.
Raigecourt 1615—1619.
1417.
3983.
Raimond 1715—1748.
3984.
Raindorfer 1592-1733.
1418.
3985.
Rainer, von Rain, 1517—1773.
4019.
3986.
Raisberger 1719-1730.
4020.
3987.
Raitenau 1524—1639.
4021.
3988.
Raitenbucher 1409—1581.
4022.
3989.
Raittenstein, Rayttenstein 1723.
4023.
3990.
Räm 1527-1576.
4024.
3991.
Rambach 1669—1676 ni. Wappen-
2025.
brief und Wappen.
4026.
3992.
Rambaldi 1740-1813.
4027.
3993.
Rambeck 1640-1753.
3994.
Rambschwag 1609-1757.
4028,
3995.
Ramelstainer 1404.
4029.
3996.
Raming 1331-1766.
4030.
3997.
Rammski 1651.
3998.
Rampini 1714— 17ö7.
4031.
3999.
Ramsauer, nur ein Schriftstück
4032.
vom J. 15?4.
4033.
Ramsdorfer 1335—1624.
Ramspeck 1395—1587 s. Rann-
peck.
Ramsperg 1406—1466.
Ramstein, Ranstem 1671—1673.
Ramstett 1694—1698.
Ränftle 1634.
Randler 1790.
Randstädt 1683.
Ranizki 1771.
Rannmg ca. 1700.
Rannpeck 1024-1738 s. Rams-
peck.
Rans, Rauns 1398—1455.
Ranson 1724-1774.
Rantaler 1503.
Ranzau 1612—1673.
Ranzer, nur ein Schriftstück vom
J. 1538.
Rapf 1749.
Rapp, nur ein Schriftstück vom
J. 1601.
Rappach 1604-1716.
Rappenglitz 1479.
Rappenstein 1501 — 1554.
Rasch 1555—1664.
Raska 1771—1792.
Rasponi 1748—1754.
Rassanpier 1634.
Rassfeld 1694.
Rassler 1674—1787.
Rathmanshausen s. Radsam-
hausen.
Ratsamhausen s. Radsamliausen.
Ratz 1504.
Ratzko, nur ein Schriftstück vom
J. 1473.
Rauber 1597—1773.
Rauch 1595-1739.
Rauclienberg 1574- 1587.
(Fortsetzung folgt.)
IX, Kriegsakten im k. bayer. allgemeinen Reichsarchiv,
Von
Franz Auracher,
k. Reichsarchivrath in München.
Da die im Eeichsarchiv verwahrten Akten über Kriegssachen
öfter begehii; werden, so möge hier eine Uebersicht derselben Platz
finden, um den Forschem gegebenen Falls Anhaltspunkte an die
Hand zu geben, die zur leichteren und besseren Orientirung über
das vorhandene Material zu dienen geeignet sein dürften.
Diese Kriegsarchivalien bilden einen der zahlreichsten Bestand-
theile des k. allg. Eeichsarchivs und bestehen aus zwei Haupt-
gruppen. Die eine zerfällt in 23 besondere Abtheilungen, welche
den Zeitraum der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts bis
zum Anfang des gegenwärtigen umfassen. Während diese erste
Hauptgruppe schon seit älterer Zeit dem Reichsarchive angehörte,
wurde die grosse Masse der zweiten ihm erst vor sechszehn Jahren
einverleibt
Erste Hauptgruppe,
I. Musterungen. Die Akten darüber beginnen mit dem
Jahre 1434, reichen bis zum Anfange des 17. Jahrhunderts, und
erstrecken sich auf MannsQhaften, Pferde, Reise- und Heer wagen
des gesammten Fürstenthums Bayern.
n. Stauffer-Wildenfelser und andere Fehden. Fehden
des Brandners und Wildenfelsers gegen die StaufiFer, StaufTerisch-Wil-
denfels- und Boeheimische Mord-, Brand- u. a. Sachen, StauJBferisch-
Wildenfelsisch- und Lichtensteinische Fehden, StaufiFer'scher Streit
um das Schloss Schönberg, sowie Streitigkeiten der StaufFer gegen die
Äbtissin zu Obermünster wegen der XJnterthanen zu Tegernheim
und der Weine aus den Jahren 1467 bis 1540.
Auracher: Kriegsakten im k. bayer. allgemeinen Reidisarchiv. 233
IQ. Aeltere Kriegsakten. Unter diesem Titel sind be-
riffen:
1) Der Landshuter Erbfolgekrieg 1492—1506.
2) Militär und Kriegswesen, Contributionen, Anlagen und
Hilfsgelder 1478—1800.
3) Tagsbegebenheiten 1580—1615.
4) Landsberger Schirm verein 1556—1598.
5) Bundesverhandlungen zu München und Ingolstadt.
6) Krieg in den Niederianden 1583—1613.
7. Eroberung des Schlosses Arensberg 1584.
8) Die im Schloss Auernburg vorhandenen Waffen etc.
1584-1623.
9) Unruhen in Prankreich 1587—1589.
10) Einnahme der Stadt Bonn 1588.
11) Salzburg'sche Unruhen 1590—1593.
12) Eggberg'sche Reiter 1591.
13) Kriegsberichte, Truppenmärsche, Musterungen, Festungs-
bauten, Belagerung der Stadt Groningen, Kriegsprotokollc,
Bombardement der Festung Pignerol, Treffen mit den
Genuesen etc.
IV. Eilfjähriger Bund in Schwaben. Fragmente von
1522—1534.
V. Fragmente:
1) Hannsen Peschen hauser 's Niederlage durch Contzen Bern-
heimer 1484—1485.
2) Asem Kiefer's und Dary v. Hesperg's Fehde wider Herzog
Albrecht von Bayern 1488—1490.
VI. Patents und Passeports von den Gebrüdern Herzogen
Wilhelm und Ludwig, dann Albrecht, Wilhelm und Maximilian aus
Bayern sowohl Einheimischen als Ausländern in Kriegs- und an-
deren Vorfallenheiten ertheilt 1518 bis 1603.
VII. Bauernkrieg. Bauernkriegssachen überhaupt, sodann
insbesondere der Eichstädter, Schwabhaller, Salzburgische Bauern-
krieg 1525.
Vin. Türkenkriege. Die Akten umfassen die Jahre 1542
bis 1740.
234 Auracher :
IX. Grumbach'sche Händel mit den Bischöfen von Würz-
burg und Bamberg, der Stadt Würzburg etc. 1552 — 1567.
X. Entstehung des 30jährigen Kriegs, 1572—1617.
XI. 30jähriger Krieg. Diese Sammlung besteht aus 804
Bänden und 67 Faszikeln. Letztere enthalten lose Akten, sind jüngst
revidirt und in chronologischer Eeihe conform mit dem hierüber
angelegten Blätter -Eepertorium aufgestellt worden, während über
die 804 festen Bände ein i. J. 1748 verfasster Index existirt, welcher
sub Lit. T der „historisch-literarischen Abhandlung über die erste
gedruckte Sammlung der Westphälischen Friedensakten von Joh.
Christ. Freyherrn von Aretin" abgedruckt ist. Jedoch ist darin der
Inhalt der Bände in einer so mangelhaften Weise angegeben, dass
der Index dem Forscher höchst geringe Anhaltspunkte gewährt, und
all diese Bände neu beschrieben werden müssen, um nur einiger-
massen eine verlässige Inhalts-Uebersicht zu gewinnen. Der Anfang
ist bereits gemacht. Bei der grossen Anzahl aber dieser mitunter
sehr umfangreichen Bände und bei ihrem verschiedenartigsten Inhalte,
sowie wegen anderweitiger dringenderer Organisationsarbeiten kann
es mit der Beschreibung nur langsam vor sich gehen.
Xn. Beiakten zum 30jähr. Krieg, 37 Bände:
a) Abforderung der alten „Bewöhr- und Rüstungen" von den
Gerichtszeughäusern der vier Rentämter 1614 — 1615.
b) Anmarsch der Armada nach Böhmen 1618 — 1620.
c) Werb- und Musterungen des Grafen v. Sulz 1619—1620.
d) Defensionswesen der Hochstifte Eichstädt, Dillingen und
Ellwangen etc. wider Mansfeld, Versicherung von Ingol-
stadt 1621.
e) Gültpferdebuch im I^nde 1622.
f) Beschreibung der Reit- und Artilleriepferde, Knechte und
Handlanger, Rekrutenwerbungen 1638 — 1642.
g) Contributions- etc. Gelder, Stücke und Armatur der Reichs-
stadt Augsburg 1621—1640.
h) Bloquirung von Augsburg 1635 — 1641.
i) Beschreibungen von Jägern und Schützen und anderer
Kriegsvölker, deren Stellung, Einquartierung und Verpflegung
1641—1647.
k) Kriegsrechnungen 1625 — 1640.
1) Kreis- und Kriegssachen 1543 — 1613.
Kriegsakten im k. bayer. allgemeinen Reichsarchiv. 235
XIII. Westphälische Friedensverhandlungen. Die hier-
über vorhandenen 16 Bände bestehen aus Diarien der churbayeri-
schen Gesandtschaft zu Münster aus den Jahren 1644 — 1649.
XIV. u. XV. Spanischer Successionskrieg. Die Akten
hierüber umfassen 16 feste Bände von 1703 — 1714 mit der üeber-
schrift „Militärgewalt" und verbreiten sich auch über die kaiserliche
Administration, sodann noch 22 Faszikel loser Akten von 1701 — 1714.
XVI. Lier-Neusönner'sche Inquisition. Neusönner war
bayer. geheimer Sekretär und Lier bayer. Hofkammerrath ; gegen
Beide wurde wegen verschiedener Unregelmässigkeiten während des
spanischen Successionskriegs Untersuchung gepflogen. Ein Bd. von
1705—1713.
XVn. Schuldbuch des Hofkriegszahlamts-Kassiers
Johann Simon Forsch. Ein Bd. v. J. 1736/39.
XVin. Oesterreichischer Erbfolgekrieg. Die Akten
befinden sich in 9 Faszikeln und 4 festen Bänden aus den Jahren
1740—1748.
XIX. Siebenjähriger Krieg. Ueber diesen sind nur eilf
Nummern in einem Faszikel aus den Jahren 1756 — 1763 vorhanden.
XX. Bayerischer Successionskrieg. Diese Akten be-
stehen aus vier Nummern aus den Jahren 1778 — 1779. Sie ent-"
halten Berichte an den Bischof von Bamberg über die Vorgänge
beim Reichstage zu Regensburg, das Verhalten der bischöflich Frei-
sing'schen Regierung im Reichstage hinsichtlich der bayerischen
Successionssache, den ,,kaiserlich Oesterreichischen Besitzstand in
Bayern", sodann die im Vollzuge des Teschener Friedens geschehene
Extradirung des von den Oesterreichern besetzten Straubinger An theils.
XXI. Rastatter Congress. 48 Schriftstücke mit Beilagen
betreffend die Verhandlungen des Rastatter Congresses während
48 Sitzungen vom 9. November 1798 bis Juli 1798.
XXn. Kriege mit Frankreich:
Krieg Frankreichs gegen Holland.
Krieg am Rhein gegen Frankreich.
Deutscher Reichskrieg mit Frankreich.
Krieg gegen Piemont.
Krieg in Flandern.
Polnischer Thronfolgekrieg.
1552—1736.
236 Auracher :
XXm. Reichskrieg wider Frankreich 1796—1802. Diese
Akten stammen von der churpfalzbayerischen Kriegs-Deputation und
umfassen 831 gebundene Folianten.
Zweite Hauptgruppe.
Diesen älteren Bestandtheilen des k. allgemeinen Reichsarchivs
reihen sich die im Jahre 1866 vom k. Kreisarchive München
herübergenommenen Kriegssachen an, welche in zwei
grosse Serien zerfallen. Die eine bilden die ursprünglich schon
dortselbst verwahrten, die andere Serie wurde vom k. Kriegsmini-
sterium später zur Aufbewahrung dorthin abgegeben.
Zur ersten Gruppe, welche die Zeit von 1592 — 1809 um-
fasst, zählen die Generalakten über das Landkapitulanten wescn,
Militär-Konscriptionen, Kapitiilantenzüge, Beurlaubungen etc., — die
besonderen Kapitulantenzüge in den schwäbischen Graf- und Herr-
schaften als Mindelheim, Schwabeck, Wertingen, Wiesensteig, Reichs-
pflege Wörth und in specie Türkheim, — die Landkapitulanten-
züge in den Herrschaften und Administrationen Haag, Hohen-
schwangau, Hohenwaldeck, Schleisshcim, dann in den Hofmarken
geistlicher und weltlicher Landstände, — die ehemaligen militärischen
Rechte und Freiheiten der bayerischen Städte und Märkte in Ka-
pitulanten- Stellungs- und Aushebungs-Sachen, — die militärische
Freiheit bürgerlicher Gewerbe und anderer Kategorien, — die
militärischen Verhältnisse des Forst- und Jagdpersonals, der Stu-
direnden, der Judenscliaft, — die Kondenmirung liederlicher und
müssiger Burschen und Ehemänner ad militiam, — Verbot des Ein-
tritts in fremde Kriegsdienste, — Deserteurs und deren Vermögens-
konfiscationen, — Militäraushebungen in den Kantonen, — churf.
Kriegsdeputation und das dabei angestellte Personal, — Militär-
pensionisten, — die zu München und Ingolstadt garnisonirenden
sogenannten Guardi, — die Errichtung der Nationalgarde und einiger
Reserve-Bataillons, — dann die Ergänzung der aktiven Armee und
das bayerische und freisingische Kontingentwesen.
Hieher gehören ferner die Akten über den Ausbruch des
französischen Krieges in den neunziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts und die Kriege von 1805 bis zum zweiten französischen
Feldzug (Krieg gegen Oesterreich, Russland und Frankreich), —
Kriegslasten, Kriegs-Rechnungswesen, Kriegskostenforderungen und
Kriegsentschädigungen , Kriegskosten - Ausgleichungen , — endlich
Kriegsakten im k. bayer. allgemeinen Reichsarchiv. 237
die i J. 1815 creirte und 1820/21 aufgelöste Central - Peräqua-
tions-Kassa.
"Was die zweite Serie, nämlich die älteren Archivalien des
k. Kriegsministeriums selbst betrifft, so waren dieselben früher
ein Depot im k. allg. Eeichsarchiv , bis sie vor einigen Jahren
imter gewissem Vorbehalte förmlich in das Eigenthum der k. Archiv-
Centralstelle übergingen. Ihr Inhalt erstreckt sich auf Personalien,
Kriegsgeschichte, Administration und Rechnungswesen des Kriegs-
ministeriums selbst, sowie sämmtlicher ihm unterstellten Militär-
behörden. Die Akten reichen bis in das XVI. Jahrhundert zurück
und werden namentlich zur Bearbeitung der Regiments-Geschichten
in neuerer Zeit ihrer reichen und vielseitigen Aufschlüsse wegen
vielfach benützt, wie sie auch schon früher von der historischen
Kommission des k. Kriegsministeriums zur Herstellung einer Kriegs-
geschichte des Königreichs Bayern gründlich durchforscht sind.
Gegenwärtig werden sie behufs Bildung eines eigenen Kriegsarchivs
von mehreren Offizieren a. D. unter der erprobten Leitung des
k. Oberstlieutenants a. D. Herrn Erhard und im besonderen Auf-
trage des k. Kriegsministeriums sorgfaltig ausgeschieden und syste-
matisch geordnet, um zuletzt mit den beim k. Kriegsministerium
zu besagtem Zwecke bereitgelegten ähnlichen Archivalien vereiniget
zu werden.
Wie umfangreich deren Anzahl ist, möge daraus entnommen
werden, dass sie nahezu eilf grosse Säle (XXVII bis XXXVII)
vollständig ausfüllen und zur genauen Durcharbeitung und Aus-
scheidung voraussichtlich den Zeitraum von mehreren Jahren be-
anspruchen.
Eine üebersicht, welche jedoch, wie bei der ersten Hauptgruppe,
lediglich den Aufschriften der 14 Verzeichnisse folgt, möge den
Inhalt dieser Akten im Grossen und Ganzen veranschaulichen:
I. Akten der vormaligen Hofkammer-Kriegs-Deputation.
n. Geschäftsbücher des Hofkriegsraths (Koncept-, Expeditions-,
Hofkriegsraths- und Konferenz-Protokolle).
HI. Akten, welche sich auf den Einfall und Aufenthalt der
Franzosen in Bayern 1800 — 1804 beziehen.
IV. Hofkriegsraths-Gegenstände.
V. Sogenannte Rechnungs-Registratur.
VL KoUegial-Akten des k. Kriegsministeriums.
VII. Akten des Oberkommando's der Reserve-Armee.
238 Auracher: Kriegsakten im k. bayer. allgemeinen Reichraschiv.
Vm. Akten des ehemaligeii Hofkriegsraths, des Kriegs-Oeko-
nomieraths und des Oberadministrativ-KoUegiums der Armee.
IX. Sogenannte fremde Registraturen (Rheinwald'sche Akten,
Akten der Statthalterschaft Ingolstadt, Würzburger Militär -Akten,
AschafiFenburger Akten, Akten der aufgelösten Armee-Kommando's,
der General-Inspection der Armee etc.).
X. Aeltere Rechnungs-Akten und Musterlisten.
XI. Hof - Kriegsrathsakten über Pensionisten, Waisenkinder,
Auditore, Chirurgen, Verstorbene, Heirathslicenzen etc.
XII. Männliche Militär -Pensionisten.
Xin. Pensionen von Offiziers- und anderen Militär-Wittwen.
XIV. Rechnungsakten der Hauptkriegskasse, des Kadetten-
Korps, der Militär - Fohlenhöfe, Marsch- und Verpflegskosten, dann
der Garnisonen.
X. Technische Ausdrücke für das Urkundenwesen der
älteren Päpste.
Von
Dr. J. V. Pflugk-Harttung
Privatdocenten in Tübingen.
Wer sich eingehend mit dem Aeusseren von Urkunden beschäf-
tigt, stösst oft auf Mangelhaftigkeit in den Bezeichnungen einzelner
Merkmale derselben, sei es, dass solche überhaupt nicht für das vor-
handen sind, was er sagen will, sei es, dass sie sich unscharf, um-
ständlich oder unzutreffend erweisen, sei es, dass die gleiche Sache
verschiedenartig benannt wird. Es erklärt sich daher, dass man hier
nicht planmässig, dass man ohne durchdachtes System vorgegangen
ist In früherer Zeit war man noch weit entfernt von der Durchbildung,
ich möchte sagen, von dem Handwerksmässigen der jetzigen Technik;
gewöhnlich verfuhr man noch zu allgemein und dachte zu abstrakt
philosophisch, während heute die Sache umgekehrt liegt, man sich
zu sehr mit Einzelfallen beschäftigt, sich von ihnen leiten lässt.
Alte Ausdrücke nahm man herüber, neue bildete man oder führte
halb vergessene ein, je nach dem Falle, wo es nothwendig erschien,
das Ganze wurde nur selten dabei in Betracht gezogen. So ist es
denn gekommen, dass der Weiterbildung einer Technik im Sammeln
und Forschen die der Technik im Bezeichnen, die Präcisirung im
Ausdrucke und durch denselben nicht gleichwerthig zur Seite ge-
blieben ist, dass sich Begriff und Formulirung, dass Forschung und
Darstellung sich nicht immer decken und ausgleichen.
Zunächst gilt dies vom Urkundenwesen der Päpste. Hier ist
es schlechterdings unmöglich, mit dem Vorhandenen und neu Hinzu-
gekommenen zu arbeiten ; will man nicht auf halbem Wege stehen
bleiben, so muss man, wohl oder übel, in Forschung und Aus-
drucksweise weiter schreiten. Durchbildung und Sicherheit der
240 V. Pflugk-Harttung:
Ausdrücke, die Fähigkeit sich ausdrücken zu können, sind gleichsam
das Spiegelbild für die Beherrschung einer Wissenschaft, für die
Keife innerhalb derselben, sie sind, oder sollten doch eigentlich das
sein, bei dem man beginnt, von dem aus man die Wissenschaft
selber oder Theile derselben vorführt
Ich bin nun weit von dem Glauben entfernt, dass mein Vor-
gehen allseitige Billigung finden, oder gar, dass man sich mir in
Einzelheiten anschliessen wird, das verlange ich auch nicht, jeder
der Besseres weiss, sei hochwillkommen ; aus einer Debatte über den
Gegenstand, einer Besprechung über Bezeichnungen im päpstlichen
Kanzleiwesen, möge sich womöglich die für die gesammte Hülfs-
disciplin entwickeln.
Das Princip, wovon ich zunächst ausgegangen bin, ist nicht
das historische, sondern das rationelle. Der Zweig unserer Wissen-
schaft ist noch neu, noch nicht der Hand des Gärtners entwachsen.
Es kommt darauf an, für jedes Ding eine scharfe möglichst treffende
Bezeichnung zu erzielen, eine möglichst verständliche, wenig gelehrte.
Ob man es sonst so genannt hat oder so nennt, ist ein wichtiger
aber nicht entscheidender Faktor.
Schon der Ausdruck, mit dem- man die ganze Lehre von den
Urkunden zu bezeichnön pflegt, steht unglücklich da, er lautet
bekanntlich: Diplomatik. Abgeleitet von Diplom, welches Sickel
nicht als Urkunde im Allgemeinen, sondern nur als solche erklärt,
welche von der obersten Staatsgewalt in feierlicher Form erlassen
worden (ürk. der Karolinger I S. 5), also: nur einen Bruchtheil
des Ganzen bezeichnend, wird es doch zur Bezeichnung des Ganzen
angewandt. Dazu kommt, dass den Männern der Wissenschaft durch
Staatsmänner, durch Diplomaten, eine so verzweifelte und im Sprach-
gebrauche erdrückende Concurrenz erwachsen ist, dass unter diplo-
matischen Arbeiten, jedermann, mit Ausnahme des Fachgelehrten,
politische Arbeiten versteht und nicht auf Urkunden bezügliche.
Und schliesslich ist noch zu erwägen, dass der Ausdruck „diplo-
matisch" ohne scharfe Umgränzung dasteht, bald meint man damit
allgemein: Alles auf Urkunden Bezügliche, bald hat mau dabei
mehr das Aeussere der Urkunden im Sinne.
Es sind dies Schwächen, denen womöglich abgeholfen werden
muss, und dafür ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. Erwägen
wir zunächst das Wort an sich. Will man es beibehalten, so könnte
es vielleicht geschehen, nicht in der Form diplomatisch, sondern
Technische AuRdrücke für das Urkunden wescn der Päpste. 241
diplomisch, tv eiche nicht unrichtig gebildet ist^) und Verwechs-
lungen weniger nahe legt; es würde sich daran reihen Diplomik,
Diplomiker u. s. w. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, dass
man den ganzen Ausdruck fallen Hesse und nach einem schärfer
treffenden suchte. Bezeichnungen für Urkunden sind: Acta und
Chartae.2) Aus deren ersterer lässt sich kein gutes Wort für die
Disciplin bilden, weil im Lateinischen die Begriffe von Kunst und
Wissenschaft gewöhnlich durch Beifügung von ,4^^" und „ura" her-
gestellt werden. Anders Charta, welches griechischen Ursprungs,
die Bildung Chartik erlaubt, dem Ohre anfangs ungewohnt, aber
kurz und bezeichnend. Verwechslungen sind ausgeschlossen, wenn
man nicht den Gedanken an Landkarten herbeizieht, wo aber von
chartographisch geredet wird. Ein Mann des Faches wäre ein
Chartiker. Für Bücher, worin Chartae eingetragen sind, könnte
man die ungenaueren Bezeichnungen: Copialbuch, Codex etc. mehr
fallen lassen und statt dessen Chartular sagen, wie längst schon
in Frankreich chartulaire. Als deutsche Bezeichnung unseres Be-
griffes ist Urkundenwissenschaft, Urkundenlehre sehr
brauchbar. Da man aber unter dem Zeitworte urkundlich nicht:
auf Urkunden bezüglich, sondern: auf Urkunden beruliend, ihnen
entnommen, versteht, so empföhle sich für ersteres eine Neben-
bildung, etwa urkundisch, wie man z. B. mit mündig und münd-
lich, weibisch und weiblich Verschiedenes meint, rein begründet im
Sprachgebrauche. Mit urkundlichen und urkundischen Forschungen
bezeichnen wir also zwei verwandte, doch wohl zu scheidende Dinge,
jenes sind auf Urkunden basirte, sich aus ihnen ergebende, dieses
solche, die Urkunden zum Gegenstande haben.
Die Wissenschaft der Diplomik oder Chartik zerfällt natur-
gemäss in zwei Hauptarten: die eine hat es mit dem Aeusseren
der Urkunden, die andere es mit dem Inneren derselben zu thun.
Bisher hat man dafür keinen Ausdruck und doch dürfte ein solcher
unbedingt noth wendig sein. Er lässt sich am leichtesten durch je
ein Präfix vor dem Hauptworte bilden: also etwa Aeusserchartik
und Innerchartik, wobei Präfix und Hauptwort zwar zwei ver-
schiedenen Sprachen angehören, was jedoch bei technischen Be-
*) Vei^l. diplomum. Ducange. Gloss. II p. 863.
*) In Frankreich hat man keine ^cole des diplomes, sondern eine ^cole
des chartes errichtet.
Arcbivalfflche ZeltBchi-lft Vit 16
242 V. Pflugk-Harttung:
Zeichnungen nichts Seltenes ist und deutlicher sein dürfte als etwa
Esochartik und Exochartik i). Im Deutschen hätten wir äusser-
urkundisch und innerurkun disch; verkürzt in manchen
Wendungen, statt Innerurkundenforschung nur Innerforschung,
dann Aeusserforschung u. s. w. Oft lassen sich Umschreib-
ungen anwenden.
Die Chartik hat es mit Schriftstücken zu thun, die in einer
bestimmten Kanzleiform abgefasst sind. Erhalten können sie sein
auf dreierlei Weise: 1) in der Gestalt, in der sie ursprünglich aus-
gestellt wurden, 2) als Abschriften, 3) in einer Form, die nicht
wirklich, sondern nur scheinbar ursprünglich ist.
Urkunden der zuerst genannten Art nennen wir Originale.
Abschriften, welche auf einem einzelnen Stücke des Beschreibstoffes,
namentlich auf Pergament, eingetragen sind: Copial-Urkunden,
moderne oder in Chartularen niedergelegte: Abschriften oder
Copien.' Für Originale und ältere, auf dem ursprünglichen Schreib-
stoffe eingetragene Copien, empfiehlt sich der in Italien übliche
zusammenfassende Ausdruck: pergamene, also Pergamente, der
auch im Deutschen für Pergamenturkunden angewendet wird z. B.
im Gedichte, Deutscher Brauch von A. Grün:
„Der Staub der Pergamente nahm ihm den Odem fast." Per-
gamente steht neueren Papierabschriften und Chartularen gegenüber.
Ist eine Urkunde mit zu Grundelegung eines oder mehrerer
Originale, oder aus der Kenntniss von Originalen heraus, ausser-
halb der Kanzlei derartig gebildet, dass sie den Schein von Origi-
nalität erwecken soll, so hat man es wohl Original-Nachzeichnung
genannt. Doch offenbar ist dieser Begriff zu eng, man will z. B.
ausdrücken, dass ein Schriftstück einem anderen im Ganzen nach-
gebildet ist, auch in Pergament und Bulle, so muss man sagen,
wenn man zu keiner Umschreibung seine Zuflucht nehmen will:
Original-Nachzeichnung auch in Pergament und Bulle, was durchaus
als sprach- und sinnwidrig erscheinen muss. Von selber drängt
sich hier das Woi*t Nachbildung auf, also: Original-Nachbildung
auch in Pergament und Bulle. Hingegen ein Schriftstück, welches
einem ändert genau Stück für Stück nachgezeichnet ist, ein solches
*) Man köiinte auch m der Weise verfahren, dass man Diplomik für die
Lehre vom Aeusseren der Urkiiniien, Chartik für die des Innern anwendet.
Doch bringt dies manche Schwierigkeiten.
Technische Ausdriicke für das Urkundenwesen der Päpste. 243
ist eine Original - Nachzeichnung. Beides zusammen sind
Schein-Originale; dolus braucht nicht in jedem Falle vorzu-
Uegen. Wurde eine Urkunde einer anderen dem Wortlaute nach mehr
oder weniger übereinstimmend nachgeschrieben, so ist es eine Ori-
ginal-Nachschreibung, eine, wo nur die Formeln einer anderen
zu Orunde gelegt sind, eine Original-Nachformelung, oder
Nachformulirung. Für letztere beiden Arten empfehlen sich
oft Umschreibungen, wie: wörtlich der Vorlage entlehnt, wörtliche
Bestätigung etc. Bei Allen kann im gewöhnlichen Sprachgebrauche
das vorgesetzte: Original fehlen, so dass man nur von Nachbildung,
Nachformulirung etc. redet. Eine Urschrift ist das ursprüng-
lichste, erste Schriftstück, also sowohl auf Originale wie Fälschungen
bezüglich. Urschrift und Original gleich anzuwenden, ist unrichtig.
Die Ausdrücke Fälschung, Ueberarbeitung, Interpolation
sind in ihrer Anwendung bekannt und ebenso verunechtet =
ursprünglich echt, aber mit unechten Zuthaten versehen.
Im Mittelalter hat man Eegistrum, Regestrum, Regestum oft
unterschiedlos angewandt; um keine Verwechslungen aufkommen zu
lassen, müssen wir streng scheiden: Register ist eine Sammlung
von Briefen, Aktenstücken etc. und deren event. Verkürzungen,
Regest ist die Inhaltsangabe einer Urkunde.
Aus allen grösseren Kanzleien, speciell aus der päpstlichen,
sind verschiedene Arten von Urkunden hervorgegangen. Für diese
hat man in der älteren Zeit (bis zum 13. Jahrhundert) noch keine
ganz feststehenden Bezeichnungen. Für feierliche Urkunde findet
sich: constitutio, confirmatio, Privilegium, scripti Privilegium u. A.,
für unfeierliche namentlich: scriptum, litterae, concössio, confirmatio.
Heutigen Tags liegt die Sache : ein päpstliches offenes Schreiben, in
bestimmter feierlicher Form und Schrift und in lateinischer Sprache
abgefasst, heisst Bulla, in ihr ist die Datirung ausführlich, es kann
von den Kardinälen oder dem Papste (nicht eigenhändig) unter-
zeichnet sein, inhaltlich pflegt es sich auf wichtigere Angelegen-
heiten zu beziehen, namentlich auf Rechts- und Gnadensachen. Ein
päpstliches Schreiben in minder feierlicher Form und Umgangs-
sprache ist ein Breve, die Adresse eines solchen schliesst mit salutem
et apostolicam benedictionem, die Datirung ist kürzer als auf Bullen,
eine Unterschrift führen sie nicht, sondern nur eine Contrasignatur.
Mit anderen Worten: die jetzige Bulle ist das Gleiche, oder richtiger
die Weiterbildung der alten feierlichen, das Breve die der alten
16*
244 V. Pfliigk-IIarttung:
unfeierlichen Papsturkundo. Beide Worte kommen damals schon
vereinzelt auf Erlassen der Kurie vor, doch in anderem Sinne,
Breve nämlich in dem von Judikat i), Bulle in dem von Bleisiegel 2).
Es fragt sich nun, wie wir uns zu diesen Ausdrücken stellen," ob
wir die jetzigen beibehalten, bezw. auch auf das Mittelalter über-
tragen* oder ob wir für dieses andere wählen. Ich habe hier lange
geschwankt. In meinen Diplomatisch - historischen Forschungen
wandte ich Bulle und Privilegium als ziemlich gleichwerthig an,
in dem ersten Bande der Acta nannte ich das feierliche Schrift-
stück: Privilegium, das Bleisiegel: Bulle. Allmählich überzeugte
ich mich aber, dass es die unverkennbarsten Vortheile bietet, auf
die moderne Bezeichnung zurückzukommen. Das Wort Privilegium
für feierliches Aktenstück von bestimmter Form ist nicht präcis,
weil schon im 12. Jahrhunderte eine Menge von Urkunden in un-
feierlicher Form abgefasst wurden, die nach' dem Brauche des
11. Jahrhunderts die feierliche hätten aufweisen sollen, es sind
namentlich Bestätigungen, Verleihung von Rechten und dergl. , so
dass die Worte „Privilegium" und „feierliche Urkunde" sich nicht
decken; dazu kommt, dass auch andere Urkundengruppen, wie
Judikate und Synodale, theilweise allmählich in der feierlichen Form
aufgehen, dass man bei dem Worte Privilegium zunächst an den
Inhalt denkt, während es hier rein auf das Aeussere ankommt
Alle diese Gründe empfehlen die Ausdrücke von Bulle und Breve,
bei denen von vorne herein das Entscheidende, das Aeussere, in
den Vordergrund tritt und daneben das specifisch päpstliche. Die
Bulle, „la bulle", „la bolla" ist ein feierlicher päpstlicher Erlass,
der sich bestimntt von den nichtpäpstlichen abhebt, etwa von Prä-
cept, der feierlichen Königsurkunde. Auf diese Weise gewinnen
wir auch eine Menge von Weiterbildungen, wir können von Pri-
') Vergl. z. B. Muratori S8. II. 2 p. 499, 502, 505, 508, 509, 510, 518,
520, 522, 524, 525: hanc brevem menioratoriam, breve (coin)meiiioratorium,
hoc breve, investitionis breve, >)reve refutationis, notitia brevis. Muratori, Antq.
Ital. p. SSO: hac brevi memoratoria, Jaff^ 3043: refutationis brevis.
*) (Jaffö 3023: papalem buUain iniponi, unzuverlässig), Jaff^ 3149: bulla
nostra . . . signari. Bibl. de l'öcole des Chartes IV. 4 p. 71, 72: alt^nnn bulle
nostre typarium, collationem bulle, veritate bulle, bulle defectum sq. Mon
Genn. 8S. XII p. 440: illas domni papae bullatas transmittimus vobis exera-
platas. In einer Privaturkunde vom J. 1192: sub sua bulla transmissis, Hist.
Patr. Mon. Chart. II p. 1157. Vergl. Ducange, Glos.**. I p. 801; Brinckmeier,
Glofts. I S. 431, 432; Diefenbaeh, Nov. Gloss. p. 62.
Technische Ausdrücke für das Urkunden wesen der Päpste. 245
vilegien-, Synodal- und JudikatsbuUeu sprechen, jedesmal etwas
ganz Bestimmtes damit bezeichnend. Kommt es bei dem Breve
nicht auf das Aeusscre, die besondere Formulirung an, die der
Gattung eigen ist, sondern nur auf den Charakter der Zuschrift,
so empfiehlt sich das allgemeinere Wort Brief, litterae. Dem-
nach ist nicht von den Breven, sondern von den Briefen Gregors I
zu reden, in dem Registrum Gregorii VII sind nicht die Breven
als solche, sondern als Briefe eingetragen. Mit dem Dargethanen
ist von selber gegeben: eine Sache wird buUirt = sie wird in
bestimmter feierlicher Form beurkundet *) ; eine Sache wird bre-
virt wenn das Beurkunden in weniger feierlicher, in Breven-
form geschieht. Gnadelos tritt dann an den Fachmann die Noth-
wendigkeit heran, mit Bulle nicht auch das Siegel, mit bulliren
das Besiegeln zu bezeichnen. Wohl oder übel müssen wir hier das
Wort Siegel, sigillum verwenden, was noch im 11. Jahrhunderte
das so gut wie einzig übliche in der päpstlichen Kanzlei gewesen 2),
Bleisiegel, wenn ein solches angefügt, Wachssiegel, wenn
dieses verwendet (sub annulo piscatoris, im 13. Jahrh. aufkommend).
Da man mit Siegelung aber leicht den Begriff des Festpressens auf
oder in das Schriftstück verbindet, so empfiehlt es sieh oft, das Wort
Bleisiegel, in Blei zu verküi-zen, wie man z. B. in anderem Sinne
das Wort Blei = Flinten(blei)kugel ebenso zusammengezogen hat, und
wie man in Frankreich ebenfalls mit „le plomb" das Bleisiegel meint,
mit „la bulle" das ganze Schriftstück. Weiterbildungen sind aldann,
Bleiung, Plumbirung; bebleien, plumbiren; die Plumbirung
einer Bulle ist die Befestigung des angehängten Bleisiegels.
Dem Aeussern nach theilen wir die Bullen ein : in feierliche
(grosse), Uebergangs-, und unfeierliche (kleine), oder in
Prunk-, Mittel- und Halbbullen; die Breven in feierliche
und unfeierliche oder grosse und kleine. (Näheres im vorigen
Bande dieser Zeitschrift.) Bullen und Breven wurden einfach zu-
sammengefaltet versandt, Breven, welche durch eine Schnur so
*) Auch schriftgemäss ist bullare im Sinne von bezeugen, beurkunden,
überUefert. Ducange, Gloss. I p. 801 8(i., Brincknieier, Gloss. I S. 432.
*) Auch in Fälschungen. — Vergl. Jaff^ 3032: inipressione nostri sigilli
J- 3013: sigillo nostro sigillari. J. 3149: bulla nostra et sigillo. J. 3155: sigillo . . .
corroboratam. J. 3345 : nostro sigillo . . . insigniri. J. 3349, 3350, 3352 : apostolici
sigilli munire inipressione. J. 3997 : sigillo nostro . *. . statuimus roborari, J. 4000 :
novo sigillo insigniri. Acta I No. 56: sigiUi nostri impressione.
246 V. Pflugk-Harttung:
verschlossen waren, dass eine Eröffnung nur durch Zerschneidung der
Schnur oder des Pergaments erfolgen konnte, sind Geheimbreven,
Sekrete. Neben Bullen und Breven sind die auf Gerichts- und
Synodalvorhandlungen bezüglichen Schriftstücke die wichtigsten. Für
erstere verwendet man gemeinhin den Ausdruck Placitum. Schon
im Mittelalter war derselbe in Gebrauch und zwar für die öffentliche
Gerichtssitzung und die darüber ausgestellte Urkunde zugleich. ^)
Dass beides von Historikern und Chartikern übernommen, ist daher
erklärlich, obwohl es unpraktisch sein dürfte, denn jetzt muss man
vom Placitum des Placitums reden. Offenbar ist auch hier eine
Abhülfe erwünscht, weswegen wir für Gerichtsurkunde ein anderes
Wort zu Grunde legen , welches auch schon im Mittelalter in
Gebrauch war: judicatum^); wir sprechen demnach vom Judikat
des Placitums. Ein anderer Ausdruck für die gleiche Sache, der
aber auch allgemeiner für schriftliche Aufzeichnungen angewendet,
ist mem Oratorium 3), derselbe liesse sich gut für Schriftstücke
verwenden, die in der Form, bezw. theilweise in der Form von
Judikaten ausgestellt sind, deren Inhalt sich aber auf andere Vor-
gänge als Gerichtsverhandlungen bezieht. Auf Synoden bezügliche
Aktenstücke nennen wir Synodale. Auch mit dem Ausdrucke
Privilegium müssen wir uns hier abfinden, er wird viel gebraucht
und ist doch fast der unbestimmteste von allen. 4) Wir verstehen
darunter: eine Vergünstigung sowohl praeter als secundum ins,
zunächst und vornehmlich in Bullen- doch auch in Brevenform
zulässig. Wir haben damit die äusseren Kennzeichen, an denen
wir noch in den Acta festhielten, zu Gunsten der inneren auf-
*) Eine giite Erklärung aus dem Jahre 1012 findet sich in Muratori
88. II. 2 p. 509: Omne pactum, qucni homines faciunt, placitum vocatur. Pla-
citum vero dictum est eo, quod ambabus partibus placeat et ideo, qui fidem
pacti non servat, 8ub8cri])tam poenam perBolvat.
*) 8ickel, in seinen Karolingerurk. I S. 357 gibt iudicatum an K. 209,
L. 284, iudicium (K. 97). Benedict VH in Muratori Antq. I p. 379: iudicati
paginam, hoc siquidem iudicatum. Jaffö 4811 : hoc iudicium. Ficker, Forsch,
zur Rechtsgesch. Italiens IV oft iudicatum Nr. 1, 2, 5 etc. Nr. 62: cartula
iudicati. Vergl. auch Ducange, Gloss. III p. 916; Brinckmeier, Gloss. I S. 1072;
Wetzer und Weite, Kirchen-Lex. HI 8. 277.
*) Memoratorium, memoratoria, commemoratorium, commemoratio findet
sich Muratori 88. II. 2 p. 499, 602, 505, 508, 509, 510; Muratori Antq. I p. 380.
Vergl. Ducange, Gloss. IV p. 352; Brinckmeier, Gloss. II 8. 254.
*) Näheres Harttung, Dipl. Idst. Forsch. 8. 11 ff.
Technische Ausdrücke für das Urkundenwesen der Päpste. 247
gegeben, die äusseren der Bezeichnung Bulle und Breve vorbehalten.
Fast alle PrunkbuUeii sind Privilegien, aber nicht alle Privilegien
sind Prunkbullen.
Bemerkt mag noch werden, dass man bisweilen den Aus-
druck P an carte findet. Kobert sagt hievon in seiner Etüde sur les
actes du pape Calixt II p. 18: „Les bullös pancartes sont Celles
qui, en confirmant des donations, faites ä une öglise ou ä un mo-
nastdre, 6numörent tout ce qui s'y trouvait compris et quelquefois
memo ratifient des donations antörieures et confirment Töglise ou
le monastere dans la possession de tous leurs biens. Les buUes
privil6ges ont pour objet, comme leur nom Tindique, la concession
ou la confirmation de certains droits, de certaines prörogatives,
surtout dans Fordre spirituel. Dans les buUes pancartes il est
souvent fait mention de divers privilöges. Alors elles se confondent
avec les privil6ges." Letzteres ist nur zu richtig, eine feste Grenze
fehlt nicht blos, auch in dem Aeusseren der Bullen findet sich
nichts, was eine solche Trennung rechtfertigt, praktisch ist sie
nahezu werthlos, und Pancarte kann auch jedes beliebige andere
Diplom heissen, namentlich ein königliches Präcepti), ja selbst
Sammlungen von Urkunden, bezw. Kegesten ganz verschiedenen
Inhalts, ich erinnere nur an die Pancarte rouge und die Pancarte
noire des Klosters St. Martin de Tours. Will man den Ausdruck
dennoch im päpstlichen Kanzleiwesen verwenden, so mag es in der
Weise geschehen, dass man unter Pancarte eine Bestätigungsbulle
versteht, worin die gesammton Güter, oder richtiger die besessenen
Ortschaften, mit Namen genannt und aufgezählt werden. Es ist
dann aber nur eine Unterabtheilung von Bulle und Privilegium,
und darf nicht neben letzteres gesetzt werden. Praktisch gewonnen
wird, wie bereits gesagt, nicht viel damit, weil im Laufe des zwölften
Jahrhunderts nahezu alle Privilegien zu Pancarten werden und die
Privilegien, in welchen die Güter nicht einzeln aufgezählt sind,
denen, worin es der Fall ist, durchaus glcichwerthig zur Seite stehen.
Ueberflüssig oder gar verwirrend würde das Wort sein, wenn wir
es als Besitzbestätigung überhaupt fassten, weU es sich alsdann auf
Schriftstücke in Bullen- und Brevenform zugleich bezöge. Mit den
*) Ducange, GIoss. V p. 46, 47. Pancbarta: quaevis Charta, diploma.
Brinckmeier, Gloss. 11 S. 410. Vergl. auch Dehsle in Bibl. de Tecole des Chartes
IV Ser. 4 p. 16. Sickel in Mittheilungen für öst. Geschforsch. I ö. 251.
248 V. Pflugk-Harttung:
Worten Besitzbestätigung, Kechtsbestätigung, beides zu-
sammen grosse Bestätigung, grosse Confirmation kommen
wir hier weiter, durch den Zusatz von Bulle und Breve wird die
nähere Erläuterung gebracht, also Besitzbestätigungsbulle etc.
Eine früher ausgestellte Urkunde heisst Vor Urkunde, zerfallend
in Vorbulle, Vorbreve, Vorjudikat etc.
Die Urkunden sind in der älteren Zeit auf Papyrus ge-
schrieben, später auf Pergament, zuletzt auf Papier. In dem
uns erhaltenen Papyrus lassen sich keine verschiedenen Arten er-
kennen, anders aber verhält es sich mit dem Pergamente, hier haben
wir drei Gruppen: 1) italienisches Pergament^ 2) deutsch-
nordfranzösisches, 3) südfranzösisches (spanisches?)*)
Papier kommt für uns nicht näher in Betracht, das älteste, welches
ich sah, stammt aus dem 13. Jahrhundert (Neapel und Lucca).
Papyrus und Pergament haben zwei Flächen, auf deren einer ge-
schrieben wurde. Diese nennen wir die Vorderseite, Schrift seit e?
Stirnseite, die unbeschriebene die Rückseite. Für das mit Dinte
oder Farbe Geschriebene oder Gezeichnete dürfte sich der Ausdruck
das Eingetragene oder der Eintrag empfehlen, für das andere,
Pergament, Siegel etc.: das Stoffliche oder Substanzielle.
Der unbeschriebene Raum zwischen dem schriftlich Einge-
tragenen und dem Aufhören des Pergamentes heisst: der Rand,
die Endlinie des Randes: die Kante, der unten umgeschlagene
Rand: der Umschlag, oder, um Verwechslungen zu vermeiden:
das Umgeschlagene, die durch das Umschlagen entstehende
Kante: die Falze. Das von Rand zu Rand Geschriebene ist die
Zeile; Linie hingegen der gezogene Strich, auf dem geschrieben
wird. Die Linien, welche mit der Breite des Pergamentes parallel
laufen, sind: die Querlinien, die mit der Länge parallelen: die
Längslinien, die welche rechts und links zur Begrenzung der
Schrift dienen: die Seitenlinien. Nebeneinander stehend, heisst:
auf gleicher Linie, oder: in gleicher Höhe, untereinander:
in einer oder in gleicher Reihe. Die Ausdrücke links und
rechts gelten vom Beschauer aus.
Wenden wir uns dem Eingetragenen zu. — Im gemeinen
Sprachgebrauche versteht man unter Text: die Gesammtheit der
') Näheres über die Unterscheidungsmerkmale in meiner „ürkundenlehre
der Päpste".
Technische Ausdrücke für das Urkundenwesen der Päpste. 249
dem Sinne nach zusammengehörigen Worte oder Sätze, etwa im
Gegensatze zu Anmerkungen, Randnoten, Glossen, oder auch den
gesammten blossen Wortlaut im Gegensatze zu Facsimiles u. dgl. ^)
Dem entsprechend nennen auch wir den Wortlaut, die Gesammt-
menge der zugehörigen Worte einer Urkunde: ihren Text. Der
Text zerfallt in zwei Haupttheile: in das zusammenhängend Ge-
schriebene und in die gesondert darunter stehenden Zeichen, Sätze
und Worte. Jenes bezeichnen wir als: den Hauptkörper, dieses
als: die Unterfertigungen. Von dem Hauptkörper sondert sich
äusserlich wieder ab 1) der obere Theil, die Nennung des urkun-
denden Papstes und die Adresse umfassend, in der durchgebildeten
Kanzlei regelmässig durch verlängerte Schrift ausgezeichnet, und
2) bisweilen der Schluss, welcher bis auf Calixt II eine Formel
bringen kann, worin sich der Schreibor des Hauptkörpers nennt.
Diese beiden Theile, wozu noch die dem Sinne nach verwandten
Unterfertigungen kommen, pflegt man gewöhnlich Protokoll zu
nennen, wobei dann aber ein Wort für den einzelnen fehlte, oder,
man nennt das Obere Protokoll und das Abschliessende EschatokoU,
was dann wieder eine Gesammtbezeichnung vermissen lässt. Also:
derselbe Ausdruck muss zugleich für ein Ganzes und einen Theil
des Ganzen dienen. Dies sind tiefe Schwächen, abgesehen von dem
etwas gesuchten oder sagen wir gelehrten, zumal des EschatokoUs.
Dazu kommt noch, dass man im lieben des Tags mit Protokoll
etwas ganz anderes als in der Chartik bezeichnet, dass selbst in
der Chartik diese gewöhnliche Anwendung des Wortes bisweilen
nöthig ei-scheint.2) Demnach dürfte die Ausdrucksweise unpraktisch
und womöglich eine andere zu suchen sein. Vergegenwärtigen wir
uns das oben Gesagte, so finden wir, dass der Anfang und Schluss
das Mittlere der Urkunde gleichsam einfasst, es einrahmt. Aus
dieser augenfälligsten Thatsache dürfte sich auch die am meisten
treffende Bezeichnung bilden lassen, das Wort Einfassung,
oder praktisch brauchbarer Einrahmung, der Rahmen, unge-
zwungen zerfallend in Vor- und Schlussrahmen. Das von
dem Rahmen Eingefasste pflegt man Context oder Text zu nennen.
*) Vergl. z. B.: „Die Texte der in den Mon. Graphica medii aevi ent-
haltenen Schrifttafeln von Th. Sickel".
*) Auf den noch unglücklicheren Ausdruck Formular braucqt wohl kaum
näher eingegangen zu werden, er ist nie recht tlblich geworden.
250 V. Pflugk-Harttungi
Letzteres von uns in anderem Sinne verwandt, ist damit für diesen
hinfällig, ersteres in der Gewohnheit begründet, ist an und für sich
nicht übel, doch darf nicht verkannt werden, dass seine Verwandt-
schaft mit Text zu Verwechslungen Anlass giebt, um so eher, als
man in der Praxis die kleine Vorsilbe con leicht weglässt Besser
wäre es demnach, wir entschlössen uns auch hier zu einer Aenderung,
etwa zu dem Worte Conscript, das zusammen, gleichartig Ge-
schriebene ^).
Der Kahmen besteht aus den in Buchstaben geschriebenen
Worten, Sätzen, Formeln und aus gewissen Zeichen. Unter jenen
sind hervorzuheben die Scriptum- und die Datumzeile, oder,
w^enn man sich darauf berufen will, dass sie ja nicht auf einer. Zeile
zu stehen brauchen, die Scriptum- und Datumformel. Nicht
genau, aber kurz und oft genügend, sind die Bezeichnungen als:
das Scriptum und das Datum. Beide enthalten in voller Aus-
bildung Zeitmerkmale, jenes die für die Eintragung des Hauptkörpers
(oft ohne bestimmten Termin), dieses die für die Beglaubigung
(Näheres in meiner Abhandl. im vorigen Bande S. 12 ff.). Weist
eine Urkunde volle Scriptum- imd Datumzeile auf, so empfiehlt
sich der Ausdruck: grosse Datirung, enthält ^io nur eine der
beiden, so lässt sie sich als unfeierliche Datirung bezeichnen,
während unter kleiner Datirung die der Breven zu verstehen
ist, mit verkürzter Datumzeile: Ort-, Tages- und etwa noch Indiktion
oder Pontifikatsangabe enthaltend. Eine feierliche Datumzeile
oder -Formel ist jene, wo nach zwei verschiedenen Herrschern,
nach Papst und Kaiser, oder nach Gott (Christus) und Papst ge-
rechnet worden, eine gewöhnliche ist die, welche nur einen
Herrscher aufweist (vergl. auch Ficker, Urkundenlehre, § 392 f.).
Zwischen Scriptum, bezw. Conscript, und Datum pflegen seit
Innocenz H ziemlich regelmässig die Unterschriften zu stehen,
die des Papstes und die der Kardinäle. Da beide vielfach gesondert
betrachtet werden müssen, so ist es rathsam, auch gesonderte Aus-
drücke dafür zu haben, für jenes etwa die päpstliche Unter-
schrift, oder nur die Unterschrift, Signatur, für diese lässt
sich das italienische Wort für Unterschrift „la tirma*' verwenden,
also die Zeugenfirmen, oder kurzweg die Firmen. Die Unter-
*) Bekanntlich kommt conscribere auch für das einfache scribere vor,
Mittheilungen für öster. Geschforsch. I S. 235.
Technische Ausdrücke für das Urkundenwesen der Päpste. 251
Schriften zerfallen in das vorangesetzte Kreuz, Ego, den Namen,
das Prädikat und das ss, das Doppel-s für subscripsi.
Die nicht in Buchstaben ausgeführten Theile des Rahmens sind
die Zeichen, die der Unterfertigung: die Unterfertigungs-
zeichen, die der Zeugen: Zeugonzeichen (das Kreuz und auch
das Doppel-s), die der Datirung: Datumzeichen.
Als einzelne Zeichen kommen vor. Im Vorrahmen: das
Chrismon, bestehend aus einem Kreuze, oder aus den ineinander-
geschriebenen Anfangsbuchstaben von XQ^^^og, aus Chi und Rho,
also dem Chi-Rho-Zeichen, dem Monogramme Christi *). Zu-
nehmend regelmässiger wird der Vorrahmen von Bullen im Laufe
des 11, Jahrhunderts mit „in perpetuum^' abgeschlossen, welches sich
allmählich zu einem eigenen Zeichen durchbildet, bestehend aus den
Buchstaben IN PPM. Wir nennen es, das Verewigungszeichen,
die Formel hingegen die Verewigung. Bei Breven wird der Ab-
schluss gewöhnlich durch „salutem et apostolicam benedictionem"
gebildet, der Grussformel, der Salutatio, welche zwar in sal. et
aplica. ben. verkürzt, nie aber zu einem eigentlichen Zeichen wird.
In der Unterfertigung der Bullen stand in grossen Buchstaben
ausgeschrieben oder doch nur wenig zusammengezogen BENE
VALETE, die Heilformel2), davor oft ein Kreuz, dahinter ein
Interpunktionszeichen. Dieser Complex wurde von Leo IX in
drei gesonderte Zeichen umgebildet und zerlegt, in die eigent-
lichen Unterfertigungszeichen. Das erste derselben hat man
Signum pontificale, Signum symbolicum, CircuUis pontificalis ge-
heissen. Ausdrücke, ebenso umständlich als wenig sagend, um so
mehr als man schon im Mittelalter einen besseren hatte, nämlich
Rota3). Rota, zunächst Rad, dann auch Kreis bedeutend, führt die
Gestalt des Zeichens vor Augen: der Doppelkreis entspricht der
Felche des Rades, das Kreuz den Speichen, der Kreuzungspunkt
oder Klecks der Achse, Nur eines lässt sich gegen die Bezeich-
nung Rota einwenden, das nämlich, dass es später ein Kollegium
gleichen Namens in der Kurie gegeben hat, dem es oblag, die Justiz-
*) Man hat es auch Labarum genannt, da das aber zugleich die Bezeich-
nung für das Banner mit jenem Zeichen ist, so empfiehlt sich hierfür ein
eigenes Wort.
*) Salutatio und Heilformel wie hier zu verwenden, dürfte besser sein
als im vorigen Bande der Arch. Zeitschr.
^) Bibl. de l'^cole des Charles IV Ser. IV p. 73.
252 V. Pflugk-Harttung:
Sachen zu ordnen. Da dies aber eben jüngeren Datums ist, als
dasjenige womit sich gewöhnlich die Chartik der Päpste beschäftigt
und beschäftigen wird, Zweideutigkeiten von vorne herein durch die
grosse Verschiedenheit des Gegenstandes nicht zu befürchten oder
leicht durch die Voransetzung von Collegium und Zeichen zu ver-
meiden sind, so darf man getrost an dem prägnanten Ausdrucke
festhalten. Als deutscher empfiehlt sich Kad^), Kadzeichen,
Rundzeichen. Die Rota pflegt zu bestehen aus zwei konzen-
trischen Kreisen, dem Aussen- und dem Innenkreise, aus
einem innerhalb des Innenkreises stehenden Kreuze, dem Inneu-
kreuze, welches naturgemäss vier "Winkel bildet, zwei 0 ber-
und zwei Unterwinkel, zwei Links- und zwei Rechtswinkel,
welches mithin besteht aus vier Kreisausschnitten, innerhalb der-
selben wurde die Inschrift angebracht. Den Raum zwischen den
beiden Kreisen nennen wir den Ring, er wird benutzt zur Ein-
tragung einer Sentenz : der Umschrift, die gewöhnlich eingeleitet
wird durch ein Kreuz, das Ringkreuz. Innenkreuz und Kreise
zusammen, also das nicht in Buchstaben Ausgefülirte, lässt sich
bezeichnen durch: das Gerippe der Rota, dieses und die Inschrift
als Stamm, Innenkreuz und Inschrift als Kern. — Rechts von
der Rota befindet sich das Monogramm, der Grundbuchstabe
desselben ist das N, es ist gleichsam der Körper desselben, das
Uebrige sind die Glieder. Die beiden Parallelstriche des N sind
die Grundstriche, die Schäfte, die Senkrechten, der Ver-
bindungsstrich ist die Schräge. — Rechts vom Monogramme steht
ein grosses Interpunktionszeichen, mit Komma nicht übel bezeichnet.
Dasselbe besteht aus zwei Theilen, aus dem Haupttheile und dem
Nebentheile.
Wenden wir uns der Schrift zu. Bekanntlich pflegt man
die Schriftarten des Mittelalters in Majuskel-, Minuskel- und Cursiv-
schriften zu zerlegen. Majuskelschriften sind die, wo die Buch-
staben ungefähr gleiche Höhe und Breite und eine bestimmte Form
aufweisen; es ist die Quadratbuchstaben- oder Grossbuch-
staben-Schrift oder die Grossschrift^), bestehend aus Capitale
*) Auch Munch, 0])ly8ningcr oin det pavelige An»hiv p. 21 spridit direct
von Rad: Under Texten . . . tegnedes et saakaldet Hjul.
*) Der Ausdnick grosse Schrift dürfte sich weniger empfehlen, weil er
Verwechselungen mit grossen Schriftzügen nahe legt.
Technische Ausdrücke für das Urkunden wesen der Papste. 253
und Uneiale, welcher sich spätere Weiterbildungen anreihen. Der
einzelne Buchstabe ist ein Gross-Buchstabe, eine Majuskel,
weniger glücklich: ein grosser Buchstabe. Zur Einschliessung
der Minuskelschriften bedarf es vier Parallellinien, wobei die Ent-
fernung der beiden inneren geringer zu sein pflegt, als der Raum
von diesen zu den beiden äusseren. Bezeichnen wir diese Schrift-
gattung im Gegensatze zu der vorigen als die Kleinbuchstaben-
schrift, als die Kleinschrift, den einzelnen Buchstaben als
Kleinbuchstaben, als Minuskel weniger glücklich: als kleinen
Buchstaben.
Unter Cursivschrift versteht man eine Schreibart, in der
die Buchstaben an einander „fortlaufen", d. h. wo dieselben nicht
getrennt neben einander stehen, sondern mehr oder weniger ver-
bunden, ligirt sind, wobei sie nicht selten ihre ursprüngliche
Gestalt verändern. Wie nennt man nun aber die Schrift, wo dies
nicht der Fall ist, in der die Buchstaben lose neben einander
stehen? Merkwürdiger Welse besitzt man dafür kein eigenes Wort,
sondern spricht auch von Minuskeln. Das Unzulängliche solcher
Bezeichnung zweier Dinge, die sich durchaus nicht decken, durch
ein gleiches Wort liegt auf der Hand, und ebenso das offenbar
Verwirrende. Das Kennzeichen der Minuskeln beruht auf der Eigenart
der einzelnen Buchstaben, Minuskeln und Majuskeln sind hier Gegen-
sätze, das Charakteristische der Cursive dagegen hat mit dem Buch-
staben als einzelnem gar nichts zu thun, sondern ist gegründet auf
das Verhalten der Buchstaben zu einander, weshalb denn auch Minus-
keln sowohl wie Majuskeln cursiv geschrieben werden können, z. B.
auf einigen päpstlichen Bullen der älteren Zeit, wo die erste Zeile
diese, die übrigen jene aufweisen. Wie bei Minuskeln und Majuskeln
gebrauchen wir nothgedrungen auch einen Gegensatz zu cursiv, zu
ligirt, zur gebundenen Schrift, er bietet sich in: offener oder
loser Schrift, in Trennschrift, in Spatialschrift, Spatialo
von Spatium der Zwischenraum, i) Damit sind die Schwierigkeiten
gelöst, wir können jetzt von Cursivmajuskeln und -Minuskeln ebenso
wie von Spatialmajuskeln und -Minuskeln reden, für jede der Sachen
haben wir eine eigene Bezeichnung. Der Kürze wegen, aus prak-
') Bemerkt mag werden, das« in Druckereien die kleinen Pflöcke, welche
zwischen die einzelnen Buchstaben zur Trennung gesetzt werden, um gesperrte,
also stark getrennte Schrift herzustellen, ebenfalls Spatium heissen.
254 V. Pflugk-Harttung:
tischen Rücksichten, mag man für das gewöhnlich Vorkommende,
für die Spatialminuskel, einfach Spatiale sagen, so wenig es theore-
tisch zulässig erscheint. Dann könnte auch noch darauf hingewiesen
werden, dass das Wort cursiv, das Charakteristische, welches es
vorfüliron soll, nicht sonderlich trifft, da ja im Grunde alle Schriften
innerhalb der einzelnen Buchstaben „fortlaufende" sind. Entschieden
besser wäre es, wir legten das so bezeichnende Ligiren zu Grunde
und sprächen von Ligatschrift, was zugleich einen schärferen
Gegensatz zu Spatialschrift abgäbe.
Alle Schriftarten, welche in der päpstlichen Kanzlei erwachsen
und ausgebildet sind, heissen Kurial Schriften. Für die Zeit^
mit der wir uns beschäftigen, zerfallen sie in: alte Kurial e,
fränkische, mittlere und neuere Kuriale, deren Besonder-
heiten in meiner „Urkundenlehre der Päpste" angegeben werden.
Im Ganzen stellen sie den Uebergang von der Ligate zur Spatiale dar.
Die erste Zeile der Bullen pflegt in Buchstaben ausgeführt zu
werden, die stark gestreckt sind, in verlängerten Buchstaben
oder in Streckbuchstaben, während die Schrift selber mit
Gitterschrift (daher auch Gitterbuchstaben) nicht übel bezeichnet
sein dürfte. Sind diese Buchstaben, wie es z. B. im Vorrahmen
der zweiten Zeile zu sein pflegt, nur von halber Höhe, so kann man
für sie den Ausdruck halblange Buchstaben wählen.
Unter Duktus verstehen wir die Führung der Hand beim
Schreiben, unter Mache die Ausführung im Einzelnen. Breite
ist die Entfernung von links nach rechts und umgekehrt. Länge,
Höhe, Tiefe die Entfernung von oben nach unten und umgekehrt.
Technische Ausdrücke für das rrkundenwesen der Püpste. 255
Striche und Verzierungen.
1^
/\
z
Gerade (Senkrechte,
Schräge, Wagereclite).
Steigende, sinkende oder
fallende Schräge.
Geknickter Strich (ein
Strich, der im Winkel
seine bisherige Richtung
aufgibt).
Gebogener Stricli (der
allmälüich seine Rich-
tung verliert).
Gebrochener Strich
(wenn die Knickung bis
zum spitzenWinkel wird)
Wellen- oder Schlängel-
strich.
Zitterstrich.
r\nnr\ ^^l^i^i*'>enstrich oder
/ U U U l hoch geschlängelt.
^ 4 Aufgeschlängelt, abge-
S g schlängelt oder gewellt.
c Schuppenstrich.
^ ^ Aufgeschuppt, abge-
S ZP schuppt.
I I Zickzackstrick (aufge-
^ ^ zackt, abgezackt).
S e Zacken- oder 'Sägestrich
^ < (spitz, stumpf gezackt).
^ Ilohlzackenstrich.
II • Zahnstrich (aufgezahnt,
^ P abgezahnt).
/M/i/C Gewundener Zahnstrich.
/
000000
Zinnenstrich (eng ge-
zinnt, weit gezinnt).
Knoten- oder Buchten-
strich.
Treppen- oder Stufen-
strich,
Scheibenstrich.
"O-O-OO- Halbscheibenstrich.
^^^•^^ Perlenstrich.
^O^OOC Rautenstrich.
XUJUL
Gewundener Strich
(aufgewunden, abge-
wunden).
Schleifenstrich.
-^^^^^^^ Doppelschleifenstrich.
Illiiiiillltrmil
KammstrichjAuf-
I Abkam mstrich
I (auch bei Schat-
"^ ^ tirungen vorkom-
mend, Aufkammschattirung etc.)
/^ Aufgebuchteter, ab-
^ gebuchteter Strich.
w
Linksbuchtung, Rechts-
buchtung.
(Voller) Knoten.
IJnksknoton, Rechtsknoten
oder Buckel.
256
V. Pflugk-Harttung:
o
VA
%
0(0)
Spirale oder Schnecken-
linie, aufgerollte
rollte Schnecke.-
/^ linie, aufgerollte, abge
VS/ roll ^ • '
Hufeisenform.
Lanzettform.
Keilform.
Keulen- od. Tropfenform
(jenes verjüngt, dies an-
schwellend).
Kleeblattform.
Weinblattform.
Scheilxi od.Kreis(concen-
triflche Doppelscheibe).
Strahlen- u.Punktirstern,
an einem Striche =
Knoten.
Querstrichknoten,
Doppelquerstrichknoten
Querbogenknoten.
Geviertknoten.
■m-
Balken mit dreifachen
Querschlängelhaken.
Ranken.
Lilienkelch.
Band = ein durch zwei Striche be-
grenzter Raum; ist er mit Dinte aus-
gefüllt, so ist es ein gefülltes oder
Vollband.
Halbge^chlängeltes
Band.
GcschlUngeltes Band.
Geschlängeltes Voll
^-''^-'•^^ band.
>V^v>^ Schlängelband.
^^^^^^^'^'^^^^^ Halbgezacktes Band.
XOOCOCO Gezacktes Band.
y\y\y\/\ Zackenband.
11 II II II • Band mit Querbinden.
Band mit Schrägbinden.
Band mitQuerringen,
,, „ ^^ , , , mit gefüllten Quer-
ringen od. Vollringen.
Wechselband.
ywv^bxL^ Rautenband.
Treppen- od. Stufen-
band,
, ^» / . . Band mit Schlängel-
^-^^^-^ binden.
Zweiflechtiges Band.
Dreiflechtiges Band.
J\\ Bogenband,
))J = Dopi>elbogenband.
nvv v\ GebrochenesBogenband,
J/J V Doppelbogenband.
vov v\ Zwiefach gebrochenes
/// V Doppelbogenband.
Technische Auadrttcke fttr dai* Urkiindenwefien der Päpste. 257
Buchstabentheiie.
Jeder Buchstabe ist aus Linien oder Strichen gebildet, man
mag dies dem Sprachgebrauche einräumen, genauer wäre, man
spräche nur von Strichen und behielte die Linien der Liniirung des
Pergamentes vor. — Ein betonter Strich ist einer, der mit Druck
versehen, ein unbetonter einer, bei dem es nicht der Fall. Ein
Grundstrich ist ein betonter Strich, der einen, bezw. den Haupt-
bestandtheil des Buchstaben ausmacht. Ein Haarstrich ist ein
imbetonter Nebenstrich. Ein Doppelstrich entsteht, wenn zwei
gleichartige Striche neben einander laufen, ein Schattenstrich,
wenn es mit einem betonten neben einem unbetonten geschieht.
Der Kern- einer Schrift ist die grosse Menge des auf der
Linie Stehenden, das darüber empor Ragende sind: Oberlängen,
das unter die Zeile Gehende: Unterlängen. Oder erweitert, die
bei Minuskeln durch die zwei Innenlinien begränzten Buchstaben
heissen: kurze Buchstaben, neben ihnen kommen solche vor, die mit
Ober-, solche die mit Unter- und solche die mit Ober- und Unter-
länge versehen sind. Wir nennen sie hohe, tiefe und lange
Buchstaben. Wesentliche bezw. Haupttheile eines Buchstaben
sind diejenigen, welche seine Gestalt bedingen, unwesentliche
oder Nebentheile die Zusätze zum Haupttheile. Es lässt sich
aber auch sagen, der Körper oder Stamm eines Buchstaben
ist sein zusammenhängender Haupttheil, das davon Abgezweigte
sind die Glieder.
Der Fuss ist der untere Endpunkt, bezw. das Ende eines
Buchstaben. Ein solcher kann deren mehrere haben, z. B. ein M,
wo alsdann von Vor- und Hinter-, von Links- und Rechts-
fuss zu reden. Kopf ist das obere Ende (Yor- und Hinter-
kopf), Hals derjenige Theil, der etwa als Verbindung zwischen
dem Kopfe und einem anderen Haupttheile dient.
Schaft (Zitterschaft etc.) ein
ungefähr senkrecht stehender
Strich eines Buchstaben.
Balken (Zackenbal-
- ^vv^A^^/^ ken etc.) ein ungefähr
wagerechter Strich
eines Buchstaben.
Ober-, Mittel- Unter
balken.
v/\ Schenkel entstehen, wenn
zwei Schrägen im Winkel
zusammentreffen. Fallenrle, steigende
Schenkel.
Rechts-, Linksbalken
ArchiralfBche Zeitschrift VII. I7
258
V. Pfiugk - Harttung :
Bogen:
Auf.
Rechtsbogen
J / Rund-, Flach bogen
/"\ Auf-, Ab-, Links-,
") Breitbogen.
[J Langbogen.
Schenkelbogen.
/ \ ^ Spitzbogen.
L/^ Hochbogen.
|} Ansatzbogen.
\j Aufsatzbogen.
O \( Buchtbogen.
ly Schuppenbogen etc.
\) Offener Bogen.
b
Aufschwungbogen.
Stehen zwei Bögen übereinander, wie
im B oder S, so ist der höhere der
Ober- oder Ue her bogen, der untere
der Unterbogen.
rr
Bauch (ein ausgefüllter Bogen)
Haken (Bogenhaken, oder
Haken schlechtweg, Winkel-
oder Spitzhaken).
C-O Schlängelhaken.
Schweif (doppelt ge-
krümmte Linie in Form
eines Thierschwanzes z. B.
rv
Schnitt (kleiner abgrenzender Strich).
Wagerechter oder Balken-
schnitt.
Schrägschnitt.
Konkav- od. Abbogenschnitt.
Konvex- od. Aufbogenschnitt.
Gabelschnitt, gegabelt, gabel-
förmig.
Palmen- od. Schuppenschnitt.
^
Schaftschnitt.
j r Halbschnitt.
Schnörkel- oder Schleifenschnitt,
kürzer: Schnörkel, Schleife:
J
Bogenförmig ansetzen-
der od. Bogenschnörkel.
Spitz ansetzender,
spitzer oder Spitz-
schnörkel.
Rundschnörkel.
Flachschnörkel.
Blattschnörkel.
VerstÄrkter, grosser
Blattschnörkel od. Klee-
blattschnörkel.
Spitzblattschnörkel oder
spitzer Blattschnörkel.
Verstärkter od. grosser
Spitzblattschnörkel.
Schuppenschnörkel.
Spitzschuppenschnörkel
mler spitzer Schuppen-
schnörkel.
Technische Ausdrflcke für das XJrkundenwesen der Päpste. 259
I
1
A
i
i
H
"Wellenschnörkel.
Hohlzacken oder Fächer-
Schnörkel
Fingerschnörkel.
I lochsch wungschnörkel .
Abschwiingschnörkel .
Wickelschnörkel; ein-
facher, jede Biegungnach
links wird gezählt.
Rundwickelschnörkel , zwie-
facher oder dopi>elter.
Spitzwickelschnörkel , drei-
facher.
Blattwickelsclinörkel.
Doppel- , dreifacher,
vierfacher Schnörkel,
dopp. geschnörk. etc.
Doppelblatt, Doppel-
spitzschnörkel.
Oberlänge:
-. Gerade oder steife Oberlänge.
I Allsgebogene.
j Eingebogene.
( Geschwungene.
Y Gabelförmige Oberlänge.
/ { Mit Ansatz.
\ Links gewandt oder gebeugt.
>w Links geschwungen.
^.^ Rechts gebogen.
Geschwänzte Buchstaben = unter
die Linie durch einen Schwanz oder
dergleichen verlängert, z. B.
^ 71 etc.
Fester oder Ansatzschwanz,
^ ^ loser oder Schwebeschwanz.
Ä Gerader Schwanz.
C^ Harpunenschwanz.
ß Bogenschwanz.
- ^ (Langer, kurzer) Haken-
y ^ schwänz.
£/ Spitzhakenschwanz.
/. Zickzackschwanz.
^
Geschlossener Schwanz.
Köpfe.
Q Ol Oval- oder Ellipsen - Köpf e
'• ' (Schräg-Ellipse).
: Bogenkopf.
Q. Rundkopf.
Cn Bnchtkopf.
17*
260
V. Pflu^k-IIarttiinjr :
Einzelne Buchstaben.
Der Buchfitabo, welcher zu Anfang steht, ist eine Initiale, verziert: Prunk,
initiale, den Text einleitend: Text initiale, einen Satz beginnend: Satz-
initiale.
Minuskeln.
(\^ Geschlossenes.
66' Offenes.
CO Altknriales.
^ Mit Aufsatz.
J. Mit Hochaufsatz.
A 1 tcurialgesch wä n zt .
Mit Schnftrkelaufsatz.
d: (X cL ^^('hlossenes, offenes.
Eingebuchtetes (Bucht ) d.
Mit Zunge, Zungen-e.
Ringele.
Geschwänztes.
e
5
Mit geradem TIals, gerad-
halsig.
Mit Bogenhals, bogenhalsig.
Mit Knickhals, knickhalsig.
Mit aufgebogen. Unterlänge.
iS Mit eingerollter T'nterlänge
:^
terlänge.
Mit li]
hinge.
a j
.ch^ li
/) Mit Halsstrich.
?
/
'S
p
Q Q\ Mit rechtsgeschnörkelter Un-
"TJ u terlänge od. Recht«8chnörkel.
(X . Mit durchgezogener od.Durch-
py zug-Unterlänge.
^ Mit aus- oder abgerollter l'^n-
6^ ter;
CL Mit linksgeschweifter l'nter-
/^^J länge.
Mit Linksschnörkel - Unter-
länge.
Mit rechts gebuchteter I^nter-
länge.
Mit abgeschweifter Unter-
länge.
Mit abgeschweifter Gabelun-
terlänge.
Mit aufgeschweifter l'nter-
länge.
Mit schräger Plattunterlänge.
3Iit Knicklials und schräger
Plattunterlänge.
Mit abgeschnörkelter Unter-
länge, oder einfach: mitAb-
schnörkel, Abschnftrkelung.
Mit doppeltabgeschnörkelt^r
Unterlänge.
Tecluiische Ausdrücke fttr das Urkundenwesen der Papste.
2()l
LI
Mit Spitz-Durchzug-Un-
terlänge.
Mit Linkswickelschuör-
kel- Unterlänge.
Mit Kamm oder Schopf.
Mit aufgesetztem oder
Aufsatz-Kopf.
Mit ^k,•llrägsclmitt- Unter-
länge.
^lit Kreuzhaken, mit Bo-
genaufsatz oder Bogen-
sattel.
Mit Schleifensattel.
Bucht -h.
Bogen- oder gewöhn-
liches h.
Doppel-i.
Doppel-i, das zweite, das
ste ges '
y ) erste geschwänzt.
//
LL
// //
in,
.1
Doppel-i mit Strichen od.
bestrichtes Doppel-i.
Bestrichtes Doppel-i, das
zweite, erste geschwänzt.
Gewöhnlich geschwänzt.
Mit rund angesetztem
Schwänze.
Mit spitz angesetztem
Schwänze.
Gegenbogen- od. Wech-
selbogen-m.
Hohes oder Hoch-q.
Langes oder l^ng-q.
st:
1 ?
?
?
r
ff
5
Ho<*hrollkopf - oder
Silmeckenkopf-q.
LangroUkopf-q.
P^ingebuchtetes
LangroUkopf-q.
Aufsatz Rollkopf-q.
Schweif-r.
Haken- od. gewölm-
lidles r.
Rundes, geschlosse-
nes od. Rundkopf-r.
Lange - s, (Haken - s,
Schnörkels).
Rundes od. Schlau-
gen-s.
Stehendes, übendes
Rund-8.
Gestreckt stehend,
-"3 hegend.
Gedrückt stehend.
Geschwänztes Runds.
^ Mit Ansatzghedem, oder
Wechselbogen-s.
^
^
(i
P
f
Rund verbunden oder
rundes st.
Spitz verbunden,spitzes8t.
Spitz geschweift verbun-
den, spitz geschweiftes st.
Flach verbünd^ flaches st.
SchlängeUch od. Schnör-
kehg verbunden,
Schlängelst.
262
V PflugkHarttung:
i
.■'■>
ff:
* A
T\
B
K
Balkenhaft verbunden, bal-
kenkaftes st od. Balken-st.
Balkenhaft-abgerundet .
Balkenhaft rechtsgerundet.
Balkenhaft rechtsgespitzt.
(Balkenhaft) mit Auf-,
Abbuchtung, auf-, abge-
buchtetes St.
Rund und balkenhaft.
Kund und schenkelig.
A
t:
Schlangen-s, rund verbun-
den, rundes Schlangen-st
u. s. w.
Altkuriales t, Schleifen-
köiper-t.
u : tt V J^n<l^ß und spitzes u, ge.
wohnliches u, Schup^ien -
gchlängelbalkenhaft.
Majuskeln
4
X
Geschwänztes u.
Geschweiftes »Schenkel-u.
Geschweiftes x.
Geschweiftes Schwanz-x.
Gegenbogen-z.
Capitalform, oder gewölm-
Uches Majuskel- A.
Majuskel mit Deckbalken.
Deckbalken-A, mit .ge-
schweiftem Vorderschaft.
Halbgeschweiftes A.
Im Hinterbalken ge-
schweiftes A.
Geschweiftes A.
Mit Rollbogen.
^ Mit Aufechwung - Bnich-
C:
Mit Doppel-, Knick-
AA _A u. Zungenbindebalken
/A /\ o. Verbindungsbalken.
i
Mit Spatialbogen.
Mit Schenkelbogeu.
Mit Bruchbogen.
U bogen.
) Eingebuchtetes C.
l
c
Eingeknicktes oder gebro-
chenes C.
Mit Halsknoten.
D:
b. mit geschlossenem,
i\ offenem Aufechwung-
bogen.
^-^ e^.-^ Oval-D od. EUipsen-D
( 1 1 1 mit Linksbalken, mit
len zu
RoUbalken (beide kön-
nen zum Rund-D werden).
XJnicalform (vgl. Bogen).
Rund- oder tief-, flach-,
bogige Unicalform.
Technische Ausdrücke für das Urkundenwesen der Päpste. 263
G:
H:
L:
M:
<
Uiiical - E mit Halb-
schnitten.
Q)
Halbgeschlossenes.
c
Unical-E mit Öchweif-
kopf.
Q)
Halbgeschlossenes mit Auf-
satzbogen.
r
Mit Körperansatz.
f?
Eingebuchtetes M, halbge-
schlossen mit Aufsatzbogen.
t
Gestreckte Minuskel-
form.
E
Gitter -M, oder gestrecktes
Minuskel-M.
(T
Mit ISchweifkopf.
J
Geschwänztes N.
G^
Mit Schweifkopf und
Rollfuss.
P: ,P
Geschwänztes P.
U
Tief-, Mittelbalken-H.
?
Geschwänzt mit T^inks-
schweif bezw. Balken (vergl.
vom Bogen).
Mit Halbschnitten.
«^ a
Gewöhnhchee Q oder mit
' Kreuzarm.
J
Langes J.
(j r) Mit Halbschnitt-, mit
^^-^v^ \J^ Schnittarm.
3
Langes geschweiftes J.
a
Mit Balkenarm.
^
Langes J mit Körper-
ansatz.
ÖL
Lanzett-Q.
1
Langes 8chopf-J.
b.
Eingerolltes Q, od. Lanzett-
RoU-Q.
LL
1
Halbgeschweiftes , ge-
schweiftes L.
(Geschweiftes Sclmitt-L.
t
K: R.
Wickel-Q.
Mit SpatialgUedem (vergl.
Bogen und B).
n
CD
Capital -M, der Vorder-
schaft geschweift, halb-
geschweiftes Capital-M.
Halbunical.
- s
s
Schnitt-S.
Gabelschnitt-S.
ö)
Geschlossenes M.
^
Mit Kopfschnitt u. Schweif-
fuss.
n
Geschweiftes M.
s
Mit Halsknoten.
264
V. Pflugk-Ilarttiiiig:
^ Mit Doppelötridiköriwr.
SMit Köri)en5C'lmitten (vergl.
Minuskel- S).
rj. 7^^ Geschweiftes T.
U Rundes oder gewöhnliches
V: \/ Spitzes- oder 8chenkel-U,
Buchstabenverbindungen
TDD
/ Gewöhnliches Z.
^"/^ Gesdiweiftes (Schweif ) Z.
/ Gegenbogen-Z.
^ Schweiffuss-Z.
I
A
= Ligatur (von gi, jenes mit Veränderung, dieses mit Bei-
behaltung der ur8i)rünglichen Buchstabenform).
= Verschränkung (em Buchstabe durclmeidet einen anderen,
ohne einen Theil von ihm zu verwenden).
= An- oder Zusammengesetzt (für euien Buchstaben ist
ein Theil des anderen benutzt).
= Eingesetzt, Einschaltung oder Einrückung (ein Buch8tal>e
steht innerhalb, bezw. in dem Bereiche eines anderen ohne
ihn zu berühren).
= Aufgesetzt, Aufsatz.
= üebergesetzt, Uebersatz, wler beides als Säulenbuch-
staben zu fassen, ersterer mit fester, letzterer mit loser
Säulenstellung.
Abbreviatur- oder KQrzungszeichen.
Zerfallen in Hoch-, Seiten- und Tiefkürzungszeichen.
Balkenzeichen.
Or>
Schlängelzeichen.
\j — Auf-, Abbuchtzeichen.
Schleifenzeichen , Unter-
schleife-, Oberschleifezeich.
Schleifen - Abschwung-
zeichen.
(fr Dopi)el8chleifezeichen.
Qy Spitzes Oberschleifezeichen.
9
t
T
Sc
Rollzeichen.
Kollzitterzeichen.
Bogen- oder Sichelzeichen.
Verschlungenes oder ver-
schränktes et-Zeichen.
Geschweiftes oder tironi-
sches et-Zeichen.
Verschlungt^n mit Ualbkopf.
Techiiiöche Ausdrücke für das Urkundeuwesen der räi>Kte.
2Ü5
Verschlungen mit Ab-,
mit Aufschwung (Auf-
strich).
Verschlungen mit Auf-
sclmörkel, mit Doppel-
aufschnörkel.
2^
Einfaches mm -Zeichen.
Til^^ Im Kreuzschnitt erweitert,
o^ Mit Schlingbalken.
44
;Mit Scimörkelbalken
(Wickelschnörkel etc.)
Interpunktionszeichen.
Kleiner Punkt: ungefähr unser Komma, er bewirkt keine Veränderung des
folgenden Buchstaben.
Grosser Punkt: imgefähr unser Punkt, liat eine unbetonte Majuskel hinter sich.
Starker Punkt: em verstärkter grosser Punkt, hat eme betonte Majuskel
hinter sich, steht gewöhnlich am Ende der einzelnen Conscriptformeln.
Schlusspunkt, schliesst einen Absatz, ist oft ein
Erweiterter Punkt, bestehend aus mehreren Theilen, oder doch einem
ausgedehnteren Zeichen als der einfache Punkt.
Dreieck- od. dreifacher Ueber-
c^o
Schaftpunkt.
Sclilängelpunkt (li^end,
stehend).
Schweifpunkt (liegend,
stehend).
7 Hakenpunkt.
f f f Keilpunkt, Sensenpunkt.
p Sichelpunkt.
/ Unterpunkt.
Ueberpunkt.
Nebenpunkt.
Doppelüberpunkt.
J punkt.
Vierecküberpunkt.
J
•.*.• Fünffacher Ueberpunkt.
J
(Die ganze Gruppe von Punkten, in
denen ein Strich vorkommt, lässt sich
als Strichpunkte bezeichnen.)
l Schlängel - Doppelüberpunkt.
• Säulenpunkt.
Verstärkter Säulenpunkt.
Doppelsäulenpunkt.
! Säulenüberpunkt.
. « Doppel- oder doppelter Punkt.
; • • • Dreifacher Punkt.
In der verlängerten Schrift kommen vor, neben Säulenpimkten, Hoch-
punkte, mittlere Punkte, Tiefpunkte, je nachdem sie oben, in der
Mitte oder unten auf Buchstabenhöhe stehen.
266 V. rflugk-Harttung: Techn. Ausdrücke f d. Urkunden wesen d. Päpste.
Kreuze und Chi-Rho-Zeichen.
Ein Kreuz besteht aus Schaft und Balken oder vier Armen (Oberarm,
Unterarm Kechtsarm, Linksann).
Kreuz mit Schaft-, Bal-
j- jt, ^ ivreuz mit ?>cnatt-,
1|r T* T ken-, Armpunkten.
+
Griechisches Kreuz.
+
Stemkreuz.
--
lÄteinisches Kreuz.
f
Dreifaches Schnittkreuz.
+
Kreuz mit Schnitten,Schnitt-
kreuz.
*
Kreuz mit Schweiffuss.
+
Kreuz m. Scheibenschnitten,
Scheibenschnittkreuz.
$
Chi-Rho-Zeichen.
•$■
Schnittkreuz mit AVinkel-
punkten.
AM"
Schnörkel-Chi-Rho-Zeichen.
•*
Schnittkreuz mit AVinkcl-
sichelpunkten.
?
Kreuz-Rho-Zeichen.
f
Schnittkreuz mit Winkel-
strichpunkten.
1
Aufschwung-Chi-Rho-
Zeichen.
t
Clii-Schaft-Zeichen.
XI. Vorbedingungen für Anstellung im k. bayerischen
Archivdienste.
Ludwig II.
Ton Gottes Gnaden Könige ron Bayern, Pfalzgrraf bei Rhein,
Herzog Yon Bayern, Franken und in Schwaben etc. etc.
Wir finden Uns bewogen, hinsichtlich der Vorbedingungen
für Anstellung im k. Archivdienste zu verordnen, was folgt:
§ 1-
Die Anstellung im k. Archivdienste setzt voraus, dass der
Bewerber sich auf Grund allgemeiner Vorbildung die besondere
theoretische und praktische Berufsbildung angeeignet habe.
I.
Theoretische Vorbildung.
§2.
Um zum praktischen Vorbereitungsdienste zugelassen zu wer-
den, hat der um Zulassung Nachsuchende den Nachweis zu liefern,
dass er entweder
a) die erste (theoretische) Prüfung der Rechtskandidaten an
einer Hochschule, oder
b) die Haupt-Lehramts-Prüfung aus den philologisch-historischen
Fächern bestanden hat, oder
c) rite zum Doktor der Rechte oder der Philosophie in den
philologisch-historischen Wissenschaften an einer deutschen
Hochshule promovirt worden ist.
In den Fächern, welche nach § 19 gegenwärtiger Verordnung
den Gtegenstand der praktischen Prüfung ausmachen, ist eintretenden
Falles das theoretische Studium während der Praxis durch Besuch
der einschlägigen Vorlesungen an der Hochschule nachzuholen.
268 Vorbedingungen für Anstellung iiu k. bayerischen Ardüvdienöte.
§3.
Auf Grund eines der vorerwähnten Nachweise kann der Be-
werber bei dem k. allgemeinen Reichsarchive, dem k. geheimen
Haus- oder dem k. geheimen Staatsarchive um Zulassung zum
archivalischen Vorbereitungsdienste nachsuchen.
Die Zulassung wird durch gemeinschaftliche Entschliessung der
k. Staatsministerien des k. Hauses und des Aeussern, dann des Innern
ertheüt, in welcher zugleich für die ganze Dauer der Vorbereitungs-
Praxis, oder vorläufig für einzelne Theile derselben, die Stelle oder
Behörde bestimmt wird, bei welcher diesselbe zurückzulegen ist
n.
Vorbereitungsdienst (Praxis).
§4.
Der Vorbereitungsdienst beginnt mit dem Tage der eidlichen
Verpflichtung.
Die in den Vorbereitungsdienst eintretenden Archivpraktikanten
haben einen Eid dahin abzuleisten, dass sie die ihnen zugewiesenen
dienstlichen Aufgaben nach den bestehenden Gesetzen und Ver-
ordnungen und nach den ihnen ertheilten Weisungen treu erfüllen,
den dienstlichen Aufträgen ihrer Vorgesetzten pünktlich nachkommen
und das Amtsgeheimniss sorgfältig bewahren wollen.
Ausserdem findet die Vorschrift der Verordnung vom 15. März
1850, die Theilnahme der Staats- und öffentlichen Diener an Vereinen
betreffend (Kegierungsbl. S. 241) auch auf die Archivpraktikanten
Anwendung.
§5-
Der Archivpraktikant hat eine ununterbrochene dreijährige
archivalische Praxis zurückzulegen, um sich während derselben
unter Fortsetzung des theoretischen Studiums die erforderlichen
praktischen Kenntnisse zur Uebernahme eines archivalischen Amtes
anzueignen.
§6.
Die Arcliiv-Praxis wird am k. allgemeinen Reichsarchive oder
am k. geheimen Haus- oder k. geheimen Staatsarchive, ausnahms-
weise an einem k. Kreisarchive erstanden.
Vorbedinjriinßren fttr Anstellnnp: im k. bayerischen Archivdienste. 269
§ 7.
Die Beaufsurhtigung und Leitung dos Vorbereitungsdienstes
liegt den Vorständen der Stelle oder Behörde ob, bei welchen die
Archivpraktikanten verwendet sind.
Der Vorstand des k. geheimen Haus- und Staatsarchivs und
die Kreisarchivare haben bei Verwendung von Archivpraktikanten
denselben ein verschlossenes Zeugniss über die Dauer der Ver-
wendung, über das dienstliche und ausserdienstliche Verhalten, sowie
über die LeistungeA der Archivpraktikanten und die hiebei hervor-
getretenen Mängel auszuhändigen.
Unterbrechungen des Vorbereitungsdienstes sind in dem Zeug-
nisse unter genauer Angabe der Dauer und der Gründe derselben
anzuführen.
§8.
Nach Anleitung des Vorstandes des k. allgemeinen Reichs-
archivs, beziehungsweise de§ k. geheimen Haus- und Staatsarchivs
oder k. Kreisarchivs hat der Archivpraktikant die zu § 19 ein-
schlägigen Kollegien während der Praxis nachzuholen, soferne er
dieselben nicht schon während der Universitätszeit besucht hat.
§ 9.
Alle mit der Vorbereitung der Archivpraktikanten befassten
Beamten haben dafür zu sorgen, dass der Vorbereitungsdienst den
Archivpraktikanten volle Gelegenheit bietet, sich in allen Geschäfts-
zweigen wissenschaftlich und praktisch genügend auszubilden und
den Dienst in materieller und formeller Hinsicht kennen zu lernen.
§ 10.
Urlaub darf dem Archivpraktikanten in jedem Jahre des Vor-
bereitungsdienstes nur in der Gesammtdauer von zwei Wochen ge-
währt werden. Den Urlaub ertheilt der Vorstand der Stelle oder
Behörde.
Die Urlaubszeit ist in die vorgeschriebene Dauer des Vorbe-
reitungsdienstes einzurechnen, jedoch im Zeugnisse anzufilhren.
§ 11.
Der Archivpraktikant steht während des Vorbereitungsdienstes
bei einer Stelle oder Behörde unter der Disziplin des Vorstandes
derselben.
270 Vorbe<lingun»en für Anstellung im k. bayerischen Archivdienste.
Lässt sich der Archivpraktikant in dienstlicher oder ausser-
dienstlicher Beziehung ein ungeeignetes oder ordnungswidriges Be-
nehmen zu Schulden kommen, so hat der Vorstand ihn zurechtzu-
weisen, und wenn die Zurechtweisung fruchtlos bleibt, oder ein
Verschulden schwerer Art vorliegt, dem vorgesetzen k. Staats-
ministerium, gegebenen Falles unter Vermittlung der Centralstelle,
zur weiteren Verfügung Anzeige zu erstatten.
Zur veranlassten Verfügung, unter Umständen zur zeitweiligen
oder dauernden Entlassung aus dem' Vorbereitungsdienste ist hin-
sichtlich der bei dem k. allgemeinen Reichsarchive oder einem k.
Kreisarchive in Praxis Stehenden das k. Staatsministerium des Innern,
hinsichtlich der bei dem k. geheimen Haus- oder k. geheimen Staats-
archive in Praxis Stehenden das Staatsministerium des k. Hauses
und des Aeussern zuständig.
Eine etwa verfügte zeitweilige oder dauernde Entlassung aus
der Praxis werden die k. Stsatsministerien sich gegenseitig mittheilen.
Bis zum Eintreffen einer Verfügung kann dem Archivprakti-
kanten die Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes vom Vorstande
untersagt werden.
§ 12.
Praxis bei einem Gerichte, bei einer Verwaltungs- Behörde
oder bei einem Rechtsanwälte, ferner die Verwendung als Lehramts-
kandidat in den philologisch-historischen Fächern, kann bis zu einem
Jahre in die Dauer der Archivpraxis eingerechnet werden.
Rechtskandidaten, welche die zweite Prüfung (Staatskonkurs),
Lehraiütskandidaten, welche die Spezial-Prüfung in den philologisch-
historischen Fächern bestanden haben, kann mit Genehmigung der
k. Staatsministerien des k. Hauses und des Aeussern, dann des
Innern die bezügliche Praxis bis zu zwei Jahren auf 'die Arehiv-
praxis angerechnet werden.
m.
Praktische Prüfung.
§ 13.
Nicht vor vollendeter dreijähriger Praxis hat sich der Bewerber
um eine Anstellung im k. Arclüvdienste einer praktischen Prüfung
am k. allgemeinen Reichsarchive zu unterwerfen, um darzulegen,
Vorbe<lingiinj?en für Anstellung im k. Imyerischon Archivdiensto. 271
dass er unter Fortsetzung des theoretischen Studiums die erforder-
lichen praktischen Kenntnisse erworben, und sich dabei mit dem
innern Staatsorganismus und dem Geschäftsgange nUher bekannt
gemacht habe.
Das k. Staatsministerium des Innern bestimmt, wann eine
praktische Prüfung abzuhalten sei, und kann, wenn ein Bedarf
von geprüften Praktikanten nicht gegeben ist, die Zugänge mehrerer
Jahre in Eine Prüfung zusammenziehen.
§ 14.
Mit dem Gesuche um Zulassung zur praktischen Prüfung sind
vorzulegen :
1) Nachweis über bestandene theoretische Prüfungen oder er-
langten Doktorgrad nach § 2,
2) Nachweis, dass der Gesuchsteller der aktiven Militärdienst-
pflicht genügt habe, oder vom Militärdienste ganz oder
theilweise befreit sei,
3) das dem Archivpraktikanten nach § 7 Abs. 2 ausgehändigte
verschlossene Zeugniss.
§ 15.
Die Zeit, während welcher ein Archivpraktikant in Folge un-
verschuldeter Hindemisse dem Vorbereitungsdienste entzogen war,
ist in die vorgeschriebene Dauer desselben in Anrechnung zu bringen,
sofeme diesselbe während eines Jahres den Zeitraum von sechs
Wochen nicht übersteigt. War der Archivpraktikant in einem
Jahre über sechs Wochen dem Vorbereitungsdienste entzogen, so
kann eine Anrechnung der überschiessenden Zeit nur mit Geneh-
migung des Staatsministeriums des Innern, benehmlich mit dem
k. Staatsministerium des k. Hauses und des Aeussem erfolgen.
§ 16.
Wird das Gesuch^ vom Reichsarchive genügend befunden, so
fertigt dasselbe das Zulassungsdekret aus.
§ 17.
Archivpraktikanten, welche sich über die vorschriftsmässige
Erfüllung des Vorbereitungsdienstes, über entsprechende Leistungen
in demselben und zugleich über ein untadelhaftes Verhalten nicht
auszuweisen vermögen, sind zur Prüfung nicht zuzulassen.
272 Vorbe<iingungen für Anstelliinjr im k. baj-^ripchen Archivdienste.
In dem ein Zulassungsgesuch zurückweisenden Bescheide ]ßt
der Grund der Zurückweisung anzugeben. Erfolgt die Zurück-
weisung wegen ungenügender Dauer des Vorbereitungsdienstes, oder
Avegen mangelhafter Leistung in demselben, so hat das k. allgemeine
Reichsarchiv gegebenen Falles im Benehmen mit dem Vorstände
des k. geheimen Haus- oder Staatsarchivs in dem Bescheide über
die erforderliche Ergänzung des Vorbereitungsdienstes Bestimmung
zu ti-effen.
§ 18.
Die Vornahme der Prüfung wird einer Kommission übertragen,
bestehend aus dem Vorstande des k. allgemeinen Reichsarchivs und
zwei aus der Reihe der Beamten der k. Archive zu entnehmenden
Mitgliedern, welche jedesmal vom k. Staatsministerium des Innern
im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des k. Hauses und
des Aeussem bestimmt werden.
Zur Führung des Protokolls und zur Besorgung *der Schrei-
bereien ist der Kommission ein Bediensteter aus dem Personale
des k. allgemeinen Reichsarchivs beizugeben.
§ 19.
Die Prüfung isttheils schriftlich, theils mündlieh zu vollziehen,
und aus folgenden Disziplinen vorzunehmen:
A. Archivalische :
1) Verstehen der alten Schriften und ihrer Geschichte,
2) Diplomatik,
3) Archivkunde.
B. Historische:
1) Deutsche und europäische Geschichte,
2) bayerische Geschichte,
3) mittelalterliche Geographie Deutschlands.
C. Juristische:
1) Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte,
2) Hauptbegriffe und Grundsätze des bürgerlichen Rechts,
3) Kirchenrecht.
D. Sprachliche:
Französische Sprache.
Vorbedingungen zur Anstellung im k. bayerischen Archivdienste. 273
§ 20.
Bei der schriftlichen Prüfung sind dem Kandidaten aus jeder
Disziplin eine oder zwei Probeaufgaben, dann aus den Abtheilungen
A und C ein praktischer Fall zur Bearbeitung vorzulegen.
In der Abtheilurig A soll eine Urkunde oder ein anderes
Archivale gleichsam für die Herausgabe im Druck mit den nöthigen
Erläuterungen bearbeitet werden.
In der Abtheilung C ist der praktische Fall aus Akten und
Archivalien behufs Entwerfung eines Berichtes zu entnehmen.
In der Abtheilung D ist eine französisch geschriebene Urkunde
oder ein sonstiges französisch abgefasstes Schriftstück in das Deutsche
zu übertragen, und eine kurze Inhaltsangabo desselben in französi-
scher Sprache anzufertigen.
§ 21.
Das k. allgemeine Reichsarchiv wird eine Reihe solcher Fragen
dem k. Staatsministerium des Innern unterbreiten, welches sie im
Einvernehmen mit dem Staatsministerium des k. Hauses und des
Aeussern für jede Prüfung bestimmen und bei der Auswahl darauf
Bedacht nehmen wird, dass dem Kandidaten Gelegenheit gegeben
werde, neben dem Umfange nnd der Gründlichkeit seiner Kennt-
nisse vorzüglich seine Befähigung zum praktischen Archivdienste
zu beweisen, auch genügende Proben seiner Beurtheilungskraft und
Darstellungsgabe zu liefern.
Die ausgewählten Aufgaben werden vor jeder Prüfung dem
Reichsarchivvorstande verschlossen zugesendet, der sie am Tage der
Prüfung in Gegenwart der Kandidaten eröffnet.
§ 22.
Den zu prüfenden Kandidaten ist jederzeit nur Eine schrift-
liche Aufgabe auf einmal vorzulegen, und dabei die vom k. Staats-
ministerium des Innern zur Beantwortung gestattete und genau
einzuhaltende Zeit zu bemerken.
Vor Ablieferung der Aufsätze darf kein Kandidat nach Hause
entlassen werden.
Für die Bearbeitung des praktischen Falles in jeder Abtheilung
wird der Zeitraum eines Tages in der Art festgesetzt, dass die Auf-
gabe am Morgen gegeben wird, und dass, wenn dieselbe mehr als
einen Vormittag in Anspruch nimmt, die Entlassung für die Mit-
ArchiTftllBche Zeituchrift VII. 18
274 Löher:
tagsstunden nach einstweiliger Einlieferung des Aktes und des bereits
beendigten Theiles der Arbeit stattfindet.
§ 23.
Die Bearbeitung der schriftlichen Aufgaben soll unter der
Aufsicht eines Mitgliedes der Prüfungskommission geschehen, welches
gegen alle tFnterschleife zu wachen hat.
§ 24.
Mit der schriftlichen Prüfung ist eine mündliche zu verbinden,
welche sogleich nach Beendigung der schriftlichen Arbeiten vor
der Prüfungskommission stattfindet, und sich über die beiden prak-
tischen Fälle und die sich aus denselben ergebenden wissenschaft-
lichen Fragen verbreitet.
8 25.
Das Urtheil über das Ergebniss der mündlichen Prüfung ist
- sogleich nach dem Abtreten der zugleich vorgerufenen Kandidaten
zu schöpfen und in dem Protokolle vormerken zu lassen.
§ 26.
Zur Prüfungszeit sind mit Ausnahme der in § 22 Abs. 3
getrofTenen Bestimmung tiiglich fünf Stunden Vormittags zu ver-
wenden.
§ 27.
Bei der Censur und Klassifikation sollen vier Noten und
Klassen angenommen werden, nämlich:
a) der ausgezeichneten,
b) der sehr guten,
c) der guten,
d) der unzureichenden
Befähigung.
§ 28.
Bei der Klassifikation sind die im § 13 und 21 bezeichneten
' Zwecke und Direktiven der praktischen Prüfung genau im Auge
zu halten und hiernach von der Prüfungskommission mit grösster
Genauigkeit die Noten zu ertheilen, je nachdem ein Kandidat ent-
weder in allen oder in den meisten oder doch in den wichtigeren
Disziplinen mehr oder weniger befriedigende Antworten und Aus-
arbeitungen geliefert^ oder aber in den HauptfSichern nicht Genüge
geleistet hat.
Vorbedingungen zur Anstellung im k. bayerischen Arehivdienste. 275
S 29.
Die Prüfungsakten sind hierauf dem k. Staatsministerium des
Innern einzusenden.
§ 30.
Als nicht befähigt erklärte Kandidaten können nur noch zu
einer weiteren Prüfung und zwar zu der nächstfolgenden zuge-
lassen werden.
§ 31.
Nach befriedigender Erstehung dieser Prüfung kann dem Ge-
prüften sofort der Access bei dem k. allgemeinen Reichsarchive
oder auch bei einem der k. geheimen Archive bewilligt werden.
Jeder Kandidat ist übrigens verbunden, auch nach dieser
Prüfung seine Ausbildung am betreffenden k. Archive \mter Ein-
haltung der Goschäftsstunden desselben bis zu seiner Anstellung
fortzusetzen.
§ 32.
Auf die zur Praxis bisher zugelassenen Archivpraktikanten
haben die durch gegenwärtige Verordnung bezüglich des Erforder-
nisses theoretischer Vorbildung getroffenen Bestimmungen keine
Anwendung zu finden, die übrigen Bestimmungen aber mit der
Massgabe, dass diese Archivpraktikanten nach mindestens dreijähriger
Praxis, in welche die bisher zurückgelegte eingerechnet wird, sich
der nunraelir vorgeschriebenen praktischen Prüfung zu unter-
ziehen haben.
München, den 3. März 1882.
Ludwig.
Frhr. v. Crailsheim. Frhr. v. Feilitzsch.
Auf Könij?lich Allerhöchsten Befehl:
Der Oeneral-Sekretär,
Ministerialrath v. Schier eth.
18*
XII. lieber Siegel-Carenz.
Von
Dr. Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg.
In gänzlicher oder augenblicklicher Ermangelung eines eigenen
Siegelstempels wurde sehr häufig im Mittelalter ein fremdes Siegel,
entweder eines Mitausstellers, oder eines Zeugen, oder auch eines
anderen Anwesenden, der Urkunde zur Bekräftigung angehängt und
dieser Umstand in der betreffenden Urkunde genau angegeben.
Von dieser Regel kommen aber viele Ausnahmen vor, von
welchen wir uns hier verschiedene Beispiele mitzutheilen erlauben, i)
1) Benützung eines fremden Siegelstempels ohne jede An-
gabe in der Urkunde. Beispiel: Albertus de Hoenloch nobilis
miles besiegelt i. J. 1207 eine Urkunde mit dem Sigill' Cvnradi
de Hoenloch. 2)
2) Benützung des Siegelstempels eines Verstorbenen mit
genauer Angabe in der Urkunde. Beispiele : Albert von Rotenburg
besiegelt eine Urkunde vom Jahre 1228 mit dem Siegel seines ver-
storbenen Bruders des Grafen Burchard von Hohenberg („quod suis
filiis reliquit,") mit der Tjegende: Burcardus comes de Hohenberg. 3)
In einer Kloster Gnadenthaler Urkunde Graf Popo's von Thielesberg
(Dümo) V. J. 1253 siegeln seine Mutter und sein Bruder Ulrich:
„sigillo bonae memoriae patris nostri, quo et genetrix nostra et
Ulricus frater noster uti consuerunt." Diese Fälle sind sehr selten,
da die Siegelstempel nach dem Tode ihrer Inhaber gebrochen zu
werden pflegten. Interessant in dieser Beziehung ist die Bemerkung
am Schlüsse einer Urkunde v. 1327, in welcher Elsbeth, die Inner-
Aschauerin, des alten Ott Wittwe, und ihre Söhne Alhard und Ott
erklären, dass sie die Urkunde besiegeln: ,mit vnsers lieben wirtz
*) Ks wäre sicher von Interesse, wenn noch weitere Ausnahmsfonnen
der 8. g. Siegel-Carenz in dieser Zeitschrift mitgetheilt werden wollten.
«) Vergi. m. sphragist. Aphorismen, 1882. Nr. 34. Tafel IV.
») Vergl. 1. c. Nr. 54. Tal VI.
Dr. Fürst zu Hohenlohe- Waidenburg : Ueber Siegel-Carenz. 277
vnd vater Insigel, vnd do der brief versigelt ward, darnach ze hant
brach man daz Insigel, vnd ist auch der brief der letzt, der damit
versigelt ist "
3) Gemeinschaftliche Besieglung einer Urkunde mit dem Siegel
eines der Aussteller,^) mit Angabe dieses Umstandes in der be-
treflfenden Urkunde. Beispiel: die drei Brüder, die Grafen Berthold
Conrad und Heinrich von Heiligenberg, besiegeln i. J. 1267 eine
Urkunde mit dem S\ comitis Conradi de S\ Monte, mit der Be-
merkung: „nos vero Bertholdus et Hainricus comites sancti montis,
quia sigilla propria non habemus , usi sumus sigillo Conradi fra tris
nostri comitis sancti montis in hac parte".
4) Doppelte Besieglung einer Urkunde mit einem und
demselben Siegel. Beispiel: die St. Galler Dienstmannen, die
Gebrüder Conrad und Gebhard von Haldenberg, besiegeln eine Urkunde
von 1294 zweimal mit dem Siegel. Conrad's, mit der Legende : f S'. C
militis de Haltenberc, wobei Gebhard am Schlüsse der Urkunde
erklärt: „quod sigillum proprium non habui, in hoc casu sigillo
fratris mei presentibus appenso tanquam meo, si haberem." Gewiss
ein seltener Fall!
5) Bekräftigung einer Urkunde nur durch fremde Siegel
wegen augenblicklicher persönlicher Hindernisse des Aus-
stellers. Beispiele: Der Erzkanzler Erzbischof Gerhard von Mainz aus
dem Geschlechte der Wild- und Rheingrafen liess i. J. 1257 einen
Ablassbrief durch drei andere geistliche Siegel beglaubigen : „quod
sigillo caremus", da er sich damals als Gefangener des Herzogs
Albrecht in Braunschweig befand. 2) Die Gebrüder Grafen Conrad,
Bertold und Heinrich von Heiligenberg besiegeln 1264 eine Urkunde
und zwar Conrad in Salem mit seinem Siegel, Bertold und Heinrich
in Chur mit dem Siegel des dortigen Bischofs, wie sie in der
Urkunde bemerken: „usi sumus sigillo domini ac patris nostri
episcopi Curiensis avimculi nostri."
6) Unterschrift statt des Siegels. Beispiel: ein wohl für
seine Zeit höchst seltener Fall findet sich in einer Urkunde v. J. 1231,^)
*) Nicht zu ven^eehseln mit den gemeinschaftlichen Siegehi.
*) V. MtÜlverstedt theilt dieses Beispiel von Siegel-Carenz eines geistlichen
Herrn als das einzige ihm bekannte mit, was daher rühren mag, dass die
Geistlichen ihre Si^el am häufigsten gebrauchten und desshalb ihre Siegei-
stempel meist immer mit sich führten.
») Vei^l. Regesta Boica, U. 196.
278 I>r. Fürst zu Holienlohe-Waldenbiirg:
in welcher der Scholastikus G. von Constanz erklärt: „qiiia sigillum
penes me non habui, propria manu subscripsi."
Im Jahre 1870 habe ich die Dissertation Maximilian Günthers ^)
übersetzen lassen, welche diesen interessanten Theil der Sphragistik
sehr gründlich behandelt. In dem Vorwort habe ich u. A. bemerkt,
dass die Ursachen der Siegel-Carenz von zweierlei Art sein könnten :
zufällige und r.echtliche.
Erste ro Ursachen, nämlich der Mangel eines Siegelstempels
in einem gegebenem Falle, weil man denselben nicht zur Hand,
oder ihn verloren hatte, weil er nicht mehr brauchbar, oder wegen
Missbrauchs cassirt worden war, sowie der vorläufige, gänzliche
Mangel eines eigenen Siegelstempels aus zufälligen Gründen, weil
man noch keine Lust, keine Veranlassung, oder keine Gelegenheit
gehabt, oder die Kosten gescheut hatte, sich einen solchen anzuschaffen,
sind von keiner rechtlichen Bedeutung und alle diese Fälle haben
nur ein rein wissenschaftliches Interesse für die Sphragistik und
für die Culturgeschichte.
Der urkundliche Nachweis der letzteren Ursache, des Man-
gels eines eigenen Siegelstempels aus mangelndem Rechte zum
Besitze, resp. zur Führung eines Solchen, wäre dagegen auch für
die Rechtsgeschichte wichtig, weil dadurch das j us sigilli, das Recht
,der Siegelmässigkeit, festgestellt würde. Wie man von „zu Schild
und Helm gebornen" Personen und Geschlechtem spricht, so hört
man auch jetzt noch zuweilen von „siegelfähigen" Personen und
Geschlechtern sprechen. 2) Allein mit Unrecht.
"War die Siegelmässigkeit je ein ausschliosslic^^cs Vorrecht
einzelner Stände und Geschlechter, so könnte davon jedenfalls nur
bis zum Xin. Jahrh. die Rede sein; denn schon seit dem Anfang
des XTTT. Jahrh. besiegelten der niedere Adel und seit dem Ende
desselben die Bürger, und selbst die Juden, die von ihnen aus-
gestellten Urkunden fast regelmässig. Da aber der Werth resp. das
Ansehen eines Siegels von der persönlichen Stellung seines Inhabers
abhängt, so ist es natürlich, dass niederstehendere Siegler durch
die Mitbesieglung Höherstehender ihren Urkunden ein grösseres
Ansehen zu verleihen trachteten.
. *) Jus sigillomin modü iievi ex fonnulis 8i)bra>riHticis propra sigilli absentiain
vel defectum iudicantibus illustratiim. Leipzig 1813.
^) Es ist wohl nur eine Verwechslung mit der Siegelmässigkeit der
späteren Zeit.
lieber Siegel-Carenz. 279
Wenn Jemand urkundlich erklärte, er begnüge sich („contentüs
sum", oder „ad praesens contentüs sum") mit der Besieglung durch
einen Anderen, so ist das kein Beweis, dass der Betieffende nicht
das Recht gehabt hätte, sich damit nicht zu begnügen, d.h. die
Urkunde selbst zu besiegeln. Auch hätte Derjenige, welcher aus
Gnade oder Gefälligkeit sein Siegel einer fremden Urkunde anhängte,
sich diese Ausdrucksweise des Ausstellers nicht gefallen lassen
können, wenn demselben die Führung eines eigenen Siegels recht-
lich nicht zugestanden hätte.
Wenn in der Urkunde gesagt ist, dass man für den Augen-
blick, („in pracsente", oder in „hac parte,'^) oder für gewöhnlich („uti
consueverunt'V) sich eines fremden Siegels bediene, so ist das kein
Grund zur Annahme, dass man nicht auch das Recht gehabt
hätte, ein eigenes Siegel zu führen.
Wenn verschiedene Personen einer Familie gemeinschaftlich
Ein Siegel führten, so ist das doch wohl ein Beweis, dass jeder
Einzelne von ihne^ dasselbe Recht hatte. Wenn sie dieses Recht
aber nicht ausübten, so mögen sie kein besonderes Gewicht darauf
gelegt und sich dadurch Nichts zu vergeben geglaubt haben.
Sollte seit dem XIII. Jahrh. einzelnen Personen wirklich das
Recht der Führung eines eigenen Siegels nicht zugestanden haben,
so hätte dieser Grund der Siegel-Carenz in der betreffenden
Urkunde nicht mit Stillschweigen übergangen werden können. Wenn
zudem im Falle zufalliger Siegel-Carenz von Personen, z. B. Dynasten,
deren Recht auf die Siegelmässigkeit durchaus keinem Zweifel
unterliegt, dieselben Formeln gebraucht wurden, wie bei Nieder-
stehenden, so berechtigt dies sicher zu der Annahme, dass aus den
gleichen Formeln auch bei Niederstehenden nicht eo ipso und ohne
urkundlichen Beweis der Mangel des Rechtes gefolgert werden kann.
Der Mangel eines eigenen Siegels aus mangelndem Rechte
könnte also nur aus den F'ällen unzweifelhaft bewiesen werden, in
welchen ausdrücklich ausgesprochen wäre, dass man sich eines
fremden Siegels bediene, weil man nicht das Recht habe, ein
eigenes Siegel zu führen.
Solche Fälle sind aber, — unseres Wissens, — bis jetzt keine
bekannt.
XIII. Ueber Maltha- Siegel
Von
Dr. Friedrich v. Weech,
grosslierz. Geheimer Arclüvrath in Karlsruhe.
Zuerst in einem Aufsatz in der Zeitschrift „Der deutsche
Herold" 1874 No. 9 und 10, sodann in der inhaltreichen und an-
regenden Schrift „Ueber Sphragistik" (Breslau 1875) hat Dr. H.
Grotefend die Forderung aufgestellt, dass der Ausdruck „Maltha"
völlig aus der sphragistischen Terminologie verbannt werde. In
der erwähnten Schrift sagt er auf S. 23 : „Die Annahme, dass Maltha
eine Mischung von Wachs und einer Gyps- oder thonartigen Sub-
stanz sei, ist entschieden zurückzuweisen. Eine solche ist zum
Siegeln niemals verwendet worden und auch völlig dazu unbrauchbar."
Den Beweis für diese Behauptung!) liefern Grotefend die erhaltenen
Wachsrecepte , soweit sie ihm zugänglich geworden sind, deren
wesentlichen Inhalt er sodann mittheilt.
Ich bin gern bereit, mit Grotefend anzunehmen, dass die
Anwendung des Wortes „Maltha" zur Bezeichnung der graugelben
Siegelmasse, wie sie ja vielfach an älteren Urkunden in den
Siegeln vorkommt, irrig ist und dass diese Siegel lediglich aus
Wachs bestehen.
Dagegen muss ich auf Grund eines mir vorliegenden äusserst
umfangreichen Materials gegen seine Behauptung, dass eine thon-
artige Substanz dem Wachs zum Zwecke der Anfertigung von
Siegeln nie zugesetzt worden sei, entschiedene Verwahrung einlegen.
Das im General - Landes - Archiv zu Karlsruhe aufbewahrte
Urkundenarchiv der ehemaligen Cisterzienser - Abtei Salem, mit
dessen Herausgabe ich beschäftigt bin 2), enthält eine so grosse
*) Dieselbe ist neuerdings in Lei st 's Urkundeulehre wiederliolt worden
(S. 261).
*) Codex diplomaticus Salemitanus Urkiindenbuch der Cisterzienserabtei
Salem, herausgegeben von Dr. Friedrich von Weech. Karlsruhe G. Braun, bis
jetzt ersclüenen Liefer. 1—3 (1134—1259).
V Weech: Ueber Älaltha- Siegel. 281
Anzahl wohlerhaltener Siegel wie kein zweites mir bekanntes Archiv
sie, wenigstens aus dem 13. Jahrhundert, in solcher Fülle und
Schönheit der Nachwelt überliefert hat i). Der StoflF, aus dem diese
Siegel bestehen, ist, mit relativ sehr geringen Ausnahmen, schon
dem Auge und dem Gefühle als eine Mischung erkennbar, in welcher
Thonerde eine erhebliche Rolle spielt. Auch die rothbraune
Farbe dieser Siegel, die bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts
hinauf und in die ersten Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts herab-
reichen, weist unverkennbar auf eine solche Zuthat hin.
Um diesen Sachverhalt wissenschaftlich festzustellen, habe ich
an die grossherzogliche chemisch-technologische Prüfungs- und Ver-
suchs-Anstalt an der Polytechnischen Schule zu Karlsruhe das Er-
suchen gerichtet, diese Siegel einer Prüfung zu unterziehen und
derselben zu diesem Behufe abgebröckelte Stücke solcher Siegel zur
Verfügung gestellt.
Das Ergebniss dieser Prüfung ist — nach einer von Professor
Dr. Engler und Dr. Herbst unterzeichneten MittheUung d. d. 29. Juni
1882 — folgendes:
Die mitg^theilten Siegelstücke sind aus Wachs (unter Aus-
schluss von Harzen) und eisenhaltigem Thon hergestellt.
Quantitativ wurde in denselben gefunden:
1) Wachs, durch Olühverlust 79.5 o/o
2) Eisenoxyd Fe 2 03 1.1 „
3) Kieselsäure 14.1 „
4) Thonerde, Kalk etc 5.3 „
~TÖÖ ö]r;
Der Aschengehalt der Siegelmasse beträgt 20.5 Procent
und die Zusammensetzung dieser Asche in Prozenten ausgedrückt
ist folgende:
1) Kieselsäure 68.7 o/o
2) Eisenoxyd Fe2 03 5.4 „
3) Thonerde, Kalk etc 25.9 „ (berechnet)
lÖÖ ö/^
Die rothe Farbe dieser Siegelmasse ist durch den Gehalt an
eisenhaltigem Thon bedingt, der unter dem Namen Ocker, rother
Bolus oder rothe Siegelerde (terra sigillata), auch Malthesererde
bekannt ist.
*) Der Cod. dipl. Salem, enthält eine grössere Anzahl von Siegel- Abbild-
ungen in Lichtdruck.
282 V. Weech:
Nach dem YorausgehoiKlon darf das Vorkommen einer
thonartigen Substanz in Siegeln, welches Grotefend in Ab-
rede stellt, als erwiesen betrachtet werden, und aus der Bezeich-
nung der das färbende Princip dieser Siegelnlasse darstellenden
Substanz mit dem Ausdruck „Malthesererde" ist auch das Wort
„Malt ha'' als vollauf berechtigt zu erklären, allerdings nur für
solche Siegel, die den oben analysirten eisenhaltigen Thon als
Zusatz zum Wachs enthalten.
Das Salemer Archiv überliefert uns auch, wenngleich nur in
beschränkter Zahl, Siegel von mennigrother Farbe. Auch diese
wurden in der genannten Prüfungsanstalt untersucht; sie stellten
sich als reine mit Mennige gefärbte Wachssiegel heraus.
Eine Frage, die sich zunächst und ganz selbstverständlich er-
hebt, ist die, nach der Ursache des häufigen Vorkommens dieser
Siegelmasse in dem Salemer Archiv. Ich wiederhole, dass die
Maltha-Siegel an allen Salemer Urkunden des 13. Jahrhunderts die
Regel sind, dass Wachssiegol an denselben geradezu als Ausnahme
bezeichnet werden müssen. Dieses Verhältniss dauert bis in die
letzten Jahre des 13. Jahrhunderts fort, dann kommen Wachssiegel
häufiger vor, bis sie endlich ihrerseits die regelmässige Besiegelungs-
art bilden und etwa vom Jahre 1320 an Maltha-Siegel nur noch
ausnahmsweise vorkommen. Aus Maltha bestehen aber an den
Salemer Urkunden auch die Siegel solcher Personen, von denen,
meines Wissens, anderweitig keine aus dieser Masse gebildeten
Siegel bekannt sind, z. B. die Siegel an einer Anzahl von • Kaiser-
urkunden, die in Orten ausgestellt sind, welche in der Nähe des
Klosters Salem liegen, an den meisten Urkunden der Bischöfe von
Konstanz, die für Salem ausgestellt sind , wie uns denn auch über-
aus schön erhaltene Siegel des oberschwäbischen Adels aus Maltha
an den Salemer Urkunden erhalten sind.
Darf man nun annehmen, dass die (allem Anschein nach an
anderen Orten nicht annähernd in solchem Umfang üblich gewesene)
Anwendung der Maltha in der Weise erfolgte, dass diejenigen Mönche
des Klosters Salem, welche das zu verbriefende Rechtsgeschäft ver-
mittelten, (procuratores, wie sie zuweilen in den Urkunden
genannt werden), auch das Material für diese Verbriefung und Be-
siegelung mitbrachten? Denn — auch dies muss hier erwähnt
werden — ein sehr erheblicher Theil der Salemischen Urkunden,
wer auch die Aussteller sein mögen, ist unzweifelhaft in der Kanzlei
Ue])er Maltha- Siegel. 283
des Klosters geschrieben, wie die Gleichförmigkeit der Schrift, ins-
besondere der Initialen, die zuweilen reich verziert sind, darthut.
In den übrigen von mir bearbeiteten oder cursorisch durch-
gesehenen Archiven ist mir nirgends eine auch nur annähernde
8uito von Maltha-Siegeln vorgekommen, auch nicht in den Archiven
anderer Cisterzienserklöster.
Es könnte sich daher die Frage erheben, ob etwa in der
unmittelbaren Umgebung von Salem rotho Boluserde sich vorge-
funden habe und aus diesem Grunde vorzugsweise zur Anfertigung
von Siegeln verwendet worden sei.
Nach meinen an Ort und Stelle eingezogenen Erkundigungen
ist dies nicht der Fall. Es bleibt also nur die Annahme übrig,
dass das Kloster diese sogen. Malthesererdo auf dem Wege des
Handels bezogen habe. Sollte — es ist dies allerdings nur eine
ganz vage Vermuthung — einer der Theilnehmer an den Kreuz-
zügen, die ab und zu unter den Wohlthätern des Klosters urkundlich
erwähnt werden, aus Kleinasien ein Quantum dieser Erde mit-
gebracht haben?
Wie dem auch sei, ich möchte das Interesse der Fachgonossen
auf diese Frage lenken und würde für Mittheilungen über ander-
weites Vorkommen von Maltha-Siegeln sehr dankbar sein. Meiner-
seits stelle ich eine grössere Menge zur Untersuchung geeigneter
Stückchen von Maltha-Siegeln den Interessenten zur Verfügung.
Es wäre gewiss wünschenswerth, auch an anderen Orten chemische
Untersuchungen solcher Siegel zu veranlassen, bei denen schon der
Augenschein den Zweifel erweckt, ob sie ausschliesslich aus Wachs
bestehen.
Die Redaction der Archivalischen Zeitschrift wird gewiss geneigt
sein, hierauf bezüglichen Mittheilungen einen bescheidenen Kaum
zu gewähren.
284 F. Philipp! :
lieber Maltha-Siegel.
Zusatz
von Dr. F. Philippi,
kgl. Archivsekretär zu Münster i. W.
Zu meiner besonderen Freude bin ich, Dank der gütigen Zu-
vorkommenheit des Herrn Herausgebers dieser Zeitschrift, im Stande,
der im Vorstehenden gestellten Aufforderung, weitere Analysen von
Maltha- Siegeln mitzutheilen, sofort zu entsprechen und eine auf
meine Bitte vom Herrn Corpsstabsapotheker Dr. W. Lenz zu Münster
vorgenommene Untersuchung anzufügen. Dieser Analyse liegt auch
ein Restchen aus dem Salemer Archive zu Grunde, welches mir
der Herr Archivdirektor Dr. Freiherr Roth von Schreckenstein gütigst
übersandte. Ich hatte um Mittheilung eines kleinen Theiles eines
Maltha-Siegels gebeten, um nach der Analyse desselben feststellen
zu können, ob das falsche Siegel des Grafen Gottfried von Arnsberg
(von 1364), über welches Herr Dr. Tumbült im letzten Hefte der
Zeitschrift des Münsterschen Alterthumsvereins referirte und welches
auf der letzten Tafel von Heft I Abtheilung 2 der westfälischen
Siegel nach einer Zeichnung publicirt ist, unter den Begriff der
Maltha-Siegel falle und ob überhaupt ein Vorkommen von Maltha
in westfälischen Archiven zu constatiren sei. Nun stellte aber die
Analyse des Amsberger Siegels durch Herrn Dr. Lenz sich ganz
anders als die des Maltha-Siegels: sie ergab zwar auch, dass dem-
selben mehr mineralische Theile beigemischt sind, als zur einfachen
Färbung nöthig wären, es bildete jedoch das Wachs einen verhält-
nissmässig ganz überwiegenden Theil des Gesammtbestandes. Daran
anschliessende weitere Durchforschung des Staatsarchivs zu Münster
auf Maltha-Siegel ergab dann die Thatsache , dass in demselben
wahrscheinlich überhaupt keine Siegel aus dieser Masse vorliegen;
auch die sehr harten Siegel des 13. Jahrhunderts in den dortigen
Beständen — besonders in den Klosterarchiven Bredelar und Dal-
heim — sind durchaus als Wachssiegel anzusprechen, da sie im
Verhältnisse zu ihrem Wachsbestande nur geringe Zusätze von
Mineralien und Harzen haben, also wohl nach ähnlichen Recepten,
wie sie Grotefend a. a. 0. mittheilt, zusammengesetzt sind.
lieber Maltha- Siegel. , 285
Der Bemerkung des Herrn Geh. Rath v. Weech, dass das
Vorherrschen der Maltha -Siegel im Archive Salem auf besondere
Beziehungen dieser Stiftung zum Süden und Osten hinweise, möchte
die Beobachtung, — dass von der grossen Zahl der von mir ein-
gesehenen Urkunden Kaiser Fiiedrichs ü. und seiner Söhne*) für
deutsche Empfanger ausser den Urkunden flir Salem wohl nur
Diplome für den deutschen Orden Maltha-Siegel haben, — in so fern
eine weitere Stütze geben, als ja die Beziehungen dieses Ordens
zur Levante ausser Zweifel stehen. ' Eine weitere Bestätigung dieser
Vermuthung liegt aber auch in der Analyse des Herrn Dr. Lenz,
der ein wohlriechendes Harz und zwar vermuthlich Mastix nach-
weist, ein Harz, welches auch nur aus dem Süden bezogen wird.
Die Analyse selbst ist nun folgende:
„Die Untersuchung hat 49,48 o/o Asche ergeben; letztere
enthält Eisenoxyd (Mangan, Kobalt), Thonerde, Kieselsäure,
besteht also aus rothem Bolus; (keine Kohlensäure und
Schwefelsäure, Kreide und Gyps sind also nicht vorhanden).
Das Alkoholextract beträgt 9,92 o/q und besteht aus dem Ge-
mische eines angenehm riechenden Harzes (Mastix?) und
Fettsäure. Der Rest des Siegels ist schwer in kaltem, leichter,
aber nicht vollständig in heissem Aethor löslich; ich spreche
denselben als ein Gemisch von wenig Fett mit Wachs an.
Hiernach würde zur Synthese etwa folgende Vorschrift zu
geben sein:
R. Boli Subtilissimi pulver. . . p. 5
Cerae flavae p. 3 — 4
Resine, Sebiaceti . . . . aa. p. 1 — 0,5
Öumma partes 10.'^
*) Die Masse, aus welcher die sicilischen Siegel an Böhmer-Ficker Regg.
622 und 623 bestehen, habe ich noch nicht feststellen können, vielleicht fällt
sie auch unter den BegrifE der Maltha.
XIV. Einrichtung von Archiven.
Vom Herausgeber.
(Fortsetzung.)
VII. Schaustellungen.
Wir wenden uns nun zur Art und Weise, wie die einzelnen
Gruppen der amtlichen Schriften und Bücher im Archive selber am
besten zu verwahren. Das wird sich natürlich je nach ihrer Beschaffen-
heit verschieden gestalten. Kleinoden widmet man grössere Sorgfalt,
als Schriftstücken, derengleichen zu Tausenden zählen; Urkunden
wollen anders behandelt sein, als Bände und Akten; Grundrisse
Stammbäume Stempel und Siegelabdrückc lassen sich ohne Xacli-
tlieil nicht einmengen unter die übrigen Archivalien.
Es hat auch jedes grosse Archiv in der Verwahrungsweise
seine Besonderheiten, und diese mehren sich in unsern Tagen.
Während man in früheren Zeiten nur das Eine im Auge hatte, die
urkundlichen Schätze vor Dieben und Eäubern zu hüten, und deshalb
sich begnügte, sie in feste Gewölbe hinter schwere Schlösser und
Riegel zu sperren, fängt man jetzt, nachdem so Vieles und Werth-
voiles zu Grunde gegangen, erst an einzusehen, wie leicht den Rest
allerlei Schädigung treffen kann, und trachtet jede gute Archiv-
Verwaltung um so eifriger danach, diese wirksamsten Zeugen der
Vergangenheit ungefährdet den kommenden Jahrhunderten zu über-
liefern.
Das gilt vorzüglich von Kostbarkeiten, als da sind Kaiser-
urkunden, älteste Hausurkunden und Stiftungsbriefe, Urkunden mit
(ioldbuUen und Bildwerk, seltene Kodizes, alte Pergamentbücher
mit Miniaturen, eigenhändige Briefe berühmter Personen, herrliche
Wapponbüeher, und dergleichen mehr. Solche Kleinode verdienen,
(Inss man sie besonders in Ehren halte.
Will ein Archivar das Schönste an Urkundengehäusen sehen,
so lohnt ein Besuch des kaiserlichen Hausarchivs zu Berlin , das
Löher: Eiiirichtung von Archiven. 287
Überhaupt bei seiner glänzenden und behaglichen Einrichtung ein
wahres Prachtarchiv zu nennen. Es befindet sich in reichlicher
Ausdehnung im Erdgeschoss des Schlosses. Drei grosso Freunde der
urkundlichen Geschichtszeugnisse — König Friedrich Wilhelm IV.,
Graf von Stillfried-Alcantara, und Geh. Archivrath Dr. Märcker —
wirkten einst hier zusammen. Historisch bedeutende Urkunden
wurden zwischen 8ammot und Seide gebettet, in Behältnissen, die
ihnen und insbesondere auch den Siegeln angepasst wurden.
Auslagen von seltenen Urkunden und Kodizes in Glaskästen
sieht man in den Hofbibliotheken zu Berlin, Wien, Dresden und
München, im Schwarzenberger Archiv zu Witingau in Böhmen, im
Admonter Abteiarchiv in Steyermark, im Kreisarchiv und im ger-
manischen Museum zu Nürnberg, im Nationalmuseum und Reichs-
archiv zu München, und an andern Orten. Den herrlichsten Anblick
aber wird in Kurzem der schöne gold- und wappengeschmückte
Rittersaal auf dem hohen Schloss zu Marburg gewähren , wo (his
Staatsarchiv für die ehemals kurhessisclien Lande seine Stätte ge-
funden. Dies Archiv enthält gegen 80,000 Urkunden, und alle sind in
vier Abtheilungen geschieden. Die erste umfasst die Haupturkunden
zur Reichs -Kirchen- und Landesgeschichte, von jedem Landgrafen
wenigstens eine , dazu eigenhändige Briefe berühmter Personen,
alte Städteansichten und Karten, Miniaturen, Siegelstempel und der-
gleichen, kurz was eine Uebersicht über die Geschichte des hessisclien
Landes und seines Archives geben kann oder sonst eines allge-
meinen Interesses würdig ist. All diese Stücke kommen breit aus-
gelegt unter Glas und Rahmen, so dass jeder Beschauer sich daran
belehren und ergötzen kann. Dazu sind nicht weniger als vierzig
Doppelpulte nöthig, die auf achtzig Urkundenschreinen mit zierlich
ausgelegter Arbeit stehen. In diesen Schreinen aber lagert die
zweite Abtheüung, welche die nächst wichtigeren Urkunden umfiisst,
nämlich sämmtliche Kaiserurkimden, ferner die vor 1220 entstandenen
und die späteren Urkunden, soferne sie für die Landesgeschichte Be-
deutung haben. Die Zahl dieser Schriftstücke der zweiten Abtheilung
steigt noch bis zu 1100 und mehr, und es soll jedes Stück eben-
falls in breiter Auslage sich darstellen. Die dritte Abtheilung
besteht aus solchen Urkunden, die in früherer Zeit arg beschädigt
und nunmehr sorgfaltig vor weiterem Verderben geschützt worden.
Von dem gesammten Rest wird jede Urkunde ihre eigene Foliomappo
erhalten, und die Mappen selbst werden gesammelt in offenen holuMi
288 Löher:
Geschränten. Wir werden auf die schöne sinnreiche Einrichtung, die
freilich kostspielig, noch zurückkommen.
Bei Zentral-Archiven, von denen die Oberleitung der Landes-
archive ausgeht und denen deshalb vorzugsweise die Sorge für den
Vorbereitungsdienst der künftigen Archivare obliegt, aber auch an
grösseren Universitäten, auf welchen die Geschichtsstudien in Blüthe
stehn, sollte ein archivalischer Schulsaal nicht fehlen. Es besteht
aber ein einigermassen vollständiger und nach wissenschaftlichen
Prinzipien geordneter Saal der Muster und Kleinode, soviel bekannt,
noch nirgends in Deutschland. Sein Zweck wäre nicht bloss, Be-
lehning und geistiges Vergnügen dem grossen Publikum zu ge-
währen und allgemeineres Interesse an Archivsachen zu erwecken :
die hauptsächliche Bestimmung läge darin, angehenden Archiv-
Bibliothek- und Museumsbeamten, sowie überhaupt den Geschichts-
forschern jeder Richtung einen anschaulichen Ueberblick zu gewähren,
wie Sprache, Schriftcharaktere, Kanzleibrauch, Besiegelung, Schreib-
stoffe im Laufe der Jahrhunderte sich änderten, und wie die ver-
schiedenen Arten der Wachstafeln, Urkunden, Nekrologien, Röteln
Kopialbücher, Urbare und anderer Kodizes und Amtsbücher von
ihren ersten Anfangen an sich fort- und um- und ausbildeten, bis
sie wieder in Abnahme geriethen an Schmuök und Formenfestigkeit.
Muster aus allen Jahrhunderten, theilweise sogar aus jedem Jahr-
zehnt, müssten klar und folgerecht für öfiFentliche Besichtigung
ausgelegt sein. '
Ein solches Schul- und Kleinodien-Archiv liesse sich in Deutsch-
land vielleicht am ehesten in München herstellen, und wäre hier
wohl bereits vollendet, hätten nicht andere wichtigere Arbeiten
und Ausgaben gedrängt.
Eine Hauptfrage aber ist für Schaustellungen solcher Art, wie
den nachtheiligen Einwirkungen des Sonnenlichts mit Sicherheit zu
begegnen? Erfahrungen scheinen in dieser Hinsicht noch nicht
genug gemacht und gesammelt zu sein. Dass unter der Schärfe
des Tageslichts Tinte und Farben nach und nach verbleichen, zeigt
gewöhnlich jede Seite eines Kodex oder andern geschriebenen oder
gemalten Buches, die ein Menschenalter hindurch in Schaukästen
unter Glas offen gelegen hat, wenn man sie mit andern Seiten im
selben Bande vergleicht. Es kann wohl zur Trauer stimmen, sieht
man wie in berühmten Sammlungen alte Kaiserurkunden von Jahr
Einrichtung von Archiven. 289
ZU Jahr verbleichen, und zwar um so rascher, je näher sie dem
Lichte, das von mehreren Fenstern zugleich einströmt, ausgesetzt
sind. Man muss also die Urkunden oder aufgeschlagenen Kodizes
so verdecken, dass ihnen das Sonnenlicht nichts anhaben kann.
Der Kasten, in welchem sie liegen, muss entweder unter einem Holz-
oder Metalldeckel verschlossen gehalten werden, oder es muss auf
dem Glase eine andere Bedeckung liegen, und das eine wie das andere
darf nur dann aufgerichtet sein, wenn Beschauung Statt finden soll.
Der Kastendeckel soll hinlänglich gross und fest sein und dicht
aufliegen; selbstverständlich darf jedoch das Innere des Kastens
nicht ganz von Licht und Luft abgesperrt sein. Will man aber die
Glastafeln, unter welchen sich Archivalien zeigen, von oben bedecken,
so scheint dunkelgrüner Stoff — insbesondere von dicht gewebtem
Tuch — besser, als jeder andere zu sein, noch besser aber einfacher
Pappendeckel, der nicht zu dünn und mit grünem Papier über-
zogen ist. Am ungeeignetsten erweisen sich über den Glasscheiben
dünne Holzdeckel, weil diese sich mit der Zeit krümmen und Risse
bekommen.
Auf der Berliner Hofbibliothek haben einige Schaukästen unter
dem Glase einen Ueberzug von weisser Seide, der zurückschnellt,
wenn man an einem Schnürchen zieht, und sodann, da er zu beiden
Seiten in laufenden Ringen hängt, wieder herüber gezogen werden
kann. In Stuttgart hat man für die Kunst- und Altertliümer-
sammlung Pulttischchen mit Glasdeckel gebaut, welche sich auf
Rollbeinen leicht nach jeder Richtung hin bewegen und, weil sie
ganz gleichförmig sind, wieder zusammenschieben lassen. Das sind
Einrichtungen, die gar Nettes haben, jedoch für grosse Archive viel
zu künstlich erscheinen. Für solche empfiehlt sich nur das, was
möglichst einfach und billig, möglichst praktisch, aber auch haltbar
ist, und nicht zu grossen Raum in Anspruch nimmt
Es möchte daher für ein Schul- und Kleinodien-Archiv etwa
folgende Einrichtung vorzuschlagen sein.
1. Die Geräthschaften bestehen in Pulten und Schreinen. Die
Pulte lassen sich ablieben und ruhen auf Schreinen, in welchen
Kästen mit Schiebladen stehen, wie sie unten bei den Urkunden-
schreinen sollen beschrieben werden. Pulte und Schreine sind wohl
verschliessbar, jedoch an gegenüberliegenden Stellen zum Durch-
streichen der Luft mit OefFnungen versehen, die mit feinem Draht-
gewebe überzogen sind, um Staub und Insekten abzuhalten.
ArchlvAliBche ZelUchrlft. VII. 19
äÖO Löher :
2. Das ganze Geschränke setzt sich aus Abtheilungen zu-
sammen, die sich leicht zerlegen und forttragen lassen. Es steht, um
vor Feuchtigkeit möglichst bewahrt zu sein, nicht an den Wänden,
sondern frei in der Mitte des Saales.
3. In den Schiebladen, die je nach Bedtirfniss von verschiedener
Höhe sein können, liegen Urkunden, Runenstäbe, Rollen, Wachs-
tafelbüchlein und anderes archivalisches Material, das besonders
merkwürdig und belehrend ist; z. B. auch die Beilagen von Akten
der Hexenprozesse, AUräunchen, Diebsfinger, Zauberstäbe und die
Beschwörungszeichen; ferner Symbole, wie man sie in früheren
Zeiten zu Besitzübertragungen und Beweisaufnahmen verwendete;
nicht minder Erkennungszeichen von Metall Holz oder Bein, die
ehemals statt eines Schriftzettels galten.
4. Die seltensten und kostbarsten Urkunden und Kodizes
liegen ausgebreitet in den obern Schaukästen unter Glas; in den
letzteren ist die auffallendste oder belehrendste Seite aufgeschlagen.
Die Urkunden werden leicht, ja nicht stark gespannt und auf der
Rückseite an ein paar Stellen mit arabischem Gummi angeklebt,
oder, wo es nöthig, mit Nadeln oder leichten Stiften befestigt,
die Siegel wohl ausgelegt und vor Hin- und Herbewegung gesichert.
Die Stifte und Nadeln darf man nicht von Stahl oder Eisen nehmen,
sie seien denn verzinnt, weil ihr Rost sich sonst dem Papier oder
Pergament mittheilen würde, was zwar nur in kleinen Ringen geschieht,
aber hässliche bleibende Flecken verursacht Yorzuziehen den Stiften
und Nadeln sind zum Zwecke der Befestigung kleine Schieber,
die keine Löcher machen. Diese heftet man auf der Unterlage am
Rande des Schrifstückes an, überzieht sie aber auf ihrer untern
Fläche mit Tuch, damit sie nicht schaben. Zur innem Bekleidung
der Schaukästen dient am füglichsten eine braunrothe oder andere
dunkelfarbige Wolltapete, die nicht so leicht verblasst und Staub
annimmt, als Tuch oder Seide, selbstverständlich auch viel billiger ist
5. Am besten ist es, wenn die Pultdecke aus einer Holztafel
besteht, die dem Sonnenlichte undurchdringlich ist Alsdann lässt
sich, was für reiche Archive willkommen, der doppelte Raum zur
Auslegung von Urkunden gewinnen. Es wird nämlich auch an
der innem Fläche des Pultdeckels eine Glastafel eingelassen, unter
welcher Urkunden, die keine dicken Siegel haben, befestigt werden.
Beide Glastafeln werden am bequemsten von stählernen oder mes-
singenen Reifen bingefasst, so dass sie sich auf und nieder bewegen
Kinrichtiing von Archiven. ^ 291
und mittels feiner Riegel oder Sehrauben auch versehliessen lassen.
Werden nun je zwei Pulte mit ihrer Hinterseite an einander geschoben,
so Iftssen sich beide Pultdeckel, wenn sie aufgerichtet werden, gegen
einander lehnea und durch Haken an einander festhängen, so dass
sie sich gegenseitig halten. Giebt es statt solcher Doppelpulte nur
einfache, so muss man die deckende Holztafel entweder an eine
Wand lehnen oder durch leichte stählerne Gestelle, welche bei dem
Oeflfnen sich von selbst hervorthun, aufrecht stellen und unter-
stützen.
6. Bestehen aber die Pultdeckel aus Glastafeln, so muss in
der ganzen Breite über ihnen ein grüner Pappendeckel liegen, der
mit Streifen von grauer Leinwand oder Leder oben am Pult be-
festigt ist, nach oben aufgeklappt Avird und alsdann entweder an
der Wand anliegt oder an der Rückseite des Pults herabhängt. Nach
der Beschauung ist Glasdecke sammt Pappendeckel jedesmal wieder
über zu legen, und damit an den Rändern der Ueberlage nicht
scharfe Lichtstreifen eindringen, muss man die Glastafeln inwendig
an ihren Rändern mit einem schmalen Streifen grünen Papiers um-
ziehen. Die durchsichtigen Pultdeckel werden nach oben aufgeschlagen,
und zwar so, dass sie an die Wand lehnen oder durch Bänder
und Haken oder durch leichte stählerne Gestelle, welche bei dem
Oeifnen sich hervorthun, fest gehalten sind.
7. Die Schiebladen, deren innerer Raum ebenfalls von einer
in Stahl- oder Messingfassung beweglichen und verschliessbaren
Glastafel überspannt wird, können vermittels einer Kerbe vorn
am Boden soweit ausgezogen werden, dass man mit einem Blick
ihren Inhalt übersieht. Jedoch muss bei dem Ausziehen ein Falz
einfallen, welcher verhindert, dass man die Schiebladen bis zum
Herabstürzen hervorziehn kann. Dieser Falz legt sich bei dem
Wiedereinschieben von selbst zurück. Sind schwere Kodizes in den
Schiebladen, so muss sich beim Herausziehen ein eiserner Haltstab,
der im Holze unten einliegt, niedersenken und das schwere Be-
hältniss vom Boden her aufstützen.
All solche Yorrichtungen lassen sich an Mustern in Marburg,
Stuttgart, München und Nürnberg mit Änem Blick besser einsehen
und verstehn, als hier durch Wort und Satz deutlich beschreiben.
Ohne Zweifel werden sie sich vielfach noch verbessern lassen.
Jedes Archiv von einigem Belange sollte, schon um den histo-
rischen Sinn anzuregen , einige seiner anziehendsten Stücke den
19*
292 Löher:
Besuchern in's Gesicht stellen, wäre es auch nur, dass man ein
paar Urkunden unter Glas und Kahmen, die Siegel selbsverständlich
wohl unterstützt, an den Wänden oder vielleicht noch besser an
einem freistehenden Gestelle, wie an einem Kleiderständer, aufhinge.
Man kann auch hängende Schaukästen recht wohl gleichwie Altar-
bilder im Mittelalter herstellen , in der Weise nämlich , dass sich
über den Haupttheil in der Mitte zwei andere überlegen, auf deren
Innenseite ebenfalls Urkunden unter Glas sich zeigen. Das Ganze
bleibt dann von den Flügeln bedeckt und entfaltet sich erst bei
Erschliessen. In Museen und auf Bibliotheken sieht man viel
Hübsches in solcher Art, das sich mit einigen Aenderungen auch
auf Schaustellungen in Archiven anwenden lässt.
VIII. Urkundenverwahrung.
1. Flächenauslagen.
Verwandt mit solchen Auslagen zum Beschauen ist der Grund-
satz, alle Urkunden möglichst nach ihrer ganzen Fläche entfaltet
und ausgebreitet zu verwahren. Dann liegen oder hängen die Siegel
frei an der Luft, und der ölige Stoff in ihrer Masse kann nicht
länger durch die Umwicklung mit austrocknender Watte oder Heode
entzogen werden. Auch die Schrift, sowie Pergament und Papier
werden alsdann am besten vor Yerderbon bewahrt sein, vorgesehen,
dass sie dem Sonnenlichte nicht zu sehr ausgesetzt sind, und dass
sie öfter von Staub sorgfältig gereinigt werden.
Das Urkunden-Archiv wird demnach eine grössere oder geringere
Reihe von Schränken umfassen, die offene kleine Schichten, oder
Fächer von ganz geringer Höhe über einander mit Platten enthalten,
auf welchen die Urkunden ausgebreitet, entweder an einigen Stellen
angeklebt oder auch mit leichten Stiften oder Schiebern befestigt
sind. Die Siegel müssen entweder ebenfalls auf den Platten so
angebracht sein, dass sie bei deren Ausziehen nicht hin- und her-
schlottem, oder vorn über den Schichten offen herunter hängen ; in
letzterem Falle ist für den^Gebrauch freilich noch grössere Vorsicht
am Orte. Die Platten selbst müssen in Falsen laufen, so dass man
sie leicht hervorziehn und wieder hineinschieben kann. Die Schreine
aber lassen sich so einrichten, dass sich jeder einzeln, ohne dass sein
Inhalt sich loslösen oder verschieben kann, ohne Mühe forttragen
lässt.
Einrichtung von Archiven. 293
Die Urkunden müssen, ehe sie eingelegt werden, leicht mit
Wasser und Schwamm getupft werden, um alle Pilzsporen und
Staubkörnchen wegzunehmen. Dann entfaltet man sie aus ihren
alten Brüchen, belegt sie im halbnassen Zustand mit Löschpapier
und lässt sie erst unter einer schweren Ueberlage, sodann vollends
an der Luft austrocknen. Kann man sie wegen Mangels an Raum
oder einer andern Ursache nicht in ganzer Fläche für immer aus-
legen, und ist genöthigt, sie in zwei Flächen zu biegen, gleichwie
Foliobogen, so muss man sich hüten, sie im halbnassen Zustande
in neue Falten zu brechen, sie vielmehr sanft umbiegen und Pappe
oder Löschpapier zwischen die Hälften legen. Die Siegel aber
müssen sorgfaltig mit Wasser, dem ein wenig Säure zugesetzt wird,
gereinigt und vollständig wieder ausgetrocknet sein.
Im grossherzoglichen Generallandesarchiv zu Karlsruhe liegen
etwa siebenhundert Urkunden, die mit dem Jahre 763 beginnen
und um 1200 endigen, in Schiebläden, diein sechs tragbaren Schreinen
vertheilt sind, ausgebreitet über einander. Jedesmal dreissig Urkunden
sind in einer Lade vereinigt und durch Ueberlegen eines Pappen-
deckels vor Staub geschützt.
Im schönen Frankfurter Stadtarchiv sind die Urkunden auf
festen Unterlagen mit besonderer Sorgfalt ausgebreitet und in
Schreinen verwahrt, die sich eng zusammen schieben lassen. Eine
genau anlassende Platte bildet die Tafel darüber.
Auf der Schlosshöhe in Marburg, wo das hessische Staatsarchiv
mit seinen herrlichen Sälen, schön vorzierten gothischen Fenstern
und köstlichen Aussichten bald eine der ersten Sehenswürdigkeiten
sein wird, ist die Sache wie folgt eingerichtet. Achtzig Schreine
dienen zur Aufnahme der älteren Urkunden. Jeder hat vierzehn
Qefacher, in jedem Fach befindet sich eine Platte, die sich mittels
einer vom an der untern Seite eingeschnitzten Kerbe, in welche
man hineinfasst, leicht hervorziehen und zurückschieben lässt. Auf
jeder Plj,tte liegen ausgebreitet, auf der Rückseite hier und da leicht
angeklebt oder angenäht, vier Urkunden und darüber ein grosser
Pappendeckel, der jedoch so leicht ist, dass er auf die Siegel nicht
drücken kann. Als Endtermin der hier ausgelegten Urkunden ist
das Jahr 1220 gewählt, da nach demselben Siegel, die nicht auf-
gedrückt, sondern angehängt sind, selten werden.
Es braucht kaum gesagt zu werden, dass für grosse Urkunden-
masseu solche Aufbewahrungsweise sich von selbst verbietet, und
294 Lölier :
wäre es aiicli schon wegen Mangels an Raum. Für Schloss- und
Familienarchive aber möchte sich eine Auswahl und Verbindung
der im Vorigen erwähnten und der noch später zu erläuternden
Systeme empfehlen.
Zu breiter Auslage nöthigen von selbst die beschädigten
Urkunden, die auf einer festen Unterlage aufgezogen sind. »Sie
dürfen nicht über einander liegen, damit, sie sich nicht drücken
und pressen. Zur Unterlage empfiehlt sich, wenn man kein Perga-
ment haben kann, die zähe haltbare Lederpappe. Dem Kleister ist
etwas Alaun zuzusetzen ; und muss die Schrift, um sie zu erhalten,
mit durchsichtigem Ueberzug versehen werden, so belegt man sie
am besten mit japanesischem Pflanzenpapier. Alsdann bewahrt man
die Urkunden entweder auf beweglichen Platten in Schreinen oder
Fächern auf, und zwar jede Platte mit einer Papierüberlage zum
Schutze vor Staub. Sind sie aber auf festem Papier aufgezogen,
so kann man sie auch in Fächern neben einander stellen, jedoch
muss über jede ein angeklebter Papierbogen niederhängen. Die
letztere Art und Weise ist in Marburg angenommen.
2. Fächerweise.
Einen Uebergang von diesen so zu sagen Paradeweisen zu
denen, welche sich für die* gemeine Menge der Urkunden in grossen
Archiven eignen, bildet das Fächersystem, das wiederum in ver-
schiedener Anwendung vorkommt.
Im Staatsarchiv zu Magdeburg wurde es zuerst von Erhard
eingerichtet und vom jetzigen Archiv -Vorstande durchgebildet. Einige
zwanzig Schränke enthalten eine Menge Fächer, jeder grössere
Schrank bis zu 36 Schichten. Nun wird jede Urkunde in einen
Bogen starken Büttenpapiers eingeschlagen, auf welchem Kegest
und Lagerort steht. Sodann bekommen mehrere verwandte Urkunden
zusammen einen blauen Umschlag, und in diesem werden sie in
die Fächer hineingeschoben. Die Siegel sind dabei sorgfältig in
Papier eingeschlagen. Nach diesem Fächersystem lässt sich eine
vortreffliche Eintheilung und Bezeichnung der Urkunden durchführen,
so dass eine jede leicht zu finden ist, besonders wenn Orts- Sach- und
Personenregister sich so vollständig über die ganze grosse Urkunden-
menge verbreiten, wie dies im Magdeburger Archive der Fall ist.
Statt der Fächer sind in den Staatsarchiven zu Strassburg, Berlin,
Koblenz, Breslau und an andern Orten Kartons d, h. viereckige
Eiiirichtung von Archiven. 295
BehältDisse von festem . Pappendeckel im Gebrauch, und wird diese
Verwahrungsart gegenwärtig im Kreisarchiv zu Neuburg a. d. Donau
angewendet, und zwar folgender Gestalt:
1) Es sind Kartons von Pappendeckel in Grossfolioformat
angefertigt, deren Deckel oben an Leinwandstreifen auf der linken
feststehenden Langseite befestigt unÄ beweglich ist, und welcher auf den
drei andern Seiten ein wenig, gleichwie mit einer Kappe, übergreift.
Die rechte Langseite ist ebenfalls beweglich, dadurch, dass sie bloss mit
der untern Lage des Kartons durch Leinwand verbunden wird. Da
der Deckel nach drei Seiten oben übergreift und an der vierten
geschlossen ist, so sind die Urkunden, welche im Karton liegen,
vor Eindringen des Staubes und scharfen Sonnenlichts geschützt.
2) In jedem Karton liegen die Urkunden möglichst ausgebreitet,
mehrere über einander, jede Urkunde aber in einem grossen Papier-
bogen, die Siegel sorgfältig eingeschlagen.
3) Die Kartons werden nun der Länge nach in ein Gestelle
eingesetzt, das facherartig eingerichtet ist. Es können bei Raum-
mangel auch je zwei oder drei Kartons auf einander stehen.
Zieht man nun einen Karton heraus und hebt den Deckel auf,
so^ fällt die rechte Langseite von selbst nieder, so dass man bequem
die einliegenden Urkunden abzählen und die gewünschte heraus-
nehmen kann.
4) Die ganze Sammlung ist nach geschichtlichen Territorien
oder Aemtern eingetheilt, und es werden jede Gruppe und in jeder
Gruppe wieder die zugehörigen Urkunden fortlaufend numerirt.
Auch die Kartons haben fortlaufende Nummern, und jeder zeigt
vorn auf einem Papierschildchen Territorium oder Amt nebst der
Zahl der dasselbe betreffenden Urkunden, welche einliegen. Die
verschiedenen Nunmiern werden durch verschiedene Grösse oder
Alphabete leicht kenntlich gemacht.
5) Jede Urkunde ist regestirt und das Regest auf die erste
Seite des Papierbogons geschrieben, in welchem sie liegt. Das
Regest zeigt oben in der Mitte das aufgelöste Datum, links an der
obern Ecke das Territorium oder Ajnt, an der obern Ecke rechts
den Orts- oder Personennamen, oder wo beide nichts entscheiden,
in einem Schlagwort die Sache, auf welche es ankommt. In breit
durchgehenden Linien folgen darunter möglichst kurz der Inhalt der
Urkunden und tiefer unten Ausstellungsort und Datum mit den Worten
der Urkunde, die Siegelbezeichnung, der Vermerk ob Original oder
296 Löher:
Kopie, Pergament oder Papier, ob und wie die Urkunde etwa ver-
letzt ist, endlich bei wichtigen Stücken werden auch die darin
benannten Zeugen im Regest aufgeführt und auf besondere Merk-
würdigkeiten hingedeutet Die Regesten werden nach systematisch
geordneten Territorien und Aemtern, und in jedem derselben nach
den fortlaufenden Nummern, in e*nen festen Folioband eingetragen,
welcher das Urkunden-Repertorium bildet. Dies Repertorium kann
die Regesten möglichst abgekürzt enthalten, muss aber, sollte die
Urkunde nicht mehr an ihrer rechten Lagerstelle sein, ihren Inhalt
genau nachweisen.
7) Dieses Hauptrepertorium ist eine Art Abbild des ganzen
Urkundenarchivs und dient, indem es Inhalt und Beschaffenheit
jeder Urkunde angiebt, dazu, sich darüber leicht zu orientiren und
verlegten oder verlorenen Urkunden nachzuforschen und sie wieder
an ihre Stelle zu bringen. Zum archivalischen Gebrauch aber sind
noch zwei andere Repertorien nöthig, ein chronologisches und ein
alphabetisches.
Es müssen sämmtliche Regesten vollständig, so wie sie auf
dem Papierumschlag der Urkunden stehen, auf Quartblättern abge-
schrieben und diese in kleinen Kartons, die wie die grösseren ein-
gerichtet sind, lediglich fthronologisch nach den Daten geordnet
werden. Sobald man das Datum weiss, lässt sich durch dessen
Aufsuchen in diesen Blättern sofort die Urkunde finden.
Ein sämmtliche Urkunden umfassendos Orts- Personen- und
Sachregister, welches einfach alphabetisch geordnet ist, vollendet die
archivalische Behandlung des Urkunden-Archivs.
Auf den ersten Blick fällt nun in's Auge, wie einfach und
handlich, und dabei billig diese beiden Arten sind. Das Fächer-
gerüste ist bald hergestellt, das Einschlagen der Urkunden in
Papierbogen, das Einlegen in Fächer oder Kartons lässt sich leicht
bewerkstelligen. Die Urkunden liegen in allen ihren Theilen trocken,
luftig, und geschützt.
Gleichwohl lassen sich Nachtheile nicht verkennen. Das Ent-
falten der Urkunden und. ihre Anpassung doch ungefähr an Kartons
und Fächer hat seine Schwierigkeiten. Lassen sich die eigensinnigen
alten Brüche und Einbiegungen harten Pergaments nicht wohl weg-
bringen, und ist man desshalb genöthigt, die Urkunden in der
Fältelung einzulegen, wie man sie vom Mittelalter her überkommen
hat, so macheu sie die Bündel und Umschläge unförmlich und
Einrichtung von Archiven. 297
schwierig zu handhaben, da die dicken Pergamentstücke leicht
herausfallen. Wenn mehrere Urkunden auf einander liegen, können
sie leicht sich drücken und die Siegel bei dem Einlegen oder Ein-
schieben in Kartons oder Fächer anstossen. Wo die Fächer nicht
von Schrankthüren verschlossen werden, sondern offen stehen,
müssen die Kartons beständig abgestaubt werden, und zuletzt dringt
der Staub auch zwischen die Urkunden. Noch mehr Bedenken
regen sich bei der Erwägung, wie man im Falle der Gefahr die
Urkunden sofort wegschaffen soll? Die Menge der Kartons lässt
sich ebensowenig mit leichter Mühe fortbringen, als die Fächer sich
sofort entleeren lassen. Dabei ist kaum vermeidlich, 4ass Urkunden
durch einander gerathen.
Führt man aber den Grundsatz durch, dass statt offener Fächer
oder grosser Schränke kleine Schreine angewendet werden, die sich
anschliessend zusammenstellen lassen, verschliessbar und unschwer
fortzubringen sind, so empfiehlt sich die hier geschilderte Auf-
bewahrungsweise in Kartone in mancher Beziehung, wenn Urkunden-
archive erst 'zu bilden sind, insbesondere wenn die Dokumente der
neuem Zeit angehören.
(Fortsetzung folgt.)
XV. Das Kreisarchiv zu Nürnberg im neuen Gebäude.
Vom Herausgeber.
Als ich vor bald siebzehn Jahren zum erstenmal in das
Provinzialarchiv von Mittelfi*anken eintrat, konnte ich nicht anders,
als tief erschrecken. Schwerlich Hess sich eine ünteroringung von
Urkunden Amtsbüchern und Akten denken, die mehr dazu geeignet
war, den Dienst der Beamten zu erschweren, ihre Gesundheit an-
zugreifen, die Ueberwachung des Ganzen zu hindern, dabei aber
die Archivalien selbst verderben zu lassen und bei Feuerausbruch
ihre Rettung grossontheils unmöglich zu machen. Im Nürnberger
Rathhause lagerten die Archive der Reichsstädte Nürnberg, Rothen-
burg, Weissenburg, Dinkelsbühl und Windsheim, der Markgrafschaft
Ansbach, der hohenzollern 'sehen Burggrafschaft, der Klöster, des
Deutschordens, der Ritterkantons in Mittelfranken, und all' der früheren
Aemter und Regierungen dieses Kreises, kurz des gesammten reichen
mannigfaltigen Lebens, das sich seit der zweiten Hälfte des Mittel-
alters auf diesen offenen fruchtbaren Gefilden entwickelte, wo sich
fränkische, bayerische, schwäbische Art mit einander mischten, um
eine von der andern Anregung und erhöhetes Leben zu empfangen,
und eben deshalb Nürnberg zu einem grossen strahlenden Mittel-
punkte deutschen Bürger- und Gewerblebens zu machen. Vereinigt
war das Meiöte dieser Archivalien, — aber wie? Rein äusserlich
dadurch,* dass man sie in einem und demselben weitläufigen Gebäude
untergebracht hatte, und zwar nicht beisammen, sondern an sechs
Stellen, die weit von einander entlegen waren, einige halb unter der
Erde, andere hoch oben auf Dachthürmen.
Und wie stand es erst um die Beschaffenheit der einzelnen
Lokale selbst! Als die alten Reichsstädter im Jahr 1332 sich ein
grosses Rathhaus gründen wollten, kauften sie etwa den achten
Theil des Bodens, welchen die jetzigen Rathsgebäude einnehmen,
vom Kloster Heilsbronn, und wahrscheinlich nicht lange darauf in
derselben Strassenlinie vier oder fünf alte Wohnhäuser, die mit dem
Löher: Das Kreisarchiv zu Nttrnbcrjj: im neuen Gebäude. 299
Neubau verbunden wurden. Eines dieser Privathäuser hatte tief
im Erdgeschosse zwei Gewölbe, die wahrscheinlich zu Handels-
zwecken dienten: in diesen Gewölben und den Gemächern darüber
wurden reichsstädtische Aemter mit ihren Registraturen unter-
gebracht. Als nun die Staatshoheit der Reichsstadt mit ihrem
archivalischen Zubehör an die Krone Bayerns überging, erhielt
diese auch die beiden alten Häuser, in welchen die Nürnberger
Urkunden Amtsbücher und Akten herbergten. Für das Ä^nsbacher
Archiv aber, das planmässig, weil zur selben Provinz gehörend,
mit dem mittelfränkiscben Archiv zu vereinigen war, wurden ein
paar andere Gewölbe im Nordwesten des Rathhauses eingeräumt, und
als nun aus dieser und jener Landschaft oder Reichsstadt Archivalien
dem Staatsarchive in Nürnberg zuflössen, suchte man bald hier
bald dort ein paar Gemächer zu gewinnen, und so geschah es, dass
die Archivtheile in den verschiedensten Ecken und Winkeln des
Rathhauses zerstreut wurden.
Der Archivvorstand hatte sein ärmliches Zimmer über einem
öffentlichen Thorgang und besass auch noch drei ganz kleine Ge-
mächer, von denen eines dunkel und stinkend war, eines die Amts-
bibliothek und das dritte das Brennholz beherbergte. Aus dem
Zimmer des Vorstandes trat man zwei Stufen hinunter in ein gleich
niedriges und schwärzliches, das zur Kanzlei diente und neben dem
Sekretär Schreiber und Diener höchstens noch für einen Archiv-
benützer ein Plätzchen frei hatte. Neben der Kanzlei gab es zwei
erträgliche Lokale, dicht mit Akten angefiillt, aus deren erstem eine
enge beschwerliche Wendeltreppe von Stein hinunterging in zwei
Gewölbe, die nach der Strasse zu ein paar Ellen tief in der Erde
steckten. Hier unten lagerten, mit Ausnahme der ältesten Stücke,
fast alle Nürnberger Amtsbücher und Kodizes und Urkunden,
sämmtlich eingepresst in die alten modrigen Schiebläden und
wurmstichigen Geschränke, und eine Hinterwand war feucht und
übelriechend von dem was dahinter. Ln obern Stocke lief vor
diesen Lokalen ein öffentlicher Gang her, und über ihnen befand
sich eine besetzte Beamten- und eine Dienerwohnung. Hätte es
das Unglück gewollt, dass in deren überall mit Holz durchbauten
Zimmerchen Feuer ausbrach, so wäre dies ganze Archiv bereits in
Flammen eingehüllt gewesen, ehe man aus den oberen Gemächern
durch die Fenster, aus den unteren durch eine einzige alte Thür,
die nach dem Hofe führte, hätte retten und flüchten können.
300 Löher:
Auf einer andern Seite des Kathhauses, nach Nordwesten hin,
lagen sechs Gemächer, welche die Ansbacher und Nürnberger Urkunden,
Kreis- und Eeichstagsakten und verwandte Archivalien enthielten.
Etwas dumpfig und dämmerig blieben diese Räume immer, jedoch
waren sie trocken, und wenn es ein heller Tag war, konnte man
auch darin lesen. Wieder in einem anderen Winkel des Rathhauses,
im kleinen Rathhaushofe im südlichen Flügel bei den alten Loch-
gefangnissen, die tief unter der Erde, lagen die Schützengewölbe,
acht schmale gewölbte Lokale, eines hell, fünf halbdunkel, im
siebenten und achten Hess sich nur mit der Laterne in der Hand
etwas auffinden. Diese Gewölbe waren vollgestopft mit Nürnberger
Akten.
Aus ihnen heraus musste man wieder über den Hof gehen
und gelangte dann zu vier andern kleinen gewölbten Gemächern,
deren Fussboden noch modriger war und deren Gestelle und Tische
von Holzwürmern wimmelten, eines ebenfalls stockfinster. In diesen
Räumen war bunt durcheinander alles Mögliche von Akten unter-
gebracht.
War man nun in diesen zweiundzwanzig Archivlokalen so
ziemlich an die dunkle Erde gewöhnt, — denn nur zwei erhoben
sich über das Erdgeschoss, — so waren zur Abwechslung die beiden
letzten in der Lichthöhe auf dem Dache zu suchen. Mühselig auf
winkeligen Treppen und Stiegen*, die an dunklen Tagen eine Lampe
erhellen musste, war auf den mittleren und südlichen Thurm des
Rathhauses emporgeschleppt, was an alten Nürnberger Aemter-
Rechnungen vorhanden und in neuerer Zeit von Aemtem draussen
an Akten gekommen. Die Scheidewände nach dem Boden hin be-
standen aus Flechtwerk, das mit Lehm und Kalk verstrichen war.
Zwischen dem Holzbau der beiden Thürme dehnte sich der Speicher
voll allerlei alter Geräthschaften. Wenn bei Festlichkeiten geflaggt
wurde, steckte der Magistrat seine Fahnen aus diesen Thurm-
gemächem.
So stand es um eines der grössten und werthvollsten Archive
mitten auf einer der wichtigsten Kulturstätten Deutschlands, um
das Archiv, welches eine Reihe Kaiserdokumente mit Goldbullen,
die schönsten Wappen- und Geschlechterbücher, neben zahllosen
Kodizes über 30,000 Urkunden, kurz den schriftlichen Niederschlag
der lebensvollen Geschichte Mitielfrankens, seiner hohenzoUernschen
Burg- und Markgrafschaft, insbesondere die historische Erläuterung
Das Kreisarchiv zu Nürnberg im neuen Gebäude. 301
von Nürnbergs reichsstädtischer Grösse, von seinen Geschlechtem,
Stiftungen und Anstalten, von seinen Gebäuden, Strassen und
Festungswerken enthielt. Als ich dies Elend sah, suchte ich mög-
lichst zu helfen durch Abrücken der Gestelle und Schiebläden von
feuchten Mauern, durch Vorkehrungen für den Fall einer Feuers-
gefahr, durch Herstellung von Lüftung und trocknen Fussböden,
durch Zementirung übler Wandstellen. Allein all dergleichen konnte
nur armseliges Flictwerk bleiben.
Der einzige Trost bestand darin, dass der letzte und drittletzte
Archivar, — zwischen ihnen hatte der berüchtigte Urkundendieb
und Kodizesberauber Roth amtirt, — die späteren Reichsarchivräthe
Gutschneider und Baader, redlich und unermüdlich für die wissen-
schaftliche Aufhellung der Folgereihen der Archivalien durch gute
Repertorien gesorgt hatten. So traurig es äusserlich um dies Archiv
bestellt war, so glänzend um seine innere Ordnung. Um so mehr
musste man ,fiirchten, dass all diese Mühe und Sorgfalt im Fall
eines Unglücks wäre vergeblich gewesen.
Von den Nothständen unterrichtet nahm sich das k. Ministe-
rium des Innern, dem in Bayern die Landesarchive unterstehen, eifrig
der Sache an. Der Staatsminister Frhr. v.*Pfeufer überzeugte sich
durch eigenen Besuch des Archivs, wie nöthig Hülfe sei ; und kaum
hatte in Eichstädt das Appellationsgericht sein grosses Gebäude
verlassen, so wurde vom Staatsministerium angeordnet, das Archiv
eilends nach Eichstädt zu verlegen. Allein abgesehen davon, dass
Nürnberger und Ansbacher Urkunden Kodizes und Akten nicht
wohl in einer entlegenen Stadt Mittelfrankens aufzusuchen, gaben
sich auch bei näherer Untersuchung andere Missstände kund, so dass
der Eichstädter Plan musste aufgegeben werden. Dies war das erste
Erlebniss in der Neubaugeschichte des Nürnberger Archivs, und
ich will hier zu Nutz und Frommen anderer Archivbehörden davon
erzählen, weil die meisten, vielleicht schon bald, in die Lage kommen
werden, sich nach besseren Stätten umzusehen.
Zunächst wurde versucht, ob die Stadt Nürnberg ein passendes
Gebäude hergeben könne. Es wollte sich aber keines finden, jedoch
erklärte sich der Magistrat bereit, die Räume, welche das Archiv
im Rathhause inne hatte, gegen angemessenen Preis anzukaufen,
wenn das Archiv in Nürnberg bleibe. Das Angebot aber deckte
kaum ein Drittel von dem, was voraussichtlich nöthig zur Beschaffung
eines andern Gebäudes. Es giebt ja nur sehr wenige Magistrate in
302 Löher:
Deutschland, die geneigt wären, für ihr Archiv eine Geldsumme
aufzuwenden, die seinem Werthe für die Stadt gleich käme. Für
andere schmückende Neubauten giebt man heutigen Tags nicht ungerne
Gelder her, allein Stadträthe und Gemeindeverordnete haben gewöhn-
lich kaum eine dunkle Vorstellung davon, was ein wohlgefülltes
und gutgeordnetes Archiv für Nutzen bringen kann, sowohl für die
Bildung der Einwohner, für ihre Liebe zur Taterstadt, und damit
für deren wachsende Ehre und Bedeutung.
Eine lange Reihe von grossen Privatgebäuden wurde sodann der
Staatsregierung zum Kaufe angetragen. Eine Kommission, bestehend
aus dem Oberbaurath Degmaier, Kreisbaurath Jacobi und Bau-
amtmann Hausser, sowie dem Kreisarchivar Dr. Heinrich und mir,
untersuchte nun ein Haus nach dem andern. Nicht ein einziges
genügte den Erfordernissen, die man stellen musste in Bezug auf
Grösse, Festigkeit, Trockenheit, Lüftung, Nachbarschaft. Auch hätten
die Kosten des Ankaufs und Umbaues eine Summe verschlungen,
deren Höhe beinahe den Kostenbetrag eines Neubaues erreichte.
Aehnliche Erfahrungen wird man auch an andern Orten machen.
Die alten Häuser mit ihren engen und verschränkten Gemächern, mit
Holzgetäfel und gewöhnlffch auch schlechten Dachstühlen und feuchten
Kellern eignen sich nicht für ein Archiv. Kann man für dieses
nicht eine alte Burg oder ein freistehendes, steinfestes, geräumiges
Patrizierhaus bekommen, so wird es stets am billigsten wie am
besten sein, zum Neubaue zu schreiton.
Nunmehr wurde mein Plan angenommen, ein neues Archiv-
gebäude zu errichten, das ganz auf freiem Platze liegen sollte,
möglichst nur aus Stein und Eisen erbaut werden, hinlänglich Raum
für alle vorhandenen und noch zu erwartenden Archivalien dar-
bieten, den Archivzwecken aber sich möglichst anpassen sollte.
Die Angestellten des Archivs sollten Dienstwohnungen im Archiv-
hofe erhalten, letztere aber und ebenso die Geschäftszimmer vom
Bewahrungshaus der Archivalien getrennt, jedoch mit demselben
durch einen gegen Wind und Wetter gedeckten Gang in Verbindung
stehen.
Die Baubeamten massen nun in den alten Räumen aus, wie-
viel Platz die Archivalien in einem neuen Hause verlangten. Der
Kreisarchivar und ich forderten das Dreifache an Raum. Diese
Forderung erschien ausschweifend: allein es liess sich leicht nach-
weisen, wie sehr die zusammengepressten Archivalien sich aus-
Das Kreisarchiv zu Nürnberg im neuen Gebäude. 303
dehnten, wenn man sie gebührlich aus einander legte, und ausserdem
hatten wir Nachrichten über die Menge von Akten und Amtsbüchem
gesammelt, die noch bei den k. Stellen und Behörden im Kreise
umhersteckten oder in andere Archive gerathen waren, von Rechts-
wegen aber in das Staatsarchiv zu Nürnberg gehörten. Denn sollte
dieses ein wirkliches Kreisarchiv von Mittelfranken werden, so musste
es auch all die Schriften und Amtsbücher umfassen, die einst zur
Geschichte und öffentlichen Verwaltung in Mittelfranken gehörten.
Die Baubeamten, an ihrer Spitze Kreisbaurath Jacobi, sahen ein,
das» 24,000 Quadratmeter Wandfläche nicht zuviel seien. Hätten
wir nur mehr gefordert! Schon jetzt sind soviele neue Zugänge
angekommen oder angemeldet, dass alle noch leerstehenden Fächer
und Säle bald werden gefüllt sein. Man muss sich vertrösten,
dass Manches von dem, was jetzt Rent- Forst- und Bezirks-
ämter einschicken, was auch für Rechts- und Verwaltungsfragen
jetzt noch unentbehrlich ist, nach einigen Jahrzehnten darf ausge-
schieden werden, weil es alsdann für kommende Zeiten nicht mehr
von Nutzen.
Während man die Risse und Kostenvoranschläge für einen
stattlichen Neubau ausarbeitete, wurde ein Privathaus zum Kauf
angeboten, das sofort eine Anziehungskraft übte, vor welcher mein
Lieblingsplan, ein völlig neues Archivgebäude einzurichten, verrinnen
musste. Es war das berühmte Pellerhaus auf der Höhe des Aegidien-
platzes, im Jahr 1605 erbaut. In Deutschland steht kein zweites
Patrizierhaus, welches so reich und schön geschmückt uns den
• ächten Stil deutscher Renaissance und die Pracht und Anmuth darstellt,
mit welcher unsere Vorfahren sich im sechszehnten Jahrhundert
ihre Wohnungen ausdachten. Längere Zeit richteten sich meine An-
strengungen darauf, wie dieses Gebäude zu gewinnen und ein-
zurichten. Es wäre doch gar zu hübsch gewesen, wenn das kostbare
Archiv herbergte in einem so kunstherrlichen Gehäuse. Dann hätten
zahllose Architekten und Kunsthistoriker sich an den feinen und
sinnreichen Schöpfungen und Motiven unsers alten bürgerlichen
Baustils belehren und erfreuen können, und das werthvoUe Haus
wäre für immer vor dem Schicksal gesichert gewesen, dem schon
so viele altehrwürdige schöne Patrizierhäuser in Reichsstädten zum
Opfer fielen. Leute nämlich, die über Nacht durch glückliche Geld-
geschäfte reich geworden, eilen herbei, wenn ein solches Haus feil
wird, und da sie weder deutsches noch wahres Kunstgefühl besitzen,
304 Löher:
reissen sie zusammen, was ihnen als unbequemes Alterthum erscheint,
um einem nüchternen modernen Hause mit blitzenden grossen
Spiegelfenstern Platz zu machen.
Mein Wunsch aber traf auf entschiedene Bedenken. Dem
ersten, dass das Pellerhaus für das grosse Archiv zu klein, Hess
sich begegnen, als das anstossende Haus ebenfalls feil wurde. Dieses
Nebenhaus hatte einst zum Hauptgebäude gehört als die Leibzucht
oder der Altentheil der Bejahi-ten : die ehemalige Verbindung zwischen
beiden liess sich leicht wieder herstellen, und wenn man später
den zugehörigen Hof und Garten überbauete, war hinlänglich Raum
zu beschaffen. Der Ankaufspreis des ganzen Grundstückes war
nicht zu hoch, die Nachbarschaft ruhiger und vor Feuersgefahr
gesicherter, als sonstwo in dem Häusergedränge der alten Reichs-
stadt. Freilich steckten die beiden Häuser, so fest die unteren
gewölbten Theile, so schön und behaglich die Gemächer darüber,
doch in den oberen Stockwerken voll alten Gewinkeis : allein einigen
Nachfheil musste man bei so seltenem Vortheil mit in den Kauf
nehmen. Wieviel alterthümliche Reize würden dem Germanischen
Museum fehlen, wenn es, statt in den Klosterbaulichkeiten der
Karthause, in einem nüchternen Staatsgebäude herbergte ! Essenweiu,
der hochverdiente Direktor dieser grossen historischen Sammlung,
unterstützte mich bei meinen Absichten auf den Archivsitz am
Aegidienplatz auf das Wärmste; Jacobi und sein Vertreter, Bau-
assessor Rainer, stimmten bei; auch der Staatsminister Frhr. v.
Pfeufer hätte sehr gern das für Kunst und Gewerbe so wichtige
Peller-Singer-Haus für de^ Staat erworben. Allein der Oberbaurath •
des Ministeriums Degmaier, welchem der Kreisarchivar Dr. Heinrich
beipflichtete, beharrte dabei, dass jene beiden Häuser weder Raum,
noch Licht und Luft, noch Festigkeit genug darböten. Wiederholt
fand Besichtigung und Untersuchung statt, nach einer letzten Kon-
ferenz in München liess Frhr. v. Pfeufer noch einen andern Bau-
rath des Ministeriums zur Prüfung nach Nürnberg gehen, und da
auch dessen Gutachten ablehnend ausfiel, musste ich trüben Blickes
Abschied nehmen von einer schönen Hoffnung.
Dagegen gelang es, einen wohlgelegenen Platz, welchen der
Kreisarchivar aufgefunden, für den Neubau zu gewinnen. Auf die
Lage des Archivs kommt nicht wenig an, sowohl was seine Sicher-
heit, Trockenheit und Lüftung, als auch die Gesundlieit und Arbeits-
lust der Beamten betrifft Nun war für das Kreisarchiv zu Nürnberg
Das Kreisarchiv zu Nürnberg im neuen Gebäude. 305
ein der Stadt gehörender Anger in der Torstadt Gostenhofll bestimmt
worden. Kam es mitten auf diese gewerbtliätige Stätte, so drang
in die Fenster von zwei Seiten der Schall vorüberrasselnder Eisen-
bahnen und von allen Seiten der Rauch und Russ von einem Dutzend
und mehr Eöhren der Dampfmaschinen. Ganz anderj verhält es
sich mit der jetzigen Wohnstätte an der Bucherstrasse, etwa zehn
Minuten vom Thiergärtnerthor entfernt. Dort liegt das Archiv in
ruhiger, etwas vornehmer Gegend, rings umgeben nur von Gärten
und Villen einer sich langsam ausdehnenden Vorstadt. Um auch
für die Zukunft vor lästiger oder feuergefährlicher Nachbarschaft
gesichert zu sein , musste der Eigenthümer des zehn Tagwerke
grossen Zwickel'schen Anwesens, von welchem anderthalb Tagwerk
für das Archiv gekauft wurden, auf sein ganzes Grundstück die
hypotliekarischo Beschränkung nehmen, dass auf demselben niemals
Fabriken dürfen angelegt werden. Im Tolksmunde führt der stille
Gang vor dem Archiv den Namen Philosophengang, und der schöne
Garten vor seiner Fronte, der Kolleggarten, wird wohl Eigenthum
des gesellschaftlichen Vereines bleiben, der schon seit hundert Jahren
besteht. Aus allen andern Fenstern kann der Blick in schönbebaute
Weite schweifen. Nicht zu unterschätzen ist solche Entfernung
von der gewühlvollen Stadt, die mitten unter ihrem gewerbfleissigen
und gescheidten Bürgerthum von jeher eine ebenso heissköpfige als
starke Arbeiterbevölkerung hatte.
Der erleuchteten eifrigen Fürsorge, mit welcher das Staats-
ministerium des Innern die Frage vor den Kammern vertrat, war
es zu danken, dass diese für den Bau, die Uebersiedlung und neue
Einrichtung des Archivs eine Summe bewilligten, mit welcher aus-
zukommen war. Denn auch die ganze Einrichtung der Archivsäle
und Geschäftszimmer musste von Grund aus neu beschafft werden,
wollte man nicht befahren, dass mit dem alten Gerumpel aus dem
Rathhause Schmutz und Holzwürmer einzogen. Um gleich hier
einen Ueberblick über die Kosten des ganzen Unternehmens zu
geben, so wurden verausgabt
für den Bauplatz
den Neubau
die innere Einrichtung .
die Uebersiedelung . .
im Ganzen also nicht mehr als
49,920 00 JL
350,631 28 „
25,578 34 „
3,789 87 „
420,919 49 JL
ArchlTalischo Zeitschrift VIL 20
306 Löher:
Während der Bau vor sich ging, war man in den alten Archiv-
lokalen eifrig bemüht, Alles herzurichten zu einem raschen und
gefahrlosen Umzug. Die Archivalien sämmtlich wurden gelüftet,
gereinigt, desinfizirt, — sodann in grosse Packe eingeschnürt, —
diese mit foi^laufenden Nummern versehen je nach der vorher sorgsam
bestimmten ßeihefolge, welche sie im neuen Gebäude einnehmen
sollten. Alsdann versicherte man sich gedeckter Wagen, genügender
und zuverlässiger Mannschaft, und guter Aufsicht bei dem Einladen,
Hinüberfahren und Abladen. Yom 15. Mai bis 9. August 1880 blieb
das Archiv ausser für ganz dringende Angelegenheiten geschlossen,
und wurde der Umzug ausgeführt. Das ganze weitläufige und
mühselige Geschäft ging — Dank dem Geschick und Diensteifer
und der Aufopferung des Vorstandes Dr. Heinrich, des Keben-
beamten MummenhofF, des t\inktionärs Prhrn. v. Zündt, und des
Archivdieners Schwager — rasch und glücklich von Statten ohne
den geringsten Unfall. Planmässig und fem von jeder Verwirrung
oder Zögerung konnten nun auch die etwa 30,000 Urkunden und
die unübersehbare Menge der Kodizes, Amtsbücher, Akten, Grund-
risse und Karten in ihre verschiedenen neuen Lokale und Behälter
aus einander gelegt und gestellt werden.
Ein Blick auf die Abbildung am Schluss dieses Bandes zeigt
das Archivgebäude, das Wohnhaus und ein Stückchen des gedeckten
Verbindungsganges zwischen beiden, sowie in der Ecke das Wasch-
haus, — den ganzen Archivhof in einer Ausdehnung von 5000 Quadrat-
Meter, — rings umschlossen von einer Mauer und dem Archivhaus.
Vor der Hauptfront gegen Süden breitet sich die Archivstrasse, der
Pflasterung noch bedürftig, jedoch des Nachts durch Gaslaternen
erhellt. Nicht von dieser schönen und mächtigen Hauptseite konnte
die Abbildung aufgefasst werden, sondern nur von der östlichen
Nebenseite, weil das Bild eine Vorstellung vom ganzen Archivhof
und seinen sämmtlichen Gebäuden geben sollte. Hinter den Archiv-
sälen und rings um das Wohnhaus breitet sich ein mit Blumen,
Buschwerk, Bäumen und etwas Gemüse besetzter Garten, dessen
eine Hälfte dem Vorstand und die andere Sekretär und Diener
gehört. Gemeinschaftlich sind Waschhaus und Pumpbrunnen, und
in der Holzlege hat jeder Theil seine verschliessbare Stelle.
Da der Brunnen nur hartes Wasser und für Nothfalle nicht
genug liefert, so ist noch fliessendes Wasser aus der städtisclien
Wasserleitung hinzugekommen. In der Erde rings um die Gebäude
Das Krei8art!hiv zu Nürnberg; im neuen Gebäude. 307
und durch die Gärten hin befinden sich Abzugsröhren und Versitz-
gruben, um den Boden beständig so trocken zu erhalten, dass keine
Feuchtigkeit in Ärchivsäle und Geschäftszimmer emporsteigen kann.
Aus demselben Grunde ist über die Grundmauern des Archivhauses
durchgehends eine Schichte von Asphalt gelegt, die nichts Feuchtes
durchlässt.
Für den kaum denkbaren Fall einer Feuersgefahr, die nur
durch Fahrlässigkeit der Bevölkerung des Wohnhauses entstehen
könnte, befindet sich in letzterem auf dem ersten Treppenabsatz
ein Telegraph, der zur Zentral-Feuerwache in der Stadt am Korn-
markt führt. Ausser der städtischen Feuerwehr steht Militärhülfe
bereit, letztere weniger um zu retten, als um Ordnung zu halten. Zu
Flüchtungsstellen sind der Kolleggarten mit seinen Gebäuden und
die Sebalduskirche bestimmt.
Das Hauptgebäude hat eine Breite von 18,55 und eine Länge
von 85 Meter. Das Wohngebäude ist beinahe eben so breit, nämlich
15,10 Meter, jedoch nur 26,17 Meter lang. Der Verbindungsgang
zwischen beiden hat bei 15,45 Meter etwas mehr Länge als das
Wohnhaus Breite. Zwischen dem Archivhaus und der Einfriedungs-
mauer ist eine Entfernung nach Osten von 8,50, nach Westen von 10,
nach Norden von 37,50 Meter. Die Entfernung des Wohnhauses
vom Waschhaus und der damit verbundenen Holzlege beträgt an
der nächsten Ecke 23, an der entferntesten 35 Meter.
Die Gebäude sind nicht ganz so, wie ich vorgeschlagen, aus-
gefallen. Der Grundriss zeigt in beiden Stockwerken ganz gleiche
und regelmässige Räume, an den 'Ecken je einen grossen Saal, in der
Mitte Empfangszimmer mit zwei kleinen Gemächern dahinter, da-
zwischen auf der einen Seite zwei grössere und vier kleinere, auf
der andern acht kleinere Säle. Zwei Durchgänge gibt es in jedem
Flügel und Stockwerke von der Nord- nach der Südfront, ausser-
dem Luftdurchzug durch grosso runde Oefifnungen oben in den
Wänden gegenüber den Fenstern. Nach meiner Ansicht hätte sich
Eintheilung und Grösse der Räume je nach den Archivgruppen richten
solleÄ, nicht aber mussten sich diese gut oder schlecht in jene
hineinpassen, zumal bei einem Archive, dessen historische Bestand-
theile sich weder mindern noch viel mehren werden.
Auch die Auswahl und heraldische Ausstattung der Wappen,
die eine sprechende Zierde der Aussenseite bilden, erfolgte ohne
archivalischen Beirath. Die östliche Seitenfront der Abbildung zeigt
20*
308 . Löher:
die "Wappen der Fürsten Hohenlohe und der Grafen Seinsheim,
sowie der Reichsstädte Weissenburg und Windsheim, während
die Wand gegenüber auf der Westseite mit den Wappen des
Eürstbisthums Eichstädt, des Deutschordens, der Reichsstädte
Rothenburg und Dinkelsbühl geschmückt ist. üeber dem Haupt-
portal aber steht hoch auf dem Dache das bayerische Rauten- und
Löwenwappen, darunter an der Wand die Nürnberger Adler-Jungfrau
(sg. Jungfernadler), der sich rechts das markgräfliche und links das
burggräfliche Wappen von Hohenzollern-Bran den bürg anfügen.
Wie unsere Abbildung zeigt, sind die Gebäude im gewöhnlichen
Stil der modernen Renaissance gehalten, der für Krankenhäuser
wie für Justizpaläste gleichförmig und nüchtern bleibt Stellt man
sich aber vor die Hauptfront, so wirken die reinen und gefalligen
Verhältnisse ungemein wohlthuend, und macht das Ganze einen
schönen und würdigen Eindruck.
Unterbau und Erdgeschoss sind aus weissgrauem Sandstein.
Das obere Geschoss, ein Hängewerk, in welchem alle Tragbalken
mit Eisen geschient sind, ist röthlicher Ziegelbau mit weisslichen
Plattsäulen und Fenstereinfassungen. Das Dach von Schieferplatten
ruht auf Holzsparren. Im Unterbau ist für trockene und geräumige
Keller gesorgt. Die Fenster des Erdgeschosses sind sämmtlich mit
Eisengittern versehen, allein noch kein einziges Gitter beweglich, um in
Nothfällen die Säle rasch nach aussen entleeren zu können. An
den Fenstern lässt sich das obere Halbrund nach innen öffnen, um
frische Luft einströmen zu lassen. Der Fussboden der Archivsäle
besteht im untern Geschoss aus Zement und ist im obern parquet-
artig aus Fichten- und im Empfangsaal aus Eichenhölzern getäfelt,
sogenannter Riemenboden.
Auf fünf Stufen von Granit tritt man zum Portal und durch
dieses in eine schön geschmückte Halle. Ihre Decke wird von
zwei dunkelglänzenden Sienitsäulen getragen, und prangt gleich
den Wänden mit farbenbunten Arabesken und Blumengewinden,
zwischen denen sich die Wappen der zwölf bedeutendsten Städte
Mittelfrankens zeigen, während die Glattseiten der Wände Surch
zehn dunkle Halbsäulen von Stuckmarmor unterbrochen sind. Aus
dieser Halle führen rechts und links in die Archivsäle Doppelthüren,
die äussere von starkem Eisenblech mit Brahmaschloss, die innere
von Holz. Im Hintergrunde öffnet sich, dem Portal gegenüber,
der Verbindungsgang zum Wohnhause und darüber das Treppen-
Das Kreisarchiv in Nürnberg im neuen Gebäude. 309
haus mit seineu röthlich-gelben Wandflächen von glänzendem Stuck-
mariuor. Ueber den zwei Absätzen der Treppe, deren Stiegen und
Geländer von grauem Granit, letzteres mit polirten Granitplatten
bedeckt, wölbt sich ein farbig kassettirter Rundbogen. Auf der
Höhe des Stiegenhauses, wo Alles blitzt in gelbbraunem Stuck,
tritt man in den Empfangssaal. Auch seine Decke ist mit Einfassung
verziert, und erwarten die Wände noch acht grosse in Oel gemalte
Fürstenbilder.
Was nun die Vertheilung der Archivalien betrifft, so beruht
der ganze grosse Hauptschatz an Urkunden und Kodizes — nur
mit Ausnahme der Eichstädter Gruppe — im untern Geschoss. An
den Wänden der Säle dehnen sich die Aktengestelle, in der Mitte
stehen die Urkunden seh reine, von denen immer je vier oder sechs
oder acht so zusammengeschoben sind, dass sie eine Tafel bilden,
auf welcher man Archivalien auslegen und bearbeiten kann. Jedoch
lassen sich die Schreine, die sämmtlich verschliessbar, leicht aus-
einandernehmen und jeder einzelne wegtragen. Ihrer sind nicht
weniger als 336 nöthig. Das ganze Urkundenarchiv befindet
sich also, wenn gerettet werden muss, in beweglichem Zustande.
Die innere Einrichtung der Schreine, in welchen die Urkunden
jede einzeln, hinter und neben einander stehen, und ebenso der
Aktengestelle, wird in der Abhandlung von der Einrichtung der
Archive noch näher beschrieben werden. Zwölf Leitern und sieb-
zehn Treppenstühle sind durch die Säle vertheilt.
Unter den Archivsälen ist einer mit besonderer Sorgfalt und
Festigkeit hergestellt. Durch Feuermauer und zwei Eisenthüren
von den übrigen Eäumen abgeschlossen, bildet er ein eigenes
hohes Gewölbe, das durch sechs Säulen aus weisgrauem Granit ge-
hoben wird, die jedoch, um keine Blendung zu verursachen, nicht
geglättet worden. Zwischen den Säulen in der Mitte stehen die
Pulte, in welchen unter Glasdecken kostbare Urkunden und seltene
Kodizes mit ihrem Bildwerk zum Beschauen ausgelegt sind. An
den Wänden laufen entweder Schreine voll der wichtigeren Ur-
kunden oder Gestelle mit den bedeutenderen Kodizes hin. Die
Wandflächen aber sind geschmückt mit riesigen Geleitsschwertern,
wie sie bei festlichen Gelegenheiten den Amtsherren vorgetragen
wurden, mit Amts- und Kalendertafeln der Nürnberger, und Todten-
schilden der Kaiser, die man einst öffentlich aushängte, mit Grund-
rissen , z. B. dem grossen Plan von Wallensteins Lager vor Nürn-
310 Lölier:
berg, mit Stammbäumen und ähnlichen alten Schrift- und Prunk-
stücken.
Eine ganze Hälfte des Erdgeschosses umfasst das Nürnberger
Archiv. Seine Kopial- Saal- und Zunftbücher (letztere Meisterbücher
genannt), seine Rechts- und Gerichtsbücher, seine Geschlechts- und
Wappenbücher beginnen theilweise schon im dreizehnten Jahrhundert;
die Stadt- und Aemterrechnungen und die Archivalien mehrerer
Klöster und Stiftungen gehen bis in's vierzehnte Jahrhundert hinauf;
die Briefbücher, in welchen die Entwürfe der amtlichen Schreiben
eingetragen wurden, haben zum Anfangsjahr 1404 ; die Todtenbücher
der beiden grossen Stadtpfarren St. Lorenz und St Sebald 1410;
die Eathsverlässe d. h. die Beschlüsse des Innern Raths 1449;
^ie Rathschlagbücher d. h. die juristischen Erörterungen und Gut-
achten 1509. Neben den Reichs- Kriegs- und Bundessachen sind
die Archive all der Aemter, — wie vom Lehenhof, Vormundschaftsamt,
Landalmosenamt, von der Verwaltung der geistlichen Korporationen,
vom Wasseramt, Bauamt, Kriegs- und Zeugamt, — vollständig in selten
unterbrochener Reihefolge beisammen. Köln ausgenommen, besitzt
keine Reichsstadt ein so reichgefülltes Archiv von alten Zeiten her,
Dank dem guten haushälterischen, Ordnung liebenden Sinn der
früheren Nürnberger, Dank aber auch der Sorgfalt, mit welcher die
Krone Bayern das Archiv bewahrte. Wie möchte dieses wohl aus-
sehen, wenn die Nürnberger in den revolutionären Jahrzehnten Allein-
herren geblieben wären! Im Hinblick auf die Fahrlässigkeit, unter
welcher die Archive in anderen fränkischen Reichsstädten so furchtbar
gelitten haben, im Hinblick auf die Zerstörung, welcher alte
Werke unterliegen, um einem schwächlichen Nachbild der Wiener
Ringstrassen Platz zu machen, — erscheinen mindestens die Klagen
der Städte, der Staat habe ihnen ihre Archive geraubt, unbegründet.
Lassen wir ausser Spiel die Rechtsfrage, die ja zu Gunsten des
Staats zu beantworten, so wird wohl jeder Freund des Vaterlands
und der Geschichte unsern alten Städten ihre Archive gönnen, wenn
sie erstens für geeignete Lokale und zweitens für eine wohlgestellte
Archivverwaltung sorgen.
Das Ansbacher Archiv nimmt den noch übrigen Theil des
untern Geschosses ein, also einen immerhin noch sehr bedeutenden
Raum. Es enthält von den ältesten Zeiten an die Schriften zur
Geschichte des fürstlichen Hauses wie des Landes, der zugehörigen
Klöster, Stifter und Aemter, der Hofhaltung wie der auswärtigen
Das Kreisarchiv in Nürnberg im neuen Gebäude. 311
Beziehungen. Hier lagert fast noch ungehoben ein reicher kultur-
geschichtlicher Stoff, der — z. B. auch in den Eeligions- und
Keformationsakten, die von 1436 bis 1684 reichen, — nicht wenig
Anziehendes bietet. Auch die Rechtsgeschichte geht nicht leer aus :
denken wir nur an das kaiserliche Landgericht auf der Reichsburg
zu Nürnberg, dessen Amtsbücher die Zeit von 1235 bis 1671 um-
fassen, und an das eigenthümliche markgräfliche Geleitsrecht, das
sechs Jahrhunderte hindurch seinen schriftlichen Niederschlag hatte.
Selbstverständlich fehlen auch nicht die Archive der ausserfränkischen
Besitzungen des hohenzollerschen Hauses, der Oettingen'schen Pfand-
schaften, der Herrschaft Limburg, der Landvogtei im Elsass, wie der
schlesischen Fürstenthümer.
Das obere Stockwerk des Gebäudes wird in kurzer Zeit auf
seinem östlichen Flügel eine dritte grosse Gruppe, das Archiv
des ehemaligen Fürstbisthums Eichstädt, umfassen. Dieses kam
bei der ursprünglichen Vertheilung der Archivgruppen zu Anfang
dieses Jahrhunderts nach Neuburg an der Donau, und hat nun-
mehr seinen Platz im mittelfränkischen Kreisarchiv zu nehmen,
gleichwie dieses vor seinem Umzug die Archivalien der Deutsch-
ordenskommende Oettingen nach Neuburg abgab. Obgleich auch
die vor 1401 entstandenen Urkunden des Eichstädter Bisthums
nach der Massregel, die frühere Vorstände des Reichsarchivs über
ganz Bayern verhängten, nach München gebracht worden, so blieb
doch immerhin noch sehr bedeutend die Masse der andern amtlichen
Schriften und Bücher. Die des Domkapitels und der Klöster beginnen
zu Anfang, die der Aemter um Mitte des vierzehnten Jahrhunderts,
die Regierungsakten endlich gehören in der Hauptsache dem sieb-
zehnten und achtzehnten Jahrhundert an. Wissenschaftlich ist das
alte Eichstädter Archiv verhältnissmässig noch am wenigsten aus-
gebeutet.
An das Eichstädtische Archiv liess sich anreihen, was aus
den Reichsstädten Rothenburg Dinkelsbühl und Windsheim in das
Provinzialarchiv geschafft worden. Es ist verhältnissmässig wenig.
Die königlichen Kommissarien, denen zu Anfang dieses Jahrhunderts
die Besitznahme der reichsstädtischen Hoheitsrechte aufgetragen war,
scheinen das pergamentene und papierene Anhängsel nicht besonders
beachtet zu haben. Der ansehnlichste Theil dieser Archivalien gehört
der reizend alterthümlichen Stadt, die ob der Tauber sich malerisch
erhebt. Diese Rothenburger Stücke beginnen mit 1274, die Reichs-
312 Löher:
Stadt selbst aber hat ein noch sehr bedeutendes altes Archiv in ihren
Mauern behalten. Die Archivalien von Dinkelsbühl und Windsheim
gehen nur bis ganz zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts hinauf.
Z\x ihnen sind in jüngster Zeit die Weissenburger gekommen.
Diese sollten, wenn ich darnach fragte, im dreissigjährigen Krieg
untergegangen sein, bis ich in Weissenburg selbst näher nachfragte
und auf der Höhe eines Rathhausspeichers ein grosses reiches
Archiv entdeckte, das schon viel Betrübendes, in der letzten Zeit,
durch des Magistrats Fürsorge jedoch auch das Glück einer Ver-
zeichnung erfahren hatte.
Auch die ritterschaftlichen Archive von Mittelfranken, der
Deutschordenskommende Nürnberg, der JohanniterkommendenEothen-
burg und Reichardtsroth, der Reichsritterschaft, und anderer kleinen
Herrschaften stehen an Fülle und Bedeutung weit unter der Er-
wartung; nur die beiden Orden gehen bis in's dreizehnte Jahr-
hundert hinauf Sie fanden sämmtlich in drei Sälen Raum. "Wüsste
man nicht aus andern Quellen, wie tapfer sich auch die mittel-
fränkischen Rittergeschlechter mit der Feder wie mit dem Degen
getummelt haben, aus diesen Resten ihrer Archive liesse sich nicht
darauf schliessen. Vielleicht ist noch eine planmässige Nachforschung
im ganzen Kreisgebiete am Platze.
Wir konmien jetzt zu dem, was die grosse Masse in unsern
Archiven zu bilden pflegt, das sind die Amtsrogistraturen mit ihren
Akten und Rechnungen. Für sie genügten zur Zeit noch fünf Säle,
bald aber werden noch vier andere nöthig sein. Nur vereinzelte
Schriftstücke in diesen Massen ergeben noch Zeugnisse aus dem
dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert, das Andere gehört späterer
und neuester Zeit an.
Die in den letzten Jahren gemachten Versuche, die mittel-
fränkischen Gemeinden zur Niederlage ihrer alten Urkunden und
Akten im Staatsarchive zu gewinnen — in der Weise, dass ihnen das
Eigenthum gewahrt blieb und dass sie genaue Verzeichnisse darüber
zu Händen bekamen, — haben nur bei neun Gemeinden Frucht ge-
tragen, und auch von diesen besassen nur Drei Dokumente, die älter
als etwa vierhundert Jahre. Diese deponirten Gemeindearchive nehmen
zusammen genommen wenig Raum ein.
Im grossen Saal 26 wurde eine Plankammer hergerichtet.
Diese ist ebenfalls aus Schreinen zusammengesetzt, die Fachwerke
von beweglichen Platten umschliessen. Auf diesen Platten liegen
Das Kreisarchiv in Nürnberg iin neuen Gebäude. 313
— jedes Stück in einer Rollo von Pappendeckel, die an der Spitze
ihre Nummer zeigt, — die Grundrisse, Forstkarten, Flurpläne^ alte
Landkarten und dergleichen. Zieht man eine Platte nui* ein
wenig hervor, so lässt sich jede Rolle bequem ausscheiden oder
wieder einlegen. Für die langen Rollen gehen die Platten durch
je zwei Schreine hindurch, aber zum Ausziehen nach beiden Seiten
eingerichtet. Die kleineren Rollen, die gegen einander liegen, sind durch
Falze getrennt, damit sie sich nicht durcheinander schieben. Hand-
zeichnungen und Kupferstiche werden in Kartons verwahrt.
Der westliche Flügel des oberen Stockwerkes umfasst ausser einer
Reihe von Sälen, — die zur Zeit noch leer stehen, — die sogenannte
Antiquar-Registratur, welche all die neuen Zugänge von Amtsbüchern,
Akten und Rechnungen der Gerichts- Rent- Forst- und Bezirks-
ämter umfasst, und zwar bis in die Sechsziger Jahre des laufenden
Jahrhunderts. Verhält nissmässig nur wenige Stücke reichen bis
in 's Mittelalter hinauf.
Endlich die kleinen Gemächer zu Seiten des Treppenhauses
im oberen wie unteren Stock dienen zum Wegsetzen von Kisten
und Geräthschaften , sowie zur Aufstellung der Bücher und Zeit-
schriften, soweit man sie nicht beständig in den Geschäftszimmern
bedarf. In dem einen Bibliothekzimmer oben ist ein Aufzug ange-
bracht, um schwere Archivalienpäcke niederzulassen oder empor zu
winden.
Wir gehen jetzt durch den gedeckten Gang, der durch zwei
giosse Rollläden zum Durchfahren geöffnet werden kann, zum Wohn-
hause. Im grossen neuen Hof des historischen Archivs in Moskau,
der theilweise nach meinen Vorschlägen eingerichtet wurde i), umfasst
für den obersten und den nächsten Beamten und den Diener ver-
schiedene Wohnhäuser, in Nürnberg wurde selbstverständlich für
zwei Beamte und den Diener nur ein einziges verlangt. Fremden
Besuchern wird der Unterschied zwischen dem öbern und untern Stock-
werk auffallen. Oben wohnt der Vorstand allein, unten müssen sich
Sekretär und Diener behelfen und liegen noch dazu die drei Geschäfts-
zimmer. Natürlich mussten nun alle Zimmer im unteren Stock unge-
bührlich klein ausfallen. Dieses Missverhältniss entstand in folgender
Weise. Der Architekt hatte — ich weiss nicht durch welche Gründe be-
stimmt — die Sekretärswohnung ausgeschlossen: als ich davon nun
0 Archival. Zeitschr. V. 51—52. 61—61
314 Löher: Das Kreisaitdiiv in Nürnberg im neuen Gebäude.
©rftthr und sowohl der besseren Bewachung des Archivs und seiner
Geschäftszimmer wegen als auch aus Billigkeitsgründen dazu drängte,
dass auch dem Nebenbeamten die Wohlthat einer Dienstwohnung
gewährt werde, blieb nichts übrig, als den noch vorhandenen Raum
des Erdgeschosses so einzutheilen, dass der Archivsekretär drei kleine
Zimmer mit einer Kammer Küche und Magdkammer, der Archiv-
diener ein Zimmer mit Kammer und Küche erhielt, und trat der
Vorstand von seinen Eäumen, auf welche er gesetzlich ein Recht
hat, dem Diener noch ein Zimmer ab. Hoffentlich lässt sich später
einmal das Missverhältniss ausgleichen.
Tritt man in das Wohnhaus, so liegen jetzt gleich neben der
Thür auf der einen Seite das Zimmer des Sekretärs, welches auch
die Repertorien aufbewahrt, auf der andern das Zimmer des Vor-
standes und neben letzterem die Kanzlei. In dieser finden in
Gestellen die Manualakten, sowie ein geringer Theil der Hand-
bibliothek ihren Platz. Die Zimmer konnten bei ihrer Kleinheit
nur mit dem nöthigstea Mobiliar ausgestattet werden. Ihre Fenster,
sind nicht vergittert, jedoch mit eisernen, wohl v^rschlieBasbaren
Läden versehen. Das Sekretärzimmer ist der Repertorien wegen
mit Eisen gewölbt und durch besonders feste Wände vom übrigen
Hause geschieden.
Soviel nun im Einzelnen noch hätte vorzüglicher sein können, —
man lernt ja immer durch das, was die Erfahrung vor Augen stellt, —
im Ganzen genommen darf man wohl sagen, dass in der Einrichtung
von Archiven durch den Nürnberger Neubau einige entschiedene
Fortschritte gemacht sind. An äusserer Schönheit aber möchte
derselbe noch einzig in seiner Art dastehen.
XVI. Literaturbericht.
1. Das Urkundenwesen KarlslV. und seiner Nach-
folger (1346-1347) von Theodor Lind n er. Stuttgart
1882 Cotta'sche Buchhandlung.
Ob es seine Berechtigung habe, die vertiefte Urkundenforsohung, wie sie
jetzt betrieben wird, auch auf das spätere Mittelalter auszudehnen, darüber
dürften die Ansichten getheilt sein. Jedenfalls ist es nur in der Theorie richtig,
wenn man diese Forschungen schon desshaib für nöthig erklärt, weil sie uns
die Unterscheidung der echten und falschen Urkunden lehren; in der Praxis
bilden, was wohl jeder erfahrene Archivar bezeugen wird, die Fälle, in denen
es, um Fälschungen nachzuweisen, der Ausrüstung mit grösserer diplomatischer
Gelehrsamkeit bedarf, im späteren Mittelalter nur ganz verschwindende Aus-
nahmen. Vielleicht wird eine Zeit kommen, welche, ohne in Geistesbarbarei
zurück zu sinken, ohne auch archivaUsche Gelehrsamkeit gering zu schätzen, sich
doch wundert, dass wir Registratoren und Schreibern, Siegelschntiren und Per-
gamenten des ausgehenden ADttelalters solche Aufmerksamkeit widmeten.*)
Aber auch wer solche Ahnung nicht von sich abzuweisen vermag, wird an-
erkennen, dass in der Schrift Herrn L.'s eine gründliche und gelehrte Arbeit
vorhegt, welche auf einem bisher noch unangebauten Gebiete die Wege bahnt.
Eine so umfassende, auf Autopsie gegründete Kenntniss der I'^rkunden unserer
Herrscher aus dem Luxemburgischen Hause wird wohl keinem anderen zu
Gebote stehen , als dem Geschichtschreiber des deutschen Reichs seit König
Wenzel. Eben Herr L. hat auch in den von v. Sybel und Sickel heraus-
gegebenen „Kaisenirkunden in Abbildungen" die Bearbeitung der Luxemburgi-
schen Periode übernommen, und diese Aufgabe bot ilmi Anlass, dem gesammten
Urkundenwesen dieser Periode die eingehende Untersuchung zu widmen, deren
Früchte uns hier geboten werden.
Die Schrift beginnt mit einer Erörterung der Gruppen und äusseren Merk-
male der Urkunden der königlichen Kanzlei in der Luxemburgischen Periode.
Zweckmässig unterscheidet der Verfasser solche mit anhängendem Siegel, solche
mit aufgedrücktem und Briefe. Für die erste Gruppe wird die Bezeichnung:
^) Anm. d. Heraasgebers. Auf mannigfache Erfahrimg gestützt möchten wir unserer-
seits den lebhaften Wunsch ausdrücken nach einer wirklichen Geschichte des deutschen Ur-
kundenwesens Tom 13. bis 16. Jahrhundert, zumal aus so neuem und solidem Bangestein, wie
Lindner'B Schrift es liefert
316 Literaturbericht.
Diplome, für die zweite: Patente vorgesclüagen. Hinsichtlich der Sprache der
Diplome l^e^nügt sich der Verfasser mit der Bemerkung, dass sie theils lateinisch,
theils deutsch war. Sollte sich nicht bei genauerer Untei-suchung ergeben, dass
die Walil der Sprache nicht willkürlich war , dass sich für ihre Anwendung eine
gewisse Regel aufstellen lässt ? Nachzutragen wäre hier auch die Beobachtung,
dass in die Urkunden der Luxemburger durch die vielen nichtdeutschen Kanzlei-
beamten häufig ein so verwildertes Deutsch eingedrungen ist, wie es vorher in
der Reichskanzlei unerhört war. Aus dem Kapitel über die Besiegelung und
die Siegel heben wir als einen Punkt von allgemeinerem Interesse hervor, was
L. über den bekanntUch von K. Sigmund zuerst im Majestätssiegel gebrauchten
Doppeladler bemerkt. Sehr von einander abweicliende Ansichten über dessen
Bedeutung sind bisher geäussert worden, von denen doch keine völlig befriedigen
konnte. L.'s neue Erklärung knüpft an die die Legende bildenden Verse : Aquila
Ezecliielis u. s. w. an, welclie einem viel verbreiteten alten Hymnus auf den
Apostel Johaimes entnommen sind. Was Sigmund bei der Wahl des neuen
Wappenbildes leitete, war nach L.'s Auffassung der Gedanke an das doppel-
gestaltige Lnperium, welches höchste weltliche Macht ist, aber zugleich als
Schutzherr der Kirche auch einen geistUchen Inhalt hat, eine Idee, welche gerade
damals in den Vordergrund trat, da das Schisma seit Jahren die Kirche zerrüttete,
und Hilfe vom deutschen Reiche erwartet wurde, von dem sie auch allein
kommen konnte. Der Adler mit zwei Köpfen stellt demnach nicht Königthum
und KaLserthum, sondern das eine und doch zwiefaltige Imperium dar. Die
beste Stütze dieser Deutung hegt darin, dass sie allein den Wech&el der von
Sigmund geführten Siegel zu erklären vermag. Nachdem näuüich dieser Herrsclier
den Doppeladler bereits als Reidisverwescr angenommen hatte, fülirte er, nach-
dem er römischer König geworden, wieder dessen übliches Zeichen, den ein-
köpfigen Adler, um erst nach Erlangung der Kaiserkrone zum Doppeladler
zurückzukehren. Wir fügen hinzu, dass das bekannte Wappenbuch von
Grünenberg (fol. 111 b) dem römischen Könige den einköpfigen Adler, dem
römischen Kaiser aber neben dem zweiköpfigen auch einen dreiköpfigen beilegt
mit der Bemerkung: welcher Kaiser das Reich mit einem oder melireren König-
reichen mehrt, (wie Sigmund, der auch die Krone Ungarns und Böhmens trug),
mag, wenn er will, den Adler mit drei Häuptern führen.
Weiter handelt der Verfasser von einzelnen Urkundenformeln; vom Mono-
gramm, (dessen Figur aber nicht, wie hier behauptet wird, nur aus geraden
Linien besteht); vom Correkturvermerk ; von der eigenliändigen Unterschrift
des Königs, der Rekognition der Kanzler und der notariellen Beglaubigmig;
von der Unterfertigung und dem Registraturvermerk; den Unterzeichnungen
der andern vertragschliessenden Partei, und von sonstigen Bemerkungen der
Kanzler auf den Urkunden. Die Kaiserkrönung Karls IV. brachte eine durch-
greifende Reform der Kanzleigebräuche (Kap. 12.), und zwar ist es unzweifel-
haft der Kanzler Johann von Neumarkt, der das Vertlienst beanspruchen darf,
eine grössere Regelmässigkeit geschaffen zu haben. Die folgenden Abschnitte
sind überschrieben: der Beurkundungsbefehl ; der unterfertigende Beamte und
die Ausstellung der Urkunden; die Conzepte und Formelbücher; das Regster
Karls IV.; die Registrirung; die Register Wenzel's, Ruprecht's und Sigmund's;
Membranen (d. h. mit dem königlichen Siegel versehene Urkundenblätter, auf
Literatnrbericht. 317
welche der Text erst zu schreiben war, ein Unfug, der viele Klagen hervorrief);
fertig eingelieferte Urkunden, Neuausfertigungen, offizielle Kopien; zur Datirung;
endlich erschlichene Urkunden und Fälschungen. Ein Urkundenanhang enthalt
sieben bisher unedirte Stücke. Merkwünlig ist, dass Karl IV. das Diplom für
Köln vom 28. Dezember 1362 als nicht aus seiner Kanzlei ergangen erklärte,
wiewohl es, wie der Verfasser ausführt, vollkommen echt war. Dass Urkunden
von der königlichen Kanzlei für erschlichen erklärt wurden, kann L. durch Fälle
aus der Zeit Karls und Sigmunds belegen. Das Taxenwesen wird (S. 147) nur
flüchtig berührt. Als interessante Beiträge zur Kenntniss dieses Punktes ermähnen
wir, dass Herzog Philipp Maria von Mailand dem Könige Sigmund für seine
herzoglichen Pri\ilegien 6000 Dukaten zahlen musste, und dass Herzog Wilhelm III.
von Baiem 1433 den Betrag der Taxen für die Urkunde, worin ihm Sigmund
die Verleihung der Lande seines Ingolstädter Vetters Ludwig im Bart in Aus-
sicht stellte, auf 3000 Dukaten anschlug.
Das Ergebniss seiner Untersuchungen fasst L. dahin zusammen, dass sich
statt der früher geträumten Ordnung in vielen Dingen Unordnung, statt des
streng geregelten Verfahrens gelegentliche Willkür und Zufall ergibt. Gleich-
wohl wird anerkannt, dass sich in Karls IV. Kanzlei unter AVeiterbildung des
von den Vorgängern Ueberlieferten allmälich Normen herausbildeten, welche für
das folgende Jahrhundert und darüber hinaus in Geltung geblieben sind. Ohne
Zweifelist das hervorragende organisatorische Talent dieses bedeutenden Herrschers
auch hier von massgebendem Einflüsse gewesen.
2. Urkunden lehre. Katechismus der Diplomatik, Paläo-
graphie, Chronologie und Sphragistlk von Dr. Friedrich
Lelst. Mit fünf Tafeln Abbildungen. Leipzig 1882, Weber
IV und 305 Selten.
Das vorliegende Werkchen, das auch in die Sammlung der illustrirten
Kateclüsmen des J. J. Weber' sehen Verlags aufgenommen ist, setzt sich zur
Aufgabe, die Hauptgrundsätze der Urkundenlehre in systematischer Form klar
zu legen, um diplomatische Studien auch in einem weiteren Freundeskreis ein-
zubürgern. Rs konnte in dieser Zeitschrift schon wiederholt die erfreuliche
Thatsache konstatirt werden, dass wohl kaum eine andere wissenschaftliche
Disziplin gerade in neueste^ Zeit so erfreuliche Fortschritte aufzuweisen hat,
wie die Diplomatik; es braucht nur an die Namen Sickel, Wattenbach, Ficker,
Stumpf, Rockinger etc. erinnert zu werden. Der Akribie und dem Eifer dieser
Forscher ist zu verdanken, dass die Lelurbücher Gatterer's, Schönemann's u. A.
heute als veraltet bezeichnet werden müssen. Somit. war es ein glücklicher
Gedanke, die grundlegenden Lehren der älteren Werke und^die Ergebnisse der
neueren Forschimg in ein systematisches Ganzes zu vereinigen und auf solche
Weise ein zunächst für Plülologen und angehende Archivare bestimmtes Lehr-
buch herzustellen. Es gelang auch, die Schwierigkeiten, welche insbesondere
die Fülle des Stoffes mit sich bringt, zu bemeistem, und gegen Anordnung
und Behandlungsweise werden sich kaum erhebliche Einwendungen machen
lassen. Eine historische Einleitung, die vielleicht etwas ausführlicher hätte
318 ' Literaturbericht.
gestaltet werden können, handelt von den Anfängen und wichtigsten Ent-
wicklungsstadien der Urkundenwiftsenschaft und charakterisirt die Thätigkeit
der hervorragendsten Reformatoren. Nachdem sodann BegriflP, Aufeabe und
Umfang der Urkundenlehre festgestellt sind, folgt eine Erörterung des Systems,
das zu Grunde gelegt werden soll. Es ist nur zu billigen, dass der Verfasser
nicht eine neue künstliche Fassung versucht, sondern, davon ausgehend, dass
Urkundenlehre die „Vermittlerin der Kenntniss der äusseren und imieren
Merkmale der Urkunden**, an dieser natürlichen Scheidung festhält. Als äussert»
Merkmale werden nun alle jene eiiigt^hend behandelt, welche mit dem Mecha-
nismus der Herstellung der Urkunden irgendwie in Bertlhrung stehen, also
SchreibstofFe, Urkundenmaterial, Urkundenschrift, Abbreviaturen u. s. w., als
innere Merkmale diejenigen, welche in irgend einer AVeise zum Geist der Urkunde
in einer Beziehung st^ihen, also Urkundensprache als Vermittlerin des logischen
Zusammenhangs des ITrkundeninhalts für Andere, Formelwesen, Zeitangaben
und Siegel. Da aber theoretische Beschreibungen der Chrismen, Monogramme,
Rekognitionszeichen etc. dem T..eser immer nur ein unklares Bild zu geben
vermögen, ist auf fünf Schrifttafeln alles zur Veranschaulichung der einzelnen
Bestandtheile eines Diploms Wissenswerthe vereinigt. Als Lehrbuch für den
Schüler, -wie als Nachschlagebuch für den Archivar dürfte das Werkchen in
seiner knappen, doch nicht dürftigen Fomi treffliche Dienste zu leisten berufen
sein. H.
3. Sphragistische Aphorismen, 300 mittelalterliche Sie-
gel systematisch klassificirt und erläutert von Dr. F. K.
Fürst zu Hoheulohe-Waldenburg. Heilbronn 1882,
Schell. II und 33 Seiten in Quart und 9 Tafeln.
„Heut zu Tage dürfte wohl schwerlich ein wissenschaftlich gebildeter Mann
der Sphragistik ihren Rang unter den historischen Hülfswissenschaften (und
zwar nicht in letzter Reihe !) mehr streitig machen wollen." — Fürst Hohenlohe
hat mit diesen der Kinleitung seines obi»ngenannten Werkes entnommenen
Worten kurz und schlagend die Bedeutung charakterisirt, zu der sich die sphra-
gistische Wissenschaft, — Dank den gründlichen und umfassenden Arbeiten
und iniermüdlichem Streben einer Anzahl neuerer Forscher und vor Allem,
Dank dem unablässigen Fördern dieser Wissensqliaft durch Fürst Hohenlohe
selbst, — in den letzten 25 Jahren emporgeschwungen hat. Die Sphragistik
und ihre nächste Blutsven^andte, die Heraldik, sind heute vollbürtig anerkannt,
die Grundsätze dieser Wissenszweige und ihre Entwickelung sind durch eine
historische Grundlage dauernd gefestigt, und auf dieser Basis ist ein wissen-
schaftlicher Neubau errichtet, dem zu seiner Vollendung imr noch die Anlegung
der eigentlichen Künstlerhand fehlt, um auch die manchfach hervortretenden
Kcken und Kanten kunstvoll abzurunden und dem einheitlichen Plane des
Ganzen symmetrisc^h anzupassen. Für diese feine Detailarbeit ist Fürst Hohenlohe
der berufene Künstler: seine vorliegenden sphragistischen Aphorismen geben
ihm hiefür ein glänzemies Zeugniss, der sphragistischen Wissenschaft selbst
aber liefern sie eine sehr schätzbare Vervollkommnung und Höhe der
Literaturbericht. 319
Ausbildung. Sie bringen die Arbeit eines Forschers, (iem man Schritt um
Schritt seine vollste Anerkennung zollen muss: hier sind gründliche Kennt-
nisse mit edler Hingebung an die Sache harmonisch geeinigt. Fürst Hohen-
lohe bietet uns im ersten Hefte seines Werkes auf 9 Tafeln die stattliche
Reihe won 100 Siegeln, denen eine Beschreibung auf 33 Seiten in 49 beigegeben
ist. Die sämmtlichen Siegel repräsentiren entweder sphragistische Seltenheiten
oder Abnormitäten, bilden also gewissermassen Ausnahmen von den bestehenden
sphragistischen Grundsätzen. Indem der gelehrte Autor aber in seiner Beschreibung
auf die feinsten Unterscheidungen dieser Ausnahmen hinweist, stellt er zugleich
die Regeln und allgemeinen Grundsätze fest, nach denen diese Ausnahmen zu
beurtheilen sind, und schafft unter dem gewiss zu bescheidenen Namen „Sphra-
gistische Aphorismen" ein Lehrgebäude, das sich allen bedeutenden Werken
dieses Gebietes entschieden zur Seite stellt. Da werden wir an der Hand
dieses reichen Materials zunächst in die Details der sphragistischen Systemati -
sirung eingeführt, bald wird uns ein Hinweis auf die Spezialgrundsätze der
Heraldik gegeben, bald werden wir in das Gebiet der Kunstgeschichte geleitet;
da findet sich eine Klarlegung mittelalterlicher Symbolik, dort ein Anhaltspunkt
geboten, um in die Architektonik und Ornamentik liinüberzugreifen, kurz eine
Vielseitigkeit des Stoffes drängt sich in Hohenlohe's Werk zusammen, das
damit ohne Zweifel den Zweck des Autors: „der Splmigistik neue Forscher
und neue Freunde zu gewinnen,** erfüllt. Vra nur an wenigen Beispielen das
Gesagte zu erhärten, verweisen wir auf das höclist hiteressante Siegel Nr. 26,
dessen Bild in der Regel falsch erklärt wurde und zu manchfachen ^liss-
verständnissen Anlass gab, auf die zahlreichen Reitersiegel Nr. 1, und Nr. 54
— 64, femer auf die Belege für abnorme Siegelformen Nr. 84—% u. dgl. m.
Fassen wir hiezu noch die äussere Form in's Auge, in der diese Schätze er-
scheinen, so lässt sich auch nach dieser Seite hin nur Vorzügliches berichten.
Die Darstellung ist kurz, klar und auch rein historisch instruktiv. Sie schliesst
wohl die bereits von C. Heffner erläuterten Kaisersiegel, sowie die der höheren
Geistlichkeit aus, ist aber darum desto umfassender rücksichtlich aller andern
Siegelarten und wird von den trefflich in Druck ausgeführten Siegelbildem
wesentlich unterstützt und gefördert. ... st.
4. Svenska Sigiller fran Medeltidon utgivna af Bror
Emil Hildebrand. Stockholm 1862 und 1867, Kongl.
Witterhets Historie och Antiquitets Akademien s Föriag.
Grossfolio. Erste Hälfte Xu und 28 Seiten nebst 25 Tafeln.
Zweite Hälfte H und 76 Seiten nebst 45 Tafeln.
Ein Prachtwerk erster Klasse, sowohl was Schönheit der Ausstattung und
Auswahl und Genauigkeit der Abbildungen betrifft, als auch die Erklärungen
der Siegel und die Leichtigkeit, sich unter ihnen zurecht zu finden. Schwerlich
möchte irgendwo in Europa ein sphragistisches Werk solcher Art diesem schwe
dischen, das jedoch noch nicht vollendet ist, vorgehen, selbst wo der photo-
graphische Lichtdruck angewendet wirtl. Es enthält 66 Königs- und Fürsten-
si^el, 84 Bischofssiegel, 19 von Domkapiteln, 36 von Klosterobem, 150 von
320 Literaturbericht.
Priestern und Mönchen, 773 von Rittern Amtleuten Bürgern und Bauern, zu-
sammen 1128 Stücke. Ungemein belehrend sind die Eigenthümlichkeiten, mit
welchen sich die verschiedenen Stände des schwedischen Volkes hier in ihren
Siegeln charakterisiren. Im Ganzen genommen aber könnte das Werk auch auf
säclisischem oder schwäbischem Boden entstanden sein: so viel Gleiches zeigt
sich mit der Weise, wie sie in Deutschland üblich war. Thiere jedoch wurden
in Schweden zu Wappenbildem nicht so häufig, als bei uns, gewählt. Auch waren
Vollsiegel mit Ilelmzierden dort seltener, als in Deutschland. Hausmarken lyid
ähnliche Zeichen finden sich ebenfalls auf schwedischen Siegeln. Wohl aber
scheint die Kntwickelung der Heraldik gegen Deutschland stets etwas zurück ge-
wesen zu sein. Die beiden ältesten Originalurkunden, die sich in schwedischen
Archiven finden, sind beide vom Jahre 1164, die eine von König Karl Sverkersson,
die andere vom ersten Erzbischof in Upsala. Dagegen haben wir auch in Bayern
kein viel älteres Reitersiegel, als sich in Schweden eines aus dem Ende des
zwölften Jahrhunderts darstellt. Abweichend von dem Brauch in Deutscliland
führt die Umschrift auf der Gegenseite der Königssiegel häufig statt Sigillum
das Wort Clipeus mit dem Reichswappen. Die streng chronologische Reihenfolge
der Siegel, welche von Bror Em. Hildebrand gewählt ist, sowie seine trefFliche
Vorrede kommen dem sphragistischen Studium zu Statten, nicht minder die alpha-
betische Zusammenstellung der Siegelbildcr. Sehr häufig b^egnen uns unter
diesen die sogenannten Lilien in verschiedenen Anwendungen: dass die lilja
und liljor aber AVurfeisen waren, zeigt sich sehr deutlich im Siegel des k. Raths
Magnus Johansson an der Urkunde von 1428. — Es scheint uns eine Ehrensache
für Schweden, dass Hildebrand's gross angelegtes Werk würdig vollendet werde. L.
5. Statistica degli Archiv! della regione Veneta. Ve-
netia 1880—81 Naratovich, perla K. Sovrintendenza agli
archivi veneti. I.vol. CIV und 480 Seiten. 11. vol. 561 Seiten.
III. vol. All und 296 Seiten.
Italien hat sich — die Archivalische Zeitschrift brachte wiederholt Kunde
davon — in den letzten zehn Jahren seine« Archivwesens mit Eifer und Erfolg
angenommen, und noch fortwährend ist im Flusse eine einlieitliche und bessere
Organisation, wie sie werth und würdig ist der grossen nationalen That der
politischen Herstellung des schönen Landes. So wenig im Ganzen genommen
die Privat-Thätigkeit auf dem historischen Gebiete bei den Italienern hervortritt,
— denn gegen die Leistungen der deutschen Gaschichts-Forscher und -Vereine
haben sie verliältnissmässig noch wenig in die Wagschale zu legen, — so rühmlich
und allseitig ist die Fürsorge der Regierung. Die Regierung thut in Italien für
öffentliche Interessen fast Alles, der Staatsbürger noch längst nicht genug. Mit
vollem Recht wird aber bei der Besserung des Archivwesens zunächst Gewicht
gelegt auf Ausforschung, Feststellung:, und Bekanntmachung aller Archivalien,
die an irgend einem Orte vorhanden sind, und zwar geschieht das in einer aus-
giebigen Weise, gegen die wir in Deutschland noch weit zurückstehen. Ist doch
Bayern der einzige deutsche Staat, welcher über den Gesammt-Inhalt seiner
Arclüve Nachweise veröffentlicht.
Literaturbericht. 321
Wiederum lie^ uns ein stattliches Werk (lieser Art aus Italien vor, das sich
in zwei starken OktavbUnden um! einem kleineren Nachtragsbande über die acht
IVovinzen des ehemals venetianischen Königreiclis — Belluno, Padua, Rovigo,
TreNÖso, Udine, Venezia, Verona, Vicenza — verbreitet. Herausgeber ist
B. Cecchetti, Sovrintendente der venetianischen .\j*clüve. Nach einem kurzen
Ueberblick ihrer Geschichte im jetzigen Jahrhundert winl für je<le l^vinz zuerst
dargelegt, was sie an Regierungsakten besitzt in Sachen der Justiz, der Ver-
waltung, der Finanzen, des Heeres. Hodann folgen tlie Arcliive der öffentlichen
Anstalten und Genossenschaften, die nicht unter Staatsverwaltung stehen, also
der Bisthümer, Kapitel, Pfarren, Klöster, Stifter, Brüderschaften, Spitäler, Waisen-
häuser, Gefängnisse, Handelskammern, femer der Museen, Stadtbibliotheken,
Schulen, Sparkassen u. s. w., am wenigsten zu vergessen die für Italien so
wichtigen alten Notariatsarchive. Um ein Beispiel zu geben, sind für die
Juden in Venedig aufgeführt die Arcliive der Gemeinde überhaupt, dann der
drei Schulen der spanischen, der grossen deutschen und der italienischen Schule,
dann der jüdischen Vereine für Töchterausstattung, Barmherzigkeit, Sklaven-
freikauf und Hülfe. Die dritte Grui)pe bilden die Familienarchive, die in Italien
noch melir, als bei uns, zusammen geschwimden sintl. Venedig hatte vor vierzig
Jahren ilirer noch 22: wie \iele noch jetzt, nachdem so viele Patrizierhäuser in
die Hände reichgewordener Geldhändler aus dem Orient übergegangen sind,
noch bestehen, ist ungewiss. Kaum werden die Letzten eines berühmten
Geschlechts, als sie in Noth und Schulden das Stanunliaus verlassen mussten,
für das darin befindliche Archiv noch haben sorgen können. In Verona gab
e,s vor der jüngsten Ueberschwemmung noch 9 Familienanliive , in allen zu-
sammen aber nur drei I'rkunden aus der Zeit vor dem fünfzehnten Jahrhundert.
Nachdem diese drei Archivaliengruppen abgeliandelt sind, folgt in jeder Provinz
Gemeinde für Gemeinde Anzeige des in jeder Ort^^chaft befindlichen Archivalien-
besitzes, und wären es auch nur ein paar Akten aus unserem Jahrhundert. So
reichlich ist diese Sammlung, da.ss von 817 gnisseren (lemeinden nur etwa der
achte Theil, nämlich 127, nicht vertreten sind.
Angehängt sind nicht nur die Archive der Städte und Landsdiaften, die
einmal zu Venedig gehört haben, nicht nur Bergamo und Brescia, sondern auch
Triest, Istrien, Dalmatien, Corfu und Cefalonia, und das ganze Trentino, soviel
sich nämlich davon in Erfalirung bringen Hess. — Dank insbesondere gebührt
dem Herausgeber, dass er unter dieser Menge von Archiven nicht anzumerken
unterliess, wo dieses oder jenes ein Missgeschick traf, Feuersbrunst oder Ent-
führung oder Zerstreuung in Zeiten der Noth oiler Fahrlässigkeit. Ebenso fehlt
nicht die .Vngabe, wenn uml wo ein .irchiv bert»its das Glück liatte, ganz oder
theilweise beschrieben zu werden. Sehr willkommen sind auch die Schlüssel
zu den Cliiffre-Scluiften, deren sich die venetianischen (tcsandten am Bosponis,
in Frankreich England Deutschland und Spanien bedienten, worüber für die
\\er Jalire l'y'yi bis 1557, nämlich bezüglich cler venetianischen Gesandten damals
in England, bereits Dr. Paul Friedmann und L. Pausini etwas mittheilten. Zum
Schlüsse endlich ist nicht nur ein genauer Orts- und Herkunfts-Index all der in
den drei Bänden erwähnten Arcliive gegeben, sondern sogar auch ein Verzeichniss
der Schriften und Abliamllungen, die in verscliiedenen Ländern Europas über
irgend ein Archiv oder irgend eine ^Vrcliivaliengnippe in demselben erschienen
Arcblvalische Zeitschrift VII. 21
322 Literaturbericht.
sind. Dass man darüber soviel in Venedig zusammenbrachte, muss angenehm
überraschen. Irrthüraer und Mängel waren freilich bei dieser BibUographie un-
vermeidlich: so muss der Herausgeber dieser Blätter, deren erste drei Bände
fleissig benutzt sind, Württemberg vertreten, weil von ihm in der Archivalischen
Zeitschrift, die damals in der Württembergischen Hauptstadt verlegt wurde, der
Artikel über den Beruf unserer Arclüve in der Gegenwart herrührt.
Vielleicht aber schwebt schon lange manchem Leser die Frage auf der
Lippe: Ist es denn möglich, in drei Bänden bei einer solchen !Menge von Ar-
chiven — es sind weit mehr als tausend erwähnt — etwas Verständliches und
Brauchbares über den Inlialt eines jeden zu sagen ? Leider ist diese Frage nur
in sehr beschränktem Masse zu bejahen. Kegesten erhalten wir nur aus Triest,
nähere Andeutungen über den Lihalt der alten und neuen Arcliivaliengruppen
nur aus den vier Archiven, die zu Vcneilig in den Klostergebäuilen dei Frari
imd di San Nicoletto, im Palast Dieci Savii am Rialto und in dem Schulhause
degli Orefici lagern. Es war aber auch von vornherein bloss die Absicht, eine
Stati.stik zu geben, wie viele huste, registri, mazzi, pergamene, dise^i (Cartons,
Hefte, Aktenbündel, Pergamenturkunden, Pläne und Gnmdrisse) an jedem Orte
vorhanden. Xun ist im Grunde wenig damit ge<lient, tlass man weiss, es seien
im ganzen venetianischen Lande 127,690 Pergamenturkunden und ausserdem
1,824,324 Bündel und Hefte und Bände vorhanden. Allein es hat doch seinen
Werth, dass einmal schwarz auf weiss festgestellt und gedruckt ist, wie viele
Stücke in jeder Gemeinde und in jedem kleinen oder grossen Arcliiv vorhanden
sind : einigermassen ist doch dadurch der Verschleuderung ein Damm verzeichnet.
Auch hat der erste Band von Cecchetti's Werke dem Gesetzentwurf, welchen
der Minister des Innern Depretis im Februar vorigen Jahres vorlegte, trefflich
zur Unterstützung gedient. Der viel grössere Werth aber dieser Statistik besteht
darin, dass überall die Entstx'hungszeit der ^Vrchivalien von ilirem ersten bis zum
letzten Jahr genau angegeben ist. So bietet uns in Padua die alte Universität
ausser Kopien nur Akten vom 15. Jahrhim<lert dar; das Urkmidenarchiv der
Stadt aber besitzt 8419 Pergamenturkunden von 734 bis 1400 und die besondere
Archivgnippe Corona 5193 Urkunden, deren erste das Jahr 1192 zeigt; das
bischöfliche Archiv beginnt mit dem Jahre 1 208 ; das reiche Xotariatsarchiv mit
1222; ein Pfarrarchiv mit 1247; ein Privatarcliiv aber bereits mit 1095: diese
alle in Padua. Ein Geschichtschreiber dieser Stadt und Landsclmft weiss also
doch, wo er für jede Periode nachzusuchen hat. So zeigt uns auch eine Tafel von
Verona genau an, wie viele von den 2184 Pergamenturkunden, die sich dort l>e'
finden, päpstliche, kaiserliche, königliche, herzoglich venetianische, fürstliche und
sonstige Urkunden sind; femer lehrt die Tafel, wie \iele von diesen Urkunden
und den 44,783 Pergamentrotel n auf jedes Jahrhundert vom 6. bis 19. fallen;
endlich giebt die Tafel auch zu erkennen, welche Ziffer von ihnen auf jedes
Archiv trifft. Der Gescliichtsforscher wird gewiss dankbar sein für solche guten
Winke. Würde nur erst irgendwo im weiten Deutschland der iVnfang gemacht
mit einer so genauen Aufnalimc der Archivalien, wie sie in dieser mühevollen
und so vollständigen venetianischen Archivstatistik vorliegt. Olme Hülfe und
Förderung durch den Staat lässt sich ein solches Werk, das freilich dann tiefer
auf Charakterisirung des Inhalts der ^Vrcliivc eingehen müaste, gar niclit unter-
nehmen. L.
Literaturbericht. 323
6. L'archivio di stato in Venezia ne^li anni 1876 — 1880
per la R. Sovrintendenza agli arch. ven. Venetia 1881,
Naratovich. XI und 276 Selten.
Diese Schrift — ebenfalls vom ^Vrchivdirektor Cecchetti — bildet die will-
kommene Ergjlnzung zur vorigen, da sie eine Geschichte des Archivs in den
letzten für dasselbe so wichtigen Jahren und eine ausftthriiche Dariegung über
den gesammten Archivdienst, seine Einrichtung, Be^xmten, Arbeiten, Publikationen,
Bibliothek und diplomatische Schule enthält, nebst berechtigten ferneren Wün-
schen für das Heil des Archfvs, und niancherlei Mittheihnigen über den Inhalt.
Auch fehlt nicht ein sehr reichhches Verzeichniss der Archivbenützer und für
welche Zwecke sie arbeiteten. Wer fände nicht etwas für seine historischen
Schriften der letzten \ier Jahrhunderte in dem Archiv des Freistaats, der mit
aller Welt in Berührung stand und sorgfältig seine amtlichen Schriftstücke in
Ordnung hielt. In den fünf Jahren von 1876 bis 1880 stellten sich im Ganzen
700 jVrchivbenützer ein, unter ihnen 16i) Nichtitaliener. Die Korrespondenz des
Direktors mit auswärtigen Archiven führte zu Mittheilungen über Stand und
Ordnimg der An^hive in Japan, Mexiko, Holland, Russland, Spanien, und der
Schweiz, die jeder ArchiN-freund mit Vergnügen lesen wird. Wer aber über die
Geschichte des ntirdlichen Italiens Forschungen machen will, "wird sich hier über
den Zustand der städtischen Archive in den Hauptstädten des ehemaligen Vene-
tiens unterrichten können. Die thätige und intelligente Verwaltung des Staats-
archivs geht mit dem Gedanken um, die Archivrepertorien, soweit sie überhaupt
nicht bloss für die Archivbeaniten bestimmt sind, zu vercifFentlichen, ein Werk,
dessen vollständige Ausführung — wenigstens für <lie Zeit des Bestandes der
venetianischen Republik — aller Orten nur dankbar könnte begrüsst werden. L.
7. Steiermärkische Geschichtsblätter. Herausgegeben
von Dr. J. v. Zahn, Landesarchivdirektor. Graz 1881
•lind 1882, Leykam- Josephsthal.
Glückwünschen kann sich die S(^höne Steiermark, dass ihr Archiv einem
Manne anvertraut ist, wie der gegenwärtige Landesarchivar. Nicht nur ist das
Archiv, wie wir auch von Andern wissen, wohlgeordnet bis in's Kleinste und
Feinste, vergleichbar einem einladenden Buche, in welchem der Stoff trefflich
vertheilt ist und mittels guter Verzeichnisse Jeder sogleich finden kann, was auf
jeder Seite st^ht, — Dr. v. Zalm stellt auch in seinen steiermärkischen Geschichts-
blättem, die jetzt, alle Vierteljalir ein Heft, blühend im dritten Jahrgange stehen,
ein Beispiel auf, wie ausgiebige Dienste auch ein Pro\inzialarchiv der Geschichte
leisten kann, wenn der rechte Mann es verwaltet. Die Archivalische Zeitschrift
kann w^der Alles en;\'ähnen noch besi)rechen, was aus Archiven veröffentUcht
wird: sie hätte ja dafür ebensoviel Bände nöthig, als ihr jetzt Seit<?n zu Gebote
stehen. Allein die hier in Rede stehende Art und Weise, planmässig fort und
fort aus Archives Mittcm bald grosse, bald kleine Lichtstrahlen auf die Landes-
geschichte zu werfen, dabei das Kleine wie das Grosse weckend und anregend
zu benutzen, den ArchiWnlialt ui Verbindung und Gegensatz mit Anstalten und
21*
324 Literaturbericht.
Bestrebungen der Gegenwart zu setzen, ist doch einzig in ihrer Art. Jedes
Heft bringt eine Reihe interassanter Aktenstücke, aus neuerer Zeit wie aus
dem Mittelalter, zur Staats- Sitten- Rechts- und Kulturgeschichte. Pri\i-
legien der Städte und Märkte wecliseln ab mit der Geschichte der Orden und
religiösen Bewegungen, Ijandsknechtsfahrten und Ilexenprozesse mit Chroniken
und Familienbüchern. »Nach des Löwen Tode« ist ein Pamphlet auf Kaiser
Joseph II. überschrieben, welches den ganzen Zorn und Geifer der ihm feind-
lichen Partei athmet, indem es darstellt, wie sein Leichen begängniss sein sollte».
Im Grazer Landesarchiv hätte man auch wohl keine Briefe erwartet, die Auskunft
geben, wie Murat in den Tod gelockt wurde. Ein literarischer Anhang aber
giebt zu jedem Hefte über historische Werke von Bedeutung, die inzwischen
erschienen, Berichte und Beurtheilungen, unter denen namentlich die von Krones
durch Geist und Gehalt anmuthen. Dann folgt das sorgfältigste und vollständigste
Verzeichniss aller Schriften und Bücher, die sich auf der Steiermark Archäologie,
Biographie, Landes- Kirchen- und Kunstgeschichte, auf Topographie, Gewerbe
und Anstalten beziehen. Den Schluss aber bildet jedesmal eine Illustration aus
dem Archive, Wiedergabe alter Urkunden oder einer Landkarte oder eine
Städte- Klöster- und Burgen- Abbildung. Kurz, durch jedes Heft setzt sich das
Landesarchiv mit Allem in Verkehr, was in der Steiermark geistig und i^irth-
schaftlich denkt und strebt. L.
8. Mittheilungen aus dem Stadtarchiv zu Köln.
Herausgegeben von Dr. Konstantin H ö h 1 b a u ni.
Erstes Heft. Köln 1882, Dumont-Seliauberg. 107 Seiten.
Im Kölner Stadtarclüv, ttl>er dessen Geschichte, Reichthum und weittragende
Bedeutung sclion der zweite Band der Archivalischen Zeitschrift eine ausführ-
liche Mittheilung von dem verstorbenen Stadtarchivar, dem sehr verdienten
Dr. Ennen, brachte, geht der neue Vorstand, Dr. Höhllxium, mit p]ifer an die
Neuordnung der Bestände und beabsichtigt zugleich, »ein vorläufiges Inventar
bestimmter Cinippen, auf welche die Ordimngsarbeiten sieh grade ausgedehnt
haben, zu veröffentlichen. Alle Zeiten und Beziehungen kölnischer Geschichte
werden dabei gleichmässige Berücksichtigung linden; die meiste, wie sich ver-
steht, diejenigen Partien, auf denen die Kntwicklmig bis zum heutigen Tage
beruht«. Das erste Heft dieser Mittheilungen bringt bereits sehr wesentüche
Stücke, Regesten aus den alten stadtkölnischen Kopienbüchem von Keller in
Köln, und aus dem Hansakontor zu Brügge- Antwerpen von Dr. Hölübaum imd
Dr. Hagedorn in Lübeck, eine interessante Darlegung des ältesten Aktenbestandes
der städtischen Verwaltung von Dr. Hoeniger in Köhi, und einen Beweis der Un-
ächtheit des Kölner Schiedsspruches von 11(31) von Dr. Tannert in Köln. Zur
Einleitung eniffnet der Herausgeber eine blinkende Kette von Vorschlägen zur
Hebung des deutschen, insbesondere städtischen Archivwesens, die wir, ^ie
jeden Vorgang zur Förderung unsers Berufs und seines Verständnisses in Be-
amtenkreisen wie im grossen Publikum, mit lebhaftei* Freude begrüssen. Wenn
aber der Herausgeber »das Hauptziel der Archive in der uneigennützigsten Be-
gegnung mit der forschenden Wissenschaft findet« , so ist das wohl ein in schöner
Literaturbericht. 325
Begeistening für die Sache nicht recht bedachter Ausdnick : sonst wäre ja das
kürzeste und ausjriebigste Mittel zum Zweck, wenn der liistorische Theil des
Kölner Stadtarchivs der nahen Universität Bonn einverleibt würde. Wir sollten
meinen, das nächste Hauptziel des Kölner Stafltarchivars mtisste sein, das ihm
anvertraute Archiv in eine lichtvolle Ordnung zu bringen und auf dieses Ziel
alle Kraft und Zeit zu verwentlen. Daran könnte sich Ausforschung und Dar-
legung des gesammten Archivbestandes im früher kurkölnischen Gebiete an-
schliessen, eine xVufgabe, für welche der gediegene Vortrag, welchen <ler Dres-
dener Archi\Tath Dr. Er misch auf dem sächsischen Gemeindetag am letzten
4. Juli hielt, beherzigenswerthe Ix^hren gab und zwar auf der Gmndlage wirk-
licher Erfahrungen. L.
9. Magazin des Moskauer Hauptarchivs des Mini-
steriums der auswärtigen Angelegenheiten. Erste
Lieferung. Moskau 1880. VI und 211 Seiten.
Zu den beiden Petersburger Sbomiks, deren einen die kaiserl. nissische histo-
rische Gesellschaft und den an<lem Kalatschow's Archäologisches Institut haupt-
süchlich mit Beiträgen füllen, die auf archivalischen Forschungen beruhen, ist
nun ein dritter Sboniik (Magazin) hinzugetreten, welcher von der > Kommission
zur Herausgabe von Urkunden und Vertrilgen< ausgeht, die bei dem im fünften
Bande der Archivahschen Zeitschrift geschilderten grossen Moskauer historischen
Archiv besteht. Ausser Mittheilungen über das nissische Archiv wesen, einem
Archivalienverzeichniss aus der Zeit Malinowski's, der vim 1814 bis 1870 Vorstand
war, werden hauptsächlich Abhandhingen aus der neueren europäischen und
nissischen Geschichte geboten, die theilwelse bereits anderswo zu lesen waren. Möge
die Fortsetzung der in zwanglosen Heften erscheinenden Zeitschrift vollauf ihre
Absicht erfüllen, nämlich über den Inhalt des Moskauer Hauptarchivs Licht zu
verbreiten und die Ausbeutung seiner Schätze, die auch für deutsche (ieschichte
Wichtiges enthalten, anzuregen un<l zu erleichtem, und m()ge das venlienstliche
Unternehmen mehr als bisher von der Theilnahme und Förderung der Gebil-
deten in Russland getragen werden! L,
XVII. Kleinere Mittlieiliingen.
1. Magyarische Archireiitfiihrnng. In unseliger Verblcnflung f?ebt mau
in Ungarn immer weiter bei Umkebr des Satzes, dass Staaten sich durcb die
Gnnidsüt/e er}ialten , (hircb welcbe sie gross geworden. Ungarn ist ein Staat
von versebiedenen Vr>lkersebaftcn, deren Freibeit bei Gebraiieb ibrer Mutter-
spracbe in Scbule Gericlit und Verwaltung des T^andes Gedeihen bedingte. Jetzt
wird diese Freibeit stückweise zerstört oder eing(»srbnürt. Minister Tisza be-
handelt die Länder der ungarischen Krone, wie der erste Napoleon die seines
KaiserreiclLS : gleichwie Dieser die IlauptscbriftÄttlcke der europäischen G(*schichte
nach Paris schaffen wollte, schleppt Tiszjt die Landesarchive nach Pest. Aus AVien
wurde dabin verbracht das Archiv der siebenbürgischen Hofkanzlei, aus Klausen-
burg dius Archiv der siebenbtirgiscben Regierung, au.« Hennanstadt das sieben-
bürgiscbe Fiskalarchiv. Uebrig waren noch die beiden eigentlichen Landes-
archive Siebenbürgens, das des Kapitels in Klausenburg und des Konvents in
Kolomonostor. Vor vier Jahren schon wollte Tisza sich ihrer im Wege der Ver-
waltung bemächtigen, die Arcbivalische Zeitschrift legte im (bitten Bande SiMte 3 10 ff.
die Ungesetzlichkeit diesv^ Verfahrens dar, man musste davon abstehen. Jetzt
— denn die ungarische Regierung lässt auch das kleine Wild nicht aus dem
Auge — ist der Weg des Gesetzes eingeschlagen, d. h. was die Regierung für
sich nicht wagte, soll ein Parlamentsspruch ihr erlauben. Nienials war wohl
ein Gesetzentwurf schnöder begründet, als der vom 23. März dieses Jahres »über
die Vereinigung der beiden siebenbüi'giscben Landesarchive mit dem luigarischen
Landesarchiv, t Ihre Entführung nach Pest sei, so heisst es, >eine nothwendige
Folge der I^nion Siebenbürgens mit Ungarn* : aus demselben Grunde könnten
die Archive aus allen deutschen Städten nach Berlin gezogen werden. Sie > be-
zögen sicb,c heisst es, »auch auf Tbeile L^ngams:- — giebt das ein Recht, sie
Siebenbürgen zu nehmen, selbst wenn die ungarische Beziehung nicht so gering-
fügig wäre, wie in Wahrheit der Fall? Da die Regierungsarclüve Siebenbürgens in
Pest wären, xlüi-ften dort auch seine Landesarchive nicht fehlen, aus Rücksicht
auf die administrativen und noch mehr auf die wissen.schaftlicben Interessen
Siebenbürgens«. Nun ruft doch das Bedürfniss dieses Landes laut und ver-
nelnnlich nach diesen Archiven; denn sie enthalten nicht bloss Geschichts-, son-
dern auch in grösster Menge Gescbiifts-I^rkunden. Jene bci<len Korporationen
hatten nämlich die Stellung von öffentlichen Notaren; jede für Recht und Besitz
der Einwohner wichtigere Urkunde wurde bei jenen Archiven bestätigt und
in Abschrift niedergelegt. Das wissenschaftliche Inter(»sse aber verlangt diese
Archive für die Universität Klausenburg und den so sehr thätigen deutschen
Kleinere Mittheilungen. 327
historischen Verein von Siebenbürgen. Wenn endlich der Gesetzentwurf grosses
(tewicht darauf legt, dass die beiden Archive mit Lokalen und Beamten schlecht
bedacht seien, so kann darin doch nur ein Gebot liegen, besser für sie zu sorgen.
Doch alle Gründe de« Rechtes und der Vernunft werden vergebens sein. Hal)en
ehemals die Tatan^n den Siebenbürger Arcliiven arg mitgespielt, so wollen jetzt
Magyaren ihre eigene magere Sammlung ungarischer Urkunden — das ülteste
Dokument Ist von 1101 — mit siebenbürgischen fett machen.
2. Mainzer Archiyalien. In v. Sybel's Historischer Zeitschrift (der neuen
Folge Band X Heft U Seite 334 bis 335) äussert Professor Weiland in
einer Besprechung von F. W. E. Koth's Nassauer Geschichts^iuellen Fol-
gendes: »Die kurmainzischen Ingrossaturbticher und das aus vielen Banden
bestehende Generalregister, Registrum literarum, beides aus dem 15. Jahrhundert,
jetzt im Münchener Reichsarchiv, finden wir (S. XVI und XIX) zum ersten Mal
er^vähnt; aus letzterem wird Thcil 1, 502 Anm. die interessiinte Aufzeichnung
mitgetheilt über die AUodien, welche Erzbischof Adalbert I. dem hl. Martin
schenkte, wie es scheint, nur im Auszuge; wenigstens enthiUt der frühere Druck
bei Gudenus, Cod. dipl. 1, 395 bedeutend mehr, wenn er auch mehrfach schlech-
tere Lesarten bietet. Der Verfasser scheint die Kenntniss von diesen Mainzer
Archivalien in 3Iünchen schon lange besessen zu haben ; wir Fachgelehrten haben
erst kürzlich staunend die Kunde vernommen, dass der grösste Theil d(.^ Kur-
mainzer Archivs, Originale und Kopialbücher, im Münchener Reichsarchiv noch
vorhanden, aber bislang sekretirt gc^wesen sei — ein in der zweiten Hälfte des
V.). Jahrhunderts geradezu riithselhaftcs und der sonstigen erprobten Liberalität
des grossen Münchener Instituts widersprechendes Verfahren. I^m jedem das
Seine zu Theil werden zu la-ssen, t heilen wir mit, dass der erste Wiederentdecker
dieses von Böhmer Jahrzehnte lündurch mit aufopfernder Hingebung gesuchtem
Hortes der hessische Staatsarchivar Freiher Schrenk zu Schweinsberg ist (vgl.
Quartal blätter des Histor. Vereins für Hessen 1871) S. 35).* — Dass ein Fach-
gelehrter dies schreiben konnte, musste noch eine andere Empfindung, als des
Staunens erwecken. Welche Vorstellung mag der Göttinger Geschichtsprofessor
von der Verwaltung eines geordneten Archivs haben, dass er meint, sie lie.sse
Fremde darbi Entdeckungsreisen machen! Dem verehrten Kolk»gen in Darm-
stadt wurden auf sein Gesuch vom 9. Sept. 1879 sümmtliche im Reichsarchiv
zu München verwahrte Archivalien des Er/st ift es Mainz zu beliebigen Auszügen
vorgelegt. Ihr Dasein und Inlialt war aber längst nicht bloss Archivbeamten,
sondern zahlreichen (Jeschichts forschem bekannt. Seit den bald neunzehn Jahren
seit Amtsübernahme des Herausgebers dieser Zeitschrift sind nicht nur niemals
einem zur Archivbenützung überhaupt legitimirten Forscher die ^lainzerArclii Valien
vorenthalten, sondern es wunle auch in Band V und VI der Archivalischen Zeit-
schrift öffentlich darüber und wo sie lagern Aufschluss gegeben. Auch schon
früher sind dieselben von (ielehrten, wie z. B. schon 1857 von Stumpf, ein-
gehend durchforscht, und bereits in den zwischen 1822 bis 1854 veröffentlichten
Rt^estis boicis Hunderte v<m Mainzer Urkunden als solche, die in den königl.
bayerischen Arcliiven lagerten, zur allgemeinen Kenntniss gebracht.
3. Ein ylerzigjährigrcs Archivar-Jubilänm ist wohl selten. Ein solches feierte
am 15. August 1882 Dr. Frhr. v. Löffel holz, der als Vorstand des fürstlich
328 Kleinere Mittheilungen.
Oottingen-Wallerstein'schen Archivs eine unennüdliche Thätigkeit entfaltete und
es inshesondere zu einer reichhaltigen Quelle für genealogische Forschungen
machte, worüber die Archivalische Zeitschrift im dritten Bande Nüheres mit-
theilte. In dem Prachtalbum, das dem in heiterer Rüstigkeit weiter schaffenden
Jubilar selir zahlreiche Freunde und Berufsgenossen darbrachten, fand sich auch
folgender Spmch:
Vier Jahrzehnte Arcliivar,
Ei, das sind gar viele Jahr.
Glücklich, wer in frischer Kraft
Dient so lang der Wissenschaft, —
Dient für Andre, denn nicht Ruhm,
Nur ein stilles HeWenthum
Wohnt in den Archivverliessen,
Die sich vor der Welt verschhessen.
Drum dem edlen Jubilar
Bringt der Forscher weite Schaar,
Soviel da in Deutschlands Gauen
An der Reiclisgeschichte bauen.
Herzlich Dank mid Elnr; dar.
Hoch lebe solch ein Archivar!
4. Auch das dänische Archirwesen befindet sich in einer neuen Organi-
sation. Die Motive* zu dem Gesetzentwurf, welcher zu diesem Zwecke jüngst
dem Reichstag in Kopenliagen vorgelegt worden, erinnerte an die vorti-efflichen
Aufsiitze über das Ardiivwesen im skandinavischen Norden, welche der viel-
kundige k. Archiv- Assistent Sech er in Kopenhagen, der auch die Archivschule
am Münchener Reichsarchiv besuchte, im vierten, fünften und sechsten Bande
der Archivalischen Zeitschrift veröffentlicht hat.
5. Bezüglich des Archirs in Württemberg ergeht sich ein lesenswerthes
Schriftchen ^Drei pia desideria für die württembergische Gescliichtsforschung,
ein Testament. Heilbronn 1883, Henninger ^ in lebhaften Klagen und AVtinschen.
Ks heisst darin : > Unser Archiv bedarf offenbar eine selbständigere Stellung,
eine selbständige Direktion, einen Direktor, de^^sen archiv wissenschaft-
liche Bildung auf der Höhe der Zeit steht. Von Seiten der fleissigen Arcliiv-
bcamten könnte mit Recht geltend gemacht werden, dass die überaus be-
sclu^änkte Ausstattung des Archivs mit rüstigen Arbeitskräften den Gedanken
an Herausgabe einer solchen Regestensammlung neben dem Urkundenbuch
rein unmöglich mache. Wir dürfen ja nur darauf hinweisen, dass das grosse
Filialarchiv in Ludwigsburg mit zwölf gewaltigen Sälen einen einzigen Beamten
hat mit der Stellung eines Archivsekretärs.« Aehnliche Wünsche sind aus dem
bürgen- und städtereichen schönen Württemberg schon vielfach laut geworden.
Hierzu eine Beilage von Calvary & Co., Berlin (über Dw Gange y Glossarium).
Bei THEODOR ACKERMANN, küni-lichor Hofbuchhändlor in München,
sind ferner erschienen :
Bezold, Friedrich v., König Sigmund und die Reichskriege gegen die Ilussiten bis zum Auh
gang des dritten Kreuzzuges.
I. Abth. (Ifi5 S.) ffr. fe«. 1672. '^ ISL
IL Abth. Die Jahre 14i3-142S. (IG^ S.) pr. S'\ 1875. 3 M.
III. Abth. Die Jahre 1428-14.U. (176 S.) gr. 8«. 1^77. 3 M.
— Zur (Joschichte des Hussitentmns. Culturhistorische »Studien (114 S.) gr. S". 1874. 2 M.
8teBennanit, Hart, 3)cul)c()lQnb§ friibftc 3^^ ^^^^^' ^^^ bvclHigjülirijic .SUicg in feinen J-olgcn für
ha»' beulfdje auIturlcDen. (215 8.) gv. H^ Ctjnc 5a^vc?^al)t. (l^V^.) 3 "Sn.
%a\U, ^aM, -3^ie ritterliche (yefellidiaft im |>italtcr be^ ;VrauenfuUuö. 9?euc ^tu^gaOe. (17'2 3.)
gr. 80. Cr)nc Sa^re^^^ot)! il8T2.) 'J 9)?., eleg. geb. 2 m. 70 $f.
Sdlfe, 3ol^anne0, !3>ic .S>Qnfa alä beutfd)c (rec= iinb ,^^aubc(§ninc()t. 9?euc ^Jhi<fgabe. (11)0 S.)
gr. 80. £}^ne J^Q^re^jof)!. (1872) 2 «DJ., eteg. geb. 2^1. 70 ^f.
Freytag, L., Tiberius und Tacitus. (VI u. 370 S.) gr. 8°. 1870. " 7 M. nO Ff.
^uitBt, Sftiebrt(|| öeftor @rof, S^ie antifcu 9J?ih^en bc^^ I}iftin-ifc]^en Vereine üon unb für £6er-
bat)ern, bann bcr gunb rönnfdjer Denare in 92icbcrafc^au. [XUl u. 70 8., ferner 17 8.) gr. JS**.
1871 unb 18G6. ^ 1 m. 40 $f.
— Ueber die bayerisolien Urkunden aus der Zeit der'Agiloltinger. Mit Registern tlber die
vorkommenden Pei-sonen und Ortsnamen. Aus den Abhandlungen der k. baver. Akademie
d. W. (14G u. IV S.) gr. 4". 1873. " 4 M.
— Die Urkimden desBisthums Frcisiug au» der Zeit der Karolinger. Nachtnlge, Erörter-
ungen, Berichtigimgen. Die Bisch(')fe un<l kirchlichen Würdenträger des karolingischen
Zeitraums in den l^rkunden des Bisthums Freising. Aus den Abhandlungen der k. l>aver.
Akademie d. W. 117 u.'lT S. nebst 79 S. Urkunden.) gr. 4". 1875. 2 :M.
Letztgenannte beide Artikel in einen Band vereinigt. G M.
— llrfunben be« X. unb ber erften Raffte bc^5 XI. 5a^rf)unberl§, an^ bem 33iöt^um JviTtfing.
(^im bem XXX IV. S3anbc be« £berbal)enid)cn 9(rd)iu^ bejonber»^ abgcbrucft.) (79 8.) ^€^•.=45*
1875. im 20 ¥f.
— Bayrische Urkunden aus dem XT. und XII. Jahrhundert, Die Schirmviigte Freisings.
Seine Bischöfe bis zum Ende des XII. Jahrhmi<lerts. Beitrüge zu Scheyem-Wittelsba ein-
sehen Regesten. Aus den Abhandlungen der k. baver. Akademie d. W. III. Cl. XIV. B<1
U. Abth. (108 8.) 40. 1878. * 4 M
iitlüpUU ^^ti, Ä\iifer ilZa^L-imilian I. 9teuc ?fn^atc. (202 8.) gr. 8°. C§nc 3a]^re^;^al)(. (I872.i
2 m.r clcc|. geb, 3 Wi. 75 ^f
Ätt^eit, defe^i^, ?(n§ ber ^^cit be6 fiebenjät)rigcn .^[riegc§. llmriffe unb S3ifber beutfd)en iianbc^,
beutft^er ^f)aten, C£l)arafierc unb iluftänbe". ?Otit jieben Äh'irtd)en. 9(Cnc ^n^gnbc. (2ri3 8.)
gr. 8°. rijne Salne^S^at)!. (1872.) 3 51)?., elcq. geb. n m, 75 $f.
IKoier, Ä. «V Ätßifcr §einnd) IV. :i)2ene ^hi^gabe. (30G 8.) gr. b^. £t}m SnVe^.^a^b (1872.)
3 ^l, aeb. 3 m, 75 fi
Oberhummer, Eugen, Phönizier in Akanianien. Untersuciiungen zur phönizlschen Kolonial-
und Ilandels-Geschichte mit besonderer Rücksicht auf das restliche (iriechenland. <84S.)
gr. 8'». 1882. 1 U. 80 Pf.
iPierfoit, miüiam, Tex gronc Äurfürft. (2G3 8 ) gr. 8«. 1873. :) m.
ffioifl, ixitt^ti^, 9lug^burg<} 9'?efünnation^:?geid)ic^te 1517—1527. C^5efrönte ^NreiÄ]d)rift. (11 u. 275 S^J
gr. 8". 1881. 4 33t Jr'O ^f.
^^irrma^er, griebrii^, .^aifer 5riebrid)II. unb bie legten ^iol}enftnufen. 2 ^öeitc. (2i»4 u. 11G8.)
gr. 8". 1871. , 4 m. 50 ^.
^ipp, Dr. IBerniarb, 5^ie 3cuf3'fd)e .^MjpoUcfe über' bie Jxrfnnft bcr Slkiern. (Jiue fritifrfje llnttr=
fndmng. (48 8.) gr. 8«. 1882. • — • tH) ^ßf .
— Die Wanderung der Cimbern und Teutonen. (84 S.) 8^ i ^i 40 Pf.
^ugen^cim, 3., Tcutjd)lQnb im fpanijdjcn (£rbfoIge unb im grüfjen norbi|d)enÄlriegci 1700- 1721».
(XVI u. 2G5 8.1 gr. 8". 1874. \ 3 331. Go $f .
8Bod|0mttt^, mili^tlm, ^tieberfädjfifdje öejd)id)tcn. 'ilteuc ^^hhSgnbe. (2518.) gr. 80. (1872.) 3 33^,
eleg. geb. 3 ^)?. 75 -^Jif,
9Bai$, C^eorg, Xcntfdie .^inifer tum 5lart bem Ohoficn bio ^injimilian. 9(Cuc i>ln^abc. i97 8.)
gr. 8'*. Cljnc >l)rcv,\at)I. (1872.) ' ^ ' im.
SBr&cr @eorg^ Wermanieu In ben erften 3i"it)vl)nnbcrton feinevj gefdiid)llid)en Scbcn^-. 9icuc ^u«H
c\nbe. (1GG8.) gr. 8". £l)nc 3;al)reö;,at)(. (1872) 2 3».
SBittmann, ^iuö, "Xk "^sfal.^^grafcn luui iKaticrju ^^uui ber p[)iIoio^)l}ifd)en ^-acultät iPnitic^en g«^
früntc ^^vreiofd)rift. ( VIII n.j 211 8.) gr 8». 1S77, , 4 ^?.' 4<» i^f.
Kgl. IIof-Buchdruckerei von K. Mühlthal er in Müucfcen.
„ "5)1^
jXu^iX
ARCHIVALISCHE
(
ZEITSCHRIFT.
HERAUSGEGEBEN
TON
D«- FRANZ VON LÖHER
K. HAYER. GEBB1UEM RATH. REICHSARCHIV-DIRRCTOR. UNIVERSITÄTS* PROFESSOR, ORD. MITHLIBD ItER
AKADEMIEN DER WISSCNSCHAITTEX IX UGNCHKN, BROSSKL etc.
ACHTER BAND.
*
MÜNCHEN.
THEODOR ACKERMANN
KÖNIOLICUER BOFBUCHHÄNDLER.
1883.
ARCHIVALISCHE
ZEITSCHRIFT.
HERAUSGEGEBEN
VON
m FRANZ VON LÖHER
K. RAYER. ORBimnf RATB, RSICH8AR0R1V.DIRBCT0R, UNITERSlTiTS-PROPISSOB, OBD. MITGLIID DIR
AKADEHIIN DIR WISSIK8CH APTIN IN mONCHIN, BROSSKL «te.
ACHTER BAND.
MÜNCHEN.
THEODOR ACKERMANN
lÖNIOLICHIR HOPBUCBHÄlfDLIR.
1883.
Harvard CoUi^ue Lilnnrj
H'ant Co.lc -l.on
Hcnrj- Lülic Ti^icü Fimd
jilny 7, l'M),
Kgl. flof-Buchdnickerei Ton £. Mühl thaler in München.
Inhaltsübersicht.
Seite
I. Die Urkunden des Biethume WOrzburg. Aus dem Nachlass von
Dr. Oontzen (Fortsetzung) 1
II. MaHeeer Studien. Von Dr. Hans Prutz.
Einleitung 63
I. Das Archiv des Johanniter-Ordens in Lavaletta .... 73
n. Beste des Tempelhermordens- Archives 83
III. Kemthure des Jebanniter- Ordens Im Gebiet des Jetzigen Königreiche
Wflrttemberg. Von P. Fr. Stalin 106
lY. Ueber die geneinechaftlichen Siegel. Von Dr. Fürst zu Hohenlohe-
Waldenburg 112
Y. Aue stidtlechen Archiven im echwäbiechen Bayern von Otto Rieder.
L Mindelheim 122
n. Memmingen 131
in. Kempten 141
Yl. Ueber den ältesten Freieinger Cedex. Von Dr. Joh. Mayerhofer.
I. Allgemeine Bedeutung, Entstehung, Schreiber, Zustand des
Codex 147
n. Literatur 151
m. Was noch zu thun erübrigt 153
Yll. Syetenatieche Uebereicht des Inhalts der bayerischen Landeearchive.
IX Allgemeines Beichsarchiv, Adelsselekt 155
Ylll. In den Archiven der Nermandie. Von Dr. S. Löwenfeld.
I. Vorbemerkungen 178
II. Zur Geschichte der französischen Archive 179
in. In der Normandie 185
IV. Verzeichniss der Origmal-Urkunden 188
V. Verzeichniss der benutzten Faszikel u. s w 189
VL Begesten der unbekannten Pabsturkunden 190
IX« Aue dem Stadtarchiv zu Stadthagen. «
A. Ueber eine Stadthagener Statutenhandschrift des 14. Jahr-
hunderts. Von Dr. H. Ermisch 202
B. Beschreibung des Stadtarchivs zu Stadthagen. Von Dr. B.
Doebner 224
X. Ueber Ordnung und Inventarieirung der Gemeinde - Archive. Von
Dr. Pfannenschmid.
I. Die Nothwendigkeit 229
II. Die Gesichtspunkte Theorie und Praxis 236
XI. Die Entwicklung des Wittelbaehieclien Wappens. Von E. Primbs. 247
1. Der Adler 248
2. Der gezackte Balken 253
3. Der Löwe 255
4. Die Rauten 257
5. Der Panther 260
6. Die Adler von Brandenburg und Tyrol, die Löwen von
Holland, die Balken von Graisbach 262
Der Reichsapfel 263
Helmzierden, Schildhalter, Orden, Mottos 263
Beschreibung der Siegel 264
XIII. Ueber die Memoration in päpstliclien Urkunden. Von Dr. J. v. Pf lugk-
. Harttung 270
XIY. Einrichtung von Archiven. Vom Herausgeber.
Vni. XJrkundenverwahrung 274
IX. Verwahnmg von Plänen, Karten, und Grundrissen . . . 283
X. Verwahrung von Kodizes, Amtsbüchem und Akten . . . 285
XI. Folgeordnung der Archivalien 291
XY. Kulturgeschichte und Archivar. Vom Herausgeber 295
XVI. Literaturbericht:
1. Bischofs- und Fürst^nurkimden dos 12. und 13. Jahrhunderts
von Dr. Gustav v. Buchwald 316
2. Codex diplomaticus Salemitanus von l)r. Fried^. v. Weech 318
3. Iter italicum von Dr. Julius v. Pf lugk- Harttung . . 319
4. Das Stadtarchiv des Cantons Basel-Stadt dai^gestellt durch
Dr. Rudolf Wackernagel 820
5. Praktisches Handbuch der historischen Chronologie aller
Zeiten und Völker von Dr. Eduard Brinckmeier 320
6. Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands von Dr. PaulHerquet 321
XVII. Kleinere Mittheilungen:
1. Nachtrag zum Aufsatz über gemeinschaftliche Si^el . . 322
2. Päbstliche Kundgebung fiir archivalische Geschichtsforschung 322
3. Durchforschung, Sichtung, Ordnung des vatikanischen Archivs 323
4. An die Mitarbeiter der Archivalischen Zeitschrift .... 323
L Die Urkunden des Bisthums Würzburg.
Aus dem Nachlass des Univ.-Prof. und Archivkonservatore Dr. Contzen.
(Fortsetzung.)
C- Stift Neumünster.
Gleich dem vorausgehenden Stift Hang vom Bischof Heinrich I.
um das J. 1000 auf der Stelle der ersten Hauptkirche gegründet,
bestand das Stift bis zur Saekularisation 1803.
An Originalurkunden sind noch 1746 vorhanden, davon 2 aus
dem eilften, 52 aus dem zwölften, 90 aus dem dreizehnten, 617 aus
dem vierzehnten und 436 aus dem fünfzehnten Jahrhundert, die
übrigen 549 aus den folgenden Zeiten bis 1801.
Neumünster hat das älteste Copialbuch des Hochstifts (No. 92);
es ist um 1230 geschrieben, in Hochquart, hat 122 Pergamentblätter,
jede Seite in zwei Columnen zu je 20 Zeilen, feste deutliche Schrift ;
der alte Einband von Holz, an dem noch die kleine Kette befestigt
ist, trägt auf dem Kücken die Aufschrift : Liber censualis. Es beginnt
mit einigen Kaiserurkunden und führt dann bis zur Seite 227 die
Schenkungen bis zum Jahre 1230 herab; dann folgt die forma
celerarii unter dem Dekan Albertus, der urkundlich um diese Zeit
vorkommt, und von S. 235 die im April 1233 vorgenommene Auf-
zeichnung des Ornates und der Bücher des Stiftes (abgedruckt im
XVI. Bande Heft 2 S. 245 des Archivs des histor. Vereins zu Würz-
burg), der eine spätere Verzeichnung aus dem Jahre 1319 beige-
schrieben ist; den Schluss machen Einträge von Zinsen nach den
Jahiesfesten von S. 240 — 245.
Dieses Copialbuch genügte hundert Jahre; dann empfand man
das Bedürfniss einer andern Aufzeichnung. Im Jahre 1334 unter
dem Probste Ernst von Seebach wurden nach Capitelsbeschluss die
Canoniker Kudiger von Bechelingen, Heinrich Lutwin von Heilbronn
und der Vikar Johann von Hall, alle Stiftsgeistliche von Neumünster,
' chivallsche Zeit«<chrift VUl. 1
2 Contzen :
beauftragt, ein neues Copialbuch zu verfassen, wozu der Canonikus
Heinrich von Lynaeh die Kosten beischoss. Dieser über registralis,
wie er genannt ist, — sive Registrum omnium et singulorum privi-
legiorum, instrumentorum, formarum, statutorum et contractuum
Ecclesiae Novi Monasterii Herbipoleusis —ist nach Rubriken eingetheilt,
zerfällt nach dem Inhalt der Urkunden in drei Bücher und jedes
Buch wieder in Abtheilungen, ein starker Band von 203 Pergament-
blättern, fest und deutlich geschrieben, die üeberschriften und das
Vorwort roth, die Anfangsbuchstaben jeder Urkunde, wie die erste
Seite arabeskenartig verziert, jede Seite zu zwei Columnen mit je
40 Zeilen. Der eingetragenen Urkunden bis zum J. 1333 sind 381 ;
in den folgenden Jahren wurden einzelne Nachträge hinzugefügt;
die Abschriften sind correkt. Das Buch steht in grossem Ansehen,
hatte in judiciis et extra fidem plenam probandi und führte von der
grossen am ledernen Einbände befestigten Kette den Namen: das
grosse Kettenbuch (über catenatus No. 93).
Diese beiden Bücher, liber censualis und über registralis,
bildeten nun mehrere Jahrhunderte das Mittel, die Originale selbst
zu schonen, bis der Urkunden vorrath wieder so anwuchs, dass ein
neues Copialbuch nothwendig ward. Dies wurde in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts begonnen und bis zur Saekularisation
des Stiftes fortgeführt. Es umfasst auf Papier geschrieben zehn
Bände (No. 113 — 122); die ersten fünf enthalten die Urkunden,
welche die Ortschaften betreffen, sind deshalb alphabetisch geordnet, so
dass der fünfte Band ausschliesslich die Stadt Würzburg angeht; leider
fehlt in dieser Reihe der zweite, die Buchstaben G und H begreifende
Band, der nie ins Archiv kam; die folgenden Bände mit doppelten
Registern versehen umfassen die übrigen Urkunden des Stifts, die
jüngste ist vom J. 1802. Dieses genau und deutlich geschriebene
Copialbuch gewinnt dadurch an Worth, dass es bei jeder Copie am
Rande den Lagerort des Originals angibt oder sich auf die beiden
alten Copeibücher bezieht.
An diese schliesse ich die für die Verfassung des Stifts so
wichtigen Statutenbücher, deren sich zwei vorfinden. Das ältere
(No. 131) beginnt mit einem Privilegium Bischofs Heinrich vom
J. 1163 und führt die einzelnen sich folgenden Urkunden bis 1642
auf, um welche Zeit es geschrieben ist, ein starker Foliant. Das
zweite (No. 132) gibt die Verfassung des Stiftes, wie sie 1724
bestand. Die hier verzeichneten Eide der Mitglieder des Stifts
Die Urkunden des BisthuniB Würzburg. 3
finden sich zusanunengeschrieben in dem Jnramentenbuch (No. 134)
aus derselben Zeit
Bei dem Mangel eines Nekrologiums gewinnen der Catalogus
D. D. Canonicorum (No. 13*5), welcher von 1672 bis 1802
die Namen der als Canoniker Aufgenommenen, ihre Geburts- und
Todesjahre und ihre stiftischen Würden aufs genaueste angibt,
ein Papierband in 4^, sodann die Testamentbücher (No. 123, 124),
erhöhte Bedeutung. Das älteste Testament ist das des Geschichts-
schreibers Michael vom Löwen (No. 123, S. 421—26) vom J. 1347,
welcher als Canoniker von Neumünster neun Chorstühle und zwei
Altäre, und vor einem derselben seine Begräbnissstätte, und für
seinen am 3. Juli 1345 verstorbenen Bruder, den Rechtsgelehrten
Conrad von Mainz, und für sich Jahrtage in derselben Kirche
stiftet (cfr. Eegest. Boic. VIII, 136); das jüngste ist aus dem J. 1792.
Die erste Würde bekleidete der Stiftsprobst, welcher nur aus
der Zahl der Domherren genommen werden durfte. Das vom ünter-
probst bekleidete Probstei-Amt hatte die Aufsicht auf die nicht
unbedeutenden Einkünfte des Stiftes und führte die dafür bestimmten
Bücher. Das älteste, das sich erhalten hat, ist vom Jahr 1428 in
drei Abschriften (No. 94, 95 und 135*): Registrum Praepositurae
jurium, censuum, redituum Eccl. S. Joannis Novi Monast. Herbip.
collectum per Magistrum Conradum Wellein canonicum et vice-
praepositum eccl. antedicte sub A. D. 1428 dominica proxima post
Petri cathedra. Alle drei sind Papierhandschriften ; vor No. 94 findet
sich am Deckel des Einbandes ein Blatt eines Nekrologs, der viel-
leicht dem Stift Neumünster einst angehörte.
Erneuerungen des Eegistrums fanden Statt in den Jahren
1468 durch die ünterpröbste Joh. Anger (No. 97), 1496 durch
Friedrich Fischer (No. 98), 1514 durch Denselben, welcher des ab-
wesenden Probstes Christoph von Schirding Stelle vertrat (No. 99)
1534 durch Ambrosius Breuss (No. 101), und 1567 durch den
ünterprobst Johann Dilthey (No. 102). Alle Diese hielten sich genau
an den Text des ältesten Registrums. Erst der berühmte Rechts-
gelehrte Johann Wilhelm Gantzhorn, Viceprobst und später Dechant
von Neumünster, nahm 1588 eine Umarbeitung vor (No. 105')
und verbesserte diese im J. 1591. Dieses sogenannte Probstbuch,
eine vortrefiTliche Arbeit in einem starken Folio -Bande, mit den
Wappen der Capitularen vom J. 1581 und einem Yerzoichniss der
Würdenträger des Stiftes, welches Gropp, Script. I, 847 und U, 639
1*
4 Contzen:
und Ussermann, Ep. Wirceb. p. 218 abdrucken Hessen, genügte bis zur
Auflösung des Stiftes. Eine Copie ist No. 104 a und eine gleich schöne
No. 104 b. Einer der Nachfolger machte zu seinem Handgebrauche
1777 einen Auszug daraus (No. 105). Im Anfange des 17. Jahr-
hunderts wurden die Urkunden, auf denen die Probsteirechte ruhten,
in einem Bande zusammengeschrieben (No. 107): Probstey: Copeyen,
Papier, 1192 Seiten mit dem Anfang eines Registers.
Zum Amt des Präsenzmeisters gehörte die Bewahrung der
Urkunden, welche die Errichtung, die Rechte und Obliegenheiten
der dreissig Vikarien im Stifte betrafen ; zusammengeschrieben
wurden sie in dem Über vicariarum Novi Monasterii (No. 96,
fol. 470 Blatt Pap.) von dem Kirchner Heinrich Beheim im J. 1499,
und dies Buch ist 1594 durch den Bruderschafts-Prokurator Balthasar
Winther erneuert. Zu seinem Gebrauche diente ferner die Regula
eensuum et redituum Presentiariae, verfertigt 1570 (No. 103 in zwei
Exemplaren). Von dem Kellereiamte sind noch drei Gült- und
Zinsbticher (No. 125—127) erhalten. Das Stift hielt viel auf sein
Archiv; das sieht man auch aus der Behandlung der noch er-
haltenen Repertorien. Das von dem Stifts-Registrator Joh. Balthas.
Seebach aus Fiiedrichsroda in Thüringen 1692 bearbeitete Reper-
torium ist sehr gut eingerichtet (No. 110* und eine Abschrift davon
110**); einen nach Ortschaften ausgezogenen Index verfasste 1756
der Registrator Joh. Georg Schulz (No. 111). Neben diesen ist ein
Repertorium über alle in den Copeibüchern enthaltenen Urkunden,
das 1712 verfertigt wurde, sehr brauchbar und übersichtlich ein-
gerichtet, es trägt den Titel: Index generalis über des Collegiat-
stifts Copei- und Dokumentenbücher (No. 112). Aus diesem Buche
ersieht man, dass um 1712 noch zwei Präsenz-Copeibücher aus
dem 14. Jahrhundert und vom J. 1500, in denen sich wahrscheinhoh
das Stiftscalendarium befand, vorhanden waren, die jetzt verloren
sind, gleichwie die ältesten Statuten bücher aus den J. 1499 und 1558,
desgleichen der erste Band des Catalogus Canonicorum, der von
1113 bis 1672 reichte, und das Lehenprotokollbuch in zwei Bänden.
Die Capitels-Protokolle von Neumünster fangen mit dem J. 1553
an und gehen bis 1802, sie umfassen 54 Bände.
Dies reiche Quellenmaterial ist weder für Neumünster noch
für das Stift Hang bis jetzt wissenschaftlich verwerthet worden.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 5
2. Die Ordens-Commenden im Bisthum Würzburg.
A. Deutscher Orden.
Von den zwölf Balleien, in welche der Orden während der
Zeit seiner Blüthe einst im deutschen Keiche sich verzweigte, galt
die Bailei Franken für die bedeutendste. Sie umfasste ausser ein-
zelnen Ordenshäusern 23 Komthureien oder Commenden, die von
Kaisern und Königen, von Fürsten und edeln Herrn wie von frommen
Wohlthätern des Bürgerstandes mit Güterreichthum überschüttet
waren. Hierzu gehörte die später zu höherer Bestimmung gelangte
Komthurei zu Mergentheim, deren bedeutender urkundlicher Nach-
las«, auf welchen ich hier nicht näher eingehen kann, theils, nach-
dem das schöne ArchivgeBäude zu Mergentheim seit 1869 zu andern
Zwecken verwendet ist, jetzt in Ludwigsburg, theils im k. Staats-
archive zu Stuttgart bewahrt wird. Hier haben wir es nur mit den
beiden Commenden zu Würzburg und zu Münnerstadt zu thun,
weil nur über diese uns die Quellen zu Gebote stehen. Beide
theilten schliesslich das Loos ihres Ordens, der bekanntlich im
J. 1809 (24. April) durch Napoleon für aufgelöset erklärt ward;
seine Güter wurden nun Staatsgut.
1. Commende zu Würzburg.
Gründer derselben war der Bischof Otto von Würzburg, der
dem Orden überhaupt behülflich war, in Deutschland festen Fuss
zu fassen, und ihm 1219 den sogenannten Königshof, einst Eigen-
thum Kaiser Friedrich \s I., zu seiner Niederlassung schenkte. Hier
erbauten die Ritter 1288 Kirche und Ordenshaus, das sie 1695
durch den Baumeister Antonio Petrini neu errichten Hessen. Letz-
teres ist jetzt zu Militärzwecken verwendet, während die schöne in
rein deutschem Stile erbaute Kirche leider noch immer verödet steht.
In das k. Archiv sind abgegeben worden und haben sich er-
halten 146 Urkunden, davon 42 aus dem 13. Jahrhundert, deren
älteste die genannte des Bischofs Otto vom J. 1219 ist, 28 aus
dem 14., 11 aus dem 15. und 65 aus der folgenden Zeit bis 1802.
Ein Copialbuch, im 16. Jahrhundert angefangen und später
fortgesetzt, enthält im ersten Bande die Urkunden mehr chrono-
logisch, im zweiten nach Ortschaften geordnet (No. 152 und 153). Ein
gedruckter kleiner Band enthält die Privilegien des Ordens (No. 151).
6 Contzen:
2. Commende zu Münnerstadt
Die Grafen von Henneberg waren es, die den Orden noch
vor der Mitte des 13. Jahrhunderts nach Münnerstadt brachten
und reich dotirten. Im folgenden Jahrhundert ward die Comthurei
von Schweinfurt mit der hiesigen vereinigt. Nach der Auflösung
ward in das Ordenshaus das k. Rentamt verlegt üeber das Ge-
schichtliche vergl. Reininger, Münnerstadt und seine Umgebung,
Würzburg 1852 S. 58 u. flf.
Im Archive zu Würzburg sind 157 Urkunden übrig, 28 aus
dem 13. Jahrhundert, die älteste ist von 1251, dann 52 aus dem
14., 44 aus dem 15. und 33 aus der spätem Zeit bis 1745.
Ein Copialbuch — Documenta inclyti ordinis teutonici com-
mendae Munnerstatt — ist um 1718 geschrieben und jede Urkimde
von dem Mergentheimer Archivar Kheull collationirt (No. 155).
Sauberer Einband in gepresstem weissen Leder. — Ein Saal- oder
Lagerbuch, renovirt im J. 1607 (No. 156), verbreitet sich aufs aus-
führlichste über die Güter, Zehnten, Zinsen und Gülten, Rechte und
Gerechtigkeiten der Comthurei. Ein älteres kleines Zinsbuch (No. 154),
um die Mitte des 14. Jahrhunderts angelegt, auf Pergament, ist
unvollständig erhalten.
Ueber die Einrichtung und die Schicksale des Ordens in
Deutschland siehe das vortreflFliche Werk von Joh. Voigt, Geschichte
des deutschen Ritter-Ordens in seinen zwölf Balleien in Deutschland,
Berlin, 2 Bde. 1857—59; besonders I, 31—64.
B. Johannlterordeo.
Im dritten Jahrzent des zwölften Jahrhunderts hatte derselbe
schon eine Niederlassung zu Würzburg unter dem Namen S. Oswalds-
Spital im Sande, welcher in der Mitte des folgenden Jahrhunderts
die Benennung S. Johannis-Spital folgte, dem ein Commenthur vor-
stand. Reichliche Schenkungen ermöglichten um diese Zeit auch
die Errichtung einer zweiten Comthurei zuBiebelried, zwei Stunden
von Würzburg und Kitzingen. Aufgehoben wurde die Commende
im Jahre 1803, die Eirche 1813 eingelegt; das Ordenshaus ist jetzt
zu einem Privatgebäude umgeschaffen.
Erhalten haben sich 482 Urkunden, sieben aus dem 12., HO
aus dem 13., 156 aus dem 14., 54 aus dem 15. Jahrhundert und
155 aus der folgenden Zeit bis 1801; ferner ein Diplomatariuni
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 7
aus dem J. 1504 (No. 140), unter dem Titel: Copey etlicher
Briff sagende über Zins Gült Rente Gevelle und Nutzung dem
Haus Sännet Johanns Ordenns zu Würtzburg unnd Bibelried
zustenudig , auss Bevelle des Erwirdigenn gestrenngenn Herrn
Niclausenn Stoltz von Gaubickelnhenn Comether gemelts Haus
abgeshriebenn wordenn, und durch Bruder Johannsenn Wartweynn
von Karlstatt also in Ordnung bracht unnd registrirt Anno Do-
mini 1504. fol. 525 Blätter Papier; eine Copey etlicher Ver-
schreibungen von Zinsen und Gütern aus dem J. 1520 (No. 141),
Repertorieri aus den Jahren 1606, 1715, 1758, 1769 und besonders
vom Jahre 1794, dem die Geschichte der Commende vorausgeht,
woraus Scharold 1835 seine Darstellung derselben im Bd. III, Heft 2,
S. 144 bis 150 des Archivs des histor. Vereines zum Theil geschöpft
hat. (No. 142. 144 — 48). lieber die Privilegien des Ordens das
gedruckte Werk in fol. Paris 1700 (No. 143); über die Statuten
desselben in italienischer Sprache ein Werk in 4. zu Borgonovo
1719 gedruckt, ein zweites geschriebenes (No. 138. 139). Verirrt
hat sich hieher ein Manuscript, in 4.:. Relation historique sur la
prise de Malta pour les Francais sous les ordres du goneral Bonaparte
en Juin 1798 (No. 149).
3. Die Collegiatstifter ausserhalb der Stadt Würzburg
und die Klöster des Bisthums in alphabetischer
Ordnung.
St. Afra in Würzburg.
Zuerst als Hospital im J. 1097 genamit, wurde es um 1151«
ein Frauenkloster Benedictinerorden|, in spiritualibus dem Abte von
St. Stephan unterworfen, und, früher ausserhalb der Stadt gelegen,
wegen der Befestigung derselben im J. 1673 in die Stadt verlegt
und 1802 säcularisirt. Die Kirche ist in ein Privathaus, nun das
Seminarium puerorum, verwandelt, die Klostergebäude sind jetzt theils
Waisenhaus, theils Bierbrauerei.
An Original -Urkundeti haben sich nur 43 erhalten, davon
zwei aus dem 14. (die älteste 1343), eine aus dem 15. Jahrhundert,
die übrigen 40 später bis zum J. 1773. Ein Copialbuch findet sich
in dem Urbar- Zins- und Lehen-Buch vom J. 1573 (No. 160*). Das
älteste Urbarbuch ist vom J. 1512, worin sich ein Verzeichniss der
seit der Keformation des Klosters im J. 1498 gestorbenen Kloster-
8 Contzen:
frauen findet (No. 157). Ihre Namen wurden in der Folge in ein Calen-
darium eingetragen, wovon sich ein Exemplar im k. Archiv (No. 160),
ein zweites etwas erweitertes im historischen Vereine (M. S. fol. 183)
und ein drittes aber dürftigeres in der Universitätsbibliothek befindet
Eine Copie des alten XJrbars aus dem J. 1756 enthält No. 158, und
eine Sammlung der Recesse aus dem vorigen Jahrhundert No. 159.
Der historische Verein besitzt ausser dem Nekrologiura
Rechnungen des Klosters aus den J. 1691 —92, 1700, 1720 — 23
(M. S. fol. 278).
Eine Zusammenstellung der Aebtissinnen bei Ussermann
pag. 331—34.
Agrnetenklo»ter in Würz bürg.
Das Clarivssenkloster zu S. Agnes, im J. 1254 seinen Anfang
nehmend, auf dem Platze des jetzigen geistlichen Seminars, wurde
mit päpstlicher Genehmigung, als seinem ursprünglichen Zwecke
entfremdet, 1572 aufgehoben. Die Einkünfte desselben bildeten die
erste Grundlage der von Bischof Julius gegründeten und noch jetzt
blühenden gelehrten Unterrichtsanstalt in Würzburg.
Die Reihe der wohlerhaltenen Urkunden, meist Kaufbriefe,
beginnt mit einer päpstlichen Bulle vom J. 1257, worin Papst
Alexander das Kloster von jeder Leistung an die päpstlichen Ge-
sandten und Andere freispricht Es folgen dann 157 Erwerbsbriefe
ununterbrochen von 1277— -1379, von da bis zur Aufhebung sind
nur vier Urkunden vorhanden, darunter die des Bischofs Conrad
von Thüngen über die Reformation des Klosters im J. 1527. Unter
Sen folgenden findet sich eine fürstliche Weisung an das Archivariat
vom 31. August 1773, alle die« Gesellschaft Jesu betreffenden Ur-
kunden unmittelbar an «las fürstliche Cabinet zu behändigen. Von
den 170 Urkunden gehören 35 dem 13., 125 dem 14., zwei dem
15. Jahrhundert, die übrigen acht der folgenden Zeit an.
Sehr wichtig sind die zwei erhaltenen Copialbücher des wohl-
habenden Klosters; das eine (A) befindet sich in der Registratur
des Verwaltungsausschusses der k. Universität, das zweite (B) im
k. Archive (No. 161). Beide sind von derselben Hand geschrieben,
welche als die eines Copisten in der fürstlichen Kanzlei unter Bischof
Julius häufig begegnet. Die Einträge sind weder in chronologischer
noch topographischer Ordnung gemacht, sondern bunt durcheinander,
wie die Urkunden dem Schreiber in die Hand kamen. Beide Bände
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 9
gehören zusammen und bilden die erste und zweite Abtheilung
des zur Zeit der Copirung noch vorhandenen TJrkunden-Vorrathes.
Während bis zu diesem Zeitpunkte (etwa 1585) nur noch 164 Ori-
ginale sich erhalten haben, befinden sich in A: 193, in B: 158, im
Ganzen 351 Urkunden, darunter 15 von Würzburger Bisehöfen,
copirt und mit den Originalen collationirt. Von diesen ist eine
(in A pag. 91) angeblich aus dem J. 1007, die aber sicher einer
spätem Zeit angehört; aus dem 13. Jahrhundert sind 32 eingetragen,
die alle noch im Original vorhanden sind ; die drei weitern Originale
stammen aus dem landesherrlichen und domcapitelischen Archive.
Aus dem 14. Jahrhundert haben wir^ noch 125 Originale, während
sich inAundB: 190 eingetragen finden; aus dem 15. Jahrhundert
2 Originale und 82 in beiden Copialbüchern, aus dem 16. ebenfalls
nur 2 Originale und 45 in den letztern copirt. Es sind also von
der Zeit des Bischofs Julius bis zur Einrichtung des k. Archivs,
also in etwa 220 Jahren (von 1585 — 1805), gegen 187 Original-
Urkunden einer einzigen geistlichen Stiftung zu Verlust gegangen,
und doch hatten diese Dokumente in dem fürstlichen Archive, in
welches sie seit der Aufhebung des Klosters aufgenommen wurden,
einen verhältnissmässig viel sicherern Aufbewahrungsort, als dies
bei den Urkunden der übrigen den Unbilden der Zeit mehr aus-
gesetzten einzelnen Stiftern und Klöstern der Fall war.
Eine Prozessschrift von geringer Bedeutung aus dem J. 1612
bewahrt der historische Verein in seinen Sammlungen (M. S. fol. 81).
Eine Bearbeitung der Klostergeschichte gab Ign. Donzinger
1854 im Xni. Bande des Archivs des historischen Vereines von
Unteifranken S. 1 — 100. Hiebei ist blos das Copialbuch A benutzt.
Was vorerst Noth thut, hier wie bei Bearbeitung der Geschichte
der übrigen Stiftungen , ist die Darlegung des vorhandenen urkund-
lichen Materials in Regestenform.
Amorbach,
eine Meile von Miltenberg am Main, Benedictiner -Abtei, in der ersten
Hälfte des 8. Jahrhunderts (angeblich 714) gegründet, im J. 1659
von der Würzburger Diöcese getrennt und mit fast allen seinen
Besitzungen der Mainzer einverleibt, 1802 säcularisirt und als Ent-
schädigung dem Fürsten von Leiningen zugetheilt.
Erhalten haben sich kaum 40 Urkunden, die älteste vom J. 1272,
grösstentheils an Leiningen oxtradirt und zu Amorbach aufbewahrt.
10 Contzen:
Zur Feier des tausendjährigen Bestehens der Abtei schrieb der ge-
lehrte würzbifrger Benedictiner von S.Stephan, Ignaz Gropp, eine
Geschichte derselben unter dem Titel: Aetas mille annorum mona-
sterii B. M. V. in Amorbach, Francof. 1736. fol, worin er in der
Vorrede über seine Quellen berichtet und gegen 90 Urkunden
mittheilt.
Anhavseii,
Pauliner Eremitenkloster an der Jagst zwischen Crailsheim und
Kirchberg im K. Württemberg, im J. 1357 von Lupoid von Beben-
burg, Bischof von Bamberg, dessen Ahnherr, Wolfram von Beben-
bui-g, gerade 200 Jahre früher das berühmte Kloster Schönthal
gegründet hatte, gestiftet, im Bauernkriege zerstört und 1557 von
dem Markgrafen von Ansbach säciüarisirt; liegt jetzt in Ruinen.
Im k. Archiv zu Nürnberg befinden sich noch 129 Urkunden
dieses Klosters, davon 23 aus dem 14., 80 aus dem 15. und 26 aus
dem 16. Jahrhundert; ferner zwei Copialbücher aus neuerer Zeit
und eine Beschreibung des Grundbesitzes vom 14. — 16. Jahrhundert.
Vergl. UssermannEp. Wirc. pag. 503 und cod. prob.No. 91,97 u. 98,
wo drei Urkunden abgedruckt sind, und Fromm, Kloster und Weiler
Anhausen, in der Zeitschrift des histor. Vereins für das Württemberg.
Franken, Heft 3 (1849) S. 40, mit vier Urkunden S. 99. Nicht zu
verwechseln mit doA zwei Benedictinerklöstern gleichen Namens:
das eine im Oberamt Heidenheim, K. Württemberg, 1123 gegründet,
wovon noch mehrere Urkunden, Saal- und Lagerbücher im k. Staats-
archiv zu Stuttgart vorhanden sind, das andere, das richtiger Au-
hausen genannt wird, an der Wörnitz im Bisthum Eichstädt, wo 1608
die protestantische Union verabredet wurde.
Ansbach,
früher Onolsbach, ein Bonedictinerstift, lun die Mitte des 8. Jahr-
hunderts durch den h. Gunibert gegründet, 1057 in ein CoUegiatstift
verwandelt und 1563 säcularisirt. Im Archiv zu Nürnberg sind
noch 1327 Urkunden dieser Stiftung vorhanden, davon 1 aus dem 8.,
1 aus dem 10., 10 aus dem 11., 24 aus dem 12., 49 aus dem 13.,
283 aus dem 14., 607 aus dem 15. und 352 aus dem 16. Jahrhundert.
Femer sind dort vier Nekrologien und Anniversarienbücher, die unter
meinen Nekrologien beschrieben sind, und ein Copialbuch in drei
Bänden aus dem vorigen Jahrhundert.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. H
Im Archiv zu Würzburg befindet sich eine einzige Urkunde
von 1468. lieber den Ursprung des Klosters eine reiche Literatur,
cfr. üssermann, p. 246. — Hu scher im 9. Jahresbericht des
histor. Vereins von Mitteifrankon 1839 S. 107—140. — Rettberg,
Kirchengeschichte Deutschlands, Göttingen 1848. Bd. IL S. 339.
Astheim,
Karthause bei Volkach am Main, von dem Rittor Erkinger von Soins-
heim, dem Gründer des fürstlich Schwarzenbergischen Geschlechtes,
im J. 1409 unter dem Namen Pens Mariae, Mariä-Brück, gestiftet,
im J. 1802 säcularisirt. Die vor einigen Jahi*en stilgerecht restaurirte
Kirche enthält die Gräber der Ahnen der fürstlich Schwarzenbergi-
schen Familie.
Im Ganzen haben sich nur 16 Originalurkunden erhalten, da-
von 7 aus dem 15. Jahrhundert, die älteste vom J. 1410 vom Kaiser
Ruprecht, wodurch er Astheim Stadtrecht verleiht (abgedruckt bei
Lünig, Bd. 33 S. 1313), die übrigen aus der folgenden Zeit bis 1751.
Dann ist ausser der besonderen Copie des Stiftungsbriefes (abgedruckt
bei Üssermann Cod. probat. No. 101 , undSchannat Sammlung
historischer Schriften S. 91) im k. Archive zu Würzburg ein gutes
Copialbuch vorhanden, von Johann Abt des Klosters zu S. Egidien
zu Nürnberg im J. 1497 verfertigt und mit einigen Nachträgen
später versehen (No. 239).
Im historischen Verein finden sich eine Klosterchronik von
Augustin Fleischmann, Bamberg 1754. (Manuscr. N. f. 82), ein
jüngeres Copialbuch (M. S. f. 770), und Aufzeichnungen aus den
Jahren 1629, 1741 und 1748 (M. S. f. 372 und f. *160).
Der fürstliche Kanzleidirector Burkhardt zu Schwarzenberg
gab eine urkundliche Geschichte der Karthause Astheim (Ostheim)
im IX. Bande des Archivs des histor. Vereins, Heft 1, S. 1 — 80,
wozu nur die Regesten vermisst werden.
Augustinerklöster*
Die Würzburger Diöcese hatte seit der zweiten Hälfte des
13. Jahrhunderts zwei Klöster der Augustiner -Eremiten, die noch
jetzt bestehen; das eine in Würz bürg, das andere in M ünn er-
st ad t; jenes hat, nachdem bs sein Kloster für das Gymnasium und
Schullehrer -Seminar hat abtreten müssen (die Kirche wurde 1824
abgebrochen), seinen Sitz im ehemaligen Dominikanerkloster; dieses
1 2 Contzen :
gibt seit 1685 die Lehrkräfte für das dortige Gymnasium und
Knabenseminar.
Die Geschichtsquellen fliessen für beide Anstalten sehr spärlich ;
für Würzburg sind nur 4 Urkunden Torhanden, die älteste von 1263,
die folgenden 3 aus dem 14. Jahrhundert; fiir Münnerstadt sind
26 Urkunden übrig, eine von 1282, 13 aus dem 14., 7 aus dem
15. Jahrhundert, die andern 5 reichen bis 1705; femer ein, in
grünem Pergament gebundenes Lehen- und Erbzins-Register aus
dem J. 1718, worin sich zugleich Copien von manchen Stiftnngs- und
Kaufbriefen befinden (Xo. 245). Der Verfasser P. Onuphrius Scham-
bach benutzte dazu mehrere ältere verloren gegangene Copeibücher.
Der historische Verein besitzt die Visitationsprotokolle des ersten
Klosters vom J. 1621 und die Capitelsacten von 1607—51 (M. S. q. 1).
Zwei andere Klöster desselben Ordens waren in Windsheim,
angeblich 1291, und in Königsberg um 1350 gegründet w^orden.
Von beiden sind keine Urkunden im Würzburger Archiv vorhanden ;
über letzteres im historischen Vereine ein Verzeichniss^ des Ein-
kommens u. s. w. vom Jahr 1536 (M. S. q. 94).
Aura,
Benedictiner- Abtei an der Saale, unweit Kissingen, Uraugia S.
Laurentii, gegründet 1108 durch Otto den Heiligen, Bischof von
Bamberg, aufgelöset um 1570. Der erste Abt war der berühmte
Chronist Ekkehardus. Sehenswerth sind die Ruinen des Klosters
gegenüber den Ruinen der BurgTrimberg. Vergl. hierüber C. Heff ner
im XIII. Bande des Archivs des histor. Vereins 1855. Heft 3. S. 159.
Es sind nur 16 Original-Urkunden übrig, die älteste vom J.
1165 über eine Schenkung Otto's von Fuchsstatt, die jüngste von
1582, ein Verkaufsbrief von B. Julius; 2 sind aus dem 12., 4 aus
dem 14., 3 aus dem 15. Jahrhundert, die übrigen 7 später.
Eine vorzügliche historische Darstellung der Abtei und ihres
ersten Abtes lieferte der Domcapitular Dr. Reininger 1862 im
XVI. Bande des Archivs des histor. Vereins unter Benützung des
bisher bekannten Quellenmaterials. In einer Anmerkung dazu (S. 21)
machte ich schon darauf aufmerksam, dass Pertz und Waitz in den
Monum. Germ, histor. dieses Aura an der Saale mit dem gleich-
falls unter dem B. Otto gegründeten Kloster Aurach (siehe unter
Mönch-Aurach), ungeachtet Ussermann (Episc. wirceburg. p. 416 und
419) schon das Richtige hat, verwechselt haben. Wattenbach hat
Die Urkunden des Bisthums Wttrzburg. 13
darnach in der zweiten Auflage seiner Geschichtsquellen S. 372 den
Fehler der Erstem verbessert.
Banss,
Benedictiner-Abtei in herrlicher Gegend unweit Staffelstein am Main,
gegründet 1069 durch den Markgrafen Hermann von Vohburg und
seine Gemalin Alberada, im J. 1802 aufgehoben, nun schön er-
haltenes Besitzthum des Herzogs Max von Bayern.
Erhalten haben sich an Urkunden im k. Archiv zu Bamberg
396, davon eine aus dem 11., 4 aus dem 13., 14 aus dem 14., 95
aus dem 15. Jahrhundert und 282 aus der folgenden Zeit.
Im k. Archiv zu Würzburg sind 15 Urkunden vorhanden,
1 aus dem 13. (1239), 1 aus dem 14. Jadrhundert, die andern aus
neuerer Zeit, und ein im 16. Jahrh. geschriebenes Copialbuch mit
spätem Einti'ägen, Papierhandschrift, nebst einer Rechnung aus
dem J. 1573. (No. 162 u. 163). Die kurzen Origines coenobii
banzensis, die Ludewig im 2. Bd. der SS. rer. Episcopatus Bamberg.
Sp. 48 S. herausgab, sind von dem Abt Henricus, welcher von
1288 bis zur Niederlegung seiner Würde im Anfange des J. 1296
dem Kloster vorstand.
Zwei vorzügliche Arbeiten haben wir über Banz : Diplomatische
Geschichte der Benedictiner-Abtei Banz in Franken von 1050 bis
1251 mit 61 (urkundlichen) Beilagen und vier Kupfertafeln, Nürn-
berg 1803. 8. Verfasser ist der Klosterarchivar Placidus Sprenger;
und von P. Oesterreicher, Geschichte der Herrschaft Banz,
zweiter Theil enthaltend (110) Urkunden (von 1010—1317) und
die Reihe der Aebte, Bamberg 1833. Der erste Band ist
nicht erschienen. Die Geschichte des Klosters von Jaeck ist
unbedeutend.
Begninen,
Das Quellenmaterial findet sich verzeichnet und verwerthet
in der Abhandlung von Rost, Ueber Beguinen, insbesondere im
ehemaligen Fürstenthum Würzburg, im Archiv des historischen
Vereins von Unterfranken, Band IX, Heft 1. (1846), S. 81—145
mit urkundlichen Beilagen, hier S. 120. Seitdem erschien noch:
Reininge r, Beitrag zur Geschichte der Wallfahrtskirche und ehe-
maligen Beguinenclause auf dem Kirchberge bei Volkach. Daselbst
Bd. XIX, Heft 1, S. 199—203,
14 Contzen:
Biebelried.
Siehe Johanniterorden.
Bildhausen,
Cisterzienser Abtei, zwei Stunden von Münnerstadt und ebensoviel
von Neustadt a/8., durch den Pfalzgrafen Hermann von Staleck im
J. 1156 gegründet, eine Tochter des Kl. Ebrach und Mutter der
Kl. Wechterswinkel, Marienburghausen, Heiligenthal und Frauen-
roth, wurde am 2. Mai 1803 aufgehoben, nachdem sie 647 Jahre
bestanden hatte. Der letzte Abt Nivardus Schlimbach, ein gelehrter
und wirthschaftlicher Herr, hatte eine ausgezeichnete Sammlung
besonders Würzburger Münzen, welche nach dessen Tode 1812
durch den Grossherzog Ferdinand von den Erben um 6000 fl.
erkauft mit ihm nach Florenz kam. Wo ist sie jetzt? Die schöne
Abteikirche wurde 1826 abgebrochen. Was von Gebäuden noch
übrig ist, befindet sich jetzt zur Hälfte im Besitz der Mennoniten-
familie Muselmann, zur Hälfte in der des Weinhändlers Anschütz.
Für die Geschichte des Klosters ist viel Quellenmaterial vor-
handen; die Eeligiosen haben sich fleissig mit der Vorzeit ihrer
Abtei beschäftigt; es ist aber zerstreut, weil der letzte Prälat das-
selbe in sein ihm angewiesenes Asyl mitnahm. Der Landrichter
Rost zu Münnerstadt führt in seiner gut und gründlich geschrie-
benen Geschichte der Abtei (im neunten Bande des Archivs des
historischen Vereines von Unterfranken 1850) die Quellen an, und
zwar Heft II, S. 219 — 26. Was er besass, ging nach seinem Tode
an den historischen Verein über, so dass hier, beim Ordinariate,
in der Universitätsbibliothek und im k. Archiv sich das Material
zusammenfindet. Da Letzteres ihm verschlossen blieb, so gebe ich
zur Ergänzung seiner Notizen, was sich hier findet.
An Originalurkunden sind nur 237 vorhanden. Es sind das
wohl jene, welche vor Ausbruch des markgräflichen Krieges gerettet
wurden. Der Fürstbischof Melchior Zobel von Giebelstadt benach-
richtigte schon im J. 1546 den Abt, dass der Krieg ausbrechen
würde, und ermahnte ihn, alle Privilegien, Freiheitsbriefe und andere
Dokumente des Klosters in Sicherheit zu bringen, wobei er sich
erbat, alle diese Gegenstände zur Aufbewahrung zu übernehmen
und mit demselben Fleisse zu bewahren, wie seine eigenen, Abt
Johannes Hess hierauf fast alle Originaldokumente und Schriften
zusammenpacken und schickte solche in einer schwarzen Kiste ver-
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. " I5
wahrt nach Würzburg. Der markgräfliche Krieg traf wirklich das
Kloster aufs härteste und führte fast dessen Auflösung herbei;
nach mehr als hundertjährigem Mühen und Ringen kehrte erst der
frühere Wohlstand zurück. Aber die Urkundenkiste kam nie mehr
nach Bildhausen zurück. Bis auf den heutigen Tag, klagt der
Chronist des Klosters im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts,
weiss man noch nicht, wo sie aufgehoben worden ist. Das Kloster
Theres hatte aus derselben Veranlassung sein Archiv nach Würz-
burg geflüchtet und erbat es sich nach Beendigung des Krieges
wieder zurück. Die Fürstbischöfe indess behielten die Originale und
schickten dem Kloster die Copien davon.
Von den Bildhäuser Originalurkunden ist die älteste aus dem
12. Jahrhundert (1161 von Bischof Heinrich, die sich bei Usser-
mann findet), femer 1 aus dem 13., 5 aus dem 14., 32 aus dem
16. bis zum J. 1803. Von den Copialbüchem ist das älteste aus
dem Ende des 15. Jahrhunderts, dem ein altes Formularbuch zur
Seite geht (No. 169 und 170); jünger sind die libri variorum con-
tractuum et privilegiorum (No. 164 und 165), von denen letzteres
bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts reicht; am ältesten ist ein
Lehen- und Zinsbuch: 1442 (No. 178') und renovirt 1501 (No. 174),
darüber eine ausführliche Beschreibung vom J. 1771 (No. 173).
2 Klostergeschichten finden sich aus dem 17. Jahrhundert (No. 166
und 167), von denen die erste auch die Generalkapitel des Ordens
enthält. Papiere aus dem dreissigjährigen Kriege (No. 171) sind
brauchbarer, als ein Protocollum rerum memorabilium (No. 168),
das sich fast blos auf die Güterverhältnisse und Einkünfte der
reichen Abtei bezieht.
Billigheim,
Cisterzienser Nonnenkloster,, im Thale der Schefflenz zwei Stunden
östlich von Mosbach im Grossherzogthum Baden, schon vor 1238 be-
standen als Benedictinerinnen-Kloster und von B. Hermann dem Orden
der Cisterzienser zugewiesen, kam im 15. Jahrhundert zur Mainzer
Diöcese und ist, unbekannt wann, aber nach dem J. 1463, wahr-
scheinlich aber erst in Folge der Reformation erloschen. Die Güter
wurden vom Erzbischof von Mainz eingezogen. Es ist davon im
Würzburger Archiv keine Urkunde mehr übrig.
Cfr. XJssermann p. 482. — Bauer in der Zeitschrift für
das würtembergische Franken 1867. VII, 3, S. 531.
16 Contzen:
Birkenfeld,
Cisteizienser Frauenkloster, an der Aisch, k. Bezirksamts Neustadt
an der Aisch in Mittelfranken, gegründet um 1276 durch Friedrich III
Burggrafen von Nürnberg, und seiner zweiten Geraalin Helene von
Sachsen, im Bauernkriege mit dem grössten Theil der Documente
zerstört und 1544 von dem Markgrafen von Ansbach säcularisirt.
Keine Urkunden sind im Würzburger Archive vorhanden,
ausser zwei Verträgen des Bischofs von W. mit dem. Markgrafen
aus dem 15. Jahrhundert.
Vergl. Ussermann 1. c. pag. 426 und G. L. Lehnes, Ge-
schichtliche Nachrichten von den Orten und ehemaligen Klöstern
RiedfeM, Münchsteinach und Birkenfeld, Neustadt a/A. 1833. Lief HI,
S. 191-209.
Birklingen,
eine Canonie regulirter Chorherrn unweit des Städtcliens Jphofen,
gegründet im 15. Jahrhundert, im Bauernkrieg 1525 gänzlich zer-
stört und im Jahre darauf aufgehoben.
Vorhanden sind noch im k. Archive zu Würzburg 100 Urkunden,
davon 68 aus dem 15. Jahrhundert, die älteste von 1446 und 32
aus dem 16., die jüngste von 1539; im k. Archive zu Nürnberg 148
Urkunden, davon 1 aus dem 14., 116 aus dem 15. und 31 aus dem
16. Jahrhundert; dann 8 Gültbüchlein aus dem 16. Jahrhundert
Im histor. Vereine zu Würzburg befinden sich die Kloster-
Rechnungen aus den J. 1623, 27, 42—47. (M. S. f.* 161).
Eine Geschichte des Klosters fehlt. Vergl. die Notiz in Stumpf,
Denkwürdigkeiten (1802) Heft 1. S. 73—86.
Bronnbach^
Cisterzienser-Abtei bei Wertheim an der Tauber, gegründet 1157
und aufgehoben 1802, nun Eigen thum des Fürsten von Löwenstein
— Wertheim — Eosenberg zu Kleinheubach.
Davon sind im k. Archiv noch 13 Urkunden vorhanden, darunter
eine undatirte, dem Ende des 12. Jahrhunderts angehörend; die übrigen
nach dem 16. Jahrhundert, die jüngste 1800. — Der histor. Verein
besitzt eine Klosterrechnung vom Jahr 1755—56. (M. S. f.* 150).
Asch b ach hat in dem Urkundenbuch seiner Geschichte der
Grafen von Wertheim (1843) 50 Urkunden abdrucken lassen und
zwar theil weise nach einem Copialbuch des 17. Jahrhunderts; Mone
machte die Chronik des Klosters von Heinrich Gäbhardt, dem letzten
Abte desselben, bekannt in den Schriften des Badener Alterthums-
Die rrkiinden dt»H Bistlmms Würzbnrg. 17
Vereines Bd. 2, 307—386 (Karlsruhe 1849) und gab in seiner
Zeitschrift Bd. 2, 291—309 eine Anzahl Regesten von 1170—1230
aus einem in der Löwenstein — Rosenbergischen Domainenkanzlei zu
Wertheim befindlichen Copialbuch des Klosters, welches 1384 ver-
fertigt, bis zu diesem Jahr 366 Urkunden enthält, und in Bd. 4,
406 — 434 vollständige Urkunden ' mit schätzbaren Erläuterungen
von 1231—99.
Carmelitenklöster
befanden sich in der Diöcese Würzburg folgende:
1) in der Stadt Würzburg seit dem J. 1212 auf dem alten
Fischmarkt, seit 1280 auf der Stelle des jetzigen Polizei-
gebäudes, aufgehoben 1802;
2) auf der Vogelsburg, Mons Dei genannt, bei Volkach in
herrlicher Lage, 1282 von den Grafen von Castell gegründet
und 1525 am 1. Mai mit allen literarischen und urkund-
lichen Schätzen von den Bauern zerstört und nicht wieder
errichtet;
3) zu Neustadt an der Saale im J. 1352 gegründet und
1802 aufgehoben;
4) zu Schweinfurt im J. 1366 errichtet, im markgräflichen
Kriege 1550 zerstört und durch den westphälischen Frieden
1648 ganz aufgehoben;
5) zu Heilbronn in Schwaben im J. 1448 gestiftet und 1802
aufgehoben ;
6. Die im J. 1481 durch den Markgrafen Albrecht projectirto
Stiftung eines Carmelitenklosters zu Marienkapell bei
Crailsheim in Mittelfranken kam nicht zur Ausführung.
Von diesen sechs Kl(>stern sind nur noch 148 Urkunden vor-
handen; davon 2 aus dem 13., die älteste von 1280, 33 aus dem
14., 47 aus dem 15. Jahrhundert, die andern 65 aus der folgen-
den Zeit bis 1801.
Ausserdem mehrere Copialbücher, die ältesten aus dem An-
fange des 16. Jahrhunderts; ein Band enthält die Urkunden von
1380 — 1511, um letzteres Jahr geschrieben, Perg.; ein zweiter die
von 1372 — 1538, auch um diese Zeit zusammengeschrieben, Perg.;
diese wurden in den Jahren 1667 — 68 erneuert unter dem Titel:
Carmeli Herbipolensis Jnventarium authenticum onnium immobilium
bonorum, donorum, legatorum, censuum et aliorum similium, con-
ArchlTÄllache Zeltschrift VI IL 2
1 8 Contzen :
fectum A. U. 1667; ein zweiter Band gibt die Fortsetzung von
1646 — 87, und ein dritter die Bullae et litterae privilegiorum ac
gratiarum, geschr. 1668. Auch der liber censuum conventus
Herbipolensis wurde 1505 unter dem Prior Petrus Schweicker an-
gefangen. (Diese alle stehen zusammen unter No. 247). Eine Er-
neuerung des liber censuum von 1667 und ein Zinsbüchlein v. J.
1685 betreffen das Kloster zu Würzburg (No. 249 und 251), ein
liber censuum vom J. 1668 das Kloster zu Schweinfurt (No. 250)
und ein Protokoll über das liegende und fahrende Vermögen nebst
den Copien der Urkunden, vom J. 1667 das Kloster zu Neustadt
(No. 257), von welch' letzterem der historische Verein ausser einem
Liber decretalis und einer Rechnung von 1615 auch ein Necrologium
(M. S. f. 612; f.* 149 u. q. 151) besitzt, lieber Letzteres vergl.
die Nekrologien.
Ein Liber visitationis cum inventariis vom J. 1607 (No. 260)
zählt die Gefälle und Fahrnisse des Klosters zu Würzburg auf und
gibt zugleich den Katalog der an theologischen Werken nicht schlecht
bestellten Klosterbibliothek.
Carthaeuser,
siehe die, auf der Tabelle bemerkten, einzelnen Klöster.
Coburg.
Obgleich in der Diöcese Würzburg gelegen, war das dortige,
um das J. 1240 gegründete Franziskanerkloster der Mainzischen
Abtei Saalfeld untergeben und wurde 1525 aufgehoben. Vergl.
Schuhes, Coburg. Landesgesch. S. 83.
Crailsheim.
Siehe Carmelitenklöster.
Dominicanerkloster zu Würzburg.
Es wurde in der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderte»
gegründet. Die drei ältesten päpstlichen Privilegienbriefe sind aus
dem J. 1229, und die Urkunden von 1235 und 1249 beziehen sich
auf den Bau und die Einweihung der Kirche. Mit der Säkularisation
hörte die Wirksamkeit des Ordens auf; Kloster und Kirche wurden
später den Augustinern überlassen.
Von Urkunden sind noch 275 übrig, davon 66 aus dem 13.,
50 aus dem 14., 72 aus dem 15. Jahrhundert und die andern 87
aus der folgenden Zeit.
Die Urkunden des Bisthunis AVürzburor.
19
Ein Copialbuch fehlt. Erhalten hat sich nur ein kurzes Zins-
register aus dem 15. Jahrhundert (No. 262), und im historischen
Vereine das Buch der Anniversarien der Wohlthäter des Klosters
aus dem Jahre 1618.
Ebrach,
bedeutendste Cisterzienser-Abtei in Franken, an der mittlem Ebrach
im Steigerwalde, gegründet 1126, mit prachtvoller 1200 — 1285 er-
bauten Kirche, der Grabstätte der Gemalin Kaiser Konrads III und
ihres Sohnes Friedrich von Rotenburg, sowie der Herzen der Bischöfe
von Würzburg, die im liCben vielen Kampf mit ihr hatten. Auf-
gehoben durch die kurbaierische Regierung im J. 1802 ist die be-
rühmte Hohenstaufen-Stiftung jetzt ein — Zuchthaus für weibliche
Sträflinge.
Der nicht geringe Vorrath an Originalurkunden, die sich er-
halten haben, ist leider zersplittert in den königlichen Archiven zu
Würzburg und zu Bamberg aufbewahrt und zwar in folgender
Sonderung nach Jahrhunderten:
Jahrhundert
in
Würzburg
in
Bamberg
zusammen
XII
14
12
26
xin
150
101
251
XIV
184
142
326
XV
149
123
272
XVI-XVIII
195
729(7s.(l.)
924
Summa
692
1107
1799
Auch die Copialbücher sind zwischen den beiden Archiven
getheilt; in Bamberg befindet sich das älteste, in Würzburg das
vollständigste. Jenes führt den Namen Liber Pitanciarum (über die
Bedeutung dieses Wortes siehe die Zusammenstellung in Du Gange,
Glossar, ed. Henschel. Tom. Y. pag. 246) oder Buch der frommen
Stiftungen, ein massiger Band in gross Folio, in weissem gepressten
Leder gebunden, 95 Papier- und 12 Pergamentblätter enthaltend,
durch Peter von Kottenheim geschrieben und im J. 1340 begonnen.
2*
20 Contzen :
Dieser älteste EiDtrag befindet sich auf fol. 1 — 28 und ist abge
druckt in: Wegele, monumenta eberacensia pag. 69 — 141. Eine
etwas ältere Aufzeichnung eines Theiles des Güterbestandes bewahrt
der historische Verein, Perganientlibell in 12, aus dem J. 1313,
abgedruckt bei Wegele, p. 145 — 154; ein jüngeres Urbar das Archiv
zu Würzburg (M. S. no. 26) aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts. Aus
der folgenden Zeit sind eine grosse Anzahl von Lehen-, Zinns- und
Salbüchorn im kgl. Archive daselbst vorhanden, welche über das
allmählige Anwachsen des Besitzstandes und die Verwaltung des-
selben genaue Auskunft geben.
Ueber die Behandlung dieser Art Oeschichtsquellen vergl. Jos.
Zahn, die Freisingischen Sal-, Copial- und Urbarbücher, im Archiv
für Kunde österreichischer Geschichtsquellen Bd. XX VIT, 8. 191
bis 344.
Wichtiger noch ist die Urkunden-Sammlung, fol 29 — 103, des
genannten über pitanciarum, die erste der Abtei, aus dem J. 1407,
jubente venerabili domino Henrico, undecimo Abbate Ebracensi, con-
scripta. Die Urkunden sind chronologisch geordnet, nach den sie be-
treffenden Aemtern zusammengeschrieben, ebenfalls (bis auf die letzten
Blätter) von einer Hand und zwar die Literae et privilegia ad ofRcium
pietancie pertinencia von Blatt 29 — 58 darunter auf Blatt 33 eine
Relatio, a quibus et quando domus hec fundata sit, — bei Wegele
pag. 3 — 7, — von Bl. 59—69, ad off. prioratus pert, 70—78
custodis, 79 -86 infirmarii; dann folgen von 86^ — 103 die Privilegia
Regum et Imperatorum nebst den Urkunden der Würzburger Bischöfe
und Bl. 106 ein index locorum von späterer Hand. Von den 23
Urkunden, die von Bischöfen von Würzburg erlassen sind, hat
Wegele 6 abdrucken lassen, S. 52 —64 ; früher waren davon schon
3 veröffentlicht worden.
Dieses Buch genügte lange Zeit. Endlich scheinen die Ver-
luste des Archivs zur Zeit des dreissigjährigen Krieges die Noth-
wendigkeit der Anlage eines neuen Copialbuches fühlbar gemacht
zu haben und unter dem thätigen Abte Alberich Degen (1658 — 1686)
wurde das Werk vollendet. P]s führt den Namen über Palatii,
continens Privilegia summorum Pontiticum, Cardinalium et Epi-
scoporum itemque Imperatorum, Kegum et aliorum Monasterio B.
Mariae Virg. de Ebraco concessa, umfasst in deutlich geschriebenen
3 Bänden, Papier folio, denen ein vierter für die vergessenen und
spätem Dokumente sich anreiht, die sämmtlichen Urkunden des
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 21
Klosters, vidimirt 1673 durch den kaiserlichen Notar Heinrich Kloin
von Bamberg, in topographischer Ordnung. Würzburger Archiv
No. 179 — 182. Wie vollständig dieses vortreffliche Buch ist, erhellt
aus der Angabe, dass die Anzahl der Urkunden der Würzburger Bischöfe
von der Stiftung des Klosters bis 1400, welche in der ersten Sammlung
nur 22 betrug, hier ein rundes 100 ausmacht, und doch waren von
jenen 22 Dokumenten schon 18 abhanden gekommen, die deswegen
hier fehlen. Derselbe Abt Hess schon vorher 1662—63 durch den
P. Gerard Vendt eine Zusammenstellung jener Originale verfertigen,
welche die Freiheiten des Klosters betreffen. Dieser Liber Privilegiorum,
Papier fol. 1020 Seiten, im Archive zu Würzburg (No. 83^0), hat
besonders die Streitigkeiten mit Würzburg im Auge.
Auf diese Bücher stützten sich die Verfasser der Kloster-
chroniken. Ebrach hat sich von den frühesten Zeiten an durch
wissenschaftliches Streben nicht unrühmlich ausgezeichnet. Es er-
richtete für seine und seines Ordens Geistliche im 13. Jahrhundert
zu Würzburg ein Collegium Studiorum, das Bischof Berthold von
Sternberg (gest. 1287) zu einer Universität erweitern wollte. Als
diese Anstalt in Folge der bürgerlichen Unruhen bald wieder ein-
ging, schickte das Kloster seine jungen Männer auf die Hochschulen
nach Wien und Heidelberg. Am letzteren Orte erwarb dasselbe
zu diesem Zwecke ein eigenes Haus für seine Angehörigen (domus
S. Jacobi in der Vorstadt vergl. Chr. Henri quez, annatot. Menologii
ad diem 25. Febr. fol. 64. col. 2), und hier entspann sich zwischen
diesen und ihrem berühmten Ijandsmann Conrad Celtes von
Wipfel d ein freundschaftliches Verhältniss, das diesen bewog, im
J. 1507, eine Zeitlang in der Abtei zu verweilep. Aus der Zeit
dieses Aufenthaltes stammt das historische Werk, das angeblich in
einer Ebracher Handschrift entdeckt bis in die neueste Zeit als
Geschichtsquelle gegolten hat: Ligurini de gestis Friderici I Augusti
libri X carmine heroico conscripti, nuper apud Franconos, in Sylva
Hercinia, et Druidarum Ebracensi coenobio, a Conrado Gelte reperti.
Vergl. De vita et scriptis C. Celtis. Opus posthumum Eng. Klu-
pfelü edid. J. C. Ruef et C. Zell. Friburgi 1827. 2 Bde.
Damals lebte hier als Prior Johannes Nibling, in Heidel-
berg gebildet, welcher eine Chronik in 4 Bänden, deren letzten
unvollendeten Andreas Denser bis zum J. 1538 fortsetzte, verfasste
und darin des Klosters merkwürdige Begebenheiten zu seiner Zeit
verzeichnete. Diese Chronik, die noch am Schlüsse des vorigen
22 Contzen:
Jahrhunderts in Ebrach aufbewahrt wurde, ist nicht gleich den
übrigen Literalien an die öffentlichen Anstalten in Würzburg und
Bamberg abgegeben worden und befindet sich wahrscheinlich noch
in Privathänden. Auch ein Calendarium aus jener Zeit, mit den
Einträgen der Wohlthäter und ihrer Stiftungen, ist spurlos ver-
schwunden.
Erhalten hat sich die Chronik des Abtes Alberich (im Archive
zu Würzburg M. S. 29) : Chronicon Monasterii ß. Mariae Ebracensis
in Franconia in duas divisum partes: quarum prima agit de ipso
Monasterio, altera de B. Adamo et eins curae subjectis monasteriis
aliisque dominis abbatibus eiusdem successoribus ; Auetore R"** Dno.
Alberico quondam Priore, nuncAbbate — coUectum Anno 1653 et
descriptum anno 1660. Ein Quartband von 452 Seiten. Seine
Quellen sind ausser den Urkunden die oben genannte Relatio, a
quibus etc., die in die erste Zeit der Stiftung hinaufreicht imd eine
um die Mitte des 15. Jahrhunderts verfasste Chronik, unter dem
Titel Funiculus triplex, die sich in der hiesigen Universitätsbibliothek
erhalten hat, woraus Ruland schon 1834 und Wegele 1. c. den
historischen Theil veröffentlicht haben. Das S. 81 des Chronicons
mitgetheilte Calendarium hat wenig historischen Werth. Yon den
Töc'hterklüstern ist Heilsbronn am ausführlichsten behandelt; es sind
hier 228 Inschriften der dortigen Denkmäler mitgetheilt und einige
Federzeichnungen dazu, wodurch das bekannte Werk von J. L
Hocker, Hailsbronnischer Antiquitäten-Schatz, Onolzbach 1731, fol.
vervollständigt werden kann.
Alberichs Nachfolger im Priorat und früherer Lehrer (Albericus
quondam mens in novitiatu discipulus et tyro, nunc dignissimus
pater, magister et dominus II, 413) Joseph Agricola setzte
1660—61 die Chronik desselben fort und ergänzte sie aus den
Schätzen des Klosterarchivs in 4 starken Quart-Bänden, die sich eben-
falls im Arclüve zu Würzburg (M. S. 23) befinden. Der erste Theil,
Auctuarium sive continuatio chi'onici — ex diversis authoribus,
archivis, literis et documentis — opera P. Josephi p. t. prioris continuati
et aucti a. d. 1660, 750 SS. enthält die Geschichte, die Privilegien,
die berühmten Männer von Ebrach und eine Relatio des Zustandes
der Abtei zur Zeit des dreissigjährigen Krieges von dem P. Adam
Bertellmann 1650 geschrieben; der 2. auf 954 SS. die einzelnen
Aebte, ihr Leben und ihre Schriften, darunter des Abtes Johann
I^aiterbach (1503 — 1531) rhytmische Beschi-eibung seiner Leiden
Die Urkunden des Biethums Würzburg. 23
zur Zeit des ßaiierukieges (S. 241 — 64) und viele Briefe derselben,
ihre Bauwerke im Kloster und in den einzelnen Ortschaften desselben
mit Federzeichnungen; der 3. Theil behandelt auf 816 8S. die Töchter-
klöster von Ebrach in der Würzburger Diöcese: Himmelspforton,
Wechters Winkel, Schönau, Marburghausen, Frauenroda, Heiligenthal,
Maidbrunn, S. Johann unter Wildberg, Birkenfeld, Tückelhausen,
Birklingen und die Reuerinnen in Würzburg, nach den in diesen
Klöstern damals noch vorhandenen Quellen, von denen er unter
andern das verlorene Necrologium von Himmelspforten auszugsweise
in sein Buch aufnahm (S. 218 — 249); der 4. Theil enthält ausser
andern eine Bibliotheca scriptorum, qui in Ebraco et monasteriis
eidem mediate vel immediate subjectis floruerunt, darunter der be-
scheidene Verfasser mit einer stattlichen Anzahl Büchern fol. 273'',
und 2 Beschreibungen des Klosters mit hübschen Handzeichnungen.
Die vielen Auszüge aus der Chronik des Joh. Nibling machen den
Verlust derselben weniger empfindlich.
Zu einer bedeutendem wissepschaftlichen Arbeit brachte es
aber erst Eugen Montag, der als letzter Abt die lange Reihe
seiner Vorgänger würdig schliesst.
Geboren zu Ebrach am 5. März 1741, zum Abt gewählt am
21. Februar 1791 starb er am 5. März 1811 und liegt in der
Abteikirche neben dem ersten Abte Adam begraben. Exordium et
tinis nobilis Ebraci, schrieb ein Angehöriger des Klosters, hie simul
junguntur et uno quasi tumulo clauduntur! 0 fata rerum creatarum!
Er verdiente wohl eine würdige Biographie. Seine Schriften sind:
Bargildi Franconis disquisitio de ducatu et judicio provinciali Epis-
copatus Wirceburgensis, in ordine ad valorem argumenti praesumptae
ex situ Superioritatis territorialis 1778 148 SS. in 4. — De milite
nobili et ingenuo saec. XI. et XII. una cum vindiciis Marquardi de
Grumbach dynastae. Norimbergae. 1794. 8. 118 SS. (gegen J. A.
Samhaber's Abhandlung de statu et nominibus militarium in Ger-
mania. Wirceb. 1793). — Geschichte der deutschen staatsbürgerlichen
Freiheit oder der Rechte des gemeinen Freyen, des Adels und der
Kirchen Deutschlands. Bamberg und Würzburg. 1812 u. 14. 2 Bde. 8.
Der Verfasser starb nach dem Druck der ersten Bogen; die
Herausgabe des bedeutenden Werkes, der Grundlage der zunächst
folgenden deutschen Staats- und Rechtsgeschichten, besorgte F. A.
Frey. Für seine Abtei schrieb Eugen Montag 2 Werke: Frage:
Ob der Abtei Ebrach in Franken das Prädikat Reichsunmittelbar
24 Contzen :
rechtmässig gebühre, und ob dieselbe als Herrschaft ihrer Unter-
thanen die Regel der Reichsfreiheit gegen die hochfürstl. Würzburgische
Ansprüche einer vollkommenen Landeshoheit zu behaupten befugt
seie? Erläutert aus der Geschichte, Privilegien, Verträgen und
hauptsächlich aus dem Grund der noch unverrückt bestehenden
Kayserlichen und Reichsohnmittelbaren Principal- Advocatie auf diese
Abtei und derselben Unterthanen, in Gegensatz der so betittelten
Caussa Herbipolensis und anderer Würzburg, gedruckten Streit-
schriften. Mit Beylagen Num. I— LXXII. 1786. fol. Das Hand-
exemplar des Verfassers, das sich in meinem Besitze befindet, ent-
hält viele Zusätze.
Die Veranlassung zu dieser gelehrten und überzeugenden
Deduction gab, wie die Vorrede ausführt, das alles Maas über-
schreitende Verfahren der würzburgischen Regierung gegen den
Abt von Ebrach, als ein Angehöriger des Klosters die Keckheit
gehabt hatte, auf dem Titel seiner Schriften sich „Profess des un-
mittelbaren Reichsstifts EbracW zu nennen. Ehe der Streit über
die Reichsunmittelbarkeit zu Ende war, traf beide, Kloster und
Hochstift, 1802 das Loos der Vernichtung.
Der Streit mit Würzburg beginnt schon unter dem Bischof
Lorenz von Bibra 1497, dauerte bis zur Säkularisation und rief
verschiedene Streitschriften und damit den Druck der wichtigsten
Urkunden hervor. Die Visitation des Klosters 1530, durch den
eifrigen Bischof Conrad von Thüngen, deren acta in's erzbischöfliche
Archiv nach Mainz und mit demselben nach dreihundert Jahren
wieder nach Würzburg gekommen sind (Mainzer Archiv-Bücher
verschiedenen Inhalts No. 12), lässt den Zustand der Abtei, freilich
kurze Zeit nach der furchtbaren Verwüstung durch den Bauern-
krieg, in trauriger Lage erscheinen. In der Streitsache über die
Landes- und Reichssteuern betrat das Kloster unter Alberichs
Nachfolger, dem Abt Ludwig, den Rechtsweg, wofür der gelehrte
Syndicus desselben, Joh. Heinr. Weisenborn, die eonclusiones
aliquot juridicae um 1690 in einem starken Folianten herausgab,
dem dann der Bischof Johann Gottfried 1(392 in der Causa Herbi-
polensis entgegentreten liess. Zahlreiche urkundliche Belege finden
sich in beiden Werken. Nach 10 Jahren wurde die Sache friedlich
ausgeglichen.
Nicht so in einem andern berühmt gewordenen Streit. Der
Abt Wilhelm hatte auf Veranlassung seines Ordensgenerals eine
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 25
kurze Geschichte des Klosters drucken lassen unter dem Titel:
Brevis notitia Monasterii B. V. M. Ebracensis sacri ordiuls cisterciensis
in Franconia. Ex probatis authoribus, tum impressis, tum scriptis,
originalibus Diplomatibus, antiquis Documentis et Scripturis desumpta
et in hunc ordinem redacta a quodam ejusdem Loci et Ordinis
Religioso. Anno 1738. Ohne Druckort und Verleger. 183 SS. Text
in 4. Die Würzburger Regierung fand sich durch diese Schrift so
beleidigt, dass sie verboten, das Verbot durch Trommelschlag ver-
kündigt, das Buch öffentlich zerrissen und verbrannt und der Ebrach-
ische Amtmann als dessen Verbreiter aus der Stadt gewissen wurde.
Der Abt brachte aber eine Beschwerde gegen dieses Verfahren nach
Rom, wo dasselbe als incompetent erkannt und gestattet wurde,
eine neue Auflage des Buches in Rom zu veranstalten. Diese
Ausgabe auf 220 SS., die mit der ersten ganz übereinstimmt, ist in
Franken sehr verbreitet, während die verbrannte zu einer literarischen
Seltenheit geworden ist. Vernünftiger war der zweite Weg, welchen
der Bischof von Würzburg dagegen einschlug; er liess durch seinen
Syndicus Nie. A. Seitz eine diplomatische Widerlegung drucken
unter dem Titel: Analysis libri: Brevis notitia, Accedit summarium
aliquot documentorum. Anno 1740. Wirceb. fol.
Die nächste Streitschrift war die genannte von Eugen Montag.
Ein zweites, noch ungedruÄktes Werk desselben über Ebrach befindet
sich im k. Kreisarchiv zu Würzburg (M. S. 24): Historiae
diplomaticae Ebracensis Monasterii Saeculi I Epocha I ab anno
1126 — 1166 sive de rebus gestis sub Adamo Abbate I. Pro Aris
Divisque Ebracensibus , F. E. A. 1794 — 95. Nun quam Typis.
Handschrift des Verfassers 450 SS. in fol. Es besteht diese vortreff-
liche Arbeit aus der Vorrede, der geschichtlichen Darstellung 1 — 207,
den diplomatischen Beweisen mit Erläuterung der einzelnen Urkunden,
von 209 — 333, und 3 Excursen über den Zustand Deutschlands
unter Conrad III, (1 — 37), über das mittelalterliche Münzwesen (41 — 77)
und über den literarischen Verkehr des Abtes Adam mit der h.
Hildegarde (81 — 117). Dass er im Sinne hatte, das Werk in günstigerer
Zeit fortzusetzen, geht aus einer Aeusserung am Schlüsse desselben
hervor, üeber das „nunquam typis'' spricht er sich am Schlüsse der
Vorrede aus: „Caeterum quae scripsi, notitiae dumtaxat privatae,
confratrum usui, et domesticae informationis causa scripsi. Insipienter
ageretur, multumque noceret, si, quae candide hie confratrum in-
timata prudentiae ac fidei, in publicum vulgari vellent aut extraneis
26 Contzen :
eonimunicari. Typis nuuqiiam haec, utut limatus accedat calamus,
spargenda, maxime dum Jurisdictiouis cuni potentibus Adversariis
dissidia fervent, qui candore Scriptoris facillime in malum
abuterentur.'' Der letzte Grund ist nun freilich in Folge der
Säkularisation weggefallen; aber ein einfacher Abdruck des Buches
möchte jetzt nicht mehr an der Zeit sein;, wohl aber bildet es eine
treffliche Vorarbeit für eine wissenschaftliche Verwerthung des
reichen Quellenmaterials über Ebrach, wofür eine kleine Arbeit
eines Freundes des gelehrten Abtes, des letzten Ebrachischen
Kanzleidirectors P. WigandWeigand, Geschichte der Fränkischen
Cistercienser Abtei Ebrach. (Herausgegeben und mit Anmerkungen
versehen von A. Ruland), Landshut 1834. 142 SS. eine gute Ein-
leitung bildet.
Andere Hülfsmittel sind für die spätere Zeit ein Necrologium,
das 1725 angelegt, bis zum Aufhören des Klosters reicht (im*
Würzburger Archiv M. S. 27.), das Repertorium des vortrefflich ge-
ordneten Archivs aus dem J. 1740 (das. M. S. 25), ein Supplement zur
Notitia brevis, das Leben der 3 letzten Aebte enthaltend (Historischer
Verein M. S. q*. 16), ein Verzeichniss der Mitglieder des Klosters
von der Stiftung an bis zum 18. Jahrh. (das. M. S. q. 46), von
demselben Verfasser eine tabellarische Uobei'sicht der Kloster-
geschichte im 1. Jahrhundert (das. M. S. q. 13) und ein Schlüssel
zum Bibliotheks-Katalog aus dem J. 1788 (das. M. S. q. 15). Man
sieht daraus, dass in der Bibliothek auf Ordnung gehalten wurde.
Ein Theil der Bücher ist in die Universitätsbibliothek zu Würzburg
gekommen, der grösste Theil aber verkauft worden. Was au
Pergamenthandschriften einst vorhanden war, hat Ruland mitgetheilt
S. 135 der Geschichte von W. Weigand. Darunter gehörten auch die
wichtigen Aufzeichnungen des Michael vom Löwen aus dem Jahr 1350,
die jetzt im k. Archive zu Würzburg aufbewahrt werden. (M. S. 6).
tYüher mochte die Bibliothek auch die Arbeiten eines der Ange-
hörigen des Klosters, der einer der kunstvollsten Schreiber seiner
Zeit war, des Sigfried Kalb, enthalten, von dem Ebert, Zur Hand-
schriften-Kunde, Leipzig 1825, 1, 153 folgendes mittheilt: „Schlimmer
hat ein Schreiber wohl schwerlich seine Witz büssen müssen, als
der ehrliche Klosterbruder Sifridus Vitulus oder Kalb in Ebrach,
der in einem im J. 1315 geschriebenen Pergamentcodex der
lateinischen Bibel (jetzt in Wolfenbüttel. 1. 3. 1. Ms. Aug. fol.) zur
Seite sich selbst mit Anspielung auf seinen (zum bessern Ver-
Die Urkunden des Bisthiuus Würzbnrg. 27
ständniss ausdrücklich beigesetzten) Namen als ein Kalb im Mönchs-
gewande, an einem Pult schreibend abbildete. Als der sächsische
Leibarzt Erndl im J. 1707 die Bibliothek besuchte, wurde ihm von
einem Unterbeamten der Codex alles Ernstes als von einem Monstrum
geschrieben vorgelegt, und der Leibarzt hatte dabei so wenig Arg,
dass er in seiner Relatio de itinere suo Anglicano et Batavo (S. L.
8. S. 5) diese Merkwürdigkeit ebenso ernsthaft weiter an das
Publikum berichtete, bis Burckhardt (Betulii epistola ad amicum.
Hannov. 1710. 8. S. 60 ff.) umständlich und mit vielen Citaten
bewies, dass man von einem solchen Monstrum doch noch kein
Beispiel wisse." Auch in der Würzburger Universitätsbibliothek
findet sich ein schön geschriebener Pergamentcodex aus dem J. 1312
vor von diesem berühmten Frater Sifridus Vitulus, scriptus sub
Domino Friderico abbate.
Die Denkmäler in der Kirche zu Ebrach sind beschrieben
und abgebildet in: P. Ign. (iropp, monumenta sepulchralia ecclesiae
Ebracensis inprimis cordium episcoporum Wirceburgensium. Wirceb.
1730. 4.
Einsiedel)
siehe Neustadt am Main.
EngelgarteO) Karthause zu Würz bürg,
gegründet 1348 durch die Brüder Küdiger und Wolfram, genannt
Teufel, auf ihrem Anwesen, dem Teufelsgarten, und bis zur Säkula-
risation 1802 bestanden; jetzt stehen auf dem Boden derselben der
alte Eisenbahnhof und Privatgebäude.
Uebrig sind noch 100 Urkunden, 11 aus dem 14. Jahrhundert,
darunter die Bestätigung Bischofs Albert von 1351, 14 aus dem
15. Jahrhundert, die anderen 75 aus späterer Zeit bis 1787; —
ferner ein umfassendes Copialbuch (No. 243. 244) in zwei starken
Bänden, Fol. Pap., im J. 1498 begonnen und Seite für Seite von
dem kaiserlichen Notar Steinbach 1626 vidimirt; dann ein Copial-
buch verschiedener Verhandlungen und Korrespondenzen nach Orten
aus dem 17. und 18. Jahrhundert No. 244* ; endlich ein Lehenbuch
über verschiedene Ortschaften aus dem J. 1516. No. 647.
Der historische Verein besitzt die Rechnungen des Klosters
aus den J. 1623, 76, 88, 1710, 84, 85 (M. f.* 153) und die Aiis-
tausche desselben zu Estenfold von 1756—58 (M. S. f. 305).
28 Contzen:
Frauenauracli,
Dominikaner-PVauonabtei, am Einfluss dcrAiirach in die Rcgnitz, im
Bezirksamt Erlangen in MittelTranken, gegründet 1275 von Herdegen
von Griindlaeh und seiner Gemalin Elisabeth und 1552 säkularisirt.
Im k. Archiv zu Bamberg sind 23 Urkunden verwahrt, davon
20 aus dem 15. Jahrhundert und 3 aus der folgenden Zeit. Im
k. Archiv zu Nürnberg 10 Urkunden, davon 1 aus dem 13., 4 aus
dem 15. und 5 aus dem 16. Jahrhundert. Im Würzburger Archiv
finden sich keine Urkunden dieser Stiftung vor. — Chr. 0 ester-
reicher, Geschichte von Frauenaurach. Bayreuth 1830. 8.
Fraaenbreitangen,
Prämonstratenser Nonnenkloster, an der Werra im Herzogthum
Sachsen-Meiningen, im J. 1150 von den Grafen von Henneberg
gegründet, im Bauernkriege 1525 zerstört und 1528 eingezogen.
Keine Urkunde ist im Würzburger Archiv mehr übrig. Das
Diplomatar des Klosters ist gedruckt im III. Bande von Schöttgen
und Kreissig, diplomataria & scriptores historiae germanicae
1753—60 fol.
Frauenhansen,
«auch Bruderhart- , Bruder - Hartmanns - Zell genannt , ein kleines
Frauenkloster, Prämonstratenser Ordens bei Hausen im Württemberg.
O.A. Gerabronn. Die Zeit der Gründung ist unsicher, angeblich
durch Lupoid von Bebenburg 1338, sein Ende fand es im Bauern-
krieg. Der Ort heisst jetzt Klosterhof.
Urkunden haben sich im Würzburger Archiv keine erhalten.
*&^
Frauenrode,
Cistercienser Frauenkloster bei Kissingen, im J. 1231 von dem
Grafen Otto von Bodenlauben und seiner Gemahlin Beatrix gegründet
und in Folge seiner Zerstörung im Bauernkriege 1525 aufgehoben.
Aus diesem dreihundertjährigen Bestände haben sich 167 Urkunden
erhalten, allein aus dem 13. Jahrhundert 47, aus dem 14. : 77, aus dem
15.: 34 und aus dem 16. Jahrhundert 9, deren jüngste vom J. 1557 ist.
Auch ein sehr gutes Copialbuch ist erhalten aus dem J. 1587,
dem am Schlüsse ein älteres einverleibt ist. (No. 184.)
Die älteren Dokumente sind abgedruckt in L. Bechstein's
schönem Werke: Otto von Bodenlauben. Leipzig 1845. 4.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 29
Fraaenthal^
auch Marienthal, Cistercienser Frauenkloster am Steinachbache östlich
von Mer^entheim, eine Stunde von Creglingen im Württembergischen,
im J. 1232 durch die Grafen Godefried und Conrad von Hohenlohe-
Brauneck gegründet und durch die Bauern 1525 ganz zerstört und
nicht wieder hergestellt.
Eine Urkunde ist im Würzburger Archive noch übrig vom
J. 1232, worin B. Hermann den Stiftern die Pfarrei Münster (0. A.
Mergentheim) übergibt (fehlt in von Längs Regesten), abgedruckt
im Württembergischen ürkundenbuch. Im k. Staatsarchiv zu Stutt-
gart sind keine Urkunden über dieses Kloster vorhanden.
Vergleiche Wibel, über das Kloster Frauenthal, in Oetter,
Sammlung vei-schiedener Nachrichten. Erlangen. 1749 u. ff*. S. 193,
482, 629.
Oeorgenzell,
im Grund der Rosa, im Herzogthum Sachsen-Meiningen, ein Cister-
cienser Mönchskloster, um 1310 durch Berthold von Wildprecht-
rode gegründet, im Bauernkriege 1525 zerstört und von Henneberg-
Schleusingen 1531 säkularisirt.
Es ist keine Urkunde im Würzburger Archive mehr übrig.
Vergleiche Brückner, Landeskunde des Herzogthums Meiningen, I,
Seite 90 u. 91.
Oerlachsheini)
Prämonstratenser Kloster an der Tauber im Badischeii, für Nonnen
schon 1209 gegründet und Oberzell untergeben, im Bauernkriege
1525 so zerstört, dass der Bischof von Würzburg die Klostergüter
einzog, um nicht auch diese zu verlieren, und sie 1717 dem Orden
zurückstellte; seit 1724 war es dann ein Priorat und dauerte bis
zur Säkularisation, in deren Folge der Fürst von Salm-Bedburg
damit entschädigt wurde.
Urkunden sind keine mehr vorhanden, aber ein sehr gut um
1650 geschriebenes Copialbuch (No. 185), worin sich die Urkunden
von 1187 — 1540 finden. Im historischen Verein sind Klosterrech-
nungen von 1689 und 1708—9 und ein Catalogus defunctorum e
Canonia Cellae Bei Superioris et Gerlachsheim aus dem vorigen
Jahrhundert (M. S. o. 9).
Stumpf (Denkwürdigkeiten. 1804. Heft III. S. 59—77) Hess
zehn Urkunden des Klosters drucken.
30 Oontzen :
Gnadenthal,
Cistercienser Nonnenkloster, im Königreich Württemberg, um das
J. 1243 von Konrad von Krautheim und seiner Gemahlin Kunigunde
zuerst in Hohebach an der Jagst (0. A. Künzelsau) gegründet, aber
schon vor 1246 nach Gnadenthal, Vallis Gratiae, an der Biber (0. A.
Oehringen) verlegt, durch die Grafen von Hohenlohe reich dotirt,
unter der Aufsicht der Abtei Schönthal stehend, in Folge der
Reformation aufgehoben.
Erhalten haben sich an Urkunden aus dem 13. Jahrhundert
50 im fürstlichen Archiv zu Oehringen, 1 (1280, März 11) in Würz-
burg, aus dem 14.: 140 in Oehringen, aus dem 15.: 60 in Oehringen
und eine (1483) in Würzburg. Im k. Staatsarchive zu Stuttgart
finden sich keine Urkunden über dieses Kloster vor.
Dann ist noch in Oehringen ein Copialbuch; ein zweites, Papier-
handschrift, befindet sich im städtischen Archiv zu Hall.
Goldbach,
ein Pauliner Eremitenkloster, zum Städtchen Waidenburg, 0. A.
Oehringen im Königreich Württemberg gehörig, im J. 1380 von
Anna Landgräfin von Leuchtenberg, Wittwe des Grafen Kraft von
Hohenlohe, gegründet, mit der Reformation wieder aufgehoben.
Es war von Anfang an von geringer Bedeutung. Erhalten
hat sich in Oehringen eine Originalurkunde vom J. 1388, in Würz-
burg eine vom J. 1470. Die übrigen, aber in geringer Anzahl,
liegen in Waidenburg. Die Stiftungsurkunde fehlt. Auch im Staats-
archive zu Stuttgart ist keine Urkunde vorhanden.
Vergleiche Wibel, Hohenlohen. Kirchengeschichte I, 84. 11,
330, 335. III, 128. IV, 63. Ussermann, Ep. Wirc. p. 504.
GrünaU) Carthiluser-Kloster bei Wertheim,
Nova Cella genannt, um das J. 1328 gestiftet und bestanden bis 1626.
Es findet sich in Würzburg nur eine Urkunde vor vom J. 1336,
wodurch Bischof Otto die Pfarrei Eichel der neugegründeten Kart-
hause incorporirt.
Hall.
In Schwäbisch -Hall (Königreich Wdirttemberg) haben wir
erstens ein Franziskaner-Conventualen- oder Barfüsser- Kloster,
welches 1236 vom Abt Konrad von Komburg die S. Jakobskapelle
daselbst erhielt und bis zur Zeit der Reformation bestehen blieb.
Die Ilrkunden des Bisthums V/ürzburg. 31
Erhalteu haben sich an Original-Urkunden Ablass-, Gnaden-
und Freiheitsbriefen, Kauf-, Vertrags-, Uebergabs-, Bestand- und
Reversbriefen über des Klosters Zinsen, Gülten, Gefälle, auch Jahr-
tage aus dem 13. Jahrhundert 11 Stücke, aus dem 14.: 81, und aus
dem 15.: 47, welche sich jetzt im k. Staatsarchive zu Stuttgart be-
finden. Im Würzburger Archiv ist keine Urkunde mehr vorhanden.
Wir finden dort zweitens ein Haus der willigen armen
Schwestern oder Beguinen. Aus diesem Kloster sind noch übrig
im Stuttgarter Archiv an Stiftungs-, Uebergabs-, Wechsel-, Urtheils-,
Begnadigungs- und Erbbeständnissbriefen aus dem 14. Jahrhundert 21
und aus dem 15.: 20 Stücke, ferner ein Zinsregister aus dem 14. Jahr-
hundert.
Hansen,
Prämonstratenser-Frauenkloster, bei Kissingen; im J. 1161 von
Heinrich Grafen von Henneberg gegründet, im Bauernkriege 1525
und dann wieder im Grumbachischen Kriege 1565 ganz zerstört,
wurde es nicht wieder hergestellt, sondern die Einkünfte desselben
von Bischof Julius seiner Universität zugewiesen.
Vorhanden sind noch 27 Urkunden, eine aus dem J. 1161
(gedruckt bei Grebner II, 49 und Ussermann 45), eine aus dem 13.,
8 aus dem 14., 9 aus dem 15. Jahrhundert und die übrigen 8 später
bis 1567.
Ein Copialbuch findet sich nicht vor. Der historische Verein
hat die Klosterrechnungen aus mehreren Jahren des 17. Jahrhunderts.
(M. S. f.* 158).
Heidenfeld,
Propstei regulirter Chorherren unweit Schweinfurt, im J. 1060 vom
Markgrafen Hermann von Vohburg und seiner Gemalin Alberada
von Banz gegründet; 1525 im Bauernkrieg und 1631 von den
Schweden arg verwüstet, bestand sie blühend bis zur Säkularisation
1802. Ueber den Verlust ihrer Urkunden berichtet der letzte Probst
Mauritius Trapp: „Die Stiftungsbriefe und Originalien seien nicht
mehr vorhanden gewesen, denn Gustav Adolf von Schweden habe
die Abtei der Stadt Schweinfurt geschenkt und das Archiv sei mit
andern vorräthigen Sachen dahin abgeführt und in jener Zeit das
meiste verloren worden; einer seiner Vorfahren habe bei Mäcklern
daselbst verschiedene Schriften wieder aufgekauft; was noch vor-
handen gewesen, sei wegen verschiedener Feindesgefahr öfters ein-
32 Contzen:
und ausgepackt worden und in Unordnung gerathen und manches
hiebei zu Verlust gegangen."
An Urkunden sind jetzt nur acht vorhanden, davon zwei aus
dem 13. , zwei aus dem 14. , zwei aus dem 15. Jahrhundert und
zwei aus der folgenden Zeit, darunter die letzte vom 10. August
1805, die den A^erkauf des Klosters sammt allen dazu gehörigen
Realitäten an den General-Landes-Commissär Grafen von Thürheim
um die Summe von 102,500 Gulden betrifft.
' Ein Copialbuch (No. 186) hat nur die Briefe vom 15. Jahr-
hundert an und ist im 17. zusammengetragen. Im historischen
Verein ist ein Zinsbuch vom J. 1357, Perg. aufbewahrt und ein
Necrologium, oder vielmehr Anniversarienbuch, aus neuerer Zeit,
mit einem angehängten Verzeichniss der Pröbste (M. S. q. 77 u. f. 805).
Eine Geschichte des Klosters von Fr. Petri befindet sich in
Michael Kuen, collectio Scriptorum. Tom. IV. p. 207 und daraus
bei Ussermann p. 373 u. 374.
Ueidingsfeld.
Bischof Hermann gestattet, nach der Urkunde von 1237, die
Versetzung des S. Egidien-Convents daselbst auf einen bequemern
Platz und gibt ihm den Namen Paradies und die Kegeln des
hl. Benedict.
Wahrscheinlich in Folge der Verwüstungen im Bauernkriege
erlosch es allmählig, bestand wenigstens im J. 1571 nicht mehr,
und die Einkünfte Avurden zur fürstlichen Kammer gezogen. Die
Kirche mit vielen Grabmälorn war aber noch vor hundert Jahren
vorhanden. Jetzt hat sich auf der Stelle, wo einst das Benedictiner-
Convent adeliger Nonnen stand, seit dem J. 1855 ein Kloster der
armen Schulschwestorn mit einer Erziehungsanstalt erhoben.
Es sind nur noch 18 Urkunden vorhanden, 4 aus dem 13.,
3 aus dem 14., eine aus dem 15. und 10 aus dem 16. Jahrhundert
bis 1595, und an Büchern ein Zins-, Saal- und Ijehenbuch aus dem
J. 1528 (No. 187), dessen Verfasser auf die grosse Armuth der
Klosterfrauen hinw^eiset; ein zweites vom J. 1571, worin sich die
auf Befehl des B. Julius vom J. 1586 gefertigten Abschriften der
damals noch vorhandenen Urkunden befinden (Kasten 11, No. 148),
und ein drittes vom J. 1605 (No. 188).
Klosterrechnungen aus den Jahren 1593 — 1724 besitzt der
historische Verein (M. S. f.* 163).
Die Urkunden deK Bisthums Würzburj?. 33
Heilbronn.
Siehe Carmeliten-^löster.
Heiligrenthal,
Cistercienser-Frauenabtei bei Schwanfeld, (Bezirksamts Schweinfurt)
im J. 1234 gegründet, der Abtei Bildhausen unterordnet und im
J. 1564 erloschen; die Einkünfte verwandte B. Julius mit päpst-
licher Bewilligung für sein neugestiftetes Spital; die Klostergebäude
mit hübscher Kirche sind jetzt Privateigenthum.
An Urkunden sind noch 65 vorhanden und zwar 13 aus
dem 13., 38 aus dem 14., 8 aus dem 15. und 6 aus dem 16. Jahr-
hundert.
Ein Copialbuch hat sich nicht erhalten.
Aus den Urkunden schrieb Herr Professor Dr. Lippert eine
lesbare Geschichte des Klosters, aber ohne Regesten, im IV. Bande
des historischen Vereins, Heft 3. (1838). S. 39—53.
Uildbnrghauseii
erhielt im J. 1319 ein Collegiatstift mit zwölf Stiftsherrn und
Priestern an der Pfarrkirche daselbst, gestiftet durch den Grafen
Berthold YII. von Henneberg unter Bestätigung des Bischofs God-
fried von Würzburg.
Der Stiftungsbrief vom 28. Juli 1319 ist erhalten.
Himmelspforteiiy
Cistercienser-Frauenabtei am Maine bei Würzburg, gegründet durch
Bischof Hermann von Lobdeburg im J. 1231 zuerst in Himmelstadt
am Maine, dann 1250 an jenen Platz versetzt, wo sie bestand bis
zur Säkularisation im J. 1802. Die Gebäude, schöner Kreuzgang
und Kirche im deutschen Stil, dienten den aus Russland rückkehren-
den Truppen als Spital und sind jetzt ihrer ursprünglichen Be-
stimmung wiedergegeben, seitdem 1852 der Orden der Carme-
literinnen dieselben käuflich erworben hat.
Die Klosterfrauen hielten ihr Archiv in Ehren, die Urkunden
und besonders die Siegel sind gut erhalten; doch fehlten schon nach
dem amtlichen Berichte von 1804 bei Vergleichung mit den im
Copeibuch verzeichneten 43 Originale; vorhanden sind noch 558,
davon 94 dem 13., — die älteste ist der Stiftungsbrief vom J. 1231,
von Bischof Hermann ausgestellt, — 274 dem 14., 92 dem 15. Jahr-
Archivalisohe Zt^itschHft VIII. 3
34 Oontzen :
hundert, die übrigen 98 bis zum J. 1781 der folgenden Zeit an
gehören. .
Auch die Copialbücher befinden sich im besten Zustande: das
älteste (No. 189) in gross Folio enthält die Urkunden chronologisch
und mit den Originalen collationirt bis zum J. 1527 und ist auch
um diese Zeit, in der das Kloster viel im Bauernkriege zu leiden
hatte, geschrieben ; das zweite, ebenfalls vidimirte, hat die Urkunden
nach Ortschaften vertheilt und ist zu Ende des 16. Jahrhunderts
geschrieben, in zwei Bänden mit einem Nachtrag bis 1725 (No. 191
bis 193); ein kurzer Auszug aus letzterem gibt die Erwerbsgeschichte
des Klosters (No. 190).
Kleinere Sachen über Himmelspforten befinden sich im Besitze
des historischen Vereins. Ein Nekrologium, das noch zu Usser-
manns Zeiten vorhanden war, (Cfr. Ussermann, Ep. Wirceb. p. 372),
hat sich im Orginale nicht erhalten , befindet sich aber im Auszug
in der handschriftlichen Ebracher Chronik des Joseph Agrieola
Tom. III. pag. 218-249. (Siehe Ebrach). Zu einer urkundlichen
Darstellung ist bis jetzt auch nicht der Versuch gemacht worden.
Uohebach,
ist dasselbe wie Gnadenthal; siehe dieses.
Uohenfeld,
bei Kitzingen am Main. Hier soll, nach Stieber, ein Cistercienser-
Nonnenkloster auf der Höhe gestanden sein, und ein Mönchskloster
im Thale.
Ueberreste sind nicht mehr vorhanden; ebensowenig Urkunden.
limbach,
Karthause am Steigerwalde, Hortus Mariae genannt, im J. 1453 von
Balthasar Fehr von Bottig und seiner Gattin Magdalena von Vesten-
berg aus ihrer Burg gestiftet; im Bauernkriege zerstört und bald
wieder heigestellt, dauerte sie bis 1802.
Sie besitzt 154 Urkunden, davon 12 aus dem 14., die älteste
von 1328, 54 aus dem 15. Jahrhundert, die übrigen 88 aus der
folgenden Zeit.
Ein Copialbuch hat sich im Würzburger Archive nicht erhalten.
Eine Geschichte der Karthause schrieb nach einigen ihm zu-
gänglichen Hülfsmitteln G. Höfling im Archive des historischen
Vereins Band VI, Heft 3, S. 65-127. Mit eilf Urkunden.
Pie T^rkundon dos Bisthums Würzbiirp. 35
St« Johann unter Wildberg,
Cistercienser-Nonnenkloster unterhalb der Burg Wildberg, bei dem
Dorfe Sulzfeld, zwei Stunden von Königshofen im Grabfeld, angeblich
im Anfange des 13. Jahrhunderts gestiftet, in Folge der Zerstörung
durch den Bauernkrieg in der Mitte des 16. Jahrhunderts erloschen;
auf der Stelle desselben steht jetzt das Oekonomiegut Johanneshof.
Erhalten haben sich 22 Urkunden, davon 4 aus dem 14., 13
aus dem 15. und 5 aus dem 16. Jahrhundert; die älteste vom
J. 1303, Schenkung eines Zehnten durch Albert Kölner, die jüngste
vom J. 1555, Inventar über den Inhalt einer dem Kloster gehörigen
Truhe; dann ein Zinsbuch und Register über die zur fürstlichen
Kammer gezogenen Gefälle dieses Klosters nebst einigen historischen
Xotizen und Urkunden aus dem J. 1579 (Nr. 197).
I)iis Beste über dieses Kloster befindet sich in Rost, Königs-
hofen. Würzburg. 1832. S. 170 u. fiF.
Kitzingen,
Benedictinerinnon-Abtoi, um 745 gestiftet und 1544 durch die
Markgrafen von Ansbach, in deren Händen sich die Stadt Kitzingen
pfandweise befand, aufgehoben. Das Archiv, welches nach Plassen-
burg geschafft war, musste, als die Stadt 1629 von Würzburg wieder
eingelöset ward, in Folge eines kaiserlichen Hofrathsbeschlusses aus-
geliefert werden. Die Benedictinerinnen-Abtei wurde nicht wieder
hergestellt, dagegen errichtete Bischof Johann Gottfried im J. 1697
ein Ursuliner-Kloster für den Unterricht der weiblichen Jugend,
welches bis zum J. 1802 bestand, und von dem 10 Urkunden, die
jüngste von 1802, im Würzburger Archive erhalten sind.
Von der Benedictinerinnen-Abtei sind noch 222 Urkunden
übrig, 5 aus dem 11. Jahrhundert, — in der ältesten von 1007
schenkt K. Heinrich II. das Kloster der Bamberger Kirche, — 12 aus
dem 12., 19 aus dem 13., 41 aus dem 14., 121 aus dem 15. und
24 aus der folgenden Zeit; ferner ein kleines, schlecht erhaltenes
Copeibuch aus dem 14. Jahrhundert, welches fünf Urkunden aus
dem J. 1344 enthält (K. 124^ No. 137), ein Formularbuch in Betreff
der Eidesleistungen der Beamten des Klosters und der Rechte des-
selben in der Stadt Kitzingen aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts
(No. 199), das sogenannte Würzburgisch Buch, die Reformation und
Ordnung im Kloster betreffend, mit dem deshalb gepflogenen Brief-
wechsel aus den J. 1493—94 (No 200), die Saalbücher vom
3*
36 Contzen .
J. 1499 (No. 202), (das des Spitals z^u Kitzingen, No. 204^ ist aus
demselben Jahr), besonders das vom J. 1519 (No. 204), worin sich
von Blatt 196 an die Wappen der „Closterfrawen" befinden, „die ich
Margaretha Eptissin gebome Truchsessen von Baldersheim unther
meiner gehorsam gehabt hab, dieweil ich Eptissin gewesen bin,"
dann die Gült- und Zinsbticher von den Jahren 1489 (No. 198),
1514, 1534 (No. 204 ® 0- Interessant sind die Briefe der Äbtissin
Katherine von Fronhofen von 1524 — 31 zur Zeit des Bauernkrieges
(No. 204*) und die CoUectanea des Stadtschreibers zu Kitzingen
Paul Kücklein, in den ersten Decennien des 17. Jahrhunderts zu-
sammengeschrieben (No. 201). —
Die Urkunden über Kitzingsn von 1336 — 1628 enthält die
Schrift Acta in Sachen Würzburg contra Brandenburg: Ablösung
der Pfandschaft Kitzingen betreffend, 1629. Fol.
Unbedeutend ist Joh. Hesse historische Erzählung von dem
Kloster und der Stadt Kitzingen, in Pistorius, amoenitates historico-
juridicae. Frankfurt 1733. 4. Theil UI. No. 8.
Komburg,
als Benedictinerkloster 1078 gegründet, 1488 in ein ritterliches
Collegiatstift umgewandelt und 1802 aufgehoben.
Erhalten haben sich an Original -Urkunden, päpstlichen und
kaiserlichen Privilegien, Schutz- und Schirmbriefen, Mandaten,
Stiftungsbriefen, Verträgen mit benachbarten geistlichen und welt-
lichen Fürsten und Städten, kaiserlichen Lehensbriefen, Lehens-
reversen u. s. w. aus dem 13. Jahrhundert 41 Stücke im k. Staats-
archive in Stuttgart, aus dem 14.: 169 zu Stuttgart, 2 in Würzburg;
aus dem 15. Jahrhundert 279 in Stuttgart, 3 in Würzburg, wo sich
auch noch 16 spätere bis zum Jahre 1688 nebst der Copie einer
Urkunde von 1137 befinden. Im Stuttgarter Staatsarchiv sind femer
aufbewahrt eine Statutensammlung von 1489, dann 20 theils grössere
theils kleinere zum Theil aus mehreren Bänden bestehende Diplo-
matarien mit Urkunden vom 11. Jahrhundert an, ein Saalbuch aus
dem 15. Jahrhundert, ein Lagerbuch über die Gülten des Elosters
von 1478, mehrere Lehen- und Eidbücher, Vorladungen der Lehen-
leute zum Lehengericht u. A. Mencke gab in den Script, rer.
germ. Tom. I diplomata Chomburgensia , H. Bauer 12 andere in
der Zeitschrift für das württembergische Franken (1863) VI, 280.
Die Urkunden des Bisthums AVtirzburg. 37
Eine Bearbeitung der Kloster- und Ötiftsgeschichte fehlt; Bei-
träge lieferten : Prescher, Geschichte der Keichsgrafschaft Limburg I,
205. II, 375 u. flF. — Ussermann, Episc. Wirc. pag. 198—212. —
Staelin, württembergische Geschichte I, 591. II, 700.
Königsberg,
Augustiner Eremitenkloster, zwei Stunden von Hassfurt in der
Sachsen-Coburgischen Enklave gelegen, um die Mitte des 14. Jahr-
hunderts gegründet, von der Aglaien seh wester-Gesellschaft zur Stifts-
kirche gewählt, im Bauernkriege 1 525 zerstört, bei welcher Gelegen-
heit die Dokumente nach Coburg geflüchtet (nach Anderen aber
zerstört wurden), und bald darauf säkularisirt.
Eine Urkunde hat sich im Würzburger Archiv nicht erhalten,
im historischen Vereine eine vom J. 1536 (M. S. q. 94), die das Ein-
kommen des Klosters betrifft.
Cfr. Ussermann p. 505. — Schultes Coburgische I^andes-
geschichte S. 82. — Krause Hildburghausen. Landeshistor. Thl. lY.
S. 107 u. S,
Kreutzfeld,
jetzt Weiler; zum Pfarrdorf Schrozberg gehörig, württombergischen
(). A. Gerabronn, hatte ein Frauenkloster, welches durch Bischof
Hermann im J. 1253 mit dem Kloster Scheftersheim voreinigt wurde.
Urkunden aus der Zeit vor der Vereinigung haben sich
keine erhalten.
Kfimaeh,,
Cistercienserinnenkloster, (zwei Stunden nordöstlich von Würzburg),
von dessen Existenz noch eine einzige Originalurkunde vom J. 1291
Zeugniss gibt. Anfang und Ende dieser Stiftung sind unbekannt.
Lambacb,
Benedictiner-Abtei an der Traun, in Oesterreich ob der Enns, vom
Würzburger Bischof Adalbert auf dem väterlichen Erbe 1056 ge-
stiftet, mit dem fränkischen Hochstift in früherer Zeit vielfach in
Verbindung, bewahrt noch mehrere sehr gut erhaltene Würzburger
Urkunden auf, die im lA^. Bande des Urkundenbuchs des Landes
ob der Enns (1867) gedruckt sind. Die Abtei besteht noch.
Vergleiche Dr. P. Schmieder breve chronicon monasterü b.
Mariae virg. Lambacensis 1865. 8 und dessen Notizen zur älteren
38 Contzen:
Baugeschichte der Stiftskirche und des Klosters zu I^mbach mit
12 Holzschnitten. Wien 1866. 4. Vergleiche auch die vita Adal-
beronis und die Nekrologien.
Langenzenn,
Kloster von Eegular-Canonikern Augustiner Ordens, im Städtchen
dieses Namens an der Zenn, k. Bezirksamts Kadolzburg in Mittel-
franken, im J. 1409 diirch die Burggrafen Johann und Friedrich
von Nürnberg gegründet und 1527 von ihren Nachkommen säkularisirt.
Im k. Archive zu Bamberg sind 317 Urkunden aufbewahrt,
davon 235 aus dem 15. Jahrhundert, 80 aus der folgenden Zeit und
zwei ohne Datum ; im k. Archive zu Nürnberg 55 Urkunden, wovon
34 dem 15. und 21 dem 16. Jahrhundert angehören; dann ein
Nekrologium und zwei Saalbücher aus dem 16. Jahrhundert. Im
k. Archive zu Würzburg ist nur eine Urkunde aus dem J. 1418
vorhanden. Yergl. Ussermann p. 484.
Laufen,
am Nekar im Königreich Württemberg, 0. A. Besigheim, Bene-
dictiner Nonnenkloster, im J. 1003 vom Bischof Heinrich von Würz-
burg gestiftet, durch die Reformation aufgehoben, nachdem es seit
der Mitte des 13. Jahrhunderts Dominikanerinnen und seit 1466
die Prämonstratenserinnen von Adelberg innegehabt.
An Urkunden haben sich erhalten im k. Staatsarchive zu
StuttgiU't aus dem 13. Jahrhundert 10 Stücke, aus dem 14.: 35 und
aus dem 15.: 39 Stücke; im Archive zu Würz bürg ein Revers
von 1477.
Lichtenstern^
Cisterzienser-Nonnenkloster, im Königreich Württemberg zum Städt-
chen Löwenstein gehörig, 0. A. Weinsberg, am Ursprünge der Sulm
in einem hübschen Waldthale gelegen, gestiftet im J. 1242 durch
Liütgardis, Wittwe Engelhards von Weiusberg, geborne von Limpurg.
Bischof Hermann bestätigte 1243 die Stiftung und gab ihr den
Namen Praeclara Stella, sonst gewöhnlich Clara Stella genannt. A^'ou
den Bauern 1525 zerstört und dann 1554 gewaltsam aufgehoben,
dient es jetzt zu einer Kinderrettungs- und Bildungsanstalt für frei-
willige Armenschullehrer.
Erhalten haben sich an Urkunden im k. Staatsarchive zu
Stuttgart aus dem 13. Jahrhundert 5 Stück, aus dem 14.: 8 und
Die Urkunden des Bisthuras Wtirzburg. 39
aus dem 15.: 17 Stück. Im Würzburger Archiv ist keine vorhanden.
Mone theilte in seiner Zeitschrift XI, 344 — 68 15 Urkunden mit.
Vergl. Ussermann, Ep. Wirc. p. 470. — Staelin, Wirtt.
Gesch. II, 723. Eine üebersicht der Geschichte gibt das Schriftchen
von Chr. Eichen hofer, Lichtenstern als Frauenkloster, Oberamtei
und Anstalt. Heilbronn 1867. 12.
Lochgarden,
Prämonstratenser Frauenstift, im Königreich Württemberg, heut zu
Tage Louisgarde im 0. A. Mergentheim, gestiftet im J. 1144 von
zwei Lorcher Chorherrn, Constantin und Giselbert, und bereits im
14. Jahrhundert dem nahegelegenen Kloster Scheftersheim einver-
leibt. Weder im Würzburger noch iin Stuttgarter Archive ist eine
Urkunde über dieses Kloster vorhanden.
Maidbrnnn^ Föns S. Mariae,
Cisterzienser-Frauenabtei, bei Rimpar, zwei Stunden von Würzburg,
im J. 1232 von Bischof Hermann gestiftet, im Bauernkriege 1525 zer-
stört und nicht wieder hergestellt; die Einkünfte sind dem Julius-
spitale zugewiesen. Die kleine Klosterkirche birgt noch jetzt ein
Kunstwerk von grossem Werth, die Grablegung Christi von Tile-
mann Riemenschneider.
Von Urkunden haben sich 71 erhalten, 17 aus dem 13., darunter
die Stiftungsurkunde in drei Exemplaren, 18 aus dem 14., 9 aus
dem 15. Jahrhundert und 27 aus der folgenden Zeit. Ein vidimirtes
Copialbuch in zwei Foliobänden verdanken wir der Regierung des
Bischofs Julius (No. 211 und 212). Fünf Urkunden gab Stumpf
heraus in den Denkwürdigkeiten (1802). Heft 1. S. 86-97.
Mariaburghauseii)
Cisterzienser-Frauenabtei, am Maine gegenüber von Hassfurt, ge-
gründet 1237 und, nachdem es durch die Stürme des 16. Jahr-
hunderts verödet worden, im J. 1582 von Bischof Julius eingezogen
und ihre Einkünfte der neugegründeten Universität zugewiesen.
Die guterhaltene Klosterkirche sehenswerth.
Uebrig sind noch 189 Urkunden, davon 48 aus dem 13., 90
aus dem 14., 31 aus dem 15. Jahrhundert, 18 aus dem 16. bis 1554
und zwei spätere.
40 Contzcn :
Wichtig sind die erhaltenen zwei Copeibücher, beide in der
Registratur des Verwaltungsauschusses der k. Universität, das eine
aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, aus 38 Pergamentblättern
bestehend, wovon der historische Verein eine durch den Historiker
Johannes verfertigte sehr uncorrecte Abschrift besitzt, umfasst 168
Urkunden (70 aus dem 13., 88 aus dem 14. und 10 aus dem 15. Jahr-
hundert), welche topographisch geordnet sind; das zweite, auf Befehl
des Bischof Julius geschrieben und durch seinen Oberregistrator
Mag. Martin Zink 1586 mit den Originalien collationirt , umfasst
dagegen 253 Urkunden (76 aus dem 13., 116 aus dem 14., 43 aus
dem 15. und 18 aus dem 16. Jahrhundert), darunter 42 von Würz-
burger Bischöfen. Hier ist die chronologische Ordnung strenge
durchgeführt. *
Geschichten des Klosters veröffentlichten: Ja eger (1836) im DJ.
und eine bessere J. Denzinger (1850) im X. Bande des Archivs
des historischen Vereins zu Würzburg.
Die Bearbeitung der Kegesten wäre auch hier sehr
wünschenswerth.
Mariencapell.
Siehe Carmelitenklöster.
Marienthal
ist dasselbe mit Frauenthal; siehe dieses.
Marxerkloster zu Würzburg,
oder das Kloster der Dominikanerinnen ad S. Marcum. Erst dem
Augustinerorden angehörig wurden die Klosterfrauen durch eine
Bulle P. Innocenz IV. vom J. 1245 ermächtigt, in den neugegründeten
Orden des hl. Dominikus einzutreten. Sie zählten zu Mitschwestern
Angehörige der höchsten Stände; so lebte hier die Wittwe König
Heinrichs VIT., Margaretha, nach dem Tode ihres Gemahls 1242 bis
zu ihrer zweiten unglücklichen Vermählung mit König Ottokar von
Böhmen im J. 1252, so die Wittwe Otto's von Bodenlauben, Adelheid
von Hildenburg, und Andere. Das Kloster bestand bis zur Säkula-
risation im J. 1802 und ist jetzt zu Privat Wohnungen verwendet.
Im Ganzen haben wir nur 37 Urkunden übrig, die älteste ist
vom 1. Mai 1244, worin Bischof Hermann auf Fürbitte dominae
nunc sororis Margaretae, quondam Romanonun reginae illustris,
Die Urkunden des Bisthnms AVürzburg. 41
quae in paupertate elegit Domino faraulari, das Kloster in seinen
Schutz nimmt; von den übrigen sind 5 aus dem 13., 3 aus dem 14..
2 aus dem 15. Jahrhundert und 26 aus späterer Zeit. Die geringe
Anzahl der erhaltenen Urkunden erklärt sich aus dem Umstände,
dass bei dem zweimaligen Brande des Klosters in den J. 1638 und
1644 viele Diplome zu Grunde gingen.
Einigen Ersatz liefert ein deutlich geschriebenes Copialbuch:
Vidimirte Copien der Originalien über die Brieff und Gerechtig-
keitten des Closters zu Sanct Marx, Predigerordens zu Würzburg,
abgeschrieben und vidimirt Anno 1594 (Xo. 209). Die deutschen
Urkunden darin sind von einer Klosterschwester Sabina Barbara
Lutz abgeschrieben und von dem kaiserlichen Notar Erasmus
Lamprecht vidimirt worden. •
Ausserdem sind noch vorhanden einige Lehenbücher über die
Grundzinsen des Klosters aus den Jahren 1466, 1474, 1479 und
1586 (No. 205 — 8) und im historischen Verein ein Hausbuch nebst
den Rechnungen aus den Jahren 1676—81 (M. S. q. 57 u. f. 276).
Meokmühl,
oder Möckraühl, am Einfluss der Seckach in die Jaxt, in Württem-
berg, im 0. A. Xeckarsulra, ein Chorherrnstift, im J. 1379 durch die
Grafen Kraft und Gottfried von Hohenlohe gegründet und vom
Bischof Gerhard am 8. August desselben Jahres bestätigt.
Erhalten haben sich an Stiftungsbriefen und Confirmationen
von Stiftungen, an Kauf-, Lehens-, Uebergabsbriefen, an Verträgen
u. s. w. aus dem 14. Jahrhundert 4 und aus dem 15. 70 Urkunden
im k. Staatsarchiv zu Stuttgart; daselbst ferner ein Statutenbuch
des Stifts von 1484, ein Zinsbuch von 1499 und eine Copiensammlung
aus dem 16. Jahrhundert mit Abschriften von Urkunden aus diesem
und dem 15. Jahrhundert.
Meiningen.
Hier ward 1239 ein Franziskanerkloster gestiftet, das bis zur
Reformation bestand und 1543 aufgehoben wurde.
Urkunden davon finden sich im Würzburger Archive nicht vor.
Mergentheim , an der Tauber,
im Königreich Württemberg, früher Sitz der Hochmeister des deut-
schen Ordens, mit einem vorzüglichen Archive, das sich seit dem
J. 1868 in Ludwigsburg befindet. Es hatte auch seit dem J. 1273
42 Contzen :
ein Uominikanorkloster , wovon sich nur noch aus dem 14. Jahr-
hundert zwei und aus dorn 15. eine Urkunde im k. Staatsarchive
zu Stuttgart erhalten haben.
Miohelfeld,
Prämonstratenser-Nonnenkloster, bei Kitzingen, im J. 1261 gegründet
und 1305 von den Nonnen verlassen, die nach Tückelbausen über-
siedelten.
Keine Urkunde hat sich erhalten.
Mistlan,
Benedictiuer-Nonnenkloster, zum Pfarrort Gaggstadt, 0. A. Gerabronn
im Königreich Württemberg, gehörig, im J. 1282 von Elisabeth Ge-
mahlin des Grafen Godfried von Hohenlohe gestiftet und wegen
Mittellosigkeit 1479 mit Comburg vereinigt.
Urkunden haben sich keine erhalten. Cfr. Uss ermann p. 459.
Mönchanrach, an der Aurach,
k. Bezirksamts Höchstadt in Oberfranken , Benedictinerabtei,
gestiftet um 1110 von Goswdn Grafen von Höchstadt, Vater des
Pfalzgrafen Hermann, im Bauernkriege zerstört und von dem Mark-
grafen von Ansbach eingezogen.
Uebrig sind im k. Archiv zu Bamberg 48 Urkunden, davon
39 aus dem 15. Jahrhundert, 9 aus der folgenden Zeit; im k. Archive
zu Würzburg zwei Urkunden von 1156 und 1457, die erste bei
Ussermann Cod. prob. no. XL. gedruckt
Im k. Archive zu Nürnberg findet sich ein Copialbuch mit
den Urkunden aus der Zeit von 1480 bis 1624.
Vergleiche G. L. Lohnes, Geschichte von Mönchaurach. Neu-
stadt 1837.
Mönchröden,
Benedictiner -Abtei, zwischen Coburg und Neustadt au der Heide, im
J. 1148 gegründet, von den Bauern 1525 zerstört und nicht wieder
hergestellt.
Nichts hierüber vorhanden. Die Urkunden in Schöttgcu
und Kreysig diplomat Tom. III. — Cfr. Schultes, Henne-
berg. Gesch. I, 238. 255 und dessen Coburg. Landesgesch. des
Mittelalters 1814. S. 79.
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 43
MönchsteiBach,
Benedictiner-Abtei, im k. Bezirksamt Neustadt an der Aiscli in
Mittelfranken, im J. 1102 gestiftet von Albrecht von Steinach und
seiner Gemahlin Adelheid von Burleswag, im Bauernkriege geplündert
und 1529 säkularisirt von dem Markgrafen Georg dem Frommen.
Erhalten haben sich im k. Archive zu Bamberg 11 Urkunden, davon
3 aus dem 15. Jahrhundert und 8 aus der folgenden Zeit; im
Archive zu Würzburg zwei Urkunden aus den J. 1345 und 1353.
Yergl. Ussermann 1. c. pag. 423 und G. L. Lehnos,
Geschichtliche Nachrichten von den Orten und Klöstern Riedfeld,
Mönchsteinach und Birkenfeld. Neustadt a/A. Lief. II. S. 100—116.
Moäbaeh,
an der Einmündung des engen Thals der Elzbach in das schöne
Xeckarthal, Reichspfandschaft, dann im Besitze der Pfalzgrafen und von
1410—1499 fürstliche Residenz, jetzt badische Amtsstadt, hatte eine
schon 976 urkundlich (im Diplome König Otto's IL bei Ussermann
Ep. Wirc. cod. prob. pag. 118) erwähnte Benedictiner-Abtei, die seit dem
Anfange des 13. Jahrhunderts als CoUegiatstift erscheint, welches
1258 dem Bischöfe zu Würzburg das Recht überträgt, einen Probst
aus seinem Domcapitel nach Mosbach zu setzen. Es wurde durcli
den Kurfürsten Friedrich lll. von der Pfalz 1564 aufgehoben.
Die Urkunden sind zerstreut; was sich erhalten hat, befindet
sich theils im städtischen Archiv auf dem Rathhause zu Mosbach,
wo auch das Copeibuch des Stifts (jedoch ohne ältere Urkunden
vor dem 14. Jahrhundert) aufbewahrt ist, theils im Generallandes-
Archiv zu Carlsruhe, theils im Archive zu Würzburg ; letzteres hat
noch zwei Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, 2 aus dem 14.,
3 aus dem 15. und 10 aus der spätem Zeit.
Die beiden ersteren Archive sind benutzt in der Schrift: Die
Stadt Mosbach, historisch, topographisch und statistisch geschildert
von H. Wirth, Heidelberg, 1864, 8., wodurch die ältere ohnehin
unbedeutende Literatur: J. H. Andreae, Mosbacum illustratum s. 1.
1771. 4. 28 pag. - Widder, Beschreib, der Pfalz II, 76 u. ff. —
Ussermann, Ep. Wirc. p. 264 imd 441 überflüssig geworden ist.
Münnerstadt«
Siehe Deutscher Orden und Augustinerklöster.
44 Contzen :
Murrhardt,
im Königreich Württemberg, 0. A. Backnang, Benedictinerkloster,
schon zur Zeit der Karolinger gestiftet, 1509 in ein Chorherrnstift
verwandelt, 1534 durch Herzog Ulrich eingezogen und seit 1552
mit protestantischen Aebten besetzt.
Im k. Staatsarchiv zu Stuttgart befinden sich noch aus dem
14. Jahrhundert 3 und aus dem 15.: 13 Originalurkunden, dann das
sog. rothe Buch des Klosters Murrhardt oder Beschreibung
desselben " und seines Einkommens von dem Abt Johann Hummel
aus dem J. 1600.
Im Würzburger Archiv befanden sich zwei Urkunden von 1475
und 1520 und mehrere Aktenstücke, die Reformation des Klosters
und die Wahl des letzten katholischen Abtes betreffend von 1500
bis 1552, die jetzt an Württemberg abgegeben sind.
Die Urkunde von 1509 über die Verwandlung des Klosters
in ein Collegiatstift in Mone, Zeitschrift XI, 368.
Vergl. Staelin, wirt. Gesch. I, 370. 592. II, 691.
Neustadt, am Maine,
die älteste Ben edictiner- Abtei Frankens, im J. 783 gegründet und
durch die Säkularisation aufgehoben; die Besitzungen wurden der
jüngeren Linie des Hauses Löwenstein -Wertheim durch den Reichs-
deputations-Hauptschluss zugewiesen.
Im k. Archive zu Würzburg befinden sich noch 12 Urkunden,
eine aus dem 14., eine aus dem 15. Jahrhundert, die anderen aus
der folgenden Zeit bis 1794; die übrigen Urkunden sind jetzt im
fürstlichen Archive zu Wertheim. Die ältesten Stiftungs- und Do-
tationsurkunden sind unzuverlässig. Siehe Ussermann, Ep. Wirc.
p. 325 und zuletzt Klub er, diplomatische Prüfung zweier Stiftungs-
und Ausstatungs-Urkunden, welche Kaiser Karl der Grosse in den
Jahren 794 und 812 dem Benedictinerkloster Neustadt am Main
ertheilt haben soll, in dessen Abhandlungen und Beobachtungen für
Geschichtskunde, Staats- und Rechtswissenschaft. Frankfurt 1834.
Band H, S. 3t0. Sie waren die Ursache der Irrungen zwischen
den Bischöfen von Würzburg und den Aebten, die dahin führten,
dass Bischof Friedrich 1558 alle Kloster-Urkunden seinem Archive
einverleiben und Bischof Adam Friedrich, als das Kloster zur
Führung eines Prozesses am Reichskammergericht innerhalb seiner
Mauern die Xeustadter Deduction gegen Würzburg hatte drucken
Die Urkunden des BiHthums Wtirzburg. 45
lassen, im J. 1766 die Pressen gewaltsam aus demselben abholen
Hess. Ausser dieser Ausgabe der Urkunden haben wir zwei Copial-
bücher, eines unter Bischof Julius 1586 geschrieben, (No. 213), das
andere unter Bischof Johann Gottfried 1690 durch Balthasar Wigandt,
öffentlicher Notar, verfasst (No. 214); in beiden ist die Abschrift
der einzelnen Urkunden beglaubigt.
Einige Urkunden gibt Mone, Zeitschrift 4., 406 u. ff.
Eine gute lesbare Monographie von J. A. Kraus, die Bene-
dictiner- Abtei Neustadt am Main. Würzburg. 1856. Derselbe Ver-
fasser machte schon 1847 zuerst auf die zum Kloster gehörige
Probstei Einsied el aufmerksam, die 1264 gestiftet bis 1485 be-
stand, in der Abhandlung: Urkundliche Nachrichten über das Kloster
Einsiedel im Spessart, im Archive des historischen Vereins Band IX.
Heft 3. SS. 122—139. Mit sieben Urkunden.
Neustadt an der Saale.
Siehe Carmelitenklöster.
Neustadt an der Aisch oder Riedfeld.
Hier wurde 1459 ein Pranziskanerkloster von den Markgrafen
Johann und Albrecht von Brandenburg errichtet, das im Bauern-
kriege zerstört und nicht wieder hergestellt ward.
Urkunden darüber sind im Würzburger Archive keine vor-
handen. Vergl. Riedfeld.
Oehringreii)
CoUegiatstift, gegründet 1037. Die Fundationsurkunde ist oft ge-
druckt, zuletzt im württembergischen Urkundenbuch I, 163; ein
Facsimile derselben befindet sich bei Hanselmann, diplom.
Beweis der Hohenloh. Landeshoheit I, 581; aufgehoben wurde
es 1545.
An Urkunden haben sich erhalten aus dem 11. Jahrhundert
1 (1037) im fürstlichen Archive zu Oehringen, aus dem 12. Jahr-
hundert 1 zu Oehringen, aus dem 13.: 5 daselbst, aus dem 14.
ungefähr 140 zu Oehringen, 2 zu Würzburg, aus dem 15. eine
grosse Anzahl in Oehringen , 4 in Würzburg , 1 in Stuttgart ;
aus der folgenden Zeit noch eine Menge in Oehringen, 3 (bis 1630)
in Würzburg.
Literatur: Wibel, I, 45 und II, 134—162, wo ein Necro-
logium oder Calendarium mortuorum aus dem 15. Jahrhundert,
4G Contzen:
wichtig für die Hohenlohesche Geschichte, abgedruckt ist, das sich noch
unter dem Titel: Obleybuch des Stifts Oehringen, im fürstlichen
Archiv daselbst befindet. — Yergl. die Nekrologien. — Usser-
mann, Ep. Wirc. 256 — 63. — Staelin, wirtembergische Geschichte
II, 743. — Aeltere Geschichte der Stadt und des CoUegiatstifts
Oehringen von Fromm und Bauer, in der Zeitschrift für das
wirtembergische Franken. Jahrgang 1850 S. 8—39. — Geschichte
und Beschreibung der Stiftskirche zu Oehringen von Jos. Albrecht.
Mit einem Grundriss. Oehringen 1837. Dazu Bauer, die Stifts-
kirche zu Oehringen und ihre Antiquitäten, in der genannten Zeit-
schrift Y, 2 (1860), S. 266-83.
Rassdorf,
CoUegiatstift, wovon sich eine Urkunde vom 8. Dezember 1345 im
Archive zu Würzburg erhalten hat.
Renerinnenkloster zu Wttraburg,
ad S. Mariam Magdalenam, Cisterzienser Ordens, im J. 1227 ge-
stiftet, 1286 erneuert und im 16. Jahrhundert erloschen. Bischof
Philipp Adolf übergab die leeren Gebäude 1627 den unbeschuhten
Carmeliten, die davon den Namen Reuerer tragen; Johann Philipp
von Schönborn liess ihnen 1662 eine neue Kirche erbauen. Das
Kloster besteht noch. Yon dem ehemaligen Magdalenkloster sind
noch 41 Urkunden da, 13 aus dem 13., 14 aus dem 14., 11 aus
dem 15. Jahrhundert und 3 aus der folgenden Zeit bis 1540, ferner
ein Lehen-, Zins- und Gültbuch aus dem J. 1502 (No. 262*^ ). Auch
der historische Yerein besitzt eine das Kloster betreffende Sammlung
von Urkunden. (M. S. f. 164).
Yergl. Seidner, urkundliche Nachricht von dem ehe-
maligen Frauenkloster der s. g. Reuerinnen ad S. Magdalenam
zu Würzburg, mit 2 Urkunden von 1286 und 1327, in der Zeit-
schrift für Bayern, II, 5. Mai 1817. S. 217-237.
Riedfeld,
gegenüber dem Städtchen Neustadt an der Aisch in Mittelfranken.
Das hier im J. 1459 von den Burggrafen Johann und Albrecht
gegründete Franziskanerkloster ward im Bauernkriege zerstört und
auf dessen Stelle 1584 die Gottesackerkirche der genannten Gemeinde
Die Urkunden des Bisthuins Wttrzburg:. 47
errichtet. Was sich erhalten hat, ist gesammelt von Ussermaun,
1. c. pag. 510 und von G. L. Lehnes, Geschichthche Nachrichten
von den Orten und ehemaligen Klöstern Riedfeld, Münchsteinacii
und Birkenfeld; Neustadt a/A. 1833, Lief. I. S. 69—96.
Römhild,
früher gräflich-fürstliche, dann herzogliche Residenz und Hauptstadt
des gleichnamigen Landes, jetzt Amtsstadt im Herzogthum Sachsen-
Meiningen, hatte ein vom Grafen Georg von Henneberg 1450 ge-
gründetes Collegiatstift mit einem Dechant und zwölf Chorherrn,
das zur Zeit der Reformation eingezogen, die schöne Kirche in die
Pfarrkirche verwandelt wurde.
Im Archive zu Würzburg sind noch drei Urkunden aus den
Jahren 1454, 1462 und 1470 übrig; die sonst erhaltenen werden
sich im Gesammtarchiv zu Meiningen befinden.
Scheftersheim,
an der Tauber bei Weikersheim im Königreich Württemberg, ein
Prämonstratenser-Frauenkloster, gegründet 1162 von Friedrich von
Rotenburg, Sohn Kaiser Conrad'« HL, im Bauernkriege 1525 zerstört,
von den Grafen von Hohenlohe dann eingezogen, in Folge des
Restitutionsedictes vom J. 1629 durch den Abt von Kloster Zell,
dem es untergeben war, wieder hergestellt, jedoch durch den west-
phälischen Frieden den Hohenlohern wieder zugesprochen.
Erhalten haben sich noch aus dem 12. Jahrhundert sechs
Urkunden im fürstlichen Archive zu Oehringen, aus dem 13.: 25 zu
Oehringen, eine in Stuttgart (päbstliche Bulle), aus dem 14.: 75 in
Oehringen, drei in Stuttgart und drei in Würzburg, aus dem 15.:
30 in Oehringen, zwei in Würzburg, wo sich noch eine aus dem
16. Jahrhundert, dann die Akten der Wiederherstellung aus dem
J. 1630—43 (No. 215) befinden.
Viele Urkunden über Scheftersheim und die übrigen Hohen-
lohischen Klöster sind bei Hanselmann Hohenloh. Landeshoheit,
und bei Wibel, Hohenloh. Kirchengeschichte, abgedruckt.
Copialbücher existiren nicht mehr.
Schlüehtem oder Solitaria,
in der obern Grafschaft Hanau, im späteren Kurfürstenthum Hessen
gelegen, Benedictiner-Abtei, vor 817 gegründet und 1543 säkularisirt.
48 C'Ontzen :
Im Würzburger Archiv sind noch vorhanden 27 Original-
urkunden aus dem 14. und 15. Jahrhundert und eine vom J. 1648;
dann mehrere Copien.
Vergl. Geschichte der Abtei von S. E. Bernstein in der
Zeitschrift Buchonia von J. Schneider. III. Band, 1. Heft,
(1830) S. 164 u. ff.
Sehmalkalden.
1. Ein Augustiner-Eremiten-Kloster, dessen Gründung
einem Dynasten von Frankenberg zugeschrieben wird und dessen
Schirm vogtei die Grafen von Henneberg besassen. Die Zeit der
Errichtung unbekannt, es bestand aber schon 1205, wurde 1525 im
Bauernkriege ausgeraubt und 1548 von. den gemeinschaftlichen
Ijandesherrn von Hessen und Henneberg säkularisirt.
Im k. Archiv ist kein Dokument über jenes Kloster vorhanden.
2. Ein CoUegiat Stift, gegründet am I.Februar 1319
durch den Grafen Berthold VII. von Henneberg für zwölf Canoniker
mit einem Dekan als Vorsteher und, nachdem die Landgrafen von
Hessen durch den Spruch eines Austrägalgerichts 1498 von der
Schirmvogtei ausgeschlossen waren, durch den Grafen Georg Ernst
von Henneberg 1545 aufgehoben.
Im k. Archive hat sich nur eine Urkunde vom J. 1389 erhalten.
Mehrere Stiftsurkunden sind abgedruckt in: Wein r ich s, Henneberg.
Kirchenstaat S. 74 u. K Cfr. Ussermann p. 264—66.
Eine Arbeit nach den Quellen über beide Anstalten ist nicht
vorhanden.
Schönan,
an der Saale, unweit von Gemünden, Cisterzienser-Frauenkloster,
im J. 1189 durch Friedrich von Hesler gegründet und nach den
Stürmen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts endlich 1564
aufgelöst. Kirche und das zerstörte Kloster wurden 1699 den
Franziskaner-Conventualen überlassen, welche beide wiederherstellten
und noch besitzen.
Eine Reihe gut erhaltener Urkunden ist noch vorhanden, 154
an der Zahl, ausser der Copie einer deutschen Uebersetzung des
Stiftungsbriefes vier aus dem 12., 23 aus dem 13., 97 aus dem
14. Jahrhundert, die übrigen 30 aus der folgenden Zeit bis 1504,
in welchem Aebtissin und Priorin ihr Kloster sammt Rechten imd
Gütern gegen ein Leibgeding übergeben , welches ihnen im Kloster
Die Urkunden des Bisthuras Würzburg. 49
Paradies zu Heidingsfeld angewiesen wurde. Sie erhielten ihr
Kloster aber noch einmal zurück , wie aus einem Zins- und Gefalls-
buch (No. 216) erhellt, das auf Befehl der Aebtissin Cecilia
von Königsfeld durch Johann Grefif Capellan im J. 1518 ge-
schrieben wurde.
Ein zweites Zinsbuch (No. 217) Hess Bischof Julius durch Hans
Kind mit grosser Genauigkeit im J. 1586 anfertigen.
Mehrere Urkunden des Klosters sind gedruckt bei Gudenus,
cod. diplom. T. V, p. 352 u. fT. und neun in Stumpfs Denk-
würdigkeiten (1804) Heft m, S. 78-94. Auf ihnen beruht die
Geschichte des Klosters von F. N. Wolf im Archive des historischen
Vereins Bd. IV, Heft 3, S. 54—71.
Hcbi^nrein,
Benedictiner-Priorat, am Main, unweit Gemünden, im J. 1093 durch
Wilhelm, Abt von Hirschau, gegründet, durch den Bauernkrieg
1525 zerstört und als Kloster nicht wieder hergestellt.
Vorhanden nur noch drei Urkunden aus dem 15. Jahrhundert
und eine aus dem 17. Gedruckt sind mehrere bei Gudenus
1. c. T. V, p. 344 ff. Cfr. IJs s er m a n n p. 439.
SchOnthal, Speciosa Vallis,
Cisterzienser -Abtei, an der Jagst, jetzt zum k. Württemberg. Ober-
amt Künzelsau gehörig, im J. 1157 von Wolfram von Bebenburg
gegründet und 1802 von Württemberg aufgehoben und in ein
protestantisches Seminar verwandelt.
Erhalten haben sich an Original-Urkunden aus dem 12. Jahr-
hundert eine im Archive zu Würzburg (1171), aus dem 13.: 102 im
Staatsarchive zu Stuttgart und zwei in Würzburg, aus dem 14. : 320
in Stuttgart und vier in Würzburg, aus dem 15. : 339 in Stuttgart
und eine in Würzburg , wo sich auch noch acht aus der späteren
Zeit bis 1738 vorfinden.
Im Stuttgarter Staatsarchive sind dann ferner vorhanden:
Verzeichnisse der Aebte und Conventualen , Annalen des Klosters,
eine Chronik desselben mit Notizen vom 12. Jahrhundert an, drei
Lagerbücher aus dem Ende des 15. Jahrhunderts und zwölf zum
Theil aus mehreren Bänden bestehende Diplomatarien, welche eben-
falls Urkunden vom 12. Jahrhundert an enthalten.
Archivallsche Zeitschrift VlII. 4
50 Contzcn :
Hülfsmittel zur Geschichte: Krem er Bai-th. , Chronicon
Schoenthalense, Handschrift der k. öffentlichen Bibliothek in Stutt-
gart, Histor. fol. Xo. 422. — Schön huth Otm., Chronik des
Klosters Schönthal. Mergentheiin 1850. 12. Hierin ist die Zunahme
der Besitzungen anschaulich beschrieben. Einige Urkunden liess
der Verfasser abdrucken in der Zeitschrift des histor. Vereins für
das Württemberg. Franken. IH., 1 (1853), S. 81—85.
Schottenkloster zu Würzburg,
ad S. Jacobum, Beuedictiner-Ordens, vom B. Embricho im J. 1138
errichtet; seine berühmtesten Aebte sind der hl. Makarius 1139—53
und Johann von Trittenheini 1506 — 1516; aufgelöset im J. 1802; das
Kloster ist zum Militär-Lazareth , die Kirche, in Basilikenform, zu
einem Drittel zum Gottesdienst und zu zwei Dritteln zu einer
Wagenremise eingerichtet.
Vorhanden sind 138 gut erhaltene Urkunden, wovon 25 dem 12.,
die älteste ist der bestrittene Fundationsbrief vom J. 1140 durch
Bischof Embricho, 35 dem 13., 28 dem 14, 12 dem 15. und 38 der
späteren Zeit angehören.
Ein Copeibuch, unter der Regierung des Bischofs Julius 1587
angelegt, umfasst die collationirten Urkunden von 1140 an und
fortgesetzt bis zur letzten, im J. 1798 errichteten, worin die Gattin
meines Lehrers, des Professors Bodde in Münster, für Lesung einer
ewigen Messe dem Kloster noch eine Siimme von 8000 fl. über-
gibt (No. 195).
Von den drei Gült- und Zinsbüchern aus den J. 1482, 1479
und 1560 (No. 194, 196 und 196J-) enthält das zweite Aufzeichnungen
von der Hand des Trithemius.
Die übrigen Quellen gibt auf erster Seite die sehr gut ge-
schriebene Geschichte des Schottenklosters von Dr. Mich. Wjeland
im 16. Bande des Archivs des histor. Vereins 1864.
Sohwarzaeh,
Benedictiner -Abtei , früher Frauenkloster mit Aebtissinnen aus der
karolingischen Familie, im achten Jahrhundert gegründet, im Bauern-
kriege 1525 durch Brand zerstört, wobei das ganze Klosterarchiv
vernichtet wurde, und 1802 aufgehoben.
Die schöne Kirche, die Zierde der Gegend, wurde in letzterer
Zeit abgebrochen, das Kloster zu einer Fabrik eingerichtet.
Die li'^rkunden des Bisthiims Würzburg. 51
An Quellenmaterial ist wenig vorhanden; im Ganzen sind
noch 33 Urkunden übrig, davon fünf aus dem 15. Jahrhundert, die
älteste vom J. 1401, worin das Kloster um Schutz bittet gegen die
Angriffe Krafts von Bieberehren ; die jüngste vom 18. September
1805 ist der Verkaufbrief über sämmtliche Klostergüter an den
jüdischen Handelsmann Jakob Hirsch.
Die im J. 1692 noch vorhandei^en Urkunden wurden durch
den öffentlichen Notar J. M. Ellgasser in ein über copiarum
(No. 218) zusammengeschrieben; es sind einige mehr als wir
jetzt haben.
Ueber den Catalogus defunctorum conventualium mon. nostri
Schw. aliorumque, qui vel confraternitate vel munificentia sua nobis
se commendatos reddiderunt. Philippus Eberdus Eöttingensis
scripsit hunc libruui anno MVCXXVI — vergleiche den Abschnitt:
Xekrologien.
Auch ein Protokollbuch (No. 219*) würde unter dem Abte
Georg nach der genannten Katastrophe seit 1530 angelegt und bis
zur Mitte des vorigen Jahrhunderts fortgeführt
Der historische Verein besitzt noch ein compendium historiae
monasterii Schwarzach (M. S, f *2) und historische Gedichte des
Priors Burcard Bausch um 1700 (M. S. fol. 46 und 250), beide ohne
vielen Werth.
Ueber die Geschichte des Klostors und die Aebte schrieben :
Conr. Dinner, Catalogus et descriptio abbatum monasterii divae
Felicitatis vulgo Munsterschwarzach. Wirtzburgi 1586. In heroischen
Versen. — Vitae et res praeclare gestae abbatum in Münster-
Schwarzach. Wirceburgi 1743. 4. — Vergl. Ussermann p. 288.
Das Chronicou Schwarzacense, welches Ludewig im 2. Bande
der SS. rerum episcopatus bambergensis (1718) pag. 1—48 mittheilte,
reicht bis 1550 und beruiit in seinen ersten Theilen auf älteren
Aufzeichnungen.
Scbweinfort.
In dieser Reichsstadt finden wir zuerst ein Benedictinerkloster,
dunkeln Ursprungs, aber vor 1200 bestehend, das in geistlicher
Beziehung unter Würzburg, in weltlicher unter den Bischöfen von
Eichstädt stand, von denen es Reinboto dem deutschen Orden 1283
übergab. Die um diese Zeit hier bestandene Commende wurde
schon nach fünfzehn Jahren mit der zu Münnerstadt verbunden.
4*
52 Contzen :
Ein zweites, dem Carmelitenorden angehöriges Kloster, im
J. 1366 gegründet, wurde nach zwei Jahrhunderten im markgräf-
lichen Kriege zerstört.
Ueber das erste Kloster haben wir keine Dokumente, über das
zweite einige wenige, oben unter Carmeliter aufgeführte, Urkunden
und Akten.
Seligensthal, Vallis Beatorum,
Cisterzienser -Frauenabtei, im Odenwalde, nach Fries im J. 1239
von Conrad Grafen von Düren gestiftet, im 14. Jahrhundert an
Mainz gekommen, welches nach dem Erlöschen desselben die Ein-
künfte dem Jesuitencollegium 1568 zuwandte. Vorhanden sind
noch 257 Urkunden, davon 71 dem 13., 70 dem 14., 90 dem 15.
und die übrigen bis 1576 dem folgenden Jahrhundert angehören.
SinnershaiiBeiiy oder Rosentlial, Vallis Rosamm,
Wilhelmiterklqster, bei Hümpfershausen im Herzogthum Sachsen-
Meiningen, von einem Ritter von Katza vor 1290 gegründet, im
Bauernkriege zerstört und darauf von den Grafen von Henneberg
eingezogen und verkauft.
Keine Urkunde mehr vorhanden. Cfr. Brückner, eine (vor-
treffliche) Monographie in einem Schulprogramme von Meiningen
vom J. 1861.
Sonnenfeld, Campus Solls,
eine Cisterzienser-Fraueuabtei, im Herzogthum Sachsen -Coburg, im
J. 1260 durch Heinrich von Sonnenberg und seine Gemahlin Kune-
gunde gegründet und im J. 1528 von den Herzogen von Sachsen
säkularisirt.
Uebrig ist noch eine Urkunde. Das Diploniatar des Klosters
im dritten Bande von Schöttgen und Kreysig, diplomatar.
Cfr. Ussermann p. 476. —
St. Stephan zu Würzburg,
berühmte Beuedictiner-Abtei, errichtet als solche von Bischof Adal-
bero im J. 1057, säkularisirt 1802. Die Klosterkirche ist jetzt die
protestantische Pfarrkirche, das Kloster Sit^ der kgl. Kreisregieruug,
im Keller die Champagnerfabrik von J. M. Vornberger.
Das Klosterarchiv befand sich einst in vorzüglich geordnetem
Zustande, wie das noch erhaltene Repertorium desselben (No. 223)
Die Urkunden des Bisthums Wtirzhurg. 53
aus dem J. 1767 beweiset, und Schannat,der dasselbe benutzen
konnte, hatte Recht, wenn er 1723 das archivum chartis et diploraa-
tibiis eleganter conservatis instructissimum nannte. Die Urkunden
sind noch jetzt durchschnittlich gut erhalten.
Die Quellen der Geschichte der Abtei sind:
1. Die Urkunden, wovon sich an Originalen 790 im k. Archive
befinden. Davon gehören zwei dem 11., 28 dem 12. (eine fehlt
in Längs Regesten), 68 dem 13., 120 dem 14., 218 dem 15. Jahr-
hundert und 359 der folgenden Zeit an. Die Reihe beginnt mit
dem Stiftungsbriofe vom 7. März 1057, wodurch Bischof Adalbero
statt der seit ungefähr 1013 hier lebenden Canoniker nun Bonedictiner
hieher versetzt, und schliesst mit dem Jahr 1798.
In der Mitte liegen die Reformationen des Klosters durch die
Bischöfe Otto und Albert 1344 und 1348 und die Besetzung des-
selben durch die Schweden von 1631 — 34, die sich besonders mit
den Einkünften befassten.
2. Zwei sogenannte Rotuli donationum, die sich beide erhalten
haben, aus dem Anfange des 12. Jahrhunderts. 8ie sind aus
mehreren Streifen Pergament zusammengenäht, um ein rundes
Stäb(*hen gerollt und dienten wie später die Copialbücher dazu, die
Angehörigen des Klosters mit den Besitztiteln und den Wohlthätern
bekannt zu machen, ohne diu kostbaren Originalurkunden abzu-
nützen. (Vergl. auch Du Gange, glossar. s. h. v. V, 809). Der ^rste
Rotulus, 7'/2 Zoll breit und 18 Fuss lang, auf beiden Seiten be-
schrieben, imifasst 72, der zweite 86 Abschriften von Schenkungs-
briefen. Beide Rotuli hat Schannat in seinen Vindemiis literariis
(Fuldae et Lipsiae 1723) Coli. 1, pag. 53 — 91. als Traditiones veteres
coenobii S. Stephan! Herbipoli in der Weise veröfTentlicht, dass er
die Urkunden leider in chronologischer Ordnung, mit Hinzufügung
einzelner bischöflicher Bestätigungsbriefe aus den Originalen, von
1057 — 1168 zusammenstellte und ihnen die ohne Zeitangabe folgen
Hess. Aber der Abdruck ist nicht ganz genau und nicht voll-
ständig, denn statt der 158 Urkunden, welche die Rotuli haben,
gibt er nur 93, so dass eine neue Benutzung jener nicht umgangen
werden kann.
3. Copialbücher: Es sind davon drei Bände (No. 220-^22)
vorhanden, wovon der erste, aus dem Ende des 15. oder Anfang
des 16. Jahrhunderts, im Anfang auch die von Bischof Conrad von
Thüngen 1525 gegebene neue Ordnung des Stadtgerichts zu Würzburg
54 Contzen :
hat, der dritte die Einträge bis ungefähr 1720 enthält. Den
besten Index dazu hat das oben genannte Eepertorium archivi.
4. Ein Necrologium , das aber nur für das Kloster einige
Bedeutung hat, aus dem 17. Jahrhundert, herausgegeben von
Wegele in den fränkischen Nekrologien S. 45 — 70. Vergl. dazu
die Nekrologien.
5. Ein Diarium rerum gestarum in monasterio St. Stephaui
a 7. Julii 1713 coeptum a F. Alberico Ebenhöch abbate. Es ist
fortgeführt bis zum J. 1738 und enthält auch eine Series sive Cata-
logus fratnim hujus Monasterii ab anno 1619, fortgesetzt bis zur
Aufhebung des Klosters (M. S. 31).
Derselbe Abt verfasste auch eine kurze Geschichte seiner Vor-
gänger, einen Catalogus Abbatum, wie schon früher um das J. 1560
Abt Jodocus einen solchen entworfen hatte. Das grösste Verdienst
desselben um die Geschichte seines Klosters besteht darin, dass er
ein Mitglied seines Convents, dessen Namen sich nicht erhalten hat-,
veranlasste, über die Vorzeit seiner Abtei und ihrer Vorstände eine
Arbeit zu verfassen, welche, nach den erhaltenen Bruchstücken zu
urtheilen, als für ihre Zeit ganz vortrefflich zu bezeichnen ist.
Derselbe theilte sein für den Druck bestimmtes Werk in drei Theile,
wovon der erste einleitende die Gründung und Beschreibung des
Klosters, der zweite die Lebensbeschreibung der Aebte, der dritte
die Urkunden des Klosterarchives enthielt. Erhalten hat sich davon
nur von dem zweiten Theile die nach den Urkunden bearbeitete
Geschichte der ersten fünf Aebte von 1057 — 1166 und die der
Aebte von 1627 — 1731; mit dem 23. Juni dieses Jalires bricht seine
Arbeit ab, an deren Fortführung ihn wohl der -Tod hinderte. Diese
Fragmente finden sich in den Sammlungen des historischen Vereins
(M. 8. fol. 790); das vollständige Werk diente der letzten Arbeit des
fleissigen Stiftschronisten Ignaz Gropp, welcher ebenfalls noch
unter der Regierung des genannten thätigen Vorstandes seine erste
historische Schrift (Vita s. Bililiildis) herausgab, als Grundlage.
Gropp hatte vor, eine Franconia Benedictina zu verfassen, eine
Geschichte der Benedictinerklöster in Franken, brachte aber nur,
bei Gelegenheit der siebenhundertjährigen Säkularfeier seiner Abtei
1757, ein Jahr vor seinem Tode (er starb am 19. November 1758),
in Folge von Schwierigkeiten, über die er klagt, ein kleines Werk zu
Stande, dem er den Titel gab : Ecclesia S. Stephan! cum monasterio
S. Benedicti in reverendissimis suis abbatibus cum rebus per elapsa
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 55
Septem saeciila circa se gestis, historioca methodo repraesentata. Es
befindet sich im historischen Vereine, in der Originalhandschrift
(M. S p. 136) und in gefälliger Abschrift mit Hinzufiigung der Jahre
bis 1762 (M. S. octav. 6).
Nach diesem verfasste nun Ussermann in seinem Episc.
Wirceb. pag. 268 — 79 seine kurze Geschichte und Series abbatum,
das einzige, was wir bis jetzt über S. Stephan besitzen.
Die Urkunden dieses Klosters sind wegen der vielen Besitzungen
desselben in Würzbur^ für die städtische Lokalgeschichte von grossem
Interesse und noch gar nicht benutzt.
Sulz,
Prämonstratenser-Nonnenkloster an der Quelle der Sulz, k. Bezirks-
amts Rothenburg a/T., in Mittel franken, um 1130 gegründet, im
Bauernkriege 1525 zerstört und 1531 von dem 3Iarkgrafen Georg
dem Frommen eingezogen.
Im k. Archive zu Nürnberg sind von Sulz 269 Urkunden
verwahrt, davon neun aus dem 13., 82 aus dem 14., 133 aus dem 15.
und 45 aus dem 16. Jahrhundert. Im k. Archive zu Würzburg
ist keine Urkunde mehr übrig.
Benedictiner-Abtei , am Main zwischen Schweinfurt und Hassfurt,
im J. 1043 durch Suidger, den zweiton Bamberger Bischof und
späteren Papst Clemens IL, gegründet, in den Jahren 1466, 1525
und 1553 vielfach geschädigt und durch die churfürstlich bayerische
Regierung 1802 aufgehoben. Das Kloster ist jetzt Besitzthum des
Herrn von Swayne.
An Originalurkunden sind noch 42 vorhanden, eine aus dem
eilften Jahrhundert: die Bestätigungsurkunde Pabsts Clemens IL.
vom J. 1047, drei aus dem 12., zwei aus dem 13., vier aus dem 14.,
acht aus dem 15. und 24 aus der folgenden Zeit; die letzte ist der
Yerkaufsbrief der schönen Abtei und ihrer bald darauf nieder-
gerissenen Kirche an den coburgischen Minister Theodor von
Kretschmann.
Kein Kloster in Fj-anken hat mehr Copialbücher als Theres,
das, in geistlichen Dingen unter Würzburg, in weltlichen unter
Bamberg stehend, allen Grund hatte, auf seine Privilegien zu halten.
Beim Herannahen der Raubschaaren des Markgrafen Albrecht von
56 CJontzen :
Brandeuburg schickte der Abt seine Dokumente der Sicherheit
wegen nach Würzburg. Bischof Friedrich behielt sie aber und
*schickte dem Kloster dafür Copien, welche in dem Copialbuche des
Abtes Johannes Schüssler (1545 — 74) abgeschrieben sind (No. 224).
Vollständiger ist ein zweites Copeibuch aus dem J. 1593, welches
104 Urkunden enthält (No. 226). Ein drittes (No. 225) aus dem
J. 1595 enthält Abschriften von Urkunden, die ebenfalls in Würzburg
verwahrt sind. Das vierte ist ein Copeibuch, angelegt im J. 1602 mit
vorausgehendem „Protokoll über alle und jede des Kloster Theres
briefliche Urkunden und Dokumente" (No. 227). — Ein Copeibuch
aller in den Jahren 1642—48 ein- und ausgelaufenen Schreiben
enthält No. 228 und No. 229 die Recesse von den J, 1659—1745.
Die dem Abte von Theres von der bischöflichen Kanzlei in Würz-
burg 1561 zugesendeten 71 Copien nebst einigen zugeschriebenen
sind zusammengebunden in No. 230. Eine andere durch den kaiser-
lichen Notar Jol. Acker vidimirte Copiensammlung derselben Ur-
kunden aus dem J. 1561 ist No. 232, in grün Leder gebunden und
sehr deutlich geschrieben. In No. 234 sind sehr verschiedene
Papiere aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts, die Theres näher
oder ferner berühren, zusammengebunden. Ein im 15. Jahrhundert
geschriebenes Büchlein (No. 236) enthält eine Zusammenstellung
mehrerer Gerechtsame des Klosters in verschiedenen Orten, ein
anderes ähnliches Buch (No. 233), ist aus dem vorigen Jahrhundert.
Auch der historische Verein besitzt eine Sammlung von Copien,
Akten und Klostergeschichten.
Eine historische Beschreibung der Abtei von dem Prior
Gregor Fuchs (No. 231) geht bis zum J. 1711 und ist von da bis
zum J. 1766 fortgesetzt worden, zuletzt von dem letzten Abte
Benedict Mahlmeister, welchem auch Ussermann die Notizen über die
Reihenfolge der Aebte in seinem Fpisc. wirceb. pag. 304 — 310 verdankt.
TriefensteiU)
(Stillans Petra) eine Probstei von Regularcanonikem , am Main,
k. Bezirksamts Marktheidenfeld, im J. 1088 von Gerung, Canoniker
von Neumünster, gestiftet und nach der Säkularisation 1802 durch
den Reichsdeputationshauptschluss der älteren Linie des Hauses
Löwenstein -Wertheim als Entschädigung zugewiesen.
Es sind noch 13 Urkunden im k. Archiv, davon zwei aus
dem 14., fünf aus dem 15. Jahrhundert, die andern sechs aus
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 57
späterer Zeit; ferner ein von einem kaiserlichen Notar 1692 schlecht
geschriebener liber copiarum (No. 237), der nur eine kleine Anzahl
Urkunden enthält, und ein Fundationsbuch oder Mortilegiuni
(No. 237*), worin die Pröbste, Canoniker und Wohlthäter des
Klosters und ihre Todesjahre, aber nicht in Form der Calendarien,
verzeichnet sind.
Einige Urkunden Hess Mono, Zeitschrift 4, 406 u. ff. abdrucken
aus dem Wertheimer Archiv, worin sich auch eine ausführliche
Klosterchronik befindet (eine Abschrift davon im historischen
Vereine zu Würzburg), wonach Mone a. a. St. die von Ussermann
gegebene Reihe der Pröbste berichtigte.
Trostadt,
Prämonstratenser Frauen kloster, im Werragrund, im Herzogthum
Sachsen-Meiningen, gegründet im J. 1176 durch Bertha, Wittwe des
Grafen Berthold I. von Henneberg, im Bauernkrieg 1525 zerstört
und darauf eingezogen.
Keine Urkimde ist im Würzburger Archive mehr vorhanden.
Cfr. Ussermann p. 490. Brückner, Landeskunde S. 261.
Tackelhansen,
in der Nähe von Ochsenfurt, um das J. 1138 für Prämonstratenser
gestiftet, welche unter der Aufsicht von Oberzell hier Avohnten, bis
1305 die Prämonstratcnscrinnen von Micholfeld bei Kitzingen hier
angesiedelt wurden, aber den Platz 1351 an die Karthäuser über-
lassen mussten, welche nun in diesem von ihnen Cella Salutis
genannten Kloster bis 1802 wohnten. Jetzt ist es Privateigen tlmm.
Die Zahl der erhaltenen Urkunden ist 309, davon drei aus dem
12., die älteste von Bischof Gebhard um 1153 — 57, eine aus dem
13., 50 aus dem 14., 143 aus dem 15. Jahrhundert und 112 aus
späterer Zeit.
Die Karthäuser haben für die Erhaltung ihrer Dokumente gut
gesorgt. In dem 17. Jahrhundert haben sie zwei grosse Sammlungen
von Copien ihrer Briefschaften und zwar nach Orten angelegt; in
die erste, die sie Saalbuch nannten, zuerst die Einkünfte und dann
die Erwerbsdokumente eingetragen (No. 240 — 42), in die zweite
(No. 242*-«') letztere allein; sie sind in den Jahren 1670—80 ge-
schrieben. Sie sorgten auch für Erhaltung des Andenkens an ihre
früheren Brüder; die historia Carthusiae Tückelhausen (No. 24272)
58 Contzen :
enthält ein von mehreren Händen bis zu Ende des 18. Jahrhunderts
fortgeführtes Namensregister mit Angabe des Todestages. Aehnlich
ist die Handschrift des historischen Vereins: Origo' et succesus
monasterii Cellae Salutis in Tuckelhausen (M. S. f. 41); derselbe
besitzt auch Klosterrechnungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert,
ein Notizbuch mehrerer Priore zu Tuckelhausen von 1640—90
(M. S. f.* 162 und 40), welche Herrn Professor Denzinger den Stoff
zu dem Aufsatze lieferten : Die Bauern, Schweden und Franzosen im
Carthäuserkloster Tuckelhausen (im 13. Bande des Archivs des
historischen Vereines, Heft 1. (1854) S. 276—99.
S. Ulrichsklostcr zu Würzburg,
Benedictiner-Frauenkloster, in der Mitte des 13. Jahrhunderts ge-
stiftet, im 16. aufgelöset; die Einkünfte desselben von B. Julius
seiner neugegründeten Universität zugewandt.
Es sind noch 21 Urkunden davon übrig, drei aus dem 13.,
die älteste vom Jahre 1256, fünf aus dem 14., acht aus dem 15.
und fünf aus dem 16. Jahrhundert; die letzte von 1570 ist ein
Verzeichniss der Einkünfte des Klosters.
UrsiiliDcrklo8ter zu Würzburg,
als Kliale des Kitzinger Klosters dieses Ordens 1710 gegründet,
durch die kurfürstliche bayerische Regierung 1804 aufgehoben, durch
den Orossherzog Ferdinand 1808 wieder hergestellt und für Unterricht
und Erziehung fortwährend thätig.
Die 26 vorhandenen Urkunden gehen von 1711 bis 1796.
Ycilsdorf,
an der Werra im Coburgischen', Benedictinerinnen -Abtei, um 1180
gegründet, 1446 in eine Benedictiner -Abtei verwandelt, im Bauern-
kriege 1525 zerstört und dann aufgelöset.
Es sind im k. Archive noch drei Urkunden vorhanden , die
Stiftungsurkundo von 1189 und zwei aus dem 14. Jahrhundert.
Viele sind gedruckt in S c h ö 1 1 g e n , diplomat. medii aevi
II, p. 621.
Vessera,
Prämonstratenser-Mönchskloster, am Zusammenüuss der Werra und
Schleussa, im Hennebergischen, im J. 1131 durch Gotebold Grafen
von Henneberg gegi'ündet und um 1560 durch Johann Friedrich
Die Urkunden des Bisthums Würzburg. 59
Kurfürsten von Sachsen als Erben des Grafen Wilhelm von Henne-
berg säkularisirt.
Keine Urkunde ist im Würzburger Archive mehr übrig. Cfr.
Ussermann, Ep. Wirceb. p. 486. — Schult es, Neue diplomat.
Beiträge I, 197.
To^elsbnr^»
Siehe Carmelitenklöster.
ein Wilhelmiterkloster, beim Einfluss der Katze in die Werra im
Herzogthum Sachsen -Meiningen, im J. 1299 von einem Herrn von
der Kehr gegründet, im Bauernkriege 1525 zerstört und nach der
in den Hennebergischen Ijanden eingeführten Reformation in ein
Domainengut verwandelt.
Urkunden keine im Würzburger Archiv vorhanden.
Wechterswinkel,
Benedictiner- später Cisterzienser-Frauenabtei, gegründet um die
Mitte des 12. Jahrhunderts; nach Zerstörung der Gebäude im Bauern-
und markgräflichen Kriege wurden vom Bischof Julius, nachdem
seine Bemühungen, das Kloster wieder aufzurichten, gescheitert
waren, die Einkünfte desselben Cultuszwecken zugewiesen.
Der Vorrath an Originalurkunden und einigen Copien belauft
sich auf -62, darunter 14 aus dem 12. Jahrhundert, die älteste vom
J. 1143, fünf aus dem 13., drei aus dem 14., sechs aus dem 15.
und die andern 34 aus neuerer Zeit. Die letzte ist diessmal nicht
der Verkaufsbrief der Klostergüter, sondern enthält die Bestimmung
des Grossherzogs Ferdinand von Würzburg vom 11. März 1809,
womach die Einkünfte des Klosters zur katholischen Pfarreien- und
Schulenstiftung verwendet werden sollen.
Erhalten ist uns ferner ein vortreffliches Diplomatarium aus
der Mitte des 14. Jahrhunderts (No. 238); soweit reichen auch die
182 Urkunden enthaltenden, von einer Hand geschriebenen, Einträge
von Blatt 1 — 59, denen andere von verschiedenen Händen bis
Blatt 78 folgen; es ist auf Pergament deutlich und kräftig ge-
schrieben und zwar auf jeder Seite mit 34 durchlaufenden Linien.
Ausser dem Register ist ein Calendor aus derselben Zeit, dem das
letzte Blatt fehlt und der ausser der Angabe der Heiligen keine
Einträge hat, vorgebunden. Auffallend ist, dass die Bestätigungs-
60 Contzen :
Urkunde Bisehofs Hermann über die von dem Grafen Otto von
Hiltenburg im Kloster Wechterswinkel getroffene Anordnung vom
J. 1231 (s. Jaeger, Gesch. Frankenlands 111. p. 360) hier fehlt, wie
in den Mon. boicis. Eine nicht immer corrocte Abschrift des
Copeibuchs, copia collationata libri copiarum, cujus originale repositum
est in Archivo Reverendissimi ac illustrissimi Capituli Herbipolensis,
aus dem J. 1785 ist Xo. 238 *; No. 238*» enthält ein Urbarbuch
des Klosters aus den Jahren 1590 — 1614 nach den verschiedenen
Orten, woraus dasselbe Einkünfte bezog.
Eine Geschichte des Klosters mit den Urkunden-Regesten von
Dr. Himmel stein befindet sich im Bd. XV des Archivs des
historischen Vereins (1860), Heft 1, S. 115—176.
Werthelm
hatte eine durch den Grafen Johann IL 1419 mit einem Pfarrer
und zehn Vikarien fundirte Parochialkirche, welche unter der
Regierung des Grafen Johann III. durch eine besondere Bulle des
Papstes Sixtus IV. 1481 zu einem Collegiatstift erhoben wurde, an
welches ein Uechant mit dreizehn Canon i kern zu stehen kam. Es
bestand bis 1549, wo es durch den protestantisch gewordenen Grafen
Michael III. aufgehoben wurde.
Die betreffenden Urkunden belinden sich im fürstlich Löwen-
steinischen Archive zu Wertheim und sind schon verwerthet in der
trefflichen Geschichte der (frafeu von Wortheim von den ältesten
Zeiten bis zu ihrem Erlöschen im Mannesstammc im J. 1556, aus
den urkundlichen Quellen bearbeitet von J. Aschbach, Frankfurt,
zwei Theile, 1843. Die genannte Bulle im II. Bande, der das
wertheimische Urkundenbuch enthält, S. 292.
Wiicdshoini.
Augustiner Eremitcnkloster, Stadt in Mittelfranken, im J. 1290
gestiftet und 1525 aufgehoben.
Urkunden nicht vorhanden.
WOrzburg.
Siehe Carmelitenklöster.
„ Augustiner.
„ Stift Hang.
„ „ Neumünster.
Die T'rkunden des Bisthums Wtirzburg. 61
Siehe Stift St. Burchard.
„ Johanniterordeu.
„ Deutscher Orden.
,, St. Stephan.
„ Schottenkloster.
„ S. Afra.
„ S. Ulrich.
„ Reuerinnen.
,, Dominicaner.
,, S. Marx.
„ Franziskaner
„ Agnes.
„ Antoniter.
„ Engelgarten.
Zell,
1. Oberzeil, Cella Dei superior, am Main bei Würzburg,
Prämonstratenser -Abtei im J. 1128 gegründet und bestanden bis
1802. In dem grossen Klostergebäude ist jetzt die berühmte
Sehnellpressenfabrik von König und Bauer.
Uebrig sind noch 204 Urkunden, davon 18 aus dem 12., die
älteste ist die Bestätigungsurkunde des Bischofs Embricho vom
J. 1128, acht aus dem 13., 31 aus dem 14., 66 aus dem 15. Jahr-
hundert und 81 aus der folgenden Zeit bis 1805, wo die Verkaufs-
urkunde der Klostergüter den Schluss macht.
Auch sind Copialbücher, im 17. Jahrhundert geschrieben und
nach den Pfarreien, Ortschaften und Besitzungen geordnet, in drei
Bänden erhalten (No. 262 »•*»*^).
Ueber den catalogus defunctorum, im historischen Vereine,
vergleiche die Xekrologien.
Eine Geschichte des Klosters von Pfarrer Ke stier befindet sich
im 14. Bande des Archivs des historischen Vereins H. 1, S.37— 128.
2. Unterzeil, Cella Dei inferior, durch das Dorf Zell von
dem obern Kloster geschieden , Prämonstratenser Frauen -Abtei,
ebenfalls um 1130 gegründet und bis 1802 bestanden. Die Kirche
und die Gebäude theils zerstört, theils zu kleinen Wohnungen
eingerichtet.
An Urkunden sind 59 vorhanden , eine aus dem 13. , zwei
aus dem 14., 11 aus dem 15. Jahrhundert und 45 aus der folgenden
62 Contzen : Die Urkunden des Bisthuras Würzburg.
Zeit. Den Schluss macht wieder der Verkaufsbrief der Klostergüter
aus dem J. 1805.
Eine Geschichte dieses Klosters von Pfarrer Kestler im
X. Bande des Archivs des historischen Vereins Heft 1, S. 87—104.
Zella unter F i s c h b e r g,
Benedictiner-Nonnenkloster, am Nordostsaum der Rhön, nun im
Orossherzogthum Sachsen -Weimar, um 1136 durch dtTn h. Otto in
eine Probstei umgewandelt, die bis 1801 bestand.
Vorhanden sind im Würzburger Archiv nur noch drei Verträge
der Bischöfe von Würzburg mit den Aebten von Fulda über gegen-
seitige Recesse wegen der Probstei aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Eine gute Morrographie von W. Rein im XV. Bande des
Archivs des historischen Vereins (1860). Heft 2 und 3, S. 332—356.
(Schluss folgt.)
II. Malteser Studien.
Von
Dr. Hans Prutz,
Universitäts Professor in Könijjfsborg.
Genossenschaften wie die geistlichen Ritterorden haben auf
die Sammlung und Bewahrung der ihre Rechte und Freiheiten be-
gründenden und ihren Besitzstand erweisenden Urkunden und
sonstigen Schriftstücke alle Zeit grosse Sorgfalt verwendet. Früh-
zeitig haben sie zu diesem Zwecke wohlgeordnete und streng behütete
Archive gehabt, haben sich auch die ihnen verliehenen Gunstbriefe
geistlicher und weltlicher Grosser, um der Anerkennung derselben
sicher zu sein, bei jeder sich irgend bietenden Gelegenheit immer
von Neuem bestätigen lassen, und noch in späterer Zeit sind die
des Schreibens kundigen unter ihren Mitgliedern nicht müde ge-
worden, den ganzen ürkundenschatz oder doch die besonders wichtigen
Stücke aus demselben in dickleibige Foliauten zusammenzutragen.
Auch der Orden der Hospitaliter oder, wie er später gewöhnlich
genannt wurde, der Johanniter hat davon keine Ausnahme gemacht.
Die Urkunden, Avelche sich auf die rechtliche Stellung der Stiftung
Raimunds de Puy bezogen, mit der ihr von diesem gegebenen und
von dem Papste bestätigten Ordensregel beginnend, sowie diejenigen,
welche die im Laufe der Zeit so überaus grossartig vermehrten
Besitzungen des Ordens betrafen, sind erst in dem Ordenshaupt-
hause zu Jerusalem, und nach dessen Verluste (1187) in dem ein
Jahr zuvor erworbenen und nachmals prachtvoll ausgebauten und
stark befestigten Margat ^) aufbewahrt worden. Als aber in der
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit dem fortschreitenden Verfall der
christlichen Herrschaft selbst ein Platz wie Margat fortwährend bedroht
•) Vgl. Pnitz, die Besitzungen des Johanniterordens im hl. T^nde in der
Zeitschrift des deutÄclien Palästina -Vereins Bd. 4, S. 183 ff.
64 Pnitz:
war und bei dem nächsten Angriff der Ungläubigen in deren Gewalt
fallen konnte, verlegte der Orden sein Haupthaus hinter die schützen-
den Mauern von Accon: dorthin ist damals ohne Zweifel auch das
Ordensarchiv überführt worden. Wenn wir nun hören, dass bei
dem Verluste Aecons (1291) auch die Originalausfertigung der Regel
Raimunds de Puy und die sie bestätigende päpstliche Urkunde^
welche als besonders kostbare Reliquien sicherlich auf das Sorgsamste
behütet wurden, verloren gegangen oder vernichtet worden sind, so
dass man dieselbe auf Grund vorhandener Copien neu ausfertigen
und am 7. April 1300 durch Papst Bonifaz VIII neu bestätigen
lassen musste ^), so werden w4r aus diesem Vorgange den Schluss
ziehen dürfen, dass bei dieser Gelegenheit auch noch andere Stücke
des Ordensarchives verloren gegangen sind und dass dasselbe in
einzelnen Theilen schon ziemlich zusammengeschmolzen war, als
der Orden sich auf der Insel Cypern von Neuem einzurichten begann.
Nach kurzer Zeit folgte dann die Uebersiedelung noch Rhodos, wo
der Orden 1307 sich niederliess und wo auch das Archiv desselben
bis zur Eroberung der Insel durch die Türken (1522) geblieben ist.
Seit dem Verluste Palästinas und seitdem die anfangs noch im
Auge behaltene Möglichkeit zur Wiedergewinnung desselben endgültig
geschwunden war, verloren natürlich auch die auf den ehemaligen
palästinischen Ordensbesitz bezüglichen Urkunden ihren praktischen
Werth und behielten nur noch ein mehr historisches Interesse;
gewiss wird man sie in Folge dessen weniger sorgsam als bisher
behütet haben, und so mag durch fortschreitende Vernachlässigung
manches werthvoUe Stück aus jener älteren Zeit verschleppt, ver-
modert oder sonst abhanden gekommen sein.
Denn eine Verwerthung dieser Archivalien im Interesse einer
Geschichte des Ordens lag jener Zeit noch ziemlich fern. Allerdings
ist schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts der Versuch gemacht,
eine historische Darstellung von der Entwickelung des Ordens zu
geben. Es geschah das durch Melchiore Bandino, Kanzler
des Ordens zur Zeit des Hochmeisters Giovanni di Lastico (1437—54).
Doch ist davon höchstens ein Fragment auf uns gekommen. Bosio
nämlich, der erste und bis auf den heutigen Tag verdienteste
Geschichtschreiber des Ordens, will noch ein Stück des Bandino'schen
Werkes gekannt haben und folgt demselben namentlich in seiner
>j Ungodruckte Urkunde im Malteser Archiv.
Malteser Studien. 65
Darstellung von dem Falle Accons. Nach seiner Angabe hat sein
Olieim Tommaso Bosio, Vicekanzler des Ordens und später
Bischof von Malta, als er nach dem Falle von Rhodos im Gefolge
Villiers' de L'Isle Adam nach Rom kam, eine alte Pergamentfiand-
schrift mitgebracht, welche ein Bruchstück „des zum grossen Nach-
theil für die geschichtliche Kenntniss verlorenen Werkes des
Bandino" enthielt und von der Bosio versichert, dass er sie noch
als ein besonders kostbares Besitzthum sorgfältig aufbewahre.^)
Eine urkundlich begründete Geschichte des Ordens zu schreiben
hat zuerst Bosio unternommen, uud zwar im Auftrage des Ordens
selbst. Sein Werk behauptet selbst heute noch einen hervorragenden
Werth und wird für jede kritische Behandlung dieses Stoffes die
einzig brauchbare Grundlage bilden. Bosio schrieb in Rom, wo er
Geschäftsträger des Ordens war, und hat nicht blos die Handschriften
der Y^ticanischen Bibliothek, sondern auch das päpstliche Archiv,
namentlich die lange Reihe der dort aufbewahrten Registerbände
für seine Zwecke benutzen können.-) und wenn Bosio nach einer
gelegentlichen Bemerkung 3) die Absicht hatte, alle dem Orden ver-
liehenen Privilegien herauszugeben, so werden wir vermuthen dürfen,
dass' er diesem Urkundenbuche eben die in den päpstlichen Registern
vorgefundenen reichen Materialien zu Grunde zu legen dachte.
Doch hat er auch malteser Archivalien für die Geschichte des
Ordens zur Verfügung gehabt. Er wurde nämlich von seinem
Bruder Giovanotto Bosio, Avelcher Ritter des Johanniterordens war
und die Würde eines Comthurs bekleidete, durch Mittheilungen aus
dem malteser Archive unterstützt.^) Unter den von ihm benutzten
Stücken sind einige erkennbar, die noch heute zu dem werthvollsten
Besitz des ehemaligen Johanniterordensarchives gehören, z. B. das
Statutenbuch des Hochmeisters Roger des Pins (1355 — 65), das Bosio
*) Bosio, della St<>ria della sacra religione di S. Giovanni Gerosol. (Ed.
1594) I, 239—40; vgl. 19.
*) So führt er z. B. I, 146—47 in italienischer Uebersetzung das Schreiben
an, durch welches Innocenz TII den König Amalrich von Cypern dem Hochmeister
Gotfrid le Rat empfiehlt, mit dem Bemerken: breve il quäle anclie oggedi ne'
registri della libraria apostolica registrata si vede (vgl. Potthast, Reg. Pontif.
n. 428, Paoli, Cod. dipl. I, p. 270 (n. 3), und ähnlich I, p. 151, 155, 156, 167, 168.
») I, 38.
*) I, 46 : Certi statuti antichissimi , che mi sono stati mandati dal
commendator Giovanotto Bosio, mio fratello, da Malta, insieme con molt^ altre
memorie antichissime dell' istessa religione.
ArcbiTftliBcbe Zeitschrift VUr. 5
66 Pmtz :
jedoch iu einer Handschrift vorlag, welche durcli ein Verzeichniss
der Hochmeister bis auf Roger des l^ins und eine kurze Uebersicht
der Thaten jedes einzelnen erweitert warJ) Seinem Bruder, dem
Ordenscomthur, verdankte Bosio ferner u. A. die Mittheilung zweier
Pergamenthandschriften, von denen die eine die Ordensstatuten in
französischer, die andere in catalonischer Sprache enthielt 2) und
worin sich ausserdem, wie es scheint, die ältesten für das Hospital
ausgestellten Schenkungsurkunden abgeschrieben fanden ; wenigstens
entnahm Bosio von dorther seine Kenntniss einer Landsehenkung
Gotfrieds von Bouillon vom Jahre 1100 zu Gunsten „des zur Ehre
Gottes, seiner gebenedeiten Mutter und Johannes des Täufers ge-
gründeten Hospitals*', 3) welche durch keine der uns heute noch
vorliegenden Urkunden belegt wird. Die Angaben Bosios über die
ihm mitgetheilten malteser Archivalien lassen es übrigens zweifelhaft,
ob ihm die betreffenden Stücke in Abschriften oder im Original
übersandt worden sind : an einzelnen Stellen wird man nach dem
Wortlaute der Bosio'schen Anführung nicht umhin können anzu-
nehmen, dass Urkunden und Handschriften aus dem Archiv des
Ordens selbst entnommen und dem Geschichtschreiber nach Rom
zugeschickt worden seien. Ob dann eiuQ Rücklieferung derselben
stattgefunden hat, muss dahin gestellt bleiben. Dass eine solche
wenigstens in gewissen Fällen nicht erfolgt ist, wird angenommen
werden müssen angesichts der Thatsache, dass einige der von Bosio
benützten und nach seinen Angaben aus Malta stammenden Ur-
kunden sich nicht nur heutigen Tages in dem dortigen Archive
nicht mehr vorfinden, sondern auch schon zur Zeit Paolis, also im
Anfange des 18. Jahrhunderts dort nicht mehr vorhanden gewesen
sein müssen, weil dieser sich dieselben sonst sicherlich nicht hätte
entgehen lassen.^) Jedenfalls lässt der ganze Vorgang darauf schliessen,
*) Nach I, 140 und 188 fand Bosio die von ihm gemachten Angaben
über den Hochmeister Alfons von Portugal „nel libro degli statuti del maestro
fra Ruggiero de' Pini, che stä nella cancelleria di questa s. Religione bollato e
autentico, nel quäle sono scritti i nomi dei maestri predecessori al detto fra
Ruggiero con alcune brevi annotazioni dei fatti loro".
») I, 8-9.
*) „Una casa fondata sopra monalem a Momboine nella fredda montagna".
*) Das gilt z. B. von der oben erwähnten Urkunde Gotifrieds von Bouillon
von 1100 und der von Bosio I, 179 angeführten des Hochmeisters Guarin vom
25. Juni 1225 für Ingeborg, die Königin AVittwe von Frankreich, wonach dreizehn
Ordenskleriker gehalten sein sollen, in dem Ordenspriorat zu Corbeil täglich drei
Malteser Studien. . 67
dass das Archiv des Ordens in jener Zeit wenigstens den Mitgliedern
und Beamten des Ordens gegenüber nicht nur nicht unzugänglich
gewesen, sondern ziemlich sorglos verwaltet worden sein muss.^)
Insofern also hat Sebastian Paoli, der Herausgeber des
Codice diplomatico del S. militare Ordine di Gerusalemme (Lucca
1733), nicht Recht, wenn er behauptet, das Ordensarchiv sei bis auf
seine Zeit eifersüchtig behütet und von niemandem benützt worden.
Nur eine massenhaftere MittheUung der in demselben enthaltenen
Urkunden blos zur Förderung der geschichtlichen Kenntniss, ab-
gesehen von den Orden angehenden praktischen Interessen, hatte
bisher allerdings nicht stattgefunden. In dieser Hinsicht mag daher
das Lpb begründet sein, welches Paoli in der Widmung seines Ur-
kundenbuches dem Hochmeister Antonio Manoel de Vilhena (vom
19. Juni 1722 bis zum 12. December 1736) spendet, weil derselbe
zuerst die Anregung gegeben zur Ausnutzung des Ordensarchives
im Interesse der historischen Forschung. Nach Paoli hat nämlich
Vilhena den Baillis Emanuel Pinto, des Ordens Vicekanzler, und
Mario Cevoli, seinem Secretär für die italienischen Angelegenheiten,
die "Weisung ertheilt, die in dem Archive aufbewahrten Pergamente
allgemein zugänglich zu machen. Dieser Liberalität verdankte jeden-
falls Paoli die Möglichkeit zu seinen eigenen Studien, verdanken wir
das aus denselben hervorgegangene Werk, welches, so viel es im
Einzelnen zu wünschen übrig lassen mag, nicht blos für die Geschichte
des Johanniterordens, sondern für die der Kreuzzüge überhaupt noch
immer als eine der wichtigsten Quellen und in mancher Hinsicht
als unentbehrlich bezeichnet werden darf, üebrigens erklären sich
Seelenmessen für König Philipp II August von Frankreich zu lesen, der dem
Orden 70000 Scudi vermacht hatte. (Vgl. die Bestätigung durch P. Honorius III.
Potthast n. 7528.)
*) Dass das ein die bestehenden Bestimmungen verletzender Misbrauch
gewesen, lehren die Vorschriften, welche ich in dem z. Z. in der Bibliothek zu
Messina befindlichen Libro della Visita di tutti i beni e commende del Gran-
priorato Gerosolimitano commende e beni della S. R. O. formato nel 1749
fol. 109 ff. fand, wo genau über die von den Visitatoren vorgenommene Revision
des Archivs und den unbefriedigenden Zustand desselben sowie die zur Ab-
hülfe getroffenen Verfttgimgen gehandelt wird: u. A. wird da dem Archivar
strengstens imtersagt, ohne besondere Vollmacht der Oberen irgend Jemandem
irgend etwas aus dem Archive mitzutheilen. Auch über Lage und Beschaflfen
heit des dem Archive anzuweisenden Raumes und dessen Ausstattung wird
genau verfügt.
5*
68 Prutz:
viele von den Mängeln des Paolischen Urkundenbuches aus der
Entstehung desselben. Ursprünglich nämlich wollte Paoli nur eine
kritische Untersuchung über die Chronologie der Hochmeister während
der orientalischen Periode des Ordens verfassen und hatte zu diesem
besonderen Zwecke in Malta selbst gesammelt und copiert. Als
er dann aber seinen Plan dem gelehrten Fontanini mittheilte, rieth
ihm dieser, auch die übrigen, für die chronologischen Controversen
nicht in Betracht kommenden Urkunden zu veröffentlichen. Desshalb
liess Paoli sich zur Ergänzung seiner Materialien noch mehr Ur-
kundenabschriften aus Malta kommen. Ein bestimmter Plan also
liegt der Auswahl nicht zu Grunde, welche Paoli aus den Schätzen
des Johanniterordensarchives getroffen und zu seinem Codice
diplomatico vereinigt hat; noch weniger ging er auf erschöpfende
Vollständigkeit nach irgend einer Seite hin aus, denn Paoli hat gar
nicht einmal alle die in seinen Besitz gekommenen Urkunden zum
Abdruck gebracht. Vielmehr liess er nach seiner eigenen Erklärung
einmal alle diejenigen fort, welche einfache Wiederholungen älterer Ur-
kunden waren , — wogegen nichts einzuwenden sein dürfte, obgleich
auch hier zum mindesten Regesten und in gewissen Fällen die Zeugen-
reihen für uns erwünscht wären; und dann diejenigen, welche blos
Kauf, Tausch, Verkauf und ähnliche Geschäfte bekundeten und die-
selben Zeugen enthielten wie die schon gedruckten — eine Praxis,
die zu bedauern ist im Hinblick auf die Wichtigkeit, welche gerade
diese Kategorie von Urkunden in neuerer Zeit für topographische
und ähnliche Untersuchungen erlangt hat.
Mehr als hundert Jahre sind dann von der Veröffentlichung
des Paolischen Werkes an verflossen, bis man den in Malta liegenden
Schätzen wieder einige Aufmerksamkeit zuzuwenden anfing. Denn
das geschah erst in Folge der Anregung, welche das Studium der
Geschichte der Kreuzzüge durch die Werke von Wilken und von
Michaud empfing, mit rechtem Nutzen aber doch eigentlich erst
seitdem die kritische Historiographie nach dem Vorgange von Sybel's
auch diesen Stoff, der ihr eine ganze Reihe der interessantesten
Probleme darbietet, in den Bereich ilirer methodisch arbeitenden
Thätigkeit gezogen hat. Mit besonderem Eifer haben sich demselben
die Franzosen zugewandt, für welche sich allerdings an diesen Stoff
ganz besondere nationale Erinnerungen knüpfen und die in dem-
selben eigentlich eine der glänzendsten Partien ihrer eigenen
mittelalterlichen Geschichte behandeln. Auch steht ihnen dafür seit
Malteser Studien. 69
Jahrzehnten in der fieole des chartes ein vortreffliches Organ zur
Verfügung, dem gegenüber die in neuester Zeit vorgenommene
Stiftung einer besonderen Soci6t6 de TOrient latin fast überflüssig
erseheinen möchte, um so mehr als die ficole fran9aise de Rome
wie allen mittelalterlichen so auch diesen Dingen ihre Aufmerk-
samkeit in erfreulicher Weise zuwendet. Im Dienste dieser Be-
strebungen ist denn auch das Ordensarchiv auf Malta in neuerer
Zeit öfters aufgesucht worden. Einen ersten, freilich ziemlich ober-
flächlichen Bericht über die Ordnung und den Inhalt desselben ver-
danken wir deRoziöre''); gründlichere Studien aber hat dort zuerst
Mas Latrie gemacht, um Materialien für seine Geschichte der
Insel Cypern unter der Herrschaft der Lusignans zu sammeln.
Ihm verdanken wir eine genauere Uebersicht über die damalige
Ordnung des Archivs ; er hat die ihn selbst zunächst interessirenden
Abtheilungen desselben flüchtig durchgesehen und den ungefähren
Werth derselben gekennzeichnet, auch bereits einige besonders be-
achtenswerthe ungedruckte Stücke ausdrücklich hervorgehoben.^)
Nach den Angaben Mas Latries gliederte sich das Archiv (Records-
room — Camera dei Ricordi) damals in folgende fünfzehn Abtheilungen :
1. Bolle: päpstliche Bullen vom 12. bis zum 17. Jahrhundert,
nach gleichnamigen Päpsten geordnet, in neun Mappen;
dazu 12 Bände Copien aus verschiedenen Zeiten.
2. Concessioni, diplomi — Schenkungen u. s. w. frem-
der Fürsten an den Orden aus dem 12. und 13. Jahrhundert.
3. Bolle dei maestri — Originalbullen der Hochmeister aus
dem 12. bis 16. Jahrhundert.
4. Constituzioni — Ordensregeln, Statuten und Verfügungen
über Verwaltungsmassregeln u. a. m., sehr bunten Inhalts,
u. A. auch über Reisen und Gefangenschaft von Ordensrittern
u. s. w., darunter einige Kaiser- und Königsurkunden aus
dem 12. Jahrhundert.
5. Capitoli — Protokolle der Generalkapitel des Ordens vom
14. bis zum 18. Jahrhundert.
6. Libri buUarum — d. h. Register der Ordenskanzlei, ent-
haltend die aus derselben ergangenen hochmeisterlichen
Schreiben, Erlasse u. s. w., vom 14. bis 18. Jahrhundert.
*) Bibliotheque de l'lScole des cliarte«. 2« Serie U, 567.
*) .Vrchives des uiissions scientitiques VI (1857), S. 1 ff.
70 Pratz:
7. Lingne, die einzelnen Ordenszungen betreffende Papiere.
8. Universitä, d. h. Aktenstücke, betreffend den grossen
Malteser Volksrath, das ehemalige Organ der Selbstver-
waltung, welches von dem Orden trotz seines feierlichen
Versprechens, die alten Kechte und Freiheiten der Malteser,
die zum Theil in der normannischen Zeit entstanden, von
den aragonischen Königen wiederholt bestätigt und auch
noch unter Karl V in voller Wirksamkeit gewesen waren,
zu respectiren, bald gründlichst umgestaltet wurde, vom
14. bis 18. Jahrhundert.
9. Consiglio, Akten des Ordensrathes vom 15. bis 18. Jahr-
hundert.
10. Lottere dei Granmaestri aus dem 16. bis 18. Jahrhundert.
11. Lottere dei Granmaestri aus derselben Zeit.
12. Ambasciatori, Depeschen und Berichte der Gesandten
des Ordens an fremden Höfen, namentlich bei der päpst-
lichen Kurie von 1596 bis 1790.
13. Spropriamonti, Testamente von Ordensrittern u. dergl.
14. Ricevutori, Rechnungen der Einnehmer der dem Orden
zufallenden Gefälle, Renten u. s. w.
15. Proprietä — documenti diversi.
So dankenswerth die Angaben Mas Latrie's sein mochten, zu
einer rechten Charakteristik des Archives reichten sie nicht aus
und konnten auch dem Specialforscher einen recht brauchbaren
Fingerzeig über das, was er dort zu finden hoffen durfte, nicht
geben. Nimmt man hinzu, dass Mas Latrie für seine Geschichte
Cyperns dort nur wenige Stücke gewonnen hat, so wird es begreiflich,
wenn man den Werth des maltcser Archives in den fachmännischen
Kreisen im Allgemeinen nicht hoch schätzte und demselben nur für
die Geschichte des Johanniterordens selbst eine grössere Bedeutung
beimessen wollte. In ein anderes und zwar wesentlich günstigeres
Licht wurde dasselbe erst gerückt, als Karl Hopf auf der grossen
Reise, welche er mit Unterstützung der Berliner Akademie der
Wissenschaften zu archivalischen Studien für seine Geschichte
Griechenlands im Mittelalter unternahm, die Insel besuchte und
während eines längeren Aufenthaltes daselbst das Archiv einer
gründlichen Durchsicht unterwarf Aus seinem Berichte*) zuerst
') Monatsberichte der Berliner Akademie 1864, p. 204 fL
Malteser Studien. 71
konnte man eine rechte Einsicht in die eigenartige Bedeutung dieser
merkwürdigen Sammlung gewinnen: namentlich hat Hopf auf den
reichen Gewinn hingewiesen, welcher aus einigen Theilen derselben
für eine kritische Geschichte des Tempclherrnordens gemacht
werden könnte.
Wie das aber solchen Berichten leider nur allzu leicht ergeht,
so ist auch der von Hopf über das malteser Archiv erstattete wenig
oder gar nicht bekannt geworden oder schnell wieder in Vergessenheit
gerathen. Von der nicht ganz kleinen Anzahl von Forschern, welche
sich zur Zeit sowohl in Deutschland wie in Frankreich mit der
Geschichte der Kreuzzügo und den angrenzenden Gebieten be-
schäftigen, scheint keiner von ihmKenntniss erlangt, jedenfalls keiner
ihm so viel Bedeutung beigemessen zu haben, dass er es unter-
nommen hätte, den darin gegebenen Fingerzeigen nachzugehen und
die Hebung des danach in Malta zu vermuthenden Schatzes zu
unternehmen.
Im Verlaufe der auch mich seit einer Reihe von Jahren
vorzugsweise beschäftigenden Studien über die Kreuzzüge , insbe-
sondere in kulturgeschichtlicher Hinsicht, stiess ich nun immer
wieder auf Spuren, welche in Malta besonders werthvolle Materialien
vermuthen Hessen ; namentlich wurde es mir allmählich zur Gewiss-
heit, dass Reste des vielgesuchten Tempelherrnordensarchives,
wenn es deren überhaupt noch in nennenswerthem Umfange gab,
unter den Urkunden des Johanniterordens in Malta versteckt liegen
müssten, schon deswegen, weil ja nach der Auflösung des Tempel-
herrnordens die gesammten Rechte, Freiheiten, Güter und Renten
desselben durch Papst Clemens V den Johannitern überwiesen
worden sind. Allerdings sind dieselben thatsächlich nur zu einem
kleinen Theile in den Besitz dieser reichen Erbschaft gelangt, da ja
z. B. die Tempelherrngüter in Frankreich fast ganz von der Regierung
occupirt wurden; und ähnliches geschah in England und in anderen
Staaten. Immerhin aber durfte man doch annehmen, dass von den
Urkunden, welche die Güter und Rechte des Tempelherrnordens
betrafen und demgemäss den Johannitern als den vom Papste einge-
setzten Erben desselben ausgeliefert werden mussten, ein gewisser
Stamm auch wirklich an denselben gelangt ist. Ausgeschlossen
ist natürlich auch hier nicht, dass einmal manches Stück bei dem
Hereinbrechen der Katastrophe über den Tempelherrnorden abhanden
gekommen oder absichtlich auf die Seite gebracht worden ist, dann
72 Pnitz :
aber manches andere, was wirklich an die Johanniter ausgeliefert
war, bei dem Transport nach Rhodos und später während des zwischen
dem Verluste dieser Insel und der Einrichtung in Malta liegenden
Interimisticums in Viterbo i) verloren gegangen oder ruinirt worden
ist. Entscheidend wurde für mich namentlich der Bericht von
Hopf, in welchem in dieser Hinsicht geradezu gesagt wird: diese
Urkunden „sind höchst wichtig für eine kritische Geschichte des
Tempelherrnordens: die meisten Documente des letztern sind den
Johannitern übergeben worden, und so findet sich für dieselben das
reichste, so viel ich weiss, bis heute unbekannte oder unbenutzte
Material" — eine Aeusserung, welche, wie sich nachher herausstellte,
den Werth der von de Roziöre und Mas Latrie übersehenen Bestand-
theile des Archivs in begreiflicher Entdeckerfreude freilich beträchtlich
überschätzt und grössere Erwartungen erregt, als dieselben nachher
zu erfüllen im Stande sind.
Das Wohlwollen und die Liberalität des königlich preussischen
Ministeriums für Kultus-, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten,
dem auch an dieser Stelle dafür der schuldige Dank auszusprechen
erlaubt sein möge, haben mir die Mittel gewährt, die Reise nach
Malta zu machen und während eines mehrwöchentlichea Aufenthaltes
inLavaletta auf Grund einer allgemeinen orientirenden Durchsicht der
sämmtlichen Abtheilungen des dortigen Archivs den ganzen älteren
Bestand desselben genau zu durchforschen und die dem eigentlichen
Kreuzzugszeitalter, d. h. der Periode bis zum Verluste Accons
(1291) und der Auflösung des Tempelherrnordens (1307) angehörigen
Stücke, welche sich als unbekannt oder nicht genügend bekannt
ergaben, fast sämmtlich zu copiren oder doch zu excerpiren. Indem
ich mich anschicke, den reichen Ertrag dieser Arbeit, der insbe-
sondere auch der Sammlung der Papsturkunden und -Rcgestcn
zu gute kommt, den Fachgenossen vorzulegen, halte ich es für
angemessen, zunächst über das malteser Archiv, von welchem man
nach den Mittheilungen de Roziöre's und Mas Latrie's nur eine sehr
unklare Vorstellung gewinnt und welches auch die treffenderen
Angaben Hopfs nicht ganz richtig gekennzeichnet haben , einen
genauen Bericht zu geben und im Anschluss an die in demselben
durchgeführte neue Ordnung die einzelnen Abtheilungen desselben
zu charakterisiren , wobei ich selbstverständlich auf die von mir
^) Paoli, prefazione I.
Malteser Studien. 73
erschöpfend behandelte ältere Zeit besondere Rücksicht nehme, um
weiterhin dann über die von mir dort und in der öffentlichen
Bibliothek zu Lavaletta aufgefundenen Reste des ehemaligen
Tempelherrnordensarchives im Einzelnen eingehende Mittheilungen
zu machen.
L
Das Archiv des Johanniterordens in Lavaletta.
Was von dem ursprünglichen Bestände des Johanniterordens-
archives den mehrfachen Umzug, erst von Accon nach Cypern, dann
von dort nach Rhodos und weiter nach Viterbo und Malta glücklich
überdauert hatte, wird zunächst vermuthlich in dem Castell S. Angelo
aufbewahrt worden sein. Denn in diesem, dem ältesten und ehemals
wichtigsten festen Platz in dem von dem später (1566 — 70) ent-
standenen Lavaletta beherrschten System von Buchten und Häfen,
schlug der Orden nach seiner Ankunft auf der Insel zuerst seinen
Sitz auf. Später entstand (1572) der prachtvolle Bau des heute von
dem englischen Gouverneur bewohnten hochmeisterlichen Palastes:
in ihm hatte auch die Ordenskanzlei ihren Sitz und in Verbindung
mit ihr natürlich auch das Ordensarchiv. Dasselbe ist, soweit wir
nachkommen können, von der Katastrophe, welche 1798 den Orden
traf, und den daraus entspringenden Aenderungen in den gesammten
Verhältnissen der Insel selbst nicht weiter berührt worden. Weder
die kurze und von Anfang sehr unsichere französische, noch die
dann folgende und bis heute bestehende englische Herrschaft hat
den Bestand des Archivs in Frage gestellt oder vermindert: es
findet sich keine Spur, welche auf die Wegführung des einen oder
des andern besonders merkwürdigen Stückes nach Paris oder nach
London schliessen liesse. Wohl aber scheint das Archiv schon in
der letzten Zeit der Ordensherrschaft arg vernachlässigt gewesen zu
sein und hat damals namentlich durch einen in seinen Räumen
stattgehabten Brand gelitten, von dem wir aber bei dem Mangel
jeglicher Notiz zur Geschichte des Archivs weder die Zeit, wann
er stattgefunden, noch den Umfang des angerichteten Schadens an-
zugeben vermögen. Denn unsere Kenntniss der Thatsache ver-
danken wir allein einer gelegentlichen Erwähnung bei Villeneuve-
Bargemont.1) Ueber den Ursprung der von ihm veröffentlichten
*) Monumenti dei granmaestri dell' Ordiue di ö. Giovanni. Malta 1846.
74 Prutz :
Sammlung von Denkmälern der Hochmeister des Johanniterordens
bemerkt derselbe nämlich, eine die Bilder derselben enthaltende
Handschrift sei in dem malteser Archive vorhanden gewesen und
von dem Grafen de ßloise, Comthur von Hannonville, aus Liebhaberei
copirt worden, — zum Glück, denn der das Original enthaltende
Theil des Archivs sei inzwischen durch eine Feuersbrunst zerstört
worden, so dass die Publication jener interessanten Bildwerke nur
nach der Bloise'schen Copie noch möglich gewesen seiJ) Wann diese
theilweise Zerstörung des Ordensarchives erfolgt ist, muss dahin-
gestellt bleiben; es lässt sich nicht einmal sagen, ob sie vor oder
nach 1798 zu setzen ist.2) Unter den zahlreichen Fascikeln des
malteser Archivs, welche durch meine Hände gegangen sind, befand
sich keines, welches die Spuren durchgemachter Brandgefahr irgendwie
äusserlich an sich getragen hätte ; man möchte demnach annehmen,
dass durch die erwähnte Feuersbruust vielleicht ein für sich abge-
schlossener Raum betrofTcn und die darin befindlichen Archivalien
völlig vernichtet wurden , während die in anderen Räumen auf-
bewahrten ganz unbeschädigt blieben.
Ein Archiv in dem Sinne, den wir mit dieser Benennung zu
verbinden pflegen, kann man übrigens das ehemalige Johanniter-
ordensarchiv streng genommen gar nicht nennen. Denn dasselbe
bildet kein staatliches wissenschaftliches Institut, sondern ist eigentlch
nur die älteste, die völlig reponirten Akten enthaltende Abtheilung
der durchaus auf die Erledigung laufender Geschäfte angelesenen
„Registratur and archives" des englischen Gouvernements. Der
diesen vorgesetzte Notar, z. Z. Herr A. C. Briffa, L. L. D., hat mit
den ihm zugewiesenen Beamten und Schreibern die Grundbücher,
die Civilstandsregister und dergleichen zu führen, Testamente in
Depot zu nehmen und die meisten Akte der freiwilligen Gerichts-
barkeit zu vollziehen: in seinem Geschäftszimmer, im Erdgeschoss
des Gouvernementspalastes, ist daher ein fortwährendes Kommen
und Gehen, Fragen, Auskunftertheilen, Verhandeln, ein Durch-
einander von Maltesisch, Englisch und Italienisch, in Folge dessen
natürlich auch nur wenig Behaglichkeit für denjenigen, der wissen-
schaftlichen Studien obliegen will. Anders als es sonst in Archiven
*) S. 14. — quando quella parte dell' archivio dove eran richiuse, peri
dun incendio.
*) Denn der (iraf von Bloise, der noch als Bevolhnilchti^er des Ordens
auf dem Kongresse zu Verona erschien, starb, 84 Jahre alt, erst 1824 zu Nancy.
Malteser Studien. 75
.ZU sein pflegt, dreht sich hier eben alles um die mannigfach be-
wegte und sehr krause Verhältnisse aufweisende (jegenwart: für die
Ordenszeit ist wenig oder gar kein Interesse vorhanden. Uas im
Ganzen aus 7433 Nummern bestehende ehemalige Ordensarchiv ist
theils in dem Geschäftszimmer des Notars, theils in den hinteren
Nebenräumen desselben in einer Reihe von Schränken und auf etlichen
Repositorien ohne Anwendung einer besonderen archivalischen
Technik untergebracht und wird sicherlich im gewöhnlichen Laufe
der Dingo nicht so leicht in seiner staubbedeckten Ruhe gestört.
Unter solchen Umständen kann man denn auch bei den Beamten,
von denen keiner zum Archivar geschult ist, weder ein besonderes
Interesse, noch ein besonderes Verständniss für die ihrer Obhut
anvertrauten Denkmäler aus der Ordenszeit voraussetzen, und auch
bei Herrn Notar BrifFa, dessen freundlicher Bereitwilligkeit als einer
wesentlichen Förderung meiner Studien ich auch an dieser Stelle
dankbar gedenken muss, war eine Kenntniss des Orden sarchives
über die Angaben des Repertoriums hinaus nicht zu linden. Um
so erwünschter war es, dass dieses Repertorio dogli atti, registri,
documenti ed altro giä attinenti all' ordine Gerosolimitano od alle
universitä delle citta Notabile e Valletta constituenti oggi TArchivio
del Governo in custodia presso il Notaro dello stesso, im Jahre
1875 neu redigirt, sich im Ganzen als zuverlässig erwies und trotz
seiner oft recht allgemeinen und daher unbestimmten Angaben als
Leitfaden zu eindringender Durchforschung der wichtigsten Theile mit
Nutzen gebraucht werden konnte. Dieses Repertorium lege ich auch
dem nachfolgenden Berichte zu Grunde, indem ich zugleich die in
demselben gebrauchten italienischen Rubriken im Interesse ganz
sicheren Citirens beibehalte.
Das ehemalige Ordensarchiv zerfallt danach in zwei sehr
ungleiche Theile: Der erste (No. 1 bis 6773) enthält das
eigentliche Archiv des Johanniterordens im engeren Sinne,
der zweite (660 Nummern stark) die auf die Körperschaften,
namentlich den Volksrath (universitä) der alten Hauptstadt La Notabile
und dann auf die La Valettes bezüglichen Aktenstücke. Von allge-
meinem Interesse ist nur der erste Theil. Er zerfallt in 17 Ab-
theilungen (classificazioni) entsprechend den einzelnen Zweigen
und Organen der Ordensverwaltung. Jeder Abtheilung ist in dem
Repertorium eine knappe Einleitung vorangeschickt, welche über
das Wesen des betreffenden Instituts Auskunft gibt und die dadurch
76 Pnitz:
bedingte Bedeutung der weiterhin verzeichneten Archivalien skizzirt.i)
Im Einzelnen vertheilt sich der vorhandene Stoff dann weiter
folgendermassen.
Classificazione I. Volumi contenenti scritture
originali di data molto antica. Von den Aktenstücken, die
chronologisch, ohne Rücksicht auf den Stoff geordnet sind, betreffen
die älteren die Geschichte des Ordens im Heiligen Lande.
No. 1 bis 5 Donationes, emptiones aliaeque bonorum
acquisitiones in regno Hierusalem favore Hospitalis S.
Johannis. No. 1 enthält Urkunden aus den Jahren 1107 — 49,
darunter (No. 5) eine Originalurkunde Balduins I vom Jahr 1110
mit des Königs eigenhändiger Unterschrift (= Paoli I n. 2), sowie
zwei von 1177 (Balduinus Ramatensis dominus über das Constantie
sorori regis Francie comitisse Sei Egidii verkaufte Gut Bethduras und
die Bestätigung dafür durch König Balduin V mit Wilermus Tyri
archiepiscopus an der Spitze der Zeugen) und ein Vidimus der Ur-
kunde bei Paoli I n. 82 mit den Siegeln der Erzbischöfe von Nicosia
und Caesarea von 1199 — im Ganzen 10 bisher ungedruckte
Urkunden, — No. 2 enthält solche aus den Jahren 1150 — 69,
darunter 19 bei Paoli fehlende, unter ihnen mehrere Originalurkunden
des Patriarchen Amalrich von Jerusalem (1158 — 80) und eine des
Priors der HeiUgengrabeskirche , Peter, welche von einem nachher
gescheiterten Versuche zur Gründung eines neuen geistlichen Ritter-
ordens auf Grund der Cistercienser-Regel Kunde gibt. No. 3 um-
fasst die Jahre 1170 — 1179 und aus ihnen 20 bei Paoli fehlende
Urkunden, darunter Originale des Hochmeisters Roger von Moulins
und der Gräfin Sibylla von Jaffa und Ascalon, nachmaligen Gattin
Guido's von Lusignan. No. 4 enthält Urkunden aus den Jahren
1180 — ^^1198, davon 11 ungedruckt, u. a. Originale von Ur-
kunden König Balduins V von 1180 (2) und 1181 dat. per manum
Willelmi Tyrensis archiepiscopi. No. 5 (nach der ursprüng-
lichen Zählung dieser Bände 6 — der Band dazwischen ist verloren und
es fehlen in Folge dessen die Urkunden aus den Jahren 1199—1230)
enthält Urkunden aus den Jahren 1231 — 59, wovon 16 bei Paoli
*) „Ciascuna parte h «lisposta in tante classilicazioni quante sono le classi,
che la compongono, e ciascuna classificazione ö preceduta da una breve notizia
della nattuu dei volumi che la compongono, con dei correspondenti cenni storici
atti a far meglio comprendere le materie contenute nei registri, — 11 loro Interesse
e le loro reciproca comessione."
Malteser Studien. 77
fehlen. — Andererseits aber enthält fast keiner dieser Bände so viel
Urkunden, wie er nach der durchlaufenden Zählung eigentlich ent-
halten sollte: so fehlen z. B. in No. 2 die Nummern 28, 46, 47 u.
51, in No. 3 1, 4, 5, 6, 7, 40, 45, 46 u. 57; dass diese Stücke und
wohl auch andere erst nach Paoiis Zeit abhanden gekommen, be-
weist, dass von den obengenannten Nummern 6 u. 46 noch bei
Paoli (I p. 242 und ib. p. 64) gedruckt sind.
No. 6 — 14 enthalten die Sammlung der päpstlichen
Originalbullen: mit Ausnahme der ersten (No. 6), welche ehemals
die jetzt in der Armeria des Qouverneurpalastes in einem Glaskasten
aufbewahrte Bestätigungsbulle Paschalis 11 vom 15. Februar 1113
enthielt, jetzt aber nur noch die bekannte Bulle Calixtus II vom
19. Juni 1119, dann einen Erlass Johann XXI gegen die Occupatoren
der Tempelherrngüter in England vom 17. März 1317 und ein 1255
ausgestelltes Vidimus einer interessanten Urkunde Paschalis II vom
29. Juli 1108 betreffend die Errichtung eines Erzbisthums auf dem
Berge Tabor, sind hier die Bullen nach -den Namen der Päpste
geordnet. So enthält No. 7 die Bullen der Päpste Urban III bis
Urban VIII, No. 8 die Eugen III und IV, No. 9 Honorius III
und IV, No. 10 Clemens III bis VH, No. 11 Clemens VII bis XIII,
No. 12 Gregor IX bis XV, No. 13 Johann XXI bis XXIII und
No. 14 endlich die Bullen Nicolaus III, IV und V. Aus diesen
Faseikeln ergeben sich an ungedruckten Bullen 3 Clemens III,
4 Clemens IV, je 2 Honorius HI und Gregor X, sowie je eine Urban III
imd Nicolaus IV. Interessante Stücke enthält ferner No. 10, nämlich
erstens eine Serie von Schreiben Clemens V aus den Jahren 1307
und 1308 über den damals von dem Johanniterorden geplanten
und von dem Papste aufs dringendste empfohlenen Kreuzzug und
dann eine Serie von 30 Schreiben betreffend die Ueberweisung der
Güter des Tempelherrnordens an die Johanniter, beginnend mit dem
Original der betreffenden Bulle, welcher dann Copien der Schreiben
folgen, welche in dieser Sache von der Kuiie an die Könige,
Fürsten, weltliche und geistliche Grosse Navarras, Frankreichs,
Deutschlands , Dänemarks , Norwegens , Schwedens , Böhmens ,
Oesterreichs , Ungarns, Cyperns, Achaias und Siciliens gerichtet-
wurden.
No. 15, Privilegiorum Sacrae domus Hospitalis Hierusalem a
diversis summis pontificibus concessorum transsumptum ist sehr
beschädigt und fast durchweg unleserli(^h.
78 Priitz:
No. 16 enthält 74 Originalbullen der Hochmeister des 13. bis
15. Jahrhunderts, bis auf Aubusson (1476 — 1503). Das älteste Stück
ist eine Copie (Ex msco cod. Bibliothecae Anicianae Romani CoUegii
Gregoriani domus S. Benedict! de Propaganda fide apud eiusdem
collegii abbatem praesidentera D. Constantinum Caietanum) eines
Erlasses Raimunds von Puy, des ersten Ordensmeisters, betreffend die
Beilegung von Differenzen, die zwischen dem Orden und der Heiligen-
grabeskirche in Folge einiger Erwerbungen des ersteren ausgebrochen
waren; es folgt der Bericht des Ordensconvents an den Papst über
die durch den Verzicht des Hochmeisters Gilbert von Assalit und
dessen nachträgliche Zurücknahme veranlassten Schwierigkeiten vom
Jahre 1169, weiter etliche ungedruckte Bullen der Hochmeister Guarin
(1235), Wilhelm von Chateauneuf (1254), Hugo Revel u. a., endlich
die sehr umständliche uneingeschränkte Vollmacht, welche das
Generalcapitel 1314 den Rittern Leonardo und Francesco de Tibertis
zur Uebernahme der dem Orden zugesprochenen Güter der Tempel-
herren ertheilte.
In No. 17, welche meist Geleitsbriefe Karls V für Ordens-
beamte enthält, h^t sich auch das Original einer Urkunde des
Herzogs Wilhelm von Böhmen vom Jahre 1183 verirrt, über eine
von demselben unter Zustimmung seines Bruders Brezislaus, Bischofs
von Prag, dem Johanniterorden gemachte Landschenkung und die
Bestätigung demselben früher von Anderen gemachter Schenkungen.
Unter No. 18 bis 85 folgen dann 18 Fascikeln Bullae
originales quae in libris bullarum non sunt registratae,
die ältesten aus dem 13. Jahrhundert, die letzte von 1555; No. 36
eine grosse Pergamenturkunde Heinrichs 7 HI von England, worin
er seine Erklärung zum Oberhaupte der englischen Kirche meldet
und das Protektorat über den Orden in England übernimmt. Von
Interesse ist dann erst wieder No. 4G Miscellanea di docu-
menti antichi: unter denselben ist das Original der Schenkungs-
urkunde des Königs Andreas von Ungarn von 1217 (Paoli I, n. 104),
3 Breven Alexander IH, eines Eugen III an Pontius, den Abt des
Klosters auf dem Berge Tabor, vom 4. Mai 1146, welches auf die
oben erwähnte Urkunde Paschalis II von 1103 Bezug nimmt, dieselbe
bestätigend und ergänzend. Unter den in No. 47 (Fondazioni della
lingua di Provenza, Alvernia e Francia) vereinigten Stücken aus sehr
verschiedenen Zeiten sind hervorzuheben eine Bulle Honorius HI
vom 7. Dezember 1217, worin ein Verkauf an den Johanniterorden
Malteser Studien. 79
bestätigt wird, welchen unter Zustimmung des Abtes und Convents
von Cluny der Prior Gotfried von Clafout 1209 vollzogen hat (,,pro
sex milibus marcarum Parisien sium , aliter enim non poteramus
liberare ecclesiam nostram ab usuris, quibus tenebamur adversus
ludeos"), und dann die Originalurkunde über die Schenkung des
Castells Deschalley an den Orden durch Beatrix, die Wittwe Raimund
Berengars, des Grafen von Provence, von 1266. In No. 63 (Mis-
cellanea Hierosolymitana) findet sich das Privileg Kaiser Friedrich II
für den Orden vom Januar 1221 Capua.
Eines der werthvoUsten Stücke ist die den Schluss der ersten
Abtheilung bildende No. 69, ein sehr sauber und zierlich ge-
schriebener Codex von 1357 enthaltend Gli statuti e le consuetudine
deir Ordine, beginnend mit der eingangs erwähnten Bestätigung der
im Original mit Accon verloren gegangenen Eegel Raimunds, welcher
dann die von den Hochmeistern und Generalcapiteln beschlossenen
Ergänzungen und Aenderungen mit durchlaufender Zählung der
einzelnen Paragraphen folgen. Die Sammlung ist auf Befehl Rogers
des Pins (1355—05) angefertigt, um die Geltung der Regel zu
befestigen, deren Deutung Zweifeln und Einwürfen ausgesetzt
war; des sicherern und allgemeinern Verständnisses wegen wurde
dabei statt der sonst üblichen französischen Sprache die lateinische
gewählt. 1)
Mit Ausnahme einiger Stücke, von denen weiterhin noch
besonders die Rede sein wird, entbehren die folgenden Abtheilungen
des malteser Archivs des allgemeinen Interesse^, welches dem eben
besprochenen älteren Theile innewohnt. Ich begnüge mich daher
mit einer kurzen Uebersicht des Inhalts im Anschluss an das
Repertorium.
Classificazione IL Registro del Consiglio dell'
Ordine gerosolimitano — d. i. Protokolle u. s. w.
des dem Hochmeister beigeordneten Ordensrathes, der
^) Es heisst im Eingange u. a. : Nos itaque volentes tales increduios de
statutis eisdem reddere certiores regulam, statuta et consuetudines nostras et
nostrae religionis de galica lingua, in qua corauniter sunt redacta et continuo
rediguntur, resecatis aliquibus ex eis, que vobis non necessaria nee utilia vide-
bamus, invicem deliberato consilio de nostra certa scientia transferri jussimus in
latinum Den dem Kreuzzugszeitalter angebörigen Theil dieser Sammlung
habe ich unter den Beilagen zu meiner „Kulturgeschichte der Kreuzzüge' (Berlin
1883) S. 601 ff. veröffentlicht.
80 Prutz !
Centralstelle für die gesammte Verwaltung, Politik u. s. w.,
wovon
No. 71 — 165 die Jahre 1459 bis 1797 umfassen.
No. 166— 193 Duplicato del Registro betr. die Jabre 1520— 1777.
No. 194 ff. In.ventario dei Consigli, 1789—98.
No. 218—224 Repertorio dei decreti — enthält ein alphabetisch
geordnetes Repertorium der Rathsdecrete , ergänzt und
erläutert durch beigefügte Dekrete des Staatsraths.
Diese letzteren, Registri del Consiglio di Stato, folgen dann
als Classificazione III in No. 251—275, von 1623 an bis 1798.
Classific. IV enthält die Register der Generalcapitel von 1330 bis
1776 in No. 276 bis 304, woran sich unter No. 305—10 die Recordi,
d. h. die den Generalcapiteln vorgelegten Bittschriften u. s. w
anschliessen.
Von hervorragendem Werthe sowohl für die innere als auch die
äussere Geschichte des Ordens ist dann Classificazione V, Re-
gistro delle belle di Cancelleria, welche unter No. 311 — 592
die lange Reihe der Registerbände der Hochmeisterkanzlei enthält, von
1346 bis 1790. Dieselben sind auf Papier geschrieben, ohne Inhaltsver-
zeichnisse, doch von Anfang an nach stofflichen Gesichtspunkten
angelegt, so dass immer die auf eine Ordensprovinz bezüglichen Stücke
zusammengeschrieben sind, und daher im Allgemeinen ganz über-
sichtlich und bequem zu bearbeiten. In ihnen liegt noch, wie schon
Hopf bemerkte, eine Fülle von wichtigen Dokumenten aller Art
begraben, und für alle die Dinder, in denen der Orden heimisch und
begütert war, wird aus ihnen noch reicher Gewinn zu ziehen sein.
Als Ergänzung kommen hinzu: No. 593—621 das Minutario delle
belle di cancellaria und 622—29 Indice, Repertorien u. s. w. und
ein im 18. Jahrhundert angelegtes Formelbuch mit Musterstücken
für die verschiedenen von der Kanzlei auszufertigenden Schreiben.
Die Classificazione VI enthält in etwa 500 Bänden (No. 630
bis 1117) die auf die Ordensfinanzen und deren Verwaltung
bezüglichen Akten, welche leider erst mit dem 17. Jahrhundert
beginnen und für die interessantere und wichtigere ältere Zeit
verloren sind.
In der Classificazione VTI (Bolle ponteficie) sind die zu
verschiedenen Zeiten angefertigten und immer von Neuem abge-
schriebenen Sammlungen der für den Orden erlassenen päpstlichen
Bullen in ca. 50 Bänden (No. 1118 1109) zusammengestellt. Das
Malteser Studien. 81
wichtigste von diesen Builarien ist No. 1121, das im Repertorium
als Bullarium rubrum bezeichnet ist: von ihm und den in ihm ent-
haltenen Resten des Tempelherrnordensarchivs ist im folgenden
Abschnitt noch besonders zu sprechen. Die Classificazione"Vni
(No. 1170—87) enthält dem Hochmeister präsentirte Bittschriften
nebst den Antworten darauf aus den Jahren 1608—1798, Clas-
sificazione IX (No. 1188—1644) die Correspondenz , und zwar
zunächst (No. 1188 — 1231) die mit den auswärtigen Höfen, besonders
denen von Rom und Neapel, dabei die Originalschreiben der betreffen-
den Monarchen von 1626 bis 1779, weiterhin dann (No. 1237—1857)
die Briefe der Gesandten des Ordens in Rom an die Hochmeister
aus den Jahren 1596 bis 1790. — Classificazione X (Con-
stituzioni No. 1645—1706) bezieht sich auf Statuten, Ordinationen
und Gewohnheiten des Ordens : Statuten sind auf die Dauer gültige
Bestimmungen, von den Hochmeistern erlassen, Ordinationen Ver-
fugungen eines Generalcapitels und nur bis zum Zusammentritt
des nächsten giltig, Gewohnheiten die von den Statuten nicht aus-
drücklich geregelte Punkte bestimmenden Bräuche. Hier enthält
No. 1645 eine Abschrift dir Statuten von 1181 — 1357, welcher eine
kurze Geschichte des Ordens bis 1466 folgt. In diesen AbtheUungen
findet sich ferner eine grosso Anzahl von Schlüsseln, Commentaren
und dgl. zu den Ordensstatuten, Pratica di Convento, Summa
jurium u. a. m.
Von den folgenden Classificazioni bezieht sich XI (Spedale)
auf das Hospital des Ordens und enthält auch die Testamente der
dort Verstorbenen, XII (Marina No. 1753—1927) auf die Flotte,
enthaltend Instruktionen für die Admirale und Capitaine, Segel-
anweisungen, Rechnungen, Berichte u. a. m. aus den Jahren 1694
bis 1796, Xin Rechnungen, Inventare, Personenverzeichnisse der
vom Orden abhängigen Klöster und Kirchen von 1601 bis 1779; in
einem Anhange dazu sind die Libri della Stamperia, d. h.
die Bücher über die Ordensdruckerei vereinigt. Daraus ergibt sich,
dass erst 1642 Pompeo di Fiore das Privileg zur Anlage einer
Druckerei auf Malta erhielt, dasselbe aber in Folge des Widerspruchs,
den der in Malta sitzende päpstliche Inquisitor in Betreff der Censur
und der Ertheilung des Imprimatur erhob, sofort wieder suspendirt
wurde und daher thatsächlich gar nicht zur Geltung kam. Erst
1747 kam es mit Benedikt XIV zu einem Vergleich in dieser Sache,
wonach die Ertheilung des Imprimatur für in Malta zu druckende
Archivallsche ZeltscLrift VUl. Q
82 Prutz:
Bücher von dem Bischof von Malta (den aus drei vom Orden
präsentirten Candidaten der König von Neapel ernannte), dem
päpstlichen Inquisitor und vier Beauftragten des Ordens gemeinsam
vorgenommen werden sollte: so begann Malta erst Mitte des
18. Jahrhunderts an den Segnungen der Buchdruckerkunst theil-
zunehmen.
Classificazione XV (No. 2078— 2188) betrifft die Ordens-
zungen (Provence, Auvergne, Frankreich, Italien, Aragon, England,
Deutschland, Castilien), ihre Besitzungen, Einkünfte u. s. w. Auch
hier ist leider aus der älteren Zeit so gut wie nichts erhalten, die
Akten beginnen im Allgemeinen erst mit dem 16. und 17. Jahr-
hundert. Dass jene älteren Documentc frühzeitig verloren ge-
gangen sind, lehrt ein 1727 aufgenommenes Inventar des Archivs
der auvergnischen Zunge (Xo. 2095), in dem^ bereits von älteren
Urkunden nichts mehr verzeichnet ist. Das älteste Stück dieser
ganzen Abtheilung, der 1338 entstandene Liber in quo per
minutum exprimuntur reditus prioratus Hospitalis
S. Johannis Hierosolymitani in Anglia et omnium
ipsius commendarum (Xo. 2183), ist bereits im Auftrage der
Camden Society publicirt. i) No. 2232 enthält die Akten über einen
im 18. Jahrhundert mit grossem Eifer geführten Rangstreit zwischen
gewissen Ordensbeamten, wobei es sich namentlich um die Stellung
des Turcopoliers handelt: darin wird u. A. Bezug genommen auf
„un c61öbre concordat du 30 november 1240 entre frdre Pierre de
Sartines turcopolier et Tarchev^que de Nazareth", wovon mir sonst
eine Spur nicht vorgekommen.
Die Classificazione XV (No. 2233—5517) enthält die
Akten über die Ahnenproben der neu aufzunehmenden Ritter
(Tribunali di nobilitä e processi delle prove di nobilitä dei religiosi
Gerosolimitani) , in im Ganzen 9 Sektionen die nach den Namen
alphabetisch geordneten Adelsproben der französischen, italienischen,
spanischen und deutschen Ritter und Caplane; zum Theil aus dem
17., meist aber aus dem 18. Jahrhundert. Weitaus am reichsten
ist hier der italienische Adel (No. 4171—5291) vertreten, sehr
*) The Knights Ilospitalers in England being the report of Prior
Philipp de Thame to the grandmaster Elyan de Villanove (mit Einleitung
von Kemble).
Malteser Studien. 83
dürftig dagegen der deutsche (No. 5457 — 71) und zwar meist
durch österreichische Familien wie die Schaflfgotsch, Questenberg,
Khevenhiller u. a. — Die Classificazione XVI enthält die meist
übermässig ausführlichen Protokolle der Generalvisitationen der
Ordenscommenden , die dabei vorgefundenen wirthschaftlichen Ver-
hältnisse und die den Visitatoren vorgelegten Inventarien, alles nach
den zwanzig Ordensprioraten getheilt. Auch hier fehlen die älteren
Zeiten gänzlich, für die man gerade hier besondern Gewinn hätte
erwarten mögen ; die vorhandenen Papiere gehören im Allgemeinen
dem 18. Jahrhundert an. Auf die Revision der deutschen
Ordenscommenden beziehen sich No. 6593 — 6624. — In der
Classificazione XVII endlich sind Stücke verschiedener Art
als Miscellanea zusammengeworfen, von denen keines ein be-
sonderes Interesse erregen kann. Als für den Orden und sein
Regiment in kulturgeschichtlicher Beziehung interessant möge nur
No. 6754 hervorgehoben werden , die Lista dei schiavi messi in
libertä 1798.1)
IL
Reste des Tempelherrnordens-Archives.
Die reichen Güter, welche der Tompelherrnorden dereinst im
Heiligen Lande und den angrenzenden Gebieten bis nach Armenien
hinauf besessen hatte, waren mit der zunehmenden Ausbreitung des
mohammedanischen Herrschaftsgebiets unaufhaltsam zusammenge-
schwunden: mit Accon ging der letzte dürftige Rest davon verloren.
Zur Wiedergewinnung war bald nicht mehr die geringste Aussicht :
diese ganze Seite des ehemaligen templerisclien Besitzstandes kam
in Folge dessen gar nicht mehr in Frage, als nach der Auflösung
des Ordens die Johanniter die Erbschaft desselben antraten. Daraus
erklärt es sich auch, dass darauf bezügliche Urkunden, da sie keinen
Werth mehr hatten, kein Gegenstand besonderer Sorgfalt waren und
nur hie und da einem glücklichen Zufall ihre Erhaltung zu danken
*) Auf den zweiten Theil des malteser Archivs, das Archivio dell'universitä
della Citta Notabile (d. i. die alte, in der Mitte der Insel gelegene Hauptstadt,
heute Citta veccliia, im Volksniunde al)er noch immer kurzweg Mediua, d. i.
arabisch die Stadt genannt) einzugehen, ist kein Anlass, da dasselbe von ganz
untergeordneter, rein localcr Bedeutung ist.
6*
84 Prutz:
gehabt haben. Anders lagen die Verhältnisse für den abendländischen
Besitz der Tempelherren, den die Johanniter möglichst vollständig
in ihre Gewalt zu bringen suchten. Die auf diesen bezüglichen
Urkunden hatten einen hohen praktischen Werth, wenn sie vielleicht
zunächst auch nur Ansprüche gaben, die erst in Zukunft unter
günstigeren Umständen zur Anerkennung gebracht werden konnten.
Daher werden die mit der Uebernahme der Tempelherrnbesitzungen
beauftragten Vertreter des Johanniterordens die auf diese Güter
bezüglichen Urkunden sich möglichst vollständig haben ausliefern
lassen; auch ist für ihre Aufbewahrung Sorge getragen worden.
Insbesondere musste man daher bestrebt sein, die in dem Tempel-
herrnschlosse zu Paris befindlichen Materialien der Art ausgeliefert
zu erhalten. Eine solche Auslieferung hat thatsächlich stattgefunden
und es ist dabei gleichzeitig eine Inventarisirung der den Johannitern
überlieferten Urkunden vorgenommen worden.
1. Das lehrt eine in der Public Library zu Lavalette
befindliche Handschrift des 17. Jahrhunderts (No. 311 des gedruckten
Cataloges), 1) welche wohl aut eine ältere A^orlage zurückgeht, Ex-
traits de plusieurs titres primordiaux des privilegös
de rOrdre de S. Jean de Jerusalem au nombre de 37
piöces 6tant 2® sac des dits titres döpos^s aux archives
du Tempi e. Dieselbe enthält ziemlich ausführliche Regesten von
Urkunden französischer und englischer Könige und Fürsten und
Grossen zu Gunsten des Johanniter- und des Tempelherrnordens.
Von letzteren die folgenden:
1190. November 10. Urkunde Richards, Königs von
England, Herzogs von der Norm an die: bestätigt
den Tempelherren ihre sämmtlichen Güter in der Nor-
mandie, eximirt sie von allen Leistungen und Diensten
und nimmt sie in seinen Schutz.
1255. Juli 21. Thi6bault, König von Navarra, Pfalzgraf von
Champagne und Brie, und Isabella, seine Gemahlin, be-
*) Eine Handschrift, deren Titel auf einen ähnlichen Inhalt schliessen
Hess (No. 238: Oopia dl alcune belle di Sommi Pontefici concedenti o con-
firmanti vari privilegi all Ordine Gerosol. fol.), war trotz der freundlichen Be-
mühungen des Vorstehers der Bibliothek von I^ Valette, Herrn Caruana, nicht
mehr aufzufinden und muss für verloren gelten. Zweifellos gehörte sie ebenso
wie No. 311 eigentlich dem Ordensarchive an und ist nur durch Verschleppung
an ihren jetzigen Aufbewahrungsort gekonmieiu
Malteser Studien. 85
stätigen einen zwischen der Königin Margaretha, des
ersteren Mutter, und dem Tempelherrn orden geschlossenen
Vergleich, nach welchem der Orden im Besitze aller seiner
Güter und Rechte in Champagne und Brie belassen wird.
1294. Februar. Paris. Philipp der Schöne, König von Frank-
reich, bestätigt den Tempelherren ein Privileg Ludwigs des
jüngeren (1137 — 80), wonach dieselben für alle zu ihrem
Bedarf ein- und ausgeführten Artikel Zollfreiheit geniessen.
1326. Karl IV, König von Frankreich, bestätigt dem
Johanniterorden eine Urkunde Philipps desSchönen
von 1304, Juni, betreffend die Besitzungen, Rechte
und Freiheiten des Tempelhermordens.
(1258. April 6.) Vidimus einer Urkunde P. Alexander IV,
wonach die von einzelnen der Beamten des Tempelherrn-
ordens während der letzten vierzig Jahre aus Unkenntniss
der davon befreienden Privilegien gezahlten Zehnten kein
Präjudiz für eine fernere Verpflichtung des Tempelherrn-
ordens zur Zahlung derselben ergeben (6. April pontif.
anno 4).
Aus dem weiteren Wortlaut des Inventars ergiebt sich, dass
Sack 3 und 4 Urkunden aus dem 16. und 17. Jahrhundert ent-
hielten, Sack 5 solche aus dem 14. und 15., Sack 6 aus dem 13.
und den folgenden. Aus diesen stammen aus dem Tempelherrn-
ordensarchive offenbar die folgenden:
1255. Juli 29. Margaretha, Königin vou Navarra, be-
urkundet einen zwischen ihr und dem Tempelhermorden
geschlossenen Vergleich über des letzteren Besitzungen
und Rechte in Champagne und Brie unter Zustimmung
Thiöbaults von Navarra und seiner Gemahlin Isabella
(vergl. die zuerst angeführte Urkunde vom 21. Juli 1255).
Als aus Sack 7 stammend werden aufgeführt:
1193. Philipp n von Frankreich bestätigt einen Vertrag
zwischen Gotfried, Canonicus von Paris, und den Tempel-
herren.
(1275 August 8.) Vidimus einer Urkunde Ludwigs IX
d. d. 1258, Juli, Vincennes, über die Bestätigung der
Besitzungen und Rechte des Tempelhermordens.
86 Prutz:
1275 Sept. Vidimus einer Urkunde Thiöbaults von Navarra vom
23. Mai 1270, durch welche derselbe dem Tempelherrnorden
alle Lehen, Afterlehen etc. in seinem Gebiete bestätigt.
1294. Februar, Paris. Philipp der Schöne bestätigt dem Orden
alles bisher in den Baillages von Senlis und Sens und
der Pr6v6t6 um Paris Erworbene.
Aus Sack 11:
1292. April 19. Vidimus eines Schreibens Philipps des
Schönen d. d. 1291, März 24 an die Seneschalls, be-
treffend die Exemtion der Tempelgüter.
1310. Vidimus eines Schreibens Philipps des Schönen vom
19. December 1307, betreffend die Verwaltung der von
ihm mit Beschlag belegten Tempelgüter.
In Sack 12 sind u. a. enthalten gewesen:
1283. Augustl5,Toulouso — König Philipp III von Frank-
reich bekennt, vom Tempelherrnorden 40 000 Livres
Tournois aus dem Ertrage der für das Heilige Land
bestimmten Zehnten mit Zustimmung des Papstes erhalten
zu haben.
Weiterhin folgen dann in dem genannten Manuscript der
Public Library zu Lavalette ziemlich ungeordnete „Extraits des
Privileges", unter denen sich noch folgende drei Templerurkundeu
erwähnt finden:
Vom 7. August. König Johann von England bestätigt dem
Templerorden alle Besitzungen und Rechte in der
Normandie.
1191. Philipp II von Frankreich befreit den Orden für
alle Zeiten von den üblichen Zahlungen für lettres de
chancellerie.
1229. Oktober. Theobald von Champagne und Brie macht dem-
selben eine Schenkung gegen 10,000 Livres.
2. Eine zweite Gruppe von Resten des Templer-
ordensarchivs findet sich unter den Urkunden des Johanniter-
ordensarchives verstreut und ist denselben der chronologischen
Ordnung entsprechend in den Bänden No. 2, 3, 4, 6, 18 und 19 ^)
*5 S. oben «. 76—7«.
Malteser Studien. 87
ohne weitere Unterscheidung eingefügt. Da die hier in Betracht •
kommenden 11 Urkunden fast sämmtlich den Besitz und die Be-
ziehungen des Ordens in Palästina betreffen, so kann kaum daran
gezweifelt werden, dass sie den einzigen Rest des einst in Jerusalem,
dann in Accon und schliesslich in Castrum Peregrinorrum d. i. Athlit
aufbewahrten Ordensarchivs darstellen. In chronologischer Ordnung
sind es folgende:
1168. März 16 — Vergleich zwischen dem Templerorden und
dem Bischof von Valenia über zwischen ihnen
schwebende Diöerenzen, betreffend die Bauern des Casale
fractiun (III, 45).
1168. Boemund von Antiochien verfügt über die für ein von
ihm dem Templerorden geschenktes Landstück zu zahlende
Rente, (ib. 51).
1178. Renaud Mansoerius schenkt dem Tempelorden und
seinem Meister Odo von St. Amand die Hälfte des
Schlosses Brahim u. a. (ib. 49).
1183. Juni — A. Herr von Margat schenkt dem Templer-
hause in Tortosa ein Grundstück (IV, 22 = Paoli, Cod.
dipl. I, n. 209).
1235. Juli 25. Vergleich zwischen Tempelherren und Hospi-
talitern, betreffend die Differenzen wegen der Mühlen
beider und der Wasserbenutzung in Recordane bei
Accon. (VI, 16).
1252. Oktober. Geleitsbrief des Templermeisters Thomas Berard
für eine Anzahl genannter fränkischer Grosser zum Aufent-
halte in Tripolis: — Unter den Zeugen „fröre Ro-
celinus de Fox." (XVIII, 1).
1262. Mai 31. Accon: Vorgleich zwischen Templern und Johan-
nitern, betreffend die Güter Gabor, Caymont u. a. m.
(XVm, 2). Vgl. Paoli I, n. 142.
„ „ Desgleichen, betreffend Valenia und Margat.
(ib. 3).
„ „ Desgleichen, botreffend Alme und Margalion
(ib. 4).
1270. Avignon. Ritter Peter macht todtkrank sein Testament zu
Gunsten des Tempelhauses zu S. Gilles. Als Empfänger
des Legats fungirt u. A. Roncelinus magister
88 I^rutz:
domoriim militie Tempil in Provincla — ohne
Zweifel derselbe, der oben 1252 als Roncelinus de Fox
(d. i. wohl aus Foix oder Foz (Dep. Bouches du Rhone)
vorkam, und vermuthlich dieselbe Persönlichkeit mit dem
in dem Templerprozess ^) vorkommenden Roncelinus miles
de Provincia. Dass diese Persönlichkeit damit urkund-
lich nachgewiesen ist, ist insoferne von Wichtigkeit,
als dadurch die Glaubwürdigkeit der in dem Prozess
gethanen Aussagen evident erhärtet wird und dagegen
erhobene Zweifel hinfallig werden (XV 111, 7).
1288. Gotfrid de Ucherio, Visitator des Ordens in. England
und Frankreich, bestellt Elias Amanem, den Präceptor
von Burgund, zu seinem Generalprocurator. (XIX, 1).
3. Die dritte Gruppe von Resten des Tempelherrnarchivs
findet sich unter der Sammlung der päpstlichen Originalbullen zu
Malta, der man auch diejenigen eingefügt hat, die, für den Tempel-
hermorden ausgefertigt, nach dessen Auflösung den Hospitalitern
übergeben worden sind. Es sind folgende e i 1 f :
1 146. Juli 16. Viterbo. E ugen UI an die Erzbischöfe, Bischöfe etc.
zum Lobe der Tempelherren, die man durch CoUekten
unterstützen möge, deren Wohlthätern ein Siebentel der
verwirkten Kirchenbusse jährlich erlassen und denen die
einmalige Abhaltung von Gottesdienst auch in interdicirten
Orten gestattet wird. („Milites templi domini Jeroso-
limitani novi sub tempore gratie Machabaei") VLLL, 1.
1186—87. Februar 17. Yerona. TJrban UI mahnt Erzbischöfe,
Bischöfe etc., ihre Pfarrer von der Hinderung der durch
ihre Pfarrkinder dem Orden zugewandten Legate abzu-
halten. („Quantum sacra templi militia ecclesie Dei")
vn, 4.
1191. April 16. Lateran. Clemens DI bestätigt einen von süd-
französischen Grossen geschlossenen Gottesfrieden und die
Bestimmung, dass die Aufsicht darüber die Tempelherren
führen und diese auch die zu zahlenden Abgaben und
Bussen erhalten sollen, und ermahnt den Episkopat,
*) Michelet, Proc^s des TempUera I, 418. Vgl. Pnitz, Geheimlehre und
Geheimstatuten des Tempelhermordens. (Berlin 1879) p. 94. 123.
Malteser Studien. 89
dem Orden auch sonst in jeder Weise nach Kräften
förderlich zii werden. „Sicut sacra evangelii testatur
auctoritas" — eine sehr merkwürdige Urkunde, welche
die ausserordentliche Machtstellung, welche der Tempel-
hermorden in Südfrankreich gewann, von einer ganz
neuen Seite zeigt und den Gegensatz, in den derselbe
gerade dort schliesslich zu dem französischen Königthum
gerieth, schon sehr früh als dem Keime nach vorhanden
erkennen lässt. X, 14.
1217. Januar 23. Lateran. — HonoriusIII ermahnt die
Erzbischöfe, Bischöfe etc., die dem Tempelherrnorden
in Bezug auf Vergebung und Verwaltung der von ihm
abhängigen Kirchen und deren Einkünfte verliehenen
Rechte zu respektiren und insbesondere weder den
Orden noch die von ihm ernannten Geistlichen zu
excommuniciren. „Quanto dilecti filii fratres militie Tempil
propriis derelictis" — IX , 1 , — im wesentlichen gleich-
lautend mit der Urkunde, durch welche von demselben
Papste 18. Januar 1221 die gleichen Rechte dem deutschen
Orden verliehen wurden (Strehlke, Tab. ordlnis Theut.
n. 327). -
12G2. Februar 6. — Viterbo. — Urban IV wiederholt die Be-
stimmung seiner Vorgänger, wonach die Bischöfe gegen
diejenigen mit kirchlichen Strafen einschreiten sollen,
welche Dienstleute des Ordens schlagen oder berauben
und dann nicht die geforderte Genugthuung leisten.
„Eis praecipue ac speclallter Imminet religlosorum vlrorum
Iura defendere — " VII, 7.
1265. April 22. Perugia. — Clemens IV abbatl Si Guilerml de
Desertls dloec. Lodovensls (Lodeve, Dep. H6rault) erklärt
die zum Nachthell des Tempelherrnordens von einigen
Präceptoren desselben vollzogenen Veräusserungen von
Ordensgut für ungültig, da die darüber ausgestellten
päpstlichen Briefe früher erlassenen und durch diese
begründeten Rechten des Ordens zuwiderlaufen. „Pervenit
ad audlentlam nostram quod tam dllectl filii — " X, 18.
1265. Juni 8. Perugia. — Clemens IV wiederholt das Verbot
seiner Vorgänger, gegen den Orden anders als auf aus-
90 Prutz :
drückliche päpstliche Weisung Bann oder Interdikt
zu verhängen. „Cum dilecti filii nostri fratres Templi
Jeros. — " X, 25 — Wiederholung u. a. eines gleich-
lautenden Privilegs Alexanders IV 1257. Februar 8;
dasselbe erhielt der deutsche Orden 1218 April 1 durch
Honorius III (Strehlke n. 305) und Alexander IV 1257
September 7. (ib. n. 571).
1265. Juni 13. Perugia. — Clemens IV bestätigt in einem
Schreiben an den Abt von S. Saturnin zu Toulouse die
aus Anlass eines Streites zwischen den Tempelherren in
Gascogne und „magistrum et fratres fidei et pacis Auxi-
tanae dioecesis super Castro de Manseta'' gegen die letzteren
verhängte Exeommunication, welche, wenn sich dieselben
nicht binnen einem Monat fügen, verschärft werden soll.
„Sua nobis dilecti filii prior et fratres Hospitalis . . ."
X, 24.
1265. Juli 4. Perugia. — Clemens IV ermahnt die Erzbischöfe
u. s. w., den vom Tempelherrnorden über Kränkungen
seiner Rechte von Seiten ihrer Pfarrer erhobenen Be-
schwerden bereitwilliger und -nachdrücklicher als bisher
abzuhelfen. „Cum a religiosorum virorum pressuris et
molestiis ii" X, 27.
1265. September 4. Assisi. Clemens IV eximirt den Orden
in Wiederholung eines Privilegs Urbans UI von der
Zahlung aller Taillen, Collekten u. s. w., und erklärt die
gegen ihn verhängte Kxkommunication für ungültig.
„Quanto devotius divino vacatis obsequio." X, 10.
1265. — Clemens IV ermahnt die Erzbischöfe u. s. \\\ wieder-
holt, sich aller Bedrückungen des Tempelherrnordens,
seiner Güter, Diener und Thiere zu enthalten. „Non
absque dolore cordis et plurima perturbatione." X, 23.
4. Der weitaus umfangreichste und auch inhaltlich
werthvollste Best des Tempelherrnordensarchives liegt
in den zwei Bänden mit Begesten und Abschriften von
Papst Urkunden vor, welche in dem Eepertorium, das der im
ersten Theile dieser Abhandlung gegebenen Beschreibung des
Malteser Archivs zu Grunde gelegt ist, unter No. 1119 und 1121
verzeichnet sind.
Malteser Studien. 91
Das erste (No. 1119) „Privilegia pontificum, Bul-
larium sextum, gezeichnet C," giebt nach der Beschreibung
in dem Repertorium Rogesten von dem Johanniterorden verliehenen
Papstprivilegien vom Jahr 1181 bis 1571. Darunter finden sich
Fol. 5 bis 11 die Regesten von 33 dem Tempelherrnorden ver-,
liehenen Privilegien, welche ja nachher geradeso wie die Tempel-
herrngüter den Johannitern zufielen und für diese ferner Gültigkeit
haben sollten. Eine bestimmte Ordnung ist nicht erkennbar, eine
chronologische so wenig wie eine sachliche : die Regesten sind offenbar
aneinandergereiht, wie sie dem Schreiber, der das der Handschrift zu
Grunde liegende Inventar aufnahm, der Reihe nach in die Hand
kamen. Die ältesten sind zwei ungenau datirte Bullen Alexanders III. *)
Es folgt der Zeit nach eine Bulle Clemens III (1188. Juli 20),
3 Coelestin HI (1196. Februar 8, September 25, November 22),
3 Innocenz HI (1199. Februar 9; 1200. März 1, März 21), 2 Ho-
norius III (1222. Februar 7; 1223. November 13), 3 Gregor IX
(1227. August 29, November 22; 1228. März 2), 6 Innocenz IV
(1244. Februar 5, September 27 und September 30, 1245. Januar 18,
1249. August 15 und November 20), 8 Alexander IV (1255. März 2,
August 1, November 26, Dezember 9, 10 und 12, 1256. Dezember 7,
1260. Juni 13), eine Clemens IV (1265, August 5) und 2 Gregors X
(1272. Februar 8, 1274. September 13). Ausserdem finden sich
unter den Regesten verzeichnet drei schon anderweitig bekannte
Bullen, nämlich die Innocenz III vom 8. März 1200 (Potthast Reg.
Pontif. n. 967), Alexanders IV vom 5. Dezember 1255 (ib. 16,100),
9. Dezember 1255 (ib. 16,114) und 1. Januar 1256 (ib. 16,198).
Bemerkt mag ausserdem noch werden, dass von diesen Bullen die
Innocenz IV vom 18. Januar 1245 gleichlautend gewesen zu sein
scheint mit der dem Deutschen Orden verliehenen bei Potthast
11,511 und 12. —
Liessen schon diese Regesten vermuthen, dass die dem Tempel-
herrnorden verliehenen päpstlichen Privilegien uns bisher nur zu
einem kleinen Theile bekannt seien, so führten weitere Nachforsch-
ungen zu Ergebnissen, welche diese Annahme durchweg bestätigten.
*) 1. Bulla ut fratres Templi possint producere fratres suos ad ferendum
testimonium in causis propriis domus sue. Dat. Anagnie XV. Kai. April
(1160 (?) März 18). — 2. Bulla ne quia iniiciat manus violentas in eos qui ad
domos fratrum templi pro salute sua confugiunt, sub pena excommunicatioms.
Dat. Sig. VI. Aug. pont. anno — .
92 Prutz:
Der in dem Repertorium unter No. 1121 verzeichnete Band, das
sogenannte BuUarium rubrum, eine Papierhandsehrift vom Ende
des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts, stellte sich bei näherer
Untersuchung dar als eine Zusammenstellung der wichtigsten der
den Johannitern verliehenen päpstlichen Privilegien und der von
den Tempelherren erworbenen, welche nach deren Auflösung kraft
päpstlicher Verleihung an die ersteren übergingen, — eine Zusammen-
stellung, angefertigt auf Grund einer amtlichen und von einem
päpstlichen Notar beglaubigten Abschrift theils der betreffenden
Originale, theils eines derselben gleichgestellten officiellen Copial-
buches des Tempelherrnordons , welches letztere natürlich nur aus
dem Archive des aufgelösten Ordens an die Johanniter gekommen
sein kann. Oder aber es sind zur Angabe des Inhaltes der Ur-
kunden die demselben nach den Hauptpunkten summirenden kurzen
Notizen verwendet, welche man auf die Rückseite der betreffenden
Pergamente zu notiren pflegte. Das ergiebt sich zunächst aus einem
am Schlüsse des Bandes (fol. 207 — 208) copirten Protokoll, nach
welchem „die vorstehend verzeichneten päpstlichen Urkunden in
unanfechtbar echten Originalen vorgelegen, gelesen und beglaubigt
sind und in Zukunft v.or Gericht als gleichwerthig mit den Originalen
sollen vorgebracht werden können"; als an dreser Arbeit betheiligt
werden genannt Andreas von Viterbo und Johannes, auditor curiae
Komanae; die feierliche Beglaubigung sei vollzogen zu Rom, im
Jahre 1454, Indictione 11 , Sonnabend den 23. März, unter Papst
Nicolaus V.
Dass ein Theil der in diesem Bande vereinigten 6 7 päpst-
lichen Bullen und 287 Regesten von solchen auf ein
officielles Bullarium des Tempelherrnordens zurückgeht, beweisen
die Ueberschriften , welche einigen derselben zur kurzen Kenn-
zeichnung des Inhalts beigegeben sind. So heisst es z. B. fol. 86'
„Quod possimus fratres nostros in causis nostris ad testi-
monium ferendum producere (ebenso fol. 175), fol. 87' Quos pos-
sumus jura nostra per testiraonium fratrum nostrorum probare
(ebenso fol. 175'); fol. 94' Quod possimus succedere in omnibus
preterquam feudis ; fol. 95 Ut possimus succedere parentibus
feodalibus exceptis; fol. 139 Quod si littere contra privilegia nostra,
nuUum inde nobis generetur detrimentum; fol. 167 De pro-
curationibus legatonim et nuntioruni sedis apostolice, quibus contri-
buere non tenemur; fol. 171 Quod nequimus per litteras
Malteser Studien. 93
apostolicas conveuiri, que de ordine nostro non fecerint men-
tionem; fol. 175 Quod ad contribuendum in procurationibus legatorum
et nuntiorum non teneamur; fol. 176 Quod confugientibus ad
domos n ostras pro siia sahite vel in res eorum infra ambitum
domorum n ostrar um quis non potest iniicere manus violentas, —
und immer werden dadurch Privilegien, welche zunächst dem
Tempelherrnorden verliehen waren, charakterisirt.
Wenn sich nun in dieser merkwürdigen Sammlung auch eine
Anzahl von päpstlichen Privilegien für den Johanniterorden befinden,
so zeigt doch einmal die Kleinheit derselben und dann namentlich
die Anlage der ganzen Sammlung deutlich, dass den eigentlichen
Grundstock und den Leitfaden für dieselbe die betreffende Ab-
theilung des Tempelherrnordensarchivs abgegeben hat. Auch hier
ist ein bestimmtes System in der Anlage der ganzen Sammlung
nicht erkennbar; unzweifelhaft aber handelt es sich dabei zuerst
um diejenigen Stücke, durch welche die Stellung des Tempelherrn-
ordens bedingt war. Die Reihe der hier in Betracht kommenden
Bullen ward eröfi'net durch die Alexanders III Omne datum
Optimum, hier fol. 10 mit 1163 — 14 Kai. Jul. (= 18. Juni)^
dann folgt fol. 14 eine Wiederholung derselben durch Alexander III
1164. März 30, Sens; eine zweite (fol. 14') von 1180. Juli 13. Tus-
culum; weiterhin eine Erneuerung durch Lucius JII von 1182 (ohne
Datum) Lateran und (fol. 18) Alexander IV von 1255. August 11.
Anagni. Und in ähnlicher Weise wird dann fortgefahren. Es folgt
auf eine zweite Bestätigung der Exemptionsbulle Alexanders HI
durch Alexander IV von 1255 August 31 Anagni fol. 18' die be-
kannte Bulle Clemens V (1311 Mai 2. Vienne, In specula
apostolice dignitatis) und dann fol. 22 desselben Ad providam
Christi vicarii und die auf die Auflösung des Tempelhermordens
und die Ueberweisung seiner Güter und Rechte an die Hospitaliter
bezüglichen Ausschreiben desselben Papstes an die verschiedenen
Fürsten und Grossen.!) Nachdem dann fol. 25 noch eine Wieder-
holung der Exemtionsbnlle durch Gregor X 1217. December 1 ein-
geschoben ist, folgen die Erlasse Alexanders V für die Johanniter
betreffend die Einweisung derselben in die Besitzungen der Tempel-
herren und verwandte Erlasse Alexanders V, Johann XXII, Boni-
faz Vni u. a. Mit fol. 46' beginnt dann eine stattliche Reihe von
*) S. oben S. 77.
94 Pnüz:
Tempelherrenurkunden, die nur an vereinzelten Stellen durch Bullen
und Regesten von solchen unterbrochen wird, welche den Johannitern
als solchen verliehen waren.
Es sind im Ganzen nicht weniger als 80 Papsturkunden und
287 Regesten von solchen, sämmtlich den Tempelherrnorden und
dessen in kirchlicher und anderer Hinsicht bevorzugte Stellung be-
treifend, welche uns diese Sammlung liefert, und von denen, wie
sich aus dem Vergleiche mit Jafif6 und Potthast ergiebt, bisher nur
ganz vereinzelte Stücke bekannt gewesen sind. Einige nämlich von
diesen Urkunden unseres Copialbuches enthalten die Verleihung
von gewissen Rechten an den Tempelherrnorden, wie dieselben auch
anderen Orden in derselben Wortfassung früher oder später gewährt
worden sind, die uns aber nur in dieser Ausfertigung, nicht in der
für die Tempelherren vorgelegen haben. So deckt sich z. B. eine
Urkunde Innocenz III von 1198. März 30. Lateran („Cum dilectis
filiis fratribus militiae Tempil fuit a predecessorihus indultura")
in der Hauptsache mit der Urkunde Papst Honorius HE für den
Deutschen Orden von 1221. Januar 16, Lateran (bei Strehlke, Tab.
Ord. Theut. n. 314), und die Alexanders V d. d. 1255. Juni 30,
Anagni („Quotiens a nobis petitur'') mit der Honorius IE d. d. 1221.
Januar 18. Lateran bei Strehlke n. 328. Das gleiche Verhältniss
wiederholt sich zwischen der Urkunde Gregors IX d. d. 1228.
Januar 9. Lateran und der Honorius HI d. d. 1222. Februar 20
Lateran bei Strehlke n. 367; einer Honorius HI ' d. d. 1216,
Dezember 16, ap. S. Petrum und der desselben Papstes 1221.
Januar 19. Lateran bei Strehlke n. 336; der einen Innocenz III
von 1200. April 16. („Ex insinuatione dilectorum filiorum'') und der
Honorius III d. d. 1221. Januar 16. bei Strehlke n. 318 und ebenso
noch öfters. Einige der in unserem Copialbuch enthaltenen Ur-
kunden sind bereits gedruckt bei Ferreira , i) Memorias e noticias da
celebre Ordem dos Templarios, lisboa 1735 t. IL, wie ich zuerst aus den
von Munter und danach von Wilcke daraus angeführten Stellen
*) So schreibt Wilcke, Gesch. des Tempelhermordens I, 40Gff. in den
Anmerkungen durchweg und auch in der Litteraturt\bersicht II, 511, während
Munter, Statutenbuch des Ordens der Tempelherren, dem, wie ein Vergleich
der Citate bei beiden zeigt, Wilcke die von ihm angeführten Stellen
einfach entlehnt, offenbar ohne die Quelle selbst eingesehen zu haben,
immer Perreira schreibt.
Malteser Studien. 95
entnahm, — einem sehr seltenen Werke, von dem weder Jaff6 noch
Potthast Kenntniss gehabt haben, so dass die betreffenden Bullen von
beiden in ihre Kegesten nicht aufgenommen worden sind. Von
den in unserm Copialbuch enthaltenen Urkunden finden sich bei
Ferreira, der im Ganzen 68 Urkunden bietet, nur 5, eine
Alexanders IV 1255. März 2 Neapel und 4 Clemens IV von 1265.
Juni 8, Juli 4 (2 mal), Juli 19 und September 4 (3 mal). Eerreiras
Sammlung stammt offenbar aus einem den unsern ähnlichen Copial-
buch, das wohl an den Christenorden gekommen war.
Der Gewinn , welcher sich aus diesem Theile meiner Malteser
Forschungen ergiebt, kommt also,. abgesehen von der zunächst ge-
förderten Geschichte des Tempelherrenordens, vornehmlich den Papst-
urkunden und Papstregesten zu gute, wie dies schliesslich noch
folgende Zahlenangaben darthum mögen. Von den in Summa
80 Urkunden entfallen auf
Alexander III 8 von 1160. JuU 3 — 1170. Juni 11.
Lucius m 2 von 1182. April 25 — 1185. April 26.
Urban UI 2 von 1186. April 28 — 1187. Februar 17.
Clemens UI 1 von 1191. April 16.
Coelestin III 1 von 1195. August 9.
Innocenz III 13 von 1198. März 10 — 1208. Februar 28.
Honorius III 12 von 1216. November 26 — 1222. Januar 25.
Gregor IX 4 von 1227. September 9 — 1234. April 7.
Innocenz IV 5 von 1244. Februar 5 — 1246. Januar 8.
Alexander IV 15 von 1255. Juni 30 — 1259. Februar 1.
Urban IV 4 von 1241. September 29 — 1262. Juni 28.
Clemens IV 11 von 1265. April 22 — 1267. Mai 7.
Gregor X 1 von 1274. September 13.
Honorius IV 1 1285. Oktober 23.
Von den Kegesten aber, welche sämmtlich Wiederholungen
oder Bestätigungen der aufgeführten Urkunden betreffen, kommen —
wenn man die mehrfach wiederkehrenden, sowie verschiedene, an
demselben Tage vollzogene einfach rechnet und einige mit un-
genauen chronologischen Angaben beiseite lässt — auf Alexan-
der HE 14, Lucius III 6, Clemens III 1, Coelestin III 7, Inno-
cenz III 48, Honorius IE 37, Gregor IX 38, Innocenz IV 24,
96 Prutz:
Alexander IV 43, Urban IV 4, Clemens IV 10, Gregor X 2 und
endlich Honorius IV und Bonifaz VIII je eine.
Schliesslich theile ich einige der interessantesten Stücke aus
der reichen Ausbeute, die ich in Malta gemacht habe, gleich
hier mit.
I.
1103. Juli 29. P. Pasclialis II bestätigt die Gäter des Erlöserklosters auf
dem Berge Tabor und verleibt dem Yorsteber desselben Giraldns und dessen
Nacbfolgem erzbiscböflicbe Recbte über Galüaea nnd das Palliam — in
notariellem Transsnmpt nnter Siegeln der Erzbiseböfe Egidins v. Tjrns i.
Jocelin v. Caesarea 1255. Jnli 29. Accon.
Nos Egidius divina miseratione Tyrensis*) et Jocelinus eadem gratia
Oesariensis*) archiepiscopi notum facimus universis presentem paginam in-
specturis, quod ex parte religiosorum virorum magistri et fratrum domus
Hospitalis Sancti Johannis Jerosolimitani fuit nobis oblatum et ostensum
quoddam Privilegium domini Pascalis pape secundi buUatum vera bulla
plumbea pendenti, in qua ex una parte apparebant dua capita cnice mediante
sie inscripta: S. Pa. S. Pe. et ex alia parte tales littere: Paschalis papa secundus,
Sanum et integrum, cuius tenor talis est:
Paschalls episcopus servus servorum dei venerabüi fratri Giraldo')
montis Thabor archiepiscopo eiusque successoribus salutem et apostolicam
benedictionem. Propheta domini virtutes domini gerendas in ecclesia pronuntians
ait domino: Tu humiliasti sicut vulneratura superbum et in virtute brachii tui
dispersisti inimicos tuos, aquilonem et mare tu creasti, Thabor et Hermon in
nomine tuo exaltabunt tuum brachium cum potentia. Quum niminim prophete
prenuntiationem non solum spiritualiter , sed etiam corporaliter temporibus
nostris gaudemus inpletam, cum superbos Turcorum populos, qui sanctam
Jerosolimitanam oppriniebant ecclesiam, ^^denlU8 a christianis humiliatos atque
dispersos. Inde in Thabor vel Hermon montibus in nomine domini fideles
exultant, quia illic brachium domini cum potentia glorificatur. Hoc domini
brachium, hanc virtutem et potentiam glorificantes ejus dignationi gratiam
agimus et monasterium Sancti Salvatoris de monte Thabor cum omnibus
suis pertinentiis sub beati Petri et nostra protectione suscipimus et dei servos in
Thabor habitantes fovere, protegere et apostolice sedis auctoritate munire de-
cemimus. Statuimus enim, ut ab onmium personarum gravamine liberi semper
*) Egidius, GiUea, Erzb. v. Tyrus seit 1253, t 1266 April 23 auf einer im Interesse
eines neuen Kreuzzuges unternommenen Reise in Dinant; sein Grab mit der dies meldenden
Inschrift In der Kirche Notre dame de Xantillä in Saumur (Ducange, les familles d'outre-mer
ed. Rey. p. 753). " .
») Wir gewinnen hieraus den Namen des in dem Briefe über die bedrÄngtc Lage des
hl. Landes bei MatthHus Paris a. 1244 angcfrihrten J. ('aesarien^is elcctus : vgl. Ducange
1. c. 75b.
Malteser f^tiidien. 97
in dei gratia perseverent. Predia vero ad ipsius montis ecclesiam in domini
Salvatoris nomine constitutam pertinentia in eins jure seu dominio in perpetuum
servari sancimua, sicut a gloriosis Jorosolimitane urbis principibuß Godefrido et
successore eiua Balduino, quorum virtuti Turconini victoria per dei gratiam
tradita est, atatutum ac deliberatum eorum scripta declarant. Quorum licet
maior pars sub Turconim tyrannide compriniatur, ipsa tarnen casalia propriis
Visa sunt nominibus annotanda. Boria* videlicet ad pedem supradicti montis,
Damia, Saronia, Cafarsech,* Lubia, Sisara, Casta, Capharkeme,
Messe,* Meschia,* Mangana, Capharmaza,* Cafartamara, Endor,
Maluph, Cara, Nurith, Sulem, Elful,« Eumesara, Naim, Erbeth,'
Caimun in terra Acon, ('apharsuma in terra Sur, Desurchaia,® Alme
adTuronem Saphet,® Alme in terra Belli na s, Neeme in terra Sueta,*®
Avarazaar," Elleerum, Betaras,** Arthe, Taletap," Capharsalia
in terra de grosso villano** Aingene, Seecip,** Eusenia,** Sesia, Elgor,
Zepheria in terra Auram, Ayn*' in terra Bethanie,'® Zera, Alcotein,**
Menan,*® Hecdix, Sane Boria villa seu alie quarumcunque parochiarum
ville, que in «lominio supradicti monasterii permanent, omnino libere solisque
condicionibus congregacionis obnoxie habeantur. Ex casalibus autem ad jus
monasterii pertinentibus, que ad presens christiani milites possident, decimarum
redditus neceasitatibus proficiat inonachonim. Tibi vero, frater Giralde, montis
Thabor archiepiscopo omnibusque tuis successoribus ad exaltandam sanctis-
sime transfigurationis ecclesiam archiepiscopatum totius Galilee et
Tyberiadis cum omnibus suis pertinentiis apostolica auctoritate confirmamus et
presentis scripti privilegio coramunimus. Palleum (sie) preterea fratemitati tue,
plenitudinem videlicet pontificalis officii apostolice sedis liberalitate concedimus.
Quod te intra ecclesiam tantum ad missarum soUempnia noveris induendum, id est
nativitatis domini, circuracisionis, sancti Stephani, sancti Johannis, festivitas inno-
centum, epiphania, ypopanti (sie!) domini, conversionis Sancti Pauli, in ramls
palmarum, cene domini, resurrectionis, ascensionis, pentecostes, transfigurationis
domini, sancti Laurentii, tribus sollempnitatibus sancte Marie, natalis sancti Johan-
nis baptiste, festivitatibus sancte crucis, sancti ^Michaelis archangeli, festivitatibus
omnium apostolorum, sancti Martini, commemorationis omnium sanetorum et
eorum martirum vel confessonim, qui in archiepiscopatu Galilee requiescunt,
in consecrationibus ecclesiarum, episcoporum, presbiterorum, diaconorum et in
anniversario consecrationis tue die. Cuius nimirum pallei volumus te per omnia
genium vendicare. Huius siquidem indumenti honor humilitas atque iustitia
est. Tota ergo mente fraternitas tua se exhibere festinet in prosperis humilem,
in adversis, si quando evenerint, cum iustitia erecta, amicum bonis, perversis
contrarium, nullius unquam faciem contra veritatem recipiens, nullius unquam
faciem pro veritate loquente promens, misericordie operibus iuxta virtutem sub-
ßtantie insistens et tamen insistere etiam supra virtutem sapiens, infirmis com-
patiens, benevolentibus congaudens, aliena dampna propria reputans, de alienis
gaudiis tamquam de propriis exultans, in corrigendis vitiis pie seviens, in fovendia
virtutibus auditorum animum deiöulcens, in ira Judicium sine ira tenens, in
tranquilitate autem severitatis juste censuram non deserens. Hec est, frater
carissime, pallei accepti dignitas, quam si soUicite servaveris, quod foris accepisse
ostenderis, intus habebis. Fratemitatem tuam divina miseratio per tempora
Archivalisrhc Zeltschrift VIII. 7
98 Priit?^-
longa incolumem coiiservare digiietiir. Si qu^, igitur in futurum ecclesiastica
secularisve persona hanc nostre coiistitutionis paginam sciens contra eam temere
venire temptaverit, secundo tertiove commonita, si non satisfactione congrua
emendaverit, potestatis honorisque sui dignitate careat reamque se divino iudicio
existiere de perpetrata iniquitate cognoscat et a sacratissimo corpore et sanguine
domini nostri Jesu Christi aliena fiat atque in extremo districte uldoni subjaceat
examine. Cunctis autem eideui loco justa servantibus sit pax domini nostri
Jesu Christi, quatinus et hie fructum bone actionis percipiant et apud districtum
judicem premia eteme pads inveniant. Amen. Amen. Amen.
Ego Paschalis catholice ecclesie episcopus ss.
L. S. ■*|*' Ego Dinizo presb. card. tit. Equitii ss.
-»Iv Ego Petrus Portuensis episcopus ss. f Ego Theo-
baldus diac. card. sce. Marie ss. f Ego Ro-
manus prbr. card. tit. sce. Prisce ss. f Ego
Mauricius Bracharensis aepus ss. f Ego Radulfus
case dei prior ss. f ^^ Athanasius prbr.
card. tit. b. Clementis ss.
Datum Later. 4 Kai. Aug. per manum Equitii agentis vicem can-
cellarii. Indictione undecima, Incamatioms dominice anno mill^
C* HPy pontificatus autem domini Pascalis secundi pape anno 4*
Verumque dictum autenticum et originale Privilegium vidimus et per-
legimus diligenter, non cancellatum nee abolitum neque in aliqua sui parte
viciatum ad preces et instantium eorundem magistri et fratrum jussimus Aliotto
publico notario infrascripto, ut ipsum Privilegium fideliter transcriberet et in
publicam formam redigeret ad perpetuam firmitatem. Porro transcriptum hoc
una cum originali privilegio ascultantes et collationem cum diligentia facientes,
quia comperimus ipsum de verbo ad verbum bene ac fideliter exemplatum nichil
addito vel remoto, idcirco ad perpetuam memoriam atque robur huic trans-
scripto auctoritatem originalis ac autentici privilegii omni tempore habituro bullas
nostras plumbeas duximus imponendas.
Ego Aliottus Uguicionis*) imperiali auctoritate iudex et notarius publicus
illud autenticum et originale Privilegium, unde hoc exemplum a me scriptum
est, vidi et legi et prout in eo inveni, fideliter supra de verbo ad verbum de
jussu suprascriptorum dominorum Tyrensis et Cesariensis archiepiscoporum trans-
scripsi et exemplavi nullo addito vel remoto et ad perpetuam firmitatem in publicum
formam redegi. Anno dominice incamationia M* CC® LV<*, Indictione XIII*,
decimo Kai. Augusti. Apud Accon.
VI, n. 8.
') Dieser Notar kommt auch sonst in den palästinischen Urkunden dieser Zeit vielfach vor.
Der Zusammenhang, in welchen diese Urkunde gehört, und die Art, wie sie in den
Besitz der Johanniter gekommen, ergehen sich aus der Thatsache, dass der Orden 1255 den
Berg Tahor und die ehemals dem dortigen Kloster gehörigen Casalien in seinen Besitz brachte,
um dort die Grenze mehr gegen die Ungläubigen zu überwachen. S. Prutz, Besitzungen des
Joh.-Ordens in der Zeitechr. des deutschen Palästina-Vereins IV, 169—70, wo auch einige der
hier genannten Orte bereits identlflcirt sind.
Malteser Rtiidien. 99
n.
1146 Mai 4. P. Eagen III wiederliolt die vorstelieiide Bolle Pasohalis II and
ergänzt sie durch Bestimmnng über die Weihe des mit erzbischöflichem Range
ausgestatteten Abtes vom Berge Thabor.
Eugenius episcopus servus servorum dei fratri Pontio, vene-
rabili Montis Thabor abbati, eisque successoribus salutem et apostolicam
benedictionem. Propheta domini virtutes gerendas in ecelesia pronuntians
(gleichlautend mit der vorstehenden Bulle Paschalis n bis zur
Aufzählung der Casalien, wo sich folgende Abweichungen in den Namen finden:]
1) Bor, 2) Capharseth, 3) Messa, 4) Messchia, 5) Capharmeza, 6) Ehul, 7) Irbeth,
8) Desurchaim, 9) Salphet, 10) Sueth, 11) Avara Haar, 12) Petaras, 13) Teletap,
14) dogros so^^llano, 15) Seetip, 16) Eusenta, 17) Aiun, 18) Bamie, 19) Alcotaim,
2()) Metaara u. s. w. — proficiat monachorum. Tibi verO, frater Pontii,
omnibusque tuis successoribus ad exaltandum sanctissime transfigurationis
dominice ecclesiam archiepiscopatura tocius Gralilee et Tiberiadis cum omnibus
suis pertinentiis ad exemplar predecessoris nostri bone memorie Pape Paschalis
apostolica auctoritate confirmamus et presentis scripti privilegio communimus.
Palleum preterea fratemitati tue, plenitudinem ^idelicet pontificalis officii iuxta
tenorem pri\ilegii bone memorie pape Paschalis apostolice sedis liberalitate
concedimus. Defuncto vero supradicti montis archiepiscopo nullus ibi quallibet
subreptionis astutia vel violentia preponatur, sed liceat fratribus ipsius montis
comuni consilio vel partis consilio sanioris secundum dei timorem absque ullius
contradictione archiepiscopum ex ipsis eligere. Porro archiepiscopi consecratio-
nem a Jerosolimitano suscipietis episcopo, siquidem catholicus fuerit et gratiam
atque comunionem apostolice se<lis habuerit. Quodsi forte Jerosolimitana ecelesia
vacaverit vel episcopus, qui fuerit, ea vobis gratis et absque dificultate exibere
noluerit, liceat vobis Romanum adire pontificem vel alium, quem malueritis,
vocare antistitem et ab eo consecrationis sacrosancta suscipere, qui nimirum
nostra fultus autoritate, quod postulatum fuerit, vobis indulgeat. Preterea que-
cunque bona in posterum liberalitate regum, largitione prindpum seu concessione
fidelium poteritis adipisci, firma vobis vestrisque successoribus apostolica atictoritate
absque ullius episcopi decimatione et illibata permaneant. Si qua igitur
(wie oben) pacis inveniant. Amen.
L. S. Ego Eugenius catholice ecclesie epus. ss.
t Ego Conradus Sabinensis epus. ss.
t Ego Albericus Ostiensis epus. ss.
t Ego Rainerius pbr. card. tit. sce Prisce ss.
t Ego Mainfredus pbr. card. tit. sce Sa^^ne ss.
t Ego Gillelmus pbr. card. tit. sei Stephani
in Celio monte ss.
t Ego Otto diac. card. sei Georgii ad velum
aureum ss.
t Ego Gregorius diac. card. sei Angeli ss.
t Ego Petrus diac. card. sce Marie in via lata ss.
100 Pnitz:
Dat. Sutrii per manum Rotberti sce Romane ecclesie presbiteri card.
cancell.
4. Non. Mail. Indicione VIII*. Incarnationis dominice anno M® C* XIA^•
Pontificatus vero domini Kugenii pape anno II*'.
Original 44, n. 5.
III.
1119. Juni 19. apnd S. Egidinm. P. Calixtns II nimmt das Hospital St. Johannes
in Jernsalem nebst seinen Besitzungen diesseits nnd jenseits des Meeres in
den Schutz der römischen Kirche.
Calixtus episcopus servus servorum Dei vcnerabili filio
Giraldo inst;tutori ac preposito Jerosolimi t ani xenodochii
eiusque legitimis successoribus in perpetuum. Ad hoc nos dispo-
nente domino in apostolicae sedis | servitium promotos agnoscimus, nt eins filiis
auxilium implorantibus efficaciter sub venire et loea venera bilia, prout dominus
dedit, protegere debeamus. Quamobrem, dilecte in Christo fili, Giralde pre-
posite, piis hospitalitatis tuae | studiis incitati petitionem tuam debita benigni-
tate suscipimus et institutum a te in civitatc Jerusalem juxta ecelesiam beati
Johannis babtiste xenodochium ad exemplar domnii predecessorLs sanctae memoriae
PA8CALIS pape protectione sedis | apostolicae communimus. Siquidem con-
cessionem fratris nostri Pontii Tripolitani episcopi, quam predecessorem
ßuum Herbert um secutus xenodocliio vestro contulit et cyrographo sta-
bilivit, presentis decreti pagina confimiamus. Quod nimirum concessit eidem
Hospitali et tibi tuisque legitimis successoribus consilio et favore Be rengar ii
Aurasicensis episcopi, illis in partibus sedis apostolicae tunc legati, decimas
omnes totius terrae, quam tenuit Clu i Helm us Rostagni et post eum possedit
Pontius [ de Mezenes, a castro scilicet Gaucefredi de Agolt nominato
usque ad Calamonem, ecelesiam quoque parocliialem habentem baptiaterium,
cimiterium, oblatione^ vivorum et defunctomm et cetera omnia, quae parocliiali
ecclesiae conveniunt, onniesque alias ecclesias, que intra fines illius suprascripte
terra sunt, que fuit Pontii de Medenes, et quicquid est aliud, quod
debeat esse iuris Tripolitanae ecclesiae, salva tarnen reverentia et obedientia epi-
scopi in illis presbiteris, quos | prior euprascripti Ilospitahs stabiliet in pre-
nominatis ecclesüs. Preterea dedit eidem Hospitali ecelesiam sancti Johannis
babtiste in Monte peregrinorum cum omnibus, quae habere debet, et cum
decimis molendinorum Guillelmi Beraldi sive etiam cum decimis | omnium
possessionum ac rennn, quas prefata domus tunc haberet in toto Tripolitano
espiscopatu. Haue itaque concessionem , sicut ab eodem episcopo facta et a
domino predecessore nostro sancte memoriae PA SC ALI papa confirmata est, et
universa, quae ad | sußtentandas pregrinorum et pauperum necessitates vel in
Jerosolimitanae ecclesiae vel in aliarum ecclesiarum parochüs et civitatum territorüs
per soUicitudinis tuae instantiam eidem xenodochio acquisita vel a quibuslibet
fidelibus viris oblata | sunt auf in futurum largiente Deo offerri vel aliis justis
modis acquiri contigerit quaeque a venenerabilibus fratribus Jerosolimitanae vel
Malteser Studien. lOl
Antiocenae seu aliarum sedium episcopis concessa sunt, tarn tibi quam succes-
soribus tuis et fratribus peregri norum iUic curam gerentibus quieta semper
et int^^ preciplmus conservari. Donationes etiam, quae religiosi r^es et ceteri
principes de tributis seu vestigalibus suis eidem xenodochio deliberaverunt; ratas
haben decemimus. Preterea xeno'dochia sive ptochia in occidentis partibus
apudBurgum SanctiEgidii, apud Asten, Pi8am,Barum,Ydrontum,
Tarentum, Messanam Jerosolimitani nominis titulo celebrata et villas de
Castellone, beati Cristofori, Podii, Cipriani, de fontibus Orb, Ber-
golli, Pontis, Monasterioli et villam Dei et honores omnes sive poses-
siones, quas vestrum xenodochium ultra seu citra mare in Asia videlicet vel
Europa aut in presenti habet aut in futurum larjgiente domino poterit adipisci,
tam tibi quam successoribus tuis hospitalitatis pio studio imminentibus et per vos
eidem xenodochio in perpetuum confirmamus et in tua tuorumque successorum
subiectione ac dispositione , sicut hodie sunt, manere | censemus. Nulli ergo
omnino hominum liceat idem xenodochium temere perturbare aut eius posses-
siones auferre vel ablatas retinere, minuere vel temerariis vexationibus f
tare, sed omnia integra conserventur eorum pro quorum | sustentatione et
gubematione concesse sunt, usibus omnimodis profutura. Sane fructuum vestro-
rum dedmas, quas ubilibet vestris sumptibus laboribusque coUigitis, preter episco-
porum vel ecciesiarum ministrorum contradictionem xenodochio | vestro habendas
possidendasque sancimus. Obeunte te, nunc sepedicti xenodochii provisore atque
preposito, nullus ibi qualibet surreptionis astutia seu violentia preponatur, nisi
quem fratres ibidem professi secundum Deum providerint eligendum. | Si qua
igitur in futurum ecclesiastica secularisve persona hanc nostre constitutionis pa-
ginam sdens contra eam venire temptaverit, secundo tertiove commonita si non
satis&ctione congrua emendaverit, | potestatis honorisque | sui dignitate careat
reamque se divino iudicio existere de perpetua iniquitate cognoscat et a sacratis-
simo corpore ac sanguine Dei et domini redemptoris nosri Jesu Christi aliena
fiat atque in extremo examine districte | ultioni subiaceat. Cunctis autem eidem
loco justa servantibus sit pax domini nostri Jesu Christi, quatenus et hinc fructus
bone actionis percipiant et apud districtum judicem premia eteme pacis in-
veniant. AMEN.
L. S. Ego Calixtus catholice ecclesie episcopus ss. ^
Datum apud Sanctum Egidium per manum Grisogoni sanctae Romanae
ecclesiae diaconi cardinalis ac bibliothecarii. 13. Kai. Julii. Indict. XII' Dominicae
incamationis anno M^C^XX*^, pontificatus autem domini CaUxti secundi pape
anno primo.
Original — VI, 1.
Gedruckt bei Paoli, Cod, dipl. I, p. 269.
102 Prutz:
IV.
1183. Herzog Friedrich von Böhmen bestätigt verschiedene dem Hospital des
H. Johannes in Jemsalem in Böhmen nnd Mähren gemachte Schenkungen und
fügt denselben seinerseits einige hinzn.
In nomine patris et filii et Spiritus sancti — Amen. Ego Fridericus,
dei gratia dux Boemorum^ circumspiciens et considerans patris mei beate
memorie Wl adizlay regia et aliorum predecessorum meorum facta commenda-
bilia, scilicet in ecclesüs, quas deo et sanctis eins edificaverunt, et in beneficiis
ac possessionibus ibidem Deo servientibiis babundanter coUatis, cogitavi apud me,
ut et ego in aliquibus sequerer vestigia eorum et si non cum primis, saltem cum
muliere paupere offerrem minutum in gazofilacium domino. Cum ergo de hiis,
quae ad me hucusque per successionem attavorum et avorum pervenerunt, aliqua
diversis cenobüs contulissem, venit mihi in mentem Hospithale Jerosolimitanum,
cui a pricipio sui principatus se pater meus devoverat et ei aliqua in suo regne
contulerat. Huius autem hospitalia audiens facta fere impossibilia, set quia Dei
sunt possibilia, deliberavi de mea liberalitate aliqua ei conferre, aliqua minus ei
utilia utilioribuß commutare, aliqua vero reddere, que pater meus usque ad vite
sue finem annuali censu redimens retinuerat. Dedi ergo ei ecclesiam cum con-
sensu et peticione uxoris meae, quam ipsa inter Pragam et Wicegrad in honore
beati Johannis evangeliste edificaverat ob memoriam divinitus michi concesse.
Circa quam ecclesiam dedi ei terram ad coronam meam pertinentem ad unnm
aratrum. Dedi etiam ei Botic fluvium cum loco piscine et molendini. Tradidi
etiam ei villam iuxta Vicaim jacentem nomine Lynec cum silva, que super
Albeam jacet, ei pertinente. Pro Borizlau autem et eius pertinentiis do ei
quasdam villas quondam ad Sathec pertinentes iam diu fere desertas, quarum
nomina sunt hec : Ztare, Zedlo, Sblasin, Imnerovic, Krizi, Vzahradky, Skirisici,
Napolene, Kaisowici, Trihonin villam, quam mea propria pecunia emi a comite
lurik de Milevzeho, dedi domui Hospitali. Confirmo etiam Malmirostrov, quam
comes Hrabire fideli servido a me deservivit et eidem domui contulit. Do etiam
et confirmo Wopolom, Wranow et omnem silvam circa et infra illas villas ja-
centem, que vidgariter dicitur Hole, ubi custodes silve mee fuerunt, qui vul-
gariter dicuntur Hayn. Quarum villarum culta et inculta ipsemet presens cir-
cuire precepi Hrabysam simimum curie mee camerarium et Matheum summum
curia mee venatorem. Quam circumicionem Jherusalem vocari precepi et in ea
ecclesiam fieri jussi in honore sancti Sepulchri dominici et beati Johannis baptiste.
Confirmo autem ei omnes donationes, que in diebus principatus mei date sunt vel
dabuntur ei, utpote donationem uxoris mee, sciücet parrocliiam sancte Marie
ad argentariam, ita quod nulli liceat ibi aliam ecclesiam edificare preter volun-
tatem eorum. Et alia parrochia, que edificatur in Kadan super Egram fluvium.
Confirmo etiam villam Trebiz, quae jacet super fluvium, qui dicitur Mnlina, quam
eadem uxor mea ipsi contuUt. Nichilominus assensi et assentio omnibus nobiÜbus
meis, qui eis elemosinas suas vel dederint vel deinceps dare voluerint, sicut
Petro filio Milgozt, qui predicte domui portionem, que eum contingebat, here-
ditatis contulit. Confirmo etiam ecclesiam in honore beate Marie dedicatam et
omnia ad ipsam spectantia, ligneam etiam ecclesiam, quam construxit Bohuse
Jklalteser Studien. 103
barbatus beneficio castri in Oladesc'lie honoratus et terram ad unum aratrum
ante castnim Hradech, quam dedit iam noininate domui Ozel filius Hirdete.
Contirmo iterum \illam Iwanowic super Hanam fluvium in Moravia, quam
Trojanus et fratres sui, tilii Dluhomili, dederunt, et villam Bei chic, quam
Prisizlaus, filius Helie, dedit. Confinno etiam terram desertam in Modlecovic ad
unum aratrum in p^o^^ncia Prirorensi pertinentem ad castrum Hradec. Terra
autem eadem vocatur Koberic. Confinno preterea Hrobeniki super fluvium, qui
dicitur Tzina, cum suis attinenciis ex una parte Hlubehice termino jacente
usque ad terminum Bohuhwalov et dehinc usque ad pontem virgis factum, qui
dicitur Bezstrecowahat, et ab bis terminis semita et signa protenduntur usque
in Kozidot et deinde eadem signa usque Milich fluvium protenduntur. Hoc
autem factum est fratris mei Wladimiri assensu accedente. Igitur pro larga et
ampla caritate, quam habent in veneranda domu Hospitalis in recipiendis in-
fimiis tam pauperibus (^uam divitibas, hominibus de Iwanowic et omnibus viUis
ad eandem villam pertinentibus et hominibus de Hrobnik et omnibus vülis illic
spectantibus, in furtiH, in homicidüs sive in aliis (luibuscunque collectis, sive in
castris sive in pontibus edificandis vel in quocunque alio negotio terre, si quando
forte contigerit, eandem hbertatem et securitatem concedimus, quam antecessores
nostri Holomucensi contulerunt episcopatui. Fax ergo sit eis hominibus villarum
jam nominatis vel etiam futuris, (luos divina Providentia et bominum laigitione
suis usibus collegerint, et libera securitas et secura libertas sit eis a me et ab
omnibus meis successoribus in secula seculorum. Amen. Ne autem donatio et
confirmatio mea in irritum ducatur. rogo fratrem meum, Brecizlaum episcopum
Pragensem, et omnes suos successores et dominum Caym episcopum Hdomu-
censem et omnes suos posteros, ut quicunque spiritu malitie ductus factum hoc
immutare vel fratribus dicte domus sive in Boemia sive in Moravia in aliquo
detrahere presumat, maledictionis flagello puniatur. Huius facti testes, qui erant
presentes, hie sunt: Elisabeth ducissa, Wladimir, dux de Holomuc cum fratre
suo Brecizlao, Brecizlaus episcopus Pragn., Kayn episcopus Holom., Lampreht
abbas de Cladorub., Minger abbas de Plaz., Florianus prepos. Wicegrad, Hrabice
camerarius, Matheus summus venator, Martinus camerarius Holom., Predo de
Xechstin, Milhozt comes beneficium liabens in Boyzes et summus venator sil-
varum spectantium in Xetholic, Smil de Vderche cum flliis, Beneda de Swesin,
Otto Woyzky cum fratre Rediwoy et tiliis, Chazlav de Potin, Bozden de Pesto-
dlut maior procurator in beneficio Milhezd, Martin de Milkov. Ego Brecizlaus
episcopus Pragensis rogatu fratris mei Friderici, ducis Boemiae, omnes, qui im-
mutare hoc factum vel fratribus dicte domus in aliquo detrahere presumpserint,
auctoritate, qua fungor, excommunicationis vinculo imiodatos penae gehennali
subiitio perpetuaüter cruciandos. Ego Kayn episcopus Holomucensis rogatu
Friderici ducis omnes etc crucianos. Eandem autem penam excommunicationis
nos duo episcopi nostris relinquimus successoribus.
Actum est autem hoc anno dominice incamationis MCLXXXUI, prin-
cipatus mei VH*^, pontificatus vero Brecizlai fratris duds anno secundo.
Original der Urkunde, die Dobner IV, 245 und danach Boczekl,
p. 307 „e copiis in Archivo Olomuc." veröffentlicht haben.
104 Prutz:
V.
1270. Ritter Peter äbergiebt seinen Leib znm Begräbniss den Tempelherren
in St. Gilles nnd vermacht denselben feierlich seine gesammte Habe.
Notum Sit Omnibus, quod anno domini M. CC. LXX, scilicet II. Idus
Septembris, existentibus dominis civitatis Avinion. domino Alphonso, Dei gratia
comite Tholosano et marchione Provincie, et domino Karolo, eadeni
gratia comite et marchione Provincie et comite Fulcalesen., ego Petrus
de militia, ^er corpore, in bona mentis mee valetudine existens, relinquo, ofiEero
et dono tibi, fratri Lamberto templario et camerario domus militie Tempil
Sancti Egidii, presenti et recipienti nomine dicte domus corpud (sie) meum
sepeliendum tempore mortis mee in cimiterio dicte domus, ponendo manus meas
infra manus tuas et ne contra hoc veniam aliqua ratione vel jure, bona fide et
sine dolo per soUempnem stipulationem tibi promito et super sancta Dei evan-
geha a me corporaUter tacta tibi juro renuntians in predictis omni juri omnique
rationi vel qua contravenire possem. Et ego frater Lambertus predictus in
nomine domini nostri Jesu Christi et gloriose beate Marie matris eiusdem et
nomine domini Roncelini magistri domorum militie Templi in
Provincia, et pro ipso te dictum Petrum de m^litia per manuum tuarum
apprehensionem recipio in omnibus bonis temppralibus et spiritualibus dicte
domus et corpus tuum tempore mortis tue sollempniter sepeliendum in cimi-
terio dicte domus. Factum fuit hoc Avinion. in stari dicti Petri de militia.
Testes afifuerunt presentes domini Johannes iMior domus sei. Benedict!. Bertrandus
de cavis montibus frater. Guill. Clarius de Mari et frater Petrus Gamerius
templarii, Rd. Clarius. Et ego Petrus Carresia Avinion. notarius, qui in dictis
onmibus presens interfui et mandato dictorum presentium hanc cartam scripsi
et signavi.
Original. 18, n. 17.
VI."
1190. April 16. P. Clemens m verkündet, dass er den nnter Leitnog des
Erzbisohofs von Narbonne zwischen den Grossen der Provence geschlossenen
Landf^eden znm besonderen Schutz des Ackerbaues bestätigt habe, beauftragt
die Tempelherren mit der Erhebung der festgesetzten Abgabe von jedem Pfluge,
deren Ertrag ihnen zufallt, und mahnt alle zur Beobachtung dieser
Bestimmungen anzuhalten.
Clemens episcopus servnis servorum Dei venerabilibus fratribus archi-
episcopis, episcopis, dilectis fihis abbatibus, principibus atque aUis Dei fidelibus,
ad quos littere iste pervenerint, salutem et apostoUcam benedictionem. Sicut
Sacra evangelii testatur auctoritas, qui recipit justum in nomine justi, mercedem
justi suscipiet. Verumptamen miütes Templi, quod Jerosolimis situm est, quam
specialiter sint omnipotentis Dei servitio mancipati et militie celesti connume-
rati, reverendus eorum habitus indicat et Signum crucis dominice, quod in suo
corpore assldue baiulant, manifestat. Ipsi enim ad hoc constituti sunt, ut pro
:Malte8er Studien. 105
fratribus animas ponere non forraident. Dignum igitur est, ut tarn preclaris
athletis Christi modis omnibus, quibus secundum Deum poterimus, providere
curemus. Et quidem bone memorie Amoldus Narbonensis archiepiscopus con-
silio et consensu illustrium virorum bone recordationis A. comitis Tolosani, Hu.
comitis Rutenien., Rogerii vicecomitis Bitren. necnon et aliorum nobilium virorum
illius terre pro reverentia et sustentatione eorundem niilitum hanc institutionem
In suis partibus confirmavit. Quam etiam nuper venerabiles patres nostri Arela-
tensis archiepiscopus cum suffraganeis suis et epus de consilio et assensu
Illustrium virorum A. regis Aragon., R. comitis Tolosani, — . comitis Furcalca-
riensis, Baroli domini Massilien. et aliorum nobilium virorum illius terre de-
liberatione provida confirmarunt, ut boves et omnia aratoria animalia, bubulci
quoque ac boum custodes omnisque apparatus arantium animalium necnon
homines et bestie, que semina vel aratrum ad campum detulerint, omni tem-
pore sint secura. Et sicut adjutoribus et defensoribus huiusmodi institutionis
peccatorum suorum veniam indulgemus, ita e contrario eiusdem pacis et treugue
violatoribus penam anathematis irrogamus, hoc etiam addito, ut in castello vel
\illa, ubi boves ablati vel furto abducti fuerint intromissi, preter baptisma et
penitentias nullum divinum officium celebretur, donec ea, que contra tenorem
X)acis ipsius (et) treugue surrepta fuerint, ex int^ro restituantur. Pro uno-
quoque etiam aratro sextarius frumenti eisdem militibus annualiter persolvatur.
Et quoniam nostri officii est ea, que ad pacem atque securitatem fidelium per-
tinent, congtituere et firmare, eandem tr^uguam atque institutionem auctoritate
apostolica confirmamus et ut eam per vestras parrochias nuntietis atque id
ipsum a vestris parrochianis fieri faciatis et pariter observari in peccatorum
vestrorum remissionem vobis injungimus. Studii autem vestri sit, ut per sin-
gula castella vel villas idonea persona ad recolligendos eosdem redditus vestro
auxilio per eorundem militium dispositiouem statuatur. Que nimirum eandem
elemosinam fideliter coUigat et cum omnibus rebus suis pacis et treugue
Dei defensione consistat. Preterea quemadmodum primum in Pisano ac post-
modum in Lateranensi concilio viva voce predecessor (noster beate)*) memorie
papa Lmocentius rogavit, ita etiam nos presentibus litteris vos rogamus, ut ad
subventionem eorundem militum debite caritatis affectu is et tam bis
quam alüs modis, quibus eisdem sersds Dei prodesse poteritis, ipjsos iuvare ac
fovere curetis. Vobis autem archiepiscopis, episcopis et endo mandamus,
ut si quis contra prefatam constitutionem venerit et eam ausu sacrilego in-
fringere attemptaverit, vestre m de ipso iustitiam faciatis. Obedientes
vos monitis nostris gratia di%ina custodiet et de vestre actionis studiis exaltare
concedet. Datum Laterani XVI Kai. Mali, Pontificatus nostri anno tertio.
Durch Brüche beschädigte Copie s. 13, 10, n. 14.
*) Lücke ergänzt.
IIL Komthure des Johanniter -Ordens im Gebiet des
jetzigen Königreichs Württemberg.
Mitgetheilt
von
R Fr. Stalin,
k. ArcluNTath in Stuttgart.
Unter den früheren geistlichen Herren des jetzigen Königreichs
Württemberg spielte der Johanniterorden zwar keine besonders
hervorragende Rolle , doch besass auch dieser Orden , welcher auf
ganz anderen Schauplätzen sich Lorbeeren errang, immerhin einige
Kommenden im Lande. Es waren dies: Mergentheim, vielleicht
schon 1207, jedenfalls aber 1225, eine im Jahre 1554 von diesem
Orden an den Deutschen Orden verkaufte Kommende ; Schwenningen
(0. A. Rottweil) : wenigstens \\ard ein Haus des Ordens allda in den
Jahren 1212 und 1257 erwähnt; Hall, vielleicht schon vor 1228,
jedenfalls aber 1249; Rexingen (0. A. Horb) 1228; Hemmendorf
(0. A. Rottenburg) 1258; Rottweil (?1247) 1277; Dätzingen (0. A.
Böblingen) spätestens 1281; Rohrdorf 1296; Aflfaltrach (0. A. Weins-
berg): an diesem Orte erscheint zwar seit dem letzten Viertel des
13. Jahrhunderts Besitz des Ordens, allein derselbe war doch
meistens nur eine Zubehörde der Haller Kommende, so dass in
früherer Zeit nur höchst ausnahmsweise sich auch nach Affaltrach
*[omthure nannten, erst im 17. Jahrhundert scheint Affaltrach als
eine eigene Kommende betrachtet worden zu sein, blieb aber auch
jetzt noch stets mit der Haller vereinigt. Auch Hemmendorf und
Rexingen, Dätzingen und Rohrdorf erscheinen in späteren Jahr-
hunderten meist unter denselben Komthuren.
Durch Patent vom 19. November 1805 nahm Kurfürst (bald
darauf König) Friedrich von Württemberg von den in und an
seinen Landen gelegenen Besitzungen wie der Reichsritterschaft und
des Deutschen Ordens, so auch des Johänniter-Ordens Besitz, jedoch
verblieben die Kommenden des letzteren durch einen besonderen
Vertrag mit demselben vom 4. August 1806 dem Ordön noch für
einige Jahre unter dem Schutz und der Souveränität der württem-
bergischen Krone.
Komthure d. Johanniterordens im Geb. d. jetzigen Königr. Württemberg. 107
Das im Folgenden gegebene Verzeichniss der einzelnen Vor-
steher der genannten i) Kommenden oder Komthure, welches, soweit
nicht anderes bemerkt, stets unmittelbar aus Urkunden in der Weise
geschöpft ist, dass die beigesetzten Jahreszahlen die einmalige,
beziehungsweise früheste und späteste Erwähnung in Urkunden
bedeuten, dürfte für die Geschichte der in ihm vorkommenden
adeligen Geschlechter nicht ganz ohne Werth sein. Es ist in Bezug
auf dasselbe nur noch kurz Folgendes zu bemerken. Bei denjenigen
Kommenden, welche, namentlich in der späteren Zeit, meistens von
denselben Komthuren verwaltet wurden und daher auch hier
zusammengenommen worden sind, ist durch Beisetzung des Anfangs-
buchstabens des Namens der betreffenden Kommenden angezeigt, ob
die einzelnen Komthure in den zu Grunde liegenden Urkunden
als Inhaber beider Kommenden oder nur als solche der einen oder
anderen Kommende aufgeführt sind, allein wie sich aus vielfacher
Vergleich ung ergiebt, war es oft mehr zufällig, gerade durch die
Verhältnisse des einzelnen Falles gegeben , dass sich ein Komthur,
welcher beide Kommenden innehatte, blos nach der einen nannte,
und es schliesst daher die Beisetzung blos der einen Kommende
nicht aus, dass der Betreffende auch die andere innegehabt habe,
es fehlt dann eben nur hinsichtlich der letzteren an einem urkund-
lichen Nachweise. Die rasche Aufeinanderfolge der einzelnen Kom-
thure, wie sie in älterer Zeit einige Kommenden aufweisen, legt
die Vermuthung nahe, es seien damals diese Aemter nur für einige
Jahre besetzt worden.
Kommende Hall-Affaltrach.'^)
[Heinrich. 1249. (H.)]
Conrad. 1263. (H.)
Ulrich. 1275—1290. (H.)
Rucger von Scheffau. 1293—1296. (H.)
[Schenk Walther von Limburg. 1295. (H.)]
Eberhard von Bell. 1298-1300. (H.A.)
Erbe von Rumersheim. 1300. (H.)
[Schenk Ludwig von Staufeneck. 1303. (H.)J •
Albrecht von Katzenstein. 1304. (H.)
Rucger [von Scheffau]. 1307. (H.)
') Vom Schwenninger Ordenshause sind keiue Komthure bekannt.
>) Das in [ ] Beigesetzte beruht auf den Angaben H. Bauers in Württembergisch Franken
9, 26 ff., 368 ff., welche zum Theil denselben Quellen entnommen sind, wie die obigen Mit-
theilungen, sowie auf der Beschreibung des Oberamts Weinsberg S. 175.
108 Stalin:
Heinrich von Scheffau. 1311. (H.)
Rudolf von Berwerstein. 1317. (H.)
Conrad von Neuenstein. 1335 — 1368. (H.)
Arnold von Berlichingen. 1388—1391 (H.)
Marquard Staheler (Stahelaw). 1405-1408. (H.).
Reinhard von Ow. 1436—1413. (H.)
AVilhelm Wylheimer (Wühelmer). 1443-1448. [U.)
Hennann von Hinwil (Heynweil, Hinterwyle), 1453 — 1469. (H.)
Johannes GremUch. 1472. (H.)
Friedrich von Enzberg. 1480-1507. (H.)
AVeiprecht von Münchingen. 1512—1514. (H.)
Georg Schilling von Cannstatt. 1531—1544. (H.A.)
Georg Graf von Neuenbürg, Herr zu Thengea [1548] 1550—1565. (H.)
PhiUpp Riedesel von Camberg. 1587. (H.)
Ottfried von Heppenheim, genannt vom Saal. 1589. (H.)
Weiprecht von Rosenbacb. 1594—1600. (H.)
Philipp von Braunsberg, Herr auf Brölburg. 1603. (A.)
Johann Dietrich von Staffel zu Baldenstein und Falkenstein. 1629 bis
1633. (H.A.)
[Heinrich Moriz von Wolframsdorf 1648—1660. (H.A.)]
Johann Balthasar Drandorf. 1664. (II.)
[Cardinal von Reede. 1666. (H.A.)]
[Freiherr von Trösten. 1667—1671.]
Johann Arnold Freiherr von Wachtendonk. 1701. (H.A.)
Philipp Wilhelm Graf von Nesselrode und Reichenstein. 1709. (HA.)
Nicolaus Antonius Freiherr von Enzberg. 1727 — 1743. (H.A.)
Franz Joseph Freiherr von Griset zu Forell. 1761—1785. (H.A.)
Franz Conrad Joseph Freiherr von Truchsess. 1794—1797. (A.) [1809
pensionirt, f 1826].
Kommende Hemmendorf-Rexingen.
Dietrich. 1228. (R.: „prior").
Berthold. 1280. (R.)
Burkhard. 1281. (H.)
Berthold. 1285—1290. (H.)
Burkhard. 1285-1289. (R.)
[(?) Berthold Limp. 1290. (H.)j»)
Gottfried von Cüngenfels. 1297. 1298. (R.)
Walther Schenk von Limburg. 1298. (H.)
Haug Graf von Tübingen. 1300. (R.)
Eberhard von Seebronn. 1301. (H.)
Gottfried von Cüngenfels: 1302. (R.)
Berthold Liupe. 1802. (H.)
Walther Schenk von Lunburg. 1305—1306. (R.)
Albrecht von Niefem. 1309. (R).
*) Beschreibung des Oberamts Rottenburg S. ITl
Komthure d. Johanniterordens im Geb. d. jetzigen Königr. Württemberg. 109
Friedrich von Thumnau. 1309. (H.)
Richard. 1310. (R.)
Bewrt (?) 1310. (H.)
Albrecht von Niefem. 1315-1317. (H.R.)
Wolf von Frauenberg. 1321. (H.R.)
Hugo Graf von Tübingen. 1322-1364. (R.; später auch H.)
Heinrich Graf von Sulz. 1331. (H.)
Friedrich, genannt der Teufel. 1371. (H.R.)
Hermann von Ow. 1373. (R.)
Peter Salzfass. 1384. (R.)
Hermann von Ow. 1388. (H.)
Reichard Söler. 1401. (R.)
Heinrich von Magenheim. 1405. 1406. (R.)
Peter Salzfass. 1407—1423. (H.R.)
Johannes von Weitingen. 1446—1450. (R.)
Beetz von Lichtenberg. 1474—1480. (H.R.)
Peter Stoltz von Bickelheim. 1487—1488. (H.)
Philipp Stoltz von Bickelheim. 1495—1496. (H R.)
Ulrich Graf von Montfort. 1507—1519. (H.)
Georg vom Haus (Hove). 1526—1527. (H.R.)
Wilhelm Reiss von Reissenstein. 1529—1533. (H.R.)
' Hermann Schenk von Schweinsberg. 1542 — 1546. (H.R.)
Ulrich von Stemenfels. 1556-1565. (H.R.)
Hans Georg von Schönbom. 1578—1584. (H.R.)
Philipp Riedesel von Camberg. -1587— 1588. (R.)
Augustin Freiherr von Mörsberg und Beffort. 1588— 1603. (H.R.)
Ferdinand von Muggenthal zu Hexenacker. 1606—1621. (H.R.)
Maximilian Schliderer von I^achen. 1622-1650. (H.R.)
Johann Friedrich Reding zu Biberegg. 1659. (H.R.)
Hermann Freiherr von Wachtendonk. 1680. (H.R.)
Philipp Freiherr von Schönbom. 1688—1693. (H.R.)
Johann Friedrich Schenk Freiherr von Staufenberg. 1710. (H.R.)
Franz Anton Freiherr zu Baden. 1738 -1740. (H.R.)
Maria Felix Willibald Reichsgraf von Fugger. 1765—1792. (H.)
Johann Jacob Freiherr von Pfirt. 1797/8. (H.R.)
Victor Conrad Graf von Thum. 1802. (H.)
Kommende Mergentheim J)
[Albert. 1225].
[Hermann von Rode 1267 1.
[Eberhard. 1267-12771.
Hermann. 1280.
[Conrad von Heineberg. 1283J.
*) Das in [ ] Beigesetzte beruht auf den Angaben H. Bauers in Württembergisch
Franken 8, 281 ff., welche freilich nach seinem eigenen Zugeständniss nicht volle Garantie für
die Richtigkeit und Schreibweise der Namen bieten.
110 Stalin:
Heinrich von Louigingen [Lauingen]. 1285.
[Helwig von Randesacker. 1293].
[Heinrich von Castell. 1297].
[Rüdiger Reich von Mergentheim. 1800— 1308J.
I Albrecht von Katzenstein. 1311].
Johann von Rotenstein. 1812.
Martin [von Mergentheim]. 1320 - 1341 [1842].
Heinrich von Remde. 1349—1363.
Raben Martin [von Mergentheim]. 1370.
[Johann Ludener (von Lauda). 1385J.
Heinrich Rattenzaggel. 1386.
[Weiprecht von Ryedem. 1390].
Hermann Crantz. 1399.
[Marquard Stahler. 1410].
Wilhehn von Hailflngen. 1414—1426 [1436J.
Marquard von Meldungen. 1438 — 1441.
Jöig von Hohenheim. 1446-1451 [1452].
Friedrich Fetzer von Geisspitzheim. [1455] 1456—1473.
. Weiprecht von Münchingen. 1496—1508.
[Christoph von Leenstein. 1529].
Georg SchilUng von Cannstatt. 1531—1544.
Georg Graf von Nellenburg Herr zu Thengen. [1548—] 1554.
Kommende Rohrdorf-Dätzingen.^)
Heinrich. 1283. (D.)
Gottfried von Clingenfels. 1297. (R.)
Burkhard. 1300. (D.)
Albrecht von Niefem. 1310. (D.)
Hermann. 1317. (R.)
Wolf von Frauenberg. 1321. (R.)
Rudolf von Masmünster. 1325. (R.)
Heinrich von Sulz. 1332—1333. (D.)
Conrad der Walch. 1342-1357. (R.)
Friedrich Graf von ZoUem. 1361—1381.») (R.D.)
Wolf Schenk [von Andeck]. 1398—1401. (R.)
Johannes Söler genannt Richtenberg. 1407. (D.)
Albrecht Böcklin. 1428—1431. (D.)
Johannes von Weitingen. [1429J. 1438—1450. (R.D.)
Georg Bombast von Hohenheim. 1453—1496. (R.)
Michael von Tachenhausen. [1501] 1504—1537 [1540]. (R.)
[? Jörg Schilling. 1624. (R.)J
Haug von Münchingen. [1548] 1552—1558. (R.D.)
Jerg Endris Kechler von Sohwandorf. 1560—1568. (R.D.)
') Daa In [ ] Beigesetzte beniht auf den Angaben der Beschreibung de« Oberamt^
Nagold. S. 212.
') Mon. Zolleran. I. uro 330.
Komthure (\. Johanniterordens im Geb. d. jetzigen Königr. Württemberg. 1 1 1
Carl Reiss von Reissenstein. 1578—1588 [1599|. (R.D.)
Weiprecht von Rosenbach. 1594-1600. (RD.)
Johann Friedrich Hund von Saulheiih. 1602. (R.D.)
Arbogast von Andlau. 1602. (R.D.)
Hans Werner Edler auf Raitenau. 1610—1637. (R.D.)
Hieronymus Mettemich Freiherr zu Gracht und Langnau. 1658—1664. (R.D.)
Johann Wilhelm Freiherr von Elverfeld, Herr zu Herbe<le. 1686 bis
1688. (R.D.)
Johann Arnold Freiherr zu Wachtendonk. 1701. (R.)
Hermann von Schade. 1728—1741. (R.)
Franz Sebastian Freiherr zu Remchingen. 1760—1769. (R.D.)
Johann Baptist Anton von Flachslanden. 1773—1796. (R.D.)
Kommende Rottweil.
Conrad von E^heim 1280—1295.
Ulrich Bletz. 1310.
Rudolf von Masmünster. 1326.
Walther von Rechberg. 1365.
Gylien der Flöter. 1385.
Johann von Ow. 1398—1416.
Reinbold zum Trubel. 1429—1435.
Conrad Schappel. 1455.
Jörg von Ow. 1478—1489.
Conrad von Schwalbach. 1503.
Lienhart Gys. 1512—1538.
Georg Schilling von Cannstatt. 1550.
Georg Andreas Kechler von Schwandorf. 1557.
Conrad von Frauenberg. 1567.
Georg Bombast von Hohenheim. 1560.
Hans Georg von Schönbom. 1584.
Philipp Riedesel von Camberg. 1587—1588.
Bernhard von Angelloch. 1595—1597.
Weiprecht von Rosenbach. 1600.
Wolf Philipp Freiherr von und zu Gutenberg. 1680.
Carl Philipp Reichsgraf von Freitag. 1699.
Mattheis Theodor Freiherr von Wendt, Herr zu Holzfeldt und Forst. 1706.
Bernhard Moriz Freiherr von Cappel zu Horst. 1724 — 1784.
Johann Albert Freiherr von Liebenfels. 1751.
Carl Eusebius Freiherr von Truchsess. Rheinfelden. 1759—1772.
Johann Jacob Joseph Freiherr von Pfirt. 1778—1788.
Freiherr von Schönau. 1785—1790.
Ludwig Adam Maria Freiherr von Ix)e zu Wissen. 1797—1799.
IV. lieber die gemeinschaftlichen Siegel.
Von
Dr. Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg.
Die gemeinschaftlichen Siegel bUden eines der interessantesten
Kapitel der mittelalterlichen Sphragistik; gleichwohl sind dieselben
aber bis jetzt nicht gehtirig beachtet und mitunter nicht richtig
beurtheilt worden.^)
Denn unter gemeinschaftlichen Siegeln im wahren Sinne
des Wortes sind nur solche Siegel zu verstehen, welche mit einem
zum gemeinschaftlichen Gebrauche ihrer Inhaber eigens gravirten
Stempel gefertigt und die in ihrer Legende ausdrücklich als ge-
meinschaftliche bezeichnet sind.
Wogegen alle nur zufällig und vorübergehend — ad
hoc — gemeinschaftlich benützten Siegel, deren Charakter
in d i e s er Beziehung nur aus den Angaben der betreffenden Urkunden
zu erkennen ist, unter die Siegel-Carenz^) fallen und, da ein wirk-
*) Meine früher in meinen sphragistischen Aphorismen, 1882, S. 29
Z. 9 — 25 V. o. ausgesprochene Ansicht über die gemeinschaftlichen Siegel habe
ich am Schlüsse der 11. Lieferung, S. 7') u. 76, bereits berichtigt.
*) Vergl. Archivahsche Zeitschrift, 1882 Nr. Xu. Zu dem dort mit-
getheilten Beispiele doppelter Besieglung einer Urkunde mit ein und demselben
Siegel ist mir nachträglich noch ein zweites bekannt geworden. Die Briider
Hermann und Werner von Raderay, genannt Gnifting, hängen an eine Urkunde
V. J. 1246 zwei Mal das Sig. IV. A. 2. mit der Legende: f S' h'mani. gniftigi.
de. Radirei, mit der Bemerkung: „presentem paginam sigillorum nostrorum
appensione communivimus." Werner ftlhrt aber schon i. J. 12-47 ein eigenes
Sig. IV. A 2. mit der Legende: „t S' werheri genuftingi", vergl. von Weecli
codex diplom. Salem. Taf. VII Nr. 28 und Nr. 26. Im Gc^nsatze zu diesem
Beispiele hängt Domprobst Arnold von Trier und Erfurt i. J. 1241 zwei Siegel
an eine Urkunde, ein spitzovales Sig. III. A. 2. a. und ein Sig. II. A. mit der
Muttergottes mit dem Jesuskinde, und der Legende : „f ocx^e. mater. pvichre.
dilectionifl."
Ueber die gemoinschaftlichon Sio>rel. 113
liches ,gus sigillr' nicht bestanden hat, von untergeordnetem sphra-
gistischen Interesse sind und eigentlich in das Gebiet der Diplomatik
gehören.
Der genuine Charakter eines Siegels wird durch dessen vorüber-
gehenden Gebrauch durch Dritte nicht verändert. Denn wenn
z. B. die Grafen Berthold und Heinrich von Heiligenberg mit ihrem
Bruder Conrad im Jahre 1267 eine Urkunde mit dem SiegellV". A. 2.
des Letzteren, mit der Legende : „f S' comitis conradi de s'monte"
besiegeln, so ist dieses Siegel doch kein gemeinschaftliches,
sondern das persönliche, nur ad hoc gemeinschaftlich gebrauchte
des Grafen Conrad, trotz der Bemerkung in der Urkunde: „mit
disem insigel dz. vnser aller trev ist";^) wenn die Brüder Ortolf,
Friedrich, Conrad, Ulrich und Hermann von Riet in einer Urkunde
V. J. 1246, welche sie mit einem Sig. IV C. mit der Legende:
„f sigillvm friderici de rit" (wahrscheinlich ihres Vaters,) besiegeln,
erklären : „sigillo suo roboraverunt", so bleibt das Siegel doch das
persönliche jenes Friedrichs von Riet; wenn Conrad von Wiesloch
eine Urkunde v. J. 1257 mit einem Sig. IV A. 1. besiegelt, mit
der Legende : „f s. wernheri de wizenloch*^, so bleibt auch dieses
das persönliche Siegel eines Werner's von Wiesloch, obgleich Conrad
in der Urkunde sagt: „sigilli nostri munimine, quod suh custodia
senioris nostre parentele ex antiqua consuetudine servatur ;"2) ebenso,
wenn die Brüder Bertold und Conrad von Remchingen in einer
Urkunde v. J. 1259, welche sie mit dem: ,,f sigillvm Bertoldi de
de remchingen" besiegeln, mit der Erklärung: „sigillo dominorum
de Remchingen Bertoldi videlicet et Conradi dicti advocati", so ist
auch dieses nur das persönliche Siegel Bertold^s.
*j Dieso Urkunde ist wohl eine der ältesten deutschen in Schwaben.
Die drei Heiligenberger Brüder besiej^eln drei Urkunden i. J. 12G7 mit diesem
selben Siegel Conrad's, aber jedes Mal mit einer amleren Bemerkung in der
betreffenden Urkimde. Graf Bertold, der i. J. 12G7 bereits „rec'tor ecclesie in
Roeribach" war, führte im Jahre 1274 ein interessantes spitzovales Sig. IV.
A.2. ; das Siegelfeld ist durch eine Schriftleiste, auf welcher S. Jolmnnes steht,
getheilt, in der oberen Hälfte ein Adler mit dem Nimbus, in der unteren sein
Wappeaschil(J ; die Legende lautet: „f S. C. comitis. d.' sco. monte. can. ecce.
s. iohis cstant." (Constanz).
*) Also ein wirkliches Seniorats Siegel ! und zwar schon in der Mitte des
13. Jahrhunderts „ex antiqua consuetudine" gebrauchtes. In mehrfacher
Beziehung ein höchst seltenes und interessantes Beispiel!
Archivallsche Zeitschrift VIII. 8
114 Hohenlohe:
In allen diesen und zahllosen ähnlichen Fällen ist nur der
zufallige oder augenblickliche Mangel eines eigenen Siegels, (sei es
nun aus Sparsamkeit, Gleichgiltigkeit, mangelnder Gelegenheit, augen-
blicklicher Vergessenheit oder was immer für anderen Ursachen,)
der Grund des Gebrauches eines fremden Siegels — nicht aber der
Mangel des persönlichen Rechtes zur Führung eines eigenen
Siegels.
„II ne faut pas chercher midi ä quatorze heures;" auch bei
archäologischen Fragen ist meist die natürlichste, nächstliegende
Antwort die richtige.
Zum genauen Verständnisse der gemeinschaftlichen Siegel
dürfte es zweckmässig sein, dieselben systematisch zu classificiren.^)
Ich möchte mir daher erlauben, nachfolgende Classification unmass-
geblich vorzuschlagen:
Classification der gemeinschaftlichen Siegel.^)
i seit ige 1 a) A^on Verwandten oder Ehegatten,
elsiegel). J b) von Fremden.
1. zwe
(Doppelsiegel),
2. einseitige ) a) mit mehreren Portraits oder Wappen,
gewöhnliche). J b) mit nur einem Wappen.
1. Die zweiseitigen gemeinschaftlichen Siegel sind aus
zwei mit dem Rücken mit einander verbundenen gewöhnlichen
Siegeln zusammengesetzt, jedes mit seiner eigenen Legende. Sie
konnten daher auch jedes für sich allein gebraucht werden.
Diese Gattung (1), die selten ist, zerfällt in zwei Abtheilungen:
a) In Solche von Verwandten oder Ehegatten.
Hieher gehören u. A. das Doppelsiegel Fürst Borwins von
Rostock (Sig. IV. A. 1.) und seiner Gemahlin Sophie (Sig. III. B. 2. a)
*) Ich beschränke die Beispiele auf Siegel vor dem Jahre 1500.
*) Die gemeinschaftlichen Siegel werden wohl meist Portraits- oder
Wappensiegel sein; allein es können auch Schrift- und Bildsiegel unter (den-
selben vorkommen. Letztere beide Gattungen würden dann, je nadidem sie
mdir als eine Schrift oder ein Schriftzeichen (Initialen) oder mehr als ein
Bild enthielten, unter 2, a oder b, einzureihen sein. Sehr selten werden solche
Siegel wohl immer sein und weitere Nachforschungen sind daher höchst
erwünscht.
lieber die gemein8chaftli<!hen Siegel.
vom Jahre 1237 und das Doppelsiegel des Grafen Otto d. ä. von
Henneberg und seiner Gemahlin Beatrix, (beide Sig. IV. A. 1). i)
b) In Solche von Fremden. 2)
Ein Beispiel ist das Doppelsiegel des Abtes Rudolf von Ad-
raont (Sig. III. A. 2. a.) vom Jahre 1195, auf dessen Rückseite sich
das Sig. lY. A. I. Herand's von Wildon^) befindet, — sicher eines
der ältesten Wappensiegel eines Ministerialen. Dieses merkwürdige
Siegel ist ca. 60 mm im Durchmesser und ca. 23 mm dick.
2) Die einseitigen gemeinschaftlichen Siegel zerfallen eben-
falls in zwei Abtheilungen:
a) In Solche mit mehreren Portraits oder Wappen.
Von Portraits-Siegeln sind u. A.
zu erwähnen das hier, Fig. I. abge-
bildete Sig. III. B. 2. a. der Gebrüder
(Jrafen Conrad von Freiburg und
Berthold d. j. von Urach, vom
Jahre 1239, mit der abgekürzten
Ijogendo: „f Sigillum Conradi
domin i in Friburch et Bertholdi
junioris fratris ejuscomitisin Ura";
ferner : das Sig. III. A. 3. der Brüder
Heinrich und Eberhard Grafen
von Sayn, vom Jahre 1190, mit
derLegende:„f comites henricvs et
everhardvs de seine" ; das Sig. III.
A. 1. der Gebrüder Grafen Heinrich
und Robert von Nassau, vom Jahre 1220, mit der Legende : „f sigillvm
comitvm de nasowe" ; das Sig. III. B. 2. a. der Brüder Johann und
Albert von Sachsen, vom Jahre 1261, mit der Legende: „f S\ johis.
et albei. di. gra. duc. saxon. angar. et westfal" und deren Sig. III.
*) Vergl. in meinen sphragistischen Aphorismen, 1882, die Abbildungen
Taf. Vin. No. 70 und 71 und Xo. 72 und 73.
*) Diese Gattung namentlich ist höchst selten und die Mittheilung
weiterer Beispiele sehr erwünscht.
») Vergl. 1. c. Taf. V. No. 52.
8*
116 Hohenlohe:
B. 3. vom Jahre 1266 mit ähnlicher Legende; das Sig. III. B. 2. a.
der Gebrüder Otto und Heinrich Fürsten von Anhalt, vom Jahre
1266, mit der Legende: „f s. otto et heric\ di. gra. comites. de
ascania. principes. de. anhält".^)
Hanthaler in seinem Receusus diplomat. genealog. archivii
Campililiensis , Wien 1820, theilt auf Tab. XXXL unter No. XYL
die Abbildung eines gemeinschaftlichen Siegels ganz eigenthüm-
licher Art-) mit. Es ist das Sig. III. A. 1. Leutwein's von Fünf-
kirchen und seines Neffen Johannas, beide Mündel ihres Verwandten,
Ulrich's von Fünfkirchen, vom Jahre 1314.
Dasselbe, von ovaler Form, ca. 44 mm breit und ca. 30 mm
hoch, hing mit der breiten Seite an zwei schmalen Pergament-
streifchen. Die beiden gegeneinander gekehrten ßrustbildeV sind
jedes mit einer eigenen Legende in runder Einfassung versehen,
das rechte mit: „f s. leutwini. d\ fvnfk", das linke mit: „f s.
johannis. d'. fvnfk". Die beiden Legenden stossen aneinander und
oben und unten in dem leeren Raum zwischen beiden Siegeln steht
je, mit der Spitze nach innen, ein s. g. Seeblatt, 3) als Anspielung
auf das Fünfkirchen'sche Wappen: zwei aneinander stossende mit
Seeblättern belegte Schrägbalken, wie in dom Sig. IV. A. 2. ihres
Vormundes, Ulrich von Fünf kirchen, an derselben Urkunde mit der
Legende: „f s. vlrici. jvn. d'. fvnfchirchen", welches Hanthaler
1. c. No. XV abgebildet hat.
Das Siegel befindet sich leider jetzt nicht mehr an der Urkunde,
aber nach zahlreichen Vergleichungen anderer Zeichnungen in diesem
sphragistisch sehr interessanten Werke mit den vorhandenen Original-
siegeln scheinen Hanthaler 's Abbildungen und genaue Be-
schreibungen ganz zuverlässig zu sein.
Von Wappen-Siegeln sind u. A. zu erwäjinen: Das Sig. IV. A. 2.
Ulrichs von Pilichdorf und seiner Frau Erweib , geborne Schenkin
von Wolfsberg, vom Jahre 1326, mit der f Legende: „f s. vlrici.
et erweip. uxoris de pilichdorf, im getheilten Sdiilde oben sein
*) K8 gab aber auch persönliche Siegel mit den Portraits zweier Ehe-
gatten, z. B. 1. c. Taf. XVIII. No. 203—206, des Mannes, nnd No. 201 der Frau.
*) „More conimuni maxime recedens", sagt H an t ha 1er und bemerkt
dazu femer, dass Siegel von Minderjährigen überhaupt, sowie Portraits-
Siegel des niedeni Adels höchst selten seien, und ihm ein ähnliches Doppel-
Siegel nie vorgekommen sei.
*) Lindenblatt mit einem Durchschlag, hier 3 kleine Kreise, (l. 2.)
Ueber die gemeinschaftlichen Siegel. 117
Wappen , unten das ihrige,^) eine sehr seltene Form eines ge-
meinschaftlichen Siegels von Ehegatten; das Sig. IV. C. der
Gebrüder Ulrich und Johann von Rappoldstein , vom Jahre 1343,
mit der Legende: „secretv. vhici et johis. d. ropolstei" ; 2) das Sig. IV.
A. 2. der Vettern und Mitregenten Eberhard d. ä. und Eberhard d. j.,
Grafen von Württemberg (mit 2 gleichen Wappenschilden), vom
Jahre 1484, mit der Legende: „s. eberhardi senioris et eberhardi
jvnioris comitvm de wirtemberg et montepeligar'', (Mömpelgard) ;
das Sig. IV. A. 2. der drei Vikare des Bisthums Constanz, vom
Jahre 1356, mit der Legende: „s. vicariorvm episcopatus constanti-
ensis, mit ihren 3 Wappenschilden.
Gemeinschaftliche Städtesiegel sind, der Natur der Sache nach,
höchst selten. Ein besonders interessantes Beispiel ist das Sig. IV. A. 2.
der beiden durch die Mosel getrennten Städte Traben und Trarbach,
vom Jahre 1385, mit der Legende: „f s. commvnitatis. de travena
et trayrrebach'^ Ich habe dieses Siegel in die Abtheilung 2, a,
eingereiht, da neben dem Thurme mit einem Kreuz auf seiner Spitze
(Kapelle?) im geschachten Sporheim'schen Schilde, im Siegelfelde
rechts ein grosser Schlüssel und links (aus dem Schildrande heraus
reichend) eine Hand mit einem kurzen Stabe erscheinen und diese
beiden sphragistischen , heraldischen oder symbolischen Bilder sich
doch wohl nur je auf eine dieser beiden Städte beziehen werden.3)
b) In Solche mit nur einem Wappen.
Z. B. das Sig. IV A. 2. der Gebrüder Eberhard und Bertold
d. j. von Schlüsselberg, vom Jahre 1296, mit den beiden
V^'^l. 1. c. Taf. IX. Xo. Ö5.
*) Dieses Siegel, dessen Bild ich hier nach einer
Zeichnung Kindler von Kroblm'h's mittheile, ist wiegen
der beiden verschie<lenen Wa]>penlielme mit dem
einen Schilde besonders interessant, u^id ein ziemlich
spätes und seltenes Beispiel rein pers(mlicher Helm-
kleinode bei bereits hingst feststehenden Familien-
wappen.
Auf einem Sig. IV. C. <les Edelknechtes Hennel
Sti-eifFe von Landenburg, vom Jahre 1384, mit der
Legende : „f s'hennel. streif stehen auf dem Wappen-
sdiilde , a u ff all e nd e r Weise , zwei gleiche Wappen-
helme; (nut je zwei voneinander gekehrten Schwanenhälsen). Nach Stumpff's
Chronik scheint diese Form damals in der Schweiz Mode gewest»n zu sein.
^1 Auf einem älttTen Siegel der Statlt Trarbach allein, vom Jahre r285,
kommt keines dieser Bilder vor.
U8
Hoheulohe '
Fig. in.
Legenden : „f s' eberhardi
de slvzzelberch" und „f s\
bertoldi. de. sivzzelberch
junioris", wovon ich hier
Fig. EI eine Abbildung
mittheile. Bis jetzt ist
mir kein ähnliches vorge-
kommen. 1) Ferner sind
u. A. zu erwähnen das
Sig. IV. A. 2. der Gebrüder
(?) Ulrich und Eberhard,
Grafen von Württemberg,
vom Jahre 1241, mit der
Legende: „f s. vlrici et
eb . . . ardi re" ; das
Sig. IV. A. 1. der Gebrüder
Grafen Conrad und Heinrich von Freiburg, vom Jahre 1244, mit
der Legende : „f sigiir C. et H. comitvm in friburg'';2) das Sig. IV. A. 1.
der Brüder Burkhard und Rudolf von Usenberg, vom Jahre 1245,
mit der Legende: „s. bvrchardi et rvdolfi dominorvm de vsenberc^^;
das Sig. IV. A. 2. der Gebrüder Johann und Gerhard von Schauen-
burg, vom Jahre 1247, mit der Legende: „f s. johis: et: gerardi:
comitv: de: scowenbg"; das Sig. IV. A. 1. der Gebrüder Heinrich
und Friedrich Grafen von Stolberg, vom Jahre 1253, mit der Legende:
„sigillvm henrici et fride^ici comitvm de stalberg" ; das Sig. IV. B. 2.
der Brüder Hermann und Theodor von Hardenberg, vom Jahre 1257,
mit der Legende : „f s et teoderici fratrvm in hardenberg^^ ;
das Sig. IV. A. 2. der Brüder Cunemund und H. von Sonnenberg,
vom Jahre 1260, mit der Legende: „s. cvnemvndi et h. fratrvm de
sonnenbvrg"; das Sig. IV. A. 1. der Brüder Bertold und Ditmar
von Büren (in Westphalen), a. d. J. 1220-1280, mit der legende:
„f sigill-bVtoldi. etniari de bvre"; das Sig. IV. A. 1. der sogenannten
*) Aehiüichkcit mit diesem 8chlüsHelbei^'sclien Siej^el, was die doppelte
Legende betrifft und die Art ihrer Anbringung, hat da» iSig. IV. A. 2. Konrad's
von Kornburg, Butiglers von Ntirn))erg, vom Jahre 12^1, aussen herum mit der
Legende : „t s. chvnradi. puttuclarii. de nvrnberch" und um den Schild : „t s.
chvnradi de cvrenbvrch" ; vergl. die Abbildung 1. c. 8. 75. Fig. d. Wohl auch
ein Tnicum !
2j Vergl. Württemberg. Urk. Buch 1. Xo. 411.
Ueber die gemeinschaftlichen Siegel. 119
vier Thäler (Gemeinden) Bacharach, Diebach, Steeg und Mannbach am
Rhein, vom Jahre 1412, mit der Legende: „s .-. valliv, /. bacherach /.
dippach .'. Stege .*. mannebach"; im getheilten Siegelfelde oben der
gekrönte pfälzische Löwe, unten die bayerischen Wecken.^)
Ob das Siegel der Brüder Heinrich und Gebhard von Hohen-
lohe-Brunneck, vom Jahre 1272, dessen Oudenus in seinem codex
diplomat. L 743 erwähnt, wirklieh ein gemeinschaftliches Siegel
war und von welcher Gattung, ist vorerst, da ein Original bis jetzt
nicht aufgefunden wurde, nicht zu bestimmen.
Es gab übrigens auch gemeinschaftliche Siegel ohne voll-
ständige Angabe der Namen ihrer Inhaber in der Legende : z. B. das
Sig. IV. A. 1. mit der Legende: „s\ rud. de ramensperg et filiorvm
eins'', dessen sich Rudolf von Ramsberg und seine Söhne Burkhard
und Rudolf im Jahre 1272 bedienten; das Sig. IV. A. 2.2) der
Söhne Marquard's von Bretten, mit der Legende: „f S.3) filiorvm
Marcardi de Bretheim", mit welchem Dietrich von Freudenstein
(stammverwandt mit den von Bretten) im Jahre 1290 eine Urkunde
besiegelt, mit der Bemerkung: „quia proprio careo sigillo .... cum
sigillo de Vrovdenstein quo nos omnes utimur", was der mit-
siegelnde Markgraf Hermann von Baden mit den Worten bestätigt:
„vna cvm sigillo nobilivm de Vrovdenstein, quo omnes vtvntvr";
das Sig. IV. A. 2. mit der Legende: „sigill. dominorvm de wolves-
kelen", welches die Brüder Hertwich und Albert von Wolfskehl und
die Söhne ihres Bruders Gerhard im Jahre 1239 führten; das
Sig. IV. A. 1. der Herren von Wangen, vom Jahre 1240, mit
der Legende: ,,(f si) gillum. dommor (vm. de.) Wang (eny'; das
Sig. IV. A. 2. mit der Legende : „Sigillvm dominorvm de rabinspcrg",
dessen sich Bertold (Göler) von Ravensburg im Jahre 1247 be-
diente; das Sig. IV. A. 2. der Vögte Dietrich und Hesse von Wassel-
*) Dieses gemeinschaftliche Städtesiegel, so wie das oben angeführte von
Traben und Trarbach befinden sich un k. Staatsarchive zu Coblenz.
*) Das Wappen auf diesem Siegel ist ein lediges Schildchen in dem
Schilde, dagegen ist das Wiesloch'sche Wappen ein lediger (d. h. leerer) Schild.
*) Es wird bis jetzt allgemein angenommen, dass die nicht selten vor-
kommenden verkehrten Buchstaben, meist allerdings S, auf den Siegeln nur
auf einem leicht begreiflichen Versehen der Stempelschneider beruhen. Auf
kunstvoll und sonst ganz tadellos gravirten Si^eln ist dies aber doch auffallend,
wie z. B. auf dem prachtvollen Sig. IV. C. der Kaiserin Eleonore, vom Jahre
1460, die 13 verkelirten S. (vergl 1. c No. 23.')). Sollten nicht doch auf alt-
römischen Denkmülem und in Handschriften solche S vorkommen?
120 Hoheiilohe: lieber die gemeinschaftlichen Siegel.
heim, vom Jahre 1264. mit der Legende: „f s'. advocatorvm. de
waselnheim'' ; 1) das Sig. IV. C. mit der Legende: „f Galea et clipeus^)
de Kavensberg'', dessen sich Otto von Ravensberg im 14. Jahr-
hundert bediente.
Zum Schlüsse erlaube ich mir noch zu bemerken, dass ich die
meisten der angeführten interessanten Beispiele gemeinschaftlicher
Siegel der gütigen Mittheilung der Herren vonAlbertiin Stuttgart,
Dr. Baumann in Donaueschingen, Major Kindler von Knobloch
in Celle, Freiherren von Löffel holz in Wallerstein, C. Primbs
in München, Dr. Sello in Coblenz und Dr. vonWeech in Carls-
ruhe verdanke, welche meine sphragistischen Studien stets so
freundlich und kräftig unterstützen.
^) Nach der Barstellung des Wappens auf
diesem Siegel, Fig. a, ist es nicht leicht, das-
selbe zu blasoniren: ein (rother) Hcliild mit
einem (weissen) (Querbalken und eüiem (blauen)
Schildrande, Fig. b. Solche Fälle kommen auf
mittelalterUchen Siegeln nicht selten vor; so
z. B. ist auf einem Sig. IV. C. Conrad's des
^^' ^^' Ihirst von Hatstat vom Jahr 1292 mit dem
(rothen) Andreaskreuz im (gelben) Felde, der (schwarze) Scliildrand in gleicher
Weise nicht abgegriinzt. Sie sind bei unbekannten Wappen oft kaum richtig
zu erklären.
*) Vergl. 1. c. Taf. XX. Xo. 223. Derartige Legenden sind eine Ver-
wechslung der beiden ganz verschiedenen Begriffe „Siegel" und „Wappen",
die aber immer noch bisweilen vorkömmt. Sie findet sich auf mehreren Siegeln,
meist Rücksiegeln der Könige von Schweden und Dänemark in den Jahren
1210—1270, auf Sig. IV. A. 1 und 2. „Clipeus" und auf Sig. IV. B. 1. „C^lea";
auch auf dem Sig. IV. B. 1. Bernhards und Symon's von der Lipx)e in den
Jahren 1271 und 1775. Letzteres mit der Lt^ende : „f galea symonis de
Lippia"; vergl. 1. c. Taf. XX. No. 224.
V. Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern
von
Otto Bieder,
k. Archiv-Sekretär zu Neuburg an der Donau.
Wiederholt ist in diesen Blättern über städtische Archive in
Bayern berichtet worden i). Eine der Hauptbestrebungen der gegen-
wärtigen Ceutralleitung der bayerischen Landesarchive geht be-
kanntlich dahin, den Inhalt der früher wenig beachteten Stadt-
und Gemeindearchive der historischen Wissenschaft zu erschliessen
und wo möglich mit dem k. allg. ßeichsarchiv und den Provinzial-
archiven organisch zu verbinden 2). Wenn auch die mit den
Magistraten hierüber eingeleiteten Verhandlungen selten den ge-
wünschten Erfolg haben, so wird wenigstens meist so viel erreicht,
dass die Gemeinden auf die Wichtigkeit ihrer oft ganz vernach-
lässigten archivalischen Schätze aufmerksam werden und denselben
erhöhte Sorgfalt zuwenden. Das beste Mittel, um solche Archive
näher kennen zu lernen, ist unstreitig die persönliche Einsicht-
nahme, zumal die Städte und Ortschaften nicht immer Repertorien be-
sitzen, welche über den Inhalt der Archive genügend orientiren;
auch sind die Gemeindeverwaltungen oft nicht in der Lage, ihre
Verzeichnisse, wenn auch nur für kurze Zeit, entbehren und den
nachsuchenden Staatsarchiven zur Einsicht übermitteln zu können.
Solche Gründe waren es, welche im vorigen Jahre die Archiv-
centralstelle bestimmten, das k. Kreisarchiv Neuburg mit einer
Commission nach Mindelheim, Memmingen und Kempten zu be-
*) lieber Passau, Vilshofen, Cliam, Fürth, Schwandorf, Landshut, Strau-
bing und Wasserburg I, 230 — 241; über Ingolstadt, Freising und Moosburg II,
287—292; über Amberg n, 281—286; über Dillingen und Lauingen VI, 164—171.
*) Vgl. Archival. Zeitschrift I, 62 ff. und li>9 ff.; V, 274—278.
122 Rieder:
auftragen. Mit diesen drei Städten schwebten schon seit langer
Zeit Verhandlungen; es fand sich aber schliesslich kein anderer
Weg zur rascheren Erreichung der angedeuteten Intentionen, als
einen Beamten des genannten Kreisarchivs zu eingehender Besichti-
gung dahin abzuordnen. Die drei Magistrate hatten ihre Einwilligung
dazu in der freundlichsten Weise erklärt und so konnte Bericht-
erstatter, der aus Rücksichten auf die Gesundheit seines Amtsvor-
stands mit diesem Auftrag betraut wurde, Anfangs Juli 1882 die
Reise unternehmen. Die Ausführung der Commission wurde ihm
durch das liebenswürdige Entgegenkommen der Herren Bürgermeister
wesentlich erleichtert, so dass es ihm gelang, in vier Tagen die
Archivbestände in jenen Städten ziemlich kennen zu lernen und
aus den ihm zur Verfügung gestellten Repertorien umfangreiche
Auszüge herzustellen. Gewissermassen die Quintessenz dieser Notizen
ist die nachfolgende Darstellung, welche er nur auf ausdrücklichen
Wunsch des Herausgebers gegenwärtiger Zeitschrift hiemit ver-
öffentlicht. Denn er darf es dem Leser nicht verhehlen, dass bei
der äusserst knapp zugemessenen Zeit und bei dem riesigen Material,
das namentlich in Memmingen zu bewältigen war, Ungleichheiten
in der Behandlung und möglicherweise auch Unrichtigkeiten unter-
gelaufen sind. Ausserdem muss er noch einen Punkt berühren.
Wenn bei der vollen Unpai-teilichkeit, die der Charakter dieser
Zeitschrift als eines wi^enschaftlichen Fachblattes erheischt, manche
Schattenseite aufgedeckt werden musste, so mögen die davon Be-
troffenen dem Berichterstatter dies nicht übel auslegen; es war
seine Pflicht, den Befund nach fachmännischen Grundsätzen unge-
schminkt wiederzugeben; was zu loben war — und dies ist nicht
wenig — hat er gewiss in das verdiente Licht gestellt. Vor allem
aber hält er sich am Schlüsse dieser einleitenden Bemerkungen auch
Namens der Archivcentralstelle zu wiederholtem Danke für die
wohlwollende Aufnahme seitens der massgebenden Persönlichkeiten
verbunden.
I. Mindelheim.
Trotz mannigfacher ungünstiger Schicksale und Vorhältnisse,
die über dem dortigen Stadtarchiv gewaltet haben, ist der Gegen-
wart kein unbedeutender Rest von Akten und Urkunden erhalten
geblieben, und das, Avas sich auf unsere Zeit gerettet hat, darf auch
für die Zukunft als gesichert gelten. Denn während Jahrhunderte
Aus städtisclien Archiven im schwäbischen Bayern. 123
lang Niemand den pergaraentnen und papiernen Schätzen, welche
die Geschichte der Stadt und ihrer Herren erzählen, die nöthige
Sorgfalt angedeihen liess, werden sie heute mit Selbstgefühl und
Stolz von einer Bürgerschaft gehütet und bewacht, die sich der
Wichtigkeit derselben wohl bewusst ist. Zwar lässt der dermalige
Zustand des Archivs noch manches zu wünschen; es ist jedoch nur
mehr eine Frage der Zeit, dass hierin eine durchgreifende Aende-
rung eintritt. Zur Herstellung eines geordneten Archivs gehört vor
allem viel Müsse, welche bei den vielfachen Anforderungen der
laufenden Verwaltung nicht immer gegeben ist; dass das Archiv,
als eine nicht pressante Sache, hinter den Geschäften der täglichen
Praxis zurücktreten muss, ist begreiflich, und so darf es der Stadt-
vertretung nicht- verargt werden, wenn noch einige Jahre vergehen,
bis das längst in 's Auge gefasste Ziel erreicht ist.
Die Absichten, die der Magistrat in dieser Beziehung hegt,
machen ihm alle Ehre und es wäre nur zu wünschen, dass in allen
Communen ein gleicher Geist herrschen möchte. Dann würde einer-
seits der Geschichtswissenschaft aus den städtischen Archiven weit
mehr Nutzen zufliessen, und andrerseits — ein nicht zu unter-
schätzendes Moment — die grosse Masse der Laien mehr Sinn und
Verständniss für die Archive und deren Zwecke gewinnen. Nach
beiden Beziehungen verspricht das Projekt des Magistrats förder-
lich zu werden. Worin besteht nun dasselbe? In der Mitte des
Archivgewölbes — eines kasemattenartigen, feuersicheren Gelasses
im Erdgeschoss des Eathhauses — sollen einige gegenüberstehende
Pulte aufgerichtet und darin unter Glas und Rahmen die wichtigsten
Urkunden zur Einsicht sowohl für die Ortsangehörigen als für fremde
Besucher ausgebreitet werden. Die übrigen Urkunden will man
in den darunter anzubringenden Schubladen plaziren, die Akten
und festen Bände an den Wänden in Regalen aufstellen. So wird
das jetzt noch in ziemlicher Unordnung befindliche Archiv praktisch
geordnet und zugleich der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
Daneben können dann die paar noch vorhandenen Alterthümer
(Richtschwerter, Folterwerkzeuge, Morgensterne u. dergl.) als hand-
greifliche Dlustrationen zu den alten Justiz- und Kriegsakten einen
gesonderten Platz finden.
Das Gros der noch erhaltenen Dokumente ist bereits in einem
Repertorium aufgezeichnet. ' Diese Arbeit datirt erst aus neuerer
Zeit, da alle Vorarbeiten der Ungunst der Verhältnisse zum Opfer
124 Rieder:
gefaUen sind. Schon im Jahre 1670 liatte ein Stadtsclireiber von
Mindelheira, Johann Kleinhans, das löbliche Werk begonnen, alle
Urkunden, welche ihrer Wichtigkeit wegen zu dauernder Aufbe-
wahrung im Archiv sich eigneten, zu verzeichnen und entsprechend
zu ordnen. Allein es blieb bei diesem vereinzelten Vorgehen;
keiner seiner Nachfolger nahm sich um die Fortführung, resp. Er-
haltimg seines Werkes an. So gerieth das Archiv allmählich in
einen chaotischen Zustand; zahlreiche Urkunden wurden, je nach
dem vorübergehenden Bedarf, den Katizleiakten eingeheftet und
mögen mit denselben, zum Theil durch absichtliche Makulirung, im
Lauf der Jahre zu Grunde gegangen sein. Die neuere Zeit hatte
dann die Mühe, die noch vorhandenen zusammen zu suchen und aus
ihrem Verbände zu lösen, um damit ein Urkundenarchiv herzustellen.
Also Trennung der Urkunden von den Akten war das Losungs-
wort, wie sie heute bei den Landesarchiven allgemeines Prinzip ist!
Diese Scheidung hat sich natürlich auf das Repertorium übertragen,
so dass dasselbe in zwei Hauptabtheilungen zerfällt : A. Urkunden ;
B. Akten. Dabei ist freilich der Begriff „Urkunden" so weit gefasst,
dass er sehr viele Stücke enthält, welche man vom fachmännischen
Standpunkt aus zur zweiten Gruppe rechnen muss, wie z. B. eine
grosse Zahl von Grund- und Steuerbüchern, Markungsbeschrieben
u. s. w. Doch ist dies nur eine Sache der Form und alterirt nicht
den Inhalt; der letztere allein kommt für uns wesentlich in Betracht.
Die Ein theil ung des Stoffes erinnert sofort an das Registratur-
schema einer modernen Kanzlei. Sie ist nicht, wie es sein sollte,
aus dem archivalischcn Material selbst ei wachsen, sondern üblichen
Verwaltungsrubriken angepasst. Das zeigt sich schon «äusserlich
darin, dass viele Abtheilungen existiren, die durch kein einziges
Archivale vertreten sind, so z. B. im zweiten Haupttheil („B. Akten'*)
unter der (rruppe „II. Communalgegenstände" die Schlagwörter:
„Statistische Asservate", „Feuerlöschgeräthschaften und Blitzableiter",
„Gemeindliche Magazine" u. s. w. , dann die ganze Gruppe „V. Er-
ziehung, Unterricht und Bildung", „VI. Medizinal- und Sanitäts-
wesen^* und manche andere. Diese leerstehenden Rubriken werden
auch kaum mehr mit archivalischem Material ausgefüllt werden, da
alles, bis auf etliche Bündel Urkunden, bereits verzeichnet ist.
Vielleicht rechnet man bei Ergänzung derselben auf Material aus
der neueren^ Zeit. ,Das ist um so mehr möglich, als überhaupt eine
strenge Sonderung der eigentlich archivalischen Stücke von der
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 125
Kanzleiregistratiir nicht durchgeführt, und keine Zeitgrenze hiefür
gesteckt ist. Es finden sich Produkte aus den letzten Jahrzehnten
eingemischt, wie beispielsweise ein Statutenbuch der Stadtgemeinde,
angelegt im Jahre 1857.
Der Inhalt der überlieferten Stücke geht .bis ins 14. Jahr-
hundert zurück; doch ist dieses selbst nur durch wenige Nummern
vertreten. Das älteste Archivale ist ein Freiheitsbrief des Swigger
von Mindelberg, d. d. St. Gallentag 1337. Von da an sind mehr
oder weniger fragmentarisch die Hauptereignisse und Haupt-
dynasten von Mindelheim repräsentirt : von den Herren des Mindel-
heimer Gebietes mit dem Sitz auf dem Mindelberg (die Mindelburg
erbaut 1370) zunächst die Herzoge von Teck, welche die Herrschaft
um 1369 an sich gerissen hatten; dann nach deren Aussterben
(1439) die von ßechberg und seit 1467 die Familie von Frundsberg
(Freundsberg), welcher joner kriegsberühmte Führer der Lands-
knechte, der allbekannte Georg von Frundsberg, entstammte. Sein
gleichnamiger Enkel war der Letzte des Stammes (f 1586). Nach
dem Abgange der Frundsberge standen sich, auf verschiedene Yer-
wandtschaftsverhältnisse und Vertragsbestimmungen gestützt, zwei
Prätendenten gegenüber: die Grafen von Maxirain und die Grafen
Fugger (Christoph F. als Schwiegersohn des Grafen Otto Heinrich
von Schwarzenberg, des Schwagers Georgs von Fi-eundsberg) ; richter-
liche Entscheidung sprach 1603 den letzteren die Herrschaft zu.
Mittels Cession der Maxirainischen Ansprüche erlangte aber bald
darauf (1612) Kurbayern den Besitz, welchen es auch, nach einem
Kaufsvergleich mit Christoph Fugger 1617, dauernd bo!ialten hat,
abgesehen von einigen vorübergehenden Occupationen Oesterreichs
während des spanischen und später des bayerischen Erbfolgekrieges.
Damit ist in kurzen Zügen der Rahmen angedeutet, innerhalb
dessen sich der auf die Dynasten von Mindelheim bezügliche Theil
der Archivalien (meist ITrkunden) bewegt. Wir greifen nun aus
den beiden Theilen des Repertoriums die wichtigsten Einzelheiten
heraus und stellen sie nach historischen Gruppen und in chrono-
logischer Ordnung zusammen, um dem Leser ein mtiglichst zusammen-
hängendes Bild von dem zerstreuten Inhalte des Archives zu geben.
• Von den Herzogen von Teck, die namentlich durch Gründung
des Spitals zu Mindelheim (1430) als bleibende Wohlthäter für die
Stadt sich erwiesen haben, sind viele Privilegien und Schenkungs-
urkunden vorhanden, u. a. folgende:
126 Rieder:
1383, Aftermontag nach St. Thomastag: Freiheitsbrief des
Herzogs Friedrich Teck und seiner Gemahlin Anna.
1411, St. Matthiastag: Freiheitsbrief des Herzogs Ulrich von
Teck des Weinumgelds halber.
1419, Montag nach St Andreastag: Schenkungsurkunde des
Vorigen über die der Stadt verliehenen Rechte und
Freiheiten.
1423, Sankt Martinstag : Revers der Stadt gegen Herzog Ulrich
von Teck.
1426, Freitag vor dem Afrätag: Schenkungsurkunde des Herzogs
Ulrich von Teck über den Zehnten in der Flur
Haselbach.
1432, Maria Geburt: Bestätigungsurkunde des Ludwig von
Teck, Patriarchen zu Aquileja, mit den Kindern seiner
Geschwister Miclmel, Lienhard luid Thomas, Grafen zu
Wertheim, und Bero, Albrecht und Barbara von Rechberg
für die Rechte und Freiheiten der Stadt.
In der letztgenannten Urkunde geschieht zuerst der Familie
der Rechberger Erwähnung. Vom Jahr 1444 an treten dieselben
als selbständige Herren in den Mindelheimer Urkunden auf.
1444, St. Elisabethentag: Bestätigungsurkunde des Ritters Bero
von Rechberg für die Rechte und Freiheiten der Stadt.
1445, Osterwocho vor Exaudi: Urkunde dos Ritters Bero von
Rechberg über Bewilligung des Ankaufes einiger ihm
lehenbaren Güter und deren Befreiung vom Tjehens-
verband.
1462: Allerseelentag, Urkunde über eine Jahrtagsstiftung des
Ritters Bero von Rechberg in die Stadtpfarrkirche
St. Stephan zu Mindelheim und über seine Stiftung zur
Vertheilung von Broden unter die Armen der Stadt.
1462, Montag nach St. Martinstag: Schenkungsurkunde der
Ritter Jörg und Bero von Rechberg über den Zehnten
zu Korb, Schlegelsberg, auf den Einöden bei Breiten-
bronn und Bedernau.
1467 : Zwei Urkunden des Bero von Rechberg über die von
der Stadtgemeinde gethane Erbhuldigung.
Eine weitere Urkunde desselben Jahres gehört bereits der
Dynastie der Freundsberge an, über welche zahlreiche Archivalien
vorhanden sind; hier die wichtigsten:
Aus stÄdtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 127
1467, Montag nach St. Augustinstag: Confirmationsurkunde der
Herren Ulrich ui^d Hanns von Freundsberg über die
Privilegien der Stadt.
1519: Die vom Herrn voa Freundsberg und dem Bürgermeister
und Rath der Stadt Mindelheim festgestellten , meist
polizeilichen Satzungen der Stadt.
1533, Sonntag nach Invocavit: Tauschvertrag mit Kaspar von
Freundsberg über dessen Waldung zwischen Ermisrieder
Steig und Mindelheimer Gemeinde und die Spitalwaldung
bei St. Johann zu Schlegelsberg.
1537, 17. Januar: Revers der Frau Margaretha von Freunds-
berg, geb. Freiin von Firmian, Wittwe des Kaspar von
Freundsberg, und deren Vormünder über die Confirmation
der Stadtprivilegien.
1560, 15. Juli : Afterlehnbrief über den Blutbann in der Stadt
*von Georg von Freundsberg.
1579—81: Correspondenzen in der Ehedissidiensache des Ritters
Georg von Freundsberg.
1588 — 91 : Das Testament und die Verlassenschaft des Ritters
Georg von Freundsberg, Herrn von Mindelheim, zu
Petersberg und Störzingen.
lieber den berühmten Söldnerführer ist ein poetisch-bio-
graphisches Denkmal vorhanden: „Herrn Georg von Freundsbergs
Kriegsreisen und Feldschlachten in Reimen". (Heft in Gross 4.)
Bald nach dem Tode seines oben erwähnten Enkels machen
sich die Prätendenten auf das Freundsbergische Erbe bemertlich,
und es kommt eine Periode erbitterten Streites um die Nachfolge
in ihre Besitzungen. Aus dieser Zeit seien nachstehende Stücke
bemerkt:
1587, 12. März: Bestätigungsurkunde des Otto Heinrich zu
Schwarzenberg und Wolf Wilhelm von Maxirain über
die Rechte und Freiheiten der Stadt.
1592 — 1619: Erbstreitsacho der Georg von Freundsbergischen
Erben, von Maxirain und der Gräfin Marie von Schwarzen-
berg, verheirathet mit Christoph von Fugger, und die
Besitzergreifung der Herrschaft Mindelheim durch den
Herzog Maximilian von Bayern.
(Jahr nicht bemerkt): Rechtsgutachten der Universität zu Ingol-
stadt über die Ausscheidung der Reichslehen und eigenen
128 Riemer:
Güter des Ritters Georg von Freundsberg und Theilung
von dessen hinterlassen era Vermögen unter die zwei
Testamentserben.
So .ist also im zweiten Jahrzelint des 17. Jahrhunderts Mindel-
heim eine bayerische Kabinetsherrschaft und zunächst ein Besitzthum.
des Kurfürsten Maximilian I geworden. Er und seine Nachfolger
haben die reichsten Spuren in dem städtischen Archive hinterlassen.
Etliche Beispiele mögen wieder genügen:
1619, 28. September: Confirmationsurfcunde des Herzogs Maxi-
milian von Bayern über die Privilegien der Stadt und
Afterlehnbrief desselben über den Blutbann zu Mindelheim.
1625: Beschreibung der Grenzen der hohen und niedern Jagd
und der Jurisdiktionsmarkung zwischen der Herrschaft
Mindelheim und Bedernau.
1680, 8. Januar: Afterlehnbrief des Herzogs Maximilian Philipp
als Administrator des Kurfürstenthums Bayern über den
Blutbann in Mindelheim.
1690, 1. August: Lehnbrief des Kurfürsten Max Emanuel auf
Güter zu Oberrieden.
1717, 8. Juli: Afterlehnbrief desselben über den Blutbann
der Stadt.
1728, 30. März: Confirmationsurkunde des Kurfürsten Karl
Albrecht über die Rechte, Freiheiten und Herkommen
der Stadt.
1750, 23. März: Desgleichen vom Kurfürsten Maximilian Joseph.
1757 — 8: Beschwerde des Stadtmagistrats Mindelheim gegen
den kurfürstl. bayer. Administrator, Grafen von Wirth,
wegen Verletzung der städtischen Privilegien durch Exe-
kutionsbelegung.
1790, 24. Juli: Lehnbrief des Kurfürsten Karl Theodor über
den Blutbann.
Von der inzwischen eingetretenen österreichisrfien Occupation
gibt der Akt Kunde:
„Die k. k. Besitzergreifung der Stadt und Herrschaft
M. 1778— 9^
In den bisher aufgeführten Dokumenten spielen die Gerecht-
same und Freiheiten der Stadt eine grosse Rolle, und diese waren
es ja in der That, um welche sich das ganze Leben der mittel-
alterlichen Städte beständig drehte. Jede wachte eifersüchtig über
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 129
die Erhaltung ihrer hergebrachten Statuten und Privilegien und
war überdies auf stete Erweiterung ihrer Machtsphäre bedacht. Wo
konnten sie aber eine bessere Garantie dafür finden, als beim Ober-
haupt des Reiches, dem berufenen Schutz- und Schirmherrn der
bestehenden Ordnungen und dem Ausfluss der höchsten Macht-
vollkommenheit ? So war es ganz natürlich, dass die Städte, kleine
wie grosse, den Kaiser um Bestätigung und Beschützung ihrer
Gerechtsame angingen oder neue von ihm sich auszuwirken suchten.
Auch Mindelheim that das. Die betreffenden Urkunden sind aus
dem 16. Jahrhundert und zwar folgende:
1521, 5. Februar: Vidimirte Abschrift der Bestätigungsurkunde
Kaisers Karl V. über die städtischen Privilegien vom
kaiserlichen Hofgericht in Rottweil.
1559, 15. Juni : Confirmationsurkunde des Kaisers Ferdinand I
über alle Privilegien der Stadt.
1566, 27. März: Confirmationsurkunde des Kaisers Maximilian II
über den Vertrag zwischen Kaspar von Freundsberg und
der Stadt (s. oben).
1578, 24. März : Desgleichen von Rudolph 11 über die Privilegien
und Verträge der Stadt.
Auch fehlt es nicht an zusammenfassenden Beschreibungen,
an Sammlungen über die Rechte und Freiheiten der Stadt. Gleich
am Anfang des Repertoriums kommen ein paar vor:
„Gesammelte Abschriften der Urkunden über die Satz-
ungen, Privilegien, Freiheiten und Verträge, sowie Con-
firmationen der Kaiser und Könige und Inhaber der Stadt
und Herrschaft Mindelheim". Grosser Band in Fol. .
„Zusamraentrag sämmtlicher Rechte, Freiheiten und Ver-
träge der Stadt, vom kurfürstlichen Hofrathssekretariat zu
München bestätigt." Pergaraentband mit angefügtem Siegel
in einer Kapsel.
Hieran reihen wir einige Bücher, welche Zeugnisse der polizei-
liclien und richterlichen Thätigkeit der Stadt sind:
„Buch, worin der Stadt M. Statuten, Satzungen und
Ordnungen enthalten, 1612." 1 Band.
„Polizeiliche und andere Verordnungen von 1748."
1. Band. — Dazu eine Anzahl spezieller Satzungen, wie
Ordnungen verschiedener Gewerbe (28 Nummern) aus der
Zeit von 1495 bis 1781.
Arcbivalisrhe Zeitschrift VIIl. 9
130 Riecier:
„Urtelsbuch der Stadt Miadelheim. 1494 bis 1539.''
1 Band.
,^egister und Verzeichniss jener, so vor Malefizrecht
angeklagt worden, auch in welchem Klage, Antwort und
ürtheil zu finden, von 1573—76." 1 Band.
Ueber die Geschichte der Stadt, soweit sie nicht aus den mit-
getheilten Urkunden zu entnehmen ist, fliessen im Mindelheimer
Archiv die Quellen sehr spärlich. Fortlaufende chronikalische Auf-
zeichnungen scheinen ganz zu fehlen; nur ein paar Einzelheiten
sind aus den letzten zwei Jahrhunderten beschrieben. So erzählt
uns ein Heft von den Leiden der Stadt im dreissigjährigen Kriege
(„Gesta et tolerata tempore belli Suecici-Gallici"). Von den Jesuiten,
welche im 17. Jahrhundert in Mindelheim sich niederliessen, handelt,
ausser manchen Akten, auch eine „Historia collegii soc. Jesu Mindel-
heimensis" (2 Bde. und 1 Heft).
Damit haben wir alles Dasjenige hervorgehoben , was ein all-
gemeineres Interesse in Anspruch nehmen darf. Dieses historisch
mehr oder weniger werthvolle Material bildet aber nur einen kleinen
Bruchtheil des Archives. Die Hauptmasse der Archivalien bezieht
sich auf Dinge von überwiegend lokaler Bedeutung : auf das Gebiet
und Eigenthum der Stadt und spezielle Gerechtsame, sowie die ihrer
Verwaltung unterstehenden Anstalten und Stiftungen. Hieher zählt
in erster Linie eine Reihe von Grenz- und Markungsbeschrieben.
die aber über das vorige Jahrhundert nicht zurückgehen (dagegen
existirt unter den Zeichnungen der Stadt eine aus dem Jahre 1360);
dann .eine Menge von Kauf- und Tauschbriefen und Verträgen über
Wiesen und Weiden, Gärten, Waldungen und sonstigen Grund und
Boden, über Anwesen und Gebäulichkeiten, welche für die Stadt
selbst als Dokumente ihres Erwerbs- und Besitzstandes und dessen
Veränderungen den meisten Werth haben (das älteste Stück dieser
privatrechtlichen Urkunden ist vom Jahre 1394). Ein starkes
Contingent bilden endlich die zahlreichen Stiftungen, welche bis in
die TeckJsche Periode hinaufreichen, doch grösstenthells dem
verflossenen Jahrhundert, theilweise sogar der neuesten Zeit
angehören.
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 131
^ II. Memmingen.
Memmingen hat entschieden das glänzendste unter den be-
suchten Archiven, und die anerkennende Bemerkung über das
Memminger Stadtarchiv in Bavaria II, 2, p. 1037 ist heute doppelt
am Platze. Hat es ja doch seitdem eine Ordnung und Verzeichnung
erfahren, wie sie noch wenigen Communalarchiven zu Theil geworden
sein dürfte. Und dies ist obendrein das Verdienst eines Mannes,
dessen Beruf ursprünglich mit dem Archiv gar nichts zu thun hatte.
Ein Pfarrer des benachbarten Dorfes Buxach, der in der Stadt seine
Wohnung hatte, widmete in uneigennützigster Weise dem städtischen
Archiv seine freie Zeit und unterzog sich der riesenhaften Aufgabe,
dasselbe neu zu ordnen und zu verzeichnen. Dieser verdienstvolle
Mann, der auch in der Zeitschrift des historischen Vereins für
Schwaben und Neuburg seinen Namen rühmlich bekannt gemacht
hat, ist Dr. Friedrich Dobel, gegenwärtig Archivar in fürstlich
und gräflich Fugger'schen Diensten zu Augsburg; derselbe, der
gleichzeitig die im oberen Stockwerk des sog. Steuerhauses (neben
dem Rathhaus) zu Memmingen aufgestellte Stadtbibliothek in eine
neue, bessere Ordnung gebracht hat.
Das Archiv befindet sich im Souterrain des Rathhauses in
zwei ineinandergehenden gewölbten Räumen. Dem mit einem Eisen-
gitter verwahrten Eingang liegt ein hohes Bogenfenster gegenüber,
so dass für Ventilation — das Wichtigste zur Conservirung eines
Archivs — ausreichend gesorgt ist. Das Lokal hat nur einen Uebel-
stand, dem aber, nach der Versicherung des gegenwärtigen Herrn
Bürgermeisters (Julius v. Reck) nach Möglichkeit abgeholfen werden
wird ; die an die St. Johanniskirche stossende Seitenwand des hinteren
Zimmers ist nämlich feucht, so dass bei längerer Dauer dieses Zu-
standes die Archivalien nothwendig leiden müssen.
Der Hauptsache nach theilt sich das Archiv in ein städtisches
im engeren Sinne und in ein Stiftungsarchiv. Letzteres ist theils im
Eintrittsgelass , theils in der Mitte des Hauptsaals aufgestellt; den
übrigen Platz nimmt das andere Archiv ein.
Das massenhaft aufgespeicherte Material besteht, wie ander-
wärts, aus Akten, Urkunden und festen Bänden. Die Akten sind,
in Faszikel gebunden, meist in Regalen plazirt. Die festen Bände
stehen an den Wänden oben herum. Die Urkunden sind in kleinen
9*
132 Rieder:
quadratischen Schubladen untergebracht, deren lange, mehrfach über-
einanderliegende Reihen zu mächtigen Stellagen , resp. Schränken,
sich aufbauen. Auf den Schubladen sind, der Aufzeichnung in den
Repertorien entsprechend, die nöthigen Signaturen angebracht, ebenso
auf den Faszikeln und einzelnen Urkunden, so dass das Auffinden
der gewünschten Stücke sehr leicht ist, sobald man sich über die
Lagening der Hauptsektionen genügend orientiit hat. Die Archivalien
sind, nach den vom Berichterstatter herausgenommenen Proben zu
schliessen, im Allgemeinen sehr gut erhalten; bei vielen Urkunden
sind die Siegel noch von blendender Frische.
Nach dieser kurzen Umschau in den Archivlokalen wollen wir
uns deren Inhalt nach den Repertorien näher besehen. Auch hier
tritt uns zunächst die berührte Zweitheilung entgegen. Das engere
städtische Archiv ist durch zwei Bände repräsentirt , betitelt: „Re-
pertorium des Stadtarchivs Memmingen, Band I gefertigt in den
Jahren 1863—5; Band II im Jahre 1873"; ein dritter Band ist
das „Repertorium des Stiftungsarchivs, gefertigt im J. 1866". Jeder
dieser Bände, in folio, enthält über 500 Seiten mit ziemlich kleiner,
aber sehr deutlicher und gefälliger Schrift : Alles von dem unermüd-
lichen Neuordner des Archives eigenhändig hergestellt. Doch so
respektvoll auch diese handdicken Folianten sich ausnehmen, sie
sind nicht seine einzigen Arbeiten für das Memminger Archiv. Ein
paar weitere Foliobände sind mit Abschriften von Stiftungsbriefen
und RathsprotokoUen (letztere von 1508 beginnend) angefüllt, xmd
ausserdem existirt von seiner Hand eine erstaunliche Menge von
XJrkundenregesten (auf Blättchen in Queroktav), welche in ca. 20
quadratischen Schachteln, deren Seiten jenem Format entsprechen,
chronologisch zusammengestellt sind.
Liefern die angegebenen Verzeichnisse schon an sich einen
sprechenden Beweis für die Menge des aufgehäuften Archivmaterials,
so wird diese noch des Näheren aus den Repertorienangaben selbst
präzisirt. Der im ersten Band verzeichnete Stoff vertheilt sich auf
490 Schubladen (in 5 Schränken), der Inhalt des dritten Bandes füllt
deren 323; der zweite Band des städtischen Repertoriums endlich
beschreibt die Foliobände: 464 Stück. Doch ist dabei, wie bei
Mindelheim, die einschränkende Bemerkung anzufügen, dass nicht
Alles, was verzeichnet ist, wirklich archivalischen Charakter trägt;
es finden sich nemlich auch hier Schriftstücke neuesten Datums,
welche wohl besser noch der Kanzleiregistratur zuzuzählen und
Aus städtischen ArcKiven im schwäbischen Bayern. 133
erst nach mehreren Jahrzehnten in's Archiv einzuverleiben ge-
wesen wären.
Die Anlage der Repertorien, namentlich des ersten und dritten
Bandes, ist für das praktische Bedürfniss ziemlich geeignet. Für
die Jahre, die Daten, sowie die Betreffe der Archivalien und die
Lagerungsnotizen sind gesonderte Rubriken geschaffen; innerhalb
der einzelnen Gruppen ist im Allgemeinen die chronologische Folge
gewahrt, so dass, wenn nur das Jahr bekannt, das speziell Gesuchte
unschwer aufgefunden werden kann. Von grossem Nutzen ist
das dem ersten Bande beigegebene „Namen- und Sachregister",
das allein über 60 Seiten umfasst; hier werden sowohl die Orts-
ais die Personen- und SachbetrefTe in alphabetischer Reihe auf-
geführt, also — was äusserst praktisch ist — in einem einzigen
Register alle wünschenswerthen Hinweise gegeben. Den bezeich-
neten beiden Bänden geht eine Inhaltsübersicht der behan-
delten Gruppen voraus, und jedes Blatt ist oben mit dem Betreff
der jeweiligen Abtheilung überschrieben, somit liegt der Inhalt
der Folien stets klar vor Augen und wird ein Zurückblätteru
erspart.
Bei all diesen Vorzügen ist an dem ersten Band, mit dem
wir uns zunächst beschäftigen wollen. Eines auszusetzen. Es fehlt
an Durchsichtigkeit und Consequenz der Anordnung: ein Mangel,
dÄr freilich bei dem so riesigen, den Ueberblick erschwerenden
Material zu entschuldigen ist. Erst bei näherer Betrachtung der
im Inhaltsverzeichniss zusammengestellten Serien tritt ein rationelles,
gewissermassen historisches Eintheilungsprinzip zu Tage, welches die
einzelnen Partien beherrscht; dasselbe ist aber nicht streng durch-
geführt und wird, namentlich am Ende, von verschiedenen Gruppen
durchbrochen, die sich theilweise als Nachträge herausstellen. Das
Inhaltsverzeichniss führt die Hauptabtheilungen blos nach der Reihen-
folge der Schubladen an und entbehrt der zusammenfassenden,
systematischen Gliederung. Wer sich aber rasch im Repertorium
zurecht finden möchte, für den ist eine solche sehr erwünscht.
Versuchen wir es daher, aus der Masse des Details die leitenden
Gedanken herauszuschälen und, soweit es der Stoff zulässt, eine
Disposition desselben zu entwickeln, wobei wir die wichtigsten
Einzelheiten näher hervorheben; aus den beigefügten Seitenzahlen
wird der Leser zugleich ersehen, welchen Umfang jede Gruppe im
Repertorium einnimmt.
134 Rieder:
Das Eintheilungsschema lässt sich etwa folgendermassea
skizziren:
I. Aeussere Verhältnisse.
1. Reichssachen : kaiserliche und kgl. Mandate 1334—1786; kaiserl.
Kammergericht 1355—1803 ; kaiserl. Reichshofrath 1633—1792 ;
kaiserl. Hofgericht zu Rottweil 1460 — 1632; kaiserl. Landvogtei
Schwaben und k. Landgericht Schwaben von 1354 an. Seite 1 —46.
2. Landessachen : Verhältnisse zu einzelnen Ländern und Herr-
schaften :
a. weltliche Territorien: Bayern, resp. Correspondenzen mit
bayerischen Fürsten 1464—1802; Württemberg 1394—1798;
Baden 1507—1723 etc., abschliessend mit Venedig 1509
bis 1669. Seite 47—55.
b. geistliche : Stift und Bisthum Augsburg bis Stift Ottobeuren
(6 Namen), darunter das älteste Archivale aus dem Jahre
1270, das Stift Ochsenhausen betr. Seite 56—76.
Dann eine neue Serie von Stiftern : Aschbach bis Zwifalten
(27 Namen). Seite 77—81.
3. Adel und Ritterschaft mit einer grossen Zahl adeliger Familien
(v. Aichelberg bis v. Zullnhart, gegen 50 Namen, darunter:
Ritter von Freundsberg zu Mindelheim 1470—1574; Schertlin
von Burtenbach und am meisten vertreten Graf Fugger 1524
bis 1797, von Rechberg 1508—1794 und von Zeyl 1407 b'is
1797.) Seite 82-118.
4. Städte (Aalen bis Zittau, 47, wovon die bedeutendsten: Augs-
burg 1505—1792, Kempten 1428—1799, Lindau .1540-1794,
Mindelheim 1536—1779 und Ulm 1477—1802.) Seite 119—147.
5. Dörfer (zuerst im Allgemeinen, dann speziell von Aitrach bis
Woringen; am Schluss sind einige Bäder, wie es scheint alle
aus der Umgebung der Stadt, angefügt; Aspenbad bis Stein-
bogenbad). Seite 148—179.
Die genannten Serien spiegeln in ihrer Aufeinanderfolge die
mittelalterliche Ständegliederung (Fürsten, Geistlichkeit und Adel,
Bürger und Bauern) in bemerkenswerther Weise wieder.
II. Innere Verhältnisse.
Dieser zweite Haupttheil, dem Umfang nach der grössere
(von Seite 180—479), lässt sich schwer in wenigen Stich Worten
zusammenfassen, da sein Inhalt ausserordentlich vielseitig ist Nur
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 135
eine Partie darin bildet ein grösseres Ganzes: die Rubrik „Kirchen-
und Religionssachen" (von Seite 309—391). Sie darf auch als die
interessanteste, gelten, indem sie für das kirchliche und religiöse
Leben von über vier Jahrhunderten mannigfache lokale Beiträge
liefert. Wir können dabei einen allgemeinen und einen besondern
Theil unterscheiden. Den ersteren (S. 309—330) hat der Verfasser
selbst in folgende vier Hauptperioden abgetheilt:
I. Vorreformatorische Zeit (1360—1516).
II. Vorboten und erste Anfange der Reformation, sowie weitere
Entwicklung derselben bis zum Nürnberger Religionsfrieden i. J. 1532.
III. Vom Nürnberger Religionsfrieden bis zum Beginn des
dreissigjährigen Krieges.
IV. Von da bis zum Anfang des jetzigen Jahrhunderts (bis
zum Jahr 1802).
In den letzten beiden Abtheilungen weisen zahlreiche Betreffe
auf den näheren Inhalt hin, wie: Kirchenvisitationen; Kirchenrath
und Schulconvent; Anstellung, Lehre und Leben von Kirchen- und
Schuldienern ; Ehesachen; Exulanten und Convertiten; Zwinglianer,
Wiedertäufer, Sektirer ; Aberglaube (Hexensachen). Hieran schliesst
sich (Seite 331— 391) der spezielle Theil: ein reiches Material über
Klöster und Kirchen der Stadt, von dessen Einzelheiten wir hier
wegen des überwiegend lokalen Interesses füglich absehen dürfen.
Nur soviel sei erwähnt, dass diese Partie die ältesten Stücke des
Archivs birgt (das Augustinerkloster tritt mit dem Jahre 1295 auf;
die Propstei St. Nikolaus schon 1192; das Oberhospital und die
Frauenkirche weist zwei Urkunden ans den Jahren 1010 und 1012
auf — erstere ein Schenkungsbrief, letztere eine Bestätigung des-
selben von Papst Gregor). Auch von den zahlreichen übrigen
Gruppen des IL Haupttheils kann nur Einiges angedeutet werden.
Die vielgestaltigen Interessen einer ehemaligen Reichsstadt; ihre
Besitzthümer, Rechte und Freiheiten; die verschiedenen Objekte
ihrer Verwaltung und Gerichtsbarkeit; Ackerbau, Gewerbe, Handel
und Industrie; endlich das ganze farbenreiche Leben und Treiben,
soweit es in den Akten seinen Niederschlag fand, sind hier in
bunten Reihen repräsentirt. Diese Materialien gehen grösstentheils
bis ins 15., öfter bis ins 14. Jahrhundert zurück. Die älteste
Gruppe bilden die „kaiserlichen und königlichen Freiheiten" (1275—
1709). Für die Rechtsgeschichte, speziell für die Entwicklung des
Civil- und Strafrechts mag manches Interessante in den Criminal-
136 Rieder:
und Prozessakten zu finden sein, von denen die ersteren (ürfehde-
briefe, ürgichten, Exekutionen u. dergl. enthaltend) von 1415, die
letzteren schon von 1395 beginnen. Die Kulturgeschichte wird aus
den „Ordnungen und Statuten" (darin Hochzeits-, Leichen-, Kleider-
ordnungen U.A. von 1352—1756) manche Belehrung schöpfen
können, ebenso für andere Seiten des Kulturlebens aus den Rubriken
„Meistersinger, Musik, Theater" (1599 — 1801), dann „Gresellschaft
zum Goldenen Löwen, auch grosse Zunft oder Bürgertrinkstube
genannt-' (1347—1777), „Gesellschaft oder Gemeine Stube zum
Goldenen Stern, genannt Pfannenstiehl (von einem langjährigen
Stubenknecht dieses Namens), auch Salzferzger Gesellschaft oder
Trinkstube, auch Kaufleutestube" (1501 — 1806) und aus den Akten
über die vielen Zünfte und Gewerbe („Merzler", „Hutschmucker",
„Beinringler" etc.), deren Beschreibung fast vierzig Blätter des
Eepertoriums anfüllt. Ein Bild des Religionsfanatismus zur Zeit
der Reformation gibt der berühmte „Vogelmann'sche Prozess" vom
Jahr 1531, wegen Enthauptung eines übergetretenen Stadtschreibers
(Vogelmann) von dessen Relikten angestrengt. — Den Schluss des
Bandes, vor den Nachträgen, bildet die „Registratur des Stadt-
archivs". Da diese für die Geschichte des städtischen Archivwesens
von grossem Interesse ist, dürfen die bezüglichen Aufzeichnungen
(Seite 477—8), vorbehaltlich einiger Kürzungen, eine Stelle hier
beanspruchen :
1645. Protokoll, welches wegen der Registratur angefangen
worden, resp. alphabetische Register der sämmtlichen
Archivalien.
1709. Registratur über des Heiligen Reichs Stadt Memmingen
auf deroselben Steuerhausarchiv reponirte Documenta
und briefliche Urkunden, erneuert durch Jakob Schütz,
Kanzlei Verwalter..
1712. Continuatio Registraturae etc. — eine Portsetzung der
vorigen Nummer.
1805 — 30. Akten und Correspondenzen über die Aushändigung
von Archivalien aus dem hiesigen Stadtarchiv an's
Archivconservatorium zu Kempten, an's Reichsarchiv
und andre Behörden, sammt Legescheinen hierüber.
1827. Registratur über die im Steuerhausarchiv befindlichen
Dokumente und brieflichen Urkunden, renovirt durch
Jakob Friedrich Rupprecht, Magistratsrath und Kassier.
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 137
1835. Alphabetisches Repertoriiim über die im oberen Archiv
im schwarzen Kasten befindlichen Akten (verfasst von
dem Vorigen, der inzwischen quieszirt worden.)
Bemerkung. Sämmtlicho Archivalien des unteren und
oberen Steuerhausarchives wurden i. J. 1864 mit dem
im Gewölbe des Rathhauses befindlichen Stadtarchiv
vereinigt.
1832 — 3. Registratur des städtischen Archivs der k. bayr. Stadt
Memmingen (Num. curr. l — 255), gefertigt und geordnet
von Jakob Friedrich XJnoId, k. Studien lehrer.
1864. Akten, das Stadtarchiv und dessen Einrichtung betr.
Mit dieser Nummer berühren wir bereits die letzte grosse
Evolution im Memminger Stadtarchiv, da, wie erwähnt, der erste
Band des städtischen Repertoriums um diese Zeit entstanden ist.
Aber wie kommt es — kann man am Ende dieses ersten
Bandes fragen — dass von chronikalischen Aufzeichnungen nicht
die Rede ist, die doch, weil zusammenfassend, eine der bequemsten
Quellen für die Lokalgeschich tsfdrschung bilden? — In der That
sind uns solche nicht aufgestossen. Man findet zwar, auf Seite 225,
eine Rubrik „Chronik und Geschichte der Stadt", welche das Ge-
suchte zu bieten scheint; sie enthält aber bloss zwei Stücke von
untergeordneter Bedeutung (das erste überschrieben: „Der Stadt
Schenkbüchlein, worin verzeichnet ist, was allen fremden, anher
kommenden hoch und niedern Ständen jederzeit von der Obrigkeit
allhier verehret wird. Nr. 1—4. 1558—1627^'). —
Eine kleine Lücke im ersten Band führt uns zur Besprechung
des zweiten. Dort sind nämlich die Seiten 218 — 224 incl. leer
gelassen, während in der vorausgeschickten TJebersicht „Kriegs-
begebenheiten" (Schublade 221 — 255) vermerkt sind. Diese sollen
nun, wie man dem Berichterstatter sagte, im zweiten Band ver-
zeichnet sein (?). — Allerdings gewährt derselbe ein umfangreiches
Material an „Kriegsbegebenheiten", doch nicht ausschliesslich. Eine
Fülle anderweitigen geschichtlichen Stoffes überwiegt sogar die
speciellen Kriegsakten, und ausserdem beschreibt der Band eine
Menge Folianten, die sich lediglich auf administrative Verhältnisse
der Stadtgemeinde beziehen.
Eine systematische Gliederung und Unterscheidung dieses
gemischten Inhalts mangelt auch hier.
138 Rieder:
Die Bände werden einfach, wie sie numerirt sind, fortlaufend
bezeichnet, resp. beschrieben, und zwar so, dass jede Nummer,
bisweilen eine Serie von Nummern, eine Seite beginnt. Dadurch
ist viel leerer Kaum entstanden, namentlich bei der ersten nachher
zu charatterisirenden Gruppe, in der eine kurze Bezeichnungsweise
(oft nicht über ein paar Zeilen) vorherrscht. Ausser dieser rein
äusserlichen Abtheilung fehlt es durchaus an Uebersichtlichkeit :
es ist kein Conspekt vorhanden, welcher dem mit der Eintheilung
des Bandes noch nicht vertrauten Benutzer die einzelnen Serien
in knappen Umrissen vor Augen stellte, noch — was den ersten
Band vortheilhaft auszeichnet — ein alphabetisches Inhaltsregister,
das die vorkommenden Sach-, Orts- und Personenbetreffe mit den
entsprechenden Hinweisen enthielte. Der Mangel an Uebersicht
und zusammenfassender Einheit macht sich bei der Beschreibung
der Geschichtsakten (der unten aufgestellten Abtheilung II) auch
im Einzelnen fühlbar. Viele Bände sind so ausführlich beschrieben,
dass sechs und mehr Seiten, bei ziemlich enger Schrift, auf einen
Band kommen; da werden einzelne Aktenprodukte und Folien an-
gegeben und deren Inhalt genau vermerkt. Für den Geschichts-
forscher hat eine solche Kleinmalerei allerdings grosse Vortheile;
er hat ja den ganzen Inhalt des betreffenden Bandes vor sich und
braucht letzteren selbst kaum nachzuschlagen, um zu erfahren, ob
für eine spezielle Frage etwas darin enthalten ist. Aber es fehlt,
mit wenigen Ausnahmen, an einer an die Spitze gestellten Inhalts-
angabe, welche in Hauptzügen das Wesentliche zusammenfasst und
für die erste Orientirung von grösstem Vortheil sein würde. —
Doch dürfen wir bei diesen Ausstellungen die Lichtseiten nicht
ausser Acht lassen. Besonders ist des Verfassers wissenschaftlicher
Sinn zu rühmen, welcher bei den erwähnten Geschichtsakten durch
genaue Hinweise auf einschlägiges gedrucktes Material sich kund-
gibt; so werden z. B. die Schriften von Klüpfel, Sattler, Stalin,
Würdinger u. a. wiederholt citirt. '
Wenn wir nun selbst den Inhalt systematisch zu gruppiren
suchen, so lassen sich folgende Abtheilungen machen:
I. Verwaltungsbücher:
1) Administrativ- und Justizsachen der Stadt : meist Protokoll-
bücher aus den Jahren 1448-1818. Nr. 1—286.
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 139
Sie betreffen die Besetzung der Aemter, sowie die
Amts- und Dienstleute der Stadt (1448 — 1800), ßaths-
Dekrete und Rathsprotokolle (1508—1804); Kanzlei-,
Notariats-, Amts- und Gerichtsprotokolle (1623 — 1740);
Copialbücher der städtischen Correspondenz (1710 — 80)
u. A. und schliessen mit Protokollen des Verwaltungs-
und Municipalraths, sowie der Polizeidirektion der 1802
an Bayern gefallenen Stadt.
2) Finanzielle Verhältnisse : Einnahme- und Ausgabe-, Zins-,
Steuer- und Schuldbücher und dergl. aus den Jahren
1450—1807. Nr. 423—464 (dabei ist zu bemerken, d^ss
statt der Nr. 426 mehrere Seiten leer gelassen worden
sind, welche durch neuere Zugänge und Nachträge aus-
gefüllt werden sollen).
IL Geschichtsbücher: Nr. 287 — 422, also die mittlere Partie
des Repertoriums.
„Geschichtsbücher" kann man der Kürze halber und im
Gegensatz zur ersten Gruppe diese Abtheilung wohl nennen, wenn
sie auch nicht Geschichtsdarstellungen im Sinne von Chroniken
geben. Sie bestehen nämlich lediglich aus Aktenmaterial, sind also
in Rücksicht der Form sogenannte Sammelbände. Ihrem Inhalt
nach aber dürfen sie als Geschichtsquellen ersten Ranges gelten.
Sie enthalten ein ungemein reiches Material zur Geschichte der
Stadt bezüglich ihrer Theilnahme an den religiösen, politischen und
kriegerischen Begebenheiten und Erschütterungen der letzten fünf
Jahrhunderte. Insonderheit figuriren hier der Schwäbische Bund,
die Reformation, die Union, die Kämpfe im dreissigjährigen und
den folgenden Kriegen einschliesslich der Kriegsläufe bis in das
zweite Jahrzehnt des gegenwärtigen Säculums, sowie verschiedene
andre Reichs- und Kreisangelegenheiten; schliesslich auch Akten
über die Organisation der bayerisch gewordenen Stadt. Dazwischen
fallen, wie Privatepisoden, die Nrn. 309 — 11 über den Raubritter
Thomas von Rosenberg, resp. dessen Prozess gegen die Schwäbische
„Bundseinigung'' (1536—55) und Nr. 347 über den Beichsmarschali
Philipp Thomas von Pappenheim, der 1594 um Entlassung aus
seiner dreizehnjährigen Gefangenschaft bei den Reichsständen nach
sucht. Aber auch die übrigen Bände enthalten eine Fülle dei
interessantesten Einzelheiten. Um die „Haupt- und Staatsaktionen",
140 Rieder:
welche namentlich in Yerhandliingen und Abschieden auf Keichs-,
Kreis- und Städtetagen, Bündnissen mit Fürsten und Städten und
dergl. zum Ausdruck kommen, schlingen sich die mannigfaltigsten
Mittheilungen über viele andere Städte, über Fürsten und sonstige
Persönlichkeiten, sowie über Zeitverhältnisse aller Art. Dadurch
erheben sich diese Folianten zu grosser geschichtlicher Bedeutung.
Die neuere Zeit weiss dies auch gebührend zu würdigen, und Ge-
lehrte, wie Stieve, Weizsäcker und Andre haben aus diesem vollen
Born mit Erfolg geschöpft.
Die ganze Serie ist, im Gegensatz zu den oben bezeichneten
beiden Gruppen, rein chronologisch geordnet und umfasst die Zeit
von 1382 — 1816. In's Detail einzugehen, würde den hier gegebenen
Raum weit überschreiten. Nur einige Einblicke und allgemeine
Bemerkungen müssen gestattet sein, da ja diese Abtheilung die für
das allgemeiue Interesse wichtigste des ganzen Archivs darstellt. —
Die erste Nummer (287) betrifft den „Landfriedensbund zwischen
dem Herzog Lupoid von Oestreich, den drei Adelsgesellschaften
zum Löwen, St. Wilhelm und St. Georg mit dem Grafen Eberhard
von Württemberg an ihrer Spitze und den* 34 Städten des Schwä-
bischen Bundes; Einigung der rheinischen und schwäbischen Städte
und andre Städtebündnisse, sowie bezügliche Bundsbriefe mit Fürsten;
verschiedene Städtetage, Abschiede u. A. (1382 — 1487)". Hier ist
also mehr als ein ganzes Jahrhundert in einer Nummer vereinigt;
die Beschreibung derselben nimmt sieben Seiten ein. Die nächsten
sieben Bände dagegen, welche die Stiftung des Schwäbischen Bundes
und damit zusammenhängende Ereignisse behandeln, beschränken
sich auf den Zeitraum von höchstens fünf Jahren. Von 1520 an
umfassen die Folianten im Maximum zwei Jahre, vielfach aber
kommen umgekehrt zwei und mehr Bände auf ein einziges Jahr;
man sieht, wie mit der Reformationszeit der Strom der Quellen
auf einmal ins Breite zu fliessen beginnt So geht es bis zur Mitte
des 16. Jahrhunderts fort, nach welcher die Fülle des Materials
allmählich abnimmt. Merklich schwächer ist schon das 17. Jahr-
hundert vertreten; im 18. aber drängen sich wieder die Ereignisse
vieler Jahre in einen einzigen Tom zusammen. Am besten sprechen
hier die Zahlen der Bände. Während auf das 16. Säculum 61
kommen, weist das 17. 50, das 18. nur mehr 15 auf: Zahlen,
deren absteigende Progression ziemlich mit der abnehmenden Be-
deutung der Städte zusammen geht.
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 141
Damit müssen wir von diesem reichhaltigen Stoff Abschied
nehmen. — Es bleibt nun noch das Repertorium über das Stiftungs-
archiv zu . besprechen, wofür wenige Worte genügen, weil es fast
nur örtliche Bedeutung hat. Um so grösser ist freilich sein prak-
tischer Werth für die Stadt, und damit hängt es vielleicht zu-
sammen, dass dieses Repertorium wieder mit einem sehr ausführ-
lichen alphabetischen Namens- und Sachregister ausgestattet ist,
welches allein gegen neunzig Seiten in Anspruch nimmt. Der In-
halt gliedert sich in vier Hauptabtheilungen:
A) Wohlthätigkeitsstiftungen : Seite 1—260; *
B) ünterrichtsstiftungen : Seite 261—285;
Die folgenden Blätter sind noch frei.
C) Cultusstiftungen : Seite 311-416;
D) Stiftungswesen im Allgemeinen: von Seite 416 an.
Die letztgenannte Abtheilung besteht aus lauter neueren Akten
(von 1796 — 1812). Dagegen reichen die übrigen bis in 's Mittel-
alter zurück. Am bedeutendsten ist entschieden Abtheilung A), und
hier insbesondere die erste Gruppe „Unterhospital", das in der
Religions- wie Pfarrgeschichte Memmingens eine wichtige Rolle
spielt. Sie enthält unter Anderem Urkunden über die Stiftung
des Hospitals zum Heiligen Geist, über seine Privilegien, seine
Theilung in ein „Ober- und Unterhospital" und das Verhältniss des
ersteren zum letzteren und zur Stadt; das älteste Stück ist die
bereits im anderen Repertorium erv\^ähnte Stiftungsurkunde des
Spitals aus dem Jahre 1010 (in vidimirter Copie) ; ausserdem finden
sich mehrere Urkunden aus dem 13. Jahrhundert (von 1256 an)
und sehr viele aus dem 14.; andrerseits aber gehen die Archivalien
bis in die neueste Zeit (1853) herein. — Von beinahe gleich hohem
Alter sind die „Cultusstiftungen" (Abtheilung C); „Antonienkloster
und Pfarrhauspflege" beginnen mit 1215 und weisen auch zahl-
reiche Urkunden aus dem 14. Jahrhundert auf; die „Unterrichts-
stiftungen" der zweiten Abtheilung (Stipendienstiftungen) fangen
mit 1404 an.
III. Kempten.
Von Kempten war in archivalischer Beziehung in der letzten
Zeit fast nichts zu sagen. Die Stadt besass kein eigentliches Archiv
mehr, noch irgend welche Verzeichnisse über städtische Archivalien.
Nur Wenigen war von einem solchen Besitz etwas bekannt. Erst
142 Rieder:
•
durch die Dienstreise des Berichterstatters ist Licht in das Dunkel
gekommen, und hiebei hat sich weit mehr gefunden, als man
erwarten konnte.
Das Meiste ist ja im Anfang dieses Jahrhunderts, zur Zeit der
Mediatisirung, weggekommen. Das Archiv der ehemaligen Reichs-
stadt Kempten wurde von der Landesdirektion zu Ulm dem damals
gebildeten kgl. Archiveon servatorium zu Kempten überwiesen und
später, theils den Beständen des k. allgemeinen Reichsarchivs, tlieils
des Kreisarchivs Neuburg zugetheilt. Ausserdem mag Manches
verschleudert worden sein, wie dies leider im Charakter einer Periode
lag, die, mitten im Werden einer neuen Zeit stehend, auf die Ver-
gangenheit und ihr Schriftthum geringschätzig herabblickte.
Um die der Stadt verbliebenen Reste des ehemaligen umfang-
reichen Stadtarchives scheint sich Niemand weiter gekümmert zu
haben. Berichterstatter traf sie in wirrem Durcheinander unter
der Bibliothek der Stadt stehen, welche im sog. Kornhaus sich be-
findet. Bei der Neuherstellung eines Bibliothekkatalogs in den
letzten Jahren sind sie als Bibliothekstücke (Manuskripte) 'behandelt
worden; ihre meist zweifellos archivalische Natur wurde also ganz
verkannt.
Die Bemühungen des Commissärs wai-en daher für die Stadt
von prinzipieller Bedeutung, insofern dadurch die dringend nöthige
Sonderung des archivalischen Materials von der städtischen Bibliothek
angeregt wurde. Die leitenden Grundsätze fanden ein sehr entgegen-
kommendes Verständniss, namentlich bei dem altkatholischen Pfarrer,
Herrn Dr. Adolf Thürlings. Dieser vielseitig gebildete und thätige
Mann hat bereits für die Neuordnung der Bibliothek sehr viele Zeit
geopfert und wird nun auch für entsprechende Conservirung der
archivalischen Schätze sein Bestes thun. Und dass die Stadtver-
tretung die Angelegenheit nicht liegen lässt, dafür bürgt der Umstand,
dass bereits ein Verzeichniss der aufgedeckten Archivalien im Werk
ist; vielleicht noch ehe gegenwärtige Darstellung die Presse ver-
lassen hat, wird der gedruckte Katalog in den Händen der Li-
teressenten sein. Bei solchem Sachverhalt könnte es überflüssig
erscheinen, wenn hier näher auf den Inhalt jener Archivalien ein-
gegangen wird, und doch dürfte dies nicht der Fall sein. Es ist
ja nicht die Aufgabe dieser Blätter, ein nacktes Register über das
aufgefundene Material zu geben, sondern vielmehr, vom Standpunkte
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 143
des Fachmannes auf dieses und jenes hinzuweisen, und das können
die Leser dieser Zeitschrift mit Fug verlangen.
Wir beschränken uns, die Hauptgruppen hervorzuheben, welche
die meiste historische Bedeutung haben ; das Uebrige mag nebenbei
angedeutet werden. Voranzustellen sind die Materialien für die
Geschichte der Stadt. Man trifft etwa ein halbes Dutzend von
Chroniken ; die älteste, von einem Stadtschreiber Holdenried verfasst,
reicht jedoch nur bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück;
in Fortführung dieser Aufzeichnungen bis auf die letzten Dezennien
(von 1829 — 1877) hat sich der Polizeirottmeister, nachmals Polizei-
offiziant Höschel verdient gemacht. Zusammenfassend ist die
„historisch-topographische Darstellung der k. bayerischen Stadt
Kempten im Auftrage des historischen Vereins von Schwaben und
Neuburg aus Handschriften und gedruckten Werken zusammen-
gestellt von Joseph Meirhofer, Keligions- und Realienlehrer an der
k. Gewerbschule daselbst und Mitglied des genannten Vereins. 1855."
Mit einer Inhaltsübersicht am Schluss (111 Seiten). Hiezu kommen
„XJrkundenabschrifton über die Freiheiten und Privilegion, sowie
Erwerbungen der Stadt Kempten von 1354 — 1621" (? 150 bezeichnete
Seiten). Die reichste Quelle für die Geschichte der Stadt erschliesst
sich in den RathsprotokoUen , welche, nach einem aufgefundenen
„Materialindex" zu denselben für die Jahre 1477 — 1795, sich sicher
bis ins 15. Jahrhundert hinauf erstreckt haben, aber leider nicht
mehr vollständig auf uns gekommen sind. Die Protokolle von
1577 bis zum Beginn der kirchlichen Reformation sind nicht mehr
da, sie fehlen also gerade aus einer Epoche, die, grösstentheils noch dem
Mittelalter angehörig, schon desshalb von besonderer Wichtigkeit
für die Stadtgeschichte gewesen wäre. Vom Jahre 1517 anfangend
laufen sie indessen, mit wenigen Lücken (zwischen 1580 und 1599,
1642—53), bis zur Auflösung der Reichsstadt fort. Neben den ge-
wöhnlichen Protokollen geht von 1733 an bis 1795 ein „Geheimes
Raths ProtokoUum bey des Heyligen Reichs Stadt Kempten" nebenher;
dieser 62jährige Zeitraum füllt aber nur vier Bände aus (I. von
1733—62; IL von 1763-66; III. von 1766—82; IV. von 1782
bis 1795). Seit 1796 sind beide in eines vereinigt worden und
führen von da die Ueberschrift : „Geheime und Rathsprotokolle" ;
sie umfassen ebenfalls vier Bände und schliessen mit dem Jahr 1803/4
ab. Sämmtliche Protokolle (über achtzig Bände, meist in Folio) sind
mit wenigen Ausnahmen trefflich erhalten; vielen, besonders den-
144 Riecler:
jenigen aus späterer Zeit, ist ein alphabetisches Register beigegeben,
welches die Auffindung des Einzelnen sehr erleichtert. Im Eingang
finden sich oft biblische, historische und andere Notizen, Volksreime,
Gebete; wiederholt ist auch der Bürgereid vorausgeschickt. Ab-
gesehen von diesem nebensächlichen, eingestreuten Material braucht
die Bedeutung solcher Protokolle für die Rechts- und Kulturgeschichte
der Stadt nicht erst betont zu werden. Von andern Protokollen,
die sich noch vorfinden, wollen wir nur das „Gerichtsprotokoll der
Stadt Kempten von 1614 — 16^' erwähnen.
Das Finanz- und Rechnungswesen der Stadt ist durch eine .
umfängliche Sammlung vertreten ; es besteht hauptsächlich in Steuer-
und sogenannten „Rechtfertigungsbüchern", dann in Einnahme- und
Ausgabebüchern; alle diese aber beginnen erst mit den sechziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts. Weiter zurück gehen einige
Specialia, wie: „Bau und Kosten allhiesiger Gottsäcker 1662";
„Gemeiner Statt Kempten vndterschidliche Zins- vnd Zihlerfähl für
das 1655. Jahr'^ „Rechnungen der Waydmeister" von 1634 an;
„Schenckh Büechlin" (was die Stadt verschiedenen hohen Gästen
zur Ehrung an Wein gereicht hat) von 1579 — 87 und Anderes. —
In administrativer Beziehung sind als älteste Stücke zu nennen:
„Aemterbüchlein" von 1679 an; „Gehaimbuch, angefangen 1623
(über Secretus über des Heiligen Reichs Stadt Kempten gemeinem
Gut, wie es damit beschaffen gewesen)" mit inliegenden
Zins-, Schuld- und Uebergabsbriefen auf Papier.
Ein rechts- und kulturhistorisches Interesse bieten ausser den
schon berührten Privilegien etc. folgende Stücke: „Gerichtsordnung
des Stadtgerichts allhie zu Kempten 1612"; Zollordnungen u. dgl.
vom Ende des 15. und aus dem 16. Jahrhundert; „Bauordnung und
Bauamtsinstruktion in und ausserhalb der Stadt Kempten von
1576 — 1697"; verschiedene Aufzeichnungen, Satzungen und Ur-
kundenkopien aus dem 16. Jahrhundert, namentlich von der Mitte
desselben an. — Nur eine lokale Bedeutung kommt dagegen den
Beschreibungen und Büchern über Marken, Hölzer und Weiden der
Stadt zu, deren älteste dem Jahre 1541 angehört.
Ueber das Verhältniss der Stadt zum Reiche und zum
Schwäbischen Kreise handeln Reichstags- und Kreistagsacta ; sie
stammen aber sämmtlich aus neuerer Zeit ; erstere fangen Mitte des
18. Jahrhunderts, letztere vom Jahr 1788 an. Früheren Datums
sind einige Correspondenzen und Verhandlungen, so wegen der
Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern. 145
Kreismatrikularbeiträge (1718); ein „Schuldbuch über die Kreis-
anlagen, Kammergerichtsunterhaltungszieler und Reichssteuern", datirt
von 1719. — Was endlich die Stellung der Reichsstadt zum Reichs-
stift Kempten anlangt, so sind Verträge zwischen beiden von 1601
an erhalten; dann Conferenzprotokolle und sonstige Notata über die
verschiedenen Irrungen in den Jahren 1737 — 56.
Damit haben wir die in der Bibliothek vorgefundenen Archi-
valion in aller Kürze skizzirt Indessen ist hier nicht Alles bei-
sammen, was wegen seines Alters und seiner historischen Wichtigkeit
archivalischen Charakter trägt. Vieles ist mit der städtischen Re-
gistratur auf dem Rathhaus vermengt und in dem weitschichtigen,
vier dicke Bände umfassenden „Sachrepertorium" zerstreut, das nach
einem übersichtlichen, bei den Verwaltungsbehörden üblichen Re-
gistraturschema die vorhandenen Akten und Bücher verzeichnet.
Von dieser Registratur ist im Jahre 1875 ein beträchtlicher Theil,
weit über tausend Nummern, als für den laufenden Dienst ent-
behrlich, ausgeschieden und auf den Speicher gebracht worden.
Doch sind darin durchaus nicht die ältesten und archivalisch
brauchbarsten Stücke; sie gehören vielmehr überwiegend der neuen,
ja neuesten Zeit an (bis in die sechziger Jahre unsres Jahrhunderts).
Sie haben auch meist nur ein lokales Interesse, indem sie Ver-
hältnisse, Einrichtungen und Vorgänge wirthschaftlicher, militärischer,
kirchlicher und theilweise politischer Natur wiederspiegeln, wie die-
selben namentlich durch die wechselnden Strömungen und Er-
eignisse seit Beginn des laufenden Säculums bedingt waren. Wirk-
licher archivalischer Werth dürfte kaum dem zehnten Theil dieser
ausgeschiedenen Akten beizumessen sein. Dagegen ist in dem als
Currentregistratur verbliebenen Material noch manches Alte und
Interessante zu finden. Das Werthvollste ist wohl ein Faszikel,
welcher die Aufschrift führt: „Urkunden, die Geschichte der Stadt
Kempten betr. Mit der Abschrift eines Urkundenverzeichnisses vcm
1289 an (Privilegium des Kaisers Rudolph) und einer Beschreibung
der Stadt von 1725." Darin findet sich unter Anderem eine Per-
gamenturkunde von Kaiser Sigmund aus dem Jahre 1415, die Juden-
steuern betreffend, mit einigen andern Freiheitsbriefen; es sind aber
Produkte neuesten Datums beigemischt (bis zum Jahr 1863). Das
Zweitälteste Stück sind „Privilegien der Stadt Kempten. 1331". —
Aus dem 15. Jahrhundert datiren nur einige Stiftungssachen ; das
16. ist bereits durch mehrere andere Akten vertreten; aus dem
Archlvallsche Zeitschrift VUI. 10
146 Rieder: Aus städtischen Archiven im schwäbischen Bayern.
17. und besonders aus dem 18. Jahrhundert sind viele Nummern
von archivalischem "Werthe vorhanden. Es sei genug, wenn wir
aus den letzten drei Jahrhunderten je einen Repräsentanten an-
führen, welcher den kulturhistorischen Charakter dieses Materials
kennzeichnet: „Gewerbsverein der Hufschmiede und Wagner" von
1560 an; „Das Spital der Altstadt Kempten, resp. die Spitalordnung
1608"; „Die altstädtische Krämerordnung von 1717 und 1748."
Viele, zum Theil sehr alte Akten betreffen Lehensachen, kirchliche
und städtische Güter, Grenz Verhältnisse, Bau- und Stiftungssachen,
welche über die rein lokale Bedeutung kaum hinausgehen. Die
Akten aus dem gegenwärtigen Jahrhundert dürfen wir übergehen;
sie repräsentiren im Allgemeinen dasselbe, was oben von den aus-
geschiedenen Stücken bemerkt worden ist.
Yl. Ueber den ältesten Freysinger Codex,
genannt Kozroh im Reichsarchive
zu München.
Von
Dr. Joh. Mayerhofer,
Fürstl. yüi'stenberg'Hchein Archivsekn*Ulr zu Donaueschingen.*
Der Zweck der nachfolgenden Zeilen ist nicht, den Gelehrten
von Fach etwas Neues zu bieten. Diese mögen darum auch meinen
Aufsatz ruhig ungelesen überschlagen. Bescheiden geht meine Ab-
sicht nur dahin, die jüngeren Leser der ,,Archivalischen Zeitschrift"
auf die im Titel genannte Terle des k. bayer. allgemeinen Reichs
archives aufmerksam zu machen und ihnen zugleich die zerstreute
Literatur darüber anschaulich an die Hand zu geben. Von dieser
Handschrift — ihre Signatur ist: Freisinger Hochstifts - Literalien
No. 3' — etwas Näheres zu wissen, verlohnt sich wohl der Mühe.
Denn sie ist für die Kenntniss der ältesten bayerischen Geschichte
eine Quelle ersten Ranges.
I. Allgemeine Bedeutung, Entstehung, Schreiber, Zustand
des Codex.
Aus der Zeit der Agilolfinger, die mit Herzog Tassilo's Sturze
im J. 788 abschliesst, hat sich aus alT den vielen gleichzeitig
blühenden Kulturstätten keine einzige Original-Urkunde
erhalten.
Die Gründe davon sind zu suchen theils in den Verwüstungen
der Ungarn-Einfälle, vielleicht auch in absichtlicher Unterdrückung
durch die siegreichen Karolinger, „deren Streben es war, die Tliaten
jenes Geschlechtes der Yergessenheit zu überweisen". 2) Lokale Un-
*) Bisher im archivalischen Vorbereitungsdienst im Reichsarchiv zu Mtlnchen.
*) Hundt „Ueber d. bayer. Urkimden aus der Zeit der Karolinger" 1873.
(Abh. d. b. Ak. d. W. IH. C. XII. Bd. 1. Abth. S. 151.)
10*
1 48 ^lay erbufer :
Glücksfalle, wie z. B. der im J. 903 stattgefundene Brand des Frei-
singer Domes, in dessen „saerarium'" die Urkunden aufbewahrt
waren, vollendeten die Zerstörung. *)
Nur ab Schrift lieh haben sieh aus der angegebenen Epoche
Urkunden erhalten : im Ganzen 147 Stücke. Davon entfallen auf
Passau, Kremsmünster, Mondsee, Altach u. s. f. 49 Stücke und auf
unsere Kozroh-Handschrift allein fast hundert.
Es ist aber nicht nur die Masse an ältesten Urkunden, die
unsern Kodex so interessant macht, sondern auch die Thatsache, dass
er in einer der Agiloltinger-Epoche noch sehr nahestehenden
Zeit geschrieben wurde — es liegen nur etwa 30 Jahre da-
zwischen — und dass die Abschriften gefertigt wurden mit einer
Treue, die wir heute wohl „diplomatisch genau'^ nennen würden.
Es war schon der sechste Freising'sche Bischof Hitto (811 — 835),
welcher „quicquid singulis cartulis exaratum certisque testimonüs
confirmatum Inuenit uno uolumine rationabiliter includere
studuit tarn antecessorum patrum temporibus quam etiam sui
famosi regiminis". 2)
Die Gründe zu diesem Entschlüsse waren einmal „ut in per-
petuum permaneret eorum memoria, qui haue domum suis rebus
ditauerunt et hereditauerunt ", anderseits aber die Wahrnehmung,
dass schon damals von den Urkunden „alia obliuioni tradita, alia
Inuidorum Tnsidiis direpta seu etiam per eductionem perdita nee
non per Incuriam custodum (Archivarii seind gemeinhin faul! sagte
der „ehrliche" Spiess) abjecta^' waren, ein Zustand, aus dem der
weise Kirchenfürst nichts anderes erwachsen, sah als „maximum
errorem et laborem".
Aber wem die Sammlung und Besorgung der Abschriften
übertragen ?
Nach längerem Suchen (inquisiuit) tiel Ilitto's Auge auf Koz-
rob, der ihm persönlich nahe stand: „([uem tamen ipse (episcopus)
suis sacris disciplinis edocuit et ad p r e s bi t e r i i dignitatem
prouexit".
Er übertrug ihm aber diese Aufgabe mit dem strikten Befehle
(firmiter precipiens), dass „nihil rainui uel adici nisi scribtoris uitio
aliquid deprauahmi repperisset".
J) Meicholbok „HiHt. Frining." I» p. 150 f.
*) Kozroh f. 'J''.
lieber den ältesten Freysiiiger Codex. 149
Zögernd ging der Mönch (monachus) an's Work (quasi timide
renitens . .); und was er an Urkunden von der Gründung des
Freisinger Biseliofstuhles an im „sacrarium" fand, das schrieb er
zusammen nach der lleihenfolge der Bischöfe Joseph (749 — 764),
Arbio (Heres = Erbe, 764— 784), Atto (784— 811), Hitto (811— 835),
Erchanbert (835—854).
Er schrieb auf 28 cm holien und 16 cm breiten Quaternionen
(= 4 Blättern) festen Pergamentes mit guter schwarzer Tinte eine
solide Karolinger -Minuskel; die Ucberschriften der einzelnen Tra-
ditionen sind in un cialer Majuskel gehalten und zur schärferer»
Hervorhebung für das Auge mit einer gelben darüber gestrichenen
Flüssigkeit markirt. Die Initialen sind farbig, d. h. die Füllungen
der schwarzen Balken sind entweder einfach roth oder doppelfarbig
dunkel- und hellroth oder, was am häufigsten der Fall, roth und grün.
Den Urkunden schickte Kozroh je einen Index voraus : für
Joseph f. b2 XV., für Arbio f. cl — de LXXXH, für Atto f. 5—9 CC
und für Hitto f. 179 — 185 CCLXXX Nummern. Darauf lässt er den
Urkundentext folgen. Es scheint nicht, dass er auch nur von der
Erlaubniss Gebrauch gemacht habe. Etwas, das offenbar durch Ver-
sehen eines alten Urkundenschreibers „depravatum" war, zu emen-
diren. Sein Latein steht „mit der Kasuslehre in beständigem Kon-
flikte, verwechselt Geschlecht, Deklinationen, Arten und Zeiten" J)
Als Beispiele mögen dienen : seruitium fidelem, hoc sunt mancipia,
prestauit, incipiunt diversas traditiones etc. Er scheint also die
Urkimden mit minutiöser Treue bis in das kleinste Versehen
wiederzugeben.
Kozroh erscheint in unserem Kodex zuerst am 30. März 822
als „Notar" (f. 353) und schrieb noch lange Zeit nach dem Tode
seines Gönners und Freundes Hitto (835) unter Bischof Erchanbert.
Er lässt sich verfolgen bis zum 4. Mai 848; nach diesem Jahre
scheint er bald gesf()rben zu s(Mn und zwar in Salzburg; denn nur
im dortigen von Karaian herausgegebenen „Todtenbuche" ist sein
Name eingetragen.
Ueber die Erklärung des Namens sind die Meinungen getheilt.
Roth ersah darin den um seinen Guss-Samen, also um seine Kinder
Besorgten (koz und ruoch). Zahn will das nicht gelten lassen und
*) Hundt, 1. c. 8. 12. — Vgl. Th. Sickel: „Lehre von den Urkunden
der ersten Karolinger** 1867, S. 137.
I
150 Mayerhof er:
vermiithet — das Wie vermag ich allerdings nicht einzusehen —
einen „vir disertus'' im Namen.
Interessant ist die Thatsache, worauf Frhr. Ed. v. Oefele mich
aufmerksam zu machen die Güte hatte, dass mehrfach ein mit Koz-
roh zusammengesetzter Ortsname in Bayern erscheint, worin das z
in s abgeschwächt ist, nämlich Kosrohsriute in Mon. Boic. XIII.
(Mon. Prieflingensia) 8. 8 u. ö.
Kozroh's Arbeit wurde von mehreren Sclireibern, wovon zwei :
Frowimunt und Alpunc (850 — 853), uns auch dem Namen nach
bekannt sind, fortgesetzt für die Traditionen unter den Bischöfen
Anno (855 — 875), Arnold (875—883), Waldo (884—906), Uto
(906 — 907), Dracholf (907 — 926), Wolfram (926—939), Landbert
(939—957), Abraham (957—994), Gottschalk (994—1006), Egilbert
(1006 — 1039) bis zum Jahre 1039, in einem Eintrage sogar bis
zum 20. August 1434.
Gleichwohl vordient die Handschiift mit vollem Rechte die
Bezeichnung „Kozroh's Handschrift". Denn weitaus der grösste
Theil daran entfällt auf seine Hand. In's 10. Jahrhundert fallen nur 7,
in's 11. Jhd. 4, in's 15. Jhd. 1 Einträge, und aus der Zeit der Bischöfe
Arnold, Waldo, Uto und Lantbert ist gar nichts Urkundliches
enthalten.
8o wie der Kodex jetzt, in neuerer Zeit in braunes Leder
gebunden, vorliegt, zählt er 404 Blätter. Das vorletzte Mal wurde
er vor dem Jahre 1429 gebunden, und vermuthlich wurde damals
der jetzt fehlende achte Quaternio gestohlen, i)
8eine ursprüngliche HüUe war ebenfalls braunes Leder, das
mit zehn Eisenbuckeln besehlagen war. Diese Hülle wurde aber
so schadhaft, dass sie mit Papier unterlegt werden musste. Darauf
folgen 2 Pergamentblätter von nur halber Breite, und erst jetzt
beginnt die eigentliche Jlandschrift, anfänglich paginirt mit bl, b2,
cl, c2, dl, d2, e, la, Ib, Ic, folio 2, f. 3 und so fort bis f. 399,
so dass also mit Einschluss der von Meichelbek paginirten Blätter
der Kodex aus 404 Folien besteht , ungerechnet die nachträglich
willkürlich eingehefteten Einschiebsel zwischen f. 361 und nach
f. 399.
») Roths Renner I. S. 7.
Ueber den ältesten Freysinger Coilex. 151
II. Literatur.
Kozroh's Handijchrift fand ihren ersten literarischen Benutzer
an Chonradus sacrista, einem Freisinger Domherrn und Sakristan,
welcher unter Emendirung der gröbsten yerstösse gegen die Latinität
Kozroh in einen neuen Kodex umschrieb. Seine Arbeit ist uns des-
halb werthvoll, weil zu seiner Zeit — im J. 1187 — der jetzt fehlende
achte Quaternio in der Vorlage noch vorhanden war und darum in
die neue Abschrift Aufnahme fand; ferner deshalb, weil die Orts-
namen in die Sprache des 12. Jhds. übertragen sind, was die Fest-
stellung der Ortsnamen manchmal erleichtert, i)
Erst im vorigen Jahrhunderte erstand unserer Handschrift der
Mann, der ihre literarische Bedeutung in die OefTentlichkeit trug.
Das Hochstift Freising beging im J. 1724 die Feier seines
tausendjährigen Bestandes. Der regierende Fürstbischof Johann Franz
Frhr. v. Eckher auf Kapfing und Lichteneck (1695 — 1727) beauf-
tragte aus diesem Anlasse den Benediktiner P. Karl Meichelbeck
(t 2. April 1734, 65 J. alt) aus dem Kloster Benediktbeuern, die Ge-
schichte des Hochstifts zu schreiben. Innerhalb zweier Jahre ent-
ledigte sich der gelehrte Pater der gewaltigen Aufgabe; das Werk
erschien als Historia Frisingensis im Jubeljahre des Bisthums 1724,
Bd. n. im J. 1729. Darin ist Kozroh, den Meichelbeck übrigens in
der Vorrede 2) nur kurz als „über traditionum antiquissimus" be-
zeichnet, sowohl im darstellenden Texte als in der demselben bei-
gegebenen pars instrumentaria zum weitaus grössten Theile zur
vortrefflichen Benutzung gelangt.
Da Meichelbeck sich aber zur Bewältigung seiner Aufgabe viel-
fach der Abschriften mindar geübter Abschreiber bedienen musste,
so läuft gar manchmal ein Lesefehler unter; manche Urkunde ward,
weil für die engere Geschichte des Bisthums belanglos, ganz weg-
gelassen, andere wurden nur ihrem relevantesten Theile nach auf-
genommen.
Aber im Ganzen und Jjrossen war der historischen Welt
dadurch eine der ältesten deutschen Quellenschriften von eminenter
Bedeutung im Drucke meisterhaft erschlossen, und Jacob Grimm
las den ersten Band der Hist. Frisingensis siebenmal durch.
>) Hundt, 1. c. S. 157.
») I*, p. XXXIV f.
152 Mayerhofer:
Wenig mehr als Andeutungen sind es, Avas Hoheneicher im
J. 1822 in Pertz „Archiv für ältere deutsche Geschichtskunde '^
Bd. IV 397 ff. mittheilt.
Dagegen fand die Handschrift wieder einen warmen Freund
und fleissigen Bearbeiter an Dr. Karl Rothi) (1802—1880).
Sieben Jahre lang, vom 17. April 1850 — 1857, beschäftigte er
sich fast ausschliesslich mit Kozroh.
Das erste [Resultat seiner diesbezüglichen Studien erschien im
J. 1853 als Anhang zum 2. Bändchen seiner „Beiträge" unter dem
Titel „Die ältesten Urkunden des Bissthumes Freising".
Da ihm aber das Bändchen alsbald wieder zu fehlerhaft er-
schien, so zog er es aus dem Buchhandel zurück und Hess im
J. 1854 den „Renner", d. h. den von Kozroh den Urkunden je
vorgesetzten Index erscheinen.
Im J. 1855 gab er ein vollständiges „Verzeichniss der
Freisinger Urkunden" vom J. 724 — 1039, und darauf folgten in den
Jahren 1856 und 1857 in drei Dritteln die sehr werthvollen „Oert-
lichkeiten des Bissthumes Freising".
Durch let/ieres Werkchen war für die Ortsforschung und Er-
klärung der Ortsnamen endlich fester Boden geschaffen worden,
während die Forscher, die sich bis dahin mit den Ortsnamen be-
fasst hatten, noch alle Lesefehler bei Meichelbeck mit in den Kauf
nehmen und sich mit Konjekturen hatten behelfen müssen: so
Heinrich Gotthart und Sebastian Freudonsprung. Ersterer
veröffentlichte im J. 1847 ein Programm „Ueber die Ortsnamen in
Oberbaiern", 1855 letzterer über „die im I.Bande derMeichelbeckischen
Historia Frisingensis aufgeführton im Königreiche Baiern gelegenen
Oertlichkeiten". — Hauptsächlich auf Kozroh stützt sich auch
Dr. Alb recht Wag ner's Erlanger Habilitationsschrift „Ueber die
deutschen Namen der ältesten Fi'cisinger Urkunden" 187G.
Die erste Beschreibung des Kodex, der damals noch die
Signatur No. 187 trug, gab Joseph v. Zahn imJ. 1861, im ,y&.rchiv
für Kunde österr. Geschichtsquellen" Bd. XXVII S. 202 fiF.
Ebenderselbe brachte dann im J. 1870 in Band XXXI der
„Fontes rerum Austriacarum" jene Urkunden, welche bei Meichel-
beck, weil auf Oesterreich bezüglich und über seinen nächsten Zweck
hinauslieg^nd, übergangen waren, zum Abdrucke.
^) Ueber ihn vgl. meinen Nekrolog m „Hist. pol. Bl." Bd. LXXXVl,
S. 880 ff.
lieber den älteöten Freysinger Codex. 153
Vorzügliches für Kozroh hat sein jüngster Bearbeiter geleistet
Friedrich Hektor Graf Hundt.
Hundt veröffentlichte im J. 1873 das ausgezeichnete Regesten-
werk „Ueber die Bayerischen Urkunden aus der Zeit der Agilölfinger-
Mit Registern über die vorkommenden Personen- und Orts-Namen/' i),
Daran schloss er im J. 1875 seine Abhandlung über „die Urkunden
des Bistums Freising aus der Zeit der Karolinger", 2) welcher er
noch im gleichen Jahre die „Urkunden des 10. und der ersten Hälfte
des 11. Jahrhunderts aus dem Bistume Freising" folgen Hess. 3)
Letzteres Werkchen befasst sich freilich strenge genommen
nicht mehr mit Kozroh, sondern mit dem „Codex commutationum"..
Ich füge es aber hier an, weil es die Serie unseres ältesten Urkunden-
schatzes erschöpft und abschliesst und weil damit „aus dem
ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung so ziemlich
Alles zum Drucke gelangt sein wird, was unsern Ge-
genden an Urkunden erhalten ist.^)
III. Was noch zu thun erübrigt.
Aus dem Dargelegten ist ersichtlich, dass zwar der ganze
Kozroh, abgesehen von den Namen der Leibeigenen und den
eigentlichen Formeln, gedruckt vorliegt, aber zerstreut und zerstückt
bei Meichelbeck, Roth, Zahn und Hundt.
Es wäre noch immer also eine dankbare und dankenswerthe
Aufgabe, die volle Handsclirift „uno uolumine" zu ediren.
Die Vorarbeiten sind gemacht.
Dann aber wäre zur Ausgabe eine Einleitung zu schreiben,
welche sich über air die im Codex berührten Verhältnisse ein-
gehend und zusammenfassend verbreitete. Es wäre unter bestün-
diger llinweisung auf die botreffenden Stellen des Kodex darzu-
legen das Verhältniss zwischen bebautem (colonia) und unbebautem
Lande, zwischen Feld und Wald und Wasser; die Zahl und Art
der Besiedelungen auf dem gegebenen Boden, die Vertheihuig des
Grundbesitzes und die Art der Bewirthschaftung ; das Verhältniss
der Freien (nobiles) zu den Freigelassenen, Hörigen und Mancipien ;
über die persönlichen und dinglichen Privatrechts- Verhältnisse der
») Abhandlungen d. k. b. Akad. d. W., UI. Cl. XU. Bd. I. Abthlg.
«) L. c. XIII. Bd. 1. Abthlg.
8) Oberbayer. Archiv, Bd. XXXIV S. 250 ff.
*) Oberb. Arch. 1. c. 252.
154 Mayerhof er.
Zeit mit all' ihrem symbolischen, sinnlichen Zauber. Nicht minder
interessant erscheint die kirchliche Organisation und der territoriale
Güterzuwachs des Freisinger Dombergs. Für Ortsgeschichte in Ober-
bayern und für Namensforschung ist Kozroh geradezu Hauptquelle.
Ueberhaupt für deutsche Sprachforschung ist er von eminenter Be-
deutung: noch vermisst man bei ihm fast überall B und G, wofür
P und K (C) gesetzt sind, statt U oder Ov ertönt noch breit das Oa
und vor dem L und R steht noch die rauhe wohl wie ch gesprochene
Aspirata H.
Bei sorgsamer Benützung aller Urkunden Kozroh's Hesse sich
.daraus ein lebensvolles Bild der AgUolfinger Zeit und noch besser
des ersten Jahrtausends unserer bayerischen Hochebene entwerfen,
das uns anheimelnd an's Herz griffe; ähnlich wie Dr. Hans Petz
ein derartiges Bild für das 12. Jhd. in sehr ansprechender Weise
geliefert hat in seiner Einleitung zur Witteisbacher Festschrift „Drei
bayer. Traditionsbücher aus dem XH. Jahrhundert".
Sollte sich nicht Jemand finden, der sich der angedeuteten
Aufgabe unterziehen wollte zu Nutz' und Frommen aller Freunde
vaterländischer Geschichte ?
VII. Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen
Landesarchive.
IX. Allgemeines Reichsarchiv.
A. Adelsselekt.
1034.
4035.
4036.
4037.
4038.
4039.
4040.
4041.
4042.
4043.
4044.
4045.
4046.
4047.
4048.
4049.
4050.
4051.
4052.
4053.
4054.
4055.
4056.
4057.
4058.
4059.
4060.
4061.
4062.
(Schluss.)
Rauchmaiin 1775.
4063.
Rauchschmid 1746.
4064.
Rauffer 1792.
Raueneck, Ravenetk 1475.
4065.
Raunach 1713.
4066.
Rauner 1716—1788 s. Müiich.
4067.
Rauschendorf 1766.
4068.
Rauscher 1734—1817.
4069.
Rauschner s. Rabenstein.
4070.
Rauschmayr 1771.
4071.
Rautenstem 1428—1657.
4072.
Rauter 1430.
Ravignant 1695—1717.
4073.
Razenried 1473—1695, mit einem
4074.
Pergam. Stammbaum.
4075.
Razenstein 1658. *
4076.
Razper 1395.
4077.
Rebentisch 1728-1735.
4078.
Reber 1803.
1079.
Rechberg 1400—1821.
Rechel 1502.
4080.
Rechenberg 1574-1656.
4081.
Reck 1483 bis ca. 17CK).
4082.
Reckheim 1678.
Recordin 1648—1770.
4083.
Reden 1713.
4084.
Redem 1615.
4085.
Reding 1678—1805, mit einem
4086.
pap. Stammbaum.
RedlBghofen 1712.
4087.
Redlich 1727.
4088.
Redtschön 1577-1607 s. Ritschon.
Redwitz 1378—1801, mit Stamm-
bäumen.
Reede 1790.
Reen 1765—1766.
Regal 1687—1727.
Reger 1619, mit Wappen.
Reglern 1728—1763.
Regnier 1800.
Rehlm 1591.
Rehüngen , Rechliugen 1463 —
1772.
Reibeid 1571-1803.
Reich 1435—1468 s. Reichenstein.
Reichart 1552—1805.
Reiche! 1773—1803.
Reichen 1387.
Reichenbach 1648-1715.
Reichenstem 13S7 — 1799, mit
Stammbaum.
Reicher, Reiger 1407—1425.
Reichert 1790-1799.
Reichlin 1529—1818, mit Stamm-
bäumen.
Reichmayr 1649.
Reichstett 1699.
Reichwein 1592—1779.
Reidniz, ein Wappenbrief vom
J. 1602.
Beiferscheid 1380.
Reiffenberg 1664.
156 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
4085.
Reiffenstuel 1738.
4126.
4090.
Reifsteck 1530.
4127.
4091.
Reiger, Reigker 14G2— 1539.
4128.
4092.
Reigersberg 1717—1805.
4129.
4093.
Reinach 1640—1797, mit Terg.-
4130.
Stammbaum.
4131.
4094.
Reindl, und zwar:
a) Reindl von Allershausen,
4l32.
b) Reindl von Mantl,
4133.
c) Reindl von Deggendorf, und
4134.
d) Reindl, Reichsritter 1640 —
4135.
1830.
4136.
4095.
Reindorf 1572-1689.
4096.
Reinhart 1578—1699.
4137.
4097.
Reinold 1624.
4098.
Reinwolt 1426—1806.
4138.
4099.
Reisach 1481—1805.
4139.
4100.
Reisch 1589-1794.
4140.
4101.
Reischach 1435-1785, mit Stamm-
4141.
bäumen.
4142.
4102.
Reiser 1513.
4143.
4103.
Reisinger 1742.
4141.
4104.
Reisner von Lifhtenstern 1554
4145.
—1730.
4146.
4105.
Reiss, Reuss von Reussenstein
4147.
1G03— 1793 8. Reyss.
4148.
4106.
Reissen 1652—1789.
4149.
4107.
Reitmehr 1572.
4150.
4108.
Reitter 1434 -1789.
4151.
4109.
Reitzmann 17()3.
4152.
4110.
ReizensttMU 1528—1793.
41.53.
4111.
Reis 1687.
4154.
4112.
Rem 1524—1590 s. Borgia.
4155.
4113.
Remel 1737.
4156.
4114.
Remching 1569-1759.
4157.
4115.
Remosky 1720.
411G.
Renchelle 1678—1691.
4158.
4117.
Renner 1559—1782.
4159.
4118.
Renotio 1740.
4160.
4119.
Renz 1611.
4161.
4120.
Rephun 1499, mit genealog.
4162.
Notizen.
4163.
4121.
Resch 1441^1494.
4161.
4122.
Resnel, Graf de la Roche, 1605.
4165.
4123.
Ress 1605-1701.
4166.
4124.
Retter 1594, mit einem Wappen.
4125.
Rettinger 1552.
Reuberger 1649.
Reumont 1612—1616.
Rausch 8. Reisch.
Reuschenberg 1655 — 1658.
Reuss von Plauen 1445—1804.
Reuss von Rcussenstein s. Reiss.
Reuttmayr, ein Wappenbrief vom
J. 1651.
Reuttner 1794 (Stanunbaum).
Revignian s. Revignant.
Rex 1762 s. Rada.
Rexradal612-1636,mit Wappen-
brief.
Reyss, genannt Haberkom, 1759
—1762 8. Reiss.
Rezzonico 1737—1754.
Rheinl 1790-1791 s. Reindl.
Rhön V. Holzhausen 1502—1796.
Ribaupiere 1800.
Ricci 1732—1743.
Richel 1617—1721.
RiclüinsKy 1661.
Richter 1630—1802.
Rickauer 1751—1805.
Rickhofer 1442—1447.
Ridlbauch 1759.
Ridler 1441-1784.
Ridolfus 1616.
Rieburg 1523-1544.
Ried 8. Rüdt und Rüde.
Riedberg \:A0-ibl2.
Rieden- 1365.
Rieder 1797-1799.
Riederau 1778.
Riederer 1415— 1765, mit Wappen-
brief.
Riedesel 1552—1807.
Riedheim 1389—1800 s. Öttingen.
Riedl 160*.)— 1809.
Riedler, nur genealog. Notizen.
Riedlinger 1552.
Hiefel 1790.
Rieger 1664—1792.
Ric^erl s. Thum und J'axis.
Riemhofer 1 (>85— 1 752, mitiStamm-
bäumen, Grabinschriften und ge-
nealogischen Notizen.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 157
4167.
4168.
4169.
4170.
4171.
4172.
4173.
4174.
4175.
4176.
4177.
4i78.
4179.
4180.
4181.
4182.
4183.
4184.
4185.
4186.
4187.
4188.
4189.
4190.
4191.
4192.
4193.
4194.
4195.
4196.
4197.
4198.
4199.
4200.
4201.
4202.
4203.
4204.
4205.
4206.
Rieneck 1478.
Riese von Riesen bach 1652.
Riessmann 1671—1705.
Rieter 1437—1753.
Rigl 1729.
Rihel s. Richel, Rihl, Rtihl.
Rinach 1472.
Rindfleisch 1605-1613.
Rindsmaul 1350 — 1787, mit
Stammbaum.
Ringingon 1404.
Ringlheimer 15.')4 — 1556.
Ringlstorfer, ein Perg. -Wappen-
brief aus dem J. 1582.
Rink 1555— 179S.
Risenberg 1508—1642.
Risenegg s. Mayr von Risenegg.
Risenfeld 1722—1763.
Risenfels 1680—1777.
Riess von Risenstein 1608—1688,
mit 2 Perg.-Wappen.
Rison 1807.
Ritsch 1786.
Ritschel 1745.
Ritschon 1622 s. Redschän.
Ritt 1724.
Rittbei^ 1600—1610.
Ritter 1742-1802, mit Perg.-
Stammbaum.
Rittersberg 1702 bis ca. 1750.
Ritterehausen 1791—1804.
Rittmann 1778.
Ritz ca. 1550—1800.
Riva 1746-1778.
Rivera 1680—1753, auch Ri\iera,
mit Stammbaum.
Roberz 1772.
Robinson 1747.
Rochau 1618—1624.
Roche de la 1772 s. Ressel.
Roche-Foucauld 1747—1798.
Rochechouart 1700, mit einem
Hefte genealog. Notizen, s. Ca-
stelnau.
Rochesurion 1685—1686.
Rockenburger 1476.
Rodenhausen 1707—1803.
4207. Rödler 1770—1771.
4208. Rodner 1593.
4209. Rodriquez 1765—1781.
4210. Röckl 1692—1803.
4211. Rikler 1668—1733.
4212. Rödem 170Q— 1741.
4213. R(xU 1790.
4214. Röls, ein Stammbaum von ca.
1700.
4215. Römersthall 1612—1631.
4216. Rörer 1572.
4217. Röslfeld 1765—1766.
4218. Rösslin 1516.
4219. Röthlein 1790.
4220. Roggenbach 1536—1756.
4221. Roggendorf 1671—1746.
4222. Roggenhofen 1796.
4223. Rogister 1780-1804.
4224. Rohan, Rohan - Soubise 1738—
1754.
4225. Rohde 1636—1794, mit Stamm-
baum.
4226. Rohmfelder 1614.
4227. Roist von Werse, ein Pergam.-
Stammbaum.
4228. Roll 1652—1827, mit Stamm-
bäumen.
4229. Rombrod, nur eine Tektur mit
J. 1649.
42^). Romayr 1790.
4231. Romerskirch 1769.
4232. Romez, nur Notiz.
4233. Roming 1601—1661 s. Raming.
4234. Romung von Romeck 1621.
4235. Rondoni 1731—1733.
4236. Roper 1655.
4237. Roque de la, 1760.
4238. Rorbach 1421—1797 s. Rorbeck.
4239. Rorbeck 1369—1595 s. Rorbach.
4240. Rosa de la 1642—1665.
4241. Rosee 1763-1771.
4242. Rosenau 1523—1531.
4243. Rosenbach 1623-1750.
4244. Rosenberg (böhm. Geschlecht)
1398—1734.
4245. Rosenberg, Freiherr 1712—1762.
4246. Rosenberger 1566—1636
158 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
4247.
Rosenbusch 1508 — 1798 , mit
4286.
Stammbäumen.
4287.
4248.
Rosenfeld 1728-1758.
4288.
4249.
Rosenheimer 1765.
4289.
4250.
RoBenstein 1790—1798.
4290.
4251.
Rosinus 1516.
4291.
4252.
Ross 1582—1598.
4292.
4253.
Rossau 1477—1623.
4293.
4254.
Rosser 1698.
4255.
Rossi 1615—1795 s. Törring.
4294.
4256.
Rossignon 1727—1780.
4295.
4257.
Rossillon 1802.
4296.
4258.
Rossner 1650, mit Wappen.
4297.
4259.
Rost 1619—1738.
4298.
4260.
Rostaller 1461.
4299.
4261.
Rotau 1352—1599.
4300.
4262.
Roth 1437—1776, mit Stamm-
4301.
bäumen.
4302.
4263.
Roth zu Rohrbach 1737—1758,
4303.
mit Wappen.
4304.
4264.
Roth von Schreckenstein 1408 -
4305.
1749 s. Schreckenstein.
4306.
4265.
Roth (btirgerUch) 1529—1719.
4266.
Rothbaar 1796.
4307.
4267.
Rothenhan 1569 — 1775 , mit
4308.
Stammbäumen.
4309.
4268.
Rothhamer 1792.
4310.
4269.
Rothjacob 1816.
4311.
4270.
Rothkirch 1615.
4312.
4271.
Rott (bürgerlich) 1879.
4313.
4272.
Rottaler 1430—1431.
4273.
Rottberg 1745- -1772, mit Stamni-
4314.
barnn.
4315.
4274.
Rottenberg, Rottenborger 1486 —
4316.
1806.
4317.
4275.
Rottenburg 1345 — 1776 , niit
4318.
Wappen.
4319.
4276.
Rottenhof 1806-1807.
4320.
4277.
Rottenstein 1339-1682.
4321.
4278.
Rottem 1664.
4322.
4279.
Rougemont 1716—1719.
4S23.
4280.
Roy 1715-1757.
4324.
4281.
Roya 1686.
4325.
4282.
Royer, Rouyer 1648—1761.
4326.
4283.
Rubels s. Törring.
4327.
4284. Rüben 1651.
4328.
4285.
Ruberger 1(>47.
4329.
Ruckher 1671 s. Bruckmaier.
Rudolph 1477—1538.
Rueblandt 1649.
Rueff, RufE 1415—1591.
Rueland, Rudlandt 1561—1694.
Ruepp 1577—1784.
Ruesch 1701.
Ruestorf 1582—1732, mit Stamm
bäum.
Ruffin, Ruffini 1719-17^4.
RufPo 1725—1746.
Rüdiger 1792.
Rüdlinger 1434.
Rüdt, Riedt 1594—1779.
Rüdt, bürgerüch 1620—1786.
Rüger 14%.
Rugg s. Thanegg.
Rühl s. Schepiola.
Rüischenberg 1644—1647.
Rüzz 1352.
Rumel 1709—1798 s. Aretin.
Rumele, Rumelin 1598 — 1599,
mis Wappenbrief.
Rumerskirch 1681—1793.
Rumford 1790—1798 s. Thomson,
ßumler 1574—1577.
Rumling 1778—1806.
Rumpenheim 1508.
Rumpf 1592 -1749.
Rumroth 1637— 1649, mit Stamm-
baum.
Rundt 1775.
Ruprecht 1748-1790.
Rusa 1612.
Ruska 1762.
Ruspoli 1737—1749.
Russenbach, Rüsenbach 1532.
Russenstein 1719—1739.
Russwurm 1605—1782.
RuttlofE 1775.
Rysenico 1750 — 1753.
Saalburg 1598—1755 s. Salbuig
Saar 1715.
Säbel 1761.
Sachs 1451—1596.
Sachsenheim 1467.
Saokmann 1663.
Systematische Uebersicht'des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 159
4330.
Sacrispante 1725—1754.
4372.
4331.
Saedlo, Sädlo 1571.
4373.
4332.
Saedtler 1791.
4374.
4333.
Saettelin 17. Jahrhdt.
4375.
4334. Saffran 1740-1742.
4376.
4335.
Sagburg 1711—1716.
4377.
433G.
Sagitarius 1624—16408. Hagenau.
4378.
4337.
Sagkrer, Wappenbrief von 1492.
4379.
4338.
Sailer 1578—1579.
4380.
4339.
Saüem 1702-1796.
4381.
4^10.
Saint-Andrea 1684—1770.
4382.
4341.
Saint-Germain 1745.
4383.
4342.
Saint-Ivany 1748.
4384.
4343.
Sainte Marie Eglise 17r>8— 1799.
4385.
4344.
Saint-Martin 1785.
4386.
4345.
Raint-Mauris-Chatenois 1797.
4387.
4346.
Saint-Simon 1786-1801.
4388.
4347.
Saint Seine Legont, Conte de, s.
4389.
Thumer>'.
4390.
4348.
Saitenmacher 1469.
4391.
4349.
Salabert 1794.
4392.
4350.
Salaty 1759 s. Solaty.
4393.
4351.
Salburg, Salaburg, Saalburg 1650
—1777.
4394.
4352.
Salchmger, Sälchinger 1428.
4395.
4353.
Saldorf er 1401- 1484, mit Stamm-
4396.
baum.
4397.
4354.
Salem 1726— 1H06.
4398.
4355.
Salemi 1726.
4399.
4356.
Sales 8. Salifl.
4400.
4^57.
Salhausen 1584—1612.
4401.
43r)8.
Salis 1591—1800, mit Stamm
4402.
bäum.
4403
4359.
Salla 1746.
4404.
4360.
Sallaba 1792.
4405.
4361.
Sailer 1704.
4406.
4362.
Sallinger 1791.
4407.
4363.
Sahn 1537 -1793, mit Stamm-
4408.
baum.
4409.
4364.
Salomon ca. 1796.
4410.
4365.
Sah^er, Salrär 1385—1392.
4411.
4366.
Salviati 1737-1754.
4412.
4367.
Salwick 1773.
4413.
4368.
Salzburger 1458—1488.
4414.
4369.
Salzmann 15.55.
4415.
4370.
Salzochs 1602.
4416.
4371.
Samassa 1774-1790.
4417.
Sampieri ca. 1650.
Sanche 1761.
Sanct Joanüe 1747.
Sandagna 1744.
Sandhof er 1596 mit Wappen.
Sandizell 1417—1807 s. Waldau.
Sandroth 1671.
Sandtner 1781.
Sanfr^ 1691—1790.
Sänftel 1485—1805.
Santhilier 1660—1794.
Santini 1701—1742.
Saracmi 1735—1737.
Saradeck 1698.
Sarkis 1380.
Sami 1757—1804.
Sarolcas 1737.
Sartor 1771—1772.
Sartori 1737—1809.
Sasso 1776-1779.
Satelboger 1373—1519.
Satelbogen (jüngere Familie) 1699
—1802.
Satler 1399—1786.
Satori s. Soutori.
Sauer 1777—1799.
Sauerzapf 1457—1699.
Saugenfinger 1628, mit 2 Wappen.
Saulberg 1332.
Saulheim 1824.
Saumery 1715.
Sauran 1662—1664.
Saussen 1668—1704.
Sauter 1602—1715, mit Wappen.
Sauveur 1800-1802.
Sa van 1575.
Savigni 1612—1764.
Savioli 1763—1786.
Sayn- Wittgenstein 1742-1808.
Sazenhofen 1594—1798.
Sbrocavacca 1658.
Scala 1580.
Scalenghe, Scallingie 1721—1731.
Scarlatti 1697—1776.
Schab 1773—1785.
SchabaUia 1724.
Schachner 1603—1643.
160 »Systematiriche Uel>erHiclit dt*s Inhalte der bayerischen Landesarchive.
4418.
Scliacht 181G.
44.59.
4419.
Sclmcki 1757—1851 s. Mo
nlin.
AUM).
442().
S<ha<l 15.55-1784.
44(U.
4t21.
Schallen 1745— IWm;.
4402.
4422.
ScMchß 1430.
4123.
8<liäffpr 1(;23-180.5.
4403.
4424.
8('hafler, Wai»i>enbriof von
um.
444>4.
4427).
Schule 1504-
4405.
442G.
Schärtlin 1532—1710.
4427.
Schüfiberg, verettinnneltcr Stannn
4400.
bäum, ohne Jahr.
44437.
4428.
S<häz 1091-1701.
44r,8.
4429.
Schjlzl WAS.
4409.
4430.
Schafgotwh 1«;35— 1754.
4470.
4431.
Schafliauscn 1575—1592.
4471.
4432.
Schaf mann 1083.
4472.
4433.
Schaf mannsberger 1489.
4473.
4434.
St-haffenberp 1053.
4474.
4435.
Schainberpfcr, AV'appenbr. v
1719.
4475.
443(5.
Schaittcnbcrjfcr 1030—1031.
4470.
4437.
Schalber 1093.
4477.
44:w.
Schalk 14<;8.
4439.
Si>hall ; 725- 1790.
4478.
4440.
Schallenbcrjr 1072-1719.
4479.
4441.
Schaller 1787- 1795.
4180.
4442.
S(»haml)eck, Scham bach 1410—
4181.
KUO.
4182.
4443.
Scham bsdehui^ 1718 s. Chamsde
448,3.
biirj?.
4184.
4444.
Stiiande, Schamde 100<).
4485.
444.'».
Schansky 1770.
4480.
444(i.
Schapperger 1074.
4487.
4447.
Scharff s. Scharpf.
4188.
4448.
Scharffenbcrjr 1542- 1029.
4489.
4449.
Si'haHfenHtein Cralz von, 10O7—
4490.
1033 8. (^ratz.
4491.
44r>0.
ScharffensU^n pen. Pfeil
1751,
4492.
mit Stammbaum.
4493.
4451.
ScharfHed 1007- -1703.
4494.
4452.
S(»harpf -1720.
4453.
Scharsacher 1500.
4495.
4454.
Schatte 1740—1807.
4455.
S<*hattenthal 1020.
4490.
445(;.
Schauenburg 1028- - 1 79( ).
4457.
SchauenfelB 1752.
4497.
4458.
Schauenstein (Buol) 1754-
-1803
8. Buol.
4498.
Schauer 1489.
Si'haumann 1018.
S<-liaumberg Grafen 1447—1517.
Schaum berg Freiherm 1427 —
1791.
Schaum berger 1717—1737.
Scliaumburg Lippe 1722.
Schaimiburg, Scliauenbui^ 1072
—1810.
Scheyer, Scliayer 1774.
Schechingen 1494.
Sche<lel, Sche<ltl 1757—1794.
ScheiUer 1020, mit AVappen.
Sche<llinger 1484.
S<-heff 1(>18.
S<heffert ICAH.
S<'heibl 1045.
Scheibler 1781—1782.
Scheicher 1057.
Scheifler 1075.
Scheinen 1597—1001 s. Uemmer-
schwang.
Schelf 1800.
Schell, Scholl 1018—1790.
Schellart 1090—1782 8. Kageneck.
Schellenl)erg 1347—1783.
Schellenstein 14t)8.
Si^heller 1009 -1802.
Schellerer 1099-1779.
Schellhammer 10.53.
Si'hellkofer, Wapi»enbrief v. 1500.
Schellner 1721»— 1731.
Si»helnacher s. Schellner.
Si'henk (überhaupt) 13(H— 1700.
Schenk zu Baas 1740.
Schenk von Castel 1413—1802.
Si'henk von Geyeni 1394—1740.
Schenk von Limburg 1514—1559.
Schenk von Reicheneck 1374—
1384.
Schenk von Schenkenst^jin 1352
—1572.
Schenk von Stauffenberg 1537
—1797.
Schenk von AVinterstetten 1517
bis ca. 10.'»0.
Schenkel 1701—1795.
Systematische Uebersiclit des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 161
4499.
Schenking 1567.
4543.
4r)00.
Schepiola gen. Schönbill 1581—
1583.
4544.
4001.
Scheppler 1580, mit Wappenbrief.
4.')45.
4502.
Scherb 1407. .
4546.
m)S.
Scher s. Tegemau.
4547.
4504.
Scherer 1460—1792, mit Gold-
4r)48.
scherer.
4549.
4505.
Scheres 1683-1684.
4550.
4506.
Scherffenberg 1555—1757.
4551.
4r)07.
Schermer 1480.
4552.
4508.
Scherrich 1629.
4509.
Schertlin 1514—1778 s. öttingen.
4553.
4510.
Scheuer! 1706—1712.
4554.
4511.
Scheuem 1724—1749.
4555.
4512.
Scheufei 1802-1803.
4556.
4513.
Scheufler 1505—1513.
4557.
4514.
Scheyb 1780.
4558.
4515.
Scheyt 1467.
4559.
4516.
Schick 1780.
4560.
4517.
Schicker 1736—1769.
4561.
4518.
Schid 1480—1481.
4562.
4519.
Schielle 1734-1735.
45(53.
4520.
Schiessl 1780-1788.
4564.
4521.
Schiestel 1761.
4565.
4522.
Schifer 1664-1689.
4566
4523.
Schilcher 1796-1803.
4567.
4524.
Schillbazen 1403-1492.
4568.
4525.
SchiUer 1589—1643.
4569
4526.
Schillmg 1497-1564.
4570.
4527.
Schiltberg 1786-1803.
4571.
4528.
Schilter 1461.
4572.
4529.
Schilthagk ca. 1450.
4573.
4530.
Scliittner 1547.
4574.
4r)31.
Schindelin 1621—1747.
4575.
4:)32.
Schintling 1790— 18(H).
4576.
4533.
Schimting 1518—1814 s. Enzens-
torfer.
4577.
4534.
Schlammersdorfcr 1449—1725.
4578.
4535.
Schiandersberg 1625—1724.
4579.
4536.
Schlangen 1762.
4580.
4537.
Schlecht, Schlechten 1692-1750.
4.581.
4r)38.
Schlechtleuthcn 1720—1728.
4582.
4539.
Schlederer ca. 1706.
4583.
4540.
Schlegel 1423-1757.
4.')84.
4541.
Schleich 1574-1812.
4r)85.
4542.
Schleicher 1536—1618.
4586.
ArohlT&Usohe Zeitschrift VIII.
Schleifras 1677—1723.
Schleiss 1692—1801, mit Stamm-
baum.
Schieitheim 1605—1786 8. Keller.
Schlemmer 1611—1803.
Schletten, nur Tektur mit 1627.
Schletz 1636.
Schlichting 1748—1807.
Schuck, Grafen 1477—1702.
Schlick, bürgerlich 1736.
SchlidereV, Schlüderer 1559 ~
1744.
Schlierer 1583.
Schlierf 1768—1805.
Schlietem 1741.
Schlipp 1758—1777.
Schliz 1483—1549.
Schlösser 1792.
Schloessl 1737.
Schlon 1678—1694 s. Gehlen.
Schlüttenhofer 1741—1752.
Schmädel 1762—1811.
Schmalhofer 1787—1790.
Schmaus 1617—1809.
Schmaz 1416—1436.
Schmazhauser 1449.
SchmeUer 1802.
Schmerling 1711.
Schmerolt 1635—1668.
Schmerzing 1754—1760.
Schmettau 1608-1797.
Schmid 1465—1792.
Schmid von Kochheim 1753.
Schmid Freiherm 1614 1803.
Sclmiid von, 1431—1803.
Schmid von Wellenstein 1622 -
1703.
Schmidau 1575.
Schmidbauer 1790.
Schmidhammer 1796.
Schmidhauser 1465—1475.
Schmidhofen 1716.
Schmidtlein 1728.
Schmiechen 1371—1777.
Schmigel 1572.
Si^hmising s. Khorf.
Schmiz 1790—1793.
11
162 Systematische Ueberaicht des Inhalts der bayerischen Landesarehive.
4587.
Schmöckher, Schmöger
1687-
4630.
Schorer, Wappenbrief von 1548.
1800.
4631.
Schorlemmer 1763-1764.
4588.
Schmölzing 1784.
4632.
Schom 1775.
4589.
Schmözer 1740.
4633.
Schott 1499, gedrucktes Kaiserl.
4590.
Schmuck 1566.
Mandat.
4591.
Schmülling 1660.
4634.
Schott 1630-1813.
4592.
Schnabel 1542—1687.
4635.
Schranz 1598.
4593.
Schnack 1708.
4636.
Schrattenbach 1698—1790.
4594.
Schneck, Schnegg 1601—
1755.
4637.
Schreck 1505.
4595.
Schneeberger 1590.
4638.
Schrockenstein 1669—1 788 s.Uotli
459G.
Sclmeeweiss 1773—1792.
V. Schreckenstein.
4597.
Schneid 1555—1807.
4639.
Schreckleb 1749—1785.
4598.
Schneider, Freilierr 1791
—1799.
4640.
Schreeb 1792.
4599.
Schneider 1434—1790 s. Schneid-
4041.
Sclu-eier s. Blumenthal.
heim.
4042.
Schreiner 1637-1638,mitWappen
4600.
Schneidheim 1790-1799
brief und Wappen.
4G01.
Schnell 1761—1764.
4043.
Sclirel 1617, mit einem kleinen
4002.
Schnepf 1591.
Wappen.
4<)03.
Schnurbem 1698—1750.
4044.
Schrenk 1480-1784, mit Stamm
4G04.
Schober 1755.
bäumen.
4G05.
Schobmger 1531—1781.
4045.
Schrepizki 1693.
4(iO0.
Schöberl 1764.
4040.
Schrimel 1407.
4(>07.
SchöU 1608—1619 8. Schell.
4047.
Schroepf 1806.
4008.
Schön 1614 1757.
4048.
Schroff 1746—1759.
4(>()9.
Schönau 1479—1762.
4049.
Schroffenstein 1487.
4010.
Schönberg 1576—1804.
40r)0.
Schrott 1600 s. Ulmaninger.
4(>ll.
St^hönbom 1567-1770.
4051.
Sclu-ottenbach 1671.
4012.
Schönbrun 1492—1804 s.
Hanson.
4052.
Schrottenberg 1784-17im, mit
4013.
S('hönburg, Schönburger
1506—
Stammbäumen.
1798.
4053.
Sclirozberg 1422.
4(>14.
St>,hönhub 1687 -17a).
4054.
Schuch, Wappenbrief von 1602.
4015.
Schönkirch 1640.
4(k)5.
Schuebel 1394.
4010.
Schönniezler 1777.
4056.
Schueler 14vS0.
4017.
Schönne 1709.
4657.
Sc-huerle 1612.
4018.
Schönsleben 1409.
1658.
Schuerstab, geilnicktes Kaiserl.
4019.
SchöiLstein 1011- 1(>28.
Mandat von 1729.
4(>20.
Schönstetten, altbayer.
Familie
4(559.
Schuest 1790-1791.
1309—1418.
4660.
Schuez zu Pfillstatt, Holzhausen,
4021.
Schönstetten von 1559—
1566.
Hagenau etc. 1624—1803.
4022.
S<*.hön8tetten Frhr. 1657
-1728
4661.
Schuezenmeister 1594, mit einem
4023.
Schönwurmb 1678.
Wappen.
4024.
Schöpf 1808.
4602.
Schullenburg 1735-1800.
4025.
Schöttl 1609-1693.
4663.
Schuller, Schueler zu Schrotten
4020.
Scholberg 1719—1731.
hof 1752-1754.
4027.
Scholl 1508.
4604.
Schultes 1610—1790.
4628.
Scholley 1000—1625.
4005.
Schürf, Schürf 1576-1779 s.
4029.
Schombart 1702.
Schürf zu Schönwerth.
Systematische üebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 163
4666. SchurfzuSchönwerth 1626—1781.
4706.
Schweichelt 1790.
4667. Schuss v. Peilstein 1636—1784.
4707.
Schwinbeck 1432.
4668. Schuster 1549—1619, mit zwei
4708.
Schwindt 1644.
Wappen.
4709.
Schwingenhaimer, ein Wappen-
4669. Schuwenburg 1539—1548.
brief von 1558.
4670. Schuzbar 1567— 1728, mit Stamm-
4710.
Schwmkrist 1445—1479.
bäumen.
4711.
Sciamanna 1805.
4671. Schwab 1555 bis ca. 1800, s.
4712.
Scotto 1725.
Schwaben.
4713.
Serbensky 1733-1739.
4672. Schwaben 1728—1799.
4714.
Sebottendorf , ein Stammbaum
4673. Schwabpach 1614-1662.
ohne Jahr.
4674. Schwabsberg 1417—1476, siehe
4715.
Sechampe 1593.
öttingen.
4716.
Sechi 1773.
4675. Schwabsnitz 1661.
4717.
Sechsem, Sechser 1696-1792.
4676. Schwachheim 1770—1782.
4718.
Seckach 1395.
4677. Ähwaebel 1806.
4719.
Seckendorf 1330-1807.
4678. Schwaegerle 1567—1747.
4720.
Seckger 1898.
4679. Schwaiger 1541—1799.
4721.
St. Secondo 1618-1650.
4680. ' Schwalb, Pergam. - Wapponbrief
4722.
Sedliz 1436.
von 1466.
4723.
Sedlnitzky 1747—1775.
4681. Schwan 1671.
4724.
Sedhnaier 1555—1794.
4682. Schwanberg 1465—1810.
4725.
See 1387.
4683. Schwanenfeld 1694-1776.
4726.
Seeau 1709-1803.
4684. Schwangau 1480—1632.
4727.
Seeberg 1680.
4685. Schwarz 1436—1752.
4728.
Seefelder 1356—1703.
4686. Schwarzach 1593-1751:
4729.
Seefrid 1761—1790.
4<>87. Schwarzburg 1433-1763.
4730.
Seehofer 1790-1 799 s.Schobinger.
4688. Schwarzenberg 1349.
4731.
Seel 1786.
4689. Schwarzenberg 1400-1815.
4732.
Seemann 1368-1719.
4690. Schwarzenburg 163().
4733.
SeemüUer 1775—1776.
4691. Schwarzenstein 1523 — 1596 s.
4734.
Seenus 1733—1735.
Preisinger.
4735.
Seepacher 1661.
4<>92. Schwayingen 1398.
4736.
SeestaUer 1479-1775.
4693. Schweikart 1444-1790.
4737.
Seetaler 1789.
4694. Schweiker 1501.
4738.
Seft 1395.
4695. Schweikerstreiter 1615.
4739.
Seger 1776.
46%. Schweithart 1501-1603.
4740.
Segeser 1590-1803.
4697. Schweizer 1414-1504.
4741.
St^glau 1420.
4698. Schwelcher, Schwelher 1389 -
4742.
Seliauser 1657.
1432.
4743.
Seiboltsdorf 13%- 1800 s. Offen-
4699. Schweller 1790.
heim.
4700. Schwemmer 1617-1754.
4744.
Seidl 1489.
4701. Schwendi 1550-1763.
4745.
Seidler, ein Perg. - Wappenbrief
4702. Schwenk 1706.
von 1601.
4703. Schweppermann 1346—1434.
4746.
Seifried 1705—1789.
4704. Schwering, Schwerin 1773-1794.
4747.
Seinsheim 1392-1805.
4705. Schweyhofer 1713.
4748.
Seissel dAix 1749.
11*
164 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landeearchive.
4749.
Seitenthal 1806—1808.
4794.
4750.
Seitz 1618—1791.
4795.
4751.
Selb 1735-1737.
4796.
4752.
Seid 1558 s. Sold.
4797.
4753.
Seideneck 1341—1380.
4798.
4754.
Seldenmaier 1791—1793.
4799.
4755.
SeUg 1582.
4800.
4756.
Selmo 1504—1505.
4801.
4757.
Senft von Pilsach 1616— 16.')0.
4802.
4758.
Senftenau s. Kunz v. Senftenau.
4803.
4759.
Senft-Sulburg 1751.
4804.
4760.
Seng 1601—1602 s. Ulmaninger.
4805.
4761.
Sengelau 1697.
4806.
4762.
Sengem, Senger 1672—1691.
4807.
4763.
Senghofen 1692.
4808.
4764.
Sennfftl 1511.
4809.
4765.
Senritt 1702.
4810.
4766.
Senser 1723—1724.
4811.
4767.
SentUnger 1399—1440.
481^.
4768.
Seordin ca. 1700.
4813.
4769.
Seraing 1789—1804.
4814
4770.
Serballoni 1753 — 1754.
4815.
4771.
Sereni 1684—1691.
4816.
4772.
Serfin 1676.
4817.
4773.
Sericourt 1757—1780.
4774.
Serra, Serre 1738—1740.
4818.
4775.
Ser\a 1642.
4819.
4776.
Servi 1627—1751.
4820.
4777.
Sessi 1729—1730.
4821.
4778.
Scstich 1626—1628.
4822.
4779.
Seutter 1550—1809.
4823.
4780.
Sewer 1429.
4821.
4781.
Seybelt 1526.
4825.
4782.
Seydewitz 1799.
4826.
4783.
St^yringer 1772.
4827.
4784.
Seyssel d'Aix 1718-1799.
4828.
4785.
Sezger 1777—1791.
4829.
4786.
Sezkom 1765— 178.\
4830.
4787.
Sibenharl 1730.
4831.
4788.
Siber 1460-1600, mit Wappen-
4832.
brief von 1600.
4833.
4789.
Sicher 1801.
4834.
4790.
Sicherer 1768—1774.
4791.
Sichlern 1792—1798.
4835.
4792.
Sickenhauser, Siggershausen 1488
4836.
—1771.
4837.
4793.
Sickingen 1516—1801.
4838.
Sidler 1563.
Sieben 1734—1779.
Sigart 1782.
Sigenburg 1689—1743.
Sigertshofen 1471—1730.
Sigl 1775.
Sigmund 1554—1588.
Silbennann 1615—1769.
Silchenmüller 1727—1740.
Silliers 1571—1589.
Silmendingen 1441.
Simeoni 1667 — 1700 s. Minuzi.
Similiano 1678.
Simonetti 1747—1748.
Simonis 1782—1789.
Sindel 1731.
Sinderl 1769.
Sinderstetter 1554.
Singer 1595 — 1752.
Sinzendorf 1628-1780.
Sinzenhauser 1501.
Sinzenhofer 1508-1628 s.Tengler.
Sionsberg 1738.
Sirgenstein 1483 — 1782, mit
Stammbaum.
Sittauer 1387—1390.
Sittichhauser 1558—1706.
Sizinger 1558.
Slabat, Slavata 1430—1768.
Sleeh 1538.
Soden 1784—1791.
Soehner 1592.
Soeld 1552 s. Seit.
Schier 1691—1699.
Soigne 1754.
Soiron 1784.
Solaty 17r)8— 1799.
Solbeck 1589-1619.
Soll 1632.
SoUinger 1588-1593.
Sohns ca. 15:)0— 1792.
Soltyk, ein defekter Stammbaum
ohne Jahr.
Somair 1639.
Somiliano 1670.
Somme ca. 1750.
Sondermayer 1757.
Systematische Ueberaicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 165
4839.
Sonderadorfer 1509—1603.
4883.
4840.
Songeoins 1633.
4Ha4.
4841.
Sonnau ca. 1700.
4H,S5
4842.
Sonnegg 1559-1603 s. üngnad.
4S86
4843.
Sonnenburg 1 635— 1 H( )6.
4887.
4844.
Sonntag 17,')0.
4845.
Sorogna 1621—1647.
4888.
4846.
Soubise 1747—1749.
4889.
4847.
Soucha 1786—1806.
4890.
4848.
Souffrain 1730—1739.
4891.
4849.
Soutori, nur eine Notiz.
4892.
4850.
Soyecourt 1783—1784.
4893.
4851.
Soyer 1645-1775.
4894.
4852.
Soytner, Soyter 1570.
4895.
4853.
Spaet 1688—1691.
4896.
4854.
Spada 1643—1733.
4897
4855.
Spager 1730.
4898.
4856.
Span 1583—1733.
4899.
4857.
Spanderbock 1644—1646.
4900.
4858.
Spancy 1601—1692, Wappen-
4901.
briefe.
4902
4859.
Spandkau 1740—1756.
4903.
4860.
Spangenberg 1695—1749.
4904.
4861.
Spankouch 1739.
4905.
4862.
Spanmesser 1492—1506.
4906.
4863.
Spannagel 1670.
4907.
4864.
Sparenberg 158:^—1588.
4908
4865.
Spameck 1397—1694 s. Spomeck.
4909
4866.
Sparr, Sparre 1639—1730.
4910
4867.
Spatny 1800.
4911.
4868.
Spauer 1470—1812.
4912.
4869.
Spazenreither 1777.
4913.
4870.
Specht 1646—1761.
4914.
4871.
Speckner 1691—1784.
4915.
4872.
Spee 1668—1782, mit zwei Stamm-
bäumen.
4916.
4873.
Speidl 1773—1807.
4917.
4874.
Speisser 1626, mit einem kleinen
4918.
Wappen.
4919.
4875.
Sper 1597- 1603.
4920.
4876.
Sperberseck 1398—1802.
4921.
4877.
ßperi 1592—1782.
4922.
4878.
Bperreuth 1645.
4923.
4879.
Spielberger 1426—1730.
4924.
4880.
Spiehnann 1798.
4925.
4881.
Spiess 1486-1487.
4926.
4882.
Spindler 1808.
49i->7.
SpineUi 1737—1744.
Spingle 1496.
Spinola 1612—1751.
Spirinck 1614—1777.
Spitler 1607—1609, mit einem
kleinen Wappen. ^
Spitzel 1722—1808.
Spitzweg 1589.
Spoluerini 1682—1687.
Spon 1799.
Sponkau 1750.
Spork 1694—1806.
Spomeck 1507—1740 s. Sparneck.
Spreti 1678—1804.
Sprimont 1717.
Spring 1772.
Springer 1678.
Springindom 1468.
Sprinzenstein 1576—1777.
Sproiavacca 1655 — 1662.
Spronkolf 1726.
Sprowa 1572.
Sprunner 1785.
Staad 1797.
Staader 1770—1808.
Stablo 1653.
Stachel s. Stahl.
Stachelburg s. Stahlburg.
Stachelhausen 1846-1847.
Stadion, Stadigung 1398-1793.
Stadl 1663-1682.
Stadler 1440—1776.
Stadlershausen 1755.
Stael-Holstein 1798, mit einem
defekten Stammbaum.
Stael 1778—1792.
Stahl, Stal 1333—1745.
Stahlburg 1706—1728.
Stahlberg s. Stahlburg 1662.
Stahllmber 1590.
Stall s. Stahl.
Stamitz 1750.
Stambler, Stamler 1740—1763.
Stamm 1685—1803.
Stamppa 1664—1742.
Standach 1371.
Stang 1600 s. Ulmaninger.
166 Systematiscbe üebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
4928. Stanga 1614—1731.
4967.
Steinhauf, Stainhauf 1519—1733.
4929. ßtange 1789.
4968.
Stemhauser 1360—1805.
4930. Starchenberg 1312.
4969.
StemheU 1715—1794 s. SteinheL
4931. Staringer 1572.
4970.
Steinheü 1660.
4932. Stark 1745.
4971.
Steinling 1611-1737.
4933. St^rkmann 1790.
4972.
Steinmez 1689—1778.
4934. Stamberg, Stahrenbei^g ca. 1500
4973.
Steinpiss 1663.
—1784.
4974.
Steinruck 1518.
4935. Starzhausen 1614—1782.
4975.
Steinville, nur Notiz.
4936. Stauber 1628.
4976.
Stengel 16.32—1822 s. Stengün.
4937. Staudacher 1658.
4977.
Stengün, Stengel, Stängel Itm-
4938. Staudheimer 1623.
1722.
4939. Staudinger 1584—1764.
4978.
Stephanolhely 1744.
4940. Staudner 1596—1597.
4979.
Steppei^r 1594—1597,
4941. Staufer zu Ehrenfels 1276
-1581.
4980.
Stembaeh 1710—1796.
4942. Stauff zu Leustatt 1685
-1712.
4981.
Stemberg 1507-1807.
4943. Stauffenberg, Schenk von,
1682—
4982.
Stemfels 1721.
1780 8. Schenk.
4983.
Stcmthal 1738.
4944. Stauffer 1634.
4984. Sterschimbsky 1728.
4945. Steck 1398.
4985.
Sterzinger 1755—1769.
4946. Steding 1778—1800.
4986.
Stetingk 1768-1795.
4947. Steeb 1785.
4987.
Stetten 1472-1799.
4948. Steer 1590.
4988.
Stettner 1509-1665 s. Halder-
4949. Steffan 1603.
manstettea
4950. Stegbucher 1719—1730.
4989.
Steu, nur Notiz.
4951. Steger 1617.
4990.
Stich 1799.
4952. Stegmeir 1664, nüt kleinem
4991.
Stichaner 1778—1793.
Wappen.
4992.
Stiebar, Stieber 1398—1658.
4953. Stegner 1739—1740.
4993.
Stigel 1633.
4954. Stegreif 1452.
4994.
Stigliano 1743.
4955. Stehelin 1591-1594.
4995.
Stiglmaier, ein Epitaph von 1509.
4956. Steigentesch 1791—1802.
4996.
Stüler 1726.
4957. Steiger 1617, mit Wappenbrief.
4997.
Stillfried 1824
4958. Stein, zum Rehenstein,
Alten-
4998.
Stimekh 1651.
stein, Ichenhausen etc.
1361—
4999.
Stimel 1653.
1812.
5000.
Stirmair, Stiermair 1623.
4959. Steinach 1615.
5001.
Stiegelhaun 1477—1795.
4960. Steinau 1548—1733.
5002.
Stipf 1472.
4961. Steinberger, Steinberg
1399-
5003.
Stock, Jansen vonder, 1648-1795.
1786.
5004.
Stocka 1604.
4%2. Steindl 1597-1706, nebsl
, einem
5005.
Stocker 1674.
kleinen Wappea
5006.
Stockhammem 1775— i776.
4963. Steindorf 1296.
5007.
Stockhom 1780.
4964 Steinebach a518— 1559.
5008.
Stockmayr 1731-1761.
4965. Steiner 1623.
5009.
Stöckel, 15. Jahrhdt.
4966. Steinhammer, Stemheimer 1373
5010.
Stöckl, Stöcklin 1549—1773, mit
-1605.
einer genealog. Darstellung.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 167
5011.
Stoeger 1624.
r)056
5012.
Stoerz 1674—1783.
5057.
5013.
Stoffelen 1395.
r)058.
5014.
Stoiber 1681—1714.
5059.
5015.
StoHnsky 15^.
5016.
Stoll 1618, mit Wappen.
5060,
5017.
Stollberg 1504—1577.
:m\.
5018.
Stoppani 1753.
:m2.
5019.
Stör 1576—1593.
5063
5020.
Storch 1775—1790.
50i)l.
5021.
Stoss 1628.
r)<M)5.
5022.
Stosser 13H3.
5066.
5023.
Stotz 1658.
myi.
5024.
Stotzingen 1417—1771.
r>068.
5025.
Stozzon 1712—1746.
5069.
5026.
Strachwitz 1800.
5070.
5027.
Strahlendorf 1610—1631.
5071.
5028.
Strahlenfels 14t>4— 1615.
5072.
5029.
Strahlenheim 1805—1828.
r>073.
5030.
Strall 1791.
r»074.
5031.
Strampfer 1817.
5075.
5032.
Stranzky 1713—1810.
.5076.
5033.
Strasoldo 1610-1796 s. Theon
5077.
und Kalsasina.
5078.
5034.
Strasser 1789-1794.
rH)79.
5035.
Strassmair 1698—1737.
5036.
Stratmann 1684^ 1767,mitStamm-
:)0m
baum.
5081.
5037.
Streber 1799.
5082.
5038.
Strecker 1630, mit Wappen.
:m'6.
5039.
Streicher 1805.
5084.
5040.
Streidl, Streitl 1687.
5085.
5041.
Strein 1588.
5086.
5042.
Streit 1792—1802.
5087.
5043.
Streitberg 1406-1564.
5088.
5044.
Strenz 1807.
.5089.
5045.
Strigl 1621.
5046.
Strigler 1724—1772.
5()90.
5047.
Strinner 1776—1790.
5091.
5048.
Strobl 144r>— 1805.
,5092.
r»049.
Strobelli 1722- 1786. .
.5093.
5<»50.
Ströhl 17.")8— 1799.
bim.
5051.
Strohmayr 1775.
5095.
5052.
Stromer 1438—1810.
5096
5053.
Stnimer 1634—1680.
50r)4.
Stuben 1500—1725.
5097.
5055.
Stubenberg 1626—1796.
. Stubenrauch 1756-1811.
. Stuber 1792-1795.
. StülilingenJ^ndgrafen, 1638 1639.
. Stüpf 1419—1583, mit genealog.
Notizen.
. Stttrzel 1698-1747.
. Stürzer 1795.
. Stukradt 1799.
. Stumpf 1404.
. Sturm 161 1 — 1652 s. Jauchshoim.
. Sturmfeder 1559—1802.
. Stutterheim 1686—1702.
. Stylhnaier 1770.
. Stynim 1684—1793.
. Suchten 1549.
. Suchy 1459.
. Sückenhausen s. Sickenhauser.
. Suenkler 1663.
. Suezel 1541.
. Suftizinsky 1780.
. Sulkowsky 1737.
. Sulz, Grafen von, 1563—1654.
. Sulzer 1598—1599.
. Sumer 1552.
. Sumerau, Vogt von, 1453 — 1804
s. Altensumerau.
. Sumersdorfer 1457.
. Sumhof 1786.
. Sunderdorfer 1520.
. Suneck s. Ungnad.
. Suntheim 1430—1532.
. Surauer 1752—1780.
. Sussmann 1741.
. Susso s. Saussen.
. Sutner 1789.
. Sutor 1671, nur eine Notiz, betr.
einen Wappenbrief s. Ruckher.
. Suttenberg 1718—1749.
. Sybmell 1469.
. Taaffe 1678—1692.
. Tabertshofcr 156r>— 1657.
. Taenzl 1497^18:^5.
. .Taerichinger 1422.
. Taettenbach, Tattenbach, Tott^^n
beck 1522—1803.
. Taeuffenbach 1786—1790 s. Teu-
fenbach.
168 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
5098. Taffin s. Sarai.
5099. Taim 1529-1535 s. Daim.
5100. Tainer, Thein 1541—1614 s. Tein.
5101. Talbot 1622—1627.
5102. Taller 1595—1642.
5103. Tallheimer 1392—1650.
5104. Talmann 1596.
5105. Tamburini 1743.
5106. Tampier 1610-1792.
5107. Tanari 1743.
5108. Tandorfer 1449—1621.
5109. Tannberg s. Scherffenberg und
Thanberg.
5110. Tannenberg siehe Thanberg,
Kirchner.
5111. Tanner 1612—1640 s. Thanner-
5112. Tattenbach s. Tättenbach.
5113. Tassis s. Thum und Taxis.
5114. Taub 1585, mit einem Stamm-
baum-Auszug.
5115. Taubenberger 1441.
5116. Taubenheim 1568—1635.
5117. Taufkirchen 1452—1816.
5118. Tautphoeus 1764—1805.
5119. TanoUn 1682—1690.
5120. Taxis s. Thum.
5121. Taz 1437—1791.
5122. Tecklenburg 1700.
5123. Tegel 1520.
5124. Tegernau 1658—1664.
5125. Tegeraseer 1532—1603.
5126. Tein 1591—1809 s. HerÜ und
Tainer.
5127. Teissinger 1465.
5128. Teisenroth 1633.
5129. Teittenhofer 1491.
5130. Tempi 1753.
5131. Tenam 1645.
5132. Tenck 1500-1518.
5133. Tendn 1739—1753.
5134. Teng 1804—1805.
5135. Tengen 1465—1466.
5136. Tengler 1531—1802.
5137. Terröck s. Törreck.
5138. Testaferrata 1738.
5139. Tetau 1472.
5140. Tettelbach 1340—1579.
5141. Tettenbom 1830.
5142. Tettenheimer 1634.
5143. Tetti 1588.
5144. Tetzel 1496—1632, mit einer Ge-
schlechtsbeschrei bung.
5145. Teufel 1560-1785.
5146. Teutschera 1796.
5147. Teysenliofer 1503.
5148. Teysonniere 1802.
5149. Thalberg s. Dalberg.
5150. Thaler s. Taller.
5151. Thalliofer 1706.
5152. Thanberg, Thannenberg 1332—
1781 8. Scherffenberg.
5153. Thanegg 1376—1799, mit (ie-
ßchlechtsbeschreibung.
5154. Thanhauser 1393-1598.
5155. Thänn von der 1690—1692.
5156. Thannlieimer 1390—1395.
5157. Therer 1747.
5158. Thiboust 1722—1798.
5159. Thiebeault 1752.
5160. Thierberg 1554-1710.
5161. Thierboeck 16^)0—1758.
5162. Tliiereck 1791—1808.
5163. Thierheim 1415—1798.
5164. Thiermaier 1446—1657.
5165. Thiemiz, Dllrnizl 1678—1772.
5166. Thierstein 1434—1487.
5167. Thü 1529—1541.
5168. Thiot 1770.
5169. Thoeretti 1793—1794.
5170. Thoma 1582—1777.
5171. Thomasius 1733—1784.
5172. Thomson 1788—1792.
5173. Thoni 1556.
5174 Thorren 1609.
5175. Thoyere de 1702.
5176. Thuemer 1629—1635.
5177. Thünfeld. 1401— 1789.
5178. Thüngen 1477—1708.
5179. Thum, Thumb 1504—1796.
5180. Thumberger 1431—1782 siehe
Thuemer.
5181. Thumery 1797.
5182. Thumshmi 1779.
5183. Thun 1536—1795.
Systematische TJebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 169
5184.
Thum zu Neubayem 1579 - 1670.
5226.
Trappe von 1789—1790.
5185.
Thum und Taxis 1408—1801.
5227.
Traub, nur ein Wappenbrief von
5186.
Thum und Valsasina 1570 —
1601.
1798.
5228.
Traun, Trauner 1437—1801 s.
5187.
Thumhof 1687.
Oettingen.
5188.
Thurnhuber 1657—1659.
5229.
Traut 1519.
5189.
Tieffenbach 1620-1764.
5230.
Trautenberg 1372—1790.
5190.
Tige 1725-1748.
5231.
Trautenweiler 1429.
5191.
TiUy 1450-1808.
5232.
Trautmansdorf 1562—1786.
5192.
Tittenkof er, ein Wappenbrief von
5233.
Trautsambl634 -16688.Traut<Jon.
1573.
5234.
Trautson 1591—1777.
5193.
Tizesau s. Deizisau.
5235.
Trautwein 1517—1518.
5194.
Toblhamer 1461—1467 s. Per-
5236.
Travers 1734—1736.
chinger.
5237.
Trazegnies d'Ittre s. Tressignie.
5195.
Toeniges 1797—1806.
5238.
Trenbeck, Trenbach 1463—1637
5196.
Toepsel 1612, nur ein Wappen-
8. Viepeck.
brief.
5239.
Trento 1729.
5197.
Toerreck 1780.
5240.
Tressan 1799.
5198.
Toerring 1253—1823.
5241.
Tressignie 1715.
5199.
Toeska 1795—1798.
5242.
Trester 1729.
5200.
Tomlinger 1366-1387.
5243.
Trestendorffer 1694.
5201.
Tompson s. Thomson.
.5244.
Tress^^^zer 1469—1478.
5202.
Tondorf s Tandorfer.
5245.
Tressl 1752.
5203.
Tonnus 1768-1797.
,5246.
Treuling 1585.
5204.
Tor, Torer 1386—1755.
5247.
Trevani 1679.
5205.
ToVano 1740—1741.
5248.
Triangi 1806.
5206.
Torck 1460.
5249.
Tribolet 1798.
5207.
Tori 1756-17-79.
52r>0.
Trichtler, ein Wappenbrief vom
5208.
Torre 1723.
J. 1776.
5209.
Torrentini 1587—1590
5251.
Trimperg 1378.
5210.
Torrigiani 1753.
5252.
Trinker 1572—1648.
5211.
Torwartel 1471.
5253.
Trittenpreis 1770—1772.
5212.
Tosca de castella morte 1801 —
5254.
Triva 1701—1799.
1805.
5255.
Troeltsch 1790.
5213.
Tosques 1726—1738.
5256.
Troestl 1752—1763.
5214.
Tottenheim 1400—1432.
5257.
Troetscher ca. 1700.
5215.
Tbur de la 1632.
5258.
Trogler 1763-1770.
5216.
Tozler 1513—1544.
5259.
Troponegro 1795.
5217.
Toznik 1616.
5260.
Troschler 1441.
5218.
Traexel s. Drechsel.
5261.
Trost 1795.
5219.
Tragin 1794.
5262.
Trott 1580—1614.
5220.
Train 1788.
5263.
Trotti 17 If)— 1781.
5221.
Trainer 1520—1654,
5264.
Troyer 1684—1753.
5222.
Traisigni 1717—1799.
5265.
Truchsess von Aurach 1347.
5223.
Traiteur 1790.
5266.
Truchsess von Baltersheim 1554.
5224.
Tranquilini 1651-1661.
5267.
Truclisess von Diessenhof en 1398.
5225.
Trapp 1715—1739.
5268.
Truchsess zum Dürnhof 1539.
170 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
5269.
Truchsess von Henneberg 1542
5304.
—1622.
5305.
5270.
Truchsess von llöfingen 1423—
5306.
1655.
5307.
5271.
Truchsess von Pommersfelden
5308.
1422—1661.
5309.
5272.
Truchsess von Reichmannsdorf
5310.
1427.
5311.
5273.
Truchsess von Reinfelden 1443.
5312.
5274.
Truchsess von Riningon 1432.
5313.
5275.
Truchsess von Rotenbach 14^10
5314.
-1483.
5315.
.^)27B.
Truchsess von Urach s. Truch-
5316.
sess von Aurach.
5317.
5277.
Truchsess von Waldburg 1389
5318.
—1785.
5319.
5278.
Truchsess von Wetzhausen 148<]
5320.
—1560.
5321.
5279.
Truchsess von Willburgstetten
1397.
5322.
5280.
Truchsess überhanpt 1403—1487.
.^323.
5281.
Tnichtlinger , defekt. Pergam.-
5324.
Urkunde von 1469.
5325.
5282.
Truckmüller 1646—1653.
5326.
5283.
Trttttling 1494.
5327.
5284.
Truft, Trufif 1717.
5328
5285.
Trugenhofer 1506.
5329.
5286.
Trumeter 1427—1433.
5330.
5287.
Truppach 1627.
5331
5288.
Truzochler 1575—1595.
5332
5289.
Tschemeho 1504— 150(i.
5333.
5290.
Tschudi 1588—1739.
5334
5291.
Tschuegg 155<j.
.5335.
5292.
Tschuk 1749.
5336.
5293.
Tsustich 1631.
5337.
5294.
Tucher, nur ein Blatt eines Tu-
5338.
cherischen Geschlechtsregisters,
5339.
5295.
Tuchseuhausen 1346—1527.
5340.
52%.
Tuebingen, Gräfin 1642— KkA
5341.
5297.
Tueriach 1590—1593.
5342.
5298.
Tuerkis 1754.
5343.
5299.
Tuerhnger 1437.
5:U4.
5300.
Tuemdl 1408-1441.
5345.
5301.
Tuemiz 1664—1754 s. Dtimitz.
5346.
5302.
TuUiers a Frohberg, Tuliers 1632
5347.
—1801.
5348.
5303.
Tumer ca. 1650.
5349.
Tunkel 1439.
Tunz 1388.
Tunzlem 1694—1781.
Turanie 1648.
Turbet 1805.
Turlacher 1504.
Turhnger s. Türlinger.
Tum s. Tumer.
Tumer 1395—1669.
Tumot 1609—1610.
Turn 1732.
Tuschl 1377—1401.
Tuschler 1163, nur eine Notiz.
Twickl 1724—1727.
Tybing s. Tübingen.
TyUi s. TUly.
Tyringer 1564.
Uebelacker 1792.
Ueberacker, Uebelacker 1411—
1792.
UffeUe van 1673—1675.
Uffenheim 1491.
UhrmüUer 1554—1661.
Uhm 1665.
Ulfeid 1760.
Ulm 1497—1804 s. Rechbeig.
Uhnaninger 1600—1601.
Uhier 1362—1775.
Umbescheiden s. Plockhausen.
Umbrait 1389.
Umgelter, Ungelter 1463—1796.
Uinstadt s. Wambold.
ITnertl 1677—1772.
Unfried 1626—1732.
langer s. Ottingen.
Ungnad 1531-1538 s. Sonnegg.
Unsewitz 1734.
Uuttel 1399.
Untz 1609—1696.
Urbach 1478.
Urbain 1801.
Urlilngsberger 13*>8.
Ursenbeck 1429-1793.
Ursini 17:K).
Urvar 1310.
Vaccano 1776—1801.
Vachieri 1687—1796.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 171
5350.
Vachner 1497.
5395.
5351.
Vadder 1665.
5396.
5352.
Vaelthin 1616.
5397.
5353.
Vadimont 1608.
5398.
5354.
Vagnon'1504.
5399.
5355.
V-ami 1612—1740.
5400.
5356.
Valaise 1725—1730.
5401.
5357.
Valaix de, 1724—1725.
5402.
5358.
Valentmi 1627—1753.
r>403.
53r)9.
Vallade 1773—1792 s. \Valla<le.
5404.
5360.
ValMe d'Houssevüle 1799—1801.
r)405.
5361.
Vallencour 1703—1713.
5406.
5362.
Valfleuri 1701.
5407.
5363.
Valtravers 1780—1781.
5408.
r)364.
Valvasoni 1764—1782.
r>409.
5365.
Vandous 1800.
5410.
5366.
Vanufelle 1668-1673.
5411.
5367.
Vaquier de la Barthe 1798.
5412.
5368.
VareUles 1797—1798.
5413.
5369.
Vasold 1365.
5414.
5370.
Vatterstetter, Gf alterst etter U.'vl
r>415.
—1482.
5416.
5371.
Vaubrieres 1778—1779.
r>417.
5372.
Vaahoux 1695—1728.
54i8.
5373.
Vaupaüere 1798.
M19.
5374.
Veichele, ohne Jahr.
r)420.
5375.
Veigl 1779.
5421.
5376.
Veit 1442-1634.
5422.
5377.
Velasco 1787.
5423.
5378.
Velbei^ 1453- 1540.
5424.
5379.
Velbrackh 1744-1778.
r>425.
5380.
Veldprechter 1410.
5426.
5381.
Veldweger 1591.
,5427.
5382.
Velhom 1737—1803.
5428.
5383.
Velo 1729-1736.
5429.
5384.
Vels 1526.
5430.
5385.
Veitheim 1701-1703.
r)43l.
5386.
Venatorius 1597—1598.
5387.
Vendt 1615.
5432.
5388.
Vemngen 1579—1727.
5433.
5389.
Vequel 1722—1794, mit Stamm-
5^434.
bamn.
5435.
5390.
Verch 1758.
5436.
5391.
Verchefeldt 1807.
5437.
5392.
Vergenhans 1493.
5438.
5393.
Verger 1740—1809.
5439.
5394.
Vei^:es 1790.
5440.
Vergii 4616.
Verita 4614—1709.
Verlate 1628.
Verlohner 1805.
Vernier 1634.
Verri 1672—1802.
Verschaffelt 1779—1799.
Vervaux 1649.
Vestenberg 1436—1584.
Vetter 1470-1729.
Via da, 4726—1739.
Vichy 4796—4799.
Vicheuser 4595.
Viepeck 4574—1602.
Viereck 1593—1806.
Viergolt 15(H)— 1586.
Vierson 1777—1779.
Viesset 1717—1731.
Vignio de la, ca. 1700.
Vigny 1797.
ViUbui^ 1699.
ViUenbach 13(^0—1502.
Vildenbroch s. Wildenbroch.
ViUeneuf 1700.
Villers de 1675—1803.
Villier de 1720 s. Villers.
VUliez 1806.
Villinger 1574—1647.
Vils 4790.
Vilsecker ir>44— 1617.
Vinarius 1590—1591.
Vincent 1625-1800.
Vincenti 1790—1800.
Vinther 17C)0.
Vippach 1608.
Vuinond 1744.
Vimberg, Stammbaum von ca.
1700.
Vischbach 1764—1776.
Vischer 1552—1630 s. Fischer.
Vischl 1694—1809.
Visconti 1620—1785.
Visintainer 1690.
Visine de, 1774.
Visl 1520.
Vissler 1461—1771.
VitschenthaU 4707--4723.
172 Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
5441.
5442.
5443.
5445.
5446.
5447.
5448.
5449.
5450.
5451.
5452.
5453.
5454.
5455.
5456.
5457.
5458.
5459.
5460.
5461.
5462.
5463.
5464.
5465.
5466.
5467.
5468.
5469.
5470.
5471.
5472.
5473.
5474
5475.
5476.
5477.
5478.
5479.
5480.
5481.
Vittinghoflf ^ 1733 — 1800 , mit
Stammbaum.
Vitorelli 1790.
Vitzthum 1640—1799.
Vlacho 1473.
Vochenstein 1582 — 1765.
Vockel 1753—1754.
Vöhlin 1417—1791 s. Füll, Fühlin,
Voehlin.
Vogelius, Vogl 1600—1791 s.
Ulmaninger.
Voglmaier 1576 — 1665.
Vogt 1782—1803.
Vogt von Hunoltstein, nur Tek-
turen von Präbendalakten 1645
—1652.
Vogt von Tiningen 1608—1623.
Vogt von Sumerau 1385 — 1746.
Voigt 1602.
Voisin 1734.
Voit 1717—1792.
Voit zu Berg 1567—1572.
Voit zu Rieneck 1555—1703.
Voit von Salzburg 1619—1789.
Voit von Voitenberg 1753—1808.
Volkerstorf 1565.
Volkshamer 1769.
Volkmer 1588—1590.
Vollmaier 1790.
Vollmar 1722—1802.
Volmersdorf 1679.
Volpe 1724—1727.
Vorbui^ 1649—1712.
Vorlauf 1441.
Vorster 1435—1772.
Vrinz 1742—1773.
Vuronner 1610.
Waberer 1425-1437.
Wachenheim 1790.
Wachsenstein 1702—1772.
Wachtendonk 1629-1763.
Wächter, Wächtern 1526—1779.
Wackerbarth, nur eine Notiz von
1727.
Wackerstein s. Helfenbei^.
Wadenspann 1768—1799.
Waempl 1642—1799.
5482. Wagen 1506—1524
5483. Wagenhofen 1772—1799.
5484. Wagenknecht 1623.
5485. Wager 1636—1787.
5486. Wagner 1559—1779.
5487. Wagnereck s. Wangnereek.
5488. Wagnern 1703—1734.
5489. Wahl 1539—1813.
5490. WaidmannsdorfE 1802—1808.
5491. Waidmüll von der, 1504.
5492. Waizenbeck 1772—1792.
5493. Walburg, s. Waldbui^.
5494 Walch, Walk, Walh 1521—1797.
5495. Walsburg 1579.
5496. Waldauer, W^dau 1540—1567.
5497. AValdbrunn 1605—1630.
5498. Waldburg 1444—1777 s. Truch-
sess V. Waldburg.
5499. Waldburg-Wolfseck 1444—1782.
5500. Waldeck, fürstl. Haus, 1682—
i747.
57)01. Waldecker 1453—1777.
5502. Waidenfels 1430—1803.
5503. Waldemdorf 1645—1653, s. Wal-
terdorf.
5504. Walderode 1667.
5505. Waldkirch 1361—1808.
5506. Waldner von Freundstein 1786.
5507. Walds^e 1615—1772.
.5.^)08. Waldstem 1614—1778. '
5509. Waldstrommer ca. 1550 — 1711.
5510. Waldvogel 1440.
5511. Walk s. Walch.
5512. AVall 1624.
5513. Wallach 1801.
5514. AVallate, WaUot, Wallade 1729
—1808.
5515. Wallau 1776—1790.
5516. Wallbrunn 1752.
5517. Wallenburg 1629.
5518. Wallenfels s. Waldenfels.
5519. AVallenheim 1701.
5520. AValler 1506—1521.
5521. Wallerspruck 1602.
5522. Wallerstein s. Oettingen.
5523. AVallis 1730—1805, mit Stamm-
baum.
Systematische Uebereicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 173
5524. Wallner 1747—1755.
5567.
Weichselberger 1614.
5525. WaUpergen 1685— 1G86.
5568.
Weidacher 1752—1760.
5526. Wakab 1466—1514.
5569.
Weidmanstorf 1787.
5527. Waboti 1781.
5570.
Weidmoser 1525—1699.
5528. Walser 1636—1788 s. Syrenbuig.
5571.
Weigl 1635—1799.
5529. Walsinger, Walchsinger 1536—
5572.
Weikl 1725—1799 s. Vequel.
1539.
5573.
Weikmann 1691.
5530. Waltenhofen 1417—1749.
5574.
Weikerthofer 1681.
5531. Walterdorf 1654-1780 s. Wal-
5575.
Weiler 1330-1799.
demdorl
5576.
Weilheimer 1497.
5532. Walther 1470—1779.
5577.
Weinbach 1772—1807.
5533. Walthum 1423—1558.
5578.
Weinberg 1741.
5534. Walz 1636.
5579.
Weinberger 1438-1717.
5535. Wambach, Wannbach 1574-1580.
5580.
Weinecker 1442.
5536. Wambold 1644 — 1801 s. Plit-
5581.
Weingart 1800.
ningen.
5582.
Weingarten 13 . . —1595.
5537. Wamers^ 1770-1804.
5583.
Wemschenk 1523.
5538. Wanderer 1776—1793.
5584.
Wemsperg 1399—1481.
5539. Wangen, Wang 1620-1732.
5585.
Weinaerl 1698, nur Wappen
5540. Wangenheim 1808.
brief-Abschrift.
5541. Wangereck 1606—1696.
5586.
Weissenegg 1700.
5542. Warastre s. Martinet.
5587.
Weissenfelder 1516—1797 s. Le
5543. Warathka 1614—1616.
berkirdier.
5544. Wardt dOnsel von der, 1784.
5588.
Weissenwolf 1715.
5545. Warendorf, Wardendorf 1513.
5589.
Weisland 17. Jahrhdt.
5546. Wamberg 1790—1805.
5590.
Weissmaier, ein Wappenbrief von
5547. Wamsdorf 1792—1807.
1602.
5548. Wamstett 1571-1599.
5591.
Weissmann 1696.
5549. Warsberg 1728.
5592.
Weitenau 1745—1788.
5550. Wartenberg 1401, Graf Warten-
5593.
Weitershausen 1711.
berg 1704-1799.
5594.
Weitersheim 1711.
5551. Wartensleben 1700.
5.595.
Weitingen 1549—1632.
5552. Warter 1349—1499.
5596.
Weidmger 1643—1794.
5553. Wastowitz 1595.
5597.
Weizenbeck 1772—1799.
5554. Wattenwül 1605.
5598.
Weizenfeld, nur Notiz.
5555. Waxenstein s. Waclisenstein.
5599.
Weiden 1399—1806.
5556. Wazach 1503.
5600.
Weller 1705.
5557. Wazmanstorffer 1481—1499.
^5601.
Wellmg 1597.
5558. Weber 1559-1799.
.5602.
Wellini 1613.
5559. Weclisler 1616.
5603.
Wel8bergl582— 1799, mit Stamm-
5560. Wecker 1781.
bäumen.
5561. Wedel 1762.
5604.
Welser 1495—1772.
5562. Weeber 16:4.
5605.
Weltin 1714—1780.
5563. Weegmacher 1591.
5606.
WeUwart s. WöUwarth 1546-
5564. Wegler 1702.
1799.
5565. Weibling s. Schönbrunn.
5607.
Welz 1495-1799.
5566. Weichs 1333—1801 s. Präntl.
5608.
Wemding 1438—15^9.
174 Systematische üebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive.
5(309.
Wendt 1704-1822.
5651.
5610.
Wenger 1485—1789.
5611.
Wening 1707.
5652.
5612.
Weiiser 1730-1778.
5653.
5613.
Wensm 1588—1629.
5654.
5614.
Wenzel 1660—1710.
56.")5.
5615.
Wenzler 1747^1750.
5656.
5616.
Werden 1472.
5657.
5617.
Werdenau 1439—1699.
5658.
r)618.
Werdenberg 1398—1599 s. Ilei-
ligenberg und Montfort.
5659.
5619.
Werdenstein 1422-1 799 , mit
r)660.
Stammbäumen.
5661.
r)620.
Werkamp, Stammbäume.
5621.
WerU 1609.
5622.
Werloschnig s. Bemberg.
5662.
5623.
Wemau s. öttingen.
56(>3.
5624.
Wemd 1389.
5664.
5625.
Wemdle 1660—1700.
5(>65.
5626.
Wemeck 1739 s. Deroy.
5666.
5627.
Werner 1616—1778.
5667.
5628.
Wemick 1587.
5668.
5629.
Wemsdorf 1792—1806.
5630.
Werschowitz 1741.
5669.
5631.
Werspaclier 1493.
5670.
5632.
Werth 1647—1723.
5671.
5633.
Wertheim 1438—1599.
r><>72.
5634.
Werther s. Werthem.
5673.
5635.
Werthem 1734—1751, mit Fa-
5674.
miliengeschichte.
5675.
5636.
Wertinge 1381.
5676.
5637.
Werttby 1741.
5677.
5638.
Wesselberger 1761.
5678.
5639.
Wessenberg 1749. '
r)<>79.
5(;40.
Wesenbeck 1()50.
5()80.
5641.
Weseneck 1695.
5681.
5642.
Wesner 1721.
5682.
5643.
Wespening 1642.
5683.
5644.
Westacher 1596—1799.
r)684.
5645.
Westendorf 1482.
568:>.
5646.
Westenrieder 1780—1800.
5(>86.
5647.
Westerhold und Güsenberg 1790
5687.
—1795.
5688.
5648.
Westerholzer 1474.
5689.
5649.
Westemach 1409—1802 s. Reoh-
56tH).
berg, auch Thum und Taxis.
5691.
5650.
Westeraheim v. Westersteui 1709.
5692.
Westerstetten 1398 — 1699 s.
Oettingen.
Westerwaelder 1539.
Westner 1545.
Westphalen 1798.
Wetzel, Freih. 1715—1758.
Wetzle s. Wetzel.
Weveld 1708—1806.
Weyer 1516.
Weydenberg, nur ein Schrift
stück des 18. Jalu-hdts.
Weytas 1439.
Wezstein 1711—1799, mit einem
auf Blech gemalten Familien
Wappen.
Wibmer 1795.
Wibmersdorfer 1491.
Wichsenstein 1455.
Wick 1602.
Wick (bürgerlich) 1515.
Wicka 1661—1752.
Wickenburg Stechinelly 1787 —
1798.
Widder 1790.
Widemann s. Widmann.
WidnibeiK 1490—1493.
Widerspacher 1457 s. Finsinger.
Wiczel 1792.
Widersperg 1302—1681.
Widholz s. Kircher.
Widl 1772.
Widman 1462—1807.
Widmer 1761—1799.
Wi(hnesser 1740.
Wied 1753—1791.
Wieland 1554-1599.
Wielesdorfer 1436.
Wiersing 1460.
Wiersperg s. Wirsberg.
AVieschetzky 1778—17%.
Wieschin von Baiereck 1649.
Wiese 1765.
Wiescluiit 1741.
Wiesenberg 1748.
Wiesenecker 1800.
Wieso\nck 1604.
Wiesentaw 1388^ -16(M).
Systematische Ueberaicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 175
5693.
Wikeburg 1714—1799 s. Wicker-
5736.
buig-Stechinelli
5737.
5694.
Wilckeniz 1768.
5738.
5695.
Wild 1427-1578.
5739.
5696.
Wüdenau 1681-1799, mit Stamm-
5740.
bäumen.
5741.
5(;97.
Wüdberg, Wütberg 1469—1799.
5742.
5698.
Wüdenburg 1730.
5743.
5699.
Wildenecker s. Tuchsenhauser.
5744.
5700.
Wildenstein 1310—1799.
5745.
5701.
Wildenthal, nur em Schriftattick
5746.
aus dem 18. Jahrhdt.
5747.
5702.
Wildfang 1420.
5748.
5703.
WUdgefört 1437.
5749.
5704.
Widhamer 1547-1599.
5750.
5705.
Wildhem, nur ein Schriftstück
5751,
ohne Jahr.
5752.
5706.
Wildmeister 1801.
5753.
5707.
Wildsberg 1506.
5754
5708.
Wildstein s. Wildenstein,
5755.
5709.
Wilhehn 1709-1823.
5756.
5710.
Wilhehni 1790.
5757
5711.
Wilhelmsdorf 1413.
5758.
5712.
Wilhehnseder 1795-1805.
5759.
5713.
Willenbroch 1634.
5760.
5714. WUleio s. WilUo.
5761.
5715.
Willeson 1647-1664.
5762.
5716.
Williez 1790.
5763.
5717.
Willinger 1790—1801.
5764.
5718.
WilUo 1790.
5765.
5719.
Wilzeck 17..— 1785.
,5766.
5720.
Wilzmski 1762.
5767.
5721.
Wimar 1784.
5768.
5722.
Wimpfen 1782.
5769.
5723.
Windisch 1742-17(^1.
5724.
Windischgräz 1666-1718.
5770.
5725.
Windkopp 1795-1796.
5771.
5726.
Windsor 1607.
5772.
5727.
Winliart 1747.
5773.
5728.
Winkel s. Winkler.
5729.
Winkelhofen Freih. 1601—17^5.
5774.
5730.
Winkelhofer 1514.
5775.
5731.
Winkelmann 1606-1764.
5776.
5732.
Winkler 1545- 1791.
5777.
5733.
Winklersperg 1715—1740.
5778.
5734.
Wmschelhng 1585.
5779.
5735.
Winter 1440—1799 s.Ulmaninger.
5780.
Winterfeld 1666—1668.
Wintergerst 1570.
Winterscheid 1648.
Winzerer 1481—1499.
Wipffeld 1463.
Wippenham 1738—1745.
Wirsberg 1394—1699.
Wuiienberger 1538.
Wirth 1513.
Wirvier 1725.
Wirchamer 1563.
Wischen 1469.
Wiser, Grafen 1517—1799.
Wissbeck 1449—1572.
Wisweyler 1614—1618.
Witschang 1797.
Witte 1691.
Witten, Grafen 1729.
Wittenbach 1795.
Wittgenstein 1742—1793 s. Sain.
Wittmann s. Widmann.
Wizleben 1617.
Wodizka 1753—1760.
Woehrl 1753-1767.
Woelflin 1432.
Woelkem 1787-1790.
Woelwarth 1497—1799.
Woerdtem 1746.
Woerth, Jan van, 1632—1647.
Woita 1793—1796.
Wolf Joannes, Domherr, 1478.
AVolf von Wolfethal 1507—1679.
Wolf von Annaberg 1591.
Wolf von Todtenwarth 1660—
1707.
Wolf von Laneck 17a3 -1788.
Wolf von Gutenberg 1778.
Wolf genannt Parehutz 1473.
Wolfersdorf, Wolfersdorfer 1384
—1804.
Wolfram 1731.
Wolframsdorf 1703—1777.
Wolfringer 1440.
Wolfrum 1738.
Wolfsberg, Wolfersberg 1730.
Wolfsegg s. Waldbuig.
Wolfskel 1461—1799.
176 SystematiBche XJebersicht des Inhalts der bayerischen lÄndesarchive.
5781.
Wolfskopf 1413.
5826.
5782.
Wolfstein 1487—1799.
5827.
5783
Wolfstim 1630.
5828.
5784.
Wolfsthal 8. Wolf V. Wolfsthal.
5829.
5785.
Wolfwisen 166(V~1719.
5830.
5780.
Wolfurt 1534—1699.
r)831.
5787.
Wolkenstein 1442—1799.
5832.
5788.
Wollmershausen 1506—1699.
5833.
5789.
Wolman 1419.
5834.
5790.
Wolmerrothe s. Walmerothe.
5835.
5791.
Wolter 1787—1802.
r>836.
5792.
Wonsheim 1613-1699.
5837.
5793.
Woyda 1754.
5838.
5794.
Wrangel 1648 s. Königsmark,
5795.
Wrede 1700—1802.
5839.
5796.
Wubna 1735.
5840.
5797.
Wuchrer ca. 1400.
5841.
5798.
Wuest 1610-1785.
5842.
5799.
Wuesenpentz 1554.
5843.
5800.
Würz 1644—1799, mit einer ge-
5844.
malten Ahnentafel.
5845.
5801.
WOrzburg 1457 -1799.
5846.
r)802.
Würtinger 1660 1802.
5847.
5803.
Wulfen 1765.
5804.
Wulknitz 1768.
5848.
5805.
Wultzieck 1475.
5849.
5806.
Wunsch 1649.
5850.
5807.
Wunschheim 1791.
5851.
5808.
Wunschwiz 1718—1781.
5852^
5809.
Wurm 1690—1710.
5853.
r)810.
Wurmb 1697—1699.
:^:>i.
r)8ii.
Wurmbrandt 1728-1740.
5855.
5812.
Wurmrauscher 1671 -17(M).
5856.
5813.
Wurste 1755.
5857.
5814.
Wurzer 1743—1790.
5858.
5815.
Wuzlhafen 1784—1802.
r>8.'>9.
5816.
Xilander 1792—1793.
r>860.
5817.
Yrsch, auch Irsch 1676-1792.
5861.
5818.
Ysnardi 1616.
5862.
5819.
Zabeltitz 1763—1782.
5863.
5820.
Zacco 1672—1693 s. Beccaria
5864.
und Trenano.
5865.
5821.
Zachreiss 1381, mit Adelsatt^st.
5866.
5822.
Zadesius ir>67.
5867.
5823.
Zadler 1539—1699.
5868.
5824. Zahn 1358.
5869.
5825.
Zant 1368—1799.
5870.
Zapada, Zai>ata 1797.
Zaradek 1678.
Zarick 1569.
Zariwar>' 1799.
Zaroysky 1742.
Zawoj'sky 1762.
Zebelin 1574.
Zedi (bttrgerl.) 18. Jahrhdt.
Zech-Dribach 1722—1799.
Zeclmiann 1790.
Zederspizer 1554.
Zedwitz 1400—1810.
Zeeman, Wappenverleihung vom
J. 1580.
Zeggin 1757—1779.
Zehe 1614.
Zehetner, Zehntner 1480—1657.
Zehnt ner aus Amberg 1790 — 1804.
Zehntner Freiherr 1672—1707.
Zehmen 1737—1799.
Zeiger 1771.
Zeilhofer 1531—1702.
Zeilmann, ein Wappenbrief vom
J. 1593.
Zelking 1533.
ZeUer 1440—1799.
ZelUng 1783—1787.
Zehier 1622—1802.
Zels 1771.
Zenger 1303—1599.
Zengler 1729.
Zenner 1440.
Zenobio 1809.
Zentner Ritter von 1792. .
Zeschlin 1616—1635.
Zettl 1789—1807.
Zetwitz 8. Öttingen.
Zeyem 1573.
Zicogna s. Cicogna.
Ziegelstein 1720.
Ziegler 1504—1792."
Zierer 1616.
Zieritz 8. Scheres.
Zieroün 1734—1737.
Zievel 1727—1743.
Zigeiner 1440.
Zigoni 1623.
Systematische Uebersicht des Inhalts der bayerischen Landesarchive. 177
5871. Zilger 1601.
5898.
Zucalli 1700.
5872. Zillenhart 1419-1699.
5899.
Zuegemaier, nur ein Wappenbrief
5873. Zülerberg 1728.
vom J. 1645.
5874. Zillhardt 1651.
5900.
Zuendt 1646—1809.
5875. ZiUner 1676—1699.
5901.
Zuenzer 1636.
5876. Zimbem 1511—1699.
5902.
Zuepf 1575.
5877. Zimmermann 1460—1792.
5903.
Zuepplingen 1428.
5878. Zinn v. Zinnenberg 16. Jahrhdt.
5904.
Zuercher 1637.
5879. Zinnenberg 1713—1716.
5905.
Zuergg 8. Tegemau.
5880. Zinner, Ziner 1460.
5906.
Zueter 1484.
5881. Zinssmeister 1738—1772.
5907.
Zuivel 1750.
5882. Zind s. Zündt.
5908.
Zulenhart s. Zillenhart.
5883. Zintl 1659-1799.
5909.
Zuniga 1616.
5884. Zinzendorf 1687-1801.
5910.
Zu-Rhein 1717—1779.
5885 Zircher s. Zürcher.
5911.
Zwack 1784—1799.
5886. Zirkendorfer 1479.
5912.
Zwenger 1793.
5887. Zitwitz 1585.
5913.
Zweybrücken 1797—1807 s. Mon-
5888. Zobel 1431—1802.
tigny.
5889. Zocha, Zockha 1642-1750, mit
5914.
Zweyer 1652—1804.
gemaltem Wappen.
5915.
Zwerger 1627-1799.
5890. Zoepf 1570 -1755.
5916.
Zwickel 1643-1666.
5891. Zoettl 1788.
5917.
Zwievel 1750.
5892. Zoller 1756.
5918.
Zwigaden 1605.
5893. Zollem 1360—1599.
5919.
Zwin 1485.
5894. ZoUner 1460-1648.
5920.
Zwirlein 1782 -1792.
5895. Zorn von Plobsheim 1663—1799.
5921.
Zwitterda 1670—1688.
58%. Zottmann 1805.
5922.
Zwivel 1716.
5897. Zschökh 1595.
Archivalische Zeitschrift VIII.
12
VÜI. In den Archiven der Normandie
von
Dr. S. LöwcMifeld
in Berlin.
I. Torbemerkangen. In achtzclm Tagen hatte ich die ganze
Normandie und zwei D^^parteinents der Bretagne bereist. Wer es
nach einer so eiligen Wanderung unternimmt, die Resultate seiner
Nachforschungen oder die empfangenen Eindrücke zu Papier zu
bringen, muss sich vorher zu dem Gestandnisse bequemen, dass
seine Beobachtungen nicht immer zuverlässig und seine Arbeiten
nicht ohne Lücken sein werden. Was das letztere betrifft, so tröste
ich mich mit dem Gedanken, dass hier zum ersten Male der Versuch
gemacht wird, die Papsturkunden der Normandie systematisch zu
verzeichnen,!) — ein Versuch, der selbst bei längerem Aufenthalt
nicht vollständig geglückt wäre, — und sollte meine Schilderung
der normannischen Arcliive nur der Malweise der Impressionisten
gleichen, so bedenke man, dass meine Reise eben nur ein Ausflug
war, bei dem man, wie es schon im Worte liegt, seine Wahr-
nehmungen nur im Fluge machen kann. Zur Kürze der Zeit ge-
sellte sich die Ungunst der Zeit. Den Archivbeamten steht es frei,
während eines der heissen Monate das Archiv zu schliessen und
die meisten von ihnen wählen den August oder September, um fern
von der Stadt sich einer Avohl verdienten Rulie hinzugeben. Ich
aber war, ohne diesen Umstand zu bedenken, Mitte August auf die
Reise gegangen und war nicht wenig erstaunt, als ich gleich in
*) Da der näcliste Zweck meiner Reise der war, Nachträge für die neue Aus-
gabe der Jaffeschen Regesten zu sammeln, so habe ich mich auf die Zeit bis
zum Tode C^elestins III (1198) beschränkt. — Ueber die Bibliotheken der Nor-
mandie werde ich im Neuen Archiv berichten.
Löwenfeld: In den Archiven der Korraandie. 179
der ersten Stadt, in Ronen, die Thüren znm Archiv schon halb ge-
schlossen fand. Wer sich dadurch entmuthigen Hesse, der bewiese
nur, dass er die französichen Beamten wenig kennt und zumal die
Beamten der Provinz. Von Bethmann bis auf Schulte sprechen
alle, welche in Prankreich gearbeitet haben, von der unvergleich-
lichen Gefälligkeit, welche kein Opfer an Zeit und Bequemlichkeit
scheut, wenn es gilt, einem durchreisenden Fremden bei seinen
Studien behülflich zu sein. Und so geschah es auch mir.
Schon die Leichtigkeit, mit welcher der Eintritt ins Archiv
gewährt wird, überrascht. Es bedarf keiner vorherigen Anmeldung,
keiner Autorisation, man legitimirt sich einfach durch einen Pass
oder eine private Empfehlung und -erhält ohne Verzug die ge-
wünschten Archivalien. Ich weiss nicht, was das franz. Reglement
für Archivbenutzer vorschreibt, da ich während der ganzen Reise auch
nicht ein einziges Mal in die Lage kam, darauf recurriren zu müssen,
allein ich vermuthe, dass es ebenso wie das preussische gewisse
Bestimmungen enthält, um nöthigen Falls von einem verdächtigen
Benutzer Garantien verlangen zu können. Nur besteht in der Praxis
der beiden Länder der grosse Unterschied, dass die Anwendung der
Bestimmungen in Preussen die Regel, in Frankreich die Ausnahme bildet.
Allerdings war ich mit einem Empfehlungsbriefe versehen,
wie ich ihn besser nicht wünschen konnte. Herr Delisle, der
sich schon seit Jahren für die neue Ausgabe der JafiF6'schen
Regesten aufs lebhafteste interessirt, gab mir ein an sämmtliche
Archivare und Bibliothekare der Normandie gerichtetes Schreiben
auf den Weg, aus welchem ich einige Zeilen im Wortlaut hier mit-
theile: „Je n'hösite donc pas ä presenter ä mes coUögues M. le
Dr.^L comme tont ä fait digne des Communications qu'il voudront
bien lui faire. En facilitant Taccomplissement de la täche qu'il
s'est imposfee, ils contribueront ä la bonne exöcution d'un recueil
qui rend et rendra de plus en plus d'immenses Services ä nos com-
munes 6tudes." Gleich in Ronen hatte ich Gelegenheit, die aus-
gezeichnete Wirkung dieses Schreibens zu erproben.
II. Zur Oesehichte der französischen ArebiTe. Die Ge-
schichte der französischen D6partementalarchive datirt von dem Tage,
an welchem die Eintheilung des Landes in Döpartements (und Di-
stricte) zum Beschluss erhoben wurde (7. Nov. 1789), wenngleich
die Verfügung, betreffend die partielle Abgabe der Verwaltungs-
12*
180 Löwenfeld:
papiere erst sechs Monate später erlassen ist (20. Apr. 1790.)^) Es
darf nicht Wunder nehmen, dass der Geist der Centralisation sich
auch auf diesem Gebiete mächtig geltend machte, nachdem ein
officielles Verzeichniss, e. 1770 angefertigt, die Existenz von mehr
als 5700 Arehivdepots, ausserhalb der Stadt Paris, constatiert hatte.^)
Wenn bei der Ausführung der Keformen, aus denen vor allem die
Wissenschaft einen grossen Vortheil hätte ziehen können, vielfach
gesündigt worden ist, so darf man darum die Reform selbst nicht
in Pausch und Bogen verdammen. Die Intendanten, d. h. die Yer-
Avaltungsbeamten des alten Regimes, kamen in nicht geringe Ver-
legenheit, als wenige Monate nach der königlichen Verfügung ein
Decret der Nationalversammking die Besitzergreifung sämratlicher
Papiere verlangte.^) Als man endlich daran ging, die Archive, die
von allen Seiten in die Centren der Departements geführt wurden,
passend unterzubringen, war ein Theil der Räume schon von den
geistlichen Archiven eingenommen, welche aus den in National-
eigenthum verwandelten Besitzungen der Kirche so rasch wie möglich
unter den Schutz der staatlichen Behörden geflüchtet waren.^) Es
lässt sich leicht ermessen, welch' heillose Confusion in diesen Depots
entstand, wo der erste nnd letzte Grundsatz sich in dem Worte:
Ordnung zusammenfassen lässt. Schlimmer aber als diese Un-
ordnung war der Verlust unzähliger Archivalien. Vieles ging während
des Transports zu Grunde, vieles wurde absichtlich vernichtet; Privat-
besitzer brachten einen Theil ihrer Papiere dn Sicherheit, um sie in
besseren Tagen wieder hervorholen zu können. Die Decrete der
Jahre 1792 und 93 thaten das ihrige zur Verminderung der Do-
kumente; hervorgegangen aus einem unbändigen Hasse gegen alles,
was. an die privilegirten Klassen der früheren Zeit erinnerte, ver-
urtheilten sie alle Geschlechts- und lehnsherrlichen Urkunden zum
*) Die auf's Archivwesen bezüglichen Gesetze finden sich in bequemer
Zusammenstellung bei Robert Cabinet historique 1882. - Den entscheidenden
Passus aus der kgl. Proclamation v. 20. April 1790 siehe in De Laborde's
Einleitung zu Tardif Monum. histor. p. 57 de s^parer les diff^rents papiers
de leur intendance, afin de ne remettre aux nouveaux corps administratifs que
ceux qui leur seraient n^cessaires pour leur administration
*) Bordier Archives de la France, Paris 1855. p. 32G.
*) Loi du 5 nov. 1790 concemant la vente des biens döclar^s nationaux etc.
Titel III. bei Robert p. 114 und Bordier p. 342.
*) De Laborde bei Tardif p. LXI.
In den Archiven der Normandie. X81
Scheiterhaufen.^) Yierundsechzig Protokolle über solche Verbrennungen
sind noch im Nationalarchiv erhalten, sämmtlich aus der Zeit zwischen
dem 10. August 1793 und März 1794. Wer kann angeben, ob man
bei diesen traurigen Proceduren auch immer die Grenze innehielt,
welche das Gesetz vorschrieb? Die ausführlichen Protokolle — es
sind deren nur sechszehn — gestatten eher den Schluss, dass man
ohne viel Federlesen ins Feuer warf, was den Executivbehörden
werthlos oder hassenswerth erschien. Aus Abbeville z. B. erzählt
der Bericht,2) dass auf der Karre, welche die zu verbrennenden
Urkunden trug, sich eine Doppeltafel mit folgender Inschrift erhob :
„A LIVREE AUX FLAMMES | Titres de privUöges et concessions
royales | Bullös des papes. Papiers föodaux | Titres de noblesse de
cy-devant." An wie vielen Orten mag den ehrwürdigen Zeugen
einer grossen Vergangenheit ein gleiches Schicksal bereitet worden sein ?
Ich habe bei diesen Verwüstungen etwas länger verweilt, weil
sie auf die einfachste Weise die Lücken erklären, die in den Ar-
chiven vorhanden sind. Als ich in der Normandie nach Papst-
urkunden suchte, war ich erstaunt über die geringe Anzahl von
Originalen, während man nach der Menge, die in gedruckten oder
geschriebenen Büchern erhalten sind, viele Hunderte erwarten sollte.
In der That besassen diese Urkunden noch eine ganz besondere An-
ziehungskraft; man schnitt die Bleibullen ab, um im Nothfalle
Kugeln daraus giessen zu können, und kümmerte sich um die
zurückbleibenden Pergamente sehr wenig. In Evreux erzählte mir
der alte Chassant (der bekannte Paläograph), dass ihm während
seiner langen Wirksamkeit als Director des Museums nichts so
häufig zum Kauf angeboten worden sei als päpstliche Bleibullen. Auf
den Seinequais in Paris kann man bei jedem Münzhändler eine
wohlassortirte Bullensammlung finden. In Caen habe ich 24 Ori-
ginale (bis Ende des 12. Jahrhunderts) gesehen, aber bei den meisten
war sogar die Schnur, an der das Blei hing, herausgeschnitten.
Wie wollte man es sich sonst auch erklären, dass wir in Evreux,
*) Beeret v. 24. Juni 1792, bei Bordier p. 327: Art. 1": Tous les titres
g^n^alogiques, qui se trouveront dans un d^pöt public, quel qu'il soit, seront
brülös. — Decr. v. 17. Juli 1793 ibid.: Art. 6: Les ci-devant seigneurs ou
tous autres d^positaires des titres constitutifs ou recognitifs de droits sup-
primös seront tenus de les d^poser au greffe des municipalit^s des lieux.
Geux qui seront d^pos^s avant le 10 aoüt prochain seront brül^s ledit jour en
pr^sence etc.
*) Dieses und die andern Protokolle bei Bordier p. 333.
182 Löwenfeld:
dem alten, hochberühmten Ebroicum der Normannen, nach mehr-
stündigem Suchen nur ein einziges Original gefunden hatten?
Mit der Schöpfung der D^partementalarchive gingen die Ver-
suche Hand in Hand, die Masse der Papiere in gewisse Gruppen
zu zerlegen, um sie für wissenschaftliche und administrative Zwecke
nutzbar zu machen.^) Wir würden die Grenzen des uns zuge-
wiesenen Raumes weit überschreiten, wollten wir die Reihe der
Versuche im Einzelnen vorführen; es genügt zu bemerken, dass
man lange hin und her experimentirt hat, bis man durch eine
Instruction vom 24. Apr. 1841 die Grundsätze festgestellt hatte,
nach denen die Ordnung der Archivalien geschehen sollte.^) Man
unterschied hiernach in jedem Archiv zwei grosse Abtheilungen, deren
Grenze das J, 1790 bildete, alsdann zerlegte man die erste Ab-
theilung in Archives civiles und Archives ecclösiaßtiques und theilte
die „bürgerlichen" Urkunden in sechs (A — F), die „kirchlichen" in
drei Gruppen (G — I). Um dem Leser einen klaren Begriff von
diesem wohldurchdachten Plan zu verschaffen, füge ich das Schema
der uns besonders interessirenden Gruppen G — I bei.
Archives ecclösiastiques: G. Clerg6 s6culier : l.Arche-
vech6s, chapitres m6tropolitains, Officialit6s m6tropolitaines et autres
juridictions relevant des archevechös. 2. Evech6s, chapitres öpiscopaux,
officialitös 6piscopales et autres juridictions relevant des 6vech6s.
3. S6minaires. 4. Eglises collögiales. Eglises paroissiales et leurs fabri-
ques. 5. Bönöfices, chapelles, aumoneries, etc. H. Clergö regulier:
1. Ordres religieux d'hommes. 2. Ordres religieux de femmes.
3. Ordres militaires religieux. 4. Hospices et maladreries etc.
I. Fonds divers se rattachant aux archives eccl6siastiques.
Wer also Papsturkunden sucht, wird sein Augenmerk vorzugs-
weise auf diese drei Gruppen zu richten haben, obwohl auch auf dem
*) Durch das Gesetz vom 5 brumaire an V (26. Oct. 179C): qui ordonne
la Hiunion dans les chefs-lieux de departenient de tous les titres et papiere
acciuis ä la r<5publique, bei Robert p. 116, kann die Organisation als beendet be-
trachtet werden. Art. 1 bestimmte: Les adniinistrations centrales de d^parte-
ment feront rassembler dans le chef-lieu du döpartement tous les litres et
papiers d^pendant des d^])6t8 appartenant k la r^publique. Damit waren
die Districtsarchive beseitigt, die bis dahin neben den Depart.-Arch. bestanden
hatten.
*) Bei Robert p. 128: Listructions pour ]a mise en ordre et le classement
des archives d^partementales et communales.
In den Archiven der Normandie. 183
Gebiete der sechs „bürgerliehen" sich schriftliche Ueberreste der
alles umspannenden päpstlichen Gewalt vorfinden werden.
Der Ariadnefaden durch diese papiernen Labyrinthe liegt in
den Inventaires sommaires. Nachdem die Archive geordnet waren,
bestimmte eine Instruction vom 20. Januar 1854,i) dass summarische
Verzeichnisse über den Inhalt der einzelnen Fonds angelegt würden,
und damit auch hier eine Gleichmässigkeit erzielt werde, war ein
Schema beigefügt, in welcher Weise die Angaben zu machen seien.
Es bedurfte mehrfacher Yersuche, bis die passende Form gefunden
war. Sieben Jahre später konnte der Minister, Herr von Persigny,
in einem Circular an die Präfecten den Befehl ertheUen, dass mit
der Drucklegung der Verzeichnisse begonnen werde,2) und noch
waren seitdem nicht zwanzig Jahre vergangen, als ein Bericht an
den Minister des Innern meldete,^) dass von der Sammlung der
Inventaires 90 Bände bereits gedruckt wären und 51 sich unter
der Presse befanden; — ein Kesultat, um das man Frankreich be-
neiden kann.
Fast zu derselben Zeit, als ich in Ronen, St.-L6 und Evreux
Gelegenheit hatte, den grossen Nutzen der Inventaires zu erproben,
erschien ein Artikel von Konstantin Höhlbaum, in welchem eine
abfällige Kritik an jenen Verzeichnissen geübt wurde.^) Er sagt unter
Anderem: „. . . Einmal in produktiver Thätigkeit kann ein deutsches
Archiv wissenschaftlich und rein praktisch jedesmal besseres leisten
als ein französisches in den Inventaires." Ich glaube, diese Be-
hauptung lässt sich in keiner Weise rechtfertigen. Noch niemand
hat bestritten, dass die französischen Archivare durch ihre Aus-
bildung in der ficole des chartes geeignetere Kenntnisse für ihren
Beruf mitbringen, als es bei den deutschen der Fall ist.5) Man
*) Bei Robert 334: Instructions pour l'inventaire des archives döparte-
mentales.
') Bei Rob e rt p. 343 : Instructions relatives h la publication des inventaires
sommaires, vom 12. Aug. 1861.
3) Der letzte, der erschienen ist, vom 17. Juni 1882 bei Robert p. 307;
Rapport pr^pent^ au ministre de Tinti^rieur sur la Situation des archives d^-
partementales, communales et hospitali^res du 1" juillet 1880 au 30 juin 1881.
*) In den Mittheilungen aus dem Stadtarchiv zu Köln. Heft 1.
*) Wir müssen uns erlauben, die Richtigkeit dieser aDgemeinen Be-
hauptung, jedenfalls in Bezug auf Bayern, wo am Reiclisarchiv in München
seit bald zwanzig Jahren eine Archivschule besteht, — zu bezweifeln.
Redaktion der Archiv. Zeitschr.
184 Löwenfeld:
hatte sich überzeugt, dass historische und juristische Kenntnisse
allein nicht genügen, um das urkundliche Material, besonders des
Mittelalters, bearbeiten zu können, und gründete eine Fachschule,
in deren Lehrplan die Disciplinen der Paläographie und Diplömatik
die erste Stelle einnehmen. Ich war, da ich den Vorlesungen an
der Jficole des chartes mehrere Monate hindurch beiwohnte, oftmals
erstaunt, mit welcher Sicherheit selbst von den jüngeren Schülern
die schwierigsten Urkunden gelesen und erklärt wurden. In Preussen
haben wir dieser Schule nichts ähnliches an die Seite zu stellen;
Oesterreich ist durch die Gründung seines „Instituts" dem fran-
zösischen Beispiel gefolgt, und in Florenz ist durch die Fürsorge
Cesare Paoli's.eine Urkundenschule im Entstehen begriffen.
Ebensowenig theile ich Höhlbaum's Ansicht, wenn er von der
„verworrenen Anlage" der französischen Inventaires spricht und als
Vorbild die ßegesta imperii von Böhmer-Ficker empfiehlt. Gewiss,
im Vergleich mit den Regestenwerken eines Böhmer oder Jaff6
oder Stumpf mögen die Inhaltsangaben der Inventaires sich ver-
worren ausnehmen, aber giebt es denn überhaupt eine Möglichkeit,
die ungeheuere Masse eines Departementalarchivs in derselben
Weise zu verarbeiten, wie ein engbegrenztes Urkundengebiet?
Würde ein Archivar an jedes Dokument mit der Gewissenhaftigkeit
herantreten, die Höhlbaum zu verlangen scheint, so würden wenigstens
noch zehn Generationen unter der entsetzlichen Qual des Registrirens
leiden und die Forschung müsste sich unterdessen mit den dürftigen
Strahlen begnügen, die nur gelegentlich aus dem Dunkel der Archive
hervorbrächen. — Nehmen wir ein Beispiel. In, ßouen befinden
sich nach geringer Schätzung, in der Serie G (Clergö seculier)
etwa 6000 Fascikel; rechnet man, dass sich in jedem durch-
schnittlich nur 15 Stücke befinden, so ergiebt das eine Zahl von
90,000 Urkunden. Oder ein anderes Beispiel. In der gleichen
Serie des Inventaire ... du Bas-Rhin sind 6668 Fascikel (liasses,
volumes, cahiers etc.) aufgeführt; in jedem befinden sich nach der
kleinsten Durchschnittsziffer, wie ich annehme, etwa 30 Stücke;
das ergibt also mehr als 200,000 Urkunden. Und nun denke man
an die Schwierigkeiten, welche ein solches Material dem Versuche
einer genauen Datirung bereitet, — und ohne diese würde ja ein
Eegestenwerk seinen Hauptwerth einbüssen, — ah den Zeitaufwand,
welchen ein ausführliches Regest erfordert; man bedenke, dass in
einem Archiv nicht eine Serie, sondern 24 enthalten sind; wer
In den Archiven der Normandie. 185
dann noch eine so ausgedehnte Bearbeitung des Materials verlangt,
der gebe vorher dem Bearbeiter die Kräfte' des Herkules und die
Jahre des Methusalem.
Gerade in der Beschränkung des französischen Schemas
offenbart sich ein eminent praktischer Sinn. Wie die Bündel oder
Schachteln oder Register ins Archiv hinein gekommen sind, so sollen
sie vorläufig darin bleiben ; es genügt zu wissen, wie viel Stücke in
jedem enthalten sind; ob Pergament oder Papier; den Zeitraum zu
kennen, zwischen dem sich die Urkunden bewegen; bei wichtigen
Stücken Angabe des Datums und des Inhalts. So bekommt man
in den .Bänden des Inventaire ein getreues Abbild der einzelnen
Fonds und zugleich die Möglichkeit, sich über den Inhalt derselben
rasch zu orientiren. Die entstehenden Nachtheile können durch
Indices am Schlüsse der Serie leicht beseitigt werden.
III. In den Archiren der Normandie. Die Staatsarchive der
Normandie befinden sich in Ronen (Seine-Inf6rieur), Caen (Calvados),
Saint-L6 (La Manche), Alen9on (Orne) und Evreux (Eure), das heisst
in den Hauptstädten der fünf Departements, welche seit den Tagen
der grossen Revolution an die Stelle der alten Provinz getreten sind.
Wer von Paris aus die Reise unternimmt upd nach Paris
wieder zurückkehren will, thut am besten, sich zuerst nach Ronen
zu wenden. Das Archiv befindet sich im rechten Flügel des Prä-
fecturgebäudes an der !Ecke des Boulevard Cauchoise und .der ^ßue
Racine. Man hat einen weitläufigen Saal in kleinere Räume zer-
legt und an deren Wänden einfache Holzgestelle zur Aufnahme
der Archivalien angebracht. Hier liegen die n^ch nicht geordneten
Urkunden in Schachteln und Bündeln über und nebeneinander,
wahrscheinlich noch in derselben Bekleidung, mit der sie ins Archiv
hineingekommen sind; aber es ist genügend Luft und Licht vor-
handen, um sie vor dem Verderben zu bewahren. — Dem uner-
müdlichen Eifer des Archivdirektors, H. de Beaurepaire, ist es zu
verdanken, dass ein grosser Theil der Serie G (Clergö s6culier)
bereits verzeichnet ist. Drei starke Bände des Inventaire liegen
gedruckt vor und vom vierten konnte ich schon im vergangenen
Jahre die ersten Aushängebogen benutzen; es war ein Leichtes,
mit Hülfe derselben aus dem krausen Material die Papsturkunden
herauszufinden. Als die Durchsicht des Inventaire beendet war,
führte mich H. de Beaurepaire mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit
186 Löwenfeld:
in die Abtheilung der noch nicht inventarisirten Fonds und holte
Schachtel für Schachtel herunter, aus deren staubigem Inhalte ich
selbst die mich interessirenden Urkunden aussuchen durfte.
In Le Havre, wohin ich mich von Rouen aus begab, bestieg
ich ein Schiff, das auf dem Wege nach Caen begriffen war. Indem
man einen weiten Bogen über den Canal beschreibt, fahrt man in
die Mündung der Orne hinein.
Um das Archivwesen des D6p. du Calvados hat sich in den
dreissiger Jahren L6chaud6 d^Anisy sehr verdient gemacht. In zwei
Bänden hat er sämmtliche Urkunden, die sich .auf die Geschichte
seiner engeren Heimath beziehen, verzeichnet ^) urtd so ein Werk
geschaffen, dessen Werth bei dem Mangel eines Inveutaire sommaire
nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Das Archiv liegt im
zweiten Stock des Präfecturgebäudes, in der Rue St.-Laurent. Die
Säle, welche die Archivalien enthalten, sind durchbrochen; nur
Galerien, in der Höhe der einzelnen Stockwerke, führen an den
Wänden entlang. Der Archivdirector, Herr Chatel, trug seinem Ge-
hülfen auf, mir Alles vorzulegen, was ich wünschte; Herr Ruault
du Plessis, der als Arzt den deutsch-französischen Krieg mitgemacht
und jetzt aus Neigung zu historischen Studien den Posten eines
Attach6s angenommen hat, entledigte sich seines Auftrages in so
zuvorkommender Weise, dass ich in einem Tage mit der Durch-
sicht der zahlreichen Fonds zu Stande kam.
In Saint-L6, der Hauptstadt des Döpartement de la Manche,
haben sich die Archivverhältnisse unter der Leitung des Herrn
Dolbet aufs günstigste entwickelt. In dem Hause dieses Beamten
lebt Avie eine liebgewonnene Familientradition das Interesse für
archivalische Studien fort. Sein Oheim, H. de Gerville, Historiker
und Archäologe, gehörte dem Kreise normannischer Gelehrten an,
aus dem auch Leopold Doli sie hervorgegangen ist und der sich um
die Erforschung seiner Heimathsgeschichte hervorragende Verdienste
erworben hat. Ich werde an anderer Stelle 2) über die reichen Samm-
lungen von Quellenmaterial berichten, die dieser Mann während
eines langen, arbeitsvollen Lebens angelegt hat. Herr Dolbet selbst,
ein früherer Schüler der £cole des chartes, hat seine Lehrjahre in
*) Extrait des chartes et autres aetes Noniiands et Anglo-Normands qui
8(; trouvent daiis les areliive« du Calvados. Caen 1835. 8*. 2 vol. (Aus den
Mein, de la soc. (les antitiuaires de Normandic VIU.)
') Im Neuen Archiv IX.
In den Archiven der Normandie. 187
der Pariser Nationalbibliothek zugebracht und hier Gelegenheit ge-
funden, sich mit der Organisation eines grossartigen Instituts ver-
traut zu machen. Mit dem kraftvollen Eifer eines in den besten
Jahren stehenden Mannes widmet er sich ausschliesslich dem ihm
anvertrauten Archiv. Wenn man die musterhafte Ordnung in den
Sälen, die Behandlung der noch nicht geordneten Fonds, die Sicher-
heit und Exactheit beim Registriren sieht, so kann man auch ohne
viel Prophetengabe vorhersagen, dass dieses Archiv in nicht zu
ferner Zeit sich zu einem Musterinstitut erheben wird.
Und wie liebenswürdig kann Herr Dolbet im Privatverkehr
sein! Der Empfehlungsbrief, den ich mitbrachte, öffnete mir nicht
blos sein Archiv, sondern auch sein Haus. Im Kreise seiner Fa-
milie habe ich so angenehme Stunden verlebt, dass ich an diese
wahrhaft guten und aufrichtigen Menschen denken muss, so oft
meine Erinnerungen in die Normandie zurückkehren.
Von dem Archiv des Dep. de TOrne kann ich nur wenig be-
richten, da bei meiner Anwesenheit in Alen(;on der Director Herr
Duval abwesend war und sein junger Attache, Herr Darpentigny,
mit dem Inhalt der ungeordneten Fonds noch nicht vollkommen
vertraut war. Er Hess es sich trotzdem nicht verdriessen, die
staubigen Bündel der Reihe nacli zu untersuchen, aber es wollte
beim besten Willen nicht gelingen, mehr als vier Papsturkunden
zum Vorschein zu bringen, und unter diesen vier entpuppte sich
eine als Fälschung. — Das Archiv liegt im linken Flügel der
Präfectur, in der Rue St.-Blaise.
Das schönste Archivgebäude in der Normandie besitzt E vre ux;
in dem Garten d^s Präfecturgebäudes , abseits von dem Geräusch
der belebten Strassen, erhebt sich der gefällige, in Backstein aus-
geführte Bau, deh Beamten und Forschern in seinen luftigen Räumen
einen angenehmen Aufenthalt gewährend. Die Kloster- und Kirchen-
archive, aus denen sich zum Theil der heutige Bestand der Serie
G und H zusammensetzt, müssen stark gelitten haben, bevor ihnen
hier eine geschützte Stätte bereitet ward. Ich gebe unten eine
Liste der Fonds, die wir, Hr. Archivar Bourbon und ich, mehrere
Stunden hindurch aufs Gewissenhafteste durchsucht haben; das Re-
sultat unseres Suchens bestand am Ende darin, dass wir — ein
einziges päpstliches Original gefunden hatten. Für diesen Mangel ent-
schädigten aber reichlich die werthvollon Chartulare, welche, abgesehen
von den bekannten, neunzehn bisher unbekannte Bullen enthielten.
188 Löwenfeld:
Von dem Inventaire sommaire konnte ich bereits die ersten
sechzehn Aushängebogen der Serie G einsehen; wie gewissenhaft
Hr. Bourbon seine Aufgabe erfasst, mag der Umstand beweisen, dass
er auch bei den Chartularen eine genaue Analyse der eingetragenen
Urkunden giebt.
IT. Yerzeichniss der Originale.
Rouen.
Innocenz II. 1131 Juli 26 für Rouen. G. 1116 = J. 536^ — 1131 Oct. 6.
für Rouen. G. 1115 = J. 5370. — 1139 Apr. 22. für Eu. Fonds d Eu. gedr. bei
Pflugk-IIarttung Acta I. 156. — 114*2 März 6. für St. -Wandrille F. de
St.-Wandrille (Vgl. im nächsten Abschnitt die Anmkg. zum E^est).
Eugen m. 1U8 März 23. für Eu. F. d'Eu.
Hadrian IV. 11?>6 Dez. 10. für Rouen. F. de St.-L6 de Rouen
Alexander lU. 1162 Nov. 28. für Rouen. G. 4420 gedr. Pflugk-Hartt. Acta I.
231. — 1164 Jun. 25. für Rouen G. 4479 gedr. Mugk-Hartt. I. 238. (Aus
einem Chartul. s. XIII.— VII. Kai. Jul. ist richtig. Dagegen hat das Chartul.
Rotomag. in der Nat.-Bibl. in Paris, ms. lat. nouv. acqu. 1363 foL 161
falsch: VII. Kai. Jun.). — 1177 Jun. 1. für Rouen. Fonds de St.-Ouen
de Rouen = J. 8494 (Nur nach dem Regest bei Brequigny. Indpit : ,^u8ti8
petentium desideriis".) — 1166—79 März 15. für Rouen. G. 3629 gedr.
Pflugk-Hartt. I. 265. (Dort ist in der 4. Zeile : communitatis und im Datimi :
Id Martii zu lesen. — 1171-81 Apr. 20. für Rouen. G. 4134 gedr. Pflugk-
Hartt. I. 281. '
Lucius III. 1182 -83 Mai 13. für Jumi^ges. Fonds de Jumifeges. — 1182-83
Mai 24. für Jumi^ges. Fonds de Jumieges. — 1182—83 (Velletri) für Eu.
Fonds d'Eu. - 1184-85 Oct. 16. für Rouen. G. 1118 = J. 9708. — 1184-85
Oct. 16. für Rouen. G. 1117. — 1185 Apr. 16 für Eu. Fonds d'Eu.
Urban III. 1185-86 Dec. 19 für Rouen. G. 1118.
Coelcstin HI. 1192 Jun. 3. für Rouen. G. 3629. gedr. Pflugk.-Hartt. I. 358.
(Aus einem Clmrtul des XIH Jahrh. — Zeile 8 ist zu lesen: fructus onmes
prebende). — 1193 März 1. für Barentin (Regest im N.«A. VU. 117 hier-
nach zu verbessern). — 1193 Juli 20 für Lisieux. G. 1118. — 1193 Juli 26
für Lisieux. G. 1118. — 1196 Jan. 13. für Rouen. Fonds de St.-Ouen de
Rouen. — 1197 Jul. 2. für Rouen. G. 1118 = J. 10657.
Caen.
Lucius IL 1144 Mai 13. für Ardennes, Fonds d'Ardennes n, 100 = J. 6066.
— 1144 Dez. 5. für St.-Andr^-en-Gouffern. Fonds de Gouffem n. 11.
Eugen III. 1146—47 für St -Barbe. Fonds de St.-Barbe n. 110. — 1148 Apr. 7,
für Troam, Fonds de Troam n. 58.
Hadrian IV. 115G Febr. 11 für Troam. Fonds de Troam n. 59. — 1156
Nov. 14. für Ste.Barbe. Fonds de Ste.-Barbe n. 111. — 1157—59 Mai 22.
für St.-Etienne de Caen. Fonds de St.-Etienne n. 15.
Alexander IIL 1163 Oct. 7. für N.-D. de Vinaz. Fonds de St-Ändr6-en-
Gouffern n. 14. — 1159—76 Dec. 5. für St.-Andr^-en-Gouffem. Fonds de
In den Archiven der Normandie 189
Gouffemn. 15. — 1160-76 Juli 25. für St.Andi^-en-G. Fonds de Gouffern
a 13. — 1173—76 März t>9. für St.-Etienne-de-Caen. Fonds de Etienne n, 23.
Lucius III. 1182-83 Milrz ... für St.- Andr6-en-G., Fonds de Gouffern n. 17.
— 1182 -83 März 28 für das Krankenhaus in Lisieux. Fonds de Ste -Barbe
n. 105. - 1182-83 Apr. 7. für St.-Andr^ en-G. Fonds de Gouffern n. 16.
1184 Jan. 17. für Sto. Barbe. Fonds de Ste.-Barbe n. 106. — 1184 Mai 25.
für St-Andr^-en-G. Fonds de Gouffern n. 19. — 1184—85 Nov. 13. für
St.-Trinit^ de Caen. Fonds de St.-Trinit6 n. 48. — 1185 Mai 6. für St.-Andrö-
en-G. Fonds de Gouffern n. 15. — 1185 Mai 9. für Cistercienser. Fonds de
Gouffern n. 18.
Urban HI. 1186—87 Mai 20 für St.-Andr^-en-G. Fonds de Gouffern n. 20.
Coeles.tin III. 1191 Nov. 12. für St.-Andr^-en-G. Fonds de Gouffern n. 21.
1192 Mai 6. für St.-Andrö en G. Fonds de Gouffern n. 22. — 1195 Dec. 23.
für St.-Andröe en G. Fonds de Gouffern n. 23. — 1196 Apr. 29. für Ste. Barbe.
Fonds de Ste.-Barbe n. 109. ~
Saint-Lö.
Ca 1 ixt II. 1119 Sept. 9. für Savigny. Fonde de Savigny = J. 4942.
Innocenz II. 1132 März 2. für Coutances. Fonds de St.-Lö = J. 5404.
Eugen IIL 1145 März 14. für St.IA Fonds de St.-Lö.
Alexander lU. 1173-76 Sept. 30. für Mont-St.-Michel. H. 15036 gedr. Delisle
Chron. de Robert de Torigny H. 306. — 1166—79 Mai 29. für Montmorel.
H. 13413. — 1179-81 Jan. 4. für Mont St. -Michel. li 15037. gedr. Delisle
l. 1 n. 312.
Urban IH. 1186 Aug. 24. für Jersey. 11. 1975. — 1186 Nov. 25 für St. Lö.
Fonds de St.-Lö. — 1186 Dec. 12. für Lessay (Exaquium) H. 4614 z=
J. 9855. (In dem Ab<lruck der Gall. Christ. XI. Instr. 245 fehlt der Ort
(Veronae) und ist das Datum falsch. Statt : II cal. dec. ist, wie auch im
Text der Gall. Chr. XI. 919 riclitig steht: II id. Dec. zu lesen, — Eine
Copie dieser Bulle saec. XVI in H. 4615 u. s. XVIU in H. 4666.
Coelestin HI. 1192 Mai 29 für S. Maria de Voto (bei Cherbourg) H. 1977.
Alen9on.
Alxander m. 1160-76 März 28. für Silly. Fonds de Silly — 1178 Oct. 28.
für Marmoutiers. Fonds du Vieux-Bcll^me. (Fälschung.)— 1180 März 14.
für Silly. Fonds de Silly.
Coelestin IH.^ 1192 Apr. 19. für Silly Fonds de Silly.
Evreux.
Lucius in. 1184 Oct. 15. für Marmoutiers. Fonds du prieur^ de Croth.
y. Yerzeichniss der benntzten Fascikel etc., Fonds und Cbar-
tularien iu den D^partementalarchiTen der Normandie.
Rouen.
G. 1115, 1116, 1117, 1118, 3629, 4134, 4420, 4479. — Fonds d'Eu. — Fonds de
Jumi^ges. — Fonds de Saint-Lö de Rouen. — Fonds de Saint-Ouen de
Rouen. — Fonds de Saint- Wandrille.
190 Löwenfeld:
Caen.
Fonds d'Ardennes. — Fonds de Saint- Andrö-en-Gonffem. — Fonds de Saint-
Etienne. — Fonds de Sainte -Barbe. — Fonds de Sainte-Trinit^. — Fonds
de Troara.
Saint-L6.
U. 1975, 1977, 4614, 8370, 8371, 13413, 15036, 15037. Fonds de Saint-Fromond.
— Fonds de 8aint-I-.ö. - Fonds de Savigny.
Cartul. de laumönerie de Montebourg scr. c. 1450, Pei^am. in 4^. (II. 8371).
— Cartul. de Montebourg, Perg. in 49 s. XV ex. (H. 8370). — Cartul. de
Montebourg, Pap. in Fol s. XIX. (Copie des in der Pariser Nat.-Bibl. be-
findlichen). — Cartul. de Saint- Sauveur-le-Vicomte. Perg. in 4®. s. Xni— XV.
— Cartul. de Savigny Perg. Fol. s. XUI.
Alen9on.
Fonds de Silly. — Fonds du Vieux-Bellßme.
£vreux.
Fonds du Bec. — Fonds de Bemay. - - Fonds de Bon-Port. — Fonds de Breuil-
Benolt. — Fonds de Chaise-Dieu. — Fonds de Conches, — Fonds de Cor-
meilles. — Fonds de Conieville. — Fonds de la Croix- Saint -Leufroy. -
Fonds de Croth. — Fonds de TEstn^e. — Fonds de Fontaine-Gu^rard, —
Fonds de Grestain. — Fonds de Isle-Dieu. — Fonds de Jvry. — Fonds de
Lire. — Fonds de Mortemer. — Fonds du Neubourg — Fonds de la Noe.
— Fonds de Saint-Jean-d'Andely. — Fonds de Saint -L^ger- de -Pr^aux. -
Fonds de Saint-Nicolas de-Vemeuil. — Fonds de Saint-Pierre-de-Pr^aux. --
Fonds de Saint- Sau veur-d'Evreux. — Fonds de Saint-Taurin-d'Evreux. —
Fonds du Trösor.
Cartulaire du Bec. Perg. in Fol. (Fragmente). — Cartulaire de Chaise-Dieu, Pap.
in Fol. s. XVn. — Cartulaire du prieur^ du D^sert. Pap. in Fol. min. s.
XVIL — Cartulake d'Eströe (S. Maria de Stratis) Pap. hi 4». s. X\T:. —
Cartulaire du chapitre d'Evreux. Perg. in Fol min. s Xm— XIV. (G. 122).
Cartulaire du prieur^ de St.-Aubin de Fresnes. Pap. in Fol s. XV. — Car-
tulaire de Saint-Pierre-de-Pr^aux. Perg. in 4<^ s. XIII— XIV. (Nicht im Cat.
g^n. des cartul. Wie aus einer Mittheilung Delisle's an Jaflfö hervorgeht,
befand sich das Chartular früher im Besitze des 11. de Blosse ville. — Car-
tulau-c de St.-Taurin d'Evreux. Perg. in 8® s. XUI— XIV. ^— Cartulaire de
St.-Taurin d'Evreux. Perg. in 4*^. s. XIV ex.
VI. Begesten der nnbekannten PapsturkimdeD.
Honorius IL 1126 Jan. 25. Laterani. Ecclesiae Ebroicensis tutelam suscipit,
possessionesque confirmat, petente Aldoeo episcopo. (Vm Kai. Febr., Ind. 4,
Inc. a. 1126, p. a 2.) — „Equitatis et iusticie'*. Cart. du chap. d'Evreux
8. xm— XIV. f. 5. Arch. d^p. de l'Eure in Evreux.
Innocenz IL 1131 Jan. 20. Stampis. Monasterii S. Mariae de Deserto tutelam
suscipit possesionesque confirmat, petente Hugone priore. (^m KaL Febr.,
Ind. 8, Inc. a. 1130, p. a. 1.) — „Desiderium quod ad". Cart. du priemt
de Desert s. XVU. f. 7. Arch. döp. de l'Eure in Evreux. — 1112 Jan. i.
In den Archiven der Nonnandie. 191
Laterani. Ecclesiae S. Mariae Ebroicensis tutelam suseipit bonaque con-
firmat, petente Rotrodo episcopo. (II non. Jan., Ind...., Inc. a. 1141, p. a.
12.) — „Equitatis et idsticie". Cart. du Chap. d'Evr. s. XIII— XIV. f. 5 vo.
Arch. d^p. de l'Eure in Evreux. — 1142 Mart. 6. Laterani. Monasterii
S. Wandregiöili tutelam suseipit, possessionesque confirmat, petente Galtero
abbate. (II non. Marcii, Ind. 5, Inc. a. 1142, p. a. 13 ) — „Desiderium
quod ad". Orig (verstümmelt), Arch. dep. de la Seine-inf<^r. in Rouen, Fonds
de St. Wandrille. (2 ( -opien, aus denen sich das verstümmelte Original wird
ergänzen lassen, in der Pariser Nationalbibliothek, Cartul. de St.-Wandrille
ms. lat. 17132, s. XV, f. 1. und Coli. Moreau s. XVIU. tom. 59. f. 194.
Lucius II. 1144 Dec. 5. Laterani. Monasterii - S. Mariae et S. Andreae de
Vinaz (vel de GoufFer) protectionem suseipit possessionesque et dedmarum
immunitatem constituit, petente Radulfo abbate. (non. Dec, Ind. 8, Inc. a.
1144, p. a. 1.) — (Desiderium) quod ad" Orig. Arch. d^p. du Calvados in
Caen. Fonds de St.-Andr($en-Gouffem n. 11.
Eugen ins HI. 1145 Mart. 14. Naniiae. Monasterii S. Laudi Constantini (Cotentiu,
die Halbinsel von Clierbourg,) disciplinam, rogatu Algari, episcopi Cünstan-
ciensis, confirmat, protectionem sustüpit i)ossessiones instituit. (II id Mart.,
Ind. 8. Inc. a. 1144. p.a. 1. -„Desiderium quod ad**. Orig. Arch. d^p. de la
Manche in St.-I^. Fonds de St.-Lö. — 1146 Dec. 6. Viterbii. Canonicis Ebroi-
censibus donatas ab R. episcopo ecclesias de A\iron, de Boucurt cet. confirmat.
(VIII id. Dec.) — „Officii nostri nos*^ Cart. du chap. d'Evr. s. XIII -XIV. f. 4.
Arch. d«^p. de l'Eure in Evreux. — 1140 — 1147 Fx^clesiae S. Martini
et S. Barbarae protectionem suseipit bonaque et iura confirmat, pettmte
Guillelmo priore. - „Officii nostri nos**. (Aus den Unterschriften : Albericus
ep. Ostiensis und Guido d. c. S. Mariae in porticu ergiebt sich lüe Aus-
stellmigszeit der Bulle.) - Orig. verstümmelt, Arch. döp. du Calvados in Caen.
Fonds de Ste.-Barbe n. 110. — 1147 Sept. 6. AHissiodori. Monasterii S Mariae
Stratensis tutelam suseipit, possessionesque confirmat, petente Milonc abbate.
(VIII id. Sept., Ind. 10, Inc. a. 1147. p. a. 3.) — „Cum omnibus ecclesia-
sticis**. Cart. d'Estr^e s. XVI. f. 1. Arch. dep. de l'Eure in Evreux. —
1148 Jan. 20. apud Treverim. Monasterii Savigneiensis ])rotectionem susei-
pit, posessionesque ac decimarum immunitatem confinnat, petente Serlone
abbate. (XIIL Kai. Febr. Ind. 11. Inc. a. 1147, p.a. 3.)— „Religiosis desi-
derii dignum**. Cart. de Savig. s. XHI. f. 152. Arch. dep. de la Manche in
St.-Lö. — 1148 Mart. 23. (V) (Remis). Monasterii S. Mariae Augensis tutelam
suseipit, possessionesque et privilegia confirmat, petente Rogero abbate.
(X [?] Kai. Apr., (v. Pflugk -Harttung im Neuen Arch. \U. 93: „V [?J Kai.
Apr.**) Ind. 11 p. a. 4.) — „Pie postulatio voluntatis**. Verstümmeltes
Orig. Arch. dep. de la Seine-infer. in Rouen. Fonds d'Eu. — 1148 Apr. 7.
Remis. Monasterii S. Martini Troamensis tutelam suseipit, possessionesque
confirmat, petente Ricardo abbate. (Vn id. Apr., Ind. 11. Inc. a. 1148 p. a.
4.) — „Apostolici moderaminis clementie'*. Orig. Arch. dt^p. du Calvados
in Caen. Fonds de Troam n. 58. — 1150 Dec. 15. Ferentini. Monasterium
S. Michaelis de Periculo maris tuendum suseipit, possessionesque confirmat,
petente Gaufrido abbate. (XVIII Kai. Jan., Ind. 14, Inc. a. 1150, p. a. 6.)
192 Löwenfeld:
— „Pie postulatio voluntatis". Cop. s. XVL Arch. d^p. de la Manche in
St.-Lö. H. 15035 bis. — 1150 — 51 Nov, 3, Signiae. Monasterio Savigneiensi
asserit terras, a b. m. Ric(ardo) et Phi(lippo), eins successore, episcopis
Baioceusibus, concessas. (lU non Nov.) — „Apostolici moderaminis clementie".
Cart. de Savigiiy s. XIII. f. 151. Arcli, d^p. de la Manche in St-Lö. —
1153 Febr. 3. Romae ap. 8. Petrum. Ecclesiae de Plesseio (vel Campo
Osberti), rogatii Philippi episcopi Baiocensis ecclesias quasdam ab ipso epis-
copo concessas confirmat. (III non. Febr.) — „Que religiosis viris". Cart.
de I'abb. du Plessis-Grimould s. XV ex. f. 7 vo. Arch. d^p. du Calvados
in Caen.
Anastasius IV. 1154 Apr. 20. Laterani. Monasterium Savigneiense tuendum
suscipit, eiusque possessiones conti miat, petente Richardo abbate. (XII Kai.
Madii, Ind. 2. Inc. a. 1154, j) a. 1.) — ,,Quoniam sine vere". Cart. de
Savigny s. XIII. f. 154. Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. — 1154 Mail:
Laterani. T(heobaldum) Parisiensem et B(alduinum) Noviomensem epi-
scopos iudices constituit inter R(ichardum) abbateni Savigneiensem et
Plii(lippuin) episcopum ac G(uillelmuni) decanum Baiocenses, decimam de
Tham eidem abbati aufiPerre conantes (Kai. Madii). — „Venientes ad nostram".
Cart. de Savigny s. XIII f. 153. Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. — 1154
Mai 17. Laterani. Ecclesiae de Campo Osberti (vel Plesseio) protectionem
suscipit possesöionosque confirmat. petente Nicoiao priore. (XVI Kai. Jun.,
Ind. 2, Inc. a. 1154, p. a. 1.) — „Religiosam vitam professis". Cart, de
I'abb. du Plessis-Grimould s. XV. ex. f. 3 vo. Arch. d^p. du Calvados in
Caen.
Hadrian IV. 1154 Dec. 24. Romae ap. S. Petrum." Monasterii Savigneiensis
possessiones confirmat, petente Ricardo abbate. (VIII Kai. Jan., Ind. 3, Inc. a.
1154 p.a. 1.) — „Desiderium quod ad". Cart. de Savigny s. XIII. f. 155 vo.
Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. — 1155 Febr. 2. Romae ap. S. Petrum.
Monasterii Savigneiensis tutelam suscipit possessionesque ac decumarum
immunitatem confirmat, petente Ricardo abbate. (IIU non. Febr., Ind. 3.
Inc. a. 1154 p. a. 1.) — „Quotiens illud a". Cart. de Savigny s. Xm f. 156
vo. Arch. döp. de la Manche in St.-Lö. — 1155 Febr. 5. Romae ap. S. Petrum.
Sententiam super decima de Taim a T. Parisiensi et B. Noviomensi episco-
pis latam in favorem R(ichardi) abbatis Savigneiensis contra G(uillelmum)
decanum Baiocensem approbat. (non. Febr.) — „Sicut equum est". Cart.
de Sa\igny s. XHI. f. 155. Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. — 1156
Febr. 11. Beneventi. Monasterii S. Martini Troamensis tutelam ßusdpit
possessionesque confirmat, petente Giriberto abbate. (Den Namen des
Abtes, der im Orig. nicht mein* zu lesen ist, habe ich aus dem Cartul.
. Troamense in der Paris Nat.Bibl. ms. lat. 10086. s. XIV 1 9 vo. ergänzt,
wo ein Fragment dieser Bulle steht.) (IH. id. Febr., Ind. 4, Inc. a. 1155,
p. a 2.) — „Apostolici moderaminis clementie". Orig. Arch. d^p. du Cal-
vados in Caen. Fonds de Troam n. 59. — 1156 Febr. 16. Beneventi.
Ecclesiae de Campo Osberti (vel Plesseio) tutelam suscipit possessionesque
confirmat, petente Nicoiao priore. (XTITf Kai. Mart., Ind 4, Inc. a. 1155,
p. a. 2.) — „Quotiens illud a". Cart de I'abb. du Plessis-Grimould s. XV ex.
In den Archiven der Normandie. 193
f. 4 vo. Arch. d^p. du Calvados in Caen. — 1156 Nov. 14. Laterani.
Ecclesiae S. Martini et S. Barbarae proteotionem suscipit bonaque et iura
confinnat, petente Daniele priore. (XVIII Kai. Dec, Ind. 5, Inc. a. 1156,
p. a. 2.) — „Religiosam vitam eligentibus'*. Orig. Arch. d^p. du Calvados
in Caen. Fonds de Ste.-Barbe n. 111. — 1156 Dec. 10. Laterani. Ecclesiam
S. Ijaudi Rotomagensem tuendam suscipit possessionesque confirmat, petente
Osberto priore. (IIII id. Dec, Ind. 5, Inc. a. 1156, p. a. 3.) — „Effectum
iusta postulantibus". Orig. Arch. döp. de la Seine-inf^r. in Rouen. Fonds
de St.-L6 de Rouen. — 1157 — 59 Mai 22. Laterani. Ecclesiae S. Stephani
Cadumensis protectionem suscipit, petente Willelmo abbate. (XI Kai. Jun.)
— „Justis petentium desideriis". Orig. Arch. döp. du Calvados in Caen.
Fonds de St.Etienne n. 15. — 1159 Febr. 10, Laterani. Concambium inter
Ilerbertum sacristam ac R(otrodum) episcopum Ebroicensem ac W(illelmum)
decanum de domo quadam factum com probat. (IV id. Febr.) — „Si ratio-
nabilibus". Cart. du chap. d'Evreux s. XIII— XIV. f. 3 vo. Arch. dep. de
l'Eure in Evreux. (Diese Urkunde habe ich zu 1159 gesetzt, weil sich aus
J. 7106 ergiebt, dass Rotrod sich damals als Abgesandter Heinrichs von
England am päpstlichen Hofe befand. Es heisst darin • „ secundum
quod venerabilis frater noster Ebroicensis episcopus nobis . ex tua parte
proposuit.)
Alexander III. 1162 Nov. 9. Turonis. Monasterii Savigneiensis tutelam susci-
pit possessionesque et iura confirmat, petente WiUelmo abbate. (V id.
Nov., Ind. 11, Inc. a. 1162, p. a. 4.) — „Religiosis votis annuere". Cart.
de Savigny s. XIII. f. 161. Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. — 1163
Jan. 22. Turonis. Ecclesiae de Plesseio (vel Campo Osberti) protectionem
suscipit possessionesque confirmat, petente Nicoiao priore. (XI Kai. Febr.,
Ind. 11, Inc. a. 1162, p. a. 4.) — „Quotiens a nobis". Cart. de l'abb. du
Plessis-Grimould s. XV ex. f. 5 vo. Arch. d^p. du Calvados in Caen. —
1163 Mart. 11. Parisis. Willelmo abbati Savigneiensi indulget, ut „in omnibus
monasteriis que de eius monasterio sint egressi et in his, que de egressis
ab eodem monasterio prodierint, de personis quam de rebus disponendi
et ordinandi liberam habeat facultatem", excommunicandique eos, qui eius
subiectioni se subtraxerint. (V id. Mart.) — „Cum omnibus ecclesiasticis".
Cart. de Savigny s. XHI. 1 158. Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. —
1163 Od. 7. Senonis. Monasterii S. Mariae de Vinaz (vel de Gufer) pro-
tectionem suscipit, possessionesque ac iura confirmat, petente Rogerio ab-
bate. (Non. Oct., Ind. 11, Inc. a. 1163, p. a. 5.) — „Religiosam vitam
eligentibus". Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Andr^-
en-Gouffem n. 14. — 1164—65 Jan. 5. Senonis. Monasterio Savigneiensi
asserit dominicum in Marchis, Maidreio et Verduno, a Radulfo, domino
Fulgeriensi, concessum. (Non. Jan.) — „Justis petentium desideriis". Cart.
de Savigny s. XIII. f. 157 vo. Arch. d^p. de la Manthe in St.-Lö. —
1168—70 Jan. 11. Beneventi. Ecclesiae de Plesseio (vel Campo Osberti)
possessiones quasdam ab H. Baiocensi episcopo euisque praedecessoribus
donatas confirmat. (EU id. Jan.) — „Justis petentium desideriis". Cart. de
labb. du Plessis-Grimould s. XV ex. f. 7. Arch. d^p. du Calvados in Caen.
— 1170 (?) Febr. 26. Härene. Henrico abbati et fratribus S. Petri Pratellen-
Archivaliache Zeltschrift Vni. 13
194 Löwenfeld:
sibiis asserit ecclesiam S. Audoeni de Brotona cum universis beneficiis a
Roberto, comite de Mellent, concessam. (IUI Kai. Martii.) — ,,Ju8tis peten-
tium desideriis". (Statt des Datums steht : „Carta data Härene p. m. Magistri
Graciani IUI Kai. Martii". Den Inhalt des Privilegs zu verdächtigen liegt
kein Grund vor, wie wohl das Datum ganz unkanzlehnässig ist. Wir
haben hier einen jener unzähligen Fälle, wo die Copisten des Mittelalters
ihre Vorlagen aus eigener Weisheit ergänzt oder verändert haben. — Das
Jahr 1170 nehme ich nach Jaff^ an, der das Regest von IL I^^pold Delisle
erhalten und in sein Handexemplar eingetragen hat. Zu Härene setzt er
in Klammern und mit einem Fragezeichen: Cairani?) Cart. de St.-Pierre-de-
Pröaux 8. XIII. f. 7 vo. Arch. d^p. de l'Eure in Evreux. — 1170-72 Od. 17,
Tusculani. Episcopo Ebroicensi praecipit ne, cum praebendae ecclesiae eius
tenuea sint, canonicos praeter voluntatem decani et capituli ad recipiendos
vicarios cogat (XVI Kai. Nov.) — „Cum olim nobis". (Zu 1170 -72 wegen
des folgenden Regest's.) Cart. du chap. d'Evreux s. XUI — XTV. f. 4 vo.
Arch. döp. de TEure in E\Teux. — 1170—72 Od, 21. Tusculani. Roberto
decano et capitulo Ebroicensi significat, se episcopo eonim iteratis scriptis
mandasse, „ut praeter voluntatem et assensum decani et aliarum personarum
et maioris })arti8 capituli cos de recipiendis vicariis non compellat".
(Xn Kai. Nov.) — „Licet olim venerabili". (Decan Robert ist nach 117ö
nicht mehr nachweisbar. S. Gall. Chr. XI.) Cart. du chap. d'Evr. s. XIII
—XIV. f. 4. Arch. d^p. de l'Eure in Evreux. — 1159^76 Dec. 5. Anagniae.
Fratrum S. Andreae de Gufer possessiones in territorio de Maisnil con-
firmat, eosque, cum sint de online Cisterciensi, a solvendis decumis eximit
(Non. Dec.) — „Justis petentium desideriis". Orig. Arch. d^p. du Calvados
in Caen. Fonds de St.-Andn^-en-Gouffem n. 12. — 1160—76 Mart. 28.
Anagniae. A(lano) abbati et fratribus de Gofer (vel Silleio) petentibus,
monasterii protectionem suscipit, r^ulam Praemonstratensem ecclesiamque
S. I^onardi et alia quaedam confirmat. (V Kai. Apr.) — „Piis et ratio-
nabilibus". (Ein Fragment dieser Bulle in der Paris. Nat. Bibl. Cartul.
Silleiense ms. Cat. 11059. s. XIII. f. 38 vo.) Orig. Arch. döp. de lOme in
Alen^on. Fonds de Silly. — 1160—76 Mai 8. Anagniae. Quos capitulo
Ebroicensi AudoenuÄ, quondam episcopus, „ad communionem canonicorum
ampliandam concesserit reilditus, constitutos pro circada, quam ipse a presby-
teris sui episcopatus ex institutione concilii Julibonae (vel Insulebonae,
hodie : Lillebonne) et ex consuetudine episcopalium ecclesiarum Normanniae
exigebat", confirmat cet. (VIH id. Maii.) — „P^, que in ecclesiis". Cart.
du chap. d'Evr. s. XIII — XIV. f. 5 vo. Arch. dep. de l'Eure in Evreux.
— 1160 — 7€ Mai 25. Anagniae. Ecclesiae de Plesneio (vel Campo Osberii)
possessiones quasdam confirmat. (VIII Kai. Jun.) — „Justis petentium
desideriis". Cart. de l'abb. du PlessisGrimould s. XV ex. f. 6 vo. Arch.
ddp. du Calvados in Caen. — 1160 — 76 Jul. 25. Anagniae. Monasteria
S. Andreae de Gufer concessas possessiones quasdam (seil. Mansum Martelli
et ecclesiam Montis Gaurodi), antequam ordinem Cisterciensem susceperit,
confirmat, decimasque ab eis exigi vetat. (Vin KaL Aug.) — „Justis
petentium desideriis". Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds de
St.-Andr^ en-Gouffem n. 13. — 1160—76 Jul. 31. Anagniae. Monasterii
In den Archiven der Normandie. 195
Savigneiensis ins in ecclesia de Belintona confirmat. (11 Kai Aug.) —
„Quanto artius divine". Cart. de Savigny s. XHI. f. 169 vo. Arch. d6p.
de la Äanche in St. L6. — 1173—76 Marl. 29. Anagniae. Monasterio
R. Stei)hani Cadomensi asserit „duas partes decimae de tota terra Willelrai
LexoxienßisJ qui cognominatnr ludeus, in villa que dicitur Canibis, quas
idem Willelmus de assensu Uenrici ei)ißcopi Baiocensis monasterio reli-
querat"; alias quasdam donatione« confirmat. (ITTI Kai. Apr.) — „Que a
devotis". Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Etienne n. 23.
— 1173—76 Mai 14, Anagniae. Capitulo Ebroicensi asserit „Septem sollemnes
procurationes, quas a\) eonim episcopis ex quadara provida institutione
hactenus percei)erint". Canonicis permittit, ut malefactores ecclesiae excom-
municent, sicut E(gidius) episcopus eis concesserit. (II id. Maii.) — „Ratio-
nabilibus postulantium votis". Cart. du chap. d'Evr. s. XIII— XIV. f. 1.
Arch. döp. de l'Eure in Evreux. — 1177 Jan. 24. Siponti. Monasterii
S. Stephani Cadomensis tutelam susci})it bonaque confirmat, petente Willelmo
abbate. (Villi? Kai. Febr. [Es steht: Dat. Sip. p. m. Gratiani subd. nör
Kai. Febr. — Es fragt sich, ob man subd. (et) notarii oder nono Kai. Febr.
zu lesen hat. Ich ziehe letzteres vor, da der Papst am 1. Febr. in Foggia
ist. Jaff^ hatte zwar angenommen, dass n. 8^4G3 vor dem 1. Febr. erlassen
sei, allein es ist jetzt festgestellt, dass das Original „Kai. Febr." trügt.
Siehe: Second report of bist. manuscrii)ts 202 und Neues Arch. IV. G21.]
Ind. 10, Inc. a. 1177, p. a. 18.) — „Religiosam vitam eligentibus'*. Cop.
vid. a. 1453. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Etienne n. 22.
— 1177 Apr. 17. (Ferrariae) Monasterii S. Laudi protectionem suscipit
possessionesque confirmat. (XV Kai. Mad., Ind. 10, Inc. a. 1177, p. a. 18.)
— „Cura nos ammonet". Vidim. s. XV (für MCLXXXÜ ist zu lesen:
MCLXXVII) und Cop. v. Jahre 1608. Arch. d^p. de la blanche in St.-LÖ.
Fonds de St.-Lö. — 1160—78 Jan. 23. Anagniae. (Wahrscheinhch 1176—78
wegen der Bulle v. 10. Febr. 1176 — 78.) Monasterii Savigneiensis trans-
actiones confirmat itemque possessiones a dei fidelibus ei coUatas. (X Kai.
Febr.) — „Fervor et integritas". Cartul. de Sa\igny s. XIII. f. 158 vo et
169 vo. Arch. d^p. de la Manche in St.Lö. — 1160—78 Febr. 18. Anagniae.
Monasterii Savigneiensis possessiones quoquam modo alienari vetat. (XII
Kai. Marcii.) — „Justis petentium desideriis". Cart. de Savigny s. XIII.
f. 158 vo. Arch. d^p. de la Manche in St.Lö. — 1176—78 Febr. 10. Ana-
gniae. (Bartholomaeo) Turonensi, apostolicae sedis legato, et (Rotroco) Rotho-
magensi archiepiscopis eorumque suffraganeis mandat, ne a fratribus Savig-
neiensibus, sicut ab aliis ordinis Cisterciensis monachis, decimas exigi
patiantur. (IIII id. Febr.) — „Audivimus et audientes". (Nach dem Itinerar
würde die Bulle in die J. 1160, 61, 74, 76, 78 gehören und somit zwischen
den Erzbischöfen von Tours, Joscius (f 1174) und Bartholomaeus, die Wahl
lassen. Aus dem Zusatz der Adresse: apost. sed. legato ergibt sich, dass
nur der letztere gemeint sein kami, da Joscius niemals die Würde eines
apost. Legaten bekleidet hat. Es bleiben also als Ausstellungsjahre nur:
1176 und 78 übrig.) Cart. de Savigny s. XIH. f. 159. Arch. d^p. de la
Manche in St.Lö. — 117^ Oct. 28. I^terani. Maioris monasterii fratribus
asserit ecclesias, ex prioratu Bellismensi ad eos spectantes. — „Quoniam
13*
196 Löwenfeld:
ex pastorali". Fälsclmng s. Xu. Arch. d^p. de TOrne in Alen^on. Fonds
du Vieiix-Belldine. — lV}0 — 79 Nov. 28. Anagniae. Fratres Savigneienses
a Bolvendis decumis de laboribus vel de nutrinaentis animalium eximit.
(IUI Kai. Dec.) — „Justis petentium desideriis". Cart. de Savigny s. XIII.
f. ir>8. Arch. d(^p. de la Manche in St.-Lö. — Udo — 79 Marl. 8, Laterani.
Monastorii S. Fronuindi ecclesias quasdam in Normannia et Anglia sitas
confimiat. (VIll id. Mart.) — „Justi.s petentium desideriis". Autent. Cop.
a. 1200. Arch. dep. de la Manche in St.-Lö. Fonds de St.-Froniond. —
1106 -79 Mai 29. Laterani. Ecclesiae S. Mariae de Montemorelli eeclesiam
de Presse aliasque confinnat. (IUI Kai. Jun.) — „Justis petentium desi-
deriis". Orig. Arch. dep. de la IVIanche m St.-T^. H. 13413. — 1178— (7^)
Jul. 10. Laterani. CoraiK)sitionem inter episcopum et canonicos Ebroieenses
super consuetudinibus quibusdam a (Rotrodo) archiepiscopo Rotomagensi
factam approbat (VI id. Jul.) — „Sicut iniquum est". (1179 habe ich ein-
geklammert, weil der Papst bereit« am 13. Juli dieses Jahres in Praenestc
nachweisbar ist. Wenigstens steht in Jaffas Handexemplar eme Bulle zu
diesem Tage verzeichnet, die ihm Dehsle aus den Arch. d^p. de l'Oise in
Beauvais mitgetheilt hat ) Cart. du chap. d'Evreux s. XIII— XIV. f. 2.
Arch. d^p. de l'Eure in Evreux. — 1179 Apr. 12. Laterani. Monasterii
S. Petri Pratellensis tutelam suscipit, possessionesque et privilegia con-
firmat, petente Ilenrico abbate. (II id. Apr., Ind. 11, Inc. a. 1179, p. a. 20.)
— „Monet nos apostolice". Cart. de St.-Pierre-de-Pr^aux s. XIII. f. 1. Arch.
dep. de l'Eure in Evreux. — 1178 — 80 Od. 21. Tusculani. G(uillelmo) de
»Sabuel (vel Sablucl) asserit decanatum Ebroicensis ecclesiae a S. Germani
et S. Victöris abbatibus ei adiudicatum, „cum adversarii ad eonim legi-
timam citationem contumaciter se absentarent". (XU Kai. Nov.) — „Ex
litteris dilectorum". Cart. du chap. d'Evr. s. XIII— XIV. f. 4 vo. Arch.
d^p. de l'Eure in Evreux. — 1180 Jan. 26. Velletri. Monasterio Savigneiensi
ecclesiam de Campo Cervorum et ecclesiam S. Martini de Gaste asserit.
(VII Kai. Febr.) - „Justis petentium desideriis". Cart. de Savigny s. XIII.
f. 159 vo. Arch. dep. de la Manche in St.-Lö. — 1180 Mart. 14. Velletri.
Monasterii S. Mariae de Goffer (vel Silleio) tutelam suscipit ac privil^a
confinnat, petente Rudolfo abbate. (II id. Marcii, Ind. 12, Inc. a. 1179, p.
a. 21.) — „Religiosam vitam eligentibus". Orig. Arch. döp. de l'Ome in
Alen(,*on. Fonds de Silly. (Eine Copie in der Pariser Nat. Bibl. Cart.
Silleiense s. XIII. ms. lat. 11059, f. nb.) — 1180 Mai 5. Velletri. Ecclesiae
S. Stephani de Pleissitio Grimoldi (vel Campo Osberti) tutelam susdpit,
possessionesque et privilegia confirmat, petente Nicoiao priore. (IH non.
Maii, Ind. 12, Inc. a. 1180, p. a. 21.) — „Effectum iusta postulantibus".
Cartul. de l'abb. du Plessis-Grimould s. XV ex. f. 8 und cop. s. XV. Fonds
du Plessis n. 13. Arch. döp. du Calvados in Caen.
Lucius III. 1182 Juli 18. Velletri. Ecclesiae Ebroicensis possessiones quasdam,
Brovillam, Condatum cet. cum omnibus eins pertinentiis confirmat, petente
Johanne episcopo. (XV Kai. Aug.) — „Et ordo rationis". Cart. du chap.
d'Evr. s. XIII— XIV. f. 6. Arch. döp. de l'Eure in Evtcux. — Velletri.
12.— 14. Mart. 1182, aut. 8.— 14. Mart. 1183. Archiepiscopis et episcopis,
in quorum parochiis homines fratrum S. Andreae de Bosco (vel de Gufer)
In den Archiven der Normandie. 197
consistunt, mandat, prohibeant, ne presbyteri diocesium ab hominibus
monasterii in extremis laborantibus „cüvinorum obseqniorura obtentu vel
intuitu ßepulturae quicquam exij?ant, nisi quod ultima voliintas decedentium
aut parentum devotio eis sponte duxerit conferendum". (. . id! Mart.) —
„Audivimus et audientes". Orig. Arch. dt^p. du Calvados in Caen. Fonds
de St.-Andrö en-Gouffem n. 17. — 1182^83 Mart, 15. Velletri. Arehi-
episcopis et episcopis, in quorum parochiis liomines fratrum Savigneiensium
consLstant, mandat, prohibeant ne presbyteri diocesium ab illis hominibus
in extremis laborantibus „divinorum obsequiorum obtentu vel intuitu
sepulturae" quicquam exigere praesumant, (Id. Mart.) — „Audivimus et
audientes". Cartul. de Savigny s. XIII. f. 167. Arch. d^p. de la Manche
in St.-Lö. — 1182—83 Mart. 28. Velletri. Ilospitalem Lexoviensem cum
Omnibus eins bonis tuendum 6usci[)it. (V Kai. Apr.) — „Dignum est et".
Orig. Arch. döp. du Calvados in Caen. Fonds de Ste.-Barbe n. 105. —
1182—83 Apr, 7. Velletri. Archiepiscopo Rotomagensi eiusque suffraganeis
praecipit, ut eos qui in fratres S. Andreae de Bosco (vel de Gufer) aut
eorum conversos manus iniecerint violentas, excommunicatos denuntient,
donec satisfecerint, neve decimas ab eis contra Romanae sedis privilegia
exigi patiantur. (VII id. Apr.) — „Ad defendendos religiosos". Orig. Arch.
döp. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Andr^en-Gouffem n. 16. — 1182
— 83 Apr. 13. Velletri. (Fratribus Savigneiensibus) Privilegium tribuit contra
eos, qui decimas ab eis exigere praesumant. (Id. April.) (Der Anfang der
Bulle fehlt.) Cartul. de Savigny s. XIH. f. 167. Arch. dt^). de la Manche
in St.-Lö. — 1182—83 Mai 13. Velletri. Fratribus Gemmeticensibus indulgot,
ut -ecclesiam de Veteri Vemolio „propter importunitatem eiusdem loci, qui
supervenientibus guerris sepius infestatur, in tutiorem locum transferant".
(III id. Mail.) — „Quotiens ab apostolica sede". Orig. Arch. d^p. de la
Seine-inf(^»r. in Ronen. Fonds de Jurai^ges. — 1182—83 Mai 21. Velletri.
Fratribus Gemmeticensibus facultatem dat revoc^ndi quasdam possessioncs,
quas apud Cheittonam (in Anglia) cuidam iure emphitheotico posnidendas
vitae suae tempore concesserint'*. (Villi Kai. Junii.) — „Ex iniuncto nol)is".
Orig. Arch. d^p. de la Seine-infer. in Ronen. Fonds de Jumiegcs. — 11^2
— 83 Velletri. Fratribus Augustensibus indulget ut possessioneö
monasterii emptione vel aliis modis ex aliorum manibus revocare del^eajit.
(XVn Kai ) — „Ecclesianim profectibus nos". Orig. (fast unleser-
lich), Arch. dt^p. de la Seine inf^r. in Ronen. Fonds d'Eu. — 1183 Nor. 13.
Anagniae. Concortliam inter fratres Savigneienses et (iaufridum de Monte-
forti super ecclesia de Ketevilla factam confirmat. (Id. Nov.) — „Justis
petentium desideriis". Cart. de Savigny s. XUI. f. 167 vo. Arch. döp. de
la Manche in St.-Lö. — 1183 Nor. 19. Anagniae. Fratribus Savigneiensibus
indulget, „ut quotiens homines eorum contigerit accusari, non nisi in curia
eorum iustitiam facere compellantur, ita ut raagis debeant per idoneam
penitentiam corrigi, quam pecuniari pena multari". (XIII Kai. Dec.) —
„Quoniam sicut audivimus". Cart. de Savigny s. XIII. f. 168. Arch. d(?p.
de la Manche in St.-L6. — 1184 Jan. 17. Anagniae. Inter canonicos S. Bar-
barae et fratres S, Ebulfi (!) de heremitorio de Rupe comi)ositionem ab
Hugone et Ricardo, archidiaconis Lexoviensibus, factam confirmat. (XVI Kai.
198 Löwenfeld:
Febr.) — „Ne controversie que". Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen.
Fonds de Ste. Barbe n. 106. — 1184 Mai 25, Verulis. Rotomagensi ac
Turonensi arehiepiscopis et Sagiensi, Baiocensi, I^xoviensi, Cenomanensi,
Abrincensi, Constantiensi, Redonensi episcopis aliisque ecclesiarum praelatis
per eorum dioceses constitutis praecipit, ne a fratribus S. Andreae de
Giifer, ordinis Cisterciensis, decimas cxigi sinant utque violatores privil^,
si laici sint, ex communicent, si clerici, ab officio suspendant. (VIII Kai.
Jun.) — „Audivimus et audientes". Orig. Arch. d6p. du Calvados in Caen.
Fonds de St.-Andr6-en-Gouffern n. 19. — 1184 Oct, 15. Veronae. S(imom)
episcopo et R. arcbidiacono Maldensi praecipit, comi)ellant Simonem de
Aucto, ut fratribus Maioris monasterii ablatam decimam silvae de Crotes
reddat ac de illatis injuriis satisfaciat. (Id. Oct.) — „Dilectorum filiorum
nostrorum". (Gehört in dieses Jahr wegen einer Pancarte vom gleichen
Datum in der Paris. Xat. Bibl. ms. lat. 12879. f. 185.) Orig. Arch. d(^p.
de l'Eure in Evreux. Fonds du prieur^ de Croth. — 1184 Oct. 31. Veronae.
Monasterii Savigneiensis tutelam suscipit, possessionesque confirmat petente
Simone abbate. (II Kai Nov., Ind. 3, Inc. a. 1180 (lies 1184) p. a. L) —
„Religiosam vitam eligentibus". Cart. de Savigny s. XIII. f. 1G3. Arch.
d^p. de la Manche in St.-Lö. — 1184 — 85 Juli 26. Veronae. Ricardo,
canonico Ebroicensi, asserit praebendam, a b. m. comite Ebroicensi in eadem
ecclesia fundatam eique concessam et ab Alexandro III pp. confirmatam.
(VII Kai. Sept.) — „Ex parte tua". Cart. du cliap. d'Evreux s. XIII— XIV.
f. 3. Arch. d6\). de l'Eure in Evreux. — 1184~-85 Oct, 10. Veronae. (Wahr-
scheinlich: 1184 wegen der oben verzeichneten Pancarte vom 31. October
1184.) Turonensi et Rotomagensi arehiepiscopis eorumque suffraganels
mandat ne a fratribus Savigneiensibus, sicut ahis ordinis C^terdensis
monachis, decimas exigi patiantur. (VI id. Oct.) — „Audivimus et audientes**.
Cart. de Savigny s. XIII. f. 1G7. Arch. dep. de la Manche in St.-LO. —
1184 — 85 Oct. 12. Veronae. (WahrscheinUch : 1184 wegen der oben ver-
zeichneten Pancarte vom 31. October 1184.) Monasterio Sa^igneiensi asserit
ins i)atronatus ecclesiae de Surda-valle cum duabis garbis frugum a Ruelleno
de Surdavalle concessis. (IIII id. Oct.) — „Justis petentium desideriis*'.
Cart. de Savigny s. XIII. f. 1()8. Arch. dep. de la Manche in St.-IA —
1184 — 85 Oct, 16. Veronae. Gualtero archiepiscopo Rotomagensi scribit, ne
patiatur, „monachos solos per \illas et parochiales ecclesias extra conven-
tum mauere; priores conventuahum prioratuum contra statutum Latera-
nensis concilii sine causa rationabili amoveri; filios parentibus in ecclesiis
succedcrc"; cet. (XVII Kai. Nov.) — „Cum in arcliiepiscopatu". Orig. Arch.
döp. de la Seine-införieure in Ronen. G. 1117. — 1184 — 85 Nov. 10. Veronae.
Capitulo Ebroicensi ecclesiam de Clavilla asserit. (IV id. Nov.) — „Justis
petentium desideriis*'. Cart. du chap. d'Evreux s. XIII — XIV. f. 4. Arch.
d(^p. de l'Eure in Evreux. — 1184—85 Nor. 13. Veronae. Parthenonis
S. Trinitatis Cadomensis ecclesiam S. Egidii et libertates a W(illehno)
quondam rege Anglorum concessas et per quadraginta annos possessas
confirmat. (Id. Nov.) — „Justis petentium desideriis". Orig. Arch. d^p. du
Calvados in Caen. Fonds de St.-Trmit(5 n. 48. — 1184—85 Nov. 16. Veronae
Fratribus Savigneiensibus indulget, nt si quis monasterio eorum ahquid
In den Archiven der Nonnandie. 199
largiri voluerit, nemini id impedire liceat. (XVI Kai. Dec.) — ,,Laboribas
et necessitatibus". (Wahrscheinlich: 1184 wegen der oben verzeichneten
Pancarte vom 31. October 11H4.) Cartul. de Sa\igny s. XIII. f. 168 vo.
Arch. d^p. de la Manche in St.-L6. — 1184^85 Nov. 16, Veronae. (Wahr-
scheinlich: 1184 wegen der oben verzeichneten Pancarte vom 31. October
1184.) Universos fideles per Turonensem archiepiscopatum constitutos hor-
tatur, ut ad reparandam ecdesiam Savigneiensem de facultatibus suis con-
ferant. (XVI Kai. Dec.) — „Quoniam ut ait". Cartul. de Savigny s. XIII.
f. 168 vo. Arch. de la Manche in St.-Lö. — 1185 Apr. 16. Veronae. Mona-
sterii Augensis nemus quoddam ab Henr(ico) comite donatum et iura quas-
dam confirmat. (XVI Kai. Mail.) — „Justis petentium desideriis". Orig.
Arch. d^p. de la Seine-inf^r. in Ronen, Fonds d'Eu. — 1185 Mai 6. Veronae.
(Gualtero) Rothomagensi et (Bartholomaeo) Turonensi archiepiscopis eiusque
suffraganeis aUisqne eeclesiarum praelatis mandat, ne a fratribus S. Andreae
de Gufer, sicut ab aUis ordinis Cisterciensis monachis, decimas de nova-
libus vel de nutrimentis animalium exigi patiantur. (II non. Mail.) —
„Audivimus et audientes". Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds
de St.-Andr^-en-Gouffem n. 15. — 1185 Mai 9. Veronae. Ordinis Cister-
ciensis fratribus tribuit privilegia de abbatibus, noviciis, vasibus bene
dicendis, de sinodis frequentandis, de testimoniis in civilibus vel crimma
libus causis constituendis cet. (VII id. Mail.) — „Cum ordo vester'*. Orig.
Arch. döp. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Andr^-en-Gouffem n. 18.
— 1185 Juni 17. Veronae. Si quid contra Ebroicensis ecclesiae consue
tudmes, a sede apostolica probatas, temptatum fuerit, id viribus carero
vult. (XV Kai. Jul.) — „Sicut nostro imminet'*. Oart. du chap. d'Evreux
8. XIII— XIV. f. 3 vo. Arch. dep. de VEure in Evreux.
Urban III. 1185 — 86 Dec. 19, Veronae. (Gualtero) archiepiscopo Rotomagensi
' praecipit, ut cum in pluribus eius provinciae monasteriis „ex rectorum
negligentia in tantum disciplinae rigor intepuerit, ut non videatur creatoris
obsequiis sed potius mundanis Ulecebris deputata, in monasteriis moniahum
vel aliis ei subiectis resecet, quae resecanda videantur sine alicuius appella-
tionis obiectu, neve permittat, ut moniales pretiosis pellibus uti ulterius".
(XIIII Kai. Jan.) — „Cum locis ad**. Orig. Arch. däp. de la Seine-inf. in
Ronen. G. 1118. — 1186 Aug. 24. Veronae Ecclesiae S. Helerii de Gersoio
protectionem suscipit possessionesque et iura confirmat. (Villi Kai. Sept.,
Ind. 4, Inc. a. 1186, p. a. 1.) - - „klonet nos apo.stolice". Orig. Arch. d^p.
de la Manche in St.-Lö. 11. 1975. — 1186 Not, 25. Veronae. Monasterii
S. Laudi tutelam suscipit, possessionesque confirmat. (VII Kai. Dec, Ind. 5,
Inc. a. 1186, p. a. 1.) — „Cum simus ad". Orig. Arch. döp. de la Manche
in St.-Lö. Fonds de St.-Lö. — 1186 Dec. 16. Veronae. (Thomae) abbati
Exaquiensi indulget, „ut monachos suos qui contra monasticam disciplinam
sibi rebelles et inobedientes cxtiterint et regularia statuta servare noluerint,
ei liceat corrigere atque ad monasterium, si quis forte foris administra-
tiones habuerit, revocare, si propter excessum suum fuerit revocandus".
Sententiam eius sose ratam habiturum esse scribit. (XVII Kai. Jan.) —
„Cum regularis observantia". In einer Urk. Hugos v. (^outances (1207
—38). Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. H. 4685. — 1186—87 Mai 20.
200 Löweufeld:
Veronae. Quae monasterio S. Andreae de Guffer b. m. W. comites Pon-
tiviae et J. filius eius aliique viri concesseiint, ea confirmat, fratreeque a
solvendis decimis eximit. (XIII Kai. Junii.) — „Justis petentium desideriis".
Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Andr<S-en-Gouffeni
n. 20. — 1187 Mai 30. Veronae. Monasterii S. Mariae Cesarisbuigi (hodie:
Cherbourg) tutelam suscipit, bonaque et iura confirmat. (lU Kai. Jun.,
Ind. 5, Inc. a. 1187, p. a. 2.) — „Monet nos apostolice". 3 Cop. s. XV
et XVI. Arch. d^p. de la blanche in St. L6. H. 1976.
Gregor VUI. {1187 Nov. Ferrariae.) Monasterium Savigneiense tuendum
suscipit eiusque bona et privilegia confirmat (Datumzeile fehlt). — „Reli-
giosam vitam eligentibus". (Unterschrieben ist die Bulle von : Henricus ep.
Alban., Paulus Praenestinus, Petrus de Bono p. c t. S. Susannae, Laborans
p. c. S. Mariae tr. Tib., Melior p. c. SS. Joh. et Pauli, Adelardus p. c.
S. Marcelli. — Man vergleiche damit J. 9994 für Savigny und die Unter-
schriften in J. 9988 u. 9989.) Gart, de Savigny s. XUI. f. 165. Arch. döp.
de la Manche in St.-Lö.
Clemens III. 1188 Oct. 27, Laterani. Fratribus Savigneiensibus indulget, ut
si episcopus diocesanus infra mensem in ecclesia vacante personam idoneam
ab eis praesentatam inducere recusaverit, metropolinum ad id faciendum
adeant. (VI Kai. Nov., p. a. 1.) — „Cum ab apostolica". Cart. de Savigny
s. XIII. f. 169. Arch. döp. de la Manche in St.-Lö. — 1188 Nov. 5.
Laterani. Turonensi et Rotomagensi archiepiscopis eorumque sufEraganeis
aüisque ecclesiarum praelatis mandat, ne a fratribus Savigneiensibus decimas
de novalibus vel de aliis terris vel de nutrimentis animalium exigi patian-
tur. (Non. Nov., p. a. 1.) — „Quia plerumque veritatis". Cart. de Savigny
s. XUI. f. 168 vo. Arch. döp. de la Manche m St.-Lö. — 1188 Nov. 16.
Laterani. Hedonensi episcopo et Melanensi ac Filgeriensi abbatibus mandat,
ne quem contra privilegia apostolica fratribus Savigneiensibus concessa ali-
quid attemptare sinant. (XVI Kai. Dec., p. a. 1.) — „Cum de benignitate".
Cart. de Savigny s. Xin. f. 168 vo. Arch. döp. de la Manche in St.-Lö.
Coelestin III. 1191 Nov. 12. Laterani. Monasterio S. Andreae de Gufer
asserit tertiam partem decimae b. Martini de Möllns, a L(isiardo) episcopo
Sagiensi donatam. (II id. Nov., p. a. 1.) — „Justis petentium desideriis".
Orig. Arch. d(5p. du Calvados in Caen. Fonds de St.-Andr6-en-Gouffem
n. 21. — 1192 Apr. 19. Laterani. Fratribus Silleiensibus asserit quartam
partem molendini de Paleavilla, quam ad mensam eorum die obitus sui
P. de S. Lothario assignavit. (XUI Kai. Mali, p. a. 2.) — „Justis petentium
desideriis". Orig. Arch. döp. de lOrne in Alen^on. Fonds de Silly. —
1192 Mai 6. Laterani. Fratribus S. Andreae de Gufer asserit „duas garbas
decimae de Freincio, sicut eas Petrus presbiter de S. Lothario ad Pitantiam
semel singulis meusil^us mensae fratrum conferendam assignavit. (II non.
Mali, p. a. 2.) — „Justis petentium desideriis". Orig. Arch. döp. du Cal-
vados in Caen. Fonds de St.-Andr^-en-Gouffem n. 22. — 1192 Mai 29.
Laterani. Monasterii S. Mariae de Voto (prope Cherbourg) possessiones
confirmat fratribusque iura quaedam de canonicis in ecclesiis vacantibus
instituendis, de sepultura, de divinis tempore interdicti celebrandis cet
tribuit. (Uli Kai. Jun., p. a. 2.) — „Religiosam vitam eligentibus". Orig.
In den Archiven der Nonnandie. 201
Arch. d^p. de la Manche in St.-Lö. H. 1977. — 1193 Jul. 20. Laterani.
Willehno episcopo Lexoviensi indulget, ut si quilibet capituli et cleri Lexo
viensis infra 40 dies post mandatum receptum „ipsi sicut episcopo et
animarum suarum pastori reverentiam et obedientiam debitam non cura-
verint exhibere, liceat ei eoram beneficia, appellatione remota, personis
idoneis assignare". (XIII Kai. Aug., p. a. 3.) — „Cum capitulo et clero".
Orig. Arch. d^p. de la Seine-inf^r. in Rouen. G. 1118. — 1193 Jul. 26.
Laterani. Willelrao episcopo Lexoviensi indulget, „ut de bis, que post
appellationem ad sedem apostolicam interpositam ab eins subditis inno-
ventur, libere possit appellatione remota cognoscere". (VII Kai. Aug., p.
a. 3.) — „Sicut dignum est". Orig. Arch. d(5p. de la Seine-inf^r. in Rouen.
G. 1118. — 1194 Mai 12. Romae ap. S. Petram. Monachis S. Petri
Pratellensibus collatum u Roberto comite Mellenti beneficium apud S. Egi-
dium iuxta pontera Audomari confirmat. (IV id. Maii.) — „Quotiens a
nobis". Cart. du chap. d'Evreux s. XIII — XIV. f. 7 vo. Arch. d^p. de
l'Eure in Evreux. — 1195 Dec. 23. Laterani. Robertum abbatem fratresque
S. ^Vndreae de Goufer tuendos suscipit eisque ius advocationis in ecclesiis
quibusdam et decimas nonnullas asserit. (X Kai. Jan., p. a. 5.) — „Sacro-
sancta Romana ecclesia". Orig. Arch. d^p. du Calvados in Caen. Fonds
de St.-Andrö-en-Gouffem n. 23. — 1196 Jan. 13. Laterani. Fratribus S. Au-
doeni Rotomagensibus asserit ius eligendi abbatem in ecclesia S. Leofredi
de Cruce et priores in prioratibus de Bello monte et Sigerio. (Id. Jan.)
(Der Anfang der Bulle ist nicht mehr zu lesen.) Orig, (verstümmelt), Arch.
d^p. de la Seine-inf^r. in Rouen. Fonds de St-Quen de Rouen. — 1196
Apr. 29. Laterani. Canonicis S. Barbarae liberam prioris eligendi facultatem
concedit. (III Kai. Maii, p. a. 6.) — „Si quando postulatur". Orig. Arch.
d^p. du Calvados in Caen. Fonds de Ste.Barbe n. 109. (J. 10r)88, vom
gleichen Tag, ist Romae ap. S. Petrum datirt. Affb hat die Bulle nach
dem Original veröffentlicht.)
IX- Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen.
A. Ueber eine Stadthagener Statutenhandschrift des 14. Jahrhunderts.
Von
Dr. H. Ermisch,
k. Archivrath zu Dresden.
Ein Urlaubsaufenthalt in dem lieblichen Bückeburger Ländchen
veranlasste mich, im Sommer 1882 der Stadt Stadthagen einen
flüchtigen archivalischen Besuch abzustatten. Ich fand dort ein
ziemlich reichhaltiges Stadtarchiv, wenn man Hunderte von Urkunden
und Aktenfragmenten, die in buntester Unordnung in verschiedenen,
theilweise möglichst ungeeigneten Räumen des Rathhauses lagen,
so nennen darf. Für einen, der mit städtischen Archiven einiger-
massen vertraut ist, bot dieser traurige Zustand nichts Ueber-
raschendes. Um so erfreulicher war es mir, dass ich bei dem
derzeitigen Bürgermeister, Herrn Wippormann, volles Verständniss
für die Bedeutung fand, die ein wohlgeordnetes Archiv für jede Stadt
besitzt, namentlich aber für eine solche, welche ihre alte städtische
Verfassung auss(*rordentlich lange bewahrt hat — sie wurde in
Stadthagen erst durch die Städteordnung vom 7. April 1870 verdrängt
— und noch heute vielfach in innigem Zusammenhange mit ihrer
Vergangenheit steht So kam es, dass der Magistrat sich auf
meinen Vorschlag entschlo'ss, eine Ordnung des Archivs durch einen
Fachmann vornehmen zu lassen. Ueber den Erfolg derselben hat
Herr Archivar Dr. Doebner in Hannover, der sich dieser Arbeit
unterzogen hat, in dem fplgeuden Aufsatze Bericht erstattet.
Unter den Archivalien, die mir in Stadthagen vorgelegt wurden,
befand sich eine Handschrift, deren Inhalt für die Geschichte des
Städtewesens in der Grafschaft Schaumburg von nicht geringem
Interesse ist. Diese Handschrift besteht aus zwei Theilen, die
erst später — der Einband stammt wohl frühestens aus dem
Ermisch: Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 203
17. Jahrhundert — zusammengebunden worden sind, wie diess
namentlich Spuren von Abnutzung, auf pag. 20 und pag. 25 beweisen.
Zwischen ihnen sind zwei Pergamentblätter (pag. 21 — 24) eingeheftet,
welche eine uns nicht weiter interessirende Niederschrift über einen
Rechtsstreit zwischen der Stadt und Bodo von Oheim (1531 fg.)
enthalten.
Der für uns wichtigste erste Theil der Handschrift besteht
aus einer Lage von 10 Pergamentblättern (5 üoppelblättern), die
von neuerer Hand paginirt sind. (pag. 1 -20). Schon ein flüchtiges
Durchblättern dieser Lage belehrt uns, dass ursprünglich die fünf
ersten Seiten leer gelassen waren. Die Seiten 6 — 10 enthalten zweifel-
los die älteste Aufzeichnung des Stadtbuches, eine Sammlung von
Rathsstatuten , die, abgesehen von einigen Nachträgen, wohl dem
Anfange des 14. Jahrhunderts angehören. Wir theilen sie unten
ihrem vollen Wortlaute nach mit, geben aber zunächst eine Ueber-
sicht über den sonstigen Inhalt des Heftes, der nachträglich jenem
Orundstocke beigefügt worden ist. Es sind dies folgende Stücke:
(pag. 1.) Eine etwa gleichzeitige Abschrift der Landfriedens-
urkunde der Bischöfe Florens von Münster und Heinrich von Pader-
born, des Grafen Engelbert von der Mark und der Städte Soest,
Münster, Osnabrück und Dortmund vom 3. Mai 1374; gedruckt bei
Fahne Dortmund II (Urkundenbuch) 2,443.
(pag. 2.) Eine von derselben Hand herrührende Abschrift einer
meines Wissen bisher unbekannten Urkunde (oder eines nicht aus-
gefertigten Urkundenentwurfs?) der Bischöfe Potho von Münster,
Heinrich von Paderborn, Dietrich von Osnabrück, des Grafen Engel-
bert von der Mark und des Heidenrick van Ore, Marschalls zu
Westfalen, sowie der Städte Soest, Münster und Osnabrück, in
welcher diese bekennen:
„dat wy sijid overdreghen na deme rechte unde gnade, de use here de
Romesche keyser deine lande to Westfalen iinime god unde umme waldSt
ghegheven hef t *), also dat nu vortmer na desser tyd alle ploghe unde egheden
unde er iuwehk bisunderen myd twen knechten unde perden efte ossen, de
daran unde ynne arbeydet, uppe deme ackere unde weghe uth unde to hus
scollen velich (d. h. gesichert, geschützt) wesen ane arghelist unde sunder under-
acheyt, men orloghe (fehde, führe Krieg) efte nicht. Ok so enscal nemand
deme anderen syn holt afforen in openbaren w^hen myd vorsate, men kan
we deme anderen holt nederhowen unde dat vort to derselven tyd afvoren, dat
•) Gemeint Ist der Landfriede Karl's IV. für Westfalen von 1371 Nov. 25 (Reichstags-
akten 1, 535).
204 Ermisch:
mach he don. Unde we des keysers vrede ghesworen heft, de scal desse
articule mede holden" u. s. w.
Das Datum fehlt; die Urkunde fallt zwischen den 9. April
1379 (Amtsantritt des Bischofs Potho) und den 21. März 1380
(Todestag des Bischofs Heinrich).
(pag. 3.) Eine von anderer, ebenfalls etwa gleichzeitiger Hand
geschriebene Abschrift der Landfriedensurkunde des Erzbischofs
Friedrich von Köln, der Bischöfe Heidenrich von Münster, Simon
von Paderborn und Dietrich von Osnabrück, des Abtes Bodo zu
Corvey, der Grafen Engelbert von der Mark und Heinrich von
Waldeck, Simons Herrn zu der Lippe und der Städte Soests Münster,
Osnabrück und Dortmund vom 29. Juli 1385; gedruckt bei Hae-
berlin Analecta medii aevi pag. 344 und im Auszuge bei Seibertz Ur-
kundenbuch zur Landes- und Kechtsgesch. Westfalens H, 656. —
Unter den sonstigen Mitgliedern des westfälischen Landfriedens,
die persönlich nicht anwesend waren, aber durch Vertreter ihre
Zustimmung aussprachen, befand sich auch Graf Otto (I.) zu Schaueu-
burg, dessen Unterthanen laut den Bestimmungen dieser ürkimde
auf den Landfrieden vereidigt wurden (Ok scollet alle deghene, de
in desser heren lande unde stede gheseten sind, se hebben ghe-
sworen efte nicht, desse articule unde puncto sweren stede unde
vast to holdene); daraus erklärt es sich, dass diese und die vor-
stehend genannten Urkunden den Anfang des Stadtbuchs bilden.
(pag. 5.) Gleichzeitige Abschrift eines Reverses des ßathes zu
Stadthagen (Grovenalveshaghen) vom 14. November 1386, durch wel-
chen sich dieser verpflichtet, alljährlich „binnen den twelf nachten
to winachten" d. h. zwischen Weihnachten und dem 6. Januar, „wanne
wy efte uses rades kumpane van user wegheno bi usen gnedighen
iunchere to Scowenborch usen rad ummetosettende komef ', diesem
oder seinem Amtmann ein Verzeichniss aller im Laufe des Jahres
neu aufgenommenen Bürger und Bürgerinnen zu überreichen; wollen
der Junker oder sein Amtmann einen derselben „van eghendomes
weghene sc&ldighcn efte anclagen", so sollen sie diess binnen
sechs Wochen thun. Im Rathsarchiv befindet sich die Gegenurkunde
des Grafen von demselben Datum (angeführt bei Dolle Bibl. Historiae
Schavenbvrgicae III, 313).
(pag. 5.) Gleichzeitige Abschrift einer Urkunde von 1427 Sept. 29.,
laut welcher der Rath dem Hinrik Serke und Gheseken, seiner Ehefrau,
ein der Stadt gehöriges Haus auf Lebenszeit verkauft (durchstrichen).
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 205
Nach den Statuten (pag. 6 — 10) folgt sodann:
(pag. 10.) Gleichzeitige Abschrift einer Urkunde von 1420 Oct. 21.,
laut welcher der Rath gegen 200 Rhein. Gulden den Cord Bloybom
und Girte, seine Ehefrau, auf Lebenszeit von aller Stadtpflicht, aus-
genommen „burwerk (d. h. öffentlichen Arbeiten, besonders Erd-
und Bauarbeiten zur Befestigung und zum Schutze der Stadt, bei
denen alle Bürger helfen mussten), wachte undo wechterghelt", be-
freit. „Und werz, dat eyn rechte (Gerücht, Gerüft, Zetergeschrei,
Schrei um Hilfe) unde klockenslech (Läuten der Glocken zum Auf-
gebot der Bürger bei Verfolgung von Verbrechern, allgemeiner
Landesnoth u. dgl.) werde, so dat unse borghere uththogen und
yaghen scheiden, so scheide he ghan myd eynem spere vor dat
dor, ift he mechtich were, dar dat rechte ute were; wes ome den
de borgermester unde raid to der tyd bevalen bynnen der stad to
vorwarende na redelcheit, deme scheide he so don, de wyle unse
borghere ute weren". Nach Gurts Tode soll seine Frau noch ein
Jahr lang diese Freiheit haben.
(pag. 11 — 15.) Gleichzeitige Abschrift von 22 Schuld- und Leib-
rentenverschreibungen, Wiederkaufsverträgen u. dgl, ausgestellt vom
Rathe in den Jahren 1403 — 1410, von lediglich localem Interesse
(meist durchstrichen).
(pag. 16.) Aufzeichnung von einer im Jahre 1382 erfolgten Ver-
handlung wegen der Ansprüche, die Graf Otto gegen Tileke Hoben
als seinen eigenen Mann erhoben hat und deren Entscheidung beide
Theile dem Rathe zu Stadthagen übertragen haben. Tileke Hoben
wendet ein, er sei bereits 32 Jahre Bürger zu Stadthagen, ohne
dass Ansprüche derart auf ihn gemacht worden wären. Darauf ent-
scheidet der Rath; „Sind dem male, dat us dat witlik is, dat Tileke
Hoben myd us heft beseten vor enen vrigen borghere iar unde
dach dach unde iar ane rechte bisprake, so mach he dat beholden
myd sines enes band (d. h. mit Eineid), dat he also lange borghere
ghewesen hebbe unde ensy nicht eghen. Ok spreke wy, edele here
iunchere van Scowenborg : use overelderen hebbet ghehat vor recht
van iuwen overeldern unde wy van iuweme vadere unde van
iuweme brodere unde van iuk wente an dessen dach: we hir use
borghere wart, dar wy nynen eghendom an ene wisten, unde myd
US besät iar unde dach ane rechte bisprake, den beide wy vor
borghere myd user herscop h&lpe*'. Vergl. oben S. 204.
(pag. 16.) Willküren, vergl. Statuten § 7 (S. 216) und Zusatz 1.
206 Ennisch :
(pag. 17.) Sechs Vermerke über den Verkauf von Stadtland,
Verschossung einzelner Grundstücke, TJeberlassung einer „kemenade"
zur Wohnung, Leibrentenbestellung, Verzicht auf ein Haus 1401
— 1410 (theilweise durchstrichen).
(pag. 18.) Statuten: vergl. unten S. 215 ff. und Zusatz 2.
(pag. 19.) Vergleich zwischen dem Rathe und Hans Trippen-
makers Knecht wegen erlittenen Gefängnisses von 1407 Dec. 22.
(pag. 19.) Vergleich zwischen Heinrich von Borsteldo und dem
Rath wegen städtischer Verpflichtungen von 1409 Dec. 4 (durch-
strichen).
(pag. 20.) Willkür: cf. Zusatz 3 zu den Statuten.
(pag. 20.) Bitte um Eechtsbelehrung (wohin sie gerichtet ist^ ist
nicht klar). Eine Bürgerin hat als -Wittwe mehrere Vermächtnisse
gemacht. Sie heirathet dann einen „der herscop man"; nach ihrem
Tode kommt dieser mit den mit Vermächtnissen Bedachten in Streit
und verlangt, dass die Sache von dem Landesherrn entschieden
w^erde, während jene sich auf der Stadt Gericht beziehen. „Welk
under dessen twen rechten vulbord e ghe, des beghere wy anwisinge''.
(pag. 20.) Verträge wegen Verschossung verschiedener Grund-
stücke und andere theilweise halb erloschene Notizen von nur localer
Bedeutung, aus d. J. 1399 — 1406. Sämmtliche Einträge sind von
verschiedenen Händen und zu verschiedenen Zeiten, wo gerade
Raum war, eingetragen worden.
Mit pag. 25 beginnt der zweite Theil unserer Handschrift.
Er besteht aus 61 Blättern (55 Blatt Pergament in Lagen von
verschiedener Stärke und sechs Blatt starken Glac6-Cartonpapiers)
und enthält die 1382 begonnene Bürgermatrikel der Stadt. Ueber
den*Zw<3ck und die Entstehung dieser Bürgermatrikel belehrt uns
folgender Vermerk, mit dem pag. 25 beginnt:
In nomine sancte et individue trinitatis amen. Cum humana corpom
letargia crebro lacesset et in ipsis tum propter sensuum hebitudinem tum
propter fluxum temporis nascatur, ne igitur rerum gestariun memoria processu
teniporis evanescat, ea, que fiunt in tempore, ne simul cum tempore pereant
et labantur, opus est, ut ea de discretorum virorum prudencia scripturarym
memorie commendentur et perhennentur. Hinc est, quod per providos et honestos
viros . . . consules opidi Grevenalveshaghen omnes et singuli ad annos discre-
cionis perventi in opido predicto commorantes, qui pacem ab illustrissimo rege
Karolo quarto Romanoram imperatore venerabilibus in Christo patribus dominis
nobilibus archiepiscopis episcopis ducibus comitibus vasallis et strennuis viris
militibus famulis ac drcumspectis viris consulibus civibus opidanis ac toti uni-
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 207
yersitati terra Westfalie datam*), prout fidelius et finnius poterunt servare,
juraverunt, huic scripto sunt commendati, ne imposterum aliquem non jurasse
ipsis errare contingat. Et incipit anno domini m® ccc® octogesimo secundo
feria sexta infra octavas epiphanie domini (1382 Jan. 10).
Hierauf folgen die Namen der „consules novi" und der „con-
sules antiqui" (je 12), der beiden „servi consulum'', endlich (pag. 25
bis 27) sämmtlicher selbständiger Mitglieder der „communitas*' ; ihre
Zahl beträgt 314. Dann kommen (p. 27) die dreizehn 1385 auf-
genommenen Bürger unter der Aufschrift: „Desse sind borghere
worden und hebbet den landvrede sworen anno domini mO cccO octo-
gesimo quinto"; von ihnen gesondert erscheinen unter der Aufschrift:
„Desse sind borghere worden, sind dat use iunchere us den bref
bezeghelde" diejenigen, welchen nach Erlass der oben S. 204 er-
wähnten Urkunde von 1385 Nov. 14 das Bürgerrecht empfingen. In
regelmässiger Keihenfolge schliessen sich nun daran die in den Jahren
1386 — 1398 aufgenommenen Bürger. Die letzten Seiten der ersten
Lage der Matrikel aber füllen anderweitige Notizen aus dem Ende
des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts, nämlich:
(pag. 31 und noch einmal, aber vollständiger, pag. 33) eine län-
gere undatirte Niederschrift über einen Kechtsstreit der Stadt mit
dem Rathsherrn Otto van Benthem wegen widerrechtlicher Besitz-
nahme von Gemeindeland und die darin ergangenen Urtheile des
Grafen Otto von Schaumburg (f 1404).
(pag. 31.) Vergleich zwischen Ghercke Olberch und dem Käthe
wegen eines Vergehens des ersteren, von 1420 Jan. 4.
(pag. 32.) Schuld-, Wiederkaufs- und Leibrentenverschreibungen
des Rathes, Verkauf eines Hauses durch denselben, von 1407, 1408,
1423 und ohne Jahr (meist durchstrichen).
(pag. 33.) Willkür: s. unten Zusatz 4 zu den Statuten (S. 224).
(pag. 34.) Vermerk über eine grössere Zahlung des Rathes an
die van Reden 1406.
(pag. 34.) Vereinbarung über eine Summe, welche der Rath
dem Grafen Adolf VIII. „to hulpe syr nod unde vengnisse als on
de van Homborch gevangen hadde", gegeben hatte, von 1409 Nov. 15.
(pag. 34.) Abmachungen wegen Schosspflicht und andere theil-
weise ausradirte, unwesentliche Notizen. 1427. 1428.
(pag. 34.) Eid der Handwerksmeister und Eid der Mitglieder
des Rathes.
•) Vergl. oben 8. 203 Anm. 1.
208 Ermisch:
Von pag. 35 an folgen dann die weiteren Verzeichnisse neu auf-
genommener Bürger ; sie reichen ohne Unterbrechung von 1399 — 1869.
Ein genaueres Studium dieser Bürgermatrikel würde vielleicht
zu manchen interessanten Beobachtungen Anlass geben; auffallend
war uns besonders, eine wie grosse Stätigkeit der Bevölkerung sich
in derselben ausspricht: zahlreiche Familien, deren Namen bereits in
den ältesten Verzeichnissen erscheinen, sind noch heute in Schaumburg-
Lippe vertreten. So finde ich schon in den Jahren 1382 — 1394 auf-
geführt die Familien Auhagen, Bening, Blumenberg, Bock, Brügge-
mann, Ebeling, Hesterberg, Hoyer, Knöllike, Lochmann, Loman,
Meyneke, Nagel, Rodenberg, Steding, Tileking, Wegener, Witte u. a.
Auch lassen sich vielleicht Rückschlüsse auf die Einwohnerzahl
Stadthagens zu den verschiedenen Zeiten aus der Matrikel machen.
Doch müssen wir diess andern überlassen und kehren zu dem für
uns wichtigsten Theile der Handschrift, zu den Statuten, zurück.
Wie in der Herrschaft zur Lippe (Lemgo, Detmold, Hörn,
Blomberg, Barntrup, SalzuflFeln), so knüpft auch in der alten Graf-
schaft Schaumburg die städtische Entwicklung unmittelbar oder
mittelbar an das Recht der Stadt Lippstadt an. Letztere er-
hielt um 1197 — 1207 von Bernhard IL zur Lippe ein Privileg, das
seinerseits auf die Soester Statuten zurückweist;^) dasselbe fand
bereit* im 13. Jahrhundert eine weite Verbreitung.^) Schon im
Jahre 1239 verlieh Graf Adolf IV. von Schauenburg seiner Stadt
Rinteln, wohl der ältesten Stadt in der Grafschaft, Lippisches
Recht; sein Privileg 3) schliesst sich im Wortlaute vielfach genau
an das Privileg für Lippstadt an.
Stadthagen (Indago, Hagen, seit dem Ende des 13. Jahrh. auch
Indago comitis Adolphi, Grovenalveshagen u. ä.) erscheint urkundlich
unseres Wissens zuerst im Jahre 1230 (Mooyer, Die vormalige Graf-
schaft Schaumburg in ihrer kirchlichen Eintheilung S. 15). Im Jahre
1261 wird zuerst des Bürgermeisters und Rathes (proconsul et consules),
1280 des landesherrlichen Richters (judex) Erwähnung gethan (a. a. 0.
*) Gedr. bei Erhard, Reg. Westfal. Cod. dipl. ü, 237 (No. 641.) Gengier
Stadtrechte 254 fgg. u. ö. Dass Gengiere Datimng (1244) falsch ist, beweist
schon das Datum des Rinteler Privüegs.
•) Vergl. Preuss und Falkmann, Lippische Regesten I, 117.
•) Gedrackt bei von Aspem Cod. diplomat. hist. comitum Schauenburg.
n, 87, parallel mit einem Auszug aus dem Privil^ Bernhards 11 für Lippstadt.
Aus dem StÄdtarchiv zu Stadthagen. 209
187, 260). Doch unterliegt es selbstverständlich keinem Zweifel,
dass sowohl Rath als Richter schon früher vorhanden waren; sie
leiteten wohl das städtische Wesen, seit Stadthagen überhaupt mit
Mauern umgeben und mit städtischen Rechten ausgestattet war.
Worin diese ältesten städtischen Rechte (jus et libertas, quam nostri
progenitores felicis recordacionis ipsis dederunt, dum dictum opidum
de eorum mandato muniretur) bestanden haben, wissen wir nicht.
Die, frühesten Stadtprivilegien, die das Stadtarchiv enthält, sind zwei
Pergamenturkunden des Grafen Adolf VI. von Schaumburg vom
12. August 1344, durch welche neben der Bestätigung aller früheren
Rechte die Stadt Stadthagen mit dem jus Lippense, dem Rechte von
Lippstadt, begnadigt wurde (cf. Dolle Bibl. Histor. Schauenb. III, 313).
Die eine der beiden Urkunden spricht diese Begnadigung einfach
aus; die andere längere geht ausführlicher auf den Inhalt des jus
lippense, auf die nunmehr geltenden Rechte der Stadt, ein. Als
Vorlage für diess letztere Privileg hat die oben erwähnte Urkunde
für Rinteln von 1239 gedient, deren Bestimmungen nebst den Zu-
sätzen zum Lippstädter Privileg (§§ 13 — 16) theils wörtlich theils mit
geringen Aenderungen wiederholt wurden. Nur § 4 des Rinteler
Privilegs, welcher eine wohl veraltete Bestimmung über die Ein-
setzung des Raths durch die Landesherren enthielt, ist in der Ur-
kunde für Stadthagen weggelassen; dagegen enthält die letztere
einige Zusätze. So ist zwischen § 11 und 12 des Rinteler Privilegs
eingeschaltet: „Item si aliquis burgensis alium volneraverit, ultra
aliam noctem super hereditatem siiam, si habuerit, so accomodare
faciet coram nostro judicio super dicta causa, secundum quod justum
fuerit responsurus." Hinter § 16 finden sich folgende Sätze:
Si quis eciam ibidem arestatus ab aliquo burgensium inde
recedere vel exire presumeret seii vellet, talis recedero volens sine
excessu tamdiu retardari licito poterit, quousque judex adveniens
sibi fieri faciat, quod est juris.
Cetere omnes cause ad nostrum Judicium pertinentes debent
per nostrum judicem si possunt terminari. Sin autem ad consules
devolventur, quas (sie)' infra mensem et non ultra exigente justicia
terminabunt.
Item quilibet existens in dicto opido, quem nos incusare
voluerimus aut officiati nostri vel aliquis de servis nostris, pro
quacunque causa fuerit, coram consulibus ad justiciam respondebit,
si causa talis ad consules dinoscitur pertinere. Si ad judicem pertineat,
ArchivaliiClie Zeitechrift Vm. 14
210 Ermißch:
talis existens in dicto opido nichilominus coram judicio responsurus
nobis vel nostris ipsum incusantibus pro quacunque causa satis-
faciet secundum jus civitatis, quod a consulibus ibidem tunc
diffinitum fuerit vel ostensum.
Von Stadthagen wurde das Lippstadt-Rinteler Recht dann auch
auf Bückeburg übertragen . Graf Adolf VII. und sein Bruder Otto
gaben durch Urkunde vom 24. Juni 1365 „eine vriheit von unsern
schlate tho der Bückeborch und ein weickbilde" für die darin
Wohnenden, wonach man in den nächsten 12 Jahren Wunden imd
Todschlag verbessern sollte „in gnade oder na sodanen rechte,
also in der stadt tho dem Grevenalveshagen recht is"; die Bussen
sollten zu Besserung des Schlosses verwandt werden. Nach Ablauf
der 12 Jahre „solden se brücken alder gerechtigkeit , der de von
dem Grevenalwenshagen brücket". (Dolle Biblioth. Hist. Schaumburg.
II, 191. Wippermann ßegesta Schaumburgen sia S. 173.) Hiernach fallt
also die Umbildung von Bückeburg zu einer Stadt, die man in der
Kegel erst dem Fürsten Ernst (1609) zuschreibt, schon in das
14. Jahrhundert; einen Rath von Bückeburg finden wir wiederholt
im 15. Jahrhundert aufgeführt.
So schliessen die Urkunden vom 12. August 1344 eine Lücke
in der Reihe der westfälischen Stadtrechte. Von geringerer Wichtig-
keit sind die ebenfalls im Rathsarchiv vorhandenen Bestätigungen
dieser Privilegien von 1344 Dec. 6., 1353 Juli 14. und 1369 März 5.
Auch im 15. und 16. Jahrhundert blieb Stadthagen^ in naher
Beziehung zu Lippstadt, wandte sich aber ausserdem auch oft an
den am allgemeinsten anerkannten Oberhof Westfalens, nach Dort-
mund. Wir erkennen diess namentlich aus zwei Manuscripten des
Rathsarchivs zu Stadthagen, die neben zahlreichen Rechtsweisungen
aus lippstadt und Willküren des Rathes zu Stadthagen auch die
lateinischen und die ihnen angehängten deutschen Dortmunder
Statuten^) in Abschriften des 15. und 16. Jahrhunderts enthalten.^)
Auf den weitern Inhalt dieser Handschriften gehen wir nicht näher
ein, da es hier nur darauf ankam, den Boden zu kennzeichnen,
auf welchem die unten mitgetheilten Statuten von Stadthagen er-
wachsen sind.
') Gedruckt bei .Frensdorff, Dortmunder Statuten und tJrtheile (Halle a/S.
1882) S. 19 ff., 48 ff.
') Yergl. über die beiden Handschriften Frensdorff a. a. 0. S. 352 und
in den Hansischen Geschichtsblättem Jahrg. 1882 S. 119 f.
Aus dem Stadtarchiv zu Rtadthagen. 211
Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts lag die Verwaltimg der
Stadt und die niedere Gerichtsbarkeit in den Händen des Rathes,
während die Gerichtsbarkeit über Hals und Hand dem I^ndesherm
zustand und in seinem Namen durch den Judex, dem die Raths-
mitglieder als Schöflfen zur Seite standen, gehandhabt wurde. Es
war das Naturgemässe, dass die landesherrliche Gesetzgebung sich
vorzugsweise mit dem Competenzrerhältnis dieser beiden Factoren,
das ja Anlass zu allerhand Conflicten bieten konnte, befassen musste;
dem entspricht der Hauptinhalt der längeren Urkunde von 1344,
wenn^dieselbe auch daneben einige innere Zustände berührt. Die
Ausgestaltung der städtischen Verwaltung im engern Sinne war
hier wie in andern Städten Sache des mit Autonomie ausge-
statteten Erathes. Es bildeten sich Gewohnheitsrechte, die, wenn das
Bedürfnis fühlbar wurde, in statutarische Form gebracht wurden.
Wann diess in Stadthagen geschah, wann die nachstehend mit-
getheilte Statutensammlung zusammengestellt worden, ist eine nicht
uninteressante Frage, die wir jedoch nicht mit völliger Sicherheit
entscheiden können.
Die Statutensammlung (pag. 6 — 10) ist auf Linien mit Bücher-
schrift von einer 1) sehr deutlichen und festen Hand geschrieben,
die man wohl in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zu setzen
hat; sie könnte auch schon dem 13. Jahrhundert angehören, aber
gegen diese Datirung spricht das einzige sachliche Moment, das für
die Bestimmung der Entstehungszeit in Betracht kommt, nämlich
das Vorkommen der Hannoverischen Pfennige (§ 25, 27), welche
meines Wissens nicht vor 1322 nachweisbar sind 2). Die Ueberschrift
beginnt mit einer sehr kunstlosen Initiale ; die einzelnen Sätze sind
durch rothe Ausmalung der Anfangsbuchstaben getrennt. Eine
moderne Hand hat Paragraphenzahlen eingefügt, die wir mit wenigen
Abweichungen beibehalten haben. § 3 ist auf einem eingehefteten
Pergamentblättchen anscheinend von derselben Hand, die das Ganze
*) Wenn einige Zeilen (Schluss von pag. 7, Anfang von pag. 9) zierlicher
geschrieben zu sein scheinen als das Uebrige, so sind die Buchstabenformen
doch 80 tibereinstimmend, dass man an einen Wechsel in der Person des
Schreibers nicht denken darf, vielmehr ein Wechsel der Fedei; oder etwas ähn-
liches vorliegen dürfte.
») Die Stadt Hannover kaufte 1322 Febr. 2 das Münzrecht: ÜB der
Stadt Hannover I, 137. Bode, Das ältere Münzwesen der Staaten und Städte
Niedersachsens (Braunschweig 1847) S. 30.
14*
212 Ermißch:
geschrieben hat, hinzugefügt worden. Von jüngeren Händen sind
kleine Zusätze zu § 7, 12, 16 (Hand H), der ganze § 29 (Hand TU)
und der Zusatz zu § 28, sowie der ganze § 30 (Hand IV); die
letztere könnte schon dem Anfang des 15. Jahrhunderts an-
gehören.
Auffallend ist nun vor allem, dass sich ein grosser Theil dieser
Statuten theils wörtlich übereinstimmend oder nur in geringfügigen
Einzelheiten geändert, theils mit Auslassungen und wesentlichen
Abweichungen, noch einmal auf pag. 18 und 19 der Handschrift findet.
Es geht ihnen hier die Aufschrift voran: „Consules veteres et novi
opidi Grevenalveshaghen hujusmodi statuta subscripta perpetuis
temporibus firmiter observari decreverunt". Dann folgen auf pag. 18
die §§ 12*, 26, 18*, 2, 19, 8*, 4* 13»*, 14, 13*>*, 6*, 16, 17;
auf p. 19 ein Theil von § 12* und die §§ 7*, 11, 15*, 4* 18*.
Alle auf pag. 18 imd die vier ersten auf pag. 19 stehenden Sätze sind
von derselben Hand, welche auf pag. 1 die Abschrift der Landfriedens-
urkunde von 1374 geschrieben hat, die also dem letzten Viertel
des 14. Jahrhunderts angehört, während die beiden letzten Sätze
(§§ 4 und 18) von zwei andern, wohl noch in das Ende des
14. Jahrhunderts zu setzenden Händen herrühren.
Vergleichen wir diese letzte Statutenniederschrift, die wir B
nennen wollen, mit der auf pag. 6^. (A), so fällt zunächst in die
Augen, dass A offenbar eine als Ganzes gedachte und nieder-
geschriebene Statutenredaction ist, die sogar eine gewisse syste-
matische Ordnung des Stoffes zeigt, während sich auf pag. 18 und 19
nur eine Anzahl durch kleine Zwischenräume getrennte Einzel-
statuten in buntem Durcheinander finden. Gerade das eng Zu-
sammengehörige ist zuweilen ganz willkürlich auseinander gerissen
(§§ 12, 13).
Gar nicht finden sich in B die §§ 1, 3, 9, 10, 20—25, 27—30.
Dagegen sind wortgetreu oder nur mit geringen stilistischen
Aenderungen übernommen die §§ 2, 11, 14, 16, 19 und 26.
Was die übrigen §§ anlangt, so sind dieselben theilweise in
der Fassung B kürzer als in der Fassung A, ohne jedoch wesent-
liche Aenderungen zu enthalten; vgl. §§ 5 — 7. Erheblicher ver-
ändert sind die §§ 4, 8, 12, 13. Ueberall ist die Fassung in B
kürzer als in A ; eine weitläuftigere Fassung hat eigentlich nur die
* I>ie so bezeichneten §§ zeigen eine wesentlich veränderte Fassung.
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 213
Spielordnung § 18, die sich zweimal findet, einmal auf pag. 18, wo
sie, wie es scheint, ausradirt und nur durch ungeschickte Anwen-
dung von Keagenzien wieder lesbar gemacht worden ist, und als
Nachtrag auf pag. 19.
Völlige Klarheit über das gegenseitige Verhältniss ron A und B
ergiebt sich aus diesem Vergleiche nicht. Vom paläographischen
Standpunkt aus wird man ganz entschieden A für älter haiton müssen
als B. Sieht man indessen davon ab, so erscheint B als eine lose
Aneinanderreihung einzelner Werkstücke, aus welchen dann die
Bedaction A zusammengesezt worden ist. Man vergleiche z. B., um
das Auffalligste hervorzuheben, den § 12 in beiden Passungen mit
einander; in B finden sich, vertheilt auf pag. 18 und 19, eine Reihe
lose neben einander stehender Sätzchen , in A sind dieselben • in
Zusammenhang gebracht und wesentlich vervollständigt. Wie hier
B den Fall einer Mitgift von 100 Mark gar nicht ins Auge gefasst
hat, sondern nur niedrigere Sätze, so scheint es auch in andern Fällen
fast, als hätte B kleinere, engere Verhältnisse im Auge als A: die
Bussen sind geringer (§ 4), bei Kindtaufen sind nicht 6, sondern
nur 3 Schüsseln gestattet (§ 13). — Ganz abgesehen von diesen
Einzelheiten würde eine Wiederauflösung der Statutenredaction in
ihre einzelnen Bestandtheile, die noch dazu in ihrer Fassung grössten-
theils wörtlich mit der Fassung in A übereinstimmen oder in ihren
Aenderungen theilweise nicht als Verbesserungen von A bezeichnet
werden können, eine ganz zweck- und sinnlose Arbeit gewesen sein;
dass diejenigen Statuten, welche nur in A, nicht in B sich finden,
etwa in späterer Zeit nicht mehr gegolten haben, ist gewiss nicht
anzunehmen. — Endlich kann man für die sachliche Priorität von B
vor A noch die Auslassung der Zusätze, welche eine jüngere Hand
zu § 7, 12, 16 in A gemacht hat, anführen.
Aber spricht auch alles diess dafür, dass wir in B nicht eine
Ableitung, sondern eine Quelle von A zu sehen haben, so kann es
doch nicht die paläographischen Gründe entkräften, die es unseres
Erachtens als ganz unglaublich erscheinen lassen, dass A später
als B, also frühestens im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts nieder-
geschrieben worden sei. Gestützt werden diese Gründe dadurch,
dass B auf der dritt- und vorletzten Seite der Lage steht. Ein
Moment lässt sich immerhin auch aus dem Wortlaut dafür anführen ;
in § 15 wird in B eine luxuspolizeiliche Bestimmung getroffen, die
sich in A nicht findet, und dann anscheinend auf die nicht wieder-
214 ErmiBch :
holten Satzungen von A mit den Worten hingewiesen: „ünde de
anderen säte scullen alle bi orer macht bliyen".
Somit bleibt das Verhältniss zwischen A und B ein nicht
ganz klares. Ein Ausweg liesse sich etwa in der Annahme £nden,
dass zwar B in seiner jetzigen Form jünger ist als A, aber auf
älteren Aufzeichnungen beruht, die auch dem Verfasser von A als
Vorlage gedient haben und die später einige Aenderungen und Zu-
sätze erfahren haben. Becht beMedigend ist indess dieser Ausweg
auch nicht. Vielleicht gelingt es einem, der das Städtewesen West-
falens genauer kennt als der Verfasser dieses Aufsatzes, das Ver-
hältniss schärfer zu präcisiren.
Für die Bestimmung der Abfassungszeit unserer Statuten haben
wir durch den Vergleich mit B nichts gewonnen. Sie sind doch
wohl in derselben .Zeit entstanden, in welcher sie niedergeschrieben
wurden, d. h. in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, und zwar,
wenn in der That die Hannover'schen Pfennige nicht vor Uebergang
des Münzrechts an die Stadt Hannover vorkommen, nach 1322. Man
kommt so auf die Jahre, in welchen das erste ausführliche landes-
herrliche Privileg für Stadthagen erlassen worden ist, und wenn
sich auch zwischen ihm und den Statuten keine directen Beziehungen
finden, so drängt sich doch unwillkürlich die Vermuthung auf^ dass
die beiden den gleichen Zweck verfolgenden Aufzeichnungen auch
zu gleicher Zeit entstanden sind, dass also die Redaction der Sta-
tuten um 1344 erfolgt sei.
Wir lassen nunmehr den Wortlaut der Statuten, dem wir in
den Anmerkungen die Abweichungen von B und einige Wort- und
Sacherläuterungen beifügen, folgen ; eine ausführlichere Interpretation
des Inhalts müssen wir jedoch Berufeneren, die auch die übrigen
Quellen des Stadtarchivs zu Stadthagen zu benutzen im Stande
sind, überlassen.^)
') Herrn Bürgermeister Wippermann, der mir das Stadtbuch auf längere
Zeit leihweise überlassen hat, wie allen, die mir mit Rath und That bei dieser
kleinen Untersuchung beigestanden haben, namentlich den Herren Prem.-Iieut
Begemann in Lichterfelde, Dr. Döbner in Hannover, Prof. Dr. Frensdorff in
Göttingen, Drr. Koppmann in Hamburg, Philippi in Münster, Chr. Walther in
Hamburg, Oberlandesgerichtsrath Weissig in Oldenburg, Major Weltmann in
Bückeburg spreche ich meinen verbindlichsten Dank aus.
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 215
Beilage.
Desse na bescrevenen stAcke scal men holden in unser stad,
so lange, wente de verändert werden van deme rade.
*[§ !•] Welik user borghere efte borghersche i) vor dem rade
deghedingen 2) wil, de enscal vor den rad nicht gan men selfderde
borghere 3). Wo dicke he dit verbreke, also manich pund scal he
darvor gheven. Unde worde dar ok wat verbroket, dat scal de
sakewolde^) verbeteren.
[§ 2.] Vortmer welik man den anderen ovele handelt up deme
radhus vor deme rade myt vorsate*) unde darvor weddet, vor den
brSke scal he gheven vif mark unde nicht myn.
*[§ 3.] We ok den anderen vorsatliken myshandelt uppe der
strate unde des to wedde kumpt vor deme rade, dat wedde scal
he verbeteren sunder gnade, unde enscollen van deme hus nicht
gan by des Stades hftlden*), orer beyder vrunt enhebben se dar
erst over ghescheden.
[§ 4.] Vortmer so enscal nyn user borghere efte borgherschen
efte derghener, de myt us wonet, den anderen verclaghen in nynen
uthwendighen gherichte, orer eyn de ene hebbe den anderen ver-
volghet vor us eder vor uses heren gherichte in user stad, dat
ome dar rechtes brake worden syi), We dat verbreke, wo dicke
he dat dede, scal he dat verbeteren myt vif marken.
* Die mit einem Sternchen versebenen Abschnitte finden sich nur in A.
1 1. ^) Bürger oder Bürgerinnen. — •) teidingen, verhandeln. — ') ausser
in Begleitung von zwei andern Bürgern. — *) Partei, Kläger.
I 2. Ebenso pag. 18.
*) vorsätzlich.
I 3. Nachtrag auf einem eingehefteten Fergamentblättcben, wohl von
derselben Hand.
^) Bei dem Büigereide.
I 4. Welik user boighere efte borgherschen anders wor claghe dot over
den anderen dan vor deme gherichte in user stad efte vor us, umme alsodane
sake, de deme richte efte us to richtene berede, wo dicke he dat dede, also
dicke scal he dat verbeteren myd eneme pimde. (pag. 19.)
Diese sehr häufige Bestimmung findet sich auch im Privileg von 1344
Aug. 12 (Item nullus burgensium suum condvem debet in alieno judido con-
vincere, set coram nostro judicio, pro uUa culpa seu gravare).
^) d. h. eine Klage vor auswärtigen Gerichten ist nur dann gestattet,
wenn der Kläger vor dem Käthe oder vor dem Gerichte des Landesherm sein
Recht nicht hat erlangen können.
216 Ennisch:
[§ 5] Weret ok, dat use borghere efte borgherschen, der use
rad mechtich were to rechte, we beswerede myd ladinge in gheystlik
gherichte, de gheue, de de ladinge dede ,efte dSn lete unde nyn
recht vor us noch vor uses heren gherichte nemen ene wolde, welik
user borghere den husede oder heghede, de scal dat verbeteren
deme rade unde der stad myd vif marken, also dicke he dat dede.
[§ 6-] Vortmer des sundaghes is use wekenmarket i), so scollen
user stad knechte des morghens ute deme kophus^) uthsteken ene
vanen, unde binnen der tyd, also de vane uth gesteken is, so
moghen use borghere unde borgherschen eyn iewelik to sines selves
behof to sine kosten kopen, wes he dar to bedarf. Kofte aver we
wat uthlftden to vorkope, wo manighen kop he dede, so manighen
verding scal he dem rade dar vor to beteringe gheven.
[§ 7.] Yortmer welik man efte vrowe borgher efte borghersche
is myd us, de scal vryg hebben de vasten over vele to hebbende
vastenkost [sunder i) weterden beringt), de der hokere ghilde nicht
ene hebbet]. Unde vord achte daghe vor sunte Jacopes daghe
wente to deme achteden daghe 3) moghen de vryg hebben slachten-
des unde to verkopende alle spise, der men bedarf to etende.
[§ 8.J Vortmer so enscal nemant wicbelde gud verkopen noch
verpenden noch latent) deme ghenen, de use borghere nicht en is.
I 5. We use borghere ladet in gheystlik richte unde nyn recht ene wil
van on vor us unde vor uses juncheren gherichte in user stad, de den heghede
imde husede; de scal dat verbeteren myd vif marken, also dicke also he dat
dede. (pag. 18.)
I 6. AUe de wile dat de vane des sundaghes uthghesteken is, en scal
nemand vorkop don unde nicht kopen men to siner eghenen behof unde kost
We dat verbreke unde vorkop dede efte uthlSden kofte, de scal dat verheeren
myd eneme verdinge, also dicke also he dat verbreke. (pag. 18.)
*) Wochenmarkt. - •) Kaufliaus.
§ 7. We use borghere sind, de scollet vryg hebben de vastene over
vastenkost vele to hebbende, unde achte daghe vor sänte Jacobes dag^e wente
to deme achteden daghe scöUet se vryg hebben slachtendes unde to verkopende
alle spise, de men mach eten. (pag. 19.) Ebenso ein Eintrag pag. 16,, der wie es
scheint; ausradirt werden sollte.
*) sunder — hebbet: Zusatz am untern Rande von späterer Hand (II);
derselbe fehlt in der Redaction B. — •) gewässerter Häring. - - ') Vom 18. Juli
bis 1. August.
§ 8. We wicbelde gud verkoft deme, de nyn borghere en is, de scal
dat verbeteren myd vif marken und scal den kop weder don. (pag. 18.)
^) veräussem, auflassen.
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 217
Unde we dat hir enboven dede, de scal dat verbeteren myd vif
marken deme rade unde scal den kop weder don efte dat pand
losen. Verbleve he des s&lfweldeliken^), so scal dat wicbelde gut,
dar de kop pand efte latinge^) in scheghe, myd wilkore vervallen
deme rade unde user stad ghemeynheyt.
*[§ 9.] Vortmer so onscal user borghere nyn land düngen^)
uth user stad, so ene willen dat verscoten lik useme wicbelde gude
na morghentale^).
*[§ 10.] Vortmer schüdei) dat, we van buten eder ok van en
binnen user stad use borgherschen eder borghers kind to der e
trftwen2) scolde, dar ome wicbelde gut mede gheloved worde^), de
scal use borghere werden, eyr men ome de vrowen eder maghet
to echten*) gheve. Worde dit verbroken, so scal dat wicbelde gut,
dar de berat 5) up schüt myd wilkore 6), also vorghescreven steyt,
an usen rad unde meynhet vervallen. Darto we borghere efte
borghersche myd us were imde hir an unde over were unde myd
vorsate dit deghedingen tifilpe, de scolde dat dem rade verbeteren
myd eneme punde.
[§ 11.] Vortmer welike iuncvrowen, de men brenget to korken,
der men dat sappel scal afseghenon i), de scal gan seif twelfte.
Wo manighe vrowen eder iuncvrowen se mer heft myd sik, myd
also manighen verdinge 2) scal men dat verbeteren. Unde nyne
iuncvrowen scollet myd der brut gan, se ensyn twelf iar old efte 3)
boven, bi des Stades wilkore*).
•) Unterlässt er diess in eigenmächtiger, gewaltthätiger Weise. — *) Ge-
richtliche Cession eines Eigenthums an einen andern.
I 9. *) düngen. Der in der Stadt erzielte Dünger soll nur zur Düngung
von zur Stadt gehörigen oder derselben schossenden Feldern verwandt werden.
— *) nach Morgenzahl.
§ 10. *) geschehe. — *) heirathen. — ^) wobei ihm Stadtgut als Mit-
gift gelobt wird. — *) zur Ehe. — *) die Ausstattung. — •) auf Grund des
vereinbarten Vertrages.
I 11. Dasselbe Statut pag. 19.
') sappel, schappel: Kranz als Hauptschmuck der Jungfrauen; den sappel
afseghenen: kirchlich trauen. — ') Vierdung, der ^ie^te Theil einer Mark. —
•) oder. — *) wilkore oder köre: die gewöhnhche Geldstrafe bei Uebertretung
von Statuten.
218 EnniBch:
[§ 12.] Vortmer welker vrowen eder maghet, de men beret*)
unde der men mede ghift to hundert marken eder mer, de mach
hebben in der hochtyd to sestich scotelen. Ghift men or mede to
Bestich marken, se mach hebben to dertich scotelen. Ghift men or
mede to dertich marken, so mach se hebben to vifteyn scotelen,
to twintich marken teyn scotelen, myd drosten^) unde myd ghesten.
Unde to ieweliker scotelen scal men teilen twe lüde [ane l&de de
van buten to komet^*) uthghesproken] 3) unde en scal nicht mer
gherichte gheven den vive to der maltyd. [We dit verbreke, de
scal dat der stad verbeteren myd twen marken]*). Ok en scal
men dar nyne ghernde spellfide^) laden wen user herscop eder user
stad knechte. Unde weme andere ghernde lüde ghesand werdet
myd US, den mach men gheven enen Schilling unde nicht mer,
unde den kokenbeckerschen 6) dre sware. Verbreke we dit myd us,
de scal der stad eyn iar denen myd eneme perde.
[§ 13.] Vortmer welik man efte vrowe eyn kynt let cristenen *)
myt US unde darto mer gheste heft den to ses scotelen, de scal
dat verbeteren myd eneme punde. Unde we dar vaddere^) to wert
i 12. Welik orer vrowen eder maghet, der men mede ghift, wan men
se bered, to dertich marken efte myn, de enscal nicht mer hebhen beyde myd
drosten unde myd ghesten , wen to vifteyn scotelen , unde nicht mer l&de en
Bcal men to der scotelen setten wen twe unde nicht mer richte en scal men
gheven wen vyve. Welik orer vrowen eder maghet, der men mede ghift to
sestich marken eder enboven, de scal hebben to dertich scotelen in aller wiae,
also vore is ghescreven. Ok enscal man nyne ghemen hebben men der stad
knechte. Weme ok ghemen ghesand werdet, de enscal he nicht mer wen enen
Schilling gheven. We ok dat verbreke, de scal der stad denen eyn iar myd
eneme perde. (pag. 18.) We den kokenbeckerschen to der hochtid mer ghift
wen dre sware penninge, de scal dat verbeteren mid ses Schill, (pag. 19.)
*) die man ausstattet. — *) Aufwärter bei festlichen Mahlzeiten. —
■*) auswärtige Gäste. — *) Zusatz am untern Rande von wenig späterer Hand;
derselbe fehlt in B. — *) Ebenso. — *) bettelnde, herumziehende Musikanten,
Gaukler. — *) Kuchenbäckerinnen, die zur Hochzeit kamen. Yergl. dazu eine
Chemnitzer Hochzeitsordnung von 1401 in meinem Chemnitzer ÜB. (Cod.
dipl. Sax. reg. H, 6) 59 und die Bemerkung von Fedor Bedi in G«-
mania 27, 182.
I 13. Welik man eyn kindelbedde heft imde heft mer gheste wen to
dren scotelen, de scal dat verbeteren myd eneme punde. (pag. 18.) Vortmer
welik man eder vrowe vaddere wert unde deme kinde mer ghift wen enen
Bwaren Schilling, de scal dat verbeteren myd eneme punde. (pag. 18.)
^) taufen. — ■) Gevatter.
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 219
unde deme kynde mer ghift dan enen Schilling, de scal dat ver-
beteren myd eme punde.
[§ 14.] Voiteier welik vrowe in kerken gbeyt unde let sik
inleden^), de scal gan sälfdridde. Also manighe vrowen se mer 2)
hedde, so manighen verding scal se der stad darvor gheven.
[§ 15.] Vortmer welik man eder vrowe werschop i) heft van
brutlachtes 2) weghene, de scal ungheladet vor den rad komen binnen
den neghesten verten nachten unde bewisen myd sime rechte 3), dat
he desse sate^) gheholden hebbe. Versümet he dit unde wert darto
verbodetö) van des rades weghene, dat scal he verbeteren myd
eme punde.
[§ 16.] Vortmer we lüde herberghede, de to banne syn, dar
wy uses sanges in user kerken umme enberen mSchten i), [witliken^)],
wo manighen dach wy uses sanges darumme enberen, myd also
manighen halven verdinge scal he dat verbeteren.
[§ 17.] Vortmer so enscoUen de herbergheres *) to iewelker
tyd nicht mer herberghen men^) twe waghene efte dre karen. Wo
dicke he dat verbreke, also manighen verding scal he darvor gheven,
ane soltkaren^) unde vischerkaren uthghesproken.
[§ 18.] Vortmer wo dicke user borghere borghers kynd efte
I 14. Dasselbe Statut pag. 18.
") d. h. sich nach überstandenem Wochenbette in die Kirche wieder ein-
führen läset. — *) myd sik: Zusatz pag. 18.
I 15. Welik man werschop heft van brutlachtes weghene, de scal des
moi^ens upnemen van ieweliker schotelen twelf sware penninge. We dat ver-
breke, de scolde der stad gheven cyn pund. Unde de anderen säte scullen alle
bi orer macht bliven. (pag. 19.)
*) Wirthschaft, Festlichkeit. — *) Hochzeit. — ') mit seinem Eide. —
*) Satzung (nftmlich § 12). — *) durch Boten vorladen.
I 16. Dasselbe Statut pag. 18.
*) Wenn Gebannte in der Stadt weilten, so wurde der Gottesdienst
eingestellt. — ') witliken: Zusatz am Bande von etwas späterer Hand (fehlt
pag. 18).
I 17. Dasselbe Statut pag. 18.
*) Herbeigswirthe. — *) als. — •) Salzkarren.
i 18. Wo dicke user borghere welik in syneme hus let dobelen . . .
efte wo dicke user borghere welik döbelt, also digke ecal he der stad davor
gheven ses Schillinge. Unde also manighen man, also he in syneme hus let
[dobeljn, also manighe ses Schillinge scal he der stad gheven. Unde we den
dobeleres(?) iodet, also man[igheme], also he iodet, also manighe ses Schillinge
scal he der stad gheven. Desses ghelik sollen [boigjhere kindere unde knechte
220 Ermifldi.
knecht döbelet efle let dobelen in siner woninge [efte boceni)]
hoYeman eder husman eder dar to iSdet^), so manich also' dar
döbelet [efte bocet] umme ghelt unde so maDigheme also he iodet,
dat scal der eyn iewelik verbeteren der stad vor deme rade to
ieweliker tyd myd eme verdinge.
[§ 19.] Vortmer weme de scolre sinen sone keset*) to bischope,
de en scal dre daghe vor der kindere daghe^) unde dre daghe na
nyne gheste hebben. Unde to der kindere daghe en scal he ne-
mande to gaste hebben dorn den scolemester unde sine scolere unde
des koninges vader unde moder unde dar wil de rad to gheven
enen verding. Were ok dat des biscopes elderen nicht denen ene
woldenS), so scollet se enen verding gheven den, de der scolere
procuratores sint, unde des koninges elderen enen halven verding.
Unde dar wil de rad to gheven enen verding, also dat de procura-
tores den denst don. Unde enscoUet nicht riden men dansen^) up
dem radhus^).
unde we iodet^ darvor, dat he iodet, 8cal he vor gheven Schillinge.
pag. 18. Der Eintrag ist in Folge der Anwendung von Beagenzien theilweise
unleserlich geworden. — [Wo] dicke user bo^ghere welik in sineme hus efte in
sinen woningeh let dobelen efte bocen hovemanne husmanne böigere boiig^ieres
kindere efte knechte, also dicke scal he dat verbeteren myd eneme ponde.
Wo dicke ok user boighere welik döbelet efte bocet efte boigheres kindere
efte knechte, also dicke scollet se dat verbeteren myd eneme verdinge, unde
wo manighen malk uppe deme sine let dobelen efte bocen, als manighen ver-
ding scal he der stad darvor gheven. Von späterer Hand pag. 19. Dahint^
ist ein Satz ausradirt, der, wie es scheint, jeden, der den Spielenden • jodet*,
mit der Strafe von je einem Vierdung bedroht.
*) efte bocen, efte bocet ist ausradirt worden, dobelen ist ein Würfel-,
bocen ein K^;elspiel. — ') lieber die Bedeutung dieses Wortes, das auch im
Braunschweiger TJB I, 68, 83 und I, 72, 123 vorkommt, giebt das mnd. WB n,
408 keine Auskunft.
I 19. Dasselbe Statut pag. 18. Das hier beschriebene Schiüfest, bei
welchem die Schüler einen Bischof wählten, dessen Eltern die gesanmite Schule
und des (ebenfalls wohl gewählten) , Königs* Eltern zu bewirthen hatten, ent-
spricht dem im Mittelalter sehr verbreiteten Gr^oriusfeste. Vei^L Schmid's
Encyclopädie des gesammten Erziehungs- imd Unterrichts wesens AHLII, 2i 1,
Herzog Realencydopädie der Protestant. Theologie u. Kirche V, 366 und die
dort angeführte litteratur.
>) wählt. — *) 28. December. — ») sie nicht bewirthen wollten. — *) Sie
sollen nicht reiten, sondern tanzen auf dem Rathhause. — ^) kophus pag. 18
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 221
*[§ 20.] Vortmer wat de knokenhoweres slachtet van paschen ^)
an wente to synte Dyonisius daghe^), wanne dat overnachtich wert,
so schöllet se dat selten 3). ünde wat se slachtet van s&nte Dyoni-
sius daghe wente to der vastene, dat m6ghet se vor verseht) vele
hebben wente in den derden dach in desser wise: wat se slachtet
des sunavendes, dat mSghet se vor versch vele hebben wente des
neghesten mandaghes darna. Wolden se aver vele hebben na deme
derden daghe, so scoUet se dat selten. Ok scollet ore ghildemestere
dat verwaren, dat se nicht enslachten, id en sy ghiftich.
*[§ 21.] Vortmer welik man efte vrowe, de in user stad ene
ghilde hedde unde der stad iarlikes sine^) plicht^) dede unde buten
user stad bestorve, deme scollet sine ghildebrSdere alle sine plicht
van der ghilde weghene don^), efte hir binnen bestorven were.
*[§ 22.] We hir ok in euer ghilde is unde der stad iarlikes
nyne plicht en d6t, deme enscal men to der ghilde nicht mer
staden <).
*[§ 23.] Vortmer weret ok, dat user borghere welik aflivich
werde 1), de ene ghilde hedde, syn echte vrowe, de he nalete^), de
scolde der ghilde bruken alle de wile, dat se sik nicht veranderde^).
*[§.24.] Vortmer we der wullenwevere ghilde wint, de scal
gheven deme rade ene halve mark unde der ghilde en halve mark
unde ver pund wasses to lachte i).
*[§ 25.] Vortmer so enscollet de wantschereres i) nicht mer
nemen van der eleu ekessches^) wen enen helling unde van der
elen van eneme langen lakene^) enen Honoverschen^) efte enen
swaren penning hir ghinge unde gheve.
I 20. •) Ostem. — ») 9. October. — ») emsalzen. — *) frisch.
§ 21. ") sine über dem unteipunktirten Worte ore. — ■) Hinter plicht
ist „nicht en" ausradirt und durchstrichen. — *) Die Verpflichtungen erfüllen,
welche die Gilde ihm gegenüber hat.
I 82. *) Man soll ihn nicht mehr in der Gilde dulden.
I 23. VergL unten Zusatz 1.
*) sterbe. — *) hinterlässt. — •) so lange sie sich nicht wieder verheirathet.
§ 24. *) die übliche Abgabe von Wachs zu den Kerzen auf dem Altar
der Gilde.
I 25. ") Tuchscherer. — ») Tuch aus Eedoo in Belgien (nach freundl.
Mittheilung des Herrn Dr. Koppmann). — ») Stück Tuch. — *) siehe oben S. 211.
222 Ermisch:
[§ 26.] Vortmer de weverschen i) scollet nemen vor dat stighe
teynebindes 2) ses sware, unde wat se werket in deme vif binde 5),
dar scollet se van deme stighe nemen sesteyn penninge. Wat dar
en boven clener'*) were, dar scollet se van nemen van der elen
enen penning. ünde vor iewelik stighe scollet se nemen to kfische^)
twe sware penninge.
*[§ 27.] Vortmer we der totteri) ghilde wint, de scal gheven
deme rade dre Honoversche Schillinge unde den tStteres eyn punt
wasses to Iflchte in godes ere unde dre penninge to brode unde
eyn half ammer^) beres, da se guden hoghen over wesen^). Und
myd on scal nemand stan to der bang, he ene hebbe de ghilde vor
deme rade ghewunnen. Unde scollet gheven twe rindeme worste
vor enen penning unde ene rode worst eder ene leverworst swinen
vor enen penning, unde wat se vele hebbet, dat scal wesen ghiftich^).
Unde weme se legget ene sprake, ene kfimpt de nicht vore des
irsten daghes, so scal he breken enen penning, des anderen daghes
twe, des dridden daghes dre penninge, unde ore ghildescapes kore^)
scal wesen ses penninge unde de scollet se keren in Iflchte in
godes ere.
*[§ 28.] Vortmer so mach eyn iewelik use borghere efte
borghersche, de dat vermSghon, bruwen laten twelf voder moltes^)
van eneme sunte Mychaeles daghe wente to dem anderen unde
scollen ore beyr seilen 2) binnen creme hus unde des Stades mat
utsenden, also dat ghesatet wert. 3) We dat verbreko unde user
Stades knechte darover quemen, de scolde dat deme rade verbeteren
I 26. Baseelbe Statut pag. 18.
*) die Weberinnen. — *) zehnbindige Lemwand. — •) fünfbindige Lein-
wand. — *) dünner, feiner. — *) Vielleicht mit dem noch jetzt in Westfalen,
Brandenbuig u. a. a. O. gebräuchlichen Worte ,,Ka6che*' = Kasse (beim Spi^
um Gdd im Zusammenhang stehend?
§ 87. *) Dieses Wort ist meines Wissens bisher noch nicht nachge-
wiesen; seine Bedeutung ergiebt sich aus dem Inhalt (vgl. § 30). Wenn man
dafür cötter lesen könnte, so wäre der Zusammenhang mit küt, Eingeweide,
und den Formen küter, kutteln klar; aber das t im Anlaut kann schlechter-
dings nicht für c gelesen werden. — *) Eimer. — •) d. h. wobei sie fröhlich
sein können. — *) so beschaffen, dass es verkauft werden kann, von guter
Qualität. — ») Die gewöhnliche Strafe der Gilde.
I 88. *) 12 Fuder Mabs. — ») verkaufen. — ») nach dem von der Stadt
festgesetzten Maasse verkaufen.
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 223
myd eneme halven verdinge. [Unde schal bruwen over de dre weken
unde nicht er.] *)
*[§ 29.] Snydet de knokenhowere efte ore jungen schap seghen i)
efte lammere, ghift men on vel in ore Ion, de moghet se in ore Ion
nemen, wo se nyn ghelt to ene gheven. Ghevet se ghelt to, so is
id eyn kop. Wat de knokenhowere slachtet des enen daghes, dat
leder scollet se des anderen dhages in den schämen vele hebben,
wes se nicht verkoft ene hedden des avendes^ unde scollet de vele
hebben in der scarnen, wente de prime klocke^) lud is. Wes se
dan nicht verkoft hedden, dat moghet se dan verkopen, weme
se wiUet.
*[§ 30.] We ok mit uns slachtet, de scal unse borgher wesen
unde schal der totter^) ghilde hebben. We dat verbreke, de schal
dat vorbeteren dem rade mit enem verdinch, so dicke he dat dede.
Folgende Einzelstatuten (Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrh.)
finden sich an verschiedenen Stellen der Handschrift.
[Zusatz 1.] Welik man, de der koplude ghilde hedde unde
aflivich werde unde kindere nalete, de in der koplude ghilde nicht
gheboren ene weren unde to oren iaren komen weren, *) de kindere
ene moghen nicht handelen, dat in der koplute ghilde rore, van des
kopmannes echte vrowen weghene, efte he ene echte vrowen hedde.
(pag. 16.)
[Zusatz 2.] Welik vrowe biddet vryg der linenwever ghilde,
de scal to voren gheven deme rade XYIII penninge unde der ghilde
I pund wasses unde wanne se de ghilde wind, so scal se dit ynne
beholden, (pag. 19.)
*) Späterer Zusatz von anderer Hand (IV). Vorher war am Schlüsse des
§ „over de dre weken" von Hand H EUgefügt und durch ein Zeichen zu oben
„wente to dem anderen" gezogen worden.
I 89. Zusatz (nach Hand m).
*) Ziegen. — •) Die Prime, die erste der kanonischen Hören, wurde gegen
5—6 Uhr früh geläutet.
I 80. Zusatz von Hand IV.
>) Vergl. oben § 27.
Zug. 1. VergL § 23.
*) mündig geworden sind (was in der Regel im 12. Lebensjahre der Fall
war), cf. Stobbe Privatrecht I", 285.
Zog. 2. Vgl. § 24.
224 Doebner :
[Zusatz 3.] Welik man den anderen anclaghet umme scult
efte umme wort unde de man der scult efte wort verzeket i) unde
de ancleghere den wil vortfighen^), de scal dat don, ir he den eed
do, s&lf dridde bezetener borghere, dat bederve lüde sind unverlecht
ores rechtes 3). Wil he one aver vertüghen darna, wanne he den
eed ghedan heft, dat scal he don suUEsevede bezetener borghere, dat
bederve lüde sint unverlecht ores rechtes. Eyn zeker bederve man
unverlecht sines rechtes is aver negher siner ere to verwerende*)
myd allike vele^) luden. Datum xc septimo crastino Crispini et
Crispiniani ö). (pag. 20.)
[Zusatz 4.] Wor eyn den anderen schuldighet und thud uppe
eynen teller^), den schal he benomen. Secht aver de klegher, yd
sy ome to weten geworden, des mach sik de andere, de beklaghet
werd, entledighen myd synem rechten efte des bekennen, (pag. 33.)
[Zusatz 5.] Anno domini MO CCCCXXIIIIO des donersdaghe
in der meyne weken i) ward de raid eyn myd den knokenhoweren
dat se nicht kopen scholen van queke^) beneden teyne schillinghen,
unde ift se wad koften to teyne schillinghen, dat schal yo eyner
mark wol wert wesen.
B. Beschreibung des Stadtarchivs zu Stadthagen.
Von
Dr. K. Doebner,
k. Archivar zu Hannover.
Die Originalurkunden des städtischen Archivs zu Stadthagen,
542 an der Zahl, darunter 44 vor 1400, umfassen den Zeitraum
von 1280 — 1862. Ist es ein Beispiel der Zähigkeit alter Rechts-
gebräuche, dass noch im Jahre 1862 der jetzt regierende Fürst von
Schaumburg-Lippe in einer Pergamenturkunde mit Siegel in Holz-
capsel und unter Anwendung alter Formeln und Taxen die Privi-
legien und Rechte der Stadt bestätigte, so steht es andererseits ausser
Za8. 8. ^) leugnet. — ') durch Zeugen überführen. — ") imbescholten. —
*) sich schützen. — ^) eben80\del. — °) 1397 Oct. 26.
Zus. 4 findet sich auch (wohl als Lippstädter Kechtsweisung) in der oben
S. 210 angeführten Rechtshandschrift des 15. Jahrhunderts.
*) Erzähler; auf den Bericht eines Dritten.
Zus. 5. ') 1424 Oct. 5. — ») Lebendes Vieh.
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 225
Zweifel, dass die Geschichte von Stadthagen in eine lange Zeit weiter
hinaufreicht als die urkundlichen Nachrichten überliefern. Denn es
ist eine durchaus ansprechende Vermuthung H. Guthes i), dass unter
der Gunst der alten Strasse, welche die Bischofssitze Minden und
Hildesheim verband, des sogenannten Helewegs vor dem Santvorde,
ein nach der waldigen Landschaft genannter Ort Hagen (Indago)
frühzeitig zu einem städtischen Gemeinwesen gedieh. Nach einem
Grafen Adolf von Schauenburg, vermuthlich dem dritten dieses
Namens, wurde die Stadt im 13. Jahrhundert Grevenalveshagen
genannt. Bis in das 16. Jahrhundert ist dieser Name vorherrschend
geblieben, dann überwiegt der Name Stadthagen, welcher vereinzelt
schon im 14. Jahrhundert begegnet. Charakteristisch ist drfbei, dass
bisweilen in ein und derselben Urkunde neben Grevenalveshaghen
der alte Name to dem Haghen gebraucht wird, und zwar haftet
dieser dann besonders an den eigentlich städtischen Instituten, dem
Rathhause und der Pfarrkirche S. Martini.
Während die Rechtsthätigkeit des Rathes vorzugsweise in den
oben von H. Ermisch mitgetheilten Statuten ihren Ausdruck fand,
bezeichnet eine Reihe von gräflichen Privilegien, abgesehen von
der Verleihung des 'Lippstädter Rechtes im Jahre 1344 (s. ebendort),
die Momente der inneren Entwicklung der Stadt. Zunächst gestattet
Graf Gerhard von Holstein und Schauenburg 1280 den Einwohnern
opidi Indaginis, nach richtiger Ablieferung des Zehnten ihr Getreide
in die Stadt einzubringen 2). Auf die Errichtung und Dotirung
einer Capelle zu Bischoperode in unmittelbarer Nähe der Stadt
unter Zustimmung Bischof Gottfried's von Minden (1312) folgen
zwei zu Stadthagen ausgestellte Privilegien des Grafen Adolf VI.,
welche unmittelbar die Hebung des städtischen Lebens zum Zweck
haben. In dem ersten von 1317 Febr. 26. befreit er die Kauf leute
seiner Städte von Entrichtung des Zolles oder Ungeldes in seiner
Stadt Hamburg und fünf Jahre später (1322 Aug. 24.) liefert er
zur Erleichterung der Stadt (ne paupertatis pondere suppressa
penitus desoletur) den Kaufleuten der Städte Hannover, Wunstorf,
Hameln, Lemgo, Minden und Nienburg bei dem Kauf und Verkauf
von Waaren in Stadthagen freies Geleit in seinem Territorium und
Sicherheit im Falle eines Krieges mit den Landesherren jener Städte
*) Die Lande Braunschweig und Hannover. S. 456.
*) Theilweise gedr. Wippermann, Regesta Schaumburgensia n. 203.
AreUvalische Zeitschrin MU. , 15
226 Doebner:
ZU. 1337 verpflichtet sich derselbe Graf Adolf, die Bürgerschait
nach Empfang einer zum Nutzen des Landes ihm bewilligten Bei-
steuer an Vieh (precaria Tel contribucio) nicht weiter zu belästigen.
Der Herrschaft stand der Worthzins (census arealis) in der Stadt
zu, welchen Graf Adolf und Hedwig, seine Gemahlin, 1352 ihrem
Hospital zu Stadthagen verkauften. Von dem Zehnten wird 1367
das Gemeindeland nördlich von der Stadt befreit. Den von seinen
Vorfahren der Stadt verliehenen freien Wochenmarkt verl^ 1436
Graf Otto H. auf Bitten des Rathes und unter Beirath der Stände
des Landes von Sonntag auf Sonnabend. Durch eine Bede von
400 rh. Gulden erwarb die Stadt 1450 das Recht, ihre Landwehr
zu befestigen, zu welchem Zwecke 1457 Ländereien einer Vicarie
mit Gräben durchzogen wurden. Wiederholt leistet die Stadt dem
Landesherm solche Beden, obwohl Graf Erich 1474 sich ver-
pflichtet, die Bürgerschaft nur bei Ausstattung einer Tochter oder
im Falle eines Krieges oder seiner Gefangenschaft wieder anzugehen.
Bei Gelegenheit der Huldigung, bisweilen auch durch die Gräfinnen,
welchen die Stadt als Leibzucht verschrieben war, und um die
Mitte des 15. Jahrh. durch zwei Gebrüder von Holle (HaUe) als
Pfandinhaber werden den Bürgern ihre Privilegien bestätigt
Um die Stellung der Stadt nach Aussen zu beurtheilen, kommt
in Betracht, dass sie 1331 die Entscheidung des Grafen von Wunstorf
gegen einen Anspruch auf die Gemeindeweide einholt. 1452 nimmt
Bernhard Edelherr zu Lippe mit Zustimmxing des Grafen Otto von
Schaumburg, seines Schwiegervaters, Stadthagen auf vier Jahre in
seinen Schutz und verpflichtet sich namentlich, die Kaufleute aus
Stadthagen in ihren Geschäften zu befördern, während die Stadt die
Kosten des Schutzes trägt Li ein gleiches Verhältniss zu der Stadt
tritt 1456 Herzog Friedrich der Jüngere zu Braunschweig und
Lüneburg. 1449 trifft der Rath ein Abkommen mit dem Grafen
Johann von Hoya über die gegenseitige Auslieferung von ererbtem
Gut mit Gerade und Heergewedde an Bürger von Stadthagen und
TJnterthanen des Grafen.
Für die Kenntniss der kirchlichen Verhältnisse, die Geschichte
der Pfarrkirche S. Martini, der Capellen und Vicarien, des Ka-
landes S. Barbarae (1337) und anderer Brüderschaften, der Ho-
spitäler sowie der Armenpflege, welche in Stadthagen schon 1400
in den Händen des Rathes lag und in geregelten Almosenspenden
unter der Leitung von Provisoren sich äusserte, bietet das Archiv
Aus dem Stadtarchiv zu Stadthagen. 227
ein verhältnissmässig reiches Material dar, welches zum Theil von
Mooyeri) benutzt wurde. Mit den benachbarten Stiftern und Klöstern
wie Obernkirchen, dessen Propst als Patron der Kirche S. Martini
zugleich Archidiakon in Stadthagen war (1328), den Dominikanern
zu Minden und den Augustinereremiten zu Herford, welche beide
Termineien in der Stadt hatten (1330 und 1346), dem Stifte zu
Flotho und dem Kloster Marienau unterhielt der Rath geschäftliche
Beziehungen ebenso wie mit den Städten Minden, 'Hannover, Neu-
stadt a. R. u. A. Nur einmal wird in den Urkunden das Pranris-
kanerkloster zu Stadthagen (to Mehaghen !) selbst erwähnt, welches
nach Büsching, einem Stadthagener Kinde, erst von Erich (f 1485),
Sohn des Grafen Otto HI, gegründet wäre.
Zahlreiche Urkunden betreflFen Auflassungen und andere Rechts-
geschäfte vor dem erst herrschaftlichen, später städtischen Richter,
neben welchem ein besonderer Vogt auf dem Schlosse erwähnt
wird (1420), und vor dem Rathe. In den Jahren 1427 und 1434
erscheint die Bürgerschaft vor dem Gericht der Freigrafen der Graf-
schaft Teklenburg und der Krummen Grafschaft. Auf Anzeige des
Freigrafen Conrad Stute zu Schildesche beauftragt Kaiser Sigismund
in einer zu Ulm 1434, Juni 27. (Sonntag nach Joh. bapt) ausge-
stellten Urkunde den Rath zu Dortmund mit Entscheidung eines
Processes des Rathes von Stadthagen mit Dietrich von Eklo.
Auf die innere Stadtverfassung wirft es ein licht, dass Graf
Adolf 1422 der Stadt ein Privileg ertheilte, nach welchem bei Strafe
des Güterverlustes und der Gefangenschaft ein Jahr lang die Stadt
meiden muss, wer sich dem Amte im Rathe und in der Gemeinde
durch unbegründeten Wegzug aus der Stadt entzieht. Aus den
Jahren 1456 und 1458 ergeben einzelne Urkunden Spuren von
einer Bewegung der Handwerker und der Gemeinde gegen den
Rath. Werthvolle Eintragungen über das Gildewesen enthält eine
Handschrift aus dem 15. Jahrhundert.
Unter den Handschriften des Archivs sind ausserdem zu er-
wähnen ein Sioldbuch mit Bürgerlisten 1403 — 1405, Schossbuch mit
Kriegssteuerlisten 1404, eine Kämmereirechnung über die Ausgaben
mit Yerzeichnisse der Aelterleute der Innungen, Bürgerlisten u. dergl.
1405, sechs Hefte Kämmereirechnungen aus den Jahren 1406, 1407,
*) Die vormalige Grafschaft Schaumburg in ihrer kirchlichen Eintheilmig.
S. 15 ff.
15*
228 Doebner: Aus dem Stadtarchiv zu StadÜiagen.
1409, 1410, 1414 und 1416, ein Brüchebuch (broekebok) über die
Strafgelder von 1481 — 1541, ein Gerichtsprotokollbuch aus den
Jahren 1523, 1542 und 1543, verschiedene Register von Brüder-
schaften und milden Stiftungen, Statuten des Hökeramtes Ton 1577
und 1588, Register über Beisteuern zur Stadtbefestigung (1583) imd
zu den Bauten am Rathhause (1546), endlich zwei StadtprotokoU-
bücher aus den Jahren 1644-1646 und 1648. Bemerkenswerth
ist die im Original erhaltene Ordnung der Herrschaft und des Rathes
füi" die 1565 neuerbaute gelehrte Schule vom Jahre 1571, zumal
an sie die Universität zu Stadthagen anknüpft, welche nach nur
dreijährigem Bestehen 1621 nach Rinteln und von da nach Marburg
verlegt wurde.
Von praktischer Bedeutung für die städtische Verwaltung sind
noch Recesse und andere Urkunden über den Grundbesitz der Ge-
meinde und die Fundationsurkunden für mehrere noch jetzt wirk-
same Stiftungen.
X. Ueber Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde-
Archive.
Von
Dr. Pfannenschmid in Colmar,
Archivdirector des Ober-Elsass.
I. Die Nothwendigkeit.
Wie die Familie der älteste natürliche, so ist der Staat der
jüngste künstliche Organismus des Volkslebens. Wie dort die
individuelle Freiheit in grösster Ungebundenheit zu Tage tritt, so
erscheint sie hier durch das Gesetz der Wechselwirkung bedingt
in grösster Beschränkung. Mitten inne steht die Gemeinde: sie
ist der älteste natürlich organisirte Staat und die älteste künstlich
organisiite Familie. Das Verhältniss der Gemeinde zur Familie
wie zum Staate hat historisch seinen Ausdnick in einer bestimmten,
eigenthümlichen Organisation gefunden. Diese war zu verschiedenen
Zeiten verschieden. In unseren Tagen ist der Charakter der Ge-
meinde-Organisation ein wesentlich administrativer: in ihr spiegelt
sich der gesammte administrative Staatsorganismus wieder. Von
diesem Gesichtspunkte aus betrachtet ist die Gemeinde selbst ein
künstlich organisirtes Glied in der Kette der Glieder, welche den
Staatsorganismus bilden, sein wichtigstes Organ, durch welches
nach unten hin der Staat seinen Willen kund thut und vollzieht.
Die künstliche Organisation dieses kleinsten staatlichen Gemein-
wesens ist 'geregelt und bedingt durch eine Gemeinde -Verfassung.
Eine solche hat zum vollzieheiiden Organ eine Gemeinde-Behörde.
Die Gemeinde -Behörde aber gebraucht, wie alle Behörden und
corporativen Verbände, zur Verwirklichung ihrer Zwecke eines be-
stimmten Apparates und einer solchen Person, die denselben zu
handhaben versteht. Dieser Apparat ist die Eegistratur und ihr
Verwalter der ßegistrator oder wie er sonst heisst. Soll aber
230 Pfannenschinid :
Registratur und ßegistrator den staatlichen wie communalen, also
den öffentlichen Interessen in wirksamer Weise dienen, so ist bei
der Mannigfaltigkeit und Complicirtheit der Erfordernisse des öffent-
lichen Dienstes eine bestimmte Technik noth wendig, welche nicht
nur den Dienst erleichtert, sondern den prompten Vollzug der
Aufgaben desselben erst ermöglicht.
Diesem Satze, dessen Richtigkeit kein Sachkundiger in Zweifel
ziehen wird, sollten nun die thatsächlichen Verhältnisse dergestalt
entsprechen, dass mit der Ausbildung des Staatswesens als eines
Organismus auch die Ausbildung des technischen Apparates aller
seiner selbständigen administrativen Organe gleichen Schritt ge-
halten hätte. Allein dies ist gerade bezüglich der Gemeinden nicht
der Fall gewesen. Nach dem Zusammenbruch des Feudalstaates in
diesem Jalirhundert haben sich die Staaten Deutschlands und dessen
Behörden von oben her organisirt auch bezüglich der administrativen
Technik; aber erst in unseren Tagen wird die Erkenntniss all-
gemeiner, dass auch die Gemeinden in entsprechender Weise an
den Veränderungen, welche sich in diesem Betracht in den oberen
administrativen Regionen vollzogen haben, Theil nehmen müssen.
Bei allen Verwaltungs- und Justiz-Behörden giebt es entweder
Archive oder Registraturen, je nachdem dort alte und moderne,
oder nur moderne Dokumente vorhanden sind. Neben den Archiven
und Registraturen der Behörden bestehen noch besondere Anstalten,
die Staatsarchive, welche alles historische Material einer Provinz
beherbergen, denen von Zeit zu Zeit von jenen Behörden diejenigen
Acten überwiesen werden, welche nicht mehr zu dem laufenden
Geschäftsgange erforderlich sind. Die Einrichtung und Verwaltung
dieser Archive und Registraturen ist durch besondere Dienstvor-
schriften, ja durch gesetzliche Bestimmungen geregelt. Ganz anders
ist es mit den Gemeinde-Archiven. In den Gemeinde-Ordnungen
deutscher Länder sucht man das Wort „Gemeinde-Archiv" ver-
gebens. Die deutschen Regierungen haben bis zu dieser Stunde
dem Gemeinde-Archiv wesen keine, oder kaum eine nennenswerthe
Fürsorge zugewandt. Jetzt aber tritt in Anlass der Einführung
der Standesamts-Geschäfte an die Staatsregierungen die Aufforderung
heran, auch dem Gemeinde-Archivwesen überhaupt eine besondere
Aufmerksamkeit zu widmen. Hier liegt eine alt« Schuld vor, deren
sehr unbequeme und schädliche, ja. verderbliche Wirkungen sich
von Tage zu Tage fühlbarer machen, eine Schuld, welche deshalb
lieber Oitlnung und Inventarisirung der Gemeinde- Archive. 231
SO bald als möglieb getilgt werden sollte. Wiewohl nun die Ge-
meinde-Archive Communal-Eigenthum sind, so hat doch der Staat
die Verpflichtung, dieselben unter seine Obhut zu nehmen, da die
Gemeinde-Archive zugleich öffentliches, unverjährbares und un-
veräusserliches Gemeindegut sind, und der Staat über solches Gut
der natürliche Wächter ist; er hat ferner diese Verpflichtung, weil
die Gemeinde-Archive nicht nur communalen, sondern auch staat-
lichen Zwecken dienen; er hat aber endlich diese Verpflichtung,
weil, wie die bisherigen Thatsachen beweisen, die Initiative zu
einer richtigen Verwaltung der Gemeinde - Archive von den Ge-
meinden selbst nicht ausgegangen ist, und wo dies geschehen ist,
mehr nach Willkür als nach festen Kegeln verfahren wird. Es liegt
auf der Hand, dass auch die Anordnungen einzelner Regierungs-
behörden keine Hülfe gewähren können. Soll eine — und das ist
die Hauptsache — nach festen, einheitlichen Principien geregelte
Gemeinde- Archiv- Verwaltung ein- und durchgeführt werden, so kann
dies nur von dem Staate selbst ausgehen, da er hierzu nicht nur
das Recht und die Verpflichtung hat, sondern da er einzig und
allein in der Lage ist, auf Grund seiner Kenntniss der Erforder-
nisse des verschieden organisirten Gemeinde -Verwaltungsdienstes
das allen Gemeinsam -Noth wendige in bestimmte administrative
Formel zu bringen.
Dass ein solcher Weg in Deutschland endlich einmal seitens
des Staates beschritten werden muss, darüber sollte man kein Wort
weiter verlieren. Und doch darf es nicht verschwiegen werden,
dass gerade der Staat auf der einen Seite eifrigst das thut, was er
auf der anderen Seite unterlässt. Conservirt er mit anerkennens-
werthem Eifer seine eigenen Archive und macht er deren Schätze
bereitwilligst dem Forscher theils durch Anfertigung von Reper-
torien, theils durch gelehrte Publicationen nutzbar, so lässt er in
nicht zu rechtfertigender Weise das ebenso kostbare Urkunden-
material, was die Archive unserer Städte und die der grösseren
Landgemeinden bergen, vielfach verkommen. Beispiele möge man
uns hier anzuführen unterlassen; ein Jeder wird aus eigenem Er-
fahrungsta:ei8e deren in Bereitschaft haben. Zur Entschuldigung
dieser thatsächlichen Verhältnisse lässt sich nur anfuhren, dass es
dem Staate bisher an geeigneten und wirksamen, gesetzlichen Mitteln
gebrach, Jiier mit Erfolg einzugreifen. Um so mehr gilt es jetzt
nicht sowohl im Interesse der Wissenschaft, als insbesondere im
232 Pfannenschmid :
Interesse des Staates, wie im Interesse der Gemeinde- Verwaltung
selbst, Hand an ein Werk zu legen, das schon längst hätte in
Angriff genoftimen werden sollen; denn nur ein wohlgeordnetes
Archiv verschafft dem Staate wie der Gemeinde eine prompte und
sichere Administration, erheischt weit weniger Correspondenzen als
im gegen theiligen Falle, vermeidet zahllose An- und Rückfragen,
erspart so Zeit und Geld wie nicht minder manch' kleinen und
grossen Verdruss, sichert durch die Pflege und sorgfältige Conser-
virung der Dokumente und Pläne Dritten gegenüber die commu-
nalen Rechte und gewährt den einzelnen Gemeindegliedem nicht
selten die gesuchte Belehrung und Auskunft, Zank und Hader von
vornheraus im Keime erstickend. Ist aber die Nothwendigkeit einer
Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde-Archive einmal erkannt
ist die Möglichkeit, eine solche Aufgabe zu lösen, an conkreten
Beispielen nachgewiesen, liegt der praktische Nutzen, welchen wohl-
geordnete Gemeinde-Archive gewähren, offen am Tage, dann wird
es nur noch eine Frage der Zeit sein, die gesetzlichen Grundlagen
zur Durchführung der ebenso nothwendigen, wie ausführbaren und
nützlichen Gemeinde-Archiv-Organisation imd Administration zu
schaffen.
Diese zu erstrebende Organisation und Administration würde
sich zu erstrecken haben aut die Gemeinde-Archive als solche,
d. h. auf die Archive der Städte, Flecken und Landgemeinden, ein-
schliesslich der Archive corporativer Verbände, welche, wie die der
milden Stiftungen, in einem näheren Verhältnisse zu der Gemeinde-
Administration stehen, aber ausschliesslich der Archive aller anderen
corporativen Verbände, wie die der kirchlichen, es sei denn, dass
auch hier nähere Beziehungen zu der Gemeinde-Administration
stattfinden, wie es hinsichtlich mancher Kirchenfabriken, die Sub-
ventionen aus Gemeinde-Mitteln erhalten, der Fall ist. Unter dem
Ausdruck Gemeinde-Archiv werden demnach hier alle Archive
der Städte, Flecken und Landgemeinden verstanden, welche Doku-
mente communaler Natur innerhalb der angegebenen Grenzen be-
sitzen. Auch ist der Charakter der in den Archiven der Städte,
Flecken und Landgemeinden aufbewahrten Dokumente administra-
tiver Natur, ungeachtet der Verschiedenheit von Stadt- und Land-
gemeinde-Ordnungen in Deutschland, im Allgemeinen derselbe und
nur in Einzelheiten, die durch lokale Verhältnisse gegeben sind,
abweichend. Dieses den Archiven der Städte, Flecken und Land-
lieber Ordnung und Tnventarisirung der Gemeinde -Archive. 233
gemeinden gemeinsame Charakteristikum rechtfertigt für alle diese
Archive den gemeinsamen Namen: Gemeinde-Archive. Man
könnte dafür den Ausdruck Gemeinde-Registraturen wählen, wenn
unter der Bezeichnung Gemeinde-Archive nur diejenigen Dokumentei
gemeint wären, welche gegenwärtig zur Gemeinde- Administration
gehören; allein da in allen Gemeinde-Archiven auch Dokumente
vorhanden sind, welche einst zur communalen Administration ge-
hörten, so ist der Ausdruck Gemeinde-Archiv der umfassendere
und deshalb der allein richtige.
Es führt diese Wahrnehmung indess zu einer Unterscheidung
der in den Gemeinde-Archiven beruhenden Dokumente, zu einer
Unterscheidung, welche aus praktischen Gründen nothwendig ist.
Diejenigen Dokumente, welche der laufenden Administration dienen,
kann man moderne, diejenigen, welche diesen Zweck erfüllt
haben, kann man historische Dokumente nennen, das Gemeinde-
Archiv demnach in ein modernes und ein historisches eintheilen.
Hier aber erhebt sich die Frage, nach welchem Kriterium man
moderne Dokumente von historischen Schriften zu unterscheiden
habe, oder mit anderen Worten, wo das moderne Archiv aufhöre
und das historische beginne. Soll man zur Bestimmung dieser
Grenze von der Wichtigkeit ausgehen, welche ältere Dokumente
noch für die Gegenwart haben oder haben können? Oder soll man
ein bestimmtes Normaljahr annehmen? Die Unbrauchbarkeit des
ersteren Verfahrens liegt auf der Hand, da hier in jedem einzelnen
Falle entschieden werden müsste und zwar nach sehr subjectiven
Ansichten, momentanen Bedürfnissen, also nach Willkür. Ein der-
artiges Verfahren ist aber durchaus zu verwerfen, wo es sich, wie
im vorliegenden Falle, um ein festes Princip handeln muss. Für
das an die Geschicke Frankreichs zeitweilig geknüpfte Elsass-Loth-
ringen ist ein solches Princip in dem Jahre 1790 gegeben, das für
ganz Frankreich eine wirkliche Epoche bezeichnet, das Ende einer
abgelaufenen, den Anfahg einer neuen Zeit, die Beseitigung des
Feudalstaates durch einen Gewaltact und die Bildung eines so-
genannten constitutionellen Staatswesens. Eine bis heute in ihren
Folgen so überwiegend verhängnissvolle und verderbliche Kevolution
hat für Deutschland nicht stattgefunden, der Lehenstaat hat sich
hier erst allmählich aufgelöst. Man muss also ein anderes Merkmal
aufsuchen. In Anbetracht der allgemeinen deutschen Verhältnisse
scheinen sich hier zwei Zeitpunkte zu empfehlen, die Auflösung
234 Pfannenschmid:
des römischen Kaiserreiches oder das Ende der Freiheitskriege,
welche ihren Abschluss in dem zweiten Pariser Frieden fiiiden.
Da nun von diesem Zeitpunkte an eine neue Entwickelung deutscher
Verhältnisse beginnt, so scheint dieser Termin den Vorzug vor
jenem, wo ein solcher Anfang noch nicht gegeben ist, zu verdienen.
Demnach würde es zweckmässig sein, als Normaljahr das Jahr 1816
anzusetzen.
Es würde sich daher die Ordnung und Inventarisirung der
Gemeinde -Archive zu erstrecken haben auf die des historischen
Archivs bis 1816, und auf die des modernen Archivs von diesem
Zeitpunkte an bis zur Gegenwart. Diese Aufgabe lässt sich jedoch
nicht auf einmal, sondern nur schrittweise lösen, da die zu be-
siegenden Schwierigkeiten zu gross sind. Es fragt sich daher, ob
man zuerst bei dem historischen, oder bei dem modernen Gemeinde-
Archive beginnen soll. Im ersteren Falle würden vorwiegend wissen-
schaftliche, im letzteren vorwiegend praktische Interessen massgebend
sein. Die Entscheidung dürfte nicht schwer fallen. Da jene In-
teressen kleinere, diese aber alle hier betheiligten Kreise betreffen,
so würde mit der Ordnung und Inventarisirung der modernen Ge-
meinde-Archive der Anfang zu machen sein. Die Anforderungen
der Gegenwart würden so ihr Recht erhalten; der sofortige prak-
tische Nutzen würde für die Sache selbst neue Anhänger gewinnen
und die weitere Aufgabe günstig vorbereiten. Dieser Weg ist in
Frankreich auch schon mit Erfolg eingeschlagen worden.
Es erhebt sich nun die Frage, wie zunächst die modernen Ge-
meinde-Archive zu ordnen und zu inventarisiren sein dürften.
Wenn ich nun versuchen werde, diese Frage auf Grund meiner
in Ober-Elsass seit 12 Jahren gewonnenen Erfahrungen zu be-
antworten, so kann und soll dies nur in dem Sinne geschehen,
dass man sich in Deutschland an dem, was ich hierüber zu sagen
weiss, im Allgemeinen orientiren möge. Die nachfolgende Dar-
legung soll mithin nichts anders als ein praktisches Beispiel sein,
das sich mutatis mutandis auf deutsche Verhältnisse leicht über-
tragen lassen wird.
lieber Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde -Archive. 235
II. Die Gesichtspunkte. Theorie und Praxis.
Der Gang, welcher in Betreff der Ordnung und Inventarisirung
der Gemeinde -Archive in Deutschland einzuschlagen sein würde,
ist bereits in Frankreich seit fast einem halben Jahrhundert praktisch
durchgeführt worden. Seit 1842 wurde hier die Ordnung und In-
ventarisirung der modernen, seit 1858 die der historischen Ge-
meinde-Archive in Angriff genommen und mit wenigen Ausnahmen
zu Ende geführt. Freilich lagen in Frankreich die Verhältnisse
sehr günstig: die straffe Centralisation des Staatswesens forderte
diese Arbeit und erleichterte deren Ausführung, welcher ohnedies
die praktischen Bedürftiisse des täglichen Dienstes entgegenkamen.
Das ging aber nicht ohne eine feste Organisation des ganzen Ge-
meinde-Archivwesens. Auf Grund früherer gesetzlicher und reglemen-
tarischer Vorschriften wurde nun dieser Dienstzweig nach und nach
geregelt und organisirt. Wie dies geschah, habe ich bereits in
meinem Buche „Das Archiv wesen in Elsass- Lothringen", Colmar,
Lang und Rasch, 1875, auf Seite 133 — 150 möglichst ausführlich
dargestellt*) und daselbst die Werke zu weiterer Belehrung an-
gegeben. Indem ich auf dieses Buch verweise, kann ich hier nach-
holen, was ich damals noch nicht in der Lage war auseinander-
zusetzen — eine eingehendere Darstellung darüber, wie die Ordnung
und Inventarisirung der Gemeinde-Archive zu bewirken ist. Vorauf-
geschickt werden mögen jedoch noch zwei Bemerkungen, von denen
die eine sich auf die Personen bezieht, denen die Obhut und Sorge
für die Gemeinde-Archive zunächst anvertraut ist, die andere sich
auf eine kurze Notiz über die Lokale erstreckt, in denen die Ge-
meinde-Archive aufbewahrt werden.
In Frankreich kennt man einen Unterschied zwischen Stadt-
und Landgemeinden, wie er in Deutschland vorhanden ist, im All-
0 Daselbst sind folgende Punkte besprochen worden: 1) Entstehung der
Gemeinde - Archive und ihre Bestände; 2) Aufeichtsrecht des Staates; 3) Ein-
theilung und Ordnung der Communal- Archive ; 4) Inventare (Repertorien) ; 5) Auf-
bewahrungsort; 6) Archivbentitzung; 7) Verkauf unnützer Papiere; 8) Beamte,
Budget; 9) an das Bezirks - Archiv abzugebende Dokumente; 10) Deponirung
von Communal- Archiven in dem Bezirks- Archive ; 11) Büi^germeister und Gemeinde-
rath; 12) Bezirks-Präsident, Bezirkstag und Archiv-Commission ; 13) der Kreis-
director; 14) der Inspector der Gemeinde- Archive, der General-Inspector beim
Ministerium und der Minister.
236 Pfanaenschmid :
gemeinen nicht; es giebt daselbst nur Gemeinden (communes), deren
Organisation eine im Wesentlichen einheitliche ist, auch bezüglich
des Archivwesens. Die Bestimmungen hinsichtlich des Gemeinde-
Archivwesens gelten somit für alle Gemeinde -Archive ohne Unter-
schied. Spätere abweichende Vorschriften bezüglich der Ordnung
und Inventarisirung grösserer (städtischer) historischer Gemeinde-
Archive kommen hier augenblicklich nicht in Betracht, da sie durch
unsere begrenztere Aufgabe, die es nur mit den modernen Gemeinde-
Archiven zu thun hat, ausgeschlossen sind.
Die vollziehenden Organe der communalen Verwaltung sind
der Bürgermeister (Maire, in den deutsch-redenden Dörfern von
Elsass-Lothringen noch heute „Maier" genannt), sein Stellvertreter,
der Adjunct, und der Gemeinderath. Alle diese die Gemeinde-
Verwaltung bildenden Beamten gehen aus der Wahl der stimm-
berechtigten Gemeindeglieder, der Bürger, hervor. Diese auf eine
bestimmte Amtsdauer gewählten Beamten bedürfen der Bestätigung
der Regierung; ihre Aemter sind jedoch Ehrenämter, also Aemter
ohne Besoldung. Nur der Bürgermeister erhält bestimmte Reprä-
sentätions- und Bureaukosten. Zu seinen Obliegenheiten gehört
auch die Obhut über das Gemeinde* Archiv, für dessen Administra-
tion und Unversehrtbleiben er verantwortlich ist. Der Bürgermeister
lässt das Gemeinde -Archiv durch einen von ihm ernannten und
ihm verantwortlichen Gemeindeschreiber verwalten, der auch zugleich
im Auftrage des Bürgermeisters, als Standesbeamten, die Geschäfte
des Standesamtes besorgt. Der Gemeindeschreiber bezieht für seine
Mühewaltung eine jährliche Remuneration aus dem Bureaufonds
des Bürgermeisters, welche je nach der Grösse der Gemeinde und
deren Einkommen verschieden bemessen ist, und zwischen 40 bis
300 Mark schwankt. In den meisten Landgemeinden versehen das
Amt der Gemeindeschreiber die Elementarlehrer, eine Einrichtung,
welche sich gut bewährt hat ; nur in den grösseren Landgemeinden
und in den Städten sind ständige Gemeindeschreiber angestellt, die
dann eine angemessene Besoldung erhalten, welche der Gemeinde-
rath votirt. In einigen Städten, in denen ältere, umfangreiche
Archive vorhanden sind, gibt es besondere Archivare. Für die
regierungsseitig geforderte, obligatorische Aufstellung von G^meinde-
Inventaren wird von dem Gemeinderath ein ausserordentlicher Credit
bewilligt. Dieser Fall ist jedoch seit 1842 bis 1870 für die einzelne
Gemeinde nur zwei Mal, seltener drei Mal vorgekommen. Unter
lieber Ordnung und Tnventarisinmg der Gemeinde -Archive. 237
deutscher Verwaltung ist je nach der Grösse und den Mitteln der
Gemeinden (ausschliesslich der Städte) »für die Neuaufstellung eines
Inventars die Summe von 40 bis 200 Mark gezahlt worden.
Das Lokal, worin die Gemeinde -Archive aufbewahrt werden,
ist das Gemeindehaus. In jeder Landgemeinde — in Elsass-Loth-
ringen mit sehr wenigen Ausnahmen — ist ein solches, das zugleich
auch Schulhaus ist, worin der Lehrer in der Regel Dienstwohnung
hat. Die Räume, welche den Zwecken der Gemeinde -Verwaltung
dienen, sind von den Schulräumen getrennt. Die den Verwaltungs-
zwecken gewidmeten Räume bestehen aus einem sogenannten Be-
rathungszimmer, in welchem die Sitzungen des Gemeinderathes
abgehalten werden, und das zugleich als Geschäftslokal des Bürger-
meisters dient. An dieses Zimmer stösst das kleinere Archivlokal.
Ist ein solches nicht vorgesehen, so sind die Archivalien in dem
meist geräumigen und hellen Berathungszimmer aufgestellt. Ist
überhaupt kein Gemeindehaus vorhanden, dann bewahrt der Bürger-
meister die Gemeindeschriften unter bestimmten Vorsichtsmassregeln
in seiner Wohnung.
Nach diesen Bemerkungen wenden wir uns zur Betrachtung
derjenigen Gesichtspunkte, welche für die Ordnung der
modernen Gemein de-Archive massgebend sein dürften.
Soll ein Archiv geordnet werden, so muss man zuerst wissen,
nach welchen Gesichtspunkten man die Ordnung selbst herzustellen
hat. Diese Gesichtspunkte sind durch das zu classificirende Material
gegeben, sie sind auf Grund desselben stets zu finden, sofern man
nur schematisch zu Werke zu gehen versteht. Da nun die modernen
Schriftstücke der Gemeinde -Archive in der Hauptsache gleichartig
sind, so lässt sich ein allgemeines, für alle passendes Schema auf-
stellen. Dies hat die französische Archiv-Verwaltung versucht, und
es wurde durch Circular des Ministers des Innern im Jahre 1842
sämmtlichen Gemeinden aufgegeben, nach vorgeschriebeneni Schema
ihre Archive ordnen zu lassen, was überall geschehen ist. Die
Duplicate der „Archiv- und Mobiliar-Inventare" der Gemeinden be-
finden sich in allen Departements- Archiven. Die Aufstellung geschah,
wie gesagt, von den Gemeindeschreibern, ausnahmsweise von anderen
hiezu qualificirten Personen. Bürgermeister und eine Commission
des Gemeinderaths bescheinigten die Richtigkeit, die Departements-
Archivare prüften dieselben auf die richtige Ausführung und die
Präfecten genehmigten sie.
238 P&iniienschmid:
Das Schema, welches nach Ordnung der grossen Buchstaben
des Alphabets aufgestellt war, zerfiel in 16 Serien und umfasste
die Bibliothek, das Archiv und die Mobiliar- Gegenstände der Ge-
meinde. Das systematische Verzeichniss aller dieser Gegenstände
heisst Inventar. Man sieht hieraus, wie sich Inventar von dem
unterscheidet, was man in Deutschland gewöhnlich Repertorium
nennt ; dieses begreift nicht in sich einen Bibliothekskatalog, noch ein
Mobiliar- Verzeichniss, sondern nur ein Verzeichniss von Dokumenten.
Die Hauptrubriken des französischen Gemeinde -Inventars lauten in
deutscher Uebersetzung f olgendermassen :
A. Gesetzsammlung.
B. Amtsblatt der Präfectur.
C. Verschiedene Bücher.
D. Acte der Munidpal- Administration.
E. Standes- Amt. '
F. Bevölkerung und Statistik.
G. Contributionen (Staatssteuerh).
H. Militär-Sachen.
J. Polizei-Sachen.
K. Personal-Sachen.
L. Gemeinde-Rechnungs-Sachen.
M. Gemeinde-Güter, die einem öffentlichen Gebrauch dienen.
N. Gemeinde- Güter, welche verpachtet oder dem gemeinsamen
Nutzen gewidmet sind.
O. W^ebau-Sachen.
P. Verschiedene Sachen.
Q. Mobiliar- Verzeichniss.
Zu einer jeden dieser Hauptrubriken war noch ein besonderes Muster-
Schema aufgestellt. ^) Ich lasse zum besseren Verständniss ein solches Muster-
schema folgen und wähle dazu Serie K.
*) Die Schemata sind In der Sammlung der Circulare des Ministers des Innern, Jahr-
gang 1842, mit der Instruction über die Ordnung der Gemeinde-Archive, sodann in allen
Amtsblättern der Pr&fecturen veröffentlicht worden, ausserdem unter Anderen von Chami>ollion-
Figeac in seinem Manuel de TArchiviste, Paris, 1S60, p. 172— 212 mit erläuternden
Anmerkungen.
Ueber Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde -Archive. 239
Personal-Sachen.
Bezeichnung
Besondere
Bemerkungen
(Angabe der Bände, des
Formates, der Selten,
der Stücke etc.)
4
5
6
laiste der Gemeinde -Wähler, von . . . bis . . .
Ernennungen, Wahlen und Installationen der
Gemeinde-Räthe, von . . . bis . . .
Ernennungen und Installationen der Maires und
Adjunkten, von . . . bis . . .
Banuwarte, Ernennungen, von . , .. bis . . .
Lehrer, Lehrerinnen, von . . . bis . . .
Für die Richtigkeit der Maire
N., den IS . . (Name).
Gesehen und verlflcirt von den Dcleglrten des Gemeinderathes.
N., den (Namen).
Verlfldrt am .
(Angabc der Nnmmem, welche seit dem letzten Schluss des Inventars hinzu-
gekommen sind, der eingebundenen Bftnde etc.)
Der Malrc,
der Adjunct.
Vergleichende Nachprüfung (rdcolement) vom zwischen dem abtretenden
Maire N. N. und dem neuen Maire N. N.
(Angabe der Nummern, wie oben.)
^r abtretende Maire,
(Name.)
der antretende Maire
(Name.)
Es folgen einige unbeschriebene Selten.
Zu diesem Schema ist zu bemerken, dass die arabischen Ziffern
der Ordnungsnummer die einzelnen Dossiers, d. h. die nicht ge-
hefteten, in einen Umschlag von festem Papier ^gelegten Schriftstücke,
welche sich auf dieselbe Materie beziehen, bezeichnen sollen. Ein
Folioband galt bezüglich der Nummerirung einem Dossier gleich.
Femer: die unter der Ordnungsnummer 1 und 2 aufgeführten
Wahlsachen sollten andeuten, dass unter die Kategorie „Personal-
240 Pfannenschmid:
Sachen" auch die Wahl Sachen zu rechnen seien, und die Nr. 6
sollte darauf hinweisen, dass nach Erforderniss noch andere Dossiers
zu bilden seien. Die Bescheinigungen erklären sich von selbst i)
In ganz ähnlicher Weise sind die übrigen Musterscheraata
angestellt
Diese Schemata waren auf die Verhältnisse der vierziger Jahre
berechnet. Die Sache, welche man verlangte, war neu, und um
Etwas zu erreichen, musste man wenig fordern, und dieses Wenige
in möglichst kurzer, die Uebersicht erleichternder Formel dem Auge,
wie dem Verstau dniss darstellen.
Der Erfolg war ein durchschlagender, insofern man überall
Gemeinde-Inventare erlangte.
Wie sich die Ausführung gestaltete, möge man an einem Beispiele sehen,
das ich aus dem Inventare einer französisch redenden Gemeinde, die gegen-
wärtig aus 375 bewohnten Häusern mit 2400 Einwohnern besteht, vollständig
und wörthch in deutscher Hebersetzung hersetze und zwar für Serie K, und
damit man den Fortschritt der erstmaligen zu der späteren Anfertigung ersehe,
ans dem Jahre 18r)0 und 1863. Unter Fortlassung des Linien -Schematismus
lautet Serie K zum Jahre 1850:
1. Wählerlisten von 1881—1850.
2. Ernennung und Wahl der Municipalräthe von 1831 — 1860.
3. Desgleichen der Mitglieder des Arrondissementsrathes.
4. Desgleichen der Mitglieder des Generalrathes.
Das ist Alles. Zum Jahre 1863 lautet dieselbe Serie:
1. Listen der Gemeinde- Wähler, Rectifications-Verzeichmss und Listen
der Miütär- (d. i. National-Garde-) Wähler, 1831—1863, 41 Liassen,
2. Ernennungen, Wahlen und Installationen der Gemeinderäthe, von
1831—1860 34 Liassen.
3. Erlass der Präfecten in Betreif der Reclamationen des N. N. in
Veranlassung der Wahl des Gemeinderathes N. N. . . 1 Stück.
4. Ernennung und Installation der Maires und Adjunkten, von 1848
bis 1851 * 4 Stücke.
5. Wahl eines Maires, der Gemeinderaths-Mitglieder, eines Procurators
der Gemeinde und der Notabein vom Jahre 1790 . . 2 Stücke,
6. Wahl, Installation eines Maires und eines Adjunkten, und Listen
der Notabehi, vom Jahre 1815 2 Stücke.'
7. Wahlprotokoll für die Primär- Versammlungea, Ernennung eines
Friedenrichters, Munidpal- Wahlen, Wählerlisten, Protest gegen die
Wahl des Friedensrichters N. N. etc 221 Stücke.
8. Protokolle über die Wahlversammlung in Betreff des PlebisdteB
vom 2. December 1851 und 7. November 1852 ... 5 Stücke.
*) Ueber „R^oolement" s. Archivwesen in Elsass-Lothringen, S. 139—140.
Ueber Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde -Archive. 241
9. Protokolle, betr. die Wahl von General- und Arondissementsraths-
Mitgliedem von 1852—1862 8 Stücke.
10. Lehrer, Ernennung; Erlass des Executiv-Directoriums , betr. den
Gebrauch von Elementarbüchem über republikanische Moral und
andere Unterrichtsbücher, wie Nachweis über den Stand des Primflr-
unterrichtes im Kanton und die Zahl >ier Lehrer-Schulreglements
vom Jahre Vm bis 1860 34 Stücke.
11. Beschwerden gegen die Municipalität von 1795—1808. 11 Stücke
Dieser Art war die 'Ausführung der gegebenen Vorschriften
und Anweisungen und die Ausfüllung der Rubriken ; so nahm sich
Serie K auch nach dem Placet des Departements - Archivars aus.
Ein weiterer Commentar ist überflüssig.
Es versteht sich, dass die einzelnen Serien der verschiedenen
Gemeinde-Inventare quantitativ und qualitativ verschieden gearbeitet
waren ; die einen brachten mehr, die anderen weniger Material ; die
einen hatten besser geordnet, die anderen mangelhafter. Allein im
Allgemeinen ist das obige Beispiel typisch für alle anderen Serien
der meisten Gemeinde-Inventare. Manche jedoch standen nicht ein-
mal auf diesem Standpunkt, indem ihre Verfasser Schriften in be-
stimmte Serien aufnahmen, die in andere gehörten, oder unter die
Serie „Verschiedene Sachen" Dokumente brachten, die, wie z. B.
Porstsachen, in Serie N gehörten, auch wohl für diese oder jene
Serie gar keine Schriften entdecken konnten, und dergleichen mehr.
Wie entsprach nun die Ordnung auf dem Papiere der Ord-
nung der Archivalien im Archivlokale?
Zur Unterbringung der Bücher und Archivalien war ein
Schrank mit Fächern vorgeschrieben, um darin die mit den be-
treffenden Serienbuchstaben bezeichneten Cartons (Pappkästen) auf-
zustellen. Der Schrank sollte in zwei Theile zerfallen; der eine,
verschliessbare , sollte zur Aufbewahrung der alten Dokumente
dienen, welche seltener zu Rathe gezogen werden, der andere zur
Aufnahme der modernen Schriften, welche zur Erledigung der
laufenden Geschäfte stets zur Hand sein müssen. Im Bedürfniss-
falle waren mehrere Schränke zu beschaffen. Die Bücher der
Gemeinde -Bibliothek sollten dagegen auf besonderen Regalen auf-
gestellt werden. DiesQ Vorschriften sind fast überall befolgt worden,
wo Gemeindehäuser vorhanden sind; wo es deren keine giebt, half
man sich so gut als möglich.
Man sollte nun meinen, dass es mit keinen Schwierigkeiten
verknüpft gewesen wäre, auf diese Weise sowohl Bibliothek alä
▲ichiyaliMhe Zeinctkrift vm. 16
242 Pfeuinenschmid:
Archivalien am betreffenden Orte unterzubringen. Anfangs hat man
dies zwar gethan ; allein im Laufe der Zeit ist vielfache Unordnung
eingerissen. So stand in dem Inventare wohl eine gewisse Anzahl
von Dokumenten — aber selten alle — serienweis verzeichnet;
indess entsprach diese Aufzeichnung weder der Aufstellung der
Bücher noch der Deponirung der Archivalien an dem entsprechenden
Orte. Es ist mir oft schwer, zuweilen gar nicht möglich geworden,
die alte Ordnung sofort wieder aufeufinden, namentlich da nicht,
wo die einzelnen Schriftstücke keine Signatur trugen.
Wo lag hier der Fehler? Lag er an den Vorschriften der
früheren französischen Archiv-Verwaltung? Diese waren im allge-
meinen vortrefflich gedacht und, wie es schien, in vortheilhafl»
Kürze gefasst. Lag es an den Personen, welche diese Vorschriften
ausfuhren sollten? Diese waren meistens die Elementarlehrer der
Gemeinden und im Durchschnitt gebildet genug, um, wie man
meinen sollte, die Vorschriften verstehen zu können, ausserdem als
Qemeindeschreiber in den Geschäften der Gemeinde-Administration
meist wohl erfahren. Lag es an den Bürgermeistern, die etwa zu
wenig Interesse an ihren Archiven besassen ? Oder lag es an eii^er
mangelhaften Revision der Inventare wie der Archive selbst, oder
an der Säumigkeit der französischen oberen Archivleitung? "Warum
entsprach die Praxis nicht der Theorie?
Solche Fragen mussten sich mir aufdrängen, als ich mit meinen
französischen Instructionen und Schematen im Kopfe vor 12 Jahren
zum ersten Male daran gegangen war, Gemeinde-Archive der staats-
seitig geübten Inspection zu unterziehen. Ich revidirte die Archive,
verificirte genau nach dem Inventare den Bestand des Archivs und
gab mündliche Rathschläge, wie den in jedem Archiv vorhandenen
Instructionen gemäss zu bessern und Versäumtes nachzuholen sei.
Damit meinte ich das Richtige gethan zu haben. So trieb ich es
auch die nächsten Jahre. Inzwischen wurden neue Inventare von
den Archiven, welche ich besucht hatte, angefertigt und eingereicht —
ganz in der alten Weise, nach dem alten Muster, mit kaum nennens-
werthen Verbesserungen. Meine ExpUcationen, meine mündlichen
Anweisungen waren demnach so ziemlich vergeblich gewesen. Wo
lag nun der Fehler? Ich hatte wohl bemerkt, dass denjenigen
Gemeindeschreibem , welche nicht schon früher ein Inventar ange-
fertigt hatten, oder welche neu in den Dienst getreten waren, die
Kenntniss der bezüglich des Gemeinde -Archivwesens erlassenen
Ueber Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde -Archive. 243
Yorschriften mangelte, und glaubte, es sei hinreichend, sie etwa
14 Tage vor meiner Ankunft schriftlich, und bei persönlicher
Anwesenheit unter mündlichen Erläuterungen darauf zu verweisen.
Das aber hatte auch nicht zum Ziele geführt. So blieb nur noch ein
Mittel — das nächstliegende, aber am spätesten gefundene — übrig,
nicht nur die Archive zu revidiren, wie die Vorschrift lautete, nicht
nur Rathschläge zu ertheilen , sondern das zu thun, was nicht aus-
drücklich vorgeschrieben und verlangt war, — selbst Hand an's
Werk zu legen, mit dem Gemeindeschreiber die Ordnung seines
Archivs selbst vorzunehmen, um ihn so praktisch einzuüben,
um ihm so Sinn und Yerständniss für das, was zu thun und seines
Amtes war, zu eröflTnen. Das war der allein richtige Weg.
Das Verfahren zur Einübung des Gemeindeschreibers war sehr
einfach. Zunächst handelte es sich um die Kenntniss der Haupt-
rubriken des von mir entworfenen und zuvor mitgetheilten Schemas.
Diese mussten meistens, trotz aller zuvor gegebenen schriftlichen
Aufforderungen, sich damit genau bekannt zu machen, erst in
meiner Gegenwart gelernt werden. Sodann ging es ohne Zeitverlust
an die eigentliche Arbeit. Ich nahm das erste, beste, sich dar-
bietende Schriftstück und fragte nach dem Betreff desselben. Nach
verschiedenen Fehlantworten und weiteren Fragen erfolgte endlich
die richtige Antwort: das Stück betrifft einen Grasverkauf. Nun
handelt es sich darum, zu wissen, in welche Serie die Grasverkäufe
gehören. Es wird nach verschiedenen Anläufen herausgebracht,
dass das Schriftstück in Serie N unterzubringen sei. Da aber erhebt
sich eine neue Schwierigkeit. Serie N hat drei Hauptabtheilungen;
es ist also noch festzustellen, in welche derselben das fragliche
Schriftstück zu bringen ist. Es findet sich, dass die erste Haupt-
abtheilung nach Ansicht des Schemas nicht in Betracht kommen
kann, wohl aber die beiden anderen. Die neue Verlegenheit löst
sich durch die schliesslich gefundene Erwägung, dass der Gras-
verkauf nicht in der Feldflur der Gemeinde — dann würde Ab-
theilung n der Serie N in Frage kommen — , sondern in den
Gemeinde-Forst stattgefunden hat. Demnach gehört der Grasverkauf
in Serie N Abth. HI. Der Gemeindeschreiber wird nunmehr ver-
anlasst, rechts oben auf das Stück mit Bleifoder den Serien-Buch-
staben N zu setzen und darunter einen horizontalen Strich, um
später unter diesen die Bezeichnung für die Nummer der Unter-
abtheiluug zu notiren. Das zweite Stück, welches sich darbietet,
16*
244 Pfannenschmid :
wird ähnlich behandelt: es ist eine Correspondenz mit dem Gemeinde-
Rechner. Das Stück betrifft eine Steuersache. Nun giebt es Staats-
und Gemeinde-Steuer-Sachen ; jene unter Serie G, diese unter Serie L
gehörig. Wiewohl nun in der Regel die Geschäfte des Gemeinde-
Rechners von den Steuerempfangern besorgt werden, mithin die
Erhebung der Gemeinde- und Staatssteuern in einer Hand liegt,
so ist nun die Entscheidung nicht mehr schwierig: das fragliche
Stück gehört in Serie L.
Nachdem so etwa zwei Stunden gemeinsam gearbeitet ist, hat
mein Gehülfe Zeit und Gelegenheit gehabt, seine Entdeckungen zu
machen : es ist ihm allmählich klarer und klarer geworden, um was
es sich eigentlich handelt; die Sache hat sein Interesse erweckt, und
er hat gefunden, dass sie doch nicht so leicht ist und Nachdenken
erfordert — eine Arbeit, die nicht Jeder machen kann. Ist dieser
Moment eingetreten, dann wird eine Erholungspause gemacht.
Während derselben werden alle die vielen Kleinigkeiten auseinander-
gesetzt, die zum Ordnen des Gemeinde-Archivs zu wissen und zu
handhaben erforderlich sind: Signatur der Bücher, Format und
Kennzeichen desselben, Eintrag der Bücher in das Inventar mit
' Angabe der Namen der Verfasser, des Druckortes, des Jahres, in
welchen sie erschienen sind, Aufstellung nach dem Format; dann
Foliiren und Paginiren, Stempeln der Bücher und Schriften mit
Bezeichnung der Stelle, an welcher der Stempel anzubringen ist,
das richtige Aufeinanderlegen der Acten, das Zuschnüren derselben
u. dergl. mehr.
Sodann wird die erste Arbeit wieder aufgenommen und nun
das ganze Archiv hinsichtlich einer bestimmten Serie durchmustert,
z. B. der Serie M, welche die wenigsten Schwierigkeiten bietet.
Sind alle einzelnen Stücke dieser Serie mit dem Buchstaben M an
der richtigen Stelle, stets oben rechts, signirt, dann lasse ich die
UnterabtheUungen aufsuchen: jedes Stück wird zu dem gelegt, mit
dem es inhaltlich verwandt ist. Auf diese Weise entstehen so viele
Haufen von Schriftstücken, als man besondere Abtheilungen bilden
kann, wozu ich die charakteristischen Schlagwörter finden, und erst
nach Vollendung dieser Operation mit der von mir entworfenen
Tabelle vergleichen lasse. Jede Abtheilung wird nun mit einem
Umschlage versehen, worauf das Schlagwort geschrieben ist Es
wird dann die Frage gestellt, ob man nicht diese einzelnen Ab-
theilungen so auf dem Tische, oder dem Fussboden neben einander
Ueber Ordnung und Inventarisirung der Gemeinde -Archive. 245
legen kann, dass eine gewisse innere Verbindung, eine gewisse
logische Ordnung zu Tage tritt. Ist nach einigem Ueberlegen diese
Aufgabe gelöst, so wird jeder Abtheilung eine Nummer gegeben,
also y, =Y ^od so fort. Stellt es sich dabei heraus, dass eine Ab-
theilung zu umfangreich ist, so wird zu der Aufsuchung und Fest-
stellung von Unterabtheilungen geschritten, eine jede derselben in
einen besonderen Umschlag gethan und signirt: y~^ > fTö ^s- w.^)
1.1 11 . ^
Nunmehr wird von den einzelnen Haupt- und Unterabtheilungen
das Schema auf einen besonderen Bogen Papier geschrieben — und
die Ordnungsarbeit für die Serie M ist fertig, nur dass noch jedes
besondere Stück mit der ihm speciell zukommenden Signatur und
mit dem Gemeinde-Stempel zu versehen ist. Alle Signaturen sind
aber vorsichtshalber nicht mit Dinte, sondern mit Bleischrift vor-
zunehmen, um bei nochmaliger Durchsicht etwaige Fehler leichter
verbessern zu können. Erst nach Vollendung dieser provisorischen
Arbeit für alle Serien wird zu der definitiven Signirung geschritten :
die Umschläge werden mit Dinte beschrieben, die Signaturen inner-
halb derselben auf den einzelnen Stücken werden aber am zweck-
mässigsten mit Blei gemacht. Bei gebundenen Acten oder Acten-
büchern wird die Signatur mit Dinte auf den Rücken, auf den
Deckel und auf das erste innere Blatt geschrieben.
In der angedeuteten Weise habe ich verschiedene Gemeinde-
Archive vor den Augen und unter Mitwirkung der Gemeinde-
schreiber ganz durchgeordnet, und bei den grösseren zwei bis
drei Tage unter täglich acht- bis neunstündiger Arbeit gebraucht.
In den letzten Jahren komme ich in der Regel mit vier bis fünf
Stunden für ein Archiv aus, namentlich wenn der Gemeindeschreiber
*) In diesen Umschlägen bleiben die Schriften liegen, die vom jüngsten
Datum zu oberst. Es igt dies das Dossier-System, das für Gemeinde- Archive
allein praktische. Das Actenheften würde zu viele Zeit erfordern und nicht
durchzuführen sein.
Bezüglich der Signatur sei hier gleich bemerkt, dass man in folgenden
N
zwei Weisen signiren kann, z. B. entweder =rz — ^ — , oder N. III. 6. c, d. h.
Serie N, Abtheilung HI, No. 6, c, worunter die Schriften gemeint sind, welche
„Rodungen" in dem Gemeinde - Forst betreffen. Ich ziehe für das Gemeinde-
Archiv die erstere Art zu signiren vor. Doch ist dies individuell; nur muss
eine Art consequent durchgeführt werden.
246 Pfannenschmid: Ueber OtxlnuDg und Inventarisirang etc.
schon länger im Dienst ist. In diesem Falle ordne ich nur eine
Serie durch und gebe für die übrigen die bereits entworfenen
Schemata. Für die Revision des Archivs auf Grund der vorhandenen
Inventare reichen dann zwei Stunden aus. Es erfordert also die
Inspection eines Gemeinde- Archivs, wie ich sie jetzt betreibe, in
der Regel einen ganzen Tag. Liegen mehrere Gemeinden nahe zu-
sammen, so ist dadurch eine Erleichterung der Arbeit zu gewinnen,
dass ich zwei bis drei Gemeindeschreiber zugleich in einem Ge-
meinde-Archive einübe und dann nur die Revision in den be-
treffenden anderen Gemeinden vorzunehmen habe. Mein Hauptaugen-
merk ist übrigens darauf gerichtet^ die tüchtigeren Gemeindeschreiber
mit besonderem Fleiss in der technischen Behandlung der Ordnungs-
arbeit einzuüben, damit sie anderen, weniger tüchtigen oder jün-
geren Collegen zum Stützpunkt dienen können. Ich erreiche das
dadurch, dass ich sie nach der Arbeit in ihrem eigenen Archiv in
ein benachbartes Gemeinde -Archiv mitnehme, was sich meist an
den hier schulfreien Donnerstagen bewerkstelligen lässt.
(Fortsetzung folgt)
XL Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens
von Herzog Otto I. bis Kurfürst Max HI. Joseph 1180—1777.*)
Altbayeriscbe Serie
K. Primbs,
k. Keichsarchivassessor zu München.
Seit Aventin die Geschichte Bayerns und jenes Fürstenhauses
schrieb, dem es nun schon sieben Jahrhunderte gegönnt ist, segen-
spendend über die schönen Gauen Altbayerns zu herrschen, hat sich
eine grosse Anzahl von Gelehrten theils nebenher, theils selbstständig
mit der Beantwortung der Frage beschäftigt, was dieses Fürsten-
geschlecht zu seiner ersten Schildzierde erkürte. Zu den frühesten
Forschem auf diesem Gebiete gehören Hund, Oetter, Lamey und
Gruber. Als die Akademie der Wissenschaften, das verdienstvollste
"Werk Max des Dritten Joseph, des Letzten vom Stamme Ludwig
des Bayern, im verflossenen Jahrhunderte auf die Lösung dieser
Frage einen Preis setzte, war A. M. Lipowsky, welcher im Augustiner-
kloster zu Reichersberg genealogischen Forschungen seine Muse-
stunden widmete, der glückliche Erringer dieses Preises und seine
Arbeit wurde im 10. Bande der Abhandlungen von der Akademie
veröffentlicht. Neben ihm hatten sich auch J. M. M. Eizinger von
Eizing und der Benediktinermönch Scholliner aus dem Kloster Ober-
altaich in der Lösung dieser Aufgabe versucht und ging Letzterer
daher seinem glücklicheren Konkurrenten mit scharfer Kritik auf
den Leib. Als jüngste Forscher auf diesem Gebiete sind Buchinger,
0. T. von Hefiier und Herr von Mayerfels zu nennen.
üeber Mangel an Arbeiten wie an Arbeitern kann sonach
wahrlich nicht geklagt werden, und wenn daher nochmal an die
*) Aus dem XLI. Bande des Oberbayerischen Arcliivs.
248 Primbs:
Frage herangetreten wird, möchte diess Manchem sehr überflüssig
erscheinen ; da jedoch über manchen Punkt noch immer Streit und
Zweifel besteht, die vorliegenden Zeilen sich nicht blos auf sie
beschränken, sondern vielmehr zeigen wollen, welchen Wandelungen
im Laufe so manchen Jahrhundertes die Wappenbilder der Witteis-
bacher unterworfen waren, so möge die Arbeit freundlicher Rück-
sicht gewürdigt werden.
1.
Der Adler.
Um mit der Frage zu beginnen, wann die Witteisbacher
eines Wappensiegels sich gebrauchten und welches Wappenbild als
erstes zu betrachten ist, so vermochte die bisherige Forschung
vor dem Jahre 1179 kein solches zu entdecken, und dieses Siegel
zeigt im Felde einen linksschauenden Adler. Dieses Siegel befindet
sich auf einer Urkunde des Klosters Rott, ist elliptischer Form und
nur melir zum Theil erhalten, wurde zuerst im Bande I der Mon.
Boic, aber ziemlich frei, korrekt im Jahre 1880 von Herrn von
Mayerfels abgebildet. Es gehört dem Pfalzgrafen und späteren
Herzoge Otto I. an und ist das einzige, welches bisher von diesem
Fürsten bekannt ist.
Viel früher erwartet nur der Laie auf dem Gebiete der
Wappenkunde ein Wappensiegel, da es ja zur Genüge bekimnt ist,
dass man erst um diese Zeit anfing, Schilde und Panner mit be-
stimmten heraldischen Bildern zu versehen. Nun kann man allerdings
in mehr als einem auf grosse Gelehrsamkeit Anspruch machenden
Werke von den viel früheren Wappensiegeln der Herzoge von Loth-
ringen, Bertholds von Flandern, Ernst und Luitpolds von Oesterreich
und von den Habsburgern lesen, Abbildungen hievon schauen, das
Siegel Welfs an der Urkunde für das Kloster in Buchhorn, welche
vom Jahre 1101 stammt, zeigt den Herzog sogar schon im Topfhelm
und auf Schild wie Panner ist der Löwe angebracht; aber was
beweist all' dieses als dass man es mit Fälschungen zu thun hat,
welche viel späterer Zeit ihre Entstehung verdanken. Man lege nur
unzweifelhaft ächte Siegel aus der Zeit, aus welcher die Falsa
stammen sollen, neben diese, und man wird nicht lange brauchen,
sich ein Urtheil über Aechtheit oder Unächtheit zu bilden.
Um zu Otto 's Siegel wieder zurückzukehren, gegen dessen
Aechtheit einst der Ritter von Lang wohl wegen der auffallend
Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens. 249
stumpfen Arbeit Zweifel hegen zu sollen glaubte, wozu übrigens
weder die Urkunde selbst, noch sonst etwas einen Änlass bietet,
so bestimmte der auf ihm angebrachte Adler Lipowsky, dieses
Wappenbild als das Familienwappen der Witteisbacher zu erklären,
gegen welche Annahme aber Scholliner sowohl als PfefFel heftigst
ankämpften, behauptend, nicht der Adler, sondern die eckig aus-
gekrümmte Strasse sei es gewesen. Wer von diesen Dreien hat
nun wohl Recht?
Otto's Sohn, Ludwig der Kelheimer, bediente sich nach mehreren
noch erhaltenen völlig unverdächtigen Siegeln, welche aus der Zeit
von 1190 bis 1213 stammen, als Schildzeichen eines Adlers, den
er auch nach Beierleins verdienstvoller Arbeit über die ältesten
bayerischen Münzen auf seinen Münzen anbrachte. Ebenso ist auf
dem gleichfaUs elliptischen Siegel an der Urkunde des unglücklichen
Pfalzgrafen Otto VIT. für Regensburg vom Jahre 1207 ein Adler
zu schauen. Wie bald gezeigt werden wird, begegnet man dem
gezackten Balken zum ersten Male 1220 und nach 1232 nicht
mehr. Man kann, wenn man all' diese Momente zusammenfasst,
Lipowsky, wie dies auch Herr von Mayerfels mit Recht gethan
hat, in solange mit gutem Gewissen folgen, bis ein früheres Siegel
aufgefunden wird, auf dem sich diese „Strasse" zeigt.
Ob übrigens vor dem Wappenbilde ein anderes absolut un-
möglich gewesen, wie Herr von Mayerfels auf Seite 11 jener Arbeit
annimmt, welche er bei Gelegenheit des siebenhundertjährigen
Jubiläums der Witteisbacher in sehr schöner Ausstattung der
OeflFentlichkeit übergab, dürfte doch noch zu erweisen sein.
Ehe die Gründe erörtert werden, welche theils Scholliner,
theils Pfeffel gegen Lipowsky geltend zu machen suchten, muss
noch des Bundschuhes Erwähnung geschehen, welcher seiner
Zeit im heiligen Lande durch Graf Eckehard von Scheyern zu hoher
Berühmtheit gelangte. Wenn es wahr wäre, dass Eckehard's Nach-
kommen mit diesem Schuh ihren Schild schmückten , um ihrer
Pietät gegen ihren Ahnherrn Ausdruck zu verleihen, gebührte ja ihm
der Vorrang vor Adler und eckiger Strasse. Nun wissen aUerdings
Aventin, Hund und noch manch' andere sehr verehrungs würdige
Gelehrte von diesem Bundschuh, welcher nach des Herrn von Mayer-
fels genauer Prüfung eigentlich ein rautenartig abgesteppter Socken
ist, die eingehendsten Details zu geben, dass Eckehard's Nachkommen
aber wirklich ihn in ihr Wappen aufgenommen hätten, dafür haben
250 Primbs:
sie sicher zu Aller grossem Bedauern keinen Beweis durch ein
glaubwürdiges Siegel geliefert.
Wenn dieses allerdings durchaus nicht allein dastehenden
Wappenmärchens Erwähnung geschah, wurde der Verfasser dieser
Zeilen hiezu durch den Umstand bewogen, dass sich wirklich eine
Art von Bundschuh auf zwei allerdings ziemlich späten Siegeln von
Witteisbachern nachweisen lässt. Johann von Neumarkt, der Sohn
König Ruprechts, führte nach einer Urkunde vom Jahre 1426 ein
Siegel, auf dem der linkte Schildhalter einen Schild hält, in dem
sich ein Halbstiefel zeigt. Ebenso ist auf dem interessanten Siegel
der Elsbeth von Bayern, Herzogs Stephan HI. von Ingolstadt Frau,
welches Herr von Mayerfels in seiner mehrerwähnten Arbeit sehr
genau abbilden Hess, auf dem Helm ein Ding zu schauen, das einer
wohlgeknöpften Damenstiefelette sprechend ähnlich sieht.
Hier muss die Anschauung des Herrn von Mayerfels bezüglich
der Abstammung dieser Fürstin an der Hand des gediegenen Werkes
des Reichsarchivrathes Dr. Häutle über die Genealogie der Witteis-
bacher dahin berichtigt werden, dass sie nicht eine bayerische
Prinzessin und die Gemahlin eines Herzogs von Cleve, sondern die
Tochter des Grafen Adolph V. von Cleve und in erster Ehe mit
Rainald von Valkenburg, Herrn von Borne, verheirathet war. (Häutle
loc. cit. S. 123. Mayerfels loc. cit. S. 10.)
Um nun zu Lipowsky's Gegnern zu kommen, so behauptete
Pfeflfel in seinem Versuche einer Erläuterung bayerischer Siegel,
welcher im 3. Bande der Abhandlungen der Akademie der Wissen-
schaften zu lesen ist, dass er nach und nach eine Menge von Siegeln
gesehen habe, welche das bestätigen, was vor ihm schon Lazius,
Hopping und das Siebmacher'sche Wappenbuch entdeckten, dass
nämlich der Grafen von Scheyern- Witteisbach Wappen aus einer
„eckigt ausgekrümmten rothen Strasse in weissem Felde" bestanden
habe. (Abhandl. Bd. III. S. 171.) Erwägt man, dass zu Pfeffel's
Zeiten sich schon der fünfte Band der Mon. Boica in den Händen
der Forscher befand, sonach schon eine ziemliche Anzahl Abbildungen
von Siegeln bayerischer Fürsten zu Gebote stand, dass aber weder
diese noch die späteren mit Wappentafeln versehenen Bände dieses
Werkes auch nur ein Wappen enthalten, auf dem vor 1224 diese
eckig ausgekrümmte Strasse dem Auge des Beschauers sich dar-
bietet, dass Lipowsky, dessen Studie doch elf Jahre nach PfefifeFs
Versuch erschien, dass SchoUiner, Lamey und eine ganze Reihe
Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens. 251
anderer späterer wie neuerer und neuester Forscher, trotzdem ihnen
gewiss ein viel reicheres Material zugänglich war wie PfeflFel, dessen
ungeachtet kein Siegel mit diesem Wappen zu entdecken vermochten,
so erregt die Menge der von Pfeffel gesehenen Siegel mit diesem
Wappen um so gerechteres Misstrauen, als er unterliess, auch nur
von einem zu sagen, wo er es gesehen.
Der Amberger Rechtsgelehrte Schwaighofer hat nach Scholliner
1663 ein Repertorium der Oberpfälzer Klosterurkunden verfertigt
und hierin bemerkt, dass sich an einer Ensdorfer Urkunde des
Pfalzgrafen Otto von 1139 (?) ein grosses Siegel befindet. Wüsste
man nicht, dass um diese Zeit Wappensiegel nicht gebräuchlich
waren, wäre es allerdings sehr zu bedauern, dass Schwaighofer
unterliess, das Siegel an dieser nun vöUig unauffindbaren (! !) Urkunde
zu beschreiben, da man dann wüsste, ob die Grafen von Scheyern
damals auch schon den Adler im Schilde führten. Abt Anselm und
Bruder Barfus, der Chronist von Ensdorf, beide gute Kenner ihres
Archives wie der Geschichte ihres Klosters, erwähnen wohl der
Urkunde Kaiser Heinrichs von 1116 und des Bischofs Otto von
Bamberg aus dem Jahre 1139, aber über die fragliche Urkunde
schweigen sie. Sehr verdächtig wird dadurch Schwaighofer's Angabe.
Was Hund zu der ganz bestimmten Behauptung veranlasste, es
hätten die Witteisbacher einen gezackten Balken im Wappen geführt,
der nach den verschiedenen Linien verschieden in der Farbe war,
lässt sich nicht bestimmen. Urkunden wohl schwerlich, vielleicht
die in Scheyern, Ens- und Indersdorf befindlichen Grabsteine der
Witteisbacher, vielleicht das Bild in dem erstgenannten Kloster.
Grabsteine etliche Jahrhunderte nach der Zeit hergestellt, wo jene
starben, zu deren Ehren dieselben gefertigt wurden, namentlich in
der Zeit der üppigst wuchernden geschriebenen, gehauenen und
gemalten Geschlechtslobhudeleien und Schwindelstammbäume, galten
freUich lange als vollgültiger Beweis, und die Zeit ist noch nicht
lange vorbei, wo mindestens ein römischer Senator als Ahnherr
herhalten musste. So sehr der Werth von Hund's Stammbuch
stets geschätzt wurde, und auch jetzt noch im Allgemeinen gerechte
Anerkennung findet, vermag man doch nicht Allem zuzustinamen,
was hierin erzählt wird, und dazu gehört auch die Behauptung
wegen des Wappens der Witteisbacher.
Dass im Siegel Otto's ein Adler zu sehen ist, dies Faktum
konnten lipowsky's Gegner nicht aus der Welt schffen, und so
252 Primbs:
musste ihm eine andere Deutung gegeben werden. Einmal wurde
geltend gemacht, dass Otto diesen Adler desshalb in sein Siegel
graben lassen durfte, weil er des Kaisers Panner-Träger war, dass
er desshalb der kaiserliche Aar sei, und nicht das Familienwappen.
Abgesehen davon, dass dieser Adler in Nichts sich als Kaiseradler
manifestirt, so ist zu bedenken, dass Otto dem Kaiser nur einmal
in Italien das Panner vortrug, dann dass, wenn es ein Gnaden-
wappen sein soll, damit der Umstand sich nicht vereinigen lässt,
dass auch Ludwig der Kelheimer und Pfalzgraf Otto Vll. im Schilde
den Adler führten. Es mtlsste denn nur behauptet werden wollen,
wovon allerdings die Geschichtsschreiber ebensowenig zu erzählen
wissen wie von der Verleihung des Gnadenwappens, dass der Kaiser
Otto den Adler nicht blos für sich, sondern auch für seine Erben
als Gnadenwappen verlieh. Aus dieser Zeit dürfte sich schwer eine
solche Auszeichnung nachweisen lassen.
Eine andere Hypothese, dass man es hier nicht mit einem
Familien-, sondern mit dem Wappen des Pfalzgrafen, also einem
Amtswappen zu thun habe, ist nicht besser begründet Abge-
sehen davon, dass man aus jener Zeit ebensowenig Amts-, wie
Gnadenwappen kennt, so muss man billig fragen, wenn der Adler
wirklich das Amtswappen des Pfalzgrafen war, wie kommt es dann,
dass Ludwig der Kelheimer zur selben Zeit, als der Pfalz graf
Otto VIL im Siegel den Adler führte, sich des nämlichen Wappen-
bildes gebrauchte, er, der doch nicht Pfalz graf war? Wie kommt
es weiter noch, dass die Pfalzgrafen vom Ortenburger Stamme nie
des Adlers sich bedienten, dessen sie doch sich hätten bedienen
müssen, wenn er das Amtswappen gewesen wäre?
Ganz richtig bemerkt Herr von Mayerfels in dieser Beziehung
auf Seite 20 seiner oft berührten Arbeit, dass es ausser den
Witteisbachern aller Orten und zu verschiedenen Zeiten kaiserliche
Pfalzgrafen gab, in deren Siegel sich jedoch meist kein Adler
findet, während sich mit Bestimmtheit bei ihnen nachweisen lässt,
dass sie sich ihrer angestammten Haus- und Geschlechtszeichen
bedienten. Sonderbar nimmt sich dann aber das auf Seite 24 be-
findliche Geständniss aus: „Ich bin zwar selbst auch der festen
Ansicht, dass der Wittelsbachische Adler ursprünglich — mithin
vielleicht schon zur Scheyemzeit — als eine Art Pfalzgrafen-
Amtswappen angenommen wurde."
Es ist Schade, dass sich aus der Zeit des Herzogregimentes
Die Entwicklung de« Wittelsbachischen Wappens. 253
Otto's kein Siegel erhalten hat. Man würde daraus ersehen, ob die
neue Würde ihn veranlasste, ein neues Siegelbild zu erwählen.
Bevor zu dem zweiten Wapponbilde übergegangen wird,
dem man auf den Siegeln der Witteisbacher begegnet, muss noch
des Siegels von Otto's Bruder, des Pfalzgrafen Friedrich,
gedacht werden. Einst an eine Urkunde seiner Mutter Helike für
das Kloster Ensdorf vom Jahre 1166 gehängt, musste es später
anderen Zwecken dienen, wie die Rückseite desselben noch erkennen
lässt, befindet sich aber jetzt wieder bei der Urkunde, für welche
es ursprünglich als Beglaubigung diente. Der verdienstvolle Forscher
Moriz beschäftigte sich zuerst mit diesem Siegel, das er schon in
sehr schadhaftem Zustande fand. Leider ist auf dem Schilde des
Reitersiegels, das bisher noch nirgends besprochen und abgebildet
wurde, wenn je ein Wappenbild auf demselben angebracht war,
von diesem keine Spur mehr zu entdecken. Da dieses Siegel einmal
als Beglaubigung für eine frühere Kaiserurkunde dienen musste,
wie Moriz in seinen handschriftlichen Aufzeichnungen sagt, so hat
vielleicht absichtlich eine Zerstörung stattgefunden.
Der gezackte Balken.
Was Ludwig den Kelheimer bewog, den Kaiseraar (!) fliegen
zu lassen und jenes Bild an seine"Stelle zu setzen, von dem Pfeflfel
heroldsmässig (?) sagt, dass es eine eckig ausgekrümmte Strasse ge-
wesen, dafür fehlt jeder Anhaltspunkt, da man nicht einmal annehmen
kann, dass es zu Ehren eines anderen Geschlechtes oder als Prätensions-
wappen gewählt worden wäre, da kein Geschlecht bekannt ist, welchem
vorher dieses Wappenbild eigen gewesen wäre, kein Geschlecht dieses
Wappens sich bediente, mit dem sich die Witteisbacher versippt
hätten, dessen Güter an sie erbweise gediehen wären.
Während nun drei Siegel Ludwig's aus verschiedenen Jahren
existiren, auf denen sich dieses Wappenbild zeigt, kennt man von
seinem Sohne Otto nur eines vom Jahre 1224 mit dem Zacken-
balken. Nach diesen beiden Fürsten begegnet man diesem Bilde
nie wieder bei einem Witteisbacher, wohl der beste Beweis, dass
die Pfeflfel-Scholliner-Hund'sche Behauptung, dass der Zackenbalken
das firüheste Wappenbild der Grafen von Scheyern- Witteisbach ge-
wesen, nicht haltbar ist.
254 Primbs:
Auf Seite 28 versucht Herr von Mayerfels die Motive klar
zu legen, welche Ludwig den Kelheüner zur Aufgabe des Adlers
bestimmten; es dürfte sich aber doch fragen, ob Viele zu dieser
Ansicht hiedurch bekehrt werden. Wenn wirklidi die über Pfalzgraf
Otto Vn. verhängte, zum TheU von Ludwig selbst in Vollzug gesetzte
Reichsacht ihn veranlasste, ein neues Wappen anzunehmen, wenn
wirklich die Pietät gegen den Kaiser mitwirkte, so kann man
sicher nicht sagen , dass Ludwig sich mit dem Ausdrucke dieser
seiner Gefühle überstürzt hat; denn 1209 schon war Otto seinem
Verhängnisse unfern von Abbach erlegen, und noch 1213, nach
Mayerfels und Beierlein sogar noch 1220, führte er den Adler
im Schilde.
Wenn übrigens Herrn von Mayerfels die in Folge der Be-
erbung der Wasserburger und Bogner Grafen beliebte Wappen-
änderung auffallender erscheint als die Aufgabe des Adlers, ist
dies schwer erklärbar. Es wird immer klarer, selbst diesem ge-
wiegten Forscher auf dem Gebiete der Heraldik und Sphragistik
sind die Siegel Ludwigs und seines Sohnes Otto mit dem gezackten
Balken unbekannt geblieben. Herr von Mayerfels lässt hiebei noch
einfliessen, dass Ludwig nach Aufgabe des Adlers theils des
Pfalzischen Löwen, theils der von seiner Gemahlin oder den
Wasserburger Grafen ererbten Wecken sich bediente. Dass er
einen Löwen im Wappen geführt, ist ebenso wenig erwiesen als der
Gebrauch der Rauten. Ludmilla Stammte nicht aus dem Qeschlechte
der Grafen von Bogen, dieses Geschlecht war nicht ausgestorben,
als sie Ludwig die Hand reichte, wie hätte denn also Ludwig von
ihr die Wecken erben können?
Die beiden Doppelsiegel Ludwig's undOtto's vom Jahre 1224,
auf welchen sich der gezackte Balken präsentirt, sind noch nirgends
abgebildet worden, sind die einzigen, welche von Wittelsbachem Je
gebraucht wurden, und müssen selbst dem wappenkundigen Herrn
von Mayerfels unbekannt geblieben sein , da er vom Adler in seiner
Abhandlung unmittelbar auf den Löwen übergeht, ohne nur mit
einem Worte des Zackenbalkens zu gedenken (1. c. S. 24), dagegen
auf Seite 30 sagt : „Nach allem vorher .Gesagten ist jedoch soviel
jedenfalls apodiktische Gewissheit, dass die sogenannten
bayerischen Wecken als das eigentliche und wirkliche zweite
Geschlechtswappen des Hauses Witteisbach - Bayern unbedingt be-
trachtet werden müssen."
Die Entwicklung des Wittelsbaclüschen Wappens. 255
Der Typus der angeführten Doppelsiegel ist ein ganz eigen-
artiger und lässt erkennen, dass der Siegelschneider das Darstellen
von Boss und Reiter besser verstand als Buchstaben zu graben.
Der Löwe.
Im Jahre 1230 taucht auf dem Schilde Otto des Erlauchten
zum ersten Male an der Stelle des gezackten Balkens ein gekrönter
Löwe auf. Weiss man nicht, warum das erst genannte Bild erwählt
wurde, kann über den Grund kein Zweifel bestehen, der zur An-
nahme des Löwen Anlass bot.
Otto's Tater hatte allerdings schon 1214 von dem Kaiser die
Belehnung mit der schönen Pfalz am Rheine erhalten, nahm auch
nach Ausweis der Legende des Doppelsiegels von 1224 den IHtel
eines Pfalzgrafen am Rheine an, das war aber auch Alles, denn
in den Besitz der Pfalz zu kommen gelang ihm nicht, vielmehr
gerieth er bei dem Versuche hiezu in Gefangenschaft. Erst seinem
Sohne Otto, der 1212 mit Agnes verlobt wurde, des entsetzten
Pfalzgrafen Heinrich Tochter, aber erst 1224 mit ihr die Vermählung
vollziehen konnte, erst ihm war es gegönnt, von der Pfalz Besitz
zu nehmen. Im Jahre 1227 verschied sein Schwiegervater, und
dies wird ihn bestimmt haben, nun auch im Wappen die Nachfolge
in dem Besitze der Pfalz zu manifestiren, den bisher von diesem
geführten Schild mit dem Löwen anzunehmen.
Ist der Löwe aber auch das Geschlechtswappen von Otto's
Schwiegervater, und nicht etwa das der Vorfahren dieses im Be-
sitze der Pfalz?
Nach Scheidt's treffliqhem Werke über das Haus der Weifen
führte Otto's Schwiegervater ausweislich einer ziemlichen Anzahl
unverdächtiger Siegel eine Zeit lang zwei Löwen im Schilde, was
Scheidt dahin deutete, dass Heinrich dadurch auf sein Geschlecht
und auf die mit ihm versippten Pfalzgrafen am Rheine hindeuten
wollte. Für Otto wäre es nun allerdings auch nahe gelegen, durch
Dopplung des Schildbildes auf diese doppelten Beziehungen hinzu-
weisen; da ihm aber ohne Zweifel die Pfalz am Rhein viel werth-
voller erschien als die Versippung mit einem Geschlechte, auf dem
damals des Kaisers Ungnade schwer lastete, so mochte es ihm klüger
dünken, sich mit einem Löwen zu begnügen, der ja am Ende auch
256 Primbs :
für beide Beziehungen als Repräsentant gelten konnte, und so wird
der Löwe mit Recht als das "Wappen jenes Geschlechtes zu betrachten
sein, das vor den Weifen in der Pfalz am Rheine herrschte.
Wie hoch von jeher die Witteisbacher den Besitz der Pfalz
schätzten, geht daraus hervor, dass in ihrem Wappen fast immer
der Löwe der ehemaligen Pfalzgrafen am Rheine den ersten Platz
einnahm, noch jetzt nach dem Königstitel jener des Pfalzgrafen vor
dem eines Herzogs von Bayern, Franken und Schwaben kommt.
Auf Tafel I des dritten Bandes der Monumenta Boica ist ein
Siegel abgebildet, welches Ludwig der Kelheimer geführt haben, an
einer Urkunde des Klosters Raitenhaslach vom Jahre 1220 hängen
soll, und im Schilde einen Löwen zeigt. Sonach wäre die Be-
hauptung, dass zuerst Ludwig des Adlers, dann des gezackten
Balkens, nie aber des Löwen sich bediente, unrichtig. Bisher hat
sich aber die angebliche Urkunde von 1220 mit dem angeblichen
Löwen im Schilde nicht finden lassen, dagegen zeigt eine undatirte
Urkunde dieses Klosters, welche zwischen 1210 und 1223 zu setzen
sein wird und wohl identisch mit der Urkunde von 1220 ist,
deutlich den Adler.
Beierlein in seiner schon berührten Arbeit über die ältesten
Münzen der bayerischen Fürsten vom Stamme der Witteisbacher,
veröffentlicht im 29. Bande des Archivs des historischen Vereines
für Oberbayeru Seite 1 u. ff., erwähnt auch einer Urkunde Ludwigs
aus dem Jahre 1220, an welcher ein Siegel mit dem Adler be-
findlich, wohl die nämliche Raitenhaslacher Urkunde, während das
Register zu den Mon. Boicis von einer Urkunde Ludwigs von
1220 nichts weiss.
So lange jedoch dieses Siegel nicht wirklich angefunden
worden ist, wird meine Behauptung bezüglich der Wappenbilder
Ludwig's des Kelheimers aufrecht zu erhalten sein; denn der
Ritter muss wohl erst noch geboren werden, der Lust trägt, für die
Richtigkeit der Siegelabbildungen in den Mon. Boicis eine Lanze
zu brechen. Aus welcher Quelle wohl Herr von Mayerfels schöpfte,
der ebenfalls auf Seite 24 seiner Abhandlung von dem Löwen-
siegel Ludwigs spricht? Vielleicht aus dem bezeichneten Bande
der Mon. Boica, vielleicht liess er sich von der Angabe Beierleins
irre führen.
Herr Professor Dr. Sepp sagt im ersten Hefte seiner Beiträge
zur Geschichte des. bayerischen Oberlandes Seite 30, dass seit 1074
Dio Eiitwickhinjr des Wittolsbachischeii Wappons. 257
von den Weifen das altbayerische Wappen „der Löwe" herrühre.
Vielleicht lässt sich der gelehrte Forscher bereit finden, einen
Sieg elbeweis hiefilr zu liefern. Bis dahin möge er wohlberech-
tigten Zweifel gestatten.
4.
Die Rauten.
Als Otto der Erlauchte zu seinen Vorfahren eingegangen war,
hatten seine Söhne Ludwig, dem eine rasche That den Beinamen
des Strengen verschaffte, und Heinrich, der erste Heinrich vom
Stamme der Witteisbacher, nichts Eiligeres zu thun, als ihre Be-
sitzungen zu theilen. Ersterer bekam das Oberland und die Pfalz
am Rheine, Letzterer richtete sich im Niederland ein. Den Löwen
zeitweilig fallen lassend, rauteten sie ihren Schild, und zwar bediente
sich Ludwig von 1247 an allein dieses Wappens, Heinrich von
1257 bis 1271. Bald kehrten die Brüder wieder zu den beliebten
Reitersiegeln zurück, und Heinrich auch wieder zum Löwen, während
Ludwig sich mit dem Rautenschilde begnügte. Es ist dies um so
auJBfallender , als Heinrich in der Pfalz nichts zu schaffen hatte.
Unbekannt aus welchem Grunde Hess sich Ludwig zwischen den
Monaten Juli und Dezember 1289 ein neues Siegel graben und auf
diesem neben den Rauten auch den Löwen wieder anbringen.
Herr von Mayerfels sagt auf Seite 27 seiner Studie, dass die
Rauten im ersten Viertel des 13. Jahrhundertes sich sicher nach-
weisen lassen. Diese Annahme findet durch die erwähnten Siegel
von 1247 und 1257 dahin ihre Berichtigung, dass jene sich erst
gegen den Ausgang der ersten Hälfte des bezeichneten Jahr-
hundertes finden lassen.
Warum die Brüder ein neues Wappen annahmen, warum
sie den Schild rauteten, darüber wurde schon sehr Viel
geschrieben, im vorigen Jahrhunderte nicht wenig gedruckt; völlige
Sicherheit wurde aber dessen ungeachtet nur darüber geschaffen,
dass sich eigentlich nichts Gewisses sagen lasse. Auch bei
dieser Frage sehen wir Lipowsky, Scholliner und Pfeflfel verschiedene
Wege ziehen, zu verschiedenen Zielen gelangen. Als gewiss dürfte
Scholliner nachgewiesen haben, dass die Rauten nicht von den Weifen
herstammen, die Witteisbacher sich nicht vor 1247 derselben
bedienten. Was er als Vermuthung hinstellt, dass die Brüder
Archivftllgobe Zeitochrift VIII. 17
258 Primbs:
durch den Ausgang des versippten Grafengeschlechtes von Bogen,
durch den Uebergang seiner Güter an sie bestimmt wurden, dessen
Wappens statt des ihrigen ferner sich zu gebrauchen, dürfte wenig-
stens zum Theil richtig sein.
Die Grafen von Bogen bedienten sich abwechslungsweise der
Pfeilbogen wie der Rauten; da aber dieselben denn doch nicht so
vornehmer Abkunft waren, ihre erbweise an die Herzoge ge-
diehenen Güter nicht so bedeutend, dass dies allein diese hätte
bestimmen könneu, den Löwen der Pfalzgrafen am Rheine desshalb
aufzugeben und die Rauten anzunehmen, muss noch ein anderer
Grund mitgewirkt haben, und dieser dürfte nicht allzuschwer zu
finden sein. Wie die Grafen von Bogen hatten auch die Grafen
von Wasserburg zeitweilig Schild und Panner gerautet, wie jene
waren auch sie mit den Witteisbachern versippt, wie die Güter der
Ersteren gelangten auch die der Letzteren an die Herzoge von
Bayern, und so kann man wohl annehmen, dass wegen beider
Geschlechter und ihres Besitzes sich die Landesherren bestimmen
liessen, das von diesen gebrauchte Wappen zeitweilig zu führen.
Lipowsky spricht sich gegen die eine wie andere Vermuthung
desshalb aus, weil der letzte Graf von Bogen, Albrecht, erst um
1242 starb, der Letzte aus dem Geschlechte der Wasserburger Namens
Konrad erst um dieselbe Zeit dem Herzoge Otto die Anwartschaft
auf sein Erbe einräumte, dieser aber schon 1230 im Wappen die
Rauten anbrachte. Dieser Widerspruch ist aber herzlich schlecht
fundirt, denn wo ist denn das Siegel von 1230 zu finden, in dem
sich die Rauten zeigen? Abgesehen davon hätte Otto immerhin
derselben bei „lebenden Leibern" der genannten Grafen als eines
Prätensions -Wappens sich bedienen können, da der Anfall des
Bogener wie Wasserburger Erbes ihm als ihrem beiderseitigen
Verwandten und als Herzog ziemlich sicher war.
Ganz mit Stillschweigen kann nicht übergangen werden, was
im verflossenen Jahrhunderte sehr gelehrte Männer über die Hei-
math der Rauten ausheckten, wenn wir schon weit entfernt sind
über diesen unfruchtbaren Streit mehr als das Nöthigste zu sagen.
Pater Seholliner sah in den Rauten nichts Anderes als die in
Zickzack gelegten rothen Riemen am Bundschuh Graf Eckarts,
welche sich seine Nachkommen in seine Ehren als pars pro toto
zur Schildzierde erkürten, die Nachwelt aber als solche nicht zu
erkennen vermochte.
Die Entwicklung des Wittelsbachisehen Wappens. 259
Pfeflfel, der sich eines hochgradigen Farben- wie Tastsinnes
erfreut haben muss, sah auf den Siegein, welche sich an Urkunden
der Klöster Ranshofen und St. Zeno befinden und von Herzog Heinrich
dem Löwen ausgestellt wurden, ganz deutlich, dass der Schild
mit verschiedenen Farben bemalt war, meinte, wenn man
die Eintheilung der Farben genau beobachte, dass man dann bald
glauben dürfe, dass es lauter Rauten oder weckenformige Figuren
gewesen, welche sich um einen gemeinsamen Punkt schaarten, und
meinte weiter, dass in diesen wechselweise blau und weiss
gemalten Figuren der Urtypus der Rauten zu suchen sei. (Abh. der
Akad. d. Wiss. Bd. III. S. 115.)
lipowsky Hess der Ruhm, den PfefFel mit dieser Entdeckung
sich erworben, keine Ruhe mehr, und in den Vermuthungen wie
Behauptungen diesen noch überbietend, führte er im § 9 des Ab-
schnittes 3 seiner schon eingangs erwähnten Arbeit aus, dass es
für ihn keinen Zweifel darüber gebe, dass Heinrich der Löwe nach
Ausweis der Siegel an solchen Urkunden, welche für bayerische
Klöster gefertigt wurden, wo also Heinrich der Löwe als Herzog
von Bayern aufgetreten sei, den angestammten Löwen fallen
Hess und dafür die Rauten annahm. (Abh. der Akad. d. Wiss.
Bd. X. S. 204.)
Die Siegel, auf welche sich Lipowsky hiebei wie Pfeffel
stützt, sind noch vorhanden; man kann nicht annehmen, dass sie
seit der Zeit, wo diese Herren ihre Untersuchungen an ihnen
pflogen, sich merklich verschlechtert haben; aber wenn man auch
das beste Erzeugniss von Fraunhofer's Nachfolger zu Hilfe nimmt,
wer nüchtern und ohne Voreingenommenheit die Siegelfläche prüft,
wird nimmer das hierauf entdecken können, was diese beiden
(rel ehrten ganz klar sahen.
Soweit unverdächtige Siegel sich erhalten haben, ist auf
keinem ein Löwe zu sehen: auch Grote in seiner 1863 zu Leipzig
über die Geschichte des Weifischen Stammwappens veröffentHchten
Abhandlung sagt, dass auf dem Reitersiegel Heinrich des Löwen
weder Wecken noch andere heraldische Bilder zu sehen sind. Das
einzige Siegel des Heinrich, auf welchem sich wirklich ein Löwe
befindet — es hängt an einer Urkunde für das Kloster Richen-
burg, welche aus dem Jahre 1154 stammt — wurde schon von
Scheidt wie anderen Forschern desshalb als im höchsten Grade
verdächtig erklärt.
17*
260 Primbs :
Wiederholt muss übrigens daran erinnert werden, dass vor
der zweiten Hälfte des 12. Jahrhundertes Wappen Siegel nicht
vorkommen, wie dies von den neueren Forschern auf dem Gebiete
der Siegel- und Wappenkunde, Herrn von Mayerfels und Fürsten
Dr. F. K. von Hohenlohe-Waldenburg, unbedingt anerkannt wurde.
5.
Der Panther.
Auf der Decke jenes Reitersiegels Heinrich L von Nieder-
bayern, dessen schon wegen des Gebrauches des Löwen Erwähnung
geschah, befinden sich zwei Schilde, von denen der vordere den
Löwen, der hintere aber ein Thier enthält, welches man einen
Panther zu nennen pflegt. Hund erzählt uns, dass er zuerst
dieses Thier auf dem ßeitersiegel jenes Otto HI. von Niederbayem
beobachtet habe, dem sie den Namen Bela gaben, als eind Partei
der Ungarn ihm 1305 die dornenreiche Krone des heiligen Stephan
auf das Haupt setzte, und hielt dieses Wappenthier für das Wappen
von Niederbayern.
Pfeflfel glaubte Anfangs , dass es das Wappen der Pfalzgrafen
von Bayern überhaupt sei, schränkte diess jedoch später ein als das
Wappen der Pfalzgrafen vom Hause Ortenburg. (Erster Versuch in
Erläuterungen bayerischer Siegel. Verh. der Akad. d. Wiss. Bd. H.
§ 4. S. 77.)
Plato-Wild, ßegensburgs Stadtsyndikus und ein Kundiger auf
dem Gebiete der Numismatik wie der Heraldik, schreibt, dass er
dem Panther schon auf jenem Siegel Heinrich des Ersten begegnete,
welches an einer Urkunde Heinrichs für S. Emeram hängt
Dass Heinrich I. schon den Panther als Wappenbild eingeführt,
ist richtig, mit dem Landeswappen irrt sich dagegen Hund ; denn
Landes Wappen im engsten Sinne des Wortes gab es weder damals,
noch auch später. Entweder behielt ein Geschlecht, wenn es neue
Länder erwarb, sein angestammtes Haus- und Geschlechtswappen
bei, oder es Hess selbes fallen und nahm jenes an, welches von
dem Geschlechte geführt worden war, welches vorher in den neuen
Gebietstheilen geherrscht hatte, falls es nicht vorgezogen wurde,
beide Wappen zu verbinden, wie diess namentlich später zu ge-
schehen pflegte. Es kann zwar nicht geläugnet werden, dass man
oft genug von bayerischen Rauten, vom pfalzer Löwen, von firan-
Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens. ^ 261
zösischen Lilien lesen und hören kann, es ist dies aber nur eine
üebertragung vom Herrn auf das Gebiet, denn nie hat die Provinz
Bayern Kauten, nie die Rheinpfalz einen Löwen, nie Frankreich
Lilien im Wappen geführt, wohl aber führten zuerst die Grafen
von Bogen und Wasserburg, dann die Witteisbacher Rauten, die
Pfalzgrafen am Rhein den Löwen, die Könige Frankreichs die Lilien.
Wenn übrigens , wie nicht, der Panther Niederbayern
repräsentiren sollte, was war dann das Wappenbild Oberbayerns,
oder hatte diese Provinz kein eigenes Wappen?
Das Wappen von Niederbayern ist also der Panther nicht;
wen vertritt er denn sonst, wird man nicht mit Unrecht fragen.
Bekanntlich führten die Herzoge Kärnthens aus dem Geschlechte
Sponheim-Ortenburg einen Panther in ihrem Schilde. Als dieses
Geschlecht dem Aussterben öahe war, nahm jene Linie desselben,
welche nach Bayern übergesiedelt war und nach dem unglücklichen
Pfalzgrafen Otto VII. vom Kaiser das Pfalzgrafenamt in Bayern er-
halten hatte, seinen gegengezinnten Schrägbalken fallen lassend, den
Panther an. Als dann auch diese Linie ausgestorben, verkaufte Graf
Hartmann von Werdenberg — die Ortenburger Erbtochter war seine
Frau — 1256 an Herzog Heinrich von Niederbayern das Ortenburger
Erbe, aus welchem das Vizedomamt an der Rott mitgebildet wurde.^
Diesen Namen erhielt es wohl, weil der Rott entlang die meisten
hiezu gehörigen Güter lagen. Von da an erscheint der Panther auf
dem Siegel Heinrich *s, auf dem Siegel des Vizedoms an der Rott.
Mit Ausnahme Ludwig des Römers bediente sich kein Herzog von
Oberbayern des Panthers, und dieser wohl nur 1347, weil damals
die Söhne Ludwig des Bayern noch gemeinsam regierten. Auch bei
Ludwig dem Bayern erscheint der Panther nur in dem Siegel, welches
er als Vormund über die niederbayerischen Prinzen führte.
Es dürfte nach all' dcto kaum mehr einem Zweifel unterliegen,
dass der Panther ursprünglich das Wappen der Sponheimer war und
von den niederbayerischen Herzogen nur desshalb zu dem ihrigen
angenommen wurde, weil sie in den Besitz jener Güter in Bayern
gelangten, welche dort die Nebenlinien der Sponheim-Ortenburg
besassen, welche sich ebenfalls dieses Wappenbildes gebrauchten.
Als nach Georgs Tode Niederbayern an Herzog Albrecht ge-
langte , es keine eigenen Herzoge dortselbst mehr gab, verschwindet
der Panther aus dem Siegel der bayerischen Fürsten sowohl als
der bayerischen Aemter.
262 Primbs:
Die Adler von Brandenburg und Tyrol, die Löwen von
Holland, die Balken von Graisbach.
Durch die Belehnung von Kaiser Ludwigs älterem Sohne
Ludwig (V.) mit der Mark Brandenburg und die Heirath des Letzteren
mit der Fürstin von Tyrol, Margreth der Maultasch, kamen — leider
nur auf sehr kurze Zeit — neue Besitzungen an die Witteisbacher,
was diese bestimmte, auch neue Wappenbilder anzunehmen. Durch
die zweite Ehe Kaiser Ludwig's mit Margaretha von Holland kamen
später auch die schönen holländischen Herrschaften — leider auch
sie nur auf kurze Zeit — an Ludwig's Söhne, und so fanden auch
Hollands Löwen in ihre Wappen Aufnahme.
Wilhelm H. setzte die vier Löwen in das 2. und 3. J'eld seines
Wappens, Albert in das 1. und 4. Feld seines Panners, Johann IH.
wie Wilhelm IL in das 2. und 3. Feld seines Schildes.
Die Siegel, deren sich Ludwig der Brandenburger und Ludwig
der Römer als Markgrafen von Brandenburg bedienten, lägen
eigentlich ausser dem Bereiche der Besprechung, weil weder Wappen
noch Titel auf Bayern und das Witteisbacher Wappen hinweisen;
nachdem jedoch auch mehrere für bayerische Orte gegebene Urkunden
mit denselben gefestet wurden , mag ihrer in Kürze um so mehr
gedacht werden, als sie auch in der Form und Darstellung völlig
von allen übrigen Siegeln der Witteisbacher abweichen.
Fast sklavisch den Siegeln der Markgrafen Johann und Heinrich
von Brandenburg aus den Jahren 1273 und 1310 nachgebildet,
wenn auch von einer Hand ausgeführt, die feinere Arbeit zu liefern
vermochte als jene, die die erstgenannten schuf, zeigen sie in
elliptischem Felde den geharnischten mit Mantel umgebenen Fürsten
stehend, in der Rechten das Adlerpanner haltend, die Linke scheinbar
auf den im Freien schwebenden Adlerschild stützend. Die Kopf-
bedeckung erinnei*t sehr an jenen Kopfschmuck, den sich in den
glücklichen Zeiten der Jugend Knaben aus einem Bogen Papier mit
einigen geschickten Griffen herzustellen pflegten.
Ludwig der Höckerige von Bayern-Ingo! Stadt erwarb Graisbach
und versah desshalb seinen gevierten Schild mit einem Fasse, welcher
die Balken der Grafen von Graisbach zeigt.
Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens. 263
Der Reichsapfel.
Bis auf die Zeit von Maximilian I. blieben die Wappen der
Fürsten Bayerns unverändert. Als Kaiser Ferdinand nach der für
Kurfürst Friedrich von der Pfalz so unglücklichen Schlacht am
weissen Berge bei Prag Herzog Max zur Ausgleichung für die
grossen Kosten, welche diesem bei der Kriegshilfe erwachsen, mit
den oberpfalzischen Besitzungen Friedrich's bezahlte, und auf ihn
die Kurwürde wie das Truchsessenamt des geächteten Friedrich
übertrug, nahm Max das Zeichen seiner Würde, den Keichsapfel, in
sein Wappen auf, ihm den Platz in einem Mittelschilde anweisend,
welchen dann seipe Nachkommen unverändert beibehielten.
Helmzierden, Schildhalter, Orden, Mottos.
Helmdecken und Helmzierden bildeten früh und vom 14. Jahr-
hunderte an ganz besonders einen in Deutschland nie fehlenden
Schmuck und Zugehör der Wappen, wesshalb auch der Zierden
gedacht werden muss, welchen man auf den Siegeln der bayerischen
Fürsten begegnet.
Nach dem Reitersiegel Ludwig des Strengen — vor ihm finden
sich keine Helmzierden — bestand der Schmuck 1256 aus mit Linden-
zweigen besteckten BüfFelshörnern — anfänglich wohl auch Zweigen.
Ludwig der Bayer setzt in seinem einen Sekretsiegel 1314 den
Löwen der Pfalzgrafen am Rheine auf den Helm, dem Otto von
Mosbach 1390 den Platz zwischen Büflfelshörnern anwies.
Wilhelm HI. von München führte eine neue Helmzierde ein,
indem er die Büfifelshörner mit einem geschlossenen und gerauteten
Flug vertauschte. Erst Ludwig von Ligolstadt öffnete 1426 den
Flug, um dem Löwen einen besseren Platz zu verschaffen. Von da
an sieht man die Büffelshörner bald glatt, bald gerautet, bald mit
Lindenzweigen besteckt, bald ohne sie; der Flug ist einmal ge-
schlossen, das andere Mal offen, stets erscheint aber zwischen
Büffelshörnern wie Flug der Löwe.
Um diese liebgewordenen Helmzierden zu vereinen, nahm
Albrecht der Fünfte, richtig gezählt der Vierte, zwei Helme an, die
zuletzt durch den Kurhut verdrängt wurden, nachdem dieser sich
vorher zwischen sie gedrängt hatte.
Der sitzende Greif auf dem Helme Albert's I. von Straubing-
Holland, wie der Federballen auf dem Helme Johann's III. wurden
264 Primbß :
(1er holländischen Provinzen wegen und desshalb nur von diesen
Fürsten geführt.
In England kann sich selbst der einfache Squire sein Wappen
fast nicht ohne Schildhalter denken, in Deutschland dagegen
pflegten meist nur Fürsten und Glieder des hohen Adels ihren
Schild irgend einer Person oder einem Thier zum Halten und
Schirmen zu übergeben. Konform diesem Brauche bei anderen
Fürsten begegnet man bei den Witteisbachern in diesem Amte
anfangs Engeln, dann Frauen mit und ohne Kostüm, später wilden
Männern und Affen, bis Albrecht 1559 dem Löwen für immer dieses
Amt anvertraute.
Von Ordensketten ist auf den Siegeln der Fürsten Bayerns
nur d i e des goldenen Vliesses und auch diese nur auf den Siegeln
von Albrecht IV., Max L und Karl Albrecht zu schauen.
Auf dem grossen Reitersiegel Heinrich des Reichen von Landshut,
welches an einer Urkunde vom Jahre 1422 hängt, ist in der Mitte
der Schrift das Motto „Wolt Got*' angebracht. Es ist diess das
einzige, das auf einem Siegel bayerischer Fürsten zu finden ist.
Kurze Beschreibung der Siegel der altbayerischen Ffirstenlinien
nach den im Reichsarchive befindlichen Originalen wie Abgüssen.
1) Pfalzgraf Friedrich. 116(5. Reitersiegel. Schild ohne Wappen, wenigstens
lässt sich ein solches nicht erkennen (Ensdorf).
2) Pfalzgraf, später Herzog Otto. 1179. () Im Si^elfelde linksschauender
Adler (Rott).
3) Herzog Ludwig I. der Kelheimer. a. c. 1196. Reitersi^el. Im Schilde
rechtsschauender Adler (Raitenhaslach). — b. 1207. 1213. (Ambruck, Kuf-
stein.) Dieser Stempel unterscheidet sich von dem ersteren durch die L^ende
und dadurch, dass hier die Lanzenspitze zwischen dem L und O sicii be-
findet, während sie bei lit. a vor 3em L sich befindet. Die L^ende von a
lautet: LOD WIC VS DEI GRACIA DVX BAWARIE, bei b: L - 0
DOWICVS DEI GRACIA DVX BAWARIE. — c. 1220. (S. Zeno.) In dem
Schriftrand vor dem Kreuze ein Punkt, nach demselben ein sechsstrahliger
Stern. Die Legende lautet: LODEW IC VS. DEI GRACLÄ^ DVX. BAWRIE.
Im Schilde der gezackte Balken. V und S sind ligirt. — d. 1224, (Alders-
bach.) t I^Jö Schrift muss von demselben Künstler herstammen, welcher
das folgende Siegel lieferte. Px-kig, aneinander gehängt, stumpf gegraben
sieht diese Inschrift aus, welche lautet: LVDWICVS DEI GRÄ PALAT
I . . . AWARIE. V und S sind ligut. — e. 1224 Doppelsi^el. (R^ens-
burg.) Avers der Herzog mit der Fahne, Revers der Herzog mit dem Schwert.
Die Entwicklung des Wittelfibachischen Wappens. 265
Beide Male im Schilde der gezackte Balken. Von der Legende hat sich
bloss erhalten: . . . CVS. DEL G VS. RH Revers . . . DEWI . . .
— f. 1230. (Windorf.) Die Lanzenspitze zwischen V und D. — g. 1232. (Würz-
burg.) Ganz gleicher Stempel wie lit d.
4) Otto VII. Pfalzgraf. 1207. () Im Si^jelfelde der rechtsschauende Adler.
5) Herzog Otto H. a. 1224. (Regensburg.) Doppelreitersiegel. Die Darstellung
und Art der Behandlung ganz wie bei seinem Vater. — b. 1230. (Windorf.)
Reitersiegel. Im Schilde der ungekrönte Löwe. — c. c 1216. (Rott.) Der
zweite Stempel mit dem gekrönten Löwen. — d. 12J>2. (Seeligenthal.) Der
dritte Stempel mit dem gekrönten Löwen.
G) Ludwig U. der Strenge, a. 1247. Rautenschild. Die erhabenen Rauten
sind mit Punktlinien ausgefüllt, die vertieften sind geviert mit Doppel-
strichen in jeder Vierung. — b. 1280. Reitersiegel. Im Armschild die Rauten.
Helm: Mit Lindenzweigen besteckte Büffelshömer. — o. 1290. Reitersiegel.
Im Armschild die Rauten. Auf der Decke zwei Schilde mit dem Löwen.
Helm wie bei a.
7) Heinrich I. von Niederbayern, a. 1256. Ganz gleich wie das Siegel Ludwigs
von 1247. — b. Grosses Reitersiegel. Armschild gerautet. Auf der Decke
zwei Schilde mit dem Löwen und Panther. Helm wie bei Ludwig.
8} Ludwig IV. der Bayer, a. Mittelgrosses Reitersiegel. Armschild: gerautet.
Auf der Decke zwei Schilde mit Löwen. Im dessinirten Felde oberhalb der
Vorderfüsse zwei mit den Stielen gegeneinander gestellte Kleeblätter, unter-
halb der Füsse eine Lilie, hinter dem Schwänze ein dreiblättriger Zweig. —
b. 1313. Sekretsiegel V Rautenschild. — c. 1314 Sekretsiegel. Auf dem
Helme sitzt der gekrönte Löwe. — d. 1340 als Vormund des nieder-
bayerischen Prinzen : Im Dreipass gelängter Schild , rechts die Rauten,
links der Panther.
9) Ludwig V. der Brandenburger, a. 1331. Q I™ Siegelfelde der Markgraf
im Panzer, im Panner und Schilde der Adler. — b. 1342. Der Adler im
Schilde. — c. 1348 sehr grosses Siegel : der Rautenschild auf der Brust
des im Siegelfelde betindlichen Adlers.
10) Ludwig VI. der Römer, a. 1347. Im Dreipass drei 1. 2. gestellte Schilde.
1. Löwe. 2. Rauten 3. Panther. — b. 1350. () ganz gleich dem Siegel a.
von Lud\i'ig dem Brandenburger, doch etwas kleineren Umfanges. —
c. 1351. Im Siegelfelde der Löwe, auf dessen Schulter der Rautenschild.
— d. 1355. Schild geviert: 1. 4. Rauten, 2. 3. Adler.
11) Otto V. der Brandenburger, a. 1363. Kredenzsiegel. Im Siegelfelde der
Löwe, auf dessen Schulter der Rautenschild. — b. 1379. Im Dreipass der
Rautenschild.
12) Mainhard von Tyrol. 1361. Im Siegelfelde der Adler mit dem Rauten-
schilde auf der Brust.
13) Ludwig III. von Niederbayem. 1295. Mittelgrosses Reitersiegel. Arm-
schild : Löwe. Auf der Decke 2 Schilde mit Löwe und Panther. Helm:
wie bei Ludwig dem Strengen.
IJ) Otto in. von Niederbayem. a. 1290. Mittleres Reitersiegel. Armschild:
I-.öwe. Die Schilde auf der Decke: Rauten und Panther. Helmzierde noch
266 Primbs :
unverändert. — b. 1295. Sehr grosses Reitersi^el. Armschild: Löwe. Auf
der Decke 2 Schilde mit Rauten und Panther. — c. 1309. Kredenzsiege],
auffallend klein. Im Siegelfelde der Panther. — d. 1311. Grosses Thron -
Siegel; von den 4 an den Seiten angebrachten Schilden ist blos der obere
rechte mit dem Löwen erkenntlich. (Landschaftsarchiv.)
15) Stephan L von Niederbayem. a. 1296. Mittelgrosses Reitersiegel. Arm-
schild: Rauten. Die 2 Schilde auf der Decke: Löwe und Panther. Helm-
zierde unverändert. — b. 1308, Sekretsiegel: Rautenschild. — c. 1309. Sehr
grosses Reitersiegel. Armschild : Löwe. Die 2 Schilde auf der Decke : Rau-
ten, Panther. Helmzierde unverändert.
IG) H e i n r i c h II. von Niederbayem, der Zänker, a. 1314 Sehr grosses Reiter-
siegel. Armschild : Löwe. 2 Schilde auf der Decke : Rauten , Panther, —
b. 1326. Kleines Siegel. Im Dreipasse Rautenschild. — c. 1331. Mittleres
Reitersiegel. Armschild: Löwe. 2 Schilde auf der Decke: Rauten und
Panther. Im Panner ist ein Kreuz angebracht. Auf dem Helme sitzt
der gekrönte Löwe. Oberhalb desselben im Siegelfelde das ungarische (?)
Kreuz. — d. 1333. Kleines Siegel Löwe im Felde. — NB. Das Siegel
von 1331 gehört zu Heinrich HI.
17) Otto IV. von Niederbayem, der Abbacher. a. 1322. Mittleres Reitersiegel.
Armschild: Löwe. Schilde auf der Decke: Rauten, Panther. Helmzierde
die alte. — b. 1326. Sekretsiegel. Im Siegelfelde der auf dem Helme
sitzende Löwe.
18) Heinrich in. von Niedernbayem, der Nattemberger. a. 1314. Kredenz-
siegel : Im Felde der Löwe , auf dessen Schulter der Rautenschild. —
b. 1333. Mittleres Reitersiegel ganz gleich dem von Otto IV. a. — c. 1333.
Hofgerichtssiegel : Im Dreipass der Rautenschild : S. CVRI AE DVCVM BAW.
19) Stephan n. von Oberbayera, mit der Hafte, a. 1330. Grosses Reitersiegel.
Armschild: Rauten; auf der Decke 2 Schilde: Löwe. Helmzierde die
alte. — b. 1357. Rautenschild. Hclmzierde unverändert. — c. 1364. Rauten-
schild im Sechspass.
20) Johann H. von Bayern - München. 1376. Sekretsiegel: Im Sechspass
Rautenschild, auf dem Schilde „hockt" ein ganz kleiner Löwe.
21) Ernst I. von Bayern-München, a. 1409. Im Sechspasse gevierter Schild:
1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten. Helm: zwischen gerauteten Büffelshömem
der sitzende gekrönte Löwe. — b. 1409. Ganz gleich, doch im Siegelfelde
rechts ein Monogramm.
22) Wilhelm IIL von Bayem-München. a. 1400. Rautenschild. — b. 140..
Gevierter Schild: 1. 4. Löwe; 2. 3. Rauten. Helm: geschlossener ge-
rauteter Flug.
23) Albrecht II. von Bayern - München, a. 1438. Im Sechspass gevierter
Schild: 1. 4. Löwe; 2. 3. Rauten. Helm: der Löwe zwischen mit Linden-
zweigen besteckten gerauteten Büffelshömem. Eine nackte Frau hält die
an die Helmzierde befestigte Kette. — b. 1454. Ein Engel hält vor sich
den gevierten Schild. 1. 4. Löwe; 2. 3. Rauten. — c. 1454. Gevierter Schild
wie bei b. Helm: Löwe zwischen gerauteten Büffelshömem.
Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens. 267
24) Johann IV. von Bayern-München, a. 1458. Schild geviert. 1. 4. Löwe,
2. 3. Rauten. Helm: Löwe zwischen mit Lindenzweigen besteckten Btiffele-
hömern. Eine Frau hält die Decke. — b. 1458. Schild wie bei a. Schild-
halter: 2 Löwen. — c. 1460. Sekretsiegel: Eine Frau hält den gevierten
Schild.
25) Sigmund von Bayern - München. 1478. Schild geviert: 1. 4. Löwe,
2. 3. Rauten. Helm: I^we zwischen offenem gerautetem Flug. Schild-
h alter: zwei wilde Männer.
2G) Christoph von Bayern -München, a 1472. Schild wie bei Sigmund.
Helm: der Löwe zi^ischen offenem gerauteten Flug — b. 1473. Tartschen-
schild: 1. 2. Löwe, 2. 3. Rauten. Helm wie bei a , doch mit geschlossenem
Flug. Schildhalter: 2 wilde Mäimer.
27) AI brecht lU. von Bayern -München, der Weise, a. 147G. Sekretsiegel:
Engel hält den gevierten Schild. — b. 1477. Tartschenscliild. 1. 4. Löwe
2. 3. Rauten, Helm : Löwe zwischen geschlossenem und gerautetem Flug.
— c. 1490. Schild gleich Helm: Löwe zwischen gerauteten Büffels-
hömem. — d. Kontrasiegel: gevierter Schild im Fünfpass.
27 a) Wolf gang. Nach der Abbiiaung in den Mon. Boic. Thl. VHI Taf. 2
hätte sich Wolfgang eines gevierten, yon einem knieenden wilden Manne
gehaltenen Schildes bedient. 1.4. Löwe, 2. 3. .Rauten. Unter den Urkunden
des Klosters Bemried, wo es sich nach der betreffenden Tafel an einer
Urkunde von 1487 befinden sollte, ist diese wie das Siegel nicht zu finden.
28) Wilhelm IV. und 29) Ludwig(X.) a 1516. Reitersiegel. Die Fahne geviert :
1.4 Löwe, 2. 3. Rauten; Helm : Löwe zwischen offenem Flug. Oberhalb des
im mittleren Ringe des Siegels befindlichen Rautenschildes klimmt ein Löwe
empor, unterhalb steigt ein wilder Mann in die Höhe; oberhalb des linken
Schildes mit dem Löwen befindet sich ebenfals ein Löwe. Unterhalb siM eine
nackte Frau. Unter den Füssen des Roases läuft ein Löwe Auf der Pferde-
decke sind Rauten und Löwe angebracht. Logende : SIGILLVM DVCAI^E
MAGXVTM WILHELMI (LVDOVICI) COMITIS PALATINI REXI ALTE
ET BASSE BAVARIE DVCIS ANNO DOM. 1516. Das Kontrasiegel:
Schild geviert von T^öwe und Rauten. Die fast vollständig gleichen Siegel
— die letzten Reitersiegel der Witteisbacher — hängen an dem 1516
mit der Landschaft abgeschlossenen Vergleiche. — b. 1529. Gemeinschaft-
liches Siegel : Helm mit gerautetem offenem Fluge mit dem Löwen dazwischen.
30) Albrecht IV. (V.) a. lö.VJ. Schild geviert: 1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten;
Helme: rechts sitzender I^öwe zwischen mit IJndenzweigen besteckten
gerauteten Büffelshömem, links zwischen geschlossenem und gerautetem
Flug. Schild halt er: 2 Löwen; Orden: das Vliess. — b. 1550. Schild
gleich Oben ein Löwenkopf.
31) Wilhelm. V. 1580. Löwe hält den gevierten Schild: 1.4. Löwe;
2. 3. Rauten.
32) Ferdinand der Grtinder des Geschlechtes der Wartenberger. 1590.
Runder mit dem Fürstenhut bedeckter, gevierter Schild. 1. 4. Löwen,
2. 3. Rauten. Schildhalter: 2 Löwen.
268 Primbs :
33) M a X i m i 1 i a n I. a. 1606. Ein Löwe hält den mit dem Fürstenhute be-
deckten, von der Kette vom Vliess mngebenen gevierten Schild. 1. 4. Kauten.
2. 3. Löwe. — b. 1628. Von Löwen gehaltener, von der Kette vom Vliess
umgebener gevierter Schild mit dem Reichsapfel im Mittelschilde. Helme:
wie bei Albrecht IV.
34) Ferdinand Maria. 1658. Das "Wappen wie bei Max Ut. b, doch ohne
die Ordenskette.
35) Max n. E m a n u e 1. 1680. Ganz gleiches Wappen, doch ist der Flug ge-
schlossen und zwischen den Helmen ruht auf der Cartouche der Fürstenhut.
36) Karl AI bre cht. 1726 Runder, mit der Kette vom VHess umgebener,
mit dem Fürstenhute bedeckter Schild, geviert mit Mittelschild.
37) Max lU. Joseph. Ganz das gleiche Wappen, doch ohne die Ordenskette.
38) Friedrich I. von Bayern -Landshut. a. 1376. Rautenschild. Auf dem
Helm zwischen gerauteten Büffelshömem der sitzende Löwe. — b. 1372.
Völlig gleich, doch auf dem Helm ein Wappenmantel.
39) H e i n r i c h I V. von Bayern Landshut, der Reiche, a. 1422. Grosses Reiter-
siegel: Schild geviert. 1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten. Helm: Löwe zwischen
geschlossenem gerauteten Flug; Panner geviert wie der Schild. In der
Legende die Devise: „WOLT GOT". — b. 1448. Rautenschild. Helm: Löwe
zwischen gerauteten Büffelshörijern. — Nach einer Fürstenfelder Urkunde
von 1404 hätte Heinrich ein <^ Siegel geführt, in welchem der Löwe auf
dem schräggestellten Rautenschilde sitzt ; unter den Fürst«ifelder Urkunden
findet sich aber keine mit diesem Siegel. Mon. Boic. Thl. IX Taf. 3 Nr. 16.
40) Ludwig IX. von Bayem-Landshut, der Reiche, a 1457. Aeusserst grosses
Reitersiegel: Brustschild und Panner und die 2 Schilde auf der Decke ge-
viert: 1. 4. Rauten, 2. 3. Löwe; Helm: sitzender Löwe zwischen ge-
schlossenem und gerautetem Helme. Zwischen den Füssen des Pferdes
g^en 2 Knaben mit Stäben. — b. 14^7. Tartschenschild geviert. Helm
wie bei a. Im Siegelfelde !| -I. — c 1458. Sehr grosses Reitersiegel.
Schild geviert: 1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten; Helm: Löwe zwischen ge-
rauteten Büffelshömem, auf dem Pferdskopf ein Helm mit dem Bracken-
kopf; auf der Decke 4 Schilde mit dem Löwen. — d. 1477. Schild wie
bei a., Helm ebenfalls; auf der rechten Seite im Siegelfelde 1477, darüber*
— NB. Gehört zur Pfalz.
41) Georg von Bayern-Landshut, der Reiche. 1490, Schild geviert: 1. 4. Löwe,
2. ,3. Rauten. Helm: Löwe zwischen geschlossenem und gerautetem Flug.
42) Albert I. von Straubing- Ho 11 and. a. 1364. Reitersiegel. Armschild:
die Rauten. Auf der Decke fünf Rautenschilde. Panner: Rauten. Helm:
sitzender Greif. — b. 137 1 . Grosses Reitersiegel : Im gevierten Panner 1. 4.
die Löwen von Holland, 2. 3. Rauten. Decke fünf Schilde mit Rauten. —
c. 1385. Contrasiegel: Rautenschild auf der Bmst des Doppeladlers.—
d. Ge^ierter Schild : 1. 4. Rauten, 2. 3. Löwe, im gerauteten Siegelfelde Löwen.
43) Johann HI. von Straubing -Holland, a. 1404. Sehr grosses Reitersiegel.
Schild gerautet. Panner geviert: Löwe, Rauten. Helm: sitzender Löwe
zwischen gerauteten Büffelshörnem. Auf der Decke zwei Schilde mit Rauten.
— b. 1419. Schild geviert: 2. 3. die holländischen Löwen, 1. 4. Rauten,
Helm: Federballen; Schildhalter: 2 Greifen,
Die Entwicklung des Wittelsbachischen Wappens. 269
44) Stephan m. von Ingolstadt, der Knäufel. a. 1399. Rautenschild. Hebn:
Löwe zwischen gemuteten Büffelshömern. — b. 1448. Der Rautenschild.
45) Ludwig VII. von Ingolstadt, der Bärtige, a. 1399. Sitzende Frau, vor ihr
steht der gevierte Schild : 1. 4. Löwe , 2. 3. Rauten. Auf dem Helm : der
Löwe zwischen offenem und gerautetem Fluge. — b. 1426. In einem Lorbeer-
kranze der gevierte Schild: 1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten — c. 1434. Eine Frau
hält den Helm im Arme, auf welchem zwischen geschlossenem Fluge der
Löwe sitzt, und stützt sich mit dem anderen auf den gevierten Schild:
1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten.
46) Ludwig Vin. von Ingolstadt, der Höckerige. 1427. Schild geviert:
1. 4. Löwe, 2. 3. Rauten. Im Fusse die Graisbacher Balken.
NB. Eine vermehrte Beschreibung der Siegel folgt später.
XlII. lieber die Memoration in päpstlichen Urkunden.
Von
Dr. J. V. Pflugk-Harttung,
Privatdozent in Tübingen.
Unter Memoration verstehe" ich die „Gedächtnisserwähnung*^
eines Verstorbenen. In Betreff ihrer hat sich mir das bereits in
den diplomatisch-historischen Forschungen S. 239 ausgesprochene
Ergebniss bestätigt, zunächst für päpstliche Urkunden. Bona
memoria und dergl. wird hier nur bei Verstorbenen angewandt,
ist aber für diese nicht unbedingt nothwendig, am wenigsten für
Laien, nur selten fehlt es bei Geistlichen (z. B. Acta I S. 141, IT, 378).
Demnach darf der Mangel einer Memoration nicht ohne Weiteres
in dem Sinne ausgelegt werden, als handle es sich noch um eine
lebende Person. Steht sie einmal, obgleich der Genannte noch lebt,
so ist auf einen Irrthum des Schreibers zu schliessen.
Ein genaueres Beachten zeigt, dass die Beiwörter zu memoria
nicht willkürlich und gleich beliebt gewesen sind. Halten wir uns
an die 900 Urkunden, welche die ersten zwei Bände der Acta
Pontificum bringen, so finden wir, dass am häufigsten vorkommt:
bona memoria, ihm zunächst steht memoria felix und sancta, schon
seltener ist memoria beata, noch seltener memoria illustris, pia,
apostolica, celeber, diva, egregia, nobilis, reverenda, recolenda, vene-
rabilis, veneranda.
Allein für die Päpste wird verwendet sancta, felix, beata und
apostolica, letzteres zumal für Gregor VTI. ; und zwar in der älteren
Kanzlei, etwa bis Innocenz IL, gewöhnlich beata, apostolica, sancta,
von da an meistens felix, welches jedoch auch schon früher vereinzelt
vorkommt. Nur noch selten findet sich nach Innocenz II. sancta
und beata, apostolica gar nicht mehr. Memoria pia wird für Päpste
und Könige verwendet. Wird eines der genannten Wortein anderer
V. Pflugk-Harttung: Ueber die Memoration in päpstlichen Urkunden. 271
Weise gebraucht, so walten in der Regel besondere Umstände ob,
worüber unten des Näheven. Auf den Kreis von höheren Geistlichen
bis zum Erzbischofe ist venerabilis, bis zum Bischöfe hinab ist
reverenda und veneranda beschränkt, letzteres findet sich einmal bei
dem ersten Abt von Valorabrosa (II S. 210), offenbar absichtlich.
Das eigentliche Beiwort für Bischöfe und Erzbischöfe ist bona, doch
ist.es nicht so fest durchgebildet, als die päpstlichen Beiworte, indem
es bisweilen auch Päpsten und Grafen zugefügt wird, ferner
einem Magister (161), einem Abte (207), Könige (312) und Edel-
manne (277). Recolenda findet sich bei Päpsten, Königen und
Bischöfen. Für Bischof Berward von Hildesheim haben wir ein-
mal celeber in der Urkunde, worin er heilig gesprochen wird (360).
Der gewöhnliche Zusatz bei höher gestellton Laien, bei Herzogen
und Königen, ist illustris, für Grafen kommt neben bona noch
egregia (auch für Herzöge II 8. 311a) und nobilis vor (89, 211).
Eür einen Kaiser haben wir einmal praeclara (212), Victor II.
braucht bei den Eltern Heinrichs III. aus Courtoisie einmal diva
memoria (24).
Statt memoria wird zumal seit Calixt II. nicht selten recordatio
gesetzt und zwar scheint es als gewählter angesehen zu sein,
wenigstens kommt es besonders für Päpste vor und zwar mit den
gleichen Beiworten wie memoria (sancta, beata, felix), während man
für Bischöfe gern bona, für Grafen illustris setzt. Bei einem Herzoge
von Burgund heisst es einmal am Ende des 12. Jahrhunderts
clarae recordationis (364), bei Kaiser Heinrich II. piissimae (II, 68).
In der älteren Zeit verv^andte man mehr sancta, in der späteren,
vor allem seit Lucius III., mehr felix.
Vereinzelt, namentlich in der noch nicht durchgebildeten
Kanzlei, kann das Gedächtnisswort ganz fehlen und nur das Ad-
jectiv bleiben, also felix (34), sanctus (94), sanctissimus (40) prae-
decessor (antecessor), oder gar nur beatus Urbanus (143), beata
Rictrudis (188).
Das unfeierlichste Beiwort, die blosse Angabe des Verstorben-
seins, ist quondam (z. B. 143: Erchenraudus, quondam Catalaun-
ensis episcopus). Es ist namentlich seit Innocenz II. üblich, und
zwar in erster Linie für Bischöfe, Erzbischöfe und hochgestellte
Laien. Sonst machte man gewöhnlich einen der obigen Zusätze,
oder man liess Alles, bis auf Namen und Titel weg, was selbst bei
Kaisern und Königen vorkommt. Jenes quondam kann nun aber
272 V. Pflugk-Harttung:
auch als Erweiterung der eigentlichen Andenkenerwähnung mit
zu der Titulatur des Verstorbenen treten. Es geschieht dies am
häufigsten bei Bischöfen und Erzbischöfen, denen ein bona memoria
beigefügt worden, seltener bei Laien (z. B. 320), nie bei Päpsten i);
man wollte bei diesen wohl nicht das Vergängliche, Gewesene, dar-
thun, was im quondam liegt. Ausser bei bona memoria kommt
der Zusatz noch vereinzelt in Anwendung bei praeclara (212),
beata (362), illustris (II 354) und celeber memoria (360). Eine
Andenkenerwähnung dieser Art lautet dann z.' B. bone memorie
Bernhardus, quondam Hildesemensis episcopus. Sie ist mehr
der durchgebildeten Kanzlei eigen, zumal dem letzten Drittel des
12. Jahrhunderts.
Die zuletzt beregte Art der Memoration darf wohl als die
grosse bezeichnet werden, die blos aus quondam bestehende als
die kleine, die aus Gedächtnisswort und Adjectiv zusammengesetzte
als feierliche, die nur durch letzteres gebildete als unfeier-
liche.
Werden Verstorbene verschiedenen Ranges neben einander
genannt, so erhalten sie verschiedene Bei werte, gleiche dagegen
gleiche. Die räumliche Entfernung, bis zu der sich diese Regel
erstreckt, ist verschieden, z. B. haben wir S. 233 in einem mittel-
grossen Zwischenräume einen Bischof von Paris mit bona memoria,
einen andern blos mit quondam. Die Anwendung der verschiedenen
Beiworte beruht theils darauf, dass verschiedene Stände und Würden-
träger schon au und für sich verschiedene Beiworte erhielten,
so z. B., wenn S. 250 ein Papst mit sancta memoria neben einem
Bischöfe mit bona memoria steht, oder vielleicht auch S. 373, wo
wir einen Kaiser ohne Zusatz, einen Bischof mit bona memoria
finden. Anders aber liegt der Fall, wenn S. 207 ein Bischof mit
bona memoria zu einem Erzbischofe mit recolenda memoria tritt,
oder n S. 236, ein Bischof mit pia memoria zu einem Erzbischofe mit
bona recordatio, oder II S. 389, ein Magister mit pia recordatio zu,
einem Papste mit felix memoria. Hierhin gehören auch sonst die
oben berührten Unregelmässigkeiten mit felix. In der früheren
Zeit zeigt sich nämlich dieses Wort, sobald verschiedene Würden-
träger zusammentreffen, als nocb nicht fest an päpstlichen Namen
*) Acta II S. 137 wird quondam nicht zu predecessore«, sondern zu
id censuisse gehören.
lieber die Momoration in päpstlichen Urkunden. 273
haftend, wesswegen S. 97 neben einem Papste mit beata memoria
ein Erzbischof mit felix, S. 176 neben einem Papste mit sancta gar
ein Abt mit felix memoria vorkommt.
Wie wichtig alle diese Fragen bei Entscheidungen über Edit-
heit und Fälschung einer Urkunde werden können, liegt auf der
Hand; so z. B. ergiebt sich schon aus dem felix et veneranda me-
moria n S. 135 die Verunechtung des Schrifstückes. Vielleicht
findet sich Jemand veranlasst, ihnen eingehendere Aufmerksamkeit
zuzuwenden.
Archlvalische Zcitschiift VIII. 18
XIV. Einrichtung von Archiven.
Vom Herausgeber.
(Fortsetzung.)
VIII. Urkundenverwahrung.
3. Bücherweise.
Wo grosse TJrkundenmengen vorhanden sind, kann man keinen
Augenblick darüber zweifelhaft sein, dass die Stücke in den
Falten und Brüchen und so zusammengelegt zu lassen sind, wie sie
von Alters her überliefert worden : dann aber ergiebt sich von selbst
die in Deutschland nergebrachte Einhüllungsweise. Da aber das
Vorbild für Urkundenverwahrung stets eine handliche Bibliothek
bleibt, dergestalt dass man ebenso leicht wie ein Buch eine
Urkunde finden, herausnehmen und wieder an ihren Platz thun
könne, so empfehlen sich, wo die Hüllen weise einmal besteht,
jedenfalls folgende Massregeln in vorzüglicher Weise:
1) Jede Urkunde erhält einen Umschlag von härterem Papier,
am besten von leichtem weissgrauen Pappendeckel. Das Siegel
wird sorgfältig in den Umschlag eingelegt, die Urkunde aber voll-
ständig von diesem umgeben. Jede Urkunde bleibt dann für sich allein.
2) Die Umschläge werden von ganz gleichem Format gebildet,
und zwar in zwei, höchstens drei Grössen, einem Haupt- und einem
Nebenformat. Das Hauptformat ist dasjenige, zu welchem die Mittel-
grösse der vorhandenen Urkunden das Mass giebt.
Weitaus die grösste Menge der Urkunden wird in dieses
Mittelformat hinein passen , wobei nichts darauf ankommt, ob sie
kleiner sind. Urkunden, welche sich weiter ausbreiten, gehören in
grösserer Menge nur den vier letzten Jahrhunderten an und lassen
sich jedenfalls in zwei Formaten unterbringen, einem örossquartformat
und einem Folioformat; bei jeder Gruppe werden ihrer verhältnissmässig
Einrichtung von Archiven. 275
stets nur wenige sein. Jene kleinen archivalischen Ungeheuer des
fünfzehnten Jahrhunderts, die Bündnissbriefe mit dreissig oder
fünfzig oder hundert und mehr anhängenden Siegeln, die rechten
Vertreter der Zeit der Kleinherren und Fehden, erfordern ohnehin
ihre besonderen Hüllen.
3) Die Urkunden werden in ihren Umschlägen nicht gelagert,
sondern in ihrer Reihenfolge hinter oder neben einander aufgestellt,
so dass sie aufrecht stehen, jedoch lose genug an einander gereihet,
dass keine die andere drücken kann. Die Sammlung wird eben
dadurch einer Bibliothek ähnlich, in welcher jede Urkunde gleichsam
einen Band vertritt, den man bei dem ersten Griff herausheben oder
wieder einschieben kann. Die grösseren Formate aber werden in
tiefer angebrachten Läden oder Schichten untergebracht, und wo sie
in den Hauptreihen fehlen, an Ort und Stelle eine Pappendeckel-
hülle mit einem Hinweisblatt oder einer das Fehlen erklärenden
Aufschrift eingesetzt.
4) Es erleichtert die Uebersicht und Ordnung, wenn die
Gruppen und Serien oder auch die Jahrhunderte durch verschiedene
Farben des Umschlagpapiers oder durch in die Augen fallende
Einsätze von Pappendeckel markirt werden.
5) Auf der Aussenseite der Umschläge wird wenigstens Fol-
gendes aufgeschrieben oder durch einen aufgeklebten Zettel ver-
merkt: die laufende Nummer, das Datum, und das Schlagwort,
welches Zweck und Inhalt der Urkunde bezeichnet, sei es vom Orte
oder den Personen oder der Sache hergenommen.
Wie nun nach vorgedachtem System, — das meines Wissens
zuerst von dem Deutschordensarchivar Dudik, jetzigem mährischen
Landesarchivdirektor , angewendet und von seinem Nachfolger in
Wien, Nedopihl, vervollkommnet wurde, — die Einrichtungen im
Einzelnen zu treffen, darüber sind zwei Archivbeschreibungen ver-
öffentlicht, auf welche hier wohl einfaöh darf verwiesen werden.
Die eine ist vom Oberarchivar Dr. Burkhardt in Weimar in
der Archivalischen Zeitschrift i) gegeben, veranschaulicht durch eine
Zeichnung, und wurde das Wesentlichste auch schon früher erläutert
in V. Sybel's Historischer Zeitschrift 2) durch die Abhandlung „Ueber
Ordnung und Einrichtung der Archive" vom Universitätsprofessor
und Archivar K. Menzel. Die andere Schrift erschien selbständig
») I 207-208 «j XXII 225-25(;.
. 18*
276 Löher;
vom steyermärkischen Landesarchivar Professor Dr. v. Zahn, und
führt den Titel: „üeber die Ordnung der Urkunden am Archive des
steiermärkischen landschaftlichen Joanneums in Graz. Als Mittheilung
an Freunde des Archiv-Wesens," ^) — in der Archivalischen Zeit-
schrift 2) kurz besprochen.
Nach dem Weimarer System werden die zweiflügligen Urkunden-
schreine ganz gleich konstruirt* In jedem befindet sich die ganz
gleiche Zahl von leicht beweglichen Zug- oder Schiebfächem , die
in Falsen laufen und'der Luft reichlich Zutritt lassen. Die Urkunden
gewöhnlicher Grösse stehen in chronologischer Folge hinter, und ihre
dadurch entstehenden Reihen neben einander. Jede Urkunde hat
einen Umschlag mit Signatur, und zwar sind sämmtliche Urkunden
je nach ihrer Grösse in drei verschiedenen Formaten untergebracht.
Im Landesarchiv zu Graz, dessen Einrichtung das Admonter Stifts-
archiv möglichst nachahmte, ist das System fein durchgebildet. Die
leicht beweglichen Urkundenkisten stehen in Schränken, jede Kiste
enthält 2 Abtheilungen, jede Abtheilung 4 Fächer, jedes Fach hat
25 Urkunden. Bei dieser gleichmässigen Vertheilung lässt sich jede
Urkunde, sobald man Jahr und Datum hat, sofort herausfinden,
selbst ohne das laufende Verzeichniss der Hauptnummern zur Hand
nehmen zu müssen.
4. Bündelweise.
Nun ist auch des Faszikelsystems zu denken, welches in den
meisten Archiven von alter Herkunft, insbesondere auch in den
bayerischen, hergebracht ist. Sämmtliche Urkunden, geordnet in
ihren Gruppen je nach der chronologischen Reihenfolge, sind in
Bündel (Faszikel) vertheilt. In dem einen liegen zwei, im andern
fünf, im dritten zehn und mehr Urkunden. Die Faszikel werden
mit Bindfaden umschnürt, und zeigen von aussen mehr oder weniger
genau, sei es durch Aufschrift oder durch aufgebundene Papier-
blätter, Gruppe und Lagerort an. Meist besagt die Aufschrift des
Bündels auch die Jahreszahlen der Urkunden, die darin einge-
hüllt sind.
Diese Art und Weise hat das Gute, dass sie die Urkunden
vor Staub bewahrt, und die Siegel, wenn sie sorgfaltig eingelegt
sind, vor Beschädigung. Sie ist wenigstens der erste entschiedene
*) Graz 18G7, Linscher und Lubonzky.
«) I 320-321.
Einrichtung von Archiven. 277
Schritt zu sorgfaltigerer Bewahrung der alten Pergamente, die man
mitunter noch in Kisten und Kasten wild durcheinander liegen
sieht, selbst in berühmten Staats- und Stadtarchiven.
Allein von den vorgedachten Aufbewahrungsarten ist diese
bündelweise doch weitaus die schlechteste. Urkunden und Siegel
modern, wenn mehrere zusammen in den Faszikeln eingeschlossen
sind, viel leichter, als wenn sie der Luft besser ausgesetzt werden.
Fängt im Bündel bei der einen Urkunde das Verderben an, so
theilt es sich leicht andern darin mit. Und da es in grossen
Archiven vorkommt, dass einzelne Faszikel ein Jahrzehnt, ja ein
Menschenalter lang nicht benützt werden , so ist jene Gefahr noch
grösser. Der zweite Uebelstand besteht darin, dass die Bündel,
wenn sie im Kasten neben einander liegen, sich leicht unter ein-
ander schieben und sich gegenseitig drücken, wenn sie nicht be-
hutsam gelegt sind, und die Schieblade einmal rasch zugeschoben
wird. Unter dem Zusammenpacken ferner und bei dem Einschnüren
mehrerer Dokumente zu einem Bündel leiden gar öfter die Siegel. Die
geringste Sorglosigkeit dabei hinterlässt üble Folgen. Wie viel schöne
Zeit endlich geht mit dem Heraussuchen der Urkunden aus so vielen
Tausenden von Faszikeln und ihrem Aufbinden und Wiederzubinden
verloren! Es ist das keineswegs immer eine saubere Arbeit, und
hat man viele neu hinzugekommene Stücke in die Gruppen und
Serien einzutheilen, so ist des Oeffnens und Schliessens der Bündel
und des Ordnens ihres Inhaltes kein Ende.
Allein, wo einmal — wie im Reichsarchiv zu München — fast
Himderttausend solcher Urkundenfaszikel überliefert sind, was bleibt
da übrig, als einstweilen noch dabei zu beharren? In so grossen
Archiven giebt es noch für lange Jahre drängendere Arbeiten. Nur
allmählich lässt sich Gruppe für Gruppe in einen besseren Zustand
bringen. Man wird sich Glück wünschen, wenn die Urkunden
wenigstens der geschichtlich werthvollsten oder der am meisten
benützten Gruppen in lauter einzelne Stücke aufgelöst und diese
bücherweiso hinter oder neben einander in Reihen gestellt sind.
Im Uebrigen muss man sich begnügen, regelmässig in den Sommer-
monaten eine Urkundenreinigung Statt finden zu lassen, welche
nach und nach durch das ganze Archiv führt. Jeder Faszikel
muss dabei aufgebunden, sein Inhalt genau untersucht, von ge-
schickten Händen sauber geputzt, jedes Siegelbröckchen wieder
festgeklebt werden. Von verbleichenden Schriftzügen aber musg
278 Löhcr:
sogleich beglaubigte Kopie genommen werden. Diese gründliche
Durchsicht und Reinigung wird jedes Jahr höchstens ein paar Säle
umfassen, und ist man mit dem letzten Saal fertig geworden, muss
man im ersten wieder anfangen.
5. Andere Weisen von Urkundenverwahrung.
Wollte man ehemals ein schönes ürkundenarchiv herstellen, so
wurde an den Wänden des Saals oder Gewölbes ein Gestell- und
Fächerwerk von dicken Brettern errichtet, iü welchem oben und
unten Reihen von Schiebladen Platz fanden. Diese Läden waren
gewöhnlich lang und tief, und eher schmal als breit. In jeder lag
eine Anzahl Urkunden, und sollte etwas Vorzügliches hergestellt
werden, so wurden die Urkunden auf dem Rücken, sowie das Vorder-
brett der Läden aussen, mit fortlaufenden Buchstaben und Zahlen
bezeichnet, dass man wusste, in welche Schieblade eine jede Urkunde
gehöre. Diese Aufbewahrungsweise dauertnoch in einigen deutschen
Archiven fort, selbst in grossen reichen Städten, wo man solche
Verwahrlosung weder den Gemeinde- noch den Archiv- Vorständen
zutrauen sollte. Denn eine Verwahrlosung ist es: in den Schieb-
laden liegen die Urkunden in ihren alten Fältelungen und Brüchen
gross und klein durcheinander. Die Entziehung der Luft schadet
ihnen empfindlich. Die losen Siegel hängen sich mit ihren Schnüren
oder Bändern in andere Urkunden und Siegel ein. Das Hervor-
suchen eines Stückes nimmt, selbst wenn das Repertorium genau
und vollständig, Zeit und Mühe in Anspruch, und man muss schon
behutsam dabei und bei dem Wiedereinlegen zu Werke gehen, wenn
die Siegel nicht anstossen und leiden sollen.
Noch verwerflicher ist es, die Urkunden den Akten beizugeben,
indem man sie entweder zwischen deren Blätter einlegt oder ein-
heftet, oder auch, wenn ihrer mehrere sind, in einem Pack, gewöhnlich
gemeinsam von dürftigem Papier umhüllt, in die Aktenfacher ein-
fach einschiebt. Wie schädlich diese Aufbewahrungsweise, wurde
bereits oben auseinander gesetzt, ^) gleichwohl stösst mau noch auf
grosse Reste davon in alten Archiven.
Es giebt nun in den europäischen Ländern noch manche ver-
schiedene Einrichtungen, um die Urkunden zu sammeln und zu
0 Archival. Zeitschr. VII 13— U.
Einrichtung von Archiven. 279
verwahren. Dass aber irgend eine, die ausserhalb Deutschlands im
Gebrauche ist, den Vorzug verdiene, will durchaus nicht ein-
leuchten.
Die schlechteste Weise ist wohl das in einigen Archiven
Frankreichs und Italiens hergebrachte Zusammenbinden von Ur-
kunden. Man heftet sie lose aneinander, oder bindet sie gar in
Bände ein. Das mag wohl bequem erscheinen, um ein Stück bald
zu finden, — jedoch abgesehen davon, wie schwer alsdann eine
Urkunde zum Lesen und Kopiren zu handhaben, so ist leicht ein-
zusehen, dass bei solcher Methode das Zerbröckeln und Abbrechen
von Siegelstücken, sowie das Zerreissen der Urkunden öfter kaum
zu vermeiden ist, und dass die eingepresste Schrift der Urkunden
gar leicht Gefahr läuft, undeutlich zu werden.
Das sonderbare Rollenwesen der Engländer und seine grossen
Unbequemlichkeiten und sonstigen Missstände sind in der Archi-
valischen Zeitschrift *) bereits von geistreicher Feder geschildert.
Das Festhalten an solchen Wunderlichkeiten lässt sich nur aus der
angebomen Unbehülflichkeit der Engländer einer- und ihrer grossen
Achtung vor ehrwürdigen alten Gebräuchen andererseits erklären-
Wie schwer aber die Urkimden unter dem Rollenwickeln und in
der feuchten und mit Kohlendunst dichtgeschwängerten Londoner
Luft leiden, verräth uns kein englischer Archivar.
Verwandt mit den Gitterkäfigen und der RoUennoth der Eng-
länder ist die Florentiner Weise im so schönen, so reichen Archiv
der Uffizien. Etwa 140,000 Pergamenturkunden liegen dort blos als
Rollen und Röllchen ohne irgend sonstige Umhüllung. Die Fächer,
welche die Urkunden enthalten, verbreiten sich durch fünf grosse
Säle. Die ganz grossen Stücke werden abgesondert aufbewahrt.
Die chronologische Ordnung ist durchgeführt; noch nicht einge-
theilt in die langen Reihen waren vor zwei Jahren nur etwa noch
drei- bis viertausend Urkunden; vorhanden ist ein Index nach
Fächern, ein anderer nach chronologischer Folge, ein dritter je
nach den zahlreichen verschiedenen Orten und Stellen, woher die
Urkunden kamen. Gleichwohl hat man öfter seine Noth, die ver-
langte Urkunde herauszufinden : es ist ja unausbleiblich , dass die
Menge der Rollen und Röllchen in den 2805 Casellen oder Fächeni
durcheinander rollt.
>) m 236—238.
280 Löher:
6. Urkundenschreine.
Wiederholt muss betont werden, wie das ganze Trlcunden-
archiv dergestalt einzurichten, dass es in Fällen der Gefahr sich
leicht wegschaffen lässt. Das könnte wohl bei manchen der zuvor
geschilderten Systeme seine Schwierigkeit haben, sobald sie auf
grosse Archive angewandt werden, auf Archive, die gegen 70,000
Original -Urkunden und mehr umfassen, während das Weimarer,
Grazer, Admonter und Deutschordens-Archiv kaum ein Fünftel dieser
Zahl besitzen. Es wird nämlich in der Eile nicht immer möglich
sein, sämmtliche Zugkästen oder Schiebladen herauszuziehen und
fortzutragen, und wo immer man sie bergen mag, darf man sie
am Zufluchtsorte doch nicht offen stehen lassen, selbst wenn das
Lokal verschlossen ist. Ein Archiv soll aber bei Flüchtung fort-
während in solcher Ordnung und Sicherheit bleiben, dass nach der
Rückkehr weder Wirrniss noch Verlust zu beklagen. Ist es mm
in grossen Schränken untergebracht, so würde nicht viel gewonnen
sein, wenn man sie auf Rollen stellte und auf Schienen zum Aus-
gang fortschieben könnte. Denn abgesehen davon, dass solche
Schränke stets nur im Erdgeschosse dürften Platz finden, so würden
sie, glücklich auf der Strasse angekommen, sich doch kaum verladen
und fortführen lassen, ohne dass unter der Wucht des Inhalts —
denn Pergament ist schwer — irgend Gebrechen entständen.
Also das System grosser Schränke, einerlei, ob sie lose stehen
oder an der Wand befestigt sind, ist ganz zu verlassen. Räthlich
erscheinen nur solche Urkunden schreine, die tragbar und gut ver-
schliessbar sind. Man lässt sie am füglichsten von gleicher Grösse
machen, damit sie sich einfach in der Weise zusammenstellen lassen
dass ihre oberen Decken fortlaufende Tafeln bilden.
Das im Reichsarchiv zu München durchgeführte System, wie
es früher in der Archivalischen Zeitschrift i) geschildert worden,
scheint dem im Wiener Haus- Hof- und Staatsarchiv vorhandenen
nachgebildet, jedoch mit wesentlichen Verbesserungen. Ihrer bedarf
jedoch auch die Münchener Einrichtung noch mehrfach. Nach
Durchführung solcher Veränderungen würde sie sich etwa dar-
stellen, wie folgt:
1) Die Schreine sind etwas über einen halben Meter hoch
und breit, die Tiefe kann grösser sein, von 60 bis 75 Centimeter.
') I 129.
Einrichtung von Archiven. 281
Einer steht immer auf dem andern. An der äussern Seite jeden
Schreines befindet sich ein beweglicher eiserner Henkel, der bei
Zusammenschieben der Schreine nieder- und in eine angepasste
Vertiefung in die Bretterwand eingelassen wird, so dass sich die
Schreine dicht an einander fügen lassen.
2) Jeder Schrein hat drei oder vier Schiebladen von ange-
messener Höhe, Breite, und Tiefe, die auf Leisten laufen. In jeder
Schieblade findet sich vorn an beiden Seiten ein breiter Ausschnitt,
in welchen sich bequem hineinfassen lässt. Dieser halbrunde Ausschnitt
dient einerseits als Handhabe bei Ausziehen und Einschieben der
Lade, andererseits öffnet er der Luft freien Zugang. Ein von selbst
einfallender Holzfalz verhindert, dass die Schieblade etwa zu weit
herausgezogen wird und niedersinkt. Bei dem Zurückschieben der
Lade geht auch dieser Falz von selbst wieder in die Höhe.
3) In den Schiebladen stehen die Urkunden in Reihen hinter-
einander. Damit sich die Reihen nicht verschieben, können zwischen
denselben niedrige Leistchen angebracht werden. Jedoch darf der
Zwischenraum zwischen ihnen nicht zu enge sein, damit die Ur-
kunden nicht irgendwo gedrückt werden.
4) Die Schreine sind versehen mit verschliessbaren Flügel thüren,
deren Schloss in der Mitte nach beiden Seiten hin einen Innern
Riegel bewegt, welcher bei dem Zuschliessen in die Seitenwände des
Schreines einfasst. Jeder Schrein hat zwar seinen eigenen Schlüssel,
jedoch sind die Schlüssel überall dieselben, damit in der Eile, wenn
mehrere verschiedene Schlüssel da wären, nicht die richtigen mit
unrichtigen können verwechselt werden. Nur ein paar Schreine
mit kostbarstem Inhalt haben ihre besondern Schlüssel.
5) Auf zwei Stellen der Thür, sowie gegenüber an der Hinter-
wand des Schreines ist ein kreisrundes Loch ausgeschnitten. Der
Kasten hat alsdann vier Oeffnungen. Da die Schreinthüren , um
Staub abzuhalten, in der Regel verschlossen sind, so dienen die
vier Rundlöcher dazu, um Luft durch den Kasten ziehen zu lassen.
Um aber zu verhindern, dass Insekten und Staub durch die vier
Löcher eindringen, sind dieselben von der Innern Seite durch ein
feines Gitter zu verschliessen.
Man kann nun je nach Bedürfniss und Grösse der Archivsäle ent-
weder die Schreine immer einen über einen zweiten, und dann neben
einander, — oder ausserdem auch je vier gegen einander stellen. Die
obern Decken der Schreine bilden dann, wie erwähnt, Tafeln, um
282 Löher:
bei der Arbeit darauf schreiben und Urkunden und Akten entfaltet
uud aufgeschlagen ausbreiten zu können.
Im Münchener Keichsarchiv hat man, — um die bei Zusammen-
stellen der Urkundenschreine zwischen ihnen entstehenden Lücken
zu verdecken, — die Schreine in ein Gerüst (Budel) hineingesteUt,
welches unten mit seinem Boden auf dem Fussboden aufliegt und
oben von einer langen und breiten Tafel bedeckt ist, während die
Seitenlücken, die von einem Schrein zum andern sowie an den
Ecken des Gerüstes sich öffnen, durch eingesetzte Leisten verdeckt
werden. Letztere aber lassen sich drehen, so dass es möglich ist, an
eisernen Ringen, die zu beiden Seiten an den Schreinen befestigt
sind, diese mittels eiserner Haken aus dem Gerüste hervor-
zuziehen. Das Ganze erhält dadurch ein gefalliges und würdiges
Aussehen, und ist sehr bequem, um auf den Urkundenschreinen
selbst, welche mitten den Saal entlang laufen, während die ver-
wandten Akten und Kodizes zur Seite an den Wänden stehen,
Nachforschungen anzustellen und das gesammte archivalische Material
dabei vor sich hinzulegen. Auch ist es von Nutzen, dass die
ürkundenschroine, weil man sie in dem Gerüste nicht so nahe an
einander stellt, überall von einer breiten Luftsäule umgeben sind.
Allein die Schreine selbst sind im Münchener Reichsarchiv viel zu
gross und unbehülflich, und, wenn dicht mit lastenden Pergamenten
gefüllt, nur mit grosser Kraftanstrengung von ein paar Männern zu
tragen und noch schwieriger aus den Gerüsten oder Budein heraus-
zuziehen. Schon die Arbeit des Hervorziehens hindert das rasche
Fortschaffen, wenn Gefahr droht
Will man also diese Einrichtung des Nutzens und des schönen
Aussehens wegen nachahmen, so muss sie handlicher gemacht werden.
Es müssen also
1) die Urkundenschreine kleiner,
2) die eisernen Handhaben zum Tragen möglichst breit sein,
um nöthigenfalls mit zwei Händen einfassen zu können;
3) Haken und Ringe zum Hervorziehen sind zu ersetzen durch
einen grösseren Ring, der in senkrechter Stellung vorn an einem kleinen
Eisenstabo zu den Seiten des Schreins in der Art befestigt wird,
dass er sich leicht hervorziehen und zurückschieben lässt.
4) Es empfiehlt sich, die untere Bretterlage des Gerüstes —
statt dicht auf den Boden — auf durchgehende Latten zu setzen,
damit auch von unten Luft durchstreiche.
Einrichtung von Archiven. 283
5) Die Urkundenschreine aber kann man, um die Reibung bei
dem Herausziehen aus dem Budel sowie bei dem Wiederhinein-
schieben zu verringern, sich bewegen lassen auf schmalen Leisten,
von denen drei oben auf dem untern Kasten, und die drei andern
auf dem Boden des Gerüstes anzubringen. Jedoch erscheint
dies nicht als besonders nöthig, da ohnehin zu hoffen steht, dass
nur höchst selten die Urkundenschreine müssen mobil gemacht
werden.
IX. Verwahrung von Plänen Karten und Grundrissen.
Da es nicht rathsam, Blätter dieser Art zwischen den Akten
oder auf den Gestellen liegen oder aufgerollt in den Ecken stehen
zu lassen, ihre Grösse vielmehr sowie ihre Bestimmung, da sie ge-
wöhnlich zur Erläuterung des Inhalts von mehreren verschiedenen
Akten und Urkunden dienen, sie als eigenartige Archivstücke kenn-
zeichnet, so liegt es nahe, Grundrisse Bauzeichnungen Forstkarten
Landkarten und dergleichen zu einer Sammlung zu vereinigen.
Nichts ist lästiger bei der Nachsuche, nichts gefiihrlicher für
die Blätter selbst, als wenn sie ausgebreitet übereinander liegen
oder ohne Hülle in staubigen Winkeln umherstehen.
Sie erhalten sich aber am besten, wenn sie eingerollt in einer
kürzeren oder längeren Kapsel oder Rolle von starkem Pappendeckel
stecken. Das obere Stück der Kapsel, welches zum Abziehen ge-
macht ist, muss auf seinem Kopfe in aufgeklebtem weissen Papier
oder Zettel die Signatur des Stückes oder, wenn mehrere sich darin
befinden, der Stücke anzeigen. Wo immer man die Kapseln hin-
legt oder, was jedoch möglichst zu vermeiden, hinstellt, müssen
ihre Kopfenden hervorstehen, so dass man leicht die Signaturen
abliest. Alsdann braucht man wenig Raum; die Rollen lassen sich
über einander häufen. Mau muss nur durch Zwischenleisten ver-
hüten, dass die Stücke aus der einen Gruppe oder Abtheilung in
die andere hinüber rollen.
Entweder werden nun, wie im Dresdener Archiv, die Stücke
in einem Schranke ausgelegt, der viele breite und tiefe Schichten
über einander enthält, — oder, wie in den meisten bayerischen
Archiven, auf einem Fächergestelle, das mehrere Bretterlagen über
einander hat und am besten in Mitte eines Saales steht, so dass
man um dasselbe rings umher gehen kann, — oder man richtet,
284 Löher:
wie im Münchener Reichsarchiv, eine eigene Plankammer ein, wie
sie in der Archivalischen Zeitschrift beschrieben worden, i) Sinnreich
ist ein Gestolle im Gewerbemuseum zu Nürnberg ausgedacht:
seine Gefache lassen sich leicht gesondert zerlegen und auf Rollen
hervorziehen.
In italienischen Archiven hat man auch wohl grosse Papier-
stücke nicht anders unterzubringen gewusst, als sie in Rollen und
stehend um einen Ständer zu versammeln und, damit sie nicht zu
Boden fallen, mit Drathringen zu umziehen. Das ist wenigstens
ein Anfang von Sorgfalt, jedoch nicht zu empfehlen.
Auch für die Verwahrung von Plänen Grundrissen Forst-
und Flurkarten, Zeichnungen von Wegen Kussläufen Seen An-
siedlungen und dergleichen möchte eine Zusammenstellung tragbarer
Schreine angezeigt erscheinen. So aber, wie sie oben unter VIII
Ziffer 6 dargestellt ist, lässt sie sich nicht anwenden, weil solche
Grundrisse und Karten gewöhnlich von gar zu verschiedener Grosso
sind, und auch, wenn sie eingerollt und eingekapselt wären, die
Länge der Rollen und Kapseln viele Schreine und Schiebläden von
unverhältnissmässiger Tiefe erfordern würde. Ausserdem Hessen
sich, wenn die Kapseln in Schiebläden neben und über einander
liegen würden, die Signaturen am Kopfende nur schwierig ablesen.
Es erscheint desshalb zweckmässig, das System der Urkunden-
schreine zwar beizubehalten, es aber nach zwei Richtungen hin zu
verändern.
1) Man setze die Gestelle und Abtheilungen zusammen
aus Schreinen, deren Tiefe durchgängig der mittleren Länge der
Kapseln entspricht, während ein besonderer Schrank, ^ der weder
Fächer noch Schiebläden enthält, dazu bestimmt wird, die längsten
Kapseln in der Weise aufzunehmen, dass sie stehend darin an-
einander lehnen.
2) Jede Abtheilung muss tragbarer Schrein bleiben, d. h.
ringsum abgeschlossen und mit Flügelthüren Schiebläden und Luft-
löchern ganz so eingerichtet werden , wie oben geschildert, bloss
mit der Ausnahme, dass die Vordorwand der Schiebläden wenigstens
zum Theil aus leichtem Gitter bestehen kann, durch welches hin-
durch die Signaturen zu lesen sind.
>) I 125—126.
Einrichtung von Archiven. , 285
X. Verwahrung von Kodizes AmtsbQchern und Akten.
1. Verschiedene Weisen.
Als ich zum erstenmal eines der schönstgelegenen Archive
besichtigte, wusste der Vorstand nicht genug zu erzählen von der
streng chronologischen Ordnung, mit welcher er sein Amt verwalte.
Er war seines Standes Offizier, hatte in Adelskreisen ein ver-
schwenderisches Leben geführt, und als ihm Alter und Armuth
naheten, fand er seine Versorgung als Archivvorstand: der archi-
valische Beruf, so glaubte man ja ehemals, könne jede verfehlte
Lebensrichtung" noch aufnehmen. "Worin bestand nun die streng
chronologische Ordnung? Alle Archival-Akten fanden je nach Tag
und Datum der Ankunft ihren Platz in den Gestellen, einerlei
wohin sie gehörten. Wurde etwas davon an Behörden verschickt,
so wurde am betrefifenden Platze zwischen die Akten ein loser Zettel
eingelegt, welcher Tag und Datum der Absendung angab. Kein
Gedanke an Vereinigen des Zusammengehörigen , an Repertorisiren,
an Verbuchen. Schriftstücke, die zur Verwaltung des Airchivs
gehörten, legte der Vorstand Bogen für Bogen, Blatt für Blatt sorg-
fältig übereinander, stets nach der Folgereihe von Tag und Datum,
an welchem sie angekommen oder in Reinschrift abgegangen waren.
Handakten zu bilden, so dass alle Schriftstücke, welche ein und die-
selbe Angelegenheit betrafen, in einem Hefte beisammen lagen, war
ihm niemals eingefallen. Man kann sich wohl vorstellen, wie viele
Zeit und Mühe es kostete, das Archiv einzurichten.
Li einem andern Archiv werden nicht nur alle Prozess- und
Rechnungsakten, Sitzungsprotokolle und Geschäftstagebücher auf-
gehäuft, sondern es wird auch jedes beschriebene Papierblatt, das
im Archive liegt oder hineinkommt, sei auch der Inhalt noch so
flüchtig und unbedeutend, fleissig unter Umschlägen gesammelt.
Mit der Zeit füllt sich jeder Raum im Gebäude mit Aktenbündeln,
und die Umschläge schwellen an zu unförmlicher Dicke, und da sie
bunt durch einander alles Mögliche enthalten, so ist wahrlich nicht
glücklich zu schätzen, wer später einmal die Ausscheidung über-
nimmt. In einem andern Archiv hat man sich vor lauter Sammel-
eifer sogar darauf verlegt, von allen deutschen Tageblättern Exem-
plare aufzustapeln. Wieder ein anderer Archivvorstand ist abgesagter
Feind aller neueren Akten, die er „das Zeug" nennt, und lässt sie
in Ecken und Winkeln im Staube liegen. Was nicht wenigstens
286 Löher:
zweihundert Jahre alt ist, findet nimmermehr Gnade vor seinen
Augen. Sein Gegenfiissler hüllt jeden Forstrüge- oder Streu ver-
weigerungsakt des vorigen Jahrhunderts sorgfältig in Papier und
Leinen ein, als wären es geheime Gesandtschaftsberichte.
Auch in Lagerung oder Aufstellung des Archiv-Inhalts, soweit
er nicht eigentliche Urkunden umfasst, giebt es gar manche Ver-
schiedenheiten. Das alte bischöfliche Speyrer Archiv war eingequetscht
in trag- und verschliessbare Holzkasten, in welchen Urkunden und
Akten imter einander gemischt ohne Luft und licht moderten. Die
Passauer Bischöfe hatten dagegen kleine Blechkästen, denen die
Aktengrösse angepasst war. In den meisten reichsstädtischen und
Ordens -Archiven gab es feste Wandgestelle mit einer Unzahl tief-
eingehender Schiebläden und vielerlei kleinen offenen Fächern
darüber. Gegenwärtig findet man fast überall offene Aktengestelle:
darin werden die Aktenhier in den Gestellen einfach übereinander gelegt^
ein kleiner Berg neben dem andern, dort in stehenden Bündeln
in die Fächer eingezwängt Eine beliebte Methode besteht auch in
deutschon wie in französischen Archiven darin, dass man fünf oder
zehn und noch mehr Aktenhefte und Amtsbücher zu einem Pack
zusammenschnürt, ihm ein Signatur- oder Nummernblatt vorn auf-
bindet, und dann einen Pack neben dem andern in die Gestelle
einschiebt, oft zwei oder drei dieser Ballen hintereinander. Dann
bleibt zwar Alles hübsch in der Reihe : braucht man aber ein Stück,
so müssen die schweren Bündel mit Mühe und Kraftanstrengung
aus den Fächern hervorgezogen, auseinander gelegt und, nachdem
das Nöthige ausgesucht worden, wieder umschnürt und wieder an
ihren Ort gebracht werden. Sind dann die Gestelle hoch und ihre
Fächer tief, so ist das Handtiren mit den sch\feren Packen nicht
ohne Gefahr für Leib und Leben der Archivdiener. Das unglück-
lichste System aber hat in das sonst vortrefflich eingerichtete historische
Hauptarchiv zu Moskau Eingang gefunden : in unabsehlichen Reihen
laufen den Wänden entlang hohe befestigte Schränke mit zahllosen
tiefen Schiebläden voll Schriften, i)
2) Herrichtung.
Ein umsichtiger Archivar wird gar bald die Akten und Amts-
bücher, die für vermögensrechtliche oder genealogische oder wissen-
*) Archival. Zeitschrift V 62—63.
Einrichtung von Archiven. 287
schaftliche Forschungen Ausbeute gewähren, scheiden von den mehr
oder weniger werthlosen Heften und Ballen. Die Letzteren wird
er einstweilen bei Seite liegen und stehen lassen, bis sich Zeit
findet zum Durchmustern. Die andern Bestände aber sind archiv-
mässig herzurichten nach den beiden Gesichtspunkten, erstens dass
Alles wohl verwahrt werde, und zweitens dass es sich bequem ohne
Zeitverlust benutzen lasse.
Beiden Zwecken wird am besten genügt durch Einstellen in
offene Fächer, die von allen Seiten Licht und Luft haben, und
durch Aufstellen der Akten Amtsbücher und Kodizes in diesen
Repositorien ganz in derselben Weise, wie man Bücher in Biblio-
theken ordnet, wobei sich von selbst versteht, dass die Folgeordnung
eine ai'chivalische sei.
Verhältnissmässig werden es immer nur wenige Stücke sein,
die eine sorgfältigere Behandlung verdienen, als da sind: Ver-
handlungen aus früherer Zeit über Angelegenheiten, die noch jetzt
von hervorragender vermögensrechtlicher oder historischer Bedeu-
tung, seltene Autographen berühmter Leute, dem Zerblättern oder
Vermodern nahe alte Schriften, die für das Archiv irgend ein
Interesse haben. Archivalien dieser Art müssen wie Urkunden
aufbewahrt werden. Man sammele sie in Kartons von Pappe mit
tibergreifendem obern Deckel, — oder in Umschlägen, deren offene
Ränder mit Papier oder Leinen umfasst werden, — oder, wenn der
Stoff, aus welchem die Schriftstücke bestehen, es noch verträgt, lasse
man sie zu festen Bänden oder wenigstens zu festen Heften ver-
einigen. Viel Schönes dieser Art, das nachalimenswerth, sieht man
auf dem Staatsarchiv zu Marburg.
Ueberhaupt aber wird man gut thun, lose Akten, die im
Archiv bleiben sollen, stets, soweit Zeit und Mittel es erlauben,
heften zu lassen. Es ist dann kein Umschnüren mit Bindfaden,
die mit der Zeit einschneiden, mehr nöthig. Jedenfalls müssen die
zusammengehörigen Schriften in Umschlägen von etwas steifem
Papier in Folio- oder Quartformat vereinigt und sodann leicht um
schnürt werden.
Die Hefte, Faszikel oder Bände sind sodann in den Fächern
aufrecht neben einander zu stellen, so dass man Alles bequem hervor-
ziehen oder wieder einsetzen kann. Die Ziffer und sonstige
Bezeichnung erhält jedes Stück an einer für alle gleich massigen
Stelle, entweder, wenn der Rücken breit genug, auf diesem, oder
288 Löher:
am Rande, und zwar am föglichsten auf dem vorderen Deckel t)der
Umschlag oben links in der Ecke. Zu dem Ende lässt man die nöthige
Anzahl Blättchen oder Schildchen von etwa anderthalb Zoll Grösse
drucken, welche signirt und aufgeklebt werden. Werden die grossen
Gruppen durch Schildchen von verschiedener Farbe kenntlich ge-
macht, um so besser fär die Archivdiener. Das Uebereinanderlegen
aber der Hefte und Bände wird am besten ganz vermieden. Schrift
und Papier leiden unter dem Drucke, das Hervorsuchen und Wieder-
einlegen eines Stückes erfordert gewöhnlich Zeit und Mühe, die
man sparen kann, und giebt ausserdem Gelegenheit zum Zerreissen.
Ob man nun die alten Kopialbücher und Urbarien, sowie die
späteren Amtsbücher verschiedener Art, untermischt mit den übrigen
Archivalien oder in gesonderten Sammlungen aufstellen wUl, das
hängt von Art der Räumlichkeiten, von Menge und Benutzungsweise
jener Bände, schliesslich vom Gefallen ab. Im Münchener Reichs-
archiv ist — nur wenige grosse und reichbändige Sammlungen und
die Urkunden ausgenommen — Alles in fortlaufender Reihe je nach
der Entstehungszeit aufgestellt und in den Repertorien beschrieben,
und der archivalische Dienst steht sich nicht schlecht dabei.
3. Für die Stampfmühle.
In fast allen grossen Archiven trifft man noch auf Aktenmassen
von denen sich kein Archivbeamter erinnert, dass sie jemals ge-
braucht wären. Durch Unkunde und Fahrlässigkeit früherer Zeiten
sind sie hergebracht und bleiben dann gewöhnlich unberührt an
ihrem Orte. Wozu aber sollen sie, wenn sie keinen Nutzen schaffen,
den Platz wegnehmen, da noch so viel Gutes, was dahin gehört,
bei Aemtern und Behörden umher steckt? Weshalb soll man mit
ihrem Abstauben \ind Auslüften die Zeit verlieren, weshalb ihr
Anblick das Archiv noch düsterer, die Luft darin ihr leiser Moder-
geruch noch dumpfer machen?
Untersucht man den Inhalt solcher Aktenreihen, so zeigt sich
in der Regel, dass es ein ganz gleichartiger ist, der für die Gegen-
wart nur unter besonderen Voraussetzungen noch Interesse hat
Viel eher steckt für die kommenden Geschlechter etwas geschichtlicher
Werth darin, insbesondere von statistischer und kulturhistorischer Art
Um in dieser Beziehung nicht fehlzugreifen, lege man sich
zwei Fragen vor: Lässt sich, was in diesen Akten steht, in der
Zukunft ebenso gut aus Büchern lernen? Wenn das nicht möglich ist,
Einrichtung von Archiven. ' 289
hat dann der Forscher, statt der ganzen Masse, deren Umfang
und Einförmigkeit vielleicht ihn abschreckt, genug an einzelnen
Stücken ? In beiden Fällen ist das Dezimiren am Platze und zwar
lim so durchgreifender, je älter die Akten sind. Einige Beispiele
werden das klarer machen.
Da sind zuerst die Geschäftstagebücher der Behörden und
Stellen. Höchstens deren Geschäftsgang lernt man daraus kennen:
also genügt es, von jedem zehnten oder zwanzigsten Jahr ein
Tagebuch zu behalten.
Rechnungen und Probationen mit Belägen, Volks- oder Flur-
beschreibungen, Zehntenregister, Güterverzeichnisse, Steueranlagen,
Aushebungsrollen, kurz alles Listenförmige, können für mancherlei
Pflichtigkeiten, die auf Grund und Boden ruhen, Anhaltspunkte
ergeben. Sind sie aber älter, als ein bis anderthalb Jahrhundert, so
lässt man aus jedem Jahrzehnt ein Exemplar stehen , die andern
werden fortgeschafft.
Unter den Akten bürgerlicher Prozesse empfehlen sich zum
Aufbewahren in der Regel nur solche, deren Inhalt sich über
umfangreiche Immobiliarrechte , über Gerechtsame von Gemeinden
Pfarren und Stiftungen, über grosse Erbschaftsprozesse und berühmte
Fragen des Zivilrechts erstreckt.
Ergiebiger für die Geschichte sind die Kriminalprozesse, und
zwar ausser den politischen alle diejenigen, welche über den Sitten-
und Kulturstand eines Zeitalters Kunde geben.
Regierungsakten, insbesondere der Ministerien und Ober-
behörden, haben gewöhnlich auch für die Folgezeiten noch Interesse,
es sei denn, dass sie im Wesentlichen nur Listen oder gleichartige
Dinge enthalten oder sich über Unbedeutendes verbreiten.
Es braucht kaum erinnert zu werden, dass von Allem, was
man dergestalt aus dem Archive fortschafft, genaue Verzeichnisse
zurückbehalten werden. Auch wird man wohlthun, vor endgültiger
Entscheidung diese Verzeichnisse, wenn es nicht schon bei einer
Oberbehörde geschieht, noch von einem zweiten kundigen Augenpaar
durchsehen zu lassen, damit nichts entwische, was aus irgend
einem Grunde die Aufbewahrung lohnen könnte.
Was aus einem Archive kommt, sollte auch nicht an Käse-
krämer und Papierhändler verkauft werden, sondern lediglich an
Papiermühlen, und, dass das Einstampfen vollständig geschieht,
Arehivalisohe ZeitMhiift vm. 19
290 Löher:
durch einen Archivbeamten überwacht werden. AndemfaUs können
leicht unliebsame Redereien und Missverständnisse aufkommen.
4. Aktengestelle.
In den meisten Archiven giebt es noch altes Schrein- und
Fachwerk von Holz, das man je eher je besser fortschaffen und
durch neues ersetzen sollte. Denn aus den alten Brettern und
Ständern sind die Holzwürmer ebensowenig zu vertreiben, als der
Modergeruch. Wohl aber findet sich unter dem alten Holzwerk
hier und da einiges, das wohl ausgetrocknet für Musikinstrumente
zu brauchen und deshalb gut bezahlt wird.
Bezüglich nun der Einrichtung neuer Gestelle für Akten,
Amtsbücher und Kodizes mögen im Folgenden einige Rathschläge
hier am Platze sein.
1) In jedem Archive richtet sich Höhe, Breite, und Tiefe der
Gestelle nach der Art der Archivalien und nach der Fläche, welche
Wände und Pfeiler oder der Pussboden darbieten.
2) Es ist möglichst zu vermeiden, Gestelle mitten im Saale
aufzustellen. Wenn aber die Menge der Archivalien es erfordert,
so sind diöse Gestelle so zu richten, dass sie mit ihrer Achse nicht
auf, sondern zwischen Fenster zu stehen kommen, damit die Ein-
strömung von licht und Luft nicht gebrochen werde. Dass beides
genügend in jede Ecke dringt, darauf ist sorgfaltig zu achten.
3) Dagegen erscheint es in reichlich angefüllten Archiven, — wo
der Raum es leicht zulässt und man das Zusammengehörige bei-
sammen haben will, — räthlich, die untern drei oder vier Schichten
der Gestelle an Wänden und Pfeilern so einzurichten, dass sie zwei
Reihen Akten oder Aratsbücher, die eine Reihe hinter der andern,
fassen. Zu diesem Zwecke wird über dem horizontalen Pachbrett
hinten an der Wand, etwa 10 — 12 cm höher, ein zweites angebracht,
welches nur etwa halb so tief ist als das untere. Werden Akten
oder Amtsbücher auf diese hintere Lage gestellt, so ragen sie mit
ihren Köpfen über die vordere Reihe empor, so dass man sie leicht
merken und herausnehmen kann. Vielleicht lässt sich auch die hintere
Reihe aus selten gebrauchten Stücken bilden. Vorzüglich für Archival-
bände empfiehlt sich diese Aufstellung in Doppelreihen.
4) Die Höhe der Gestelle sollte nicht über 2,80 bis 3 Meter
reichen. Für die Tiefe reichen 30 bis 40 Centimeter hin, wenn
das Gestell eine einfache Archivalienreihe, und 55 bis 70 Centimeter,
Einrichtung Ton Ardiiven. 291
wenn es noch eine Reihe hinter der vordem enthält. Länge und
Breite der Gestelle an Wänden und Pfeilern hängt lediglich v(m
der Letzteren Ausdehnung, die Länge der Gestelle in Saales Mitte
von dessen Grösse ab.
5) Horizontale Schichten wird jedes Gestell etwa sechs be-
kommen, eine jede von 42 Centimeter Höhe, die Schichten für
Doppelreihen aber von 52 Centimeter Höhe, — für Standbücher
vielleicht noch etwas höher. Das Fächersystem, dass nämlich viele
senkrechte Bretter oder Leisten das Gestelle durchkreuzen, ist zu
vermeiden.
6) Es ist nicht nöthig, besonders dicke oder harte Bretter zu
nehmen, wenn nur jedes Gestelle durch einen und andern Zwischen-
leisten, der senkrecht von unten nach oben läuft. Halt bekommt.
7) Für blosse Akten empfehlen sich Gestelle aus Latten oder
Leisten mit Zwischenräumen, statt aus Brettern.
Diese Lattengestelle eignen sich besonders, wenn man sie frei
in der Mitte aufzurichten hat. Dann müssen sie stets von beiden
Seiten Aktenreihen haben und können, wenn das oben unter Ziffer 3
geschilderte System angewendet wird, in jeder Schicht zwei Doppel-
reihen aufnehmen.
8) Alle Verbrämung und Verzierung mit Leistchen, Rund-
stäbchen, Hohlkehlen und dergleichen ist als kostspielig und meist
auch für den Gebrauch hinderlich zu unterlassen. Wohl aber sind
die Gestelle mit einer haltbaren Oelfarbe, am besten mit Holz-
Naturfarbe, anzustreichen zum Schutz gegen Moder und Insekten.
XL Foigeordnung der Archivalien.
1. Grundsätze.
Jeder neue Archivar, dem die Art und Weise, wie die Be-
stände in dem ihm anvertrauten Archiv aufeinander folgen, nicht
gefällt, lasse es sich gesagt sein, um Himmels willen nicht gleich das
ganze Archiv anzugreifen, um es systematisch zu ordnen. Wenn
nicht sehr viele und wohlgeübte Arbeitskräfte zur Hand sind, so
wird höchst wahrscheinlich grössere Unordnung Folge des Ordnung-
stiftens sein. Der vorletzte Münchener Reichsarchivdirektor Frhr.
V. Hormayr, gewiss ein eifriger sehr verdienter Beamter und Ge-
schichtsforscher, wollte ein gescheidteres System in's Reichsarchiv
einführen : noch viele Jahre 'nach ihm hatte es an seinem eiligen
19^
292 Löher:
Zerreissen der Bestände und Hin - und Hertragen ihrer Theile zu
leiden. Man mache vielmehr die neue Ordnung erst auf dem Pa-
pier, überlege Zeit und Kräfte, und lasse die Aenderungen jedesmal
nur einer Gruppe und nach ihr wieder einer angedeihen, während
die andern noch in ihrer alten Folgereihe bleiben. Diese hat sicher
ihre innern wie äussern Gründe gehabt.
Vor allem ünhistorischen ist eine gewisse Scheu von vorn-
herein berechtigt. Es soll das Archiv sein wie ein Geschichtssaal,
in welchem jedes Fürstenthum, Kloster und Domkapitel, jede Reichs-
stadt und Ordensprovinz, jede grosse Stiftung oder Amtsstelle mit
den schriftlichen Zeugnissen über vergangenes Thun und Leben sich
darstellt. Dadurch ergeben sich von selbst im Gesammtarchiv mehrere
grosse und kleine Archive, in deren jedem sämmtliche Archivalien
chronologisch zu ordnen und von Nummer eins an zu zählen.
Die Akten des norddeutschen Bundesstaats, so kurz sein Leben
war, bilden ebenso bestimmt ihre eigene Gruppe, wie die der Reichs-
tage und des deutschen Bundestags. Das Rheinoktroy verlangt nicht
minder seine besondere Aktensammlung, als irgend ein Hofrath oder
Geheimerath früherer Zeiten. Je nach Umfang und Wichtigkeit ihrer
Geschäfte, nach der Grösse des Gebiets, über welches diese sich
erstreckten , nach der Dauer ihrer Wirksamkeit werden sich die
schriftlichen Denkmale der Anstalten und Behörden, wie der ehe-
maligen Fürstenthümer und Herrschaften weiter oder schmaler im
Archive ausdehnen. Das Archiv gleiche einer Landkarte : wie auf
dieser sich die weltlichen und geistlichen Territorien grösser oder
geringer verbreiten und das mächtigere das kleinere in sich ein-
schliesst, so zeichne sich die Vergangenheit mit ihrem schriftlidien
Niederschlag im Archive ab in mehr oder minder bedeutenden
Gruppen und Serien.
Was also in der Vergangenheit mehr oder minder selbständig
gelebt hat, dem entgehe auch im Archiv sein selbständiges Dasein nicht.
Der Zusammenhang aber all der Theile und Glieder, die jemals ein
Ganzes bildeten, muss auch äusserlich erkennbar bleiben. Das Archiv
z. B. eines geistlichen Fürstenthums wird erst die allgemeinen An-
gelegenheiten des Bisthums oder Stifts, dann seine Lehns- und
anderen Güter, dann das Kapitel der Dom- oder Stiftsherren, dann die
Klöster, Pfarren, milden Stiftungen u. s. w. vorführen.
Wo nun die historischen Gruppen und Serien nicht bereits
von Alters her bestehen, da ist es Sache des kundigen Archivars,
Einrichttmg von Archiven. 293
sie zweckmässig und lichtvoll zu bilden. Nicht 'wird er dabei, um
etwa ein System, das er sich einmal vorgesetzt hat, ängstlich zu
beobachten, eine Menge Unterabtheilungen in einander schachteln,
sondern das allein Entscheidende wird ihm bleiben die historische
Bedeutung und der klare üeberblick.
Seine Geschicklichkeit wird sich insbesondere bei den lieber-
gangen von einem Lebensgebiet zum andern bekunden, indem er
dafür das richtige Schlagwort wählt und die feine Begränzung an-
deutet. Viele Buchstaben zur Bezeichnung der Abtheilungen wird
er möglichst vermeiden, auch mit Nummern sparsam sein. Drei
Ziffern sollten in der Regel zur Bezeichnung des Lagerorts eines
archivalischen Stückes ausreichen. Die erste Ziffer giebt den Saal
an, die zweite den Schrein oder das Gestelle, die dritte die Nummer
des Schriftstücks oder des Faszikels oder Heftes, in welchem es
sich befindet. Wohl aber trägt zur leichteren Orientirung viel
bei, wenn die Urkundenhüllen und Aktenschildchen verschiedene
Farben zeigen.
Im Uebrigen versteht sich von selbst*, dass in jeder selbstän-
digen grossen oder kleinen Abtheilung alle Stücke sich in streng
chronologischer Ordnung folgen müssen, und man darf es sich nicht
nicht verdriessen lassen, die Entstehungszeit all der Kodizes, Amts-
bücher und Akten auszuforschen und deutlich festzustellen. Wo ein
Band oder Heft Stücke aus verschiedenen Jahrhunderten enthält,
entscheidet das bedeutendste seinen Platz in der Reihe, und hat das
Repertorium auch dem andern Inhalt gerecht zu werden.
2. Urkundenreihen.
Es ist vorgeschlagen, sämmtliche Urkunden eines Archivs
einfach chronologisch auf einander folgen zu lassen, und diese
Methode ist in einigen Archiven wirklich durchgeführt. Ohne Zweifel
hat sie ihre grossen Vortheile; denn sie ist ungemein einfach, lässt
keine Urkunde" sich im Archiv verstecken, und erleichtert das
Herausfinden und Wiedereinsetzen ganz ungemein. Bei längerer
Bekanntschaft mit den Urkundenreihen braucht der Archivbeamte
nur hineinzugreifen, um jedes verlangte Stück ebenso sicher zu
treffen, wie der Buchdrucker einen Buchstaben im Setzkasten. Die
systematische Eintheilung leidet nicht darunter; denn in Regesten
und Repertorien lässt sie sich auf das Schönste und für die ver-
schiedensten Richtungen der Forschung aufstellen.
294 Löher:
Allein zu empfehlen ist diese Methode nur für Archive, in
welchen die Menge der Urkunden an Zahl verhältnissmässig nicht
gross, auch ihrem Inhalte nach, weil nur über ein kleineres Gebiet sich
verbreitend, etwas gleichartig, endlich ihre Sammlung im Wesent-
lichen abgeschlossen ist.
Ganz anders verhält es sich bei grossen Staatsarchiven, welche
die Urkunden verschiedener Fürstenthümer und Herrschaften, Stift-
ungen und Amtstellen umfassen, und deshalb auch- noch mannig-
fachen Zuwachs zu erwarten haben. Für diese würde das blos
chronologische Aneinanderreihen sämmtHcher Urkunden die grössten
Nachtheile herbeiführen.
Es müssten sich für ein und dasselbe Datum gar häufig lange
Reihen bilden, deren jede wiederum, damit man sich darin zurecht
finde, ihre Abtheilungen und Unterabtheilungen hätte. Das Einfache
ginge dabei öfter im künstlichen Gitterwerk verloren.
Bei Nachträgen müssten, da sie nach Tausenden von Stücken
zählen, eine Unzahl Unternummern geschaflfen werden, zu welchen
zuletzt alle Formen yon Alphabeten und Ziffern nicht mehr aus-
reichen möchten. Noch schlimmer aber, die ganze Reihenfolge der
Urkunden würde sich unaufhörlich von einem Kasten zum andern
verschieben, weil die Ergänzung der vorderen Reihen jedesmal alle
hinteren weiter drängen muss.
Um aber in der endlosen Reihe Urkunden aufzufinden, müsste
gleich von Anfang an eine Menge Orts- Personen- und Sachr^ster
da sein, deren Aufschlagen wie Anfertigen nicht wenige Zeit in
Anspruch nehmen würde.
Die langen Zifferreihen endlich, denen die meisten Urkunden
zur Bezeichnung ihres Lagerorts anheim fielen, würden allein schon
sich zu einem niederdrückenden BaUast des Archivs vereinigen, der
den Augen wie dem Gedächtniss zu schaffen machte.
Also gerade der Hauptzweck, das leichte und sichere Treffen?
Hervorholen, und Wiedereinschieben der einzelnen Stücke wäre ausser-
ordentlich erschwert. Man wird also in jedem grösseren Archiv bei
der natürlichen Ordnung zu bleiben haben, die auch allein eine
wissenschaftliche ist. So viele selbständige grosse oder kleine Gruppen
das Archiv enthält, ebenso viele besondere Urkundenreihen gebe es
darin, die sich, eine jede chronologisch geordnet, den übrigen
Archivalien der Gruppe anschliessen.
(Fortsetzung folgt.)
XV. Kulturgeschichte und Archivar.
Vom Herausgeber.
E« nährt sich die Kulturgeschichte hauptsächlich aus vier
Quellen. Bekannte geschichtliche Thatsachen erwecken Ideenver-
bindungen, die sich von einem Ereigniss zum andern anspinnen.
Gediegeneren Stoflf ergeben die Schilderungen, die einst von den
Bräuchen Sitten und Meinungen ihrer Umgebung Zeitgenossen
entwarfen. Der tiefste Einblick eröffnet sich, dringt man in das
Rechts- und Beligionswesen einer Epoche ein und erkennt, wie
sich daraus die bürgerliche Gesellschaft gestaltete. Am lebhaftesten
aber sprudelt für Jedermann die vierte Quelle, das ist die An-
schauung von Waffen und Trachten, Geräthen und Kunstwerken
früherer Zeiten. Diese Zeugen lassen die stumme Vergangenheit
sprechen, für Jeden haben sie ein Bild, ein Wort, eine Anregung.
Freilich ist auch vorzugsweise diesen leibhaften Stücken aus der
Vorfahren Besitz und Gebrauch es zu danken, dass in der Kultur-
geschichte, und zwar insbesondere in ihrem feinsten und anzieh-
endsten Theile, der Kunstgeschichte, so manche Erscheinung in
ihrem Ursprünge noch verworren erscheint, — dass gerade dieses
Gebiet übersäet worden mit beweislosen oder unzusammenhängenden
Sätzen, — dass sogar nicht selten eine Verkettung hübscher Einfalle
schon als Geschichte dargeboten wird.
Die erste Frage bei einem Denkmal dieser Art ist : zu welcher
Zeit wurde es geschaffen ? Wohl deuten Stil und Charakter auf die
Entstehungszeit hin, sie leisten jedoch nicht immer sichere Bürg-
schaft, auch in der Kunst und im Kunsthandwerk giebt es Atavis-
mus. Inschriften sind natürlich die besten Beweise, allein sie
enthalten nicht immer Jahreszahlen, und auch wo diese sich finden,
kann sich Zweifel erheben, ob sie nicht später eingesetzt worden.
296 I^her:
Entscheiden kann, wenn andere deutliche Beweise mangeln, nur
dör Charakter der Buchstaben und Ziffern, und dieser lässt sich
für jedes halbe Jahrhundert ziemlich bestimmt erkennen. Wessen
Amt ist das aber? Kann man bei Kunstgelehrten und all den
Alterthumsforschem voraussetzen , dass sie über die Entstehung
und Aufeinanderfolge der Schriftarten lange Studien machten ? Und
wenn sie auch in diesem Zweige ihres Berufs sich ausbildeten,
sind sie dann so eingelebt unter den verschiedenen Schriftarten auf
Siegeln und in Kodizes und Urkunden, und ist ihr Blick auf all
die charakteristischen Schriftzüge Abkürzungen und deren leise
Uebergänge so geübt, dass ihnen auf der Stelle jede leichte Ver-
schiedenheit auffallt? Nur von den Archivaren ist das zu verlangen,
weil Diese in Urkunden und Siegeln beständig die Muster aus jedem
Jahrzehnt vor Augen haben. Es könnte deshalb vielleicht öfter ^oq
Nutzen sein, wenn bei solchen Fragen sich die Archivare vernehmen
Hessen.
Zur Erläuterung wählen wir eine Frage, deren richtige Beant-
wortung für deutsche Kulturgeschichte von hervorragender Wich-
tigkeit.
Bekanntlich lagert über der ältesten Geschichte des Christen-
thums in Deutschland ein undurchdringliches Dunkel. Die römischen
Geschichtschreiber berichteten nur, was ihr eigenes Interesse betraf.
Keine Nachricht, nicht einmal eine sichere Spur ist uns überliefert,
wann und wo und wie das Christenthum zuerst in Deutschland
eingedrungen ist. Höchst wahrscheinlich gab es in der römischen
Kaiserzeit Christen auch in Germanien, soviel davon dem Weltreiche
eingefügt war. Kaufleute aus Gallien und Italien, welche den Gränz-
handel betrieben, Gutsbesitzer, die sich in den schönen Auen am Rhein
und der Donau und in den erfrischenden Landschaften des süd-
deutschen See- und Berglandes niederliessen, römische Beamte und
Soldaten,' insbesondere zur Heimath zurückgekehrte germanische
Söldner, die im römischen Heere bekehrt worden. Solche mögen
zuerst die Christuslehre nach Deutschland gebracht haben. Dann
werden sich allmählig kleine Christengemeinden gebildet haben, in
den ersten drei Jahrhunderten aber wohl nur in den Städten. War
doch auch in Gallien noch im letzten Drittel des vierten Jahr-
hunderts, als der heUige Martin von Tours mit einer begeisterten
Jüngerschaar seine Vertilgungsfahrten gegen das Heidenthum unter-
nahm, die Landbevölkerung diesem noch grösstentheils ergeben.
Kulturgeschichte und An-hivar. 297
Düi-t war es Regel, dass in jeder bedeutenderen Stadt, welche
den Rang einer Civitas hatte, ein Bischofssitz errichtet und das
städtische Gebiet als seine Diözese angesehen wurde: in der Haupt-
stadt der Provinz aber wohnte der Metropolit. Aehnlich ist es
höchst wahrscheinlich in Deutschland bestellt gewesen. In der
Provinz Germania I war Köln die Hauptstadt, mit ihr jedoch, soviel
wir wissen, nur das Bisthum Tongern verbunden. In Germania 11
hatte Mainz den Vorrang und mit ihm hingen Bisthümer zu Worms
Speyer und Strassburg zusammen. Wenigstens für diese sechs
Städte ist es wahrscheinlich, dass es dort Bischöfe gab bei Gründung
des Merowingerreichs. Die Provinz Belgien I zählte wohl noch ältere
Bisthümer zu Trier Metz Toul Verdun. Im deutschen Südwesten
war keine Stadt bedeutender, als Augsburg: kaum wird sie einer
grössern Christengemeinde und diese kaum ihres Bischofs entbehrt
haben ; wir erfahren aber nicht das Geringste davon, obwohl gerade
von Augsburg keine Verwüstungen berichtet sind. Zu den ältesten
Bischofssitzen gehörten ebenfalls Chur, sodann Äugst (Basel) und
Windisch (Konstanz) und weiter östlich. Lorch Sähen Cilli und
Debem oder Tibumia auf dem kw-nthischen Lurchfeld an der Drau.
Von nicht wenigen alten Bisthümern besitzen wir nun voll-
ständige Bischofsreihen von der Zeit der Gründung an. Wer aber
möchte sich darauf verlassen! In Gallien erwachte schon frühzeitig
eine Leidenschaft, jede Stiftung dieser Art, wo nicht auf einen Apo-
stel selbst, doch wenigstens auf einen Aposteljünger zurückzuführen:
auch in Deutschland fülilte man sich im Mittelalter angeregt, aus
Legenden und mündlichen Ueberlieferungen Bischofsreihen fertig zu
bringen, die in den ersten christlichen Zeiten anhüben. Ein ehrwür-
diger Name des frühesten christlichen Alterthums, mindestens ein
heiliger Märtyrer musste an die Spitze gestellt werden. Eines der
ältesten Beispiele ist der Mainzer Katalog, welchen Meginfried von
Fulda im zehnten Jahrhundert verfasste. Die. vollständige Nichtigkeit
solchen Beginnens konnte der historischen Wissenschaft der Gegen-
wart nicht entgehen, auch die Archivaliscbe Zeitschrift lieferte von
bewährten Forschern interessante Belege dazu.^) üeberblicken
wir für die ganze Reihe der ältesten deutschen Bisthümer die
urkundlichen Zeugnisse, so sind sie äusserst dürftig. Nur von
Trier und Köln haben wir aus dem Anfang des vierten Jahr-
') 1170— 83. IXI 275 -293.
298 Löher:
hunderts, nicht früher, bestimmte Nachricht: ihre Bischöfe sind
im Jahr 314 auf der Kirchenversammlung zu Arles erschienen,
gleichwie der Trienter 381 auf dem Konzil zu Aquileja. Auch von
Mainz ]ind Genf zeigen sich ziemlich deutliche Spuren schon im
vierten Jahrhundert. Das Dasein eines Bisthums in Tongern und
Lorch (Passau) wird erst im fünften Jahrhundert beglaubigt, in Chur
zu Anfang, Metz um Mitte, Sitten (Sion) und Sähen (Brixen) zu
Ende des sechsten Jahrhunderts. Für Utrecht "Worms Speier Strass-
bürg Basel giebt es keine älteren zweifellosen Nachrichten, als aus
dem siebenten, für Augsburg Konstanz Freising Regensburg Salz-
burg Würzburg Lüttich Eichstädt Büraburg (BWtzlar) Erfurt erst
aus dem achten Jahrhundert.
Da nun die geschichtlichen Quellen über das Dasein von
Christengemeinden so spärlich fliessen, müssen wir für jede andere
glaubwürdige Nachricht um so dankbarer sein. Dass es in Salzburg
und in den Donaustädten Batavis (Passau) Quintanis (Osterhofen
zwischen Straubing und Passau) und Favianis (oberhalb Pechlarn)
in den letzten Zeiten des fünften ^ Jahrhundert zahlreich Christen
gab, wissen wir aus der Lebensbeschreibung des h. Severin, der
damals in jenen Gegenden waltete als ein wahrer Apostel, mit Rath
und That die Christen gegen die räuberischen Schaaren der Germanen
beschützte, mit deren HäupÜingen unterhandelte, die Flüchtigen
sammelte und von einer Stadt zur andern führte, bis sie wieder Unter-
halt fanden. Eine Königin Fritigil bei den Markomannen war von
einem Römer bekehrt und hatte nun solches Verlangen, den h. Am-
brosius kennen zu lernen, dass sie nicht bloss Gesandte an ihn schickte,
sondern auch selbst die Reise nach Mailand antrat: er war aber 398
gestorben, ehe sie sein Antlitz gesehen. Bei den Franken muss es
auffallen, dass, sobald ihr König Christ zu werden begehrte, alles
Volk um ihn her einhellig zustimmte, so dass mit Chlodwig sich
gleich dreitausend Mann seines Gefolges, nach einem andern Be-
richt 364 Adlige, taufen Hessen. Offenbar war damals unter den
Franken längst eine Menge vom Christenthum innerlich berührt
und ihm hold geworden. Es konnte ja nicht fehlen, dass sie von
schweifenden Priestern und christlichen Kaufleuten Offizieren und
Beamten öfter von der neuen Religion hörten und sich näher dar-
nach erkundigten. Das fränkische Königsgeschlecht aber hatte fest-
gehalten am Glauben der Väter, wie ja in den deutschen Fürsten-
häusern die alte Stammessitte stets am längsten fortlebte.
Kulturgeschichte und Archivar.
299
Nun hat sich gerade auf dem deutschen Frankenboden
eine Menge christlicher Grabsteine gefunden mit germanischen
Männernamen, wie Grutilo Ludino Sicco Boddi Eppo Ivio An-
serico Randoaldus Hugdulfus ünfachlas Velandus, und Frauen-
namen wie Alberga
Pauta Duda Berti- f^
sindisIindisTheu-
delindis Audolen-
dis.i) Das Gebiet
dieser Grabsteine
reicht von Worms
bis Köln : Worms
seIbst,Mainz Wies-
baden Bingen
Kreuznach Hed-
dernheim Oestrich
Boppard sind die
vorzüglichsten
Fundorte. Viel sel-
tener Hessen sich
Grabsteine sol-
cher Art in Süd-
deutschland, wie
beiStrassburgund
Äugst, antreffen.
Die Inschriften
lauten : Hie in
pace quiescet Gru-
tilo, — oder; In
hunc titolo requi-
iscit bone memo-
riae Bertisindis
qui vixxt anius xx
Randoaldus qui
vixxit annus . . .
(felic) eter. Je
näher dem galli-
*) Abbildungen dieser Grabsteine bei Eduard Le Blant Inscriptions
chretiennes de la Gaule antorieures au Vlll. siötle, Paris 185G. — - J. Becker Pie
;&isqiM
300 Löher:
sehen "Westen, desto mehr verschwinden deutsche, und treten
römische oder romanisirte Namen auf, Sie finden sich stets nur
an Hauptorten der römischen Niederlassung, jedoch lässt sich nicht
sagen, dass man sie an jedem Hauptorte antreffen müsse ; denn die
bis jetzt festgestellten sind nur zufallig erhalten worden.
Die Frage ist: aus welchem Jahrhundert stammen diese Grab-
steine? Da Jahreszahlen niemals beigesetzt sind, haben wir zur Be-
antwortung niclits als die Vergleichung der Schrift, der Sprache, der
Verzierung, und der etwaigen Beigaben, die sich in den Gräbern fanden.
Selten erscheint eine Schrift, die so gleich- und regelmässig,
wie die schöne Quadratschrift an den Grabsteinen römischer Offi-
ziere. Fast überall zeigt sich, wie in minder feierliehen römischen
Inschriften, z. B. in dem bekannten Militärabschied im Antiquarium
zu München, ein Hang zur Kursive, und auf den meisten christ-
lichen Grabsteinen nimmt die Verhässlichung der Schrift mehr und
mehr Ueberhand? jedoch ist kaum auf irgend einem die Schrift so
verworren und verzerrt, so willkührlich in einander gehängt und
geschlungen , wie sie uns in der Merowinger Kursive entgegen-
tritt. Vergleicht man vollends die einzelnen Buchstaben, so zeigt
sich kaum bei dem einen oder andern Aehnlichkeit mit der Mero-
winger Kursive. Fast dasselbe Ergebniss liefert die Vergleichung
mit der Bücherschrift zur Merowinger Zeit, aus welcher es, wenn
auch wenige, doch einige Kodizes noch vom fünften Jahrhundert
giebt. Während die letztere zur weichen Unzialschrift sich abrundet,
hält die Schritt auf den Grabsteinen sich noch möglichst an die
römische Quadratschrift, und tritt in den Buchstaben, namentlich
in a, e, u, sowie in mehreren Konsonanten die Verschiedenheit
scharf hervor. Endlich die zwei oder drei ächten Siegel von den
Merowinger Königen ergeben zusammen nur ein paar verstümmelte
Worte, deren Buchstaben zwar den auf den Grabsteinen befind-
lichen ähnlich, jedoch noch viel roher aussehen. Wären aber die
Grabsteine erst zur Merowinger Zeit entstanden, so würden sie
auch an der damals gewöhnlichen Schriftweise theilnehmen; die
ältesten Spuren des ChristentlmtuB am Mittelrhein in den Annalen des Vereins
für Nassauische Alterthumskunde, Wiesbaden 1864 und imS, VII 1—72. IX
132—147. Vgl. Münz VIII 347 ff. — Linden sc hmit Die Alterthümer unserer
lieidnischen Vorzeit, Mainz 1858 und 1870, I. Heft III. Tafel 8, II, HeftV. Taf . 5,
Üerselbe Handbuch der deutschen Alterthunnkunde, Braunschweig 1880, Se!te
UX)— io:>.
Kulturgeschichte und Archivar. 301
Steinmetzen waren ja sicher im Entwerfen der Schriftzüge nicht
geübter, als die gebildeten Schreiber der Urkunden.
Mit dem Latein dieser Grabsteine verhält es sich ähnlich. So
selten es rein und richtig, so häufig ist es verderbt wie die Vulgär-
sprache, allein noch nicht so barbarisch, wie das unter den Mero-
wingem übliche Latein.
Die Zeichen und Bilder aber, die auf den in Rede stehenden
Denkmälern in Deutschland vorkommen — das Labarum, das Bjreuz
mit dem Alpha und Omega, die Tauben und Pfauen, die Oelzweige,
— sind dieselben, durch welche man in den römischen Katakomben
und anderswo auf den ältesten christlichen Grabsteinen den Glau-
ben an den Erlöser und die Unsterblichkeit ausdrückte. Eine alt-
germanische Eigenthümlichkeit sind die vier Sonnenräder auf dem
Denkmal der Bertisindis im Mainzer Museum, und dass auf andern
solchen Grabsteinen sich eine Neigung zeigt, das Labarum mit
einem Kreise zu umziehen und zu einem Sonnenrade zu gestalten.
Die Zickzackverzierungen aber auf dem Bertisindisstein ähneln gar
sehr dem Aeltesten, was wir von germanischem Verzierungsstil be-
sitzen, nämlich an den Waffen des Westgöthenkönigs Theodorich,
der in der grossen Hunnenschlacht 451 fiel, und des Frankenkönigs
Chilperich, der 481 in Doornik (Tournay) begraben wurde, i)
Mehreren Christen, denen die Grabsteine angehörten, waren
auch nach altgermanischer Art Waffen und Thon- und Erzgefässe
in's Grab gegeben, dabei Münzen, in den Mund gesteckt, oder ein
Becher mit Haselnüssen gefüllt beigesetzt, jenes ein römischer, dieses
ein altgermamscher Brauch. Es fanden sich aber auch Täubchen Thon
Ringe Lanzen und sonstiges Geräthe mit dem Labarum, Kruzifixe
oder Thonplättchen mit dem Kreuzzeichen, Fische von Glas, ^ämmt-
lich Symbole, durch welche man in den frühesten Zeiten des Christen-
fhums, als seine Bekenner noch mitten unter Leuten eines andern
Glaubens wohnten, die Christengräber kenntlich machte.
Nimmt man alles Dies zusammen, so lässt sich nicht zweifeln,
dass die französischen Führern folgende Meinung, nach welcher
die in Rede stehenden Grabsteine in die Merowinger Zeit zu
setzen, kaum mehr festzuhalten. Sie gehören der Zeit an, auf welche
der Charakter der Schriftzüge hinweist, nämlich dem zweiten, dritten,
vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Die meisten sind wohl
*) Peign^ de la Court Sur le lieu de la bataille d Attila. Paris 1860.
302 Löher:
in dem Jahrhundert nach dem Markomanenkriege gesetzt worden,
in einer Epoche, in welcher am Rhein und an der Donau Terhältniss-
mässig am meisten Ruhe herrschte. Deutschland war damals noch
der altgermanischen Religion ergeben , auch auf römisch-deutschem
Kulturgebiet blieb sie weit überwiegend. Jedoch gab es hier, wenn nicht
in den meisten, doch in vielen von den Römern gegründeten Städten
christliche Gemeinden und vielleicht auch vereinzelt Christen auf
germanischen Höfen und Burgen. Germanen waren ja im Allge-
meinen in Sachen der Religion duldsam. So lange Einer die ihrige
nicht offen verhöhnte und dadurch sie selbst beleidigte, schlug ihn
Niemand todt : vor allen andern Dingen erschien Religion als Hort
und Ausfluss der inneren Freiheit.
Die hier gewonnenen Ergebnisse kommen der Erklärung eines
Pundstückes zu Gute, das zu den seltensten und merkwürdigsten
Schmucksachen gehört, die aus den Gräbern unserer germanischen
Vorfahren jemals an's Tageslicht kamen.
Bei Arbeiten in einem Steinbruch bei dem Dorfe "Wittislingen,
das an der Römerstrasse liegt, die von Karlsbronn über Datten-
hausen und Lauingen zum Donauübergang bei Faihingen führt,
wurde vor zwei Jahren in einem tief eingehauenen Felsengrab ein
Schatz gefunden, durch dessen Erwerb für das Nationalmuseum in
München dessen hochverdienter Direktor, Herr v. Hefher- Alteneck,
die herrlichen Sammlungen in der schönsten und werthvollsten
Weise bereicherte. Denn nicht allein der kostbare Stoff, aus wel-
chem diese Schatzstücke verfertigt waren, sondern auch ihre Orna-
mentik und Inschrift, sowie die Bestattungsart ihrer Besitzer, — es
fanden sich in dem Grabe deren Skelettreste, — geben höchst
beachtenswerthe Fingerzeige zur Aufhellung germanischer Kultur.
Neben Zierscheibe, Ring, Kapsel, grossem Haarnadelknopf und Zier-
beschlägen für Bücher, Gürtel, Gewänder und Riemen, sämmtlich aus
feinem Gold und Silber und zum Theil mit Bandwerk von rothem
Edelgestein (Zirkonit, genannt Hyazinth) besetzt, neben einer Bronze-
schale mit Handhabe, einer Muschel und manchen Trümmern von
Schmuck- Haus- und Waffengeräth aus Bronze und Eisen, das in
der Länge der Zeit im feuchten Grabe zerging, fand sich auch eine
Fibula oder Gewandspange, die ihrer Grösse und Zierrathen wegen so
ziemlich einzig in ihrer Artist, durch ihre Inschrift aber ein anziehendes
Räthsel aufgiebt. Der Stoff ist Silber, auf der Hauptseite reich be-
1^ mit Gold, goldgeflochtenem Bandwerk und rothem Edelgestein,
Kulturgeschichte und Archivar.
303
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10
auf der Rückseite steht die Inschrift eingegraben und mit schwarzem
Email ausgefüllt. Aus welcher Zeit stammen nun die Schriftzüge
auf dieser Kbel?
In dem schönen "Werke „Kunstschätze aus dem k. bayerischen
Nationalmuseum" heisst es darüber: „Man darf annehmen, dass
diese Schrift von einem der Schrift nicht Kundigen angefertigt
wurde; denn sie enthält
einige nicht leicht er-
kenntliche und versetzte
Buchstaben, welche eine
verschiedenartige Aus-
legung zulassen. Dem
Wesen nach lautet sie:
üffila vivat in Deo filix
(= felix) inocens funere
CApta quia vir (e) dum
pottti fui (fui) fidelissima
tua. Uffila möge in Gott
glücklich leben. Un-
schuldig (bin ich) vom
Tode erfasst worden, weil
ich 0 Mann (oder mei-
nem Manne) so lange
ich konnte Deine ge-
treueste gewesen bin. — Der in Abkürzungen sich anreihende
Schluss scheint eine Weiheformel zu enthalten. (?)" — Es möchte
indessen zu lesen sein:
Uffila vivat in Domino filix inocens funere capta quia vire
dum potui fui fui fidelissima tua Tisa in Deo pio. Darunter steht
auf der einen Seite Via fati und auf der andern Wigerig fet (fecit).
Der Siegelstecher dieses Namens fügte noch das unenträthselte
s . .0 . . m . . a . . f . .e (oder gar somate ?) hinzu und füllte die übrigen leeren
Stellen, wie es damals öfter geschah, willkürlich mit Buchstaben aus.
Wir ziehen zum Vergleiche einen Grabstein herbei, der vor
etwa zwanzig Jahren in Köln entdeckt wurde und sich im Wallraf-
Museum befindet. Seine Inschrift lautet: Leontius hie jacit fidelis
puer dulcissimu^ patri pientissimus matri qui vixit annus VII mensis
in et dies VI innocons funere raptus beatus mente felix et in
pace recessit.
304 Löher:
Unter dieser Inschrift steht Christi Monogramm mit dem
Alpha und Omega und an jeder Seite das Täubchen. Die Forscher,
welche darüber geschrieben, setzen diesen Grabstein an das Ende
des dritten Jahrhunderts oder in's vierte oder in die erste Hälfte
des fünften. 1) Das Wort fidelis bezeichnete auf 'den altchrist-
lichen Grabsteinen die Treue und Frömmigkeit im Glauben, — das
ebenso häufig vorkommende innocens, auch zu inox verderbt, das
sündlose Leben, — felix entspricht unserm selig^oder glückselig im
Herrn, — funere raptus oder captus war der durch raschen Tod
dahin Geraffte.
Demgemäss würde die Uebersetzung der Inschrift auf der
Mantolspange, in welcher das vire offenbar nur eine barbarische
Abkürzung für vivere ist, etwa lauten : „üfBla lebe selig im Herrn !
Sündlos bin ich vom Tode weggerafft; denn, so lange ich leben
konnte, war ich die Qlaubensgetreueste, Deine Tisa, im Herrn."
Die Spange war ohne Zweifel das kostbarste Schmuckstück ihres
Hauses, und als die Witwe ihren raschen Tod und die Wieder-
vereinigung mit ihrem Gatten im Grabe voraussah, ordnete sie
an, dass ihr theuerstes Kleinod die Inschrift empfange und dann
in's gemeinschaftliche Grab komme. Der Siegelstecher Wigerig
schrieb noch seinen Namen bei und die überflüssige Mahnung
„Weg des Schicksals" oder „So geht es" nebst den übrigen Buch-
staben.
Der Schriftcharacter reihet nun diese Spange entschieden den
besprochenen Grabsteinen an. Auf deren Entstehungszeit weiset
auch die Hegräbnissstätte hin, — ein einsames Grab tief im Gestein
eingehauen, — während nach Bekehrung der Umgegend zum Christen-
thum sicher der gemeinsame Kirchhof benutzt worden wäre. Damit
stimmt der Verzierungsstil überein, sowohl an der Spange selbst,
als an den übrigen Schmuckstücken, welche im Grabe lagen. Wie
an diesen, finden sich Stierhaupt, Schnäbel, und das Bandwerk mit
den Schlangenköpfen an dem ältesten Geräth solcher Art aus ger-
manischer Zeit, der Ring mit dem Haupte ähnelt dem Ringe König
Chilperich's, und die Ornamentik der Zierscheibe und Kapsel er-
innert an etruskische und römisch -griechische Vorbilder.
*) Fiedler in den Bonner Jahrbüchern XLII 76. Becker in den
Nassauischen Annalen IX 146.
Knlturgesohichte und Archivar. 305
Wir werfen noch einen Blick auf die nächsten sechs Jahr-
hunderte. Lindenschrait, durch dessen Scharfsinn und vergleichendes
Talent so Manches im germanischen Alterthum erst in's rechte licht
und Zeitmass gerückt worden, setzt die besprocheneu Grabsteine
in die Merowinger Zeit und sagt bei dem Bertisindis-Stein : „Die
vier radförmigen Figuren zu beiden Seiten des Kreuzes sind nicht
wohl als Symbole, sondern als einfachste Verzierungen zu betrachten,
die sich auf den ürabsteinen der Carolingischen Zeit zu förmlichen
Rosetten entwickelt zeigt." Wir betonen dagegen eine Thatsache,
die doch auffallen sollte. Aeusserst' selten finden sich nämlich in
Deutschland aus der ganzen langen *Zeit der Merowinger, Karolinger,
sächsischen, und salischen Kaiser noch Grabdenkmäler mit einer
Inschrift in Stein oder Erz.
Man müsste erwarten, wenn nicht Königen und Fürsten, wäre
wenigstens einigen der zahlreich hervorragenden Bischöfe und Aebte,
die zu jener Zeit das grosse Wort führten und römische Sitte und
Kultur liebten, ein Inschriftdenkmai aufs Grab gelegt. Es ist ja
unmöglich, dass fast jedes Stück dieser Art, wenn es einmal her-
gestellt worden, im Laufe der Zeiten zerschlagen und zertrümmert
wäre. Wir haben die vielen Kirchen, deren Grundlagen wenig-
stens oder doch die Krypten noch aus jener Zeit stammen: Diese
m4issten angefüllt sein mit redenden Grabdenkmälern in Erz oder
Stein. Da das nicht der Fall ist, so spricht es ebenfalls dafür,
dass die Grabsteine mit lateinischer Inschrift, die sich erhalten
haben, aus der Zeit römischer Herrschaft in Deutschland stammen.
Sobald die Germanen wieder Herren im eigenen Hause waren,
Hessen sie ebenso wie im Rechts- und Staatswesen den römischen
Brauch fallen und kehrten zu ihrer nationalen Sitte zurück, die
über dem stummen Todten wohl den Grabhügel, ungern aber eine
Inschrift duldete, in welcher der Leichnam gleichsam noch aus der
Erde heraus schrie. Das war nach ihrem Gefühl mit der stillen
Erhabenheit von Grab und Tod nicht vereinbar. Auch am Grabmal
Theodorich's zu Ravenna, das in seiner ganzen Gestalt wie in vielen
Einzelheiten weniger das Grabmal des Kaisers Hadrian, als einen
riesigen Grabhügel germanischer Könige nachahmt, findet sich nicht
die leiseste Andeutung einer Inschrift. Erst in der Hohenstaufen-
zeit, in welcher, ein so mächtiger Um- und Aufschwung der ge-
sammten Bildung Statt hatte, neigte man sich auch im Bau und
Schmuck von Grabmälern der antiken Weise wieder zu.
ArchlvaliBche Zeitschrift VIII. 20
306 Löher :
Grabschriften oder EpitÄphien gab es freilich in Menge, i)
besonders in den Kreisen der Mönche und ihrer Schüler. Man darf
sich aber nicht täuschen lassen, wenn sie beginnen : Hie jacet, oder :
Pars eram, oder die Nachricht sie begleitet: tumulo superscripsit.
Denn sie waren nicht bestimmt, dem Denkmal eingegraben zu
werden, sondern blieben ein vorübergehendes Todtenopfer der Ver-
ehrung und der Freundschaft, oft nur der geistreichen Versübung.
Schon ihrer Länge wegen eigneten sich die wenigsten zur Aus-
führung in Stein oder Erz, und öfter stehen in den Kodizes mehr
als ein Epitaph auf dieselbe Person beisammen. Fünf Beispiele
seien hier erwähnt. 2) Es enthält ein Tegernseer Kodex aus dem
Ende des eilften Jahrhunderts auf der Münchener Hof- und Staats-
bibliothek zu Ende eine kleine Sammlung von Epitaphien: darunter
auf einen gewissen Ejo, der Bischof oder Abt gewesen, zuerst eine
Grabschrift, die in der dritten Person beginnt: Nobilis ecce jacet
tumuli tellure sepultus, — dann eine zweite von einer andern
Hand: Ejo eram praesul venerabilis olim, — und daran ist ein drittes
Gebet geknüpft: Ejoni requiem. Domine, concede perennem. Aus
dem Jahre 978 wird erwähnt, dass Deoderich dem tumulus seines
Neffen, des jungen Everard, epitaphium super addidit aureis exara-
tum literis. Aus der gleichen Zeit erfahren wir, dass zum Andenken
des Bischofs Gebhard, der in der Petershauser Kirche vor dem
Altar begraben wurde, auf diesem ein Täfelchen mit den Bildern
Gottes, des h. Gregor, und Gebhard's stand, in superiori autem
parte ojusdem tabulae erant lamine de cupro factae affixae, in
quibus hoc epitaphium aureis litteris est conscriptum. Das Grabmal
aber stand in einem Kapellchen und war aus Quadersteinen über
der Erde erhöht, zu Häupten erhob sich ein Kruzifix und zur
Rechten das Abbild des Bischofs mit Leviten zur Seite, Alles aus
Gips hergestellt. In derselben "Kirche waren um die Mitte des eilften
Jahrhunderts die Abbilder von vornehmen Adligen und ihren Frauen,
die man darin begraben hatte, an den Wänden abgemalt und In-
schriften daneben zu lesen, gleichwie neben Wolfgang's Grab zu
Regensburg bloss : „Post sex". Von Denkmälern aber, die in Erz und
») z. B. Mon. Germ. SS. IV 457. 480. 633. 636-637. 672. 673. XIH
575 638 6:^9 643 658. Pez Thesaur. Anecdot. I. praef. p. XXVII, und tonL
VI b— 10.
») Cod lat. no. 1940. Pez VI 7—8. Mon. Germ. SS. IV 480. 542. 792.
XX 639. 644.
Kulturgeschichte und Archivar. 307
Stein eine Inschrift trugen, geschieht um diese Zeit kaum jemals
Erwähnung.
Wo sich daher Grabesinschriften darbieten , die aus jenem
langen Zeiträume herrühren sollen, sind sie sorgfaltig darauf
zu prüfen, ob sie wirklich eine Ausnahme bildeten? Den Ausschlag
in der Beurtheilung aber muss die Vergleich nng des Schriftcharakters
mit gleichzeitigen Siegeln und Handschriften geben, wie sie sich
in Archiven und Bibliotheken finden. Mögen sich insbesondere die
Archivare der Prüfung annehmen! Anlass zeigt sich genug in
Museen wie in Kunstgeschichten. Es seien hier nur ein paar Bei-
spiele aufgeführt.
Wie lange ist nicht am Mainzer Dom der marmorne Grabstein
der Fastrada, dritten Gemahlin Karl des Grossen, als ein kostbares
Stück aus des gewaltigen Kaisers Zeit gepriesen worden ? Er wurde
von Neuem abgebildet in einer jüngst erschienenen „Geschichte der
Deutschen i)." Auf den ersten Blick hätte man sehen müssen, dass
der Stil, in welchem der Rahmen verziert worden, weit ab von jener
Zeit lag. Unter den Ruhmhexametern stand die Jahreszahl 794 in
arabischen Ziffern. Als auch dies bedenklich erschien, suchte man^
wenigstens die Inschrift selbst als acht karolingisch festzuhalten, ob-
wohl der erste beste Vergleich mit Siegel -Urkunden- und Bücher-
schrift der Karolinger Zeit die Unmöglichkeit darthun musste.
Am Choreingang des Merseburger Doms, in welchem im
Jahre 1080 Rudolf von Schwaben, der Gegenkönig Heinrich IV.,
in einer neben der Krypta eigens für ihn erbauten kleinen Halle
beigesetzt wurde, befindet sich jetzt die bronzene Platte, welche
damals sein Grab bedeckt haben soll. Sie zeigt in leicht erhabener
Arbeit sein Bildniss, dessen Umschrift lautet:
Rex hoc Rudolfus, patrum pro lege peremptus,
Plorandus merito conditur in tumulo.
Rex illi similis, si regnet tempore pacis,
Consilio gladio non fuit a Karolo.
Qua vicere sui, ruit hie sacra victima belli.
Mors sibi vita fuit, ecclesiae cecidit.
Im Kreuzgang des Germanischen Museums ist eine Nach-
bildung dieses Denkmals angebracht, und im bekannten Trachten-
*) Stacke Deutsche Geschichte. Bielefeld und Leipzig 1880, J,
S. VIU; 195.
20*
308 Löher:
werk von Hefher-Alteneck ^) wird das Denkmal vorgeführt und zu-
gesetzt: „Das reiche Kostüm erinnert durch seinen Schnitt und
seine Verzierungen an ähnliche aus der spätrömischen Zeit des
VI. und VII. Jahrhunderts." Wir hätten hier also schon vor dem
zwölftten Jahrhundert ein vollständiges Bildniss auf einem Grab
nebst umlaufender Inschrift auf derselben Erzplatte. Weiss in seiner
Kostümkunde 2) nimmt dieselbe zum Beweise, dass die Vermischung
und Vermittlung fränkischer und byzantinischer Tracht mit dem
Anfange des eilften Jahrhunderts begann, gegen Mitte dieses Zeit-
raums zunahm, „und sich zu Ende in beständig engerem Anschluss
an die griechische Tracht überhaupt zu jenem Reichthum entfaltete,
wie solchen nun die um 1080 in Bronze verfertigte Grabstätte des
Gegenkönigs Kudolf von Schwaben im Dom zu Merseburg wahr-
nehmen lässt". Bei Lübke^) heisst es: »Wie man in der zweiten
Hälfte des eilften Jahrhunderts auch Grabmonumente schon aus-
nahmsweise aus Erz zu bilden versuchte, beweisen mehrere eherne
Grabstätten, welche die Figur der Verstorbenen in flachem Relief
und noch mit sehr geringem Naturgefülil vorführen. Die älteste
dieser Platten findet man im Dom zu Magdeburg, eine andere im
Dom zu Merseburg stellt den Gegenkönig Rudolf von Schwaben dar.*
Püttrich'*) sagt: »Schon der strenge byzantinische Stil, welcher in
seiner ganzen Gestalt und in der Art der Bearbeitung des Metalles
sich ausspricht, sodann die Form der Buchstaben in der Umschrift
und mehrere andere Gründe bürgen dafür, dass dieses Denkmal
unmittelbar nach dem Tode Rudolfs verfertigt worden ist Dieses
Monument ist daher als eines der ältesten plastischen Kunstwerke
Sachsens, dem in ganz Deutschland hinsichtlich der Aechtheit nur
wenig gleichzeitige an die Seite gesetzt werden können, von grösster
Wichtigkeit.«
Nun ist Rudolf von Schwaben in der That mit königlicher
Pracht im Cho,r der Merseburger Domkirche bestattet: es lag im
*) V. Hefner- Alteneck Trachten, Kunstwerke und Greräthschaften
vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts. IT. Aufl. Frankfurt.
Nr. 56.
•) Herrn. Weiss Kostümkunde. Geschichte der Tracht und des Ge-
räthes im Mittelalter. Stuttgart 1864. S. 535.
«) Wilh. Lübke Grundriss der Kunstgeschichte. Stuttgart 1876. I 368.
*) L. Püttrich Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen.
Leipzig 1832—1843. S. 19.
Kiilturgeschiche und Archivar. 309
Interesse seiner Partei, sein legitimes Königthum an den Tag zu
legen. Wir wissen auch, dass wirklich im Jahr 1156 eine eherne
vergoldete Platte mit seinem Bildniss über der Grabstätte lag; denn
das wollte der Annalist, der im genannten Jahre die Casus monasterii
Petrishusen beendigte, ohne Zweifel ausdrücken, wenn er schrieb : imago
ex aere fasa atque deaurata super tumulum transposita. Gleich-
wohl war es nicht die jetzige Grabplatte. Denn der Petershauser
Mönch, dem wir diese Nachricht verdanken, zeigt sich eifrig be-
müht, Grabschriften von den Wänden und von kleinen Tafeln ab-
zulesen und vollständig in sein Werk aufzunehmen, i) Und die
Grabschrift eines unglücklichen Königs, für welchen er so ent-
schieden Partei nahm, — eine Grabschrift, deren Schönheit und
tönender Gehalt gerade für diese Partei so werthvoll war, — hätte
er verschmähen sollen? Da aber die Inschrift auf derselben Bronze-
platte rings um das Bildniss läuft, und unser Petershauser weder
die Inschrift überhaupt nur erwähnt, noch weniger ihre Verse her-
setzt, so bleibt kaum eine andere Annahme übrig, als dasfr die
Grabstätte, die er seiner Zeit sah, von keiner Inschrift umgeben
war, dass sie also eine andere gewesen, als die wir jetzt im Merse-
burger Chor erblicken. Es ist das im höchsten Grade zu bedauern,
da ein Portrait in Erz aus jener frühen Zeit zu haben von nicht
geringem Interesse wäre.
Leider sprechen nun eine Reihe anderer Gründe dafür, dass
das Merseburger Erzbild einer viel späteren Zeit seine Entstehung
verdankt.
Zunächst ist doch sein Abstich gegen die Plastik des eilften
und des folgenden Jahrhunderts gar zu gross. Im Entwurf wie in
Ausführung und Verzierung fällt dieses Bildniss ganz aus der
organischen Reihenfolge der verwandten Kunstwerke heraus. Man
vergleiche nur damit die Figuren an der Kirchenpforte und Säule
des Hildesheimer Bischofs Bemward und die Gestalt des Kaisers
Rothbart an der St. Zenokirche in Reichenhall: welches derbe
Natürgefühl hier wie dort bei -technischer Rohheit, und welche
Feinheit im Rudolfsbildniss bei einer Künstelei, die sorgsam die
Säume des Gewandes fältelt oder umlegt! Wie dürftig ist dem
gegenüber die Gestaltung der Herrscher auf den Siegeln der
salischen Kaiser, und insbesondere auch in der eckigen und
>) Mon. (;erm, SS. XX, 632. <139. ()44. G47.
310 Löher:
starreu Figur auf dem Siegel eben dieses Rudolf von Schwaben
vom Jahre 1079, das sich im Staatsarchiv zu Dresden i) befindet!
Nun untersuche man, ob die Tracht des Königs auf dem
Merseburger Erzbild sich irgendwie auf gleichzeitigen -Abbildungen
finde, — dieser kräftige scharfgebogene Schnabel, nicht an Schuhen,
sondern gleich an der Strumpfhose, während Schnabelschuhe damals
kaum erst auftauchten und nirgends auf Kaiserbildern jener Zeit
erscheinen, Schuhe dagegen sich deutlich auf letzteren markiren, —
diese mächtigen Sporen mit ihrer das Gehen verhindernden Be-
festigung, — dieser kuriose Beinharnisch zu einer Zeit, die höch-
stens Kingpanzer kannte, — dieses breite priesterliche Gürtelband
um das Unterkleid, — dieser überall bis auf den Saum des Unterkleides
herabwallende Mantel, wo alle Welt einen viel kürzeren üeberwurf
trug, — diese viereckig ausgeschweifte Agraffe des Mantels, die auch
nicht auf der Schulter, sondern auf der Brust sitzt, — endlich
diese Kreuzchen Sternchen Röschen und Flämmchen der Verzierung,
und nicht bloss an den Gewändern-, sondern auch am Harnisch.
Auffälliger noch sind die Insignien gehalten. Wenn seine
Partei Rudolf als ihren gesetzmässigen König auf seinem Grabe
darstellen wollte, so war zu erwarten, dass sie das Bildnjss mit den
königlichen Insignien gerade so bekleidete, wie sie damals im Ge-
brauche waren. Denn solche Insignien haben nicht willkührüche,
sondern überlieferte, feststehende, allbekannte Formen. Was aber
erblicken wir hier? Nicht eine Krone mit Zinken und herab-
hängendem Schmuck, sondern eine mit Perlen und Edelsteinen
verzierte Mütze, wie sie damals die Gebietsherren und jungen
Prinzen trugen, z. B. Siboto im Falkensteiner Kodex. Den Reichs-
apfel drückt Rudolf zierlich an die Brust: niemals zeigt sich auf
Siegeln oder Bildern aus seiner Zeit solche Haltung des Reichs-
apfels, noch weniger ist derselbe so geziert und das Kreuz darauf
in so ausgebildeter Gestalt und mit einer Untersatzkugel. Das
Szepter der salischen Könige zeigt wohl einmal zwei Lilien, diese
jedoch niemals in solcher Form und mit Knospen, aus denen sie
aufblühen und in welchen sie endigen. Auch trifft man niemals
ein Königsbild jener Zeit mit so langem wallenden Mantel über
dem Unterkleide, sondern der König trägt ihn kurz, so dass der
linke Zipfel der sitzenden Figur ganz in den Schoss fällt.
") Abbildung bei Carl Hef n'er Die deutschen Kaiser- und Königssiegel.
Wtirzburg 1875. Nr. 38.
Kulturgeschichte und Archivar. 311
Mögen wir der Freiheit des Künstlers, welcher die Gestalt
schön und würdig zu geben versuchte, noch so viel Freiheit lassen,
gewiss hätte er am Ende des eilften Jahrhunderts den deutschen
König nicht in solcher Tracht und mit solchen Insignien dargestellt.
Wir haben ein Phantasiebild vor uns, dem man einen alterthümlichen'
Ausdruck geben wollte, wodurch es noch mehr verkünstelt worden.
Endlich sind die das Bild umrahmenden Verse in einer Schrift
gegeben, welche von gleicher Willkühr und Spielerei deutliche Züge
trägt. Am getreuesten ist diese Schrift im v. Hefner'schen Trachten-
werk wiedergegeben. Die Abwechselung von Unzial- und Kapital-
buchstaben kommt zwar in jener Zeit vor, kaum aber so häufig in
wenigen Sätzen. Das V ist mehrmals virie ein umgekehrtes -D; das
G und C und E, auch einmal das D, eigenthümlich gerundet ; besonders
zierlich das M. Solche Buchstaben finden sich weder in denKodizes, noch
in Siegeln aus jener Zeit, am wenigsten das oben spitz geschlossene A.
Ebenso wenig wurden die Abkürzungsstriche für per und um unten
oder mftten am Buchstaben angebracht. Es möchte auch schwer
sein, in Inschriften jener Zeit so ebenmässige glatte und feine Buch-
staben zu finden, ganz abgesehen vom Vergleich mit den derb-
kräftigen und ausdrucksvollen Charakteren auf den Siegeln. Sehr
ähnlich ist aber die Schrift auf der Merseburger Bronzeplatte den
Buchstaben, in welchen die Umschrift um die Bildnisse des Grafen
Waramund von Wasserburg und der seligen Aurelia ausgeführt ist;
auch die Auffassung und der Faltenwurf der Gestalt ist derselbe. Diese
Beiden starben zu Anfang des eilften Jahrhunderts, ihre Grabmäler
aber in der St. Emeramkirche zu Kegensburg, von denen sich Ab-
güsse im Münchener National museum befinden, wurden sammt den
Inschriften eröt im fünfzehnten Jahrhundert verfertigt. In dieser
Zeit ist auch wohl des König Rudolf Grabbild entstanden.
Verlassen wir jetzt den Merseburger Dom und treten in den
Magdeburger ein.i) Der grosse Kaiser Otto erbauete über dem
Grabe der geliebten Editha, seiner ersten Gemahlin, eine kostbar
ausgeschmückte Kirche und bestimmte sie zu seiner eigenen Ruhe-
stätte. In dieser Kirche wurden auch die ersten zehn Erzbischöfe
begraben. Als sie im Jahre 1207 abbrannte, wurden die üeber-
reste der Begrabenen, wo möglich in ihren Särgen, in den nahebei
erbaueten neuen Dom übergeführt. Nun fanden sich zwar in diesem
*) Vgl. C. L. Brandt Der Dom zu Magdeburg. Daselbst 18G3 bei Baensch.
312 L^l»^^»-:
drei Steinsärge mit Gebeinen, wahrscheinlich die der ersten Erz-
bischöfe, aber ohne alle Inschrift. Gleichwohl steht an einem Pfeiler
im Chorumgang ein Bildniss in Erzguss mit Inschrift, welches nach
der Ueberlieferung das Grabmal des noch im zehnten Jahrhundert
verstorbenen ersten Erzbischofs Adalbert gewesen sein soll; nach
Lübke wäre sie die älteste dieser Platten. Die Buchstaben aber
können weder aus jenem, noch aus den beiden folgenden Jahr-
hunderten sein : sie ähneln in Form und Willkühr ganz denen auf
dem Merseburger Erzbild des Königs Rudolf, und stimmt Haltung,
Faltenwurf, und Verzierungsweise des in halb erhabener Arbeit
gegossenen Bildnisses ganz mit jenem überein; Um über die Ent-
stehungszeit noch sicherer zu sein, braucht man nur auf den
Knaben zu Füssen des Bischofs zu blicken, der offenbar eine
Nachbildung des hübschen Bronzegusses in Rom ist, des nackten
sitzenden Knaben, der das linke Bein hoch über das rechte gelegt
hai, um einen Dorn aus der Sohle zu ziehen : schwerlich ist das römische
Erzbild vor der Zeit der Renaissance in Deutschland so bekannt
geworden. Weil der Hirtenstab auf dem Kopf dieser Tragfigur
steht, hat die Sage daraus ein Mädchen gemacht, welches der Erz-
bischof im Zorn über dessen unanständige Sitzgeberde mit seinem
Hirtenstabe erschlagen habe. Wie es scheint, war es in der Re-
naissancezeit unter den reichen Bischöfen und Aebten in Deutsch-
land Mode geworden, ihre Kirchen mit solchen Erzgussbildern
auszuschmücken Natürlich musste da der erste Magdeburger
Erzbischof auch sein Bildniss haben, und da man die Zeit seines
Todes nicht sicher wusste, so wurde über seinem Haupte in der
Erztafel selbst ein willkührlich gewählter Todestag, und zwar nach
römischem Kalender, angegeben, nämlich:
Octava decima Februi redeunte Kalenda
Quem Dens ascivit praesul venerandus obivit.
Kaiser Otto's Grabmal bestand in einem Sarg aus steinhartem
Mörtel und war mit einer antiken Marmortafel bedeckt. Sobald
im neuen Dom der Chor fertig war, wurden die Kaisergräber in
diesen hineingebracht. Denn für eine Sünde wäre es erachtet, hätte
man das Grab des Erbauers der ersten Kirche draussen im zer-
störten Gebäude liegen lassen. Zweifellos besitzt der Magdeburger
Dom noch das erste Grab Otto's: die grosse Marmorplatte aber,
die es bedeckt, ist vollständig leer, niemals stand eine Inschrift
oder nur ein Wort darauf. Hätte <lie SitN' nicht im Jahr 973 ver-
Kulturgeschichte und Archivar. 313
boten, das Grab mit einer Inschrift zu bedecken, so würden wir
sie noch heute vor uns haben. Erst im secbszehnten und sieb-
zehnten Jahrhundert wird erwähnt: der Grabstein sei von einer
silbernen Einfassung umrahmt gewesen, und darauf hätten in Gold-
buchstaben die Verse gestanden:
Tres luctus causae sunt hoc sub marmore clausae:
Rex, decus ecclesiae, summus honor patriae.
Ist diese Angabe richtig, so rührten offenbar die silberne Ein-
fassung wie die Verse aus einer viel späteren Zeit her, als das
Jahr 1207. Auch damals hätte man noch nicht gewagt, etwas auf
den Grabstein zu schreiben.
Die Kaiserin Editha aber hat im Dome ein Grabmal mit Eben-
bild, Inschrift^ Wappen und Standfiguren. Die Inschrift lautet:
Dive regine Romanorum Edit Anglie regis Edmundi filie hie ossa
conduntur, cujus religiös! amoris impulsu hoc templura ab Ottone
Magno divo caesare conjuge * fundatum est. Obiit anno Christi
DCCCCXLVII. Weil das Todesjahr angegeben und weil die In-
schrift in alterthümlichen und in einander geschriebenen Buchstaben
bestönd, so galt es früher als ausgemacht, dass das Grabmal aus
dem Jahr 947 herrühre. Man stiess sich nicht daran, dass Otto
schon imeilften Regierungsjahre nicht bloss caesarund divus, sondern
auch magnus geheissen hätte, — dass der Kaiserin Bild an der linken
Hand den Rosenkranz trug, der erst im dreizehnten Jahrhundert
aufkam, — dass der Doppeladler, die englischen Leoparden und
die andern Wappen einer viel späteren. Zeit angehörten. In Wirk-
lichkeit aber verweisen der Kunststil wie die Heraldik die Entstehungs-
zeit dieses Denkmals in den Anfang des sechszehnten Jahrhunderts.
Gegenüber dem Edithagrabmal zeigt sich die Inschrift eines
Steinsarges, welche lautet: Nonas Februarii obiit Eggela jnater
sancti Annonis Coloniensis archiepiscopi. Die Buchstaben gind wie
auf Siegeln in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts, und
die Angabe bloss des Todestags entspricht den ersten Aufzeich-
nungen in den Nekrologen, weil man zur Abhaltung des alljähr-
lichen Todtenamtes nur den Sterbetag zu wissen brauchte. Zwei
Grabsteine im Kreuzgang aus der zweiten Hälfte des dreizehnten
Jahrhunderts zeigen dagegen bereits das Todesjahr.
Gleich wie die Magdeburger gibt es noch zahllose Grabdenk-
mäler, deren hohes Alterthum von jeher feststand und bei schärferer
Prüfung und Vergleichung sich doch nicht festhalten lässt. Der
314 Uyher:
Archivar möge nur öfter in unsern alten Kirchen und Domen sich
umsehen und die Buchstaben der Inschriften vergleichen mit der
gleichzeitigen Schrift in seinen Siegel q Urkunden und Kodizes. Es
wird sich dann vielleicht Manches anders herausstellen, als es in
den Veröffentlichungen der Ortsforscher und Geschichtsvereine an-
genommen wird. Wer nicht beständig die Schriftzüge der ver-
gangenen Zeiten, wie sie das weite Feld der deutschen Kulturgeschichte
umfasst, vor Augen hat, ist leicht geneigt, Schriftcharaktere, die sich
nur ungefähr ähneln, für gleichzeitig zu halten und darauf hin
Schlüsse zu bauen.
Der Archivar darf sogar weiter gehen und aufmerksam machen,
wo es ihm scheint, dass der Stil eines Kunstwerkes, die Haltung
und Gewandung einer Figur, die Form und Verzierung eines Ge-
räths nicht recht übereinstimmt mit deip Schriftcharakter der an-
geblichen Entsteh ungszeit. Denn es ist wunderbar, wie getreu
sich die vorherrschende Geistesrichtung einer Zeit ausprägt in der
Handschrift der damals lebenden Menschen. Man überblicke nur
die allmählige Veränderung der Schrift von den frühesten Zeiten
an bis zu unsern Tagen. In den verwickelten Krit^elkratzfüssen
der Merowinger Zeit spiegelt sich unverkennbar, wie damals germa-
nische Sitte und BUdung mit der antiken und christlichen unbehülflich in
Kampfeswirren lag. AUmählig lösen erst die Wörter, dann die Buch-
staben sich von einander ab, und mehr und mehr wird die ganze
Schrift klarer fester und gleichmässiger. Diese Entwicklung beginnt
schon im karolingischen Zeitalter, und vollendet sich im sächsischen
und salischen schrittweise nach demselben Gesetze, nach welchem
Staat, und Kirche sich stärker und deutlicher in einander bilden
und die Regel und die Gleichförmigkeit immer weiter greifen, bis sie
mehr und mehr das ganze Leben beherrschen. Die neuen Kultur-
ideen, und ihnen entsprechend die grössere Mannigfaltigkeit selbst-
ständiger politischer und gesellschaftlicher Bildungen, fliessen in
der Hohenstaufenzeit auch in die Handschriften ein, und erzeugen
den Hang zum Individuellen und Vielartigen, das im vierzehnten und
vollends im fünfzehnten Jahrhundert darin wuchert. Die Schrift reinigt
sich wieder in Büchern und öffentlichen Urkunden zu ebenmässi-
geren Zügen unter dem Eindringen des antiken Wesens im Zeit-
alter der Reformation, während das Mannigfaltige, gleichsam das
Persönliche, in den Handschriften der Einzelnen zunimmt, gleichwie
in unserer Zeit in der Schrift der Kanzleien und grösseren Ge-
Kulturgeschichte und Archivar. 315
Schäfte ein bestimmter Zug nach Klarheit und Gleichmässigkeit
sich kundgibt, während in andern Briefen und Manuskripten die per-
sönliche Willkühr ihr freies Spiel treibt. Auch bei den verschiedenen
Völkern lassen sich nicht nur nationale Eigenthümlichkeiten in der
Schrift verfolgen, sondern auch die Noth und Verwirrung schlimmer
Kriegszeit schattirt sich darin ab : so bei Franzosen zur Zeit der
Jungfrau von Orleans, bei Engländern während der Kriege der
^•othen und weissen Eose, und bei den Deutschen erst recht im
dreissigjährigen Kriege. Mit dem Frieden stellt sich gewöhnlich
alsbald ein energisches Streben nach Abklärung ein.
Die Schrift ist ja die Aeusserung, in welcher sich das innere Leben
am leichtesten und flüssigsten, desshalb auch unbewusst und unwill-
kührlich ausdrückt, und wie aus der Handschrift der Charakter des
Schreibenden hervorblickt, so vermag der Kundige aus dem Schrift-
charakter einer Zeit diese selbst zu erkennen. Wo also ein Kunstwerk
oder ein Haus- Schmuck- oderWaffengeräth in seiner ganzen Gestaltung
und Verzierungsweise mit dem Schriftcharakter der Zeit, in welcher
es entstanden sein soll, in entschiedenem Widerspruche steht, da
hat Derjenige, welcher mit diesem Schriftcharakter vertraut ist,
wohl Anlass und Anrecht, seine Bedenken vorzutragen, damit wieder-
holte allseitige Prüfung Statt finde. Die deutsche Kulturgeschichte
ist ein weites Feld, das verschiedenartiger Forscher bedarf und
noch keines Einzigen entrathen kann. Noch unendlich viel bleibt
näher zu bestimmen. Nur wenn alle Berufenen einander gedeihlich
in die Hände arbeiten, werden wir genauer den Entwicklungsgang
feststellen können, und auch in Einzeldingen aus dem Nebel von
Vermuthungen und Annahmen auf sichern Boden gelangen.
XVI. Literaturbericht.
1. Bischofs- und Fürstenurkunden des 12. und
13. Jahrhunderts von Gustav v. Buchwald, Dr. phil.
Mit sechs Schrifttafehi. Kostock, Wilh. Werther's Verlag.
1882. 8. IV u. 484 S.
Seit Fickers epochemachenden Beiträgen zur Urkundenlehre darf dieses
Werk wohl als die bedeutendste Erscheinung auf dem Gebiete der Diplomatik
begrUsst werden. In Scharfsinn und Gründhchkeit der Forschung, die freilich
auf ein viel engere« Feld begrenzt bleibt, dem Ficker'schen Buche ebenbürtig,
mit Geist und Gewandtheit geschrieben, ganz durchdrungen von jugendlicher
Lebhaftigkeit, verpflanzt es die wissenschaftliche Untersuchung auf das bisher
sehr vernachlässigte Gebiet der Privaturkunde, zeigt, dass hier keineswegs eine
einfache Anwendung der Kaiserdiplomatik statthaft sei, wirkt aber auch hier
nicht minder, als es Fickers Werk für die Kaiserurkunden gethan hat, der
lange verbreiteten ,Spuriomanie' entgegen. Der Verf. ist aus Schirren's Schule
hervorgegangen und bringt die gründliche juristische Bildung mit, welche seine
Aufgabe erfordert. Nach einer gehaltvollen Einleitung über die bekannte und
die unbekannte Hand untersucht er die Urkunden der JErzbischöfe von Bremen,
der Bischöfe von Lübeck, Ratzeburg, Schwerin, von weltlichen Fürsten jene
Heinrich de« Löwen, der Grafen von Schwerin, Fürsten von Mecklenburg,
Herzoge von Pommern, der Anhaltiner, Herzoge von Sachsen -Lauenburg und
Sachsen-Wittenberg — im 12. und 13. Jahrhundert. Um dem Leser einen Ueber-
blick über die hier hauptsächlich in Betracht kommenden Schriftgattungen zu
gewähren, sind als Anhang 52 vom Verf. mit nicht gewöhnlichem Geschick
selbst facsimilirte Schriftproben mitgetheilt, wo man denn z. B. an den Urkunden
Heinrich (k'S Löwen die Manuichfaltigkeit gewahrt, welche Urkunden eines und
desselben Ausstellers aufweisen, anderseits in den Rheinfelder Authentikaten
die Gleichhändigkeit durch verschiedene Archive verfolgt. Bucliwald's Haupt-
ergebniss, durch mühevolles, langjähriges Studium gewönnen, lautet nun dahin,
dass die Authentizität der Privaturkunde nur in der Controhrbarkeit des Siegels
bestanden habe, während die Schrift völlig beweislos gewesen sei. Diese Beweis-
losigkeit der Schrift folgt zunächst aus ihrer inneren Werthlosigkeit vor einem
Literaturbericht. 317
Forum, das zumeist aus schriftuDkundigen Leuten bestand; aus demselben
Grunde erklärt sich die Beweiskraft des Siegels. Femer wird die regelmässige
Herstellung der Urkunde durch den Empfönger nachgewiesen, die in den
nordischen Ländern gleich mit der Einführung des Christenthums beginnt und
durch den Stand der Cultur sieb erklärt. Buchwald erinnert daran, dass ja
auch die heilige Schrift, von den Aposteln empfangen und niedergeschrieenen,
dem Christen imscheltbare Urkunde ist. Diese Form der Fürsten- und Bischofe-
urkimde bezeichnet der Verf. als die letzte der beiden rein mittelalterlichen
Urkundenformen im Gegensatze zur Kaiserurkunde, der Papstbulle und dem
gesammten Gebiete, in dem der Beweis durch die Handschrift galt. Die Kaiser-
urkunde war, wie B. bemerkt, nur der Form, nicht der Idee nach mittelalterlich;
abgesehen von der Geheimschrift der tironischen Noten, die früh verschwindet,
war in der gesammten Kaiserdiplomatik keine Idee enthalten, welche nicht
in nuce in Novelle 73 liegt. Die Kaiserurkunde stand auf dem Prinzip des
römischen Öffentlichen Notariats in Form öffentlicher Mehrhändigkeit. Merk-
würdig ist der von B. geführte Nachweis, dass dem Prinzip nach alle diplo-
matische Thätigkeit bis auf Objekte unserer Tage schon drei Jahrhunderte vor
Justinian von einem sanskritischen Gesetzgeber vorgezeichnet ward. Noch mehr
überraschen dürfte die meisten Leser Buch wald's Satz von der Sangbarkeit der
Urkunden. Beim Diktiren wurden hiemach im 12. Jahrhundert in Norddeutsch-
land die Urkunden nicht gesprochen, sondern recitativisch gesungen, so wie
etwa das Evangelium beim Hochamte in der Kirche; wie dort war bei langen
2ieilen ein beschleunigtes Tempo ♦ üblich. Die oft hervortretende Verwendung
des Keimes war bei diesem recitativen Vortrage deutlich hörbar. Buchwald
nimmt an, dass die alte Interpunktion damit zusammenhänge. Bei dem vielen
Urkundenabschrei ben fand er, dass dieselbe oft völlig sinnlos, ja sinnwidrig
sei, wenn man an sie als Maasstab den Zweck unserer Interpunktion anlegt;
sobald man aber, zumal in stark interpungirten , die Interpunktion als musi-
kalisches Zeichen betrachtet, hat sie stets als Merkmal der Athemeintheilung
ihren guten Zweck. Die Bedeutung des i- Striches, der sich hie und da auch
über anderen Vokalen findet, hält Buchwald für die eines Accentes zum Zwecke
dieses recitativen Vortrags, bisweilen geradezu für eine Neumenform. Selbst-
verständlich darf man damit das Umlautzeichen nicht verwechseln, das in Ur-
kunden der oberdeutschen Dialekte, zumal des schwäbischen, vom 13. bis ins
16. Jahrhundert hinein in mannigfachen Formen, zuweilen eben auch gleich
diesem i- Striche auftritt
Es wäre sehr zu wünschen, dass für ein grösseres süddeutsches Gebiet
eine ähnliche Untersuchung, die ja in Buchwald's Vorbild nun eine bedeutende
Erleichterung fände, durchgeführt würde, damit wir erkennen, wie weit diese
Sätze allgemeinere, wie weit etwa nur provinziale Geltung haben. Dass
Buchwald verstanden hat, seinen trockenen Stoff so anziehend zu behandeln,
verdient besonderes Lob. In formeller Beziehung erregt nur des Autors Vorhebe
für Fremdwörter Anstoss. Viele unvermeidliche bringt ja der Stoff mit sich; um
so störender wirken daneben die vielen unnöthigen; Ausdrücke wie Pression,
Fusion, tangiren, recurriren, Impuls, Chance, adaptiren, ausdividiren u. a. sollte
«in deutscher SchriftHteller, auch der gelehrte, nicht im Munde führen.
Ä.
318 Literatiirbericlit.
2. Codex diplomaticus Salemitanus. Urkundenbuch der
Cisterzienserabtei Salem, herausgegeben von Dr. Friedrich
vonWeech, Geheimen Archivrath am grossh. Bad. Öeneral-
Landesarehiv. Erster Band 1134—1266. Hierzu 15 Tafeln mit
Siegelabbildungen aus der Lichtdruck- Anstalt von J. Baeck-
mann in Karlsruhe. Karlsruhe, G. Braun'sche Hofbuch-
handlung 1883. 8. 348 S.
Seit der Veröffentlichung der „Beiträge zur Urkundenlehre" von Ficker
1877/78 ist auch für unsere sog. Privaturkunden die Zeit einer kritischen Be.
arbeitung und Herausgabe herangekommen. Soviel aber auch seitdem auf
diesem Gebiete geschehen ist, so bleibt hier dennoch noch viel zu thun. Wollen
wir zu einer vollkommenen Kenntniss des deutschen Urkundenwesens im Mittel-
alter vordringen, so müssen wir feststellen, wie sich dasselbe in den einzelnen
Gegenden verschieden gestaltet hat. Ee ist ja bekannt, dass das Urkundenwesen
sich in den verschiedenen Landschaften selbst desselben Stammesgebietes mehr
oder weniger selbständig entwickelt hat, dass auch in ihm eine vielgestaltige
Gliederung zu Tage getreten ist; bis jetzt aber wissen wir dies nur im allge-
meinen, im einzelnen ist es noch nicht nachgewiesen. Zu welchen Erfolgen ein
Studiiun gerade auf ctiesem Gebiete führt, zeigten G. v. Buchwald's Bischofs-
und Fürsten-Urkunden des 12. und 13. Jhdt^, welche auf das niedersächsische
IJrkundenwesen so viel Licht gebreitet haben. Li Süddeutschland aber fehlt
uns meines Wissens bis jetzt eine derartige Untersuchung, und doch gibt es
auch hier so manche topographische Verschiedenheit in der Form der Privat-
urkunden. Es ist z. B. noch wenig beachtet, dass der Schwarzwald eine Art
diplomatische Grenze bildet. Westlich von ihm herrscht nämhch beinahe aus-
schliesslich das sog. italienische Pergament, östlich von ihm aber ist die über
wiegende Mehrzahl der Urkunden auf sog. deutsches Pergament geschrieben.
Auch die Befestigung der Siegel an den Urkunden ist landschaftlich verschieden,
und nicht weniger der ganze Ductus der Urkunden. Solche der Stadt YiUingen
z. B. sind an ihrem Baue nicht zu verkennen. Hiebei wirkt aber nicht nur die
Landschaft ein, sondern ebenso der Zusammenhang der urkundeuden Behörde
mit andern Corporationen. Alle Urkunden der schwäbischen Cisterzienserklöster
z B. zeigen eine bestimmte Familienähnlichkeit. Hier steht also der Forschung
noch ein weites Gebiet offen. Um dasselbe aber wirklich zugänglich zu machen,
haben die Urkundenherausgeber alle Förmlichkeiten der Urkunden möghchst
genau anzugeben. Dies gethan zu hahen, ist ein grosses Verdienst des hier zu
besprechenden Werkes, denn der Herausgeber hat, wie ich aus eigener Prüfung
bezeugen kann, seine Teitte nicht nur ganz getreu wiedergegeben, sondern auch
alle Förmlichkeiten seiner Vorlagen bis zu den Dorsalaufschriften verzeichnet.
Insbesondere ist er den meist vernachlässigten Siegeln gerecht geworden, indem
er dieselben genau beschrieb und die interessanteren derselben in prächtigem
Lichtdrucke in Originalgrösse abbilden Hess. Es verdient dies Anerkennung und
Nachahmung, denn das Siegel ist es ja, was die Urkunde erst zur Urkunde^
macht. Wie Dr. von Weeoh in dieser Zeitschrift Vn, 280 ff . selbst mittheilte,
Literatarbericht . 319
hat er dabei entdeckt, dass es wirklich Si^el aus Maltha gibt, dass die aller-
meisten Siegel von Salem im 13. Jhdt. aus dieser schönen und dauerhaften
Mischung bestehen. Ich möchte hier auf Grund einer mündlichen Mittheilung
des Archivrathes Stalin in Stuttgart und auf Grund eigener Anschauung hinzu-
zufügen, dass zu gleicher Zeit auch die andern oberschwäbischen Klöster Maltha
mit Vorliebe verwendet haben. Die dazu nöthige Boluserde lieferte ihnen die
schwäbische Alb, welche gerade bei dem zu Salem gehörigen Orte Frankenhofen
reich an solcher ist. Wir schulden Dr. von Weech für diese Arbeit aber auch
w^en ihres Inhaltes tiefen Dank, denn das Archiv von Salem, das zu allen
Zeiten von den dortigen Mönchen sorgsam gehütet wurde, ist reich, wie kein
zweites Archiv eines schwäbischen Klosters, und ist deshalb für die Geschichte,
Genealogie, Topographie und Rechtsgeschichte Schwabens eine unschätzbare
Quelle. Den Text der Urkunden hat Dr. von Weech wörtlich ¥riedergegeben,
nur bei solciien Papst- und Kaiserurkunden, welche im Grunde nur Erneuer-
ungen von älteren sind, begnügte er sich mit kurzen Regesten, während ich
auch hier eine getreue Veröffentlichung dieser Diplome imd eine eingehende
Besprechung ihrer Form vorgezogen hätte. Die Orts- und Personennamen sind
nicht unter d^m Texte, weil dies au nicht endenden Wiederholungen geführt
hätte, sondern im Register mit ganz besonderer Sorgfalt erklärt; ich möchte
dieses Register geradezu andern Urkundenbüchem zum Muster empfehlen. Sein
Werk, das mit Unterstützung des nunmehr verewigten Markgrafen Maximilian
von Baden erschienen ist, hat Dr. von Weech auch als Band 35 der Zeitschrift
für Geschichte des Oberrheins erscheinen, lassen; dieser Abdruck entbehrt
jedodi des schönen Gewandes der eigentlichen Ausgabe, namentlich fehlen
ihm die Siegeltafeln. Möge bald der 2 Band dieses Urkundenbuches zu Nutz
und Frommen der schwäbischen Geschichtsfreunde und Urkundenforscher
erscheinen !
Donaueschingen. Banmann.
3. Iter italicum, unternommen mit Unterstützung der
k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin von Dr. Julius
V Pflugk-Harttung, Docent an der Univ. Tübingen.
I. Abtheilung. Stuttgart 1883, W. Kohlhammer. 8. 341 Seiten.
Ueber Orte und Inhalt italienischer Archive sowie über ihre massgebenden
Persönlichkeiten ist seit Bethmann-HoUweg's Reiseberichte kaum ein so belehrender
und vielumfassender erschienen. Er verbreitet sich über 258 Archive in ganz
Italien und Sicilien, welche der Verfasser besucht und theil weise erst ausgeforscht
hat. Unter diejenigen, über welche man sonst kaum etwas erfuhr, gehören
nicht nur die Archive in Bari und Brindisi, Veroli und Volterra und andere,
sondern selbst solche, wie San Giovanni im Lateran und viele Privat- imd
Kapitelarchive in Rom, — die erzbischöflichen in Turin, Mailand, Florenz, — und
die Kapitelarchive in R^gio, Modena, Vercelli und vielen andern Städten. Auch
schwer zugängliche Archive wusste unser durchdringender Forscher sich zu
eröffnen Regesten von gar nicht oder wenig bekannten Papsturkunden vom
320 Literaturbericht.
Beginn des zweiten bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts sind beigegeben, und
zwar mehr als tausend, dazu von 20 Kaiserurkunden von 820 bis 131 1. Da es dem
Verfasser hauptsächlich um die Papsturkunden des genannten Zeitraumes zu
thun war, betreffen seine Nachrichten vorzugsweise die Archivbestände für
jene Epoche und lassen später entstandene, wie z B. im vaticanischen Archiv,
meist ausser Beachtung. Zu dem kläglichen Prozess über Archivdiebstähle,
der sich im vorigen Jahr in Rom abspielte, gehört auch, w^as zum Staatsarchiv
in Rom angemerkt wird. „Bei der Einziehung der meisten Kloster- und
Kirchenarchive Roms sind offenbar Unterschlagungen vorgekommen, die Archi-
valien sind grossentheils bei Privatleuten untergebracht, theilweise weiss man
bei welchen, bezw. behauptet es zu wissen, nennt aber die Betreffenden nicht,
wodurch sie allmählig vergessen imd verloren werden."
4. Das Staatsarchiv des Cantons Basel-Stadt darge-
stellt durch Dr. Kudolf Wacker nagel, Staatsarchivar.
Basel 1882, Baur. 8. 35 Seiten.
Eine kleine vortreffliche Schrift, welche den sich mehrenden Benutzern
des Archivs durch eine gedrängte, klar gehaltene Uebersicht des Inhalts ent-
gegenkommt und dem Sachverständigen dessen Gresammtlage und Anordnung
aufhellt. Nicht genug kann man anregen, dass nach solchem Muster die Staats-
wie Stadtarchive sich der Oeffentlichkeit vorstellen. Die Kodizes imd Amts-
bticher des Baseler Archivs, — nicht weniger als 1150, — b^innen um die
Mitte des zwölften, die Urkunden zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts.
So erfreulich die Reichhaltigkeit, so gut und brauchbar die Verzeichnisse, die
meist noch aus früherer Zeit herrühren, und so verständig und amtsbeflissen
die Verwaltung des Archivs erscheinen, so betrübend sind die Lokalverhält-
nisse. Mit vollem Recht darf geklagt werden, dass durch die grosse Zerstreuung
der Archivalien der Dienst sehr gehemmt und erschwert wird; dass die noth-
wendige umfassende Vereinigung und Ordnung des Archivs wegen Raum-
mangels nicht ausgeführt werden kann ; dass grosse wichtige Theile des Archivs
nur sehr ungenügend gegen Feuer gesichert sind. Müsste nicht das althistorische
geld- und ahnen- und ehrenreiche Basel bald dazu thun, dass ein neues,
seiner würdiges Archivgebäude dastehe?
5. Praktisches Handbuch der historischen Chronologie
aller Zeiten und Völker. Eine historisch-diplomatisch-
chronologische Anweisung, nach welcher sich alle und jede Data
und Epochen der verschiedenen Schriftsteller und Urkunden
aller Zeiten und Länder leicht und sicher bestimmen und
nach jeder anderen Acre oder Calenderform ausdrucken
lassen. Unter besonderer Berücksichtigung des Mittelalters.
Mit Erläuterungen, ausführlichen Tabellen , Berechnungen
und diplomatischen Hinweisungen, zur Prüfung, Bestimmung
Ldteraiurbericht. 321
und Redaction der Daten historischer Ereignisse, Urkunden,
Diplome, Chroniken, Schriftsteller etc., von den frühesten •
Zeiten der beglaubigten Geschichte an. Von Dr. Eduard
Brinckmeier, Hofrath. Zweite vollständig umgearbeitete
und vermehrte Auflage. Berlin 1882, Hempel. 8. 504 Seiten.
Der lange Titel besagt hinlänglich, wozu dieses Hand* und Nachschlage-
buch dienen kann. Es ist praktisch eingerichtet, und man findet leicht alle
chronologischen Behelfe darin Allein an geschichtlicher Begründung und scharfer
Bestimmtheit lässt sich, gleichwie in dem älteren diplomatischen Glossar des
in Braunschweig wohnenden Verfassers, gar manches vermissen. Wie dürftig
ist z. B. die verschiedene Art und Weise, wie die Päbste datirten, behandelt,
und dass noch jetzt in gewisse^ Bullen das Jahr mit dem 25. März begonnen
wird, ist nirgends angegeben. Es wird von König Heinrich I. erwähnt: „Er
l^te sich in Urkunden nie den Kaisertitel, nicht einmal den eines Königs
vonDeutschlandbei"? War denn das Letztere seiner Zeit möglich? Dass er sich
aber Imperator und Romanorum rex nannte, darüber wären in Stumpf 's Werke
über die Reichskanzler die Nummern 9. 24. 33. 36. 40. 53 zu befragen gewesen.
Die Ausbeute der historischen Forschungen im letzten Menschenalter ist freilich
von B. über Gebühr vernachlässigt. Von Ludwig dem Bayer heisst es: „Er
ist der einzige deutsche Kaiser, der in seinen Siegeln zwei Adler führte," —
als wenn Karl IV. niemals daran gedacht hätte. Femer: „der Lidiktion bediente
er sich nie," — während sich im Reichsarchiv zu München drei von Ludwig
dem Bayern zu Rom ausgestellte Urkunden mit Indiktionsangabe finden. Oder
um das neueste Beispiel in der Kaiserreihe zu nehmen, lässt sich wohl sagen:
„Wilhelm l. wurde von den vor Paris weilenden Reichsfürsten zum
deutschen Kaiser gewählt?"
6. Miscellen zur Geschichte Ostfrieslands von Paul
Herquet. Norden 1883, Braams. 8. 286 Seiten.
„Es ist beinahe unglaublich, was die in den letzten Jahren „für das
Volk" schreibenden einheimischen „Gelehrten" an Absurditäten geleistet haben
und welchen Schaden sie dadurch stiften. Auf die Quellen zurück zu gehen,
die ihnen ja keineswegs verschlossen sind, verbietet ihnen einestheils die Flüch-
tigkeit ihrer Mache, andemtheils reicht ihr Bildungsgrad nicht entfernt dafür
aus." Diesem Stossseufzer des Staatsarchivars von Ostfriesland wird sich wohl
mancher Kollege anschliessen, und es bleibt eben nichts Anderes übrig, als
in so reichhaltiger und anziehender Weise, wie es in diesem Buche geschehen,
dem gebildeten Publikum aus den Archiven wohlgewählten kulturhistorischen
Stoff zu bieten, damit Lust und Freude an dem, was sich ehemals auf Grund
und Boden des Wohnortes zutrug, aber auch etwas Verständniss von ächten
Geschichtsquellen sich verbreite.
Aröhivaliache Zeitachrirt. vni. 21
XVU. Kleinere Mittheilimgen.
1« Naebtrag zum Aufsatz ttber gemelnscbaftllehe Siegel« Dr. v. Weech
theilt uns nachstehenden gewiss sehr seltenen Fall mit von der Anwendung eines
„persönlichen" in der Urkunde als „gemeinschaftlich" bezeichneten Siegels
und eines „gemeinschaftlichen" in derselben Urkunde als „persönlich" bezeich-
neten Siegels.
Die Urkunde der Brüder Berthold, Konrad und Heinrich, Grafen von
Heiligenberg, v. J. 1267, ist besiegelt jnit dem Sig. IV. A. 2 Konrads, welches
die Aussteller als „nostrum" bezeichnen und mit dem dreieckschildförmigen
„gemeinschaftUchen" Sig. IV. A. 2 der Gebrüder Egeno und Johann von
Rinkenburg, mit der Legende : f S'egenoniset joh'is. frt. de rinkenbg.", welches
aber in der Urkunde als das Siegel Johannas bezeichnet wird.
Fürst Hohenlohe.
2« Pftbstlicbe Kundgebung fflr archlTalische Gesehiehtsforsebung« Pabst
Iveo Xni. richtete unter dem 18. August dieses Jahres an die drei Kardinäle,
den Vizekanzler de Luca, den Bibliothekar Pitra, und den Archivar Hergen-
röther ein Sendschreiben, worin es heisst: Wenn jemals früher, könne man
von unserer Zeit sagen, „artem historicam conjurationem hominum videri adversus
veritatem". Ganz insbesondere würden die Verdienste des Pabstthums um
Europa und namentlich um Italien verdunkelt, verzejrrt und geleugnet. Tüchtige
Geschichtschreiber, frei von allem Verdacht der Zuneigung wie der Feind-
schaft, müssten daher die ungerechten Anklagen gegen die Päbste auf Grund
der Quellen widerlegen. „Hoc consilio alias ediximus, ut tabularia Nostra praesto
essent, quantum potest, religioni et bonis artibus provehendis : hodieque similiter
decemiiims, ut adomandis operibus historicis, quae diximus, opportuna ex
bibliotheca Nostra Vaticana pateat supellex. Nihil dubitamus, dilecti filii Nostri,
futurum ut vestri auctoritas officii vestrorumque opinio meritorum facile vobis
adiungat viros doctos, in historia scribendique arte exerdtatos, quibus recte
possitis pro singulorum facultate suum cuique assignare opus, certis tamen
legibus auctoritate Nostra sanciendis. Quotquot vero Studium operamque suam
vobjscum w baue causam coUaturi sunt, crecto bonoque aiiimo esse iubemus,
Kleinere Mittheilungen. 323
et singulari benevolentia Noetra confidere. Res quippe agitur digna studiis
patrodnioque Nostro: in qua sane spei|i utilitatis plurimam collocamus". Also
haben wir auch im Vatikan die Bildung einer histoiischen Kommission- zu
begrüssen. Der Pabst ruft in diesem öffentlichen, von ihm selbst verfessten
Sendschreiben alle Gelehrten zur archivalischen Forschung auf. „Atque utinam
quamplurimi excitarentur veri investigandi cupiditate, et inde utilia ad recor-
dationem documenta caperent!" — Auch die italienische Regierung hat jüngst
einen Mittelpunkt für quellenmässige Geschichtsforschung ihres Landes in's
Leben gerufen, an welchem fünfzehn Gelehrte aus ganz Italien theilnehmen.
Mögen nun das päbstliche und das italienische Institut rüstig mit einander
wetteifern! Vincit veritas.
8. Durehforsehniig, Sichtung, lichlTolle Ordnung des vatikanischen
ArehiTS wäre noch viel Wünschenswerther, viel nöthiger. Es soll ja theilweise
einem dunkehi Bergwerk ähnehi, in welchem manche Gänge halb verschüttet
sind. Endlich müssen doch einmal die Mengen alter Urkunden von der Longo-
barden Zeit an in feste Gruppen gebracht und regestirt, der Inhalt der Miscel-
laneenkisten aufgehellt, die Kommun- und Papierregister und andere Amtsbticher
der päbstlichen Kurie und Hof Verwaltung verzeichnet werden. Endlich muss
doch einmal die natürliche Verbindung sämmtlicher päbstlichen Archive, d. h. die
organische Einfügimg der Archive der Kongr^ationen in das Hauptarchiv her-
gestellt werden! Diese päbstlichen Ministerialarchive sind gegenwärtig wie
Glieder, die von ihrem Körper abgetrennt sind, und die Geschichtchen, die über
ihre mittelalterlichen Bestände im Umlaufe sind, klingen gar nicht erbaulich.
Wenn jemals, so kann jetzt das so grosse, so schwierige Werk mit einiger
Aussicht auf Erfolg ang^;riffen werden, jetzt wo Männer von hoher wissen-
schaftlicher Bildung, wie der edle Leo XIII., der Archivpräfekt Kardinal Hergen-
röther, und sein neuer Unterarchivar Dom Tosti, an der Spitze stehen, und
durch die treffliche Erfahrung von verdienten Männern, wie Dom Wenzel, Denifle
und Delicati, unterstützt werden. Sollten, was leicht möglich, die Mittel und
Arbeitskräfte für die riesenhafte Aufgabe nicht ausreichen, so braucht es nur
einer päbstlichen Kundgebung und es werden sich wohl die berufensten
Männer aus Italien, Deutschlätid und Oesterreich, vielleicht auch aus England
und Frankreich, zur Ehre rechnen, einen Winter nach dem andern auf eigene
Kosten im herrlichen Rom zu leben und eifrig mitzuarbeiten, damit das ersehnte
Werk gelinge. Und dann, welches Glück, wenn ein systematischer Ueberblick
über den G^sammt-lnhalt der päbstlichen Archive veröffentlicht würde! Dann
würde kein Staatsarchiv in Europa sich noch länger des Lebens im alten
traulichen Dunkel getrauen.
4. An die Mitarbeiter der Archivalischen Zeitschrift muss die Re-
daktion verehrungsvoll die inständige Bitte richten, fortan höchstens eine oder
andere seltene oder merkwürdige Urkunde für diese Zeitschrift zu bestimmen,
da ihr geringer Raum von zwanzig Bogen im Jahr durch Urkunden-Edition
nicht gar zu sehr darf für andere Mittheilungen geschmälert werden.
Bei THEODOR ACKERMANN, königlicher Hofbuchhändlcr in München,
sind ferner erschienen :
Bezold, Friedrich v., K<mi«^ Sigmund und die Reichskriogo gegen die Hussiten bis zum Aus-
gang des dritten Kreuzzugen. I. — IIT. Abteilung. ä 3 M.
— Zur Geschichte des Ilussitentunis. Kultiu-historische Studien (114 S.) gi\ 8<*. 1874. 2 M.
iBic^ctmann, Äarl, ^eul|d)Innb§ trübftc äi-'it ober bcr brciöigjä^riflc Airicg in (einen golgcn für
\)a^ bcutid)e .Uutturlcbcn. (215 e.) (\r. 8«. Ot)nc Sa^reSjat)!. (1872.) 3 m.
^altt, 3ttfo6, 2)ic rittcrlii1)c (55cfcn)cl)aft im 3citalter bci^ Sraueuhiltu^. 9ieuc ^lu^gabc. (172 S.)
flr. 8^ C()nc ^atire^.vi 1)1 (1872.) 2 m., elcc^. geb. 2 m. 70 ^$f.
%üiU, 3o6anned, 2)ic ipanfa al§ bcutfd)e See* unb §anbel§mad)t. 92cue Slu^tjabe. (190 S.)
gr. 8». D^ne ^aljvoÄ^al)!. (1872.) 2 2Ä., eleg. geb. 2 3)1. 70 %
Freytag. L, Tiberius und Tacitus. (VI u. 370 S.) gr. 8. 1870. 7 M. 50 Pf.
Hundt, Friedrich Hektor Graf, Teber die bayerischen Urkunden aus der Zeit der Agilolfinger.
Mit Registern über die vorkommenden Personen und Ortsnamen. Aus den Abliandlungen
der k. bayer. Akademie d. W. (146 u. IV S.) gr. 4«. 1873. 4 M.
— Die Urkunden des Bistums Froising ans <ler Zeit der Karolinger. Nachthlge, "Erörter-
ungen, Herichtigungen. Die Bischöfe und kirchlichen AVürdentriigcr de^ karolingischen
Zeitraums in den Urkunden des 15istums Freising. Aus den Abhaudlmigen der k. baver.
Akademie d. AV. (117 u. IL S. nebst 79 S. Urkunden.) gr. 4«. 1875. 2"M.
LetztKenaiiute beide Artikel in innen Itand vereinigt ' 6 M.
— llvfiinben bc§ X. un^ bei crftcu 4)iilftc bc^3 XI. .^afjc^unbcrt^, qu§ bcm S3i^tum 5rci[ing.
{%n^ bem XXXIV. iöanbc beö Dberbaljcrifc^en ^.>tv^iu3 bcfoitberS abgebrucft.) (79 8.) Scj.^"^.
1875. ' 1 a». 20 ¥f.
— Bayrische Urkunden aus dem XL und Xll. Jahrhundert. Die Bcliirm Vögte Freisings.
Seine Bischöfe bis zum Knde des XII. Jahrhunderte. Beiträge zu Scheyem-WittelBbach-
schen Regest<'n. Aus den Abhandlungen der k. l)aver. Akademie d. \V. III. Cl. XIV. BA
IL Abteilung. (108 S.) 4». 1878. ^ 4 M.
müpUU ÄüH, taifcr a)?ajimiliau L 9ieue ?luSgabc. (202 3.) gr. 8^ D^ne Sa^rc^^al^I. (1872).
2 Tl., cleg. geb. B 9R. 75 $t.
Htt^en, 3ofe)i^, ^lu^5 bcr '^c\i beo ficbcnjäf)vigcn .SlTicgoö. llmvifie unb 53ilber beutfd)cn ^(\nh<%
bcuiidjer iljateii, C£^arafterc uitb ^uftdubc. ^IRit fiebcii Äilrtdjon. ÜJeue 5(u§gabc. (203 8.)
gr. feo. c^nc 3al)ve$.^aljl. (1872.) 3 m,. elcg. geb. 3 m. 75 %
ma^tx, Ä. %., Ä'aijcr §einrid) IV. 9?cuc 9luä>gabc. (306 8.) gr. 8^ C^ne Sa^re§,^n^L (1872.)
3 m., geb. 3 m 75 %l
Oberhummer, Eugen, Thönizier in Akamanien. L'ntersuchungen zur phönizischen Kolonial-
und Handels- Ciesch ich te mit besonderer Rücksicht auf das westliche Griechenland. (84 S.)
gr. 8. 1882. 1 K 80 Pf.
VlcrfOÄ, ffiiaiam, 3)cr große 5turfiirft. (263 @.) gr. 8^ 1873. 3 m.
WotJ, SrieUri^, 3lugöburgöa^eforinQtiou8gc{d)id)tc 1517-1527. öJefrönte '^>rei§icftnft. (II u. 275 3.)
gr. h». 1881. 4 Wt. 80 f.
^mxtmadftx, ^xitM^, Ä'aifer g-ricbridj IL mib ble lejjtcn .'po^enftauf^n. 2 Teile. (264 u. 116 e.)
gr. 8«. 1874. 4 Tl. 60 ^f.
^ugen^eim, <S., 3)cutid)Ianb im ]'j3nnifd)cn Erbfolge- unb imgrofecu itorbi)e^ctttriege( 1700- 1721).
(XVI u. 265 S.) gr. 8«. 1874. 3 m. Gü %\.
SBa^dtttttt^, aSil^elm, 9acDerföd)fifd}c aJeid)ld)ten. 9kue 'i)hi§gQbc. (254 6.) gr 8«>. (1872.) 3 9Ä.
cleg. ach. 3 m. 75 %l
SBat^, ®tüx^, 3)eutfd)e ilaifcr Don ^arl bcm ©rofecn biö ^Utajimilian. 9?euc ^SuSgabe. (97 S.)
gr. 80. Ct)ue SatjreÄsa^l. (1872.) ' 1 9R.
flBcber, @corQ, (i)ermauien in ben crften 3^i^^f)ii"i>«^^^tc" [cined gcfi^ic^tüd^en fiebciid. 3?c«c ^u§^
a^abc. (166 3.) or. 8«. £^ne So^vc<^Aa!)(. (1872.) 2 SÄ.
SBlttmantt, ipiufi, 5)ic ^^^faljgrafcn üon 53at}ent. 58ou bcr p:^iIo)o))I)i)(^n gafuhät SWünc^en gc-
triJntc ^^reiöid)rift. (VIII u. 244 8.) gr. Ö^ 1877. 4 3)1. 40 ${.
In WUh, Werther's Verlag in Rostock erschien:
Bischofs- und FUrstenurkunden des XIL und XIIL Jahrhunderts. Beiträge zur Urkunden-
lehre. Mit 6 (autogr.) Schrifttafeln. Von Dr. Gustav von BuchAvald. Lex. 8".
IV und 4H4 S. Preis 16 M.
Der Verfasser hofft auf Fortarbeit in diesem Ge))icte seitens der Herren Archivare.
Dr. Leopold Janauschek sagt von dem Werke, dass es „einen umgestaltenden Eintluss
auf «lie Kritik der Urkunden haben und unter allen Um.stünden einen dezisiven Fort-
schritt in der Wissenschaft nach vielen Riclitungen hin markieren werde.'*
Kgl. n«)f-Buchdru('kcrci von E. Mühlthal er in MQnehen.
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