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Full text of "Archivalische Zeitschrift"

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HARVARD  UNIV^RSITY  LIBRARY 


FROM  THE  UBRARYOF 
COIJNT  PAUL  RIANT 

MKMBEROP  THB 

INSTITITEOF  FRANCE 

HISTORIAN  OF  THE 

LATIN  EAST 

BOÜGHT  WITH  INCOME  OF  THE 
HENRY    L.  PIERCE    FUND 


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ARCHIVALISCHE 


ZEITSCHRIFT. 


HERAUSÜEOEBEN 


TON 


D"  FRANZ  VON   LÜHER 

K.  BATER.  OEBBIMEN  RATB.  REICHSABCBIV-DIRECTOR,  UKIVERSITÄTS-PROFESSOR.  ORD.  MITGLIED  DER 
AKADEMIEN  DER  WISSBXSCHArTEN  IN  MONCHKN,  BRÜSSEL  ttc. 


.SIEBENTEK  BAND. 


MÜNCHEN. 
THEODOR    A  C  K  E  R  II  A  N  N 

KÖNIOLICHER  HOFBLCHHANDLER 

1882. 


K. KREIS-ARCHIV-GEBÄUDE  IN  NÜRNBERG. 


ErdcfeschosÄ. 


I  ötocT^werk. 


AROHIVALISCHE 


ZEITSCHRIFT. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


D^  FEANZ  VON   LÖHER 

K.  BATER.  GEHEIMEN  EATH.  REICHSABCBIV.DIRECTOR.   UNiyERSlTÄTS-PROFESSOR,  ORD.  MITGLIED  DER 
AKADEMIEN  DER  WISSSXSCHAFTSN  IX  kONCHKN,  BRCSSKL  etc. 


SIEBENTER  BAND. 


MÜNCHEN. 
THEODOR    ACKERMANN 

KÖKIGLICHIR  HOPBL'CHUÄNDLER. 

1882. 


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Harvard  Col^c^e  Library 

Henrys  Liljc  !>  reo  Fond 
Jklay  7,  liM). 


Kgl.  Hof-Buchdruckcrci  von  E.  Müblthaler  in  München. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

I.  Die   Urkunden  des  Bisthums  WUrzburg.      Aus   dem    Nachlass   von 
C'ontzen. 

Einleitung 1 

I.  Das  Archiv  zu  Würzburj? 4 

II.  Die  l'rkunden  der  Stifter,  Ordenseonnuenden  und  Klöster  im 

Bistimm  Würzl)urg ö3 

II.  Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.   Von  Neude^^er. 

10.  Das  geheime  Urkunden-Archiv       r>7 

11.  Joh.  Sebastian  v.  Wämpl,  (ieh.  Kath  1GG2— lGy4 G2 

12.  Freiherr  von  Prielmayer,  Geh.  Ratli-sprilsident  1694—1702  .     .  70 

13.  Freiherr  v.  I'nertl,  Kanzler  1702— 174G 72 

14.  Die  Grafen  Ze<h,  174{>-  1784 80 

15.  Hofrath  von  Eckartshausen  1784-180.*      .' 89 

IG.  Joh.  Georg  v.  Lori  und  die  Geh.  Staatsregistratur  1769—1772  102 

17.  Die  Bestände  und  deren  Bearbeitung  1773  —  1792 lOG 

18.  Der  (ieh.  Staatsanhivar  v.  Pallhausen  1702-1815      ....  111 

III.  Bruchstücke  aus  der  Geschichte  eines  österreichischen  Stadtarchivs. 

Von  Winter 120 

IV.  Einsammlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische  Landesarchiv. 

Von  Pirckmayer 13G 

V.  Aus  dem  Weinsberger  Archiv  In  Oehringen  fUr  die  Zeit  von  1415—1448. 

Von  Bossert 151 

VI.  Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  II.  Archiv  und  der  Theilung 

desselben  unter  Schweden,  Norwegen,  und  Dänemark. 

Von  Bowallius 1G7 

VII.  Russisches  Staatsarchiv  in  Witebsk.    Von  La  1  in 192 

VIII.  Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive  200 

IX.  Kriegsakten  im  k.  bayer.  allgemeinen  Reichsarchiv.   Von  Aura  eher.  232 

X.  Technische  Ausdrucke  fUr  das  Urkundenwesen  der  Päpste.   Von  Dr. 

V.  Pflugk-Harttung 239 

XI.  Vorbedingungen  ffir  Anstellung  im  k.  bayerischen  Archivdienste     ■    .  2G7 
XII.  lieber  Siegel-Carenz.  Von  Dr.  F  ü  r  s  t  z  u  II  o  h  e  n  1  o  h  e  - W  a  1  d  e  n  b  u  r  g  27G 

XIII.  Ueber  iNaltha-Siegel.    V(m  v.  Weech 280 

Zusatz  von  Dr.  Philippi 284 

XIV.  Einrichtung  von  Archiven.     Vom  Herausgeber. 

VII.  Schaustellungen 28G 

VIII.  Urkundenveruahrung . 292 


Seite 

XV.  Das  Kreisarchiv  zu  NUrnberg  im  neuen  Gebäude.  Vom  1 1  e  r  a  u  s  g  e  b  e  r  298 

XVI.  Literaturbericht. 

1.  Divs  rrkundenwesen  Karl  IV.  und  seiner  Nachfolger  (1340— 1347) 

von  Theodor  Lindner 315 

2.  Urkundenlehre  von  Dr.  Fr  iedrich  Leist 317 

3.  Kphragistische  Aphorismen   von  Dr.  F.  K.  Fürst  zu  Ilohen- 

1  oh  e- Waiden  bürg 318 

4.  Svenska  Sigiller  fran  Medeltiden  von  Hror  Emil  lli Idebrand  319 

5.  Statistica  degli  Arehivi  della  regione  Veneta  von  Cecchetti    .  320 
H.  L' Arehivio  di  stato  in  Venetia  negli  anni  187G — 1880  von  Cecchetti  323 

7.  Steiermärkische  (leschichtsblätter  von  J.  v.  Zahn 323 

8.  Mittheilungen  aus  dem  Stadtarchiv  zu  Köln  von  Dr.  Konstantin 

Höhlbaum 3*J4 

9.  Magazin  des  Moskauer  IIaui>tiirchivs  des  Ministeriums  der  aus-  . 

wärtigen  Angelegenheiten 325 

XVII.  Kleinere  Mittheilungen 320 


I.  Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg. 

Aus  dem  Nachlass  des  Univ.-Prof.  und  Archivkonservators  Dr.  Contzen. 


Die  Geschichte  des  Bisthums  Würzburg  ist,  bei  dem  Mangel 
oder  der  Unzulänglichkeit  anderer  Quellen,  eine  wesentlich  urkund- 
liche Geschichte.  Die  Urkunden  sind  ihre  erste  und  vorzüglichste 
Quelle;  die  Kenntniss  derselben  die  nothwendige  Bedingung  einer 
Erforschung  der  früheren  Zustünde. 

Es  erheben  sich  die  Fragen:  Welche  Urkunden  sind  vor- 
handen und  wo  sind  diese  zu  finden?  Welche  sind  bisher  veröffent- 
licht, in  welchen  Schriften,  —  und  wie  sind  die  veröffentlichten 
wissenschaftlich  verwerthet  worden?  Während  uns  die  letzte  Frage 
auf  die  Spezialliteratur,  führt  uns  die  erste  auf  die  jetzigen  Be- 
wahrungsorte der  Urkunden  und  da  diese  nicht  immer  die  näm- 
lichen waren,  auf  die  Geschichte  derselben. 

Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg  waren  früher  zu  suchen : 

1)  in  dem  Archive  des  Landesherm,  des  Bischofs, 

2)  in  dem  Archive  des  Domcapitels, 

3)  in  den  Archiven  der  Stifter,  Ordenscommenden  und  Klöster, 

4)  in  den  Archiven  der  Städte  und 

5)  in  den  Familienarchiven  des  Adels. 

Während  die  beiden  letztern,  wenn  auch  nicht  ohne  Einfluss 
der  injuria  temporum,  in  ihren  alten  Sitzen  verblieben  sind,  wurden 
die  der  zweiten  und  dritten  Classe  mit  dem  der  ersten  grössten 
Theils  vereinigt  und  diese  früher  selbständigen  nach  Inhalt  und 
Ausdehnung,  Alter  und  Werth  höchst  mannigfaltigen  und  ver- 
schiedenen Archive  bilden  nun  zusammen  das  königliche  Archiv 
zu  Würzburg. 

Was  ausserdem  einst  vorhanden  war,  aber  schon  in  früherer 
Zeit  zerstreuet  in  der  Landeshauptstadt  sich  erhalten  hat,  fand,  ab- 
gesehen von  einzelnen  Stücken,  die  sich  noch  in  Privatliänden 
befinden   mögen,   seine   sichere   Stätte   theils   in    dem  Archive   des 

ArchiVÄlischo  ZeitBchrlft  VII.  1 


2  '  Contzcn : 

bischöflichen  Ordinariats,  theils  in  der  Bibliothek  der  Universität, 
theils  in  den  Sammlungen  des  historischen  Vereins  zu  Würzburg. 
Aber  diese  Lagerorte  erschöpfen  den  Vorrath  nicht;  nocli  auf  andere 
weiset  die  Geschichte  des  einst  so  bedeutenden  geistlichen  Staates. 

Das  Bisthum  Würzburg  war  früher  von  grösserm  Umfange, 
als  was  nun  diesen  Namen  trägt  oder  was  als  Territorium  des 
deutsclien  Reiches  bei  seiner  Säkularisation  zur  Entschädigung  dem 
Hause  Witteisbach  zugetheilt  ward  und  jetzt  den  Haupttheil  des 
unterfränkischen  Kreises  des  Königreichs  Bayern  ausmacht.  Würz- 
burg hat  zweimal  während  seines  länger  als  tausendjährigen  Be- 
standes eine  Gebietsverminderung  erlitten,  einmal  im  Anfange  des 
eilften  Jahrhunderts  durch  Gründung  des  Bisthums  Bamberg,  dann 
im  Anfange  des  sechszehnten  durch  die  Reformation.  Wir  halten 
das  Würzburg  im  Auge,  wie  es  vom  eilften  bis  zum  sechszehnten 
Jahrhundert  bestand,  und  betrachten  seine  einzelnen  Bestandtheile, 
wie  sie  uns  in  den  Formelbüchern  der  bischöflichen  Canzlei  auf- 
geführt sind,  die  sich  aus  dem  vierzehnten  und  fünfzehnten  Jahr- 
hundert erhalten  haben  und  schon  von  Ussermann  im  Episcopatus 
AVirceburgensis  pag.  XXVIII  und  von  Würdtwein  in  den  subsidiis 
diplomaticis  T.  V.  p.  345  veröffentlicht  wurden. 

Nach  der  damals  bestehenden  Archidiakonatseintheilung  des 
Bisthums  liegen  die  altwürzburgischen  Capitel  Crailsheim,  Ingel- 
fingen.  Schwäbisch  -  Hall ,  Weinsberg,  Buchen,  Geissa  und  Coburg 
ausserhalb  der  Grenzen  des  Königreichs  Bayern ;  die  Urkunden  der 
in  diesen  vorhandenen  Stifter  und  Klöster  flössen  in  die  Archive 
zu  Stuttgart,  Karlsruhe,  Oehringen,  Wortheim,  Amorbach,  Moiningen 
und  Weimar.  Die  Capitel  Schlüsselfeld,  Windsheim,  Zenn  und  theil- 
weise  Iphofen  liegen  zwar  innerhalb  des  Königreichs  Bayern,  aber 
ausserhalb  der  Grenzen  des  unterfränkischen  Kreises,  und  die  Ur- 
kuiulen  aus  diesen  Gegenden  befinden  sich  in  den  Archiven  zu 
Nürnberg  und  Bamberg.  Aber  noch  weiter  sind  die  Dokumente 
des  Bistluuns  zerstreuet;  wir  finden  sie  in  Darmstadt,  in  Ludwigs- 
burg (bis  1868  in  Mergentheim),  in  Fulda,  in  Cassel,  in  Magdeburg, 
zu  I^mbach  in  Oesterreich. 

Die  Vollständigkeit  verlangt  die  Beiücksichtigung  dieser  ver- 
schiedenen Bewahrungsorte ;  die  Liberalität  der  betreffenden  Re- 
gierungen und  der  wissenschaftliche  Geist  der  Vorstände  der 
bedeutendsten  genannten  Institute  ermöglichten  uns  deren  Be- 
nützung. 


Die  ITrkunden  des  Bistlmms  AVürzburj?.  3 

Unter  Beachtung  dieser  Verhältnisse  gliedert  sich  die  Unter- 
suchung in  folgender  Weise : 

I.  Das  Archiv   zu  Würzburg,    seine  Geschichte,   sein  Bestand. 

1)  Aelteste  Zeit  bis  zur  hervortretenden  Theilung  in  ein 
bischöfliches  und  ein  domcapitelisches  Archiv. 

2)  Das  bischöfliche  Archiv  und 

3)  die  bischöflichen  Archivare  bis  zur  Säkularisation. 

4)  Die  Ordnung  dieses  Archivs. 

5)  Bestand   desselben. 

6)  Das  Archiv  des  Domcapitels. 

7)  Stifter,  Klöster  und  Ordenscommenden  im  Bisthum  Würz- 
burg bis  zum  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts. 

8)  Bauernkrieg,  Reformation  und  Revolution  in  ihrem  Ein- 
fluss  auf  die  fränkischen  Archive. 

9)  Die  Urkunden  der  Stifter,  Klöster  und  Coramenden  ausser- 
halb des  jetzigen  königlichen  Archivs  in  Würzburg  im 
Allgemeinen. 

10)  Die  Auflösung  der  Klosterarchive  des  säkularisirten  Bis- 
thums  Würzburg  und  ihre  Vereinigung  mit  dem  könig- 
lichen Archive. 

11)  Die  Verluste  zur  Zeit  der  Säkularisation. 

12)  Die  Registi'aturen   des  geistlichen  und  weltlichen  Staates. 

13)  Die  Centralisirung. 

14)  Die  Zugänge  zum  königlichen  Archive,  besonders 

15)  Der  Urkundenfund  von  1860. 

16)  Summe  der  erhaltenen  Originalurkunden  nach  den  einzelnen 
Jahrhunderten. 

17)  Die  Copialbücher  ^ 

a.  des  bischöflichen  Archivs  und 

b.  des  domcapitelischen  Archivs. 

18)  Handschriften  historisch-statistischen  Inhalts  in  dem  Letz- 
teren. 

19)  Die  Amtsbücher  der  domcapitelischen  Officianten. 

20)  Die  alten  Repertorien  und  domcapitelischen  Protokolle. 
Anhang.    Die  Urkundenbücher   des  fürstlichen  Archivs   in 

der  Mitte  des  sechszehnten  Jahrhunderts,  von  Lorenz  Fries. 

IL  Die  Urkunden  aller  einzelnen  Stifter,  Klöster  und  Ordens- 
Commenden  des  Bisthums  in  alphabetischer  Ordnung  und  deren 
bisherige  literarische  Verwerthung. 

1* 


4  Contzen : 

in.  Die  Archive  der  würzburgischen  Städte  und  die  Familien 
archive  des  fränkischen  Adels. 

Anhang.  Die  jüngst  aufgefundenen  Kaiserurlninden,  welche 
bisher  nicht  bekannt  oder  nach  schlechten  Copien  gedruckt  wor- 
den sind.  1) 


L  Das  Archiv  zu  Würzburg. 

1.  Aelteste  Zeit. 

Die  ersten  genauen  Nachrichten  von  dem  würzburgischen 
Stiftsarchiv  stammen  aus  der  ersten  Hälfte  des  sechszehnten  Jahr- 
hunderts. In  fiüherer  Zeit  geschieht  desselben  aber  schon  Erwähnung 
bei  dem  grossen  Brande,  welcher  am  Bonifaciustage  (5.  Juni)  854 
die  damalige  Kathedrale,  das  jetzige  Stift  Neumünster,  zerstörte, 
indem  es  heisst,  dass  bei  diesem  Unglück  auch  Bücher  und  Ur- 
kunden, namentlich  jene,  wodurch  König  Pipin  und  seine  Söhne 
Karl  und  Karlmann  das  neue  Bisthum  mit  Gütern  und  Rechten 
ausgestattet,  zu  Grande  gegangen  seien  (Fries  bei  Lud  ewig 
Geschichtschreiber  S.  419  a);  dann  wurden,  als  die  neuerrichtete 
Salvatorskirche  mit  dem  daran  gebauten  Kloster  im  Jahre  922 
abermals  ein  Raub  der  Flammen  wurde,  wiederum  manche  Urkunden, 
darunter  eine  Schenkung  Kaiser  Ludwigs  des  Frommen,  von  diesem 
Missgeschick  getroffen  (Fries  S.  432  b). 

Die  Urkunden  der  bischöflichen  Kirchen  wie  der  Klöster,  deren 
sorgfältige  Bewachung  schon  Karl  der  Grosse  gesetzlich  anempfohlen 
hatte,  wurden  in  den  ältesten  Zeiten  in  Räumen  neben  den  Kirchen 
aufbewahrt,  wo  auch  die  Gelder,  Kostbarkeiten  und  Heiligthümer 
derselben  niedergelegt  waren.  (Yergl.  darüber  Mabillon,  de  re 
diplom.  p.  7  und  29,  Nouveau  traitö  de  diplom.  I,  97;  Waitz, 
Yerf.  Gesch.  IE,  436;  Sickel,  acta  Karol.  I,  9.)  Ihre  Aufsicht 
bildete  den  Gegenstand  eines  besonderen  Amtes,  womit  ein  Mitglied 
des  Capitels,  der  Thesaurarius  oder  Gustos,  belÄ-aut  wurde.    Dieser 


*)  Anm.  d.  H.  Dieser  Contzen'sche  Aufsatz,  zu  welchem  der  dritte  Theil 
über  Städte-  und  Adels-Urkunden  fehlt,  ist  vor  Juli  18G9  entstanden,  seitdem 
aber  noch  manches  Stück  dem  k.  Kreisarchive  einverleibt.  Einzelnes  AVonige 
wurde  vom  k.  Kreisarchivar  Um.  Dr.  Schäffler  zu  Würzburg  berichtigt. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  5 

genügte  für  die  ersten  Zeiten.  Bei  Mehrung  des  Vorrathes,  be- 
sonders als  die  Schonung  der  Originale  die  Anlegung  von  Copial- 
büchern  nöthig  machte,  übernahmen  jüngere  Kleriker  unter  ihnen 
diese  Arbeiten  als  scribae  oder  scriptores. 

Der  älteste  Verwahrungsort  der  Urkunden  war  sicher  in  der 
Stadt.  Als  in  der  Folge  die  Bischöfe  ihren  Wohnsitz  auf  „unser 
lieben  Frauenberg  ob  Würzburg''  oder  die  Veste  Marienberg  ver- 
legten, wurden  auch  die  Urkunden  dort  in  sicherere  Verwahrung 
gebracht  und  blieben  hier  bis  zum  Jahre  1763,  wenn  auch  nicht 
ununterbrochen.  In  den  Streitigkeiten  des  Bischofs  Johann  von 
Brunn  mit  seinem  Capitel  scheint  er  die  Urkunden  in  seinem  Ge- 
wahrsam behalten  zu  haben.  Nach  dem  Vermittlungsvertrage  vom 
25.  September  1432  soll  er  alle  Briefe,  Privilegien  und  Bullen  des 
Stiftes  auf  dem  Frauenberge  hinterlegen,  nach  dem  s.  g.  Rund- 
vertrage vom  15.  Januar  1435  sollten  dieselben  auf  dem  Schloss 
Zabelstein  am  Steigerwalde,  aufbewahrt  werden,  und  wann  man 
dieselben  vonnöthen  hätte,  von  da  abgeholt  und  benützt,  sodann 
aber  wieder  dahin  zurückgebracht  werden.    (Fries  1.  c.  S.  721  u.  735.) 

Vor  dem  16.  Jahrhundert  war  aber  sclion,  weniger  aus  Ver- 
anlassung der  tief  greifenden  Streitigkeiten  zwischen  dem  Bischof 
und  seinem  Domkapitel,  als  in  Folge  der  Stellung,  die  letzteres 
dem  Landesherrn  gegenüber  allmählig  einzunehmen  wusste,  eine 
Scheidung  des  vorhandenen  Urkundenvorraths  eingetreten,  indem 
ein  Theil  desselben  das  fürstliche  oder  landesherrliche  Archiv,  ein 
anderer  das  des  Domcapitels  bildete. 

2.  Das  bischöfliche  Archiv. 

Während  das  letztere  unter  Aufsicht  des  Gustos^  blieb  jenes, 
das  den  grössern  und  wichtigern  Theil  ausmachte,  unter  der  Ueber- 
wachung  des  Fürstbischofs  und  wurde  von  einem  seiner  ersten 
Beamten  verwaltet.  Dieser  Theil  ist  es  nun,  von  welchem  Lorenz 
Fries,  der  Sekretari  Bischofs  Konrad  von  Thüngen,  der  Geschicht- 
schreiber des  Hochstifts,  in  der  Einleitung  zu  seinem  unschätz- 
baren Liventar  des  Archivs  um  das  Jahr  1545  uns  ausführliche 
Nachricht  gibt.  Sie  verdient  wohl  hier  aufgenommen  zu  werden. 

„In  dem  Haus  unser  lieben  Frauenberg  ob  der  Stadt  Würz- 
burg liegt  ein  starker  Thurm  an  dem  fürstlichen  Gemach  gegen 
Mittag,  den  vor  alten  Jahren  die  Burger  von  Würzburg  in  Kraft 
eines  zwischen   dem   dazumal  regierenden  Fürsten   und  ihnen  er- 


6  Contasen : 

richteten  Vertrags  (vom  24.  März  1308 ;  er  steht  nun  in  den  Monu- 
mentis  boicis  Bd.  38  Seite  405)  von  Grund  aus  erbauen  mussten, 
und  mit  Namen  Kandersacker  geheissen  worden  ist,  ohne  Zweifel 
darum,  weil  er  gegen  den  Flecken  Randersacker  zu  liegt,  in  der 
folgenden  Zeit  aber  nach  einem  Domherrn  Nikiaus  Schoder,  welchen 
Bischof  Johann  von  Brunn  eine  Zeit  lang  darin  gefangen  hielt,  der 
Schoders-Thurm  genannt  wurde.  (Es  ist  der  südöstliche  Eckthurm, 
welcher  jetzt  den  Namen  Sonnenthiirm  führt.)  In  diesem  Thurm 
ist  ein  starkes  Gewölbe  mit  zwei  Fenstern,  darin  stehen  fünf  unter- 
schiedliche Schreine  oder  Behälter  mit  iliren  geordneten  Schubladen, 
in  welchen  des  Stiftes  Würzburg  und  seines  Herzogthums  zu  Franken 
Regalien ,  Freiheiten ,  Kaufbriefe ,  Verträge ,  Quittanzien ,  Ijehen- 
machungs- Register,  Lehenreverse,  Dicnerbestallungen,  Ainigungen, 
Bündnisse,  Huldigungen  der  ünterthanen,  Reverse  über  bewilligte 
Verpfändungen,  Urphcden  und  Anderes,  so  viel  bei  eines  regieren- 
den Fürsten  Händen  erlegt  ist,  aufbewahrt  sind.  Das  Uebrigo  liegt 
bei  dem  Capitel. 

Der  erste  Schrein  steht  zur  linken  Hand,  so  man  in  das  Ge- 
wölbe lünoin  gehet  und  hat  33  Schubladen  in,  neun  Zeilen  und 
wird,  da  am  meisten  des  Stifts  geistliche  und  weltJicho  Privilegien 
oder  Freiheiten  darin  behalten  liegen,  der  Privilegien-  oder  Frei- 
heiten-Schrein genannt.  Doch  blieben  etliche  Laden  übrig,  darin 
andere  Sachen  erhalten  werden. 

Der  andere  Schrein  stehet  fürder  zur  rechten  Hand  mit  dem 
Rucken  gegen  die  Stadt  Würzburg  gekehrt,  ist  gebrochen  und  hat 
27  Laden  in  neun  Zeilen,  uemlich  in  jeder  Zeil  drei  Ijadcn;  in  den 
obern  sieben  Zeilen  liegen  eitel  Quittanzien,  jede  unter  ihrem  Hanpt- 
buchstaben  nach  dem  Alphabet,  davon  dann  der  Schrein  den  Namen 
hat  Quittanzien-Schrein.  In  den  letzteren  zwei  Zeilen  liegen  aber 
andere  Briefe,  wie  dieselben  aussen  auf  den  Laden  verzeichnet 
stehen. 

Der  dritte  Schrein,  Eigenthums-  oder  Proprietatis-Schrein  ge- 
nannt, stehet  hinüber  auf  der  rechten  Seite  mit  seinem  Rücken 
gegen  den  Olesberg  (Nikolausberg)  gewendet,  liat  27  Laden  in  sieben 
Zeilen  getheilet;  die  oberen  Laden  sind  mit  den  Buchstaben  des 
Alphabets  bezeichnet,  darin  liegen  die  Briefe  über  des  Stiftes 
Eigenthimi,  und  in  jeder  Lade  findet  man  einen  Quatern  oder  Bogen, 
der  ebenftills  in  alphabetischer  Ordnung  anzeigt,  was  für  Briefe 
darin  enthalten   sind.    In   den   untern  Laden   liegen   andere  Briefe, 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  7 

wie  die  Ueberschrift  auswendig  solches  deutlich  meldet;  oben  aber 
auf  diesem  Schreine  stehen  zwei  überschriebene  Laden,  darin  liegen 
alte  abgelöste  Schuld-  und  andere  Verschreibungen. 

Hinter  diesem  Schrein  in  der  Ecken  steht  ein  kleiner  Behälter 
mit  fünf  einzelnen  Laden,  darin  liegen  alle  des  Stifts  Würzburg 
Lehenmachungen  und  Lehenroverse  nach  dem  Alphabete,  aus- 
genommen diejenigen,  welche  bei  Zeiten  Bischof  Konrads  von 
Thüngen,  Konrads  von  Bibra  und  Melchiors  von  Zobel,  des  jetzt 
regierenden  Fürsten,  gefallen  sind;  die  .liegen  in  der  andern  Lade 
der  achten  Zeile  des  Quittanzenschreines.  Es  ist  auch  ein  Zettel 
zu  den  genannten  Lehenreversen  gelegt,  darin  diejenigen,  von  denen 
die  Lehenmachung  und  Reverse  herkommen  sind,  mit  ihren  Eigen- 
namen und  Zunamen  nach  dem  Alphabete  verzeichnet  stehen. 

Der  fünfte  und  letzte  Schrein,  Contractum  geheissen,  stehet 
fürder  zur  rechten  Hand,  wenn  man  hinein  in  das  Gewölbe  geht, 
und  hat  28  Laden  in  sieben  Zeilen;  in  den  obern  mit  dem  Alphabet 
bezeichneten  Laden  liegen  eitel  Verträge,  Ainigungon  und  dergleichen 
Briefe  und  in  jeder  Lade  ein  sonderer  Zettel,  worin  dieselben  unter- 
schiedlich verzeichnet  stehen;  nur  in  der  untern  Laden  liegen 
andere  Briefe,  nach  Anzeige  der  auswendigen  Ueberschrift.  Oben 
auf  diesem  Schrein  stehen  drei  besondere  Laden;  in  zweien  liegen 
alte  Urpheden,  in  der  dritten  alte  Aufschreibbriefe  der  Lehen." 

Soweit  Fries,  von  dem  vielleicht  diese  Ordnung  des  stiftischen 
Archives  herrührt.  Von  seiner  Hand  haben  sich  noch  Zeichnimgen 
des  Archivlokales  und  der  einzelnen  Schreine  darin  erhalten  (im 
Besitze  des  Verfassers).  In  dem  Schlossbrande  am  29.  März  1572 
gingen,  wie  es  heisst,  nur  einzelne  Schriften  und  Urkunden  zu 
Grunde,  wie  es  auch  bei  der  Besetzung  der  Stadt  durch  Wilhelm 
von  Grumbach  am  4.  Oktober  1563  der  Fall  war.  Im  Ganzen  blieb 
das  Arcliiv  ohne  Störung.  Nach  zweihundert  Jahren  aber  treffen 
wir  in  einer  andern  erhaltenen  Aufzeichnung  eines  Archivars  eine 
andere  Ordnung.  Diese  rührt  entweder  vom  Bischof  Julius  her,  da 
dessen  Kanzleiwcsen  sehr  geordnet  erscheint,  oder  wurde  in  Folge 
der  Unbilden,  die  das  Archiv  bei  Erstürmung  des  Marienbergs  diircli 
die  Schweden  am  18.  Oktober  des  Jahrs  1G31  erlitt,  auf  Anordnung 
des  Fürstbischofs  Johann  Philipp  von  Schönborn,  des  berühmten 
Kurfürsten  von  Mainz ,  '  getroffen.  Ijetzteres  ist  wahrscheinlicher. 
Das  Archiv  war  von  den  plündernden  Soldaten  geleert,  die  Ur- 
kunden und  Akten  in  den  mit  Blut  bedeckten  Schlosshof  geworfen 


8  Contzen : 

worden,  bis  Gustav  Adolf  selbst  befahl,  alles  aufzuräumen  und  zu 
sammeln;  manche  Urkunden  tragen  noch  jetzt  deutlich  erkennbare 
Blutspuren. 

Die  neue  Einrichtung  ist  derjenigen  gleich,  die  man  in  dem 
kurmainzischen  Archive  findet,  wie  sich  aus  einem  an  den  Fürst- 
bischof Johann  Karl  von  Schönborn  unterm  21.  Juni  1732  ge- 
richteten Berichte  des  Oberregistrators  Joh.  Georg  Bidermann 
über  die  bessere  Einrichtung  des  Archivs  und  der  Eegistraturen 
erkennen  lässt.  Darnach  war  das  ganze  Archiv  in  zwei  Theile  ge- 
ordnet. Der  erste  begriff  die  geistlichen  Sachen,  der  andere  die 
weltlichen.  Jener  hatte  wieder  zwei  Abtheilungen,  erstlich  die  Epis- 
copalia,  Stifter  und  Klöster  im  Allgemeinen,  dann  die  Stifter; 
zweitens  die  Klöster  insbesondere  und  die  milden  Stiftungen,  Alles 
in  alphabetischer  Ordnung.  Der  weltliche  Theil  war  in  vier  Fächer 
unterschieden,  erstens  in  die  rubricas  generales,  wohin  z.  B.  ablös- 
lichc  Kammergefälle,  Ainigungcn  u.  s.  w.  gehörten ;  zweitens  in  die 
rubricas  ad  ladulas  der  benachbarten  Stände,  mit  welchen  das  Hoch- 
stift in  Berührung  kam,  wie  Bamberg,  Brandenburg  u.  a. ;  drittens 
in  die  hochstiftischen  Aemter,  wohin  die  Orte,  deretwegen  etwas 
verhandelt  wurde,  gehörten;  viertens  in  die  Rubrik:  Lehenmachung, 
welche  dasjenige  begriff,  was  dem  Hochstifte  von  Ein-  oder  Aus- 
heimischen zu  Lehen  gemacht  worden  war;  diese  Rubrik  war  Avieder 
in  Laden  nach  den  Buchstaben  der  Orte  geschieden.  Dazu  kamen 
fünftens  einige  Rubriken,  die  nun  nicht  viel  mehr^  zu  bedeuten 
hatten,  nemlich  Urpheden,  Quittanzen  und  nichts  mehr  nutzende 
Sachen  oder  cassata.  üeber  den  geistlichen  Theil  und  die  drei 
ersten  Fächer  des*  weltlichen  war  ein  nach  alphabetischer  und 
chronologischer  Ordnung  verfasstes  Repertorium  zu  jeder  Lade  oder 
Rubrik  vorhanden,  dazu  eine  Bezeichnung,  welche  Laden  mit  ein- 
ander in  Yerbindung  standen;  dann  befand  sich  dazu  in  jeder  Lade 
ein  Special-Repertorium. 

Das  letzte  Dokument,  das  aus  der  Zeit,  wo  das  Archiv  auf 
dem  Marienberg  war,  sich  erhalten  hat,  ist  eine  Instruktion  der 
fiLrstbischöflichen  Regierung  für  den  Gehülfeu  des  gebrechlich  ge- 
wordenen Archivars  J.  G.  Bidermann  vom  12.  August  1750. 
Dieser  Christoph  Eberhard  Armknecht  war  am  15.  Juni 
1750  zum  Hofrath  mit  Uebertragung '  des  Archivariats  und  des 
Oberregistraturamts  ernannt  worden  und  sollte  einstweilen  vor  allem 
in  der  obern  Registratur  beschäftigt  sein. 
/ 


Die  Urkunden  de»  Bisthums  Würzburg.  9 

Der  siebenjährige  Krieg  gab  endlich  die  Yeranlassung,  den 
bisherigen  Lagerort  der  Archivalien  zu  verlassen.  Die  Einfälle  der 
Preusson  in  Franken  —  die  Truppen  des  preussischen  Generalmajors 
Friedrich  Wilhelm  von  Kleist  erschienen  sogar  im  November  1762 
vor  den  Thoren  der  Stadt  Würzburg  —  Hessen  für  die  Sicherheit 
des  fürstlichen  Archives  auf  dem  Marienberge  furchten.  Es  wurde, 
um  bei  drohender  Gefahr  sogleich  geflüchtet  werden  zu  können, 
eingepackt  und  zwar  schon  1758  vom  4.  bis  6.  Juni;  es  blieb  ge- 
packt bis  zum  Frieden  1763.  Als  es  nun  wieder  zum  Einrichten 
und  Ordnen  kommen  sollte,  zeigte  sich,  dass  die  Schränke  halb 
vermodert  und  manche  Rubriken  so  überfüllt  waren,  dass  kein 
Raum  zum  Einordnen  mehr  übrig  blieb.  Deshalb  griff  man  den 
Plan  des  oben  genannten  Fürstbischofs  Friedrich  Karl  von  Schön- 
born, das  Archiv  in  das  von  ihm  erbaute  Residenzschloss  in  der 
Stadt  zu  verlegen,  wieder  auf,  und  unter  der  Leitung  des  fürstlichen 
Architekten,  des  Hauptmanns  Johann  Michael  Fischer,  wurden 
die  nöthigen  Einrichtungen  in  dem  dem  Rennweger  Thor  gegenüber- 
liegenden Entresolge wölbe  getroffen,  dem  Archivar  Hofrath  Arm- 
knecht, welcher  dem  thätigen  Bidermann  1752  gefolgt  war,  in  der 
Person  des  F.  L  Sauerer  ein  Gehülfe  beigegeben,  und  die  Trans- 
ferirung  1764  zu  Stande  gebracht. 

Sauerer  hatte  den  Auftrag,  die  eingepackten  Archivalien  zu 
ordnen  und  das  noch  immer  fehlende  Lehen-Repertorium  zu  fertigen. 
Letzteres  brachte  er  aber  nicht  zu  Stande;  es  ist  überhaupt  nicht 
vorhanden,  und  was  die  Ordnung  betrifft,  so  stand  diesem  Geschäfte 
die  grosse  Aengstlichkeit  des  Fürstbischofs  Franz  Ludwig  von  Erthal, 
welcher  den  Schlüssel  zum  Archive  in  seinem  Cabinette  aufbewahrte 
und  nur  zögernd  auf  jedesmalige  Eingabe  des  Archivars  diesenj 
aushändigte,  vielfach  hindernd  im  Wege.  Als  Stumpf,  der  letzte 
bischöfliche  und  erste  bayerische  Archivar,  das  Archiv  übernahm, 
traf  er  es  noch  in  grösster  Unordnung.  „Ich  fand  dasselbe  als  einen 
Schutthaufen  und  verliess  es  geordnet,"  schrieb  er  1806  zu  seiner 
Rechtfertigung  an  die  grossherzogliche  Regierung  zu  Würzburg. 

3.   Die  bischöflichen  Archivare. 

Hier  dürfte  es  von  Interesse  sein,  die  Persönlichkeiten,  die 
dem  Archive  vorstanden,  der  Reihe  nach  kennen  zu  lernen.  Das 
Archiv  stand  in  frühester  Zeit  unter  der  Aufsicht  des  Sekretärs  des 
Fürsten;    als  Belohnung    dafür   hatte  er  zu  Lehen  ein  kleines  Gut 


10  CoDtzen: 

ZU  Dippach  bei  Püsselsheim  oder  vielmehr  den  halben  Ertrag  des- 
selben. Einer  der  Besitzer,  Schetzler  von  Sulzfeld,  der  Gehilfe  und 
Nachfolger  des  Tx)renz  Fries,  hat  aus  den  Ijehenbüchern  die  be- 
treffenden Stellen  hierüber  zusammengetragen,  seine  Nachfolger 
haben  sie  fortgesetzt  und  so  lernen  wir  aus  diesem  (jetzt  im 
Archiv  befindlichen)  pergamentnen  Codex  die  folgende  Keihe  der 
Archivare  näher  kennen.  Der  erste,  der  uns  begegnet,  ist  Stephan 
Wirsing,  von  1457  bis  1468  Sekretari  unter  Bischof  Johann  von 
Grumbach  und  Rudolf  von  Scheerenberg.  Ihm  folgte  von  14Q3 
bis  1476  Conrad  Münch  von  Alitzheim;  er  hatte  zwei  Kinder: 
Kilian  und  Colonat  Münch.  Seine  Wittwe  Katharina  heirathete  den 
„hochgelelurten  Maister"  Doctor  ConradWeigant,  den  Nachfolger 
im  Amt  xmd  Besitzer  des  Gütleins  von  1476  bis  1504.  Nach  seinem 
Tode  bekommt  beides  sein  Stiefsohn  Doctor  Kilian  Münch,  Canzler 
unter  Lorenz  von  Bibra  und  Konrad  vonThüngeu.  Nachdem  er  1524 
gestorben,  kam  Amt  und  Gut  an  den  berühmten  Lorenz  Fries  von 
Mergentheim,  auf  dessen  Leben  und  Verdienste  ich  später  zurückkomme. 
Nach  seinem  im  J.  1550  erfolgten  Tode  folgte  1552  ihm  Johann 
Schetzler  von  Sulzfeld,  „Lehenschreiber  und  Bottenmaister",  dessen 
schöner  Hand  wir  manches  archivalische  und  historische  Denkmal  ver- 
danken. Er  bekam  das  Gütchen  zu  Dippach,  der  Steinhof  genannt,  zu 
echtem  Mannlehen  geliehen  und  kaufte  1560  auch  den  andern  Theil 
desselben  von  der  Familie  der  Herrn  von  Forstmeister,  die  ihn  seit 
dem  Jahre  1474  besassen  und  von  der  Familie  von  der  Kere  er- 
worben hatten,  bei  der  er  spit  dem  Jahre  1408  vorkommt.  Bischof 
Friedrich  von  Wirsberg,  in  Berücksichtigung  der  langwierigen  nütz- 
lichen und  getreuen  Dienste,  die  Joh.  Schetzler  dreien  seiner  Vor- 
führen und  ihm  geleistet,  that  ihm  1568  die  besondere  Gnade  an, 
obwohl  es  gegen  des  Stiftes  Gebrauch  war,  das  genannte  Lehen  in 
ein  Erblehen  zu  verwandeln,  worin  ihm  seine  Tochter  Maria  und 
nach  deren  Tode  seine  Wittwe  Amaleia,  geborne  von  Burdian, 
folgen  sollte.  Johann  Schetzler  starb  in  den  siebenziger  Jahren, 
seine  Tochter  1579,  und  seine  Wittwe  vermählte  sich  wieder  mit 
Hieronymus  von  Birckach,  dem  sie  das  Gut  zubrachte.  Dieser  ver- 
kaufte es  1580  an  Kilian  Mark,  des  Bischofs  Julius  Lehenschreiber, 
dem  dieser  1587  die  Belehnung  ortheilte.  So  kam  das  kleine  Gut 
wieder  in  Verbindung  mit  dem  Archiv.  Mark  vererbte  es  1595  auf 
seine  Wittwe  Susanna,  die  es  ihrem  Sohne  erster  Ehe  überliess, 
Johann  Georg  Fick,  welcher  zugleich  sein  Nachfolger  im  Amte 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  H 

wurde  und  dem  es  Bisehof  Julius  1598  nach  dem  Tode  der  Susanna 
zu  rechtem  Erblehen  verlieh.  J.  G.  Fick  starb  1 G05 ;  seine  Wittwe 
Barbara,  die  es  erbte,  brachte  es  1607  ihrem  zweiten  Manne  zu, 
Johann  Med  er,  artium  et  philosophiae  magister  und  Nachfolger 
im  Amte,  dem  auch  Bischof  Julius  in  demselben  Jahre  die  Be- 
lehnung ertheilte,  wie  dasselbe  am-  9.  Mai  1G36  seinem  Sohne 
gleichen  Vornamens  und  damaligem  Hofschultheisscn  von  Seite  des 
Bischofs  Franz  von  Hatzfeld  geschah.  Damit  endigen  die  Nach- 
richten über  den  Steinhof  zu  Dippach  und  seine  Besitzer,  die  seinen 
Ertrag  als  Belohnung  für  ihre  Dienste  im  Archive  zweihundert  Jahre 
lang  genossen  haben. 

Mit  dem  Druck  der  Hof-  und  Staatskalender,  der  im  J.  1747 
begann,  lernt  man  die  Reihenfolge  der  Archivaro  erst  amtlich  kennen. 
In  diesem  Jahre  erscheint  der  schon  oben  genante  Johann  Georg 
Bidermann  als  Archivar  und  Oberregistrator.  Ihm  folgte  im 
J.  1752  Christoph  Eberhard  Armknecht,  der  an  Franz 
Ludwig  Sauerer  einen  Gehülfen  bekam,  mit  dem  er  die  Trans- 
ferirung  des  Arclüvs  von  der  Festung  Marienberg  in  das  bischöf- 
liche Schloss  oder  die  Residenz  1764  vornahm,  bis  1769.  Mit  dem 
I.Juni  dieses  Jahres  folgte  ihm  Johann  Joseph  Timler.  Dieser 
erhielt  am  6.  Mai  1773  bis  zu  seinem  Tode  1779  einen  Geliülfen 
an  dem  Hofkammer-Protokollisten  Johann  Octavian  Salver, 
Sohn  des  fürstlichen  Kupferstechers  Johann  Salver,  geboren  1732, 
ausgezeichnet  durch  seine  Kenntnisse  im  Lehenwesen  und  Verfasser 
des  berühmten  Werkes:  Proben  des  hohen  teutschen  Reichs- Adels. 
1775.  fol.  und  anderer  nicht  gedruckten  floissigen  Arbeiten;  er 
starb  den  23.  April  1788.  (Vergl.  biographische  Nachricliten  über 
ihn  von  Scharold  im  Archiv  des  histor.  Vereins  Bd.  IV  Heft  3  S.  141.) 
Nach  Timlers  Tode  wurde  Dr.  Justus  Valentin  Philippi  am 
9.  Oktober  1780  zum  wirklichen  Archivar  mit  Beförderung  zum 
Hofrath  ernannt  und  verwaltete  dieses  Amt  bis  zu  seinem  Tode  am 
Schlüsse  des  Jahres  1798.  Der  letzte  fürstbischöfliche  Archivar  war 
Andreas  Sebastian  Stumpf,  geb.  11.  Juli  1772  zu  Sosslach, 
gebildet  zuStrassburg,  1794  Gehülfe,  1795  Kanzlist  an  der  Universitäts- 
Bibliothek,  am  22.  Januar  1799  fürstlicher  Archivar,  1800  fürstlicher 
Hof-  uu4  Regierungsrath,  im  Jalir  1802,  als  Würzburg  mit  Bayern  ver- 
einigt wurde,  als  Archivar  bestätigt,  1 804  zum  Professor  der  Diplomatik 
und  vaterländischen  Geschichte  an  der  Universität  und  1806  zum 
Landesdirectionsrath  in  Bamberg,  1808  zum  Legations-  und  Ministerial- 


12  Contzen: 

rath  in  München,  1815  zum  Staatsarchivar  und  1817  zum  zweiten 
Direktor  der  k.  Regierung  zu  Würzburg  ernannt  —  starb  hier  am 
20.  April  1820.  (Vergl.  die  Biographie  von  seinem  Sohne  Pleikard  St., 
dem  verstorbenen  ständischen  Archivar,  im  Archiv  des  bist.  Vereins 
Bd.  XII  Heft  2  u.  3  S.  298  ff.)  Seit  L.  Fries  hat  kein  Archivar  das 
Archiv,  dem  er  seine  Kräfte  sieben  Jahre  widmete,  thätiger  benutzt, 
als  Stumpf.  Die  Prüfung  der  Bemerkungen  des  Herrn  von  Schuttes 
über  den  successiven  Länderzuwachs  des  Hochstifts  Würzburg  1799, 
die  diplomatische  Geschichte  der  Liga  1800,  die  Denkwürdigkeiten 
der  teutschen,  besonders  fränkischen  Geschichte,  drei  Hefte  1801  und 
1802,  das  historische  Archiv  für  Franken  1803,  2  Hefte,  Recht  und 
Herkommen  des  würzburgischen  Lehenhofes,  die  Ritterdienste  der 
Vasallen  betreffend  1803,  die  Ritterschaft  in  Buchen  1803,  die  Bei- 
träge zur  Geschichte  des  Landsberger  Bundes  im  sechszehnten  Jahr- 
hundert 1804,  die  Darstellung  des  bayerischen  Wiederlösungsrechtes 
der  vormals  würzburgischen  Aemter  Rothenfels,  Lauda,  Jagstberg 
und  Krautheim  1804,  die  Geschichte  der  Landstände  des  Gross- 
herzogthums  Würzburg  1808,  —  alle  diese  grösseren  und  kleineren 
dem  Druck  übergebenen  Schriften  wurden  im  Archive  und  aus 
Archivalien  gearbeitet.  Dazu  kam  eine  zweijährige  Abwesenheit; 
denn  am  9.  März  1799  erhielt  er  den  Auftrag,  das  hochstiftische 
Archiv  und  andere  wichtige  Papiere  nach  Erfurt  zu  schaffen,  —  die 
Kosten  beliefen  sich  auf  1872  fl.,  —  und  am  26.  April  1801,  mit 
demselben  wieder  nach  Würzburg  zurückzukehren ;  dazu  kam  ferner 
die  neue  Ordnung  des  Archivs ,  noch  vor  Uebergang  desselben  an 
Bayern. 

4.   Die  Ordnung   des  Archivs. 

Stumpf  theilte  den  ganzen  Urkunden- Vorrath  in  acht  (sehr 
ungleiche)  Theile  in  folgender  Ordnung: 

1)  Urkunden  über  des  Fürstenthums  Privilegien  und  Regalien, 

2)  Verträge    über    des   Landes    rechtliche   Verhältnisse    mit 
auswärtigen  Reichen, 

3)  Urkunden    über    des  Fürstenthums    reichsständische  Ver- 
hältnisse, 

4)  Urkunden   über  des  Fürstenthums  rechtliche  Verhältnisse 
-  mit  den  benachbarten  Reichsständen,  Churfürsten,  Fürsten, 

Grafen,  Herren  und  Städten  (es  sind  ihrer  24), 

5)  Urkunden  in  Rücksicht  der  Innern  Staatsverhältnissc 


Die  Urkunden  des  Bisthnms  Würzhurjr-  13 

a.  mit  dem  Domcapitel, 

a.  Wahlcapitulationen, 
ß,  besondere  Verträge, 

b.  mit  dem  Klerus,  der  Ritterschaft    und  den  Städten 
des  Landes  in  Hinsicht  des  Steuerwesens, 

c.  Recesse  mit  den   geistlichen  und  weltlichen  Land- 
ständen, 

6)  Urkunden  der  Stifter,  Stiftungen  und  Klöster,  derselben 
Rechte,  Güter  und  Verbindlichkeiten  betreffend.  (Es  sind 
52  Rubriken), 

7)  die  allgemeine  Landes-  und  Regentengeschichte  betreffende 
Urkunden, 

8)  Urkunden  der  einzelnen  Ortschaften. 

Stumpf  brachte  nach  dieser  Eintheilung  der  Urkunden  den 
ersten  Band  des  Repertoriums,  der  die  ersten  sieben  Nummern  um- 
fasst,  zu  Stande ;  sein  tüchtiger  Nachfolger,  Ignaz  Seidner,  früher 
Kloster  Ebrachischer  Kanzleidirector,  vollendete  die  Arbeit  während 
seiner  Verwaltung  von  1806  bis  1829,  wo  er  im  75.  Lebensjalire 
am  22.  April  an  Entkräftung  starb,  sein  grosses  Vermögen  dem 
Juliusspitale  und  dem  Waisenhause  vermachend. 

5.  Bestand   des  fürstbischöflichen  Archivos. 

Beide  Männer  hatten  die  grosse  Veränderung,  welche  die 
Säkularisation  über  das  Hochstift  herauiführte,  im  Archivwesen  zu 
durchleben;  sie  hatten  die  Aufgabe,  aus  den  verschiedenen  Archiven 
des  Bisthums  ein  einziges  fränkisches  Landes-  oder  bayerisches  Kreis- 
Archiv  zu  schaffen. 

Nach  dem  Verkaufe  der  Klostergtiter  wurden  ungeheure  Massen 
von  Urkunden  und  Akten  nach  Würzburg  gefahren;  die  Räume 
des  Archivs  konnten  sie  nicht  aufnehmen;  sie  mussten  für's  erste 
anderswo  untergebracht  werden.  Es  war  dies  aber  nicht  die  erste 
Vermehrung,  die  das  Archiv  erhielt;  diese  wurde  durch  die  Re- 
formation herbeigeführt.  Von  folgenden  Stiftern,  Abteien  und  Klöstern, 
Avelche  im  sechszehnten  Jahrhundert  ihre  Auflösung  erhielten,  kamen 
die  Urkunden  an  das  fürstliche  Archiv: 

1)  die  Benedictiner-Abtei  Aura  an  der  Saale, 

2)  die  Augustiner -Probstei  Birklingcn,  deren  Urkunden 
später  an  Ansbach  ausgehändigt  worden  sind  und  sich  jetzt 
in  Nürnberg  befinden; 


14  Contzen: 

I 

3)  die  Carmolitenklöster  zu  Schweinfurt  und  auf  der 
Vogelsburg, 

4)  das  Priorat   zum    h.   Udalrich   zu  Würzburg,   Bene- 
dictinerordens, 

5)  die  Frauenabteien:  Frauenroth,  Benedictinerordens, 

6)  Hausen,  Prämonstratenser, 

7)  Heiligenthal,  Cisterzienser, 

8)  St.  Johann  bei  Wildborg,  desgleichen, 

9)  zu  Kitz  in  gen,  Benedictiner, 

10)  Marienburghausen,  Cisterzienser, 

11)  Maidbrunn,  desgleichen, 

12)  Paradies  zu  Heidingsfold,  Benedictiner, 

13)  Schönau,  Cisterzienser, 

14)  Wechterswinkel,  desgleichen, 

15)  das  Kloster   zu  St.  Agnes,    Ciarissenordens    zu  Würz- 
burg, in  der  Folge  das  Jesuiten collegi um,  und 

16)  das  Priorat   der   büssenden  Frauen  zu  S.  Magdalena  (der 
Reuerinnen),  auch  in  Würzburg. 

In  dem  landesherrlichen  Archive  haben  sich  die  Urkunden 
dieser  Stiftungen  am  besten  erhalten.  Zuweilen  wurden  auch  bei 
herannahender  Kriegsgefahr  die  Urkunden  nach  Würzburg  geflüchtet, 
so  die  des  Klosters  Theres  im  markgräflichen  Kriege,  wobei  die 
Folge  war,  dass  der  Landesherr  die  Originale  im  Archive  behalten 
und  dem  Kloster  dafür  beglaubigte  Copien  zurückgeben  liess.  Doch 
änderten  diese  kleinen  Zuflüsse  den  Charakter  des  Archivs  nicht. 
Dieses  war  ursprünglich  ein  bloss  bischöfliches;  es  umfasste  jene 
Documente,  welche  auf  die  landeshoheitlichen  und  oberlehenherrlichen 
Gerechtsame  des  geistliclien  Staates  und  dessen  unmittelbare  Be- 
sitzungen, sowie  auf  den  persönlichen  Haus-  und  Besitzstand  des 
Bischofs  als  Landesregenten  Bezug  hatten.  Es  umfasste  am  Schlüsse 
seiner  selbständigen  Verwaltung  9430  Urkunden,  davon  8  aus  dem 
eilften,  70  aus  dem  zwölften,  368  aus  dem  dreizehnten,  1575  aus 
dem  vierzehnten,  2428  aus  dem  fünfzehnten  und  die  übrigen  4981 
aus  dem  sechszehnten  bis  achtzehnten  Jahrhundert,  und  9144  Lehen- 
briefo  und  Reverse,  davon  91  aus  dem  vierzehnten,  619  aus  dem 
fünfzehnten  und  die  übrigen  8434  aus  dem  sechszehnten  bis  acht- 
zehnten Jahrhundert. 


Die  iTkundcn  des  Bisthunis  Würzburg.  15 

6.    Das  Archiv   des   Domcapitels. 

Getrennt  hievon  und  in  eigener  Verwaltung  und  eifersüchtig 
bewacht  war  das  Archiv  des  Domcapitels,  das  bei  der  Säkulari- 
sation des  Hochstifts  zunächst  mit  dem  landesherrlichen  Archive 
vereinigt  werden  sollte.  Es  war  in  seinen  einzelnen  Laden  nach 
den  Beziehungen  des  Capitels  zum  Bischof,  unter  sich  und  zum 
Klerus,  dann  zum  Lande  im  Allgemeinen  und  zu  den  einzelnen 
alphabetisch  sich  folgenden  Ortschaften  abgetheilt  und  hatte  seine 
eigenen  Registratoren  oder  Archivare,  deren  Namen  man  vom  Jahre 
1747  an  kennt.  Der  letzte  war  der  gelehrte  J.  A.  Oegg,  der  Ver- 
fasser der  Korographie  von  Würzburg.  Würzb.  180L  1.  Band  (der 
zweite  handschriftliche  im  histor.  Vereine).  Das  Archiv  befand  sich 
oberhalb  des  im  fünfzehnten  Jahrhundert  erbauten  Kreuzganges  und 
wurde  später  mit  der  Registratur  neben  dem  Capitelsaal  verbunden. 
Es  ward  im  Jahre  1803,  und  zwar,  wie  es  bei  fast  allen  Kloster- 
archiven auch  der  Fall  war,  ohne  Repertorium  und  Inventar,  an 
das  damals  kurfürstlich  bayerische,  früher  bischöfliche  oder  landes- 
herrliehe Archiv  abgeliefert  und  von  dem  geheimen  Archivar  J.  J. 
Seidner  entsprechend  dem  Plane  des  fürstlichen  Hauptarchivs  in 
den  Jahren  1807 — 8  geordnet  nach  folgenden  Rubriken: 

1)  Privilegien  über  den  Erwerb  und  die  Regalien  des  Hoch- 
stifts. Hier  tritt  uns  sofort  eine  stattliche  Reihe  kostbarer 
Kaiserurkunden  entgegen !  Voraus  geht  eine  Urkunde  über 
die  durch  den  Grafen  Wamharius  geschehene  Stiftung  des 
Klosters  Gamundias  (Saargemünden)  in  Lothringen,  actum 
Gamundias  regnante  sub  Carole  majore  in  domo  Theuderico 
Rege  anno  XX  pridie  Kalendas  Augustas  (um  73p);  dann 
beginnen  die  Karolinger  Urkunden  mit  denen  Karls  des 
Grossen  vom  7.  August  807  und  1.  Dezember  811,  Ludwigs 
des  Frommen  vom  20.  Januar  820  und  20.  Dezember  823. 
Aus  dem  neunten  Jahrhundert  sind  15  Stück  vorhanden, 
aus  dem  zehnten  25,  aus  dem  eilften  27,  aus  dem  zwölften  11, 
aus  dem  dreizehnten  14,  im  Ganzen  99  Kaiserurkunden, 
von  denen  im  30.  und  31.  Bande  der  Monumenta  Boica 
die  bis  zur  Mitte  des  dreizehnten  Jahrhunderts  reichenden 
abgedruckt  sind. 

2)  Urkunden  der  Stifter  oder  CoUegiatkirchen  und  sämmt- 
licher  Abteien  in  67  Abtheilungen. 


16  Contzen: 

3)  Stiftungsbriefe  und  sonstige  Urkunden  über  die  Vikarien 
im  Dome.  Der  Vikarien  waren  53,  der  Urkunden  sind  452. 

4)  Des  Domstifts  Rechte,  Ministerialen,  Hörige  oder  Eigen- 
leute, ciiriae  claustrales,  GefäUe  und  Güter  zu  Würzburg. 
Diese  341  Urkunden,  davon  die  zwei  ältesten  aus  dem 
eilften  Jahrhundert,  sind  natürlich  für  die  Gescliichte  des 
Stiftes  von  der  grössten  Wichtigkeit 

5)  Präbendäl- Akten  mit  den  Stammbäumen  und  Ahnenproben 
der  mit  den  Präbenden  begabten  Domicellaren  an  dem 
Domstift,  nebst  den  zwei  Bänden  des  Repertoriums  dar- 
über. Der  erste  gemalte  Stammbaum,  aus  dem  Jahre  1669, 
gehört  dem  Grafen  Philipp  Eberhard  von  Löwen  stein- 
Wertheim  an;  er  hat  31  Ahnen.  In  der  Folge  wechseln 
diese  Stammbäume  theils  mit  9,  theils  mit  15  Ahnen,  bis 
vom  Jahre  1680  an  jederzeit  15  Ahnen  auf  denselben  ge- 
liefert werden.  Diese  Akten  wurden  zur  Ergänzung  des 
anzulegenden  Adelsarchivs  am  22.  Dezember  1817  an  das 
k.  Reichsarchiv  zu  München  eingesendet 

6)  Des  Domstifts  Anniversarien,  Stiftungen  und  Merkwürdig- 
keiten. Von  den  erhaltenen  60  Urkunden  ist  die  älteste 
aus  dem  Jahre  1180. 

7)  Urkunden  über  das  Dietrichsspital,  welches  dem  Dom- 
capitel  angehörte.  Die  ältesten  der  103  Urkunden  sind 
von  1140,  1184,  1203  und  1218.  (Jener  Zeit  mag  auch 
der  Steinsarg  angehören,  der  in  der  Behausung  dieses 
ehemaligen  grossen  Spitals  vor  einigen  Jahren  ausge- 
graben wurde,  er  ist  vielleicht  der  des  Stifters,  und  sich 
jetzt  im  histor.  Vereine  befindet)  Das  jüngste  Dokument 
ist  von  1715. 

8)  Allgemeine  Landes-  und  Regentengeschichte  betreffende 
Urkunden,  im  Ganzen  189,  natürlich  von  grosser  Wichtig- 
keit In  der  ältesten  von  1131  gibt  Bischof  Embricho  die 
Bestätigung  einer  durch  das  Ordal  des  glühenden  Eisens 
bewiesenen  Aussage  seines  Ministerialen  Konrad  von  Witige- 
husen;  die  zweite  ist  eine  Confirmationsurkunde  König 
Philipps  vom  9.  März  1205;  in  der  dritten  bestätigt  Erz- 
bischof Siegfried  von  Mainz  die  Wahl  Otto's  von  Lobdeburg 
zum  Bischof  1207,  und  trägt  in  einer  andern  von  1230  als 
Schiedsrichter   dem    Bischöfe    von    Bamberg    auf,    wegen 


Die  Urkunden  dos  Bisthiims  Würzbur«:.  17 

zugefügter  Beschädigungen  dem  Bischöfe  von  Würzburg 
1 000  Mark  Silbers  zu  reichen.  In  der  Keihe  der  folgenden 
bestätigt.  Biscliof  Otto  die  alte  Gewohnheit  wegen  der  Steuer- 
und  Bedefreiheit  eines  Werkmeisters  der  Domkirche,  und 
sein  Nachfolger  Hermann,  einer  der  bedeutendsten  Re- 
genten des  Landes,  lässt  für  diese  baufällig  gewordene 
Domkirche  Beiträge  sammeln  1237  und  1240.  Der  in  der 
Nähe  Würzburgs  gewählte  König  Heinrich  Raspe  gibt  ihm 
ein  Privilegium  in  Beti'eff  der  Juden  (actum  in  Zulingis- 
heim  in  castris)  am  5.  Februar  1246.  Das  Domcapitel  und 
die  Bürgerschaft  zu  Würzburg  verbinden  sich  gemein- 
schaftlich durch  Handschrift  gegen  den  Bischof  und  alle, 
die  ihre  beiderseitigen  Rechte  kränken  würden  1272.  Die 
Geistlichkeit  der  Stadt  und  des  ganzen  Landes  wendet  sich 
an  den  römischen  Stuhl  gegen  das  Sammeln  des  geist- 
lichen Zehntens  für  das  gelobte  Land,  da  der  Zug  dahin 
doch  nicht  zu  Stande  kommen  würde  1277.  Bischof 
Mangold  vergleicht  sich  mit  dem  Sammler  der  Beiträge 
zum  Kreuzzuge  auf  eine  in  Zielfristen  zu  zahlende  Summe 
von  1800  Pfund  Häller  1302.  Noch  einige  Verhandlungen 
in  dieser  Sache,  bis  B.  Andreas  durch  seinen  Abgeord- 
neten eine  energische  Vorstellung  an  den  römischen  Stuhl 
richtet  12.  September  1310,  und  die  Mainzer,  Würzburger, 
Fuldaer  und  Hersfelder  Kirchen  sich  gegen  die  päpstjichen 
Steuern  verbinden  1313.  Papst  Johannes  XXII.  befiehlt  dem 
Prior  des  Dominikanerklosters  zu  Würzburg  durch  seinen 
Nuntius,  den  Bischof  und  das  Capitel  zu  W.  von  allen 
Censuren  wegen  nicht  gezahlter  Steuern  zum  Kreuzzug  los- 
zusprechen, 3.  Juni  1318.  Auch  die  folgenden  Urkunden  von 
denen  L.  Fries  in  seiner  Chronik  melirere  mittheilte,  sind 
für  die  Geschichte  des  Hochstifts  von  grösster  Bedeutung. 
Die  Letzte  vom  23.  Februar  1795  ist  die  Antwort  Kaiser 
Franz  H.  auf  die  Notifikation  des  Hintritts  des  Fürst- 
bischofs Franz  Ludwigs  von  Erthal,  beachtenswerthen  Inhalts 
zum  Ruhme  des  Verstorbenen.  Ich  habe  sie  mitgetheilt  in 
der  trefflichen  Abhandlung  von  Kittel,  Geschichte  der  frei- 
herrlichen Familie  von  und  zu  Erthal  im  Archiv  des  histor. 
Vereins  von  Unterfranken,  Bd.  XVII,  2.  Heft  (1865)  S.  227. 
9)  Urkunden   über    die    Städte,   Dörfer,   Höfe,    Waldungen, 

ArchivaUsche  Zeltschrift  VII.  2 


1 8  Contzen : 

Gedungen  des  Hochstifts   und   des  Domcapitels,    1383  an 
der  Zahl,  die  ältesten  von  1057  und  1096. 

10)  Urkunden,  die  Stadt  Würzburg  betreffend,  im  Ganzen  52, 
davon  4  aus  dem  dreizehnten  Jahrhundert. 

11)  Statuten  des  Domstifts.  Es  sind  ihrer  im  Ganzen  188, 
beginnen  mit  dem  29.  April  1244  und  schliessen  mit  dem 
21.  Juli  1797,  für  die  innere  Stiftsgeschichte  von  grosser 
Wichtigkeit.     Den  Schluss  bilden 

12)  jene  Urkunden,  welche  die  primae  preces  der  Kaiser, 
Könige  und  Bischöfe  betreffen.  Die  älteste  ist  vom  Jahre 
1351,  die  jüngste  vom  Jahre  1793  von  dem  Kaiser  Franz  IL 
für  den  Grafen  Max  von  Elz.  Das  Stift  Hang  widersetzte 
sich  übrigens  in  einem  Notariatsinstrumente,  als  Kaiser 
Karl  V.  im  Jahre  1533  von  diesem  Rechte  Gebrauch  machen 
wollte. 

Das  im  Jahre  1803  an  die  kurfürstlich  bayerische  Landes- 
Diroction  übergebene  Archiv  des  Domcapitels  umfasste,  wenn  ich 
richtig  gezählt  habe,  3195  Urkunden,  davon  eine  aus  dem  achten, 
15  aus  dem  neunten,  25  aus  dem  zehnten,  32  aus  dem  eilften, 
99  aus  dem  zwölften,  306  aus  dem  dreizehnten,  904  aus  dem  vier- 
zehnten, 1087  aus  dem  fünfzehnten  und  726  vom  sechzehnten  bis 
zum  Schlüsse  des  achtzehnten  Jahrhunderts.  Doch  war  es  nicht 
das  ganze  Archiv  des  Domcapitels ,  was  übergeben  wurde ;  man 
barg  einen  nicht  unbedeutenden  Theil  desselben,  in  der  Hoffnung  der 
Rückkehr  der  alten  Verhältnisse.    Ich  entdeckte  ihn  im  Jahr  1860. 

7.  Stifter,  Klöster  und  Commenden   im  Bisthum  Würz- 
burg bis  zum  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts. 

Vor  dem  üebergange  zu  der  grossen  Anzahl  von  Urkunden 
der  einzelnen  Stifter,  Klöster  und  Ordens  -  Commenden  scheint  es 
geboten,  eine  Uebersicht  derselben  bis  zum  Ende  des  fünfzehnten 
Jahrhunderts  zur  Orientirung  vorauszusenden. 

Das  Bisthum  Würzburg  war  im  Verhältniss  zu  seinem  Um- 
fange nicht  arm  an  diesen  Instituten  des  religiösen  und  wissen- 
schaftlichen Lebens  jener  Zeiten;  das  Klosterleben  in  fast  allen 
seinen  mannichf altigen  Formen  findet  sich  hier  vertreten ;  doch 
führen  Avir  nur  diejenigen  Sitze  desselben  auf,  die  ihr  Dasein  in 
Urkunden  erhalten  haben,  die  übrigen  nennt  die  Geschichte  des 
Hochstifts. 


Die  Urkumlen  des  Bisthums  Würzburg.  19 

Der  Zeit  und  Bedeutung  nach  stehen  die  Bcnedictiner  voran, 
die  der  Gründer  des  Bisthums  einführte,  denen  die  ersten  Vor- 
stände desselben  angehörten.  Schon  in  der  ersten  Hälfte  des  achten 
Jahrhunderts  finden  wir  in  der  Stadt  Würzburg  am  Fusse  des 
Marienberges  vom  ersten  Bischof  Burkhard  gegründet  das  St.  Andreas- 
kloster, seit  984  das  St.  Burkhardskloster  genannt,  mit  berühmter 
Schule,  dem  Ausgangspunkt  der  s.  g.  Würzburger  Annalen.  Eine 
frühere  Zeit  weiset  die  Sage  dem  Kloster  Amorbach  zu,  welches 
714,  und  dem  Kloster  Neustadt  am  Main,  das  725  entstanden 
sein  soll.  Nicht  viel  jünger  ist  das  Frauenkloster  in  Kitzingen. 
Um  die  Mitte  des  achten  Jahrhunderts  treffen  wir  Onoldsbach 
oder  Ansbach,  durch  den  h.  Gumbert  gegründet  und  1057  in  ein 
Collegiatstift  ve wandelt.  Im  Anfange  des  neunten  folgten  Schlüch- 
tern und  Murrhardt,  etwas  später  Schwarzach.  Mosbach 
ist  eine  Stiftung  des  zehnten  Jahrhunderts  und  tritt  seit  dem  drei- 
zelmten  als  Collegiatstift  auf  Das  eilfto  Jahrhundert  sieht  Neu- 
münster in  Würzburg,  nach  1057  in  ein  berühmtes  Collegiatstift 
verwandelt,  das  Frauenkloster  Laufen  am  Neckar  (1003),  welches 
auch  noch  zweimalige  Wandlungen  erlebte,  The  res  am  Main  (1043), 
St.  Stephan  zu  Würzburg,  aus  einem  Collegiatstift  1057  zum 
Kloster  geworden,  Banz  auf  herrlicher  Anhöhe  am  Obermain  (1069). 
Komburg  am  Kocher  (1078),  das  sich  1488  in  ein  vornehmes 
Collegiatstift  verkelirte,  und  das  Priorat  Schönrain  (1093)  am  Main, 
eine  Stiftung  der  Grafen  von  ßieneck,  allmählich  entstehen.  Ilmen 
folgten  im  zwölften  Jahrhundert  Münch«teinach  am  Steigerwald 
(1102),  Aura  an  der  Saale  (1108)  mit  dem  Historiker  Ekkehard 
als  erstem  Abte,  Münchaurach  an  der  Aurach  (1110),  beide 
Stiftungen  Otto's  des  'Heiligen,  Bischofs  von  Bamberg,  dann  das 
kleine  Frauenkloster  St.  Johanns  zu  Zell  unter  Fischberg  (113G), 
und  das  berühmte  St.  Jakobs-  oder  Schottenkloster  zu  Würz- 
burg, unter  dem  h.  Makarius  für  irische  Mönche  gegründet  (1138), 
sowie  die  beiden  Frauenklöster  St.  Afra  in  Würzburg  (um  1150) 
und  Veilsdorf  an  der  Werra  (1180).  Den  Schluss  machen  im 
dreizehnten  Jahrhundert  die  Frauenklöster  Paradies  in  Heidings- 
feld  am  Main  (1237),  St.  Ulrich  in  Würzburg  (1250)  und  Mistlau, 
die  kleine  Stiftung  einer  Gräfin  von  Hohenlohe. 

Aus  den  Benedictinerklöstern  gingen  zuerst  die  CoUegiat- 
s  tifter  hervor,  Collegien  von  Klerikern,  welche  für  den  regelmässigen 
Chordienst  und  die  Seelsorge  präbendirt,   unter  der  Vorstandschaft 

2* 


20  Contzcn: 

eines  Probstes  und  Dekans  ihre  eigene,  den  Domcapiteln  nach- 
gebildete, corporative  Verfassung  hatten,  im  Gegensatz  zu  den  Doni- 
oder  Hochstiftern  auch  Unterstifter  genannt,  grösstentheils  Mitglieder 
bürgerlicher  Abkunft  zählten.  Am  Schlüsse  des  Mittelalters  hatte 
das  Bisthum  nicht  weniger  als  vierzehn  CoUegiatstifter.  Das  älteste 
Institut  dieser  Art  ist  das  Stift  Haug,  im  Jahre  1000  auf  einer 
Anhöhe  bei  Würzburg  errichtet  und  im  siebzehnten  Jahrhundert 
in  die  neubefestigte  Stadt  versetzt;  das  zweite  ist  Oehringen,  im 
Jahre  1037  von  Gebhard  Bischof  von  Regensburg,  wie  jenes  von  Bischof 
Heinrich  vou  Würzburg  gegründet.  Aus  Benedictinerklöstern  wurden 
dann  in  demselben  Jahre  1057  vom  Bischof  Adalbero  Neumünster 
auf  der  Stelle  der  alten  Kathedrale  in  der  Stadt  und  die  alte 
Gumbertsstiftung  Ansbach  zu  Collegiatststiftern  umgewandelt. 
Diesem  Beispiele  folgte  zunächst  Mosbach,  wie  es  scheint  im  An- 
fange des  dreizehnten  Jahrhunderts.  Im  vierzehnten  wurden  dann, 
durch  die  Liberalität  frommer  Fürsten  ausgestattet,  zu  Collegiatkirclien 
erhoben  Hildburghausen  (1319)  und  Schmalkalden  (auch 
1319),  Rassdorf  (1345)  und  Meckmühl  an  der  Jagst  (1379),  im 
fünfzehnten  Wert  heim  (1419)  und  Römhild  (1450),  sowie  im 
Anfange  des  sechzehnten  (1509)  Murrhardt.  Diese  Umwandlung 
der  alten  strengen  Benedictinerklöster  in  Unterstifter  wie  auch  der 
berühmten  Abteien  St.  Burkhard  und  Komburg  in  Ritterstifter  für 
Mitglieder  adeliger  Abkunft,  jenes  1464,  dieses  1488,  bewies  das 
Sinken  des  religiösen  Geistes  jener  Zeit. 

Sehr  früh  wurden  im  Bisthum  die  Chorherrn  des  h.  Au- 
gustinus (canonici  reguläres  S.  Augustini),  über  deren  Gründung 
man  noch  nicht  im  Klai*en  ist,  eingeführt;  sie  waren  seit  1060  in 
Heidenfeld  und  seit  1088  in  Triefenstein,  beide  am  Maine,  und 
im  fünfzehnten  Jahrhundert  wurden  zwei  neue  Klöster  dieses  Ordens 
gestiftet  zu  Langenzenn  1409  und  zu  Birklingen  1462. 

Am  zahlreichsten  finden  sich  aber  nächst  den  Benedictinern 
die  Cisterzienser  im  Bisthum  vertreten.  Das  reichste  Kloster 
der  Diöcese  gehört  ihnen  an,  das  für  seine  Unabhängigkeit  einen 
langen  Kampf  führte,  E brach  im  Steigerwalde,  von  Morimond  aus 
von  Mitgliedern  der  Staufischen  Familie  gestiftet  im  Jahre  1126. 
Ihm  folgten  als  älteste  Tochter  das  Frauenkloster  Wechterswinkel 
um  1143,  dann  die  bedeutenden  Abteien  Bildhausen  1156,  die 
Stiftung  des  Pfalzgrafen  Hermann  von  Stahleck,  Bronnbach  an  der 
Tauber   und   Schönthal   an  der  Jagst,   beide   im  Jahr  1157  ge- 


Die  Urkimden  des  Bisthunis  Würzburg.  21 

gründet,  und  dann  eine  lange  Keihe  von  Frauenklöstern  über  die 
ganze  Diöcese  verbreitet,  nämlich  Schönau  1189,  S.  Johann 
unter  Wildberg  um  1220,  zu  S.  Magdalena  in  Würzburg 
(das  Reuerinnenkloster)  1227,  Hi mm elspf orten  bei  Würzburg 
1231,  Frauenrode  1231,  die  Stiftung  des  Minnesängers  Otto  von 
Bodenlauben,  Frauenthal  1232,  Heiligenthal  bei  Wipfeld  1234, 
Mariaburg|hausen  gegenüber  von  Hassfurt  am  Main  1237,  Billig- 
heim im  Odenwalde  1238,  Seligenthai  1239,  Lichtonstern 
1242,  Gnadenthal  1243,  dann  Sonnenfeld  1260,  Birkenfeld 
1276,  Kür  nach  am  Ende  des  dreizehnten  Jahrhunderts,  wozu  dann 
1310  das  kleine  Priorat  Georgenzell  in  Thüringen  kam.  Damit 
waren  die  Stiftungen  dieses  Zweiges  des  Benedictinerordens  erschöpft. 

Aehnlich  in  der  äusseren  Einrichtung  war  der  vom  h.  Norbert 
gegründete  Prämonstratens er- Orden,  dem  drei  Abteien  in  der 
Diöcese  angehörten:  Oberzell  am  Main  unfern  Würzburg,  vom 
h.  Norbert  selbst  errichtet  1128,  die  bedeutendste,  Sulz  1130, 
Vessra  in  der  Grafschaft  Hennoberg,  1131  gegründet;  dann  fol- 
gende Frauenklöster:  Unterzeil  um  1130,  Tückelhausen  1138, 
später  den  Karthäusern  überlassen,  Lochgarden  bei  Mergentheim 
1144,  Frauenbreitungen  1150,  Trostadt  1160,  Hausen  bei 
Kissingen  1161,  Scheftersheim  1162,  Gerlachsheim  1209  und 
Michel feld  1261  gegründet.  Nach  der  Milderung  der  Ordens- 
regeln durch  Papst  Pius  H.  wurde  schliesslich  noch  Laufen  1466 
diesem  Orden  übergeben. 

Spät  erst  fand  der  Orden  der  Karthäuser  Aufnahme  in  die 
Diöcese;  die  fünf  Klöster  desselben  gehören  dem  vierzehnten  und 
fünfzehnten  Jahrhundert  an.  Das  älteste  Kloster  ist  Grünau  bei 
Wertheim,  um  1328  gegründet;  dann  folgten  die  Niederlassungen 
von  Ordensangehörigen  in  Würzburg  1348,  in  Tückelhausen 
1351,  in  Astheim  1409  gegründet  von  der  Familie  der  Seinsheim 
und  Schwarzenberg,  und  in  Ilmbach  am  Steigerwald  1453. 

Die  Men d ik an ten- Orden,  denen  die  thätigsten  Förderer  der 
Wissenschaft,  die  grössten  Theologen  des  Mittelalters  angehörten, 
waren  zu  sehr  ein  Bedürfniss  der  Zeit,  als  dass  sie  nicht  auch 
bald  in  die  Würzburger  Diöcese  gerufen  worden  wären.  Wir  finden 
sie  im  Gegensatz  zu  den  frühern  Klöstern  nur  in  den  Städten  und 
erinnern  an  die  bekannten  Verse: 

Bernardus  valles,  montes  Benedictus  amabat, 
Oppida  Franciscus,   cel obres  Ignatius  urbes. 


22  Contzen : 

Die  Dominikaner,  die  1216  die  päpstliche  Bestätigung  er- 
hielten, finden  wir  in  Wlirzburg  schon  nm  das  Jahr  1230,  wo  in  ihrem 
Kloster  der  berühmte  Albertus  Magnus  eine  Zeitlang  lebte,  und  in 
ilergentheim  seit  dem  Jahre  1273.  Zwei  Prauenklöster  wurden 
nach  ihrer  Regel  umgewandelt,  das  Marx  er  (ad  S.  Marcimi)  in 
Würzburg  1245,  das  der  unglücklichen  Königin  Margaretha  eine 
Trostesstätte  bot,  und  das  in  Laufen  um  das  Jahr  1250;  eines, 
das  in  Frauenaurach,   1275   sofort  nach  derselben   eingerichtet. 

Die  Franziskaner,  im  Jahre  1210  bestätigt,  siedelten  sich 
am  frühesten  1236  in  Schwäbisch-Hall  an,  dann  1240  in  der 
Stadt  "Würzburg,  im  Jahre  1272  in  Heilbronn  und  zuletzt  in 
Schi e Usingen  1402.  Der  zweite  Orden  des  h.  Franciscus  von 
Assissi,  von  der  Stifterin  der  h.  Clara  auch  Clarissinnen,  auch  arme 
Frauen  genannt,  fand  1254  Aufnahme  im  Kloster  St.  Agnes  zu 
Würzburg  und  1293  in  einem  zweiten  zu  Heilbronn. 

Zu  den  Bettelorden  wurden  seit  der  Mitte  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  durch  päpstliche  Bestimmungen  auch  die  Karmeliter- 
und  Augustiner- Eremiten  gezählt.  Die  Karmeliter  hatten  im 
Würzburgischen  sechs  Klöster:  eines  in  der  Hauptstadt  schon  im 
Jahre  1212,  ein  zweites  auf  der  Vogelsburg  1282  in  herrlicher 
Tjage,  eine  Stiftung  der  Grafen  von  Castell ;  diesen  folgten  die  Con- 
vente  zu  Neustadt  an  der  Saale  1352,  zu  Schweinfurt  1366, 
zu  Hoilbronn  1448  und  zu  Crailsheim  im  Jahre  1481.  Klöster 
der  Karmeliterinnen  gab  es  hier  nicht. 

Eine  Folge  der  allmählig  vollzogenen  Ansiedlung  der  Au- 
gustiner-Eremiten in  fünf  Städten  der  Diöcese  ist,  dass  sich 
die  Klosteranfänge  nur  annähernd  bestimmen  lassen.  Das  erste 
findet  sich  in  Schmalkalden  um  1200,  die  beiden  bedeutendsten 
und  noch  jetzt  bestehenden  in  Würz  bürg  xun  1263  undinMünner- 
s tad  t  1279 ;  ihnen  folgten  die  geringern  Stiftungen  zu  Wi  n d  s  h ei m 
.um  1290  und  zu  Königsberg  um  1350. 

Endlich  haben  auch  Orden  von  geringerer  Verbreitung  Auf- 
nahme gefunden;  dahin  gehören  die  Antoniter  in  Würzburg, 
die  aber  bald  wieder  untergingen;  die  Wilhelm it er  oder  Eremiten 
des  h.  Wilhelm  von  Midoval,  zu  Sinnershausen  schon  vor  dem 
Jahre  1290  und  zu  Wasungen  im  Jahre  1299;  die  Pauliner 
oder  Einsiedler  des  h.  Paulus,  auch  Bmder  des  Todes  genannt, 
bestätigt  im  Anfange  des  vierzehnten  Jahrhimderts,  hatten  seit  1357 
in  Auhausen  und  seit  1380  in  Goldbach  kleine  Niederlassungen. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  23 

Glänzender  als  bei  den  genannten  Instituten  war  das  Auftreten 
der  beiden  Ritterorden,  der  Johanniter  und  der  Deutschberren,  die 
hier  nicht  vai  übergehen  sind.  Die  Johanniter,  Hospitaliter,  fratres 
hospitalis  S.  Johannis,  mit  den  Templern,  die  in  unserm  Bisthum 
nicht  nachweisbar  sind,  zu  gleicher  Zeit  entstanden,  hatten  be- 
kanntlich in  Deutschland  ein  Grosspriorat,  das  an  verschiedenen 
Orten  Cameralhäuser,  Kittercommenden  und  Priestercommenden  be- 
sass.  In  Würzburg  gründeten  sie  oder  übernahmen  das  schon  be- 
stehende St.  Oswalds- Spital  und  bildeten  da,  seit  1220  ungefähr, 
eine  Comthurei.  Der  deutsche  Orden  oder  der  Orden  der  Brüder 
des  St.  Marienhospitals  in  Jerusalem  gründete  in  Deutschland  all- 
mählig  zwölf  Balleien,  deren  bedeutendste  Franken  wurde,  und  in 
jeder  derselben  Comthureien  und  einzelne  Ordenshäuser.  Zu  den 
dreiundzwanzig  fränkischen  gehört  seit  etwa  1219  die  Commende 
Würzburg,  seit  ungefähr  1240  die  zu  Münnerstadt,  womit  die  in 
der  Stadt  Schweinfurt  errichtete  später  vereihigt  wurde.  Andere  im 
Umfange  der  Diöcese  waren  zu  Morgentheim,  das  später  eine  höhere 
Bestimmung  bekam,  zu  Horneck,  Heilbronn,  Argshofen  und  zu 
Rotenburg  an  der  Tauber. 

So  sehen  wir  also  in  buntester  Mannichfaltigkeit,  wie  es  die 
wechselnden  Bedürfnisse  der  Zeiten  hervorbrachten,  in  gowerbreichen 
Städten,  auf  sonnigen  Höhen  und  in  stillen  Thälern  jene  Sitze  der 
Cultur  verbreitet,  deren  Archiven  wir  schliesslich  doch  zum  grossen 
Theile  verdanken,  was  wir  vom  Leben  der  Vorzeit  des  Landes 
kennen.  Zur  raschen  Uebersicht  der  Entstehung  derselben  diene 
folgende  Tabelle: 


24 


Contzen : 


Jahr- 
hun- 
derte 


CoUegiatstlft^r 


Benedictinor 


VIU 


IX 


S.  Burkhard  vor 
Amorbach  vor  . 
Kiteingen  vor  .  . 
Änahitch  um  .  .  . 
Neustadt 


750 
750 
750 
755 

7b3 


Schlüchtern  vor  . 
MurrharJt  ca.  . 
Schwarzach    ... 


817 
817 

877 


Augustiner 
Chorherrn 


Ciöterzlcnser 


PrämonstratcnBcr 


Earthitu«r 


Mosbach  vor.  . 


976 


Ilaug 10>XI  NeumUiistei 

Oeh  ringen  .  .  .  1037 


XI 


Neutnilnater .  .  1057 
Ansbach  ca..  .  H»57 


XII 


1200 


XIII 


1000 

Laufen Xm'A 

Theres 104  H 

.S\  Stefan 1057 

Banz lOO'J 

Komburg 1078 


Schönrain 


10'J3 


Jleidenfeld.  KXiO 
Triffentttt  in  1088 


MilnchsU'inach  .  .  .  1102 

Aura lias 

Milnchaurach  .  .  .  1110 
Zell  unter  Fischberg  1 136 

SchottenkUater .  .  .  1138 
Mönchruden  ....  1113 
S.  Afra  ca 1150 

Vcilsdorf II  so' 


Srhömtn 1180 


Heidingsftld  .  .  .  .  123'i 

S.   Ulrich 1250 

Mistlan 1282 


I 


Itildbn  rgiMHsen  1 3 1 0 
Schntulknlden  .  131'.» 
Rassdorf  .  .  .  1345 
Meckmühl  .  .  .  137'J 


Werf  heim  .  .  .  1419 
liomhild  ....  1450 
S.  Burkhard  .  1461 
Koniburg    .  .  .  1488 


Langemenn  1400 
Birklingen     14(J2 


Ebrach 1126 

Weehters Winkel  ca.    .  .  1143 


Bildhansen    .... 

Bronnbach 11 

Schönthal 11 


Obi'TzeU  .... 
Wnterzell  .  .  . 

Sulz 

1156  Vessra  .... 
Tückelhansen . 
Lochgarden  . 
^'r.  Breilungen 
Trostadt  .'.  . 
Hausen  .... 
Scheftersheim 


1 12s 
1130 
1130 
1131 
1138 
1141 
1150 
1160 
1161 
1162 


Gerlachsheim    1201» 


S.  Johann  unter   Wild- 

benj  ca 1220 

Reuerinnen 1227 

Jlimmelspf orten 1231 

Frauenr(Hie 1231 

Maidbronn 1232 

Frauenthal 1232 

JleiligeiUhal 1234 

Mariaburghausen    .  .  .  1237 

Billig  fte  im 1238 

Seligenthal 12:>0 

Lic'ßdenstcrn 1242 

Gnadenthal 1243' 

Sonnenfeld     121.0  Michclfeld 

Birken  fdd 12761 

Kür  nach i2'.»l 


1261 


Oeorgenthal 1310 


(rrünau  ca.  TW 
Würzburg  .  131 
TückethausKuiVi 


Laufen 


.  1466 


Astheim    .  .  14^ 
nmbach    .  .  l^ 


XVI 


Murrhardt   .  .  1509 


Die  Urkunden  des  BiHthums  Würzburg. 


25 


Dominikaner 

Franziskaner 

Karmeliter 

Augustiner 

Kleinere  Orden 

Johanniter 

Deutscher  Orden 

"    ^"                 "~ 

1 
i 



1 

1 

• 

Würgimry  ca.   Ii30 

St.  Marjc.   .   .   124r> 

Lamfen  c».    .   .   12ö<> 

M^rgentheint      1273 
fmnenamraek  l27j 

Schtc.  I/aU    1230 
Meiningen  .  IZVJ 
Warsburg  .  1210 

S.  Agnes.  .  liT)! 

llrilhronn      1272 
Jidtt^ntntrg 
JleiWruHH      12l»3 

H'flri/>M#v/ ca.  1212 
Vogelahurg  .  .   12)S2 

SrhmatkaUhn 
ca i2lM) 

ff'arifcMry  ca.  12G3 
a/a«»»e/»/firf/ca.l27<> 

H'i«  /i^/itfimca.  121H) 

Antoniter: 

Wünhtirg  ca.  120  i 

N 

Wiihelmiter: 

Sinnvrshausen 
vor 121K» 

WasHngen    .  .  12in» 

Würzbiirg  ca.  122«) 

■ 

Würzburg  ca  1219 

MünnerttadtcikXl^S 
Schwein  fnrt      12Ü8 

SeuHtadt  als.    IXvi 
SchwcinfHri  .  UtiJJ 

Königsberg  csk.  I35<> 

Pauliner: 

AnhatiHen     .  .   ISf)? 
Coltibach  .  .  .  13.su 

ScMeusitigen  144V2 
yeufitadt 
afAiach    .  UöO 

Heilbionn    .  .   1148 
Crailithvim  .  .  14öl 

20  Contzen : 

8.  Bauernkrieg,  Reformation,  Revolution. 

In  der  ersten  Hälfte  des  sechszehnten  Jahrhunderts  sind  es 
zwei  Ereignisse,  die  den  Bestand  aller  dieser  Anstalten  in  Frage 
stellten;  der  Bauernkrieg  bedrohte  die  leibliche,  die  Reformation  die 
geistige  Existenz  derselben.  Durch  den  ersten  wurden  fast  alle 
Stifter  und  Klöster  in  ihrem  Besitzthum  so  arg  geschädigt,  dass 
der  fernere  Bestand  mancher  Genossenschaft  sich  als  unmöglich 
darstellte;  die  in  Folge  der  Reformation  hervorgebrachte  veränderte 
Geistesrichtung  Hess  viele  Zellen  leer  stehen  und  bot  Fürsten  und 
Städten  die  willkommene  Handhabe  zur  Einziehung  der  geist- 
lichen Güter. 

Nachdem  im  Laufe  der  früheren  Jahrhunderte  zwei  Klöster 
(die  Antoniter  in  Würzburg,  dann  Kürnach)  erloschen,  zwei  (Tjoch- 
garden  und  Michelfeld)  mit  andern  sich  vereinigt  hatten,  gingen  von 
den  übriggebliebenen  hundert  und  fünf  Instituten  in  den  Stürmen  des 
sechszehnten  Jahrhunderts  drei  und  sechzig  ein  und  zwei  und  vierzig 
blieben  bestehen. 

Von  den  vierzehn  Collegiatstiftern  verschwanden  zehn,  und 
vier:  Hang,  Neumünster,  St.  Burkhard  und  Komburg  blieben.  Von 
den  Benedictinern  gingen  ab  (nachdem  schon  früher  Ansbac^h,  Neu- 
münster, Mosbach,  Laufen,  St.  Burkhard,  Komburg  und  Murrhardt 
ausgeschieden):  Kitzingen,  Schlüchtern,  Schönrain,  Münchsteinach, 
Aura,  Münchaurach,  Mönchroden,  Veilsdorf,  Heidingsfeld,  St.  Ulrich 
und  Mistlau.  Bestehen  blieben:  Amorbach,  das  später  zur  Mainzer 
Diöcese  kam,  Neustadt  am  Main,  Schwarzach,  Theres,  St.  Stephfin, 
Banz,  Zell  unter  Fischberg  und  das  Schottenkloster  zu  Würzburg. 
Von  den  Augustiner  Chorherren  hielten  die  alten  Stiftungen  Heiden- 
feld und  Triefenstein  aus,  die  jungen  Langenzenn  und  Birklingen 
gingen  unter.  Am  meisten  verloren  die  Cisterzienser;  von  den  zwei 
und  zwanzig  Stiftungen  derselben  blieben  nur  fünf  übrig:  Ebrach, 
Bildhausen,  Brombach,  Schönthal,  und  von  allen  Frauenklöstern 
allein  Himmelspforten.  Die  Prämonstratenser  hatten  schon  früher 
Lochgarden,  Michelfeld  und  Tückelhausen  eingebüsst  und  verloren 
durch  die  Reformation  das  Uebrige  bis  auf  Ober-  und  ünterzell 
und  Gerlachsheim.  Laufen,  das  1466  ihnen  übergeben  ward,  bot 
keinen  Ersatz. 

Die  Carthäuser  behaupteten  ihre  Besitzungen  bis  auf  Grünau, 
das   jedoch   im  siebzehnten   Jahrhundert   unterging.    Die    Domini- 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  27 

kaner  verloren  nur  Frauenaurach;  die  Franziskaner  retteten  aber 
nur  Würzburg  und  Heilbronn;  die  Karmeliter  verloren  die  Hälfte 
ihrer  Ansiedlungen  und  blieben  nur  in  Würzburg,  Neustadt  und 
Heilbronn;  die  Augustiner  erhielten  sich  gleichfalls  nur  in  Würz- 
burg und  Münnerstadt.  Die  kleinen  Orden  der  Pauliner  und  Wil- 
helmiter  verschwanden  ganz.  Dagegen  erhielten  sich  die  Conimenden 
der  Johanniter  und  des  deutschen  Ordens,  bis  auch  sie  im  Anfange 
des  neunzehnten  Jahrhunderts  mit  den  übrigen  geistlichen  Cor- 
porationen  der  neuen  Ordnung  der  Dinge  zum  Opfer  fielen.  Nur 
drei  haben  sich  von  den  105  Instituten  bis  auf  den  heutigen  Tag 
erhalten:  die  Franziskaner  in  Würzburg,  deren  Kloster  im  Jahre 
1240,  und  die  Augustiner  in  Würzburg  und  Münnerstadt,  deren 
Klöster  um  1263  und  1279  gegründet  worden  sind. 

9.    Die    Urkunden   der   Stifter,   Klöster   und  Commenden 
ausserhalb  des  jetzigen  kgl.  Archivs  in  Würzburg. 

Von  grösster  Wichtigkeit  ist  es,  zu  untersuchen,  wohin  die 
Archive  der  genannten  Corporationen  bei  ihrer  Aufl()sung  im  sechs- 
zehiiten  und  neunzehnten  Jahrhundert  gekommen  sind.  Das  glück- 
lichste Loos  traf  offenbar  diejenigen,  deren  Archivalien  ihr  bisheriges 
geistliches  Oberhaupt,  der  Bischof  von  Würzburg,  nach  der  von  ihm 
vollzogenen  Einziehung  der  Klöster  im  sechszehnten  Jahrhundert  in 
sein  eigenes  Archiv  aufnahm  und  dadurch  sie  vor  dem  Untergänge 
rettete.  Diese  haben  sich  fiist  unverändert  in  dem  Zustande,  wie 
sie  übernommen  wurden,  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten.  Von 
den  übrigen  befand  isich  der  grössere  Theil  in  den  Gebieten  welt- 
licher Fürsten,  der  geringere  innerhalb  der  Territorien  kleinerer 
Keichsstände ;  beide  mussten  schon,  wenn  auch  Manches  zerstreut 
ward,  wegen  des  in  den  Archiven  liegenden  Beweismaterials  bei 
entstehenden  Besitzstreitigkeiten  die  Urkunden  der  Klöster  möglichst 
schonen.  So  kamen  in  den  Besitz  der  Henneb ergischen  und  der 
Sächsischen  Fürsten  die  Archivalien  der  Klöster  Coburg,  Frauen- 
breitiuigen,  Oeorgenzell,  Hausen,  Hildburghausen,  St.  Johann  unter 
Wildberg,  Königsberg,  Meiningen,  Mönchroden,  Rassdorf,  Römhild, 
Sinnershausen ,  Sonnenfeld,  Trostadt,  Vessora,  Wasungen  und  Zell 
unter  Fischberg.  Jetzt  befinden  sich  dieselben  in  dem  gemeinschaft- 
lichen Hennebergischen  Archive  zu  Me  i  n  i  ngen  und  in  dem  Sachsen- 
Ernestinischen  Gesammt- Archive  zu  Weimar.  Von  den  Herzogen 
von   Würtemberg    wurden    eingezogen    die   Stifter   und    Klöster 


28  Contzen: 

Komburg,  Möckmühl  und  Murrhardt,  Hall,  Laufen,  lichtenstern 
Mergentheim  (Dominikaner)  und  Schönthal.  Die  Arclüvalien  der- 
selben befinden  sich  jetzt  grösstentheils  im  k.  Haus-  und  Staats- 
Archiv  zu  Stuttgart.  Die  Markgrafen  von  Brandenburg 
unterhalb  des  Gebirgs  zu  Ansbach  säkularisirten  die  Stifter  und 
Klöster  Anhausen,  Ansbach,  Birkenfeld,  Birklingen,  Frauenaurach, 
Langenzenn,  Münchaurach,  Mönchsteinach,  Neustadt  an  der  Aisch 
und  Sulz  nebst  den  in  ihrem  Gebiet  befindlichen  Besitzungen  dfes 
Johanniter-  und  des  deutschen  Ordens.  Die  Archivalien  werden 
jetzt  im  k.  Archive  zu  Nürnberg  und  in  dem  zu  Bamberg  ver- 
wahrt, womit  das  alte  Brandenburger  Archiv  auf  der  Plassenburg 
(vergl.  die  Geschichte  desselben  von  R  Märcker  im  Archiv  des 
histör.  Vereins  von  Oberfranken  1846  DI,  2.  S.  15  —  24)  vereinigt 
ist.  Die  Klöster  in  Schmalkalden  und  Schlüchtern  wurden  von  dem 
Ijandgrafen  von  Hessen  eingezogen,  ihre  Archivalien  nach  Gas  sei 
gebracht.  Die  Urkunden  der  in  den  Hohenlohischen  Landen 
gelegenen  Klöster  zu  Oehringen,  Gnadenthal  und  Scheftersheim 
werden  im  fürstlichen  Archive  zu  Oehringen,  die  wenigen  von 
Goldbach  im  Archive  zu  "Waidenburg  verwahrt  und  sind  von 
Hansolmann  (Hohenloh.  Landeshoheit)  und  Wibel  (Hohenloh. 
Kirchen -Historie)  grösstentheils  benutzt  und  veröffentlicht  worden. 
Die  Urkunden  der  Klöster  Bronnbach,  Grünau  und  Triefenstein 
befinden  sich  im  fürstlich  Löwenstein'schen  Archive  zu  Wertheim, 
die  Urkunden  des  Klosters  Amorbach  in  dem  fürstlich  Leiningen'schen 
Archive  zu  Amorbach. 

Die  Städte  Rotenburg  an  der  Tauber  (vergl.  v.  Winter- 
bach Geschichte  der  Stadt  R.  und  ihres  Gebietes.  2  Theile  1826—27  — 
H.  W.  B  e  n  s  e  n  Historische  Untersuchungen  über  die  ehemalige  Reichs- 
stadt R  Nürnberg  1837,  Vorrede),  Schwein  fürt  (vergl.  Müh  lieh 
und  Hahn,  Chronik  der  Stadt  S.  Schweinfurt  1817.  4.  —  H.  C.  Beck 
Chronik  von  S.  Schweinfurt  1836.  4.),  Windsheim  (J.  G.  Neher 
Zur  Geschichte  W's.  Windsheim  1791—92.  4  St.  —  C.  H.  v.  Lang 
Kurzer  Grundriss  einer  Geschichte  der  Stadt  W.,  im  Archiv  des 
histor.  Vereins  von  Bayreuth  I,  3.  S.  93. —  G.  W.  Schirmer  Ge- 
schichte Windsheims  und  seiner  Nachbarorte.  Nürnberg  1848),  Heil- 
bronn (C.  Jäger  Geschichte  der  Stadt  H.  Stuttgart  1837)  und 
Mosbach  (H.  Wirth  Die  Stadt  M.  historisch,  topographisch  und 
statistisch  geschildert.  Heidelberg  1864,  Vorrede)  vereinigten  auch 
die  Urkunden  der  innerhalb  ihrer  Mauern  bestandenen  Klöster  nach 


Die  Urkmidcn  dos  Bisthunis  Würzbiirg.  29 

deren  Aufhebung  mit  ihren  städtischen  Archiven,  obgleich  hier  aller- 
dings manche  Verluste  zu  bedauern  sind. 

10.  Die  Urkunden  der  Stifter,  Klöster  und  Commendcn 
im  kgl.  Archive  zu  Würzburg. 

Der  überwiegend  grösste  Nachlass  an  Urkunden  dieser  Institute 
befindet  sich  im  kgl.  Archive  zu  "Würzburg.  Im  Laufe  des  sechszehnten 
Jahrhunderts  wurden  schon  mehrere  Klöster- Archive  damit  vereinigt, 
die  oben  §  4  einzeln  aufgeführt  sind.  Stärker  war  der  Zuwachs  in 
den  ersten  Decennien  des  neunzehnten  Jahrhunderts,  über  den  wir 
näher  unterrichtet  sind. 

Nachdem  die  Archivalien  des  Domcapitels  in  das  landesherrliche 
Archiv  verbracht  waren,  soUte  nun  die  Einverleibung  der  Archive 
jener  Stifter,  Klöster  und  Commenden  des  Bisthums  folgen,  die  zur 
Zeit  der  Säcularisation  mit  dem  Kurfürstenthum  Bayern  vereinigt 
wurden.  Diese  Archivalien  wurden  nun  nicht  in  solcher  Ordnung 
übergeben,  wie  es  bei  denen  des  Domcapitels  der  Fall  war. 

Die  Ursachen  liegen  nahe.  Das  Fürstbisthum  Würzburg  war 
am  3.  September  1802  von  Bayern  militärisch  besetzt  worden  als 
künftiges  Entschädigungsland,  wozu  es  formlich  durch  den  Reichs- 
Deputation  shauptschluss  vom  25.  Februar  1803  erklärt  ward.  Die 
Verwaltung  wurde  einer  Landesdirection  unter  Leitung  des  General- 
Coramissärs  Grafen  von  Thürheim,  die  Ordnung  der  zum  Einziehen 
bestimmten  geistlichen  Güter  einer  besondern  Abtheilung  jener 
Landesdirection,  einem  s.  g.  geistlichen  Separat  unter  Leitung  des 
Freiherrn  von  Leyden  übertragen.  Dieser  ordnete  hinwieder  zu  dem 
Geschäfte  des  Verkaufes  der  geistlichen  Güter  besondere  Local- 
Commissäre  ab,  die  über  den  Vollzug  ihrer  Aufträge  an  ihn  zu 
berichten  hatten.  Diese  Berichte  sind  theilweise  erhalten.  Man  sieht 
aus  ihnen  nur,  dass  das  Kirchengut  damals  zwar  nicht  zum  Besten 
des  Staates,  aber  doch  zum  Vortheil  Einzelner  beispiellos  ver- 
schleudert wurde.  Wovon  die  Berichte  aber  nichts  melden,  das  war 
die  brutale  Rücksichtslosigkeit,  womit  manche  jener  Commissäre  — 
nomina  sunt  odiosa  —  ihre  Aufträge  vollzogen.  Kunst  und  Wissen- 
schaft erlitten  unter  der  Barbarei  dieser  Beamten  die  schwersten 
Verluste.  Die  Archive  der  Stifter  imd  Klöster  hatten  diesen  bisher 
als  die  Rüstkammern  für  die  Behauptung  ihrer  Rechte  gedient ;  mit 
dem  Aufhören  derselben  verloren  jene  ihre  praktische  Bedeutung, 
und  wenn  etwas  noch  für  ihre  Erhaltung  sprach,  war  es  die  Rück- 


30  Contzen : 

sieht,  aus  ihnen  die  Eechtstitel  der  Erwerbungen  jener  Corporatiunen 
kennen  zu  lernen.  Am  7.  Dezember  1802  erliielt  der  Archivar 
Stumpf  den  Auftrag,  eine  generelle  Uebersicht  sämmtlicher  in 
seiner  „Registratur"  vorhandenen  Archivalien  zu  fertigen,  und  wurde 
von  nun  an  mit  Aufträgen  derart  überhäuft,  dass  er  fortwährend 
über  Mangel  an  Arbeitski'äften  klagt/  Am  1.  August  1804  machte 
er  die  Landesdirection  darauf  aufmerksam,  dass  bereits  so  viele 
Klöster  verkauft  seien,  und  ihm  noch  nicht  bekannt  sei,  auf  welche 
Art  für  die  Archivalien  derselben  gesorgt  wäre;  er  habe  erst  das 
Ebracher  Archiv  und  wenige  Urkunden  von  den  Karthäuserklöstern 
erhalten.  Unter  dem  7.  August  erwiderte  ihm  das  geistliche  Separat 
(Frhr.  von  Leyden),  dass  bereits  an  die  Administrationen  der  auf- 
gehobenen resp.  verkauften  Klöster  der  Befehl  ergangen  sei,  sämmt- 
liche  Archivalien  nach  Würzburg  einzusenden,  wo  man  zu  ihrer 
Unterbringung  einstweilen  den  Capitelsaal  am  Dom  bestimmt  habe, 
in  welchem  auch  die  Auswahl  und  Sonderung  der  für  das  Archiv 
nicht  geeigneten  Papiere  vorgenommen  werden  könne. 

Zu  diesem  Geschäfte  wurde  ein  Kanzlist  bestimmt,  aber  durch 
andere  Arbeiten  ihm  wieder  entzogen.  So  blieb  die  Sache  liegen, 
bis  im  Jahre  1807,  nachdem  Würzburg  längst  von  Bayern  an  den 
Grossherzog  Ferdinand  abgetreten  war,  ein  neuer  Antrag  in  Betreff 
der  Archivalien  an  die  Landesdirection  gestellt  wurde.  Aus  diesem 
sieht  man,  dass  die  Papiere,  Rechnungen  und  Urkunden  der  Stifter 
und  Klöster  an  verschiedenen  Orten  der  Stadt  waren  untergebracht 
worden.  Als  die  Auflösung  dekretirt  und  die  Gebäude  verkauft 
waren,  liess  man  die  Papiere  bei  den  Klöstern  auf  dem  Lande  nach 
Würzburg  bringen;  bei  den  Stiftern  in  der  Stadt  sind  sie  heute 
noch,  heisst  es  in  dem  Berichte,  in  den  vormals  stiftischen  Ge- 
bäuden verwahrt.  Man  war  unbekümmert,  in  welcher  Verfassung 
sich  die  Sachen  befanden;  nur  darüber  blieb  kein  Zweifel,  dass  die 
wichtigsten  Akten  und  Dokumente  in  grenzenloser  Unordnung  durch- 
einander lagen,  so  dass,  wenn  man  in  den  Fall  kam,  seinen  Rekurs 
auf  derlei  Papiere  zu  nehmen,  diese  entweder  gar  nicht  oder  erst 
mit  einem  grossen  Zeitverluste  aufgefunden  wurden.  Auf  diese 
Vorstellung  wurden  zwei  Männer  zum  Ordnen  gewählt:  der  schon 
genannte  Kanzlist,  an  dessen  Stelle  dann,  da  er  sich  dieser  uugcheuern 
Aufgabe  bald  wieder  entzog,  ein  emeritirter  Lehrer  der  Gewerb- 
schule trat,  und  ein  Amtsschreiber.  Jener  liess  nach  dem  überfüllten 
Capitelsaal,  der  auch  noch  die  Doubletten  der  Universitätsbibliothek 


Die  TTrkunden  des  Bisthums  Würzburp.  31 

hatte  aufnehmen  müssen,  die  Stift  Hauger  Registratur  in  19  Kästen 

schaffen;    dieser   zeigte   in  der  Repertorisirung  der  Archivalien  im 

'  Stephanerkloster ,    dass  er  von  der  Sache  auch  gar  nichts  verstand. 

Wie  es  mit  den  Archivalien,  die  damals  noch  nicht  eingeschickt 
waren,  aussah,  davon  ein  paar  Beispiele.  Der  Local(*ommissär  für 
das  Kloster  Heidenfeld  verantwortete  sich :  „Das  Archiv  befand  sich 
bei  der  Aufhebung  in  griisster  Unordnung,  war  wegen  Feindes- 
gefahr in  unterirdische  Räume  geflüchtet,  und  ward  jetzt  wieder 
im  grössten  Durcheinander  heraufgeschafFt,  ohne  Repertorium.^'  Der 
Localcommissär  für  Theres  meldet:  Das  Archiv  sei  in  grösster  Un- 
ordnung gewesen,  von  da  nach  Mainberg  geschafft  und  dann  wieder 
nach  Theres,  als  dort  unentbehrlich,  zurückgebracht  worden.  Betreffs 
des  Archivs  zu  Schwarzach  berichtet  der  Landrichter  von  Dettelbach, 
dass  er  in  der  Repositur  zu  Schwarzach  die  noch  vorhandenen 
Papiere  in  grösster  Unordnung  auf  dem  Boden  liegend  vorgefunden 
habe.  Der  Registrator  sage  aus,  man  hätte  ihm  schon  1805  Ver- 
schlage zum  Einpacken  der  Archivalien  geschickt;  er  habe  alles 
Wichtigste  eingepackt  und  abgeschickt,  und  was  nicht  in  die  Ver- 
schlage gegangen,  sei  liegen  geblieben.  Der  Administrator  von 
Astheim  sagt  aus,  er  habe  mehrere  Urkunden  eingeschickt  und  die 
übrigen  an  die  Aemter  vertheilt,  die  Gefälle  von  da  zu  erheben 
hätten.  Auch  im  Kloster  zu  Kitzingen,  bemerkte  der  dortige  Land- 
richter, seien  die  Archivalien,  die  dem  Rentamt  überwiesen  waren, 
noch  1807  in  einem  Zimmer  des  verlassenen  Klostergebäudes  ganz 
zerstreut  vorgefunden  worden. 

Solchem  Wesen  gegenüber  nimmt  •  es  sich  sonderbar  aus,  dass 
dem  letzten  Abt  des  Schottenklosters  Placidus  Geddes  die  Auflage 
gemacht  wurde,  über  die  Ablieferung  der  Urkunden  durch  Quitt- 
ungen sich  auszuweisen,  was  den  alten  Mann  zu  der  bittern  Ant- 
wort an  die  Landesdirection  veranlasste :  „Hab  und  Gut  habe  ich 
hergeben  müssen  —  ohne  Quittung!" 

Was  die  in  Würzburg  aufgespeicherten  Archivalien  betrifft,  so 
wurde  später  ein  Profess  der  vormaligen  Abtei  St.  Stephan,  Gregor 
Schöpf,  der  Verfasser  der  einzigen  Statistik  des  Fürstbisthums 
Würzburg  (Hildburghausen  1802.  8)  —  gegen  Bezug  eines  Taggeldes 
zum  Ausscheidungsgeschäfte  verwendet,  das  er  mit  unermüdetem 
Fleisse  besorgte,  bis  der  Beschluss  des  Grossherzogs,  aus  dem  oben 
genannten  grossen  Siiale  des  Capitelhauses  einen  Musiksaal  zur 
Bildung  der  Studirenden  in  der  Musik  zu  schaffen,  eine  plötzliche 


32  Contzon: 

Unterbrechung  der  Arbeiten  hervorbrachte.  Das  Local  musste 
schleunig  geräumt  werden,  ohne  dass  ein  anderes  geräumiges  dafür 
angewiesen  wurde.  Die  bereits  geordneten  Papiere  wurden  nun  in 
andern  mit  Akten  schon  angefüllten*  Zimmern  auf  einander  ge- 
schichtet und  in  einander  geschoben,  so  dass'  diese  der  Art  über- 
füllt wurden,  dass  es  unmöglich  war,  in  diesen  Localen  eine  neue 
Ordnung  zu  schaffen.  Dazu  wurde,  um  Kosten  zu  sparen,  der 
genannte  Benedictiner  Schöpf  entlassen.  Was  an  Urkunden  und 
Akten  nicht  bereits  ausgeschieden  und  in  das  Archiv  abgeliefert 
war,  blieb  hier  liegen  bis  zum  Jahre  1818.  Auf  erneuerte  Anregung 
des  wackern  Archivars  Seidiger  wurde  nicht  nur  das  Ausscheidungs- 
geschäft in  der  Universitäts-  oder  Neubaukirche,  wohin  Akten  und 
Urkunden  aus  den  verschiedenen  Aufbewahrungsorten  scliliesslich 
waren  gebracht  worden,  durch  den  genannten  Exbenedictiner  Gregor 
Schöpf  bis  zu  dessen  Tode  im  April  1820  und  den  Archivsekretär 
Wohlfahrt  bis  zu  dessen  Abgang  nach  Nürnberg  fortgesetzt,  sondern 
es  gelangten  auch  die  Urkunden  der  Commenden,  des  Johanniter- 
ordens  zu  Würzburg  und  des  Deutschordens  zu  Würzburg  und 
Münnerstadt,  sowie  die  der  noch  übrigen  Klöster  Heidenfeld, 
Schwarzach  und  Theres  endlich  in  das  Archiv  und  wiu'den  wie  die 
früher  hier  aufgenommenen  in  den  folgenden  Jahren  repertorisirt. 

Die  Urkunden  der  genannten  Ordenscommenden,  der  Stifter 
und  Klöster,  auf  die  ich  später  einzeln  zurückkomme,  bilden  eine 
stattliche  Reihe;  es  sind  ihrer  4  aus  dem  eilften,  124  aus  dem 
zwölften,  759  aus  dem  dreizehnten,  2041  aus  dem  vierzehnten, 
1981  aus  dem  fünfzehnten,  itnd  2953  aus  dem  sechszehnten  bis  acht- 
zehnten Jahrhundert,  im  Ganzen  7862  Urkunden. 

11.  Die  Verluste. 

Wenn  man  damals  von  oben  füi*  diese  Archivalien  so  wenig  Sorge 
trug,  dass  man  sie  jahrelang  unter  geringem  Schutze  liegen  Hess,  so 
ist  es  nicht  zu  verwundern,  dass  auch  die  nun  längst  verstorbenen 
Männer,  denen  die  Aufsicht  übergeben  war,  sie  nicht  zu  strenge 
bewachten.  Von  Einem  derselben  weiss  man,  dass  seine  Bekannten 
für  eine  Flasche  alten  Leisten-  oder  Steinweins  die  schönsten  Sachen 
bei  ihm  haben  konnten. 

Wie  viele  Urkunden  und  Archivalien  unter  solchen  Verhält- 
nissen verschleppt  und  theils  in  die  Werkstätten  der  Goldschläger 
und  Pergament-Fabrikanten,  theils  in  die  Sammlungen  blosser  Siegel- 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  33 

liebhaber  oder  antiquarischer  Sammler  gerathen  sind,  lässt  sich  gar 
nicht  mehr  bestimmen;  dass  aber  ihre  Zahl  eine  äusserst  beträchtliche 
ist,  kann  man  daraus  abnehmen,  dass  von  den  vielen  fränkischen 
Stiftern  und  Klöstern  verhältnissmässig  nur  eine  geringe  Anzahl 
von  Documenten  vorhanden  und  die  Zahl  der  domcapitelischen 
Urkunden  in  Vergleich  zu  jener  anderer  Capitel  von  beschränktem 
Umfange  ist.  Die  erhaltenen  Copialbücher  gewinnen  dadurch  um 
so  grössere  Wichtigkeit. 

Aber  auch  von  den  Behörden  selbst  wurden  viele  Documente 
theUs  absichtlich,  theils  ohne  Absicht  dem  Untergange  preisgegeben. 
Es  befinden  sich  im  Archive  viele  Urkunden,  welche  auf  der  Eück- 
seite  die  Bezeichnung  cassatum  oder  cassata  tragen  und  zu  irgend 
einer  zum  Theil  sehr  frühen  Zeit  als  zur  Ausstossung  geeignet 
auf  angegebene  Weise  bezeichnet  worden  sein  müssen.  Bloss  das 
praktische  Interesse  oder  die  Brauchbarkeit  für  die  Geschäfte  scheint 
bei  jener  Ausscheidung  die  Richtschnur  abgegeben  zu  haben.  Solche 
Instrumente  betrefTen  Dienstbriefe,  Entschädigungen  oder  Schadlos- 
briefe, eingelöste  Verpfandungen,  abbezahlte  Schulden  u.  s.  w.  Sie 
finden  sich  desshalb  auch  nicht  in  den  Repertorien  eingetragen, 
sondern  wurden  von  den  früheren  Vorständen  in  eine  s.  g.  Miscellaneen- 
Rubrik  gesammelt.  Bei  der  Ausstossung  der  als  unnütz  betrachteten 
Documente  wurde  offenbar  von  dem  historischen  Interesse  ganz 
abgesehen. 

Aber  auch  durch  den  legalen  Geschäftsverkehr  gingen  Staats- 
urkunden zu  Verluste,  die  als  Beweis-  und  Probationsstücke  sowohl 
administrativen  als  judiciellen  Akten  beigelegt  imd  nicht  wieder 
ausgehoben  und  dem  Archive  restitiiirt  wurden.  Es  konnte  dies 
um  so  leichter  stattfinden,  da  der  Brauch  war,  diese  Documente 
den  Beamten  zu  ihren  Arbeiten  in's  Haus  zu  geben.  Als  Beleg  über 
das  hier  stattgefundene  Verfahren  kann  angeführt  werden,  dass  in 
dem  Nachlass  eines  1843  verstorbenen  Regierungsrathes  eine  sehr 
bedeutende  Zahl  von  amtlichen  Akten,  Urkunden  und  Archivbänden 
sich  vorfand,  von  deren  Existenz  in  den  Archiv- Verzeichnissen  nichts 
zu  finden  war,  so  dass  die  amtliche  MittheUung  an  die  obere  Ver- 
waltungsstelle wohl  schon  unter  der  grossherzoglichen,  wenn  nicht 
schon  unter  der  förstbischöflichen  und  kurbayerischen  Regierung 
stattgefunden  hatte.  Die  Einlaufs-  und  Expeditions'- Protokolle  des 
kgl.  Archivs  fangen  erst  mit  dem  Jahre  1817  an,  und  was  also 
früher  geschehen  ist,  liegt  im  Dunkel  begraben. 

Archivalisclie  Zeitschrift  VII.  3 


34  Contzen : 

Für  Franken  zu  spät  kam  eine  Ministerialverfügung  vom 
3.  Januar  1823,  wonach  die  Kreis-  und  Stadtgerichte  angewiesen 
wurden,  bei  Todfällen  der  Prälaten  und  Exconventualen  in  An- 
sehung der  Klosterarchivalien  Kachsuchung  zu  halten,  da  der  Fall 
vorgekommen  war,  dass  bei  einem  Antiquar  eine  handschriftliche 
Chronik  eines  Klosters  zum  Verkaufe  ausgeboten  ward,  die  derselbe 
von  den  Erben  des  verstorbenen  letzten  Prälaten  dieses  Klosters 
an  sich  gebracht  hatte. 

12.  Die  Registraturen. 

Einen  weit  grösseren  Verlust  erlitt  die  Landesgeschichte  der 
letzten  Jahrhunderte  durch  theilweise  Vernichtung  der  Akten  der 
in  der  Stadt  befindlichen  fürstlichen  Registraturen.  Da  sie  mit  der 
ganzen  Verwaltung  des  Hochstifts  enge  zusammenhäno^en,  so  wird 
ein  Bild  von  dieser  auch  die  Kenntniss  jener  erleichtern. 

Den  einfacheren  Verhältnissen  während  des  Mittelalters  genügte 
eine  einfache  Verwaltung,  die  vom  Fürstbischöfe  persönlich  ausging. 
War  dieser  vom  Domcapitel  gewählt,  vom  Papste  bestätigt  und  vom 
Kaiser  mit  den  weltlichen  Rechten  belehnt,  so  übernahm  er  die 
geistliche  Regierung  als  Bischof,  die  weltliche  als  Landesherr.  In 
jener  standen  ihm  ein  Weihbischof,  der  gewöhnlich  auch  General- 
vikar war,  einige  Archidiakonen  und  schliesslich  sämmtliche  Dom- 
capitularen  zur  Seite;  diese  besorgte  er  durch  seine  Ministerialen 
oder  Hofbeamten  mit  Hinzuziehung  einzelner  Männer  aus  dem 
Ritterstande  oder  der  Bürgerschaft,  denen  er  Vertrauen  schenkte. 
Auch  hier  war  Hofdienst  zugleich  Staatsdienst.  Die  Hofamter  waren 
schon  in  früher  Zeit  bei  gewissen  Familien  erblich  geworden;  die 
Grafen  von  Honneberg  waren  die  Marschälle,  die  von  Wertheim 
die  Kämmerer,  die  von  Castell  die  Schenken  und  die  von  Rieneek 
die  Truchsesse  des  Hochstifts.  Der  wirkliche  Hofdienst  wurde  aber 
nicht  von  ihnen  geleistet,  sondern  dazu  wurden  besoldete  Ritter 
und  Edelknechte  genommen,  denen  der  Hofmeister,  der  Inhaber  der 
höchsten  Beamtenwürde,  vorstand.  Die  schriftlichen  Arbeiten  wurden 
in  der  fürstlichen  Kanzlei,  die  sich  auf  dem  Marienberge  neben  dem 
Archive,  oder  wo  immer  der  Bischof  längeren  Aufenthalt  nahm, 
befand,  durch  den  Kanzler  oder  Secretarius  besorgt,  der  zum  Aus- 
fertigen der  Urkunden  sich  der  scribae  oder  Notare  bediente.  Diese 
einfache  Geschäftsbehandlung  durch  den  Fürsten  persönlich  hatte 
lange  Zeit   hindurch   genügt,  bis  im  fünfzehnten  imd  sechszehnten 


Die  Urkunden  des  Bist  bums  Würzburg.  35 

Jahrhundert  allmählig  sich  jene  Verwaltungsformen  ausbildeten,  die 
im  achtzehnten  ihren  Abschluss  erlangten. 

Darnach  stand  an  der  Spitze  aller  Geschäfte  die  hochfürstliche 
Geheime  Kanzlei,  mit  einem  Geheimen  Referendar  als  Vorstand, 
einem  Cabinetssekretär,  einem  Registrator  und  mehreren  Kanzlisten. 
Bei  wichtigen  Geschäften,  welche  das  Wohl  des  ganzen  Staates 
betrafen,  wurde  der  Geheime  Rath  berufen,  der  aus  Männern 
geistlichen  und  weltlichen  Standes  zusammengesetzt  war,  deren 
Wahl  vom  Fürsten  abhing;  diesem  präsidirte  er  selbst  oder  in  seiner 
Abwesenheit  der  von  ihm  ernannte  Statthalter.  In  nächster  Be- 
ziehung zur  Geheimen  Kanzlei  standen  die  höchsten  Verwaltungs- 
behörden: die  beiden  Regierungen  und  die  Hofkammer;  in  zweiter 
die  übrigen  Zweige  der  Verwaltung. 

Die  Regierung  des  Landes  theilte  sich  nemlich  in  eine 
geistliche  oder  Diöcesan-  und  in  eine  weltliche  oder  eigentliche 
Landes -Regierung.  Jene,  in  dem  Hof-  und  Staats -Kalender  der 
geistliche  Staat  genannt,  wurde  von  einem  Domcapitular  als 
Präsidenten  geleitet  und  zählte  mehrere  Geheime  und  Geistliche 
Räthe,  die  aus  den  Professoren  der  theologischen  Fakultät,  den  Ca- 
pitularen  der  Stifter  Hang  und  Neumünster  und  den  Pfarrern  der 
Stadt  genommen  wurden.  Das  untere  Personal  bestand  aus  einem 
Sekretär,  Aktuar,  Registrator  und  einigen  Kanzlisten.  Li  dieser 
geistlichen  Regierung  sind  nach  der  Geschäftsvertheilung  zu  unter- 
scheiden: das  Ordinariat,  das  Vikariat  und  das  Consistorium.  An 
das  erste  gelangten  jene  Disciplinargegenstände,  welche  die  Leitung 
des  Clerus  und  Volkes  in  geistlichen  und  kirchlichen  Angelegen- 
heiten und  die  Oberaufsicht  auf  die  pias  causas  mit  sich  brachten. 
Das  bischöfliche  Vikariat  ist  der  Gerichtshof,  wo  vom  Domcapitel 
bis  zum  geringsten  Kloster  herab  alle  vorkommenden  Processe, 
welche  geistliche  Personen,  Güter  und  Gerechtsame  betrafen,  ver- 
handelt und  entschieden  wurden.  Die  Appellation  ging  unmittelbar 
an  das  erzbischöfliche  Vikariat  in  Mainz.  Das  bischöfliche  Con- 
sistorium behandelte  die  streitigen  Ehesachen  der  sämmtlichen 
Unterthanen  ohne  Unterschied  der  Geburt  und  Hess  denselben 
Instanzenzug  zu  wie  das  Vikariat.  Jedes  dieser  beiden  Dikasterien 
hatte  seinen  eigenen  Präsidenten,  aber  den  Director,  die  Räthe  und 
das  übrige  Personal  gemeinschaftlich.  Die  Registratur  dieser 
geistlichen  Regierung  ging  nach  der  in  Folge  des  Concordats  ge- 
troffenen  Einrichtung   an    die    dermalige    bischöfliche   Stelle   über 

3* 


36  Contzen : 

und  bildet  die  Grundlage  der  jetzigen  Registratur  des  bischöflichen 
Ordinariats. 

Die  weltliche  Regierung  bestand  aus  einem  Präsidenten, 
welcher  Mitglied  des  Domcapitels  sein  musste,  einem  Kanzler,  ver- 
schiedenen Räthen,  die  sich  in  zwei  Bänke  abtheilten,  in  die  adelige 
nnd  in  die  gelehrte  Bank,  und  dem  nöthigen  Unterpersonal.  Ein 
Mitglied  der  gelehrten  Bank  mit  dem  Titel  als  Hofrath  war  regel- 
mässig Vorstand  des  fürstlichen  Archivs  und  hatte  hier  einen 
Registrator  oder  Sekretär  zum  Gehülfen.  In  diesem  Regierungs- 
Collegium  unterschied  man  vier  Aemter,  jedes  mit  eigener  Re- 
gistratur,  nemlich  das  Gebrechen-,  Raths-,  Lehn-  und  Malefiz-Amt. 

1.  Die  Gegenstände,  welche  bei  dem  Gebrechenamt  be- 
handelt wurden,  waren  alle  Jurisdictionalien  und  Rechte  des  Hoch- 
stifts und  Fürstenthums ;  alles,  was  Privilegien  und  Zünfte  betraf; 
die  Streitigkeiten  in  BetrefT  der  Grenzen  und  Markungen,  der  Hut 
und  der  Weide  und  dergleichen.  Den  Vorsitz  führte  der  Regierungs- 
Präsident  mit  Hinzuziehung  des  Hofkanzlers.  Die  Registratur  dieses 
Amtes  lag  von  der  Säcularisation  bis  zum  Jahre  1858,  wo  ich  sie 
ordnete,  in  einem  Saale  unbenutzt  unter  Staub  und  Moder  wüst 
durcheinander  und  enthält  nun  in  seinen  Akten  und  Protokollen 
für  Cultus  und  Gemeindewesen  vom  sechszehnten  Jahrhundert  an 
einen  Schatz  von  brauchbaren  Documenten. 

2.  Das  Rathsamt  ist  als  das  forum  competens  aller  Civil- 
sachen  und  Privathandlungen  in  Betreff  der  Verträge  und  Servituten 
der  Stadt-  und  Landgüter  anzusehen;  es  war  der  Regel  nach  die 
erste  Instanz,  an  welche  von  den  Urtheilssprüchen  der  Beamten  auf 
dem  Lande  appellirt  wurde.  Das  Präsidium  hatte  der  älteste  Ge- 
heime Rath.  Von  der  Registratur,  die  den  Namen  der  Syndicats- 
Registratur  führte  und  auch  die  Akten  der  von  den  Reichsgerichten 
geführten  Prozesssachen  des  Hochstifts  enthielt,  hat  sich  wenig 
erhalten. 

3.  Das  Lehen-Amt  hatte  alles,  was  unmittelbar  in  das 
Lehenwesen  einschlug,  und  die  davon  abhängigen  Geschäfte  zu  be- 
sorgen. Der  versitzende  Regierungsrath  führte  den  Namen  Lehen- 
probst, hatte  die  Fälle  in  pleno  vorzutragen  und  bei  den  fürstlichen 
Belehnungen  sub  throne  die  Anreden  zu  halten.  Der  Würzburgische 
Lehenhof  war  sehr  bedeutend.  Die  Lehen-Registratur,  eine  alte  und 
eine  neue,  beide  in  alphabetischer  Ordnung  nach  den  Empfangern 
eingerichtet,  war  sehr  wichtig  für  die  frühern  Verhältnisse  des  Adels. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  37 

Was  an  Lehenbüchern  und  Urkunden  etwa  noch  darin  aufbewahrt 
wurde,  ward  bei  der  Säcularisation  des  Hochstifts  dem  Archive 
übergeben;  von  den  Akten,  die  an  die  neue  Landesdirection  ge- 
langten, sind  viele  vernichtet,  die  erhaltenen  aber  in  den  letzten 
Jahren  geordnet  worden. 

4.  Das  Malefiz-Amt  richtete  und  entschied  in  allen  Criminal- 
fallen.  Bei  todeswürdigen  Verbrechen  wurde  der  Process  von  der 
Kegierung  übernommen,  instruirt  und  formirt.  War  die  Todesstrafe 
beschlossen ,  so  wurde  der  Casus  entweder  zu  jener  Cent  auf  dem 
Lande,  von  woher  der  Process  angesponnen  war,  mit  hinlänglichen 
Instructionen  versehen  remittirt,  damit  der  Delinquent  sein  Ver- 
brechen sammt  den  damit  verbundenen  Umständen  noch  einmal 
gerichtlich  eingestehe  oder  sich  in  jeder  Hinsicht  reinige;  darauf  die 
von  den  Centschöflfen  nach  der  Carolina  oder  den  Landcriminal- 
gesetzen  gefällte  Sentenz  an  die  Kegierung  eingesendet,  von  dieser 
in  pleno  approbirt  und  mit  Gutachten  dem  Fürsten  zugestellt.  War 
der  Delinquent  in  der  Stadt -Würzburger  Obercent  gefänglich  ein- 
gezogen worden,  so  hatte  der  referirende  Kath  den  Fall  dem  hiesigen 
Stadt-  Saal-  und  Brückengericht  vorzutragen,  das  Uebrige  aber  wie 
bei  den  Centen  zu  beobachten.  Die  Malefiz-Registratur,  welche  die 
Akten  über  die  peinlichen  Fälle,  die  älteren  nach  Centen,  die 
jüngeren  nach  Aemtern  eingetheilt,  enthielt,  ist  bis  auf  einige  Hexen- 
processe  ganz  vernichtet. 

Alles,  was  dip  Einnahmen  und  Ausgaben  sowohl  des  Hoch- 
süfts  als  des  Fürstbischofs  persönlich  betraf,  war  centralisirt  in  der 
Hofkammer.  Diese  stand  unter  einem  Präsidenten,  ebenfalls  aus 
dem  Domcapitel  genommen,  hatte  einen  Director  als  zeitweiligen 
Stellvertreter,  einen  Consulenten  und  mehrere  Hofkammerräthe, 
welchen  sämmtliche  ßent-  oder  Cameralämter  verschiedener  Function 
und  Benennung  untergeben  waren.  Unter  den  Officianten  nahm 
der  Ober-Registrator  die  erste  Stelle  ein.  Die  Oberregistratur  sollte, 
wie  eine  ältere  Vorschrift  sich  ausdrückt,  eine  Copie  des  landes- 
herrlichen Archives  sein.  Ausser  den  Akten,  Rechnungen  und 
Protokollen  wurden  darin  aufbewahrt  die  Contracten-  imd  Copial- 
bücher,  die  Urkunden -Repertorien,  die  355  Bände  umfassenden 
Reichstagsakten,  welche  mit  1471  beginnen  und  bis  1778  herab- 
gehen, und  die  Kreistagsakten,  welche  in  246  Bänden  die  Zeit 
von  1517  bis  1748  umfassen.  Bei  der  neuen  Organisation  der 
Behörden    unter    der    kurfürstlich    bayerischen   Regierung    kamen 


38  Contzen  : 

die  genannten  Bücher  in's  Archiv,  wo  sie  sich  noch  befinden;  nur 
die  Kreistagsakten  wurden  1819  an  das  kgl.  Archiv  zu  Bamberg 
abgegeben. 

Yiel  wichtiger  aber  als  die  aufgeführten  Aktendepots  war  die 
Registratur   der    geheimen    Kanzlei   des    Fürsten.    Hier 
lagen    seit    dem  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  die  fürstlichen 
Correspondenzen,  die  Akten  über  die  politischen  Vorfälle  im  Hoch- 
stift,   eine  Zeit   von  mehr  als  dreihundert  Jahren  umfassend.   Alle 
wurden   mit   den  Akten  der  Hofkammer  und   der  Regierung  nach 
der  Säcularisation  an  die  neuerrichtete  kurfürstlich  bayerische  Landes- 
direction  übergeben,   von  dieser  aber,    als    zum  Geschäftsgebrauch 
nicht  unmittelbar  nöthig,  in  der  gleichfalls  säcularisirten  und  deshalb 
leerstehenden  Universitätskirche  deponirt.  Was  nicht  wegkam,  blieb 
bis  in  den  Anfang  der  fünfziger  Jahre   hier   liegen.     Aber   da   die 
Liebhaber  alter  Safehen  sich  den  Zutritt  zu  diesen  Akten  sehr  leicht 
verschafften  und  noch  Plünderung,  Verbrauch   zu  Patronenhülsen 
während    der   Kriegsjahre    und    schliesslich    Verkauf   der    als    un- 
brauchbar ausgesonderten  Akten  hinzukam,  so  sind  jene  wichtigen 
und  unersetzbaren  Papiere  zu  Grunde  gegangen  und  zwar  in  solcher 
Weise,  dass  selbst  von  den  Sitzungsprotokollen  der  höchsten  Landcs- 
stellen  nur  noch  Bruchstücke  vorhanden  sind,    in    das  kgl.  Archiv 
aber  nur  noch  wenige   und  nicht   sehr  bedeutende  üeberreste  ge- 
langten.   Viel  wichtigere  Aktenstücke   kamen   durch   die  genannten 
historischen  liebhaber  in  die  Sammlungen  des  historischen  Vereines 
zu  Würzburg,   wo    sich    schon   über  tausend  Urkunden  und  über 
zwölfhundert   Handschriften,   als    Copial-    Saal-  und  Lagerbücher, 
selbst  Repertorien  der  im  Archiv  bewahrten  Standbücher  befinden. 
Sie  sind  einzeln  verzeichnet  in   meiner  Schrift:   Die  Sammlungen 
des  histor.  Vereins,  Würzburg  1856.    Aus  Privathänden  erhielt  der 
Verein,  der  gewissermassen  eine  Filiale  des  kgl.  Archivs  geworden 
ist,  die  kostbare  gleichzeitige  Handschrift  der  Chronik  des  L.  Fries 
und  das  reiche  Aufschwörungsbuch  des  Domcapitels,  beide  einst  im 
Cabinette    des  Fürsten.   Vor   einigen   Jahren   erwarb    ich    erst   die 
Correspondenz   des   Bischofs  Conrad   von  Thüngen    mit   dem  Kur- 
fürsten Ludwig  von   der  Pfalz   in  Betreff  des  Kriegs   gegen  Franz 
von  Sickingen  1523,  und  etwas  später  fand  und  kaufte  ich  zu  Berlin 
die   würzburgische   Stiftschronik    von   Johann  Reinhard,   die   auch 
einst  Eigenthum  des  fürstlichen  Cabinets  gewesen  war. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  39 

13.  Die  Centralisirung. 

Nicht  als  eigentlichen  Verlust  darf  man  die  Abgabe  sämmt- 
licher  Urkunden  vor  dem  Jahre  1400  an's  kgl.  allgemeine  Keichs- 
Archiv  betrachten.  Sie  bildet  indess  eine  so  interessante  Episode 
in  der  Gescliichte  des  Archivs,  dass  ich  sie  nicht  ganz  umgehen  kann. 

Die  Centralisirung  begann  im  Jahre  1817,  in  welchem  unterm 
9.  December  das  Archiv  den  Auftrag  erhielt,  alle  dort  verwahrten 
Aufschwörungsakten  und  Documente  der  Domcapitularen  nach 
München  zu  senden,  indem  dieselben  zur  Ergänzung  des  im 
Keichsarchiv  anzulegenden  grossen  Adelsarchivs  wesentlich  noth- 
wendig  seien.  Der  Archivar  Seidner  übersandte  dieselben  mit  dem 
Bemerken,  dass  er  sie  vor  zehn  Jahren  zufalliger  Weise  gerettet 
habe,  und  bedauert  nur,  dass  das  Wahl-  und  Aufschwörungsbuch 
des  Domcapitels,  auf  welches  die  Repertorien  hinweisen,  nicht  mehr 
vorhanden  und  muthmasslich  in  den  Jahren  1802 — 3  auf  die  Seite 
geschafft  worden  sei.  (Es  war  auch  seiner  Zeit  von  einem  Lieb- 
haber gerettet  worden  und  befindet  sich,  wie  bemerkt,  jetzt  in  den 
Sanmilungen  des  historischen  Vereins.) 

Dann  folgte  zunächst  die  Centralisirung  der  Kaiserurkunden, 
wozu  das  Eeichsarchiv  unter  dem  29.  Juni  1818  in  folgender  Weise 
den  Auftrag  ertheilte:  „Zu  einer  grossen  geschichtlichen  Zusammen- 
stellung und  Vergleichung  bedarf  das  kgl.  allgemeine  Reichs- Archiv 
die  Einsicht  aU  und  jeder  Original-Documente  der  alten  teutschen 
Kaiser  und  Könige  von  den  ältesten  Zeiten  an  bis  zum  Jahre  1200 
einschlüssig.  Das  k.  Archiv  zu  Würzburg  erhält  daher  den  Auftrag, 
diese  Originale  aus  allen  Rubriquen  des  Archives  fleissigst  zu 
sammeln,  solche  zu  verzeichnen,  und  mij;  allmöglicher  Sorgfalt,  was 
vorzüglich  der  Sigille  wegen  nicht  genug  anempfohlen  werden  kann, 
in  Kästchens  zu  verpacken,  dann  anher  einzusenden.  Nach  voll- 
endeter Arbeit  sollen  dieselben  wieder  richtig  remittirt 
werden.    Samet.  —  v.  Hungerkhausen." 

Unter  dem  18.  Juli  übersandte  Seidner  95  Kaiserdiplomo  „in 
einer  mit  bestmöglicher  Sorgfalt  gepackten  und  bewahrten  Kiste,  in 
welcher  die  Urkunden  sammt  den  mit  zarter  Baumwolle  umwundenen 
Siegeln  mit  aller  Behutsamkeit  eingelegt  seien,  und  glaubte  der 
baldigen  Rücksendung  dieser  kostbaren  Kleinodien,  dieser  verehrungs- 
würdigen Reliquien  des  grauen  Alterthums,  dieser  gottseligen  Gaben 
zum  Grabe    des   heiligen   Chilian  und   seiner  Gesellen,    dieser  er- 


40  Contzen : 

quickenden  Quelle,  welche  dem  ermüdeten  Geist  des  Diplomatisten 
Erfrischung  und  Stärkung  gewährt,  vertrauensvoll  entgegensehen  zu 
dürfen."  Dann  ruhete  die  Angelegenheit  bis  1828,  wo  die  ferneren 
Kaiserurkunden  bis  1275  eingefordert  wurden.  Der  alte  Archivar 
sträubte  sich  aber,  diesem  Auftrage  zu  entsprechen,  und  wies  in 
seiner  Antwort  an  die  kgl.  Eegierung,  der  damals  noch  das  Archiv 
unterstellt  war,  darauf  hin,  dass  das  kgl.  Reichsarchiv  sein  1818 
gegebenes  Wort  der  Zurückstellung  dieser  Urkunden  nicht  gehalten 
habe  und  jetzt  sogar  eine  unbedingte  Abgabe  derselben  verlange, 
und  stellte  die  Bitte,  „dass  jene  95  Kaiserurkunden  als  ein  un- 
veräusserliches Patrimonium  Sti.  ChUiani,  nach  während  zehn  Jahren 
gjBwiss  vollendeter  Zusammenstellung  und  Vergleichiing  derselben, 
an  das  hiesige  Archiv  zurückbefordert  werden,  und  das  Reichsarchiv 
jetzt  mit  beglaubigten  Abschriften  sich  begnügen  möchte,  wodurch 
der  beabsichtigte  Zweck  ebenso  erreicht  und  das  immer  höher  an- 
steigende Ausleerungs- System  des  Reichsarchivs  sistirt  und  denen 
nicht  aufhörenden  Ürkunden-Abforderungen  gorechte  Grenzen  vor- 
gezeichnet würden."  Die  Folge  war  ein  Befehl  des  Ministers 
Grafen  von  Armansperg  zur  unverzüglichen  Einsendung  und  ein 
Auftrag  an  die  Regierung,  dem  alten  Seidner  über  jene  Schluss- 
bemerkungen die  geeignete  Belehrung  zu  ertheilen. 

Der  damalige  Regierungspräsident,  Freiherr  von  Zu-Rhein, 
nahm  sich  aber  seines  Archivars  an  und  bemerkte  bei  Absendung 
der  weiteren  27  Kaiserurkunden,  darimter  zwei  mit  goldenen  Bullen, 
dass  er  auf  Remission  jener  122  Diplome  schon  aus  dem  Grunde 
antrage,  um  solche  bei  Vorlesungen  über  das  ohnehin  seltener 
werdende  Studium  der  Diplomatik  an  der  Universität  gebrauchen 
zu  können,  wohin  man  zu  nicht  geringem  Ruhme  derselben  sie 
schon  früher  unter  der  fürstbischöflichen  Regierung  abgegeben  habe. 
Darauf  erhielt  derselbe  den  Recognitionsschein  des  Reichsarchivs  mit 
dem  Auftrage,  denselben  bis  zur  Zurückgabe  der  fraglichen  Urkunden 
aufzubewahren.  Kaum  hatten  die  letzten  Worte  beruhigend  auf  den 
alten  Archivar  gewirkt,  so  erfolgte  unter  dem  13.  November  vom 
Reichsarchiv  die  Reclamation  der  Urkunde  Karls  des  Grossen  vom 
Jahre  777  (Hammelburg  betreffend).  „Auch  die  kostbarste  Reliquie 
des  Alterthums  und  des  hiesigen  Archivs,''  schrieb  er  bei  der  Ab- 
sendung,  „wandert  nunmehr  nach  München,  um  den  fränkischen 
Boden  nie  mehr  zu  betreten;"  —  und  am  12.  März,  sechs  Wochen 
vor  seinem  Tode,    bestätigt    er   den  Empfang   des  kgl.  Ministerial- 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  41 

rescripts  vom  20.  Februar  1829,  wonach  sämmtliche  in  den  Filial- 
Archiven  aufbewahrten  Urkunden  vor  dem  Jahre  1400  zur  Benützung 
und  künftigen  Aufbewahrung  in  dem  Keichsarchive  nach  München 
einzusenden  seien.  Diese  Einsendung  der  Urkunden,  wie  die  der 
im  folgenden  Jahre  reklamirten  Diplomatarien  und  Copialbücher 
beschäftigte  die  auf  Seidner  folgenden  Archivare. 

Diese  sind  Job.  Xep.  Buchin g er,  eingewiesen  im  August  1829, 
der  die  besondere  Auflage  erhielt,  die  Urkundenabsendung  innerhalb 
dreier  Monate  zu  bewerkstelligen,  und  als  erster  Keichsarchivadjunct 
im  Mai  1835  nach  München  zurückkehrte,  wogegen  Heinrich  von 
Hungerkhausen,  der  bis  dahin  erster  Adjunct  gewesen  war,  um 
diese  Zeit  an  seine  Stelle  trat  und  auf  sein  Ansuchen  am  11.  Februar 
1839  auf  die  erledigte  ArchivarstjBlle  in  Bamberg  versetzt  wurde,  — 
ein  Eiferer  für  Centralisirung  im  Geiste  des  Ritters  von  Lang,  der, 
wie  er  in  seinen  Memoiren  erzählt,  als  Reichsarclüvsvorstand  die 
Idee  verfolgte,  sämmtliche  bayerische  Archive  in  München 
zu  vereinigen.  Auf  ihn  folgte  der  zweite  Adjunct  des  ßeichs- 
archivs,  Ferdinand  Huschberg,  vom  11.  Februar  1839  bis  zum 
12.  Juli  1852,  wo  er  um  seine  Quiescenz  anhielt  und  bald  darauf 
hier  starb,  ein  tüchtiger  Beamter.  Unter  der  nun  folgenden  Ver- 
wesung des  ßegierungsrathes  und  Schlosscommissärs  Grosser  wurde 
auch  das  hiesige  Archiv  gleich  den  übrigen  zu  einem  Conservatorium 
gemacht  (vergleiche  über  die  Folgen  für  das  bayerische  Archivwesen 
den  geistvollen  Aufsatz  des  fürstlich  Löwenstein'schen  Archivraths 
Alex.  Kaufmann  in  Wertheim,  der  sich  in  der  Cotta'schen  Viertel- 
jahrsschrift 2.  Heft  1867  befindet)  und  erliiclt  den  bisherigen  Con- 
servator  des  Aktendepots  zu  Amberg,  Karl  Stenzer,  einen 
geschickten  Musikus,  zum  Vorstände  vom  19.  November  1852  bis 
zum  26.  Mai  1856,  wo  er  pensionirt  wurde.  An  seine  Stelle  trat 
dann  der  Verfasser  dieser  Zeilen. 

In  Folge  der  unter  den  verschiedenen  Vorständen  erfolgten 
Einsendungen  befinden  sich  nun  die  Quellen  der  Würzburgischen 
Landesgeschichte  von  den  frühesten  Zeiten  bis  einschliesslich  des 
Jahres  1400  in  München  als  Theil  des  kgl.  allgemeinen  Reichsarchivs. 
Als  auf  Anregung  des  Regierungspräsidenten  Frhrn.  von  Zu -Rhein 
das  hiesige  Archiv  die  Bitte  lun  Rücksendung  seiner  Archivalien 
stellte,  erfolgte  unter  dem  31.  November  1830  die  Rückäusserung : 
„dass  solche  mit  dem  über  das  Verhältniss  des  allgemeinen 
Reichs-  und  Centralarchivs  zu  den  Filialen,  in  höherer  wissen- 


42  Contzen : 

schaftlicher  Beziehung  allerhöchsten  Orts  angeordneten  und 
durchgeführten  Systemalgrundsätzen  im  Widerstreite  stehe."  Die 
Bezugnahme  auf  die  höhere  wissenschaftliche  Beziehung  ist  in 
Betreff  der  Würzburger  Urkunden  durch  die  begonnene  Herausgabo 
derselben  im  37.  und  38.  Bande  der  Monumenta  Boica  1864  —  66 
zur  Ausführung  gelangt.  Ueber  den  Plan  und  die  Art  der  Aus- 
führung werde  ich  mich  in  der  Einleitung  zu  den  Regesten  der 
Bischöfe  von  Würzburg  näher  aussprechen. 

Zu  diesen  Yerlusten  kommen  noch  die  Extraditionen  von 
Urkunden  und  Akten  in  Folge  des  Reichsdeputationshauptschlusses 
1803  an  das  Fürstenthum  Fulda,  an  die  Fürsten  von  Löwenstein- 
Wertheim  und  von  Leiningen,  an  Preussen  und  an  das  bayerische 
General -Landescomi^issariat  in  Franken  zu  Bamberg,  an  welches 
namentlich  ein  grosser  Theil  der  Urkunden  der  Abtei  Ebrach  über- 
geben wurde,  während  der  übrige  Theil  in  Würzburg  verblieb,  und 
in  Folge  des  Berliner  Friedensvertrags  A^on  1866  die  auf  die  ab- 
getretenen Bezirke  von  Hersfeld  und  Orb   bezüglichen  Archivalien. 

14.   Die  Zugänge. 

Diesen  grossen  Verlusten  gegenüber  gewinnen  die  dem  Archive 
in  neuerer  Zeit  gewordenen  Zugänge  von  selbst  an  Bedeutung. 
Es  sind  die  Urkunden  über  die  in  Gemässheit  des  Staatsvertrags 
vom  Jahre  1810  von  dem  Königreich  Bayern  an  das  Grossherzog- 
thum  Würzburg  gelangten  Besitzungen,  theils  aus  dem  Archive  von 
Ansbach,  theils  aus  dem  zu  Bamberg;  aus  jenem  wurden  im  Ganzen 
613,  aus  diesem  544  Urkunden  an  das  Würzburger  Ai-chiv  ab- 
gegeben. Ebenso  kamen  aus  dem  Deutschordensarchiv  zu  Mergent- 
heim 83  und  aus  dem  Fuldaer  334  Urkunden,  darunter  die  erwähnte 
Karls  des  Grossen  vom  7.  Januar  777  und  die  Hammelburger  Markungs- 
Beschreibung,  facta  anno  tertio  regni  piissimi  Caroli  regis. 

15.  Der  Urkundenfund  von  1860. 

Grösser  noch  war  die  Bereicherung,  die  dem  Archive  durch 
den  Verfasser  dieser  Zeilen  dadurch  geworden  ist,  dass  er  einen 
grossen  Theil  des  alten  domcapiterschen  Archives,  der  heimlich 
verborgen  worden  war,  wieder  auffand.  Die  Seltenheit  eines  Urkunden- 
fundes dieser  Ausdehnung  in  unseren  Tagen  mag  die  umständlichere 
Darlegung  rechtfertigen. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Wtirzburg.  43 

Es  hatte  sich  hierorts  eine  Sage  erhalten,  dass  in  den  Dom- 
gebäuden noch  Bücher  und  Urkunden  versteckt  seien,  welche  bei 
der  Extradition  dieser  Sachen  an  die  kurfürstlich  bayerische  Re- 
gierungsconimission  im  Jahre  1803  zurückbehalten  worden  wären. 
Der  nun  verstorbene,  durch  seine  genaue  Kenntniss  der  heimischen 
Geschichte  bekannte  Domdechant  Benkert,  dem  ich  die  Mittheilung 
verdankte,  hatte  in  Auftrag  seines  Capitels  umsonst  darnach  gesucht, 
und  von  meinen  Vorgängern  fand  ich  gar  nichts  dahin  Deutendes 
aufgezeichnet;  aber  der  Umstand,  das  manche  wichtige  Würzburg 
betreffende  Kaiserurkunden,  welche  im  31.  Bande  der  Monuraenta 
Boica  unter  den  Apographis  aus  hiesigen  Copialbüchern  oder 
schlechten  Abschriften  mit  allen  hierin  sich  findenden  Fehlern  ab- 
gedruckt stehen,  von  Fries,  Eckhart  und  selbst  von  Stumpf,  also 
noch  im  Anfapge  dieses  Jahrhunderts,  im  Original  benutzt  worden 
waren,  liess  die  Hoffnung  einer  Auffindung  dieser  Schätze  nicht 
sinken,  und  die  Nothwendigkeit ,  für  das  im  Sommer  des  Jahres 
1860  von  Aschaffenburg  hierher  gebrachte  Archiv  des  ehemaligen 
oberrheinischen  Reichskreises  eine  passende  Unterkunft  zu  gewinnen, 
führte  auf  ihre  Entdeckung. 

Der  kgl.  Archivsanstalt,  die  damals  noch  ihren  Inhalt  in  vier 
weit  auseinander  liegenden  Räumen  unterbringen  musste,  waren 
auch  seit  sechszig  Jahren  die  Localitäten  des  frühern  domcapitelischen 
Archivgebäudes  zugewiesen.  In  diesem  befindet  sich  ein  altes  aus 
dem  fünfzehnten  Jahrhundert  stammendes  Gewölbe,  welches  durch 
den  Fürstbischof  Adam  Friedrich  von  Seinsheim  zur  Aufnahme  der 
Urkunden -Schubladen  eine  zierliche  Holzverkleidung  erhalten  hat. 
Hinter  dem  Täfelwerk  entdeckte  ich  am  18.  Oktober  1860  zwanzig 
verschlossene  Truhen  oder  Kästen,  unten  mit  Rollen,  oben  mit 
deutschen  Schlössern  versehen,  liess  sie  nach  einander  öffnen  und 
fand  in  ihnen  sowohl  Bücher  als  Urkunden;  unter  den  Büchern 
die  "Werke  des  Baronius,  van  Espen,  Thomassin,  Guillelmi  Duranti 
Speculum,  Mediolani  1513,  die  erste  Ausgabe  des  Otto  von  Freising 
und  andere  historischen  und  kirchenrechtlichen  Inhalts.  Die  Urkunden 
lagen  in  Fascikel  zusammengebunden  und  von  der  Hand  des  letzten 
'  domstiftischen  Archivars  Oegg  mit  Aufschriften  versehen,  welche 
auf  den  bisherigen  Aufbewahrungsort  hindeuteten,  wie :  ad  ladulam 
Archivi  Imperialia  oder  Praepositura  oder  Fabrica  oder  ad  lad.  union 
transactionum.  Der  noch  frische  Streusand  auf  den  Aufschriften  und 
die  Art,  wie  Bücher  und  Urkunden  verpackt  lagen,  Hess  die  Eile 


44  Contzen : 

erkennen,  womit  sie  in  den  Kästen  geborgen  wurden ,  wie  die  Spuren 
einer  57jährigen  Entbehrung  von  Luft  und  Licht  sich  an  den  Docu- 
menten  überhaupt  sichtbar  machten.  Ob  der  Verheimlichung  dieser 
Documente,  von  der  wohl  nur  Wenige  Kenntniss  hatten,  die  Hoff- 
nung der  Wiederkehr  der  alten  Verhältnisse  zu  Grunde  lag  —  wer 
.  mag  es  wissen  ? 

Die  Urkunden  wurden  dann  im  kgl.  Archive  aufgehoben,  ge- 
ordnet und  registrirt.  Es  sind  aus  dem  neunten  Jahrhundert  drei 
Kaiserurkunden  von  846,  857  und  891,  aus  dem  zehnten  zwei 
Kaiserurkimden  von  950  und  985,  aus  dem  eilften  zwei  Kaiser- 
urkunden von  1002  und  1059,  aus  dem  zwölften  keine,  aus  dem 
dreizehnten  zwei  kaiserliche  von  1231  und  1289  und  dazu  in  letzterer 
das  Transsumpt  einer  Urkunde  König  Heinrichs  VU.  vom  Jahre  1227, 
ferner  drei  päpstliche  und  15  stiftische,  aus  dem  vierzehnten  Jahr- 
hundert 107  und  zwar  sechs  kaiserliche,  drei  päpstliche  und  98 
stiftische.  Diese  134  Urkunden  wurden  der  bestehenden  Ordnung 
gemäss  an  das  kgl.  Reichsarchiv  in  München  abgeliefert.  Ferner 
fanden  sich  vor  aus  dem  fünfzehnten  Jahrhundert  558,  aus  dem 
sechszehnten  425,  aus  dem  siebzehnten  518,  aus  dem  achtzehnten 
479,  —  im  Ganzen  also  2115  Urkunden.  Die  praktische  Bedeutung 
der  stiftischen  Urkunden  für  den  amtlichen  Gebrauch  will  ich  hier 
übergehen  und  nur  die  ältesten  kaiserlichen  aufführen: 

1)  846.  5.  Juli.  Franconofurt;  ein  zweites  Original  ist  im  kgl. 
Reichsarchiv  und  davon  der  Abdruck  in  den  Mon.  Boic. 
28\  40. 

2)  857.  27.  März.  Wormacie;  nach  einer  schlechten  Abschrift 
in  einem  Würzburger  Copialbuche  abgedruckt  in  den  Mon. 
Boic.  31'.  92. 

3)  891.  12.  Januar.  Reganesburch ,  mit  trefflich  erhaltenem 
Siegel;  aus  demselben  Copialbuch  abgedruckt  in  den  Mon. 
Boic.  31\  132. 

4)  950.  18.  Januar.  Basenvillare  (Busenweiler  zwischen  Saar- 
louis und  Thionville);  aus  gleich  schlechter  Abschrift  in 
den  Mon.  Boic.  3P.  193. 

5)  985.  6.  Februar.  Miüinhusen,  ebenso  fehlerhaft  abgedruckt 
daselbst  S.  243. 

6)  1002.  10.  Juli.  Babenberge;  ein  zweites  Original  im  kgl. 
Reichsarchiv,  wonach  der  Abdruck  in  den  Mon.  Boic 
28'.  295. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzbur^.  45 

7)  1002.  Ohne  Ort  und  Datum,  aber  wahrscheinlich  auch 
10.  Juli  Bamberg;  aus  dem  angeführten  Copialbuch  in  den 
Mon.  Boic.  31'.  272  und  in  deutscher  Uebersetzung  bei 
Lünig  Reichsarchiv  17'.  935. 

8)  1059.  14.  März.  Werede,  für  das  Itinerar  wichtig;  noch 
ungedruckt. 

9)  1227.  11.  August.  Mulehusen ;  Transsumpt  aus  der  Urkunde 
K.  Rudolfs  vom  17.  März  1289;  nach  derselben  schlechten 
Copie  in  den  Mon.  Boic.  31'.  527. 

10)  1231.  1.  Mai.  Apud  Wormaciam,  wodurch  K.  Heinrich  VII. 
der  Entstehung  der  deutschen  Landstände  die  Sanktion 
ertheilt.  H.  rex  in  curia  solempni,  requisito  consensu 
principum,  diffinitum  esse  testatur,  ut  neque  principes 
neque   alii   quilibet   constitutiones    vel   nova  jura   facero 

.  possint,  nisi  meliorum  et  majorum  terrae  consensus  pri- 
mitus  habeatur.  Mit  anhangendem  wohlerhaltenen  Siegel 
König  Heinrichs  VH.  Der  hiesige  Archivar  Stumpf  hatte 
eine  Abschrift  davon  an  den  Hennebergischen  Geschichts- 
schreiber Schultes  mitgetheilt,  welcher  der  Erste  war,  der 
die  Urk.,  aber  mit  vielen  Fehlern  und  Ungenauigkeiten 
abdrucken  liess  in  seiner  koburgischen  Landesgeschichte 
(Kob.  1814.  S.  135)  in  der  Note,  aus  der  sie  dann  in  die 
Werke  über  deutsche  Rechtsgeschichte  überging.  Ueber 
ihre  "Wichtigkeit  vergl.  Böhmer,  Reg.  imp.  1847.  S.  238 
No.  237.  Mir  war  sie  die  Veranlassung  zur  Nachforschung 
und  Auffindung  des  ganzen  ungeahnten  Schatzes. 

11)  1289.  17.  März.  Rotenburg,  Bestätigung  des  unter  No.  9 
aufgeführten  Transsumpts,  unbekannt. 

12)  1347.  18.  November  und  23.  November.  Nurenberch,  Privi- 
legienbestätigung der  Würzburger  Kirche  in  lateinischer  und 
in  doppelter  deutscher  Ausfertigung. 

Durch  den  Zugang  von  2115  Urkunden  —  der  stärksten  Be- 
reicherung, die  das  hiesige  Archiv  seit  seiner  Begründung  in  den 
ersten  Decennien  dieses  Jahrhunderts  erhalten  hat  —  ändert  sich 
das  oben  angeführte  Zahlen verhältniss  des  alten  domcapitelischen 
Archives  bedeutend. 


46 


Contzen : 


16.  Summe  der  erhaltenen  Originalurkunden  nach 
den  einzelnen  Jahrhunderten. 

Nach  dem  Vorausgegangenen  sind  wir  überhaupt  nunmehr  in 
den  Stand  gesetzt,  eine  Uebersicht  der  Würzburgischen  Urkunden 
zu  geben,  die  sich  nach  den  Einträgen  in  den  Kepertorien  im 
Original  erhalten  haben,  und  dazu  diene  eine  Tabelle: 

Es  enthielten  Urkunden  aus  folgenden  Jahrhunderten: 


Till'  II    X 


XI 


XII 


im 


UV     XV 


XVI- 

xvin 


SuTtima 


Bein  erklinge» 


I.  Das  Archiv  des  Fürstbischofs  als  Landesherrn, 

in  den  ersten  vier  Bänden 
des  Rei)ortoriums  ver- 
zeichnet. 

Zugang  im  J.  1810  ans  Bam- 
berg und  Ansbach  im 
7.  Rcp.-Bd. 

aus  der  Neiibaukirche  und 
dem  Kapitelsaal  1819—22 
ausgehoben  und  im  5. 
Lehen  -  Rep.  -  Bd.  ver- 
zeichnet. 
9,144  Lehenbriefe  und  Reverse, 
S175  in  den  4  ersten  und 
Gr)VJ  im  6.  Band  des  Lehcn- 
Rcpertoriums. 


II.  Das  Archiv  des  Domcapitels. 

im  5.  Bd.  des  Repert.  ver- 
zeichnet. 

Bullae  Pontificnm  et  Con- 
ciliorum  im  7.  Rcpcrt.- 
Bande. 

aufgefunden  im  Jahre  lö(iO. 


III.  Die  Archive  der  Ordenscommenden,  Stifter  und 

Klöster. 


8 

70 

368 

1,575 

2,428 

4,931 

9,430 

2 

14 

29 

169 

385 

558 

1,157 

3 

17 

180 
91 

844 
619 

2,198 
8,434 

3,242 
9,144 

10 

87 

414 

2,015 

4,276 

16,171 

22,978 

1 

15 

25 

32 

99 

306 

904 

1,087 

726 

3,195 

2 

11 

44 

137 

186 

380 

2 

2,  2 

21 

107 

558 

1,422 

2,115 

1 

18 

27 

34 

101 

338 

1,055 

1,782 

2,334 

5,690 

120 
4 


124 


663  1,722 


96 


319 


759  2,041 


1,544 
437 


2,153'    6,206 
800,    1,656 


1,981    2,953    7,862 


im  C).  u.  7.  Rep.-Bd. 


im  10.  Bd,  der  Repert.  vor- 
zeichnet 


Zusammenstellung  der  Wtirzburgischen  Original-Urkunden  n«ach  Jahr- 
hunderten : 


1 1 18  I  27  I  48  j  312|1,511|5,111|8,039|  21,4581  36,525! 


Die  Urkunden  des  Bisthuras  Würzburg.  47 

Es  finden  sich  also  vom  aphten  bis  zum  Schluss  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  1,917,  bis  zu  Ende  des  vierzehnten  7,028,  bis  1500 
im  Ganzen  15,067,  und  von  da  bis  zur  Säcularisation  des  Hoch- 
stifts 21,458,  im  Ganzen  36,525  Originalurkunden  erhalten,  welche 
Würzburg  betreffen. 

Grösser  ist  aber  ihre  Zahl,  wenn  wir  die  verschiedenen 
Copialbücher  des  landesherrlichen  und  des  domcapitelischen 
Archives,  wie  die  der  nicht  kleinen  Zahl  der  Stifter  und  Klöster, 
in  Betracht  ziehen. 

17.  Die  Copialbücher 
a)   des  fürstbischöflichen  Archivs. 

Der  Reichskanzler  Erzbischof  Gerhard  II.  von  Mainz  hatte 
unterm  5.  Oktober  1291  allen  ihm  untergebenen  Corporationen  den 
Befehl  ertheilt,  die  Urkunden  über  ihre  Privilegien,  Rechte  und 
Einkünfte  in  Bücher  einzutragen,  welche  dann  mit  einer  Kette  ver- 
sehen von  den  Mitgliedern  derselben  im  Archive  fleissig  gelesen 
werden  sollten.  Mit  Ausnahme  des  Stiftes  Neumünster,  welches 
schon  im  Anfange  des  dreizehnten  Jahrhunderts  ein  Copialbuch  an- 
legte, das  sich  noch  erhalten  hat,  finden  wir  im  Bisthum  Würzburg 
gleichfalls  am  Ende  des  dreizehnten  Jahrhunderts  die  ersten  Copial- 
bücher des  fürstlichen  und  domcapitelischen  Archives  angelegt,  seit 
der  Mitte  des  folgenden  aber  die  Eintragung  der  Urkunden  in 
gebundene  Bücher  allgemeiner  werden.  Es  ist  die  Zeit,  wo  der 
gelehrte  Michael  vom  Löwen  Kanzler  des  Fürstbischofs,  wo  Lupoid 
von  Bebenburg,  der  Verfasser  des  Werkes  de  jure  regni  et  impcrii, 
später  Bischof  von  Bamberg,  von  grossem  Einfluss  im  Capitel  war. 
Das  erste  Copialbuch  des  fürstlichen  Archives  ist  um  1280  —  90 
geschrieben  und  führt  von  seinem  Einbände  den  Namen  liber  albus 
privUegiorum  (Nr.  272  der  Standbücher),  auf  Pergament,  jede  Seite 
in  zwei  Columnen  zu  je  37  —  41  Linien,  kräftig  und  deutlich  ge- 
schrieben, die  Aufschriften  roth,  die  Anfangsbuchstaben  schön  ver- 
ziert von  derselben  Farbe,  zuerst  die  kaiserlichen,  dann  von  Blatt  53 
die  bischöflichen  bis  Blatt  95,  beide  ohne  chronologische  Ordnung, 
wie  sie  dem  Schreiber  zur  Hand  lagen,  und  dazu  nicht  sehr  correct. 
Die  jüngste  Urkunde  ist  von  B.  Berthold  aus  dem  Jahre  1277. 
Nach  späterer  Beifügung  einiger  vergessener  Urkunden  sind  noch 
zwei  Register  beigebunden  aus  dem  Jahre  1407  und  Bezeichnung 


48  Contzen : 

der  Lagerorte  derselben  im  Archive  auf  dem  Marienberge.  Dieses 
Copialbuch  genügte  bis  auf  die  Zeit  des  Bischofs  Lorenz  von  Bibra 
(1495  — 1520);  er  Hess  ein  neues  anlegen,  welches  unter  seinen 
Nachfolgern  fortgesetzt  die  wichtigsten  Urkunden  vom  Anfange  des 
vierzehnten  Jahrhunderts  bis  1566  enthält  Ausser  dem  Register 
hat  es  467  Blätter  in  gross  Folio-Papier  mit  vielen  Randbemerkungen 
von  L.  Fries.  Einband  in  gepresstem  Pergament  mit  messingenen 
Ecken  (No.  644). 

b)  des  domcapitelischen  Archivs. 

Ln  Archiv  des  Domcapitels  befanden  sich  mehr  Copialbüeher. 
Das  älteste  ist  gleiclifalls  um  das  Jahr  1280  unter  der  Regierung 
Bischofs  Bertholds  geschrieben ;  es  ist  mit  dem  ältesten  Nekrologium 
des  Hochstifts  in  einen  Band  gebunden  (No.  5),  enthält  die  Urkunden 
der  Kaiser  und  der  Bischöfe,  die  jüngste  auf  Seite  318  ist  von  1278, 
eine  angefangene  auf  S.  320  vom  Jahre  1277  (in  den  Mon.  Boic.  37, 
p.  475),  ohne  sich  an  eine  Zeitfolge  zu  halten,  wie  sie  dem  Schreiber, 
der  vielleicht  derselbe  des  Nekrologiums  ist,  in  die  Hand  kamen, 
von  S.  203  —  330  in  acht  Quaternen.  Wie  dem  Nekrolog  der  An- 
fang und  ein  Stück  gegen  Ende,  so  fehlt  dem  Copialbuch  der  Schluss 

Das  zweite  ist  dasjenige,  welches  der  genannte  Lupoid  von 
Bebenburg,  Canonicus  und  Archidiakonus  der  Würzburger  Kirche 
und  decretorum  doctor,  im  Jahre  1346  anfangen  Hess.  Es  ist  ein 
starker  Band  von  Pergament,  in  Doppelcolumnen  zu  je  31  Linien, 
schön  geschrieben,  der  Anfangsbuchstabe  vergoldet,  die  Inhalts- 
anzeigen mit  rother  Dinte ;  enthält  ausser  dem  gleichzeitigen  Register 
im  ersten  Theil  die  Privilegien  der  Kaiser  und  Könige  von  denen 
Karls  des  Grossen  bis  zu  denen  Karls  IV.  1354,  132  an  der  Zahl, 
in  chronologischer  Ordnung  und  mit  kurzer  einleitender  Geschichte 
jedes  Kaisers ;  im  zweiten  die  Briefe  der  Bischöfe  und  des  Capitels 
von  dem  (verlorenen)  des  Bischofs  Bruno  vom  Jahre  1036  und  dem 
(ersten  erhaltenen)  Bischofs  Adelberos  von  1057  bis  1354,  im 
Ganzen  109.  Einige  päpstliche  Breven  sind  später  noch  dazu  ge- 
schrieben. Der  Einband  gepresstes  Leder  mit  messingenen  Ecken 
(No.  1).  Abschriften  Hess  das  Capitel  von  diesem  Buch  verfertigen, 
eine  fast  gleichzeitige  auf  Pergament,  die  andere  fünfzig  Jahre  später 
auf  Papier  (No.  2  und  3). 

In  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  wurde  ein  neues 
Copialbuch    anzulegen    begonnen,    der   sogenannte   über  eapitularis 


Die  Urkunden  des  Bistbums  Würzburg.  49 

(No.  12),  bestehend  aus  328  Blättern  Papier  in  Folio.  Er  enthält 
mit  den  Fortsetzungen  Abschriften  von  Urkunden  aus  der  Zeit  von 
817 — 1561.  Bei  der  Anlage  war  auch  Lorenz  Fries  betheiligt;  es 
finden  sich  viele  Urkunden  von  seiner  Hand  eingeschrieben,  ebenso 
zahlreiche  Randnoten  von  ihm.  Die  Einträge  einzelner  Schreiber  sind 
oft  sehr  fehlerhaft.  Im  Anfange  des  achtzehnten  Jahrhunderts  wurden 
alle  Copialbücher  erneuert  und  in  drei  Sammlungen  gebracht ;  die  erste 
bilden  die  libri  privilegiorum  imperatorum  et  regum,  zwei  Bände  in 
gross  Folio,  deren  erster  die  Kaiserurkunden  von  807 — 1498,  der  zweite 
die  von  1500—1701  enthält  (No.  291—292  oder  jetzt  82  u.  83  der 
libri  divers,  form.);  die  zweite  bilden  die  libri  buUarum,  auch  in 
zwei  Bänden,  deren  erster  die  päpstlichen  Bullen  von  1148—1495, 
der  zweite  die  Fortsetzung  bis  1754  umfasst  (No.  276  und  277);  die 
dritte  bilden  die  libri  episcopalium  sive  diversarum  fundationum  et 
donationum,  davon  der  erste  Band  von  1036  (wie  im  Copialbuch  des 
L  von  Bebenburg,  dem  die  Abschrift  mit  Auslassung  der  kurzen 
Nachrichten  genau  folgt,  fälschlich  1026)  bis  1437,  der  zweite  von 
1440-1716  geht  (No.  296—294,  jetzt  No.  75—76  der  Ubri  div.  form.) 

18.  Handschriften  historisch-statistischen  In.halts. 

An  die  Copialbücher  schliesSen  sich 

1.  die  libri  statutorum;  das  älteste  ist  angelegt  im  vier- 
zehnten Jahrhundert  (No.  6),  hierin  befinden  sich  Urkunden  von 
1254 — 1485;  das  zweite  (No.  6'),  zu  Ende  des  sechszehnten  Jahrhun- 
derts begonnen  und  von  späteren  Händen  fortgesetzt,  enthält  die 
Statuten  von  1244  bis  zu  Ende  des  achtzehnten  Jahrhunderts. 
Beide  sehr  wichtig,  ersteres  die  Grundlage  und  mit  dem  letzteren 
zu  vergleichen. 

2.  Die  libri  juramentorum.  Zwei  Bücher  enthalten  die 
Eide  der  Bischöfe;  No.  10  beginnt  mit  der  forma  juramenti  Epi- 
scopi  herbipol.  vom  Jahre  1314  und  geht  herab  bis  1623,  umfasst 
also  die  Wahlcapitulationen  von  Bischof  Andreas  von  Gundelfingen 
bis  auf  Philipp  Adolph  von  Ehrenberg.  No.  41  ist  die  Fortsetzung 
von  1631—1683,  von  Bischof  Franz  von  Hatzfeld  bis  auf  Conrad 
Wilhelm  von  Werdenau.  Hieran  schliesst  sich  No.  50,  das  im  Jahre 
1750  erneuerte  domcapitelische  Aidt-  und  Pflichtenbuch,  wichtig, 
weil  die  Obliegenheiten  jedes  Amtes,  das  vom  Capitel  abhing,  darin 
enthalten  sind;  und  No.  61,  das  Aidt-Büchlein  für  die  untern 
SteUen. 

ArchiTaUsche  Zeltschrift  VII.  4 


50  Contzen : 

Ein  Pflichtbuch  des  Stiftes,  das  eine  Sammlung  von  Dienst- 
eiden verschiedener  Hof-  und  Staatsbeamten  enthält,  unter  Bischof 
Julius  geschrieben,  ist  an  den  historischen  Verein  gekommen. 

3.  Die  Aufschwörungsbücher.  Das  älteste,  No.  39*,  wurde 
1593  zusammengeschrieben  und  bis  1629  fortgesetzt;  es  enthält  die 
Aufschwörungsmatrikel  von  1263  bis  1629;  No.  40  ist  über  cano- 
niconim  cathedralis  ecclesiae  herbip.  una  cum  natalibus  eorum  ab 
anno  1503  usque  ad  annum  praesentem  (1621);  No.  42,  das  sogen, 
authentische  Copeibuch,  enthält  die  testimonia  aetatis,  die  Legiti- 
mation der  Aufzunehmenden,  und  ist  vom  Jahre  1654,  No.  48*"' 
die  diplomatisch -chronologische  Sammlung  aller  Bischöfe,  Kirchen- 
prälaten und  auf  dem  hohen  Domstift  zu  Würzburg  aufgeschwornen 
Domherren  iin  16.,  17.  und  18.  Jahrhundert  von  1501—1794.  Ein 
Aufschwörungsbuch  von  1713—1803  sammt  den  Akten  und  Docu- 
menten  der  Domcapitulare  befindet  sich  seit  1817  im  kgl.  allge- 
meinen Reichsarchiv  zu  München,  das  schöne  colorirteAufschwörungs- 
Wappenbuch  vom  Jahre  1623  — 1802  in  den  Sammlungen  des 
historischen  Vereins  (Fol.  No.  97);  das  Archiv  hat  nur  noch  den  Index 
dazu  (No.  34). 

4.  Wie  die  vorstehenden  Bücher  den  Eintritt  in's  Capitel 
feststellen,  so  bezeugt  das  folgende  Buch  den  Ausgang.  Der  über 
sepulturae  DD.  Canonicorum  cathedr.  eccl.  herbip.  (No.  36)  enthält 
die  Beschreibung  der  Grabstätten  in  der  Sepultur,  über  welcher  der 
schöne  mit  den  Wappen  verzierte  Capitelsaal,  worin  des  Stiftes 
wichtigste  Verhandlungen  gepflogen  wurden,  sich  befindet,  mit  den 
Inschriften.  Voran  geht  ein  über  nativitatis  et  aetatis  DD.  Canoni- 
corum, darunter  auch  der  Geburtsbrief  des  Gründers  der  Universitiit, 
des  Bischofs  Julius  (18.  März  1545  ufF  St.  Anszhelmi  Tag,  der  do  ist 
gewesen  uff  einen  Mitwochen,  morgents  frue  umb  die  Vier  Uhr). 
Hieran  mag  sich  schliesslich 

5.  der  Über  emtionum  des  Domcapitels  anreihen  (No.  14 
jetzt  73  der  libri  div.  form.),  unter  Bischof  Rudolph  von  Scheeren- 
berg  (1466—95)  angelegt,  mit  manchen  Urkunden,  die  man  unter 
diesem  Titel  hier  nicht  suchen  sollte,  und  von  L.  Pries  mit  Inhalts- 
anzeigen am  Rande  fleissig  versehen. 

19.  Die  Amtsbücher   der   domcapitclischen  Officianten. 

An  diese  Bücher,  welche  sich  im  Domcapitel-Archive  unter 
Aufsicht  des  Archivars  befanden,  schliesse  ich  diejenigen  an,  welche 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  51 

der  Sorge  der  domcapitelischen  Officianten  in  der  Stadt  anvertraut 
waren.   Es  sind  folgende: 

1.  Der  Domprobstei-Amtmann  hatte  die  Gefälle  für  den 
Domprobst,  Zins,  Gülten,  Zehnten  und  andere  Gefälle  an  Geld,  Ge- 
treide und  Wein  einzubringen,  darüber  Kechnung  zu  führen  und 
den  domprobsteilichen  Unterthanen  Recht  zu  sprechen.  Unter  ihm 
stand  ein  Registrator,  früher  Schreiber  genannt.  Der  Domprobst 
Markgraf  Friedrich  von  Brandenburg  Hess  1527  das  Domprobstei- 
buch  oder  Register  über  die  sämmtlichen  Gefälle  der  Domprobstei 
durch  Johann  Ortteln  Vicarier  und  Lorenz  Kern  Thumprobstey- 
schroibern  zusammentragen  (No.  22)  und  einer  seiner  Nachfolger, 
der  Cardinal  und  Bischof  von  Augsburg  Otto  von  Truchsess- 
Waldburg  dasselbe  1556  erneuern  von  Leonhart  Schweitzern  durch 
Händen  Michael  Pollingers  geschrieben  (No.  29).  Im  Anfange  beider 
Bücher  Angaben  über  die  damaligen  Qetreidemasse,  Theurung  und 
Berechnung  der  Geldmünzen;  beide  wichtig  für  die  darin  auf- 
geführten Ortschaften  und  die  einzelnen  abgabenpflichtigen  Häuser 
der  Stadt  Würzburg  und  ihre  frühern  Bewohner.  No.  64'  ist  eine 
im  J.  1615  gefertigte  Abschrift  von  No.  29.  Eine  Art  letzter  Er- 
neuerung fand  im  achtzehnten  Jahrhundert  statt  in  dem  Domprobstei- 
Urkunden-Copialbuch  über  die  Besitzungen  und  Einkünfte  desselben 
(No.  64**),  worin  sich  auch  einige  ältere  Urkunden  befinden. 

2.  Der  Präsenzmeister  hatte  darauf  zu  sehen,  dass  die 
gestifteten  Jahrtage  nach  Gebühr  gehalten  werden,  die  Präsenz  der 
Domherren  und  Vikare  genau  zu  beobachten,  die  Calendarien  ordentlich 
zu  halten  und  die  Stiftungen  bestens  zu  bewahren,  daher  die  Gefälle 
aller  Art  einzunehmen,  zu  verbuchen  und  an  die  Betheiligten  zu 
vertheilen.  Zu  seinem  Amt  gehörte  darum  die  Bewahrung  der 
Copialbücher  der  Urkunden,  welche  für  die  gestifteten  Jahrtage 
ausgestellt  waren,  die  Richtighaltung  der  Calendarien  oder  Nekro- 
logien  und  der  betreffenden  Zins-  und  Gültbücher. 

a)  Im  15.  Jahrhundert  ward  für  alle,  obigem  Zwecke  dienenden 
Urkunden  ein  Copialbuch  angelegt  (No.  11,  wovon  das  Copeibuch 
No.  15  eine  Abschrift  ist)  und  mit  A.  B.  bezeichnet;  um  das  Jahr 
1500  die  erste  Fortsetzung  C  (No.  18),  im  Jahre  1520  die  zweite 
Fortsetzung  D  (No.  30)  begonnen  und  durch  die  namentlich  angeführten 
Präsenzmeister,  darunter  auch  Johann  Reinhart,  der  Freund  des  L.  Fries 
und  Epitomator  seiner  Chronik,  bis  1564  weitergeführt;  die  dritte 
resp.  vierte  Fortsetzung  F  (No.  31),   Copeybuch    des  Präsenzamtes 

4* 


52  Contzen : 

genannt,  ward  1590  unter  Veit  Gulmann  angefangen  und  bis  1613 
herabgeführt;  die  fünfte  und  letzte  Fortsetzung  (So.  45)  im  Jahre 
1671  geschrieben  und  bis  1728  weitergeführt. 

b)  In  Betreff  der  Calendarien  wird  auf  die  Einleitung  zu  den 
Kekrologien  verwiesen. 

c)  Ton  den  nach  Orten  geordneten  Zins-  und  Gültbüchem 
seines  Amtes  ist  das  älteste  vom  Jahre  1471  vom  Präsenzmeister 
Gregor  von  Guttenberg  (Xo.  6*),  das  zweite  vom  Jahre  1501  (So.  35*) 
und  das  dritte  vom  Pr.  M.  Johann  Reinhart  vom  Jahre  1551 
(No.  6^). 

3.  Der  Pforten-Amtmann  hatte  die  Einkünfte  des  Dom- 
capitels  in  der  Stadt  und  von  den  domcapitelisehen  Beamten  auf 
dem  Lande  einzunehmen,  zu  verrechnen  und  nach  Recht  und  Ge- 
wohnheit jedem  der  Betheiligten  einzuhändigen.  Er  war  dem  Dom- 
dechant  zunächst  untergeben  und  hatte  die  Zinsbücher  unter  sich. 
Das  älteste  ist  vom  Jahre  1416,  das  s.  g.  Regelbuch  (So.  9)  auf 
Pergament  in  folio  (Ao.  dom.  1416  iste  liber  per  scriptorem  porte 
est  compositus  et  per  capitulum  nostrum  eodem  anno  in  octava 
S.  Martini  confirmatus  et  roboratus),  worin  alle  Einkünfte  der  dom- 
capitelisehen Aemter  auf  dem  Lande  und  die  sämmtlichen  curiae 
claustrales,  die  Domherrenhöfe  in  der  Stadt  mit  den  frühern  Be- 
wohnern eingetragen  sind;  letztere  hat  Herr  C.  Heffner  abdrucken 
lassen  im  Archiv  des  histor.  Vereins  Bd.  XXI  Heft  2  und  3, 
S.  183 — 244.  Ein  zweites  Pfortenamts -Zinsbuch  ist  jünger,  aber 
auch  aus  dem  fünfzehnten  Jahrhundert  (So.  64). 

4.  Der  Obley-Amtmann  hatte  die  Obleyrenten  und  Ein- 
künfte zu  besorgen,  zu  repartiren,  die  Obleygebäude  in  Stand  zu 
halten  und  den  seiner  Verwaltung  Untergebenen  Recht  zu  sprechen. 
Aus  seinem  Amtskreise  hat  sich  nur  ein  Buch  erhalten  (Xo.  47), 
Copeybuch  aller  Obligationen  des  Obley-Ambts  hohen  Dombstiffts 
durch  J.  A.  Dischlern  domcap.  Obleyschreibern  also  eingerichtet  und 
verfertiget  anno  1696. 

5.  Vom  domcapitelisehen  Bauamte  hat  sich  auch  nur  ein 
Zinsregister  erhalten  vom  Jahre  1518  (So.  55**);  aber  von  dem  ihm 
untergebenen  Kellergericht:  die  Rechte  und  Freiheiten  des  hoch- 
domcapitel.  Kellergericlits  und  der  dahin  gehörigen  Lehenleute 
(No.  21),  eine  Copie  des  (verlorenen)  pergament.  Amtsbuchs  vom 
Jahre  1312,  von  dem  kaiserlichen  Notar  Johann  Stang  von  Ochsen- 
furt 1480  geschrieben. 


Die  Urkunden  des  Bißthuma  Wtirzburg.  53 

No.  64*^'  sind  Emeuenmgen  der  beiden  vorangehenden  Bücher 
aus  den  folgenden  Jahrhunderten  und  von  diesen  für  die  Statistik 
der  frühern  Zeit  besonders  No.  64^  aus  dem  siebzehnten  Jahrhundert 
wichtig,  weil  es  die  Einkünfte  und  Obliegenheiten  von  zwanzig 
Aemtern  in  Bezug  auf  Keller,  Küche  und  Bäckerei  ausführlich 
darlegt. 

20.  Die  alten   Kopertorien   und   die  Doracapitels- 

Protocolle. 

Schliesslich  sei  noch  auf  Xo.  44,  welches  ein  Repertorium  über 
die  fundationes  und  andere  Documonte  aller  Vikarien  des  Domstifts 
(die  übrigens  in  kein  eigenes  Copeibuch  eingetragen  sind)  enthält 
aus  dem  Jahre  1677;  auf  No.  51,  den  Index  registraturao  antiquus, 
auf  No.  52,  den  Index  registraturao  novus,  etwa  1780  vcrfasst,  und 
den  Inhalt  der  39  Laden  der  domcapitelischen  Registratur  enthält,  und 
auf  Xo.  55  aufmerksam  gemacht,  Repertorium  rurale,  Verzeichniss 
der  auf  die  Besitzungen  des  Domcapitols  auf  dem  Lande  sich  be- 
ziehenden Urkunden,  nach  Orten  eingerichtet. 

Selbstverständlich  sind  die  Capitels-ProtokoUe,  in  denen 
theilweise  die  Geschichte  des  Ilochstiftcs  liegt,  von  grösster  Wichtig- 
keit; sie  beginnen  aber  erst  mit  dem  Jahre  1504,  gehen  bis  1803 
und  imifasson,  ohne  die  Duplicate  und  die  Beilagen,  261  Bände. 


II.  Die  Urkunden  der  Stifter,  Ordenscommenden 
und  Klöster  im  Bisthum  Würzburg. 

1.  Die  drei  Collegiatstifter  in  der  Stadt  Würzburg. 

A.   Stift  St.  Burkhard. 

Gegründet  um  748  als  Bonedictiner  St.  Andreaskloster,  seit 
984  St.  Burkhardskloster  genannt,  wurde  es  unter  dem  Abt  Johann 
von  Allendorf  1464  in  das  Ritterstift  St.  Burkhard  umgewandelt 
und  bestand  als  solches  bis  1803. 

Es  zeichnet  sich  aus  durch  die  verhältnissmässig  kleine  An- 
zahl erhaltener  Urkunden;  es  hat  nur  116,  und  von  diesen  sind 
nur    zwei    aus   dem  vierzehnten   (die  älteste  von  1356)   und  sechs 


54  Contzen : 

aus  dem  fünfzehnten  Jahrhundert,  die  übrigen  aus  der  folgenden 
Zeit  bis  1797.  Auch  die  Copialbücher  sind  aus  der  spätesten  Zeit, 
indem  das  Recessbuch  (No.  66),  das  Copialbuch  in  drei  Bänden 
(No.  66'")  und  das  sehr  umfassende  Statutenbuch  (Xo.  67)  aus  dem 
achtzehnten,  ein  Urbar  (No.  65)  aus  dem  sechszehnten  Jahrhundert  ist. 

Die  Capitels- Protokolle  sind  desto  umfassender;  sie  beginnen 
mit  1547,  gehen  bis  1796  und  umfassen  92  Bände. 

Der  historische  Verein  liefert  einige  Beiträge  (Samml.  S.  251, 
No.  233  —  37),  darunter  Gropps  Geschichte  des  Klostors,  ebenso  die 
XJniversitäts- Bibliothek  M.  h.  F.  266  und  das  Archiv  des  bischöf- 
lichen Ordinariats.  Aus  diesen  Materialien  schrieb  recht  gut  Herr 
Dr.  Mich.  W  i  e  1  a  n  d  seine  historische  Darstellung  des  Stiftes 
St.  Burkhard  zu  Würzburg  im  15.  Bande  des  Archivs  des  histor. 
Vereins  1860—61,  I.  Heft  S.  43—114,  H.  Heft  S.  1  (wo  sich  in  der 
Anm.  eine  Angabe  der  Quellen  findet)  bis  178. 

B.  Stift  Haug. 

Errichtet  von  .dem  Bischof  Heinrich  I  (995 — 1018)  gegen  Ende 
des  zehnten  Jahrhunderts  vor  der  Stadt  auf  einem  Hügel,  woher 
der  Name,  dann  nach  vollständiger  Demolirung  aller  Stiftsgebäude 
in  die  Stadt  verlegt,  wo  die  schöne  Stiftskirche  1691  eingeweiht 
wurde;  im  Jahre  1803  aufgehoben;  die  Kirche  jetzt  Pfarrkirche. 

Aus  dem  achthundertjährigen  Bestände  des  Stiftes  haben  sich 
1104  Original- Urkunden  erhalten,  und  zwar  6  aus  dem  zwölften, 
42  aus  dem  dreizehnten,  277  aus  dem  vierzehnten,  333  aus  dem 
fünfzehnten  Jahrhundert  und  446  aus  den  folgenden  Jahren  bis  1799. 

Auch  an  Copial-  und  anderen  Büchern  ist  kein  Mangel.  Unter 
dem  Stiftsprobst  Heinrich  von  Hohenlohe  wurde  das  erste  Copial- 
buch angelegt  1320  —  30,  das  sich  noch  erhalten  hat  imter  dem 
Namen  des  Stift- Hauger  Kettenbuchs  (No.  68);  an  dem  leder- 
überzogenen Einbände  mit  messingenen  Buckeln  hängt  noch  die  alte 
Kette  zur  Befestigung  an  das  Lesepult.  Es  ist  ein  starker  Per- 
gamentband in  folio  von  142  Blättern,  die  Seite  zu  zwei  Columnen 
mit  47  Linien,  deutlich  aber  eng  geschrieben,  wegen  starken  Ge- 
brauches manche  Seiten  schwer  leserlich.  Es  war  auf  vier  Ab- 
theilungen angelegt:  Incipiunt  privilegia  seu  instrumenta  Ecclesie 
sancti  Johannis  in  Hange  extra  muros  Herbipolenscs ,  et  primo 
pontificalia,  deinde  imperatoria  sive  regalia,  post  hec  episcopalia, 
ultimo  communia.    Darnach  sind  die  Einträge  bis  zum  Jahre  1325 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Wtirzburg.  55 

von  einer  Hand  gemacht  (fol.  58);  dann  folgen  die  Fortsetzungen 
bis  1488  von  verschiedenen  Händen  uad  ohne  Kücksicht  auf  den 
Inhalt  der  Urkunden;'  am  Schlüsse  sind  auch  Statuten  des  Stiftes 
angehängt  (fol.  105',  111  ff.  und  124  ff.).  Ein  aus  beiden  Theilen 
gezogenes  Yerzeichniss  der  Dekane  (E.  45)  ist  von  Gropp  und 
Ussermann  benutzt  worden. 

Mit  Aemtern,  welche  die  Einträge  in  die  übrigen  Bücher  zu 
besorgen  hatten ,  war  das  Stift  reich  versehen ;  wir  finden  ein 
Probstei-,  Ptocuracie-,  Oblei-,  Ornat-,  Kellerei-,  Präsei^z-,  Büchsen- 
und  ein  Vikarei-Amt,  dazu  eine  Himmelskronenpflege,  welche 
übrigens  meist  in  den  Händen  der  geistlichen  Stiftsangehörigen 
selbst  sich  befanden.  Zum  Bereich  des  Probstei-Amtmanns  gehörte 
die  s.  g.  Forma  praepositi,  ein  im  Jahre  1341  begonnenes  Buch  in 
Pergament,  worin  verschiedene  der  Probstei  zuständige  Gerechtsame 
und  Gefälle  niedergeschrieben  sind  (No.  69),  besonders  das  Copial- 
buch  (No.  79)  unter  dem  Titel :  Abschrifift  undt  Copey  der  Kecht  und 
Gerechtigkeit  der  Probstey  und  derselben  angehörigen  DörfiFern  des 
StifiFts  beeder  Sanct  Johannes  zu  Haug  zue  Würtzburg  bey  dem 
ehrw.  und  edlen  Herrn  Erasmo  Neustettern  Stürmern  genannt 
üorabherrn  zu  Bamberg  und  Würtzburg  auch  beeder  Ort  zu  Sanct 
Gangolff  und  Haug  Probsten  etc.  zusammengetragen  im  Jahr  1579. 
Papier,  321  Blätter;  hieran  schliesst  sich  ein  jüngeres  Copeybuch 
(No.  90),  das  Urkunden  von  1405  bis  1736  enthält;  ferner  ein  kleiner 
Rotulus  documentorum  in  causa  capituli  in  Haugis  contra  mona- 
sterium  Amorbach  vom  Jahre  1627  (No.  91);  ein  kurzes  Yerzeichniss 
aller  Gerechtsamen,  Einkünfte  und  Beschwerden  der  Probstey  Haug 
1780  (No.  91*)  und  Beschreibung  der  Weinberge,  die  der  Probstei 
zehntpflichtig  sind,  1791  (No.  9^).  Vom  Procuracie-Amt  stammt  die 
Regula  Procuraciae  (No.  71),  worin  die  Gefälle  und  Obliegenheiten 
desselben  niedergeschrieben  sind,  aus  der  Mitte  des  fünfzehnten 
Jahrhunderts ;  merkwürdig  ist  das  darin  befindliche,  vom  öffentlichen 
Notar  aufgenommene  Yerzeichniss  der  nicht  unbedeutenden  Stifts- 
bibliothek aus  dem  Jahre  1554. 

Vom  Oblei-  und  Omatamt  haben  sich  keine  Bücher  erhalten; 
dagegen  sieben  vom  Kellereiamt,  das  älteste  (No.  73)  um  das  Jahr 
1450  geschrieben,  weil  darin  Ekarius  von  Milz  als  Dekan  erwähnt 
ist,  voran  geht  ein  Kalender,  Papier;  vollständiger  ist  das  zweite 
aus  dem  Jahre  1508  (No.  74)  in  gross  folio,  Pergament ;  etwas  später 
das  folgende  (No.  75)  ebenfalls  folio,  Pergament ;  das  vierte  im  Jahre 


56  Contzen :  Die  Urkunden  des  Bisthums  *Würzburg. 

1542  —  45  unter  dem  Dekan  Michael  Hüttner  geschrieben,  folio, 
Pergament,  am  Schhiss  die  forma  cellerarii  vom  Jahre  1513  unter 
dem  Dekan  Philipp  Suppan,  Pergament  (No.  77);  das  fünfte  ist  im 
Jahre  1543  angelegt,  auf  Papier;  wichtiger  ist  das  voranstehendo 
Nekrologium  mit  den  Einträgen  von  1538 — 70  (No.  78);  eine  Kegula 
Cellariae  Haugensis  ist  aus  dem  17.  Jahrhundert  (Xo.  81);  das 
einzige  Copialbuch  des  Amts  ist  aus  neuerei*  Zeit :  Copeybuch  der 
befindlichen  Documenten  und  Briefschaften  desz  Kellerey  -  Amts. 
Actum  2.  Januarii  1703  (No.  88*).  —  Der  über  vicariarum  in  Hang 
(No.  76)  aus  dem  Jahre  1510  mit  spätem  Einträgen  zählt  die  Ein- 
künfte und  Lasten  der  dreissig  Vicarien  auf,  die  ebenso  einer 
eigenen  Verwaltung  unterstellt  waren,  als  die  des  im  Jahre  1594 
erkauften  Eitterguts  und  Dorfs  Acholshausen  (unter,  dem  Namen 
des  Büchsenamts). 

Das  Präsenzamt,  das  hier  dieselben  Obliegenheiten  hatte  wie 
jenes  beim  Domcapitel, ,  hinterliess  uns  ein  Calondarium  oder  Necro- 
logium  sive  über  Regulae  fraternitatis  in  Hang,  begonnen  1450 
mit  spätem  Nachträgen  (No.  70),  Pergament,  geht  bis  zum  4.  De- 
cember,  die  folgenden  Blätter  fehlen.  Ausserdem  ist  noch  besonders 
hingewiesen  auf  das  schätzbare  1450 — 90  geschriebene  Copialbuch 
des  Präsenzamtes  (No.  72),  das  uns  den  Inhalt  der  Stiftungen  erhalten 
hat;  starker  FoUoband,  Pergament. 

Die  Capitels- Protokolle  des  Stifts  Hang  haben  sich  nicht  alle 
erhalten;  das  älteste  beginnt  mit  1584  und  geht  bis  1601;  dann 
folgt  eine  Lücke  bis  1627;  von  da  sind  die  Protokolle  bis  1760, 
dann  von  1763—1777,  ferner  von  1779—1788  und  endlich  von 
1801 — 1803  in  25  Bänden  erhalten.  Ein  s.  g.  Archivs-Protokoll  von 
1786—  1803  enthält  nur  die  Nachweise  über  das  im  Archiv  auf- 
bewahrte Geld  und  dessen  Yerweiidung.  Ausserdem  sind  noch  (No.  89) 
24  Testamente  der  Canoniker  und  Vicare  aus  dem  vorigen  Jahr- 
hundert vorhanden. 

(Fortsetzung  folgt.) 


IL  Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive. 

Von 

Max  Josef  Neudegger, 

Sekretjlr  am  k.  geh.   Staatsarchiv  zu  München. 

(Fortsetzung.) 

10.  Das  (Jeheime  Urkunden-Archiv. 
Xm.  bis  XYII.  Jahrhundert. 

Bis  zum  Jahre  1595  bestand  zu  Münclien  nur  ein  Archiv. 
Es  war  dieses  das  alt -herzogliche  „Briefgewölbe",  welches  das 
dritte  Jahrhundert  seines  Bestehens  vollendet  haben  mochte,  als  im 
obengenannten  Jahre  die  Gründung  eines  zweiten,  und  zwar  jenes 
Akten- Archives  unternommen  wurde,  das  wir  als  sogenanntes 
„äusseres"  oder  „Landesarchiv"  in  der  ersten  Darlegung  zur 
G(\schichto  der  bayerischen  Archive  in  seiner  ganzen  Entwicklung 
kennen  gelernt  haben.  Der  Zeitfolge  entsprechend  sollte  daher  dieses 
nunmehr  zu  behandelnde  ursprüngliche  Archiv  zuerst  besprochen 
worden  sein;  jedoch  war  es  von  Anfang  an  des  Verfassers  fest- 
stehender Plan,  die  ältere  Zeit  nicht  zu  berühren.  Das  Geheime 
Archiv  hätte  auch  in  keiner  Periode  so  vielfach  Gelegenheit  geboten 
zu  jenen  Aufschlüssen  über  Stand  und  Art  der  älteren  Staatsver- 
waltung, wie  solche  gleichwohl  zum  Verständniss  auch  dieses  Archives 
als  bekannt  vorauszusetzen  sind.  Indem  ich  mich  daher  auf  jene 
wieder  beziehen  darf,  gebe  ich  hier  allein  jene  vorgeschichtlichen 
Grundzüge,  welche  nöthig  sind,  um  mit  dem  Geheimen  Urkunden- 
archiv nach  der  Zeit  des  30jährigen  Krieges  beginnen  zu  könnei^ 
was  im  Sinne  wieder  jener  Grundfragen  zu  geben  ist,  nach  denen 
bei  der  darstellenden  Geschichte  von  Staatsinstituten  zu  verfahren, 
nämlich  den  Fragen  nach  Entstehung,  Kompetenz  und  Verwaltung. 

Wir  treffen  die  Natur  des  Archivs  besonders  für  die  ältere 
Zeit,  wenn  wir  den  „Kanzler,  Brief-  und  Siegelbewahrer*' 
in  einer  Person  erkennen.    Damit  kann  von  einem  „herzoglichen 


58  Neudegger : 

Brief^ewölbe  in  München"  seit  Ludwig  dem  Strengen,  dem  Erbauer 
des  Alten  Hofes  seit  1253,  gesprochen  werden,  seit  dem  Bestehen 
des  ersten  Regierungsorgans  daselbst,  der  „Kanzlei"  mit  dem  „ober- 
sten Schreiber"  oder  „Kanzler".  Dieser,  das  Bindeglied  zwischen 
dem  später  hinzutretenden  Hofrath  und  der  Exekutive,  zugleich 
auch  Rath  und  Beamter  in  einer  Person,  hinterlegt  selbst  die  vor- 
züglichen Originale  der  Briefe  und  hat  allein  den  „Verschluss  des  Ge- 
wölbes", das  anfänglich  nur  eine  Exkavation,  eine  Art  Wandschrank 
im  Kanzleigewölbe  selbst  gewesen  zu  sein  scheint  Verhält  sich 
zwar  diese,  fast  schematisch  sich  ausnehmende,  primitive  Gestaltung 
zu  dem  nachfolgenden  Archivwesen  unseres  Königreichs  ungefähr 
wie  eine  natürliche  Voraussetzung  zu  dem  davon  abgeleiteten  System, 
so  hat  es  doch  einen  Reiz,  ja  unter  der  foi*schenden  Hand  des 
Staats-  und  Geschichtskundigen  keine  geringe  Bedeutung,  das, 
was  in  Mitte  liegt,  mit  allen  Ursachen  und  Erscheinungen,  im 
Angesichte  der  überlieferten  Geschichte,  besonders  abzuhandeln.  Da 
aber  gerade  die  Geschichtsforscher  aller  Disziplinen  auf  dieses 
Punctum  saliens,  auf  das  allezeit  hinter  der  Kanzlei  liegende  Archiv, 
naturgemäss  heute  besonders  eindringen,  so  dürften  ihnen  selbst 
schon  ganz  bescheidene  Andeutungen,  die  sie  weiter  leiten,  aus 
eigenem  Hause  nicht  unerwünscht  sein. 

Dass  Bayern  in  der  glücklichen,  unläugbar  auch  nützlichen 
Lage  ist,  sein  Archivwesen  fast  lückenlos  sowohl  in  Beständen  als 
in  Verwaltung  bis  zu  jenem  Ludwig  den  Strengen  zurückzuführen, 
ist  schon  ersichtlich  gewesen  aus  jenen  bei  der  Abhandlung  über 
das  äussere  oder  Landesarchiv  eingeschalteten  Verzeichnissen,  be- 
sonders den  ältesten  „Registraturen",  welche  noch  heute  vorhanden 
sind.  Indem  dort  ferner  unter  dem  J.  1595,  von  welcher  Zeit  an 
das  Geheime  Archiv  zum  Unterschiede  von  jenem  äusseren  das 
„innere"  genannt  wurde,  auf  das  bayerische  Kanzlei-  und  Ver- 
briefungs-Verfahren  hingewiesen  ist,  bedarf  es  nur  mehr  der  Her- 
vorhebung, dass  eben  jene  seit  Kaiser  Ludwig  chronologisch  geführten 
und  im  Geheimen  Archive  hinterlegt  gewesenen  Registraturen  nicht 
als  Kanzlei-  oder  Archivs-Manualien,  als  einfache  Handweiser  im 
heutigen  Sinne,  sondern  als  „Bayerns  Landes-Registraturbücher"  zu 
erkennen  sind,  über  deren  gewissenhafte  Führung,  so  wie  die  sichere 
Hinterlegung,  Extradition  u.  s.  w.  der  Briefe  überhaupt  die  bayerische 
Landschaft  eifersüchtig  wachte.  (Vgl.  die  Landesordnungen  und  Landes- 
theilungen und  hiezu  die  Bedenken   der  Landschaft  in  Bezug  auf 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  59 

bayer,  Gerichts-  und  Kanzlei- Verfassung  bei  Krenner,  b.  Landt. 
Handlungen  seit  1429). 

Die  Ingrossationen  der  Kanzler  -  Archivare ,  auch  noch  die 
Repertorien  E.  Fend's  (f  1585)  wurden  als  Beweisbücher  hinterlegt 
und  abgefasst.  Das  Original  des  Eegistraturbuches  Kaiser  Ludwigs, 
in  jenen  bayer.  Privilegion-  und  Ingrossations-Büchern  eingebunden, 
hat  Böhmer  zu  seinen  Regesta  imperii  i)  benützt.  Während  Heigel 
in  seiner  Quellenkunde  zur  bayer.  Geschichte  dessen  vollständige 
Ausbeute  empfiehlt,  ist  hier  vielleicht  die  Bemerkung  erwünscht, 
dass  sich  ein  grosser  Theil  der  übrigen  Landesregistraturen  sowohl 
in  den  erwähnten  Privilegien-Tomen  als  auch  in  Arroden's  mehr- 
bändigem Repertorium  .eingeheftet  findet. 

So  mag  es  anschaulich  geworden  sein,  dass  sich  die  Begriffe 
Kanzlei  und  Archiv  längere  Zeit  decken,  dass  das  letztere  in  seiner 
Entwicklung  an  erstere  sich  knüpft,  und  dass  das  Briefgewölbe 
seine  Aufgabe  bei  dem  um  die  Kanzlei  sich  gruppirenden  Hofrath 
zu  erfüllen  und  dessen  Schicksale  zu  theilen  hat.  Noch  im  J.  1553 
hängt  daher  der  Paragraph,  welclier  das  Briefgewölbe  behandelt, 
der  „Hofraths-'*,  beziehungsweise  der  „Hofkanzlei  -  Ordnung"  an, 
u.  A.  bestimmend,  dass  „die  gemeinen  Insiegel  heraussen  in  der 
Kanzlei"  gehalten  werden  dürfen,  jedoch  das  „Sekret-Insigel"  (das 
spätere  sog.  grössere  und  Kabinets-Siegel)  und  „die  Ringe"  vom 
Kanzler  selbst  im  Gewölbe  unter  Yerschluss  zu  halten  seien;  dort 
aber  sollen  auch  „die  brieflichen  Urkunden,  schriftlichen  Handlungen 
und  die  Registraturen  in  guter  Ordnung"  gehalten  werden. 

Mit  der  Bearbeitung  der  heranwachsenden  Bestände  scheint 
auf  Veranlassung  des  Kanzlers  der  erste  Sekretär  betraut  worden 
zu  sein,  bis  die  Aufstellung  eigener  Persönlichkeiten  nothwendig 
wurde.  Denselben  ward  ihre  Aufgabe  und  ihr  Amt  in  jener  Ord- 
nung vom  Jahre  1585/86,  wovon  bei  der  Untersuchung  über  die 
Gründung  des  äusseren  Archives  die  Rede  war,  zum  ersten  Malp 
generell  festgesetzt  und  die  Bezeichnung  der  Archivare  ge- 
geben. So  schien  es,  als  ob  es  jetzt  nur  zeitweilig  der  Erweiterung 
der  Lager-Räume  der  Archivalien  bedurft  hätte,  um  des  Archiv- 
amtes klaren  und  ungestörten  Fortlauf  auf  ewige  Zeit  zu  sichern. 
Doch  war  gerade  der  innere,   an   ihr  nicht  ersichtliche  Grund  zu 


*)  Ludoviei,  vgl.   die  Vorrede  hier  und  zu  den  Witteisbacher  Kegesten 
und  das.  seine  Ausführungen  über  unsere  Archive. 


60  Neudegger: 

der  Ordnung  vom  J.  1585/86  der,  dass  die  Errichtung  eines  zweiten 
Kanzleramtes,  eines  „obersten"  (1586),  die  fernere  Zuständigkeit  des 
Geh.  Archives  in  Frage  gestellt  hatte,  umsomehr  als  der  bei  dem 
Geheimen  Raths- Kollegium  an  der  Spitze  der  Geh.  Kanzlei  in  der 
Residenz  geschaffene  Oberst-Kanzler  im  Amte  geschieden  war  von 
dem  in  seinem  Gewölbe  im  Alten  Hofe  verbliebenen  Archive.  Dieses 
blieb  jedoch  unter  dem  Verschlusse  des  neuen  Kanzlers,  und  es  folgte 
also  das  Geheime  Archiv  naturgemäss  der  Instanz  des  Geheimen 
Rathes;  ja  es  war  auch  das  Gleiche  mit  dem  zweiten,  dem  Akten- 
Archive  beabsichtigt,  als  dieses  zwischen  1589  und  1595  von  jenem 
sich  ablöste,  nur  dass  hier  dem  Hofkanzler  mit  dem  Rechte  der 
Benützung  und  der  Beschaffung  des  Personales  ein  Mitverschluss 
eingeräumt  war.  Das  Recht  der  Zuständigkeit  des  Aktenarchives 
zu  der  nunmehr  konstituirten  höchsten  Stelle,  bis  1617  gewahrt, 
ging  seitdem  nur  durch  Unterlassung  verloren,  und  daher  kamen 
jene  Kontroversen  mit  dem  Hofrath  zur  Zeit  Aettenkhovers  und 
jenes  vollständige  Zurücktreten  des  äusseren  Archives  unter  dem 
letzten  ArcMvare  1776—1792.  Die  Archiv-Frage  von  1585—1595, 
deren  Lösung  bereits  in  jene  über  das  ursprüngliche  Lokal  des 
äusseren  Archiv-Gewölbes  gelegt  wurde  und  in  den  dortigen  Ori- 
ginal-Stellen enthalten  ist,  gelangte  hiemit  zur  vollständigen  Klarheit. 

Das  Herausgreifen  des  persönlichen  Momentes,  wo  es  dauernd 
auf  ein  Objektiv  gewirkt  hat  —  aus  sachlichen  Gründen  nicht 
allein  Pflicht  der  politischen,  sondern  jeder  Geschichtschreibung  — 
scheint  um  Ursache  und  Wirkung  willen  am  wenigsten  bei  der 
•  Klarstellung  solcher  Verhältnisse  umgangen  werden  zu  dürfen, 
denen  die  einstigen  Autoren  und  Berufenen  Gestalt  gegeben  oder 
mit  Aufwand  einer  Lebensarbeit  das  Ganze  der  eigenen  Fähig- 
keiten verliehen  haben.  Alle  Theile  des  Staats-Organismus  gingen 
einst  aus  der  bildenden  Hand  eines  Referenten  hervor,  und  aus 
der  Plastik  ihrer  Ordnungen  erkennen  Nachfolger  noch  spät  die 
ursprüngliche  Seele,  die  Motive,  um  sie  zu  überliefern  und  weiter 
zu  modelliren. 

Sowohl  die  Archivare  als  ihre  Amtsführungen  unterschieden 
sich  nach  zwei  Seiten,  insoferne  als  erstere  das  Warten  des  Archivs 
als  Funktion  (Verschluss)  oder  als  Amt  (Bearbeitung  und  persönliche 
Bedienung)  betrachteten.  Die  Archivare  wurden  auch  nach  dem 
herrschenden  Bedürfniss  bestellt,  je  nachdem  es  gerathener  erschien, 
einen  Finanzmann,  Juristen  oder  Geschichtskundigen  zu  berufen. 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Arcliive.  61 

War  diese  Besetzungsart  dadurch  geboten,  dass  der  Archivar 
eben  dieses  Amtes  walten  sollte,  um  von  allen  Eeferenten  —  dieser 
Terminus  ist  schon  im  XTI.  Jahrhundert  üblich  —  der  Kundigste 
zu  werden,  um  der  erste  Kath  und  das  Orakel  zu  sein,  so  wurde 
umsomejir  an  der  Grundbedingung  bei  allen  festgehalten,  dass  sie 
bereits  ,,guto  Wissenschaft  von  alten  Dingen"  d.  i.  die  bestmögliche 
Kenntniss  der  geschriebenen  und  hergebrachten  herzoglichen  Rechte 
und  Prätensionen  mit  der  Fähigkeit,  sie  zu  „traktiren"  (literarisch 
abzuleiten)  mitbrachten.  Sie  traten  in  der  Eegel  als  Geheime  Sekre- 
täre oder  Hofräthe  ein  und  schritten  in  der  Beförderung  parallel 
mit  den  Hof-  und  Geheimen  Käthen  fort,  je  nach  den  Bedürf- 
nissen des  Archivs  oder  der  Referate  „den  Rath  fi-equentirend"  oder 
hievon  befreit. 

So  ist  endlich,  um  von  der  älteren  Zeit  zur  neueren  tiber- 
zugehen und  den  Zusammenhang  der  Dingo  deutlich  erscheinen  zu 
lassen,  die  Mittheilung  sich  ergänzender  Personal-Reihen  vielleicht 
umsomehr  dienlich  und  erwünscht,  als  sie  auch  der  Möglichkeit 
einer  kontinuirenden  Darstellung  unserer  Staatsverwaltung  über- 
haupt eine  Aussicht  eröffnen. 

Reihe  der  bayerischen  Kanzler  (diese  nach  älterer 
Sammlung) : 

1261  Meister. Dietrich  (Propst  zu  ümünster,  Ludwigs 
des  Str.)  Oberster  Schreiber.  1266  Albert  (Propst  zu 
Ilmünster)  Ob.  Schreiber,  Kanzler,  Protonotar.  1322 
Berthold  von  Tuttlingen,  1325  ff.  Ulrich  der  Wild, 
XJlrichHagenor,  Bonagratia,  Ulrich  von  Schöneck, 
Bischof  von  Augsburg  (Kaiser  Ludwigs)  Kanzler.  .  .  . 
1367  Erhard  der  Meringer  (Herzog  Stephans)  Kanzler. 
1396  Wernher  Pachmayr,  1430  Goerz  Geheim- 
schreiber. 1432  Priedr.  Aichstetter  (H.  Wilhelms) 
Schreiber.  1456  Hans  Roessler,  1508  Neuhauser 
(Propst  bei  U.  L.  F.),  1516  August  in  Loesch,  1548 
Leonhard  von  Eck,  1560  Simon  Eck,  1508  Johann 
Schwappach,  1575  Christof  Ulrich  von  Elsenheim, 
Hofkanzler. 
Reihe  der  Oberst-  (auch  Geheimen  Raths-  später 
Staats-)  Kanzler: 

1586   Christof  Ulrich   v.  Elsenheim,  1590  Hans 
Georg   Herwart   von   Hohenburg,    1598    Joachim    v. 


62  Xeudegger : 

Donnersperg,  1644  Bartholomäus  Eichel,  1649 
Johann  Adlzreiter  von  Tettenweis,  1662  Joh.  Georg 
V.  Oexl,  1667  Joh.  Kasp.  Frh.  v.  Schraid,  1694—1704 
Joh.  Rudolf  Frh.  v.  Waempl,  1725  Franz  Jos.  Frh. 
V.  Unertl,  1749  Franz  Andr.  Frh.  v.  Praidlohn, 
1758  Alois  Wig.  Frh.  v.  Kreittraayr,  1790  Frh.  v. 
'Hertling,  1799  Max  Jos.  Frh.  v.  Montgelas. 

Geh.  Archivare:  .  .  .  Augustin  Kölner  (tabularius  boicus, 
1549  f  nach  Aventin).  1554 — 1585  Hans  Schwarz,  Joh. 
Schwappach,  Erasmus  Fend  (Hofkammer-  u.  Geh.  Rath). 
1585  Joh.  Gailing  (Hofrath).  1589  Mich.  Arroden  (Hof- 
kaplan). 1595  Christof  Gewold  (Hofrath  und  Kabinets- 
Sekretär).  1618  Joh.  Mändl  (Geh.  Sekretär,  .  .  .  Hof- 
kamnierpräsident,  Geh.  Rath).  1638  Joh.  Adlzreiter  (Geh. 
Sekretär,  .  .  .  Kanzler  1662  t). 

Und  nun  in  medias  res.  i) 

11.  Job.  Sebastian  v.  Wämpl,  Geh.  Rath,  1662—1694, 
J.  U.  D.  und  Lizentiat,  Rath  der  Regierung  zu  Landshiit,2) 
scheint  um  1646  durch  Adlzreiter  nach  München  gekommen  zu 
sein,  wo  er  als  Hofrath  verwendet  und  später,  sclion  Arclüvar,  in 
den  Revisionsrath  berufen  wurde.  Beide  Männer  begegneten  sicli 
längere  Zeit  sowohl  in  als  ausser  dem  Archive,  wie  das  Wämpl's 
Arbeiten  mit  sich  brachten.  Wir  finden  Um  als  Deputirten  zum 
Reichstage  in  Begleitung  OexFs  zu  Regensburg  (1652)  und  bethei- 
ligt bei  der  Vergleichung  mit  Nürnberg  wegen  der  oberpfiilzischen 
Gerichte  (1661).  Adlzreiter 's  Tod  legte  ihm  das  Archiv  1662  in 
die  Hände. 

Sein   Amtsantritt  gibt    sicli    in   Bälde    kund    durch    die  Ein- 
forderung von  Urkunden  über  die  jüngsten  Akte  von  1654 — 1658, 


*)  Quellen  sind  allein  die  Akten  und  bezüglichen  Handschriften 
an  den  vier  Münchener  Archiven  sowie  der  k.  Hof-  und  Staatsbibliothek»  be- 
züglich deren,  sowie  der  hinzutretenden  Literatur,  die  früheren  Kürzungen 
wieder  Anwendung  linden. 

*)  Das  Geschlecht  der  Wämpl  zu  Landshut  giib  dieser  Stadt  einige 
Bürgenneister  und  der  Regierung  und  Landsrliaft  zu  München  mehrere  Käthe, 
Kanzler  und  Verordnete ;  alle  hiessen  sie  Johann  oder  Peter,  und  ist  ihr  Nicht 
auseinandiThalten  geeignet,  erhebhche  Irrthümer  zu  erzeugen.  Vor  Allem  sind 
<ler  Landschafts-  und  der  Oberst  Kanzler  (wie  diess  auch  für  die  Herwart, 
Unertl  u.  s.  w.  gilt)  und  unser  Archivar  verschiedene  Personen. 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  63 

bezüglich  auf  Polens  Königskrone,  das  Reichsvikariat,  das  Bündniss 
mit  Mainz,  die  Besetzung  Weidens.  Fast  ist  es  zu  schwierig,  in 
ebenso  kurzer  als  gerechter  Weise  über  30  Jahre  einer  Thätigkeit 
liinwegzukommen,  welche  eine  so  gewaltige  Sammlung,  wie  sie  jetzt 
schon  das  Urkundenarchiv  darstellte,  sozusagen  von  unten  nach 
oben  kehrte  und  noch  ausser  dem  Hause  bei  den  Behörden,  seH)st  an 
benachbarten  Höfen  ununterbrochen  nach  abgängigen  Stücken,  nach 
ganzen  Archiven  forschte.  Ohne  Zweifel  war  es  Adlzreiter's  Ver- 
mächtniss,  welches  ihn,  den  vertrauten  Eidam,  lehrte,  wo  das  Archiv 
Lücken  zeigte,  wo  eine  Deduktion  der  Rechte  Unterbau  verlangte. 
Lade  nach  Lade  wurde  daher  durchgegangen  und  hier  fanden  sich 
Verzeichnisse  und  Merkzettel  von  dem,  was  hier  hineingehörte  oder 
was  überhaupt  gebrach. 

Auch  dieses  Archiv,  das  der  „Briefe  und  Briefereien" 
(Urkunden  je  nach  der  Verbriefungsform  in  Pergament  oder  Papier, 
je  nach  der  Materie  unterschieden)  hatte  nicht  systematische  Ord- 
nung. Die  Urkunden  waren  in  Schränken  verwahrt,  deren  Anzahl 
mit  dem  Bedürfniss  wuchs.  Die  Schränke  führten  die  Buchstaben 
des  lateinischen  Alphabets  (A — Z),  von  denen  einige,  scheint  es, 
offen  gelassen  waren  zur  späteren  FüUung.  Jeder  Schrank  hatte 
mindestens  30,  meist  40  Laden,  welche  die  Unternummern  bildeten 
zur  Schrank-Litera.  Letztere  kam  später  in  Verfall  und  alle  Laden 
wurden  durchgehend  von  1 — 400  S.  bezeichnet.  Jetzt  waren  noch 
die  beiden  Arroden'schen  Schränke  mit  ihren  je  30  Laden  vor- 
handen. „Die  Registraturen"  stimmten  in  ihrer  Literirung  mit  den 
Schränken  überein,  und  es  dürfte  die  Sammlung,  welche  aus  ihnen 
eben  Arroden  (1589 — 94),  unter  Hinzufügung  neuer  herstellte,  die 
letzte  historische,  vollständige  und  vereinigte  gewesen  sein.  Uebrigens 
ist  es  hiedurch  er  gewesen,  welcher  anfing,  Werke  seiner  Vorgänger 
aufzulösen  und  andere  mit  den  seinigen  zu  vereinigen,  zu  welchem 
Thun  ihn  auch  Utilitüt,  Umlagerung  von  Beständen  veranlasst  haben 
kann.  Wämpl  dagegen  und  seine  nächsten  Vorgänger  scheinen  sich 
auf  heftweise  Verzeichnung  des  neu  Hereingelangenden  beschränkt 
zu  haben  und  wahrscheinlich  legten  sie  diese  neuen  Spezial-Registra- 
turen  in  die  Laden  zu  den  Urkunden.  Diese  und  andere  Original- 
Verzeichnungen  scheint  seinerzeit  der  Glaube,  dass  neue  Manualien 
ältere  ohne  Unterschied  werthlos  machen,  in  der  Folge  zerstreut  zu  haben. 

Der  natürliche  Aufbau  dürfte  doch  nie  entbehrlich  werden, 
denn  es  trägt  das  zeitliche  Inventar   und  Register  hundert   Eigen- 


64  Neudegger : 

Schäften  der  Archivalien  Rechnung,  welche  später  nicht  mehr  er- 
kannt werden  und  deren  Verlorengehen  das  Archivale  für  spätere 
Benützung  ertödtet.  Von  Doubletten  geben  wir  lieute  stets  der 
älteren  den  Vorzug  und  von  alten  Tekturen  erhalten  wir  oft  die 
besten  Aufschlüsse. 

Nur  von  Adlzreiter  erübrigt  ein  in  charakterisirender  Enge 
fast  unansehnlich  erscheinender  Plan  zu  einer  systematischen  Um- 
arbeitung des  Archivs,   nach   welchem    er   Hauptmaterien   mit    der 

Bezeiehnimg  A.  B unterschied,   und  welcher  iinter  F — J  die 

Urkunden  über  die  vier  Rentämter  umfasste.  Der  Plan  verfügte 
über  343  Laden. 

Wämpl  ergriff  sein  Amt  als  ausschliessliche  Aufgabe.  Denn 
da  Maximilians,  des  grossen  Kurfürsten,  Politik  noch  nachwirkte, 
und  die  Absichten  der  Kanzler  Oexl  und  Schmid  mit  gleicher 
polarer  Meidung  Oesterreichs  wie  Frankreichs  eine  gesunde  Mittel- 
stellung Bayerns  bezweckten,  und  dieser  deutsche,  leider  nur  im 
Kanzleramte  erblich  gewesene  Staatsgrimdsatz  einstweilen  den  Frieden 
erhielt,  so  galten  der  Vertiefung  und  der  inneren  Arbeit  alle  Kräfte. 
Dadurch  wird  es  erklärbar,  dass  unser  Geheimer  Archivar  schon  im 
J.  1665  eii\e  Reihe  gewählter  historisch-staatsrechtlicher  Deduktionen 
vorlegen  konnte,  welche,  in  hohem  Grade  bezeichnend,  alle  auf  die 
künftigen  Interessen  Bayerns  und  seines  Fürstenhauses  abzielten.  Die 
wir  den  nachgefolgten  wirklichen  Verlauf  der  Geschichte  kennen, 
müssen  uns  verwundern  über  die  10  Thema,  welche  Wämpl  in  einem 
„Elenchus"  (1665)  selbst  aufzählte.  Er  erweiterte  diese  Deduktionen 
und  fügte  ilmen  neue  hinzu,  so  dass  er  sie  um  1672  unter  19  Titeln 
in  grösserem  Verzeichnisse  anzeigen  konnte.  Indem  deren  Wieder- 
gabe zuviel  Raum  beanspruchen  würde,  doch  überzeugt,  dass  sie  der 
Gesclüchtsschreiber  aufsuchen  wird,  genüge  uns  die  Mittheilung,  dass 
ihre  diplomatisch-ki-itische  Besprechung  eine  Archivar-Schule  prak- 
tisch beschäftigen  kann.  Die  Verzeichnisse  und  Proben  der  Allheiten 
hat  Rockinger  „über  ältere  Arbeiten  zur  bayer.  u.  pfälz.  Ge- 
schichte^^ etc.  (I.  11.  78  u.  I.  No.  33.  46.  [I.  77—79)  gegeben. 

Wämpl  arbeitete  nämlich  u.  A.  auch  die  nach  Voraussicht  einmal 
eintretenden  Ansprüche  Bayerns  („Prätensionen^',  deren  Eruirung 
auf  Titel,  Allodien  und  Staatsgüter  in  grösserem  Massstabe  die  ge- 
heimen Archive  auch  in  diesem  Jahrhunderte  beschäftigte)  gegen- 
über allen  anverwandten  Fürstenhäusern  auf  Grundlage  der  Verträge 
aus,  deren  Evidenz,   d.   i.   Reclierche,   Sammlung   und  Zusammen- 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  65 

Stellung  damals  des  Archivars  allerdings  nächstliegende  Aufgabe 
war.  Dass  diese  seine  durchaus  archivalischen  Untersuchungen  „auf 
eintretenden  Fall",  wozu  er  sich  den  Apparat  an  Stammbäumen  etc. 
wieder  selbst  erst  aus  den  Urkunden  konstruirte,  manchmal  von 
besonderem  Interesse  sind,  zeigt  der  „fall  da  der  manliche  stamen 
der  Ertzhertzogen  in  Oesterreich  absterben  solt",  für  welchen  er  — 
es  ist  zu  beachten  im  J.  1665  —  12  selbstgestellte  Fragen,  auch 
in  Bezug  auf  Böhmen  und  Ungarn,  historisch  und  juristisch  beant- 
wortete. Griff  dieser  Ti-aktat  fast  ein  Jahrhundert  voraus  (und  wo 
ruhte  die  Arbeit  dieses  Vorgängers  im  J.  1740?),  so  lagen  näher 
die  Fragen,  welche  den  Abgang  der  pfälzischen  Kurlinie  zu  behandeln 
scheinen.  Eine  bezügliche  Arbeit  liegt  aus  dem  J.  1672  (R.  a.  a.  0. 1.  6) 
vor.  Mögen  diese  und  andere  Arbeiten  auch  unmittelbar  vorliegende 
Thatfragen  beantwortet  haben,  so  ist  es  augenscheinlich,  dass,  wozu 
ihn  seine  ausgezeichnete  Stellung  berechtigte,  Wämpl  höhere  Ziele  an- 
strebte, nämlich  eine  aUmälilige  Ausbildung  des  bayer.  Territoriums 
vor  Allem  durch  Vereinigung  der  Pfalz  und  Neuburgs  mit  Bayern. 
Die  Vereitelung  dieser  Ziele,  denen  der  Glaube  an  ein  Deutschland 
zu  Grunde  lag,  wurde  ja  auch  nur  durch  das  französische  und 
habsburgische  Schwert  herbeigeführt.  Aus  dem  bayerischen  Krieg 
und  den  nachfolgenden  Landtags-  und  Reichshandlungen  (1504  fl*.), 
aus  der  Zertretung  und  schliesslichen  Entwehrung  Bayerns,  alles 
in  Manuskripten  (Kölner's)  und  Urkunden  im  Archive  vorhanden, 
kannte  ja  der  Landshuter  Wämpl  —  wie  Adlzreiter  und  Maximilian 
selbst  —  das  alt -habsburgische  krudele  Schema  der  Vernichtung 
edler  Geschlechter. 

Eben  zu  jener  Arbeit  vom  J.  1672  und  deren  einzelnen 
Fragen  bedurfte  Wämpl  Aufschlüsse,  welche  er,  wie  es  schien,  nur 
aus  dem  pfalzischen  Archive  zu  Ifeuburg  selbst  erhalten  konnte. 
Er  begab  sich  desshalb  (1668)  im  Auftrage  Ferdinand  Maria's,  wie 
ein  Gesandter  und  mit  Creditiv  versehen,  dorthin  zu  Philipp  Imdwig, 
welcher  ihm  die  Durchsicht  seines  Archivs  gerne  gestattete.  Wie  zu- 
vorkommend sich  ihm  dort  auch  P.  Albert  Kurz  S.  J.  (der  Dritte  der 
berühmten  zu  München  und  Wien  thätigen  Brüder)  erwies,  so  ernst 
kam  ihm  der  Kanzler  Wieser  entgegen.  Allerdings  hatte  sich  Wämpl 
(wie  Konzepte  von  ihm,  Schmid  und  Berchem  bezeugen)  auch  „mit 
sonderm  Fleiss  unvermerkt  nach  Originalen  umzusehen,  wohin  un- 
sererseits wegen  dieser  (gewissen)  Partikularsache  die  Intention  gehe." 
Das  Neuburger  Archiv  war  jedoch  damals  vor  eventueller  Benützung 

Archivalische  Zeitschrift  VII.  5 


66  Neudegger: 

fremder  Rechts-Quellen  durcli  die  sichere  Brustwehr  einer  gründlichen 
Unordnung  geschützt,  und  so  niusste  daher  Wämpl  wirklich  ein  ganz 
negatives  Resultat  berichten.  Und  obwohl  im  nächsten  Jahre  „eine 
ganze  Kiste  voll  Original-Dokumente  aus  Herzog  Georgs  des  Reichen 
(1503  f)  Archiv",  von  einem  kleinen  Gesandtschaftsgefolge  begleitet, 
in  München  eintraf,  so  erging  doch,  noch  ehe  dieses,  mit  Orden 
und  Geldgeschenken  ausgestattet,  die  Stadt  verlassen  hatte,  an  den 
bayer.  Residenten  Dr.  Stoiber  zu  Wien  der  Auftrag,  eine  „Kopie 
von  dem  Donationsbrief  über  Ott-Heinrich's  Schenkung  Neuburgs 
an  Zweybrücken  in  der  Stille  und  höchsten  Geheim  zu  Wege  zu 
bringen".  Hiezu  sind  über  den  damaligen  Verbleib  von  Urkunden, 
insbesondere  aber  jener,  in  Folge  des  Kölner  Spruches  und  der 
nachfolgenden  Spezial- Verträge  von  1509  von  den  Ständen  zur 
Extradition  bezeichneten  Urkunden  Herzog  Georgs,  sowie  jener  seit 
1529  zu  Preising  hinterlegten  gemeinschaftlichen  Urkunden  folgende 
Recherchen  zu  registriren:  nach  Augsburg  1668  (vgl.  Landtags- 
handlungen von  1509),  eine  weitere  1670  durch  Berchem  an  alle 
Stellen,  selbst  an  die  Hofkaplanei  und  das  JesuitenkoUegiura  zu 
München,  1671  nach  Wasserburg,  wo  im  J.  1646  eine  Kiste  mit 
Landshuter  Archivalien  sollte  zu  Verlust  gegangen  sein  (erinnerlich 
forschte  in  demselben  Jahre  Maximilian  mit  Richel  auf  der  Trausniz 
zum  ersten  Male  nach  H.  Georg's  Archiv),  und  endlich  (1672)  eine  Kor- 
respondenz Ferdinand  Maria's  mit  seinem  Vetter  dem  Koadjutor 
Albrecht  Sigmund  zu  Freising,  welcher  dort  bereitwilligst  alle 
Archive  durchforschen  Hess.  Jedoch  waren  alle  Bemühungen  ver- 
geblich. Ein  Verzeichniss,  No.  16  der  öfter  erwähnten  alten  Re- 
gistraturen, über  die  zu  Freising  hinterlegten  Urkunden  befand 
sich  damals  am  äusseren  Archive,  während  letzterwähnter  Kor- 
respondenz ein  Summarium  hievon  beigegeben  wurde  (S.  A.  148/3); 
nach  ihm  gehörten  diese  Urkunden  von  nicht  unbedeutender  Anzahl 
meist  dem  XIV.  und  XV.  Jahrhundert  an.  Was  aber  die  Vertheilung 
von  Herzog  Georg's  Archiv  betrifft,  so  liegt  heute  zu  Karlsruhe 
ein  Original-Verzeichniss  von  dem,  was  Herzog  Wolfgangs  Archivar 
Morolt  im  J.  1558/59  nach  Heidelberg  extradirt  hat.  Krenner  aber 
hat  noch  1799  berichtweise  das  Neubu^ger  Archiv  der  Detention 
bayer.  Urkunden  beschuldigt  und  in  der  That  findet  man  in  den 
Neuburger  Repertorien,  welche  sofort  nach  WämpFs  Weggang  1670 
—  leider  ohne  System  und  Chronologie  —  angelegt  wurden  und 
bis  zum  Ende  in  Benützung  standen,  die  niederbayerischen  Landes- 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  67 

Urkunden  vorgetragen;  es  war  also  die  Neuburger  Extradition  nach 
München  vom  J.  1669  die  erste  und  letzte. 

8chmid,  seit  Oexl's  mysteriöser  Abdankung  und  Verbannung 
(1667  K.  A.  —  Geh.  Rth.  446  u.  S.  A.  unter  0.)  wirklicher  Kanzler, 
beheiTSchte  durch  Wämpl  und  Berchem  die  beiden  Münchner  Ar- 
chive. Seine  Erwähnung  geschieht  desshalb,  weil  seine  Thätigkeit  so 
häufig  auf  die  Archivverwaltung  sich  bezieht  und  weil  sie  gleii^h- 
bedeutend  ist  mit  einem  Hinweise  auf  die  innere  bayerische  Politik, 
jene  feststehende  des  Kanzleramtes  gegenüber  den  —  fast  allein 
überlieferten  —  traurigen  Erscheinungen,  welche,  immer  künstlich 
und  gegensätzlich,  durchaus  nicht  auf  Rechnung  der  Zeitverhältnisse 
allein  zu  bringen  sind,  sondern  früher  und  später  auf  eine  vater- 
landsfremde Hofpartei  zurückführen  und  welche,  einschliesslich 
der  zweifelhaften  Führung  durch  ephemere  Politiker  und  Generale, 
ernster  und  ausschliesslicher  historischer  Untersuchung,  einer  durch- 
gehenden Behandlung  mehr  oder  weniger  nicht  werth  scheinen 
möchten. 

Nicht  erst  sein  grosser  Rechtskommentar,  den  der  Kanzler 
gleichfalls  in  der  Abdankung  schrieb,  sondern  eine  grosse  Anzahl 
kleinerer  Deduktionen  war  es,  wegen  deren  er  seit  langem  den  innig- 
sten Verkehr  mit  Wämpl  und  den  Archiven  unterhielt  (vgl.  den 
Katalog  unserer  Handschriften);  fast  aber  möchte  es  nicht  glaublich 
erscheinen,  dass  der  bedeutende  Mann  sich  auch  in  der  Geh.  Re- 
gistratur, welche  —  nicht  das  Archiv  —  1674  bei  dem  Brande  der 
Residenz  in  Unordnung  gerathen  war,  eigenhändig  beschäftigte.  Den 
Archivar  verwendete  er  öfter  auswärts,  1679 — 1685  als  bayerischen 
Deputirten  zu  Regensburg,  wo  es  den  Frieden  von  Nimwegen,  die 
schwedisch-holländische  und  die  österreichisch-bayerische  Alliance 
zu  berathen  galt.  In  dieser  Zeit  war  es,  dass  Wämpl  dem  äusseren 
Archiv  jene  96  und  57  Säcke  Briefereien  überwies  und  als  Ge- 
heimer Rath  „ex  aedibus"  1683  eine  General -Recherche  an  alle 
Stellen  erliess  zur  Einsendung  hinterliegender  Urkunden,  „da  die 
Original  documenta  vnd  Vrkhundten  in  das  inner  oder  geheimbe 
archiv  als  an  sein  aigentKch  orth  geliflert  .  .  .  vnd  in  die  hiezu 
destinirte  Register  eingetragen  wenden  sollen".  Im  Gegensatze  zum 
Aktenarchive  verstand  sich  hier  eine  sofortige  Hinterlegung  der 
Originale.  Daran  hielten  alle  Geh.  Archivare  fest  und  so  liegen  seit 
Adlzreiter  bezügliche  Anfrage-Bögen  und  Empfangsscheine  vor.  Die 
Wiederholung  dieser  Reklamation  im  J.   1685,  in   welcher  Wämpl 

5* 


68  Xeude^er: 

ein  Verzeichniss  von  27  HauptbetrefFen  aufstellt,  lässt  deutlich  die 
letzten  Abschlüsse,  dann  auch  die  letzten  Erholungen  aus  dem 
Archive  erkennen.  Wir  finden  darin  das  Testament  Kurfürst  Ma- 
ximilians, die  österr.  Pfandschafts-  und  Schuldverschreibung  über 
32  Millionen,  den  Aufsatz  der  Eheberedung,  welcher,  wie  Wämpl 
bemerkt,  in  seiner  Abwesenheit  zu  Regensburg  zur  Abschliessung 
der  Heiraths-Urkunde  Max  Emanuels  nach  Wien  genommen  wor- 
den sei.  (R  A.  —  A.  I.  u.  S.  A.  148/3.) 

Würden  wir  Wämpl  weiter  nachgehen,  so  liessen  sich  viel- 
leicht auch  Beziehungen  zu  der  seit  1687  öfter  in  den  Akten  her- 
vortretenden „Reformationskommission"  auffinden.  Letztere  trug 
nämlich  den  Namen  von  ihrer  Aufgabe  der  Reformirung  der  Stellen, 
worunter  jedoch  im  Allgemeinen  und  hier  zunächst  nicht  Organi- 
sation, sondern  Hebung  von  Uebelständen  zu  verstehen  ist,  deren 
finanzielle  Seite  sie  zu  einer  Art  Landes-Reunionskammer  gestaltete 
mit  der  Aufgabe  der  Vindizirung  durch  die  Zeit  entfremdeter 
AUodien,  Staatsdomainen,  Staatstitel,  heimgefallener  Lehen  u.  s.  w. 
und  in  der  Beseitigung  eingerissener  Arrogationen.  (1799  griff  die 
General-Landesdirektion  auf  diese  Kommission  zurück). 

Des  Archivars  Thätigkeit  als  Geheimer  Rath  ist  theilweise  aus 
jenen  Referaten  ersichtlich,  welche  aus  der  Zeit  der  Landesabwesen- 
heit Max  Emanuels  erhalten  sind.  Nach  ihnen  scheint  damals  der 
Geh.  Rath  die  Geschäfte  durch  kumulative  Unterzeichnung  und 
Glossirung  der  seitens  der  Hauptstellen  eingelaufenen  Berichte  und 
durch  Zurückfertigung  seitens  der  Geh.  Kanzlei  erledigt  zu  haben. 

Im  J.  1687  hielt  Wämpl  sein  Leben  für  abgeschlossen.  Diess 
geht  aus  seinen  letztwilligen  Verfügungen  hervor,  welche  sich  ge- 
wissemiassen  öffentlich  (im  Cod.  B.  c.  g.  2306)  erhalten  haben. 
Dieselben  geben  denn  auch  öffentlich  ureigenes  Zeugniss  von  der 
klaren,  ordnenden  und  edlen  Art  dieses  in  seltener  Weise  verborgen 
gebliebenen,  hochangesehenen  Mannes,  liefern  aber  auch  unerwartete 
Beiträge  zur  Geschichte  einiger  Hofmarken  und  Adels-Familien, 
wie  der  Jonner  und  Bassus. 

Und  um  auch  in  seinem  Amte  Alles  gethan  zu  haben,  Hess 
er  (1690)  eine  Einforderuitg  von  Urkunden  auch  an  die  auswärtigen 
Rentämter  und  Gerichte  ergehen;  aber  noch  das  Jahr  1693  über- 
zeugt uns,  indem  er  angesichts  der  ,Je  länger  je  näher  kommenden 
französischen  Kriegsgefahren"  auf  eine  Sicherstellung  des  Archivs 
aufmerksam   machte   und   noch   sein   Votum   im   Geh.   Rathe   gab, 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  69 

dass  er,  einer  der  wenigen,  bis  zuletzt  (1694  f)  in  Amt  und  Ehren 
gebUeben  ist.  (K  A.  -  A.  36.  Eeg.  S.  I.  Rep.  56. 1.  29.  31.  Geh.  Rth. 
570.  —  R.  A.  —  A.  I.  315.  324.  -  S.  A.  148/3.  261/26.  373/1.) 

Wämpl's  Arbeiten  könnten  einem  Pessimisten  zeigen,  wozu  es 
nützt,  sich  in  Fragen  zu  vertiefen,  welche  nach  allgemeiner  ge- 
schichtlicher Erfahrung  stets  von  dem  Stärkeren  entschieden  werden. 
Da  wird  es  aber  gerade  recht  deutlich,  welchen  Fortschritt  zum 
Guten  wir  der  neuen  und  neuesten  Zeit,  dem  Jahrhundert  der 
Geschichtschreibung,  verdanken.  Dass  heute  Dynastenkriege  wenig 
und  Länderspekulationen  durch  Erb-  und  Heirathsbriefe  gar  nicht 
möglich  sind,  beruht  nicht  in  den  Ereignissen,  sondern  allein  im 
zwingenden  historischen  Argumente,  in  der  Erforschung  der 
Staatsrechte  und  der  besten  Staatsform  aus  der  Reihe  kritisch  be- 
trachteter Thatsachen.  Wenn  WämpFs  und  sämmtlicher  Archivare 
bekannte  Arbeiten  nicht  selbst  hiezu  am  meisten  unmittelbar  bei- 
getragen haben,  so  sendeten  sie  doch  in  zahllosen  Berichten  das 
beste  historische  Wissen  ein,  verzeichneten,  ordneten  und  kon- 
statirten  ohne  Unterbrechung  und  lenkten  von  Amtswegen  auf 
unzählige  Quellen  hin.  Nehmen  wir,  die  Arbeit  der  Archive  in 
einem  Falle  zu  deuten,  allein  unsere  eigene  Verfassungsurkunde  zur 
Hand,  gehen  wir  ihre  Materie  durch,  suchen  deren  Referenten  auf, 
die  Literatur,  die  sie  schufen  und  benützten,  und  endlich  ihre 
Konzepte:  das  ganze  gewaltige  Material  baute  sich  das  Land  seit 
den  ersten  Freiheitsbriefen  und  Landesordnungen  aus  den  eigenen 
Archiven.  Nie  hat  Bayern  eine  Einrichtung  von  anderem  Stamme, 
seine  höchste  Instanz  nur  vom  Reiche  genommen.  Li  der  That 
erwächst  in  der  Popularisirung,  d.  i.  in  der  allgemeinen  Aufklärung 
von  Zweck  und  Inhalt  der  Archive  ein  dienliches  Mittel  zum  Er- 
weise, dass  ein  Staat,  der  Archive  hat  und  benützt.  Dank  also 
einer  verwaltungsgeschichtlichen  Kritik,  subjektiv  und  in  Sprüngen 
gar  nicht  arbeiten  könne.  ^) 


*)  Das  hervorragendste  Beispiel  gibt  der  letzte  bayerische  Kanzler,  Mont- 
gelas;  selbst  über  ältere  bayer.  Verfassung,  Verwaltung  und  Geschichte  Studien 
anstellend,  Uess  er  sich  schon  unterm  24.  August  1799  durch  den  Legations- 
rath  Kingl  über  die  Opportunität  der  Berufung  einer  Landes  Vertretung  ein 
Memoire  ausarbeiten  und  leitete  im  J.  1803  unter  Zuziehung  der  beiden 
Krenner  Berathungen  ein  über  Vorbereitung  eines  den  geschichtlichen  Ver 
hältnissen  Bayerns  und  den  Zeitverhältnissen  gleich  entsprechenden  würdigen 
Landtages;  in  der  ersten  Sitzung  vom  8.  November  erhielten  die  Krenner  den 
Auftrag  zu  ihren  (längst  vorbereiteten)  bezüglichen  Quellen- Arbeiten. 


70  Neudegger: 

Wie  sicher  und  erhaltend  aber  auch  eine  Eegierung  auf 
ureigenem  Boden  sich  bewegt,  so  lehrt  gleichwohl  auch  noch  die 
Geschichte  unseres  Jahrhunderts,  dass  es  in  Bezug  auf  Landes- 
grenzen und  Grundgesetze  einen  Stillstand  zu  keiner  Zeit  geben 
wird,  und  daher  ist  und  bleibt  es,  entsprechend  seiner  Spezial- 
geschichte,  wieder  in  erster  Linie  der  Archivar,  welcher  in  diesem 
ernsten,  fast  sehermässigen  und  nüchternen  Gedanken  eben  seinen 
Beruf  zu  erkennen,  und  bei  seiner  Verzeichnung,  Neu-Beurkundung 
und  Oeffnung  der  Bestände  (seinem  Klarmachen  für  die  her- 
anreifende Geschichte)  mit  dem  Vorblick  des  vaterländischen 
Sachwalters  zu  verfahren,  jedes  seiner  Schlagworte  auf  der  Gold- 
wage hier  der  Vergangenheit,  dort  der  Zukunft  zu  prüfen  hat. 

Unsere  Handweiser  sind  uns  mehr  als  dies :  die  Registraturen 
des  Landes  und  seine  Ingrossationsbücher,  werthvoUer  und  reicher 
an  Erkenntnissen  als  alle  XJrtheilsbücher  der  Gerichte. 

12.  Freiherr  v.  Prielmayer,  Geh.  Rathspräsident. 
1694—1702. 

Es  war  eines  der  letzten  Dekrete  des  Kanzlers  Adlzreiter,  durch 
welches  Korbinian  Prielmayer  im  J.  1662  als  „Kanzlei-Jung" 
zu  seinen  Händen  bestellt  wurde.  Bekanntlich  wird  er  neben  einem 
Franzosen  als  Lehrer  Max  Emanuel's  und  zwar  in  den  deutschen 
und  juristischen  Fächern  bezeichnet.  Ihn,  der  mit  den  Münchner 
Regierungsverhältnissen  am  vertrautesten  war,  nahm  Max  Emanuel 
als  Leiter  seiner  Geschäfte  1692  nach  Brüssel,  und  er  vermittelte 
durch  seine  Korrespondenz  mit  den  „zu  München  hinterlassenen 
Geh.  Räthen"  —  so  lautet  seit  Max  I.  die  offizielle  Adresse  der 
ständigen  Landesregierung  d.  i.  des  Geh.  Ratlies  bei  Abwesenheit 
des  Kurfürsten  aus  München  —  die  Fühlung  mit  Bayern  in  allen 
Angelegenheiten  der  Civil-  und  Militärverwaltung.  Diese  war  aber 
wirklich  nicht  mehr  als  eine  Fühlung,  wenngleich  Max  Emanuel  von 
Brüssel  aus  eigenhändig  selbst  Münchner  Personalien  schlichtete, 
woher  eine  „Grosse  geheime  Kommission"  über  alle  Vorgänge  be- 
richtete. Diess  ist  die  Zeit  des  Verfalles  des  Geh.  Rathes,  mit  dem 
die  letzte  Geschlossenheit  einer"*  Regierung  und  Landespolitik  fiel. 

Ausweislich  Prielmayer's  Diarien  besorgte  er  gleichzeitig  in 
den  Niederlanden  die  Berichterstattung  aus  der  dortigen  Feldkanzlei, 
wie  er  auch  in  Bayern  später  (1702)  stets  im  Hauptquartier  arbeitete. 
Ganze  Bände-Reihen  sind  von  ihm  auch  vorhanden  als  bayerischem 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  71 

'Abgesandten  im  Haag  über  die  Friedensverhandlungen  der  Jahre 
1695  und  1696,  welche  mit  ßyswik  im  folgenden  Jahre  endeten, 
sowie  ungezählte  Faszikel  und  Privatkorrespondenzen,  welche  sich 
auf  die  in  Mitte  liegenden  Geschäfte  bei  Josef  Clemens  zu  Cöln, 
auf  andere  zu  Lüttich  u.  s.  w.  beziehen.  Drängte  sich  da  angesichts 
der  so  auseinandcrliegenden  und  zahlreichen  Geschäfte  der  Gedanke' 
auf  an  einen  Doppelgänger,  so  Hess  sich  doch  aus  allen  Akten  und 
einem  hienach  entworfenen  Itinerar  Prielmayer's  Identität  feststellen; 
demnach  war  er  der  ausdauernde  Begleiter  jenes  schwertliebenden, 
unstäten  Fürsten,  der  nur  nicht  das  Loos  einer  endlichen  Eückkehr 
in  das  Vaterland  mit  ihm  theilte. 

Das  Geheime  Archiv  war  ihm  schon  1687  in  Exspektanz,  seit 
1694  wirklich  übertragen  worden.  Die  obigen  Nachrichten  erhärten 
also,  dass  er  sicli  demselben  nicht  hat  widmen  können.  Doch  war 
es  nicht  vermeint,  ihm  dasselbe  als  lediglichen  Vertrauensposten  zu 
übergeben,  was  aus  seinem  brieflichen  Verkelire  mit  dem  äusseren 
Archivar  Pottner  hervorgeht,  den.  er  von  Brüssel  aus  (1699,  1706) 
um  Uebersendung  von  Archivalien  ersuchte,  um  sein  „Compendium 
über  die  bayerischen  Landtage  seit  1552  bis  zum  letzten  (1669) 
zum  kurfürstlichen  Gebrauche"  vollenden  zu  können. 

Bezügliche  Nachforschung  ergab,  dass  Prielmayer  1707  im 
Gravenhaag  starb.  Seine  Effekten  standen  damals  noch  zu  Brüssel, 
eine  kostbare  Sammlung  von  Kunstgegenständen  und  Alterthümern. 
Die  Gemälde,  unter  denen  ein  „Hans  von  Aachen"  (vgl.  Goer- 
ling  II.  80),  waren  bei  den  Karmelitern  vor  dem  Namur'schen 
Thore,  ein  Theil  seiner  für  sehr  werthvoll  geltenden  Bibliothek  bei 
den  Jesuiten  zu  Mons  untergebracht;  als  die  Erbs  -  Interessenten 
diese  reklamirten,  war  sie  verschollen  und  sollte  werthlos  gewesen 
sein ;  selbst  seine  Meubles  und  eine  Anzahl  von  Gegenständen  und 
Bildwerken  aus  Holz,  Elfenbein  und  Metall  lassen  erkennen,  dass 
dieser  merkwürdige  Mann,  der  nach  Allem  historische  Würdigung 
in  höherem  Grade  verdiente,  in  jener  Zeit  selbst  einer  ehrwürdigen 
Kunst  Avie  der  am  Niederrhein  volles  Verständniss  entgegenbrachte. 
(K.  A.  —  Geh.  Kth.  93.  —  RA  —  A.  I.  Dekr.  1705.  Ad.  Sei.  —  S.  A. 
46/9.  262/3— 8.  344/3.  4.  etc.) 


72  Neud^ger: 


13.  Freiherr  v.  ünerü,  Kanzler. 
1702—1746. 

Der  Sohn  des  Hofraths  Georg  Unertl  —  „der  hochgelehrte 
Hofrath  Dr.  Franz  Josef  Unertl"  —  wurde  durch  Verfügung 
Max  Emamiers  aus  Ingolstadt  vom  9.  Dezember  1702  in  Ansehung 
seiner  bisherigen  Arbeiten  zum  Geh.  Sekretär  ernannt  mit  der  Be- 
stimmung, bei  dem  „Innern  Archiv  den  Geh.  Rath  v.  Prielmayer 
zu  ersetzen." 

Wie  sollten  wir  von  ihm,  der  uns  als  der  hervorragende  Staats- 
mann Bayerns  in  der  schwierigen  Kegierungsperiode  zwischen  dem 
spanischen  imd  österreichischen  Erbfolgekriege  genugsam  bekannt 
ist,  es  anders  erwarten,  als  dass  er  wie  ein  Wämpl  und  Adlzreiter 
das  alte  Briefgewölbe  vom  ersten  Zutritt  an  auf  Rechte  und  Her- 
kommen ausforschte?  Das  war  wie  ein  imunterbrochenes  Graben 
nach  Schätzen  im  tiefen  dämmernden  Gewölbe,  ein  Entrollen  von 
Pergamenten,  über  welche  „verlorene  Kunde"  und  der  „skeptische 
Blick  des  Juristen"  das  —  durch  das  mangelnde  Licht  geschichtlidier 
Aufklärung  genährte  —  Geheimniss  wob.  Das  Kind  einer  schweren 
und  kummervollen  Zeit  erscheint  Unertl  auch  als  ihr  Abbild,  voll 
Sorge,  Bedacht  und  Sparsamkeit,  Eigenschaften,  welche  vnr  an  einem 
bedeutenden  Staatsmanne  nicht  so  offen  bemerken  wollen,  die  aber 
für  Bayern  äusserst  wohlthätig  waren.  An  den  verschwenderischen 
Höfen  des  Auslandes  galt  er  als  ein  genauer  Mann ,  dem  man 
schon  einen  Juden  zur  Unterhandlung  schicken  müsse.  Gerade, 
dass  dies  geschehen,  beweist  seine  Hartnäckigkeit  für  die  wahre 
vaterländische  Sache  und  seine  bekannte  Unempfindlichkeit  für  Titel 
und  Geschenke,  wie  sie  eine  Gesandtschaft  mitbrachte,  mehr  noch, 
als  die  grossen  Summen  an  Besoldungen  und  Gesandtschafts- 
wartungen, welche  er  bei  der  Noth  des  Ijandes  aus  eigenen  Mitteln 
vorstreckte.  Unertl,  Finanzmann  und  Politiker  in  einer  Person, 
musste  den  Törring  und  Gelegenheitsmännern,  welche  mehr  nach 
Gefühlen  als  Erfahrungen  und  Kenntnissen  urtheilten,  welche  ohne 
Kasse  und  mit  französischer  Hülfe  auf  das  alte  Reich  ein  neues 
setzen  wollten,  abgeneigt  sein  bis  zur  Theilnahmslosigkeit  an  ihren 
Geschäften. 

Schon  1703  hatte  Unertl  das  Archiv  zu  einer  Abhandlimg 
von  „Lebensbildern  bayerischer  Herrscher  von  Otto  lY.  bis  Kaiser 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  73 

Ludwig"  [R I)  a.  a.  0. 11  No.  99],  in  welcher  er  die  benutzten  Archi- 
valien bezeichnete,  durchforscht.  In  diesem  Jahre  aber  begannen 
auch  jene  Beunruhigungen  der  Archive,  wovon  schon  früher,  ge- 
legentlich der  Rede  von  der  österr.  Okkupation  Bayerns,  gehandelt 
worden,  und  wovon  er  selbst  umständlich  erzählt  (Freyberg;  Sammig 
histor.  Schriften  II:  Denkwürdigkeiten  des  Frh.  v.  Unertl).  Dort 
berichtet  er  übrigens  nicht,  dass  er  noch  im  J.  1711  aus  der 
Geh.  Registratur  —  die  zu  jeder  Zeit  nächst  den  Archiven  die 
grösste  Aufmerksamkeit  verdient  —  die  von  TUly  im  J.  1624  aus 
Heidelberg  nach  München  gebrachten  4tten,  in  circa  200  Nummern 
bestehend,  in  seine  Wohnung  und  weiter  flüchten  liess.  Unertl 
verblieb  nämlich  unter  der  österreichischen  Verwaltung,  —  welche 
sich  an  die  Stelle  des  Geh.  Rathes  setzte  und,  ohne  besondere  Ver- 
änderungen vorzunehmen,  die  Ge^schäfte  fortsetzte,  —  was  er  bisher 
gewesen  war,  erster  Geh.  Sekretär,  und  hatte  als  Löwenstein's 
„Kanzleidirektor''  allerdings  zur  Hälfte  den  Wirkungskreis  eines 
Kanzlers.  Eben  in  dieser  Eigenschaft  war  er  Herr  über  Archiv  und 
Registratur  und  konnte  diese  schützen  und  that  es  auch,  wie  er- 
sichtlich, wenn  er  ein  Referat  auf  diese  und  jene  Aktenbestände 
abzielen  sah.  An  seiner  Treue  wurde  gezweifelt,  wahrscheinlich 
weil  er  jeder  der  beiden  Parteien  nach  Können  redlich  diente,  weil 
Max  Emanuel  ihm  von  Paris  aus  viel  versprach,  der  Kaiser  ihn 
beförderte  (vgl.  Unertrs  Schreiben  a,  a.  0.  u.  Hormayr's  Urtheil, 
Taschenb.  Xn/2).  Vom  Kaiser  wurde  er  schon  1709  zum  kaiserl. 
Hofrath  ernannt,  und  zwar  als  mitzählend,  mit  dem  Rechte,  jeder- 
zeit in  Wien,  wo  er  sich  mehrmals  in  Mission  aufhielt,  einzutreten. 
Wäre  er  dort  nicht  vor  Allem  deutscher  Reichsbeamte  gewesen? 
Und  warum  hat  er  dennoch  die  Stelle  nicht  wirklich  angetreten? 
Weil  er  Bayern  nicht  aufgeben  wollte  und  weil  es  Max  Emanuels 
Wunsch  war,  nicht  allein  sein  Land  wieder  zu  erhalten,  sondern 
vielmehr  sich  Oesterreich  noch  auf  die  Dauer  zu  verbinden.  Dazu 
aber  musste  Unertl  allein  und  vor  Allen  die  besten  Wege  wissen, 
da  doch  Max  Emanuel  sich  auf  Ludwig  XIV.,  seinen  Gastfreund, 
gar  nicht,  weder  für  jetzt  noch  später,  verliess.  Der  Kurfürst  er- 
nannte den  Archivar,  der  zu  Sorgen  für  seine  Person  allen  Grund 
zu  haben  schien,  nach  seiner  Rückkehr,  1715,  zum  Geh.  Rathe 
und  übertrug  ihm   die  Untersuchung  des   gesammten  Rechnungs- 


*)  R.  Z3  Rockinger. 


74  Neudegger: 

Wesens  des  Staates.  Unertl  bezeugt  ausdrücklich,  dass  die  österr. 
Verwaltung  seit  hergestellter  Kiihe  eine  haushälterische  gewesen 
sei,  und  deklarirt  die  Schuldposten  nach  den  Ausweisen  des  Hof- 
zahlamtes, die  auf  viele  Millionen  lauteten,  als  solche  aus  der 
Brüsseler  Regierung,  den  Türkenfeldzügen  und  Schlossbauten.  Bei 
der  Ordnung  der  Finanzen  war  er  ohne  Zweifel  unterstützt  von 
den  Staatsbuchhaltern  (Hofzahlmeistern),  seinen  Anverwandten  Benno 
und  Joh.  B.  Unortl,  mit  welch'  letzterem  (dem  späteren  Landschafts- 
kanzler) er  gelegentlich  verwechselt  worden.  Da  sollte  man  denken, 
es  wäre  ihm  ein  Leichtes  gQwesen,  sich  seine  Gehalte  und  die  von 
ihm  für  Gesandte  vorgeschossenen  Tafelgelder  (die  a.  o.  Gesandt- 
schaften wurden  in  älterer  Zeit  „ausgelöst",  d.  i.  ihrem  Wirthe  die 
Kosten  erstattet)  von  kurzer  Hand  zu  erholen.  Unertl  wollte  das 
nicht.  Er  löste  die  Finanzfrage  (1721 — 26)  durch  eine  Untersuchung 
des  veralteten  Steuerplanes,  durch  eine  in  hohem  Grade  interessirende 
Bilancirung  des  Staatseinkommens,  welche  mit  seinem  Gutachten 
bei  den  Denkwürdigkeiten  einzusehen  ist,  und  in  Vereinbarung 
mit  dem  Landschaftsausschusse  durch  „Errichtung  und  Dotirung  des 
Schuldenwerkes",  das  seitdem  die  Tilgung  oder  „Abledigung"  plan- 
mässig  besorgt.  Diese  Aufraffung  des  Landes  nach  den  Wirren  einer 
Brüsseler  Kegierung  und  von  den  Folgen  des  spanischen  Erbfolge- 
kriegcs  ist  Unortl's  Verdienst.  Dass  ihn  hiebei  wenige  aber  ausgezeich- 
nete Mitarbeiter  unterstützt  haben  müssen,  ist  nicht  zu  bezweifeln. 
Da  traten  zur  selben  Zeit  Vorbereitungen  nach  anderer  Richtung 
hin  zu  Tage;  denn  in  die  Hand  des  Archivars  war  es  ja  gelegt,  zur 
einzuschlagenden  Politik  auch  die  nöthigen  historischen  Arbeiten 
und  vorbereitenden  Exposes  herzustellen.  Dass  Unertl  desshalb  wie 
alle  Kanzler  und  Archivare  vor  ihm  vornehmlich  politischer  Rath 
und  Vertrauter,  der  Anwalt  des  Regenten  sein  musste,  der  alle  Ein- 
sprachen und  Eventualitäten  vorzusehen  hatte,  ist  nur  zu  deutlich. 
Und  doch  vermissen  wir  ihn  und  Andere  noch  heute  an  dem  ge- 
bührenden Platze,  vielleicht  aus  der  Ursache,  weil  sie  jeweilig  die 
vertrautesten  und  die  mündlichen  Räthe  des  Fürsten  waren.  Um 
das  Referat  am  Orte  der  Regierung,  um  dessen  Darstellung,  um  die 
innere  Gesammtlage,  weniger  um  die  momentane  Instruktion,  die 
Handlungen  und  Schreiben  der  wechselnden  Gesandten  und  Agenten 
scheint  sich  in  jener  Zeit  die  politische  Situation  zu  gruppiren,  und 
die  Substanz  der  aufklärenden  Geschichte  dürfte  ihre  lohnendere 
Aufgabe  finden  in  der  Untersuchung  der  Ursachen  der  thatsächlichen 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  75 

Abweichungen  von  den  augenscheinlich  jeweilig  festgehaltenen  Zielen 
der  Kegierung;  den  Thatsachen  selbst  kann  heute  meist  wenig  Neues 
hinzugefügt  werdend) 

Unertl  legte  im  J.  1722,  als  nach  fün^ährigem  Hinziehen 
endlich  die  Verbindung  zwischen  Karl  Albrecht  ujid  Marie  Amalie 
zu  Stande  kam,  diesen  eine  Art  politischen  Geschenkes  vor,  eine 
„Zusammenstellung''  der  in  den  Häusern  Bayerns  und  Oesterreichs 
bisher  stattgefundenen  Wechselheirathen  (R.  a.  a.  0.  HI.  S.  5). 

Mit  welch'  staun enswerther  Leichtigkeit  er  sich  der  diplomati- 
schen Korrespondenz  unterzog,  beweist  die  Thatsache,  dass  er  neben 
seinen  inneren  Staatsgeschäften  (seit  1719)  die  Verhandlungen  zur 
Etablirung  zweier  Brüder  Karl  Albrechts  auf  nicht  weniger  als  acht 
ßischofsstühlen  zu  führen  hatte.  Da  diese  Präbenden  Zweitgeborner 
wegen  der  politischen  Stimmen  besonders  von  Wien,  Rom  und 
Frankreich  aus  nur  durch  Aussicht  auf  Gegenleistungen  zu  erlangen 
waren,  so  gab  es  da  viele  Schwierigkeiten  zu  überwinden.  Bei 
solcher  Korrespondenz  war  es,  dass  die  Kurie  einmal  in  guter  Laune 
seine  elegante  und  leichte  Latinität  rühmte.  Als  Korrespondent 
hat  Unertl  schon  damals  die  Politik  der  bezeichneten  Höfe  gründlich 
kennen  gelernt.  Von  Interesse  ist  es  übrigens,  dass  ihm  Klemens 
August,  Bischof  zu  Paderborn,  Münster  etc.,  sowie  Johann  Theodor 
zu  Regensburg  ihre  gesammte  Arbeit,  nämlich  ihre  Korrespondenz 
und  Verwaltung,  zur  Besorgung  (von  München  aus)  auferlegten. 
Auch  die  Korrespondenz  mit  dem  Hauptquartier  des  1718/19  nach 
Ungarn  gegen  die  Türken  gezogenen  Karl  Albrecht  ging  durch  seine 


*)  Auch  Bayern  hat  eine  Geschichte  semer  Politik  und  zwar  in  den  Kanzlern, 
deren  grosser  Letzter,  Montgelas,*)  das  System  schloss.  Das  Studium  seiner, 
durch  das  Uebergewicht  des  Marschalls  Wrede  unvollendet  und  hypothetisch  ge- 
bhebenen  Politik,  welche  von  jetzt  an  wieder  in  cias  alte  Fahrwasser  gerieth,  würde 
seine  historisch-politischen  Manuskripte  (ad  1778  u.  ff.)  und  eine  Anzahl  von  Me- 
moiren (historisch  und  staatsmännisch  gebildeter  Politiker)  u.  A.  über  Bayerns 
Aufgabe  in  Deutschland  seit  der  Kreirung  des  Österreichischen 
Kaiserthumszu  Tage  gefördert  haben.  Er,  der  die  Geschichte  des  Ministeriums 
Hofenfels,*)  wahrscheinlich  jene  von  Heraog  AVilhelm  von  Birkenfeld  angekündigte 
Handschrift,  in  dickleibigem  Folianten  niedergelegt,  den  Nap  oleon  und  Talley- 
rand  durch  Getto  stets  in  der  laufenden  unheilbaren  Pohtik  Oesterreichs  unter- 
richteten, für  den  sie  Süddeutschland  strategisch  aufnehmen  Hessen,  für  den 
Baader,  ützschneider  und  Krenner  die  staatswirthschaftüchen  Grenzen 
Bayerns  bestimmten,  auch  er  ist  im  entscheidenden  Momente  entbehrlich  gewesen. 


♦)  vgl.  stumpf:  Denkwürdige  Uaycm. 


76  ^'e^degge^: 

Hand.  Wenn  Unertl  daher  sagt,  er  habe  nicht  Zeit  gefunden,  den 
Besitz  des  ihm  im  J.  1718  geschenkten  Gutes  Mattsies  anzutreten, 
so  ist  das  sehr  wohl  glaublich.  Diese  Schenkung  war  überhaupt 
keine  hervorragende  und  seltene  Auszeichnung,  da  bis  zu  diesem 
Jahrhundert  derartige  Vergabung  sowie  Verleihung  von  Gerichts- 
Pflegschaften  an  verdiente  Staatsbeamte  üblich  war.  In  höherem 
Grade  bezeichnend  ist  Unertls  Mitthoilung,  dass  er  im  J.  1728  an 
Gehalten  und  Auslagen  bis  zu  70  Tausend  Gulden  der  Regierungs- 
kasse vorgeschossen  hatte.  Bei  der  Neu-Kreirung  der  höchsten 
Würden  im  J.  1726  übertrug  ihm  Karl  Albrecht  das  wiederher- 
gestellte Kanzleramt,  das  er  eigentlich  von  jeher  ausübte. 

Dass  der  Gedanke  „auf  Ableben  des  Mannsstammes  in  Oester- 
reich"  den  Archivar  schon  lange  praktisch  beschäftigte,  zeigte  jene 
im  J.  1722  produzirte  Zusammenstellung  aller  Wechselheirathen. 
Dieser  leidige  Erbfall  untergrub  ja  in  Wien  und  München  alle  fried- 
lichen Beziehungen,  man  möchte  sagen  alles  gesunde  Denken  und 
Gedeihen  seit  dem  letzten  Kriege.  So  war  es  und  so  kam  es 
wieder  und  der  so  entsittlichenden  Hof-  und  Staats-Erbschleicherei 
war  eigentlich  in  diesem  ganzen  Jahrhundert  kein  Ende.  Schon 
1721.  war  dem  Kanzler  aus  Wien  berichtet  worden,  man  sei  da  nur 
noch  nicht  einig,  ob  man  den  Herzog  von  Lothringen  oder  den 
Prinzen  von  Portugal  an  Hof  kommen  und  erziehen  lasse.  Während 
Heigel  in  seinem  schönen,  lehrreich  kritischen  Buche  „die  Kaiser- 
wahl Karl  VII."  (Nördlingen  1877)  unter  den  einschlägigen  Jahren 
1727,  1731,  1741  Unertls  mit  Bezug  auf  die  Erbfrage  in  Oester- 
reich  gedachte,  hat  Rockin g er  a.  a.  0.  des  Kanzlers  bezügliche 
Arbeiten  weiter  ermittelt  Dieser  vollendete  1731/32  seine  „Exegesis 
genealogica"  über  die  vorhandene  weibliche  Descendenz  aus  dem 
Hause  Oestorreich  und  bald  darauf  seine  „ücductio  jurium  Bavariae 
ad  Regna  et  Provincias  Austriacas",  welche  er  auf  seinem  Landsitze 
zu  Schönbrunn  bearbeitete,  worüber  sich  seine  Bestellungen  an 
literarischen  und  archivalischen  Quellen  aus  Archiv  und  Bibliotkek 
zu  München  erhalten  haben;  diesen  zufolge  ging  ihm  hiebei  auch 
sein  Nachfolger  Praidlohn,  damals  noch  Kanzler  zu  Freising,  mit 
der  dortigen  Stiftsbibliothek  zur  Seite.  Es  ist  die  Arbeit,  mit 
welcher  Karl  Albrecht  eine  Rundreise  nach  Mannheim  und  Bonn 
unternahm,  und  welche  in  jener  denkwürdigen  Geh.  Raths-Sitzung 
vom  15.  Febr.  1733  vorgetragen  wurde,  zu  welcher  der  Kurfürst 
unter  Einladung  seiner  Gemahlin  eigenhändig  eine  mehrere  Bogen  um- 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  77 

fassende,  vorliegende  (S.  A.)  Exposition  schrieb,  (vgl.  Freyb.  a.  a.  0.  u.  R. 
a.  a.  0.  m.  No.  62.  88.  89).  Ein  Jahrzehnt  füllen  dann  die  mit  Unertl 
über  den  Erbfall  gepflogenen  Korrespondenzen,  und  endlich  im  J.  1741 
(Heigel  a.  a.  0.  S.  190)  wurde  „des  Kurhauses  Bayern  Successions- 
recht  auf  Ungarn  und  Böhmen"  öffentlich  aufgelegt.  Da  hat  wohl 
an  den  Erfolg  einer  Rechtsdeduktion  mit  Ernst  Niemand  mehr  ge- 
dacht, und  damals  gab  es  nach  bestem  "Wissen  nur  den  Rath  zu  einem 
Vergleiche,  einem  Verzicht  auf  mindestens  die  Hälfte  des  Erbrechtes, 
wenn  das  Land  nicht  sofort  wieder  dem  Verderben  preisgegeben 
werden  sollte.  Man  sagt,  Unertl  sei  um  diese  Zeit  in  Ungnade 
gefallen;  aber  vielleicht  stand  er  nur  allein,  weil  er,  der  Greis,  sah, 
dass  —  wie  er  selbst  —  das  Land  kaum  etwas  zu  gewinnen,  aber 
Alles  zu  verlieren  hatte.  Zum  End-Beschlusse  wurde  er  nicht  mehr 
gehört;  denn  das  Urtheil  des  Juristen  und  Landesministers,  dessen 
Lebensarbeit  die  Wiederaufrichtung  der  Ordnung  und  Finanzen  war, 
musste  nicht  nur  als  selbstloses,  sondern  auch  als  ein  unerwünscht 
nüchternes  und  unkriegerisches  bekannt  sein.  Unertl  hätte  sagen 
müssen,  dass  Bayern  im  Falle  selbst  des  Sieges  nicht  in  der  Lage  sei, 
einen  kaiserlichen  Hof  und  eine  Reichsregierung  zu  unterhalten, 
dass  man  in  München  zwar  über  eine  erlesene,  aber  nur  kleine 
Beamtenschaar  verfügen  könne,  dass  der  ganze,  seit  Jahrhunderten 
in  den  kaiserlichen  Aemtern  angesessene  österr.  Adel  seinen  Einfluss 
aufgeben  oder  sich  in  Bayern  begründen  müsse  (vgl.  H.  a.  a.  0. 
S.  164.  287  ff.).  Versetzen  wir  uns  in  diese  durchaus  praktische 
Frage  und  uns  wird  fühlbar,  dass  durch  eine  einfache  Adäquirung 
in  Titeln  und  Gehalten  ein  Kaiserthum  in  München  gegenüber  Wien 
auf  die  Dauer  nicht  zu  begründen  war.  Dazu  kannte  Unertl  die  Ge- 
schichte Bayerns  und  gerade  seiner  ruhmreichsten  Fürsten  allzugut, 
kannte  er  Oesterreich  aus  10jährigen  Diensten  (1704 — 14)  und  die 
politischen  Staats -Grundsätze,  an  denen  die  Regenten  mächtiger 
Staaten  —  und  hierin  gebrach  es  im  kleinen  Bayern  —  seit  Alters 
unverbrüchlich  festhielten. 

Warum  sollen  wir  daher  UnertFs  Worte  bezweifeln,  wenn  er 
versichert,  dass  er  dem  Kurfürsten  zum  letzten  Male  bei  seinem 
Abzüge  aus  München  zum  Frieden  gerathen,  und  dieser  bei  seiner 
Rückkehr  ihm  sein  Bedauern  über'  die  Nichtbefolgung  seines  Rathes 
auch  ausgedrückt  habe?  • 

Als  dann  Oberst  Menzel  am  12.  Februar  1742  München  ein- 
nahm, waren   durch  Unertrs  Fürsorge   die  Archive  in   der  Haupt- 


78  Xeudegger: 

Sache  nach  Augsburg  geflüchtet  worden.  Dorthin  pflegte  sich  der 
Kreis  der  höheren  Beamten  bei  Bedrohung  Münchens  zurück- 
zuziehen. Doch  hier  nicht  sicher  genug,  wurde  das  Geh.  Archiv  mit 
dem  Hausschatze  unterm  4.  Febr.  1743  nach  Ingolstadt  gebracht 
und  hier  eingemauert.  Zufällig  wurde  aber  gerade  diese  Festung  das 
am  meisten  bedrängte  Objekt,  sie  fiel  erst  nach  abgeschlossenem 
Frieden  in  die  österr.  Hände.  Jetzt  sandte,  das  Archiv  zu  holen, 
Unertl  (6.  Oktober)  seinen  Privatsekretär  mit  30  Dragonern  dort- 
hin und  in  Seckendorfs  Lager;  als  es  ohne  Einbusse  in  Augsburg 
wieder  bei  den  Karmelitern  abgestellt  war,  sprach  er  dem  bayer. 
General  seinen  Dank  und  den  Ausdruck  seiner  „Welts  -  Freude" 
aus.  In  20  Verschlagen  führte  es  Aettenkhover  1745  mit  dem 
äusseren  Archive  nach  München  zurück. 

Hier  hatte  nach  dem  Tode  Karl  Albrecht's  mit  dem  jungen 
Max  Josef  eine  neue  Regierung  das  Ruder  ergrifTen,  und  trat  jene 
merkwürdige  extreme  Wendung  ein,  welche  zwar  der  entartetsten  aller 
deutschen  Kriegsbalgereien  ein  wohlthätiges  Ende,  aber  auch  einen 
tiefen  Einblick  gewährte  in  die  Charaktere,  denen  der  (1745  f )  erlöste 
Fürst  im  Feld,  Staat  und  Haus  sich  anvertraut  liatte.  Man  wird 
sagen  müssen,  dass  Max  Josefs  Regierung  erst  mit  der  Beseitigung 
des  österreichischen  Elementes  in  Bayern  —  und  ganz  gelang  es 
ihm  nicht  —  ihren  Anfang  genommen  hat.  Ihm  dürfen  wir  dess- 
halb  auch  nicht  die  Behandlung  in  Anrechnung  bringen,  welche 
Unertl,  wie  seinen  Vorgängern  im  Kanzleramte,  am  Abend  seines 
Lebens  zu  Theil  geworden  ist.  Es  war  das  Archiv  noch  nicht  aus 
seinen  Verschlagen,  als  ihm  die  Enthebung  von  der  ferneren  Be- 
sorgung desselben  durch  den  kurzen  Auftrag  der  Uebergabe  der 
Archiv-Schlüssel  an  seinen  Nachfolger  angezeigt  wurde.  Obwohl 
Unertl  durch  diese  Form  hart  berührt  sein  musste,  hat  es  uns  den- 
noch überrascht,  dass  er  in  seiner  sachlichen  Erwiderung  sich  eine 
deutliche  kritische  Bemerkung  über  seinen  Nachfolger  entgehen  liess. 
Das  war  jedoch  wohl  überlegt.  In  Berechnung  seiner  Tage  setzte  er 
jetzt  seine  Guthaben  an  der  Hand  einer  Darlegung  über  seine  ge- 
sammte  Thätigkeit  nieder  und  überreichte  das  Memoire.  Da  aber 
das  Kabinet  es  vor  den  Augen  des  Kanzlers  uneröffnet  liegen  liess, 
wendete  er  sich  mit  einem  Duplikat  an  den  Bischof  von  Freising, 
den  Oheim  Max  Josefs,  idenselben,  den  er  einst  auf  den  Stuhl  von 
Regensburg  hatte  bringen  helfen.  Es  ist  dieses  das  Memoire,  welches 
Preyberg  im  J.  1836  als  „Denkwürdigkeiten  Unertrs"  drucken  liess, 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  79 

und  das  noch  im  vorigen  Jahrhundert  mehrmals  abgeschrieben 
wurde  (vgl  B.  c.  g.  1947).  Das  hier  benützte  stammt  von  Mont- 
gelas,  dem  es  als  einem  Sammler  historischer  Memoiren  bei  einem 
Gebirgsausfluge  nach  Oarmisch  der  dortige  freisingische  Landrichter 
und  spätere  Münchner  Bibliothekar  Hoheneicher  im  J.  1801  gegeben 
hat  (S.  A.). 

Unertl  hatte  im  J.  1746  das  70.  Lebensjahr  vollendet  (1750  f) 
und  daher  zeugt  dieses  sein  letztes  grösseres  Schriftstück,  erwägen 
wir  auch  die  Umstände,  nicht  mehr  von  kräftiger,  klarer  Hand, 
während  er  in  guter  Zeit  gerade  eine  kurze,  bündige  und  schlagende 
Feder  führte.  Eine  spätere,  mit  Heranziehung  der  Staatsbücher  ge- 
führte Untersuchung  befand  seine  Berechnungen  für  richtig  und 
beglich  sie.  Ueber  seine  Familie  gibt  ein  besonderer  Akt  nähere 
Aufschlüsse. 

Bei  der  ausschliesslichen  staatsmännischen  Thätigkeit  der  beiden 
letzten  Archivare  befand  sich  das  Geheime  Archiv  genau  ein  halbes 
Jahrhundert  weniger  in  Pflege  als  vielmehr  in  Kustodie,  und  diese 
war  durch  fremde  Hand  und  wiederholte  Flüchtungen  bedeutend 
gestört  worden.  Es  ist  aber  deutlich,  dass  in  dieser  Zeit  ein  „Ver-^ 
schluss"  des  Archivs  durch  die  höchste  Vertrauensperson  Berechtigung 
hatte.  Wie  aber,  wenn  sich  einmal  in  dieses  „Arcanum"  durch 
einen  Missgriff  eine  allerdings  höchste  und  daher  mächtige,  der 
Verantwortung  sich  aber  entziehende  Persönlichkeit  gewagt  hätte? 
Solche  Frage  schliesst  die  Sittengeschichte  des  XVIII.  Jahrhunderts 
nicht  aus  und  sie  fehlte  auch  nicht  schon  in  ihrer  Zeit  an  diesem  Orte. 

Dass  in  der  Zwischenzeit  der  amtliche  Geschäftsgang  im  Archive, 
Zusendung  und  Erholung,  keine  Einschränkung  erlitt,  geht  aus  be- 
züglichen Schriftstücken  hinlänglich  hervor.  Zu  dessen  Besorgung 
bediente  sich  Unertl  seiner  Geh.  Registratoren.  Aus  ihnen  verdienen 
Erwähnung  Schlichtinger,  Stegbucher  (vgl.  R.  a.  a.  0.  ÜI 
S.  63)  und  besonders  Kandier,  welcher  auch  die  Bibliothek  be- 
sorgte und  den  „Geheimen  20''  der  „Nutzerweckenden  Gesellschaft" 
(1702  ff.)  angehörte,  der  Vater  des  gelehrten  Augustiner -Propstes 
Agnellus  Kandier,  Verfassers  des  „Arnulfus  male  malus  cognomi- 
natus".  Damit  erinnern  wir  aber  an  die  Academia  Karolina 
(1722 — 40)  und  jene  friedlicheren  Bestrebungen,  welche  wir  an  das 
äussere  Archiv  knüpften,  da  es  auch  in  der  Folge  dem  Geheimen 
Archive  nicht  beschieden  sein  sollte,  zu  Werken  des  Friedens  bei- 


80  Neude^er : 

zutragen.  Diess  an  dieser  Stelle  zur  Erklärung  jener  Folgerung 
Böhmers,  dass  die  Kommission  der  Akademie  zur  Herausgabe 
der  Monumenta  boiea  (1763  flP.)  die  Ausbeutung  der  Urbestände 
des  Landes,  der  Regierung  selbst,  wohl  vergessen  habe.  (K.  A.  —  A.  28. 
Rep.  56.  I.  31.  Geh.  R.  140.  568.  -  R.  A.  —  Dekr.  1702.  4.  16.  24. 
Ad.  Sei.  —  S.  A.  93/18.  19.  148/8.  234  etc.  unter  U). 

14.  Die  Grafen  Zech,  1746-1784. 

Seit  einem  Jahrhundert  einer  fast  lediglich  admassirenden  An- 
ordnung überlassen,  in  seinen  Inhalts-Anzeigern  lokal  und  technisch 
antiquirt,  bedurfte  das  Urkundenarchiv  begreiflicherweise  einer  Neu- 
bearbeitung von  Grund  aus.  Um  es  jetzt  „durch  jemand  eigends 
besorgen  zu  lassen",  wurde  der  Fiskal-  und  Hofrath  Josef 
Albrecht  v.  Zech  bestellt.  Indess  scheint  Zech  wenig  an  diese 
Bearbeitung  gedacht  zu  haben,  er  konnte  unter  Beibehaltung  seines 
Referates  die  erstrebte  Laufbahn  schneller  erreichen.  UnertFs  milderes 
Bedenken  lautete  dahin,  dass  er  „nit  die  mindeste  Cognition  vom 
Archiv"  (-Wesen)  mitbringen  könne.  Es  hatten  die  Zech  in  München 
seit  1700  das  städtische  Unterrichteramt,  dessen  Besetzung  mit 
„approbirten  Juristen"  erst  seit  1803  geboten  wurde,  inne;  Josef 
Albrecht  war  auch  als  Advokat  beim  Hofgerichte  zugelassen.  Wenn 
wir  uns  Unertl  so  recht  vergegenwärtigen,  wie  er  gerade  im  An- 
denken der  Stadt  München  als  Urbild  eines  schlichten  edlen  Beamten 
fortlebt,  den  die  Stadt  soeben,  ohne  dass  er  je  zu  ihren  Magistraten 
gehörte,  mit  vollem  Rechte  in  ihr  grösstes  historisches  Zeitbild  auf- 
genommen hat,  so  ist  sein  zweites,  immer  noch  milderes  Urtheil, 
womit  er  seines  Nachfolgers  „besondere  Verdienste"  verwahrt, 
mindestens  überraschend.  Diess  erhält  aber  dadurch  einige  Be- 
deutung, dass  Zech  als  „fiskus  regius"  in  der  Zeit  der  letzten  Behauptung 
Oberösterreichs  (1741 — 45)  als  eine  Art  Statthalter  zu  Linz  residirte; 
als  solcher  nahm  er  im  Januar  1742  zu  Prag  die  Huldigung  der 
böhmischen  Stände,  deren  gesiegelte  Erkläningen  vorliegen,  entgegen. 
Seine  bisherige  Thätigkeit  war  also  eine  mehr  politische.  Mitte 
dieses  Jahres  musste  er  flüchten,  er  begab  sich  nach  Dresden.  (Vgl. 
Heigel  über  die  Konkurrenz  Sachsens  und  Bayerns  1740  in  die 
österreichische  Erbmasse  a.  a.  0.  S.  125.  183.  263.  275;  sodann  v. 
versa  in  die  bayerische  1778).  Seine  Ernennung  zum  Archivar 
fällt  ^uf  den  31.  März  1746,  seine  Beförderung  zum  Revisionsrath 
imd  Erhebung  in  den  Freiherm-Stand  erfolgte  fast  gleichzeitig.   Im 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  gj 

J.  1747  fand  die  Wechselheirath  statt  zwischen  den  beiden  Kurfürsten 
von  Bayern  und  Sachsen,  bei  welcher  der  Archivar  mit  dem  Auf- 
satze der  bezüglichen  bayerischen  Urkunde  nicht  unwahrscheinlich 
betraut  war.  Nach  vier  Jahren  ordentlicher  bayerischer  Dienst- 
leistung, 1750,  ist  er  Geheimer  Eath,  im  J.  1758  Konferenzminister 
geworden  und  bei  der  hier  mit  dem  Tode  Praidlohns  nöthig  gewesenen 
Neu-Vertheilung  der  Geschäfte  erhielt  er  den  Vortrag  über  die 
„Landschafts-,  Grenz-,  Schuldenabledigungs-,  Kommerzien-,  Maut- 
und  Aufschlagssachen";  1773  wurde  er,  ohne  dass  sich  ein  öffentliches 
Verdienst  für  Bayern  nachweisen  liesse,  in  den  Reichs-Grafenstand 
erhoben.  In  Bayern  erhielt  er  nur  den  Titel  eines  Kämmerersi,  kein 
Ordensamt ,  in  Folge  einer  Verwahrung.  Dieser  XJeberblick  seiner 
Laufbahn  kennzeichnet  die  verflossene  Amtsweise,  an  welcher  er 
sich  noch  einen  Antheil  ausbedungen  zu  haben  schien,  im  Gegensatze 
zu  seinen  Mitbeamten,  welche  um  diese  Zeit  auf  alle  Weise  bemüht* 
waren,  das  geistig  ,und  materiell  brach  liegende  Land,  dem  Oester- 
reich  unaufhörlich  Netze  warf,  um  jeden  Preis  aufzuraffen. 

Wie  um  1702,  so  wurde  auch  jetzt  das  Uebel,  Mangel  an 
Volksgefühl  und  vaterländischer  Aufklärung,  an  der  Wurzel  ange- 
griffen, und  man  that  diess  durch  die  Schulen,  die  hohen  und  niederen. 

Wie  viel  kann  an  einem  Manne,  an  einem  Amte  hängen! 
Bedenkt  man,  dass  damals  die  Beamten  aller  Dienststellungen,  feurige 
junge  Männer  wie  hochbetagte  Präsidenten  und  Minister,  Kleriker 
wie  Laien,  ihr  bestes  Können  öffentlich  einsetzten,  in  allen  Dis- 
ziplinen in  die  Schule  gingen,  die  nie  stille  steht,  auf  dem  Forum 
der  Akademie  zum  mindesten  in  einer  Rede  ihre  Erfahrungen 
niederlegten ;  bedenkt  man,  dass  eben  die  Akademie  damals  in  kluger 
Handlung  aus  allen  Kreisen  Angehörige  sammelte,  um  auf  süd- 
deutschem Boden  ihren  Zweck,  den  der  Entzündung,  Unterhaltung 
und  Krönung  der  Wissenschaft  zu  erreichen,  so  ist  es  auffallend, 
dass  der  Minister -Archivar  in  diesem  Kreise  der  „Gesellschaft  der 
Vaterlandsfreunde"  neben  wenigen  aus  der  alten  Hof- Zeit  Uebrig- 
gebliebenen  gich  nicht  befand;  ihn  missen  aber  nicht  allein  Liste 
und  Geschichte  der  Akademie,  sondern  auch  Verkehr-  und  Tage- 
bücher jeglicher  seiner  Kollegen. 

Während  im  Umkreise  von  Bayern  die  staatlichen  *  Archive 
sich  eröffneten,  schon  die  Klöster  im  Lande  die  besten  Urkunden 
zur  Veröffentlichung  (Monum.  boic.)  gaben,  selbst  das  äussere  Archiv 
durch    den    Fleiss  Aettenkhovers    wohlgeordnet    stand    und    seine 

ArchlTaUBche  Zeitschrift  VII.  6 


82  Neudegger : 

Kopialien,  Registratur-  und  Privilegienbücher  erschloss,  liess  Zech 
das  Urkundenarchiv  wider  seine  ursprüngliche  Instruktion  un- 
bearbeitet liegen.  Es  diente  ihm  nur  als  Neben-Objekt,  nur  für  die  Er- 
fordernisse seiner  Person,  seines  nicht  hervorragenden  Knanzrefe- 
rates.  Ganz  war  er  der  Ausdruck  eines,  wie  man  glaubte,  in  Bayern 
schon  hinübergegangenen  absoluten  Staats-Trägheits-Gesetzes.  Aus 
dem  J.  1751  hinterliegen  von  ihm  eine  „Anzeig"  über  den  Hausschatz 
nach  den  bekannten  Dispositions-Urkunden  Albrechts  V.  (1565)  und 
Maximilians  (1637)  und  einige  Aufsätze  zu  bayerisch -sächsischen 
Haus -Urkunden;  1769  mitunterzeichnete  er  das  Testament  Max 
Josefs;  aus  dem  J.  1788  liegt,  von  ihm  deponirt^  die  sächsische 
Quittung  vor  über  die  18.  und  letzte  Rate  der  im  Teschner  Frieden 
für  Sachsen  von  47  auf  6  Millionen  herabgesetzten  Allodial -Ent- 
schädigung; auch  hat  sich  ein  starker  Faszikel  seiner  Geheimraths- 
Propositionen  erhalten.  Zech  sen.  (1793  f)  verblieb  Archivar  bis 
zum  J.  1779. 

Hatte  sich  UnertFs  Urtheil  wenigstens  in  Bezug  auf  das  dem 

Archiv  schuldig  gebliebene  Entgegenkommen   schon   bisher  erfüllt, 

'  so  wäre  Zech  gleichwohl  in  der  Lage  gewesen,  seine  Versäumnisse, 

die  verhängnissvoll  werden  sollten,  durch  eine  andere  Hand  gut  zu 

machen. 

Als  nämlich  der  Minister  und  Akademiepräsident  Graf  v.  Paum- 
garten  den  Hofrath  und  früheren  Staatsrechtslehrer  zu  Ingolstadt, 
Lori,  im  J.  1768  in  sein  (seit  1766  ausgestaltetes)  Departement  für 
auswärtige  Angelegenheiten  nahm,  machte  sich  in  Bälde  eine  geheime 
Bewegung  geltend.  Diese  zog  immer  weitere  Kreise  und  bald,  wie 
sie  schon  lange  sollte,  auch  die  hier  imd  dort  stille  liegenden  Ar- 
chive in  ihr  Bereich.  Jene  Erbeinigungen,  welche  in  Folge  der 
Kinderlosigkeit  Max  Josefs  zwischen  Bayern  und  Pfalz  geschlossen 
und  vorbereitet  wurden,  vollzogen  sich,  weil  man  wusste,  dass  die 
Augen  Sachsens  und  Oesterreichs  seit  1740  nicht  aufgehört  hatten, 
über  Bayern  zu  wachen,  als  die  grössten  Geheimnisse.  Lori  bear- 
beitete das  Historische  dieser  Fragen:  er  gipfelte  sie  in  dem  Haupt- 
punkte, ob  die  beiden  Fürsten  die  Hausurkunden  und  so  das  Haus- 
recht gewissermassen  in  Händen  hätten,  um  in  ihre  Länder,  die 
schliesslich  doch  einzeln  vom  Reiche  rührten,  ohne  dessen  neue 
Genehmigung  sich  zu  succediren.  Es  galt  eine  reichsrechtliche  Inter- 
pretation der  bayerischen  Hausurkunden  seit  1310,  1329  etc.  Lori 
bediente  sich  hiebei  auch  einer  zum  Theil  chiffrirten  Privatkorrespon- 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  83 

denz  und  zwar  mit  Georg  v.  Stengel,  welcher  der  Kabinetssekretär, 
Kanzler,  Geh.  Archivar  und  Akademiepräsident  zu  Mannheim  war. 
Diese  beiden  arrangirten  auch  die  zu  den  Unterzeichnungen  nöthigen 
Zusammenkünfte  der  hohen  Kontrahenten  auf  eine  Weise,  dass^sie 
keinem  Hofe  auffallen  sollten.  Jetzt  war  es,  dass  Zech  nach  zwanzig 
Jahren  seiner  Berufung,  als  Aettenkhover  die  Geschichte  der  bayer. 
Herzoge  aus  älteren  Kepertorien  zusammengestellt,  Oefele  sein  Werk 
vollendet  hatte,  zu  einer  Bearbeitung  des  Geh.  Archives  schritt,  indem 
er  —  ohne  Dekret  —  seinen  Sohn,  den  Hofrath  Joh.  Nep.  Felix, 
in  das  Archiv  nahm.  Dieses  war  seit  einem  Dezennium  in  die 
Kesidenz  verlegt  worden,  und  befand  sich  „seit  seiner  Absonderung 
von  dem  äusseren  Archiv"  in  den  Gewölben  unter  dem  Kaiser- 
und  Schimmel-Saal,  am  Vestibül  links,  auf  welches  die  Kaisertreppe 
mündet  (1756 — 59).  Zech  der  jüngere,  nicht  ohne  Geschichtskenntnisse 
und  von  einem  redlichen  Fleisse  beseelt,  brachte  innerhalb  zwölf  Jahren 
bei  wechselnder  anderweitiger  Verwendung  die  36  Tausend  Ur- 
kunden des  Geh.  Archivs  sorgfältigst  zur  Verzeichnung.  Seine  zehn 
Bände  sind  ein  mühvoUes  Werk,  jedoch  so  kindisch  angelegt,  dass  es 
damit  unmöglich  Ernst  sein  konnte ;  36,343  Urkunden  zählte  er  uns 
auf  in  Regesten  ohne  vollständigen  Betreff,  ohne  Schlag- 
wort, ohne  Alphabet,  ohne  Chronologie,  ohne  irgend 
ein  System.  Diese  Art  der  Verzeichnung  war  eine  beabsichtigte; 
später  wagte  man,  sie  für  ein  System  auszugeben.  Sämmtlichen 
Urkunden  benannter  Zahl  wurde  die  Nummer  auf  einem  oblongen 
Blättchen  Papier  mit  Stecknadel  aufgesteckt.  Man  kann  sagen,  dass 
so  vom  alten  Archiv  nicht  ein  Blatt  auf  dem  andern  blieb;  man 
hatte  nur  mehr  die  Laden  von  1 — 400  ff.,  deren  letzte,  wie  nach- 
lässig, jetzt  mit  Kreide  ihre  Nummer  erhielten.  Unter  die  Urkunden- 
masse wurden  nicht  allein  die  alten  Briefereien,  sondern  .auch  neue 
Aktenstücke,  einzelne  Generalien  und  Reskripte  hinein  verarbeitet, 
sie  erhielten  alle  die  UrkundenzifFer.  An  dieser  Stelle  flechten  wir 
übrigens  ein,  dass  das  Geh.  Archiv  nicht  allein  eine  bedeutende 
Masse  von  Akten,  und  zwar  von  jenen,  welche  ebenso  gut  als 
Staats-  wie  als  Hausakten  angesehen  werden  können,  sondern  auch 
das  Archiv  der  reinen  Hausakten  und  Hauskorrespondenzen,  von  den 
Urkunden  getrennt,  beherbergte.  Wir  haben  in  letzterem  Falle  an 
die  Akten-Nachlässe  der  Herzoge  und  der  obersten  Hausverwaltung 
selbst  zu  denken  im  Gegensatze  zu  jenen  der  Geheimen  Registratur, 
welche  hier  in  den  sogenannten  „Herzogskästen"  dieselben  Betreffe, 

6* 


84  Neud^ger : 

aber  aus  der  Geschäftsführung  des  Geheimen  Eathes,  verwahrte. 
Das  Geheime  Archiv  schloss  zu  allen  Zeiten  das  Archiv  der  herzog- 
lichen Familie  und  der  Hausverwaltung  in  genere  (des  Oberst- 
hofmeisteramts) in  sich. 

Die  Erhebung  des  Urkunden-Archives  zum  ,^auptarchiv" 
der  vereinigten  kurpfalz-bayerischen  Lande  im  J.  1778  war  eine 
natürlich  begründete  Verordnung.  Das  Dekret  vom  3.  April  d.  J. 
(No.  36313  des  Zech'schen  Katalogs)  bestimmte  zugleich,  dass  die 
jetzt  gemeinschaftlich  gewordenen  Haus-  und  Staats-Urkunden  und 
Akten  der  Kurpfalz  aus  dem  Mannheimer  Archiv  nach  München 
einzusenden  seien.  Schon  hiebei  wurde  die  Fatalität  augenscheinlich, 
nicht,  dass  die  bayer.  Regierung  zwei  Archive,  sondern  dass  sie  in 
denselben  die  gleichen  Bestände  nach  Urkunden  und  Akten  getrennt 
besass.  Das  war  in  den  kurpfalzischen  Landen  mit  deren  Archiven 
zu  Mannheim,  Neuburg  und  Sulzbach  nicht  der  Fall.  Bezüglich 
dieser  sowie  des  äusseren  Archives  fand  jedoch  nachher  in  keiner 
Weise  eine  Unterordnung  oder  ein  Geschäftszug  statt  zum  Haupt- 
archive, das  als  Geheimes  oder  Inneres  fortlebte.  (Nicht  zum  Landes- 
verbände gehörte  das  Herzogthum  Zweybrücken  mit  seinem  Archive, 
was  in  Ansehung  der  heutigen  pfälzischen  bezüglichen  Archiv- 
bestände zu  beachten  ist,  weil  durch  eine  Kette  von  Verhältnissen 
schon  in  der  Pfalz  vor  1799  und  etwas  später  durch  Unkundige 
die  ganze  pfälzische  Masse  mehr  oder  weniger  in  Eins  gerieth; 
selbst  das  Kabinet  unterschied  um  1800  nicht  mehr  die  einst  mit- 
gebrachten dort  liegenden  kurpfälzischen  Akten  Karl  Theodor's  von 
den  eigenen  zweybrücken'schen  Max  Josefs  IV,  daher  s.  Z.  die 
Kabinetsmasse  der  beiden  Regenten  ein  Aggregat  aus  den  Kanzleien 
zu  Neuburg,  Strassburg,  Mannheim  und  München  darstellte.) 

Als  nun  in  demselben  Jahre  1778,  zum  dritten  und  nicht 
letzten  Male  im  vorigen  Jahrhunderte,  Oesterreich  das  undeutsche 
Princip  seines  Verfahrens  gegen  das  Mutterland  mit  dem  bekannten 
Versuche  bethätigte,  auf  Grund  einer  Urkunde  vom  J.  1426  den 
besseren  Theil  Bayerns  einzuziehen,  nachdem  doch  darauf  durch  eine 
Gegenurkunde  vom  J.  1429,  die  im  selben  Jahre  Gegenstand  der 
bayer.  Ständeverhandlungen  gewesen,  verzichtet  war  und  aus  ihr  und 
letzteren  der  Verzicht  nachgewiesen  werden  konnte,  da  sollte  es 
wieder  Bayern  sein,  das  es  ermangeln  Hess.  Während  nämlich 
im  Jahre  1740  die  entscheidende  Urkunde  Bayerns  an  falschem, 
wenngleich  reiohsrechtlich  allein  gerechtfertigtem   Texte  litt,    fehlte 


Zur  GeHc'hiehte  der  bayerischen  Archive.  85 

dieses  Mal  die  ganze  Urkunde.  Würdigt  man  die  üeberraschung, 
welche  im  J.  1740  durch  das  Geheime  Archiv  Wiens  (vgl.  Heigels 
bezügliche  Abhandlung  a.  a.  0.)  der  politischen  Welt  Europa's  zu 
Theil  wurde,  so  mag  man  die  Bewegimg  ermessen,  welche  ein 
Mangel  im  Archiv  im  Wiederholungsfalle,  und  zwar  wiederholt  zu 
Ungunsten  Bayerns  hervorrief,  diess  jetzt,  da  dieses  Land  durch  die 
oben  geschilderte  vaterländisch  -  historische  Aufklärung  anfing,  an 
eine  berechtigte  und  deutsche  Existenz  Glauben  zu  gewinnen. 

Die  österreichische  Forderung  war  so  allgemein  vorhergesehen 
und  erwogen,  dass  man  nicht  die  Fertigkeit  der  Streit-Schriftsteller, 
sondern  der  Presse  anstaunen  muss.  Es  sind  ja  Bände  geschrieben 
und  zusammengestellt  worden.  Bayern  fühlte  sich  über  den  Abgang 
der  fraglichen  Kenuntiationsurkunde  so  sehr  ausser  Schuld,  dass  die 
muthmasslich  in  Mün(*hen  geschriebene  „Preussische  Abfertigung'' 
Ocsterreichs  (B.  bav.  2221.  II)  auf  S.  7— -14  das  seinerzeitige  Vor- 
handensein gesuchter  Urkunde  im  Geh.  Archive  zum  Gegenstande 
eines  Beweises  machte,  von  der  dermaligen  Unmöglichkeit 
der  Auffindung  von  Urkunden  im  bay er.  Archive  sprach, 
und  sodann  auf  Grund  einer  mehrmaligen  Kopie  weiter  deduzirte. 
(Die  Masse  der  erschienenen  Staats-  und  Privatschriften  wurde  von 
der  k.  b.  Staatsbibliothek  unter  einem  besonderen  Titel  vereinigt; 
Buchner  IX  behandelt  die  Sache  ausführlich). 

Hiezu  liegt  das  Original  -  Konzept  von  Zech's  Bericht  vor 
über  das  erfolglose  Ergebniss  seiner  Recherche  nach  der  von  aller 
Welt  gesuchten  Urkunde.  Als  handle  es  sich  um  ein  Nichts,  zieht 
seine  Feder  wie  immer  —  von  einer  erstaunlich  verworrenen  Hand 
geführt  —  von  Wort  zu  Wort  und  überrascht,  enttäuscht  durch  einen 
Gleichmuth,  welcher  beispielsweise  auch  nicht  das  Geringste  von  jener 
dienstlichen  Präzision  zeigt,  mit  welcher  sich  im  J.  1874  ein  Mün- 
chener Archiv  über  den  Verbleib  eines  total  leeren,  aber  ordnungs- 
gemäss mitgezählten  Papierblattes  selbst  meldete  und  verantwortete. 
Unter  ganz  gelassen  erhobenen  persönlichen  Beschuldigungen  der 
später  aus  dem  Lande  weggeschickten  Lori  und  Obermayer  verwies 
Zech  auf  die  Herzogskästen  in  der  Geh.  Registratur,  welche  auf 
Urkunden  anzufordern  seither  und  gerade  ihm  von  Amtswegen  zu- 
gestanden wäre,  und  auf  die  alten  Herzogsarchive  von  Neuburg 
und  Ingolstadt.  -Die  Beschuldigten,  Lori,  welcher  die  36  Tausend 
Urkunden  in  den  10  Bänden  von  Zech's  Sohne  (soweit  sie  vollendet 
waren)  vergeblich  durchlaufen  hatte,  Obermayer  und  der  von  Neu- 


86  Neudegger: 

bürg  herbeigeeilte  Regierungsrath  und  Archivar  vonHabenschaden 
begaben  sich  jetzt  als  Kommission  nach  dem  Geh.  Archiv,  jedoch  ohne 
Resultat;  hingegen  orientirto  sich  Zech  durch  ein  Privat  seh  reiben 
höchsten  Ortes  über  den  Sinn  dieser  Kommission,  worauf  er, 
24.  August  1778,  in  derselben  Form  des  hohen  unveränderten  Ver- 
trauens versichert  wurde.  Zu  gleicher  Zeit  waren  die  beiden  Erst- 
genannten als  Verlassenschaftskomraissäre  thätig,  zu  welchen  sich 
„ratione  separationis  allodii"  der  sächsische  Tjegationsrath  Gottlieb  von 
Unger  gesellte.  Seine  Forderungen  müssen  sehr  überrascht  haben, 
da  desshalb  umfassende  Recherchen  an  alle  Archive  ergingen,  die 
Originalrepertorien  eingefordert  wurden,  und  wieder  nach  Herzog 
Georg's  von  Landshut  Archive  allgemeine  Suche  war.  Als  ünger 
auch  auf  „Oeffnung  des  Geheimen  Archivs  und  Bekannt- 
gabe seines  vollständigen  Inventars''  drang,  erging  zwar 
an  Zech  die  Weisung  zur  Vorlage  des  einschlägigen  „gemein- 
schaftlichen Materiales",  und  zwar  umsomehr,  als  ohnediess 
dem  Gesandten  die  Erbverträge  von  1766  und  1771  „seinerzeit 
bekannt  gemacht  und  aus,gehändigt  worden"  seien;  an 
Unger  aber  schrieb  Lori  (vidit  Kreittmayer),  dass  „das  Geheime 
Archiv  zum  Landt  gehörig  und  in  dergleichen  Fällen 
unter  fürstlichen  Hä-usern  eines  (Archiv)  sowenig  als  das 
andere  gemeinschaftlich  gemacht'' zu  werden  pflege.  Man  kann 
schon  aus  dem  Tone  ihrer  Verfügungen  sehen,  dass  die  Männer, 
welche  eben  noch  die  bayerische  Regierung  im  reinen  Interesse  des 
Landes  vertraten,  und  welche  unter  dem  edlen  Kurfürsten  Max 
Joseph  III.  es  so  gewohnt  waren,  sich  jetzt  ohne  Stütze;  ohne 
Befugniss,  wie  verrathen  fanden. 

Zech  der  Jüngere  vollendete  in  diesem  Jahre  seinen  an  sich 
unbrauchbaren  Katalog,  während  von  ihm  nach  eigener  Inskription 
erst  aus  dem  J.  1780  zwei  Bände  vorliegen,  welche,  wenn  vollständig, 
den  Katalog  von  10  Bänden  durch  Brauchbares  ersetzt  hätten,  ein 
Index  chronologicus  und  Ind.  locorum  ac  rerum.  Sie  ver- 
wahrt die  k.  Hof-  und  Staatsbibliothek  als  Cod.  germ.  2130.  2131. 
Der  chronologische  Index  ist  jedoch,  soweit  er  hier  vorliegt,  nicht 
über  das  Jahr  1400  hinausgediehen,  auch  das  Orts-  und  Personen- 
register kann  unmöglich  die  10  Bände  begreifen.  Das  erste  und 
älteste  Regest  lautet: 

827/14  kal.  maji.  397.  Lade.  No.  34,673  —  Donatio  Ludovici 
Bojoriun  regis  erga  eccles.  Pataviensem. 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  87 

Immerhin  ist  der  Werth  der  Zech 'sehen  12  Bände  als  des, 
wie  es  scheint,  einzigen  zwischen  1600  und  1800  hergestellten  In- 
ventars, dem  im  XVI.  Jhdt.  wahre  Musterwerke  vorhergegangen 
waren,  für  einzelne  archivalische  und  historische  Bedürfnisse  nicht 
ausser  Augen  zu  lassen.  Was  aber  hätte  in  den  letzten  30  Priedens- 
jahren  geschehen  können,  wäre  ein  nach  dem  Rathe  ünertls  geeigneter 
Beamte  dahin  gesetzt  worden,  wo  es  ein  politisches  und  wissen- 
schaftliches Vorarbeiten  und  mit  ehernem  Fleiss  und  staatshistori- 
scher Kenntniss  für  das  Land  ein  Meer  auszuschöpfen  galt!  Der 
jüngere  Zech  war  ausserdem  keineswegs  von  überlegenem  Geiste, 
nicht  von  vorschauendem  Blick,  sondern  ein  Sammler  von  Inschriften 
und  Wappen,  die  er  an  entlegenen  Orten,  vereinsamt,  aufsuchte; 
als  solcher  hat  er  sich  allerdings  Verdienste  für  die  lokale  Geschichte 
erworben,  und  es  berührt  wohlthuend,  dass  wenigstens  die  Bavaria 
subterranea  und  topographica  sein  aufrichtiges  Wollen  bezeugt  Erst 
das  Jahr  1779  machte  ihn  dekretmässig  zum  Geh.  Archivar  und 
Nachfolger  seines  Vaters,  mit  ihm  aber  auch  zugleich  jenen  Lippert, 
eine  der  späteren  Geissein  des  Landes,  den  Westenrieder  in 
seinem  Tagebuche  (so  eben  von  der  k.  Akademie,  Abh.  d.  HI.  Gl. 
XVI.  II  durch  Kluckhohn  veröffentlicht)  als  den  „bayerischen 
Robespierre"  aus  unmittelbarer  Nähe  kennzeichnet.  Neu  ist,  dass 
Lippert,  dessen  Amtsführungen  nicht  alle  bekannt  sind,  amtlich  durch 
einen  vorliegenden  Eechnungs-Revisionsbericht  d^r  Hofkammer  als 
anrüchig  angemeldet  war.  In  der  That  brach  jetzt  in  allen  Landen 
eine  Zeit  herein,  welche  in  jedem  Redlichen  den  Wunsch  nach 
Erlösung  erzeugte.  Der  Kurfürst  selbst  wurde  der  Leidenden  einer, 
und  er  trug,  was  damals  Edlere  tragen  mussten.  Er  half  der  Furcht 
seines  wahren  wie  seines  formellen  Gewissens  dadurch,  dass  er 
in  einem  masslos  ausgearteten  Audienzwesen  Allen  Alles  gewährte, 
am  meisten  und  öftesten  daher  denen,  welche  es  wagten,  drohend 
und  warnend  vor  ihm  zu  erscheinen;  auch  unter  diesen  vermochte 
er  die  wahren  und  falschen  Diener  nicht  zu  unterscheiden;  er  über- 
Uess  das  Weitere  ihrem  eigenen  Existenzkampfe,  ohne  zu  bedenken, 
dass  bei  errungenem  Uebergewichte  der  Intriguirenden,  namentlich 
im  Stellenwesen,  damit  auch  seine  eigenen  Bedürfnisse,  ja  seine 
Regierungshandlungen  zu  blossen  Wünschen  gemacht  und  seine 
Person  und  Sicherheit  in  spekulirende  Hände  gegeben  wurden. 
Wo  waren  damals  alle  jene  bekannten  Männer,  welche  im  J.  1799 
mit  einem  Schlage  und  wie  die  Pilze   zahlreich   aus   dem  Boden 


88  Neudegger: 

wuchsen?  Gänzliche  Systemlosigkeit,  grösste  Unkenntniss  von  Re- 
feraten und  Referenten  kennzeichnet  die  Regierung  Karl  Theodors. 
Wir  finden  daher  in  Folge  des  Stellenkampfes  die  nach  Interessen 
und  Befähigung  sich  so  widerstreitenden  Naturen  der  Archivare 
Zech  und  Lippert  nicht  allein  in  einem  Vertrauensamte,  sondern, 
trotz  der  schreienden  Erfordernisse  des  letzteren,  angestellt  auch 
als  frequentirende  Räthe  bei  der  eben  errichteten  0.  L.  Regierung. 
So  war  auch  dieser  bei  ihrer  Organisation  (durch  den  pfalzischen 
Regier ungsrath  Kunzmann)  das  Geh.  Archiv  unterstellt  worden. 
Die  0.  L.  Regierung  kämpfte  aber  später  vergeblich  dafür,  das 
äussere  Archiv  in  ihre  Kompetenz  zu  erhalten;  das  Urkunden- 
archiv gab  sie  im  Gegentheile  ohne  Berichterstattung  bald  wieder 
zurück.  Für  dieses  waren  die  Jahre  1779 — 84  ganz  verloren. 
Beide  Archivare  wurden  1784  vom  Archive  weggenommen  und  zur 
Ober  -  Landesregierung  gezogen.  Als  im  J.  1793  Graf  Albrecht 
Zech  auf  seinem  Gute  zu  Neuhofen  starb,  wurde  Johann  Felix  als 
Vicedom  der  Regierung  nach  Straubing  versetzt.  Schon  früher  hatte 
er  sich  bezüglich  der  Anlage  seines  Repertoriums,  dessen  Nicht- 
verwendbarkeit  er  eingesehen,  gerechtfertigt;  endlich  (1807)  glaubte 
er  jene  Enthüllungen  machen  zu  sollen,  welche  in  seinen  „Archi- 
valischen  Epochen"  (R.A  —  A5.)  niedergelegt  sind,  und  worin  die 
seinem  Vater  zur  Last  gelegten  Mittheilungen  von  Urkimden  an 
Sachsen  (im  J.  1773)  auf  Max  Joseph  HL,  der  von  seinem  Volke 
den  Beinamen  des  Guten  hat,  abgewälzt  werden.  In  Beziehung 
hierauf  sind  verschiedene  bayerische  und  sächsische  Atteste  (alle 
erst  nach  1778  über  Nebenumstände)  vorhanden,  welche  jedoch 
gegenüber  den  gegnerischen  Aktenstücken  und  der  Unmöglichkeit 
einer  Zeugschaft  des  todten  Max  Joseph  niemals  Werth  haben 
konnten.  Zech  erzählt  und  wesshalb :  dass  die  erbende,  Kurfürstin 
von  Sachsen  1773  in  München  gewesen,  und  dass  er  bei  ihr  den 
Kammerdienst  zu  verrichten  hatte.  Es  liegt  nahe,  dass  er,  wie  bei 
der  Anlage  seines  Repertoriums,  so  auch  bei  dieser  Gelegenheit 
seinem  Vater  als  dritte  Person  gedient  hat.  Es  sind  vier  Arten 
von  Urkunden,  durch  deren  Zurückhaltung,  Mittheilung  oder  Fälsch- 
ung von  den  Zeitgenossen  verschiedene  Umstände  erklärt  worden 
sind.  Zu  den  letzteren  Ueberraschungen  gehörte  eben  die  sächsische, 
zu  Teschen  um  das  Achtfache  geniedrigte  AUodialforderung  in  einer 
Höhe  von  47  Millionen,  welche  sogar  die  österreichischen  Territorial- 
ansprüche fast  um  das  Doppelte  des  Werthes  überstieg.  Felix  Zech 


Zur  Gewhichte  der  bayerischen  Archive.  89 

hat  dem  Archivariate,  das  diesen  Namen  trägt,  mit  folgendem  merk- 
würdigen Epigramm  selbst  das  Unklare,  dessen  theilweise  Aufhellung 
der  Zusammenhang  erforderte,  ohne  Noth  aufgeschrieben;  an  der 
Stelle  von  3  Regesten,  unter  den  Nummern  7395 — 97  seines  Kata- 
loges,  ist  zu  lesen: 

Hie  situata  manent  mihi  cognita:  quaerere  cessa! 

Nil  prodest,  nee  ego  quid  tegat  arca  loquar. 
Tres  sunt  personae  quae  istic  abscondita  noscunt: 

Elector  solus,  Filius  atque  Pater. 
Noscere  si  curas,  tunc  archivarius  esse 
Deberes:  secus  est  cura,  laborque  nihil. 
(H.  A.  —  Manualien  1769  ff.  —  K.  A.  —  A.  31.  36.  39.  Rep.  56. 1. 
16/29.  31.  geh.  Rth.  389.  580.  608.  609.  —  R.  A.  —  A.  II.  u.  5.  —  S.  A. 
—  517/97.) 

15.  Hofrath  v.  Eckartohausen  1784—1803. 

„Zu  vollständiger  Erreichung  der  Einrichtung  des  Geheimen 
Archivs",  namentlich  in  Rücksicht  „prompter  Benützung  der  Ur- 
kunden", wurde  Karl  v.  Eckartshausen,  seit  acht  Jahren  am  Hof- 
rath im  Kriminalsenate  thätig,  jetzt  ein  Mann  von  32  Jahren,  als 
„beständig  arbeitender  Geheimer  Archivar"  bestellt.  Sein  Dekret 
vom  3.  Februar  1784  enthielt  zugleich  die  Bestimmung,  „dass  das 
kfstl.  Geh.  Archiv  (wieder)  unmittelbar  unter  höchster  Stelle  stehe 
und  von  höchster  Person  selbst .  .  .  Weisung  zu  erholen  habe." 
Diese  Zurückversetzung  des  Geh.  Archivs  in  seine  alte,  jetzt  sogar, 
wenn  man  davon  Gebrauch  machen  wollte,  unmittelbare  Zuständig- 
keit zur  höchsten  Person,  war  Eckartshausens  Eintrittsbedingung  und 
ist  —  von  ihm  nach  der  Erfahrung  des  J.  1778  im  Zusammenhalte 
mit  der  laufenden  „Mannheimer  Regierung"  urgirt  und  durchgesetzt  — 
von  innerer  grosser  Bedeutung  geworden.  Eckartshausen  war  ein 
Dom  und  Hemmschuh,  an  dem  der  Wagen  der  Frank,  Lippert  und 
Schneider  ächzte  und  nicht  zu  vollem  Laufe  kam,  der  dem  edlen 
Gespann  der  Krenner,  Westenrieder,  Baader  und  Utzschneider 
angehörte,  bis  sein  früherer  Kollege  im  Hofrath  und  Büchercensur- 
KoUegium,  Montgelas,  vor  Max  Josef  IV.,  dem  „ersehnten 
Fürsten",  sich  in  den  goldenen  Sattel  des  neuen  Jahrhunderts  schwang. 
Eckartshausen  war  nicht  allein  von  universaler  Anlage,  sondern  er 
hatte  sich  im  Besonderen,  aus  Neigung,  das  geschichtliche  Wissen 
angeeignet.    Seinem  Humanitätsgefühle  gab  er  dadurch  unbewusst 


90  Neud^ger: 

ein  Zeugniss,  dass  er  behauptete,  ,,das  beständige  nutzlose  Ver- 
urtheilen  zu  Grausamkeiten  und  Martern"  habe  in  ihm  eine  hypo- 
chondrische Anlage  erweckt.  Er  war  einer  der  kühnen,  aber  wahren 
vaterländischen  Warner  Karl  Theodor's,  ein  einzelner  und  desshalb 
von  nicht  sichtlichem  Einflüsse,  in  Folge  seines  Richterscharfsinnes 
und  erworbenen  Unerschrockenheit,  seiner  stets  protokollirenden 
Feder  den  bayerischen  und  pfälzischen  „Mannheimern"  weit  über- 
legen und  desshalb  an  seiner  Stelle,  die  ihm  ein  Schild  war,  ein 
Schützer  vieler,  den  Tag  erwartender  Existenzen. 

Obwohl  der  Kanzler  selbst  den  Archivar  in  das  Amt  eingeführt 
hatte  und  der  eigenhändigen  kurfürstlichen  Ernennung  eine  para- 
graphirte  Instruktion  gefolgt  war,  hielten  Lippert  und  Zech  doch  fast 
ein  volles  Jahr  das  Archiv  verschlossen  und  die  Schlüssel  zurück. 
Mehreremal  wurde  Eckartshausen,  der  eigens  von  der  Sitzung  imHof- 
rathe  befreit  war  und  vergeblich  berichtete  und  seiner  Bestimmung 
harrte,  vom  altern  Grafen  Albert  Zech,  der  wie  ein  böser  Traum 
bis  hieher  reicht,  beschieden  und  von  demselben  ihm  , jegliche 
andere"  Laufbahn  angeboten.  Welche  Perspektive  in  solche  Zustände ! 
„Nach  mehr  denn  20  gehabten  Audienzen",  zu  denen  Eckartshausen 
im  Miethwagen  nach  Nymphenburg  fuhr,  um  mit  den  Beweisen 
in  der  Hand  dem  Kurfürsten  die  Augen  zu  öffnen,  besiegte  er 
endlich  soweit  den  Widerstand,  dass  den  beiden  Archivaren  „die 
gänzliche  Dispensirung  vom  Archive"  neuerdings  durch  Dekret  vor 
Augen  gehalten  und  ihnen  die  Frequentirung  der  0.  L.  Regierung 
zur  Pflicht  gemacht  wurde.  Erst  nach  weiteren  vier  Wochen  über- 
gaben sie  die  Schlüssel.  Nach  den  Katalogen  des  abgehenden  Zech 
hätte  sich  eine  Extradition  wenigstens  durch  Abzahlung  bewerk- 
stelligen lassen  müssen,  ein  seltener  Fall  bei  einem  grösseren  Archive, 
aber  Eckartshausen  weigerte  sich  dessen,  da  er  ein  von  seinen  Tor- 
gängern hiedurch  erzieltes  volles  Absolutorium  nicht  übernehmen 
könne.  Lippert  vermochte  solches,  das  er  unter  allen  Umständen  zu 
erhalten  wünschte,  wiederholt  nicht  zu  erreichen.  Die  Uebergabe, 
mit  welcher  hier  ein  wechselvolles  Jahrhundert,  eine  alte  lehrreiche 
Zeit  für  immer  Abschied  nahm,  erfolgte  „in  folle  —  loco  absolutorii." 
Jetzt  liess  Eckartshausen  den  kaiserl.  Notar  und  (letzten)  bayer.  Comes 
palatinus,  den  bekannten  Einzingerv.  Einzing,  mit  zwei  Zeugen 
kommen  und  das  Archiv  inventarisiren.  Dem  beglaubigten  libell 
ist  zu  entnehmen,  dass  jeweilig  benützte  Urkunden,  z.  B.  die  oben- 
genannten Testamente  von  1565  ff.  in  Masse  nicht  wieder  eingelegt, 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  91 

die  Bestände  in  den  Zech'sehen  Katalogen  nicht  evident  erhalten, 
die  Verleihungen  nur  auf  zerstreuten  Blättern,  nur  durch  Auf- 
schreibung der  Nummern  angedeutet  waren.  Vorhandene  ältere 
Kataloge  wurden  bei  der  Extradition  nicht  übergeben,  zu  jenen 
Bänden  Zech's  von  I — X  fehlte  der  chronologische  und  der  alpha- 
betische, die  seitdem  vom  Werke  (H.  A.)  abgekommen  zu  sein  scheinen. 
Hierauf  entwarf  Eckartshausen  eine  Archivordnung  (Haus- 
Instruktion),  deren  Vollkommenheit  bei  ihrer  anscheinenden  Ur- 
sprünglichkeit überrascht  Die  Wiedergabe  des  jetzt  100  jährigen 
Originals  wäre  hier  nicht  ohne  Interesse,  desshalb,  weil  sie  für  die 
Archive  kulturgeschichtlich  ist  und  weil  sie  die  Vorzüglichkeit  unseres 
Archivars  deutlich  zeigt.  Sie  zählt  nur  36  Paragraphen  und  ent- 
hält bereits  Alles,  was  unsere  allmälig  ausgebildeten  Generalien 
in  vielen  BetreflTen  einzeln  behandeln.  Der  Archivar  liess  sich 
dieselbe  durch  Karl  Theodor's  Unterzeichnung  und  das  grosse 
Kabinetssiegel  fertigen  (1784/23/XII).  Er  rügt  darin  beispielsweise 
das  in  den  zu  grossen  Laden  zu  hermetisch  ui\d  zu  zahlreich  auf 
einander .  gepackt  Liegen  der  Urkunden ,  ordnet  eine  selbstthätige 
Ventilation  der  Gewölbe  an  zur  Ausgleichung  ihrer  Luft  mit  der 
äusseren  in  Bezug  auf  Wärme-  und  Feuchtigkeitsgrad,  räth  gegen 
Insekten  eine  periodische  Ausschwefelung  der  Bäume  bei  geöffneten 
Laden  und  Imprägnirung  allen  Holzes  mit  Wermuth,  empfiehlt  die 
Anwendung  leinener  Bänder  statt  Faden.  Sodann  aber  seien  über 
die  Benützungen  erläuternde  Aktenstücke  (Manualien)  zu  hinter- 
legen, die  Departements  und  Stellen  sollten  nicht  einfach  requiriren 
[wollen  wir  immer  die  Erfahrungen  des  J.  1778  als  Motive  im 
Auge  behalten],  sondern  die  Quaestio  ordentlich  aufwerfen  und  das 
Archivs- Gutachten  gewärtigen.  Nach  ergangener  kfstl.  Erlaubniss 
sei  den  Referenten  eine  Benützung  in  loco  archivi  behufs  Verein- 
fachung der  Geschäfte  [nicht  allein  zur  Schonung,  sondern  auch  zur 
kürzeren  Interpretation  des  Materials]  freizustellen.  Selbst  bei  Im- 
mediat- Befehl  soll  es  dem  Archivar  unbenommen  sein,  durch  Zu- 
tritt zur  höchsten  Person  pflichtmässige  Gegenvorstellung  zu  er- 
heben. Zu  endlicher  Feststellung  des  Inhalts  des  Archives,  um  darin 
zu  einem  Systeme  zu  gelangen,  seien  die  Materien  zu  bestimmen 
und  desshalb  die  Einrichtung  der  Staatsregistratur  weiter  zu  betreiben. 
—  Eine  Ergänzung  der  Hausordnung,  unterm  17.  November  1787 
genehmigt,  bestimmte  weiter,  dass  der  Geh.  Archivar  seine  Bedenken 
vorzutragen  habe,  wenn  nur  Neugierde  Einzelner  vorzuliegen  oder 


92  Neudegger: 

die  „feine  Politik  Auswärtiger"  unter  Vorwänden  Kenntniss  von 
der  Stärke  oder  Schwäche  des  Archivs  sich  verschaffen  zu  wollen 
scheine;  es  seien  desshalb  die  Gesuche  und  Akten  dem  Archivar 
zuzuschliessen  und  sein  Gutachten  zu  gewärtigen.  Auch  bei  der 
Benützung  für  wissenschaftliche  Zwecke  sei  in  jener  Beziehung  zu 
achten,  und  so  nothwendig  die  Kodifikation  des  bayer.  Staats- 
rechtes sei,  so  solle  doch  auch  zu  solchen  Arbeiten  dem  Archivar 
eine  Erinnerung  gestattet  sein.  Das  Dienstpersonal  anlangend,  solle 
dem  Geh.  AiThivar  ohne  sein  Gutachten  kein  Offiziant  aufgedrungen 
werden,  dessen  erforderliche  Fachkenntnisse  (welche  Eckartshausen 
ganz  im  allerneuesten  Sinne  verlangte,  eine  allein  juridische  Aus- 
bildung durchaus  nicht  befürwortend)  vielmehr  der  Archivar  zu 
prüfen,  hierüber  einzuberichten,  zugleich  aber  dem  Geprüften  das 
Resultat  im  Attest  zuzustellen  habe.  Den  Schluss  dieser  Erfahrungs- 
sätze Eckartshausens  bildeten  sieben  Regeln,  das  Archiv  in  seiner  Lager- 
Ordnung  auf  die  rascheste  und  erhaltendste  Weise  zu  mobilisiren; 
nach  ihnen  wurde  später  drei  Mal  mit  bestem  Erfolge  das  Archiv 
zur  Flüchtung  bereit  gestellt. 

In  Kaufmann  hatte  Eckartshausen  noch  1784  einen  Ofßzianten 
mit  den  gewünschten  Vorbedingungen,  den  noch  in  diesem  Jahr- 
hundert thätigen,  verdienstvollen  Sekretär  erhalten.  Mit  ihm  begann 
er  sofort  die  nach  seinem  Plane  genehmigte,  als  Anstellungsbedingung 
auferlegte  Systematisirung  der  Bestände,  theils  nach  den  natürlichen, 
historischen  älteren  Titeln  .  der  Verfassung  und  Verwaltung,  theils 
nach  den  bestehenden,  theils  nach  der  territorialen  einstigen  und 
jetzigen  I^ndes-Organisation.  Nebenher  liefen  seine  General-Recher- 
chen behufs  Vervollständigung  der  Urkunden  an  alle  bestehenden 
Archive  und  Registraturen,  auch  nach  den  alten  Residenzen  zu 
I^andshut,  Straubing  und  Ingolstadt  (1784—86). 

Eine  kurze  Störung  erlitt  die  Arbeit  dadurch,  dass  Schneider 
V.  Negelsfürst,  welcher  sich  schon  zuvor  gerühmt  hatte,  es  werde 
ihm  die  von  Eckartshausen  nicht  begutachtete  Ernennung  zum 
zweiten  Geh.  Archivare  dennoch  gelingen,  allerdings  eines  Tages 
mit  seinem  Dekrete  im  Archive  erschien  (1786/14/X).  Dieser  war 
Archivar  zu  Neuburg  gewesen  und  als  solcher  mit  demlnspektorate 
in  absentia  als  0,-L.-Regierungsrath  zu  München  angestellt  worden. 
Nicht  allein  die  Räthe  zu  Neuburg,  sondern  auch  die  zu  München 
verwahrten  sich  vor  ihm ;  er  war  auch  im  Archive  nur  vier  Monate, 
nachdem  er  durch  einen  greifbar  unwahren  Bericht  über  den  Ar- 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  93 

chivar  Eckartshausen  seine  Absichten  gekennzeichnet,  eine  auffallende 
Neigung  zu  den  verschlossen  deponirten  lUuminatenpapieren  und 
eine  zur  Schau  getragene  Unthäligkeit  erwiesen  hatte.  Wir  schulden 
diese  Mittheilungen  aus  Original  und  Protokoll  allen  Jenen,  welche 
nach  der  öffentlichen  Ueberlieferung  der  bayerischen  Geschichte, 
—  den  stets  für  sein  Leben  fürchtenden  Kurfürsten  nicht  aus- 
genommen —  unter  diesen  und  anderen  Geissein  gelitten  haben. 
Es  ist  derselbe  Schneider,  den  Westenrieder  in  seinem  Tage- 
buch (a.  a.  0.  S.  49 — 64)  so  milde  als  „Fabelhansen"  bezeichnete, 
derselbe,  welcher  sich  zum  Direktor  einer  öffentlichen  Sittenzensur- 
SteUe  emporschwingen  wollte,  der  Diener  Lippert's. 

Im  Terlaufe  seiner  Einrichtungsarbeiten  und  seiner  Einforder- 
ungen von  Urkunden  war  es,  dass  Eckartshausen  sich  überzeugte, 
es  lasse  sich  die  Scheidung  der  Archive  in  Urkunden-  und  Akten- 
Archiv,  die  TervoUständigung  und  Bearbeitung  beider  für  die  Zu- 
kunft getrennt,  nicht  mehr  durchführen.  Formelle  und  materielle 
Gründe  konnte  er  hiefür  schon  aus  den  Antworten  auf  seine  Ein- 
forderungen schöpfen,  z.  B.  des  Staatsarchivs  —  w^e  er  dieses 
selbst  so  richtig  zu  bezeichnen  anfing.  Nicht  allein  die  moderne 
Diplomatie,  schon  die  des  XVII.  Jahrhunderts  hatte  die  mittel- 
alterlichen Kanzleiformen  ganz  verlassen.  Die  Schlussurkunde 
verlor  mit  dem  Werthe  die  Form;  das  Konzept  des  Referenten,  die 
Handschrift  des  Korrespondenten,  die  Proposition  und  der  Präliminar- 
Vertrag  überwog  das  endliche  Schriftstück,  das  durch  den  offiziellen 
Druck  vervielfältigt  wurde,  so  dass  in  Bezug  auf  Konservirung 
schliesslich  selbst  die  Ratifikation  wichtiger  wurde,  als  das  Haupt- 
stück. Wollte  man  noch  ferner  die  meist  einer  Auslegung  fähigen 
oder  wenigstens  unterziehbaren  Hauptverträge  in  einem  anderen 
Hause  verwahren,  als  die  aufklärenden  Verhandlungen  ?  Andererseits 
hatte  die  veränderte  Form  der  Urkunden  dazu  geführt,  sie 
den  Akten  beizulegen  und  beizubinden.  Das  zeigte  sich  bei  dem 
Extraditionsgeschäft,  namentlich  in  Rücksicht  des  letzteren  Umstandes, 
mit  der  Staats-Registratur,  und  Eckartshausen  bekundete,  dass  er  die 
ünhaltbarkeit  des  dermaligen  Archivwesens  vollständig  einsah,  dessen 
ganzer  Umgestaltung  er  durch  sein  System,  jetzt  schon  und  ohne 
es  zu  wissen,  in  die  Hände  arbeitete,  damit,  dass  er  eine  Vereinigung 
des  Hauptarchivs  mit  der  Staatsregistratur  beantragte;  hiefür  hatte 
er  auch  die  0.  L.  Regierung  gewonnen,  welche  damit  umsomehr 
mit  dem  äusseren  Archive  zu  ihrem  Ziele  zu  kommen  glaubte.  Der 


94  Neudegger: 

hierauf  von  Kreittmayr  (concepit)  ertheilte  aufschiebende  Bescheid 
lautete  jedoch,  dass  ihm  die  vollständig  durchzuführende  Material- 
ordnung vorläufig  seines  eigenen  Archives  Zeit  seines  Lebens  hin- 
länglich zu  thun  geben  werde  (1786).  In  der  That,  welche  Ver- 
wirrung und  welcher  Verlust  konnte  entstehen,  zwei  noch  in  der 
Gährung  begriffene  Archive,  wobei  man  über  die  Staatsregistratur 
qualitativ  und  quantitativ  sich  einer  ganz  gewaltigen  Täuschung 
hingab,  bei  nur  drei  Arbeitskräften  zusammenfliessen  zu  lassen. 
Und  was  wäre  bezweckt  gewesen  ohne  Hereinziehung  des  äusseren 
Archives?  Desshalb  sagten  wir  früher,  dass  beim  ersten  Anstosse 
im  J.  1773,  als  der  alte  erfahrne  Aettenkhover  wenigstens  noch  hätte 
über  die  Gtesammt- Massen  aufklärend  disponiren  können,  ihre  all- 
mälige  Umsetzung  am  besten  begonnen  hätte.  Dann  hätten  wir 
bei  der  Vereinigung  erst  der  Kur-Pfalz,  dann  Zweibrückens,  dann 
Frankens  etc.  mit  Bayern  die  Archive  immer  in  vorbereiteter,  mit 
den  Ereignissen  und  den  Keferaten  natürlich  und  in  Zeit -Pausen 
fortgeschrittener  Lage  getroffen.  —  Die  bayer.  Eegierung  verdient  zu 
allen  Zeiten  den  Euf  der  Milde  und  des  möglichsten  Erhaltens, 
nie  des  Arbeitens  in  vorzeitigen  oder  unbegründeten  Sprüngen. 
So  war,  wie  in  Bezug  eben  auch  auf  die  nachfolgende  Archivs- 
organisation, Montgelas  zwar  ein  umwälzender,  aber  durchaus 
kein  sog.  fortschrittlicher,  Theorien  folgender  Minister,  sondern 
man  war  so  obsolet  geworden,  dass  man  das,  was  er  als  Quellen- 
arbeiter aus  der  Geschichte  des  schon  Dagewesenen  als  unabweis- 
bares Bedürfniss  zog,  für  neue  divinatorische  Konstruktionen  hielt 
Divus  bleibt  Montgelas,  weil  er  alle  Zweige  der  Staatsverwaltung 
mit  übermenschlicher  Anstrengung  sich  zu  eigen  machte  und  so 
als  wahrhaft  staatsmännische  Einheit  dem  Lande,  d.  i.  Fürst  und 
Volk  und  zwar  nach  den  Eesultaten  ihrer  Geschichte,  die  er  aus 
eigenen  Essay 's  gar  wohl  kannte,  zu  dienen  wagte  und  verstand. 
Es  ist  hiezu  zu  bemerken,  dass  sowohl  Bu ebner  als  G.  Frhr. 
V.  Lerchenfeld  mit  Vorbehalt  zur  Geschichte  des  Königs  Max  L 
und  der  bayer.  Verfassung  ausdrücklich  und  wiederholt  erklären, 
dass  ihnen  über  den  Zeitraum  Montgelas'  keine  Akten  vorgelegen 
sind,  und  weil  gleichwohl  jedem  bayer.  Politiker  und  Staatsmanne 
die  Bedeutung  der  quellenmässigen,  für  Bayern  so  belangreichen 
Geschichte  des  „Ministeriums  Montgelas",  selbst  noch  für  den  Zeit-, 
räum  nach  dem  deutschen  Bunde  klar  ist.  Vgl.  Note  S.  69  u.  75. 
Es  überrascht,  dass  Eckartshausen  schon  im  J.  1787  die  ge- 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  95 

schehene  Systematisirung  der  Urkunden  (in  einstweilen  manueller 
Durchführung)  berichten  konnte.  Der  Kurfürst  selbst  mit  Kreitt- 
majrr,  Tieregg  und  Fugger  nahm  das  Archiv  in  längeren  Augenschein. 
Aber,  wie  der  Archivar  als  Motiv  in  das  Protokoll  aufnehmen  liess, 
„wegen  der  Angriffe,  welche  (ihm)  bei  der  in  Bayern  allgemein  herr- 
schenden Unordnung  widerfahren",  liess  er  wieder  durch  Einzinger 
unter  Assistenz  zweier  Revisionsräthe  als  Zeugen  Inventar  und  Be- 
fund der  neuMi  Ordnung  notariell  herstellen.  Dem  beglaubigten  Pro- 
tokoll ist  zu  entnehmen,  dass  das  Archiv  jetzt  unter  systematischen 
Rubriken  in  VI  Haupt- Abtheilungen  lagerte,  so,  dass  in  jeder  Lade 
die  Urkunden  gleichen  Betreffes  chronologisch  in  überschriebenen 
Faszikeln  sich  befanden,  und  hiebei  auch  das  Verzeichniss  der  Ur- 
kunden, sowie  ein  „historischer  Extrakt"  derselben  lag  mit  der  An- 
gabe der  hiezu  schon  vorhandenen  Literatur.  Die  Inventarisirung 
nahm  10  '^age,  8.— 17.  Nov.  1787,  in  Anspruch. 

Das  ganze  System  wurde  später  auf  einer  Tabelle  übersichtlich 
hergestellt  und  eine  solche  gleichfalls  beglaubigt.  Die  weiteren  De- 
taillirungsarbeiten,  wozu  auch  eine  Sortirung  der  vorhandenen  Akten 
gehörte,  besorgte  Kaufmann,  welcher  sich  hiebei  nach  dem  Zeugnisse 
seiner  ordnenden  Feder  nicht  geringe  Verdienste  für  die  kommende 
Haupt-  und  Neuordnung  der  Archive  (systematische  Scheidung  vom 
J.  1799)  erworben.  Es  verdient  kurz  der  Erwähnung,  dass  er 
es  war,  welcher  die  Anordnung  des  im  J.  1799  ausgeschiedenen 
Hausarchives  durchführte  und  zwar  entsprechend  der  Wittelsbach'- 
schen  Genealogie.  Während  Kaufmann  in  der  Einzel- Verzeichnung 
weiterschritt,  sammelte  und  ordnete  Eckartshausen  nicht  allein  seine, 
sondern  auch  ältere,  später  wieder  in  Zerstreuung  gekommene  Ma- 
nualien,  Verzeichnungen  und  Manuskripte,  bearbeitete  ein  noch 
heute  sehr  erwünschtes  Werk,  einen  „Ländertheilungs-Folianten  mit 
dazu  gehörigen  Karten",  ein  chronologisches  Verzeichniss  der  „Frie- 
densschlüsse zwischen  1183  und  1779",  und  entwarf  ausser  seinen 
Berichten  eine  grosse  Zahl  von  Gutachten  und  Arbeiten,  deren 
einige  Erwähnung  verdienen.  So  war  ohne  Zweifel  das  Haupt- 
und  Urkundenarchiv  in  guten  Händen,  und  liegt  bei  diesem  Ge- 
danken der  an  das  Schwesterarchiv,  das  äussere,  nahe.  Dieses  litt 
eben  jetzt  unter  jenem  Indifferentismus,  den  der  Hofkanzler  in  Folge 
der  nun  untergeordneteren  Stellung  des  Hofrathes  nicht  zu  heben 
vermochte.  Als  wir  unlängst  von  Westenrieder  (Tagebuch  1793) 
lasen,    dass    er    nach    dem  Ableben   Sedlmayers    (1792)   sich   um 


96  Neudegger: 

den  Wirkungskreis  des  äussern  Archivars  vergeblich  bewarb,  fiel  es 
uns  bei,  wie  er  vermöge  seiner  Kenntnisse  des  älteren  bayer.  Staats- 
wesens im  Einvernehmen  mit  Eckartshausen  die  Natur  des  äusseren 
Archivs  bestimmen ,  auf  die  schon  in  Aussicht  stehende  Organisation 
vorbereiten,  sodann  i.  J.  1812  als  erfahrener  Fachmann  die  Schluss- 
organisation, die  in  der  Natur  der  Dinge  gelegen  war,  vollständiger 
als  Lang,  der  in  der  historischen  Verwaltung  und  Politik  Bayerns 
fremd  und  überhaupt  kein  wahrer  Freund  der  Geschichte,  ein  politi- 
scher Flüchtling  war,  hätte  vollziehen  können,  i) 

In  der  Zeit  der  „Invasion  der  Neufranken"  war  es  in  Bayern 
zum  ersten  Male  im  J.  1796,  dass  die  Archive  flüchten  mussten. 
Am  16.  August  gingen  das  Geheime,  das  äussere  und  das  Staats- 
archiv unter  der  Leitung  des  Staatsarchivars  v.  Pallhausen  ab  und. 
mit  ihnen  das  Heidelberg -Mannheimer  Urkunden- Archiv,  das  eben 
in  München  eingetroffen  war,  nachdem  es  seit  1792  bereits  zu  Ingol- 
stadt gestanden.  (Zur  gleichen  Zeit  weilte  das  seit  1793  flüchtende 
Zweybrücker  Urkundenarchiv  unter  Führung  seines  Archivars  Bach- 
mann auf  Schloss  Krailsheim.)  Die  Flüchtung  ging  „über  Würzburg" 
nach  Lockwitz  in  Sachsen,  wo  sich  Karl  Theodor  gleichzeitig  befand, 
war  jedoch  bald  beendet,  denn  die  Archive  waren  am  15.  Jänner 
folgenden  Jahres  wieder  an  Ort  und  Stelle.  Das  pfälzische  Kur- 
Archiv  verblieb  in  München  und  gelangte  als  Ganzes  nicht  mehr 
in  seine  Heimath.  In  der  Folge  fanden  noch  einige  Bereitstellungen, 
jedoch  keine  Versendung  mehr  statt. 

Nachdem  Eckartshausen's  System  der  Aufstellung  seiner  Ar- 
chivalien allerdings  darüber  aufklärt,  wie  die  Urkundenmasse  vor 
ihrer  grossen  Scheidung  im  J.  1799  sich  zu  vergegenwärtigen  ist,  und 
wie  die  bezeichnete  Auseinandertheilung  vor  sich  gegangen  sein  mag, 
so  bietet  doch  überraschender  Weise  das  Protokoll  der  bezeichneten 
Flüchtung,  die  so  veranstaltet  wurde,  wie  es  die  sieben  Regeln 
des  Archivars  vorschrieben,  neue  Anhaltspunkte.  Bei  Kasten  112 
heisst  es  im  Verpackungsprotokoll:  „Hier  endet  sich  .  .  .  das 
systematisch  eingerichtete  geheime  Briefgewölbe".  Also  besass 
das  Hauptarchiv  Eckartshausen's  etwa   auch  eine  nicht  unmittelbar 


1)  Vergl.  Heigel  „Aus  drei  Jahrhunderten"  (Wien  1881):  „Die  Me 
moiren  des  Ritter  von  Lang"  S.  214  ff.,  wozu  wir  nach  unserer  Kenntniss 
des  Nachlasses  Max  I.  und  Montgelas'  vollsten  Beifall  KoUen.  Man  erzählt  sich 
von  Lang,  dass  er  m  München  nur  eine  Hotel -Wohnung  unterhielt,  in  welcher 
seme  Koffer  stets  gepackt  standen. 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  97 

die  Haus-  und  Staatsrechte  berührende  Urkundenmasse  von  ent- 
fernterer Bedeutung,  welche  dem  Systeme  in  ungetheilten  Körpern 
anhing?  Allerdings.  Das  11.  und  III.  Gewölbe  war  damit,  sodann 
mit  Akten  und  Handschriften,  wovon  gelegentlich  die  Hede  war, 
angefüllt.  Da  waren  die  Urkunden  der  Rentämter  München,  Strau- 
bing, Landshut  und  Burghausen  nach  Gerichten  geordnet;  einzelne 
Zugänge,  der  Eintheilung  harrend,  wie  die  Sendung  aus  Mannheim 
1778;  Urkunden,  welche  bei  der  Wegsendung  Lori's  und  Obermayer's 
1778  bei  deren  Arbeiten  gefunden  wurden;  die  Abschriften  der  1779 
an  Oesterreich  extradirten  Gerichtsurkunden;  die  Archive  der  im 
Laufe  des  Jahrhunderts  erworbenen  oder  heimgefallenen  Territorien  : 
Degenberg,  Haag,  Wolfstein  etc.;  Urkunden  verschiedener  Klöster; 
eine  grosse  Masse  von  Sal-  und  Kopialbüchern ;  Manuskripte  und 
ältere  Archival-Arbeiten. 

Zu  den  letzten  Erlebnissen  des  Geheimen  Archives  vor  Um- 
gestaltung der  alten  Ordnung  gehört  die  vorübergehende  Ernennung 
des  Ob. L. Regierungsrathes  v.  Thoma  (1797/98)  zum  2.  Archivar. 
Diese  geschah  jedoch  nur  zu  Zwecken  seines  Referates  über  die 
österreichischen  Prätensionen  in  der  Oberpfiilz,  wozu  er  sehr  schöne 
zusammenhängende  historische  Arbeiten  (wS.  A.  318/8.  623/51)  ge- 
liefert hat 

War  dieses  der  Kreis  und  waren  dicss  die  Bedingungen,  unter 
welchen  das  Geheime  Archiv  unter  Karl  Theodor  gestanden,  unter 
denen  der  Archivar  gearbeitet  hat,  so  war  damit  des  rechten  Mannes 
innere  Pflicht  noch  nicht  erfüllt.  Jeder,  der  in  seinem  Amte  den 
ethischen  Werth  erkennt,  hat  ja  darin  auch  ein  Stück  Kultur  zu 
erfüllen;  und  soferne  sein  Werk  diess  nicht  gestattet,  hat  er  dem 
Nothwendigen  das  menschlich  Gute  ausser  demselben  beizufügen, 
wenn  er  'eben  einen  humanen  Beruf  erfüllen  will;  kann  er  auch 
dieses  nicht,  so  pflegt  er,  der  unbewusst  Ziellose,  zu  sagen,  dass  sein 
Amt,  sein  Leben  ihn  nicht  befriedige.  Schon  Der  lebt  einer  idealen 
Auffassung  und  mit  Befriedigung,  welcher  der  rügbaren  Forderung 
etwas  hinzufügt.  So  liegen  von  Eckartshausen  einmal  viele  Vor- 
schläge und  Arbeiten  halbamtlichen  Ursprunges  und  viel  Nützliches 
aus  Diensterfaiirungon  vor.  Ungefähr  1795  entwickelte  er  die  Noth- 
wendigkeit  der  Organisirung  eines  Ministerialdepartements  '„in  pu- 
blicis"  genau  so,  wie  Montgelas  später  das  auswärtige  Ministerium 
mit  einer  solchen  höchsten  Instanz  zur  staatsrechtlichen  Abtheilung 
der  Ob.  L.  Regierung  resp.   Qen.  Landesdirektion  ausgestattet  hat. 

ArohlTtllsohe  Zeltiohrift  VIL  7 


98  Neudegger : 

Dadurch  gelangten  seit  1799  die  Archive  in  den  Geschäftszug  des 
Ministeriums  des  Aeussern,  das  Haus-  und  Staatsarchiv  unmittelbar, 
das  Landesarchiv  durch  die  General-Landesdirektion.  Als  an  Mont- 
gelas'  Ministerium  eine  eigene  Schule  für  Diplomaten  gegründet 
wurde,  erwirkte  sich  der  Archivar  für  sie  die  Vertretung  eines 
obligaten  Lehrgegenstandes  mit  dem  Rechte  der  öffentlichen  Lesung 
und  Prüfung. 

Bedenkt  man,  wie  die  bayerische  Politik  seither  ohne  Kon- 
sequenz und  Geschichte,  von  Eintags-Erscheinungen,  stets  das  System 
der  Kanzler  durchbrechend,  geleitet  wurde,  dass  kein  Landtag  und 
keine  Presse  Kritik  üben  konnte,  dass  nach  der  Politik  vom  Jahre 
1778  aus  berufenem  Munde  die  Klage  sich  erhob,  ob  denn  der 
„Historiker  ein  so  unnützes  Ding  im  Staate"  sei,  bedenkt  man  auch, 
dass  noch  Westenrieder  mit  einem  Gesuche,  den  jungen  berufenen 
Adeligen  Münchens  Geschichte  vortragen  zu  dürfen,  abgewiesen 
wurde, -so  war  allerdings  dem  Archivar,  freilich  im  J.  1802,  sehr 
Vielversprechendes  gelungen.  Sein  „Lehrsystem  einer  praktischen 
Staatsdiplomatik"  1)  zerfällt  in  einen  wissenschaftlichen  und  einen 
angewandten  Theil.  Es  geht  von  dem  Ursprung  der  Sprach-  und 
Schriftformen  aus  und  behandelt  in  49  Titeln  die  geschichtlichen  Hülfs- 
wissenschaften,  besonders  Paläographie  und  Diplomatik  (Tit.  48  z.  B. 
„Lehre  der  Veränderung  der  äussern  und  Innern  Form 
der  Urkunden"),  in  weiteren  15  Titeln  die  Einrichtung  und  die 
Materien  der  Archive,  in  8  Titeln  sodann  die  Grundzüge  zur 
Archiv-Benützung  für  die  Zwecke  der  historischen  Hülfs- 
wissenschaften,  der  Geschichte  selbst,  insbesondere  aber  für  die 
Zwecke  der  Staatswissenschaften  und  einer  ständigen 
systematischen  Landes-Politik. 

Die  Aufstellung  eines  mit  Eücksicht  auf  die  Ereignisse  festzu- 
haltenden „Systems  der  Landespolitik",  aufgebaut  auf  deren 
Geschichte,  unter  Betrachtung  der  stabilen  geographischen,  strate- 
gischen und  staatswirthschaftlichen  Verhältnisse  des  Landes,  das  war 
Eckartshausens  Gedanke.  Es  wäre  nicht  historisch,  zu  bezweifeln, 
dass  eine  bezügliche  Geschichte  der  bayerischen  Politik,  seit  Mont- 
gelas  aus  dessen  Memoiren-Sammlung  fortgeführt,  seit  den  Tagen 
des  Rieder- Vertrages,  die  besten,  dem  Lande  und  dem  Reiche  gleich 
erspriesslichen  Dienste  geleistet  hätte.  Weder  der,  zwei  Reichsfeinden 


')  £b  liegt  nur  das  System,  nicht  die  Abhandlung  vor. 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  99 

systematisch  zuneigende,  lediglich  chronikalische  niedere  Schul-,  noch 
der  stets  in  einzelne  Themata  zerrissene  europ.-deutsche  Hochschul- 
Unterricht  war  geeignet,  das  nächstliegende  politische  Bedürfniss 
aufzuhellen,  das  Vaterlandsgefühl  geographisch  zu  konzentriren ;  die 
politische  Geschlossenheit  war  ja  auch  stets  die  der  Verfassung  und 
der  Grenzen,  welche  letztere  im  Osten  Bayerns  nie  zur  Festigkeit 
gediehen.  Leider  starb  Eckartshausen,  ohne  sein  System  ganz  zur 
Lesung  gebracht  zu  haben.  Seine  Vorlesungen  eröffnete  er  mit  einer 
Eede,  welche  u.  A.  in  allgemeinen  Sätzen  aus  den  Ergebnissen  der 
letzten  Regierung  lehrreiche  Konsequenzen  zog  und  die  Hof&iung 
auf  bessere  Zeiten  daran  knüpfte. 

Schon  1783  hatte  Eckartshausen  —  bezeichnend  —  Karl 
Theodor  eine  „historische  Abhandlung  über  den  bayerischen  ursprüng- 
lichen Nationalcharakter''  vorgelegt.  Noch  mehrere  Aufsätze  richtete 
er  an  denselben,  zum  Theil  mit  eigenthümlicher,  mysteriöser  Captatio, 
z.  B.  über  die  Berechtigung  der  Heranziehung  des  geistiichen  Gutes 
in  Landesnoth,  über  die  Heilung  von  Staatsgebrechen. 

Im  J.  1787  sendete  er  den  Entwurf  zu  einer  Landesverordnung 
ein,  welche  in  acht  Punkten  die  Erhaltung  der  historischen  Denk- 
mäler des  Landes  (in  Archiven,  Bibliotheken  und  öflfentiichen  Ge- 
bäuden etc.)  allen  Unterthanen  und  Korporationen  zur  öffentlichen 
Pflicht  machen  sollte.  Ein  nach  drei  Jahren  erfolgtes  Gutachten  machte 
jedoch  mit  Recht  darauf  aufmerksam,  dass  sich  hieraus  die  Noth- 
wendigkeit  einer  ständigen  Kommission  mit  eigener  Kassa  ergeben 
werde,  und  rieth  unter  den  Umständen,  die  Sache  zur  Akademie 
zu  bescheiden  (vgl.  deren  Geschichte  L  115.  132.  auch  über  die 
Bestrebungen  Kennedy 's;  vgl.  die  Weiterentwicklung  durch  die 
historischen  Vereine  bei  Kockinger,  Pflege  d.  Gesch.  durch 
d.  Witteisbacher  1880). 

Was  endlich  die  freien  Bestrebungen  Eckartshausen's  betrifft, 
so  berichtet  darüber  an  vielen  Stellen  Westenrieder  in  der  Geschichte 
der  Akademie,  deren  Mitglied  in  der  belletristischen  (literar-histori- 
schen)  und  physikalischen  Klasse  er  war.  Des  Archivars  Arbeiten 
und  Reden  sind  da  zahlreich.  Die  Allgemeine  deutsche  Bio- 
graphie (1877)  gibt  näher  an,  wo  seine  Schriften  verzeichnet  sind. 
Als  ehemaliger  Richter  war  er  in  einigen  Reden  bemüht,  darzulegen, 
dass  der  Richter  etwas  von  einem  Psychiater  annehmen  und  der 
Härte  und  Rauheit,  welche  das  hochnothpeinliche  Verfahren  in  ihm 
zu  erzeugen  geneigt  sei,  durch  das  Mittel  bildender,  humanisirender 

7* 


100  Neudejjger: 

Lektüre  entgegenwirken  müsse.  —  Merkwürdig  ist  es,  dass  er,  gleich 
einem  mittelalterlichen  Thesaurar,  der  „geheimen  Kunst"  sich  ergab. 
Er  pflegte,  die  analytische  Chemie  und  stand  hinter  den  Retorten ; 
er  gab  auch  ein  System  der  Chemie  heraus,  das  jedoch  durch 
Lavoisier's  Darstellung  des  Sauerstoffs  wie  alle  Systeme  der  früheren 
Zeit  rasch  veraltete.  Das  bisher  angenommene  JPhlogiston  hat 
auch  ihn,  den  modernen  Adepten,  dem  Spiritismus  nahe  gebracht  und 
in  ihm  mystische  Schriften  gezeitigt.  Diese  und  andere  wurden  bis 
zum  J.  1876  wiederholt  aufgelegt.  Ob  er  wie  Berthold  Schwarz 
seiner  Zeit  wirklich  gedient  hat,  können  wir  nicht  entscheiden,  aber 
es  liegen  preussische  Schriftstücke  vor,  welche  ihn  einladen,  seine 
Verbesserung  des  Schiesspulvers  darzulegen.  Es  steht  diess  im 
Zusanunen hange  damit,  dass  München  seit  Lori  und  den  Zeiten  der 
Akademie  nächst  Paris  aueli  eine  Metropole  der  Forschung  auf  dem 
Gebiete  der  exakten  Wissenschafton  gewesen,  durchaus  in  höherem 
Grade  als  bisher  bekannt  und  durch  Westenricder  (Gesch.  d.  Akad.) 
und  einige  Biographen  überliefert  ist.  Es  dürfte  unbezweifelt  sein, 
dass  diese,  so  Wenigen  verstündlichen  „Künste"  auch  zu  jenen 
Missverständnissen  der  letzten  Regierung  ausgebeutet  wurden,  und 
ebenso,  dass  die  in  hohem  Grade  interessanten,  von  Heigel  („die 
Jakobiner  in  München"  a.  a.  0.)  mitgetheilten  fraglichen  Verbindungen 
mit  Frankreich  nur  als  Reste  solcher,  die  unter  Karl  Theodor  an- 
geknüpft wurden,  zu  betrachten  sind;  9  anch  sie  mögen  in  Hinsicht 


*)  Hiezu  folgender  Beitrag:  „Um  dem  Ungeheuer  des  Kriegs 
mit  Erfolg  wenigstens  auf  dem  Meere  zu  begegnen**  wurde  dem  Ge- 
sandten der  französischen  Republik  zu  München  sub  do.  München,  12.  Februar 
1799,  ein  in  technischem  Französisch  ausgearbeitetes  Memoire  über  die  Erfind- 
ung unterseeischer  bemannter  Torpedoboote  zur  Mittheilung  an  das  Directoire 
in  Paris  tibergeben.  Da»  hier  vorliegende  Memoire  enthält  die  vollständige  Be- 
schreibung des  Bootes,  das  bei  hermetischem  Verschlusse  mit  Jcompriuiirter 
Luft  ausgerüstet  wurde,  sich  durch  ein,  erst  jüngst  wieder  aufgenommenes 
Maschinen-System,  in  allen  Tiefen,  bewegte  imd  mit  3  Zentnei  Pulver  geladene 
Petarden  schleuderte,  welche  durch  Zünder,  in  berechneter  Entfenumg  des  Bootes, 
zur  Explosion  gebracht  wurden.  Diese  damals  für  Deutschland  bedeutungs- 
lose Erfindung  war  schon  ein  Jahr  vorher  (April  1798)  mit  allen  Plänen  über 
Mainz  nach  Paris  mitgetheilt  worden,  jedoch  unbeantwortet  geblieben;  unter 
wiederholter,  nicht  zu  honorirender  Preisgebung  der  Erfindung  wendeten 
sich  die  „zwei  anonymen  Ingenieure**  an  den  genannten  Münchener  Gesandten, 
den  citoyen  Alquier,  welcher  sie  persönlich  kannte.  Alquier  war  seiner  Zeit 
zu  Paris  Referent  für  Cultus,  Kunst  und  Kunstgewerbe  und  als  solcher  Kom- 
missär im  National-Convent  gewesen.   Die  Ingenieure  wussten,  dass  er  nächstens 


Zur  Gesdiichte  der  bayerischen  Archive.  101 

der  Pater  Frank'  und  lippert'schen  Gebahrung,  das  Land  gänzlich 
zu  Grunde  zu  richten,  allgemein-politische  Färbung  gehabt  haben. 

Belletrist  war  Eckartshausen  mit  besonderer  Hingebung.  Im 
deutschen  Konzepte  bediente  er  sich  einer  ebenso  ästhetischen  als 
geistreichen  Form ;  im  Französischen  aber  war  er  Meister.  Leichtig- 
keit und  Abrundiing  der  Konstruktion,  melodisches  Steigen  und 
Fallen  der  Sprache  erinnern  an  die  besten  Klassiker.  Da  er  seine 
Aufsätze  an  bestimmte  Adressen  richtete,  so  ist  es  wahrscheinlich, 
dass  er  sich  einer  in  ihrer  Art  humanisireuden  Mission  angeschlossen 
hatte.  (Vgl.  auch  Realencyklopädie,  1867,  Manz  i.  Regsbg.)  In  seinen 
späteren  akademischen  Reden,  welche  nichts  Neues  mehr  brachten, 
sind  Folgen  von  geistiger  Ueberanstrengung  deutlich  wahrnehmbar. 
Sein  Tod  erfolgte  1803,  in  seinem  erst  52.  Lebensjahre,  nachdem  er 
bis  1799  aufs  Schwerste  um  seine  Existenz  hatte  ringen  müssen. 
Die  ihm  noch  kurz  zugemessene  Zeit  hatte  nicht  mehr  vermocht, 
ihm  einen  Ausgleich  dafür  zu  bringen,  dass  er  stets  bei  seiner 
ersten  Anstellung  (1776)  geblieben;  er  war  ein  Opfer  jenes  Regime's 
der  Etatisirung,  dem  Montgelas  als  Finanzminister  ein  Ende  machte, 
das  Land  von  dem  Parasiten  der  „Geh.  Statuskommission^' 
befreiend,  die,  ein  Staat  im  Staate,  seit  Langem  sowohl  dem  Fürsten 
als  der  hochmögenden  Landschaft  bald  Trotz  bald  Lohn  geboten 
hatte.  Es  ist  nachzutragen,  dass  Dppert,  Zech,  Schneider  u.  A.  sich 
zu  leitenden  Räthen  aufgeschwungen  hatten.  Denkwürdigkeiten,  im 
wahren  Sinne  des  Wortes  eine  Zeit  kennzeichnend,  welche  sehr  mit 
unrecht  eine  absolutistische  genannt  wird,  schrieb  er  schon  bald; 
sie  sind  theils  Auszüge,  theils  Ergänzungen  der  vorhandenen  Akten- 
stücke (S.  A.  bl.  198/7).  1) 

(H.  A.  —  Manualien  1 784  ff.  —  K.  A.  —  Rep.  56. 1.  31.  —  R.  A.  — 
A.  IL  1778—90.  —  S.  A.  -  517/75.  —  636/38  ff.) 


in  München  seine  Beziehungen  abbrechen  müsse;  als  dann  auch  der  Gesandte 
sein  Archiv  abgesandt  hatte,  ereignete  es  sich,  dass  es  in  Heidelberg  von  fran- 
zösischen Soldaten  angehalten  und  auf  der  Stelle  von  ihren  Bajonetten  zerstreut 
wurde.  Reste  davon  hat  Montgelas  sammeln  lassen.  Indess  war  jene  Erfindung 
Original  und  desshalb  dürfte  ihre  Mittheilung  auch  ihrer  fachgeschichtlichen 
Bedeutung  nicht  entbehren. 

*)  So  eben  erschienen   nach  der  Revision  des  Druckes  Fournier's  Auf- 
sätze: niuminaten  u.  Patrioten,  A.  AUg.  Ztg.  1882  No.  179  ff. 


102  Neudegger: 


16.  Job.  Qeorg  v.  Lori  und  die  Geh.  Staatsregistratnr 
1769—1772. 

Es  gehört  zur  Geschichte  des  altern  bayerischen  Ministeriums, 
des  Geheimen  Rathes,  zu  zeigen,  wie  dort  die  Referate  vertheilt 
waren  und  die  Registratur  geführt  wurde.  Trotz  der  bisherigen 
Andeutungen  bedarf  es  für  das  Folgende  noch  des  Hinweises,  dass 
die  politische  „Korrespondenz"  (Abtheilung  für  Auswärtiges)  in  der 
Regel  vom  Kanzler  geführt  wurde;  immer  hatte  er  von  ihr  die 
Kenntnissnahme  als  Vorstand  der  Geh.  Kanzlei.  Die  Korrespondenz 
zerfiel  in  eine  deutsche,  lateinische  und  wälsche  (letztere  eine 
italienische  im  XVII./XVIII.,  französische  im  XVIII.  Jahrhundert). 
Je  nach  der  Frequenz  dieser  Korrespondenzen  wurden  je  Referenten 
(Hofräthe,  Geh.  Sekretäre,  Geh.  Referendare),  Kanzlisten,  Registratoren 
bestellt.  Neben  den  politischen  Geschäften  besorgte  der  Geh.  Rath 
in  geschiedenen  Haupt -Referaten  analog  die  der  übrigen  Staats- 
verwaltung. Während  im  Laufe  zweier  Jahrhunderte  der  Geh.  Rath 
in  seinen  Abtheilungen,  Abtheilungsvorständen  (Ministern)  und  in 
der  Art  der  Erledigungen  Unregelmässigkeiten  und  Unterbrechungen 
aller  Art  erfuhr,  ist  seine  Geh.  Registratur  stets  an  einem  Orte 
vereinigt  und  im  Grossen  und  Ganzen  nach  den  (c.  1640  entworfenen) 
Referaten  aufgestellt  beisammen  geblieben,  i)  Si^  befand  sich  mit  der 
Kanzlei  zu  allen  Zeiten  in  der  herzoglichen  und  kurfürstlichen 
Residenz  (Neuen  Feste),  wo  auch  natürlich  das  Sitzungslokal,  die 
„grosse  Rathsstube",  der  Geh.  Räthe  war.  Als  es  sodann  Konferenz- 
Minister  und  Departements  (ohne  eigene  Arbeitslokale)  gab,  trennte 
sich  endlich  von  der  Gesammtheit  eine  Abtheilung  und  errichtete 
ein  eigenes  Bureau  mit  Kanzlei  und  Registratur.  Diese  Abtheilung 
war  die  der  auswärtigen  und  staatspolitischen  Geschäfte, 
welche  der  hiefür  ernannte  Minister  Graf  Joh.  Jos.  v.  Paumgarten 
gleichfalls  in  der  Residenz  einrichtete.  Durch  Dekret  vom  1 3.  April 
1766  erhielt  er  als  Geh.  Referendar  Peter  v.  Oster wald  (Schriftsteller 
über  bayer.  Kirchenrecht  und  Mathematik),  als  Geh.  Sekretäre  den 
Abbate  Iraldi  und  die  Hofräthe  Thiereck  und  Strobel  und  eine  ver- 


*)  Interessante  Bücher  etc.    derselben   befinden  sich   S.   A.    238/13  ff. 
411/12..  H.  513/7. 


Zur  G^chichte  der  bayerischen  Archive.  103 

stärkte  Kanzlei.  Man  ging  jetzt  (1767)  damit  um,  auch  Ton  der 
Geh.  Kegistratur  den  entsprechenden  politischen  Theil  loszulösen  und 
in  eigener  Neu-Ordnung  und  Aufstellung  vorzüglich  mit  Rücksicht  auf 
dieses  Departement  zu  führen,  jedoch  nicht  als  eine  Hand-Regi- 
stratur, —  solche  legte  sich  das  Departement  selbst  neu  an  —  sondern 
als  Archiv.  Dieses  geschah,  indem  man  die  losgetrennten  Bestände 
theils  in  einem  Erdgeschosse  der  Residenz,  theils  in  jenen  Gewölben 
der  Herzog  Maxburg  unterbrachte,  wo  bis  zur  Zeit  das  (jetzt  an  die 
Hofkammer  ausgefolgte)  Archiv  des  Herzogs  Maximilian  Philipp  sich 
befand.  Die  restirende  (bis  1801/02  beisammen  verbliebene)  Geh. 
Rathsregistratur hiess  von  nun  an  meist  „Geh.  Landesregistratur", 
das  neue  politische  Archiv  die  „Geh.  Staat  s  reg  istrat  ur".  Letztere 
gelangte  nicht  unter  die  Direktion  des  Ministers  des  Aeussern,  der 
seine  Registratur  im  Hause  besass,  sondern  unter  die  des  Kanzler- 
amtes als  selbständiges  Amt  und  war  ein  Aktenarchiv  in  Parallele  zum 
Geh.  Urkundenarchiv;  das  äussere  Archiv  hatte  bekanntlich  seine 
Zuständigkeit  zum  Kanzleramte  durch  Usus  des  Hofrathes  eingebüsst. 
Nachdem  die  Transferirung  der  Archivalien  beendet  war,  begann  im 
J.  1769  die  Staatsregistratur  ihre  Geschäftsführung.  Sie  hinterlegte 
sofort  Manualien,  von  denen  die  „  Promemorien "  über  die  Benütz- 
ungen, ein  alphabetisches  Ausleihbuch  über  die  Entleihungen  Aus- 
kunft geben.  Die  Bedürfnisse  des  äusseren  Departements,  des  Geh. 
Rathes  und  der  Stellen  vermittelte  das  Kanzleramt  wie  beim  Geh. 
Archiv.  Was  ihre  Bezeichnung  betrifft,  so  war  die  einer  Registratur 
eine  irrthümliche,  sei  es,  dass  man  das  Alter  ihrer  Bestände  oder  ihre 
Selbststellung  zum  Zwecke  staatshistorischer  Weiter- 
behandlung deponirter  Registraturtheile  erwägt;  mit  der 
Bezeichnung  Staats- Registratur  wollte  man  aber  anzeigen,  dass  hier 
die  Staatsakten  des  Landes  verwahrt  werden  sollten,  und  hieraus 
nun,  was  man  ursprünglich  unter  solchen  und  ihrem  Archive  verstand, 
hat  sich  noch  in  diesem  Jahrhundert  mancher  Irrthum  über  das  Staats- 
archiv und  so  über  die  ganze  hieraus  folgende  Systematik  in  Bayern 
ergeben.  Wenn  man  nämlich  auf  die  ältere  Systematik  der  Staatspraxis 
zurückgeht,  so  findet  man,  dass  dort,  am  Ende  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts, „politisch"  und  „auswärtig"  zweierlei  Dinge  waren,  dass  man 
ein  jus  publicum  externum  (vel  germanicum)  und  internum  unterschied. 
Die  rein  auswärtigen  Verhältnisse  waren  nur  ein  Theil  der  politisch-, 
öffentlich-  oder  staatsrechtlichen  Referate  und  die  auswärtigen  Akten 
nur  ein  Theil  der  Staatsakten,  d.  i.  der  politisch-,  öffentlich-  oder  Staats- 


104  Neud^ger: 

rechtlichen.  In  der  Periode  des  Staatsarchives  von  1769  — 1799 
reichte  also  dieses,  seinen  Beständen  nach,  über  die  Kompetenz  des 
Departements  des  Auswärtigen  hinaus,  es  war  Archiv  für  sämmt- 
liche  vom  Beiche  rührende  Staats-Titel  in  genere,  also  auch  für 
Referate  des  seit  Erwerbung  der  Souveränetät  inneren  bayerischen 
Staatsrechtes  (1769—1779  Hofrath,  seit  1779  Deputation  I  der  Ober- 
Landesregierung);  erst  Montgelas'  Ministerium  des  Hauses,  Staates 
lind  Auswärtigen  vom  J.  1799,  welches  das  vollständige  jus  publicum 
in  genere  umfasste,  erwarb  auch  die  volle  Kompetenz  des  Staats- 
Archives  oder  der  Staatsregistratur,  verlor  aber  diese  wieder  seit 
der  durchgeführten  Ressortirung  der  Staatsgewalten  in  den  Depar- 
tements des  Königthums.  Das  Geh.  Staats-Archiv  resp.  die  Staats- 
registratur machte  nicht  gleich  jene  Wandlungen  in  der  Ressortirung 
der  Staatsgeschäfte  in  den  J.  1779,  1799,  1801,  1805  mit,  sondern 
war  und  blieb  unabhängig  hievon  das  Archiv  für  die  aus  der  Reichs- 
verfassung dem  Tjande  zustehenden  Staats-Titel,  und  sollte  nur 
nicht  das  Archiv  für  jene  Akten  sein,  welche  sich  aus  der  Ver- 
waltung der  einzelnen  Hoheiten  innerhalb  der  Grenzen 
des  Landes  ergaben.  Damit  entfielen  zum  politischen  oder 
Staats-Archive  ausser  den  Generalien  über  die  erworbenen 
Staatstitel  auch  die  Spezialien  aller  Akte  auf  Grund  der  Reichs- 
verfassung (Akten  der  Reichs-Instanzep),  auch  die  Spezialien  aus 
dem  relativen  Rechte,  Bündnisse,  Verträge  etc.  zu  schliessen,  über 
Krieg  und  Frieden  zu  entscheiden,  die  Spezialien  über  Hoheits- 
Verletzungen  an  den  Grenzen  sowie,  als  Hoheitsgegenstände  vom 
Reiche  rührend,  Generalien  über  die  Rechte  der  Landstände,  über 
Lehen-  und  Grundbarkeit  aller  Art. 

Es  erhellt,  wie  schwierig  es  einerseits  für  die  Archive  sein 
musste,  ihre  ursprünglichen  Kompetenzen  gegenüber  einem  sich  im 
Laufe  der  Zeit  stets  verschiebenden  Ressortwesen  aufrecht  oder 
analog  zu  halten,  wie  nothwendig  es  aber  andererseits,  von  den 
Ressorts  sich  zweckentsprechend  abhängig  zu  machen  und  die 
Archivskompetenzen  den  Organisationen  gegenüber  stets  zu  erneuern. 
Eine  Folge  solcher  Versäumnisse  war  es,  dass  das  äussere  Archiv 
im  J.  1779  bis  unter  der  Kompetenz  einer  Justizbehörde  anlangte, 
dass  der  Kanzler  der  letzteren,  nicht  der  Archivar,  über  das  Archiv 
gehört  wurde,  da«s  man  (1792)^  fand,  es  sei  letzteres  „gar  nicht 
existenzberechtigt''  und  man  seine  Auflösung  beschloss,  dass  man 
gleichzeitig  dasselbe  Archiv  unter  dem  Namen  Staatsregistratur  neu, 


Zur  Greschichte  der  bayerischen  Archive.  105 

d.  L  aus  denselben  Bedürfhissen  nach  zwei  Jahrhunderten  zum  zweiten 
Male  gründete.  Die  Bestände  des  äusseren  Archives  und  der  Staats- 
registratur deckten  sich  vollkommen ;  nur  war  das  erstere  durch 
seine  weiteren  Finanz-,  Kultus-  und  Justiz-Akten  ein  allgemeines 
Landesarcbiv  nach  der  genialen  Idee  Adizreiters.  So  sehr  war  die 
Kenntniss  von  den  älteren  Staatsreferaten  und,  wohin  bisher  deren 
Akten  gekommen,  —  leider  in  den  Archiven  selbst  —  verloren 
gegangen: 

Dem  neuen  Archive  hat  der  Geh.  Rath  Joh.  Georg  v.  Lori, 
der  vielgenannte,  die  ersten  Umrisse  gegeben.  Die  Anzahl  seiner 
Biographen,  an  erster  Stelle  sein  Zeitgenosse  Westenrieder,  sagt  un- 
richtig, dass'er  äusserer  Archivar  gewesen.  Der  Vorgang  war  der, 
dass  Minister  Paumgarten,  zugleich  Präsident  der  Akademie,  an 
Stelle  seines  gelehrten  aber  dem  Kirchenrechte  zuneigenden  Referendars 
Osterwald  ihn,  den  Begründer  der  Akademie,  noch  mehr  aber  den 
erprobten  Staatsrechtslehrer  an  seine  Seite  zog  (1768/6/ VIII).  Als 
Geh.  Referendar  nun  überwachte;  Lori  die  bereits  im  Gange  befind- 
liche Ausscheidung  der  politischen  Aktenbestände  des  Geh.  Rathes, 
über  deren  Natur  (und  Ressortirung  zum  äusseren  Archive)  sich 
wohl  Niemand  im  Augenblicke  die  rechte  Vorstellung  machte.  Da 
Lori  dafür  bekannt  war,  dass  er  das  historische  Staatsrecht  in  allen 
Zweigen  gründlich  kenne,  da  er  mit  Archivalien,  wie  seine  Werke 
zeigten,  gewandt  umzugehen  verstand,  —  er  zählte  ja  die  von  ihm 
benützten  Bände  der  Archive  nach  Hunderten,  hatte  dort  freien 
Zutritt  und  ein  eigenes  Benützungszimmer  in  der  Maxburg  —  so 
bekam  er,  jedenfalls  auf  Wunsch,  die  Staatsregistratur  zur  Ein- 
richtung. Drei  Jahre  hat  er  sich  ihrer  Ausscheidung  gewidmet. 
In  dieser  Beschäftigung,  sodann  als  Mitarbeiter  bei  den  pfalz- 
bayerischen Verträgen,  als  Geh.  Referendar  des  eigentlich  einzigen 
Ministeriums  wuchs  er  zu  einer  kleinen  Macht  heran  und  wurde 
der  Mittelpunkt  und  die  Quelle  jener  Bewegung,  an  deren  Spitze 
später  pfalzischer  Seits  Hofenfels,  bayerischer  Seits  Maria  Anna  stand. 
Auf  diesem  Wege,  da  die  Beziehungen  der  Staatsmänner  zu  Mann- 
heim und  München  freundliche  und,  wie  man  glaubte,  von  gleichem 
Interesse  geführte  waren,  war  Lori  wie  bisher  noch  Keiner  in  den 
sämmtlichen  pfälzischen  und  bayerischen  Archiven  bekannt  geworden, 
denn  er  hatte  theils  die  Originale,  theils  Abschriften,  theils  Auszüge 
aus  deren  Repertorien  erhalten.  Ausser  diesen  einzelnen,  durch 
das  Kanzleramt  geführten  Recherchen  erging  ein  solcher  Einsendungs- 


106  Neud^»er:  ^ 

Befehl  im  J.  1768  auch  an  die  Kegierungen  zu  Landshut,  Straubing, 
Burghausen  und  Amberg.  Immer  Historiker,  wie  besonders  Rudhart 
in  seiner  schönen  Denkrede  (1859)  ausführt,  benützte  er  die  Durch- 
sicht dieser,  auch  den  Fiskalräthen  mitgetheilten,  Archivskonspekte 
zu  wissenschaftlichen  Zwecken,  doch  bUeb  die  Ausbeute  durch  seine 
Entfernung  aus  München  (1779)  und  seinen  Tod  (1787)  leider  in 
seinem  Nachlasse  liegen.  lieber  dessen  Schicksal  gibt  ein  Akt 
(R.  A.  —  A.  6)  Aufschluss,  aus  dem  hervorzugehen  scheint,  dass 
seine  chronologisch  beurkundete  bayer.  Geschichte  für  zehn  Bände 
berechnet  war.  Der  schon  drei  Monate  pach  Lori  verstorbene 
Linbrun  sowie  Lippert  schieden  den  Nachlass  aus,  welcher  des  An- 
kaufs nicht  gewürdigt  wurde  in  der  wohl  von  letzterem  stammenden 
Erwägung,  dass  man  ja  aus  den  Arbeiten  die  Quellen  ersehen  und 
sich  aneignen  könne.  Als  solche  wurden  jedoch  die  verschiedensten, 
auch  nicht  bayerischen  Archive  angegeben,  aus  denen  Lori  ge- 
arbeitet hatte.  Aus  seinem  Besitze  stammen  u.  A.  ein  chronolog. 
Auszug  aus  dem  ehem.  Urkunden-Archiv  zu  Heidelberg  in  zwei 
Bänden  von  1236—1582  (B.  c.  g.  1649,  1650),  und  die  ßegesten 
zum  bayer.  Kirchenrecht,  1  Bd.  7.  8.— 18.  Jhdt.  (S.  A.  411/1). 

Hieher,  in  das  Jahr  1773  fällt  der  Versuch,  die  politischen 
Parallel-Bestände  aus  dem  äusseren  Archive  zu  erhalten. 

17.  Die  Bestände  und  deren  Bearbeitnng  1773—1792. 

In  der  Folge  beschäftigten  sich  mit  der  Ordnung  der  Staats- 
Eegistratur  die  Hofräthe  J.  K  Wodizka  1773—79,  El  binger 
1773—81,  V.  Thiereck  1779,  v.  Schneid  1779—1786,  v.  Kirstner 
1787—99  und  v.  Pallhausen  1792—99.  Die  Arbeiten  aller,  mit 
Ausnahme  des  letzten,  bestanden  allein  in  der  Durchsicht  und  Neu- 
bestimmung der  Akten  und  Bände,  so  dass  die  Spuren  ihrer  Thätigkeit 
über  das  Arcliiv  hin  zerstreut  sind^  sie  suchten  übrigens  nicht  hier 
ihre  Lebensaufgabe.  Das  war  jedoch  der  Fall  mit  dem  fleissigen  ünter- 
beamten  Imlinger,  welcher  ununterbrochen  (seit  Lori)  1769 — 92 
nicht  allein  an  dieser  Aufgabe  Theil  nahm,  sondern  auch  die  Materien 
verzeichnete,  die  gleichartigen  zusammenstellte  und  so  schliesslich 
einen  „Index  materiarum  über  die  in  der  Staatsregistratur  in  der 
H.  Max'schen  Kesidenz  befindlichen  Akten"  vollendete  (S.  A.  148/1). 
Auch  über  den  in  der  kurfürstlichen  Residenz  befindlichen  Staats- 
registratur-Theil  liegt  das  Verzeichniss  vor  (148/15).   Dieser  wurde 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  107 

1797  in  die  Maxburg  gezogen,  1804  ( — 1845)  aber  das  ganze  Staats- 
archiv in  die  Residenz  zurückverlegt. 

Was  nun  im  Besonderen  die  Bestände  der  Staatsregistratur 
oder  des  Staatsarchives  betrifft,  so  wurde  zu  gewissen  Zeiten  amtlich 
berichtet,  dass  dieselben  der  neuesten  Zeit  angehörten  und  dass  sie 
gewissermassen  die  chronologische  Fortsetzung  jener  einst  durch  und 
seit  Lieb  vom  alten  Hof-  und  vom  Geh.  Rath  zum  äusseren  Archiv 
gezogenen  politischen  Materien  seien.  Indem  hier  auf  die  Abhand- 
lung über  die  Herkunft  der  ersten  Bestände  des  äusseren  Archives 
(1586,  1596,  1607)  sowie  auf  die  Gründe  zu  Kurfürst  Maximilians 
ArchivordnuDg  vom  J.  1640  sich  bezogen  wird,  —  wo  gesagt  ist, 
Adlzreiter  hätte,  um  den  Zweck  eines  allgemeinen  Landesarchives 
vollständig  zu  erreichen,  die  Evakuirung  der  Registraturen  noch 
ausdrücklich  anordnen  sollen,  sowie,  dass  der  Geh.  Rath  die  Be- 
stände des  alten  Hofraths  gerne  an  sich  zog  und  behielt  —  so 
wird  es  verständlich,  wenn  wir  politische  Akten  am  Geh:  Rathe 
(resp.  in  der  Staatsregistratur)  in  gewaltiger  Masse  angesammelt  sehen, 
Akten,  welche  weit  über  das  Alter  des  Geh.  Raths,  rund  bis  1450, 
reichten.'  So  war  die  Staatsregistratur  im  vollen  Sinne  des  Wortes 
ein  Staatsarchiv,  welches  das  äussere  ergänzte,  welches  namentlich 
auch  in  Bezug  auf  Sammlungen  von  Haus-  und  Staatsverträgen, 
nicht  selten  gleichzeitigen  Kopien  des  XIV.  und  XV.  Jhdts.,  reich 
war.  Sodann  aber  gingen  die  Akten  und  Korrespondenzen  in  der 
Jahrzahl  herauf  bis  zur  Stunde  der  Einrichtung,  zu  denen  in  Fort- 
setzung der  politische  Nachlass  Max  Josefs  III.,  der  Kabinete, 
Ministerien  und  Gesandtschaften  überhaupt  gefügt  wurde.  Indem 
sodann  bei  der  organischen  Umgestaltung  der  Archive  vom  J.  1799 
das  Staatsarchiv  die  gleichartigen  Bestände  des  äusseren  Archivs 
sowie  der  pfälzischen  Archive  von  Mannheim,  Neuburg  und  Zwey- 
brücken,  von  Berg  und  Bergen  op  Z.  und  zu  diesen  die  sämmtlichen 
entsprechenden  Staatsurkunden  erhielt,  stellt  es  heute  nach  allge- 
meinem Zeugnisse,  was  bei  dem  Alter  des  bayer.  Fürstenhauses 
leicht  begreiflich,  das  umfassendste  politische  Archiv  im  deutschen 
Reiche  dar,  welches  durch  Vereinigung  der  Parallel-Bestände  Bayerns 
und  der  Pfalz  wahrscheinlich  auch  das  verhältnissmässig  vollstän- 
digste Archiv  für  jede  Zeitperiode  ist.  Es  füllt  gegenwärtig  mehr 
als  1300  verschliessbare  Kästen  in  zehn  Sälen  und  zwei  Korridoren, 
und  erstreckt  sich  im  alten  Akademie- Gebäude  oder  Wilhelminum 
in  der  ganzen  Länge  der  Herzog-Maxburg-Strasse. 


108  Xeudegger: 

Da  die  Geh.  Staatsregistratur  nur  nicht  jene  Akten  aufnahm, 
welche  sich  aus  der  inneren  Verwaltung  des  Landes  ergaben,  für 
welche  die  Bezeichnung  der  Landesakten,  Landesarclüvalien  gangbar 
wurde,  fiel  ihr  aus  der  Geh.  Eegistratur  auch  der  Inhalt  der  „Her- 
zogskästen" zu.  Dessen  Natur  und  Herkommen  ^vird  deutlich,  wenn 
wir  uns  erinnern,  was  systemgemäss  in  der  Einleitung  zur  Ge- 
schichte des  äusseren  Archives  gesagt  wurde,  dass  nämlich  das  Oberst- 
hofmeisteramt nicht  allein  die  Vorstandschaft  der  Hofamter,  sondern 
auch  das  Direktorium  des  Geheimen  (Hof-)  Rathes  führte.  Oberst- 
und Land-Hofmeister  *)  ist  der  vollständige  Titel  des  sogen,  ersten 
und  einzigen  Haus-  und  Staatsministers,  dessen  Amt  in  Bayern  noch 
heute  durch  den  Minister  des  Hauses  und  der  auswärtigen  Staats- 
Angelegenheiten,  entsprechend  auch  der  Untheilbarkeit  der  Staats- 
gewalten im  Monarchen,  vermittelt  wird.  Es  fielen  also  im  J.  1769 
der  Staatsregistratur  auch  jene  Akten  zu,  welche  in  den  Herzogskästen 
des  Geh.  Rathes  aus  der  Oberst-Verwaltung  des  Haus-Rechtes  und 
der  Haus-Angelegenheiten  seit  Alters  sich  bewahrt  hatten,  —  ein 
Akten-Bestandtheil,  welcher  1799  vor  Allem  dem  kreirten  „Haus- 
archive des  Landes",  in  dem  sich  das  Wittelsbach'sche  Privatarchiv 
befindet  wie  seinerzeit  im  Geh.  Urkunden- Archive,  zuzutheilen  war. 

So  wissen  wir  denn  jetzt  nicht,  nachdem  uns  aus  den  drei 
ursprünglichen  bayerischen  Archiven  die  Uebersichten  einer  gewisser- 
massen  noch  imberührten  Gesammtmasse  vorliegen,  welcher  wir  das 
grössere  Interesse  zuwenden  sollen;  denn  kein  Archiv  erscheint  voll- 
ständig ohne  das  andere,  keines  kann  das  andere  entbehren.  Da 
konnte  man  sich  auf  dem  Papier  (seit  1787)  ein  ideales  Archiv 
zusammenstellen,  denn  noch  bedrängten  hier  nicht  die  durch  die 
„Neufranken"  herbeigeführten  Welt-Ereignisse,  nicht  jene  Massen, 
welche  bald  flüchtend  aus  Mannheim  und  Zweibrücken  die  alte 
Ordnung  bedrohten,  nicht  die  Trümmer  und  der  Antheil  an  der 
Verfassung  des  heiligen  römischen  Reiches  d.  N.,  und  nicht  die 
Milliarde  der  Papiere  und  Pergamente  des  aufgelösten  Heeres  aller 
Schilde  bis  in  die  siebente  Ordnung 

Imlinger's  Index  materiarum  ist  seinerzeit  ein  schönes 
und  verdienstvolles  Werk  gewesen;  es  hat  noch  heute  ausser  dem 


*)  Hofmeister  bis  c.  1500;  dann  XVI.  J.  LÄndliofmeister;  Oberst  und 
Landhofmeister  c.  1580—1662;  Vorwiegen  des  Kanzlers;  Erneuerung  des  Oberst- 
hofmeisteramtes 1692,  in  beiden  Kompetenzen,  in  Staatsangelegenheiten  nur  von 
der  Wirkung  einer  Reprüsentatioii. 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  109 

subsidiären  und  archivgeschichtlicben  Werth  den,  dass  seine  Lektüre 
über  die  ältere  Praxis  der  Hof-  und  Staatsverwaltung  sehr  ver- 
anschaulichend instruirt.  Da  die  Aktenpartien  verzeichnet  wurden, 
wie  sie  zunächst  zur  Hand  lagen,  so  ist  auch  das  Werk  von  298 
Folien  nicht  selbst  systematisch  durchgeführt,  ihm  jedoch  ein 
orientirender  Generalanzeiger  vorangestellt.  Es  war  diese  Verzeich- 
nung wohl  schon  über  die  Mitte  gediehen,  als  seinerseits  Eckarts- 
hausen in  der  systematischen  Scheidung  seiner  36  Tausend  Ur- 
kunden auf  etwa  gleicher  Höhe  anlangte  und  jetzt  angesichts  der 
mittlerweile  erworbenen  Einsicht  von  der  Unthunlichkeit  der  lokalen 
Trennung  gleichartiger  Archivalien  die  besprochene  Zusammenlegung 
des  Geheimen  und  des  Staats  -  Archives  (1786)  betrieb.  In  der 
That  war  diese  Vereinigung  unter  Einziehung  von  Personal  und  bei 
mangelndem  Räume  unausftUirbar,  aber  es  hätte  im  J.  1787,  als 
in  den  drei  Archiven  eine  Material-Ordnung  hergestellt  war,  ihre 
Organisation  (vom  J.  1799),  welclie  1769  in  der  Sache  und  nach  dem 
Bedürfnisse  reif  war,  beginnen  können.  Immerhin  aber  wäre  es 
von  Interesse  gewesen,  wenn  Eckartshausen  über  die  praktische, 
lokale  Durchführung  der  Zusammenlegung  nur  der  zwei  Archive 
Vorschläge  gemacht  hätte.  Sie  hätten  vor  Allem  an  den  zu  jeder 
Zeit  für  Archive  geltenden  Grundfragen :  Platz  und  Arbeitskräfte  in 
einem  Hause  —  brechen  und  scheitern  müssen.  Im  Allgemeinen 
ist  es  ein  natürlicher  Grundsatz,  dass  mit  der  Grösse  des  Lokales 
die  Fälligkeit  der  Ordnung  eines  Archives  wächst,  und  zwar  dess- 
halb,  weil  vor  Allem  nach  der  Entfaltung  der  Massen  erst  der  Grad 
der  Nothwendigkeit  von  Arbeitskräften  richtiger  bestimmt  zu  werden 
vermag.  Hierin  liegen  aber  die  zwei  Faktoren  aller  Ordnung,  Raum 
und  organische  Kraft.  Und  von  dieser  Seite  aus  ist  das  Loos  des 
bayerischen  Archivwesens  beneidenswerth,  weil  es,  seine  Massen  zu 
ordnen,  ein  System  von  drei  Häusern  und  drei  Spezial- Verwaltungen 
schon  im  vorigen,  beziehgsw.  seit  dem  XVI.  Jahrhundert  ausgebildet 
hat;  bei  einem  Zusammenwerfen  von  den  zwei  oder  drei  Häusern 
wäre  niemals  mehr  weder  der  nöthige  Raum  noch  die  angemessene 
Exaft  zur  Bewältigung  gewährt  worden.  Gerade  davon  wissen  heute, 
trotz  der  schönen,  durch  drei  organische  Hausverwaltungen  seit  dem 
J.  1799  gelungenen  Vorarbeit  immer  noch  die  Münchener  Archive  zu 
erzählen.  Raum  und  Kräfte  sind  da  noch  heute  angesichts  der  kon- 
servirten  Massen  bei  keinem  zu  viel.  Im  Gegentheile  ist  noch  zu 
erinnern,  dass  Archiven  nicht  allein  nach  dem  Masse  ihres  Raum- 


110  Xeudegger: 

bedürfnisses ,  sondern  insbesondere  auch  nach  ihrer  inneren  Be- 
schaffenlieit  (Geschäfts-  und  ßepertorisirungsbedürfniss)  die  Kräfte 
zugemessen  zu  werden  pflegen. 

Es  hatte  in  der  zu  beschreibenden  Periode  Niemand  nähere 
Gesammt-Kenntniss  von  den  Archiven,  selbst  kein  Archivar 
wusste  vollständig,  was  bei  seinem  Kollegen  qualitativ 
und  quantitativ  zu  suchen  und  zu  finden  war,  und  die- 
ses Ermangeln  der  Grundbedingung,  der  üebersicht  in 
gemeinsamer  Aufgabe,  h»k  ja  dem  einen . Archive  das  Ende, 
dem  andern  die  Entstehung  gegeben. 

Viel  wichtigere  Bedenken  standen  noch  —  ausser  der  IjjIkA- 
und  Personenfrage  und  der  von  Kreittmayr  hervorgehobenen  Störung 
der  erst  nothwendig  zu  Ende  zu  führenden  Vorarbeiten  für  Zu- 
sammenlegung aller  Bestände  —  einem  allgemeinen  „Werfen  in 
Eins"  entgegen. 

Was  in  drei  Bäumen  nicht  vermochte  auseinander  gehalten  zu 
werden  und  zu  gedeihen,  das  wäre  in  einem  und  selbst  in  zweien 
ganz  begraben  worden.  Leider  ist  an  dieser  Stelle  der  Nachweis 
ausgeschlossen,  wie  durch  das  Aufzehren  (Einreihen)  kleinerer 
Archive  durch  grössere  die  ersteren  durch  Nicht-Wiedererkennung 
gänzlich  unbekannt  und  unwirksam  lagerten,  auch  bei  rückläufiger 
Organisation  von  Territorien  und  Eeferaten  nicht  m^hr  disponibel, 
—  Akt  für  Akt,  Urkunde  für  Urkunde  an  tausend  Orten  einge- 
theilt  —  nicht  mehr  zur  Hand  zu  briDgen  waren.  Das  ereignete 
sich  in  Bayern  schon  vier  Mal  in  Bezug  auf  eingereihte  Haus-  imd 
Landes-Archive.  Einerseits  durch  die  Einreihung  statt  Anreihung, 
andererseits  durch  die  für  die  vereinigten  Archive  also  verminderte 
Pflege  litten  entsprechend  die  Bestände.  [Es  war  aber  nicht  diese 
Ueberlegung,  sondern  die  Staatsrechtslehre  und  der  erhaltende  Wille 
der  Regierung,  Montgelas'  und  Krenner's,  wesshalb  im  J.  1799  bei 
ihrer  Umgestaltung  den  Archiven  ein  dreimal  schützendes  Dach  und 
dreifache  Kraft  von  Neuem  gewährt  wurde.] 

Dass  die  höchste  Stelle  selbst,  der  Geh.  Rath,  der  Bestimmung 
des  inneren  und  äusseren  Archives  nicht  Rechnung  getragen,  ist 
durch  die  Materien  der  Geh.  Staatsregistratur  ersichtlich ;  die  Schuld 
lag  in  der  theils  unintelligenten,  jedenfalls  aber  jeder  Personal- Ver- 
minderung abgeneigten  Bedienung  der  Registraturen,  deinen  aus- 
schliessliches Belieben  schon  Aettenkhofer  durch  jene  freimüthige 
Aeusserung  anzudeuten  suchte,   dass   die  Räthe  an  den  Kollegien 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  Hl 

selbst  ,^eringstes  Wissen"  von  der  Gesammtheit  der  Bestünde  hätten. 
Allerdings,  wie  konnte  von  den  Registratoren ,  deren  jeder  für  ein 
Referat  da  war  und  durch  Ansammlung  eines  entsprechenden 
Archives  sich  unentbehrlich  zu  machen  suchte,  die  Beantragung 
von  Extraditionen  erwartet  werden?  Im  Gegen theile  war  hier  Ver- 
heimlichung durch  Hinaufschrauben  des  Registratur-Geheimnisses  bis 
zu  einer  höchsten  Vertrauensstellung,  der  gegenüber  sich  selbst  die 
Referenten  in  ihren  Bedürfnissen  als  Eindringlinge  in  die  Registratur 
fühlten,  erster  Grundsatz  und  hier  der  Sitz  jener  Verwerflichkeit, 
welche  „um  der  Kontinuität  der  Personalien  und  der  Verhältnisse 
willen"  fort  und  fort  unwürdige  Nepoten,  die,  könnte  man  sagen,  in 
den  Registraturen  geboren  wurden,  zu  schützen  wusste.  Wessbalb 
ist  der  „Registrator"  und  „Kanzlist"  noch  immer  eine  typische 
Erscheinung  in  allen  Darstellungen  aus  der  Zeit  des  absolutistischen 
Jahrhunderts,  und  als  Gattungsbegriff  jener  „schreibende  Mensch", 
der  vom  Volke  noch  oft  als  überflüssig  und  mit  so  vielem  unrechte 
und  ohne  Unterschied  mit  Misstrauen  in  seine  Arbeit  angesehen, 
wo  nicht  gehasst  wird?  Warum  vermochten  jetzt  zwei  Hände  in 
der  Geh.  Staatsregistratur  Urkunden  zu  finden,  welche.  Jedermann 
bewusst,  dem  Geh.  Archive  angehörten  seit  den  Zeiten  Adlzreiters? 
In  vielen  Verzeichnissen  wurden  jetzt  dorthin  einzelne  Urkunden 
extradirt,  allen  Zeiträumen  angehörig,  z.  B.  die  Heirathsabrede 
Herzog  Ludwigs  des  Strengen  mit  Grafen  Richards  von  Cornwallis 
Schwester  und  des  ersteren  Vcrspruch  seiner  Stimme  für  Richard 
als  römischen  König,  Orig.  Perg.  1256;  Kaiser  Ludwigs  Stadt-  und 
Landrecht  u.  A. 

Im  J.  1790,  mit  dem  Tode  Kreittmayr's,  schritten  die  Archive 
über  in  das  Kanzleramt  des  Pfälzers  Freiherrn  v.  Hertling,  und  es 
arbeiteten  jetzt  an  unserer  Stelle  der  Hofrath  v.  Kirstner  und  noch 
der  alte  Imlinger;  ihn,  den  Unermüdeten  (1792  f),  ersetzte 

18.  Der  Geh.  Staatsarohivar  v.  Pallliansen  1792—1815. 

Dieser,  von  ungewöhnlicher  Strebsamkeit  erfüllt  und  von  einer 
Arbeitslust  durchdrungen,  wie  sie  immer  rühmenswerth,  im  Lebens- 
alter von  33  Jahren  aber  wohl  zu  erwarten  ist,  setzte  sich  rasch 
und  mit  denselben  Erfolgen  an  die  Spitze  seines  Archives,  wie  an 
anderer  Stelle  Eckartshausen  und  einst  Aettenkhover.  Er  hielt  den 
Index  materiarum  evident  und  stellte  von  einem  Index  personarum 
et  locorum  einen  Band  her;   diese  Arbeit  wurde  aber  1796  gestört 


112  Neudegger: 

und  sodann  wegen  der  in  nicht,  mehr  langer  Dauer  zu  erwartenden 
Umgestaltung  der  Archive  eingestellt.  In  letzterer  Beziehung  reichte 
er  bald,  nachdem  er  sich  orientirt  hatte,  einen  umfassenden  allgemeinen 
Plan  ein,  um  hieraus  zu  einem  Sonder-System  für  sein  Archiv  zu 
gelangen ;  der  Staatsarchivar  machte  jedoch  den  klugen  und  richtigen 
Vorbehalt,  dass  dessen  Nichtgenehmigung  insoferne  nicht  seine  Syste- 
matisirung  aufhalte,  als  die  natürliche  Zusammenlegung  gleichartiger 
Materien  und  das  Sondern  des  Nichtzusammengehörigen  nicht,  nur 
die  Vervollständigung  —  durch  eine  in  den  anderen  beiden  Archiven 
parallel  gehende  Ausscheidung  zu  erreichen  —  Aufschub  erleide, 
wodurch  allerdings  auch  die  Repertorien  nicht  zur  Evidenz  gebracht 
werden  konnten.  Aus  seinem  Berichte,  der  für  die  Bestände  noch 
heute  Werthvolles,  an  Grundsätzen  viele  der  Reproduktion  würdige 
enthält,  geht  jedoch  deutlich  hervor,  wie  auch  Pallhausen,  trotzdem 
ja  seine  Bestände  einen  gewissen  praktischen  Schluss  auf  die  Ge- 
sammt-Archivalienmasse  des  Landes  zuliessen ,  nicht  den  Umfang 
ermass,  den  die  beiden  anderen  Archive  qualitativ  und  quantitativ 
besassen.  Welcher  Mangel  lag  doch  in  diesem  unorganischen  Archiv- 
wesen! Und  doch  war  es  Pallhausen,  welcher  seinem  Systems- 
Vorschlage  sämmtliche  Titel  anfügte,  ein  werthvolles  Verzeichniss, 
aus  welchem  allerdings  die  gesammte  damalige  Archivssubstanz 
Bayerns  nach  der  Reichs-,  Territorial-,  Haus-  und  Stellen- Verfassung 
abzuleiten  war,  —  war  es  im  äusseren  Archive  Georg  Karl  Mayer, 
welcher  dieselbe  Substanz  aus  seiner  Generalien -Sammlung  kennen 
musste,  —  war  es  der  so  entschieden  organisatorisch  talentirte 
Eckartshausen  im  Geh.  Archive,  ein  durchgebildeter  Jurist  und 
Geschichtskundiger,  welcher  ebenfalls  und  noch  im  J.  1799  einen 
verfehlten  Plan  vorlegte.  Auch  der  Hofkanzler  Vaccliiery  zeigte  in 
seiner  Repartition  und  seinem  Gutachten  vom  J.  1793  nichts  weniger 
als  freie  Uebersicht  über  die  Gesammtheit  und  richtige  Beurtheilung 
der  Aktentitel.  Das  Lösen  dieses  Knotens  war  nur  Dem  möglich, 
der  die  gründlichste  —  nirr  durch  Forschungen  auf  dem  vater- 
ländischen Rechtsboden  erreichbare  —  Kenntniss  der  älteren  bayeri- 
schen Staatsverwaltung  mit  jener  des  geltenden  allgemeinen,  eben 
heranwachsenden  Staatsrechtes,  von  dem  immer  das  gesammte  par- 
tikulare Referatswesen  abhängt,  verband;  denn  hier  handelte  es 
sich  nicht  allein  darum,  mit  einem  Federzuge  die  Archive  aus  ihrer 
Masse  zur  Krystallisation  zu  bringen,  sondern  auch  die  gesamm- 
ten  antiquirten  und  die  neuen  Registraturen  nach  dem 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  113 

neuen  Stande  des  Keferatswesens  im  Einklänge  mit  den 
Archiven  zu  polarisiren.  An  die  Vertheilung  des  Urkundenarchives 
zu  den  Aktenbeständen  dachte  oder  wagte  sich  aber  Niemand,  und 
so  war  auch  Pallhausen's  Ausführung  zu  seinem  System,  wenn  auch 
der  Lösung  am  nächsten,  nicht  annehmbar. 

Wo  er  in  seinem  Berichte  von  dem  Staatsarchive  im  Besonderen 
spricht,  geht  er  auf  eine  Behandlung  ein,  die  einer  Gattung  von 
Bänden,  welche  von  Registraturwegen  ein  Loos  ähnlich  wie  jene  im 
äussern  Archive  erfahren  hatten,  in  erster  Linie  zuzuwenden  sei. 
Von  diesem  Archivar  haben  wir  einen  niedergelegten  Hinweis  gegen 
das  Binden  von,  durch  lokale  Gesichtspunkte  nicht  für  die  Archive 
brauchbar  geordneten  Registratur- Akten.  Manuskripte  gestatten  das 
Binden,  nicht  Referatsakten;  diese  scheinen  oft  integrirend  und  ab- 
abgeschlossen, doch  haben  sie  in  den  Instanzen  Parallelen,  während 
Korrespondenzen,  Handlungen  etc.,  wie  die  aus  ihnen  dargestellte 
Geschichte  beweist,  durch  die  Verästelung  der  Verhältnisse  eine  Fort- 
setzung immer  wieder  erhalten.  So  finden  sich  auch  oft  die  wichtigsten 
Recesse  und  Beweisstücke  als  Belege  einer  Bagatellsache,  um  ein 
Jahrhundert  dislocirt,  verbunden.  Und  welcher  Archivar  möchte  es 
heute  auf  sich  nehmen,  mit  Scheere  und  Messer  hier  den  ersichtlichsten 
Unfug,  Lrthum  oder  Schaden  zu  repariren  ?  So  ist  auch  eine  Bildung 
von  historischen  Gruppen  (aus  den  Akten,  nicht  auf  dem  Papier) 
völlig  unzulässig.  Die  zeitgenössischen  Akten  erwuchsen  nicht  mit 
Bezug  z.  B.  auf  jenen  Bund,  den  erst  ein  folgendes  Jahrhundert  so 
oder  so,  und  wie  etwa  die  neueste  Forschung  herausstellt,  fälschlich 
80  genannt  hat;  sie  erwuchsen  als  Akten  dieses  oder  jenes  Referates 
dieser  und  jener  Stelle,  vielleicht  •  an  mehreren  Instanzen  zugleich, 
und  so  hat  sie  der  Archivar,  der  das  ältere  Referatswesen  kennt 
—  allerdings  unter  Herausgreifen  auch  der  Geschieh ts-Betreffö  auf  dem 
Papiere  —  unter  Stelle,  Referat  und  Jahr  zu  verzeichnen,  zu  hinter- 
legen und  durch  die  Jahrhunderte  in  dieser  verwaltungsgeschicht- 
lichen Lagerung  evident  zu  erhalten.  Wodurch  Pallhausen  der  Geh. 
Staatsregistratur  das  Mittel  ihres  literarisch  -  thätigen  Charakters,  das 
Attribut  des  Archives  verlieh,  das  war  die  gelegentlich  dieses  seines 
nützlichen  Berichtes  erstrebte  und  bewirkte  Beschaffung  einer  Bi- 
bliothek ;  nicht  Band  für  Band  ward  ihm  nach  der  Aufzählung  seiner 
Bedürfhisse  eine  solche  bewilligt,  sondern  mit  einem  Male  und  als  ganz 
selbstverständlich,  damit  die  tausend  Fragen  der  einzeln  oft  todten 
Akten  —  bei  ihrer  Bearbeitung  aus  der  Allgemeinheit  der  geschicht- 

ArctaiTAliBche  Zeitschrift  VII.  B 


114  Neudc^er: 

liehen  Verhältnisse  losgeschält  —  auch  gewissenhaft  beantwortet 
werden  könnten.  Denn  ein  einzelner  Betreflf  ist  in  einem  Archive 
verloren,  wenn  er  nur  durch  sein  Schlagwort  und  nicht  auch  durch 
seine  politisch-  oder  verwaltungsgeschichtliche  Gattung  insinuirt  ist. 
Bei  solchem  Entgegenkommen  überrascht  es,  dass  des  Archivars 
gleichzeitiger  Vorschlag  der  Erhaltung  und  Fortsetzung  des  äusseren 
Archives  (unter  Westenrieder)  als  eines  solchen  für  die  gesammte 
innere  Landesverwaltung,  in  Verbindung  mit  den  gleichzeitigen  Vor- 
stellungen des  Hofrathes  und  der  0.  L.  Regierung,  an  hoher  Stelle 
keinen  Einfluss  übte.  (Vgl.  den  Schluss  der  früheren  Darstellung,  1792). 

Aus  der  ferneren  archivalischen  Thätigkeit  Pallhausen's,  welche 
vorzüglich  in  der  Verzeichnung  und  Sammlung  des  Gleichartigen  imd 
Ausscheidung  des  nicht  Hiehergehörigen  bestand,  ist  zur  vorliegenden 
Aufgabe  nichts  mehr  von  grösserem  Belang  zu  berichten.  Im  J.  1796 
leitete  er  die  Flüchtung  aller  Archive ;  im  folgenden  Jahre  wurde 
er  der  bayer.  Kommission  zum  Kongresse  nach  Rast a dt  beigegeben. 

Neben  seiner  amtlichen  Tüchtigkeit  bewies  Pallhausen  nicht 
gewöhnliches  Geschick  in  der  Lösung  historischer  Zeitfragen.  Er 
erhielt  den  Preis  zur  Frage  über  die  Natur  der  Unmittelbarkeit 
der  in  Bayern  enklavirten  Reichsstandschaften  (Akad.  Abh.  1804), 
welche  im  J.  1788  die  Akademie  stellte.  Die  Antwort  über  die  im 
J.  1796  aufgeworfene  Frage  bezüglich  der  Feststellung  Bojoariens  im 
geographischen  Noricum  (Akad.  Abh.  1807)  legte  er  in  einem  preis- 
gekrönten Bande  mit  Anfügung  selbst  aufgestellter  und  gezeichneter 
Karte  nieder.  Aus  dieser  Arbeit  geht  hervor,  dass  seine  Ursprünge 
liehe  Ausbildung  zur  Philologie  neigte.  Die  Abhandlung  ward  ge- 
druckt, als  der  spätere  Staatsrath  v.  Stich  an  er,  derselbe,  welcher 
sich  im  Jahre  1792  des  äusseren  Archives  so  sehr  angenommen, 
an  der  Akademie  (1807)  eine  Archäologische  Kommission 
gründete.  Pallhausen  hat  in  dieser  Arbeit,  welche  jetzt  freilich  ver- 
altet ist,  zum  ersten  Male  für  römische,  keltische  und  germanische 
Forschungen  die  für  das  süddeutsche  Gebiet  bezüglichen  Literatur- 
Quellen  zusammengestellt.  Durch  seine  Studien  über  die  Urgeschichte 
der  Bayern  (1810  u.  1815)  zählt  er  zu  der  Reihe  dieser  damals  nicht 
sehr  zahlreichen  Schriftsteller;  noch  ein  Jahr  vor  seinem  Tode  (1817) 
gab  er  eine  Beschreibung  der  röm.  Heerstrasse  von  Verona  nach 
Augsburg  mit  Karte  und  Abbildungen. 

Pallliausen  gehörte  aber  nicht  allein  zu  den  verdienstvollen 
und  wahrhaft  nützlichen  Männern  des  damaligen  Bayern,   sondern 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  115 

auch  zu  dessen  edleren  Kulturkämpfern  (vgl.  Cl.  Baader,  Lexik, 
bayer.  Schriftsteller).  Von  jener  Anlage,  wie  wir  sie  aus  den 
Schriften  vorztiglich  der  älteren  Benediktiner  erkennen,  wollte  er 
sich  auch  ursprünglich  in  deren  gelehrte  Müsse  (am  Tegernsee) 
zurückziehen.  Hier  mag  er  (1779)  theils  die  erhoffte  Kühe,  theils 
einen  befriedigenden  Wirkungskreis  niclit  mehr  gefunden  haben; 
er  gedachte  nämlich  im  Sinne  Heinrich  Braun's  für  die  Aus- 
breitung der  deutschen  Volksschule  zu  wirken.  Zufolge  seiner  zahl- 
reichen, bis  1795  veröffentlichten  Schul-  und  Jugendschriften  kann 
er  als  Schüler  und  Pfleger  von  Braunes  segensreichem  System  gelten ; 
nicht  zum  wenigsten  dienen  zur  Werthschät^ung  Pallhausen's  seine 
wiederholte  Auflegung  von  Braun's  deutscher  Sprachlehre,  Reinigung 
der  Orthographie  und  deren  Feststellung  durch  ein  Wörterbuch, 
seine  Vorschläge  zu  einer  rationellen  deutschen  Mädchenerziehung. 
Welche  Fülle  vaterländischer,  später  wieder  durch  jesuitisch-französi- 
sirende  Elemente  vereitelter  Bestrebungen !  Als  ßecensent  war  Pall- 
hausen  geschätzt.  Trotz  allem  fand  er  besonders  in  seinem  geschicht- 
lichen Wirken  einen  Gegner  in  Heinrich  Lang  (vgl.  Heigel  „aus 
drei  Jahrh."  S.  230),  welcher  ihn  mit  offener  Geringschätzung 
behandelte;  er  begegnete  diesem  Manne,  der  dafür  bekannt  ist, 
dass  er  seine  Feder  wider  meinen  König  verläumdend  erhob  und 
sie  je  nach  seinen  und  den  politischen  Bedürfnissen  der  Zeit  beliebig 
yerwendete,  in  den  akadem.  Abhandlungen.  Lang  vermochte  das 
ernste  Wissen  und  Wirken  des  Kollegen  am  Staatsarchive  nicht  zu 
entwertheu;  sowohl  Montgelas  als  Krenner  schenkten  dem  Archivar 
und  Historiker  das  rückhaltsloseste  Vertrauen,  von  dem  sie  sich  einst, 
1801,  nach  End-Organisation  der  ersten  vier  Ministerien,  ein  Gut- 
achten über  die  Zerlegung  der  restirenden  Geh.  Rathsregistratur, 
1802  ein  solches  über  die  Reglements  vier,  mit  den  Archiven  in  Ein- 
klang zu  bringender  Ministerialregistraturen  vorlegen  Hessen. 
Was  sich  ein  Archivar  und  Referent  damals  wünschen  konnte,  hat 
Pallhausen  in  den  beiden  Gutachten  entwickelt  und  dabei  mit 
Beziehung  auf  Ueberwälzung  von  Registratorenarboit  auf  die  Archive, 
deren  Beruf  eben  nur  in  Archivalien  zu  suchen,  den  Grundsatz  . 
ausgesprochen:  „Man  soll  die  Archive  nicht  zu  Registra- 
turen und  die  Registraturen  nicht  zu  Archiven  machen." 
Mit  Rücksicht  auf  das  1808  erlassene  Adols-Edikt  hatte  er  das 
Gutachten  über  die  Art  der  Organisirung  eines  Herolden-  und 
Wappenzensur-Amtes  bei  dem  Ministerium  des  Aeussern  und 

8* 


116  Neud^ger: 

die  Errichtung  und  Führung  einer  Adels  -  Matrikel  auszuarbeiten. 
K.  A.  —  (Reg.  S.  45.  Geh.  Rth.  281/2.  398.  399.  515.  600.  A.  39.  Rep. 
56.  I.  31.  —  R.  A.  —  A.  n  1786.  A.  6.  —  S.  A.  Manualien  1769  flf. 
146/2.  39.  46.  49.  148/1.  2.  5.  6. 15.  23.  24. 149/1.  7.  536/88.  636/45.) 

So  hat  auch  dieser  Archivar  nach  dem  älteren  Vorbilde  Kölner's, 
nach  dem  neueren  eines  Lieb,  Wämpl,  Aettenkhover  und  Eckarts- 
hausen das  Archiv  um  seiner  selbst  willen  gepflegt  und  ausser- 
dem, trotz  der  ursprünglichen  Anwartschaft  auf  ein  geringeres  Loos, 
doch  auch  an  dem  höchsten  Zweck  des  Menschen  mit  bewusster 
Anstrengung  Theil  genommen. 

Oftmals  ist  in  Vorliegendem  auf  die  nun  im  J.  1799  erfolgte 
organische  Gestaltung  der  Archive  Bezug  genommen  worden ;  dieses 
konnte  geschehen,  weil  sie  in  ihrer  Form  durch  v.  Löher  nicht 
allein  in  den  Blättern  der  Arcliivalischen  Zeitschrift  (Bd.  I  S.  81  flf.) 
beschrieben  und  zur  Kcnntniss  gebracht  worden,  sondern  weil  sie 
lange  Jahre  schon  Gegenstand  des  Studiiuns  der  Archiv- Verwal- 
tungen aller  Länder  gewesen  und  durch  örtliche  Einsicht  allgemein 
bekannt  geworden  ist.  Es  bedarf  auch  keines  weiteren  Hinweises 
auf  den  folgenden  Gang  der  bayerischen  Archiv- Verwaltung,  da  diese 
in  den  genannten  Blättern  nach  Anstalten  und  Inhalt  bis  zum 
heutigen  Tage  dargelegt  wurde. 

Schliesslich  aber  wird  es  jedem  auch  entfernteren  Leser  er- 
kennbar sein,  dass  die  vorliegenden  Studien  tieferen  Grund  haben. 
Verfasser  hat  sich  zur  Aufgabe  gestellt,  nicht,  aus  Memorabilien 
Art  imd  Dasein  eines  Staatsamtes  imgefähr  zu  erläutern,  sondern, 
mit  dem  Bewusstsein  der  Haftung,  dessen  Geschichte  darzustellen, 
wie  sie  von  der  Reihe  der  früheren  Amthabenden  unter  den  jeweiligen 
sachlichen  Umständen  selbst  gefügt  wurde.  So  war  dann  einerseits 
um  des  Inhaltes  des  Amtes  (der  Bestände)  willen,  andererseits  wegen 
der  Arbeits-Stellung  des  ArchivwTsens  in  der  jeweiligen  Staatsdienst- 
Verfassung  auch  seine  Umgebung  in  doppelter  Rücksicht  mitzuunter- 
suchon  und  mitzubehandeln.  Diese  über  300  Jahre  der  bayerischen 
Regierung  ausgedehnten  Studien  zeigen  aber,  dass  eine  „Geschichte 
der  bayerischen  Verwaltung''  ein  aus  den  Münchner  Archiven  her- 
stellbares und  in  hohem  Grade  nützliches  Unternehmen  ist  Wie 
sonst  konnte  PözTs  Wunsch  dahin  gerichtet  sein!  Wenn  wir  für  alle 
Zweige  der  Kulturgeschichte  im  weitesten  Begriffe  Spezialgeschichten 
aufweisen,  die  Nützlichkeit  der  Geschichte  selbst  antiker  Rechtsquellen, 
Rechts-  und  Regierungs- Verfahren,  weit  hinaus  über  den  Staat  des 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  117 

Perikles  verfolgend  anpreisen,  wenn  wir  die  eine  Seite,  die  Geschichte 
unserer  Landstände  in  voller  Breite  mehrmals  niederschreiben,  die 
Geschichte  unserer  Kriegs- Vorfälle  als  Landesgeschiehte  immer  wieder 
neu  bearbeiten  und  auflegen,  so  dürfte  heute  die  Geschichte  der 
Stellung,  des  Verfahrens,  der  Prinzipien,  der  Erfahrungen  der  La n  des- 
Verwaltung für  sich,  in  regierungs-poli tischer  und  auch  rein  admi- 
nistrativer Hinsicht,  ein  Erforderniss  und  gerade  ihr  die  Eigenschaft 
jeder  Geschichte  nicht  vorzuenthalten  sein,  mit  der  sie  mitzuwirken 
hat  als  nicht  ferner  latente,  sondern  dem  Gemeinwesen  gehörige, 
von  der  Regierung  zu  ihrem  Selbst-Zweck  und  zur  Erkenntniss 
aller  legalen  Staatskräfte  erzeugte  Kraft. 

Was  nun  zur  Behandlung  einer  solchen,  in  ihre  Ressorts  zer- 
fallenden Geschichte  das  letzte  Menschenalter  betrifft,  so  ist  diese  ohnehin 
in  jeder  Weise  noch  lebende  Tradition.  Ueber  das  IL  Viertel  dieses 
Jahrhunderts  berichtet  vorzüglich  nach  der  Seite  der  Budgetisirung 
hin  Gustav  Frhr.  v.  Lerchenfeld,  der  bekannte  Minister  und  Ge- 
schichtsfreund, in  seiner  „Geschichte  unter  König  Max  I  mit  besonderer 
Beziehung  auf  die  Entstehung  der  bayer.  Verfassung"  (1854).  Liegt 
damit  eine  Geschichte  unter  Max  I  eigentlich  nicht  vor,  so  ist  auch 
die  zu  erwartende  Darstellung  dessen,  was  unserer  Urkundevom 
J.  1818  und  ihren  Beilagen  an  Arbeiten,  Thatsachen  und  Motiven 
vorhergeht,  nicht  gegeben,  das  ganze,  in  Akten,  Handschriften  und 
Literatur  liegende  „innere"  Material  nicht  benützt,  sondern  nur  der 
formelle  Prozess  zur  Verfassungsurkunde  und,  wie  es  scheint,  auch 
dieser  nicht  aus  offiziellen  Aktenstücken  geschöpft.  Montgelas  und 
wieder  Montgelas  heisst  das  Ministerium,  welches  auf  dem  Ver- 
ordnungs-Wege das  geographische  Bayern  zu  einem  politischen,  das 
privilegirte  zu  einem  (sogenannten)  nationalen  umgearbeitet,  dem  seit 
Kurfürst  Max  L  in  Bayern  herrschenden  Bureaukratismus,  nicht 
Absolutismus,  ein  intelligentes  humanes  Innere  verliehen,  Bayern  mit 
üeberlegenheit  zu  Gunsten  Deutschlands  von  Frankreich  und 
Oesterreich  selbständig  losgerungen  hat.  Kann  ferner  mit  Ernst  unserer 
Verfassung  und  ihrer  Kontinuität  auf  die  Dauer  mit  Nutzen  gedient 
sein,  wenn  verfassungsgeschichtlich  das  XIX.  Jahrhundert,  mit 
Uebergehung  selbst  der  nächst  vorhergehenden  Verwaltungs-Perioden, 
unmittelbar  an  das  XVI.  angeschlossen,  und  wenn  die  Garantien 
der  Verfassungen  dieser  so  entfernt  von  einander  liegenden  Epochen, 
Landesperioden,  deren  Vertreter  sich  wie  ihre  Bildungs-  und  Rechts- 
Mittel    verschieden    verbalten,   zix    ernstem   Vergleiche   aufgeboten 


118  Neud^?ger: 

werden  ?  Kurfürst  Max  I.  war  der  letzte  der  absolutistischen 
Regenten,  seine  Nachfolger  regierten  zur  Zeit,  da  absolutistische 
Gross-Staaten  herrschten.  Sodann  erschien  im  folgenden  Jahre 
(1855)  Professor  A.  Buchner's  Band  X  der  baver.  Geschichte  vom 
J.  1799 — 1825,  in  welchem  ausdrücklich  gesagt  ist,  dass  der  Ver- 
fasser nur  schon  Gedrucktes  bringe,  subjektive  Ansichten  vermeide, 
die  Thatsachen  sich  selbst  begründen  lasse.  Eine  Geschichte  des 
bayer.  Ministeriums  vom  J.  1799 — 1817  hat  Staatsrath  und  Reichs- 
archiv-Direktor Frh.  V.  Freyberg  als  akadem.  Denkrede  (1838)  auf 
Montgelas  geschrieben,  wahrhaft  historisch.  Aber  wie  sehr  wird  selbst 
eine  Rede  (und  noch  mehr  eine  pragmatische  Staats-Geschichte)  ohne 
Quellen-Angabe  werthlos!  Er  hätte  jede  Zeile  zur  Arbeitsgeschichte 
Montgelas'  mit  dessen  datirten  Referaten  belegen  können,  denn  er 
schrieb  sie  nirgends  anders  als  sozusagen  im  Arbeitszimmer  des 
Ministers,  der  da  einst  seine  Registratur  mit  eigener  Hand  gefuhrt  hatte. 
Alles,  was  als  Sentenzen  und  Kautelen  Freyberg's  erscheint,  sind 
Montgelas'  eigene  geniale  Gedanken,  sein  Eigenthum,  und  man  darf 
bloss  hinzusetzen:  So  hat  Montgelas  Bayern  und  den  Süden  für 
Deutschland  erhalten,  so  hat  er  als  der  erste,  und  allein,  dem  öst- 
lichen Feudalismus  und  westlichen  Kommunismus,  dieses  integrirende 
deutsche  Land  abgerungen.  Wer  kann  sagen,  mit  welcher  Politik  er 
dem  Rheinbunde  gegenübergestanden? 

Die  Brauchbarkeit  von  Freyberg's  aktenmässiger  Denkrede  ging 
unverdient  leider  dadurch  noch  mehr  verloren,  dass  man  damals 
wusste,  es  könne  Niemand  sogleich  nach  ihm  besser  Begründetes 
aufstellen,  dann  dadurch,  dass  er  wie  ein  Anwalt  spricht  und  fremde 
Zeugnisse  einführt.  Dass  Freyberg,  der  Staatshistoriker,  inmitten  der 
Akten  Montgelas'  glaubte,  so  sehr  jener  Stimmung  Rechnung  tragen 
zu  sollen,  welche  mit  der  damaligen  unhistorischen  Zeitrichtung  in 
Bayern  auf  Romantik  hinausging,  ist  bei  der  Persönlichkeit  des 
Autors  und  seiner  Stellung  also  nicht  ganz  ohne  Folgen  geblieben 
für  das  Studium  unserer  wichtigsten  Geschichtsperiode,  der  Wurzel 
unserer  Verfassung  und  unseres  Königthums.  Ilebrigens 
hat  er  die  Berührung  auch  nur  eines  Punktes  nicht  übersehen  und 
richtig  scheint  seine  Andeutung,  dass  die  Enthebung  Montgelas'  er- 
folgte, weil  man  ihn,  den  Gründer  des  neuen  Staates,  den  Gegner 
aller  Romantik,  seit  den  sicheren  Zeiten  eines  deutschen  Bundes- 
tages für  überlebt  hielt.  So  urtheilte  auch  Söltl  i.  J.  1836  u.  1849 
in  seinem  Werk'chen:   „Max   der  Erste",   das   so  merkwürdig   der 


Zur  Geschichte  der  bayerischen  Archive.  119 

Tradition  Bayerns  und  seiner  Kanzler  sich  anschliesst,  dass  ein 
besonderer  Hinweis  auf  diesen  Zusammenhang  der  Dinge  noch  für 
lange  vaterländische  Pflicht  bleiben  wird. 

Wem  es  aber  nützlich  genug  erscheint,  über  die  Geschichte, 
iQsbesondere  hinsichtlich  der  Selbständigkeit  und  Entwicklung  des 
bayerischen  Verwaltungskörpers  und  seiner  einzelnen  Theile  historisch- 
rechtliche Studien  anzustellen,  wird  sie  am  besten  mit  Montgelas 
beginnen,  von  seinem  Ministerium  des  Innern  auf  die  Generallandes- 
direktion, Oberlandesregierung,  den  Hofrath  und  den  Geh.  Rath, 
sodann  von  seinem  Finanzministerium  auf  die  Hofkammer  zurück- 
gehen, hier  das  Hofzahlamt  0  ^^^  die  Geh.  Status -Kommission 
berücksichtigen,  und  namentlich  letztere  bis  zu  den  „zu  den  Stat's- 
Sachen  verordneten"  Hof-,  Hofkammer-  auch  Geh.  Käthen  bis  zu 
Mitte  des  XVI.  Jahrhunderts  verfolgen;  auch  in  dieser  Berück- 
sichtigung wurden  die  Einleitungen  zur  Geschichte  der  bayerischen 
Archive  gegeben,  deren  Werth  für  die  politische  und  innere  Ver- 
waltung eben  Niemand  richtiger  beurtheilte  und  mehr  liquid  zu 
machen  verstand,  als  Minister  Montgelas. 


*)  Vgl.  E.  Roth:  lieber  die  Hofzahlamtsrechnungen  im  k.  Kreisarchiv 
für  Oberbayem,  in  der  Archiv.  Zeitschr.  II.  S.  53;  sodann  F.  Stieve:  Zur  Ge- 
schichte des  Finanzwesens  und  der  Staatswirthschaft  in  Bayern  unter  Willielm  V 
und  ^lax  I:  Akadem.  Vortrag  i.  d.  Sitzung  der  III.  Ci.  vom  8.  Jan.  1881; 
Derselbe:  die  Restaurationspoiitik  Maximilians:  Kap.  I  des  Bandes  V  (im 
Druck)  zu  den  Briefen  und  Akten  zur  Gesch.  des  SQjähr.  Krieges. 

(Fortsetzung  folgt.) 


m.  Bruchstücke  aus  der  Geschichte  eines  östreichischeu 

Stadtarchivs. 

Von 

Gustav  Winter, 
Concipist  am  k.  k.  Hof-  und  Staat  sarfliiv. 

Man  wird  der  Geschichte  der  Archive  eine  gewisse  Bedeutung 
für  die  Culturgeschichte  nicht  absprechen  können.  Der  Sinn  für 
die  Vergangenheit  und  für  die  Zeichen  und  Denkmale,  aus  denen 
sie  sich  vergegenwärtigen  lässt,  gebricht  der  Rohheit  Wo  culturelle 
Strebungen  Boden  gefunden  haben,  tritt  die  Schätzung  des  bloss 
Historischen  ein,  welche  nicht  nach  dem  praktischen  Werthe  des- 
selben für  die  Gegenwart  fragt.  Wenn  es  gelänge,  das  Mass  der 
Sorgfalt  und  Pietät  nachzuweisen,  mit  welchem  irgend  ein  Rechts- 
kreis: ein  Land,  eine  Stadt,  ein  Kloster,  eine  Familie,  seine  alt- 
überkommenen, für  praktische  Zwecke  vielleicht  schon  belanglosen 
Urkunden  zu  einer  bestimmten  Zeit  aufbewahrt  und  gehütet  hat, 
so  wäre  daraus  immerhin  ein  Schluss  zulässig  auf  den  Grad  der 
geistigen  Potenzen,  die  damals  in  jenem  Kreise  wirksam  waren. 
Die  Summe  der  örtlichen  Erscheinungen  und  der  zeitlichen  Ent- 
wicklungen gäbe  dann  ein  zwar  einseitiges,  aber  doch  bemerkens- 
werthes  und  lehrreiches  Culturbild.  Aber  man  wird  hier  nur  sehr 
schwer  zu  zusammenhängenden  und  umfassenden  Darstellungen 
gelangen  können.  Kaum  die  Geschichte  eines  einzelnen  gegebenen 
Archives,  geschweige  denn  die  Geschichte  eines  ganzen  Archiv- 
wesens wird  sich  aus  den  überaus  dürftigen  Spuren,  welche  das 
Werden  und  Wachsen  eines  solchen  Körpers  zurückzulassen  pflegt, 
in  einiger  Continuität  hersteUen  lassen.  Um  so  gebotener  scheint 
es,  die  Bruchstücke  aufzulesen  und  zu  bewahren,  die  der  historische 
Forscher  hie  und  da  auf  seinen  Wegen  findet. 

Solche  Bruchstücke  sind  mir  unter  die  Hände  gekommen,  als 
ich  im  September  1877  einige  Tage  urkundlichen  Studien  auf  dem 
Stadtarchive  zu  Wiener-Neustadt  widmete.    Nur  Bruchstücke:   aber 


Winter:  Brudistücke  aus  der  Gepchichte  eineK  « »st reich.  Stadtarchivs.     121 

doch  vielleicht  mehr,  als  man  in  einem  anderen  niederösterreichi- 
schen  Stadtarchive  begegnen  wird,  und  mehr  als  gut  wäre,  wieder 
verloren  gehen  zu  lassen.  Darum  glaube  ich  sie  vorlegen  zu  dürfen 
und  zu  sollen.  9 

1. 

Der  Schutz  der  geweihten  Stätten  wurde  im  Mittelalter  viel- 
fach auch  für  die  Urkunden  in  Anspruch  genommen.  Der  Adel, 
vereinzelt  auf  oft  bedrohten,  zerstreut  im  I^ande  gelegenen  Schlössern 
lebend,  legte  häutig  seine  Docuniente  in  den  benachbarten  Kirchen 
und  Klöstern  nieder.  Hierin  wird  in  nicht  seltenen  Fällen  die 
Erklärung  des  Umstandes  zu  finden  sein,  dass  geistliche  Archive 
Urkunden  bergen,  die  gar  keine  Beziehmig  aufweisen  zu  dem  Be- 
sitzstande oder  zu  irgend  einer  Thätigkeitsäusscrung  der  betreffenden 
geistlichen  Anstalt.  Die  Städte  hatten  geringere  Veranlassung,  den 
Schutz  ihrer  Privilegien  der  Hut  fremdei'  Hände  zu  empfehlen. 
Auch  in  Oesterreich  besassen  sie  schon  früh  ihre  Rathhäuser.  Dort 
war  der  natürliche  Aufbewahrungsort  für  die  Schriftstücke,  auf 
denen  das  rechtliche  Leben  der  Stadt  beruhte.  Aber  auch  in  den 
Städten  suchte  man  hie  und  da  Zuflucht  und  Sicherheit  für  den 
Urkundenschatz  in  dem  Sacrarium  der  Pfarrkirche.  2) 

In  Wiener-Neustadt  ist  für  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts 
die  Unterbringung  des  städtischen  Archives  nicht  in,  sondern  an 
der  Pfarr-,  späteren  Domkircho  zu  Unserer  Lieben  Frauen,  nämlich 
in  dem  Erdgeschosse  des  einen  ihrer  Thürme  bezeugt.  In  der  Ur- 
kunde aber,  aus  welcher  die  Kenntniss  dieser  Thatsache  geschöpft 
wird,  3)  heisst  es,  diess  sei  „je  und  all  wegen"  so  gewesen.  Berück- 
sichtigt man  dazu  die  sofort  mitzutheilenden  urkundlichen  Notizen 
aus  den  Jahren  1363  und  1396,  so  wird  man  jenen  Zustand  mit 
Sicherheit  auch  schon  für  das  14.  Jahrhundert  voraussetzen  können. 

Im   Jahre    1363   machte   Katharina,   Witwe    des    alten  Peter 


*)  Dieser  Aufwatz  erseliien  in  den  Mittheihnij^en  der  k.  k.  Centralkommission 
zur  Jirhaltung  der  Kunst-  und  hiHtoriHehen  Denkmale:  da  er  aber  von  vorzüg- 
lichem Interesse  für  archivali«che  Kreise  ist,  und  deshalb  der  Ilerausj^eber  dieser 
Zeit«ehrift  die  VerciffentHchung  in  derst»Iben  wünschte,  so  wurde  dazu  die  Ein- 
willigimg bei  der  C'entralkommission  erbeten  und  die  Abhandlung  vom  Herrn 
Verfasser  zu  diesem  Zwecke  noch  einmal  durchgesehen. 

*)  Vergl.  Wattenbach  Schriftw.  S.  365  und  fg. 

*)  Kais.  Generalmandat  ddo.  1555,  Nov.  90,  Wien,  im  Wiener-Xeustädter 
Stadtarchiv,  Hierin.  XUII,  Nr.  3.  Vergl.  unten  §  III, 


122  Winter: 

Permger,  Bürgerin  in  der  Neustadt,  zu  der  Frauenkirche  daselbst 
eine  Messstiftung,  zu  der  sie  15  Pfund  ewige  Jahresgülte  widmete. 
Der  Eath  confirmirte  diese  Stiftung  in  einer  Urkunde,  die  unter 
anderem  die  Bestimmung  enthält,  dass  „alle  die  brief,  die  umb  die 
vorgenant  gult  geben  werdent,  wie  die  genant  sint,  schullen  alle 
geantwort  werden  äne  alle  Widerrede  den  purgern  dez  rates  in  der 
Newnstat,  die^  schullen  (si)  denn  legen  in  den  turn,  in  den 
sagrer  oder  wa  si  wizzen  nach  iren  trewen,  da  si  allerpest  bewaret 
und  behalten  sein",  i)  „Der"  Thurm,  von  dem  hier  so  ohneweiters, 
ohne  genauere  Bezeichnung  gesprochen  ist,  kann  füglich  nur  ein 
solcher  sein,  in  dem  die  Stadt  ihre  Urkunden  zu  verwahren  gewohnt 
war;  in  dem  „Sagrer*'  lagen  zweifelsohne  die  Documente  der  Pfarr- 
kirche. Man  sieht,  wie  die  Gränzen  zwischen  Stadtarchiv  und  Pfarr- 
archiv noch  schwankend  sind.  Fuhrmann,  in  der  Vorrede  zu 
seinem  weiter  unten  (§  IV.)  zu  würdigenden  Eepertorium  des  Neu- 
städter Stadtarchives,  stutzt  schon  auf  obige  Stelle  die  Behauptung, 
dass  im  14.  Jahrhunderte  das  Neustädter  Stadtarchiv  im  Thurme 
der  Pfarrkirche  zu  Unserer  Lieben  Frauen  untergebracht  gewesen 
sei,  „quem  locum  vulgo  sagrer  appellabant."  Letztere  Deutung  ist 
entschieden  falsch;  jenes  aber,  allerdings,  wie  gesagt,  erst  für  die 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  ausdrücklich  bezeugt,  war  sehr  wahr- 
scheinlich doch  schon  zwei  Jahrhundertc  früher  das  Bestehende.  —  Von 
Fuhrmann  übersehen,  wenigstens  nicht  verwerthet  ist  Folgendes. 
In  den  neunziger  Jahren  des  14.  Jahrhunderts  gingen  heftige 
Bewegungen  durch  die  Bürgerkreise  der  Stadt.  Parteiungen  hatten 
sich  gebildet.  Der  Bürgermeister  mit  dem  Rathe  standen  zusammen, 
ihnen  gegenüber  der  Stadtrichter  mit  der  Gemeine  der  Bürger.  Die 
Geldgebarung  des  Rathes  und  die  städtische  Steuerwirthschaft  erregten 
in  hohem  Masse  die  Unzufriedenheit.  Die  Bürger  erhoben  die  Frage, 
wohin  denn  die  Stadtsteuer  komme,  mit  der  man  sie  seit  nun  neun 
Jahren  drücke,  da  doch  die  Schuldenlast  der  Stadt  von  Jahr  zu 
Jahr  anwachse?  Dann  ward  geklagt,  dass  Recht  und  Gerechtigkeit 
in  der  Stadt  Schaden  litten,  da  Bürgermeister  und  Rath  nicht  ^ehr 
ins  Burgtaiding,  noch  in  die  Schranne  gingen.  Nebst  mancher  anderen 
Beschwerde  wurden  endlich  auch  noch  Bedenken  wegen  leichtsinniger 
Gebarung   mit   den    städtischen   Urkunden   laut.     Der   Landesförst 


>)  Orig.-Urkuiide  ddo.   1363,   St.  Dorotheen  Tag  (Febr.  6),  Wiener -Neu- 
städter Stadtarchiv,  Scrin.  XXIII,  Nr.  17. 


Bruchstücke  aus  der  (teschichte  eines  ostrtMchist^hen  Stadtarchivs.       123 

bereinigte  iu  umfangreicher  Urkunde*)  die  ganze  Keihe  der  Zwist- 
punkte, und  da  verfügte  er  bezüglich  der  zuletzt  angeführten  Be- 
schwerde, „wegen  der  Schlüssel  zu  dem  Thurme,  darin  ihre  (der 
Bürger)  Briefe  liegen":  „wenn  sie  darüber  gehen  wollen,  dass  sie 
zwei  oder  drei  vom  Rathe  und  ebenso  viele  von  der  Gemeine  dazu 
geben  sollen,  denen  wohl  zu  glauben  und  zu  getrauen  sei,  die 
darüber  gehen  nach  der  Stadt  Nothdurft;  und  dass  auch  der  Rath 
einen  Schlüssel  und  die  Gemeine  den  andern  dazu  habe." 

Die  Befolgung  dieser  herzoglichen  Verordnung  ist  für  das 
15.  Jahrhundert  bezeugt.  Die  RathsprotokoUe  der  Stadt,  die,  bis 
zum  Jahre  1431  zurückreichend,  einen  der  kostbarsten  Schätze  des 
Neustädter  Archives  bilden,  enthalten  von  Jahr  zu  Jahr  die  Namen 
der  Würdenträger  der  Gemeinde.  Da  erscheinen  denn  neben  dem 
Bürgermeister  und  dem  Stadtrichter,  den  zwölf  Räthen  (consules, 
Geschwornen),  den  zwei  Stadtkämmerern,  den  vier  oder  sechs  „Rait- 
herren'',  den  vier  „Steuerherren",  auch  die  vier  „Schlüsselherren". 
Beim  Jahre  143G  findet  sich  angedeutet,  was  ihres  Amtes  ist:  hier 
heissen  sie  „die  di  sluessel  zum  turn  sullen  haben" ;  2)  und  im  Jahre 
1444  sind  sie  genannt  „slüsselherren  zu  dem  turn".  3)  Regelmässig 
befindet  sich  unter  den  vier  Schlüsselherren,  an  ihrer  Spitze  genannt, 
der  Bürgermeister;  eine  zweite  Stelle  ist  von  einem  Mitgliede  des 
Rathes  besetzt;  die  beiden  erübrigenden  nehmen  Bürger  ein,  die 
nicht  dem  Rathe  angehören. 

n.4) 

Für  die  Geschichte  eines  Archives  sind  diejenigen  Cartularien 
von  Belang,  welche  die  in  dem  Archive  aufbewahrten  Urkunden  ent- 


1)  ddo.  1896,  MontÄg  nach  der  IIOÖO  Maid  Tag  (Oct.  23),  (Traz,  Orig.  im 
Wiener-NeustÄdter  Stadtarchiv,  Scrin.  XLI,  Nr.  5;  kurz  erwfthnt  bei  Boeheim, 
Chronik  von  Wiener-Neustadt,  2.  Auflage,  1,  87. 

»)  Rathsprotokoll  I  (1431—1467),  Bl.  30». 

»)  Ebd.  Bl.  151».  —  Die  Xeustädter  Schlüssler  des  14.  Jahrh.  aber  sind 
herzogliche  Beamte.  (Leupold  der  Lebel  1315  — 1329 ,  Pilgreim  der  Kitzel 
1343—1346,  Niklas  Vegengast  1355-1360.  Urkunden  des  Wiener  Stadt-  und 
des  steierm.  Landesarchivs.) 

*)  Die  Angaben  des  §  II  sind  nunmehr  durch  dasjenige  zu  ergänzen,  was 
ich  in  der  Einleitung  zu  meiner  jüngst  erschienenen  Ausgabe  des  Wiener-Neu- 
stÄdter Stadtrechtes  (Archiv  f.  österr.  Gesch.  60,  71—293),  insbes.  S.  79—94  und 
97—99,  über  das  c.  107  des  Stadtrechtes,  über  die  Neustädter  Cartularien  und 
über  Hans  Roll  beigebracht  liabe.     W. 


124  Winter: 

halten.  Gewiss  ist  der  Beweggrund  zu  ihrer  mühevollen  Anlegung 
nicht  allein  in  der  Erleichterung  der  Urkundenbenutzung  zu  suchen: 
einen  vielleicht  ebenso  grossen  Antheil  daran  hatte  das  Bestreben, 
die  Originale  zu  schonen.  Sorgsam  geführte  Copialbücher  werden 
also  auch  Zeugniss  ablegen  für  die  richtige  Würdigung,  die  ein 
Archivbesitzer  den  Schätzen  seiner  Briefkammer  entgegenbrachte. 
Bei  Geltendmachung  und  Verwerthung  von  Urkunden,  die  entfernt 
vom  Archive,  etwa  in  einem  Rechtsstreite,  stattfinden  sollte,  war  man 
auf  die  Sicherung  des  Originals  durch  Anfertigung  von  mit  demselben 
völlig  gleich worthigen  Abschriften,  von  Transsumten  bedacht. 

In  letzterer  Beziehung  ist  ein  Capitel  des  angeblich  von  Herzog 
Leopold  VI.  der  Neustadt  ertheilten  Stadtrechtes  bemerkenswerth. 
Dieses  Capitel  *)  gewährt  den  Bürgern,  dass  sie  nicht  genöthigt 
werden  können,  da«  Original  dieses  Stadtrechtes  („hoc  nostrum 
Privilegium")  irgend  jemandem  ausser  dem  Landesfürsten  vorzu- 
weisen, „sed  habeant  unum  rescriptum  vel  duo  sub  sigilli  civitatis 
karactere.  cui  velut  nostro  privilegio  fides  credula  super  omnibus 
articulis  debeatur."  Aber  die  Echtheit  der  Leopoldinischen  Urkunde 
als  solcher  ist  so  fragwürdig,  dass  obige  Bestimmung  weit  minder 
als  archivgeschichtliches,  denn  als  kritisches  Moment  die  Aufmerk- 
samkeit herausfordert.  Es  möchte  mit  ihr  weniger  der  Schutz  des 
wohl  niemals  vorhanden  gewesenen  Privilegiums,  als  vielmehr  der 
Schutz  der  Bürger  vor  Verlegenheiten  beabsichtigt  gewesen  sein. 
Gerade  nur  über  dieses  eine  Capitel  lassen  sich  Bürgermeister  und 
Rath  im  Jahre  1448  von  dem  Abte  des  Neuklosters  zu  Neustadt 
ein  Vidimus  ertheilen.  2)  Was  sie  dem  Abte  zu  diesem  Behufe  vor- 
legen, ist  weder  das  Original,  noch  ein  „rescriptum  sub  sigilli  civi- 
tatis karactere",  sondern,  wie  aus  dem  Transsumte  ganz  unzweifel- 
haft hervorgeht,  jene  Handschrift  des  Neustädter  Stadtarchives  aus 
der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts,  aus  welcher  der  lateinische 
Text  des  Stadtrechtes  zuerst  von  Würth  herausgegeben  worden  ist. 
Was  die  Anlegung  von  Copialbüchern  betrifFt,  so  ist  Neustadt  im  14. 
und  15.  Jahrhunderte  darin  eifrig  genug  gewesen.  Bei  der  folgenden 
Darstellung  soll  aus  den  Gränzen  der  Archivgeschichte  in  das  Gebiet 
der  Archivbeschreibung  so  wenig  als  möglich  hinübergetreten  werden. 


*)  107  des  lateiiÜHchen  Textes,  Würth,  8tadtr.  von  Wiener-Neustadt  8. 105. 
*)  Vidimus  ddo.  1448,  Montag  nach  Tiburtius  (Aug.  12),  Neustadt.  Abschrift 
des  17.  Jahrh.  im  Wiener  »Staatsarchiv. 


Bruchstücke  aus  der  Geschichte  eines  Ost  reichischen  Stadtarchivs.      125 

In  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  entstand  der  bereits 
von  Würth  und  Meiller  beschriebene  und  ausgebeutete  Privilegien- 
und  Rechts-Codex  (Scrin.  A  1  no.  1),  welcher  das  oben  erwähnte, 
angeblich  von  Herzog  Leopold  VI.  den  Bürgern  verliehene  Stadtrecht, 
ausserdem  die  landesfürstlichen  Privilegien  des  13.  und  14.  Jahr- 
hunderts enthält,  in  den  auch  das  Kaiserliche  Land-  und  Lehen- 
rechtsbuch aufgenommen  wurde.  Zwei  Schreiber  sind  an  der 
ursprünglichen  Anlage  des  Codex  betheiligt.  Die  von  dem  Einen 
eingetragenen  Privilegien  reichen  bis  1377,  der  Andere  ging  noch 
zwei  Jahre  weiter.  Da  weder  die  allgemeine  Privilegienbestätigung 
des  Herzogs  Leopold  von  1381,  i)  noch  überhaupt  eine  spätere 
Urkunde  von  diesen  beiden  Schreibern  eingetragen  wurde,  so  ergibt 
sich  ungefähr  das  Jahr  1380  als  das  der  Entstehung  der  Handschrift. 
Etwa  hundert  Jahre  später  schrieb  man  auf  den  leergebliebenen 
Pergamentblättern  noch  einige  weitere  Freiheitsbriefe  ein. 

Ein  anderes  Cartular  der  Neustadt  wird  heute  auf  der  kaiser- 
lichen Hofbibliothek  zu  Wien  bewahrt  (Cod.  3083,  ol.  Rec.  405). 
Es  ist  ein  Quartband  von  313  Blättern,  dem.  von  einer  Hand  des 
16.  Jahrhundei-ts  der  Titel  vorgesetzt  ist:  „Des  edlen  alten  Hanns 
Rollen  und  burger  in  der  Neustat  raths  und  ambtman  und  seiner 
erben  puech,  in  welchem  erstlich  di  stiftbrief  und  benefici,  die 
khaiserlichen  freihalten,  die  ungelt-,  mautbrief  und  khaiser  Priderichen 
confirmationen  aller  freihält  und  die  Statut  oder  statrecht  der  Neustat 
in  Oesterreich,  auch  die  munzordnung,  der  munzmaister,  des  anwalds 
und  der  andern  unterambtleut  und  derselben  zuegethonen  oder  ver- 
wonthen  aid,  ain  Ordnung  und  entschiedung  wegen  des  weins  in 
die  Steiermarch  zu  fueren,  sambt  der  brotwag  der  Neustat  in  Oester- 
reich, und  khaiser  Pridrichs  confirmationen  die  khaufmanschaft  und 
niderlag  der  von  der  Neustat."  In  diesem  Codex  liegt  sonach  ein 
Privatunternehmen  einer  patricischen,  an  der  Stadtverwaltung  in 
hervorragender  Weise  betheiligten  Familie  vor.  In  dem  ältesten 
Stadtbuche  erscheint  Hanns  Roll  als  Mitglied  des  Rathes  der  Zwölf 
zu  den  Jahren  1462  und  1466,  als  Bürgermeister  1467,  und  aus 
anderer  Quelle  ist  bekannt,  dass  er  noch  1469  diese  oberste  Würde 
der  Stadt  bekleidete;  er  lebte  noch  1482.2)    Die  Handschrift,  wie 


*)  ddo.  Freitag  iu  der  Osterwoche  (Apr.  19),  Graz.  Lichnowsky  IV.  Reg. 
no.  1638  ad  1381.  Wiener-Neustädter  Stadtarchiv,  Scrin.  V,  no.  3. 

■)  S.  meine  Urkundl.  Beiträge  zur  Rechtsgeschichte  etc.  »S.  XIX,  nt^  1 
und  Äich,  f.  österr.  Gesch.  CO,  88. 


126  Winter: 

sie  jetzt  vorliegt,  ist  aus  verschiedenen  Stücken  zusammengetragen, 
die  nur  zum  Theil  aus  der  Zeit  des  Hanns  KoU  stammen.  Erst  im 
16.  Jahrhunderte  wurden  sie  —  es  sind  ihrer  neun  —  zu  einem 
Ganzen  verbunden  und  je  mit  besonderen  Titelüberschi*iften  und 
mit  Ordnungszahlen  versehen.  Zu  den  ältesten  Theilen  gehört  (no.  5) 
ein  deutscher  Text  des  angeblich  I^eopoldinischen  Stadtrechtes,  der  ^ 
im  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  geschrieben  zu  sein  scheint  und 
sich  durch  Correctheit,  sowie  durch  verständige  Abgränzung  und 
Kubricirung  der  einzelnen  Capitel  auszeichnet.  Etwa  um  die  Mitte 
des  15.  Jahrhunderts  ist  der  Abschnitt  6  geschrieben  („Volget  die 
Ordnung  und  das  ganz  munzwesen,  auch  der  munzmaister  und  des 
anwalds  sambt  der  unterambleuten,  so  dem  munzwesen  zuegethon, 
aid  und  raitungen''),  desgleichen  7  (Acten,  betreffend  die  Verhand- 
lungen zu  Grätz  zwischen  den  Bürgern  von  Wiener-Neustadt  und 
den  steiermärkischen  Ständen  wegen  der  Weineinfnhr  in  Steiermark) 
und  8  („Tolget  der  von  der  Neustat  protwag  nach  gelegenhait,  was 
der  muet  waiz  iederzeit  pargelt  gült,  wie  man  das  pfenbert  brot 
machen  soll  etc.'').  Das  erste  Heft  des  Codex  stammt  aus  der  zweiten 
Hälfte  des  15.  Jahrhunderts;  es  enthält  Privaturkunden  aus  der  Zeit 
von  1340  bis  1469,  grösstentheils  Mess-  und  Altarstiftungen  von 
Neustädter  Bürgern  füi*  dortige  Kirchen  betreffend.  Die  landes- 
fürstlichen Privilegien  von  1239  bis  1468  sammelten  verschiedene 
Hände  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  in  den  Heften  2,  3  und  4. 
Von  der  lezten  (neunten)  Abtheilung  ist  nichts  vorhanden  als  der 
Titel,  wornach  dieselbe  die  Freiheitsbriefe  Kaiser  Friedrichs  HI.  über 
die  Kaufmannschaft  und  das  Niederlagsrecht  der  Neustadt  von  1452 
enthalten  sollte. 

Noch  einmal  wurden  im  15.  Jahrbunderte,  und  zwar  gegen 
den  Ausgang  desselben,  die  Rechtsurkunden  der  Stadt  abschriftlich 
zusammengetragen.  Die  Handschrift,  89  Blätter  Papier  in  Quart, 
gebunden  in  starke,  mit  braunem  Leder  überzogene  Holzdecken,  die 
mit  metallenen  Ecken  und  Buckeln  gefestet  und  verziert  sind, 
befindet  sich  im  Neustädter  Stadtarchive  (Scrin.  A  1  no.  2).  Sie 
enthält  den  deutschen  Text  des  Leopoldinums  sammt  allen  Anhängen, 
und  zwar  einen  Text,  der  mit  jenem  des  eben  besprochenen  RolF- 
schen  Codex  sehr  nahe  Verwandtschaft  zeigt.  Darauf  folgen  von 
anderer,  aber  ziemlich  gleichzeitiger  Hand  vierunddreissig  landes- 
fürstliche Privilegien  aus  der  Zeit  von  1239  bis  1468,  in  keinerlei 
chronologischer  oder  systematischer  Ordnung.    Die  Urkunden  sind 


Bruchstücke  aus  der  Geschichte  eines  östreichischen  Stadtarchivs.      127 

als  „capita"  bezeichnet,   mit  fortlaufenden  Ordnungszahlen  versehen 
und  mit  dürftigen  Inhaltsangaben  überschrieben. 

Ein  Nachkomme  jenes  Bürgermeisters  Hanns  Roll,  Wolf  gang 
Roll,  Hess  noch  im  Jahre  1547  die  Rechte  der  Stadt  zusammen- 
schreiben (Hofbibliothek  Cod.  7702,  ol.  Rec.  110).  Er  brachte  wieder 
den  lateinischen  Text  des  Leopoldinums,  dann  auch  das  Lehenrecht 
des  Schwabenspiegels,  das  als  „lehenpuch  des  loblichen  hauss  Oester- 
reichs"  bezeichnet  ist.  Des  Lateinischen  ist  der  Schreiber  nicht 
recht  kundig  gewesen,  die  in  dieser  Sprache  geschriebenen  Texte 
sind  grauenhaft  verwildert. 

m. 

Für  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  ist  folgende  Art  der  Ver- 
wahrung  der  Neustädter  Urkundenvorräthe   urkundlich   beglaubigt. 

An  der  Domkirche  erhoben  sich  zwei  Thürme,  deren  jeder  „bei 
der  Erden"  ein  Gemach  „auf  das  allerfleissigste  mit  eisernen  Thüren, 
Banden  und  gewaltigen  Schlössen  bewahrt"  besass.  In  dem  einen 
dieser  Erdgeschosse  lagen  gemeiner  Stadt  Privilegien  und  Freiheiten, 
in  dem  anderen  die  Kleinodien  und  „Zier"  der  Kirche,  wie  es  „je 
und  allwegen"  der  Fall  gewesen.     (Vgl.  §  I.) 

In  einer  Novembernacht  des  Jahres  1555  ward  der  Stadtrath 
über  die  Unzulänglichkeit  seiner  Vorsichtsmassregeln  belehrt.  Da  ver- 
suchten Diebe  in  den  Thurm  zu  brechen,  in  welchem  die  Kirchen- 
schätze lagen.  Als  dieser  ihren  Bemühungen  widerstand,  wandten 
sie  sich  zu  dem  Archivthurm.  Hier  gelang  es  ihnen,  die  „grossen, 
starken  Schloss  abzuwürgen"  und  in's  Innere  zu  dringen.  Ein 
„goldenes  Kleinotel,  nämlich  ein  Kreuzel,  so  39  Gulden  wiegt  und 
darin  zwei  diamantene  Lilien  und  zwei  diamantene  Rosen  sammt 
einem  grossen  Ratten  (sie)  doppelt  gefasst  sein",  wurde  geraubt; 
auch  schnitten  die  Einbrecher  von  den  beiden  grossen  Freiheits- 
briefen, mit  denen  Kaiser  Friedrich  III.  zu  Rom  im  Jahre  1452, 
unmittelbar  nach  seiner  Kaiserkrönung,  die  Stadt  begnadet  hatte, 
die  goldenen  Sigille  ab  und  nahmen  sie  mit  sich.i)  Die  Jagd  nach 
den  üebelthätern   war   eine   lange.    Im  Mai   des   folgenden  Jahres 


^)  Kai«.  Generalmandat,  „bei  den  Juden,  CioldHchmieden  und  anderen 
fleissige  Ordnung  zu  thun,  wo  und  an  was  Enden  bemelte  Uebelthäter  betreten 
wurden,  dass  die  Kleinoder  zur  Obrigkeit  genommen  und  denen  von  der  Neu- 
stadt zugestellt  werden  sollen",  ddo.  1555,  Xov.  20,  Wien,  im  Wiener-Neustädter 
Stadtarchiv,  Scrin.  XLIIT,  nr.  3. 


128  Winter: 

wurde  einer  derselben,  ein  gewisser  Primus  ßaditsch  aus  Cilli,  zu 
Eisenstadt  unter  den  Juden  im  Besitze  der  geraubten  Gegenstände 
betreten  und  gefangen  genommen.  Als  Mitschuldige  nannte  er  einen 
haussässigen  Hufschmied  zu  Neustadt  Namens  Thomas  Martpurger, 
einen  Johann  Mandritsch,  Studiosus  aus  Mitterburg  in  Krain,  und 
einen  Georg  Wlabakher.  Der  Hufschmied  wurde  zu  Neustadt  ein- 
gezogen, den  Studiosus  griff  man  zu  Wien  auf;  der  Vierte  scheint 
niemals  ereilt  worden  zu  sein.  Raditsch  und  Martpurger  büssten 
ihre  Schuld  mit  dem  Tode.  Die  Anklage  wider  den  Studiosus  war 
von  Raditsch  schon  bei  der  ersten  Confrontation  widerrufen  worden. 
Noch  auf  der  Richtstätte,  vor  der  versammelten  Menge,  erklärten 
ilm  die  beiden  Todescandidaten  für  schuldlos  und  baten  ihm  ab, 
worauf  er  gegen  Urfehdeschwur  des  Gefängnisses  entlassen  wurde. 
Die  Stadt  hatte  seinetwegen  noch  Schreibereien  und  Weitläufigkeiten. 
Denn  mit  der  Genugthuung  für  die  Antastung  seiner  Ehre  und 
zumal  mit  der  Entschädigung  für  das  erlittene  Gefängniss  nahm  es 
der  Studiosus  sehr  genau  und  behelligte  deshalb  wiederholt  die 
niederösterreichische  Regierung,  welche  endlich,  nachdem  die  Ver- 
handlungen ein  Jalir  gedauert  hatten,  resolvirte,  dass  ihm  die  von 
der  Neustadt  die  Kundschaft  seiner  Unschuld  in  lateinischer  und 
deutscher  Sprache  unter  gemeiner  Stadt  gi-ossem  Insiegel  fertigen 
und  wegen  des  erlittenen  Gefiingnisses  ein  Gnadengeld  von  10  Gulden 
rhein.  zustellen  sollten,  i) 

Die  Folge  der  unliebsamen  Erfahrung,  die  man  mit  dem  Thurme 
bei  Unserer  Lieben  Frauen  gemacht  hatte,  war  die  Uebertragung 
des  städtischen  Archives  in  das  Rathhaus,  wo  es  in  einem  ziemlich 
geeigneten,  vor  Feuer  und  Dieben  gesichertea  Räume  untergebracht 
wurde.  2) 

IV. 

Von  nun  an  gibt  es  keine  Nachricht  mehr  über  Schicksale 
und  Bestände  des  Neustädter  Archives  bis  ins  18.  Jahrhundert. 
Durch  mehr  als  ein  Jahrhundert  scheint  sich  Niemand  desselben 
angenommen  zu  haben,  der  Verfall  war  ein  fortschreitender.  In 
welchem  Zustande  sich  in  Folge  dieser  Verwahrlosung  im  Anfange 
der  zwanziger   Jahre   des  18.  Jahrhunderts   das   Archiv   befunden, 

»)  Wiener-Neustädter  Stadtarchiv,  Scrin.  XLHI,  nr.  4.  Vgl.  Boeheim  1,  169  fg. 
*)  Fuhrmanns  Rep.,  praef.  ad  Iwt. 


Bruchstttcke  au8  <ler  GeKoliichte  eiiK»s  östreiduHchen  Stadtarchivs.       129 

erfahren  wir  von  seinem  Retter,  dem  Pater  Fuhrmann.^)  Ohne 
irgend  eine  Ordnung  waren  damals  <lie  Archivalien  zu  Häuf 
geschichtet,  „ima  suramis  permista  ac  quasi  susque  deque  habita 
penitusque  neglecta".  Viele  Urkunden  lagen  auf  dem  Boden  herum, 
sie  hatten  „ob  tarn  ingentem  rerum  perplexitatem  grave  vulnus'' 
davon  getragen,  die  Schriftzüge  waren  verwischt,  die  Siegel  zertreten, 
„miseram  intuentibus  speciem  praebuerunf ' ;  irgend  etwas  aufzu- 
finden war  ein  Ding  der  Unmöglichkeit. 

Welche  Persönlichkeit  es  gewesen,  der  diese  Wüstenei  zu 
Herzen  ging,  wer  die  Anregung  gab,  zu  retten,  was  noch  zu  retten 
war,  ist  nicht  bekannt.  Vielleicht  war  es  der  Pater  Fuhrmann 
selbst,  der  sich  später  Verdienste  um  das  Xeustädter  Archivwesen 
erwarb,  die  noch  nicht  genug  gewürdigt  worden  sind.  Thatsache 
ist,  dass  im  Jahre  1724  an  den  Magistrat  von  dem  landesfürstlichen 
Stadt-Commissarius  eine  Resolution  gelangte,  welche  die  Herstellung 
der  Ordnung  im  Archive  und  die  Anlegung  eines  Kataloges  aller 
darin  vorhandenen  Urkunden  und  Acten  auftrug. 

Mit  der  Resolution  war  nichts  gethan;  es  fehlte  der  rechte 
Mann  für  die  schwierige  Aufgabe.  Fast  noch  dreissig  Jahre  schleppte 
sich,  trotz  wiederholter  Anläufe  einzelner  Stadträtho,  die  alte  Ver- 
wirrung foii:  „(ad  quam  resolutionem  exequendam)  cura  demandata 
est  iam  his  iam  rursum  aliis  e  .  .  .  .  magistratus  viris  consularibus ; 
verum  cum  rem  tot  ambagibus  tricisque  intricatam  vix  primis  labiis 
degustassent,  protinus  manum  de  tabula  subtraxerunt.  Tentarunt 
plures  et  plures  inceperunt,  at  oneri  cedero  volentes  non  perfecerunt; 

sicque  res  infecta  manens  in  pristino  implicato  statu  perduravit ". 

Um  das  Jahr  1750  endlich  kam  die  Sache  in  die  richtigen  Hände. 
Da  beauftragte  der  Magistrat  den  Conventualen  des  Pauliner-Klosters 
zu  Wiener-Neustadt  P.Mathias  Fuhrmann,  der  die  vaterländische 
Geschichtsliteratur  mit  mancher  besser  gemeinten  als  gewordenen 
Leistung  2)  bereichert  hat,  mit  der  Wiederherstellung  des  städtischen 
Archivwesens. 


*)  Das  Folgende  gri^tentheÜH  nach  deHsen  Repert.  d.  Nennt.  Arch.,  praef. 
ad  lect. 

*)  Alt-  und  Neu-Oesterreich,  1734—37;    Alt-  und  Nen-AVien,   zwei  Bünde, 

ebd.;  Leben  und  Wunderthaten  de«  heiligen  Severini,  aus  dem  I^tein.,  ebd.  1746; 

Beschreibung  und  kurze  Nachricht  von  der  Stadt  Wien  und  ihren  Vorstädten, 

4  Bände,  ebd.  1766—70;   Allgem.  Kirchen-  und  Weltgeschichte  von  Oesterreich 

ArchiTaliMhe  Zeitachrift  YU.  ^ 


130  Winter: 

Mehrjährige  unausgesetzte  Thätigkeit  wandte  der  gelehrte 
Pauliner  an  die  Ausführung  des  ihm  gewordenen  Auftrages.  Im 
Jahre  1755  konnte  er  die  Frucht  seines  Eiesenfleisses,  das  von  seiner 
Hand  geschriebene  Kepertorium  des  neu  geordneten  Archives,  einen 
Folianten  von  620  Seiten,  dem  Stadtrathe  vorlegen.  Der  Titel  dieses 
ßepertoriums  lautet  vollständig:  ,,Eepertorium  et  recensio  specialis 
omnium  diplomatum,  privilegiorum,  literanim  fimdationalium,  actorum 
aliorumque  veterum  ac  recentiorum  monumentorum,  quae  in  charto- 
phylacio  sive  archivo  archiducalis  ac  limitanei  municipii  Novae 
civitatis  Austriae  inferioris  asservantur.  Cum  subiunctis  summariis 
rerum  in  praecipuis  instrumentis  contentarum.  A  seculo  post 
Christum  natum  XTU.  usque  ad  praesens  sec.  XYIII.  ordine  chrono- 
logico  coUocatum  ac  in  quatuor  classes  digestum.  Accedunt  non 
solum  supplementa  ad  easdem  classes  spectantia,  verum  etiam  copiosus 
index  materiarum,  rerum  et  verborum.  Quod  iussu  et  auspiciis 
consulis,  iudicis  et  senatus  eiusdem  ci^-itatis,  quos  deus  sospitet, 
in  hanc  formam  redegit  publicoque  commodo  restituit  K.  P.  M. 
Fuhrmann  ord.  s.  Pauli  p.  e.  Anno  reparatae  salutis  humanae 
CIO.IO.CCLV." 

Eine  Widmungsscbrift  an  den  Stadtrath:  „Consuli,  praetor! 
ceterisque  consultissimis  senatoribus"  eröffnet  das  Werk ;  sie  erwähnt 
in  Kürze  den  von  Seite  des  Käthes  an  den  Verfasser  ergangenen 
Auftrag  und  preist  die  wohlangewandte  Fürsorge  der  Stadtväter  mit 
gebührender  Lobeserhebung.  Darauf  folgt  eine  „Praefatio  ad  lectorem, 
praesertim  ad  archivi  praefectum'^  Sie  beginnt  mit  einer  Diatribe 
über  die  Bedeutung  und  die  Anfange  des  Archivwesens.  Jene  wird 
mit  Aussprüchen  des  Aristides  Rhetor,^)  des  jüngeren  Plinius^)  und 
des  Königs  Alfons  von  Spanien  3)  illustrirt,  für  diese  werden  unter 
Anderem   die   const.   30.  Cod.  I.  4.  de   episcop.   audientia   und   die 


von  K.  Augustus  an  bis  auf  das  337.  Jahr  n.  Chr.  G.,  ebd.  1768;  u.  s.  w.  Fuhr- 
mann starb  83jährig  als  General  der  österreichischen  Provinz  semee  Ordens 
im  Jahre  1773.     Wurzbach,  Biogr.  Lex.  5,  28  fg. 

*)  „Totus  vitae  fructus  et  quasi  summa  in  literis  homini  consistit."  Orat. 
in  Aesculapiiun. 

*)  „Libros  liberis  clariores  tanto  esse  oportere,  quanto  filü  mentis  praestant 
filiis  corporis".  Epist.  19  de  literar.  laude. 

')  ,,Genmiae  et  uniones  verae  non  in  thesauiis  prindpmn,  sed  in  libris 
quaerendae,  mortuique  in  quovis  negotio  tutius  consulendi  quam  vivi."  Anton. 
Panorm.  1.  2,  c.  17. 


Bruchstücke  aus  der  Gescliichto  eines  östreichischen  StadtÄrchivs.      131 

Lex  Alam.  (reform.)  tit.  1  herangezogen.  ,J!fon  ad  usum  solum, 
sed  etiam  in  ambitionem  et  splendorem"  errichteten  die  Könige 
Archive  und  Bibliotheken.  In  einigen  dürftigen  Andeutungen  berührt 
sodann  Fuhrmann  die  Geschichte  des  Neustädter  Archives  vom  14. 
bis  zum  18.  Jahrhundert,  worauf  er  sein  archivalisches  System  ein- 
gehend erläutert.  Die  Vorrede  schliesst  mit  Ermahnungen  an  die 
künftigen  Archivare  über  die  gewissenhafte  Führung  des  Aushebe- 
Protokolles  und  über  die  Verwendung  von  Abschriften  und  Trans- 
sumten  zum  auswärtigen  Gebrauche. 

Die  gesammte  Archivalienmasse  ist  von  Fuhrmann  in  vier 
Classen  getheilt.  Die  erste  Classe  ist  die  der  Privilegien.  Sie  ent- 
hält „diplomata  et  privilegia  ab  imperatoribus,  regibus,  archiducibus 
summisque  terrarum  Austriacarum  principibus  nee  non  Hungariae 
regibus  data  et  concessa;  item  resolutiones ,  patentes  generales, 
decreta,  mandata  et  intimata  tum  ab  aula  caesarea  tum  a  supremis 
Attstriae  atque  Hungariae  aulico-caesareis  regiisque  instantiis  iudi- 
cialibus  emanata,  antiquas  et  semper  innovatas  et  confirmatas  liber- 
tates,  immunitates,  iura  municipalia,  exemptiones  et  consuetudines 
privatas  civitatis  concernentia" ;  im  Ganzen  104  Stücke  aus  der  Zeit 
von  1239  bis  1753.  Anfanglich  Uebersehenes  bringen  ein  Supple- 
mentum  und  ein  Appendix;  sie  enthalten  zahlreiche  Abschriften 
und  Transsumte.     (Seite  1  bis  224  des  Repertoriums.) 

Die  zweite  Classe  begreift  die  Stiftungen :  „literas  fundationales, 
emptiones  et  venditiones,  instrumenta  ad  sacras  fundationes  spec- 
tantia^  documenta  iuris  patronatus  seu  praesontandi  clericos  ad 
beneficia  ecclesiastica,  reversales,  confirmationes  et  resignationes 
capellanorum  beneficiatorum  sive  recentiorum  canonicorum  ecclesiae 
cathedralis  ad  b.  Virginem,  literas  pontificias  et  buUas  indulgentiarum, 
nee  non  alias  cartas  et  membranas  tum  civicorum  hospitalium 
fundationalia,  tum  reliquas  pias  causas  et  dispositiones  concernentes"; 
113  Stücke  aus  der  Zeit  von  1295  bis  1753.  Wieder  ist  ein  Supple- 
mentum,  und  ausser  diesem  noch  ein  Appendix  erforderlich  ge- 
worden; zusammen  93  Stücke  von  1341  bis  1716.  (S.  225  bis  365 
des  Eepertoriums.) 

Für  seine  dritte  Classe  hat  Fuhrmann  das  Schlagwort  Acta. 
Wie  weit  er  von  dem  heutigen  archivalischen  Begriffe  dieses  Wortes 
entfernt  ist,  zeigt  seine  Speciflcation  des  Inhaltes  dieser  Classe: 
^comprehendit  multifaria  civitatis  huius  acta,  transactiones  sive  pacta 
cum  diversis  partibus   adversis  conventa,  Utes  diremptas,  causarum 

9* 


132  Winter: 

decisiones  et  sententias  in  favorem  magistratus  et  totius  universi- 
tatis  civicae  latas,  iurisdictionem  territorialem  iuraque  iudicii  capitalis 
et  antiquorum  privilegiorum,  locationes  fimdorum  et  bonorum  cen- 
suales,  eontractus,  reversales,  emptionis  et  venditionis  instrumenta 
aliaque  literaria  et  authentica  raonumenta,  quae  partim  in  genere 
ad  res  Austriacas,  partim  in  specie  ad  notitiam  rerum  gestarum 
praeinsinuatae  Novae  civitatis  pertincnt".  Ungemein  zahlreiche  Ur- 
kunden und  Acten  des  verschiedensten  Betreffs  aus  der  Zeit  von 
1276  bis  1751  sind  hier  zusammengebracht.  Im  Repertorium  erscheint 
in  dieser  Classe  als  älteste  eine  Urkunde  ohne  Jahresangabe  zu 
c.  1245  eingereiht;  aber  es  ist  der  bekannte  Brief  Herzog  Friedrichs 
des  Schönen  aus  Ravensburg  an  die  Neustädter,  i)  der  in  das  Jahr 
1309  gehört.  Fuhrmann  theilte  ihn  Friedrich  dem  Streitbaren  zu. 
Ein  Supplementimi  enthält  Archivalien  aus  der  Zeit  votf  1277  bis 
1718.  (S.  367  bis  503  des  Repertoriums.) 

Die  uralte  Noth  der  Archivare,  die  Miscellanea,  haben  dem 
Bearbeiter  des  Neustädter  Archives  eine  eigene  Classe,  die  vierte 
und  letzte  seines  Repertoriums,  abgedrungen.  Hier  hat  er  zusammen- 
gelegt „privilegia  exterorum  et  nonnullorum  locorum  vicinorum, 
privatas  causas  iudiciales  nee  non  critninales,  varias  sententias  et 
causarum  decisiones,  supplicationes,  relationes  ad  excelsum  regimen 
et  civium  loci  huius  magistratum,  acta  diversissima  ac  omnis  generis 
instrumenta  literaria  tarn  publica  quam  privata  concementia,  nulla 
habita  ratione  ad  ordinem  clironologicum  collocata":  1324  bis  circa 
1750.  In  dieses  Kunterbunt  konnte  alles,  und  zwar  an  jeder  beliebigen 
Stelle,  da  die  angekündigte  chronologische  Ordnung  eine  nichts 
weniger  als  ungestörte  ist,  hineingestopft  werden,  und  so  gibt  es 
denn  zur  vierten  Classe  kein  Supplement.  (S.  504  bis  572  des 
Repertoriums.) 

In  den  ersten  drei  Classen  und  in  deren  Supplementen  und 
Appendices  ist  die  Reihung  der  Documente  die  chronologische.  Jede 
Urkunde  erscheint  in  dem  Repertorium  mit  ihrem  Datum,  mit  einer 
kurzen  schlagwortartigen  Andeutung  ihres  Inhaltes  und  mit  ihrer 
Signatur ;  fortlaufende  Bezifferung  ist  nicht  vorhanden.  Die  Signatur 
bezieht  sich  auf  die  Location,  sie  besteht  aus  der  Nummer  der  Lade 
und  der  Nummer  der  Urkunde  innerhalb  der  Lade.  Bei  den  wich- 


«)  Hormayr's  Archiv  für  Geschichte  etc.,  1828,  S.  322,  veigl.  Böhmer, 
Additam,  IL  ad  1246—1813,  a  503. 


Bruchstücke  aus  der  Geschichte  emes  östreichischen  Stadtarchivs.      133 

tigeren  Urkunden,  fast  durchgehends  in  Classe  I  und  II,  ist  noch 
ein  „Summarium"  beigefügt,  nämlich  eine  ziemlich  ausführliche, 
theilweise  wörtliche  Wiedergabe  des  Inhaltes  in  der  Sprache  des 
Documentes.  In  Classe  IV  findet  keine  Einzelbehandlung  der  Ur- 
kunden und  Acten  mehr  statt;  nach  gewissen  sachlichen,  oft  recht 
schwankenden  Gesichtspunkten  sind  hier  grössere  oder  kleinere 
Gruppen  unter  gemeinsamem  Rubrum  vereinigt. 

Den  Schluss  des  Repertoriums  bildet  ein  alphabetischer  Index 
zu  demselben  (S.  573  bis  620).  Er  weist  die  ganze  Unbehilflichkeit, 
den  Mangel  an  Sinn  für  das  praktische  Bedürfiiiss  des  Benutzers 
auf,  welche  den  Gebrauch  auch  der  gedruckten  Urkundenwerke  des 
vorigen  Jahrhunderts  oft  so  sehr  erschweren.  Neuere  Hände  haben 
lue  und  da  nachgeholfen. 

Die  äussere  archivalische  Behandlung  der  Urkunden  und  Acten 
selbst  steht  insofern  auf  einem  vorgerückteren  Standpunkte,  als  die 
Vereinigung  der  Urkunden  in  Fascikel  nicht  die  Regel  ist.  Alle 
älteren  Documente,  durchschnittlich  bis  ans  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts, Privilegien,  Stiftungsbriefe  und  andere  wichtigere  Urkunden 
auch  aus  späterer  Zeit  —  fast  sämmtUche  Archivalien  der  ersten 
und  zweiten  Classe  —  sind  einzeln  in  Pallien  gelegt,  welche  die 
Siegel  frei  lassen,  und  welche  die  im  Repertorium  erscheinende 
Rubrik  tragen:  Datum,  Inhaltsandeutung,  Nummer  der  Lade  und 
der  Urkunde  innerhalb  der  Lade.  Die  „Acten"  (Classe  IQ)  und  Mis- 
ceUanea  aber  sind  in  Fascikel  vertheilt,  welche  in  gleicher  Weise 
signirt  sind.  Die  Archivalien  ruhen  in  drei  grossen  Schränken 
(Armaria)  von  solider  Schreinerarbeit  des  vorigen  Jahrhunderts.  Der 
erste  enthält  123  mit  römischen  Ziffern  bezeichnete  Laden  (Scrinia); 
die  Gefache  des  zweiten  sind  mit  A — Z,  jene  des  dritten  mit  Aa — ^^Zz 
signirt. 

Man  kann  der  archivalischen  Leistung  des  Paulinermönches 
hohe  Anerkennung  nicht  versagen.  Die  wüste  Masse,  die  er  vorfand, 
ist  von  ihm  in  verhältnissmässig  kurzer  Frist  mit  erstaunlicher 
Umsicht  und  bedeutendem  Sachverständniss  in  das  Oefüge  einer 
wenigstens  äussern  Ordnung  gebracht  worden.  Was  von  ihm  für 
das  Neustädter  Archiv  gethan  ist,  hat  die  Bedeutung  einer  Rettung. 
Muss  die  Theilung  des  Stoffes  in  vier  durch  äusserst  unsichere 
Gränzen  geschiedene  Gruppen,  muss  insbesondere  die  zur  Regel 
gewordene  Nachsehleppung  von  umfänglichen  Supplementen  und 
Appendices    als   ein   bedauerlicher   ücbelstand    bezeichnet    werden, 


134     Winter:  Bruchstücke  aus  der  Geschichte  eines  Ostreich.  Stadtarchivs. 

fehlt  es  ini  Einzelneu  nicht  an  Irrthümern  und  Missverständnisseu, 
so  ist  doch  die  Leistung  für  das  Jahrhundort,  in  dem  sie  entstanden 
ist,  als  eine  ungemein  tüchtige  zu  bezeichnen.  Nirgends  sieht  man 
bestellte  und  bezahlte  Arbeit;  überall  tritt  die  selbsteigerie  freudige 
Theilnahme  des  Arbeiters  an  seinem  Werke  hervor,  seine  ganze 
und  volle  Hingebung  an  dasselbe  aus  eigener  Lust  imd  liebe.  Und 
das  gerade  ist  es,  was  den  Mann  und  seine  Leistung  dem  späten 
Fachgenossen  so  worth  macht,  dass  er  gern  übersieht,  wo  jener 
strauchelte. 

Wie  Fuhrmann  von  dem  Zwecke  der  Archive  denkt,  sagt  er 
in  seiner  Yorredc  an  den  Leser;  in  Worten,  die  auch  in  unserer 
Zeit  als  Epigrapli  jedes  Archivgebäude  zieren  wüi-den:  „Me  iudiec 
haud  male  sensit,  qui  dixit  eiusmodi  monumenta,  si  lateant,  esse 
divitias  pauperes,  quia  ingnotae;  esse  gratias  gratis  datas,  quia 
neglectae;  esse  opes  inutiles,  quia  sine  usu;  verbo,  esse  privilegia 
privilegiis  carentia,  quia  tinearum,  glirium  et  teredinum  pabula." 

Seit  Fuhrmann  hat  bis  auf  die  allerjüngste  Zeit  Niemand  mehr 
Hand  angelegt  an  die  Weiterführung  des  von  ihm  Geschaffenen. 
Der  grosse  Brand  des  Jahres  1834  berührte  kaum  das  Archiv. 
Lücken  sind  allerdings  eingerissen.  Im  Grossen  und  Ganzen  aber 
ist  die  Ordnung  heute  noch  die  von  Fuhrmann  hergestellte,  sein 
Repertorium  noch  immer  der  einzige  Ijeitfaden  für  den  Benutzer. 
In  letzter  Zeit  regt  sich  wieder  in  der  Gemeinde  der  Sinn  für  das 
städtische  Archivwesen.  Eine  Commission  zur  Ueberwachung  und 
Leitung  des  Archives  ist  eingesetzt,  dasselbe  ist  aus  dem  alten 
finsteren  und  engen  Räume  in  einen  geräumigen  hellen,  im  zweiten 
Stockwerke,  des  Rathhauses  gelegenen  Saal  übertragen.  Aber  was 
die  wissenschaftliche  Neuordnung  und  Bearbeitung  betrifft,  so  steht 
dem  guten  Willen  nicht  das  finanzielle  Können  zur  Seite.  Dies  ist 
bei  einem  Archive  von  dem  Alter  und  der  Reichhaltigkeit  des  hier 
besprochenen,  bei  einer  Stadt  von  so  hoher  vaterlandsgeschicht- 
licher Bedeutung  auf  das  tiefste  zu  beklagen. 


IV.  Einsammlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische 

Landesarchiv.  ^) 

Von 

Friedrich  Pirckmayer, 
k.  k,  Regierungsarchivar  in  Salzburg. 


Das  bei  der  Landesregierung  in  Salzburg  bestehende  Archiv 
ist  schon  in  seiner  ursprünglichen  Anlage  eine  Sammlung  von 
Registraturen  und  Kogistraturresten  der  ehemaligen  Central-Stellen 
und  der  höheren  Behörden  aus  der  Zeit  der  Landesherrlichkeit  des 
Erzstiftes  Salzburg,  wie  auch  der  der  Säcularisation  in  raschem 
Wechsel  gefoigten  Eegierungs-Perioden  zu  Anfang  unseres  Jahr- 
hunderts. Das  eigentliche  salzburg-erzstiftische  („geheime")  Archiv 
und  das  Archiv  des  Dom-Capitels  sind,  und  zwar  ersteres  wieder- 
holt (1796,  1797  und  1800),  geflüchtet,  dann  aber  -  1806  und 
1809  —  völlig  nach  Wien,  der  Rest  des  letzteren  endlich  —  noch 
1816  —  nach  München  gebracht  worden. 

Als  nach  den  erwähnten  mehrfachen  Regierungswechseln  Salz- 
burg im  Jahre  1816  zum  zweitenmal  und  dauernd  mit  Oesterreich 
vereinigt  wurde,  war  man  sofort  bedacht,  die  zurückgebliebenen, 
insbesondere  für  die  Administration  immer  noch  bedeutenden  und 
werthvollen  Archivtrümmer  und  Registraturen  zu  sammeln  und  zu 
sichern  und  sie  unter  dem  Namen  „Central-Registratur"  zu  ver- 
einigen. 

Den  ausdauernden  Bemühungen  geistvoller  und  patriotischer 
Männer,   wie  Fellner,   Skrbensky,   Chorinsky  und  Anderer,   gelang 


*)  Anm.  (l.  HerauHgeberH.  Dieser  Auszug  aus  dem  in  Üestreich 
veröffentlichten  Bericht  finde  hier  seine  Stelle  als  belehrendes  Beispiel, 
wie  höchst  verdienstlich,  aber  auch  wie  dringlich  solche  Vervollständigungen 
der  Landesarchive  sind,  und  in  welcher  Art  und  Weise  sie  am  füglichsten 
durchgeführt  werden. 


136  Pirckmayer: 

es  auch,  dem  neugeschaiBFeiien  Archive  das  eiforderliclie  Per^jonal 
und  die  nöthigen  Mittel  zu  erwirken  und  zu  erhalten,  wodurcli 
dessen  Bestand  und  Entwicklung  gesichert  schien. 

Die  Activirung  der  politischen  Behörden  im  Jahre  1850  braclite 
zwar  —  allen  Erwartungen  entgegen  —  dem  Archive  Nachtheile, 
die  sogar  dessen  Fortbestand  gefährdeten,  indem  das  Archiv  seine 
Dotation  und  sein  eigenes  Personal  verlor;  allein  im  Jahre  1866 
trat  eine  neue  und  hoffentlich  nachhaltige  Wendung  zum  Besseren 
ein.  Ein  wesentliches  Verdienst  hiebei  gebührt  ohne  Frage  dem 
salzburgischen  Landtage. 

Als  nämlich  dieser  anlässlich  der  von  ihm  betriebenen  und 
auch  erwirkten  Extradirung  der  landschaftlichen  Archivalien  in  die 
Kenntniss  des  misslichen  Zustande«  des  „Central-Archivs"  gekommen 
war,  legte  er,  sofort  den  Werth  und  die  Wichtigkeit  dieser  colossalen 
Actensammlung  für  die  salzburgische  Landes-  und  Culturgeschichte 
richtig  erkennend,  bei  der  Staatsregierung  ein  kräftiges  Fürwort 
für  das  Central-Archiv  ein  und  bat  um  die  Verfügung,  dass  das- 
selbe gesichtet,  geordnet  und  seine  Benützung  für  öfFentliche,  wissen- 
schaftliche und  Privatzwecke  möglichst  gefordert  werde. 

Die  Landes-Kegierung  theilte  selbst  diesen  Wunsch,  und  den 
vereinten  Bemühungen  Beider  gelang  es,  von  da  an  schrittweise 
das  Archiv  aus  dem  (ungerissenen  Verfalle  zu  befreien  und  einem 
Aufschwünge  zuzuführen,  der  .imVerhältniss  zu  den  Kräften  und 
Mitteln  höchst  bedeutend  genannt  werden  darf.  Einer  der  wichtigsten 
Schritte  zu  diesem  Ziele  war  ausser  Bestellung  eines  eigenen  Ar- 
chivars und  Rückleitung  der  von  Salzburg  weggebrachten  Archivalien 
die  Sammlung  der  im  Lande  bei  verschiedenen  Aemtem  noch  vor- 
handenen (vorzüglich  der  pfleggerichtlichen)  Acten,  und  der  erste 
Schritt  dazu  war  die  Sistirung  der  beabsichtigten  Scartirung  (Ma- 
kulirung),  welche  bei  dem  Präsidium  des  k.  k.  (isterr.  Ober-Landes- 
gerichtes in  Wien  beantragt  und  auch  sogleich  verfügt  wurde. 
Diesem  folgte  die  Einholung  von  amtlichen  Auskünften:  ob  und 
welche  ältere  sammeln swerthe  Actenstücke  vorhanden  seien,  und 
unter  welchen  Modalitäten  die  Abgabe  derselben  am  füglichsten  zu 
realisiren  wäre? 

Die  Antworten  der  k.  k.  Bezirksgerichte  waren  nach  Umfang, 
Darstellung  und  Inhalt  sehr  verschieden.  Die  meisten  waren  ganz 
allgemein  gehalten,  nur  einzelne  wenige  von  Registratur-Plänen 
oder  summarischen  Verzeichnissen  begleitet. .  Sie  Hessen  eben  nur 


Einsammlung  von  Arclüvalien  flVr  (laß  Salzburgisi'he  T>an4lcsan'hiv.      1:37 

erkennen,  dass  es  hohe  Zeit  sei,  einzugreifen,  wenn  überhaupt  noch 
etwas  erhalten  bleiben  sollte. 

Es  zeigte  sich  nämlich,  dass  von  den  aJtsalzburgischen  Pfleg- 
gerichten nur  noch  drei  Archive  —  zu  Golling,  Werfen  und  Tams- 
weg  —  ziemlich  vollständig  und  auch  in  verhältnissmässig  guter 
Ordnung  erhalten  seien,  während  bei  acht  Gerichten  —  Abtenau, 
Gastein,  St.  Gilgen  (Hüttenstein),  Mittersill,  Saalfelden  (Lichtenberg), 
St.  Michael,  Taxenbach  und  Thalgau  (Wartenfels)  —  nur  noch  grössere 
oder  kleinere,  mehr  oder  minder  ungeordnete  Beste  vorhanden 
blieben.  Weiter  ergab  sich  aus  den  eingelaufenen  Nachrichten,  dass 
die  pfleggerichtlichen  Archive  zu  St.  Johann,  Goldeck,  Grossari  und 
Wagrain  —  1855  —  durch  Brand,  jenes  von  ßadstadt  theils  — 
1865  —  gleichfalls  durch  Brand,  theils  vorher  schon  durch  Scar- 
tirung,  und  endlich  jenes  zu  Lofer  bis  auf  einen  kleinen  jetzt  in 
Sicherheit  gebrachten  Rest  durch  Scartirung  unwiederbringlich  ver- 
loren gingen,  dass  Oberndorf  niemals  ältere  Acten  besass,  und  dass 
die  pfleggerichtlichen  Archive  zu  Neumarkt  (Alt-  und  Lichtenthann) 
mit  Strasswalchen-Hallein,  Mattsee,  und  zwar  erst  seit  1867  Salz- 
burg mit  Glaneck,  Neuhaus  und  einem  Theile  von  Staufeneck  mit 
Glan,  —  dann  von  Zell  am  See  (Caprun)  spurlos  verschwunden  seien. 

Die  ebenfalls  befi^agten  k.  k.  Bezirkshauptmannschaften  er- 
statteten Fehlanzeigen. 

Die  Landes-Regierung  sah  sich  durch  dies  Ergebniss  veranlasst, 
den  mit  der  Besorgung  der  Central-Registratur  betrauten  damaligen 
k.  k.  Regierungs-Official  Friedrich  Pirckmayer  mit  dem  Auftrage 
abzusenden,  „das  Wesentliche  des  Gehalts  jener  Archive,  ihren 
Zustand,  Art  und  Ort  fhrer  Verwahrung,  endlich  ihre  Eignung  zur 
Abgabe  an  das  Central-Archiv,  und  die  zweckmässigste  Art,  letztere 
zu  bewerkstelligen,  so  vollständig,  als  es  ohne  gi-ossen  ZoitAufwand 
möglich,  zu  erheben." 

Da  für  diesen  Zweck  nur  äusserst  beschränkte  Mittel  zur  Ver- 
fügung standen,  musste  die  Reise  nach  Zeit  und  Ausdehnung 
beschränkt  werden.  Es  wurde  daher  vorläufig  als  erste  Tour  der 
Besuch  der  Gerichts-  und  Amtsorte  Werfen,  St.  Johann,  Lend, 
Taxenbach,  Zell  am  See  und  Saalfelden  angeordnet  und  zugleich 
jener  von  Hofgastein  und  Mittersill  als  erwünscht  bezeichnet,  und 
in  der  kurzen  Frist  von  nur  17  Tagen  ausgeführt.  Der  Bericht- 
erstattung hierüber  war  nur  durch  die  oben  angegebenen  Fragen 
eine   bestimmte  Gränze  gezogen ;    diesen  standen   die  Verhältnisse 


138  '  Pirckmayer : 

des  jCeiitral-Arcliives  und  die  verfügbaren,  respective  in  Aussicht 
stehenden  Mittel  als  weiter  massgebende  Factoren  zur  Seite.  Nach 
diesen  Gesichtspuncten  stellte  Pirckmayer  nach  Durchführung  der 
ihm  gewordenen  Aufgabe  unter  Erstrebung  des  Erreichbaren  seine 
Anträge  dahin:  „Es  seien  bei  der  beabsichtigten  Einsammlung  in 
Hinsicht  auf  den  Zeitumfang  nur  Acten  aus  älterer  Zeit  bis  zur 
zweiten  dauernden  Besitzergreifung  (1816)  zu  berücksichtigen,  unter 
diesen  historisch  wichtigen  Zeitabschnitt  aber  in  der  Regel  nicht 
herabzugehen.  Ebenso  sei  bei  der  Auswahl  —  mit  Rücksicht  auf 
den  Inhalt  der  Archive,  beziehungsweise  auf  den  Wirkungskreis  der 
Aeniter,  welche  Funde  von  geschichtlich  hochwichtiger  und  allge- 
meiner Bedeutung  von  vornherein  nicht  erwarten  lassen,  i)  —  vor- 
züglich auf  jene  Acten  zu  greifen,  welche  für  die  Geschichte  des 
Landes  und  insbesondere  für  dessen  Culturgeschichte  oder  Topo- 
graphie von  Werth  sind,  oder  (mit  Rücksicht  auf  die  von  höherer 
Stelle  wiederholt  betonte  vorwiegende  Bedeutung  des  Central-Archives 
für  administrativ  practische  Zwecke)  auf  solche,  welche  Besitz-  und 
Rechts -Verhältnisse  betreffen;  es  wäre  sohin  vorzugsweise  auf 
Original-Urkunden  und  Urkunden-Copien,  auf  Generalien  (Mandate, 
Befehle)  jeder  Art,  auf  Urbarien,  Lehen-,.  Stift-  und  Steuer-Bücher, 
auf  Religions-Gegenstände,  Taidinge  (Ehehaften  und  Landrechte), 
Bürgerschafts-  und  Gewerbe-Acten,  auf  Bruderschafts-  und  Armen- 
wesen ,  wichtigere  Oriminal-  oder  Malefiz-Acten ,  endlich  auch  auf 
Beschreibungen,  Bauten,  Pläne  und  Karten  Rücksicht  zu  nelunen." 
Hinsichtlich  des  Quantums  der  auszuwählenden  Acten  durfte 
in  erster  Linie  wohl  nur  der  Werth  derselben  entscheidend  sein. 
Die  Eigenart  der  pfleggerichtlichen  Archive  bietet  jedoch  gerade  in 
dieser  Beziehung  Gelegenheit  zu  sehr  verschiedener  Auffassung, 
und  konnten,  ja  mussten  sogar  für  eine  mehr  oder  minder  rigorose 
Auswahl  wohl  auch  der  Kostenpunct  und  die  Frage  der  räumlichen 
Unterbringung  in  Rechnung  gezogen  werden. 


')  Diess  war  unisowoiiigor  möglich,  als  diese  Acten  bereits  wiederholt 
und  unt^r  weit  günstigeren  T^mständen  gesichtet  worden.  Zuerst  wvu'den  die 
l*rteg-Gerichte  unter  kurftlrstlicher  Regierung  (1803—1806)  aufgefordert,  wich- 
tigere Acten  und  Urkunden  an  das  salzburgisohe  (damals  „geheime")  .Vrchiv 
abzugeben;  nachdem  diess  geschehen  und  im  Jahre  1806  und  1809  das  Archiv 
nach  AVien  geflüchtet  worden  war,  ordnete  s])ilter  die  bayerische  Regierung 
(1810 — 1816)  die  Einheferung  solcher  Acten  etc.  an  das  bayerische  Acten-Con- 
servatorium  in  Salzburg  an. 


Einsammlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische  Landesarchiv.     139 

Von  vornhereift  von  der  Uebernahmo  für  das  Archiv  aus- 
geschlossen mussten  aus  diesen  Gründen  betrachtet  werden  die 
überaus  zahlreichen  Gerichts  -  Protokolle  und  Amts  -  Rechnungen ; 
Änlaitlibello  und  Weihsteuer -Bücher  wurden,  da  sie  im  Central- 
Archive  bereits  vorhanden,  zurückgelassen;  die  Gerich ts-Notlbücher 
endlich  von  den  Gerichtsbehörden  vorbehalten. 

Da  anderseits  eine  endgiltige  und  dabei  erschöpfende  Auswahl 
des  zur  ferneren  Verwahrung  im  Archive  Geeigneten  im  Einzelnen 
zunächst  nicht  gerathen  noch  nothwendig  schien,  weil  eine  solche 
einen  allzulangen  Aufenthalt  und  daher  zu  grosse  Kosten  verursacht 
hätte,  auch  ohne  vorausgegangene  genaue  Erhebung  des  Bestandes 
und  Inhaltes  sämmtlicher  noch  vorhandener  Archive  ein  gleich- 
mpsiger  Vorgang  hiebei  gar  nicht  möglich  gewesen  wäre,  so  ging 
nach  vollendeter  Lustrirung  das  (hitachten  dos  Berichterstatters 
dahin:  dass  es  sieh  empfehle,  die  betreffenden  Archive  oder  doch 
die  vorzüglich  geeignet  erscheinenden  Gruppen  möglichst  vollstäudig 
zu  übernehmen  und  die  Prüfung  und  Auswahl  d(»s  Einzelnen  nach 
den  oben  skizzirten  Grundsätzen  erst  in  Salzburg  durchzuführen. 

Die  Deckimg  der  etwas  grösseren  Kost(ui  für  Verfrachtung, 
welche  durch  die  nur  auf  solche  Art  mögliche  Bedachtnalime  auf 
alle  einschlägigen  Rücksichten  völlig  gerechtfertigt  erscheinen  dürften, 
ist  übrigens  aus  dem  —  vom  Ministerium  des  Innern  zu  diesem 
Zwecke  überlassenen  —  Erhise  für  das  archivaliscli  werthlose  Ma- 
teriale  mit  Sicherheit  zu  erwarten. 

Ans  dem  Reiseberichte  möge  Einiges  zur  Kennzeichnung  der 
Archivalien  hier  Platz  finden. 

Unter  den  pfleggerichtlichen  Archiven  Salzburgs  ist  jenes  zu 
Werfen  dem  Umfange  nach  gegenwärtig  olvne  Frage  das  bedeu- 
tendste. Die  territoriale  Ausdehnung  der  alten  Pflege  und  Probstei 
Werfen,  welcher  die  fünf  Gerichtsstäbe  im  Pongau  unterstanden, 
und  die  sorgfaltige  Verwaltung  erklären  den  Umfang  und  die  ziemlich 
gute  Ordnung  dieses  Archives,  welches  aus  drei  —  verschiedenen 
Zeitabschnitten  angehörigen  —  Registraturen  besteht.  Jede  dieser 
Registraturen  ist  nach  einem  besonderen  Plane  eingetheilt.  Die 
ausführliche  Wiedergabe  dieser  Pläne  würde  hier  zu  weit  führen; 
jener  der  neueren  Registratur  (1675 — 1816)  ist  besonders  interessant, 
er  bietet  in  9  Haupt-  und  110  Unter- Abtheilungen  ein  getreues 
Bild  des  die  ganze  Justiz-,  Polizei-,  Cameral-  etc.  Verwaltung  um- 
fassenden   Wirkungskreises    eines    altsalzburgischen    Pfleggerichtes, 


140  Pirckmayer: 

und  entspricht  —  nach  dem  Hofkanimer-Generale  vom  Jahre  1769 
angelegt  —  allerdings  mit  geringen  Abweichungen  der  Eintheilung 
fast  sämmtlicher  Archive  dieser  Art. 

Die  älteste  Registratur  umfasst  in  45  Schubfachern  Actenreste 
der  fünf  Gerichtsstäbe :  Werfen,  Bischofshofen,  St.  Johann,  St.  Veit, 
Gross- Arl,  dann  auch  von  Klein-Arl,  Golling,  Fritz- Amt,  Radstadt 
und  Thumersbach  aus  der  Amtszeit  des  Pflegers  Erasmiis  von 
Khuenburg  (1560—1584).  Urkunden  fanden  sich  nicht,  dagegen  die 
Original  -  Correspondenz  der  Witwe  Anna  von  Prant  mit  ihrem 
Bruder  dem  Fürsterzbischofe  Michael  (von  Khuenburg),  ferner  ein 
Lädchen  mit  Acten:  „Cömmunion  und  Religions-Üngehorsam  bo- 
treflfend^',  ein  anderes:  „Herzogisch  in  Bayern"  bezeichnet,  endlich 
Acten  über  das  Schloss  und  die  Schloss-Capelle  auf  Hohen-Werfen. 

Unter  den  Acten  der  mittleren  Registratur  (1580 — 1675  cca.) 
fanden  sich:  „Gemeiner  Bürgerschaft  zu  Werfen  Freibrief  und 
Bürger-Ordnung,"  —  eine  alte  —  wahrscheinlich  gleichzeitige  — 
Abschrift  des  „Schiedbriefs  Herzog  Ludwigs  in  Bayern  zwischen 
Erzbischof  Burghart  und  seinen  Unterthanen,  den  armen  Leuten 
im  Pongau,  datum  Freitag  nach  Francisci  Tag  n.  Chr.  G.  1462," 
—  Acten  über  Schloss  Bliembach,  Schloss  Schermberg  und  über 
Judendorf,  —  „Römischer  Majestät  Durchzug,"  —  14  Bände  mit  allerlei 
„Particularsachen"  von  1533  an,  zahlreichen  Mandaten,  Befehlen  etc. 

Unter  dem  Bestände  der  neueren  Registratur  zeigte  sich  ein 
Stift-  (Geld-  und  Traid-Dienst-)  Buch,  dann  ein  Burgrechts-Buch 
von  1526,  1559,  und  ein  Urbar  von  1558. 

Bei  der  k.  k.  Berg-  und  Hütten -Verwaltung  in  Lend  fand 
sich  dagegen  eine  grosse  Menge  von  Acten;  ausser  jenen  des  ehe- 
maligen „Hochfürstlichen  Handels"  und  des  Berggerichtes  Lend 
waren  auch  die  Acten  der  aufgelösten  Bergämter  von  Hüttschlag 
(Gross-Arl),  Böckstein  und  Dienten  hieher  gebracht  worden.  Da  der 
Bergbau  und  insbesondere  der  Goldbergbau  in  Gastein,  Böckstein 
und  Rauris  für  Salzbuig  von  höchster  Wichtigkeit  war,  so  wäre 
der  Verlust  dieser  AcUm  —  vor  entsprechender  Auswahl  —  aus 
dem  Grunde  doppelt  zu  beklagen,  als  die  nunmehr  im  Central- 
Archive  verwahrten  Bergwesens-Acten,  gerade  in  historischer  Richtung, 
empfindliche  Lücken  zeigen,  und  auch  die  pfleggerichtlichen  Acten 
dieser  Bezirke  fehlen  (Gross-Arl),  oder  doch  nur  in  geringen  Resten 
(Gastein,  Rauris,  Taxenbach)  erlialten  sind.  Die  räumliche  Unter- 
bringung der  eigentlichen  Lender  Handels-  luid  Bergwesens-Acten 


Einsainmlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische  Landesarchiv.     141 

war  eine  ziemlich  angemessene,  jedoch  gebrach  es  an  Ordnung. 
Es  ergab  sich  übrigens,  dass  die  Registratur  auch  hier  ungefähr 
mit  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhundertes  beginne;  sie  besteht 
theils  aus  Protokollen  und  Rechnungen,  theils  aus  Acten.  Yon 
ersteren  sind  erwähnenswerth :  Bruderschafts-Rechnungen  1712  —  800 ; 
Schmelzbuch  und  Rechnungen  1623—774;  —  Verfach-  und  Freyungs- 
bücher, Geldrechnungen  etc.  des  Gold-,  Silber-  und  Kupferberg- 
werks-Handels  zu  Zell  im  Pinzgau;  —  Lender  Geldrechnungen 
1776—99;  —  Hauptraittungen  1630—65,  1750—60. 

Die  Acten  zerfallen  in  24  Rubriken,  wovon  nur  Rubrik  25: 
„Berg-  und  Waschwerk"  streng  fachlichen  Charakter  hat.  Im  Ein- 
zelnen fielen  hievon  auf: 

Bergwerks  -  Ordnungen  1532  (Matthäus  Lang)  und  1551, 
Bayerische  von  1784,  —  Schichtenordnung  1752;  Urkunden  —  und 
Actenstücke,  welche  Rechtsverhältnisse  betreffen:  Vertrag  zwischen 
dem  Schermperger  und  der  Pichler  Nachbarschaft  des  Heukaareck- 
Waldes  wegen  1558,  —  Verlackung  des  Goldegger  Anlasswaldes 
1606,  —_  Protest  des  Schermpergers  wegen  beschränkter  Waldfrei- 
heit enthalb  der  Ache  1609,  —  Blumbesuch  am  Puchberg  1610,  — 
Religions- Acten :  Strafe  der  Arglistigen  und  Wiedertäufer  1593,  — 
Emigration  der  Handelsarbeiter  1723 — 30,  etc. 

Generalien  (Mandate  etc.),  insbesondere  sittenpolizeiliche: 
1675—1732:  Strafe  der  Leichtfertigen,  —  1686:  Hurerei,  Blut- 
schande, Ehebruch,  Nothzwang,  auch  Gerichtsgebrauch  bei  zwei- 
maliger Fornication,  —  1698:  Gasselgehon,  Tanzen,  —  1739/40: 
Mascheragehen,  —  1748;  Sitten-Ordnung;  —  dann  1621:  Hochzeit- 
Ordnung,  —  1625:  Ordnung  „bei  Hergebung  des  Essens  vor  das 
Gesinde",  —  1686:  Kein  Unteithan  darf  mehr  als  20  Kreuzer 
täglich  verspielen,  —  1630:  Beschwerliches  Rechnen  der  Wirthe, 
—  1638:  Geldwechseln,  —  1722:  Einziehen  der  Riemenzieherund 
Taschenspieler,  —  1703:  „Feuerschützen  sollen  gefasst  sein",  — 
1740:  „Grassirte  üble  Krankheit,"  —  endlich:  1576  Mandat  gegen  die 
Verwüstung  der  Waldungen,  —  1699:  „ünterthanen,  welche  ihr 
Heimholz  abschleppen,  soll  kein  Stamm  Holz  aus  landesfürstlichen 
Waldungen  gegeben  werden",  —  1717:  Verbot  des  Bergwerks- 
suchens. 

In  Zell  am  See  fanden  sich  ältere  Acten  nur  beim  k.  k.  Forst- 
amte, hier  aber  sehr  zahlreich  vor.  Sie  sind  in  ziemlich  geeigneten 
Zimmern  im  Schlosse  Rosenberg  untergebracht.    Diese   Acten  — 


142  Pirckraayor: 

älterer  und  neuerer  Zeit  von  circa  1500 — 1850  —  betreffen  aus- 
schliesslich den  Wald,  die  Jagd  und  Fischerei  von  den.  Bezirken 
Stuhlfelden  (Mittersill),  Caprun,  Lichtenberg  und  Fischhorn  (Fischam) ; 
sie  bieten  daher  ein  weniger  allgemeines,  in  ihrer  Art  aber  immerhin 
auch  historisches  und  topographisches  Interesse  und  eine  Fülle 
urkundlicher  Aufschlüsse  über  Besitz-  und  Nutzungsrechte.  Zu  er- 
wähnen liievon  sind  z.  B.  (Bezirk  Mittersill)  Landboth  wegen 
Hayung  der  Hoch-  und  Schwarzwälder,  1525,  —  Schwarzwald 
Mittersill  1537 — 39,  —  54,  —  neu  entstandener  See  im  Ammer- 
thal, 1550 — 83,  —  Beschreibung  der  Reissgejaider  und  Fischwaid, 
1593-604,  —  vier  alte  Forstrechtbücher,  1682—734  (förmliche 
Anforstungs- Kataster),  —  Uttendorfer  Blumbesuch-  und  Alpen- 
beschreibung, 1791,  —  Mittersiller  Schafgebirge,  1791,  —  NiedernsiU: 
Aisdorfer  Theilbrief,  1532,  —  Vertrag  in  Waldsachen  Kitzbühl: 
Mittersill  betreffend,  1530  —  Vertrag  zwischen  der  Nachbarschaft 
zu  Pirtendorf  und  Lüldorf,  1533,  —  Türnberger  Blumbesuch-Ord- 
nung, 1545,  und  sehr  viele  ähnliche  Parteisachen.  —  Von  Ex 
ofßcio-Acten  sind  bemerkenswerth :  Waldordnungen  von  1550  und 
von  1563,  „so  jährlich  zum  Ehehaftrecht  im  Markte  Mittersill 
verlesen  werden"  —  Richter  r  und  Waldmeisters- Instruktion ,  die 
Wälderbeschreibung  und  Vermarkung  der  Fürberg-  und  Heim- 
hölzer betreffend,  1554,  —  offene  Verlesung  bei  Kirchen  und  Land- 
täting,  1587. 

Unter  den  Resten  des  alten  Pfleggerichts- Archivs  in  Mittersill 
sind  zu  erwähnen:  Krimmler -Vertrag  und  Ordnung  (in  alter  Ab- 
schrift), 1495  und  1558,  —  Bürgerschafts-Sachen,  1550—1746.  — 
Mittersiller  Stift-  und  Urbarbuch,  1595 — 1606,  ein  älteres  von  1546 
mit  Aufzeichnungen,  betreffend  Gült  und  Güter  zum  Velber  Thurn, 

—  Form  der  alten  Raittafel,  ^-  „Wie  man  das  Urbargerichts-Futter 
sammeln  soll,"  —  des  Urbarboten  Besoldung,  —  „Vermerk,  wie  sich 
der  Pfleger  von  des  Landgerichts  —  und  ein  Kellner  von  Urbai*- 
gerichts  wegen  gegen  einander  zu  halten  haben,"  1541;  —  „Ver- 
merk, wie  sich  ein  Pfleger  zu  Lichtenberg  und  Propst  in  der  Fusch 
zu  halten  haben".  1440,  —  „Zu  merken,  wie  vor  Alter  her  ein 
Komhof,  Swaig  und  Tafem  bericht  worden  ist,"  —  „der  vier  Swaiger 
in  der  Velm  Pfründ,  vnd  was  sie  davon  zu  thun  schuldig",  — 
Gamsjager  und  Bachhulter,  —  Urbars-Stiftrecht  im  Amte  Mittersill, 

—  Altes  Urbarsrecht,  —  Landmarch  und  Ehehaftrecht,  —  „Mandat 
der  Büchsen  und  Armbrust",   1522  (das  älteste);  —  Beschreibung 


Einßammlung  von  Archivalien  für  das  Ralzburj^ische  Landesarchiv.     143 

der  Confinen  gegen  T>to1,  1498;  —  aus  derselben  (1498)  und  etwas 
späterer  Zeit  mehrere  Urkunden  über  Weiderechte;  —  Bauregister 
vom  Schlosse  Mittersill  1563;  —  Untersuchung  gegen  den  Zauberei 
halber  sammt  seiner  Köchin  inhaftirten]  und  justificirten  Pfarrer  in 
Bramberg  1575. 

Mit  dem  Besuche  Mittersills  war  die  erste  Erhebungsreise  zu 
Ende.  Der  Bericht;  über  das  Ergebniss  derselben  wurde  durch  den 
Landesausschus  dem  Landtage  vorgelegt,  welcher  seiner  Befriedigiuig 
hierüber  in  der  Sitzung  vom  6.  December  1873  durch  Bewilligung 
eines  weiteren  Beitrages  von  100  fl.  Ausdruck  gab.  Hierdurch 
wurde  die  baldige  Fortsetzung  des  Unternehmens  so  wesentlich 
erleichtert,  dass  im  folgenden  Jalu*e,  1874,  sogleich  mit  Eintritt  der 
günstigen  Jahreszeit  die  Untersuchung  der  älteren  Registratur  im 
Lungau  und  im  Flachlande  angeordnet  werden  konnte,  welche  sich 
somit  programmgemäss  auf  Hallein,  Tamsweg,  St.  Michael,  Radstadt, 
Abtenau,  St.  Gilgen  und  Thalgau  auszudehnen  hatte.  Das  Ergebniss 
dieser  zweiten  Erhebungsreise  war  ein  weitaus  günstigeres,  als 
jenes  der  ersten.  Hiezu  trug  am  meisten  der  über  alle  Erwartung 
reiche  und  werthvoUe  Inhalt  der  alten  Registraturen  der  k.  k.  Saline 
in  Hallein  bei. 

Hier  fanden  sich,  wie  vermuthet  worden  wai-,  vor  allem  die 
im  Centi'al-Archive  zu  Salzburg  längst  vermissten  Acten  d^  Ab- 
theilung „Hallein,  Pfleggericht*'  der  altsalzburg'schen  Hofkamniorr 
Registratur.  Diese  Acten,  welche  zuerst  1808  sammt  allen  Berg- 
wesens-Acten  an  die  neu  creirte  „k.  k.  montanistische  und  salinarische 
Direction  zu  Salzburg''  abgegeben,  dann  während  der  k.  bayerischen 
Regierungszeit  nach  Hallein  gebracht  worden  sind,  bestehen  derzeit 
aus  30  wohlgeordneten  Folio-Fascikelu,  welche  die  gesammte  pflege- 
richtliche  Gestion  in  camerali  und  insbesondere  auch  den  Bergbau 
auf  Salz  und  den  Salzhandel,  der  Zeit  nach  aber  —  unberücksich- 
tiget  ältere  Urkunden  etc.  —  die  Jahre  1455—1809  umfassen. 

Die  anfanglich  abgängigen,  endlich  aber  ziemlich  wohl  erhalten 
aufgefundenen  zwei  Theile  des  Fascikels  I  reichen  bis  1308  zurück. 
Sie  enthalten  Amts-Copien  landesherrlicher  Verträge,  Recesse,  Pri- 
vilegien, Reverse,  Instructionen,  Vergleiche  etc.  von  oder  mit  dem 
römischen  Kaiser,  mit  Oesterreich,  TatoI,  Bayern,  Berchtesgaden, 
dem  Dom-Capitel  und  verschiedenen  Klöstern. 

Diese  Urkunden  -  Copien  betreffen  nicht  nur  das  Salz  wesen, 
sondern    auch    den    Bergbau    im    Zillerthale,    den   Bauernaufstand, 


144  Pirekinayer: 

Oränzen  und  streitige  Hoheitsrechte,  dann  Ehehaftsrechte.  Die  Ab- 
theilung 1  dieses  Fascikels  enthält  —  lose  geheftet  —  31  Stück 
Urkunden  dieser  Art  aus  der  Zeit  1308 — 1676;  Abtheilung  2  besteht 
aus  einem  Quartbande  in  Lederdecke,  welcher  auf  1829  Seiten 
„alle*^  von  1376 — 1661  vorgekommenen  Verträge,  Recesse  etc.  ent- 
hält; es  sind  deren  51  Nummern.  Zu  den  Acten  gehören  auch  die 
aus  dem  Hofkammer- Archive  stammenden  „CatenichH)  salis"  (zu- 
weilen auch  „Bergwerks-CatenichP  überschrieben)  von  1524 — 91  in 
16  Bünden,  —  sieh  unten,  —  „Salz-Acta",  1589 — 1654,  vollständig 
in  9  Bänden. 

Weiter  können  hier  eingereiht  werden  die  Salz  -  Ausgangs- 
Acten,  zahlreiche  Original-Urkunden  und  Acten,  auch  Karten  der 
Salz-Strassen  enthaltend,  welche  für  die  Geschichte  des  Salzhan- 
dels von  besonderem  Interesse  sind.  Sie  umfassen  die  Zeit  von 
1381 — 1800,  unter  diesen  eine  Salz-Traction  mit  Churbayern,  dem 
Bisthume  und  der  Stadt  Passau  (2  Bünde,  zahlreiche  Original- 
Urkunden  und  Actenstücke  aus  dem  15.  Jahrhunderte,  2)  Verträge 
1511 — 1547,  Passauer  Privilegien  etc.). 

Von  den  uneingetheilt  aufgefundenen  Archivalien  verdienen 
Erwähnung :  Sühnbrief  der  Bergmeister  und  Arbeiter,  1478,  —  dann 
der  Arbeiter  am  Salzberg,  1478,  —  Abschriften  von  kaiserlichen 
Privilegien,  dann  Recessen  und  Verträgen  mit  Oesterreich,  Baiem, 
Berchtesgaden,  Salz,  Holz,  Wein  und  Mauth  betreffend,  von  1180— 1732, 
etwa  80  Stück  —  Recessbuch,  die  Salzach  -  SchifSahrt  betreffend, 
1344—1735;  —  Registratur  der  Recesse  (auch  Salz-  und  SchifF- 
ordnung),  1585,  (208  Blätter);  —  „Copeybuch  allerhand  fürstl.  Man- 
daten, Befeloh,  Rechte  und  Gerechtigkeiten"  etc. 

Instructionen  und  Ordnungen :  Instruction  und  Summar  „Un- 
terricht eines  Pflegers  zu  Hallein"  etc.  (Original  vom  Erzbischof 
Mathäus),  hierin  auch  ,juramentum  montanorum",  Ordnung  der 
Bergmeister,  der  Kufer  etc.,  Instruction  über  Bau  und  Verwaltung 
des  Dümbergs  (vom  Erzbischofe  Wolf-Dietrich),  —  Instruction,  wie 


•)  Von  Catona,  Kette;  die  wichtigsten  Bücher  der  erzbischöflichen  Kammer 
waren  nach  damaliger  Hitto  mit  Ketten  an  dem  Pulte  befestigt. 

•)  Vom  Könige  Friedrich  IV.,  vom  Ensbischof  Friedrich  IV.,  von  Salz- 
burg, von  Albrecht,  Markgrafen  von  Brandenburg,  Biu^ggrafen  zu  Nümbeig, 
nebst  Schreiben  und  Kundschaften  von  den  Städten  Burghausen,  Deggendorf, 
Dingolfing,  Gurk,  Ilallein,  Landau,  Laufen,  Regensburg,  Schärding,  Straubing, 
Vilshofen  und  Wien. 


Einsammlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische  Landesarchiv.     145 

sich  Pfleger,  Stadtrichter,  Bürgermeister  und  Eath  der  Stadt  Hallein 
hiefür  verhalten  sollen  (vom  Erzbischofe  Guidobald,  1564),  — 
Instruction  für  den  baierischen  Oberanschaffer,  —  „Ordnung,  nach 
welcher  der  hochfürstliche  Hofschreiber  die  Berg-  und  Pfannhaus- 
löhne in  seine  Bücher  schreiben  soll",  —  Baumeisterei-Ordnung, 
1615,  — -  Ordnung  beim  Holzeinbringen,  —  Ordnung  im  Oed-  und 
Almrechen,  —  Schiff-Ordnungen  von  1581—1585,  1616  und  1767, 

—  Sitten-Ordnung  von  1585,  —  „Kaitknecht  auf  dem  Dümberg",  — 
Bestallungsbuch  der  Pflege  und  des  Stadtgerichtes  Hallein,  1561 — 1670. 
„Ehehaftrecht  am  Dürnberg  vom  Stadtrichter  zu  verlesen",  —  „Ver- 
merkt die  Nothdurft- Artikel,  so  durch  den  Hofineister  an  der  Berg- 
beschau zu  sagen  und  zu  öffnen." 

Die  in  Hallein  erzielten  günstigen  Erfolge  spannten  die  Er- 
wartung auf  das  von  Kürsinger  —  (in  seinem  histor.-ethnogr.-stat. 
Werke  „Lungau") —  vielgenannte  Moshamer  Archiv.  Der  1790  dem 
Pfleggerichte  Tamsweg  zugewiesene  Theil  des  genannten  Archivs 
fand  sich  in  der  an  das  Amtsgebäude  anstossenden  kleinen,  hiezu 
eigens  adaptirten  Capuciner-Kircho  ganz  passend  untergebracht  und 
blieb  daher  ziemlich  wohl  erhalten  und  geordnet,  wenn  auch  von 
verhältnissmässig  geringem  Umfang.  Das  Archiv  beginnt  geschlossen 
mit  dem  16.  Jahrhunderte,  reicht  in  zahlreichen  Fällen  aber  viel 
weiter  —  bis  1327  —  zurück.  Die  genauere  Prüfung  ergab  die 
erfreuliche  Wahrnehmung,  dass  gerade  die  ältesten  Nummern  fast 
sämmtlicher  Kubriken  nahezu  vollzählig  erhalten  sind,  —  so  der 
Stiftbrief  zur  Kirche  Maria-Pfarr,  1327,  der  Weisspriacher  zur  Kirche 
Ramingstein,  1366,  und  ähnliche  Stiftbriefe  von  1445, 1465, 1491  etc., 

—  Decret  gegen  die  Wiedertäufer,  1524,  Acten  über  Strafe  der- 
selben mit  Feuer  und  Schwert,  über  Pfleger  und  Richter  im  geist- 
lichen Bann,  Communion  in  Einer  Gestalt,  und  die  Güter  der 
Emigrirten,  die  dem  Fiscus  verfallen,  —  ferner  über  Strafe  der 
Rebellen,  1546,  —  eine  Bäcker-Ordnung  von  1420,  —  Gebräuche 
bei  Richterwahl  und  Bürgeraufnahme  in  Tamsweg,  —  über  Wehre 
gegen  die  Türken,  1529,  —  Durchmarsch  spanischer  und  venetiani- 
scher  Truppen,  1544,  steierischer  zur  Unterdrückung  der  Revolte 
abgesandter  Truppen,  1600,  —  Jagdakten,  nach  welchen  alle  XJnter- 
thanen  der  drei  Märkte  (Lungau's)  Hanf  zur  Wolfs-  und  Bärenjagd 
liefern  mussten.  Von  uneingetheilt  vorgefundenen  Actenstücken  und 
zahlreichen  Amtsbüchern  wurden,  weil  für  das  Ijandesarchiv  geeignet, 
verzeichnet:  „Vemerckt  die  Landes-Rechten  als  man  fragt  im  Land- 

ArchiTtliBche  Zeitschrift  Vn.  10 


146  Pirckmayer: 

täting"  etc.  auf  Pergament,  ohne  Jahreszahl  (15.  Jahrhundert),  — 
Urbar  meines  gnädigen  Herrn  von  Salzburg  des  Amts  zu  Moosham 
im  Lungau,  1523,  —  Urbar  der  domcapitularen  Aemter  Alt  Mauteni- 
dorf,  Tamsweg,  Weisspriach,  Gross  und  Klein  Kendlbruck,  Sunder- 
gut  und  Althofen,  dann  der  Kirche  in  Lessach,  —  Mauterndorfer 
Burgrechtsbuch,  —  Mannschaftsbeschreibung,  1611,  —  Rottenbücher 
von  Tamsweg  und  Bruckdorf. 

Während  der  in  Tamsweg  verbliebene  Theil  des  ehemaligen 
Mooshamer  Archivs  wohlverwahrt  und  daher  auch  gut  erhalten  sich 
zeigte,  fand  sich  in  St.  Michael  nur  mehr  ein  ungeordneter  Rest 
des  Archives.  Stichproben  förderten  indessen  eine  Reihe  ganz  inter- 
essanter älterer  Actenstücke  zu  Tage,  z.  B.  „Mathias  Zehenthofer 
soll  sich  binnen  14  Tagen  zur  katholischen  Religion  bekennen  oder 
das  Erzstift  räumen,"  —  acht  andere  wegen  des  Glaubens  Yer- 
dächtige  müssen  mit  Weib  und  Kind  sofort  das  Land  verlassen,  — 
„Anstalten  gegen  die  zu  Paternion  entstandene  Religions-Empörung", 
—  „Die  zu  Millstatt  revoltirten  Unterthanen  sind  handfest  zu 
nehmen  etc.",  —  „Mauterndorf  darf  künftig  keine  ehebrüchigen 
Personen  mehr  abstrafen"  etc.  —  Process  des  „ob  punctum  Lyco- 
phantriae  suspecten  Christoph  Moser,  Abdeckers  in  Mauterndorf'.  — 
„Anweisung,  was  bei  den  Landtädungen  zu  beobachten  und  denen 
Unterthanen  zu  eröffnen",  —  „Vermerkt  die  Landts  Rechten  als 
man  fragt  in  dem  Landtätung"  etc. 

Auch  die  Durchsicht  der  im  Cassa-Zimmer  des  vorbestandenen 
k.  k.  Steueramtes  hinterlegten  Amtsbücher  und- Acten  ergab  manches 
Brauchbare,  so  ein  Generalien- Vorzeichniss,  —  eine  Alpbeschreibung 
und  Ordnung,  —  Urbarien,  —  ein  Stiftbuch  von  St.  Michael,  — 
Steuerbuch  von  Moosham,  1648. 

In  Radstadt  fanden  sich  nur  das  Wolf-Dietrich 'sehe  —  soge- 
nannte „Stock"-Urbar  und  einige  alte  Gränzkarten  noch  vor.  Auch 
in  Abtenau  ist  bloss  ein  relativer  kleiner  ungeordneter  Rest  erhalten 
geblieben.  Etwas  mehr  lohnte  sich  die  Reise  nach  St  Gilgen.  Auch 
hier  waren  nur  ungeordnete  Reste,  von  Moder  stark  ergriffen,  zu 
sehen.  Mit  älteren  und  neueren  Amtsbüchern  und  Acten  vermischt, 
zeigten  sich  darunter: 

Generalia  und  Commissionalia  von  1593 — 1745,  nicht  voll- 
ständig, aber  sehr  zahlreich;  darunter  Verruf ung  bei  den  Land- 
und  Ehehaftrechten,  —  ein  Mandat  gegen  die  Wiedertäufer,  — 
Holz-Ordnung  im  Hüttensteiner-Gericht,  —   Der  „Dorfschaft  Fried 


Einsammlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische  Landesarchiv.     147 

und  Zäun",  1671,  —  „Alte  (Eisen-)  Niederlag  Instruction",  1574, 
—  „Abhaltung  des  Fischrechtes  und  Msch-Ordnung  am  Abersee", 
1558,  —  Schififfahrts-Ordnungen  auf  demselben,  1621,  —  Ausrüstung 
und  Musterung  der  Hüttensteiner  aus  Anlass  des  fürwährenden 
Passauerkrieges,  1611 — 42. 

Von  St.  Gilgen  führte  die  Heimreise  über  Thal g au.  Von  dem 
Archive  des  alten  Pfleggerichts -Wartenfels  zeigte  sich  aber  hier, 
mit  Ausnahme  zahlreicher  Gerichtsbücher,  für's  erste  kaum  eine 
Spur;  dennoch  wurden  Beste  des  Archives  endlich,  im  Dachraume, 
in  zwei  Kisten  verpackt  entdeckt,  welche  aber  mit  Rücksicht  auf 
den  Umstand,  dass  sie  zur  sofortigen  Versendung  sich  eigneten, 
nicht  genauer  untersucht  wurden. 

Hiemit  waren  auch  die  zweite  Reise  beendet  und  die  Erhebungen 
vorläufig  geschlossen.  Der  hierüber  erstattete  Bericht  wurde  auch 
diesmal  wieder  der  Landes  Vertretung  zur  Kenntniss  gebracht.  Das 
Ergebniss  der  gepflogenen  Erhebungen  bildete  nunmehr  die  Grund- 
lage, auf  welche  hin  1875  die  Ministerien  und  Behörden,  welchen 
das  Verfügungsrecht  über  die  zur  Einreihung  in  das  Central- Archiv 
in  Aussicht  genommenen  Registraturen  und  Acten  zustand,  um 
ihre  Zustimmung  angegangen  werden  konnten.  Die  bis  zum  Ein- 
treffen derselben  entstandene  Zwischenpause  wurde  zu  einem  Besuche 
des  gräflichen  FamUien-Archivs  im  Schlosse  Sieghartstein  benützt. 
Otto  Graf  XJeberacker  gestattete  in  bereitwilligster  Weise  nicht  nur 
die  Durchsicht  desselben,  sondern  auch  die  Auswahl  und  Aus- 
folgung des  für  das  Central-Archiv  Geeigneten.  Das  Ergebniss  war 
ein  lohnendes.  Es  fanden  sich  umfang-  und  inhaltsreiche  Kriegs- 
Acten  aus  den  Jahren  1696,  1706,  1734;  darunter  Decrete,  Patente, 
Briefe  und  ein  Tagebuch  des  das  salzburgische  Contingent  comman- 
direnden  Obersten  und  später  kais.  Generals  Wolf  Max  Grafen 
üeberacker,  darunter  kais.  Belobungs-Decrete  und  Dankschreiben 
des  Prinzen  Eugen  in  Original  und  Abschrift,  dann  Kriegs-  und 
Schlachtenberichte,  in  specie  über  das  unglückliche  Treffen  bei 
Neuenburg,  1709,  und  über  Belagerung  und  Uebergabe  Freiburgs, 
1713,  etc.,  endlich  Ordres  de  bataille,  Kriegsrath-  und  Militär- 
Oeconomie- Acten,  auch  „Memorabilia"  aus  der  angegebenen  Zeit; 
ferner  Landrechte,  —  Ehehaftrechte,  —  Hofmarksfreiheiten  zu  See- 
kirchen, —  Urbare,  eine  Jahrtags-Stiftung  des  Erhard  XJeberacker 
zu  Kraiburg,  13??  (Orig.),  —  Schiedbrief  zwischen  Erzbischof  Pilgrim 
und  Ekhart  dem  Tanner,   1370,  —  Confirmation  der  Wahl  Georgs 

10* 


J48  Pirckmaycr: 

von  Ueberacker  zum  Bischöfe  von  Gurk,  1452  (Orig.),  —  Privile- 
gium der  Weinausfuhr  aus  Oesterreich,  1541  —  Testamente,  eine 
Truchsess-Ordnung  und  Instruction  1555,  —  und  das  Promemoria 
des  Dom-Capitels  contra  Erzbischof  Hieronymus  in  causa  des  neuen 
Steuerfusses  ^nit  vielen  historischen  Nachweisungen.  Alle  diese 
Acten  und  Urkunden  des  Archives  in  Sieghartstein  wurden  mittler- 
weile bereits  in  das  Central-Archiv  übernommen. 

Auch  die  alten  Acten  der  Konten-  und  Rechen-Verwaltung 
in  Hall  ein  wurden  nachträglich  noch  in  den  Kreis  der  Erhebungen 
gezogen,  und  ausser  andern  nicht  unwichtigen  Erwerbungen  stellten 
sich  endlich  hier  Wald-Acten  der  ehemals  Stift  Peter'schen  Aemter 
Weissenbach  (zu  Hallein)  und  Abtenau  dar,  welche  in  chronologisch 
wohl  geordneten  Abtheilungen  nebst  Acten  auch  Urkunden  im 
Original  und  alte  Abschriften  aus  der  Zeit  von  1135 — 1850  ent- 
halten. Hievon  sind  besonders  bemerkenswerth :  Bestätigung  der 
Rechte  und  Besitzungen  des  Stiftes  St.  Peter  vom  Erzbischof 
Chunrat  I.,  1135,  und  Adalbert  HL,  1191,  —  „Gabbrief  der  Wälder 
in  der  Abtenau  vom  Lammersteg  bis  an  den  Twechenberg"  vom 
Erzbischof  Chunrat  L,  1135,  —  „Verleihung  eines  Waldes  in  der 
Gosach",  vom  Erzbischof  Eberhard  H.,  1231,  —  Spruchbrief  zwi- 
schen dem  Dompropste  und  dem  Abte  zu  St  Peter  wegen  streitiger 
Märchen  am  Strubberge,  1250,  —  „Riegung  des  Panwaldes  und 
ganzen  Dürnbergs,  wie  solcher  dem  Kloster  St  Peter  zuständig'*, 
1323,  —  Revers  der  Unterthanen  des  Amtes  Weissbach,  in  den 
ihnen  zugelackten  Waldungen  nur  Hausnothdurft  und  Dienstholz  zu 
schlagen,  1325,  —  Beschreibung  der  Gränzen  der  St.  Peter'schen 
Besitzungen  im  Amte  Weissbach  (aus  einem  Urbar  von  1372)  — 
Recess  zwischen  dem  Erzbischofe  und  dem  Abte,  betreffend  Be- 
nützung des  Abtwaldes  —  Vermarkung  des  Holzbesuches  der  beiden 
Güter  Eck  am  Dümberg,  1420,  —  Uobergabe  der  Salzsieden  zu 
Hallein  an  die  Hofkammer,  1506;  —  hierauf  folgen  sehr  zahlreiche 
Akten  und  Urkunden  von  1508—10,  11—17  etc. 

Das  pfleggerichtliche  Archiv  zu  Golling  endlich  zeigte  sich 
als  ziemlich  umfangreich  und  im  grossen  Ganzen  relativ  vollständig 
und  auch  wohlerhalten.  Sein  Inhalt  war  der  gewöhnliche,  darunter 
aber  auch  ziemlich  zahlreich  die  im  Central-Archive  gänzlich  fehlen- 
den Consistorial-,  Religions-,  Deputations-  und  geistlichen  Admini- 
strations-Raths-Acten. 

Inzwischen  waren  vom  Ministerium  des  Innern  die  Genehmigung 


Einsammlung  von  Archivalien  für  das  Salzburgische  Landesarchiv.     149 

der  in  Antrag  gebrachten  Einsammlung  und  auch  seitens  der  übrigen 
competenten  Stellen  die  zustimmenden  Erklärungen  vollständig  ein- 
gelangt, wenngleich  an  gewisse  Bedingungen  geknüpft  Diese  bestan- 
den im  Wesentlichen  darin,  dass  die  Uebergabe  protocoUarisch  und 
auf  Kosten  des  Uebernehmers  zu  erfolgen  hätte,  mit  der  Verpflichtung, 
über  die  empfangenen  Archivalien  Verzeichnisse  und  Nachsohlage- 
register  anzulegen  und  solche  dem  Uebergeber  in  Abschrift  mitzu- 
theilen.  —  Die  Gerichtsbehörde  behielt  sich  überdiess  im  Falle  der 
Scartirung  gerichtlicher  Acten  das  Recht  der  Einsprache  vor. 

Diese  Bedingungen  konnten  und  mussten,  als  der  eigenen 
Absicht  und  dem  Endzwecke  im  wesentlichen '  vollkommen  ange- 
messen, ohne  weiteres  eingegangen  werden;  zu  bedauern  blieb  hiebei 
nur,  dass  der  k.  k.  Landes-Regierung  nebst  der  Sorge  für  die  fernere 
Erhaltung  dieser  alten  Archivalien  auch  die  Bestreitung  der  Kosten 
ihrer  Eisammlung  zu  diesem  Zwecke,  welche  nunmehr  die  nächste 
Aufgabe  bildete,  ganz  allein  überlassen  wurde,  obschon  diese  Er- 
haltung, die  geordnete  Verwahrung  und  hiedurch  wieder  ermög- 
lichte Benützung  ohne  Zweifel  auch  im  Interesse  aller  Betheiligten 
liegt,  wie,  abgesehen  von  den  vielfachen  an  das  Central -Archiv 
gelangenden  Requisitionen  verschiedener  Behörden,  die  gestellte 
Bedingung  der  Mittheilung  respective  Verfassung  von  Catalogen  am 
besten  erweist.  Da  der  k.  k.  Landes-Regierung  ausser  der  jährlichen 
äusserst  spärlichen  Dotation  von  100  fl.  für  die  currenten  Archiv- 
Auslagen  und  ausser  den  wiederholten  Subventionen  des  Landtages 
keine  besonderen  Mittel  zur  Verfügung  standen,  war  die  Durch- 
führung des  Unternehmens  auch  in  dieser  Richtung  keine  leichte 
Aufgabe.  Dennoch  wurde  es  möglich,  ohne  Aufschub  wenigstens 
das  Werthvollste  und  Nächstgelegene  in  die  gesicherte  Vewahrung 
des  Central-Archives  zu  bringen.  Hiebei  empfahl  sich  die  Abtheilung 
der  Einsammlung  in  zwei  Gruppen,  nicht  allein  mit  Rücksicht  auf 
die  verfügbaren  Mittel,  sondern  auch  der  räumlichen  Unterbringung 
und  des  leichteren  Ueberblickes  wegen  von  selbst.  Die  erste  Ein- 
sammlung erstreckte  sich  auf  die  Gerichts-  respective  Amts-Orte: 
Golling,  Hallein,  Werfen,  Radstadt,  Tamsweg,  St.  Michael,  Abtenau, 
St.  Gilgen  und  Thalgau.  Es  blieben  somit  für  eine  zweite  Tour  nur 
die  Archive  zu  Gastein  und  im  Pinzgau;  von  diesen  wurde  nach- 
träglich schon  jenes  von  Mittersill  nach  Salzburg  verschafft. 

Geeignete  Localitäten  für  Unterbringung  des  Eingesammelten 
und  ihre  nöthigste  Einrichtung  zu  beschaffen  war  nun   eine  neue 


150     Pirckmayer:  Einsammlung  v.  Archival.  f.  d.  Salzburg.  Landesarchiv. 

und  —  bei  dem  Mangel  verfügbarer  Räume  —  nicht  die  geringtse 
Sorge;  auch  diese  wurde  in  befriedigender  Weise  zur  Lösung  ge- 
bracht und  hiemit,  wenigstens  bezüglich  der  für  die  erste  Tour  ins 
Auge  gefassten  Gerichtsbezirke,  das  Unternehmen  im  Wesentlichen 
völlig  durchgeführt. 

Gleichzeitig  begann  jedoch  eine  zweite  nicht  minder  wichtige 
und  schwierige  Aufgabe :  die  vSichtung,  Ordnung,  Aufstellung,  endlich 
die  Beschreibung  und  Verzeichnung  jener  Acten,  welche  —  wenn 
der  Zweck  des  Unternehmens  erreicht  werden  soll  —  unerlässlich 
ist.  Auch  diese  Schlussarbeit  ist  längst  in  Angriff  genommen.  Um 
unter  den  gegebenen  Verhältnissen  doch  das  Mögliche  zu  erreichen: 
nämlich  die  thunlich  baldige  Unterbringung  der  eingesammelten 
Archivalien  in  sicheren  Bäumen,  dann  weiter  die  allmälige  Ein- 
ziehung der  noch  auswärtigen  zu  bewirken,  —  wurde  als  Grund- 
satz angenommen,  jene  Registraturen,  welche  nach  einem  bestimmten 
Systeme  geordnet  sind  oder  doch  ein  solches  noch  erkennen  und 
ohne  allzugrossen  Zeitaufwand  wieder  herstellen  lassen,  nach  Aus- 
scheidung beigemischter  fremder  oder  ganz  unbrauchbarer  Bestand- 
theile,  vorläufig  einfach  nach  der  alten  Ordnung  aufzustellen.  Mit 
Hilfe  der  vorhandenen  Repertorien  oder  festgestellten  Registratur- 
Pläne  wird  auf  diese  Art  eine  Benützung  der  Archivalien  nicht 
ausgeschlossen  sein.  Einer  späteren  Zeit  —  nach  völliger  Einsammlung 
und  vorläufiger  Aufstellung  —  muss  es  vorbehalten  bleiben,  eine 
strengere  Sichtung,  Ausscheidung  und  möglichst  einheitliche  Ord- 
nung, endlich  die  genauere  Boschreibung  und  Verzeichnung  des 
Verbleibenden  vorzunehmen. 


V,  Aus  dem  Weinsberger  Archiv  in  Oehringen 
far  die  Zeit  von   1415  bis  1448. 

Von 

G.  Bossert, 
Pfarrer  in  Bäclilingen  (Württemberg). 

Das  alte  staufische  Ministerialengeschlecht  der  Herren  von 
Weinsberg,  welche,  der  Umgegend  der  staufischen  Stammburg  ent- 
stammend, aus  dem  Quellgebiet  des  Kochers  und  der  Rems  um  1140 
auf  die  Burg  Weinsberg,  jene  in  Sagen  und  Liedern  gefeierte  Feste, 
verpflanzt  wurden,  war  im  14.  Jahrhundert  durch  sein^  Erwerb- 
imgen  und  Verbindungen  mit  den  Grafen  von  Hohenlohe  und 
Leiningen,  den  Landgrafen  von  Leuchtenberg,  den  Schenken  von 
Limpurg  u.  A.  zu  Macht  und  Ansehen  gelangt.  Von  1390 — 96  sass 
ein  Weinsberger,  Konrad,  auf  dem  erzbischöflichen  Stuhle  von  Mainz. 
Die  grösste  Bedeutung  aber  bekam  das  Haus  mit  dem  gleichnamigen 
Neffen  des  Erzbischofs,  dem  Sohne  Engelhards  Vni.,  geboren  um  1370, 
gest.  18.  Januar  1448.  Obgleich  viel  genannt,  ist  der  Mann  doch  noch 
keineswegs  so  gewürdigt,  wie  er  es  werth  wäre.  Der  verdiente 
J.  Albrecht,  fürstl.  hohenlohischer  Domänendirector  in  Oehringen, 
Herausgeber  des  schönen  Werkes  „Hohenlohisches  Archiv"  (2  Bände) 
und  der  hohenlohischen  Münzgeschichte,  hatte  ein  Lebensbild 
Konrads  in  Aussicht  gestellt,  war  aber  durch  seine  Verwaltungs- 
geschäfte an  der  Ausführung  der  Arbeit  verhindert  worden.  Nur 
das  Register  der  Einnahmen  und  Ausgaben  Konrads  von  1437  und 
1438,  das  für  die  Kulturgeschichte  von  hohem  Werth  ist,  hat  er 
in  den  Publicationen  des  literarischen  Vereins  Bd.  XVHI,  1850  ver- 
öffentlicht Den  Streit  Konrads  mit  der  Stadt  Weinsberg,  welche 
auf  die  Rechte  einer  freien  Reichsstadt  Ansprüche  machte,  hat  der 
Verfasser  der  Geschichte  des  Hauses  Hohenlohe,  A.  Fischer,  in  den 
württembergischen  Jahrbüchern  1874,  2.  Theil  S.  187  eingehend 
behandelt.     Derselbe   hat   auch   1.  c.  S.  195   zwei  geistliche  Lieder 


152  Bessert: 

Konrads  herausgegeben.  Ein  Minnelied,  das  wahrscheinlich  von 
Konrad  stammt,  hat  Kektor  Boger  in  den  württembergischen  Viertel- 
jahrsheften für  Landesgeschichte  Band  II  S.  256  mitgetheilt 

Wenn  die  folgenden  Blätter  die  Bedeutung  Konrads  nach 
verschiedenen  Seiten  im  ümriss  zu  zeiclinen  suchen,  so  ist  die 
Hauptabsicht,  die  Forscher,  welche  sich  mit  der  ersten  Hälfte  des 
15.  Jahrhunderts  beschäftigen,  auf  den  Werth  und  die  Reichhaltigkeit 
des  Weinsberger  Archivs  aufmerksam  zu  machen.  Es  wird  künftig 
nicht  mehr  möglich  sein,  z.  B.  eine  Geschichte  des  Concils  zu 
Basel  oder  des  K.  Sigismund  zu  schreiben  ohne  gründliches  Studium 
der  reichhaltigen  Schätze  jenes  Archivs.  Für  die  Geschichte  und 
Statistik  des  Judenthums  im  deutschen  Keiche  von  1420 — 1448 
bietet  das  Weinsberger  Archiv  mit  seinem  werthvollen  Material  an 
Correspondenzen  und  bis  ins  Einzelnste  genau  geführten  Rechnungen 
wohl  eine  in  ganz  Deutschland  sonst  nirgends  sich  findende  Quelle 
und  sichere  Grundlage. 

Das  Weinsberger  Archiv  bildet  einen  abgesonderten  und  schön 
geordneten,  von  J.  Albrecht  genau  revidirten  Theil  des  fürstlich  hohen- 
lohischen  Hausarchivs  in  Oehringen  auf  dem  dortigen  Blasethurm, 
Im  Jahre  1400  hatte  nämlich  Konrad  von  Weinsberg  mit  seinen 
Schwägern  Ulrich  und  Albrecht  von  Hohenlohe  einen  Erbverbrü- 
derungsvertrag  geschlossen.  Als  nun  das  Haus  Weinsberg  mit  den 
•beiden  Söhnen  Konrads,  Philipp  dem  altern  1503  und  Philipp  dem 
Jüngern  1515  in  der  männlichen  Linie,  tief  verarmt  und  herabge- 
sunken von  der  stolzen  Höhe,  auf  welche  Konrad  mit  persönlichen 
Opfern  sein  Haus  erhoben,  ausgestorben  war,  fiel  zwar  kein  irgend- 
wie nennenswerther  Besitz  an  Gütern  an  den  Grafen  von  Hohenlohe, 
dagegen  wurde  das  ganze  Urkundenmaterial  des  Hauses  bis  zu 
Konrads  Tod  1448  mit  den  zahlreichen  Aufzeichnungen  von  Konrads 
Hand  dem  hohenlohischen  Hausarchiv  einverleibt.  Dasselbe  steht 
unter  der  Verwaltung  der  hohenlohischen  Domänendirektion  in 
Oehringen,  bei  der  die  Geschichtsforscher,  welche  künftig  das  Weins- 
berger Archiv  benützen  wollen,  ein  liberales  Entgegenkommen  finden 
werden,  da  das  hochfürstliche  Haus  Hohenlohe  ein  lebhaftes  Interesse 
für  die  deutsche  wie  für  die  speziell  fränkische  Geschichte  stets 
bekundet  und  die  Geschichtsforschung  thatkräftig  unterstützt  hat 
Wir  brauchen  hier  nur  den  Namen  Sr.  Durchlaucht  des  Fürsten 
Friedrich  Karl  von  Hohenlohe -Waidenburg  zu  nennen,  dem  die 
philosopliische  Fakultät  in  Tübingen   in  Anerkennung  seiner  Ver- 


Aus  d.  Weinsberger  Archiv  in  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     153 

dienste  um  Heraldik  und  Sphragistik  neuesteas  honoris  causa  die 
Würde  eines  Doctors  der  Philosophie  ertheilt  hat.  Die  Geschäfte 
eines  Hausarchivars  besorgt  Stadtpfarrer  A.  Bacmeister  in  Oehringen. 
Auch  das  kgl.  statistisch-topographische  Bureau  in  Stuttgart  besitzt 
von  der  schönen,  leserlichen  Hand  J.  Albrechts  Abschriften  der 
Urkunden  des  Weinsberger  Archivs,  die  ziemlich  vollständig  das 
Material  desselben  wiedergeben  dürften  und  vielleicht  für  die  For- 
schung eine  wesentliche  Erleichterung  bieten  möchten.  Das  statistisch- 
topographische Bureau  wird  kein  Bedenken  tragen,  die  Benützung 
dieser  Abschriften  unter  denselben  Bedingungen,  wie  sie  bei  Archiven 
üblich  sind,  zu  gestatten.  Für  die  nachfolgenden  Mittheilungen 
konnte  allerdings  das  Weinsberger  Archiv  nicht  unmittelbar  benützt 
werden.  Das  verbot  einmal  die  Reichhaltigkeit  des  Materials  selbst, 
sodann  die  räumliche  Entfernung  des  Verfassers  von  Oehringen. 
Aber  in  seinem  stillen  Dörfchen  war  ihm  von  der  fürstlichen 
Domänendirection  in  Langenburg  ihr  Exemplar  des  Repertoriums 
über  das  gesammte  Hausarchiv  zur  Verfügung  gestellt.  Ist  dieses 
Repertorium  auch  nur  eine  secundäre  Quelle,  so  ist  sie  doch 
eine  Quelle  von  höchstem  Werth.  Denn  das  Repertorium  ist 
angelegt  von  dem  heute  noch  in  wissenschaftlichen  Kreisen  hoch- 
geschätzten Geschichtsforscher  und  Hausarchivar  Hansseimann  in 
Oehringen  (S.  den  Artikel  Hansseimann  in  der  Allg.  D.  Biographie 
Bd.  X  S.  528),  der  neben  seinen  schriftstellerischen  Arbeiten  über 
die  Geschichte  Hohenlohe's  die  Umarbeitung  der  veralteten  Reper- 
torien  des  fürstlichen  Hausarchivs  wie  des  Nouensteiner  Linien- 
archivs, (das  Archiv  der  Linie  Hohenlohe- Neuenstein  befindet  sich 
ebenfalls  in  Oehringen  unter  derselben  Verwaltung  wie  das  Haus- 
archiv), die  Revidirung  der  reichen  Bestände  und  die  vollständige 
Angabe  des  Inhalts  der  Urkunden  zu  seiner  Lebensaufgabe  gemacht 
hatte.  Mag  auch  ab  und  zu  im  Repertorium  die  genauere  Datirung 
einer  Urkunde  vermisst  werden,  so  leistet  doch  dieses  Repertorium 
aus  der  letzten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  da  die  Diplomatik 
noch  in  den  Windeln  lag  und  die  Ansprüche,  welche  die  jetzige 
Wissenschaft  an  ein  Repertorium  zu  machen  berechtigt  ist,  noch 
unbekannt  waren,  für  seine  Zeit  mehr,  als  man  erwarten  möchte. 
Leider  scheint  der  grimme  Tod  den  fleissigen  Mann  allzufrüh  über- 
rascht zu  haben.  Es  war  ihm  nicht  mehr  vergönnt,  einige  Fascikel 
mit  reichhaltigen  Korrespondenzen  zwischen  Konrad  von  Weins- 
berg und  K.  Sigismund,  K.  Albrecht  und  Friedrich,  Reichsfürsten  und 


154  Bossert 

Ständen  ihrem  Inhalt  nach  genau  zu  verzeichnen.  Sie  sind  nur 
kurz  summarisch  angegeben.  Es  ist  darum  für  Forscher,  welche 
sich  mit  dem  Inhalt  des  Weinsberger  Arcliivs  für  die  Zwecke  der 
deutschen  Reichsgeschichte  eingehender  beschäftigen  wollen,  eine 
noch  viel  reichere  Ausbeute  zu  hoffen,  als  sie  die  nachfolgende 
Darstellung  in  Aussicht  stellen  kann. 


L  Wir  gehen  aus  vom  Amt  des  Reichserbkämmerers,  das 
Konrad  von  Weinsberg  in  unmittelbaren  Verkehr  mit  dem  königlichen 
Hofe  brachte  und  seinem  entschiedenen  Rechnuugstalent  ein  weites 
Feld  bot,  aber  auch  sicher  den  Grund  zum  finanziellen  Ruin  seines 
Hauses  legte.    Es  sei  hier  ein  Exkurs  in  die  Stauferzeit  gestattet 

Kaum  hatte  Konrad  III.  den  königlichen  Thron  bestiegen,  so 
treffen  wir  in  seiner  Umgebung  einen  Kämmerer  Tibert  1138.  41. 
44.  45.  cf  Ficker,  die  Reichshof  beamten  der  staufischen  Periode  und 
die  schöne  Abhandlung  meines  Freundes  J.  Caspart  in  den  Württb. 
Vierteljahrsheften  Band  II  S.  156.  Im  Februar  1150  findet  er  sich 
als  Thiepertus  camerarius  de  Winspcrch  auf  dem  Hoftag  zu  Speier, 
im  August  desselben  Jahres  ohne  seinen  Amtstitel.  Caspart  hat 
sicher  Recht,  wenn  er  den  1150  im  Februar  eben  zu  Speier  auf- 
tretenden Tibert  von  Lindaeh  (Linbach  ist  Druckfehler)  mit  Tibert 
von  Weinsberg  identificirt.  Seine  Heimath  ist  ohne  Zweifel  lindach 
0.  A.  Gmünd.  So  erklärt  sich  der  spätere  Besitz  der  Weinsberger 
Ministerialen  in  der  unmittelbaren  Umgebung  von  Lindach,  in  Muth- 
langen,  Täferroth  (Afrenrod  bei  Böhmer -Ficker,  Acta  selocta  524), 
Herlikofen,  Hussonhofen  0.  A.  Gmünd,  Dewangen  0.  A.  Aalen, 
Haubersbronn  0.  A,  Schorndorf.  Als  Konrad  III  den  Theil  Wolframs 
von  Weinsberg-Bebenburg  an  Weinsberg  um  1140  durch  Kauf  oder 
Tausch  und  den  Welfs  durch  Eroberung  1140  gewann,  setzte  er 
ohne  Zweifel  den  altstaufischon  Ministerialen  von  Lindach  nach 
Weinsberg  und  gab  ihm  neben  der  wichtigen  Burg  das  Kämmerer- 
amt Nach  1150  tritt  Tibert  nicht  mehr  auf,  dagegen  erscheinen  jetzt 
und  in  einer  langen  Reihe  von  Jahren  die  Kämmerer  von  Siebeneich 
0,  A.  Weinsberg,  wahrscheinlich  Verwandte  Tiberts.  Für  die  Weins- 
berger war  das  staufische  Kämmereramt  verloren.  Vereinzelt  tritt 
1166  ein  Engelhard  von  Weinsberg  als  Schenke  auf.  Mit  der  Zeit 
erscheinen  die  Ministerialen  von  Minzenberg  besonders  in  den 
Urkunden,  die  mehrere  Kämmerer  neben  einander  oder  die  Minzen- 
berg  zwar  mitten  i^nter  Marschalken,  Schenken,  Truchsessen  und 


Aus  d.  Weinßberger  Archiv  in  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     155 

Kämmerern,  aber  ohne  Amtstitel  nennen,  in  der  Stellung  von  Ober- 
tämmerern.    Als    die  Minzenberger  um  1254   ausstarben,   theilten 
zwar  die  Schwiegersöhne,  darunter  auch  Engelhard  von  Weinsberg, 
den  Besitz  derselben,  aber  das  Reichserbkämmereramt  erhielt  nicht 
Engelhard,  sondern  sein  Schwager  Philipp  von  Falkenstein,  der  1257 
am  22.  Mai   zu  Aachen  von   K.  Richard  belehnt  wurde.    (Hanssel- 
mann  —  Landeshoheit  1,  416  f.  nach  einer  alten  Copie  aus  dem  Weins- 
berger  Archiv.)  Die  Weinsberger  behielten  aber  die  von  der  Minzen- 
berger Verwandtschaft   herstammenden    Erbrechte    stets    im  Auge. 
Schon  1389  findet  sich  eine  Kundschaft  über  die  Weinsberger  Erb- 
ansprüche für  den  Fall  des  Erlöschens  der  Herren  von  Falkenstein. 
1409  starb  der  letzte  Herr  von  Falkenstein.    Schon  das  Jahr  zuvor 
stand  der  Erzkämmerer  des  Reiches  Markgraf  Jobst  v.  Brandenburg 
in  Correspondenz  mit  den  Kurfürsten  von  Mainz,  Köln,  Trier  und 
Sachsen  wegen  Uebertragung  des  Erbkämmereramts  an  Konrad  von 
Weinsberg.    1411  am  Sonntag  nach  Ostern  belehnte  K.  Sigismund 
zu  Kosschaw  als  Markgraf  von  Brandenburg  Konrad  von  Weinsberg 
imd    seinen   Vater    Engelhard    mit    dem    Unterkammermeisteramt. 
(Hansseimann  1.  c.  1,  479.)    Aber  Konrad  begnügte  sich  nicht  mit 
dem   neugewonnenen   Amt.    Er   machte   auch  Ansprüche  auf  den 
Haus  besitz    des  Herrn   von   Falkenstein,    auf  die  Herrschaften 
Minzenberg,  Königstein,  Falkenstein.     Es   handelte   sich  dabei ^um 
die  Zölle   zu  Lahnstein    und  Engors,  -die   Städte   Lieh,   Butzbach, 
Minzenberg,    Königstein,    Solms,    Hohungen    (Hungen),   Willstatt, 
Pfeddersheim,  die  Dörfer  Sülzen  bei  Bockenheim,  Vilbel,  Geinsheim, 
Münster,  Sprendlingen,  Freimersheim,  Flörsheim,  Zotzenheim,  Bibels- 
heim, Bretzenheim,  Winzenheim,  Welchersheim  (Welgesheim),  Nieder- 
hilbersheim  u.  s.  w.    Dieselben  waren  Lehen,  welche  der  letzte  Herr 
von  Falkenstein  von  der  Pfalz,  von  Mainz,  von  Trier  u.  A.  als  After- 
lehen des  Reiches  getragen.    Die  Lehensherren  hatten  sich  nach  dem 
Tode  Philipps   von  Falkenstein   beeilt,    die  verfallenen  Lehen   ein- 
zuziehen und  anderweitig  zu  verleihen.     Konrad  bestritt  ihnen  das 
Recht,    diese  Lehen    pro  libitu    zu  verleihen,    nachdem  der  Ober- 
lehnsherr ihm  das  Erbkämmereramt  verliehen,  und  behauptete,  die 
Herrschaft  Falkenstein  und  das  Erbkämmereramt  hingen 
so  innig  zusammen,  dass  beide  mit  einander  unzertrennlich  in  einer 
Hand  liegen  müssten.    Diese  Rechtsanschauung,  welche  eine  nicht 
datirte  Abhandlung   vertritt,   ruht    offenbar    auf  falschen   Voraus- 
setzungen.    Die  Herren   von  Falkenstein   waren  ja   erst   seit  1257 


156  Bossert: 

Erbkämmerer,  auch  die  Herren  von  Minzenberg  treten  erst  gegen 
Ende  des  12.  Jahrhunderts  als  solche  auf.  Dass  sie  ihren  Haus- 
besitz mit  dem  Kämmeroramt  erhalten,  ist  in  keiner  Weise 
nachweisbar.  Für  Konrad  war  die  falsche  Voraussetzung  die  Quelle 
unendlicher  Processe.  Wohl  gebot  1420  das  Hofgericht  Cuno  v.  üos- 
heim ,  Konrad  um  10  000  Mark  Gold  auf  die  Hen-schaften  Falken- 
stein, Minzenberg  und  Königstein  anzuleiten,  wohl  belehnte  ihn  K. 
Sigmund  am  G.  Januar  1421  zu  Aussig  mit  diesen  Herrschaften, 
(Hansseimann  1.  c.  1,  489),  und  gebot  am  24.  August  1422  allen 
Vasallen  der  Herrschaften,  Konrad  zu  huldigen.  Konrad  scheint 
gerade  in  diesei-  Zeit  seine  Sache  aufs  ernstlichste  persönlich  bei 
K.  Sigmund  in  Nürnberg  betrieben  zu  haben,  denn  aus  der  letzten 
Augustwoche  1422  liegen  eine  ganze  Keihe  königlicher  Gebote  und 
Weisungen  seines  Hofgerichtes  in  dieser  Richtung  vor.  Am  Dienstag 
nach  Bartholomäi,  25.  August,  gebot  K.  Sigmund  den  Erzbischöfen 
Konrad  von  Mainz  und  Otto  von  Trier,  dass  jener  den  Zoll  zu 
Lahnstein,  dieser  den  zu  Engers  an  Konrad  übergeben  sollte;  am 
darauffolgenden  Mittwoch  erging  ein  Mandat  an  die  Kurfürsten  von 
Mainz,  Köln,  Pfalz,  an  die  Bischöfe  zu  Würzburg  und  Speier,  den 
Herzog  von  Geldern,  Landgrafen  von  Hessen,  Markgrafen  von  Baden, 
sowie  an  den  Abt  von  Fulda,  Konrad  von  Weinsberg  zu  den  be- 
sagten Herrschaften  zu  helfen  (11  Stücke).  Unter  demselben  Datum 
erliess  das  Hofgericht  ein  ähnliches  Gebot  an  die  Grafen  von 
Leiningen,  Nassau,  Wertheim,  Hanau,  Katzenellenbogen,  Isenburg, 
Mors  und  Rheineck  (10  Stücke),  sowie  an  28  ritterliche  Geschlechter 
am  Neckar,  Main  und  Mittelrhein  (28  Stücke)  und  an  die  Städte 
Trier,  Köln,  Strassburg,  Speier,  Worms,  Friedberg,  Gelnhausen, 
Oppenheim  (9  Stücke).  Des  Papiers  ward  nicht  gespart,  aber  was 
galt  ein  Gebot  Sigmunds  und  seines  Hofgerichts?  In  den  vollen 
Besitz  der  Herrschaft  konnten  sie  Konrad  nicht  helfen.  Unsere 
Quelle  zeigt  uns  nur  auf  einer  Seite  Bereitwilligkeit,  dem  könig- 
lichen Gebot  zu  entsprechen.  Am  Donnerstag  nach  S.  Ulrich  (8.  Juli) 
stellte  Konrad  dem  Abt  Johann  von  Fulda  einen  Revers  über  folgende 
Lehen  des  ehemaligen  Falken  stoiner  Besitzes  aus :  ein  Theil  an  Burg 
und  Stadt  zum  Hayn,  Dorf  Gotzenheim,  Güter  in  der  Mark  Arheiligen, 
ein  Theil  am  Wald  Lichtenhorst,  zehn  Hüben  zu  Assenheim,  zwei 
Theile  an  einem  Hof  zu  Haselach  sammt  Vogtei,  Stadt  Butzbach, 
ein  Burglehen  zu  Bingen,  Dorf  Reicheisheim,  die  Hälfte  an  Burg 
und  Kirchsatz  Dorfeiden   etc.     Die   Belehiuing    erfolgte   1424    auf 


Alis  d.  WeinBberjrer  Archiv  in  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     1 57 

^  • 

S.  Katharina  und  wurde  1441  von  Abt  Hermann  erneuert.  Ueber 
Butzbach  s.  unten.  Es  scheint,  dass  Könrad  nunmehr  daran  ver- 
zweifelte, unter  K.  Sigmunds  Regiment  zu  seinem  vermeinten  Rechte 
zu  gelangen,  zumal  der  Streit  um  die  Stadt  Weinsberg  Herrn  und 
Diener  einander  auf  lange  Zeit  entfremdete.  Der  charakterlose  König 
wurde  nämlich  1428  von  den  Städten  gewonnen  und  liess  seinen 
treuen  Diener  mit  seinen  Ansprüchen  auf  Weinsberg,  das  sich  als 
Reichsstadt  geberdete,  trotz  aller  treuen  Dienste,  trotz  der  vielen 
Opfer  an  Geld,  welche  Konrad  dem  König  gebracht,  wahrscheinlich 
in  einem  Augenblick  der  Geldverlegenheit,  fallen.  Erst  unter  K. 
Friedrich  machte  Konrad,  so  weit  uns  die  Acten  Aufschluss  geben, 
neue  Versuche.  1441  war  Konrad  zu  Naumburg  von  Markgraf 
Friedrich  von  Brandenburg  mit  dem  Unterkammermeisteramt  neu- 
belehnt worden,  am  18.  Juli  (Mittw.  vor  Mar.  Magd.)  bestätigte  das 
kaiserliche  Hpfgericht  aufs  Neue  sein  Recht  auf  Falkenstein,  König- 
stein und  Minzenberg  und  erliess  1444  einen  allgemeinen  Befehl 
ins  Reich,  Konrad  zu  seinem  Recht  zu  helfen.  Pfalz,  Mainz, 
Nassau  u.  A.  erhielten  den  Befehl,  binnen  6  Wochen  und  3  Tagen 
seinen  angesprochenen  Besitz  auszufolgen.  Die  ungehorsamen  Städte, 
wie  Butzbach,  lieh,  Königstein,  wurden  vom  Rottweiler  Hofgericht 
in  die  Acht  erklärt.  Ganz  besonders  hatte  Konrad  mit  Ruprecht 
von  Virneburg  zu  streiten.  Konrad  starb,  ohne  das  Ziel  seiner 
Bemühungen  erreicht  zu  haben.  Wenn  sein  Sohn  Philipp  am 
1.  Juni  1500  von  Kurfürst  Joachim  von  Brandenburg  neben  dem 
ünterkammeramt  auch  Alles,  was  die  Herrschaft  zu  Minzen- 
berg und  Falkenstein  von  Amtswegen  und  sonst  von 
der  Markgrafschaft  zu  Brandenburg  als  Lehen  gehabt,  zum 
Mannlehen  erhielt  (Beschreibung  des  Oberamts  Weinsberg  S.  115), 
so  war  das  nichts  als  eine  reine  Formalität  ohne  allen  Gehalt.  Aber 
für  die  Geschichte  des  Reiches  unter  K.  Sigmund  und  Friedrich  IV. 
scheint  uns  di^  oben  auf  Grund  unserer  Quelle  gegebene  Schilderung 
einen  charakteristischen  Beitrag  zu  geben.  Die  Acten,  wie  sie  das 
Repertorium  verzeichnet,  reichen  bis  1447,  also  bis  kurz  vor  Konrads 
Tod  (f  18.  Januar  1448).  Ganze  Fascikel,  darunter  einer  mit  100 
Stütjken,  sind  in  unserer  Quelle  nur  summarisch  angegeben.  Sicher 
enthalten  dieselben  ein  für  die  Geschichte  des  Mittelrheins  werth- 
volles  Material,  das  eine  eingehende  Untersuchung  verdiente.  Für 
die  Geschichte  der  Reichsämter  dürfte  eine  wohl  in  Folge  des  Streits 
entstandene  „Beschreibung  der  Gerechtigkeiten  des  Erb- 


158  Bessert: 

kämmereramts"  von  Wertli  sein.  Dieselbe  stammt  wahrscheinlich 
von  Konrads  Hand,  der  es  liebte,  nicht  nur  über  Soll  und  Haben, 
sondern  auch  über  seine  Rechte  und  Besitzungen  genau  Buch 
Äu  führen. 

n.  Gehen  wir  nun  zu  Konrads  Stellung  am  königlichen 
Hof  und  zu  seiner  Amtsverwaltung  als  Reichskämmerer  über,  so 
treffen  wir  Konrad  zuerst  1415  im  Verkehr  mit  König  Sigmund. 
Von  diesem  Jahr  an  beginnen  die  Urkunden  Konrads,  welche 
allgemeineres  Interesse  haben,  vom  folgenden  Jahr  auch  seine  Rech- 
nungen über  Ausgaben  für  den  König.  Es  erklärt  sich  das  leicht, 
da  Engelhard,  Konrads  Vater,  im  Frühjahr  1415  noch  am  Leben 
war.  Wir  finden  Konrad  betheiligt  an  der  Fehde  gegen  den  un- 
glücklichen Herzog  Friedrich  von  Oestorreich,  der  Papst  Johann  XXIH. 
zur  Flucht  verhelfen  hatte.  Konrad  hatte  wahrscheinlich  zuvor  schon 
Geldforderungen  an  den  Herzog  zu  machen  und  erwi;-kte  nun  ein 
Gebot  des  Königs  an  Friedrich,  dass  er  Konrad  sein  Guthaben  be- 
zahle. An  dem  Zug  gegen  Friedrich  betheiligte  sich  Konrad  unter 
starken  Opfern  und  erlitt  dabei  manchen  Verlust.  Er  berechnete 
denselben  auf  1114  fl.  Zum  Ersatz  gab  ihm  K.  Sigmund  den 
22.  Juli  1415  den  Schnidershof  bei  Baden  im  Aargau.  Für  seine 
Forderung  an  Herzog  Friedrich  erhielt  Konrad  vom  Hause  Oestor- 
reich die  Stadt  Kenzingen  und  die  Feste  Kürnburg  als  Pfand, 
trat  aber  dieselben  an  die  Stadt  Strassburg  ab.  Konrad  muss  in 
jenem  Jahr  eine  ziemliche  Kenntniss  des  Aargau 's  erlangt  haben; 
denn  noch  1447  verlangte  das  Hofgericht  zu  Rottweil  von  ihm  ein 
Zeugniss  „über  der  Schweizer  An-  und  Abzug  für  das  Schloss  und 
Stadt  Oberbaden''. 

Die  Aufgabe,  welche  Konrad  bei  Sigmund  als  Kämmerer  hatte, 
war  bei  einem  König,  der  mit  dem  Gold  so  wenig  hauszuhalten 
wusste  und  so  viele  Bedürfnisse,  theilweiso  von  wenig  nobler  Natur, 
zu  befriedigen  hatte,  wie  der  letzte  Luxemburger,  keineswegs  eine 
leichte.  Die  Schubladen  D.,  welche  die  Rechnungen  des  Erbkämmerers 
enthalten,  lassen  uns  einen  Blick  thun  in  die  Wirthschaft  am  könig- 
lichen Hof,  besonders  zu  Konstanz.  Konrad  erhielt  Anweisungen 
zur  Ausbezahlung  von  Dienstgeldern  an  des  Königs  Diener  wie 
Peter  Wacker,  des  Königs  Schreiber,  und  Wigleit  Schenk  von 
Geyern;  1417  lieferte  Konrad  für  240  fl.  Tuch  an  den  Hof.  Was 
die  königliche  Tafel  verschlang,  dafür  ein  Beweis  aus  dem  Jahr 
1417.  Konrad  zahlte  an  Ulrich  Lind  von  Konstanz  für  verschiedene 


Aus  (1.  Weinsbcrger  Archiv  in  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     159 

Weine  130  fl.,  ebenso  660  fl.  an  Heinrieh  Ulmer,  Bürgermeister 
daselbst,  für  Elsässer  Wein  66  fl.  an  Heinrich  von  Luzern,  für 
Tischweine  245  fl.  an  Ulrich  Steinhäuser  von  Konstanz. 

Die  Schulden  seines  königlichen  Herrn  mochten  Konrad  schwere 
Sorgen  bereiten.  Sigmund  liebte  grosse  Summen  aufzunehmen,  1417 
hatte  er  von  Bischof  Johann  von  Lüttich  1000  französische  Kronen 
aufgenommen,  welche  nun  Konrad  aus  der  Reichssteuer  von  Regens- 
burg bezahlen  sollte.  In  demselben  Jahr  hatten  Bürger  von  Basel 
7000  fl.  für  die  Zehrung  des  Königs  und  seines  Hofes  zu  fordern. 
Im  Jahr  1434  hatte  Sigmund  gar  die  königliche  Krone  und  all 
sein  Silbergeschirr  an  einige  Bürger  von  Basel  verpfändet  und 
ausserdem  noch  1000  fl.  sonstige  Schulden  dort  gemacht.  Selbst  in 
der  fernen  Neumark  musste  Konrad  an  Albrecht  Zeitlitz  1000  fl. 
für  verpfändete  Zinse  und  Gülten  ausbezahlen.  Wie  mochte  es 
Konrad  gelingen,  das  Gleichgewicht  in  dem  königlichen  Rechnungs- 
wesen herzustellen?  Ein  Stück  der  Reichssteuer  um  das  andere 
musste  Sigmund  verpfänden,  bald  eine  Stadtsteuer,  bald  die  Juden- 
steuer. Von  1424  an  waren  die  Reichssteuern  am  Niederrhein  nahezu 
uneinbringlich.  Viele  Lehensfallo  wurden  verschwiegen.  In  andern 
Fällen  suchte  man  durch  gütliche  Verhandlungen  die  Lehenstaxe 
möglichst  zu  ringern.  Markgraf  Jakob  von  Baden  erlangte  1433 
von  Konrad  von  Weinsberg  und  Haupt  von  Pappenheim  die  Ver- 
günstigung, statt  10  Mark  Silber  Roichslehentaxe  40  fl.  bezahlen 
zu  dürfen.  Es  lässt  sich  leicht  vorstellen,  wie  die  Kammerrechnung 
nur  zu  oft  mit  atarkem  Deficit  schloss.  Als  Konrad  1418  die  ab- 
geschlossene Kammerrechnung  dem  König  zur  Anerkennung  vor- 
legte, wies  dieselbe  ein  Deficit  (f.  h.  ein  Guthaben  Konrad's  mit 
1334  fl.  auf.  Dass  dasselbe  sich  nicht  verringerte,  sondern  stetig 
steigerte,  bis  Konrad's  Geduld  riss,  liegt  in  der  Natur  der  Sache. 
Schon  1417  hatte  K.  Sigmund  bei  Konrad  10,000  fl.  Schulden.  Im 
Jahr-  1415  Freitag  vor  Misericor.  dom.  12.  April  hatte  Sigmund 
Konrad  (und  seinem  Vater  Engelhard?)  die  Reichssteuer  zu  HaU 
verschreiben  müssen,  1417  am  19.  Mai  bekam  er  auch  die  zu  Ulm, 
wozu  die  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg  (zu  Konstanz  auf 
Pfingsten  30.  Mai  1417)  ihre  Einwilligung  gaben.  Der  vorsichtige 
Konrad  Uess  sich  diese  Kandschaft  am  Freit,  nach  Georgii  26.  April 
1420  zu  Schweidnitz  von  K.  Sigmund  aufs  neue  bestätigen.  Es 
möchte  wohl  scheinen,  dass  Konrad  es  satt  bekam,  dem  König 
weiteres  Geld  vorzustrecken,   zumal   er   weder   in   seinem   Handel 


160  Bossert: 

mit  der  Stadt  Weinsberg,  noch  um  die  Herrschaft  Falkenstein  wirk- 
liche Unterstützung  genoss;  die  ernstliche  Ungnade  des  Königs 
über  Konrad's  Selbsthilfe  gegen  die  Städte,  indem  er  im  August 
1428  bei  Sinsheim  135  Städter  auf  der  Keise  zur  Frankfurter 
Messe  nebst  ihrem  Handelsgut  überfiel  und  einzog,  dürfte  mehr  in 
seinem  Geldwesen  als  in  jenem  für  Sigmund's  Zeit  nicht  unerhörten 
Vorgang  liegen.  (Das  Nähere  s.  Württb.  Jahrb.  1874,  193.)  Konrad 
sah  sich  genöthigt,  die  Pfandschaft  auf  die  Reichssteuer  zu  Hall 
und  Ulm  1430  an  die  Städte  abzutreten.  Aber  schon  1431  fing 
Sigmund  wieder  an  bei  Konrad,  welchen  die  jüngsten  Erfahrungen 
wieder  geschmeidig  machen  mochten,  Geld  zu  entlehnen.  Erst  erhielt 
Konrad  2000  fl.  auf  die  Münzen  zu  Prankfurt  und  Nördlingen 
angewiesen,  bald  waren  es  5450  fl.,  wofür  Konrad  die  ganze  Ver- 
waltung der  Münzen  von  Basel,  Frankfurt  und  Nördlingen  bekam. 
Den  Schlagschatz  von  Gold  und  Silber  zu  Frankfurt,  welchen  1421 
Peter  Gatz,  Münzmeister,  für  399  fl.  rückständiges  Dienstgeld  genossen, 
hatte  K.  Sigmund  schon  1425,  wie  es  scheint,  auf  ein  Jahr  an 
Konrad  geschenkt.  Fortan  trugen  die  Münzen  jener  drei  Münz- 
stätten wahrscheinlich  das  Wappen  von  Weinsberg.  Die  Münzmeister 
waren  vollständig  von  Konrad  abhängig.  Als  1438  der  Münzmeister 
Peter  Scherif  zu  Frankfurt  in  den  geistlichen  Stand  getreten  war, 
gebot  ihm  das  Concil  zu  Basel,  trotz  seines  neuen  Standes,  Konrad 
Rechenschaft  abzulegen.  Am  Donnerstag  vor  St.  Galli  15.  October 
1444  gab  K.  Friedrich  zu  Straubing  Konrad  die  Erlaubniss,  diese 
drei  Münzstätten  anderweitig  zu  verpfänden.  Ob  er  davon  Gebrauch 
gemacht,  ist  aus  unserer  Quelle  nicht  zu  ersehen.  Für  eine  weitere 
Schuld  von  6850  fl.  hatte  Sigmund  unsern  Konrad  auf  die  Reichs- 
steuer in  den  Niederlanden,  Sachsen,  Westfalen  d.  d.  Nürnberg, 
Moni  nach  Mar.  Magd.  23.  Juli  1431,  für  1000  fl.  auf  die  Juden- 
steuer von  Regensburg  d.  d.  Basel  Freitag  vor  Phil,  und  Jacobi 
30.  April  1434  angewiesen.  Die  an  Wigleis  Schenk  von  Geyern 
verpfändete  halbe  Judensteuer  in  der  Landvogtei  Niederschwaben 
löste  Konrad  von  Hans  Schenk  von  Geyern  1434  ein. 

Bei  dem  Übeln  Zustand  der  königlichen  Kasse  ist  es  nicht 
zu  verwundem,  dass  K.  Sigmund  alle  Einkünfte  möglichst  zu  stei- 
gern, die  versiegenden  Quellen  wieder  neu  zu  öffnen  suchen  musste. 
Dazu  konnte  er  Konrads  Dienste  nicht  entbehren.  Von  der  Juden- 
steuer reden  wir  unten.  Am  Freitag  nach  Jakobi  27.  Juli  1431 
erhielt  Konrad   mit   Peter  Wacker  vom  König   zu   Nürnberg   den 


Aus  (1.  WeinHberger  Archiv  in  Oehrinpren  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     161 

Auftrag,  alle  versessenen  Reiehssteuern  und  Gefalle  in  den  Nieder- 
landen einzutreiben.  Im  Jahr  1435  Donnerstag  vor  drei  Könige 
(v.  f.  1434  den  30.  Dec.)  ertheilte  Sigmund  von  Pressburg  aus 
Konrad  einen  ähnlichen  Auftrag  für  den  Südwesten  des  Reiches. 
Er  sollte  alle  versessenen,  verfallenen  und  verschwiegenen  Reichs- 
lehen und  Pfandschaften  in  den  Bisthümern  Strassburg  und  Basel, 
im  Elsass,  Breisgau  und  Sundgau  und  bei  den  Eidgenossen  erkunden. 
Am  22.  Februar  sehen  wir  Konrad  von  Basel  aus  diesem  Auftrag 
nachkommen,  er  forderte  von  dort  aus  alle  Reichslehensleute  in 
den  genannten  Gegenden  auf,  vor  ihm  zu  erscheinen  um  sich  über 
den  Lehensempfang  resp.  ihr  Pfandrecht  zu  rechtfertigen  und  die 
betr.  Gebühren  zu  entrichten.  An  den  Grenzmarken  des  Reiches 
war  es  schwer,  für  Regelmässigkeit  der  Leistungen  ans  Reich  zu 
sorgen;  werden  wir  doch  unten  sehen,  wie  an  der  nördlichen  und 
nordöstlichen  Grenze  die  Eintreibung  der  Judensteuer  und  des  Ab- 
lassgeldes ihre  Schwierigkeiten  hatte. 

Das  Vertrauen  K.  Sigmund's  Hess  Konrad  die  verschiedensten 
ehrenvollsten  Aufträge  zu  Theil  werden,  welche  Konrad  zu  weiten 
Reisen  veranlassten.  Im  Jahr  1418  hatte  Konrad  die  Landgrafen 
Friedrich  und  Wilhelm  von  Thüringen  in  des  Königs  Namen  zu 
belehnen.  Im  folgenden  Jahr  waren  die  Städte  Hamburg,  Rostock, 
Wismar  und  die  Ditmarsen  in  königliche  Ungnade  gefallen.  Sig- 
mund Hess  sie  vor  dem  Hofgericht  wegen  Majestätsbeleidigung 
verklagen.  Zum  kgl.  Fiskal  und  Prokurator  für  diesen  Prozess 
wurde  unser  Konrad  bestellt.  Wie  es  scheint,  führte  ihn  diese 
Angelegenheit  nach  Norden.  Es  liegt  aus  dem  Jahr  1420  ein  Ge- 
leitsbrief des  Königs  Erich  von  Dänemark  für  den  königlichen 
Botschafter  Konrad  von  Weinsberg  vor.  Unterwegs  fungirte  Konrad 
als  Kommissarius  des  Königs  zu  Breslau,  wo  K.  Wladislaus  V.  von 
Polen  sich  mit  dem  Hochmeister  des  Deutschordens,  Michael  Küchen- 
meister von  Sternberg  (1414 — 22),  vertrug.  Am  6.  Jan.  kam  der 
Vertrag  zu  Stande.  Unsere  Quelle  gibt  das  Datum  1470,  was  jeden- 
falls irrig  und  ohne  Zweifel  ein  Schreibfehler  ist.  Bei  dem  Mangel 
an  literarischen  Hilfsmitteln  und  der  Entfernung  von  Bibliotheken 
ist  es  hier  nicht  möglich,  das  Datum  des  Jahres  unbedingt  sicher 
anzugeben.  Die  Sendung  Konrads  an  die  Niederelbe  scheint  Erfolg 
gehabt  zu  haben.  Am  St.  Nikolaitag  1420  (6.  Dec.)  thut  Sigmund 
kund,  dass  Hamburg  und  die  Ditmarsen  mit  ihm  vertragen  seien. 
In  ähnlicher  Weise   hatte  Konrad   im  Jahre   1431,    nachdem    ihm 

ArcWvallÄohe  Zeitschrift  VIT.  11 


162  Bossert: 

K.  Sigmund  wieder  seine  Gnade  und  sein  Vertrauen  zugewendet, 
an  der  Weser  und  am  Niederrhein  zu  wirken.  Am  26.  Juli  ertheiite 
der  König  zu  Nürnberg  unserem  Konrad  den  Auftrag,  den  Erz- 
bischof Nikolaus,  Graf  v.  Delmenhorst  1422 — 35,  zu  belehnen.  Am 
folgenden  Tag  Freitag  nach  Jakobi  fügte  Sigmund  neue,  weitgreifende 
Aufträge  hinzu.  In  Bremen  sollte  erin  Gemeinschaft  mit  dem  könig- 
lichen Notar  Peter  Wacker  die  zerfahrenen  Verhältnisse  ordnen, 
den  früheren  Magistrat  wieder  in  sein  Amt  einsetzen  und  die  Stadt 
von  der  Keichsacht  entbinden.  In  den  Niederlanden  sollten  beide 
Königsboten  neben  der  Ordnung  der  Roichseinkünfte  in  Utrecht 
Frieden  stiften,  die  vertriebenen  Bürger  zurückrufen  und  die  Stadt 
aus  der  Reichsacht  lösen,  zwei  Domherren  mit  einander  vertragen  und 
den  Bischof  Lueder  v.  Kulenburg  1425 — 33  belehnen.  Als  dieser  am 
21.  Sept.  1433  gestorben  war,  hatte  Konrad  auch  seinen  Nachfolger 
Graf  Rudolf  von  Diepholz  zu  belehnen.  Einen  Beweis  der  Zufriedenheit 
Sigmunds  mit  Konrads  Leistungen  auf  dieser  Reise  dürfen  wir  in  der 
Urkunde  vom  22.  Juli  1434  erblicken,  in  welcher  Sigmund  zu  Ulm 
Konrad  und  seinen  Amtleuten  das  Recht  ertheiite,  über  Blut  zu 
richten,  womit  für  Konrads  Herrschaftsgebiet  die  alte,  in  Franken  theil- 
weise  noch  bis  1803  erhaltene  Centgerichtsbarkeit  aufgehoben  war. 
Am^  11.  Dezember  1437  war  Sigmund  gestorben.  Sein  Nach- 
folger im  Reich,  Albrecht  II.  von  Oestreich,  erkannte  bald,  welche 
reiche  Erfahrung,  weltmännische  Gewandtheit  und  Finanzkunst 
Konrad  von  Weinsberg  besass.  Die  Kurfürsten  hatten  Konrad 
und  Haupt  von  Pappenheim  mit  der  Botschaft  der  am  18.  März 
1438  zu  Wien  vollzogenen  Königs  wähl  nach  Wien  gesandt  (Lich- 
nowsky  5,  286.)  Am  3.  Mai  nahm  K.  Albrecht  Konrad  als  Rath 
und  Diener  in  seine  Dienste  und  verschrieb  ihm  ein  ungewöhnlich 
hohes  Jahrgeld  von  1500  fl.;  Haupt  v.  Pappenheim,  der  ebenfalls 
in  des  Königs  Dienste  trat,  erhielt  nur  1000  fl.  Am  Sonntag  in 
Allerheiligen  2.  Nov.  ertheiite  K.  Albrecht  zu  Görlitz  unserem 
Konrad  die  weitgehendsten  Aufträge,  im  ganzen  Reiche,  nicht  nur 
in  einzelnen  Gegenden,  sämmtliche  in  Abgang  gekommenen  Reichs- 
einkünfte, auch  die  von  der  Judenschaft,  wieder  in  Gang  zu  bringen. 
Am  24.  April  (Ostermontag  nach  Jubilate)  1439  wurde  Konrad  zu 
Pressburg  bevollmächtigt,  von  den  Städten  am  Rheinstrom,  Basel, 
Mülhausen,  Türkheim,  Strassburg,  Colmar,  Oberenheim,  Schlettstadt, 
Hagenau,  Kaisersberg,  Rottweil  die  Huldigung  einzunehmen.  Zugleich 
sollte  er  dort  einen  alten  Streit   zwischen  der  Stadt  Türkheim  und 


Au8  d.  AVeinnber^r  Archiv  in  Oehringen  f(ir  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.      163 

dem  Ä.bt  des  Klosters  Münster  im  Gregorienthai  vertragen.  (Urk. 
dd.  Petri  und  Pauli,  Ofen.)  Eine  auf  diesen  Streit  bezügliche 
Richtigung  des  Abts  Johann  von  Münster  und  der  Stadt  Thüreng- 
heim  von  1315  im  Archiv  zu  Oehringen  zeugt  davon,  wie  Konrad 
die  Streitpunkte  bis  auf  120  Jahre  zurück  studirte.  Ohne  Zweifel 
zum  Ersatz  für  seine  Baarauslagen  erhielt  Konrad  unter  dem 
29.  Juni  1439  die  auf  Martini  fällige  Eeichssteuer  von  Windsheim 
angewiesen.  Am  27.  Oktober  1439  war  K.  Albrecht  gestorben,  aber 
Konrad  besorgte  des  Reiches  Finanzen  auch  weiterhin  ungestört. 
Am  25.  Nov.  gebot  der  Reichsvikar,  Pfalzgraf  Ludwig,  der  Stadt 
Frankfurt,  ihre  Reichssteuer  an  Konrad  abzuliefern.  Von  dem  Ver- 
trauen, das  Konrad  am  königlichen  Hofe  Albrechts  genossen,  zeugen 
noch  mehrere  Schreiben  seiner  Wittwe  Elisabeth.  Sie  zeigte  ihm 
die  Geburt  ihres  Sohnes  Ladislaus  an.  1442  wandte  sich  Elisabeth 
mit  der  flehentlichen  Bitte  an  Konrad,  er  möchte  den  K.  Friedrich 
bestimmen,  Jass  er  ihr  ihre  Kinder  sammt  der  verpfändeten  unga- 
rischen Krone  wieder  zurückgebe.  Wahrscheinlich  hatte  Elisabeth 
selbst  Konrad  auch  eine  Abschrift  ihres  Schreibens  an  den  Kur- 
fürsten Friedrich  von  Brandenburg  überschickt,  worin  sie  diesem 
meldet,  wie  die  ungarischen  Magnaten  sie  zur  Ehe  mit  Wladislaw 
von  Polen  nöthigen  und  ihren  Sohn  auf  diese  Weise  um  die 
ungarische  Krone  bringen  wollen,  und  bittet,  der  Kurfürst  möge 
Wladislaw  zur  Räumung  von  Ungarn  bestimmen. 

Aus  der  Zeit  K.  Friedrichs  haben  wir  nur  eine  Urkunde, 
welche  zeigt,  dass  auch  dieser  König  die  Dienste  des  nun  hoch- 
betagten Konrad  noch  in  Anspruch  nahm.  Sigmund  H.  von  Sachsen, 
Bischof  zu  Würzburg,  war  in  schweren  Streit  mit  ^inem  Domkapitel 
gerathen.  Sigmund  hatte  am  5.  Juni  1442  zu  Frankfuit  des  Kaisers 
Entscheidung  angerufen  (Lichnowsky  6.  Regest.  337).  K.  Friedrich 
bestellte  nun  Konrad  zum  Kommissär.  Er  brachte  einen  Vergleich 
zu  Stande,  wornach  Sigmund  sich  des  Bisthums  gegen  ein  Jahrgeld 
von  2000  fl.  begab,  während  Konrads  Verwandter,  Gottfried  Schenk 
von  limpurg,  Pfleger  des  Bisthums  wurde. 

ni.  Ein  besonderes  -Gebiet  der  Thätigkeit  Konrads  als  Erb- 
kammerer  haben  wir  bisher  übergangen,  da  dasselbe  eine  besondere 
Schilderung  verdient.  Es  ist  sein  Verhältniss  zu  den  kaiserlichen 
Kammerknechten,  den  Juden  in  Deutschland. 

Ausser  den  im  Folgenden  ihrem  Inhalt  nach  angegebenen 
Urkunden  weist  unsere  Quelle  für  dieses  gerade  in  der  Gegenwart 

11* 


164  Bossert: 

noch  besonders  interessante,  meines  Wissens  noch  nicht  genügend 
beleuchtete  Kapitel  „Die  Juden  Deutschlands  im  Mittelalter'  ein 
sehr  umfangreiches  statistisches  Material  auf,  das  nur  summarisch 
in  Hansseimanns  Repertorium  angegeben  ist.  Da  ist  erstlich  ein 
gebundenes  Buch  mit  Aufzeichnungen  über  die  Judensteuer.  Konrad 
gibt  darin  Rechenschaft  über  seine  Verhandlungen  mit  den  Juden 
im  Reich,  sodann  ein  Fascikel  ,,Acta  und  Missiven  die  Judensteuer 
betreffend*',  endlich  eine  Anzahl  Rechnungen  über  den  Ertrag  der 
Judensteuer.  Es  dürfte  die  Hoffnung  gegründet  sein,  auf  der 
sichern  Grundlage  dieses  Materials  Klarheit  über  die  Verbreitung 
der  Juden  im  Deutschen  Reich  während  der  ersten  Hälfte  des 
15.  Jahrhunderts,  sowie  über  die  Kopfzahl  derselben  in  den  ein- 
zelnen Ländern  und  Städten  zu  gewinnen.  Wahrscheinlich  findet 
sich  auch  noch  anderes  im  Repertorium  gar  nicht  verzeichnetes 
Material,  hebräische  Schriften  die  Juden  betreffend,  welche  Konrad 
in  seinem  langen  Verkehr  mit  den  Juden  gesammelt.  Diese  Ver- 
muthung  gründet  sich  auf  die  von  dem  Hofprediger  Wibel  in 
Ijangenburg,  dem  Verfasser  der  hohenlohischen  Kirchen-  und  Re- 
formationsgeschichte, ausgesprochene  Absicht,  vollständig  neues  und 
unbekanntes  Material  an  Urkunden  und  Schriften  zur  Geschichte 
der  Juden  herauszugeben.  Wibel  hat  wie  kaum  ein  Anderer  vor 
und  nach  ihm  das  Archiv  in  Oehringen  gekannt  und  benützt  Das 
zeigt  besonders  sein  unschätzbares  Codex  diplomaticus  zu  den  vier 
Bänden  des  oben  genannten  Werkes.  Die  Quelle,  aus  der  Wibel 
für  die  beabsichtigte  Publikation  die  Juden  betreffend  zu  schöpfen 
gedachte,  kann  kaum  etwas  anderes  sein  als  unser  Weinsberger 
Archiv. 

Gehen  wir  nun  zu  den  in  unserer  Quelle  genauer  angegebenen 
Urkunden  über,  so  finden  wir  noch  einige  Schriftstücke  aus  dem 
14.  Jahrhundert.  Schon  Karl  IV.  gewährte  1348  Engelhard  von 
Weinsberg  300  %  H.  Gült  von  der  Judensteuer  in  der  Landvogtei 
Schwaben.  1372  am  29.  Oktober  wurde  diese  Begabung  zu  Prag 
erneuert  Auch  K.  Ruprecht  belehnte  Konrads  Vater  Engelhard 
zu  Heidelberg  1404  Donnerstag  vor  Simonis  und  Judä  23.  Oktober 
mit  diesem  Bezug.  Eine  Urkunde  von  K.  Wenzel  dd.  Prag  Mitt- 
woch nach  dem  Obersten  11.  Januar  1385  besagt,  dass  Herzog 
Przemysl  von  Teschen  bevollmächtigt  wurde,  alle  missethätigen 
Juden,  welche  von  Deutschland  nach  Welschland  ziehen  oder 
Wechsel  dahin  machen,  zur  Strafe  zu  ziehen.    Konrad  selbst  erhielt 


Aus  d.  Weiiwberger  Areliiv  iii  Oeliringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     165 

seine  Vollmacht,  den  Juden  zu  gebieten,  von  K.  Sigmund  zu  Kon- 
stanz am  Sonntag  vor  Johannis  den  19.  Juni  1415.  Er  erhielt 
damit  ein  doppeltes  Recht:  1)  sämmtliche  Judensteuern  einzu- 
ziehen, 2)Eabbinen  und  Judenmeister  ein-und  abzusetzen. 
Wie  Konrad  von  letzterer  Befugniss  Gebrauch  machte,  sehen  wir 
aus  einer  Urkunde  dd.  Ulrichstag  4.  Juli  1435.  In  dieser  Urkunde 
bestellte  Konrad  einen  Juden  Anselm  aus  Köln  zum  obersten  Rabbi 
und  Meister  über  alle  Juden  in  der  westlichen  Hälfte  des 
Deutschen  Reiches.  Als  Wirkungskreis  für  Anselm  bestimmte  Konrad 
die  Erzbisthümer  Köln,  Mainz,  Trier,  Bremen,  Besanyon,  die  Bis- 
thümer  Utrecht,  Münster,  Hildesheim,  Verden,  Metz,  Worms,  Speier, 
Strassburg,  Basel,  Constanz  und  Lausanne,  die  Länder  Jülich,  Cleve, 
Clevische  Mark,  Berg,  Elsass  und  Savoyen.  Es  ist  zu  bedauern, 
dass  wir  nicht  eine  ähnliche  Bestallung  für  die  östliche  Hälfte  des 
Reiches  vorfinden. 

Die  Strafgewalt  über  die  missethätigen  Juden  in 
Deutschland  übertrug  K.  Sigmund  in  einer  besonderen  Vollmacht 
dd.  Paris  23.  April  1416  an  Konrad.  Seine  Hauptaufgabe  aber 
war  der  Einzug  der  Judensteuer.  So  weit  aus  unserer  Quelle 
zu  ersehen  ist,  hatte  die  kaiserliche  Kammer  mancherlei  Wege  und 
Mittel,  um  die  Kammerknechte  möglichst  stark  zu  besteuern,  und 
zugleich  das  grösste  Interesse,  dass  dieselben  gegen  Willkür  und 
Gewalt  der  Reichsfürsten  und  Stände  geschützt  und  dem  Deutschen 
Reiche  erhalten  würden,  freilich  keinerlei  ideales,  sondern  ein  sehr 
reales,  rein  finanzielles  Interesse.  Wir  unterscheiden  1)  die  gemeine 
Judensteuer  oder  Schätzung,  2)  den  goldenen  Opferpfennig,  eine 
Kopfsteuer,  welche  jeder  Israelite  über  12  Jahren  alljährlich  auf 
Weihnachten  zu  erlegen  hatte,  betragend  einen  Goldgulden,  3)  die 
Kronsteuer  oder  den  dritten  Pfennig,  der  jedem  König  nach  der 
Wahl  und  wieder  wie  bei  K.  Sigmund  bei  der  Kaiserkrönung  zu 
entrichten  war.  Nebenher  gingen  noch  mancherlei  Auflagen  bei 
besonderen  Gelegenheiten.  Das  Deutsche  Reich  hatte  von  der 
Pinanzkunst  der  römischen  Kurie  Einiges  gelernt.  Papst  Bene- 
dict Xni,  (Peter  de  Luna)  war  gegen  die  Juden  streng  aufgetreten, 
und  hatte  besonders  nach  dem  verunglückten  Religionsgespräch  mit 
vielen  Rabbinen  1413  Gewaltmassregeln  über  sie  verhängt.  Martin  V. 
hob  dieselben  auf  und  bestätigte  1417  die  Privilegien  der  Juden, 
aber  nicht  ohne  dass  die  Juden  für  Promulgation  der  päpstlichen 
Gnadenbttlle  eine  neue  Steuer  zu  entrichten  hatten.     Mittwoch  vor 


16(3  Bossert: 

Liietare  2.  März  1418  kam  Konrad  von  Weinsberg,  der  auch  mit 
Eintreibung  dieser  Steuer  von  K.  Sigmund  beauftragt  und  von 
demselben  schon  mit  2400  fl.  Guthaben  auf  dieselbe  angewiesen  war, 
zu  Constanz  mit  3  Vertretern  der  Judenschaft  über  die  Höhe  dieser 
Steuer  überein.  Man  verständigte  sich  nach  unserer  Quelle  auf  den 
30.  Pfennig.  Zur  Einziehung  der  Steuer  bediente  sich  Konrad  be- 
sonderer Kommissäre.  Doch  scheint  es,  dass  K.  Sigmund  und- auch 
Albrecht  in  einzelnen  Jahren  und  Gegenden  neben  und  anstatt 
Konrad  von  Weinsberg  noch  andere  Vertrauensmänner  aufstellte. 
1416  treffen  wir  Erkinger  von  Seinsheim  und  Wigleis  Schenk  von 
Geyern,  welche  von  der  durch  sie  erhobenen  Judensteuer  an  den 
königlichen  Notar  Peter  Wacker  200  fl.  für  seine  Gesandtschaft 
nach  Meissen  auszubezahlen  hatten. 

Wigleis  Schenk  von  Geyern  durfte  auch  1418  die  halbe  Juden- 
steuer zu  Nürnberg  zum  Lohn  für  getreue  Dienste  „einfangen". 
Sogar  nachdem  es  den  Städten  1428/29  gelungen  war,  die  Gnade 
K.  Sigmunds  Konrad  auf  einige  Zeit  zu  entziehen,  hatte  der  König 
eben  den  genannten  Erkinger  von  Seinsheim  mit  dem  Einzug  der 
Jndensteuer  für  einige  Zeit  betraut  und  Konrad  dieses  Amtes  ent- 
hoben. 1434  treffen  wir  Martin  von  Eyb  als  königlichen  Kommissär 
mit  dem  Steuereinzug  im  Burggrafenthum  Nürnberg,  in  der  Graf- 
schaft Oettingen,  der  Herrschaft  Heideck,  den  Städten  Nördlingen, 
Bopfingen  und  Dinkelsbühl  betraut.  (Urk.  K.  Sigmund  dd.  Basel 
Dienstag  nach  Palm.  23.  April.)  Die  Kronsteuer  im  Herzogthum 
Oestreich  zog  1434  Graf  Johann  von  Helfenstein  ein.  Dass  für 
Konrad  diese  Massregeln  der  Könige  nicht  immer  angenehm  waren, 
ergibt  sich  aus  einem  Befehl  K.  Albrechts  dd.  Breslau  1439  Donners- 
tag nach  Dreikönigstag  8.  Jan.,  wonach  Konrad  einen  Hermann 
Hecht  im  Einzug  der  dem  Letzteren  verschriebenen  Judensteuer 
zu  Ulm  und  im  Bisthum  Constanz  nicht  beeinträchtigen  sollte, 
(cf.  Lichnowsky  Band  5.  N.  4136.) 

Als  Organe  für  den  Einzug  der  Steuer  lernen  wir  wenigstens 
für  die  ersten  Jahre  einige  mit  Namen  genannte  Männer  kennen. 
Wahrscheinlich  wird  sich  aus  den  oben  genannten  Acten  ein  an- 
nähernd vollständiges  Verzeichniss  derselben  wie  eine  Klarheit  über 
den  ganzen  Mechanismus  der  Steuererhebung  gewinnen  lassen. 
Konrad  liebte  es,  Männer  aus  seiner  näheren  Umgebung,  denen  er 
Vertrauen  schenken  konnte,  auszuschicken  und  denselben  einen 
Juden  als  Sachverständigen  beizugeben.     1415   sandte  Konrad   den 


Aus  d.  Weinßberger  Archiv  iu  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     167 

Pfarrer  Meinwart  Kraft  von  Baldersheim,  das  zu  der  von  Konrad 
erworbenen  Herrschaft  Keichesberg  gehörte,  sammt  Seifried  Greck 
von  Kochendorf,  seinem  Lehensmann,  nach  Norddeutschland.  Ais 
Steuergebiet  wies  er  ihnen  die  Bisthümer  Halberstadt,  Hildesheim, 
Merseburg,  Minden,  Naumburg,  die  Abteien  Corvey  und  Quedlin- 
burg, das  Pürstenthum  Anhalt,  die  Grafschaft  Mannsfeld,  die  Städte 
Goslar,  Aschersleben  und  Halle  an.  1418  zog  der  Pfarrer  von 
Baldersheim  in  Gemeinschaft  eines  Rabbi  Joseph  von  Ofen  aus. 
Nach  Oesterreich  und  Ungarn  sandte  Konrad  wieder  einen  seiner 
fränkischen  Lehensmannen  Seifried  von  Gosheim  mit  dem  Juden 
Fyvelmann  von  Giengen  nach  Münster,  Osnabrück  und  Herford,  1422 
seinen  Kaplan  Johann  Stoppel  mit  Heinrich  Schüterer.  (Wibel 
Hohenl.  Kirchen-  und  Ref.-Geschichto  1,  253.)  1426  war  es  ein  Jude 
Namens  Mschlin,  den  Konrad  allein  aussandte.  Als  K.  Sigmund 
zu  Ofen  1436  Mittwoch  nach  Laetai*e  21.  März  die  noch  ausständige 
Kronsteuer  der  Juden  seiner  Gemahlin  Barbara  von  Cilli  geschenkt 
hatte,  wählte  diese  Mittwoch  nach  Judica  28.  März  Michael  Nadler, 
Thomas  von  Gottlieben  und  den  Juden  Joseph  von  Ofen  zu  ihren 
Einzugskonmiissären.  Sie  forderte  die  Kronsteuer  auch  von  den 
Juden  im  Lande  Herzogs  Amadeus  von  Savoyen  wie  von  denen 
im  Kirchenstaat  (Schreiben  Baibanas  an  Pabst  Eugen  V.  dd.  Prag 
30.  April  1437).  Thomas  von  Gottlieben  treffen  wir  noch  einmal 
mit  Thomas  Kemzig  und  dem  Judea  Elias  im  Norden.  Sie  geben 
1437  Mittwoch  nach  Himmelfahrt  15.  Mai  einem  Ritter  Peter 
Siegelstrang  die  Vollmacht,  die  Judensteuer  in  Luckau  und  Cottbus 
(die  Torlage  hat  Kottwiz)  einzuziehen.  Konrad  gab  seinen  Bevoll- 
mächtigten einen  Gewaltbrief,  der  ihnen  zugleich  allenthalben  Zoll- 
freiheit und  sicheres  Geleit  verschfffifen  sollte,  mit.  Die  einzelnen 
Fürsten  ertheilten  dann  für  ihr  Land  noch  besondere  Pässe,  so 
Herzog  Albrecht  von  Oestreich  1418  Mont.  nach  Himmelfahrt  9.  Mai, 
der  Palatinus  Nikolaus  von  Ungarn  1418  an  Ostern  27.  März. 

Der  Einzug  dieser  Judensteuer  war  ein  schwieriges  Geschäft. 
Die  Kommissäre  fanden  vielfach  Widerstand.  Besondere  Schwierig- 
keiten gab  es  1418  in  Meissen  und  Thüringen,  wohin  Konrad  per- 
sönlich mit  einer  Vollmacht  des  Königs  dd.  4.  Juni  ging.  An  dem- 
selben Tag  gebot  der  König  den  Deutschherren  in  Thüringen  und 
Meissen  zur  Einziehung  der  Judensteuer  in  ihrem  Gebiet  die  Hand 
zu  bieten.  Schon  Freitag  nach  Fronleichnam  26.  Mai  hatte  Konrad 
noch  einen  besonderen  Vertrag  zu  Altenburg  mit  Markgraf  Wilhelm 


1(58  BoHSiTt: 

von  Meissen  wegen  der  Judensteuer  geschlossen.  In  Erfiu-t  ent- 
deckte Konrad,  dass  verschiedene  Juden  ihr  Vermögen  theüweise 
verschwiegen  und  unrecht  versteuerten,  und  erwirkte  deshalb  ein 
scharfes  Mandat  des  Königs  d.  d.  Ettlingen,  Sonntag  vor  Laurentii 
7.  Aug.  Noch  verschiedene  Aktenstücke  weisen  darauf  hin,  welche 
Vorsicht  in  dieser  Gegend  von  beiden  Seiten  angewandt  wurde. 
Von  Landgraf  Friedrich  von  Thüringen  liess  sich  Konrad  Mont 
vor  Mar.  Geburt  5.  Sept.  bezeugen,  dass  er  nicht  mehr  als  den 
3.  Pfennig  von  der  „Judenheit"  erhoben  habe.  Die  Juden  Thüringens 
und  Meissens  aber  Hessen  sich  am  6.  Jan.  1421  zu  Leitmeritz  von 
K.  Sigmund  den  Empfang  des  3.  Pfennigs  quittiren.  Landgraf 
Wilhelm  verlangte  von  Sigmund  Dienstag  nach  Dreikönigstag  zu 
Leitmertiz  wie  schon  1418  einen  Revers,  dass  die  Judensteuer  ihm 
an  seinen  Privilegien  keinen  Eintrag  thun  sollte.  Einzelne  Fürsten 
zogen  die  Judensteuer  unter  Ausschluss  Konrads  und  seiner  Kom- 
missäre ein,  so  Burggraf  Johann  von  Nürnberg  1423.  Diesem 
gegenüber  wirkte  Konrad  zu  Pressburg  4.  Oktober  eine  Vollmacht 
des  Königs  aus,  wonach  Konrad  von  Johann  eine  genaue  Rechnung 
über  die  eingezogene  Juden  Steuer  fordern  durfte.  Auch  Fälle  von 
Steuerverweigerung  kommen  vor.  1433  am  19.  Nov.  forderte  Sig- 
mund die  Juden  der  Grafschaft  Isenburg,  welche  die  Steuer  ver- 
weigert hatten,  zur  Absendung  einer  Gesandtschaft  nach  Basel  auf, 
um  sich  in  ihrem  Namen  zu  verantworten.  Vielfach  zahlten  die 
Juden  lieber  statt  des  dritten  Pfennigs  eine  Pauschalsumme.  So 
vermittelte  Pfalzgraf  Ludwig  als  Reichsvikar  zu  Heidelberg  am 
25.  Nov.  1439  einen  Vertrag  zwischen  Konrad  und  Vertretern  der 
Frankfurter  Judenschaft,  dahin  gehend,  dass  die  Frankfurter  Juden 
statt  des  dritten  Pfennigs  600  fl.  im  Ganzen  bezahlten.  In  gleicher 
Richtung  wird  die  Notiz  zu  verstehen  sein,  dass  die  Stadt  Bremen 
1435  am  25.  Juli  Bertold  Bratenkohl  bevollmächtigte,  mit  Konrad 
wegen  der  Judensteuer  in  ihrer  Stadt  zu  verhandeln.  Ja  es  möchte 
fast  scheinen,  dass  König  Albrecht  die  Pauschzahlungen  als  Regel 
ansah.  Denn  nur  so  hat  es  einen  Sinn,  wenn  K.  Albrecht  dd.  1.  Mai 
1439  von  Pressburg  aus  die  Juden  des  Reichs  wiederholt  auffordert, 
Bevollmächtigte  nach  Nürnberg  zu  schicken,  um  dort  mit  ihnen 
wegen  Erlegung  des  dritten  Pfennigs  zu  verhandeln,  (cf.  auch  Lich- 
nowsky  Rep.  4260  „Vollmacht  an  Konrad,  mit  dem  einen  Theil  der 
Juden  auf  Jakobi  zu  Nürnberg,  mit  dem  andern  auf  Bartholomäi 
zu  Mainz  zu  verhandeln".  Pressburg  1.  Mai  1439.) 


Aus  (1.  Weiiisbei'ger  Archiv  in  Oehringeu  für  dio  Zeit  v.  Mio  bi«  1448.      1()9 

Selbstverständlich  wäre  es  für  die  Keniitniss  der  Finanzen 
des  Eeiches  von  höchstem  Werth  zu  erfahren,  wie  viel  die  ver- 
schiedenen Judensteuern  jährlich  im  Reich  ertragen  haben  möchten. 
Unsere  Quelle  reicht  dazu  nicht  aus.  Das  Repertorium  gibt  nur 
zwei  einzelne  Data.  Graf  Johann  von  Helfenstein  lieferte  1434  als 
Ertrag  der  Kronsteuer  nach  Sigmunds  Kaiserkrönung  1434  aus  dem 
Herzogthum  Oestreich  2500  Dukaten  ab.  Die  Juden  von  Frankfurt 
zahlen  1439  als  dritten  Pfennig  600  fl.  Genaueres  wird  ein  ein- 
gehendes Studium  der  spezifizirten  Rechnungen  Konrads,  der  dem 
König  immer  genau  Rechnung  ablegte,  z.  B.  1436  1.  Jan.  zu  Press- 
burg, in  reicher  Fülle  ergeben. 

IV.  Wir  wenden  uns  zu  dem  letzten  Gebiet,  füi*  welches  das 
Weinsberger  Archiv  der  deutschen  Geschichte  neues  Licht  geben 
dürfte.  Es  ist  die  Geschichte  des  Concils  zu  Basel.  Schon  am 
Concil  zu  Constanz  hatte  Konrad  von  Weinsberg  theilgenommen. 
Wir  fanden  ihn  oben  1415  zum  ersten  Mal  zu  Constanz  im  Ver- 
kehr mit  K.  Sigmund  und  betheiligt  an  der  Fehde  gegen  Herzog 
Friedrich  von  Oestreich,  den  Beschützer  des  abgesetzten  Papstes 
Johann  XXTTL  Aus  jener  Zeit  stammt  noch  ein  Fascikel  des  Weins- 
berger Archivs  „Fragmenta  actoiiim  des  Concils  zu  Constanz,  die 
Absetzung  Johanns  XXIIL,  die  Verdammung  Johann  Wiclefs  und 
Johann  Hussen  betreffend''.  Weiteren  Aufschluss  gewährt  unsere 
Quelle  nicht.  Aber  auch  diese  fragmentarische  Aktensammlung  dürfte 
einer  Durchsicht  werth  sein.  Von  dem  neugewählten  Papst  Martin  V. 
(erwählt  11.  Nov.  1417)  hatte  Konrad  bereits  am  2.  Dec.  zwei 
Indulgenzbriefe  erlangt,  denen  sich  bald  vier  weitere,  theilweise 
sehr  weitgehende  anschlössen,  wie  denn  Konrad  auf  derartige  Schrift- 
stücke ein  grosses  Gewicht  gelegt  und  viel  Geld  darum  gegeben 
zu  haben  scheint.  Von  Bonifacius  IX.  hatte  sich  Konrad  bereits 
1401  fünf  Indulgenzbriefe  verschafft,  ebenso  1410  einen  von  dem 
Vikar  Papst  Alexanders  V.,  Bischof  Peter  von  Tusculum,  der  eine 
besonders  reiche  Spende  empfangen  zu  haben  scheint,  denn  er 
nannte  Konrad  in  dem  Document  Graf  Konrad  von  Weinsberg. 
Das  Archiv  enthält  noch  eine  Zusammenstellung  aller  Artikel,  für 
welche  Konrad  päpstliche  Dispensation  während  seines  Lebens  nach- 
gesucht hatte. 

Alle  diese  Schriftstücke  bekunden  ein  lebhaftes  inneres  Interesse 
für  die  Kirche,  für  ihre  Satzungen  und  Gnadenerweisungen.  Der 
geistige  Horizont  des  Erbkämmerers  beschränkte  sich  nicht  auf  seine 


170  BoBsert: 

tinanziello  Thätigkeit  und  auf  die  Mehrung  seines  Hausbesitzes, 
wie  denn  auch  die  beiden  oben  S.  151  angeführten  geistlichen  Lieder 
dafür  zeugen.  Ein  solcher  Mann  musste  vermöge  seiner  inneren 
Stellung  wie  söiner  auf  dem  Concil  zu  Constanz  gesammelten  Er- 
fahrungen dem  König  Albrecht  besonders  geeignet  erscheinen,  auf 
dem  Concil  zu  Basel  seine  Stelle  zu  vertreten.  Schon  1435  war 
der  erste  Protektor  des  Concils,  Herzog  Wilhelm  von  Bayern,  ge- 
storben. Am  13.  Nov.  1438  tritt  Konrad  von  Weinsberg,  der  mit 
Bischof  Leonhard  von  Passau  und  Peter  von  Augsburg  und  einem 
Johann  von  Aych  des  Königs  Gesandtschaft  nach  Basel  bildete, 
mit  einer  königlichen  Tollmacht  auf,  die  ihn  berechtigte,  alle  Streitig- 
keiten auf  dem  Concil  zu  untersuchen  und  zu  schlichten,  (Görlitz 
13.  Nov.,  cf.  auch  lichnowsky  4077.) 

Doch  hatte  Konrad  schon  1434  mit  dem  Concil  zu  Basel  zu 
verhandeln  gehabt.  Cardinal  Julian  ertheilte  ihm  Namens  des  Concils 
Dispens  wegen  naher  Verwandtschaft  mit  seiner  Gattin  Anna  v. 
Henneberg.  Als  Protektor  des  Concils  treffen  wir  Konrad  zum 
ersten  Mal  genannt  in  einem  Gebotsbrief  des  K.  Albrecht  vom 
22.  Febr.  1439,  worin  er  allen  Fürsten  und  Ständen  des  Reiches 
befiehlt,  Konrad  von  Weinsberg  als  Protektor  auf  dessen  Erfordern 
Hilfe  zu  leisten.  Das  Concil  hatte  schon  zuvor  Konrad  sein  beson- 
deres Vertrauen  bewiesen;  es  hatte  Konrad  den  Einzug  des  Ablass- 
geldes in  Deutschland  übertragen,  und  Konrad  hatte  die  Aufgabe 
übernommen,  den  Bestand  des  Concils  nach  der  finanziellen  Seite 
zu  sichern.  Die  erste  Urkunde,  welche  darauf  hinweist,  ist  ein 
Mandat  des  Concils  an  das  Capitel  zu  Magdeburg,  das  Ablassgeld 
an  Konrad  zu  überliefern,  vom  8.  Febr.  1439.  Wie  Konrad  sich 
dieser  seinem  Talent  besonders  entsprechenden  Aufgabe  unterzogen, 
soll  unten  dargelegt  werden.  Konrad  hat  mit  eigener  Hand  auf- 
gezeichnet, wie  er  das  Protektoramt  übernommen  und  verwaltet 
habe.  Dieses  Schriftstück  „Kurze  und  eigenhändige  Beschrei- 
bung, auf  was  Weise  S.  Gnaden  zu  einem  Protektore 
des  Concilii  zu  Basel  angenommen  worden  etc.''  (Schub- 
lade G.  n.  55)  dürfte  einer  besondern  Berücksichtigung  von  Seiten 
der  Geschichtsforscher  werth  sein.  Das  ConcU  wusste  seinerseits 
Konrads  Person  und  Amt  zu  schätzen.  Der  Präsident  des  Concils 
Kardinal  Ludwig  d'Alemand  von  Arles  behandelte  Konrad  mit  aus- 
gesuchter Höflichkeit;  in  seinen  Schreiben  gab  er  dem  einfachen 
deutschen  Rittersmann,  dessen  Haus  ursprünglich  nicht  einmal  zum 


Alis  d.  WeiiiHl)erger  .Vrcliiv  in  Oehringt*n  für  die  Zeit  v.  1-415  bis  1448.      171 

Stand  der  Freiherren  gehörte,  die  höchsten  Ehrentitel.  Unsere  Quelle 
versäumt  nicht  hervorzuheben,  wie  der  Kardinal  seine  Schreiben 
an  Konrad  adressirte,  das  eine  Mal:  Magnifico  militi,  domino  Con- 
rado  de  Vinsperg,  das  andere  Mal :  dem  wohlgeborenen  und  mächtigen 
Grafen  C.  v.  W.  meinem  allerliebsten  Freund,  wie  ihn  der  Kardinal 
im  Context  anredet:  Magnificentia  vestra,  oder  Eure  Mächtigkeit. 
Auch  im  deutschen  Reich  verlieh  die  Würde  eines  Protektors  des 
Concils  unserem  Konrad  ein  hohes  Ansehen.  Das  zeigen  wieder  zwei 
Schreiben,  von  denen  Hansseimann  die  Adressen  angibt.  Hamburg 
nennt  Konrad  den  hochgebornen  Herrn  K.  v.  Weinsberg,  die  Stadt 
Wismar  gar  den  erleuchteten  (illusti-em  ?)  hochgebornen  Fürsten 
und  Herrn.  Das  Concil  erwies  sich  gegen  Konrad  aufmerksam  und 
dankbar.  Es  liegen  noch  fünf  Indulgenzbriefe  des  Concils  aus  dem 
Jahr  1440,  zwei  aus*  dem  Jahre  1445  vor,  Konrad  war  es  wahr- 
scheinlich auch,  durch  den  mehrere  Franken  auf  dem  Concil  eine 
Stelle  erhielten.  Wir  kennen  Hans  Gemminger  (v.  Gemmingen), 
Vikar  zu  Basel  1444,  und  Hans  v.  Bachenstein,  einen  Sprossen 
des  weit  verbreiteten  Geschlechts  der  Bachen  von  Bachenstein,  deren 
Stammburg  bei  Döttingen,  O.-A.  Künzelsau,  stand.  Er  war  auditor 
camerae.  Aeneas  Sylvius  schildert  ihn  als  vir  et  gravis  et  facundus, 
et  cujus  opera  in  multis  legationibus  concilium  saepe  est  usum. 
(Stalin  W.  Geschichte  3,  441  not.  2.)  lieber  das  Concil  enthalten 
zwei  Bücher  in  Klein-Quart  Originalaufzeichnungen  ohne  Zweifel 
von  Konrads  Hand;  von  Akten  und  Korrespondenzen  das  Concil 
betreffend  führt  unsere  Quelle  vier  Fascikel  auf  und  zwar  einen 
mit  undatirtem  Schreiben,  33  Nrn.  stark,  sodann  drei  mit  datirten 
Dokumenten,  Nr.  1  von  1436—39,  Nr.  2  von  1440/41,  Nr.  3  von 
1442 — 47.  Wenn  hier  nicht  für  die  Geschichte  des  Concils  von 
Basel  neues,  werthvoUes  Material  zu  gewinnen  ist,  dann  bat  die 
Hypothese  überhaupt  kein  Recht  mehr  in  der  Welt.  Wahrscheinlich 
hatte  Konrad  die  Beschlüsse  des  Concils,  soweit  er  sie  erlangen 
konnte,  gesammelt,  doch  haben  sich  nur  einzelne  derselben  im  Weins- 
berger  Archiv  erhalten,  nämlich  der  Beschluss  vom  26.  Febr.  1435 
Beschränkung  des  Interdicts,  die  Erklärungen  über  die  Suprematie 
des  Concils  über  den  Papst  vom  16.  Mai  1439,  Tind  über  den  Vor- 
schlag der  christlichen  Fürsten,  das  Concil  an  einen  andern  Ort, 
wie  Strassburg,  Constanz,  Mainz  zu  verlegen  vom  13.  Juni  1439, 
die  Bulle  über  Absetzung  des  Papstes  Eugen  IV.  vom  25.  Juni 
1439,  den  Beschluss  über  Fortbestand  des  Concils  trotz  der  Minderung 


172  Bosöert: 

seiner  Mitglieder,  und  Festsetzung  der  Papstwahl  nach  60  Tagen 
vom  10.  Juli  1439,  dazu  kommt  noch  eine  Rechtfertigungsschrift 
des  Concils  für  diesen  Beschluss.  Fast  möchte  es  scheinen,  dass 
Konrad  auch  zu  den  Gesandten  K.  Albrechts  gehörte,  welche  er 
an  Papst  Eugen  IV.  1439  sandte,  wenigstens  liegt  die  Instruktion 
für  diese  Gesandten  vor.  Bei  den  Verhandlungen  der  deutschen 
Fürsten  mit  den  Basler  Vätern  war  Konrad  in  Frankfurt  und 
später  in  Mainz  anwesend.  Die  Abgesandten  des  Concils  brachten 
ein  besonderes  Beglaubigungsschreiben  des  Concils  mit  (dd.  1.  Aug.), 
um  sieh  damit  unter  den  Schulz  des  Protektors  des  Concils  zu 
stellen.  Als  nun  der  Termin  der  Wahl  eines  neuen  Papstes  nahte, 
bat  das  Concil  Konrad  von  Weinsberg  als  Protektor  wiederholt  am 
23.  Sept.  und  am  10.  Okt.,  sich  möglichst  bald  in  Basel  einzufinden. 
Konrad  kam  zugleich  als  Gesandter  K  Albrechts  für  die  Verhand- 
lung zwischen  dem  Concil  und  den  deutschen  ßeichsfürsten,  welche 
ursprünglich  am  5.  November  zu  Mainz  stattfinden  sollte,  (cf.  lieh- 
nowsky  Bd.  5  n.  3.  4478.)  Am  5.  November  hatte  das  Concil  den 
Herzog  Amadeus  von  Savoyen  zum  Papst  erwählt.  Am  8.  November 
berichteten  Konrad  und  Graf  Hans  von  Thierstein,  sein  Stellver- 
treter, dem  König  Albrecht  den  Vollzug  und  das  Ergebniss  der 
Wahl.  Den  König  traf  dieser  Bericht  nicht  mehr  am  Leben,  am 
27.  Oktober  war  er  gestorben.  Nunmehr  bestätigte  der  Reichsvikar 
Pfalzgraf  Ludwig,  unsern  Konrad  als  Statthalter  und  Protektor  des 
Concils.  dd.  Sonnt,  nach  S.  Luciä  (20.  Dez.).  Aus  der  späteren  Zeit 
haben  wir  nur  noch  wenige  Nachrichten.  K.  Friedrich  beliess  Konrad 
in  seiner  Stellung,  obgleich  er  dem  Concil  zu  Basel  wenig  geneigt 
war,  und  bestätigte  wenigstens  seine  Befugniss  zur  Einziehung  des 
Ablassgeldes.  Mit  dem  neuen  Papst  Felix  V.  blieb  Konrad  bis  1445 
in  Briefwechsel.  Unsere  Quelle  nennt  vier  Briefe  von  Felix  V.  an 
Konrad,  v.  1440,42,43,45,  wovon  zwei  bei  Hansseimann  Landes- 
hoheit 2,  152  flf.  dd.  12.  Febr.  1440  u.  27.  Sept.  1443  abgedruckt 
sind,  und  einen  an  seine  Gesandten  nach  Frankfurt  Möglich,  dass 
Wibel,  der  in  der  fortgesetzten  Sammlung  von  theologischen  Sachen 
Band  50,  S.  10  ff.  Urkunden  zur  Geschichte  des  Concils  heraus- 
zugeben versprach  mnd  wirklich  in  den  neuen  Beiträgen  von  alten 
und  neuen  theolog.  Sachen  1753  Pentades  V  documentorum  historiam 
concilii  Basiliensis  illustrantium  ex  archivo  Winspergensi  erscheinen 
liess,  sie  vollständig  wiedergab.  Jedenfalls  ist  diese  theologische 
Zeitschrift  so  wenig  benüt;5t  und  wenig  bekannt,   dass  es  wohl  der 


Aus  d,  Weinsberjrer  Archiv  in  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     1 73 

Mühe  werth  ist,  noch  besonders  darauf  aufmerksam  zu  machen. 
Dass  Konrad  auch  zur  Zeit  K.  Friedrichs  in  Basel  vielfach  mit 
Angelegenheiten  des  Ooncils  beschäftigt  war,  ergibt  sich  noch  aus 
anderen  Akten.  Konrad  stand  nämlich  1439  in  Rechtsstreit  mit 
seiner  Tochter  erster  Ehe,  Elisabeth,  der  Gattin  Herzog  Erichs 
von  Sachsen -Lauenburg,  wegen  des  Erbtheils  ihrer  Mutter  Anna 
V.  Brauneck.  Nun  hatte  das  Landgericht  des  Herzogthum  Frankens 
1440  einen  Spruch  zu  Gunsten  Elisabeths  gethan.  Deshalb  wandte 
sich  Konrad  an  den  König  Friedrich  um  Aufhebung  des  Spruchs 
und  Sistirung  des  XJrtheils,  da  er  von  Basel  aus  die  Prozesssache 
nicht  verfolgen  noch  sich  vertheidigen  könne.  Ein  weiteres  Akten- 
stück, das  ebenso  von  Konrads  Aufenthalt,  wie  von  seinem  An- 
sehen in  Basel  zeugt,  ist  eine  Bitte  der  Bürger  von  Basel,  welche 
Konrad  um  Schutz  und  Vermittlung  für  einige  Mitbürger  baten, 
welche  vor  das  Freigericht  zu  Herbedde  (zwischen  Witten  und  Essen 
in  der  preuss.  Kheinprov.)  unter  dem  Hartenstein  citirt  waren.  Der 
Wunsch  Konrads,  durch  Vermittlung  des  Papstes  Felix  für  seinen 
Erstgebornen  eine  vortheilhafte  Verbindung  zu  gewinnen  —  viel- 
leicht hatte  er  gar  an  eine  Dame  aus  dem  savoyischen  Hause 
gedacht,  wie  Pfalzgraf  Ludwig  eine  Tochter  des  Papstes  selbst  zur 
Gemahlin  hatte  —  ging  nicht  in  Erfüllung.  Er  musste  sich  später 
mit  einer  Freiin  von  Stoffeln  begnügen,  während  sein  gleichnamiger 
jüngerer  Bruder,  letzte  des  Geschlechts,  im  Jahre  1447  von  dem 
Generalvikar  Bischof  Gottfrieds  von  Würzburg,  Hugo  von  Nicopolis, 
die  erste  Tonsur  erhielt. 

Wenn  uns  für  die  letzten  Jahre  des  Basler  Concils  nur  sehr 
wenige  Data  zur  Verfügung  stehen,  so  dürfte  das  weniger  an  den 
Akten  des  Weinsberger  Archivs,  als  in  -der  Art  unseter  Quelle 
liegen,  sämmtliche  Dokumente  aus  den  letzten  Jahren  Konrads  nur 
ganz  summarisch  anzugeben,  wahrscheinlich  konnte  Hansseimann  sein 
Repertorium  nicht  mehr  in  der  ursprünglichen  Weise  vollenden. 

Es  erübrigt  noch,  einen  kurzen  Blick  auf  die  finanzielle 
Thätigkeit  Konrads  für  das  Concil  zu  Basel  zu  werfen.  Das 
CJoncil  hatte  in  seiner  24.  Sitzung  die  reichste  Quelle,  aus  der  die 
römische  Hierarchie  seit  Jahrzehnten  zu  schöpfen  gewohnt  war, 
trotz  der  Einsprache  Papst  Eugens  IV.  für  sich  zu  eröffnen  gewusst. 
Es  war  ein  sogenannter  Jubelablas s.  Die  Wiedervereinigung  mit 
den  Griechen  gab  den  Titel  für  den  Jubel,  am  14.  April  1436 
wurde  dieser  reiche  Ablass  verkündigt.  Für  das  Concil  war  es  eine 


174  BoRsert: 

sicher  sehr  glückliche  Massregel,  die  Erhebung  des  Ablassgeldes 
Konrad  von  Weinsberg  in  Generalentreprise  zu  geben.  Der  Erb- 
kämmerer war  mit  dem  ganzen  Mechanismus,  den  eine  solche 
Finanzoperation  forderte,  durch  sein  Kämmereramt  wolü  vertraut. 
Konrad  besorgte  den  Einzug  des  Ablassgeldes  in  ähnlicher  Weise, 
wie  den  Einaug  der  Judensteuer.  In  Süddeutschland,  das  dem  Sitz 
des  Concils  näher  lag,  scheint  derselbe  keine  grösseren  Schwierig- 
keiten bereitet  zu  haben;  wir  finden  unter  den  Akten  nur  wenige 
Mahnungen  an  süddeutsche  Herren  und  Städte,  z.  B.  Raban  von 
Speier  an  Mühlhausen  im  Elsass  und  Rothenburg;  aber  je  weiter 
gegen  Norden,  um  so  grösser  wurden  die  Schwierigkeiten.  Das 
Concii  musste  verschiedene  Mahnungen  an  den  Erzbischof  von 
Riga,  an  die  Hochmeister  in  Preussen  und  Liefland  erlassen.  Konrad 
scheint  den  dort  eingehenden  Ertrag  des  Ablasses,  einen  sehr 
zweifelhaften  Posten,  vom  Concil  als  Jahresgehalt  des  Protektors 
übertragen  bekommen  zu  haben;  denn  in  der  Fastenzeit  1441 
erliessen  die  vier  rheinischen  Kurfürsten  mit  einander  eine  neue 
Mahnung  an  jene  Herren  im  Norden,  Konrad  das  Ablassgeld  als 
seine  Jahresbesoldung  zu  überantworten.  Am  Mittwoch  vor  Mar. 
Magd.  19.  Juli  erwirkte  Konrad  ein  ähnliches  Mandat  des  Königs 
Friedrich. 

Ueber  den  Ertrag  des  Ablasses  ist  nichts  bekannt ;  doch  liegen 
noch  Rechnungen  mit  Nachweis  über  die  Reisezehrungen  vor,  wie 
wir  das  bei  Konrad  gewöhnt  sind.  Als  Gehilfen  Konrads  fungirten 
zwei  Verwandte,  Schenk  Albrecht  von  Limpurg,  Domherr  in  Mainz, 
dem  Süddeutschland,  Pfalz,  Hessen,  Baiern,  Elsass  zugewiesen  war, 
und  Schenk  Gottfried,  Dekan  in  Bamberg,  der  spätere  Bischof  von 
Würzburgi^  der  in  Sachsen,  Braunschweig,  Bremen,  Mecklenburg 
thätig  war.  Das  schwierigste  Gebiet,  den  Norden,  das  Erzbisthum 
Riga  und  das  Bisthum  Kammin,  Liefland,  Preussen,  Pommern  war 
Werner  von  Aufsess,  Domherr  in  Bamberg,  übertragen.  Derselbe 
gebraucht  1441  als  Subcollectoren :  Johann  Gerber,  Pfarrer  von 
Griesheim  O.-A.  Neckarsulm,  und  Peter  Hof&nann,  Kanoniker  in 
Bamberg.  Ersteren  hatte  Konrad  als  seinen  Kaplan  nebst  seinem 
Lehensmann  Konrad  von  Finsterlohn  1440  nach  Rügen,  Pommern 
und  Kammin  geschickt.  Leider  geben  unsere  Akten  keine  Auskunft 
darüber,  ob  auch  andere  Nationen  dem  Concil  für  den  Jubelablass 
sidi  dankbar  zeigten  und  mit  ihren  Steuern  demselben  das  Leben 
fristen  halfen,  oder   ob  Deutschland  wieder  einmal  die  Ehre  hatte, 


Aus  d.  Weinßberger  Archiv  in  Oehringen  für  die  Zeit  v.  1415  bis  1448.     175 

vor  andern  Nationen   das  geduldige   Schäflein   zu   sein,   das   man 
allezeit  scheeren  konnte,  ohne  dass  der  Ablass  seine  Zugkraft  verlor. 


Wir  sind  mit  unsem  Mittheilungen  über  Konrad  und  das 
Concil  zu  Ende.  Es  vv^ii-d  keine  grundlose  Erwartung  sein,  wenn 
wir  die  Hoffnung  aussprechen,  dass  eine  genauere  Nachforschung 
im  Weinsberger  Archiv  auch  noch  für  andere  Gebiete  der  deutschen 
Geschichte  neues  Material  bieten  wird,  als  die  im  Obigen  gezeich- 
neten. Konrad  hatte  ein  reges  geistiges  Interesse  und  hatte  sehr 
viele  Beziehungen,  er  liebte  es,  über  mancherlei  Verhältnisse  sich 
schriftliche  Belehrung  zu  verschafften.  Hier  nur  wenige  Beispiele 
aus  unserer  QueUe,  welche  sie  dort  unter  der  Rubrik  „Weinsberger 
Miscellanea"  aufführt:  Eine  kurze  Chronologie  der  Stadt  Köln  ron 
1274 — 1407,  Gesetze  und  Regeln  des  von  Ferdinand  von  Arra- 
gonien  gestifteten  Ordens  zum  Greifen,  Artikel  der  Rittergesellschaft 
zum  Lindwurm,  welcher  Konrad  selbst  angehörte,  Diplom  K.  Sig- 
munds für  Johann  von  Egmont,  worin  er  ihn  in  den  erblichen 
Grafenstand  erhebt  1425  (Cop.). 

So  sehr  ich  mir  der  Unzulänglichkeit  und  Lückenhaftigkeit 
meiner  Arbeit  bewusst  bin,  so  hoffe  ich  doch  den  Zweck  derselben, 
andere  Forscher  auf  das  Weinsberger  Archiv  aufmerksam  zu  machen 
und  ihnen  ein  Bild  von  der  Reichhaltigkeit  desselben  für  die  Zeit 
von  1415 — 1448  zu  geben,  einigermassen  erreicht  zu  haben. 


VI.  Beitrag   zur    Geschichte    von    König   Christian  IL 

Archiv   und   der  Theilung  desselben    unter   Schweden, 

Norwegen  und  Dänemark. 

Von 

E.  M.  Bowallius, 
k.  Bchwedischem  Reichsarchivar  in  Stockholm. 

Christian  IL,  der  letzte  Unionskönig,  der  in  Schweden  den 
wohlverdienten  Beinamen  Tyrann  erhielt,  konnte,  nachdem  ihm 
das  schwedische  Volk  dem  Eechte  gemäss  Treue  und  Grehorsani 
aufgesagt,  auch  in  Dänemark  und  Norwegen  seine  Herrschaft  nicht 
behaupten,  sondern  musste  landesflüchtig  werden  und,  nach  fiaicht- 
losen  Versuchen,  seine  Kronen  wiederzugewinnen,  sein  Leben  in 
dänischer  Gefangenschaft  beschliessen.  Während  der  Zeit  seiner 
Verbannung  hielt  er  sich  lange  in  den  Niederlanden  auf,  woselbst 
sich  ihm,  wenn  auch  nicht  viele,  so  doch  bedeutende  Anhänger 
aus  allen  drei  nordischen  Ländern  anschlössen,  durch  welche  er 
das  Volk  in  den  drei  abgefallenen  Reichen  zu  seinen  Gunsten  zu 
bearbeiten  suchte.  Schon  aus  diesem  Grunde  ist  es  erklärlich,  dass 
der  abgesetzte  König,  der  in  sein  Exil  nachweislich  viele  und 
wichtige  Akten  mitgenommen,  ein  nicht  unbedeutendes  Archiv  hin- 
terlassen konnte.  Weiter  kam  noch  hinzu,  dass  einige  seiner  An- 
hänger, besonders  landesflüchtige  Prälaten,  mehr  oder  minder  wichtige 
Akten  aus  den  nordischen  Reichen  mitbrachten.  Wo  die  somit 
gesammelten  Archivalien  zuletzt  geblieben,  darüber  entbehrte  man 
lange  einer  zuverlässigen  Kenntniss,  trotzdem  sowohl  von  Schweden 
als  von  Dänemark  wiederholt  Versuche  gemacht  wurden,  den  Auf- 
bewahrungsort zu  ermitteln,  i)  Endlich  entdeckte  man,  wie  berichtet 

*)  Ueber  die  Versuche,  welche  während  des  17.  Jahrhunderts  von  schwe- 
discher Seite  gemacht  wurden,  siehe  „Meddelanden  Mn  Svenska  Riks-Arcliivet, 


Bowallius:  Beitrag  z.  Geschichte  v.  König  Christian  ü.  Urkunden  &c.     177 

wird,  durch  einen  Zufall,  dass  sich  das  Archiv  Christian  11.  in 
Bayern  in  Verwahrung  finde,  i)  Da  die  Tochter  Christian  11.  mit 
dem  Pfalzgrafen  Friedrich  vermählt  war,  und  die  Pfälzische  Linie 
des  Hauses  Witteisbach  seit  1777  in  Bayern  regierte,  ist  es  leicht 
erklärlich,  wie  das  Archiv  des  entthronten  Königs  nach  Bayern  zur 
Verwahrung  kommen  konnte.  Die  Auffindung  desselben,  welche 
bei  einer  Verlegung  zum  Kreisarchiv  in  Amberg  im  nordöstlichen 
Bayern  geschah,  würde  vielleicht  nicht  die  wohlverdiente  Aufmerk- 
samkeit auf  sich  gelenkt  haben,  wenn  nicht  Dänemark  damals 
gerade  nach  diesen  Akten  besonders  geforscht  hätte.  Nun  wurden 
sie  nach  dem  bayrischen  Reichsarchiv  gebracht  und  auf  Veranstalten 
der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  München  von  dem  Konsistorial- 
rath  Dr.  Heintz  und  dem  Professor  J.  A.  Schmeller  untersucht 
und  verzeichnet,  und  das  Verzeichniss  wurde  nach  Kopenhagen 
gesandt.  2)  Demzufolge  war  es  ganz  natürlich,  dass  diese  Archiv- 
schätze zunächst  von  Seiten  Dänemarks  zum  Gegenstand  besonderer 
Forschung  gemacht  wurden.  Der  Kammerjunker  Reedz  und  der 
Sekretär  Hvas  hielten  sich  auf  Kosten  des  Staates  eine  längere 
Zeit  in  München  auf,  um  von  solchen  wichtigen  Diplomen  und 
Dokumenten,  die  besonders  Dänemark  betrafen,  Abschriften  zu  machen. 
Die  bayrische  Regierung  lud  nun  auch  Schweden  ein,  Forscher  Zli 
entsenden,  welche  von  diesen  Archivalien  Kenntniss  nehmen  sollten, 
und  machte  gleichzeitig  den  Vorschlag,  dass  die  Akten,  welche 
besonders  auf  Schweden  Bezug  hätten,  gegen  solche  ausgetauscht 
werden  möchten,  die  sich  auf  Bayern  bezögen,  und  die  vermeintlich 
während  der  Zeit  des  30jährigen  Krieges  nach  Schweden  über- 
geführt worden  wären.  Dieser  Vorschlag  wurde  im  Jahre  1827 
gemacht,  und  es  wäre  ganz  besonders  zu  wünschen  gewesen,  wenn 
dieses  freundschaftliche  Anerbieten  zu  dem  beabsichtigten  Austausch 
hätte  führen  können.  An  dem  guten  Willen  auf  Seiten  Schwedens 
fehlte  es  keineswegs.  Es  wurden  genaue  Nachsuchungen  in  dem 
schwedischen  Reichsarchiv  angestellt,  um  einige  bayrische  Archiva- 


Heft  n,  1879.  pag.  49.  Betreffend  die  Massnahmen  von  Seiten  Dänemarks  s. 
Allen,  Breve  og  Aktstykker  til  Oplysning  af  Christiern  den  An- 
dens  og  Frederik  den  Forstes  Historie.  Kjöbenhavn,  1854,  L  p. 
XIX,  seq. 

*)  Brief  des   Staatsministers   Grafen   von   Wetterstedt   an   den   Envoy^ 
Grafen  C.  G.  Löwenhielm,  den  6.  Jan.  1829.  Schwed.  Reichsarchiv.  Caesareana. 

»)  Allen,  1.  c.  p.  XXn. 
Archivaliscbe  Zeitschrift  VU.  12 


178  Bowallius: 

lien  aufzufinden,  die  man  hätte  als  Ersatz  bieten  können.  Aber  der 
damalige  Sekretär  des  Reichsarchivs,  Olof  Sundel,  gab  am  23.  Juli 
desselben  Jahres  die  Erklärung  ab ,  dass  bayrische  Archivalien 
nicht  hätten  entdeckt  werden  können.  Die  Nachforschungen,  welche 
gleichzeitig  in  der  königl.  Bibliothek  zu  Stockholm  und  in  der 
Bibliothek  zu  Upsala  angestellt  wurden,  verblieben  ebenfalls  fruchtlos. 
Das  von  der  bayrischen  B.egierung  gemachte  Anerbieten  konnte 
somit  zu  keinem  Resultat  führen. 

Aber  die  dänischen  Vertreter  hatten  inzwischen  bei  ihrer 
Beschäftigung  mit  den  Archivalien  Christian  11.  die  Entdeckung 
gemacht,  dass  sich  unter  denselben  eine  Menge  Dokumente  befanden, 
die  der  Drontheimer  Erzbischof  Olof  Engelbrechtsen  von  Drontheim 
(Trondhjem)  mitgenommen,  als  er  im  Jahre  1736  Norwegen  verliess. 
Als  dieser  Fund  in  Norwegen  bekannt  wurde,  so  erregte  er  grosse 
Aufmerksamkeit  und  selbstverständlich  den  lebhaften  Wunsch,  das 
wieder  zu  gewinnen,  was  man  mit  Recht  für  ungesetzlich  entfuhrt 
hielt.  Der  norwegische  Reichs-Statthalter  Graf  B.  von  Platen  wurde 
in  dieser  Angelegenheit  bei  dem  Staatsminister  des  Auswärtigen, 
dem  Grafen  von  Wetterstedt,  vorstellig.  In  Folge  dessen  erhielt  der 
schwedische  und  norwegische  Gesandte  in  Wien,  Graf  C.  G.  Löwen- 
hielm,  der  auch  bei  dem  Hofe  in  München  accreditirt  war,  den 
Auftrag,  dem  bayerischen  Ministerium  die  Sache  officiell  mit  der 
Andeutung  vorzutragen,  dass  wenn  das  Gesuch  günstig  aufgenommen 
würde,  welches  er  im  Namen  Norwegens  stelle,  man  von  dort  aus 
einen  sachkundigen  Mann  zu  entsenden  gedächte,  der  die  Schrift- 
stücke näher  zu  prüfen  und  diejenigen  zu  bezeichnen  hätte,  deren 
Wiedererlangung  man  wünschte.  Graf  Löwenhielm  zögerte  nicht, 
das  auszuführen,  was  ihm  also  übertragen  worden  war.  *)  In  einem 
Schreiben  an  den  bayrischen  Staatsrainister,  Grafen  von  Armans- 
perg,  bezeichnete  er  die  obenerwähnten  von  dem  Drontheimer  Erz- 
bischof mitgenommenen  Urkunden  als  Eigenthum  des  norwegischen 
Staates,  sprach  den  Wunsch  seiner  Regierung  aus,  wieder  in  den 
Besitz  derselben  zu  kommen,  und  führte  an,  dass,  wenn  auf  dieses 
Verlangen  eingegangen  würde,  man  von  Norwegen  einen  Vertrauens- 
mann zu  entsenden  beabsichtige,  der  die  Akten  durchsehen  und 
diejenigen  angeben  sollte,  welche  man  zurückzuerhalten  wünschte, 
oder  auch,   falls   die  Originale  nicht  ausgeliefert   werden  könnten, 


*)  Des  Grafen  von  Wetterstedt  oben  erwähnter  Brief. 


Beitrag  zur  Geschidite  von  König  Christian  U.  Urkunden  &c.        17Ö 

diese  abschreibe.  Er  erklärte  ausserdem,  dass  —  obwohl  der  von 
der  bayrischen  Regierung  vorgeschlagene  Austausch  von  Archivalien 
zwischen  Schweden  und  Bayern  nicht  vor  sich  gehen  könne,  weil 
keine  bayrischen  Akten  in  Schweden  zu  finden  seien  —  er  seine 
Hoffnung  hinsichtlich  der  Genehmigung  des  von  ihm  im  Namen 
der  norwegischen  Kegierung  vorgetragenen  Gesuches  nur  auf  das 
Billigkeits-  und  Gerechtigkeitsgefühl  gründe,  welche  die  bayrische 
Regierung  so  auszeichneten.  ^) 

An  sich  war  wohl  diese  Angelegenheit  so  einfacher  Natur, 
dass  sie  keine  Schwierigkeiten  hätte  hervorzurufen  brauchen,  noch 
weniger  einen  scharfen  Notenwechsel.  Aber  die  politische  Lage  der 
damaligen  Zeit  wirkte  gewissermassen  auf  die  Behandlung  dieser 
Frage  ein,  so  zusammenhanglos  sie  auch  zu  jenen  Erörterungen 
stand,  welche  jetzt  eine  Spannung  zwischen  den  Höfen  zu  Stock- 
holm und  München  herbeiführten.  Trotz  des  verwandtschaftlichen 
Verhältnisses  zwischen  dem  schwedischen  und  dem  bayrischen 
Königshause  waren  gerade  zu  dieser  Zeit  die  Beziehungen  zwischen 
beiden  Höfen  recht  kühle.  Die  Veranlassung  dazu  war  eine,  der 
Wirklichkeit  nach  minder  wichtige  Frage,  nämlich  die  den  Titel 
des  ehemaligen  schwedischen  Kronprinzen  Gustav  betreffend.  Be- 
kanntlich wollte  dieser  Fürst  den  Titel  Prinz  von  Schweden 
führen,  einen  Titel,  der  bei  dem  neuen  schwedischen  Herrscher- 
hause nur  Anstoss  erregen  konnte.  Gerade  die  Sympathie,  welche 
der  Hof  in  München  für  den  Prinzen  (Justav  hegte  und  nicht  un- 
deutlich an  den  Tag  legte,  2)  war  es,  die  das  Verhältniss  zwischen 
Schweden^ und  Bayern  trübte.  Graf  Armansperg  beantwortete  in- 
dessen das  Ansuchen  des  Grafen  Löwenhielm  schnell  genug.  Die 
Antwort,  datirt  vom  13.  März  1829,  war  zwar  eine  beifallige,  jedoch 
an  Bedingungen  geknüpft,  die  bei  den  schwedischen  Staatsmännern 
Ueberraschung  und  Verdniss  hervorriefen.  Der  König  von  Bayern 
wäre  geneigt,  hiess  es,  an  den  König  von  Schweden  und  Norwegen 
die  etwa  vorhandenen  Archivalien,  welche  die  vereinigten  König- 
reiche Schweden  und  Norwegen  beträfen,  auszuliefern,  jedoch  in 
der  Erwartung,  dass  die  schwedische  Regierung  ihrerseits  die  Rück- 


')  Löwenhielm  an  v.  Armansperg,  d.  21.  Jan.  1829.  Concept  im  Reichs- 
Arehiv. 

*)  Prinz  Gustav,  der  Ritter  des  St.  Ilubertsordens  war,  hatte  im  bayri- 
schen Hofkalender  den  Titel  Prinz  von  Schweden  erhalten. 

12* 


180  Bowallius: 

Sendung  der  Bücher,  Handschriften,  Dokumente  und  anderen  Sachen 
veranlasse,  welche  Theile  der  früheren,  im  Jahre  1631  nach  Schweden 
übergeführten  Bibliothek  der  Universität  zu  Würzburg  ausmachten.!) 
Graf  Löwenhielm  beeilte  sich,  während  er  weitere  Vorschriften 
seiner  Regierung  abwartete,  im  Voraus  lebhafte  Einwendungen  gegen 
die  Antwort  des  Grafen  Armansperg  zu  machen.  Er  wies  darauf 
hin,  wie  die  jetzige  Fassung  von  dem  ursprünglichen  Vorschlag 
der  bayrischen  Regierung,  bezüglich  des  Austausches  von  im  bayri- 
schen Archiv  verwahrten  schwedischen  Akten  gegen  Schriftstücke 
und  Urkunden  Bayerns  sich  wesentlich  unterschiede;  die  Würz- 
burger Bibliothek  wäre  eine  in  offenem  Kriege  eroberte,  recht- 
mässige Kriegsbeute,  die  reklamirten  Akten  des  Stiftes  Drontheim 
dagegen  wären  Eigenthum  Norwegens,  und  nur  von  einem  straf- 
baren Geistlichen,  der  sein  Vaterland  heimlich  verlassen,  ungesetzlich 
entwendet;  wenn  Norwegen  Akten  wieder  verlangte,  die  das  eigene 
Land  beträfen,  fordere  man,  dass  Schweden  als  Ersatz  eine  der 
vorzüglichsten  Kriegsbeuten  des  grossen  Gustav  Adolf  aufopfere.  2) 
Weit  davon  entfernt,  diese  Einwürfe  zu  berücksichtigen,  hielt  Graf 
Armansperg  an  seiner  Auffassung  fest,  barsch  darauf  hinweisend, 
dass  die  Würzburger  Bibliothek  gemäss  dem  westphälischen  Friedens- 
vertrag an  den  rechtmässigen  Eigenthümer  hätte  zurückgeliefert 
werden  müssen.  3)  Dagegen  ging  dem  G4'afen  Löwenhielm  Seitens 
seiner  Regierung  die  volle  Billigung  der  Antwort  zu,  die  er  dem 
bayrischen  Staatsminister  vorneweg  gegeben,  und  es  wurde  ihm 
sogar  anbefohlen,  in  seine  definitive  Antwort  noch  kräftigere  Aus- 
drücke aufzunehmen.-*)  Diesem  Befehl  wurde  eiligst  und  pünktlich 
nachgekommen.  Graf  Löwenhielm  schreibt  den  6.  Mai  an  Grafen 
Wetterstedt,  dass  er  am  2.  desselben  Monats  die  geforderte  Ant- 
wort habe  ergehen  lassen,  und  fügt  hinzu,  dass  er  hoffe,  dieses 
Schreiben  würde  die  Wirkung,  haben,  dass  diese  Tracasserie  damit 
erledigt  seil 

Glücklicherweise  wurde   zu  derselben   Zeit  die  Veranlassung 


*)  Graf  V.  Armansperg  an  Grafen  Löwenhielm,  den  13.  März  1829. 
Original  im  Reichs- Archiv  zu  Stockholm. 

*)  Graf  Löwenhielm  an  Grafen  v.  Armansperg,  den  21.  März  1829. 
Concept  im  schwed.  Reichs-Archiv. 

■)  Graf  v.  Armansperg  an  Grafen  Löwenhielm,  den  27.  März  1829 
Original  im  schwed.  Reichs- Archiv. 

*)  Wetterstedt's  Apostill  Nr.  1  an  Löwenliielm,  den  17.  August. 


Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  ü.  Urkunden  &c.        181 

zu  der  politischen  Gespanntheit  dadurch  beseitigt,  dass  der  ehe- 
malige- Kronprinz  Gustav  von  dem  Titel  Prinz  von  ScWveden  ab- 
stand und  anstatt  dessen  den  Namen  Prinz  von  Wasa  annahm. 
Hieraach  gab  der  bayrische  Hof  bald  deutliche  Zeichen  einer  mil- 
deren Stimmung.  Der  bayrische  Charg6  d'aflFaires  in  Petersburg, 
Graf  Lerchenfeld,  wurde  nach  Schweden  beordert,  um  dem  Könige 
Carl  Johann  einen  freundschaftlichen  Brief  von  dem  Könige  von 
Bayern  zu  überbringen,  und  durch  diese  Gesandtschaft  wurde 
äusserlich  das  gute  Einvernehmen  zwischen  den  beiden  Höfen  wieder 
vollständig  hergestellt.  Nun  konnte  auch  die  Frage  wegen  der 
Archivalien  leichter  eine  befriedigende  Lösung  finden.  Schon  am 
2.  Juni  schrieb  Graf  Ärmansperg  an  Grafen  Löwenhielm  und  er- 
klärte, dass,  wiewohl  das  Schreiben  des  letzteren  vom  2.  Mai  bezüglich 
der  Würzburger  Bibliothek  den  Erwartungen  der  bayrischen  Re- 
gierung nicht  entspräche,  der  König,  sein  Herr,  dennoch,  um-  dem 
Könige  von  Schweden  und  Norwegen  einen  Beweis  der  Gesinnung 
zu  geben,  die  er  zufolge  des  Freundschafts-  und  des  Verwandt- 
schaftsbandes, welches  beide  Höfe  verbinde,  für  ihn  hege,  bereit- 
willig sei,  die  bezüglichen  Akten  und  Dokumente  auszu- 
liefern, welche  gewünscht  würden  und  welche  Drontheim, 
Bergen,  Jemtland  u.  a.  Oerter  beträfen.  Hieran  wurde  keine 
Bedingung  geknüpft,  jedoch  der  Wunsch  geäussert,  dass  die  Regierung 
in  Schweden  nochmals  Nachforschungen  über  den  Verbleib  der 
nach  Schweden  übergeführten  Archive  der  Stadt  Aschaflfenburg  und 
der  AschafiFenburger  Abteien  St.  Peter  und  Alexander  anstellen 
lassen  möchte.  ^)  Der  König  von  Bayern  hatte  also  mit  grosser  Libera- 
lität sich  erboten,  dem  König  von  Schweden  und  Norwegen  die 
Akten,  welche  auf  Schweden  und  auf  Norwegen  Bezug  hätten,  aus- 
zuliefern, und  der  Wunsch,  der  dabei  angedeutet  wurde,  event.  die 
von  Aschaflfenburg  fortgeführten  Archivalien  wieder  zu  erhalten, 
insofern  solche  in  Schweden  zu  ermitteln  wären,  war  in  der  That 
billig.  Nachforschungen  nach  diesen  wurden  gleich  angeordnet  und 
bewerkstelligt,  aber  in  den  öffentlichen  Sammlungen  war  nichts 
davon  zu  finden.  2) 


*)  Graf  von  Armansperjic  an  Grafen  Löwenhielm,  den  2.  Juni  1829. 
Original  im  Reichs-Archiv. 

*)  Wetterstedt's  Brief  an  Löwenhielm,  den  7.  Juli  und  Apostill  den 
2».  August  1820, 


182  Bowallhis: 

Die  Frage  wegen  der  Entgegennahme  der  Archivalien,  zu 
deren  Rückgabe  an  den  König  von  Schweden  und  Norwegen  sich 
der  König  von  Bayern  bereit  erklärt,  und  welche  nach  den  Briefen 
des  Grafen  Armansperg  auch  schwedische  Provinzen  beträfen,  wurde 
als  eine  Norwegen  allein  berührende  Angelegenheit  behandelt  Auf 
Grund  des  Vorschlags  Seitens  der  norwegischen  Regierung  in 
Christiania  wurde  durch  königl.  Verordnung  vom  19.  September  1829 
der  Professor  an  der  Universität  in  Christiania,  Gregers  Fougner 
V.  Lundhi))  dazu  ausersehen,  als  Kommissar  der  norwegischen 
Regierung  an  der  Durchstöberung  der  wohlwollend  versprochenen 
Akten  Theil  zu  nehmen,  die  nach  der  Empfangnahme  an  die 
Universität  in  Christiania  abgeliefert  werden  sollten.  Die  Wahl 
dieses  Abgesandten  scheint  eine  recht  glückliche  gewesen  zu  sein. 
Lundh  war  wohl  als  akademischer  Lehrer  kein  Vertreter  irgend 
einer  der  historischen  Disciplinen,^)  aber  er  war  im  Begriff,  ein 
nordisches  Diplomatarium  3)  herauszugeben,  wovon  er  einen  Prospect 
veröffentlichte,  und  während  des  Winters  1828 — 29  hatte  er,  um 
norwegische  Archivalien  zu  kopiren,^)  sich  eine  längere  Zeit  in 
Kopenhagen  aufgehalten,  woselbst  die  meisten  Quellen  der  ältesten 
Geschichte  Norwegens  aufbewahrt  werden.  Er  besass  also  unzweifel- 
haft die  erforderliche  Sachkenntniss ,  um  den  ihm  anvertrauten 
Auftrag  gut  ausführen  zu  können.  Graf  Löwenbielm  hatte  laut 
erhaltener  Anweisung  ihn  bei  dem  Grafen  Armansperg  schriftlich 
angemeldet  und  ihn  als  Abgeordneten  von  Norwegen  empfohlen. 
In  Folge  dessen  erfuhr  Lundh,  als  er  zu  Anfang  November  1829 
nach  München  kam,  viel  Freundlichkeit  und  grosses  Entgegenkommen. 
Die  Akten  waren  schon  im  Voraus  so  vertheilt,  wie  sie  nach  dem 
Dafürhalten  sich  auf  Schweden  und  Norwegen  oder  Dänemark 
bezogen.  5)    Bald  glaubte  Lundh  zu  der  Annahme  Grund  zu  haben, 


*)  So  schreibt  er  in  dem  Briefe  an  (jJrafen  Löwenhielm  selbst  seinen 
Namen. 

*)  Er  war  Professor  der  Oekonomie  und  Teebnologie. 

^)  Specimen  Diplonmtarii  Norvagici  oder  Pröve  af  et  Norskt  Diplomatarium. 
Kjöbenhavn,  1828. 

*)  Während  seines  Aufenthalts  in  Kopenliagen  erhielt  er  Einblick  in  das 
dort  eingelieferte  Verzeichniss  über  das  Archiv  Christian  ü.  und  die  Gewissheit, 
dass  die  von  dem  Drontheimer  Erzbischof  Olof  Engelbrechtsen  fortgeführten 
Akten  sich  in  München  befänden. 

^)  Die  Sammlung  bestand  aus  172  Fascikeln,  wovon  25  unter  Schweden- 
Norwegen,  die  übrigen  unter  Dänemark  rubricirt  waren. 


Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  ü.  Urkunden  &c.         183 

dass  man  beabsichtige,  alle  nordischen  Archivalien  ungetheilt  zu 
überliefern.  Diesen  zu  Anfang  nicht  erwarteten  Vortheil  zu  erringen, 
das  war,  nachdem  einmal  Hoffnungen  erweckt  worden,  das  Ziel  fiir 
Lundh's  eifriges  Streben,  insonderheit  da  er  bei  der  näheren  Unter- 
suchung der  Akten  entdeckte,  dass  viele  der  Urkunden,  die  man 
als  dänische  rubricirt  hatte,  seiner  Ansicht  nach  als  norwegische 
zu  betrachten  wären.  Als  er  darauf  zu  fürchten  begann,  dass  sein 
Wunsch  nicht  leicht  Erfolg  haben  würde,  wandte  er  sich  dieserhalb 
an  den  Grafen  Tjöwenhielm  und  ersuchte  ihn  um  seine  kräftige 
Mitwirkung.^)  Die  hauptsächliche  Veranlassung  zu  seinem  Eifer 
war  seine  Berechnung,  durch  den  Besitz  der  dänischen  Akten  auf 
Dänemark  einwirken  zu  können,  das  seiner  Meinung  nach  Norwegen 
dessen  wichtigste  historische  Schätze  unbillig  vorenthalte.  2) 

Graf  Löwenhielm,  der  sich  im  übrigen  gegen  Lundh  sehr 
wohlwollend  und  behülflich  zeigte,  weigerte  jedoch  in  diesem  Punkte 
jegliche  Unterstützung.  Er  erklärte,  dass  er  sich  nicht  für  berechtigt 
hielte  hierbei  einzugreifen,  und  erinnerte  daran,  dass  die  Archivalien, 
um  welche  es  sieh  nun  handelte,  von  der  bayrischen  Kogiorung 
als  ein  Zugeständniss  zu  betrachten  wären,  und  nicht  als  ein  Aus- 
tausch gegen  Entschädigung;  wenn  die  bayrische  Regierung  einen 
Theil  zurückbehalten  oder  an  Dänemark  überweisen  wolle,  so  könnten 
füglich  hiergegen  keine  Einwendungen  gemacht  werden. '^)  Trotzdem 
Graf  Löwenhielm  sich  somit  weigerte,  Unterstützung  zu  leisten  und 
noch  eher  abrieth,  gab  Lundh  seinen  Lieblingsplan  dennoch  nicht 
auf.     Er   wandte   sich   unmittelbar   an    das   bayrische   Ministerium 


*)  Lundli  an  löwenhielm,  d.  19.  Nov.  1829.  Original  im  schwed.  Reichs- 
Art'hiv. 

•)  Er  schrieb  (lariibor  an  (trafen  Ijöwenbielm  d.  14.  Nov.,  als  er  zuerst 
erwähnte,  dass  er  Hoffnung  habe,  alle  nordiselie  Archivalien  zu  bekommen: 
„Um  so  besser,  wenn  es  auch  die  Dänen  kränken  sollte,  welches  indessen  nicht 
schaden  kann.  Sie  haben  Norwegen  so  schändlich  ausgeplündert,  indem  sie  die 
historischen  Denkmäler,  besonders  die  schriftlichen  Ueberreste,  fortgeführt,  dass 
es  nicht  zu  viel  sein  kann,  wenn  wir  diesen  kleinen  Rest  behalten,  der  glück- 
licherweise ihren  Händen  entschlüpft  ist".  —  Ein  ander  mal  (d.  25.  Nov.) 
äussert  er  in  derselben  Sache:  „Dieses  wird  für  unseren  Hof  eine  prächtige 
Veranlassung  werden,  beim  Austauscß  von  den  Dänen  die  vielen  Schriftstücke 
ausgeliefert  zu  bekommen,  welche  Norwt^n,  Schonen  (Skäne),  Halland  und 
Blekinge  betreffen,  und  über  welchen  sie  jetzt  brüten,  wie  der  Drache  auf 
seinem  Golde". 

•)  Löwenhielm  an  Lundh,  d.  25.  Nov.  1829.  Coneept  im  Reichs- Archiv. 


184  Bowallius: 

und  —  hatte  Glück.  Die  bayrische  Kegierung  gestattete,  dass  die 
fraglichen  Archivalien  ungetheilt  ausgeliefert  würden  mit  der  Be- 
dingung, dass  die  Krone  Schweden  die  Ansprüche  befriedigen 
sollte,  welche  die  Krone  Dänemark  auf  gewisse  von  diesen  Akten 
(geltend)  machen  könnte,  und  mit  der  Hinzufügung,  „dass  Seine 
Majestät  (der  König  von  Bayern)  mit  Vergnügen  der  Ausführung 
und  den  Resultaten  der  freundlichen  Bereitwilligkeit  Seitens  der 
Krone  Schwedens  entgegensähe,  ein  Aequivalent  für  die  im  dreissig- 
jährigen  Kriege  fortgeführte  Bibliothek  von  Würzburg  zu  'bieten^^ 
Dass  nach  den  vorangegangenen  Unterhandlungen  nun  dieser  ganz 
unerwartete  Zusatz  gemacht  werden  konnte,  dazu  hatte  der  nor- 
wegische Deputirte  in  seinem  patriotischen  Eifer,  auch  die  dänischen 
Akten  zu  erhalten,  unleugbar  die  Möglichkeit  bereitet.  In  seiner 
Eingabe  an  den  Minister  des  Innern  hatte  Lundh  —  unvorsichtig 
genug  und  ohne  jeglichen  Auftrag  —  geäussert,  dass,  wenn  die 
von  den  Schweden  während  des  dreissigjährigen  Krieges 
aus  Bayern  entführton  „Objecto"  nicht  in  verschiedenen 
Städten  und  Bibliotheken  Schwedens  zerstreut  wären, 
sein  König  und  Herr  dieselben  schon  selbst  zurück- 
gegeben haben  würde,  aber  nöthige  Anordnungen  seien, 
so  weit  er  wüsste,  schon  getroffen,  um  aus  dem,  was 
dem  Laufe  der  Zeit  und  den  elementarischen  Unfällen 
entgangen,  für  die  Krone  Bayern  ein  Aequivalent  her- 
zustellen. Es  mag  für  Lundh  gowissermassen  zur  Entschuldigung 
dienen,  dass  ihm  wahrscheinlich  von  dem  stattgefundenen  Noten- 
wechsel bezüglich  der  Würzburger  Bibliothek  nichts  bekannt  war, 
aber  er  kann  von  dem  begangenen  Versehen  nicht  freigesprochen 
werden,  im  Namen  Schwedens  Versicherungen  abgegeben  zu  haben, 
wozu  er  in  keiner  Weise  berechtigt  war.  Er  selbst  erschien  über- 
rascht von  der  Auslegung,  die  seine  Worte  gefunden,  und  er  räumte 
ein,  dass  er  sich  vielleicht  zu  überschwänglicher  Ausdrücke  bedient 
habe;  er  hätte  dabei  aber  nur  an  die  AschaflFenburger  Diplome 
gedacht;  von  einer  Würzburger  Bibliothek  hätte  er  niemals  mit 
einer  Silbe  erwähnen  hören,  ja,  die  bayrischen  Minister  hätten  oft 
im  Laufe  des  Gesprächs  erklärt,  dass  die  Regierung  von  der  vorher 
gewünschten  vollständigen  Restitution  abgestanden  und  nun  ihre 
Wünsche  auf  Wiedererhaltung  der  Aschaffenburger  Diplome  be- 
schränke, wesshalb  er  fast  bezweifelte,  dass  die  königl.  Resolution 
die  in  der  ihm  vom  Reichs- Archiv  gemachten  Mittheilung  gebrauchten 


Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  n.  Urkunden  &c.        185 

Worte  „Bibliothek  von  Würzbiirg"  enthielte J)  Graf  Löwenhielm 
beglückwünschte  Lundh  zu  seinem  Erfolg,  jedoch  mit  dem  leisen 
Vorwurf,  dass  er  in  seinem  „lobenswerthen  Eifer  für  den  Zweck 
vielleicht  bezüglich  der  Wahl  der  Mittel  etwas  zu  weit  gegangen  sei". 
„Die  Bayern",  fügt  er  hinzu,  „haben  auch  nicht  versäumt,  in  ihrem 
ßescript  reichlich  Gebrauch  davon  zu  machen".  2) 

Es  ist  erklärlich  und  vielleicht  auch  verzeihlich,  dass  der 
Norweger  Lundh  aus  patriotischem  Eifer  sich  zu  einem  Verfahren 
hinreissen  Hess,  dessen  Missbilligung  in  Schweden  nicht  ausbleiben 
konnte.  Schwerer  ist  es  jedoch  zu  verstehen,  wie  er  gleichzeitig 
bei  seinen  ausdauernden  und  schliesslich  mit  Erfolg  gekrönten  Be- 
mühungen, in  München  die  nordischen  Archivalien  ungetheilt  zu 
erhalten,  Dänemark  selbst  seine  Dienste  antragen  konnte  dahin 
gehend,  dass  falls  die  dänische  Regierung  die  nothwendigen  Schritte 
thun  wolle,  um  die  Zustimmung  der  bayrischen  Regierung  zu  erhalten, 
er  als  Vertreter  derselben  die  dänischen  Akten  nach  Kopenhagen 
überbringen  wolle.  3)  Da  sein  Anerbieten  wirklich  angenommen 
wurde,  musste  er  es  mit  Vergnügen  gesehen  haben,  was  ja  auch 
eintraf,  dass  die  Vollmacht  erst  ankam,  nachdem  er  als  der  Ver- 
treter für  Schweden  und  Norwegen  schon  sämmtliche  Schriftstücke, 
auch   die  dänischen,   in  Empfang  genommen.-*)     Die  ausgelieferten 


>)  Lundh's  Briefe  an  I^wenhielra,  d.  26.  Dec.  1829  u.  2.  Febr.  1830. 
Originale  im  Reichs- Archiv. 

*)  Löwenhiehn  an  Lundli,  d.  1.  Jan.  li^30.  Concept  im  schwed.  Reichs- 
Ardiiv. 

•)  Dieses  Anerhieten  machte  er  im  Briefe,  d.  22.  Nov.  1829.  Allen, 
l  c.  p.  XXV.  Vier  Tage  vorher  ersuchte  er,  wie  ohen  erwttlmt,  Löwenhielm 
um  seine  Mitwirkung  zur  Auslieferung  aller  Archivaffen. 

**)  In  einem  Brief  an  Grafen  Löwenhielm  erwähnt  Lundh  der  dänischen 
Vollmacht  (ohne  jedoch  zu  berichten,  dass  sie  durch  sein  eigenes  Anerbieten 
hervorgerufen  worden)  mit  folgenden  Worten :  „In  dem  glückliclisten  Augenblick 
ist  diese  Sache  zu  Ende  geführt ;  deim  an  demselben  Tage,  wo  ich  die  Archivalien 
erhielt,  bekam  ich  einen  Brief  von  Kopenhagen,  worin  man  mich  benachrichtigt, 
dass  der  dänische  Gesandte  beim  Bundestage  in  Frankfurt  a.  M.  Instructionen 
eriialten,  bei  der  bayrischen  R^erung  wegen  Aushändigung  des  dänischen 
Antheils  an  den  Archivalien  in  Unterhandlung  zu  treten,  —  imd  worin  icli 
gleichzeitig  ersucht  wenle,  im  Namen  des  dänischen  Hofes  Akten  entgegen  zu 
nehmen  und  über  den  Empfang  zu  quittiren;  und  zu  dem  Zwecke  sende  der 
Minister  des  Auswärtigen,  (iraf  Schimmelpfemug,  eine  ausgefertigte  Vollmacht. 
Glücklicherweise  sind  sie  diesesmal  auch  zu  spät  gekommen,  und  ich  habe 
ihnen  also  nur  zu  antworten  gehabt,  dass  das  Ganze  uns  schon  übergeben  ist^ 


186  Bowallius: 

Archivalien  bestanden  aus  4430  Nummern,  welche  Lundh  1830  zu 
Anfang  des  Monats  März  nach  Christiania  heimführte  und  der 
Universität  tiberlieferte.  ^ 

Auf  diese  Weise  kamen  die  Archivakten  Christian  11.  nach 
langen  Irrfahi-ten  wieder  nach  dem  Norden.  Wenn  es  schon  eine 
schwere  Aufgabe  gewesen  war,  sie  wieder  nach  Skandinavien  zu 
schaffen,  so  gestaltete  es  sich  noch  weit  schwieriger,  die  Angelegen- 
heit zu  solchem  Abschluss  zu  bringen,  dass  jedes  der  nordischen 
Keiche  auch  seinen  ihm  zugehörigen  Antheil  bekäme.  Wenn  nur 
solche  Akten  ausgeliefert  worden  wären,  die  Norwegen  betrafen, 
so  hätte  sich  die  Sache  in  aller  Einfachlieit  und  ohne  Zwistigkeiten 
erledigen  lassen.  Aber  schon  in  dem  Briefe  des  Grafen  Armansperg 
vom  2.  Juni  1829  wurde  eine  Auslieferung  von  Archivalien  ver- 
sprochen, die  sowohl  Schweden  als  Norwegen  beträfen,  und  durch 
die  EntSchliessung  des  Königs  von  Bayern  vom  14.  December  — 
durch  das  Schreiben  des  bayrischen  Keichs-Archivs  vom  23.  December 
zu  Lundh's  Kenntniss  gebracht  —  wurde  die  Abtretung  aller  skan- 
dinavischen Archivakten  genehmigt,  jedoch  der  Krone  Schweden  die 
Verpflichtung  auferlegt,  etwaige  Ansprüche,  mit  welchen  die  Krone 
Dänemark  hervortreten  könnte,  zu  befriedigen.  In  Wirklichkeit 
hatte  dadurch  die  Frage  eine  Gestalt  gewonnen,  wo  sie  aufhörte, 
eine  ausschliesslich  norwegische  Angelegenheit  zu  sein.  Sie  wurde 
indessen  als  solche  Aveiter  behandelt.  Die  Universität  zu  Christiania 
nahm  die  Sache  in  die  Hand  und  seheint  geglaubt  zu  haben,  dabei 
in  ihrem  guten  Rechte  zu  sein.  Es  lag  gleichwohl  in  der  Natur 
der  Sache,  dass  man  sich  bequemen  musste,  an  eine  Theilung  zu 
denken,  zumal  da  Dänemark,  nachdem  es  in  München  zu  spät 
gekommen,  jetzt  nichfe  unterliess,  durch  seinen  Gesandten  in  Stock- 
holm an  seine  Ansprüche  zu  erinnern.  Aus  Anlass  der  Erinnerungen 
von  Seiten  Dänemarks  wurde  beschlossen,  dieser  Krone  das  Aner- 
bieten  zu   machen,   dass   sie   entweder   einen   sachkundigen   Mann 


und  dass  ich  im  übrigen  ohne  nähere  Krlaubniss  die  Ausführung  des  Auftrages 
nicht  würde  haben  übernehmen  können,  womit  man  mich  beehrte.  Damit  ist 
diese  Sache  abgemacht".  Lundh  an  Löweiüiiehn  d.  26.  Dec.  1829.  Original 
im  Reichs-Archiv,     vergl.  Allen,  1.  c.  p.  XXV.  * 

*)  Die  reklamirten  Akten  waren  durch  königl.  Entschlicssung  vom  19.  Sept. 
1829  schon  im  Voraus  für  die  Universität  bestimmt,  wohingegen  die  Kosten 
für  die  Ueberführung  von  der  Universität  getragen  werden  sollten.  Allen, 
1.  c.  p.  XXIV. 


Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  n.  Urkunden  &c.        187 

entsenden  möchte,  der  an  der  Untersuchung  der  Akten  theilnehme, 
oder  dass  sie  auf  die  Versicherung  eingehe,  auch  ohnedem  unweigerlich 
Alles  ausgeliefert  zu  erhalten,  was  in  der  Sammlung,  nachdem  sie 
geordnet  worden,  sich  als  ausschliesslich  Dänemark  oder  dänische 
Verhältnisse«  betreffend  erweisen  sollte.  Dänemark  erklärte  sich  mit 
einer  solchen  Versicherung  zufrieden,  worauf  nach  geschehener 
Anzeige  der  König  von  Schweden  und  Norwegen  durch  eine 
Resolution  vom  17.  August  1830  der  norwegischen  Regierung 
auferlegte,  darüber  zu  wachen,  dass  die  Auswahl  der  an  Dänemark 
abzuliefernden  Akten  in  einer  Weise  getroffen  Avürdo,  die  das  Ver- 
trauen rechtfertigte,  welches  die  dänische  Regierung  an  den  Tag 
gelegt.  Professor  Eundh  und  Lektor  R  Keyser  wurden  dazu  aus- 
ersehen, die  Vertheilung  vorzuschlagen,  aber  man  Hess  es  sich, 
wie  es  scheint,  wenig  angelegen  sein,  bald  zu  Ende  zu  kommen. 
Fast  zwei  Jahre  vergingen,  bevor  Lundh  und  Keyser  (am  17.  De- 
cember  1831)  dem  Collegium  Academicum  ihren  Theilungsvorschlag 
vorlegten.  Der  hauptsächlichste  Grundsatz  dieses  Vorschlages  lautete 
dahin,  dass  alle  Dokumente,  welche  einigermassen  Norwegen 
beträfen,  auch  Norwegens  Eigenthum  verbleiben  sollten ;  ein  anderer, 
nicht  weniger  wichtiger  war  der,  dass  alles,  was  sich  auf  den  Auf- 
enthalt Christian  IL,  seine  Rüstungen,  Unterhandlungen,  Reisen 
u.  s.  w.  bezöge,  ebenfalls  Norwegen  zngehören  sollte,  auf  Grund 
der  Maxime  Beati  possidentes.  Laut  diesem  Vorschlage  sollte 
Schweden  40,  Norwegen  4056  und  Dänemark  334  Nummern  erhalten. 
Aber  als  der  norwegische  Universitäts- Prokanzler,  Graf  Wedel- 
Jarlsberg,  gegen  diesen  Vorschlag  Einwand  erhob,  weil  er  ihm 
Schweden  gegenüber  unbillig  erschien,  bequemton  sich  Lundh  und 
Keyser  dazu,  später  (am  1.  Juni  1832)  mit  einem  anderen  Vor- 
schlage hervorzukommen,  der  etwas  vortheilhaftcr  für  Schweden 
ausfiel;  Schweden  sollte  hiernach  die  Akten  bezüglich  Herjedalen, 
Jemtland  und  Bohuslän  erhalten,  Dänemark  die,  welche  Island  und 
die  Färöer  betrafen;  in  Betreff  der  Archivalien,  welche  auf  Schonen, 
Hailand,  Blekinge  und  Gotland  Bezug  hätten,  war  vorgeschlagen, 
dieselben  dem  schwedischen  Antheil  zu  überweisen,  jedoch  mit  der 
Massgabe,  dass  Schweden  und  Dänemark  sich  über  die  Theilung 
zu  einigen  hätten.  Auf  Grund  dieses  Vorschlages  sollte  Dänemark 
295,  Schweden  91  und  Norwegen  4044  Nummern  erhalten.  Aber 
dieser  Theilungsvorschlag  wurde  von  dem  Collegium  Academicum 
vollständig  verworfen. 


188  BowaUius: 

•  Nun  endlich  fand  sich  die  schwedische  Regierung  veranlasst, 
einzugreifen  und  Schweden  bei  der  Theilung  repräsentirt  zu  sehen. 
Durch  Instruktion,  ausgefertigt  auf  Befehl  des  Königs  vom  18.  Juli 
1832  durch  den  Staatsminister  Grafen  von  Wetterstedt,  wurde  der 
derzeitige  Amanuensis  bei  der  Königl.  Gesellschaft  für  Herausgabe 
von  Handschriften  betreffend  die  Geschichte  Skandinaviens,  Sacri 
Ministerii  Adjunkt,  nachmaliger  Pfarrer  der  Adolf  Fredriks-Gemeinde 
in  Stockholm,  Nils  Johan  Ekdahl,  beauftragt^  unverzüglich  nach 
Christiania  abzureisen,  um  als  Bevollmächtigter  des  Königs  der 
Theilung  der  Münchener  Archivalien  beizuwohnen,  dieselbe  vorzu- 
nehmen und  sodann  den  Antheil  Schwedens  sowie  auch  den  dänischen 
nach  Stockholm  zu  bringen,  welcher  letztere  später  auf  ministeriellem 
Wege  an  die  dänische  Regierung  abgeliefert  werden  sollte.^)  Graf 
Wetterstedt  benachrichtigte  gleichzeitig  den  norwegischen  Staats- 
minister über  die  Entsendung  Ekdahl's  und  über  dessen  Instruktion, 
und  ersuchte  ihn,  Veranstaltungen  zu  treffen,  dass  die  zuständigen 
Autoritäten  in  Norwegen  aus  Anlass  dessen  die  nöthigen  Vor- 
schriften erhalten  möchten.  Die  Beorderung  eines  Vertreters  für 
Schweden  zu  der  Theilung  der  Schriftstücke  war  unzweifelhaft  ebenso 
berechtigt  wie  erforderlich;  nur  das  kann  mit  Recht  angemerkt 
werden,  dass  diese  Massnahme  schon  weit  früher  hätte  getroffen 
werden  müssen.  Daneben  wäre  es  wün sehen swerth  gewesen,  dass 
die  Wirksamkeit  des  Deputirten  der  Leitung  und  Aufsicht  einer 
sachkundigen  Behörde  unterstellt  worden  wäre,  ein  wichtiger  Um- 
stand, welcher  nun  völlig  vergessen  wurde,  und  zwar  dem  Deputirten 
selbst  nicht  zu  geringem  Nachtheil.  Ekdahl  war  ein  junger  Mann 
von  grosser  Tüchtigkeit  und  in  der  geschichtlichen  Forschung  nicht 
unbewandert.  Inwieweit  er  im  übrigen  für  den  Auftrag  vollständig 
geeignet  war,  mag  dahingestellt  bleiben.  So  viel  ist  gewiss,  dass 
seine  Aufgabe  eine  ausserordentlich  schwere  wurde.  Es  kommt 
einem  fast  unglaublich    vor,   ist   aber   nichtsdestoweniger   faktisch. 


*)  Die  Instruktion  ist  nach  einem  Concept  im  Archiv  des  Auswärtigen 
Amtes  (Beilage  IV)  mitgetheilt.  Allen  berichtet,  dass  Ekclalil  auch  den  Auftrag 
hatte,  Dänemarks  Rechte  zu  überwachen.  Dieses  stimmt  je<ioch  mit  der  wirk- 
lichen Sachlage  nicht  tiberein.  Die  Instruktion  erwähnt  davon  kein  Wort.  Auch 
war  schon  frülier  der  norwegischen  Regierung  aufgegeben  worden,  das  Recht 
Dänemarks  wahrzunehmen,  unter  welchen  Umständen  es  vermuthlich  nicht  für 
angebracht  gehalten  wurde,  dieses  officium  nobile  dem  schwedischen  Abgesandten 
zu  übertragen. 


Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  n.  Urkunden  &c.        189 

dass,  als  Ekdahl  Ende  Juli  1832  sich  in  Christiania  einfand,  um 
als  bevollmächtigter  Vertreter  des  Königs  der  Theilung  beizuwohnen 
und  dieselbe  zu  Stande  zu  bringen,  ihm  der  Zutritt  zu  den 
Akten,  die  gotheilt  werden  sollten,  verweigert  wurdeJ) 
Nach  vielen  Kämpfen  und  nach  langer  Korrespondenz  wurde  ihm 
endlich  am  7.  December  1832  der  Zutritt  zu  den  Archivalien  ge- 
währt, aber  erst,  nachdem  der  König  am  26.  November  eine  aus- 
drückliche Vorschrift  erlassen  und  seine  Unzufriedenheit  über  die 
langsame  Behandlung  der  Angelegenheit  zu  erkennen  gegeben.  2) 
Nach  mehrwöchentlicher  Untersuchung  der  Schriftstücke  „unter 
Lundh's  und  Keyser's  Aufsicht",  trat  Ekdahl  den  28.  Januar  1833 
mit  seinem  Theilungsvorschlag  hervor,  laut  welchem  Schweden  638, 
Norwegen  3683  und  Dänemark  109  Nummern  bekommen  sollte. 
Es  ist  wahrscheinlich,  dass  Ekdahl  einseitig  genug  die  Vorschriften 
seiner  Instruktion  angewendet,  aber  schon  diese  Vorschriften  erregten 
in  Norwegen  Anstoss,  weil  man  meinte,  dass  dieselben  eine  Kränkung 
des  norwegischen  Rechtes  enthielten.  3)  Ekdalil's  Theilungsvorschlag 
stiess  auch  bei  Lundh  und  Keyser  auf  entschiedenen  Widerstand, 
welche  am  15.  Mai  einen  Gegenvorschlag  machten,  der  von  dem 
Collegium  Academicum  gebilligt  wurde.  Keyser  selbst  hat  später 
über  das  gegenseitige  Verhältniss  dieser  beiden  Vorschläge  Aeusser- 
ungen  gethan,  die  recht  bemerkenswerth  und  aufklärend  zu  gleicher 
Zeit  sind.  4)     „Ebensowie   HeiT   Ekdahl's  Theilungsvorschlag  über- 


')  Ekdahl's  Erklärung  an  das  Hof-Kanzleramt  vom  25.  November  1836. 
Reichs- Archiv. 

•)  Schreiben  des  norwegischen  Staats-Ministers  an  den  Minister  für  Aus- 
wärtige Angelegenheiten  vom  27.  November  1832  (Original  im  Archiv  des  Aus- 
wärtigen Amtes)  Beil.  V.  Allen  berichtet  (Faedrelandet  1850,  Nr.  133),  tlass 
die  Streitigkeiten  zwischen  Ekdalil  und  dem  Collegium  Academicum  bis  zu  den 
„äussersten  Grenzen  der  Leidenschaften"  gingen. 

■)  Die  Schwierigkeiten  bei  der  Auseinandersetzung  kamen  daher,  dass 
nach  den' in  Norwegen  herrschenden  Ansichten,  dieses  Land  der  rechtmässige 
Besitzer  aller  Mtinchener  Archivalien  zu  sein  glaubte.  Das  Archiv  Olof  Engel- 
brechtsen's  konnte  mit  Recht  als  Norwegens  Eigenthum  bezeichnet  werden,  das 
übrige  war  offenbar  nur  ein  Depositum,  da  die  ganze  Sammlung  von  dem 
Könige  von  Bayern  dem  Könige  von  Schweden  und  Norwegen  überliefert 
worden  war  unter  der  unverkennbaren  Voraussetzung  einer  Theilung. 

*)  Keyser's  Schreiben  an  das  Collegium  Academicum  in  Christiania  vom 
24  April  1834.  Abschrift  unter  den  Akten  des  Hof -Kanzleramtes  im  Reichs- 
Archiv.   Beilage  \Tn. 


190  BowaUius: 

spannt  und  ganz  und  gw  gegen  das  Keeht  Norwegens  streitend 
war",  sagt  er,  „so  war  auch  Professor  Lundh's  und  meiner  —  ich 
gebe  das  gerne  zu  —  wohl  ziemlich  darauf  berechnet,  demselben 
entgegenzutreten  und  deshalb  in  gewisser  Beziehung,  was  den 
schwedischen  Antheil  anbetrifft,  sparsamer,  als  er  hätte  sein 
können  und  sein  müssen,  sofern  Herr  Ekdahl  in  seinen  For- 
derungen weniger  tiberspannt  und  insonderheit,  wenn  nicht  die 
Rede  davon  gewesen  wäre,  um  die  Dokumente,  welche  sowohl  Nor- 
wegen als  Schweden  angingen,  und  um  die  ganze  Abtheilung 
„Allgemeines"  das  Loos  zu  werfen,  ein  Verfahren,  wodurch  das 
Interesse  und  die  Brauchbarkeit  der  Archivaliensammlung  für  die 
Geschichte  in  hohem  Grade  verringert  werden  würde".  Hieraus  geht 
deutlich  genug  hervor,  dass  schon  die  Instruktion  Ekdahl's  in  den 
Augen  der  Norweger  ein  Stein  des  Anstosses  war. 

Es  wurde  schliesslich  klar,  dass  die  Ansichten  einander  zu 
schroff  gegenüber  standen,  als  dass  eine  Ausgleichung  hätte  erzielt 
werden  können.  Graf  Wedel -Jarlsberg  entschloss  sich  dalier,  den 
Streitigkeiten,  „die  leicht  ebenso  langwierig  werden  könnten  wie 
die,  welche  dem  westphälischen  Frieden  vorausgingen",  ein  Ende 
zu  machen,  und  er  schlug  zu  diesem  Zwecke  gewisse  Grundzüge 
für  die  Theilung  vor,  welche  förmlich  festgestellt  werden  müssten. 
Dieser  Versucli  hatte  erwünschten  Erfolg.  Der  König  genehmigte 
durch  Ordre  vom  6.  Februar  1834  specielle  Regeln  für  die  endgiltige 
Theilung  und  verordnete  Ekdahl  und  Keyser  dazu,  dieselben  zur 
Ausführung  zu  bringen.  Die  nun  festgestellten  speziellen  Regeln, 
welche  Ekdahl  in  einer  weiteren  Instruktion  zur  Befolgung  mit- 
getheilt  wurden,  enthielten: 

1)  dass  sämmtliche  Schriftstücke  in  vier  Klassen  getheilt  werden 
sollten :  in  schwedische,  norwegische,  dänische  und  allgemeine, 
welche  letzteren  Norwegen  zufallen  sollten,  doch  mit  dem 
Vorbehalt  für  Schweden  und  Dänemark,  sowohl  von  diesen 
„allgemeinen"  als  auch  von  denen  Abschriften  nehmen  zu 
dürfen,  welche  im  übrigen  Norwegen  zugetheilt  würden,  und 
mit  denselben  Rechten  für  Norwegen  bezüglich  der  Akten- 
antheile  Schwedens  und  Dänemarks; 

2)  dass  die  Schriftstücke,  welche  Provinzen  und  Vasallenländer 
angingen,  die  ehemals  einem  dieser  Reiche  zugehört,  aber 
später  von  demselben  abgetreten  worden,  dem  Reiche  zufallen 
sollten,  zu  dem  sie  nun  im  Abhängigkeitsverhältniss  ständen ; 


Beitrag  zur  Geschichte  von  König  Christian  n.  Urkunden  &c.        191 

sowie   dass   die  Akten,  die  ausschliesslich  von  Christian  11. 
als  Familienoberhaupt  handelten,  wie  auch  die,  welche  Olden- 
burg und  Delmenhorst,  und  die  Ehescheidungsfrage  zwischen 
dem  Kurfürsten  Joachim  von  Brandenburg  und   seiner  Ge- 
mahlin, der  dänischen  Prinzessin  Elisabeth,  betrafen,  Däne- 
mark überwiesen  werden  sollten. 
Nachdem  die   hauptsächlichsten  Streitfragen   durch  Gebot  des 
Königs  geschlichtet  worden,  kam   die  Theilung   am  24.  April  1834 
zu  Stande.  Hierbei  wurden  Schweden  280,  Dänemark  347  und  Nor- 
wegen 3802  Nummern  zuerkannt. 


VII.  Russisches  Staatsarchiv  in  Witebsk. 

Auszug  aus  der  Darstellung  des  Herrn  Laiin  im  dritten  und  vierten  Band 
der  Zeitschrift  des  archäologischen  Instituts  in  St.  Petersburg. 


In  Polen  und  Litthauen  hat  die  Regierung  bei  dem  ersten  Er- 
scheinen geschriebener  Gesetze  ihre  besondere  Aufmerksamkeit  darauf 
gerichtet,  dass  juristische  und  andere  Akten  auf  das  Sorgfaltigste 
aufbewahrt  wurden.  Das  Litthauen'sche  Statut  und  die  Comitial- 
verhandiungen  schrieben  genaue  Regeln  über  die  Aufbewahrung 
der  Akten  vor,  und  rügten  streng  jede  frevelhafte  Verletzung  ilirer 
Unantastbarkeit.  In  jeder  höheren  oder  niederen  Behörde,  und  solcher 
gab  es  Hunderte  in  dem  russisch -litthauen'schen  Fürsten thum, 
wurde  gesetzlich  ein  besonderes  Gelass  zur  Aufbewahrung  der 
Aktenbücher  eingeräumt,  und  wo  ein  solches  nicht  vorhanden  war, 
wurde  befohlen,  auf  Staats-  und  sogar  auf  Kronskosten  ein  beson- 
deres vor  Feuer  und  Wasser  geschütztes  Gebäude  zu  errichten. 
Der  Eintritt  in  das  Archiv  war  fremden  Personen  streng  verboten. 
Die  Behörden  waren  verpflichtet,  zu  Ende  des  Jahres  all  ihre  Akten 
in  besondere  Bücher  einbinden  zu  lassen;  jedes  Aktenstück,  so 
gering  es  auch  sein  mochte,  war  einer  Zusammenheftung  und  Unter- 
schrift des  Schreibers  oder  des  Regenten  zur  Bestätigung  seiner 
Authenticität  unterworfen.  Für  das  Fälschen  der  Akten  war  eine 
strenge  Strafe,  in  besonders  wichtigen  Fällen  sogar  die  Todesstrafe 
festgesetzt. 

Nach  der  Vereinigung  der  westlichen  Gebiete  mit  Russland 
lenkte  dessen  Regierung  ihre  Aufmerksamkeit  auf  die  entdeckten 
Missbräuche,  die  in  Radiren,  Hinzuschreiben  und  sogar  Fälschen 
der  Akten  bestanden.  In  Folge  dessen  wurden  zwei  besondere 
Kommissionen  eine  nach  der  anderen  beordert,  die  Tauf-»  und  Akten- 
bücher in  den  von  Polen  zurück  erhaltenen  Gouvernements  durch- 
zusehen. Bei  der  Einführung  genannter  Kommissionen  wurde  ein 
besonderer  kaiserlicher  Ukas  erlassen,   der  dem  Senat  durch   den 


Laiin:  Russisches  Staatsarchiv  in  Witebsk.  193 

Justizminister  am  19.  Dezember  1833  eröffnet  wurde.  „Nach  ein- 
gelaufenen Berichten^^,  heisst  es  darin,  „über  die  in  Wilna  und  den 
samogitskischen  Kreisen  herrschenden  Missbräuche,  die  in  Nach- 
ahmung falscher  Dokumente  zum  Beweis  der  Adelsherkunft  bestehen, 
wurden  auf  Allerhöchsten  Befehl  Untersuchungen  veranstaltet,  durch 
welche  die  Schuldigen  und  deren  Mitschuldige,  sowie  auch  die  Ver- 
brechen dieser  Personen  bezeichnet  sind."  Ausserdem  wurde  ent- 
deckt, dass  in  jenem  Bezirk  in  Privathänden  sich  in  grosser  Anzahl 
Blankes  mit  der  wirklichen  Unterschrift  der  früheren  polnischen 
Könige  befanden,  welche  leicht  durch  Bösewichter  in  falsche  Doku- 
mente verwandelt  werden  konnten.  Man  kann  jedoch  nicht  sagen, 
dass  die  zu  diesem  Zwecke  eingesetzten  Kommissionen  ihre  Be- 
stimmung erreicht  hätten;  wesshalb  es  auch  jetzt  noch  vorkommt, 
dass  die  Beamten  genannter  Archive  auf  Akten  stossen,  deren 
Aechtheit  sie  bezweifeln. 

Gemäss  kaiserlicher  Anordnung  vom  2.  April  1852  wurden 
in  den  westlichen  Gouvernements  drei  Central-Archive  errichtet:  in 
Wilna  für  die  Aktenbücher  der  Gouvernements  Wilna,  Grodno, 
Kowno  und  Minsk ;  in  Kiew  füi^  die  Gouvernements  Kiew,  Podolsk 
und  Wolensk;  und  in  Witebsk  für  die  zwei  Gouvernements  von 
Weissrussland :  Witebsk  und  Mohilew.  Die  zwei  ersten  Archive 
wurden  zum  Ressort  des  Ministeriums  der  Volksaufklärung  gezogen 
und  das  letzte  zum  Ministerium  der  inneren  Angelegenheiten.  Sie 
wurden  zu  verschiedenen  Zeiten  eröffnet,  das  Witebsker  zuletzt; 
denn  das  Aufsuchen  eines  Lokals  und  das  Zusammenbringen  und 
Konstatiren  einer  grossen  Anzahl  von  Aktenbüchern  verzögerten 
die  Sache,  so  dass  dieses  Archiv  erst  im  Jahre  1863  seine  Thätig- 
keit  beginnen  konnte.  / 

In  einem  der  ältesten  Theile  der  Stadt  Witebsk,  der  von  drei 
Seiten  von  den  Flüssen  Düna,  Witbo  und  einem  namenlosen,  jetzt  fast 
ausgetrockneten  Bache  umgeben,  existirten  einstmals  zwei  Schlösser: 
„das  obere  und  untere",  von  denen  in  jetziger  Zeit  fast  keine  Spuren 
übriggeblieben.  Bei  dem  untern  Schlosse  befand  sich  eine  kathoUsche 
Pfarrkirche,  dem  örtlichen  Dialekte  gemäss  „Pfarre"  genannt,  und 
in  dieser  Pfarre  ist  eben  jetzt  das  Centralarchiv  zusammen  mit 
den  Archiven  der  Gouvernementsverwaltung  und  der  früheren  General- 
Gouvemementskanzlei  untergebracht.  Das  umfangreiche  und  hohe 
Kirchengebäude  ist  zu  zwei  Stockwerken  umgebaut,  von  denen  der 
kleinere  Theil,  wo  früher  der  Altar  stand,  zum  Centralarchiv  ein- 

ArchiTAlIsclie  Zeitsohrift  VII.  13 


194  Laiin: 

geräumt,  der  grössere  Theil  von  zwei  anderen  Archiven  eingenommen 
ist.  In  der  untern  Etage  des  Centralarchivs  ist  ein  Arbeitszimmer 
eingerichtet^  und  in  der  obern  befindet  sich  in  zwei  ziemlich  ge- 
räumigen Zimmern  das  eigentliche  Archiv.  In  dem  einen  ist  der 
Fussboden  aus  Stein,  in  dem  andern  aus  Holz;  die  Fenster  sind 
mit  Gitterwerk  und  eisernen  Innenladen  versehen.  Darüber  hebt 
sich  statt  einer  Decke  ein  kuppelfomiiges  Gewölbe,  unter  ihm  stehen 
die  Statuen  der  h.  Apostel  Peter  und  Paul.  Bei  dem  Gebäude 
befindet  sich  ein  geräumiger  Hof.  Ordnung,  Eeinlichkeit  und  Auf- 
sicht sind  musterhaft.  Aufgestellt  sind  auf  49  Gestellen  1823  Akten- 
bücher —  '956  aus  Witebsk  und  867  aus  Mohilew.  Die  Bücher 
sind  nicht  nach  ihrem  Inhalt  (Stadtbüclier,  Landschaftsbücher  u.  s.  w.) 
geordnet,  sondern  nach  den  Oertlichkeiten,  von  welchen  sie  geschickt 
worden  (Bücher  aus  Witebsk,  Orschansk,  Rjätschitzk  u.  s.  w.).  Das 
äussere  Ansehen  ist  sehr  verschieden.  Die  einen  sind  nicht  grösser 
als  Hefte  von  10 — 12  Blättern,  die  andern  grosse  Folianten,  von 
denen  jeder  1500,  sogar  2000  Blätter  enthält.  Der  grösste  Theil 
der  Bücher  ist  eingebunden,  viele  aber  bilden  noch  einfache  Pakete. 
Die  Einbände  sind  in  nicht  geringer  Anzahl  dem  Alter  der  Bücher 
entsprechend  5  der  grössere  Theil  aber  gehört  einer  späteren  Zeit 
an.  Die  alten  Einbände  gleichen  sich  grösstentheils  alle:  ein  dauer- 
hafter Lederrücken  und  massive  Deckel  aus  Eichenholz  mit  Leder 
überzogen,  an  manchen  haben  sich  messingene  feste  Spangen  er- 
halten. Auf  vielen  Einbänden  sind  auf  dem  Leder  verschiedene 
Ornamente  und  Figuren  eingepresst:  Kruzifixe,  Adler,  ein  Reiter 
(das  Wappen  von  Litthauen),  Stadtwappen  und  Wappen  von  Privat- 
personen; einige  von  ihnen  sind  sehr  kunstreich,  sogar  schön  ange- 
fertigt; auf  einigen  Einbänden  ist  oben  auf  dem  Deckel  in  slavoni- 
schen  Buchstaben  hübsch  das  Jahr  eingepresst,  in  welchem  das 
Buch  beendet  worden ,  grösstentheils  eines  der  siebenziger  Jahre, 
es  kommen  aber  auch  solche  aus  dem  17.  Jahrhundert  vor.  Die 
Mehrzahl  der  Bücher  aber  ist  in  Leinwandeinbänden  mit  Leder- 
rücken, eine  grosse  Anzahl  in  einfachen  Papierumschlägen  mit 
Leinwandrücken.  Man  findet  auch  nass  gewordene  und  halb  ver- 
brannte Bücher.  Nach  den  Verzeichnissen  zu  urtheilen,  sind  viele 
Bücher  schon  seit  langen  Jahren  verloren  gegangen. 

Die  Thätigkeit  des  Centralarchivs  von  Witebsk,  sowie  auch 
der  beiden  anderen  von  Kiew  und  Wilna  zerfällt  in  zwei  Theile: 
den  administrativ-juristischen  und  den  wissenschaftlichen.  Zum  ersten 


Russisches  Staatsarchiv  in  Witehsk.  195 

gehören:  das  Durchsehen  juristischer  Dokumente  über  das  Eigen- 
thumsre^jht,  über  Adelsabstammung  u.  s.  w.,  und  die  Herausgabe 
von  Auszügen  an  Personen,  die  derselben  bedürfen.  Die  administrative 
Thätigkeit  des  Witebsker  Centralarchivs  hat  während  seiner  17jährigen 
Existenz  vollkommen  dem  Zweck  seiner  Gründung  entsprochen  und 
somit  zweifellos  seinen  Nutzen  dargelegt.  Hundertfach  haben  sich 
jene  unbedeutenden  Ausgaben  bezahlt  gemacht,  welche 
der  Staat  dafür  gemacht  und  noch  macht  Aber  einen  noch 
grösseren  Dienst,  als  dem  Staate,  erwies  dieses  Archiv  der  Wissen- 
schaft durch  seine  Herausgabe  der  Akten,  welche,  wie  es  scheint, 
die  Anordnung  vom  2.  April  des  Jahres  1852  nicht  ins  Auge  gefasst 
hatte.  Es  ist  wahr,  dass  in  dieser  Beziehung  das  Witebsker  Central- 
archiv  ziemlich  weit  hinter  seinen  Mitbrüdern,  dem  Wilnaer  und  noch 
mehr  dem  Kiewer  zurückblieb,  da  es  seine  redaktionelle  Thätigkeit 
erst  mit  dem  Jahre  1861  begann.  Allein  man  darf  nicht  vergessen, 
dass  das  Witebsker  Archiv  durchaus  nicht  unter  gleich  glücklichen 
Verhältnissen,  wie  die  beiden  andern  Archive  gegründet  worden,  von 
Kiew  als  einer  Universitätsstadt,  wo  viele  gelehrte  Kräfte  zur  Hand 
sind  und  ausserdem  noch  eine  besondere  speciell-redaktionelle  Kom- 
mission besteht,  gar  nicht  zu  reden.  Sogar  in  Wilna,  wo  eine  höhere 
Lehranstalt  sich  findet,  gestalteten  sich  die  Umstände  so  angenehm, 
dass  das  dortige  Centralarchiv  einen  ziemlich  grossen  Ueberfluss  an 
Material  für  Herausgabe  schafTen  konnte  und  noch  schafft,  und  dass 
dort  sich  mehr  Kräfte  und  Mittel  dafür  ergaben.  In  i^iew  und  Wilna 
existiren  besondere  Kommissionen  mit  guten  Etats,  und  alle  ihre 
Anstrengungen  richten  sich  auf  die  Herausgabe  von  historischem 
Material,  das  sie  nicht  nur  aus  den  örtlichen  Centralarchiven,  son- 
dern auch  aus  anderen  Quellen  schöpfen.  In  Witebsk,  wie  schon 
gesagt,  liegt  alle  juristische  und  redaktionelle  Arbeit  auf  einer 
Person  —  dem  Archivar.  Dieser,  Herr  Sosonow,  begann  seine 
redaktionelle  Thätigkeit  1871  und  gab  im  Laufe  von  neun  Jahren 
zehn  umfangreiche  Bände  heraus,  historisch -juristisches  Material, 
entnommen  aus  den  Aktenbüchern  der  Gouvernements  Witebsk 
und  Mohilew,  und  bereitet  eine  neue  Ausgabe  vor.  Von  der 
ganzen  Masse  von  Aktenbüchern,  die  sich  in  dem  Witebsker  Central- 
archiv befinden,  gehören  sehr  wenig  dem  16.  Jahrhundert  und  auch 
diese  nur  dem  Ende  an  und  sehr  selten  der  ersten  Hälfte,  alle 
übrigen  fallen  schon  ins  17.  und  18.  Jahrhundert.  Die  Behörden, 
bei  denen  diese  Akten  zusammengestellt  worden,  waren  mit  wenigen 

13* 


196  Laiin: 

Ausnahmen  Gerichtsbehörden  und  da^u  noch  die  allerniedrigsten. 
Alle  Akten  höherer  Instanz,  der  Tribunalgerichte,  befinden  sich 
ausschliesslich  im  Wilnaer  Centralarchiv.  Es  darf  jedoch  nicht  ausser 
Acht  gelassen  werden,  dass  im  Königreiche  Polen  und  im  russisch- 
litthauen'schon  Fürstenthum  der  Bereich  der  Behörden  ehemals  weit 
umfangreicher  als  jetzt  war;  es  gehörten  dazu  viele  Angelegenheiten 
in  Sachep,  des  Staatsrechts,  der  Administration  u.  s.  w.  Daher  ist  der 
von  Forschern  gemachte  Vorwurf  über  Einförmigkeit  und  geringen 
Werth  in  Betreff  des  Inhalts  unserer  Centralarchive  (mit  Ausnahme 
des  Wilnaer)  lange  nicht  begründet.  Die  Archive  geben  vieles  kost- 
bare Material  sowohl  für  die  Geschichte  des  russischen  Rechts,  als 
auch  und  vielleicht  noch  viel  mehr  für  die  Kulturgeschichte. 

Von  den  1823  Aktenbänden  sind  im  Verlauf  der  ersten 
neun  Jahre  erst  281  bearbeitet,  und  bereits  ist  viel  unschätzbares 
Material  zu  Tage  gefördert.  In  hellen  Farben  zeichnen  sich  vor 
unsern  Augen  BUder  des  städtischen  Lebens  aus  dem  17.  und 
18.  Jahrhundert,  die  ökonomische  Lage  einiger  unserer  ältesten 
rein  russischen  Städte  (z.  B.  Mohilews),  die  Einrichtung  der  städti- 
schen Zünfte,  gegenseitige  Beziehungen  der  Stände,  Zusammenstoss 
der  weltlichen  und  geistlichen  Mächte  u.  s.  w.  Vollständig  gedruckt 
sind  die  Einnahme-  und  Ausgabebücher  der  Stadt  Mohilew,  die 
uns  sowolil  mit  der  administrativen  Einrichtung  der  Städte,  ihrer 
Selbstverwaltung,  als  auch  mit  ihren  Finanzen  im  17.  Jahrhundert 
bekannt  machen.  Die  spärlichen  Stadteinkünfte  wurden  nicht  ohne 
Mühe  und  nicht  ohne  Klagen  der  Zahlenden  gesammelt;  es  kamen 
zahlreiche  Fälle  von  Rückständen  vor,  den  schlechten  Zahlern  nahm 
man  ihr  Eigenthum,  auch  Kleidungsstücke  und  Geräthe  weg,  man 
„beraubte  sie",  wie  es  in  den  Akten  heisst.  Beim  Einzahlen  der 
Rückstände  übrigens  wurde  das.  Geraubte  dem  Eigenthümer  zurück 
erstattet.  Den  Hauptposten  der  Stadteinnahmen  bildete  die  Getränk- 
steuer, in  manchen  Jahren  veranschlagte  sie  sich  auf  zwanzig  tausend 
Goldstücke  und  darüber,  ein  beträchtlicher  Theil  derselben  floss 
aber  in  den  königlichen  Privatschatz.  Es  trug  sich  zu,  dass  die 
Städte  in  eine  solch  ärmliche  Lage  kamen,  dass  sie  nicht  nur  zum 
Verpfänden  des  Stadteigenthums,  sondern  auch  der  Kirchengeräthe 
greifen  mussten.  Dagegen  wurden  an  einflussreiche  Personen  Gte- 
schenke  gemacht  an  Geld  und  Naturalien  von  Zobel,  Hermelin  und 
andern  russischen  Fellen  zu  Pelzen  und  von  theuren  Seidenstoffen 
zu  Ueberzügen  derselben.    In  einem  Testament  von  1702  vertheilt 


KusBiBchee  Staatearchiv  in  Witebsk,  197 

Bürgenneister  Hutoro witsch  weit  über  100,000  Goldstücke  an  Kirchen, 
Klöster  und  Armenhäuser  in  Mohilew  und  der  ganzen  weiten  Um- 
gegend, das  Geld  für  seine  Kinder  aber  Hess  er  in  harten  Thalern 
auf  dem  Kathhause  zu  Danzig  verwahren.  In  einem  andern  Bande 
der  Akten  befindet  sich  eine  polnische  Klageschrift  vom  Jahre  1692 
gegen  die  Mohilewer  Juden,  weil  sie  christliche  Kinder  tödten  sollten, 
um  deren  Blut  zu  erhalten,  das,  wie  man  sagte,  zur  Bereitung 
jüdischer  Passahbrode  (Mäzen)  nöthig  sei.  Alle  Akten  dieser  ältesten 
Zeit  wurden  in  russischer  Sprache  geschrieben;  vom  17.  Jahrhundert 
an  theils  russisch,  theils  polnisch ;  aber  von  der  zweiten  Hälfte  des 
17.  Jahrhunderts  bis  zur  Vereinigung  des  Westens  mit  Russland  ist 
die  polnische  Sprache  wieder  vorherrschend.  Diese  aber  ist  nach  Satz- 
bildung und  Wortfolge  so  wenig  der  jetzigen  polnischen  Sprache 
ähnlich,  dass  sie  vielmehr  dem  örtlichen  „einfachen"  Dialekt  von 
Weissnissland  sich  annähert. 

In  die  frühere  katholische  Kirche,  in  welcher  das  Central- 
archiv  sich  befindet,  ist  seit  1862  auch  das  Archiv  der  früheren 
Witebsker  Gouvernementsverwaltung  und  des  früheren  General- 
gouverneur-Bezirks gebracht.  Ihnen  ist  der  ganze  Kirchenraum,  die 
Altarpartio  ausgenommen,  zugewiesen.  Dieses  Lokal  ist  sehr  bequem 
und  besteht  aus  drei  Stockwerken,  zu  denen  hölzerne  Treppen  hin- 
auffuhren; in  der  unteren  Etage  ist  der  Fussboden  aus  Stein,  in 
den  zwei  übrigen  aus  Holz.  Das  Archiv  des  früheren  General- 
gouverneur-Bezirks nimmt  jedoch  nur  einen  kleinen  hinteren  Theil 
des  ganzen  Raumes  ein.  Der  grössere  Theil  der  Akten  ist  zu  den 
Gouvernementsverwaltungen  nach  Witebsk  und  Smolensk  geschickt; 
einige  wurden  zum  Zweck  von  Nachforschungen  zum  Ministerium 
der  inneren  Angelegenheiten,  zum  hl.  Synod  und  zum  Hauptstab 
gefordert,  von  wo  aus  nicht  alle  zurückgeschickt  worden  sind.  Zwar 
sind  von  den  weggesandten  Akten  Inhaltsverzeichnisse  zurück- 
behalten, das  Verschwinden  derselben  aber  aus  dem  Witebsker 
Archiv  ist  kein  geringer  Verlust.  Was  noch  vorhanden  soAvie  die 
Inhaltsverzeichnisse  geben  ausführlich  Kunde,  wie  sich  die  griechisch- 
russische Geistlichkeit  mit  der  Regierung  vereinigte,  sobald  die 
politische  Wiedervereinigung  des  Gebietes  mit  Russland  Statt  fand, 
um  auch  die  kirchliche  zu  Stande  zu  bringen,  d.  h.  den  Katholizismus 
zu  verdrängen.  Dahin  gehören  die  Aktenstücke  über  den  Bau 
russischer  Kirchen  in  den  früheren  unirten  und  sogenannten  ge- 
mischten Gemeinden   und  über   die   Sicherstellung   der  russischen 


198  Laiin- 

Geistlichkeit;  Schriften  über  die  zum  Katholizismus  Verführten,  über 
die  Einmischung  der  katholischen  Geistlichkeit  in  Sachen  der  russisch- 
griechischen Kirche,  über  die  gesetzlose  Wiederherstellung  erledigter 
Bethäuser,  über  den  heimlichen  Verkauf  von  Gegenständen  mit 
symbolischen  Abbildungen,  Akten  über  die  Raskolniki,  und  über  die 
Unruhen  der  gutsherrschaftlichen  Bauern.  Im  Jahre  1839  wurde  in 
dem  ganzen  Gebiete  der  „Triumph  der  rechtgläubigen  Kirche"  gefeiert 
Der  andere  Theil  der  Akten  betrifft  die  sogenannten  Sekten,  die 
sich  von  der  rechtgläubigen  Kirche  getrennt  haben.  Die  weiss- 
russischen  Gouvernements  dienten  schon  lange  als  Zufluchtsort  der 
Abtrünnigen  mit  ihren  verschiedenen  Lehren  und  Gebräuchen.  Aber 
auch  in  andern  Gegenden  bildeten  diese  Raskolniki  ganze  Gruppen, 
welche  als  etwas  für  sich  Bestehendes  gleichsam  ein  Zauberkreis  ein- 
schloss,  der  sich  eifrig  gegen  jede  Berührung  mit  der  übrigen  Welt 
schützte.  Innerhalb  dieses  Kreises  blieb  die  russische  Bevölkerung 
während  der  ganzen  Zeit  der  polnischen  Herrschaft  unantastbar 
russisch,  und  als  solche  fand  sie  auch  die  russische  Regierung  vor, 
die  alsbald  gegen  diese  Sekten  mehr  oder  weniger  drückende  Mass- 
regeln ergriff.  Den  Hauptplatz  nehmen  hier  die  Akten  ein  über  die 
Schliessung  der  Bethäuser  der  Raskolniki,  über  ihre  „Lehrer",  über 
die  Pässe,  die  mit  der  grössten  Vorsicht  Denen  gegeben  wurden, 
die  ihren  früheren  Wohnort  verliessen. 

In  den  Akten  des  Archivs  findet  man  endlich  viele  Mass- 
regeln und  Anordnungen,  mit  welchen  die  Regierung  das  Gebiet 
gegen  die  revolutionäre  Aufregung  schützte,  die  im  Jahre  1831 
auch  einen  Theil  von  Litthauen  heimsuchte.  Selbst  nach  der  Unter- 
drückung des  Aufstandes  erschienen  im  westlichen  Russland  noch 
polnische  revolutionäre  Emissäre.  Im  Archive  befindet  sich  ein 
interessantes  Schriftstück  aus  dem  Jalire  1832  über  die  Ankunft 
ausländischer  Propagandisten  aus  Brüssel,  Paris,  Piemont,  Wien 
und  Krakau;  Dank  der  Festigkeit  und  dem  Takte  der  russischen 
Obrigkeit  wurde  ihre  Thätigkeit  im  Keime  selbst  erstickt.  Andere 
Schriftstücke  legen  in  v()lliger  Parteilosigkeit  dar,  dass  die  höhere 
Orts-  und  Petersburger  Obrigkeit  inmitten  dieser  revolutionären 
Zuckungen  nicht  willkürlich  zu  Werke  ging,  sondern  in  ihren 
festen  und  ehrlichen  Bemühungen  der  Wahrheit  auf  den  Grund  zu 
konmien  suchte. 

Wir  erwähnen  noch  etwas  Heraldisches.  Schon  im  Jahre  1781 
erfolgte  die  Bestätigung  der  Wappen  für  die  Städte  der  Polotsker 


Russifiches  StaatBarchiv  in  Witebsk.  I99 

Statthalterschaft.  Für  die  Stadt  Polotsk  wurde  folgendes  Wappen 
bestimmt:  „ein  in  zwei  Theile  getheilter  Schild,  in  seiner  oberen 
Hälfte  auf  goldenem  Grunde  das  alte  Polotsker  Wappen,  ein  Krieger 
auf  einem  Boss,  in  der  rechten  Hand  einen  Säbel  haltend,  in  der 
linken  einen  rothen  Schild  mit  doppeltem  Kreuz  darauf'.  Das  kaiser- 
liche Wappen  darüber  gestellt  bedeutet  die  Botmässigkeit  unter 
Eussland.  Die  übrigen  Städte  der  Statthalterschaft  hatten  zur  Zeit 
der  polnischen  Herrschaft  keine  besonderen  Wappen,  sie  wurden  ein- 
fach durch  Fahnen  mit  Abbildungen  desselben  Kriegers  ersetzt  und 
durch  ihre  verschiedenen  Farben  unterschieden.  Deshalb  bekamen 
auf  Grund  eines  Senats-Ukases  die  übrigen  eilf  Städte  der  Statt- 
halterschaft gleiche  Wappen,  die  sich  von  einander  nur  durch  die 
Farbe  der  Schilde  unterschieden.  Im  Jahre  1853  bemerkte  der 
Generalgouverneur,  als  er  einen  Saal  der  Witebsker  Adelsversamm- 
lung besuchte,  „dass  einige  Wappen  der  Kreisstädte  des  Witebsker 
Gouvernements  mit  der  Vorschrift  nicht  übereinstimmten".  Ins- 
besondere war  seine  Aufmerksamkeit  auf  das  Wappen  der  Stadt 
Newal  gerichtet;  dieses  zeigte  einen  Henker,  einen  Krieger  hin- 
richtend. Auch  bei  den  andern  Wappen  war  eine  willkürliche,  wenn 
auch  nicht  so  wichtige  Voränderung  bemerkbar.  Der  Adelsmarschall 
befragt,  aus  welchem  Grunde  und  von  wem  die  Veränderung  der 
Wappen  anbefohlen  sei,  antwortete,  es  sei  auf  Anordnung  seines 
verstorbenen  Vorgängers  geschehen.  Der  Kaiser,  dem  diese  Sache 
vorgelegt  wurde,  befahl,  „den  Schuldigen  nicht  zu  suchen,  die  ver- 
änderten Wappen  aber  zu  vernichten  und  an  ihrer  Stelle  die  neuen 
bestätigten  aufzustellen". 

Die  dritte  oder  ökonomische  Abtheilung  des  Witebsker  Gou- 
vemeraents-Archivs  lässt  ersehen,  wie  eifrig  beide  Gewalten,  die 
weltliche  und  geistliche,  in  die  Nothstände  der  Kirche  eindrangen 
und  die  Interessen  der  Geistlichkeit  wahrten.  Ausserdem  befindet 
sich  hier  eine  Menge  ökonomischer,  polizeilicher  und  Handelsakten, 
welche  der  Centralgewalt  sorgfältige  Thätigkeit  nachweisen,  um  der 
griechischen  Religion,  den  russischen  Gesetzen,  der  russischen  Sprache 
die  vorherrschende  Bedeutung  in  von  Alters  her  russischem  Gebiete 
wieder  zu  geben. 


VIII.  Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen 

Landesarchive. 


JX.  Allgemeines  RelchsarcMv. 
A.  Adelsselekt 


1618. 
1619. 
1620. 

1621. 
1622. 
1623. 
1624. 
1625. 
1626. 

1627. 

1628. 
1629. 

1630. 
1631. 

1632. 
1633. 
1634. 
1635. 
1636. 

1637. 
1638. 
1639. 

1640. 


Gradl  1790. 
Graefeniz  1725—1801. 
Graening,  nur  ein  Schreiben  vom 
J.  1611. 

Graenzig,  Gränzing  1643—1756. 
Graetzl  1792. 
Graf,  Graff  1542—1804. 
Graf  von  Schernberg  1527—1699. 
Graf  von  Wolfaberg  1322. 
Grafeneck,    Grauenegk    1441  — 
1694. 

Grafenreuth,   Gravenreuth    1381 
— It05. 

Grafenstein  1758-1806. 
Graftunu,  ein  Wapi>enbrief  vom 
J.  1483. 

Graham  1679—1685. 
Gramund,   Gramundt,   nur  eine 
Rechnung  vom  J.  1676. 
Grana  1704. 
Grandmont  1676—1709. 
Grange  aux  bois  1791—1794. 
Grater,  Gratter  1504—1607. 
Grauewisen,  nur  ein  S<'hriftstück 
vom  J.  1608. 
Grauvogel  1779-  1784. 
Gravis!  1727—1767. 
Greber  1602,  nur  ein  Bestallungs- 
revers vom  J.  1504. 
Gregerstorf,  Gregersdorf  1575— 
1608. 


(Fortsetzung.) 
1641. 


1642. 
1643. 
1644. 

1615. 
1646. 
1647. 

1648. 
1649. 
1650. 
1651. 

1652. 

1653. 
1654. 
1655. 
1656. 
1657. 

1658. 

1659. 

1660. 
1661. 

1662. 
1663. 


Greifenfels  1713. 

Greifensee  1612—1730. 

Greiff  1790. 

Greiffen  1391—1714  s.  Greififen- 

berg. 

Greiffenberg  l'?21— 1724. 

Greiffenklau  1657-1795. 

(ireimolt,  nur  em  Lehenbrief  vom 

J.  1655. 

(Jrein  1790—1792. 

GreinviUe  1716  -1720. 

Greiss  1595. 

Greiser,  nur  ein  Bestallungsbrief 

vom  J.  1504. 

Greising,    nur    ein    Scliriftstück 

vom  J.  1739. 

(irembs  s.  Grems  imd  Crems. 

Gremcl,  Oemel  1616. 

Gremiich,  GrämUch  1398—1642. 

Grems  1649—1784. 

Grens,    fiur  ein  Kaufl)rief  vom 

J.  1390. 

Gresp(>ck,    nur   ein   Scliriftstück 

vom  J.  1801  s.  Harrer. 

Gresseri,  nur  ein  Schriftstück  ca. 

1700. 

Gretier,  Cretier  1771. 

Grevenbroch ,    ein    Schriftstück 

vom  J.  1752. 

Griebl  1603—1605." 

Grieching  1680, 


Systematische  I^ebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.   201 


1664.  Grienagel  1781—1797. 

1665.  Grienauer  1786. 

1666.  Gries,  nur  ein  Bestallungsrevers 
vom  J.  1426. 

1667.  Griesenbeck,  Griessenböckh  1702 
—1787. 

1668.  Griestetter  1430—1612. 

1669.  Grill  1801. 

1670.  Grilloni  1725-1727. 

1671.  Grim  1478—1762. 

1672.  Grimaldi  1632—1732. 

1673.  Griniberg  1759. 

1674.  Grhning  1720—1813. 

1675.  Grimmeisen  1790. 

1676.  Grimmel  1784. 

1677.  Grimmenstein,    nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1615. 

1678.  Groe  1613. 

1679.  Groeben,  Groben  1740. 

1680.  Groeller,  Gröller  1790-1792. 

1681.  Groenenstein  1490—1556. 

1682.  Groesser,    ein   Libell    aus   dem 
17.  Jahrhdt. 

1683.  Groez,    (tröcz,    nur   ein   Si'hrift- 
stück  vom  J.  1683. 

1684.  Groff  1775. 

1685.  Groffay,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1727. 

1686.  Groissbeck  1605—1774. 

1687.  Gronsfeld,  Gransfeldt,  Gronefeld 
1646-1804. 

1688.  Grooth  1614—1747. 

1689.  Gropper  1702-1812. 

1690.  Grosberg,  Baviore-Grosberjj:  1595 
—1800. 

1691.  Gross  v.  Trockau,  Pfersfeld,  Zeu- 
lenreut  1451—1794. 

1692.  Gross  v.  Meckenhausen  1521. 

1693.  Gross  1541— ca.  1720  (bürgerlich). 

1694.  Grosser  1630. 

1695.  Grosshauser  1728—1785. 

1696.  Grosskopf  1788. 

1697.  Grossschedel,    Grossschedl   1578 
—1799. 

1698.  Gpossschlag,  nur  ein  Scliriftstück 
vom  J.  1754. 

1699.  Grossthoman  b.  Neumaier. 


1700.  Grotta  1582—1656. 

1701.  Gruber  1436—1806. 

1702.  Gruebel,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1608. 

1703.  Gruell,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1697. 

1704.  Gruen  1354—1675. 

1705.  Gruenbeck,  Gruenbeckh  1751. 

1706.  Gruenberghen  1747. 

1707.  Grueneisen  1597—1598. 

1708.  Gruensfeld  von.  1626. 

1709.  Gruensfelder  1575. 

1710.  Gnienstein  1536—1789. 

1711.  Gruenthal  1678—1689. 

1712.  Gruenwald  1790. 

1713.  Grumbach  1401—1721. 

1714.  Grundler  1583. 

1715.  Grundner  1790. 

1716.  Grunhartshofen,  Grunharczhouen 
1390. 

1717.  Grunne  de.  1719. 

1718.  Grustner   von   Grustorf    1640 — 
1750. 

1719.  Gnistorf  s.  Grustner. 

1720.  Gwhwind,  (ischwindt  1742. 

1721.  (fuadagni,    nur  ein   Schriftstück 
vom  J.  1737. 

1722.  Gualzatta,  nur  ein  Wappenbrief 
vom  J.  1669. 

1723.  (iudenus  1737—1798. 

1724.  GuggomoSjGupgomos  1636    1811. 

1725.  Gugl  1534—1806. 

1726.  (tugler  1614—1808. 

1727.  (;ui<iebon   1581-1785   s.  Caval- 
chino. 

1728.  Gülch,  nur  eine  Notiz  vom  J.  1671, 
Wappenbrief  betr. 

1729.  (luUehno  1808. 

1730.  Gulingstem  1785. 

1731.  Gültingen  1 799(eineDruck8chrift). 

1732.  (Jümich  1808. 

1733.  Gumpeltshaimcr  1541—1586;  s. 
Schobinger. 

1734.  Gumppenberg,Gumpenberg,1334 
—1808. 

1735.  Gundacker    von    Auerbach,    s. 
Auerbach, 


202   Systomatische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


1736.  (Tundelfingen,  Gundelfinger  1304 
—1802. 

1737.  GundelHheimer  1601—1607. 

1738.  Cfunderniann,  nur  ein  Schrift 
stück  vom  J.  1687. 

173J).  (lunderstorf,  Gunderstorfer  1591 
—1635. 

1740.  Günter,  Günther  1696—1793. 

1741.  Gürtner  1770. 

1742.  Ciunzmann,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1780;  s.  Kunzmann,  Cunz- 
mann. 

1743.  Gussmann  13S9— 1777. 

1744.  Gutmann  1731—1737. 

1745.  Gutrather  1252—1782. 

1746.  Guttenberp  JI92— 18()0. 

1747.  Guttenstein,  Gutenstein  1259— 
1521. 

1748.  Guttermaier,  nur  ein  Studien- 
zeugniss  vom  J.  1593. 

1749.  (tyllenstnun,   Gyllenstonn  1800. 

1750.  Gymnich  1653—1808  s.  Beissel. 

1751.  Gyongyosi  1741. 

1752.  Haag,  Grafen  v.  1513—1725. 

1753.  Haas  1695-1741. 

1754.  Habach,  Haabach,  nur  ein  Scluift- 
stück  vom  J.  1765. 

1755.  Habenschaden  1778-1779. 

1756.  Haberkoni,  Haberkliorn  1519— 
1714. 

1757.  Haberland  1715—1729. 

1758.  Habersack,  Haabersack  1703. 

1759.  Ha})er8chmellen  1682. 

1760.  Habisreitinger  1588—1604. 

1761.  Habsperg  1464—1565. 

1762.  Hachenberg,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.   1547. 

1763.  Hacke  1674—1809. 

1764.  Hacker  1589. 

1765.  Hackled  1549—1769. 

1766.  Hadersbcrgh  1691—1695. 

1767.  Hadik  1776—1777. 

1768.  Haeberstein  1611. 

1769.  Haeckelbei^,  Hacklberg  1733— 
1734. 

1770.  Haeckl  1633—1760,  s.  Heckel. 

1771.  Haefelin  1790—1804. 


1772.  Haefner,  Hafner  1605  s.  Hefner. 

1773.  Haeckleder,     Hackleder     siehe 
Hackled. 

1774.  Hael,  Hai  1384—1619. 

1 775.  Haemerl,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1789. 

1776.  Haerpfer  von  Harpfenburg  1613 
-1792. 

1777.  Haertl  1507. 

1778.  Hafenbrätl  1773—1807. 

1779.  Haga  s.  Hager  1360. 

1780.  Hagedom  1627—1636. 

1781.  Hagen  1574-1784. 

1782.  Hagenau    1639—1767    s.    Sagit- 
tarius. 

1783.  Hagenbach  1716. 

17^4.  Hagenbucher  1617—1627. 

1785.  Hager  1364—1711. 

1786.  Hagken  1665. 

1787.  Hahenstainer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1651. 

1788.  Hahn  1628—1808. 

1789.  Haibe  1756—1772. 

1790.  Haibeck  1465,  mit  einem  defekten 
Adelsbrief  vom  J.  1587. 

1791.  Haid  1398—1598  s.  Heiden. 

1792.  Haidenab  1666—1682. 

1793.  Haidenfels,  nur  eine  Notiz  ohne 
Jahr. 

1794.  Haideiüieim  1701—1798. 

1795.  Haidenreich  1543—1609. 

1796.  HaidenÜial  1683—1702. 

1797.  Haieck  1728-1737. 

1798.  HaUbnmer  1603. 

1799.  Ihiilger  1452. 

1800.  Haill  1694—1734. 

IbOl.  Haim    1582—1725,    s.    Haimen- 
hofer. 

1802.  Haimbucher,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.   1730. 

1803.  Haimenhofer  1398  —  ca.  1699  s. 
Haim. 

1804.  Haimhausen  1619— 1785  8.  Heim- 
hausen. 

1805.  Haimspecht,  Haimspechk  1331. 

1806.  Ilainrich,    nur   ein    Schriftstück 
vom  J.  1713. 


Systematische  XJebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.  203 


1807.  Haintz  1793  und  zwei  Fra^^ente 

von  1725  und  1729. 
1803.  Haisdorf  1764—1801. 

1809.  Haiterbach  1355. 

1810.  Hakebom,   nur  ein  ^Schriftstück 
vom  J.  1633. 

1811.  Halden  1640—1726. 

1812.  Halder  1473—1566. 

1813.  Haldermannstetten    1595   s. 
Stettner. 

1814.  Hallart,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1692. 

1815.  HaUberg  1718—1802. 

1816.  Haller  1393—1766. 

1817.  HaUver  1581. 

1818.  Halmaier  1557. 

1819.  Haltmaier  1612. 

1820.  Halweü  1472—1741. 

1821.  Hamal  1727. 

1822.  Hambloch  1573. 

1823.  Hamelin  1789. 

1824.  Hamm  1808. 

1825.  Hammer  1476—1792. 

1826.  Hammerbacher  1612. 

1827.  Hammerer  1772—1792. 

1828.  Hammer8pach,Hamer8pachl429. 

1829.  Hamilton  1657—1739. 

1830.  Hamxlede  s.  Hanxleden. 

1831.  Hanakam  1746—1782. 

1832.  Hanau  1493—1738. 

1833.  Handel,  nur  ein  Adelsbrief  vom 
J.  1642. 

1834.  Hanemann  1583—1592. 

1835.  Hangenor  1394—1486. 

1836.  Hann  1801—1817. 

1837.  Hannbaum,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1686. 

1838.  Hannewald,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1609. 

1839.  Hanolt,  Hannolt  1482—1604. 

1840.  Hansiz  1739. 

1841.  Hanstein,  nur  ein  Adelsattest  vom 
J.  1786. 

1842.  Hanxleden  1625—1798. 

1843.  Haraucourt  1625—1684. 

1844.  Harching  1758. 

1845.  Hardeck  1468—1802. 


1846.  Hardenlierg  1632—1655. 

1847.  Hardenroth  1628—1632. 

1848.  Hardoncourt  1760. 

1849.  Hardmuth  1840. 

1850.  Harf  1790—1799. 
LH51.  Harlfinger  1764. 

1852.  Harlos,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1790. 

1853.  Hamegkh,  nur  ein    Si-hriftMück 
vom  J.  1616. 

1854.  Harold  1786—1799. 

1855.  Harrach  1580-1798. 

1856.  Harrant  1754—1755. 

1857.  Harras  1702—1729  s.  Herzan. 

1858.  Harrer  1661-1805. 

1859.  Harscher  1101-1804. 

1860.  Harschkircher  1376-1418. 

1861.  Harselk^  1606—1612  s.  Hersell. 

1862.  Harstall,  nur  ein  Stammbaum  von 
ca.   1750. 

1863.  Hart,   nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1771. 

1864.  Hartenstein  1696—1727. 

1865.  Harter  1807. 

1866.  Hartessen  1514. 

1867.  Hartgen  1617-1730. 

1868.  Hartheim  1412. 

1869.  Hartig,  Harding  1712-1801. 

1870.  Hartl  (Härtl)  von  Hartenfels  1694 
-1753. 

1871.  Hartlieb,    Hartlieben,  genannt: 
Walsporn  1440—1778. 

1872.  Hartmann  1462—1805. 

1873.  Hartneik  1549—1602. 

1874.  Härtung  1508—1799. 

1875.  Hartweg  ca.  1500—1511. 

1876.  Harz,  nur  ein  Scliriftstück  vom 
J.  1791. 

1877.  Has  1558—1595. 

1878.  Haselbeck,   Hasslbeckh    1472— 
1694. 

1879.  Hasenbach  1799. 

1880.  Hassbeck,  nur  ein  Scluiftstück 
vom  J.  1769. 

1881.  Hasslang  1431—1812. 

1882.  Hasslauer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1720, 


204  Systematische  ITei. ersieht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


1883.  Hassloch  1463. 

1884.  Hassperg,    nur   ein    Schriftstück 
vom  J.  1463. 

1885.  Hatzfeld  1753. 

1886.  Hauben  1539—1710. 

1887.  Haubitz,  Haubiz  1514—1636. 

1888.  Haubt  1386. 

1889.  Hauensi-hild  1615. 

1890.  Hauer,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1792. 

1891.  Hang  1468-1623. 

1892.  Haugewitz,Haugwitz  1765— 1766. 

1893.  Haulfinger  1398. 

1894.  Haunbaum  s.  Hanbaum. 

1895.  Haunsperg  1338—1711. 

1896.  Hausen,    Häuser    1398—1748  s. 
Gleichenstorf. 

1897.  Haushaimer  1499. 

1898.  Hausner  1507—1509. 

1899.  Hautefort  1798—1802. 

1900.  Hautmann,  Uauttmann  1790. 

1901.  Hauyemont,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1674. 

1902.  Hauzan  1433. 

1903.  Hauzenberg  1405—1792  s.  Grei- 
sing. 

irOl.  Hauzinger,  Hawczinger,   nur  ein 
Bestallungsbrief  vom  J.  1434. 

1905.  Haye  de  la  1647—1782,  mit  Ab- 
bildung einer  Voti\tafel  v.J.  1664. 

1906.  Hay  von.  1807. 

1907.  Hayeck,  nur  ein  Schriftj^tück  vom 
J.  1751. 

1908.  Hayn  1594—1608. 

1909.  Haysdorf  1789—1805. 

1910.  Haxthausen  1686—1713. 

1911.  Hazart  1800. 

1912.  Hazfeld  1552—1801. 

1913.  Hazkofer  1468—1485. 

1914.  Hcbendanz,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1792. 

1915.  Hebenstreit,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1781. 

1916.  Hechenkircher  1419—1669. 

1917.  Hechinger  1460. 

1918.  Hechstötter,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1628, 


1919.  Heckh,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1773. 

1920.  Heckl,  Hägkhl  1500. 

1921.  Heeg  1780-1787. 

1922.  Heems,  Hems,  nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1711. 

1923.  Hefenstreit  1409. 

1924.  Hefner  1787,  s.  Haefner. 

1925.  Hegele,  Högele  1650. 

1926.  HegemüUer  1574—1614. 

1927.  Heggenstaller  1583—1586. 

1928.  Hegi  1677-1746. 

1929.  Hegnenberg,  genannt:  Dax  1571 
—1801. 

1930.  Heibeck,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1453. 

1931.  Heideck  1448—15%. 

1932.  Heideck  gen.  Heidegger  1798— 

ieo4. 

1933.  Heidecker  von  Haag  1656—1657. 
1931.  Heideloff,   nur   ein    Schriftstück 

vom  J.  1799. 

1935.  Heiden,  Heid,  Heider  1364—1781. 

1936.  Heidenfeld  1703—1733. 

1937.  Heidenlieim  1665—1781. 
193S.  Heidon  1700—1781. 

1939.  Heidorf  1418—1709. 

1940.  Heigel  1524—1709. 

1941.  Heil  1712. 

1942.  Heiligenberg  1389—1467. 

1943.  I  leiligenstein,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1792. 

1944.  Heimbl,  Haimbl,  nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1606  8.  Hempel. 

1945.  Heimburg  1492—1497. 

1946.  Heimhausen  1592— 1780,8. Haim- 
hausen. 

1947.  Heindel,  Ileindl  1709—1723. 

1 948.  Heinleth,  nur  eui  Schriftstück  vom 
J.  1817. 

1949.  Heinrich  1760. 

1950.  Heinrichmann  1521. 

1951.  Heiss  1621—1777. 

1952.  Heissenstein  15G6— 1573. 

1953.  Heisser  1787—1808. 

1954.  Heissler  1701. 

1955.  Heister  1782—1735 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.  205 


1956.  Helber  1650. 

1957.  Held  1685. 

1958.  Helderbouche,    nur  ein   Schrift- 
stück vom  J.  1778. 

1959.  Helderich  1522. 

1960.  Heldmann  1637—1650. 

196 1 .  Ileldrmg,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1790. 

1962.  Helfenberg  1742—1756. 

1963.  Helfendorfer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1436. 

1964.  Helfenstein    1308  —  1658 ,    und 
bürgert.  Familie  1534. 

1965.  Helfmann,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1551. 

1966.  Hell,  nur  ein  Scliriftsttlck  vom 
J.  1800. 

1967.  Heller  1403—1627. 

1968.  HeUersperg,  IleUersberg  1745— 
1802. 

1969.  Hellingkhoven  1641—1646. 

1970.  HeUmann  1763. 

1971.  Hehnhack,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1700. 

1972.  Helmreich  1812. 

1973.  Hehnstädt  1408. 

1974.  Heltburg  1418. 

1975.  Heitritt  1524—1541. 

1976.  Hempel  1751—1799;  s.  Heimbl. 

1977.  Hendl  1665—1747. 

1978.  Henkel  ca.  1620—1756. 

1979.  Henndt  1688—1751. 

1980.  Hennenberg,  Grafen  von.   1346 
—1561. 

1981.  Hennenbrith,  Ilennebrith  1753— 
1769. 

1982.  Hennenkopf  1538. 

1983.  Hennezel,   nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1797. 

1984.  Hennigs,    nur    ein   Schriftstück 
vom  J.  1790. 

1986.  Hennin  1787. 

1986.  Henot  1609—1622. 

1987.  Henrici,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1675. 

1988.  Hepp  1776—1794. 

1989.  Heppe  1747—1754. 


1990.  Heppenheim,  nur  eine  Tektur  mit 
Hinweis  auf  eine  Urkunde  v.  1622. 

1991.  Heppenstein  1767-1804. 

1992.  Herb  1546—1551. 

1993.  Herbeistatt  1407—1544. 

1994.  Herberstein  1591—1805  s.  Hör- 
manstein. 

1995.  Herbrand  1575. 

1996.  Herbrot  1581—1589. 
1997   Herbst  1582—1770. 

1998.  Herbstheim  1588—1802. 

1999.  Herder  1801  s.  Herter. 

2000.  Ilerdesian  1576. 

2001.  Herding  1757—1802. 

2002.  Herfurter  1461—1467. 

2003.  Hering  1612—1744. 

2004.  Heringen  vonllering  1744— 1761. 

2005.  Herliberg  1608—1628. 

2006.  Hermann  1574. 

2007.  Hermannstein,  nur  ein    Schrift- 
stück vom  J.  1581. 

2008.  Hermanstorf er,  Hermstorffer  1 394 
—1470. 

2009.  Hermersreuth  1665—1684. 

2010.  Herrestorfer  1394—1778. 

2011.  Herold  1645—1785. 

2012.  Ilerrlein,    nur    ein   Schriftstück 
vom  J.  1792. 

2013.  Hermböck  1797—1800. 

2014.  Hersberg  1576. 

2015.  Hersell  1625. 

2016.  Herstenzki  1600—1679. 

2017.  Hertenberger  1437—1439. 

2018.  Ilertenstein  1617—1763. 

2019.  Herter  1446—1754,  s.  Herder. 

2020.  Herterich  von  Hertier  ca.  1620. 

2021.  Hertgen,  Härtgen  1650. 

2022.  Hertl,  modo:  von  Tarn  1784. 

2023.  Hertling  1748—1806. 

2024.  Hertwig,Hertwich,  Hartwig  1790. 

2025.  Herweg  1680—1722. 

2026.  Herz,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1627. 

2027.  Herzan,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1711,  s.  Harras. 

2028.  Herzberg,  nur   em  Schriftstück 
und  ein  Stammbaum,  1678. 


206  Systematinche  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  I^ndesarchive. 


2029.  Herzenkraft  1592—1594. 

2030.  Herzhaimer,  Herzheim  1592-1G52. 

2031.  Herzog  1511—1795. 

2032.  Hesd-Lombret,  1776—1796. 

2033.  Hess  1428—1817. 

2034.  Hessberg,  Hessburg  1399—1727. 

2035.  Hesse  1772—1807. 

2036.  Hettersdorf  1636—1799. 

2037.  Hettich   1625—1626   mit   einem 
gemalt.  Wappen. 

2038.  Hetzer,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1682. 

2039.  Hetichelin  1602. 

2040.  Heuruss  s.  Hirus. 

2041.  Hevel,  Heuwel  1690—1717. 

2042.  Hewen  13S7-1403. 

2043.  Heusen,  nur  ein  »Schriftstück  vom 
J.  1777. 

2044.  Heusser,    nur   ein    Schriftstück 
vom  J.  1790. 

2015.  Heusinger  1712  s.  Waldecker. 

2046.  Heusslein  1763—1788. 

2047.  Heussler,    nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1773. 

2048.  Hey  1802—1806. 

2049.  Heydon  s.  Heidon. 

2050.  Heyperg,    nur    ein    Schriftstück 
vom  J.  1579. 

2051.  Ilezendorf  1775—1784. 

2052.  Hezlstorfer,  Heczelstorffer,  1496. 

2053.  Hieber  1591—1805. 

2054.  Hienle  1557  s.  Huenlin. 

2055.  Hierl,  nur  ein  Scliriftstück  vom 
J.  1766. 

2056.  Hilch  1539. 

2057.  Hillebrandt,     Hildebrand,     HU- 
prant,  1512—1740. 

2058.  Hillesheim  1776—1784. 

2059.  HUlin  1661—1663. 

2060.  Hilz  1805—1806. 

2061.  Himel  1448—1795. 

2062.  Hinderer  1736—1742. 

2063.  Hinderskirchner,   Hinterskircher 
1418—1729. 

2064.  Hinsberg  1794—1804. 

2065.  Hinzenhauser  1376  s.  Tuchsen- 
hauser. 


2066.  Hipper  1764. 

2067.  Hirn  1467-1468. 

2068.  Himeis,    Hiemeiss  1760—1807; 
8.  Rottenburg. 

2069.  Himheim,  Hümhain  1397—1684 
8.  Nothaft. 

2070.  Himkofen,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1540. 

2071.  Hirechauer  1491—1726. 

2072.  Hirechberg  1434—18008.  Hürsdi- 
berg. 

2073.  Hirschberger  1790. 

2074.  Hirster  1600  s.  Ulmaninger. 

2075.  Hirns,   Hyruss,   Heurus   1621— 
1690. 

2076.  Hiserlin,    nur    ein    Schriftstück 
vom  18.  Jlirhdt. 

2077.  Histice,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1780. 

2078.  Hittendorf  1666—1679. 

2079.  Hittersdorf,  s.  Plittersdorf. 

2080.  Hochberg  (Markgrafen)  1451. 

2081.  Hochberg  1688—1739. 

2082.  Hoche,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1714. 

2083.  Hochenberg  ca.  1400—1774. 

2084.  Hochenftirt  1745—1763. 

2085.  Hocherbach,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1779. 

2086.  Hochhaus,  Hochhausen  ca.  1660 
-1747. 

2087.  Hochholtinger  1517—1679. 

2088.  Hochholz,  Hochholzer  1744-1803. 

2089.  Hochreiter,  Hochenreiter  1591— 
1747. 

2090.  Hochstetter  1443—1779. 

2091.  Iloedl  1721—1724. 

2092.  Hoefel,  Höfele  1585—1791. 

2093.  Hoefelich,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1612. 

2094.  Hoefer  1793—1799. 

2095.  Hoeger  1684-1780. 

2096.  HochenWrcher  1549—1770. 

2097.  Hoek  1690—1772. 

2098.  Hoekmann  1695. 

2099.  Hoellenkofen,Höllingkhovenl612 
-1660. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.   207 


2100.  HoeUer  1641—1653. 

2101.  Hoelzl  1624. 

2102.  Hoenig  1680—1771. 

2103.  Hoerde  1782  mit  Adelsattest  vom 
J.  1781. 

2104.  Hoerl,Hörel  1 594—1807,  s.  Eiseis- 
berg. 

2105.  Hoerlin  1517. 

2106.  Hoermann  1635—1769,  mit  einem 
Wappen. 

2107.  Iloermbstain,    nur    ein    Schrift- 
stück vom  J.  1645. 

2108.  Hoersch  1747. 

2109.  Hoerting,    nur   ein    Schriftstück 
vom  J.  1552. 

2110.  Hoerwarth  1482—1801. 

2111.  Hoesch  1727—1762. 

2112.  Hoesle  1796—1799. 

2113.  Hoezendorf,  nm-  ein  Schriftstück 
vom  J.  1775. 

2114.  Hoezer  1704—1748. 

2115.  Hoezl  1754—1783. 

2116.  Hof  vom,   nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1482. 

2117.  Hof  er  1389—1719  s.  Lobenstein. 

2118.  Hofingen,  Höfingen  1616. 

2119.  Hofmann  1703—1809. 

2120.  Hofmayr,   nur  ein   Schriftstück 
vom  J.  1707. 

2121.  Hofmeister  1588. 

2122.  Hofmillen,      Hofmüllen,      Hof- 
mühlen 1698—1805. 

2123.  Hofmiller  1687. 

2124.  Hofetetten,Hofetetterl616— 1812. 

2125.  HofweUer  1756-1773. 

2126.  Hohenadel  1673-1745. 

2127.  Hohenberg,   Hohemberg  1328— 
1360. 

212a  Hoheneck  1408-1780. 

2129.  Hohenems  1528—1777. 

2130.  Hohenfeld  1474—1768. 
2181.  Hohenfurth  s.  Hoclienfurt. 

2132.  Hohenhausen  1790—1794. 

2133.  Hohenkircher,   nur  ein   Schrift- 
stück vom  J.  1495. 

2134.  Hohenlandsberg ,    Hohenlanden- 
herg  1573—1587. 


2135.  Hohenlohe  1232—1802. 

2136.  Hohenschembach,  nur  ein  Schrift 
stück  vom  J.  1552. 

2137.  Hohenstein  1701—1726. 

2138.  Hohen  waldeck  auf  Maylrain  1639 
—1809. 

2139.  Hohenzollem  (grilfl.   und  fürstl. 
Haus)  1434—1806. 

2140.  Höhnlein,  ein  gemaltes  Wappt*n 
mit  Beschreibung. 

2141.  Holand  1602—1604. 

2142.  Ilolbach  1511—1732. 

2143.  Holder  1574—1580. 

2144.  Holdermann,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1538. 

214.').  Holdingen  1551—1619. 

2146.  Holer,  Hoiler  1586. 

2147.  HoU  1555—1601  s.  Ulmaninger. 

2148.  Hollart,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  ca.  1750. 

2149.  Holheim,  Holhein  1352. 

2150.  Holnstein  1728—1801. 

2151.  Hülnsteiner,  s.  Tuchsenhauser. 

2152.  Holub  1463-1479. 

2153.  Holz,  aus  dem;  1402. 

2154.  Hobsapfel  1585-1790. 

2155.  Holzhauser  1431—1787. 

2156.  Holzheimer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1409. 

2157.  Holzheu  1690. 

2158.  Holzhus,  Holczhuss,  ein  Ablass 
brief  vom  J.  1502. 

2159.  Holzschuch  1469—1470. 

2160.  Holzschuher  1625—1790. 

2161.  Homburg  1470. 

2162.  Homodei,  nur  ©in  Schrifststück 
vom  J.  1725. 

2163.  Hompesch  1764—1800. 

2164.  Honburg  1485—1566. 

2165.  Honichringer,   ein  Wappenbrief 
vom  J.  1664. 

2166.  Hopf,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1747. 

2167.  Hopfer  1573—1695. 

2168.  Hoppenbühl,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1773. 

2169.  Hora  1719-1720. 


208   Systematische  Uebersicht  des  Inhalte  der  bayerischen  Landesarchive. 


2170. 

Horauff  1393  s.  Seckendorf. 

2210. 

2171. 

Horben  1578—1804. 

2211. 

2172. 

Hordt  1602. 

2173. 

Hormayr  1704—1794. 

2212. 

2174. 

Hom  1627—1791. 

2213. 

2175. 

Homburg,   nur  ein  Schriftstück 

2214. 

vom  J.  1592. 

2215. 

2176. 

Homeck  1434—1800. 

2216. 

2177. 

Homecker  1509. 

2178. 

Homik  1684—1722. 

2217. 

2179. 

Homstein  1365—1804. 

2218. 

2180. 

Horst,  von  der  —  nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1648. 

2219. 

2181. 

Hosemann  1772—1817. 

2220. 

2182. 

Hossmann  1617. 

2221. 

2183. 

Hosson  1763—1802. 

2222. 

2184. 

Hove  1804. 

2185. 

Hoyer  1792. 

2223. 

2186. 

Hoym  1764-1807. 

2224. 

2187. 

Iloyos  1801. 

2225. 

2188. 

Hoys,  nur  ein  Sc-hrift»tück  vom 

2226. 

J.  1665. 

2227. 

2189. 

Hruschowsky  1807. 

2228. 

2190. 

Hubbart  1656—1662. 

2229. 

2191. 

Huber  1435-1802. 

2230. 

2192. 

Hubersar,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1686. 

2231. 

2193. 

Hueb  1750—1780. 

2232. 

2194. 

Hueber  s.  Huber. 

2233. 

2195. 

Huebner,    nur    ein   Schriftstück 

2234. 

vom  J.  1550. 

2235. 

2196. 

Huebschmann  1515. 

2197. 

Huedtner  1782. 

2236. 

2198. 

Hueffel,  Hüffel  1668. 

2237. 

2199. 

Huegel  1803. 

2238. 

2200. 

HuetmauH  1602. 

2239. 

2201. 

Hufnagel  1603-1749. 

2240. 

2202. 

Hufschmiedt  1805. 

2241. 

2203. 

Hügel  1628. 

2242. 

2204. 

Huiruz  8.  Öttingen. 

2243. 

2205. 

Hulner  1599. 

2244. 

2206. 

Hulzinger  1518. 

2245. 

2207. 

Humbracht,  nur  ein  Schriftstück 

2246. 

vom  Jahre  1799. 

2247. 

2208. 

Humel,  nur  ein  Urkd.  Fragment 

2248. 

vom  J.  1436. 

2249. 

2209. 

Hund  1488—1799. 

2250. 

Hundertpftind  1556—1558. 
Hundheim,  ein  gedrucktes  libell 
vom  J.  1746. 
Hundsbiss  1427—1799. 
Hundspichler  1652—1680. 
Hunger  1739—1773. 
Hunicke  1687. 

Hünlin,   Hünle,  nur  ein  Bestall- 
ungsrevers vom  J.  1557. 
Hunoldstein  1642—1660. 
Hunreichstorfer  1476. 
Hürblot,  Huerblot,  nur  ein  Schrift- 
stück aus  dem  16.  Jhrhdt. 
Hürschberg  1773. 
Hurter  1789. 

Huss,  ein  Pergament-Libell  vom 
J.  1525. 

Hussmann  1603—1609. 
Huth,  nur  einSchriftstück  V.J.1774. 
Huting,  Hutinger  1543. 
Hütten  1530—1765. 
Hutter  1395. 

Huzhofer,  Huczhoner  1468. 
Huzlmaier,  Ilutzhnair  1467. 
Hyruss  s.  Hirns. 
Jacob,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1799. 

Jacquemond  1727—1770. 
Jäger  1722-1724. 
Jägeren  1735. 

Jägersheun,  Y^ersheinBirlin  von 
1331. 

Jagdt  von  der  —  1712. 
Jahenstorfer  1379—1628. 
Jahn  1614—1633. 
Jahnus  1761. 
Jahrsdorfer  1557—1694. 
Jan  1605. 
Janein  1492. 

Janewiz ,   Janawitz   1438 — 1458. 
Jansen  1784. 

Janson  v.  der  Stock  1720—1809. 
Jasmund  1814. 
Jauchflheim  1552. 
Jaxtheim  1532—1725. 
Iberie,  Yberle  1768. 
Ibscher  1790. 


Systematische  Uebersicht  des  Inlialts  der  bayerischen  Landesarchive.   209 


2251. 

Icher,  Yscher,   nur  ein  Pergam. 

2292. 

Fragment  ans  dem  15.  Jhrdt. 

2293. 

2252. 

Ickstadt  1741-1776. 

2294. 

2253. 

Jeger  1630. 

2295. 

2254. 

Jehle  1698-1761. 

2296. 

2255. 

JeMin,  Jecklin  1713. 

2297. 

2256. 

Jenisch  1617. 

2298. 

2257. 

Jenison  1790—1799. 

2299. 

2258. 

Jesenwanger  1797—1798. 

2300. 

2259. 

Jett  von  Münzenberg  1711—1790. 

2301. 

2260. 

Jezendorf  1599. 

2302. 

2261. 

Iflinger  1435. 

2303. 

2262. 

Jhena,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2304. 

J.  1656, 

2305. 

2263. 

Usung  1506—1792,  mit  genealog. 
Notizen  vom  J.  675  an. 

2306. 

2264. 

Uten  1665-1787. 

2307. 

2265. 

Imbsen  1730—1731. 

2308. 

2266. 

Imhof  1444-1806. 

2309. 

2267. 

Immesen,   nur  ein   Schriftstück 

2310. 

vom  J.  1691. 

2311. 

2268. 

Imsland  1622—1808. 

2312. 

2269. 

Indermanr  1758—1755. 

2313. 

2270. 

Indobler  1748-1772. 

2314. 

2271. 

Ingbrecht  s.  Lochinger. 

2315. 

2272. 

Ingelheim  1622-1769. 

2316. 

2273. 

Ingenheim  1720—1803. 

2317. 

2274. 

Ingerl  1762. 

2275. 

Ininger  1622. 

2318. 

2276. 

Inzaghi  1802. 

2319. 

2277. 

Inzinger,    nur    ein    Schriftstück 

vom  J.  1436. 

2320. 

2278. 

Jobst  1613—1776,  s.  Dix. 

2321. 

2279. 

Jocher  1614—1802. 

2322. 

2280. 

Jöchem  1716—1763. 

2323. 

2281. 

Jörger  1504-1544. 

2324. 

2282. 

Johann    v.    Mundolshehn,     ein 

Adelsattest  vom  J.  1787. 

2325. 

2283. 

Joner  1669-1871. 

2326. 

2284. 

Iphofer  1530-1662. 

2327. 

2285. 

Jordan  1617-1799. 

2328. 

2286. 

Irsch  8.  Yrsch. 

2329. 

2287. 

Irico  1691-1697.  . 

2330. 

2288. 

Isel,  Ysel  1353. 

2331. 

2289. 

Isenburg  1389—1805. 

2332. 

2290. 

Isnard  1621—1627. 

2291. 

Isselbach  1617-1782. 

2333. 

AiohiTAlisobe  Zeitsohiift  YIL 

Issenwanger  1797. 
Jud  1758. 

Judmann,  nur  einFragm.  v.J.  1410. 
Jugler  1586—1689. 
Juncker  1570—1828. 
Jung,  Junge  1510—1792. 
Junginger  1706—1711. 
Jünglmg  1797. 
Jungwulh  1765—1799. 
Justin  1805—1808. 
Kabelius,  Kabel  1613—1690. 
Kadmaier,  Kadmer  1499. 
Kaeding  1628—1763. 
Kaepfl  1629—1647. 
Kaeppler,  Kappler,  Keppler  1468 
-1794. 

Kaergel  1448—1729. 
Kaeser  1804—1805. 
Kageneck  1670—1823. 
Kiigerer  1431—1449. 
Kagner  1734. 
Kaiser  1761. 
Kaisersberg  1686—1699. 
Kaiserstein  1718—1771. 
Kaizmaim  1772—1781. 
Kalb  1783—1797. 
Kaihart,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1538. 

Kall  1655—1681. 
Kaltenhausen,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1736. 
KaltenthaU  1522—1744. 
Kaltner  1763—1804. 
Kaltschmid  1659—1660. 
Kammer  1397—1494  s.  Cammer. 
Kammer,  Kammerer  (bürgerlich) 
1500—1504. 

Kammerauer  1340—1476. 
Kammerberg  1417—1529. 
Kammerer  1422—1518. 
Kammerlander  1778—1786. 
Kammerioher  1637—17%. 
Kamezki  1692—1694. 
Kampel  1808. 

Kamphausen,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1633  und  ein  Wappen. 
Kampz,  ein  Adelsattest  v.  J.  1769. 
14 


210  Systematische  TJebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


2834.  Kandelbacher,   nur  ein   Bestall- 

2374. Kenz,  nur  ein  Schriftstück  vom 

ungsbrief  vom  J.  1792. 

J.  1556. 

2335.  Kandier  1790. 

2375.  Kepler  1575. 

2336.  Kanzelmüller  1797. 

2376.  Ker,  nur  ein  Schriftstück  vom  J. 

2337.  Kapler  1754—1802  s.  Kepler. 

1793. 

2338.  Kappeller  1769-1799. 

2377.  Kere  von  der,  1421-1506. 

2339.  Kappler  v.  Oeden  1799. 

2378.  Kerespertz,  nur  ein  Schriftstück 

2340.  Karg  1692-1789. 

vom  J.  1800. 

2341,  Karl  1471-1680. 

2379.  Kern  1583—1803. 

2342.  Kamer,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2380.  Kerpen  1748    1789. 

J.  1564. 

2381.  Kesinger,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2343.  Karwinsky,  nur  ein  Schriftstück 

J.  1527. 

vom  J.  1815. 

2382.  Kesselstadt  1758-1802. 

2344.  Kaspar,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2383.  Kessler,   eine  Wappenbesdireib- 

J.  1795. 

ung  vom  J.  1579. 

2345.  Kaspers  1817. 

2384.  Kessimg  1799. 

2346.  Kaspis  1778. 

2385.  Ketschau  1658—1749. 

2347.  Kastel-Remling  1783-1785. 

2386.  Ketteier  1770-1777. 

2348.  Kastenmair  1434—1442. 

2387.  Ketterl  1773. 

2349.  Kästner  1537-1807. 

2388.  Kettner  1792—1793. 

2350.  If  atzenstein  s.  öttingen. 

2389.  Keudel,  Keudell,  ein  Adelsattest 

2351.  Katzmair  1583-1614. 

vom  J.  1760. 

2352.  Kauniz  1684-1782. 

2390.  Keuslin  1655—1774. 

2353.  Kautsch  1430. 

2391.  KevenhiUer  1614—17%. 

2354.  Kazbeck  1441—1640. 

2392.  Keversberg  1744. 

2355.  Kazenberger  1704-1718. 

2393.  Keutschach  1535—1573. 

2356.  Kazianer,  nurein  Schriftstück  vom 

2394.  Khayn  1737. 

J.  1717. 

2395.  Khepser  1594—1749. 

2357.  Kechler  1715-1797. 

23%.  Khoelderer  1512-1681. 

2358.  Keck  1477. 

2397.  Khorf,  genannt  Schmising  1732 

2359.  Keesborer  1739-1741. 

—1736. 

2360.  Keferl  1717. 

2398.  Khuen  v.  Belasi  1574—1777. 

2361.  Keis  1534—1585. 

2399.  Khuenburg  1669—1813. 

2362.  Keitschach  1598—1617. 

2400.  Khundspruckh  1695. 

2363.  Keller  vom  Schieitheim,  Stockach 

2401.  Khuon  1765-1799. 

1406-1790. 

2402.  Kickingen,   nur  ein  Schriftstück 

2364.  Kellermaus  1318—1366. 

vom  J.  1788. 

2365.  KeUner  1559-1618. 

2408.  Kidler,  Khidler  1701—1708. 

2366.  Kemmeter  1803. 

2404.  Kiechl,  Kiechel  1810. 

2367.  Kemna  1742—1743. 

2405.  Kielmansecke  1697—1712. 

2368.  Kemnater  1350—1594. 

2406.  Kiendle   1693—1694   s.   Kienle. 

2369.  Kemnizer  1775. 

2407.  Kienle  1790. 

2370.  Kempenhausen  1800—1802. 

2408.  Küburg  1714—1769. 

2371.  Kempf  1653—1733. 

2409.  Küger  1606. 

2372.  Kempinski,    Gempüntzkhi    1607 

2410.  KiHan  1550—1584. 

—1618. 

2411.  Kmdler,    Kinler,    1599    s.    TJl- 

2378.  Kendlbacher  1792. 

maninger. 

Systematische  Febersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.   211 


2412.  Kmkel  1792-1804. 

2449. 

Klessheimer,     Cleshaimer,    nur 

2413.  Kindsberg,  Kinsberg,   Künsperg 

ein  Schriftstück  vom  J.  1471. 

1414-1790. 

2450. 

Klessmg  1762-1808. 

2414.  Kinski  1689—1746. 

2451. 

Klieber  1779-1787. 

2415,  Kirchbauer,  nur  ein  Schriftstück 

2452. 

KUmotoskhi  1661. 

vom  J.  1748. 

2453. 

Kling  1808. 

2416.  Kirchberg   (Grafen)  1480—1765. 

2454. 

Klingen  in  der  —1469. 

s.  Kaming. 

2455. 

Klingenberg  1465—1807. 

2417.  Kirchberger,  Kirchperger  1400— 

2456. 

Klingensberg,    Chlingensperg  s. 

1622. 

Klingenberg. 

2418.  Kircher  1587— 17€y7. 

2457. 

Klmger  1732-1758. 

2419.  Kircheimb  1661. 

2458. 

Klobner  1663. 

2420.  Kirchmeier  1486—1647. 

2459. 

Klobusiczky  1805. 

2421.  Kirmaier,    Ktirmeyer,    nur    ein 

2460. 

Kloeckel  1792. 

Schriftstück  vom  J.  1785. 

2461. 

Klossmann  1790—1795. 

2422.  Kirmreith,    Kirmreitter    1611— 

2462. 

Klossner  1614—1778. 

1676. 

2463. 

Kloz,   nur  ein  Schriftstück  vom 

2423.  Kirstner  1790. 

J.  1790. 

2424.  Kisl  1606-1645. 

2464. 

Kluegmann  1717. 

2425.  Kissling  1794. 

2465. 

Kluger  1792. 

2426.  Kistel  1643-1648. 

2466. 

Klupfel,  Kluppfl,  nur  ein  Bestall- 

2427. Kißtinger  1654. 

ungsbrief  vom  J.  1489. 

2428.  Kistler,  Khistler  1741—1813. 

2467. 

Knab  1561. 

2429.  Kitl  1520. 

2468. 

Knapp,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2430.  Kitner,  Küttner  1630—1658. 

J.  1790. 

2431.  Kitecher,    nur   ein    Schriftstück 

2469. 

Knauer  1775. 

vom  J.  1607  s.  Taufkircheu. 

2470. 

Knauf,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2432.  Klam,  Harn  1756-1786. 

J.  1739. 

2433.  Klamenstemer  1385—1396. 

2471. 

Knebel,   Knebl,   Knöbl  1550— 

2434.  Kleber  1792-1800. 

1717. 

2435.  Kleckler  1601-1676. 

2472. 

Knecht  1771-1803. 

2436.  Klee  1709. 

2473. 

Knöbelstorfer  1529. 

2437.  Kleidgen  1792-1796. 

2474. 

Knödelseder  1639. 

2438.  Klein  1621—1809. 

2475. 

Knöringen  1388—1799. 

2439.  Kleindienst  1592. 

2476. 

Knoll,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2440.  Kiemhanns  s.  Kircher. 

J.  1790. 

2441.  Kleming  1640-1690. 

2477, 

Knopf,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2442.  Kleinmayr  1759—1761. 

J.  1543. 

244a  Kleiss,   Kleisen    1682—1763    s. 

2478. 

Knorr  1448. 

Gleiss  und  Kleist. 

2479. 

Kobold  1589—1622. 

2444.  Kleissel  1616. 

'  2480. 

Koch  1440-1790. 

2445.  Kleist  1669-1809  s.  Kleis  und 

2481. 

Kocher,  nur  ein  Schriftstück  vom 

Wachsenstein. 

J.  1621  mit  AVappen. 

2446.  Kleißtenthaller,  nur  em  Schrift- 

2482. 

Kochleffel,  nur  ein  Schriftstück 

stück  vom  J.  1460. 

vom  J.  1757. 

2447.  Klenau  1763. 

2483. 

Kodolinsky  1737. 

2448.  Kless  1580-1731. 

2484. 

Koeck  1440-1806. 

14* 

212  Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  lÄndesarchive. 


2485.  Koehler  1790. 

2486.  Koekeriz  1526—1584. 

2487.  Koele,  Koehle  1781-1804. 

2488.  KoeUmayer  1721. 

2489.  Koenig  1582—1807. 

2490.  Koenigl,  Ktinigl  1656—1745. 

2491.  Koenigsacker  1662—1680. 

2492.  Koenigsberger,  Koenigsberg  1707 
—1798. 

2493.  Koenigseck  1392—1785. 

2494.  Koenigsfeld  1566—1805. 

2495.  Koenigsmark  1673—1727. 

2496.  Koepf  1766—1769. 

2497.  Koeppele  1757—1759. 

2498.  Koemdorf  1755—1758. 

2499.  Koesler  1792. 

2500.  Koeth  von  Wanscheid,  nur  ein 
Bestallungsbrief  vom  J.  1615. 

2501.  Kofler  1624—1726. 

2502.  Kohary  1780—1800. 

2503.  Kohl  1779. 

2504.  Koin,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1671. 

2505.  Kokorsowez,    Kokorzowetz    von 
Kokorzowa  1703—1772. 

2506.  Kolb  1574—1748. 

2507.  JColberger  1464—1539. 

2508.  Kolbitz  1645. 

2509.  Kolbweckh  1588. 

2510.  Kolbrenner  1773—1783. 

2511.  Koler,  Kohler,  KoUer  1608  mit 
einem  Wappen. 

2512.  Kolf  1791. 

2513.  Kolhausen  1517—1538. 
2514  KoUefel,  KoUeffel  1607. 

2515.  Koller   von   Mohrenfels   1763— 
1783. 

2516.  KoUer  s.  Koler. 

2517.  Kollinger  1559. 

2518.  Kolhnair  1739. 

2519.  KoUmann  1787—1791. 

2520.  Kollonitz  1660—1750. 

2521.  Kolowrat  1688—1795. 

2522.  Kon  s.  Kuen. 

2523.  Konzki  1643. 

2524.  Kopp  1710. 

2525.  Koppler  1470. 


2526.  Koppmann  1757. 

2527.  Korb  1747—1792. 

2528.  KorfE  s.  Khorf. 

2529.  Korn  1628—1642. 

2530.  Kombeck  1742. 

2531.  Komberg  1692—1706. 

2532.  Kornfelder  1644—1807. 

2533.  Komtheur  1735. 

2534.  Kostelezki  1759—1763. 

2535.  Kotwiz,  Kottwiz  1648—1781. 

2536.  Kotz,  nur  ein  Schriftsttlck  vom 
J.  1431. 

2537.  Kotzau  1564—1603. 

2538.  Krabat,  nur  ein  Bestallungsbrief 
vom  J.  1517. 

2539.  Krabler  1611—1770. 

2540.  Kräbl  1636. 

2541.  Kraenzle,  Krenzlin   1604—1765. 

2542.  Kraft  von  Vestenberg,  Weitingen, 
Uhn  etc.  1415—1635. 

2543.  Krafthofer  1579—1747. 
5>544.  Kraineckli  1624—1628. 

2545.  Krais  von  Lindenfels  1717— 1765. 

2546.  Krakawiz  1504. 

2547.  Kramer,  Krämern  1584—1712. 

2548.  Krampro  s.  Barbaro. 

2549.  Krapf  1644. 

2550.  Kraus  1555—1804. 

2551.  Krauseneck,Krauseggl765-1768. 

2552.  Krausenthal  1701—1729. 

2553.  Krautmeister  1555. 

2554.  Kray  1687—1793. 

2555.  Kraysen,  Kraisen  1771. 

2556.  Krayser  1595—1725. 

2557.  Kraz  1(540. 

2558.  Krazer,  Kratzer  1643. 

2559.  Krazin,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1459. 

25C0.  Krebs  1452. 

2561.  Kreibig  1764—1805. 

2562.  Kreiden  weis,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1598. 

2563.  Kreith  1462—1799. 

2564.  Kreitmaier  1633—1790. 

2565.  Krement  1594 

2566.  Krempelhuber  1780— 180&. 

2567.  Kremponer,Kremponl683— 1788. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    213 


2568.  Kremser  1742-1752. 

2610. 

Kuem,  von  derKüm  1342—1366. 

2569.  Krenner  1792—1801. 

2611. 

Kuemer  1598. 

2570.  Krenmnger  1792—1797. 

2612. 

Kuemreith  s.  Kirmreuth. 

2571.  Krensky  1699. 

2613. 

Kuesching  1460. 

2572.  Krenzing  1802. 

2614. 

Kufstein  1635—1802. 

2573.  Krenzhn  s.  Kränzle. 

2615. 

Kugler  1736. 

2574.  Kress  1281—1737. 

2616. 

Kuhlau  1802-1804. 

2575.  Kresser  1623-1698. 

2617. 

Kulmer  1608—1731. 

2576.  Kretz  1786. 

2618. 

Kulzer  1790. 

2577.  Kreutner,  Kreuthner  1747 

-1805. 

2619. 

Kummersbrucker  1361. 

2578.  Kreymer  1518. 

2620. 

Kummerstatt  1575—1588. 

2579.  Krez  1798—1799, 

2621. 

Kummersperg  1673. 

2580.  Knebel  1803. 

2622. 

Kumpfmüllen ,      Kumpfmühlen 

2581.  Kriechbaum  1695—1696. 

1747-1759. 

2582.  Kriechinger  1631-1753. 

2623. 

Kun  1747. 

2583.  Krieger  1665—1689. 

2624. 

Kunsing  ca.  1290. 

2584.  Kriegern  1G98— 1708. 

2625. 

Kunzmann  1780—1790  s.  Cunz- 

2585.  Krienner  1663-1721. 

mann  und  .Gunzmann. 

2586.  Kriestorf  1718-1722. 

2626. 

Kurz    von    Senftenau,    Grafen 

2587.  Krimbl  1673—1681. 

1589-1677. 

2588.  Kripp  1447—1705. 

2627. 

Kurz  (bürgerUch)  1559-1789. 

2589.  Krizer  1779. 

2628. 

Kurzrock  1654—1762. 

2590.  Kronacher,  Kronach  1700 

-1715. 

2629. 

Kutenauer  1473—1599. 

S591.  Kronegg,    Cronegg,    s.    Croneck 

2630. 

Kyburg,  zwei  Stammbäume  mit 

1669-1807. 

dem  13.  Jhrhdt.  beginnend. 

2592.  Kronenberg,   Kronberg 

1624- 

2631. 

Kylmann,    nur  ein  Schriftstück 

1702. 

vom  J.  1790. 

2593.  Kronstem  1772. 

2632. 

Kympel  1651—1652. 

2594.  Kronstetten,  nur  em  Schriftstück 

2633. 

Kyrein  1758—1772. 

vom  J.  1653. 

2634.  Kytscher  1823. 

2595.  Kronthall,  Kronenthal  1730-1757. 

2635. 

Laber  1366—1407. 

2596.  Kropf  1778. 

2636. 

Labermaier  1792. 

2597.  Kroteneck  1731. 

2637. 

Labrique  de  —  1770. 

2598.  Kucher  1788. 

2638. 

Labrosa,    nur    ein    Schriftstück 

2599.  Kuchler  1382-1638. 

vom  J.  1600. 

2600.  Kueebach  1653-1706. 

2639. 

Lachemayr  1750—1803. 

2601.  Kuehlitz,    nur    ein    Schriftstück 

2640. 

La  Colonie  1774. 

vom  J.  1574. 

2641. 

Lafabrique  1753—1776. 

2602.  Kuelberg  1745—1760. 

2642. 

Lafferdt  1774-1777. 

2603.  Kuen,  Kon  1603—1779. 

2643. 

Lagus  1575-1585. 

2601.  Kuenburg  1694-1700. 

2644. 

Lainger  1675. 

2605.  Kuenigl  s.  Koenigl. 

2645. 

Laiming  1601  mit  einem  Adels- 

2606. Kuenningen  1782—1791. 

attest  vom  J.  1772. 

2607.  Kueniz   1616—1644. 

2646. 

Laittres  1639. 

2608.  Kuermeyer  1790. 

2647. 

Lamarc,  Lamark  1569—1574. 

2609.  Kuensberg,  Künsberg  s. 

Kinds- 

2648. 

Lambach,    nur  ein  Schriftstück 

berg. 

vom  J.  1815. 

214    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarcliive. 


2649.  Lambardi,   nur  ein  Schriftstück 

2682. 

vom  J.  1740. 

2683. 

2650.  Lamberg  1474—1815. 

2651.  Lambert,    nur    em    Schriftstück 

2684. 

vom  J.  1769. 

2685- 

2652.  Lambrechtshauser  1520—1558. 

2686. 

2653.  Lamersheim,  Lamniershoim  1587 

2687. 

-1606. 

2654  Lamezan,   nur   ein   Schriftstück 

2688. 

vom  J.  1790. 

2689. 

2655.  Lamfrizhamer  1635—1759. 

2690. 

2656.  Lammingen  auf  Albersreuth  1G27 

2691. 

—  1786. 

2692. 

2657.  Lamotte  1797. 

2693. 

2658.  Lamparter,    nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1503. 

2694. 

2659.  Lampel  1805-1806. 

2660.  Lampotmger  1450. 

2695. 

2661.  Lampretsliaimer,    Lanipetsham- 

2696. 

mer  1435-1757. 

2697. 

2662.  Lancier,    nur    em    Scliriftstück 

2698. 

vom  J.  1697. 

2699. 

2663.  Layminger  1377-1729. 

2700. 

2664  Landau  1440-1670. 

2701. 

2665.  Landeck  1524. 

2702. 

2666.  Landenberg  1505-1725  s.  Brei- 

2703. 

tenlandenberg. 

2704. 

2667.  Landerer  1588. 

2705. 

2668.  Landersperger,    nur  em  Bestall- 

2706. 

ungsbrief  vom  J.  1505. 

2707. 

2669.  Landfredini  1735-1738. 

2708. 

2670.  Landfrid  1555—1590  s.  BeUatein. 

2709. 

2671.  Landi  1743—1749. 

2710. 

2672.  Landsberg,    Landspcrg    1653  — 

1792. 

2711. 

2673.  Landschaden  1549—1551. 

2712. 

2674.  Landsee  1803. 

2713. 

2675.  Landsidler  1441. 

2676.  Landstorfer,  nur  ein  Schriftstück 

2714. 

vom  J.  1460. 

2715. 

2677.  Lanöe  1788-1789. 

2716. 

2678.  Irfing  1586—1820. 

2717. 

2679.  Lang  von  Leinzeil,  nur  ein  Adels- 

2718. 

attest  vom  J.  1768. 

2680.  Langen  1737. 

2719. 

2681.  Langenau,  nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1615. 

2720. 

Langenbach  1790. 

Langonberg,  nur  ein  Scluiftstück 

vom  J.  1682. 

Langeneck  1398—1651. 

Langenmantel  1429—1790. 

Langonschwartz  1719. 

Langlais,    nur    ein   Schriftstück 

vom  J.  1801. 

LangmajT  1702. 

Lannay  1782. 

Lansalut  1803—1804 

Lante  1743—1750. 

Lanthieri  1716—1729. 

Lantquarter,  nur  ein  Bestallungs- 

revcrg  vom  J.  1433. 

Larg,   nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1773. 

Laris  1693—1694 

I^rost^e  1759—1809. 

Laschansky  1722—1753. 

Lassberg  1739—1740. 

Lasser  1560—1784 

Lasky  1572. 

Lasso  1580—1689. 

La  Tour  1704—1731. 

Latour   d'Auvergne  1797—1801. 

Lattennann  1717—1722. 

Latti  de  LLxdor  1786. 

Laubenberg  1415—1618. 

Laubenthal  1749—1762. 

Laubheim  1723—1725. 

Lauch  1605. 

Lauersberg,  nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1782. 

Laufenholz  1400. 

Laufenstein  1797. 

Laur,    nur  ein  Schriftstück  vona 

J.  1690. 

Lausnoit  1697. 

Lautenschlager  15 14 — 1 765. 

Lauterburg  1658—1804. 

Lautorius  1574. 

Laux,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1795. 

Lavignie,    nur    ein   Schriftstück 

vom  J.  1701. 

Lavon  1634—1641. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.  215 


2721.  Lawn,  nur  ein  ScJiriftsttick  vom 

2762. 

J.  1504 

2722.  Lay  1661. 

2763. 

2723.  Laynberg  1398. 

2764. 

2724.  Layritz  1794. 

2765. 

2725.  Lebenstein  s.  Löwensteia 

2726.  Leberer  1639. 

2766. 

2727.  Lebonne  1774. 

2767. 

2728.  Lechel  1787. 

2768. 

2729.  Lechehnaier     1607—1017     mit 

2769. 

einem  Wappen. 

2770. 

2730.  Lechim  1575. 

2731.  T^hner  1476—1809.           * 

2771. 

2732.  Lechsberg  1332-1410. 

2772. 

2733.  Leeluse  1766. 

2773. 

2734.  Ledebur  1800. 

2735.  Lederburg  1724-1725. 

2774. 

2736.  Leeb  s.  Low. 

2775. 

2737.  Leeder  1712. 

2738.  Lefeubre  1727-1766. 

2776. 

2739.  Legnani-Ferri,   nur  ein  Stamm- 

2777. 

baum  von  ca.  1599. 

2778. 

2740.  Lehenmann  1664. 

2779. 

2741.  Lehle  1573. 

2780. 

2742.  Lehmann,   nur    ein  Schriftstück 

2781. 

vom  J.  1790. 

2743.  Lehrbach  1616-1802. 

2782. 

2744.  Leiblfing  1323-1808. 

2783. 

2745.  Leiberstorfer  1870—1726. 

2746.  Leichtenberg,  nur  eine  Notiz. 

2784. 

2747.  Leick  1774. 

2785. 

2748.  Leidel  1687—1732  s.  Leyden. 

2786. 

2749.  Leikam  1788—1802  s.  Leykam. 

2750.  Leineck  1574. 

2787. 

2751.  Lemingen  1300—1802. 

2752.  Leistner  1765. 

2788. 

2753.  Leitenbeck,  Lewtenbeckch  1393 

2789. 

—1583. 

2790. 

2754.  Leiter  s.  Bern  und  Scala. 

2791. 

2755.  Leitner,  Leuthner  1407—1812.     , 

2792. 

2756.  Leitti  s.  Leidl. 

2757.  Leixner  1806. 

2793. 

2758.  Lelemacher,  nur  ein  Schriftstück 

2794. 

vom  J.  1745. 

2795. 

2759.  Lelius  s.  Lilienfeld. 

2796. 

2760.  LeUich  1780. 

2761.  Lemble  s.  Lemlm. 

2797. 

Lemel,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1787. 

Lemen,  Lemmen  1787. 
Lemens  1747-1776. 
Lemingen,   Lemmingen    1650 — 
1800. 

Lemlin  1581. 
Lenck  1542—1805. 
Lenger  1685. 
Lengfelder  13%— 1460. 
Lengrieseer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1790. 
Lentersheün  1404—1656. 
Lenz  1641—1790. 
Lenzendorf^r,  Lentzendorfer  1345 
—1582. 

Leo  1549—1778. 
Leoncelli,    nur  ein   Schriftstück 
vom  J.  1594. 
Leone  1735—1773. 
Leonhardi  1791. 
Leonrath  1735. 

Leonrod,    Lehenrod  1418—1808. 
Leopardt  1701—1718. 
Leopold,  Leupold   1486  —  1694, 
mit  einer  Notiz  vom  J.  1755. 
Leoprechting  1480—1807. 
Le  Paige,  nur  ein  defekter  Stamm 
bäum  vom  J.  1700. 
Leping,  ein  Fragment  vom  J.  1340 
Lercari  1727—1752. 
Lerchenfeld   1509—1808   s.  Vol- 
kerstof. 

Leschwitz,   nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1592. 
Lettner  1755—1763. 
Letzkau  1766—1768. 
Leubold  1486. 
Leuchsehing  1698—1721. 
Leuchtenberg,  Landgrafen  von,  — 
1488—1600. 
Leuthner  s.  Leitner. 
Leutsch,  Leusch  1580. 
Leutzenrieder  1376. 
Levi,   nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1779. 
LevHng  1780-1790. 


216    Systematische  Uebersioht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarcliive. 


2798. 

Lewenburg  1747—1749. 

2836. 

2799. 

Lewenfeld  1676—1691. 

2837. 

2800. 

Lexa,  nur  ein  Schriftstück  vom 

2838. 

J.  1792. 

2839. 

2801. 

Leyden  1699—1803. 

2802. 

Leyen  1576—1781. 

2840. 

2808. 

Leykam  1778—1789. 

2841. 

2804. 

Leyllersperg,  nur  ein  Schriftstück 

2842. 

vom  J.  1726. 

2843. 

2805. 

Lhotta  1746-1747. 

2844. 

2806. 

Lichtenstem  1726-1781. 

2807. 

Lidbach,  Lidwadi  1502-1503. 

2845^ 

2808. 

Lidl  1686—1687  s.  Fronberg. 

2846. 

2809. 

Lieb  1627—1632,   mit  genealog. 
Notizen  vom  J.  1347  an. 

2847. 

2810. 

Liebenau  1563. 

2848. 

2811. 

Liebenberger,    Liebenberg    1460 

2849. 

-1739. 

2850. 

2812. 

Libangck  1504. 

2851. 

2813. 

Liebenfels  1504—1741. 

2814. 

Liebenstein  1690—1694. 

2852. 

2815. 

liebert  1763-1808. 

2853. 

2816. 

Liebo,  Liebault  1770. 

2854. 

2817. 

Liechtenauer     1398  — 1722      s. 

2855. 

Maiger. 

2856. 

2818. 

liechtenbeig  1589—1752. 

2857. 

2819. 

Liechteneck  1434. 

2820. 

Liechtenstein  1453—1792. 

2858. 

2821. 

liehr  1706-1779. 

2859. 

2822. 

Lienberg,    nur   ein   Schriftstück 

2860. 

vom  J.  ca.  1550. 

2861. 

2823. 

Tngerz  1750—1752. 

2862. 

2821  Ligni,  Ligne  1601-1783. 

2863. 

2825. 

ligniville,    nur   ein  Schriftstück 
vom  J.  1661. 

2864. 

2826. 

Ligsalz  1470—1784. 

2865. 

2827. 

LUgenau  1775—1793. 

2866. 

2828. 

Lille  1715—1722. 

2867. 

2829. 

LiUien,  LiUen  1747-1805. 

2868. 

2830. 

Lilienfeld  1742—1754. 

2869. 

2831. 

Liliengleich,  nur  ein  Schriftstück 

2870. 

vom  J.  1805  s.  Orioff. 

2871. 

2832. 

Lillingau,    nur  ein   Schriftstück 

2872. 

vom  J.  1671. 

2873. 

2833. 

Tiimbach  ca.  1702. 

2884. 

Lunbeck  1436-1790. 

2874. 

2835. 

limberger  1696, 

2875. 

Limbrunn,  Linbrunn  1774 — 180L 

Limburg  1340—1761. 

Lind  1673-1680. 

Lindau,    nur    ein    Schriftstück 

vom  J.  1661. 

Lindelo  1612—1679. 

Linden  1600—1800. 

Lindenfels  1598—1763. 

Lindhart  1599—1600. 

Lindlaun,    nur   ein   Schriftstück 

vom  J.  1609. 

Lindner  1600—1809. 

Line  1779—1783  s.  Ligne. 

Ijnefels,     nur    ein    Schriftstück 

vom  J.  1706. 

Link  1541—1779. 

Linker,  Linkem  1697—1802. 

Lion  1688. 

Lipeki,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1738. 

Lipp  1609. 

Lippe  1706—1794. 

Lippert  1773—1805. 

Lipsky  1738—1745. 

Lisimor  1776—1807. 

Lithe,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1675. 

Litinschkhy  1609. 

Lititzki  1718—1729. 

Litta  1802—1803. 

Livizzani  1733—1774. 

Lizen  1659—1738. 

Lobenberg  1626. 

I^benstein,  Hof  er  von  —    1430 

-1616. 

Lobkowitz  1561—1800, 

Locatelli  1743. 

Locella  1731—1742. 

Ix)ch,  Lock  1425—1433. 

Locher  1636. 

Lochinger  1454—1636. 

Ix)chner  1461—1796. 

Lockenburg  1574. 

Loder,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.1712. 

Lodron  1606—1801. 

Loö  1799—1806. 


Systematische  Uehersicht  des  Inlialts  der  bayerischen  Ijandesarchive.    217 


287«.  Loechle  1723. 

2877.  Loefelholz  1505—1517. 

2878.  Loefen  1673-1674. 

2879.  Loefler  1686. 

2880.  Loehr  1728—1770. 

2881.  Loen,nurein  Adelsattest  v.J.  1766. 
'  2882.  Loesch  1472—180:3   s.  Altinann. 

2883.  Loeschwitz  1670. 

2884.  Loesel  1790—1798. 
2885!  Loew,  Leeb  1787—1806. 

2886.  Loewen  1694—1761. 

2887.  Loewenhaupt  1659-1703. 

2888.  Loewenklau  1663—1701, 

2889.  Loewenstein     (Grafen),    Leben- 
stein 1511—1804, 

2890.  Loewenthal,  Löwenthall  1643  — 
1799. 

2891.  Lohn  1645. 

2892.  Lombardi  1722. 

2893.  Lommessen,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1793. 

2894.  Longr^e  1783—1785. 

2895.  Longueval  1643—1663. 

2896.  Lonlay  1760—1792. 

2897.  Lonsdorf,    nur   em   Schriftstück 
vom  J.  1702. 

2898.  Loos,  Loose  1716—1733  s.  Wahl. 

2899.  Lopauer  1745. 

2900.  Loran  1763. 

2901.  Lorbach,    nur    ein    Schriftstück 
vom  J.  1762. 

2902.  Loreck  1750.  . 

2903.  Lorena  1650— 1G64. 

2904.  Lorengo  1736-1741. 

2905.  Lori  1768—1798. 

2906.  Lorme  1700—1727. 

2907.  Losenstein   1511—1779. 

2908.  Loshert,  Loschert  1759. 

2909.  Losnez,  Losnitz  1637. 

2910.  Lotter  1806. 

2911.  Lotterbeck  1408—1462. 

2912.  Lougr^e  s.  Longrde. 

2913.  Loyers  1669. 

2914.  Lubomiersky  1628. 

2915.  Luc  1698—1717. 

2916.  Lucan  1622. 

2917.  Lucas  1805, 


2918.  Luchau  1477—1677. 

2919.  Luchs  1533. 

2920.  Lucino  1743. 

2921.  Luckner  17b9-  1790. 

2922.  Ludo\ici  1623—1631. 

2923.  Ludwig  1740—1787. 

2924.  Ludwigstorf  1799. 

2925.  Lueder,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1801. 

2926.  Luedger  1672. 

2927.  Luegem  1746—1747. 

2928.  Luelsdorff,    nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1628. 

2929.  Luendenherg,    nur    ein   Schrift- 
stück vom  J.  1685. 

2930.  Luerzer  1671—1757. 

2931.  Luetgendorf  1751—1815. 

2932.  Luezelburg  1052—1793. 

2933.  Luezerode  1771. 

2934.  Luger  1635—1785. 

2935.  Lung  1578—1783. 

2936.  Lunghamer  1610—1759. 

2937.  Lupfen  1452—1597. 

2938.  Lui)ftich  1493—1509. 

2939.  Lupin  1698—1775. 

2940.  Luprecht,   nur   ein  Schriftstück 
vom  J.  1539. 

2941.  Luschier,    nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1631. 

2942.  Lustnau  1403. 

2943.  Lutzau  1741—1802. 

2944.  Luxburg  1790—1801. 

2945.  Luz  1571—1770. 

2946.  Luzan  1736—1739. 

2947.  Luzenberger  1612—1804. 
2918.  Lyer  s.  Liehr. 

2949.  L>iitacher  1352. 

2950.  Maccioni  1683. 

2951.  Maccolini  1691—1698. 

2952.  Mach  1792. 

2953.  Macheville  1699. 

2954.  Machdolf  18C0. 

2955.  Maclihaus  1692. 

2956.  Machska  1505. 

2957.  Mackey,  Mackhay  1670—1680. 

2958.  Madelseder,  Madlseeder,  nur  ein 
Schriftstück  vom  J.  X758. 


218    Systematische  UeherBieht  de^  Inhalts  der.  bayerischen  Landesardiive. 


2959.  Madrusdi  1534—1622. 

2960.  Maechtlinger  1699—1798. 

2961.  Maegerl,  Magert  1552—1799. 
2%2.  Maeler  1495. 

2963.  Maemming  1563—1756. 

2964.  Maendl,  Maentl  zu  Deutenliofen 
1438—1798. 

2965.  Maerz  1502—1811. 

2966.  Maessenhausen  s.  Massenhausen 
1750—1806. 

2967.  Maetsch,  de  Macia,  1310. 

2968.  Maexb-ain  1442—1769,  mit  einem 
Geschlechtebuche  vom  J.  795  an. 

2969.  Maezinger  1510. 

2970.  Maffei  1655—1762. 

2971.  Magenbuch,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1426. 

2972.  Magensreither  1506—1551. 

2973.  Magierus  1584—1586. 

2974.  Magis  1780—1802. 

2975.  Magolzheim  1710. 

2976.  ]\Iagzin  1792. 

2977.  Mahlknecht  1665—1779. 

2978.  Mahoine,  nur  ein  Scludftstück  v. 
J.  1701. 

2979.  Maienbei^  1760—1794. 

2980.  Maiger,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1423. 

2981.  Maier,  1574—1806  s.  Mayer. 

2982.  Maierhof  1786—1789. 
2933.  Maierhofen  1706—1791. 

2984.  Maierhof  er,  Mayrhofer  1786. 

2985.  Maietti,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1629. 

2986.  Maülinger  1773—1816. 

2987.  Maillone  1607. 

2988.  MaiUot  de  la  Treille  1779—1790. 

2989.  Maim,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1700. 

2990.  Maister  1607—1697. 

2991.  Makhay  1679—1682. 

2992.  Malaise,  Males  1715—1735. 

2993.  Malapert  1792. 

2994.  Malespina  1591—1767  s.  OUvola. 

2995.  Malgrate,   nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1540. 

2996.  Malineo  1618, 


2997.  Malsburg,  Malzbui«  1702—1717. 

2998.  Malsen  1805. 

2999.  Mahiz,   Malty,    Maltys,    Maltitz 
1535—1594. 

3000.  Malty,  s.  Maltitz. 

3001.  Malvezzi  1743—1754. 

3002.  Malzan  1735. 

3003.  Mammer,  nur  ein  Fragment  aus 
dem  17.  Jahrhundert. 

3004.  :Mamming  s.  Maemming. 

3005.  :Mandach  1532—1593. 

3006.  Manderscheid  1346—1721. 

3007.  !Mandeslo  s.  Manteslohe. 

3008.  Mang  1551—1610. 

3009.  Mangin  1737  und  ein  Schriftstück 
vom  J.  ca.  1700. 

3010.  Mangold  1634. 

3011.  Mangst  1617—1652. 

3012.  MangsÜ  1802—1805. 

3013.  Manini  1715-1807. 

3014.  Manithor,   nur   ein   Schriftstück 
von  ca.  1650. 

3015.  Manne  1586. 

3016.  Manner  1751—1772. 

3017.  ^Mannstorf,   nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1784. 

3018.  Manoel  1747—1752. 

3019.  Mansberg  1379. 

3020.  Mansfeld  1560—1799. 

3021.  Manson  1800. 

3022.  Mantauto  s.  Montauto. 

3023.  Manteslohe,  Manteslo  1640-1650. 

3024.  Manteufel  1669—1799. 

3025.  Mantica  1721—1778. 

3026.  Manzmi  1750. 

3027.  Manzoni  1740—1746. 

3028.  :Maralt  1713-1723  s.  Marold. 

3029.  Marazani  1785—1787. 

3030.  MarcelU  1749. 

3031.  Marchai  1758—1787. 

3032.  Marche  de  la  1642. 

3033.  Marck  von  der,  1572—1584. 

3034.  IMarcolmi  1750—1777. 

3035.  Marefosclü  1725—1740. 

3036.  Marexi  1515. 

3037.  Margareth    von   der,   Margreth, 
nur  ein  Schriftstück  vom  J.  1630. 


Systemfttischo  Uel^ergicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.  219 


3038. 

Älarggraf  1609. 

3076. 

Mathys  1669. 

3039. 

Marghess,    Margkhess,    nur   ein 

3077. 

Matruz  8.  Madrusch. 

Schriftstück  vom  J.  ca.  1630. 

3078. 

Matschach  1517—1520. 

3040. 

Margroth,  Margrot    1585—1596. 

3079. 

Matt  1792. 

3041. 

MarichaU  1752--1772. 

3080. 

Mauerkircher  1450—1470. 

3042. 

Marimont  1652—1749. 

3081. 

]VIaulhart,  ein  Papierübell   1457 

3043. 

Marhii  1628-1766. 

-1469. 

3044.  Mariotti  1803. 

3082. 

Mauren  1435—1455. 

3045. 

Marischal  1751. 

3083. 

Maurer  1775-1777. 

3016. 

Mariscotti  1738—1742. 

3084. 

St.  Maurice  1715-1721. 

3047. 

Älarkhausen,  nur  ein  Schriftstück 

3085. 

Mausheimer  1454—1502  s.  Tuch- 

vom  J.  1788. 

senhauser. 

3048. 

Mark,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3086. 

Mautner  1330—1518. 

J.  1781. 

3087. 

Maxh^in,  s.  Maexlrein  u.  Hohen- 

3049. 

Markreither  1764—1806. 

waldeck. 

3050. 

Marolt  8.  Moralt  und  Maralt. 

3088. 

May  1693. 

3051. 

Marpeck,    nur   ein   Schriftstück 

3089. 

Mayenfeld,  Mayemfeld  1778. 

vom  J.  1626. 

3090. 

Mayenthall  1485. 

3052. 

Marschall,  Marschalk  1293—1808. 

3091. 

Mayer,  Freiherm  1709—1787. 

3053. 

Marstaller  1540. 

3092. 

Mayer  1715—1733. 

3054. 

Martern  1661—1680. 

3093. 

Mayershaim  1686—1694. 

3055. 

Martin  1796—1797. 

3094. 

Mayr  v.  Risenegg  1703. 

3056. 

S.  ilartin  1764—1797. 

3095. 

Mayr  v'.  Schemeck  1702-1808. 

3057. 

Martinet  1679—1681. 

3096. 

Mayrau  1689—1700. 

3058. 

Martmi  1720—1737. 

3097. 

Mayrulrich,  nur  ein  Schriftstück 

3059. 

Martiniz  1570—1684. 

vom  J.  1576. 

3060. 

Älartius  1576. 

3098. 

Mazzeti  1630. 

3061. 

Martzell,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3099. 

Mazzini  1725-1754. 

J.  1549. 

3100. 

MechUnger  1721. 

3062. 

Marx  1675. 

3101. 

Meclitling  1766—1769. 

3063. 

Marxer  1748. 

3102. 

Meckau  1581-1600. 

3064. 

Maschek  1792. 

3103. 

Meckenloher  1470—1488. 

3065. 

Maschkau  s.  Maschka. 

3104. 

Meder,  nur  ein  Scliriftstück  vom 

3066. 

Maschkoe,  nur  ein  Schriftstück 

J.  1605. 

vom  J.  1689. 

3105. 

Medices,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3067. 

Massa  de  la  1776—1777. 

J.  1621. 

3068. 

Massenbach  1799-18048.  Messen- 

3106. 

Meding,    nur   ein   Stammbaum 

beck  u.  Schellner. 

ohne  Jahr. 

3069. 

Massenhauser ,      Mässenhausen 

3107. 

Megenberg  1342. 

1767-1790. 

3108. 

Meggenhofen    1745  — 1778 ,     s. 

3070. 

Masso,  nur  ein  Schriftstück  vom 

Mezgem. 

J.  1749. 

3109. 

Meggerle,  Megerle,  nur  ein  Schrift- 

3071. 

Mastei  1731-1740. 

stück  vom  J.   1648  mit  einem 

3072. 

Wappen. 

3073. 

Mastiaux  1773—1793. 

3110. 

Mehllupi  s.  Sorogna. 

3074. 

Mateme  1771. 

3111. 

Meichsner  1539--1783, 

3075. 

Mathiel  1616, 

3112. 

Meiudl  1594, 

220    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesardiive. 


3113.  Meindres  1759. 

3150. 

Merlau,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3114.  MeLssenrienibl  1457—1645. 

J.  1572. 

3115.  Meis.sner  1576—1796. 

3151. 

Mermann,  Moermann  1613—1786. 

3116.  Meitting  1574     1589  s.  Meutting. 

3152. 

Menxle  1625. 

3117.  Melfülirer,Moelführerl707-1738. 

3153. 

Merschin,    nur   em    Schriftstück 

3118.  Meldeck  s.  Reiclilin. 

vom  J.  1645. 

3119.  Meldeman    de  Bour^,    nur   ein 

3154. 

Mersperg  1592—1642  s.  Mörsberg. 

Stammbaum  vom  J.  1700. 

3155. 

:yierveld  1752—1769  s.  Merfeld. 

3120.  Meier  1512. 

3156. 

Merz  1720  s.  Maerz. 

3 121.  Melheim,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3157. 

Messa,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1654. 

J.  1728. 

3122.  Mello  1642. 

3158. 

Messenbeck,   Massenbeck,    1441 

3123.  Melonius  1604—1618. 

—1731. 

3124.  Melskinthner  1609. 

3159. 

Messerer,   nur   ein   Schriftstück 

3125.  Meistein  1600. 

vom  J.  1773. 

3126.  Melun  1702. 

3160. 

Messner  1668—1681. 

3127.  Melzel  1795. 

3161. 

Metelska,    nur   ein   Schriftstück 

3128.  Menacher  1806. 

vom  J.  1459. 

3129.  Menchofen  1404. 

3162. 

Metsch  1715—1740. 

3130.  Mend,   Mennd,  nur  ein   Schrift- 

3163. 

]Mcttemich  1590—1743. 

stück  vom  J.  1603. 

3164. 

Mettemich  (bürgerlich)  1784. 

3131.  Mendel  zu  Steinfeld  1454—1806. 

3165. 

Metzer  1790—1799. 

3132.  Mendorfer  1402—1429. 

3166. 

Meurers  1706—1782.  " 

3133.  Mendoza  1749—1754. 

3167. 

Meusel  1459. 

3134.  Mengersen     1733  —  1766  ,     mit 

3168. 

Meutting,   nur   ein   Schriftstück 

Stammbaum  vom  J.  1743. 

vom  J.  1483. 

3135.  Mengersdorf  1562—1628. 

3169. 

Meyr  1717. 

3136.  Mengersreuth  1414—1650. 

3170. 

Mez,  nur  ein  Schriftstück  v.  J.1723. 

3137.  Menrad  1708—1762. 

3171. 

Mezberger  1689. 

3138.  Menshingen,    Menshengen    1668 

3172. 

Mezenhofen  1708. 

—1750. 

3173. 

Mezger  1787—1796. 

3139.  Meuten  1603—1822. 

3174. 

Mezgem  von  Meggenliofen  1733 

8140.  Menter,  nur  ein  Schriftstück  vom 

—1776  8.  Meggenhofen. 

J.  1792. 

3175. 

Mezrode  1556—1557. 

3141.  Menz  1783—1786. 

3176. 

MezzaneUi  1740—1746. 

3142.  Menzinger,    Menzingen    1472— 

3177. 

Micliael  1741—1775. 

1636. 

3178. 

Michelsperger  1399. 

3143.  Merchenti,   nur  ein  Schriftstück 

3179. 

Michl  1752—1775. 

vom  J.  1740. 

3180. 

Michna  1745—1746. 

3144.  Merchier  1746. 

3181. 

Miedan  1680-1713. 

3145.  Mercü,  Mercy  1641—1725. 

3182. 

Mieg  1792—1799. 

3146.  Merfeldt  1737--1738. 

3183. 

MieUch  1500—1579. 

3147.  Meringer  zu  Baumburg  1579— 

3184. 

Mieting  1723. 

1592. 

3185. 

Migazi  1723—1780. 

3148.  Merkingen,  nur  eine  Urkunde  aus 

3186. 

Miglio,  nur  ein  Schriftstück  vom 

dem  14.  Jahrhundert. 

J.  1728. 

3149.  Merkl,  Merklin  1575—1796, 

3187. 

Mübacher  1655, 

Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarclüve.    221 


3188. 

Müchner,  Müchler  1766—1767. 

3223. 

Moedemdorfer  1427. 

8189. 

Milendonk  1642—1647. 

3224. 

Moehner  1637. 

3190. 

Milt'es,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3225. 

Moeller  1H03— 1811. 

J.  1790. 

3226. 

Moellem  1690—1694. 

8191. 

Millairs  1755—1764. 

3227. 

Moeringer,  nur  ein  Schrift8t|ttck 

3192. 

Millau,  IVÜUauer  1682—1727. 

vom  J.  1471. 

3193. 

MiUenthal,  nur  ein  Schriftstück 

3228. 

Moerlen,    nur   ein   leerer   Prae- 

vom  J.  1693. 

bendalact-Umschlag  v.  J.  1608. 

3194. 

MiUer  1673—11-04,  s.  Müller. 

3229. 

Moers  1722—1723. 

3195. 

MiUiari,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3230. 

Moer8perg,Moersberg  1588—1769 

J.  1721. 

8.  Mersberg. 

3196. 

MiUini  1737—1754. 

3231. 

Moerz  1725. 

3197. 

Millino  1611-1628. 

3232. 

Moertzenfeld,  nur  ein  Schriftstück 

3198. 

Millis  1697. 

vom  J.  1701. 

3199. 

Millo  1740-1754. 

3233. 

Moessl  1625—1792. 

3200. 

Millstetter  1695. 

3234. 

Mohr  1642—1813. 

3201. 

Miltenberger,  Miltenburg  1566— 

3235. 

Mohrenfels  1722—1766. 

1676. 

3236. 

Molart  1553—1689. 

3202. 

Miltiz  1764—1800. 

3237. 

Molike  1799. 

3203. 

Milz,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3238. 

Mohna  1738—1740. 

J.  1400. 

3239. 

Molinari  1741—1753. 

3204.  Minckwitz  1532. 

3240. 

Moütor  1792. 

3205. 

Minder  1792. 

3241. 

Moll  1521—1555. 

3206. 

Minig,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3242. 

Mollendorf  1701—1717. 

J.  1757. 

3243. 

Moller  1804. 

3207. 

Minsinger,  nur  ein  Schriftstück 

3244. 

Molnar  1777—1780. 

vom  J.  1538. 

3245. 

Molza  1616. 

3208. 

Minuzi  et  Simeoni  1587—1806, 

3246. 

Momi,  nur  ein  Schriftstück  vom 

u.  Minutio. 

J.  1743. 

3209. 

Mirande  1717. 

3247. 

Momphort  1365. 

3210. 

Mirandola  1625—1626. 

3248. 

Monasterol,  Monasterola  1675 — 

3211. 

Mirtanner,  nur  ein  Schriftstück 

1725. 

vom  J.  1415. 

3249. 

Moncada  1628—1663. 

3212. 

Misching,    nur   em    Schriftstück 

3250. 

Monflin,  nur  ein  Schriftstück  vom 

vom  J.  1460. 

J.  1717. 

3213. 

MisÜbeck  1436—1437. 

3251. 

Monfredi,   nur   ein    Schriftstück 

3214. 

Mitrowsky  1735—1738. 

vom  J.  1724. 

3215. 

Mitschan  1462. 

3252. 

Monherr,  Edler  v.   Gall-Hagem, 

3216. 

Mittelbui«  1458—1490. 

nur  ein  Schriftstück  vom  J.  1742. 

8217. 

Mitterhoven,  Mithofen  1697. 

3253. 

Monjelaz  s.  Montgelas. 

3218. 

Äßtterkircher  1378. 

3254. 

Mont   de  —    1626,   mit  einem 

3219. 

Mittermayr  1792. 

Wappen. 

3220. 

Mocenigo  1745. 

3255. 

Montauto,  nur  ein  Schriftstück 

3221. 

Mpdena  di,  —  nur  ein  Schrift- 

vom J.  1626. 

stück  vom  J.  1741. 

3256. 

Monte- Albano  1810. 

3222. 

Moeck  von  Balgheim,  ein  Adels- 

3257. 

Montecenere,  nur  ein  Schriftstück 

atteet  vom  J.  1786. 

vom  J.  1740. 

222    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


3258.  MontecuccuH  1691—1777. 

3297. 

3259.  Monteni  1546—1547. 

3298. 

3260.  Montezan  1792. 

3299. 

3261.  Montfort  1309—1804. 

3300. 

3262.  Montgelas  1754—1805. 

3301. 

3263.  Montigny  1704—1808. 

3302. 

3264.  Montijo  1741. 

3303. 

3265.  Montmer^  1806. 

3304. 

3266.  Montouban,  Montauban   1719— 

3305. 

1805. 

3306. 

3267.  Montot  1781-1805. 

3307. 

3268.  Montour  1674. 

3308. 

3269.  Montreuil,  nur  ein  Schriftstück 

3309. 

vom  J.  1673. 

3310. 

3270.  Montrichier  1642. 

3311. 

3271.  Mony  1731. 

3312. 

3272.  Moons  1647—1650. 

3313. 

3273.  Moralt,  Marolt  1488-1715. 

3314. 

3274.  Moraltinger,  Maroltinger  1491 — 

1635  mit  einem  Stift-  u.  Schuld- 

3315. 

buch  der  Familie. 

3316. 

3275.  Moran  1738. 

3317. 

3276.  Morasch  1783. 

3318. 

3277.  Morawez  1728—1739. 

3319. 

3278.  Morawizki  1689— lb05. 

3320. 

3279.  Morezze,  Mouroux,  nur  ein  Sclirift- 

sttick  vom  J.  1676. 

3321. 

3280.  Morhart  1506—1639. 

3322. 

3281.  Morigni  1768. 

3282.  Morigoti  1768. 

8323. 

3283.  Moriez,  nur  ein  Schriftstück  von 

ca.  1700. 

3324. 

3284.  Mormilo,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1739. 

3325. 

3285.  Momberg,  Murmberg  1560-1721. 

3326. 

3286.  Moro  ca.  1700. 

3327. 

8287.  Morolt  s.  Moralt. 

3328. 

3288.  Morsheim,  nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1584. 

3329. 

8289.  Morspeck  1506—1508. 

3330. 

3290.  Mortagni  1618—1633. 

3331. 

3291.  Mosbach  1414—1420. 

3292.  Mosbui^er  1773. 

8332. 

3293.  Mosca  1738—1751. 

8333. 

3294.  Moscardo  1749. 

3334. 

8295.  MoBcoso  1502. 

8385. 

8296.  Moser  1682—1720. 

8836. 

Mosheim,  Moshamm  1440—1790. 
Mossmaier  1711. 
Mossreither  1527. 
Most  1723. 

Motschenbach  1573—1608. 
Motta  1738—1747. 
Mottmanus  1630. 
Moug6  1771—1788. 
Mouleon  1746. 
Moulin  1853  s.  Aretin. 
Moundet  1760. 

Mourat  1708—1808  s.  Murat. 
Mouroux  s.  Morozze. 
Mousin  de  Bemecourt  1809. 
Mozinger  s.  Mäzinger. 
Mühle,  Mühlen  1711—1851. 
Mühlenthal  1739. 
Mühlenheini,  nur  ein  Adelsattest 
vom  J.  1785. 

Mühlheimer,Mühlheim  1450-1630. 
Mühlhofer  1460. 
Mühlholz  1694—1792. 
Mülinen  1550. 
Müller,  Miller  1386—1823. 
Müll  von  Ulmen,  nur  ein  Stamm- 
baum. 

Münch  1697—1792. 
Münch  von  Bellinghausen   1622 
—1801. 

Münch  von  Münchenstein  1735 
—1759. 

Münch  von  Münchhausen  1527 
—1786. 

Münchau  1513—1606. 
Münchshausen  s.  Münch. 
Münich  V.  1647. 

Münchsmayr,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1753. 
Münster  1349—1801. 
Münsterer  1660—1804. 
Munstern,   nur   ein  Schriftstück 
vom  J.  1363. 
Muffel  1660—1717. 
Mugenhofer  1576—1612. 
Muggenberg  1714 
Muggenthall  1404—1806. 
Mulfingen  1468—1584. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  I^ndesarchive.   223 


3337. 

Mulz  1790. 

3377. 

3338. 

Mulzer,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3378. 

J.  1627  mit  einem  Wappen. 

3379. 

3339. 

Mumberger  1784. 

3380. 

3340. 

Mundenheim  1548—1551. 

3381. 

8341. 

Mundorf  1797—1798. 

3382. 

3342. 

Hunzinger  1575—1581. 

3343. 

Murach  1415—1803. 

3383. 

3344. 

Murat  1787. 

3384. 

3345. 

Murhamer  1441—1590. 

3385. 

3346. 

Murher  1382-1559. 

3386. 

3347. 

Muringer,  nur  ein  Verzeichniss 

von  Silbergeschirr  von  ca.  1450. 

3387. 

3348. 

Murmberg  s.  Momberg. 

3388. 

3349. 

Muschelrieder,   nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1406. 

3889. 

3350. 

Mussinan  1792. 

3390. 

3351. 

MutscheUe  1804—1805. 

3352. 

Muzenhard  1706—1708. 

3353. 

Mylaeus  1570—1617. 

3354. 

Mylius  1589—1686. 

3391. 

3355. 

Nachbauer,  Nachbur  1459. 

3392. 

3356. 

Nachodt  1623. 

3393. 

3357. 

NagaroUa  1571-1791. 

3394. 

3358. 

Nagel  1570—1754. 

3395. 

3359. 

Nankenreith  1448—1627. 

3396. 

3360. 

Nassau    (Fürsten    und    Grafen) 

3397. 

1332—1807. 

3398. 

3361. 

Natali  1629. 

3399. 

3362. 

Natterer,  Naetterer  1772—1802. 

3400. 

3363. 

Naundorf  1764. 

3401. 

3364. 

Necker,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1612. 

3402. 

3365. 

Neetzow  1755—1756. 

3403. 

3366. 

Nefzer  1627—1705. 

3404. 

3367. 

Negri  1624—1813. 

3368. 

Negusanti,  nur  ein  Schriftstück 

3405. 

vom  J.  1684. 

3406. 

3369. 

Nehmen  1773. 

3407. 

3370. 

Neidegg  s.  Taufkirchen. 

3371. 

Neidhart  1408—1696. 

3408. 

3372. 

Neller  1397. 

3409. 

3373. 

Neuenbürg  1449—1579. 

3410. 

3374.  Neningen,  Neiningen  1404— 1532. 

3411. 

3875. 

Nenner  1761. 

3412. 

3376. 

Nemheimer,  nur  ein  Schriftstück 

3413. 

vom  J.  1441. 

3414. 

,  Nesselrode  1618—1805. 
Neubauer  1680—1779. 
Neubeck  1801—1808. 
Neubig  1761. 

Neubronner,  Neubroner  1805. 
Neuburg    1683  —  1784    s.    Neu- 
burger. 

Neuburger  1586—1679. 
Neuchinger  1430—1684. 
Neudeck  1506--1608. 
Neuenfels,  nur  ein   Schriftstück 
vom  J.  1539. 
Neuenstein  1654 — 1793. 
Neufelden  1680. 

Neuhaus,    Neuhausen    s.    Neu- 
hauser. 

Neuhauser,  Neunhauser  Greifen- 
fels, Ehmhaus  etc.   1479—1760, 
mit  einem  Stammbaum  von  1392 
an  beginnend. 
Neumaier  1569—1722. 
Neumann  s.  Puchholz. 
Neumtiller  1738—1768. 
Neuneck,  Neunegg  1544 — 1781. 
Neunes  1683—1776. 
Neunmartter  1433. 
Neur  1789. 
Neusesser  1615. 
Neusinger  1724—1780. 
Neusönner  1719—1750. 
Neustädter  gen.  Stürmer  1579— 
1609. 

Neuville,  Neufville  1711—1790. 
Neveu  1692—1694. 
Neys,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1762. 

Nicki,  Niggl  1551—1772. 
NicoUi  1731—1733. 
Nicoloti,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1757. 

Niedermaier  1558—1799. 
Niederthor  1475. 
Nidrum  1637—1639. 
Nieberlin  1680—1712. 
Niesen  1715. 
Niessl  1731. 
Nigg  1756—1801. 


224   Systematische  Ucbersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landosarchive. 


3415.  Nindl  1737. 

3453. 

8416.  Nippenburg  1491—1402. 

3454. 

3417.  Nischwiz  1608. 

3455. 

3418.  Nitski  1775—1782  s.  Nytz. 

3419.  Nitz,  Kytz  1690-1731. 

3456. 

3420.  Niuar,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3457. 

J.  1G70. 

3458. 

3421.  Nixdorf  1745. 

3422.  Noblet  1699. 

3459. 

3423.  Nocera  1634. 

3460. 

3424.  Nockher  1752—1799. 

3461. 

3425.  Xoder,  nur  ein  Wappenbrief  vom 

3462. 

J.  1682. 

3463. 

3426.  Noerdlmger  1461—1563. 

3464. 

8427.  Noeringer,  nur  ein  Schriftstück 

3465. 

vom  J.  1660. 

3466. 

8428.  Noessler,   nur   ein    Schriftstück 

3467. 

vom  J.  1672. 

3468. 

3429.  Nogarola  s.  Nagarolla. 

3469. 

3430.  Nonhauser  1572. 

3431.  Nopper  1784—1797. 

3470. 

3432.  Nordeck  1629—1630. 

3471. 

8433.  Norker,  Narker  1429—1493. 

3472. 

3484.  Normanvüle  1719. 

3473. 

3435.  Norstat  1764. 

3474. 

3436.  Nordheim,  Northeim  1494. 

3475. 

8437.  Nostiz  1687—1762. 

8476. 

9438.  Nothaft  1354—1814. 

3439.  NoyeUe  1681. 

3477. 

3440.  Nussberger  1430—1623,  mit  einer 

3478. 

genealog.    Abhandlung    vom    J. 

3479. 

1307  beginnend. 

3441.  Nussdorfer  1367—1645. 

34b0. 

3442.  Nuland  1761—1783. 

3481. 

3443.  Nunner,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1457. 

3482. 

8444.  Nüss,  Nyss  1746-1810. 

3483. 

8445.  Nütz  8.  Nytz. 

3484. 

3446.  Ntitzel,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3485. 

J.  1672. 

8486. 

3447.  Nuzi  s.  Nytz. 

3487. 

8448.  Nytz  1693—1782  s.  Nitz. 

3488. 

8449.  Oberau  1400—1753. 

8489. 

3450.  Oberkamp  1799. 

3490. 

8451.  Oberlander    1604,    mit    einem 

3491. 

Wappen. 

8492. 

34Ö2.  Oberhover  1652. 

Obermaier  1773—1789. 
Obemberg  1793—1796 
Obemdorfer,   Obemdorf  1393— 
1798. 

Oberstein  1518—1645. 
Obwexer  1770—1816. 
Occoimer,    nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1684. 
d'Ocfort  1725—1780. 
Ochs  1394—1570. 
Ochsenbach  1578. 
Oclisenhart  1368. 
Ockel  1775—1808. 
Od(ü  1743—1753. 
Odescalco  1738—1754. 
Oechslem,  Oexle  1572—1801. 
Oecker  1775. 
Oed  1676—1752. 
Oedelhuber,  nur  ein  defekt.  Schrift- 
stück vom  J.  1377. 
Oedenbei^  1395— ir»84. 
Oefele  1601—1808. 
Oelhafen  1793—1797. 
Oellerbach  1531. 
Oelsen  1689—1704. 
Oerthel  1609  s.  Ertl. 
Oesterreicher,    Oestreich    1431 — 
1784. 

Oettingen  1258—1801. 
Oettl  1618  mit  einem  Wappen, 
Oettlingcr  1460—1539  s.  Ettling 
und  Edling. 
Oexle  8.  Oechslein. 
Offenhausen,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.   1568. 
Offenheim  1428—1730. 
Offenstetter  1428—1777. 
Offringen  1676—1681. 
Ogalhan  1753—1755. 
Ogglfi  1732—1737. 
Ognak  s   Onate. 
Ohinger  1590. 
Ohnweck  1599. 
OUvieri  1727—1738. 
Ohvola  Lazaro  Malaspina  1666. 
Onate,  Ognate,  nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1623. 


Systematisahe  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.   225 


3493.  Oncker  1775. 

3536.  Ottor  1794. 

3494.  Onelly,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3537.  Ow  s.  Au. 

J.  1702. 

3538.  Oxenstiem  1681. 

3495.  Oneüane  1736—1739. 

3539.  Paar  1636—1677. 

34%.  Onz  1760-1771  s.  Vochenstein. 

3540.  Pabst  1599—1670. 

3497.  Operti  1679-1686. 

3541.  Pacco  1667. 

3498.  Oppen  1587. 

3542.  Pace  1780. 

3499.  Oppenrieder    1594    mit    einem 

3543.  Pach  1733-1736. 

Wappen. 

3544.  Pacher  1807. 

3500.  Oppersdorf  1685. 

3545.'Pachmaier  1786—1795. 

3501.  Orb  1801. 

3546.  Pachner  1749—1806. 

3502.  Orban  1763. 

3547.  Pack  1529. 

3503.  Orff  1780—1790. 

3548.  Packenreith  1703—1809. 

3504.  Oristano  1628—1634. 

3549.  Paenkofer  s.  Pankofer. 

3505.  Orloff  1805. 

3550.  Paertlin  1483. 

3506.  Omatsberger  1780. 

3551.  Paeum  1605. 

3507.  Orsbeck  1623.                       ^ 

3552.  Pagen  1681—1733. 

3508.  Orsino,  Orsini  1620—1743. 

3553.  Paggiari,  Graf  v.  Sarasona  1757. 

3509.  Orso  1628. 

3554.  Pagks  1540. 

3510.  Ortenbuig  1486—1802. 

8555.  Paiersberg  1542—1766  s.  I^ngen- 

3511.  Orth  1710—1769. 

mayr. 

3512.  OrtI  1584. 

3556.  Pakay  1734. 

3513.  Ortmann  1756—1758. 

3557.  Palavicmi  1618—1715  s.  Toerring. 

3514.  Ortmayer  1790—1802. 

8558.  Palestrina  1737—1741. 

3515.  Orz,   nur   ein  Schriftstück   vom 

3559.  Palland  1499—1626. 

J.  1054. 

3560.  Pallanka  1699. 

3516.  Osasco  1672. 

3561.  Pallau  1790. 

3517.  Osoa  1628—1633. 

3562.  PaUliausen  1792. 

3518.  Ossena  1637. 

3563.  Pallheun  1752. 

3519.  Ossenbroch  1679—1684. 

3564.  Palling  1680—1722. 

3520.  Ossiander  1591—1592,  mit  einem 

3565.  Palme  de  la,  nur  ein  Schriftstück 

Wappen. 

vom  J   1763. 

3521.  Ostein  1594—1759. 

3566.  Palm  (Fürsten)  1788. 

3522.  Ostenberg,  nur  eine  Notiz. 

3567.  Palm  (Freiherm)  1770—1787. 

3523.  Osterberg  1630-1793. 

35G8.  Pahner  1781—1788. 

3524.  Osterman  1582—1583. 

3569.  PamphiU  1726—1753. 

3525.  Osterwald  1773. 

3570.  Pankofer  1773. 

3526.  Ostfriesland  1662—1664. 

3571.  Pansa  1629. 

3527.  Oswald  1693—1801. 

3572.  Panzer,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3528.  Ott  1 503— 1807. 

J.  1440. 

3529.  Otte  zu  Ottenthai  1759—1764.     . 

3573.  Panzoldi  1790. 

3530.  Otten,  Freiherm  1659—1806. 

3574.  PaoU  1799. 

3531.  Otten,  büigeriich  1792. 

3575.  Papafava  1608—1624. 

3532.  Ottingen  1409—1498. 

3576.  Papat,  nur  ein  Schriftstück  vom 

8533.  Otto  1381. 

J.  1606. 

3534.  Otto  von  Ottengrün  1652—1701. 

3577.  Pappenheim  1268—1815. 

3535.  Ottoboni  1725-1739. 

3578.  Pappenheimer  1778. 

Archiv»lißche  Zeltschrift  VII. 

15 

226   Systematiscjhe  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


8579.  Pappus  1543—1782. 

3618. 

3580.  Pappius,  Papius  1651—1763. 

3619. 

3581.  Paradeisser  1599—1618. 

3620. 

8682.  Paradies  1748—1799. 

3621. 

8583.  Parati  1774. 

3622. 

3584.  Paravicini  1753. 

3623. 

8585.  Pardiack  1489. 

3624. 

8586.  Pardong  1749. 

8587.  Parfetti  1722. 

3625. 

3588.  Paris  1647-1670. 

3626. 

8589.  Paritius  1710-1736. 

3627. 

3590.  Parma  1710. 

3628. 

3591.  Parragon,   nur   ein   Schriftstück 

3629. 

vom  J.  1701  8.  Baragan. 

3630. 

3592.  Parrot   1608—1609   mit   einem 

8631. 

Wappen. 

3632. 

3598.  Pareperger  1404—1704. 

3633. 

8594.  Paratorffer,  ein  Wappenbrief  vom 

3634. 

J.  1594. 

3635. 

8595.  Partenhauser  1739. 

35%.  Particeila  1751. 

3636. 

8597.  Parth  1569. 

3637. 

3698.  Partie,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3638. 

J.  1782. 

3639. 

8599.  Paruker  1759. 

8600.  Pasquini  1740—1754. 

3640. 

8601.  Passari  1733—1740. 

3641. 

3602.  Passauer  1773-1806. 

3608.  Passi  1734—1741. 

3642. 

8604.  Passionei  1731—1754. 

3605.  Passus  1698—1798  s.  Bassus. 

3643. 

3606.  Pauer,  Paur  1666—1808  s.  Bauer. 

3644. 

8607.  Pauli  1736—1804. 

3645. 

8608.  Paulstorfer  1804—1629. 

3609.  Paulucci  1724-1754. 

3646. 

8610.  Paumann  s.  Baumann. 

3647. 

3611.  PaumgartnerzuIIohenschwangau 

3648. 

1555—1609,  s.  Baumgartner. 

3649. 

8612.  Paumgartner     zu     Frauenstein, 

3650. 

Ering  etc.  1510—1801,  s.  Baum- 

3651. 

gartner. 

•  8652. 

8613.  Paurschmidt,  nur  ein  Schriftstück 

3653. 

vom  J.  1572. 

3654, 

3614.  Payr  1810  s.  Bayer  und  Beyer. 

3655. 

3615.  Paz  1784—1794. 

3656. 

8616.  Pazinger  1467—1486. 

3657. 

3617.  Pechmann  1687-1805. 

3658. 

Peck  1659  s.  Beck. 
PeckenzeU  1682—1758. 
Peckert  1766—1771. 
Peer  1735  s.  Beer  und  Baer. 
Peffenhausen  1500—1631. 
Peglion  1755—1795. 
Peilnstemer  1433—1597  s.  Beil- 
stein. 

Peinde  1764. 
Pekhof  1772—1808. 
Peletier  1770—1779. 
Pelheimer  1462—1517. 
Pelkofer  1433—1797. 
PeU^rini  1741. 
PeUet  1769—1787. 
Pellouz  1795. 
Pelshofer  1482. 
Peltier  1777—1800. 
Pelz,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1468. 

Pemler,  Pembler  1674—1780. 
Pendler  1633. 
Penker  1618. 

Pensbui^,   nur   ein  Schriftstück 
vom  J.  1549. 
Pepoü  1740—1754. 
Peralta,  mu"  ein  Schriftstück  vom 
J.  1727. 

Peranda,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1603. 

Peregrinis  1725—1726. 
PerfaU  1599—1797. 
Perg,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1651. 

Pergbauer  1735. 
Pergen  1674—1764. 
Perger  s.  Berger. 
Pergles,  Perglas  1700—1807. 
Perinot  1801. 
Perkamer  1778. 
Perkhamber  1745—1778. 
Perkofen  s.  Kuhn. 
Perkofer  1558. 
Perlichinger  1579—1584. 
Perloz  1664—1734. 
Pemat  1777. 
Pemdorf  1597—1670 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.   227 


3659.  Ferner  1770. 

3697. 

3660.  Pemhaus,   nur   ein   Schriftstück 

3698 

vom  J.  1725. 

3699. 

3661.  Pemstich  1760. 

3662.  Pemwald  1650. 

3700. 

3663.  Perozzi  s.  Berozzi,  nur  ein  Schrift- 

3701. 

stück  vom  J.  1720. 

3702. 

3664.  Persico  1573—1791.    . 

3703. 

3665.  Perstl  1694—1698. 

3704. 

3666.  Pertolzhofen  s.  Bertolzhofen. 

3667.  Pertoncelü  1729—1760. 

3705. 

3668.  Perusa,  Perouse,  de  la  1668— 1797. 

3669.  Perwang  1565—1594. 

3706. 

3670.  Pesenegger,  nur  ein  Schriftstück 

3707. 

vom  J.  1766. 

3708. 

3671.  Pesinger  1510—1511. 

8709. 

3672.  Pesnizer  1482—1486. 

3673.  Pessl,  Pesl  1790. 

3710. 

3674.  Pesswürth  1628—1629. 

3711. 

3675.  Pestaloza  1632—1801 

3712. 

3676-  Petazi  1719. 

3713. 

3677.  Peter  1790. 

3714. 

3678.  Petigheim  1687—1694. 

3715. 

3679.  Petit,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3716. 

J.  1739. 

3680.  Petra  1725—1753. 

3717. 

3681.  Petrangeh,  nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1625. 

3718. 

8682.  Petri  1693—1695. 

3719. 

3683.  Petrucci  1725—1726. 

3720. 

3684.  Petsky,  nur  ein  Schrifstück  vom 

3721. 

J.  1701. 

3722. 

3685.  Pettenbeck  1591—1761. 

3723. 

3686.  Pettendorf  1738—1767. 

3724. 

3687.  Pettenkofer  1754—1804. 

3688.  Peuscher  1436—1479. 

3725. 

3689.  Peutinger  1617—1698. 

372G. 

8690.  Peyrer  1749—1843. 

3727. 

3691.  Pez,  Bez,  Petz  1591—1757. 

3728. 

3692.  Pfaff  von   Pfaffenhofen  1809— 

3729. 

1810. 

3730. 

8693.  Pfaffenhofer,  nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1427. 

3731. 

3694.  Pfalhehn  1450. 

3732. 

3695.  Pfeffel,  nur  em  Scluiftsttick  vom 

3733. 

J.  1801. 

Ä96.  Pfeflfenhauser  1426-1638. 

8734. 

Pfefferbalk,  nur  eine  Notiz. 
Pfefferün  ca.  1424—1469. 
Pfeffershofen,  Pfeffershoven  1737 
—1783. 

Pfeffinger  1508—1515. 
Pfeifer,  I>feuffer  1742. 
Pfeil  1460—1572. 
Pfeüburg  1624. 

Pfennigmann,  nur  ein  Urkunden- 
Fragm.  aus  dem  16.  Jhrhdt. 
Pferse,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1374. 

Pfetschovitz  1711. 
Pfetten  1586—1844. 
Pfettner,  s.  Pfetten. 
Pfinzing,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1564. 

Pfister  1414—1799. 
Pflacher  1778—1779. 
Pflanz  1439. 
Pflaumem  s.  Pflumem. 
Pflug  1453—1714. 
Pflumem  1555—1805. 
Pforten  von  der,  nur  eine  Quittung 
vom  J.  1390. 

Pfraunheim  ca.   1750  mit  2   Si- 
tuationsplänen. 
Pfreimter  1622—1726. 
Pfreundtner  s.  Pfreimter. 
Pfuhl  1731. 

PfuUendorfer  1491—1513. 
Pfürth  1521—1764. 
Phüll  1798. 

Pherer,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1425. 

Piazza  1721—1732. 
Pichlegg  1753—1755. 
Piclüer  1597—1697. 
Pichlmayr  1576—1778. 
Pichsenmeister  1439 — 1445. 
Pickel,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1750. 

Pico  1730—1739. 
Picolomini  1651—1746. 
Pidenatorfer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1727. 
Pienzenau  1480—1761. 
15* 


228    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


3735.  Pieri  1734r-1739. 

3774. 

3736.  Pieron  1754—1796. 

3775. 

3737.  Pierozzi  1773—1795  s.  Perozzi. 

3776. 

3738.  Piesser  1619-1747. 

3777. 

3739.  Pigage  1768. 

3740.  Pigenot  1796-1801. 

3778. 

3741.  Pilastri  1754—1755. 

3779. 

3742.  PUbis  1679. 

3743.  Pilgern,  nur  em  Schriftstück  vom 

3780. 

J.  1750. 

3781. 

3744.  PUgram  1589-1790. 

3782. 

3745.  Pili,  nur  ein  Schriftstück  v.J.  1737. 

3783. 

3746.  Pilia  1527. 

3784. 

8747.  Pillang,  nur  ein  BestaUungsrevers 

3785. 

vom  J.  1517. 

3786. 

3748.  Pimpel,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3787. 

J.  1792. 

3749.  Pindl  1798—1801. 

3788. 

3750.  Pinet,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3789. 

J.  1816. 

3790. 

3751.  Pinto  1741. 

3791. 

3752.  Pmzinger  1422. 

3792. 

8753.  Piosasque  1724    1776. 

3754.  Pirchmger  1461-1809. 

3793. 

3755.  Pirckhamer  16.  Jhrhdt. 

3794. 

3756.  Piring,  Piringer  1558—1647. 

3795. 

3757.  Pirk,  Pirck,  Ptirk  1504. 

3796. 

3758.  Pirker  1609. 

3797. 

3759.  Pirkner  1477—1478. 

3798. 

3760.  Piscator  1583—1703. 

3761.  Pischelberger,  nur  ein  »Schriftstück 

3799. 

vom  J.  1599. 

3800. 

8762.  Pischlstorfer  1532. 

3801. 

3763.  Pisser,  18.  Jhrhdt.  nur  ein  Schrift- 

3802. 

stück. 

3803. 

3764.  Pistorini  1715—1757. 

3804. 

3765.  Pistorius  1607—1630. 

3805. 

3766.  Pizot  1731—1771. 

3806. 

3767.  Pizzini  1806—1808. 

3807. 

3768.  Plaichshim  1735—1737. 

3808. 

3769.  Planck  1554—1803. 

3809. 

3770.  Plandorffer,  nur  ein  Schriftstück 

3810. 

vom  J.  1484. 

3811. 

3771.  Plankenfels  1451—1591. 

3812. 

8772.  Plass  1572-1574. 

3773.  Plato,  nur  ein  Schriftstück  vom 

3813. 

J.  1724. 

3814. 

Plauen  1483. 

Platz  1725—1726. 

Plebst  1667. 

Pleikner  1584,   mit  2  gemalten 

Wappen. 

Pleser  1779. 

Plettenberg  1594— 1778  8.  Bletten- 

berg. 

Pletterich  1781—1790. 

Püeningen  1499—1521. 

Plmtham  1808. 

Phttersdorf  1649—1668. 

Plockhausen  1691—1751. 

Ploeckner  171^—1723. 

Ploetz,  Pletz  1752—1791. 

Ploss,  Plöss,  nur  em  Schriftstück 

vom  J.  1398. 

Plotho  1709. 

Plumenfeld  1749—1750. 

Pocci  1783—1787. 

Pocksteiner  1737—1742. 

Podenstainer,  nur  ein  Schriftstück 

vom  J.  1750. 

Podewils  1694—1757. 

Podtmann  1691,  s.  Bodmann. 

Podstaflky  1758. 

Poeg,  Peg  1546—1551. 

Poehl  1764—1766. 

Poekhl,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1657. 

Poehiiz,  Pöhiitz  1624—1797. 

Poemler,  Pemler  1650—1799. 

Poering,  Püring  1630. 

Poesl  1774-1793. 

Poetschner  1511. 

Poetting  1607—1808. 

Pogarello  1745-1746. 

Poippe  de  la  1691. 

Poissl  1608—1762  s.  Boissel. 

Polenso  1715-1716. 

Polheim  1424—1735. 

Poll  1587—1753. 

PoUinger  1485—1798. 

PoUner,  nur  ein  Schriftstück  vom 

J.  1518. 

PoUweUer  1560-1611. 

Pongratz  1733—1772. 


Systematiscbe  Uebereicht  des  InhalU  der  bayerischen  Landesarcbive.   229 


3815.  Ponhauser  1627. 

3816.  Ponikaa  1747-1755. 

3817.  Ponschab,   nur  ein  Mmftstück 
vom  J.  1700  ca. 

3818.  Pontifeser,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1808. 

3819.  Pontin  1747. 

3820.  Ponton  1705—1717. 

3821.  Ponzelin  s.  Bonzelin. 

382*2.  Popen,  Pt)p|)en,  nur  ein  Shrift- 
sttick  vom  J.  16o6. 

3823.  Popowsky  1776. 

3824.  Popparter,  nur  ein  Sclmftstück 
vom  J.  1619  mit  einem  Wappen. 

3825.  Poppel  1603. 

382G.  PopueUe  1715-1752. 

3827.  Porenziani,  nur  ein  Scliriftstück 
vom  J.  1743. 

3828.  Pomschlo^rel  1792. 

3829.  Porsch  1541. 
2830.  PortaU  1744. 

3831.  Portia  1573-1808. 

3832.  Portner,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1510. 

3833.  Portocarers  1743-1753. 

3834.  Posch  1361—1801. 

3835.  Poschinger  1785—1791. 

3836.  Pose,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1689. 

3837.  Poslam,  nur  ein  Schriftstück  von 
ca.  1700. 

3838.  Possi,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1777. 

3839.  Poth,  Pothe  1772-1785. 

3840.  Pötschner,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1449. 

3S41.  Potoki,  Potocki  1776—1790. 

3842.  Potstatsky  1747—1770. 

3843.  Pottner,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1678. 

3844.  Pouquoi  1765-1786. 

3845.  Poxauer  1430-1496. 

3846.  Pozzo,  ein  Stammbaum  ohne  Jahr; 
8.  Bozo. 

8847.  PozzoboneUi  1743—1754. 

8848.  Prackendorf er ,      Praeckendorfer 
1526-1626. 


3849.  Piaechsel  1430. 

3850.  Praedler  1434—1485. 

3851.  PraenU  1566—1753. 

3852.  Praeuschengk,  Preyschenk  1695. 

3853.  Praga,  Praaga,  nur  ein  Schrift- 
stück vom  J.  1790. 

3854.  Prai(Uohn  1731—1744. 
3ö55.  Praitenacker  1805. 

3856.  Praittenbach  1.573—1581. 

3857.  l*raitschedel  1686. 

3858.  Prambero  1774  s.  Brampero. 

3859.  Pranck   1637-1817,   mit  einem 
neuen  Stammbaum  der  Familie. 

3860.  Prand  s.  Brand. 

3861.  Prandau  1740—1802  s.  Brandau. 

3862.  Prandeburg,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1635. 

3863.  Prand8tetterl578— 1738  8.B^and- 
stetter. 

3864.  Prandtner  1770. 

3865.  Prantmair  1786. 

3866.  Prassberg  1508-1754. 

3867.  Pratti,  l^tto  1670—1729. 
8868.  Prauscher  1427-1438. 

3869.  Praunlieim  1438  s.  Pfraunlieim. 

3870.  Praz  de  Piain  1530—1775. 

3871.  l*recht,   Precht    von  Hohen  wart 
1681—1796. 

3872.  Prechtl  1685—1797  s.  Brei-htlein. 

3873.  Preckendorf  s.  Prackendorfer. 

3874.  Predl  1784—1809. 

3875.  Preiner  1685- -1732. 

3876.  Preisach,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1547. 

3877.  Preising  1329-1813. 

3878.  Preisling  1706. 

3879.  Preitlohn    1736—1764   s.    I>rait- 
lohn. 

3880.  Premberg  1775. 

3881.  Premen,  Premden  1520. 

3882.  Prening  1687-1698. 

3883.  Prenz  1659-1660. 

3884.  Presti  1741—1754. 

3885.  Preti  1756. 

3886.  Pretzl  1737—1793. 

3887.  Preu,  Prey  1558—1735. 

3888.  Preuschen  1787—1794. 


230   ^yHtematiBche  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerißcben  Landesart-hive. 


88811.  Preyss,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1679. 

3890.  Prielmaier  1692—1807. 

3891.  Prieschenk  1734—1766. 

3892.  Priflinger  1790. 

3893.  Primbs,  nur  em  Schriftstück  vom 
J.  1551. 

3894.  Primus  s.  Ruckher. 

3895.  Prinz,  nur  em  Schriftstück  vom 
J.  1582. 

3896.  Probst  1781—1788. 
8897.  Prockhausen  1731-1742. 

3898.  Proebstl,    nur  ein  Wapi)onbrief 
vom  J.  1670. 

3899.  Proeck  1730. 

3900.  ProeckeU  1617-1619. 

3901.  Proell  1720. 

8902.  Proessl  1717—1795. 

3903.  Proff  1772—1790. 

3904.  Promoli  1794. 

3905.  Pronner    zu    Tegemau    1602  — 
1605. 

3906.  Proschowski  1793. 

3907.  Prosskau,  Pruskau  1563-1569. 

3908.  Prosswaiden  1652-1686. 

8909.  Prost  1528. 

8910.  Pnickberg  1688—1797. 

8911.  Pruckbergor  1777. 

3912.  Prugg,    Prugger    1626-1744    s. 

Brugger. 
8918.  Prugglach  1592-1802  mit  einem 

Bande  Ahnenproben,  s.  Bniglach. 
8914.  Prulei  1746. 

3915.  Prunn  1719  s.  Brunn. 

3916.  Pruner  1717—1723  s.  Prunner. 

3917.  Prüschenk  s.  IVieschenk. 

3918.  Prutsclier  1773-1775. 

3919.  l*ubenliofen  1540—1638  s.  Buben- 
hofen. 

3920.  Pucelini  1694-1706. 

8921.  Pucliheim  1572—1609. 

8922.  Puchholz  1732-1736. 

3923.  Puckh  1637—1696. 

3924.  Pudewils  1739—1740  s.  Podewils. 

3925.  Puech  1642—1699. 

8926.  Puechberg  1571. 

8927.  Puecher  1683  s.  Buecher. 


3928.  Puecldrfttner  1557—1730. 

3929.  Pueclüer  1611  s.  Bueclder. 

3930.  Pueckler,   nur    ein    Schriftstück 
vom  J.  1725. 

8931.  Puehel,  nur  ein  Schrifstück  vom 
J.  1670. 

3932.  Puehler  1598-1626. 

3933.  Pueixau  1608—1671. 

3934.  Puendtl,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1747. 

3935.  Puerck,  Pürk  1615—1710. 

3936.  Puerkheimer  1464—1610. 

3937.  Puerkmaier  1594—1595. 

3938.  Puich  de  1655. 

3939.  Pulacker  1698. 

8940.  inillinger,    nur   ein    Scluiftstück 
vom  J.  1433. 

3941.  Punn  1437. 

3942.  Punzmger  1465. 

3943.  Purgberg,   nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1703. 

3944.  Purgier,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1468. 

8945.  Purtscher,   nur   ein  Schriftstück 
vom  J.  1790. 

3946.  Pusch  1578—1814  s.  Taufkirchen. 

3947.  Pusteria  ca.  1570. 

3948.  Puttberg  1633  s.  Buttberg. 

3949.  Pütz  1635. 

3950.  Puxberg  1718—1720. 

3951.  Quaglio  1782-1788. 

3952.  Qualen  1824. 

3953.  Quaritschett  1788. 

3954.  Quast,  nur  ein  Scliriftstück  vom 
J.  1790. 

3955.  Quenerrg,   nur   ein   Schriftstück 
vom  J.  1672. 

3956.  Quentel  1630—1782. 
8957.  Querini  1742—1753. 

3958.  Quesnoy  1738-1745. 

3959.  Questenberg  1622—1724. 

3960.  Raab  1535—1699. 

3961.  Rabatha  1367-1728. 

8962.  Rabel,  nur  eine  Tektur  zu  einem 
Wappenbrief  mit  dem  Jahr  1671 

3963.  Rabenstem  1400-1595. 

3964.  Rabus,  em  Per^.  Libell  y.  J.  1617 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.  231 


3965. 

Rabutin,  nur  ein  Schriftstück  vom 

4000. 

J.  1687. 

4001. 

3966. 

Rachowin  1792. 

3967. 

Rackendorfer  1460. 

4002. 

3968. 

Rackniz,  Rackoniz  1658—1806. 

4003. 

3%9. 

Raclecour  163  i 

4004. 

3970. 

Rada,  Radda  1583—1606  s.  Rex. 

4005. 

3971. 

Radenhausen  1767. 

4006. 

3972. 

Rader  1733. 

4007. 

3973. 

Rädern  ca.  1690. 

4008. 

3974. 

Radisnegg  1723-1739. 

4009. 

3975. 

Radlkofer,  nur  ein  Schriftstück 
vom  J.  1537. 

4010. 

8976. 

Radmansbourg  1754—1760. 

4011. 

3977. 

Radsamhausen  1746—1802. 

4012. 

3978. 

Radziwill,   nur   ein  Schriftstück 

4013. 

vom  J.  1802. 

4014. 

3979. 

Raeckelsoed  1677. 

4015. 

3980. 

Raesner  1421. 

3981. 

Raid  1473—1745. 

1416, 

3982. 

Raigecourt  1615—1619. 

1417. 

3983. 

Raimond  1715—1748. 

3984. 

Raindorfer  1592-1733. 

1418. 

3985. 

Rainer,  von  Rain,  1517—1773. 

4019. 

3986. 

Raisberger  1719-1730. 

4020. 

3987. 

Raitenau  1524—1639. 

4021. 

3988. 

Raitenbucher  1409—1581. 

4022. 

3989. 

Raittenstein,  Rayttenstein  1723. 

4023. 

3990. 

Räm  1527-1576. 

4024. 

3991. 

Rambach  1669—1676  ni.  Wappen- 

2025. 

brief  und  Wappen. 

4026. 

3992. 

Rambaldi  1740-1813. 

4027. 

3993. 

Rambeck  1640-1753. 

3994. 

Rambschwag  1609-1757. 

4028, 

3995. 

Ramelstainer  1404. 

4029. 

3996. 

Raming  1331-1766. 

4030. 

3997. 

Rammski  1651. 

3998. 

Rampini  1714— 17ö7. 

4031. 

3999. 

Ramsauer,  nur  ein  Schriftstück 

4032. 

vom  J.  15?4. 

4033. 

Ramsdorfer  1335—1624. 
Ramspeck  1395—1587  s.  Rann- 
peck. 

Ramsperg  1406—1466. 
Ramstein,  Ranstem  1671—1673. 
Ramstett  1694—1698. 
Ränftle  1634. 
Randler  1790. 
Randstädt  1683. 
Ranizki  1771. 
Rannmg  ca.  1700. 
Rannpeck   1024-1738  s.  Rams- 
peck. 

Rans,  Rauns  1398—1455. 
Ranson  1724-1774. 
Rantaler  1503. 
Ranzau  1612—1673. 
Ranzer,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1538. 
Rapf  1749. 

Rapp,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1601. 

Rappach  1604-1716. 
Rappenglitz  1479. 
Rappenstein  1501 — 1554. 
Rasch  1555—1664. 
Raska  1771—1792. 
Rasponi  1748—1754. 
Rassanpier  1634. 
Rassfeld  1694. 
Rassler  1674—1787. 
Rathmanshausen      s.     Radsam- 
hausen. 

Ratsamhausen  s.  Radsamliausen. 
Ratz  1504. 

Ratzko,  nur  ein  Schriftstück  vom 
J.  1473. 

Rauber  1597—1773. 
Rauch  1595-1739. 
Rauclienberg  1574-  1587. 


(Fortsetzung  folgt.) 


IX,  Kriegsakten  im  k.  bayer.  allgemeinen  Reichsarchiv, 

Von 

Franz  Auracher, 
k.  Reichsarchivrath  in  München. 


Da  die  im  Eeichsarchiv  verwahrten  Akten  über  Kriegssachen 
öfter  begehii;  werden,  so  möge  hier  eine  Uebersicht  derselben  Platz 
finden,  um  den  Forschem  gegebenen  Falls  Anhaltspunkte  an  die 
Hand  zu  geben,  die  zur  leichteren  und  besseren  Orientirung  über 
das  vorhandene  Material  zu  dienen  geeignet  sein  dürften. 

Diese  Kriegsarchivalien  bilden  einen  der  zahlreichsten  Bestand- 
theile  des  k.  allg.  Eeichsarchivs  und  bestehen  aus  zwei  Haupt- 
gruppen. Die  eine  zerfällt  in  23  besondere  Abtheilungen,  welche 
den  Zeitraum  der  ersten  Hälfte  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  bis 
zum  Anfang  des  gegenwärtigen  umfassen.  Während  diese  erste 
Hauptgruppe  schon  seit  älterer  Zeit  dem  Reichsarchive  angehörte, 
wurde  die  grosse  Masse  der  zweiten  ihm  erst  vor  sechszehn  Jahren 
einverleibt 

Erste  Hauptgruppe, 

I.  Musterungen.  Die  Akten  darüber  beginnen  mit  dem 
Jahre  1434,  reichen  bis  zum  Anfange  des  17.  Jahrhunderts,  und 
erstrecken  sich  auf  MannsQhaften,  Pferde,  Reise-  und  Heer  wagen 
des  gesammten  Fürstenthums  Bayern. 

n.  Stauffer-Wildenfelser  und  andere  Fehden.  Fehden 
des  Brandners  und  Wildenfelsers  gegen  die  StaufiFer,  StaufTerisch-Wil- 
denfels-  und  Boeheimische  Mord-,  Brand-  u.  a.  Sachen,  StauJBferisch- 
Wildenfelsisch-  und  Lichtensteinische  Fehden,  StaufiFer'scher  Streit 
um  das  Schloss  Schönberg,  sowie  Streitigkeiten  der  StaufFer  gegen  die 
Äbtissin  zu  Obermünster  wegen  der  XJnterthanen  zu  Tegernheim 
und  der  Weine  aus  den  Jahren  1467  bis  1540. 


Auracher:  Kriegsakten  im  k.  bayer.  allgemeinen  Reidisarchiv.        233 

IQ.  Aeltere  Kriegsakten.    Unter   diesem  Titel   sind  be- 
riffen: 

1)  Der  Landshuter  Erbfolgekrieg  1492—1506. 

2)  Militär  und  Kriegswesen,   Contributionen,    Anlagen    und 
Hilfsgelder  1478—1800. 

3)  Tagsbegebenheiten  1580—1615. 

4)  Landsberger  Schirm  verein  1556—1598. 

5)  Bundesverhandlungen  zu  München  und  Ingolstadt. 

6)  Krieg  in  den  Niederianden  1583—1613. 
7.  Eroberung  des  Schlosses  Arensberg  1584. 

8)  Die    im    Schloss    Auernburg    vorhandenen    Waffen    etc. 
1584-1623. 

9)  Unruhen  in  Prankreich  1587—1589. 

10)  Einnahme  der  Stadt  Bonn  1588. 

11)  Salzburg'sche  Unruhen  1590—1593. 

12)  Eggberg'sche  Reiter  1591. 

13)  Kriegsberichte,  Truppenmärsche,  Musterungen,  Festungs- 
bauten, Belagerung  der  Stadt  Groningen,  Kriegsprotokollc, 
Bombardement  der  Festung  Pignerol,  Treffen  mit  den 
Genuesen  etc. 

IV.  Eilfjähriger  Bund  in  Schwaben.  Fragmente  von 
1522—1534. 

V.  Fragmente: 

1)  Hannsen  Peschen  hauser 's  Niederlage  durch  Contzen  Bern- 
heimer  1484—1485. 

2)  Asem  Kiefer's  und  Dary  v.  Hesperg's  Fehde  wider  Herzog 
Albrecht  von  Bayern  1488—1490. 

VI.  Patents  und  Passeports  von  den  Gebrüdern  Herzogen 
Wilhelm  und  Ludwig,  dann  Albrecht,  Wilhelm  und  Maximilian  aus 
Bayern  sowohl  Einheimischen  als  Ausländern  in  Kriegs-  und  an- 
deren Vorfallenheiten  ertheilt  1518  bis  1603. 

VII.  Bauernkrieg.  Bauernkriegssachen  überhaupt,  sodann 
insbesondere  der  Eichstädter,  Schwabhaller,  Salzburgische  Bauern- 
krieg 1525. 

Vin.  Türkenkriege.  Die  Akten  umfassen  die  Jahre  1542 
bis  1740. 


234  Auracher : 

IX.  Grumbach'sche  Händel  mit  den  Bischöfen  von  Würz- 
burg und  Bamberg,  der  Stadt  Würzburg  etc.  1552 — 1567. 

X.  Entstehung  des  30jährigen  Kriegs,  1572—1617. 

XI.  30jähriger  Krieg.  Diese  Sammlung  besteht  aus  804 
Bänden  und  67  Faszikeln.  Letztere  enthalten  lose  Akten,  sind  jüngst 
revidirt  und  in  chronologischer  Eeihe  conform  mit  dem  hierüber 
angelegten  Blätter -Eepertorium  aufgestellt  worden,  während  über 
die  804  festen  Bände  ein  i.  J.  1748  verfasster  Index  existirt,  welcher 
sub  Lit.  T  der  „historisch-literarischen  Abhandlung  über  die  erste 
gedruckte  Sammlung  der  Westphälischen  Friedensakten  von  Joh. 
Christ.  Freyherrn  von  Aretin"  abgedruckt  ist.  Jedoch  ist  darin  der 
Inhalt  der  Bände  in  einer  so  mangelhaften  Weise  angegeben,  dass 
der  Index  dem  Forscher  höchst  geringe  Anhaltspunkte  gewährt,  und 
all  diese  Bände  neu  beschrieben  werden  müssen,  um  nur  einiger- 
massen  eine  verlässige  Inhalts-Uebersicht  zu  gewinnen.  Der  Anfang 
ist  bereits  gemacht.  Bei  der  grossen  Anzahl  aber  dieser  mitunter 
sehr  umfangreichen  Bände  und  bei  ihrem  verschiedenartigsten  Inhalte, 
sowie  wegen  anderweitiger  dringenderer  Organisationsarbeiten  kann 
es  mit  der  Beschreibung  nur  langsam  vor  sich  gehen. 

Xn.  Beiakten  zum  30jähr.  Krieg,  37  Bände: 

a)  Abforderung  der  alten  „Bewöhr-  und  Rüstungen"  von  den 
Gerichtszeughäusern  der  vier  Rentämter  1614 — 1615. 

b)  Anmarsch  der  Armada  nach  Böhmen  1618 — 1620. 

c)  Werb-  und  Musterungen  des  Grafen  v.  Sulz  1619—1620. 

d)  Defensionswesen  der  Hochstifte  Eichstädt,  Dillingen  und 
Ellwangen  etc.  wider  Mansfeld,  Versicherung  von  Ingol- 
stadt 1621. 

e)  Gültpferdebuch  im  I^nde  1622. 

f)  Beschreibung  der  Reit-  und  Artilleriepferde,  Knechte  und 
Handlanger,  Rekrutenwerbungen  1638 — 1642. 

g)  Contributions-  etc.  Gelder,  Stücke  und  Armatur  der  Reichs- 
stadt Augsburg  1621—1640. 

h)  Bloquirung  von  Augsburg  1635 — 1641. 

i)  Beschreibungen  von  Jägern  und  Schützen  und  anderer 
Kriegsvölker,  deren  Stellung,  Einquartierung  und  Verpflegung 
1641—1647. 

k)  Kriegsrechnungen  1625 — 1640. 

1)  Kreis-  und  Kriegssachen  1543 — 1613. 


Kriegsakten  im  k.  bayer.  allgemeinen  Reichsarchiv.  235 

XIII.  Westphälische  Friedensverhandlungen.  Die  hier- 
über vorhandenen  16  Bände  bestehen  aus  Diarien  der  churbayeri- 
schen  Gesandtschaft  zu  Münster  aus  den  Jahren  1644 — 1649. 

XIV.  u.  XV.  Spanischer  Successionskrieg.  Die  Akten 
hierüber  umfassen  16  feste  Bände  von  1703 — 1714  mit  der  üeber- 
schrift  „Militärgewalt"  und  verbreiten  sich  auch  über  die  kaiserliche 
Administration,  sodann  noch  22  Faszikel  loser  Akten  von  1701 — 1714. 

XVI.  Lier-Neusönner'sche  Inquisition.  Neusönner  war 
bayer.  geheimer  Sekretär  und  Lier  bayer.  Hofkammerrath ;  gegen 
Beide  wurde  wegen  verschiedener  Unregelmässigkeiten  während  des 
spanischen  Successionskriegs  Untersuchung  gepflogen.  Ein  Bd.  von 
1705—1713. 

XVn.  Schuldbuch  des  Hofkriegszahlamts-Kassiers 
Johann  Simon  Forsch.    Ein  Bd.  v.  J.  1736/39. 

XVin.  Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  Die  Akten 
befinden  sich  in  9  Faszikeln  und  4  festen  Bänden  aus  den  Jahren 
1740—1748. 

XIX.  Siebenjähriger  Krieg.  Ueber  diesen  sind  nur  eilf 
Nummern  in  einem  Faszikel  aus  den  Jahren  1756 — 1763  vorhanden. 

XX.  Bayerischer  Successionskrieg.  Diese  Akten  be- 
stehen aus  vier  Nummern  aus  den  Jahren  1778 — 1779.  Sie  ent-" 
halten  Berichte  an  den  Bischof  von  Bamberg  über  die  Vorgänge 
beim  Reichstage  zu  Regensburg,  das  Verhalten  der  bischöflich  Frei- 
sing'schen  Regierung  im  Reichstage  hinsichtlich  der  bayerischen 
Successionssache,  den  ,,kaiserlich  Oesterreichischen  Besitzstand  in 
Bayern",  sodann  die  im  Vollzuge  des  Teschener  Friedens  geschehene 
Extradirung  des  von  den  Oesterreichern  besetzten  Straubinger  An theils. 

XXI.  Rastatter  Congress.  48  Schriftstücke  mit  Beilagen 
betreffend  die  Verhandlungen  des  Rastatter  Congresses  während 
48  Sitzungen  vom  9.  November  1798  bis  Juli  1798. 

XXn.  Kriege  mit  Frankreich: 
Krieg  Frankreichs  gegen  Holland. 
Krieg  am  Rhein  gegen  Frankreich. 
Deutscher  Reichskrieg  mit  Frankreich. 
Krieg  gegen  Piemont. 
Krieg  in  Flandern. 
Polnischer  Thronfolgekrieg. 

1552—1736. 


236  Auracher : 

XXm.  Reichskrieg  wider  Frankreich  1796—1802.  Diese 
Akten  stammen  von  der  churpfalzbayerischen  Kriegs-Deputation  und 
umfassen  831  gebundene  Folianten. 

Zweite  Hauptgruppe. 

Diesen  älteren  Bestandtheilen  des  k.  allgemeinen  Reichsarchivs 
reihen  sich  die  im  Jahre  1866  vom  k.  Kreisarchive  München 
herübergenommenen  Kriegssachen  an,  welche  in  zwei 
grosse  Serien  zerfallen.  Die  eine  bilden  die  ursprünglich  schon 
dortselbst  verwahrten,  die  andere  Serie  wurde  vom  k.  Kriegsmini- 
sterium später  zur  Aufbewahrung  dorthin  abgegeben. 

Zur  ersten  Gruppe,  welche  die  Zeit  von  1592 — 1809  um- 
fasst,  zählen  die  Generalakten  über  das  Landkapitulanten wescn, 
Militär-Konscriptionen,  Kapitiilantenzüge,  Beurlaubungen  etc.,  —  die 
besonderen  Kapitulantenzüge  in  den  schwäbischen  Graf-  und  Herr- 
schaften als  Mindelheim,  Schwabeck,  Wertingen,  Wiesensteig,  Reichs- 
pflege Wörth  und  in  specie  Türkheim,  —  die  Landkapitulanten- 
züge in  den  Herrschaften  und  Administrationen  Haag,  Hohen- 
schwangau,  Hohenwaldeck,  Schleisshcim,  dann  in  den  Hofmarken 
geistlicher  und  weltlicher  Landstände,  —  die  ehemaligen  militärischen 
Rechte  und  Freiheiten  der  bayerischen  Städte  und  Märkte  in  Ka- 
pitulanten- Stellungs-  und  Aushebungs-Sachen,  —  die  militärische 
Freiheit  bürgerlicher  Gewerbe  und  anderer  Kategorien,  —  die 
militärischen  Verhältnisse  des  Forst-  und  Jagdpersonals,  der  Stu- 
direnden,  der  Judenscliaft,  —  die  Kondenmirung  liederlicher  und 
müssiger  Burschen  und  Ehemänner  ad  militiam,  —  Verbot  des  Ein- 
tritts in  fremde  Kriegsdienste,  —  Deserteurs  und  deren  Vermögens- 
konfiscationen,  —  Militäraushebungen  in  den  Kantonen,  —  churf. 
Kriegsdeputation  und  das  dabei  angestellte  Personal,  —  Militär- 
pensionisten, —  die  zu  München  und  Ingolstadt  garnisonirenden 
sogenannten  Guardi,  —  die  Errichtung  der  Nationalgarde  und  einiger 
Reserve-Bataillons,  —  dann  die  Ergänzung  der  aktiven  Armee  und 
das  bayerische  und  freisingische  Kontingentwesen. 

Hieher  gehören  ferner  die  Akten  über  den  Ausbruch  des 
französischen  Krieges  in  den  neunziger  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts und  die  Kriege  von  1805  bis  zum  zweiten  französischen 
Feldzug  (Krieg  gegen  Oesterreich,  Russland  und  Frankreich),  — 
Kriegslasten,  Kriegs-Rechnungswesen,  Kriegskostenforderungen  und 
Kriegsentschädigungen ,    Kriegskosten  -  Ausgleichungen ,   —   endlich 


Kriegsakten  im  k.  bayer.  allgemeinen  Reichsarchiv.  237 

die  i  J.  1815  creirte  und  1820/21  aufgelöste  Central  -  Peräqua- 
tions-Kassa. 

"Was  die  zweite  Serie,  nämlich  die  älteren  Archivalien  des 
k.  Kriegsministeriums  selbst  betrifft,  so  waren  dieselben  früher 
ein  Depot  im  k.  allg.  Eeichsarchiv ,  bis  sie  vor  einigen  Jahren 
imter  gewissem  Vorbehalte  förmlich  in  das  Eigenthum  der  k.  Archiv- 
Centralstelle  übergingen.  Ihr  Inhalt  erstreckt  sich  auf  Personalien, 
Kriegsgeschichte,  Administration  und  Rechnungswesen  des  Kriegs- 
ministeriums selbst,  sowie  sämmtlicher  ihm  unterstellten  Militär- 
behörden. Die  Akten  reichen  bis  in  das  XVI.  Jahrhundert  zurück 
und  werden  namentlich  zur  Bearbeitung  der  Regiments-Geschichten 
in  neuerer  Zeit  ihrer  reichen  und  vielseitigen  Aufschlüsse  wegen 
vielfach  benützt,  wie  sie  auch  schon  früher  von  der  historischen 
Kommission  des  k.  Kriegsministeriums  zur  Herstellung  einer  Kriegs- 
geschichte des  Königreichs  Bayern  gründlich  durchforscht  sind. 
Gegenwärtig  werden  sie  behufs  Bildung  eines  eigenen  Kriegsarchivs 
von  mehreren  Offizieren  a.  D.  unter  der  erprobten  Leitung  des 
k.  Oberstlieutenants  a.  D.  Herrn  Erhard  und  im  besonderen  Auf- 
trage des  k.  Kriegsministeriums  sorgfaltig  ausgeschieden  und  syste- 
matisch geordnet,  um  zuletzt  mit  den  beim  k.  Kriegsministerium 
zu  besagtem  Zwecke  bereitgelegten  ähnlichen  Archivalien  vereiniget 
zu  werden. 

Wie  umfangreich  deren  Anzahl  ist,  möge  daraus  entnommen 
werden,  dass  sie  nahezu  eilf  grosse  Säle  (XXVII  bis  XXXVII) 
vollständig  ausfüllen  und  zur  genauen  Durcharbeitung  und  Aus- 
scheidung voraussichtlich  den  Zeitraum  von  mehreren  Jahren  be- 
anspruchen. 

Eine  üebersicht,  welche  jedoch,  wie  bei  der  ersten  Hauptgruppe, 
lediglich  den  Aufschriften  der  14  Verzeichnisse  folgt,  möge  den 
Inhalt  dieser  Akten  im  Grossen  und  Ganzen  veranschaulichen: 

I.  Akten  der  vormaligen  Hofkammer-Kriegs-Deputation. 

n.  Geschäftsbücher  des  Hofkriegsraths  (Koncept-,  Expeditions-, 
Hofkriegsraths-  und  Konferenz-Protokolle). 

HI.  Akten,  welche  sich  auf  den  Einfall  und  Aufenthalt  der 
Franzosen  in  Bayern  1800 — 1804  beziehen. 

IV.  Hofkriegsraths-Gegenstände. 

V.  Sogenannte  Rechnungs-Registratur. 

VL  KoUegial-Akten  des  k.  Kriegsministeriums. 

VII.  Akten  des  Oberkommando's  der  Reserve-Armee. 


238       Auracher:    Kriegsakten  im  k.  bayer.  allgemeinen  Reichraschiv. 

Vm.  Akten  des  ehemaligeii  Hofkriegsraths,  des  Kriegs-Oeko- 
nomieraths  und  des  Oberadministrativ-KoUegiums  der  Armee. 

IX.  Sogenannte  fremde  Registraturen  (Rheinwald'sche  Akten, 
Akten  der  Statthalterschaft  Ingolstadt,  Würzburger  Militär -Akten, 
AschafiFenburger  Akten,  Akten  der  aufgelösten  Armee-Kommando's, 
der  General-Inspection  der  Armee  etc.). 

X.  Aeltere  Rechnungs-Akten  und  Musterlisten. 

XI.  Hof  -  Kriegsrathsakten  über  Pensionisten,  Waisenkinder, 
Auditore,  Chirurgen,  Verstorbene,  Heirathslicenzen  etc. 

XII.  Männliche  Militär -Pensionisten. 

Xin.  Pensionen  von  Offiziers-  und  anderen  Militär-Wittwen. 

XIV.  Rechnungsakten  der  Hauptkriegskasse,  des  Kadetten- 
Korps,  der  Militär  -  Fohlenhöfe,  Marsch-  und  Verpflegskosten,  dann 
der  Garnisonen. 


X.   Technische  Ausdrücke  für  das  Urkundenwesen   der 

älteren  Päpste. 

Von 

Dr.  J.  V.  Pflugk-Harttung 
Privatdocenten  in  Tübingen. 


Wer  sich  eingehend  mit  dem  Aeusseren  von  Urkunden  beschäf- 
tigt, stösst  oft  auf  Mangelhaftigkeit  in  den  Bezeichnungen  einzelner 
Merkmale  derselben,  sei  es,  dass  solche  überhaupt  nicht  für  das  vor- 
handen sind,  was  er  sagen  will,  sei  es,  dass  sie  sich  unscharf,  um- 
ständlich oder  unzutreffend  erweisen,  sei  es,  dass  die  gleiche  Sache 
verschiedenartig  benannt  wird.  Es  erklärt  sich  daher,  dass  man  hier 
nicht  planmässig,  dass  man  ohne  durchdachtes  System  vorgegangen 
ist  In  früherer  Zeit  war  man  noch  weit  entfernt  von  der  Durchbildung, 
ich  möchte  sagen,  von  dem  Handwerksmässigen  der  jetzigen  Technik; 
gewöhnlich  verfuhr  man  noch  zu  allgemein  und  dachte  zu  abstrakt 
philosophisch,  während  heute  die  Sache  umgekehrt  liegt,  man  sich 
zu  sehr  mit  Einzelfallen  beschäftigt,  sich  von  ihnen  leiten  lässt. 
Alte  Ausdrücke  nahm  man  herüber,  neue  bildete  man  oder  führte 
halb  vergessene  ein,  je  nach  dem  Falle,  wo  es  nothwendig  erschien, 
das  Ganze  wurde  nur  selten  dabei  in  Betracht  gezogen.  So  ist  es 
denn  gekommen,  dass  der  Weiterbildung  einer  Technik  im  Sammeln 
und  Forschen  die  der  Technik  im  Bezeichnen,  die  Präcisirung  im 
Ausdrucke  und  durch  denselben  nicht  gleichwerthig  zur  Seite  ge- 
blieben ist,  dass  sich  Begriff  und  Formulirung,  dass  Forschung  und 
Darstellung  sich  nicht  immer  decken  und  ausgleichen. 

Zunächst  gilt  dies  vom  Urkundenwesen  der  Päpste.  Hier  ist 
es  schlechterdings  unmöglich,  mit  dem  Vorhandenen  und  neu  Hinzu- 
gekommenen zu  arbeiten ;  will  man  nicht  auf  halbem  Wege  stehen 
bleiben,  so  muss  man,  wohl  oder  übel,  in  Forschung  und  Aus- 
drucksweise  weiter   schreiten.     Durchbildung    und   Sicherheit    der 


240  V.  Pflugk-Harttung: 

Ausdrücke,  die  Fähigkeit  sich  ausdrücken  zu  können,  sind  gleichsam 
das  Spiegelbild  für  die  Beherrschung  einer  Wissenschaft,  für  die 
Keife  innerhalb  derselben,  sie  sind,  oder  sollten  doch  eigentlich  das 
sein,  bei  dem  man  beginnt,  von  dem  aus  man  die  Wissenschaft 
selber  oder  Theile  derselben  vorführt 

Ich  bin  nun  weit  von  dem  Glauben  entfernt,  dass  mein  Vor- 
gehen allseitige  Billigung  finden,  oder  gar,  dass  man  sich  mir  in 
Einzelheiten  anschliessen  wird,  das  verlange  ich  auch  nicht,  jeder 
der  Besseres  weiss,  sei  hochwillkommen ;  aus  einer  Debatte  über  den 
Gegenstand,  einer  Besprechung  über  Bezeichnungen  im  päpstlichen 
Kanzleiwesen,  möge  sich  womöglich  die  für  die  gesammte  Hülfs- 
disciplin  entwickeln. 

Das  Princip,  wovon  ich  zunächst  ausgegangen  bin,  ist  nicht 
das  historische,  sondern  das  rationelle.  Der  Zweig  unserer  Wissen- 
schaft ist  noch  neu,  noch  nicht  der  Hand  des  Gärtners  entwachsen. 
Es  kommt  darauf  an,  für  jedes  Ding  eine  scharfe  möglichst  treffende 
Bezeichnung  zu  erzielen,  eine  möglichst  verständliche,  wenig  gelehrte. 
Ob  man  es  sonst  so  genannt  hat  oder  so  nennt,  ist  ein  wichtiger 
aber  nicht  entscheidender  Faktor. 

Schon  der  Ausdruck,  mit  dem-  man  die  ganze  Lehre  von  den 
Urkunden  zu  bezeichnön  pflegt,  steht  unglücklich  da,  er  lautet 
bekanntlich:  Diplomatik.  Abgeleitet  von  Diplom,  welches  Sickel 
nicht  als  Urkunde  im  Allgemeinen,  sondern  nur  als  solche  erklärt, 
welche  von  der  obersten  Staatsgewalt  in  feierlicher  Form  erlassen 
worden  (ürk.  der  Karolinger  I  S.  5),  also:  nur  einen  Bruchtheil 
des  Ganzen  bezeichnend,  wird  es  doch  zur  Bezeichnung  des  Ganzen 
angewandt.  Dazu  kommt,  dass  den  Männern  der  Wissenschaft  durch 
Staatsmänner,  durch  Diplomaten,  eine  so  verzweifelte  und  im  Sprach- 
gebrauche erdrückende  Concurrenz  erwachsen  ist,  dass  unter  diplo- 
matischen Arbeiten,  jedermann,  mit  Ausnahme  des  Fachgelehrten, 
politische  Arbeiten  versteht  und  nicht  auf  Urkunden  bezügliche. 
Und  schliesslich  ist  noch  zu  erwägen,  dass  der  Ausdruck  „diplo- 
matisch" ohne  scharfe  Umgränzung  dasteht,  bald  meint  man  damit 
allgemein:  Alles  auf  Urkunden  Bezügliche,  bald  hat  mau  dabei 
mehr  das  Aeussere  der  Urkunden  im  Sinne. 

Es  sind  dies  Schwächen,  denen  womöglich  abgeholfen  werden 
muss,  und  dafür  ergeben  sich  verschiedene  Möglichkeiten.  Erwägen 
wir  zunächst  das  Wort  an  sich.  Will  man  es  beibehalten,  so  könnte 
es  vielleicht  geschehen,   nicht  in  der  Form  diplomatisch,    sondern 


Technische  AuRdrücke  für  das  Urkunden wescn  der  Päpste.  241 

diplomisch,  tv eiche  nicht  unrichtig  gebildet  ist^)  und  Verwechs- 
lungen weniger  nahe  legt;  es  würde  sich  daran  reihen  Diplomik, 
Diplomiker  u.  s.  w.  Eine  andere  Möglichkeit  bestünde  darin,  dass 
man  den  ganzen  Ausdruck  fallen  Hesse  und  nach  einem  schärfer 
treffenden  suchte.  Bezeichnungen  für  Urkunden  sind:  Acta  und 
Chartae.2)  Aus  deren  ersterer  lässt  sich  kein  gutes  Wort  für  die 
Disciplin  bilden,  weil  im  Lateinischen  die  Begriffe  von  Kunst  und 
Wissenschaft  gewöhnlich  durch  Beifügung  von  ,4^^"  und  „ura"  her- 
gestellt werden.  Anders  Charta,  welches  griechischen  Ursprungs, 
die  Bildung  Chartik  erlaubt,  dem  Ohre  anfangs  ungewohnt,  aber 
kurz  und  bezeichnend.  Verwechslungen  sind  ausgeschlossen,  wenn 
man  nicht  den  Gedanken  an  Landkarten  herbeizieht,  wo  aber  von 
chartographisch  geredet  wird.  Ein  Mann  des  Faches  wäre  ein 
Chartiker.  Für  Bücher,  worin  Chartae  eingetragen  sind,  könnte 
man  die  ungenaueren  Bezeichnungen:  Copialbuch,  Codex  etc.  mehr 
fallen  lassen  und  statt  dessen  Chartular  sagen,  wie  längst  schon 
in  Frankreich  chartulaire.  Als  deutsche  Bezeichnung  unseres  Be- 
griffes ist  Urkundenwissenschaft,  Urkundenlehre  sehr 
brauchbar.  Da  man  aber  unter  dem  Zeitworte  urkundlich  nicht: 
auf  Urkunden  bezüglich,  sondern:  auf  Urkunden  beruliend,  ihnen 
entnommen,  versteht,  so  empföhle  sich  für  ersteres  eine  Neben- 
bildung, etwa  urkundisch,  wie  man  z.  B.  mit  mündig  und  münd- 
lich, weibisch  und  weiblich  Verschiedenes  meint,  rein  begründet  im 
Sprachgebrauche.  Mit  urkundlichen  und  urkundischen  Forschungen 
bezeichnen  wir  also  zwei  verwandte,  doch  wohl  zu  scheidende  Dinge, 
jenes  sind  auf  Urkunden  basirte,  sich  aus  ihnen  ergebende,  dieses 
solche,  die  Urkunden  zum  Gegenstande  haben. 

Die  Wissenschaft  der  Diplomik  oder  Chartik  zerfällt  natur- 
gemäss  in  zwei  Hauptarten:  die  eine  hat  es  mit  dem  Aeusseren 
der  Urkunden,  die  andere  es  mit  dem  Inneren  derselben  zu  thun. 
Bisher  hat  man  dafür  keinen  Ausdruck  und  doch  dürfte  ein  solcher 
unbedingt  noth wendig  sein.  Er  lässt  sich  am  leichtesten  durch  je 
ein  Präfix  vor  dem  Hauptworte  bilden:  also  etwa  Aeusserchartik 
und  Innerchartik,  wobei  Präfix  und  Hauptwort  zwar  zwei  ver- 
schiedenen Sprachen   angehören,    was  jedoch  bei   technischen   Be- 

*)  Vei^l.  diplomum.    Ducange.    Gloss.  II  p.  863. 

*)  In  Frankreich  hat  man  keine  ^cole  des  diplomes,  sondern  eine  ^cole 
des  chartes  errichtet. 

Arcbivalfflche  ZeltBchi-lft  Vit  16 


242  V.  Pflugk-Harttung: 

Zeichnungen  nichts  Seltenes  ist  und  deutlicher  sein  dürfte  als  etwa 
Esochartik  und  Exochartik i).  Im  Deutschen  hätten  wir  äusser- 
urkundisch  und  innerurkun  disch;  verkürzt  in  manchen 
Wendungen,  statt  Innerurkundenforschung  nur  Innerforschung, 
dann  Aeusserforschung  u.  s.  w.  Oft  lassen  sich  Umschreib- 
ungen anwenden. 

Die  Chartik  hat  es  mit  Schriftstücken  zu  thun,  die  in  einer 
bestimmten  Kanzleiform  abgefasst  sind.  Erhalten  können  sie  sein 
auf  dreierlei  Weise:  1)  in  der  Gestalt,  in  der  sie  ursprünglich  aus- 
gestellt wurden,  2)  als  Abschriften,  3)  in  einer  Form,  die  nicht 
wirklich,  sondern  nur  scheinbar  ursprünglich  ist. 

Urkunden  der  zuerst  genannten  Art  nennen  wir  Originale. 
Abschriften,  welche  auf  einem  einzelnen  Stücke  des  Beschreibstoffes, 
namentlich  auf  Pergament,  eingetragen  sind:  Copial-Urkunden, 
moderne  oder  in  Chartularen  niedergelegte:  Abschriften  oder 
Copien.'  Für  Originale  und  ältere,  auf  dem  ursprünglichen  Schreib- 
stoffe eingetragene  Copien,  empfiehlt  sich  der  in  Italien  übliche 
zusammenfassende  Ausdruck:  pergamene,  also  Pergamente,  der 
auch  im  Deutschen  für  Pergamenturkunden  angewendet  wird  z.  B. 
im  Gedichte,  Deutscher  Brauch  von  A.  Grün: 

„Der  Staub  der  Pergamente  nahm  ihm  den  Odem  fast."  Per- 
gamente steht  neueren  Papierabschriften  und  Chartularen  gegenüber. 

Ist  eine  Urkunde  mit  zu  Grundelegung  eines  oder  mehrerer 
Originale,  oder  aus  der  Kenntniss  von  Originalen  heraus,  ausser- 
halb der  Kanzlei  derartig  gebildet,  dass  sie  den  Schein  von  Origi- 
nalität erwecken  soll,  so  hat  man  es  wohl  Original-Nachzeichnung 
genannt.  Doch  offenbar  ist  dieser  Begriff  zu  eng,  man  will  z.  B. 
ausdrücken,  dass  ein  Schriftstück  einem  anderen  im  Ganzen  nach- 
gebildet ist,  auch  in  Pergament  und  Bulle,  so  muss  man  sagen, 
wenn  man  zu  keiner  Umschreibung  seine  Zuflucht  nehmen  will: 
Original-Nachzeichnung  auch  in  Pergament  und  Bulle,  was  durchaus 
als  sprach-  und  sinnwidrig  erscheinen  muss.  Von  selber  drängt 
sich  hier  das  Woi*t  Nachbildung  auf,  also:  Original-Nachbildung 
auch  in  Pergament  und  Bulle.  Hingegen  ein  Schriftstück,  welches 
einem  ändert  genau  Stück  für  Stück  nachgezeichnet  ist,  ein  solches 


*)  Man  köiinte  auch  m  der  Weise  verfahren,  dass  man  Diplomik  für  die 
Lehre  vom  Aeusseren  der  Urkiiniien,  Chartik  für  die  des  Innern  anwendet. 
Doch  bringt  dies  manche  Schwierigkeiten. 


Technische  Ausdriicke  für  das  Urkundenwesen  der  Päpste.  243 

ist  eine  Original  -  Nachzeichnung.  Beides  zusammen  sind 
Schein-Originale;  dolus  braucht  nicht  in  jedem  Falle  vorzu- 
Uegen.  Wurde  eine  Urkunde  einer  anderen  dem  Wortlaute  nach  mehr 
oder  weniger  übereinstimmend  nachgeschrieben,  so  ist  es  eine  Ori- 
ginal-Nachschreibung, eine,  wo  nur  die  Formeln  einer  anderen 
zu  Orunde  gelegt  sind,  eine  Original-Nachformelung,  oder 
Nachformulirung.  Für  letztere  beiden  Arten  empfehlen  sich 
oft  Umschreibungen,  wie:  wörtlich  der  Vorlage  entlehnt,  wörtliche 
Bestätigung  etc.  Bei  Allen  kann  im  gewöhnlichen  Sprachgebrauche 
das  vorgesetzte:  Original  fehlen,  so  dass  man  nur  von  Nachbildung, 
Nachformulirung  etc.  redet.  Eine  Urschrift  ist  das  ursprüng- 
lichste, erste  Schriftstück,  also  sowohl  auf  Originale  wie  Fälschungen 
bezüglich.  Urschrift  und  Original  gleich  anzuwenden,  ist  unrichtig. 
Die  Ausdrücke  Fälschung,  Ueberarbeitung,  Interpolation 
sind  in  ihrer  Anwendung  bekannt  und  ebenso  verunechtet  = 
ursprünglich  echt,  aber  mit  unechten  Zuthaten  versehen. 

Im  Mittelalter  hat  man  Eegistrum,  Regestrum,  Regestum  oft 
unterschiedlos  angewandt;  um  keine  Verwechslungen  aufkommen  zu 
lassen,  müssen  wir  streng  scheiden:  Register  ist  eine  Sammlung 
von  Briefen,  Aktenstücken  etc.  und  deren  event.  Verkürzungen, 
Regest  ist  die  Inhaltsangabe  einer  Urkunde. 

Aus  allen  grösseren  Kanzleien,  speciell  aus  der  päpstlichen, 
sind  verschiedene  Arten  von  Urkunden  hervorgegangen.  Für  diese 
hat  man  in  der  älteren  Zeit  (bis  zum  13.  Jahrhundert)  noch  keine 
ganz  feststehenden  Bezeichnungen.  Für  feierliche  Urkunde  findet 
sich:  constitutio,  confirmatio,  Privilegium,  scripti  Privilegium  u.  A., 
für  unfeierliche  namentlich:  scriptum,  litterae,  concössio,  confirmatio. 
Heutigen  Tags  liegt  die  Sache :  ein  päpstliches  offenes  Schreiben,  in 
bestimmter  feierlicher  Form  und  Schrift  und  in  lateinischer  Sprache 
abgefasst,  heisst  Bulla,  in  ihr  ist  die  Datirung  ausführlich,  es  kann 
von  den  Kardinälen  oder  dem  Papste  (nicht  eigenhändig)  unter- 
zeichnet sein,  inhaltlich  pflegt  es  sich  auf  wichtigere  Angelegen- 
heiten zu  beziehen,  namentlich  auf  Rechts-  und  Gnadensachen.  Ein 
päpstliches  Schreiben  in  minder  feierlicher  Form  und  Umgangs- 
sprache ist  ein  Breve,  die  Adresse  eines  solchen  schliesst  mit  salutem 
et  apostolicam  benedictionem,  die  Datirung  ist  kürzer  als  auf  Bullen, 
eine  Unterschrift  führen  sie  nicht,  sondern  nur  eine  Contrasignatur. 
Mit  anderen  Worten:  die  jetzige  Bulle  ist  das  Gleiche,  oder  richtiger 
die  Weiterbildung   der   alten  feierlichen,   das  Breve   die   der  alten 

16* 


244  V.  Pfliigk-IIarttung: 

unfeierlichen  Papsturkundo.  Beide  Worte  kommen  damals  schon 
vereinzelt  auf  Erlassen  der  Kurie  vor,  doch  in  anderem  Sinne, 
Breve  nämlich  in  dem  von  Judikat  i),  Bulle  in  dem  von  Bleisiegel  2). 
Es  fragt  sich  nun,  wie  wir  uns  zu  diesen  Ausdrücken  stellen," ob 
wir  die  jetzigen  beibehalten,  bezw.  auch  auf  das  Mittelalter  über- 
tragen* oder  ob  wir  für  dieses  andere  wählen.  Ich  habe  hier  lange 
geschwankt.  In  meinen  Diplomatisch  -  historischen  Forschungen 
wandte  ich  Bulle  und  Privilegium  als  ziemlich  gleichwerthig  an, 
in  dem  ersten  Bande  der  Acta  nannte  ich  das  feierliche  Schrift- 
stück: Privilegium,  das  Bleisiegel:  Bulle.  Allmählich  überzeugte 
ich  mich  aber,  dass  es  die  unverkennbarsten  Vortheile  bietet,  auf 
die  moderne  Bezeichnung  zurückzukommen.  Das  Wort  Privilegium 
für  feierliches  Aktenstück  von  bestimmter  Form  ist  nicht  präcis, 
weil  schon  im  12.  Jahrhunderte  eine  Menge  von  Urkunden  in  un- 
feierlicher Form  abgefasst  wurden,  die  nach'  dem  Brauche  des 
11.  Jahrhunderts  die  feierliche  hätten  aufweisen  sollen,  es  sind 
namentlich  Bestätigungen,  Verleihung  von  Rechten  und  dergl. ,  so 
dass  die  Worte  „Privilegium"  und  „feierliche  Urkunde"  sich  nicht 
decken;  dazu  kommt,  dass  auch  andere  Urkundengruppen,  wie 
Judikate  und  Synodale,  theilweise  allmählich  in  der  feierlichen  Form 
aufgehen,  dass  man  bei  dem  Worte  Privilegium  zunächst  an  den 
Inhalt  denkt,  während  es  hier  rein  auf  das  Aeussere  ankommt 
Alle  diese  Gründe  empfehlen  die  Ausdrücke  von  Bulle  und  Breve, 
bei  denen  von  vorne  herein  das  Entscheidende,  das  Aeussere,  in 
den  Vordergrund  tritt  und  daneben  das  specifisch  päpstliche.  Die 
Bulle,  „la  bulle",  „la  bolla"  ist  ein  feierlicher  päpstlicher  Erlass, 
der  sich  bestimntt  von  den  nichtpäpstlichen  abhebt,  etwa  von  Prä- 
cept,  der  feierlichen  Königsurkunde.  Auf  diese  Weise  gewinnen 
wir  auch  eine  Menge  von  Weiterbildungen,   wir  können  von  Pri- 


')  Vergl.  z.  B.  Muratori  S8.  II.  2  p.  499,  502,  505,  508,  509,  510,  518, 
520,  522,  524,  525:  hanc  brevem  menioratoriam,  breve  (coin)meiiioratorium, 
hoc  breve,  investitionis  breve,  >)reve  refutationis,  notitia  brevis.  Muratori,  Antq. 
Ital.  p.  SSO:  hac  brevi  memoratoria,  Jaff^  3043:  refutationis  brevis. 

*)  (Jaffö  3023:  papalem  buUain  iniponi,  unzuverlässig),  Jaff^  3149:  bulla 
nostra  .  .  .  signari.  Bibl.  de  l'öcole  des  Chartes  IV.  4  p.  71,  72:  alt^nnn  bulle 
nostre  typarium,  collationem  bulle,  veritate  bulle,  bulle  defectum  sq.  Mon 
Genn.  8S.  XII  p.  440:  illas  domni  papae  bullatas  transmittimus  vobis  exera- 
platas.  In  einer  Privaturkunde  vom  J.  1192:  sub  sua  bulla  transmissis,  Hist. 
Patr.  Mon.  Chart.  II  p.  1157.  Vergl.  Ducange,  Glos.**.  I  p.  801;  Brinckmeier, 
Glofts.  I  S.  431,  432;  Diefenbaeh,  Nov.  Gloss.  p.  62. 


Technische  Ausdrücke  für  das  Urkunden wesen  der  Päpste.  245 

vilegien-,  Synodal-  und  JudikatsbuUeu  sprechen,  jedesmal  etwas 
ganz  Bestimmtes  damit  bezeichnend.  Kommt  es  bei  dem  Breve 
nicht  auf  das  Aeusscre,  die  besondere  Formulirung  an,  die  der 
Gattung  eigen  ist,  sondern  nur  auf  den  Charakter  der  Zuschrift, 
so  empfiehlt  sich  das  allgemeinere  Wort  Brief,  litterae.  Dem- 
nach ist  nicht  von  den  Breven,  sondern  von  den  Briefen  Gregors  I 
zu  reden,  in  dem  Registrum  Gregorii  VII  sind  nicht  die  Breven 
als  solche,  sondern  als  Briefe  eingetragen.  Mit  dem  Dargethanen 
ist  von  selber  gegeben:  eine  Sache  wird  buUirt  =  sie  wird  in 
bestimmter  feierlicher  Form  beurkundet  *) ;  eine  Sache  wird  bre- 
virt  wenn  das  Beurkunden  in  weniger  feierlicher,  in  Breven- 
form  geschieht.  Gnadelos  tritt  dann  an  den  Fachmann  die  Noth- 
wendigkeit  heran,  mit  Bulle  nicht  auch  das  Siegel,  mit  bulliren 
das  Besiegeln  zu  bezeichnen.  Wohl  oder  übel  müssen  wir  hier  das 
Wort  Siegel,  sigillum  verwenden,  was  noch  im  11.  Jahrhunderte 
das  so  gut  wie  einzig  übliche  in  der  päpstlichen  Kanzlei  gewesen  2), 
Bleisiegel,  wenn  ein  solches  angefügt,  Wachssiegel,  wenn 
dieses  verwendet  (sub  annulo  piscatoris,  im  13.  Jahrh.  aufkommend). 
Da  man  mit  Siegelung  aber  leicht  den  Begriff  des  Festpressens  auf 
oder  in  das  Schriftstück  verbindet,  so  empfiehlt  es  sieh  oft,  das  Wort 
Bleisiegel,  in  Blei  zu  verküi-zen,  wie  man  z.  B.  in  anderem  Sinne 
das  Wort  Blei  =  Flinten(blei)kugel  ebenso  zusammengezogen  hat,  und 
wie  man  in  Frankreich  ebenfalls  mit  „le  plomb"  das  Bleisiegel  meint, 
mit  „la  bulle"  das  ganze  Schriftstück.  Weiterbildungen  sind  aldann, 
Bleiung,  Plumbirung;  bebleien,  plumbiren;  die Plumbirung 
einer  Bulle  ist  die  Befestigung  des  angehängten  Bleisiegels. 

Dem  Aeussern  nach  theilen  wir  die  Bullen  ein :  in  feierliche 
(grosse),  Uebergangs-,  und  unfeierliche  (kleine),  oder  in 
Prunk-,  Mittel-  und  Halbbullen;  die  Breven  in  feierliche 
und  unfeierliche  oder  grosse  und  kleine.  (Näheres  im  vorigen 
Bande  dieser  Zeitschrift.)  Bullen  und  Breven  wurden  einfach  zu- 
sammengefaltet  versandt,   Breven,    welche   durch   eine   Schnur   so 


*)  Auch  schriftgemäss  ist  bullare  im  Sinne  von  bezeugen,  beurkunden, 
überUefert.     Ducange,  Gloss.  I  p.  801  8(i.,  Brincknieier,  Gloss.  I  S.  432. 

*)  Auch  in  Fälschungen.  —  Vergl.  Jaff^  3032:  inipressione  nostri  sigilli 
J-  3013:  sigillo  nostro  sigillari.  J.  3149:  bulla  nostra  et  sigillo.  J.  3155:  sigillo  .  .  . 
corroboratam.  J.  3345 :  nostro  sigillo  .  .  .  insigniri.  J.  3349,  3350,  3352 :  apostolici 
sigilli  munire  inipressione.  J.  3997 :  sigillo  nostro  .  *.  .  statuimus  roborari,  J.  4000 : 
novo  sigillo  insigniri.     Acta  I  No.  56:  sigiUi  nostri  impressione. 


246  V.  Pflugk-Harttung: 

verschlossen  waren,  dass  eine  Eröffnung  nur  durch  Zerschneidung  der 
Schnur  oder  des  Pergaments  erfolgen  konnte,  sind  Geheimbreven, 
Sekrete.  Neben  Bullen  und  Breven  sind  die  auf  Gerichts-  und 
Synodalvorhandlungen  bezüglichen  Schriftstücke  die  wichtigsten.  Für 
erstere  verwendet  man  gemeinhin  den  Ausdruck  Placitum.  Schon 
im  Mittelalter  war  derselbe  in  Gebrauch  und  zwar  für  die  öffentliche 
Gerichtssitzung  und  die  darüber  ausgestellte  Urkunde  zugleich.  ^) 
Dass  beides  von  Historikern  und  Chartikern  übernommen,  ist  daher 
erklärlich,  obwohl  es  unpraktisch  sein  dürfte,  denn  jetzt  muss  man 
vom  Placitum  des  Placitums  reden.  Offenbar  ist  auch  hier  eine 
Abhülfe  erwünscht,  weswegen  wir  für  Gerichtsurkunde  ein  anderes 
Wort  zu  Grunde  legen ,  welches  auch  schon  im  Mittelalter  in 
Gebrauch  war:  judicatum^);  wir  sprechen  demnach  vom  Judikat 
des  Placitums.  Ein  anderer  Ausdruck  für  die  gleiche  Sache,  der 
aber  auch  allgemeiner  für  schriftliche  Aufzeichnungen  angewendet, 
ist  mem Oratorium 3),  derselbe  liesse  sich  gut  für  Schriftstücke 
verwenden,  die  in  der  Form,  bezw.  theilweise  in  der  Form  von 
Judikaten  ausgestellt  sind,  deren  Inhalt  sich  aber  auf  andere  Vor- 
gänge als  Gerichtsverhandlungen  bezieht.  Auf  Synoden  bezügliche 
Aktenstücke  nennen  wir  Synodale.  Auch  mit  dem  Ausdrucke 
Privilegium  müssen  wir  uns  hier  abfinden,  er  wird  viel  gebraucht 
und  ist  doch  fast  der  unbestimmteste  von  allen. 4)  Wir  verstehen 
darunter:  eine  Vergünstigung  sowohl  praeter  als  secundum  ins, 
zunächst  und  vornehmlich  in  Bullen-  doch  auch  in  Brevenform 
zulässig.  Wir  haben  damit  die  äusseren  Kennzeichen,  an  denen 
wir  noch   in   den  Acta   festhielten,   zu   Gunsten   der   inneren   auf- 


*)  Eine  giite  Erklärung  aus  dem  Jahre  1012  findet  sich  in  Muratori 
88.  II.  2  p.  509:  Omne  pactum,  qucni  homines  faciunt,  placitum  vocatur.  Pla- 
citum vero  dictum  est  eo,  quod  ambabus  partibus  placeat  et  ideo,  qui  fidem 
pacti  non  servat,  8ub8cri])tam  poenam  perBolvat. 

*)  8ickel,  in  seinen  Karolingerurk.  I  S.  357  gibt  iudicatum  an  K.  209, 
L.  284,  iudicium  (K.  97).  Benedict  VH  in  Muratori  Antq.  I  p.  379:  iudicati 
paginam,  hoc  siquidem  iudicatum.  Jaffö  4811 :  hoc  iudicium.  Ficker,  Forsch, 
zur  Rechtsgesch.  Italiens  IV  oft  iudicatum  Nr.  1,  2,  5  etc.  Nr.  62:  cartula 
iudicati.  Vergl.  auch  Ducange,  Gloss.  III  p.  916;  Brinckmeier,  Gloss.  I  S.  1072; 
Wetzer  und  Weite,  Kirchen-Lex.  HI  8.  277. 

*)  Memoratorium,  memoratoria,  commemoratorium,  commemoratio  findet 
sich  Muratori  88.  II.  2  p.  499,  602,  505,  508,  509,  510;  Muratori  Antq.  I  p.  380. 
Vergl.  Ducange,  Gloss.  IV  p.  352;  Brinckmeier,  Gloss.  II  8.  254. 

*)  Näheres  Harttung,  Dipl.  Idst.  Forsch.  8.  11  ff. 


Technische  Ausdrücke  für  das  Urkundenwesen  der  Päpste.  247 

gegeben,  die  äusseren  der  Bezeichnung  Bulle  und  Breve  vorbehalten. 
Fast  alle  PrunkbuUeii  sind  Privilegien,  aber  nicht  alle  Privilegien 
sind  Prunkbullen. 

Bemerkt  mag  noch  werden,  dass  man  bisweilen  den  Aus- 
druck P  an  carte  findet.  Kobert  sagt  hievon  in  seiner  Etüde  sur  les 
actes  du  pape  Calixt  II  p.  18:  „Les  bullös  pancartes  sont  Celles 
qui,  en  confirmant  des  donations,  faites  ä  une  öglise  ou  ä  un  mo- 
nastdre,  6numörent  tout  ce  qui  s'y  trouvait  compris  et  quelquefois 
memo  ratifient  des  donations  antörieures  et  confirment  Töglise  ou 
le  monastere  dans  la  possession  de  tous  leurs  biens.  Les  buUes 
privil6ges  ont  pour  objet,  comme  leur  nom  Tindique,  la  concession 
ou  la  confirmation  de  certains  droits,  de  certaines  prörogatives, 
surtout  dans  Fordre  spirituel.  Dans  les  buUes  pancartes  il  est 
souvent  fait  mention  de  divers  privilöges.  Alors  elles  se  confondent 
avec  les  privil6ges."  Letzteres  ist  nur  zu  richtig,  eine  feste  Grenze 
fehlt  nicht  blos,  auch  in  dem  Aeusseren  der  Bullen  findet  sich 
nichts,  was  eine  solche  Trennung  rechtfertigt,  praktisch  ist  sie 
nahezu  werthlos,  und  Pancarte  kann  auch  jedes  beliebige  andere 
Diplom  heissen,  namentlich  ein  königliches  Präcepti),  ja  selbst 
Sammlungen  von  Urkunden,  bezw.  Kegesten  ganz  verschiedenen 
Inhalts,  ich  erinnere  nur  an  die  Pancarte  rouge  und  die  Pancarte 
noire  des  Klosters  St.  Martin  de  Tours.  Will  man  den  Ausdruck 
dennoch  im  päpstlichen  Kanzleiwesen  verwenden,  so  mag  es  in  der 
Weise  geschehen,  dass  man  unter  Pancarte  eine  Bestätigungsbulle 
versteht,  worin  die  gesammton  Güter,  oder  richtiger  die  besessenen 
Ortschaften,  mit  Namen  genannt  und  aufgezählt  werden.  Es  ist 
dann  aber  nur  eine  Unterabtheilung  von  Bulle  und  Privilegium, 
und  darf  nicht  neben  letzteres  gesetzt  werden.  Praktisch  gewonnen 
wird,  wie  bereits  gesagt,  nicht  viel  damit,  weil  im  Laufe  des  zwölften 
Jahrhunderts  nahezu  alle  Privilegien  zu  Pancarten  werden  und  die 
Privilegien,  in  welchen  die  Güter  nicht  einzeln  aufgezählt  sind, 
denen,  worin  es  der  Fall  ist,  durchaus  glcichwerthig  zur  Seite  stehen. 
Ueberflüssig  oder  gar  verwirrend  würde  das  Wort  sein,  wenn  wir 
es  als  Besitzbestätigung  überhaupt  fassten,  weU  es  sich  alsdann  auf 
Schriftstücke  in  Bullen-  und  Brevenform  zugleich  bezöge.   Mit  den 


*)  Ducange,  GIoss.  V  p.  46,  47.  Pancbarta:  quaevis  Charta,  diploma. 
Brinckmeier,  Gloss.  11  S.  410.  Vergl.  auch  Dehsle  in  Bibl.  de  Tecole  des  Chartes 
IV  Ser.  4  p.  16.  Sickel  in  Mittheilungen  für  öst.  Geschforsch.  I  ö.  251. 


248  V.  Pflugk-Harttung: 

Worten  Besitzbestätigung,  Kechtsbestätigung,  beides  zu- 
sammen grosse  Bestätigung,  grosse  Confirmation  kommen 
wir  hier  weiter,  durch  den  Zusatz  von  Bulle  und  Breve  wird  die 
nähere  Erläuterung  gebracht,  also  Besitzbestätigungsbulle  etc. 
Eine  früher  ausgestellte  Urkunde  heisst  Vor  Urkunde,  zerfallend 
in  Vorbulle,  Vorbreve,  Vorjudikat  etc. 

Die  Urkunden  sind  in  der  älteren  Zeit  auf  Papyrus  ge- 
schrieben, später  auf  Pergament,  zuletzt  auf  Papier.  In  dem 
uns  erhaltenen  Papyrus  lassen  sich  keine  verschiedenen  Arten  er- 
kennen, anders  aber  verhält  es  sich  mit  dem  Pergamente,  hier  haben 
wir  drei  Gruppen:  1)  italienisches  Pergament^  2)  deutsch- 
nordfranzösisches,  3)  südfranzösisches  (spanisches?)*) 
Papier  kommt  für  uns  nicht  näher  in  Betracht,  das  älteste,  welches 
ich  sah,  stammt  aus  dem  13.  Jahrhundert  (Neapel  und  Lucca). 
Papyrus  und  Pergament  haben  zwei  Flächen,  auf  deren  einer  ge- 
schrieben wurde.  Diese  nennen  wir  die  Vorderseite,  Schrift  seit  e? 
Stirnseite,  die  unbeschriebene  die  Rückseite.  Für  das  mit  Dinte 
oder  Farbe  Geschriebene  oder  Gezeichnete  dürfte  sich  der  Ausdruck 
das  Eingetragene  oder  der  Eintrag  empfehlen,  für  das  andere, 
Pergament,  Siegel  etc.:  das  Stoffliche  oder  Substanzielle. 

Der  unbeschriebene  Raum  zwischen  dem  schriftlich  Einge- 
tragenen und  dem  Aufhören  des  Pergamentes  heisst:  der  Rand, 
die  Endlinie  des  Randes:  die  Kante,  der  unten  umgeschlagene 
Rand:  der  Umschlag,  oder,  um  Verwechslungen  zu  vermeiden: 
das  Umgeschlagene,  die  durch  das  Umschlagen  entstehende 
Kante:  die  Falze.  Das  von  Rand  zu  Rand  Geschriebene  ist  die 
Zeile;  Linie  hingegen  der  gezogene  Strich,  auf  dem  geschrieben 
wird.  Die  Linien,  welche  mit  der  Breite  des  Pergamentes  parallel 
laufen,  sind:  die  Querlinien,  die  mit  der  Länge  parallelen:  die 
Längslinien,  die  welche  rechts  und  links  zur  Begrenzung  der 
Schrift  dienen:  die  Seitenlinien.  Nebeneinander  stehend,  heisst: 
auf  gleicher  Linie,  oder:  in  gleicher  Höhe,  untereinander: 
in  einer  oder  in  gleicher  Reihe.  Die  Ausdrücke  links  und 
rechts  gelten  vom  Beschauer  aus. 

Wenden  wir  uns  dem  Eingetragenen  zu.  —  Im  gemeinen 
Sprachgebrauche  versteht  man  unter  Text:  die  Gesammtheit  der 


')  Näheres  über  die  Unterscheidungsmerkmale  in  meiner  „ürkundenlehre 
der  Päpste". 


Technische  Ausdrücke  für  das  Urkundenwesen  der  Päpste.  249 

dem  Sinne  nach  zusammengehörigen  Worte  oder  Sätze,  etwa  im 
Gegensatze  zu  Anmerkungen,  Randnoten,  Glossen,  oder  auch  den 
gesammten  blossen  Wortlaut  im  Gegensatze  zu  Facsimiles  u.  dgl.  ^) 
Dem  entsprechend  nennen  auch  wir  den  Wortlaut,  die  Gesammt- 
menge  der  zugehörigen  Worte  einer  Urkunde:  ihren  Text.  Der 
Text  zerfallt  in  zwei  Haupttheile:  in  das  zusammenhängend  Ge- 
schriebene und  in  die  gesondert  darunter  stehenden  Zeichen,  Sätze 
und  Worte.  Jenes  bezeichnen  wir  als:  den  Hauptkörper,  dieses 
als:  die  Unterfertigungen.  Von  dem  Hauptkörper  sondert  sich 
äusserlich  wieder  ab  1)  der  obere  Theil,  die  Nennung  des  urkun- 
denden  Papstes  und  die  Adresse  umfassend,  in  der  durchgebildeten 
Kanzlei  regelmässig  durch  verlängerte  Schrift  ausgezeichnet,  und 
2)  bisweilen  der  Schluss,  welcher  bis  auf  Calixt  II  eine  Formel 
bringen  kann,  worin  sich  der  Schreibor  des  Hauptkörpers  nennt. 
Diese  beiden  Theile,  wozu  noch  die  dem  Sinne  nach  verwandten 
Unterfertigungen  kommen,  pflegt  man  gewöhnlich  Protokoll  zu 
nennen,  wobei  dann  aber  ein  Wort  für  den  einzelnen  fehlte,  oder, 
man  nennt  das  Obere  Protokoll  und  das  Abschliessende  EschatokoU, 
was  dann  wieder  eine  Gesammtbezeichnung  vermissen  lässt.  Also: 
derselbe  Ausdruck  muss  zugleich  für  ein  Ganzes  und  einen  Theil 
des  Ganzen  dienen.  Dies  sind  tiefe  Schwächen,  abgesehen  von  dem 
etwas  gesuchten  oder  sagen  wir  gelehrten,  zumal  des  EschatokoUs. 
Dazu  kommt  noch,  dass  man  im  lieben  des  Tags  mit  Protokoll 
etwas  ganz  anderes  als  in  der  Chartik  bezeichnet,  dass  selbst  in 
der  Chartik  diese  gewöhnliche  Anwendung  des  Wortes  bisweilen 
nöthig  ei-scheint.2)  Demnach  dürfte  die  Ausdrucksweise  unpraktisch 
und  womöglich  eine  andere  zu  suchen  sein.  Vergegenwärtigen  wir 
uns  das  oben  Gesagte,  so  finden  wir,  dass  der  Anfang  und  Schluss 
das  Mittlere  der  Urkunde  gleichsam  einfasst,  es  einrahmt.  Aus 
dieser  augenfälligsten  Thatsache  dürfte  sich  auch  die  am  meisten 
treffende  Bezeichnung  bilden  lassen,  das  Wort  Einfassung, 
oder  praktisch  brauchbarer  Einrahmung,  der  Rahmen,  unge- 
zwungen zerfallend  in  Vor-  und  Schlussrahmen.  Das  von 
dem  Rahmen  Eingefasste  pflegt  man  Context  oder  Text  zu  nennen. 


*)  Vergl.  z.  B.:  „Die  Texte  der  in  den  Mon.  Graphica  medii  aevi  ent- 
haltenen Schrifttafeln  von  Th.  Sickel". 

*)  Auf  den  noch  unglücklicheren  Ausdruck  Formular  braucqt  wohl  kaum 
näher  eingegangen  zu  werden,  er  ist  nie  recht  tlblich  geworden. 


250  V.  Pflugk-Harttungi 

Letzteres  von  uns  in  anderem  Sinne  verwandt,  ist  damit  für  diesen 
hinfällig,  ersteres  in  der  Gewohnheit  begründet,  ist  an  und  für  sich 
nicht  übel,  doch  darf  nicht  verkannt  werden,  dass  seine  Verwandt- 
schaft mit  Text  zu  Verwechslungen  Anlass  giebt,  um  so  eher,  als 
man  in  der  Praxis  die  kleine  Vorsilbe  con  leicht  weglässt  Besser 
wäre  es  demnach,  wir  entschlössen  uns  auch  hier  zu  einer  Aenderung, 
etwa  zu  dem  Worte  Conscript,  das  zusammen,  gleichartig  Ge- 
schriebene ^). 

Der  Kahmen  besteht  aus  den  in  Buchstaben  geschriebenen 
Worten,  Sätzen,  Formeln  und  aus  gewissen  Zeichen.  Unter  jenen 
sind  hervorzuheben  die  Scriptum-  und  die  Datumzeile,  oder, 
w^enn  man  sich  darauf  berufen  will,  dass  sie  ja  nicht  auf  einer.  Zeile 
zu  stehen  brauchen,  die  Scriptum-  und  Datumformel.  Nicht 
genau,  aber  kurz  und  oft  genügend,  sind  die  Bezeichnungen  als: 
das  Scriptum  und  das  Datum.  Beide  enthalten  in  voller  Aus- 
bildung Zeitmerkmale,  jenes  die  für  die  Eintragung  des  Hauptkörpers 
(oft  ohne  bestimmten  Termin),  dieses  die  für  die  Beglaubigung 
(Näheres  in  meiner  Abhandl.  im  vorigen  Bande  S.  12  ff.).  Weist 
eine  Urkunde  volle  Scriptum-  imd  Datumzeile  auf,  so  empfiehlt 
sich  der  Ausdruck:  grosse  Datirung,  enthält  ^io  nur  eine  der 
beiden,  so  lässt  sie  sich  als  unfeierliche  Datirung  bezeichnen, 
während  unter  kleiner  Datirung  die  der  Breven  zu  verstehen 
ist,  mit  verkürzter  Datumzeile:  Ort-,  Tages-  und  etwa  noch  Indiktion 
oder  Pontifikatsangabe  enthaltend.  Eine  feierliche  Datumzeile 
oder  -Formel  ist  jene,  wo  nach  zwei  verschiedenen  Herrschern, 
nach  Papst  und  Kaiser,  oder  nach  Gott  (Christus)  und  Papst  ge- 
rechnet worden,  eine  gewöhnliche  ist  die,  welche  nur  einen 
Herrscher  aufweist  (vergl.  auch  Ficker,   Urkundenlehre,  §  392  f.). 

Zwischen  Scriptum,  bezw.  Conscript,  und  Datum  pflegen  seit 
Innocenz  H  ziemlich  regelmässig  die  Unterschriften  zu  stehen, 
die  des  Papstes  und  die  der  Kardinäle.  Da  beide  vielfach  gesondert 
betrachtet  werden  müssen,  so  ist  es  rathsam,  auch  gesonderte  Aus- 
drücke dafür  zu  haben,  für  jenes  etwa  die  päpstliche  Unter- 
schrift, oder  nur  die  Unterschrift,  Signatur,  für  diese  lässt 
sich  das  italienische  Wort  für  Unterschrift  „la  tirma*' verwenden, 
also  die  Zeugenfirmen,  oder  kurzweg  die  Firmen.    Die  Unter- 

*)  Bekanntlich  kommt  conscribere  auch  für  das  einfache  scribere  vor, 
Mittheilungen  für  öster.  Geschforsch.  I  S.  235. 


Technische  Ausdrücke  für  das  Urkundenwesen  der  Päpste.  251 

Schriften  zerfallen  in  das  vorangesetzte  Kreuz,  Ego,  den  Namen, 
das  Prädikat  und  das  ss,  das  Doppel-s  für  subscripsi. 

Die  nicht  in  Buchstaben  ausgeführten  Theile  des  Rahmens  sind 
die  Zeichen,  die  der  Unterfertigung:  die  Unterfertigungs- 
zeichen, die  der  Zeugen:  Zeugonzeichen  (das  Kreuz  und  auch 
das  Doppel-s),  die  der  Datirung:  Datumzeichen. 

Als  einzelne  Zeichen  kommen  vor.  Im  Vorrahmen:  das 
Chrismon,  bestehend  aus  einem  Kreuze,  oder  aus  den  ineinander- 
geschriebenen  Anfangsbuchstaben  von  XQ^^^og,  aus  Chi  und  Rho, 
also  dem  Chi-Rho-Zeichen,  dem  Monogramme  Christi *).  Zu- 
nehmend regelmässiger  wird  der  Vorrahmen  von  Bullen  im  Laufe 
des  11,  Jahrhunderts  mit  „in  perpetuum^'  abgeschlossen,  welches  sich 
allmählich  zu  einem  eigenen  Zeichen  durchbildet,  bestehend  aus  den 
Buchstaben  IN  PPM.  Wir  nennen  es,  das  Verewigungszeichen, 
die  Formel  hingegen  die  Verewigung.  Bei  Breven  wird  der  Ab- 
schluss  gewöhnlich  durch  „salutem  et  apostolicam  benedictionem" 
gebildet,  der  Grussformel,  der  Salutatio,  welche  zwar  in  sal.  et 
aplica.  ben.  verkürzt,  nie  aber  zu  einem  eigentlichen  Zeichen  wird. 

In  der  Unterfertigung  der  Bullen  stand  in  grossen  Buchstaben 
ausgeschrieben  oder  doch  nur  wenig  zusammengezogen  BENE 
VALETE,  die  Heilformel2),  davor  oft  ein  Kreuz,  dahinter  ein 
Interpunktionszeichen.  Dieser  Complex  wurde  von  Leo  IX  in 
drei  gesonderte  Zeichen  umgebildet  und  zerlegt,  in  die  eigent- 
lichen Unterfertigungszeichen.  Das  erste  derselben  hat  man 
Signum  pontificale,  Signum  symbolicum,  CircuUis  pontificalis  ge- 
heissen.  Ausdrücke,  ebenso  umständlich  als  wenig  sagend,  um  so 
mehr  als  man  schon  im  Mittelalter  einen  besseren  hatte,  nämlich 
Rota3).  Rota,  zunächst  Rad,  dann  auch  Kreis  bedeutend,  führt  die 
Gestalt  des  Zeichens  vor  Augen:  der  Doppelkreis  entspricht  der 
Felche  des  Rades,  das  Kreuz  den  Speichen,  der  Kreuzungspunkt 
oder  Klecks  der  Achse,  Nur  eines  lässt  sich  gegen  die  Bezeich- 
nung Rota  einwenden,  das  nämlich,  dass  es  später  ein  Kollegium 
gleichen  Namens  in  der  Kurie  gegeben  hat,  dem  es  oblag,  die  Justiz- 

*)  Man  hat  es  auch  Labarum  genannt,  da  das  aber  zugleich  die  Bezeich- 
nung für  das  Banner  mit  jenem  Zeichen  ist,  so  empfiehlt  sich  hierfür  ein 
eigenes  Wort. 

*)  Salutatio  und  Heilformel  wie  hier  zu  verwenden,  dürfte  besser  sein 
als  im  vorigen  Bande  der  Arch.  Zeitschr. 

^)  Bibl.  de  l'^cole  des  Charles  IV  Ser.  IV  p.  73. 


252  V.  Pflugk-Harttung: 

Sachen  zu  ordnen.  Da  dies  aber  eben  jüngeren  Datums  ist,  als 
dasjenige  womit  sich  gewöhnlich  die  Chartik  der  Päpste  beschäftigt 
und  beschäftigen  wird,  Zweideutigkeiten  von  vorne  herein  durch  die 
grosse  Verschiedenheit  des  Gegenstandes  nicht  zu  befürchten  oder 
leicht  durch  die  Voransetzung  von  Collegium  und  Zeichen  zu  ver- 
meiden sind,  so  darf  man  getrost  an  dem  prägnanten  Ausdrucke 
festhalten.  Als  deutscher  empfiehlt  sich  Kad^),  Kadzeichen, 
Rundzeichen.  Die  Rota  pflegt  zu  bestehen  aus  zwei  konzen- 
trischen Kreisen,  dem  Aussen-  und  dem  Innenkreise,  aus 
einem  innerhalb  des  Innenkreises  stehenden  Kreuze,  dem  Inneu- 
kreuze,  welches  naturgemäss  vier  "Winkel  bildet,  zwei  0 ber- 
und zwei  Unterwinkel,  zwei  Links-  und  zwei  Rechtswinkel, 
welches  mithin  besteht  aus  vier  Kreisausschnitten,  innerhalb  der- 
selben wurde  die  Inschrift  angebracht.  Den  Raum  zwischen  den 
beiden  Kreisen  nennen  wir  den  Ring,  er  wird  benutzt  zur  Ein- 
tragung einer  Sentenz :  der  Umschrift,  die  gewöhnlich  eingeleitet 
wird  durch  ein  Kreuz,  das  Ringkreuz.  Innenkreuz  und  Kreise 
zusammen,  also  das  nicht  in  Buchstaben  Ausgefülirte,  lässt  sich 
bezeichnen  durch:  das  Gerippe  der  Rota,  dieses  und  die  Inschrift 
als  Stamm,  Innenkreuz  und  Inschrift  als  Kern.  —  Rechts  von 
der  Rota  befindet  sich  das  Monogramm,  der  Grundbuchstabe 
desselben  ist  das  N,  es  ist  gleichsam  der  Körper  desselben,  das 
Uebrige  sind  die  Glieder.  Die  beiden  Parallelstriche  des  N  sind 
die  Grundstriche,  die  Schäfte,  die  Senkrechten,  der  Ver- 
bindungsstrich ist  die  Schräge.  —  Rechts  vom  Monogramme  steht 
ein  grosses  Interpunktionszeichen,  mit  Komma  nicht  übel  bezeichnet. 
Dasselbe  besteht  aus  zwei  Theilen,  aus  dem  Haupttheile  und  dem 
Nebentheile. 

Wenden  wir  uns  der  Schrift  zu.  Bekanntlich  pflegt  man 
die  Schriftarten  des  Mittelalters  in  Majuskel-,  Minuskel-  und  Cursiv- 
schriften  zu  zerlegen.  Majuskelschriften  sind  die,  wo  die  Buch- 
staben ungefähr  gleiche  Höhe  und  Breite  und  eine  bestimmte  Form 
aufweisen;  es  ist  die  Quadratbuchstaben-  oder  Grossbuch- 
staben-Schrift oder  die  Grossschrift^),  bestehend  aus  Capitale 


*)  Auch  Munch,  0])ly8ningcr  oin  det  pavelige  An»hiv  p.  21  spridit  direct 
von  Rad:  Under  Texten  .  .  .  tegnedes  et  saakaldet  Hjul. 

*)  Der  Ausdnick  grosse  Schrift  dürfte  sich  weniger  empfehlen,  weil  er 
Verwechselungen  mit  grossen  Schriftzügen  nahe  legt. 


Technische  Ausdrücke  für  das  Urkunden wesen  der  Papste.  253 

und  Uneiale,  welcher  sich  spätere  Weiterbildungen  anreihen.  Der 
einzelne  Buchstabe  ist  ein  Gross-Buchstabe,  eine  Majuskel, 
weniger  glücklich:  ein  grosser  Buchstabe.  Zur  Einschliessung 
der  Minuskelschriften  bedarf  es  vier  Parallellinien,  wobei  die  Ent- 
fernung der  beiden  inneren  geringer  zu  sein  pflegt,  als  der  Raum 
von  diesen  zu  den  beiden  äusseren.  Bezeichnen  wir  diese  Schrift- 
gattung im  Gegensatze  zu  der  vorigen  als  die  Kleinbuchstaben- 
schrift, als  die  Kleinschrift,  den  einzelnen  Buchstaben  als 
Kleinbuchstaben,  als  Minuskel  weniger  glücklich:  als  kleinen 
Buchstaben. 

Unter  Cursivschrift  versteht  man  eine  Schreibart,  in  der 
die  Buchstaben  an  einander  „fortlaufen",  d.  h.  wo  dieselben  nicht 
getrennt  neben  einander  stehen,  sondern  mehr  oder  weniger  ver- 
bunden, ligirt  sind,  wobei  sie  nicht  selten  ihre  ursprüngliche 
Gestalt  verändern.  Wie  nennt  man  nun  aber  die  Schrift,  wo  dies 
nicht  der  Fall  ist,  in  der  die  Buchstaben  lose  neben  einander 
stehen?  Merkwürdiger  Welse  besitzt  man  dafür  kein  eigenes  Wort, 
sondern  spricht  auch  von  Minuskeln.  Das  Unzulängliche  solcher 
Bezeichnung  zweier  Dinge,  die  sich  durchaus  nicht  decken,  durch 
ein  gleiches  Wort  liegt  auf  der  Hand,  und  ebenso  das  offenbar 
Verwirrende.  Das  Kennzeichen  der  Minuskeln  beruht  auf  der  Eigenart 
der  einzelnen  Buchstaben,  Minuskeln  und  Majuskeln  sind  hier  Gegen- 
sätze, das  Charakteristische  der  Cursive  dagegen  hat  mit  dem  Buch- 
staben als  einzelnem  gar  nichts  zu  thun,  sondern  ist  gegründet  auf 
das  Verhalten  der  Buchstaben  zu  einander,  weshalb  denn  auch  Minus- 
keln sowohl  wie  Majuskeln  cursiv  geschrieben  werden  können,  z.  B. 
auf  einigen  päpstlichen  Bullen  der  älteren  Zeit,  wo  die  erste  Zeile 
diese,  die  übrigen  jene  aufweisen.  Wie  bei  Minuskeln  und  Majuskeln 
gebrauchen  wir  nothgedrungen  auch  einen  Gegensatz  zu  cursiv,  zu 
ligirt,  zur  gebundenen  Schrift,  er  bietet  sich  in:  offener  oder 
loser  Schrift,  in  Trennschrift,  in  Spatialschrift,  Spatialo 
von  Spatium  der  Zwischenraum,  i)  Damit  sind  die  Schwierigkeiten 
gelöst,  wir  können  jetzt  von  Cursivmajuskeln  und  -Minuskeln  ebenso 
wie  von  Spatialmajuskeln  und  -Minuskeln  reden,  für  jede  der  Sachen 
haben  wir  eine  eigene  Bezeichnung.    Der  Kürze  wegen,  aus  prak- 


')  Bemerkt  mag  werden,  das«  in  Druckereien  die  kleinen  Pflöcke,  welche 
zwischen  die  einzelnen  Buchstaben  zur  Trennung  gesetzt  werden,  um  gesperrte, 
also  stark  getrennte  Schrift  herzustellen,  ebenfalls  Spatium  heissen. 


254  V.  Pflugk-Harttung: 

tischen  Rücksichten,  mag  man  für  das  gewöhnlich  Vorkommende, 
für  die  Spatialminuskel,  einfach  Spatiale  sagen,  so  wenig  es  theore- 
tisch zulässig  erscheint.  Dann  könnte  auch  noch  darauf  hingewiesen 
werden,  dass  das  Wort  cursiv,  das  Charakteristische,  welches  es 
vorfüliron  soll,  nicht  sonderlich  trifft,  da  ja  im  Grunde  alle  Schriften 
innerhalb  der  einzelnen  Buchstaben  „fortlaufende"  sind.  Entschieden 
besser  wäre  es,  wir  legten  das  so  bezeichnende  Ligiren  zu  Grunde 
und  sprächen  von  Ligatschrift,  was  zugleich  einen  schärferen 
Gegensatz  zu  Spatialschrift  abgäbe. 

Alle  Schriftarten,  welche  in  der  päpstlichen  Kanzlei  erwachsen 
und  ausgebildet  sind,  heissen  Kurial Schriften.  Für  die  Zeit^ 
mit  der  wir  uns  beschäftigen,  zerfallen  sie  in:  alte  Kurial e, 
fränkische,  mittlere  und  neuere  Kuriale,  deren  Besonder- 
heiten in  meiner  „Urkundenlehre  der  Päpste"  angegeben  werden. 
Im  Ganzen  stellen  sie  den  Uebergang  von  der  Ligate  zur  Spatiale  dar. 

Die  erste  Zeile  der  Bullen  pflegt  in  Buchstaben  ausgeführt  zu 
werden,  die  stark  gestreckt  sind,  in  verlängerten  Buchstaben 
oder  in  Streckbuchstaben,  während  die  Schrift  selber  mit 
Gitterschrift  (daher  auch  Gitterbuchstaben)  nicht  übel  bezeichnet 
sein  dürfte.  Sind  diese  Buchstaben,  wie  es  z.  B.  im  Vorrahmen 
der  zweiten  Zeile  zu  sein  pflegt,  nur  von  halber  Höhe,  so  kann  man 
für  sie  den  Ausdruck  halblange  Buchstaben  wählen. 

Unter  Duktus  verstehen  wir  die  Führung  der  Hand  beim 
Schreiben,  unter  Mache  die  Ausführung  im  Einzelnen.  Breite 
ist  die  Entfernung  von  links  nach  rechts  und  umgekehrt.  Länge, 
Höhe,  Tiefe  die  Entfernung  von  oben  nach  unten  und  umgekehrt. 


Technische  Ausdrücke  für  das  rrkundenwesen  der  Püpste.  255 


Striche  und  Verzierungen. 


1^ 
/\ 

z 


Gerade  (Senkrechte, 
Schräge,  Wagereclite). 

Steigende,  sinkende  oder 
fallende  Schräge. 
Geknickter  Strich  (ein 
Strich,  der  im  Winkel 
seine  bisherige  Richtung 
aufgibt). 

Gebogener    Stricli    (der 
allmälüich    seine   Rich- 
tung verliert). 
Gebrochener  Strich 
(wenn  die  Knickung  bis 
zum  spitzenWinkel  wird) 

Wellen-  oder  Schlängel- 
strich. 

Zitterstrich. 


r\nnr\  ^^l^i^i*'>enstrich  oder 

/  U  U  U  l    hoch  geschlängelt. 

^  4  Aufgeschlängelt,    abge- 

S  g  schlängelt  oder  gewellt. 

c  Schuppenstrich. 

^  ^  Aufgeschuppt,    abge- 

S  ZP  schuppt. 

I  I  Zickzackstrick    (aufge- 
^  ^  zackt,  abgezackt). 

S  e  Zacken-  oder 'Sägestrich 

^  <  (spitz,   stumpf  gezackt). 

^  Ilohlzackenstrich. 

II  •  Zahnstrich  (aufgezahnt, 
^  P  abgezahnt). 

/M/i/C  Gewundener  Zahnstrich. 


/ 


000000 


Zinnenstrich   (eng  ge- 
zinnt,  weit  gezinnt). 

Knoten-  oder  Buchten- 
strich. 

Treppen-  oder  Stufen- 
strich, 

Scheibenstrich. 


"O-O-OO-  Halbscheibenstrich. 

^^^•^^  Perlenstrich. 

^O^OOC  Rautenstrich. 

XUJUL 


Gewundener  Strich 
(aufgewunden,  abge- 
wunden). 


Schleifenstrich. 


-^^^^^^^  Doppelschleifenstrich. 


Illiiiiillltrmil 


KammstrichjAuf- 
I  Abkam  mstrich 

I        (auch  bei   Schat- 
"^     ^        tirungen  vorkom- 
mend, Aufkammschattirung  etc.) 

/^  Aufgebuchteter,  ab- 

^  gebuchteter  Strich. 


w 


Linksbuchtung,  Rechts- 
buchtung. 

(Voller)  Knoten. 


IJnksknoton,   Rechtsknoten 
oder  Buckel. 


256 


V.  Pflugk-Harttung: 


o 

VA 
% 

0(0) 


Spirale  oder  Schnecken- 
linie, aufgerollte 
rollte  Schnecke.- 


/^  linie,  aufgerollte,  abge 
VS/  roll      ^  •       ' 


Hufeisenform. 
Lanzettform. 

Keilform. 

Keulen-  od.  Tropfenform 
(jenes  verjüngt,  dies  an- 
schwellend). 

Kleeblattform. 
Weinblattform. 

Scheilxi  od.Kreis(concen- 
triflche  Doppelscheibe). 
Strahlen-  u.Punktirstern, 
an   einem    Striche    = 
Knoten. 

Querstrichknoten, 
Doppelquerstrichknoten 

Querbogenknoten. 


Geviertknoten. 


■m- 


Balken   mit   dreifachen 
Querschlängelhaken. 


Ranken. 


Lilienkelch. 


Band  =  ein  durch  zwei  Striche  be- 
grenzter Raum;  ist  er  mit  Dinte  aus- 
gefüllt, so  ist  es  ein  gefülltes  oder 
Vollband. 

Halbge^chlängeltes 

Band. 

GcschlUngeltes  Band. 


Geschlängeltes    Voll 
^-''^-'•^^      band. 


>V^v>^  Schlängelband. 

^^^^^^^'^'^^^^^  Halbgezacktes  Band. 

XOOCOCO  Gezacktes  Band. 

y\y\y\/\  Zackenband. 

11  II  II  II  •  Band  mit  Querbinden. 


Band  mit  Schrägbinden. 

Band  mitQuerringen, 
,,  „  ^^       ,  ,  ,     mit   gefüllten   Quer- 
ringen od.  Vollringen. 


Wechselband. 


ywv^bxL^  Rautenband. 


Treppen-  od.  Stufen- 
band, 


,  ^»  /  . .        Band  mit  Schlängel- 

^-^^^-^        binden. 

Zweiflechtiges  Band. 
Dreiflechtiges  Band. 


J\\  Bogenband, 

))J  =  Dopi>elbogenband. 

nvv       v\  GebrochenesBogenband, 

J/J       V  Doppelbogenband. 

vov       v\  Zwiefach  gebrochenes 

///       V  Doppelbogenband. 


Technische  Auadrttcke  fttr  dai*  Urkiindenwefien  der  Päpste.  257 


Buchstabentheiie. 

Jeder  Buchstabe  ist  aus  Linien  oder  Strichen  gebildet,  man 
mag  dies  dem  Sprachgebrauche  einräumen,  genauer  wäre,  man 
spräche  nur  von  Strichen  und  behielte  die  Linien  der  Liniirung  des 
Pergamentes  vor.  —  Ein  betonter  Strich  ist  einer,  der  mit  Druck 
versehen,  ein  unbetonter  einer,  bei  dem  es  nicht  der  Fall.  Ein 
Grundstrich  ist  ein  betonter  Strich,  der  einen,  bezw.  den  Haupt- 
bestandtheil  des  Buchstaben  ausmacht.  Ein  Haarstrich  ist  ein 
imbetonter  Nebenstrich.  Ein  Doppelstrich  entsteht,  wenn  zwei 
gleichartige  Striche  neben  einander  laufen,  ein  Schattenstrich, 
wenn  es  mit   einem  betonten  neben  einem  unbetonten  geschieht. 

Der  Kern- einer  Schrift  ist  die  grosse  Menge  des  auf  der 
Linie  Stehenden,  das  darüber  empor  Ragende  sind:  Oberlängen, 
das  unter  die  Zeile  Gehende:  Unterlängen.  Oder  erweitert,  die 
bei  Minuskeln  durch  die  zwei  Innenlinien  begränzten  Buchstaben 
heissen:  kurze  Buchstaben,  neben  ihnen  kommen  solche  vor,  die  mit 
Ober-,  solche  die  mit  Unter-  und  solche  die  mit  Ober-  und  Unter- 
länge versehen  sind.  Wir  nennen  sie  hohe,  tiefe  und  lange 
Buchstaben.  Wesentliche  bezw.  Haupttheile  eines  Buchstaben 
sind  diejenigen,  welche  seine  Gestalt  bedingen,  unwesentliche 
oder  Nebentheile  die  Zusätze  zum  Haupttheile.  Es  lässt  sich 
aber  auch  sagen,  der  Körper  oder  Stamm  eines  Buchstaben 
ist  sein  zusammenhängender  Haupttheil,  das  davon  Abgezweigte 
sind  die  Glieder. 

Der  Fuss  ist  der  untere  Endpunkt,  bezw.  das  Ende  eines 
Buchstaben.  Ein  solcher  kann  deren  mehrere  haben,  z.  B.  ein  M, 
wo  alsdann  von  Vor-  und  Hinter-,  von  Links-  und  Rechts- 
fuss  zu  reden.  Kopf  ist  das  obere  Ende  (Yor-  und  Hinter- 
kopf), Hals  derjenige  Theil,  der  etwa  als  Verbindung  zwischen 
dem  Kopfe  und  einem  anderen  Haupttheile  dient. 


Schaft  (Zitterschaft  etc.)  ein 
ungefähr  senkrecht  stehender 
Strich  eines  Buchstaben. 

Balken    (Zackenbal- 
-  ^vv^A^^/^  ken  etc.)  ein  ungefähr 
wagerechter     Strich 
eines  Buchstaben. 


Ober-,     Mittel-     Unter 
balken. 


v/\  Schenkel  entstehen,  wenn 

zwei  Schrägen  im  Winkel 
zusammentreffen.  Fallenrle,  steigende 
Schenkel. 


Rechts-,  Linksbalken 
ArchiralfBche  Zeitschrift   VII.  I7 


258 


V.  Pfiugk  -  Harttung : 


Bogen: 

Auf. 
Rechtsbogen 

J  /       Rund-,  Flach  bogen 


/"\     Auf-,   Ab-,   Links-, 


")        Breitbogen. 
[J  Langbogen. 

Schenkelbogen. 


/   \  ^  Spitzbogen. 

L/^  Hochbogen. 

|}         Ansatzbogen. 

\j  Aufsatzbogen. 

O  \(  Buchtbogen. 

ly  Schuppenbogen  etc. 

\)  Offener  Bogen. 


b 


Aufschwungbogen. 


Stehen  zwei  Bögen  übereinander,  wie 

im  B  oder  S,  so  ist  der  höhere  der 

Ober-  oder  Ue  her  bogen,  der  untere 

der  Unterbogen. 


rr 


Bauch  (ein  ausgefüllter  Bogen) 

Haken  (Bogenhaken,  oder 
Haken  schlechtweg,  Winkel- 
oder Spitzhaken). 


C-O      Schlängelhaken. 

Schweif    (doppelt   ge- 
krümmte Linie  in  Form 
eines  Thierschwanzes  z.  B. 


rv 


Schnitt  (kleiner  abgrenzender  Strich). 


Wagerechter    oder   Balken- 
schnitt. 


Schrägschnitt. 

Konkav-  od.  Abbogenschnitt. 
Konvex-  od.  Aufbogenschnitt. 

Gabelschnitt,  gegabelt,  gabel- 
förmig. 

Palmen-  od.  Schuppenschnitt. 


^ 


Schaftschnitt. 


j  r     Halbschnitt. 

Schnörkel-  oder  Schleifenschnitt, 
kürzer:  Schnörkel,  Schleife: 


J 


Bogenförmig    ansetzen- 
der od.  Bogenschnörkel. 

Spitz  ansetzender, 
spitzer  oder  Spitz- 
schnörkel. 

Rundschnörkel. 


Flachschnörkel. 


Blattschnörkel. 

VerstÄrkter,   grosser 
Blattschnörkel  od.  Klee- 
blattschnörkel. 

Spitzblattschnörkel  oder 
spitzer  Blattschnörkel. 

Verstärkter  od.  grosser 
Spitzblattschnörkel. 

Schuppenschnörkel. 

Spitzschuppenschnörkel 
mler  spitzer  Schuppen- 
schnörkel. 


Technische  Ausdrflcke  für  das  XJrkundenwesen  der  Päpste.  259 


I 

1 

A 
i 

i 

H 


"Wellenschnörkel. 

Hohlzacken  oder  Fächer- 
Schnörkel 

Fingerschnörkel. 

I  lochsch  wungschnörkel . 

Abschwiingschnörkel . 

Wickelschnörkel;  ein- 
facher, jede  Biegungnach 
links  wird  gezählt. 

Rundwickelschnörkel ,    zwie- 
facher oder  dopi>elter. 

Spitzwickelschnörkel ,    drei- 
facher. 

Blattwickelsclinörkel. 


Doppel- ,  dreifacher, 
vierfacher  Schnörkel, 
dopp.  geschnörk.  etc. 

Doppelblatt,  Doppel- 
spitzschnörkel. 


Oberlänge: 

-.  Gerade  oder  steife  Oberlänge. 

I  Allsgebogene. 

j  Eingebogene. 

(  Geschwungene. 

Y  Gabelförmige  Oberlänge. 

/  {  Mit  Ansatz. 


\  Links  gewandt  oder  gebeugt. 

>w  Links  geschwungen. 

^.^  Rechts  gebogen. 

Geschwänzte  Buchstaben  =   unter 

die  Linie  durch  einen  Schwanz  oder 

dergleichen  verlängert,  z.  B. 

^    71      etc. 

Fester  oder  Ansatzschwanz, 
^  ^       loser  oder  Schwebeschwanz. 

Ä  Gerader  Schwanz. 

C^  Harpunenschwanz. 

ß  Bogenschwanz. 

-  ^       (Langer,    kurzer)    Haken- 
y  ^       schwänz. 

£/  Spitzhakenschwanz. 

/.  Zickzackschwanz. 


^ 


Geschlossener  Schwanz. 


Köpfe. 


Q    Ol  Oval-  oder  Ellipsen  -  Köpf e 
'•       '  (Schräg-Ellipse). 

:  Bogenkopf. 

Q.         Rundkopf. 

Cn         Bnchtkopf. 

17* 


260 


V.  Pflu^k-IIarttiinjr : 


Einzelne  Buchstaben. 

Der  Buchfitabo,  welcher  zu  Anfang  steht,  ist  eine  Initiale,  verziert:   Prunk, 
initiale,  den  Text   einleitend:   Text  initiale,  einen  Satz  beginnend:  Satz- 
initiale. 

Minuskeln. 


(\^     Geschlossenes. 
66'     Offenes. 
CO      Altknriales. 
^       Mit  Aufsatz. 
J.       Mit  Hochaufsatz. 

A 1  tcurialgesch  wä  n  zt . 

Mit  Schnftrkelaufsatz. 

d:    (X  cL    ^^('hlossenes,  offenes. 

Eingebuchtetes  (Bucht )  d. 

Mit  Zunge,  Zungen-e. 

Ringele. 

Geschwänztes. 


e 

5 


Mit  geradem  TIals,  gerad- 
halsig. 

Mit  Bogenhals,  bogenhalsig. 
Mit  Knickhals,  knickhalsig. 
Mit  aufgebogen.  Unterlänge. 


iS       Mit  eingerollter   T'nterlänge 

:^ 
terlänge. 

Mit  li] 
hinge. 

a    j 
.ch^   li 

/)     Mit  Halsstrich. 

? 
/ 

'S 

p 

Q  Q\  Mit  rechtsgeschnörkelter  Un- 
"TJ    u  terlänge  od.  Recht«8chnörkel. 

(X      .  Mit  durchgezogener  od.Durch- 
py        zug-Unterlänge. 


^      Mit  aus-  oder  abgerollter  l'^n- 
6^      ter; 

CL     Mit  linksgeschweifter  l'nter- 
/^^J     länge. 

Mit   Linksschnörkel  -  Unter- 
länge. 


Mit  rechts  gebuchteter  I^nter- 
länge. 

Mit    abgeschweifter    Unter- 
länge. 

Mit  abgeschweifter  Gabelun- 
terlänge. 


Mit  aufgeschweifter  l'nter- 
länge. 

Mit  schräger  Plattunterlänge. 

3Iit  Knicklials  und  schräger 
Plattunterlänge. 

Mit  abgeschnörkelter  Unter- 
länge, oder  einfach:  mitAb- 
schnörkel,  Abschnftrkelung. 

Mit  doppeltabgeschnörkelt^r 
Unterlänge. 


Tecluiische  Ausdrücke  fttr  das  Urkundenwesen  der  Papste. 


2()l 


LI 


Mit  Spitz-Durchzug-Un- 
terlänge. 

Mit  Linkswickelschuör- 
kel- Unterlänge. 

Mit  Kamm  oder  Schopf. 

Mit  aufgesetztem  oder 
Aufsatz-Kopf. 

Mit  ^k,•llrägsclmitt- Unter- 
länge. 

^lit  Kreuzhaken,  mit  Bo- 
genaufsatz  oder  Bogen- 
sattel. 

Mit  Schleifensattel. 


Bucht -h. 

Bogen-     oder    gewöhn- 
liches h. 

Doppel-i. 


Doppel-i,  das  zweite,  das 
ste  ges  ' 


y  )         erste  geschwänzt. 


// 
LL 

//  // 


in, 

.1 


Doppel-i  mit  Strichen  od. 
bestrichtes  Doppel-i. 

Bestrichtes  Doppel-i,  das 
zweite,  erste  geschwänzt. 

Gewöhnlich  geschwänzt. 


Mit    rund    angesetztem 
Schwänze. 

Mit    spitz    angesetztem 
Schwänze. 

Gegenbogen-  od.  Wech- 
selbogen-m. 

Hohes  oder  Hoch-q. 
Langes  oder  l^ng-q. 


st: 


1  ? 

? 

? 

r 

ff 

5 


Ho<*hrollkopf  -    oder 

Silmeckenkopf-q. 

LangroUkopf-q. 

P^ingebuchtetes 
LangroUkopf-q. 

Aufsatz  Rollkopf-q. 


Schweif-r. 


Haken-  od.  gewölm- 
lidles  r. 

Rundes,   geschlosse- 
nes od.  Rundkopf-r. 

Lange  -  s,   (Haken  -  s, 
Schnörkels). 


Rundes  od.   Schlau- 
gen-s. 

Stehendes,  übendes 
Rund-8. 

Gestreckt   stehend, 
-"3  hegend. 

Gedrückt  stehend. 
Geschwänztes  Runds. 


^      Mit  Ansatzghedem,   oder 
Wechselbogen-s. 


^ 

^ 
(i 
P 
f 


Rund  verbunden  oder 
rundes  st. 


Spitz  verbunden,spitzes8t. 

Spitz  geschweift  verbun- 
den, spitz  geschweiftes  st. 

Flach  verbünd^  flaches  st. 

SchlängeUch  od.    Schnör- 
kehg  verbunden, 
Schlängelst. 


262 


V   PflugkHarttung: 


i 
.■'■> 

ff: 

*  A 
T\ 
B 

K 


Balkenhaft   verbunden,    bal- 
kenkaftes  st  od.  Balken-st. 


Balkenhaft-abgerundet . 
Balkenhaft  rechtsgerundet. 

Balkenhaft  rechtsgespitzt. 

(Balkenhaft)  mit  Auf-, 
Abbuchtung,  auf-,  abge- 
buchtetes St. 

Rund  und  balkenhaft. 
Kund  und  schenkelig. 


A 


t: 


Schlangen-s,  rund  verbun- 
den, rundes  Schlangen-st 
u.  s.  w. 

Altkuriales  t,  Schleifen- 
köiper-t. 


u :     tt    V    J^n<l^ß  und  spitzes  u,  ge. 
wohnliches  u,  Schup^ien - 


gchlängelbalkenhaft. 

Majuskeln 


4 
X 


Geschwänztes  u. 
Geschweiftes   »Schenkel-u. 
Geschweiftes  x. 
Geschweiftes    Schwanz-x. 
Gegenbogen-z. 


Capitalform,   oder  gewölm- 
Uches  Majuskel- A. 


Majuskel  mit  Deckbalken. 


Deckbalken-A,  mit  .ge- 
schweiftem Vorderschaft. 

Halbgeschweiftes  A. 
Im   Hinterbalken   ge- 
schweiftes A. 

Geschweiftes  A. 


Mit  Rollbogen. 
^      Mit    Aufechwung  -  Bnich- 


C: 


Mit  Doppel-,    Knick- 

AA  _A    u.  Zungenbindebalken 
/A  /\  o.  Verbindungsbalken. 


i 


Mit  Spatialbogen. 
Mit  Schenkelbogeu. 

Mit  Bruchbogen. 


U      bogen. 

)        Eingebuchtetes  C. 

l 
c 


Eingeknicktes   oder  gebro- 
chenes C. 


Mit  Halsknoten. 


D: 


b.         mit  geschlossenem, 
i\        offenem  Aufechwung- 


bogen. 


^-^  e^.-^  Oval-D  od.  EUipsen-D 
(  1        1 1  mit  Linksbalken,  mit 

len  zu 


RoUbalken  (beide  kön- 
nen zum  Rund-D  werden). 


XJnicalform  (vgl.  Bogen). 


Rund-  oder  tief-,  flach-, 
bogige  Unicalform. 


Technische  Ausdrücke  für  das  Urkundenwesen  der  Päpste.  263 


G: 


H: 


L: 


M: 


< 

Uiiical  -  E    mit    Halb- 
schnitten. 

Q) 

Halbgeschlossenes. 

c 

Unical-E  mit  Öchweif- 
kopf. 

Q) 

Halbgeschlossenes  mit  Auf- 
satzbogen. 

r 

Mit  Körperansatz. 

f? 

Eingebuchtetes  M,  halbge- 
schlossen mit  Aufsatzbogen. 

t 

Gestreckte   Minuskel- 
form. 

E 

Gitter -M,  oder  gestrecktes 
Minuskel-M. 

(T 

Mit  ISchweifkopf. 

J 

Geschwänztes  N. 

G^ 

Mit     Schweifkopf    und 
Rollfuss. 

P:       ,P 

Geschwänztes  P. 

U 

Tief-,  Mittelbalken-H. 

? 

Geschwänzt    mit    T^inks- 
schweif  bezw.  Balken  (vergl. 
vom  Bogen). 

Mit  Halbschnitten. 

«^  a 

Gewöhnhchee  Q  oder  mit 
'  Kreuzarm. 

J 

Langes  J. 

(j        r)     Mit  Halbschnitt-,    mit 
^^-^v^    \J^   Schnittarm. 

3 

Langes  geschweiftes  J. 

a 

Mit  Balkenarm. 

^ 

Langes  J    mit  Körper- 
ansatz. 

ÖL 

Lanzett-Q. 

1 

Langes  8chopf-J. 

b. 

Eingerolltes  Q,  od.  Lanzett- 
RoU-Q. 

LL 
1 

Halbgeschweiftes ,    ge- 
schweiftes L. 

(Geschweiftes  Sclmitt-L. 

t 

K:       R. 

Wickel-Q. 

Mit  SpatialgUedem   (vergl. 
Bogen  und  B). 

n 

CD 

Capital -M,  der  Vorder- 
schaft geschweift,  halb- 
geschweiftes Capital-M. 

Halbunical. 

-  s 
s 

Schnitt-S. 
Gabelschnitt-S. 

ö) 

Geschlossenes  M. 

^ 

Mit  Kopfschnitt  u.  Schweif- 
fuss. 

n 

Geschweiftes  M. 

s 

Mit  Halsknoten. 

264 


V.  Pflugk-Ilarttiiiig: 


^      Mit  Doppelötridiköriwr. 

SMit  Köri)en5C'lmitten  (vergl. 
Minuskel- S). 

rj.      7^^    Geschweiftes  T. 

U     Rundes  oder  gewöhnliches 


V:      \/      Spitzes-  oder  8chenkel-U, 

Buchstabenverbindungen 

TDD 


/  Gewöhnliches  Z. 

^"/^  Gesdiweiftes  (Schweif  )  Z. 

/  Gegenbogen-Z. 

^  Schweiffuss-Z. 


I 

A 


=  Ligatur  (von  gi,  jenes  mit  Veränderung,  dieses  mit  Bei- 
behaltung der  ur8i)rünglichen  Buchstabenform). 

=  Verschränkung  (em  Buchstabe  durclmeidet  einen  anderen, 
ohne  einen  Theil  von  ihm  zu  verwenden). 

=  An-  oder  Zusammengesetzt  (für  euien  Buchstaben  ist 
ein  Theil  des  anderen  benutzt). 

=  Eingesetzt,  Einschaltung  oder  Einrückung  (ein  Buch8tal>e 
steht  innerhalb,  bezw.  in  dem  Bereiche  eines  anderen  ohne 
ihn  zu  berühren). 

=  Aufgesetzt,  Aufsatz. 

=  üebergesetzt,  Uebersatz,  wler  beides  als  Säulenbuch- 
staben zu  fassen,  ersterer  mit  fester,  letzterer  mit  loser 
Säulenstellung. 

Abbreviatur-  oder  KQrzungszeichen. 

Zerfallen  in  Hoch-,  Seiten-  und  Tiefkürzungszeichen. 
Balkenzeichen. 


Or> 


Schlängelzeichen. 
\j —     Auf-,  Abbuchtzeichen. 


Schleifenzeichen ,    Unter- 
schleife-, Oberschleifezeich. 

Schleifen  -  Abschwung- 
zeichen. 


(fr  Dopi)el8chleifezeichen. 

Qy  Spitzes  Oberschleifezeichen. 


9 
t 

T 

Sc 


Rollzeichen. 


Kollzitterzeichen. 


Bogen-  oder  Sichelzeichen. 

Verschlungenes    oder    ver- 
schränktes et-Zeichen. 

Geschweiftes    oder    tironi- 
sches  et-Zeichen. 

Verschlungt^n  mit  Ualbkopf. 


Techiiiöche  Ausdrücke  für  das  Urkundeuwesen  der  räi>Kte. 


2Ü5 


Verschlungen  mit  Ab-, 
mit  Aufschwung  (Auf- 
strich). 

Verschlungen  mit  Auf- 
sclmörkel,  mit  Doppel- 
aufschnörkel. 


2^ 


Einfaches  mm -Zeichen. 


Til^^  Im  Kreuzschnitt  erweitert, 
o^       Mit  Schlingbalken. 


44 


;Mit  Scimörkelbalken 
(Wickelschnörkel  etc.) 


Interpunktionszeichen. 


Kleiner  Punkt:  ungefähr  unser  Komma,   er  bewirkt  keine  Veränderung  des 

folgenden  Buchstaben. 
Grosser  Punkt:  imgefähr  unser  Punkt,  liat  eine  unbetonte  Majuskel  hinter  sich. 
Starker  Punkt:    em  verstärkter  grosser  Punkt,   hat  eme  betonte  Majuskel 

hinter  sich,  steht  gewöhnlich  am  Ende  der  einzelnen  Conscriptformeln. 
Schlusspunkt,  schliesst  einen  Absatz,  ist  oft  ein 
Erweiterter  Punkt,    bestehend   aus   mehreren    Theilen,    oder   doch   einem 

ausgedehnteren  Zeichen  als  der  einfache  Punkt. 

Dreieck-  od.  dreifacher  Ueber- 


c^o 


Schaftpunkt. 


Sclilängelpunkt   (li^end, 
stehend). 

Schweifpunkt   (liegend, 
stehend). 


7  Hakenpunkt. 

f    f    f  Keilpunkt,  Sensenpunkt. 

p  Sichelpunkt. 

/  Unterpunkt. 
Ueberpunkt. 
Nebenpunkt. 
Doppelüberpunkt. 


J        punkt. 

Vierecküberpunkt. 
J 

•.*.•      Fünffacher  Ueberpunkt. 
J 
(Die  ganze  Gruppe   von  Punkten,    in 
denen  ein  Strich  vorkommt,  lässt  sich 

als  Strichpunkte  bezeichnen.) 

l       Schlängel  -  Doppelüberpunkt. 
•        Säulenpunkt. 

Verstärkter  Säulenpunkt. 
Doppelsäulenpunkt. 
!         Säulenüberpunkt. 

.  «       Doppel- oder  doppelter  Punkt. 


;  •  •  •    Dreifacher  Punkt. 

In  der  verlängerten  Schrift  kommen  vor,  neben  Säulenpimkten,  Hoch- 
punkte, mittlere  Punkte,  Tiefpunkte,  je  nachdem  sie  oben,  in  der 
Mitte  oder  unten  auf  Buchstabenhöhe  stehen. 


266    V.  rflugk-Harttung:  Techn.  Ausdrücke  f  d.  Urkunden wesen  d.  Päpste. 


Kreuze  und  Chi-Rho-Zeichen. 

Ein  Kreuz  besteht   aus  Schaft    und  Balken  oder  vier  Armen  (Oberarm, 
Unterarm  Kechtsarm,  Linksann). 


Kreuz  mit  Schaft-,  Bal- 


j-     jt,    ^    ivreuz  mit  ?>cnatt-, 
1|r    T*    T    ken-,  Armpunkten. 


+ 

Griechisches  Kreuz. 

+ 

Stemkreuz. 

-- 

lÄteinisches  Kreuz. 

f 

Dreifaches  Schnittkreuz. 

+ 

Kreuz  mit  Schnitten,Schnitt- 
kreuz. 

* 

Kreuz  mit  Schweiffuss. 

+ 

Kreuz  m.  Scheibenschnitten, 
Scheibenschnittkreuz. 

$ 

Chi-Rho-Zeichen. 

•$■ 

Schnittkreuz    mit    AVinkel- 
punkten. 

AM" 

Schnörkel-Chi-Rho-Zeichen. 

•* 

Schnittkreuz    mit    AVinkcl- 
sichelpunkten. 

? 

Kreuz-Rho-Zeichen. 

f 

Schnittkreuz    mit    Winkel- 
strichpunkten. 

1 

Aufschwung-Chi-Rho- 
Zeichen. 

t 


Clii-Schaft-Zeichen. 


XI.  Vorbedingungen  für  Anstellung  im  k.  bayerischen 

Archivdienste. 


Ludwig  II. 

Ton  Gottes  Gnaden  Könige  ron  Bayern,  Pfalzgrraf  bei  Rhein, 
Herzog  Yon  Bayern,  Franken  und  in  Schwaben  etc.  etc. 

Wir  finden  Uns  bewogen,  hinsichtlich  der  Vorbedingungen 
für  Anstellung  im  k.  Archivdienste  zu  verordnen,  was  folgt: 

§  1- 

Die  Anstellung  im  k.  Archivdienste  setzt  voraus,  dass  der 
Bewerber  sich  auf  Grund  allgemeiner  Vorbildung  die  besondere 
theoretische  und  praktische  Berufsbildung  angeeignet  habe. 

I. 

Theoretische  Vorbildung. 

§2. 

Um  zum  praktischen  Vorbereitungsdienste  zugelassen  zu  wer- 
den, hat  der  um  Zulassung  Nachsuchende  den  Nachweis  zu  liefern, 
dass  er  entweder 

a)  die  erste  (theoretische)  Prüfung  der  Rechtskandidaten  an 
einer  Hochschule,  oder 

b)  die  Haupt-Lehramts-Prüfung  aus  den  philologisch-historischen 
Fächern  bestanden  hat,  oder 

c)  rite  zum  Doktor  der  Rechte  oder  der  Philosophie  in  den 
philologisch-historischen  Wissenschaften  an  einer  deutschen 
Hochshule  promovirt  worden  ist. 

In  den  Fächern,  welche  nach  §  19  gegenwärtiger  Verordnung 
den  Gtegenstand  der  praktischen  Prüfung  ausmachen,  ist  eintretenden 
Falles  das  theoretische  Studium  während  der  Praxis  durch  Besuch 
der  einschlägigen  Vorlesungen  an  der  Hochschule  nachzuholen. 


268      Vorbedingungen  für  Anstellung  iiu  k.  bayerischen  Ardüvdienöte. 

§3. 

Auf  Grund  eines  der  vorerwähnten  Nachweise  kann  der  Be- 
werber bei  dem  k.  allgemeinen  Reichsarchive,  dem  k.  geheimen 
Haus-  oder  dem  k.  geheimen  Staatsarchive  um  Zulassung  zum 
archivalischen  Vorbereitungsdienste  nachsuchen. 

Die  Zulassung  wird  durch  gemeinschaftliche  Entschliessung  der 
k.  Staatsministerien  des  k.  Hauses  und  des  Aeussern,  dann  des  Innern 
ertheüt,  in  welcher  zugleich  für  die  ganze  Dauer  der  Vorbereitungs- 
Praxis,  oder  vorläufig  für  einzelne  Theile  derselben,  die  Stelle  oder 
Behörde  bestimmt  wird,   bei  welcher  diesselbe   zurückzulegen   ist 

n. 

Vorbereitungsdienst  (Praxis). 

§4. 

Der  Vorbereitungsdienst  beginnt  mit  dem  Tage  der  eidlichen 
Verpflichtung. 

Die  in  den  Vorbereitungsdienst  eintretenden  Archivpraktikanten 
haben  einen  Eid  dahin  abzuleisten,  dass  sie  die  ihnen  zugewiesenen 
dienstlichen  Aufgaben  nach  den  bestehenden  Gesetzen  und  Ver- 
ordnungen und  nach  den  ihnen  ertheilten  Weisungen  treu  erfüllen, 
den  dienstlichen  Aufträgen  ihrer  Vorgesetzten  pünktlich  nachkommen 
und  das  Amtsgeheimniss  sorgfältig  bewahren  wollen. 

Ausserdem  findet  die  Vorschrift  der  Verordnung  vom  15.  März 
1850,  die  Theilnahme  der  Staats-  und  öffentlichen  Diener  an  Vereinen 
betreffend  (Kegierungsbl.  S.  241)  auch  auf  die  Archivpraktikanten 
Anwendung. 

§5- 
Der  Archivpraktikant  hat  eine  ununterbrochene  dreijährige 
archivalische  Praxis  zurückzulegen,  um  sich  während  derselben 
unter  Fortsetzung  des  theoretischen  Studiums  die  erforderlichen 
praktischen  Kenntnisse  zur  Uebernahme  eines  archivalischen  Amtes 
anzueignen. 

§6. 
Die  Arcliiv-Praxis  wird  am  k.  allgemeinen  Reichsarchive  oder 
am  k.  geheimen  Haus-  oder  k.  geheimen  Staatsarchive,  ausnahms- 
weise an  einem  k.  Kreisarchive  erstanden. 


Vorbedinjriinßren  fttr  Anstellnnp:  im  k.  bayerischen  Archivdienste.      269 

§  7. 

Die  Beaufsurhtigung  und  Leitung  dos  Vorbereitungsdienstes 
liegt  den  Vorständen  der  Stelle  oder  Behörde  ob,  bei  welchen  die 
Archivpraktikanten  verwendet  sind. 

Der  Vorstand  des  k.  geheimen  Haus-  und  Staatsarchivs  und 
die  Kreisarchivare  haben  bei  Verwendung  von  Archivpraktikanten 
denselben  ein  verschlossenes  Zeugniss  über  die  Dauer  der  Ver- 
wendung, über  das  dienstliche  und  ausserdienstliche  Verhalten,  sowie 
über  die  LeistungeA  der  Archivpraktikanten  und  die  hiebei  hervor- 
getretenen Mängel  auszuhändigen. 

Unterbrechungen  des  Vorbereitungsdienstes  sind  in  dem  Zeug- 
nisse unter  genauer  Angabe  der  Dauer  und  der  Gründe  derselben 
anzuführen. 

§8. 
Nach  Anleitung  des  Vorstandes  des  k.  allgemeinen  Reichs- 
archivs, beziehungsweise  de§  k.  geheimen  Haus-  und  Staatsarchivs 
oder  k.  Kreisarchivs  hat  der  Archivpraktikant  die  zu  §  19  ein- 
schlägigen Kollegien  während  der  Praxis  nachzuholen,  soferne  er 
dieselben  nicht  schon  während  der  Universitätszeit  besucht  hat. 

§  9. 
Alle  mit  der  Vorbereitung  der  Archivpraktikanten  befassten 
Beamten  haben  dafür  zu  sorgen,  dass  der  Vorbereitungsdienst  den 
Archivpraktikanten  volle  Gelegenheit  bietet,  sich  in  allen  Geschäfts- 
zweigen wissenschaftlich  und  praktisch  genügend  auszubilden  und 
den  Dienst  in  materieller  und  formeller  Hinsicht  kennen  zu  lernen. 

§  10. 

Urlaub  darf  dem  Archivpraktikanten  in  jedem  Jahre  des  Vor- 
bereitungsdienstes nur  in  der  Gesammtdauer  von  zwei  Wochen  ge- 
währt werden.  Den  Urlaub  ertheilt  der  Vorstand  der  Stelle  oder 
Behörde. 

Die  Urlaubszeit  ist  in  die  vorgeschriebene  Dauer  des  Vorbe- 
reitungsdienstes einzurechnen,  jedoch  im  Zeugnisse  anzufilhren. 

§  11. 

Der  Archivpraktikant  steht  während  des  Vorbereitungsdienstes 
bei  einer  Stelle  oder  Behörde  unter  der  Disziplin  des  Vorstandes 
derselben. 


270      Vorbe<lingun»en  für  Anstellung  im  k.  bayerischen  Archivdienste. 

Lässt  sich  der  Archivpraktikant  in  dienstlicher  oder  ausser- 
dienstlicher  Beziehung  ein  ungeeignetes  oder  ordnungswidriges  Be- 
nehmen zu  Schulden  kommen,  so  hat  der  Vorstand  ihn  zurechtzu- 
weisen, und  wenn  die  Zurechtweisung  fruchtlos  bleibt,  oder  ein 
Verschulden  schwerer  Art  vorliegt,  dem  vorgesetzen  k.  Staats- 
ministerium,  gegebenen  Falles  unter  Vermittlung  der  Centralstelle, 
zur  weiteren  Verfügung  Anzeige  zu  erstatten. 

Zur  veranlassten  Verfügung,  unter  Umständen  zur  zeitweiligen 
oder  dauernden  Entlassung  aus  dem'  Vorbereitungsdienste  ist  hin- 
sichtlich der  bei  dem  k.  allgemeinen  Reichsarchive  oder  einem  k. 
Kreisarchive  in  Praxis  Stehenden  das  k.  Staatsministerium  des  Innern, 
hinsichtlich  der  bei  dem  k.  geheimen  Haus-  oder  k.  geheimen  Staats- 
archive in  Praxis  Stehenden  das  Staatsministerium  des  k.  Hauses 
und  des  Aeussern  zuständig. 

Eine  etwa  verfügte  zeitweilige  oder  dauernde  Entlassung  aus 
der  Praxis  werden  die  k.  Stsatsministerien  sich  gegenseitig  mittheilen. 

Bis  zum  Eintreffen  einer  Verfügung  kann  dem  Archivprakti- 
kanten die  Fortsetzung  des  Vorbereitungsdienstes  vom  Vorstande 
untersagt  werden. 

§  12. 

Praxis  bei  einem  Gerichte,  bei  einer  Verwaltungs- Behörde 
oder  bei  einem  Rechtsanwälte,  ferner  die  Verwendung  als  Lehramts- 
kandidat in  den  philologisch-historischen  Fächern,  kann  bis  zu  einem 
Jahre  in  die  Dauer  der  Archivpraxis  eingerechnet  werden. 

Rechtskandidaten,  welche  die  zweite  Prüfung  (Staatskonkurs), 
Lehraiütskandidaten,  welche  die  Spezial-Prüfung  in  den  philologisch- 
historischen Fächern  bestanden  haben,  kann  mit  Genehmigung  der 
k.  Staatsministerien  des  k.  Hauses  und  des  Aeussern,  dann  des 
Innern  die  bezügliche  Praxis  bis  zu  zwei  Jahren  auf 'die  Arehiv- 
praxis  angerechnet  werden. 

m. 

Praktische  Prüfung. 

§  13. 
Nicht  vor  vollendeter  dreijähriger  Praxis  hat  sich  der  Bewerber 
um  eine  Anstellung  im  k.  Arclüvdienste  einer  praktischen  Prüfung 
am  k.   allgemeinen  Reichsarchive  zu   unterwerfen,   um  darzulegen, 


Vorbe<lingiinj?en  für  Anstellung  im  k.  Imyerischon  Archivdiensto.      271 

dass  er  unter  Fortsetzung  des  theoretischen  Studiums  die  erforder- 
lichen praktischen  Kenntnisse  erworben,  und  sich  dabei  mit  dem 
innern  Staatsorganismus  und  dem  Geschäftsgange  nUher  bekannt 
gemacht  habe. 

Das  k.  Staatsministerium  des  Innern  bestimmt,  wann  eine 
praktische  Prüfung  abzuhalten  sei,  und  kann,  wenn  ein  Bedarf 
von  geprüften  Praktikanten  nicht  gegeben  ist,  die  Zugänge  mehrerer 
Jahre  in  Eine  Prüfung  zusammenziehen. 

§  14. 
Mit  dem  Gesuche  um  Zulassung  zur  praktischen  Prüfung  sind 
vorzulegen : 

1)  Nachweis  über  bestandene  theoretische  Prüfungen  oder  er- 
langten Doktorgrad  nach  §  2, 

2)  Nachweis,  dass  der  Gesuchsteller  der  aktiven  Militärdienst- 
pflicht genügt  habe,  oder  vom  Militärdienste  ganz  oder 
theilweise  befreit  sei, 

3)  das  dem  Archivpraktikanten  nach  §  7  Abs.  2  ausgehändigte 
verschlossene  Zeugniss. 

§  15. 
Die  Zeit,  während  welcher  ein  Archivpraktikant  in  Folge  un- 
verschuldeter Hindemisse  dem  Vorbereitungsdienste  entzogen  war, 
ist  in  die  vorgeschriebene  Dauer  desselben  in  Anrechnung  zu  bringen, 
sofeme  diesselbe  während  eines  Jahres  den  Zeitraum  von  sechs 
Wochen  nicht  übersteigt.  War  der  Archivpraktikant  in  einem 
Jahre  über  sechs  Wochen  dem  Vorbereitungsdienste  entzogen,  so 
kann  eine  Anrechnung  der  überschiessenden  Zeit  nur  mit  Geneh- 
migung des  Staatsministeriums  des  Innern,  benehmlich  mit  dem 
k.  Staatsministerium  des  k.  Hauses  und  des  Aeussem  erfolgen. 

§  16. 
Wird  das  Gesuch^ vom  Reichsarchive  genügend  befunden,    so 
fertigt  dasselbe  das  Zulassungsdekret  aus. 

§  17. 
Archivpraktikanten,  welche   sich  über   die   vorschriftsmässige 
Erfüllung  des  Vorbereitungsdienstes,  über  entsprechende  Leistungen 
in  demselben  und  zugleich  über   ein  untadelhaftes  Verhalten  nicht 
auszuweisen  vermögen,  sind  zur  Prüfung  nicht  zuzulassen. 


272      Vorbe<iingungen  für  Anstelliinjr  im  k.  baj-^ripchen  Archivdienste. 

In  dem  ein  Zulassungsgesuch  zurückweisenden  Bescheide  ]ßt 
der  Grund  der  Zurückweisung  anzugeben.  Erfolgt  die  Zurück- 
weisung wegen  ungenügender  Dauer  des  Vorbereitungsdienstes,  oder 
Avegen  mangelhafter  Leistung  in  demselben,  so  hat  das  k.  allgemeine 
Reichsarchiv  gegebenen  Falles  im  Benehmen  mit  dem  Vorstände 
des  k.  geheimen  Haus-  oder  Staatsarchivs  in  dem  Bescheide  über 
die  erforderliche  Ergänzung  des  Vorbereitungsdienstes  Bestimmung 
zu  ti-effen. 

§  18. 

Die  Vornahme  der  Prüfung  wird  einer  Kommission  übertragen, 
bestehend  aus  dem  Vorstande  des  k.  allgemeinen  Reichsarchivs  und 
zwei  aus  der  Reihe  der  Beamten  der  k.  Archive  zu  entnehmenden 
Mitgliedern,  welche  jedesmal  vom  k.  Staatsministerium  des  Innern 
im  Einvernehmen  mit  dem  Staatsministerium  des  k.  Hauses  und 
des  Aeussem  bestimmt  werden. 

Zur  Führung  des  Protokolls  und  zur  Besorgung  *der  Schrei- 
bereien ist  der  Kommission  ein  Bediensteter  aus  dem  Personale 
des  k.  allgemeinen  Reichsarchivs  beizugeben. 

§  19. 
Die  Prüfung  isttheils  schriftlich,  theils  mündlieh  zu  vollziehen, 
und  aus  folgenden  Disziplinen  vorzunehmen: 

A.  Archivalische : 

1)  Verstehen  der  alten  Schriften  und  ihrer  Geschichte, 

2)  Diplomatik, 

3)  Archivkunde. 

B.  Historische: 

1)  Deutsche  und  europäische  Geschichte, 

2)  bayerische  Geschichte, 

3)  mittelalterliche  Geographie  Deutschlands. 

C.  Juristische: 

1)  Deutsche  Staats-  und  Rechtsgeschichte, 

2)  Hauptbegriffe  und  Grundsätze  des  bürgerlichen  Rechts, 

3)  Kirchenrecht. 

D.  Sprachliche: 
Französische  Sprache. 


Vorbedingungen  zur  Anstellung  im  k.  bayerischen  Archivdienste.      273 

§  20. 

Bei  der  schriftlichen  Prüfung  sind  dem  Kandidaten  aus  jeder 
Disziplin  eine  oder  zwei  Probeaufgaben,  dann  aus  den  Abtheilungen 
A  und  C  ein  praktischer  Fall  zur  Bearbeitung  vorzulegen. 

In  der  Abtheilurig  A  soll  eine  Urkunde  oder  ein  anderes 
Archivale  gleichsam  für  die  Herausgabe  im  Druck  mit  den  nöthigen 
Erläuterungen  bearbeitet  werden. 

In  der  Abtheilung  C  ist  der  praktische  Fall  aus  Akten  und 
Archivalien  behufs  Entwerfung  eines  Berichtes  zu  entnehmen. 

In  der  Abtheilung  D  ist  eine  französisch  geschriebene  Urkunde 
oder  ein  sonstiges  französisch  abgefasstes  Schriftstück  in  das  Deutsche 
zu  übertragen,  und  eine  kurze  Inhaltsangabo  desselben  in  französi- 
scher Sprache  anzufertigen. 

§  21. 

Das  k.  allgemeine  Reichsarchiv  wird  eine  Reihe  solcher  Fragen 
dem  k.  Staatsministerium  des  Innern  unterbreiten,  welches  sie  im 
Einvernehmen  mit  dem  Staatsministerium  des  k.  Hauses  und  des 
Aeussern  für  jede  Prüfung  bestimmen  und  bei  der  Auswahl  darauf 
Bedacht  nehmen  wird,  dass  dem  Kandidaten  Gelegenheit  gegeben 
werde,  neben  dem  Umfange  nnd  der  Gründlichkeit  seiner  Kennt- 
nisse vorzüglich  seine  Befähigung  zum  praktischen  Archivdienste 
zu  beweisen,  auch  genügende  Proben  seiner  Beurtheilungskraft  und 
Darstellungsgabe  zu  liefern. 

Die  ausgewählten  Aufgaben  werden  vor  jeder  Prüfung  dem 
Reichsarchivvorstande  verschlossen  zugesendet,  der  sie  am  Tage  der 
Prüfung  in  Gegenwart  der  Kandidaten  eröffnet. 

§  22. 

Den  zu  prüfenden  Kandidaten  ist  jederzeit  nur  Eine  schrift- 
liche Aufgabe  auf  einmal  vorzulegen,  und  dabei  die  vom  k.  Staats- 
ministerium des  Innern  zur  Beantwortung  gestattete  und  genau 
einzuhaltende  Zeit  zu  bemerken. 

Vor  Ablieferung  der  Aufsätze  darf  kein  Kandidat  nach  Hause 
entlassen  werden. 

Für  die  Bearbeitung  des  praktischen  Falles  in  jeder  Abtheilung 
wird  der  Zeitraum  eines  Tages  in  der  Art  festgesetzt,  dass  die  Auf- 
gabe am  Morgen  gegeben  wird,  und  dass,  wenn  dieselbe  mehr  als 
einen  Vormittag  in  Anspruch   nimmt,   die  Entlassung  für  die  Mit- 

ArchiTftllBche  Zeituchrift  VII.  18 


274  Löher: 

tagsstunden  nach  einstweiliger  Einlieferung  des  Aktes  und  des  bereits 
beendigten  Theiles  der  Arbeit  stattfindet. 

§  23. 
Die   Bearbeitung   der   schriftlichen   Aufgaben    soll   unter   der 
Aufsicht  eines  Mitgliedes  der  Prüfungskommission  geschehen,  welches 
gegen  alle  tFnterschleife  zu  wachen  hat. 

§  24. 
Mit  der  schriftlichen  Prüfung  ist  eine  mündliche  zu  verbinden, 
welche  sogleich  nach  Beendigung  der  schriftlichen  Arbeiten  vor 
der  Prüfungskommission  stattfindet,  und  sich  über  die  beiden  prak- 
tischen Fälle  und  die  sich  aus  denselben  ergebenden  wissenschaft- 
lichen Fragen  verbreitet. 

8  25. 
Das  Urtheil  über  das  Ergebniss   der  mündlichen  Prüfung  ist 
-    sogleich  nach  dem  Abtreten  der  zugleich  vorgerufenen  Kandidaten 
zu  schöpfen  und  in  dem  Protokolle  vormerken  zu  lassen. 

§  26. 
Zur  Prüfungszeit   sind   mit  Ausnahme   der   in   §  22   Abs.  3 
getrofTenen   Bestimmung   tiiglich   fünf  Stunden  Vormittags   zu  ver- 
wenden. 

§  27. 
Bei   der   Censur    und   Klassifikation    sollen    vier   Noten    und 
Klassen  angenommen  werden,  nämlich: 

a)  der  ausgezeichneten, 

b)  der  sehr  guten, 

c)  der  guten, 

d)  der  unzureichenden 
Befähigung. 

§  28. 
Bei  der  Klassifikation  sind  die  im  §  13  und  21  bezeichneten 
'  Zwecke  und  Direktiven  der  praktischen  Prüfung  genau  im  Auge 
zu  halten  und  hiernach  von  der  Prüfungskommission  mit  grösster 
Genauigkeit  die  Noten  zu  ertheilen,  je  nachdem  ein  Kandidat  ent- 
weder in  allen  oder  in  den  meisten  oder  doch  in  den  wichtigeren 
Disziplinen  mehr  oder  weniger  befriedigende  Antworten  und  Aus- 
arbeitungen geliefert^  oder  aber  in  den  HauptfSichern  nicht  Genüge 
geleistet  hat. 


Vorbedingungen  zur  Anstellung  im  k.  bayerischen  Arehivdienste.      275 

S  29. 

Die  Prüfungsakten  sind  hierauf  dem  k.  Staatsministerium  des 
Innern  einzusenden. 

§  30. 

Als  nicht  befähigt  erklärte  Kandidaten  können  nur  noch  zu 
einer  weiteren  Prüfung  und  zwar  zu  der  nächstfolgenden  zuge- 
lassen werden. 

§  31. 

Nach  befriedigender  Erstehung  dieser  Prüfung  kann  dem  Ge- 
prüften sofort  der  Access  bei  dem  k.  allgemeinen  Reichsarchive 
oder  auch  bei  einem  der  k.  geheimen  Archive  bewilligt  werden. 

Jeder  Kandidat  ist  übrigens  verbunden,  auch  nach  dieser 
Prüfung  seine  Ausbildung  am  betreffenden  k.  Archive  \mter  Ein- 
haltung der  Goschäftsstunden  desselben  bis  zu  seiner  Anstellung 
fortzusetzen. 

§  32. 

Auf  die  zur  Praxis  bisher  zugelassenen  Archivpraktikanten 
haben  die  durch  gegenwärtige  Verordnung  bezüglich  des  Erforder- 
nisses theoretischer  Vorbildung  getroffenen  Bestimmungen  keine 
Anwendung  zu  finden,  die  übrigen  Bestimmungen  aber  mit  der 
Massgabe,  dass  diese  Archivpraktikanten  nach  mindestens  dreijähriger 
Praxis,  in  welche  die  bisher  zurückgelegte  eingerechnet  wird,  sich 
der  nunraelir  vorgeschriebenen  praktischen  Prüfung  zu  unter- 
ziehen haben. 

München,  den  3.  März  1882. 

Ludwig. 
Frhr.  v.  Crailsheim.     Frhr.  v.  Feilitzsch. 

Auf  Könij?lich  Allerhöchsten  Befehl: 

Der  Oeneral-Sekretär, 
Ministerialrath  v.  Schier eth. 


18* 


XII.  lieber  Siegel-Carenz. 

Von 
Dr.  Fürst  zu  Hohenlohe-Waldenburg. 


In  gänzlicher  oder  augenblicklicher  Ermangelung  eines  eigenen 
Siegelstempels  wurde  sehr  häufig  im  Mittelalter  ein  fremdes  Siegel, 
entweder  eines  Mitausstellers,  oder  eines  Zeugen,  oder  auch  eines 
anderen  Anwesenden,  der  Urkunde  zur  Bekräftigung  angehängt  und 
dieser  Umstand  in  der  betreffenden  Urkunde  genau  angegeben. 

Von  dieser  Regel  kommen  aber  viele  Ausnahmen  vor,  von 
welchen  wir  uns  hier  verschiedene  Beispiele  mitzutheilen  erlauben,  i) 

1)  Benützung  eines  fremden  Siegelstempels  ohne  jede  An- 
gabe in  der  Urkunde.  Beispiel:  Albertus  de  Hoenloch  nobilis 
miles  besiegelt  i.  J.  1207  eine  Urkunde  mit  dem  Sigill'  Cvnradi 
de  Hoenloch.  2) 

2)  Benützung  des  Siegelstempels  eines  Verstorbenen  mit 
genauer  Angabe  in  der  Urkunde.  Beispiele :  Albert  von  Rotenburg 
besiegelt  eine  Urkunde  vom  Jahre  1228  mit  dem  Siegel  seines  ver- 
storbenen Bruders  des  Grafen  Burchard  von  Hohenberg  („quod  suis 
filiis  reliquit,")  mit  der  Tjegende:  Burcardus  comes  de  Hohenberg.  3) 
In  einer  Kloster  Gnadenthaler  Urkunde  Graf  Popo's  von  Thielesberg 
(Dümo)  V.  J.  1253  siegeln  seine  Mutter  und  sein  Bruder  Ulrich: 
„sigillo  bonae  memoriae  patris  nostri,  quo  et  genetrix  nostra  et 
Ulricus  frater  noster  uti  consuerunt."  Diese  Fälle  sind  sehr  selten, 
da  die  Siegelstempel  nach  dem  Tode  ihrer  Inhaber  gebrochen  zu 
werden  pflegten.  Interessant  in  dieser  Beziehung  ist  die  Bemerkung 
am  Schlüsse  einer  Urkunde  v.  1327,  in  welcher  Elsbeth,  die  Inner- 
Aschauerin,  des  alten  Ott  Wittwe,  und  ihre  Söhne  Alhard  und  Ott 
erklären,  dass  sie  die  Urkunde  besiegeln:    ,mit  vnsers  lieben  wirtz 

*)  Ks  wäre   sicher  von  Interesse,  wenn  noch  weitere  Ausnahmsfonnen 
der  8.  g.  Siegel-Carenz  in  dieser  Zeitschrift  mitgetheilt  werden  wollten. 
«)  Vergi.  m.  sphragist.  Aphorismen,  1882.     Nr.  34.    Tafel  IV. 
»)  Vergl.  1.  c.    Nr.  54.    Tal  VI. 


Dr.  Fürst  zu  Hohenlohe- Waidenburg :  Ueber  Siegel-Carenz.  277 

vnd  vater  Insigel,  vnd  do  der  brief  versigelt  ward,  darnach  ze  hant 
brach  man  daz  Insigel,  vnd  ist  auch  der  brief  der  letzt,  der  damit 
versigelt  ist " 

3)  Gemeinschaftliche  Besieglung  einer  Urkunde  mit  dem  Siegel 
eines  der  Aussteller,^)  mit  Angabe  dieses  Umstandes  in  der  be- 
treflfenden  Urkunde.  Beispiel:  die  drei  Brüder,  die  Grafen  Berthold 
Conrad  und  Heinrich  von  Heiligenberg,  besiegeln  i.  J.  1267  eine 
Urkunde  mit  dem  S\  comitis  Conradi  de  S\  Monte,  mit  der  Be- 
merkung: „nos  vero  Bertholdus  et  Hainricus  comites  sancti  montis, 
quia  sigilla  propria  non  habemus ,  usi  sumus  sigillo  Conradi  fra  tris 
nostri  comitis  sancti  montis  in  hac  parte". 

4)  Doppelte  Besieglung  einer  Urkunde  mit  einem  und 
demselben  Siegel.  Beispiel:  die  St.  Galler  Dienstmannen,  die 
Gebrüder  Conrad  und  Gebhard  von  Haldenberg,  besiegeln  eine  Urkunde 
von  1294  zweimal  mit  dem  Siegel.  Conrad's,  mit  der  Legende :  f  S'.  C 
militis  de  Haltenberc,  wobei  Gebhard  am  Schlüsse  der  Urkunde 
erklärt:  „quod  sigillum  proprium  non  habui,  in  hoc  casu  sigillo 
fratris  mei  presentibus  appenso  tanquam  meo,  si  haberem."  Gewiss 
ein  seltener  Fall! 

5)  Bekräftigung  einer  Urkunde  nur  durch  fremde  Siegel 
wegen  augenblicklicher  persönlicher  Hindernisse  des  Aus- 
stellers. Beispiele:  Der  Erzkanzler  Erzbischof  Gerhard  von  Mainz  aus 
dem  Geschlechte  der  Wild-  und  Rheingrafen  liess  i.  J.  1257  einen 
Ablassbrief  durch  drei  andere  geistliche  Siegel  beglaubigen :  „quod 
sigillo  caremus",  da  er  sich  damals  als  Gefangener  des  Herzogs 
Albrecht  in  Braunschweig  befand.  2)  Die  Gebrüder  Grafen  Conrad, 
Bertold  und  Heinrich  von  Heiligenberg  besiegeln  1264  eine  Urkunde 
und  zwar  Conrad  in  Salem  mit  seinem  Siegel,  Bertold  und  Heinrich 
in  Chur  mit  dem  Siegel  des  dortigen  Bischofs,  wie  sie  in  der 
Urkunde  bemerken:  „usi  sumus  sigillo  domini  ac  patris  nostri 
episcopi  Curiensis  avimculi  nostri." 

6)  Unterschrift  statt  des  Siegels.  Beispiel:  ein  wohl  für 
seine  Zeit  höchst  seltener  Fall  findet  sich  in  einer  Urkunde  v.  J.  1231,^) 


*)  Nicht  zu  ven^eehseln  mit  den  gemeinschaftlichen  Siegehi. 

*)  V.  MtÜlverstedt  theilt  dieses  Beispiel  von  Siegel-Carenz  eines  geistlichen 
Herrn  als  das  einzige  ihm  bekannte  mit,  was  daher  rühren  mag,  dass  die 
Geistlichen  ihre  Si^el  am  häufigsten  gebrauchten  und  desshalb  ihre  Siegei- 
stempel meist  immer  mit  sich  führten. 

»)  Vei^l.  Regesta  Boica,  U.  196. 


278  I>r.  Fürst  zu  Holienlohe-Waldenbiirg: 

in  welcher  der  Scholastikus  G.  von  Constanz  erklärt:  „qiiia  sigillum 
penes  me  non  habui,  propria  manu  subscripsi." 

Im  Jahre  1870  habe  ich  die  Dissertation  Maximilian  Günthers  ^) 
übersetzen  lassen,  welche  diesen  interessanten  Theil  der  Sphragistik 
sehr  gründlich  behandelt.  In  dem  Vorwort  habe  ich  u.  A.  bemerkt, 
dass  die  Ursachen  der  Siegel-Carenz  von  zweierlei  Art  sein  könnten : 
zufällige  und  r.echtliche. 

Erste ro  Ursachen,  nämlich  der  Mangel  eines  Siegelstempels 
in  einem  gegebenem  Falle,  weil  man  denselben  nicht  zur  Hand, 
oder  ihn  verloren  hatte,  weil  er  nicht  mehr  brauchbar,  oder  wegen 
Missbrauchs  cassirt  worden  war,  sowie  der  vorläufige,  gänzliche 
Mangel  eines  eigenen  Siegelstempels  aus  zufälligen  Gründen,  weil 
man  noch  keine  Lust,  keine  Veranlassung,  oder  keine  Gelegenheit 
gehabt,  oder  die  Kosten  gescheut  hatte,  sich  einen  solchen  anzuschaffen, 
sind  von  keiner  rechtlichen  Bedeutung  und  alle  diese  Fälle  haben 
nur  ein  rein  wissenschaftliches  Interesse  für  die  Sphragistik  und 
für  die  Culturgeschichte. 

Der  urkundliche  Nachweis  der  letzteren  Ursache,  des  Man- 
gels eines  eigenen  Siegelstempels  aus  mangelndem  Rechte  zum 
Besitze,  resp.  zur  Führung  eines  Solchen,  wäre  dagegen  auch  für 
die  Rechtsgeschichte  wichtig,  weil  dadurch  das  j  us  sigilli,  das  Recht 
,der  Siegelmässigkeit,  festgestellt  würde.  Wie  man  von  „zu  Schild 
und  Helm  gebornen"  Personen  und  Geschlechtem  spricht,  so  hört 
man  auch  jetzt  noch  zuweilen  von  „siegelfähigen"  Personen  und 
Geschlechtern  sprechen.  2)    Allein  mit  Unrecht. 

"War  die  Siegelmässigkeit  je  ein  ausschliosslic^^cs  Vorrecht 
einzelner  Stände  und  Geschlechter,  so  könnte  davon  jedenfalls  nur 
bis  zum  Xin.  Jahrh.  die  Rede  sein;  denn  schon  seit  dem  Anfang 
des  XTTT.  Jahrh.  besiegelten  der  niedere  Adel  und  seit  dem  Ende 
desselben  die  Bürger,  und  selbst  die  Juden,  die  von  ihnen  aus- 
gestellten Urkunden  fast  regelmässig.  Da  aber  der  Werth  resp.  das 
Ansehen  eines  Siegels  von  der  persönlichen  Stellung  seines  Inhabers 
abhängt,  so  ist  es  natürlich,  dass  niederstehendere  Siegler  durch 
die  Mitbesieglung  Höherstehender  ihren  Urkunden  ein  grösseres 
Ansehen  zu  verleihen  trachteten. 


.  *)  Jus  sigillomin  modü  iievi  ex  fonnulis  8i)bra>riHticis  propra  sigilli  absentiain 
vel  defectum  iudicantibus  illustratiim.     Leipzig  1813. 

^)  Es  ist  wohl  nur  eine  Verwechslung  mit  der  Siegelmässigkeit  der 
späteren  Zeit. 


lieber  Siegel-Carenz.  279 

Wenn  Jemand  urkundlich  erklärte,  er  begnüge  sich  („contentüs 
sum",  oder  „ad  praesens  contentüs  sum")  mit  der  Besieglung  durch 
einen  Anderen,  so  ist  das  kein  Beweis,  dass  der  Betieffende  nicht 
das  Recht  gehabt  hätte,  sich  damit  nicht  zu  begnügen,  d.h.  die 
Urkunde  selbst  zu  besiegeln.  Auch  hätte  Derjenige,  welcher  aus 
Gnade  oder  Gefälligkeit  sein  Siegel  einer  fremden  Urkunde  anhängte, 
sich  diese  Ausdrucksweise  des  Ausstellers  nicht  gefallen  lassen 
können,  wenn  demselben  die  Führung  eines  eigenen  Siegels  recht- 
lich nicht  zugestanden  hätte. 

Wenn  in  der  Urkunde  gesagt  ist,  dass  man  für  den  Augen- 
blick, („in  pracsente",  oder  in  „hac  parte,'^)  oder  für  gewöhnlich  („uti 
consueverunt'V)  sich  eines  fremden  Siegels  bediene,  so  ist  das  kein 
Grund  zur  Annahme,  dass  man  nicht  auch  das  Recht  gehabt 
hätte,  ein  eigenes  Siegel  zu  führen. 

Wenn  verschiedene  Personen  einer  Familie  gemeinschaftlich 
Ein  Siegel  führten,  so  ist  das  doch  wohl  ein  Beweis,  dass  jeder 
Einzelne  von  ihne^  dasselbe  Recht  hatte.  Wenn  sie  dieses  Recht 
aber  nicht  ausübten,  so  mögen  sie  kein  besonderes  Gewicht  darauf 
gelegt  und  sich  dadurch  Nichts  zu  vergeben  geglaubt  haben. 

Sollte  seit  dem  XIII.  Jahrh.  einzelnen  Personen  wirklich  das 
Recht  der  Führung  eines  eigenen  Siegels  nicht  zugestanden  haben, 
so  hätte  dieser  Grund  der  Siegel-Carenz  in  der  betreffenden 
Urkunde  nicht  mit  Stillschweigen  übergangen  werden  können.  Wenn 
zudem  im  Falle  zufalliger  Siegel-Carenz  von  Personen,  z.  B.  Dynasten, 
deren  Recht  auf  die  Siegelmässigkeit  durchaus  keinem  Zweifel 
unterliegt,  dieselben  Formeln  gebraucht  wurden,  wie  bei  Nieder- 
stehenden,  so  berechtigt  dies  sicher  zu  der  Annahme,  dass  aus  den 
gleichen  Formeln  auch  bei  Niederstehenden  nicht  eo  ipso  und  ohne 
urkundlichen  Beweis  der  Mangel  des  Rechtes  gefolgert  werden  kann. 

Der  Mangel  eines  eigenen  Siegels  aus  mangelndem  Rechte 
könnte  also  nur  aus  den  F'ällen  unzweifelhaft  bewiesen  werden,  in 
welchen  ausdrücklich  ausgesprochen  wäre,  dass  man  sich  eines 
fremden  Siegels  bediene,  weil  man  nicht  das  Recht  habe,  ein 
eigenes  Siegel  zu  führen. 

Solche  Fälle  sind  aber,  —  unseres  Wissens,  —  bis  jetzt  keine 
bekannt. 


XIII.  Ueber  Maltha- Siegel 

Von 

Dr.  Friedrich  v.  Weech, 
grosslierz.  Geheimer  Arclüvrath  in  Karlsruhe. 

Zuerst  in  einem  Aufsatz  in  der  Zeitschrift  „Der  deutsche 
Herold"  1874  No.  9  und  10,  sodann  in  der  inhaltreichen  und  an- 
regenden Schrift  „Ueber  Sphragistik"  (Breslau  1875)  hat  Dr.  H. 
Grotefend  die  Forderung  aufgestellt,  dass  der  Ausdruck  „Maltha" 
völlig  aus  der  sphragistischen  Terminologie  verbannt  werde.  In 
der  erwähnten  Schrift  sagt  er  auf  S.  23 :  „Die  Annahme,  dass  Maltha 
eine  Mischung  von  Wachs  und  einer  Gyps-  oder  thonartigen  Sub- 
stanz sei,  ist  entschieden  zurückzuweisen.  Eine  solche  ist  zum 
Siegeln  niemals  verwendet  worden  und  auch  völlig  dazu  unbrauchbar." 
Den  Beweis  für  diese  Behauptung!)  liefern  Grotefend  die  erhaltenen 
Wachsrecepte ,  soweit  sie  ihm  zugänglich  geworden  sind,  deren 
wesentlichen  Inhalt  er  sodann  mittheilt. 

Ich  bin  gern  bereit,  mit  Grotefend  anzunehmen,  dass  die 
Anwendung  des  Wortes  „Maltha"  zur  Bezeichnung  der  graugelben 
Siegelmasse,  wie  sie  ja  vielfach  an  älteren  Urkunden  in  den 
Siegeln  vorkommt,  irrig  ist  und  dass  diese  Siegel  lediglich  aus 
Wachs  bestehen. 

Dagegen  muss  ich  auf  Grund  eines  mir  vorliegenden  äusserst 
umfangreichen  Materials  gegen  seine  Behauptung,  dass  eine  thon- 
artige  Substanz  dem  Wachs  zum  Zwecke  der  Anfertigung  von 
Siegeln  nie  zugesetzt  worden  sei,  entschiedene  Verwahrung  einlegen. 

Das  im  General  -  Landes  -  Archiv  zu  Karlsruhe  aufbewahrte 
Urkundenarchiv  der  ehemaligen  Cisterzienser  -  Abtei  Salem,  mit 
dessen    Herausgabe    ich    beschäftigt   bin  2),   enthält    eine   so  grosse 


*)  Dieselbe  ist  neuerdings  in  Lei  st 's  Urkundeulehre  wiederliolt  worden 
(S.  261). 

*)  Codex  diplomaticus  Salemitanus  Urkiindenbuch  der  Cisterzienserabtei 
Salem,  herausgegeben  von  Dr.  Friedrich  von  Weech.  Karlsruhe  G.  Braun,  bis 
jetzt  ersclüenen  Liefer.  1—3  (1134—1259). 


V   Weech:  Ueber  Älaltha- Siegel.  281 

Anzahl  wohlerhaltener  Siegel  wie  kein  zweites  mir  bekanntes  Archiv 
sie,  wenigstens  aus  dem  13.  Jahrhundert,  in  solcher  Fülle  und 
Schönheit  der  Nachwelt  überliefert  hat  i).  Der  StoflF,  aus  dem  diese 
Siegel  bestehen,  ist,  mit  relativ  sehr  geringen  Ausnahmen,  schon 
dem  Auge  und  dem  Gefühle  als  eine  Mischung  erkennbar,  in  welcher 
Thonerde  eine  erhebliche  Rolle  spielt.  Auch  die  rothbraune 
Farbe  dieser  Siegel,  die  bis  in  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts 
hinauf  und  in  die  ersten  Jahrzehnte  des  14.  Jahrhunderts  herab- 
reichen, weist  unverkennbar  auf  eine  solche  Zuthat  hin. 

Um  diesen  Sachverhalt  wissenschaftlich  festzustellen,  habe  ich 
an  die  grossherzogliche  chemisch-technologische  Prüfungs-  und  Ver- 
suchs-Anstalt an  der  Polytechnischen  Schule  zu  Karlsruhe  das  Er- 
suchen gerichtet,  diese  Siegel  einer  Prüfung  zu  unterziehen  und 
derselben  zu  diesem  Behufe  abgebröckelte  Stücke  solcher  Siegel  zur 
Verfügung  gestellt. 

Das  Ergebniss  dieser  Prüfung  ist  —  nach  einer  von  Professor 
Dr.  Engler  und  Dr.  Herbst  unterzeichneten  MittheUung  d.  d.  29.  Juni 
1882  —  folgendes: 

Die  mitg^theilten  Siegelstücke  sind  aus  Wachs  (unter  Aus- 
schluss von  Harzen)  und  eisenhaltigem  Thon  hergestellt. 

Quantitativ  wurde  in  denselben  gefunden: 

1)  Wachs,  durch  Olühverlust 79.5  o/o 

2)  Eisenoxyd  Fe 2  03 1.1    „ 

3)  Kieselsäure 14.1    „ 

4)  Thonerde,  Kalk  etc 5.3   „ 

~TÖÖ     ö]r; 
Der  Aschengehalt    der   Siegelmasse    beträgt   20.5  Procent 
und  die  Zusammensetzung  dieser  Asche  in  Prozenten  ausgedrückt 
ist  folgende: 

1)  Kieselsäure 68.7  o/o 

2)  Eisenoxyd  Fe2  03 5.4    „ 

3)  Thonerde,  Kalk  etc 25.9    „    (berechnet) 

lÖÖ     ö/^ 
Die  rothe  Farbe  dieser  Siegelmasse  ist   durch  den  Gehalt  an 
eisenhaltigem  Thon  bedingt,  der  unter  dem  Namen  Ocker,  rother 
Bolus  oder  rothe  Siegelerde  (terra  sigillata),  auch  Malthesererde 
bekannt  ist. 

*)  Der  Cod.  dipl.  Salem,  enthält  eine  grössere  Anzahl  von  Siegel- Abbild- 
ungen in  Lichtdruck. 


282  V.  Weech: 

Nach  dem  YorausgehoiKlon  darf  das  Vorkommen  einer 
thonartigen  Substanz  in  Siegeln,  welches  Grotefend  in  Ab- 
rede stellt,  als  erwiesen  betrachtet  werden,  und  aus  der  Bezeich- 
nung der  das  färbende  Princip  dieser  Siegelnlasse  darstellenden 
Substanz  mit  dem  Ausdruck  „Malthesererde"  ist  auch  das  Wort 
„Malt ha''  als  vollauf  berechtigt  zu  erklären,  allerdings  nur  für 
solche  Siegel,  die  den  oben  analysirten  eisenhaltigen  Thon  als 
Zusatz  zum  Wachs  enthalten. 

Das  Salemer  Archiv  überliefert  uns  auch,  wenngleich  nur  in 
beschränkter  Zahl,  Siegel  von  mennigrother  Farbe.  Auch  diese 
wurden  in  der  genannten  Prüfungsanstalt  untersucht;  sie  stellten 
sich  als  reine  mit  Mennige  gefärbte  Wachssiegel   heraus. 

Eine  Frage,  die  sich  zunächst  und  ganz  selbstverständlich  er- 
hebt, ist  die,  nach  der  Ursache  des  häufigen  Vorkommens  dieser 
Siegelmasse  in  dem  Salemer  Archiv.  Ich  wiederhole,  dass  die 
Maltha-Siegel  an  allen  Salemer  Urkunden  des  13.  Jahrhunderts  die 
Regel  sind,  dass  Wachssiegol  an  denselben  geradezu  als  Ausnahme 
bezeichnet  werden  müssen.  Dieses  Verhältniss  dauert  bis  in  die 
letzten  Jahre  des  13.  Jahrhunderts  fort,  dann  kommen  Wachssiegel 
häufiger  vor,  bis  sie  endlich  ihrerseits  die  regelmässige  Besiegelungs- 
art  bilden  und  etwa  vom  Jahre  1320  an  Maltha-Siegel  nur  noch 
ausnahmsweise  vorkommen.  Aus  Maltha  bestehen  aber  an  den 
Salemer  Urkunden  auch  die  Siegel  solcher  Personen,  von  denen, 
meines  Wissens,  anderweitig  keine  aus  dieser  Masse  gebildeten 
Siegel  bekannt  sind,  z.  B.  die  Siegel  an  einer  Anzahl  von  •  Kaiser- 
urkunden, die  in  Orten  ausgestellt  sind,  welche  in  der  Nähe  des 
Klosters  Salem  liegen,  an  den  meisten  Urkunden  der  Bischöfe  von 
Konstanz,  die  für  Salem  ausgestellt  sind ,  wie  uns  denn  auch  über- 
aus schön  erhaltene  Siegel  des  oberschwäbischen  Adels  aus  Maltha 
an  den  Salemer  Urkunden  erhalten  sind. 

Darf  man  nun  annehmen,  dass  die  (allem  Anschein  nach  an 
anderen  Orten  nicht  annähernd  in  solchem  Umfang  üblich  gewesene) 
Anwendung  der  Maltha  in  der  Weise  erfolgte,  dass  diejenigen  Mönche 
des  Klosters  Salem,  welche  das  zu  verbriefende  Rechtsgeschäft  ver- 
mittelten, (procuratores,  wie  sie  zuweilen  in  den  Urkunden 
genannt  werden),  auch  das  Material  für  diese  Verbriefung  und  Be- 
siegelung  mitbrachten?  Denn  —  auch  dies  muss  hier  erwähnt 
werden  —  ein  sehr  erheblicher  Theil  der  Salemischen  Urkunden, 
wer  auch  die  Aussteller  sein  mögen,  ist  unzweifelhaft  in  der  Kanzlei 


Ue])er  Maltha- Siegel.  283 

des  Klosters  geschrieben,  wie  die  Gleichförmigkeit  der  Schrift,  ins- 
besondere  der  Initialen,   die  zuweilen  reich  verziert  sind,   darthut. 

In  den  übrigen  von  mir  bearbeiteten  oder  cursorisch  durch- 
gesehenen Archiven  ist  mir  nirgends  eine  auch  nur  annähernde 
8uito  von  Maltha-Siegeln  vorgekommen,  auch  nicht  in  den  Archiven 
anderer  Cisterzienserklöster. 

Es  könnte  sich  daher  die  Frage  erheben,  ob  etwa  in  der 
unmittelbaren  Umgebung  von  Salem  rotho  Boluserde  sich  vorge- 
funden habe  und  aus  diesem  Grunde  vorzugsweise  zur  Anfertigung 
von  Siegeln  verwendet  worden  sei. 

Nach  meinen  an  Ort  und  Stelle  eingezogenen  Erkundigungen 
ist  dies  nicht  der  Fall.  Es  bleibt  also  nur  die  Annahme  übrig, 
dass  das  Kloster  diese  sogen.  Malthesererdo  auf  dem  Wege  des 
Handels  bezogen  habe.  Sollte  —  es  ist  dies  allerdings  nur  eine 
ganz  vage  Vermuthung  —  einer  der  Theilnehmer  an  den  Kreuz- 
zügen, die  ab  und  zu  unter  den  Wohlthätern  des  Klosters  urkundlich 
erwähnt  werden,  aus  Kleinasien  ein  Quantum  dieser  Erde  mit- 
gebracht haben? 

Wie  dem  auch  sei,  ich  möchte  das  Interesse  der  Fachgonossen 
auf  diese  Frage  lenken  und  würde  für  Mittheilungen  über  ander- 
weites Vorkommen  von  Maltha-Siegeln  sehr  dankbar  sein.  Meiner- 
seits stelle  ich  eine  grössere  Menge  zur  Untersuchung  geeigneter 
Stückchen  von  Maltha-Siegeln  den  Interessenten  zur  Verfügung. 
Es  wäre  gewiss  wünschenswerth,  auch  an  anderen  Orten  chemische 
Untersuchungen  solcher  Siegel  zu  veranlassen,  bei  denen  schon  der 
Augenschein  den  Zweifel  erweckt,  ob  sie  ausschliesslich  aus  Wachs 
bestehen. 

Die  Redaction  der  Archivalischen  Zeitschrift  wird  gewiss  geneigt 
sein,  hierauf  bezüglichen  Mittheilungen  einen  bescheidenen  Kaum 
zu  gewähren. 


284  F.  Philipp! : 


lieber  Maltha-Siegel. 
Zusatz 

von  Dr.  F.  Philippi, 
kgl.  Archivsekretär  zu  Münster  i.  W. 

Zu  meiner  besonderen  Freude  bin  ich,  Dank  der  gütigen  Zu- 
vorkommenheit des  Herrn  Herausgebers  dieser  Zeitschrift,  im  Stande, 
der  im  Vorstehenden  gestellten  Aufforderung,  weitere  Analysen  von 
Maltha- Siegeln  mitzutheilen,  sofort  zu  entsprechen  und  eine  auf 
meine  Bitte  vom  Herrn  Corpsstabsapotheker  Dr.  W.  Lenz  zu  Münster 
vorgenommene  Untersuchung  anzufügen.  Dieser  Analyse  liegt  auch 
ein  Restchen  aus  dem  Salemer  Archive  zu  Grunde,  welches  mir 
der  Herr  Archivdirektor  Dr.  Freiherr  Roth  von  Schreckenstein  gütigst 
übersandte.  Ich  hatte  um  Mittheilung  eines  kleinen  Theiles  eines 
Maltha-Siegels  gebeten,  um  nach  der  Analyse  desselben  feststellen 
zu  können,  ob  das  falsche  Siegel  des  Grafen  Gottfried  von  Arnsberg 
(von  1364),  über  welches  Herr  Dr.  Tumbült  im  letzten  Hefte  der 
Zeitschrift  des  Münsterschen  Alterthumsvereins  referirte  und  welches 
auf  der  letzten  Tafel  von  Heft  I  Abtheilung  2  der  westfälischen 
Siegel  nach  einer  Zeichnung  publicirt  ist,  unter  den  Begriff  der 
Maltha-Siegel  falle  und  ob  überhaupt  ein  Vorkommen  von  Maltha 
in  westfälischen  Archiven  zu  constatiren  sei.  Nun  stellte  aber  die 
Analyse  des  Amsberger  Siegels  durch  Herrn  Dr.  Lenz  sich  ganz 
anders  als  die  des  Maltha-Siegels:  sie  ergab  zwar  auch,  dass  dem- 
selben mehr  mineralische  Theile  beigemischt  sind,  als  zur  einfachen 
Färbung  nöthig  wären,  es  bildete  jedoch  das  Wachs  einen  verhält- 
nissmässig  ganz  überwiegenden  Theil  des  Gesammtbestandes.  Daran 
anschliessende  weitere  Durchforschung  des  Staatsarchivs  zu  Münster 
auf  Maltha-Siegel  ergab  dann  die  Thatsache ,  dass  in  demselben 
wahrscheinlich  überhaupt  keine  Siegel  aus  dieser  Masse  vorliegen; 
auch  die  sehr  harten  Siegel  des  13.  Jahrhunderts  in  den  dortigen 
Beständen  —  besonders  in  den  Klosterarchiven  Bredelar  und  Dal- 
heim  —  sind  durchaus  als  Wachssiegel  anzusprechen,  da  sie  im 
Verhältnisse  zu  ihrem  Wachsbestande  nur  geringe  Zusätze  von 
Mineralien  und  Harzen  haben,  also  wohl  nach  ähnlichen  Recepten, 
wie  sie  Grotefend  a.  a.  0.  mittheilt,  zusammengesetzt  sind. 


lieber  Maltha- Siegel.  ,  285 

Der  Bemerkung  des  Herrn  Geh.  Rath  v.  Weech,  dass  das 
Vorherrschen  der  Maltha -Siegel  im  Archive  Salem  auf  besondere 
Beziehungen  dieser  Stiftung  zum  Süden  und  Osten  hinweise,  möchte 
die  Beobachtung,  —  dass  von  der  grossen  Zahl  der  von  mir  ein- 
gesehenen Urkunden  Kaiser  Fiiedrichs  ü.  und  seiner  Söhne*)  für 
deutsche  Empfanger  ausser  den  Urkunden  flir  Salem  wohl  nur 
Diplome  für  den  deutschen  Orden  Maltha-Siegel  haben,  —  in  so  fern 
eine  weitere  Stütze  geben,  als  ja  die  Beziehungen  dieses  Ordens 
zur  Levante  ausser  Zweifel  stehen.  '  Eine  weitere  Bestätigung  dieser 
Vermuthung  liegt  aber  auch  in  der  Analyse  des  Herrn  Dr.  Lenz, 
der  ein  wohlriechendes  Harz  und  zwar  vermuthlich  Mastix  nach- 
weist,  ein  Harz,  welches  auch  nur  aus  dem  Süden  bezogen  wird. 
Die  Analyse  selbst  ist  nun  folgende: 

„Die  Untersuchung  hat  49,48 o/o  Asche  ergeben;  letztere 
enthält  Eisenoxyd  (Mangan,  Kobalt),  Thonerde,  Kieselsäure, 
besteht  also  aus  rothem  Bolus;  (keine  Kohlensäure  und 
Schwefelsäure,  Kreide  und  Gyps  sind  also  nicht  vorhanden). 
Das  Alkoholextract  beträgt  9,92  o/q  und  besteht  aus  dem  Ge- 
mische eines  angenehm  riechenden  Harzes  (Mastix?)  und 
Fettsäure.  Der  Rest  des  Siegels  ist  schwer  in  kaltem,  leichter, 
aber  nicht  vollständig  in  heissem  Aethor  löslich;  ich  spreche 
denselben  als  ein  Gemisch  von  wenig  Fett  mit  Wachs  an. 
Hiernach  würde  zur  Synthese  etwa  folgende  Vorschrift  zu 
geben  sein: 

R.  Boli  Subtilissimi  pulver.     .     .     p.  5 

Cerae  flavae p.  3 — 4 

Resine,  Sebiaceti    .     .     .     .    aa.  p.  1 — 0,5 
Öumma  partes  10.'^ 


*)  Die  Masse,  aus  welcher  die  sicilischen  Siegel  an  Böhmer-Ficker  Regg. 
622  und  623  bestehen,  habe  ich  noch  nicht  feststellen  können,  vielleicht  fällt 
sie  auch  unter  den  BegrifE  der  Maltha. 


XIV.  Einrichtung  von  Archiven. 

Vom  Herausgeber. 

(Fortsetzung.) 

VII.  Schaustellungen. 

Wir  wenden  uns  nun  zur  Art  und  Weise,  wie  die  einzelnen 
Gruppen  der  amtlichen  Schriften  und  Bücher  im  Archive  selber  am 
besten  zu  verwahren.  Das  wird  sich  natürlich  je  nach  ihrer  Beschaffen- 
heit verschieden  gestalten.  Kleinoden  widmet  man  grössere  Sorgfalt, 
als  Schriftstücken,  derengleichen  zu  Tausenden  zählen;  Urkunden 
wollen  anders  behandelt  sein,  als  Bände  und  Akten;  Grundrisse 
Stammbäume  Stempel  und  Siegelabdrückc  lassen  sich  ohne  Xacli- 
tlieil  nicht  einmengen  unter  die  übrigen  Archivalien. 

Es  hat  auch  jedes  grosse  Archiv  in  der  Verwahrungsweise 
seine  Besonderheiten,  und  diese  mehren  sich  in  unsern  Tagen. 
Während  man  in  früheren  Zeiten  nur  das  Eine  im  Auge  hatte,  die 
urkundlichen  Schätze  vor  Dieben  und  Eäubern  zu  hüten,  und  deshalb 
sich  begnügte,  sie  in  feste  Gewölbe  hinter  schwere  Schlösser  und 
Riegel  zu  sperren,  fängt  man  jetzt,  nachdem  so  Vieles  und  Werth- 
voiles  zu  Grunde  gegangen,  erst  an  einzusehen,  wie  leicht  den  Rest 
allerlei  Schädigung  treffen  kann,  und  trachtet  jede  gute  Archiv- 
Verwaltung  um  so  eifriger  danach,  diese  wirksamsten  Zeugen  der 
Vergangenheit  ungefährdet  den  kommenden  Jahrhunderten  zu  über- 
liefern. 

Das  gilt  vorzüglich  von  Kostbarkeiten,  als  da  sind  Kaiser- 
urkunden, älteste  Hausurkunden  und  Stiftungsbriefe,  Urkunden  mit 
(ioldbuUen  und  Bildwerk,  seltene  Kodizes,  alte  Pergamentbücher 
mit  Miniaturen,  eigenhändige  Briefe  berühmter  Personen,  herrliche 
Wapponbüeher,  und  dergleichen  mehr.  Solche  Kleinode  verdienen, 
(Inss  man  sie  besonders  in  Ehren  halte. 

Will  ein  Archivar  das  Schönste  an  Urkundengehäusen  sehen, 
so  lohnt  ein  Besuch    des    kaiserlichen  Hausarchivs  zu  Berlin ,    das 


Löher:  Eiiirichtung  von  Archiven.  287 

Überhaupt  bei  seiner  glänzenden  und  behaglichen  Einrichtung  ein 
wahres  Prachtarchiv  zu  nennen.  Es  befindet  sich  in  reichlicher 
Ausdehnung  im  Erdgeschoss  des  Schlosses.  Drei  grosso  Freunde  der 
urkundlichen  Geschichtszeugnisse  —  König  Friedrich  Wilhelm  IV., 
Graf  von  Stillfried-Alcantara,  und  Geh.  Archivrath  Dr.  Märcker  — 
wirkten  einst  hier  zusammen.  Historisch  bedeutende  Urkunden 
wurden  zwischen  8ammot  und  Seide  gebettet,  in  Behältnissen,  die 
ihnen  und  insbesondere  auch  den  Siegeln  angepasst  wurden. 

Auslagen  von  seltenen  Urkunden  und  Kodizes  in  Glaskästen 
sieht  man  in  den  Hofbibliotheken  zu  Berlin,  Wien,  Dresden  und 
München,  im  Schwarzenberger  Archiv  zu  Witingau  in  Böhmen,  im 
Admonter  Abteiarchiv  in  Steyermark,  im  Kreisarchiv  und  im  ger- 
manischen Museum  zu  Nürnberg,  im  Nationalmuseum  und  Reichs- 
archiv zu  München,  und  an  andern  Orten.  Den  herrlichsten  Anblick 
aber  wird  in  Kurzem  der  schöne  gold-  und  wappengeschmückte 
Rittersaal  auf  dem  hohen  Schloss  zu  Marburg  gewähren ,  wo  (his 
Staatsarchiv  für  die  ehemals  kurhessisclien  Lande  seine  Stätte  ge- 
funden. Dies  Archiv  enthält  gegen  80,000  Urkunden,  und  alle  sind  in 
vier  Abtheilungen  geschieden.  Die  erste  umfasst  die  Haupturkunden 
zur  Reichs -Kirchen-  und  Landesgeschichte,  von  jedem  Landgrafen 
wenigstens  eine ,  dazu  eigenhändige  Briefe  berühmter  Personen, 
alte  Städteansichten  und  Karten,  Miniaturen,  Siegelstempel  und  der- 
gleichen, kurz  was  eine  Uebersicht  über  die  Geschichte  des  hessisclien 
Landes  und  seines  Archives  geben  kann  oder  sonst  eines  allge- 
meinen Interesses  würdig  ist.  All  diese  Stücke  kommen  breit  aus- 
gelegt unter  Glas  und  Rahmen,  so  dass  jeder  Beschauer  sich  daran 
belehren  und  ergötzen  kann.  Dazu  sind  nicht  weniger  als  vierzig 
Doppelpulte  nöthig,  die  auf  achtzig  Urkundenschreinen  mit  zierlich 
ausgelegter  Arbeit  stehen.  In  diesen  Schreinen  aber  lagert  die 
zweite  Abtheüung,  welche  die  nächst  wichtigeren  Urkunden  umfiisst, 
nämlich  sämmtliche  Kaiserurkimden,  ferner  die  vor  1220  entstandenen 
und  die  späteren  Urkunden,  soferne  sie  für  die  Landesgeschichte  Be- 
deutung haben.  Die  Zahl  dieser  Schriftstücke  der  zweiten  Abtheilung 
steigt  noch  bis  zu  1100  und  mehr,  und  es  soll  jedes  Stück  eben- 
falls in  breiter  Auslage  sich  darstellen.  Die  dritte  Abtheilung 
besteht  aus  solchen  Urkunden,  die  in  früherer  Zeit  arg  beschädigt 
und  nunmehr  sorgfaltig  vor  weiterem  Verderben  geschützt  worden. 
Von  dem  gesammten  Rest  wird  jede  Urkunde  ihre  eigene  Foliomappo 
erhalten,  und  die  Mappen  selbst  werden  gesammelt  in  offenen  holuMi 


288  Löher: 

Geschränten.  Wir  werden  auf  die  schöne  sinnreiche  Einrichtung,  die 
freilich  kostspielig,  noch  zurückkommen. 

Bei  Zentral-Archiven,  von  denen  die  Oberleitung  der  Landes- 
archive ausgeht  und  denen  deshalb  vorzugsweise  die  Sorge  für  den 
Vorbereitungsdienst  der  künftigen  Archivare  obliegt,  aber  auch  an 
grösseren  Universitäten,  auf  welchen  die  Geschichtsstudien  in  Blüthe 
stehn,  sollte  ein  archivalischer  Schulsaal  nicht  fehlen.  Es  besteht 
aber  ein  einigermassen  vollständiger  und  nach  wissenschaftlichen 
Prinzipien  geordneter  Saal  der  Muster  und  Kleinode,  soviel  bekannt, 
noch  nirgends  in  Deutschland.  Sein  Zweck  wäre  nicht  bloss,  Be- 
lehning  und  geistiges  Vergnügen  dem  grossen  Publikum  zu  ge- 
währen und  allgemeineres  Interesse  an  Archivsachen  zu  erwecken : 
die  hauptsächliche  Bestimmung  läge  darin,  angehenden  Archiv- 
Bibliothek-  und  Museumsbeamten,  sowie  überhaupt  den  Geschichts- 
forschern jeder  Richtung  einen  anschaulichen  Ueberblick  zu  gewähren, 
wie  Sprache,  Schriftcharaktere,  Kanzleibrauch,  Besiegelung,  Schreib- 
stoffe im  Laufe  der  Jahrhunderte  sich  änderten,  und  wie  die  ver- 
schiedenen Arten  der  Wachstafeln,  Urkunden,  Nekrologien,  Röteln 
Kopialbücher,  Urbare  und  anderer  Kodizes  und  Amtsbücher  von 
ihren  ersten  Anfangen  an  sich  fort-  und  um-  und  ausbildeten,  bis 
sie  wieder  in  Abnahme  geriethen  an  Schmuök  und  Formenfestigkeit. 
Muster  aus  allen  Jahrhunderten,  theilweise  sogar  aus  jedem  Jahr- 
zehnt, müssten  klar  und  folgerecht  für  öfiFentliche  Besichtigung 
ausgelegt  sein.  ' 

Ein  solches  Schul-  und  Kleinodien-Archiv  liesse  sich  in  Deutsch- 
land vielleicht  am  ehesten  in  München  herstellen,  und  wäre  hier 
wohl  bereits  vollendet,  hätten  nicht  andere  wichtigere  Arbeiten 
und  Ausgaben  gedrängt. 

Eine  Hauptfrage  aber  ist  für  Schaustellungen  solcher  Art,  wie 
den  nachtheiligen  Einwirkungen  des  Sonnenlichts  mit  Sicherheit  zu 
begegnen?  Erfahrungen  scheinen  in  dieser  Hinsicht  noch  nicht 
genug  gemacht  und  gesammelt  zu  sein.  Dass  unter  der  Schärfe 
des  Tageslichts  Tinte  und  Farben  nach  und  nach  verbleichen,  zeigt 
gewöhnlich  jede  Seite  eines  Kodex  oder  andern  geschriebenen  oder 
gemalten  Buches,  die  ein  Menschenalter  hindurch  in  Schaukästen 
unter  Glas  offen  gelegen  hat,  wenn  man  sie  mit  andern  Seiten  im 
selben  Bande  vergleicht.  Es  kann  wohl  zur  Trauer  stimmen,  sieht 
man  wie  in  berühmten  Sammlungen  alte  Kaiserurkunden  von  Jahr 


Einrichtung  von  Archiven.  289 

ZU  Jahr  verbleichen,  und  zwar  um  so  rascher,  je  näher  sie  dem 
Lichte,  das  von  mehreren  Fenstern  zugleich  einströmt,  ausgesetzt 
sind.  Man  muss  also  die  Urkunden  oder  aufgeschlagenen  Kodizes 
so  verdecken,  dass  ihnen  das  Sonnenlicht  nichts  anhaben  kann. 
Der  Kasten,  in  welchem  sie  liegen,  muss  entweder  unter  einem  Holz- 
oder Metalldeckel  verschlossen  gehalten  werden,  oder  es  muss  auf 
dem  Glase  eine  andere  Bedeckung  liegen,  und  das  eine  wie  das  andere 
darf  nur  dann  aufgerichtet  sein,  wenn  Beschauung  Statt  finden  soll. 
Der  Kastendeckel  soll  hinlänglich  gross  und  fest  sein  und  dicht 
aufliegen;  selbstverständlich  darf  jedoch  das  Innere  des  Kastens 
nicht  ganz  von  Licht  und  Luft  abgesperrt  sein.  Will  man  aber  die 
Glastafeln,  unter  welchen  sich  Archivalien  zeigen,  von  oben  bedecken, 
so  scheint  dunkelgrüner  Stoff  —  insbesondere  von  dicht  gewebtem 
Tuch  —  besser,  als  jeder  andere  zu  sein,  noch  besser  aber  einfacher 
Pappendeckel,  der  nicht  zu  dünn  und  mit  grünem  Papier  über- 
zogen ist.  Am  ungeeignetsten  erweisen  sich  über  den  Glasscheiben 
dünne  Holzdeckel,  weil  diese  sich  mit  der  Zeit  krümmen  und  Risse 
bekommen. 

Auf  der  Berliner  Hofbibliothek  haben  einige  Schaukästen  unter 
dem  Glase  einen  Ueberzug  von  weisser  Seide,  der  zurückschnellt, 
wenn  man  an  einem  Schnürchen  zieht,  und  sodann,  da  er  zu  beiden 
Seiten  in  laufenden  Ringen  hängt,  wieder  herüber  gezogen  werden 
kann.  In  Stuttgart  hat  man  für  die  Kunst-  und  Altertliümer- 
sammlung  Pulttischchen  mit  Glasdeckel  gebaut,  welche  sich  auf 
Rollbeinen  leicht  nach  jeder  Richtung  hin  bewegen  und,  weil  sie 
ganz  gleichförmig  sind,  wieder  zusammenschieben  lassen.  Das  sind 
Einrichtungen,  die  gar  Nettes  haben,  jedoch  für  grosse  Archive  viel 
zu  künstlich  erscheinen.  Für  solche  empfiehlt  sich  nur  das,  was 
möglichst  einfach  und  billig,  möglichst  praktisch,  aber  auch  haltbar 
ist,  und  nicht   zu   grossen  Raum  in  Anspruch  nimmt 

Es  möchte  daher  für  ein  Schul-  und  Kleinodien-Archiv  etwa 
folgende  Einrichtung  vorzuschlagen  sein. 

1.  Die  Geräthschaften  bestehen  in  Pulten  und  Schreinen.  Die 
Pulte  lassen  sich  ablieben  und  ruhen  auf  Schreinen,  in  welchen 
Kästen  mit  Schiebladen  stehen,  wie  sie  unten  bei  den  Urkunden- 
schreinen sollen  beschrieben  werden.  Pulte  und  Schreine  sind  wohl 
verschliessbar,  jedoch  an  gegenüberliegenden  Stellen  zum  Durch- 
streichen der  Luft  mit  OefFnungen  versehen,  die  mit  feinem  Draht- 
gewebe überzogen  sind,   um  Staub  und  Insekten    abzuhalten. 

ArchlvAliBche  ZelUchrlft.  VII.  19 


äÖO  Löher : 

2.  Das  ganze  Geschränke  setzt  sich  aus  Abtheilungen  zu- 
sammen, die  sich  leicht  zerlegen  und  forttragen  lassen.  Es  steht,  um 
vor  Feuchtigkeit  möglichst  bewahrt  zu  sein,  nicht  an  den  Wänden, 
sondern  frei  in  der  Mitte  des  Saales. 

3.  In  den  Schiebladen,  die  je  nach  Bedtirfniss  von  verschiedener 
Höhe  sein  können,  liegen  Urkunden,  Runenstäbe,  Rollen,  Wachs- 
tafelbüchlein und  anderes  archivalisches  Material,  das  besonders 
merkwürdig  und  belehrend  ist;  z.  B.  auch  die  Beilagen  von  Akten 
der  Hexenprozesse,  AUräunchen,  Diebsfinger,  Zauberstäbe  und  die 
Beschwörungszeichen;  ferner  Symbole,  wie  man  sie  in  früheren 
Zeiten  zu  Besitzübertragungen  und  Beweisaufnahmen  verwendete; 
nicht  minder  Erkennungszeichen  von  Metall  Holz  oder  Bein,  die 
ehemals  statt  eines  Schriftzettels  galten. 

4.  Die  seltensten  und  kostbarsten  Urkunden  und  Kodizes 
liegen  ausgebreitet  in  den  obern  Schaukästen  unter  Glas;  in  den 
letzteren  ist  die  auffallendste  oder  belehrendste  Seite  aufgeschlagen. 
Die  Urkunden  werden  leicht,  ja  nicht  stark  gespannt  und  auf  der 
Rückseite  an  ein  paar  Stellen  mit  arabischem  Gummi  angeklebt, 
oder,  wo  es  nöthig,  mit  Nadeln  oder  leichten  Stiften  befestigt, 
die  Siegel  wohl  ausgelegt  und  vor  Hin-  und  Herbewegung  gesichert. 
Die  Stifte  und  Nadeln  darf  man  nicht  von  Stahl  oder  Eisen  nehmen, 
sie  seien  denn  verzinnt,  weil  ihr  Rost  sich  sonst  dem  Papier  oder 
Pergament  mittheilen  würde,  was  zwar  nur  in  kleinen  Ringen  geschieht, 
aber  hässliche  bleibende  Flecken  verursacht  Yorzuziehen  den  Stiften 
und  Nadeln  sind  zum  Zwecke  der  Befestigung  kleine  Schieber, 
die  keine  Löcher  machen.  Diese  heftet  man  auf  der  Unterlage  am 
Rande  des  Schrifstückes  an,  überzieht  sie  aber  auf  ihrer  untern 
Fläche  mit  Tuch,  damit  sie  nicht  schaben.  Zur  innem  Bekleidung 
der  Schaukästen  dient  am  füglichsten  eine  braunrothe  oder  andere 
dunkelfarbige  Wolltapete,  die  nicht  so  leicht  verblasst  und  Staub 
annimmt,  als  Tuch  oder  Seide,  selbstverständlich  auch  viel  billiger  ist 

5.  Am  besten  ist  es,  wenn  die  Pultdecke  aus  einer  Holztafel 
besteht,  die  dem  Sonnenlichte  undurchdringlich  ist  Alsdann  lässt 
sich,  was  für  reiche  Archive  willkommen,  der  doppelte  Raum  zur 
Auslegung  von  Urkunden  gewinnen.  Es  wird  nämlich  auch  an 
der  innem  Fläche  des  Pultdeckels  eine  Glastafel  eingelassen,  unter 
welcher  Urkunden,  die  keine  dicken  Siegel  haben,  befestigt  werden. 
Beide  Glastafeln  werden  am  bequemsten  von  stählernen  oder  mes- 
singenen Reifen  bingefasst,  so  dass  sie  sich  auf  und  nieder  bewegen 


Kinrichtiing  von  Archiven.  ^  291 

und  mittels  feiner  Riegel  oder  Sehrauben  auch  versehliessen  lassen. 
Werden  nun  je  zwei  Pulte  mit  ihrer  Hinterseite  an  einander  geschoben, 
so  Iftssen  sich  beide  Pultdeckel,  wenn  sie  aufgerichtet  werden,  gegen 
einander  lehnea  und  durch  Haken  an  einander  festhängen,  so  dass 
sie  sich  gegenseitig  halten.  Giebt  es  statt  solcher  Doppelpulte  nur 
einfache,  so  muss  man  die  deckende  Holztafel  entweder  an  eine 
Wand  lehnen  oder  durch  leichte  stählerne  Gestelle,  welche  bei  dem 
Oeflfnen  sich  von  selbst  hervorthun,  aufrecht  stellen  und  unter- 
stützen. 

6.  Bestehen  aber  die  Pultdeckel  aus  Glastafeln,  so  muss  in 
der  ganzen  Breite  über  ihnen  ein  grüner  Pappendeckel  liegen,  der 
mit  Streifen  von  grauer  Leinwand  oder  Leder  oben  am  Pult  be- 
festigt ist,  nach  oben  aufgeklappt  Avird  und  alsdann  entweder  an 
der  Wand  anliegt  oder  an  der  Rückseite  des  Pults  herabhängt.  Nach 
der  Beschauung  ist  Glasdecke  sammt  Pappendeckel  jedesmal  wieder 
über  zu  legen,  und  damit  an  den  Rändern  der  Ueberlage  nicht 
scharfe  Lichtstreifen  eindringen,  muss  man  die  Glastafeln  inwendig 
an  ihren  Rändern  mit  einem  schmalen  Streifen  grünen  Papiers  um- 
ziehen. Die  durchsichtigen  Pultdeckel  werden  nach  oben  aufgeschlagen, 
und  zwar  so,  dass  sie  an  die  Wand  lehnen  oder  durch  Bänder 
und  Haken  oder  durch  leichte  stählerne  Gestelle,  welche  bei  dem 
Oeifnen  sich  hervorthun,  fest  gehalten  sind. 

7.  Die  Schiebladen,  deren  innerer  Raum  ebenfalls  von  einer 
in  Stahl-  oder  Messingfassung  beweglichen  und  verschliessbaren 
Glastafel  überspannt  wird,  können  vermittels  einer  Kerbe  vorn 
am  Boden  soweit  ausgezogen  werden,  dass  man  mit  einem  Blick 
ihren  Inhalt  übersieht.  Jedoch  muss  bei  dem  Ausziehen  ein  Falz 
einfallen,  welcher  verhindert,  dass  man  die  Schiebladen  bis  zum 
Herabstürzen  hervorziehn  kann.  Dieser  Falz  legt  sich  bei  dem 
Wiedereinschieben  von  selbst  zurück.  Sind  schwere  Kodizes  in  den 
Schiebladen,  so  muss  sich  beim  Herausziehen  ein  eiserner  Haltstab, 
der  im  Holze  unten  einliegt,  niedersenken  und  das  schwere  Be- 
hältniss  vom  Boden  her  aufstützen. 

All  solche  Yorrichtungen  lassen  sich  an  Mustern  in  Marburg, 
Stuttgart,  München  und  Nürnberg  mit  Änem  Blick  besser  einsehen 
und  verstehn,  als  hier  durch  Wort  und  Satz  deutlich  beschreiben. 
Ohne  Zweifel  werden  sie  sich  vielfach  noch  verbessern  lassen. 

Jedes  Archiv  von  einigem  Belange  sollte,  schon  um  den  histo- 
rischen Sinn  anzuregen ,    einige   seiner  anziehendsten  Stücke   den 

19* 


292  Löher: 

Besuchern  in's  Gesicht  stellen,  wäre  es  auch  nur,  dass  man  ein 
paar  Urkunden  unter  Glas  und  Kahmen,  die  Siegel  selbsverständlich 
wohl  unterstützt,  an  den  Wänden  oder  vielleicht  noch  besser  an 
einem  freistehenden  Gestelle,  wie  an  einem  Kleiderständer,  aufhinge. 
Man  kann  auch  hängende  Schaukästen  recht  wohl  gleichwie  Altar- 
bilder im  Mittelalter  herstellen ,  in  der  Weise  nämlich ,  dass  sich 
über  den  Haupttheil  in  der  Mitte  zwei  andere  überlegen,  auf  deren 
Innenseite  ebenfalls  Urkunden  unter  Glas  sich  zeigen.  Das  Ganze 
bleibt  dann  von  den  Flügeln  bedeckt  und  entfaltet  sich  erst  bei 
Erschliessen.  In  Museen  und  auf  Bibliotheken  sieht  man  viel 
Hübsches  in  solcher  Art,  das  sich  mit  einigen  Aenderungen  auch 
auf  Schaustellungen  in  Archiven  anwenden  lässt. 

VIII.  Urkundenverwahrung. 

1.  Flächenauslagen. 

Verwandt  mit  solchen  Auslagen  zum  Beschauen  ist  der  Grund- 
satz, alle  Urkunden  möglichst  nach  ihrer  ganzen  Fläche  entfaltet 
und  ausgebreitet  zu  verwahren.  Dann  liegen  oder  hängen  die  Siegel 
frei  an  der  Luft,  und  der  ölige  Stoff  in  ihrer  Masse  kann  nicht 
länger  durch  die  Umwicklung  mit  austrocknender  Watte  oder  Heode 
entzogen  werden.  Auch  die  Schrift,  sowie  Pergament  und  Papier 
werden  alsdann  am  besten  vor  Yerderbon  bewahrt  sein,  vorgesehen, 
dass  sie  dem  Sonnenlichte  nicht  zu  sehr  ausgesetzt  sind,  und  dass 
sie  öfter  von  Staub  sorgfältig  gereinigt  werden. 

Das  Urkunden-Archiv  wird  demnach  eine  grössere  oder  geringere 
Reihe  von  Schränken  umfassen,  die  offene  kleine  Schichten,  oder 
Fächer  von  ganz  geringer  Höhe  über  einander  mit  Platten  enthalten, 
auf  welchen  die  Urkunden  ausgebreitet,  entweder  an  einigen  Stellen 
angeklebt  oder  auch  mit  leichten  Stiften  oder  Schiebern  befestigt 
sind.  Die  Siegel  müssen  entweder  ebenfalls  auf  den  Platten  so 
angebracht  sein,  dass  sie  bei  deren  Ausziehen  nicht  hin-  und  her- 
schlottem,  oder  vorn  über  den  Schichten  offen  herunter  hängen ;  in 
letzterem  Falle  ist  für  den^Gebrauch  freilich  noch  grössere  Vorsicht 
am  Orte.  Die  Platten  selbst  müssen  in  Falsen  laufen,  so  dass  man 
sie  leicht  hervorziehn  und  wieder  hineinschieben  kann.  Die  Schreine 
aber  lassen  sich  so  einrichten,  dass  sich  jeder  einzeln,  ohne  dass  sein 
Inhalt  sich  loslösen  oder  verschieben  kann,  ohne  Mühe  forttragen 
lässt. 


Einrichtung  von  Archiven.  293 

Die  Urkunden  müssen,  ehe  sie  eingelegt  werden,  leicht  mit 
Wasser  und  Schwamm  getupft  werden,  um  alle  Pilzsporen  und 
Staubkörnchen  wegzunehmen.  Dann  entfaltet  man  sie  aus  ihren 
alten  Brüchen,  belegt  sie  im  halbnassen  Zustand  mit  Löschpapier 
und  lässt  sie  erst  unter  einer  schweren  Ueberlage,  sodann  vollends 
an  der  Luft  austrocknen.  Kann  man  sie  wegen  Mangels  an  Raum 
oder  einer  andern  Ursache  nicht  in  ganzer  Fläche  für  immer  aus- 
legen, und  ist  genöthigt,  sie  in  zwei  Flächen  zu  biegen,  gleichwie 
Foliobogen,  so  muss  man  sich  hüten,  sie  im  halbnassen  Zustande 
in  neue  Falten  zu  brechen,  sie  vielmehr  sanft  umbiegen  und  Pappe 
oder  Löschpapier  zwischen  die  Hälften  legen.  Die  Siegel  aber 
müssen  sorgfaltig  mit  Wasser,  dem  ein  wenig  Säure  zugesetzt  wird, 
gereinigt  und  vollständig  wieder  ausgetrocknet  sein. 

Im  grossherzoglichen  Generallandesarchiv  zu  Karlsruhe  liegen 
etwa  siebenhundert  Urkunden,  die  mit  dem  Jahre  763  beginnen 
und  um  1200  endigen,  in  Schiebläden,  diein  sechs  tragbaren  Schreinen 
vertheilt  sind,  ausgebreitet  über  einander.  Jedesmal  dreissig  Urkunden 
sind  in  einer  Lade  vereinigt  und  durch  Ueberlegen  eines  Pappen- 
deckels vor  Staub  geschützt. 

Im  schönen  Frankfurter  Stadtarchiv  sind  die  Urkunden  auf 
festen  Unterlagen  mit  besonderer  Sorgfalt  ausgebreitet  und  in 
Schreinen  verwahrt,  die  sich  eng  zusammen  schieben  lassen.  Eine 
genau  anlassende  Platte  bildet  die  Tafel  darüber. 

Auf  der  Schlosshöhe  in  Marburg,  wo  das  hessische  Staatsarchiv 
mit  seinen  herrlichen  Sälen,  schön  vorzierten  gothischen  Fenstern 
und  köstlichen  Aussichten  bald  eine  der  ersten  Sehenswürdigkeiten 
sein  wird,  ist  die  Sache  wie  folgt  eingerichtet.  Achtzig  Schreine 
dienen  zur  Aufnahme  der  älteren  Urkunden.  Jeder  hat  vierzehn 
Qefacher,  in  jedem  Fach  befindet  sich  eine  Platte,  die  sich  mittels 
einer  vom  an  der  untern  Seite  eingeschnitzten  Kerbe,  in  welche 
man  hineinfasst,  leicht  hervorziehen  und  zurückschieben  lässt.  Auf 
jeder  Plj,tte  liegen  ausgebreitet,  auf  der  Rückseite  hier  und  da  leicht 
angeklebt  oder  angenäht,  vier  Urkunden  und  darüber  ein  grosser 
Pappendeckel,  der  jedoch  so  leicht  ist,  dass  er  auf  die  Siegel  nicht 
drücken  kann.  Als  Endtermin  der  hier  ausgelegten  Urkunden  ist 
das  Jahr  1220  gewählt,  da  nach  demselben  Siegel,  die  nicht  auf- 
gedrückt, sondern  angehängt  sind,  selten  werden. 

Es  braucht  kaum  gesagt  zu  werden,  dass  für  grosse  Urkunden- 
masseu  solche  Aufbewahrungsweise  sich  von  selbst  verbietet,  und 


294  Lölier : 

wäre  es  aiicli  schon  wegen  Mangels  an  Raum.  Für  Schloss-  und 
Familienarchive  aber  möchte  sich  eine  Auswahl  und  Verbindung 
der  im  Vorigen  erwähnten  und  der  noch  später  zu  erläuternden 
Systeme  empfehlen. 

Zu  breiter  Auslage  nöthigen  von  selbst  die  beschädigten 
Urkunden,  die  auf  einer  festen  Unterlage  aufgezogen  sind.  »Sie 
dürfen  nicht  über  einander  liegen,  damit,  sie  sich  nicht  drücken 
und  pressen.  Zur  Unterlage  empfiehlt  sich,  wenn  man  kein  Perga- 
ment haben  kann,  die  zähe  haltbare  Lederpappe.  Dem  Kleister  ist 
etwas  Alaun  zuzusetzen ;  und  muss  die  Schrift,  um  sie  zu  erhalten, 
mit  durchsichtigem  Ueberzug  versehen  werden,  so  belegt  man  sie 
am  besten  mit  japanesischem  Pflanzenpapier.  Alsdann  bewahrt  man 
die  Urkunden  entweder  auf  beweglichen  Platten  in  Schreinen  oder 
Fächern  auf,  und  zwar  jede  Platte  mit  einer  Papierüberlage  zum 
Schutze  vor  Staub.  Sind  sie  aber  auf  festem  Papier  aufgezogen, 
so  kann  man  sie  auch  in  Fächern  neben  einander  stellen,  jedoch 
muss  über  jede  ein  angeklebter  Papierbogen  niederhängen.  Die 
letztere  Art  und  Weise  ist  in  Marburg  angenommen. 

2.  Fächerweise. 

Einen  Uebergang  von  diesen  so  zu  sagen  Paradeweisen  zu 
denen,  welche  sich  für  die*  gemeine  Menge  der  Urkunden  in  grossen 
Archiven  eignen,  bildet  das  Fächersystem,  das  wiederum  in  ver- 
schiedener Anwendung  vorkommt. 

Im  Staatsarchiv  zu  Magdeburg  wurde  es  zuerst  von  Erhard 
eingerichtet  und  vom  jetzigen  Archiv -Vorstande  durchgebildet.  Einige 
zwanzig  Schränke  enthalten  eine  Menge  Fächer,  jeder  grössere 
Schrank  bis  zu  36  Schichten.  Nun  wird  jede  Urkunde  in  einen 
Bogen  starken  Büttenpapiers  eingeschlagen,  auf  welchem  Kegest 
und  Lagerort  steht.  Sodann  bekommen  mehrere  verwandte  Urkunden 
zusammen  einen  blauen  Umschlag,  und  in  diesem  werden  sie  in 
die  Fächer  hineingeschoben.  Die  Siegel  sind  dabei  sorgfältig  in 
Papier  eingeschlagen.  Nach  diesem  Fächersystem  lässt  sich  eine 
vortreffliche  Eintheilung  und  Bezeichnung  der  Urkunden  durchführen, 
so  dass  eine  jede  leicht  zu  finden  ist,  besonders  wenn  Orts-  Sach-  und 
Personenregister  sich  so  vollständig  über  die  ganze  grosse  Urkunden- 
menge verbreiten,  wie  dies  im  Magdeburger  Archive   der  Fall   ist. 

Statt  der  Fächer  sind  in  den  Staatsarchiven  zu  Strassburg,  Berlin, 
Koblenz,   Breslau  und   an   andern   Orten  Kartons  d,  h.  viereckige 


Eiiirichtung  von  Archiven.  295 

BehältDisse  von  festem .  Pappendeckel  im  Gebrauch,  und  wird  diese 
Verwahrungsart  gegenwärtig  im  Kreisarchiv  zu  Neuburg  a.  d.  Donau 
angewendet,  und  zwar  folgender  Gestalt: 

1)  Es  sind  Kartons  von  Pappendeckel  in  Grossfolioformat 
angefertigt,  deren  Deckel  oben  an  Leinwandstreifen  auf  der  linken 
feststehenden  Langseite  befestigt  unÄ  beweglich  ist,  und  welcher  auf  den 
drei  andern  Seiten  ein  wenig,  gleichwie  mit  einer  Kappe,  übergreift. 
Die  rechte  Langseite  ist  ebenfalls  beweglich,  dadurch,  dass  sie  bloss  mit 
der  untern  Lage  des  Kartons  durch  Leinwand  verbunden  wird.  Da 
der  Deckel  nach  drei  Seiten  oben  übergreift  und  an  der  vierten 
geschlossen  ist,  so  sind  die  Urkunden,  welche  im  Karton  liegen, 
vor  Eindringen  des  Staubes  und   scharfen   Sonnenlichts  geschützt. 

2)  In  jedem  Karton  liegen  die  Urkunden  möglichst  ausgebreitet, 
mehrere  über  einander,  jede  Urkunde  aber  in  einem  grossen  Papier- 
bogen, die  Siegel  sorgfältig  eingeschlagen. 

3)  Die  Kartons  werden  nun  der  Länge  nach  in  ein  Gestelle 
eingesetzt,  das  facherartig  eingerichtet  ist.  Es  können  bei  Raum- 
mangel auch  je  zwei  oder  drei  Kartons  auf  einander  stehen. 

Zieht  man  nun  einen  Karton  heraus  und  hebt  den  Deckel  auf, 
so^  fällt  die  rechte  Langseite  von  selbst  nieder,  so  dass  man  bequem 
die  einliegenden  Urkunden  abzählen  und  die  gewünschte  heraus- 
nehmen kann. 

4)  Die  ganze  Sammlung  ist  nach  geschichtlichen  Territorien 
oder  Aemtern  eingetheilt,  und  es  werden  jede  Gruppe  und  in  jeder 
Gruppe  wieder  die  zugehörigen  Urkunden  fortlaufend  numerirt. 
Auch  die  Kartons  haben  fortlaufende  Nummern,  und  jeder  zeigt 
vorn  auf  einem  Papierschildchen  Territorium  oder  Amt  nebst  der 
Zahl  der  dasselbe  betreffenden  Urkunden,  welche  einliegen.  Die 
verschiedenen  Nunmiern  werden  durch  verschiedene  Grösse  oder 
Alphabete  leicht  kenntlich  gemacht. 

5)  Jede  Urkunde  ist  regestirt  und  das  Regest  auf  die  erste 
Seite  des  Papierbogons  geschrieben,  in  welchem  sie  liegt.  Das 
Regest  zeigt  oben  in  der  Mitte  das  aufgelöste  Datum,  links  an  der 
obern  Ecke  das  Territorium  oder  Ajnt,  an  der  obern  Ecke  rechts 
den  Orts-  oder  Personennamen,  oder  wo  beide  nichts  entscheiden, 
in  einem  Schlagwort  die  Sache,  auf  welche  es  ankommt.  In  breit 
durchgehenden  Linien  folgen  darunter  möglichst  kurz  der  Inhalt  der 
Urkunden  und  tiefer  unten  Ausstellungsort  und  Datum  mit  den  Worten 
der  Urkunde,  die  Siegelbezeichnung,  der  Vermerk  ob  Original  oder 


296  Löher: 

Kopie,  Pergament  oder  Papier,  ob  und  wie  die  Urkunde  etwa  ver- 
letzt ist,  endlich  bei  wichtigen  Stücken  werden  auch  die  darin 
benannten  Zeugen  im  Regest  aufgeführt  und  auf  besondere  Merk- 
würdigkeiten hingedeutet  Die  Regesten  werden  nach  systematisch 
geordneten  Territorien  und  Aemtern,  und  in  jedem  derselben  nach 
den  fortlaufenden  Nummern,  in  e*nen  festen  Folioband  eingetragen, 
welcher  das  Urkunden-Repertorium  bildet.  Dies  Repertorium  kann 
die  Regesten  möglichst  abgekürzt  enthalten,  muss  aber,  sollte  die 
Urkunde  nicht  mehr  an  ihrer  rechten  Lagerstelle  sein,  ihren  Inhalt 
genau  nachweisen. 

7)  Dieses  Hauptrepertorium  ist  eine  Art  Abbild  des  ganzen 
Urkundenarchivs  und  dient,  indem  es  Inhalt  und  Beschaffenheit 
jeder  Urkunde  angiebt,  dazu,  sich  darüber  leicht  zu  orientiren  und 
verlegten  oder  verlorenen  Urkunden  nachzuforschen  und  sie  wieder 
an  ihre  Stelle  zu  bringen.  Zum  archivalischen  Gebrauch  aber  sind 
noch  zwei  andere  Repertorien  nöthig,  ein  chronologisches  und  ein 
alphabetisches. 

Es  müssen  sämmtliche  Regesten  vollständig,  so  wie  sie  auf 
dem  Papierumschlag  der  Urkunden  stehen,  auf  Quartblättern  abge- 
schrieben und  diese  in  kleinen  Kartons,  die  wie  die  grösseren  ein- 
gerichtet sind,  lediglich  fthronologisch  nach  den  Daten  geordnet 
werden.  Sobald  man  das  Datum  weiss,  lässt  sich  durch  dessen 
Aufsuchen  in  diesen  Blättern  sofort  die  Urkunde  finden. 

Ein  sämmtliche  Urkunden  umfassendos  Orts-  Personen-  und 
Sachregister,  welches  einfach  alphabetisch  geordnet  ist,  vollendet  die 
archivalische  Behandlung  des  Urkunden-Archivs. 

Auf  den  ersten  Blick  fällt  nun  in's  Auge,  wie  einfach  und 
handlich,  und  dabei  billig  diese  beiden  Arten  sind.  Das  Fächer- 
gerüste ist  bald  hergestellt,  das  Einschlagen  der  Urkunden  in 
Papierbogen,  das  Einlegen  in  Fächer  oder  Kartons  lässt  sich  leicht 
bewerkstelligen.  Die  Urkunden  liegen  in  allen  ihren  Theilen  trocken, 
luftig,  und  geschützt. 

Gleichwohl  lassen  sich  Nachtheile  nicht  verkennen.  Das  Ent- 
falten der  Urkunden  und.  ihre  Anpassung  doch  ungefähr  an  Kartons 
und  Fächer  hat  seine  Schwierigkeiten.  Lassen  sich  die  eigensinnigen 
alten  Brüche  und  Einbiegungen  harten  Pergaments  nicht  wohl  weg- 
bringen, und  ist  man  desshalb  genöthigt,  die  Urkunden  in  der 
Fältelung  einzulegen,  wie  man  sie  vom  Mittelalter  her  überkommen 
hat,   so  macheu  sie  die  Bündel  und  Umschläge  unförmlich  und 


Einrichtung  von  Archiven.  297 

schwierig  zu  handhaben,  da  die  dicken  Pergamentstücke  leicht 
herausfallen.  Wenn  mehrere  Urkunden  auf  einander  liegen,  können 
sie  leicht  sich  drücken  und  die  Siegel  bei  dem  Einlegen  oder  Ein- 
schieben in  Kartons  oder  Fächer  anstossen.  Wo  die  Fächer  nicht 
von  Schrankthüren  verschlossen  werden,  sondern  offen  stehen, 
müssen  die  Kartons  beständig  abgestaubt  werden,  und  zuletzt  dringt 
der  Staub  auch  zwischen  die  Urkunden.  Noch  mehr  Bedenken 
regen  sich  bei  der  Erwägung,  wie  man  im  Falle  der  Gefahr  die 
Urkunden  sofort  wegschaffen  soll?  Die  Menge  der  Kartons  lässt 
sich  ebensowenig  mit  leichter  Mühe  fortbringen,  als  die  Fächer  sich 
sofort  entleeren  lassen.  Dabei  ist  kaum  vermeidlich,  4ass  Urkunden 
durch  einander  gerathen. 

Führt  man  aber  den  Grundsatz  durch,  dass  statt  offener  Fächer 
oder  grosser  Schränke  kleine  Schreine  angewendet  werden,  die  sich 
anschliessend  zusammenstellen  lassen,  verschliessbar  und  unschwer 
fortzubringen  sind,  so  empfiehlt  sich  die  hier  geschilderte  Auf- 
bewahrungsweise in  Kartone  in  mancher  Beziehung,  wenn  Urkunden- 
archive erst  'zu  bilden  sind,  insbesondere  wenn  die  Dokumente  der 
neuem  Zeit  angehören. 

(Fortsetzung  folgt.) 


XV.  Das  Kreisarchiv  zu  Nürnberg  im  neuen  Gebäude. 

Vom  Herausgeber. 


Als  ich  vor  bald  siebzehn  Jahren  zum  erstenmal  in  das 
Provinzialarchiv  von  Mittelfi*anken  eintrat,  konnte  ich  nicht  anders, 
als  tief  erschrecken.  Schwerlich  Hess  sich  eine  ünteroringung  von 
Urkunden  Amtsbüchern  und  Akten  denken,  die  mehr  dazu  geeignet 
war,  den  Dienst  der  Beamten  zu  erschweren,  ihre  Gesundheit  an- 
zugreifen, die  Ueberwachung  des  Ganzen  zu  hindern,  dabei  aber 
die  Archivalien  selbst  verderben  zu  lassen  und  bei  Feuerausbruch 
ihre  Rettung  grossontheils  unmöglich  zu  machen.  Im  Nürnberger 
Rathhause  lagerten  die  Archive  der  Reichsstädte  Nürnberg,  Rothen- 
burg, Weissenburg,  Dinkelsbühl  und  Windsheim,  der  Markgrafschaft 
Ansbach,  der  hohenzollern 'sehen  Burggrafschaft,  der  Klöster,  des 
Deutschordens,  der  Ritterkantons  in  Mittelfranken,  und  all'  der  früheren 
Aemter  und  Regierungen  dieses  Kreises,  kurz  des  gesammten  reichen 
mannigfaltigen  Lebens,  das  sich  seit  der  zweiten  Hälfte  des  Mittel- 
alters auf  diesen  offenen  fruchtbaren  Gefilden  entwickelte,  wo  sich 
fränkische,  bayerische,  schwäbische  Art  mit  einander  mischten,  um 
eine  von  der  andern  Anregung  und  erhöhetes  Leben  zu  empfangen, 
und  eben  deshalb  Nürnberg  zu  einem  grossen  strahlenden  Mittel- 
punkte deutschen  Bürger-  und  Gewerblebens  zu  machen.  Vereinigt 
war  das  Meiöte  dieser  Archivalien,  —  aber  wie?  Rein  äusserlich 
dadurch,*  dass  man  sie  in  einem  und  demselben  weitläufigen  Gebäude 
untergebracht  hatte,  und  zwar  nicht  beisammen,  sondern  an  sechs 
Stellen,  die  weit  von  einander  entlegen  waren,  einige  halb  unter  der 
Erde,  andere  hoch  oben  auf  Dachthürmen. 

Und  wie  stand  es  erst  um  die  Beschaffenheit  der  einzelnen 
Lokale  selbst!  Als  die  alten  Reichsstädter  im  Jahr  1332  sich  ein 
grosses  Rathhaus  gründen  wollten,  kauften  sie  etwa  den  achten 
Theil  des  Bodens,  welchen  die  jetzigen  Rathsgebäude  einnehmen, 
vom  Kloster  Heilsbronn,  und  wahrscheinlich  nicht  lange  darauf  in 
derselben  Strassenlinie  vier  oder  fünf  alte  Wohnhäuser,  die  mit  dem 


Löher:  Das  Kreisarchiv  zu  Nttrnbcrjj:  im  neuen  Gebäude.  299 

Neubau  verbunden  wurden.  Eines  dieser  Privathäuser  hatte  tief 
im  Erdgeschosse  zwei  Gewölbe,  die  wahrscheinlich  zu  Handels- 
zwecken dienten:  in  diesen  Gewölben  und  den  Gemächern  darüber 
wurden  reichsstädtische  Aemter  mit  ihren  Registraturen  unter- 
gebracht. Als  nun  die  Staatshoheit  der  Reichsstadt  mit  ihrem 
archivalischen  Zubehör  an  die  Krone  Bayerns  überging,  erhielt 
diese  auch  die  beiden  alten  Häuser,  in  welchen  die  Nürnberger 
Urkunden  Amtsbücher  und  Akten  herbergten.  Für  das  Ä^nsbacher 
Archiv  aber,  das  planmässig,  weil  zur  selben  Provinz  gehörend, 
mit  dem  mittelfränkiscben  Archiv  zu  vereinigen  war,  wurden  ein 
paar  andere  Gewölbe  im  Nordwesten  des  Rathhauses  eingeräumt,  und 
als  nun  aus  dieser  und  jener  Landschaft  oder  Reichsstadt  Archivalien 
dem  Staatsarchive  in  Nürnberg  zuflössen,  suchte  man  bald  hier 
bald  dort  ein  paar  Gemächer  zu  gewinnen,  und  so  geschah  es,  dass 
die  Archivtheile  in  den  verschiedensten  Ecken  und  Winkeln  des 
Rathhauses  zerstreut  wurden. 

Der  Archivvorstand  hatte  sein  ärmliches  Zimmer  über  einem 
öffentlichen  Thorgang  und  besass  auch  noch  drei  ganz  kleine  Ge- 
mächer, von  denen  eines  dunkel  und  stinkend  war,  eines  die  Amts- 
bibliothek und  das  dritte  das  Brennholz  beherbergte.  Aus  dem 
Zimmer  des  Vorstandes  trat  man  zwei  Stufen  hinunter  in  ein  gleich 
niedriges  und  schwärzliches,  das  zur  Kanzlei  diente  und  neben  dem 
Sekretär  Schreiber  und  Diener  höchstens  noch  für  einen  Archiv- 
benützer  ein  Plätzchen  frei  hatte.  Neben  der  Kanzlei  gab  es  zwei 
erträgliche  Lokale,  dicht  mit  Akten  angefiillt,  aus  deren  erstem  eine 
enge  beschwerliche  Wendeltreppe  von  Stein  hinunterging  in  zwei 
Gewölbe,  die  nach  der  Strasse  zu  ein  paar  Ellen  tief  in  der  Erde 
steckten.  Hier  unten  lagerten,  mit  Ausnahme  der  ältesten  Stücke, 
fast  alle  Nürnberger  Amtsbücher  und  Kodizes  und  Urkunden, 
sämmtlich  eingepresst  in  die  alten  modrigen  Schiebläden  und 
wurmstichigen  Geschränke,  und  eine  Hinterwand  war  feucht  und 
übelriechend  von  dem  was  dahinter.  Ln  obern  Stocke  lief  vor 
diesen  Lokalen  ein  öffentlicher  Gang  her,  und  über  ihnen  befand 
sich  eine  besetzte  Beamten-  und  eine  Dienerwohnung.  Hätte  es 
das  Unglück  gewollt,  dass  in  deren  überall  mit  Holz  durchbauten 
Zimmerchen  Feuer  ausbrach,  so  wäre  dies  ganze  Archiv  bereits  in 
Flammen  eingehüllt  gewesen,  ehe  man  aus  den  oberen  Gemächern 
durch  die  Fenster,  aus  den  unteren  durch  eine  einzige  alte  Thür, 
die  nach  dem  Hofe  führte,  hätte  retten  und  flüchten  können. 


300  Löher: 

Auf  einer  andern  Seite  des  Kathhauses,  nach  Nordwesten  hin, 
lagen  sechs  Gemächer,  welche  die  Ansbacher  und  Nürnberger  Urkunden, 
Kreis-  und  Eeichstagsakten  und  verwandte  Archivalien  enthielten. 
Etwas  dumpfig  und  dämmerig  blieben  diese  Räume  immer,  jedoch 
waren  sie  trocken,  und  wenn  es  ein  heller  Tag  war,  konnte  man 
auch  darin  lesen.  Wieder  in  einem  anderen  Winkel  des  Rathhauses, 
im  kleinen  Rathhaushofe  im  südlichen  Flügel  bei  den  alten  Loch- 
gefangnissen,  die  tief  unter  der  Erde,  lagen  die  Schützengewölbe, 
acht  schmale  gewölbte  Lokale,  eines  hell,  fünf  halbdunkel,  im 
siebenten  und  achten  Hess  sich  nur  mit  der  Laterne  in  der  Hand 
etwas  auffinden.  Diese  Gewölbe  waren  vollgestopft  mit  Nürnberger 
Akten. 

Aus  ihnen  heraus  musste  man  wieder  über  den  Hof  gehen 
und  gelangte  dann  zu  vier  andern  kleinen  gewölbten  Gemächern, 
deren  Fussboden  noch  modriger  war  und  deren  Gestelle  und  Tische 
von  Holzwürmern  wimmelten,  eines  ebenfalls  stockfinster.  In  diesen 
Räumen  war  bunt  durcheinander  alles  Mögliche  von  Akten  unter- 
gebracht. 

War  man  nun  in  diesen  zweiundzwanzig  Archivlokalen  so 
ziemlich  an  die  dunkle  Erde  gewöhnt,  —  denn  nur  zwei  erhoben 
sich  über  das  Erdgeschoss,  —  so  waren  zur  Abwechslung  die  beiden 
letzten  in  der  Lichthöhe  auf  dem  Dache  zu  suchen.  Mühselig  auf 
winkeligen  Treppen  und  Stiegen*,  die  an  dunklen  Tagen  eine  Lampe 
erhellen  musste,  war  auf  den  mittleren  und  südlichen  Thurm  des 
Rathhauses  emporgeschleppt,  was  an  alten  Nürnberger  Aemter- 
Rechnungen  vorhanden  und  in  neuerer  Zeit  von  Aemtem  draussen 
an  Akten  gekommen.  Die  Scheidewände  nach  dem  Boden  hin  be- 
standen aus  Flechtwerk,  das  mit  Lehm  und  Kalk  verstrichen  war. 
Zwischen  dem  Holzbau  der  beiden  Thürme  dehnte  sich  der  Speicher 
voll  allerlei  alter  Geräthschaften.  Wenn  bei  Festlichkeiten  geflaggt 
wurde,  steckte  der  Magistrat  seine  Fahnen  aus  diesen  Thurm- 
gemächem. 

So  stand  es  um  eines  der  grössten  und  werthvollsten  Archive 
mitten  auf  einer  der  wichtigsten  Kulturstätten  Deutschlands,  um 
das  Archiv,  welches  eine  Reihe  Kaiserdokumente  mit  Goldbullen, 
die  schönsten  Wappen-  und  Geschlechterbücher,  neben  zahllosen 
Kodizes  über  30,000  Urkunden,  kurz  den  schriftlichen  Niederschlag 
der  lebensvollen  Geschichte  Mitielfrankens,  seiner  hohenzoUernschen 
Burg-  und  Markgrafschaft,  insbesondere  die  historische  Erläuterung 


Das  Kreisarchiv  zu  Nürnberg  im  neuen  Gebäude.  301 

von  Nürnbergs  reichsstädtischer  Grösse,  von  seinen  Geschlechtem, 
Stiftungen  und  Anstalten,  von  seinen  Gebäuden,  Strassen  und 
Festungswerken  enthielt.  Als  ich  dies  Elend  sah,  suchte  ich  mög- 
lichst zu  helfen  durch  Abrücken  der  Gestelle  und  Schiebläden  von 
feuchten  Mauern,  durch  Vorkehrungen  für  den  Fall  einer  Feuers- 
gefahr, durch  Herstellung  von  Lüftung  und  trocknen  Fussböden, 
durch  Zementirung  übler  Wandstellen.  Allein  all  dergleichen  konnte 
nur  armseliges  Flictwerk  bleiben. 

Der  einzige  Trost  bestand  darin,  dass  der  letzte  und  drittletzte 
Archivar,  —  zwischen  ihnen  hatte  der  berüchtigte  Urkundendieb 
und  Kodizesberauber  Roth  amtirt,  —  die  späteren  Reichsarchivräthe 
Gutschneider  und  Baader,  redlich  und  unermüdlich  für  die  wissen- 
schaftliche Aufhellung  der  Folgereihen  der  Archivalien  durch  gute 
Repertorien  gesorgt  hatten.  So  traurig  es  äusserlich  um  dies  Archiv 
bestellt  war,  so  glänzend  um  seine  innere  Ordnung.  Um  so  mehr 
musste  man  ,fiirchten,  dass  all  diese  Mühe  und  Sorgfalt  im  Fall 
eines  Unglücks  wäre  vergeblich  gewesen. 

Von  den  Nothständen  unterrichtet  nahm  sich  das  k.  Ministe- 
rium des  Innern,  dem  in  Bayern  die  Landesarchive  unterstehen,  eifrig 
der  Sache  an.  Der  Staatsminister  Frhr.  v.*Pfeufer  überzeugte  sich 
durch  eigenen  Besuch  des  Archivs,  wie  nöthig  Hülfe  sei ;  und  kaum 
hatte  in  Eichstädt  das  Appellationsgericht  sein  grosses  Gebäude 
verlassen,  so  wurde  vom  Staatsministerium  angeordnet,  das  Archiv 
eilends  nach  Eichstädt  zu  verlegen.  Allein  abgesehen  davon,  dass 
Nürnberger  und  Ansbacher  Urkunden  Kodizes  und  Akten  nicht 
wohl  in  einer  entlegenen  Stadt  Mittelfrankens  aufzusuchen,  gaben 
sich  auch  bei  näherer  Untersuchung  andere  Missstände  kund,  so  dass 
der  Eichstädter  Plan  musste  aufgegeben  werden.  Dies  war  das  erste 
Erlebniss  in  der  Neubaugeschichte  des  Nürnberger  Archivs,  und 
ich  will  hier  zu  Nutz  und  Frommen  anderer  Archivbehörden  davon 
erzählen,  weil  die  meisten,  vielleicht  schon  bald,  in  die  Lage  kommen 
werden,  sich  nach  besseren  Stätten  umzusehen. 

Zunächst  wurde  versucht,  ob  die  Stadt  Nürnberg  ein  passendes 
Gebäude  hergeben  könne.  Es  wollte  sich  aber  keines  finden,  jedoch 
erklärte  sich  der  Magistrat  bereit,  die  Räume,  welche  das  Archiv 
im  Rathhause  inne  hatte,  gegen  angemessenen  Preis  anzukaufen, 
wenn  das  Archiv  in  Nürnberg  bleibe.  Das  Angebot  aber  deckte 
kaum  ein  Drittel  von  dem,  was  voraussichtlich  nöthig  zur  Beschaffung 
eines  andern  Gebäudes.   Es  giebt  ja  nur  sehr  wenige  Magistrate  in 


302  Löher: 

Deutschland,  die  geneigt  wären,  für  ihr  Archiv  eine  Geldsumme 
aufzuwenden,  die  seinem  Werthe  für  die  Stadt  gleich  käme.  Für 
andere  schmückende  Neubauten  giebt  man  heutigen  Tags  nicht  ungerne 
Gelder  her,  allein  Stadträthe  und  Gemeindeverordnete  haben  gewöhn- 
lich kaum  eine  dunkle  Vorstellung  davon,  was  ein  wohlgefülltes 
und  gutgeordnetes  Archiv  für  Nutzen  bringen  kann,  sowohl  für  die 
Bildung  der  Einwohner,  für  ihre  Liebe  zur  Taterstadt,  und  damit 
für  deren  wachsende  Ehre  und  Bedeutung. 

Eine  lange  Reihe  von  grossen  Privatgebäuden  wurde  sodann  der 
Staatsregierung  zum  Kaufe  angetragen.  Eine  Kommission,  bestehend 
aus  dem  Oberbaurath  Degmaier,  Kreisbaurath  Jacobi  und  Bau- 
amtmann Hausser,  sowie  dem  Kreisarchivar  Dr.  Heinrich  und  mir, 
untersuchte  nun  ein  Haus  nach  dem  andern.  Nicht  ein  einziges 
genügte  den  Erfordernissen,  die  man  stellen  musste  in  Bezug  auf 
Grösse,  Festigkeit,  Trockenheit,  Lüftung,  Nachbarschaft.  Auch  hätten 
die  Kosten  des  Ankaufs  und  Umbaues  eine  Summe  verschlungen, 
deren  Höhe  beinahe  den  Kostenbetrag  eines  Neubaues  erreichte. 
Aehnliche  Erfahrungen  wird  man  auch  an  andern  Orten  machen. 
Die  alten  Häuser  mit  ihren  engen  und  verschränkten  Gemächern,  mit 
Holzgetäfel  und  gewöhnlffch  auch  schlechten  Dachstühlen  und  feuchten 
Kellern  eignen  sich  nicht  für  ein  Archiv.  Kann  man  für  dieses 
nicht  eine  alte  Burg  oder  ein  freistehendes,  steinfestes,  geräumiges 
Patrizierhaus  bekommen,  so  wird  es  stets  am  billigsten  wie  am 
besten  sein,  zum  Neubaue  zu  schreiton. 

Nunmehr  wurde  mein  Plan  angenommen,  ein  neues  Archiv- 
gebäude zu  errichten,  das  ganz  auf  freiem  Platze  liegen  sollte, 
möglichst  nur  aus  Stein  und  Eisen  erbaut  werden,  hinlänglich  Raum 
für  alle  vorhandenen  und  noch  zu  erwartenden  Archivalien  dar- 
bieten, den  Archivzwecken  aber  sich  möglichst  anpassen  sollte. 
Die  Angestellten  des  Archivs  sollten  Dienstwohnungen  im  Archiv- 
hofe erhalten,  letztere  aber  und  ebenso  die  Geschäftszimmer  vom 
Bewahrungshaus  der  Archivalien  getrennt,  jedoch  mit  demselben 
durch  einen  gegen  Wind  und  Wetter  gedeckten  Gang  in  Verbindung 
stehen. 

Die  Baubeamten  massen  nun  in  den  alten  Räumen  aus,  wie- 
viel Platz  die  Archivalien  in  einem  neuen  Hause  verlangten.  Der 
Kreisarchivar  und  ich  forderten  das  Dreifache  an  Raum.  Diese 
Forderung  erschien  ausschweifend:  allein  es  liess  sich  leicht  nach- 
weisen,   wie   sehr    die    zusammengepressten   Archivalien   sich   aus- 


Das  Kreisarchiv  zu  Nürnberg  im  neuen  Gebäude.  303 

dehnten,  wenn  man  sie  gebührlich  aus  einander  legte,  und  ausserdem 
hatten  wir  Nachrichten  über  die  Menge  von  Akten  und  Amtsbüchem 
gesammelt,  die  noch  bei  den  k.  Stellen  und  Behörden  im  Kreise 
umhersteckten  oder  in  andere  Archive  gerathen  waren,  von  Rechts- 
wegen aber  in  das  Staatsarchiv  zu  Nürnberg  gehörten.  Denn  sollte 
dieses  ein  wirkliches  Kreisarchiv  von  Mittelfranken  werden,  so  musste 
es  auch  all  die  Schriften  und  Amtsbücher  umfassen,  die  einst  zur 
Geschichte  und  öffentlichen  Verwaltung  in  Mittelfranken  gehörten. 
Die  Baubeamten,  an  ihrer  Spitze  Kreisbaurath  Jacobi,  sahen  ein, 
das»  24,000  Quadratmeter  Wandfläche  nicht  zuviel  seien.  Hätten 
wir  nur  mehr  gefordert!  Schon  jetzt  sind  soviele  neue  Zugänge 
angekommen  oder  angemeldet,  dass  alle  noch  leerstehenden  Fächer 
und  Säle  bald  werden  gefüllt  sein.  Man  muss  sich  vertrösten, 
dass  Manches  von  dem,  was  jetzt  Rent-  Forst-  und  Bezirks- 
ämter einschicken,  was  auch  für  Rechts-  und  Verwaltungsfragen 
jetzt  noch  unentbehrlich  ist,  nach  einigen  Jahrzehnten  darf  ausge- 
schieden werden,  weil  es  alsdann  für  kommende  Zeiten  nicht  mehr 
von  Nutzen. 

Während  man  die  Risse  und  Kostenvoranschläge  für  einen 
stattlichen  Neubau  ausarbeitete,  wurde  ein  Privathaus  zum  Kauf 
angeboten,  das  sofort  eine  Anziehungskraft  übte,  vor  welcher  mein 
Lieblingsplan,  ein  völlig  neues  Archivgebäude  einzurichten,  verrinnen 
musste.  Es  war  das  berühmte  Pellerhaus  auf  der  Höhe  des  Aegidien- 
platzes,  im  Jahr  1605  erbaut.  In  Deutschland  steht  kein  zweites 
Patrizierhaus,  welches  so  reich  und  schön  geschmückt  uns  den 
•  ächten  Stil  deutscher  Renaissance  und  die  Pracht  und  Anmuth  darstellt, 
mit  welcher  unsere  Vorfahren  sich  im  sechszehnten  Jahrhundert 
ihre  Wohnungen  ausdachten.  Längere  Zeit  richteten  sich  meine  An- 
strengungen darauf,  wie  dieses  Gebäude  zu  gewinnen  und  ein- 
zurichten. Es  wäre  doch  gar  zu  hübsch  gewesen,  wenn  das  kostbare 
Archiv  herbergte  in  einem  so  kunstherrlichen  Gehäuse.  Dann  hätten 
zahllose  Architekten  und  Kunsthistoriker  sich  an  den  feinen  und 
sinnreichen  Schöpfungen  und  Motiven  unsers  alten  bürgerlichen 
Baustils  belehren  und  erfreuen  können,  und  das  werthvoUe  Haus 
wäre  für  immer  vor  dem  Schicksal  gesichert  gewesen,  dem  schon 
so  viele  altehrwürdige  schöne  Patrizierhäuser  in  Reichsstädten  zum 
Opfer  fielen.  Leute  nämlich,  die  über  Nacht  durch  glückliche  Geld- 
geschäfte reich  geworden,  eilen  herbei,  wenn  ein  solches  Haus  feil 
wird,  und  da  sie  weder  deutsches  noch  wahres  Kunstgefühl  besitzen, 


304  Löher: 

reissen  sie  zusammen,  was  ihnen  als  unbequemes  Alterthum  erscheint, 
um  einem  nüchternen  modernen  Hause  mit  blitzenden  grossen 
Spiegelfenstern  Platz  zu  machen. 

Mein  Wunsch  aber  traf  auf  entschiedene  Bedenken.  Dem 
ersten,  dass  das  Pellerhaus  für  das  grosse  Archiv  zu  klein,  Hess 
sich  begegnen,  als  das  anstossende  Haus  ebenfalls  feil  wurde.  Dieses 
Nebenhaus  hatte  einst  zum  Hauptgebäude  gehört  als  die  Leibzucht 
oder  der  Altentheil  der  Bejahi-ten :  die  ehemalige  Verbindung  zwischen 
beiden  liess  sich  leicht  wieder  herstellen,  und  wenn  man  später 
den  zugehörigen  Hof  und  Garten  überbauete,  war  hinlänglich  Raum 
zu  beschaffen.  Der  Ankaufspreis  des  ganzen  Grundstückes  war 
nicht  zu  hoch,  die  Nachbarschaft  ruhiger  und  vor  Feuersgefahr 
gesicherter,  als  sonstwo  in  dem  Häusergedränge  der  alten  Reichs- 
stadt. Freilich  steckten  die  beiden  Häuser,  so  fest  die  unteren 
gewölbten  Theile,  so  schön  und  behaglich  die  Gemächer  darüber, 
doch  in  den  oberen  Stockwerken  voll  alten  Gewinkeis :  allein  einigen 
Nachfheil  musste  man  bei  so  seltenem  Vortheil  mit  in  den  Kauf 
nehmen.  Wieviel  alterthümliche  Reize  würden  dem  Germanischen 
Museum  fehlen,  wenn  es,  statt  in  den  Klosterbaulichkeiten  der 
Karthause,  in  einem  nüchternen  Staatsgebäude  herbergte !  Essenweiu, 
der  hochverdiente  Direktor  dieser  grossen  historischen  Sammlung, 
unterstützte  mich  bei  meinen  Absichten  auf  den  Archivsitz  am 
Aegidienplatz  auf  das  Wärmste;  Jacobi  und  sein  Vertreter,  Bau- 
assessor Rainer,  stimmten  bei;  auch  der  Staatsminister  Frhr.  v. 
Pfeufer  hätte  sehr  gern  das  für  Kunst  und  Gewerbe  so  wichtige 
Peller-Singer-Haus  für  de^  Staat  erworben.  Allein  der  Oberbaurath  • 
des  Ministeriums  Degmaier,  welchem  der  Kreisarchivar  Dr.  Heinrich 
beipflichtete,  beharrte  dabei,  dass  jene  beiden  Häuser  weder  Raum, 
noch  Licht  und  Luft,  noch  Festigkeit  genug  darböten.  Wiederholt 
fand  Besichtigung  und  Untersuchung  statt,  nach  einer  letzten  Kon- 
ferenz in  München  liess  Frhr.  v.  Pfeufer  noch  einen  andern  Bau- 
rath  des  Ministeriums  zur  Prüfung  nach  Nürnberg  gehen,  und  da 
auch  dessen  Gutachten  ablehnend  ausfiel,  musste  ich  trüben  Blickes 
Abschied  nehmen  von  einer  schönen  Hoffnung. 

Dagegen  gelang  es,  einen  wohlgelegenen  Platz,  welchen  der 
Kreisarchivar  aufgefunden,  für  den  Neubau  zu  gewinnen.  Auf  die 
Lage  des  Archivs  kommt  nicht  wenig  an,  sowohl  was  seine  Sicher- 
heit, Trockenheit  und  Lüftung,  als  auch  die  Gesundlieit  und  Arbeits- 
lust der  Beamten  betrifft   Nun  war  für  das  Kreisarchiv  zu  Nürnberg 


Das  Kreisarchiv  zu  Nürnberg  im  neuen  Gebäude.  305 

ein  der  Stadt  gehörender  Anger  in  der  Torstadt  Gostenhofll  bestimmt 
worden.  Kam  es  mitten  auf  diese  gewerbtliätige  Stätte,  so  drang 
in  die  Fenster  von  zwei  Seiten  der  Schall  vorüberrasselnder  Eisen- 
bahnen und  von  allen  Seiten  der  Rauch  und  Russ  von  einem  Dutzend 
und  mehr  Eöhren  der  Dampfmaschinen.  Ganz  anderj  verhält  es 
sich  mit  der  jetzigen  Wohnstätte  an  der  Bucherstrasse,  etwa  zehn 
Minuten  vom  Thiergärtnerthor  entfernt.  Dort  liegt  das  Archiv  in 
ruhiger,  etwas  vornehmer  Gegend,  rings  umgeben  nur  von  Gärten 
und  Villen  einer  sich  langsam  ausdehnenden  Vorstadt.  Um  auch 
für  die  Zukunft  vor  lästiger  oder  feuergefährlicher  Nachbarschaft 
gesichert  zu  sein ,  musste  der  Eigenthümer  des  zehn  Tagwerke 
grossen  Zwickel'schen  Anwesens,  von  welchem  anderthalb  Tagwerk 
für  das  Archiv  gekauft  wurden,  auf  sein  ganzes  Grundstück  die 
hypotliekarischo  Beschränkung  nehmen,  dass  auf  demselben  niemals 
Fabriken  dürfen  angelegt  werden.  Im  Tolksmunde  führt  der  stille 
Gang  vor  dem  Archiv  den  Namen  Philosophengang,  und  der  schöne 
Garten  vor  seiner  Fronte,  der  Kolleggarten,  wird  wohl  Eigenthum 
des  gesellschaftlichen  Vereines  bleiben,  der  schon  seit  hundert  Jahren 
besteht.  Aus  allen  andern  Fenstern  kann  der  Blick  in  schönbebaute 
Weite  schweifen.  Nicht  zu  unterschätzen  ist  solche  Entfernung 
von  der  gewühlvollen  Stadt,  die  mitten  unter  ihrem  gewerbfleissigen 
und  gescheidten  Bürgerthum  von  jeher  eine  ebenso  heissköpfige  als 
starke  Arbeiterbevölkerung  hatte. 

Der  erleuchteten  eifrigen  Fürsorge,  mit  welcher  das  Staats- 
ministerium des  Innern  die  Frage  vor  den  Kammern  vertrat,  war 
es  zu  danken,  dass  diese  für  den  Bau,  die  Uebersiedlung  und  neue 
Einrichtung  des  Archivs  eine  Summe  bewilligten,  mit  welcher  aus- 
zukommen war.  Denn  auch  die  ganze  Einrichtung  der  Archivsäle 
und  Geschäftszimmer  musste  von  Grund  aus  neu  beschafft  werden, 
wollte  man  nicht  befahren,  dass  mit  dem  alten  Gerumpel  aus  dem 
Rathhause  Schmutz  und  Holzwürmer  einzogen.  Um  gleich  hier 
einen  Ueberblick  über  die  Kosten  des  ganzen  Unternehmens  zu 
geben,  so  wurden  verausgabt 

für  den  Bauplatz 

den  Neubau 

die  innere  Einrichtung    . 

die  Uebersiedelung      .     . 

im  Ganzen  also  nicht  mehr  als 


49,920  00  JL 

350,631  28    „ 

25,578  34    „ 

3,789  87    „ 


420,919  49  JL 

ArchlTalischo  Zeitschrift  VIL  20 


306  Löher: 

Während  der  Bau  vor  sich  ging,  war  man  in  den  alten  Archiv- 
lokalen  eifrig  bemüht,  Alles  herzurichten  zu  einem  raschen  und 
gefahrlosen  Umzug.  Die  Archivalien  sämmtlich  wurden  gelüftet, 
gereinigt,  desinfizirt,  —  sodann  in  grosse  Packe  eingeschnürt,  — 
diese  mit  foi^laufenden  Nummern  versehen  je  nach  der  vorher  sorgsam 
bestimmten  ßeihefolge,  welche  sie  im  neuen  Gebäude  einnehmen 
sollten.  Alsdann  versicherte  man  sich  gedeckter  Wagen,  genügender 
und  zuverlässiger  Mannschaft,  und  guter  Aufsicht  bei  dem  Einladen, 
Hinüberfahren  und  Abladen.  Yom  15.  Mai  bis  9.  August  1880  blieb 
das  Archiv  ausser  für  ganz  dringende  Angelegenheiten  geschlossen, 
und  wurde  der  Umzug  ausgeführt.  Das  ganze  weitläufige  und 
mühselige  Geschäft  ging  —  Dank  dem  Geschick  und  Diensteifer 
und  der  Aufopferung  des  Vorstandes  Dr.  Heinrich,  des  Keben- 
beamten  MummenhofF,  des  t\inktionärs  Prhrn.  v.  Zündt,  und  des 
Archivdieners  Schwager  —  rasch  und  glücklich  von  Statten  ohne 
den  geringsten  Unfall.  Planmässig  und  fem  von  jeder  Verwirrung 
oder  Zögerung  konnten  nun  auch  die  etwa  30,000  Urkunden  und 
die  unübersehbare  Menge  der  Kodizes,  Amtsbücher,  Akten,  Grund- 
risse und  Karten  in  ihre  verschiedenen  neuen  Lokale  und  Behälter 
aus  einander  gelegt  und  gestellt  werden. 

Ein  Blick  auf  die  Abbildung  am  Schluss  dieses  Bandes  zeigt 
das  Archivgebäude,  das  Wohnhaus  und  ein  Stückchen  des  gedeckten 
Verbindungsganges  zwischen  beiden,  sowie  in  der  Ecke  das  Wasch- 
haus, —  den  ganzen  Archivhof  in  einer  Ausdehnung  von  5000  Quadrat- 
Meter,  —  rings  umschlossen  von  einer  Mauer  und  dem  Archivhaus. 
Vor  der  Hauptfront  gegen  Süden  breitet  sich  die  Archivstrasse,  der 
Pflasterung  noch  bedürftig,  jedoch  des  Nachts  durch  Gaslaternen 
erhellt.  Nicht  von  dieser  schönen  und  mächtigen  Hauptseite  konnte 
die  Abbildung  aufgefasst  werden,  sondern  nur  von  der  östlichen 
Nebenseite,  weil  das  Bild  eine  Vorstellung  vom  ganzen  Archivhof 
und  seinen  sämmtlichen  Gebäuden  geben  sollte.  Hinter  den  Archiv- 
sälen und  rings  um  das  Wohnhaus  breitet  sich  ein  mit  Blumen, 
Buschwerk,  Bäumen  und  etwas  Gemüse  besetzter  Garten,  dessen 
eine  Hälfte  dem  Vorstand  und  die  andere  Sekretär  und  Diener 
gehört.  Gemeinschaftlich  sind  Waschhaus  und  Pumpbrunnen,  und 
in  der  Holzlege  hat  jeder  Theil  seine  verschliessbare  Stelle. 

Da  der  Brunnen  nur  hartes  Wasser  und  für  Nothfalle  nicht 
genug  liefert,  so  ist  noch  fliessendes  Wasser  aus  der  städtisclien 
Wasserleitung  hinzugekommen.     In  der  Erde  rings  um  die  Gebäude 


Das  Krei8art!hiv  zu  Nürnberg;  im  neuen  Gebäude.  307 

und  durch  die  Gärten  hin  befinden  sich  Abzugsröhren  und  Versitz- 
gruben, um  den  Boden  beständig  so  trocken  zu  erhalten,  dass  keine 
Feuchtigkeit  in  Ärchivsäle  und  Geschäftszimmer  emporsteigen  kann. 
Aus  demselben  Grunde  ist  über  die  Grundmauern  des  Archivhauses 
durchgehends  eine  Schichte  von  Asphalt  gelegt,  die  nichts  Feuchtes 
durchlässt. 

Für  den  kaum  denkbaren  Fall  einer  Feuersgefahr,  die  nur 
durch  Fahrlässigkeit  der  Bevölkerung  des  Wohnhauses  entstehen 
könnte,  befindet  sich  in  letzterem  auf  dem  ersten  Treppenabsatz 
ein  Telegraph,  der  zur  Zentral-Feuerwache  in  der  Stadt  am  Korn- 
markt führt.  Ausser  der  städtischen  Feuerwehr  steht  Militärhülfe 
bereit,  letztere  weniger  um  zu  retten,  als  um  Ordnung  zu  halten.  Zu 
Flüchtungsstellen  sind  der  Kolleggarten  mit  seinen  Gebäuden  und 
die  Sebalduskirche  bestimmt. 

Das  Hauptgebäude  hat  eine  Breite  von  18,55  und  eine  Länge 
von  85  Meter.  Das  Wohngebäude  ist  beinahe  eben  so  breit,  nämlich 
15,10  Meter,  jedoch  nur  26,17  Meter  lang.  Der  Verbindungsgang 
zwischen  beiden  hat  bei  15,45  Meter  etwas  mehr  Länge  als  das 
Wohnhaus  Breite.  Zwischen  dem  Archivhaus  und  der  Einfriedungs- 
mauer ist  eine  Entfernung  nach  Osten  von  8,50,  nach  Westen  von  10, 
nach  Norden  von  37,50  Meter.  Die  Entfernung  des  Wohnhauses 
vom  Waschhaus  und  der  damit  verbundenen  Holzlege  beträgt  an 
der  nächsten  Ecke  23,  an  der  entferntesten  35  Meter. 

Die  Gebäude  sind  nicht  ganz  so,  wie  ich  vorgeschlagen,  aus- 
gefallen. Der  Grundriss  zeigt  in  beiden  Stockwerken  ganz  gleiche 
und  regelmässige  Räume,  an  den 'Ecken  je  einen  grossen  Saal,  in  der 
Mitte  Empfangszimmer  mit  zwei  kleinen  Gemächern  dahinter,  da- 
zwischen auf  der  einen  Seite  zwei  grössere  und  vier  kleinere,  auf 
der  andern  acht  kleinere  Säle.  Zwei  Durchgänge  gibt  es  in  jedem 
Flügel  und  Stockwerke  von  der  Nord-  nach  der  Südfront,  ausser- 
dem Luftdurchzug  durch  grosso  runde  Oefifnungen  oben  in  den 
Wänden  gegenüber  den  Fenstern.  Nach  meiner  Ansicht  hätte  sich 
Eintheilung  und  Grösse  der  Räume  je  nach  den  Archivgruppen  richten 
solleÄ,  nicht  aber  mussten  sich  diese  gut  oder  schlecht  in  jene 
hineinpassen,  zumal  bei  einem  Archive,  dessen  historische  Bestand- 
theile  sich  weder  mindern  noch  viel  mehren  werden. 

Auch  die  Auswahl  und  heraldische  Ausstattung  der  Wappen, 
die  eine  sprechende  Zierde  der  Aussenseite  bilden,  erfolgte  ohne 
archivalischen  Beirath.    Die  östliche  Seitenfront  der  Abbildung  zeigt 

20* 


308  .  Löher: 

die  "Wappen  der  Fürsten  Hohenlohe  und  der  Grafen  Seinsheim, 
sowie  der  Reichsstädte  Weissenburg  und  Windsheim,  während 
die  Wand  gegenüber  auf  der  Westseite  mit  den  Wappen  des 
Eürstbisthums  Eichstädt,  des  Deutschordens,  der  Reichsstädte 
Rothenburg  und  Dinkelsbühl  geschmückt  ist.  üeber  dem  Haupt- 
portal aber  steht  hoch  auf  dem  Dache  das  bayerische  Rauten-  und 
Löwenwappen,  darunter  an  der  Wand  die  Nürnberger  Adler-Jungfrau 
(sg.  Jungfernadler),  der  sich  rechts  das  markgräfliche  und  links  das 
burggräfliche  Wappen  von  Hohenzollern-Bran  den  bürg  anfügen. 

Wie  unsere  Abbildung  zeigt,  sind  die  Gebäude  im  gewöhnlichen 
Stil  der  modernen  Renaissance  gehalten,  der  für  Krankenhäuser 
wie  für  Justizpaläste  gleichförmig  und  nüchtern  bleibt  Stellt  man 
sich  aber  vor  die  Hauptfront,  so  wirken  die  reinen  und  gefalligen 
Verhältnisse  ungemein  wohlthuend,  und  macht  das  Ganze  einen 
schönen  und  würdigen  Eindruck. 

Unterbau  und  Erdgeschoss  sind  aus  weissgrauem  Sandstein. 
Das  obere  Geschoss,  ein  Hängewerk,  in  welchem  alle  Tragbalken 
mit  Eisen  geschient  sind,  ist  röthlicher  Ziegelbau  mit  weisslichen 
Plattsäulen  und  Fenstereinfassungen.  Das  Dach  von  Schieferplatten 
ruht  auf  Holzsparren.  Im  Unterbau  ist  für  trockene  und  geräumige 
Keller  gesorgt.  Die  Fenster  des  Erdgeschosses  sind  sämmtlich  mit 
Eisengittern  versehen,  allein  noch  kein  einziges  Gitter  beweglich,  um  in 
Nothfällen  die  Säle  rasch  nach  aussen  entleeren  zu  können.  An 
den  Fenstern  lässt  sich  das  obere  Halbrund  nach  innen  öffnen,  um 
frische  Luft  einströmen  zu  lassen.  Der  Fussboden  der  Archivsäle 
besteht  im  untern  Geschoss  aus  Zement  und  ist  im  obern  parquet- 
artig  aus  Fichten-  und  im  Empfangsaal  aus  Eichenhölzern  getäfelt, 
sogenannter  Riemenboden. 

Auf  fünf  Stufen  von  Granit  tritt  man  zum  Portal  und  durch 
dieses  in  eine  schön  geschmückte  Halle.  Ihre  Decke  wird  von 
zwei  dunkelglänzenden  Sienitsäulen  getragen,  und  prangt  gleich 
den  Wänden  mit  farbenbunten  Arabesken  und  Blumengewinden, 
zwischen  denen  sich  die  Wappen  der  zwölf  bedeutendsten  Städte 
Mittelfrankens  zeigen,  während  die  Glattseiten  der  Wände  Surch 
zehn  dunkle  Halbsäulen  von  Stuckmarmor  unterbrochen  sind.  Aus 
dieser  Halle  führen  rechts  und  links  in  die  Archivsäle  Doppelthüren, 
die  äussere  von  starkem  Eisenblech  mit  Brahmaschloss,  die  innere 
von  Holz.  Im  Hintergrunde  öffnet  sich,  dem  Portal  gegenüber, 
der  Verbindungsgang  zum  Wohnhause  und   darüber  das  Treppen- 


Das  Kreisarchiv  in  Nürnberg  im  neuen  Gebäude.  309 

haus  mit  seineu  röthlich-gelben  Wandflächen  von  glänzendem  Stuck- 
mariuor.  Ueber  den  zwei  Absätzen  der  Treppe,  deren  Stiegen  und 
Geländer  von  grauem  Granit,  letzteres  mit  polirten  Granitplatten 
bedeckt,  wölbt  sich  ein  farbig  kassettirter  Rundbogen.  Auf  der 
Höhe  des  Stiegenhauses,  wo  Alles  blitzt  in  gelbbraunem  Stuck, 
tritt  man  in  den  Empfangssaal.  Auch  seine  Decke  ist  mit  Einfassung 
verziert,  und  erwarten  die  Wände  noch  acht  grosse  in  Oel  gemalte 
Fürstenbilder. 

Was  nun  die  Vertheilung  der  Archivalien  betrifft,  so  beruht 
der  ganze  grosse  Hauptschatz  an  Urkunden  und  Kodizes  —  nur 
mit  Ausnahme  der  Eichstädter  Gruppe  —  im  untern  Geschoss.  An 
den  Wänden  der  Säle  dehnen  sich  die  Aktengestelle,  in  der  Mitte 
stehen  die  Urkunden  seh  reine,  von  denen  immer  je  vier  oder  sechs 
oder  acht  so  zusammengeschoben  sind,  dass  sie  eine  Tafel  bilden, 
auf  welcher  man  Archivalien  auslegen  und  bearbeiten  kann.  Jedoch 
lassen  sich  die  Schreine,  die  sämmtlich  verschliessbar,  leicht  aus- 
einandernehmen und  jeder  einzelne  wegtragen.  Ihrer  sind  nicht 
weniger  als  336  nöthig.  Das  ganze  Urkundenarchiv  befindet 
sich  also,  wenn  gerettet  werden  muss,  in  beweglichem  Zustande. 
Die  innere  Einrichtung  der  Schreine,  in  welchen  die  Urkunden 
jede  einzeln,  hinter  und  neben  einander  stehen,  und  ebenso  der 
Aktengestelle,  wird  in  der  Abhandlung  von  der  Einrichtung  der 
Archive  noch  näher  beschrieben  werden.  Zwölf  Leitern  und  sieb- 
zehn Treppenstühle  sind  durch  die  Säle  vertheilt. 

Unter  den  Archivsälen  ist  einer  mit  besonderer  Sorgfalt  und 
Festigkeit  hergestellt.  Durch  Feuermauer  und  zwei  Eisenthüren 
von  den  übrigen  Eäumen  abgeschlossen,  bildet  er  ein  eigenes 
hohes  Gewölbe,  das  durch  sechs  Säulen  aus  weisgrauem  Granit  ge- 
hoben wird,  die  jedoch,  um  keine  Blendung  zu  verursachen,  nicht 
geglättet  worden.  Zwischen  den  Säulen  in  der  Mitte  stehen  die 
Pulte,  in  welchen  unter  Glasdecken  kostbare  Urkunden  und  seltene 
Kodizes  mit  ihrem  Bildwerk  zum  Beschauen  ausgelegt  sind.  An 
den  Wänden  laufen  entweder  Schreine  voll  der  wichtigeren  Ur- 
kunden oder  Gestelle  mit  den  bedeutenderen  Kodizes  hin.  Die 
Wandflächen  aber  sind  geschmückt  mit  riesigen  Geleitsschwertern, 
wie  sie  bei  festlichen  Gelegenheiten  den  Amtsherren  vorgetragen 
wurden,  mit  Amts-  und  Kalendertafeln  der  Nürnberger,  und  Todten- 
schilden  der  Kaiser,  die  man  einst  öffentlich  aushängte,  mit  Grund- 
rissen ,  z.  B.  dem  grossen  Plan  von  Wallensteins  Lager  vor  Nürn- 


310  Lölier: 

berg,  mit  Stammbäumen  und  ähnlichen  alten  Schrift-  und  Prunk- 
stücken. 

Eine  ganze  Hälfte  des  Erdgeschosses  umfasst  das  Nürnberger 
Archiv.  Seine  Kopial-  Saal-  und  Zunftbücher  (letztere  Meisterbücher 
genannt),  seine  Rechts-  und  Gerichtsbücher,  seine  Geschlechts-  und 
Wappenbücher  beginnen  theilweise  schon  im  dreizehnten  Jahrhundert; 
die  Stadt-  und  Aemterrechnungen  und  die  Archivalien  mehrerer 
Klöster  und  Stiftungen  gehen  bis  in's  vierzehnte  Jahrhundert  hinauf; 
die  Briefbücher,  in  welchen  die  Entwürfe  der  amtlichen  Schreiben 
eingetragen  wurden,  haben  zum  Anfangsjahr  1404 ;  die  Todtenbücher 
der  beiden  grossen  Stadtpfarren  St.  Lorenz  und  St  Sebald  1410; 
die  Eathsverlässe  d.  h.  die  Beschlüsse  des  Innern  Raths  1449; 
^ie  Rathschlagbücher  d.  h.  die  juristischen  Erörterungen  und  Gut- 
achten 1509.  Neben  den  Reichs-  Kriegs-  und  Bundessachen  sind 
die  Archive  all  der  Aemter,  —  wie  vom  Lehenhof,  Vormundschaftsamt, 
Landalmosenamt,  von  der  Verwaltung  der  geistlichen  Korporationen, 
vom  Wasseramt,  Bauamt,  Kriegs-  und  Zeugamt,  —  vollständig  in  selten 
unterbrochener  Reihefolge  beisammen.  Köln  ausgenommen,  besitzt 
keine  Reichsstadt  ein  so  reichgefülltes  Archiv  von  alten  Zeiten  her, 
Dank  dem  guten  haushälterischen,  Ordnung  liebenden  Sinn  der 
früheren  Nürnberger,  Dank  aber  auch  der  Sorgfalt,  mit  welcher  die 
Krone  Bayern  das  Archiv  bewahrte.  Wie  möchte  dieses  wohl  aus- 
sehen, wenn  die  Nürnberger  in  den  revolutionären  Jahrzehnten  Allein- 
herren geblieben  wären!  Im  Hinblick  auf  die  Fahrlässigkeit,  unter 
welcher  die  Archive  in  anderen  fränkischen  Reichsstädten  so  furchtbar 
gelitten  haben,  im  Hinblick  auf  die  Zerstörung,  welcher  alte 
Werke  unterliegen,  um  einem  schwächlichen  Nachbild  der  Wiener 
Ringstrassen  Platz  zu  machen,  —  erscheinen  mindestens  die  Klagen 
der  Städte,  der  Staat  habe  ihnen  ihre  Archive  geraubt,  unbegründet. 
Lassen  wir  ausser  Spiel  die  Rechtsfrage,  die  ja  zu  Gunsten  des 
Staats  zu  beantworten,  so  wird  wohl  jeder  Freund  des  Vaterlands 
und  der  Geschichte  unsern  alten  Städten  ihre  Archive  gönnen,  wenn 
sie  erstens  für  geeignete  Lokale  und  zweitens  für  eine  wohlgestellte 
Archivverwaltung  sorgen. 

Das  Ansbacher  Archiv  nimmt  den  noch  übrigen  Theil  des 
untern  Geschosses  ein,  also  einen  immerhin  noch  sehr  bedeutenden 
Raum.  Es  enthält  von  den  ältesten  Zeiten  an  die  Schriften  zur 
Geschichte  des  fürstlichen  Hauses  wie  des  Landes,  der  zugehörigen 
Klöster,  Stifter    und  Aemter,  der  Hofhaltung  wie   der  auswärtigen 


Das  Kreisarchiv  in  Nürnberg  im  neuen  Gebäude.  311 

Beziehungen.  Hier  lagert  fast  noch  ungehoben  ein  reicher  kultur- 
geschichtlicher Stoff,  der  —  z.  B.  auch  in  den  Eeligions-  und 
Keformationsakten,  die  von  1436  bis  1684  reichen,  —  nicht  wenig 
Anziehendes  bietet.  Auch  die  Rechtsgeschichte  geht  nicht  leer  aus : 
denken  wir  nur  an  das  kaiserliche  Landgericht  auf  der  Reichsburg 
zu  Nürnberg,  dessen  Amtsbücher  die  Zeit  von  1235  bis  1671  um- 
fassen, und  an  das  eigenthümliche  markgräfliche  Geleitsrecht,  das 
sechs  Jahrhunderte  hindurch  seinen  schriftlichen  Niederschlag  hatte. 
Selbstverständlich  fehlen  auch  nicht  die  Archive  der  ausserfränkischen 
Besitzungen  des  hohenzollerschen  Hauses,  der  Oettingen'schen  Pfand- 
schaften, der  Herrschaft  Limburg,  der  Landvogtei  im  Elsass,  wie  der 
schlesischen  Fürstenthümer. 

Das  obere  Stockwerk  des  Gebäudes  wird  in  kurzer  Zeit  auf 
seinem  östlichen  Flügel  eine  dritte  grosse  Gruppe,  das  Archiv 
des  ehemaligen  Fürstbisthums  Eichstädt,  umfassen.  Dieses  kam 
bei  der  ursprünglichen  Vertheilung  der  Archivgruppen  zu  Anfang 
dieses  Jahrhunderts  nach  Neuburg  an  der  Donau,  und  hat  nun- 
mehr seinen  Platz  im  mittelfränkischen  Kreisarchiv  zu  nehmen, 
gleichwie  dieses  vor  seinem  Umzug  die  Archivalien  der  Deutsch- 
ordenskommende  Oettingen  nach  Neuburg  abgab.  Obgleich  auch 
die  vor  1401  entstandenen  Urkunden  des  Eichstädter  Bisthums 
nach  der  Massregel,  die  frühere  Vorstände  des  Reichsarchivs  über 
ganz  Bayern  verhängten,  nach  München  gebracht  worden,  so  blieb 
doch  immerhin  noch  sehr  bedeutend  die  Masse  der  andern  amtlichen 
Schriften  und  Bücher.  Die  des  Domkapitels  und  der  Klöster  beginnen 
zu  Anfang,  die  der  Aemter  um  Mitte  des  vierzehnten  Jahrhunderts, 
die  Regierungsakten  endlich  gehören  in  der  Hauptsache  dem  sieb- 
zehnten und  achtzehnten  Jahrhundert  an.  Wissenschaftlich  ist  das 
alte  Eichstädter  Archiv  verhältnissmässig  noch  am  wenigsten  aus- 
gebeutet. 

An  das  Eichstädtische  Archiv  liess  sich  anreihen,  was  aus 
den  Reichsstädten  Rothenburg  Dinkelsbühl  und  Windsheim  in  das 
Provinzialarchiv  geschafft  worden.  Es  ist  verhältnissmässig  wenig. 
Die  königlichen  Kommissarien,  denen  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts 
die  Besitznahme  der  reichsstädtischen  Hoheitsrechte  aufgetragen  war, 
scheinen  das  pergamentene  und  papierene  Anhängsel  nicht  besonders 
beachtet  zu  haben.  Der  ansehnlichste  Theil  dieser  Archivalien  gehört 
der  reizend  alterthümlichen  Stadt,  die  ob  der  Tauber  sich  malerisch 
erhebt.     Diese  Rothenburger  Stücke  beginnen  mit  1274,  die  Reichs- 


312  Löher: 

Stadt  selbst  aber  hat  ein  noch  sehr  bedeutendes  altes  Archiv  in  ihren 
Mauern  behalten.  Die  Archivalien  von  Dinkelsbühl  und  Windsheim 
gehen  nur  bis  ganz  zu  Anfang  des  fünfzehnten  Jahrhunderts  hinauf. 
Z\x  ihnen  sind  in  jüngster  Zeit  die  Weissenburger  gekommen. 
Diese  sollten,  wenn  ich  darnach  fragte,  im  dreissigjährigen  Krieg 
untergegangen  sein,  bis  ich  in  Weissenburg  selbst  näher  nachfragte 
und  auf  der  Höhe  eines  Rathhausspeichers  ein  grosses  reiches 
Archiv  entdeckte,  das  schon  viel  Betrübendes,  in  der  letzten  Zeit, 
durch  des  Magistrats  Fürsorge  jedoch  auch  das  Glück  einer  Ver- 
zeichnung erfahren  hatte. 

Auch  die  ritterschaftlichen  Archive  von  Mittelfranken,  der 
Deutschordenskommende  Nürnberg,  der  JohanniterkommendenEothen- 
burg  und  Reichardtsroth,  der  Reichsritterschaft,  und  anderer  kleinen 
Herrschaften  stehen  an  Fülle  und  Bedeutung  weit  unter  der  Er- 
wartung; nur  die  beiden  Orden  gehen  bis  in's  dreizehnte  Jahr- 
hundert hinauf  Sie  fanden  sämmtlich  in  drei  Sälen  Raum.  "Wüsste 
man  nicht  aus  andern  Quellen,  wie  tapfer  sich  auch  die  mittel- 
fränkischen Rittergeschlechter  mit  der  Feder  wie  mit  dem  Degen 
getummelt  haben,  aus  diesen  Resten  ihrer  Archive  liesse  sich  nicht 
darauf  schliessen.  Vielleicht  ist  noch  eine  planmässige  Nachforschung 
im  ganzen  Kreisgebiete  am  Platze. 

Wir  konmien  jetzt  zu  dem,  was  die  grosse  Masse  in  unsern 
Archiven  zu  bilden  pflegt,  das  sind  die  Amtsrogistraturen  mit  ihren 
Akten  und  Rechnungen.  Für  sie  genügten  zur  Zeit  noch  fünf  Säle, 
bald  aber  werden  noch  vier  andere  nöthig  sein.  Nur  vereinzelte 
Schriftstücke  in  diesen  Massen  ergeben  noch  Zeugnisse  aus  dem 
dreizehnten  und  vierzehnten  Jahrhundert,  das  Andere  gehört  späterer 
und  neuester  Zeit  an. 

Die  in  den  letzten  Jahren  gemachten  Versuche,  die  mittel- 
fränkischen  Gemeinden  zur  Niederlage  ihrer  alten  Urkunden  und 
Akten  im  Staatsarchive  zu  gewinnen  —  in  der  Weise,  dass  ihnen  das 
Eigenthum  gewahrt  blieb  und  dass  sie  genaue  Verzeichnisse  darüber 
zu  Händen  bekamen,  —  haben  nur  bei  neun  Gemeinden  Frucht  ge- 
tragen, und  auch  von  diesen  besassen  nur  Drei  Dokumente,  die  älter 
als  etwa  vierhundert  Jahre.  Diese  deponirten  Gemeindearchive  nehmen 
zusammen  genommen  wenig  Raum  ein. 

Im  grossen  Saal  26  wurde  eine  Plankammer  hergerichtet. 
Diese  ist  ebenfalls  aus  Schreinen  zusammengesetzt,  die  Fachwerke 
von   beweglichen    Platten   umschliessen.    Auf  diesen  Platten  liegen 


Das  Kreisarchiv  in  Nürnberg  iin  neuen  Gebäude.  313 

—  jedes  Stück  in  einer  Rollo  von  Pappendeckel,  die  an  der  Spitze 
ihre  Nummer  zeigt,  —  die  Grundrisse,  Forstkarten,  Flurpläne^  alte 
Landkarten  und  dergleichen.  Zieht  man  eine  Platte  nui*  ein 
wenig  hervor,  so  lässt  sich  jede  Rolle  bequem  ausscheiden  oder 
wieder  einlegen.  Für  die  langen  Rollen  gehen  die  Platten  durch 
je  zwei  Schreine  hindurch,  aber  zum  Ausziehen  nach  beiden  Seiten 
eingerichtet.  Die  kleineren  Rollen,  die  gegen  einander  liegen,  sind  durch 
Falze  getrennt,  damit  sie  sich  nicht  durcheinander  schieben.  Hand- 
zeichnungen und  Kupferstiche  werden  in  Kartons  verwahrt. 

Der  westliche  Flügel  des  oberen  Stockwerkes  umfasst  ausser  einer 
Reihe  von  Sälen,  —  die  zur  Zeit  noch  leer  stehen,  —  die  sogenannte 
Antiquar-Registratur,  welche  all  die  neuen  Zugänge  von  Amtsbüchern, 
Akten  und  Rechnungen  der  Gerichts-  Rent-  Forst-  und  Bezirks- 
ämter umfasst,  und  zwar  bis  in  die  Sechsziger  Jahre  des  laufenden 
Jahrhunderts.  Verhält nissmässig  nur  wenige  Stücke  reichen  bis 
in 's  Mittelalter  hinauf. 

Endlich  die  kleinen  Gemächer  zu  Seiten  des  Treppenhauses 
im  oberen  wie  unteren  Stock  dienen  zum  Wegsetzen  von  Kisten 
und  Geräthschaften ,  sowie  zur  Aufstellung  der  Bücher  und  Zeit- 
schriften, soweit  man  sie  nicht  beständig  in  den  Geschäftszimmern 
bedarf.  In  dem  einen  Bibliothekzimmer  oben  ist  ein  Aufzug  ange- 
bracht, um  schwere  Archivalienpäcke  niederzulassen  oder  empor  zu 
winden. 

Wir  gehen  jetzt  durch  den  gedeckten  Gang,  der  durch  zwei 
giosse  Rollläden  zum  Durchfahren  geöffnet  werden  kann,  zum  Wohn- 
hause. Im  grossen  neuen  Hof  des  historischen  Archivs  in  Moskau, 
der  theilweise  nach  meinen  Vorschlägen  eingerichtet  wurde  i),  umfasst 
für  den  obersten  und  den  nächsten  Beamten  und  den  Diener  ver- 
schiedene Wohnhäuser,  in  Nürnberg  wurde  selbstverständlich  für 
zwei  Beamte  und  den  Diener  nur  ein  einziges  verlangt.  Fremden 
Besuchern  wird  der  Unterschied  zwischen  dem  öbern  und  untern  Stock- 
werk auffallen.  Oben  wohnt  der  Vorstand  allein,  unten  müssen  sich 
Sekretär  und  Diener  behelfen  und  liegen  noch  dazu  die  drei  Geschäfts- 
zimmer. Natürlich  mussten  nun  alle  Zimmer  im  unteren  Stock  unge- 
bührlich klein  ausfallen.  Dieses  Missverhältniss  entstand  in  folgender 
Weise.  Der  Architekt  hatte  —  ich  weiss  nicht  durch  welche  Gründe  be- 
stimmt —  die  Sekretärswohnung  ausgeschlossen:  als  ich  davon  nun 


0  Archival.  Zeitschr.  V.   51—52.     61—61 


314  Löher:  Das  Kreisaitdiiv  in  Nürnberg  im  neuen  Gebäude. 

©rftthr  und  sowohl  der  besseren  Bewachung  des  Archivs  und  seiner 
Geschäftszimmer  wegen  als  auch  aus  Billigkeitsgründen  dazu  drängte, 
dass  auch  dem  Nebenbeamten  die  Wohlthat  einer  Dienstwohnung 
gewährt  werde,  blieb  nichts  übrig,  als  den  noch  vorhandenen  Raum 
des  Erdgeschosses  so  einzutheilen,  dass  der  Archivsekretär  drei  kleine 
Zimmer  mit  einer  Kammer  Küche  und  Magdkammer,  der  Archiv- 
diener ein  Zimmer  mit  Kammer  und  Küche  erhielt,  und  trat  der 
Vorstand  von  seinen  Eäumen,  auf  welche  er  gesetzlich  ein  Recht 
hat,  dem  Diener  noch  ein  Zimmer  ab.  Hoffentlich  lässt  sich  später 
einmal  das  Missverhältniss  ausgleichen. 

Tritt  man  in  das  Wohnhaus,  so  liegen  jetzt  gleich  neben  der 
Thür  auf  der  einen  Seite  das  Zimmer  des  Sekretärs,  welches  auch 
die  Repertorien  aufbewahrt,  auf  der  andern  das  Zimmer  des  Vor- 
standes und  neben  letzterem  die  Kanzlei.  In  dieser  finden  in 
Gestellen  die  Manualakten,  sowie  ein  geringer  Theil  der  Hand- 
bibliothek ihren  Platz.  Die  Zimmer  konnten  bei  ihrer  Kleinheit 
nur  mit  dem  nöthigstea  Mobiliar  ausgestattet  werden.  Ihre  Fenster, 
sind  nicht  vergittert,  jedoch  mit  eisernen,  wohl  v^rschlieBasbaren 
Läden  versehen.  Das  Sekretärzimmer  ist  der  Repertorien  wegen 
mit  Eisen  gewölbt  und  durch  besonders  feste  Wände  vom  übrigen 
Hause  geschieden. 

Soviel  nun  im  Einzelnen  noch  hätte  vorzüglicher  sein  können,  — 
man  lernt  ja  immer  durch  das,  was  die  Erfahrung  vor  Augen  stellt,  — 
im  Ganzen  genommen  darf  man  wohl  sagen,  dass  in  der  Einrichtung 
von  Archiven  durch  den  Nürnberger  Neubau  einige  entschiedene 
Fortschritte  gemacht  sind.  An  äusserer  Schönheit  aber  möchte 
derselbe  noch  einzig  in  seiner  Art  dastehen. 


XVI.  Literaturbericht. 

1.  Das  Urkundenwesen  KarlslV.  und  seiner  Nach- 
folger (1346-1347)  von  Theodor  Lind n er.  Stuttgart 
1882  Cotta'sche  Buchhandlung. 

Ob  es  seine  Berechtigung  habe,  die  vertiefte  Urkundenforsohung,  wie  sie 
jetzt  betrieben  wird,  auch  auf  das  spätere  Mittelalter  auszudehnen,  darüber 
dürften  die  Ansichten  getheilt  sein.  Jedenfalls  ist  es  nur  in  der  Theorie  richtig, 
wenn  man  diese  Forschungen  schon  desshaib  für  nöthig  erklärt,  weil  sie  uns 
die  Unterscheidung  der  echten  und  falschen  Urkunden  lehren;  in  der  Praxis 
bilden,  was  wohl  jeder  erfahrene  Archivar  bezeugen  wird,  die  Fälle,  in  denen 
es,  um  Fälschungen  nachzuweisen,  der  Ausrüstung  mit  grösserer  diplomatischer 
Gelehrsamkeit  bedarf,  im  späteren  Mittelalter  nur  ganz  verschwindende  Aus- 
nahmen. Vielleicht  wird  eine  Zeit  kommen,  welche,  ohne  in  Geistesbarbarei 
zurück  zu  sinken,  ohne  auch  archivaUsche  Gelehrsamkeit  gering  zu  schätzen,  sich 
doch  wundert,  dass  wir  Registratoren  und  Schreibern,  Siegelschntiren  und  Per- 
gamenten des  ausgehenden  ADttelalters  solche  Aufmerksamkeit  widmeten.*) 
Aber  auch  wer  solche  Ahnung  nicht  von  sich  abzuweisen  vermag,  wird  an- 
erkennen, dass  in  der  Schrift  Herrn  L.'s  eine  gründliche  und  gelehrte  Arbeit 
vorhegt,  welche  auf  einem  bisher  noch  unangebauten  Gebiete  die  Wege  bahnt. 
Eine  so  umfassende,  auf  Autopsie  gegründete  Kenntniss  der  I'^rkunden  unserer 
Herrscher  aus  dem  Luxemburgischen  Hause  wird  wohl  keinem  anderen  zu 
Gebote  stehen ,  als  dem  Geschichtschreiber  des  deutschen  Reichs  seit  König 
Wenzel.  Eben  Herr  L.  hat  auch  in  den  von  v.  Sybel  und  Sickel  heraus- 
gegebenen „Kaisenirkunden  in  Abbildungen"  die  Bearbeitung  der  Luxemburgi- 
schen Periode  übernommen,  und  diese  Aufgabe  bot  ilmi  Anlass,  dem  gesammten 
Urkundenwesen  dieser  Periode  die  eingehende  Untersuchung  zu  widmen,  deren 
Früchte  uns  hier  geboten  werden. 

Die  Schrift  beginnt  mit  einer  Erörterung  der  Gruppen  und  äusseren  Merk- 
male der  Urkunden  der  königlichen  Kanzlei  in  der  Luxemburgischen  Periode. 
Zweckmässig  unterscheidet  der  Verfasser  solche  mit  anhängendem  Siegel,  solche 
mit  aufgedrücktem  und  Briefe.      Für  die  erste  Gruppe  wird  die  Bezeichnung: 

^)  Anm.  d.  Heraasgebers.  Auf  mannigfache  Erfahrimg  gestützt  möchten  wir  unserer- 
seits den  lebhaften  Wunsch  ausdrücken  nach  einer  wirklichen  Geschichte  des  deutschen  Ur- 
kundenwesens Tom  13.  bis  16.  Jahrhundert,  zumal  aus  so  neuem  und  solidem  Bangestein,  wie 
Lindner'B  Schrift  es  liefert 


316  Literaturbericht. 

Diplome,  für  die  zweite:  Patente  vorgesclüagen.  Hinsichtlich  der  Sprache  der 
Diplome  l^e^nügt  sich  der  Verfasser  mit  der  Bemerkung,  dass  sie  theils  lateinisch, 
theils  deutsch  war.  Sollte  sich  nicht  bei  genauerer  Untei-suchung  ergeben,  dass 
die  Walil  der  Sprache  nicht  willkürlich  war ,  dass  sich  für  ihre  Anwendung  eine 
gewisse  Regel  aufstellen  lässt  ?  Nachzutragen  wäre  hier  auch  die  Beobachtung, 
dass  in  die  Urkunden  der  Luxemburger  durch  die  vielen  nichtdeutschen  Kanzlei- 
beamten häufig  ein  so  verwildertes  Deutsch  eingedrungen  ist,  wie  es  vorher  in 
der  Reichskanzlei  unerhört  war.  Aus  dem  Kapitel  über  die  Besiegelung  und 
die  Siegel  heben  wir  als  einen  Punkt  von  allgemeinerem  Interesse  hervor,  was 
L.  über  den  bekanntUch  von  K.  Sigmund  zuerst  im  Majestätssiegel  gebrauchten 
Doppeladler  bemerkt.  Sehr  von  einander  abweicliende  Ansichten  über  dessen 
Bedeutung  sind  bisher  geäussert  worden,  von  denen  doch  keine  völlig  befriedigen 
konnte.  L.'s  neue  Erklärung  knüpft  an  die  die  Legende  bildenden  Verse :  Aquila 
Ezecliielis  u.  s.  w.  an,  welclie  einem  viel  verbreiteten  alten  Hymnus  auf  den 
Apostel  Johaimes  entnommen  sind.  Was  Sigmund  bei  der  Wahl  des  neuen 
Wappenbildes  leitete,  war  nach  L.'s  Auffassung  der  Gedanke  an  das  doppel- 
gestaltige  Lnperium,  welches  höchste  weltliche  Macht  ist,  aber  zugleich  als 
Schutzherr  der  Kirche  auch  einen  geistUchen  Inhalt  hat,  eine  Idee,  welche  gerade 
damals  in  den  Vordergrund  trat,  da  das  Schisma  seit  Jahren  die  Kirche  zerrüttete, 
und  Hilfe  vom  deutschen  Reiche  erwartet  wurde,  von  dem  sie  auch  allein 
kommen  konnte.  Der  Adler  mit  zwei  Köpfen  stellt  demnach  nicht  Königthum 
und  KaLserthum,  sondern  das  eine  und  doch  zwiefaltige  Imperium  dar.  Die 
beste  Stütze  dieser  Deutung  hegt  darin,  dass  sie  allein  den  Wech&el  der  von 
Sigmund  geführten  Siegel  zu  erklären  vermag.  Nachdem  näuüich  dieser  Herrsclier 
den  Doppeladler  bereits  als  Reidisverwescr  angenommen  hatte,  fülirte  er,  nach- 
dem er  römischer  König  geworden,  wieder  dessen  übliches  Zeichen,  den  ein- 
köpfigen Adler,  um  erst  nach  Erlangung  der  Kaiserkrone  zum  Doppeladler 
zurückzukehren.  Wir  fügen  hinzu,  dass  das  bekannte  Wappenbuch  von 
Grünenberg  (fol.  111  b)  dem  römischen  Könige  den  einköpfigen  Adler,  dem 
römischen  Kaiser  aber  neben  dem  zweiköpfigen  auch  einen  dreiköpfigen  beilegt 
mit  der  Bemerkung:  welcher  Kaiser  das  Reich  mit  einem  oder  melireren  König- 
reichen mehrt,  (wie  Sigmund,  der  auch  die  Krone  Ungarns  und  Böhmens  trug), 
mag,  wenn  er  will,  den  Adler  mit  drei  Häuptern  führen. 

Weiter  handelt  der  Verfasser  von  einzelnen  Urkundenformeln;  vom  Mono- 
gramm, (dessen  Figur  aber  nicht,  wie  hier  behauptet  wird,  nur  aus  geraden 
Linien  besteht);  vom  Correkturvermerk ;  von  der  eigenliändigen  Unterschrift 
des  Königs,  der  Rekognition  der  Kanzler  und  der  notariellen  Beglaubigmig; 
von  der  Unterfertigung  und  dem  Registraturvermerk;  den  Unterzeichnungen 
der  andern  vertragschliessenden  Partei,  und  von  sonstigen  Bemerkungen  der 
Kanzler  auf  den  Urkunden.  Die  Kaiserkrönung  Karls  IV.  brachte  eine  durch- 
greifende Reform  der  Kanzleigebräuche  (Kap.  12.),  und  zwar  ist  es  unzweifel- 
haft der  Kanzler  Johann  von  Neumarkt,  der  das  Vertlienst  beanspruchen  darf, 
eine  grössere  Regelmässigkeit  geschaffen  zu  haben.  Die  folgenden  Abschnitte 
sind  überschrieben:  der  Beurkundungsbefehl ;  der  unterfertigende  Beamte  und 
die  Ausstellung  der  Urkunden;  die  Conzepte  und  Formelbücher;  das  Regster 
Karls  IV.;  die  Registrirung;  die  Register  Wenzel's,  Ruprecht's  und  Sigmund's; 
Membranen  (d.  h.  mit  dem  königlichen  Siegel  versehene  Urkundenblätter,  auf 


Literatnrbericht.  317 

welche  der  Text  erst  zu  schreiben  war,  ein  Unfug,  der  viele  Klagen  hervorrief); 
fertig  eingelieferte  Urkunden,  Neuausfertigungen,  offizielle  Kopien;  zur  Datirung; 
endlich  erschlichene  Urkunden  und  Fälschungen.  Ein  Urkundenanhang  enthalt 
sieben  bisher  unedirte  Stücke.  Merkwünlig  ist,  dass  Karl  IV.  das  Diplom  für 
Köln  vom  28.  Dezember  1362  als  nicht  aus  seiner  Kanzlei  ergangen  erklärte, 
wiewohl  es,  wie  der  Verfasser  ausführt,  vollkommen  echt  war.  Dass  Urkunden 
von  der  königlichen  Kanzlei  für  erschlichen  erklärt  wurden,  kann  L.  durch  Fälle 
aus  der  Zeit  Karls  und  Sigmunds  belegen.  Das  Taxenwesen  wird  (S.  147)  nur 
flüchtig  berührt.  Als  interessante  Beiträge  zur  Kenntniss  dieses  Punktes  ermähnen 
wir,  dass  Herzog  Philipp  Maria  von  Mailand  dem  Könige  Sigmund  für  seine 
herzoglichen  Pri\ilegien  6000  Dukaten  zahlen  musste,  und  dass  Herzog  Wilhelm  III. 
von  Baiem  1433  den  Betrag  der  Taxen  für  die  Urkunde,  worin  ihm  Sigmund 
die  Verleihung  der  Lande  seines  Ingolstädter  Vetters  Ludwig  im  Bart  in  Aus- 
sicht stellte,  auf  3000  Dukaten  anschlug. 

Das  Ergebniss  seiner  Untersuchungen  fasst  L.  dahin  zusammen,  dass  sich 
statt  der  früher  geträumten  Ordnung  in  vielen  Dingen  Unordnung,  statt  des 
streng  geregelten  Verfahrens  gelegentliche  Willkür  und  Zufall  ergibt.  Gleich- 
wohl wird  anerkannt,  dass  sich  in  Karls  IV.  Kanzlei  unter  AVeiterbildung  des 
von  den  Vorgängern  Ueberlieferten  allmälich  Normen  herausbildeten,  welche  für 
das  folgende  Jahrhundert  und  darüber  hinaus  in  Geltung  geblieben  sind.  Ohne 
Zweifelist  das  hervorragende  organisatorische  Talent  dieses  bedeutenden  Herrschers 
auch  hier  von  massgebendem  Einflüsse  gewesen. 

2.  Urkunden  lehre.  Katechismus  der  Diplomatik,  Paläo- 
graphie,  Chronologie  und  Sphragistlk  von  Dr.  Friedrich 
Lelst.  Mit  fünf  Tafeln  Abbildungen.  Leipzig  1882,  Weber 
IV  und  305  Selten. 

Das  vorliegende  Werkchen,  das  auch  in  die  Sammlung  der  illustrirten 
Kateclüsmen  des  J.  J.  Weber' sehen  Verlags  aufgenommen  ist,  setzt  sich  zur 
Aufgabe,  die  Hauptgrundsätze  der  Urkundenlehre  in  systematischer  Form  klar 
zu  legen,  um  diplomatische  Studien  auch  in  einem  weiteren  Freundeskreis  ein- 
zubürgern. Rs  konnte  in  dieser  Zeitschrift  schon  wiederholt  die  erfreuliche 
Thatsache  konstatirt  werden,  dass  wohl  kaum  eine  andere  wissenschaftliche 
Disziplin  gerade  in  neueste^  Zeit  so  erfreuliche  Fortschritte  aufzuweisen  hat, 
wie  die  Diplomatik;  es  braucht  nur  an  die  Namen  Sickel,  Wattenbach,  Ficker, 
Stumpf,  Rockinger  etc.  erinnert  zu  werden.  Der  Akribie  und  dem  Eifer  dieser 
Forscher  ist  zu  verdanken,  dass  die  Lelurbücher  Gatterer's,  Schönemann's  u.  A. 
heute  als  veraltet  bezeichnet  werden  müssen.  Somit. war  es  ein  glücklicher 
Gedanke,  die  grundlegenden  Lehren  der  älteren  Werke  und^die  Ergebnisse  der 
neueren  Forschimg  in  ein  systematisches  Ganzes  zu  vereinigen  und  auf  solche 
Weise  ein  zunächst  für  Plülologen  und  angehende  Archivare  bestimmtes  Lehr- 
buch herzustellen.  Es  gelang  auch,  die  Schwierigkeiten,  welche  insbesondere 
die  Fülle  des  Stoffes  mit  sich  bringt,  zu  bemeistem,  und  gegen  Anordnung 
und  Behandlungsweise  werden  sich  kaum  erhebliche  Einwendungen  machen 
lassen.     Eine  historische    Einleitung,   die  vielleicht  etwas  ausführlicher  hätte 


318      '  Literaturbericht. 

gestaltet  werden  können,  handelt  von  den  Anfängen  und  wichtigsten  Ent- 
wicklungsstadien der  Urkundenwiftsenschaft  und  charakterisirt  die  Thätigkeit 
der  hervorragendsten  Reformatoren.  Nachdem  sodann  BegriflP,  Aufeabe  und 
Umfang  der  Urkundenlehre  festgestellt  sind,  folgt  eine  Erörterung  des  Systems, 
das  zu  Grunde  gelegt  werden  soll.  Es  ist  nur  zu  billigen,  dass  der  Verfasser 
nicht  eine  neue  künstliche  Fassung  versucht,  sondern,  davon  ausgehend,  dass 
Urkundenlehre  die  „Vermittlerin  der  Kenntniss  der  äusseren  und  imieren 
Merkmale  der  Urkunden**,  an  dieser  natürlichen  Scheidung  festhält.  Als  äussert» 
Merkmale  werden  nun  alle  jene  eiiigt^hend  behandelt,  welche  mit  dem  Mecha- 
nismus der  Herstellung  der  Urkunden  irgendwie  in  Bertlhrung  stehen,  also 
SchreibstofFe,  Urkundenmaterial,  Urkundenschrift,  Abbreviaturen  u.  s.  w.,  als 
innere  Merkmale  diejenigen,  welche  in  irgend  einer  AVeise  zum  Geist  der  Urkunde 
in  einer  Beziehung  st^ihen,  also  Urkundensprache  als  Vermittlerin  des  logischen 
Zusammenhangs  des  ITrkundeninhalts  für  Andere,  Formelwesen,  Zeitangaben 
und  Siegel.  Da  aber  theoretische  Beschreibungen  der  Chrismen,  Monogramme, 
Rekognitionszeichen  etc.  dem  T..eser  immer  nur  ein  unklares  Bild  zu  geben 
vermögen,  ist  auf  fünf  Schrifttafeln  alles  zur  Veranschaulichung  der  einzelnen 
Bestandtheile  eines  Diploms  Wissenswerthe  vereinigt.  Als  Lehrbuch  für  den 
Schüler,  -wie  als  Nachschlagebuch  für  den  Archivar  dürfte  das  Werkchen  in 
seiner  knappen,  doch  nicht  dürftigen  Fomi  treffliche  Dienste  zu  leisten  berufen 
sein.  H. 

3.  Sphragistische  Aphorismen,  300  mittelalterliche  Sie- 
gel systematisch  klassificirt  und  erläutert  von  Dr.  F.  K. 
Fürst  zu  Hoheulohe-Waldenburg.  Heilbronn  1882, 
Schell.     II  und  33  Seiten  in  Quart  und  9  Tafeln. 

„Heut  zu  Tage  dürfte  wohl  schwerlich  ein  wissenschaftlich  gebildeter  Mann 
der  Sphragistik  ihren  Rang  unter  den  historischen  Hülfswissenschaften  (und 
zwar  nicht  in  letzter  Reihe !)  mehr  streitig  machen  wollen."  —  Fürst  Hohenlohe 
hat  mit  diesen  der  Kinleitung  seines  obi»ngenannten  Werkes  entnommenen 
Worten  kurz  und  schlagend  die  Bedeutung  charakterisirt,  zu  der  sich  die  sphra- 
gistische Wissenschaft,  —  Dank  den  gründlichen  und  umfassenden  Arbeiten 
und  iniermüdlichem  Streben  einer  Anzahl  neuerer  Forscher  und  vor  Allem, 
Dank  dem  unablässigen  Fördern  dieser  Wissensqliaft  durch  Fürst  Hohenlohe 
selbst,  —  in  den  letzten  25  Jahren  emporgeschwungen  hat.  Die  Sphragistik 
und  ihre  nächste  Blutsven^andte,  die  Heraldik,  sind  heute  vollbürtig  anerkannt, 
die  Grundsätze  dieser  Wissenszweige  und  ihre  Entwickelung  sind  durch  eine 
historische  Grundlage  dauernd  gefestigt,  und  auf  dieser  Basis  ist  ein  wissen- 
schaftlicher Neubau  errichtet,  dem  zu  seiner  Vollendung  imr  noch  die  Anlegung 
der  eigentlichen  Künstlerhand  fehlt,  um  auch  die  manchfach  hervortretenden 
Kcken  und  Kanten  kunstvoll  abzurunden  und  dem  einheitlichen  Plane  des 
Ganzen  symmetrisc^h  anzupassen.  Für  diese  feine  Detailarbeit  ist  Fürst  Hohenlohe 
der  berufene  Künstler:  seine  vorliegenden  sphragistischen  Aphorismen  geben 
ihm  hiefür  ein  glänzemies  Zeugniss,  der  sphragistischen  Wissenschaft  selbst 
aber   liefern    sie    eine    sehr    schätzbare    Vervollkommnung    und    Höhe    der 


Literaturbericht.  319 

Ausbildung.  Sie  bringen  die  Arbeit  eines  Forschers,  (iem  man  Schritt  um 
Schritt  seine  vollste  Anerkennung  zollen  muss:  hier  sind  gründliche  Kennt- 
nisse mit  edler  Hingebung  an  die  Sache  harmonisch  geeinigt.  Fürst  Hohen- 
lohe  bietet  uns  im  ersten  Hefte  seines  Werkes  auf  9  Tafeln  die  stattliche 
Reihe  won  100  Siegeln,  denen  eine  Beschreibung  auf  33  Seiten  in  49  beigegeben 
ist.  Die  sämmtlichen  Siegel  repräsentiren  entweder  sphragistische  Seltenheiten 
oder  Abnormitäten,  bilden  also  gewissermassen  Ausnahmen  von  den  bestehenden 
sphragistischen  Grundsätzen.  Indem  der  gelehrte  Autor  aber  in  seiner  Beschreibung 
auf  die  feinsten  Unterscheidungen  dieser  Ausnahmen  hinweist,  stellt  er  zugleich 
die  Regeln  und  allgemeinen  Grundsätze  fest,  nach  denen  diese  Ausnahmen  zu 
beurtheilen  sind,  und  schafft  unter  dem  gewiss  zu  bescheidenen  Namen  „Sphra- 
gistische Aphorismen"  ein  Lehrgebäude,  das  sich  allen  bedeutenden  Werken 
dieses  Gebietes  entschieden  zur  Seite  stellt.  Da  werden  wir  an  der  Hand 
dieses  reichen  Materials  zunächst  in  die  Details  der  sphragistischen  Systemati - 
sirung  eingeführt,  bald  wird  uns  ein  Hinweis  auf  die  Spezialgrundsätze  der 
Heraldik  gegeben,  bald  werden  wir  in  das  Gebiet  der  Kunstgeschichte  geleitet; 
da  findet  sich  eine  Klarlegung  mittelalterlicher  Symbolik,  dort  ein  Anhaltspunkt 
geboten,  um  in  die  Architektonik  und  Ornamentik  liinüberzugreifen,  kurz  eine 
Vielseitigkeit  des  Stoffes  drängt  sich  in  Hohenlohe's  Werk  zusammen,  das 
damit  ohne  Zweifel  den  Zweck  des  Autors:  „der  Splmigistik  neue  Forscher 
und  neue  Freunde  zu  gewinnen,**  erfüllt.  Vra  nur  an  wenigen  Beispielen  das 
Gesagte  zu  erhärten,  verweisen  wir  auf  das  höclist  hiteressante  Siegel  Nr.  26, 
dessen  Bild  in  der  Regel  falsch  erklärt  wurde  und  zu  manchfachen  ^liss- 
verständnissen  Anlass  gab,  auf  die  zahlreichen  Reitersiegel  Nr.  1,  und  Nr.  54 
— 64,  femer  auf  die  Belege  für  abnorme  Siegelformen  Nr.  84—%  u.  dgl.  m. 
Fassen  wir  hiezu  noch  die  äussere  Form  in's  Auge,  in  der  diese  Schätze  er- 
scheinen, so  lässt  sich  auch  nach  dieser  Seite  hin  nur  Vorzügliches  berichten. 
Die  Darstellung  ist  kurz,  klar  und  auch  rein  historisch  instruktiv.  Sie  schliesst 
wohl  die  bereits  von  C.  Heffner  erläuterten  Kaisersiegel,  sowie  die  der  höheren 
Geistlichkeit  aus,  ist  aber  darum  desto  umfassender  rücksichtlich  aller  andern 
Siegelarten  und  wird  von  den  trefflich  in  Druck  ausgeführten  Siegelbildem 
wesentlich  unterstützt  und  gefördert.  ...  st. 

4.  Svenska  Sigiller  fran  Medeltidon  utgivna  af  Bror 
Emil  Hildebrand.  Stockholm  1862  und  1867,  Kongl. 
Witterhets  Historie  och  Antiquitets  Akademien  s  Föriag. 
Grossfolio.  Erste  Hälfte  Xu  und  28  Seiten  nebst  25  Tafeln. 
Zweite  Hälfte  H  und  76  Seiten  nebst  45  Tafeln. 

Ein  Prachtwerk  erster  Klasse,  sowohl  was  Schönheit  der  Ausstattung  und 
Auswahl  und  Genauigkeit  der  Abbildungen  betrifft,  als  auch  die  Erklärungen 
der  Siegel  und  die  Leichtigkeit,  sich  unter  ihnen  zurecht  zu  finden.  Schwerlich 
möchte  irgendwo  in  Europa  ein  sphragistisches  Werk  solcher  Art  diesem  schwe 
dischen,  das  jedoch  noch  nicht  vollendet  ist,  vorgehen,  selbst  wo  der  photo- 
graphische Lichtdruck  angewendet  wirtl.  Es  enthält  66  Königs-  und  Fürsten- 
si^el,   84  Bischofssiegel,    19  von  Domkapiteln,  36  von  Klosterobem,   150  von 


320  Literaturbericht. 

Priestern  und  Mönchen,  773  von  Rittern  Amtleuten  Bürgern  und  Bauern,  zu- 
sammen 1128  Stücke.  Ungemein  belehrend  sind  die  Eigenthümlichkeiten,  mit 
welchen  sich  die  verschiedenen  Stände  des  schwedischen  Volkes  hier  in  ihren 
Siegeln  charakterisiren.  Im  Ganzen  genommen  aber  könnte  das  Werk  auch  auf 
säclisischem  oder  schwäbischem  Boden  entstanden  sein:  so  viel  Gleiches  zeigt 
sich  mit  der  Weise,  wie  sie  in  Deutschland  üblich  war.  Thiere  jedoch  wurden 
in  Schweden  zu  Wappenbildem  nicht  so  häufig,  als  bei  uns,  gewählt.  Auch  waren 
Vollsiegel  mit  Ilelmzierden  dort  seltener,  als  in  Deutschland.  Hausmarken  lyid 
ähnliche  Zeichen  finden  sich  ebenfalls  auf  schwedischen  Siegeln.  Wohl  aber 
scheint  die  Kntwickelung  der  Heraldik  gegen  Deutschland  stets  etwas  zurück  ge- 
wesen zu  sein.  Die  beiden  ältesten  Originalurkunden,  die  sich  in  schwedischen 
Archiven  finden,  sind  beide  vom  Jahre  1164,  die  eine  von  König  Karl  Sverkersson, 
die  andere  vom  ersten  Erzbischof  in  Upsala.  Dagegen  haben  wir  auch  in  Bayern 
kein  viel  älteres  Reitersiegel,  als  sich  in  Schweden  eines  aus  dem  Ende  des 
zwölften  Jahrhunderts  darstellt.  Abweichend  von  dem  Brauch  in  Deutscliland 
führt  die  Umschrift  auf  der  Gegenseite  der  Königssiegel  häufig  statt  Sigillum 
das  Wort  Clipeus  mit  dem  Reichswappen.  Die  streng  chronologische  Reihenfolge 
der  Siegel,  welche  von  Bror  Em.  Hildebrand  gewählt  ist,  sowie  seine  trefFliche 
Vorrede  kommen  dem  sphragistischen  Studium  zu  Statten,  nicht  minder  die  alpha- 
betische Zusammenstellung  der  Siegelbildcr.  Sehr  häufig  b^egnen  uns  unter 
diesen  die  sogenannten  Lilien  in  verschiedenen  Anwendungen:  dass  die  lilja 
und  liljor  aber  AVurfeisen  waren,  zeigt  sich  sehr  deutlich  im  Siegel  des  k.  Raths 
Magnus  Johansson  an  der  Urkunde  von  1428.  —  Es  scheint  uns  eine  Ehrensache 
für  Schweden,  dass  Hildebrand's  gross  angelegtes  Werk  würdig  vollendet  werde.  L. 

5.  Statistica  degli  Archiv!  della  regione  Veneta.  Ve- 
netia  1880—81  Naratovich,  perla  K.  Sovrintendenza  agli 
archivi  veneti.  I.vol.  CIV  und  480  Seiten.  11.  vol.  561  Seiten. 
III.  vol.  All  und  296  Seiten. 

Italien  hat  sich  —  die  Archivalische  Zeitschrift  brachte  wiederholt  Kunde 
davon  —  in  den  letzten  zehn  Jahren  seine«  Archivwesens  mit  Eifer  und  Erfolg 
angenommen,  und  noch  fortwährend  ist  im  Flusse  eine  einlieitliche  und  bessere 
Organisation,  wie  sie  werth  und  würdig  ist  der  grossen  nationalen  That  der 
politischen  Herstellung  des  schönen  Landes.  So  wenig  im  Ganzen  genommen 
die  Privat-Thätigkeit  auf  dem  historischen  Gebiete  bei  den  Italienern  hervortritt, 
—  denn  gegen  die  Leistungen  der  deutschen  Gaschichts-Forscher  und  -Vereine 
haben  sie  verliältnissmässig  noch  wenig  in  die  Wagschale  zu  legen,  —  so  rühmlich 
und  allseitig  ist  die  Fürsorge  der  Regierung.  Die  Regierung  thut  in  Italien  für 
öffentliche  Interessen  fast  Alles,  der  Staatsbürger  noch  längst  nicht  genug.  Mit 
vollem  Recht  wird  aber  bei  der  Besserung  des  Archivwesens  zunächst  Gewicht 
gelegt  auf  Ausforschung,  Feststellung:,  und  Bekanntmachung  aller  Archivalien, 
die  an  irgend  einem  Orte  vorhanden  sind,  und  zwar  geschieht  das  in  einer  aus- 
giebigen Weise,  gegen  die  wir  in  Deutschland  noch  weit  zurückstehen.  Ist  doch 
Bayern  der  einzige  deutsche  Staat,  welcher  über  den  Gesammt-Inhalt  seiner 
Arclüve  Nachweise  veröffentlicht. 


Literaturbericht.  321 

Wiederum  lie^  uns  ein  stattliches  Werk  (lieser  Art  aus  Italien  vor,  das  sich 
in  zwei  starken  OktavbUnden  um!  einem  kleineren  Nachtragsbande  über  die  acht 
IVovinzen  des  ehemals  venetianischen  Königreiclis  —  Belluno,  Padua,  Rovigo, 
TreNÖso,  Udine,  Venezia,  Verona,  Vicenza  —  verbreitet.  Herausgeber  ist 
B.  Cecchetti,  Sovrintendente  der  venetianischen  .\j*clüve.  Nach  einem  kurzen 
Ueberblick  ihrer  Geschichte  im  jetzigen  Jahrhundert  winl  für  je<le  l^vinz  zuerst 
dargelegt,  was  sie  an  Regierungsakten  besitzt  in  Sachen  der  Justiz,  der  Ver- 
waltung, der  Finanzen,  des  Heeres.  Hodann  folgen  tlie  Arcliive  der  öffentlichen 
Anstalten  und  Genossenschaften,  die  nicht  unter  Staatsverwaltung  stehen,  also 
der  Bisthümer,  Kapitel,  Pfarren,  Klöster,  Stifter,  Brüderschaften,  Spitäler,  Waisen- 
häuser, Gefängnisse,  Handelskammern,  femer  der  Museen,  Stadtbibliotheken, 
Schulen,  Sparkassen  u.  s.  w.,  am  wenigsten  zu  vergessen  die  für  Italien  so 
wichtigen  alten  Notariatsarchive.  Um  ein  Beispiel  zu  geben,  sind  für  die 
Juden  in  Venedig  aufgeführt  die  Arcliive  der  Gemeinde  überhaupt,  dann  der 
drei  Schulen  der  spanischen,  der  grossen  deutschen  und  der  italienischen  Schule, 
dann  der  jüdischen  Vereine  für  Töchterausstattung,  Barmherzigkeit,  Sklaven- 
freikauf  und  Hülfe.  Die  dritte  Grui)pe  bilden  die  Familienarchive,  die  in  Italien 
noch  melir,  als  bei  uns,  zusammen  geschwimden  sintl.  Venedig  hatte  vor  vierzig 
Jahren  ilirer  noch  22:  wie  \iele  noch  jetzt,  nachdem  so  viele  Patrizierhäuser  in 
die  Hände  reichgewordener  Geldhändler  aus  dem  Orient  übergegangen  sind, 
noch  bestehen,  ist  ungewiss.  Kaum  werden  die  Letzten  eines  berühmten 
Geschlechts,  als  sie  in  Noth  und  Schulden  das  Stanunliaus  verlassen  mussten, 
für  das  darin  befindliche  Archiv  noch  haben  sorgen  können.  In  Verona  gab 
e,s  vor  der  jüngsten  Ueberschwemmung  noch  9  Familienanliive ,  in  allen  zu- 
sammen aber  nur  drei  I'rkunden  aus  der  Zeit  vor  dem  fünfzehnten  Jahrhundert. 
Nachdem  diese  drei  Archivaliengruppen  abgeliandelt  sind,  folgt  in  jeder  Provinz 
Gemeinde  für  Gemeinde  Anzeige  des  in  jeder  Ort^^chaft  befindlichen  Archivalien- 
besitzes, und  wären  es  auch  nur  ein  paar  Akten  aus  unserem  Jahrhundert.  So 
reichlich  ist  diese  Sammlung,  da.ss  von  817  gnisseren  (lemeinden  nur  etwa  der 
achte  Theil,  nämlich  127,  nicht  vertreten  sind. 

Angehängt  sind  nicht  nur  die  Archive  der  Städte  und  Landsdiaften,  die 
einmal  zu  Venedig  gehört  haben,  nicht  nur  Bergamo  und  Brescia,  sondern  auch 
Triest,  Istrien,  Dalmatien,  Corfu  und  Cefalonia,  und  das  ganze  Trentino,  soviel 
sich  nämlich  davon  in  Erfalirung  bringen  Hess.  —  Dank  insbesondere  gebührt 
dem  Herausgeber,  dass  er  unter  dieser  Menge  von  Archiven  nicht  anzumerken 
unterliess,  wo  dieses  oder  jenes  ein  Missgeschick  traf,  Feuersbrunst  oder  Ent- 
führung oder  Zerstreuung  in  Zeiten  der  Noth  oiler  Fahrlässigkeit.  Ebenso  fehlt 
nicht  die  .Vngabe,  wenn  uml  wo  ein  .irchiv  bert»its  das  Glück  liatte,  ganz  oder 
theilweise  beschrieben  zu  werden.  Sehr  willkommen  sind  auch  die  Schlüssel 
zu  den  Cliiffre-Scluiften,  deren  sich  die  venetianischen  (tcsandten  am  Bosponis, 
in  Frankreich  England  Deutschland  und  Spanien  bedienten,  worüber  für  die 
\\er  Jalire  l'y'yi  bis  1557,  nämlich  bezüglich  cler  venetianischen  Gesandten  damals 
in  England,  bereits  Dr.  Paul  Friedmann  und  L.  Pausini  etwas  mittheilten.  Zum 
Schlüsse  endlich  ist  nicht  nur  ein  genauer  Orts-  und  Herkunfts-Index  all  der  in 
den  drei  Bänden  erwähnten  Arcliive  gegeben,  sondern  sogar  auch  ein  Verzeichniss 
der  Schriften  und  Abliamllungen,  die  in  verscliiedenen  Ländern  Europas  über 
irgend  ein  Archiv  oder  irgend  eine  ^Vrcliivaliengnippe  in  demselben  erschienen 

Arcblvalische  Zeitschrift  VII.  21 


322  Literaturbericht. 

sind.  Dass  man  darüber  soviel  in  Venedig  zusammenbrachte,  muss  angenehm 
überraschen.  Irrthüraer  und  Mängel  waren  freilich  bei  dieser  BibUographie  un- 
vermeidlich: so  muss  der  Herausgeber  dieser  Blätter,  deren  erste  drei  Bände 
fleissig  benutzt  sind,  Württemberg  vertreten,  weil  von  ihm  in  der  Archivalischen 
Zeitschrift,  die  damals  in  der  Württembergischen  Hauptstadt  verlegt  wurde,  der 
Artikel  über  den  Beruf  unserer  Arclüve  in  der  Gegenwart  herrührt. 

Vielleicht  aber  schwebt  schon  lange  manchem  Leser  die  Frage  auf  der 
Lippe:  Ist  es  denn  möglich,  in  drei  Bänden  bei  einer  solchen  !Menge  von  Ar- 
chiven —  es  sind  weit  mehr  als  tausend  erwähnt  —  etwas  Verständliches  und 
Brauchbares  über  den  Inlialt  eines  jeden  zu  sagen  ?  Leider  ist  diese  Frage  nur 
in  sehr  beschränktem  Masse  zu  bejahen.  Kegesten  erhalten  wir  nur  aus  Triest, 
nähere  Andeutungen  über  den  Lihalt  der  alten  und  neuen  Arcliivaliengruppen 
nur  aus  den  vier  Archiven,  die  zu  Vcneilig  in  den  Klostergebäuilen  dei  Frari 
imd  di  San  Nicoletto,  im  Palast  Dieci  Savii  am  Rialto  und  in  dem  Schulhause 
degli  Orefici  lagern.  Es  war  aber  auch  von  vornherein  bloss  die  Absicht,  eine 
Stati.stik  zu  geben,  wie  viele  huste,  registri,  mazzi,  pergamene,  dise^i  (Cartons, 
Hefte,  Aktenbündel,  Pergamenturkunden,  Pläne  und  Gnmdrisse)  an  jedem  Orte 
vorhanden.  Xun  ist  im  Grunde  wenig  damit  ge<lient,  tlass  man  weiss,  es  seien 
im  ganzen  venetianischen  Lande  127,690  Pergamenturkunden  und  ausserdem 
1,824,324  Bündel  und  Hefte  und  Bände  vorhanden.  Allein  es  hat  doch  seinen 
Werth,  dass  einmal  schwarz  auf  weiss  festgestellt  und  gedruckt  ist,  wie  viele 
Stücke  in  jeder  Gemeinde  und  in  jedem  kleinen  oder  grossen  Arcliiv  vorhanden 
sind :  einigermassen  ist  doch  dadurch  der  Verschleuderung  ein  Damm  verzeichnet. 
Auch  hat  der  erste  Band  von  Cecchetti's  Werke  dem  Gesetzentwurf,  welchen 
der  Minister  des  Innern  Depretis  im  Februar  vorigen  Jahres  vorlegte,  trefflich 
zur  Unterstützung  gedient.  Der  viel  grössere  Werth  aber  dieser  Statistik  besteht 
darin,  dass  überall  die  Entstx'hungszeit  der  ^Vrchivalien  von  ilirem  ersten  bis  zum 
letzten  Jahr  genau  angegeben  ist.  So  bietet  uns  in  Padua  die  alte  Universität 
ausser  Kopien  nur  Akten  vom  15.  Jahrhim<lert  dar;  das  Urkmidenarchiv  der 
Stadt  aber  besitzt  8419  Pergamenturkunden  von  734  bis  1400  und  die  besondere 
Archivgnippe  Corona  5193  Urkunden,  deren  erste  das  Jahr  1192  zeigt;  das 
bischöfliche  Archiv  beginnt  mit  dem  Jahre  1 208 ;  das  reiche  Xotariatsarchiv  mit 
1222;  ein  Pfarrarchiv  mit  1247;  ein  Privatarcliiv  aber  bereits  mit  1095:  diese 
alle  in  Padua.  Ein  Geschichtschreiber  dieser  Stadt  und  Landsclmft  weiss  also 
doch,  wo  er  für  jede  Periode  nachzusuchen  hat.  So  zeigt  uns  auch  eine  Tafel  von 
Verona  genau  an,  wie  viele  von  den  2184  Pergamenturkunden,  die  sich  dort  l>e' 
finden,  päpstliche,  kaiserliche,  königliche,  herzoglich  venetianische,  fürstliche  und 
sonstige  Urkunden  sind;  femer  lehrt  die  Tafel,  wie  \iele  von  diesen  Urkunden 
und  den  44,783  Pergamentrotel n  auf  jedes  Jahrhundert  vom  6.  bis  19.  fallen; 
endlich  giebt  die  Tafel  auch  zu  erkennen,  welche  Ziffer  von  ihnen  auf  jedes 
Archiv  trifft.  Der  Gescliichtsforscher  wird  gewiss  dankbar  sein  für  solche  guten 
Winke.  Würde  nur  erst  irgendwo  im  weiten  Deutschland  der  iVnfang  gemacht 
mit  einer  so  genauen  Aufnalimc  der  Archivalien,  wie  sie  in  dieser  mühevollen 
und  so  vollständigen  venetianischen  Archivstatistik  vorliegt.  Olme  Hülfe  und 
Förderung  durch  den  Staat  lässt  sich  ein  solches  Werk,  das  freilich  dann  tiefer 
auf  Charakterisirung  des  Inhalts  der  ^Vrcliivc  eingehen  müaste,  gar  niclit  unter- 
nehmen. L. 


Literaturbericht.  323 

6.  L'archivio  di  stato  in  Venezia  ne^li  anni  1876  — 1880 
per  la  R.  Sovrintendenza  agli  arch.  ven.  Venetia  1881, 
Naratovich.     XI  und  276  Selten. 

Diese  Schrift  —  ebenfalls  vom  ^Vrchivdirektor  Cecchetti  —  bildet  die  will- 
kommene Ergjlnzung  zur  vorigen,  da  sie  eine  Geschichte  des  Archivs  in  den 
letzten  für  dasselbe  so  wichtigen  Jahren  und  eine  ausftthriiche  Dariegung  über 
den  gesammten  Archivdienst,  seine  Einrichtung,  Be^xmten,  Arbeiten,  Publikationen, 
Bibliothek  und  diplomatische  Schule  enthält,  nebst  berechtigten  ferneren  Wün- 
schen für  das  Heil  des  Archfvs,  und  niancherlei  Mittheihnigen  über  den  Inhalt. 
Auch  fehlt  nicht  ein  sehr  reichhches  Verzeichniss  der  Archivbenützer  und  für 
welche  Zwecke  sie  arbeiteten.  Wer  fände  nicht  etwas  für  seine  historischen 
Schriften  der  letzten  \ier  Jahrhunderte  in  dem  Archiv  des  Freistaats,  der  mit 
aller  Welt  in  Berührung  stand  und  sorgfältig  seine  amtlichen  Schriftstücke  in 
Ordnung  hielt.  In  den  fünf  Jahren  von  1876  bis  1880  stellten  sich  im  Ganzen 
700  jVrchivbenützer  ein,  unter  ihnen  16i)  Nichtitaliener.  Die  Korrespondenz  des 
Direktors  mit  auswärtigen  Archiven  führte  zu  Mittheilungen  über  Stand  und 
Ordnimg  der  An^hive  in  Japan,  Mexiko,  Holland,  Russland,  Spanien,  und  der 
Schweiz,  die  jeder  ArchiN-freund  mit  Vergnügen  lesen  wird.  Wer  aber  über  die 
Geschichte  des  ntirdlichen  Italiens  Forschungen  machen  will,  "wird  sich  hier  über 
den  Zustand  der  städtischen  Archive  in  den  Hauptstädten  des  ehemaligen  Vene- 
tiens  unterrichten  können.  Die  thätige  und  intelligente  Verwaltung  des  Staats- 
archivs geht  mit  dem  Gedanken  um,  die  Archivrepertorien,  soweit  sie  überhaupt 
nicht  bloss  für  die  Archivbeaniten  bestimmt  sind,  zu  vercifFentlichen,  ein  Werk, 
dessen  vollständige  Ausführung  —  wenigstens  für  <lie  Zeit  des  Bestandes  der 
venetianischen  Republik  —  aller  Orten  nur  dankbar  könnte  begrüsst  werden.      L. 

7.  Steiermärkische  Geschichtsblätter.  Herausgegeben 
von  Dr.  J.  v.  Zahn,  Landesarchivdirektor.  Graz  1881 
•lind  1882,  Leykam- Josephsthal. 

Glückwünschen  kann  sich  die  S(^höne  Steiermark,  dass  ihr  Archiv  einem 
Manne  anvertraut  ist,  wie  der  gegenwärtige  Landesarchivar.  Nicht  nur  ist  das 
Archiv,  wie  wir  auch  von  Andern  wissen,  wohlgeordnet  bis  in's  Kleinste  und 
Feinste,  vergleichbar  einem  einladenden  Buche,  in  welchem  der  Stoff  trefflich 
vertheilt  ist  und  mittels  guter  Verzeichnisse  Jeder  sogleich  finden  kann,  was  auf 
jeder  Seite  st^ht,  —  Dr.  v.  Zalm  stellt  auch  in  seinen  steiermärkischen  Geschichts- 
blättem,  die  jetzt,  alle  Vierteljalir  ein  Heft,  blühend  im  dritten  Jahrgange  stehen, 
ein  Beispiel  auf,  wie  ausgiebige  Dienste  auch  ein  Pro\inzialarchiv  der  Geschichte 
leisten  kann,  wenn  der  rechte  Mann  es  verwaltet.  Die  Archivalische  Zeitschrift 
kann  w^der  Alles  en;\'ähnen  noch  besi)rechen,  was  aus  Archiven  veröffentUcht 
wird:  sie  hätte  ja  dafür  ebensoviel  Bände  nöthig,  als  ihr  jetzt  Seit<?n  zu  Gebote 
stehen.  Allein  die  hier  in  Rede  stehende  Art  und  Weise,  planmässig  fort  und 
fort  aus  Archives  Mittcm  bald  grosse,  bald  kleine  Lichtstrahlen  auf  die  Landes- 
geschichte zu  werfen,  dabei  das  Kleine  wie  das  Grosse  weckend  und  anregend 
zu  benutzen,  den  ArchiWnlialt  ui  Verbindung  und  Gegensatz  mit  Anstalten  und 

21* 


324  Literaturbericht. 

Bestrebungen  der  Gegenwart  zu  setzen,  ist  doch  einzig  in  ihrer  Art.  Jedes 
Heft  bringt  eine  Reihe  interassanter  Aktenstücke,  aus  neuerer  Zeit  wie  aus 
dem  Mittelalter,  zur  Staats-  Sitten-  Rechts-  und  Kulturgeschichte.  Pri\i- 
legien  der  Städte  und  Märkte  wecliseln  ab  mit  der  Geschichte  der  Orden  und 
religiösen  Bewegungen,  Ijandsknechtsfahrten  und  Ilexenprozesse  mit  Chroniken 
und  Familienbüchern.  »Nach  des  Löwen  Tode«  ist  ein  Pamphlet  auf  Kaiser 
Joseph  II.  überschrieben,  welches  den  ganzen  Zorn  und  Geifer  der  ihm  feind- 
lichen Partei  athmet,  indem  es  darstellt,  wie  sein  Leichen begängniss  sein  sollte». 
Im  Grazer  Landesarchiv  hätte  man  auch  wohl  keine  Briefe  erwartet,  die  Auskunft 
geben,  wie  Murat  in  den  Tod  gelockt  wurde.  Ein  literarischer  Anhang  aber 
giebt  zu  jedem  Hefte  über  historische  Werke  von  Bedeutung,  die  inzwischen 
erschienen,  Berichte  und  Beurtheilungen,  unter  denen  namentlich  die  von  Krones 
durch  Geist  und  Gehalt  anmuthen.  Dann  folgt  das  sorgfältigste  und  vollständigste 
Verzeichniss  aller  Schriften  und  Bücher,  die  sich  auf  der  Steiermark  Archäologie, 
Biographie,  Landes-  Kirchen-  und  Kunstgeschichte,  auf  Topographie,  Gewerbe 
und  Anstalten  beziehen.  Den  Schluss  aber  bildet  jedesmal  eine  Illustration  aus 
dem  Archive,  Wiedergabe  alter  Urkunden  oder  einer  Landkarte  oder  eine 
Städte-  Klöster-  und  Burgen- Abbildung.  Kurz,  durch  jedes  Heft  setzt  sich  das 
Landesarchiv  mit  Allem  in  Verkehr,  was  in  der  Steiermark  geistig  und  i^irth- 
schaftlich  denkt  und  strebt.  L. 

8.  Mittheilungen  aus  dem  Stadtarchiv  zu  Köln. 
Herausgegeben  von  Dr.  Konstantin  H  ö  h  1  b  a  u  ni. 
Erstes   Heft.     Köln  1882,  Dumont-Seliauberg.     107  Seiten. 

Im  Kölner  Stadtarclüv,  ttl>er  dessen  Geschichte,  Reichthum  und  weittragende 
Bedeutung  sclion  der  zweite  Band  der  Archivalischen  Zeitschrift  eine  ausführ- 
liche Mittheilung  von  dem  verstorbenen  Stadtarchivar,  dem  sehr  verdienten 
Dr.  Ennen,  brachte,  geht  der  neue  Vorstand,  Dr.  Höhllxium,  mit  p]ifer  an  die 
Neuordnung  der  Bestände  und  beabsichtigt  zugleich,  »ein  vorläufiges  Inventar 
bestimmter  Cinippen,  auf  welche  die  Ordimngsarbeiten  sieh  grade  ausgedehnt 
haben,  zu  veröffentlichen.  Alle  Zeiten  und  Beziehungen  kölnischer  Geschichte 
werden  dabei  gleichmässige  Berücksichtigung  linden;  die  meiste,  wie  sich  ver- 
steht, diejenigen  Partien,  auf  denen  die  Kntwicklmig  bis  zum  heutigen  Tage 
beruht«.  Das  erste  Heft  dieser  Mittheilungen  bringt  bereits  sehr  wesentüche 
Stücke,  Regesten  aus  den  alten  stadtkölnischen  Kopienbüchem  von  Keller  in 
Köln,  und  aus  dem  Hansakontor  zu  Brügge- Antwerpen  von  Dr.  Hölübaum  imd 
Dr.  Hagedorn  in  Lübeck,  eine  interessante  Darlegung  des  ältesten  Aktenbestandes 
der  städtischen  Verwaltung  von  Dr.  Hoeniger  in  Köhi,  und  einen  Beweis  der  Un- 
ächtheit  des  Kölner  Schiedsspruches  von  11(31)  von  Dr.  Tannert  in  Köln.  Zur 
Einleitung  eniffnet  der  Herausgeber  eine  blinkende  Kette  von  Vorschlägen  zur 
Hebung  des  deutschen,  insbesondere  städtischen  Archivwesens,  die  wir,  ^ie 
jeden  Vorgang  zur  Förderung  unsers  Berufs  und  seines  Verständnisses  in  Be- 
amtenkreisen wie  im  grossen  Publikum,  mit  lebhaftei*  Freude  begrüssen.  Wenn 
aber  der  Herausgeber  »das  Hauptziel  der  Archive  in  der  uneigennützigsten  Be- 
gegnung mit  der  forschenden  Wissenschaft  findet« ,  so  ist  das  wohl  ein  in  schöner 


Literaturbericht.  325 

Begeistening  für  die  Sache  nicht  recht  bedachter  Ausdnick :  sonst  wäre  ja  das 
kürzeste  und  ausjriebigste  Mittel  zum  Zweck,  wenn  der  liistorische  Theil  des 
Kölner  Stadtarchivs  der  nahen  Universität  Bonn  einverleibt  würde.  Wir  sollten 
meinen,  das  nächste  Hauptziel  des  Kölner  Stafltarchivars  mtisste  sein,  das  ihm 
anvertraute  Archiv  in  eine  lichtvolle  Ordnung  zu  bringen  und  auf  dieses  Ziel 
alle  Kraft  und  Zeit  zu  verwentlen.  Daran  könnte  sich  Ausforschung  und  Dar- 
legung des  gesammten  Archivbestandes  im  früher  kurkölnischen  Gebiete  an- 
schliessen,  eine  xVufgabe,  für  welche  der  gediegene  Vortrag,  welchen  <ler  Dres- 
dener Archi\Tath  Dr.  Er  misch  auf  dem  sächsischen  Gemeindetag  am  letzten 
4.  Juli  hielt,  beherzigenswerthe  Ix^hren  gab  und  zwar  auf  der  Gmndlage  wirk- 
licher Erfahrungen.  L. 

9.  Magazin  des  Moskauer  Hauptarchivs  des  Mini- 
steriums der  auswärtigen  Angelegenheiten.  Erste 
Lieferung.     Moskau  1880.     VI  und  211  Seiten. 

Zu  den  beiden  Petersburger  Sbomiks,  deren  einen  die  kaiserl.  nissische  histo- 
rische Gesellschaft  und  den  an<lem  Kalatschow's  Archäologisches  Institut  haupt- 
süchlich  mit  Beiträgen  füllen,  die  auf  archivalischen  Forschungen  beruhen,  ist 
nun  ein  dritter  Sboniik  (Magazin)  hinzugetreten,  welcher  von  der  > Kommission 
zur  Herausgabe  von  Urkunden  und  Vertrilgen<  ausgeht,  die  bei  dem  im  fünften 
Bande  der  Archivahschen  Zeitschrift  geschilderten  grossen  Moskauer  historischen 
Archiv  besteht.  Ausser  Mittheilungen  über  das  nissische  Archiv wesen,  einem 
Archivalienverzeichniss  aus  der  Zeit  Malinowski's,  der  vim  1814  bis  1870  Vorstand 
war,  werden  hauptsächlich  Abhandhingen  aus  der  neueren  europäischen  und 
nissischen  Geschichte  geboten,  die  theilwelse  bereits  anderswo  zu  lesen  waren.  Möge 
die  Fortsetzung  der  in  zwanglosen  Heften  erscheinenden  Zeitschrift  vollauf  ihre 
Absicht  erfüllen,  nämlich  über  den  Inhalt  des  Moskauer  Hauptarchivs  Licht  zu 
verbreiten  und  die  Ausbeutung  seiner  Schätze,  die  auch  für  deutsche  (ieschichte 
Wichtiges  enthalten,  anzuregen  un<l  zu  erleichtem,  und  m()ge  das  venlienstliche 
Unternehmen  mehr  als  bisher  von  der  Theilnahme  und  Förderung  der  Gebil- 
deten in  Russland  getragen  werden!  L, 


XVII.  Kleinere  Mittlieiliingen. 


1.  Magyarische  Archireiitfiihrnng.  In  unseliger  Verblcnflung  f?ebt  mau 
in  Ungarn  immer  weiter  bei  Umkebr  des  Satzes,  dass  Staaten  sich  durcb  die 
Gnnidsüt/e  er}ialten ,  (hircb  welcbe  sie  gross  geworden.  Ungarn  ist  ein  Staat 
von  versebiedenen  Vr>lkersebaftcn,  deren  Freibeit  bei  Gebraiieb  ibrer  Mutter- 
spracbe  in  Scbule  Gericlit  und  Verwaltung  des  T^andes  Gedeihen  bedingte.  Jetzt 
wird  diese  Freibeit  stückweise  zerstört  oder  eing(»srbnürt.  Minister  Tisza  be- 
handelt die  Länder  der  ungarischen  Krone,  wie  der  erste  Napoleon  die  seines 
KaiserreiclLS :  gleichwie  Dieser  die  IlauptscbriftÄttlcke  der  europäischen  G(*schichte 
nach  Paris  schaffen  wollte,  schleppt  Tiszjt  die  Landesarchive  nach  Pest.  Aus  AVien 
wurde  dabin  verbracht  das  Archiv  der  siebenbürgischen  Hofkanzlei,  aus  Klausen- 
burg dius  Archiv  der  siebenbtirgiscben  Regierung,  au.«  Hennanstadt  das  sieben- 
bürgiscbe  Fiskalarchiv.  Uebrig  waren  noch  die  beiden  eigentlichen  Landes- 
archive Siebenbürgens,  das  des  Kapitels  in  Klausenburg  und  des  Konvents  in 
Kolomonostor.  Vor  vier  Jahren  schon  wollte  Tisza  sich  ihrer  im  Wege  der  Ver- 
waltung bemächtigen,  die  Arcbivalische  Zeitschrift  legte  im  (bitten Bande  SiMte 3 10 ff. 
die  Ungesetzlichkeit  diesv^  Verfahrens  dar,  man  musste  davon  abstehen.  Jetzt 
—  denn  die  ungarische  Regierung  lässt  auch  das  kleine  Wild  nicht  aus  dem 
Auge  —  ist  der  Weg  des  Gesetzes  eingeschlagen,  d.  h.  was  die  Regierung  für 
sich  nicht  wagte,  soll  ein  Parlamentsspruch  ihr  erlauben.  Nienials  war  wohl 
ein  Gesetzentwurf  schnöder  begründet,  als  der  vom  23.  März  dieses  Jahres  »über 
die  Vereinigung  der  beiden  siebenbüi'giscben  Landesarchive  mit  dem  luigarischen 
Landesarchiv,  t  Ihre  Entführung  nach  Pest  sei,  so  heisst  es,  >eine  nothwendige 
Folge  der  I^nion  Siebenbürgens  mit  Ungarn* :  aus  demselben  Grunde  könnten 
die  Archive  aus  allen  deutschen  Städten  nach  Berlin  gezogen  werden.  Sie  > be- 
zögen sicb,c  heisst  es,  »auch  auf  Tbeile  L^ngams:-  —  giebt  das  ein  Recht,  sie 
Siebenbürgen  zu  nehmen,  selbst  wenn  die  ungarische  Beziehung  nicht  so  gering- 
fügig wäre,  wie  in  Wahrheit  der  Fall?  Da  die  Regierungsarclüve  Siebenbürgens  in 
Pest  wären,  xlüi-ften  dort  auch  seine  Landesarchive  nicht  fehlen,  aus  Rücksicht 
auf  die  administrativen  und  noch  mehr  auf  die  wissen.schaftlicben  Interessen 
Siebenbürgens«.  Nun  ruft  doch  das  Bedürfniss  dieses  Landes  laut  und  ver- 
nelnnlich  nach  diesen  Archiven;  denn  sie  enthalten  nicht  bloss  Geschichts-,  son- 
dern auch  in  grösster  Menge  Gescbiifts-I^rkunden.  Jene  bci<len  Korporationen 
hatten  nämlich  die  Stellung  von  öffentlichen  Notaren;  jede  für  Recht  und  Besitz 
der  Einwohner  wichtigere  Urkunde  wurde  bei  jenen  Archiven  bestätigt  und 
in  Abschrift  niedergelegt.  Das  wissenschaftliche  Inter(»sse  aber  verlangt  diese 
Archive  für  die  Universität  Klausenburg  und  den  so  sehr  thätigen  deutschen 


Kleinere  Mittheilungen.  327 

historischen  Verein  von  Siebenbürgen.  Wenn  endlich  der  Gesetzentwurf  grosses 
(tewicht  darauf  legt,  dass  die  beiden  Archive  mit  Lokalen  und  Beamten  schlecht 
bedacht  seien,  so  kann  darin  doch  nur  ein  Gebot  liegen,  besser  für  sie  zu  sorgen. 
Doch  alle  Gründe  de«  Rechtes  und  der  Vernunft  werden  vergebens  sein.  Hal)en 
ehemals  die  Tatan^n  den  Siebenbürger  Arcliiven  arg  mitgespielt,  so  wollen  jetzt 
Magyaren  ihre  eigene  magere  Sammlung  ungarischer  Urkunden  —  das  ülteste 
Dokument  Ist  von  1101  —  mit  siebenbürgischen  fett  machen. 

2.  Mainzer  Archiyalien.  In  v.  Sybel's  Historischer  Zeitschrift  (der  neuen 
Folge  Band  X  Heft  U  Seite  334  bis  335)  äussert  Professor  Weiland  in 
einer  Besprechung  von  F.  W.  E.  Koth's  Nassauer  Geschichts^iuellen  Fol- 
gendes: »Die  kurmainzischen  Ingrossaturbticher  und  das  aus  vielen  Banden 
bestehende  Generalregister,  Registrum  literarum,  beides  aus  dem  15.  Jahrhundert, 
jetzt  im  Münchener  Reichsarchiv,  finden  wir  (S.  XVI  und  XIX)  zum  ersten  Mal 
er^vähnt;  aus  letzterem  wird  Thcil  1,  502  Anm.  die  interessiinte  Aufzeichnung 
mitgetheilt  über  die  AUodien,  welche  Erzbischof  Adalbert  I.  dem  hl.  Martin 
schenkte,  wie  es  scheint,  nur  im  Auszuge;  wenigstens  enthiUt  der  frühere  Druck 
bei  Gudenus,  Cod.  dipl.  1,  395  bedeutend  mehr,  wenn  er  auch  mehrfach  schlech- 
tere Lesarten  bietet.  Der  Verfasser  scheint  die  Kenntniss  von  diesen  Mainzer 
Archivalien  in  3Iünchen  schon  lange  besessen  zu  haben ;  wir  Fachgelehrten  haben 
erst  kürzlich  staunend  die  Kunde  vernommen,  dass  der  grösste  Theil  d(.^  Kur- 
mainzer Archivs,  Originale  und  Kopialbücher,  im  Münchener  Reichsarchiv  noch 
vorhanden,  aber  bislang  sekretirt  gc^wesen  sei  —  ein  in  der  zweiten  Hälfte  des 
V.).  Jahrhunderts  geradezu  riithselhaftcs  und  der  sonstigen  erprobten  Liberalität 
des  grossen  Münchener  Instituts  widersprechendes  Verfahren.  I^m  jedem  das 
Seine  zu  Theil  werden  zu  la-ssen,  t heilen  wir  mit,  dass  der  erste  Wiederentdecker 
dieses  von  Böhmer  Jahrzehnte  lündurch  mit  aufopfernder  Hingebung  gesuchtem 
Hortes  der  hessische  Staatsarchivar  Freiher  Schrenk  zu  Schweinsberg  ist  (vgl. 
Quartal blätter  des  Histor.  Vereins  für  Hessen  1871)  S.  35).*  —  Dass  ein  Fach- 
gelehrter dies  schreiben  konnte,  musste  noch  eine  andere  Empfindung,  als  des 
Staunens  erwecken.  Welche  Vorstellung  mag  der  Göttinger  Geschichtsprofessor 
von  der  Verwaltung  eines  geordneten  Archivs  haben,  dass  er  meint,  sie  lie.sse 
Fremde  darbi  Entdeckungsreisen  machen!  Dem  verehrten  Kolk»gen  in  Darm- 
stadt wurden  auf  sein  Gesuch  vom  9.  Sept.  1879  sümmtliche  im  Reichsarchiv 
zu  München  verwahrte  Archivalien  des  Er/st ift es  Mainz  zu  beliebigen  Auszügen 
vorgelegt.  Ihr  Dasein  und  Inlialt  war  aber  längst  nicht  bloss  Archivbeamten, 
sondern  zahlreichen  (Jeschichts forschem  bekannt.  Seit  den  bald  neunzehn  Jahren 
seit  Amtsübernahme  des  Herausgebers  dieser  Zeitschrift  sind  nicht  nur  niemals 
einem  zur  Archivbenützung  überhaupt  legitimirten  Forscher  die  ^lainzerArclii Valien 
vorenthalten,  sondern  es  wunle  auch  in  Band  V  und  VI  der  Archivalischen  Zeit- 
schrift öffentlich  darüber  und  wo  sie  lagern  Aufschluss  gegeben.  Auch  schon 
früher  sind  dieselben  von  (ielehrten,  wie  z.  B.  schon  1857  von  Stumpf,  ein- 
gehend durchforscht,  und  bereits  in  den  zwischen  1822  bis  1854  veröffentlichten 
Rt^estis  boicis  Hunderte  v<m  Mainzer  Urkunden  als  solche,  die  in  den  königl. 
bayerischen  Arcliiven  lagerten,  zur  allgemeinen  Kenntniss  gebracht. 

3.  Ein  ylerzigjährigrcs  Archivar-Jubilänm  ist  wohl  selten.  Ein  solches  feierte 
am  15.  August  1882  Dr.  Frhr.  v.  Löffel  holz,  der  als  Vorstand  des  fürstlich 


328  Kleinere  Mittheilungen. 

Oottingen-Wallerstein'schen  Archivs  eine  unennüdliche  Thätigkeit  entfaltete  und 
es  inshesondere  zu  einer  reichhaltigen  Quelle  für  genealogische  Forschungen 
machte,  worüber  die  Archivalische  Zeitschrift  im  dritten  Bande  Nüheres  mit- 
theilte. In  dem  Prachtalbum,  das  dem  in  heiterer  Rüstigkeit  weiter  schaffenden 
Jubilar  selir  zahlreiche  Freunde  und  Berufsgenossen  darbrachten,  fand  sich  auch 
folgender  Spmch: 

Vier  Jahrzehnte  Arcliivar, 

Ei,  das  sind  gar  viele  Jahr. 

Glücklich,  wer  in  frischer  Kraft 

Dient  so  lang  der  Wissenschaft,  — 

Dient  für  Andre,  denn  nicht  Ruhm, 

Nur  ein  stilles  HeWenthum 

Wohnt  in  den  Archivverliessen, 

Die  sich  vor  der  Welt  verschhessen. 

Drum  dem  edlen  Jubilar 

Bringt  der  Forscher  weite  Schaar, 

Soviel  da  in  Deutschlands  Gauen 

An  der  Reiclisgeschichte  bauen. 

Herzlich  Dank  mid  Elnr;  dar. 
Hoch  lebe  solch  ein  Archivar! 

4.  Auch  das  dänische  Archirwesen  befindet  sich  in  einer  neuen  Organi- 
sation. Die  Motive*  zu  dem  Gesetzentwurf,  welcher  zu  diesem  Zwecke  jüngst 
dem  Reichstag  in  Kopenliagen  vorgelegt  worden,  erinnerte  an  die  vorti-efflichen 
Aufsiitze  über  das  Ardiivwesen  im  skandinavischen  Norden,  welche  der  viel- 
kundige k.  Archiv- Assistent  Sech  er  in  Kopenhagen,  der  auch  die  Archivschule 
am  Münchener  Reichsarchiv  besuchte,  im  vierten,  fünften  und  sechsten  Bande 
der  Archivalischen  Zeitschrift  veröffentlicht  hat. 

5.  Bezüglich  des  Archirs  in  Württemberg  ergeht  sich  ein  lesenswerthes 
Schriftchen  ^Drei  pia  desideria  für  die  württembergische  Gescliichtsforschung, 
ein  Testament.  Heilbronn  1883,  Henninger ^  in  lebhaften  Klagen  und  AVtinschen. 
Ks  heisst  darin :  > Unser  Archiv  bedarf  offenbar  eine  selbständigere  Stellung, 
eine  selbständige  Direktion,  einen  Direktor,  de^^sen  archiv wissenschaft- 
liche Bildung  auf  der  Höhe  der  Zeit  steht.  Von  Seiten  der  fleissigen  Arcliiv- 
bcamten  könnte  mit  Recht  geltend  gemacht  werden,  dass  die  überaus  be- 
sclu^änkte  Ausstattung  des  Archivs  mit  rüstigen  Arbeitskräften  den  Gedanken 
an  Herausgabe  einer  solchen  Regestensammlung  neben  dem  Urkundenbuch 
rein  unmöglich  mache.  Wir  dürfen  ja  nur  darauf  hinweisen,  dass  das  grosse 
Filialarchiv  in  Ludwigsburg  mit  zwölf  gewaltigen  Sälen  einen  einzigen  Beamten 
hat  mit  der  Stellung  eines  Archivsekretärs.«  Aehnliche  Wünsche  sind  aus  dem 
bürgen-  und  städtereichen  schönen  Württemberg  schon  vielfach  laut  geworden. 


Hierzu  eine  Beilage  von  Calvary  &  Co.,  Berlin  (über  Dw  Gange y  Glossarium). 


Bei  THEODOR  ACKERMANN,   küni-lichor  Hofbuchhändlor  in  München, 
sind  ferner  erschienen  : 

Bezold,  Friedrich  v.,  König  Sigmund  und  die  Reichskriege  gegen  die  Ilussiten  bis  zum  Auh 
gang  des  dritten  Kreuzzuges. 

I.  Abth.  (Ifi5  S.)  ffr.  fe«.  1672.  '^  ISL 

IL  Abth.    Die  Jahre  14i3-142S.    (IG^  S.)  pr.  S'\  1875.  3  M. 

III.  Abth.    Die  Jahre  1428-14.U.    (176  S.)  gr.  8«.  1^77.  3  M. 

—  Zur  (Joschichte  des  Hussitentmns.    Culturhistorische  »Studien  (114  S.)  gr.  S".  1874.      2  M. 
8teBennanit,  Hart,    3)cul)c()lQnb§  friibftc  3^^  ^^^^^'  ^^^  bvclHigjülirijic  .SUicg  in  feinen  J-olgcn  für 

ha»'  beulfdje  auIturlcDen.   (215  8.)   gv.  H^    Ctjnc  5a^vc?^al)t.  (l^V^.)  3  "Sn. 

%a\U,  ^aM,  -3^ie  ritterliche  (yefellidiaft  im  |>italtcr  be^  ;VrauenfuUuö.   9?euc  ^tu^gaOe.  (17'2  3.) 

gr.  80.  Cr)nc  Sa^re^^^ot)!   il8T2.)  'J  9)?.,  eleg.  geb.  2  m.  70  $f. 

Sdlfe,  3ol^anne0,   !3>ic  .S>Qnfa  alä  beutfd)c  (rec=  iinb  ,^^aubc(§ninc()t.    9?euc  ^Jhi<fgabe.    (11)0  S.) 

gr.  80.    £}^ne  J^Q^re^jof)!.   (1872)  2  «DJ.,  eteg.  geb.  2^1.  70  ^f. 

Freytag,  L.,  Tiberius  und  Tacitus.  (VI  u.  370  S.)  gr.  8°.    1870.  "  7  M.  nO  Ff. 

^uitBt,  Sftiebrt(||  öeftor  @rof,  S^ie  antifcu  9J?ih^en  bc^^  I}iftin-ifc]^en  Vereine  üon  unb  für  £6er- 

bat)ern,  bann  bcr  gunb  rönnfdjer  Denare  in  92icbcrafc^au.  [XUl  u.  70  8.,  ferner  17  8.)  gr.  JS**. 

1871  unb  18G6.  ^  1  m.  40  $f. 

—  Ueber  die  bayerisolien  Urkunden  aus  der  Zeit  der'Agiloltinger.  Mit  Registern  tlber  die 
vorkommenden  Pei-sonen  und  Ortsnamen.  Aus  den  Abhandlungen  der  k.  baver.  Akademie 
d.  W.    (14G  u.  IV  S.)   gr.  4".    1873.  "  4  M. 

—  Die  Urkimden  desBisthums  Frcisiug  au»  der  Zeit  der  Karolinger.  Nachtnlge,  Erörter- 
ungen, Berichtigimgen.  Die  Bisch(')fe  un<l  kirchlichen  Würdenträger  des  karolingischen 
Zeitraums  in  den  l^rkunden  des  Bisthums  Freising.  Aus  den  Abhandlungen  der  k.  l>aver. 
Akademie  d.  W.    117  u.'lT  S.  nebst  79  S.  Urkunden.)  gr.  4".  1875.  2  :M. 

Letztgenannte  beide  Artikel  in  einen  Band  vereinigt.  G  M. 

—  llrfunben  be«  X.  unb  ber  erften  Raffte  bc^5  XI.  5a^rf)unberl§,  an^  bem  33iöt^um  JviTtfing. 
(^im  bem  XXX IV.  S3anbc  be«  £berbal)enid)cn  9(rd)iu^  bejonber»^  abgcbrucft.)  (79  8.)  ^€^•.=45* 
1875.  im    20  ¥f. 

—  Bayrische  Urkunden  aus  dem  XT.  und  XII.  Jahrhundert,  Die  Schirmviigte  Freisings. 
Seine  Bischöfe  bis  zum  Ende  des  XII.  Jahrhmi<lerts.  Beitrüge  zu  Scheyem-Wittelsba ein- 
sehen Regesten.  Aus  den  Abhandlungen  der  k.  baver.  Akademie  d.  W.  III.  Cl.  XIV.  B<1 
U.  Abth.  (108  8.)  40.    1878.  *  4  M 

iitlüpUU  ^^ti,  Ä\iifer  ilZa^L-imilian  I.    9teuc  ?fn^atc.    (202  8.)   gr.  8°.    C§nc  3a]^re^;^al)(.  (I872.i 

2  m.r  clcc|.  geb,  3  Wi.  75  ^f 
Ätt^eit,  defe^i^,   ?(n§  ber  ^^cit  be6  fiebenjät)rigcn  .^[riegc§.    llmriffe  unb  S3ifber  beutfd)en  iianbc^, 

beutft^er  ^f)aten,    C£l)arafierc  unb   iluftänbe".     ?Otit  jieben  Äh'irtd)en.    9(Cnc  ^n^gnbc.    (2ri3  8.) 

gr.  8°.    rijne  Salne^S^at)!.   (1872.)  3  51)?.,  elcq.  geb.  n  m,  75  $f. 

IKoier,  Ä.  «V  Ätßifcr  §einnd)  IV.    :i)2ene  ^hi^gabe.    (30G  8.)   gr.  b^.    £t}m  SnVe^.^a^b   (1872.) 

3  ^l,  aeb.  3  m,  75  fi 
Oberhummer,  Eugen,    Phönizier  in  Akanianien.     Untersuciiungen  zur  phönizlschen  Kolonial- 

und  Ilandels-Geschichte  mit  besonderer  Rücksicht  auf  das  restliche  (iriechenland.    <84S.) 

gr.  8'».    1882.  1  U.  80  Pf. 

iPierfoit,  miüiam,  Tex  gronc  Äurfürft.   (2G3  8  )   gr.  8«.    1873.  :)  m. 

ffioifl,  ixitt^ti^,  9lug^burg<}  9'?efünnation^:?geid)ic^te  1517—1527.  C^5efrönte  ^NreiÄ]d)rift.  (11  u.  275  S^J 

gr.  8".    1881.  4  33t    Jr'O  ^f. 

^^irrma^er,  griebrii^,  .^aifer  5riebrid)II.  unb  bie  legten  ^iol}enftnufen.  2  ^öeitc.    (2i»4  u.  11G8.) 

gr.  8".    1871.  ,  4  m.  50  ^. 

^ipp,  Dr.  IBerniarb,  5^ie  3cuf3'fd)e  .^MjpoUcfe  über' bie  Jxrfnnft  bcr  Slkiern.   (Jiue  fritifrfje  llnttr= 

fndmng.   (48  8.)   gr.  8«.    1882.  •  — •  tH)  ^ßf . 

—  Die  Wanderung  der  Cimbern  und  Teutonen.    (84  S.)    8^  i  ^i    40  Pf. 
^ugen^cim,  3.,  Tcutjd)lQnb  im  fpanijdjcn  (£rbfoIge  unb  im  grüfjen  norbi|d)enÄlriegci  1700- 1721». 

(XVI  u.  2G5  8.1   gr.  8".    1874.  \  3  331.  Go  $f . 

8Bod|0mttt^,  mili^tlm,  ^tieberfädjfifdje  öejd)id)tcn.   'ilteuc  ^^hhSgnbe.   (2518.)  gr.  80.  (1872.)   3  33^, 

eleg.  geb.  3  ^)?.  75  -^Jif, 
9Bai$,  C^eorg,   Xcntfdie  .^inifer  tum  5lart  bem  Ohoficn  bio  ^injimilian.    9(Cuc  i>ln^abc.     i97  8.) 

gr.  8'*.    Cljnc  >l)rcv,\at)I.    (1872.)  '      ^  '  im. 

SBr&cr  @eorg^  Wermanieu  In  ben  erften  3i"it)vl)nnbcrton   feinevj  gefdiid)llid)en  Scbcn^-.     9icuc  ^u«H 

c\nbe.     (1GG8.)    gr.  8".     £l)nc  3;al)reö;,at)(.    (1872)  2  3». 

SBittmann,  ^iuö,  "Xk  "^sfal.^^grafcn  luui  iKaticrju    ^^uui  ber  p[)iIoio^)l}ifd)en  ^-acultät  iPnitic^en  g«^ 

früntc  ^^vreiofd)rift.    (  VIII  n.j  211  8.)   gr  8».    1S77,  ,  4  ^?.' 4<»  i^f. 


Kgl.  IIof-Buchdruckerei  von  K.  Mühlthal  er  in  Müucfcen. 


„    "5)1^ 


jXu^iX 


ARCHIVALISCHE 


( 


ZEITSCHRIFT. 


HERAUSGEGEBEN 


TON 


D«-  FRANZ  VON  LÖHER 

K.  HAYER.  GEBB1UEM  RATH.  REICHSARCHIV-DIRRCTOR.    UNIVERSITÄTS* PROFESSOR,  ORD.  MITHLIBD  ItER 
AKADEMIEN  DER  WISSCNSCHAITTEX  IX  UGNCHKN,  BROSSKL  etc. 


ACHTER  BAND. 


* 


MÜNCHEN. 
THEODOR    ACKERMANN 

KÖNIOLICUER  BOFBUCHHÄNDLER. 

1883. 


ARCHIVALISCHE 


ZEITSCHRIFT. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


m  FRANZ  VON   LÖHER 

K.  RAYER.  ORBimnf  RATB,  RSICH8AR0R1V.DIRBCT0R,   UNITERSlTiTS-PROPISSOB,  OBD.  MITGLIID  DIR 
AKADEHIIN  DIR  WISSIK8CH APTIN  IN  mONCHIN,  BROSSKL  «te. 


ACHTER  BAND. 


MÜNCHEN. 


THEODOR    ACKERMANN 

lÖNIOLICHIR  HOPBUCBHÄlfDLIR. 

1883. 


Harvard  CoUi^ue  Lilnnrj 

H'ant   Co.lc  -l.on 

Hcnrj-  Lülic  Ti^icü  Fimd 

jilny  7,  l'M), 


Kgl.  flof-Buchdnickerei  Ton  £.  Mühl thaler  in  München. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

I.  Die  Urkunden    des   Biethume  WOrzburg.     Aus    dem  Nachlass    von 

Dr.  Oontzen  (Fortsetzung) 1 

II.  MaHeeer  Studien.    Von  Dr.  Hans  Prutz. 

Einleitung       63 

I.  Das  Archiv  des  Johanniter-Ordens  in  Lavaletta     ....      73 

n.  Beste  des  Tempelhermordens- Archives 83 

III.  Kemthure  des  Jebanniter- Ordens  Im  Gebiet  des  Jetzigen  Königreiche 

Wflrttemberg.    Von  P.  Fr.  Stalin 106 

lY.  Ueber  die  geneinechaftlichen  Siegel.  Von  Dr.  Fürst  zu  Hohenlohe- 

Waldenburg 112 

Y.  Aue  stidtlechen  Archiven  im  echwäbiechen  Bayern  von  Otto  Rieder. 

L  Mindelheim 122 

n.  Memmingen 131 

in.  Kempten 141 

Yl.  Ueber  den  ältesten  Freieinger  Cedex.    Von  Dr.  Joh.  Mayerhofer. 

I.  Allgemeine  Bedeutung,  Entstehung,  Schreiber,  Zustand  des 

Codex      147 

n.  Literatur 151 

m.  Was  noch  zu  thun  erübrigt 153 

Yll.  Syetenatieche  Uebereicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landeearchive. 

IX  Allgemeines  Beichsarchiv,  Adelsselekt 155 

Ylll.  In  den  Archiven  der  Nermandie.    Von  Dr.  S.  Löwenfeld. 

I.  Vorbemerkungen 178 

II.  Zur  Geschichte  der  französischen  Archive 179 

in.  In  der  Normandie 185 

IV.  Verzeichniss  der  Origmal-Urkunden  188 

V.  Verzeichniss  der  benutzten  Faszikel  u.  s  w 189 

VL  Begesten  der  unbekannten  Pabsturkunden 190 

IX«  Aue  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  « 

A.  Ueber  eine  Stadthagener  Statutenhandschrift  des  14.  Jahr- 

hunderts.   Von  Dr.  H.  Ermisch 202 

B.  Beschreibung  des  Stadtarchivs  zu  Stadthagen.    Von  Dr.  B. 

Doebner 224 

X.  Ueber   Ordnung    und   Inventarieirung   der  Gemeinde  -  Archive.     Von 
Dr.  Pfannenschmid. 

I.  Die  Nothwendigkeit 229 

II.  Die  Gesichtspunkte     Theorie  und  Praxis 236 


XI.  Die  Entwicklung  des  Wittelbaehieclien  Wappens.    Von  E.  Primbs.  247 

1.  Der  Adler 248 

2.  Der  gezackte  Balken 253 

3.  Der  Löwe 255 

4.  Die  Rauten 257 

5.  Der  Panther 260 

6.  Die  Adler  von  Brandenburg  und  Tyrol,   die  Löwen  von 

Holland,  die  Balken  von  Graisbach 262 

Der  Reichsapfel 263 

Helmzierden,  Schildhalter,  Orden,  Mottos 263 

Beschreibung  der  Siegel 264 

XIII.  Ueber  die  Memoration  in  päpstliclien  Urkunden.  Von  Dr.  J.  v.  Pf  lugk- 

.     Harttung 270 

XIY.  Einrichtung  von  Archiven.    Vom  Herausgeber. 

Vni.  XJrkundenverwahrung 274 

IX.  Verwahnmg  von  Plänen,  Karten,  und  Grundrissen   .    .    .  283 

X.  Verwahrung  von  Kodizes,  Amtsbüchem  und  Akten  .    .    .  285 

XI.  Folgeordnung  der  Archivalien       291 

XY.  Kulturgeschichte  und  Archivar.    Vom  Herausgeber 295 

XVI.  Literaturbericht: 

1.  Bischofs-  und  Fürst^nurkimden  dos  12.  und  13.  Jahrhunderts 

von  Dr.  Gustav  v.  Buchwald 316 

2.  Codex  diplomaticus  Salemitanus  von  l)r.  Fried^.  v.  Weech  318 

3.  Iter  italicum  von  Dr.  Julius  v.  Pf  lugk- Harttung   .     .  319 

4.  Das  Stadtarchiv   des  Cantons  Basel-Stadt  dai^gestellt  durch 

Dr.  Rudolf  Wackernagel 820 

5.  Praktisches  Handbuch  der  historischen  Chronologie  aller 

Zeiten  und  Völker  von  Dr.  Eduard  Brinckmeier  320 

6.  Miscellen  zur  Geschichte  Ostfrieslands  von  Dr.  PaulHerquet  321 

XVII.  Kleinere  Mittheilungen: 

1.  Nachtrag  zum  Aufsatz  über  gemeinschaftliche  Si^el      .     .  322 

2.  Päbstliche  Kundgebung  fiir  archivalische  Geschichtsforschung  322 

3.  Durchforschung,  Sichtung,  Ordnung  des  vatikanischen  Archivs  323 

4.  An  die  Mitarbeiter  der  Archivalischen  Zeitschrift  ....  323 


L  Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg. 

Aus  dem  Nachlass  des  Univ.-Prof.  und  Archivkonservatore  Dr.  Contzen. 

(Fortsetzung.) 

C-  Stift  Neumünster. 

Gleich  dem  vorausgehenden  Stift  Hang  vom  Bischof  Heinrich  I. 
um  das  J.  1000  auf  der  Stelle  der  ersten  Hauptkirche  gegründet, 
bestand  das  Stift  bis  zur  Saekularisation  1803. 

An  Originalurkunden  sind  noch  1746  vorhanden,  davon  2  aus 
dem  eilften,  52  aus  dem  zwölften,  90  aus  dem  dreizehnten,  617  aus 
dem  vierzehnten  und  436  aus  dem  fünfzehnten  Jahrhundert,  die 
übrigen  549  aus  den  folgenden  Zeiten  bis  1801. 

Neumünster  hat  das  älteste  Copialbuch  des  Hochstifts  (No.  92); 
es  ist  um  1230  geschrieben,  in  Hochquart,  hat  122  Pergamentblätter, 
jede  Seite  in  zwei  Columnen  zu  je  20  Zeilen,  feste  deutliche  Schrift ; 
der  alte  Einband  von  Holz,  an  dem  noch  die  kleine  Kette  befestigt 
ist,  trägt  auf  dem  Kücken  die  Aufschrift :  Liber  censualis.  Es  beginnt 
mit  einigen  Kaiserurkunden  und  führt  dann  bis  zur  Seite  227  die 
Schenkungen  bis  zum  Jahre  1230  herab;  dann  folgt  die  forma 
celerarii  unter  dem  Dekan  Albertus,  der  urkundlich  um  diese  Zeit 
vorkommt,  und  von  S.  235  die  im  April  1233  vorgenommene  Auf- 
zeichnung des  Ornates  und  der  Bücher  des  Stiftes  (abgedruckt  im 
XVI.  Bande  Heft  2  S.  245  des  Archivs  des  histor.  Vereins  zu  Würz- 
burg), der  eine  spätere  Verzeichnung  aus  dem  Jahre  1319  beige- 
schrieben ist;  den  Schluss  machen  Einträge  von  Zinsen  nach  den 
Jahiesfesten  von  S.  240 — 245. 

Dieses  Copialbuch  genügte  hundert  Jahre;  dann  empfand  man 
das  Bedürfniss  einer  andern  Aufzeichnung.  Im  Jahre  1334  unter 
dem  Probste  Ernst  von  Seebach  wurden  nach  Capitelsbeschluss  die 
Canoniker  Kudiger  von  Bechelingen,  Heinrich  Lutwin  von  Heilbronn 
und  der  Vikar  Johann  von  Hall,  alle  Stiftsgeistliche  von  Neumünster, 

'    chivallsche  Zeit«<chrift  VUl.  1 


2  Contzen : 

beauftragt,  ein  neues  Copialbuch  zu  verfassen,  wozu  der  Canonikus 
Heinrich  von  Lynaeh  die  Kosten  beischoss.  Dieser  über  registralis, 
wie  er  genannt  ist,  —  sive  Registrum  omnium  et  singulorum  privi- 
legiorum,  instrumentorum,  formarum,  statutorum  et  contractuum 
Ecclesiae  Novi  Monasterii  Herbipoleusis  —ist  nach  Rubriken  eingetheilt, 
zerfällt  nach  dem  Inhalt  der  Urkunden  in  drei  Bücher  und  jedes 
Buch  wieder  in  Abtheilungen,  ein  starker  Band  von  203  Pergament- 
blättern, fest  und  deutlich  geschrieben,  die  üeberschriften  und  das 
Vorwort  roth,  die  Anfangsbuchstaben  jeder  Urkunde,  wie  die  erste 
Seite  arabeskenartig  verziert,  jede  Seite  zu  zwei  Columnen  mit  je 
40  Zeilen.  Der  eingetragenen  Urkunden  bis  zum  J.  1333  sind  381 ; 
in  den  folgenden  Jahren  wurden  einzelne  Nachträge  hinzugefügt; 
die  Abschriften  sind  correkt.  Das  Buch  steht  in  grossem  Ansehen, 
hatte  in  judiciis  et  extra  fidem  plenam  probandi  und  führte  von  der 
grossen  am  ledernen  Einbände  befestigten  Kette  den  Namen:  das 
grosse  Kettenbuch  (über  catenatus  No.  93). 

Diese  beiden  Bücher,  liber  censualis  und  über  registralis, 
bildeten  nun  mehrere  Jahrhunderte  das  Mittel,  die  Originale  selbst 
zu  schonen,  bis  der  Urkunden vorrath  wieder  so  anwuchs,  dass  ein 
neues  Copialbuch  nothwendig  ward.  Dies  wurde  in  der  ersten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  begonnen  und  bis  zur  Saekularisation 
des  Stiftes  fortgeführt.  Es  umfasst  auf  Papier  geschrieben  zehn 
Bände  (No.  113 — 122);  die  ersten  fünf  enthalten  die  Urkunden, 
welche  die  Ortschaften  betreffen,  sind  deshalb  alphabetisch  geordnet,  so 
dass  der  fünfte  Band  ausschliesslich  die  Stadt  Würzburg  angeht;  leider 
fehlt  in  dieser  Reihe  der  zweite,  die  Buchstaben  G  und  H  begreifende 
Band,  der  nie  ins  Archiv  kam;  die  folgenden  Bände  mit  doppelten 
Registern  versehen  umfassen  die  übrigen  Urkunden  des  Stifts,  die 
jüngste  ist  vom  J.  1802.  Dieses  genau  und  deutlich  geschriebene 
Copialbuch  gewinnt  dadurch  an  Worth,  dass  es  bei  jeder  Copie  am 
Rande  den  Lagerort  des  Originals  angibt  oder  sich  auf  die  beiden 
alten  Copeibücher  bezieht. 

An  diese  schliesse  ich  die  für  die  Verfassung  des  Stifts  so 
wichtigen  Statutenbücher,  deren  sich  zwei  vorfinden.  Das  ältere 
(No.  131)  beginnt  mit  einem  Privilegium  Bischofs  Heinrich  vom 
J.  1163  und  führt  die  einzelnen  sich  folgenden  Urkunden  bis  1642 
auf,  um  welche  Zeit  es  geschrieben  ist,  ein  starker  Foliant.  Das 
zweite  (No.  132)  gibt  die  Verfassung  des  Stiftes,  wie  sie  1724 
bestand.     Die    hier  verzeichneten    Eide  der  Mitglieder    des    Stifts 


Die  Urkunden  des  BisthuniB  Würzburg.  3 

finden  sich  zusanunengeschrieben  in  dem  Jnramentenbuch  (No.  134) 
aus  derselben  Zeit 

Bei  dem  Mangel  eines  Nekrologiums  gewinnen  der  Catalogus 
D.  D.  Canonicorum  (No.  13*5),  welcher  von  1672  bis  1802 
die  Namen  der  als  Canoniker  Aufgenommenen,  ihre  Geburts-  und 
Todesjahre  und  ihre  stiftischen  Würden  aufs  genaueste  angibt, 
ein  Papierband  in  4^,  sodann  die  Testamentbücher  (No.  123,  124), 
erhöhte  Bedeutung.  Das  älteste  Testament  ist  das  des  Geschichts- 
schreibers Michael  vom  Löwen  (No.  123,  S.  421—26)  vom  J.  1347, 
welcher  als  Canoniker  von  Neumünster  neun  Chorstühle  und  zwei 
Altäre,  und  vor  einem  derselben  seine  Begräbnissstätte,  und  für 
seinen  am  3.  Juli  1345  verstorbenen  Bruder,  den  Rechtsgelehrten 
Conrad  von  Mainz,  und  für  sich  Jahrtage  in  derselben  Kirche 
stiftet  (cfr.  Eegest.  Boic.  VIII,  136);  das  jüngste  ist  aus  dem  J.  1792. 

Die  erste  Würde  bekleidete  der  Stiftsprobst,  welcher  nur  aus 
der  Zahl  der  Domherren  genommen  werden  durfte.  Das  vom  ünter- 
probst  bekleidete  Probstei-Amt  hatte  die  Aufsicht  auf  die  nicht 
unbedeutenden  Einkünfte  des  Stiftes  und  führte  die  dafür  bestimmten 
Bücher.  Das  älteste,  das  sich  erhalten  hat,  ist  vom  Jahr  1428  in 
drei  Abschriften  (No.  94,  95  und  135*):  Registrum  Praepositurae 
jurium,  censuum,  redituum  Eccl.  S.  Joannis  Novi  Monast.  Herbip. 
collectum  per  Magistrum  Conradum  Wellein  canonicum  et  vice- 
praepositum  eccl.  antedicte  sub  A.  D.  1428  dominica  proxima  post 
Petri  cathedra.  Alle  drei  sind  Papierhandschriften ;  vor  No.  94  findet 
sich  am  Deckel  des  Einbandes  ein  Blatt  eines  Nekrologs,  der  viel- 
leicht dem  Stift  Neumünster  einst  angehörte. 

Erneuerungen  des  Eegistrums  fanden  Statt  in  den  Jahren 
1468  durch  die  ünterpröbste  Joh.  Anger  (No.  97),  1496  durch 
Friedrich  Fischer  (No.  98),  1514  durch  Denselben,  welcher  des  ab- 
wesenden Probstes  Christoph  von  Schirding  Stelle  vertrat  (No.  99) 
1534  durch  Ambrosius  Breuss  (No.  101),  und  1567  durch  den 
ünterprobst  Johann  Dilthey  (No.  102).  Alle  Diese  hielten  sich  genau 
an  den  Text  des  ältesten  Registrums.  Erst  der  berühmte  Rechts- 
gelehrte Johann  Wilhelm  Gantzhorn,  Viceprobst  und  später  Dechant 
von  Neumünster,  nahm  1588  eine  Umarbeitung  vor  (No.  105') 
und  verbesserte  diese  im  J.  1591.  Dieses  sogenannte  Probstbuch, 
eine  vortrefiTliche  Arbeit  in  einem  starken  Folio -Bande,  mit  den 
Wappen  der  Capitularen  vom  J.  1581  und  einem  Yerzoichniss  der 
Würdenträger  des  Stiftes,  welches  Gropp,  Script.  I,  847  und  U,  639 

1* 


4  Contzen: 

und  Ussermann,  Ep.  Wirceb.  p.  218  abdrucken  Hessen,  genügte  bis  zur 
Auflösung  des  Stiftes.  Eine  Copie  ist  No.  104  a  und  eine  gleich  schöne 
No.  104  b.  Einer  der  Nachfolger  machte  zu  seinem  Handgebrauche 
1777  einen  Auszug  daraus  (No.  105).  Im  Anfange  des  17.  Jahr- 
hunderts wurden  die  Urkunden,  auf  denen  die  Probsteirechte  ruhten, 
in  einem  Bande  zusammengeschrieben  (No.  107):  Probstey:  Copeyen, 
Papier,  1192  Seiten  mit  dem  Anfang  eines  Registers. 

Zum  Amt  des  Präsenzmeisters  gehörte  die  Bewahrung  der 
Urkunden,  welche  die  Errichtung,  die  Rechte  und  Obliegenheiten 
der  dreissig  Vikarien  im  Stifte  betrafen ;  zusammengeschrieben 
wurden  sie  in  dem  Über  vicariarum  Novi  Monasterii  (No.  96, 
fol.  470  Blatt  Pap.)  von  dem  Kirchner  Heinrich  Beheim  im  J.  1499, 
und  dies  Buch  ist  1594  durch  den  Bruderschafts-Prokurator  Balthasar 
Winther  erneuert.  Zu  seinem  Gebrauche  diente  ferner  die  Regula 
eensuum  et  redituum  Presentiariae,  verfertigt  1570  (No.  103  in  zwei 
Exemplaren).  Von  dem  Kellereiamte  sind  noch  drei  Gült-  und 
Zinsbticher  (No.  125—127)  erhalten.  Das  Stift  hielt  viel  auf  sein 
Archiv;  das  sieht  man  auch  aus  der  Behandlung  der  noch  er- 
haltenen Repertorien.  Das  von  dem  Stifts-Registrator  Joh.  Balthas. 
Seebach  aus  Fiiedrichsroda  in  Thüringen  1692  bearbeitete  Reper- 
torium  ist  sehr  gut  eingerichtet  (No.  110*  und  eine  Abschrift  davon 
110**);  einen  nach  Ortschaften  ausgezogenen  Index  verfasste  1756 
der  Registrator  Joh.  Georg  Schulz  (No.  111).  Neben  diesen  ist  ein 
Repertorium  über  alle  in  den  Copeibüchern  enthaltenen  Urkunden, 
das  1712  verfertigt  wurde,  sehr  brauchbar  und  übersichtlich  ein- 
gerichtet, es  trägt  den  Titel:  Index  generalis  über  des  Collegiat- 
stifts  Copei-  und  Dokumentenbücher  (No.  112).  Aus  diesem  Buche 
ersieht  man,  dass  um  1712  noch  zwei  Präsenz-Copeibücher  aus 
dem  14.  Jahrhundert  und  vom  J.  1500,  in  denen  sich  wahrscheinhoh 
das  Stiftscalendarium  befand,  vorhanden  waren,  die  jetzt  verloren 
sind,  gleichwie  die  ältesten  Statuten bücher  aus  den  J.  1499  und  1558, 
desgleichen  der  erste  Band  des  Catalogus  Canonicorum,  der  von 
1113  bis  1672  reichte,  und  das  Lehenprotokollbuch  in  zwei  Bänden. 

Die  Capitels-Protokolle  von  Neumünster  fangen  mit  dem  J.  1553 
an  und  gehen  bis  1802,  sie  umfassen  54  Bände. 

Dies  reiche  Quellenmaterial  ist  weder  für  Neumünster  noch 
für  das  Stift  Hang  bis  jetzt  wissenschaftlich  verwerthet  worden. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  5 

2.  Die  Ordens-Commenden  im  Bisthum  Würzburg. 
A.  Deutscher  Orden. 

Von  den  zwölf  Balleien,  in  welche  der  Orden  während  der 
Zeit  seiner  Blüthe  einst  im  deutschen  Keiche  sich  verzweigte,  galt 
die  Bailei  Franken  für  die  bedeutendste.  Sie  umfasste  ausser  ein- 
zelnen Ordenshäusern  23  Komthureien  oder  Commenden,  die  von 
Kaisern  und  Königen,  von  Fürsten  und  edeln  Herrn  wie  von  frommen 
Wohlthätern  des  Bürgerstandes  mit  Güterreichthum  überschüttet 
waren.  Hierzu  gehörte  die  später  zu  höherer  Bestimmung  gelangte 
Komthurei  zu  Mergentheim,  deren  bedeutender  urkundlicher  Nach- 
las«, auf  welchen  ich  hier  nicht  näher  eingehen  kann,  theils,  nach- 
dem das  schöne  ArchivgeBäude  zu  Mergentheim  seit  1869  zu  andern 
Zwecken  verwendet  ist,  jetzt  in  Ludwigsburg,  theils  im  k.  Staats- 
archive zu  Stuttgart  bewahrt  wird.  Hier  haben  wir  es  nur  mit  den 
beiden  Commenden  zu  Würzburg  und  zu  Münnerstadt  zu  thun, 
weil  nur  über  diese  uns  die  Quellen  zu  Gebote  stehen.  Beide 
theilten  schliesslich  das  Loos  ihres  Ordens,  der  bekanntlich  im 
J.  1809  (24.  April)  durch  Napoleon  für  aufgelöset  erklärt  ward; 
seine  Güter  wurden  nun  Staatsgut. 

1.  Commende  zu  Würzburg. 

Gründer  derselben  war  der  Bischof  Otto  von  Würzburg,  der 
dem  Orden  überhaupt  behülflich  war,  in  Deutschland  festen  Fuss 
zu  fassen,  und  ihm  1219  den  sogenannten  Königshof,  einst  Eigen- 
thum  Kaiser  Friedrich \s  I.,  zu  seiner  Niederlassung  schenkte.  Hier 
erbauten  die  Ritter  1288  Kirche  und  Ordenshaus,  das  sie  1695 
durch  den  Baumeister  Antonio  Petrini  neu  errichten  Hessen.  Letz- 
teres ist  jetzt  zu  Militärzwecken  verwendet,  während  die  schöne  in 
rein  deutschem  Stile  erbaute  Kirche  leider  noch  immer  verödet  steht. 

In  das  k.  Archiv  sind  abgegeben  worden  und  haben  sich  er- 
halten 146  Urkunden,  davon  42  aus  dem  13.  Jahrhundert,  deren 
älteste  die  genannte  des  Bischofs  Otto  vom  J.  1219  ist,  28  aus 
dem  14.,  11  aus  dem  15.  und  65  aus  der  folgenden  Zeit  bis  1802. 

Ein  Copialbuch,  im  16.  Jahrhundert  angefangen  und  später 
fortgesetzt,  enthält  im  ersten  Bande  die  Urkunden  mehr  chrono- 
logisch, im  zweiten  nach  Ortschaften  geordnet  (No.  152  und  153).  Ein 
gedruckter  kleiner  Band  enthält  die  Privilegien  des  Ordens  (No.  151). 


6  Contzen: 

2.  Commende  zu  Münnerstadt 

Die  Grafen  von  Henneberg  waren  es,  die  den  Orden  noch 
vor  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  nach  Münnerstadt  brachten 
und  reich  dotirten.  Im  folgenden  Jahrhundert  ward  die  Comthurei 
von  Schweinfurt  mit  der  hiesigen  vereinigt.  Nach  der  Auflösung 
ward  in  das  Ordenshaus  das  k.  Rentamt  verlegt  üeber  das  Ge- 
schichtliche vergl.  Reininger,  Münnerstadt  und  seine  Umgebung, 
Würzburg  1852  S.  58  u.  flf. 

Im  Archive  zu  Würzburg  sind  157  Urkunden  übrig,  28  aus 
dem  13.  Jahrhundert,  die  älteste  ist  von  1251,  dann  52  aus  dem 
14.,  44  aus  dem  15.  und  33  aus  der  spätem  Zeit  bis  1745. 

Ein  Copialbuch  —  Documenta  inclyti  ordinis  teutonici  com- 
mendae  Munnerstatt  —  ist  um  1718  geschrieben  und  jede  Urkimde 
von  dem  Mergentheimer  Archivar  Kheull  collationirt  (No.  155). 
Sauberer  Einband  in  gepresstem  weissen  Leder.  —  Ein  Saal-  oder 
Lagerbuch,  renovirt  im  J.  1607  (No.  156),  verbreitet  sich  aufs  aus- 
führlichste über  die  Güter,  Zehnten,  Zinsen  und  Gülten,  Rechte  und 
Gerechtigkeiten  der  Comthurei.  Ein  älteres  kleines  Zinsbuch  (No.  154), 
um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  angelegt,  auf  Pergament,  ist 
unvollständig  erhalten. 

Ueber  die  Einrichtung  und  die  Schicksale  des  Ordens  in 
Deutschland  siehe  das  vortreflFliche  Werk  von  Joh.  Voigt,  Geschichte 
des  deutschen  Ritter-Ordens  in  seinen  zwölf  Balleien  in  Deutschland, 
Berlin,  2  Bde.  1857—59;  besonders  I,  31—64. 

B.  Johannlterordeo. 

Im  dritten  Jahrzent  des  zwölften  Jahrhunderts  hatte  derselbe 
schon  eine  Niederlassung  zu  Würzburg  unter  dem  Namen  S.  Oswalds- 
Spital  im  Sande,  welcher  in  der  Mitte  des  folgenden  Jahrhunderts 
die  Benennung  S.  Johannis-Spital  folgte,  dem  ein  Commenthur  vor- 
stand. Reichliche  Schenkungen  ermöglichten  um  diese  Zeit  auch 
die  Errichtung  einer  zweiten  Comthurei  zuBiebelried,  zwei  Stunden 
von  Würzburg  und  Kitzingen.  Aufgehoben  wurde  die  Commende 
im  Jahre  1803,  die  Eirche  1813  eingelegt;  das  Ordenshaus  ist  jetzt 
zu  einem  Privatgebäude  umgeschaffen. 

Erhalten  haben  sich  482  Urkunden,  sieben  aus  dem  12.,  HO 
aus  dem  13.,  156  aus  dem  14.,  54  aus  dem  15.  Jahrhundert  und 
155   aus   der  folgenden   Zeit   bis   1801;  ferner  ein   Diplomatariuni 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  7 

aus  dem  J.  1504  (No.  140),  unter  dem  Titel:  Copey  etlicher 
Briff  sagende  über  Zins  Gült  Rente  Gevelle  und  Nutzung  dem 
Haus  Sännet  Johanns  Ordenns  zu  Würtzburg  unnd  Bibelried 
zustenudig ,  auss  Bevelle  des  Erwirdigenn  gestrenngenn  Herrn 
Niclausenn  Stoltz  von  Gaubickelnhenn  Comether  gemelts  Haus 
abgeshriebenn  wordenn,  und  durch  Bruder  Johannsenn  Wartweynn 
von  Karlstatt  also  in  Ordnung  bracht  unnd  registrirt  Anno  Do- 
mini 1504.  fol.  525  Blätter  Papier;  eine  Copey  etlicher  Ver- 
schreibungen  von  Zinsen  und  Gütern  aus  dem  J.  1520  (No.  141), 
Repertorieri  aus  den  Jahren  1606,  1715,  1758,  1769  und  besonders 
vom  Jahre  1794,  dem  die  Geschichte  der  Commende  vorausgeht, 
woraus  Scharold  1835  seine  Darstellung  derselben  im  Bd.  III,  Heft  2, 
S.  144  bis  150  des  Archivs  des  histor.  Vereines  zum  Theil  geschöpft 
hat.  (No.  142.  144 — 48).  lieber  die  Privilegien  des  Ordens  das 
gedruckte  Werk  in  fol.  Paris  1700  (No.  143);  über  die  Statuten 
desselben  in  italienischer  Sprache  ein  Werk  in  4.  zu  Borgonovo 
1719  gedruckt,  ein  zweites  geschriebenes  (No.  138.  139).  Verirrt 
hat  sich  hieher  ein  Manuscript,  in  4.:. Relation  historique  sur  la 
prise  de  Malta  pour  les  Francais  sous  les  ordres  du  goneral  Bonaparte 
en  Juin  1798  (No.  149). 

3.   Die  Collegiatstifter   ausserhalb   der  Stadt  Würzburg 
und  die  Klöster  des  Bisthums   in  alphabetischer 

Ordnung. 

St.  Afra  in  Würzburg. 

Zuerst  als  Hospital  im  J.  1097  genamit,  wurde  es  um  1151« 
ein  Frauenkloster  Benedictinerorden|,  in  spiritualibus  dem  Abte  von 
St.  Stephan  unterworfen,  und,  früher  ausserhalb  der  Stadt  gelegen, 
wegen  der  Befestigung  derselben  im  J.  1673  in  die  Stadt  verlegt 
und  1802  säcularisirt.  Die  Kirche  ist  in  ein  Privathaus,  nun  das 
Seminarium  puerorum,  verwandelt,  die  Klostergebäude  sind  jetzt  theils 
Waisenhaus,  theils  Bierbrauerei. 

An  Original -Urkundeti  haben  sich  nur  43  erhalten,  davon 
zwei  aus  dem  14.  (die  älteste  1343),  eine  aus  dem  15.  Jahrhundert, 
die  übrigen  40  später  bis  zum  J.  1773.  Ein  Copialbuch  findet  sich 
in  dem  Urbar-  Zins-  und  Lehen-Buch  vom  J.  1573  (No.  160*).  Das 
älteste  Urbarbuch  ist  vom  J.  1512,  worin  sich  ein  Verzeichniss  der 
seit  der  Keformation  des  Klosters  im  J.  1498  gestorbenen  Kloster- 


8  Contzen: 

frauen  findet  (No.  157).  Ihre  Namen  wurden  in  der  Folge  in  ein  Calen- 
darium  eingetragen,  wovon  sich  ein  Exemplar  im  k.  Archiv  (No.  160), 
ein  zweites  etwas  erweitertes  im  historischen  Vereine  (M.  S.  fol.  183) 
und  ein  drittes  aber  dürftigeres  in  der  Universitätsbibliothek  befindet 
Eine  Copie  des  alten  XJrbars  aus  dem  J.  1756  enthält  No.  158,  und 
eine  Sammlung  der  Recesse  aus  dem  vorigen  Jahrhundert  No.  159. 

Der  historische  Verein  besitzt  ausser  dem  Nekrologiura 
Rechnungen  des  Klosters  aus  den  J.  1691  —92,  1700,  1720  —  23 
(M.  S.  fol.  278). 

Eine  Zusammenstellung  der  Aebtissinnen  bei  Ussermann 
pag.  331—34. 

Agrnetenklo»ter  in  Würz  bürg. 

Das  Clarivssenkloster  zu  S.  Agnes,  im  J.  1254  seinen  Anfang 
nehmend,  auf  dem  Platze  des  jetzigen  geistlichen  Seminars,  wurde 
mit  päpstlicher  Genehmigung,  als  seinem  ursprünglichen  Zwecke 
entfremdet,  1572  aufgehoben.  Die  Einkünfte  desselben  bildeten  die 
erste  Grundlage  der  von  Bischof  Julius  gegründeten  und  noch  jetzt 
blühenden  gelehrten  Unterrichtsanstalt  in  Würzburg. 

Die  Reihe  der  wohlerhaltenen  Urkunden,  meist  Kaufbriefe, 
beginnt  mit  einer  päpstlichen  Bulle  vom  J.  1257,  worin  Papst 
Alexander  das  Kloster  von  jeder  Leistung  an  die  päpstlichen  Ge- 
sandten und  Andere  freispricht  Es  folgen  dann  157  Erwerbsbriefe 
ununterbrochen  von  1277— -1379,  von  da  bis  zur  Aufhebung  sind 
nur  vier  Urkunden  vorhanden,  darunter  die  des  Bischofs  Conrad 
von  Thüngen  über  die  Reformation  des  Klosters  im  J.  1527.  Unter 
Sen  folgenden  findet  sich  eine  fürstliche  Weisung  an  das  Archivariat 
vom  31.  August  1773,  alle  die«  Gesellschaft  Jesu  betreffenden  Ur- 
kunden unmittelbar  an  «las  fürstliche  Cabinet  zu  behändigen.  Von 
den  170  Urkunden  gehören  35  dem  13.,  125  dem  14.,  zwei  dem 
15.  Jahrhundert,  die  übrigen  acht  der  folgenden  Zeit  an. 

Sehr  wichtig  sind  die  zwei  erhaltenen  Copialbücher  des  wohl- 
habenden Klosters;  das  eine  (A)  befindet  sich  in  der  Registratur 
des  Verwaltungsausschusses  der  k.  Universität,  das  zweite  (B)  im 
k.  Archive  (No.  161).  Beide  sind  von  derselben  Hand  geschrieben, 
welche  als  die  eines  Copisten  in  der  fürstlichen  Kanzlei  unter  Bischof 
Julius  häufig  begegnet.  Die  Einträge  sind  weder  in  chronologischer 
noch  topographischer  Ordnung  gemacht,  sondern  bunt  durcheinander, 
wie  die  Urkunden  dem  Schreiber  in  die  Hand  kamen.    Beide  Bände 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  9 

gehören  zusammen  und  bilden  die  erste  und  zweite  Abtheilung 
des  zur  Zeit  der  Copirung  noch  vorhandenen  TJrkunden-Vorrathes. 
Während  bis  zu  diesem  Zeitpunkte  (etwa  1585)  nur  noch  164  Ori- 
ginale sich  erhalten  haben,  befinden  sich  in  A:  193,  in  B:  158,  im 
Ganzen  351  Urkunden,  darunter  15  von  Würzburger  Bisehöfen, 
copirt  und  mit  den  Originalen  collationirt.  Von  diesen  ist  eine 
(in  A  pag.  91)  angeblich  aus  dem  J.  1007,  die  aber  sicher  einer 
spätem  Zeit  angehört;  aus  dem  13.  Jahrhundert  sind  32  eingetragen, 
die  alle  noch  im  Original  vorhanden  sind ;  die  drei  weitern  Originale 
stammen  aus  dem  landesherrlichen  und  domcapitelischen  Archive. 
Aus  dem  14.  Jahrhundert  haben  wir^  noch  125  Originale,  während 
sich  inAundB:  190  eingetragen  finden;  aus  dem  15.  Jahrhundert 
2  Originale  und  82  in  beiden  Copialbüchern,  aus  dem  16.  ebenfalls 
nur  2  Originale  und  45  in  den  letztern  copirt.  Es  sind  also  von 
der  Zeit  des  Bischofs  Julius  bis  zur  Einrichtung  des  k.  Archivs, 
also  in  etwa  220  Jahren  (von  1585  —  1805),  gegen  187  Original- 
Urkunden  einer  einzigen  geistlichen  Stiftung  zu  Verlust  gegangen, 
und  doch  hatten  diese  Dokumente  in  dem  fürstlichen  Archive,  in 
welches  sie  seit  der  Aufhebung  des  Klosters  aufgenommen  wurden, 
einen  verhältnissmässig  viel  sicherern  Aufbewahrungsort,  als  dies 
bei  den  Urkunden  der  übrigen  den  Unbilden  der  Zeit  mehr  aus- 
gesetzten einzelnen  Stiftern  und  Klöstern  der  Fall  war. 

Eine  Prozessschrift  von  geringer  Bedeutung  aus  dem  J.  1612 
bewahrt  der  historische  Verein  in  seinen  Sammlungen  (M.  S.  fol.  81). 

Eine  Bearbeitung  der  Klostergeschichte  gab  Ign.  Donzinger 
1854  im  Xni.  Bande  des  Archivs  des  historischen  Vereines  von 
Unteifranken  S.  1 — 100.  Hiebei  ist  blos  das  Copialbuch  A  benutzt. 
Was  vorerst  Noth  thut,  hier  wie  bei  Bearbeitung  der  Geschichte 
der  übrigen  Stiftungen ,  ist  die  Darlegung  des  vorhandenen  urkund- 
lichen Materials  in  Regestenform. 

Amorbach, 

eine  Meile  von  Miltenberg  am  Main,  Benedictiner -Abtei,  in  der  ersten 
Hälfte  des  8.  Jahrhunderts  (angeblich  714)  gegründet,  im  J.  1659 
von  der  Würzburger  Diöcese  getrennt  und  mit  fast  allen  seinen 
Besitzungen  der  Mainzer  einverleibt,  1802  säcularisirt  und  als  Ent- 
schädigung dem  Fürsten  von  Leiningen  zugetheilt. 

Erhalten  haben  sich  kaum  40  Urkunden,  die  älteste  vom  J.  1272, 
grösstentheils  an  Leiningen  oxtradirt  und  zu  Amorbach  aufbewahrt. 


10  Contzen: 

Zur  Feier  des  tausendjährigen  Bestehens  der  Abtei  schrieb  der  ge- 
lehrte würzbifrger  Benedictiner  von  S.Stephan,  Ignaz  Gropp,  eine 
Geschichte  derselben  unter  dem  Titel:  Aetas  mille  annorum  mona- 
sterii  B.  M.  V.  in  Amorbach,  Francof.  1736.  fol,  worin  er  in  der 
Vorrede  über  seine  Quellen  berichtet  und  gegen  90  Urkunden 
mittheilt. 

Anhavseii, 

Pauliner  Eremitenkloster  an  der  Jagst  zwischen  Crailsheim  und 
Kirchberg  im  K.  Württemberg,  im  J.  1357  von  Lupoid  von  Beben- 
burg, Bischof  von  Bamberg,  dessen  Ahnherr,  Wolfram  von  Beben- 
bui-g,  gerade  200  Jahre  früher  das  berühmte  Kloster  Schönthal 
gegründet  hatte,  gestiftet,  im  Bauernkriege  zerstört  und  1557  von 
dem  Markgrafen  von  Ansbach  säciüarisirt;   liegt  jetzt  in  Ruinen. 

Im  k.  Archiv  zu  Nürnberg  befinden  sich  noch  129  Urkunden 
dieses  Klosters,  davon  23  aus  dem  14.,  80  aus  dem  15.  und  26  aus 
dem  16.  Jahrhundert;  ferner  zwei  Copialbücher  aus  neuerer  Zeit 
und  eine  Beschreibung  des  Grundbesitzes  vom  14. — 16.  Jahrhundert. 
Vergl.  UssermannEp.  Wirc.  pag.  503  und  cod.  prob.No.  91,97  u.  98, 
wo  drei  Urkunden  abgedruckt  sind,  und  Fromm,  Kloster  und  Weiler 
Anhausen,  in  der  Zeitschrift  des  histor.  Vereins  für  das  Württemberg. 
Franken,  Heft  3  (1849)  S.  40,  mit  vier  Urkunden  S.  99.  Nicht  zu 
verwechseln  mit  doA  zwei  Benedictinerklöstern  gleichen  Namens: 
das  eine  im  Oberamt  Heidenheim,  K.  Württemberg,  1123  gegründet, 
wovon  noch  mehrere  Urkunden,  Saal-  und  Lagerbücher  im  k.  Staats- 
archiv zu  Stuttgart  vorhanden  sind,  das  andere,  das  richtiger  Au- 
hausen  genannt  wird,  an  der  Wörnitz  im  Bisthum  Eichstädt,  wo  1608 
die  protestantische  Union  verabredet  wurde. 

Ansbach, 

früher  Onolsbach,  ein  Bonedictinerstift,  lun  die  Mitte  des  8.  Jahr- 
hunderts durch  den  h.  Gunibert  gegründet,  1057  in  ein  CoUegiatstift 
verwandelt  und  1563  säcularisirt.  Im  Archiv  zu  Nürnberg  sind 
noch  1327  Urkunden  dieser  Stiftung  vorhanden,  davon  1  aus  dem  8., 
1  aus  dem  10.,  10  aus  dem  11.,  24  aus  dem  12.,  49  aus  dem  13., 
283  aus  dem  14.,  607  aus  dem  15.  und  352  aus  dem  16.  Jahrhundert. 
Femer  sind  dort  vier  Nekrologien  und  Anniversarienbücher,  die  unter 
meinen  Nekrologien  beschrieben  sind,  und  ein  Copialbuch  in  drei 
Bänden  aus  dem  vorigen  Jahrhundert. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  H 

Im  Archiv  zu  Würzburg  befindet  sich  eine  einzige  Urkunde 
von  1468.  lieber  den  Ursprung  des  Klosters  eine  reiche  Literatur, 
cfr.  üssermann,  p.  246.  —  Hu  scher  im  9.  Jahresbericht  des 
histor.  Vereins  von  Mitteifrankon  1839  S.  107—140.  —  Rettberg, 
Kirchengeschichte  Deutschlands,    Göttingen  1848.  Bd.  IL  S.  339. 

Astheim, 

Karthause  bei  Volkach  am  Main,  von  dem  Rittor  Erkinger  von  Soins- 
heim,  dem  Gründer  des  fürstlich  Schwarzenbergischen  Geschlechtes, 
im  J.  1409  unter  dem  Namen  Pens  Mariae,  Mariä-Brück,  gestiftet, 
im  J.  1802  säcularisirt.  Die  vor  einigen  Jahi*en  stilgerecht  restaurirte 
Kirche  enthält  die  Gräber  der  Ahnen  der  fürstlich  Schwarzenbergi- 
schen Familie. 

Im  Ganzen  haben  sich  nur  16  Originalurkunden  erhalten,  da- 
von 7  aus  dem  15.  Jahrhundert,  die  älteste  vom  J.  1410  vom  Kaiser 
Ruprecht,  wodurch  er  Astheim  Stadtrecht  verleiht  (abgedruckt  bei 
Lünig,  Bd.  33  S.  1313),  die  übrigen  aus  der  folgenden  Zeit  bis  1751. 
Dann  ist  ausser  der  besonderen  Copie  des  Stiftungsbriefes  (abgedruckt 
bei  Üssermann  Cod.  probat.  No.  101 ,  undSchannat  Sammlung 
historischer  Schriften  S.  91)  im  k.  Archive  zu  Würzburg  ein  gutes 
Copialbuch  vorhanden,  von  Johann  Abt  des  Klosters  zu  S.  Egidien 
zu  Nürnberg  im  J.  1497  verfertigt  und  mit  einigen  Nachträgen 
später  versehen  (No.  239). 

Im  historischen  Verein  finden  sich  eine  Klosterchronik  von 
Augustin  Fleischmann,  Bamberg  1754.  (Manuscr.  N.  f.  82),  ein 
jüngeres  Copialbuch  (M.  S.  f.  770),  und  Aufzeichnungen  aus  den 
Jahren  1629,  1741  und  1748  (M.  S.  f.  372  und  f.  *160). 

Der  fürstliche  Kanzleidirector  Burkhardt  zu  Schwarzenberg 
gab  eine  urkundliche  Geschichte  der  Karthause  Astheim  (Ostheim) 
im  IX.  Bande  des  Archivs  des  histor.  Vereins,  Heft  1,  S.  1 — 80, 
wozu   nur  die  Regesten  vermisst  werden. 

Augustinerklöster* 

Die  Würzburger  Diöcese  hatte  seit  der  zweiten  Hälfte  des 
13.  Jahrhunderts  zwei  Klöster  der  Augustiner -Eremiten,  die  noch 
jetzt  bestehen;  das  eine  in  Würz  bürg,  das  andere  in  M  ünn  er- 
st ad  t;  jenes  hat,  nachdem  bs  sein  Kloster  für  das  Gymnasium  und 
Schullehrer -Seminar  hat  abtreten  müssen  (die  Kirche  wurde  1824 
abgebrochen),  seinen  Sitz  im  ehemaligen  Dominikanerkloster;  dieses 


1 2  Contzen : 

gibt  seit  1685  die  Lehrkräfte  für  das  dortige  Gymnasium  und 
Knabenseminar. 

Die  Geschichtsquellen  fliessen  für  beide  Anstalten  sehr  spärlich ; 
für  Würzburg  sind  nur  4  Urkunden  Torhanden,  die  älteste  von  1263, 
die  folgenden  3  aus  dem  14.  Jahrhundert;  fiir  Münnerstadt  sind 
26  Urkunden  übrig,  eine  von  1282,  13  aus  dem  14.,  7  aus  dem 
15.  Jahrhundert,  die  andern  5  reichen  bis  1705;  femer  ein,  in 
grünem  Pergament  gebundenes  Lehen-  und  Erbzins-Register  aus 
dem  J.  1718,  worin  sich  zugleich  Copien  von  manchen  Stiftnngs-  und 
Kaufbriefen  befinden  (Xo.  245).  Der  Verfasser  P.  Onuphrius  Scham- 
bach benutzte  dazu  mehrere  ältere  verloren  gegangene  Copeibücher. 

Der  historische  Verein  besitzt  die  Visitationsprotokolle  des  ersten 
Klosters  vom  J.  1621  und  die  Capitelsacten  von  1607—51  (M.  S.  q.  1). 

Zwei  andere  Klöster  desselben  Ordens  waren  in  Windsheim, 
angeblich  1291,  und  in  Königsberg  um  1350  gegründet  w^orden. 
Von  beiden  sind  keine  Urkunden  im  Würzburger  Archiv  vorhanden ; 
über  letzteres  im  historischen  Vereine  ein  Verzeichniss^  des  Ein- 
kommens u.  s.  w.  vom  Jahr  1536  (M.  S.  q.  94). 

Aura, 

Benedictiner- Abtei  an  der  Saale,  unweit  Kissingen,  Uraugia  S. 
Laurentii,  gegründet  1108  durch  Otto  den  Heiligen,  Bischof  von 
Bamberg,  aufgelöset  um  1570.  Der  erste  Abt  war  der  berühmte 
Chronist  Ekkehardus.  Sehenswerth  sind  die  Ruinen  des  Klosters 
gegenüber  den  Ruinen  der  BurgTrimberg.  Vergl.  hierüber  C.  Heff  ner 
im  XIII.  Bande  des  Archivs  des  histor.  Vereins  1855.  Heft  3.  S.  159. 

Es  sind  nur  16  Original-Urkunden  übrig,  die  älteste  vom  J. 
1165  über  eine  Schenkung  Otto's  von  Fuchsstatt,  die  jüngste  von 
1582,  ein  Verkaufsbrief  von  B.  Julius;  2  sind  aus  dem  12.,  4  aus 
dem  14.,  3  aus  dem  15.  Jahrhundert,  die  übrigen  7  später. 

Eine  vorzügliche  historische  Darstellung  der  Abtei  und  ihres 
ersten  Abtes  lieferte  der  Domcapitular  Dr.  Reininger  1862  im 
XVI.  Bande  des  Archivs  des  histor.  Vereins  unter  Benützung  des 
bisher  bekannten  Quellenmaterials.  In  einer  Anmerkung  dazu  (S.  21) 
machte  ich  schon  darauf  aufmerksam,  dass  Pertz  und  Waitz  in  den 
Monum.  Germ,  histor.  dieses  Aura  an  der  Saale  mit  dem  gleich- 
falls unter  dem  B.  Otto  gegründeten  Kloster  Aurach  (siehe  unter 
Mönch-Aurach),  ungeachtet  Ussermann  (Episc.  wirceburg.  p.  416  und 
419)   schon    das  Richtige  hat,   verwechselt  haben.     Wattenbach  hat 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Wttrzburg.  13 

darnach  in  der  zweiten  Auflage  seiner  Geschichtsquellen  S.  372  den 
Fehler  der  Erstem  verbessert. 

Banss, 

Benedictiner-Abtei  in  herrlicher  Gegend  unweit  Staffelstein  am  Main, 
gegründet  1069  durch  den  Markgrafen  Hermann  von  Vohburg  und 
seine  Gemalin  Alberada,  im  J.  1802  aufgehoben,  nun  schön  er- 
haltenes Besitzthum  des  Herzogs  Max  von  Bayern. 

Erhalten  haben  sich  an  Urkunden  im  k.  Archiv  zu  Bamberg 
396,  davon  eine  aus  dem  11.,  4  aus  dem  13.,  14  aus  dem  14.,  95 
aus  dem  15.  Jahrhundert  und  282  aus  der  folgenden  Zeit. 

Im  k.  Archiv  zu  Würzburg  sind  15  Urkunden  vorhanden, 
1  aus  dem  13.  (1239),  1  aus  dem  14.  Jadrhundert,  die  andern  aus 
neuerer  Zeit,  und  ein  im  16.  Jahrh.  geschriebenes  Copialbuch  mit 
spätem  Einti'ägen,  Papierhandschrift,  nebst  einer  Rechnung  aus 
dem  J.  1573.  (No.  162  u.  163).  Die  kurzen  Origines  coenobii 
banzensis,  die  Ludewig  im  2.  Bd.  der  SS.  rer.  Episcopatus  Bamberg. 
Sp.  48  S.  herausgab,  sind  von  dem  Abt  Henricus,  welcher  von 
1288  bis  zur  Niederlegung  seiner  Würde  im  Anfange  des  J.  1296 
dem  Kloster  vorstand. 

Zwei  vorzügliche  Arbeiten  haben  wir  über  Banz :  Diplomatische 
Geschichte  der  Benedictiner-Abtei  Banz  in  Franken  von  1050  bis 
1251  mit  61  (urkundlichen)  Beilagen  und  vier  Kupfertafeln,  Nürn- 
berg 1803.  8.  Verfasser  ist  der  Klosterarchivar  Placidus  Sprenger; 
und  von  P.  Oesterreicher,  Geschichte  der  Herrschaft  Banz, 
zweiter  Theil  enthaltend  (110)  Urkunden  (von  1010—1317)  und 
die  Reihe  der  Aebte,  Bamberg  1833.  Der  erste  Band  ist 
nicht  erschienen.  Die  Geschichte  des  Klosters  von  Jaeck  ist 
unbedeutend. 

Begninen, 

Das  Quellenmaterial  findet  sich  verzeichnet  und  verwerthet 
in  der  Abhandlung  von  Rost,  Ueber  Beguinen,  insbesondere  im 
ehemaligen  Fürstenthum  Würzburg,  im  Archiv  des  historischen 
Vereins  von  Unterfranken,  Band  IX,  Heft  1.  (1846),  S.  81—145 
mit  urkundlichen  Beilagen,  hier  S.  120.  Seitdem  erschien  noch: 
Reininge r,  Beitrag  zur  Geschichte  der  Wallfahrtskirche  und  ehe- 
maligen Beguinenclause  auf  dem  Kirchberge  bei  Volkach.  Daselbst 
Bd.  XIX,  Heft  1,  S.  199—203, 


14  Contzen: 

Biebelried. 

Siehe  Johanniterorden. 

Bildhausen, 

Cisterzienser  Abtei,  zwei  Stunden  von  Münnerstadt  und  ebensoviel 
von  Neustadt  a/8.,  durch  den  Pfalzgrafen  Hermann  von  Staleck  im 
J.  1156  gegründet,  eine  Tochter  des  Kl.  Ebrach  und  Mutter  der 
Kl.  Wechterswinkel,  Marienburghausen,  Heiligenthal  und  Frauen- 
roth,  wurde  am  2.  Mai  1803  aufgehoben,  nachdem  sie  647  Jahre 
bestanden  hatte.  Der  letzte  Abt  Nivardus  Schlimbach,  ein  gelehrter 
und  wirthschaftlicher  Herr,  hatte  eine  ausgezeichnete  Sammlung 
besonders  Würzburger  Münzen,  welche  nach  dessen  Tode  1812 
durch  den  Grossherzog  Ferdinand  von  den  Erben  um  6000  fl. 
erkauft  mit  ihm  nach  Florenz  kam.  Wo  ist  sie  jetzt?  Die  schöne 
Abteikirche  wurde  1826  abgebrochen.  Was  von  Gebäuden  noch 
übrig  ist,  befindet  sich  jetzt  zur  Hälfte  im  Besitz  der  Mennoniten- 
familie  Muselmann,   zur  Hälfte  in  der  des  Weinhändlers  Anschütz. 

Für  die  Geschichte  des  Klosters  ist  viel  Quellenmaterial  vor- 
handen; die  Eeligiosen  haben  sich  fleissig  mit  der  Vorzeit  ihrer 
Abtei  beschäftigt;  es  ist  aber  zerstreut,  weil  der  letzte  Prälat  das- 
selbe in  sein  ihm  angewiesenes  Asyl  mitnahm.  Der  Landrichter 
Rost  zu  Münnerstadt  führt  in  seiner  gut  und  gründlich  geschrie- 
benen Geschichte  der  Abtei  (im  neunten  Bande  des  Archivs  des 
historischen  Vereines  von  Unterfranken  1850)  die  Quellen  an,  und 
zwar  Heft  II,  S.  219 — 26.  Was  er  besass,  ging  nach  seinem  Tode 
an  den  historischen  Verein  über,  so  dass  hier,  beim  Ordinariate, 
in  der  Universitätsbibliothek  und  im  k.  Archiv  sich  das  Material 
zusammenfindet.  Da  Letzteres  ihm  verschlossen  blieb,  so  gebe  ich 
zur  Ergänzung  seiner  Notizen,  was  sich  hier  findet. 

An  Originalurkunden  sind  nur  237  vorhanden.  Es  sind  das 
wohl  jene,  welche  vor  Ausbruch  des  markgräflichen  Krieges  gerettet 
wurden.  Der  Fürstbischof  Melchior  Zobel  von  Giebelstadt  benach- 
richtigte schon  im  J.  1546  den  Abt,  dass  der  Krieg  ausbrechen 
würde,  und  ermahnte  ihn,  alle  Privilegien,  Freiheitsbriefe  und  andere 
Dokumente  des  Klosters  in  Sicherheit  zu  bringen,  wobei  er  sich 
erbat,  alle  diese  Gegenstände  zur  Aufbewahrung  zu  übernehmen 
und  mit  demselben  Fleisse  zu  bewahren,  wie  seine  eigenen,  Abt 
Johannes  Hess  hierauf  fast  alle  Originaldokumente  und  Schriften 
zusammenpacken  und  schickte  solche  in  einer  schwarzen  Kiste  ver- 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  "  I5 

wahrt  nach  Würzburg.  Der  markgräfliche  Krieg  traf  wirklich  das 
Kloster  aufs  härteste  und  führte  fast  dessen  Auflösung  herbei; 
nach  mehr  als  hundertjährigem  Mühen  und  Ringen  kehrte  erst  der 
frühere  Wohlstand  zurück.  Aber  die  Urkundenkiste  kam  nie  mehr 
nach  Bildhausen  zurück.  Bis  auf  den  heutigen  Tag,  klagt  der 
Chronist  des  Klosters  im  Anfange  des  achtzehnten  Jahrhunderts, 
weiss  man  noch  nicht,  wo  sie  aufgehoben  worden  ist.  Das  Kloster 
Theres  hatte  aus  derselben  Veranlassung  sein  Archiv  nach  Würz- 
burg geflüchtet  und  erbat  es  sich  nach  Beendigung  des  Krieges 
wieder  zurück.  Die  Fürstbischöfe  indess  behielten  die  Originale  und 
schickten  dem  Kloster  die  Copien  davon. 

Von  den  Bildhäuser  Originalurkunden  ist  die  älteste  aus  dem 
12.  Jahrhundert  (1161  von  Bischof  Heinrich,  die  sich  bei  Usser- 
mann  findet),  femer  1  aus  dem  13.,  5  aus  dem  14.,  32  aus  dem 
16.  bis  zum  J.  1803.  Von  den  Copialbüchem  ist  das  älteste  aus 
dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts,  dem  ein  altes  Formularbuch  zur 
Seite  geht  (No.  169  und  170);  jünger  sind  die  libri  variorum  con- 
tractuum  et  privilegiorum  (No.  164  und  165),  von  denen  letzteres 
bis  zu  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  reicht;  am  ältesten  ist  ein 
Lehen-  und  Zinsbuch:  1442  (No.  178')  und  renovirt  1501  (No.  174), 
darüber  eine  ausführliche  Beschreibung  vom  J.  1771  (No.  173). 
2  Klostergeschichten  finden  sich  aus  dem  17.  Jahrhundert  (No.  166 
und  167),  von  denen  die  erste  auch  die  Generalkapitel  des  Ordens 
enthält.  Papiere  aus  dem  dreissigjährigen  Kriege  (No.  171)  sind 
brauchbarer,  als  ein  Protocollum  rerum  memorabilium  (No.  168), 
das  sich  fast  blos  auf  die  Güterverhältnisse  und  Einkünfte  der 
reichen  Abtei  bezieht. 

Billigheim, 

Cisterzienser  Nonnenkloster,,  im  Thale  der  Schefflenz  zwei  Stunden 
östlich  von  Mosbach  im  Grossherzogthum  Baden,  schon  vor  1238  be- 
standen als  Benedictinerinnen-Kloster  und  von  B.  Hermann  dem  Orden 
der  Cisterzienser  zugewiesen,  kam  im  15.  Jahrhundert  zur  Mainzer 
Diöcese  und  ist,  unbekannt  wann,  aber  nach  dem  J.  1463,  wahr- 
scheinlich aber  erst  in  Folge  der  Reformation  erloschen.  Die  Güter 
wurden  vom  Erzbischof  von  Mainz  eingezogen.  Es  ist  davon  im 
Würzburger  Archiv  keine  Urkunde  mehr  übrig. 

Cfr.  XJssermann   p.   482.   —    Bauer  in   der  Zeitschrift   für 
das  würtembergische  Franken  1867.  VII,  3,  S.  531. 


16  Contzen: 

Birkenfeld, 

Cisteizienser  Frauenkloster,  an  der  Aisch,  k.  Bezirksamts  Neustadt 
an  der  Aisch  in  Mittelfranken,  gegründet  um  1276  durch  Friedrich  III 
Burggrafen  von  Nürnberg,  und  seiner  zweiten  Geraalin  Helene  von 
Sachsen,  im  Bauernkriege  mit  dem  grössten  Theil  der  Documente 
zerstört  und  1544  von   dem  Markgrafen   von  Ansbach   säcularisirt. 

Keine  Urkunden  sind  im  Würzburger  Archive  vorhanden, 
ausser  zwei  Verträgen  des  Bischofs  von  W.  mit  dem.  Markgrafen 
aus  dem  15.  Jahrhundert. 

Vergl.  Ussermann  1.  c.  pag.  426  und  G.  L.  Lehnes,  Ge- 
schichtliche Nachrichten  von  den  Orten  und  ehemaligen  Klöstern 
RiedfeM,  Münchsteinach  und  Birkenfeld,  Neustadt  a/A.  1833.  Lief  HI, 

S.  191-209. 

Birklingen, 

eine  Canonie  regulirter  Chorherrn  unweit  des  Städtcliens  Jphofen, 
gegründet  im  15.  Jahrhundert,  im  Bauernkrieg  1525  gänzlich  zer- 
stört und  im  Jahre  darauf  aufgehoben. 

Vorhanden  sind  noch  im  k.  Archive  zu  Würzburg  100  Urkunden, 
davon  68  aus  dem  15.  Jahrhundert,  die  älteste  von  1446  und  32 
aus  dem  16.,  die  jüngste  von  1539;  im  k.  Archive  zu  Nürnberg  148 
Urkunden,  davon  1  aus  dem  14.,  116  aus  dem  15.  und  31  aus  dem 
16.  Jahrhundert;  dann  8  Gültbüchlein  aus  dem  16.  Jahrhundert 

Im  histor.  Vereine  zu  Würzburg  befinden  sich  die  Kloster- 
Rechnungen  aus  den  J.  1623,  27,  42—47.  (M.  S.  f.*  161). 

Eine  Geschichte  des  Klosters  fehlt.  Vergl.  die  Notiz  in  Stumpf, 
Denkwürdigkeiten  (1802)  Heft  1.  S.  73—86. 

Bronnbach^ 

Cisterzienser-Abtei  bei  Wertheim  an  der  Tauber,  gegründet  1157 
und  aufgehoben  1802,  nun  Eigen thum  des  Fürsten  von  Löwenstein 
— Wertheim — Eosenberg  zu  Kleinheubach. 

Davon  sind  im  k.  Archiv  noch  13  Urkunden  vorhanden,  darunter 
eine  undatirte,  dem  Ende  des  12.  Jahrhunderts  angehörend;  die  übrigen 
nach  dem  16.  Jahrhundert,  die  jüngste  1800.  —  Der  histor.  Verein 
besitzt   eine  Klosterrechnung   vom  Jahr  1755—56.    (M.  S.  f.*  150). 

Asch b ach  hat  in  dem  Urkundenbuch  seiner  Geschichte  der 
Grafen  von  Wertheim  (1843)  50  Urkunden  abdrucken  lassen  und 
zwar  theil  weise  nach  einem  Copialbuch  des  17.  Jahrhunderts;  Mone 
machte  die  Chronik  des  Klosters  von  Heinrich  Gäbhardt,  dem  letzten 
Abte  desselben,   bekannt  in  den  Schriften  des  Badener  Alterthums- 


Die  rrkiinden  dt»H  Bistlmms  Würzbnrg.  17 

Vereines  Bd.  2,  307—386  (Karlsruhe  1849)  und  gab  in  seiner 
Zeitschrift  Bd.  2,  291—309  eine  Anzahl  Regesten  von  1170—1230 
aus  einem  in  der  Löwenstein — Rosenbergischen  Domainenkanzlei  zu 
Wertheim  befindlichen  Copialbuch  des  Klosters,  welches  1384  ver- 
fertigt, bis  zu  diesem  Jahr  366  Urkunden  enthält,  und  in  Bd.  4, 
406 — 434  vollständige  Urkunden '  mit  schätzbaren  Erläuterungen 
von  1231—99. 

Carmelitenklöster 

befanden  sich  in  der  Diöcese  Würzburg  folgende: 

1)  in  der  Stadt  Würzburg  seit  dem  J.  1212  auf  dem  alten 
Fischmarkt,  seit  1280  auf  der  Stelle  des  jetzigen  Polizei- 
gebäudes, aufgehoben  1802; 

2)  auf  der  Vogelsburg,  Mons  Dei  genannt,  bei  Volkach  in 
herrlicher  Lage,  1282  von  den  Grafen  von  Castell  gegründet 
und  1525  am  1.  Mai  mit  allen  literarischen  und  urkund- 
lichen Schätzen  von  den  Bauern  zerstört  und  nicht  wieder 
errichtet; 

3)  zu  Neustadt  an  der  Saale  im  J.  1352  gegründet  und 
1802  aufgehoben; 

4)  zu  Schweinfurt  im  J.  1366  errichtet,  im  markgräflichen 
Kriege  1550  zerstört  und  durch  den  westphälischen  Frieden 
1648  ganz  aufgehoben; 

5)  zu  Heilbronn  in  Schwaben  im  J.  1448  gestiftet  und  1802 
aufgehoben ; 

6.  Die  im  J.  1481  durch  den  Markgrafen  Albrecht  projectirto 
Stiftung   eines  Carmelitenklosters   zu  Marienkapell   bei 
Crailsheim  in  Mittelfranken  kam  nicht  zur  Ausführung. 
Von  diesen  sechs    Kl(>stern  sind  nur  noch  148  Urkunden  vor- 
handen; davon  2  aus  dem  13.,   die  älteste  von  1280,   33  aus  dem 
14.,  47  aus  dem    15.  Jahrhundert,   die   andern   65   aus   der  folgen- 
den Zeit  bis  1801. 

Ausserdem  mehrere  Copialbücher,  die  ältesten  aus  dem  An- 
fange des  16.  Jahrhunderts;  ein  Band  enthält  die  Urkunden  von 
1380 — 1511,  um  letzteres  Jahr  geschrieben,  Perg.;  ein  zweiter  die 
von  1372 — 1538,  auch  um  diese  Zeit  zusammengeschrieben,  Perg.; 
diese  wurden  in  den  Jahren  1667 — 68  erneuert  unter  dem  Titel: 
Carmeli  Herbipolensis  Jnventarium  authenticum  onnium  immobilium 
bonorum,  donorum,   legatorum,  censuum  et  aliorum  similium,   con- 

ArchlTÄllache  Zeltschrift   VI  IL  2 


1 8  Contzen : 

fectum  A.  U.  1667;  ein  zweiter  Band  gibt  die  Fortsetzung  von 
1646 — 87,  und  ein  dritter  die  Bullae  et  litterae  privilegiorum  ac 
gratiarum,  geschr.  1668.  Auch  der  liber  censuum  conventus 
Herbipolensis  wurde  1505  unter  dem  Prior  Petrus  Schweicker  an- 
gefangen. (Diese  alle  stehen  zusammen  unter  No.  247).  Eine  Er- 
neuerung des  liber  censuum  von  1667  und  ein  Zinsbüchlein  v.  J. 
1685  betreffen  das  Kloster  zu  Würzburg  (No.  249  und  251),  ein 
liber  censuum  vom  J.  1668  das  Kloster  zu  Schweinfurt  (No.  250) 
und  ein  Protokoll  über  das  liegende  und  fahrende  Vermögen  nebst 
den  Copien  der  Urkunden,  vom  J.  1667  das  Kloster  zu  Neustadt 
(No.  257),  von  welch'  letzterem  der  historische  Verein  ausser  einem 
Liber  decretalis  und  einer  Rechnung  von  1615  auch  ein  Necrologium 
(M.  S.  f.  612;  f.*  149  u.  q.  151)  besitzt,  lieber  Letzteres  vergl. 
die  Nekrologien. 

Ein  Liber  visitationis  cum  inventariis  vom  J.  1607  (No.  260) 
zählt  die  Gefälle  und  Fahrnisse  des  Klosters  zu  Würzburg  auf  und 
gibt  zugleich  den  Katalog  der  an  theologischen  Werken  nicht  schlecht 
bestellten  Klosterbibliothek. 

Carthaeuser, 

siehe  die,  auf  der  Tabelle  bemerkten,  einzelnen  Klöster. 

Coburg. 

Obgleich  in  der  Diöcese  Würzburg  gelegen,  war  das  dortige, 
um  das  J.  1240  gegründete  Franziskanerkloster  der  Mainzischen 
Abtei  Saalfeld  untergeben  und  wurde  1525  aufgehoben.  Vergl. 
Schuhes,  Coburg.  Landesgesch.  S.  83. 

Crailsheim. 

Siehe  Carmelitenklöster. 

Dominicanerkloster  zu  Würzburg. 

Es  wurde  in  der  ersten  Hälfte  des  vierzehnten  Jahrhunderte» 
gegründet.  Die  drei  ältesten  päpstlichen  Privilegienbriefe  sind  aus 
dem  J.  1229,  und  die  Urkunden  von  1235  und  1249  beziehen  sich 
auf  den  Bau  und  die  Einweihung  der  Kirche.  Mit  der  Säkularisation 
hörte  die  Wirksamkeit  des  Ordens  auf;  Kloster  und  Kirche  wurden 
später  den  Augustinern  überlassen. 

Von  Urkunden  sind  noch  275  übrig,  davon  66  aus  dem  13., 
50  aus  dem  14.,  72  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  die  andern  87 
aus  der  folgenden  Zeit. 


Die  Urkunden  des  Bisthunis  AVürzburor. 


19 


Ein  Copialbuch  fehlt.  Erhalten  hat  sich  nur  ein  kurzes  Zins- 
register aus  dem  15.  Jahrhundert  (No.  262),  und  im  historischen 
Vereine  das  Buch  der  Anniversarien  der  Wohlthäter  des  Klosters 
aus  dem  Jahre  1618. 

Ebrach, 

bedeutendste  Cisterzienser-Abtei  in  Franken,  an  der  mittlem  Ebrach 
im  Steigerwalde,  gegründet  1126,  mit  prachtvoller  1200 — 1285  er- 
bauten Kirche,  der  Grabstätte  der  Gemalin  Kaiser  Konrads  III  und 
ihres  Sohnes  Friedrich  von  Rotenburg,  sowie  der  Herzen  der  Bischöfe 
von  Würzburg,  die  im  liCben  vielen  Kampf  mit  ihr  hatten.  Auf- 
gehoben durch  die  kurbaierische  Regierung  im  J.  1802  ist  die  be- 
rühmte Hohenstaufen-Stiftung  jetzt  ein  —  Zuchthaus  für  weibliche 
Sträflinge. 

Der  nicht  geringe  Vorrath  an  Originalurkunden,  die  sich  er- 
halten haben,  ist  leider  zersplittert  in  den  königlichen  Archiven  zu 
Würzburg  und  zu  Bamberg  aufbewahrt  und  zwar  in  folgender 
Sonderung  nach  Jahrhunderten: 


Jahrhundert 

in 
Würzburg 

in 
Bamberg 

zusammen 

XII 

14 

12 

26 

xin 

150 

101 

251 

XIV 

184 

142 

326 

XV 

149 

123 

272 

XVI-XVIII 

195 

729(7s.(l.) 

924 

Summa 

692 

1107 

1799 

Auch  die  Copialbücher  sind  zwischen  den  beiden  Archiven 
getheilt;  in  Bamberg  befindet  sich  das  älteste,  in  Würzburg  das 
vollständigste.  Jenes  führt  den  Namen  Liber  Pitanciarum  (über  die 
Bedeutung  dieses  Wortes  siehe  die  Zusammenstellung  in  Du  Gange, 
Glossar,  ed.  Henschel.  Tom.  Y.  pag.  246)  oder  Buch  der  frommen 
Stiftungen,  ein  massiger  Band  in  gross  Folio,  in  weissem  gepressten 
Leder  gebunden,  95  Papier-  und  12  Pergamentblätter  enthaltend, 
durch  Peter  von  Kottenheim  geschrieben  und  im  J.  1340   begonnen. 

2* 


20  Contzen : 

Dieser  älteste  EiDtrag  befindet  sich  auf  fol.  1 — 28  und  ist  abge 
druckt  in:  Wegele,  monumenta  eberacensia  pag.  69 — 141.  Eine 
etwas  ältere  Aufzeichnung  eines  Theiles  des  Güterbestandes  bewahrt 
der  historische  Verein,  Perganientlibell  in  12,  aus  dem  J.  1313, 
abgedruckt  bei  Wegele,  p.  145 — 154;  ein  jüngeres  Urbar  das  Archiv 
zu  Würzburg  (M.  S.  no.  26)  aus  dem  Anfange  des  15.  Jahrhunderts.  Aus 
der  folgenden  Zeit  sind  eine  grosse  Anzahl  von  Lehen-,  Zinns-  und 
Salbüchorn  im  kgl.  Archive  daselbst  vorhanden,  welche  über  das 
allmählige  Anwachsen  des  Besitzstandes  und  die  Verwaltung  des- 
selben genaue  Auskunft  geben. 

Ueber  die  Behandlung  dieser  Art  Oeschichtsquellen  vergl.  Jos. 
Zahn,  die  Freisingischen  Sal-,  Copial-  und  Urbarbücher,  im  Archiv 
für  Kunde  österreichischer  Geschichtsquellen  Bd.  XX VIT,  8.  191 
bis  344. 

Wichtiger  noch  ist  die  Urkunden-Sammlung,  fol  29 — 103,  des 
genannten  über  pitanciarum,  die  erste  der  Abtei,  aus  dem  J.  1407, 
jubente  venerabili  domino  Henrico,  undecimo  Abbate  Ebracensi,  con- 
scripta.  Die  Urkunden  sind  chronologisch  geordnet,  nach  den  sie  be- 
treffenden Aemtern  zusammengeschrieben,  ebenfalls  (bis  auf  die  letzten 
Blätter)  von  einer  Hand  und  zwar  die  Literae  et  privilegia  ad  ofRcium 
pietancie  pertinencia  von  Blatt  29 — 58  darunter  auf  Blatt  33  eine 
Relatio,  a  quibus  et  quando  domus  hec  fundata  sit,  —  bei  Wegele 
pag.  3  —  7,  —  von  Bl.  59—69,  ad  off.  prioratus  pert,  70—78 
custodis,  79 -86  infirmarii;  dann  folgen  von  86^ — 103  die  Privilegia 
Regum  et  Imperatorum  nebst  den  Urkunden  der  Würzburger  Bischöfe 
und  Bl.  106  ein  index  locorum  von  späterer  Hand.  Von  den  23 
Urkunden,  die  von  Bischöfen  von  Würzburg  erlassen  sind,  hat 
Wegele  6  abdrucken  lassen,  S.  52  —64 ;  früher  waren  davon  schon 
3  veröffentlicht  worden. 

Dieses  Buch  genügte  lange  Zeit.  Endlich  scheinen  die  Ver- 
luste des  Archivs  zur  Zeit  des  dreissigjährigen  Krieges  die  Noth- 
wendigkeit  der  Anlage  eines  neuen  Copialbuches  fühlbar  gemacht 
zu  haben  und  unter  dem  thätigen  Abte  Alberich  Degen  (1658 — 1686) 
wurde  das  Werk  vollendet.  P]s  führt  den  Namen  über  Palatii, 
continens  Privilegia  summorum  Pontiticum,  Cardinalium  et  Epi- 
scoporum  itemque  Imperatorum,  Kegum  et  aliorum  Monasterio  B. 
Mariae  Virg.  de  Ebraco  concessa,  umfasst  in  deutlich  geschriebenen 
3  Bänden,  Papier  folio,  denen  ein  vierter  für  die  vergessenen  und 
spätem    Dokumente   sich   anreiht,    die  sämmtlichen   Urkunden   des 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  21 

Klosters,  vidimirt  1673  durch  den  kaiserlichen  Notar  Heinrich  Kloin 
von  Bamberg,  in  topographischer  Ordnung.  Würzburger  Archiv 
No.  179 — 182.  Wie  vollständig  dieses  vortreffliche  Buch  ist,  erhellt 
aus  der  Angabe,  dass  die  Anzahl  der  Urkunden  der  Würzburger  Bischöfe 
von  der  Stiftung  des  Klosters  bis  1400,  welche  in  der  ersten  Sammlung 
nur  22  betrug,  hier  ein  rundes  100  ausmacht,  und  doch  waren  von 
jenen  22  Dokumenten  schon  18  abhanden  gekommen,  die  deswegen 
hier  fehlen.  Derselbe  Abt  Hess  schon  vorher  1662—63  durch  den 
P.  Gerard  Vendt  eine  Zusammenstellung  jener  Originale  verfertigen, 
welche  die  Freiheiten  des  Klosters  betreffen.  Dieser  Liber  Privilegiorum, 
Papier  fol.  1020  Seiten,  im  Archive  zu  Würzburg  (No.  83^0),  hat 
besonders  die  Streitigkeiten  mit  Würzburg  im  Auge. 

Auf  diese  Bücher  stützten  sich  die  Verfasser  der  Kloster- 
chroniken. Ebrach  hat  sich  von  den  frühesten  Zeiten  an  durch 
wissenschaftliches  Streben  nicht  unrühmlich  ausgezeichnet.  Es  er- 
richtete für  seine  und  seines  Ordens  Geistliche  im  13.  Jahrhundert 
zu  Würzburg  ein  Collegium  Studiorum,  das  Bischof  Berthold  von 
Sternberg  (gest.  1287)  zu  einer  Universität  erweitern  wollte.  Als 
diese  Anstalt  in  Folge  der  bürgerlichen  Unruhen  bald  wieder  ein- 
ging, schickte  das  Kloster  seine  jungen  Männer  auf  die  Hochschulen 
nach  Wien  und  Heidelberg.  Am  letzteren  Orte  erwarb  dasselbe 
zu  diesem  Zwecke  ein  eigenes  Haus  für  seine  Angehörigen  (domus 
S.  Jacobi  in  der  Vorstadt  vergl.  Chr.  Henri  quez,  annatot.  Menologii 
ad  diem  25.  Febr.  fol.  64.  col.  2),  und  hier  entspann  sich  zwischen 
diesen  und  ihrem  berühmten  Ijandsmann  Conrad  Celtes  von 
Wipfel d  ein  freundschaftliches  Verhältniss,  das  diesen  bewog,  im 
J.  1507,  eine  Zeitlang  in  der  Abtei  zu  verweilep.  Aus  der  Zeit 
dieses  Aufenthaltes  stammt  das  historische  Werk,  das  angeblich  in 
einer  Ebracher  Handschrift  entdeckt  bis  in  die  neueste  Zeit  als 
Geschichtsquelle  gegolten  hat:  Ligurini  de  gestis  Friderici  I  Augusti 
libri  X  carmine  heroico  conscripti,  nuper  apud  Franconos,  in  Sylva 
Hercinia,  et  Druidarum  Ebracensi  coenobio,  a  Conrado  Gelte  reperti. 
Vergl.  De  vita  et  scriptis  C.  Celtis.  Opus  posthumum  Eng.  Klu- 
pfelü  edid.  J.  C.  Ruef  et  C.  Zell.  Friburgi    1827.  2  Bde. 

Damals  lebte  hier  als  Prior  Johannes  Nibling,  in  Heidel- 
berg gebildet,  welcher  eine  Chronik  in  4  Bänden,  deren  letzten 
unvollendeten  Andreas  Denser  bis  zum  J.  1538  fortsetzte,  verfasste 
und  darin  des  Klosters  merkwürdige  Begebenheiten  zu  seiner  Zeit 
verzeichnete.     Diese  Chronik,    die    noch   am   Schlüsse   des    vorigen 


22  Contzen: 

Jahrhunderts  in  Ebrach  aufbewahrt  wurde,  ist  nicht  gleich  den 
übrigen  Literalien  an  die  öffentlichen  Anstalten  in  Würzburg  und 
Bamberg  abgegeben  worden  und  befindet  sich  wahrscheinlich  noch 
in  Privathänden.  Auch  ein  Calendarium  aus  jener  Zeit,  mit  den 
Einträgen  der  Wohlthäter  und  ihrer  Stiftungen,  ist  spurlos  ver- 
schwunden. 

Erhalten  hat  sich  die  Chronik  des  Abtes  Alberich  (im  Archive 
zu  Würzburg  M.  S.  29) :  Chronicon  Monasterii  ß.  Mariae  Ebracensis 
in  Franconia  in  duas  divisum  partes:  quarum  prima  agit  de  ipso 
Monasterio,  altera  de  B.  Adamo  et  eins  curae  subjectis  monasteriis 
aliisque  dominis  abbatibus  eiusdem  successoribus ;  Auetore  R"**  Dno. 
Alberico  quondam  Priore,  nuncAbbate  —  coUectum  Anno  1653  et 
descriptum  anno  1660.  Ein  Quartband  von  452  Seiten.  Seine 
Quellen  sind  ausser  den  Urkunden  die  oben  genannte  Relatio,  a 
quibus  etc.,  die  in  die  erste  Zeit  der  Stiftung  hinaufreicht  imd  eine 
um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  verfasste  Chronik,  unter  dem 
Titel  Funiculus  triplex,  die  sich  in  der  hiesigen  Universitätsbibliothek 
erhalten  hat,  woraus  Ruland  schon  1834  und  Wegele  1.  c.  den 
historischen  Theil  veröffentlicht  haben.  Das  S.  81  des  Chronicons 
mitgetheilte  Calendarium  hat  wenig  historischen  Werth.  Yon  den 
Töc'hterklüstern  ist  Heilsbronn  am  ausführlichsten  behandelt;  es  sind 
hier  228  Inschriften  der  dortigen  Denkmäler  mitgetheilt  und  einige 
Federzeichnungen  dazu,  wodurch  das  bekannte  Werk  von  J.  L 
Hocker,  Hailsbronnischer  Antiquitäten-Schatz,  Onolzbach  1731,  fol. 
vervollständigt  werden  kann. 

Alberichs  Nachfolger  im  Priorat  und  früherer  Lehrer  (Albericus 
quondam  mens  in  novitiatu  discipulus  et  tyro,  nunc  dignissimus 
pater,  magister  et  dominus  II,  413)  Joseph  Agricola  setzte 
1660—61  die  Chronik  desselben  fort  und  ergänzte  sie  aus  den 
Schätzen  des  Klosterarchivs  in  4  starken  Quart-Bänden,  die  sich  eben- 
falls im  Arclüve  zu  Würzburg  (M.  S.  23)  befinden.  Der  erste  Theil, 
Auctuarium  sive  continuatio  chi'onici  —  ex  diversis  authoribus, 
archivis,  literis  et  documentis  —  opera  P.  Josephi  p.  t.  prioris  continuati 
et  aucti  a.  d.  1660,  750  SS.  enthält  die  Geschichte,  die  Privilegien, 
die  berühmten  Männer  von  Ebrach  und  eine  Relatio  des  Zustandes 
der  Abtei  zur  Zeit  des  dreissigjährigen  Krieges  von  dem  P.  Adam 
Bertellmann  1650  geschrieben;  der  2.  auf  954  SS.  die  einzelnen 
Aebte,  ihr  Leben  und  ihre  Schriften,  darunter  des  Abtes  Johann 
I^aiterbach    (1503  —  1531)    rhytmische    Beschi-eibung   seiner   Leiden 


Die  Urkunden  des  Biethums  Würzburg.  23 

zur  Zeit  des  ßaiierukieges  (S.  241 — 64)  und  viele  Briefe  derselben, 
ihre  Bauwerke  im  Kloster  und  in  den  einzelnen  Ortschaften  desselben 
mit  Federzeichnungen;  der  3.  Theil  behandelt  auf  816  8S.  die  Töchter- 
klöster von  Ebrach  in  der  Würzburger  Diöcese:  Himmelspforton, 
Wechters Winkel,  Schönau,  Marburghausen,  Frauenroda,  Heiligenthal, 
Maidbrunn,  S.  Johann  unter  Wildberg,  Birkenfeld,  Tückelhausen, 
Birklingen  und  die  Reuerinnen  in  Würzburg,  nach  den  in  diesen 
Klöstern  damals  noch  vorhandenen  Quellen,  von  denen  er  unter 
andern  das  verlorene  Necrologium  von  Himmelspforten  auszugsweise 
in  sein  Buch  aufnahm  (S.  218 — 249);  der  4.  Theil  enthält  ausser 
andern  eine  Bibliotheca  scriptorum,  qui  in  Ebraco  et  monasteriis 
eidem  mediate  vel  immediate  subjectis  floruerunt,  darunter  der  be- 
scheidene Verfasser  mit  einer  stattlichen  Anzahl  Büchern  fol.  273'', 
und  2  Beschreibungen  des  Klosters  mit  hübschen  Handzeichnungen. 
Die  vielen  Auszüge  aus  der  Chronik  des  Joh.  Nibling  machen  den 
Verlust  derselben  weniger  empfindlich. 

Zu  einer  bedeutendem  wissepschaftlichen  Arbeit  brachte  es 
aber  erst  Eugen  Montag,  der  als  letzter  Abt  die  lange  Reihe 
seiner  Vorgänger  würdig  schliesst. 

Geboren  zu  Ebrach  am  5.  März  1741,  zum  Abt  gewählt  am 
21.  Februar  1791  starb  er  am  5.  März  1811  und  liegt  in  der 
Abteikirche  neben  dem  ersten  Abte  Adam  begraben.  Exordium  et 
tinis  nobilis  Ebraci,  schrieb  ein  Angehöriger  des  Klosters,  hie  simul 
junguntur  et  uno  quasi  tumulo  clauduntur!  0  fata  rerum  creatarum! 
Er  verdiente  wohl  eine  würdige  Biographie.  Seine  Schriften  sind: 
Bargildi  Franconis  disquisitio  de  ducatu  et  judicio  provinciali  Epis- 
copatus  Wirceburgensis,  in  ordine  ad  valorem  argumenti  praesumptae 
ex  situ  Superioritatis  territorialis  1778  148  SS.  in  4.  —  De  milite 
nobili  et  ingenuo  saec.  XI.  et  XII.  una  cum  vindiciis  Marquardi  de 
Grumbach  dynastae.  Norimbergae.  1794.  8.  118  SS.  (gegen  J.  A. 
Samhaber's  Abhandlung  de  statu  et  nominibus  militarium  in  Ger- 
mania. Wirceb.  1793).  —  Geschichte  der  deutschen  staatsbürgerlichen 
Freiheit  oder  der  Rechte  des  gemeinen  Freyen,  des  Adels  und  der 
Kirchen  Deutschlands.  Bamberg  und  Würzburg.  1812  u.  14.  2  Bde.  8. 

Der  Verfasser  starb  nach  dem  Druck  der  ersten  Bogen;  die 
Herausgabe  des  bedeutenden  Werkes,  der  Grundlage  der  zunächst 
folgenden  deutschen  Staats-  und  Rechtsgeschichten,  besorgte  F.  A. 
Frey.  Für  seine  Abtei  schrieb  Eugen  Montag  2  Werke:  Frage: 
Ob  der  Abtei  Ebrach   in   Franken    das  Prädikat  Reichsunmittelbar 


24  Contzen : 

rechtmässig  gebühre,  und  ob  dieselbe  als  Herrschaft  ihrer  Unter- 
thanen  die  Regel  der  Reichsfreiheit  gegen  die  hochfürstl.  Würzburgische 
Ansprüche  einer  vollkommenen  Landeshoheit  zu  behaupten  befugt 
seie?  Erläutert  aus  der  Geschichte,  Privilegien,  Verträgen  und 
hauptsächlich  aus  dem  Grund  der  noch  unverrückt  bestehenden 
Kayserlichen  und  Reichsohnmittelbaren  Principal- Advocatie  auf  diese 
Abtei  und  derselben  Unterthanen,  in  Gegensatz  der  so  betittelten 
Caussa  Herbipolensis  und  anderer  Würzburg,  gedruckten  Streit- 
schriften. Mit  Beylagen  Num.  I— LXXII.  1786.  fol.  Das  Hand- 
exemplar des  Verfassers,  das  sich  in  meinem  Besitze  befindet,  ent- 
hält viele  Zusätze. 

Die  Veranlassung  zu  dieser  gelehrten  und  überzeugenden 
Deduction  gab,  wie  die  Vorrede  ausführt,  das  alles  Maas  über- 
schreitende Verfahren  der  würzburgischen  Regierung  gegen  den 
Abt  von  Ebrach,  als  ein  Angehöriger  des  Klosters  die  Keckheit 
gehabt  hatte,  auf  dem  Titel  seiner  Schriften  sich  „Profess  des  un- 
mittelbaren Reichsstifts  EbracW  zu  nennen.  Ehe  der  Streit  über 
die  Reichsunmittelbarkeit  zu  Ende  war,  traf  beide,  Kloster  und 
Hochstift,  1802  das  Loos  der  Vernichtung. 

Der  Streit  mit  Würzburg  beginnt  schon  unter  dem  Bischof 
Lorenz  von  Bibra  1497,  dauerte  bis  zur  Säkularisation  und  rief 
verschiedene  Streitschriften  und  damit  den  Druck  der  wichtigsten 
Urkunden  hervor.  Die  Visitation  des  Klosters  1530,  durch  den 
eifrigen  Bischof  Conrad  von  Thüngen,  deren  acta  in's  erzbischöfliche 
Archiv  nach  Mainz  und  mit  demselben  nach  dreihundert  Jahren 
wieder  nach  Würzburg  gekommen  sind  (Mainzer  Archiv-Bücher 
verschiedenen  Inhalts  No.  12),  lässt  den  Zustand  der  Abtei,  freilich 
kurze  Zeit  nach  der  furchtbaren  Verwüstung  durch  den  Bauern- 
krieg, in  trauriger  Lage  erscheinen.  In  der  Streitsache  über  die 
Landes-  und  Reichssteuern  betrat  das  Kloster  unter  Alberichs 
Nachfolger,  dem  Abt  Ludwig,  den  Rechtsweg,  wofür  der  gelehrte 
Syndicus  desselben,  Joh.  Heinr.  Weisenborn,  die  eonclusiones 
aliquot  juridicae  um  1690  in  einem  starken  Folianten  herausgab, 
dem  dann  der  Bischof  Johann  Gottfried  1(392  in  der  Causa  Herbi- 
polensis entgegentreten  liess.  Zahlreiche  urkundliche  Belege  finden 
sich  in  beiden  Werken.  Nach  10  Jahren  wurde  die  Sache  friedlich 
ausgeglichen. 

Nicht  so  in  einem  andern  berühmt  gewordenen  Streit.  Der 
Abt  Wilhelm   hatte   auf  Veranlassung    seines   Ordensgenerals   eine 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  25 

kurze  Geschichte  des  Klosters  drucken  lassen  unter  dem  Titel: 
Brevis  notitia  Monasterii  B.  V.  M.  Ebracensis  sacri  ordiuls  cisterciensis 
in  Franconia.  Ex  probatis  authoribus,  tum  impressis,  tum  scriptis, 
originalibus  Diplomatibus,  antiquis  Documentis  et  Scripturis  desumpta 
et  in  hunc  ordinem  redacta  a  quodam  ejusdem  Loci  et  Ordinis 
Religioso.  Anno  1738.  Ohne  Druckort  und  Verleger.  183  SS.  Text 
in  4.  Die  Würzburger  Regierung  fand  sich  durch  diese  Schrift  so 
beleidigt,  dass  sie  verboten,  das  Verbot  durch  Trommelschlag  ver- 
kündigt, das  Buch  öffentlich  zerrissen  und  verbrannt  und  der  Ebrach- 
ische  Amtmann  als  dessen  Verbreiter  aus  der  Stadt  gewissen  wurde. 
Der  Abt  brachte  aber  eine  Beschwerde  gegen  dieses  Verfahren  nach 
Rom,  wo  dasselbe  als  incompetent  erkannt  und  gestattet  wurde, 
eine  neue  Auflage  des  Buches  in  Rom  zu  veranstalten.  Diese 
Ausgabe  auf  220  SS.,  die  mit  der  ersten  ganz  übereinstimmt,  ist  in 
Franken  sehr  verbreitet,  während  die  verbrannte  zu  einer  literarischen 
Seltenheit  geworden  ist.  Vernünftiger  war  der  zweite  Weg,  welchen 
der  Bischof  von  Würzburg  dagegen  einschlug;  er  liess  durch  seinen 
Syndicus  Nie.  A.  Seitz  eine  diplomatische  Widerlegung  drucken 
unter  dem  Titel:  Analysis  libri:  Brevis  notitia,  Accedit  summarium 
aliquot  documentorum.  Anno  1740.  Wirceb.  fol. 

Die  nächste  Streitschrift  war  die  genannte  von  Eugen  Montag. 
Ein  zweites,  noch  ungedruÄktes  Werk  desselben  über  Ebrach  befindet 
sich  im  k.  Kreisarchiv  zu  Würzburg  (M.  S.  24):  Historiae 
diplomaticae  Ebracensis  Monasterii  Saeculi  I  Epocha  I  ab  anno 
1126 — 1166  sive  de  rebus  gestis  sub  Adamo  Abbate  I.  Pro  Aris 
Divisque  Ebracensibus ,  F.  E.  A.  1794 — 95.  Nun  quam  Typis. 
Handschrift  des  Verfassers  450  SS.  in  fol.  Es  besteht  diese  vortreff- 
liche Arbeit  aus  der  Vorrede,  der  geschichtlichen  Darstellung  1 — 207, 
den  diplomatischen  Beweisen  mit  Erläuterung  der  einzelnen  Urkunden, 
von  209 — 333,  und  3  Excursen  über  den  Zustand  Deutschlands 
unter  Conrad  III,  (1 — 37),  über  das  mittelalterliche  Münzwesen  (41 — 77) 
und  über  den  literarischen  Verkehr  des  Abtes  Adam  mit  der  h. 
Hildegarde  (81 — 117).  Dass  er  im  Sinne  hatte,  das  Werk  in  günstigerer 
Zeit  fortzusetzen,  geht  aus  einer  Aeusserung  am  Schlüsse  desselben 
hervor,  üeber  das  „nunquam  typis''  spricht  er  sich  am  Schlüsse  der 
Vorrede  aus:  „Caeterum  quae  scripsi,  notitiae  dumtaxat  privatae, 
confratrum  usui,  et  domesticae  informationis  causa  scripsi.  Insipienter 
ageretur,  multumque  noceret,  si,  quae  candide  hie  confratrum  in- 
timata  prudentiae  ac  fidei,  in  publicum  vulgari  vellent  aut  extraneis 


26  Contzen : 

eonimunicari.  Typis  nuuqiiam  haec,  utut  limatus  accedat  calamus, 
spargenda,  maxime  dum  Jurisdictiouis  cuni  potentibus  Adversariis 
dissidia  fervent,  qui  candore  Scriptoris  facillime  in  malum 
abuterentur.''  Der  letzte  Grund  ist  nun  freilich  in  Folge  der 
Säkularisation  weggefallen;  aber  ein  einfacher  Abdruck  des  Buches 
möchte  jetzt  nicht  mehr  an  der  Zeit  sein;,  wohl  aber  bildet  es  eine 
treffliche  Vorarbeit  für  eine  wissenschaftliche  Verwerthung  des 
reichen  Quellenmaterials  über  Ebrach,  wofür  eine  kleine  Arbeit 
eines  Freundes  des  gelehrten  Abtes,  des  letzten  Ebrachischen 
Kanzleidirectors  P.  WigandWeigand,  Geschichte  der  Fränkischen 
Cistercienser  Abtei  Ebrach.  (Herausgegeben  und  mit  Anmerkungen 
versehen  von  A.  Ruland),  Landshut  1834.  142  SS.  eine  gute  Ein- 
leitung bildet. 

Andere  Hülfsmittel  sind  für  die  spätere  Zeit  ein  Necrologium, 
das  1725  angelegt,  bis  zum  Aufhören  des  Klosters  reicht  (im* 
Würzburger  Archiv  M.  S.  27.),  das  Repertorium  des  vortrefflich  ge- 
ordneten Archivs  aus  dem  J.  1740  (das.  M.  S.  25),  ein  Supplement  zur 
Notitia  brevis,  das  Leben  der  3  letzten  Aebte  enthaltend  (Historischer 
Verein  M.  S.  q*.  16),  ein  Verzeichniss  der  Mitglieder  des  Klosters 
von  der  Stiftung  an  bis  zum  18.  Jahrh.  (das.  M.  S.  q.  46),  von 
demselben  Verfasser  eine  tabellarische  Uobei'sicht  der  Kloster- 
geschichte im  1.  Jahrhundert  (das.  M.  S.  q.  13)  und  ein  Schlüssel 
zum  Bibliotheks-Katalog  aus  dem  J.  1788  (das.  M.  S.  q.  15).  Man 
sieht  daraus,  dass  in  der  Bibliothek  auf  Ordnung  gehalten  wurde. 
Ein  Theil  der  Bücher  ist  in  die  Universitätsbibliothek  zu  Würzburg 
gekommen,  der  grösste  Theil  aber  verkauft  worden.  Was  au 
Pergamenthandschriften  einst  vorhanden  war,  hat  Ruland  mitgetheilt 
S.  135  der  Geschichte  von  W.  Weigand.  Darunter  gehörten  auch  die 
wichtigen  Aufzeichnungen  des  Michael  vom  Löwen  aus  dem  Jahr  1350, 
die  jetzt  im  k.  Archive  zu  Würzburg  aufbewahrt  werden.  (M.  S.  6). 
tYüher  mochte  die  Bibliothek  auch  die  Arbeiten  eines  der  Ange- 
hörigen des  Klosters,  der  einer  der  kunstvollsten  Schreiber  seiner 
Zeit  war,  des  Sigfried  Kalb,  enthalten,  von  dem  Ebert,  Zur  Hand- 
schriften-Kunde, Leipzig  1825, 1,  153  folgendes  mittheilt:  „Schlimmer 
hat  ein  Schreiber  wohl  schwerlich  seine  Witz  büssen  müssen,  als 
der  ehrliche  Klosterbruder  Sifridus  Vitulus  oder  Kalb  in  Ebrach, 
der  in  einem  im  J.  1315  geschriebenen  Pergamentcodex  der 
lateinischen  Bibel  (jetzt  in  Wolfenbüttel.  1.  3.  1.  Ms.  Aug.  fol.)  zur 
Seite   sich   selbst   mit    Anspielung   auf  seinen    (zum    bessern  Ver- 


Die  Urkunden  des  Bisthiuus  Würzbnrg.  27 

ständniss  ausdrücklich  beigesetzten)  Namen  als  ein  Kalb  im  Mönchs- 
gewande,  an  einem  Pult  schreibend  abbildete.  Als  der  sächsische 
Leibarzt  Erndl  im  J.  1707  die  Bibliothek  besuchte,  wurde  ihm  von 
einem  Unterbeamten  der  Codex  alles  Ernstes  als  von  einem  Monstrum 
geschrieben  vorgelegt,  und  der  Leibarzt  hatte  dabei  so  wenig  Arg, 
dass  er  in  seiner  Relatio  de  itinere  suo  Anglicano  et  Batavo  (S.  L. 
8.  S.  5)  diese  Merkwürdigkeit  ebenso  ernsthaft  weiter  an  das 
Publikum  berichtete,  bis  Burckhardt  (Betulii  epistola  ad  amicum. 
Hannov.  1710.  8.  S.  60  ff.)  umständlich  und  mit  vielen  Citaten 
bewies,  dass  man  von  einem  solchen  Monstrum  doch  noch  kein 
Beispiel  wisse."  Auch  in  der  Würzburger  Universitätsbibliothek 
findet  sich  ein  schön  geschriebener  Pergamentcodex  aus  dem  J.  1312 
vor  von  diesem  berühmten  Frater  Sifridus  Vitulus,  scriptus  sub 
Domino  Friderico  abbate. 

Die  Denkmäler  in  der  Kirche  zu  Ebrach  sind  beschrieben 
und  abgebildet  in:  P.  Ign.  (iropp,  monumenta  sepulchralia  ecclesiae 
Ebracensis  inprimis  cordium  episcoporum  Wirceburgensium.  Wirceb. 
1730.  4. 

Einsiedel) 

siehe  Neustadt  am  Main. 

EngelgarteO)  Karthause  zu  Würz  bürg, 

gegründet  1348  durch  die  Brüder  Küdiger  und  Wolfram,  genannt 
Teufel,  auf  ihrem  Anwesen,  dem  Teufelsgarten,  und  bis  zur  Säkula- 
risation 1802  bestanden;  jetzt  stehen  auf  dem  Boden  derselben  der 
alte  Eisenbahnhof  und  Privatgebäude. 

Uebrig  sind  noch  100  Urkunden,  11  aus  dem  14.  Jahrhundert, 
darunter  die  Bestätigung  Bischofs  Albert  von  1351,  14  aus  dem 
15.  Jahrhundert,  die  anderen  75  aus  späterer  Zeit  bis  1787;  — 
ferner  ein  umfassendes  Copialbuch  (No.  243.  244)  in  zwei  starken 
Bänden,  Fol.  Pap.,  im  J.  1498  begonnen  und  Seite  für  Seite  von 
dem  kaiserlichen  Notar  Steinbach  1626  vidimirt;  dann  ein  Copial- 
buch verschiedener  Verhandlungen  und  Korrespondenzen  nach  Orten 
aus  dem  17.  und  18.  Jahrhundert  No.  244*  ;  endlich  ein  Lehenbuch 
über  verschiedene  Ortschaften  aus  dem  J.  1516.  No.  647. 

Der  historische  Verein  besitzt  die  Rechnungen  des  Klosters 
aus  den  J.  1623,  76,  88,  1710,  84,  85  (M.  f.*  153)  und  die  Aiis- 
tausche  desselben  zu  Estenfold  von  1756—58  (M.  S.  f.  305). 


28  Contzen: 

Frauenauracli, 

Dominikaner-PVauonabtei,  am  Einfluss  dcrAiirach  in  die  Rcgnitz,  im 
Bezirksamt  Erlangen  in  MittelTranken,  gegründet  1275  von  Herdegen 
von  Griindlaeh  und  seiner  Gemalin  Elisabeth  und  1552  säkularisirt. 
Im  k.  Archiv  zu  Bamberg  sind  23  Urkunden  verwahrt,  davon 
20  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  3  aus  der  folgenden  Zeit.  Im 
k.  Archiv  zu  Nürnberg  10  Urkunden,  davon  1  aus  dem  13.,  4  aus 
dem  15.  und  5  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Im  Würzburger  Archiv 
finden  sich  keine  Urkunden  dieser  Stiftung  vor.  —  Chr.  0 ester- 
reicher, Geschichte  von  Frauenaurach.     Bayreuth  1830.  8. 

Fraaenbreitangen, 

Prämonstratenser  Nonnenkloster,  an  der  Werra  im  Herzogthum 
Sachsen-Meiningen,  im  J.  1150  von  den  Grafen  von  Henneberg 
gegründet,  im  Bauernkriege  1525  zerstört  und  1528  eingezogen. 
Keine  Urkunde  ist  im  Würzburger  Archiv  mehr  übrig.  Das 
Diplomatar  des  Klosters  ist  gedruckt  im  III.  Bande  von  Schöttgen 
und  Kreissig,  diplomataria  &  scriptores  historiae  germanicae 
1753—60  fol. 

Frauenhansen, 

«auch  Bruderhart- ,  Bruder  -  Hartmanns  -  Zell  genannt ,  ein  kleines 
Frauenkloster,  Prämonstratenser  Ordens  bei  Hausen  im  Württemberg. 
O.A.  Gerabronn.  Die  Zeit  der  Gründung  ist  unsicher,  angeblich 
durch  Lupoid  von  Bebenburg  1338,  sein  Ende  fand  es  im  Bauern- 
krieg.    Der  Ort  heisst  jetzt  Klosterhof. 

Urkunden  haben  sich  im  Würzburger  Archiv  keine  erhalten. 


*&^ 


Frauenrode, 

Cistercienser  Frauenkloster  bei  Kissingen,  im  J.  1231  von  dem 
Grafen  Otto  von  Bodenlauben  und  seiner  Gemahlin  Beatrix  gegründet 
und  in  Folge  seiner  Zerstörung  im  Bauernkriege  1525  aufgehoben. 
Aus  diesem  dreihundertjährigen  Bestände  haben  sich  167  Urkunden 
erhalten,  allein  aus  dem  13.  Jahrhundert  47,  aus  dem  14. :  77,  aus  dem 
15.:  34  und  aus  dem  16.  Jahrhundert  9,  deren  jüngste  vom  J.  1557  ist. 

Auch  ein  sehr  gutes  Copialbuch  ist  erhalten  aus  dem  J.  1587, 
dem  am  Schlüsse  ein  älteres  einverleibt  ist.   (No.  184.) 

Die  älteren  Dokumente  sind  abgedruckt  in  L.  Bechstein's 
schönem  Werke:    Otto  von  Bodenlauben.     Leipzig  1845.  4. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  29 

Fraaenthal^ 

auch  Marienthal,  Cistercienser  Frauenkloster  am  Steinachbache  östlich 
von  Mer^entheim,  eine  Stunde  von  Creglingen  im  Württembergischen, 
im  J.  1232  durch  die  Grafen  Godefried  und  Conrad  von  Hohenlohe- 
Brauneck  gegründet  und  durch  die  Bauern  1525  ganz  zerstört  und 
nicht  wieder  hergestellt. 

Eine  Urkunde  ist  im  Würzburger  Archive  noch  übrig  vom 
J.  1232,  worin  B.  Hermann  den  Stiftern  die  Pfarrei  Münster  (0.  A. 
Mergentheim)  übergibt  (fehlt  in  von  Längs  Regesten),  abgedruckt 
im  Württembergischen  ürkundenbuch.  Im  k.  Staatsarchiv  zu  Stutt- 
gart sind  keine  Urkunden  über  dieses  Kloster  vorhanden. 

Vergleiche  Wibel,  über  das  Kloster  Frauenthal,  in  Oetter, 
Sammlung  vei-schiedener  Nachrichten.  Erlangen.  1749  u.  ff*.  S.  193, 
482,  629. 

Oeorgenzell, 

im  Grund  der  Rosa,  im  Herzogthum  Sachsen-Meiningen,  ein  Cister- 
cienser Mönchskloster,  um  1310  durch  Berthold  von  Wildprecht- 
rode  gegründet,  im  Bauernkriege  1525  zerstört  und  von  Henneberg- 
Schleusingen  1531  säkularisirt. 

Es  ist  keine  Urkunde  im  Würzburger  Archive  mehr  übrig. 
Vergleiche  Brückner,  Landeskunde  des  Herzogthums  Meiningen,  I, 
Seite  90  u.  91. 

Oerlachsheini) 

Prämonstratenser  Kloster  an  der  Tauber  im  Badischeii,  für  Nonnen 
schon  1209  gegründet  und  Oberzell  untergeben,  im  Bauernkriege 
1525  so  zerstört,  dass  der  Bischof  von  Würzburg  die  Klostergüter 
einzog,  um  nicht  auch  diese  zu  verlieren,  und  sie  1717  dem  Orden 
zurückstellte;  seit  1724  war  es  dann  ein  Priorat  und  dauerte  bis 
zur  Säkularisation,  in  deren  Folge  der  Fürst  von  Salm-Bedburg 
damit  entschädigt  wurde. 

Urkunden  sind  keine  mehr  vorhanden,  aber  ein  sehr  gut  um 
1650  geschriebenes  Copialbuch  (No.  185),  worin  sich  die  Urkunden 
von  1187 — 1540  finden.  Im  historischen  Verein  sind  Klosterrech- 
nungen von  1689  und  1708—9  und  ein  Catalogus  defunctorum  e 
Canonia  Cellae  Bei  Superioris  et  Gerlachsheim  aus  dem  vorigen 
Jahrhundert  (M.  S.  o.  9). 

Stumpf  (Denkwürdigkeiten.  1804.  Heft  III.  S.  59—77)  Hess 
zehn  Urkunden  des  Klosters  drucken. 


30  Oontzen : 

Gnadenthal, 

Cistercienser  Nonnenkloster,  im  Königreich  Württemberg,  um  das 
J.  1243  von  Konrad  von  Krautheim  und  seiner  Gemahlin  Kunigunde 
zuerst  in  Hohebach  an  der  Jagst  (0.  A.  Künzelsau)  gegründet,  aber 
schon  vor  1246  nach  Gnadenthal,  Vallis  Gratiae,  an  der  Biber  (0.  A. 
Oehringen)  verlegt,  durch  die  Grafen  von  Hohenlohe  reich  dotirt, 
unter  der  Aufsicht  der  Abtei  Schönthal  stehend,  in  Folge  der 
Reformation  aufgehoben. 

Erhalten  haben  sich  an  Urkunden  aus  dem  13.  Jahrhundert 
50  im  fürstlichen  Archiv  zu  Oehringen,  1  (1280,  März  11)  in  Würz- 
burg, aus  dem  14.:  140  in  Oehringen,  aus  dem  15.:  60  in  Oehringen 
und  eine  (1483)  in  Würzburg.  Im  k.  Staatsarchive  zu  Stuttgart 
finden  sich  keine  Urkunden  über  dieses  Kloster  vor. 

Dann  ist  noch  in  Oehringen  ein  Copialbuch;  ein  zweites,  Papier- 
handschrift, befindet  sich  im  städtischen  Archiv  zu  Hall. 

Goldbach, 

ein  Pauliner  Eremitenkloster,  zum  Städtchen  Waidenburg,  0.  A. 
Oehringen  im  Königreich  Württemberg  gehörig,  im  J.  1380  von 
Anna  Landgräfin  von  Leuchtenberg,  Wittwe  des  Grafen  Kraft  von 
Hohenlohe,   gegründet,    mit    der  Reformation    wieder    aufgehoben. 

Es  war  von  Anfang  an  von  geringer  Bedeutung.  Erhalten 
hat  sich  in  Oehringen  eine  Originalurkunde  vom  J.  1388,  in  Würz- 
burg eine  vom  J.  1470.  Die  übrigen,  aber  in  geringer  Anzahl, 
liegen  in  Waidenburg.  Die  Stiftungsurkunde  fehlt.  Auch  im  Staats- 
archive zu  Stuttgart  ist  keine  Urkunde  vorhanden. 

Vergleiche  Wibel,  Hohenlohen.  Kirchengeschichte  I,  84.  11, 
330,    335.    III,    128.    IV,    63.     Ussermann,    Ep.  Wirc.  p.   504. 

GrünaU)  Carthiluser-Kloster  bei  Wertheim, 

Nova  Cella  genannt,  um  das  J.  1328  gestiftet  und  bestanden  bis  1626. 
Es  findet  sich  in  Würzburg  nur  eine  Urkunde  vor  vom  J.  1336, 
wodurch  Bischof  Otto  die  Pfarrei  Eichel  der  neugegründeten  Kart- 
hause incorporirt. 

Hall. 

In  Schwäbisch -Hall  (Königreich  Wdirttemberg)  haben  wir 
erstens  ein  Franziskaner-Conventualen-  oder  Barfüsser- Kloster, 
welches  1236  vom  Abt  Konrad  von  Komburg  die  S.  Jakobskapelle 
daselbst   erhielt   und   bis   zur  Zeit   der  Reformation  bestehen  blieb. 


Die  Ilrkunden  des  Bisthums  V/ürzburg.  31 

Erhalteu  haben  sich  an  Original-Urkunden  Ablass-,  Gnaden- 
und  Freiheitsbriefen,  Kauf-,  Vertrags-,  Uebergabs-,  Bestand-  und 
Reversbriefen  über  des  Klosters  Zinsen,  Gülten,  Gefälle,  auch  Jahr- 
tage aus  dem  13.  Jahrhundert  11  Stücke,  aus  dem  14.:  81,  und  aus 
dem  15.:  47,  welche  sich  jetzt  im  k.  Staatsarchive  zu  Stuttgart  be- 
finden.   Im  Würzburger  Archiv  ist  keine  Urkunde  mehr  vorhanden. 

Wir  finden  dort  zweitens  ein  Haus  der  willigen  armen 
Schwestern  oder  Beguinen.  Aus  diesem  Kloster  sind  noch  übrig 
im  Stuttgarter  Archiv  an  Stiftungs-,  Uebergabs-,  Wechsel-,  Urtheils-, 
Begnadigungs-  und  Erbbeständnissbriefen  aus  dem  14.  Jahrhundert  21 
und  aus  dem  15.:  20  Stücke,  ferner  ein  Zinsregister  aus  dem  14.  Jahr- 
hundert. 

Hansen, 

Prämonstratenser-Frauenkloster,  bei  Kissingen;  im  J.  1161  von 
Heinrich  Grafen  von  Henneberg  gegründet,  im  Bauernkriege  1525 
und  dann  wieder  im  Grumbachischen  Kriege  1565  ganz  zerstört, 
wurde  es  nicht  wieder  hergestellt,  sondern  die  Einkünfte  desselben 
von  Bischof  Julius  seiner  Universität  zugewiesen. 

Vorhanden  sind  noch  27  Urkunden,  eine  aus  dem  J.  1161 
(gedruckt  bei  Grebner  II,  49  und  Ussermann  45),  eine  aus  dem  13., 
8  aus  dem  14.,  9  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  die  übrigen  8  später 
bis  1567. 

Ein  Copialbuch  findet  sich  nicht  vor.  Der  historische  Verein 
hat  die  Klosterrechnungen  aus  mehreren  Jahren  des  17.  Jahrhunderts. 
(M.  S.  f.*  158). 

Heidenfeld, 

Propstei  regulirter  Chorherren  unweit  Schweinfurt,  im  J.  1060  vom 
Markgrafen  Hermann  von  Vohburg  und  seiner  Gemalin  Alberada 
von  Banz  gegründet;  1525  im  Bauernkrieg  und  1631  von  den 
Schweden  arg  verwüstet,  bestand  sie  blühend  bis  zur  Säkularisation 
1802.  Ueber  den  Verlust  ihrer  Urkunden  berichtet  der  letzte  Probst 
Mauritius  Trapp:  „Die  Stiftungsbriefe  und  Originalien  seien  nicht 
mehr  vorhanden  gewesen,  denn  Gustav  Adolf  von  Schweden  habe 
die  Abtei  der  Stadt  Schweinfurt  geschenkt  und  das  Archiv  sei  mit 
andern  vorräthigen  Sachen  dahin  abgeführt  und  in  jener  Zeit  das 
meiste  verloren  worden;  einer  seiner  Vorfahren  habe  bei  Mäcklern 
daselbst  verschiedene  Schriften  wieder  aufgekauft;  was  noch  vor- 
handen gewesen,  sei  wegen  verschiedener  Feindesgefahr  öfters  ein- 


32  Contzen: 

und  ausgepackt  worden  und  in  Unordnung  gerathen  und  manches 
hiebei  zu  Verlust  gegangen." 

An  Urkunden  sind  jetzt  nur  acht  vorhanden,  davon  zwei  aus 
dem  13. ,  zwei  aus  dem  14. ,  zwei  aus  dem  15.  Jahrhundert  und 
zwei  aus  der  folgenden  Zeit,  darunter  die  letzte  vom  10.  August 
1805,  die  den  A^erkauf  des  Klosters  sammt  allen  dazu  gehörigen 
Realitäten  an  den  General-Landes-Commissär  Grafen  von  Thürheim 
um  die  Summe  von  102,500  Gulden  betrifft. 

'  Ein  Copialbuch  (No.  186)  hat  nur  die  Briefe  vom  15.  Jahr- 
hundert an  und  ist  im  17.  zusammengetragen.  Im  historischen 
Verein  ist  ein  Zinsbuch  vom  J.  1357,  Perg.  aufbewahrt  und  ein 
Necrologium,  oder  vielmehr  Anniversarienbuch,  aus  neuerer  Zeit, 
mit  einem  angehängten  Verzeichniss  der  Pröbste  (M.  S.  q.  77  u.  f.  805). 

Eine  Geschichte  des  Klosters  von  Fr.  Petri  befindet  sich  in 
Michael  Kuen,  collectio  Scriptorum.  Tom.  IV.  p.  207  und  daraus 
bei  Ussermann  p.  373  u.  374. 

Ueidingsfeld. 

Bischof  Hermann  gestattet,  nach  der  Urkunde  von  1237,  die 
Versetzung  des  S.  Egidien-Convents  daselbst  auf  einen  bequemern 
Platz  und  gibt  ihm  den  Namen  Paradies  und  die  Kegeln  des 
hl.  Benedict. 

Wahrscheinlich  in  Folge  der  Verwüstungen  im  Bauernkriege 
erlosch  es  allmählig,  bestand  wenigstens  im  J.  1571  nicht  mehr, 
und  die  Einkünfte  Avurden  zur  fürstlichen  Kammer  gezogen.  Die 
Kirche  mit  vielen  Grabmälorn  war  aber  noch  vor  hundert  Jahren 
vorhanden.  Jetzt  hat  sich  auf  der  Stelle,  wo  einst  das  Benedictiner- 
Convent  adeliger  Nonnen  stand,  seit  dem  J.  1855  ein  Kloster  der 
armen  Schulschwestorn  mit  einer  Erziehungsanstalt  erhoben. 

Es  sind  nur  noch  18  Urkunden  vorhanden,  4  aus  dem  13., 
3  aus  dem  14.,  eine  aus  dem  15.  und  10  aus  dem  16.  Jahrhundert 
bis  1595,  und  an  Büchern  ein  Zins-,  Saal-  und  Ijehenbuch  aus  dem 
J.  1528  (No.  187),  dessen  Verfasser  auf  die  grosse  Armuth  der 
Klosterfrauen  hinw^eiset;  ein  zweites  vom  J.  1571,  worin  sich  die 
auf  Befehl  des  B.  Julius  vom  J.  1586  gefertigten  Abschriften  der 
damals  noch  vorhandenen  Urkunden  befinden  (Kasten  11,  No.  148), 
und  ein  drittes  vom  J.  1605  (No.  188). 

Klosterrechnungen  aus  den  Jahren  1593 — 1724  besitzt  der 
historische  Verein  (M.  S.  f.*  163). 


Die  Urkunden  deK  Bisthums  Würzburj?.  33 

Heilbronn. 

Siehe  Carmeliten-^löster. 

Heiligrenthal, 

Cistercienser-Frauenabtei  bei  Schwanfeld,  (Bezirksamts  Schweinfurt) 
im  J.  1234  gegründet,  der  Abtei  Bildhausen  unterordnet  und  im 
J.  1564  erloschen;  die  Einkünfte  verwandte  B.  Julius  mit  päpst- 
licher Bewilligung  für  sein  neugestiftetes  Spital;  die  Klostergebäude 
mit  hübscher  Kirche  sind  jetzt  Privateigenthum. 

An  Urkunden  sind  noch  65  vorhanden  und  zwar  13  aus 
dem  13.,  38  aus  dem  14.,  8  aus  dem  15.  und  6  aus  dem  16.  Jahr- 
hundert. 

Ein  Copialbuch  hat  sich  nicht  erhalten. 

Aus  den  Urkunden  schrieb  Herr  Professor  Dr.  Lippert  eine 
lesbare  Geschichte  des  Klosters,  aber  ohne  Regesten,  im  IV.  Bande 
des  historischen  Vereins,  Heft  3.  (1838).  S.  39—53. 

Uildbnrghauseii 

erhielt  im  J.  1319  ein  Collegiatstift  mit  zwölf  Stiftsherrn  und 
Priestern  an  der  Pfarrkirche  daselbst,  gestiftet  durch  den  Grafen 
Berthold  YII.  von  Henneberg  unter  Bestätigung  des  Bischofs  God- 
fried  von  Würzburg. 

Der  Stiftungsbrief  vom  28.  Juli  1319  ist  erhalten. 

Himmelspforteiiy 

Cistercienser-Frauenabtei  am  Maine  bei  Würzburg,  gegründet  durch 
Bischof  Hermann  von  Lobdeburg  im  J.  1231  zuerst  in  Himmelstadt 
am  Maine,  dann  1250  an  jenen  Platz  versetzt,  wo  sie  bestand  bis 
zur  Säkularisation  im  J.  1802.  Die  Gebäude,  schöner  Kreuzgang 
und  Kirche  im  deutschen  Stil,  dienten  den  aus  Russland  rückkehren- 
den Truppen  als  Spital  und  sind  jetzt  ihrer  ursprünglichen  Be- 
stimmung wiedergegeben,  seitdem  1852  der  Orden  der  Carme- 
literinnen  dieselben  käuflich  erworben  hat. 

Die  Klosterfrauen  hielten  ihr  Archiv  in  Ehren,  die  Urkunden 
und  besonders  die  Siegel  sind  gut  erhalten;  doch  fehlten  schon  nach 
dem  amtlichen  Berichte  von  1804  bei  Vergleichung  mit  den  im 
Copeibuch  verzeichneten  43  Originale;  vorhanden  sind  noch  558, 
davon  94  dem  13.,  —  die  älteste  ist  der  Stiftungsbrief  vom  J.  1231, 
von  Bischof  Hermann  ausgestellt,  —  274  dem  14.,  92  dem  15.  Jahr- 

Archivalisohe  Zt^itschHft  VIII.  3 


34  Oontzen : 

hundert,   die   übrigen   98   bis   zum  J.  1781  der  folgenden  Zeit  an 
gehören.  . 

Auch  die  Copialbücher  befinden  sich  im  besten  Zustande:  das 
älteste  (No.  189)  in  gross  Folio  enthält  die  Urkunden  chronologisch 
und  mit  den  Originalen  collationirt  bis  zum  J.  1527  und  ist  auch 
um  diese  Zeit,  in  der  das  Kloster  viel  im  Bauernkriege  zu  leiden 
hatte,  geschrieben ;  das  zweite,  ebenfalls  vidimirte,  hat  die  Urkunden 
nach  Ortschaften  vertheilt  und  ist  zu  Ende  des  16.  Jahrhunderts 
geschrieben,  in  zwei  Bänden  mit  einem  Nachtrag  bis  1725  (No.  191 
bis  193);  ein  kurzer  Auszug  aus  letzterem  gibt  die  Erwerbsgeschichte 
des  Klosters  (No.  190). 

Kleinere  Sachen  über  Himmelspforten  befinden  sich  im  Besitze 
des  historischen  Vereins.  Ein  Nekrologium,  das  noch  zu  Usser- 
manns  Zeiten  vorhanden  war,  (Cfr.  Ussermann,  Ep.  Wirceb.  p.  372), 
hat  sich  im  Orginale  nicht  erhalten  ,  befindet  sich  aber  im  Auszug 
in  der  handschriftlichen  Ebracher  Chronik  des  Joseph  Agrieola 
Tom.  III.  pag.  218-249.  (Siehe  Ebrach).  Zu  einer  urkundlichen 
Darstellung   ist  bis  jetzt  auch  nicht  der  Versuch  gemacht  worden. 

Uohebach, 

ist  dasselbe  wie  Gnadenthal;  siehe  dieses. 

Uohenfeld, 

bei  Kitzingen  am  Main.  Hier  soll,  nach  Stieber,  ein  Cistercienser- 
Nonnenkloster  auf  der  Höhe  gestanden  sein,  und  ein  Mönchskloster 
im  Thale. 

Ueberreste  sind  nicht  mehr  vorhanden;  ebensowenig  Urkunden. 

limbach, 

Karthause  am  Steigerwalde,  Hortus  Mariae  genannt,  im  J.  1453  von 
Balthasar  Fehr  von  Bottig  und  seiner  Gattin  Magdalena  von  Vesten- 
berg  aus  ihrer  Burg  gestiftet;  im  Bauernkriege  zerstört  und  bald 
wieder  heigestellt,  dauerte  sie  bis  1802. 

Sie  besitzt  154  Urkunden,  davon  12  aus  dem  14.,  die  älteste 
von  1328,  54  aus  dem  15.  Jahrhundert,  die  übrigen  88  aus  der 
folgenden  Zeit. 

Ein  Copialbuch  hat  sich  im  Würzburger  Archive  nicht  erhalten. 

Eine  Geschichte  der  Karthause  schrieb  nach  einigen  ihm  zu- 
gänglichen Hülfsmitteln  G.  Höfling  im  Archive  des  historischen 
Vereins  Band  VI,  Heft  3,  S.  65-127.     Mit  eilf  Urkunden. 


Pie  T^rkundon  dos  Bisthums  Würzbiirp.  35 

St«  Johann  unter  Wildberg, 
Cistercienser-Nonnenkloster  unterhalb  der  Burg  Wildberg,  bei  dem 
Dorfe  Sulzfeld,  zwei  Stunden  von  Königshofen  im  Grabfeld,  angeblich 
im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  gestiftet,  in  Folge  der  Zerstörung 
durch  den  Bauernkrieg  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  erloschen; 
auf  der  Stelle  desselben  steht  jetzt  das  Oekonomiegut  Johanneshof. 

Erhalten  haben  sich  22  Urkunden,  davon  4  aus  dem  14.,  13 
aus  dem  15.  und  5  aus  dem  16.  Jahrhundert;  die  älteste  vom 
J.  1303,  Schenkung  eines  Zehnten  durch  Albert  Kölner,  die  jüngste 
vom  J.  1555,  Inventar  über  den  Inhalt  einer  dem  Kloster  gehörigen 
Truhe;  dann  ein  Zinsbuch  und  Register  über  die  zur  fürstlichen 
Kammer  gezogenen  Gefälle  dieses  Klosters  nebst  einigen  historischen 
Xotizen  und  Urkunden  aus  dem  J.  1579  (Nr.  197). 

I)iis  Beste  über  dieses  Kloster  befindet  sich  in  Rost,  Königs- 
hofen.    Würzburg.  1832.  S.  170  u.  fiF. 

Kitzingen, 

Benedictinerinnon-Abtoi,  um  745  gestiftet  und  1544  durch  die 
Markgrafen  von  Ansbach,  in  deren  Händen  sich  die  Stadt  Kitzingen 
pfandweise  befand,  aufgehoben.  Das  Archiv,  welches  nach  Plassen- 
burg  geschafft  war,  musste,  als  die  Stadt  1629  von  Würzburg  wieder 
eingelöset  ward,  in  Folge  eines  kaiserlichen  Hofrathsbeschlusses  aus- 
geliefert werden.  Die  Benedictinerinnen-Abtei  wurde  nicht  wieder 
hergestellt,  dagegen  errichtete  Bischof  Johann  Gottfried  im  J.  1697 
ein  Ursuliner-Kloster  für  den  Unterricht  der  weiblichen  Jugend, 
welches  bis  zum  J.  1802  bestand,  und  von  dem  10  Urkunden,  die 
jüngste  von  1802,  im  Würzburger  Archive  erhalten  sind. 

Von  der  Benedictinerinnen-Abtei  sind  noch  222  Urkunden 
übrig,  5  aus  dem  11.  Jahrhundert,  —  in  der  ältesten  von  1007 
schenkt  K.  Heinrich  II.  das  Kloster  der  Bamberger  Kirche,  —  12  aus 
dem  12.,  19  aus  dem  13.,  41  aus  dem  14.,  121  aus  dem  15.  und 
24  aus  der  folgenden  Zeit;  ferner  ein  kleines,  schlecht  erhaltenes 
Copeibuch  aus  dem  14.  Jahrhundert,  welches  fünf  Urkunden  aus 
dem  J.  1344  enthält  (K.  124^  No.  137),  ein  Formularbuch  in  Betreff 
der  Eidesleistungen  der  Beamten  des  Klosters  und  der  Rechte  des- 
selben in  der  Stadt  Kitzingen  aus  dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts 
(No.  199),  das  sogenannte  Würzburgisch  Buch,  die  Reformation  und 
Ordnung  im  Kloster  betreffend,  mit  dem  deshalb  gepflogenen  Brief- 
wechsel   aus    den    J.   1493—94    (No    200),    die    Saalbücher    vom 

3* 


36  Contzen . 

J.  1499  (No.  202),  (das  des  Spitals  z^u  Kitzingen,  No.  204^  ist  aus 
demselben  Jahr),  besonders  das  vom  J.  1519  (No.  204),  worin  sich 
von  Blatt  196  an  die  Wappen  der  „Closterfrawen"  befinden,  „die  ich 
Margaretha  Eptissin  gebome  Truchsessen  von  Baldersheim  unther 
meiner  gehorsam  gehabt  hab,  dieweil  ich  Eptissin  gewesen  bin," 
dann  die  Gült-  und  Zinsbticher  von  den  Jahren  1489  (No.  198), 
1514,  1534  (No.  204  ®  0-  Interessant  sind  die  Briefe  der  Äbtissin 
Katherine  von  Fronhofen  von  1524 — 31  zur  Zeit  des  Bauernkrieges 
(No.  204*)  und  die  CoUectanea  des  Stadtschreibers  zu  Kitzingen 
Paul  Kücklein,  in  den  ersten  Decennien  des  17.  Jahrhunderts  zu- 
sammengeschrieben (No.  201).  — 

Die  Urkunden  über  Kitzingsn  von  1336 — 1628  enthält  die 
Schrift  Acta  in  Sachen  Würzburg  contra  Brandenburg:  Ablösung 
der  Pfandschaft  Kitzingen  betreffend,  1629.  Fol. 

Unbedeutend  ist  Joh.  Hesse  historische  Erzählung  von  dem 
Kloster  und  der  Stadt  Kitzingen,  in  Pistorius,  amoenitates  historico- 
juridicae.     Frankfurt  1733.  4.  Theil  UI.  No.  8. 

Komburg, 

als  Benedictinerkloster  1078  gegründet,  1488  in  ein  ritterliches 
Collegiatstift  umgewandelt  und  1802  aufgehoben. 

Erhalten  haben  sich  an  Original -Urkunden,  päpstlichen  und 
kaiserlichen  Privilegien,  Schutz-  und  Schirmbriefen,  Mandaten, 
Stiftungsbriefen,  Verträgen  mit  benachbarten  geistlichen  und  welt- 
lichen Fürsten  und  Städten,  kaiserlichen  Lehensbriefen,  Lehens- 
reversen u.  s.  w.  aus  dem  13.  Jahrhundert  41  Stücke  im  k.  Staats- 
archive in  Stuttgart,  aus  dem  14.:  169  zu  Stuttgart,  2  in  Würzburg; 
aus  dem  15.  Jahrhundert  279  in  Stuttgart,  3  in  Würzburg,  wo  sich 
auch  noch  16  spätere  bis  zum  Jahre  1688  nebst  der  Copie  einer 
Urkunde  von  1137  befinden.  Im  Stuttgarter  Staatsarchiv  sind  femer 
aufbewahrt  eine  Statutensammlung  von  1489,  dann  20  theils  grössere 
theils  kleinere  zum  Theil  aus  mehreren  Bänden  bestehende  Diplo- 
matarien mit  Urkunden  vom  11.  Jahrhundert  an,  ein  Saalbuch  aus 
dem  15.  Jahrhundert,  ein  Lagerbuch  über  die  Gülten  des  Elosters 
von  1478,  mehrere  Lehen-  und  Eidbücher,  Vorladungen  der  Lehen- 
leute zum  Lehengericht  u.  A.  Mencke  gab  in  den  Script,  rer. 
germ.  Tom.  I  diplomata  Chomburgensia ,  H.  Bauer  12  andere  in 
der  Zeitschrift  für  das  württembergische  Franken   (1863)  VI,  280. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  AVtirzburg.  37 

Eine  Bearbeitung  der  Kloster-  und  Ötiftsgeschichte  fehlt;  Bei- 
träge lieferten :  Prescher,  Geschichte  der  Keichsgrafschaft  Limburg  I, 
205.  II,  375  u.  flF.  —  Ussermann,  Episc.  Wirc.  pag.  198—212.  — 
Staelin,  württembergische  Geschichte  I,  591.  II,  700. 

Königsberg, 

Augustiner  Eremitenkloster,  zwei  Stunden  von  Hassfurt  in  der 
Sachsen-Coburgischen  Enklave  gelegen,  um  die  Mitte  des  14.  Jahr- 
hunderts gegründet,  von  der  Aglaien  seh  wester-Gesellschaft  zur  Stifts- 
kirche gewählt,  im  Bauernkriege  1 525  zerstört,  bei  welcher  Gelegen- 
heit die  Dokumente  nach  Coburg  geflüchtet  (nach  Anderen  aber 
zerstört  wurden),  und  bald  darauf  säkularisirt. 

Eine  Urkunde  hat  sich  im  Würzburger  Archiv  nicht  erhalten, 
im  historischen  Vereine  eine  vom  J.  1536  (M.  S.  q.  94),  die  das  Ein- 
kommen des  Klosters  betrifft. 

Cfr.  Ussermann  p.  505.  —  Schultes  Coburgische  I^andes- 
geschichte  S.  82.  —  Krause  Hildburghausen.  Landeshistor.  Thl.  lY. 
S.  107  u.  S, 

Kreutzfeld, 

jetzt  Weiler;  zum  Pfarrdorf  Schrozberg  gehörig,  württombergischen 
().  A.  Gerabronn,  hatte  ein  Frauenkloster,  welches  durch  Bischof 
Hermann  im  J.  1253  mit  dem  Kloster  Scheftersheim  voreinigt  wurde. 
Urkunden  aus  der  Zeit  vor  der  Vereinigung  haben  sich 
keine  erhalten. 

Kfimaeh,, 

Cistercienserinnenkloster,  (zwei  Stunden  nordöstlich  von  Würzburg), 
von  dessen  Existenz  noch  eine  einzige  Originalurkunde  vom  J.  1291 
Zeugniss   gibt.     Anfang  und  Ende  dieser  Stiftung  sind  unbekannt. 

Lambacb, 

Benedictiner-Abtei  an  der  Traun,  in  Oesterreich  ob  der  Enns,  vom 
Würzburger  Bischof  Adalbert  auf  dem  väterlichen  Erbe  1056  ge- 
stiftet, mit  dem  fränkischen  Hochstift  in  früherer  Zeit  vielfach  in 
Verbindung,  bewahrt  noch  mehrere  sehr  gut  erhaltene  Würzburger 
Urkunden  auf,  die  im  lA^.  Bande  des  Urkundenbuchs  des  Landes 
ob  der  Enns  (1867)  gedruckt  sind.     Die  Abtei  besteht  noch. 

Vergleiche  Dr.  P.  Schmieder  breve  chronicon  monasterü  b. 
Mariae  virg.  Lambacensis  1865.  8  und  dessen  Notizen  zur  älteren 


38  Contzen: 

Baugeschichte  der  Stiftskirche  und  des  Klosters  zu  I^mbach  mit 
12  Holzschnitten.  Wien  1866.  4.  Vergleiche  auch  die  vita  Adal- 
beronis  und  die  Nekrologien. 

Langenzenn, 

Kloster  von  Eegular-Canonikern  Augustiner  Ordens,  im  Städtchen 
dieses  Namens  an  der  Zenn,  k.  Bezirksamts  Kadolzburg  in  Mittel- 
franken, im  J.  1409  diirch  die  Burggrafen  Johann  und  Friedrich 
von  Nürnberg  gegründet  und  1527  von  ihren  Nachkommen  säkularisirt. 
Im  k.  Archive  zu  Bamberg  sind  317  Urkunden  aufbewahrt, 
davon  235  aus  dem  15.  Jahrhundert,  80  aus  der  folgenden  Zeit  und 
zwei  ohne  Datum ;  im  k.  Archive  zu  Nürnberg  55  Urkunden,  wovon 
34  dem  15.  und  21  dem  16.  Jahrhundert  angehören;  dann  ein 
Nekrologium  und  zwei  Saalbücher  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Im 
k.  Archive  zu  Würzburg  ist  nur  eine  Urkunde  aus  dem  J.  1418 
vorhanden.    Yergl.  Ussermann  p.  484. 

Laufen, 

am  Nekar  im  Königreich  Württemberg,  0.  A.  Besigheim,  Bene- 
dictiner  Nonnenkloster,  im  J.  1003  vom  Bischof  Heinrich  von  Würz- 
burg gestiftet,  durch  die  Reformation  aufgehoben,  nachdem  es  seit 
der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  Dominikanerinnen  und  seit  1466 
die  Prämonstratenserinnen  von  Adelberg  innegehabt. 

An  Urkunden  haben  sich  erhalten  im  k.  Staatsarchive  zu 
StuttgiU't  aus  dem  13.  Jahrhundert  10  Stücke,  aus  dem  14.:  35  und 
aus  dem  15.:  39  Stücke;  im  Archive  zu  Würz  bürg  ein  Revers 
von  1477. 

Lichtenstern^ 

Cisterzienser-Nonnenkloster,  im  Königreich  Württemberg  zum  Städt- 
chen Löwenstein  gehörig,  0.  A.  Weinsberg,  am  Ursprünge  der  Sulm 
in  einem  hübschen  Waldthale  gelegen,  gestiftet  im  J.  1242  durch 
Liütgardis,  Wittwe  Engelhards  von  Weiusberg,  geborne  von  Limpurg. 
Bischof  Hermann  bestätigte  1243  die  Stiftung  und  gab  ihr  den 
Namen  Praeclara  Stella,  sonst  gewöhnlich  Clara  Stella  genannt.  A^'ou 
den  Bauern  1525  zerstört  und  dann  1554  gewaltsam  aufgehoben, 
dient  es  jetzt  zu  einer  Kinderrettungs-  und  Bildungsanstalt  für  frei- 
willige Armenschullehrer. 

Erhalten  haben  sich  an  Urkunden  im  k.  Staatsarchive  zu 
Stuttgart  aus  dem    13.  Jahrhundert  5  Stück,  aus  dem   14.:  8  und 


Die  Urkunden  des  Bisthuras  Wtirzburg.  39 

aus  dem  15.:  17  Stück.  Im  Würzburger  Archiv  ist  keine  vorhanden. 
Mone  theilte  in  seiner  Zeitschrift  XI,  344 — 68  15  Urkunden  mit. 
Vergl.  Ussermann,  Ep.  Wirc.  p.  470.  —  Staelin,  Wirtt. 
Gesch.  II,  723.  Eine  üebersicht  der  Geschichte  gibt  das  Schriftchen 
von  Chr.  Eichen  hofer,  Lichtenstern  als  Frauenkloster,  Oberamtei 
und  Anstalt.     Heilbronn  1867.  12. 

Lochgarden, 

Prämonstratenser  Frauenstift,  im  Königreich  Württemberg,  heut  zu 
Tage  Louisgarde  im  0.  A.  Mergentheim,  gestiftet  im  J.  1144  von 
zwei  Lorcher  Chorherrn,  Constantin  und  Giselbert,  und  bereits  im 
14.  Jahrhundert  dem  nahegelegenen  Kloster  Scheftersheim  einver- 
leibt. Weder  im  Würzburger  noch  iin  Stuttgarter  Archive  ist  eine 
Urkunde  über  dieses  Kloster  vorhanden. 

Maidbrnnn^  Föns  S.  Mariae, 

Cisterzienser-Frauenabtei,  bei  Rimpar,  zwei  Stunden  von  Würzburg, 
im  J.  1232  von  Bischof  Hermann  gestiftet,  im  Bauernkriege  1525  zer- 
stört und  nicht  wieder  hergestellt;  die  Einkünfte  sind  dem  Julius- 
spitale  zugewiesen.  Die  kleine  Klosterkirche  birgt  noch  jetzt  ein 
Kunstwerk  von  grossem  Werth,  die  Grablegung  Christi  von  Tile- 
mann  Riemenschneider. 

Von  Urkunden  haben  sich  71  erhalten,  17  aus  dem  13.,  darunter 
die  Stiftungsurkunde  in  drei  Exemplaren,  18  aus  dem  14.,  9  aus 
dem  15.  Jahrhundert  und  27  aus  der  folgenden  Zeit.  Ein  vidimirtes 
Copialbuch  in  zwei  Foliobänden  verdanken  wir  der  Regierung  des 
Bischofs  Julius  (No.  211  und  212).  Fünf  Urkunden  gab  Stumpf 
heraus  in  den  Denkwürdigkeiten  (1802).  Heft  1.  S.  86-97. 

Mariaburghauseii) 

Cisterzienser-Frauenabtei,  am  Maine  gegenüber  von  Hassfurt,  ge- 
gründet 1237  und,  nachdem  es  durch  die  Stürme  des  16.  Jahr- 
hunderts verödet  worden,  im  J.  1582  von  Bischof  Julius  eingezogen 
und  ihre  Einkünfte  der  neugegründeten  Universität  zugewiesen. 
Die  guterhaltene  Klosterkirche  sehenswerth. 

Uebrig  sind  noch  189  Urkunden,  davon  48  aus  dem  13.,  90 
aus  dem  14.,  31  aus  dem  15.  Jahrhundert,  18  aus  dem  16.  bis  1554 
und  zwei  spätere. 


40  Contzcn : 

Wichtig  sind  die  erhaltenen  zwei  Copeibücher,  beide  in  der 
Registratur  des  Verwaltungsauschusses  der  k.  Universität,  das  eine 
aus  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts,  aus  38  Pergamentblättern 
bestehend,  wovon  der  historische  Verein  eine  durch  den  Historiker 
Johannes  verfertigte  sehr  uncorrecte  Abschrift  besitzt,  umfasst  168 
Urkunden  (70  aus  dem  13.,  88  aus  dem  14.  und  10  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert), welche  topographisch  geordnet  sind;  das  zweite,  auf  Befehl 
des  Bischof  Julius  geschrieben  und  durch  seinen  Oberregistrator 
Mag.  Martin  Zink  1586  mit  den  Originalien  collationirt ,  umfasst 
dagegen  253  Urkunden  (76  aus  dem  13.,  116  aus  dem  14.,  43  aus 
dem  15.  und  18  aus  dem  16.  Jahrhundert),  darunter  42  von  Würz- 
burger Bischöfen.  Hier  ist  die  chronologische  Ordnung  strenge 
durchgeführt.  * 

Geschichten  des  Klosters  veröffentlichten:  Ja eger  (1836)  im  DJ. 
und  eine  bessere  J.  Denzinger  (1850)  im  X.  Bande  des  Archivs 
des  historischen  Vereins  zu  Würzburg. 

Die  Bearbeitung  der  Kegesten  wäre  auch  hier  sehr 
wünschenswerth. 

Mariencapell. 

Siehe  Carmelitenklöster. 

Marienthal 

ist  dasselbe  mit  Frauenthal;  siehe  dieses. 

Marxerkloster  zu  Würzburg, 

oder  das  Kloster  der  Dominikanerinnen  ad  S.  Marcum.  Erst  dem 
Augustinerorden  angehörig  wurden  die  Klosterfrauen  durch  eine 
Bulle  P.  Innocenz  IV.  vom  J.  1245  ermächtigt,  in  den  neugegründeten 
Orden  des  hl.  Dominikus  einzutreten.  Sie  zählten  zu  Mitschwestern 
Angehörige  der  höchsten  Stände;  so  lebte  hier  die  Wittwe  König 
Heinrichs  VIT.,  Margaretha,  nach  dem  Tode  ihres  Gemahls  1242  bis 
zu  ihrer  zweiten  unglücklichen  Vermählung  mit  König  Ottokar  von 
Böhmen  im  J.  1252,  so  die  Wittwe  Otto's  von  Bodenlauben,  Adelheid 
von  Hildenburg,  und  Andere.  Das  Kloster  bestand  bis  zur  Säkula- 
risation im  J.  1802  und  ist  jetzt  zu  Privat  Wohnungen  verwendet. 
Im  Ganzen  haben  wir  nur  37  Urkunden  übrig,  die  älteste  ist 
vom  1.  Mai  1244,  worin  Bischof  Hermann  auf  Fürbitte  dominae 
nunc   sororis   Margaretae,    quondam  Romanonun   reginae  illustris, 


Die  Urkunden  des  Bisthnms  AVürzburg.  41 

quae  in  paupertate  elegit  Domino  faraulari,  das  Kloster  in  seinen 
Schutz  nimmt;  von  den  übrigen  sind  5  aus  dem  13.,  3  aus  dem  14.. 
2  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  26  aus  späterer  Zeit.  Die  geringe 
Anzahl  der  erhaltenen  Urkunden  erklärt  sich  aus  dem  Umstände, 
dass  bei  dem  zweimaligen  Brande  des  Klosters  in  den  J.  1638  und 
1644  viele  Diplome  zu  Grunde  gingen. 

Einigen  Ersatz  liefert  ein  deutlich  geschriebenes  Copialbuch: 
Vidimirte  Copien  der  Originalien  über  die  Brieff  und  Gerechtig- 
keitten  des  Closters  zu  Sanct  Marx,  Predigerordens  zu  Würzburg, 
abgeschrieben  und  vidimirt  Anno  1594  (Xo.  209).  Die  deutschen 
Urkunden  darin  sind  von  einer  Klosterschwester  Sabina  Barbara 
Lutz  abgeschrieben  und  von  dem  kaiserlichen  Notar  Erasmus 
Lamprecht  vidimirt  worden.  • 

Ausserdem  sind  noch  vorhanden  einige  Lehenbücher  über  die 
Grundzinsen  des  Klosters  aus  den  Jahren  1466,  1474,  1479  und 
1586  (No.  205 — 8)  und  im  historischen  Verein  ein  Hausbuch  nebst 
den  Rechnungen   aus  den  Jahren    1676—81   (M.  S.  q.  57  u.  f.  276). 

Meokmühl, 

oder  Möckraühl,  am  Einfluss  der  Seckach  in  die  Jaxt,  in  Württem- 
berg, im  0.  A.  Xeckarsulra,  ein  Chorherrnstift,  im  J.  1379  durch  die 
Grafen  Kraft  und  Gottfried  von  Hohenlohe  gegründet  und  vom 
Bischof  Gerhard  am  8.  August  desselben  Jahres  bestätigt. 

Erhalten  haben  sich  an  Stiftungsbriefen  und  Confirmationen 
von  Stiftungen,  an  Kauf-,  Lehens-,  Uebergabsbriefen,  an  Verträgen 
u.  s.  w.  aus  dem  14.  Jahrhundert  4  und  aus  dem  15.  70  Urkunden 
im  k.  Staatsarchiv  zu  Stuttgart;  daselbst  ferner  ein  Statutenbuch 
des  Stifts  von  1484,  ein  Zinsbuch  von  1499  und  eine  Copiensammlung 
aus  dem  16.  Jahrhundert  mit  Abschriften  von  Urkunden  aus  diesem 
und  dem  15.  Jahrhundert. 

Meiningen. 

Hier  ward  1239  ein  Franziskanerkloster  gestiftet,  das  bis  zur 
Reformation  bestand  und  1543  aufgehoben  wurde. 

Urkunden  davon  finden  sich  im  Würzburger  Archive  nicht  vor. 

Mergentheim ,  an  der  Tauber, 

im  Königreich  Württemberg,  früher  Sitz  der  Hochmeister  des  deut- 
schen Ordens,  mit  einem  vorzüglichen  Archive,  das  sich  seit  dem 
J.  1868  in  Ludwigsburg  befindet.    Es  hatte  auch  seit  dem  J.  1273 


42  Contzen : 

ein  Uominikanorkloster ,  wovon  sich  nur  noch  aus  dem  14.  Jahr- 
hundert zwei  und  aus  dorn  15.  eine  Urkunde  im  k.  Staatsarchive 
zu  Stuttgart  erhalten  haben. 

Miohelfeld, 

Prämonstratenser-Nonnenkloster,  bei  Kitzingen,  im  J.  1261  gegründet 
und  1305  von  den  Nonnen  verlassen,  die  nach  Tückelbausen  über- 
siedelten. 

Keine  Urkunde  hat  sich  erhalten. 

Mistlan, 

Benedictiuer-Nonnenkloster,  zum  Pfarrort  Gaggstadt,  0.  A.  Gerabronn 
im  Königreich  Württemberg,  gehörig,  im  J.  1282  von  Elisabeth  Ge- 
mahlin des  Grafen  Godfried  von  Hohenlohe  gestiftet  und  wegen 
Mittellosigkeit  1479  mit  Comburg  vereinigt. 

Urkunden  haben  sich  keine  erhalten.  Cfr.  Uss ermann  p.  459. 

Mönchanrach,  an  der  Aurach, 

k.  Bezirksamts  Höchstadt  in  Oberfranken ,  Benedictinerabtei, 
gestiftet  um  1110  von  Goswdn  Grafen  von  Höchstadt,  Vater  des 
Pfalzgrafen  Hermann,  im  Bauernkriege  zerstört  und  von  dem  Mark- 
grafen von  Ansbach  eingezogen. 

Uebrig  sind  im  k.  Archiv  zu  Bamberg  48  Urkunden,  davon 
39  aus  dem  15.  Jahrhundert,  9  aus  der  folgenden  Zeit;  im  k.  Archive 
zu  Würzburg  zwei  Urkunden  von  1156  und  1457,  die  erste  bei 
Ussermann  Cod.  prob.  no.  XL.  gedruckt 

Im  k.  Archive  zu  Nürnberg  findet  sich  ein  Copialbuch  mit 
den  Urkunden  aus  der  Zeit  von   1480  bis  1624. 

Vergleiche  G.  L.  Lohnes,  Geschichte  von  Mönchaurach.  Neu- 
stadt 1837. 

Mönchröden, 

Benedictiner -Abtei,  zwischen  Coburg  und  Neustadt  au  der  Heide,  im 
J.  1148  gegründet,  von  den  Bauern  1525  zerstört  und  nicht  wieder 
hergestellt. 

Nichts  hierüber  vorhanden.  Die  Urkunden  in  Schöttgcu 
und  Kreysig  diplomat  Tom.  III.  —  Cfr.  Schultes,  Henne- 
berg. Gesch.  I,  238.  255  und  dessen  Coburg.  Landesgesch.  des 
Mittelalters  1814.  S.  79. 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  43 

MönchsteiBach, 

Benedictiner-Abtei,  im  k.  Bezirksamt  Neustadt  an  der  Aiscli  in 
Mittelfranken,  im  J.  1102  gestiftet  von  Albrecht  von  Steinach  und 
seiner  Gemahlin  Adelheid  von  Burleswag,  im  Bauernkriege  geplündert 
und  1529  säkularisirt  von  dem  Markgrafen  Georg  dem  Frommen. 
Erhalten  haben  sich  im  k.  Archive  zu  Bamberg  11  Urkunden,  davon 
3  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  8  aus  der  folgenden  Zeit;  im 
Archive  zu  Würzburg  zwei  Urkunden  aus  den  J.  1345  und  1353. 
Yergl.  Ussermann  1.  c.  pag.  423  und  G.  L.  Lehnos, 
Geschichtliche  Nachrichten  von  den  Orten  und  Klöstern  Riedfeld, 
Mönchsteinach  und  Birkenfeld.     Neustadt  a/A.  Lief.  II.  S.  100—116. 

Moäbaeh, 

an  der  Einmündung  des  engen  Thals  der  Elzbach  in  das  schöne 
Xeckarthal,  Reichspfandschaft,  dann  im  Besitze  der  Pfalzgrafen  und  von 
1410—1499  fürstliche  Residenz,  jetzt  badische  Amtsstadt,  hatte  eine 
schon  976  urkundlich  (im  Diplome  König  Otto's  IL  bei  Ussermann 
Ep.  Wirc.  cod.  prob.  pag.  118)  erwähnte  Benedictiner-Abtei,  die  seit  dem 
Anfange  des  13.  Jahrhunderts  als  CoUegiatstift  erscheint,  welches 
1258  dem  Bischöfe  zu  Würzburg  das  Recht  überträgt,  einen  Probst 
aus  seinem  Domcapitel  nach  Mosbach  zu  setzen.  Es  wurde  durcli 
den    Kurfürsten   Friedrich   lll.    von    der   Pfalz    1564    aufgehoben. 

Die  Urkunden  sind  zerstreut;  was  sich  erhalten  hat,  befindet 
sich  theils  im  städtischen  Archiv  auf  dem  Rathhause  zu  Mosbach, 
wo  auch  das  Copeibuch  des  Stifts  (jedoch  ohne  ältere  Urkunden 
vor  dem  14.  Jahrhundert)  aufbewahrt  ist,  theils  im  Generallandes- 
Archiv  zu  Carlsruhe,  theils  im  Archive  zu  Würzburg ;  letzteres  hat 
noch  zwei  Urkunden  aus  dem  13.  Jahrhundert,  2  aus  dem  14., 
3  aus  dem  15.  und  10  aus  der  spätem  Zeit. 

Die  beiden  ersteren  Archive  sind  benutzt  in  der  Schrift:  Die 
Stadt  Mosbach,  historisch,  topographisch  und  statistisch  geschildert 
von  H.  Wirth,  Heidelberg,  1864,  8.,  wodurch  die  ältere  ohnehin 
unbedeutende  Literatur:  J.  H.  Andreae,  Mosbacum  illustratum  s.  1. 
1771.  4.  28  pag.  -  Widder,  Beschreib,  der  Pfalz  II,  76  u.  ff.  — 
Ussermann,    Ep.  Wirc.   p.  264   imd   441    überflüssig  geworden   ist. 

Münnerstadt« 

Siehe  Deutscher  Orden  und  Augustinerklöster. 


44  Contzen : 

Murrhardt, 

im  Königreich  Württemberg,  0.  A.  Backnang,  Benedictinerkloster, 
schon  zur  Zeit  der  Karolinger  gestiftet,  1509  in  ein  Chorherrnstift 
verwandelt,  1534  durch  Herzog  Ulrich  eingezogen  und  seit  1552 
mit  protestantischen  Aebten  besetzt. 

Im  k.  Staatsarchiv  zu  Stuttgart  befinden  sich  noch  aus  dem 
14.  Jahrhundert  3  und  aus  dem  15.:  13  Originalurkunden,  dann  das 
sog.  rothe  Buch  des  Klosters  Murrhardt  oder  Beschreibung 
desselben "  und  seines  Einkommens  von  dem  Abt  Johann  Hummel 
aus  dem  J.  1600. 

Im  Würzburger  Archiv  befanden  sich  zwei  Urkunden  von  1475 
und  1520  und  mehrere  Aktenstücke,  die  Reformation  des  Klosters 
und  die  Wahl  des  letzten  katholischen  Abtes  betreffend  von  1500 
bis  1552,  die  jetzt  an  Württemberg  abgegeben  sind. 

Die  Urkunde  von  1509  über  die  Verwandlung  des  Klosters 
in  ein  Collegiatstift  in  Mone,  Zeitschrift  XI,  368. 

Vergl.  Staelin,  wirt.  Gesch.  I,  370.  592.  II,  691. 

Neustadt,  am  Maine, 

die  älteste  Ben edictiner- Abtei  Frankens,  im  J.  783  gegründet  und 
durch  die  Säkularisation  aufgehoben;  die  Besitzungen  wurden  der 
jüngeren  Linie  des  Hauses  Löwenstein  -Wertheim  durch  den  Reichs- 
deputations-Hauptschluss  zugewiesen. 

Im  k.  Archive  zu  Würzburg  befinden  sich  noch  12  Urkunden, 
eine  aus  dem  14.,  eine  aus  dem  15.  Jahrhundert,  die  anderen  aus 
der  folgenden  Zeit  bis  1794;  die  übrigen  Urkunden  sind  jetzt  im 
fürstlichen  Archive  zu  Wertheim.  Die  ältesten  Stiftungs-  und  Do- 
tationsurkunden sind  unzuverlässig.  Siehe  Ussermann,  Ep.  Wirc. 
p.  325  und  zuletzt  Klub  er,  diplomatische  Prüfung  zweier  Stiftungs- 
und Ausstatungs-Urkunden,  welche  Kaiser  Karl  der  Grosse  in  den 
Jahren  794  und  812  dem  Benedictinerkloster  Neustadt  am  Main 
ertheilt  haben  soll,  in  dessen  Abhandlungen  und  Beobachtungen  für 
Geschichtskunde,  Staats-  und  Rechtswissenschaft.  Frankfurt  1834. 
Band  H,  S.  3t0.  Sie  waren  die  Ursache  der  Irrungen  zwischen 
den  Bischöfen  von  Würzburg  und  den  Aebten,  die  dahin  führten, 
dass  Bischof  Friedrich  1558  alle  Kloster-Urkunden  seinem  Archive 
einverleiben  und  Bischof  Adam  Friedrich,  als  das  Kloster  zur 
Führung  eines  Prozesses  am  Reichskammergericht  innerhalb  seiner 
Mauern    die  Xeustadter  Deduction   gegen  Würzburg  hatte  drucken 


Die  Urkunden  des  BiHthums  Wtirzburg.  45 

lassen,  im  J.  1766  die  Pressen  gewaltsam  aus  demselben  abholen 
Hess.  Ausser  dieser  Ausgabe  der  Urkunden  haben  wir  zwei  Copial- 
bücher,  eines  unter  Bischof  Julius  1586  geschrieben,  (No.  213),  das 
andere  unter  Bischof  Johann  Gottfried  1690  durch  Balthasar  Wigandt, 
öffentlicher  Notar,  verfasst  (No.  214);  in  beiden  ist  die  Abschrift 
der  einzelnen  Urkunden  beglaubigt. 

Einige  Urkunden  gibt  Mone,  Zeitschrift  4.,  406  u.  ff. 

Eine  gute  lesbare  Monographie  von  J.  A.  Kraus,  die  Bene- 
dictiner- Abtei  Neustadt  am  Main.  Würzburg.  1856.  Derselbe  Ver- 
fasser machte  schon  1847  zuerst  auf  die  zum  Kloster  gehörige 
Probstei  Einsied el  aufmerksam,  die  1264  gestiftet  bis  1485  be- 
stand, in  der  Abhandlung:  Urkundliche  Nachrichten  über  das  Kloster 
Einsiedel  im  Spessart,  im  Archive  des  historischen  Vereins  Band  IX. 
Heft  3.  SS.    122—139.     Mit  sieben  Urkunden. 

Neustadt  an  der  Saale. 
Siehe  Carmelitenklöster. 

Neustadt  an  der  Aisch  oder  Riedfeld. 

Hier  wurde  1459  ein  Pranziskanerkloster  von  den  Markgrafen 
Johann  und  Albrecht  von  Brandenburg  errichtet,  das  im  Bauern- 
kriege zerstört  und  nicht  wieder  hergestellt  ward. 

Urkunden  darüber  sind  im  Würzburger  Archive  keine  vor- 
handen.    Vergl.  Riedfeld. 

Oehringreii) 
CoUegiatstift,  gegründet  1037.  Die  Fundationsurkunde  ist  oft  ge- 
druckt, zuletzt  im  württembergischen  Urkundenbuch  I,  163;  ein 
Facsimile  derselben  befindet  sich  bei  Hanselmann,  diplom. 
Beweis  der  Hohenloh.  Landeshoheit  I,  581;  aufgehoben  wurde 
es  1545. 

An  Urkunden  haben  sich  erhalten  aus  dem  11.  Jahrhundert 
1  (1037)  im  fürstlichen  Archive  zu  Oehringen,  aus  dem  12.  Jahr- 
hundert 1  zu  Oehringen,  aus  dem  13.:  5  daselbst,  aus  dem  14. 
ungefähr  140  zu  Oehringen,  2  zu  Würzburg,  aus  dem  15.  eine 
grosse  Anzahl  in  Oehringen ,  4  in  Würzburg ,  1  in  Stuttgart ; 
aus  der  folgenden  Zeit  noch  eine  Menge  in  Oehringen,  3  (bis  1630) 
in  Würzburg. 

Literatur:  Wibel,  I,  45  und  II,  134—162,  wo  ein  Necro- 
logium    oder    Calendarium    mortuorum    aus    dem    15.  Jahrhundert, 


4G  Contzen: 

wichtig  für  die  Hohenlohesche  Geschichte,  abgedruckt  ist,  das  sich  noch 
unter  dem  Titel:  Obleybuch  des  Stifts  Oehringen,  im  fürstlichen 
Archiv  daselbst  befindet.  —  Yergl.  die  Nekrologien.  —  Usser- 
mann,  Ep.  Wirc.  256 — 63.  —  Staelin,  wirtembergische  Geschichte 
II,  743.  —  Aeltere  Geschichte  der  Stadt  und  des  CoUegiatstifts 
Oehringen  von  Fromm  und  Bauer,  in  der  Zeitschrift  für  das 
wirtembergische  Franken.  Jahrgang  1850  S.  8—39.  —  Geschichte 
und  Beschreibung  der  Stiftskirche  zu  Oehringen  von  Jos.  Albrecht. 
Mit  einem  Grundriss.  Oehringen  1837.  Dazu  Bauer,  die  Stifts- 
kirche zu  Oehringen  und  ihre  Antiquitäten,  in  der  genannten  Zeit- 
schrift Y,  2  (1860),  S.  266-83. 

Rassdorf, 

CoUegiatstift,  wovon  sich  eine  Urkunde  vom  8.  Dezember  1345  im 
Archive  zu  Würzburg  erhalten  hat. 

Renerinnenkloster  zu  Wttraburg, 

ad  S.  Mariam  Magdalenam,  Cisterzienser  Ordens,  im  J.  1227  ge- 
stiftet, 1286  erneuert  und  im  16.  Jahrhundert  erloschen.  Bischof 
Philipp  Adolf  übergab  die  leeren  Gebäude  1627  den  unbeschuhten 
Carmeliten,  die  davon  den  Namen  Reuerer  tragen;  Johann  Philipp 
von  Schönborn  liess  ihnen  1662  eine  neue  Kirche  erbauen.  Das 
Kloster  besteht  noch.  Yon  dem  ehemaligen  Magdalenkloster  sind 
noch  41  Urkunden  da,  13  aus  dem  13.,  14  aus  dem  14.,  11  aus 
dem  15.  Jahrhundert  und  3  aus  der  folgenden  Zeit  bis  1540,  ferner 
ein  Lehen-,  Zins-  und  Gültbuch  aus  dem  J.  1502  (No.  262*^  ).  Auch 
der  historische  Yerein  besitzt  eine  das  Kloster  betreffende  Sammlung 
von  Urkunden.     (M.  S.  f.  164). 

Yergl.  Seidner,  urkundliche  Nachricht  von  dem  ehe- 
maligen Frauenkloster  der  s.  g.  Reuerinnen  ad  S.  Magdalenam 
zu  Würzburg,  mit  2  Urkunden  von  1286  und  1327,  in  der  Zeit- 
schrift für  Bayern,  II,  5.  Mai  1817.  S.  217-237. 

Riedfeld, 

gegenüber  dem  Städtchen  Neustadt  an  der  Aisch  in  Mittelfranken. 
Das  hier  im  J.  1459  von  den  Burggrafen  Johann  und  Albrecht 
gegründete  Franziskanerkloster  ward  im  Bauernkriege  zerstört  und 
auf  dessen  Stelle  1584  die  Gottesackerkirche  der  genannten  Gemeinde 


Die  Urkunden  des  Bisthuins  Wttrzburg:.  47 

errichtet.  Was  sich  erhalten  hat,  ist  gesammelt  von  Ussermaun, 
1.  c.  pag.  510  und  von  G.  L.  Lehnes,  Geschichthche  Nachrichten 
von  den  Orten  und  ehemaligen  Klöstern  Riedfeld,  Münchsteinacii 
und  Birkenfeld;  Neustadt  a/A.  1833,  Lief.  I.  S.  69—96. 

Römhild, 

früher  gräflich-fürstliche,  dann  herzogliche  Residenz  und  Hauptstadt 
des  gleichnamigen  Landes,  jetzt  Amtsstadt  im  Herzogthum  Sachsen- 
Meiningen,  hatte  ein  vom  Grafen  Georg  von  Henneberg  1450  ge- 
gründetes Collegiatstift  mit  einem  Dechant  und  zwölf  Chorherrn, 
das  zur  Zeit  der  Reformation  eingezogen,  die  schöne  Kirche  in  die 
Pfarrkirche  verwandelt  wurde. 

Im  Archive  zu  Würzburg  sind  noch  drei  Urkunden  aus  den 
Jahren  1454,  1462  und  1470  übrig;  die  sonst  erhaltenen  werden 
sich  im  Gesammtarchiv  zu  Meiningen  befinden. 

Scheftersheim, 

an  der  Tauber  bei  Weikersheim  im  Königreich  Württemberg,  ein 
Prämonstratenser-Frauenkloster,  gegründet  1162  von  Friedrich  von 
Rotenburg,  Sohn  Kaiser  Conrad'«  HL,  im  Bauernkriege  1525  zerstört, 
von  den  Grafen  von  Hohenlohe  dann  eingezogen,  in  Folge  des 
Restitutionsedictes  vom  J.  1629  durch  den  Abt  von  Kloster  Zell, 
dem  es  untergeben  war,  wieder  hergestellt,  jedoch  durch  den  west- 
phälischen  Frieden  den  Hohenlohern  wieder  zugesprochen. 

Erhalten  haben  sich  noch  aus  dem  12.  Jahrhundert  sechs 
Urkunden  im  fürstlichen  Archive  zu  Oehringen,  aus  dem  13.:  25  zu 
Oehringen,  eine  in  Stuttgart  (päbstliche  Bulle),  aus  dem  14.:  75  in 
Oehringen,  drei  in  Stuttgart  und  drei  in  Würzburg,  aus  dem  15.: 
30  in  Oehringen,  zwei  in  Würzburg,  wo  sich  noch  eine  aus  dem 
16.  Jahrhundert,  dann  die  Akten  der  Wiederherstellung  aus  dem 
J.  1630—43  (No.  215)  befinden. 

Viele  Urkunden  über  Scheftersheim  und  die  übrigen  Hohen- 
lohischen  Klöster  sind  bei  Hanselmann  Hohenloh.  Landeshoheit, 
und  bei  Wibel,  Hohenloh.  Kirchengeschichte,  abgedruckt. 

Copialbücher  existiren  nicht  mehr. 

Schlüehtem  oder  Solitaria, 

in  der  obern  Grafschaft  Hanau,  im  späteren  Kurfürstenthum  Hessen 
gelegen,  Benedictiner-Abtei,  vor  817  gegründet  und  1543  säkularisirt. 


48  C'Ontzen : 

Im  Würzburger  Archiv  sind  noch  vorhanden  27  Original- 
urkunden aus  dem  14.  und  15.  Jahrhundert  und  eine  vom  J.  1648; 
dann  mehrere  Copien. 

Vergl.  Geschichte  der  Abtei  von  S.  E.  Bernstein  in  der 
Zeitschrift  Buchonia  von  J.  Schneider.  III.  Band,  1.  Heft, 
(1830)  S.  164  u.  ff. 

Sehmalkalden. 

1.  Ein  Augustiner-Eremiten-Kloster,  dessen  Gründung 
einem  Dynasten  von  Frankenberg  zugeschrieben  wird  und  dessen 
Schirm vogtei  die  Grafen  von  Henneberg  besassen.  Die  Zeit  der 
Errichtung  unbekannt,  es  bestand  aber  schon  1205,  wurde  1525  im 
Bauernkriege  ausgeraubt  und  1548  von.  den  gemeinschaftlichen 
Ijandesherrn  von  Hessen  und  Henneberg  säkularisirt. 

Im  k.  Archiv  ist  kein  Dokument  über  jenes  Kloster  vorhanden. 

2.  Ein  CoUegiat  Stift,  gegründet  am  I.Februar  1319 
durch  den  Grafen  Berthold  VII.  von  Henneberg  für  zwölf  Canoniker 
mit  einem  Dekan  als  Vorsteher  und,  nachdem  die  Landgrafen  von 
Hessen  durch  den  Spruch  eines  Austrägalgerichts  1498  von  der 
Schirmvogtei  ausgeschlossen  waren,  durch  den  Grafen  Georg  Ernst 
von  Henneberg  1545  aufgehoben. 

Im  k.  Archive  hat  sich  nur  eine  Urkunde  vom  J.  1389  erhalten. 
Mehrere  Stiftsurkunden  sind  abgedruckt  in:  Wein r ich s,  Henneberg. 
Kirchenstaat  S.  74  u.  K  Cfr.  Ussermann  p.  264—66. 

Eine  Arbeit  nach  den  Quellen  über  beide  Anstalten  ist  nicht 
vorhanden. 

Schönan, 

an  der  Saale,  unweit  von  Gemünden,  Cisterzienser-Frauenkloster, 
im  J.  1189  durch  Friedrich  von  Hesler  gegründet  und  nach  den 
Stürmen  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  endlich  1564 
aufgelöst.  Kirche  und  das  zerstörte  Kloster  wurden  1699  den 
Franziskaner-Conventualen  überlassen,  welche  beide  wiederherstellten 
und  noch  besitzen. 

Eine  Reihe  gut  erhaltener  Urkunden  ist  noch  vorhanden,  154 
an  der  Zahl,  ausser  der  Copie  einer  deutschen  Uebersetzung  des 
Stiftungsbriefes  vier  aus  dem  12.,  23  aus  dem  13.,  97  aus  dem 
14.  Jahrhundert,  die  übrigen  30  aus  der  folgenden  Zeit  bis  1504, 
in  welchem  Aebtissin  und  Priorin  ihr  Kloster  sammt  Rechten  imd 
Gütern  gegen  ein  Leibgeding  übergeben ,  welches  ihnen  im  Kloster 


Die  Urkunden  des  Bisthuras  Würzburg.  49 

Paradies  zu  Heidingsfeld  angewiesen  wurde.  Sie  erhielten  ihr 
Kloster  aber  noch  einmal  zurück ,  wie  aus  einem  Zins-  und  Gefalls- 
buch  (No.  216)  erhellt,  das  auf  Befehl  der  Aebtissin  Cecilia 
von  Königsfeld  durch  Johann  Grefif  Capellan  im  J.  1518  ge- 
schrieben wurde. 

Ein  zweites  Zinsbuch  (No.  217)  Hess  Bischof  Julius  durch  Hans 
Kind  mit  grosser  Genauigkeit  im  J.  1586  anfertigen. 

Mehrere  Urkunden  des  Klosters  sind  gedruckt  bei  Gudenus, 
cod.  diplom.  T.  V,  p.  352  u.  fT.  und  neun  in  Stumpfs  Denk- 
würdigkeiten (1804)  Heft  m,  S.  78-94.  Auf  ihnen  beruht  die 
Geschichte  des  Klosters  von  F.  N.  Wolf  im  Archive  des  historischen 
Vereins  Bd.  IV,  Heft  3,  S.  54—71. 

Hcbi^nrein, 

Benedictiner-Priorat,  am  Main,  unweit  Gemünden,  im  J.  1093  durch 
Wilhelm,  Abt  von  Hirschau,  gegründet,  durch  den  Bauernkrieg 
1525  zerstört  und  als  Kloster  nicht  wieder  hergestellt. 

Vorhanden  nur  noch  drei  Urkunden  aus  dem  15.  Jahrhundert 
und  eine  aus  dem  17.  Gedruckt  sind  mehrere  bei  Gudenus 
1.  c.  T.  V,  p.  344  ff.     Cfr.  IJs  s  er  m  a  n  n  p.  439. 

SchOnthal,  Speciosa  Vallis, 

Cisterzienser -Abtei,  an  der  Jagst,  jetzt  zum  k.  Württemberg.  Ober- 
amt Künzelsau  gehörig,  im  J.  1157  von  Wolfram  von  Bebenburg 
gegründet  und  1802  von  Württemberg  aufgehoben  und  in  ein 
protestantisches  Seminar  verwandelt. 

Erhalten  haben  sich  an  Original-Urkunden  aus  dem  12.  Jahr- 
hundert eine  im  Archive  zu  Würzburg  (1171),  aus  dem  13.:  102  im 
Staatsarchive  zu  Stuttgart  und  zwei  in  Würzburg,  aus  dem  14. :  320 
in  Stuttgart  und  vier  in  Würzburg,  aus  dem  15. :  339  in  Stuttgart 
und  eine  in  Würzburg ,  wo  sich  auch  noch  acht  aus  der  späteren 
Zeit  bis  1738  vorfinden. 

Im  Stuttgarter  Staatsarchive  sind  dann  ferner  vorhanden: 
Verzeichnisse  der  Aebte  und  Conventualen ,  Annalen  des  Klosters, 
eine  Chronik  desselben  mit  Notizen  vom  12.  Jahrhundert  an,  drei 
Lagerbücher  aus  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  und  zwölf  zum 
Theil  aus  mehreren  Bänden  bestehende  Diplomatarien,  welche  eben- 
falls Urkunden  vom  12.  Jahrhundert  an  enthalten. 

Archivallsche  Zeitschrift  VlII.  4 


50  Contzcn : 

Hülfsmittel  zur  Geschichte:  Krem  er  Bai-th. ,  Chronicon 
Schoenthalense,  Handschrift  der  k.  öffentlichen  Bibliothek  in  Stutt- 
gart, Histor.  fol.  Xo.  422.  —  Schön  huth  Otm.,  Chronik  des 
Klosters  Schönthal.  Mergentheiin  1850.  12.  Hierin  ist  die  Zunahme 
der  Besitzungen  anschaulich  beschrieben.  Einige  Urkunden  liess 
der  Verfasser  abdrucken  in  der  Zeitschrift  des  histor.  Vereins  für 
das  Württemberg.  Franken.  IH.,  1  (1853),  S.  81—85. 

Schottenkloster  zu  Würzburg, 

ad  S.  Jacobum,  Beuedictiner-Ordens,  vom  B.  Embricho  im  J.  1138 
errichtet;  seine  berühmtesten  Aebte  sind  der  hl.  Makarius  1139—53 
und  Johann  von  Trittenheini  1506 — 1516;  aufgelöset  im  J.  1802;  das 
Kloster  ist  zum  Militär-Lazareth ,  die  Kirche,  in  Basilikenform,  zu 
einem  Drittel  zum  Gottesdienst  und  zu  zwei  Dritteln  zu  einer 
Wagenremise  eingerichtet. 

Vorhanden  sind  138  gut  erhaltene  Urkunden,  wovon  25  dem  12., 
die  älteste  ist  der  bestrittene  Fundationsbrief  vom  J.  1140  durch 
Bischof  Embricho,  35  dem  13.,  28  dem  14,  12  dem  15.  und  38  der 
späteren  Zeit  angehören. 

Ein  Copeibuch,  unter  der  Regierung  des  Bischofs  Julius  1587 
angelegt,  umfasst  die  collationirten  Urkunden  von  1140  an  und 
fortgesetzt  bis  zur  letzten,  im  J.  1798  errichteten,  worin  die  Gattin 
meines  Lehrers,  des  Professors  Bodde  in  Münster,  für  Lesung  einer 
ewigen  Messe  dem  Kloster  noch  eine  Siimme  von  8000  fl.  über- 
gibt (No.  195). 

Von  den  drei  Gült-  und  Zinsbüchern  aus  den  J.  1482,  1479 
und  1560  (No.  194,  196  und  196J-)  enthält  das  zweite  Aufzeichnungen 
von  der  Hand  des  Trithemius. 

Die  übrigen  Quellen  gibt  auf  erster  Seite  die  sehr  gut  ge- 
schriebene Geschichte  des  Schottenklosters  von  Dr.  Mich.  Wjeland 
im  16.  Bande  des  Archivs  des  histor.  Vereins  1864. 

Sohwarzaeh, 

Benedictiner -Abtei ,  früher  Frauenkloster  mit  Aebtissinnen  aus  der 
karolingischen  Familie,  im  achten  Jahrhundert  gegründet,  im  Bauern- 
kriege 1525  durch  Brand  zerstört,  wobei  das  ganze  Klosterarchiv 
vernichtet  wurde,  und  1802  aufgehoben. 

Die  schöne  Kirche,  die  Zierde  der  Gegend,  wurde  in  letzterer 
Zeit  abgebrochen,  das  Kloster  zu  einer  Fabrik  eingerichtet. 


Die  li'^rkunden  des  Bisthiims  Würzburg.  51 

An  Quellenmaterial  ist  wenig  vorhanden;  im  Ganzen  sind 
noch  33  Urkunden  übrig,  davon  fünf  aus  dem  15.  Jahrhundert,  die 
älteste  vom  J.  1401,  worin  das  Kloster  um  Schutz  bittet  gegen  die 
Angriffe  Krafts  von  Bieberehren ;  die  jüngste  vom  18.  September 
1805  ist  der  Verkaufbrief  über  sämmtliche  Klostergüter  an  den 
jüdischen  Handelsmann  Jakob  Hirsch. 

Die  im  J.  1692  noch  vorhandei^en  Urkunden  wurden  durch 
den  öffentlichen  Notar  J.  M.  Ellgasser  in  ein  über  copiarum 
(No.  218)  zusammengeschrieben;  es  sind  einige  mehr  als  wir 
jetzt  haben. 

Ueber  den  Catalogus  defunctorum  conventualium  mon.  nostri 
Schw.  aliorumque,  qui  vel  confraternitate  vel  munificentia  sua  nobis 
se  commendatos  reddiderunt.  Philippus  Eberdus  Eöttingensis 
scripsit  hunc  libruui  anno  MVCXXVI  —  vergleiche  den  Abschnitt: 
Xekrologien. 

Auch  ein  Protokollbuch  (No.  219*)  würde  unter  dem  Abte 
Georg  nach  der  genannten  Katastrophe  seit  1530  angelegt  und  bis 
zur  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  fortgeführt 

Der  historische  Verein  besitzt  noch  ein  compendium  historiae 
monasterii  Schwarzach  (M.  S,  f  *2)  und  historische  Gedichte  des 
Priors  Burcard  Bausch  um  1700  (M.  S.  fol.  46  und  250),  beide  ohne 
vielen  Werth. 

Ueber  die  Geschichte  des  Klostors  und  die  Aebte  schrieben : 
Conr.  Dinner,  Catalogus  et  descriptio  abbatum  monasterii  divae 
Felicitatis  vulgo  Munsterschwarzach.  Wirtzburgi  1586.  In  heroischen 
Versen.  —  Vitae  et  res  praeclare  gestae  abbatum  in  Münster- 
Schwarzach.    Wirceburgi    1743.  4.   —  Vergl.  Ussermann  p.  288. 

Das  Chronicou  Schwarzacense,  welches  Ludewig  im  2.  Bande 
der  SS.  rerum  episcopatus  bambergensis  (1718)  pag.  1—48  mittheilte, 
reicht  bis  1550  und  beruiit  in  seinen  ersten  Theilen  auf  älteren 
Aufzeichnungen. 

Scbweinfort. 

In  dieser  Reichsstadt  finden  wir  zuerst  ein  Benedictinerkloster, 
dunkeln  Ursprungs,  aber  vor  1200  bestehend,  das  in  geistlicher 
Beziehung  unter  Würzburg,  in  weltlicher  unter  den  Bischöfen  von 
Eichstädt  stand,  von  denen  es  Reinboto  dem  deutschen  Orden  1283 
übergab.  Die  um  diese  Zeit  hier  bestandene  Commende  wurde 
schon   nach   fünfzehn  Jahren   mit    der  zu  Münnerstadt  verbunden. 

4* 


52  Contzen : 

Ein  zweites,  dem  Carmelitenorden  angehöriges  Kloster,  im 
J.  1366  gegründet,  wurde  nach  zwei  Jahrhunderten  im  markgräf- 
lichen Kriege  zerstört. 

Ueber  das  erste  Kloster  haben  wir  keine  Dokumente,  über  das 
zweite  einige  wenige,  oben  unter  Carmeliter  aufgeführte,  Urkunden 
und  Akten. 

Seligensthal,  Vallis  Beatorum, 

Cisterzienser -Frauenabtei,  im  Odenwalde,  nach  Fries  im  J.  1239 
von  Conrad  Grafen  von  Düren  gestiftet,  im  14.  Jahrhundert  an 
Mainz  gekommen,  welches  nach  dem  Erlöschen  desselben  die  Ein- 
künfte dem  Jesuitencollegium  1568  zuwandte.  Vorhanden  sind 
noch  257  Urkunden,  davon  71  dem  13.,  70  dem  14.,  90  dem  15. 
und   die   übrigen   bis  1576   dem  folgenden  Jahrhundert  angehören. 

SinnershaiiBeiiy  oder  Rosentlial,  Vallis  Rosamm, 

Wilhelmiterklqster,  bei  Hümpfershausen  im  Herzogthum  Sachsen- 
Meiningen,  von  einem  Ritter  von  Katza  vor  1290  gegründet,  im 
Bauernkriege  zerstört  und  darauf  von  den  Grafen  von  Henneberg 
eingezogen  und  verkauft. 

Keine  Urkunde  mehr  vorhanden.  Cfr.  Brückner,  eine  (vor- 
treffliche) Monographie  in  einem  Schulprogramme  von  Meiningen 
vom  J.  1861. 

Sonnenfeld,  Campus  Solls, 

eine  Cisterzienser-Fraueuabtei,  im  Herzogthum  Sachsen -Coburg,  im 
J.  1260  durch  Heinrich  von  Sonnenberg  und  seine  Gemahlin  Kune- 
gunde  gegründet  und  im  J.  1528  von  den  Herzogen  von  Sachsen 
säkularisirt. 

Uebrig  ist  noch  eine  Urkunde.  Das  Diploniatar  des  Klosters 
im  dritten  Bande  von  Schöttgen  und  Kreysig,  diplomatar. 
Cfr.  Ussermann  p.  476.  — 

St.  Stephan  zu  Würzburg, 

berühmte  Beuedictiner-Abtei,  errichtet  als  solche  von  Bischof  Adal- 
bero  im  J.  1057,  säkularisirt  1802.  Die  Klosterkirche  ist  jetzt  die 
protestantische  Pfarrkirche,  das  Kloster  Sit^  der  kgl.  Kreisregieruug, 
im  Keller  die  Champagnerfabrik  von  J.  M.  Vornberger. 

Das  Klosterarchiv  befand  sich  einst  in  vorzüglich  geordnetem 
Zustande,  wie  das  noch  erhaltene  Repertorium  desselben  (No.  223) 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Wtirzhurg.  53 

aus  dem  J.  1767  beweiset,  und  Schannat,der  dasselbe  benutzen 
konnte,  hatte  Recht,  wenn  er  1723  das  archivum  chartis  et  diploraa- 
tibiis  eleganter  conservatis  instructissimum  nannte.  Die  Urkunden 
sind  noch  jetzt  durchschnittlich  gut  erhalten. 

Die  Quellen  der  Geschichte  der  Abtei  sind: 

1.  Die  Urkunden,  wovon  sich  an  Originalen  790  im  k.  Archive 
befinden.  Davon  gehören  zwei  dem  11.,  28  dem  12.  (eine  fehlt 
in  Längs  Regesten),  68  dem  13.,  120  dem  14.,  218  dem  15.  Jahr- 
hundert und  359  der  folgenden  Zeit  an.  Die  Reihe  beginnt  mit 
dem  Stiftungsbriofe  vom  7.  März  1057,  wodurch  Bischof  Adalbero 
statt  der  seit  ungefähr  1013  hier  lebenden  Canoniker  nun  Bonedictiner 
hieher  versetzt,  und  schliesst  mit  dem  Jahr  1798. 

In  der  Mitte  liegen  die  Reformationen  des  Klosters  durch  die 
Bischöfe  Otto  und  Albert  1344  und  1348  und  die  Besetzung  des- 
selben durch  die  Schweden  von  1631 — 34,  die  sich  besonders  mit 
den  Einkünften  befassten. 

2.  Zwei  sogenannte  Rotuli  donationum,  die  sich  beide  erhalten 
haben,  aus  dem  Anfange  des  12.  Jahrhunderts.  8ie  sind  aus 
mehreren  Streifen  Pergament  zusammengenäht,  um  ein  rundes 
Stäb(*hen  gerollt  und  dienten  wie  später  die  Copialbücher  dazu,  die 
Angehörigen  des  Klosters  mit  den  Besitztiteln  und  den  Wohlthätern 
bekannt  zu  machen,  ohne  diu  kostbaren  Originalurkunden  abzu- 
nützen. (Vergl.  auch  Du  Gange,  glossar.  s.  h.  v.  V,  809).  Der  ^rste 
Rotulus,  7'/2  Zoll  breit  und  18  Fuss  lang,  auf  beiden  Seiten  be- 
schrieben, imifasst  72,  der  zweite  86  Abschriften  von  Schenkungs- 
briefen. Beide  Rotuli  hat  Schannat  in  seinen  Vindemiis  literariis 
(Fuldae  et  Lipsiae  1723)  Coli.  1,  pag.  53 — 91.  als  Traditiones  veteres 
coenobii  S.  Stephan!  Herbipoli  in  der  Weise  veröfTentlicht,  dass  er 
die  Urkunden  leider  in  chronologischer  Ordnung,  mit  Hinzufügung 
einzelner  bischöflicher  Bestätigungsbriefe  aus  den  Originalen,  von 
1057 — 1168  zusammenstellte  und  ihnen  die  ohne  Zeitangabe  folgen 
Hess.  Aber  der  Abdruck  ist  nicht  ganz  genau  und  nicht  voll- 
ständig, denn  statt  der  158  Urkunden,  welche  die  Rotuli  haben, 
gibt  er  nur  93,  so  dass  eine  neue  Benutzung  jener  nicht  umgangen 
werden  kann. 

3.  Copialbücher:  Es  sind  davon  drei  Bände  (No.  220-^22) 
vorhanden,  wovon  der  erste,  aus  dem  Ende  des  15.  oder  Anfang 
des  16.  Jahrhunderts,  im  Anfang  auch  die  von  Bischof  Conrad  von 
Thüngen  1525  gegebene  neue  Ordnung  des  Stadtgerichts  zu  Würzburg 


54  Contzen : 

hat,    der    dritte    die   Einträge  bis   ungefähr    1720    enthält.      Den 
besten   Index    dazu   hat   das   oben    genannte  Eepertorium   archivi. 

4.  Ein  Necrologium ,  das  aber  nur  für  das  Kloster  einige 
Bedeutung  hat,  aus  dem  17.  Jahrhundert,  herausgegeben  von 
Wegele  in  den  fränkischen  Nekrologien  S.  45  — 70.  Vergl.  dazu 
die  Nekrologien. 

5.  Ein  Diarium  rerum  gestarum  in  monasterio  St.  Stephaui 
a  7.  Julii  1713  coeptum  a  F.  Alberico  Ebenhöch  abbate.  Es  ist 
fortgeführt  bis  zum  J.  1738  und  enthält  auch  eine  Series  sive  Cata- 
logus  fratnim  hujus  Monasterii  ab  anno  1619,  fortgesetzt  bis  zur 
Aufhebung  des  Klosters  (M.  S.  31). 

Derselbe  Abt  verfasste  auch  eine  kurze  Geschichte  seiner  Vor- 
gänger, einen  Catalogus  Abbatum,  wie  schon  früher  um  das  J.  1560 
Abt  Jodocus  einen  solchen  entworfen  hatte.  Das  grösste  Verdienst 
desselben  um  die  Geschichte  seines  Klosters  besteht  darin,  dass  er 
ein  Mitglied  seines  Convents,  dessen  Namen  sich  nicht  erhalten  hat-, 
veranlasste,  über  die  Vorzeit  seiner  Abtei  und  ihrer  Vorstände  eine 
Arbeit  zu  verfassen,  welche,  nach  den  erhaltenen  Bruchstücken  zu 
urtheilen,  als  für  ihre  Zeit  ganz  vortrefflich  zu  bezeichnen  ist. 
Derselbe  theilte  sein  für  den  Druck  bestimmtes  Werk  in  drei  Theile, 
wovon  der  erste  einleitende  die  Gründung  und  Beschreibung  des 
Klosters,  der  zweite  die  Lebensbeschreibung  der  Aebte,  der  dritte 
die  Urkunden  des  Klosterarchives  enthielt.  Erhalten  hat  sich  davon 
nur  von  dem  zweiten  Theile  die  nach  den  Urkunden  bearbeitete 
Geschichte  der  ersten  fünf  Aebte  von  1057 — 1166  und  die  der 
Aebte  von  1627 — 1731;  mit  dem  23.  Juni  dieses  Jalires  bricht  seine 
Arbeit  ab,  an  deren  Fortführung  ihn  wohl  der -Tod  hinderte.  Diese 
Fragmente  finden  sich  in  den  Sammlungen  des  historischen  Vereins 
(M.  8.  fol.  790);  das  vollständige  Werk  diente  der  letzten  Arbeit  des 
fleissigen  Stiftschronisten  Ignaz  Gropp,  welcher  ebenfalls  noch 
unter  der  Regierung  des  genannten  thätigen  Vorstandes  seine  erste 
historische  Schrift  (Vita  s.  Bililiildis)  herausgab,  als  Grundlage. 
Gropp  hatte  vor,  eine  Franconia  Benedictina  zu  verfassen,  eine 
Geschichte  der  Benedictinerklöster  in  Franken,  brachte  aber  nur, 
bei  Gelegenheit  der  siebenhundertjährigen  Säkularfeier  seiner  Abtei 
1757,  ein  Jahr  vor  seinem  Tode  (er  starb  am  19.  November  1758), 
in  Folge  von  Schwierigkeiten,  über  die  er  klagt,  ein  kleines  Werk  zu 
Stande,  dem  er  den  Titel  gab :  Ecclesia  S.  Stephan!  cum  monasterio 
S.  Benedicti  in  reverendissimis  suis  abbatibus  cum  rebus  per  elapsa 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  55 

Septem  saeciila  circa  se  gestis,  historioca  methodo  repraesentata.  Es 
befindet  sich  im  historischen  Vereine,  in  der  Originalhandschrift 
(M.  S  p.  136)  und  in  gefälliger  Abschrift  mit  Hinzufiigung  der  Jahre 
bis  1762  (M.  S.  octav.  6). 

Nach  diesem  verfasste  nun  Ussermann  in  seinem  Episc. 
Wirceb.  pag.  268 — 79  seine  kurze  Geschichte  und  Series  abbatum, 
das  einzige,  was  wir  bis  jetzt  über  S.  Stephan  besitzen. 

Die  Urkunden  dieses  Klosters  sind  wegen  der  vielen  Besitzungen 
desselben  in  Würzbur^  für  die  städtische  Lokalgeschichte  von  grossem 
Interesse  und  noch  gar  nicht  benutzt. 

Sulz, 

Prämonstratenser-Nonnenkloster  an  der  Quelle  der  Sulz,  k.  Bezirks- 
amts Rothenburg  a/T.,  in  Mittel  franken,  um  1130  gegründet,  im 
Bauernkriege  1525  zerstört  und  1531  von  dem  3Iarkgrafen  Georg 
dem  Frommen  eingezogen. 

Im  k.  Archive  zu  Nürnberg  sind  von  Sulz  269  Urkunden 
verwahrt,  davon  neun  aus  dem  13.,  82  aus  dem  14.,  133  aus  dem  15. 
und  45  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Im  k.  Archive  zu  Würzburg 
ist  keine  Urkunde  mehr  übrig. 

Benedictiner-Abtei ,  am  Main  zwischen  Schweinfurt  und  Hassfurt, 
im  J.  1043  durch  Suidger,  den  zweiton  Bamberger  Bischof  und 
späteren  Papst  Clemens  IL,  gegründet,  in  den  Jahren  1466,  1525 
und  1553  vielfach  geschädigt  und  durch  die  churfürstlich  bayerische 
Regierung  1802  aufgehoben.  Das  Kloster  ist  jetzt  Besitzthum  des 
Herrn  von  Swayne. 

An  Originalurkunden  sind  noch  42  vorhanden,  eine  aus  dem 
eilften  Jahrhundert:  die  Bestätigungsurkunde  Pabsts  Clemens  IL. 
vom  J.  1047,  drei  aus  dem  12.,  zwei  aus  dem  13.,  vier  aus  dem  14., 
acht  aus  dem  15.  und  24  aus  der  folgenden  Zeit;  die  letzte  ist  der 
Yerkaufsbrief  der  schönen  Abtei  und  ihrer  bald  darauf  nieder- 
gerissenen Kirche  an  den  coburgischen  Minister  Theodor  von 
Kretschmann. 

Kein  Kloster  in  Fj-anken  hat  mehr  Copialbücher  als  Theres, 
das,  in  geistlichen  Dingen  unter  Würzburg,  in  weltlichen  unter 
Bamberg  stehend,  allen  Grund  hatte,  auf  seine  Privilegien  zu  halten. 
Beim  Herannahen   der  Raubschaaren  des  Markgrafen  Albrecht  von 


56  CJontzen : 

Brandeuburg  schickte  der  Abt  seine  Dokumente  der  Sicherheit 
wegen  nach  Würzburg.  Bischof  Friedrich  behielt  sie  aber  und 
*schickte  dem  Kloster  dafür  Copien,  welche  in  dem  Copialbuche  des 
Abtes  Johannes  Schüssler  (1545  —  74)  abgeschrieben  sind  (No.  224). 
Vollständiger  ist  ein  zweites  Copeibuch  aus  dem  J.  1593,  welches 
104  Urkunden  enthält  (No.  226).  Ein  drittes  (No.  225)  aus  dem 
J.  1595  enthält  Abschriften  von  Urkunden,  die  ebenfalls  in  Würzburg 
verwahrt  sind.  Das  vierte  ist  ein  Copeibuch,  angelegt  im  J.  1602  mit 
vorausgehendem  „Protokoll  über  alle  und  jede  des  Kloster  Theres 
briefliche  Urkunden  und  Dokumente"  (No.  227).  —  Ein  Copeibuch 
aller  in  den  Jahren  1642—48  ein-  und  ausgelaufenen  Schreiben 
enthält  No.  228  und  No.  229  die  Recesse  von  den  J,  1659—1745. 
Die  dem  Abte  von  Theres  von  der  bischöflichen  Kanzlei  in  Würz- 
burg 1561  zugesendeten  71  Copien  nebst  einigen  zugeschriebenen 
sind  zusammengebunden  in  No.  230.  Eine  andere  durch  den  kaiser- 
lichen Notar  Jol.  Acker  vidimirte  Copiensammlung  derselben  Ur- 
kunden aus  dem  J.  1561  ist  No.  232,  in  grün  Leder  gebunden  und 
sehr  deutlich  geschrieben.  In  No.  234  sind  sehr  verschiedene 
Papiere  aus  dem  Anfange  des  17.  Jahrhunderts,  die  Theres  näher 
oder  ferner  berühren,  zusammengebunden.  Ein  im  15.  Jahrhundert 
geschriebenes  Büchlein  (No.  236)  enthält  eine  Zusammenstellung 
mehrerer  Gerechtsame  des  Klosters  in  verschiedenen  Orten,  ein 
anderes  ähnliches  Buch  (No.  233),  ist  aus  dem  vorigen  Jahrhundert. 
Auch  der  historische  Verein  besitzt  eine  Sammlung  von  Copien, 
Akten  und  Klostergeschichten. 

Eine  historische  Beschreibung  der  Abtei  von  dem  Prior 
Gregor  Fuchs  (No.  231)  geht  bis  zum  J.  1711  und  ist  von  da  bis 
zum  J.  1766  fortgesetzt  worden,  zuletzt  von  dem  letzten  Abte 
Benedict  Mahlmeister,  welchem  auch  Ussermann  die  Notizen  über  die 
Reihenfolge  der  Aebte  in  seinem  Fpisc.  wirceb.  pag.  304 — 310  verdankt. 

TriefensteiU) 

(Stillans  Petra)  eine  Probstei  von  Regularcanonikem ,  am  Main, 
k.  Bezirksamts  Marktheidenfeld,  im  J.  1088  von  Gerung,  Canoniker 
von  Neumünster,  gestiftet  und  nach  der  Säkularisation  1802  durch 
den  Reichsdeputationshauptschluss  der  älteren  Linie  des  Hauses 
Löwenstein -Wertheim  als  Entschädigung  zugewiesen. 

Es  sind  noch  13  Urkunden  im  k.  Archiv,  davon  zwei  aus 
dem   14.,   fünf  aus  dem   15.  Jahrhundert,    die  andern   sechs   aus 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  57 

späterer  Zeit;  ferner  ein  von  einem  kaiserlichen  Notar  1692  schlecht 
geschriebener  liber  copiarum  (No.  237),  der  nur  eine  kleine  Anzahl 
Urkunden  enthält,  und  ein  Fundationsbuch  oder  Mortilegiuni 
(No.  237*),  worin  die  Pröbste,  Canoniker  und  Wohlthäter  des 
Klosters  und  ihre  Todesjahre,  aber  nicht  in  Form  der  Calendarien, 
verzeichnet  sind. 

Einige  Urkunden  Hess  Mono,  Zeitschrift  4,  406  u.  ff.  abdrucken 
aus  dem  Wertheimer  Archiv,  worin  sich  auch  eine  ausführliche 
Klosterchronik  befindet  (eine  Abschrift  davon  im  historischen 
Vereine  zu  Würzburg),  wonach  Mone  a.  a.  St.  die  von  Ussermann 
gegebene  Reihe  der  Pröbste  berichtigte. 

Trostadt, 

Prämonstratenser  Frauen kloster,  im  Werragrund,  im  Herzogthum 
Sachsen-Meiningen,  gegründet  im  J.  1176  durch  Bertha,  Wittwe  des 
Grafen  Berthold  I.  von  Henneberg,  im  Bauernkrieg  1525  zerstört 
und  darauf  eingezogen. 

Keine  Urkimde   ist  im  Würzburger  Archive  mehr  vorhanden. 

Cfr.  Ussermann  p.  490.  Brückner,  Landeskunde  S.  261. 

Tackelhansen, 

in  der  Nähe  von  Ochsenfurt,  um  das  J.  1138  für  Prämonstratenser 
gestiftet,  welche  unter  der  Aufsicht  von  Oberzell  hier  Avohnten,  bis 
1305  die  Prämonstratcnscrinnen  von  Micholfeld  bei  Kitzingen  hier 
angesiedelt  wurden,  aber  den  Platz  1351  an  die  Karthäuser  über- 
lassen mussten,  welche  nun  in  diesem  von  ihnen  Cella  Salutis 
genannten  Kloster  bis  1802  wohnten.  Jetzt  ist  es  Privateigen tlmm. 
Die  Zahl  der  erhaltenen  Urkunden  ist  309,  davon  drei  aus  dem 
12.,  die  älteste  von  Bischof  Gebhard  um  1153 — 57,  eine  aus  dem 
13.,  50  aus  dem  14.,  143  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  112  aus 
späterer  Zeit. 

Die  Karthäuser  haben  für  die  Erhaltung  ihrer  Dokumente  gut 
gesorgt.  In  dem  17.  Jahrhundert  haben  sie  zwei  grosse  Sammlungen 
von  Copien  ihrer  Briefschaften  und  zwar  nach  Orten  angelegt;  in 
die  erste,  die  sie  Saalbuch  nannten,  zuerst  die  Einkünfte  und  dann 
die  Erwerbsdokumente  eingetragen  (No.  240 — 42),  in  die  zweite 
(No.  242*-«')  letztere  allein;  sie  sind  in  den  Jahren  1670—80  ge- 
schrieben. Sie  sorgten  auch  für  Erhaltung  des  Andenkens  an  ihre 
früheren  Brüder;   die  historia  Carthusiae  Tückelhausen  (No.  24272) 


58  Contzen : 

enthält  ein  von  mehreren  Händen  bis  zu  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
fortgeführtes  Namensregister  mit  Angabe  des  Todestages.  Aehnlich 
ist  die  Handschrift  des  historischen  Vereins:  Origo'  et  succesus 
monasterii  Cellae  Salutis  in  Tuckelhausen  (M.  S.  f.  41);  derselbe 
besitzt  auch  Klosterrechnungen  aus  dem  17.  und  18.  Jahrhundert, 
ein  Notizbuch  mehrerer  Priore  zu  Tuckelhausen  von  1640—90 
(M.  S.  f.*  162  und  40),  welche  Herrn  Professor  Denzinger  den  Stoff 
zu  dem  Aufsatze  lieferten :  Die  Bauern,  Schweden  und  Franzosen  im 
Carthäuserkloster  Tuckelhausen  (im  13.  Bande  des  Archivs  des 
historischen  Vereines,  Heft  1.  (1854)  S.  276—99. 

S.  Ulrichsklostcr  zu  Würzburg, 

Benedictiner-Frauenkloster,  in  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  ge- 
stiftet, im  16.  aufgelöset;  die  Einkünfte  desselben  von  B.  Julius 
seiner  neugegründeten  Universität  zugewandt. 

Es  sind  noch  21  Urkunden  davon  übrig,  drei  aus  dem  13., 
die  älteste  vom  Jahre  1256,  fünf  aus  dem  14.,  acht  aus  dem  15. 
und  fünf  aus  dem  16.  Jahrhundert;  die  letzte  von  1570  ist  ein 
Verzeichniss  der  Einkünfte  des  Klosters. 

UrsiiliDcrklo8ter  zu  Würzburg, 

als  Kliale  des  Kitzinger  Klosters  dieses  Ordens  1710  gegründet, 
durch  die  kurfürstliche  bayerische  Regierung  1804  aufgehoben,  durch 
den  Orossherzog  Ferdinand  1808  wieder  hergestellt  und  für  Unterricht 
und  Erziehung  fortwährend  thätig. 

Die    26    vorhandenen   Urkunden   gehen    von    1711    bis    1796. 

Ycilsdorf, 

an  der  Werra  im  Coburgischen',  Benedictinerinnen -Abtei,  um  1180 
gegründet,  1446  in  eine  Benedictiner -Abtei  verwandelt,  im  Bauern- 
kriege 1525  zerstört  und  dann  aufgelöset. 

Es  sind  im  k.  Archive  noch  drei  Urkunden  vorhanden  ,  die 
Stiftungsurkundo  von    1189   und    zwei   aus   dem   14.  Jahrhundert. 

Viele  sind  gedruckt  in  S  c  h  ö  1 1  g  e  n ,  diplomat.  medii  aevi 
II,  p.  621. 

Vessera, 

Prämonstratenser-Mönchskloster,  am  Zusammenüuss  der  Werra  und 
Schleussa,  im  Hennebergischen,  im  J.  1131  durch  Gotebold  Grafen 
von  Henneberg  gegi'ündet  und   um   1560   durch  Johann  Friedrich 


Die  Urkunden  des  Bisthums  Würzburg.  59 

Kurfürsten  von  Sachsen  als  Erben  des  Grafen  Wilhelm  von  Henne- 
berg säkularisirt. 

Keine  Urkunde  ist  im  Würzburger  Archive  mehr  übrig.  Cfr. 
Ussermann,  Ep.  Wirceb.  p.  486.  —  Schult  es,  Neue  diplomat. 
Beiträge  I,  197. 

To^elsbnr^» 

Siehe  Carmelitenklöster. 

ein  Wilhelmiterkloster,  beim  Einfluss  der  Katze  in  die  Werra  im 
Herzogthum  Sachsen -Meiningen,  im  J.  1299  von  einem  Herrn  von 
der  Kehr  gegründet,  im  Bauernkriege  1525  zerstört  und  nach  der 
in  den  Hennebergischen  Ijanden  eingeführten  Reformation  in  ein 
Domainengut  verwandelt. 

Urkunden  keine  im  Würzburger  Archiv  vorhanden. 

Wechterswinkel, 

Benedictiner-  später  Cisterzienser-Frauenabtei,  gegründet  um  die 
Mitte  des  12.  Jahrhunderts;  nach  Zerstörung  der  Gebäude  im  Bauern- 
und  markgräflichen  Kriege  wurden  vom  Bischof  Julius,  nachdem 
seine  Bemühungen,  das  Kloster  wieder  aufzurichten,  gescheitert 
waren,  die  Einkünfte  desselben  Cultuszwecken  zugewiesen. 

Der  Vorrath  an  Originalurkunden  und  einigen  Copien  belauft 
sich  auf -62,  darunter  14  aus  dem  12.  Jahrhundert,  die  älteste  vom 
J.  1143,  fünf  aus  dem  13.,  drei  aus  dem  14.,  sechs  aus  dem  15. 
und  die  andern  34  aus  neuerer  Zeit.  Die  letzte  ist  diessmal  nicht 
der  Verkaufsbrief  der  Klostergüter,  sondern  enthält  die  Bestimmung 
des  Grossherzogs  Ferdinand  von  Würzburg  vom  11.  März  1809, 
womach  die  Einkünfte  des  Klosters  zur  katholischen  Pfarreien-  und 
Schulenstiftung  verwendet  werden  sollen. 

Erhalten  ist  uns  ferner  ein  vortreffliches  Diplomatarium  aus 
der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  (No.  238);  soweit  reichen  auch  die 
182  Urkunden  enthaltenden,  von  einer  Hand  geschriebenen,  Einträge 
von  Blatt  1 — 59,  denen  andere  von  verschiedenen  Händen  bis 
Blatt  78  folgen;  es  ist  auf  Pergament  deutlich  und  kräftig  ge- 
schrieben und  zwar  auf  jeder  Seite  mit  34  durchlaufenden  Linien. 
Ausser  dem  Register  ist  ein  Calendor  aus  derselben  Zeit,  dem  das 
letzte  Blatt  fehlt  und  der  ausser  der  Angabe  der  Heiligen  keine 
Einträge  hat,  vorgebunden.     Auffallend  ist,    dass  die  Bestätigungs- 


60  Contzen : 

Urkunde  Bisehofs  Hermann  über  die  von  dem  Grafen  Otto  von 
Hiltenburg  im  Kloster  Wechterswinkel  getroffene  Anordnung  vom 
J.  1231  (s.  Jaeger,  Gesch.  Frankenlands  111.  p.  360)  hier  fehlt,  wie 
in  den  Mon.  boicis.  Eine  nicht  immer  corrocte  Abschrift  des 
Copeibuchs,  copia  collationata  libri  copiarum,  cujus  originale  repositum 
est  in  Archivo  Reverendissimi  ac  illustrissimi  Capituli  Herbipolensis, 
aus  dem  J.  1785  ist  Xo.  238  *;  No.  238*»  enthält  ein  Urbarbuch 
des  Klosters  aus  den  Jahren  1590 — 1614  nach  den  verschiedenen 
Orten,  woraus  dasselbe  Einkünfte  bezog. 

Eine  Geschichte  des  Klosters  mit  den  Urkunden-Regesten  von 
Dr.  Himmel  stein  befindet  sich  im  Bd.  XV  des  Archivs  des 
historischen  Vereins  (1860),  Heft  1,  S.  115—176. 

Werthelm 

hatte  eine  durch  den  Grafen  Johann  IL  1419  mit  einem  Pfarrer 
und  zehn  Vikarien  fundirte  Parochialkirche,  welche  unter  der 
Regierung  des  Grafen  Johann  III.  durch  eine  besondere  Bulle  des 
Papstes  Sixtus  IV.  1481  zu  einem  Collegiatstift  erhoben  wurde,  an 
welches  ein  Uechant  mit  dreizehn  Canon i kern  zu  stehen  kam.  Es 
bestand  bis  1549,  wo  es  durch  den  protestantisch  gewordenen  Grafen 
Michael  III.  aufgehoben  wurde. 

Die  betreffenden  Urkunden  belinden  sich  im  fürstlich  Löwen- 
steinischen  Archive  zu  Wertheim  und  sind  schon  verwerthet  in  der 
trefflichen  Geschichte  der  (frafeu  von  Wortheim  von  den  ältesten 
Zeiten  bis  zu  ihrem  Erlöschen  im  Mannesstammc  im  J.  1556,  aus 
den  urkundlichen  Quellen  bearbeitet  von  J.  Aschbach,  Frankfurt, 
zwei  Theile,  1843.  Die  genannte  Bulle  im  II.  Bande,  der  das 
wertheimische  Urkundenbuch  enthält,  S.  292. 

Wiicdshoini. 

Augustiner    Eremitcnkloster,    Stadt    in    Mittelfranken,    im   J.   1290 
gestiftet  und  1525  aufgehoben. 
Urkunden  nicht  vorhanden. 

WOrzburg. 

Siehe  Carmelitenklöster. 
„      Augustiner. 
„      Stift  Hang. 
„         „    Neumünster. 


Die  T'rkunden  des  Bisthums  Wtirzburg.  61 

Siehe  Stift  St.  Burchard. 

„  Johanniterordeu. 

„  Deutscher  Orden. 

,,  St.  Stephan. 

„  Schottenkloster. 

„  S.  Afra. 

„  S.  Ulrich. 

„  Reuerinnen. 

,,  Dominicaner. 

,,  S.  Marx. 

„  Franziskaner 

„  Agnes. 

„  Antoniter. 

„  Engelgarten. 

Zell, 

1.  Oberzeil,  Cella  Dei  superior,  am  Main  bei  Würzburg, 
Prämonstratenser -Abtei  im  J.  1128  gegründet  und  bestanden  bis 
1802.  In  dem  grossen  Klostergebäude  ist  jetzt  die  berühmte 
Sehnellpressenfabrik  von  König  und  Bauer. 

Uebrig  sind  noch  204  Urkunden,  davon  18  aus  dem  12.,  die 
älteste  ist  die  Bestätigungsurkunde  des  Bischofs  Embricho  vom 
J.  1128,  acht  aus  dem  13.,  31  aus  dem  14.,  66  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert und  81  aus  der  folgenden  Zeit  bis  1805,  wo  die  Verkaufs- 
urkunde der  Klostergüter  den  Schluss  macht. 

Auch  sind  Copialbücher,  im  17.  Jahrhundert  geschrieben  und 
nach  den  Pfarreien,  Ortschaften  und  Besitzungen  geordnet,  in  drei 
Bänden  erhalten  (No.  262 »•*»*^). 

Ueber  den  catalogus  defunctorum,  im  historischen  Vereine, 
vergleiche  die  Xekrologien. 

Eine  Geschichte  des  Klosters  von  Pfarrer  Ke  stier  befindet  sich 
im  14.  Bande  des  Archivs  des  historischen  Vereins  H.  1,  S.37— 128. 

2.  Unterzeil,  Cella  Dei  inferior,  durch  das  Dorf  Zell  von 
dem  obern  Kloster  geschieden ,  Prämonstratenser  Frauen  -Abtei, 
ebenfalls  um  1130  gegründet  und  bis  1802  bestanden.  Die  Kirche 
und  die  Gebäude  theils  zerstört,  theils  zu  kleinen  Wohnungen 
eingerichtet. 

An  Urkunden  sind  59  vorhanden ,  eine  aus  dem  13. ,  zwei 
aus  dem  14.,  11  aus  dem  15.  Jahrhundert  und  45  aus  der  folgenden 


62  Contzen :  Die  Urkunden  des  Bisthuras  Würzburg. 

Zeit.  Den  Schluss  macht  wieder  der  Verkaufsbrief  der  Klostergüter 
aus  dem  J.  1805. 

Eine  Geschichte  dieses  Klosters  von  Pfarrer  Kestler  im 
X.  Bande  des  Archivs  des  historischen  Vereins  Heft  1,  S.  87—104. 

Zella  unter  F  i  s  c  h  b  e  r  g, 

Benedictiner-Nonnenkloster,  am  Nordostsaum  der  Rhön,  nun  im 
Orossherzogthum  Sachsen -Weimar,  um  1136  durch  dtTn  h.  Otto  in 
eine  Probstei  umgewandelt,  die  bis  1801  bestand. 

Vorhanden  sind  im  Würzburger  Archiv  nur  noch  drei  Verträge 
der  Bischöfe  von  Würzburg  mit  den  Aebten  von  Fulda  über  gegen- 
seitige Recesse  wegen  der  Probstei  aus  dem  16.  und  17.  Jahrhundert. 

Eine  gute  Morrographie  von  W.  Rein  im  XV.  Bande  des 
Archivs  des  historischen  Vereins  (1860).  Heft  2  und  3,  S.  332—356. 

(Schluss  folgt.) 


II.  Malteser  Studien. 

Von 

Dr.  Hans  Prutz, 

Universitäts  Professor  in  Könijjfsborg. 


Genossenschaften  wie  die  geistlichen  Ritterorden  haben  auf 
die  Sammlung  und  Bewahrung  der  ihre  Rechte  und  Freiheiten  be- 
gründenden und  ihren  Besitzstand  erweisenden  Urkunden  und 
sonstigen  Schriftstücke  alle  Zeit  grosse  Sorgfalt  verwendet.  Früh- 
zeitig haben  sie  zu  diesem  Zwecke  wohlgeordnete  und  streng  behütete 
Archive  gehabt,  haben  sich  auch  die  ihnen  verliehenen  Gunstbriefe 
geistlicher  und  weltlicher  Grosser,  um  der  Anerkennung  derselben 
sicher  zu  sein,  bei  jeder  sich  irgend  bietenden  Gelegenheit  immer 
von  Neuem  bestätigen  lassen,  und  noch  in  späterer  Zeit  sind  die 
des  Schreibens  kundigen  unter  ihren  Mitgliedern  nicht  müde  ge- 
worden, den  ganzen  ürkundenschatz  oder  doch  die  besonders  wichtigen 
Stücke   aus   demselben  in  dickleibige  Foliauten  zusammenzutragen. 

Auch  der  Orden  der  Hospitaliter  oder,  wie  er  später  gewöhnlich 
genannt  wurde,  der  Johanniter  hat  davon  keine  Ausnahme  gemacht. 
Die  Urkunden,  Avelche  sich  auf  die  rechtliche  Stellung  der  Stiftung 
Raimunds  de  Puy  bezogen,  mit  der  ihr  von  diesem  gegebenen  und 
von  dem  Papste  bestätigten  Ordensregel  beginnend,  sowie  diejenigen, 
welche  die  im  Laufe  der  Zeit  so  überaus  grossartig  vermehrten 
Besitzungen  des  Ordens  betrafen,  sind  erst  in  dem  Ordenshaupt- 
hause zu  Jerusalem,  und  nach  dessen  Verluste  (1187)  in  dem  ein 
Jahr  zuvor  erworbenen  und  nachmals  prachtvoll  ausgebauten  und 
stark  befestigten  Margat  ^)  aufbewahrt  worden.  Als  aber  in  der 
zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  mit  dem  fortschreitenden  Verfall  der 
christlichen  Herrschaft  selbst  ein  Platz  wie  Margat  fortwährend  bedroht 


•)  Vgl.  Pnitz,  die  Besitzungen  des  Johanniterordens  im  hl.  T^nde  in  der 
Zeitschrift  des  deutÄclien  Palästina -Vereins  Bd.  4,  S.  183  ff. 


64  Pnitz: 

war  und  bei  dem  nächsten  Angriff  der  Ungläubigen  in  deren  Gewalt 
fallen  konnte,  verlegte  der  Orden  sein  Haupthaus  hinter  die  schützen- 
den Mauern  von  Accon:  dorthin  ist  damals  ohne  Zweifel  auch  das 
Ordensarchiv  überführt  worden.  Wenn  wir  nun  hören,  dass  bei 
dem  Verluste  Aecons  (1291)  auch  die  Originalausfertigung  der  Regel 
Raimunds  de  Puy  und  die  sie  bestätigende  päpstliche  Urkunde^ 
welche  als  besonders  kostbare  Reliquien  sicherlich  auf  das  Sorgsamste 
behütet  wurden,  verloren  gegangen  oder  vernichtet  worden  sind,  so 
dass  man  dieselbe  auf  Grund  vorhandener  Copien  neu  ausfertigen 
und  am  7.  April  1300  durch  Papst  Bonifaz  VIII  neu  bestätigen 
lassen  musste  ^),  so  werden  w4r  aus  diesem  Vorgange  den  Schluss 
ziehen  dürfen,  dass  bei  dieser  Gelegenheit  auch  noch  andere  Stücke 
des  Ordensarchives  verloren  gegangen  sind  und  dass  dasselbe  in 
einzelnen  Theilen  schon  ziemlich  zusammengeschmolzen  war,  als 
der  Orden  sich  auf  der  Insel  Cypern  von  Neuem  einzurichten  begann. 
Nach  kurzer  Zeit  folgte  dann  die  Uebersiedelung  noch  Rhodos,  wo 
der  Orden  1307  sich  niederliess  und  wo  auch  das  Archiv  desselben 
bis  zur  Eroberung  der  Insel  durch  die  Türken  (1522)  geblieben  ist. 
Seit  dem  Verluste  Palästinas  und  seitdem  die  anfangs  noch  im 
Auge  behaltene  Möglichkeit  zur  Wiedergewinnung  desselben  endgültig 
geschwunden  war,  verloren  natürlich  auch  die  auf  den  ehemaligen 
palästinischen  Ordensbesitz  bezüglichen  Urkunden  ihren  praktischen 
Werth  und  behielten  nur  noch  ein  mehr  historisches  Interesse; 
gewiss  wird  man  sie  in  Folge  dessen  weniger  sorgsam  als  bisher 
behütet  haben,  und  so  mag  durch  fortschreitende  Vernachlässigung 
manches  werthvoUe  Stück  aus  jener  älteren  Zeit  verschleppt,  ver- 
modert oder  sonst  abhanden  gekommen  sein. 

Denn  eine  Verwerthung  dieser  Archivalien  im  Interesse  einer 
Geschichte  des  Ordens  lag  jener  Zeit  noch  ziemlich  fern.  Allerdings 
ist  schon  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  der  Versuch  gemacht, 
eine  historische  Darstellung  von  der  Entwickelung  des  Ordens  zu 
geben.  Es  geschah  das  durch  Melchiore  Bandino,  Kanzler 
des  Ordens  zur  Zeit  des  Hochmeisters  Giovanni  di  Lastico  (1437—54). 
Doch  ist  davon  höchstens  ein  Fragment  auf  uns  gekommen.  Bosio 
nämlich,  der  erste  und  bis  auf  den  heutigen  Tag  verdienteste 
Geschichtschreiber  des  Ordens,  will  noch  ein  Stück  des  Bandino'schen 
Werkes   gekannt  haben   und  folgt   demselben  namentlich  in  seiner 

>j  Ungodruckte  Urkunde  im  Malteser  Archiv. 


Malteser  Studien.  65 

Darstellung  von  dem  Falle  Accons.  Nach  seiner  Angabe  hat  sein 
Olieim  Tommaso  Bosio,  Vicekanzler  des  Ordens  und  später 
Bischof  von  Malta,  als  er  nach  dem  Falle  von  Rhodos  im  Gefolge 
Villiers'  de  L'Isle  Adam  nach  Rom  kam,  eine  alte  Pergamentfiand- 
schrift  mitgebracht,  welche  ein  Bruchstück  „des  zum  grossen  Nach- 
theil für  die  geschichtliche  Kenntniss  verlorenen  Werkes  des 
Bandino"  enthielt  und  von  der  Bosio  versichert,  dass  er  sie  noch 
als  ein  besonders  kostbares  Besitzthum  sorgfältig  aufbewahre.^) 
Eine  urkundlich  begründete  Geschichte  des  Ordens  zu  schreiben 
hat  zuerst  Bosio  unternommen,  uud  zwar  im  Auftrage  des  Ordens 
selbst.  Sein  Werk  behauptet  selbst  heute  noch  einen  hervorragenden 
Werth  und  wird  für  jede  kritische  Behandlung  dieses  Stoffes  die 
einzig  brauchbare  Grundlage  bilden.  Bosio  schrieb  in  Rom,  wo  er 
Geschäftsträger  des  Ordens  war,  und  hat  nicht  blos  die  Handschriften 
der  Y^ticanischen  Bibliothek,  sondern  auch  das  päpstliche  Archiv, 
namentlich  die  lange  Reihe  der  dort  aufbewahrten  Registerbände 
für  seine  Zwecke  benutzen  können.-)  und  wenn  Bosio  nach  einer 
gelegentlichen  Bemerkung  3)  die  Absicht  hatte,  alle  dem  Orden  ver- 
liehenen Privilegien  herauszugeben,  so  werden  wir  vermuthen  dürfen, 
dass' er  diesem  Urkundenbuche  eben  die  in  den  päpstlichen  Registern 
vorgefundenen  reichen  Materialien  zu  Grunde  zu  legen  dachte. 
Doch  hat  er  auch  malteser  Archivalien  für  die  Geschichte  des 
Ordens  zur  Verfügung  gehabt.  Er  wurde  nämlich  von  seinem 
Bruder  Giovanotto  Bosio,  Avelcher  Ritter  des  Johanniterordens  war 
und  die  Würde  eines  Comthurs  bekleidete,  durch  Mittheilungen  aus 
dem  malteser  Archive  unterstützt.^)  Unter  den  von  ihm  benutzten 
Stücken  sind  einige  erkennbar,  die  noch  heute  zu  dem  werthvollsten 
Besitz  des  ehemaligen  Johanniterordensarchives  gehören,  z.  B.  das 
Statutenbuch  des  Hochmeisters  Roger  des  Pins  (1355 — 65),  das  Bosio 


*)  Bosio,  della  St<>ria  della  sacra  religione  di  S.  Giovanni  Gerosol.  (Ed. 
1594)  I,  239—40;  vgl.  19. 

*)  So  führt  er  z.  B.  I,  146—47  in  italienischer  Uebersetzung  das  Schreiben 
an,  durch  welches  Innocenz  TII  den  König  Amalrich  von  Cypern  dem  Hochmeister 
Gotfrid  le  Rat  empfiehlt,  mit  dem  Bemerken:  breve  il  quäle  anclie  oggedi  ne' 
registri  della  libraria  apostolica  registrata  si  vede  (vgl.  Potthast,  Reg.  Pontif. 
n.  428,  Paoli,  Cod.  dipl.  I,  p.  270  (n.  3),  und  ähnlich  I,  p.  151,  155,  156,  167,  168. 

»)  I,  38. 

*)  I,    46 :    Certi    statuti   antichissimi ,    che   mi    sono    stati    mandati    dal 
commendator  Giovanotto  Bosio,  mio  fratello,   da  Malta,  insieme  con  molt^  altre 
memorie  antichissime  dell'  istessa  religione. 
ArcbiTftliBcbe  Zeitschrift  VUr.  5 


66  Pmtz : 

jedoch  iu  einer  Handschrift  vorlag,  welche  durcli  ein  Verzeichniss 
der  Hochmeister  bis  auf  Roger  des  l^ins  und  eine  kurze  Uebersicht 
der  Thaten  jedes  einzelnen  erweitert  warJ)  Seinem  Bruder,  dem 
Ordenscomthur,  verdankte  Bosio  ferner  u.  A.  die  Mittheilung  zweier 
Pergamenthandschriften,  von  denen  die  eine  die  Ordensstatuten  in 
französischer,  die  andere  in  catalonischer  Sprache  enthielt 2)  und 
worin  sich  ausserdem,  wie  es  scheint,  die  ältesten  für  das  Hospital 
ausgestellten  Schenkungsurkunden  abgeschrieben  fanden ;  wenigstens 
entnahm  Bosio  von  dorther  seine  Kenntniss  einer  Landsehenkung 
Gotfrieds  von  Bouillon  vom  Jahre  1100  zu  Gunsten  „des  zur  Ehre 
Gottes,  seiner  gebenedeiten  Mutter  und  Johannes  des  Täufers  ge- 
gründeten Hospitals*',  3)  welche  durch  keine  der  uns  heute  noch 
vorliegenden  Urkunden  belegt  wird.  Die  Angaben  Bosios  über  die 
ihm  mitgetheilten  malteser  Archivalien  lassen  es  übrigens  zweifelhaft, 
ob  ihm  die  betreffenden  Stücke  in  Abschriften  oder  im  Original 
übersandt  worden  sind :  an  einzelnen  Stellen  wird  man  nach  dem 
Wortlaute  der  Bosio'schen  Anführung  nicht  umhin  können  anzu- 
nehmen, dass  Urkunden  und  Handschriften  aus  dem  Archiv  des 
Ordens  selbst  entnommen  und  dem  Geschichtschreiber  nach  Rom 
zugeschickt  worden  seien.  Ob  dann  eiuQ  Rücklieferung  derselben 
stattgefunden  hat,  muss  dahin  gestellt  bleiben.  Dass  eine  solche 
wenigstens  in  gewissen  Fällen  nicht  erfolgt  ist,  wird  angenommen 
werden  müssen  angesichts  der  Thatsache,  dass  einige  der  von  Bosio 
benützten  und  nach  seinen  Angaben  aus  Malta  stammenden  Ur- 
kunden sich  nicht  nur  heutigen  Tages  in  dem  dortigen  Archive 
nicht  mehr  vorfinden,  sondern  auch  schon  zur  Zeit  Paolis,  also  im 
Anfange  des  18.  Jahrhunderts  dort  nicht  mehr  vorhanden  gewesen 
sein  müssen,  weil  dieser  sich  dieselben  sonst  sicherlich  nicht  hätte 
entgehen  lassen.^)  Jedenfalls  lässt  der  ganze  Vorgang  darauf  schliessen, 


*)  Nach  I,  140  und  188  fand  Bosio  die  von  ihm  gemachten  Angaben 
über  den  Hochmeister  Alfons  von  Portugal  „nel  libro  degli  statuti  del  maestro 
fra  Ruggiero  de'  Pini,  che  stä  nella  cancelleria  di  questa  s.  Religione  bollato  e 
autentico,  nel  quäle  sono  scritti  i  nomi  dei  maestri  predecessori  al  detto  fra 
Ruggiero  con  alcune  brevi  annotazioni  dei  fatti  loro". 

»)  I,  8-9. 

*)  „Una  casa  fondata  sopra  monalem  a  Momboine  nella  fredda  montagna". 

*)  Das  gilt  z.  B.  von  der  oben  erwähnten  Urkunde  Gotifrieds  von  Bouillon 
von  1100  und  der  von  Bosio  I,  179  angeführten  des  Hochmeisters  Guarin  vom 
25.  Juni  1225  für  Ingeborg,  die  Königin  AVittwe  von  Frankreich,  wonach  dreizehn 
Ordenskleriker  gehalten  sein  sollen,  in  dem  Ordenspriorat  zu  Corbeil  täglich  drei 


Malteser  Studien.  .  67 

dass  das  Archiv  des  Ordens  in  jener  Zeit  wenigstens  den  Mitgliedern 
und  Beamten  des  Ordens  gegenüber  nicht  nur  nicht  unzugänglich 
gewesen,  sondern  ziemlich  sorglos  verwaltet  worden  sein  muss.^) 
Insofern  also  hat  Sebastian  Paoli,  der  Herausgeber  des 
Codice  diplomatico  del  S.  militare  Ordine  di  Gerusalemme  (Lucca 
1733),  nicht  Recht,  wenn  er  behauptet,  das  Ordensarchiv  sei  bis  auf 
seine  Zeit  eifersüchtig  behütet  und  von  niemandem  benützt  worden. 
Nur  eine  massenhaftere  MittheUung  der  in  demselben  enthaltenen 
Urkunden  blos  zur  Förderung  der  geschichtlichen  Kenntniss,  ab- 
gesehen von  den  Orden  angehenden  praktischen  Interessen,  hatte 
bisher  allerdings  nicht  stattgefunden.  In  dieser  Hinsicht  mag  daher 
das  Lpb  begründet  sein,  welches  Paoli  in  der  Widmung  seines  Ur- 
kundenbuches  dem  Hochmeister  Antonio  Manoel  de  Vilhena  (vom 
19.  Juni  1722  bis  zum  12.  December  1736)  spendet,  weil  derselbe 
zuerst  die  Anregung  gegeben  zur  Ausnutzung  des  Ordensarchives 
im  Interesse  der  historischen  Forschung.  Nach  Paoli  hat  nämlich 
Vilhena  den  Baillis  Emanuel  Pinto,  des  Ordens  Vicekanzler,  und 
Mario  Cevoli,  seinem  Secretär  für  die  italienischen  Angelegenheiten, 
die  "Weisung  ertheilt,  die  in  dem  Archive  aufbewahrten  Pergamente 
allgemein  zugänglich  zu  machen.  Dieser  Liberalität  verdankte  jeden- 
falls Paoli  die  Möglichkeit  zu  seinen  eigenen  Studien,  verdanken  wir 
das  aus  denselben  hervorgegangene  Werk,  welches,  so  viel  es  im 
Einzelnen  zu  wünschen  übrig  lassen  mag,  nicht  blos  für  die  Geschichte 
des  Johanniterordens,  sondern  für  die  der  Kreuzzüge  überhaupt  noch 
immer  als  eine  der  wichtigsten  Quellen  und  in  mancher  Hinsicht 
als  unentbehrlich  bezeichnet  werden  darf,     üebrigens  erklären  sich 


Seelenmessen  für  König  Philipp  II  August  von  Frankreich  zu  lesen,  der  dem 
Orden  70000  Scudi  vermacht  hatte.  (Vgl.  die  Bestätigung  durch  P.  Honorius  III. 
Potthast  n.  7528.) 

*)  Dass  das  ein  die  bestehenden  Bestimmungen  verletzender  Misbrauch 
gewesen,  lehren  die  Vorschriften,  welche  ich  in  dem  z.  Z.  in  der  Bibliothek  zu 
Messina  befindlichen  Libro  della  Visita  di  tutti  i  beni  e  commende  del  Gran- 
priorato  Gerosolimitano  commende  e  beni  della  S.  R.  O.  formato  nel  1749 
fol.  109  ff.  fand,  wo  genau  über  die  von  den  Visitatoren  vorgenommene  Revision 
des  Archivs  und  den  unbefriedigenden  Zustand  desselben  sowie  die  zur  Ab- 
hülfe getroffenen  Verfttgimgen  gehandelt  wird:  u.  A.  wird  da  dem  Archivar 
strengstens  imtersagt,  ohne  besondere  Vollmacht  der  Oberen  irgend  Jemandem 
irgend  etwas  aus  dem  Archive  mitzutheilen.  Auch  über  Lage  und  Beschaflfen 
heit  des  dem  Archive  anzuweisenden  Raumes  und  dessen  Ausstattung  wird 
genau  verfügt. 

5* 


68  Prutz: 

viele  von  den  Mängeln  des  Paolischen  Urkundenbuches  aus  der 
Entstehung  desselben.  Ursprünglich  nämlich  wollte  Paoli  nur  eine 
kritische  Untersuchung  über  die  Chronologie  der  Hochmeister  während 
der  orientalischen  Periode  des  Ordens  verfassen  und  hatte  zu  diesem 
besonderen  Zwecke  in  Malta  selbst  gesammelt  und  copiert.  Als 
er  dann  aber  seinen  Plan  dem  gelehrten  Fontanini  mittheilte,  rieth 
ihm  dieser,  auch  die  übrigen,  für  die  chronologischen  Controversen 
nicht  in  Betracht  kommenden  Urkunden  zu  veröffentlichen.  Desshalb 
liess  Paoli  sich  zur  Ergänzung  seiner  Materialien  noch  mehr  Ur- 
kundenabschriften aus  Malta  kommen.  Ein  bestimmter  Plan  also 
liegt  der  Auswahl  nicht  zu  Grunde,  welche  Paoli  aus  den  Schätzen 
des  Johanniterordensarchives  getroffen  und  zu  seinem  Codice 
diplomatico  vereinigt  hat;  noch  weniger  ging  er  auf  erschöpfende 
Vollständigkeit  nach  irgend  einer  Seite  hin  aus,  denn  Paoli  hat  gar 
nicht  einmal  alle  die  in  seinen  Besitz  gekommenen  Urkunden  zum 
Abdruck  gebracht.  Vielmehr  liess  er  nach  seiner  eigenen  Erklärung 
einmal  alle  diejenigen  fort,  welche  einfache  Wiederholungen  älterer  Ur- 
kunden waren ,  —  wogegen  nichts  einzuwenden  sein  dürfte,  obgleich 
auch  hier  zum  mindesten  Regesten  und  in  gewissen  Fällen  die  Zeugen- 
reihen für  uns  erwünscht  wären;  und  dann  diejenigen,  welche  blos 
Kauf,  Tausch,  Verkauf  und  ähnliche  Geschäfte  bekundeten  und  die- 
selben Zeugen  enthielten  wie  die  schon  gedruckten  —  eine  Praxis, 
die  zu  bedauern  ist  im  Hinblick  auf  die  Wichtigkeit,  welche  gerade 
diese  Kategorie  von  Urkunden  in  neuerer  Zeit  für  topographische 
und  ähnliche  Untersuchungen  erlangt  hat. 

Mehr  als  hundert  Jahre  sind  dann  von  der  Veröffentlichung 
des  Paolischen  Werkes  an  verflossen,  bis  man  den  in  Malta  liegenden 
Schätzen  wieder  einige  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  anfing.  Denn 
das  geschah  erst  in  Folge  der  Anregung,  welche  das  Studium  der 
Geschichte  der  Kreuzzüge  durch  die  Werke  von  Wilken  und  von 
Michaud  empfing,  mit  rechtem  Nutzen  aber  doch  eigentlich  erst 
seitdem  die  kritische  Historiographie  nach  dem  Vorgange  von  Sybel's 
auch  diesen  Stoff,  der  ihr  eine  ganze  Reihe  der  interessantesten 
Probleme  darbietet,  in  den  Bereich  ilirer  methodisch  arbeitenden 
Thätigkeit  gezogen  hat.  Mit  besonderem  Eifer  haben  sich  demselben 
die  Franzosen  zugewandt,  für  welche  sich  allerdings  an  diesen  Stoff 
ganz  besondere  nationale  Erinnerungen  knüpfen  und  die  in  dem- 
selben eigentlich  eine  der  glänzendsten  Partien  ihrer  eigenen 
mittelalterlichen  Geschichte  behandeln.    Auch  steht  ihnen  dafür  seit 


Malteser  Studien.  69 

Jahrzehnten  in  der  fieole  des  chartes  ein  vortreffliches  Organ  zur 
Verfügung,  dem  gegenüber  die  in  neuester  Zeit  vorgenommene 
Stiftung  einer  besonderen  Soci6t6  de  TOrient  latin  fast  überflüssig 
erseheinen  möchte,  um  so  mehr  als  die  ficole  fran9aise  de  Rome 
wie  allen  mittelalterlichen  so  auch  diesen  Dingen  ihre  Aufmerk- 
samkeit in  erfreulicher  Weise  zuwendet.  Im  Dienste  dieser  Be- 
strebungen ist  denn  auch  das  Ordensarchiv  auf  Malta  in  neuerer 
Zeit  öfters  aufgesucht  worden.  Einen  ersten,  freilich  ziemlich  ober- 
flächlichen Bericht  über  die  Ordnung  und  den  Inhalt  desselben  ver- 
danken wir  deRoziöre'');  gründlichere  Studien  aber  hat  dort  zuerst 
Mas  Latrie  gemacht,  um  Materialien  für  seine  Geschichte  der 
Insel  Cypern  unter  der  Herrschaft  der  Lusignans  zu  sammeln. 
Ihm  verdanken  wir  eine  genauere  Uebersicht  über  die  damalige 
Ordnung  des  Archivs ;  er  hat  die  ihn  selbst  zunächst  interessirenden 
Abtheilungen  desselben  flüchtig  durchgesehen  und  den  ungefähren 
Werth  derselben  gekennzeichnet,  auch  bereits  einige  besonders  be- 
achtenswerthe  ungedruckte  Stücke  ausdrücklich  hervorgehoben.^) 
Nach  den  Angaben  Mas  Latries  gliederte  sich  das  Archiv  (Records- 
room  —  Camera  dei  Ricordi)  damals  in  folgende  fünfzehn  Abtheilungen : 

1.  Bolle:  päpstliche  Bullen  vom  12.  bis  zum  17.  Jahrhundert, 
nach  gleichnamigen  Päpsten  geordnet,  in  neun  Mappen; 
dazu  12  Bände  Copien  aus  verschiedenen  Zeiten. 

2.  Concessioni,  diplomi  —  Schenkungen  u.  s.  w.  frem- 
der Fürsten  an  den  Orden  aus  dem  12.  und  13.  Jahrhundert. 

3.  Bolle  dei  maestri  —  Originalbullen  der  Hochmeister  aus 
dem  12.  bis  16.  Jahrhundert. 

4.  Constituzioni  —  Ordensregeln,  Statuten  und  Verfügungen 
über  Verwaltungsmassregeln  u.  a.  m.,  sehr  bunten  Inhalts, 
u.  A.  auch  über  Reisen  und  Gefangenschaft  von  Ordensrittern 
u.  s.  w.,  darunter  einige  Kaiser-  und  Königsurkunden  aus 
dem  12.  Jahrhundert. 

5.  Capitoli  —  Protokolle  der  Generalkapitel  des  Ordens  vom 
14.  bis  zum  18.  Jahrhundert. 

6.  Libri  buUarum  —  d.  h.  Register  der  Ordenskanzlei,  ent- 
haltend die  aus  derselben  ergangenen  hochmeisterlichen 
Schreiben,  Erlasse  u.  s.  w.,  vom  14.  bis   18.  Jahrhundert. 

*)  Bibliotheque  de  l'lScole  des  cliarte«.    2«  Serie  U,  567. 
*)  .Vrchives  des  uiissions  scientitiques  VI  (1857),  S.  1  ff. 


70  Pratz: 

7.  Lingne,  die  einzelnen  Ordenszungen  betreffende  Papiere. 

8.  Universitä,  d.  h.  Aktenstücke,  betreffend  den  grossen 
Malteser  Volksrath,  das  ehemalige  Organ  der  Selbstver- 
waltung, welches  von  dem  Orden  trotz  seines  feierlichen 
Versprechens,  die  alten  Kechte  und  Freiheiten  der  Malteser, 
die  zum  Theil  in  der  normannischen  Zeit  entstanden,  von 
den  aragonischen  Königen  wiederholt  bestätigt  und  auch 
noch  unter  Karl  V  in  voller  Wirksamkeit  gewesen  waren, 
zu  respectiren,  bald  gründlichst  umgestaltet  wurde,  vom 
14.  bis  18.  Jahrhundert. 

9.  Consiglio,  Akten  des  Ordensrathes  vom  15.  bis  18.  Jahr- 
hundert. 

10.  Lottere  dei  Granmaestri  aus  dem  16. bis  18.  Jahrhundert. 

11.  Lottere  dei  Granmaestri  aus  derselben  Zeit. 

12.  Ambasciatori,  Depeschen  und  Berichte  der  Gesandten 
des  Ordens  an  fremden  Höfen,  namentlich  bei  der  päpst- 
lichen Kurie  von  1596  bis  1790. 

13.  Spropriamonti,  Testamente  von  Ordensrittern  u.  dergl. 

14.  Ricevutori,  Rechnungen  der  Einnehmer  der  dem  Orden 
zufallenden  Gefälle,  Renten  u.  s.  w. 

15.  Proprietä  —  documenti  diversi. 

So  dankenswerth  die  Angaben  Mas  Latrie's  sein  mochten,  zu 
einer  rechten  Charakteristik  des  Archives  reichten  sie  nicht  aus 
und  konnten  auch  dem  Specialforscher  einen  recht  brauchbaren 
Fingerzeig  über  das,  was  er  dort  zu  finden  hoffen  durfte,  nicht 
geben.  Nimmt  man  hinzu,  dass  Mas  Latrie  für  seine  Geschichte 
Cyperns  dort  nur  wenige  Stücke  gewonnen  hat,  so  wird  es  begreiflich, 
wenn  man  den  Werth  des  maltcser  Archives  in  den  fachmännischen 
Kreisen  im  Allgemeinen  nicht  hoch  schätzte  und  demselben  nur  für 
die  Geschichte  des  Johanniterordens  selbst  eine  grössere  Bedeutung 
beimessen  wollte.  In  ein  anderes  und  zwar  wesentlich  günstigeres 
Licht  wurde  dasselbe  erst  gerückt,  als  Karl  Hopf  auf  der  grossen 
Reise,  welche  er  mit  Unterstützung  der  Berliner  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  archivalischen  Studien  für  seine  Geschichte 
Griechenlands  im  Mittelalter  unternahm,  die  Insel  besuchte  und 
während  eines  längeren  Aufenthaltes  daselbst  das  Archiv  einer 
gründlichen   Durchsicht   unterwarf     Aus   seinem   Berichte*)  zuerst 


')  Monatsberichte  der  Berliner  Akademie  1864,  p.  204  fL 


Malteser  Studien.  71 

konnte  man  eine  rechte  Einsicht  in  die  eigenartige  Bedeutung  dieser 
merkwürdigen  Sammlung  gewinnen:  namentlich  hat  Hopf  auf  den 
reichen  Gewinn  hingewiesen,  welcher  aus  einigen  Theilen  derselben 
für  eine  kritische  Geschichte  des  Tempclherrnordens  gemacht 
werden  könnte. 

Wie  das  aber  solchen  Berichten  leider  nur  allzu  leicht  ergeht, 
so  ist  auch  der  von  Hopf  über  das  malteser  Archiv  erstattete  wenig 
oder  gar  nicht  bekannt  geworden  oder  schnell  wieder  in  Vergessenheit 
gerathen.  Von  der  nicht  ganz  kleinen  Anzahl  von  Forschern,  welche 
sich  zur  Zeit  sowohl  in  Deutschland  wie  in  Frankreich  mit  der 
Geschichte  der  Kreuzzügo  und  den  angrenzenden  Gebieten  be- 
schäftigen, scheint  keiner  von  ihmKenntniss  erlangt,  jedenfalls  keiner 
ihm  so  viel  Bedeutung  beigemessen  zu  haben,  dass  er  es  unter- 
nommen hätte,  den  darin  gegebenen  Fingerzeigen  nachzugehen  und 
die  Hebung  des  danach  in  Malta  zu  vermuthenden  Schatzes  zu 
unternehmen. 

Im  Verlaufe  der  auch  mich  seit  einer  Reihe  von  Jahren 
vorzugsweise  beschäftigenden  Studien  über  die  Kreuzzüge ,  insbe- 
sondere in  kulturgeschichtlicher  Hinsicht,  stiess  ich  nun  immer 
wieder  auf  Spuren,  welche  in  Malta  besonders  werthvolle  Materialien 
vermuthen  Hessen ;  namentlich  wurde  es  mir  allmählich  zur  Gewiss- 
heit, dass  Reste  des  vielgesuchten  Tempelherrnordensarchives, 
wenn  es  deren  überhaupt  noch  in  nennenswerthem  Umfange  gab, 
unter  den  Urkunden  des  Johanniterordens  in  Malta  versteckt  liegen 
müssten,  schon  deswegen,  weil  ja  nach  der  Auflösung  des  Tempel- 
herrnordens die  gesammten  Rechte,  Freiheiten,  Güter  und  Renten 
desselben  durch  Papst  Clemens  V  den  Johannitern  überwiesen 
worden  sind.  Allerdings  sind  dieselben  thatsächlich  nur  zu  einem 
kleinen  Theile  in  den  Besitz  dieser  reichen  Erbschaft  gelangt,  da  ja 
z.  B.  die  Tempelherrngüter  in  Frankreich  fast  ganz  von  der  Regierung 
occupirt  wurden;  und  ähnliches  geschah  in  England  und  in  anderen 
Staaten.  Immerhin  aber  durfte  man  doch  annehmen,  dass  von  den 
Urkunden,  welche  die  Güter  und  Rechte  des  Tempelherrnordens 
betrafen  und  demgemäss  den  Johannitern  als  den  vom  Papste  einge- 
setzten Erben  desselben  ausgeliefert  werden  mussten,  ein  gewisser 
Stamm  auch  wirklich  an  denselben  gelangt  ist.  Ausgeschlossen 
ist  natürlich  auch  hier  nicht,  dass  einmal  manches  Stück  bei  dem 
Hereinbrechen  der  Katastrophe  über  den  Tempelherrnorden  abhanden 
gekommen  oder  absichtlich  auf  die  Seite  gebracht  worden  ist,  dann 


72  Pnitz : 

aber  manches  andere,  was  wirklich  an  die  Johanniter  ausgeliefert 
war,  bei  dem  Transport  nach  Rhodos  und  später  während  des  zwischen 
dem  Verluste  dieser  Insel  und  der  Einrichtung  in  Malta  liegenden 
Interimisticums  in  Viterbo  i)  verloren  gegangen  oder  ruinirt  worden 
ist.  Entscheidend  wurde  für  mich  namentlich  der  Bericht  von 
Hopf,  in  welchem  in  dieser  Hinsicht  geradezu  gesagt  wird:  diese 
Urkunden  „sind  höchst  wichtig  für  eine  kritische  Geschichte  des 
Tempelherrnordens:  die  meisten  Documente  des  letztern  sind  den 
Johannitern  übergeben  worden,  und  so  findet  sich  für  dieselben  das 
reichste,  so  viel  ich  weiss,  bis  heute  unbekannte  oder  unbenutzte 
Material"  —  eine  Aeusserung,  welche,  wie  sich  nachher  herausstellte, 
den  Werth  der  von  de  Roziöre  und  Mas  Latrie  übersehenen  Bestand- 
theile  des  Archivs  in  begreiflicher  Entdeckerfreude  freilich  beträchtlich 
überschätzt  und  grössere  Erwartungen  erregt,  als  dieselben  nachher 
zu  erfüllen  im  Stande  sind. 

Das  Wohlwollen  und  die  Liberalität  des  königlich  preussischen 
Ministeriums  für  Kultus-,  Unterrichts-  und  Medicinalangelegenheiten, 
dem  auch  an  dieser  Stelle  dafür  der  schuldige  Dank  auszusprechen 
erlaubt   sein  möge,   haben  mir  die  Mittel  gewährt,   die  Reise  nach 
Malta  zu  machen  und  während  eines  mehrwöchentlichea  Aufenthaltes 
inLavaletta  auf  Grund  einer  allgemeinen  orientirenden  Durchsicht  der 
sämmtlichen  Abtheilungen  des  dortigen  Archivs  den  ganzen  älteren 
Bestand  desselben  genau  zu  durchforschen  und  die  dem  eigentlichen 
Kreuzzugszeitalter,    d.    h.    der   Periode    bis  zum  Verluste   Accons 
(1291)  und  der  Auflösung  des  Tempelherrnordens  (1307)  angehörigen 
Stücke,   welche   sich  als  unbekannt   oder  nicht   genügend  bekannt 
ergaben,  fast  sämmtlich  zu  copiren  oder  doch  zu  excerpiren.   Indem 
ich  mich   anschicke,   den  reichen  Ertrag  dieser  Arbeit,    der  insbe- 
sondere   auch    der   Sammlung    der   Papsturkunden    und  -Rcgestcn 
zu   gute   kommt,    den  Fachgenossen  vorzulegen,   halte   ich  es   für 
angemessen,  zunächst  über  das  malteser  Archiv,  von  welchem  man 
nach  den  Mittheilungen  de  Roziöre's  und  Mas  Latrie's  nur  eine  sehr 
unklare  Vorstellung    gewinnt   und   welches    auch    die   treffenderen 
Angaben  Hopfs  nicht  ganz    richtig  gekennzeichnet   haben ,    einen 
genauen  Bericht  zu  geben  und  im  Anschluss  an  die  in  demselben 
durchgeführte  neue  Ordnung  die  einzelnen  Abtheilungen  desselben 
zu   charakterisiren ,  wobei   ich  selbstverständlich   auf  die   von  mir 

^)  Paoli,  prefazione  I. 


Malteser  Studien.  73 

erschöpfend  behandelte  ältere  Zeit  besondere  Rücksicht  nehme,  um 
weiterhin  dann  über  die  von  mir  dort  und  in  der  öffentlichen 
Bibliothek  zu  Lavaletta  aufgefundenen  Reste  des  ehemaligen 
Tempelherrnordensarchives  im  Einzelnen  eingehende  Mittheilungen 
zu  machen. 

L 

Das  Archiv  des  Johanniterordens  in  Lavaletta. 

Was  von  dem  ursprünglichen  Bestände  des  Johanniterordens- 
archives  den  mehrfachen  Umzug,  erst  von  Accon  nach  Cypern,  dann 
von  dort  nach  Rhodos  und  weiter  nach  Viterbo  und  Malta  glücklich 
überdauert  hatte,  wird  zunächst  vermuthlich  in  dem  Castell  S.  Angelo 
aufbewahrt  worden  sein.  Denn  in  diesem,  dem  ältesten  und  ehemals 
wichtigsten  festen  Platz  in  dem  von  dem  später  (1566 — 70)  ent- 
standenen Lavaletta  beherrschten  System  von  Buchten  und  Häfen, 
schlug  der  Orden  nach  seiner  Ankunft  auf  der  Insel  zuerst  seinen 
Sitz  auf.  Später  entstand  (1572)  der  prachtvolle  Bau  des  heute  von 
dem  englischen  Gouverneur  bewohnten  hochmeisterlichen  Palastes: 
in  ihm  hatte  auch  die  Ordenskanzlei  ihren  Sitz  und  in  Verbindung 
mit  ihr  natürlich  auch  das  Ordensarchiv.  Dasselbe  ist,  soweit  wir 
nachkommen  können,  von  der  Katastrophe,  welche  1798  den  Orden 
traf,  und  den  daraus  entspringenden  Aenderungen  in  den  gesammten 
Verhältnissen  der  Insel  selbst  nicht  weiter  berührt  worden.  Weder 
die  kurze  und  von  Anfang  sehr  unsichere  französische,  noch  die 
dann  folgende  und  bis  heute  bestehende  englische  Herrschaft  hat 
den  Bestand  des  Archivs  in  Frage  gestellt  oder  vermindert:  es 
findet  sich  keine  Spur,  welche  auf  die  Wegführung  des  einen  oder 
des  andern  besonders  merkwürdigen  Stückes  nach  Paris  oder  nach 
London  schliessen  liesse.  Wohl  aber  scheint  das  Archiv  schon  in 
der  letzten  Zeit  der  Ordensherrschaft  arg  vernachlässigt  gewesen  zu 
sein  und  hat  damals  namentlich  durch  einen  in  seinen  Räumen 
stattgehabten  Brand  gelitten,  von  dem  wir  aber  bei  dem  Mangel 
jeglicher  Notiz  zur  Geschichte  des  Archivs  weder  die  Zeit,  wann 
er  stattgefunden,  noch  den  Umfang  des  angerichteten  Schadens  an- 
zugeben vermögen.  Denn  unsere  Kenntniss  der  Thatsache  ver- 
danken wir  allein  einer  gelegentlichen  Erwähnung  bei  Villeneuve- 
Bargemont.1)    Ueber   den  Ursprung   der  von   ihm  veröffentlichten 


*)  Monumenti  dei  granmaestri  dell'  Ordiue  di  ö.  Giovanni.    Malta  1846. 


74  Prutz : 

Sammlung  von  Denkmälern  der  Hochmeister  des  Johanniterordens 
bemerkt  derselbe  nämlich,  eine  die  Bilder  derselben  enthaltende 
Handschrift  sei  in  dem  malteser  Archive  vorhanden  gewesen  und 
von  dem  Grafen  de  ßloise,  Comthur  von  Hannonville,  aus  Liebhaberei 
copirt  worden,  —  zum  Glück,  denn  der  das  Original  enthaltende 
Theil  des  Archivs  sei  inzwischen  durch  eine  Feuersbrunst  zerstört 
worden,  so  dass  die  Publication  jener  interessanten  Bildwerke  nur 
nach  der  Bloise'schen  Copie  noch  möglich  gewesen  seiJ)  Wann  diese 
theilweise  Zerstörung  des  Ordensarchives  erfolgt  ist,  muss  dahin- 
gestellt bleiben;  es  lässt  sich  nicht  einmal  sagen,  ob  sie  vor  oder 
nach  1798  zu  setzen  ist.2)  Unter  den  zahlreichen  Fascikeln  des 
malteser  Archivs,  welche  durch  meine  Hände  gegangen  sind,  befand 
sich  keines,  welches  die  Spuren  durchgemachter  Brandgefahr  irgendwie 
äusserlich  an  sich  getragen  hätte ;  man  möchte  demnach  annehmen, 
dass  durch  die  erwähnte  Feuersbruust  vielleicht  ein  für  sich  abge- 
schlossener Raum  betrofTcn  und  die  darin  befindlichen  Archivalien 
völlig  vernichtet  wurden ,  während  die  in  anderen  Räumen  auf- 
bewahrten ganz  unbeschädigt  blieben. 

Ein  Archiv  in  dem  Sinne,  den  wir  mit  dieser  Benennung  zu 
verbinden  pflegen,  kann  man  übrigens  das  ehemalige  Johanniter- 
ordensarchiv  streng  genommen  gar  nicht  nennen.  Denn  dasselbe 
bildet  kein  staatliches  wissenschaftliches  Institut,  sondern  ist  eigentlch 
nur  die  älteste,  die  völlig  reponirten  Akten  enthaltende  Abtheilung 
der  durchaus  auf  die  Erledigung  laufender  Geschäfte  angelesenen 
„Registratur  and  archives"  des  englischen  Gouvernements.  Der 
diesen  vorgesetzte  Notar,  z.  Z.  Herr  A.  C.  Briffa,  L.  L.  D.,  hat  mit 
den  ihm  zugewiesenen  Beamten  und  Schreibern  die  Grundbücher, 
die  Civilstandsregister  und  dergleichen  zu  führen,  Testamente  in 
Depot  zu  nehmen  und  die  meisten  Akte  der  freiwilligen  Gerichts- 
barkeit zu  vollziehen:  in  seinem  Geschäftszimmer,  im  Erdgeschoss 
des  Gouvernementspalastes,  ist  daher  ein  fortwährendes  Kommen 
und  Gehen,  Fragen,  Auskunftertheilen,  Verhandeln,  ein  Durch- 
einander von  Maltesisch,  Englisch  und  Italienisch,  in  Folge  dessen 
natürlich  auch  nur  wenig  Behaglichkeit  für  denjenigen,  der  wissen- 
schaftlichen Studien  obliegen  will.     Anders  als  es  sonst  in  Archiven 

*)  S.  14.  —  quando  quella  parte  dell'  archivio  dove  eran  richiuse,  peri 
dun  incendio. 

*)  Denn  der  (iraf  von  Bloise,  der  noch  als  Bevolhnilchti^er  des  Ordens 
auf  dem  Kongresse  zu  Verona  erschien,  starb,  84  Jahre  alt,  erst  1824  zu  Nancy. 


Malteser  Studien.  75 

.ZU  sein  pflegt,  dreht  sich  hier  eben  alles  um  die  mannigfach  be- 
wegte und  sehr  krause  Verhältnisse  aufweisende  (jegenwart:  für  die 
Ordenszeit  ist  wenig  oder  gar  kein  Interesse  vorhanden.  Uas  im 
Ganzen  aus  7433  Nummern  bestehende  ehemalige  Ordensarchiv  ist 
theils  in  dem  Geschäftszimmer  des  Notars,  theils  in  den  hinteren 
Nebenräumen  desselben  in  einer  Reihe  von  Schränken  und  auf  etlichen 
Repositorien  ohne  Anwendung  einer  besonderen  archivalischen 
Technik  untergebracht  und  wird  sicherlich  im  gewöhnlichen  Laufe 
der  Dingo  nicht  so  leicht  in  seiner  staubbedeckten  Ruhe  gestört. 
Unter  solchen  Umständen  kann  man  denn  auch  bei  den  Beamten, 
von  denen  keiner  zum  Archivar  geschult  ist,  weder  ein  besonderes 
Interesse,  noch  ein  besonderes  Verständniss  für  die  ihrer  Obhut 
anvertrauten  Denkmäler  aus  der  Ordenszeit  voraussetzen,  und  auch 
bei  Herrn  Notar  BrifFa,  dessen  freundlicher  Bereitwilligkeit  als  einer 
wesentlichen  Förderung  meiner  Studien  ich  auch  an  dieser  Stelle 
dankbar  gedenken  muss,  war  eine  Kenntniss  des  Orden sarchives 
über  die  Angaben  des  Repertoriums  hinaus  nicht  zu  linden.  Um 
so  erwünschter  war  es,  dass  dieses  Repertorio  dogli  atti,  registri, 
documenti  ed  altro  giä  attinenti  all'  ordine  Gerosolimitano  od  alle 
universitä  delle  citta  Notabile  e  Valletta  constituenti  oggi  TArchivio 
del  Governo  in  custodia  presso  il  Notaro  dello  stesso,  im  Jahre 
1875  neu  redigirt,  sich  im  Ganzen  als  zuverlässig  erwies  und  trotz 
seiner  oft  recht  allgemeinen  und  daher  unbestimmten  Angaben  als 
Leitfaden  zu  eindringender  Durchforschung  der  wichtigsten  Theile  mit 
Nutzen  gebraucht  werden  konnte.  Dieses  Repertorium  lege  ich  auch 
dem  nachfolgenden  Berichte  zu  Grunde,  indem  ich  zugleich  die  in 
demselben  gebrauchten  italienischen  Rubriken  im  Interesse  ganz 
sicheren  Citirens  beibehalte. 

Das  ehemalige  Ordensarchiv  zerfallt  danach  in  zwei  sehr 
ungleiche  Theile:  Der  erste  (No.  1  bis  6773)  enthält  das 
eigentliche  Archiv  des  Johanniterordens  im  engeren  Sinne, 
der  zweite  (660  Nummern  stark)  die  auf  die  Körperschaften, 
namentlich  den  Volksrath  (universitä)  der  alten  Hauptstadt  La  Notabile 
und  dann  auf  die  La  Valettes  bezüglichen  Aktenstücke.  Von  allge- 
meinem Interesse  ist  nur  der  erste  Theil.  Er  zerfallt  in  17  Ab- 
theilungen (classificazioni)  entsprechend  den  einzelnen  Zweigen 
und  Organen  der  Ordensverwaltung.  Jeder  Abtheilung  ist  in  dem 
Repertorium  eine  knappe  Einleitung  vorangeschickt,  welche  über 
das  Wesen  des  betreffenden  Instituts  Auskunft  gibt  und  die  dadurch 


76  Pnitz: 

bedingte  Bedeutung  der  weiterhin  verzeichneten  Archivalien  skizzirt.i) 
Im  Einzelnen  vertheilt  sich  der  vorhandene  Stoff  dann  weiter 
folgendermassen. 

Classificazione  I.  Volumi  contenenti  scritture 
originali  di  data  molto  antica.  Von  den  Aktenstücken,  die 
chronologisch,  ohne  Rücksicht  auf  den  Stoff  geordnet  sind,  betreffen 
die  älteren  die  Geschichte  des  Ordens  im  Heiligen  Lande. 

No.  1  bis  5  Donationes,  emptiones  aliaeque  bonorum 
acquisitiones  in  regno  Hierusalem  favore  Hospitalis  S. 
Johannis.  No.  1  enthält  Urkunden  aus  den  Jahren  1107 — 49, 
darunter  (No.  5)  eine  Originalurkunde  Balduins  I  vom  Jahr  1110 
mit  des  Königs  eigenhändiger  Unterschrift  (=  Paoli  I  n.  2),  sowie 
zwei  von  1177  (Balduinus  Ramatensis  dominus  über  das  Constantie 
sorori  regis  Francie  comitisse  Sei  Egidii  verkaufte  Gut  Bethduras  und 
die  Bestätigung  dafür  durch  König  Balduin  V  mit  Wilermus  Tyri 
archiepiscopus  an  der  Spitze  der  Zeugen)  und  ein  Vidimus  der  Ur- 
kunde bei  Paoli  I  n.  82  mit  den  Siegeln  der  Erzbischöfe  von  Nicosia 
und  Caesarea  von  1199  —  im  Ganzen  10  bisher  ungedruckte 
Urkunden,  —  No.  2  enthält  solche  aus  den  Jahren  1150 — 69, 
darunter  19  bei  Paoli  fehlende,  unter  ihnen  mehrere  Originalurkunden 
des  Patriarchen  Amalrich  von  Jerusalem  (1158 — 80)  und  eine  des 
Priors  der  HeiUgengrabeskirche ,  Peter,  welche  von  einem  nachher 
gescheiterten  Versuche  zur  Gründung  eines  neuen  geistlichen  Ritter- 
ordens auf  Grund  der  Cistercienser-Regel  Kunde  gibt.  No.  3  um- 
fasst  die  Jahre  1170 — 1179  und  aus  ihnen  20  bei  Paoli  fehlende 
Urkunden,  darunter  Originale  des  Hochmeisters  Roger  von  Moulins 
und  der  Gräfin  Sibylla  von  Jaffa  und  Ascalon,  nachmaligen  Gattin 
Guido's  von  Lusignan.  No.  4  enthält  Urkunden  aus  den  Jahren 
1180 — ^^1198,  davon  11  ungedruckt,  u.  a.  Originale  von  Ur- 
kunden König  Balduins  V  von  1180  (2)  und  1181  dat.  per  manum 
Willelmi  Tyrensis  archiepiscopi.  No.  5  (nach  der  ursprüng- 
lichen Zählung  dieser  Bände  6  —  der  Band  dazwischen  ist  verloren  und 
es  fehlen  in  Folge  dessen  die  Urkunden  aus  den  Jahren  1199—1230) 
enthält  Urkunden    aus  den  Jahren  1231 — 59,    wovon  16  bei  Paoli 


*)  „Ciascuna  parte  h  «lisposta  in  tante  classilicazioni  quante  sono  le  classi, 
che  la  compongono,  e  ciascuna  classificazione  ö  preceduta  da  una  breve  notizia 
della  nattuu  dei  volumi  che  la  compongono,  con  dei  correspondenti  cenni  storici 
atti  a  far  meglio  comprendere  le  materie  contenute  nei  registri,  —  11  loro  Interesse 
e  le  loro  reciproca  comessione." 


Malteser  Studien.  77 

fehlen.  —  Andererseits  aber  enthält  fast  keiner  dieser  Bände  so  viel 
Urkunden,  wie  er  nach  der  durchlaufenden  Zählung  eigentlich  ent- 
halten sollte:  so  fehlen  z.  B.  in  No.  2  die  Nummern  28,  46,  47  u. 
51,  in  No.  3  1,  4,  5,  6,  7,  40,  45,  46  u.  57;  dass  diese  Stücke  und 
wohl  auch  andere  erst  nach  Paoiis  Zeit  abhanden  gekommen,  be- 
weist, dass  von  den  obengenannten  Nummern  6  u.  46  noch  bei 
Paoli  (I  p.  242  und  ib.  p.  64)  gedruckt  sind. 

No.  6 — 14  enthalten  die  Sammlung  der  päpstlichen 
Originalbullen:  mit  Ausnahme  der  ersten  (No.  6),  welche  ehemals 
die  jetzt  in  der  Armeria  des  Qouverneurpalastes  in  einem  Glaskasten 
aufbewahrte  Bestätigungsbulle  Paschalis  11  vom  15.  Februar  1113 
enthielt,  jetzt  aber  nur  noch  die  bekannte  Bulle  Calixtus  II  vom 
19.  Juni  1119,  dann  einen  Erlass  Johann  XXI  gegen  die  Occupatoren 
der  Tempelherrngüter  in  England  vom  17.  März  1317  und  ein  1255 
ausgestelltes  Vidimus  einer  interessanten  Urkunde  Paschalis  II  vom 
29.  Juli  1108  betreffend  die  Errichtung  eines  Erzbisthums  auf  dem 
Berge  Tabor,  sind  hier  die  Bullen  nach  -den  Namen  der  Päpste 
geordnet.  So  enthält  No.  7  die  Bullen  der  Päpste  Urban  III  bis 
Urban  VIII,  No.  8  die  Eugen  III  und  IV,  No.  9  Honorius  III 
und  IV,  No.  10  Clemens  III  bis  VH,  No.  11  Clemens  VII  bis  XIII, 
No.  12  Gregor  IX  bis  XV,  No.  13  Johann  XXI  bis  XXIII  und 
No.  14  endlich  die  Bullen  Nicolaus  III,  IV  und  V.  Aus  diesen 
Faseikeln  ergeben  sich  an  ungedruckten  Bullen  3  Clemens  III, 
4  Clemens  IV,  je  2  Honorius  HI  und  Gregor  X,  sowie  je  eine  Urban  III 
imd  Nicolaus  IV.  Interessante  Stücke  enthält  ferner  No.  10,  nämlich 
erstens  eine  Serie  von  Schreiben  Clemens  V  aus  den  Jahren  1307 
und  1308  über  den  damals  von  dem  Johanniterorden  geplanten 
und  von  dem  Papste  aufs  dringendste  empfohlenen  Kreuzzug  und 
dann  eine  Serie  von  30  Schreiben  betreffend  die  Ueberweisung  der 
Güter  des  Tempelherrnordens  an  die  Johanniter,  beginnend  mit  dem 
Original  der  betreffenden  Bulle,  welcher  dann  Copien  der  Schreiben 
folgen,  welche  in  dieser  Sache  von  der  Kuiie  an  die  Könige, 
Fürsten,  weltliche  und  geistliche  Grosse  Navarras,  Frankreichs, 
Deutschlands  ,  Dänemarks ,  Norwegens  ,  Schwedens ,  Böhmens , 
Oesterreichs ,  Ungarns,  Cyperns,  Achaias  und  Siciliens  gerichtet- 
wurden. 

No.  15,  Privilegiorum  Sacrae  domus  Hospitalis  Hierusalem  a 
diversis  summis  pontificibus  concessorum  transsumptum  ist  sehr 
beschädigt  und  fast  durchweg  unleserli(^h. 


78  Priitz: 

No.  16  enthält  74  Originalbullen  der  Hochmeister  des  13.  bis 
15.  Jahrhunderts,  bis  auf  Aubusson  (1476 — 1503).  Das  älteste  Stück 
ist  eine  Copie  (Ex  msco  cod.  Bibliothecae  Anicianae  Romani  CoUegii 
Gregoriani  domus  S.  Benedict!  de  Propaganda  fide  apud  eiusdem 
collegii  abbatem  praesidentera  D.  Constantinum  Caietanum)  eines 
Erlasses  Raimunds  von  Puy,  des  ersten  Ordensmeisters,  betreffend  die 
Beilegung  von  Differenzen,  die  zwischen  dem  Orden  und  der  Heiligen- 
grabeskirche in  Folge  einiger  Erwerbungen  des  ersteren  ausgebrochen 
waren;  es  folgt  der  Bericht  des  Ordensconvents  an  den  Papst  über 
die  durch  den  Verzicht  des  Hochmeisters  Gilbert  von  Assalit  und 
dessen  nachträgliche  Zurücknahme  veranlassten  Schwierigkeiten  vom 
Jahre  1169,  weiter  etliche  ungedruckte  Bullen  der  Hochmeister  Guarin 
(1235),  Wilhelm  von  Chateauneuf  (1254),  Hugo  Revel  u.  a.,  endlich 
die  sehr  umständliche  uneingeschränkte  Vollmacht,  welche  das 
Generalcapitel  1314  den  Rittern  Leonardo  und  Francesco  de  Tibertis 
zur  Uebernahme  der  dem  Orden  zugesprochenen  Güter  der  Tempel- 
herren ertheilte. 

In  No.  17,  welche  meist  Geleitsbriefe  Karls  V  für  Ordens- 
beamte enthält,  h^t  sich  auch  das  Original  einer  Urkunde  des 
Herzogs  Wilhelm  von  Böhmen  vom  Jahre  1183  verirrt,  über  eine 
von  demselben  unter  Zustimmung  seines  Bruders  Brezislaus,  Bischofs 
von  Prag,  dem  Johanniterorden  gemachte  Landschenkung  und  die 
Bestätigung  demselben  früher  von  Anderen  gemachter  Schenkungen. 

Unter  No.  18  bis  85  folgen  dann  18  Fascikeln  Bullae 
originales  quae  in  libris  bullarum  non  sunt  registratae, 
die  ältesten  aus  dem  13.  Jahrhundert,  die  letzte  von  1555;  No.  36 
eine  grosse  Pergamenturkunde  Heinrichs  7 HI  von  England,  worin 
er  seine  Erklärung  zum  Oberhaupte  der  englischen  Kirche  meldet 
und  das  Protektorat  über  den  Orden  in  England  übernimmt.  Von 
Interesse  ist  dann  erst  wieder  No.  4G  Miscellanea  di  docu- 
menti  antichi:  unter  denselben  ist  das  Original  der  Schenkungs- 
urkunde des  Königs  Andreas  von  Ungarn  von  1217  (Paoli  I,  n.  104), 
3  Breven  Alexander  IH,  eines  Eugen  III  an  Pontius,  den  Abt  des 
Klosters  auf  dem  Berge  Tabor,  vom  4.  Mai  1146,  welches  auf  die 
oben  erwähnte  Urkunde  Paschalis  II  von  1103  Bezug  nimmt,  dieselbe 
bestätigend  und  ergänzend.  Unter  den  in  No.  47  (Fondazioni  della 
lingua  di  Provenza,  Alvernia  e  Francia)  vereinigten  Stücken  aus  sehr 
verschiedenen  Zeiten  sind  hervorzuheben  eine  Bulle  Honorius  HI 
vom  7.  Dezember  1217,  worin  ein  Verkauf  an  den  Johanniterorden 


Malteser  Studien.  79 

bestätigt  wird,  welchen  unter  Zustimmung  des  Abtes  und  Convents 
von  Cluny  der  Prior  Gotfried  von  Clafout  1209  vollzogen  hat  (,,pro 
sex  milibus  marcarum  Parisien sium ,  aliter  enim  non  poteramus 
liberare  ecclesiam  nostram  ab  usuris,  quibus  tenebamur  adversus 
ludeos"),  und  dann  die  Originalurkunde  über  die  Schenkung  des 
Castells  Deschalley  an  den  Orden  durch  Beatrix,  die  Wittwe  Raimund 
Berengars,  des  Grafen  von  Provence,  von  1266.  In  No.  63  (Mis- 
cellanea  Hierosolymitana)  findet  sich  das  Privileg  Kaiser  Friedrich  II 
für  den  Orden  vom  Januar  1221  Capua. 

Eines  der  werthvoUsten  Stücke  ist  die  den  Schluss  der  ersten 
Abtheilung  bildende  No.  69,  ein  sehr  sauber  und  zierlich  ge- 
schriebener Codex  von  1357  enthaltend  Gli  statuti  e  le  consuetudine 
deir  Ordine,  beginnend  mit  der  eingangs  erwähnten  Bestätigung  der 
im  Original  mit  Accon  verloren  gegangenen  Eegel  Raimunds,  welcher 
dann  die  von  den  Hochmeistern  und  Generalcapiteln  beschlossenen 
Ergänzungen  und  Aenderungen  mit  durchlaufender  Zählung  der 
einzelnen  Paragraphen  folgen.  Die  Sammlung  ist  auf  Befehl  Rogers 
des  Pins  (1355—05)  angefertigt,  um  die  Geltung  der  Regel  zu 
befestigen,  deren  Deutung  Zweifeln  und  Einwürfen  ausgesetzt 
war;  des  sicherern  und  allgemeinern  Verständnisses  wegen  wurde 
dabei  statt  der  sonst  üblichen  französischen  Sprache  die  lateinische 
gewählt.  1) 

Mit  Ausnahme  einiger  Stücke,  von  denen  weiterhin  noch 
besonders  die  Rede  sein  wird,  entbehren  die  folgenden  Abtheilungen 
des  malteser  Archivs  des  allgemeinen  Interesse^,  welches  dem  eben 
besprochenen  älteren  Theile  innewohnt.  Ich  begnüge  mich  daher 
mit  einer  kurzen  Uebersicht  des  Inhalts  im  Anschluss  an  das 
Repertorium. 

Classificazione  IL  Registro  del  Consiglio  dell' 
Ordine  gerosolimitano  —  d.  i.  Protokolle  u.  s.  w. 
des    dem    Hochmeister    beigeordneten    Ordensrathes,    der 


^)  Es  heisst  im  Eingange  u.  a. :  Nos  itaque  volentes  tales  increduios  de 
statutis  eisdem  reddere  certiores  regulam,  statuta  et  consuetudines  nostras  et 
nostrae  religionis  de  galica  lingua,  in  qua  corauniter  sunt  redacta  et  continuo 
rediguntur,  resecatis  aliquibus  ex  eis,  que  vobis  non  necessaria  nee  utilia  vide- 
bamus,  invicem  deliberato  consilio  de  nostra  certa  scientia  transferri  jussimus  in 

latinum Den  dem  Kreuzzugszeitalter  angebörigen  Theil  dieser  Sammlung 

habe  ich  unter  den  Beilagen  zu  meiner  „Kulturgeschichte  der  Kreuzzüge'  (Berlin 
1883)  S.  601  ff.  veröffentlicht. 


80  Prutz ! 

Centralstelle  für  die  gesammte  Verwaltung,  Politik  u.  s.  w., 
wovon 

No.  71  —  165  die  Jahre  1459  bis  1797  umfassen. 

No.  166— 193  Duplicato  del  Registro  betr.  die  Jabre  1520— 1777. 

No.  194  ff.  In.ventario  dei  Consigli,  1789—98. 

No.  218—224  Repertorio  dei  decreti  —  enthält  ein  alphabetisch 
geordnetes  Repertorium  der  Rathsdecrete ,  ergänzt  und 
erläutert  durch  beigefügte  Dekrete  des  Staatsraths. 

Diese  letzteren,  Registri  del  Consiglio  di  Stato,  folgen  dann 
als  Classificazione  III  in  No.  251—275,  von  1623  an  bis  1798. 
Classific.  IV  enthält  die  Register  der  Generalcapitel  von  1330  bis 
1776  in  No.  276  bis  304,  woran  sich  unter  No.  305—10  die  Recordi, 
d.  h.  die  den  Generalcapiteln  vorgelegten  Bittschriften  u.  s.  w 
anschliessen. 

Von  hervorragendem  Werthe  sowohl  für  die  innere  als  auch  die 
äussere  Geschichte  des  Ordens  ist  dann  Classificazione  V,  Re- 
gistro delle  belle  di  Cancelleria,  welche  unter  No.  311 — 592 
die  lange  Reihe  der  Registerbände  der  Hochmeisterkanzlei  enthält,  von 
1346  bis  1790.  Dieselben  sind  auf  Papier  geschrieben,  ohne  Inhaltsver- 
zeichnisse, doch  von  Anfang  an  nach  stofflichen  Gesichtspunkten 
angelegt,  so  dass  immer  die  auf  eine  Ordensprovinz  bezüglichen  Stücke 
zusammengeschrieben  sind,  und  daher  im  Allgemeinen  ganz  über- 
sichtlich und  bequem  zu  bearbeiten.  In  ihnen  liegt  noch,  wie  schon 
Hopf  bemerkte,  eine  Fülle  von  wichtigen  Dokumenten  aller  Art 
begraben,  und  für  alle  die  Dinder,  in  denen  der  Orden  heimisch  und 
begütert  war,  wird  aus  ihnen  noch  reicher  Gewinn  zu  ziehen  sein. 
Als  Ergänzung  kommen  hinzu:  No.  593—621  das  Minutario  delle 
belle  di  cancellaria  und  622—29  Indice,  Repertorien  u.  s.  w.  und 
ein  im  18.  Jahrhundert  angelegtes  Formelbuch  mit  Musterstücken 
für   die  verschiedenen  von  der  Kanzlei  auszufertigenden  Schreiben. 

Die  Classificazione  VI  enthält  in  etwa  500  Bänden  (No.  630 
bis  1117)  die  auf  die  Ordensfinanzen  und  deren  Verwaltung 
bezüglichen  Akten,  welche  leider  erst  mit  dem  17.  Jahrhundert 
beginnen  und  für  die  interessantere  und  wichtigere  ältere  Zeit 
verloren  sind. 

In  der  Classificazione  VTI  (Bolle  ponteficie)  sind  die  zu 
verschiedenen  Zeiten  angefertigten  und  immer  von  Neuem  abge- 
schriebenen Sammlungen  der  für  den  Orden  erlassenen  päpstlichen 
Bullen  in  ca.  50  Bänden  (No.  1118     1109)  zusammengestellt.     Das 


Malteser  Studien.  81 

wichtigste  von  diesen  Builarien  ist  No.  1121,  das  im  Repertorium 
als  Bullarium  rubrum  bezeichnet  ist:  von  ihm  und  den  in  ihm  ent- 
haltenen Resten  des  Tempelherrnordensarchivs  ist  im  folgenden 
Abschnitt  noch  besonders  zu  sprechen.  Die  Classificazione"Vni 
(No.  1170—87)  enthält  dem  Hochmeister  präsentirte  Bittschriften 
nebst  den  Antworten  darauf  aus  den  Jahren  1608—1798,  Clas- 
sificazione  IX  (No.  1188—1644)  die  Correspondenz ,  und  zwar 
zunächst  (No.  1188 — 1231)  die  mit  den  auswärtigen  Höfen,  besonders 
denen  von  Rom  und  Neapel,  dabei  die  Originalschreiben  der  betreffen- 
den Monarchen  von  1626  bis  1779,  weiterhin  dann  (No.  1237—1857) 
die  Briefe  der  Gesandten  des  Ordens  in  Rom  an  die  Hochmeister 
aus  den  Jahren  1596  bis  1790.  —  Classificazione  X  (Con- 
stituzioni  No.  1645—1706)  bezieht  sich  auf  Statuten,  Ordinationen 
und  Gewohnheiten  des  Ordens :  Statuten  sind  auf  die  Dauer  gültige 
Bestimmungen,  von  den  Hochmeistern  erlassen,  Ordinationen  Ver- 
fugungen eines  Generalcapitels  und  nur  bis  zum  Zusammentritt 
des  nächsten  giltig,  Gewohnheiten  die  von  den  Statuten  nicht  aus- 
drücklich geregelte  Punkte  bestimmenden  Bräuche.  Hier  enthält 
No.  1645  eine  Abschrift  dir  Statuten  von  1181 — 1357,  welcher  eine 
kurze  Geschichte  des  Ordens  bis  1466  folgt.  In  diesen  AbtheUungen 
findet  sich  ferner  eine  grosso  Anzahl  von  Schlüsseln,  Commentaren 
und  dgl.  zu  den  Ordensstatuten,  Pratica  di  Convento,  Summa 
jurium  u.  a.  m. 

Von  den  folgenden  Classificazioni  bezieht  sich  XI  (Spedale) 
auf  das  Hospital  des  Ordens  und  enthält  auch  die  Testamente  der 
dort  Verstorbenen,  XII  (Marina  No.  1753—1927)  auf  die  Flotte, 
enthaltend  Instruktionen  für  die  Admirale  und  Capitaine,  Segel- 
anweisungen, Rechnungen,  Berichte  u.  a.  m.  aus  den  Jahren  1694 
bis  1796,  Xin  Rechnungen,  Inventare,  Personenverzeichnisse  der 
vom  Orden  abhängigen  Klöster  und  Kirchen  von  1601  bis  1779;  in 
einem  Anhange  dazu  sind  die  Libri  della  Stamperia,  d.  h. 
die  Bücher  über  die  Ordensdruckerei  vereinigt.  Daraus  ergibt  sich, 
dass  erst  1642  Pompeo  di  Fiore  das  Privileg  zur  Anlage  einer 
Druckerei  auf  Malta  erhielt,  dasselbe  aber  in  Folge  des  Widerspruchs, 
den  der  in  Malta  sitzende  päpstliche  Inquisitor  in  Betreff  der  Censur 
und  der  Ertheilung  des  Imprimatur  erhob,  sofort  wieder  suspendirt 
wurde  und  daher  thatsächlich  gar  nicht  zur  Geltung  kam.  Erst 
1747  kam  es  mit  Benedikt  XIV  zu  einem  Vergleich  in  dieser  Sache, 
wonach   die  Ertheilung  des  Imprimatur  für  in  Malta  zu  druckende 

Archivallsche  ZeltscLrift  VUl.  Q 


82  Prutz: 

Bücher  von  dem  Bischof  von  Malta  (den  aus  drei  vom  Orden 
präsentirten  Candidaten  der  König  von  Neapel  ernannte),  dem 
päpstlichen  Inquisitor  und  vier  Beauftragten  des  Ordens  gemeinsam 
vorgenommen  werden  sollte:  so  begann  Malta  erst  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  an  den  Segnungen  der  Buchdruckerkunst  theil- 
zunehmen. 

Classificazione  XV  (No.  2078— 2188)  betrifft  die  Ordens- 
zungen (Provence,  Auvergne,  Frankreich,  Italien,  Aragon,  England, 
Deutschland,  Castilien),  ihre  Besitzungen,  Einkünfte  u.  s.  w.  Auch 
hier  ist  leider  aus  der  älteren  Zeit  so  gut  wie  nichts  erhalten,  die 
Akten  beginnen  im  Allgemeinen  erst  mit  dem  16.  und  17.  Jahr- 
hundert. Dass  jene  älteren  Documentc  frühzeitig  verloren  ge- 
gangen sind,  lehrt  ein  1727  aufgenommenes  Inventar  des  Archivs 
der  auvergnischen  Zunge  (Xo.  2095),  in  dem^  bereits  von  älteren 
Urkunden  nichts  mehr  verzeichnet  ist.  Das  älteste  Stück  dieser 
ganzen  Abtheilung,  der  1338  entstandene  Liber  in  quo  per 
minutum  exprimuntur  reditus  prioratus  Hospitalis 
S.  Johannis  Hierosolymitani  in  Anglia  et  omnium 
ipsius  commendarum  (Xo.  2183),  ist  bereits  im  Auftrage  der 
Camden  Society  publicirt.  i)  No.  2232  enthält  die  Akten  über  einen 
im  18.  Jahrhundert  mit  grossem  Eifer  geführten  Rangstreit  zwischen 
gewissen  Ordensbeamten,  wobei  es  sich  namentlich  um  die  Stellung 
des  Turcopoliers  handelt:  darin  wird  u.  A.  Bezug  genommen  auf 
„un  c61öbre  concordat  du  30  november  1240  entre  frdre  Pierre  de 
Sartines  turcopolier  et  Tarchev^que  de  Nazareth",  wovon  mir  sonst 
eine  Spur  nicht  vorgekommen. 

Die  Classificazione  XV  (No.  2233—5517)  enthält  die 
Akten  über  die  Ahnenproben  der  neu  aufzunehmenden  Ritter 
(Tribunali  di  nobilitä  e  processi  delle  prove  di  nobilitä  dei  religiosi 
Gerosolimitani) ,  in  im  Ganzen  9  Sektionen  die  nach  den  Namen 
alphabetisch  geordneten  Adelsproben  der  französischen,  italienischen, 
spanischen  und  deutschen  Ritter  und  Caplane;  zum  Theil  aus  dem 
17.,  meist  aber  aus  dem  18.  Jahrhundert.  Weitaus  am  reichsten 
ist   hier   der   italienische   Adel    (No.  4171—5291)    vertreten,    sehr 


*)  The  Knights  Ilospitalers  in  England  being  the  report  of  Prior 
Philipp  de  Thame  to  the  grandmaster  Elyan  de  Villanove  (mit  Einleitung 
von  Kemble). 


Malteser  Studien.  83 

dürftig  dagegen  der  deutsche  (No.  5457 — 71)  und  zwar  meist 
durch  österreichische  Familien  wie  die  Schaflfgotsch,  Questenberg, 
Khevenhiller  u.  a.  —  Die  Classificazione  XVI  enthält  die  meist 
übermässig  ausführlichen  Protokolle  der  Generalvisitationen  der 
Ordenscommenden ,  die  dabei  vorgefundenen  wirthschaftlichen  Ver- 
hältnisse und  die  den  Visitatoren  vorgelegten  Inventarien,  alles  nach 
den  zwanzig  Ordensprioraten  getheilt.  Auch  hier  fehlen  die  älteren 
Zeiten  gänzlich,  für  die  man  gerade  hier  besondern  Gewinn  hätte 
erwarten  mögen ;  die  vorhandenen  Papiere  gehören  im  Allgemeinen 
dem  18.  Jahrhundert  an.  Auf  die  Revision  der  deutschen 
Ordenscommenden  beziehen  sich  No.  6593  —  6624.  —  In  der 
Classificazione  XVII  endlich  sind  Stücke  verschiedener  Art 
als  Miscellanea  zusammengeworfen,  von  denen  keines  ein  be- 
sonderes Interesse  erregen  kann.  Als  für  den  Orden  und  sein 
Regiment  in  kulturgeschichtlicher  Beziehung  interessant  möge  nur 
No.  6754  hervorgehoben  werden ,  die  Lista  dei  schiavi  messi  in 
libertä  1798.1) 

IL 
Reste  des  Tempelherrnordens-Archives. 

Die  reichen  Güter,  welche  der  Tompelherrnorden  dereinst  im 
Heiligen  Lande  und  den  angrenzenden  Gebieten  bis  nach  Armenien 
hinauf  besessen  hatte,  waren  mit  der  zunehmenden  Ausbreitung  des 
mohammedanischen  Herrschaftsgebiets  unaufhaltsam  zusammenge- 
schwunden: mit  Accon  ging  der  letzte  dürftige  Rest  davon  verloren. 
Zur  Wiedergewinnung  war  bald  nicht  mehr  die  geringste  Aussicht : 
diese  ganze  Seite  des  ehemaligen  templerisclien  Besitzstandes  kam 
in  Folge  dessen  gar  nicht  mehr  in  Frage,  als  nach  der  Auflösung 
des  Ordens  die  Johanniter  die  Erbschaft  desselben  antraten.  Daraus 
erklärt  es  sich  auch,  dass  darauf  bezügliche  Urkunden,  da  sie  keinen 
Werth  mehr  hatten,  kein  Gegenstand  besonderer  Sorgfalt  waren  und 
nur  hie  und  da  einem  glücklichen  Zufall  ihre  Erhaltung  zu  danken 


*)  Auf  den  zweiten  Theil  des  malteser  Archivs,  das  Archivio  dell'universitä 
della  Citta  Notabile  (d.  i.  die  alte,  in  der  Mitte  der  Insel  gelegene  Hauptstadt, 
heute  Citta  veccliia,  im  Volksniunde  al)er  noch  immer  kurzweg  Mediua,  d.  i. 
arabisch  die  Stadt  genannt)  einzugehen,  ist  kein  Anlass,  da  dasselbe  von  ganz 
untergeordneter,  rein  localcr  Bedeutung  ist. 

6* 


84  Prutz: 

gehabt  haben.  Anders  lagen  die  Verhältnisse  für  den  abendländischen 
Besitz  der  Tempelherren,  den  die  Johanniter  möglichst  vollständig 
in  ihre  Gewalt  zu  bringen  suchten.  Die  auf  diesen  bezüglichen 
Urkunden  hatten  einen  hohen  praktischen  Werth,  wenn  sie  vielleicht 
zunächst  auch  nur  Ansprüche  gaben,  die  erst  in  Zukunft  unter 
günstigeren  Umständen  zur  Anerkennung  gebracht  werden  konnten. 
Daher  werden  die  mit  der  Uebernahme  der  Tempelherrnbesitzungen 
beauftragten  Vertreter  des  Johanniterordens  die  auf  diese  Güter 
bezüglichen  Urkunden  sich  möglichst  vollständig  haben  ausliefern 
lassen;  auch  ist  für  ihre  Aufbewahrung  Sorge  getragen  worden. 
Insbesondere  musste  man  daher  bestrebt  sein,  die  in  dem  Tempel- 
herrnschlosse zu  Paris  befindlichen  Materialien  der  Art  ausgeliefert 
zu  erhalten.  Eine  solche  Auslieferung  hat  thatsächlich  stattgefunden 
und  es  ist  dabei  gleichzeitig  eine  Inventarisirung  der  den  Johannitern 
überlieferten  Urkunden  vorgenommen  worden. 

1.  Das  lehrt  eine  in  der  Public  Library  zu  Lavalette 
befindliche  Handschrift  des  17.  Jahrhunderts  (No.  311  des  gedruckten 
Cataloges),  1)  welche  wohl  aut  eine  ältere  A^orlage  zurückgeht,  Ex- 
traits  de  plusieurs  titres  primordiaux  des  privilegös 
de  rOrdre  de  S.  Jean  de  Jerusalem  au  nombre  de  37 
piöces  6tant  2®  sac  des  dits  titres  döpos^s  aux  archives 
du  Tempi  e.  Dieselbe  enthält  ziemlich  ausführliche  Regesten  von 
Urkunden  französischer  und  englischer  Könige  und  Fürsten  und 
Grossen  zu  Gunsten  des  Johanniter-  und  des  Tempelherrnordens. 
Von  letzteren  die  folgenden: 

1190.  November  10.  Urkunde  Richards,  Königs  von 
England,  Herzogs  von  der  Norm  an  die:  bestätigt 
den  Tempelherren  ihre  sämmtlichen  Güter  in  der  Nor- 
mandie,  eximirt  sie  von  allen  Leistungen  und  Diensten 
und  nimmt  sie  in  seinen  Schutz. 
1255.  Juli  21.  Thi6bault,  König  von  Navarra,  Pfalzgraf  von 
Champagne  und  Brie,  und  Isabella,  seine  Gemahlin,  be- 


*)  Eine  Handschrift,  deren  Titel  auf  einen  ähnlichen  Inhalt  schliessen 
Hess  (No.  238:  Oopia  dl  alcune  belle  di  Sommi  Pontefici  concedenti  o  con- 
firmanti  vari  privilegi  all  Ordine  Gerosol.  fol.),  war  trotz  der  freundlichen  Be- 
mühungen des  Vorstehers  der  Bibliothek  von  I^ Valette,  Herrn  Caruana,  nicht 
mehr  aufzufinden  und  muss  für  verloren  gelten.  Zweifellos  gehörte  sie  ebenso 
wie  No.  311  eigentlich  dem  Ordensarchive  an  und  ist  nur  durch  Verschleppung 
an  ihren  jetzigen  Aufbewahrungsort  gekonmieiu 


Malteser  Studien.  85 

stätigen  einen  zwischen  der  Königin  Margaretha,  des 
ersteren  Mutter,  und  dem  Tempelherrn orden  geschlossenen 
Vergleich,  nach  welchem  der  Orden  im  Besitze  aller  seiner 
Güter  und  Rechte  in  Champagne  und  Brie  belassen  wird. 

1294.  Februar.  Paris.  Philipp  der  Schöne,  König  von  Frank- 
reich, bestätigt  den  Tempelherren  ein  Privileg  Ludwigs  des 
jüngeren  (1137 — 80),  wonach  dieselben  für  alle  zu  ihrem 
Bedarf  ein-  und  ausgeführten  Artikel  Zollfreiheit  geniessen. 

1326.  Karl  IV,  König  von  Frankreich,  bestätigt  dem 
Johanniterorden  eine  Urkunde  Philipps  desSchönen 
von  1304,  Juni,  betreffend  die  Besitzungen,  Rechte 
und  Freiheiten  des  Tempelhermordens. 

(1258.  April  6.)  Vidimus  einer  Urkunde  P.  Alexander  IV, 
wonach  die  von  einzelnen  der  Beamten  des  Tempelherrn- 
ordens während  der  letzten  vierzig  Jahre  aus  Unkenntniss 
der  davon  befreienden  Privilegien  gezahlten  Zehnten  kein 
Präjudiz  für  eine  fernere  Verpflichtung  des  Tempelherrn- 
ordens zur  Zahlung  derselben  ergeben  (6.  April  pontif. 
anno  4). 

Aus  dem  weiteren  Wortlaut  des  Inventars  ergiebt  sich,  dass 
Sack  3  und  4  Urkunden  aus  dem  16.  und  17.  Jahrhundert  ent- 
hielten, Sack  5  solche  aus  dem  14.  und  15.,  Sack  6  aus  dem  13. 
und  den  folgenden.  Aus  diesen  stammen  aus  dem  Tempelherrn- 
ordensarchive offenbar  die  folgenden: 

1255.  Juli  29.  Margaretha,  Königin  vou  Navarra,  be- 
urkundet einen  zwischen  ihr  und  dem  Tempelhermorden 
geschlossenen  Vergleich  über  des  letzteren  Besitzungen 
und  Rechte  in  Champagne  und  Brie  unter  Zustimmung 
Thiöbaults  von  Navarra  und  seiner  Gemahlin  Isabella 
(vergl.  die  zuerst  angeführte  Urkunde  vom  21.  Juli  1255). 

Als  aus  Sack  7  stammend  werden  aufgeführt: 
1193.  Philipp  n  von  Frankreich  bestätigt  einen  Vertrag 
zwischen  Gotfried,  Canonicus  von  Paris,  und  den  Tempel- 
herren. 
(1275  August  8.)  Vidimus  einer  Urkunde  Ludwigs  IX 
d.  d.  1258,  Juli,  Vincennes,  über  die  Bestätigung  der 
Besitzungen  und  Rechte  des  Tempelhermordens. 


86  Prutz: 

1275  Sept.  Vidimus  einer  Urkunde  Thiöbaults  von  Navarra  vom 
23.  Mai  1270,  durch  welche  derselbe  dem  Tempelherrnorden 
alle  Lehen,  Afterlehen  etc.  in   seinem  Gebiete  bestätigt. 

1294.  Februar,  Paris.  Philipp  der  Schöne  bestätigt  dem  Orden 
alles  bisher  in  den  Baillages  von  Senlis  und  Sens  und 
der  Pr6v6t6  um  Paris  Erworbene. 

Aus  Sack  11: 

1292.  April  19.  Vidimus  eines  Schreibens  Philipps  des 
Schönen  d.  d.  1291,  März  24  an  die  Seneschalls,  be- 
treffend die  Exemtion  der  Tempelgüter. 

1310.  Vidimus  eines  Schreibens  Philipps  des  Schönen  vom 
19.  December  1307,  betreffend  die  Verwaltung  der  von 
ihm  mit  Beschlag  belegten  Tempelgüter. 

In  Sack  12  sind  u.  a.  enthalten  gewesen: 
1283.  Augustl5,Toulouso  — König  Philipp III  von  Frank- 
reich bekennt,  vom  Tempelherrnorden  40  000  Livres 
Tournois  aus  dem  Ertrage  der  für  das  Heilige  Land 
bestimmten  Zehnten  mit  Zustimmung  des  Papstes  erhalten 
zu  haben. 

Weiterhin  folgen  dann  in  dem  genannten  Manuscript  der 
Public  Library  zu  Lavalette  ziemlich  ungeordnete  „Extraits  des 
Privileges",  unter  denen  sich  noch  folgende  drei  Templerurkundeu 
erwähnt  finden: 

Vom  7.  August.  König  Johann  von  England  bestätigt  dem 
Templerorden  alle  Besitzungen  und  Rechte  in  der 
Normandie. 
1191.  Philipp  II  von  Frankreich  befreit  den  Orden  für 
alle  Zeiten  von  den  üblichen  Zahlungen  für  lettres  de 
chancellerie. 
1229.  Oktober.  Theobald  von  Champagne  und  Brie  macht  dem- 
selben eine  Schenkung  gegen  10,000  Livres. 

2.  Eine  zweite  Gruppe  von  Resten  des  Templer- 
ordensarchivs findet  sich  unter  den  Urkunden  des  Johanniter- 
ordensarchives  verstreut  und  ist  denselben  der  chronologischen 
Ordnung  entsprechend  in  den  Bänden  No.  2,  3,  4,  6,  18  und  19  ^) 


*5  S.  oben  «.   76—7«. 


Malteser  Studien.  87 

ohne  weitere  Unterscheidung  eingefügt.  Da  die  hier  in  Betracht  • 
kommenden  11  Urkunden  fast  sämmtlich  den  Besitz  und  die  Be- 
ziehungen des  Ordens  in  Palästina  betreffen,  so  kann  kaum  daran 
gezweifelt  werden,  dass  sie  den  einzigen  Rest  des  einst  in  Jerusalem, 
dann  in  Accon  und  schliesslich  in  Castrum  Peregrinorrum  d.  i.  Athlit 
aufbewahrten  Ordensarchivs  darstellen.  In  chronologischer  Ordnung 
sind  es  folgende: 

1168.  März  16  —  Vergleich  zwischen  dem  Templerorden  und 
dem    Bischof  von  Valenia   über   zwischen   ihnen 
schwebende  Diöerenzen,  betreffend  die  Bauern  des  Casale 
fractiun  (III,  45). 
1168.  Boemund  von  Antiochien  verfügt   über  die  für   ein  von 
ihm  dem  Templerorden  geschenktes  Landstück  zu  zahlende 
Rente,  (ib.  51). 
1178.  Renaud  Mansoerius  schenkt  dem  Tempelorden  und 
seinem   Meister   Odo    von   St.    Amand    die   Hälfte    des 
Schlosses  Brahim  u.  a.  (ib.  49). 
1183.  Juni  —  A.  Herr  von  Margat   schenkt  dem  Templer- 
hause in  Tortosa  ein  Grundstück  (IV,  22  =  Paoli,  Cod. 
dipl.  I,  n.  209). 
1235.  Juli  25.  Vergleich   zwischen   Tempelherren    und   Hospi- 
talitern,    betreffend    die  Differenzen  wegen   der  Mühlen 
beider    und    der    Wasserbenutzung    in    Recordane    bei 
Accon.  (VI,  16). 
1252.  Oktober.  Geleitsbrief  des  Templermeisters  Thomas  Berard 
für  eine  Anzahl  genannter  fränkischer  Grosser  zum  Aufent- 
halte   in    Tripolis:    —   Unter   den   Zeugen    „fröre    Ro- 
celinus  de  Fox."  (XVIII,  1). 
1262.  Mai  31.  Accon:  Vorgleich  zwischen  Templern  und  Johan- 
nitern,   betreffend    die  Güter  Gabor,    Caymont   u.  a.  m. 
(XVm,  2).     Vgl.  Paoli  I,  n.  142. 
„  „        Desgleichen,    betreffend    Valenia    und    Margat. 

(ib.  3). 
„  „        Desgleichen,     botreffend   Alme    und   Margalion 

(ib.  4). 
1270.  Avignon.  Ritter  Peter  macht  todtkrank  sein  Testament  zu 
Gunsten  des  Tempelhauses  zu  S.  Gilles.    Als  Empfänger 
des    Legats    fungirt     u.    A.    Roncelinus    magister 


88  I^rutz: 

domoriim  militie  Tempil  in  Provincla  —  ohne 
Zweifel  derselbe,  der  oben  1252  als  Roncelinus  de  Fox 
(d.  i.  wohl  aus  Foix  oder  Foz  (Dep.  Bouches  du  Rhone) 
vorkam,  und  vermuthlich  dieselbe  Persönlichkeit  mit  dem 
in  dem  Templerprozess  ^)  vorkommenden  Roncelinus  miles 
de  Provincia.  Dass  diese  Persönlichkeit  damit  urkund- 
lich nachgewiesen  ist,  ist  insoferne  von  Wichtigkeit, 
als  dadurch  die  Glaubwürdigkeit  der  in  dem  Prozess 
gethanen  Aussagen  evident  erhärtet  wird  und  dagegen 
erhobene  Zweifel  hinfallig  werden  (XV 111,  7). 
1288.  Gotfrid  de  Ucherio,  Visitator  des  Ordens  in.  England 
und  Frankreich,  bestellt  Elias  Amanem,  den  Präceptor 
von   Burgund,  zu   seinem   Generalprocurator.   (XIX,  1). 

3.  Die  dritte  Gruppe  von  Resten  des  Tempelherrnarchivs 
findet  sich  unter  der  Sammlung  der  päpstlichen  Originalbullen  zu 
Malta,  der  man  auch  diejenigen  eingefügt  hat,  die,  für  den  Tempel- 
hermorden ausgefertigt,  nach  dessen  Auflösung  den  Hospitalitern 
übergeben  worden  sind.     Es  sind  folgende  e  i  1  f  : 

1 146.  Juli  16.  Viterbo.  E  ugen  UI  an  die  Erzbischöfe,  Bischöfe  etc. 
zum  Lobe  der  Tempelherren,  die  man  durch  CoUekten 
unterstützen  möge,  deren  Wohlthätern  ein  Siebentel  der 
verwirkten  Kirchenbusse  jährlich  erlassen  und  denen  die 
einmalige  Abhaltung  von  Gottesdienst  auch  in  interdicirten 
Orten  gestattet  wird.  („Milites  templi  domini  Jeroso- 
limitani  novi  sub  tempore  gratie  Machabaei")  VLLL,  1. 
1186—87.  Februar  17.  Yerona.  TJrban  UI  mahnt  Erzbischöfe, 
Bischöfe  etc.,  ihre  Pfarrer  von  der  Hinderung  der  durch 
ihre  Pfarrkinder  dem  Orden  zugewandten  Legate  abzu- 
halten.    („Quantum   sacra   templi  militia  ecclesie  Dei") 

vn,  4. 

1191.  April  16.  Lateran.  Clemens  DI  bestätigt  einen  von  süd- 
französischen Grossen  geschlossenen  Gottesfrieden  und  die 
Bestimmung,  dass  die  Aufsicht  darüber  die  Tempelherren 
führen  und  diese  auch  die  zu  zahlenden  Abgaben  und 
Bussen    erhalten   sollen,    und   ermahnt    den   Episkopat, 


*)  Michelet,  Proc^s  des  TempUera  I,  418.     Vgl.  Pnitz,  Geheimlehre  und 
Geheimstatuten  des  Tempelhermordens.  (Berlin  1879)  p.  94.  123. 


Malteser  Studien.  89 

dem  Orden  auch  sonst  in  jeder  Weise  nach  Kräften 
förderlich  zii  werden.  „Sicut  sacra  evangelii  testatur 
auctoritas"  —  eine  sehr  merkwürdige  Urkunde,  welche 
die  ausserordentliche  Machtstellung,  welche  der  Tempel- 
hermorden in  Südfrankreich  gewann,  von  einer  ganz 
neuen  Seite  zeigt  und  den  Gegensatz,  in  den  derselbe 
gerade  dort  schliesslich  zu  dem  französischen  Königthum 
gerieth,  schon  sehr  früh  als  dem  Keime  nach  vorhanden 
erkennen  lässt.  X,  14. 

1217.  Januar  23.  Lateran.  —  HonoriusIII  ermahnt  die 
Erzbischöfe,  Bischöfe  etc.,  die  dem  Tempelherrnorden 
in  Bezug  auf  Vergebung  und  Verwaltung  der  von  ihm 
abhängigen  Kirchen  und  deren  Einkünfte  verliehenen 
Rechte  zu  respektiren  und  insbesondere  weder  den 
Orden  noch  die  von  ihm  ernannten  Geistlichen  zu 
excommuniciren.  „Quanto  dilecti  filii  fratres  militie  Tempil 
propriis  derelictis"  —  IX ,  1 ,  —  im  wesentlichen  gleich- 
lautend mit  der  Urkunde,  durch  welche  von  demselben 
Papste  18.  Januar  1221  die  gleichen  Rechte  dem  deutschen 
Orden  verliehen  wurden  (Strehlke,  Tab.  ordlnis  Theut. 
n.  327).  - 

12G2.  Februar  6.  —  Viterbo.  —  Urban  IV  wiederholt  die  Be- 
stimmung seiner  Vorgänger,  wonach  die  Bischöfe  gegen 
diejenigen  mit  kirchlichen  Strafen  einschreiten  sollen, 
welche  Dienstleute  des  Ordens  schlagen  oder  berauben 
und  dann  nicht  die  geforderte  Genugthuung  leisten. 
„Eis  praecipue  ac  speclallter  Imminet  religlosorum  vlrorum 
Iura  defendere  — "  VII,  7. 

1265.  April  22.  Perugia.  —  Clemens  IV  abbatl  Si  Guilerml  de 
Desertls  dloec.  Lodovensls  (Lodeve,  Dep.  H6rault)  erklärt 
die  zum  Nachthell  des  Tempelherrnordens  von  einigen 
Präceptoren  desselben  vollzogenen  Veräusserungen  von 
Ordensgut  für  ungültig,  da  die  darüber  ausgestellten 
päpstlichen  Briefe  früher  erlassenen  und  durch  diese 
begründeten  Rechten  des  Ordens  zuwiderlaufen.  „Pervenit 
ad  audlentlam  nostram  quod  tam  dllectl  filii  — "  X,  18. 

1265.  Juni  8.  Perugia.  —  Clemens  IV  wiederholt  das  Verbot 
seiner  Vorgänger,  gegen  den  Orden  anders  als  auf  aus- 


90  Prutz : 

drückliche  päpstliche  Weisung  Bann  oder  Interdikt 
zu  verhängen.  „Cum  dilecti  filii  nostri  fratres  Templi 
Jeros.  — "  X,  25  —  Wiederholung  u.  a.  eines  gleich- 
lautenden Privilegs  Alexanders  IV  1257.  Februar  8; 
dasselbe  erhielt  der  deutsche  Orden  1218  April  1  durch 
Honorius  III  (Strehlke  n.  305)  und  Alexander  IV  1257 
September  7.  (ib.  n.  571). 

1265.  Juni  13.  Perugia.  —  Clemens  IV  bestätigt  in  einem 
Schreiben  an  den  Abt  von  S.  Saturnin  zu  Toulouse  die 
aus  Anlass  eines  Streites  zwischen  den  Tempelherren  in 
Gascogne  und  „magistrum  et  fratres  fidei  et  pacis  Auxi- 
tanae  dioecesis  super  Castro  de  Manseta''  gegen  die  letzteren 
verhängte  Exeommunication,  welche,  wenn  sich  dieselben 
nicht  binnen  einem  Monat  fügen,  verschärft  werden  soll. 
„Sua  nobis  dilecti  filii  prior  et  fratres  Hospitalis  .  .  ." 
X,  24. 

1265.  Juli  4.  Perugia.  —  Clemens  IV  ermahnt  die  Erzbischöfe 
u.  s.  w.,  den  vom  Tempelherrnorden  über  Kränkungen 
seiner  Rechte  von  Seiten  ihrer  Pfarrer  erhobenen  Be- 
schwerden bereitwilliger  und -nachdrücklicher  als  bisher 
abzuhelfen.  „Cum  a  religiosorum  virorum  pressuris  et 
molestiis  ii"  X,  27. 

1265.  September  4.  Assisi.  Clemens  IV  eximirt  den  Orden 
in  Wiederholung  eines  Privilegs  Urbans  UI  von  der 
Zahlung  aller  Taillen,  Collekten  u.  s.  w.,  und  erklärt  die 
gegen  ihn  verhängte  Kxkommunication  für  ungültig. 
„Quanto    devotius    divino    vacatis     obsequio."      X,    10. 

1265.  —  Clemens  IV  ermahnt  die  Erzbischöfe  u.  s.  \\\  wieder- 
holt, sich  aller  Bedrückungen  des  Tempelherrnordens, 
seiner  Güter,  Diener  und  Thiere  zu  enthalten.  „Non 
absque  dolore  cordis   et  plurima  perturbatione."    X,  23. 

4.  Der  weitaus  umfangreichste  und  auch  inhaltlich 
werthvollste  Best  des  Tempelherrnordensarchives  liegt 
in  den  zwei  Bänden  mit  Begesten  und  Abschriften  von 
Papst  Urkunden  vor,  welche  in  dem  Eepertorium,  das  der  im 
ersten  Theile  dieser  Abhandlung  gegebenen  Beschreibung  des 
Malteser  Archivs  zu  Grunde  gelegt  ist,  unter  No.  1119  und  1121 
verzeichnet  sind. 


Malteser  Studien.  91 

Das  erste  (No.  1119)  „Privilegia  pontificum,  Bul- 
larium  sextum,  gezeichnet  C,"  giebt  nach  der  Beschreibung 
in  dem  Repertorium  Rogesten  von  dem  Johanniterorden  verliehenen 
Papstprivilegien  vom  Jahr  1181  bis  1571.  Darunter  finden  sich 
Fol.  5  bis  11  die  Regesten  von  33  dem  Tempelherrnorden  ver-, 
liehenen  Privilegien,  welche  ja  nachher  geradeso  wie  die  Tempel- 
herrngüter den  Johannitern  zufielen  und  für  diese  ferner  Gültigkeit 
haben  sollten.  Eine  bestimmte  Ordnung  ist  nicht  erkennbar,  eine 
chronologische  so  wenig  wie  eine  sachliche :  die  Regesten  sind  offenbar 
aneinandergereiht,  wie  sie  dem  Schreiber,  der  das  der  Handschrift  zu 
Grunde  liegende  Inventar  aufnahm,  der  Reihe  nach  in  die  Hand 
kamen.  Die  ältesten  sind  zwei  ungenau  datirte  Bullen  Alexanders  III. *) 
Es  folgt  der  Zeit  nach  eine  Bulle  Clemens  III  (1188.  Juli  20), 
3  Coelestin  HI  (1196.  Februar  8,  September  25,  November  22), 
3  Innocenz  HI  (1199.  Februar  9;  1200.  März  1,  März  21),  2  Ho- 
norius  III  (1222.  Februar  7;  1223.  November  13),  3  Gregor  IX 
(1227.  August  29,  November  22;  1228.  März  2),  6  Innocenz  IV 
(1244.  Februar  5,  September  27  und  September  30,  1245.  Januar  18, 
1249.  August  15  und  November  20),  8  Alexander  IV  (1255.  März  2, 
August  1,  November  26,  Dezember  9,  10  und  12,  1256.  Dezember  7, 
1260.  Juni  13),  eine  Clemens  IV  (1265,  August  5)  und  2  Gregors  X 
(1272.  Februar  8,  1274.  September  13).  Ausserdem  finden  sich 
unter  den  Regesten  verzeichnet  drei  schon  anderweitig  bekannte 
Bullen,  nämlich  die  Innocenz  III  vom  8.  März  1200  (Potthast  Reg. 
Pontif.  n.  967),  Alexanders  IV  vom  5.  Dezember  1255  (ib.  16,100), 
9.  Dezember  1255  (ib.  16,114)  und  1.  Januar  1256  (ib.  16,198). 
Bemerkt  mag  ausserdem  noch  werden,  dass  von  diesen  Bullen  die 
Innocenz  IV  vom  18.  Januar  1245  gleichlautend  gewesen  zu  sein 
scheint  mit  der  dem  Deutschen  Orden  verliehenen  bei  Potthast 
11,511  und  12.  — 

Liessen  schon  diese  Regesten  vermuthen,  dass  die  dem  Tempel- 
herrnorden verliehenen  päpstlichen  Privilegien  uns  bisher  nur  zu 
einem  kleinen  Theile  bekannt  seien,  so  führten  weitere  Nachforsch- 
ungen zu  Ergebnissen,  welche  diese  Annahme  durchweg  bestätigten. 


*)  1.  Bulla  ut  fratres  Templi  possint  producere  fratres  suos  ad  ferendum 
testimonium  in  causis  propriis  domus  sue.  Dat.  Anagnie  XV.  Kai.  April 
(1160  (?)  März  18).  —  2.  Bulla  ne  quia  iniiciat  manus  violentas  in  eos  qui  ad 
domos  fratrum  templi  pro  salute  sua  confugiunt,  sub  pena  excommunicatioms. 
Dat.  Sig.  VI.  Aug.  pont.  anno  — . 


92  Prutz: 

Der  in  dem  Repertorium  unter  No.  1121  verzeichnete  Band,  das 
sogenannte  BuUarium  rubrum,  eine  Papierhandsehrift  vom  Ende 
des  15.  oder  Anfang  des  16.  Jahrhunderts,  stellte  sich  bei  näherer 
Untersuchung  dar  als  eine  Zusammenstellung  der  wichtigsten  der 
den  Johannitern  verliehenen  päpstlichen  Privilegien  und  der  von 
den  Tempelherren  erworbenen,  welche  nach  deren  Auflösung  kraft 
päpstlicher  Verleihung  an  die  ersteren  übergingen,  —  eine  Zusammen- 
stellung, angefertigt  auf  Grund  einer  amtlichen  und  von  einem 
päpstlichen  Notar  beglaubigten  Abschrift  theils  der  betreffenden 
Originale,  theils  eines  derselben  gleichgestellten  officiellen  Copial- 
buches  des  Tempelherrnordons ,  welches  letztere  natürlich  nur  aus 
dem  Archive  des  aufgelösten  Ordens  an  die  Johanniter  gekommen 
sein  kann.  Oder  aber  es  sind  zur  Angabe  des  Inhaltes  der  Ur- 
kunden die  demselben  nach  den  Hauptpunkten  summirenden  kurzen 
Notizen  verwendet,  welche  man  auf  die  Rückseite  der  betreffenden 
Pergamente  zu  notiren  pflegte.  Das  ergiebt  sich  zunächst  aus  einem 
am  Schlüsse  des  Bandes  (fol.  207  —  208)  copirten  Protokoll,  nach 
welchem  „die  vorstehend  verzeichneten  päpstlichen  Urkunden  in 
unanfechtbar  echten  Originalen  vorgelegen,  gelesen  und  beglaubigt 
sind  und  in  Zukunft  v.or  Gericht  als  gleichwerthig  mit  den  Originalen 
sollen  vorgebracht  werden  können";  als  an  dreser  Arbeit  betheiligt 
werden  genannt  Andreas  von  Viterbo  und  Johannes,  auditor  curiae 
Komanae;  die  feierliche  Beglaubigung  sei  vollzogen  zu  Rom,  im 
Jahre  1454,  Indictione  11 ,  Sonnabend  den  23.  März,  unter  Papst 
Nicolaus  V. 

Dass  ein  Theil  der  in  diesem  Bande  vereinigten  6  7  päpst- 
lichen Bullen  und  287  Regesten  von  solchen  auf  ein 
officielles  Bullarium  des  Tempelherrnordens  zurückgeht,  beweisen 
die  Ueberschriften ,  welche  einigen  derselben  zur  kurzen  Kenn- 
zeichnung des  Inhalts  beigegeben  sind.  So  heisst  es  z.  B.  fol.  86' 
„Quod  possimus  fratres  nostros  in  causis  nostris  ad  testi- 
monium  ferendum  producere  (ebenso  fol.  175),  fol.  87'  Quos  pos- 
sumus  jura  nostra  per  testiraonium  fratrum  nostrorum  probare 
(ebenso  fol.  175');  fol.  94'  Quod  possimus  succedere  in  omnibus 
preterquam  feudis ;  fol.  95  Ut  possimus  succedere  parentibus 
feodalibus  exceptis;  fol.  139  Quod  si  littere  contra  privilegia  nostra, 
nuUum  inde  nobis  generetur  detrimentum;  fol.  167  De  pro- 
curationibus  legatonim  et  nuntioruni  sedis  apostolice,  quibus  contri- 
buere   non    tenemur;    fol.   171    Quod    nequimus    per    litteras 


Malteser  Studien.  93 

apostolicas  conveuiri,  que  de  ordine  nostro  non  fecerint  men- 
tionem;  fol.  175  Quod  ad  contribuendum  in  procurationibus  legatorum 
et  nuntiorum  non  teneamur;  fol.  176  Quod  confugientibus  ad 
domos  n ostras  pro  siia  sahite  vel  in  res  eorum  infra  ambitum 
domorum  n  ostrar  um  quis  non  potest  iniicere  manus  violentas, — 
und  immer  werden  dadurch  Privilegien,  welche  zunächst  dem 
Tempelherrnorden  verliehen  waren,  charakterisirt. 

Wenn  sich  nun  in  dieser  merkwürdigen  Sammlung  auch  eine 
Anzahl  von  päpstlichen  Privilegien  für  den  Johanniterorden  befinden, 
so  zeigt  doch  einmal  die  Kleinheit  derselben  und  dann  namentlich 
die  Anlage  der  ganzen  Sammlung  deutlich,  dass  den  eigentlichen 
Grundstock  und  den  Leitfaden  für  dieselbe  die  betreffende  Ab- 
theilung des  Tempelherrnordensarchivs  abgegeben  hat.  Auch  hier 
ist  ein  bestimmtes  System  in  der  Anlage  der  ganzen  Sammlung 
nicht  erkennbar;  unzweifelhaft  aber  handelt  es  sich  dabei  zuerst 
um  diejenigen  Stücke,  durch  welche  die  Stellung  des  Tempelherrn- 
ordens bedingt  war.  Die  Reihe  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Bullen  ward  eröfi'net  durch  die  Alexanders  III  Omne  datum 
Optimum,  hier  fol.  10  mit  1163  —  14  Kai.  Jul.  (=  18.  Juni)^ 
dann  folgt  fol.  14  eine  Wiederholung  derselben  durch  Alexander  III 
1164.  März  30,  Sens;  eine  zweite  (fol.  14')  von  1180.  Juli  13.  Tus- 
culum;  weiterhin  eine  Erneuerung  durch  Lucius  JII  von  1182  (ohne 
Datum)  Lateran  und  (fol.  18)  Alexander  IV  von  1255.  August  11. 
Anagni.  Und  in  ähnlicher  Weise  wird  dann  fortgefahren.  Es  folgt 
auf  eine  zweite  Bestätigung  der  Exemptionsbulle  Alexanders  HI 
durch  Alexander  IV  von  1255  August  31  Anagni  fol.  18'  die  be- 
kannte Bulle  Clemens  V  (1311  Mai  2.  Vienne,  In  specula 
apostolice  dignitatis)  und  dann  fol.  22  desselben  Ad  providam 
Christi  vicarii  und  die  auf  die  Auflösung  des  Tempelhermordens 
und  die  Ueberweisung  seiner  Güter  und  Rechte  an  die  Hospitaliter 
bezüglichen  Ausschreiben  desselben  Papstes  an  die  verschiedenen 
Fürsten  und  Grossen.!)  Nachdem  dann  fol.  25  noch  eine  Wieder- 
holung der  Exemtionsbnlle  durch  Gregor  X  1217.  December  1  ein- 
geschoben ist,  folgen  die  Erlasse  Alexanders  V  für  die  Johanniter 
betreffend  die  Einweisung  derselben  in  die  Besitzungen  der  Tempel- 
herren und  verwandte  Erlasse  Alexanders  V,  Johann  XXII,  Boni- 
faz  Vni  u.  a.     Mit  fol.  46'  beginnt  dann  eine  stattliche  Reihe  von 


*)  S.  oben  S.  77. 


94  Pnüz: 

Tempelherrenurkunden,  die  nur  an  vereinzelten  Stellen  durch  Bullen 
und  Regesten  von  solchen  unterbrochen  wird,  welche  den  Johannitern 
als  solchen  verliehen  waren. 

Es  sind  im  Ganzen  nicht  weniger  als  80  Papsturkunden  und 
287  Regesten  von  solchen,  sämmtlich  den  Tempelherrnorden  und 
dessen  in  kirchlicher  und  anderer  Hinsicht  bevorzugte  Stellung  be- 
treifend,  welche  uns  diese  Sammlung  liefert,  und  von  denen,  wie 
sich  aus  dem  Vergleiche  mit  Jafif6  und  Potthast  ergiebt,  bisher  nur 
ganz  vereinzelte  Stücke  bekannt  gewesen  sind.  Einige  nämlich  von 
diesen  Urkunden  unseres  Copialbuches  enthalten  die  Verleihung 
von  gewissen  Rechten  an  den  Tempelherrnorden,  wie  dieselben  auch 
anderen  Orden  in  derselben  Wortfassung  früher  oder  später  gewährt 
worden  sind,  die  uns  aber  nur  in  dieser  Ausfertigung,  nicht  in  der 
für  die  Tempelherren  vorgelegen  haben.  So  deckt  sich  z.  B.  eine 
Urkunde  Innocenz  III  von  1198.  März  30.  Lateran  („Cum  dilectis 
filiis  fratribus  militiae  Tempil  fuit  a  predecessorihus  indultura") 
in  der  Hauptsache  mit  der  Urkunde  Papst  Honorius  HE  für  den 
Deutschen  Orden  von  1221.  Januar  16,  Lateran  (bei  Strehlke,  Tab. 
Ord.  Theut.  n.  314),  und  die  Alexanders  V  d.  d.  1255.  Juni  30, 
Anagni  („Quotiens  a  nobis  petitur'')  mit  der  Honorius  IE  d.  d.  1221. 
Januar  18.  Lateran  bei  Strehlke  n.  328.  Das  gleiche  Verhältniss 
wiederholt  sich  zwischen  der  Urkunde  Gregors  IX  d.  d.  1228. 
Januar  9.  Lateran  und  der  Honorius  HI  d.  d.  1222.  Februar  20 
Lateran  bei  Strehlke  n.  367;  einer  Honorius  HI '  d.  d.  1216, 
Dezember  16,  ap.  S.  Petrum  und  der  desselben  Papstes  1221. 
Januar  19.  Lateran  bei  Strehlke  n.  336;  der  einen  Innocenz  III 
von  1200.  April  16.  („Ex  insinuatione  dilectorum  filiorum'')  und  der 
Honorius  III  d.  d.  1221.  Januar  16.  bei  Strehlke  n.  318  und  ebenso 
noch  öfters.  Einige  der  in  unserem  Copialbuch  enthaltenen  Ur- 
kunden sind  bereits  gedruckt  bei  Ferreira ,  i)  Memorias  e  noticias  da 
celebre  Ordem  dos  Templarios,  lisboa  1735  t.  IL,  wie  ich  zuerst  aus  den 
von  Munter  und  danach  von  Wilcke  daraus  angeführten  Stellen 


*)  So  schreibt  Wilcke,  Gesch.  des  Tempelhermordens  I,  40Gff.  in  den 
Anmerkungen  durchweg  und  auch  in  der  Litteraturt\bersicht  II,  511,  während 
Munter,  Statutenbuch  des  Ordens  der  Tempelherren,  dem,  wie  ein  Vergleich 
der  Citate  bei  beiden  zeigt,  Wilcke  die  von  ihm  angeführten  Stellen 
einfach  entlehnt,  offenbar  ohne  die  Quelle  selbst  eingesehen  zu  haben, 
immer  Perreira  schreibt. 


Malteser  Studien.  95 

entnahm,  —  einem  sehr  seltenen  Werke,  von  dem  weder  Jaff6  noch 
Potthast  Kenntniss  gehabt  haben,  so  dass  die  betreffenden  Bullen  von 
beiden  in  ihre  Kegesten  nicht  aufgenommen  worden  sind.  Von 
den  in  unserm  Copialbuch  enthaltenen  Urkunden  finden  sich  bei 
Ferreira,  der  im  Ganzen  68  Urkunden  bietet,  nur  5,  eine 
Alexanders  IV  1255.  März  2  Neapel  und  4  Clemens  IV  von  1265. 
Juni  8,  Juli  4  (2  mal),  Juli  19  und  September  4  (3  mal).  Eerreiras 
Sammlung  stammt  offenbar  aus  einem  den  unsern  ähnlichen  Copial- 
buch, das  wohl  an  den  Christenorden  gekommen  war. 

Der  Gewinn ,  welcher  sich  aus  diesem  Theile  meiner  Malteser 
Forschungen  ergiebt,  kommt  also,. abgesehen  von  der  zunächst  ge- 
förderten Geschichte  des  Tempelherrenordens,  vornehmlich  den  Papst- 
urkunden und  Papstregesten  zu  gute,  wie  dies  schliesslich  noch 
folgende  Zahlenangaben  darthum  mögen.  Von  den  in  Summa 
80  Urkunden  entfallen  auf 

Alexander  III  8  von  1160.  JuU  3  —  1170.  Juni  11. 

Lucius  m  2  von  1182.  April  25  —  1185.  April  26. 

Urban  UI  2  von  1186.  April  28  —  1187.  Februar  17. 

Clemens  UI  1  von  1191.  April  16. 

Coelestin  III  1  von  1195.  August  9. 

Innocenz  III  13  von   1198.   März  10    —    1208.   Februar  28. 

Honorius  III  12  von  1216.  November  26  —  1222.  Januar  25. 

Gregor  IX  4  von  1227.  September  9  —  1234.  April  7. 

Innocenz  IV   5    von    1244.    Februar  5    —    1246.    Januar  8. 

Alexander  IV   15   von    1255.   Juni  30    —    1259.   Februar  1. 

Urban  IV   4    von    1241.    September  29    —    1262.    Juni  28. 

Clemens  IV  11  von  1265.  April  22  —  1267.  Mai  7. 

Gregor  X  1  von  1274.  September  13. 

Honorius  IV  1   1285.  Oktober  23. 

Von  den  Kegesten  aber,  welche  sämmtlich  Wiederholungen 
oder  Bestätigungen  der  aufgeführten  Urkunden  betreffen,  kommen  — 
wenn  man  die  mehrfach  wiederkehrenden,  sowie  verschiedene,  an 
demselben  Tage  vollzogene  einfach  rechnet  und  einige  mit  un- 
genauen chronologischen  Angaben  beiseite  lässt  —  auf  Alexan- 
der HE  14,  Lucius  III  6,  Clemens  III  1,  Coelestin  III  7,  Inno- 
cenz III   48,    Honorius  IE   37,    Gregor  IX   38,    Innocenz  IV  24, 


96  Prutz: 

Alexander  IV  43,  Urban  IV  4,  Clemens  IV  10,  Gregor  X  2  und 
endlich  Honorius  IV  und  Bonifaz  VIII  je  eine. 

Schliesslich  theile  ich  einige  der  interessantesten  Stücke  aus 
der  reichen  Ausbeute,  die  ich  in  Malta  gemacht  habe,  gleich 
hier  mit. 


I. 

1103.  Juli  29.  P.  Pasclialis  II  bestätigt  die  Gäter  des  Erlöserklosters  auf 
dem  Berge  Tabor  und  verleibt  dem  Yorsteber  desselben  Giraldns  und  dessen 
Nacbfolgem  erzbiscböflicbe  Recbte  über  Galüaea  nnd  das  Palliam  —  in 
notariellem  Transsnmpt  nnter  Siegeln  der  Erzbiseböfe  Egidins  v.  Tjrns  i. 
Jocelin  v.  Caesarea  1255.    Jnli  29.    Accon. 

Nos  Egidius  divina  miseratione  Tyrensis*)  et  Jocelinus  eadem  gratia 
Oesariensis*)  archiepiscopi  notum  facimus  universis  presentem  paginam  in- 
specturis,  quod  ex  parte  religiosorum  virorum  magistri  et  fratrum  domus 
Hospitalis  Sancti  Johannis  Jerosolimitani  fuit  nobis  oblatum  et  ostensum 
quoddam  Privilegium  domini  Pascalis  pape  secundi  buUatum  vera  bulla 
plumbea  pendenti,  in  qua  ex  una  parte  apparebant  dua  capita  cnice  mediante 
sie  inscripta:  S.  Pa.  S.  Pe.  et  ex  alia  parte  tales  littere:  Paschalis  papa  secundus, 
Sanum  et  integrum,  cuius  tenor  talis  est: 

Paschalls  episcopus  servus  servorum  dei  venerabüi  fratri  Giraldo') 
montis  Thabor  archiepiscopo  eiusque  successoribus  salutem  et  apostolicam 
benedictionem.  Propheta  domini  virtutes  domini  gerendas  in  ecclesia  pronuntians 
ait  domino:  Tu  humiliasti  sicut  vulneratura  superbum  et  in  virtute  brachii  tui 
dispersisti  inimicos  tuos,  aquilonem  et  mare  tu  creasti,  Thabor  et  Hermon  in 
nomine  tuo  exaltabunt  tuum  brachium  cum  potentia.  Quum  niminim  prophete 
prenuntiationem  non  solum  spiritualiter ,  sed  etiam  corporaliter  temporibus 
nostris  gaudemus  inpletam,  cum  superbos  Turcorum  populos,  qui  sanctam 
Jerosolimitanam  oppriniebant  ecclesiam,  ^^denlU8  a  christianis  humiliatos  atque 
dispersos.  Inde  in  Thabor  vel  Hermon  montibus  in  nomine  domini  fideles 
exultant,  quia  illic  brachium  domini  cum  potentia  glorificatur.  Hoc  domini 
brachium,  hanc  virtutem  et  potentiam  glorificantes  ejus  dignationi  gratiam 
agimus  et  monasterium  Sancti  Salvatoris  de  monte  Thabor  cum  omnibus 
suis  pertinentiis  sub  beati  Petri  et  nostra  protectione  suscipimus  et  dei  servos  in 
Thabor  habitantes  fovere,  protegere  et  apostolice  sedis  auctoritate  munire  de- 
cemimus.    Statuimus  enim,  ut  ab  onmium  personarum  gravamine  liberi  semper 

*)  Egidius,  GiUea,  Erzb.  v.  Tyrus  seit  1253,  t  1266  April  23  auf  einer  im  Interesse 
eines  neuen  Kreuzzuges  unternommenen  Reise  in  Dinant;  sein  Grab  mit  der  dies  meldenden 
Inschrift  In  der  Kirche  Notre  dame  de  Xantillä  in  Saumur  (Ducange,  les  familles  d'outre-mer 
ed.  Rey.  p.  753).  "    . 

»)  Wir  gewinnen  hieraus  den  Namen  des  in  dem  Briefe  über  die  bedrÄngtc  Lage  des 
hl.  Landes  bei  MatthHus  Paris  a.  1244  angcfrihrten  J.  ('aesarien^is  elcctus :  vgl.  Ducange 
1.  c.  75b. 


Malteser  f^tiidien.  97 

in  dei  gratia  perseverent.  Predia  vero  ad  ipsius  montis  ecclesiam  in  domini 
Salvatoris  nomine  constitutam  pertinentia  in  eins  jure  seu  dominio  in  perpetuum 
servari  sancimua,  sicut  a  gloriosis  Jorosolimitane  urbis  principibuß  Godefrido  et 
successore  eiua  Balduino,  quorum  virtuti  Turconini  victoria  per  dei  gratiam 
tradita  est,  atatutum  ac  deliberatum  eorum  scripta  declarant.  Quorum  licet 
maior  pars  sub  Turconim  tyrannide  compriniatur,  ipsa  tarnen  casalia  propriis 
Visa  sunt  nominibus  annotanda.  Boria*  videlicet  ad  pedem  supradicti  montis, 
Damia,  Saronia,  Cafarsech,*  Lubia,  Sisara,  Casta,  Capharkeme, 
Messe,*  Meschia,*  Mangana,  Capharmaza,*  Cafartamara,  Endor, 
Maluph,  Cara,  Nurith,  Sulem,  Elful,«  Eumesara,  Naim,  Erbeth,' 
Caimun  in  terra  Acon,  ('apharsuma  in  terra  Sur,  Desurchaia,®  Alme 
adTuronem  Saphet,®  Alme  in  terra  Belli  na  s,  Neeme  in  terra  Sueta,*® 
Avarazaar,"  Elleerum,  Betaras,**  Arthe,  Taletap,"  Capharsalia 
in  terra  de  grosso  villano**  Aingene,  Seecip,**  Eusenia,**  Sesia,  Elgor, 
Zepheria  in  terra  Auram,  Ayn*'  in  terra  Bethanie,'®  Zera,  Alcotein,** 
Menan,*®  Hecdix,  Sane  Boria  villa  seu  alie  quarumcunque  parochiarum 
ville,  que  in  «lominio  supradicti  monasterii  permanent,  omnino  libere  solisque 
condicionibus  congregacionis  obnoxie  habeantur.  Ex  casalibus  autem  ad  jus 
monasterii  pertinentibus,  que  ad  presens  christiani  milites  possident,  decimarum 
redditus  neceasitatibus  proficiat  inonachonim.  Tibi  vero,  frater  Giralde,  montis 
Thabor  archiepiscopo  omnibusque  tuis  successoribus  ad  exaltandam  sanctis- 
sime  transfigurationis  ecclesiam  archiepiscopatum  totius  Galilee  et 
Tyberiadis  cum  omnibus  suis  pertinentiis  apostolica  auctoritate  confirmamus  et 
presentis  scripti  privilegio  coramunimus.  Palleum  (sie)  preterea  fratemitati  tue, 
plenitudinem  videlicet  pontificalis  officii  apostolice  sedis  liberalitate  concedimus. 
Quod  te  intra  ecclesiam  tantum  ad  missarum  soUempnia  noveris  induendum,  id  est 
nativitatis  domini,  circuracisionis,  sancti  Stephani,  sancti  Johannis,  festivitas  inno- 
centum,  epiphania,  ypopanti  (sie!)  domini,  conversionis  Sancti  Pauli,  in  ramls 
palmarum,  cene  domini,  resurrectionis,  ascensionis,  pentecostes,  transfigurationis 
domini,  sancti  Laurentii,  tribus  sollempnitatibus  sancte  Marie,  natalis  sancti  Johan- 
nis baptiste,  festivitatibus  sancte  crucis,  sancti  ^Michaelis  archangeli,  festivitatibus 
omnium  apostolorum,  sancti  Martini,  commemorationis  omnium  sanetorum  et 
eorum  martirum  vel  confessonim,  qui  in  archiepiscopatu  Galilee  requiescunt, 
in  consecrationibus  ecclesiarum,  episcoporum,  presbiterorum,  diaconorum  et  in 
anniversario  consecrationis  tue  die.  Cuius  nimirum  pallei  volumus  te  per  omnia 
genium  vendicare.  Huius  siquidem  indumenti  honor  humilitas  atque  iustitia 
est.  Tota  ergo  mente  fraternitas  tua  se  exhibere  festinet  in  prosperis  humilem, 
in  adversis,  si  quando  evenerint,  cum  iustitia  erecta,  amicum  bonis,  perversis 
contrarium,  nullius  unquam  faciem  contra  veritatem  recipiens,  nullius  unquam 
faciem  pro  veritate  loquente  promens,  misericordie  operibus  iuxta  virtutem  sub- 
ßtantie  insistens  et  tamen  insistere  etiam  supra  virtutem  sapiens,  infirmis  com- 
patiens,  benevolentibus  congaudens,  aliena  dampna  propria  reputans,  de  alienis 
gaudiis  tamquam  de  propriis  exultans,  in  corrigendis  vitiis  pie  seviens,  in  fovendia 
virtutibus  auditorum  animum  deiöulcens,  in  ira  Judicium  sine  ira  tenens,  in 
tranquilitate  autem  severitatis  juste  censuram  non  deserens.  Hec  est,  frater 
carissime,  pallei  accepti  dignitas,  quam  si  soUicite  servaveris,  quod  foris  accepisse 
ostenderis,  intus  habebis.  Fratemitatem  tuam  divina  miseratio  per  tempora 
Archivalisrhc  Zeltschrift  VIII.  7 


98  Priit?^- 

longa  incolumem  coiiservare  digiietiir.  Si  qu^,  igitur  in  futurum  ecclesiastica 
secularisve  persona  hanc  nostre  coiistitutionis  paginam  sciens  contra  eam  temere 
venire  temptaverit,  secundo  tertiove  commonita,  si  non  satisfactione  congrua 
emendaverit,  potestatis  honorisque  sui  dignitate  careat  reamque  se  divino  iudicio 
existiere  de  perpetrata  iniquitate  cognoscat  et  a  sacratissimo  corpore  et  sanguine 
domini  nostri  Jesu  Christi  aliena  fiat  atque  in  extremo  districte  uldoni  subjaceat 
examine.  Cunctis  autem  eideui  loco  justa  servantibus  sit  pax  domini  nostri 
Jesu  Christi,  quatinus  et  hie  fructum  bone  actionis  percipiant  et  apud  districtum 
judicem  premia  eteme  pads  inveniant.  Amen.  Amen.  Amen. 
Ego  Paschalis  catholice  ecclesie  episcopus  ss. 
L.  S.    ■*|*'  Ego  Dinizo  presb.  card.  tit.  Equitii  ss. 

-»Iv  Ego  Petrus  Portuensis  episcopus  ss.  f  Ego  Theo- 
baldus  diac.  card.  sce.  Marie  ss.  f  Ego  Ro- 
manus prbr.  card.  tit.  sce.  Prisce  ss.  f  Ego 
Mauricius  Bracharensis  aepus  ss.  f  Ego  Radulfus 
case  dei  prior  ss.  f  ^^  Athanasius  prbr. 
card.  tit.  b.  Clementis  ss. 

Datum  Later.  4  Kai.  Aug.  per  manum  Equitii  agentis  vicem  can- 

cellarii.    Indictione   undecima,   Incamatioms   dominice  anno  mill^ 

C*  HPy  pontificatus  autem  domini  Pascalis  secundi  pape  anno  4* 

Verumque  dictum  autenticum  et  originale  Privilegium  vidimus   et  per- 

legimus  diligenter,   non   cancellatum   nee   abolitum  neque   in   aliqua  sui  parte 

viciatum  ad  preces  et  instantium  eorundem  magistri  et  fratrum  jussimus  Aliotto 

publico  notario  infrascripto,   ut   ipsum   Privilegium  fideliter  transcriberet  et  in 

publicam  formam  redigeret  ad  perpetuam  firmitatem.    Porro  transcriptum  hoc 

una  cum  originali  privilegio  ascultantes  et  collationem  cum  diligentia  facientes, 

quia  comperimus  ipsum  de  verbo  ad  verbum  bene  ac  fideliter  exemplatum  nichil 

addito  vel   remoto,    idcirco   ad   perpetuam  memoriam  atque  robur  huic  trans- 

scripto  auctoritatem  originalis  ac  autentici  privilegii  omni  tempore  habituro  bullas 

nostras  plumbeas  duximus  imponendas. 

Ego  Aliottus  Uguicionis*)  imperiali  auctoritate  iudex  et  notarius  publicus 
illud  autenticum  et  originale  Privilegium,  unde  hoc  exemplum  a  me  scriptum 
est,  vidi  et  legi  et  prout  in  eo  inveni,  fideliter  supra  de  verbo  ad  verbum  de 
jussu  suprascriptorum  dominorum  Tyrensis  et  Cesariensis  archiepiscoporum  trans- 
scripsi  et  exemplavi  nullo  addito  vel  remoto  et  ad  perpetuam  firmitatem  in  publicum 
formam  redegi.  Anno  dominice  incamationia  M*  CC®  LV<*,  Indictione  XIII*, 
decimo  Kai.  Augusti.  Apud  Accon. 
VI,  n.  8. 


')  Dieser  Notar  kommt  auch  sonst  in  den  palästinischen  Urkunden  dieser  Zeit  vielfach  vor. 

Der  Zusammenhang,  in  welchen  diese  Urkunde  gehört,  und  die  Art,  wie  sie  in  den 
Besitz  der  Johanniter  gekommen,  ergehen  sich  aus  der  Thatsache,  dass  der  Orden  1255  den 
Berg  Tahor  und  die  ehemals  dem  dortigen  Kloster  gehörigen  Casalien  in  seinen  Besitz  brachte, 
um  dort  die  Grenze  mehr  gegen  die  Ungläubigen  zu  überwachen.  S.  Prutz,  Besitzungen  des 
Joh.-Ordens  in  der  Zeitechr.  des  deutschen  Palästina-Vereins  IV,  169—70,  wo  auch  einige  der 
hier  genannten  Orte  bereits  identlflcirt  sind. 


Malteser  Rtiidien.  99 


n. 

1146  Mai  4.  P.  Eagen  III  wiederliolt  die  vorstelieiide  Bolle  Pasohalis  II  and 

ergänzt  sie  durch  Bestimmnng  über  die  Weihe  des  mit  erzbischöflichem  Range 

ausgestatteten  Abtes  vom  Berge  Thabor. 

Eugenius  episcopus  servus  servorum  dei  fratri  Pontio,   vene- 
rabili  Montis  Thabor  abbati,  eisque  successoribus  salutem  et  apostolicam 

benedictionem.    Propheta  domini  virtutes  gerendas  in  ecelesia  pronuntians 

(gleichlautend  mit  der  vorstehenden  Bulle  Paschalis  n  bis  zur 
Aufzählung  der  Casalien,  wo  sich  folgende  Abweichungen  in  den  Namen  finden:] 
1)  Bor,  2)  Capharseth,  3)  Messa,  4)  Messchia,  5)  Capharmeza,  6)  Ehul,  7)  Irbeth, 
8)  Desurchaim,  9)  Salphet,  10)  Sueth,  11)  Avara  Haar,  12)  Petaras,  13)  Teletap, 
14)  dogros  so^^llano,  15)  Seetip,  16)  Eusenta,  17)  Aiun,  18)  Bamie,  19)  Alcotaim, 

2())  Metaara u.  s.  w.  —  proficiat  monachorum.    Tibi  verO,  frater  Pontii, 

omnibusque  tuis  successoribus  ad  exaltandum  sanctissime  transfigurationis 
dominice  ecclesiam  archiepiscopatura  tocius  Gralilee  et  Tiberiadis  cum  omnibus 
suis  pertinentiis  ad  exemplar  predecessoris  nostri  bone  memorie  Pape  Paschalis 
apostolica  auctoritate  confirmamus  et  presentis  scripti  privilegio  communimus. 
Palleum  preterea  fratemitati  tue,  plenitudinem  ^idelicet  pontificalis  officii  iuxta 
tenorem  pri\ilegii  bone  memorie  pape  Paschalis  apostolice  sedis  liberalitate 
concedimus.  Defuncto  vero  supradicti  montis  archiepiscopo  nullus  ibi  quallibet 
subreptionis  astutia  vel  violentia  preponatur,  sed  liceat  fratribus  ipsius  montis 
comuni  consilio  vel  partis  consilio  sanioris  secundum  dei  timorem  absque  ullius 
contradictione  archiepiscopum  ex  ipsis  eligere.  Porro  archiepiscopi  consecratio- 
nem  a  Jerosolimitano  suscipietis  episcopo,  siquidem  catholicus  fuerit  et  gratiam 
atque  comunionem  apostolice  se<lis  habuerit.  Quodsi  forte  Jerosolimitana  ecelesia 
vacaverit  vel  episcopus,  qui  fuerit,  ea  vobis  gratis  et  absque  dificultate  exibere 
noluerit,  liceat  vobis  Romanum  adire  pontificem  vel  alium,  quem  malueritis, 
vocare  antistitem  et  ab  eo  consecrationis  sacrosancta  suscipere,  qui  nimirum 
nostra  fultus  autoritate,  quod  postulatum  fuerit,  vobis  indulgeat.  Preterea  que- 
cunque  bona  in  posterum  liberalitate  regum,  largitione  prindpum  seu  concessione 
fidelium  poteritis  adipisci,  firma  vobis  vestrisque  successoribus  apostolica  atictoritate 

absque  ullius  episcopi  decimatione  et  illibata  permaneant.     Si  qua  igitur 

(wie  oben)  pacis  inveniant.    Amen. 

L.  S.       Ego  Eugenius  catholice  ecclesie  epus.  ss. 
t  Ego  Conradus  Sabinensis  epus.  ss. 
t  Ego  Albericus  Ostiensis  epus.  ss. 
t  Ego  Rainerius  pbr.  card.  tit.  sce  Prisce  ss. 
t  Ego  Mainfredus  pbr.  card.  tit.  sce  Sa^^ne  ss. 
t  Ego   Gillelmus  pbr.   card.  tit.   sei    Stephani 

in  Celio  monte  ss. 
t  Ego  Otto  diac.  card.   sei  Georgii  ad  velum 

aureum  ss. 
t  Ego  Gregorius  diac.  card.  sei  Angeli  ss. 
t  Ego  Petrus  diac.  card.  sce  Marie  in  via  lata  ss. 


100  Pnitz: 

Dat.  Sutrii  per  manum  Rotberti  sce  Romane  ecclesie  presbiteri  card. 
cancell. 

4.  Non.  Mail.  Indicione  VIII*.  Incarnationis  dominice  anno  M®  C*  XIA^• 
Pontificatus  vero  domini  Kugenii  pape  anno  II*'. 

Original  44,  n.  5. 


III. 

1119.  Juni  19.  apnd  S.  Egidinm.   P.  Calixtns  II  nimmt  das  Hospital  St.  Johannes 

in  Jernsalem  nebst  seinen  Besitzungen  diesseits  nnd  jenseits  des  Meeres  in 

den  Schutz  der  römischen  Kirche. 

Calixtus  episcopus  servus  servorum  Dei  vcnerabili  filio 
Giraldo  inst;tutori  ac  preposito  Jerosolimi t ani  xenodochii 
eiusque  legitimis  successoribus  in  perpetuum.  Ad  hoc  nos  dispo- 
nente  domino  in  apostolicae  sedis  |  servitium  promotos  agnoscimus,  nt  eins  filiis 
auxilium  implorantibus  efficaciter  sub venire  et  loea  venera bilia,  prout  dominus 
dedit,  protegere  debeamus.  Quamobrem,  dilecte  in  Christo  fili,  Giralde  pre- 
posite,  piis  hospitalitatis  tuae  |  studiis  incitati  petitionem  tuam  debita  benigni- 
tate  suscipimus  et  institutum  a  te  in  civitatc  Jerusalem  juxta  ecelesiam  beati 
Johannis  babtiste  xenodochium  ad  exemplar  domnii  predecessorLs  sanctae  memoriae 
PA8CALIS  pape  protectione  sedis  |  apostolicae  communimus.  Siquidem  con- 
cessionem  fratris  nostri  Pontii  Tripolitani  episcopi,  quam  predecessorem 
ßuum  Herbert  um  secutus  xenodocliio  vestro  contulit  et  cyrographo  sta- 
bilivit,  presentis  decreti  pagina  confimiamus.  Quod  nimirum  concessit  eidem 
Hospitali  et  tibi  tuisque  legitimis  successoribus  consilio  et  favore  Be rengar ii 
Aurasicensis  episcopi,  illis  in  partibus  sedis  apostolicae  tunc  legati,  decimas 
omnes  totius  terrae,  quam  tenuit  Clu i Helm us  Rostagni  et  post  eum  possedit 
Pontius  [  de  Mezenes,  a  castro  scilicet  Gaucefredi  de  Agolt  nominato 
usque  ad  Calamonem,  ecelesiam  quoque  parocliialem  habentem  baptiaterium, 
cimiterium,  oblatione^  vivorum  et  defunctomm  et  cetera  omnia,  quae  parocliiali 
ecclesiae  conveniunt,  onniesque  alias  ecclesias,  que  intra  fines  illius  suprascripte 
terra  sunt,  que  fuit  Pontii  de  Medenes,  et  quicquid  est  aliud,  quod 
debeat  esse  iuris  Tripolitanae  ecclesiae,  salva  tarnen  reverentia  et  obedientia  epi- 
scopi in  illis  presbiteris,  quos  |  prior  euprascripti  Ilospitahs  stabiliet  in  pre- 
nominatis  ecclesüs.  Preterea  dedit  eidem  Hospitali  ecelesiam  sancti  Johannis 
babtiste  in  Monte  peregrinorum  cum  omnibus,  quae  habere  debet,  et  cum 
decimis  molendinorum  Guillelmi  Beraldi  sive  etiam  cum  decimis  |  omnium 
possessionum  ac  rennn,  quas  prefata  domus  tunc  haberet  in  toto  Tripolitano 
espiscopatu.  Haue  itaque  concessionem ,  sicut  ab  eodem  episcopo  facta  et  a 
domino  predecessore  nostro  sancte  memoriae  PA  SC  ALI  papa  confirmata  est,  et 
universa,  quae  ad  |  sußtentandas  pregrinorum  et  pauperum  necessitates  vel  in 
Jerosolimitanae  ecclesiae  vel  in  aliarum  ecclesiarum  parochüs  et  civitatum  territorüs 
per  soUicitudinis  tuae  instantiam  eidem  xenodochio  acquisita  vel  a  quibuslibet 
fidelibus  viris  oblata  |  sunt  auf  in  futurum  largiente  Deo  offerri  vel  aliis  justis 
modis  acquiri  contigerit  quaeque  a  venenerabilibus  fratribus  Jerosolimitanae  vel 


Malteser  Studien.  lOl 

Antiocenae  seu  aliarum  sedium  episcopis  concessa  sunt,  tarn  tibi  quam  succes- 
soribus  tuis  et  fratribus  peregri  norum  iUic  curam  gerentibus  quieta  semper 
et  int^^  preciplmus  conservari.  Donationes  etiam,  quae  religiosi  r^es  et  ceteri 
principes  de  tributis  seu  vestigalibus  suis  eidem  xenodochio  deliberaverunt;  ratas 
haben  decemimus.  Preterea  xeno'dochia  sive  ptochia  in  occidentis  partibus 
apudBurgum  SanctiEgidii,  apud  Asten,  Pi8am,Barum,Ydrontum, 
Tarentum,  Messanam  Jerosolimitani  nominis  titulo  celebrata  et  villas  de 
Castellone,  beati  Cristofori,  Podii,  Cipriani,  de  fontibus  Orb,  Ber- 
golli, Pontis,  Monasterioli  et  villam  Dei  et  honores  omnes  sive  poses- 
siones,  quas  vestrum  xenodochium  ultra  seu  citra  mare  in  Asia  videlicet  vel 
Europa  aut  in  presenti  habet  aut  in  futurum  larjgiente  domino  poterit  adipisci, 
tam  tibi  quam  successoribus  tuis  hospitalitatis  pio  studio  imminentibus  et  per  vos 
eidem  xenodochio  in  perpetuum  confirmamus  et  in  tua  tuorumque  successorum 
subiectione  ac  dispositione ,  sicut  hodie  sunt,  manere  |  censemus.  Nulli  ergo 
omnino  hominum  liceat  idem  xenodochium  temere  perturbare  aut  eius  posses- 

siones  auferre  vel  ablatas  retinere,  minuere  vel  temerariis  vexationibus  f 

tare,  sed  omnia  integra  conserventur  eorum  pro  quorum  |  sustentatione  et 
gubematione  concesse  sunt,  usibus  omnimodis  profutura.  Sane  fructuum  vestro- 
rum  dedmas,  quas  ubilibet  vestris  sumptibus  laboribusque  coUigitis,  preter  episco- 
porum  vel  ecciesiarum  ministrorum  contradictionem  xenodochio  |  vestro  habendas 
possidendasque  sancimus.  Obeunte  te,  nunc  sepedicti  xenodochii  provisore  atque 
preposito,  nullus  ibi  qualibet  surreptionis  astutia  seu  violentia  preponatur,  nisi 
quem  fratres  ibidem  professi  secundum  Deum  providerint  eligendum.  |  Si  qua 
igitur  in  futurum  ecclesiastica  secularisve  persona  hanc  nostre  constitutionis  pa- 
ginam  sdens  contra  eam  venire  temptaverit,  secundo  tertiove  commonita  si  non 
satis&ctione  congrua  emendaverit,  |  potestatis  honorisque  |  sui  dignitate  careat 
reamque  se  divino  iudicio  existere  de  perpetua  iniquitate  cognoscat  et  a  sacratis- 
simo  corpore  ac  sanguine  Dei  et  domini  redemptoris  nosri  Jesu  Christi  aliena 
fiat  atque  in  extremo  examine  districte  |  ultioni  subiaceat.  Cunctis  autem  eidem 
loco  justa  servantibus  sit  pax  domini  nostri  Jesu  Christi,  quatenus  et  hinc  fructus 
bone  actionis  percipiant  et  apud  districtum  judicem  premia  eteme  pacis  in- 
veniant.    AMEN. 


L.  S.    Ego  Calixtus  catholice  ecclesie  episcopus  ss.         ^ 


Datum  apud  Sanctum  Egidium  per  manum  Grisogoni  sanctae  Romanae 
ecclesiae  diaconi  cardinalis  ac  bibliothecarii.  13.  Kai.  Julii.  Indict.  XII'  Dominicae 
incamationis  anno  M^C^XX*^,  pontificatus  autem  domini  CaUxti  secundi  pape 
anno  primo. 

Original  — VI,  1. 
Gedruckt  bei  Paoli,  Cod,  dipl.  I,  p.  269. 


102  Prutz: 


IV. 

1183.  Herzog  Friedrich  von  Böhmen  bestätigt  verschiedene  dem  Hospital  des 

H.  Johannes  in  Jemsalem  in  Böhmen  nnd  Mähren  gemachte  Schenkungen  und 

fügt  denselben  seinerseits  einige  hinzn. 

In  nomine  patris  et  filii  et  Spiritus  sancti  —  Amen.  Ego  Fridericus, 
dei  gratia  dux  Boemorum^  circumspiciens  et  considerans  patris  mei  beate 
memorie  Wl adizlay  regia  et  aliorum  predecessorum meorum facta commenda- 
bilia,  scilicet  in  ecclesüs,  quas  deo  et  sanctis  eins  edificaverunt,  et  in  beneficiis 
ac  possessionibus  ibidem  Deo  servientibiis  babundanter  coUatis,  cogitavi  apud  me, 
ut  et  ego  in  aliquibus  sequerer  vestigia  eorum  et  si  non  cum  primis,  saltem  cum 
muliere  paupere  offerrem  minutum  in  gazofilacium  domino.  Cum  ergo  de  hiis, 
quae  ad  me  hucusque  per  successionem  attavorum  et  avorum  pervenerunt,  aliqua 
diversis  cenobüs  contulissem,  venit  mihi  in  mentem  Hospithale  Jerosolimitanum, 
cui  a  pricipio  sui  principatus  se  pater  meus  devoverat  et  ei  aliqua  in  suo  regne 
contulerat.  Huius  autem  hospitalia  audiens  facta  fere  impossibilia,  set  quia  Dei 
sunt  possibilia,  deliberavi  de  mea  liberalitate  aliqua  ei  conferre,  aliqua  minus  ei 
utilia  utilioribuß  commutare,  aliqua  vero  reddere,  que  pater  meus  usque  ad  vite 
sue  finem  annuali  censu  redimens  retinuerat.  Dedi  ergo  ei  ecclesiam  cum  con- 
sensu  et  peticione  uxoris  meae,  quam  ipsa  inter  Pragam  et  Wicegrad  in  honore 
beati  Johannis  evangeliste  edificaverat  ob  memoriam  divinitus  michi  concesse. 
Circa  quam  ecclesiam  dedi  ei  terram  ad  coronam  meam  pertinentem  ad  unnm 
aratrum.  Dedi  etiam  ei  Botic  fluvium  cum  loco  piscine  et  molendini.  Tradidi 
etiam  ei  villam  iuxta  Vicaim  jacentem  nomine  Lynec  cum  silva,  que  super 
Albeam  jacet,  ei  pertinente.  Pro  Borizlau  autem  et  eius  pertinentiis  do  ei 
quasdam  villas  quondam  ad  Sathec  pertinentes  iam  diu  fere  desertas,  quarum 
nomina  sunt  hec :  Ztare,  Zedlo,  Sblasin,  Imnerovic,  Krizi,  Vzahradky,  Skirisici, 
Napolene,  Kaisowici,  Trihonin  villam,  quam  mea  propria  pecunia  emi  a  comite 
lurik  de  Milevzeho,  dedi  domui  Hospitali.  Confirmo  etiam  Malmirostrov,  quam 
comes  Hrabire  fideli  servido  a  me  deservivit  et  eidem  domui  contulit.  Do  etiam 
et  confirmo  Wopolom,  Wranow  et  omnem  silvam  circa  et  infra  illas  villas  ja- 
centem, que  vidgariter  dicitur  Hole,  ubi  custodes  silve  mee  fuerunt,  qui  vul- 
gariter  dicuntur  Hayn.  Quarum  villarum  culta  et  inculta  ipsemet  presens  cir- 
cuire  precepi  Hrabysam  simimum  curie  mee  camerarium  et  Matheum  summum 
curia  mee  venatorem.  Quam  circumicionem  Jherusalem  vocari  precepi  et  in  ea 
ecclesiam  fieri  jussi  in  honore  sancti  Sepulchri  dominici  et  beati  Johannis  baptiste. 
Confirmo  autem  ei  omnes  donationes,  que  in  diebus  principatus  mei  date  sunt  vel 
dabuntur  ei,  utpote  donationem  uxoris  mee,  sciücet  parrocliiam  sancte  Marie 
ad  argentariam,  ita  quod  nulli  liceat  ibi  aliam  ecclesiam  edificare  preter  volun- 
tatem  eorum.  Et  alia  parrochia,  que  edificatur  in  Kadan  super  Egram  fluvium. 
Confirmo  etiam  villam  Trebiz,  quae  jacet  super  fluvium,  qui  dicitur  Mnlina,  quam 
eadem  uxor  mea  ipsi  contuUt.  Nichilominus  assensi  et  assentio  omnibus  nobiÜbus 
meis,  qui  eis  elemosinas  suas  vel  dederint  vel  deinceps  dare  voluerint,  sicut 
Petro  filio  Milgozt,  qui  predicte  domui  portionem,  que  eum  contingebat,  here- 
ditatis  contulit.  Confirmo  etiam  ecclesiam  in  honore  beate  Marie  dedicatam  et 
omnia  ad  ipsam  spectantia,  ligneam  etiam  ecclesiam,  quam  construxit  Bohuse 


Jklalteser  Studien.  103 

barbatus  beneficio  castri  in  Oladesc'lie  honoratus  et  terram  ad  unum  aratrum 
ante  castnim  Hradech,  quam  dedit  iam  noininate  domui  Ozel  filius  Hirdete. 
Contirmo  iterum  \illam  Iwanowic  super  Hanam  fluvium  in  Moravia,  quam 
Trojanus  et  fratres  sui,  tilii  Dluhomili,  dederunt,  et  villam  Bei  chic,  quam 
Prisizlaus,  filius  Helie,  dedit.  Confinno  etiam  terram  desertam  in  Modlecovic  ad 
unum  aratrum  in  p^o^^ncia  Prirorensi  pertinentem  ad  castrum  Hradec.  Terra 
autem  eadem  vocatur  Koberic.  Confinno  preterea  Hrobeniki  super  fluvium,  qui 
dicitur  Tzina,  cum  suis  attinenciis  ex  una  parte  Hlubehice  termino  jacente 
usque  ad  terminum  Bohuhwalov  et  dehinc  usque  ad  pontem  virgis  factum,  qui 
dicitur  Bezstrecowahat,  et  ab  bis  terminis  semita  et  signa  protenduntur  usque 
in  Kozidot  et  deinde  eadem  signa  usque  Milich  fluvium  protenduntur.  Hoc 
autem  factum  est  fratris  mei  Wladimiri  assensu  accedente.  Igitur  pro  larga  et 
ampla  caritate,  quam  habent  in  veneranda  domu  Hospitalis  in  recipiendis  in- 
fimiis  tam  pauperibus  (^uam  divitibas,  hominibus  de  Iwanowic  et  omnibus  viUis 
ad  eandem  villam  pertinentibus  et  hominibus  de  Hrobnik  et  omnibus  vülis  illic 
spectantibus,  in  furtiH,  in  homicidüs  sive  in  aliis  (luibuscunque  collectis,  sive  in 
castris  sive  in  pontibus  edificandis  vel  in  quocunque  alio  negotio  terre,  si  quando 
forte  contigerit,  eandem  hbertatem  et  securitatem  concedimus,  quam  antecessores 
nostri  Holomucensi  contulerunt  episcopatui.  Fax  ergo  sit  eis  hominibus  villarum 
jam  nominatis  vel  etiam  futuris,  (luos  divina  Providentia  et  bominum  laigitione 
suis  usibus  collegerint,  et  libera  securitas  et  secura  libertas  sit  eis  a  me  et  ab 
omnibus  meis  successoribus  in  secula  seculorum.  Amen.  Ne  autem  donatio  et 
confirmatio  mea  in  irritum  ducatur.  rogo  fratrem  meum,  Brecizlaum  episcopum 
Pragensem,  et  omnes  suos  successores  et  dominum  Caym  episcopum  Hdomu- 
censem  et  omnes  suos  posteros,  ut  quicunque  spiritu  malitie  ductus  factum  hoc 
immutare  vel  fratribus  dicte  domus  sive  in  Boemia  sive  in  Moravia  in  aliquo 
detrahere  presumat,  maledictionis  flagello  puniatur.  Huius  facti  testes,  qui  erant 
presentes,  hie  sunt:  Elisabeth  ducissa,  Wladimir,  dux  de  Holomuc  cum  fratre 
suo  Brecizlao,  Brecizlaus  episcopus  Pragn.,  Kayn  episcopus  Holom.,  Lampreht 
abbas  de  Cladorub.,  Minger  abbas  de  Plaz.,  Florianus  prepos.  Wicegrad,  Hrabice 
camerarius,  Matheus  summus  venator,  Martinus  camerarius  Holom.,  Predo  de 
Xechstin,  Milhozt  comes  beneficium  liabens  in  Boyzes  et  summus  venator  sil- 
varum  spectantium  in  Xetholic,  Smil  de  Vderche  cum  flliis,  Beneda  de  Swesin, 
Otto  Woyzky  cum  fratre  Rediwoy  et  tiliis,  Chazlav  de  Potin,  Bozden  de  Pesto- 
dlut  maior  procurator  in  beneficio  Milhezd,  Martin  de  Milkov.  Ego  Brecizlaus 
episcopus  Pragensis  rogatu  fratris  mei  Friderici,  ducis  Boemiae,  omnes,  qui  im- 
mutare hoc  factum  vel  fratribus  dicte  domus  in  aliquo  detrahere  presumpserint, 
auctoritate,  qua  fungor,  excommunicationis  vinculo  imiodatos  penae  gehennali 
subiitio   perpetuaüter   cruciandos.     Ego  Kayn  episcopus  Holomucensis   rogatu 

Friderici  ducis  omnes  etc crucianos.  Eandem  autem  penam  excommunicationis 

nos  duo  episcopi  nostris  relinquimus  successoribus. 

Actum  est  autem  hoc  anno  dominice  incamationis  MCLXXXUI,  prin- 
cipatus  mei  VH*^,  pontificatus  vero  Brecizlai  fratris  duds  anno  secundo. 

Original  der  Urkunde,  die  Dobner  IV,  245  und  danach  Boczekl, 
p.  307  „e  copiis  in  Archivo  Olomuc."  veröffentlicht  haben. 


104  Prutz: 


V. 

1270.  Ritter  Peter  äbergiebt  seinen  Leib  znm  Begräbniss  den  Tempelherren 

in  St.  Gilles  nnd  vermacht  denselben  feierlich  seine  gesammte  Habe. 

Notum  Sit  Omnibus,  quod  anno  domini  M.  CC.  LXX,  scilicet  II.  Idus 
Septembris,  existentibus  dominis  civitatis  Avinion.  domino  Alphonso,  Dei  gratia 
comite  Tholosano  et  marchione  Provincie,  et  domino  Karolo,  eadeni 
gratia  comite  et  marchione  Provincie  et  comite  Fulcalesen.,  ego  Petrus 
de  militia,  ^er  corpore,  in  bona  mentis  mee  valetudine  existens,  relinquo,  ofiEero 
et  dono  tibi,  fratri  Lamberto  templario  et  camerario  domus  militie  Tempil 
Sancti  Egidii,  presenti  et  recipienti  nomine  dicte  domus  corpud  (sie)  meum 
sepeliendum  tempore  mortis  mee  in  cimiterio  dicte  domus,  ponendo  manus  meas 
infra  manus  tuas  et  ne  contra  hoc  veniam  aliqua  ratione  vel  jure,  bona  fide  et 
sine  dolo  per  soUempnem  stipulationem  tibi  promito  et  super  sancta  Dei  evan- 
geha  a  me  corporaUter  tacta  tibi  juro  renuntians  in  predictis  omni  juri  omnique 
rationi  vel  qua  contravenire  possem.  Et  ego  frater  Lambertus  predictus  in 
nomine  domini  nostri  Jesu  Christi  et  gloriose  beate  Marie  matris  eiusdem  et 
nomine  domini  Roncelini  magistri  domorum  militie  Templi  in 
Provincia,  et  pro  ipso  te  dictum  Petrum  de  m^litia  per  manuum  tuarum 
apprehensionem  recipio  in  omnibus  bonis  temppralibus  et  spiritualibus  dicte 
domus  et  corpus  tuum  tempore  mortis  tue  sollempniter  sepeliendum  in  cimi- 
terio dicte  domus.  Factum  fuit  hoc  Avinion.  in  stari  dicti  Petri  de  militia. 
Testes  afifuerunt  presentes  domini  Johannes  iMior  domus  sei.  Benedict!.  Bertrandus 
de  cavis  montibus  frater.  Guill.  Clarius  de  Mari  et  frater  Petrus  Gamerius 
templarii,  Rd.  Clarius.  Et  ego  Petrus  Carresia  Avinion.  notarius,  qui  in  dictis 
onmibus  presens  interfui  et  mandato  dictorum  presentium  hanc  cartam  scripsi 
et  signavi. 

Original.     18,  n.  17. 


VI." 
1190.  April  16.  P.  Clemens  m  verkündet,  dass  er  den  nnter  Leitnog  des 
Erzbisohofs  von  Narbonne  zwischen  den  Grossen  der  Provence  geschlossenen 
Landf^eden  znm  besonderen  Schutz  des  Ackerbaues  bestätigt  habe,  beauftragt 
die  Tempelherren  mit  der  Erhebung  der  festgesetzten  Abgabe  von  jedem  Pfluge, 
deren  Ertrag  ihnen  zufallt,  und  mahnt  alle  zur  Beobachtung  dieser 
Bestimmungen  anzuhalten. 

Clemens  episcopus  servnis  servorum  Dei  venerabilibus  fratribus  archi- 
episcopis,  episcopis,  dilectis  fihis  abbatibus,  principibus  atque  aUis  Dei  fidelibus, 
ad  quos  littere  iste  pervenerint,  salutem  et  apostoUcam  benedictionem.  Sicut 
Sacra  evangelii  testatur  auctoritas,  qui  recipit  justum  in  nomine  justi,  mercedem 
justi  suscipiet.  Verumptamen  miütes  Templi,  quod  Jerosolimis  situm  est,  quam 
specialiter  sint  omnipotentis  Dei  servitio  mancipati  et  militie  celesti  connume- 
rati,  reverendus  eorum  habitus  indicat  et  Signum  crucis  dominice,  quod  in  suo 
corpore  assldue  baiulant,  manifestat.    Ipsi  enim  ad  hoc  constituti  sunt,  ut  pro 


:Malte8er  Studien.  105 

fratribus  animas  ponere  non  forraident.  Dignum  igitur  est,  ut  tarn  preclaris 
athletis  Christi  modis  omnibus,  quibus  secundum  Deum  poterimus,  providere 
curemus.  Et  quidem  bone  memorie  Amoldus  Narbonensis  archiepiscopus  con- 
silio  et  consensu  illustrium  virorum  bone  recordationis  A.  comitis  Tolosani,  Hu. 
comitis  Rutenien.,  Rogerii  vicecomitis  Bitren.  necnon  et  aliorum  nobilium  virorum 
illius  terre  pro  reverentia  et  sustentatione  eorundem  niilitum  hanc  institutionem 
In  suis  partibus  confirmavit.    Quam  etiam  nuper  venerabiles  patres  nostri  Arela- 

tensis  archiepiscopus  cum  suffraganeis  suis  et epus  de  consilio  et  assensu 

Illustrium  virorum  A.  regis  Aragon.,  R.  comitis  Tolosani,  — .  comitis  Furcalca- 
riensis,  Baroli  domini  Massilien.  et  aliorum  nobilium  virorum  illius  terre  de- 
liberatione  provida  confirmarunt,  ut  boves  et  omnia  aratoria  animalia,  bubulci 
quoque  ac  boum  custodes  omnisque  apparatus  arantium  animalium  necnon 
homines  et  bestie,  que  semina  vel  aratrum  ad  campum  detulerint,  omni  tem- 
pore sint  secura.  Et  sicut  adjutoribus  et  defensoribus  huiusmodi  institutionis 
peccatorum  suorum  veniam  indulgemus,  ita  e  contrario  eiusdem  pacis  et  treugue 
violatoribus  penam  anathematis  irrogamus,  hoc  etiam  addito,  ut  in  castello  vel 
\illa,  ubi  boves  ablati  vel  furto  abducti  fuerint  intromissi,  preter  baptisma  et 
penitentias  nullum  divinum  officium  celebretur,  donec  ea,  que  contra  tenorem 
X)acis  ipsius  (et)  treugue  surrepta  fuerint,  ex  int^ro  restituantur.  Pro  uno- 
quoque  etiam  aratro  sextarius  frumenti  eisdem  militibus  annualiter  persolvatur. 
Et  quoniam  nostri  officii  est  ea,  que  ad  pacem  atque  securitatem  fidelium  per- 
tinent,  congtituere  et  firmare,  eandem  tr^uguam  atque  institutionem  auctoritate 
apostolica  confirmamus  et  ut  eam  per  vestras  parrochias  nuntietis  atque  id 
ipsum  a  vestris  parrochianis  fieri  faciatis  et  pariter  observari  in  peccatorum 
vestrorum  remissionem  vobis  injungimus.  Studii  autem  vestri  sit,  ut  per  sin- 
gula  castella  vel  villas  idonea  persona  ad  recolligendos  eosdem  redditus  vestro 
auxilio  per  eorundem  militium  dispositiouem  statuatur.     Que  nimirum  eandem 

elemosinam  fideliter  coUigat  et  cum  omnibus  rebus  suis pacis  et  treugue 

Dei  defensione  consistat.  Preterea  quemadmodum  primum  in  Pisano  ac  post- 
modum  in  Lateranensi  concilio  viva  voce  predecessor  (noster  beate)*)  memorie 
papa  Lmocentius  rogavit,  ita  etiam  nos  presentibus  litteris  vos  rogamus,  ut  ad 

subventionem  eorundem  militum  debite  caritatis  affectu is  et  tam  bis 

quam  alüs  modis,  quibus  eisdem  sersds  Dei  prodesse  poteritis,  ipjsos  iuvare  ac 

fovere  curetis.  Vobis  autem  archiepiscopis,  episcopis  et endo  mandamus, 

ut  si  quis  contra  prefatam  constitutionem   venerit  et  eam  ausu  sacrilego  in- 

fringere  attemptaverit,  vestre m  de  ipso  iustitiam  faciatis.     Obedientes 

vos  monitis  nostris  gratia  di%ina  custodiet  et  de  vestre  actionis  studiis  exaltare 
concedet.    Datum  Laterani  XVI  Kai.  Mali,  Pontificatus  nostri  anno  tertio. 
Durch  Brüche  beschädigte  Copie  s.  13,  10,  n.  14. 


*)  Lücke  ergänzt. 


IIL  Komthure   des  Johanniter -Ordens    im  Gebiet  des 
jetzigen  Königreichs  Württemberg. 


Mitgetheilt 

von 

R  Fr.  Stalin, 

k.  ArcluNTath  in  Stuttgart. 


Unter  den  früheren  geistlichen  Herren  des  jetzigen  Königreichs 
Württemberg  spielte  der  Johanniterorden  zwar  keine  besonders 
hervorragende  Rolle ,  doch  besass  auch  dieser  Orden ,  welcher  auf 
ganz  anderen  Schauplätzen  sich  Lorbeeren  errang,  immerhin  einige 
Kommenden  im  Lande.  Es  waren  dies:  Mergentheim,  vielleicht 
schon  1207,  jedenfalls  aber  1225,  eine  im  Jahre  1554  von  diesem 
Orden  an  den  Deutschen  Orden  verkaufte  Kommende ;  Schwenningen 
(0.  A.  Rottweil) :  wenigstens  \\ard  ein  Haus  des  Ordens  allda  in  den 
Jahren  1212  und  1257  erwähnt;  Hall,  vielleicht  schon  vor  1228, 
jedenfalls  aber  1249;  Rexingen  (0.  A.  Horb)  1228;  Hemmendorf 
(0.  A.  Rottenburg)  1258;  Rottweil  (?1247)  1277;  Dätzingen  (0.  A. 
Böblingen)  spätestens  1281;  Rohrdorf  1296;  Aflfaltrach  (0.  A.  Weins- 
berg): an  diesem  Orte  erscheint  zwar  seit  dem  letzten  Viertel  des 
13.  Jahrhunderts  Besitz  des  Ordens,  allein  derselbe  war  doch 
meistens  nur  eine  Zubehörde  der  Haller  Kommende,  so  dass  in 
früherer  Zeit  nur  höchst  ausnahmsweise  sich  auch  nach  Affaltrach 
*[omthure  nannten,  erst  im  17.  Jahrhundert  scheint  Affaltrach  als 
eine  eigene  Kommende  betrachtet  worden  zu  sein,  blieb  aber  auch 
jetzt  noch  stets  mit  der  Haller  vereinigt.  Auch  Hemmendorf  und 
Rexingen,  Dätzingen  und  Rohrdorf  erscheinen  in  späteren  Jahr- 
hunderten meist  unter  denselben  Komthuren. 

Durch  Patent  vom  19.  November  1805  nahm  Kurfürst  (bald 
darauf  König)  Friedrich  von  Württemberg  von  den  in  und  an 
seinen  Landen  gelegenen  Besitzungen  wie  der  Reichsritterschaft  und 
des  Deutschen  Ordens,  so  auch  des  Johänniter-Ordens  Besitz,  jedoch 
verblieben  die  Kommenden  des  letzteren  durch  einen  besonderen 
Vertrag  mit  demselben  vom  4.  August  1806  dem  Ordön  noch  für 
einige  Jahre  unter  dem  Schutz  und  der  Souveränität  der  württem- 
bergischen Krone. 


Komthure  d.  Johanniterordens  im  Geb.  d.  jetzigen  Königr.  Württemberg.    107 

Das  im  Folgenden  gegebene  Verzeichniss  der  einzelnen  Vor- 
steher der  genannten  i)  Kommenden  oder  Komthure,  welches,  soweit 
nicht  anderes  bemerkt,  stets  unmittelbar  aus  Urkunden  in  der  Weise 
geschöpft  ist,  dass  die  beigesetzten  Jahreszahlen  die  einmalige, 
beziehungsweise  früheste  und  späteste  Erwähnung  in  Urkunden 
bedeuten,  dürfte  für  die  Geschichte  der  in  ihm  vorkommenden 
adeligen  Geschlechter  nicht  ganz  ohne  Werth  sein.  Es  ist  in  Bezug 
auf  dasselbe  nur  noch  kurz  Folgendes  zu  bemerken.  Bei  denjenigen 
Kommenden,  welche,  namentlich  in  der  späteren  Zeit,  meistens  von 
denselben  Komthuren  verwaltet  wurden  und  daher  auch  hier 
zusammengenommen  worden  sind,  ist  durch  Beisetzung  des  Anfangs- 
buchstabens des  Namens  der  betreffenden  Kommenden  angezeigt,  ob 
die  einzelnen  Komthure  in  den  zu  Grunde  liegenden  Urkunden 
als  Inhaber  beider  Kommenden  oder  nur  als  solche  der  einen  oder 
anderen  Kommende  aufgeführt  sind,  allein  wie  sich  aus  vielfacher 
Vergleich ung  ergiebt,  war  es  oft  mehr  zufällig,  gerade  durch  die 
Verhältnisse  des  einzelnen  Falles  gegeben ,  dass  sich  ein  Komthur, 
welcher  beide  Kommenden  innehatte,  blos  nach  der  einen  nannte, 
und  es  schliesst  daher  die  Beisetzung  blos  der  einen  Kommende 
nicht  aus,  dass  der  Betreffende  auch  die  andere  innegehabt  habe, 
es  fehlt  dann  eben  nur  hinsichtlich  der  letzteren  an  einem  urkund- 
lichen Nachweise.  Die  rasche  Aufeinanderfolge  der  einzelnen  Kom- 
thure, wie  sie  in  älterer  Zeit  einige  Kommenden  aufweisen,  legt 
die  Vermuthung  nahe,  es  seien  damals  diese  Aemter  nur  für  einige 
Jahre  besetzt  worden. 

Kommende  Hall-Affaltrach.'^) 

[Heinrich.  1249.  (H.)] 

Conrad.  1263.  (H.) 

Ulrich.  1275—1290.  (H.) 

Rucger  von  Scheffau.  1293—1296.  (H.) 

[Schenk  Walther  von  Limburg.  1295.  (H.)] 

Eberhard  von  Bell.  1298-1300.  (H.A.) 

Erbe  von  Rumersheim.  1300.  (H.) 

[Schenk  Ludwig  von  Staufeneck.  1303.  (H.)J  • 

Albrecht  von  Katzenstein.  1304.  (H.) 

Rucger  [von  Scheffau].  1307.  (H.) 


')  Vom  Schwenninger  Ordenshause  sind  keiue  Komthure  bekannt. 

>)  Das  in  [  ]  Beigesetzte  beruht  auf  den  Angaben  H.  Bauers  in  Württembergisch  Franken 
9,  26  ff.,  368  ff.,  welche  zum  Theil  denselben  Quellen  entnommen  sind,  wie  die  obigen  Mit- 
theilungen, sowie  auf  der  Beschreibung  des  Oberamts  Weinsberg  S.  175. 


108  Stalin: 

Heinrich  von  Scheffau.  1311.  (H.) 

Rudolf  von  Berwerstein.  1317.  (H.) 

Conrad  von  Neuenstein.  1335 — 1368.  (H.) 

Arnold  von  Berlichingen.  1388—1391  (H.) 

Marquard  Staheler  (Stahelaw).  1405-1408.  (H.). 

Reinhard  von  Ow.  1436—1413.  (H.) 

AVilhelm  Wylheimer  (Wühelmer).  1443-1448.  [U.) 

Hennann  von  Hinwil  (Heynweil,  Hinterwyle),  1453  —  1469.  (H.) 

Johannes  GremUch.  1472.  (H.) 

Friedrich  von  Enzberg.  1480-1507.  (H.) 

AVeiprecht  von  Münchingen.  1512—1514.  (H.) 

Georg  Schilling  von  Cannstatt.  1531—1544.  (H.A.) 

Georg  Graf  von  Neuenbürg,  Herr  zu  Thengea  [1548]  1550—1565.  (H.) 

PhiUpp  Riedesel  von  Camberg.  1587.  (H.) 

Ottfried  von  Heppenheim,  genannt  vom  Saal.  1589.  (H.) 

Weiprecht  von  Rosenbacb.  1594—1600.  (H.) 

Philipp  von  Braunsberg,  Herr  auf  Brölburg.  1603.  (A.) 

Johann  Dietrich   von  Staffel   zu  Baldenstein    und  Falkenstein.    1629  bis 

1633.   (H.A.) 
[Heinrich  Moriz  von  Wolframsdorf  1648—1660.  (H.A.)] 
Johann  Balthasar  Drandorf.  1664.  (II.) 
[Cardinal  von  Reede.  1666.  (H.A.)] 
[Freiherr  von  Trösten.  1667—1671.] 
Johann  Arnold  Freiherr  von  Wachtendonk.  1701.  (H.A.) 
Philipp  Wilhelm  Graf  von  Nesselrode  und  Reichenstein.  1709.  (HA.) 
Nicolaus  Antonius  Freiherr  von  Enzberg.  1727 — 1743.  (H.A.) 
Franz  Joseph  Freiherr  von  Griset  zu  Forell.  1761—1785.  (H.A.) 
Franz  Conrad  Joseph  Freiherr  von   Truchsess.    1794—1797.   (A.)   [1809 

pensionirt,  f  1826]. 

Kommende  Hemmendorf-Rexingen. 

Dietrich.  1228.  (R.:  „prior"). 

Berthold.  1280.  (R.) 

Burkhard.  1281.  (H.) 

Berthold.  1285—1290.  (H.) 

Burkhard.  1285-1289.  (R.) 

[(?)  Berthold  Limp.  1290.  (H.)j») 

Gottfried  von  Cüngenfels.  1297.  1298.  (R.) 

Walther  Schenk  von  Limburg.  1298.  (H.) 

Haug  Graf  von  Tübingen.  1300.  (R.) 

Eberhard  von  Seebronn.  1301.  (H.) 

Gottfried  von  Cüngenfels:  1302.  (R.) 

Berthold  Liupe.  1802.  (H.) 

Walther  Schenk  von  Lunburg.  1305—1306.  (R.) 

Albrecht  von  Niefem.  1309.  (R). 


*)  Beschreibung  des  Oberamts  Rottenburg  S.  ITl 


Komthure  d.  Johanniterordens  im  Geb.  d.  jetzigen  Königr.  Württemberg.      109 

Friedrich  von  Thumnau.  1309.  (H.) 
Richard.  1310.  (R.) 
Bewrt  (?)  1310.  (H.) 

Albrecht  von  Niefem.  1315-1317.  (H.R.) 
Wolf  von  Frauenberg.  1321.  (H.R.) 

Hugo  Graf  von  Tübingen.  1322-1364.  (R.;  später  auch  H.) 
Heinrich  Graf  von  Sulz.  1331.  (H.) 
Friedrich,  genannt  der  Teufel.  1371.  (H.R.) 
Hermann  von  Ow.  1373.  (R.) 
Peter  Salzfass.  1384.  (R.) 
Hermann  von  Ow.  1388.  (H.) 
Reichard  Söler.  1401.  (R.) 
Heinrich  von  Magenheim.  1405.  1406.  (R.) 
Peter  Salzfass.  1407—1423.  (H.R.) 
Johannes  von  Weitingen.  1446—1450.  (R.) 
Beetz  von  Lichtenberg.  1474—1480.  (H.R.) 
Peter  Stoltz  von  Bickelheim.  1487—1488.  (H.) 
Philipp  Stoltz  von  Bickelheim.  1495—1496.  (H  R.) 
Ulrich  Graf  von  Montfort.  1507—1519.  (H.) 
Georg  vom  Haus  (Hove).  1526—1527.  (H.R.) 
Wilhelm  Reiss  von  Reissenstein.  1529—1533.  (H.R.) 
'  Hermann  Schenk  von  Schweinsberg.  1542 — 1546.  (H.R.) 
Ulrich  von  Stemenfels.  1556-1565.  (H.R.) 
Hans  Georg  von  Schönbom.  1578—1584.  (H.R.) 
Philipp  Riedesel  von  Camberg. -1587— 1588.  (R.) 
Augustin  Freiherr  von  Mörsberg  und  Beffort.  1588— 1603.  (H.R.) 
Ferdinand  von  Muggenthal  zu  Hexenacker.  1606—1621.  (H.R.) 
Maximilian  Schliderer  von  I^achen.  1622-1650.  (H.R.) 
Johann  Friedrich  Reding  zu  Biberegg.  1659.  (H.R.) 
Hermann  Freiherr  von  Wachtendonk.  1680.  (H.R.) 
Philipp  Freiherr  von  Schönbom.  1688—1693.  (H.R.) 
Johann  Friedrich  Schenk  Freiherr  von  Staufenberg.  1710.  (H.R.) 
Franz  Anton  Freiherr  zu  Baden.  1738  -1740.  (H.R.) 
Maria  Felix  Willibald  Reichsgraf  von  Fugger.  1765—1792.  (H.) 
Johann  Jacob  Freiherr  von  Pfirt.  1797/8.  (H.R.) 
Victor  Conrad  Graf  von  Thum.  1802.  (H.) 

Kommende  Mergentheim J) 

[Albert.  1225]. 

[Hermann  von  Rode  1267 1. 

[Eberhard.  1267-12771. 

Hermann.  1280. 

[Conrad  von  Heineberg.  1283J. 


*)  Das  in  [  ]  Beigesetzte  beruht  auf  den  Angaben  H.  Bauers  in  Württembergisch 
Franken  8,  281  ff.,  welche  freilich  nach  seinem  eigenen  Zugeständniss  nicht  volle  Garantie  für 
die  Richtigkeit  und  Schreibweise  der  Namen  bieten. 


110  Stalin: 

Heinrich  von  Louigingen  [Lauingen].  1285. 
[Helwig  von  Randesacker.  1293]. 
[Heinrich  von  Castell.  1297]. 
[Rüdiger  Reich  von  Mergentheim.  1800— 1308J. 
I Albrecht  von  Katzenstein.  1311]. 
Johann  von  Rotenstein.  1812. 
Martin  [von  Mergentheim].  1320  - 1341  [1842]. 
Heinrich  von  Remde.  1349—1363. 
Raben  Martin  [von  Mergentheim].  1370. 
[Johann  Ludener  (von  Lauda).  1385J. 
Heinrich  Rattenzaggel.  1386. 
[Weiprecht  von  Ryedem.  1390]. 
Hermann  Crantz.  1399. 
[Marquard  Stahler.  1410]. 
Wilhehn  von  Hailflngen.  1414—1426  [1436J. 
Marquard  von  Meldungen.  1438 — 1441. 
Jöig  von  Hohenheim.  1446-1451  [1452]. 
Friedrich  Fetzer  von  Geisspitzheim.  [1455]  1456—1473. 
.  Weiprecht  von  Münchingen.  1496—1508. 
[Christoph  von  Leenstein.  1529]. 
Georg  SchilUng  von  Cannstatt.  1531—1544. 
Georg  Graf  von  Nellenburg  Herr  zu  Thengen.  [1548—]  1554. 

Kommende  Rohrdorf-Dätzingen.^) 

Heinrich.  1283.  (D.) 

Gottfried  von  Clingenfels.  1297.  (R.) 

Burkhard.  1300.  (D.) 

Albrecht  von  Niefem.  1310.  (D.) 

Hermann.  1317.  (R.) 

Wolf  von  Frauenberg.  1321.  (R.) 

Rudolf  von  Masmünster.  1325.  (R.) 

Heinrich  von  Sulz.  1332—1333.  (D.) 

Conrad  der  Walch.  1342-1357.  (R.) 

Friedrich  Graf  von  ZoUem.  1361—1381.»)  (R.D.) 

Wolf  Schenk  [von  Andeck].  1398—1401.  (R.) 

Johannes  Söler  genannt  Richtenberg.  1407.  (D.) 

Albrecht  Böcklin.  1428—1431.  (D.) 

Johannes  von  Weitingen.  [1429J.  1438—1450.  (R.D.) 

Georg  Bombast  von  Hohenheim.  1453—1496.  (R.) 

Michael  von  Tachenhausen.  [1501]  1504—1537  [1540].  (R.) 

[?  Jörg  Schilling.  1624.  (R.)J 

Haug  von  Münchingen.  [1548]  1552—1558.  (R.D.) 

Jerg  Endris  Kechler  von  Sohwandorf.  1560—1568.  (R.D.) 


')  Daa  In   [  ]    Beigesetzte  beniht    auf  den  Angaben   der  Beschreibung    de«  Oberamt^ 
Nagold.  S.  212. 

')  Mon.  Zolleran.  I.  uro  330. 


Komthure  (\.  Johanniterordens  im  Geb.  d.  jetzigen  Königr.  Württemberg.      1 1 1 

Carl  Reiss  von  Reissenstein.  1578—1588  [1599|.  (R.D.) 

Weiprecht  von  Rosenbach.  1594-1600.  (RD.) 

Johann  Friedrich  Hund  von  Saulheiih.  1602.  (R.D.) 

Arbogast  von  Andlau.  1602.  (R.D.) 

Hans  Werner  Edler  auf  Raitenau.  1610—1637.  (R.D.) 

Hieronymus  Mettemich  Freiherr  zu  Gracht  und  Langnau.  1658—1664.  (R.D.) 

Johann  Wilhelm    Freiherr   von   Elverfeld,  Herr  zu  Herbe<le.    1686  bis 

1688.  (R.D.) 
Johann  Arnold  Freiherr  zu  Wachtendonk.  1701.  (R.) 
Hermann  von  Schade.  1728—1741.  (R.) 
Franz  Sebastian  Freiherr  zu  Remchingen.  1760—1769.  (R.D.) 
Johann  Baptist  Anton  von  Flachslanden.  1773—1796.  (R.D.) 

Kommende  Rottweil. 

Conrad  von  E^heim  1280—1295. 

Ulrich  Bletz.  1310. 

Rudolf  von  Masmünster.  1326. 

Walther  von  Rechberg.  1365. 

Gylien  der  Flöter.  1385. 

Johann  von  Ow.  1398—1416. 

Reinbold  zum  Trubel.  1429—1435. 

Conrad  Schappel.  1455. 

Jörg  von  Ow.  1478—1489. 

Conrad  von  Schwalbach.  1503. 

Lienhart  Gys.  1512—1538. 

Georg  Schilling  von  Cannstatt.  1550. 

Georg  Andreas  Kechler  von  Schwandorf.  1557. 

Conrad  von  Frauenberg.  1567. 

Georg  Bombast  von  Hohenheim.  1560. 

Hans  Georg  von  Schönbom.  1584. 

Philipp  Riedesel  von  Camberg.  1587—1588. 

Bernhard  von  Angelloch.  1595—1597. 

Weiprecht  von  Rosenbach.  1600. 

Wolf  Philipp  Freiherr  von  und  zu  Gutenberg.  1680. 

Carl  Philipp  Reichsgraf  von  Freitag.  1699. 

Mattheis  Theodor  Freiherr  von  Wendt,  Herr  zu  Holzfeldt  und  Forst.  1706. 

Bernhard  Moriz  Freiherr  von  Cappel  zu  Horst.  1724 — 1784. 

Johann  Albert  Freiherr  von  Liebenfels.  1751. 

Carl  Eusebius  Freiherr  von  Truchsess.  Rheinfelden.  1759—1772. 

Johann  Jacob  Joseph  Freiherr  von  Pfirt.  1778—1788. 

Freiherr  von  Schönau.  1785—1790. 

Ludwig  Adam  Maria  Freiherr  von  Ix)e  zu  Wissen.  1797—1799. 


IV.  lieber  die  gemeinschaftlichen  Siegel. 

Von 
Dr.  Fürst  zu  Hohenlohe-Waldenburg. 


Die  gemeinschaftlichen  Siegel  bUden  eines  der  interessantesten 
Kapitel  der  mittelalterlichen  Sphragistik;  gleichwohl  sind  dieselben 
aber  bis  jetzt  nicht  gehtirig  beachtet  und  mitunter  nicht  richtig 
beurtheilt  worden.^) 

Denn  unter  gemeinschaftlichen  Siegeln  im  wahren  Sinne 
des  Wortes  sind  nur  solche  Siegel  zu  verstehen,  welche  mit  einem 
zum  gemeinschaftlichen  Gebrauche  ihrer  Inhaber  eigens  gravirten 
Stempel  gefertigt  und  die  in  ihrer  Legende  ausdrücklich  als  ge- 
meinschaftliche bezeichnet  sind. 

Wogegen  alle  nur  zufällig  und  vorübergehend  —  ad 
hoc  —  gemeinschaftlich  benützten  Siegel,  deren  Charakter 
in  d  i  e  s  er  Beziehung  nur  aus  den  Angaben  der  betreffenden  Urkunden 
zu  erkennen  ist,  unter  die  Siegel-Carenz^)   fallen  und,    da  ein  wirk- 

*)  Meine  früher  in  meinen  sphragistischen  Aphorismen,  1882,  S.  29 
Z.  9 — 25  V.  o.  ausgesprochene  Ansicht  über  die  gemeinschaftlichen  Siegel  habe 
ich  am  Schlüsse  der  11.  Lieferung,  S.  7')  u.  76,  bereits  berichtigt. 

*)  Vergl.  Archivahsche  Zeitschrift,  1882  Nr.  Xu.  Zu  dem  dort  mit- 
getheilten  Beispiele  doppelter  Besieglung  einer  Urkunde  mit  ein  und  demselben 
Siegel  ist  mir  nachträglich  noch  ein  zweites  bekannt  geworden.  Die  Briider 
Hermann  und  Werner  von  Raderay,  genannt  Gnifting,  hängen  an  eine  Urkunde 
V.  J.  1246  zwei  Mal  das  Sig.  IV.  A.  2.  mit  der  Legende:  f  S'  h'mani.  gniftigi. 
de.  Radirei,  mit  der  Bemerkung:  „presentem  paginam  sigillorum  nostrorum 
appensione  communivimus."  Werner  ftlhrt  aber  schon  i.  J.  12-47  ein  eigenes 
Sig.  IV.  A  2.  mit  der  Legende:  „t  S'  werheri  genuftingi",  vergl.  von  Weecli 
codex  diplom.  Salem.  Taf.  VII  Nr.  28  und  Nr.  26.  Im  Gc^nsatze  zu  diesem 
Beispiele  hängt  Domprobst  Arnold  von  Trier  und  Erfurt  i.  J.  1241  zwei  Siegel 
an  eine  Urkunde,  ein  spitzovales  Sig.  III.  A.  2.  a.  und  ein  Sig.  II.  A.  mit  der 
Muttergottes  mit  dem  Jesuskinde,  und  der  Legende :  „f  ocx^e.  mater.  pvichre. 
dilectionifl." 


Ueber  die  gemoinschaftlichon  Sio>rel.  113 

liches  ,gus  sigillr'  nicht  bestanden  hat,  von  untergeordnetem  sphra- 
gistischen  Interesse  sind  und  eigentlich  in  das  Gebiet  der  Diplomatik 
gehören. 

Der  genuine  Charakter  eines  Siegels  wird  durch  dessen  vorüber- 
gehenden Gebrauch  durch  Dritte  nicht  verändert.  Denn  wenn 
z.  B.  die  Grafen  Berthold  und  Heinrich  von  Heiligenberg  mit  ihrem 
Bruder  Conrad  im  Jahre  1267  eine  Urkunde  mit  dem  SiegellV".  A.  2. 
des  Letzteren,  mit  der  Legende :  „f  S'  comitis  conradi  de  s'monte" 
besiegeln,  so  ist  dieses  Siegel  doch  kein  gemeinschaftliches, 
sondern  das  persönliche,  nur  ad  hoc  gemeinschaftlich  gebrauchte 
des  Grafen  Conrad,  trotz  der  Bemerkung  in  der  Urkunde:  „mit 
disem  insigel  dz.  vnser  aller  trev  ist";^)  wenn  die  Brüder  Ortolf, 
Friedrich,  Conrad,  Ulrich  und  Hermann  von  Riet  in  einer  Urkunde 
V.  J.  1246,  welche  sie  mit  einem  Sig.  IV  C.  mit  der  Legende: 
„f  sigillvm  friderici  de  rit"  (wahrscheinlich  ihres  Vaters,)  besiegeln, 
erklären  :  „sigillo  suo  roboraverunt",  so  bleibt  das  Siegel  doch  das 
persönliche  jenes  Friedrichs  von  Riet;  wenn  Conrad  von  Wiesloch 
eine  Urkunde  v.  J.  1257  mit  einem  Sig.  IV  A.  1.  besiegelt,  mit 
der  Legende :  „f  s.  wernheri  de  wizenloch*^,  so  bleibt  auch  dieses 
das  persönliche  Siegel  eines  Werner's  von  Wiesloch,  obgleich  Conrad 
in  der  Urkunde  sagt:  „sigilli  nostri  munimine,  quod  suh  custodia 
senioris  nostre  parentele  ex  antiqua  consuetudine  servatur  ;"2)  ebenso, 
wenn  die  Brüder  Bertold  und  Conrad  von  Remchingen  in  einer 
Urkunde  v.  J.  1259,  welche  sie  mit  dem:  ,,f  sigillvm  Bertoldi  de 
de  remchingen"  besiegeln,  mit  der  Erklärung:  „sigillo  dominorum 
de  Remchingen  Bertoldi  videlicet  et  Conradi  dicti  advocati",  so  ist 
auch  dieses  nur  das  persönliche  Siegel    Bertold^s. 


*j  Dieso  Urkunde  ist  wohl  eine  der  ältesten  deutschen  in  Schwaben. 
Die  drei  Heiligenberger  Brüder  besiej^eln  drei  Urkunden  i.  J.  12G7  mit  diesem 
selben  Siegel  Conrad's,  aber  jedes  Mal  mit  einer  amleren  Bemerkung  in  der 
betreffenden  Urkimde.  Graf  Bertold,  der  i.  J.  12G7  bereits  „rec'tor  ecclesie  in 
Roeribach"  war,  führte  im  Jahre  1274  ein  interessantes  spitzovales  Sig.  IV. 
A.2. ;  das  Siegelfeld  ist  durch  eine  Schriftleiste,  auf  welcher  S.  Jolmnnes  steht, 
getheilt,  in  der  oberen  Hälfte  ein  Adler  mit  dem  Nimbus,  in  der  unteren  sein 
Wappeaschil(J ;  die  Legende  lautet:  „f  S.  C.  comitis.  d.'  sco.  monte.  can.  ecce. 
s.  iohis  cstant."  (Constanz). 

*)  Also  ein  wirkliches  Seniorats  Siegel !    und  zwar  schon  in  der  Mitte  des 
13.  Jahrhunderts   „ex   antiqua  consuetudine"    gebrauchtes.     In   mehrfacher 
Beziehung  ein  höchst  seltenes  und  interessantes  Beispiel! 
Archivallsche  Zeitschrift  VIII.  8 


114  Hohenlohe: 

In  allen  diesen  und  zahllosen  ähnlichen  Fällen  ist  nur  der 
zufallige  oder  augenblickliche  Mangel  eines  eigenen  Siegels,  (sei  es 
nun  aus  Sparsamkeit,  Gleichgiltigkeit,  mangelnder  Gelegenheit,  augen- 
blicklicher Vergessenheit  oder  was  immer  für  anderen  Ursachen,) 
der  Grund  des  Gebrauches  eines  fremden  Siegels  —  nicht  aber  der 
Mangel  des  persönlichen  Rechtes  zur  Führung  eines  eigenen 
Siegels. 

„II  ne  faut  pas  chercher  midi  ä  quatorze  heures;"  auch  bei 
archäologischen  Fragen  ist  meist  die  natürlichste,  nächstliegende 
Antwort  die  richtige. 

Zum  genauen  Verständnisse  der  gemeinschaftlichen  Siegel 
dürfte  es  zweckmässig  sein,  dieselben  systematisch  zu  classificiren.^) 
Ich  möchte  mir  daher  erlauben,  nachfolgende  Classification  unmass- 
geblich vorzuschlagen: 

Classification  der  gemeinschaftlichen  Siegel.^) 


i  seit  ige  1  a)  A^on  Verwandten  oder  Ehegatten, 
elsiegel).      J  b)  von  Fremden. 


1.  zwe 

(Doppelsiegel), 

2.  einseitige      )  a)  mit  mehreren  Portraits  oder  Wappen, 
gewöhnliche).      J  b)  mit  nur  einem  Wappen. 

1.  Die  zweiseitigen  gemeinschaftlichen  Siegel  sind  aus 
zwei  mit  dem  Rücken  mit  einander  verbundenen  gewöhnlichen 
Siegeln  zusammengesetzt,  jedes  mit  seiner  eigenen  Legende.  Sie 
konnten  daher  auch  jedes  für  sich  allein  gebraucht  werden. 

Diese  Gattung  (1),  die  selten  ist,  zerfällt  in  zwei  Abtheilungen: 
a)  In  Solche  von  Verwandten  oder  Ehegatten. 
Hieher   gehören   u.   A.   das  Doppelsiegel    Fürst   Borwins  von 
Rostock  (Sig.  IV.  A.  1.)  und  seiner  Gemahlin  Sophie  (Sig.  III.  B.  2.  a) 


*)  Ich  beschränke  die  Beispiele  auf  Siegel  vor  dem  Jahre  1500. 

*)  Die  gemeinschaftlichen  Siegel  werden  wohl  meist  Portraits-  oder 
Wappensiegel  sein;  allein  es  können  auch  Schrift-  und  Bildsiegel  unter  (den- 
selben vorkommen.  Letztere  beide  Gattungen  würden  dann,  je  nadidem  sie 
mdir  als  eine  Schrift  oder  ein  Schriftzeichen  (Initialen)  oder  mehr  als  ein 
Bild  enthielten,  unter  2,  a  oder  b,  einzureihen  sein.  Sehr  selten  werden  solche 
Siegel  wohl  immer  sein  und  weitere  Nachforschungen  sind  daher  höchst 
erwünscht. 


lieber  die  gemein8chaftli<!hen  Siegel. 


vom   Jahre  1237    und    das  Doppelsiegel  des  Grafen  Otto  d.  ä.  von 
Henneberg  und  seiner  Gemahlin  Beatrix,  (beide  Sig.  IV.  A.  1).  i) 

b)  In  Solche  von  Fremden. 2) 

Ein  Beispiel  ist  das  Doppelsiegel  des  Abtes  Rudolf  von  Ad- 
raont  (Sig.  III.  A.  2.  a.)  vom  Jahre  1195,  auf  dessen  Rückseite  sich 
das  Sig.  lY.  A.  I.  Herand's  von  Wildon^)  befindet,  —  sicher  eines 
der  ältesten  Wappensiegel  eines  Ministerialen.  Dieses  merkwürdige 
Siegel  ist  ca.  60  mm   im  Durchmesser  und  ca.  23  mm  dick. 

2)  Die  einseitigen  gemeinschaftlichen  Siegel  zerfallen  eben- 
falls in  zwei  Abtheilungen: 

a)  In  Solche  mit  mehreren  Portraits  oder  Wappen. 

Von  Portraits-Siegeln  sind  u.  A. 
zu  erwähnen  das  hier,  Fig.  I.  abge- 
bildete Sig.  III.  B.  2.  a.  der  Gebrüder 
(Jrafen  Conrad  von  Freiburg  und 
Berthold  d.  j.  von  Urach,  vom 
Jahre  1239,  mit  der  abgekürzten 
Ijogendo:  „f  Sigillum  Conradi 
domin i  in  Friburch  et  Bertholdi 
junioris  fratris  ejuscomitisin  Ura"; 
ferner :  das  Sig.  III.  A.  3.  der  Brüder 
Heinrich  und  Eberhard  Grafen 
von  Sayn,  vom  Jahre  1190,  mit 
derLegende:„f  comites  henricvs  et 
everhardvs  de  seine" ;  das  Sig.  III. 
A.  1.  der  Gebrüder  Grafen  Heinrich 
und  Robert  von  Nassau,  vom  Jahre  1220,  mit  der  Legende :  „f  sigillvm 
comitvm  de  nasowe" ;  das  Sig.  III.  B.  2.  a.  der  Brüder  Johann  und 
Albert  von  Sachsen,  vom  Jahre  1261,  mit  der  Legende:  „f  S\  johis. 
et  albei.  di.  gra.  duc.  saxon.  angar.  et  westfal"  und  deren  Sig.  III. 


*)  Vergl.  in  meinen  sphragistischen  Aphorismen,  1882,  die  Abbildungen 
Taf.  Vin.  No.  70  und  71  und  Xo.  72  und  73. 

*)  Diese  Gattung    namentlich    ist    höchst   selten    und   die    Mittheilung 
weiterer  Beispiele  sehr  erwünscht. 

»)  Vergl.  1.  c.  Taf.  V.  No.  52. 

8* 


116  Hohenlohe: 

B.  3.  vom  Jahre  1266  mit  ähnlicher  Legende;  das  Sig.  III.  B.  2.  a. 
der  Gebrüder  Otto  und  Heinrich  Fürsten  von  Anhalt,  vom  Jahre 
1266,  mit  der  Legende:  „f  s.  otto  et  heric\  di.  gra.  comites.  de 
ascania.  principes.  de.  anhält".^) 

Hanthaler  in  seinem  Receusus  diplomat.  genealog.  archivii 
Campililiensis ,  Wien  1820,  theilt  auf  Tab.  XXXL  unter  No.  XYL 
die  Abbildung  eines  gemeinschaftlichen  Siegels  ganz  eigenthüm- 
licher  Art-)  mit.  Es  ist  das  Sig.  III.  A.  1.  Leutwein's  von  Fünf- 
kirchen und  seines  Neffen  Johannas,  beide  Mündel  ihres  Verwandten, 
Ulrich's  von  Fünfkirchen,  vom  Jahre  1314. 

Dasselbe,  von  ovaler  Form,  ca.  44  mm  breit  und  ca.  30  mm 
hoch,  hing  mit  der  breiten  Seite  an  zwei  schmalen  Pergament- 
streifchen.  Die  beiden  gegeneinander  gekehrten  ßrustbildeV  sind 
jedes  mit  einer  eigenen  Legende  in  runder  Einfassung  versehen, 
das  rechte  mit:  „f  s.  leutwini.  d\  fvnfk",  das  linke  mit:  „f  s. 
johannis.  d'.  fvnfk".  Die  beiden  Legenden  stossen  aneinander  und 
oben  und  unten  in  dem  leeren  Raum  zwischen  beiden  Siegeln  steht 
je,  mit  der  Spitze  nach  innen,  ein  s.  g.  Seeblatt, 3)  als  Anspielung 
auf  das  Fünfkirchen'sche  Wappen:  zwei  aneinander  stossende  mit 
Seeblättern  belegte  Schrägbalken,  wie  in  dom  Sig.  IV.  A.  2.  ihres 
Vormundes,  Ulrich  von  Fünf  kirchen,  an  derselben  Urkunde  mit  der 
Legende:  „f  s.  vlrici.  jvn.  d'.  fvnfchirchen",  welches  Hanthaler 
1.  c.  No.  XV  abgebildet  hat. 

Das  Siegel  befindet  sich  leider  jetzt  nicht  mehr  an  der  Urkunde, 
aber  nach  zahlreichen  Vergleichungen  anderer  Zeichnungen  in  diesem 
sphragistisch  sehr  interessanten  Werke  mit  den  vorhandenen  Original- 
siegeln scheinen  Hanthaler 's  Abbildungen  und  genaue  Be- 
schreibungen ganz  zuverlässig  zu  sein. 

Von  Wappen-Siegeln  sind  u.  A.  zu  erwäjinen:  Das  Sig.  IV.  A.  2. 
Ulrichs  von  Pilichdorf  und  seiner  Frau  Erweib ,  geborne  Schenkin 
von  Wolfsberg,  vom  Jahre  1326,  mit  der  f  Legende:  „f  s.  vlrici. 
et   erweip.  uxoris  de  pilichdorf,  im  getheilten  Sdiilde  oben  sein 


*)  K8  gab  aber  auch  persönliche  Siegel  mit  den  Portraits  zweier  Ehe- 
gatten, z.  B.  1.  c.  Taf.  XVIII.  No.  203—206,  des  Mannes,  nnd  No.  201  der  Frau. 

*)  „More  conimuni  maxime  recedens",  sagt  H an t ha  1er  und  bemerkt 
dazu  femer,  dass  Siegel  von  Minderjährigen  überhaupt,  sowie  Portraits- 
Siegel  des  niedeni  Adels  höchst  selten  seien,  und  ihm  ein  ähnliches  Doppel- 
Siegel  nie  vorgekommen  sei. 

*)  Lindenblatt  mit  einem  Durchschlag,  hier  3  kleine  Kreise,  (l.  2.) 


Ueber  die  gemeinschaftlichen  Siegel.  117 

Wappen ,  unten  das  ihrige,^)  eine  sehr  seltene  Form  eines  ge- 
meinschaftlichen Siegels  von  Ehegatten;  das  Sig.  IV.  C.  der 
Gebrüder  Ulrich  und  Johann  von  Rappoldstein ,  vom  Jahre  1343, 
mit  der  Legende:  „secretv.  vhici  et  johis.  d.  ropolstei" ;  2)  das  Sig.  IV. 
A.  2.  der  Vettern  und  Mitregenten  Eberhard  d.  ä.  und  Eberhard  d.  j., 
Grafen  von  Württemberg  (mit  2  gleichen  Wappenschilden),  vom 
Jahre  1484,  mit  der  Legende:  „s.  eberhardi  senioris  et  eberhardi 
jvnioris  comitvm  de  wirtemberg  et  montepeligar'',  (Mömpelgard) ; 
das  Sig.  IV.  A.  2.  der  drei  Vikare  des  Bisthums  Constanz,  vom 
Jahre  1356,  mit  der  Legende:  „s.  vicariorvm  episcopatus  constanti- 
ensis,  mit   ihren   3  Wappenschilden. 

Gemeinschaftliche  Städtesiegel  sind,  der  Natur  der  Sache  nach, 
höchst  selten.  Ein  besonders  interessantes  Beispiel  ist  das  Sig.  IV.  A.  2. 
der  beiden  durch  die  Mosel  getrennten  Städte  Traben  und  Trarbach, 
vom  Jahre  1385,  mit  der  Legende:  „f  s.  commvnitatis.  de  travena 
et  trayrrebach'^  Ich  habe  dieses  Siegel  in  die  Abtheilung  2,  a, 
eingereiht,  da  neben  dem  Thurme  mit  einem  Kreuz  auf  seiner  Spitze 
(Kapelle?)  im  geschachten  Sporheim'schen  Schilde,  im  Siegelfelde 
rechts  ein  grosser  Schlüssel  und  links  (aus  dem  Schildrande  heraus 
reichend)  eine  Hand  mit  einem  kurzen  Stabe  erscheinen  und  diese 
beiden  sphragistischen ,  heraldischen  oder  symbolischen  Bilder  sich 
doch  wohl  nur  je  auf  eine  dieser  beiden  Städte  beziehen  werden.3) 

b)  In  Solche  mit  nur  einem  Wappen. 
Z.  B.  das  Sig.  IV  A.  2.   der  Gebrüder  Eberhard   und  Bertold 
d.    j.     von    Schlüsselberg,     vom    Jahre    1296,     mit     den     beiden 

V^'^l.  1.  c.  Taf.  IX.  Xo.  Ö5. 

*)  Dieses  Siegel,  dessen  Bild  ich  hier  nach  einer 
Zeichnung  Kindler  von  Kroblm'h's  mittheile,  ist  wiegen 
der  beiden  verschie<lenen  Wa]>penlielme  mit  dem 
einen  Schilde  besonders  interessant,  u^id  ein  ziemlich 
spätes  und  seltenes  Beispiel  rein  pers(mlicher  Helm- 
kleinode bei  bereits  hingst  feststehenden  Familien- 
wappen. 

Auf  einem  Sig.  IV.  C.  <les  Edelknechtes  Hennel 
Sti-eifFe    von  Landenburg,   vom  Jahre  1384,  mit  der 
Legende :  „f  s'hennel.  streif  stehen  auf  dem  Wappen- 
sdiilde ,  a  u  ff  all  e  nd  e  r  Weise ,  zwei  gleiche  Wappen- 
helme; (nut  je  zwei  voneinander  gekehrten  Schwanenhälsen).  Nach  Stumpff's 
Chronik   scheint   diese  Form   damals   in  der  Schweiz  Mode  gewest»n  zu  sein. 
^1  Auf  einem  älttTen  Siegel  der  Statlt  Trarbach  allein,    vom  Jahre  r285, 
kommt  keines  dieser  Bilder  vor. 


U8 


Hoheulohe ' 


Fig.  in. 


Legenden :  „f  s'  eberhardi 
de  slvzzelberch"  und  „f  s\ 
bertoldi.  de.  sivzzelberch 
junioris",  wovon  ich  hier 
Fig.  EI  eine  Abbildung 
mittheile.  Bis  jetzt  ist 
mir  kein  ähnliches  vorge- 
kommen. 1)  Ferner  sind 
u.  A.  zu  erwähnen  das 
Sig.  IV.  A.  2.  der  Gebrüder 
(?)  Ulrich  und  Eberhard, 
Grafen  von  Württemberg, 
vom  Jahre  1241,  mit  der 
Legende:   „f   s.   vlrici   et 

eb . . .  ardi re" ;  das 

Sig.  IV.  A.  1.  der  Gebrüder 


Grafen  Conrad  und  Heinrich  von  Freiburg,  vom  Jahre  1244,  mit 
der  Legende :  „f  sigiir  C.  et  H.  comitvm  in  friburg'';2)  das  Sig.  IV.  A.  1. 
der  Brüder  Burkhard  und  Rudolf  von  Usenberg,  vom  Jahre  1245, 
mit  der  Legende:  „s.  bvrchardi  et  rvdolfi  dominorvm  de  vsenberc^^; 
das  Sig.  IV.  A.  2.  der  Gebrüder  Johann  und  Gerhard  von  Schauen- 
burg,  vom  Jahre  1247,  mit  der  Legende:  „f  s.  johis:  et:  gerardi: 
comitv:  de:  scowenbg";  das  Sig.  IV.  A.  1.  der  Gebrüder  Heinrich 
und  Friedrich  Grafen  von  Stolberg,  vom  Jahre  1253,  mit  der  Legende: 
„sigillvm  henrici  et  fride^ici  comitvm  de  stalberg" ;  das  Sig.  IV.  B.  2. 
der  Brüder  Hermann  und  Theodor  von  Hardenberg,  vom  Jahre  1257, 

mit  der  Legende :  „f  s et  teoderici  fratrvm  in  hardenberg^^ ; 

das  Sig.  IV.  A.  2.  der  Brüder  Cunemund  und  H.  von  Sonnenberg, 
vom  Jahre  1260,  mit  der  Legende:  „s.  cvnemvndi  et  h.  fratrvm  de 
sonnenbvrg";  das  Sig.  IV.  A.  1.  der  Brüder  Bertold  und  Ditmar 
von  Büren  (in  Westphalen),  a.  d.  J.  1220-1280,  mit  der  legende: 
„f  sigill-bVtoldi.  etniari  de  bvre";  das  Sig.  IV.  A.  1.  der  sogenannten 


*)  Aehiüichkcit  mit  diesem  8chlüsHelbei^'sclien  Siej^el,  was  die  doppelte 
Legende  betrifft  und  die  Art  ihrer  Anbringung,  hat  da»  iSig.  IV.  A.  2.  Konrad's 
von  Kornburg,  Butiglers  von  Ntirn))erg,  vom  Jahre  12^1,  aussen  herum  mit  der 
Legende :  „t  s.  chvnradi.  puttuclarii.  de  nvrnberch"  und  um  den  Schild :  „t  s. 
chvnradi  de  cvrenbvrch" ;  vergl.  die  Abbildung  1.  c.  8.  75.  Fig.  d.  Wohl  auch 
ein  Tnicum ! 

2j  Vergl.  Württemberg.  Urk.  Buch  1.  Xo.  411. 


Ueber  die  gemeinschaftlichen  Siegel.  119 

vier  Thäler  (Gemeinden)  Bacharach,  Diebach,  Steeg  und  Mannbach  am 
Rhein,  vom  Jahre  1412,  mit  der  Legende:  „s  .-.  valliv,  /.  bacherach  /. 
dippach  .'.  Stege  .*.  mannebach";  im  getheilten  Siegelfelde  oben  der 
gekrönte  pfälzische  Löwe,  unten  die  bayerischen  Wecken.^) 

Ob  das  Siegel  der  Brüder  Heinrich  und  Gebhard  von  Hohen- 
lohe-Brunneck,  vom  Jahre  1272,  dessen  Oudenus  in  seinem  codex 
diplomat.  L  743  erwähnt,  wirklieh  ein  gemeinschaftliches  Siegel 
war  und  von  welcher  Gattung,  ist  vorerst,  da  ein  Original  bis  jetzt 
nicht  aufgefunden  wurde,  nicht  zu  bestimmen. 

Es  gab  übrigens  auch  gemeinschaftliche  Siegel  ohne  voll- 
ständige Angabe  der  Namen  ihrer  Inhaber  in  der  Legende :  z.  B.  das 
Sig.  IV.  A.  1.  mit  der  Legende:  „s\  rud.  de  ramensperg  et  filiorvm 
eins'',  dessen  sich  Rudolf  von  Ramsberg  und  seine  Söhne  Burkhard 
und  Rudolf  im  Jahre  1272  bedienten;  das  Sig.  IV.  A.  2.2)  der 
Söhne  Marquard's  von  Bretten,  mit  der  Legende:  „f  S.3)  filiorvm 
Marcardi  de  Bretheim",  mit  welchem  Dietrich  von  Freudenstein 
(stammverwandt  mit  den  von  Bretten)  im  Jahre  1290  eine  Urkunde 
besiegelt,  mit  der  Bemerkung:  „quia  proprio  careo  sigillo  ....  cum 
sigillo  de  Vrovdenstein  quo  nos  omnes  utimur",  was  der  mit- 
siegelnde Markgraf  Hermann  von  Baden  mit  den  Worten  bestätigt: 
„vna  cvm  sigillo  nobilivm  de  Vrovdenstein,  quo  omnes  vtvntvr"; 
das  Sig.  IV.  A.  2.  mit  der  Legende:  „sigill.  dominorvm  de  wolves- 
kelen",  welches  die  Brüder  Hertwich  und  Albert  von  Wolfskehl  und 
die  Söhne  ihres  Bruders  Gerhard  im  Jahre  1239  führten;  das 
Sig.  IV.  A.  1.  der  Herren  von  Wangen,  vom  Jahre  1240,  mit 
der  Legende:  ,,(f  si)  gillum.  dommor  (vm.  de.)  Wang  (eny';  das 
Sig.  IV.  A.  2.  mit  der  Legende :  „Sigillvm  dominorvm  de  rabinspcrg", 
dessen  sich  Bertold  (Göler)  von  Ravensburg  im  Jahre  1247  be- 
diente; das  Sig.  IV.  A.  2.  der  Vögte  Dietrich  und  Hesse  von  Wassel- 


*)  Dieses  gemeinschaftliche  Städtesiegel,  so  wie  das  oben  angeführte  von 
Traben  und  Trarbach  befinden  sich  un  k.  Staatsarchive  zu  Coblenz. 

*)  Das  Wappen  auf  diesem  Siegel  ist  ein  lediges  Schildchen  in  dem 
Schilde,  dagegen  ist  das  Wiesloch'sche  Wappen  ein  lediger  (d.  h.  leerer)  Schild. 

*)  Es  wird  bis  jetzt  allgemein  angenommen,  dass  die  nicht  selten  vor- 
kommenden verkehrten  Buchstaben,  meist  allerdings  S,  auf  den  Siegeln  nur 
auf  einem  leicht  begreiflichen  Versehen  der  Stempelschneider  beruhen.  Auf 
kunstvoll  und  sonst  ganz  tadellos  gravirten  Si^eln  ist  dies  aber  doch  auffallend, 
wie  z.  B.  auf  dem  prachtvollen  Sig.  IV.  C.  der  Kaiserin  Eleonore,  vom  Jahre 
1460,  die  13  verkelirten  S.  (vergl  1.  c  No.  23.')).  Sollten  nicht  doch  auf  alt- 
römischen  Denkmülem  und  in  Handschriften  solche  S  vorkommen? 


120  Hoheiilohe:  lieber  die  gemeinschaftlichen  Siegel. 

heim,  vom  Jahre  1264.  mit  der  Legende:  „f  s'.  advocatorvm.  de 
waselnheim'' ;  1)  das  Sig.  IV.  C.  mit  der  Legende:  „f  Galea  et  clipeus^) 
de  Kavensberg'',  dessen  sich  Otto  von  Ravensberg  im  14.  Jahr- 
hundert bediente. 

Zum  Schlüsse  erlaube  ich  mir  noch  zu  bemerken,  dass  ich  die 
meisten  der  angeführten  interessanten  Beispiele  gemeinschaftlicher 
Siegel  der  gütigen  Mittheilung  der  Herren  vonAlbertiin  Stuttgart, 
Dr.  Baumann  in  Donaueschingen,  Major  Kindler  von  Knobloch 
in  Celle,  Freiherren  von  Löffel  holz  in  Wallerstein,  C.  Primbs 
in  München,  Dr.  Sello  in  Coblenz  und  Dr.  vonWeech  in  Carls- 
ruhe verdanke,  welche  meine  sphragistischen  Studien  stets  so 
freundlich  und  kräftig  unterstützen. 

^)  Nach  der  Barstellung  des  Wappens  auf 
diesem  Siegel,  Fig.  a,  ist  es  nicht  leicht,  das- 
selbe zu  blasoniren:  ein  (rother)  Hcliild  mit 
einem  (weissen)  (Querbalken  und  eüiem  (blauen) 
Schildrande,  Fig.  b.  Solche  Fälle  kommen  auf 
mittelalterUchen  Siegeln  nicht  selten  vor;  so 
z.  B.  ist  auf  einem  Sig.  IV.  C.  Conrad's  des 
^^'  ^^'  Ihirst  von  Hatstat  vom  Jahr  1292  mit  dem 

(rothen)  Andreaskreuz  im  (gelben)  Felde,  der  (schwarze)  Scliildrand  in  gleicher 
Weise  nicht  abgegriinzt.  Sie  sind  bei  unbekannten  Wappen  oft  kaum  richtig 
zu  erklären. 

*)  Vergl.  1.  c.  Taf.  XX.  Xo.  223.  Derartige  Legenden  sind  eine  Ver- 
wechslung der  beiden  ganz  verschiedenen  Begriffe  „Siegel"  und  „Wappen", 
die  aber  immer  noch  bisweilen  vorkömmt.  Sie  findet  sich  auf  mehreren  Siegeln, 
meist  Rücksiegeln  der  Könige  von  Schweden  und  Dänemark  in  den  Jahren 
1210—1270,  auf  Sig.  IV.  A.  1  und  2.  „Clipeus"  und  auf  Sig.  IV.  B.  1.  „C^lea"; 
auch  auf  dem  Sig.  IV.  B.  1.  Bernhards  und  Symon's  von  der  Lipx)e  in  den 
Jahren  1271  und  1775.  Letzteres  mit  der  Lt^ende :  „f  galea  symonis  de 
Lippia";  vergl.  1.  c.  Taf.  XX.  No.  224. 


V.  Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern 

von 

Otto  Bieder, 
k.  Archiv-Sekretär  zu  Neuburg  an  der  Donau. 


Wiederholt  ist  in  diesen  Blättern  über  städtische  Archive  in 
Bayern  berichtet  worden  i).  Eine  der  Hauptbestrebungen  der  gegen- 
wärtigen Ceutralleitung  der  bayerischen  Landesarchive  geht  be- 
kanntlich dahin,  den  Inhalt  der  früher  wenig  beachteten  Stadt- 
und  Gemeindearchive  der  historischen  Wissenschaft  zu  erschliessen 
und  wo  möglich  mit  dem  k.  allg.  ßeichsarchiv  und  den  Provinzial- 
archiven  organisch  zu  verbinden  2).  Wenn  auch  die  mit  den 
Magistraten  hierüber  eingeleiteten  Verhandlungen  selten  den  ge- 
wünschten Erfolg  haben,  so  wird  wenigstens  meist  so  viel  erreicht, 
dass  die  Gemeinden  auf  die  Wichtigkeit  ihrer  oft  ganz  vernach- 
lässigten archivalischen  Schätze  aufmerksam  werden  und  denselben 
erhöhte  Sorgfalt  zuwenden.  Das  beste  Mittel,  um  solche  Archive 
näher  kennen  zu  lernen,  ist  unstreitig  die  persönliche  Einsicht- 
nahme, zumal  die  Städte  und  Ortschaften  nicht  immer  Repertorien  be- 
sitzen, welche  über  den  Inhalt  der  Archive  genügend  orientiren; 
auch  sind  die  Gemeindeverwaltungen  oft  nicht  in  der  Lage,  ihre 
Verzeichnisse,  wenn  auch  nur  für  kurze  Zeit,  entbehren  und  den 
nachsuchenden  Staatsarchiven  zur  Einsicht  übermitteln  zu  können. 

Solche  Gründe  waren  es,  welche  im  vorigen  Jahre  die  Archiv- 
centralstelle  bestimmten,  das  k.  Kreisarchiv  Neuburg  mit  einer 
Commission   nach   Mindelheim,   Memmingen   und  Kempten   zu  be- 


*)  lieber  Passau,  Vilshofen,  Cliam,  Fürth,  Schwandorf,  Landshut,  Strau- 
bing und  Wasserburg  I,  230 — 241;  über  Ingolstadt,  Freising  und  Moosburg  II, 
287—292;  über  Amberg  n,  281—286;  über  Dillingen  und  Lauingen  VI,  164—171. 

*)  Vgl.  Archival.  Zeitschrift  I,  62  ff.  und  li>9  ff.;  V,  274—278. 


122  Rieder: 

auftragen.  Mit  diesen  drei  Städten  schwebten  schon  seit  langer 
Zeit  Verhandlungen;  es  fand  sich  aber  schliesslich  kein  anderer 
Weg  zur  rascheren  Erreichung  der  angedeuteten  Intentionen,  als 
einen  Beamten  des  genannten  Kreisarchivs  zu  eingehender  Besichti- 
gung dahin  abzuordnen.  Die  drei  Magistrate  hatten  ihre  Einwilligung 
dazu  in  der  freundlichsten  Weise  erklärt  und  so  konnte  Bericht- 
erstatter, der  aus  Rücksichten  auf  die  Gesundheit  seines  Amtsvor- 
stands mit  diesem  Auftrag  betraut  wurde,  Anfangs  Juli  1882  die 
Reise  unternehmen.  Die  Ausführung  der  Commission  wurde  ihm 
durch  das  liebenswürdige  Entgegenkommen  der  Herren  Bürgermeister 
wesentlich  erleichtert,  so  dass  es  ihm  gelang,  in  vier  Tagen  die 
Archivbestände  in  jenen  Städten  ziemlich  kennen  zu  lernen  und 
aus  den  ihm  zur  Verfügung  gestellten  Repertorien  umfangreiche 
Auszüge  herzustellen.  Gewissermassen  die  Quintessenz  dieser  Notizen 
ist  die  nachfolgende  Darstellung,  welche  er  nur  auf  ausdrücklichen 
Wunsch  des  Herausgebers  gegenwärtiger  Zeitschrift  hiemit  ver- 
öffentlicht. Denn  er  darf  es  dem  Leser  nicht  verhehlen,  dass  bei 
der  äusserst  knapp  zugemessenen  Zeit  und  bei  dem  riesigen  Material, 
das  namentlich  in  Memmingen  zu  bewältigen  war,  Ungleichheiten 
in  der  Behandlung  und  möglicherweise  auch  Unrichtigkeiten  unter- 
gelaufen sind.     Ausserdem  muss  er  noch  einen  Punkt  berühren. 

Wenn  bei  der  vollen  Unpai-teilichkeit,  die  der  Charakter  dieser 
Zeitschrift  als  eines  wi^enschaftlichen  Fachblattes  erheischt,  manche 
Schattenseite  aufgedeckt  werden  musste,  so  mögen  die  davon  Be- 
troffenen dem  Berichterstatter  dies  nicht  übel  auslegen;  es  war 
seine  Pflicht,  den  Befund  nach  fachmännischen  Grundsätzen  unge- 
schminkt wiederzugeben;  was  zu  loben  war  —  und  dies  ist  nicht 
wenig  —  hat  er  gewiss  in  das  verdiente  Licht  gestellt.  Vor  allem 
aber  hält  er  sich  am  Schlüsse  dieser  einleitenden  Bemerkungen  auch 
Namens  der  Archivcentralstelle  zu  wiederholtem  Danke  für  die 
wohlwollende  Aufnahme  seitens  der  massgebenden  Persönlichkeiten 
verbunden. 

I.  Mindelheim. 

Trotz  mannigfacher  ungünstiger  Schicksale  und  Vorhältnisse, 
die  über  dem  dortigen  Stadtarchiv  gewaltet  haben,  ist  der  Gegen- 
wart kein  unbedeutender  Rest  von  Akten  und  Urkunden  erhalten 
geblieben,  und  das,  Avas  sich  auf  unsere  Zeit  gerettet  hat,  darf  auch 
für  die  Zukunft  als  gesichert  gelten.     Denn  während  Jahrhunderte 


Aus  städtisclien  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  123 

lang  Niemand  den  pergaraentnen  und  papiernen  Schätzen,  welche 
die  Geschichte  der  Stadt  und  ihrer  Herren  erzählen,  die  nöthige 
Sorgfalt  angedeihen  liess,  werden  sie  heute  mit  Selbstgefühl  und 
Stolz  von  einer  Bürgerschaft  gehütet  und  bewacht,  die  sich  der 
Wichtigkeit  derselben  wohl  bewusst  ist.  Zwar  lässt  der  dermalige 
Zustand  des  Archivs  noch  manches  zu  wünschen;  es  ist  jedoch  nur 
mehr  eine  Frage  der  Zeit,  dass  hierin  eine  durchgreifende  Aende- 
rung  eintritt.  Zur  Herstellung  eines  geordneten  Archivs  gehört  vor 
allem  viel  Müsse,  welche  bei  den  vielfachen  Anforderungen  der 
laufenden  Verwaltung  nicht  immer  gegeben  ist;  dass  das  Archiv, 
als  eine  nicht  pressante  Sache,  hinter  den  Geschäften  der  täglichen 
Praxis  zurücktreten  muss,  ist  begreiflich,  und  so  darf  es  der  Stadt- 
vertretung nicht-  verargt  werden,  wenn  noch  einige  Jahre  vergehen, 
bis  das  längst  in 's  Auge  gefasste  Ziel  erreicht  ist. 

Die  Absichten,  die  der  Magistrat  in  dieser  Beziehung  hegt, 
machen  ihm  alle  Ehre  und  es  wäre  nur  zu  wünschen,  dass  in  allen 
Communen  ein  gleicher  Geist  herrschen  möchte.  Dann  würde  einer- 
seits der  Geschichtswissenschaft  aus  den  städtischen  Archiven  weit 
mehr  Nutzen  zufliessen,  und  andrerseits  —  ein  nicht  zu  unter- 
schätzendes Moment  —  die  grosse  Masse  der  Laien  mehr  Sinn  und 
Verständniss  für  die  Archive  und  deren  Zwecke  gewinnen.  Nach 
beiden  Beziehungen  verspricht  das  Projekt  des  Magistrats  förder- 
lich zu  werden.  Worin  besteht  nun  dasselbe?  In  der  Mitte  des 
Archivgewölbes  —  eines  kasemattenartigen,  feuersicheren  Gelasses 
im  Erdgeschoss  des  Eathhauses  —  sollen  einige  gegenüberstehende 
Pulte  aufgerichtet  und  darin  unter  Glas  und  Rahmen  die  wichtigsten 
Urkunden  zur  Einsicht  sowohl  für  die  Ortsangehörigen  als  für  fremde 
Besucher  ausgebreitet  werden.  Die  übrigen  Urkunden  will  man 
in  den  darunter  anzubringenden  Schubladen  plaziren,  die  Akten 
und  festen  Bände  an  den  Wänden  in  Regalen  aufstellen.  So  wird 
das  jetzt  noch  in  ziemlicher  Unordnung  befindliche  Archiv  praktisch 
geordnet  und  zugleich  der  Allgemeinheit  zugänglich  gemacht  werden. 
Daneben  können  dann  die  paar  noch  vorhandenen  Alterthümer 
(Richtschwerter,  Folterwerkzeuge,  Morgensterne  u.  dergl.)  als  hand- 
greifliche Dlustrationen  zu  den  alten  Justiz-  und  Kriegsakten  einen 
gesonderten  Platz  finden. 

Das  Gros  der  noch  erhaltenen  Dokumente  ist  bereits  in  einem 
Repertorium  aufgezeichnet.  '  Diese  Arbeit  datirt  erst  aus  neuerer 
Zeit,   da  alle  Vorarbeiten  der  Ungunst  der  Verhältnisse  zum  Opfer 


124  Rieder: 

gefaUen  sind.  Schon  im  Jahre  1670  liatte  ein  Stadtsclireiber  von 
Mindelheira,  Johann  Kleinhans,  das  löbliche  Werk  begonnen,  alle 
Urkunden,  welche  ihrer  Wichtigkeit  wegen  zu  dauernder  Aufbe- 
wahrung im  Archiv  sich  eigneten,  zu  verzeichnen  und  entsprechend 
zu  ordnen.  Allein  es  blieb  bei  diesem  vereinzelten  Vorgehen; 
keiner  seiner  Nachfolger  nahm  sich  um  die  Fortführung,  resp.  Er- 
haltimg seines  Werkes  an.  So  gerieth  das  Archiv  allmählich  in 
einen  chaotischen  Zustand;  zahlreiche  Urkunden  wurden,  je  nach 
dem  vorübergehenden  Bedarf,  den  Katizleiakten  eingeheftet  und 
mögen  mit  denselben,  zum  Theil  durch  absichtliche  Makulirung,  im 
Lauf  der  Jahre  zu  Grunde  gegangen  sein.  Die  neuere  Zeit  hatte 
dann  die  Mühe,  die  noch  vorhandenen  zusammen  zu  suchen  und  aus 
ihrem  Verbände  zu  lösen,  um  damit  ein  Urkundenarchiv  herzustellen. 

Also  Trennung  der  Urkunden  von  den  Akten  war  das  Losungs- 
wort, wie  sie  heute  bei  den  Landesarchiven  allgemeines  Prinzip  ist! 
Diese  Scheidung  hat  sich  natürlich  auf  das  Repertorium  übertragen, 
so  dass  dasselbe  in  zwei  Hauptabtheilungen  zerfällt :  A.  Urkunden ; 
B.  Akten.  Dabei  ist  freilich  der  Begriff  „Urkunden"  so  weit  gefasst, 
dass  er  sehr  viele  Stücke  enthält,  welche  man  vom  fachmännischen 
Standpunkt  aus  zur  zweiten  Gruppe  rechnen  muss,  wie  z.  B.  eine 
grosse  Zahl  von  Grund-  und  Steuerbüchern,  Markungsbeschrieben 
u.  s.  w.  Doch  ist  dies  nur  eine  Sache  der  Form  und  alterirt  nicht 
den  Inhalt;  der  letztere  allein  kommt  für  uns  wesentlich  in  Betracht. 

Die  Ein  theil  ung  des  Stoffes  erinnert  sofort  an  das  Registratur- 
schema einer  modernen  Kanzlei.  Sie  ist  nicht,  wie  es  sein  sollte, 
aus  dem  archivalischcn  Material  selbst  ei  wachsen,  sondern  üblichen 
Verwaltungsrubriken  angepasst.  Das  zeigt  sich  schon  «äusserlich 
darin,  dass  viele  Abtheilungen  existiren,  die  durch  kein  einziges 
Archivale  vertreten  sind,  so  z.  B.  im  zweiten  Haupttheil  („B.  Akten'*) 
unter  der  (rruppe  „II.  Communalgegenstände"  die  Schlagwörter: 
„Statistische  Asservate",  „Feuerlöschgeräthschaften  und  Blitzableiter", 
„Gemeindliche  Magazine"  u.  s.  w. ,  dann  die  ganze  Gruppe  „V.  Er- 
ziehung, Unterricht  und  Bildung",  „VI.  Medizinal-  und  Sanitäts- 
wesen^*  und  manche  andere.  Diese  leerstehenden  Rubriken  werden 
auch  kaum  mehr  mit  archivalischem  Material  ausgefüllt  werden,  da 
alles,  bis  auf  etliche  Bündel  Urkunden,  bereits  verzeichnet  ist. 
Vielleicht  rechnet  man  bei  Ergänzung  derselben  auf  Material  aus 
der  neueren^  Zeit.  ,Das  ist  um  so  mehr  möglich,  als  überhaupt  eine 
strenge  Sonderung    der   eigentlich    archivalischen   Stücke    von    der 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  125 

Kanzleiregistratiir  nicht  durchgeführt,  und  keine  Zeitgrenze  hiefür 
gesteckt  ist.  Es  finden  sich  Produkte  aus  den  letzten  Jahrzehnten 
eingemischt,  wie  beispielsweise  ein  Statutenbuch  der  Stadtgemeinde, 
angelegt  im  Jahre  1857. 

Der  Inhalt  der  überlieferten  Stücke  geht  .bis  ins  14.  Jahr- 
hundert zurück;  doch  ist  dieses  selbst  nur  durch  wenige  Nummern 
vertreten.  Das  älteste  Archivale  ist  ein  Freiheitsbrief  des  Swigger 
von  Mindelberg,  d.  d.  St.  Gallentag  1337.  Von  da  an  sind  mehr 
oder  weniger  fragmentarisch  die  Hauptereignisse  und  Haupt- 
dynasten von  Mindelheim  repräsentirt :  von  den  Herren  des  Mindel- 
heimer  Gebietes  mit  dem  Sitz  auf  dem  Mindelberg  (die  Mindelburg 
erbaut  1370)  zunächst  die  Herzoge  von  Teck,  welche  die  Herrschaft 
um  1369  an  sich  gerissen  hatten;  dann  nach  deren  Aussterben 
(1439)  die  von  ßechberg  und  seit  1467  die  Familie  von  Frundsberg 
(Freundsberg),  welcher  joner  kriegsberühmte  Führer  der  Lands- 
knechte, der  allbekannte  Georg  von  Frundsberg,  entstammte.  Sein 
gleichnamiger  Enkel  war  der  Letzte  des  Stammes  (f  1586).  Nach 
dem  Abgange  der  Frundsberge  standen  sich,  auf  verschiedene  Yer- 
wandtschaftsverhältnisse  und  Vertragsbestimmungen  gestützt,  zwei 
Prätendenten  gegenüber:  die  Grafen  von  Maxirain  und  die  Grafen 
Fugger  (Christoph  F.  als  Schwiegersohn  des  Grafen  Otto  Heinrich 
von  Schwarzenberg,  des  Schwagers  Georgs  von  Fi-eundsberg) ;  richter- 
liche Entscheidung  sprach  1603  den  letzteren  die  Herrschaft  zu. 
Mittels  Cession  der  Maxirainischen  Ansprüche  erlangte  aber  bald 
darauf  (1612)  Kurbayern  den  Besitz,  welchen  es  auch,  nach  einem 
Kaufsvergleich  mit  Christoph  Fugger  1617,  dauernd  bo!ialten  hat, 
abgesehen  von  einigen  vorübergehenden  Occupationen  Oesterreichs 
während  des  spanischen  und  später  des  bayerischen  Erbfolgekrieges. 
Damit  ist  in  kurzen  Zügen  der  Rahmen  angedeutet,  innerhalb 
dessen  sich  der  auf  die  Dynasten  von  Mindelheim  bezügliche  Theil 
der  Archivalien  (meist  ITrkunden)  bewegt.  Wir  greifen  nun  aus 
den  beiden  Theilen  des  Repertoriums  die  wichtigsten  Einzelheiten 
heraus  und  stellen  sie  nach  historischen  Gruppen  und  in  chrono- 
logischer Ordnung  zusammen,  um  dem  Leser  ein  mtiglichst  zusammen- 
hängendes Bild  von  dem  zerstreuten  Inhalte  des  Archives  zu  geben. 
•  Von  den  Herzogen  von  Teck,  die  namentlich  durch  Gründung 
des  Spitals  zu  Mindelheim  (1430)  als  bleibende  Wohlthäter  für  die 
Stadt  sich  erwiesen  haben,  sind  viele  Privilegien  und  Schenkungs- 
urkunden vorhanden,  u.  a.  folgende: 


126  Rieder: 

1383,  Aftermontag  nach  St.  Thomastag:  Freiheitsbrief  des 
Herzogs    Friedrich    Teck    und    seiner    Gemahlin    Anna. 

1411,  St.  Matthiastag:  Freiheitsbrief  des  Herzogs  Ulrich  von 
Teck  des  Weinumgelds  halber. 

1419,  Montag  nach  St  Andreastag:  Schenkungsurkunde  des 
Vorigen  über  die  der  Stadt  verliehenen  Rechte  und 
Freiheiten. 

1423,  Sankt  Martinstag :  Revers  der  Stadt  gegen  Herzog  Ulrich 
von  Teck. 

1426,  Freitag  vor  dem  Afrätag:  Schenkungsurkunde  des  Herzogs 
Ulrich  von  Teck  über  den  Zehnten  in  der  Flur 
Haselbach. 

1432,  Maria    Geburt:    Bestätigungsurkunde    des    Ludwig    von 

Teck,  Patriarchen  zu   Aquileja,  mit  den  Kindern  seiner 

Geschwister  Miclmel,   Lienhard  luid  Thomas,  Grafen  zu 

Wertheim,  und  Bero,  Albrecht  und  Barbara  von  Rechberg 

für  die  Rechte  und  Freiheiten  der  Stadt. 

In  der  letztgenannten  Urkunde  geschieht  zuerst  der  Familie 

der  Rechberger  Erwähnung.     Vom  Jahr  1444  an   treten  dieselben 

als  selbständige  Herren  in  den  Mindelheimer  Urkunden  auf. 

1444,  St.  Elisabethentag:  Bestätigungsurkunde  des  Ritters  Bero 
von  Rechberg   für  die  Rechte  und  Freiheiten  der  Stadt. 

1445,  Osterwocho  vor  Exaudi:  Urkunde  dos  Ritters  Bero  von 
Rechberg  über  Bewilligung  des  Ankaufes  einiger  ihm 
lehenbaren  Güter  und  deren  Befreiung  vom  Tjehens- 
verband. 

1462:  Allerseelentag,  Urkunde  über  eine  Jahrtagsstiftung  des 
Ritters  Bero  von  Rechberg  in  die  Stadtpfarrkirche 
St.  Stephan  zu  Mindelheim  und  über  seine  Stiftung  zur 
Vertheilung  von  Broden  unter  die  Armen  der  Stadt. 
1462,  Montag  nach  St.  Martinstag:  Schenkungsurkunde  der 
Ritter  Jörg  und  Bero  von  Rechberg  über  den  Zehnten 
zu  Korb,  Schlegelsberg,  auf  den  Einöden  bei  Breiten- 
bronn und  Bedernau. 
1467 :  Zwei  Urkunden   des   Bero  von  Rechberg   über  die   von 

der  Stadtgemeinde  gethane  Erbhuldigung. 
Eine   weitere   Urkunde   desselben  Jahres   gehört   bereits    der 
Dynastie  der  Freundsberge  an,  über  welche  zahlreiche  Archivalien 
vorhanden  sind;  hier  die  wichtigsten: 


Aus  stÄdtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  127 

1467,  Montag  nach  St.  Augustinstag:  Confirmationsurkunde  der 
Herren    Ulrich   ui^d  Hanns    von  Freundsberg    über    die 
Privilegien  der  Stadt. 
1519:  Die  vom  Herrn  voa  Freundsberg  und  dem  Bürgermeister 
und   Rath    der   Stadt    Mindelheim    festgestellten ,    meist 
polizeilichen  Satzungen  der  Stadt. 
1533,  Sonntag  nach  Invocavit:   Tauschvertrag  mit  Kaspar  von 
Freundsberg  über  dessen  Waldung  zwischen  Ermisrieder 
Steig  und  Mindelheimer  Gemeinde  und  die  Spitalwaldung 
bei  St.  Johann  zu  Schlegelsberg. 
1537,  17.  Januar:   Revers   der  Frau  Margaretha  von  Freunds- 
berg, geb.  Freiin  von  Firmian,  Wittwe  des  Kaspar  von 
Freundsberg,  und  deren  Vormünder  über  die  Confirmation 
der  Stadtprivilegien. 
1560,  15.  Juli :  Afterlehnbrief  über  den  Blutbann  in  der  Stadt 

*von  Georg  von  Freundsberg. 
1579—81:  Correspondenzen  in  der  Ehedissidiensache  des  Ritters 

Georg  von  Freundsberg. 
1588 — 91 :  Das  Testament   und  die  Verlassenschaft  des  Ritters 
Georg    von    Freundsberg,   Herrn   von    Mindelheim,    zu 
Petersberg  und  Störzingen. 
lieber    den    berühmten    Söldnerführer    ist    ein    poetisch-bio- 
graphisches  Denkmal  vorhanden:   „Herrn  Georg  von  Freundsbergs 
Kriegsreisen   und   Feldschlachten   in   Reimen".     (Heft   in  Gross  4.) 
Bald  nach  dem  Tode   seines   oben  erwähnten  Enkels  machen 
sich    die  Prätendenten   auf  das  Freundsbergische  Erbe   bemertlich, 
und  es  kommt  eine  Periode  erbitterten  Streites  um  die  Nachfolge 
in   ihre  Besitzungen.     Aus    dieser  Zeit  seien  nachstehende  Stücke 
bemerkt: 

1587,  12.  März:  Bestätigungsurkunde  des  Otto  Heinrich  zu 
Schwarzenberg  und  Wolf  Wilhelm  von  Maxirain  über 
die  Rechte  und  Freiheiten  der  Stadt. 
1592 — 1619:  Erbstreitsacho  der  Georg  von  Freundsbergischen 
Erben,  von  Maxirain  und  der  Gräfin  Marie  von  Schwarzen- 
berg, verheirathet  mit  Christoph  von  Fugger,  und  die 
Besitzergreifung  der  Herrschaft  Mindelheim  durch  den 
Herzog  Maximilian  von  Bayern. 
(Jahr  nicht  bemerkt):  Rechtsgutachten  der  Universität  zu  Ingol- 
stadt über  die  Ausscheidung  der  Reichslehen  und  eigenen 


128  Riemer: 

Güter  des  Ritters  Georg   von  Freundsberg  und  Theilung 

von    dessen    hinterlassen era   Vermögen   unter  die   zwei 

Testamentserben. 

So  .ist  also  im  zweiten  Jahrzelint  des  17.  Jahrhunderts  Mindel- 

heim  eine  bayerische  Kabinetsherrschaft  und  zunächst  ein  Besitzthum. 

des  Kurfürsten  Maximilian  I  geworden.     Er  und    seine  Nachfolger 

haben  die  reichsten  Spuren  in  dem  städtischen  Archive  hinterlassen. 

Etliche  Beispiele  mögen  wieder  genügen: 

1619,  28.  September:  Confirmationsurfcunde  des  Herzogs  Maxi- 
milian  von  Bayern   über  die  Privilegien   der  Stadt  und 
Afterlehnbrief  desselben  über  den  Blutbann  zu  Mindelheim. 
1625:  Beschreibung  der  Grenzen  der  hohen  und  niedern  Jagd 
und  der  Jurisdiktionsmarkung  zwischen  der  Herrschaft 
Mindelheim  und  Bedernau. 
1680,  8.  Januar:  Afterlehnbrief  des  Herzogs  Maximilian  Philipp 
als  Administrator  des  Kurfürstenthums  Bayern  über  den 
Blutbann  in  Mindelheim. 
1690,  1.  August:  Lehnbrief  des  Kurfürsten  Max  Emanuel  auf 

Güter  zu  Oberrieden. 
1717,  8.  Juli:    Afterlehnbrief    desselben    über    den    Blutbann 

der  Stadt. 
1728,  30.  März:    Confirmationsurkunde    des    Kurfürsten    Karl 
Albrecht   über   die   Rechte,  Freiheiten    und  Herkommen 
der  Stadt. 
1750,  23.  März:  Desgleichen  vom  Kurfürsten  Maximilian  Joseph. 
1757 — 8:  Beschwerde   des    Stadtmagistrats    Mindelheim    gegen 
den  kurfürstl.  bayer.  Administrator,    Grafen  von  Wirth, 
wegen  Verletzung  der  städtischen  Privilegien  durch  Exe- 
kutionsbelegung. 
1790,  24.  Juli:   Lehnbrief  des   Kurfürsten    Karl  Theodor  über 

den  Blutbann. 
Von  der  inzwischen  eingetretenen  österreichisrfien  Occupation 
gibt  der  Akt  Kunde: 

„Die  k.  k.  Besitzergreifung  der  Stadt  und  Herrschaft 
M.  1778— 9^ 
In    den    bisher  aufgeführten  Dokumenten  spielen  die  Gerecht- 
same und  Freiheiten  der  Stadt  eine  grosse  Rolle,  und  diese  waren 
es  ja   in    der  That,  um   welche   sich    das  ganze  Leben  der  mittel- 
alterlichen Städte   beständig  drehte.     Jede  wachte  eifersüchtig  über 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  129 

die  Erhaltung  ihrer  hergebrachten  Statuten  und  Privilegien  und 
war  überdies  auf  stete  Erweiterung  ihrer  Machtsphäre  bedacht.  Wo 
konnten  sie  aber  eine  bessere  Garantie  dafür  finden,  als  beim  Ober- 
haupt des  Reiches,  dem  berufenen  Schutz-  und  Schirmherrn  der 
bestehenden  Ordnungen  und  dem  Ausfluss  der  höchsten  Macht- 
vollkommenheit ?  So  war  es  ganz  natürlich,  dass  die  Städte,  kleine 
wie  grosse,  den  Kaiser  um  Bestätigung  und  Beschützung  ihrer 
Gerechtsame  angingen  oder  neue  von  ihm  sich  auszuwirken  suchten. 
Auch  Mindelheim  that  das.  Die  betreffenden  Urkunden  sind  aus 
dem  16.  Jahrhundert  und  zwar  folgende: 

1521,  5.  Februar:    Vidimirte  Abschrift  der  Bestätigungsurkunde 
Kaisers   Karl  V.   über  die   städtischen  Privilegien  vom 
kaiserlichen  Hofgericht  in  Rottweil. 
1559,  15.  Juni :  Confirmationsurkunde  des  Kaisers  Ferdinand  I 

über  alle  Privilegien  der  Stadt. 
1566,  27.  März:  Confirmationsurkunde  des  Kaisers  Maximilian  II 
über  den  Vertrag  zwischen  Kaspar  von  Freundsberg  und 
der  Stadt  (s.  oben). 
1578,  24.  März :  Desgleichen  von  Rudolph  11  über  die  Privilegien 

und  Verträge  der  Stadt. 
Auch  fehlt   es  nicht   an  zusammenfassenden  Beschreibungen, 
an  Sammlungen  über  die  Rechte  und  Freiheiten  der  Stadt.     Gleich 
am  Anfang  des  Repertoriums  kommen  ein  paar  vor: 

„Gesammelte  Abschriften  der  Urkunden  über  die  Satz- 
ungen, Privilegien,  Freiheiten  und  Verträge,  sowie  Con- 
firmationen  der  Kaiser  und  Könige  und  Inhaber  der  Stadt 
und  Herrschaft  Mindelheim".    Grosser  Band  in  Fol.  . 

„Zusamraentrag  sämmtlicher  Rechte,  Freiheiten  und  Ver- 
träge der  Stadt,   vom  kurfürstlichen  Hofrathssekretariat  zu 
München  bestätigt."   Pergaraentband  mit  angefügtem  Siegel 
in  einer  Kapsel. 
Hieran  reihen  wir  einige  Bücher,  welche  Zeugnisse  der  polizei- 
liclien  und  richterlichen  Thätigkeit  der  Stadt  sind: 

„Buch,  worin  der  Stadt  M.  Statuten,  Satzungen  und 
Ordnungen  enthalten,  1612."     1  Band. 

„Polizeiliche  und  andere  Verordnungen  von  1748." 
1.  Band.  —  Dazu  eine  Anzahl  spezieller  Satzungen,  wie 
Ordnungen  verschiedener  Gewerbe  (28  Nummern)  aus  der 
Zeit  von  1495  bis  1781. 

Arcbivalisrhe  Zeitschrift  VIIl.  9 


130  Riecier: 

„Urtelsbuch  der  Stadt  Miadelheim.  1494  bis  1539.'' 
1  Band. 

,^egister  und  Verzeichniss  jener,  so  vor  Malefizrecht 
angeklagt  worden,  auch  in  welchem  Klage,  Antwort  und 
ürtheil  zu  finden,  von  1573—76."     1  Band. 

Ueber  die  Geschichte  der  Stadt,  soweit  sie  nicht  aus  den  mit- 
getheilten  Urkunden  zu  entnehmen  ist,  fliessen  im  Mindelheimer 
Archiv  die  Quellen  sehr  spärlich.  Fortlaufende  chronikalische  Auf- 
zeichnungen scheinen  ganz  zu  fehlen;  nur  ein  paar  Einzelheiten 
sind  aus  den  letzten  zwei  Jahrhunderten  beschrieben.  So  erzählt 
uns  ein  Heft  von  den  Leiden  der  Stadt  im  dreissigjährigen  Kriege 
(„Gesta  et  tolerata  tempore  belli  Suecici-Gallici").  Von  den  Jesuiten, 
welche  im  17.  Jahrhundert  in  Mindelheim  sich  niederliessen,  handelt, 
ausser  manchen  Akten,  auch  eine  „Historia  collegii  soc.  Jesu  Mindel- 
heimensis"  (2  Bde.  und  1  Heft). 

Damit  haben  wir  alles  Dasjenige  hervorgehoben ,  was  ein  all- 
gemeineres Interesse  in  Anspruch  nehmen  darf.  Dieses  historisch 
mehr  oder  weniger  werthvolle  Material  bildet  aber  nur  einen  kleinen 
Bruchtheil  des  Archives.  Die  Hauptmasse  der  Archivalien  bezieht 
sich  auf  Dinge  von  überwiegend  lokaler  Bedeutung :  auf  das  Gebiet 
und  Eigenthum  der  Stadt  und  spezielle  Gerechtsame,  sowie  die  ihrer 
Verwaltung  unterstehenden  Anstalten  und  Stiftungen.  Hieher  zählt 
in  erster  Linie  eine  Reihe  von  Grenz-  und  Markungsbeschrieben. 
die  aber  über  das  vorige  Jahrhundert  nicht  zurückgehen  (dagegen 
existirt  unter  den  Zeichnungen  der  Stadt  eine  aus  dem  Jahre  1360); 
dann  .eine  Menge  von  Kauf-  und  Tauschbriefen  und  Verträgen  über 
Wiesen  und  Weiden,  Gärten,  Waldungen  und  sonstigen  Grund  und 
Boden,  über  Anwesen  und  Gebäulichkeiten,  welche  für  die  Stadt 
selbst  als  Dokumente  ihres  Erwerbs-  und  Besitzstandes  und  dessen 
Veränderungen  den  meisten  Werth  haben  (das  älteste  Stück  dieser 
privatrechtlichen  Urkunden  ist  vom  Jahre  1394).  Ein  starkes 
Contingent  bilden  endlich  die  zahlreichen  Stiftungen,  welche  bis  in 
die  TeckJsche  Periode  hinaufreichen,  doch  grösstenthells  dem 
verflossenen  Jahrhundert,  theilweise  sogar  der  neuesten  Zeit 
angehören. 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  131 


^  II.  Memmingen. 

Memmingen  hat  entschieden  das  glänzendste  unter  den  be- 
suchten Archiven,  und  die  anerkennende  Bemerkung  über  das 
Memminger  Stadtarchiv  in  Bavaria  II,  2,  p.  1037  ist  heute  doppelt 
am  Platze.  Hat  es  ja  doch  seitdem  eine  Ordnung  und  Verzeichnung 
erfahren,  wie  sie  noch  wenigen  Communalarchiven  zu  Theil  geworden 
sein  dürfte.  Und  dies  ist  obendrein  das  Verdienst  eines  Mannes, 
dessen  Beruf  ursprünglich  mit  dem  Archiv  gar  nichts  zu  thun  hatte. 
Ein  Pfarrer  des  benachbarten  Dorfes  Buxach,  der  in  der  Stadt  seine 
Wohnung  hatte,  widmete  in  uneigennützigster  Weise  dem  städtischen 
Archiv  seine  freie  Zeit  und  unterzog  sich  der  riesenhaften  Aufgabe, 
dasselbe  neu  zu  ordnen  und  zu  verzeichnen.  Dieser  verdienstvolle 
Mann,  der  auch  in  der  Zeitschrift  des  historischen  Vereins  für 
Schwaben  und  Neuburg  seinen  Namen  rühmlich  bekannt  gemacht 
hat,  ist  Dr.  Friedrich  Dobel,  gegenwärtig  Archivar  in  fürstlich 
und  gräflich  Fugger'schen  Diensten  zu  Augsburg;  derselbe,  der 
gleichzeitig  die  im  oberen  Stockwerk  des  sog.  Steuerhauses  (neben 
dem  Rathhaus)  zu  Memmingen  aufgestellte  Stadtbibliothek  in  eine 
neue,  bessere  Ordnung  gebracht  hat. 

Das  Archiv  befindet  sich  im  Souterrain  des  Rathhauses  in 
zwei  ineinandergehenden  gewölbten  Räumen.  Dem  mit  einem  Eisen- 
gitter verwahrten  Eingang  liegt  ein  hohes  Bogenfenster  gegenüber, 
so  dass  für  Ventilation  —  das  Wichtigste  zur  Conservirung  eines 
Archivs  —  ausreichend  gesorgt  ist.  Das  Lokal  hat  nur  einen  Uebel- 
stand,  dem  aber,  nach  der  Versicherung  des  gegenwärtigen  Herrn 
Bürgermeisters  (Julius  v.  Reck)  nach  Möglichkeit  abgeholfen  werden 
wird ;  die  an  die  St.  Johanniskirche  stossende  Seitenwand  des  hinteren 
Zimmers  ist  nämlich  feucht,  so  dass  bei  längerer  Dauer  dieses  Zu- 
standes  die  Archivalien  nothwendig  leiden  müssen. 

Der  Hauptsache  nach  theilt  sich  das  Archiv  in  ein  städtisches 
im  engeren  Sinne  und  in  ein  Stiftungsarchiv.  Letzteres  ist  theils  im 
Eintrittsgelass ,  theils  in  der  Mitte  des  Hauptsaals  aufgestellt;  den 
übrigen  Platz  nimmt  das  andere  Archiv  ein. 

Das  massenhaft  aufgespeicherte  Material  besteht,  wie  ander- 
wärts, aus  Akten,  Urkunden  und  festen  Bänden.  Die  Akten  sind, 
in  Faszikel  gebunden,  meist  in  Regalen  plazirt.  Die  festen  Bände 
stehen  an  den  Wänden  oben  herum.   Die  Urkunden  sind  in  kleinen 

9* 


132  Rieder: 

quadratischen  Schubladen  untergebracht,  deren  lange,  mehrfach  über- 
einanderliegende Reihen  zu  mächtigen  Stellagen ,  resp.  Schränken, 
sich  aufbauen.  Auf  den  Schubladen  sind,  der  Aufzeichnung  in  den 
Repertorien  entsprechend,  die  nöthigen  Signaturen  angebracht,  ebenso 
auf  den  Faszikeln  und  einzelnen  Urkunden,  so  dass  das  Auffinden 
der  gewünschten  Stücke  sehr  leicht  ist,  sobald  man  sich  über  die 
Lagening  der  Hauptsektionen  genügend  orientiit  hat.  Die  Archivalien 
sind,  nach  den  vom  Berichterstatter  herausgenommenen  Proben  zu 
schliessen,  im  Allgemeinen  sehr  gut  erhalten;  bei  vielen  Urkunden 
sind  die  Siegel  noch  von  blendender  Frische. 

Nach  dieser  kurzen  Umschau  in  den  Archivlokalen  wollen  wir 
uns  deren  Inhalt  nach  den  Repertorien  näher  besehen.  Auch  hier 
tritt  uns  zunächst  die  berührte  Zweitheilung  entgegen.  Das  engere 
städtische  Archiv  ist  durch  zwei  Bände  repräsentirt ,  betitelt:  „Re- 
pertorium  des  Stadtarchivs  Memmingen,  Band  I  gefertigt  in  den 
Jahren  1863—5;  Band  II  im  Jahre  1873";  ein  dritter  Band  ist 
das  „Repertorium  des  Stiftungsarchivs,  gefertigt  im  J.  1866".  Jeder 
dieser  Bände,  in  folio,  enthält  über  500  Seiten  mit  ziemlich  kleiner, 
aber  sehr  deutlicher  und  gefälliger  Schrift :  Alles  von  dem  unermüd- 
lichen Neuordner  des  Archives  eigenhändig  hergestellt.  Doch  so 
respektvoll  auch  diese  handdicken  Folianten  sich  ausnehmen,  sie 
sind  nicht  seine  einzigen  Arbeiten  für  das  Memminger  Archiv.  Ein 
paar  weitere  Foliobände  sind  mit  Abschriften  von  Stiftungsbriefen 
und  RathsprotokoUen  (letztere  von  1508  beginnend)  angefüllt,  xmd 
ausserdem  existirt  von  seiner  Hand  eine  erstaunliche  Menge  von 
XJrkundenregesten  (auf  Blättchen  in  Queroktav),  welche  in  ca.  20 
quadratischen  Schachteln,  deren  Seiten  jenem  Format  entsprechen, 
chronologisch  zusammengestellt  sind. 

Liefern  die  angegebenen  Verzeichnisse  schon  an  sich  einen 
sprechenden  Beweis  für  die  Menge  des  aufgehäuften  Archivmaterials, 
so  wird  diese  noch  des  Näheren  aus  den  Repertorienangaben  selbst 
präzisirt.  Der  im  ersten  Band  verzeichnete  Stoff  vertheilt  sich  auf 
490  Schubladen  (in  5  Schränken),  der  Inhalt  des  dritten  Bandes  füllt 
deren  323;  der  zweite  Band  des  städtischen  Repertoriums  endlich 
beschreibt  die  Foliobände:  464  Stück.  Doch  ist  dabei,  wie  bei 
Mindelheim,  die  einschränkende  Bemerkung  anzufügen,  dass  nicht 
Alles,  was  verzeichnet  ist,  wirklich  archivalischen  Charakter  trägt; 
es  finden  sich  nemlich  auch  hier  Schriftstücke  neuesten  Datums, 
welche   wohl   besser   noch    der  Kanzleiregistratur   zuzuzählen    und 


Aus  städtischen  ArcKiven  im  schwäbischen  Bayern.  133 

erst   nach   mehreren    Jahrzehnten    in's   Archiv    einzuverleiben    ge- 
wesen wären. 

Die  Anlage  der  Repertorien,  namentlich  des  ersten  und  dritten 
Bandes,  ist  für  das  praktische  Bedürfniss  ziemlich  geeignet.  Für 
die  Jahre,  die  Daten,  sowie  die  Betreffe  der  Archivalien  und  die 
Lagerungsnotizen  sind  gesonderte  Rubriken  geschaffen;  innerhalb 
der  einzelnen  Gruppen  ist  im  Allgemeinen  die  chronologische  Folge 
gewahrt,  so  dass,  wenn  nur  das  Jahr  bekannt,  das  speziell  Gesuchte 
unschwer  aufgefunden  werden  kann.  Von  grossem  Nutzen  ist 
das  dem  ersten  Bande  beigegebene  „Namen-  und  Sachregister", 
das  allein  über  60  Seiten  umfasst;  hier  werden  sowohl  die  Orts- 
ais die  Personen-  und  SachbetrefTe  in  alphabetischer  Reihe  auf- 
geführt, also  —  was  äusserst  praktisch  ist  —  in  einem  einzigen 
Register  alle  wünschenswerthen  Hinweise  gegeben.  Den  bezeich- 
neten beiden  Bänden  geht  eine  Inhaltsübersicht  der  behan- 
delten Gruppen  voraus,  und  jedes  Blatt  ist  oben  mit  dem  Betreff 
der  jeweiligen  Abtheilung  überschrieben,  somit  liegt  der  Inhalt 
der  Folien  stets  klar  vor  Augen  und  wird  ein  Zurückblätteru 
erspart. 

Bei  all  diesen  Vorzügen  ist  an  dem  ersten  Band,  mit  dem 
wir  uns  zunächst  beschäftigen  wollen.  Eines  auszusetzen.  Es  fehlt 
an  Durchsichtigkeit  und  Consequenz  der  Anordnung:  ein  Mangel, 
dÄr  freilich  bei  dem  so  riesigen,  den  Ueberblick  erschwerenden 
Material  zu  entschuldigen  ist.  Erst  bei  näherer  Betrachtung  der 
im  Inhaltsverzeichniss  zusammengestellten  Serien  tritt  ein  rationelles, 
gewissermassen  historisches  Eintheilungsprinzip  zu  Tage,  welches  die 
einzelnen  Partien  beherrscht;  dasselbe  ist  aber  nicht  streng  durch- 
geführt und  wird,  namentlich  am  Ende,  von  verschiedenen  Gruppen 
durchbrochen,  die  sich  theilweise  als  Nachträge  herausstellen.  Das 
Inhaltsverzeichniss  führt  die  Hauptabtheilungen  blos  nach  der  Reihen- 
folge der  Schubladen  an  und  entbehrt  der  zusammenfassenden, 
systematischen  Gliederung.  Wer  sich  aber  rasch  im  Repertorium 
zurecht  finden  möchte,  für  den  ist  eine  solche  sehr  erwünscht. 
Versuchen  wir  es  daher,  aus  der  Masse  des  Details  die  leitenden 
Gedanken  herauszuschälen  und,  soweit  es  der  Stoff  zulässt,  eine 
Disposition  desselben  zu  entwickeln,  wobei  wir  die  wichtigsten 
Einzelheiten  näher  hervorheben;  aus  den  beigefügten  Seitenzahlen 
wird  der  Leser  zugleich  ersehen,  welchen  Umfang  jede  Gruppe  im 
Repertorium  einnimmt. 


134  Rieder: 

Das  Eintheilungsschema  lässt  sich  etwa  folgendermassea 
skizziren: 

I.  Aeussere  Verhältnisse. 

1.  Reichssachen :  kaiserliche  und  kgl.  Mandate  1334—1786;  kaiserl. 
Kammergericht  1355—1803 ;  kaiserl.  Reichshofrath  1633—1792 ; 
kaiserl.  Hofgericht  zu  Rottweil  1460 — 1632;  kaiserl.  Landvogtei 
Schwaben  und  k.  Landgericht  Schwaben  von  1354  an.  Seite  1  —46. 

2.  Landessachen :  Verhältnisse  zu  einzelnen  Ländern  und  Herr- 
schaften : 

a.  weltliche  Territorien:  Bayern,  resp.  Correspondenzen  mit 
bayerischen  Fürsten  1464—1802;  Württemberg  1394—1798; 
Baden  1507—1723  etc.,  abschliessend  mit  Venedig  1509 
bis  1669.    Seite  47—55. 

b.  geistliche :  Stift  und  Bisthum  Augsburg  bis  Stift  Ottobeuren 
(6  Namen),  darunter  das  älteste  Archivale  aus  dem  Jahre 
1270,  das  Stift  Ochsenhausen  betr.     Seite  56—76. 

Dann  eine  neue  Serie  von  Stiftern :  Aschbach  bis  Zwifalten 
(27  Namen).     Seite  77—81. 

3.  Adel  und  Ritterschaft  mit  einer  grossen  Zahl  adeliger  Familien 
(v.  Aichelberg  bis  v.  Zullnhart,  gegen  50  Namen,  darunter: 
Ritter  von  Freundsberg  zu  Mindelheim  1470—1574;  Schertlin 
von  Burtenbach  und  am  meisten  vertreten  Graf  Fugger  1524 
bis  1797,  von  Rechberg  1508—1794  und  von  Zeyl  1407  b'is 
1797.)   Seite  82-118. 

4.  Städte  (Aalen  bis  Zittau,  47,  wovon  die  bedeutendsten:  Augs- 
burg 1505—1792,  Kempten  1428—1799,  Lindau  .1540-1794, 
Mindelheim  1536—1779  und  Ulm  1477—1802.)  Seite  119—147. 

5.  Dörfer  (zuerst  im  Allgemeinen,  dann  speziell  von  Aitrach  bis 
Woringen;  am  Schluss  sind  einige  Bäder,  wie  es  scheint  alle 
aus  der  Umgebung  der  Stadt,  angefügt;  Aspenbad  bis  Stein- 
bogenbad).     Seite  148—179. 

Die  genannten  Serien  spiegeln  in  ihrer  Aufeinanderfolge  die 
mittelalterliche  Ständegliederung  (Fürsten,  Geistlichkeit  und  Adel, 
Bürger  und  Bauern)  in  bemerkenswerther  Weise  wieder. 

II.  Innere  Verhältnisse. 

Dieser  zweite  Haupttheil,  dem  Umfang  nach  der  grössere 
(von  Seite  180—479),  lässt  sich  schwer  in  wenigen  Stich  Worten 
zusammenfassen,  da  sein  Inhalt  ausserordentlich  vielseitig  ist    Nur 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  135 

eine  Partie  darin  bildet  ein  grösseres  Ganzes:  die  Rubrik  „Kirchen- 
und  Religionssachen"  (von  Seite  309—391).  Sie  darf  auch  als  die 
interessanteste,  gelten,  indem  sie  für  das  kirchliche  und  religiöse 
Leben  von  über  vier  Jahrhunderten  mannigfache  lokale  Beiträge 
liefert.  Wir  können  dabei  einen  allgemeinen  und  einen  besondern 
Theil  unterscheiden.  Den  ersteren  (S.  309—330)  hat  der  Verfasser 
selbst  in  folgende  vier  Hauptperioden  abgetheilt: 

I.  Vorreformatorische  Zeit  (1360—1516). 

II.  Vorboten  und  erste  Anfange  der  Reformation,  sowie  weitere 
Entwicklung  derselben  bis  zum  Nürnberger  Religionsfrieden  i.  J.  1532. 

III.  Vom  Nürnberger  Religionsfrieden  bis  zum  Beginn  des 
dreissigjährigen  Krieges. 

IV.  Von  da  bis  zum  Anfang  des  jetzigen  Jahrhunderts  (bis 
zum  Jahr  1802). 

In  den  letzten  beiden  Abtheilungen  weisen  zahlreiche  Betreffe 
auf  den  näheren  Inhalt  hin,  wie:  Kirchenvisitationen;  Kirchenrath 
und  Schulconvent;  Anstellung,  Lehre  und  Leben  von  Kirchen-  und 
Schuldienern ;  Ehesachen;  Exulanten  und  Convertiten;  Zwinglianer, 
Wiedertäufer,  Sektirer ;  Aberglaube  (Hexensachen).  Hieran  schliesst 
sich  (Seite  331— 391)  der  spezielle  Theil:  ein  reiches  Material  über 
Klöster  und  Kirchen  der  Stadt,  von  dessen  Einzelheiten  wir  hier 
wegen  des  überwiegend  lokalen  Interesses  füglich  absehen  dürfen. 
Nur  soviel  sei  erwähnt,  dass  diese  Partie  die  ältesten  Stücke  des 
Archivs  birgt  (das  Augustinerkloster  tritt  mit  dem  Jahre  1295  auf; 
die  Propstei  St.  Nikolaus  schon  1192;  das  Oberhospital  und  die 
Frauenkirche  weist  zwei  Urkunden  ans  den  Jahren  1010  und  1012 
auf  —  erstere  ein  Schenkungsbrief,  letztere  eine  Bestätigung  des- 
selben von  Papst  Gregor).  Auch  von  den  zahlreichen  übrigen 
Gruppen  des  IL  Haupttheils  kann  nur  Einiges  angedeutet  werden. 
Die  vielgestaltigen  Interessen  einer  ehemaligen  Reichsstadt;  ihre 
Besitzthümer,  Rechte  und  Freiheiten;  die  verschiedenen  Objekte 
ihrer  Verwaltung  und  Gerichtsbarkeit;  Ackerbau,  Gewerbe,  Handel 
und  Industrie;  endlich  das  ganze  farbenreiche  Leben  und  Treiben, 
soweit  es  in  den  Akten  seinen  Niederschlag  fand,  sind  hier  in 
bunten  Reihen  repräsentirt.  Diese  Materialien  gehen  grösstentheils 
bis  ins  15.,  öfter  bis  ins  14.  Jahrhundert  zurück.  Die  älteste 
Gruppe  bilden  die  „kaiserlichen  und  königlichen  Freiheiten"  (1275— 
1709).  Für  die  Rechtsgeschichte,  speziell  für  die  Entwicklung  des 
Civil-  und  Strafrechts  mag  manches  Interessante  in  den  Criminal- 


136  Rieder: 

und  Prozessakten  zu  finden  sein,  von  denen  die  ersteren  (ürfehde- 
briefe,  ürgichten,  Exekutionen  u.  dergl.  enthaltend)  von  1415,  die 
letzteren  schon  von  1395  beginnen.  Die  Kulturgeschichte  wird  aus 
den  „Ordnungen  und  Statuten"  (darin  Hochzeits-,  Leichen-,  Kleider- 
ordnungen U.A.  von  1352—1756)  manche  Belehrung  schöpfen 
können,  ebenso  für  andere  Seiten  des  Kulturlebens  aus  den  Rubriken 
„Meistersinger,  Musik,  Theater"  (1599 — 1801),  dann  „Gresellschaft 
zum  Goldenen  Löwen,  auch  grosse  Zunft  oder  Bürgertrinkstube 
genannt-'  (1347—1777),  „Gesellschaft  oder  Gemeine  Stube  zum 
Goldenen  Stern,  genannt  Pfannenstiehl  (von  einem  langjährigen 
Stubenknecht  dieses  Namens),  auch  Salzferzger  Gesellschaft  oder 
Trinkstube,  auch  Kaufleutestube"  (1501  —  1806)  und  aus  den  Akten 
über  die  vielen  Zünfte  und  Gewerbe  („Merzler",  „Hutschmucker", 
„Beinringler"  etc.),  deren  Beschreibung  fast  vierzig  Blätter  des 
Eepertoriums  anfüllt.  Ein  Bild  des  Religionsfanatismus  zur  Zeit 
der  Reformation  gibt  der  berühmte  „Vogelmann'sche  Prozess"  vom 
Jahr  1531,  wegen  Enthauptung  eines  übergetretenen  Stadtschreibers 
(Vogelmann)  von  dessen  Relikten  angestrengt.  —  Den  Schluss  des 
Bandes,  vor  den  Nachträgen,  bildet  die  „Registratur  des  Stadt- 
archivs". Da  diese  für  die  Geschichte  des  städtischen  Archivwesens 
von  grossem  Interesse  ist,  dürfen  die  bezüglichen  Aufzeichnungen 
(Seite  477—8),  vorbehaltlich  einiger  Kürzungen,  eine  Stelle  hier 
beanspruchen : 

1645.  Protokoll,  welches  wegen  der  Registratur  angefangen 
worden,  resp.  alphabetische  Register  der  sämmtlichen 
Archivalien. 
1709.  Registratur  über  des  Heiligen  Reichs  Stadt  Memmingen 
auf  deroselben  Steuerhausarchiv  reponirte  Documenta 
und  briefliche  Urkunden,  erneuert  durch  Jakob  Schütz, 
Kanzlei  Verwalter.. 
1712.    Continuatio   Registraturae  etc.   —   eine   Portsetzung  der 

vorigen  Nummer. 
1805 — 30.  Akten  und  Correspondenzen  über  die  Aushändigung 
von  Archivalien  aus  dem  hiesigen  Stadtarchiv  an's 
Archivconservatorium  zu  Kempten,  an's  Reichsarchiv 
und  andre  Behörden,  sammt  Legescheinen  hierüber. 
1827.  Registratur  über  die  im  Steuerhausarchiv  befindlichen 
Dokumente  und  brieflichen  Urkunden,  renovirt  durch 
Jakob  Friedrich  Rupprecht,  Magistratsrath  und  Kassier. 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  137 

1835.  Alphabetisches  Repertoriiim  über  die  im  oberen  Archiv 
im  schwarzen  Kasten  befindlichen  Akten  (verfasst  von 
dem  Vorigen,  der  inzwischen  quieszirt  worden.) 

Bemerkung.  Sämmtlicho  Archivalien  des  unteren  und 
oberen   Steuerhausarchives   wurden  i.  J.  1864  mit    dem 
im    Gewölbe    des   Rathhauses    befindlichen    Stadtarchiv 
vereinigt. 
1832 — 3.  Registratur  des  städtischen  Archivs  der  k.  bayr.  Stadt 
Memmingen  (Num.  curr.  l — 255),  gefertigt  und  geordnet 
von  Jakob  Friedrich  XJnoId,  k.  Studien lehrer. 
1864.    Akten,  das  Stadtarchiv  und  dessen  Einrichtung  betr. 
Mit   dieser  Nummer  berühren  wir    bereits    die  letzte  grosse 
Evolution  im  Memminger  Stadtarchiv,  da,  wie  erwähnt,   der  erste 
Band   des   städtischen  Repertoriums  um   diese  Zeit  entstanden   ist. 
Aber  wie  kommt  es   —   kann   man   am  Ende   dieses   ersten 
Bandes  fragen  —  dass  von  chronikalischen  Aufzeichnungen   nicht 
die  Rede  ist,  die  doch,  weil  zusammenfassend,  eine  der  bequemsten 
Quellen  für  die  Lokalgeschich tsfdrschung  bilden?   —   In   der  That 
sind  uns  solche  nicht  aufgestossen.  Man  findet  zwar,  auf  Seite  225, 
eine  Rubrik  „Chronik  und  Geschichte   der  Stadt",  welche   das  Ge- 
suchte zu  bieten  scheint;   sie  enthält  aber  bloss   zwei  Stücke  von 
untergeordneter  Bedeutung    (das    erste    überschrieben:    „Der  Stadt 
Schenkbüchlein,  worin  verzeichnet  ist,  was  allen   fremden,  anher 
kommenden  hoch  und  niedern  Ständen  jederzeit  von  der  Obrigkeit 
allhier  verehret  wird.  Nr.  1—4.  1558—1627^').  — 

Eine  kleine  Lücke  im  ersten  Band  führt  uns  zur  Besprechung 
des  zweiten.  Dort  sind  nämlich  die  Seiten  218  —  224  incl.  leer 
gelassen,  während  in  der  vorausgeschickten  TJebersicht  „Kriegs- 
begebenheiten" (Schublade  221 — 255)  vermerkt  sind.  Diese  sollen 
nun,  wie  man  dem  Berichterstatter  sagte,  im  zweiten  Band  ver- 
zeichnet sein  (?).  —  Allerdings  gewährt  derselbe  ein  umfangreiches 
Material  an  „Kriegsbegebenheiten",  doch  nicht  ausschliesslich.  Eine 
Fülle  anderweitigen  geschichtlichen  Stoffes  überwiegt  sogar  die 
speciellen  Kriegsakten,  und  ausserdem  beschreibt  der  Band  eine 
Menge  Folianten,  die  sich  lediglich  auf  administrative  Verhältnisse 
der  Stadtgemeinde  beziehen. 

Eine  systematische  Gliederung  und  Unterscheidung  dieses 
gemischten  Inhalts  mangelt  auch  hier. 


138  Rieder: 

Die  Bände  werden  einfach,  wie  sie  numerirt  sind,  fortlaufend 
bezeichnet,  resp.  beschrieben,  und  zwar  so,  dass  jede  Nummer, 
bisweilen  eine  Serie  von  Nummern,  eine  Seite  beginnt.  Dadurch 
ist  viel  leerer  Kaum  entstanden,  namentlich  bei  der  ersten  nachher 
zu  charatterisirenden  Gruppe,  in  der  eine  kurze  Bezeichnungsweise 
(oft  nicht  über  ein  paar  Zeilen)  vorherrscht.  Ausser  dieser  rein 
äusserlichen  Abtheilung  fehlt  es  durchaus  an  Uebersichtlichkeit : 
es  ist  kein  Conspekt  vorhanden,  welcher  dem  mit  der  Eintheilung 
des  Bandes  noch  nicht  vertrauten  Benutzer  die  einzelnen  Serien 
in  knappen  Umrissen  vor  Augen  stellte,  noch  —  was  den  ersten 
Band  vortheilhaft  auszeichnet  —  ein  alphabetisches  Inhaltsregister, 
das  die  vorkommenden  Sach-,  Orts-  und  Personenbetreffe  mit  den 
entsprechenden  Hinweisen  enthielte.  Der  Mangel  an  Uebersicht 
und  zusammenfassender  Einheit  macht  sich  bei  der  Beschreibung 
der  Geschichtsakten  (der  unten  aufgestellten  Abtheilung  II)  auch 
im  Einzelnen  fühlbar.  Viele  Bände  sind  so  ausführlich  beschrieben, 
dass  sechs  und  mehr  Seiten,  bei  ziemlich  enger  Schrift,  auf  einen 
Band  kommen;  da  werden  einzelne  Aktenprodukte  und  Folien  an- 
gegeben und  deren  Inhalt  genau  vermerkt.  Für  den  Geschichts- 
forscher hat  eine  solche  Kleinmalerei  allerdings  grosse  Vortheile; 
er  hat  ja  den  ganzen  Inhalt  des  betreffenden  Bandes  vor  sich  und 
braucht  letzteren  selbst  kaum  nachzuschlagen,  um  zu  erfahren,  ob 
für  eine  spezielle  Frage  etwas  darin  enthalten  ist.  Aber  es  fehlt, 
mit  wenigen  Ausnahmen,  an  einer  an  die  Spitze  gestellten  Inhalts- 
angabe, welche  in  Hauptzügen  das  Wesentliche  zusammenfasst  und 
für  die  erste  Orientirung  von  grösstem  Vortheil  sein  würde.  — 
Doch  dürfen  wir  bei  diesen  Ausstellungen  die  Lichtseiten  nicht 
ausser  Acht  lassen.  Besonders  ist  des  Verfassers  wissenschaftlicher 
Sinn  zu  rühmen,  welcher  bei  den  erwähnten  Geschichtsakten  durch 
genaue  Hinweise  auf  einschlägiges  gedrucktes  Material  sich  kund- 
gibt; so  werden  z.  B.  die  Schriften  von  Klüpfel,  Sattler,  Stalin, 
Würdinger  u.  a.  wiederholt  citirt.  ' 

Wenn  wir  nun  selbst  den  Inhalt  systematisch  zu  gruppiren 
suchen,  so  lassen  sich  folgende  Abtheilungen  machen: 

I.  Verwaltungsbücher: 

1)  Administrativ-  und  Justizsachen  der  Stadt :  meist  Protokoll- 
bücher aus  den  Jahren  1448-1818.  Nr.  1—286. 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  139 

Sie  betreffen  die  Besetzung  der  Aemter,  sowie  die 
Amts-  und  Dienstleute  der  Stadt  (1448  —  1800),  ßaths- 
Dekrete  und  Rathsprotokolle  (1508—1804);  Kanzlei-, 
Notariats-,  Amts-  und  Gerichtsprotokolle  (1623  —  1740); 
Copialbücher  der  städtischen  Correspondenz  (1710 — 80) 
u.  A.  und  schliessen  mit  Protokollen  des  Verwaltungs- 
und Municipalraths,  sowie  der  Polizeidirektion  der  1802 
an  Bayern  gefallenen  Stadt. 
2)  Finanzielle  Verhältnisse :  Einnahme-  und  Ausgabe-,  Zins-, 
Steuer-  und  Schuldbücher  und  dergl.  aus  den  Jahren 
1450—1807.  Nr.  423—464  (dabei  ist  zu  bemerken,  d^ss 
statt  der  Nr.  426  mehrere  Seiten  leer  gelassen  worden 
sind,  welche  durch  neuere  Zugänge  und  Nachträge  aus- 
gefüllt werden  sollen). 

IL  Geschichtsbücher:    Nr.  287 — 422,  also   die  mittlere  Partie 

des  Repertoriums. 

„Geschichtsbücher"  kann  man  der  Kürze  halber  und  im 
Gegensatz  zur  ersten  Gruppe  diese  Abtheilung  wohl  nennen,  wenn 
sie  auch  nicht  Geschichtsdarstellungen  im  Sinne  von  Chroniken 
geben.  Sie  bestehen  nämlich  lediglich  aus  Aktenmaterial,  sind  also 
in  Rücksicht  der  Form  sogenannte  Sammelbände.  Ihrem  Inhalt 
nach  aber  dürfen  sie  als  Geschichtsquellen  ersten  Ranges  gelten. 
Sie  enthalten  ein  ungemein  reiches  Material  zur  Geschichte  der 
Stadt  bezüglich  ihrer  Theilnahme  an  den  religiösen,  politischen  und 
kriegerischen  Begebenheiten  und  Erschütterungen  der  letzten  fünf 
Jahrhunderte.  Insonderheit  figuriren  hier  der  Schwäbische  Bund, 
die  Reformation,  die  Union,  die  Kämpfe  im  dreissigjährigen  und 
den  folgenden  Kriegen  einschliesslich  der  Kriegsläufe  bis  in  das 
zweite  Jahrzehnt  des  gegenwärtigen  Säculums,  sowie  verschiedene 
andre  Reichs-  und  Kreisangelegenheiten;  schliesslich  auch  Akten 
über  die  Organisation  der  bayerisch  gewordenen  Stadt.  Dazwischen 
fallen,  wie  Privatepisoden,  die  Nrn.  309 — 11  über  den  Raubritter 
Thomas  von  Rosenberg,  resp.  dessen  Prozess  gegen  die  Schwäbische 
„Bundseinigung''  (1536—55)  und  Nr.  347  über  den  Beichsmarschali 
Philipp  Thomas  von  Pappenheim,  der  1594  um  Entlassung  aus 
seiner  dreizehnjährigen  Gefangenschaft  bei  den  Reichsständen  nach 
sucht.  Aber  auch  die  übrigen  Bände  enthalten  eine  Fülle  dei 
interessantesten  Einzelheiten.    Um  die  „Haupt-  und  Staatsaktionen", 


140  Rieder: 

welche  namentlich  in  Yerhandliingen  und  Abschieden  auf  Keichs-, 
Kreis-  und  Städtetagen,  Bündnissen  mit  Fürsten  und  Städten  und 
dergl.  zum  Ausdruck  kommen,  schlingen  sich  die  mannigfaltigsten 
Mittheilungen  über  viele  andere  Städte,  über  Fürsten  und  sonstige 
Persönlichkeiten,  sowie  über  Zeitverhältnisse  aller  Art.  Dadurch 
erheben  sich  diese  Folianten  zu  grosser  geschichtlicher  Bedeutung. 
Die  neuere  Zeit  weiss  dies  auch  gebührend  zu  würdigen,  und  Ge- 
lehrte, wie  Stieve,  Weizsäcker  und  Andre  haben  aus  diesem  vollen 
Born  mit  Erfolg  geschöpft. 

Die  ganze  Serie  ist,  im  Gegensatz  zu  den  oben  bezeichneten 
beiden  Gruppen,  rein  chronologisch  geordnet  und  umfasst  die  Zeit 
von  1382 — 1816.  In's  Detail  einzugehen,  würde  den  hier  gegebenen 
Raum  weit  überschreiten.  Nur  einige  Einblicke  und  allgemeine 
Bemerkungen  müssen  gestattet  sein,  da  ja  diese  Abtheilung  die  für 
das  allgemeiue  Interesse  wichtigste  des  ganzen  Archivs  darstellt.  — 
Die  erste  Nummer  (287)  betrifft  den  „Landfriedensbund  zwischen 
dem  Herzog  Lupoid  von  Oestreich,  den  drei  Adelsgesellschaften 
zum  Löwen,  St.  Wilhelm  und  St.  Georg  mit  dem  Grafen  Eberhard 
von  Württemberg  an  ihrer  Spitze  und  den* 34  Städten  des  Schwä- 
bischen Bundes;  Einigung  der  rheinischen  und  schwäbischen  Städte 
und  andre  Städtebündnisse,  sowie  bezügliche  Bundsbriefe  mit  Fürsten; 
verschiedene  Städtetage,  Abschiede  u.  A.  (1382 — 1487)".  Hier  ist 
also  mehr  als  ein  ganzes  Jahrhundert  in  einer  Nummer  vereinigt; 
die  Beschreibung  derselben  nimmt  sieben  Seiten  ein.  Die  nächsten 
sieben  Bände  dagegen,  welche  die  Stiftung  des  Schwäbischen  Bundes 
und  damit  zusammenhängende  Ereignisse  behandeln,  beschränken 
sich  auf  den  Zeitraum  von  höchstens  fünf  Jahren.  Von  1520  an 
umfassen  die  Folianten  im  Maximum  zwei  Jahre,  vielfach  aber 
kommen  umgekehrt  zwei  und  mehr  Bände  auf  ein  einziges  Jahr; 
man  sieht,  wie  mit  der  Reformationszeit  der  Strom  der  Quellen 
auf  einmal  ins  Breite  zu  fliessen  beginnt  So  geht  es  bis  zur  Mitte 
des  16.  Jahrhunderts  fort,  nach  welcher  die  Fülle  des  Materials 
allmählich  abnimmt.  Merklich  schwächer  ist  schon  das  17.  Jahr- 
hundert vertreten;  im  18.  aber  drängen  sich  wieder  die  Ereignisse 
vieler  Jahre  in  einen  einzigen  Tom  zusammen.  Am  besten  sprechen 
hier  die  Zahlen  der  Bände.  Während  auf  das  16.  Säculum  61 
kommen,  weist  das  17.  50,  das  18.  nur  mehr  15  auf:  Zahlen, 
deren  absteigende  Progression  ziemlich  mit  der  abnehmenden  Be- 
deutung der  Städte  zusammen  geht. 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  141 

Damit  müssen  wir  von  diesem  reichhaltigen  Stoff  Abschied 
nehmen.  —  Es  bleibt  nun  noch  das  Repertorium  über  das  Stiftungs- 
archiv zu .  besprechen,  wofür  wenige  Worte  genügen,  weil  es  fast 
nur  örtliche  Bedeutung  hat.  Um  so  grösser  ist  freilich  sein  prak- 
tischer Werth  für  die  Stadt,  und  damit  hängt  es  vielleicht  zu- 
sammen, dass  dieses  Repertorium  wieder  mit  einem  sehr  ausführ- 
lichen alphabetischen  Namens-  und  Sachregister  ausgestattet  ist, 
welches  allein  gegen  neunzig  Seiten  in  Anspruch  nimmt.  Der  In- 
halt gliedert  sich  in  vier  Hauptabtheilungen: 

A)  Wohlthätigkeitsstiftungen :  Seite  1—260;  * 

B)  ünterrichtsstiftungen :  Seite  261—285; 
Die  folgenden  Blätter  sind  noch  frei. 

C)  Cultusstiftungen :  Seite  311-416; 

D)  Stiftungswesen  im  Allgemeinen:  von  Seite  416  an. 
Die  letztgenannte  Abtheilung  besteht  aus  lauter  neueren  Akten 

(von  1796 — 1812).  Dagegen  reichen  die  übrigen  bis  in 's  Mittel- 
alter zurück.  Am  bedeutendsten  ist  entschieden  Abtheilung  A),  und 
hier  insbesondere  die  erste  Gruppe  „Unterhospital",  das  in  der 
Religions-  wie  Pfarrgeschichte  Memmingens  eine  wichtige  Rolle 
spielt.  Sie  enthält  unter  Anderem  Urkunden  über  die  Stiftung 
des  Hospitals  zum  Heiligen  Geist,  über  seine  Privilegien,  seine 
Theilung  in  ein  „Ober-  und  Unterhospital"  und  das  Verhältniss  des 
ersteren  zum  letzteren  und  zur  Stadt;  das  älteste  Stück  ist  die 
bereits  im  anderen  Repertorium  erv\^ähnte  Stiftungsurkunde  des 
Spitals  aus  dem  Jahre  1010  (in  vidimirter  Copie) ;  ausserdem  finden 
sich  mehrere  Urkunden  aus  dem  13.  Jahrhundert  (von  1256  an) 
und  sehr  viele  aus  dem  14.;  andrerseits  aber  gehen  die  Archivalien 
bis  in  die  neueste  Zeit  (1853)  herein.  —  Von  beinahe  gleich  hohem 
Alter  sind  die  „Cultusstiftungen"  (Abtheilung  C);  „Antonienkloster 
und  Pfarrhauspflege"  beginnen  mit  1215  und  weisen  auch  zahl- 
reiche Urkunden  aus  dem  14.  Jahrhundert  auf;  die  „Unterrichts- 
stiftungen" der  zweiten  Abtheilung  (Stipendienstiftungen)  fangen 
mit  1404  an. 

III.  Kempten. 

Von  Kempten  war  in  archivalischer  Beziehung  in  der  letzten 
Zeit  fast  nichts  zu  sagen.  Die  Stadt  besass  kein  eigentliches  Archiv 
mehr,  noch  irgend  welche  Verzeichnisse  über  städtische  Archivalien. 
Nur  Wenigen  war  von   einem  solchen  Besitz  etwas  bekannt.     Erst 


142  Rieder: 

• 
durch  die  Dienstreise  des  Berichterstatters  ist  Licht  in  das  Dunkel 
gekommen,  und    hiebei    hat   sich   weit  mehr   gefunden,    als   man 
erwarten  konnte. 

Das  Meiste  ist  ja  im  Anfang  dieses  Jahrhunderts,  zur  Zeit  der 
Mediatisirung,  weggekommen.  Das  Archiv  der  ehemaligen  Reichs- 
stadt Kempten  wurde  von  der  Landesdirektion  zu  Ulm  dem  damals 
gebildeten  kgl.  Archiveon servatorium  zu  Kempten  überwiesen  und 
später,  theils  den  Beständen  des  k.  allgemeinen  Reichsarchivs,  tlieils 
des  Kreisarchivs  Neuburg  zugetheilt.  Ausserdem  mag  Manches 
verschleudert  worden  sein,  wie  dies  leider  im  Charakter  einer  Periode 
lag,  die,  mitten  im  Werden  einer  neuen  Zeit  stehend,  auf  die  Ver- 
gangenheit und  ihr  Schriftthum  geringschätzig  herabblickte. 

Um  die  der  Stadt  verbliebenen  Reste  des  ehemaligen  umfang- 
reichen Stadtarchives  scheint  sich  Niemand  weiter  gekümmert  zu 
haben.  Berichterstatter  traf  sie  in  wirrem  Durcheinander  unter 
der  Bibliothek  der  Stadt  stehen,  welche  im  sog.  Kornhaus  sich  be- 
findet. Bei  der  Neuherstellung  eines  Bibliothekkatalogs  in  den 
letzten  Jahren  sind  sie  als  Bibliothekstücke  (Manuskripte)  'behandelt 
worden;  ihre  meist  zweifellos  archivalische  Natur  wurde  also  ganz 
verkannt. 

Die  Bemühungen  des  Commissärs  wai-en  daher  für  die  Stadt 
von  prinzipieller  Bedeutung,  insofern  dadurch  die  dringend  nöthige 
Sonderung  des  archivalischen  Materials  von  der  städtischen  Bibliothek 
angeregt  wurde.  Die  leitenden  Grundsätze  fanden  ein  sehr  entgegen- 
kommendes Verständniss,  namentlich  bei  dem  altkatholischen  Pfarrer, 
Herrn  Dr.  Adolf  Thürlings.  Dieser  vielseitig  gebildete  und  thätige 
Mann  hat  bereits  für  die  Neuordnung  der  Bibliothek  sehr  viele  Zeit 
geopfert  und  wird  nun  auch  für  entsprechende  Conservirung  der 
archivalischen  Schätze  sein  Bestes  thun.  Und  dass  die  Stadtver- 
tretung die  Angelegenheit  nicht  liegen  lässt,  dafür  bürgt  der  Umstand, 
dass  bereits  ein  Verzeichniss  der  aufgedeckten  Archivalien  im  Werk 
ist;  vielleicht  noch  ehe  gegenwärtige  Darstellung  die  Presse  ver- 
lassen hat,  wird  der  gedruckte  Katalog  in  den  Händen  der  Li- 
teressenten  sein.  Bei  solchem  Sachverhalt  könnte  es  überflüssig 
erscheinen,  wenn  hier  näher  auf  den  Inhalt  jener  Archivalien  ein- 
gegangen wird,  und  doch  dürfte  dies  nicht  der  Fall  sein.  Es  ist 
ja  nicht  die  Aufgabe  dieser  Blätter,  ein  nacktes  Register  über  das 
aufgefundene  Material  zu  geben,  sondern  vielmehr,  vom  Standpunkte 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  143 

des  Fachmannes  auf  dieses  und  jenes  hinzuweisen,  und  das  können 
die  Leser  dieser  Zeitschrift  mit  Fug  verlangen. 

Wir  beschränken  uns,  die  Hauptgruppen  hervorzuheben,  welche 
die  meiste  historische  Bedeutung  haben ;  das  Uebrige  mag  nebenbei 
angedeutet  werden.  Voranzustellen  sind  die  Materialien  für  die 
Geschichte  der  Stadt.  Man  trifft  etwa  ein  halbes  Dutzend  von 
Chroniken ;  die  älteste,  von  einem  Stadtschreiber  Holdenried  verfasst, 
reicht  jedoch  nur  bis  in  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  zurück; 
in  Fortführung  dieser  Aufzeichnungen  bis  auf  die  letzten  Dezennien 
(von  1829 — 1877)  hat  sich  der  Polizeirottmeister,  nachmals  Polizei- 
offiziant  Höschel  verdient  gemacht.  Zusammenfassend  ist  die 
„historisch-topographische  Darstellung  der  k.  bayerischen  Stadt 
Kempten  im  Auftrage  des  historischen  Vereins  von  Schwaben  und 
Neuburg  aus  Handschriften  und  gedruckten  Werken  zusammen- 
gestellt von  Joseph  Meirhofer,  Keligions-  und  Realienlehrer  an  der 
k.  Gewerbschule  daselbst  und  Mitglied  des  genannten  Vereins.  1855." 
Mit  einer  Inhaltsübersicht  am  Schluss  (111  Seiten).  Hiezu  kommen 
„XJrkundenabschrifton  über  die  Freiheiten  und  Privilegion,  sowie 
Erwerbungen  der  Stadt  Kempten  von  1354 — 1621"  (?  150  bezeichnete 
Seiten).  Die  reichste  Quelle  für  die  Geschichte  der  Stadt  erschliesst 
sich  in  den  RathsprotokoUen ,  welche,  nach  einem  aufgefundenen 
„Materialindex"  zu  denselben  für  die  Jahre  1477  —  1795,  sich  sicher 
bis  ins  15.  Jahrhundert  hinauf  erstreckt  haben,  aber  leider  nicht 
mehr  vollständig  auf  uns  gekommen  sind.  Die  Protokolle  von 
1577  bis  zum  Beginn  der  kirchlichen  Reformation  sind  nicht  mehr 
da,  sie  fehlen  also  gerade  aus  einer  Epoche,  die,  grösstentheils  noch  dem 
Mittelalter  angehörig,  schon  desshalb  von  besonderer  Wichtigkeit 
für  die  Stadtgeschichte  gewesen  wäre.  Vom  Jahre  1517  anfangend 
laufen  sie  indessen,  mit  wenigen  Lücken  (zwischen  1580  und  1599, 
1642—53),  bis  zur  Auflösung  der  Reichsstadt  fort.  Neben  den  ge- 
wöhnlichen Protokollen  geht  von  1733  an  bis  1795  ein  „Geheimes 
Raths  ProtokoUum  bey  des  Heyligen  Reichs  Stadt  Kempten"  nebenher; 
dieser  62jährige  Zeitraum  füllt  aber  nur  vier  Bände  aus  (I.  von 
1733—62;  IL  von  1763-66;  III.  von  1766—82;  IV.  von  1782 
bis  1795).  Seit  1796  sind  beide  in  eines  vereinigt  worden  und 
führen  von  da  die  Ueberschrift :  „Geheime  und  Rathsprotokolle" ; 
sie  umfassen  ebenfalls  vier  Bände  und  schliessen  mit  dem  Jahr  1803/4 
ab.  Sämmtliche  Protokolle  (über  achtzig  Bände,  meist  in  Folio)  sind 
mit   wenigen  Ausnahmen  trefflich  erhalten;  vielen,   besonders  den- 


144  Riecler: 

jenigen  aus  späterer  Zeit,  ist  ein  alphabetisches  Register  beigegeben, 
welches  die  Auffindung  des  Einzelnen  sehr  erleichtert.  Im  Eingang 
finden  sich  oft  biblische,  historische  und  andere  Notizen,  Volksreime, 
Gebete;  wiederholt  ist  auch  der  Bürgereid  vorausgeschickt.  Ab- 
gesehen von  diesem  nebensächlichen,  eingestreuten  Material  braucht 
die  Bedeutung  solcher  Protokolle  für  die  Rechts-  und  Kulturgeschichte 
der  Stadt  nicht  erst  betont  zu  werden.  Von  andern  Protokollen, 
die  sich  noch  vorfinden,  wollen  wir  nur  das  „Gerichtsprotokoll  der 
Stadt  Kempten  von  1614 — 16^'  erwähnen. 

Das  Finanz-  und  Rechnungswesen  der  Stadt  ist  durch  eine  . 
umfängliche  Sammlung  vertreten ;  es  besteht  hauptsächlich  in  Steuer- 
und  sogenannten  „Rechtfertigungsbüchern",  dann  in  Einnahme-  und 
Ausgabebüchern;  alle  diese  aber  beginnen  erst  mit  den  sechziger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts.  Weiter  zurück  gehen  einige 
Specialia,  wie:  „Bau  und  Kosten  allhiesiger  Gottsäcker  1662"; 
„Gemeiner  Statt  Kempten  vndterschidliche  Zins-  vnd  Zihlerfähl  für 
das  1655.  Jahr'^  „Rechnungen  der  Waydmeister"  von  1634  an; 
„Schenckh  Büechlin"  (was  die  Stadt  verschiedenen  hohen  Gästen 
zur  Ehrung  an  Wein  gereicht  hat)  von  1579 — 87  und  Anderes.  — 
In  administrativer  Beziehung  sind  als  älteste  Stücke  zu  nennen: 
„Aemterbüchlein"  von  1679  an;  „Gehaimbuch,  angefangen  1623 
(über  Secretus  über  des  Heiligen  Reichs  Stadt  Kempten  gemeinem 

Gut,  wie  es  damit beschaffen  gewesen)"  mit  inliegenden 

Zins-,  Schuld-  und  Uebergabsbriefen  auf  Papier. 

Ein  rechts-  und  kulturhistorisches  Interesse  bieten  ausser  den 
schon  berührten  Privilegien  etc.  folgende  Stücke:  „Gerichtsordnung 
des  Stadtgerichts  allhie  zu  Kempten  1612";  Zollordnungen  u.  dgl. 
vom  Ende  des  15.  und  aus  dem  16.  Jahrhundert;  „Bauordnung  und 
Bauamtsinstruktion  in  und  ausserhalb  der  Stadt  Kempten  von 
1576  —  1697";  verschiedene  Aufzeichnungen,  Satzungen  und  Ur- 
kundenkopien aus  dem  16.  Jahrhundert,  namentlich  von  der  Mitte 
desselben  an.  —  Nur  eine  lokale  Bedeutung  kommt  dagegen  den 
Beschreibungen  und  Büchern  über  Marken,  Hölzer  und  Weiden  der 
Stadt  zu,  deren  älteste  dem  Jahre  1541  angehört. 

Ueber  das  Verhältniss  der  Stadt  zum  Reiche  und  zum 
Schwäbischen  Kreise  handeln  Reichstags-  und  Kreistagsacta ;  sie 
stammen  aber  sämmtlich  aus  neuerer  Zeit ;  erstere  fangen  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts,  letztere  vom  Jahr  1788  an.  Früheren  Datums 
sind    einige   Correspondenzen   und  Verhandlungen,    so    wegen    der 


Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern.  145 

Kreismatrikularbeiträge  (1718);  ein  „Schuldbuch  über  die  Kreis- 
anlagen, Kammergerichtsunterhaltungszieler  und  Reichssteuern",  datirt 
von  1719.  —  Was  endlich  die  Stellung  der  Reichsstadt  zum  Reichs- 
stift Kempten  anlangt,  so  sind  Verträge  zwischen  beiden  von  1601 
an  erhalten;  dann  Conferenzprotokolle  und  sonstige  Notata  über  die 
verschiedenen  Irrungen  in  den  Jahren  1737 — 56. 

Damit  haben  wir  die  in  der  Bibliothek  vorgefundenen  Archi- 
valion  in  aller  Kürze  skizzirt  Indessen  ist  hier  nicht  Alles  bei- 
sammen, was  wegen  seines  Alters  und  seiner  historischen  Wichtigkeit 
archivalischen  Charakter  trägt.  Vieles  ist  mit  der  städtischen  Re- 
gistratur auf  dem  Rathhaus  vermengt  und  in  dem  weitschichtigen, 
vier  dicke  Bände  umfassenden  „Sachrepertorium"  zerstreut,  das  nach 
einem  übersichtlichen,  bei  den  Verwaltungsbehörden  üblichen  Re- 
gistraturschema die  vorhandenen  Akten  und  Bücher  verzeichnet. 
Von  dieser  Registratur  ist  im  Jahre  1875  ein  beträchtlicher  Theil, 
weit  über  tausend  Nummern,  als  für  den  laufenden  Dienst  ent- 
behrlich, ausgeschieden  und  auf  den  Speicher  gebracht  worden. 
Doch  sind  darin  durchaus  nicht  die  ältesten  und  archivalisch 
brauchbarsten  Stücke;  sie  gehören  vielmehr  überwiegend  der  neuen, 
ja  neuesten  Zeit  an  (bis  in  die  sechziger  Jahre  unsres  Jahrhunderts). 
Sie  haben  auch  meist  nur  ein  lokales  Interesse,  indem  sie  Ver- 
hältnisse, Einrichtungen  und  Vorgänge  wirthschaftlicher,  militärischer, 
kirchlicher  und  theilweise  politischer  Natur  wiederspiegeln,  wie  die- 
selben namentlich  durch  die  wechselnden  Strömungen  und  Er- 
eignisse seit  Beginn  des  laufenden  Säculums  bedingt  waren.  Wirk- 
licher archivalischer  Werth  dürfte  kaum  dem  zehnten  Theil  dieser 
ausgeschiedenen  Akten  beizumessen  sein.  Dagegen  ist  in  dem  als 
Currentregistratur  verbliebenen  Material  noch  manches  Alte  und 
Interessante  zu  finden.  Das  Werthvollste  ist  wohl  ein  Faszikel, 
welcher  die  Aufschrift  führt:  „Urkunden,  die  Geschichte  der  Stadt 
Kempten  betr.  Mit  der  Abschrift  eines  Urkundenverzeichnisses  vcm 
1289  an  (Privilegium  des  Kaisers  Rudolph)  und  einer  Beschreibung 
der  Stadt  von  1725."  Darin  findet  sich  unter  Anderem  eine  Per- 
gamenturkunde von  Kaiser  Sigmund  aus  dem  Jahre  1415,  die  Juden- 
steuern betreffend,  mit  einigen  andern  Freiheitsbriefen;  es  sind  aber 
Produkte  neuesten  Datums  beigemischt  (bis  zum  Jahr  1863).  Das 
Zweitälteste  Stück  sind  „Privilegien  der  Stadt  Kempten.  1331".  — 
Aus  dem  15.  Jahrhundert  datiren  nur  einige  Stiftungssachen  ;  das 
16.  ist   bereits    durch    mehrere   andere  Akten  vertreten;    aus    dem 

Archlvallsche  Zeitschrift  VUI.  10 


146  Rieder:  Aus  städtischen  Archiven  im  schwäbischen  Bayern. 

17.  und  besonders  aus  dem  18.  Jahrhundert  sind  viele  Nummern 
von  archivalischem  "Werthe  vorhanden.  Es  sei  genug,  wenn  wir 
aus  den  letzten  drei  Jahrhunderten  je  einen  Repräsentanten  an- 
führen, welcher  den  kulturhistorischen  Charakter  dieses  Materials 
kennzeichnet:  „Gewerbsverein  der  Hufschmiede  und  Wagner"  von 
1560  an;  „Das  Spital  der  Altstadt  Kempten,  resp.  die  Spitalordnung 
1608";  „Die  altstädtische  Krämerordnung  von  1717  und  1748." 
Viele,  zum  Theil  sehr  alte  Akten  betreffen  Lehensachen,  kirchliche 
und  städtische  Güter,  Grenz  Verhältnisse,  Bau-  und  Stiftungssachen, 
welche  über  die  rein  lokale  Bedeutung  kaum  hinausgehen.  Die 
Akten  aus  dem  gegenwärtigen  Jahrhundert  dürfen  wir  übergehen; 
sie  repräsentiren  im  Allgemeinen  dasselbe,  was  oben  von  den  aus- 
geschiedenen Stücken  bemerkt  worden  ist. 


Yl.  Ueber  den  ältesten  Freysinger  Codex, 

genannt  Kozroh  im  Reichsarchive 
zu  München. 

Von 

Dr.  Joh.  Mayerhofer, 

Fürstl.  yüi'stenberg'Hchein  Archivsekn*Ulr  zu  Donaueschingen.* 


Der  Zweck  der  nachfolgenden  Zeilen  ist  nicht,  den  Gelehrten 
von  Fach  etwas  Neues  zu  bieten.  Diese  mögen  darum  auch  meinen 
Aufsatz  ruhig  ungelesen  überschlagen.  Bescheiden  geht  meine  Ab- 
sicht nur  dahin,  die  jüngeren  Leser  der  ,,Archivalischen  Zeitschrift" 
auf  die  im  Titel  genannte  Terle  des  k.  bayer.  allgemeinen  Reichs 
archives  aufmerksam  zu  machen  und  ihnen  zugleich  die  zerstreute 
Literatur  darüber  anschaulich  an  die  Hand  zu  geben.  Von  dieser 
Handschrift  —  ihre  Signatur  ist:  Freisinger  Hochstifts  -  Literalien 
No.  3'  —  etwas  Näheres  zu  wissen,  verlohnt  sich  wohl  der  Mühe. 
Denn  sie  ist  für  die  Kenntniss  der  ältesten  bayerischen  Geschichte 
eine  Quelle  ersten  Ranges. 

I.  Allgemeine  Bedeutung,  Entstehung,  Schreiber,  Zustand 

des  Codex. 

Aus  der  Zeit  der  Agilolfinger,  die  mit  Herzog  Tassilo's  Sturze 
im  J.  788  abschliesst,  hat  sich  aus  alT  den  vielen  gleichzeitig 
blühenden  Kulturstätten  keine  einzige  Original-Urkunde 
erhalten. 

Die  Gründe  davon  sind  zu  suchen  theils  in  den  Verwüstungen 
der  Ungarn-Einfälle,  vielleicht  auch  in  absichtlicher  Unterdrückung 
durch  die  siegreichen  Karolinger,  „deren  Streben  es  war,  die  Tliaten 
jenes  Geschlechtes  der  Yergessenheit  zu  überweisen".  2)   Lokale  Un- 


*)  Bisher  im  archivalischen  Vorbereitungsdienst  im  Reichsarchiv  zu  Mtlnchen. 
*)  Hundt  „Ueber  d.  bayer.  Urkimden  aus  der  Zeit  der  Karolinger"  1873. 
(Abh.  d.  b.  Ak.  d.  W.  IH.  C.  XII.  Bd.  1.  Abth.  S.  151.) 

10* 


1 48  ^lay  erbufer : 

Glücksfalle,  wie  z.  B.  der  im  J.  903  stattgefundene  Brand  des  Frei- 
singer Domes,  in  dessen  „saerarium'"  die  Urkunden  aufbewahrt 
waren,  vollendeten  die  Zerstörung.  *) 

Nur  ab  Schrift  lieh  haben  sieh  aus  der  angegebenen  Epoche 
Urkunden  erhalten  :  im  Ganzen  147  Stücke.  Davon  entfallen  auf 
Passau,  Kremsmünster,  Mondsee,  Altach  u.  s.  f.  49  Stücke  und  auf 
unsere  Kozroh-Handschrift  allein  fast  hundert. 

Es  ist  aber  nicht  nur  die  Masse  an  ältesten  Urkunden,  die 
unsern  Kodex  so  interessant  macht,  sondern  auch  die  Thatsache,  dass 
er  in  einer  der  Agiloltinger-Epoche  noch  sehr  nahestehenden 
Zeit  geschrieben  wurde  —  es  liegen  nur  etwa  30  Jahre  da- 
zwischen —  und  dass  die  Abschriften  gefertigt  wurden  mit  einer 
Treue,  die  wir  heute  wohl  „diplomatisch  genau'^  nennen  würden. 

Es  war  schon  der  sechste  Freising'sche  Bischof  Hitto  (811 — 835), 
welcher  „quicquid  singulis  cartulis  exaratum  certisque  testimonüs 
confirmatum  Inuenit  uno  uolumine  rationabiliter  includere 
studuit  tarn  antecessorum  patrum  temporibus  quam  etiam  sui 
famosi  regiminis".  2) 

Die  Gründe  zu  diesem  Entschlüsse  waren  einmal  „ut  in  per- 
petuum  permaneret  eorum  memoria,  qui  haue  domum  suis  rebus 
ditauerunt  et  hereditauerunt ",  anderseits  aber  die  Wahrnehmung, 
dass  schon  damals  von  den  Urkunden  „alia  obliuioni  tradita,  alia 
Inuidorum  Tnsidiis  direpta  seu  etiam  per  eductionem  perdita  nee 
non  per  Incuriam  custodum  (Archivarii  seind  gemeinhin  faul!  sagte 
der  „ehrliche"  Spiess)  abjecta^'  waren,  ein  Zustand,  aus  dem  der 
weise  Kirchenfürst  nichts  anderes  erwachsen,  sah  als  „maximum 
errorem  et  laborem". 

Aber  wem  die  Sammlung  und  Besorgung  der  Abschriften 
übertragen  ? 

Nach  längerem  Suchen  (inquisiuit)  tiel  Ilitto's  Auge  auf  Koz- 
rob,  der  ihm  persönlich  nahe  stand:  „([uem  tamen  ipse  (episcopus) 
suis  sacris  disciplinis  edocuit  et  ad  p  r  e  s  bi  t  e  r  i  i  dignitatem 
prouexit". 

Er  übertrug  ihm  aber  diese  Aufgabe  mit  dem  strikten  Befehle 
(firmiter  precipiens),  dass  „nihil  rainui  uel  adici  nisi  scribtoris  uitio 
aliquid  deprauahmi  repperisset". 


J)  Meicholbok  „HiHt.  Frining."  I»  p.  150 f. 
*)  Kozroh  f.  'J''. 


lieber  den  ältesten  Freysiiiger  Codex.  149 

Zögernd  ging  der  Mönch  (monachus)  an's  Work  (quasi  timide 
renitens  .  .);  und  was  er  an  Urkunden  von  der  Gründung  des 
Freisinger  Biseliofstuhles  an  im  „sacrarium"  fand,  das  schrieb  er 
zusammen  nach  der  lleihenfolge  der  Bischöfe  Joseph  (749 — 764), 
Arbio  (Heres  =  Erbe,  764— 784),  Atto  (784— 811),  Hitto  (811— 835), 
Erchanbert  (835—854). 

Er  schrieb  auf  28  cm  holien  und  16  cm  breiten  Quaternionen 
(=  4  Blättern)  festen  Pergamentes  mit  guter  schwarzer  Tinte  eine 
solide  Karolinger -Minuskel;  die  Ucberschriften  der  einzelnen  Tra- 
ditionen sind  in  un cialer  Majuskel  gehalten  und  zur  schärferer» 
Hervorhebung  für  das  Auge  mit  einer  gelben  darüber  gestrichenen 
Flüssigkeit  markirt.  Die  Initialen  sind  farbig,  d.  h.  die  Füllungen 
der  schwarzen  Balken  sind  entweder  einfach  roth  oder  doppelfarbig 
dunkel-  und  hellroth  oder,  was  am  häufigsten  der  Fall,  roth  und  grün. 

Den  Urkunden  schickte  Kozroh  je  einen  Index  voraus :  für 
Joseph  f.  b2  XV.,  für  Arbio  f.  cl  — de  LXXXH,  für  Atto  f.  5—9  CC 
und  für  Hitto  f.  179 — 185  CCLXXX  Nummern.  Darauf  lässt  er  den 
Urkundentext  folgen.  Es  scheint  nicht,  dass  er  auch  nur  von  der 
Erlaubniss  Gebrauch  gemacht  habe.  Etwas,  das  offenbar  durch  Ver- 
sehen eines  alten  Urkundenschreibers  „depravatum"  war,  zu  emen- 
diren.  Sein  Latein  steht  „mit  der  Kasuslehre  in  beständigem  Kon- 
flikte, verwechselt  Geschlecht,  Deklinationen,  Arten  und  Zeiten" J) 
Als  Beispiele  mögen  dienen :  seruitium  fidelem,  hoc  sunt  mancipia, 
prestauit,  incipiunt  diversas  traditiones  etc.  Er  scheint  also  die 
Urkimden  mit  minutiöser  Treue  bis  in  das  kleinste  Versehen 
wiederzugeben. 

Kozroh  erscheint  in  unserem  Kodex  zuerst  am  30.  März  822 
als  „Notar"  (f.  353)  und  schrieb  noch  lange  Zeit  nach  dem  Tode 
seines  Gönners  und  Freundes  Hitto  (835)  unter  Bischof  Erchanbert. 
Er  lässt  sich  verfolgen  bis  zum  4.  Mai  848;  nach  diesem  Jahre 
scheint  er  bald  gesf()rben  zu  s(Mn  und  zwar  in  Salzburg;  denn  nur 
im  dortigen  von  Karaian  herausgegebenen  „Todtenbuche"  ist  sein 
Name  eingetragen. 

Ueber  die  Erklärung  des  Namens  sind  die  Meinungen  getheilt. 
Roth  ersah  darin  den  um  seinen  Guss-Samen,  also  um  seine  Kinder 
Besorgten  (koz  und  ruoch).    Zahn  will  das  nicht  gelten  lassen  und 


*)  Hundt,  1.  c.  8.  12.  —  Vgl.  Th.  Sickel:  „Lehre  von  den  Urkunden 
der  ersten  Karolinger**  1867,  S.  137. 


I 


150  Mayerhof  er: 

vermiithet  —  das  Wie  vermag   ich   allerdings  nicht  einzusehen  — 
einen  „vir  disertus''  im  Namen. 

Interessant  ist  die  Thatsache,  worauf  Frhr.  Ed.  v.  Oefele  mich 
aufmerksam  zu  machen  die  Güte  hatte,  dass  mehrfach  ein  mit  Koz- 
roh  zusammengesetzter  Ortsname  in  Bayern  erscheint,  worin  das  z 
in  s  abgeschwächt  ist,  nämlich  Kosrohsriute  in  Mon.  Boic.  XIII. 
(Mon.  Prieflingensia)  8.  8  u.  ö. 

Kozroh's  Arbeit  wurde  von  mehreren  Sclireibern,  wovon  zwei : 
Frowimunt  und  Alpunc  (850  —  853),  uns  auch  dem  Namen  nach 
bekannt  sind,  fortgesetzt  für  die  Traditionen  unter  den  Bischöfen 
Anno  (855  —  875),  Arnold  (875—883),  Waldo  (884—906),  Uto 
(906  —  907),  Dracholf  (907  —  926),  Wolfram  (926—939),  Landbert 
(939—957),  Abraham  (957—994),  Gottschalk  (994—1006),  Egilbert 
(1006 — 1039)  bis  zum  Jahre  1039,  in  einem  Eintrage  sogar  bis 
zum  20.  August  1434. 

Gleichwohl  vordient  die  Handschiift  mit  vollem  Rechte  die 
Bezeichnung  „Kozroh's  Handschrift".  Denn  weitaus  der  grösste 
Theil  daran  entfällt  auf  seine  Hand.  In's  10.  Jahrhundert  fallen  nur  7, 
in's  11.  Jhd.  4,  in's  15.  Jhd.  1  Einträge,  und  aus  der  Zeit  der  Bischöfe 
Arnold,  Waldo,  Uto  und  Lantbert  ist  gar  nichts  Urkundliches 
enthalten. 

8o  wie  der  Kodex  jetzt,  in  neuerer  Zeit  in  braunes  Leder 
gebunden,  vorliegt,  zählt  er  404  Blätter.  Das  vorletzte  Mal  wurde 
er  vor  dem  Jahre  1429  gebunden,  und  vermuthlich  wurde  damals 
der  jetzt  fehlende  achte  Quaternio  gestohlen,  i) 

8eine  ursprüngliche  HüUe  war  ebenfalls  braunes  Leder,  das 
mit  zehn  Eisenbuckeln  besehlagen  war.  Diese  Hülle  wurde  aber 
so  schadhaft,  dass  sie  mit  Papier  unterlegt  werden  musste.  Darauf 
folgen  2  Pergamentblätter  von  nur  halber  Breite,  und  erst  jetzt 
beginnt  die  eigentliche  Jlandschrift,  anfänglich  paginirt  mit  bl,  b2, 
cl,  c2,  dl,  d2,  e,  la,  Ib,  Ic,  folio  2,  f.  3  und  so  fort  bis  f.  399, 
so  dass  also  mit  Einschluss  der  von  Meichelbek  paginirten  Blätter 
der  Kodex  aus  404  Folien  besteht ,  ungerechnet  die  nachträglich 
willkürlich  eingehefteten  Einschiebsel  zwischen  f.  361  und  nach 
f.  399. 


»)  Roths  Renner  I.  S.  7. 


Ueber  den  ältesten  Freysinger  Coilex.  151 

II.  Literatur. 

Kozroh's  Handijchrift  fand  ihren  ersten  literarischen  Benutzer 
an  Chonradus  sacrista,  einem  Freisinger  Domherrn  und  Sakristan, 
welcher  unter  Emendirung  der  gröbsten  yerstösse  gegen  die  Latinität 
Kozroh  in  einen  neuen  Kodex  umschrieb.  Seine  Arbeit  ist  uns  des- 
halb werthvoll,  weil  zu  seiner  Zeit  —  im  J.  1187  —  der  jetzt  fehlende 
achte  Quaternio  in  der  Vorlage  noch  vorhanden  war  und  darum  in 
die  neue  Abschrift  Aufnahme  fand;  ferner  deshalb,  weil  die  Orts- 
namen in  die  Sprache  des  12.  Jhds.  übertragen  sind,  was  die  Fest- 
stellung der  Ortsnamen  manchmal  erleichtert,  i) 

Erst  im  vorigen  Jahrhunderte  erstand  unserer  Handschrift  der 
Mann,  der  ihre  literarische  Bedeutung  in  die  OefTentlichkeit  trug. 

Das  Hochstift  Freising  beging  im  J.  1724  die  Feier  seines 
tausendjährigen  Bestandes.  Der  regierende  Fürstbischof  Johann  Franz 
Frhr.  v.  Eckher  auf  Kapfing  und  Lichteneck  (1695  —  1727)  beauf- 
tragte aus  diesem  Anlasse  den  Benediktiner  P.  Karl  Meichelbeck 
(t  2.  April  1734,  65  J.  alt)  aus  dem  Kloster  Benediktbeuern,  die  Ge- 
schichte des  Hochstifts  zu  schreiben.  Innerhalb  zweier  Jahre  ent- 
ledigte sich  der  gelehrte  Pater  der  gewaltigen  Aufgabe;  das  Werk 
erschien  als  Historia  Frisingensis  im  Jubeljahre  des  Bisthums  1724, 
Bd.  n.  im  J.  1729.  Darin  ist  Kozroh,  den  Meichelbeck  übrigens  in 
der  Vorrede  2)  nur  kurz  als  „über  traditionum  antiquissimus"  be- 
zeichnet, sowohl  im  darstellenden  Texte  als  in  der  demselben  bei- 
gegebenen pars  instrumentaria  zum  weitaus  grössten  Theile  zur 
vortrefflichen  Benutzung  gelangt. 

Da  Meichelbeck  sich  aber  zur  Bewältigung  seiner  Aufgabe  viel- 
fach der  Abschriften  mindar  geübter  Abschreiber  bedienen  musste, 
so  läuft  gar  manchmal  ein  Lesefehler  unter;  manche  Urkunde  ward, 
weil  für  die  engere  Geschichte  des  Bisthums  belanglos,  ganz  weg- 
gelassen, andere  wurden  nur  ihrem  relevantesten  Theile  nach  auf- 
genommen. 

Aber  im  Ganzen  und  Jjrossen  war  der  historischen  Welt 
dadurch  eine  der  ältesten  deutschen  Quellenschriften  von  eminenter 
Bedeutung  im  Drucke  meisterhaft  erschlossen,  und  Jacob  Grimm 
las  den  ersten  Band  der  Hist.  Frisingensis  siebenmal  durch. 

>)  Hundt,  1.  c.  S.  157. 
»)  I*,  p.  XXXIV  f. 


152  Mayerhofer: 

Wenig  mehr  als  Andeutungen  sind  es,  Avas  Hoheneicher  im 
J.  1822  in  Pertz  „Archiv  für  ältere  deutsche  Geschichtskunde '^ 
Bd.  IV  397  ff.  mittheilt. 

Dagegen  fand  die  Handschrift  wieder  einen  warmen  Freund 
und  fleissigen  Bearbeiter  an  Dr.  Karl  Rothi)  (1802—1880). 

Sieben  Jahre  lang,  vom  17.  April  1850 — 1857,  beschäftigte  er 
sich  fast  ausschliesslich  mit  Kozroh. 

Das  erste  [Resultat  seiner  diesbezüglichen  Studien  erschien  im 
J.  1853  als  Anhang  zum  2.  Bändchen  seiner  „Beiträge"  unter  dem 
Titel  „Die  ältesten  Urkunden  des  Bissthumes  Freising". 

Da  ihm  aber  das  Bändchen  alsbald  wieder  zu  fehlerhaft  er- 
schien, so  zog  er  es  aus  dem  Buchhandel  zurück  und  Hess  im 
J.  1854  den  „Renner",  d.  h.  den  von  Kozroh  den  Urkunden  je 
vorgesetzten  Index  erscheinen. 

Im  J.  1855  gab  er  ein  vollständiges  „Verzeichniss  der 
Freisinger  Urkunden"  vom  J.  724 — 1039,  und  darauf  folgten  in  den 
Jahren  1856  und  1857  in  drei  Dritteln  die  sehr  werthvollen  „Oert- 
lichkeiten  des  Bissthumes  Freising". 

Durch  let/ieres  Werkchen  war  für  die  Ortsforschung  und  Er- 
klärung der  Ortsnamen  endlich  fester  Boden  geschaffen  worden, 
während  die  Forscher,  die  sich  bis  dahin  mit  den  Ortsnamen  be- 
fasst  hatten,  noch  alle  Lesefehler  bei  Meichelbeck  mit  in  den  Kauf 
nehmen  und  sich  mit  Konjekturen  hatten  behelfen  müssen:  so 
Heinrich  Gotthart  und  Sebastian  Freudonsprung.  Ersterer 
veröffentlichte  im  J.  1847  ein  Programm  „Ueber  die  Ortsnamen  in 
Oberbaiern",  1855  letzterer  über  „die  im  I.Bande  derMeichelbeckischen 
Historia  Frisingensis  aufgeführton  im  Königreiche  Baiern  gelegenen 
Oertlichkeiten".  —  Hauptsächlich  auf  Kozroh  stützt  sich  auch 
Dr.  Alb  recht  Wag ner's  Erlanger  Habilitationsschrift  „Ueber  die 
deutschen  Namen  der  ältesten  Fi'cisinger  Urkunden"  187G. 

Die  erste  Beschreibung  des  Kodex,  der  damals  noch  die 
Signatur  No.  187  trug,  gab  Joseph  v.  Zahn  imJ.  1861, im  ,y&.rchiv 
für  Kunde  österr.  Geschichtsquellen"  Bd.  XXVII  S.  202  fiF. 

Ebenderselbe  brachte  dann  im  J.  1870  in  Band  XXXI  der 
„Fontes  rerum  Austriacarum"  jene  Urkunden,  welche  bei  Meichel- 
beck, weil  auf  Oesterreich  bezüglich  und  über  seinen  nächsten  Zweck 
hinauslieg^nd,  übergangen  waren,  zum  Abdrucke. 

^)  Ueber  ihn  vgl.  meinen  Nekrolog  m  „Hist.  pol.  Bl."  Bd.  LXXXVl, 
S.  880  ff. 


lieber  den  älteöten  Freysinger  Codex.  153 

Vorzügliches  für  Kozroh  hat  sein  jüngster  Bearbeiter  geleistet 
Friedrich  Hektor  Graf  Hundt. 

Hundt  veröffentlichte  im  J.  1873  das  ausgezeichnete  Regesten- 
werk „Ueber  die  Bayerischen  Urkunden  aus  der  Zeit  der  Agilölfinger- 
Mit  Registern  über  die  vorkommenden  Personen-  und  Orts-Namen/'  i), 
Daran  schloss  er  im  J.  1875  seine  Abhandlung  über  „die  Urkunden 
des  Bistums  Freising  aus  der  Zeit  der  Karolinger",  2)  welcher  er 
noch  im  gleichen  Jahre  die  „Urkunden  des  10.  und  der  ersten  Hälfte 
des  11.  Jahrhunderts  aus  dem  Bistume  Freising"  folgen  Hess.  3) 

Letzteres  Werkchen  befasst  sich  freilich  strenge  genommen 
nicht  mehr  mit  Kozroh,  sondern  mit  dem  „Codex  commutationum".. 
Ich  füge  es  aber  hier  an,  weil  es  die  Serie  unseres  ältesten  Urkunden- 
schatzes erschöpft  und  abschliesst  und  weil  damit  „aus  dem 
ersten  Jahrtausend  unserer  Zeitrechnung  so  ziemlich 
Alles  zum  Drucke  gelangt  sein  wird,  was  unsern  Ge- 
genden an  Urkunden  erhalten  ist.^) 

III.  Was  noch  zu  thun  erübrigt. 

Aus  dem  Dargelegten  ist  ersichtlich,  dass  zwar  der  ganze 
Kozroh,  abgesehen  von  den  Namen  der  Leibeigenen  und  den 
eigentlichen  Formeln,  gedruckt  vorliegt,  aber  zerstreut  und  zerstückt 
bei  Meichelbeck,  Roth,  Zahn  und  Hundt. 

Es  wäre  noch  immer  also  eine  dankbare  und  dankenswerthe 
Aufgabe,  die  volle  Handsclirift  „uno  uolumine"  zu  ediren. 

Die  Vorarbeiten  sind  gemacht. 

Dann  aber  wäre  zur  Ausgabe  eine  Einleitung  zu  schreiben, 
welche  sich  über  air  die  im  Codex  berührten  Verhältnisse  ein- 
gehend und  zusammenfassend  verbreitete.  Es  wäre  unter  bestün- 
diger llinweisung  auf  die  botreffenden  Stellen  des  Kodex  darzu- 
legen das  Verhältniss  zwischen  bebautem  (colonia)  und  unbebautem 
Lande,  zwischen  Feld  und  Wald  und  Wasser;  die  Zahl  und  Art 
der  Besiedelungen  auf  dem  gegebenen  Boden,  die  Vertheihuig  des 
Grundbesitzes  und  die  Art  der  Bewirthschaftung ;  das  Verhältniss 
der  Freien  (nobiles)  zu  den  Freigelassenen,  Hörigen  und  Mancipien ; 
über  die  persönlichen   und  dinglichen  Privatrechts- Verhältnisse  der 


»)  Abhandlungen  d.  k.  b.  Akad.  d.  W.,  UI.  Cl.  XU.  Bd.  I.  Abthlg. 

«)  L.  c.  XIII.  Bd.  1.  Abthlg. 

8)  Oberbayer.  Archiv,  Bd.  XXXIV  S.  250  ff. 

*)  Oberb.  Arch.  1.  c.  252. 


154  Mayerhof  er. 

Zeit  mit  all'  ihrem  symbolischen,  sinnlichen  Zauber.  Nicht  minder 
interessant  erscheint  die  kirchliche  Organisation  und  der  territoriale 
Güterzuwachs  des  Freisinger  Dombergs.  Für  Ortsgeschichte  in  Ober- 
bayern und  für  Namensforschung  ist  Kozroh  geradezu  Hauptquelle. 
Ueberhaupt  für  deutsche  Sprachforschung  ist  er  von  eminenter  Be- 
deutung: noch  vermisst  man  bei  ihm  fast  überall  B  und  G,  wofür 
P  und  K  (C)  gesetzt  sind,  statt  U  oder  Ov  ertönt  noch  breit  das  Oa 
und  vor  dem  L  und  R  steht  noch  die  rauhe  wohl  wie  ch  gesprochene 
Aspirata  H. 

Bei  sorgsamer  Benützung  aller  Urkunden  Kozroh's  Hesse  sich 
.daraus  ein  lebensvolles  Bild  der  AgUolfinger  Zeit  und  noch  besser 
des  ersten  Jahrtausends  unserer  bayerischen  Hochebene  entwerfen, 
das  uns  anheimelnd  an's  Herz  griffe;  ähnlich  wie  Dr.  Hans  Petz 
ein  derartiges  Bild  für  das  12.  Jhd.  in  sehr  ansprechender  Weise 
geliefert  hat  in  seiner  Einleitung  zur  Witteisbacher  Festschrift  „Drei 
bayer.  Traditionsbücher  aus  dem  XH.  Jahrhundert". 

Sollte  sich  nicht  Jemand  finden,  der  sich  der  angedeuteten 
Aufgabe  unterziehen  wollte  zu  Nutz'  und  Frommen  aller  Freunde 
vaterländischer  Geschichte  ? 


VII.  Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen 

Landesarchive. 


IX.  Allgemeines  Reichsarchiv. 
A.  Adelsselekt. 


1034. 
4035. 
4036. 
4037. 
4038. 
4039. 
4040. 
4041. 
4042. 
4043. 
4044. 
4045. 
4046. 
4047. 

4048. 
4049. 
4050. 
4051. 
4052. 
4053. 
4054. 
4055. 
4056. 
4057. 
4058. 
4059. 
4060. 

4061. 
4062. 


(Schluss.) 

Rauchmaiin  1775. 

4063. 

Rauchschmid  1746. 

4064. 

Rauffer  1792. 

Raueneck,  Ravenetk  1475. 

4065. 

Raunach  1713. 

4066. 

Rauner  1716—1788  s.  Müiich. 

4067. 

Rauschendorf  1766. 

4068. 

Rauscher  1734—1817. 

4069. 

Rauschner  s.  Rabenstein. 

4070. 

Rauschmayr  1771. 

4071. 

Rautenstem  1428—1657. 

4072. 

Rauter  1430. 

Ravignant  1695—1717. 

4073. 

Razenried  1473—1695,  mit  einem 

4074. 

Pergam.  Stammbaum. 

4075. 

Razenstein  1658.   * 

4076. 

Razper  1395. 

4077. 

Rebentisch  1728-1735. 

4078. 

Reber  1803. 

1079. 

Rechberg  1400—1821. 

Rechel  1502. 

4080. 

Rechenberg  1574-1656. 

4081. 

Reck  1483  bis  ca.  17CK). 

4082. 

Reckheim  1678. 

Recordin  1648—1770. 

4083. 

Reden  1713. 

4084. 

Redem  1615. 

4085. 

Reding  1678—1805,   mit  einem 

4086. 

pap.  Stammbaum. 

RedlBghofen  1712. 

4087. 

Redlich  1727. 

4088. 

Redtschön  1577-1607  s.  Ritschon. 
Redwitz  1378—1801,  mit  Stamm- 
bäumen. 
Reede  1790. 
Reen  1765—1766. 
Regal  1687—1727. 
Reger  1619,  mit  Wappen. 
Reglern  1728—1763. 
Regnier  1800. 
Rehlm  1591. 

Rehüngen ,    Rechliugen    1463 — 
1772. 

Reibeid  1571-1803. 
Reich  1435—1468  s.  Reichenstein. 
Reichart  1552—1805. 
Reiche!  1773—1803. 
Reichen  1387. 
Reichenbach  1648-1715. 
Reichenstem    13S7  — 1799,    mit 
Stammbaum. 

Reicher,  Reiger  1407—1425. 
Reichert  1790-1799. 
Reichlin  1529—1818,  mit  Stamm- 
bäumen. 

Reichmayr  1649. 
Reichstett  1699. 
Reichwein  1592—1779. 
Reidniz,   ein  Wappenbrief  vom 
J.  1602. 

Beiferscheid  1380. 
Reiffenberg  1664. 


156    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


4085. 

Reiffenstuel  1738. 

4126. 

4090. 

Reifsteck  1530. 

4127. 

4091. 

Reiger,  Reigker  14G2— 1539. 

4128. 

4092. 

Reigersberg  1717—1805. 

4129. 

4093. 

Reinach  1640—1797,  mit  Terg.- 

4130. 

Stammbaum. 

4131. 

4094. 

Reindl,  und  zwar: 

a)  Reindl  von  Allershausen, 

4l32. 

b)  Reindl  von  Mantl, 

4133. 

c)  Reindl   von  Deggendorf,   und 

4134. 

d)  Reindl,    Reichsritter    1640  — 

4135. 

1830. 

4136. 

4095. 

Reindorf  1572-1689. 

4096. 

Reinhart  1578—1699. 

4137. 

4097. 

Reinold  1624. 

4098. 

Reinwolt  1426—1806. 

4138. 

4099. 

Reisach  1481—1805. 

4139. 

4100. 

Reisch  1589-1794. 

4140. 

4101. 

Reischach  1435-1785,  mit  Stamm- 

4141. 

bäumen. 

4142. 

4102. 

Reiser  1513. 

4143. 

4103. 

Reisinger  1742. 

4141. 

4104. 

Reisner   von  Lifhtenstern    1554 

4145. 

—1730. 

4146. 

4105. 

Reiss,   Reuss   von   Reussenstein 

4147. 

1G03— 1793  8.  Reyss. 

4148. 

4106. 

Reissen  1652—1789. 

4149. 

4107. 

Reitmehr  1572. 

4150. 

4108. 

Reitter  1434  -1789. 

4151. 

4109. 

Reitzmann  17()3. 

4152. 

4110. 

ReizensttMU  1528—1793. 

41.53. 

4111. 

Reis  1687. 

4154. 

4112. 

Rem  1524—1590  s.  Borgia. 

4155. 

4113. 

Remel  1737. 

4156. 

4114. 

Remching  1569-1759. 

4157. 

4115. 

Remosky  1720. 

411G. 

Renchelle  1678—1691. 

4158. 

4117. 

Renner  1559—1782. 

4159. 

4118. 

Renotio  1740. 

4160. 

4119. 

Renz  1611. 

4161. 

4120. 

Rephun     1499,     mit    genealog. 

4162. 

Notizen. 

4163. 

4121. 

Resch  1441^1494. 

4161. 

4122. 

Resnel,  Graf  de  la  Roche,  1605. 

4165. 

4123. 

Ress  1605-1701. 

4166. 

4124. 

Retter  1594,  mit  einem  Wappen. 

4125. 

Rettinger  1552. 

Reuberger  1649. 
Reumont  1612—1616. 
Rausch  8.  Reisch. 
Reuschenberg  1655 — 1658. 
Reuss  von  Plauen  1445—1804. 
Reuss  von  Rcussenstein  s.  Reiss. 
Reuttmayr,  ein  Wappenbrief  vom 
J.  1651. 

Reuttner  1794  (Stanunbaum). 
Revignian  s.  Revignant. 
Rex  1762  s.  Rada. 
Rexradal612-1636,mit  Wappen- 
brief. 

Reyss,  genannt  Haberkom,  1759 
—1762  8.  Reiss. 
Rezzonico  1737—1754. 
Rheinl  1790-1791  s.  Reindl. 
Rhön  V.  Holzhausen  1502—1796. 
Ribaupiere  1800. 
Ricci  1732—1743. 
Richel  1617—1721. 
RiclüinsKy  1661. 
Richter  1630—1802. 
Rickauer  1751—1805. 
Rickhofer  1442—1447. 
Ridlbauch  1759. 
Ridler  1441-1784. 
Ridolfus  1616. 
Rieburg  1523-1544. 
Ried  8.  Rüdt  und  Rüde. 
Riedberg  \:A0-ibl2. 
Rieden- 1365. 
Rieder  1797-1799. 
Riederau  1778. 

Riederer  1415— 1765,  mit  Wappen- 
brief. 

Riedesel  1552—1807. 
Riedheim  1389—1800  s.  Öttingen. 
Riedl  160*.)— 1809. 
Riedler,  nur  genealog.  Notizen. 
Riedlinger  1552. 
Hiefel  1790. 
Rieger  1664—1792. 
Ric^erl  s.  Thum  und  J'axis. 
Riemhofer  1  (>85— 1 752,  mitiStamm- 
bäumen,  Grabinschriften  und  ge- 
nealogischen Notizen. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    157 


4167. 
4168. 
4169. 
4170. 
4171. 
4172. 
4173. 
4174. 
4175. 

4176. 
4177. 
4i78. 

4179. 
4180. 
4181. 
4182. 
4183. 
4184. 

4185. 
4186. 
4187. 
4188. 
4189. 
4190. 
4191. 

4192. 
4193. 
4194. 
4195. 
4196. 
4197. 

4198. 
4199. 
4200. 
4201. 
4202. 
4203. 


4204. 
4205. 
4206. 


Rieneck  1478. 

Riese  von  Riesen bach  1652. 
Riessmann  1671—1705. 
Rieter  1437—1753. 
Rigl  1729. 

Rihel  s.  Richel,  Rihl,  Rtihl. 
Rinach  1472. 
Rindfleisch  1605-1613. 
Rindsmaul    1350  —  1787,     mit 
Stammbaum. 
Ringingon  1404. 
Ringlheimer  15.')4 — 1556. 
Ringlstorfer,  ein   Perg. -Wappen- 
brief aus  dem  J.  1582. 
Rink  1555— 179S. 
Risenberg  1508—1642. 
Risenegg  s.  Mayr  von  Risenegg. 
Risenfeld  1722—1763. 
Risenfels  1680—1777. 
Riess  von  Risenstein  1608—1688, 
mit  2  Perg.-Wappen. 
Rison  1807. 
Ritsch  1786. 
Ritschel  1745. 

Ritschon  1622  s.  Redschän. 
Ritt  1724. 

Rittbei^  1600—1610. 
Ritter   1742-1802,    mit   Perg.- 
Stammbaum. 

Rittersberg  1702  bis  ca.  1750. 
Ritterehausen  1791—1804. 
Rittmann  1778. 
Ritz  ca.  1550—1800. 
Riva  1746-1778. 
Rivera  1680—1753,  auch  Ri\iera, 
mit  Stammbaum. 
Roberz  1772. 
Robinson  1747. 
Rochau  1618—1624. 
Roche  de  la  1772  s.  Ressel. 
Roche-Foucauld  1747—1798. 
Rochechouart    1700,   mit   einem 
Hefte  genealog.  Notizen,  s.  Ca- 
stelnau. 

Rochesurion  1685—1686. 
Rockenburger  1476. 
Rodenhausen  1707—1803. 


4207.  Rödler  1770—1771. 

4208.  Rodner  1593. 

4209.  Rodriquez  1765—1781. 

4210.  Röckl  1692—1803. 

4211.  Rikler  1668—1733. 

4212.  Rödem  170Q— 1741. 

4213.  R(xU  1790. 

4214.  Röls,   ein   Stammbaum   von   ca. 
1700. 

4215.  Römersthall  1612—1631. 

4216.  Rörer  1572. 

4217.  Röslfeld  1765—1766. 

4218.  Rösslin  1516. 

4219.  Röthlein  1790. 

4220.  Roggenbach  1536—1756. 

4221.  Roggendorf  1671—1746. 

4222.  Roggenhofen  1796. 

4223.  Rogister  1780-1804. 

4224.  Rohan,   Rohan  -  Soubise    1738— 
1754. 

4225.  Rohde  1636—1794,  mit  Stamm- 
baum. 

4226.  Rohmfelder  1614. 

4227.  Roist  von  Werse,  ein  Pergam.- 
Stammbaum. 

4228.  Roll    1652—1827,    mit    Stamm- 
bäumen. 

4229.  Rombrod,  nur  eine  Tektur  mit 
J.  1649. 

42^).  Romayr  1790. 

4231.  Romerskirch  1769. 

4232.  Romez,  nur  Notiz. 

4233.  Roming   1601—1661  s.  Raming. 

4234.  Romung  von  Romeck  1621. 

4235.  Rondoni  1731—1733. 

4236.  Roper  1655. 

4237.  Roque  de  la,  1760. 

4238.  Rorbach  1421—1797  s.  Rorbeck. 

4239.  Rorbeck  1369—1595  s.  Rorbach. 

4240.  Rosa  de  la  1642—1665. 

4241.  Rosee  1763-1771. 

4242.  Rosenau  1523—1531. 

4243.  Rosenbach  1623-1750. 

4244.  Rosenberg    (böhm.    Geschlecht) 
1398—1734. 

4245.  Rosenberg,  Freiherr  1712—1762. 

4246.  Rosenberger  1566—1636 


158    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


4247. 

Rosenbusch     1508  —  1798 ,     mit 

4286. 

Stammbäumen. 

4287. 

4248. 

Rosenfeld  1728-1758. 

4288. 

4249. 

Rosenheimer  1765. 

4289. 

4250. 

RoBenstein  1790—1798. 

4290. 

4251. 

Rosinus  1516. 

4291. 

4252. 

Ross  1582—1598. 

4292. 

4253. 

Rossau  1477—1623. 

4293. 

4254. 

Rosser  1698. 

4255. 

Rossi  1615—1795  s.  Törring. 

4294. 

4256. 

Rossignon  1727—1780. 

4295. 

4257. 

Rossillon  1802. 

4296. 

4258. 

Rossner  1650,  mit  Wappen. 

4297. 

4259. 

Rost  1619—1738. 

4298. 

4260. 

Rostaller  1461. 

4299. 

4261. 

Rotau  1352—1599. 

4300. 

4262. 

Roth   1437—1776,   mit    Stamm- 

4301. 

bäumen. 

4302. 

4263. 

Roth  zu   Rohrbach  1737—1758, 

4303. 

mit  Wappen. 

4304. 

4264. 

Roth  von  Schreckenstein  1408  - 

4305. 

1749  s.  Schreckenstein. 

4306. 

4265. 

Roth  (btirgerUch)  1529—1719. 

4266. 

Rothbaar  1796. 

4307. 

4267. 

Rothenhan    1569  —  1775  ,     mit 

4308. 

Stammbäumen. 

4309. 

4268. 

Rothhamer  1792. 

4310. 

4269. 

Rothjacob  1816. 

4311. 

4270. 

Rothkirch  1615. 

4312. 

4271. 

Rott  (bürgerlich)  1879. 

4313. 

4272. 

Rottaler  1430—1431. 

4273. 

Rottberg  1745-  -1772,  mit  Stamni- 

4314. 

barnn. 

4315. 

4274. 

Rottenberg,  Rottenborger  1486 — 

4316. 

1806. 

4317. 

4275. 

Rottenburg    1345  —  1776  ,     niit 

4318. 

Wappen. 

4319. 

4276. 

Rottenhof  1806-1807. 

4320. 

4277. 

Rottenstein  1339-1682. 

4321. 

4278. 

Rottem  1664. 

4322. 

4279. 

Rougemont  1716—1719. 

4S23. 

4280. 

Roy  1715-1757. 

4324. 

4281. 

Roya  1686. 

4325. 

4282. 

Royer,  Rouyer  1648—1761. 

4326. 

4283. 

Rubels  s.  Törring. 

4327. 

4284.  Rüben  1651. 

4328. 

4285. 

Ruberger  1(>47. 

4329. 

Ruckher  1671  s.  Bruckmaier. 
Rudolph  1477—1538. 
Rueblandt  1649. 
Rueff,  RufE  1415—1591. 
Rueland,  Rudlandt  1561—1694. 
Ruepp  1577—1784. 
Ruesch  1701. 

Ruestorf  1582—1732,  mit  Stamm 
bäum. 

Ruffin,  Ruffini  1719-17^4. 
RufPo  1725—1746. 
Rüdiger  1792. 
Rüdlinger  1434. 
Rüdt,  Riedt  1594—1779. 
Rüdt,  bürgerüch  1620—1786. 
Rüger  14%. 
Rugg  s.  Thanegg. 
Rühl  s.  Schepiola. 
Rüischenberg  1644—1647. 
Rüzz  1352. 

Rumel  1709—1798  s.  Aretin. 
Rumele,    Rumelin    1598  —  1599, 
mis  Wappenbrief. 
Rumerskirch  1681—1793. 
Rumford  1790—1798  s.  Thomson, 
ßumler  1574—1577. 
Rumling  1778—1806. 
Rumpenheim  1508. 
Rumpf  1592  -1749. 
Rumroth  1637— 1649,  mit  Stamm- 
baum. 

Rundt  1775. 
Ruprecht  1748-1790. 
Rusa  1612. 
Ruska  1762. 
Ruspoli  1737—1749. 
Russenbach,  Rüsenbach  1532. 
Russenstein  1719—1739. 
Russwurm  1605—1782. 
RuttlofE  1775. 
Rysenico  1750 — 1753. 
Saalburg  1598—1755  s.  Salbuig 
Saar  1715. 
Säbel  1761. 
Sachs  1451—1596. 
Sachsenheim  1467. 
Saokmann  1663. 


Systematische  Uebersicht'des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    159 


4330. 

Sacrispante  1725—1754. 

4372. 

4331. 

Saedlo,  Sädlo  1571. 

4373. 

4332. 

Saedtler  1791. 

4374. 

4333. 

Saettelin  17.  Jahrhdt. 

4375. 

4334.  Saffran  1740-1742. 

4376. 

4335. 

Sagburg  1711—1716. 

4377. 

433G. 

Sagitarius  1624—16408.  Hagenau. 

4378. 

4337. 

Sagkrer,  Wappenbrief  von  1492. 

4379. 

4338. 

Sailer  1578—1579. 

4380. 

4339. 

Saüem  1702-1796. 

4381. 

4^10. 

Saint-Andrea  1684—1770. 

4382. 

4341. 

Saint-Germain  1745. 

4383. 

4342. 

Saint-Ivany  1748. 

4384. 

4343. 

Sainte  Marie  Eglise  17r>8— 1799. 

4385. 

4344. 

Saint-Martin  1785. 

4386. 

4345. 

Raint-Mauris-Chatenois  1797. 

4387. 

4346. 

Saint-Simon  1786-1801. 

4388. 

4347. 

Saint  Seine  Legont,  Conte  de,  s. 

4389. 

Thumer>'. 

4390. 

4348. 

Saitenmacher  1469. 

4391. 

4349. 

Salabert  1794. 

4392. 

4350. 

Salaty  1759  s.  Solaty. 

4393. 

4351. 

Salburg,  Salaburg,  Saalburg  1650 

—1777. 

4394. 

4352. 

Salchmger,  Sälchinger  1428. 

4395. 

4353. 

Saldorf  er  1401-  1484,  mit  Stamm- 

4396. 

baum. 

4397. 

4354. 

Salem  1726— 1H06. 

4398. 

4355. 

Salemi  1726. 

4399. 

4356. 

Sales  8.  Salifl. 

4400. 

4^57. 

Salhausen  1584—1612. 

4401. 

43r)8. 

Salis    1591—1800,    mit    Stamm 

4402. 

bäum. 

4403 

4359. 

Salla  1746. 

4404. 

4360. 

Sallaba  1792. 

4405. 

4361. 

Sailer  1704. 

4406. 

4362. 

Sallinger  1791. 

4407. 

4363. 

Sahn    1537  -1793,    mit   Stamm- 

4408. 

baum. 

4409. 

4364. 

Salomon  ca.  1796. 

4410. 

4365. 

Sah^er,  Salrär  1385—1392. 

4411. 

4366. 

Salviati  1737-1754. 

4412. 

4367. 

Salwick  1773. 

4413. 

4368. 

Salzburger  1458—1488. 

4414. 

4369. 

Salzmann  15.55. 

4415. 

4370. 

Salzochs  1602. 

4416. 

4371. 

Samassa  1774-1790. 

4417. 

Sampieri  ca.  1650. 

Sanche  1761. 

Sanct  Joanüe  1747. 

Sandagna  1744. 

Sandhof  er  1596  mit  Wappen. 

Sandizell  1417—1807  s.  Waldau. 

Sandroth  1671. 

Sandtner  1781. 

Sanfr^  1691—1790. 

Sänftel  1485—1805. 

Santhilier  1660—1794. 

Santini  1701—1742. 

Saracmi  1735—1737. 

Saradeck  1698. 

Sarkis  1380. 

Sami  1757—1804. 

Sarolcas  1737. 

Sartor  1771—1772. 

Sartori  1737—1809. 

Sasso  1776-1779. 

Satelboger  1373—1519. 

Satelbogen  (jüngere  Familie)  1699 

—1802. 

Satler  1399—1786. 

Satori  s.  Soutori. 

Sauer  1777—1799. 

Sauerzapf  1457—1699. 

Saugenfinger  1628,  mit  2  Wappen. 

Saulberg  1332. 

Saulheim  1824. 

Saumery  1715. 

Sauran  1662—1664. 

Saussen  1668—1704. 

Sauter  1602—1715,  mit  Wappen. 

Sauveur  1800-1802. 

Sa  van  1575. 

Savigni  1612—1764. 

Savioli  1763—1786. 

Sayn- Wittgenstein  1742-1808. 

Sazenhofen  1594—1798. 

Sbrocavacca  1658. 

Scala  1580. 

Scalenghe,  Scallingie  1721—1731. 

Scarlatti  1697—1776. 

Schab  1773—1785. 

SchabaUia  1724. 

Schachner  1603—1643. 


160    »Systematiriche  Uel>erHiclit  dt*s  Inhalte  der  bayerischen  Landesarchive. 


4418. 

Scliacht  181G. 

44.59. 

4419. 

Sclmcki  1757—1851  s.  Mo 

nlin. 

AUM). 

442(). 

S<ha<l  15.55-1784. 

44(U. 

4t21. 

Schallen  1745— IWm;. 

4402. 

4422. 

ScMchß  1430. 

4123. 

8<liäffpr  1(;23-180.5. 

4403. 

4424. 

8('hafler,  Wai»i>enbriof  von 

um. 

444>4. 

4427). 

Schule  1504- 

4405. 

442G. 

Schärtlin  1532—1710. 

4427. 

Schüfiberg,  verettinnneltcr  Stannn 

4400. 

bäum,  ohne  Jahr. 

44437. 

4428. 

S<häz  1091-1701. 

44r,8. 

4429. 

Schjlzl  WAS. 

4409. 

4430. 

Schafgotwh  1«;35— 1754. 

4470. 

4431. 

Schafliauscn  1575—1592. 

4471. 

4432. 

Schaf  mann  1083. 

4472. 

4433. 

Schaf  mannsberger  1489. 

4473. 

4434. 

St-haffenberp  1053. 

4474. 

4435. 

Schainberpfcr,  AV'appenbr.  v 

1719. 

4475. 

443(5. 

Schaittcnbcrjfcr  1030—1031. 

4470. 

4437. 

Schalber  1093. 

4477. 

44:w. 

Schalk  14<;8. 

4439. 

Si>hall  ;  725- 1790. 

4478. 

4440. 

Schallenbcrjr  1072-1719. 

4479. 

4441. 

Schaller  1787-  1795. 

4180. 

4442. 

S(»haml)eck,   Scham bach    1410— 

4181. 

KUO. 

4182. 

4443. 

Scham bsdehui^  1718  s.  Chamsde 

448,3. 

biirj?. 

4184. 

4444. 

Stiiande,  Schamde  100<). 

4485. 

444.'». 

Schansky  1770. 

4480. 

444(i. 

Schapperger  1074. 

4487. 

4447. 

Scharff  s.  Scharpf. 

4188. 

4448. 

Scharffenbcrjr  1542-  1029. 

4489. 

4449. 

Si'haHfenHtein  Cralz  von,  10O7— 

4490. 

1033  8.  (^ratz. 

4491. 

44r>0. 

ScharffensU^n    pen.    Pfeil 

1751, 

4492. 

mit  Stammbaum. 

4493. 

4451. 

ScharfHed  1007-  -1703. 

4494. 

4452. 

S(»harpf  -1720. 

4453. 

Scharsacher  1500. 

4495. 

4454. 

Schatte  1740—1807. 

4455. 

S<*hattenthal  1020. 

4490. 

445(;. 

Schauenburg  1028-  - 1 79( ). 

4457. 

SchauenfelB  1752. 

4497. 

4458. 

Schauenstein  (Buol)   1754- 

-1803 

8.  Buol. 

4498. 

Schauer  1489. 

Si'haumann  1018. 

S<-liaumberg  Grafen  1447—1517. 

Schaum  berg    Freiherm    1427  — 

1791. 

Schaum  berger  1717—1737. 

Scliaumburg  Lippe  1722. 

Schaimiburg,   Scliauenbui^  1072 

—1810. 

Scheyer,  Scliayer  1774. 

Schechingen  1494. 

Sche<lel,  Sche<ltl  1757—1794. 

ScheiUer  1020,  mit  AVappen. 

Sche<llinger  1484. 

S<-heff  1(>18. 

S<heffert  ICAH. 

S<'heibl  1045. 

Scheibler  1781—1782. 

Scheicher  1057. 

Scheifler  1075. 

Scheinen  1597—1001  s.  Uemmer- 

schwang. 

Schelf  1800. 

Schell,  Scholl  1018—1790. 

Schellart  1090—1782  8.  Kageneck. 

Schellenl)erg  1347—1783. 

Schellenstein  14t)8. 

Si^heller  1009  -1802. 

Schellerer  1099-1779. 

Schellhammer  10.53. 

Si'hellkofer,  Wapi»enbrief  v.  1500. 

Schellner  1721»— 1731. 

Si»helnacher  s.  Schellner. 

Si'henk  (überhaupt)   13(H— 1700. 

Schenk  zu  Baas  1740. 

Schenk  von  Castel  1413—1802. 

Si'henk  von  Geyeni  1394—1740. 

Schenk  von  Limburg  1514—1559. 

Schenk  von   Reicheneck  1374— 

1384. 

Schenk   von  Schenkenst^jin  1352 

—1572. 

Schenk    von    Stauffenberg    1537 

—1797. 

Schenk   von  AVinterstetten  1517 

bis  ca.  10.'»0. 

Schenkel  1701—1795. 


Systematische  Uebersiclit  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    161 


4499. 

Schenking  1567. 

4543. 

4r)00. 

Schepiola  gen.  Schönbill  1581— 
1583. 

4544. 

4001. 

Scheppler  1580,  mit  Wappenbrief. 

4.')45. 

4502. 

Scherb  1407.   . 

4546. 

m)S. 

Scher  s.  Tegemau. 

4547. 

4504. 

Scherer  1460—1792,   mit   Gold- 

4r)48. 

scherer. 

4549. 

4505. 

Scheres  1683-1684. 

4550. 

4506. 

Scherffenberg  1555—1757. 

4551. 

4r)07. 

Schermer  1480. 

4552. 

4508. 

Scherrich  1629. 

4509. 

Schertlin  1514—1778  s.  öttingen. 

4553. 

4510. 

Scheuer!  1706—1712. 

4554. 

4511. 

Scheuem  1724—1749. 

4555. 

4512. 

Scheufei  1802-1803. 

4556. 

4513. 

Scheufler  1505—1513. 

4557. 

4514. 

Scheyb  1780. 

4558. 

4515. 

Scheyt  1467. 

4559. 

4516. 

Schick  1780. 

4560. 

4517. 

Schicker  1736—1769. 

4561. 

4518. 

Schid  1480—1481. 

4562. 

4519. 

Schielle  1734-1735. 

45(53. 

4520. 

Schiessl  1780-1788. 

4564. 

4521. 

Schiestel  1761. 

4565. 

4522. 

Schifer  1664-1689. 

4566 

4523. 

Schilcher  1796-1803. 

4567. 

4524. 

Schillbazen  1403-1492. 

4568. 

4525. 

SchiUer  1589—1643. 

4569 

4526. 

Schillmg  1497-1564. 

4570. 

4527. 

Schiltberg  1786-1803. 

4571. 

4528. 

Schilter  1461. 

4572. 

4529. 

Schilthagk  ca.  1450. 

4573. 

4530. 

Scliittner  1547. 

4574. 

4r)31. 

Schindelin  1621—1747. 

4575. 

4:)32. 

Schintling  1790— 18(H). 

4576. 

4533. 

Schimting  1518—1814  s.  Enzens- 

torfer. 

4577. 

4534. 

Schlammersdorfcr  1449—1725. 

4578. 

4535. 

Schiandersberg  1625—1724. 

4579. 

4536. 

Schlangen  1762. 

4580. 

4537. 

Schlecht,  Schlechten  1692-1750. 

4.581. 

4r)38. 

Schlechtleuthcn  1720—1728. 

4582. 

4539. 

Schlederer  ca.  1706. 

4583. 

4540. 

Schlegel  1423-1757. 

4.')84. 

4541. 

Schleich  1574-1812. 

4r)85. 

4542. 

Schleicher  1536—1618. 

4586. 

ArohlT&Usohe  Zeitschrift  VIII. 

Schleifras  1677—1723. 
Schleiss  1692—1801,  mit  Stamm- 
baum. 

Schieitheim  1605—1786  8.  Keller. 
Schlemmer  1611—1803. 
Schletten,  nur  Tektur  mit  1627. 
Schletz  1636. 
Schlichting  1748—1807. 
Schuck,  Grafen  1477—1702. 
Schlick,  bürgerlich  1736. 
SchlidereV,     Schlüderer    1559  ~ 
1744. 

Schlierer  1583. 
Schlierf  1768—1805. 
Schlietem  1741. 
Schlipp  1758—1777. 
Schliz  1483—1549. 
Schlösser  1792. 
Schloessl  1737. 

Schlon  1678—1694  s.  Gehlen. 
Schlüttenhofer  1741—1752. 
Schmädel  1762—1811. 
Schmalhofer  1787—1790. 
Schmaus  1617—1809. 
Schmaz  1416—1436. 
Schmazhauser  1449. 
SchmeUer  1802. 
Schmerling  1711. 
Schmerolt  1635—1668. 
Schmerzing  1754—1760. 
Schmettau  1608-1797. 
Schmid  1465—1792. 
Schmid  von  Kochheim  1753. 
Schmid  Freiherm  1614    1803. 
Sclmiid  von,  1431—1803. 
Schmid  von  Wellenstein  1622   - 
1703. 

Schmidau  1575. 
Schmidbauer  1790. 
Schmidhammer  1796. 
Schmidhauser  1465—1475. 
Schmidhofen  1716. 
Schmidtlein  1728. 
Schmiechen  1371—1777. 
Schmigel  1572. 
Si^hmising  s.  Khorf. 
Schmiz  1790—1793. 

11 


162     Systematische  Ueberaicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarehive. 


4587. 

Schmöckher,    Schmöger 

1687- 

4630. 

Schorer,  Wappenbrief  von  1548. 

1800. 

4631. 

Schorlemmer  1763-1764. 

4588. 

Schmölzing  1784. 

4632. 

Schom  1775. 

4589. 

Schmözer  1740. 

4633. 

Schott  1499,  gedrucktes  Kaiserl. 

4590. 

Schmuck  1566. 

Mandat. 

4591. 

Schmülling  1660. 

4634. 

Schott  1630-1813. 

4592. 

Schnabel  1542—1687. 

4635. 

Schranz  1598. 

4593. 

Schnack  1708. 

4636. 

Schrattenbach  1698—1790. 

4594. 

Schneck,  Schnegg  1601— 

1755. 

4637. 

Schreck  1505. 

4595. 

Schneeberger  1590. 

4638. 

Schrockenstein  1669—1 788  s.Uotli 

459G. 

Sclmeeweiss  1773—1792. 

V.  Schreckenstein. 

4597. 

Schneid  1555—1807. 

4639. 

Schreckleb  1749—1785. 

4598. 

Schneider,  Freilierr  1791 

—1799. 

4640. 

Schreeb  1792. 

4599. 

Schneider  1434—1790  s.  Schneid- 

4041. 

Sclu-eier  s.  Blumenthal. 

heim. 

4042. 

Schreiner  1637-1638,mitWappen 

4600. 

Schneidheim  1790-1799 

brief  und  Wappen. 

4G01. 

Schnell  1761—1764. 

4043. 

Sclirel  1617,  mit  einem  kleinen 

4002. 

Schnepf  1591. 

Wappen. 

4<)03. 

Schnurbem  1698—1750. 

4044. 

Schrenk  1480-1784,  mit  Stamm 

4G04. 

Schober  1755. 

bäumen. 

4G05. 

Schobmger  1531—1781. 

4045. 

Schrepizki  1693. 

4(iO0. 

Schöberl  1764. 

4040. 

Schrimel  1407. 

4(>07. 

SchöU  1608—1619  8.  Schell. 

4047. 

Schroepf  1806. 

4008. 

Schön  1614    1757. 

4048. 

Schroff  1746—1759. 

4(>()9. 

Schönau  1479—1762. 

4049. 

Schroffenstein  1487. 

4010. 

Schönberg  1576—1804. 

40r)0. 

Schrott  1600  s.  Ulmaninger. 

4(>ll. 

St^hönbom  1567-1770. 

4051. 

Sclu-ottenbach  1671. 

4012. 

Schönbrun  1492—1804  s. 

Hanson. 

4052. 

Schrottenberg    1784-17im,    mit 

4013. 

S('hönburg,  Schönburger 

1506— 

Stammbäumen. 

1798. 

4053. 

Sclirozberg  1422. 

4(>14. 

St>,hönhub  1687 -17a). 

4054. 

Schuch,  Wappenbrief  von  1602. 

4015. 

Schönkirch  1640. 

4(k)5. 

Schuebel  1394. 

4010. 

Schönniezler  1777. 

4056. 

Schueler  14vS0. 

4017. 

Schönne  1709. 

4657. 

Sc-huerle  1612. 

4018. 

Schönsleben  1409. 

1658. 

Schuerstab,  geilnicktes  Kaiserl. 

4019. 

SchöiLstein  1011- 1(>28. 

Mandat  von  1729. 

4(>20. 

Schönstetten,    altbayer. 

Familie 

4(559. 

Schuest  1790-1791. 

1309—1418. 

4660. 

Schuez  zu  Pfillstatt,  Holzhausen, 

4021. 

Schönstetten  von  1559— 

1566. 

Hagenau  etc.  1624—1803. 

4022. 

S<*.hön8tetten    Frhr.    1657 

-1728 

4661. 

Schuezenmeister  1594,  mit  einem 

4023. 

Schönwurmb  1678. 

Wappen. 

4024. 

Schöpf  1808. 

4602. 

Schullenburg  1735-1800. 

4025. 

Schöttl  1609-1693. 

4663. 

Schuller,   Schueler  zu  Schrotten 

4020. 

Scholberg  1719—1731. 

hof  1752-1754. 

4027. 

Scholl  1508. 

4604. 

Schultes  1610—1790. 

4628. 

Scholley  1000—1625. 

4005. 

Schürf,     Schürf    1576-1779    s. 

4029. 

Schombart  1702. 

Schürf  zu  Schönwerth. 

Systematische  üebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    163 


4666.  SchurfzuSchönwerth  1626—1781. 

4706. 

Schweichelt  1790. 

4667.  Schuss  v.    Peilstein  1636—1784. 

4707. 

Schwinbeck  1432. 

4668.  Schuster   1549—1619,   mit   zwei 

4708. 

Schwindt  1644. 

Wappen. 

4709. 

Schwingenhaimer,  ein  Wappen- 

4669. Schuwenburg  1539—1548. 

brief  von  1558. 

4670.  Schuzbar  1567— 1728,  mit  Stamm- 

4710. 

Schwmkrist  1445—1479. 

bäumen. 

4711. 

Sciamanna  1805. 

4671.  Schwab    1555    bis    ca.  1800,   s. 

4712. 

Scotto  1725. 

Schwaben. 

4713. 

Serbensky  1733-1739. 

4672.  Schwaben  1728—1799. 

4714. 

Sebottendorf ,    ein   Stammbaum 

4673.  Schwabpach  1614-1662. 

ohne  Jahr. 

4674.  Schwabsberg   1417—1476,  siehe 

4715. 

Sechampe  1593. 

öttingen. 

4716. 

Sechi  1773. 

4675.  Schwabsnitz  1661. 

4717. 

Sechsem,  Sechser  1696-1792. 

4676.  Schwachheim  1770—1782. 

4718. 

Seckach  1395. 

4677.  Ähwaebel  1806. 

4719. 

Seckendorf  1330-1807. 

4678.  Schwaegerle  1567—1747. 

4720. 

Seckger  1898. 

4679.  Schwaiger  1541—1799. 

4721. 

St.  Secondo  1618-1650. 

4680. '  Schwalb,   Pergam.  -  Wapponbrief 

4722. 

Sedliz  1436. 

von  1466. 

4723. 

Sedlnitzky  1747—1775. 

4681.  Schwan  1671. 

4724. 

Sedhnaier  1555—1794. 

4682.  Schwanberg  1465—1810. 

4725. 

See  1387. 

4683.  Schwanenfeld  1694-1776. 

4726. 

Seeau  1709-1803. 

4684.  Schwangau  1480—1632. 

4727. 

Seeberg  1680. 

4685.  Schwarz  1436—1752. 

4728. 

Seefelder  1356—1703. 

4686.  Schwarzach  1593-1751: 

4729. 

Seefrid  1761—1790. 

4<>87.  Schwarzburg  1433-1763. 

4730. 

Seehofer  1790-1 799  s.Schobinger. 

4688.  Schwarzenberg  1349. 

4731. 

Seel  1786. 

4689.  Schwarzenberg  1400-1815. 

4732. 

Seemann  1368-1719. 

4690.  Schwarzenburg  163(). 

4733. 

SeemüUer  1775—1776. 

4691.  Schwarzenstein   1523  —  1596    s. 

4734. 

Seenus  1733—1735. 

Preisinger. 

4735. 

Seepacher  1661. 

4<>92.  Schwayingen  1398. 

4736. 

SeestaUer  1479-1775. 

4693.  Schweikart  1444-1790. 

4737. 

Seetaler  1789. 

4694.  Schweiker  1501. 

4738. 

Seft  1395. 

4695.  Schweikerstreiter  1615. 

4739. 

Seger  1776. 

46%.  Schweithart  1501-1603. 

4740. 

Segeser  1590-1803. 

4697.  Schweizer  1414-1504. 

4741. 

St^glau  1420. 

4698.  Schwelcher,    Schwelher    1389  - 

4742. 

Seliauser  1657. 

1432. 

4743. 

Seiboltsdorf  13%- 1800  s.  Offen- 

4699. Schweller  1790. 

heim. 

4700.  Schwemmer  1617-1754. 

4744. 

Seidl  1489. 

4701.  Schwendi  1550-1763. 

4745. 

Seidler,    ein  Perg.  -  Wappenbrief 

4702.  Schwenk  1706. 

von  1601. 

4703.  Schweppermann  1346—1434. 

4746. 

Seifried  1705—1789. 

4704.  Schwering,  Schwerin  1773-1794. 

4747. 

Seinsheim  1392-1805. 

4705.  Schweyhofer  1713. 

4748. 

Seissel  dAix  1749. 

11* 

164    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landeearchive. 


4749. 

Seitenthal  1806—1808. 

4794. 

4750. 

Seitz  1618—1791. 

4795. 

4751. 

Selb  1735-1737. 

4796. 

4752. 

Seid  1558  s.  Sold. 

4797. 

4753. 

Seideneck  1341—1380. 

4798. 

4754. 

Seldenmaier  1791—1793. 

4799. 

4755. 

SeUg  1582. 

4800. 

4756. 

Selmo  1504—1505. 

4801. 

4757. 

Senft  von  Pilsach  1616— 16.')0. 

4802. 

4758. 

Senftenau  s.  Kunz  v.  Senftenau. 

4803. 

4759. 

Senft-Sulburg  1751. 

4804. 

4760. 

Seng  1601—1602  s.  Ulmaninger. 

4805. 

4761. 

Sengelau  1697. 

4806. 

4762. 

Sengem,  Senger  1672—1691. 

4807. 

4763. 

Senghofen  1692. 

4808. 

4764. 

Sennfftl  1511. 

4809. 

4765. 

Senritt  1702. 

4810. 

4766. 

Senser  1723—1724. 

4811. 

4767. 

SentUnger  1399—1440. 

481^. 

4768. 

Seordin  ca.  1700. 

4813. 

4769. 

Seraing  1789—1804. 

4814 

4770. 

Serballoni  1753 — 1754. 

4815. 

4771. 

Sereni  1684—1691. 

4816. 

4772. 

Serfin  1676. 

4817. 

4773. 

Sericourt  1757—1780. 

4774. 

Serra,  Serre  1738—1740. 

4818. 

4775. 

Ser\a  1642. 

4819. 

4776. 

Servi  1627—1751. 

4820. 

4777. 

Sessi  1729—1730. 

4821. 

4778. 

Scstich  1626—1628. 

4822. 

4779. 

Seutter  1550—1809. 

4823. 

4780. 

Sewer  1429. 

4821. 

4781. 

Seybelt  1526. 

4825. 

4782. 

Seydewitz  1799. 

4826. 

4783. 

St^yringer  1772. 

4827. 

4784. 

Seyssel  d'Aix  1718-1799. 

4828. 

4785. 

Sezger  1777—1791. 

4829. 

4786. 

Sezkom  1765— 178.\ 

4830. 

4787. 

Sibenharl  1730. 

4831. 

4788. 

Siber  1460-1600,  mit  Wappen- 

4832. 

brief  von  1600. 

4833. 

4789. 

Sicher  1801. 

4834. 

4790. 

Sicherer  1768—1774. 

4791. 

Sichlern  1792—1798. 

4835. 

4792. 

Sickenhauser,  Siggershausen  1488 

4836. 

—1771. 

4837. 

4793. 

Sickingen  1516—1801. 

4838. 

Sidler  1563. 

Sieben  1734—1779. 

Sigart  1782. 

Sigenburg  1689—1743. 

Sigertshofen  1471—1730. 

Sigl  1775. 

Sigmund  1554—1588. 

Silbennann  1615—1769. 

Silchenmüller  1727—1740. 

Silliers  1571—1589. 

Silmendingen  1441. 

Simeoni  1667 — 1700  s.  Minuzi. 

Similiano  1678. 

Simonetti  1747—1748. 

Simonis  1782—1789. 

Sindel  1731. 

Sinderl  1769. 

Sinderstetter  1554. 

Singer  1595 — 1752. 

Sinzendorf  1628-1780. 

Sinzenhauser  1501. 

Sinzenhofer  1508-1628  s.Tengler. 

Sionsberg  1738. 

Sirgenstein     1483  —  1782,      mit 

Stammbaum. 

Sittauer  1387—1390. 

Sittichhauser  1558—1706. 

Sizinger  1558. 

Slabat,  Slavata  1430—1768. 

Sleeh  1538. 

Soden  1784—1791. 

Soehner  1592. 

Soeld  1552  s.  Seit. 

Schier  1691—1699. 

Soigne  1754. 

Soiron  1784. 

Solaty  17r)8— 1799. 

Solbeck  1589-1619. 

Soll  1632. 

SoUinger  1588-1593. 

Sohns  ca.  15:)0— 1792. 

Soltyk,  ein  defekter  Stammbaum 

ohne  Jahr. 

Somair  1639. 

Somiliano  1670. 

Somme  ca.  1750. 

Sondermayer  1757. 


Systematische  Ueberaicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    165 


4839. 

Sonderadorfer  1509—1603. 

4883. 

4840. 

Songeoins  1633. 

4Ha4. 

4841. 

Sonnau  ca.  1700. 

4H,S5 

4842. 

Sonnegg  1559-1603  s.  üngnad. 

4S86 

4843. 

Sonnenburg  1 635—  1  H(  )6. 

4887. 

4844. 

Sonntag  17,')0. 

4845. 

Sorogna  1621—1647. 

4888. 

4846. 

Soubise  1747—1749. 

4889. 

4847. 

Soucha  1786—1806. 

4890. 

4848. 

Souffrain  1730—1739. 

4891. 

4849. 

Soutori,  nur  eine  Notiz. 

4892. 

4850. 

Soyecourt  1783—1784. 

4893. 

4851. 

Soyer  1645-1775. 

4894. 

4852. 

Soytner,  Soyter  1570. 

4895. 

4853. 

Spaet  1688—1691. 

4896. 

4854. 

Spada  1643—1733. 

4897 

4855. 

Spager  1730. 

4898. 

4856. 

Span  1583—1733. 

4899. 

4857. 

Spanderbock  1644—1646. 

4900. 

4858. 

Spancy     1601—1692,     Wappen- 

4901. 

briefe. 

4902 

4859. 

Spandkau  1740—1756. 

4903. 

4860. 

Spangenberg  1695—1749. 

4904. 

4861. 

Spankouch  1739. 

4905. 

4862. 

Spanmesser  1492—1506. 

4906. 

4863. 

Spannagel  1670. 

4907. 

4864. 

Sparenberg  158:^—1588. 

4908 

4865. 

Spameck  1397—1694  s.  Spomeck. 

4909 

4866. 

Sparr,  Sparre  1639—1730. 

4910 

4867. 

Spatny  1800. 

4911. 

4868. 

Spauer  1470—1812. 

4912. 

4869. 

Spazenreither  1777. 

4913. 

4870. 

Specht  1646—1761. 

4914. 

4871. 

Speckner  1691—1784. 

4915. 

4872. 

Spee  1668—1782,  mit  zwei  Stamm- 

bäumen. 

4916. 

4873. 

Speidl  1773—1807. 

4917. 

4874. 

Speisser  1626,  mit  einem  kleinen 

4918. 

Wappen. 

4919. 

4875. 

Sper  1597-  1603. 

4920. 

4876. 

Sperberseck  1398—1802. 

4921. 

4877. 

ßperi  1592—1782. 

4922. 

4878. 

Bperreuth  1645. 

4923. 

4879. 

Spielberger  1426—1730. 

4924. 

4880. 

Spiehnann  1798. 

4925. 

4881. 

Spiess  1486-1487. 

4926. 

4882. 

Spindler  1808. 

49i->7. 

SpineUi  1737—1744. 

Spingle  1496. 

Spinola  1612—1751. 

Spirinck  1614—1777. 

Spitler    1607—1609,    mit  einem 

kleinen  Wappen.  ^ 

Spitzel  1722—1808. 

Spitzweg  1589. 

Spoluerini  1682—1687. 

Spon  1799. 

Sponkau  1750. 

Spork  1694—1806. 

Spomeck  1507—1740  s.  Sparneck. 

Spreti  1678—1804. 

Sprimont  1717. 

Spring  1772. 

Springer  1678. 

Springindom  1468. 

Sprinzenstein  1576—1777. 

Sproiavacca  1655 — 1662. 

Spronkolf  1726. 

Sprowa  1572. 

Sprunner  1785. 

Staad  1797. 

Staader  1770—1808. 

Stablo  1653. 

Stachel  s.  Stahl. 

Stachelburg  s.  Stahlburg. 

Stachelhausen  1846-1847. 

Stadion,    Stadigung  1398-1793. 

Stadl  1663-1682. 

Stadler  1440—1776. 

Stadlershausen  1755. 

Stael-Holstein  1798,  mit  einem 

defekten  Stammbaum. 

Stael  1778—1792. 

Stahl,  Stal  1333—1745. 

Stahlburg  1706—1728. 

Stahlberg  s.  Stahlburg  1662. 

Stahllmber  1590. 

Stall  s.  Stahl. 

Stamitz  1750. 

Stambler,    Stamler    1740—1763. 

Stamm  1685—1803. 

Stamppa  1664—1742. 

Standach  1371. 

Stang  1600  s.  Ulmaninger. 


166    Systematiscbe  üebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


4928.  Stanga  1614—1731. 

4967. 

Steinhauf,  Stainhauf  1519—1733. 

4929.  ßtange  1789. 

4968. 

Stemhauser  1360—1805. 

4930.  Starchenberg  1312. 

4969. 

StemheU  1715—1794  s.  SteinheL 

4931.  Staringer  1572. 

4970. 

Steinheü  1660. 

4932.  Stark  1745. 

4971. 

Steinling  1611-1737. 

4933.  St^rkmann  1790. 

4972. 

Steinmez  1689—1778. 

4934.  Stamberg,  Stahrenbei^g  ca.  1500 

4973. 

Steinpiss  1663. 

—1784. 

4974. 

Steinruck  1518. 

4935.  Starzhausen  1614—1782. 

4975. 

Steinville,  nur  Notiz. 

4936.  Stauber  1628. 

4976. 

Stengel  16.32—1822  s.   Stengün. 

4937.  Staudacher  1658. 

4977. 

Stengün,  Stengel,  Stängel  Itm- 

4938.  Staudheimer  1623. 

1722. 

4939.  Staudinger  1584—1764. 

4978. 

Stephanolhely  1744. 

4940.  Staudner  1596—1597. 

4979. 

Steppei^r  1594—1597, 

4941.  Staufer  zu  Ehrenfels  1276 

-1581. 

4980. 

Stembaeh  1710—1796. 

4942.  Stauff   zu  Leustatt  1685 

-1712. 

4981. 

Stemberg  1507-1807. 

4943.  Stauffenberg,  Schenk  von, 

1682— 

4982. 

Stemfels  1721. 

1780  8.  Schenk. 

4983. 

Stcmthal  1738. 

4944.  Stauffer  1634. 

4984.  Sterschimbsky  1728. 

4945.  Steck  1398. 

4985. 

Sterzinger  1755—1769. 

4946.  Steding  1778—1800. 

4986. 

Stetingk  1768-1795. 

4947.  Steeb  1785. 

4987. 

Stetten  1472-1799. 

4948.  Steer  1590. 

4988. 

Stettner   1509-1665   s.  Halder- 

4949.  Steffan  1603. 

manstettea 

4950.  Stegbucher  1719—1730. 

4989. 

Steu,  nur  Notiz. 

4951.  Steger  1617. 

4990. 

Stich  1799. 

4952.  Stegmeir     1664,     nüt     kleinem 

4991. 

Stichaner  1778—1793. 

Wappen. 

4992. 

Stiebar,  Stieber  1398—1658. 

4953.  Stegner  1739—1740. 

4993. 

Stigel  1633. 

4954.  Stegreif  1452. 

4994. 

Stigliano  1743. 

4955.  Stehelin  1591-1594. 

4995. 

Stiglmaier,  ein  Epitaph  von  1509. 

4956.  Steigentesch  1791—1802. 

4996. 

Stüler  1726. 

4957.  Steiger  1617,   mit  Wappenbrief. 

4997. 

Stillfried  1824 

4958.  Stein,    zum    Rehenstein, 

Alten- 

4998. 

Stimekh  1651. 

stein,    Ichenhausen  etc. 

1361— 

4999. 

Stimel  1653. 

1812. 

5000. 

Stirmair,  Stiermair  1623. 

4959.  Steinach  1615. 

5001. 

Stiegelhaun  1477—1795. 

4960.  Steinau  1548—1733. 

5002. 

Stipf  1472. 

4961.  Steinberger,     Steinberg 

1399- 

5003. 

Stock,  Jansen  vonder,  1648-1795. 

1786. 

5004. 

Stocka  1604. 

4%2.  Steindl  1597-1706,  nebsl 

,  einem 

5005. 

Stocker  1674. 

kleinen  Wappea 

5006. 

Stockhammem  1775— i776. 

4963.  Steindorf  1296. 

5007. 

Stockhom  1780. 

4964  Steinebach  a518— 1559. 

5008. 

Stockmayr  1731-1761. 

4965.  Steiner  1623. 

5009. 

Stöckel,  15.  Jahrhdt. 

4966.  Steinhammer,  Stemheimer  1373 

5010. 

Stöckl,  Stöcklin  1549—1773,  mit 

-1605. 

einer  genealog.  Darstellung. 

Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    167 


5011. 

Stoeger  1624. 

r)056 

5012. 

Stoerz  1674—1783. 

5057. 

5013. 

Stoffelen  1395. 

r)058. 

5014. 

Stoiber  1681—1714. 

5059. 

5015. 

StoHnsky  15^. 

5016. 

Stoll  1618,  mit  Wappen. 

5060, 

5017. 

Stollberg  1504—1577. 

:m\. 

5018. 

Stoppani  1753. 

:m2. 

5019. 

Stör  1576—1593. 

5063 

5020. 

Storch  1775—1790. 

50i)l. 

5021. 

Stoss  1628. 

r)<M)5. 

5022. 

Stosser  13H3. 

5066. 

5023. 

Stotz  1658. 

myi. 

5024. 

Stotzingen  1417—1771. 

r>068. 

5025. 

Stozzon  1712—1746. 

5069. 

5026. 

Strachwitz  1800. 

5070. 

5027. 

Strahlendorf  1610—1631. 

5071. 

5028. 

Strahlenfels  14t>4— 1615. 

5072. 

5029. 

Strahlenheim  1805—1828. 

r>073. 

5030. 

Strall  1791. 

r»074. 

5031. 

Strampfer  1817. 

5075. 

5032. 

Stranzky  1713—1810. 

.5076. 

5033. 

Strasoldo   1610-1796   s.  Theon 

5077. 

und  Kalsasina. 

5078. 

5034. 

Strasser  1789-1794. 

rH)79. 

5035. 

Strassmair  1698—1737. 

5036. 

Stratmann  1684^  1767,mitStamm- 

:)0m 

baum. 

5081. 

5037. 

Streber  1799. 

5082. 

5038. 

Strecker  1630,  mit  Wappen. 

:m'6. 

5039. 

Streicher  1805. 

5084. 

5040. 

Streidl,  Streitl  1687. 

5085. 

5041. 

Strein  1588. 

5086. 

5042. 

Streit  1792—1802. 

5087. 

5043. 

Streitberg  1406-1564. 

5088. 

5044. 

Strenz  1807. 

.5089. 

5045. 

Strigl  1621. 

5046. 

Strigler  1724—1772. 

5()90. 

5047. 

Strinner  1776—1790. 

5091. 

5048. 

Strobl  144r>— 1805. 

,5092. 

r»049. 

Strobelli  1722-  1786.    . 

.5093. 

5<»50. 

Ströhl  17.")8— 1799. 

bim. 

5051. 

Strohmayr  1775. 

5095. 

5052. 

Stromer  1438—1810. 

5096 

5053. 

Stnimer  1634—1680. 

50r)4. 

Stuben  1500—1725. 

5097. 

5055. 

Stubenberg  1626—1796. 

.  Stubenrauch  1756-1811. 

.  Stuber  1792-1795. 

.  StülilingenJ^ndgrafen,  1638  1639. 

.  Stüpf  1419—1583,  mit  genealog. 

Notizen. 
.  Stttrzel  1698-1747. 
.  Stürzer  1795. 
.  Stukradt  1799. 
.  Stumpf  1404. 

.  Sturm  161 1 — 1652  s.  Jauchshoim. 
.  Sturmfeder  1559—1802. 
.  Stutterheim  1686—1702. 
.  Stylhnaier  1770. 
.  Stynim  1684—1793. 
.  Suchten  1549. 
.  Suchy  1459. 

.  Sückenhausen    s.    Sickenhauser. 
.  Suenkler  1663. 
.  Suezel  1541. 
.  Suftizinsky  1780. 
.  Sulkowsky  1737. 
.  Sulz,  Grafen  von,  1563—1654. 
.  Sulzer  1598—1599. 
.  Sumer  1552. 
.  Sumerau,  Vogt  von,  1453 — 1804 

s.  Altensumerau. 
.  Sumersdorfer  1457. 
.  Sumhof  1786. 
.  Sunderdorfer  1520. 
.  Suneck  s.  Ungnad. 
.  Suntheim  1430—1532. 
.  Surauer  1752—1780. 
.  Sussmann  1741. 
.  Susso  s.  Saussen. 
.  Sutner  1789. 
.  Sutor  1671,  nur  eine  Notiz,  betr. 

einen  Wappenbrief  s.  Ruckher. 
.  Suttenberg  1718—1749. 
.  Sybmell  1469. 
.  Taaffe  1678—1692. 
.  Tabertshofcr  156r>— 1657. 
.  Taenzl  1497^18:^5. 
.  .Taerichinger  1422. 
.  Taettenbach,  Tattenbach,  Tott^^n 

beck  1522—1803. 
.  Taeuffenbach  1786—1790  s.  Teu- 

fenbach. 


168    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


5098.  Taffin  s.  Sarai. 

5099.  Taim  1529-1535  s.  Daim. 

5100.  Tainer,  Thein  1541—1614  s.  Tein. 

5101.  Talbot  1622—1627. 

5102.  Taller  1595—1642. 

5103.  Tallheimer  1392—1650. 

5104.  Talmann  1596. 

5105.  Tamburini  1743. 

5106.  Tampier  1610-1792. 

5107.  Tanari  1743. 

5108.  Tandorfer  1449—1621. 

5109.  Tannberg  s.   Scherffenberg  und 
Thanberg. 

5110.  Tannenberg     siehe     Thanberg, 
Kirchner. 

5111.  Tanner  1612—1640  s.  Thanner- 

5112.  Tattenbach  s.  Tättenbach. 

5113.  Tassis  s.  Thum  und  Taxis. 

5114.  Taub  1585,   mit  einem   Stamm- 
baum-Auszug. 

5115.  Taubenberger  1441. 

5116.  Taubenheim  1568—1635. 

5117.  Taufkirchen  1452—1816. 

5118.  Tautphoeus  1764—1805. 

5119.  TanoUn  1682—1690. 

5120.  Taxis  s.  Thum. 

5121.  Taz  1437—1791. 

5122.  Tecklenburg  1700. 

5123.  Tegel  1520. 

5124.  Tegernau  1658—1664. 

5125.  Tegeraseer  1532—1603. 

5126.  Tein  1591—1809   s.   HerÜ   und 
Tainer. 

5127.  Teissinger  1465. 

5128.  Teisenroth  1633. 

5129.  Teittenhofer  1491. 

5130.  Tempi  1753. 

5131.  Tenam  1645. 

5132.  Tenck  1500-1518. 

5133.  Tendn  1739—1753. 

5134.  Teng  1804—1805. 

5135.  Tengen  1465—1466. 

5136.  Tengler  1531—1802. 

5137.  Terröck  s.  Törreck. 

5138.  Testaferrata  1738. 

5139.  Tetau  1472. 

5140.  Tettelbach  1340—1579. 


5141.  Tettenbom  1830. 

5142.  Tettenheimer  1634. 

5143.  Tetti  1588. 

5144.  Tetzel  1496—1632,  mit  einer  Ge- 
schlechtsbeschrei  bung. 

5145.  Teufel  1560-1785. 

5146.  Teutschera  1796. 

5147.  Teysenliofer  1503. 

5148.  Teysonniere  1802. 

5149.  Thalberg  s.  Dalberg. 

5150.  Thaler  s.  Taller. 

5151.  Thalliofer  1706. 

5152.  Thanberg,   Thannenberg  1332— 
1781  8.  Scherffenberg. 

5153.  Thanegg    1376—1799,    mit    (ie- 
ßchlechtsbeschreibung. 

5154.  Thanhauser  1393-1598. 

5155.  Thänn  von  der  1690—1692. 

5156.  Thannlieimer  1390—1395. 

5157.  Therer  1747. 

5158.  Thiboust  1722—1798. 

5159.  Thiebeault  1752. 

5160.  Thierberg  1554-1710. 

5161.  Thierboeck  16^)0—1758. 

5162.  Tliiereck  1791—1808. 

5163.  Thierheim  1415—1798. 

5164.  Thiermaier  1446—1657. 

5165.  Thiemiz,  Dllrnizl  1678—1772. 

5166.  Thierstein  1434—1487. 

5167.  Thü  1529—1541. 

5168.  Thiot  1770. 

5169.  Thoeretti  1793—1794. 

5170.  Thoma  1582—1777. 

5171.  Thomasius  1733—1784. 

5172.  Thomson  1788—1792. 

5173.  Thoni  1556. 
5174  Thorren  1609. 

5175.  Thoyere  de  1702. 

5176.  Thuemer  1629—1635. 

5177.  Thünfeld.  1401— 1789. 

5178.  Thüngen  1477—1708. 

5179.  Thum,  Thumb  1504—1796. 

5180.  Thumberger    1431—1782    siehe 
Thuemer. 

5181.  Thumery  1797. 

5182.  Thumshmi  1779. 

5183.  Thun  1536—1795. 


Systematische  TJebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    169 


5184. 

Thum  zu  Neubayem  1579  - 1670. 

5226. 

Trappe  von  1789—1790. 

5185. 

Thum    und    Taxis    1408—1801. 

5227. 

Traub,  nur  ein  Wappenbrief  von 

5186. 

Thum    und  Valsasina     1570  — 

1601. 

1798. 

5228. 

Traun,    Trauner    1437—1801    s. 

5187. 

Thumhof  1687. 

Oettingen. 

5188. 

Thurnhuber  1657—1659. 

5229. 

Traut  1519. 

5189. 

Tieffenbach  1620-1764. 

5230. 

Trautenberg  1372—1790. 

5190. 

Tige  1725-1748. 

5231. 

Trautenweiler  1429. 

5191. 

TiUy  1450-1808. 

5232. 

Trautmansdorf  1562—1786. 

5192. 

Tittenkof  er,  ein  Wappenbrief  von 

5233. 

Trautsambl634  -16688.Traut<Jon. 

1573. 

5234. 

Trautson  1591—1777. 

5193. 

Tizesau  s.  Deizisau. 

5235. 

Trautwein  1517—1518. 

5194. 

Toblhamer   1461—1467    s.    Per- 

5236. 

Travers  1734—1736. 

chinger. 

5237. 

Trazegnies  d'Ittre  s.  Tressignie. 

5195. 

Toeniges  1797—1806. 

5238. 

Trenbeck,  Trenbach  1463—1637 

5196. 

Toepsel  1612,  nur  ein  Wappen- 

8. Viepeck. 

brief. 

5239. 

Trento  1729. 

5197. 

Toerreck  1780. 

5240. 

Tressan  1799. 

5198. 

Toerring  1253—1823. 

5241. 

Tressignie  1715. 

5199. 

Toeska  1795—1798. 

5242. 

Trester  1729. 

5200. 

Tomlinger  1366-1387. 

5243. 

Trestendorffer  1694. 

5201. 

Tompson  s.  Thomson. 

.5244. 

Tress^^^zer  1469—1478. 

5202. 

Tondorf  s    Tandorfer. 

5245. 

Tressl  1752. 

5203. 

Tonnus  1768-1797. 

,5246. 

Treuling  1585. 

5204. 

Tor,  Torer  1386—1755. 

5247. 

Trevani  1679. 

5205. 

ToVano  1740—1741. 

5248. 

Triangi  1806. 

5206. 

Torck  1460. 

5249. 

Tribolet  1798. 

5207. 

Tori  1756-17-79. 

52r>0. 

Trichtler,  ein  Wappenbrief  vom 

5208. 

Torre  1723. 

J.  1776. 

5209. 

Torrentini  1587—1590 

5251. 

Trimperg  1378. 

5210. 

Torrigiani  1753. 

5252. 

Trinker  1572—1648. 

5211. 

Torwartel  1471. 

5253. 

Trittenpreis  1770—1772. 

5212. 

Tosca  de  castella  morte  1801  — 

5254. 

Triva  1701—1799. 

1805. 

5255. 

Troeltsch  1790. 

5213. 

Tosques  1726—1738. 

5256. 

Troestl  1752—1763. 

5214. 

Tottenheim  1400—1432. 

5257. 

Troetscher  ca.  1700. 

5215. 

Tbur  de  la  1632. 

5258. 

Trogler  1763-1770. 

5216. 

Tozler  1513—1544. 

5259. 

Troponegro  1795. 

5217. 

Toznik  1616. 

5260. 

Troschler  1441. 

5218. 

Traexel  s.  Drechsel. 

5261. 

Trost  1795. 

5219. 

Tragin  1794. 

5262. 

Trott  1580—1614. 

5220. 

Train  1788. 

5263. 

Trotti  17  If)— 1781. 

5221. 

Trainer  1520—1654, 

5264. 

Troyer  1684—1753. 

5222. 

Traisigni  1717—1799. 

5265. 

Truchsess  von  Aurach  1347. 

5223. 

Traiteur  1790. 

5266. 

Truchsess  von  Baltersheim  1554. 

5224. 

Tranquilini  1651-1661. 

5267. 

Truclisess  von  Diessenhof en  1398. 

5225. 

Trapp  1715—1739. 

5268. 

Truchsess  zum  Dürnhof  1539. 

170    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


5269. 

Truchsess  von  Henneberg  1542 

5304. 

—1622. 

5305. 

5270. 

Truchsess  von  llöfingen   1423— 

5306. 

1655. 

5307. 

5271. 

Truchsess    von    Pommersfelden 

5308. 

1422—1661. 

5309. 

5272. 

Truchsess   von   Reichmannsdorf 

5310. 

1427. 

5311. 

5273. 

Truchsess  von  Reinfelden  1443. 

5312. 

5274. 

Truchsess  von  Riningon  1432. 

5313. 

5275. 

Truchsess  von  Rotenbach   14^10 

5314. 

-1483. 

5315. 

.^)27B. 

Truchsess  von  Urach  s.  Truch- 

5316. 

sess  von  Aurach. 

5317. 

5277. 

Truchsess   von  Waldburg   1389 

5318. 

—1785. 

5319. 

5278. 

Truchsess  von  Wetzhausen  148<] 

5320. 

—1560. 

5321. 

5279. 

Truchsess    von    Willburgstetten 
1397. 

5322. 

5280. 

Truchsess  überhanpt  1403—1487. 

.^323. 

5281. 

Tnichtlinger ,    defekt.    Pergam.- 

5324. 

Urkunde  von  1469. 

5325. 

5282. 

Truckmüller  1646—1653. 

5326. 

5283. 

Trttttling  1494. 

5327. 

5284. 

Truft,  Trufif  1717. 

5328 

5285. 

Trugenhofer  1506. 

5329. 

5286. 

Trumeter  1427—1433. 

5330. 

5287. 

Truppach  1627. 

5331 

5288. 

Truzochler  1575—1595. 

5332 

5289. 

Tschemeho  1504— 150(i. 

5333. 

5290. 

Tschudi  1588—1739. 

5334 

5291. 

Tschuegg  155<j. 

.5335. 

5292. 

Tschuk  1749. 

5336. 

5293. 

Tsustich  1631. 

5337. 

5294. 

Tucher,  nur  ein  Blatt  eines  Tu- 

5338. 

cherischen    Geschlechtsregisters, 

5339. 

5295. 

Tuchseuhausen  1346—1527. 

5340. 

52%. 

Tuebingen,    Gräfin   1642— KkA 

5341. 

5297. 

Tueriach  1590—1593. 

5342. 

5298. 

Tuerkis  1754. 

5343. 

5299. 

Tuerhnger  1437. 

5:U4. 

5300. 

Tuemdl  1408-1441. 

5345. 

5301. 

Tuemiz  1664—1754  s.  Dtimitz. 

5346. 

5302. 

TuUiers  a  Frohberg,  Tuliers  1632 

5347. 

—1801. 

5348. 

5303. 

Tumer  ca.  1650. 

5349. 

Tunkel  1439. 

Tunz  1388. 

Tunzlem  1694—1781. 

Turanie  1648. 

Turbet  1805. 

Turlacher  1504. 

Turhnger  s.  Türlinger. 

Tum  s.  Tumer. 

Tumer  1395—1669. 

Tumot  1609—1610. 

Turn  1732. 

Tuschl  1377—1401. 

Tuschler  1163,   nur  eine  Notiz. 

Twickl  1724—1727. 

Tybing  s.  Tübingen. 

TyUi  s.  TUly. 

Tyringer  1564. 

Uebelacker  1792. 

Ueberacker,  Uebelacker  1411— 

1792. 

UffeUe  van  1673—1675. 

Uffenheim  1491. 

UhrmüUer  1554—1661. 

Uhm  1665. 

Ulfeid  1760. 

Ulm    1497—1804    s.   Rechbeig. 

Uhnaninger  1600—1601. 

Uhier  1362—1775. 

Umbescheiden  s.  Plockhausen. 

Umbrait  1389. 

Umgelter,    Ungelter  1463—1796. 

Uinstadt  s.  Wambold. 

ITnertl  1677—1772. 

Unfried  1626—1732. 

langer  s.  Ottingen. 

Ungnad  1531-1538  s.  Sonnegg. 

Unsewitz  1734. 

Uuttel  1399. 

Untz  1609—1696. 

Urbach  1478. 

Urbain  1801. 

Urlilngsberger  13*>8. 

Ursenbeck  1429-1793. 

Ursini  17:K). 

Urvar  1310. 

Vaccano  1776—1801. 

Vachieri  1687—1796. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    171 


5350. 

Vachner  1497. 

5395. 

5351. 

Vadder  1665. 

5396. 

5352. 

Vaelthin  1616. 

5397. 

5353. 

Vadimont  1608. 

5398. 

5354. 

Vagnon'1504. 

5399. 

5355. 

V-ami  1612—1740. 

5400. 

5356. 

Valaise  1725—1730. 

5401. 

5357. 

Valaix  de,  1724—1725. 

5402. 

5358. 

Valentmi  1627—1753. 

r>403. 

53r)9. 

Vallade  1773—1792  s.  \Valla<le. 

5404. 

5360. 

ValMe  d'Houssevüle  1799—1801. 

r)405. 

5361. 

Vallencour  1703—1713. 

5406. 

5362. 

Valfleuri  1701. 

5407. 

5363. 

Valtravers  1780—1781. 

5408. 

r)364. 

Valvasoni  1764—1782. 

r>409. 

5365. 

Vandous  1800. 

5410. 

5366. 

Vanufelle  1668-1673. 

5411. 

5367. 

Vaquier  de  la  Barthe  1798. 

5412. 

5368. 

VareUles  1797—1798. 

5413. 

5369. 

Vasold  1365. 

5414. 

5370. 

Vatterstetter,  Gf alterst etter  U.'vl 

r>415. 

—1482. 

5416. 

5371. 

Vaubrieres  1778—1779. 

r>417. 

5372. 

Vaahoux  1695—1728. 

54i8. 

5373. 

Vaupaüere  1798. 

M19. 

5374. 

Veichele,  ohne  Jahr. 

r)420. 

5375. 

Veigl  1779. 

5421. 

5376. 

Veit  1442-1634. 

5422. 

5377. 

Velasco  1787. 

5423. 

5378. 

Velbei^  1453-  1540. 

5424. 

5379. 

Velbrackh  1744-1778. 

r>425. 

5380. 

Veldprechter  1410. 

5426. 

5381. 

Veldweger  1591. 

,5427. 

5382. 

Velhom  1737—1803. 

5428. 

5383. 

Velo  1729-1736. 

5429. 

5384. 

Vels  1526. 

5430. 

5385. 

Veitheim  1701-1703. 

r)43l. 

5386. 

Venatorius  1597—1598. 

5387. 

Vendt  1615. 

5432. 

5388. 

Vemngen  1579—1727. 

5433. 

5389. 

Vequel  1722—1794,  mit  Stamm- 

5^434. 

bamn. 

5435. 

5390. 

Verch  1758. 

5436. 

5391. 

Verchefeldt  1807. 

5437. 

5392. 

Vergenhans  1493. 

5438. 

5393. 

Verger  1740—1809. 

5439. 

5394. 

Vei^:es  1790. 

5440. 

Vergii  4616. 

Verita  4614—1709. 

Verlate  1628. 

Verlohner  1805. 

Vernier  1634. 

Verri  1672—1802. 

Verschaffelt  1779—1799. 

Vervaux  1649. 

Vestenberg  1436—1584. 

Vetter  1470-1729. 

Via  da,  4726—1739. 

Vichy  4796—4799. 

Vicheuser  4595. 

Viepeck  4574—1602. 

Viereck  1593—1806. 

Viergolt  15(H)— 1586. 

Vierson  1777—1779. 

Viesset  1717—1731. 

Vignio  de  la,  ca.  1700. 

Vigny  1797. 

ViUbui^  1699. 

ViUenbach  13(^0—1502. 

Vildenbroch  s.  Wildenbroch. 

ViUeneuf  1700. 

Villers  de  1675—1803. 

Villier  de  1720  s.  Villers. 

VUliez  1806. 

Villinger  1574—1647. 

Vils  4790. 

Vilsecker  ir>44— 1617. 

Vinarius  1590—1591. 

Vincent  1625-1800. 

Vincenti  1790—1800. 

Vinther  17C)0. 

Vippach  1608. 

Vuinond  1744. 

Vimberg,   Stammbaum  von  ca. 

1700. 

Vischbach  1764—1776. 

Vischer  1552—1630    s.  Fischer. 

Vischl  1694—1809. 

Visconti  1620—1785. 

Visintainer  1690. 

Visine  de,  1774. 

Visl  1520. 

Vissler  1461—1771. 

VitschenthaU  4707--4723. 


172    Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


5441. 

5442. 
5443. 

5445. 
5446. 
5447. 

5448. 

5449. 
5450. 
5451. 


5452. 
5453. 
5454. 
5455. 
5456. 
5457. 
5458. 
5459. 
5460. 
5461. 
5462. 
5463. 
5464. 
5465. 
5466. 
5467. 
5468. 
5469. 
5470. 
5471. 
5472. 
5473. 
5474 
5475. 
5476. 
5477. 
5478. 

5479. 

5480. 
5481. 


Vittinghoflf  ^  1733  —  1800 ,     mit 

Stammbaum. 

Vitorelli  1790. 

Vitzthum  1640—1799. 

Vlacho  1473. 

Vochenstein  1582 — 1765. 

Vockel  1753—1754. 

Vöhlin  1417—1791  s.  Füll,  Fühlin, 

Voehlin. 

Vogelius,    Vogl    1600—1791    s. 

Ulmaninger. 

Voglmaier  1576 — 1665. 

Vogt  1782—1803. 

Vogt  von  Hunoltstein,  nur  Tek- 

turen  von  Präbendalakten   1645 

—1652. 

Vogt  von  Tiningen   1608—1623. 

Vogt  von  Sumerau  1385 — 1746. 

Voigt  1602. 

Voisin  1734. 

Voit  1717—1792. 

Voit  zu  Berg  1567—1572. 

Voit  zu  Rieneck  1555—1703. 

Voit  von  Salzburg  1619—1789. 

Voit  von  Voitenberg  1753—1808. 

Volkerstorf  1565. 

Volkshamer  1769. 

Volkmer  1588—1590. 

Vollmaier  1790. 

Vollmar  1722—1802. 

Volmersdorf  1679. 

Volpe  1724—1727. 

Vorbui^  1649—1712. 

Vorlauf  1441. 

Vorster  1435—1772. 

Vrinz  1742—1773. 

Vuronner  1610. 

Waberer  1425-1437. 

Wachenheim  1790. 

Wachsenstein  1702—1772. 

Wachtendonk  1629-1763. 

Wächter,  Wächtern  1526—1779. 

Wackerbarth,  nur  eine  Notiz  von 

1727. 

Wackerstein  s.  Helfenbei^. 

Wadenspann  1768—1799. 

Waempl  1642—1799. 


5482.  Wagen  1506—1524 

5483.  Wagenhofen  1772—1799. 

5484.  Wagenknecht  1623. 

5485.  Wager  1636—1787. 

5486.  Wagner  1559—1779. 

5487.  Wagnereck  s.  Wangnereek. 

5488.  Wagnern  1703—1734. 

5489.  Wahl  1539—1813. 

5490.  WaidmannsdorfE  1802—1808. 

5491.  Waidmüll  von  der,  1504. 

5492.  Waizenbeck  1772—1792. 

5493.  Walburg,  s.  Waldbui^. 

5494  Walch,  Walk,  Walh  1521—1797. 

5495.  Walsburg  1579. 

5496.  Waldauer,   W^dau  1540—1567. 

5497.  AValdbrunn  1605—1630. 

5498.  Waldburg  1444—1777  s.  Truch- 
sess  V.  Waldburg. 

5499.  Waldburg-Wolfseck  1444—1782. 

5500.  Waldeck,   fürstl.   Haus,   1682— 
i747. 

57)01.  Waldecker  1453—1777. 

5502.  Waidenfels  1430—1803. 

5503.  Waldemdorf  1645—1653,  s.  Wal- 
terdorf. 

5504.  Walderode  1667. 

5505.  Waldkirch  1361—1808. 

5506.  Waldner  von  Freundstein  1786. 

5507.  Walds^e  1615—1772. 
.5.^)08.  Waldstem  1614—1778.  ' 

5509.  Waldstrommer  ca.  1550 — 1711. 

5510.  Waldvogel  1440. 

5511.  Walk  s.  Walch. 

5512.  AVall  1624. 

5513.  Wallach  1801. 

5514.  AVallate,  WaUot,   Wallade   1729 
—1808. 

5515.  Wallau  1776—1790. 

5516.  Wallbrunn  1752. 

5517.  Wallenburg  1629. 

5518.  Wallenfels  s.  Waldenfels. 

5519.  AVallenheim  1701. 

5520.  AValler  1506—1521. 

5521.  Wallerspruck  1602. 

5522.  Wallerstein  s.  Oettingen. 

5523.  AVallis  1730—1805,  mit  Stamm- 
baum. 


Systematische  Uebereicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    173 


5524.  Wallner  1747—1755. 

5567. 

Weichselberger  1614. 

5525.  WaUpergen  1685— 1G86. 

5568. 

Weidacher  1752—1760. 

5526.  Wakab  1466—1514. 

5569. 

Weidmanstorf  1787. 

5527.  Waboti  1781. 

5570. 

Weidmoser  1525—1699. 

5528.  Walser  1636—1788  s.  Syrenbuig. 

5571. 

Weigl  1635—1799. 

5529.  Walsinger,   Walchsinger   1536— 

5572. 

Weikl  1725—1799  s.  Vequel. 

1539. 

5573. 

Weikmann  1691. 

5530.  Waltenhofen  1417—1749. 

5574. 

Weikerthofer  1681. 

5531.  Walterdorf  1654-1780  s.   Wal- 

5575. 

Weiler  1330-1799. 

demdorl 

5576. 

Weilheimer  1497. 

5532.  Walther  1470—1779. 

5577. 

Weinbach  1772—1807. 

5533.  Walthum  1423—1558. 

5578. 

Weinberg  1741. 

5534.  Walz  1636. 

5579. 

Weinberger  1438-1717. 

5535.  Wambach,  Wannbach  1574-1580. 

5580. 

Weinecker  1442. 

5536.  Wambold   1644  — 1801  s.  Plit- 

5581. 

Weingart  1800. 

ningen. 

5582. 

Weingarten  13 . .  —1595. 

5537.  Wamers^  1770-1804. 

5583. 

Wemschenk  1523. 

5538.  Wanderer  1776—1793. 

5584. 

Wemsperg  1399—1481. 

5539.  Wangen,  Wang  1620-1732. 

5585. 

Weinaerl    1698,    nur   Wappen 

5540.  Wangenheim  1808. 

brief-Abschrift. 

5541.  Wangereck  1606—1696. 

5586. 

Weissenegg  1700. 

5542.  Warastre  s.  Martinet. 

5587. 

Weissenfelder  1516—1797  s.  Le 

5543.  Warathka  1614—1616. 

berkirdier. 

5544.  Wardt  dOnsel  von  der,  1784. 

5588. 

Weissenwolf  1715. 

5545.  Warendorf,  Wardendorf  1513. 

5589. 

Weisland  17.  Jahrhdt. 

5546.  Wamberg  1790—1805. 

5590. 

Weissmaier,  ein  Wappenbrief  von 

5547.  Wamsdorf  1792—1807. 

1602. 

5548.  Wamstett  1571-1599. 

5591. 

Weissmann  1696. 

5549.  Warsberg  1728. 

5592. 

Weitenau  1745—1788. 

5550.  Wartenberg  1401,  Graf  Warten- 

5593. 

Weitershausen  1711. 

berg  1704-1799. 

5594. 

Weitersheim  1711. 

5551.  Wartensleben  1700. 

5.595. 

Weitingen  1549—1632. 

5552.  Warter  1349—1499. 

5596. 

Weidmger  1643—1794. 

5553.  Wastowitz  1595. 

5597. 

Weizenbeck  1772—1799. 

5554.  Wattenwül  1605. 

5598. 

Weizenfeld,  nur  Notiz. 

5555.  Waxenstein  s.  Waclisenstein. 

5599. 

Weiden  1399—1806. 

5556.  Wazach  1503. 

5600. 

Weller  1705. 

5557.  Wazmanstorffer  1481—1499. 

^5601. 

Wellmg  1597. 

5558.  Weber  1559-1799. 

.5602. 

Wellini  1613. 

5559.  Weclisler  1616. 

5603. 

Wel8bergl582— 1799,  mit  Stamm- 

5560. Wecker  1781. 

bäumen. 

5561.  Wedel  1762. 

5604. 

Welser  1495—1772. 

5562.  Weeber  16:4. 

5605. 

Weltin  1714—1780. 

5563.  Weegmacher  1591. 

5606. 

WeUwart  s.   WöUwarth  1546- 

5564.  Wegler  1702. 

1799. 

5565.  Weibling  s.  Schönbrunn. 

5607. 

Welz  1495-1799. 

5566.  Weichs  1333—1801  s.  Präntl. 

5608. 

Wemding  1438—15^9. 

174    Systematische  üebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive. 


5(309. 

Wendt  1704-1822. 

5651. 

5610. 

Wenger  1485—1789. 

5611. 

Wening  1707. 

5652. 

5612. 

Weiiser  1730-1778. 

5653. 

5613. 

Wensm  1588—1629. 

5654. 

5614. 

Wenzel  1660—1710. 

56.")5. 

5615. 

Wenzler  1747^1750. 

5656. 

5616. 

Werden  1472. 

5657. 

5617. 

Werdenau  1439—1699. 

5658. 

r)618. 

Werdenberg  1398—1599  s.  Ilei- 
ligenberg  und  Montfort. 

5659. 

5619. 

Werdenstein    1422-1 799 ,     mit 

r)660. 

Stammbäumen. 

5661. 

r)620. 

Werkamp,  Stammbäume. 

5621. 

WerU  1609. 

5622. 

Werloschnig  s.  Bemberg. 

5662. 

5623. 

Wemau  s.  öttingen. 

56(>3. 

5624. 

Wemd  1389. 

5664. 

5625. 

Wemdle  1660—1700. 

5(>65. 

5626. 

Wemeck  1739  s.  Deroy. 

5666. 

5627. 

Werner  1616—1778. 

5667. 

5628. 

Wemick  1587. 

5668. 

5629. 

Wemsdorf  1792—1806. 

5630. 

Werschowitz  1741. 

5669. 

5631. 

Werspaclier  1493. 

5670. 

5632. 

Werth  1647—1723. 

5671. 

5633. 

Wertheim  1438—1599. 

r><>72. 

5634. 

Werther  s.  Werthem. 

5673. 

5635. 

Werthem    1734—1751,    mit  Fa- 

5674. 

miliengeschichte. 

5675. 

5636. 

Wertinge  1381. 

5676. 

5637. 

Werttby  1741. 

5677. 

5638. 

Wesselberger  1761. 

5678. 

5639. 

Wessenberg  1749.  ' 

r)<>79. 

5(;40. 

Wesenbeck  1()50. 

5()80. 

5641. 

Weseneck  1695. 

5681. 

5642. 

Wesner  1721. 

5682. 

5643. 

Wespening  1642. 

5683. 

5644. 

Westacher  1596—1799. 

r)684. 

5645. 

Westendorf  1482. 

568:>. 

5646. 

Westenrieder  1780—1800. 

5(>86. 

5647. 

Westerhold  und  Güsenberg  1790 

5687. 

—1795. 

5688. 

5648. 

Westerholzer  1474. 

5689. 

5649. 

Westemach  1409—1802  s.  Reoh- 

56tH). 

berg,  auch  Thum  und  Taxis. 

5691. 

5650. 

Westeraheim  v.  Westersteui  1709. 

5692. 

Westerstetten     1398  — 1699    s. 

Oettingen. 

Westerwaelder  1539. 

Westner  1545. 

Westphalen  1798. 

Wetzel,  Freih.  1715—1758. 

Wetzle  s.  Wetzel. 

Weveld  1708—1806. 

Weyer  1516. 

Weydenberg,    nur    ein    Schrift 

stück  des  18.  Jalu-hdts. 

Weytas  1439. 

Wezstein  1711—1799,  mit  einem 

auf   Blech    gemalten    Familien 

Wappen. 

Wibmer  1795. 

Wibmersdorfer  1491. 

Wichsenstein  1455. 

Wick  1602. 

Wick  (bürgerlich)  1515. 

Wicka  1661—1752. 

Wickenburg   Stechinelly   1787  — 

1798. 

Widder  1790. 

Widemann  s.  Widmann. 

WidnibeiK  1490—1493. 

Widerspacher  1457  s.  Finsinger. 

Wiczel  1792. 

Widersperg  1302—1681. 

Widholz  s.  Kircher. 

Widl  1772. 

Widman  1462—1807. 

Widmer  1761—1799. 

Wi(hnesser  1740. 

Wied  1753—1791. 

Wieland  1554-1599. 

Wielesdorfer  1436. 

Wiersing  1460. 

Wiersperg  s.  Wirsberg. 

AVieschetzky  1778—17%. 

Wieschin  von  Baiereck  1649. 

Wiese  1765. 

Wiescluiit  1741. 

Wiesenberg  1748. 

Wiesenecker  1800. 

Wieso\nck  1604. 

Wiesentaw  1388^  -16(M). 


Systematische  Ueberaicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.    175 


5693. 

Wikeburg  1714—1799  s.  Wicker- 

5736. 

buig-Stechinelli 

5737. 

5694. 

Wilckeniz  1768. 

5738. 

5695. 

Wild  1427-1578. 

5739. 

5696. 

Wüdenau  1681-1799,  mit  Stamm- 

5740. 

bäumen. 

5741. 

5(;97. 

Wüdberg,  Wütberg  1469—1799. 

5742. 

5698. 

Wüdenburg  1730. 

5743. 

5699. 

Wildenecker  s.  Tuchsenhauser. 

5744. 

5700. 

Wildenstein  1310—1799. 

5745. 

5701. 

Wildenthal,  nur  em  Schriftattick 

5746. 

aus  dem  18.  Jahrhdt. 

5747. 

5702. 

Wildfang  1420. 

5748. 

5703. 

WUdgefört  1437. 

5749. 

5704. 

Widhamer  1547-1599. 

5750. 

5705. 

Wildhem,    nur   ein  Schriftstück 

5751, 

ohne  Jahr. 

5752. 

5706. 

Wildmeister  1801. 

5753. 

5707. 

Wildsberg  1506. 

5754 

5708. 

Wildstein  s.  Wildenstein, 

5755. 

5709. 

Wilhehn  1709-1823. 

5756. 

5710. 

Wilhehni  1790. 

5757 

5711. 

Wilhelmsdorf  1413. 

5758. 

5712. 

Wilhehnseder  1795-1805. 

5759. 

5713. 

Willenbroch  1634. 

5760. 

5714.  WUleio  s.  WilUo. 

5761. 

5715. 

Willeson  1647-1664. 

5762. 

5716. 

Williez  1790. 

5763. 

5717. 

Willinger  1790—1801. 

5764. 

5718. 

WilUo  1790. 

5765. 

5719. 

Wilzeck  17..— 1785. 

,5766. 

5720. 

Wilzmski  1762. 

5767. 

5721. 

Wimar  1784. 

5768. 

5722. 

Wimpfen  1782. 

5769. 

5723. 

Windisch  1742-17(^1. 

5724. 

Windischgräz  1666-1718. 

5770. 

5725. 

Windkopp  1795-1796. 

5771. 

5726. 

Windsor  1607. 

5772. 

5727. 

Winliart  1747. 

5773. 

5728. 

Winkel  s.  Winkler. 

5729. 

Winkelhofen  Freih.   1601—17^5. 

5774. 

5730. 

Winkelhofer  1514. 

5775. 

5731. 

Winkelmann  1606-1764. 

5776. 

5732. 

Winkler  1545-  1791. 

5777. 

5733. 

Winklersperg  1715—1740. 

5778. 

5734. 

Wmschelhng  1585. 

5779. 

5735. 

Winter  1440—1799  s.Ulmaninger. 

5780. 

Winterfeld  1666—1668. 

Wintergerst  1570. 

Winterscheid  1648. 

Winzerer  1481—1499. 

Wipffeld  1463. 

Wippenham  1738—1745. 

Wirsberg  1394—1699. 

Wuiienberger  1538. 

Wirth  1513. 

Wirvier  1725. 

Wirchamer  1563. 

Wischen  1469. 

Wiser,  Grafen  1517—1799. 

Wissbeck  1449—1572. 

Wisweyler  1614—1618. 

Witschang  1797. 

Witte  1691. 

Witten,  Grafen  1729. 

Wittenbach  1795. 

Wittgenstein  1742—1793  s.  Sain. 

Wittmann  s.  Widmann. 

Wizleben  1617. 

Wodizka  1753—1760. 

Woehrl  1753-1767. 

Woelflin  1432. 

Woelkem  1787-1790. 

Woelwarth  1497—1799. 

Woerdtem  1746. 

Woerth,  Jan  van,  1632—1647. 

Woita  1793—1796. 

Wolf  Joannes,  Domherr,  1478. 

AVolf  von  Wolfethal  1507—1679. 

Wolf  von  Annaberg  1591. 

Wolf  von  Todtenwarth    1660— 

1707. 

Wolf  von  Laneck  17a3 -1788. 

Wolf  von  Gutenberg  1778. 

Wolf  genannt  Parehutz  1473. 

Wolfersdorf,  Wolfersdorfer  1384 

—1804. 

Wolfram  1731. 

Wolframsdorf  1703—1777. 

Wolfringer  1440. 

Wolfrum  1738. 

Wolfsberg,  Wolfersberg  1730. 

Wolfsegg  s.  Waldbuig. 

Wolfskel  1461—1799. 


176    SystematiBche  XJebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  lÄndesarchive. 


5781. 

Wolfskopf  1413. 

5826. 

5782. 

Wolfstein  1487—1799. 

5827. 

5783 

Wolfstim  1630. 

5828. 

5784. 

Wolfsthal  8.  Wolf  V.  Wolfsthal. 

5829. 

5785. 

Wolfwisen  166(V~1719. 

5830. 

5780. 

Wolfurt  1534—1699. 

r)831. 

5787. 

Wolkenstein  1442—1799. 

5832. 

5788. 

Wollmershausen  1506—1699. 

5833. 

5789. 

Wolman  1419. 

5834. 

5790. 

Wolmerrothe  s.  Walmerothe. 

5835. 

5791. 

Wolter  1787—1802. 

r>836. 

5792. 

Wonsheim  1613-1699. 

5837. 

5793. 

Woyda  1754. 

5838. 

5794. 

Wrangel  1648  s.  Königsmark, 

5795. 

Wrede  1700—1802. 

5839. 

5796. 

Wubna  1735. 

5840. 

5797. 

Wuchrer  ca.  1400. 

5841. 

5798. 

Wuest  1610-1785. 

5842. 

5799. 

Wuesenpentz  1554. 

5843. 

5800. 

Würz  1644—1799,  mit  einer  ge- 

5844. 

malten  Ahnentafel. 

5845. 

5801. 

WOrzburg  1457  -1799. 

5846. 

r)802. 

Würtinger  1660     1802. 

5847. 

5803. 

Wulfen  1765. 

5804. 

Wulknitz  1768. 

5848. 

5805. 

Wultzieck  1475. 

5849. 

5806. 

Wunsch  1649. 

5850. 

5807. 

Wunschheim  1791. 

5851. 

5808. 

Wunschwiz  1718—1781. 

5852^ 

5809. 

Wurm  1690—1710. 

5853. 

r)810. 

Wurmb  1697—1699. 

:^:>i. 

r)8ii. 

Wurmbrandt  1728-1740. 

5855. 

5812. 

Wurmrauscher  1671  -17(M). 

5856. 

5813. 

Wurste  1755. 

5857. 

5814. 

Wurzer  1743—1790. 

5858. 

5815. 

Wuzlhafen  1784—1802. 

r>8.'>9. 

5816. 

Xilander  1792—1793. 

r>860. 

5817. 

Yrsch,  auch  Irsch  1676-1792. 

5861. 

5818. 

Ysnardi  1616. 

5862. 

5819. 

Zabeltitz  1763—1782. 

5863. 

5820. 

Zacco    1672—1693    s.   Beccaria 

5864. 

und  Trenano. 

5865. 

5821. 

Zachreiss  1381,   mit  Adelsatt^st. 

5866. 

5822. 

Zadesius  ir>67. 

5867. 

5823. 

Zadler  1539—1699. 

5868. 

5824.  Zahn  1358. 

5869. 

5825. 

Zant  1368—1799. 

5870. 

Zapada,  Zai>ata  1797. 

Zaradek  1678. 

Zarick  1569. 

Zariwar>'  1799. 

Zaroysky  1742. 

Zawoj'sky  1762. 

Zebelin  1574. 

Zedi  (bttrgerl.)  18.  Jahrhdt. 

Zech-Dribach  1722—1799. 

Zeclmiann  1790. 

Zederspizer  1554. 

Zedwitz  1400—1810. 

Zeeman,  Wappenverleihung  vom 

J.  1580. 

Zeggin  1757—1779. 

Zehe  1614. 

Zehetner,  Zehntner  1480—1657. 

Zehnt  ner  aus  Amberg  1790 — 1804. 

Zehntner  Freiherr  1672—1707. 

Zehmen  1737—1799. 

Zeiger  1771. 

Zeilhofer  1531—1702. 

Zeilmann,  ein  Wappenbrief  vom 

J.  1593. 

Zelking  1533. 

ZeUer  1440—1799. 

ZelUng  1783—1787. 

Zehier  1622—1802. 

Zels  1771. 

Zenger  1303—1599. 

Zengler  1729. 

Zenner  1440. 

Zenobio  1809. 

Zentner  Ritter  von  1792.  . 

Zeschlin  1616—1635. 

Zettl  1789—1807. 

Zetwitz  8.  Öttingen. 

Zeyem  1573. 

Zicogna  s.  Cicogna. 

Ziegelstein  1720. 

Ziegler  1504—1792." 

Zierer  1616. 

Zieritz  8.  Scheres. 

Zieroün  1734—1737. 

Zievel  1727—1743. 

Zigeiner  1440. 

Zigoni  1623. 


Systematische  Uebersicht  des  Inhalts  der  bayerischen  Landesarchive.     177 


5871.  Zilger  1601. 

5898. 

Zucalli  1700. 

5872.  Zillenhart  1419-1699. 

5899. 

Zuegemaier,  nur  ein  Wappenbrief 

5873.  Zülerberg  1728. 

vom  J.  1645. 

5874.  Zillhardt  1651. 

5900. 

Zuendt  1646—1809. 

5875.  ZiUner  1676—1699. 

5901. 

Zuenzer  1636. 

5876.  Zimbem  1511—1699. 

5902. 

Zuepf  1575. 

5877.  Zimmermann  1460—1792. 

5903. 

Zuepplingen  1428. 

5878.  Zinn  v.  Zinnenberg  16.  Jahrhdt. 

5904. 

Zuercher  1637. 

5879.  Zinnenberg  1713—1716. 

5905. 

Zuergg  8.  Tegemau. 

5880.  Zinner,  Ziner  1460. 

5906. 

Zueter  1484. 

5881.  Zinssmeister  1738—1772. 

5907. 

Zuivel  1750. 

5882.  Zind  s.  Zündt. 

5908. 

Zulenhart  s.  Zillenhart. 

5883.  Zintl  1659-1799. 

5909. 

Zuniga  1616. 

5884.  Zinzendorf  1687-1801. 

5910. 

Zu-Rhein  1717—1779. 

5885   Zircher  s.  Zürcher. 

5911. 

Zwack  1784—1799. 

5886.  Zirkendorfer  1479. 

5912. 

Zwenger  1793. 

5887.  Zitwitz  1585. 

5913. 

Zweybrücken  1797—1807  s.  Mon- 

5888.  Zobel  1431—1802. 

tigny. 

5889.  Zocha,  Zockha  1642-1750,  mit 

5914. 

Zweyer  1652—1804. 

gemaltem  Wappen. 

5915. 

Zwerger  1627-1799. 

5890.  Zoepf  1570  -1755. 

5916. 

Zwickel  1643-1666. 

5891.  Zoettl  1788. 

5917. 

Zwievel  1750. 

5892.  Zoller  1756. 

5918. 

Zwigaden  1605. 

5893.  Zollem  1360—1599. 

5919. 

Zwin  1485. 

5894.  ZoUner  1460-1648. 

5920. 

Zwirlein  1782  -1792. 

5895.  Zorn  von  Plobsheim  1663—1799. 

5921. 

Zwitterda  1670—1688. 

58%.  Zottmann  1805. 

5922. 

Zwivel  1716. 

5897.  Zschökh  1595. 

Archivalische  Zeitschrift   VIII. 


12 


VÜI.  In  den  Archiven  der  Normandie 


von 

Dr.  S.  LöwcMifeld 

in  Berlin. 


I.  Torbemerkangen.  In  achtzclm  Tagen  hatte  ich  die  ganze 
Normandie  und  zwei  D^^parteinents  der  Bretagne  bereist.  Wer  es 
nach  einer  so  eiligen  Wanderung  unternimmt,  die  Resultate  seiner 
Nachforschungen  oder  die  empfangenen  Eindrücke  zu  Papier  zu 
bringen,  muss  sich  vorher  zu  dem  Gestandnisse  bequemen,  dass 
seine  Beobachtungen  nicht  immer  zuverlässig  und  seine  Arbeiten 
nicht  ohne  Lücken  sein  werden.  Was  das  letztere  betrifft,  so  tröste 
ich  mich  mit  dem  Gedanken,  dass  hier  zum  ersten  Male  der  Versuch 
gemacht  wird,  die  Papsturkunden  der  Normandie  systematisch  zu 
verzeichnen,!)  —  ein  Versuch,  der  selbst  bei  längerem  Aufenthalt 
nicht  vollständig  geglückt  wäre,  —  und  sollte  meine  Schilderung 
der  normannischen  Arcliive  nur  der  Malweise  der  Impressionisten 
gleichen,  so  bedenke  man,  dass  meine  Reise  eben  nur  ein  Ausflug 
war,  bei  dem  man,  wie  es  schon  im  Worte  liegt,  seine  Wahr- 
nehmungen nur  im  Fluge  machen  kann.  Zur  Kürze  der  Zeit  ge- 
sellte sich  die  Ungunst  der  Zeit.  Den  Archivbeamten  steht  es  frei, 
während  eines  der  heissen  Monate  das  Archiv  zu  schliessen  und 
die  meisten  von  ihnen  wählen  den  August  oder  September,  um  fern 
von  der  Stadt  sich  einer  Avohl verdienten  Rulie  hinzugeben.  Ich 
aber  war,  ohne  diesen  Umstand  zu  bedenken,  Mitte  August  auf  die 
Reise  gegangen   und  war  nicht  wenig  erstaunt,   als  ich  gleich  in 


*)  Da  der  näcliste  Zweck  meiner  Reise  der  war,  Nachträge  für  die  neue  Aus- 
gabe der  Jaffeschen  Regesten  zu  sammeln,  so  habe  ich  mich  auf  die  Zeit  bis 
zum  Tode  C^elestins  III  (1198)  beschränkt.  —  Ueber  die  Bibliotheken  der  Nor- 
mandie werde  ich  im  Neuen  Archiv  berichten. 


Löwenfeld:  In  den  Archiven  der  Korraandie.  179 

der  ersten  Stadt,  in  Ronen,  die  Thüren  znm  Archiv  schon  halb  ge- 
schlossen fand.  Wer  sich  dadurch  entmuthigen  Hesse,  der  bewiese 
nur,  dass  er  die  französichen  Beamten  wenig  kennt  und  zumal  die 
Beamten  der  Provinz.  Von  Bethmann  bis  auf  Schulte  sprechen 
alle,  welche  in  Prankreich  gearbeitet  haben,  von  der  unvergleich- 
lichen Gefälligkeit,  welche  kein  Opfer  an  Zeit  und  Bequemlichkeit 
scheut,  wenn  es  gilt,  einem  durchreisenden  Fremden  bei  seinen 
Studien  behülflich  zu  sein.     Und  so  geschah  es  auch  mir. 

Schon  die  Leichtigkeit,  mit  welcher  der  Eintritt  ins  Archiv 
gewährt  wird,  überrascht.  Es  bedarf  keiner  vorherigen  Anmeldung, 
keiner  Autorisation,  man  legitimirt  sich  einfach  durch  einen  Pass 
oder  eine  private  Empfehlung  und  -erhält  ohne  Verzug  die  ge- 
wünschten Archivalien.  Ich  weiss  nicht,  was  das  franz.  Reglement 
für  Archivbenutzer  vorschreibt,  da  ich  während  der  ganzen  Reise  auch 
nicht  ein  einziges  Mal  in  die  Lage  kam,  darauf  recurriren  zu  müssen, 
allein  ich  vermuthe,  dass  es  ebenso  wie  das  preussische  gewisse 
Bestimmungen  enthält,  um  nöthigen  Falls  von  einem  verdächtigen 
Benutzer  Garantien  verlangen  zu  können.  Nur  besteht  in  der  Praxis 
der  beiden  Länder  der  grosse  Unterschied,  dass  die  Anwendung  der 
Bestimmungen  in  Preussen  die  Regel,  in  Frankreich  die  Ausnahme  bildet. 

Allerdings  war  ich  mit  einem  Empfehlungsbriefe  versehen, 
wie  ich  ihn  besser  nicht  wünschen  konnte.  Herr  Delisle,  der 
sich  schon  seit  Jahren  für  die  neue  Ausgabe  der  JafiF6'schen 
Regesten  aufs  lebhafteste  interessirt,  gab  mir  ein  an  sämmtliche 
Archivare  und  Bibliothekare  der  Normandie  gerichtetes  Schreiben 
auf  den  Weg,  aus  welchem  ich  einige  Zeilen  im  Wortlaut  hier  mit- 
theile: „Je  n'hösite  donc  pas  ä  presenter  ä  mes  coUögues  M.  le 
Dr.^L  comme  tont  ä  fait  digne  des  Communications  qu'il  voudront 
bien  lui  faire.  En  facilitant  Taccomplissement  de  la  täche  qu'il 
s'est  imposfee,  ils  contribueront  ä  la  bonne  exöcution  d'un  recueil 
qui  rend  et  rendra  de  plus  en  plus  d'immenses  Services  ä  nos  com- 
munes  6tudes."  Gleich  in  Ronen  hatte  ich  Gelegenheit,  die  aus- 
gezeichnete Wirkung  dieses  Schreibens  zu  erproben. 

II.  Zur  Oesehichte  der  französischen  ArebiTe.  Die  Ge- 
schichte der  französischen  D6partementalarchive  datirt  von  dem  Tage, 
an  welchem  die  Eintheilung  des  Landes  in  Döpartements  (und  Di- 
stricte)  zum  Beschluss  erhoben  wurde  (7.  Nov.  1789),  wenngleich 
die  Verfügung,  betreffend  die  partielle  Abgabe  der  Verwaltungs- 

12* 


180  Löwenfeld: 

papiere  erst  sechs  Monate  später  erlassen  ist  (20.  Apr.  1790.)^)  Es 
darf  nicht  Wunder  nehmen,  dass  der  Geist  der  Centralisation  sich 
auch  auf  diesem  Gebiete  mächtig  geltend  machte,  nachdem  ein 
officielles  Verzeichniss,  e.  1770  angefertigt,  die  Existenz  von  mehr 
als  5700  Arehivdepots,  ausserhalb  der  Stadt  Paris,  constatiert  hatte.^) 
Wenn  bei  der  Ausführung  der  Keformen,  aus  denen  vor  allem  die 
Wissenschaft  einen  grossen  Vortheil  hätte  ziehen  können,  vielfach 
gesündigt  worden  ist,  so  darf  man  darum  die  Reform  selbst  nicht 
in  Pausch  und  Bogen  verdammen.  Die  Intendanten,  d.  h.  die  Yer- 
Avaltungsbeamten  des  alten  Regimes,  kamen  in  nicht  geringe  Ver- 
legenheit, als  wenige  Monate  nach  der  königlichen  Verfügung  ein 
Decret  der  Nationalversammking  die  Besitzergreifung  sämratlicher 
Papiere  verlangte.^)  Als  man  endlich  daran  ging,  die  Archive,  die 
von  allen  Seiten  in  die  Centren  der  Departements  geführt  wurden, 
passend  unterzubringen,  war  ein  Theil  der  Räume  schon  von  den 
geistlichen  Archiven  eingenommen,  welche  aus  den  in  National- 
eigenthum  verwandelten  Besitzungen  der  Kirche  so  rasch  wie  möglich 
unter  den  Schutz  der  staatlichen  Behörden  geflüchtet  waren.^)  Es 
lässt  sich  leicht  ermessen,  welch'  heillose  Confusion  in  diesen  Depots 
entstand,  wo  der  erste  nnd  letzte  Grundsatz  sich  in  dem  Worte: 
Ordnung  zusammenfassen  lässt.  Schlimmer  aber  als  diese  Un- 
ordnung war  der  Verlust  unzähliger  Archivalien.  Vieles  ging  während 
des  Transports  zu  Grunde,  vieles  wurde  absichtlich  vernichtet;  Privat- 
besitzer brachten  einen  Theil  ihrer  Papiere  dn  Sicherheit,  um  sie  in 
besseren  Tagen  wieder  hervorholen  zu  können.  Die  Decrete  der 
Jahre  1792  und  93  thaten  das  ihrige  zur  Verminderung  der  Do- 
kumente; hervorgegangen  aus  einem  unbändigen  Hasse  gegen  alles, 
was.  an  die  privilegirten  Klassen  der  früheren  Zeit  erinnerte,  ver- 
urtheilten  sie  alle  Geschlechts-  und  lehnsherrlichen  Urkunden  zum 


*)  Die  auf's  Archivwesen  bezüglichen  Gesetze  finden  sich  in  bequemer 
Zusammenstellung  bei  Robert  Cabinet  historique  1882.  -  Den  entscheidenden 
Passus  aus  der  kgl.  Proclamation  v.  20.  April  1790  siehe  in  De  Laborde's 

Einleitung  zu  Tardif  Monum.  histor.  p.  57 de  s^parer  les  diff^rents  papiers 

de  leur  intendance,  afin  de  ne  remettre  aux  nouveaux  corps  administratifs  que 
ceux  qui  leur  seraient  n^cessaires  pour  leur  administration 

*)  Bordier  Archives  de  la  France,  Paris  1855.  p.  32G. 

*)  Loi  du  5  nov.  1790  concemant  la  vente  des  biens  döclar^s  nationaux  etc. 
Titel  III.  bei  Robert  p.  114  und  Bordier  p.  342. 

*)  De  Laborde  bei  Tardif  p.  LXI. 


In  den  Archiven  der  Normandie.  X81 

Scheiterhaufen.^)  Yierundsechzig  Protokolle  über  solche  Verbrennungen 
sind  noch  im  Nationalarchiv  erhalten,  sämmtlich  aus  der  Zeit  zwischen 
dem  10.  August  1793  und  März  1794.  Wer  kann  angeben,  ob  man 
bei  diesen  traurigen  Proceduren  auch  immer  die  Grenze  innehielt, 
welche  das  Gesetz  vorschrieb?  Die  ausführlichen  Protokolle  —  es 
sind  deren  nur  sechszehn  —  gestatten  eher  den  Schluss,  dass  man 
ohne  viel  Federlesen  ins  Feuer  warf,  was  den  Executivbehörden 
werthlos  oder  hassenswerth  erschien.  Aus  Abbeville  z.  B.  erzählt 
der  Bericht,2)  dass  auf  der  Karre,  welche  die  zu  verbrennenden 
Urkunden  trug,  sich  eine  Doppeltafel  mit  folgender  Inschrift  erhob : 
„A  LIVREE  AUX  FLAMMES  |  Titres  de  privUöges  et  concessions 
royales  |  Bullös  des  papes.  Papiers  föodaux  |  Titres  de  noblesse  de 
cy-devant."  An  wie  vielen  Orten  mag  den  ehrwürdigen  Zeugen 
einer  grossen  Vergangenheit  ein  gleiches  Schicksal  bereitet  worden  sein  ? 
Ich  habe  bei  diesen  Verwüstungen  etwas  länger  verweilt,  weil 
sie  auf  die  einfachste  Weise  die  Lücken  erklären,  die  in  den  Ar- 
chiven vorhanden  sind.  Als  ich  in  der  Normandie  nach  Papst- 
urkunden suchte,  war  ich  erstaunt  über  die  geringe  Anzahl  von 
Originalen,  während  man  nach  der  Menge,  die  in  gedruckten  oder 
geschriebenen  Büchern  erhalten  sind,  viele  Hunderte  erwarten  sollte. 
In  der  That  besassen  diese  Urkunden  noch  eine  ganz  besondere  An- 
ziehungskraft;  man  schnitt  die  Bleibullen  ab,  um  im  Nothfalle 
Kugeln  daraus  giessen  zu  können,  und  kümmerte  sich  um  die 
zurückbleibenden  Pergamente  sehr  wenig.  In  Evreux  erzählte  mir 
der  alte  Chassant  (der  bekannte  Paläograph),  dass  ihm  während 
seiner  langen  Wirksamkeit  als  Director  des  Museums  nichts  so 
häufig  zum  Kauf  angeboten  worden  sei  als  päpstliche  Bleibullen.  Auf 
den  Seinequais  in  Paris  kann  man  bei  jedem  Münzhändler  eine 
wohlassortirte  Bullensammlung  finden.  In  Caen  habe  ich  24  Ori- 
ginale (bis  Ende  des  12.  Jahrhunderts)  gesehen,  aber  bei  den  meisten 
war  sogar  die  Schnur,  an  der  das  Blei  hing,  herausgeschnitten. 
Wie  wollte  man  es  sich  sonst  auch  erklären,  dass  wir  in  Evreux, 

*)  Beeret  v.  24.  Juni  1792,  bei  Bordier  p.  327:  Art.  1":  Tous  les  titres 
g^n^alogiques,  qui  se  trouveront  dans  un  d^pöt  public,   quel  qu'il  soit,  seront 

brülös.  —  Decr.  v.  17.  Juli  1793  ibid.:  Art.  6:  Les  ci-devant  seigneurs ou 

tous   autres   d^positaires  des  titres  constitutifs   ou   recognitifs   de   droits    sup- 

primös seront  tenus  de  les  d^poser au  greffe  des  municipalit^s  des  lieux. 

Geux  qui  seront  d^pos^s  avant  le  10  aoüt  prochain  seront  brül^s  ledit  jour  en 
pr^sence  etc. 

*)  Dieses  und  die  andern  Protokolle  bei  Bordier  p.  333. 


182  Löwenfeld: 

dem  alten,  hochberühmten  Ebroicum  der  Normannen,  nach  mehr- 
stündigem Suchen  nur  ein  einziges  Original  gefunden  hatten? 

Mit  der  Schöpfung  der  D^partementalarchive  gingen  die  Ver- 
suche Hand  in  Hand,  die  Masse  der  Papiere  in  gewisse  Gruppen 
zu  zerlegen,  um  sie  für  wissenschaftliche  und  administrative  Zwecke 
nutzbar  zu  machen.^)  Wir  würden  die  Grenzen  des  uns  zuge- 
wiesenen Raumes  weit  überschreiten,  wollten  wir  die  Reihe  der 
Versuche  im  Einzelnen  vorführen;  es  genügt  zu  bemerken,  dass 
man  lange  hin  und  her  experimentirt  hat,  bis  man  durch  eine 
Instruction  vom  24.  Apr.  1841  die  Grundsätze  festgestellt  hatte, 
nach  denen  die  Ordnung  der  Archivalien  geschehen  sollte.^)  Man 
unterschied  hiernach  in  jedem  Archiv  zwei  grosse  Abtheilungen,  deren 
Grenze  das  J,  1790  bildete,  alsdann  zerlegte  man  die  erste  Ab- 
theilung in  Archives  civiles  und  Archives  ecclösiaßtiques  und  theilte 
die  „bürgerlichen"  Urkunden  in  sechs  (A — F),  die  „kirchlichen"  in 
drei  Gruppen  (G — I).  Um  dem  Leser  einen  klaren  Begriff  von 
diesem  wohldurchdachten  Plan  zu  verschaffen,  füge  ich  das  Schema 
der  uns  besonders  interessirenden  Gruppen  G — I  bei. 

Archives  ecclösiastiques:  G.  Clerg6  s6culier :  l.Arche- 
vech6s,  chapitres  m6tropolitains,  Officialit6s  m6tropolitaines  et  autres 
juridictions  relevant  des  archevechös.  2.  Evech6s,  chapitres  öpiscopaux, 
officialitös  6piscopales  et  autres  juridictions  relevant  des  6vech6s. 
3.  S6minaires.  4.  Eglises  collögiales.  Eglises  paroissiales  et  leurs  fabri- 
ques.  5.  Bönöfices,  chapelles,  aumoneries,  etc.  H.  Clergö  regulier: 
1.  Ordres  religieux  d'hommes.  2.  Ordres  religieux  de  femmes. 
3.  Ordres  militaires  religieux.  4.  Hospices  et  maladreries  etc. 
I.  Fonds  divers  se  rattachant  aux  archives  eccl6siastiques. 

Wer  also  Papsturkunden  sucht,  wird  sein  Augenmerk  vorzugs- 
weise auf  diese  drei  Gruppen  zu  richten  haben,  obwohl  auch  auf  dem 


*)  Durch  das  Gesetz  vom  5  brumaire  an  V  (26.  Oct.  179C):  qui  ordonne 
la  Hiunion  dans  les  chefs-lieux  de  departenient  de  tous  les  titres  et  papiere 
acciuis  ä  la  r<5publique,  bei  Robert  p.  116,  kann  die  Organisation  als  beendet  be- 
trachtet werden.  Art.  1  bestimmte:  Les  adniinistrations  centrales  de  d^parte- 
ment  feront  rassembler  dans  le  chef-lieu  du  döpartement  tous  les  litres  et 
papiers  d^pendant  des  d^])6t8  appartenant  k  la  r^publique.  Damit  waren 
die  Districtsarchive  beseitigt,  die  bis  dahin  neben  den  Depart.-Arch.  bestanden 
hatten. 

*)  Bei  Robert  p.  128:  Listructions  pour  ]a  mise  en  ordre  et  le  classement 
des  archives  d^partementales  et  communales. 


In  den  Archiven  der  Normandie.  183 

Gebiete  der  sechs  „bürgerliehen"  sich  schriftliche  Ueberreste  der 
alles  umspannenden  päpstlichen  Gewalt  vorfinden  werden. 

Der  Ariadnefaden  durch  diese  papiernen  Labyrinthe  liegt  in 
den  Inventaires  sommaires.  Nachdem  die  Archive  geordnet  waren, 
bestimmte  eine  Instruction  vom  20.  Januar  1854,i)  dass  summarische 
Verzeichnisse  über  den  Inhalt  der  einzelnen  Fonds  angelegt  würden, 
und  damit  auch  hier  eine  Gleichmässigkeit  erzielt  werde,  war  ein 
Schema  beigefügt,  in  welcher  Weise  die  Angaben  zu  machen  seien. 
Es  bedurfte  mehrfacher  Yersuche,  bis  die  passende  Form  gefunden 
war.  Sieben  Jahre  später  konnte  der  Minister,  Herr  von  Persigny, 
in  einem  Circular  an  die  Präfecten  den  Befehl  ertheUen,  dass  mit 
der  Drucklegung  der  Verzeichnisse  begonnen  werde,2)  und  noch 
waren  seitdem  nicht  zwanzig  Jahre  vergangen,  als  ein  Bericht  an 
den  Minister  des  Innern  meldete,^)  dass  von  der  Sammlung  der 
Inventaires  90  Bände  bereits  gedruckt  wären  und  51  sich  unter 
der  Presse  befanden;  —  ein  Kesultat,  um  das  man  Frankreich  be- 
neiden kann. 

Fast  zu  derselben  Zeit,  als  ich  in  Ronen,  St.-L6  und  Evreux 
Gelegenheit  hatte,  den  grossen  Nutzen  der  Inventaires  zu  erproben, 
erschien  ein  Artikel  von  Konstantin  Höhlbaum,  in  welchem  eine 
abfällige  Kritik  an  jenen  Verzeichnissen  geübt  wurde.^)  Er  sagt  unter 

Anderem:  „. . .  Einmal  in  produktiver Thätigkeit kann  ein  deutsches 

Archiv  wissenschaftlich  und  rein  praktisch  jedesmal  besseres  leisten 
als  ein  französisches  in  den  Inventaires."  Ich  glaube,  diese  Be- 
hauptung lässt  sich  in  keiner  Weise  rechtfertigen.  Noch  niemand 
hat  bestritten,  dass  die  französischen  Archivare  durch  ihre  Aus- 
bildung in  der  ficole  des  chartes  geeignetere  Kenntnisse  für  ihren 
Beruf  mitbringen,   als   es  bei   den   deutschen    der  Fall  ist.5)    Man 


*)  Bei  Robert  334:  Instructions  pour  l'inventaire  des  archives  döparte- 
mentales. 

')  Bei  Rob  e rt  p.  343 :  Instructions  relatives  h  la  publication  des  inventaires 
sommaires,  vom  12.  Aug.  1861. 

3)  Der  letzte,  der  erschienen  ist,  vom  17.  Juni  1882  bei  Robert  p.  307; 
Rapport  pr^pent^  au  ministre  de  Tinti^rieur  sur  la  Situation  des  archives  d^- 
partementales,  communales  et  hospitali^res  du  1"  juillet  1880  au  30  juin  1881. 

*)  In  den  Mittheilungen  aus  dem  Stadtarchiv  zu  Köln.  Heft  1. 

*)  Wir  müssen  uns  erlauben,  die  Richtigkeit  dieser  aDgemeinen  Be- 
hauptung, jedenfalls  in  Bezug  auf  Bayern,  wo  am  Reiclisarchiv  in  München 
seit  bald  zwanzig  Jahren  eine  Archivschule  besteht,  —  zu  bezweifeln. 

Redaktion  der  Archiv.  Zeitschr. 


184  Löwenfeld: 

hatte  sich  überzeugt,  dass  historische  und  juristische  Kenntnisse 
allein  nicht  genügen,  um  das  urkundliche  Material,  besonders  des 
Mittelalters,  bearbeiten  zu  können,  und  gründete  eine  Fachschule, 
in  deren  Lehrplan  die  Disciplinen  der  Paläographie  und  Diplömatik 
die  erste  Stelle  einnehmen.  Ich  war,  da  ich  den  Vorlesungen  an 
der  Jficole  des  chartes  mehrere  Monate  hindurch  beiwohnte,  oftmals 
erstaunt,  mit  welcher  Sicherheit  selbst  von  den  jüngeren  Schülern 
die  schwierigsten  Urkunden  gelesen  und  erklärt  wurden.  In  Preussen 
haben  wir  dieser  Schule  nichts  ähnliches  an  die  Seite  zu  stellen; 
Oesterreich  ist  durch  die  Gründung  seines  „Instituts"  dem  fran- 
zösischen Beispiel  gefolgt,  und  in  Florenz  ist  durch  die  Fürsorge 
Cesare  Paoli's.eine  Urkundenschule  im  Entstehen  begriffen. 

Ebensowenig  theile  ich  Höhlbaum's  Ansicht,  wenn  er  von  der 
„verworrenen  Anlage"  der  französischen  Inventaires  spricht  und  als 
Vorbild  die  ßegesta  imperii  von  Böhmer-Ficker  empfiehlt.  Gewiss, 
im  Vergleich  mit  den  Regestenwerken  eines  Böhmer  oder  Jaff6 
oder  Stumpf  mögen  die  Inhaltsangaben  der  Inventaires  sich  ver- 
worren ausnehmen,  aber  giebt  es  denn  überhaupt  eine  Möglichkeit, 
die  ungeheuere  Masse  eines  Departementalarchivs  in  derselben 
Weise  zu  verarbeiten,  wie  ein  engbegrenztes  Urkundengebiet? 
Würde  ein  Archivar  an  jedes  Dokument  mit  der  Gewissenhaftigkeit 
herantreten,  die  Höhlbaum  zu  verlangen  scheint,  so  würden  wenigstens 
noch  zehn  Generationen  unter  der  entsetzlichen  Qual  des  Registrirens 
leiden  und  die  Forschung  müsste  sich  unterdessen  mit  den  dürftigen 
Strahlen  begnügen,  die  nur  gelegentlich  aus  dem  Dunkel  der  Archive 
hervorbrächen.  —  Nehmen  wir  ein  Beispiel.  In,  ßouen  befinden 
sich  nach  geringer  Schätzung,  in  der  Serie  G  (Clergö  seculier) 
etwa  6000  Fascikel;  rechnet  man,  dass  sich  in  jedem  durch- 
schnittlich nur  15  Stücke  befinden,  so  ergiebt  das  eine  Zahl  von 
90,000  Urkunden.  Oder  ein  anderes  Beispiel.  In  der  gleichen 
Serie  des  Inventaire  ...  du  Bas-Rhin  sind  6668  Fascikel  (liasses, 
volumes,  cahiers  etc.)  aufgeführt;  in  jedem  befinden  sich  nach  der 
kleinsten  Durchschnittsziffer,  wie  ich  annehme,  etwa  30  Stücke; 
das  ergibt  also  mehr  als  200,000  Urkunden.  Und  nun  denke  man 
an  die  Schwierigkeiten,  welche  ein  solches  Material  dem  Versuche 
einer  genauen  Datirung  bereitet,  —  und  ohne  diese  würde  ja  ein 
Eegestenwerk  seinen  Hauptwerth  einbüssen,  —  ah  den  Zeitaufwand, 
welchen  ein  ausführliches  Regest  erfordert;  man  bedenke,  dass  in 
einem  Archiv  nicht   eine   Serie,   sondern  24  enthalten  sind;   wer 


In  den  Archiven  der  Normandie.  185 

dann  noch  eine  so  ausgedehnte  Bearbeitung  des  Materials  verlangt, 
der  gebe  vorher  dem  Bearbeiter  die  Kräfte'  des  Herkules  und  die 
Jahre  des  Methusalem. 

Gerade  in  der  Beschränkung  des  französischen  Schemas 
offenbart  sich  ein  eminent  praktischer  Sinn.  Wie  die  Bündel  oder 
Schachteln  oder  Register  ins  Archiv  hinein  gekommen  sind,  so  sollen 
sie  vorläufig  darin  bleiben ;  es  genügt  zu  wissen,  wie  viel  Stücke  in 
jedem  enthalten  sind;  ob  Pergament  oder  Papier;  den  Zeitraum  zu 
kennen,  zwischen  dem  sich  die  Urkunden  bewegen;  bei  wichtigen 
Stücken  Angabe  des  Datums  und  des  Inhalts.  So  bekommt  man 
in  den  .Bänden  des  Inventaire  ein  getreues  Abbild  der  einzelnen 
Fonds  und  zugleich  die  Möglichkeit,  sich  über  den  Inhalt  derselben 
rasch  zu  orientiren.  Die  entstehenden  Nachtheile  können  durch 
Indices  am  Schlüsse  der  Serie  leicht  beseitigt  werden. 

III.  In  den  Archiren  der  Normandie.  Die  Staatsarchive  der 
Normandie  befinden  sich  in  Ronen  (Seine-Inf6rieur),  Caen  (Calvados), 
Saint-L6  (La  Manche),  Alen9on  (Orne)  und  Evreux  (Eure),  das  heisst 
in  den  Hauptstädten  der  fünf  Departements,  welche  seit  den  Tagen 
der  grossen  Revolution  an  die  Stelle  der  alten  Provinz  getreten  sind. 

Wer  von  Paris  aus  die  Reise  unternimmt  upd  nach  Paris 
wieder  zurückkehren  will,  thut  am  besten,  sich  zuerst  nach  Ronen 
zu  wenden.  Das  Archiv  befindet  sich  im  rechten  Flügel  des  Prä- 
fecturgebäudes  an  der  !Ecke  des  Boulevard  Cauchoise  und  .der  ^ßue 
Racine.  Man  hat  einen  weitläufigen  Saal  in  kleinere  Räume  zer- 
legt und  an  deren  Wänden  einfache  Holzgestelle  zur  Aufnahme 
der  Archivalien  angebracht.  Hier  liegen  die  n^ch  nicht  geordneten 
Urkunden  in  Schachteln  und  Bündeln  über  und  nebeneinander, 
wahrscheinlich  noch  in  derselben  Bekleidung,  mit  der  sie  ins  Archiv 
hineingekommen  sind;  aber  es  ist  genügend  Luft  und  Licht  vor- 
handen, um  sie  vor  dem  Verderben  zu  bewahren.  —  Dem  uner- 
müdlichen Eifer  des  Archivdirektors,  H.  de  Beaurepaire,  ist  es  zu 
verdanken,  dass  ein  grosser  Theil  der  Serie  G  (Clergö  s6culier) 
bereits  verzeichnet  ist.  Drei  starke  Bände  des  Inventaire  liegen 
gedruckt  vor  und  vom  vierten  konnte  ich  schon  im  vergangenen 
Jahre  die  ersten  Aushängebogen  benutzen;  es  war  ein  Leichtes, 
mit  Hülfe  derselben  aus  dem  krausen  Material  die  Papsturkunden 
herauszufinden.  Als  die  Durchsicht  des  Inventaire  beendet  war, 
führte  mich  H.  de  Beaurepaire  mit  liebenswürdiger  Bereitwilligkeit 


186  Löwenfeld: 

in  die  Abtheilung  der  noch  nicht  inventarisirten  Fonds  und  holte 
Schachtel  für  Schachtel  herunter,  aus  deren  staubigem  Inhalte  ich 
selbst  die  mich  interessirenden  Urkunden  aussuchen  durfte. 

In  Le  Havre,  wohin  ich  mich  von  Rouen  aus  begab,  bestieg 
ich  ein  Schiff,  das  auf  dem  Wege  nach  Caen  begriffen  war.  Indem 
man  einen  weiten  Bogen  über  den  Canal  beschreibt,  fahrt  man  in 
die  Mündung  der  Orne  hinein. 

Um  das  Archivwesen  des  D6p.  du  Calvados  hat  sich  in  den 
dreissiger  Jahren  L6chaud6  d^Anisy  sehr  verdient  gemacht.  In  zwei 
Bänden  hat  er  sämmtliche  Urkunden,  die  sich  .auf  die  Geschichte 
seiner  engeren  Heimath  beziehen,  verzeichnet  ^)  urtd  so  ein  Werk 
geschaffen,  dessen  Werth  bei  dem  Mangel  eines  Inveutaire  sommaire 
nicht  hoch  genug  angeschlagen  werden  kann.  Das  Archiv  liegt  im 
zweiten  Stock  des  Präfecturgebäudes,  in  der  Rue  St.-Laurent.  Die 
Säle,  welche  die  Archivalien  enthalten,  sind  durchbrochen;  nur 
Galerien,  in  der  Höhe  der  einzelnen  Stockwerke,  führen  an  den 
Wänden  entlang.  Der  Archivdirector,  Herr  Chatel,  trug  seinem  Ge- 
hülfen auf,  mir  Alles  vorzulegen,  was  ich  wünschte;  Herr  Ruault 
du  Plessis,  der  als  Arzt  den  deutsch-französischen  Krieg  mitgemacht 
und  jetzt  aus  Neigung  zu  historischen  Studien  den  Posten  eines 
Attach6s  angenommen  hat,  entledigte  sich  seines  Auftrages  in  so 
zuvorkommender  Weise,  dass  ich  in  einem  Tage  mit  der  Durch- 
sicht der  zahlreichen  Fonds  zu  Stande  kam. 

In  Saint-L6,  der  Hauptstadt  des  Döpartement  de  la  Manche, 
haben  sich  die  Archivverhältnisse  unter  der  Leitung  des  Herrn 
Dolbet  aufs  günstigste  entwickelt.  In  dem  Hause  dieses  Beamten 
lebt  Avie  eine  liebgewonnene  Familientradition  das  Interesse  für 
archivalische  Studien  fort.  Sein  Oheim,  H.  de  Gerville,  Historiker 
und  Archäologe,  gehörte  dem  Kreise  normannischer  Gelehrten  an, 
aus  dem  auch  Leopold  Doli  sie  hervorgegangen  ist  und  der  sich  um 
die  Erforschung  seiner  Heimathsgeschichte  hervorragende  Verdienste 
erworben  hat.  Ich  werde  an  anderer  Stelle  2)  über  die  reichen  Samm- 
lungen von  Quellenmaterial  berichten,  die  dieser  Mann  während 
eines  langen,  arbeitsvollen  Lebens  angelegt  hat.  Herr  Dolbet  selbst, 
ein  früherer  Schüler  der  £cole   des  chartes,  hat  seine  Lehrjahre  in 

*)  Extrait  des  chartes  et  autres  aetes  Noniiands  et  Anglo-Normands  qui 
8(;  trouvent  daiis  les  areliive«  du  Calvados.  Caen  1835.  8*.  2  vol.  (Aus  den 
Mein,  de  la  soc.  (les  antitiuaires  de  Normandic  VIU.) 

')  Im  Neuen  Archiv  IX. 


In  den  Archiven  der  Normandie.  187 

der  Pariser  Nationalbibliothek  zugebracht  und  hier  Gelegenheit  ge- 
funden, sich  mit  der  Organisation  eines  grossartigen  Instituts  ver- 
traut zu  machen.  Mit  dem  kraftvollen  Eifer  eines  in  den  besten 
Jahren  stehenden  Mannes  widmet  er  sich  ausschliesslich  dem  ihm 
anvertrauten  Archiv.  Wenn  man  die  musterhafte  Ordnung  in  den 
Sälen,  die  Behandlung  der  noch  nicht  geordneten  Fonds,  die  Sicher- 
heit und  Exactheit  beim  Registriren  sieht,  so  kann  man  auch  ohne 
viel  Prophetengabe  vorhersagen,  dass  dieses  Archiv  in  nicht  zu 
ferner  Zeit  sich  zu  einem  Musterinstitut  erheben  wird. 

Und  wie  liebenswürdig  kann  Herr  Dolbet  im  Privatverkehr 
sein!  Der  Empfehlungsbrief,  den  ich  mitbrachte,  öffnete  mir  nicht 
blos  sein  Archiv,  sondern  auch  sein  Haus.  Im  Kreise  seiner  Fa- 
milie habe  ich  so  angenehme  Stunden  verlebt,  dass  ich  an  diese 
wahrhaft  guten  und  aufrichtigen  Menschen  denken  muss,  so  oft 
meine  Erinnerungen  in  die  Normandie  zurückkehren. 

Von  dem  Archiv  des  Dep.  de  TOrne  kann  ich  nur  wenig  be- 
richten, da  bei  meiner  Anwesenheit  in  Alen(;on  der  Director  Herr 
Duval  abwesend  war  und  sein  junger  Attache,  Herr  Darpentigny, 
mit  dem  Inhalt  der  ungeordneten  Fonds  noch  nicht  vollkommen 
vertraut  war.  Er  Hess  es  sich  trotzdem  nicht  verdriessen,  die 
staubigen  Bündel  der  Reihe  nacli  zu  untersuchen,  aber  es  wollte 
beim  besten  Willen  nicht  gelingen,  mehr  als  vier  Papsturkunden 
zum  Vorschein  zu  bringen,  und  unter  diesen  vier  entpuppte  sich 
eine  als  Fälschung.  —  Das  Archiv  liegt  im  linken  Flügel  der 
Präfectur,  in  der  Rue  St.-Blaise. 

Das  schönste  Archivgebäude  in  der  Normandie  besitzt  E  vre  ux; 
in  dem  Garten  d^s  Präfecturgebäudes ,  abseits  von  dem  Geräusch 
der  belebten  Strassen,  erhebt  sich  der  gefällige,  in  Backstein  aus- 
geführte Bau,  deh  Beamten  und  Forschern  in  seinen  luftigen  Räumen 
einen  angenehmen  Aufenthalt  gewährend.  Die  Kloster-  und  Kirchen- 
archive, aus  denen  sich  zum  Theil  der  heutige  Bestand  der  Serie 
G  und  H  zusammensetzt,  müssen  stark  gelitten  haben,  bevor  ihnen 
hier  eine  geschützte  Stätte  bereitet  ward.  Ich  gebe  unten  eine 
Liste  der  Fonds,  die  wir,  Hr.  Archivar  Bourbon  und  ich,  mehrere 
Stunden  hindurch  aufs  Gewissenhafteste  durchsucht  haben;  das  Re- 
sultat unseres  Suchens  bestand  am  Ende  darin,  dass  wir  —  ein 
einziges  päpstliches  Original  gefunden  hatten.  Für  diesen  Mangel  ent- 
schädigten aber  reichlich  die  werthvollon  Chartulare,  welche,  abgesehen 
von  den  bekannten,  neunzehn  bisher  unbekannte  Bullen  enthielten. 


188  Löwenfeld: 

Von  dem  Inventaire  sommaire  konnte  ich  bereits  die  ersten 
sechzehn  Aushängebogen  der  Serie  G  einsehen;  wie  gewissenhaft 
Hr.  Bourbon  seine  Aufgabe  erfasst,  mag  der  Umstand  beweisen,  dass 
er  auch  bei  den  Chartularen  eine  genaue  Analyse  der  eingetragenen 
Urkunden  giebt. 

IT.  Yerzeichniss  der  Originale. 

Rouen. 

Innocenz  II.  1131  Juli  26  für  Rouen.  G.  1116  =  J.  536^  —  1131  Oct.  6. 
für  Rouen.  G.  1115  =  J.  5370.  —  1139  Apr.  22.  für  Eu.  Fonds  d  Eu.  gedr.  bei 
Pflugk-IIarttung  Acta  I.  156.  —  114*2  März  6.  für  St. -Wandrille  F.  de 
St.-Wandrille  (Vgl.  im  nächsten  Abschnitt  die  Anmkg.  zum  E^est). 

Eugen  m.     1U8  März  23.  für  Eu.  F.  d'Eu. 

Hadrian  IV.     11?>6  Dez.  10.  für  Rouen.  F.  de  St.-L6  de  Rouen 

Alexander  lU.  1162  Nov.  28.  für  Rouen.  G.  4420  gedr.  Pflugk-Hartt.  Acta  I. 
231.  —  1164  Jun.  25.  für  Rouen  G.  4479  gedr.  Mugk-Hartt.  I.  238.  (Aus 
einem  Chartul.  s.  XIII.— VII.  Kai.  Jul.  ist  richtig.  Dagegen  hat  das  Chartul. 
Rotomag.  in  der  Nat.-Bibl.  in  Paris,  ms.  lat.  nouv.  acqu.  1363  foL  161 
falsch:  VII.  Kai.  Jun.).  —  1177  Jun.  1.  für  Rouen.  Fonds  de  St.-Ouen 
de  Rouen  =  J.  8494  (Nur  nach  dem  Regest  bei  Brequigny.  Indpit :  ,^u8ti8 
petentium  desideriis".)  —  1166—79  März  15.  für  Rouen.  G.  3629  gedr. 
Pflugk-Hartt.  I.  265.  (Dort  ist  in  der  4.  Zeile :  communitatis  und  im  Datimi : 
Id  Martii  zu  lesen.  —  1171-81  Apr.  20.  für  Rouen.  G.  4134  gedr.  Pflugk- 
Hartt.  I.  281.  ' 

Lucius  III.  1182  -83  Mai  13.  für  Jumi^ges.  Fonds  de  Jumifeges.  —  1182-83 
Mai  24.  für  Jumi^ges.  Fonds  de  Jumieges.  —  1182—83  (Velletri)  für  Eu. 
Fonds  d'Eu.  -  1184-85  Oct.  16.  für  Rouen.  G.  1118  =  J.  9708.  —  1184-85 
Oct.  16.  für  Rouen.  G.  1117.  —  1185  Apr.  16  für  Eu.  Fonds  d'Eu. 

Urban  III.     1185-86  Dec.  19  für  Rouen.  G.  1118. 

Coelcstin  HI.  1192  Jun.  3.  für  Rouen.  G.  3629.  gedr.  Pflugk.-Hartt.  I.  358. 
(Aus  einem  Clmrtul  des  XIH  Jahrh.  —  Zeile  8  ist  zu  lesen:  fructus  onmes 
prebende).  —  1193  März  1.  für  Barentin  (Regest  im  N.«A.  VU.  117  hier- 
nach zu  verbessern).  —  1193  Juli  20  für  Lisieux.  G.  1118.  —  1193  Juli  26 
für  Lisieux.  G.  1118.  —  1196  Jan.  13.  für  Rouen.  Fonds  de  St.-Ouen  de 
Rouen.  — 1197  Jul.  2.  für  Rouen.  G.  1118  =  J.  10657. 

Caen. 
Lucius  IL     1144  Mai  13.  für  Ardennes,  Fonds  d'Ardennes  n,  100  =  J.  6066. 

—  1144  Dez.  5.  für  St.-Andr^-en-Gouffern.  Fonds  de  Gouffem  n.  11. 
Eugen  III.     1146—47  für  St -Barbe.  Fonds  de  St.-Barbe  n.  110.  —  1148  Apr.  7, 

für  Troam,  Fonds  de  Troam  n.  58. 
Hadrian  IV.     115G   Febr.  11    für  Troam.    Fonds  de  Troam  n.  59.  —  1156 

Nov.  14.  für  Ste.Barbe.   Fonds  de  Ste.-Barbe  n.  111.  —  1157—59  Mai  22. 

für  St.-Etienne  de  Caen.  Fonds  de  St.-Etienne  n.  15. 
Alexander  IIL     1163  Oct.  7.    für  N.-D.   de  Vinaz.     Fonds   de  St-Ändr6-en- 

Gouffern   n.  14.  —  1159—76   Dec.  5.  für  St.-Andr^-en-Gouffem.   Fonds  de 


In  den  Archiven  der  Normandie  189 

Gouffemn.  15.  — 1160-76  Juli  25.  für  St.Andi^-en-G.  Fonds  de  Gouffern 
a  13.  —  1173—76  März  t>9.  für  St.-Etienne-de-Caen.  Fonds  de  Etienne  n,  23. 

Lucius  III.  1182-83  Milrz  ...  für  St.- Andr6-en-G.,  Fonds  de  Gouffern  n.  17. 
—  1182  -83  März  28  für  das  Krankenhaus  in  Lisieux.  Fonds  de  Ste  -Barbe 
n.  105.  -  1182-83  Apr.  7.  für  St.-Andr^  en-G.  Fonds  de  Gouffern  n.  16. 
1184  Jan.  17.  für  Sto.  Barbe.  Fonds  de  Ste.-Barbe  n.  106.  —  1184  Mai  25. 
für  St-Andr^-en-G.  Fonds  de  Gouffern  n.  19.  —  1184—85  Nov.  13.  für 
St.-Trinit^  de  Caen.  Fonds  de  St.-Trinit6  n.  48.  —  1185  Mai  6.  für  St.-Andrö- 
en-G.  Fonds  de  Gouffern  n.  15.  —  1185  Mai  9.  für  Cistercienser.  Fonds  de 
Gouffern  n.  18. 

Urban  HI.     1186—87   Mai  20  für  St.-Andr^-en-G.    Fonds  de  Gouffern  n.  20. 

Coeles.tin  III.  1191  Nov.  12.  für  St.-Andr^-en-G.  Fonds  de  Gouffern  n.  21. 
1192  Mai  6.  für  St.-Andrö  en  G.  Fonds  de  Gouffern  n.  22.  —  1195  Dec.  23. 
für  St.-Andröe  en  G.  Fonds  de  Gouffern  n.  23.  —  1196  Apr.  29.  für  Ste.  Barbe. 
Fonds  de  Ste.-Barbe  n.  109.  ~ 

Saint-Lö. 

Ca  1  ixt  II.     1119  Sept.  9.  für  Savigny.  Fonde  de  Savigny  =  J.  4942. 

Innocenz  II.     1132  März  2.  für  Coutances.  Fonds  de  St.-Lö  =  J.  5404. 

Eugen  IIL     1145  März  14.  für  St.IA  Fonds  de  St.-Lö. 

Alexander  lU.  1173-76  Sept.  30.  für  Mont-St.-Michel.  H.  15036  gedr.  Delisle 
Chron.  de  Robert  de  Torigny  H.  306.  —  1166—79  Mai  29.  für  Montmorel. 
H.  13413.  —  1179-81  Jan.  4.  für  Mont  St. -Michel.  li  15037.  gedr.  Delisle 
l.  1   n.  312. 

Urban  IH.  1186  Aug.  24.  für  Jersey.  11.  1975.  —  1186  Nov.  25  für  St.  Lö. 
Fonds  de  St.-Lö.  —  1186  Dec.  12.  für  Lessay  (Exaquium)  H.  4614  z= 
J.  9855.  (In  dem  Ab<lruck  der  Gall.  Christ.  XI.  Instr.  245  fehlt  der  Ort 
(Veronae)  und  ist  das  Datum  falsch.  Statt :  II  cal.  dec.  ist,  wie  auch  im 
Text  der  Gall.  Chr.  XI.  919  riclitig  steht:  II  id.  Dec.  zu  lesen,  —  Eine 
Copie  dieser  Bulle  saec.  XVI  in  H.  4615  u.  s.  XVIU  in  H.  4666. 

Coelestin  HI.    1192  Mai  29  für  S.  Maria  de  Voto  (bei  Cherbourg)  H.  1977. 

Alen9on. 
Alxander  m.     1160-76  März  28.  für  Silly.  Fonds  de  Silly  —  1178  Oct.  28. 

für  Marmoutiers.     Fonds  du  Vieux-Bcll^me.  (Fälschung.)—  1180  März  14. 

für  Silly.  Fonds  de  Silly. 
Coelestin  IH.^  1192  Apr.  19.  für  Silly  Fonds  de  Silly. 

Evreux. 
Lucius  in.    1184  Oct.  15.  für  Marmoutiers.  Fonds  du  prieur^  de  Croth. 

y.  Yerzeichniss  der  benntzten  Fascikel  etc.,  Fonds  und  Cbar- 
tularien  iu  den  D^partementalarchiTen  der  Normandie. 

Rouen. 
G.  1115,  1116,  1117,  1118,  3629,  4134,  4420,  4479.  — Fonds  d'Eu.  —  Fonds  de 
Jumi^ges.  —  Fonds  de  Saint-Lö   de   Rouen.  —  Fonds   de  Saint-Ouen   de 
Rouen.  —  Fonds  de  Saint- Wandrille. 


190  Löwenfeld: 

Caen. 

Fonds  d'Ardennes.  —  Fonds  de  Saint- Andrö-en-Gonffem.  —  Fonds  de  Saint- 
Etienne.  —  Fonds  de  Sainte -Barbe.  —  Fonds  de  Sainte-Trinit^.  —  Fonds 
de  Troara. 

Saint-L6. 
U.  1975,  1977,  4614,  8370,  8371,  13413,  15036,  15037.    Fonds  de  Saint-Fromond. 

—  Fonds  de  8aint-I-.ö.  -    Fonds  de  Savigny. 

Cartul.  de  laumönerie  de  Montebourg  scr.  c.  1450,  Pei^am.  in  4^.   (II.  8371). 

—  Cartul.  de  Montebourg,  Perg.  in  49  s.  XV  ex.  (H.  8370).  —  Cartul.  de 
Montebourg,  Pap.  in  Fol  s.  XIX.  (Copie  des  in  der  Pariser  Nat.-Bibl.  be- 
findlichen). —  Cartul.  de  Saint- Sauveur-le-Vicomte.  Perg.  in  4®.  s.  Xni— XV. 

—  Cartul.  de  Savigny  Perg.  Fol.  s.  XUI. 

Alen9on. 
Fonds  de  Silly.    —  Fonds  du  Vieux-Bellßme. 

£vreux. 
Fonds  du  Bec.  —  Fonds  de  Bemay.  -  -  Fonds  de  Bon-Port.  —  Fonds  de  Breuil- 
Benolt.  —  Fonds  de  Chaise-Dieu.  —  Fonds  de  Conches,  —  Fonds  de  Cor- 
meilles.  —  Fonds  de  Conieville.  —  Fonds  de  la  Croix- Saint -Leufroy.  - 
Fonds  de  Croth.  —  Fonds  de  TEstn^e.  —  Fonds  de  Fontaine-Gu^rard,  — 
Fonds  de  Grestain.  —  Fonds  de  Isle-Dieu.  —  Fonds  de  Jvry.  —  Fonds  de 
Lire.  —  Fonds  de  Mortemer.  —  Fonds  du  Neubourg  —  Fonds  de  la  Noe. 

—  Fonds  de  Saint-Jean-d'Andely.  —  Fonds  de  Saint -L^ger- de -Pr^aux.  - 
Fonds  de  Saint-Nicolas  de-Vemeuil.  —  Fonds  de  Saint-Pierre-de-Pr^aux.  -- 
Fonds  de  Saint- Sau veur-d'Evreux.  —  Fonds  de  Saint-Taurin-d'Evreux.  — 
Fonds  du  Trösor. 

Cartulaire  du  Bec.  Perg.  in  Fol.  (Fragmente).  —  Cartulaire  de  Chaise-Dieu,  Pap. 
in  Fol.  s.  XVn.  —  Cartulaire  du  prieur^  du  D^sert.  Pap.  in  Fol.  min.  s. 
XVIL  —  Cartulake  d'Eströe  (S.  Maria  de  Stratis)  Pap.  hi  4».  s.  X\T:.  — 
Cartulaire  du  chapitre  d'Evreux.  Perg.  in  Fol  min.  s  Xm— XIV.  (G.  122). 
Cartulaire  du  prieur^  de  St.-Aubin  de  Fresnes.  Pap.  in  Fol  s.  XV.  —  Car- 
tulaire de  Saint-Pierre-de-Pr^aux.  Perg.  in  4<^  s.  XIII— XIV.  (Nicht  im  Cat. 
g^n.  des  cartul.  Wie  aus  einer  Mittheilung  Delisle's  an  Jaflfö  hervorgeht, 
befand  sich  das  Chartular  früher  im  Besitze  des  11.  de  Blosse ville.  —  Car- 
tulau-c  de  St.-Taurin  d'Evreux.  Perg.  in  8®  s.  XUI— XIV.  ^—  Cartulaire  de 
St.-Taurin  d'Evreux.  Perg.  in  4*^.  s.  XIV  ex. 

VI.  Begesten  der  nnbekannten  PapsturkimdeD. 

Honorius  IL  1126  Jan.  25.  Laterani.  Ecclesiae  Ebroicensis  tutelam  suscipit, 
possessionesque  confirmat,  petente  Aldoeo  episcopo.  (Vm  Kai.  Febr.,  Ind.  4, 
Inc.  a.  1126,  p.  a  2.)  —  „Equitatis  et  iusticie'*.  Cart.  du  chap.  d'Evreux 
8.  xm— XIV.  f.  5.  Arch.  d^p.  de  l'Eure  in  Evreux. 

Innocenz  IL  1131  Jan.  20.  Stampis.  Monasterii  S.  Mariae  de  Deserto  tutelam 
suscipit  possesionesque  confirmat,  petente  Hugone  priore.  (^m  KaL  Febr., 
Ind.  8,  Inc.  a.  1130,  p.  a.  1.)  —  „Desiderium  quod  ad".  Cart.  du  priemt 
de  Desert  s.  XVU.  f.  7.  Arch.   döp.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1112  Jan.  i. 


In  den  Archiven  der  Nonnandie.  191 

Laterani.  Ecclesiae  S.  Mariae  Ebroicensis  tutelam  suseipit  bonaque  con- 
firmat,  petente  Rotrodo  episcopo.  (II  non.  Jan.,  Ind....,  Inc.  a.  1141, p.  a. 
12.)  —  „Equitatis  et  idsticie".  Cart.  du  Chap.  d'Evr.  s.  XIII— XIV.  f.  5  vo. 
Arch.  d^p.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1142  Mart.  6.  Laterani.  Monasterii 
S.  Wandregiöili  tutelam  suseipit,  possessionesque  confirmat,  petente  Galtero 
abbate.  (II  non.  Marcii,  Ind.  5,  Inc.  a.  1142,  p.  a.  13 )  —  „Desiderium 
quod  ad".  Orig  (verstümmelt),  Arch.  dep.  de  la  Seine-inf<^r.  in  Rouen,  Fonds 
de  St.  Wandrille.  (2  ( -opien,  aus  denen  sich  das  verstümmelte  Original  wird 
ergänzen  lassen,  in  der  Pariser  Nationalbibliothek,  Cartul.  de  St.-Wandrille 
ms.  lat.  17132,  s.  XV,  f.  1.   und  Coli.  Moreau  s.  XVIU.  tom.  59.    f.  194. 

Lucius  II.  1144  Dec.  5.  Laterani.  Monasterii  -  S.  Mariae  et  S.  Andreae  de 
Vinaz  (vel  de  GoufFer)  protectionem  suseipit  possessionesque  et  dedmarum 
immunitatem  constituit,  petente  Radulfo  abbate.  (non.  Dec,  Ind.  8,  Inc.  a. 
1144,  p.  a.  1.)  —  (Desiderium)  quod  ad"  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in 
Caen.  Fonds  de  St.-Andr($en-Gouffem  n.  11. 

Eugen  ins  HI.  1145  Mart.  14.  Naniiae.  Monasterii  S.  Laudi  Constantini  (Cotentiu, 
die  Halbinsel  von  Clierbourg,)  disciplinam,  rogatu  Algari,  episcopi  Cünstan- 
ciensis,  confirmat,  protectionem  sustüpit  i)ossessiones  instituit.  (II  id  Mart., 
Ind. 8. Inc.  a.  1144.  p.a.  1.  -„Desiderium  quod  ad**.  Orig.  Arch.  d^p.  de  la 
Manche  in  St.-I^.  Fonds  de  St.-Lö.  —  1146  Dec.  6.  Viterbii.  Canonicis  Ebroi- 
censibus  donatas  ab  R.  episcopo  ecclesias  de  A\iron,  de  Boucurt  cet.  confirmat. 
(VIII  id.  Dec.)  —  „Officii  nostri  nos*^  Cart.  du  chap.  d'Evr.  s.  XIII  -XIV.  f.  4. 

Arch.  d«^p.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1140 — 1147 Fx^clesiae  S.  Martini 

et  S.  Barbarae  protectionem  suseipit  bonaque  et  iura  confirmat,  pettmte 
Guillelmo  priore.  -  „Officii  nostri  nos**.  (Aus  den  Unterschriften :  Albericus 
ep.  Ostiensis  und  Guido  d.  c.  S.  Mariae  in  porticu  ergiebt  sich  lüe  Aus- 
stellmigszeit  der  Bulle.)  -  Orig.  verstümmelt,  Arch.  döp.  du  Calvados  in  Caen. 
Fonds  de  Ste.-Barbe  n.  110.  —  1147  Sept.  6.  AHissiodori.  Monasterii  S  Mariae 
Stratensis  tutelam  suseipit,  possessionesque  confirmat,  petente  Milonc  abbate. 
(VIII  id.  Sept.,  Ind.  10,  Inc.  a.  1147.  p.  a.  3.)  —  „Cum  omnibus  ecclesia- 
sticis**.  Cart.  d'Estr^e  s.  XVI.  f.  1.  Arch.  dep.  de  l'Eure  in  Evreux.  — 
1148  Jan.  20.  apud  Treverim.  Monasterii  Savigneiensis  ])rotectionem  susei- 
pit, posessionesque  ac  decimarum  immunitatem  confinnat,  petente  Serlone 
abbate.  (XIIL  Kai.  Febr.  Ind.  11.  Inc.  a.  1147,  p.a.  3.)—  „Religiosis  desi- 
derii  dignum**.  Cart.  de  Savig.  s.  XHI.  f.  152.  Arch.  dep.  de  la  Manche  in 
St.-Lö.  —  1148  Mart.  23.  (V)  (Remis).  Monasterii  S.  Mariae  Augensis  tutelam 
suseipit,  possessionesque  et  privilegia  confirmat,  petente  Rogero  abbate. 
(X  [?]  Kai.  Apr.,  (v.  Pflugk -Harttung  im  Neuen  Arch.  \U.  93:  „V  [?J  Kai. 

Apr.**)  Ind.  11 p.  a.  4.)  —  „Pie  postulatio  voluntatis**.  Verstümmeltes 

Orig.  Arch.  dep.  de  la  Seine-infer.  in  Rouen.  Fonds  d'Eu.  —  1148  Apr.  7. 
Remis.  Monasterii  S.  Martini  Troamensis  tutelam  suseipit,  possessionesque 
confirmat,  petente  Ricardo  abbate.  (Vn  id.  Apr.,  Ind.  11.  Inc.  a.  1148  p.  a. 
4.)  —  „Apostolici  moderaminis  clementie'*.  Orig.  Arch.  dt^p.  du  Calvados 
in  Caen.  Fonds  de  Troam  n.  58.  —  1150  Dec.  15.  Ferentini.  Monasterium 
S.  Michaelis  de  Periculo  maris  tuendum  suseipit,  possessionesque  confirmat, 
petente  Gaufrido  abbate.  (XVIII  Kai.  Jan.,  Ind.  14,  Inc.  a.  1150,  p.  a.  6.) 


192  Löwenfeld: 

—  „Pie  postulatio  voluntatis".  Cop.  s.  XVL  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in 
St.-Lö.  H.  15035  bis.  —  1150  —  51  Nov,  3,  Signiae.  Monasterio  Savigneiensi 
asserit  terras,  a  b.  m.  Ric(ardo)  et  Phi(lippo),  eins  successore,  episcopis 
Baioceusibus,  concessas.  (lU  non  Nov.)  —  „Apostolici  moderaminis  clementie". 
Cart.    de    Savigiiy  s.  XIII.  f.  151.    Arcli,  d^p.  de  la  Manche  in  St-Lö.  — 

1153  Febr.  3.  Romae  ap.  8.  Petrum.  Ecclesiae  de  Plesseio  (vel  Campo 
Osberti),  rogatii  Philippi  episcopi  Baiocensis  ecclesias  quasdam  ab  ipso  epis- 
copo  concessas  confirmat.  (III  non.  Febr.)  —  „Que  religiosis  viris".  Cart. 
de  I'abb.  du  Plessis-Grimould  s.  XV  ex.  f.  7  vo.  Arch.  d^p.  du  Calvados 
in  Caen. 

Anastasius  IV.  1154  Apr.  20.  Laterani.  Monasterium  Savigneiense  tuendum 
suscipit,  eiusque  possessiones  conti miat,  petente  Richardo  abbate.  (XII  Kai. 
Madii,  Ind.  2.  Inc.  a.  1154,  j)  a.  1.)  —  ,,Quoniam  sine  vere".  Cart.  de 
Savigny  s.  XIII.  f.  154.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1154  Mail: 
Laterani.  T(heobaldum)  Parisiensem  et  B(alduinum)  Noviomensem  epi- 
scopos  iudices  constituit  inter  R(ichardum)  abbateni  Savigneiensem  et 
Plii(lippuin)  episcopum  ac  G(uillelmuni)  decanum  Baiocenses,  decimam  de 
Tham  eidem  abbati  aufiPerre  conantes  (Kai.  Madii).  —  „Venientes  ad  nostram". 
Cart.  de  Savigny  s.  XIII  f.  153.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1154 
Mai  17.  Laterani.  Ecclesiae  de  Campo  Osberti  (vel  Plesseio)  protectionem 
suscipit  possesöionosque  confirmat.  petente  Nicoiao  priore.  (XVI  Kai.  Jun., 
Ind.  2,  Inc.  a.  1154,  p.  a.  1.)  —  „Religiosam  vitam  professis".  Cart,  de 
I'abb.  du  Plessis-Grimould  s.  XV.  ex.  f.  3  vo.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in 
Caen. 

Hadrian  IV.  1154  Dec.  24.  Romae  ap.  S.  Petrum."  Monasterii  Savigneiensis 
possessiones  confirmat,  petente  Ricardo  abbate.  (VIII  Kai.  Jan.,  Ind.  3,  Inc.  a. 

1154  p.a.  1.) —  „Desiderium  quod  ad".  Cart.  de  Savigny  s.  XIII.  f.  155  vo. 
Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1155  Febr.  2.  Romae  ap.  S.  Petrum. 
Monasterii  Savigneiensis  tutelam  suscipit  possessionesque  ac  decumarum 
immunitatem  confirmat,  petente  Ricardo  abbate.  (IIU  non.  Febr.,  Ind.  3. 
Inc.  a.  1154  p.  a.  1.)  —  „Quotiens  illud  a".  Cart.  de  Savigny  s.  Xm  f.  156 
vo.  Arch.  döp.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1155  Febr.  5.  Romae  ap.  S.  Petrum. 
Sententiam  super  decima  de  Taim  a  T.  Parisiensi  et  B.  Noviomensi  episco- 
pis  latam  in  favorem  R(ichardi)  abbatis  Savigneiensis  contra  G(uillelmum) 
decanum  Baiocensem  approbat.  (non.  Febr.)  —  „Sicut  equum  est".  Cart. 
de  Sa\igny  s.  XHI.  f.  155.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1156 
Febr.  11.  Beneventi.  Monasterii  S.  Martini  Troamensis  tutelam  ßusdpit 
possessionesque  confirmat,  petente  Giriberto  abbate.  (Den  Namen  des 
Abtes,   der  im  Orig.  nicht  mein*  zu  lesen  ist,   habe    ich  aus  dem  Cartul. 

.  Troamense  in  der  Paris  Nat.Bibl.  ms.  lat.  10086.  s.  XIV  1  9  vo.  ergänzt, 
wo  ein  Fragment  dieser  Bulle  steht.)  (IH.  id.  Febr.,  Ind.  4,  Inc.  a.  1155, 
p.  a  2.)  —  „Apostolici  moderaminis  clementie".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Cal- 
vados in  Caen.  Fonds  de  Troam  n.  59.  —  1156  Febr.  16.  Beneventi. 
Ecclesiae  de  Campo  Osberti  (vel  Plesseio)  tutelam  suscipit  possessionesque 
confirmat,  petente  Nicoiao  priore.  (XTITf  Kai.  Mart.,  Ind  4,  Inc.  a.  1155, 
p.  a.  2.)  —  „Quotiens  illud  a".  Cart  de  I'abb.  du  Plessis-Grimould  s.  XV  ex. 


In  den  Archiven  der  Normandie.  193 

f.  4  vo.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  —  1156  Nov.  14.  Laterani. 
Ecclesiae  S.  Martini  et  S.  Barbarae  proteotionem  suscipit  bonaque  et  iura 
confinnat,  petente  Daniele  priore.  (XVIII  Kai.  Dec,  Ind.  5,  Inc.  a.  1156, 
p.  a.  2.)  —  „Religiosam  vitam  eligentibus'*.  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados 
in  Caen.  Fonds  de  Ste.-Barbe  n.  111.  —  1156  Dec.  10.  Laterani.  Ecclesiam 
S.  Ijaudi  Rotomagensem  tuendam  suscipit  possessionesque  confirmat,  petente 
Osberto  priore.  (IIII  id.  Dec,  Ind.  5,  Inc.  a.  1156,  p.  a.  3.)  —  „Effectum 
iusta  postulantibus".  Orig.  Arch.  döp.  de  la  Seine-inf^r.  in  Rouen.  Fonds 
de  St.-L6  de  Rouen.  —  1157 — 59  Mai  22.  Laterani.  Ecclesiae  S.  Stephani 
Cadumensis  protectionem  suscipit,  petente  Willelmo  abbate.  (XI  Kai.  Jun.) 

—  „Justis  petentium  desideriis".  Orig.  Arch.  döp.  du  Calvados  in  Caen. 
Fonds  de  St.Etienne  n.  15.  —  1159  Febr.  10,  Laterani.  Concambium  inter 
Ilerbertum  sacristam  ac  R(otrodum)  episcopum  Ebroicensem  ac  W(illelmum) 
decanum  de  domo  quadam  factum  com  probat.  (IV  id.  Febr.)  —  „Si  ratio- 
nabilibus".  Cart.  du  chap.  d'Evreux  s.  XIII— XIV.  f.  3  vo.  Arch.  dep.  de 
l'Eure  in  Evreux.  (Diese  Urkunde  habe  ich  zu  1159  gesetzt,  weil  sich  aus 
J.  7106  ergiebt,    dass  Rotrod   sich  damals   als  Abgesandter  Heinrichs  von 

England  am  päpstlichen  Hofe   befand.    Es  heisst  darin  •   „ secundum 

quod  venerabilis  frater  noster  Ebroicensis  episcopus  nobis  .  ex  tua  parte 
proposuit.) 

Alexander  III.  1162  Nov.  9.  Turonis.  Monasterii  Savigneiensis  tutelam  susci- 
pit possessionesque  et  iura  confirmat,  petente  WiUelmo  abbate.  (V  id. 
Nov.,  Ind.  11,  Inc.  a.  1162,  p.  a.  4.)  —  „Religiosis  votis  annuere".  Cart. 
de  Savigny  s.  XIII.  f.  161.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1163 
Jan.  22.  Turonis.  Ecclesiae  de  Plesseio  (vel  Campo  Osberti)  protectionem 
suscipit  possessionesque  confirmat,  petente  Nicoiao  priore.  (XI  Kai.  Febr., 
Ind.  11,  Inc.  a.  1162,  p.  a.  4.)  — „Quotiens  a  nobis".  Cart.  de  l'abb.  du 
Plessis-Grimould  s.  XV  ex.  f.  5  vo.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  — 
1163  Mart.  11.  Parisis.  Willelmo  abbati  Savigneiensi  indulget,  ut  „in  omnibus 
monasteriis  que  de  eius  monasterio  sint  egressi  et  in  his,  que  de  egressis 
ab  eodem  monasterio  prodierint,  de  personis  quam  de  rebus  disponendi 
et  ordinandi  liberam  habeat  facultatem",  excommunicandique  eos,  qui  eius 
subiectioni  se  subtraxerint.  (V  id.  Mart.)  —  „Cum  omnibus  ecclesiasticis". 
Cart.  de  Savigny  s.  XHI.  1  158.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  — 
1163  Od.  7.  Senonis.  Monasterii  S.  Mariae  de  Vinaz  (vel  de  Gufer)  pro- 
tectionem suscipit,  possessionesque  ac  iura  confirmat,  petente  Rogerio  ab- 
bate. (Non.  Oct.,  Ind.  11,  Inc.  a.  1163,  p.  a.  5.)  —  „Religiosam  vitam 
eligentibus".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Andr^- 
en-Gouffem  n.  14.  —  1164—65  Jan.  5.  Senonis.  Monasterio  Savigneiensi 
asserit  dominicum  in  Marchis,  Maidreio  et  Verduno,  a  Radulfo,  domino 
Fulgeriensi,  concessum.  (Non.  Jan.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Cart. 
de  Savigny  s.  XIII.  f.  157  vo.  Arch.  d^p.  de  la  Manthe  in  St.-Lö.  — 
1168—70  Jan.  11.  Beneventi.  Ecclesiae  de  Plesseio  (vel  Campo  Osberti) 
possessiones  quasdam  ab  H.  Baiocensi  episcopo  euisque  praedecessoribus 
donatas  confirmat.  (EU  id.  Jan.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Cart.  de 
labb.  du  Plessis-Grimould  s.  XV  ex.  f.  7.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen. 

—  1170  (?)  Febr.  26.  Härene.  Henrico  abbati  et  fratribus  S.  Petri  Pratellen- 
Archivaliache  Zeltschrift  Vni.  13 


194  Löwenfeld: 

sibiis  asserit  ecclesiam  S.  Audoeni  de  Brotona  cum  universis  beneficiis  a 
Roberto,  comite  de  Mellent,  concessam.  (IUI  Kai.  Martii.)  —  ,,Ju8tis  peten- 
tium  desideriis".  (Statt  des  Datums  steht :  „Carta  data  Härene  p.  m.  Magistri 
Graciani  IUI  Kai.  Martii".  Den  Inhalt  des  Privilegs  zu  verdächtigen  liegt 
kein  Grund  vor,  wie  wohl  das  Datum  ganz  unkanzlehnässig  ist.  Wir 
haben  hier  einen  jener  unzähligen  Fälle,  wo  die  Copisten  des  Mittelalters 
ihre  Vorlagen  aus  eigener  Weisheit  ergänzt  oder  verändert  haben.  —  Das 
Jahr  1170  nehme  ich  nach  Jaff^  an,  der  das  Regest  von  IL  I^^pold  Delisle 
erhalten  und  in  sein  Handexemplar  eingetragen  hat.  Zu  Härene  setzt  er 
in  Klammern  und  mit  einem  Fragezeichen:  Cairani?)  Cart.  de  St.-Pierre-de- 
Pröaux  8.  XIII.  f.  7  vo.  Arch.  d^p.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1170-72  Od.  17, 
Tusculani.  Episcopo  Ebroicensi  praecipit  ne,  cum  praebendae  ecclesiae  eius 
tenuea  sint,  canonicos  praeter  voluntatem  decani  et  capituli  ad  recipiendos 
vicarios  cogat  (XVI  Kai.  Nov.)  —  „Cum  olim  nobis".  (Zu  1170  -72  wegen 
des  folgenden  Regest's.)  Cart.  du  chap.  d'Evreux  s.  XUI — XTV.  f.  4  vo. 
Arch.  döp.  de  TEure  in  E\Teux.  —  1170—72  Od,  21.  Tusculani.  Roberto 
decano  et  capitulo  Ebroicensi  significat,  se  episcopo  eonim  iteratis  scriptis 
mandasse,  „ut  praeter  voluntatem  et  assensum  decani  et  aliarum  personarum 
et  maioris  })arti8  capituli  cos  de  recipiendis  vicariis  non  compellat". 
(Xn  Kai.  Nov.)  —  „Licet  olim  venerabili".  (Decan  Robert  ist  nach  117ö 
nicht  mehr  nachweisbar.  S.  Gall.  Chr.  XI.)  Cart.  du  chap.  d'Evr.  s.  XIII 
—XIV.  f.  4.  Arch.  d^p.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1159^76  Dec.  5.  Anagniae. 
Fratrum  S.  Andreae  de  Gufer  possessiones  in  territorio  de  Maisnil  con- 
firmat,  eosque,  cum  sint  de  online  Cisterciensi,  a  solvendis  decumis  eximit 
(Non.  Dec.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados 
in  Caen.  Fonds  de  St.-Andn^-en-Gouffem  n.  12.  —  1160—76  Mart.  28. 
Anagniae.  A(lano)  abbati  et  fratribus  de  Gofer  (vel  Silleio)  petentibus, 
monasterii  protectionem  suscipit,  r^ulam  Praemonstratensem  ecclesiamque 
S.  I^onardi  et  alia  quaedam  confirmat.  (V  Kai.  Apr.)  —  „Piis  et  ratio- 
nabilibus".  (Ein  Fragment  dieser  Bulle  in  der  Paris.  Nat.  Bibl.  Cartul. 
Silleiense  ms.  Cat.  11059.  s.  XIII.  f.  38  vo.)  Orig.  Arch.  döp.  de  lOme  in 
Alen^on.  Fonds  de  Silly.  —  1160—76  Mai  8.  Anagniae.  Quos  capitulo 
Ebroicensi  AudoenuÄ,  quondam  episcopus,  „ad  communionem  canonicorum 
ampliandam  concesserit  reilditus,  constitutos  pro  circada,  quam  ipse  a  presby- 
teris  sui  episcopatus  ex  institutione  concilii  Julibonae  (vel  Insulebonae, 
hodie :  Lillebonne)  et  ex  consuetudine  episcopalium  ecclesiarum  Normanniae 
exigebat",  confirmat  cet.  (VIH  id.  Maii.)  —  „P^,  que  in  ecclesiis".  Cart. 
du  chap.  d'Evr.  s.  XIII — XIV.  f.  5  vo.  Arch.  dep.  de  l'Eure  in  Evreux. 
—  1160 — 7€  Mai  25.  Anagniae.  Ecclesiae  de  Plesneio  (vel  Campo  Osberii) 
possessiones  quasdam  confirmat.  (VIII  Kai.  Jun.)  —  „Justis  petentium 
desideriis".  Cart.  de  l'abb.  du  PlessisGrimould  s.  XV  ex.  f.  6  vo.  Arch. 
ddp.  du  Calvados  in  Caen.  —  1160 — 76  Jul.  25.  Anagniae.  Monasteria 
S.  Andreae  de  Gufer  concessas  possessiones  quasdam  (seil.  Mansum  Martelli 
et  ecclesiam  Montis  Gaurodi),  antequam  ordinem  Cisterciensem  susceperit, 
confirmat,  decimasque  ab  eis  exigi  vetat.  (Vin  KaL  Aug.)  —  „Justis 
petentium  desideriis".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de 
St.-Andr^  en-Gouffem  n.  13.    —    1160—76  Jul.  31.     Anagniae.    Monasterii 


In  den  Archiven  der  Normandie.  195 

Savigneiensis  ins  in  ecclesia  de  Belintona  confirmat.  (11  Kai  Aug.)  — 
„Quanto  artius  divine".  Cart.  de  Savigny  s.  XHI.  f.  169  vo.  Arch.  d6p. 
de  la  Äanche  in  St.  L6.  —  1173—76  Marl.  29.  Anagniae.  Monasterio 
R.  Stei)hani  Cadomensi  asserit  „duas  partes  decimae  de  tota  terra  Willelrai 
LexoxienßisJ  qui  cognominatnr  ludeus,  in  villa  que  dicitur  Canibis,  quas 
idem  Willelmus  de  assensu  Uenrici  ei)ißcopi  Baiocensis  monasterio  reli- 
querat";  alias  quasdam  donatione«  confirmat.  (ITTI  Kai.  Apr.)  —  „Que  a 
devotis".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Etienne  n.  23. 

—  1173—76  Mai  14,  Anagniae.  Capitulo  Ebroicensi  asserit  „Septem  sollemnes 
procurationes,  quas  a\)  eonim  episcopis  ex  quadara  provida  institutione 
hactenus  percei)erint".  Canonicis  permittit,  ut  malefactores  ecclesiae  excom- 
municent,  sicut  E(gidius)  episcopus  eis  concesserit.  (II  id.  Maii.)  —  „Ratio- 
nabilibus  postulantium  votis".  Cart.  du  chap.  d'Evr.  s.  XIII— XIV.  f.  1. 
Arch.  döp.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1177  Jan.  24.  Siponti.  Monasterii 
S.  Stephani  Cadomensis  tutelam  susci})it  bonaque  confirmat,  petente  Willelmo 
abbate.  (Villi?  Kai.  Febr.  [Es  steht:  Dat.  Sip.  p.  m.  Gratiani  subd.  nör 
Kai.  Febr.  —  Es  fragt  sich,  ob  man  subd.  (et)  notarii  oder  nono  Kai.  Febr. 
zu  lesen  hat.  Ich  ziehe  letzteres  vor,  da  der  Papst  am  1.  Febr.  in  Foggia 
ist.  Jaff^  hatte  zwar  angenommen,  dass  n.  8^4G3  vor  dem  1.  Febr.  erlassen 
sei,  allein  es  ist  jetzt  festgestellt,  dass  das  Original  „Kai.  Febr."  trügt. 
Siehe:  Second  report  of  bist.  manuscrii)ts  202  und  Neues  Arch.  IV.  G21.] 
Ind.  10,  Inc.  a.  1177,  p.  a.  18.)  —  „Religiosam  vitam  eligentibus'*.  Cop. 
vid.  a.  1453.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Etienne  n.  22. 

—  1177  Apr.  17.  (Ferrariae)  Monasterii  S.  Laudi  protectionem  suscipit 
possessionesque  confirmat.  (XV  Kai.  Mad.,  Ind.  10,  Inc.  a.  1177,  p.  a.  18.) 

—  „Cura  nos  ammonet".  Vidim.  s.  XV  (für  MCLXXXÜ  ist  zu  lesen: 
MCLXXVII)  und  Cop.  v.  Jahre  1608.  Arch.  d^p.  de  la  blanche  in  St.-LÖ. 
Fonds  de  St.-Lö.  —  1160—78  Jan.  23.  Anagniae.  (Wahrscheinhch  1176—78 
wegen  der  Bulle  v.  10.  Febr.  1176 — 78.)  Monasterii  Savigneiensis  trans- 
actiones  confirmat  itemque  possessiones  a  dei  fidelibus  ei  coUatas.  (X  Kai. 
Febr.)  —  „Fervor  et  integritas".  Cartul.  de  Sa\igny  s.  XIII.  f.  158  vo  et 
169  vo.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.Lö.  —  1160—78  Febr.  18.  Anagniae. 
Monasterii  Savigneiensis  possessiones  quoquam  modo  alienari  vetat.  (XII 
Kai.  Marcii.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Cart.  de  Savigny  s.  XIII. 
f.  158  vo.  Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.Lö.  —  1176—78  Febr.  10.  Ana- 
gniae. (Bartholomaeo)  Turonensi,  apostolicae  sedis  legato,  et  (Rotroco)  Rotho- 
magensi  archiepiscopis  eorumque  suffraganeis  mandat,  ne  a  fratribus  Savig- 
neiensibus,  sicut  ab  aliis  ordinis  Cisterciensis  monachis,  decimas  exigi 
patiantur.  (IIII  id.  Febr.)  —  „Audivimus  et  audientes".  (Nach  dem  Itinerar 
würde  die  Bulle  in  die  J.  1160,  61,  74,  76,  78  gehören  und  somit  zwischen 
den  Erzbischöfen  von  Tours,  Joscius  (f  1174)  und  Bartholomaeus,  die  Wahl 
lassen.  Aus  dem  Zusatz  der  Adresse:  apost.  sed.  legato  ergibt  sich,  dass 
nur  der  letztere  gemeint  sein  kami,  da  Joscius  niemals  die  Würde  eines 
apost.  Legaten  bekleidet  hat.  Es  bleiben  also  als  Ausstellungsjahre  nur: 
1176  und  78  übrig.)  Cart.  de  Savigny  s.  XIH.  f.  159.  Arch.  d^p.  de  la 
Manche  in  St.Lö.  —  117^  Oct.  28.  I^terani.  Maioris  monasterii  fratribus 
asserit  ecclesias,    ex  prioratu  Bellismensi  ad  eos  spectantes.  —  „Quoniam 

13* 


196  Löwenfeld: 

ex  pastorali".  Fälsclmng  s.  Xu.    Arch.  d^p.  de  TOrne  in  Alen^on.    Fonds 
du  Vieiix-Belldine.  —  lV}0  —  79  Nov.  28.    Anagniae.     Fratres  Savigneienses 
a  Bolvendis   decumis   de   laboribus  vel  de   nutrinaentis   animalium  eximit. 
(IUI  Kai.  Dec.)  —  „Justis  petentium  desideriis".    Cart.  de  Savigny  s.  XIII. 
f.  ir>8.  Arch.  d(^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  Udo — 79  Marl.  8,  Laterani. 
Monastorii  S.  Fronuindi   ecclesias  quasdam    in  Normannia  et  Anglia  sitas 
confimiat.    (VIll  id.  Mart.)  —  „Justi.s  petentium  desideriis".    Autent.  Cop. 
a.  1200.     Arch.  dep.  de    la  Manche  in   St.-Lö.     Fonds  de  St.-Froniond.  — 
1106  -79  Mai  29.  Laterani.  Ecclesiae  S.  Mariae  de  Montemorelli  eeclesiam 
de  Presse  aliasque  confinnat.    (IUI  Kai.  Jun.)  —  „Justis   petentium   desi- 
deriis".   Orig.  Arch.  dep.  de  la  IVIanche  m  St.-T^.  H.  13413.  —  1178— (7^) 
Jul.  10.  Laterani.  CoraiK)sitionem  inter  episcopum  et  canonicos  Ebroieenses 
super   consuetudinibus   quibusdam  a  (Rotrodo)   archiepiscopo  Rotomagensi 
factam  approbat   (VI  id.  Jul.)  —  „Sicut  iniquum  est".  (1179  habe  ich  ein- 
geklammert, weil  der  Papst  bereit«  am  13.  Juli  dieses  Jahres  in  Praenestc 
nachweisbar  ist.     Wenigstens  steht  in  Jaffas  Handexemplar  eme  Bulle  zu 
diesem  Tage  verzeichnet,    die  ihm  Dehsle  aus  den  Arch.  d^p.  de  l'Oise  in 
Beauvais  mitgetheilt  hat )    Cart.  du   chap.  d'Evreux   s.  XIII— XIV.   f.  2. 
Arch.  d^p.  de   l'Eure   in  Evreux.  —  1179  Apr.  12.    Laterani.     Monasterii 
S.  Petri  Pratellensis   tutelam    suscipit,   possessionesque   et   privilegia   con- 
firmat,  petente  Ilenrico  abbate.  (II  id.  Apr.,  Ind.  11,  Inc.  a.  1179,  p.  a.  20.) 
—  „Monet  nos  apostolice".  Cart.  de  St.-Pierre-de-Pr^aux  s.  XIII.  f.  1.  Arch. 
dep.  de  l'Eure  in  Evreux.  —   1178 — 80  Od.  21.    Tusculani.    G(uillelmo)  de 
»Sabuel  (vel  Sablucl)   asserit  decanatum  Ebroicensis  ecclesiae  a  S.  Germani 
et  S.  Victöris   abbatibus   ei  adiudicatum,    „cum   adversarii  ad  eonim  legi- 
timam  citationem  contumaciter   se  absentarent".    (XU  Kai.  Nov.)  —  „Ex 
litteris  dilectorum".     Cart.  du   chap.  d'Evr.  s.  XIII— XIV.    f.  4  vo.    Arch. 
d^p.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1180  Jan.  26.  Velletri.  Monasterio  Savigneiensi 
ecclesiam   de  Campo  Cervorum   et   ecclesiam    S.  Martini  de  Gaste   asserit. 
(VII  Kai.  Febr.)  -  „Justis  petentium  desideriis".    Cart.  de  Savigny  s.  XIII. 
f.  159  vo.    Arch.  dep.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1180  Mart.  14.   Velletri. 
Monasterii  S.  Mariae  de  Goffer  (vel  Silleio)  tutelam   suscipit   ac  privil^a 
confinnat,  petente  Rudolfo  abbate.  (II  id.  Marcii,  Ind.  12,  Inc.  a.  1179,  p. 
a.  21.)  —  „Religiosam  vitam    eligentibus".     Orig.  Arch.  döp.  de  l'Ome  in 
Alen(,*on.     Fonds   de    Silly.     (Eine   Copie   in    der   Pariser   Nat.  Bibl.  Cart. 
Silleiense  s.  XIII.  ms.  lat.  11059,  f.  nb.)  —  1180  Mai  5.  Velletri.   Ecclesiae 
S.  Stephani   de   Pleissitio  Grimoldi  (vel  Campo  Osberti)   tutelam   susdpit, 
possessionesque  et  privilegia  confirmat,   petente  Nicoiao   priore.    (IH  non. 
Maii,   Ind.  12,   Inc.  a.  1180,   p.  a.  21.)  —  „Effectum   iusta  postulantibus". 
Cartul.  de  l'abb.  du  Plessis-Grimould  s.  XV  ex.  f.  8  und  cop.  s.  XV.  Fonds 
du  Plessis  n.  13.     Arch.  döp.  du  Calvados  in  Caen. 
Lucius  III.  1182  Juli  18.  Velletri.  Ecclesiae  Ebroicensis  possessiones  quasdam, 
Brovillam,  Condatum  cet.  cum  omnibus  eins  pertinentiis  confirmat,  petente 
Johanne  episcopo.    (XV  Kai.  Aug.)  —  „Et  ordo  rationis".     Cart.  du  chap. 
d'Evr.  s.  XIII— XIV.   f.  6.     Arch.  döp.  de   l'Eure  in   Evtcux.  —  Velletri. 
12.— 14.  Mart.  1182,  aut.  8.— 14.  Mart.  1183.    Archiepiscopis   et  episcopis, 
in  quorum  parochiis  homines  fratrum  S.  Andreae  de  Bosco  (vel  de  Gufer) 


In  den  Archiven  der  Normandie.  197 

consistunt,  mandat,  prohibeant,  ne  presbyteri  diocesium  ab  hominibus 
monasterii  in  extremis  laborantibus  „cüvinorum  obseqniorura  obtentu  vel 
intuitu  ßepulturae  quicquam  exij?ant,  nisi  quod  ultima  voliintas  decedentium 
aut  parentum  devotio  eis  sponte  duxerit  conferendum".  (.  .  id!  Mart.)  — 
„Audivimus  et  audientes".  Orig.  Arch.  dt^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds 
de  St.-Andrö  en-Gouffem  n.  17.  —  1182^83  Mart,  15.  Velletri.  Arehi- 
episcopis  et  episcopis,  in  quorum  parochiis  liomines  fratrum  Savigneiensium 
consLstant,  mandat,  prohibeant  ne  presbyteri  diocesium  ab  illis  hominibus 
in  extremis  laborantibus  „divinorum  obsequiorum  obtentu  vel  intuitu 
sepulturae"  quicquam  exigere  praesumant,  (Id.  Mart.)  —  „Audivimus  et 
audientes".  Cartul.  de  Savigny  s.  XIII.  f.  167.  Arch.  d^p.  de  la  Manche 
in  St.-Lö.  —  1182—83  Mart.  28.  Velletri.  Ilospitalem  Lexoviensem  cum 
Omnibus  eins  bonis  tuendum  6usci[)it.  (V  Kai.  Apr.)  —  „Dignum  est  et". 
Orig.  Arch.  döp.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  Ste.-Barbe  n.  105.  — 
1182—83  Apr,  7.  Velletri.  Archiepiscopo  Rotomagensi  eiusque  suffraganeis 
praecipit,  ut  eos  qui  in  fratres  S.  Andreae  de  Bosco  (vel  de  Gufer)  aut 
eorum  conversos  manus  iniecerint  violentas,  excommunicatos  denuntient, 
donec  satisfecerint,  neve  decimas  ab  eis  contra  Romanae  sedis  privilegia 
exigi  patiantur.  (VII  id.  Apr.)  —  „Ad  defendendos  religiosos".  Orig.  Arch. 
döp.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Andr^en-Gouffem  n.  16.  —  1182 
— 83  Apr.  13.  Velletri.  (Fratribus  Savigneiensibus)  Privilegium  tribuit  contra 
eos,  qui  decimas  ab  eis  exigere  praesumant.  (Id.  April.)  (Der  Anfang  der 
Bulle  fehlt.)  Cartul.  de  Savigny  s.  XIH.  f.  167.  Arch.  dt^).  de  la  Manche 
in  St.-Lö.  —  1182—83  Mai  13.  Velletri.  Fratribus  Gemmeticensibus  indulgot, 
ut  -ecclesiam  de  Veteri  Vemolio  „propter  importunitatem  eiusdem  loci,  qui 
supervenientibus  guerris  sepius  infestatur,  in  tutiorem  locum  transferant". 
(III  id.  Mail.)  —  „Quotiens  ab  apostolica  sede".  Orig.  Arch.  d^p.  de  la 
Seine-inf(^»r.  in  Ronen.  Fonds  de  Jurai^ges.  —  1182—83  Mai  21.  Velletri. 
Fratribus  Gemmeticensibus  facultatem  dat  revoc^ndi  quasdam  possessioncs, 
quas  apud  Cheittonam  (in  Anglia)  cuidam  iure  emphitheotico  posnidendas 
vitae  suae  tempore  concesserint'*.  (Villi  Kai.  Junii.)  —  „Ex  iniuncto  nol)is". 
Orig.  Arch.  d^p.  de  la  Seine-infer.  in  Ronen.  Fonds  de  Jumiegcs.  —  11^2 

— 83 Velletri.     Fratribus  Augustensibus  indulget  ut  possessioneö 

monasterii  emptione  vel  aliis  modis  ex  aliorum  manibus  revocare  del^eajit. 
(XVn  Kai )  —  „Ecclesianim  profectibus  nos".  Orig.  (fast  unleser- 
lich), Arch.  dt^p.  de  la  Seine  inf^r.  in  Ronen.  Fonds  d'Eu.  —  1183  Nor.  13. 
Anagniae.  Concortliam  inter  fratres  Savigneienses  et  (iaufridum  de  Monte- 
forti  super  ecclesia  de  Ketevilla  factam  confirmat.  (Id.  Nov.)  —  „Justis 
petentium  desideriis".  Cart.  de  Savigny  s.  XUI.  f.  167  vo.  Arch.  döp.  de 
la  Manche  in  St.-Lö.  —  1183  Nor.  19.  Anagniae.  Fratribus  Savigneiensibus 
indulget,  „ut  quotiens  homines  eorum  contigerit  accusari,  non  nisi  in  curia 
eorum  iustitiam  facere  compellantur,  ita  ut  raagis  debeant  per  idoneam 
penitentiam  corrigi,  quam  pecuniari  pena  multari".  (XIII  Kai.  Dec.)  — 
„Quoniam  sicut  audivimus".  Cart.  de  Savigny  s.  XIII.  f.  168.  Arch.  d(?p. 
de  la  Manche  in  St.-L6.  —  1184  Jan.  17.  Anagniae.  Inter  canonicos  S.  Bar- 
barae  et  fratres  S,  Ebulfi  (!)  de  heremitorio  de  Rupe  comi)ositionem  ab 
Hugone  et  Ricardo,  archidiaconis  Lexoviensibus,  factam  confirmat.  (XVI  Kai. 


198  Löwenfeld: 

Febr.)  —  „Ne  controversie  que".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen. 
Fonds  de  Ste.  Barbe  n.  106.  —  1184  Mai  25,  Verulis.  Rotomagensi  ac 
Turonensi  arehiepiscopis  et  Sagiensi,  Baiocensi,  I^xoviensi,  Cenomanensi, 
Abrincensi,  Constantiensi,  Redonensi  episcopis  aliisque  ecclesiarum  praelatis 
per  eorum  dioceses  constitutis  praecipit,  ne  a  fratribus  S.  Andreae  de 
Giifer,  ordinis  Cisterciensis,  decimas  cxigi  sinant  utque  violatores  privil^, 
si  laici  sint,  ex  communicent,  si  clerici,  ab  officio  suspendant.  (VIII  Kai. 
Jun.)  —  „Audivimus  et  audientes".  Orig.  Arch.  d6p.  du  Calvados  in  Caen. 
Fonds  de  St.-Andr6-en-Gouffern  n.  19.  —  1184  Oct,  15.  Veronae.  S(imom) 
episcopo  et  R.  arcbidiacono  Maldensi  praecipit,  comi)ellant  Simonem  de 
Aucto,  ut  fratribus  Maioris  monasterii  ablatam  decimam  silvae  de  Crotes 
reddat  ac  de  illatis  injuriis  satisfaciat.  (Id.  Oct.)  —  „Dilectorum  filiorum 
nostrorum".  (Gehört  in  dieses  Jahr  wegen  einer  Pancarte  vom  gleichen 
Datum  in  der  Paris.  Xat.  Bibl.  ms.  lat.  12879.  f.  185.)  Orig.  Arch.  d(^p. 
de  l'Eure  in  Evreux.  Fonds  du  prieur^  de  Croth.  —  1184  Oct.  31.  Veronae. 
Monasterii  Savigneiensis  tutelam  suscipit,  possessionesque  confirmat  petente 
Simone  abbate.  (II  Kai  Nov.,  Ind.  3,  Inc.  a.  1180  (lies  1184)  p.  a.  L)  — 
„Religiosam  vitam  eligentibus".  Cart.  de  Savigny  s.  XIII.  f.  1G3.  Arch. 
d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1184 — 85  Juli  26.  Veronae.  Ricardo, 
canonico  Ebroicensi,  asserit  praebendam,  a  b.  m.  comite  Ebroicensi  in  eadem 
ecclesia  fundatam  eique  concessam  et  ab  Alexandro  III  pp.  confirmatam. 
(VII  Kai.  Sept.)  —  „Ex  parte  tua".  Cart.  du  cliap.  d'Evreux  s.  XIII— XIV. 
f.  3.  Arch.  d6\).  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1184~-85  Oct,  10.  Veronae.  (Wahr- 
scheinlich: 1184  wegen  der  oben  verzeichneten  Pancarte  vom  31.  October 
1184.)  Turonensi  et  Rotomagensi  arehiepiscopis  eorumque  suffraganels 
mandat  ne  a  fratribus  Savigneiensibus,  sicut  ahis  ordinis  C^terdensis 
monachis,  decimas  exigi  patiantur.  (VI  id.  Oct.)  —  „Audivimus  et  audientes**. 
Cart.  de  Savigny  s.  XIII.  f.  1G7.  Arch.  dep.  de  la  Manche  in  St.-LO.  — 
1184 — 85  Oct.  12.  Veronae.  (WahrscheinUch :  1184  wegen  der  oben  ver- 
zeichneten Pancarte  vom  31.  October  1184.)  Monasterio  Sa^igneiensi  asserit 
ins  i)atronatus  ecclesiae  de  Surda-valle  cum  duabis  garbis  frugum  a  Ruelleno 
de  Surdavalle  concessis.  (IIII  id.  Oct.)  —  „Justis  petentium  desideriis*'. 
Cart.  de  Savigny  s.  XIII.  f.  1()8.  Arch.  dep.  de  la  Manche  in  St.-IA  — 
1184  —  85  Oct,  16.  Veronae.  Gualtero  archiepiscopo  Rotomagensi  scribit,  ne 
patiatur,  „monachos  solos  per  \illas  et  parochiales  ecclesias  extra  conven- 
tum  mauere;  priores  conventuahum  prioratuum  contra  statutum  Latera- 
nensis  concilii  sine  causa  rationabili  amoveri;  filios  parentibus  in  ecclesiis 
succedcrc";  cet.  (XVII  Kai.  Nov.)  —  „Cum  in  arcliiepiscopatu".  Orig.  Arch. 
döp.  de  la  Seine-införieure  in  Ronen.  G.  1117.  —  1184 — 85  Nov.  10.  Veronae. 
Capitulo  Ebroicensi  ecclesiam  de  Clavilla  asserit.  (IV  id.  Nov.)  —  „Justis 
petentium  desideriis*'.  Cart.  du  chap.  d'Evreux  s.  XIII — XIV.  f.  4.  Arch. 
d(^p.  de  l'Eure  in  Evreux.  —  1184—85  Nor.  13.  Veronae.  Parthenonis 
S.  Trinitatis  Cadomensis  ecclesiam  S.  Egidii  et  libertates  a  W(illehno) 
quondam  rege  Anglorum  concessas  et  per  quadraginta  annos  possessas 
confirmat.  (Id.  Nov.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Orig.  Arch.  d^p.  du 
Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Trmit(5  n.  48.  — 1184—85  Nov.  16.  Veronae 
Fratribus  Savigneiensibus  indulget,   nt   si   quis   monasterio  eorum  ahquid 


In  den  Archiven  der  Nonnandie.  199 

largiri  voluerit,  nemini  id  impedire  liceat.  (XVI  Kai.  Dec.)  —  ,,Laboribas 
et  necessitatibus".  (Wahrscheinlich:  1184  wegen  der  oben  verzeichneten 
Pancarte  vom  31.  October  11H4.)  Cartul.  de  Sa\igny  s.  XIII.  f.  168  vo. 
Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-L6.  —  1184^85  Nov.  16,  Veronae.  (Wahr- 
scheinlich: 1184  wegen  der  oben  verzeichneten  Pancarte  vom  31.  October 
1184.)  Universos  fideles  per  Turonensem  archiepiscopatum  constitutos  hor- 
tatur,  ut  ad  reparandam  ecdesiam  Savigneiensem  de  facultatibus  suis  con- 
ferant.  (XVI  Kai.  Dec.)  —  „Quoniam  ut  ait".  Cartul.  de  Savigny  s.  XIII. 
f.  168  vo.  Arch.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1185  Apr.  16.  Veronae.  Mona- 
sterii  Augensis  nemus  quoddam  ab  Henr(ico)  comite  donatum  et  iura  quas- 
dam  confirmat.  (XVI  Kai.  Mail.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Orig. 
Arch.  d^p.  de  la  Seine-inf^r.  in  Ronen,  Fonds  d'Eu.  —  1185  Mai  6.  Veronae. 
(Gualtero)  Rothomagensi  et  (Bartholomaeo)  Turonensi  archiepiscopis  eiusque 
suffraganeis  aUisqne  eeclesiarum  praelatis  mandat,  ne  a  fratribus  S.  Andreae 
de  Gufer,  sicut  ab  aUis  ordinis  Cisterciensis  monachis,  decimas  de  nova- 
libus  vel  de  nutrimentis  animalium  exigi  patiantur.  (II  non.  Mail.)  — 
„Audivimus  et  audientes".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds 
de  St.-Andr^-en-Gouffem  n.  15.  —  1185  Mai  9.  Veronae.  Ordinis  Cister- 
ciensis fratribus  tribuit  privilegia  de  abbatibus,  noviciis,  vasibus  bene 
dicendis,  de  sinodis  frequentandis,  de  testimoniis  in  civilibus  vel  crimma 
libus  causis  constituendis  cet.  (VII  id.  Mail.)  —  „Cum  ordo  vester'*.  Orig. 
Arch.  döp.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Andr^-en-Gouffem  n.  18. 
—  1185  Juni  17.  Veronae.  Si  quid  contra  Ebroicensis  ecclesiae  consue 
tudmes,  a  sede  apostolica  probatas,  temptatum  fuerit,  id  viribus  carero 
vult.  (XV  Kai.  Jul.)  —  „Sicut  nostro  imminet'*.  Oart.  du  chap.  d'Evreux 
8.  XIII— XIV.  f.  3  vo.  Arch.  dep.  de  VEure  in  Evreux. 
Urban  III.  1185 — 86  Dec.  19,  Veronae.  (Gualtero)  archiepiscopo  Rotomagensi 
'  praecipit,  ut  cum  in  pluribus  eius  provinciae  monasteriis  „ex  rectorum 
negligentia  in  tantum  disciplinae  rigor  intepuerit,  ut  non  videatur  creatoris 
obsequiis  sed  potius  mundanis  Ulecebris  deputata,  in  monasteriis  moniahum 
vel  aliis  ei  subiectis  resecet,  quae  resecanda  videantur  sine  alicuius  appella- 
tionis  obiectu,  neve  permittat,  ut  moniales  pretiosis  pellibus  uti  ulterius". 
(XIIII  Kai.  Jan.)  —  „Cum  locis  ad**.  Orig.  Arch.  däp.  de  la  Seine-inf.  in 
Ronen.  G.  1118.  —  1186  Aug.  24.  Veronae  Ecclesiae  S.  Helerii  de  Gersoio 
protectionem  suscipit  possessionesque  et  iura  confirmat.  (Villi  Kai.  Sept., 
Ind.  4,  Inc.  a.  1186,  p.  a.  1.)  -  -  „klonet  nos  apo.stolice".  Orig.  Arch.  d^p. 
de  la  Manche  in  St.-Lö.  11.  1975.  —  1186  Not,  25.  Veronae.  Monasterii 
S.  Laudi  tutelam  suscipit,  possessionesque  confirmat.  (VII  Kai.  Dec,  Ind.  5, 
Inc.  a.  1186,  p.  a.  1.)  —  „Cum  simus  ad".  Orig.  Arch.  döp.  de  la  Manche 
in  St.-Lö.  Fonds  de  St.-Lö.  —  1186  Dec.  16.  Veronae.  (Thomae)  abbati 
Exaquiensi  indulget,  „ut  monachos  suos  qui  contra  monasticam  disciplinam 
sibi  rebelles  et  inobedientes  cxtiterint  et  regularia  statuta  servare  noluerint, 
ei  liceat  corrigere  atque  ad  monasterium,  si  quis  forte  foris  administra- 
tiones  habuerit,  revocare,  si  propter  excessum  suum  fuerit  revocandus". 
Sententiam  eius  sose  ratam  habiturum  esse  scribit.  (XVII  Kai.  Jan.)  — 
„Cum  regularis  observantia".  In  einer  Urk.  Hugos  v.  (^outances  (1207 
—38).     Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.   H.  4685.  —  1186—87  Mai  20. 


200  Löweufeld: 

Veronae.  Quae  monasterio  S.  Andreae  de  Guffer  b.  m.  W.  comites  Pon- 
tiviae  et  J.  filius  eius  aliique  viri  concesseiint,  ea  confirmat,  fratreeque  a 
solvendis  decimis  eximit.  (XIII  Kai.  Junii.)  —  „Justis  petentium  desideriis". 
Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Andr<S-en-Gouffeni 
n.  20.  —  1187  Mai  30.  Veronae.  Monasterii  S.  Mariae  Cesarisbuigi  (hodie: 
Cherbourg)  tutelam  suscipit,  bonaque  et  iura  confirmat.  (lU  Kai.  Jun., 
Ind.  5,  Inc.  a.  1187,  p.  a.  2.)  —  „Monet  nos  apostolice".  3  Cop.  s.  XV 
et  XVI.    Arch.  d^p.  de  la  blanche  in  St.  L6.    H.  1976. 

Gregor  VUI.  {1187  Nov.  Ferrariae.)  Monasterium  Savigneiense  tuendum 
suscipit  eiusque  bona  et  privilegia  confirmat  (Datumzeile  fehlt).  —  „Reli- 
giosam  vitam  eligentibus".  (Unterschrieben  ist  die  Bulle  von :  Henricus  ep. 
Alban.,  Paulus  Praenestinus,  Petrus  de  Bono  p.  c  t.  S.  Susannae,  Laborans 
p.  c.  S.  Mariae  tr.  Tib.,  Melior  p.  c.  SS.  Joh.  et  Pauli,  Adelardus  p.  c. 
S.  Marcelli.  —  Man  vergleiche  damit  J.  9994  für  Savigny  und  die  Unter- 
schriften in  J.  9988  u.  9989.)  Gart,  de  Savigny  s.  XUI.  f.  165.  Arch.  döp. 
de  la  Manche  in  St.-Lö. 

Clemens  III.  1188  Oct.  27,  Laterani.  Fratribus  Savigneiensibus  indulget,  ut 
si  episcopus  diocesanus  infra  mensem  in  ecclesia  vacante  personam  idoneam 
ab  eis  praesentatam  inducere  recusaverit,  metropolinum  ad  id  faciendum 
adeant.  (VI  Kai.  Nov.,  p.  a.  1.)  —  „Cum  ab  apostolica".  Cart.  de  Savigny 
s.  XIII.  f.  169.  Arch.  döp.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  —  1188  Nov.  5. 
Laterani.  Turonensi  et  Rotomagensi  archiepiscopis  eorumque  sufEraganeis 
aüisque  ecclesiarum  praelatis  mandat,  ne  a  fratribus  Savigneiensibus  decimas 
de  novalibus  vel  de  aliis  terris  vel  de  nutrimentis  animalium  exigi  patian- 
tur.  (Non.  Nov.,  p.  a.  1.)  —  „Quia  plerumque  veritatis".  Cart.  de  Savigny 
s.  XUI.  f.  168  vo.  Arch.  döp.  de  la  Manche  m  St.-Lö.  —  1188  Nov.  16. 
Laterani.  Hedonensi  episcopo  et  Melanensi  ac  Filgeriensi  abbatibus  mandat, 
ne  quem  contra  privilegia  apostolica  fratribus  Savigneiensibus  concessa  ali- 
quid attemptare  sinant.  (XVI  Kai.  Dec.,  p.  a.  1.)  —  „Cum  de  benignitate". 
Cart.  de  Savigny  s.  Xin.    f.  168  vo.    Arch.  döp.  de  la  Manche  in  St.-Lö. 

Coelestin  III.  1191  Nov.  12.  Laterani.  Monasterio  S.  Andreae  de  Gufer 
asserit  tertiam  partem  decimae  b.  Martini  de  Möllns,  a  L(isiardo)  episcopo 
Sagiensi  donatam.  (II  id.  Nov.,  p.  a.  1.)  —  „Justis  petentium  desideriis". 
Orig.  Arch.  d(5p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  St.-Andr6-en-Gouffem 
n.  21.  —  1192  Apr.  19.  Laterani.  Fratribus  Silleiensibus  asserit  quartam 
partem  molendini  de  Paleavilla,  quam  ad  mensam  eorum  die  obitus  sui 
P.  de  S.  Lothario  assignavit.  (XUI  Kai.  Mali,  p.  a.  2.)  —  „Justis  petentium 
desideriis".  Orig.  Arch.  döp.  de  lOrne  in  Alen^on.  Fonds  de  Silly.  — 
1192  Mai  6.  Laterani.  Fratribus  S.  Andreae  de  Gufer  asserit  „duas  garbas 
decimae  de  Freincio,  sicut  eas  Petrus  presbiter  de  S.  Lothario  ad  Pitantiam 
semel  singulis  meusil^us  mensae  fratrum  conferendam  assignavit.  (II  non. 
Mali,  p.  a.  2.)  —  „Justis  petentium  desideriis".  Orig.  Arch.  döp.  du  Cal- 
vados in  Caen.  Fonds  de  St.-Andr^-en-Gouffem  n.  22.  —  1192  Mai  29. 
Laterani.  Monasterii  S.  Mariae  de  Voto  (prope  Cherbourg)  possessiones 
confirmat  fratribusque  iura  quaedam  de  canonicis  in  ecclesiis  vacantibus 
instituendis,  de  sepultura,  de  divinis  tempore  interdicti  celebrandis  cet 
tribuit.    (Uli  Kai.  Jun.,  p.  a.  2.)  —  „Religiosam  vitam  eligentibus".    Orig. 


In  den  Archiven  der  Nonnandie.  201 

Arch.  d^p.  de  la  Manche  in  St.-Lö.  H.  1977.  —  1193  Jul.  20.  Laterani. 
Willehno  episcopo  Lexoviensi  indulget,  ut  si  quilibet  capituli  et  cleri  Lexo 
viensis  infra  40  dies  post  mandatum  receptum  „ipsi  sicut  episcopo  et 
animarum  suarum  pastori  reverentiam  et  obedientiam  debitam  non  cura- 
verint  exhibere,  liceat  ei  eoram  beneficia,  appellatione  remota,  personis 
idoneis  assignare".  (XIII  Kai.  Aug.,  p.  a.  3.)  —  „Cum  capitulo  et  clero". 
Orig.  Arch.  d^p.  de  la  Seine-inf^r.  in  Rouen.  G.  1118.  —  1193  Jul.  26. 
Laterani.  Willelrao  episcopo  Lexoviensi  indulget,  „ut  de  bis,  que  post 
appellationem  ad  sedem  apostolicam  interpositam  ab  eins  subditis  inno- 
ventur,  libere  possit  appellatione  remota  cognoscere".  (VII  Kai.  Aug.,  p. 
a.  3.)  —  „Sicut  dignum  est".  Orig.  Arch.  d(5p.  de  la  Seine-inf^r.  in  Rouen. 
G.  1118.  —  1194  Mai  12.  Romae  ap.  S.  Petram.  Monachis  S.  Petri 
Pratellensibus  collatum  u  Roberto  comite  Mellenti  beneficium  apud  S.  Egi- 
dium  iuxta  pontera  Audomari  confirmat.  (IV  id.  Maii.)  —  „Quotiens  a 
nobis".  Cart.  du  chap.  d'Evreux  s.  XIII — XIV.  f.  7  vo.  Arch.  d^p.  de 
l'Eure  in  Evreux.  —  1195  Dec.  23.  Laterani.  Robertum  abbatem  fratresque 
S.  ^Vndreae  de  Goufer  tuendos  suscipit  eisque  ius  advocationis  in  ecclesiis 
quibusdam  et  decimas  nonnullas  asserit.  (X  Kai.  Jan.,  p.  a.  5.)  —  „Sacro- 
sancta  Romana  ecclesia".  Orig.  Arch.  d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds 
de  St.-Andrö-en-Gouffem  n.  23.  —  1196  Jan.  13.  Laterani.  Fratribus  S.  Au- 
doeni  Rotomagensibus  asserit  ius  eligendi  abbatem  in  ecclesia  S.  Leofredi 
de  Cruce  et  priores  in  prioratibus  de  Bello  monte  et  Sigerio.  (Id.  Jan.) 
(Der  Anfang  der  Bulle  ist  nicht  mehr  zu  lesen.)  Orig,  (verstümmelt),  Arch. 
d^p.  de  la  Seine-inf^r.  in  Rouen.  Fonds  de  St-Quen  de  Rouen.  —  1196 
Apr.  29.  Laterani.  Canonicis  S.  Barbarae  liberam  prioris  eligendi  facultatem 
concedit.  (III  Kai.  Maii,  p.  a.  6.)  —  „Si  quando  postulatur".  Orig.  Arch. 
d^p.  du  Calvados  in  Caen.  Fonds  de  Ste.Barbe  n.  109.  (J.  10r)88,  vom 
gleichen  Tag,  ist  Romae  ap.  S.  Petrum  datirt.  Affb  hat  die  Bulle  nach 
dem  Original  veröffentlicht.) 


IX-   Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen. 
A.  Ueber  eine  Stadthagener  Statutenhandschrift  des  14.  Jahrhunderts. 

Von 

Dr.  H.  Ermisch, 
k.  Archivrath  zu  Dresden. 


Ein  Urlaubsaufenthalt  in  dem  lieblichen  Bückeburger  Ländchen 
veranlasste  mich,  im  Sommer  1882  der  Stadt  Stadthagen  einen 
flüchtigen  archivalischen  Besuch  abzustatten.  Ich  fand  dort  ein 
ziemlich  reichhaltiges  Stadtarchiv,  wenn  man  Hunderte  von  Urkunden 
und  Aktenfragmenten,  die  in  buntester  Unordnung  in  verschiedenen, 
theilweise  möglichst  ungeeigneten  Räumen  des  Rathhauses  lagen, 
so  nennen  darf.  Für  einen,  der  mit  städtischen  Archiven  einiger- 
massen  vertraut  ist,  bot  dieser  traurige  Zustand  nichts  Ueber- 
raschendes.  Um  so  erfreulicher  war  es  mir,  dass  ich  bei  dem 
derzeitigen  Bürgermeister,  Herrn  Wippormann,  volles  Verständniss 
für  die  Bedeutung  fand,  die  ein  wohlgeordnetes  Archiv  für  jede  Stadt 
besitzt,  namentlich  aber  für  eine  solche,  welche  ihre  alte  städtische 
Verfassung  auss(*rordentlich  lange  bewahrt  hat  —  sie  wurde  in 
Stadthagen  erst  durch  die  Städteordnung  vom  7.  April  1870  verdrängt 
—  und  noch  heute  vielfach  in  innigem  Zusammenhange  mit  ihrer 
Vergangenheit  steht  So  kam  es,  dass  der  Magistrat  sich  auf 
meinen  Vorschlag  entschlo'ss,  eine  Ordnung  des  Archivs  durch  einen 
Fachmann  vornehmen  zu  lassen.  Ueber  den  Erfolg  derselben  hat 
Herr  Archivar  Dr.  Doebner  in  Hannover,  der  sich  dieser  Arbeit 
unterzogen  hat,  in  dem  fplgeuden  Aufsatze  Bericht  erstattet. 

Unter  den  Archivalien,  die  mir  in  Stadthagen  vorgelegt  wurden, 
befand  sich  eine  Handschrift,  deren  Inhalt  für  die  Geschichte  des 
Städtewesens  in  der  Grafschaft  Schaumburg  von  nicht  geringem 
Interesse  ist.  Diese  Handschrift  besteht  aus  zwei  Theilen,  die 
erst   später    —   der  Einband    stammt    wohl  frühestens    aus    dem 


Ermisch:  Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  203 

17.  Jahrhundert  —  zusammengebunden  worden  sind,  wie  diess 
namentlich  Spuren  von  Abnutzung,  auf  pag.  20  und  pag.  25  beweisen. 
Zwischen  ihnen  sind  zwei  Pergamentblätter  (pag.  21 — 24)  eingeheftet, 
welche  eine  uns  nicht  weiter  interessirende  Niederschrift  über  einen 
Rechtsstreit  zwischen  der  Stadt  und  Bodo  von  Oheim  (1531  fg.) 
enthalten. 

Der  für  uns  wichtigste  erste  Theil  der  Handschrift  besteht 
aus  einer  Lage  von  10  Pergamentblättern  (5  üoppelblättern),  die 
von  neuerer  Hand  paginirt  sind.  (pag.  1  -20).  Schon  ein  flüchtiges 
Durchblättern  dieser  Lage  belehrt  uns,  dass  ursprünglich  die  fünf 
ersten  Seiten  leer  gelassen  waren.  Die  Seiten  6 — 10  enthalten  zweifel- 
los die  älteste  Aufzeichnung  des  Stadtbuches,  eine  Sammlung  von 
Rathsstatuten ,  die,  abgesehen  von  einigen  Nachträgen,  wohl  dem 
Anfange  des  14.  Jahrhunderts  angehören.  Wir  theilen  sie  unten 
ihrem  vollen  Wortlaute  nach  mit,  geben  aber  zunächst  eine  Ueber- 
sicht  über  den  sonstigen  Inhalt  des  Heftes,  der  nachträglich  jenem 
Orundstocke   beigefügt  worden  ist.     Es    sind  dies    folgende  Stücke: 

(pag.  1.)  Eine  etwa  gleichzeitige  Abschrift  der  Landfriedens- 
urkunde der  Bischöfe  Florens  von  Münster  und  Heinrich  von  Pader- 
born, des  Grafen  Engelbert  von  der  Mark  und  der  Städte  Soest, 
Münster,  Osnabrück  und  Dortmund  vom  3.  Mai  1374;  gedruckt  bei 
Fahne  Dortmund  II  (Urkundenbuch)  2,443. 

(pag.  2.)  Eine  von  derselben  Hand  herrührende  Abschrift  einer 
meines  Wissen  bisher  unbekannten  Urkunde  (oder  eines  nicht  aus- 
gefertigten Urkundenentwurfs?)  der  Bischöfe  Potho  von  Münster, 
Heinrich  von  Paderborn,  Dietrich  von  Osnabrück,  des  Grafen  Engel- 
bert von  der  Mark  und  des  Heidenrick  van  Ore,  Marschalls  zu 
Westfalen,  sowie  der  Städte  Soest,  Münster  und  Osnabrück,  in 
welcher  diese  bekennen: 

„dat  wy  sijid  overdreghen  na  deme  rechte  unde  gnade,  de  use  here  de 
Romesche  keyser  deine  lande  to  Westfalen  iinime  god  unde  umme  waldSt 
ghegheven  hef t  *),  also  dat  nu  vortmer  na  desser  tyd  alle  ploghe  unde  egheden 
unde  er  iuwehk  bisunderen  myd  twen  knechten  unde  perden  efte  ossen,  de 
daran  unde  ynne  arbeydet,  uppe  deme  ackere  unde  weghe  uth  unde  to  hus 
scollen  velich  (d.  h.  gesichert,  geschützt)  wesen  ane  arghelist  unde  sunder  under- 
acheyt,  men  orloghe  (fehde,  führe  Krieg)  efte  nicht.  Ok  so  enscal  nemand 
deme  anderen  syn  holt  afforen  in  openbaren  w^hen  myd  vorsate,  men  kan 
we  deme  anderen  holt  nederhowen  unde  dat  vort  to  derselven  tyd  afvoren,  dat 


•)  Gemeint  Ist  der  Landfriede  Karl's  IV.  für  Westfalen  von  1371  Nov.  25  (Reichstags- 
akten 1,  535). 


204  Ermisch: 

mach  he  don.  Unde  we  des  keysers  vrede  ghesworen  heft,  de  scal  desse 
articule  mede  holden"  u.  s.  w. 

Das  Datum  fehlt;  die  Urkunde  fallt  zwischen  den  9.  April 
1379  (Amtsantritt  des  Bischofs  Potho)  und  den  21.  März  1380 
(Todestag  des  Bischofs  Heinrich). 

(pag.  3.)  Eine  von  anderer,  ebenfalls  etwa  gleichzeitiger  Hand 
geschriebene  Abschrift  der  Landfriedensurkunde  des  Erzbischofs 
Friedrich  von  Köln,  der  Bischöfe  Heidenrich  von  Münster,  Simon 
von  Paderborn  und  Dietrich  von  Osnabrück,  des  Abtes  Bodo  zu 
Corvey,  der  Grafen  Engelbert  von  der  Mark  und  Heinrich  von 
Waldeck,  Simons  Herrn  zu  der  Lippe  und  der  Städte  Soests  Münster, 
Osnabrück  und  Dortmund  vom  29.  Juli  1385;  gedruckt  bei  Hae- 
berlin  Analecta  medii  aevi  pag.  344  und  im  Auszuge  bei  Seibertz  Ur- 
kundenbuch  zur  Landes-  und  Kechtsgesch.  Westfalens  H,  656.  — 
Unter  den  sonstigen  Mitgliedern  des  westfälischen  Landfriedens, 
die  persönlich  nicht  anwesend  waren,  aber  durch  Vertreter  ihre 
Zustimmung  aussprachen,  befand  sich  auch  Graf  Otto  (I.)  zu  Schaueu- 
burg,  dessen  Unterthanen  laut  den  Bestimmungen  dieser  ürkimde 
auf  den  Landfrieden  vereidigt  wurden  (Ok  scollet  alle  deghene,  de 
in  desser  heren  lande  unde  stede  gheseten  sind,  se  hebben  ghe- 
sworen efte  nicht,  desse  articule  unde  puncto  sweren  stede  unde 
vast  to  holdene);  daraus  erklärt  es  sich,  dass  diese  und  die  vor- 
stehend genannten  Urkunden  den  Anfang  des  Stadtbuchs  bilden. 

(pag.  5.)  Gleichzeitige  Abschrift  eines  Reverses  des  ßathes  zu 
Stadthagen  (Grovenalveshaghen)  vom  14.  November  1386,  durch  wel- 
chen sich  dieser  verpflichtet,  alljährlich  „binnen  den  twelf  nachten 
to  winachten"  d.  h.  zwischen  Weihnachten  und  dem  6.  Januar,  „wanne 
wy  efte  uses  rades  kumpane  van  user  wegheno  bi  usen  gnedighen 
iunchere  to  Scowenborch  usen  rad  ummetosettende  komef ',  diesem 
oder  seinem  Amtmann  ein  Verzeichniss  aller  im  Laufe  des  Jahres 
neu  aufgenommenen  Bürger  und  Bürgerinnen  zu  überreichen;  wollen 
der  Junker  oder  sein  Amtmann  einen  derselben  „van  eghendomes 
weghene  sc&ldighcn  efte  anclagen",  so  sollen  sie  diess  binnen 
sechs  Wochen  thun.  Im  Rathsarchiv  befindet  sich  die  Gegenurkunde 
des  Grafen  von  demselben  Datum  (angeführt  bei  Dolle  Bibl.  Historiae 
Schavenbvrgicae  III,  313). 

(pag.  5.)  Gleichzeitige  Abschrift  einer  Urkunde  von  1427  Sept.  29., 
laut  welcher  der  Rath  dem  Hinrik  Serke  und  Gheseken,  seiner  Ehefrau, 
ein  der  Stadt  gehöriges  Haus  auf  Lebenszeit  verkauft  (durchstrichen). 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  205 

Nach  den  Statuten  (pag.  6 — 10)  folgt  sodann: 

(pag.  10.)  Gleichzeitige  Abschrift  einer  Urkunde  von  1420  Oct.  21., 
laut  welcher  der  Rath  gegen  200  Rhein.  Gulden  den  Cord  Bloybom 
und  Girte,  seine  Ehefrau,  auf  Lebenszeit  von  aller  Stadtpflicht,  aus- 
genommen „burwerk  (d.  h.  öffentlichen  Arbeiten,  besonders  Erd- 
und  Bauarbeiten  zur  Befestigung  und  zum  Schutze  der  Stadt,  bei 
denen  alle  Bürger  helfen  mussten),  wachte  undo  wechterghelt",  be- 
freit. „Und  werz,  dat  eyn  rechte  (Gerücht,  Gerüft,  Zetergeschrei, 
Schrei  um  Hilfe)  unde  klockenslech  (Läuten  der  Glocken  zum  Auf- 
gebot der  Bürger  bei  Verfolgung  von  Verbrechern,  allgemeiner 
Landesnoth  u.  dgl.)  werde,  so  dat  unse  borghere  uththogen  und 
yaghen  scheiden,  so  scheide  he  ghan  myd  eynem  spere  vor  dat 
dor,  ift  he  mechtich  were,  dar  dat  rechte  ute  were;  wes  ome  den 
de  borgermester  unde  raid  to  der  tyd  bevalen  bynnen  der  stad  to 
vorwarende  na  redelcheit,  deme  scheide  he  so  don,  de  wyle  unse 
borghere  ute  weren".  Nach  Gurts  Tode  soll  seine  Frau  noch  ein 
Jahr  lang  diese  Freiheit  haben. 

(pag.  11 — 15.)  Gleichzeitige  Abschrift  von  22  Schuld-  und  Leib- 
rentenverschreibungen,  Wiederkaufsverträgen  u.  dgl,  ausgestellt  vom 
Rathe  in  den  Jahren  1403 — 1410,  von  lediglich  localem  Interesse 
(meist  durchstrichen). 

(pag.  16.)  Aufzeichnung  von  einer  im  Jahre  1382  erfolgten  Ver- 
handlung wegen  der  Ansprüche,  die  Graf  Otto  gegen  Tileke  Hoben 
als  seinen  eigenen  Mann  erhoben  hat  und  deren  Entscheidung  beide 
Theile  dem  Rathe  zu  Stadthagen  übertragen  haben.  Tileke  Hoben 
wendet  ein,  er  sei  bereits  32  Jahre  Bürger  zu  Stadthagen,  ohne 
dass  Ansprüche  derart  auf  ihn  gemacht  worden  wären.  Darauf  ent- 
scheidet der  Rath;  „Sind  dem  male,  dat  us  dat  witlik  is,  dat  Tileke 
Hoben  myd  us  heft  beseten  vor  enen  vrigen  borghere  iar  unde 
dach  dach  unde  iar  ane  rechte  bisprake,  so  mach  he  dat  beholden 
myd  sines  enes  band  (d.  h.  mit  Eineid),  dat  he  also  lange  borghere 
ghewesen  hebbe  unde  ensy  nicht  eghen.  Ok  spreke  wy,  edele  here 
iunchere  van  Scowenborg :  use  overelderen  hebbet  ghehat  vor  recht 
van  iuwen  overeldern  unde  wy  van  iuweme  vadere  unde  van 
iuweme  brodere  unde  van  iuk  wente  an  dessen  dach:  we  hir  use 
borghere  wart,  dar  wy  nynen  eghendom  an  ene  wisten,  unde  myd 
US  besät  iar  unde  dach  ane  rechte  bisprake,  den  beide  wy  vor 
borghere  myd  user  herscop  h&lpe*'.     Vergl.  oben  S.  204. 

(pag.  16.)  Willküren,  vergl.  Statuten  §  7  (S.  216)  und  Zusatz  1. 


206  Ennisch : 

(pag.  17.)  Sechs  Vermerke  über  den  Verkauf  von  Stadtland, 
Verschossung  einzelner  Grundstücke,  TJeberlassung  einer  „kemenade" 
zur  Wohnung,  Leibrentenbestellung,  Verzicht  auf  ein  Haus  1401 
—  1410  (theilweise  durchstrichen). 

(pag.  18.)    Statuten:  vergl.  unten  S.  215  ff.  und  Zusatz  2. 

(pag.  19.)  Vergleich  zwischen  dem  Rathe  und  Hans  Trippen- 
makers  Knecht  wegen  erlittenen  Gefängnisses  von  1407  Dec.  22. 

(pag.  19.)  Vergleich  zwischen  Heinrich  von  Borsteldo  und  dem 
Rath  wegen  städtischer  Verpflichtungen  von  1409  Dec.  4  (durch- 
strichen). 

(pag.  20.)    Willkür:  cf.  Zusatz  3  zu  den  Statuten. 

(pag.  20.)  Bitte  um  Eechtsbelehrung  (wohin  sie  gerichtet  ist^  ist 
nicht  klar).  Eine  Bürgerin  hat  als  -Wittwe  mehrere  Vermächtnisse 
gemacht.  Sie  heirathet  dann  einen  „der  herscop  man";  nach  ihrem 
Tode  kommt  dieser  mit  den  mit  Vermächtnissen  Bedachten  in  Streit 
und  verlangt,  dass  die  Sache  von  dem  Landesherrn  entschieden 
w^erde,  während  jene  sich  auf  der  Stadt  Gericht  beziehen.  „Welk 
under  dessen  twen  rechten  vulbord  e  ghe,  des  beghere  wy  anwisinge''. 

(pag.  20.)  Verträge  wegen  Verschossung  verschiedener  Grund- 
stücke und  andere  theilweise  halb  erloschene  Notizen  von  nur  localer 
Bedeutung,  aus  d.  J.  1399 — 1406.  Sämmtliche  Einträge  sind  von 
verschiedenen  Händen  und  zu  verschiedenen  Zeiten,  wo  gerade 
Raum  war,  eingetragen  worden. 

Mit  pag.  25  beginnt  der  zweite  Theil  unserer  Handschrift. 
Er  besteht  aus  61  Blättern  (55  Blatt  Pergament  in  Lagen  von 
verschiedener  Stärke  und  sechs  Blatt  starken  Glac6-Cartonpapiers) 
und  enthält  die  1382  begonnene  Bürgermatrikel  der  Stadt.  Ueber 
den*Zw<3ck  und  die  Entstehung  dieser  Bürgermatrikel  belehrt  uns 
folgender  Vermerk,  mit  dem  pag.  25  beginnt: 

In  nomine  sancte  et  individue  trinitatis  amen.  Cum  humana  corpom 
letargia  crebro  lacesset  et  in  ipsis  tum  propter  sensuum  hebitudinem  tum 
propter  fluxum  temporis  nascatur,  ne  igitur  rerum  gestariun  memoria  processu 
teniporis  evanescat,  ea,  que  fiunt  in  tempore,  ne  simul  cum  tempore  pereant 
et  labantur,  opus  est,  ut  ea  de  discretorum  virorum  prudencia  scripturarym 
memorie  commendentur  et  perhennentur.  Hinc  est,  quod  per  providos  et  honestos 
viros  .  .  .  consules  opidi  Grevenalveshaghen  omnes  et  singuli  ad  annos  discre- 
cionis  perventi  in  opido  predicto  commorantes,  qui  pacem  ab  illustrissimo  rege 
Karolo  quarto  Romanoram  imperatore  venerabilibus  in  Christo  patribus  dominis 
nobilibus  archiepiscopis  episcopis  ducibus  comitibus  vasallis  et  strennuis  viris 
militibus  famulis  ac  drcumspectis  viris  consulibus  civibus  opidanis  ac  toti  uni- 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  207 

yersitati  terra  Westfalie  datam*),  prout  fidelius  et  finnius  poterunt  servare, 
juraverunt,  huic  scripto  sunt  commendati,  ne  imposterum  aliquem  non  jurasse 
ipsis  errare  contingat.  Et  incipit  anno  domini  m®  ccc®  octogesimo  secundo 
feria  sexta  infra  octavas  epiphanie  domini  (1382  Jan.  10). 

Hierauf  folgen  die  Namen  der  „consules  novi"  und  der  „con- 
sules  antiqui"  (je  12),  der  beiden  „servi  consulum'',  endlich  (pag.  25 
bis  27)  sämmtlicher  selbständiger  Mitglieder  der  „communitas*' ;  ihre 
Zahl  beträgt  314.  Dann  kommen  (p.  27)  die  dreizehn  1385  auf- 
genommenen Bürger  unter  der  Aufschrift:  „Desse  sind  borghere 
worden  und  hebbet  den  landvrede  sworen  anno  domini  mO  cccO  octo- 
gesimo quinto";  von  ihnen  gesondert  erscheinen  unter  der  Aufschrift: 
„Desse  sind  borghere  worden,  sind  dat  use  iunchere  us  den  bref 
bezeghelde"  diejenigen,  welchen  nach  Erlass  der  oben  S.  204  er- 
wähnten Urkunde  von  1385  Nov.  14  das  Bürgerrecht  empfingen.  In 
regelmässiger  Keihenfolge  schliessen  sich  nun  daran  die  in  den  Jahren 
1386 — 1398  aufgenommenen  Bürger.  Die  letzten  Seiten  der  ersten 
Lage  der  Matrikel  aber  füllen  anderweitige  Notizen  aus  dem  Ende 
des  14.  und  Anfang  des  15.  Jahrhunderts,  nämlich: 

(pag.  31  und  noch  einmal,  aber  vollständiger,  pag.  33)  eine  län- 
gere undatirte  Niederschrift  über  einen  Kechtsstreit  der  Stadt  mit 
dem  Rathsherrn  Otto  van  Benthem  wegen  widerrechtlicher  Besitz- 
nahme von  Gemeindeland  und  die  darin  ergangenen  Urtheile  des 
Grafen  Otto   von  Schaumburg  (f  1404). 

(pag.  31.)  Vergleich  zwischen  Ghercke  Olberch  und  dem  Käthe 
wegen  eines  Vergehens  des  ersteren,  von  1420  Jan.  4. 

(pag.  32.)  Schuld-,  Wiederkaufs-  und  Leibrentenverschreibungen 
des  Rathes,  Verkauf  eines  Hauses  durch  denselben,  von  1407,  1408, 
1423  und  ohne  Jahr  (meist  durchstrichen). 

(pag.  33.)  Willkür:  s.  unten  Zusatz  4  zu  den  Statuten  (S.  224). 

(pag.  34.)  Vermerk  über  eine  grössere  Zahlung  des  Rathes  an 
die  van  Reden  1406. 

(pag.  34.)  Vereinbarung  über  eine  Summe,  welche  der  Rath 
dem  Grafen  Adolf  VIII.  „to  hulpe  syr  nod  unde  vengnisse  als  on 
de  van  Homborch  gevangen  hadde",  gegeben  hatte,  von  1409  Nov.  15. 

(pag.  34.)  Abmachungen  wegen  Schosspflicht  und  andere  theil- 
weise  ausradirte,  unwesentliche  Notizen.    1427.    1428. 

(pag.  34.)  Eid  der  Handwerksmeister  und  Eid  der  Mitglieder 
des  Rathes. 


•)  Vergl.  oben  8.  203  Anm.  1. 


208  Ermisch: 

Von  pag.  35  an  folgen  dann  die  weiteren  Verzeichnisse  neu  auf- 
genommener Bürger  ;  sie  reichen  ohne  Unterbrechung  von  1399 — 1869. 

Ein  genaueres  Studium  dieser  Bürgermatrikel  würde  vielleicht 
zu  manchen  interessanten  Beobachtungen  Anlass  geben;  auffallend 
war  uns  besonders,  eine  wie  grosse  Stätigkeit  der  Bevölkerung  sich 
in  derselben  ausspricht:  zahlreiche  Familien,  deren  Namen  bereits  in 
den  ältesten  Verzeichnissen  erscheinen,  sind  noch  heute  in  Schaumburg- 
Lippe  vertreten.  So  finde  ich  schon  in  den  Jahren  1382 — 1394  auf- 
geführt die  Familien  Auhagen,  Bening,  Blumenberg,  Bock,  Brügge- 
mann, Ebeling,  Hesterberg,  Hoyer,  Knöllike,  Lochmann,  Loman, 
Meyneke,  Nagel,  Rodenberg,  Steding,  Tileking,  Wegener,  Witte  u.  a. 
Auch  lassen  sich  vielleicht  Rückschlüsse  auf  die  Einwohnerzahl 
Stadthagens  zu  den  verschiedenen  Zeiten  aus  der  Matrikel  machen. 
Doch  müssen  wir  diess  andern  überlassen  und  kehren  zu  dem  für 
uns  wichtigsten  Theile   der  Handschrift,   zu   den  Statuten,   zurück. 


Wie  in  der  Herrschaft  zur  Lippe  (Lemgo,  Detmold,  Hörn, 
Blomberg,  Barntrup,  SalzuflFeln),  so  knüpft  auch  in  der  alten  Graf- 
schaft Schaumburg  die  städtische  Entwicklung  unmittelbar  oder 
mittelbar  an  das  Recht  der  Stadt  Lippstadt  an.  Letztere  er- 
hielt um  1197 — 1207  von  Bernhard  IL  zur  Lippe  ein  Privileg,  das 
seinerseits  auf  die  Soester  Statuten  zurückweist;^)  dasselbe  fand 
bereit*  im  13.  Jahrhundert  eine  weite  Verbreitung.^)  Schon  im 
Jahre  1239  verlieh  Graf  Adolf  IV.  von  Schauenburg  seiner  Stadt 
Rinteln,  wohl  der  ältesten  Stadt  in  der  Grafschaft,  Lippisches 
Recht;  sein  Privileg 3)  schliesst  sich  im  Wortlaute  vielfach  genau 
an  das  Privileg  für  Lippstadt  an. 

Stadthagen  (Indago,  Hagen,  seit  dem  Ende  des  13.  Jahrh.  auch 
Indago  comitis  Adolphi,  Grovenalveshagen  u.  ä.)  erscheint  urkundlich 
unseres  Wissens  zuerst  im  Jahre  1230  (Mooyer,  Die  vormalige  Graf- 
schaft Schaumburg  in  ihrer  kirchlichen  Eintheilung  S.  15).  Im  Jahre 
1261  wird  zuerst  des  Bürgermeisters  und  Rathes  (proconsul  et  consules), 
1280  des  landesherrlichen  Richters  (judex)  Erwähnung  gethan  (a.  a.  0. 


*)  Gedr.  bei  Erhard,  Reg.  Westfal.  Cod.  dipl.  ü,  237  (No.  641.)  Gengier 
Stadtrechte  254  fgg.  u.  ö.  Dass  Gengiere  Datimng  (1244)  falsch  ist,  beweist 
schon  das  Datum  des  Rinteler  Privüegs. 

•)  Vergl.  Preuss  und  Falkmann,  Lippische  Regesten  I,  117. 

•)  Gedrackt  bei  von  Aspem  Cod.  diplomat.  hist.  comitum  Schauenburg. 
n,  87,  parallel  mit  einem  Auszug  aus  dem  Privil^  Bernhards  11  für  Lippstadt. 


Aus  dem  StÄdtarchiv  zu  Stadthagen.  209 

187,  260).  Doch  unterliegt  es  selbstverständlich  keinem  Zweifel, 
dass  sowohl  Rath  als  Richter  schon  früher  vorhanden  waren;  sie 
leiteten  wohl  das  städtische  Wesen,  seit  Stadthagen  überhaupt  mit 
Mauern  umgeben  und  mit  städtischen  Rechten  ausgestattet  war. 
Worin  diese  ältesten  städtischen  Rechte  (jus  et  libertas,  quam  nostri 
progenitores  felicis  recordacionis  ipsis  dederunt,  dum  dictum  opidum 
de  eorum  mandato  muniretur)  bestanden  haben,  wissen  wir  nicht. 
Die,  frühesten  Stadtprivilegien,  die  das  Stadtarchiv  enthält,  sind  zwei 
Pergamenturkunden  des  Grafen  Adolf  VI.  von  Schaumburg  vom 
12.  August  1344,  durch  welche  neben  der  Bestätigung  aller  früheren 
Rechte  die  Stadt  Stadthagen  mit  dem  jus  Lippense,  dem  Rechte  von 
Lippstadt,  begnadigt  wurde  (cf.  Dolle  Bibl.  Histor.  Schauenb.  III,  313). 
Die  eine  der  beiden  Urkunden  spricht  diese  Begnadigung  einfach 
aus;  die  andere  längere  geht  ausführlicher  auf  den  Inhalt  des  jus 
lippense,  auf  die  nunmehr  geltenden  Rechte  der  Stadt,  ein.  Als 
Vorlage  für  diess  letztere  Privileg  hat  die  oben  erwähnte  Urkunde 
für  Rinteln  von  1239  gedient,  deren  Bestimmungen  nebst  den  Zu- 
sätzen zum  Lippstädter  Privileg  (§§  13 — 16)  theils  wörtlich  theils  mit 
geringen  Aenderungen  wiederholt  wurden.  Nur  §  4  des  Rinteler 
Privilegs,  welcher  eine  wohl  veraltete  Bestimmung  über  die  Ein- 
setzung des  Raths  durch  die  Landesherren  enthielt,  ist  in  der  Ur- 
kunde für  Stadthagen  weggelassen;  dagegen  enthält  die  letztere 
einige  Zusätze.  So  ist  zwischen  §  11  und  12  des  Rinteler  Privilegs 
eingeschaltet:  „Item  si  aliquis  burgensis  alium  volneraverit,  ultra 
aliam  noctem  super  hereditatem  siiam,  si  habuerit,  so  accomodare 
faciet  coram  nostro  judicio  super  dicta  causa,  secundum  quod  justum 
fuerit  responsurus."     Hinter  §  16  finden  sich  folgende  Sätze: 

Si  quis  eciam  ibidem  arestatus  ab  aliquo  burgensium  inde 
recedere  vel  exire  presumeret  seii  vellet,  talis  recedero  volens  sine 
excessu  tamdiu  retardari  licito  poterit,  quousque  judex  adveniens 
sibi  fieri  faciat,  quod  est  juris. 

Cetere  omnes  cause  ad  nostrum  Judicium  pertinentes  debent 
per  nostrum  judicem  si  possunt  terminari.  Sin  autem  ad  consules 
devolventur,  quas  (sie)'  infra  mensem  et  non  ultra  exigente  justicia 
terminabunt. 

Item  quilibet  existens  in  dicto  opido,  quem  nos  incusare 
voluerimus  aut  officiati  nostri  vel  aliquis  de  servis  nostris,  pro 
quacunque  causa  fuerit,  coram  consulibus  ad  justiciam  respondebit, 
si  causa  talis  ad  consules  dinoscitur  pertinere.  Si  ad  judicem  pertineat, 

ArchivaliiClie  Zeitechrift  Vm.  14 


210  Ermißch: 

talis  existens  in  dicto  opido  nichilominus  coram  judicio  responsurus 
nobis  vel  nostris  ipsum  incusantibus  pro  quacunque  causa  satis- 
faciet  secundum  jus  civitatis,  quod  a  consulibus  ibidem  tunc 
diffinitum  fuerit  vel  ostensum. 

Von  Stadthagen  wurde  das  Lippstadt-Rinteler  Recht  dann  auch 
auf  Bückeburg  übertragen .  Graf  Adolf  VII.  und  sein  Bruder  Otto 
gaben  durch  Urkunde  vom  24.  Juni  1365  „eine  vriheit  von  unsern 
schlate  tho  der  Bückeborch  und  ein  weickbilde"  für  die  darin 
Wohnenden,  wonach  man  in  den  nächsten  12  Jahren  Wunden  imd 
Todschlag  verbessern  sollte  „in  gnade  oder  na  sodanen  rechte, 
also  in  der  stadt  tho  dem  Grevenalveshagen  recht  is";  die  Bussen 
sollten  zu  Besserung  des  Schlosses  verwandt  werden.  Nach  Ablauf 
der  12  Jahre  „solden  se  brücken  alder  gerechtigkeit ,  der  de  von 
dem  Grevenalwenshagen  brücket".  (Dolle  Biblioth.  Hist.  Schaumburg. 
II,  191.  Wippermann  ßegesta  Schaumburgen sia  S.  173.)  Hiernach  fallt 
also  die  Umbildung  von  Bückeburg  zu  einer  Stadt,  die  man  in  der 
Kegel  erst  dem  Fürsten  Ernst  (1609)  zuschreibt,  schon  in  das 
14.  Jahrhundert;  einen  Rath  von  Bückeburg  finden  wir  wiederholt 
im  15.  Jahrhundert  aufgeführt. 

So  schliessen  die  Urkunden  vom  12.  August  1344  eine  Lücke 
in  der  Reihe  der  westfälischen  Stadtrechte.  Von  geringerer  Wichtig- 
keit sind  die  ebenfalls  im  Rathsarchiv  vorhandenen  Bestätigungen 
dieser  Privilegien  von  1344  Dec.  6.,  1353  Juli  14.  und  1369  März  5. 

Auch  im  15.  und  16.  Jahrhundert  blieb  Stadthagen^  in  naher 
Beziehung  zu  Lippstadt,  wandte  sich  aber  ausserdem  auch  oft  an 
den  am  allgemeinsten  anerkannten  Oberhof  Westfalens,  nach  Dort- 
mund. Wir  erkennen  diess  namentlich  aus  zwei  Manuscripten  des 
Rathsarchivs  zu  Stadthagen,  die  neben  zahlreichen  Rechtsweisungen 
aus  lippstadt  und  Willküren  des  Rathes  zu  Stadthagen  auch  die 
lateinischen  und  die  ihnen  angehängten  deutschen  Dortmunder 
Statuten^)  in  Abschriften  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  enthalten.^) 
Auf  den  weitern  Inhalt  dieser  Handschriften  gehen  wir  nicht  näher 
ein,  da  es  hier  nur  darauf  ankam,  den  Boden  zu  kennzeichnen, 
auf  welchem  die  unten  mitgetheilten  Statuten  von  Stadthagen  er- 
wachsen sind. 


')  Gedruckt  bei  .Frensdorff,  Dortmunder  Statuten  und  tJrtheile  (Halle  a/S. 
1882)  S.  19  ff.,  48  ff. 

')  Yergl.  über  die  beiden  Handschriften  Frensdorff  a.  a.  0.  S.  352  und 
in  den  Hansischen  Geschichtsblättem  Jahrg.  1882  S.  119  f. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Rtadthagen.  211 

Seit  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  lag  die  Verwaltimg  der 
Stadt  und  die  niedere  Gerichtsbarkeit  in  den  Händen  des  Rathes, 
während  die  Gerichtsbarkeit  über  Hals  und  Hand  dem  I^ndesherm 
zustand  und  in  seinem  Namen  durch  den  Judex,  dem  die  Raths- 
mitglieder  als  Schöflfen  zur  Seite  standen,  gehandhabt  wurde.  Es 
war  das  Naturgemässe,  dass  die  landesherrliche  Gesetzgebung  sich 
vorzugsweise  mit  dem  Competenzrerhältnis  dieser  beiden  Factoren, 
das  ja  Anlass  zu  allerhand  Conflicten  bieten  konnte,  befassen  musste; 
dem  entspricht  der  Hauptinhalt  der  längeren  Urkunde  von  1344, 
wenn^dieselbe  auch  daneben  einige  innere  Zustände  berührt.  Die 
Ausgestaltung  der  städtischen  Verwaltung  im  engern  Sinne  war 
hier  wie  in  andern  Städten  Sache  des  mit  Autonomie  ausge- 
statteten Erathes.  Es  bildeten  sich  Gewohnheitsrechte,  die,  wenn  das 
Bedürfnis  fühlbar  wurde,  in  statutarische  Form  gebracht  wurden. 
Wann  diess  in  Stadthagen  geschah,  wann  die  nachstehend  mit- 
getheilte  Statutensammlung  zusammengestellt  worden,  ist  eine  nicht 
uninteressante  Frage,  die  wir  jedoch  nicht  mit  völliger  Sicherheit 
entscheiden  können. 

Die  Statutensammlung  (pag.  6 — 10)  ist  auf  Linien  mit  Bücher- 
schrift von  einer  1)  sehr  deutlichen  und  festen  Hand  geschrieben, 
die  man  wohl  in  die  erste  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  zu  setzen 
hat;  sie  könnte  auch  schon  dem  13.  Jahrhundert  angehören,  aber 
gegen  diese  Datirung  spricht  das  einzige  sachliche  Moment,  das  für 
die  Bestimmung  der  Entstehungszeit  in  Betracht  kommt,  nämlich 
das  Vorkommen  der  Hannoverischen  Pfennige  (§  25,  27),  welche 
meines  Wissens  nicht  vor  1322  nachweisbar  sind  2).  Die  Ueberschrift 
beginnt  mit  einer  sehr  kunstlosen  Initiale ;  die  einzelnen  Sätze  sind 
durch  rothe  Ausmalung  der  Anfangsbuchstaben  getrennt.  Eine 
moderne  Hand  hat  Paragraphenzahlen  eingefügt,  die  wir  mit  wenigen 
Abweichungen  beibehalten  haben.  §  3  ist  auf  einem  eingehefteten 
Pergamentblättchen  anscheinend  von  derselben  Hand,  die  das  Ganze 


*)  Wenn  einige  Zeilen  (Schluss  von  pag.  7,  Anfang  von  pag.  9)  zierlicher 
geschrieben  zu  sein  scheinen  als  das  Uebrige,  so  sind  die  Buchstabenformen 
doch  80  tibereinstimmend,  dass  man  an  einen  Wechsel  in  der  Person  des 
Schreibers  nicht  denken  darf,  vielmehr  ein  Wechsel  der  Fedei;  oder  etwas  ähn- 
liches vorliegen  dürfte. 

»)  Die  Stadt  Hannover  kaufte  1322  Febr.  2  das  Münzrecht:  ÜB  der 
Stadt  Hannover  I,  137.  Bode,  Das  ältere  Münzwesen  der  Staaten  und  Städte 
Niedersachsens  (Braunschweig  1847)  S.  30. 

14* 


212  Ermißch: 

geschrieben  hat,  hinzugefügt  worden.  Von  jüngeren  Händen  sind 
kleine  Zusätze  zu  §  7,  12,  16  (Hand  H),  der  ganze  §  29  (Hand  TU) 
und  der  Zusatz  zu  §  28,  sowie  der  ganze  §  30  (Hand  IV);  die 
letztere  könnte  schon  dem  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  an- 
gehören. 

Auffallend  ist  nun  vor  allem,  dass  sich  ein  grosser  Theil  dieser 
Statuten  theils  wörtlich  übereinstimmend  oder  nur  in  geringfügigen 
Einzelheiten  geändert,  theils  mit  Auslassungen  und  wesentlichen 
Abweichungen,  noch  einmal  auf  pag.  18  und  19  der  Handschrift  findet. 
Es  geht  ihnen  hier  die  Aufschrift  voran:  „Consules  veteres  et  novi 
opidi  Grevenalveshaghen  hujusmodi  statuta  subscripta  perpetuis 
temporibus  firmiter  observari  decreverunt".  Dann  folgen  auf  pag.  18 
die  §§  12*,  26,  18*,  2,  19,  8*,  4*  13»*,  14,  13*>*,  6*,  16,  17; 
auf  p.  19  ein  Theil  von  §  12*  und  die  §§  7*,  11,  15*,  4*  18*. 
Alle  auf  pag.  18  imd  die  vier  ersten  auf  pag.  19  stehenden  Sätze  sind 
von  derselben  Hand,  welche  auf  pag.  1  die  Abschrift  der  Landfriedens- 
urkunde von  1374  geschrieben  hat,  die  also  dem  letzten  Viertel 
des  14.  Jahrhunderts  angehört,  während  die  beiden  letzten  Sätze 
(§§  4  und  18)  von  zwei  andern,  wohl  noch  in  das  Ende  des 
14.  Jahrhunderts  zu  setzenden  Händen  herrühren. 

Vergleichen  wir  diese  letzte  Statutenniederschrift,  die  wir  B 
nennen  wollen,  mit  der  auf  pag.  6^.  (A),  so  fällt  zunächst  in  die 
Augen,  dass  A  offenbar  eine  als  Ganzes  gedachte  und  nieder- 
geschriebene Statutenredaction  ist,  die  sogar  eine  gewisse  syste- 
matische Ordnung  des  Stoffes  zeigt,  während  sich  auf  pag.  18  und  19 
nur  eine  Anzahl  durch  kleine  Zwischenräume  getrennte  Einzel- 
statuten in  buntem  Durcheinander  finden.  Gerade  das  eng  Zu- 
sammengehörige ist  zuweilen  ganz  willkürlich  auseinander  gerissen 
(§§  12,  13). 

Gar  nicht  finden  sich  in  B  die  §§  1,  3,  9,  10,  20—25,  27—30. 

Dagegen  sind  wortgetreu  oder  nur  mit  geringen  stilistischen 
Aenderungen  übernommen  die  §§  2,  11,  14,  16,  19  und  26. 

Was  die  übrigen  §§  anlangt,  so  sind  dieselben  theilweise  in 
der  Fassung  B  kürzer  als  in  der  Fassung  A,  ohne  jedoch  wesent- 
liche Aenderungen  zu  enthalten;  vgl.  §§  5  —  7.  Erheblicher  ver- 
ändert sind  die  §§  4,  8,  12,  13.  Ueberall  ist  die  Fassung  in  B 
kürzer  als  in  A ;  eine  weitläuftigere  Fassung  hat  eigentlich  nur  die 


*  I>ie  so  bezeichneten  §§  zeigen  eine  wesentlich  veränderte  Fassung. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  213 

Spielordnung  §  18,  die  sich  zweimal  findet,  einmal  auf  pag.  18,  wo 
sie,  wie  es  scheint,  ausradirt  und  nur  durch  ungeschickte  Anwen- 
dung von  Keagenzien  wieder  lesbar  gemacht  worden  ist,  und  als 
Nachtrag  auf  pag.  19. 

Völlige  Klarheit  über  das  gegenseitige  Verhältniss  ron  A  und  B 
ergiebt  sich  aus  diesem  Vergleiche  nicht.  Vom  paläographischen 
Standpunkt  aus  wird  man  ganz  entschieden  A  für  älter  haiton  müssen 
als  B.  Sieht  man  indessen  davon  ab,  so  erscheint  B  als  eine  lose 
Aneinanderreihung  einzelner  Werkstücke,  aus  welchen  dann  die 
Bedaction  A  zusammengesezt  worden  ist.  Man  vergleiche  z.  B.,  um 
das  Auffalligste  hervorzuheben,  den  §  12  in  beiden  Passungen  mit 
einander;  in  B  finden  sich,  vertheilt  auf  pag.  18  und  19,  eine  Reihe 
lose  neben  einander  stehender  Sätzchen ,  in  A  sind  dieselben  •  in 
Zusammenhang  gebracht  und  wesentlich  vervollständigt.  Wie  hier 
B  den  Fall  einer  Mitgift  von  100  Mark  gar  nicht  ins  Auge  gefasst 
hat,  sondern  nur  niedrigere  Sätze,  so  scheint  es  auch  in  andern  Fällen 
fast,  als  hätte  B  kleinere,  engere  Verhältnisse  im  Auge  als  A:  die 
Bussen  sind  geringer  (§  4),  bei  Kindtaufen  sind  nicht  6,  sondern 
nur  3  Schüsseln  gestattet  (§  13).  —  Ganz  abgesehen  von  diesen 
Einzelheiten  würde  eine  Wiederauflösung  der  Statutenredaction  in 
ihre  einzelnen  Bestandtheile,  die  noch  dazu  in  ihrer  Fassung  grössten- 
theils  wörtlich  mit  der  Fassung  in  A  übereinstimmen  oder  in  ihren 
Aenderungen  theilweise  nicht  als  Verbesserungen  von  A  bezeichnet 
werden  können,  eine  ganz  zweck-  und  sinnlose  Arbeit  gewesen  sein; 
dass  diejenigen  Statuten,  welche  nur  in  A,  nicht  in  B  sich  finden, 
etwa  in  späterer  Zeit  nicht  mehr  gegolten  haben,  ist  gewiss  nicht 
anzunehmen.  —  Endlich  kann  man  für  die  sachliche  Priorität  von  B 
vor  A  noch  die  Auslassung  der  Zusätze,  welche  eine  jüngere  Hand 
zu  §  7,  12,  16  in  A  gemacht  hat,  anführen. 

Aber  spricht  auch  alles  diess  dafür,  dass  wir  in  B  nicht  eine 
Ableitung,  sondern  eine  Quelle  von  A  zu  sehen  haben,  so  kann  es 
doch  nicht  die  paläographischen  Gründe  entkräften,  die  es  unseres 
Erachtens  als  ganz  unglaublich  erscheinen  lassen,  dass  A  später 
als  B,  also  frühestens  im  letzten  Viertel  des  14.  Jahrhunderts  nieder- 
geschrieben worden  sei.  Gestützt  werden  diese  Gründe  dadurch, 
dass  B  auf  der  dritt-  und  vorletzten  Seite  der  Lage  steht.  Ein 
Moment  lässt  sich  immerhin  auch  aus  dem  Wortlaut  dafür  anführen ; 
in  §  15  wird  in  B  eine  luxuspolizeiliche  Bestimmung  getroffen,  die 
sich  in  A  nicht  findet,  und  dann  anscheinend  auf  die  nicht  wieder- 


214  ErmiBch : 

holten  Satzungen  von  A  mit  den  Worten  hingewiesen:  „ünde  de 
anderen  säte  scullen  alle  bi  orer  macht  bliyen". 

Somit  bleibt  das  Verhältniss  zwischen  A  und  B  ein  nicht 
ganz  klares.  Ein  Ausweg  liesse  sich  etwa  in  der  Annahme  £nden, 
dass  zwar  B  in  seiner  jetzigen  Form  jünger  ist  als  A,  aber  auf 
älteren  Aufzeichnungen  beruht,  die  auch  dem  Verfasser  von  A  als 
Vorlage  gedient  haben  und  die  später  einige  Aenderungen  und  Zu- 
sätze erfahren  haben.  Becht  beMedigend  ist  indess  dieser  Ausweg 
auch  nicht.  Vielleicht  gelingt  es  einem,  der  das  Städtewesen  West- 
falens genauer  kennt  als  der  Verfasser  dieses  Aufsatzes,  das  Ver- 
hältniss schärfer  zu  präcisiren. 

Für  die  Bestimmung  der  Abfassungszeit  unserer  Statuten  haben 
wir  durch  den  Vergleich  mit  B  nichts  gewonnen.  Sie  sind  doch 
wohl  in  derselben  .Zeit  entstanden,  in  welcher  sie  niedergeschrieben 
wurden,  d.  h.  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts,  und  zwar, 
wenn  in  der  That  die  Hannover'schen  Pfennige  nicht  vor  Uebergang 
des  Münzrechts  an  die  Stadt  Hannover  vorkommen,  nach  1322.  Man 
kommt  so  auf  die  Jahre,  in  welchen  das  erste  ausführliche  landes- 
herrliche Privileg  für  Stadthagen  erlassen  worden  ist,  und  wenn 
sich  auch  zwischen  ihm  und  den  Statuten  keine  directen  Beziehungen 
finden,  so  drängt  sich  doch  unwillkürlich  die  Vermuthung  auf^  dass 
die  beiden  den  gleichen  Zweck  verfolgenden  Aufzeichnungen  auch 
zu  gleicher  Zeit  entstanden  sind,  dass  also  die  Redaction  der  Sta- 
tuten um  1344  erfolgt  sei. 

Wir  lassen  nunmehr  den  Wortlaut  der  Statuten,  dem  wir  in 
den  Anmerkungen  die  Abweichungen  von  B  und  einige  Wort-  und 
Sacherläuterungen  beifügen,  folgen ;  eine  ausführlichere  Interpretation 
des  Inhalts  müssen  wir  jedoch  Berufeneren,  die  auch  die  übrigen 
Quellen  des  Stadtarchivs  zu  Stadthagen  zu  benutzen  im  Stande 
sind,  überlassen.^) 


')  Herrn  Bürgermeister  Wippermann,  der  mir  das  Stadtbuch  auf  längere 
Zeit  leihweise  überlassen  hat,  wie  allen,  die  mir  mit  Rath  und  That  bei  dieser 
kleinen  Untersuchung  beigestanden  haben,  namentlich  den  Herren  Prem.-Iieut 
Begemann  in  Lichterfelde,  Dr.  Döbner  in  Hannover,  Prof.  Dr.  Frensdorff  in 
Göttingen,  Drr.  Koppmann  in  Hamburg,  Philippi  in  Münster,  Chr.  Walther  in 
Hamburg,  Oberlandesgerichtsrath  Weissig  in  Oldenburg,  Major  Weltmann  in 
Bückeburg  spreche  ich  meinen  verbindlichsten  Dank  aus. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  215 

Beilage. 

Desse  na  bescrevenen  stAcke  scal  men  holden  in  unser  stad, 
so  lange,  wente  de  verändert  werden  van  deme  rade. 

*[§  !•]  Welik  user  borghere  efte  borghersche  i)  vor  dem  rade 
deghedingen  2)  wil,  de  enscal  vor  den  rad  nicht  gan  men  selfderde 
borghere  3).  Wo  dicke  he  dit  verbreke,  also  manich  pund  scal  he 
darvor  gheven.  Unde  worde  dar  ok  wat  verbroket,  dat  scal  de 
sakewolde^)  verbeteren. 

[§  2.]  Vortmer  welik  man  den  anderen  ovele  handelt  up  deme 
radhus  vor  deme  rade  myt  vorsate*)  unde  darvor  weddet,  vor  den 
brSke  scal  he  gheven  vif  mark  unde  nicht  myn. 

*[§  3.]  We  ok  den  anderen  vorsatliken  myshandelt  uppe  der 
strate  unde  des  to  wedde  kumpt  vor  deme  rade,  dat  wedde  scal 
he  verbeteren  sunder  gnade,  unde  enscollen  van  deme  hus  nicht 
gan  by  des  Stades  hftlden*),  orer  beyder  vrunt  enhebben  se  dar 
erst  over  ghescheden. 

[§  4.]  Vortmer  so  enscal  nyn  user  borghere  efte  borgherschen 
efte  derghener,  de  myt  us  wonet,  den  anderen  verclaghen  in  nynen 
uthwendighen  gherichte,  orer  eyn  de  ene  hebbe  den  anderen  ver- 
volghet  vor  us  eder  vor  uses  heren  gherichte  in  user  stad,  dat 
ome  dar  rechtes  brake  worden  syi),  We  dat  verbreke,  wo  dicke 
he  dat  dede,  scal  he  dat  verbeteren  myt  vif  marken. 


*  Die  mit  einem  Sternchen  versebenen  Abschnitte  finden  sich  nur  in  A. 

1 1.  ^)  Bürger  oder  Bürgerinnen.  —  •)  teidingen,  verhandeln.  —  ')  ausser 
in  Begleitung  von  zwei  andern  Bürgern.  —  *)  Partei,  Kläger. 

I  2.    Ebenso  pag.  18. 

*)  vorsätzlich. 

I  3.  Nachtrag  auf  einem  eingehefteten  Fergamentblättcben,  wohl  von 
derselben  Hand. 

^)  Bei  dem  Büigereide. 

I  4.  Welik  user  boighere  efte  borgherschen  anders  wor  claghe  dot  over 
den  anderen  dan  vor  deme  gherichte  in  user  stad  efte  vor  us,  umme  alsodane 
sake,  de  deme  richte  efte  us  to  richtene  berede,  wo  dicke  he  dat  dede,  also 
dicke  scal  he  dat  verbeteren  myd  eneme  pimde.   (pag.  19.) 

Diese  sehr  häufige  Bestimmung  findet  sich  auch  im  Privileg  von  1344 
Aug.  12  (Item  nullus  burgensium  suum  condvem  debet  in  alieno  judido  con- 
vincere,  set  coram  nostro  judicio,  pro  uUa  culpa  seu  gravare). 

^)  d.  h.  eine  Klage  vor  auswärtigen  Gerichten  ist  nur  dann  gestattet, 
wenn  der  Kläger  vor  dem  Käthe  oder  vor  dem  Gerichte  des  Landesherm  sein 
Recht  nicht  hat  erlangen  können. 


216  Ennisch: 

[§  5]  Weret  ok,  dat  use  borghere  efte  borgherschen,  der  use 
rad  mechtich  were  to  rechte,  we  beswerede  myd  ladinge  in  gheystlik 
gherichte,  de  gheue,  de  de  ladinge  dede  ,efte  dSn  lete  unde  nyn 
recht  vor  us  noch  vor  uses  heren  gherichte  nemen  ene  wolde,  welik 
user  borghere  den  husede  oder  heghede,  de  scal  dat  verbeteren 
deme  rade  unde  der  stad  myd  vif  marken,  also  dicke  he  dat  dede. 

[§  6-]  Vortmer  des  sundaghes  is  use  wekenmarket  i),  so  scollen 
user  stad  knechte  des  morghens  ute  deme  kophus^)  uthsteken  ene 
vanen,  unde  binnen  der  tyd,  also  de  vane  uth  gesteken  is,  so 
moghen  use  borghere  unde  borgherschen  eyn  iewelik  to  sines  selves 
behof  to  sine  kosten  kopen,  wes  he  dar  to  bedarf.  Kofte  aver  we 
wat  uthlftden  to  vorkope,  wo  manighen  kop  he  dede,  so  manighen 
verding  scal  he  dem  rade  dar  vor  to  beteringe  gheven. 

[§  7.]  Yortmer  welik  man  efte  vrowe  borgher  efte  borghersche 
is  myd  us,  de  scal  vryg  hebben  de  vasten  over  vele  to  hebbende 
vastenkost  [sunder  i)  weterden  beringt),  de  der  hokere  ghilde  nicht 
ene  hebbet].  Unde  vord  achte  daghe  vor  sunte  Jacopes  daghe 
wente  to  deme  achteden  daghe  3)  moghen  de  vryg  hebben  slachten- 
des  unde  to  verkopende  alle  spise,  der  men  bedarf  to  etende. 

[§  8.J  Vortmer  so  enscal  nemant  wicbelde  gud  verkopen  noch 
verpenden  noch  latent)  deme  ghenen,  de  use  borghere  nicht  en  is. 

I  5.  We  use  borghere  ladet  in  gheystlik  richte  unde  nyn  recht  ene  wil 
van  on  vor  us  unde  vor  uses  juncheren  gherichte  in  user  stad,  de  den  heghede 
imde  husede;  de  scal  dat  verbeteren  myd  vif  marken,  also  dicke  also  he  dat 
dede.   (pag.  18.) 

I  6.  AUe  de  wile  dat  de  vane  des  sundaghes  uthghesteken  is,  en  scal 
nemand  vorkop  don  unde  nicht  kopen  men  to  siner  eghenen  behof  unde  kost 
We  dat  verbreke  unde  vorkop  dede  efte  uthlSden  kofte,  de  scal  dat  verheeren 
myd  eneme  verdinge,  also  dicke  also  he  dat  verbreke.   (pag.  18.) 

*)  Wochenmarkt.   -   •)  Kaufliaus. 

§  7.  We  use  borghere  sind,  de  scollet  vryg  hebben  de  vastene  over 
vastenkost  vele  to  hebbende,  unde  achte  daghe  vor  sänte  Jacobes  dag^e  wente 
to  deme  achteden  daghe  scöUet  se  vryg  hebben  slachtendes  unde  to  verkopende 
alle  spise,  de  men  mach  eten.  (pag.  19.)  Ebenso  ein  Eintrag  pag.  16,,  der  wie  es 
scheint;  ausradirt  werden  sollte. 

*)  sunder  —  hebbet:  Zusatz  am  untern  Rande  von  späterer  Hand  (II); 
derselbe  fehlt  in  der  Redaction  B.  —  •)  gewässerter  Häring.  -  -  ')  Vom  18.  Juli 
bis  1.  August. 

§  8.    We  wicbelde  gud  verkoft  deme,  de  nyn  borghere  en  is,  de  scal 
dat  verbeteren  myd  vif  marken  und  scal  den  kop  weder  don.    (pag.  18.) 
^)  veräussem,  auflassen. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  217 

Unde  we  dat  hir  enboven  dede,  de  scal  dat  verbeteren  myd  vif 
marken  deme  rade  unde  scal  den  kop  weder  don  efte  dat  pand 
losen.  Verbleve  he  des  s&lfweldeliken^),  so  scal  dat  wicbelde  gut, 
dar  de  kop  pand  efte  latinge^)  in  scheghe,  myd  wilkore  vervallen 
deme  rade  unde  user  stad  ghemeynheyt. 

*[§  9.]  Vortmer  so  onscal  user  borghere  nyn  land  düngen^) 
uth  user  stad,  so  ene  willen  dat  verscoten  lik  useme  wicbelde  gude 
na  morghentale^). 

*[§  10.]  Vortmer  schüdei)  dat,  we  van  buten  eder  ok  van  en 
binnen  user  stad  use  borgherschen  eder  borghers  kind  to  der  e 
trftwen2)  scolde,  dar  ome  wicbelde  gut  mede  gheloved  worde^),  de 
scal  use  borghere  werden,  eyr  men  ome  de  vrowen  eder  maghet 
to  echten*)  gheve.  Worde  dit  verbroken,  so  scal  dat  wicbelde  gut, 
dar  de  berat  5)  up  schüt  myd  wilkore  6),  also  vorghescreven  steyt, 
an  usen  rad  unde  meynhet  vervallen.  Darto  we  borghere  efte 
borghersche  myd  us  were  imde  hir  an  unde  over  were  unde  myd 
vorsate  dit  deghedingen  tifilpe,  de  scolde  dat  dem  rade  verbeteren 
myd  eneme  punde. 

[§  11.]  Vortmer  welike  iuncvrowen,  de  men  brenget  to  korken, 
der  men  dat  sappel  scal  afseghenon  i),  de  scal  gan  seif  twelfte. 
Wo  manighe  vrowen  eder  iuncvrowen  se  mer  heft  myd  sik,  myd 
also  manighen  verdinge  2)  scal  men  dat  verbeteren.  Unde  nyne 
iuncvrowen  scollet  myd  der  brut  gan,  se  ensyn  twelf  iar  old  efte  3) 
boven,  bi  des  Stades  wilkore*). 


•)  Unterlässt  er  diess  in  eigenmächtiger,  gewaltthätiger  Weise.  —  *)  Ge- 
richtliche Cession  eines  Eigenthums  an  einen  andern. 

I  9.  *)  düngen.  Der  in  der  Stadt  erzielte  Dünger  soll  nur  zur  Düngung 
von  zur  Stadt  gehörigen  oder  derselben  schossenden  Feldern  verwandt  werden. 
—  *)  nach  Morgenzahl. 

§  10.  *)  geschehe.  —  *)  heirathen.  —  ^)  wobei  ihm  Stadtgut  als  Mit- 
gift gelobt  wird.  —  *)  zur  Ehe.  —  *)  die  Ausstattung.  —  •)  auf  Grund  des 
vereinbarten  Vertrages. 

I  11.    Dasselbe  Statut  pag.  19. 

')  sappel,  schappel:  Kranz  als  Hauptschmuck  der  Jungfrauen;  den  sappel 
afseghenen:  kirchlich  trauen.  —  ')  Vierdung,  der  ^ie^te  Theil  einer  Mark.  — 
•)  oder.  —  *)  wilkore  oder  köre:  die  gewöhnhche  Geldstrafe  bei  Uebertretung 
von  Statuten. 


218  EnniBch: 

[§  12.]  Vortmer  welker  vrowen  eder  maghet,  de  men  beret*) 
unde  der  men  mede  ghift  to  hundert  marken  eder  mer,  de  mach 
hebben  in  der  hochtyd  to  sestich  scotelen.  Ghift  men  or  mede  to 
Bestich  marken,  se  mach  hebben  to  dertich  scotelen.  Ghift  men  or 
mede  to  dertich  marken,  so  mach  se  hebben  to  vifteyn  scotelen, 
to  twintich  marken  teyn  scotelen,  myd  drosten^)  unde  myd  ghesten. 
Unde  to  ieweliker  scotelen  scal  men  teilen  twe  lüde  [ane  l&de  de 
van  buten  to  komet^*)  uthghesproken]  3)  unde  en  scal  nicht  mer 
gherichte  gheven  den  vive  to  der  maltyd.  [We  dit  verbreke,  de 
scal  dat  der  stad  verbeteren  myd  twen  marken]*).  Ok  en  scal 
men  dar  nyne  ghernde  spellfide^)  laden  wen  user  herscop  eder  user 
stad  knechte.  Unde  weme  andere  ghernde  lüde  ghesand  werdet 
myd  US,  den  mach  men  gheven  enen  Schilling  unde  nicht  mer, 
unde  den  kokenbeckerschen  6)  dre  sware.  Verbreke  we  dit  myd  us, 
de  scal  der  stad  eyn  iar  denen  myd  eneme  perde. 

[§  13.]  Vortmer  welik  man  efte  vrowe  eyn  kynt  let  cristenen  *) 
myt  US  unde  darto  mer  gheste  heft  den  to  ses  scotelen,  de  scal 
dat  verbeteren  myd  eneme  punde.     Unde  we  dar  vaddere^)  to  wert 

i  12.  Welik  orer  vrowen  eder  maghet,  der  men  mede  ghift,  wan  men 
se  bered,  to  dertich  marken  efte  myn,  de  enscal  nicht  mer  hebhen  beyde  myd 
drosten  unde  myd  ghesten ,  wen  to  vifteyn  scotelen ,  unde  nicht  mer  l&de  en 
Bcal  men  to  der  scotelen  setten  wen  twe  unde  nicht  mer  richte  en  scal  men 
gheven  wen  vyve.  Welik  orer  vrowen  eder  maghet,  der  men  mede  ghift  to 
sestich  marken  eder  enboven,  de  scal  hebben  to  dertich  scotelen  in  aller  wiae, 
also  vore  is  ghescreven.  Ok  enscal  man  nyne  ghemen  hebben  men  der  stad 
knechte.  Weme  ok  ghemen  ghesand  werdet,  de  enscal  he  nicht  mer  wen  enen 
Schilling  gheven.  We  ok  dat  verbreke,  de  scal  der  stad  denen  eyn  iar  myd 
eneme  perde.  (pag.  18.)  We  den  kokenbeckerschen  to  der  hochtid  mer  ghift 
wen  dre  sware  penninge,  de  scal  dat  verbeteren  mid  ses  Schill,  (pag.  19.) 

*)  die  man  ausstattet.  —  *)  Aufwärter  bei  festlichen  Mahlzeiten.  — 
■*)  auswärtige  Gäste.  —  *)  Zusatz  am  untern  Rande  von  wenig  späterer  Hand; 
derselbe  fehlt  in  B.  —  *)  Ebenso.  —  *)  bettelnde,  herumziehende  Musikanten, 
Gaukler.  —  *)  Kuchenbäckerinnen,  die  zur  Hochzeit  kamen.  Yergl.  dazu  eine 
Chemnitzer  Hochzeitsordnung  von  1401  in  meinem  Chemnitzer  ÜB.  (Cod. 
dipl.  Sax.  reg.  H,  6)  59  und  die  Bemerkung  von  Fedor  Bedi  in  G«- 
mania  27,  182. 

I  13.  Welik  man  eyn  kindelbedde  heft  imde  heft  mer  gheste  wen  to 
dren  scotelen,  de  scal  dat  verbeteren  myd  eneme  punde.  (pag.  18.)  Vortmer 
welik  man  eder  vrowe  vaddere  wert  unde  deme  kinde  mer  ghift  wen  enen 
Bwaren  Schilling,  de  scal  dat  verbeteren  myd  eneme  punde.   (pag.  18.) 

^)  taufen.  —  ■)  Gevatter. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  219 

unde  deme  kynde  mer  ghift  dan  enen  Schilling,  de  scal  dat  ver- 
beteren  myd  eme  punde. 

[§  14.]  Voiteier  welik  vrowe  in  kerken  gbeyt  unde  let  sik 
inleden^),  de  scal  gan  sälfdridde.  Also  manighe  vrowen  se  mer  2) 
hedde,  so  manighen  verding  scal  se  der  stad  darvor  gheven. 

[§  15.]  Vortmer  welik  man  eder  vrowe  werschop  i)  heft  van 
brutlachtes  2)  weghene,  de  scal  ungheladet  vor  den  rad  komen  binnen 
den  neghesten  verten  nachten  unde  bewisen  myd  sime  rechte  3),  dat 
he  desse  sate^)  gheholden  hebbe.  Versümet  he  dit  unde  wert  darto 
verbodetö)  van  des  rades  weghene,  dat  scal  he  verbeteren  myd 
eme  punde. 

[§  16.]  Vortmer  we  lüde  herberghede,  de  to  banne  syn,  dar 
wy  uses  sanges  in  user  kerken  umme  enberen  mSchten  i),  [witliken^)], 
wo  manighen  dach  wy  uses  sanges  darumme  enberen,  myd  also 
manighen  halven  verdinge  scal  he  dat  verbeteren. 

[§  17.]  Vortmer  so  enscoUen  de  herbergheres  *)  to  iewelker 
tyd  nicht  mer  herberghen  men^)  twe  waghene  efte  dre  karen.  Wo 
dicke  he  dat  verbreke,  also  manighen  verding  scal  he  darvor  gheven, 
ane  soltkaren^)  unde  vischerkaren  uthghesproken. 

[§  18.]   Vortmer  wo  dicke  user  borghere  borghers  kynd  efte 


I  14.    Dasselbe  Statut  pag.  18. 

")  d.  h.  sich  nach  überstandenem  Wochenbette  in  die  Kirche  wieder  ein- 
führen läset.  —  *)  myd  sik:  Zusatz  pag.  18. 

I  15.  Welik  man  werschop  heft  van  brutlachtes  weghene,  de  scal  des 
moi^ens  upnemen  van  ieweliker  schotelen  twelf  sware  penninge.  We  dat  ver- 
breke, de  scolde  der  stad  gheven  cyn  pund.  Unde  de  anderen  säte  scullen  alle 
bi  orer  macht  bliven.   (pag.  19.) 

*)  Wirthschaft,  Festlichkeit.  —  *)  Hochzeit.  —  ')  mit  seinem  Eide.  — 
*)  Satzung  (nftmlich  §  12).  —  *)  durch  Boten  vorladen. 

I  16.    Dasselbe  Statut  pag.  18. 

*)  Wenn  Gebannte  in  der  Stadt  weilten,  so  wurde  der  Gottesdienst 
eingestellt.  —  ')  witliken:  Zusatz  am  Bande  von  etwas  späterer  Hand  (fehlt 
pag.  18). 

I  17.    Dasselbe  Statut  pag.  18. 

*)  Herbeigswirthe.  —  *)  als.  —  •)  Salzkarren. 

i  18.  Wo  dicke  user  borghere  welik  in  syneme  hus  let  dobelen  .  .  . 
efte  wo  dicke  user  borghere  welik  döbelt,  also  digke  ecal  he  der  stad  davor 
gheven  ses  Schillinge.  Unde  also  manighen  man,  also  he  in  syneme  hus  let 
[dobeljn,  also  manighe  ses  Schillinge  scal  he  der  stad  gheven.  Unde  we  den 
dobeleres(?)  iodet,  also  man[igheme],  also  he  iodet,  also  manighe  ses  Schillinge 
scal  he  der  stad  gheven.  Desses  ghelik  sollen [boigjhere  kindere  unde  knechte 


220  Ermifldi. 

knecht  döbelet  efle  let  dobelen  in  siner  woninge  [efte  boceni)] 
hoYeman  eder  husman  eder  dar  to  iSdet^),  so  manich  also'  dar 
döbelet  [efte  bocet]  umme  ghelt  unde  so  maDigheme  also  he  iodet, 
dat  scal  der  eyn  iewelik  verbeteren  der  stad  vor  deme  rade  to 
ieweliker  tyd  myd  eme  verdinge. 

[§  19.]  Vortmer  weme  de  scolre  sinen  sone  keset*)  to  bischope, 
de  en  scal  dre  daghe  vor  der  kindere  daghe^)  unde  dre  daghe  na 
nyne  gheste  hebben.  Unde  to  der  kindere  daghe  en  scal  he  ne- 
mande  to  gaste  hebben  dorn  den  scolemester  unde  sine  scolere  unde 
des  koninges  vader  unde  moder  unde  dar  wil  de  rad  to  gheven 
enen  verding.  Were  ok  dat  des  biscopes  elderen  nicht  denen  ene 
woldenS),  so  scollet  se  enen  verding  gheven  den,  de  der  scolere 
procuratores  sint,  unde  des  koninges  elderen  enen  halven  verding. 
Unde  dar  wil  de  rad  to  gheven  enen  verding,  also  dat  de  procura- 
tores den  denst  don.  Unde  enscoUet  nicht  riden  men  dansen^)  up 
dem  radhus^). 


unde  we  iodet^  darvor,  dat  he  iodet,  8cal  he vor  gheven Schillinge. 

pag.  18.  Der  Eintrag  ist  in  Folge  der  Anwendung  von  Beagenzien  theilweise 
unleserlich  geworden.  —  [Wo]  dicke  user  bo^ghere  welik  in  sineme  hus  efte  in 
sinen  woningeh  let  dobelen  efte  bocen  hovemanne  husmanne  böigere  boiig^ieres 
kindere  efte  knechte,  also  dicke  scal  he  dat  verbeteren  myd  eneme  ponde. 
Wo  dicke  ok  user  boighere  welik  döbelet  efte  bocet  efte  boigheres  kindere 
efte  knechte,  also  dicke  scollet  se  dat  verbeteren  myd  eneme  verdinge,  unde 
wo  manighen  malk  uppe  deme  sine  let  dobelen  efte  bocen,  als  manighen  ver- 
ding scal  he  der  stad  darvor  gheven.  Von  späterer  Hand  pag.  19.  Dahint^ 
ist  ein  Satz  ausradirt,  der,  wie  es  scheint,  jeden,  der  den  Spielenden  •  jodet*, 
mit  der  Strafe  von  je  einem  Vierdung  bedroht. 

*)  efte  bocen,  efte  bocet  ist  ausradirt  worden,  dobelen  ist  ein  Würfel-, 
bocen  ein  K^;elspiel.  —  ')  lieber  die  Bedeutung  dieses  Wortes,  das  auch  im 
Braunschweiger  TJB  I,  68,  83  und  I,  72,  123  vorkommt,  giebt  das  mnd.  WB  n, 
408  keine  Auskunft. 

I  19.  Dasselbe  Statut  pag.  18.  Das  hier  beschriebene  Schiüfest,  bei 
welchem  die  Schüler  einen  Bischof  wählten,  dessen  Eltern  die  gesanmite  Schule 
und  des  (ebenfalls  wohl  gewählten)  , Königs*  Eltern  zu  bewirthen  hatten,  ent- 
spricht dem  im  Mittelalter  sehr  verbreiteten  Gr^oriusfeste.  Vei^L  Schmid's 
Encyclopädie  des  gesammten  Erziehungs-  imd  Unterrichts wesens  AHLII,  2i  1, 
Herzog  Realencydopädie  der  Protestant.  Theologie  u.  Kirche  V,  366  und  die 
dort  angeführte  litteratur. 

>)  wählt.  —  *)  28.  December.  —  »)  sie  nicht  bewirthen  wollten.  —  *)  Sie 
sollen  nicht  reiten,  sondern  tanzen  auf  dem  Rathhause.  —  ^)  kophus  pag.  18 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  221 

*[§  20.]  Vortmer  wat  de  knokenhoweres  slachtet  van  paschen  ^) 
an  wente  to  synte  Dyonisius  daghe^),  wanne  dat  overnachtich  wert, 
so  schöllet  se  dat  selten  3).  ünde  wat  se  slachtet  van  s&nte  Dyoni- 
sius daghe  wente  to  der  vastene,  dat  m6ghet  se  vor  verseht)  vele 
hebben  wente  in  den  derden  dach  in  desser  wise:  wat  se  slachtet 
des  sunavendes,  dat  mSghet  se  vor  versch  vele  hebben  wente  des 
neghesten  mandaghes  darna.  Wolden  se  aver  vele  hebben  na  deme 
derden  daghe,  so  scoUet  se  dat  selten.  Ok  scollet  ore  ghildemestere 
dat  verwaren,  dat  se  nicht  enslachten,  id  en  sy  ghiftich. 

*[§  21.]  Vortmer  welik  man  efte  vrowe,  de  in  user  stad  ene 
ghilde  hedde  unde  der  stad  iarlikes  sine^)  plicht^)  dede  unde  buten 
user  stad  bestorve,  deme  scollet  sine  ghildebrSdere  alle  sine  plicht 
van  der  ghilde  weghene  don^),  efte  hir  binnen  bestorven  were. 

*[§  22.]  We  hir  ok  in  euer  ghilde  is  unde  der  stad  iarlikes 
nyne  plicht  en  d6t,  deme  enscal  men  to  der  ghilde  nicht  mer 
staden  <). 

*[§  23.]  Vortmer  weret  ok,  dat  user  borghere  welik  aflivich 
werde  1),  de  ene  ghilde  hedde,  syn  echte  vrowe,  de  he  nalete^),  de 
scolde  der  ghilde  bruken  alle  de  wile,  dat  se  sik  nicht  veranderde^). 

*[§.24.]  Vortmer  we  der  wullenwevere  ghilde  wint,  de  scal 
gheven  deme  rade  ene  halve  mark  unde  der  ghilde  en  halve  mark 
unde  ver  pund  wasses  to  lachte  i). 

*[§  25.]  Vortmer  so  enscollet  de  wantschereres  i)  nicht  mer 
nemen  van  der  eleu  ekessches^)  wen  enen  helling  unde  van  der 
elen  van  eneme  langen  lakene^)  enen  Honoverschen^)  efte  enen 
swaren  penning  hir  ghinge  unde  gheve. 


I  20.    •)  Ostem.  —  »)  9.  October.  —  »)  emsalzen.  —  *)  frisch. 

§  21.  ")  sine  über  dem  unteipunktirten  Worte  ore.  —  ■)  Hinter  plicht 
ist  „nicht  en"  ausradirt  und  durchstrichen.  —  *)  Die  Verpflichtungen  erfüllen, 
welche  die  Gilde  ihm  gegenüber  hat. 

I  82.    *)  Man  soll  ihn  nicht  mehr  in  der  Gilde  dulden. 

I  23.    VergL  unten  Zusatz  1. 

*)  sterbe.  —  *)  hinterlässt.  —  •)  so  lange  sie  sich  nicht  wieder  verheirathet. 

§  24.  *)  die  übliche  Abgabe  von  Wachs  zu  den  Kerzen  auf  dem  Altar 
der  Gilde. 

I  25.  ")  Tuchscherer.  —  »)  Tuch  aus  Eedoo  in  Belgien  (nach  freundl. 
Mittheilung  des  Herrn  Dr.  Koppmann).  —  »)  Stück  Tuch.  —  *)  siehe  oben  S.  211. 


222  Ermisch: 

[§  26.]  Vortmer  de  weverschen  i)  scollet  nemen  vor  dat  stighe 
teynebindes  2)  ses  sware,  unde  wat  se  werket  in  deme  vif  binde  5), 
dar  scollet  se  van  deme  stighe  nemen  sesteyn  penninge.  Wat  dar 
en  boven  clener'*)  were,  dar  scollet  se  van  nemen  van  der  elen 
enen  penning.  ünde  vor  iewelik  stighe  scollet  se  nemen  to  kfische^) 
twe  sware  penninge. 

*[§  27.]  Vortmer  we  der  totteri)  ghilde  wint,  de  scal  gheven 
deme  rade  dre  Honoversche  Schillinge  unde  den  tStteres  eyn  punt 
wasses  to  Iflchte  in  godes  ere  unde  dre  penninge  to  brode  unde 
eyn  half  ammer^)  beres,  da  se  guden  hoghen  over  wesen^).  Und 
myd  on  scal  nemand  stan  to  der  bang,  he  ene  hebbe  de  ghilde  vor 
deme  rade  ghewunnen.  Unde  scollet  gheven  twe  rindeme  worste 
vor  enen  penning  unde  ene  rode  worst  eder  ene  leverworst  swinen 
vor  enen  penning,  unde  wat  se  vele  hebbet,  dat  scal  wesen  ghiftich^). 
Unde  weme  se  legget  ene  sprake,  ene  kfimpt  de  nicht  vore  des 
irsten  daghes,  so  scal  he  breken  enen  penning,  des  anderen  daghes 
twe,  des  dridden  daghes  dre  penninge,  unde  ore  ghildescapes  kore^) 
scal  wesen  ses  penninge  unde  de  scollet  se  keren  in  Iflchte  in 
godes  ere. 

*[§  28.]  Vortmer  so  mach  eyn  iewelik  use  borghere  efte 
borghersche,  de  dat  vermSghon,  bruwen  laten  twelf  voder  moltes^) 
van  eneme  sunte  Mychaeles  daghe  wente  to  dem  anderen  unde 
scollen  ore  beyr  seilen  2)  binnen  creme  hus  unde  des  Stades  mat 
utsenden,  also  dat  ghesatet  wert.  3)  We  dat  verbreko  unde  user 
Stades  knechte  darover  quemen,  de  scolde  dat  deme  rade  verbeteren 


I  26.    Baseelbe  Statut  pag.  18. 

*)  die  Weberinnen.  —  *)  zehnbindige  Lemwand.  —  •)  fünfbindige  Lein- 
wand. —  *)  dünner,  feiner.  —  *)  Vielleicht  mit  dem  noch  jetzt  in  Westfalen, 
Brandenbuig  u.  a.  a.  O.  gebräuchlichen  Worte  ,,Ka6che*'  =  Kasse  (beim  Spi^ 
um  Gdd  im  Zusammenhang  stehend? 

§  87.  *)  Dieses  Wort  ist  meines  Wissens  bisher  noch  nicht  nachge- 
wiesen; seine  Bedeutung  ergiebt  sich  aus  dem  Inhalt  (vgl.  §  30).  Wenn  man 
dafür  cötter  lesen  könnte,  so  wäre  der  Zusammenhang  mit  küt,  Eingeweide, 
und  den  Formen  küter,  kutteln  klar;  aber  das  t  im  Anlaut  kann  schlechter- 
dings nicht  für  c  gelesen  werden.  —  *)  Eimer.  —  •)  d.  h.  wobei  sie  fröhlich 
sein  können.  —  *)  so  beschaffen,  dass  es  verkauft  werden  kann,  von  guter 
Qualität.  —  »)  Die  gewöhnliche  Strafe  der  Gilde. 

I  88.  *)  12  Fuder  Mabs.  —  »)  verkaufen.  —  »)  nach  dem  von  der  Stadt 
festgesetzten  Maasse  verkaufen. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  223 

myd  eneme  halven  verdinge.   [Unde  schal  bruwen  over  de  dre  weken 
unde  nicht  er.]  *) 

*[§  29.]  Snydet  de  knokenhowere  efte  ore  jungen  schap  seghen  i) 
efte  lammere,  ghift  men  on  vel  in  ore  Ion,  de  moghet  se  in  ore  Ion 
nemen,  wo  se  nyn  ghelt  to  ene  gheven.  Ghevet  se  ghelt  to,  so  is 
id  eyn  kop.  Wat  de  knokenhowere  slachtet  des  enen  daghes,  dat 
leder  scollet  se  des  anderen  dhages  in  den  schämen  vele  hebben, 
wes  se  nicht  verkoft  ene  hedden  des  avendes^  unde  scollet  de  vele 
hebben  in  der  scarnen,  wente  de  prime  klocke^)  lud  is.  Wes  se 
dan  nicht  verkoft  hedden,  dat  moghet  se  dan  verkopen,  weme 
se  wiUet. 

*[§  30.]  We  ok  mit  uns  slachtet,  de  scal  unse  borgher  wesen 
unde  schal  der  totter^)  ghilde  hebben.  We  dat  verbreke,  de  schal 
dat  vorbeteren  dem  rade  mit  enem  verdinch,  so  dicke  he  dat  dede. 

Folgende  Einzelstatuten  (Ende  des  14.  und  Anfang  des  15.  Jahrh.) 
finden  sich  an  verschiedenen  Stellen  der  Handschrift. 

[Zusatz  1.]  Welik  man,  de  der  koplude  ghilde  hedde  unde 
aflivich  werde  unde  kindere  nalete,  de  in  der  koplude  ghilde  nicht 
gheboren  ene  weren  unde  to  oren  iaren  komen  weren,  *)  de  kindere 
ene  moghen  nicht  handelen,  dat  in  der  koplute  ghilde  rore,  van  des 
kopmannes  echte  vrowen  weghene,  efte  he  ene  echte  vrowen  hedde. 
(pag.  16.) 

[Zusatz  2.]  Welik  vrowe  biddet  vryg  der  linenwever  ghilde, 
de  scal  to  voren  gheven  deme  rade  XYIII  penninge  unde  der  ghilde 
I  pund  wasses  unde  wanne  se  de  ghilde  wind,  so  scal  se  dit  ynne 
beholden,   (pag.  19.) 


*)  Späterer  Zusatz  von  anderer  Hand  (IV).  Vorher  war  am  Schlüsse  des 
§  „over  de  dre  weken"  von  Hand  H  EUgefügt  und  durch  ein  Zeichen  zu  oben 
„wente  to  dem  anderen"  gezogen  worden. 

I  89.    Zusatz  (nach  Hand  m). 

*)  Ziegen.  —  •)  Die  Prime,  die  erste  der  kanonischen  Hören,  wurde  gegen 
5—6  Uhr  früh  geläutet. 

I  80.    Zusatz  von  Hand  IV. 
>)  Vergl.  oben  §  27. 
Zug.  1.    VergL  §  23. 

*)  mündig  geworden  sind  (was  in  der  Regel  im  12.  Lebensjahre  der  Fall 
war),  cf.  Stobbe  Privatrecht  I",  285. 
Zog.  2.    Vgl.  §  24. 


224  Doebner : 

[Zusatz  3.]  Welik  man  den  anderen  anclaghet  umme  scult 
efte  umme  wort  unde  de  man  der  scult  efte  wort  verzeket  i)  unde 
de  ancleghere  den  wil  vortfighen^),  de  scal  dat  don,  ir  he  den  eed 
do,  s&lf  dridde  bezetener  borghere,  dat  bederve  lüde  sind  unverlecht 
ores  rechtes  3).  Wil  he  one  aver  vertüghen  darna,  wanne  he  den 
eed  ghedan  heft,  dat  scal  he  don  suUEsevede  bezetener  borghere,  dat 
bederve  lüde  sint  unverlecht  ores  rechtes.  Eyn  zeker  bederve  man 
unverlecht  sines  rechtes  is  aver  negher  siner  ere  to  verwerende*) 
myd  allike  vele^)  luden.  Datum  xc  septimo  crastino  Crispini  et 
Crispiniani  ö).   (pag.  20.) 

[Zusatz  4.]  Wor  eyn  den  anderen  schuldighet  und  thud  uppe 
eynen  teller^),  den  schal  he  benomen.  Secht  aver  de  klegher,  yd 
sy  ome  to  weten  geworden,  des  mach  sik  de  andere,  de  beklaghet 
werd,  entledighen  myd  synem  rechten  efte  des  bekennen,  (pag.  33.) 

[Zusatz  5.]  Anno  domini  MO  CCCCXXIIIIO  des  donersdaghe 
in  der  meyne  weken  i)  ward  de  raid  eyn  myd  den  knokenhoweren 
dat  se  nicht  kopen  scholen  van  queke^)  beneden  teyne  schillinghen, 
unde  ift  se  wad  koften  to  teyne  schillinghen,  dat  schal  yo  eyner 
mark  wol  wert  wesen. 


B.  Beschreibung  des  Stadtarchivs  zu  Stadthagen. 

Von 

Dr.  K.  Doebner, 
k.   Archivar  zu  Hannover. 

Die  Originalurkunden  des  städtischen  Archivs  zu  Stadthagen, 
542  an  der  Zahl,  darunter  44  vor  1400,  umfassen  den  Zeitraum 
von  1280 — 1862.  Ist  es  ein  Beispiel  der  Zähigkeit  alter  Rechts- 
gebräuche, dass  noch  im  Jahre  1862  der  jetzt  regierende  Fürst  von 
Schaumburg-Lippe  in  einer  Pergamenturkunde  mit  Siegel  in  Holz- 
capsel  und  unter  Anwendung  alter  Formeln  und  Taxen  die  Privi- 
legien und  Rechte  der  Stadt  bestätigte,  so  steht  es  andererseits  ausser 

Za8.  8.  ^)  leugnet.  —  ')  durch  Zeugen  überführen.  —  ")  imbescholten.  — 
*)  sich  schützen.  —  ^)  eben80\del.  —  °)  1397  Oct.  26. 

Zus.  4  findet  sich  auch  (wohl  als  Lippstädter  Kechtsweisung)  in  der  oben 
S.  210  angeführten  Rechtshandschrift  des  15.  Jahrhunderts. 

*)  Erzähler;  auf  den  Bericht  eines  Dritten. 

Zus.  5.    ')  1424  Oct.  5.  —  »)  Lebendes  Vieh. 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  225 

Zweifel,  dass  die  Geschichte  von  Stadthagen  in  eine  lange  Zeit  weiter 
hinaufreicht  als  die  urkundlichen  Nachrichten  überliefern.  Denn  es 
ist  eine  durchaus  ansprechende  Vermuthung  H.  Guthes  i),  dass  unter 
der  Gunst  der  alten  Strasse,  welche  die  Bischofssitze  Minden  und 
Hildesheim  verband,  des  sogenannten  Helewegs  vor  dem  Santvorde, 
ein  nach  der  waldigen  Landschaft  genannter  Ort  Hagen  (Indago) 
frühzeitig  zu  einem  städtischen  Gemeinwesen  gedieh.  Nach  einem 
Grafen  Adolf  von  Schauenburg,  vermuthlich  dem  dritten  dieses 
Namens,  wurde  die  Stadt  im  13.  Jahrhundert  Grevenalveshagen 
genannt.  Bis  in  das  16.  Jahrhundert  ist  dieser  Name  vorherrschend 
geblieben,  dann  überwiegt  der  Name  Stadthagen,  welcher  vereinzelt 
schon  im  14.  Jahrhundert  begegnet.  Charakteristisch  ist  drfbei,  dass 
bisweilen  in  ein  und  derselben  Urkunde  neben  Grevenalveshaghen 
der  alte  Name  to  dem  Haghen  gebraucht  wird,  und  zwar  haftet 
dieser  dann  besonders  an  den  eigentlich  städtischen  Instituten,  dem 
Rathhause  und  der  Pfarrkirche  S.  Martini. 

Während  die  Rechtsthätigkeit  des  Rathes  vorzugsweise  in  den 
oben  von  H.  Ermisch  mitgetheilten  Statuten  ihren  Ausdruck  fand, 
bezeichnet  eine  Reihe  von  gräflichen  Privilegien,  abgesehen  von 
der  Verleihung  des 'Lippstädter  Rechtes  im  Jahre  1344  (s.  ebendort), 
die  Momente  der  inneren  Entwicklung  der  Stadt.  Zunächst  gestattet 
Graf  Gerhard  von  Holstein  und  Schauenburg  1280  den  Einwohnern 
opidi  Indaginis,  nach  richtiger  Ablieferung  des  Zehnten  ihr  Getreide 
in  die  Stadt  einzubringen  2).  Auf  die  Errichtung  und  Dotirung 
einer  Capelle  zu  Bischoperode  in  unmittelbarer  Nähe  der  Stadt 
unter  Zustimmung  Bischof  Gottfried's  von  Minden  (1312)  folgen 
zwei  zu  Stadthagen  ausgestellte  Privilegien  des  Grafen  Adolf  VI., 
welche  unmittelbar  die  Hebung  des  städtischen  Lebens  zum  Zweck 
haben.  In  dem  ersten  von  1317  Febr.  26.  befreit  er  die  Kauf  leute 
seiner  Städte  von  Entrichtung  des  Zolles  oder  Ungeldes  in  seiner 
Stadt  Hamburg  und  fünf  Jahre  später  (1322  Aug.  24.)  liefert  er 
zur  Erleichterung  der  Stadt  (ne  paupertatis  pondere  suppressa 
penitus  desoletur)  den  Kaufleuten  der  Städte  Hannover,  Wunstorf, 
Hameln,  Lemgo,  Minden  und  Nienburg  bei  dem  Kauf  und  Verkauf 
von  Waaren  in  Stadthagen  freies  Geleit  in  seinem  Territorium  und 
Sicherheit  im  Falle  eines  Krieges  mit  den  Landesherren  jener  Städte 


*)  Die  Lande  Braunschweig  und  Hannover.  S.  456. 
*)  Theilweise  gedr.  Wippermann,  Regesta  Schaumburgensia  n.  203. 
AreUvalische  Zeitschrin  MU.  ,  15 


226  Doebner: 

ZU.  1337  verpflichtet  sich  derselbe  Graf  Adolf,  die  Bürgerschait 
nach  Empfang  einer  zum  Nutzen  des  Landes  ihm  bewilligten  Bei- 
steuer an  Vieh  (precaria  Tel  contribucio)  nicht  weiter  zu  belästigen. 
Der  Herrschaft  stand  der  Worthzins  (census  arealis)  in  der  Stadt 
zu,  welchen  Graf  Adolf  und  Hedwig,  seine  Gemahlin,  1352  ihrem 
Hospital  zu  Stadthagen  verkauften.  Von  dem  Zehnten  wird  1367 
das  Gemeindeland  nördlich  von  der  Stadt  befreit.  Den  von  seinen 
Vorfahren  der  Stadt  verliehenen  freien  Wochenmarkt  verl^  1436 
Graf  Otto  H.  auf  Bitten  des  Rathes  und  unter  Beirath  der  Stände 
des  Landes  von  Sonntag  auf  Sonnabend.  Durch  eine  Bede  von 
400  rh.  Gulden  erwarb  die  Stadt  1450  das  Recht,  ihre  Landwehr 
zu  befestigen,  zu  welchem  Zwecke  1457  Ländereien  einer  Vicarie 
mit  Gräben  durchzogen  wurden.  Wiederholt  leistet  die  Stadt  dem 
Landesherm  solche  Beden,  obwohl  Graf  Erich  1474  sich  ver- 
pflichtet, die  Bürgerschaft  nur  bei  Ausstattung  einer  Tochter  oder 
im  Falle  eines  Krieges  oder  seiner  Gefangenschaft  wieder  anzugehen. 
Bei  Gelegenheit  der  Huldigung,  bisweilen  auch  durch  die  Gräfinnen, 
welchen  die  Stadt  als  Leibzucht  verschrieben  war,  und  um  die 
Mitte  des  15.  Jahrh.  durch  zwei  Gebrüder  von  Holle  (HaUe)  als 
Pfandinhaber  werden  den  Bürgern  ihre  Privilegien  bestätigt 

Um  die  Stellung  der  Stadt  nach  Aussen  zu  beurtheilen,  kommt 
in  Betracht,  dass  sie  1331  die  Entscheidung  des  Grafen  von  Wunstorf 
gegen  einen  Anspruch  auf  die  Gemeindeweide  einholt.  1452  nimmt 
Bernhard  Edelherr  zu  Lippe  mit  Zustimmxing  des  Grafen  Otto  von 
Schaumburg,  seines  Schwiegervaters,  Stadthagen  auf  vier  Jahre  in 
seinen  Schutz  und  verpflichtet  sich  namentlich,  die  Kaufleute  aus 
Stadthagen  in  ihren  Geschäften  zu  befördern,  während  die  Stadt  die 
Kosten  des  Schutzes  trägt  Li  ein  gleiches  Verhältniss  zu  der  Stadt 
tritt  1456  Herzog  Friedrich  der  Jüngere  zu  Braunschweig  und 
Lüneburg.  1449  trifft  der  Rath  ein  Abkommen  mit  dem  Grafen 
Johann  von  Hoya  über  die  gegenseitige  Auslieferung  von  ererbtem 
Gut  mit  Gerade  und  Heergewedde  an  Bürger  von  Stadthagen  und 
TJnterthanen  des  Grafen. 

Für  die  Kenntniss  der  kirchlichen  Verhältnisse,  die  Geschichte 
der  Pfarrkirche  S.  Martini,  der  Capellen  und  Vicarien,  des  Ka- 
landes  S.  Barbarae  (1337)  und  anderer  Brüderschaften,  der  Ho- 
spitäler sowie  der  Armenpflege,  welche  in  Stadthagen  schon  1400 
in  den  Händen  des  Rathes  lag  und  in  geregelten  Almosenspenden 
unter  der  Leitung  von  Provisoren  sich  äusserte,  bietet  das  Archiv 


Aus  dem  Stadtarchiv  zu  Stadthagen.  227 

ein  verhältnissmässig  reiches  Material  dar,  welches  zum  Theil  von 
Mooyeri)  benutzt  wurde.  Mit  den  benachbarten  Stiftern  und  Klöstern 
wie  Obernkirchen,  dessen  Propst  als  Patron  der  Kirche  S.  Martini 
zugleich  Archidiakon  in  Stadthagen  war  (1328),  den  Dominikanern 
zu  Minden  und  den  Augustinereremiten  zu  Herford,  welche  beide 
Termineien  in  der  Stadt  hatten  (1330  und  1346),  dem  Stifte  zu 
Flotho  und  dem  Kloster  Marienau  unterhielt  der  Rath  geschäftliche 
Beziehungen  ebenso  wie  mit  den  Städten  Minden, 'Hannover,  Neu- 
stadt a.  R.  u.  A.  Nur  einmal  wird  in  den  Urkunden  das  Pranris- 
kanerkloster  zu  Stadthagen  (to  Mehaghen !)  selbst  erwähnt,  welches 
nach  Büsching,  einem  Stadthagener  Kinde,  erst  von  Erich  (f  1485), 
Sohn  des  Grafen  Otto  HI,  gegründet  wäre. 

Zahlreiche  Urkunden  betreflFen  Auflassungen  und  andere  Rechts- 
geschäfte vor  dem  erst  herrschaftlichen,  später  städtischen  Richter, 
neben  welchem  ein  besonderer  Vogt  auf  dem  Schlosse  erwähnt 
wird  (1420),  und  vor  dem  Rathe.  In  den  Jahren  1427  und  1434 
erscheint  die  Bürgerschaft  vor  dem  Gericht  der  Freigrafen  der  Graf- 
schaft Teklenburg  und  der  Krummen  Grafschaft.  Auf  Anzeige  des 
Freigrafen  Conrad  Stute  zu  Schildesche  beauftragt  Kaiser  Sigismund 
in  einer  zu  Ulm  1434,  Juni  27.  (Sonntag  nach  Joh.  bapt)  ausge- 
stellten Urkunde  den  Rath  zu  Dortmund  mit  Entscheidung  eines 
Processes  des  Rathes  von  Stadthagen  mit  Dietrich  von  Eklo. 

Auf  die  innere  Stadtverfassung  wirft  es  ein  licht,  dass  Graf 
Adolf  1422  der  Stadt  ein  Privileg  ertheilte,  nach  welchem  bei  Strafe 
des  Güterverlustes  und  der  Gefangenschaft  ein  Jahr  lang  die  Stadt 
meiden  muss,  wer  sich  dem  Amte  im  Rathe  und  in  der  Gemeinde 
durch  unbegründeten  Wegzug  aus  der  Stadt  entzieht.  Aus  den 
Jahren  1456  und  1458  ergeben  einzelne  Urkunden  Spuren  von 
einer  Bewegung  der  Handwerker  und  der  Gemeinde  gegen  den 
Rath.  Werthvolle  Eintragungen  über  das  Gildewesen  enthält  eine 
Handschrift  aus  dem  15.  Jahrhundert. 

Unter  den  Handschriften  des  Archivs  sind  ausserdem  zu  er- 
wähnen ein  Sioldbuch  mit  Bürgerlisten  1403 — 1405,  Schossbuch  mit 
Kriegssteuerlisten  1404,  eine  Kämmereirechnung  über  die  Ausgaben 
mit  Yerzeichnisse  der  Aelterleute  der  Innungen,  Bürgerlisten  u.  dergl. 
1405,  sechs  Hefte  Kämmereirechnungen  aus  den  Jahren  1406, 1407, 


*)  Die  vormalige  Grafschaft  Schaumburg  in  ihrer  kirchlichen  Eintheilmig. 
S.  15  ff. 

15* 


228  Doebner:  Aus  dem  Stadtarchiv  zu  StadÜiagen. 

1409,  1410,  1414  und  1416,  ein  Brüchebuch  (broekebok)  über  die 
Strafgelder  von  1481  —  1541,  ein  Gerichtsprotokollbuch  aus  den 
Jahren  1523,  1542  und  1543,  verschiedene  Register  von  Brüder- 
schaften und  milden  Stiftungen,  Statuten  des  Hökeramtes  Ton  1577 
und  1588,  Register  über  Beisteuern  zur  Stadtbefestigung  (1583)  imd 
zu  den  Bauten  am  Rathhause  (1546),  endlich  zwei  StadtprotokoU- 
bücher  aus  den  Jahren  1644-1646  und  1648.  Bemerkenswerth 
ist  die  im  Original  erhaltene  Ordnung  der  Herrschaft  und  des  Rathes 
füi"  die  1565  neuerbaute  gelehrte  Schule  vom  Jahre  1571,  zumal 
an  sie  die  Universität  zu  Stadthagen  anknüpft,  welche  nach  nur 
dreijährigem  Bestehen  1621  nach  Rinteln  und  von  da  nach  Marburg 
verlegt  wurde. 

Von  praktischer  Bedeutung  für  die  städtische  Verwaltung  sind 
noch  Recesse  und  andere  Urkunden  über  den  Grundbesitz  der  Ge- 
meinde und  die  Fundationsurkunden  für  mehrere  noch  jetzt  wirk- 
same Stiftungen. 


X.  Ueber  Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde- 
Archive. 

Von 

Dr.  Pfannenschmid  in  Colmar, 
Archivdirector  des  Ober-Elsass. 


I.  Die  Nothwendigkeit. 

Wie  die  Familie  der  älteste  natürliche,  so  ist  der  Staat  der 
jüngste  künstliche  Organismus  des  Volkslebens.  Wie  dort  die 
individuelle  Freiheit  in  grösster  Ungebundenheit  zu  Tage  tritt,  so 
erscheint  sie  hier  durch  das  Gesetz  der  Wechselwirkung  bedingt 
in  grösster  Beschränkung.  Mitten  inne  steht  die  Gemeinde:  sie 
ist  der  älteste  natürlich  organisirte  Staat  und  die  älteste  künstlich 
organisiite  Familie.  Das  Verhältniss  der  Gemeinde  zur  Familie 
wie  zum  Staate  hat  historisch  seinen  Ausdnick  in  einer  bestimmten, 
eigenthümlichen  Organisation  gefunden.  Diese  war  zu  verschiedenen 
Zeiten  verschieden.  In  unseren  Tagen  ist  der  Charakter  der  Ge- 
meinde-Organisation ein  wesentlich  administrativer:  in  ihr  spiegelt 
sich  der  gesammte  administrative  Staatsorganismus  wieder.  Von 
diesem  Gesichtspunkte  aus  betrachtet  ist  die  Gemeinde  selbst  ein 
künstlich  organisirtes  Glied  in  der  Kette  der  Glieder,  welche  den 
Staatsorganismus  bilden,  sein  wichtigstes  Organ,  durch  welches 
nach  unten  hin  der  Staat  seinen  Willen  kund  thut  und  vollzieht. 
Die  künstliche  Organisation  dieses  kleinsten  staatlichen  Gemein- 
wesens ist 'geregelt  und  bedingt  durch  eine  Gemeinde -Verfassung. 
Eine  solche  hat  zum  vollzieheiiden  Organ  eine  Gemeinde-Behörde. 
Die  Gemeinde -Behörde  aber  gebraucht,  wie  alle  Behörden  und 
corporativen  Verbände,  zur  Verwirklichung  ihrer  Zwecke  eines  be- 
stimmten Apparates  und  einer  solchen  Person,  die  denselben  zu 
handhaben  versteht.  Dieser  Apparat  ist  die  Eegistratur  und  ihr 
Verwalter    der   ßegistrator    oder    wie    er   sonst   heisst.     Soll    aber 


230  Pfannenschinid : 

Registratur  und  ßegistrator  den  staatlichen  wie  communalen,  also 
den  öffentlichen  Interessen  in  wirksamer  Weise  dienen,  so  ist  bei 
der  Mannigfaltigkeit  und  Complicirtheit  der  Erfordernisse  des  öffent- 
lichen Dienstes  eine  bestimmte  Technik  noth wendig,  welche  nicht 
nur  den  Dienst  erleichtert,  sondern  den  prompten  Vollzug  der 
Aufgaben  desselben  erst  ermöglicht. 

Diesem  Satze,  dessen  Richtigkeit  kein  Sachkundiger  in  Zweifel 
ziehen  wird,  sollten  nun  die  thatsächlichen  Verhältnisse  dergestalt 
entsprechen,  dass  mit  der  Ausbildung  des  Staatswesens  als  eines 
Organismus  auch  die  Ausbildung  des  technischen  Apparates  aller 
seiner  selbständigen  administrativen  Organe  gleichen  Schritt  ge- 
halten hätte.  Allein  dies  ist  gerade  bezüglich  der  Gemeinden  nicht 
der  Fall  gewesen.  Nach  dem  Zusammenbruch  des  Feudalstaates  in 
diesem  Jalirhundert  haben  sich  die  Staaten  Deutschlands  und  dessen 
Behörden  von  oben  her  organisirt  auch  bezüglich  der  administrativen 
Technik;  aber  erst  in  unseren  Tagen  wird  die  Erkenntniss  all- 
gemeiner, dass  auch  die  Gemeinden  in  entsprechender  Weise  an 
den  Veränderungen,  welche  sich  in  diesem  Betracht  in  den  oberen 
administrativen  Regionen  vollzogen  haben,  Theil   nehmen   müssen. 

Bei  allen  Verwaltungs-  und  Justiz-Behörden  giebt  es  entweder 
Archive  oder  Registraturen,  je  nachdem  dort  alte  und  moderne, 
oder  nur  moderne  Dokumente  vorhanden  sind.  Neben  den  Archiven 
und  Registraturen  der  Behörden  bestehen  noch  besondere  Anstalten, 
die  Staatsarchive,  welche  alles  historische  Material  einer  Provinz 
beherbergen,  denen  von  Zeit  zu  Zeit  von  jenen  Behörden  diejenigen 
Acten  überwiesen  werden,  welche  nicht  mehr  zu  dem  laufenden 
Geschäftsgange  erforderlich  sind.  Die  Einrichtung  und  Verwaltung 
dieser  Archive  und  Registraturen  ist  durch  besondere  Dienstvor- 
schriften, ja  durch  gesetzliche  Bestimmungen  geregelt.  Ganz  anders 
ist  es  mit  den  Gemeinde-Archiven.  In  den  Gemeinde-Ordnungen 
deutscher  Länder  sucht  man  das  Wort  „Gemeinde-Archiv"  ver- 
gebens. Die  deutschen  Regierungen  haben  bis  zu  dieser  Stunde 
dem  Gemeinde-Archiv wesen  keine,  oder  kaum  eine  nennenswerthe 
Fürsorge  zugewandt.  Jetzt  aber  tritt  in  Anlass  der  Einführung 
der  Standesamts-Geschäfte  an  die  Staatsregierungen  die  Aufforderung 
heran,  auch  dem  Gemeinde-Archivwesen  überhaupt  eine  besondere 
Aufmerksamkeit  zu  widmen.  Hier  liegt  eine  alt«  Schuld  vor,  deren 
sehr  unbequeme  und  schädliche,  ja.  verderbliche  Wirkungen  sich 
von  Tage  zu  Tage  fühlbarer  machen,  eine  Schuld,  welche  deshalb 


lieber  Oitlnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde- Archive.  231 

SO  bald  als  möglieb  getilgt  werden  sollte.  Wiewohl  nun  die  Ge- 
meinde-Archive Communal-Eigenthum  sind,  so  hat  doch  der  Staat 
die  Verpflichtung,  dieselben  unter  seine  Obhut  zu  nehmen,  da  die 
Gemeinde-Archive  zugleich  öffentliches,  unverjährbares  und  un- 
veräusserliches Gemeindegut  sind,  und  der  Staat  über  solches  Gut 
der  natürliche  Wächter  ist;  er  hat  ferner  diese  Verpflichtung,  weil 
die  Gemeinde-Archive  nicht  nur  communalen,  sondern  auch  staat- 
lichen Zwecken  dienen;  er  hat  aber  endlich  diese  Verpflichtung, 
weil,  wie  die  bisherigen  Thatsachen  beweisen,  die  Initiative  zu 
einer  richtigen  Verwaltung  der  Gemeinde  -  Archive  von  den  Ge- 
meinden selbst  nicht  ausgegangen  ist,  und  wo  dies  geschehen  ist, 
mehr  nach  Willkür  als  nach  festen  Kegeln  verfahren  wird.  Es  liegt 
auf  der  Hand,  dass  auch  die  Anordnungen  einzelner  Regierungs- 
behörden keine  Hülfe  gewähren  können.  Soll  eine  —  und  das  ist 
die  Hauptsache  —  nach  festen,  einheitlichen  Principien  geregelte 
Gemeinde- Archiv- Verwaltung  ein-  und  durchgeführt  werden,  so  kann 
dies  nur  von  dem  Staate  selbst  ausgehen,  da  er  hierzu  nicht  nur 
das  Recht  und  die  Verpflichtung  hat,  sondern  da  er  einzig  und 
allein  in  der  Lage  ist,  auf  Grund  seiner  Kenntniss  der  Erforder- 
nisse des  verschieden  organisirten  Gemeinde -Verwaltungsdienstes 
das  allen  Gemeinsam -Noth wendige  in  bestimmte  administrative 
Formel  zu  bringen. 

Dass  ein  solcher  Weg  in  Deutschland  endlich  einmal  seitens 
des  Staates  beschritten  werden  muss,  darüber  sollte  man  kein  Wort 
weiter  verlieren.  Und  doch  darf  es  nicht  verschwiegen  werden, 
dass  gerade  der  Staat  auf  der  einen  Seite  eifrigst  das  thut,  was  er 
auf  der  anderen  Seite  unterlässt.  Conservirt  er  mit  anerkennens- 
werthem  Eifer  seine  eigenen  Archive  und  macht  er  deren  Schätze 
bereitwilligst  dem  Forscher  theils  durch  Anfertigung  von  Reper- 
torien,  theils  durch  gelehrte  Publicationen  nutzbar,  so  lässt  er  in 
nicht  zu  rechtfertigender  Weise  das  ebenso  kostbare  Urkunden- 
material,  was  die  Archive  unserer  Städte  und  die  der  grösseren 
Landgemeinden  bergen,  vielfach  verkommen.  Beispiele  möge  man 
uns  hier  anzuführen  unterlassen;  ein  Jeder  wird  aus  eigenem  Er- 
fahrungsta:ei8e  deren  in  Bereitschaft  haben.  Zur  Entschuldigung 
dieser  thatsächlichen  Verhältnisse  lässt  sich  nur  anfuhren,  dass  es 
dem  Staate  bisher  an  geeigneten  und  wirksamen,  gesetzlichen  Mitteln 
gebrach,  Jiier  mit  Erfolg  einzugreifen.  Um  so  mehr  gilt  es  jetzt 
nicht  sowohl  im  Interesse   der  Wissenschaft,   als  insbesondere  im 


232  Pfannenschmid : 

Interesse  des  Staates,  wie  im  Interesse  der  Gemeinde- Verwaltung 
selbst,  Hand  an  ein  Werk  zu  legen,  das  schon  längst  hätte  in 
Angriff  genoftimen  werden  sollen;  denn  nur  ein  wohlgeordnetes 
Archiv  verschafft  dem  Staate  wie  der  Gemeinde  eine  prompte  und 
sichere  Administration,  erheischt  weit  weniger  Correspondenzen  als 
im  gegen theiligen  Falle,  vermeidet  zahllose  An-  und  Rückfragen, 
erspart  so  Zeit  und  Geld  wie  nicht  minder  manch'  kleinen  und 
grossen  Verdruss,  sichert  durch  die  Pflege  und  sorgfältige  Conser- 
virung  der  Dokumente  und  Pläne  Dritten  gegenüber  die  commu- 
nalen  Rechte  und  gewährt  den  einzelnen  Gemeindegliedem  nicht 
selten  die  gesuchte  Belehrung  und  Auskunft,  Zank  und  Hader  von 
vornheraus  im  Keime  erstickend.  Ist  aber  die  Nothwendigkeit  einer 
Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde-Archive  einmal  erkannt 
ist  die  Möglichkeit,  eine  solche  Aufgabe  zu  lösen,  an  conkreten 
Beispielen  nachgewiesen,  liegt  der  praktische  Nutzen,  welchen  wohl- 
geordnete Gemeinde-Archive  gewähren,  offen  am  Tage,  dann  wird 
es  nur  noch  eine  Frage  der  Zeit  sein,  die  gesetzlichen  Grundlagen 
zur  Durchführung  der  ebenso  nothwendigen,  wie  ausführbaren  und 
nützlichen  Gemeinde-Archiv-Organisation  imd  Administration  zu 
schaffen. 

Diese  zu  erstrebende  Organisation  und  Administration  würde 
sich  zu  erstrecken  haben  aut  die  Gemeinde-Archive  als  solche, 
d.  h.  auf  die  Archive  der  Städte,  Flecken  und  Landgemeinden,  ein- 
schliesslich der  Archive  corporativer  Verbände,  welche,  wie  die  der 
milden  Stiftungen,  in  einem  näheren  Verhältnisse  zu  der  Gemeinde- 
Administration  stehen,  aber  ausschliesslich  der  Archive  aller  anderen 
corporativen  Verbände,  wie  die  der  kirchlichen,  es  sei  denn,  dass 
auch  hier  nähere  Beziehungen  zu  der  Gemeinde-Administration 
stattfinden,  wie  es  hinsichtlich  mancher  Kirchenfabriken,  die  Sub- 
ventionen aus  Gemeinde-Mitteln  erhalten,  der  Fall  ist.  Unter  dem 
Ausdruck  Gemeinde-Archiv  werden  demnach  hier  alle  Archive 
der  Städte,  Flecken  und  Landgemeinden  verstanden,  welche  Doku- 
mente communaler  Natur  innerhalb  der  angegebenen  Grenzen  be- 
sitzen. Auch  ist  der  Charakter  der  in  den  Archiven  der  Städte, 
Flecken  und  Landgemeinden  aufbewahrten  Dokumente  administra- 
tiver Natur,  ungeachtet  der  Verschiedenheit  von  Stadt-  und  Land- 
gemeinde-Ordnungen in  Deutschland,  im  Allgemeinen  derselbe  und 
nur  in  Einzelheiten,  die  durch  lokale  Verhältnisse  gegeben  sind, 
abweichend.    Dieses  den  Archiven  der  Städte,   Flecken  und  Land- 


lieber  Ordnung  und  Tnventarisirung  der  Gemeinde -Archive.         233 

gemeinden  gemeinsame  Charakteristikum  rechtfertigt  für  alle  diese 
Archive  den  gemeinsamen  Namen:  Gemeinde-Archive.  Man 
könnte  dafür  den  Ausdruck  Gemeinde-Registraturen  wählen,  wenn 
unter  der  Bezeichnung  Gemeinde-Archive  nur  diejenigen  Dokumentei 
gemeint  wären,  welche  gegenwärtig  zur  Gemeinde- Administration 
gehören;  allein  da  in  allen  Gemeinde-Archiven  auch  Dokumente 
vorhanden  sind,  welche  einst  zur  communalen  Administration  ge- 
hörten, so  ist  der  Ausdruck  Gemeinde-Archiv  der  umfassendere 
und  deshalb  der  allein  richtige. 

Es  führt  diese  Wahrnehmung  indess  zu  einer  Unterscheidung 
der  in  den  Gemeinde-Archiven  beruhenden  Dokumente,  zu  einer 
Unterscheidung,  welche  aus  praktischen  Gründen  nothwendig  ist. 
Diejenigen  Dokumente,  welche  der  laufenden  Administration  dienen, 
kann  man  moderne,  diejenigen,  welche  diesen  Zweck  erfüllt 
haben,  kann  man  historische  Dokumente  nennen,  das  Gemeinde- 
Archiv  demnach  in  ein  modernes  und  ein  historisches  eintheilen. 
Hier  aber  erhebt  sich  die  Frage,  nach  welchem  Kriterium  man 
moderne  Dokumente  von  historischen  Schriften  zu  unterscheiden 
habe,  oder  mit  anderen  Worten,  wo  das  moderne  Archiv  aufhöre 
und  das  historische  beginne.  Soll  man  zur  Bestimmung  dieser 
Grenze  von  der  Wichtigkeit  ausgehen,  welche  ältere  Dokumente 
noch  für  die  Gegenwart  haben  oder  haben  können?  Oder  soll  man 
ein  bestimmtes  Normaljahr  annehmen?  Die  Unbrauchbarkeit  des 
ersteren  Verfahrens  liegt  auf  der  Hand,  da  hier  in  jedem  einzelnen 
Falle  entschieden  werden  müsste  und  zwar  nach  sehr  subjectiven 
Ansichten,  momentanen  Bedürfnissen,  also  nach  Willkür.  Ein  der- 
artiges Verfahren  ist  aber  durchaus  zu  verwerfen,  wo  es  sich,  wie 
im  vorliegenden  Falle,  um  ein  festes  Princip  handeln  muss.  Für 
das  an  die  Geschicke  Frankreichs  zeitweilig  geknüpfte  Elsass-Loth- 
ringen  ist  ein  solches  Princip  in  dem  Jahre  1790  gegeben,  das  für 
ganz  Frankreich  eine  wirkliche  Epoche  bezeichnet,  das  Ende  einer 
abgelaufenen,  den  Anfahg  einer  neuen  Zeit,  die  Beseitigung  des 
Feudalstaates  durch  einen  Gewaltact  und  die  Bildung  eines  so- 
genannten constitutionellen  Staatswesens.  Eine  bis  heute  in  ihren 
Folgen  so  überwiegend  verhängnissvolle  und  verderbliche  Kevolution 
hat  für  Deutschland  nicht  stattgefunden,  der  Lehenstaat  hat  sich 
hier  erst  allmählich  aufgelöst.  Man  muss  also  ein  anderes  Merkmal 
aufsuchen.  In  Anbetracht  der  allgemeinen  deutschen  Verhältnisse 
scheinen   sich  hier   zwei  Zeitpunkte  zu   empfehlen,   die  Auflösung 


234  Pfannenschmid: 

des  römischen  Kaiserreiches  oder  das  Ende  der  Freiheitskriege, 
welche  ihren  Abschluss  in  dem  zweiten  Pariser  Frieden  fiiiden. 
Da  nun  von  diesem  Zeitpunkte  an  eine  neue  Entwickelung  deutscher 
Verhältnisse  beginnt,  so  scheint  dieser  Termin  den  Vorzug  vor 
jenem,  wo  ein  solcher  Anfang  noch  nicht  gegeben  ist,  zu  verdienen. 
Demnach  würde  es  zweckmässig  sein,  als  Normaljahr  das  Jahr  1816 
anzusetzen. 

Es  würde  sich  daher  die  Ordnung  und  Inventarisirung  der 
Gemeinde -Archive  zu  erstrecken  haben  auf  die  des  historischen 
Archivs  bis  1816,  und  auf  die  des  modernen  Archivs  von  diesem 
Zeitpunkte  an  bis  zur  Gegenwart.  Diese  Aufgabe  lässt  sich  jedoch 
nicht  auf  einmal,  sondern  nur  schrittweise  lösen,  da  die  zu  be- 
siegenden Schwierigkeiten  zu  gross  sind.  Es  fragt  sich  daher,  ob 
man  zuerst  bei  dem  historischen,  oder  bei  dem  modernen  Gemeinde- 
Archive  beginnen  soll.  Im  ersteren  Falle  würden  vorwiegend  wissen- 
schaftliche, im  letzteren  vorwiegend  praktische  Interessen  massgebend 
sein.  Die  Entscheidung  dürfte  nicht  schwer  fallen.  Da  jene  In- 
teressen kleinere,  diese  aber  alle  hier  betheiligten  Kreise  betreffen, 
so  würde  mit  der  Ordnung  und  Inventarisirung  der  modernen  Ge- 
meinde-Archive der  Anfang  zu  machen  sein.  Die  Anforderungen 
der  Gegenwart  würden  so  ihr  Recht  erhalten;  der  sofortige  prak- 
tische Nutzen  würde  für  die  Sache  selbst  neue  Anhänger  gewinnen 
und  die  weitere  Aufgabe  günstig  vorbereiten.  Dieser  Weg  ist  in 
Frankreich  auch  schon  mit  Erfolg  eingeschlagen  worden. 

Es  erhebt  sich  nun  die  Frage,  wie  zunächst  die  modernen  Ge- 
meinde-Archive zu  ordnen  und  zu  inventarisiren  sein  dürften. 

Wenn  ich  nun  versuchen  werde,  diese  Frage  auf  Grund  meiner 
in  Ober-Elsass  seit  12  Jahren  gewonnenen  Erfahrungen  zu  be- 
antworten, so  kann  und  soll  dies  nur  in  dem  Sinne  geschehen, 
dass  man  sich  in  Deutschland  an  dem,  was  ich  hierüber  zu  sagen 
weiss,  im  Allgemeinen  orientiren  möge.  Die  nachfolgende  Dar- 
legung soll  mithin  nichts  anders  als  ein  praktisches  Beispiel  sein, 
das  sich  mutatis  mutandis  auf  deutsche  Verhältnisse  leicht  über- 
tragen lassen  wird. 


lieber  Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde -Archive.         235 

II.  Die  Gesichtspunkte.    Theorie  und  Praxis. 

Der  Gang,  welcher  in  Betreff  der  Ordnung  und  Inventarisirung 
der  Gemeinde -Archive  in  Deutschland  einzuschlagen  sein  würde, 
ist  bereits  in  Frankreich  seit  fast  einem  halben  Jahrhundert  praktisch 
durchgeführt  worden.  Seit  1842  wurde  hier  die  Ordnung  und  In- 
ventarisirung der  modernen,  seit  1858  die  der  historischen  Ge- 
meinde-Archive in  Angriff  genommen  und  mit  wenigen  Ausnahmen 
zu  Ende  geführt.  Freilich  lagen  in  Frankreich  die  Verhältnisse 
sehr  günstig:  die  straffe  Centralisation  des  Staatswesens  forderte 
diese  Arbeit  und  erleichterte  deren  Ausführung,  welcher  ohnedies 
die  praktischen  Bedürftiisse  des  täglichen  Dienstes  entgegenkamen. 
Das  ging  aber  nicht  ohne  eine  feste  Organisation  des  ganzen  Ge- 
meinde-Archivwesens. Auf  Grund  früherer  gesetzlicher  und  reglemen- 
tarischer Vorschriften  wurde  nun  dieser  Dienstzweig  nach  und  nach 
geregelt  und  organisirt.  Wie  dies  geschah,  habe  ich  bereits  in 
meinem  Buche  „Das  Archiv wesen  in  Elsass- Lothringen",  Colmar, 
Lang  und  Rasch,  1875,  auf  Seite  133 — 150  möglichst  ausführlich 
dargestellt*)  und  daselbst  die  Werke  zu  weiterer  Belehrung  an- 
gegeben. Indem  ich  auf  dieses  Buch  verweise,  kann  ich  hier  nach- 
holen, was  ich  damals  noch  nicht  in  der  Lage  war  auseinander- 
zusetzen —  eine  eingehendere  Darstellung  darüber,  wie  die  Ordnung 
und  Inventarisirung  der  Gemeinde-Archive  zu  bewirken  ist.  Vorauf- 
geschickt werden  mögen  jedoch  noch  zwei  Bemerkungen,  von  denen 
die  eine  sich  auf  die  Personen  bezieht,  denen  die  Obhut  und  Sorge 
für  die  Gemeinde-Archive  zunächst  anvertraut  ist,  die  andere  sich 
auf  eine  kurze  Notiz  über  die  Lokale  erstreckt,  in  denen  die  Ge- 
meinde-Archive aufbewahrt  werden. 

In  Frankreich  kennt  man  einen  Unterschied  zwischen  Stadt- 
und  Landgemeinden,  wie  er  in  Deutschland  vorhanden  ist,  im  All- 


0  Daselbst  sind  folgende  Punkte  besprochen  worden:  1)  Entstehung  der 
Gemeinde  -  Archive  und  ihre  Bestände;  2)  Aufeichtsrecht  des  Staates;  3)  Ein- 
theilung  und  Ordnung  der  Communal- Archive ;  4)  Inventare  (Repertorien) ;  5)  Auf- 
bewahrungsort; 6)  Archivbentitzung;  7)  Verkauf  unnützer  Papiere;  8)  Beamte, 
Budget;  9)  an  das  Bezirks  -  Archiv  abzugebende  Dokumente;  10)  Deponirung 
von  Communal- Archiven  in  dem  Bezirks- Archive ;  11)  Büi^germeister  und  Gemeinde- 
rath;  12)  Bezirks-Präsident,  Bezirkstag  und  Archiv-Commission ;  13)  der  Kreis- 
director;  14)  der  Inspector  der  Gemeinde- Archive,  der  General-Inspector  beim 
Ministerium  und  der  Minister. 


236  Pfanaenschmid : 

gemeinen  nicht;  es  giebt  daselbst  nur  Gemeinden  (communes),  deren 
Organisation  eine  im  Wesentlichen  einheitliche  ist,  auch  bezüglich 
des  Archivwesens.  Die  Bestimmungen  hinsichtlich  des  Gemeinde- 
Archivwesens  gelten  somit  für  alle  Gemeinde -Archive  ohne  Unter- 
schied. Spätere  abweichende  Vorschriften  bezüglich  der  Ordnung 
und  Inventarisirung  grösserer  (städtischer)  historischer  Gemeinde- 
Archive  kommen  hier  augenblicklich  nicht  in  Betracht,  da  sie  durch 
unsere  begrenztere  Aufgabe,  die  es  nur  mit  den  modernen  Gemeinde- 
Archiven  zu  thun  hat,  ausgeschlossen  sind. 

Die  vollziehenden  Organe  der  communalen  Verwaltung  sind 
der  Bürgermeister  (Maire,  in  den  deutsch-redenden  Dörfern  von 
Elsass-Lothringen  noch  heute  „Maier"  genannt),  sein  Stellvertreter, 
der  Adjunct,  und  der  Gemeinderath.  Alle  diese  die  Gemeinde- 
Verwaltung  bildenden  Beamten  gehen  aus  der  Wahl  der  stimm- 
berechtigten Gemeindeglieder,  der  Bürger,  hervor.  Diese  auf  eine 
bestimmte  Amtsdauer  gewählten  Beamten  bedürfen  der  Bestätigung 
der  Regierung;  ihre  Aemter  sind  jedoch  Ehrenämter,  also  Aemter 
ohne  Besoldung.  Nur  der  Bürgermeister  erhält  bestimmte  Reprä- 
sentätions-  und  Bureaukosten.  Zu  seinen  Obliegenheiten  gehört 
auch  die  Obhut  über  das  Gemeinde* Archiv,  für  dessen  Administra- 
tion und  Unversehrtbleiben  er  verantwortlich  ist.  Der  Bürgermeister 
lässt  das  Gemeinde -Archiv  durch  einen  von  ihm  ernannten  und 
ihm  verantwortlichen  Gemeindeschreiber  verwalten,  der  auch  zugleich 
im  Auftrage  des  Bürgermeisters,  als  Standesbeamten,  die  Geschäfte 
des  Standesamtes  besorgt.  Der  Gemeindeschreiber  bezieht  für  seine 
Mühewaltung  eine  jährliche  Remuneration  aus  dem  Bureaufonds 
des  Bürgermeisters,  welche  je  nach  der  Grösse  der  Gemeinde  und 
deren  Einkommen  verschieden  bemessen  ist,  und  zwischen  40  bis 
300  Mark  schwankt.  In  den  meisten  Landgemeinden  versehen  das 
Amt  der  Gemeindeschreiber  die  Elementarlehrer,  eine  Einrichtung, 
welche  sich  gut  bewährt  hat ;  nur  in  den  grösseren  Landgemeinden 
und  in  den  Städten  sind  ständige  Gemeindeschreiber  angestellt,  die 
dann  eine  angemessene  Besoldung  erhalten,  welche  der  Gemeinde- 
rath votirt.  In  einigen  Städten,  in  denen  ältere,  umfangreiche 
Archive  vorhanden  sind,  gibt  es  besondere  Archivare.  Für  die 
regierungsseitig  geforderte,  obligatorische  Aufstellung  von  G^meinde- 
Inventaren  wird  von  dem  Gemeinderath  ein  ausserordentlicher  Credit 
bewilligt.  Dieser  Fall  ist  jedoch  seit  1842  bis  1870  für  die  einzelne 
Gemeinde   nur  zwei  Mal,   seltener  drei  Mal  vorgekommen.     Unter 


lieber  Ordnung  und  Tnventarisinmg  der  Gemeinde -Archive.         237 

deutscher  Verwaltung  ist  je  nach  der  Grösse  und  den  Mitteln  der 
Gemeinden  (ausschliesslich  der  Städte)  »für  die  Neuaufstellung  eines 
Inventars  die  Summe  von  40  bis  200  Mark  gezahlt  worden. 

Das  Lokal,  worin  die  Gemeinde -Archive  aufbewahrt  werden, 
ist  das  Gemeindehaus.  In  jeder  Landgemeinde  —  in  Elsass-Loth- 
ringen  mit  sehr  wenigen  Ausnahmen —  ist  ein  solches,  das  zugleich 
auch  Schulhaus  ist,  worin  der  Lehrer  in  der  Regel  Dienstwohnung 
hat.  Die  Räume,  welche  den  Zwecken  der  Gemeinde -Verwaltung 
dienen,  sind  von  den  Schulräumen  getrennt.  Die  den  Verwaltungs- 
zwecken gewidmeten  Räume  bestehen  aus  einem  sogenannten  Be- 
rathungszimmer,  in  welchem  die  Sitzungen  des  Gemeinderathes 
abgehalten  werden,  und  das  zugleich  als  Geschäftslokal  des  Bürger- 
meisters dient.  An  dieses  Zimmer  stösst  das  kleinere  Archivlokal. 
Ist  ein  solches  nicht  vorgesehen,  so  sind  die  Archivalien  in  dem 
meist  geräumigen  und  hellen  Berathungszimmer  aufgestellt.  Ist 
überhaupt  kein  Gemeindehaus  vorhanden,  dann  bewahrt  der  Bürger- 
meister die  Gemeindeschriften  unter  bestimmten  Vorsichtsmassregeln 
in  seiner  Wohnung. 

Nach  diesen  Bemerkungen  wenden  wir  uns  zur  Betrachtung 
derjenigen  Gesichtspunkte,  welche  für  die  Ordnung  der 
modernen  Gemein  de-Archive  massgebend  sein  dürften. 

Soll  ein  Archiv  geordnet  werden,  so  muss  man  zuerst  wissen, 
nach  welchen  Gesichtspunkten  man  die  Ordnung  selbst  herzustellen 
hat.  Diese  Gesichtspunkte  sind  durch  das  zu  classificirende  Material 
gegeben,  sie  sind  auf  Grund  desselben  stets  zu  finden,  sofern  man 
nur  schematisch  zu  Werke  zu  gehen  versteht.  Da  nun  die  modernen 
Schriftstücke  der  Gemeinde -Archive  in  der  Hauptsache  gleichartig 
sind,  so  lässt  sich  ein  allgemeines,  für  alle  passendes  Schema  auf- 
stellen. Dies  hat  die  französische  Archiv-Verwaltung  versucht,  und 
es  wurde  durch  Circular  des  Ministers  des  Innern  im  Jahre  1842 
sämmtlichen  Gemeinden  aufgegeben,  nach  vorgeschriebeneni  Schema 
ihre  Archive  ordnen  zu  lassen,  was  überall  geschehen  ist.  Die 
Duplicate  der  „Archiv-  und  Mobiliar-Inventare"  der  Gemeinden  be- 
finden sich  in  allen  Departements- Archiven.  Die  Aufstellung  geschah, 
wie  gesagt,  von  den  Gemeindeschreibern,  ausnahmsweise  von  anderen 
hiezu  qualificirten  Personen.  Bürgermeister  und  eine  Commission 
des  Gemeinderaths  bescheinigten  die  Richtigkeit,  die  Departements- 
Archivare  prüften  dieselben  auf  die  richtige  Ausführung  und  die 
Präfecten  genehmigten  sie. 


238  P&iniienschmid: 

Das  Schema,  welches  nach  Ordnung  der  grossen  Buchstaben 
des  Alphabets  aufgestellt  war,  zerfiel  in  16  Serien  und  umfasste 
die  Bibliothek,  das  Archiv  und  die  Mobiliar- Gegenstände  der  Ge- 
meinde. Das  systematische  Verzeichniss  aller  dieser  Gegenstände 
heisst  Inventar.  Man  sieht  hieraus,  wie  sich  Inventar  von  dem 
unterscheidet,  was  man  in  Deutschland  gewöhnlich  Repertorium 
nennt ;  dieses  begreift  nicht  in  sich  einen  Bibliothekskatalog,  noch  ein 
Mobiliar- Verzeichniss,  sondern  nur  ein  Verzeichniss  von  Dokumenten. 

Die  Hauptrubriken  des  französischen  Gemeinde -Inventars  lauten  in 
deutscher  Uebersetzung  f olgendermassen : 

A.  Gesetzsammlung. 

B.  Amtsblatt  der  Präfectur. 

C.  Verschiedene  Bücher. 

D.  Acte  der  Munidpal- Administration. 

E.  Standes- Amt.  ' 

F.  Bevölkerung  und  Statistik. 

G.  Contributionen  (Staatssteuerh). 
H.  Militär-Sachen. 

J.   Polizei-Sachen. 

K.  Personal-Sachen. 

L.  Gemeinde-Rechnungs-Sachen. 

M.  Gemeinde-Güter,  die  einem  öffentlichen  Gebrauch  dienen. 

N.  Gemeinde- Güter,   welche  verpachtet    oder  dem  gemeinsamen 

Nutzen  gewidmet  sind. 
O.  W^ebau-Sachen. 
P.  Verschiedene  Sachen. 
Q.  Mobiliar- Verzeichniss. 

Zu  einer  jeden  dieser  Hauptrubriken  war  noch  ein  besonderes  Muster- 
Schema  aufgestellt.  ^)  Ich  lasse  zum  besseren  Verständniss  ein  solches  Muster- 
schema folgen  und  wähle  dazu  Serie  K. 


*)  Die  Schemata  sind  In  der  Sammlung  der  Circulare  des  Ministers  des  Innern,  Jahr- 
gang 1842,  mit  der  Instruction  über  die  Ordnung  der  Gemeinde-Archive,  sodann  in  allen 
Amtsblättern  der  Pr&fecturen  veröffentlicht  worden,  ausserdem  unter  Anderen  von  Chami>ollion- 
Figeac  in  seinem  Manuel  de  TArchiviste,  Paris,  1S60,  p.  172— 212  mit  erläuternden 
Anmerkungen. 


Ueber  Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde -Archive.         239 


Personal-Sachen. 


Bezeichnung 


Besondere 
Bemerkungen 

(Angabe  der  Bände,  des 

Formates,    der   Selten, 

der  Stücke  etc.) 


4 
5 

6 


laiste  der  Gemeinde -Wähler,  von  .  .  .  bis  .  .  . 
Ernennungen,    Wahlen  und  Installationen   der 

Gemeinde-Räthe,  von  .  .  .  bis  .  .  . 
Ernennungen  und  Installationen  der  Maires  und 

Adjunkten,  von  .  .  .  bis  .  .  . 
Banuwarte,  Ernennungen,  von  .  ,  ..  bis  .  .  . 
Lehrer,  Lehrerinnen,  von  .  .  .  bis  .  .  . 


Für  die  Richtigkeit  der  Maire 

N.,  den IS  .  .  (Name). 

Gesehen  und  verlflcirt  von  den  Dcleglrten  des  Gemeinderathes. 

N.,  den (Namen). 


Verlfldrt  am  . 


(Angabc  der  Nnmmem,   welche  seit  dem  letzten  Schluss  des  Inventars  hinzu- 
gekommen sind,  der  eingebundenen  Bftnde  etc.) 


Der  Malrc, 


der  Adjunct. 


Vergleichende  Nachprüfung  (rdcolement)  vom zwischen  dem  abtretenden 

Maire  N.  N.  und  dem  neuen  Maire  N.  N. 


(Angabe  der  Nummern,  wie  oben.) 

^r  abtretende  Maire, 
(Name.) 


der  antretende  Maire 
(Name.) 


Es  folgen  einige  unbeschriebene  Selten. 


Zu  diesem  Schema  ist  zu  bemerken,  dass  die  arabischen  Ziffern 
der  Ordnungsnummer  die  einzelnen  Dossiers,  d.  h.  die  nicht  ge- 
hefteten, in  einen  Umschlag  von  festem  Papier  ^gelegten  Schriftstücke, 
welche  sich  auf  dieselbe  Materie  beziehen,  bezeichnen  sollen.  Ein 
Folioband  galt  bezüglich  der  Nummerirung  einem  Dossier  gleich. 
Femer:  die  unter  der  Ordnungsnummer  1  und  2  aufgeführten 
Wahlsachen  sollten   andeuten,   dass   unter  die  Kategorie  „Personal- 


240  Pfannenschmid: 

Sachen"  auch  die  Wahl  Sachen  zu  rechnen  seien,  und  die  Nr.  6 
sollte  darauf  hinweisen,  dass  nach  Erforderniss  noch  andere  Dossiers 
zu  bilden   seien.     Die  Bescheinigungen  erklären   sich  von  selbst  i) 

In  ganz  ähnlicher  Weise  sind  die  übrigen  Musterscheraata 
angestellt 

Diese  Schemata  waren  auf  die  Verhältnisse  der  vierziger  Jahre 
berechnet.  Die  Sache,  welche  man  verlangte,  war  neu,  und  um 
Etwas  zu  erreichen,  musste  man  wenig  fordern,  und  dieses  Wenige 
in  möglichst  kurzer,  die  Uebersicht  erleichternder  Formel  dem  Auge, 
wie  dem  Verstau dniss  darstellen. 

Der  Erfolg  war  ein  durchschlagender,  insofern  man  überall 
Gemeinde-Inventare  erlangte. 

Wie  sich  die  Ausführung  gestaltete,  möge  man  an  einem  Beispiele  sehen, 
das  ich  aus  dem  Inventare  einer  französisch  redenden  Gemeinde,  die  gegen- 
wärtig aus  375  bewohnten  Häusern  mit  2400  Einwohnern  besteht,  vollständig 
und  wörthch  in  deutscher  Hebersetzung  hersetze  und  zwar  für  Serie  K,  und 
damit  man  den  Fortschritt  der  erstmaligen  zu  der  späteren  Anfertigung  ersehe, 
ans  dem  Jahre  18r)0  und  1863.  Unter  Fortlassung  des  Linien -Schematismus 
lautet  Serie  K  zum  Jahre  1850: 

1.  Wählerlisten  von  1881—1850. 

2.  Ernennung  und  Wahl  der  Municipalräthe  von  1831 — 1860. 

3.  Desgleichen  der  Mitglieder  des  Arrondissementsrathes. 

4.  Desgleichen  der  Mitglieder  des  Generalrathes. 
Das  ist  Alles.    Zum  Jahre  1863  lautet  dieselbe  Serie: 

1.  Listen  der  Gemeinde- Wähler,  Rectifications-Verzeichmss  und  Listen 
der  Miütär-  (d.  i.  National-Garde-)  Wähler,  1831—1863,  41  Liassen, 

2.  Ernennungen,  Wahlen  und  Installationen  der  Gemeinderäthe,  von 
1831—1860 34  Liassen. 

3.  Erlass  der  Präfecten  in  Betreif  der  Reclamationen  des  N.  N.  in 
Veranlassung  der  Wahl  des  Gemeinderathes  N.  N.   .    .    1  Stück. 

4.  Ernennung  und  Installation  der  Maires  und  Adjunkten,  von  1848 
bis  1851 * 4  Stücke. 

5.  Wahl  eines  Maires,  der  Gemeinderaths-Mitglieder,  eines  Procurators 
der  Gemeinde  und  der  Notabein  vom  Jahre  1790     .     .  2  Stücke, 

6.  Wahl,  Installation  eines  Maires  und  eines  Adjunkten,  und  Listen 
der  Notabehi,  vom  Jahre  1815 2  Stücke.' 

7.  Wahlprotokoll  für  die  Primär- Versammlungea,  Ernennung  eines 
Friedenrichters,  Munidpal- Wahlen,  Wählerlisten,  Protest  gegen  die 
Wahl  des  Friedensrichters  N.  N.  etc 221  Stücke. 

8.  Protokolle  über  die  Wahlversammlung  in  Betreff  des  PlebisdteB 
vom  2.  December  1851  und  7.  November  1852     ...  5  Stücke. 


*)  Ueber  „R^oolement"  s.  Archivwesen  in  Elsass-Lothringen,  S.  139—140. 


Ueber  Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde -Archive.         241 

9.  Protokolle,  betr.  die  Wahl  von  General-  und  Arondissementsraths- 
Mitgliedem  von  1852—1862 8  Stücke. 

10.  Lehrer,  Ernennung;  Erlass  des  Executiv-Directoriums ,  betr.  den 
Gebrauch  von  Elementarbüchem  über  republikanische  Moral  und 
andere  Unterrichtsbücher,  wie  Nachweis  über  den  Stand  des  Primflr- 
unterrichtes  im  Kanton  und  die  Zahl  >ier  Lehrer-Schulreglements 
vom  Jahre  Vm  bis  1860 34  Stücke. 

11.  Beschwerden  gegen  die  Municipalität  von  1795—1808.  11  Stücke 

Dieser  Art  war  die  'Ausführung  der  gegebenen  Vorschriften 
und  Anweisungen  und  die  Ausfüllung  der  Rubriken ;  so  nahm  sich 
Serie  K  auch  nach  dem  Placet  des  Departements  -  Archivars  aus. 
Ein  weiterer  Commentar  ist  überflüssig. 

Es  versteht  sich,  dass  die  einzelnen  Serien  der  verschiedenen 
Gemeinde-Inventare  quantitativ  und  qualitativ  verschieden  gearbeitet 
waren ;  die  einen  brachten  mehr,  die  anderen  weniger  Material ;  die 
einen  hatten  besser  geordnet,  die  anderen  mangelhafter.  Allein  im 
Allgemeinen  ist  das  obige  Beispiel  typisch  für  alle  anderen  Serien 
der  meisten  Gemeinde-Inventare.  Manche  jedoch  standen  nicht  ein- 
mal auf  diesem  Standpunkt,  indem  ihre  Verfasser  Schriften  in  be- 
stimmte Serien  aufnahmen,  die  in  andere  gehörten,  oder  unter  die 
Serie  „Verschiedene  Sachen"  Dokumente  brachten,  die,  wie  z.  B. 
Porstsachen,  in  Serie  N  gehörten,  auch  wohl  für  diese  oder  jene 
Serie  gar  keine  Schriften  entdecken  konnten,  und  dergleichen  mehr. 

Wie  entsprach  nun  die  Ordnung  auf  dem  Papiere  der  Ord- 
nung der  Archivalien  im  Archivlokale? 

Zur  Unterbringung  der  Bücher  und  Archivalien  war  ein 
Schrank  mit  Fächern  vorgeschrieben,  um  darin  die  mit  den  be- 
treffenden Serienbuchstaben  bezeichneten  Cartons  (Pappkästen)  auf- 
zustellen. Der  Schrank  sollte  in  zwei  Theile  zerfallen;  der  eine, 
verschliessbare ,  sollte  zur  Aufbewahrung  der  alten  Dokumente 
dienen,  welche  seltener  zu  Rathe  gezogen  werden,  der  andere  zur 
Aufnahme  der  modernen  Schriften,  welche  zur  Erledigung  der 
laufenden  Geschäfte  stets  zur  Hand  sein  müssen.  Im  Bedürfniss- 
falle waren  mehrere  Schränke  zu  beschaffen.  Die  Bücher  der 
Gemeinde -Bibliothek  sollten  dagegen  auf  besonderen  Regalen  auf- 
gestellt werden.  DiesQ  Vorschriften  sind  fast  überall  befolgt  worden, 
wo  Gemeindehäuser  vorhanden  sind;  wo  es  deren  keine  giebt,  half 
man  sich  so  gut  als  möglich. 

Man  sollte  nun  meinen,  dass  es  mit  keinen  Schwierigkeiten 
verknüpft  gewesen  wäre,   auf  diese  Weise   sowohl  Bibliothek   alä 

▲ichiyaliMhe  Zeinctkrift  vm.  16 


242  Pfeuinenschmid: 

Archivalien  am  betreffenden  Orte  unterzubringen.  Anfangs  hat  man 
dies  zwar  gethan ;  allein  im  Laufe  der  Zeit  ist  vielfache  Unordnung 
eingerissen.  So  stand  in  dem  Inventare  wohl  eine  gewisse  Anzahl 
von  Dokumenten  —  aber  selten  alle  —  serienweis  verzeichnet; 
indess  entsprach  diese  Aufzeichnung  weder  der  Aufstellung  der 
Bücher  noch  der  Deponirung  der  Archivalien  an  dem  entsprechenden 
Orte.  Es  ist  mir  oft  schwer,  zuweilen  gar  nicht  möglich  geworden, 
die  alte  Ordnung  sofort  wieder  aufeufinden,  namentlich  da  nicht, 
wo  die  einzelnen  Schriftstücke  keine  Signatur  trugen. 

Wo  lag  hier  der  Fehler?  Lag  er  an  den  Vorschriften  der 
früheren  französischen  Archiv-Verwaltung?  Diese  waren  im  allge- 
meinen vortrefflich  gedacht  und,  wie  es  schien,  in  vortheilhafl» 
Kürze  gefasst.  Lag  es  an  den  Personen,  welche  diese  Vorschriften 
ausfuhren  sollten?  Diese  waren  meistens  die  Elementarlehrer  der 
Gemeinden  und  im  Durchschnitt  gebildet  genug,  um,  wie  man 
meinen  sollte,  die  Vorschriften  verstehen  zu  können,  ausserdem  als 
Qemeindeschreiber  in  den  Geschäften  der  Gemeinde-Administration 
meist  wohl  erfahren.  Lag  es  an  den  Bürgermeistern,  die  etwa  zu 
wenig  Interesse  an  ihren  Archiven  besassen  ?  Oder  lag  es  an  eii^er 
mangelhaften  Revision  der  Inventare  wie  der  Archive  selbst,  oder 
an  der  Säumigkeit  der  französischen  oberen  Archivleitung?  "Warum 
entsprach  die  Praxis  nicht  der  Theorie? 

Solche  Fragen  mussten  sich  mir  aufdrängen,  als  ich  mit  meinen 
französischen  Instructionen  und  Schematen  im  Kopfe  vor  12  Jahren 
zum  ersten  Male  daran  gegangen  war,  Gemeinde-Archive  der  staats- 
seitig  geübten  Inspection  zu  unterziehen.  Ich  revidirte  die  Archive, 
verificirte  genau  nach  dem  Inventare  den  Bestand  des  Archivs  und 
gab  mündliche  Rathschläge,  wie  den  in  jedem  Archiv  vorhandenen 
Instructionen  gemäss  zu  bessern  und  Versäumtes  nachzuholen  sei. 
Damit  meinte  ich  das  Richtige  gethan  zu  haben.  So  trieb  ich  es 
auch  die  nächsten  Jahre.  Inzwischen  wurden  neue  Inventare  von 
den  Archiven,  welche  ich  besucht  hatte,  angefertigt  und  eingereicht  — 
ganz  in  der  alten  Weise,  nach  dem  alten  Muster,  mit  kaum  nennens- 
werthen  Verbesserungen.  Meine  ExpUcationen,  meine  mündlichen 
Anweisungen  waren  demnach  so  ziemlich  vergeblich  gewesen.  Wo 
lag  nun  der  Fehler?  Ich  hatte  wohl  bemerkt,  dass  denjenigen 
Gemeindeschreibem ,  welche  nicht  schon  früher  ein  Inventar  ange- 
fertigt hatten,  oder  welche  neu  in  den  Dienst  getreten  waren,  die 
Kenntniss    der   bezüglich    des    Gemeinde -Archivwesens    erlassenen 


Ueber  Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde -Archive.         243 

Yorschriften  mangelte,  und  glaubte,  es  sei  hinreichend,  sie  etwa 
14  Tage  vor  meiner  Ankunft  schriftlich,  und  bei  persönlicher 
Anwesenheit  unter  mündlichen  Erläuterungen  darauf  zu  verweisen. 
Das  aber  hatte  auch  nicht  zum  Ziele  geführt.  So  blieb  nur  noch  ein 
Mittel  —  das  nächstliegende,  aber  am  spätesten  gefundene  —  übrig, 
nicht  nur  die  Archive  zu  revidiren,  wie  die  Vorschrift  lautete,  nicht 
nur  Rathschläge  zu  ertheilen ,  sondern  das  zu  thun,  was  nicht  aus- 
drücklich vorgeschrieben  und  verlangt  war,  —  selbst  Hand  an's 
Werk  zu  legen,  mit  dem  Gemeindeschreiber  die  Ordnung  seines 
Archivs  selbst  vorzunehmen,  um  ihn  so  praktisch  einzuüben, 
um  ihm  so  Sinn  und  Yerständniss  für  das,  was  zu  thun  und  seines 
Amtes  war,  zu  eröflTnen.    Das  war  der  allein  richtige  Weg. 

Das  Verfahren  zur  Einübung  des  Gemeindeschreibers  war  sehr 
einfach.  Zunächst  handelte  es  sich  um  die  Kenntniss  der  Haupt- 
rubriken des  von  mir  entworfenen  und  zuvor  mitgetheilten  Schemas. 
Diese  mussten  meistens,  trotz  aller  zuvor  gegebenen  schriftlichen 
Aufforderungen,  sich  damit  genau  bekannt  zu  machen,  erst  in 
meiner  Gegenwart  gelernt  werden.  Sodann  ging  es  ohne  Zeitverlust 
an  die  eigentliche  Arbeit.  Ich  nahm  das  erste,  beste,  sich  dar- 
bietende Schriftstück  und  fragte  nach  dem  Betreff  desselben.  Nach 
verschiedenen  Fehlantworten  und  weiteren  Fragen  erfolgte  endlich 
die  richtige  Antwort:  das  Stück  betrifft  einen  Grasverkauf.  Nun 
handelt  es  sich  darum,  zu  wissen,  in  welche  Serie  die  Grasverkäufe 
gehören.  Es  wird  nach  verschiedenen  Anläufen  herausgebracht, 
dass  das  Schriftstück  in  Serie  N  unterzubringen  sei.  Da  aber  erhebt 
sich  eine  neue  Schwierigkeit.  Serie  N  hat  drei  Hauptabtheilungen; 
es  ist  also  noch  festzustellen,  in  welche  derselben  das  fragliche 
Schriftstück  zu  bringen  ist.  Es  findet  sich,  dass  die  erste  Haupt- 
abtheilung nach  Ansicht  des  Schemas  nicht  in  Betracht  kommen 
kann,  wohl  aber  die  beiden  anderen.  Die  neue  Verlegenheit  löst 
sich  durch  die  schliesslich  gefundene  Erwägung,  dass  der  Gras- 
verkauf nicht  in  der  Feldflur  der  Gemeinde  —  dann  würde  Ab- 
theilung n  der  Serie  N  in  Frage  kommen  — ,  sondern  in  den 
Gemeinde-Forst  stattgefunden  hat.  Demnach  gehört  der  Grasverkauf 
in  Serie  N  Abth.  HI.  Der  Gemeindeschreiber  wird  nunmehr  ver- 
anlasst, rechts  oben  auf  das  Stück  mit  Bleifoder  den  Serien-Buch- 
staben N  zu  setzen  und  darunter  einen  horizontalen  Strich,  um 
später  unter  diesen  die  Bezeichnung  für  die  Nummer  der  Unter- 
abtheiluug   zu  notiren.    Das   zweite  Stück,   welches  sich  darbietet, 

16* 


244  Pfannenschmid : 

wird  ähnlich  behandelt:  es  ist  eine  Correspondenz  mit  dem  Gemeinde- 
Rechner.  Das  Stück  betrifft  eine  Steuersache.  Nun  giebt  es  Staats- 
und Gemeinde-Steuer-Sachen ;  jene  unter  Serie  G,  diese  unter  Serie  L 
gehörig.  Wiewohl  nun  in  der  Regel  die  Geschäfte  des  Gemeinde- 
Rechners  von  den  Steuerempfangern  besorgt  werden,  mithin  die 
Erhebung  der  Gemeinde-  und  Staatssteuern  in  einer  Hand  liegt, 
so  ist  nun  die  Entscheidung  nicht  mehr  schwierig:  das  fragliche 
Stück  gehört  in  Serie  L. 

Nachdem  so  etwa  zwei  Stunden  gemeinsam  gearbeitet  ist,  hat 
mein  Gehülfe  Zeit  und  Gelegenheit  gehabt,  seine  Entdeckungen  zu 
machen :  es  ist  ihm  allmählich  klarer  und  klarer  geworden,  um  was 
es  sich  eigentlich  handelt;  die  Sache  hat  sein  Interesse  erweckt,  und 
er  hat  gefunden,  dass  sie  doch  nicht  so  leicht  ist  und  Nachdenken 
erfordert  —  eine  Arbeit,  die  nicht  Jeder  machen  kann.  Ist  dieser 
Moment  eingetreten,  dann  wird  eine  Erholungspause  gemacht. 
Während  derselben  werden  alle  die  vielen  Kleinigkeiten  auseinander- 
gesetzt, die  zum  Ordnen  des  Gemeinde-Archivs  zu  wissen  und  zu 
handhaben  erforderlich  sind:  Signatur  der  Bücher,  Format  und 
Kennzeichen  desselben,  Eintrag  der  Bücher  in  das  Inventar  mit 
'  Angabe  der  Namen  der  Verfasser,  des  Druckortes,  des  Jahres,  in 
welchen  sie  erschienen  sind,  Aufstellung  nach  dem  Format;  dann 
Foliiren  und  Paginiren,  Stempeln  der  Bücher  und  Schriften  mit 
Bezeichnung  der  Stelle,  an  welcher  der  Stempel  anzubringen  ist, 
das  richtige  Aufeinanderlegen  der  Acten,  das  Zuschnüren  derselben 
u.  dergl.  mehr. 

Sodann  wird  die  erste  Arbeit  wieder  aufgenommen  und  nun 
das  ganze  Archiv  hinsichtlich  einer  bestimmten  Serie  durchmustert, 
z.  B.  der  Serie  M,  welche  die  wenigsten  Schwierigkeiten  bietet. 
Sind  alle  einzelnen  Stücke  dieser  Serie  mit  dem  Buchstaben  M  an 
der  richtigen  Stelle,  stets  oben  rechts,  signirt,  dann  lasse  ich  die 
UnterabtheUungen  aufsuchen:  jedes  Stück  wird  zu  dem  gelegt,  mit 
dem  es  inhaltlich  verwandt  ist.  Auf  diese  Weise  entstehen  so  viele 
Haufen  von  Schriftstücken,  als  man  besondere  Abtheilungen  bilden 
kann,  wozu  ich  die  charakteristischen  Schlagwörter  finden,  und  erst 
nach  Vollendung  dieser  Operation  mit  der  von  mir  entworfenen 
Tabelle  vergleichen  lasse.  Jede  Abtheilung  wird  nun  mit  einem 
Umschlage  versehen,  worauf  das  Schlagwort  geschrieben  ist  Es 
wird  dann  die  Frage  gestellt,  ob  man  nicht  diese  einzelnen  Ab- 
theilungen so  auf  dem  Tische,  oder  dem  Fussboden  neben  einander 


Ueber  Ordnung  und  Inventarisirung  der  Gemeinde -Archive.         245 

legen  kann,  dass  eine  gewisse  innere  Verbindung,  eine  gewisse 
logische  Ordnung  zu  Tage  tritt.  Ist  nach  einigem  Ueberlegen  diese 
Aufgabe  gelöst,   so  wird  jeder  Abtheilung   eine  Nummer  gegeben, 

also  y,  =Y  ^od  so  fort.  Stellt  es  sich  dabei  heraus,  dass  eine  Ab- 
theilung zu  umfangreich  ist,  so  wird  zu  der  Aufsuchung  und  Fest- 
stellung von  Unterabtheilungen  geschritten,    eine  jede  derselben  in 

einen  besonderen  Umschlag  gethan  und  signirt:  y~^  >  fTö  ^s- w.^) 

1.1    11 .  ^ 

Nunmehr  wird  von  den  einzelnen  Haupt-  und  Unterabtheilungen 
das  Schema  auf  einen  besonderen  Bogen  Papier  geschrieben  —  und 
die  Ordnungsarbeit  für  die  Serie  M  ist  fertig,  nur  dass  noch  jedes 
besondere  Stück  mit  der  ihm  speciell  zukommenden  Signatur  und 
mit  dem  Gemeinde-Stempel  zu  versehen  ist.  Alle  Signaturen  sind 
aber  vorsichtshalber  nicht  mit  Dinte,  sondern  mit  Bleischrift  vor- 
zunehmen, um  bei  nochmaliger  Durchsicht  etwaige  Fehler  leichter 
verbessern  zu  können.  Erst  nach  Vollendung  dieser  provisorischen 
Arbeit  für  alle  Serien  wird  zu  der  definitiven  Signirung  geschritten  : 
die  Umschläge  werden  mit  Dinte  beschrieben,  die  Signaturen  inner- 
halb derselben  auf  den  einzelnen  Stücken  werden  aber  am  zweck- 
mässigsten  mit  Blei  gemacht.  Bei  gebundenen  Acten  oder  Acten- 
büchern  wird  die  Signatur  mit  Dinte  auf  den  Rücken,  auf  den 
Deckel  und  auf  das  erste  innere  Blatt  geschrieben. 

In  der  angedeuteten  Weise  habe  ich  verschiedene  Gemeinde- 
Archive  vor  den  Augen  und  unter  Mitwirkung  der  Gemeinde- 
schreiber ganz  durchgeordnet,  und  bei  den  grösseren  zwei  bis 
drei  Tage  unter  täglich  acht-  bis  neunstündiger  Arbeit  gebraucht. 
In  den  letzten  Jahren  komme  ich  in  der  Regel  mit  vier  bis  fünf 
Stunden  für  ein  Archiv  aus,  namentlich  wenn  der  Gemeindeschreiber 

*)  In  diesen  Umschlägen  bleiben  die  Schriften  liegen,  die  vom  jüngsten 
Datum  zu  oberst.  Es  igt  dies  das  Dossier-System,  das  für  Gemeinde- Archive 
allein  praktische.  Das  Actenheften  würde  zu  viele  Zeit  erfordern  und  nicht 
durchzuführen  sein. 

Bezüglich  der  Signatur  sei  hier  gleich  bemerkt,   dass   man  in  folgenden 

N 

zwei  Weisen  signiren  kann,  z.  B.  entweder  =rz — ^ — ,  oder  N.  III.  6.  c,  d.  h. 

Serie  N,  Abtheilung  HI,  No.  6,  c,  worunter  die  Schriften  gemeint  sind,  welche 
„Rodungen"  in  dem  Gemeinde  -  Forst  betreffen.  Ich  ziehe  für  das  Gemeinde- 
Archiv  die  erstere  Art  zu  signiren  vor.  Doch  ist  dies  individuell;  nur  muss 
eine  Art  consequent  durchgeführt  werden. 


246  Pfannenschmid:  Ueber  OtxlnuDg  und  Inventarisirang  etc. 

schon  länger  im  Dienst  ist.  In  diesem  Falle  ordne  ich  nur  eine 
Serie  durch  und  gebe  für  die  übrigen  die  bereits  entworfenen 
Schemata.  Für  die  Revision  des  Archivs  auf  Grund  der  vorhandenen 
Inventare  reichen  dann  zwei  Stunden  aus.  Es  erfordert  also  die 
Inspection  eines  Gemeinde- Archivs,  wie  ich  sie  jetzt  betreibe,  in 
der  Regel  einen  ganzen  Tag.  Liegen  mehrere  Gemeinden  nahe  zu- 
sammen, so  ist  dadurch  eine  Erleichterung  der  Arbeit  zu  gewinnen, 
dass  ich  zwei  bis  drei  Gemeindeschreiber  zugleich  in  einem  Ge- 
meinde-Archive einübe  und  dann  nur  die  Revision  in  den  be- 
treffenden anderen  Gemeinden  vorzunehmen  habe.  Mein  Hauptaugen- 
merk ist  übrigens  darauf  gerichtet^  die  tüchtigeren  Gemeindeschreiber 
mit  besonderem  Fleiss  in  der  technischen  Behandlung  der  Ordnungs- 
arbeit einzuüben,  damit  sie  anderen,  weniger  tüchtigen  oder  jün- 
geren Collegen  zum  Stützpunkt  dienen  können.  Ich  erreiche  das 
dadurch,  dass  ich  sie  nach  der  Arbeit  in  ihrem  eigenen  Archiv  in 
ein  benachbartes  Gemeinde -Archiv  mitnehme,  was  sich  meist  an 
den  hier  schulfreien  Donnerstagen  bewerkstelligen  lässt. 

(Fortsetzung  folgt) 


XL   Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens 
von  Herzog  Otto  I.  bis  Kurfürst  Max  HI.  Joseph  1180—1777.*) 

Altbayeriscbe  Serie 


K.  Primbs, 
k.  Keichsarchivassessor  zu  München. 


Seit  Aventin  die  Geschichte  Bayerns  und  jenes  Fürstenhauses 
schrieb,  dem  es  nun  schon  sieben  Jahrhunderte  gegönnt  ist,  segen- 
spendend über  die  schönen  Gauen  Altbayerns  zu  herrschen,  hat  sich 
eine  grosse  Anzahl  von  Gelehrten  theils  nebenher,  theils  selbstständig 
mit  der  Beantwortung  der  Frage  beschäftigt,  was  dieses  Fürsten- 
geschlecht zu  seiner  ersten  Schildzierde  erkürte.  Zu  den  frühesten 
Forschem  auf  diesem  Gebiete  gehören  Hund,  Oetter,  Lamey  und 
Gruber.  Als  die  Akademie  der  Wissenschaften,  das  verdienstvollste 
"Werk  Max  des  Dritten  Joseph,  des  Letzten  vom  Stamme  Ludwig 
des  Bayern,  im  verflossenen  Jahrhunderte  auf  die  Lösung  dieser 
Frage  einen  Preis  setzte,  war  A.  M.  Lipowsky,  welcher  im  Augustiner- 
kloster zu  Reichersberg  genealogischen  Forschungen  seine  Muse- 
stunden widmete,  der  glückliche  Erringer  dieses  Preises  und  seine 
Arbeit  wurde  im  10.  Bande  der  Abhandlungen  von  der  Akademie 
veröffentlicht.  Neben  ihm  hatten  sich  auch  J.  M.  M.  Eizinger  von 
Eizing  und  der  Benediktinermönch  Scholliner  aus  dem  Kloster  Ober- 
altaich  in  der  Lösung  dieser  Aufgabe  versucht  und  ging  Letzterer 
daher  seinem  glücklicheren  Konkurrenten  mit  scharfer  Kritik  auf 
den  Leib.  Als  jüngste  Forscher  auf  diesem  Gebiete  sind  Buchinger, 
0.  T.  von  Hefiier  und  Herr  von  Mayerfels  zu  nennen. 

üeber  Mangel  an  Arbeiten  wie  an  Arbeitern  kann  sonach 
wahrlich  nicht  geklagt  werden,    und  wenn   daher  nochmal  an  die 


*)  Aus  dem  XLI.  Bande  des  Oberbayerischen  Arcliivs. 


248  Primbs: 

Frage  herangetreten  wird,  möchte  diess  Manchem  sehr  überflüssig 
erscheinen ;  da  jedoch  über  manchen  Punkt  noch  immer  Streit  und 
Zweifel  besteht,  die  vorliegenden  Zeilen  sich  nicht  blos  auf  sie 
beschränken,  sondern  vielmehr  zeigen  wollen,  welchen  Wandelungen 
im  Laufe  so  manchen  Jahrhundertes  die  Wappenbilder  der  Witteis- 
bacher unterworfen  waren,  so  möge  die  Arbeit  freundlicher  Rück- 
sicht gewürdigt  werden. 

1. 

Der  Adler. 

Um  mit  der  Frage  zu  beginnen,  wann  die  Witteisbacher 
eines  Wappensiegels  sich  gebrauchten  und  welches  Wappenbild  als 
erstes  zu  betrachten  ist,  so  vermochte  die  bisherige  Forschung 
vor  dem  Jahre  1179  kein  solches  zu  entdecken,  und  dieses  Siegel 
zeigt  im  Felde  einen  linksschauenden  Adler.  Dieses  Siegel  befindet 
sich  auf  einer  Urkunde  des  Klosters  Rott,  ist  elliptischer  Form  und 
nur  melir  zum  Theil  erhalten,  wurde  zuerst  im  Bande  I  der  Mon. 
Boic,  aber  ziemlich  frei,  korrekt  im  Jahre  1880  von  Herrn  von 
Mayerfels  abgebildet.  Es  gehört  dem  Pfalzgrafen  und  späteren 
Herzoge  Otto  I.  an  und  ist  das  einzige,  welches  bisher  von  diesem 
Fürsten  bekannt  ist. 

Viel  früher  erwartet  nur  der  Laie  auf  dem  Gebiete  der 
Wappenkunde  ein  Wappensiegel,  da  es  ja  zur  Genüge  bekimnt  ist, 
dass  man  erst  um  diese  Zeit  anfing,  Schilde  und  Panner  mit  be- 
stimmten heraldischen  Bildern  zu  versehen.  Nun  kann  man  allerdings 
in  mehr  als  einem  auf  grosse  Gelehrsamkeit  Anspruch  machenden 
Werke  von  den  viel  früheren  Wappensiegeln  der  Herzoge  von  Loth- 
ringen, Bertholds  von  Flandern,  Ernst  und  Luitpolds  von  Oesterreich 
und  von  den  Habsburgern  lesen,  Abbildungen  hievon  schauen,  das 
Siegel  Welfs  an  der  Urkunde  für  das  Kloster  in  Buchhorn,  welche 
vom  Jahre  1101  stammt,  zeigt  den  Herzog  sogar  schon  im  Topfhelm 
und  auf  Schild  wie  Panner  ist  der  Löwe  angebracht;  aber  was 
beweist  all'  dieses  als  dass  man  es  mit  Fälschungen  zu  thun  hat, 
welche  viel  späterer  Zeit  ihre  Entstehung  verdanken.  Man  lege  nur 
unzweifelhaft  ächte  Siegel  aus  der  Zeit,  aus  welcher  die  Falsa 
stammen  sollen,  neben  diese,  und  man  wird  nicht  lange  brauchen, 
sich  ein  Urtheil  über  Aechtheit  oder  Unächtheit  zu  bilden. 

Um  zu  Otto 's  Siegel  wieder  zurückzukehren,  gegen  dessen 
Aechtheit  einst   der  Ritter  von  Lang  wohl    wegen   der  auffallend 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens.  249 

stumpfen  Arbeit  Zweifel  hegen  zu  sollen  glaubte,  wozu  übrigens 
weder  die  Urkunde  selbst,  noch  sonst  etwas  einen  Änlass  bietet, 
so  bestimmte  der  auf  ihm  angebrachte  Adler  Lipowsky,  dieses 
Wappenbild  als  das  Familienwappen  der  Witteisbacher  zu  erklären, 
gegen  welche  Annahme  aber  Scholliner  sowohl  als  PfefFel  heftigst 
ankämpften,  behauptend,  nicht  der  Adler,  sondern  die  eckig  aus- 
gekrümmte Strasse  sei  es  gewesen.  Wer  von  diesen  Dreien  hat 
nun  wohl  Recht? 

Otto's  Sohn,  Ludwig  der  Kelheimer,  bediente  sich  nach  mehreren 
noch  erhaltenen  völlig  unverdächtigen  Siegeln,  welche  aus  der  Zeit 
von  1190  bis  1213  stammen,  als  Schildzeichen  eines  Adlers,  den 
er  auch  nach  Beierleins  verdienstvoller  Arbeit  über  die  ältesten 
bayerischen  Münzen  auf  seinen  Münzen  anbrachte.  Ebenso  ist  auf 
dem  gleichfaUs  elliptischen  Siegel  an  der  Urkunde  des  unglücklichen 
Pfalzgrafen  Otto  VIT.  für  Regensburg  vom  Jahre  1207  ein  Adler 
zu  schauen.  Wie  bald  gezeigt  werden  wird,  begegnet  man  dem 
gezackten  Balken  zum  ersten  Male  1220  und  nach  1232  nicht 
mehr.  Man  kann,  wenn  man  all'  diese  Momente  zusammenfasst, 
Lipowsky,  wie  dies  auch  Herr  von  Mayerfels  mit  Recht  gethan 
hat,  in  solange  mit  gutem  Gewissen  folgen,  bis  ein  früheres  Siegel 
aufgefunden  wird,  auf  dem  sich  diese  „Strasse"  zeigt. 

Ob  übrigens  vor  dem  Wappenbilde  ein  anderes  absolut  un- 
möglich gewesen,  wie  Herr  von  Mayerfels  auf  Seite  11  jener  Arbeit 
annimmt,  welche  er  bei  Gelegenheit  des  siebenhundertjährigen 
Jubiläums  der  Witteisbacher  in  sehr  schöner  Ausstattung  der 
OeflFentlichkeit  übergab,  dürfte  doch  noch  zu  erweisen  sein. 

Ehe  die  Gründe  erörtert  werden,  welche  theils  Scholliner, 
theils  Pfeffel  gegen  Lipowsky  geltend  zu  machen  suchten,  muss 
noch  des  Bundschuhes  Erwähnung  geschehen,  welcher  seiner 
Zeit  im  heiligen  Lande  durch  Graf  Eckehard  von  Scheyern  zu  hoher 
Berühmtheit  gelangte.  Wenn  es  wahr  wäre,  dass  Eckehard's  Nach- 
kommen mit  diesem  Schuh  ihren  Schild  schmückten ,  um  ihrer 
Pietät  gegen  ihren  Ahnherrn  Ausdruck  zu  verleihen,  gebührte  ja  ihm 
der  Vorrang  vor  Adler  und  eckiger  Strasse.  Nun  wissen  aUerdings 
Aventin,  Hund  und  noch  manch'  andere  sehr  verehrungs  würdige 
Gelehrte  von  diesem  Bundschuh,  welcher  nach  des  Herrn  von  Mayer- 
fels genauer  Prüfung  eigentlich  ein  rautenartig  abgesteppter  Socken 
ist,  die  eingehendsten  Details  zu  geben,  dass  Eckehard's  Nachkommen 
aber  wirklich  ihn  in  ihr  Wappen  aufgenommen  hätten,  dafür  haben 


250  Primbs: 

sie  sicher  zu  Aller  grossem  Bedauern  keinen  Beweis  durch  ein 
glaubwürdiges  Siegel  geliefert. 

Wenn  dieses  allerdings  durchaus  nicht  allein  dastehenden 
Wappenmärchens  Erwähnung  geschah,  wurde  der  Verfasser  dieser 
Zeilen  hiezu  durch  den  Umstand  bewogen,  dass  sich  wirklich  eine 
Art  von  Bundschuh  auf  zwei  allerdings  ziemlich  späten  Siegeln  von 
Witteisbachern  nachweisen  lässt.  Johann  von  Neumarkt,  der  Sohn 
König  Ruprechts,  führte  nach  einer  Urkunde  vom  Jahre  1426  ein 
Siegel,  auf  dem  der  linkte  Schildhalter  einen  Schild  hält,  in  dem 
sich  ein  Halbstiefel  zeigt.  Ebenso  ist  auf  dem  interessanten  Siegel 
der  Elsbeth  von  Bayern,  Herzogs  Stephan  HI.  von  Ingolstadt  Frau, 
welches  Herr  von  Mayerfels  in  seiner  mehrerwähnten  Arbeit  sehr 
genau  abbilden  Hess,  auf  dem  Helm  ein  Ding  zu  schauen,  das  einer 
wohlgeknöpften  Damenstiefelette  sprechend  ähnlich  sieht. 

Hier  muss  die  Anschauung  des  Herrn  von  Mayerfels  bezüglich 
der  Abstammung  dieser  Fürstin  an  der  Hand  des  gediegenen  Werkes 
des  Reichsarchivrathes  Dr.  Häutle  über  die  Genealogie  der  Witteis- 
bacher dahin  berichtigt  werden,  dass  sie  nicht  eine  bayerische 
Prinzessin  und  die  Gemahlin  eines  Herzogs  von  Cleve,  sondern  die 
Tochter  des  Grafen  Adolph  V.  von  Cleve  und  in  erster  Ehe  mit 
Rainald  von  Valkenburg,  Herrn  von  Borne,  verheirathet  war.  (Häutle 
loc.  cit.  S.  123.   Mayerfels  loc.  cit.  S.  10.) 

Um  nun  zu  Lipowsky's  Gegnern  zu  kommen,  so  behauptete 
Pfeflfel  in  seinem  Versuche  einer  Erläuterung  bayerischer  Siegel, 
welcher  im  3.  Bande  der  Abhandlungen  der  Akademie  der  Wissen- 
schaften zu  lesen  ist,  dass  er  nach  und  nach  eine  Menge  von  Siegeln 
gesehen  habe,  welche  das  bestätigen,  was  vor  ihm  schon  Lazius, 
Hopping  und  das  Siebmacher'sche  Wappenbuch  entdeckten,  dass 
nämlich  der  Grafen  von  Scheyern- Witteisbach  Wappen  aus  einer 
„eckigt  ausgekrümmten  rothen  Strasse  in  weissem  Felde"  bestanden 
habe.  (Abhandl.  Bd.  III.  S.  171.)  Erwägt  man,  dass  zu  Pfeffel's 
Zeiten  sich  schon  der  fünfte  Band  der  Mon.  Boica  in  den  Händen 
der  Forscher  befand,  sonach  schon  eine  ziemliche  Anzahl  Abbildungen 
von  Siegeln  bayerischer  Fürsten  zu  Gebote  stand,  dass  aber  weder 
diese  noch  die  späteren  mit  Wappentafeln  versehenen  Bände  dieses 
Werkes  auch  nur  ein  Wappen  enthalten,  auf  dem  vor  1224  diese 
eckig  ausgekrümmte  Strasse  dem  Auge  des  Beschauers  sich  dar- 
bietet, dass  Lipowsky,  dessen  Studie  doch  elf  Jahre  nach  PfefifeFs 
Versuch    erschien,    dass  SchoUiner,  Lamey  und  eine  ganze  Reihe 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens.  251 

anderer  späterer  wie  neuerer  und  neuester  Forscher,  trotzdem  ihnen 
gewiss  ein  viel  reicheres  Material  zugänglich  war  wie  PfeflFel,  dessen 
ungeachtet  kein  Siegel  mit  diesem  Wappen  zu  entdecken  vermochten, 
so  erregt  die  Menge  der  von  Pfeffel  gesehenen  Siegel  mit  diesem 
Wappen  um  so  gerechteres  Misstrauen,  als  er  unterliess,  auch  nur 
von  einem  zu  sagen,  wo  er  es  gesehen. 

Der  Amberger  Rechtsgelehrte  Schwaighofer  hat  nach  Scholliner 
1663  ein  Repertorium  der  Oberpfälzer  Klosterurkunden  verfertigt 
und  hierin  bemerkt,  dass  sich  an  einer  Ensdorfer  Urkunde  des 
Pfalzgrafen  Otto  von  1139  (?)  ein  grosses  Siegel  befindet.  Wüsste 
man  nicht,  dass  um  diese  Zeit  Wappensiegel  nicht  gebräuchlich 
waren,  wäre  es  allerdings  sehr  zu  bedauern,  dass  Schwaighofer 
unterliess,  das  Siegel  an  dieser  nun  vöUig  unauffindbaren  (! !)  Urkunde 
zu  beschreiben,  da  man  dann  wüsste,  ob  die  Grafen  von  Scheyern 
damals  auch  schon  den  Adler  im  Schilde  führten.  Abt  Anselm  und 
Bruder  Barfus,  der  Chronist  von  Ensdorf,  beide  gute  Kenner  ihres 
Archives  wie  der  Geschichte  ihres  Klosters,  erwähnen  wohl  der 
Urkunde  Kaiser  Heinrichs  von  1116  und  des  Bischofs  Otto  von 
Bamberg  aus  dem  Jahre  1139,  aber  über  die  fragliche  Urkunde 
schweigen  sie.    Sehr  verdächtig  wird  dadurch  Schwaighofer's  Angabe. 

Was  Hund  zu  der  ganz  bestimmten  Behauptung  veranlasste,  es 
hätten  die  Witteisbacher  einen  gezackten  Balken  im  Wappen  geführt, 
der  nach  den  verschiedenen  Linien  verschieden  in  der  Farbe  war, 
lässt  sich  nicht  bestimmen.  Urkunden  wohl  schwerlich,  vielleicht 
die  in  Scheyern,  Ens-  und  Indersdorf  befindlichen  Grabsteine  der 
Witteisbacher,  vielleicht  das  Bild  in  dem  erstgenannten  Kloster. 
Grabsteine  etliche  Jahrhunderte  nach  der  Zeit  hergestellt,  wo  jene 
starben,  zu  deren  Ehren  dieselben  gefertigt  wurden,  namentlich  in 
der  Zeit  der  üppigst  wuchernden  geschriebenen,  gehauenen  und 
gemalten  Geschlechtslobhudeleien  und  Schwindelstammbäume,  galten 
freUich  lange  als  vollgültiger  Beweis,  und  die  Zeit  ist  noch  nicht 
lange  vorbei,  wo  mindestens  ein  römischer  Senator  als  Ahnherr 
herhalten  musste.  So  sehr  der  Werth  von  Hund's  Stammbuch 
stets  geschätzt  wurde,  und  auch  jetzt  noch  im  Allgemeinen  gerechte 
Anerkennung  findet,  vermag  man  doch  nicht  Allem  zuzustinamen, 
was  hierin  erzählt  wird,  und  dazu  gehört  auch  die  Behauptung 
wegen  des  Wappens  der  Witteisbacher. 

Dass  im  Siegel  Otto's   ein  Adler   zu  sehen  ist,    dies  Faktum 
konnten  lipowsky's  Gegner   nicht    aus    der  Welt    schffen,    und   so 


252  Primbs: 

musste  ihm  eine  andere  Deutung  gegeben  werden.  Einmal  wurde 
geltend  gemacht,  dass  Otto  diesen  Adler  desshalb  in  sein  Siegel 
graben  lassen  durfte,  weil  er  des  Kaisers  Panner-Träger  war,  dass 
er  desshalb  der  kaiserliche  Aar  sei,  und  nicht  das  Familienwappen. 
Abgesehen  davon,  dass  dieser  Adler  in  Nichts  sich  als  Kaiseradler 
manifestirt,  so  ist  zu  bedenken,  dass  Otto  dem  Kaiser  nur  einmal 
in  Italien  das  Panner  vortrug,  dann  dass,  wenn  es  ein  Gnaden- 
wappen sein  soll,  damit  der  Umstand  sich  nicht  vereinigen  lässt, 
dass  auch  Ludwig  der  Kelheimer  und  Pfalzgraf  Otto  Vll.  im  Schilde 
den  Adler  führten.  Es  mtlsste  denn  nur  behauptet  werden  wollen, 
wovon  allerdings  die  Geschichtsschreiber  ebensowenig  zu  erzählen 
wissen  wie  von  der  Verleihung  des  Gnadenwappens,  dass  der  Kaiser 
Otto  den  Adler  nicht  blos  für  sich,  sondern  auch  für  seine  Erben 
als  Gnadenwappen  verlieh.  Aus  dieser  Zeit  dürfte  sich  schwer  eine 
solche  Auszeichnung  nachweisen  lassen. 

Eine  andere  Hypothese,  dass  man  es  hier  nicht  mit  einem 
Familien-,  sondern  mit  dem  Wappen  des  Pfalzgrafen,  also  einem 
Amtswappen  zu  thun  habe,  ist  nicht  besser  begründet  Abge- 
sehen davon,  dass  man  aus  jener  Zeit  ebensowenig  Amts-,  wie 
Gnadenwappen  kennt,  so  muss  man  billig  fragen,  wenn  der  Adler 
wirklich  das  Amtswappen  des  Pfalzgrafen  war,  wie  kommt  es  dann, 
dass  Ludwig  der  Kelheimer  zur  selben  Zeit,  als  der  Pfalz graf 
Otto  VIL  im  Siegel  den  Adler  führte,  sich  des  nämlichen  Wappen- 
bildes gebrauchte,  er,  der  doch  nicht  Pfalz  graf  war?  Wie  kommt 
es  weiter  noch,  dass  die  Pfalzgrafen  vom  Ortenburger  Stamme  nie 
des  Adlers  sich  bedienten,  dessen  sie  doch  sich  hätten  bedienen 
müssen,  wenn  er  das  Amtswappen  gewesen  wäre? 

Ganz  richtig  bemerkt  Herr  von  Mayerfels  in  dieser  Beziehung 
auf  Seite  20  seiner  oft  berührten  Arbeit,  dass  es  ausser  den 
Witteisbachern  aller  Orten  und  zu  verschiedenen  Zeiten  kaiserliche 
Pfalzgrafen  gab,  in  deren  Siegel  sich  jedoch  meist  kein  Adler 
findet,  während  sich  mit  Bestimmtheit  bei  ihnen  nachweisen  lässt, 
dass  sie  sich  ihrer  angestammten  Haus-  und  Geschlechtszeichen 
bedienten.  Sonderbar  nimmt  sich  dann  aber  das  auf  Seite  24  be- 
findliche Geständniss  aus:  „Ich  bin  zwar  selbst  auch  der  festen 
Ansicht,  dass  der  Wittelsbachische  Adler  ursprünglich  —  mithin 
vielleicht  schon  zur  Scheyemzeit  —  als  eine  Art  Pfalzgrafen- 
Amtswappen  angenommen  wurde." 

Es  ist  Schade,    dass  sich   aus  der  Zeit  des  Herzogregimentes 


Die  Entwicklung  de«  Wittelsbachischen  Wappens.  253 

Otto's  kein  Siegel  erhalten  hat.   Man  würde  daraus  ersehen,  ob  die 
neue  Würde  ihn  veranlasste,  ein  neues  Siegelbild  zu  erwählen. 

Bevor  zu  dem  zweiten  Wapponbilde  übergegangen  wird, 
dem  man  auf  den  Siegeln  der  Witteisbacher  begegnet,  muss  noch 
des  Siegels  von  Otto's  Bruder,  des  Pfalzgrafen  Friedrich, 
gedacht  werden.  Einst  an  eine  Urkunde  seiner  Mutter  Helike  für 
das  Kloster  Ensdorf  vom  Jahre  1166  gehängt,  musste  es  später 
anderen  Zwecken  dienen,  wie  die  Rückseite  desselben  noch  erkennen 
lässt,  befindet  sich  aber  jetzt  wieder  bei  der  Urkunde,  für  welche 
es  ursprünglich  als  Beglaubigung  diente.  Der  verdienstvolle  Forscher 
Moriz  beschäftigte  sich  zuerst  mit  diesem  Siegel,  das  er  schon  in 
sehr  schadhaftem  Zustande  fand.  Leider  ist  auf  dem  Schilde  des 
Reitersiegels,  das  bisher  noch  nirgends  besprochen  und  abgebildet 
wurde,  wenn  je  ein  Wappenbild  auf  demselben  angebracht  war, 
von  diesem  keine  Spur  mehr  zu  entdecken.  Da  dieses  Siegel  einmal 
als  Beglaubigung  für  eine  frühere  Kaiserurkunde  dienen  musste, 
wie  Moriz  in  seinen  handschriftlichen  Aufzeichnungen  sagt,  so  hat 
vielleicht  absichtlich  eine  Zerstörung  stattgefunden. 


Der  gezackte  Balken. 

Was  Ludwig  den  Kelheimer  bewog,  den  Kaiseraar  (!)  fliegen 
zu  lassen  und  jenes  Bild  an  seine"Stelle  zu  setzen,  von  dem  Pfeflfel 
heroldsmässig  (?)  sagt,  dass  es  eine  eckig  ausgekrümmte  Strasse  ge- 
wesen, dafür  fehlt  jeder  Anhaltspunkt,  da  man  nicht  einmal  annehmen 
kann,  dass  es  zu  Ehren  eines  anderen  Geschlechtes  oder  als  Prätensions- 
wappen gewählt  worden  wäre,  da  kein  Geschlecht  bekannt  ist,  welchem 
vorher  dieses  Wappenbild  eigen  gewesen  wäre,  kein  Geschlecht  dieses 
Wappens  sich  bediente,  mit  dem  sich  die  Witteisbacher  versippt 
hätten,  dessen  Güter  an  sie  erbweise  gediehen  wären. 

Während  nun  drei  Siegel  Ludwig's  aus  verschiedenen  Jahren 
existiren,  auf  denen  sich  dieses  Wappenbild  zeigt,  kennt  man  von 
seinem  Sohne  Otto  nur  eines  vom  Jahre  1224  mit  dem  Zacken- 
balken. Nach  diesen  beiden  Fürsten  begegnet  man  diesem  Bilde 
nie  wieder  bei  einem  Witteisbacher,  wohl  der  beste  Beweis,  dass 
die  Pfeflfel-Scholliner-Hund'sche  Behauptung,  dass  der  Zackenbalken 
das  firüheste  Wappenbild  der  Grafen  von  Scheyern- Witteisbach  ge- 
wesen, nicht  haltbar  ist. 


254  Primbs: 

Auf  Seite  28  versucht  Herr  von  Mayerfels  die  Motive  klar 
zu  legen,  welche  Ludwig  den  Kelheüner  zur  Aufgabe  des  Adlers 
bestimmten;  es  dürfte  sich  aber  doch  fragen,  ob  Viele  zu  dieser 
Ansicht  hiedurch  bekehrt  werden.  Wenn  wirklidi  die  über  Pfalzgraf 
Otto  Vn.  verhängte,  zum  TheU  von  Ludwig  selbst  in  Vollzug  gesetzte 
Reichsacht  ihn  veranlasste,  ein  neues  Wappen  anzunehmen,  wenn 
wirklich  die  Pietät  gegen  den  Kaiser  mitwirkte,  so  kann  man 
sicher  nicht  sagen ,  dass  Ludwig  sich  mit  dem  Ausdrucke  dieser 
seiner  Gefühle  überstürzt  hat;  denn  1209  schon  war  Otto  seinem 
Verhängnisse  unfern  von  Abbach  erlegen,  und  noch  1213,  nach 
Mayerfels  und  Beierlein  sogar  noch  1220,  führte  er  den  Adler 
im  Schilde. 

Wenn  übrigens  Herrn  von  Mayerfels  die  in  Folge  der  Be- 
erbung der  Wasserburger  und  Bogner  Grafen  beliebte  Wappen- 
änderung auffallender  erscheint  als  die  Aufgabe  des  Adlers,  ist 
dies  schwer  erklärbar.  Es  wird  immer  klarer,  selbst  diesem  ge- 
wiegten Forscher  auf  dem  Gebiete  der  Heraldik  und  Sphragistik 
sind  die  Siegel  Ludwigs  und  seines  Sohnes  Otto  mit  dem  gezackten 
Balken  unbekannt  geblieben.  Herr  von  Mayerfels  lässt  hiebei  noch 
einfliessen,  dass  Ludwig  nach  Aufgabe  des  Adlers  theils  des 
Pfalzischen  Löwen,  theils  der  von  seiner  Gemahlin  oder  den 
Wasserburger  Grafen  ererbten  Wecken  sich  bediente.  Dass  er 
einen  Löwen  im  Wappen  geführt,  ist  ebenso  wenig  erwiesen  als  der 
Gebrauch  der  Rauten.  Ludmilla  Stammte  nicht  aus  dem  Qeschlechte 
der  Grafen  von  Bogen,  dieses  Geschlecht  war  nicht  ausgestorben, 
als  sie  Ludwig  die  Hand  reichte,  wie  hätte  denn  also  Ludwig  von 
ihr  die  Wecken  erben  können? 

Die  beiden  Doppelsiegel  Ludwig's  undOtto's  vom  Jahre  1224, 
auf  welchen  sich  der  gezackte  Balken  präsentirt,  sind  noch  nirgends 
abgebildet  worden,  sind  die  einzigen,  welche  von  Wittelsbachem  Je 
gebraucht  wurden,  und  müssen  selbst  dem  wappenkundigen  Herrn 
von  Mayerfels  unbekannt  geblieben  sein ,  da  er  vom  Adler  in  seiner 
Abhandlung  unmittelbar  auf  den  Löwen  übergeht,  ohne  nur  mit 
einem  Worte  des  Zackenbalkens  zu  gedenken  (1.  c.  S.  24),  dagegen 
auf  Seite  30  sagt :  „Nach  allem  vorher  .Gesagten  ist  jedoch  soviel 
jedenfalls  apodiktische  Gewissheit,  dass  die  sogenannten 
bayerischen  Wecken  als  das  eigentliche  und  wirkliche  zweite 
Geschlechtswappen  des  Hauses  Witteisbach  -  Bayern  unbedingt  be- 
trachtet werden  müssen." 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbaclüschen  Wappens.  255 

Der  Typus  der  angeführten  Doppelsiegel  ist  ein  ganz  eigen- 
artiger und  lässt  erkennen,  dass  der  Siegelschneider  das  Darstellen 
von  Boss  und  Reiter  besser  verstand  als  Buchstaben  zu  graben. 


Der  Löwe. 

Im  Jahre  1230  taucht  auf  dem  Schilde  Otto  des  Erlauchten 
zum  ersten  Male  an  der  Stelle  des  gezackten  Balkens  ein  gekrönter 
Löwe  auf.  Weiss  man  nicht,  warum  das  erst  genannte  Bild  erwählt 
wurde,  kann  über  den  Grund  kein  Zweifel  bestehen,  der  zur  An- 
nahme des  Löwen  Anlass  bot. 

Otto's  Tater  hatte  allerdings  schon  1214  von  dem  Kaiser  die 
Belehnung  mit  der  schönen  Pfalz  am  Rheine  erhalten,  nahm  auch 
nach  Ausweis  der  Legende  des  Doppelsiegels  von  1224  den  IHtel 
eines  Pfalzgrafen  am  Rheine  an,  das  war  aber  auch  Alles,  denn 
in  den  Besitz  der  Pfalz  zu  kommen  gelang  ihm  nicht,  vielmehr 
gerieth  er  bei  dem  Versuche  hiezu  in  Gefangenschaft.  Erst  seinem 
Sohne  Otto,  der  1212  mit  Agnes  verlobt  wurde,  des  entsetzten 
Pfalzgrafen  Heinrich  Tochter,  aber  erst  1224  mit  ihr  die  Vermählung 
vollziehen  konnte,  erst  ihm  war  es  gegönnt,  von  der  Pfalz  Besitz 
zu  nehmen.  Im  Jahre  1227  verschied  sein  Schwiegervater,  und 
dies  wird  ihn  bestimmt  haben,  nun  auch  im  Wappen  die  Nachfolge 
in  dem  Besitze  der  Pfalz  zu  manifestiren,  den  bisher  von  diesem 
geführten  Schild  mit  dem  Löwen  anzunehmen. 

Ist  der  Löwe  aber  auch  das  Geschlechtswappen  von  Otto's 
Schwiegervater,  und  nicht  etwa  das  der  Vorfahren  dieses  im  Be- 
sitze der  Pfalz? 

Nach  Scheidt's  treffliqhem  Werke  über  das  Haus  der  Weifen 
führte  Otto's  Schwiegervater  ausweislich  einer  ziemlichen  Anzahl 
unverdächtiger  Siegel  eine  Zeit  lang  zwei  Löwen  im  Schilde,  was 
Scheidt  dahin  deutete,  dass  Heinrich  dadurch  auf  sein  Geschlecht 
und  auf  die  mit  ihm  versippten  Pfalzgrafen  am  Rheine  hindeuten 
wollte.  Für  Otto  wäre  es  nun  allerdings  auch  nahe  gelegen,  durch 
Dopplung  des  Schildbildes  auf  diese  doppelten  Beziehungen  hinzu- 
weisen; da  ihm  aber  ohne  Zweifel  die  Pfalz  am  Rhein  viel  werth- 
voller  erschien  als  die  Versippung  mit  einem  Geschlechte,  auf  dem 
damals  des  Kaisers  Ungnade  schwer  lastete,  so  mochte  es  ihm  klüger 
dünken,  sich  mit  einem  Löwen  zu  begnügen,  der  ja  am  Ende  auch 


256  Primbs : 

für  beide  Beziehungen  als  Repräsentant  gelten  konnte,  und  so  wird 
der  Löwe  mit  Recht  als  das  "Wappen  jenes  Geschlechtes  zu  betrachten 
sein,  das  vor  den  Weifen  in  der  Pfalz  am  Rheine  herrschte. 

Wie  hoch  von  jeher  die  Witteisbacher  den  Besitz  der  Pfalz 
schätzten,  geht  daraus  hervor,  dass  in  ihrem  Wappen  fast  immer 
der  Löwe  der  ehemaligen  Pfalzgrafen  am  Rheine  den  ersten  Platz 
einnahm,  noch  jetzt  nach  dem  Königstitel  jener  des  Pfalzgrafen  vor 
dem  eines  Herzogs  von  Bayern,  Franken  und  Schwaben  kommt. 

Auf  Tafel  I  des  dritten  Bandes  der  Monumenta  Boica  ist  ein 
Siegel  abgebildet,  welches  Ludwig  der  Kelheimer  geführt  haben,  an 
einer  Urkunde  des  Klosters  Raitenhaslach  vom  Jahre  1220  hängen 
soll,  und  im  Schilde  einen  Löwen  zeigt.  Sonach  wäre  die  Be- 
hauptung, dass  zuerst  Ludwig  des  Adlers,  dann  des  gezackten 
Balkens,  nie  aber  des  Löwen  sich  bediente,  unrichtig.  Bisher  hat 
sich  aber  die  angebliche  Urkunde  von  1220  mit  dem  angeblichen 
Löwen  im  Schilde  nicht  finden  lassen,  dagegen  zeigt  eine  undatirte 
Urkunde  dieses  Klosters,  welche  zwischen  1210  und  1223  zu  setzen 
sein  wird  und  wohl  identisch  mit  der  Urkunde  von  1220  ist, 
deutlich  den  Adler. 

Beierlein  in  seiner  schon  berührten  Arbeit  über  die  ältesten 
Münzen  der  bayerischen  Fürsten  vom  Stamme  der  Witteisbacher, 
veröffentlicht  im  29.  Bande  des  Archivs  des  historischen  Vereines 
für  Oberbayeru  Seite  1  u.  ff.,  erwähnt  auch  einer  Urkunde  Ludwigs 
aus  dem  Jahre  1220,  an  welcher  ein  Siegel  mit  dem  Adler  be- 
findlich, wohl  die  nämliche  Raitenhaslacher  Urkunde,  während  das 
Register  zu  den  Mon.  Boicis  von  einer  Urkunde  Ludwigs  von 
1220  nichts  weiss. 

So  lange  jedoch  dieses  Siegel  nicht  wirklich  angefunden 
worden  ist,  wird  meine  Behauptung  bezüglich  der  Wappenbilder 
Ludwig's  des  Kelheimers  aufrecht  zu  erhalten  sein;  denn  der 
Ritter  muss  wohl  erst  noch  geboren  werden,  der  Lust  trägt,  für  die 
Richtigkeit  der  Siegelabbildungen  in  den  Mon.  Boicis  eine  Lanze 
zu  brechen.  Aus  welcher  Quelle  wohl  Herr  von  Mayerfels  schöpfte, 
der  ebenfalls  auf  Seite  24  seiner  Abhandlung  von  dem  Löwen- 
siegel  Ludwigs  spricht?  Vielleicht  aus  dem  bezeichneten  Bande 
der  Mon.  Boica,  vielleicht  liess  er  sich  von  der  Angabe  Beierleins 
irre  führen. 

Herr  Professor  Dr.  Sepp  sagt  im  ersten  Hefte  seiner  Beiträge 
zur  Geschichte  des.  bayerischen  Oberlandes  Seite  30,  dass  seit  1074 


Dio  Eiitwickhinjr  des  Wittolsbachischeii  Wappons.  257 

von  den  Weifen  das  altbayerische  Wappen  „der  Löwe"  herrühre. 
Vielleicht  lässt  sich  der  gelehrte  Forscher  bereit  finden,  einen 
Sieg  elbeweis  hiefilr  zu  liefern.  Bis  dahin  möge  er  wohlberech- 
tigten Zweifel  gestatten. 

4. 
Die  Rauten. 

Als  Otto  der  Erlauchte  zu  seinen  Vorfahren  eingegangen  war, 
hatten  seine  Söhne  Ludwig,  dem  eine  rasche  That  den  Beinamen 
des  Strengen  verschaffte,  und  Heinrich,  der  erste  Heinrich  vom 
Stamme  der  Witteisbacher,  nichts  Eiligeres  zu  thun,  als  ihre  Be- 
sitzungen zu  theilen.  Ersterer  bekam  das  Oberland  und  die  Pfalz 
am  Rheine,  Letzterer  richtete  sich  im  Niederland  ein.  Den  Löwen 
zeitweilig  fallen  lassend,  rauteten  sie  ihren  Schild,  und  zwar  bediente 
sich  Ludwig  von  1247  an  allein  dieses  Wappens,  Heinrich  von 
1257  bis  1271.  Bald  kehrten  die  Brüder  wieder  zu  den  beliebten 
Reitersiegeln  zurück,  und  Heinrich  auch  wieder  zum  Löwen,  während 
Ludwig  sich  mit  dem  Rautenschilde  begnügte.  Es  ist  dies  um  so 
auJBfallender ,  als  Heinrich  in  der  Pfalz  nichts  zu  schaffen  hatte. 
Unbekannt  aus  welchem  Grunde  Hess  sich  Ludwig  zwischen  den 
Monaten  Juli  und  Dezember  1289  ein  neues  Siegel  graben  und  auf 
diesem  neben  den  Rauten  auch  den  Löwen  wieder  anbringen. 

Herr  von  Mayerfels  sagt  auf  Seite  27  seiner  Studie,  dass  die 
Rauten  im  ersten  Viertel  des  13.  Jahrhundertes  sich  sicher  nach- 
weisen lassen.  Diese  Annahme  findet  durch  die  erwähnten  Siegel 
von  1247  und  1257  dahin  ihre  Berichtigung,  dass  jene  sich  erst 
gegen  den  Ausgang  der  ersten  Hälfte  des  bezeichneten  Jahr- 
hundertes finden  lassen. 

Warum  die  Brüder  ein  neues  Wappen  annahmen,  warum 
sie  den  Schild  rauteten,  darüber  wurde  schon  sehr  Viel 
geschrieben,  im  vorigen  Jahrhunderte  nicht  wenig  gedruckt;  völlige 
Sicherheit  wurde  aber  dessen  ungeachtet  nur  darüber  geschaffen, 
dass  sich  eigentlich  nichts  Gewisses  sagen  lasse.  Auch  bei 
dieser  Frage  sehen  wir  Lipowsky,  Scholliner  und  Pfeflfel  verschiedene 
Wege  ziehen,  zu  verschiedenen  Zielen  gelangen.  Als  gewiss  dürfte 
Scholliner  nachgewiesen  haben,  dass  die  Rauten  nicht  von  den  Weifen 
herstammen,  die  Witteisbacher  sich  nicht  vor  1247  derselben 
bedienten.    Was  er  als  Vermuthung  hinstellt,  dass  die  Brüder 

Archivftllgobe  Zeitochrift    VIII.  17 


258  Primbs: 

durch  den  Ausgang  des  versippten  Grafengeschlechtes  von  Bogen, 
durch  den  Uebergang  seiner  Güter  an  sie  bestimmt  wurden,  dessen 
Wappens  statt  des  ihrigen  ferner  sich  zu  gebrauchen,  dürfte  wenig- 
stens zum  Theil  richtig  sein. 

Die  Grafen  von  Bogen  bedienten  sich  abwechslungsweise  der 
Pfeilbogen  wie  der  Rauten;  da  aber  dieselben  denn  doch  nicht  so 
vornehmer  Abkunft  waren,  ihre  erbweise  an  die  Herzoge  ge- 
diehenen Güter  nicht  so  bedeutend,  dass  dies  allein  diese  hätte 
bestimmen  könneu,  den  Löwen  der  Pfalzgrafen  am  Rheine  desshalb 
aufzugeben  und  die  Rauten  anzunehmen,  muss  noch  ein  anderer 
Grund  mitgewirkt  haben,  und  dieser  dürfte  nicht  allzuschwer  zu 
finden  sein.  Wie  die  Grafen  von  Bogen  hatten  auch  die  Grafen 
von  Wasserburg  zeitweilig  Schild  und  Panner  gerautet,  wie  jene 
waren  auch  sie  mit  den  Witteisbachern  versippt,  wie  die  Güter  der 
Ersteren  gelangten  auch  die  der  Letzteren  an  die  Herzoge  von 
Bayern,  und  so  kann  man  wohl  annehmen,  dass  wegen  beider 
Geschlechter  und  ihres  Besitzes  sich  die  Landesherren  bestimmen 
liessen,  das  von  diesen  gebrauchte  Wappen  zeitweilig  zu  führen. 

Lipowsky  spricht  sich  gegen  die  eine  wie  andere  Vermuthung 
desshalb  aus,  weil  der  letzte  Graf  von  Bogen,  Albrecht,  erst  um 
1242  starb,  der  Letzte  aus  dem  Geschlechte  der  Wasserburger  Namens 
Konrad  erst  um  dieselbe  Zeit  dem  Herzoge  Otto  die  Anwartschaft 
auf  sein  Erbe  einräumte,  dieser  aber  schon  1230  im  Wappen  die 
Rauten  anbrachte.  Dieser  Widerspruch  ist  aber  herzlich  schlecht 
fundirt,  denn  wo  ist  denn  das  Siegel  von  1230  zu  finden,  in  dem 
sich  die  Rauten  zeigen?  Abgesehen  davon  hätte  Otto  immerhin 
derselben  bei  „lebenden  Leibern"  der  genannten  Grafen  als  eines 
Prätensions -Wappens  sich  bedienen  können,  da  der  Anfall  des 
Bogener  wie  Wasserburger  Erbes  ihm  als  ihrem  beiderseitigen 
Verwandten  und  als  Herzog  ziemlich  sicher  war. 

Ganz  mit  Stillschweigen  kann  nicht  übergangen  werden,  was 
im  verflossenen  Jahrhunderte  sehr  gelehrte  Männer  über  die  Hei- 
math der  Rauten  ausheckten,  wenn  wir  schon  weit  entfernt  sind 
über  diesen  unfruchtbaren  Streit  mehr  als  das  Nöthigste  zu  sagen. 
Pater  Seholliner  sah  in  den  Rauten  nichts  Anderes  als  die  in 
Zickzack  gelegten  rothen  Riemen  am  Bundschuh  Graf  Eckarts, 
welche  sich  seine  Nachkommen  in  seine  Ehren  als  pars  pro  toto 
zur  Schildzierde  erkürten,  die  Nachwelt  aber  als  solche  nicht  zu 
erkennen  vermochte. 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachisehen  Wappens.  259 

Pfeflfel,  der  sich  eines  hochgradigen  Farben-  wie  Tastsinnes 
erfreut  haben  muss,  sah  auf  den  Siegein,  welche  sich  an  Urkunden 
der  Klöster  Ranshofen  und  St.  Zeno  befinden  und  von  Herzog  Heinrich 
dem  Löwen  ausgestellt  wurden,  ganz  deutlich,  dass  der  Schild 
mit  verschiedenen  Farben  bemalt  war,  meinte,  wenn  man 
die  Eintheilung  der  Farben  genau  beobachte,  dass  man  dann  bald 
glauben  dürfe,  dass  es  lauter  Rauten  oder  weckenformige  Figuren 
gewesen,  welche  sich  um  einen  gemeinsamen  Punkt  schaarten,  und 
meinte  weiter,  dass  in  diesen  wechselweise  blau  und  weiss 
gemalten  Figuren  der  Urtypus  der  Rauten  zu  suchen  sei.  (Abh.  der 
Akad.  d.  Wiss.  Bd.  III.  S.  115.) 

lipowsky  Hess  der  Ruhm,  den  PfefFel  mit  dieser  Entdeckung 
sich  erworben,  keine  Ruhe  mehr,  und  in  den  Vermuthungen  wie 
Behauptungen  diesen  noch  überbietend,  führte  er  im  §  9  des  Ab- 
schnittes 3  seiner  schon  eingangs  erwähnten  Arbeit  aus,  dass  es 
für  ihn  keinen  Zweifel  darüber  gebe,  dass  Heinrich  der  Löwe  nach 
Ausweis  der  Siegel  an  solchen  Urkunden,  welche  für  bayerische 
Klöster  gefertigt  wurden,  wo  also  Heinrich  der  Löwe  als  Herzog 
von  Bayern  aufgetreten  sei,  den  angestammten  Löwen  fallen 
Hess  und  dafür  die  Rauten  annahm.  (Abh.  der  Akad.  d.  Wiss. 
Bd.  X.  S.  204.) 

Die  Siegel,  auf  welche  sich  Lipowsky  hiebei  wie  Pfeffel 
stützt,  sind  noch  vorhanden;  man  kann  nicht  annehmen,  dass  sie 
seit  der  Zeit,  wo  diese  Herren  ihre  Untersuchungen  an  ihnen 
pflogen,  sich  merklich  verschlechtert  haben;  aber  wenn  man  auch 
das  beste  Erzeugniss  von  Fraunhofer's  Nachfolger  zu  Hilfe  nimmt, 
wer  nüchtern  und  ohne  Voreingenommenheit  die  Siegelfläche  prüft, 
wird  nimmer  das  hierauf  entdecken  können,  was  diese  beiden 
(rel ehrten  ganz  klar  sahen. 

Soweit  unverdächtige  Siegel  sich  erhalten  haben,  ist  auf 
keinem  ein  Löwe  zu  sehen:  auch  Grote  in  seiner  1863  zu  Leipzig 
über  die  Geschichte  des  Weifischen  Stammwappens  veröffentHchten 
Abhandlung  sagt,  dass  auf  dem  Reitersiegel  Heinrich  des  Löwen 
weder  Wecken  noch  andere  heraldische  Bilder  zu  sehen  sind.  Das 
einzige  Siegel  des  Heinrich,  auf  welchem  sich  wirklich  ein  Löwe 
befindet  —  es  hängt  an  einer  Urkunde  für  das  Kloster  Richen- 
burg,  welche  aus  dem  Jahre  1154  stammt  —  wurde  schon  von 
Scheidt  wie  anderen  Forschern  desshalb  als  im  höchsten  Grade 
verdächtig  erklärt. 

17* 


260  Primbs : 

Wiederholt  muss  übrigens  daran  erinnert  werden,  dass  vor 
der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jahrhundertes  Wappen  Siegel  nicht 
vorkommen,  wie  dies  von  den  neueren  Forschern  auf  dem  Gebiete 
der  Siegel-  und  Wappenkunde,  Herrn  von  Mayerfels  und  Fürsten 
Dr.  F.  K.  von  Hohenlohe-Waldenburg,  unbedingt  anerkannt  wurde. 

5. 
Der  Panther. 

Auf  der  Decke  jenes  Reitersiegels  Heinrich  L  von  Nieder- 
bayern, dessen  schon  wegen  des  Gebrauches  des  Löwen  Erwähnung 
geschah,  befinden  sich  zwei  Schilde,  von  denen  der  vordere  den 
Löwen,  der  hintere  aber  ein  Thier  enthält,  welches  man  einen 
Panther  zu  nennen  pflegt.  Hund  erzählt  uns,  dass  er  zuerst 
dieses  Thier  auf  dem  ßeitersiegel  jenes  Otto  HI.  von  Niederbayem 
beobachtet  habe,  dem  sie  den  Namen  Bela  gaben,  als  eind  Partei 
der  Ungarn  ihm  1305  die  dornenreiche  Krone  des  heiligen  Stephan 
auf  das  Haupt  setzte,  und  hielt  dieses  Wappenthier  für  das  Wappen 
von  Niederbayern. 

Pfeflfel  glaubte  Anfangs ,  dass  es  das  Wappen  der  Pfalzgrafen 
von  Bayern  überhaupt  sei,  schränkte  diess  jedoch  später  ein  als  das 
Wappen  der  Pfalzgrafen  vom  Hause  Ortenburg.  (Erster  Versuch  in 
Erläuterungen  bayerischer  Siegel.  Verh.  der  Akad.  d.  Wiss.  Bd.  H. 
§  4.  S.  77.) 

Plato-Wild,  ßegensburgs  Stadtsyndikus  und  ein  Kundiger  auf 
dem  Gebiete  der  Numismatik  wie  der  Heraldik,  schreibt,  dass  er 
dem  Panther  schon  auf  jenem  Siegel  Heinrich  des  Ersten  begegnete, 
welches  an  einer  Urkunde  Heinrichs  für  S.  Emeram  hängt 

Dass  Heinrich  I.  schon  den  Panther  als  Wappenbild  eingeführt, 
ist  richtig,  mit  dem  Landeswappen  irrt  sich  dagegen  Hund ;  denn 
Landes  Wappen  im  engsten  Sinne  des  Wortes  gab  es  weder  damals, 
noch  auch  später.  Entweder  behielt  ein  Geschlecht,  wenn  es  neue 
Länder  erwarb,  sein  angestammtes  Haus-  und  Geschlechtswappen 
bei,  oder  es  Hess  selbes  fallen  und  nahm  jenes  an,  welches  von 
dem  Geschlechte  geführt  worden  war,  welches  vorher  in  den  neuen 
Gebietstheilen  geherrscht  hatte,  falls  es  nicht  vorgezogen  wurde, 
beide  Wappen  zu  verbinden,  wie  diess  namentlich  später  zu  ge- 
schehen pflegte.  Es  kann  zwar  nicht  geläugnet  werden,  dass  man 
oft  genug  von  bayerischen  Rauten,  vom  pfalzer  Löwen,  von  firan- 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens.        ^         261 

zösischen  Lilien  lesen  und  hören  kann,  es  ist  dies  aber  nur  eine 
üebertragung  vom  Herrn  auf  das  Gebiet,  denn  nie  hat  die  Provinz 
Bayern  Kauten,  nie  die  Rheinpfalz  einen  Löwen,  nie  Frankreich 
Lilien  im  Wappen  geführt,  wohl  aber  führten  zuerst  die  Grafen 
von  Bogen  und  Wasserburg,  dann  die  Witteisbacher  Rauten,  die 
Pfalzgrafen  am  Rhein  den  Löwen,  die  Könige  Frankreichs  die  Lilien. 

Wenn  übrigens ,  wie  nicht,  der  Panther  Niederbayern 
repräsentiren  sollte,  was  war  dann  das  Wappenbild  Oberbayerns, 
oder  hatte  diese  Provinz  kein  eigenes  Wappen? 

Das  Wappen  von  Niederbayern  ist  also  der  Panther  nicht; 
wen  vertritt  er  denn  sonst,  wird  man  nicht  mit  Unrecht  fragen. 
Bekanntlich  führten  die  Herzoge  Kärnthens  aus  dem  Geschlechte 
Sponheim-Ortenburg  einen  Panther  in  ihrem  Schilde.  Als  dieses 
Geschlecht  dem  Aussterben  öahe  war,  nahm  jene  Linie  desselben, 
welche  nach  Bayern  übergesiedelt  war  und  nach  dem  unglücklichen 
Pfalzgrafen  Otto  VII.  vom  Kaiser  das  Pfalzgrafenamt  in  Bayern  er- 
halten hatte,  seinen  gegengezinnten  Schrägbalken  fallen  lassend,  den 
Panther  an.  Als  dann  auch  diese  Linie  ausgestorben,  verkaufte  Graf 
Hartmann  von  Werdenberg  —  die  Ortenburger  Erbtochter  war  seine 
Frau  —  1256  an  Herzog  Heinrich  von  Niederbayern  das  Ortenburger 
Erbe,  aus  welchem  das  Vizedomamt  an  der  Rott  mitgebildet  wurde.^ 
Diesen  Namen  erhielt  es  wohl,  weil  der  Rott  entlang  die  meisten 
hiezu  gehörigen  Güter  lagen.  Von  da  an  erscheint  der  Panther  auf 
dem  Siegel  Heinrich *s,  auf  dem  Siegel  des  Vizedoms  an  der  Rott. 
Mit  Ausnahme  Ludwig  des  Römers  bediente  sich  kein  Herzog  von 
Oberbayern  des  Panthers,  und  dieser  wohl  nur  1347,  weil  damals 
die  Söhne  Ludwig  des  Bayern  noch  gemeinsam  regierten.  Auch  bei 
Ludwig  dem  Bayern  erscheint  der  Panther  nur  in  dem  Siegel,  welches 
er  als  Vormund  über  die  niederbayerischen  Prinzen  führte. 

Es  dürfte  nach  all'  dcto  kaum  mehr  einem  Zweifel  unterliegen, 
dass  der  Panther  ursprünglich  das  Wappen  der  Sponheimer  war  und 
von  den  niederbayerischen  Herzogen  nur  desshalb  zu  dem  ihrigen 
angenommen  wurde,  weil  sie  in  den  Besitz  jener  Güter  in  Bayern 
gelangten,  welche  dort  die  Nebenlinien  der  Sponheim-Ortenburg 
besassen,  welche  sich  ebenfalls  dieses  Wappenbildes  gebrauchten. 

Als  nach  Georgs  Tode  Niederbayern  an  Herzog  Albrecht  ge- 
langte ,  es  keine  eigenen  Herzoge  dortselbst  mehr  gab,  verschwindet 
der  Panther  aus  dem  Siegel  der  bayerischen  Fürsten  sowohl  als 
der  bayerischen  Aemter. 


262  Primbs: 


Die  Adler   von  Brandenburg   und  Tyrol,   die   Löwen  von 
Holland,  die  Balken  von  Graisbach. 

Durch  die  Belehnung  von  Kaiser  Ludwigs  älterem  Sohne 
Ludwig  (V.)  mit  der  Mark  Brandenburg  und  die  Heirath  des  Letzteren 
mit  der  Fürstin  von  Tyrol,  Margreth  der  Maultasch,  kamen  —  leider 
nur  auf  sehr  kurze  Zeit  —  neue  Besitzungen  an  die  Witteisbacher, 
was  diese  bestimmte,  auch  neue  Wappenbilder  anzunehmen.  Durch 
die  zweite  Ehe  Kaiser  Ludwig's  mit  Margaretha  von  Holland  kamen 
später  auch  die  schönen  holländischen  Herrschaften  —  leider  auch 
sie  nur  auf  kurze  Zeit  —  an  Ludwig's  Söhne,  und  so  fanden  auch 
Hollands  Löwen  in  ihre  Wappen  Aufnahme. 

Wilhelm  H.  setzte  die  vier  Löwen  in  das  2.  und  3.  J'eld  seines 
Wappens,  Albert  in  das  1.  und  4.  Feld  seines  Panners,  Johann  IH. 
wie  Wilhelm  IL  in  das  2.  und  3.  Feld  seines  Schildes. 

Die  Siegel,  deren  sich  Ludwig  der  Brandenburger  und  Ludwig 
der  Römer  als  Markgrafen  von  Brandenburg  bedienten,  lägen 
eigentlich  ausser  dem  Bereiche  der  Besprechung,  weil  weder  Wappen 
noch  Titel  auf  Bayern  und  das  Witteisbacher  Wappen  hinweisen; 
nachdem  jedoch  auch  mehrere  für  bayerische  Orte  gegebene  Urkunden 
mit  denselben  gefestet  wurden ,  mag  ihrer  in  Kürze  um  so  mehr 
gedacht  werden,  als  sie  auch  in  der  Form  und  Darstellung  völlig 
von  allen  übrigen  Siegeln  der  Witteisbacher  abweichen. 

Fast  sklavisch  den  Siegeln  der  Markgrafen  Johann  und  Heinrich 
von  Brandenburg  aus  den  Jahren  1273  und  1310  nachgebildet, 
wenn  auch  von  einer  Hand  ausgeführt,  die  feinere  Arbeit  zu  liefern 
vermochte  als  jene,  die  die  erstgenannten  schuf,  zeigen  sie  in 
elliptischem  Felde  den  geharnischten  mit  Mantel  umgebenen  Fürsten 
stehend,  in  der  Rechten  das  Adlerpanner  haltend,  die  Linke  scheinbar 
auf  den  im  Freien  schwebenden  Adlerschild  stützend.  Die  Kopf- 
bedeckung erinnei*t  sehr  an  jenen  Kopfschmuck,  den  sich  in  den 
glücklichen  Zeiten  der  Jugend  Knaben  aus  einem  Bogen  Papier  mit 
einigen  geschickten  Griffen  herzustellen  pflegten. 

Ludwig  der  Höckerige  von  Bayern-Ingo! Stadt  erwarb  Graisbach 
und  versah  desshalb  seinen  gevierten  Schild  mit  einem  Fasse,  welcher 
die  Balken  der  Grafen  von  Graisbach  zeigt. 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens.  263 

Der  Reichsapfel. 

Bis  auf  die  Zeit  von  Maximilian  I.  blieben  die  Wappen  der 
Fürsten  Bayerns  unverändert.  Als  Kaiser  Ferdinand  nach  der  für 
Kurfürst  Friedrich  von  der  Pfalz  so  unglücklichen  Schlacht  am 
weissen  Berge  bei  Prag  Herzog  Max  zur  Ausgleichung  für  die 
grossen  Kosten,  welche  diesem  bei  der  Kriegshilfe  erwachsen,  mit 
den  oberpfalzischen  Besitzungen  Friedrich's  bezahlte,  und  auf  ihn 
die  Kurwürde  wie  das  Truchsessenamt  des  geächteten  Friedrich 
übertrug,  nahm  Max  das  Zeichen  seiner  Würde,  den  Keichsapfel,  in 
sein  Wappen  auf,  ihm  den  Platz  in  einem  Mittelschilde  anweisend, 
welchen  dann  seipe  Nachkommen  unverändert  beibehielten. 

Helmzierden,  Schildhalter,  Orden,  Mottos. 

Helmdecken  und  Helmzierden  bildeten  früh  und  vom  14.  Jahr- 
hunderte an  ganz  besonders  einen  in  Deutschland  nie  fehlenden 
Schmuck  und  Zugehör  der  Wappen,  wesshalb  auch  der  Zierden 
gedacht  werden  muss,  welchen  man  auf  den  Siegeln  der  bayerischen 
Fürsten  begegnet. 

Nach  dem  Reitersiegel  Ludwig  des  Strengen  —  vor  ihm  finden 
sich  keine  Helmzierden  —  bestand  der  Schmuck  1256  aus  mit  Linden- 
zweigen besteckten  BüfFelshörnern  —  anfänglich  wohl  auch  Zweigen. 
Ludwig  der  Bayer  setzt  in  seinem  einen  Sekretsiegel  1314  den 
Löwen  der  Pfalzgrafen  am  Rheine  auf  den  Helm,  dem  Otto  von 
Mosbach  1390  den  Platz  zwischen  Büflfelshörnern  anwies. 

Wilhelm  HI.  von  München  führte  eine  neue  Helmzierde  ein, 
indem  er  die  Büfifelshörner  mit  einem  geschlossenen  und  gerauteten 
Flug  vertauschte.  Erst  Ludwig  von  Ligolstadt  öffnete  1426  den 
Flug,  um  dem  Löwen  einen  besseren  Platz  zu  verschaffen.  Von  da 
an  sieht  man  die  Büffelshörner  bald  glatt,  bald  gerautet,  bald  mit 
Lindenzweigen  besteckt,  bald  ohne  sie;  der  Flug  ist  einmal  ge- 
schlossen, das  andere  Mal  offen,  stets  erscheint  aber  zwischen 
Büffelshörnern  wie  Flug  der  Löwe. 

Um  diese  liebgewordenen  Helmzierden  zu  vereinen,  nahm 
Albrecht  der  Fünfte,  richtig  gezählt  der  Vierte,  zwei  Helme  an,  die 
zuletzt  durch  den  Kurhut  verdrängt  wurden,  nachdem  dieser  sich 
vorher  zwischen  sie  gedrängt  hatte. 

Der  sitzende  Greif  auf  dem  Helme  Albert's  I.  von  Straubing- 
Holland,  wie  der  Federballen  auf  dem  Helme  Johann's  III.  wurden 


264  Primbß : 

(1er  holländischen  Provinzen  wegen  und  desshalb  nur  von  diesen 
Fürsten  geführt. 

In  England  kann  sich  selbst  der  einfache  Squire  sein  Wappen 
fast  nicht  ohne  Schildhalter  denken,  in  Deutschland  dagegen 
pflegten  meist  nur  Fürsten  und  Glieder  des  hohen  Adels  ihren 
Schild  irgend  einer  Person  oder  einem  Thier  zum  Halten  und 
Schirmen  zu  übergeben.  Konform  diesem  Brauche  bei  anderen 
Fürsten  begegnet  man  bei  den  Witteisbachern  in  diesem  Amte 
anfangs  Engeln,  dann  Frauen  mit  und  ohne  Kostüm,  später  wilden 
Männern  und  Affen,  bis  Albrecht  1559  dem  Löwen  für  immer  dieses 
Amt  anvertraute. 

Von  Ordensketten  ist  auf  den  Siegeln  der  Fürsten  Bayerns 
nur  d  i  e  des  goldenen  Vliesses  und  auch  diese  nur  auf  den  Siegeln 
von  Albrecht  IV.,  Max  L  und  Karl  Albrecht  zu  schauen. 

Auf  dem  grossen  Reitersiegel  Heinrich  des  Reichen  von  Landshut, 
welches  an  einer  Urkunde  vom  Jahre  1422  hängt,  ist  in  der  Mitte 
der  Schrift  das  Motto  „Wolt  Got*'  angebracht.  Es  ist  diess  das 
einzige,  das  auf  einem  Siegel  bayerischer  Fürsten  zu  finden  ist. 


Kurze  Beschreibung  der  Siegel  der  altbayerischen  Ffirstenlinien 

nach  den  im  Reichsarchive  befindlichen  Originalen  wie  Abgüssen. 

1)  Pfalzgraf  Friedrich.  116(5.  Reitersiegel.  Schild  ohne  Wappen,  wenigstens 
lässt  sich  ein  solches  nicht  erkennen  (Ensdorf). 

2)  Pfalzgraf,  später  Herzog  Otto.  1179.  ()  Im  Si^elfelde  linksschauender 
Adler  (Rott). 

3)  Herzog  Ludwig  I.  der  Kelheimer.  a.  c.  1196.  Reitersi^el.  Im  Schilde 
rechtsschauender  Adler  (Raitenhaslach).  —  b.  1207.  1213.  (Ambruck,  Kuf- 
stein.) Dieser  Stempel  unterscheidet  sich  von  dem  ersteren  durch  die  L^ende 
und  dadurch,  dass  hier  die  Lanzenspitze  zwischen  dem  L  und  O  sicii  be- 
findet, während  sie  bei  lit.  a  vor  3em  L  sich  befindet.  Die  L^ende  von  a 
lautet:  LOD  WIC  VS  DEI  GRACIA  DVX  BAWARIE,  bei  b:  L  -  0 
DOWICVS  DEI  GRACIA  DVX  BAWARIE.  —  c.  1220.  (S.  Zeno.)  In  dem 
Schriftrand  vor  dem  Kreuze  ein  Punkt,  nach  demselben  ein  sechsstrahliger 
Stern.  Die  Legende  lautet:  LODEW  IC  VS.  DEI  GRACLÄ^  DVX.  BAWRIE. 
Im  Schilde  der  gezackte  Balken.  V  und  S  sind  ligirt.  —  d.  1224,  (Alders- 
bach.) t  I^Jö  Schrift  muss  von  demselben  Künstler  herstammen,  welcher 
das  folgende  Siegel  lieferte.  Px-kig,  aneinander  gehängt,  stumpf  gegraben 
sieht  diese  Inschrift  aus,    welche  lautet:    LVDWICVS  DEI  GRÄ  PALAT 

I .  .  .  AWARIE.  V  und  S  sind  ligut.  —  e.  1224   Doppelsi^el.  (R^ens- 

burg.)  Avers  der  Herzog  mit  der  Fahne,  Revers  der  Herzog  mit  dem  Schwert. 


Die  Entwicklung  des  Wittelfibachischen  Wappens.  265 

Beide  Male  im  Schilde  der  gezackte  Balken.  Von  der  Legende  hat  sich 
bloss  erhalten:  .  .  .  CVS.  DEL  G VS.  RH Revers  . . .  DEWI . . . 

—  f.  1230.  (Windorf.)  Die  Lanzenspitze  zwischen  V  und  D.  —  g.  1232.  (Würz- 
burg.) Ganz  gleicher  Stempel  wie  lit  d. 

4)  Otto  VII.  Pfalzgraf.  1207.  ()  Im  Si^jelfelde  der  rechtsschauende  Adler. 

5)  Herzog  Otto  H.  a.  1224.  (Regensburg.)  Doppelreitersiegel.  Die  Darstellung 
und  Art  der  Behandlung  ganz  wie  bei  seinem  Vater.  —  b.  1230.  (Windorf.) 
Reitersiegel.  Im  Schilde  der  ungekrönte  Löwe.  —  c.  c  1216.  (Rott.)  Der 
zweite  Stempel  mit  dem  gekrönten  Löwen.  —  d.  12J>2.  (Seeligenthal.)  Der 
dritte  Stempel  mit  dem  gekrönten  Löwen. 

G)  Ludwig  U.  der  Strenge,  a.  1247.  Rautenschild.  Die  erhabenen  Rauten 
sind  mit  Punktlinien  ausgefüllt,  die  vertieften  sind  geviert  mit  Doppel- 
strichen in  jeder  Vierung.  —  b.  1280.  Reitersiegel.  Im  Armschild  die  Rauten. 
Helm:  Mit  Lindenzweigen  besteckte  Büffelshömer. —  o.  1290.  Reitersiegel. 
Im  Armschild  die  Rauten.  Auf  der  Decke  zwei  Schilde  mit  dem  Löwen. 
Helm  wie  bei  a. 

7)  Heinrich  I.  von  Niederbayern,  a.  1256.  Ganz  gleich  wie  das  Siegel  Ludwigs 
von  1247.  —  b.  Grosses  Reitersiegel.  Armschild  gerautet.  Auf  der  Decke 
zwei  Schilde  mit  dem  Löwen  und  Panther.    Helm  wie  bei  Ludwig. 

8}  Ludwig  IV.  der  Bayer,  a.  Mittelgrosses  Reitersiegel.  Armschild:  gerautet. 
Auf  der  Decke  zwei  Schilde  mit  Löwen.  Im  dessinirten  Felde  oberhalb  der 
Vorderfüsse  zwei  mit  den  Stielen  gegeneinander  gestellte  Kleeblätter,  unter- 
halb der  Füsse  eine  Lilie,  hinter  dem  Schwänze  ein  dreiblättriger  Zweig.  — 

b.  1313.  Sekretsiegel  V  Rautenschild.  —  c.  1314  Sekretsiegel.  Auf  dem 
Helme  sitzt  der  gekrönte  Löwe.  —  d.  1340  als  Vormund  des  nieder- 
bayerischen Prinzen :  Im  Dreipass  gelängter  Schild ,  rechts  die  Rauten, 
links  der  Panther. 

9)  Ludwig  V.  der  Brandenburger,  a.  1331.  Q  I™  Siegelfelde  der  Markgraf 
im  Panzer,  im  Panner  und  Schilde  der  Adler.  —  b.  1342.  Der  Adler  im 
Schilde.  —  c.  1348  sehr  grosses  Siegel :  der  Rautenschild  auf  der  Brust 
des  im  Siegelfelde  betindlichen  Adlers. 

10)  Ludwig  VI.  der  Römer,  a.  1347.  Im  Dreipass  drei  1.  2.  gestellte  Schilde. 
1.  Löwe.  2.  Rauten  3.  Panther.  —  b.  1350.  ()  ganz  gleich  dem  Siegel  a. 
von   Lud\i'ig   dem    Brandenburger,    doch    etwas    kleineren    Umfanges.   — 

c.  1351.    Im  Siegelfelde  der  Löwe,    auf    dessen  Schulter  der  Rautenschild. 

—  d.  1355.    Schild  geviert:  1.  4.  Rauten,  2.  3.  Adler. 

11)  Otto  V.  der  Brandenburger,  a.  1363.  Kredenzsiegel.  Im  Siegelfelde  der 
Löwe,  auf  dessen  Schulter  der  Rautenschild.  —  b.  1379.  Im  Dreipass  der 
Rautenschild. 

12)  Mainhard  von  Tyrol.  1361.  Im  Siegelfelde  der  Adler  mit  dem  Rauten- 
schilde auf  der  Brust. 

13)  Ludwig  III.  von  Niederbayem.  1295.  Mittelgrosses  Reitersiegel.  Arm- 
schild :  Löwe.  Auf  der  Decke  2  Schilde  mit  Löwe  und  Panther.  Helm: 
wie  bei  Ludwig  dem  Strengen. 

IJ)  Otto  in.  von  Niederbayem.  a.  1290.  Mittleres  Reitersiegel.  Armschild: 
I-.öwe.  Die  Schilde  auf  der  Decke:  Rauten  und  Panther.   Helmzierde  noch 


266  Primbs : 

unverändert.  —  b.  1295.  Sehr  grosses  Reitersi^el.  Armschild:  Löwe.  Auf 
der  Decke  2  Schilde  mit  Rauten  und  Panther.  —  c.  1309.  Kredenzsiege], 
auffallend  klein.  Im  Siegelfelde  der  Panther.  —  d.  1311.  Grosses  Thron - 
Siegel;  von  den  4  an  den  Seiten  angebrachten  Schilden  ist  blos  der  obere 
rechte  mit  dem  Löwen  erkenntlich.  (Landschaftsarchiv.) 

15)  Stephan  L  von  Niederbayem.  a.  1296.  Mittelgrosses  Reitersiegel.  Arm- 
schild: Rauten.  Die  2  Schilde  auf  der  Decke:  Löwe  und  Panther.  Helm- 
zierde unverändert.  —  b.  1308,  Sekretsiegel:  Rautenschild. —  c.  1309.  Sehr 
grosses  Reitersiegel.  Armschild :  Löwe.  Die  2  Schilde  auf  der  Decke :  Rau- 
ten, Panther.    Helmzierde  unverändert. 

IG)  H  e  i  n  r  i  c  h  II.  von  Niederbayem,  der  Zänker,  a.  1314  Sehr  grosses  Reiter- 
siegel. Armschild :  Löwe.  2  Schilde  auf  der  Decke :  Rauten ,  Panther,  — 
b.  1326.  Kleines  Siegel.  Im  Dreipasse  Rautenschild.  —  c.  1331.  Mittleres 
Reitersiegel.  Armschild:  Löwe.  2  Schilde  auf  der  Decke:  Rauten  und 
Panther.  Im  Panner  ist  ein  Kreuz  angebracht.  Auf  dem  Helme  sitzt 
der  gekrönte  Löwe.  Oberhalb  desselben  im  Siegelfelde  das  ungarische  (?) 
Kreuz.  —  d.  1333.  Kleines  Siegel  Löwe  im  Felde.  —  NB.  Das  Siegel 
von  1331  gehört  zu  Heinrich  HI. 

17)  Otto  IV.  von  Niederbayem,  der  Abbacher.  a.  1322.  Mittleres  Reitersiegel. 
Armschild:  Löwe.  Schilde  auf  der  Decke:  Rauten,  Panther.  Helmzierde 
die  alte.  —  b.  1326.  Sekretsiegel.  Im  Siegelfelde  der  auf  dem  Helme 
sitzende  Löwe. 

18)  Heinrich  in.  von  Niedernbayem,  der  Nattemberger.  a.  1314.  Kredenz- 
siegel :  Im  Felde  der  Löwe ,  auf  dessen  Schulter  der  Rautenschild.  — 
b.  1333.  Mittleres  Reitersiegel  ganz  gleich  dem  von  Otto  IV.  a.  —  c.  1333. 
Hofgerichtssiegel :  Im  Dreipass  der  Rautenschild :  S.  CVRI AE  DVCVM  BAW. 

19)  Stephan  n.  von  Oberbayera,  mit  der  Hafte,  a.  1330.  Grosses  Reitersiegel. 
Armschild:  Rauten;  auf  der  Decke  2  Schilde:  Löwe.  Helmzierde  die 
alte.  —  b.  1357.  Rautenschild.  Hclmzierde  unverändert.  —  c.  1364.  Rauten- 
schild im  Sechspass. 

20)  Johann  H.  von  Bayern  -  München.  1376.  Sekretsiegel:  Im  Sechspass 
Rautenschild,  auf  dem  Schilde  „hockt"  ein  ganz  kleiner  Löwe. 

21)  Ernst  I.  von  Bayern-München,  a.  1409.  Im  Sechspasse  gevierter  Schild: 
1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten.  Helm:  zwischen  gerauteten  Büffelshömem 
der  sitzende  gekrönte  Löwe.  —  b.  1409.  Ganz  gleich,  doch  im  Siegelfelde 
rechts  ein  Monogramm. 

22)  Wilhelm  IIL  von  Bayem-München.  a.  1400.  Rautenschild.  —  b.  140.. 
Gevierter  Schild:  1.  4.  Löwe;  2.  3.  Rauten.  Helm:  geschlossener  ge- 
rauteter  Flug. 

23)  Albrecht  II.  von  Bayern  -  München,  a.  1438.  Im  Sechspass  gevierter 
Schild:  1.  4.  Löwe;  2.  3.  Rauten.  Helm:  der  Löwe  zwischen  mit  Linden- 
zweigen besteckten  gerauteten  Büffelshömem.  Eine  nackte  Frau  hält  die 
an  die  Helmzierde  befestigte  Kette.  —  b.  1454.  Ein  Engel  hält  vor  sich 
den  gevierten  Schild.  1.  4.  Löwe;  2.  3.  Rauten.  —  c.  1454.  Gevierter  Schild 
wie  bei  b.    Helm:  Löwe  zwischen  gerauteten  Büffelshömem. 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens.  267 

24)  Johann  IV.  von  Bayern-München,  a.  1458.  Schild  geviert.  1.  4.  Löwe, 
2.  3.  Rauten.  Helm:  Löwe  zwischen  mit  Lindenzweigen  besteckten Btiffele- 
hömern.  Eine  Frau  hält  die  Decke.  —  b.  1458.  Schild  wie  bei  a.  Schild- 
halter: 2  Löwen.  —  c.  1460.  Sekretsiegel:  Eine  Frau  hält  den  gevierten 
Schild. 

25)  Sigmund  von  Bayern  -  München.  1478.  Schild  geviert:  1.  4.  Löwe, 
2.  3.  Rauten.  Helm:  I^we  zwischen  offenem  gerautetem  Flug.  Schild- 
h alter:  zwei  wilde  Männer. 

2G)  Christoph  von  Bayern -München,  a  1472.  Schild  wie  bei  Sigmund. 
Helm:  der  Löwe  zi^ischen  offenem  gerauteten  Flug  —  b.  1473.  Tartschen- 
schild:  1.  2.  Löwe,  2.  3.  Rauten.  Helm  wie  bei  a  ,  doch  mit  geschlossenem 
Flug.    Schildhalter:   2  wilde  Mäimer. 

27)  AI  brecht  lU.  von  Bayern -München,  der  Weise,  a.  147G.  Sekretsiegel: 
Engel  hält  den  gevierten  Schild.  —  b.  1477.  Tartschenscliild.  1.  4.  Löwe 
2.  3.  Rauten,     Helm :  Löwe  zwischen  geschlossenem  und  gerautetem  Flug. 

—  c.  1490.  Schild  gleich  Helm:  Löwe  zwischen  gerauteten  Büffels- 
hömem.  —    d.   Kontrasiegel:  gevierter  Schild  im  Fünfpass. 

27  a)  Wolf  gang.  Nach  der  Abbiiaung  in  den  Mon.  Boic.  Thl.  VHI  Taf.  2 
hätte  sich  Wolfgang  eines  gevierten,  yon  einem  knieenden  wilden  Manne 
gehaltenen  Schildes  bedient.  1.4.  Löwe,  2.  3.  .Rauten.  Unter  den  Urkunden 
des  Klosters  Bemried,  wo  es  sich  nach  der  betreffenden  Tafel  an  einer 
Urkunde  von  1487  befinden  sollte,  ist  diese  wie  das  Siegel  nicht  zu  finden. 

28)  Wilhelm  IV.  und  29)  Ludwig(X.)  a  1516.  Reitersiegel.  Die  Fahne  geviert : 
1.4  Löwe,  2.  3.  Rauten;  Helm :  Löwe  zwischen  offenem  Flug.  Oberhalb  des 
im  mittleren  Ringe  des  Siegels  befindlichen  Rautenschildes  klimmt  ein  Löwe 
empor,  unterhalb  steigt  ein  wilder  Mann  in  die  Höhe;  oberhalb  des  linken 
Schildes  mit  dem  Löwen  befindet  sich  ebenfals  ein  Löwe.  Unterhalb  siM  eine 
nackte  Frau.  Unter  den  Füssen  des  Roases  läuft  ein  Löwe  Auf  der  Pferde- 
decke sind  Rauten  und  Löwe  angebracht.  Logende :  SIGILLVM  DVCAI^E 
MAGXVTM  WILHELMI  (LVDOVICI)  COMITIS  PALATINI  REXI  ALTE 
ET  BASSE  BAVARIE  DVCIS  ANNO  DOM.  1516.  Das  Kontrasiegel: 
Schild  geviert  von  T^öwe  und  Rauten.     Die  fast  vollständig  gleichen  Siegel 

—  die  letzten  Reitersiegel  der  Witteisbacher  —  hängen  an  dem  1516 
mit  der  Landschaft  abgeschlossenen  Vergleiche.  —  b.  1529.  Gemeinschaft- 
liches Siegel :  Helm  mit  gerautetem  offenem  Fluge  mit  dem  Löwen  dazwischen. 

30)  Albrecht  IV.  (V.)  a.  lö.VJ.  Schild  geviert:  1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten; 
Helme:  rechts  sitzender  I^öwe  zwischen  mit  IJndenzweigen  besteckten 
gerauteten  Büffelshömem,  links  zwischen  geschlossenem  und  gerautetem 
Flug.  Schild  halt  er:  2  Löwen;  Orden:  das  Vliess.  —  b.  1550.  Schild 
gleich     Oben  ein  Löwenkopf. 

31)  Wilhelm.  V.  1580.  Löwe  hält  den  gevierten  Schild:  1.4.  Löwe; 
2.  3.  Rauten. 

32)  Ferdinand  der  Grtinder  des  Geschlechtes  der  Wartenberger.  1590. 
Runder  mit  dem  Fürstenhut  bedeckter,  gevierter  Schild.  1.  4.  Löwen, 
2.  3.  Rauten.    Schildhalter:  2  Löwen. 


268  Primbs : 

33)  M  a  X  i  m  i  1  i  a  n  I.  a.  1606.  Ein  Löwe  hält  den  mit  dem  Fürstenhute  be- 
deckten, von  der  Kette  vom  Vliess  mngebenen  gevierten  Schild.  1.  4.  Kauten. 
2.  3.  Löwe.  —  b.  1628.  Von  Löwen  gehaltener,  von  der  Kette  vom  Vliess 
umgebener  gevierter  Schild  mit  dem  Reichsapfel  im  Mittelschilde.  Helme: 
wie  bei  Albrecht  IV. 

34)  Ferdinand  Maria.  1658.  Das  "Wappen  wie  bei  Max  Ut.  b,  doch  ohne 
die  Ordenskette. 

35)  Max  n.  E  m  a  n  u  e  1.  1680.  Ganz  gleiches  Wappen,  doch  ist  der  Flug  ge- 
schlossen und  zwischen  den  Helmen  ruht  auf  der  Cartouche  der  Fürstenhut. 

36)  Karl  AI  bre  cht.  1726  Runder,  mit  der  Kette  vom  VHess  umgebener, 
mit  dem  Fürstenhute  bedeckter  Schild,  geviert  mit  Mittelschild. 

37)  Max  lU.  Joseph.  Ganz  das  gleiche  Wappen,  doch  ohne  die  Ordenskette. 

38)  Friedrich  I.  von  Bayern -Landshut.  a.  1376.  Rautenschild.  Auf  dem 
Helm  zwischen  gerauteten  Büffelshömem  der  sitzende  Löwe.  —  b.  1372. 
Völlig  gleich,  doch  auf  dem  Helm  ein  Wappenmantel. 

39)  H  e  i  n  r  i  c  h  I V.  von  Bayern  Landshut,  der  Reiche,  a.  1422.  Grosses  Reiter- 
siegel: Schild  geviert.  1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten.  Helm:  Löwe  zwischen 
geschlossenem  gerauteten  Flug;  Panner  geviert  wie  der  Schild.  In  der 
Legende  die  Devise:  „WOLT  GOT".  —  b.  1448.  Rautenschild.  Helm:  Löwe 
zwischen  gerauteten  Büffelshörijern.  —  Nach  einer  Fürstenfelder  Urkunde 
von  1404  hätte  Heinrich  ein  <^  Siegel  geführt,  in  welchem  der  Löwe  auf 
dem  schräggestellten  Rautenschilde  sitzt ;  unter  den  Fürst«ifelder  Urkunden 
findet  sich  aber  keine  mit  diesem  Siegel.   Mon.  Boic.  Thl.  IX  Taf.  3  Nr.  16. 

40)  Ludwig  IX.  von  Bayem-Landshut,  der  Reiche,  a  1457.  Aeusserst  grosses 
Reitersiegel:  Brustschild  und  Panner  und  die  2  Schilde  auf  der  Decke  ge- 
viert: 1.  4.  Rauten,  2.  3.  Löwe;  Helm:  sitzender  Löwe  zwischen  ge- 
schlossenem und  gerautetem  Helme.  Zwischen  den  Füssen  des  Pferdes 
g^en  2  Knaben  mit  Stäben.  —  b.  14^7.  Tartschenschild  geviert.  Helm 
wie  bei  a.  Im  Siegelfelde  !|  -I.  —  c  1458.  Sehr  grosses  Reitersiegel. 
Schild  geviert:  1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten;  Helm:  Löwe  zwischen  ge- 
rauteten Büffelshömem,  auf  dem  Pferdskopf  ein  Helm  mit  dem  Bracken- 
kopf; auf  der  Decke  4  Schilde  mit  dem  Löwen.  —  d.  1477.  Schild  wie 
bei  a.,  Helm  ebenfalls;  auf  der  rechten  Seite  im  Siegelfelde  1477,  darüber* 

—  NB.  Gehört  zur  Pfalz. 

41)  Georg  von  Bayern-Landshut,  der  Reiche.  1490,  Schild  geviert:  1.  4.  Löwe, 
2.  ,3.  Rauten.    Helm:  Löwe  zwischen  geschlossenem  und  gerautetem  Flug. 

42)  Albert  I.  von  Straubing- Ho  11  and.  a.  1364.  Reitersiegel.  Armschild: 
die  Rauten.  Auf  der  Decke  fünf  Rautenschilde.  Panner:  Rauten.  Helm: 
sitzender  Greif.  —  b.  137 1 .  Grosses  Reitersiegel :  Im  gevierten  Panner  1.  4. 
die  Löwen  von  Holland,  2.  3.  Rauten.    Decke  fünf  Schilde  mit  Rauten.  — 

c.  1385.    Contrasiegel:    Rautenschild   auf   der  Bmst   des  Doppeladlers.— 

d.  Ge^ierter  Schild :  1.  4.  Rauten,  2.  3.  Löwe,  im  gerauteten  Siegelfelde  Löwen. 

43)  Johann  HI.  von  Straubing -Holland,  a.  1404.  Sehr  grosses  Reitersiegel. 
Schild  gerautet.  Panner  geviert:  Löwe,  Rauten.  Helm:  sitzender  Löwe 
zwischen  gerauteten  Büffelshörnem.    Auf  der  Decke  zwei  Schilde  mit  Rauten. 

—  b.  1419.    Schild  geviert:    2.  3.  die  holländischen  Löwen,    1.  4.  Rauten, 
Helm:  Federballen;  Schildhalter:  2  Greifen, 


Die  Entwicklung  des  Wittelsbachischen  Wappens.  269 

44)  Stephan  m.  von  Ingolstadt,  der  Knäufel.  a.  1399.  Rautenschild.  Hebn: 
Löwe  zwischen  gemuteten  Büffelshömern.  —  b.  1448.  Der  Rautenschild. 

45)  Ludwig  VII.  von  Ingolstadt,  der  Bärtige,  a.  1399.  Sitzende  Frau,  vor  ihr 
steht  der  gevierte  Schild :  1.  4.  Löwe ,  2.  3.  Rauten.  Auf  dem  Helm :  der 
Löwe  zwischen  offenem  und  gerautetem  Fluge.  —  b.  1426.  In  einem  Lorbeer- 
kranze der  gevierte  Schild:  1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten  —  c.  1434.  Eine  Frau 
hält  den  Helm  im  Arme,  auf  welchem  zwischen  geschlossenem  Fluge  der 
Löwe  sitzt,  und  stützt  sich  mit  dem  anderen  auf  den  gevierten  Schild: 
1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten. 

46)  Ludwig  Vin.  von  Ingolstadt,  der  Höckerige.  1427.  Schild  geviert: 
1.  4.  Löwe,  2.  3.  Rauten.     Im  Fusse  die  Graisbacher  Balken. 

NB.  Eine  vermehrte  Beschreibung  der  Siegel  folgt  später. 


XlII.  lieber  die  Memoration   in  päpstlichen  Urkunden. 

Von 
Dr.   J.   V.   Pflugk-Harttung, 
Privatdozent  in  Tübingen. 


Unter  Memoration  verstehe"  ich  die  „Gedächtnisserwähnung*^ 
eines  Verstorbenen.  In  Betreff  ihrer  hat  sich  mir  das  bereits  in 
den  diplomatisch-historischen  Forschungen  S.  239  ausgesprochene 
Ergebniss  bestätigt,  zunächst  für  päpstliche  Urkunden.  Bona 
memoria  und  dergl.  wird  hier  nur  bei  Verstorbenen  angewandt, 
ist  aber  für  diese  nicht  unbedingt  nothwendig,  am  wenigsten  für 
Laien,  nur  selten  fehlt  es  bei  Geistlichen  (z.  B.  Acta  I S.  141,  IT,  378). 
Demnach  darf  der  Mangel  einer  Memoration  nicht  ohne  Weiteres 
in  dem  Sinne  ausgelegt  werden,  als  handle  es  sich  noch  um  eine 
lebende  Person.  Steht  sie  einmal,  obgleich  der  Genannte  noch  lebt, 
so  ist  auf  einen  Irrthum  des  Schreibers  zu  schliessen. 

Ein  genaueres  Beachten  zeigt,  dass  die  Beiwörter  zu  memoria 
nicht  willkürlich  und  gleich  beliebt  gewesen  sind.  Halten  wir  uns 
an  die  900  Urkunden,  welche  die  ersten  zwei  Bände  der  Acta 
Pontificum  bringen,  so  finden  wir,  dass  am  häufigsten  vorkommt: 
bona  memoria,  ihm  zunächst  steht  memoria  felix  und  sancta,  schon 
seltener  ist  memoria  beata,  noch  seltener  memoria  illustris,  pia, 
apostolica,  celeber,  diva,  egregia,  nobilis,  reverenda,  recolenda,  vene- 
rabilis,  veneranda. 

Allein  für  die  Päpste  wird  verwendet  sancta,  felix,  beata  und 
apostolica,  letzteres  zumal  für  Gregor  VTI. ;  und  zwar  in  der  älteren 
Kanzlei,  etwa  bis  Innocenz  IL,  gewöhnlich  beata,  apostolica,  sancta, 
von  da  an  meistens  felix,  welches  jedoch  auch  schon  früher  vereinzelt 
vorkommt.  Nur  noch  selten  findet  sich  nach  Innocenz  II.  sancta 
und  beata,  apostolica  gar  nicht  mehr.  Memoria  pia  wird  für  Päpste 
und  Könige  verwendet.     Wird  eines  der  genannten  Wortein  anderer 


V.  Pflugk-Harttung:  Ueber  die  Memoration  in  päpstlichen  Urkunden.  271 

Weise  gebraucht,  so  walten  in  der  Regel  besondere  Umstände  ob, 
worüber  unten  des  Näheven.  Auf  den  Kreis  von  höheren  Geistlichen 
bis  zum  Erzbischofe  ist  venerabilis,  bis  zum  Bischöfe  hinab  ist 
reverenda  und  veneranda  beschränkt,  letzteres  findet  sich  einmal  bei 
dem  ersten  Abt  von  Valorabrosa  (II  S.  210),  offenbar  absichtlich. 
Das  eigentliche  Beiwort  für  Bischöfe  und  Erzbischöfe  ist  bona,  doch 
ist.es  nicht  so  fest  durchgebildet,  als  die  päpstlichen  Beiworte,  indem 
es  bisweilen  auch  Päpsten  und  Grafen  zugefügt  wird,  ferner 
einem  Magister  (161),  einem  Abte  (207),  Könige  (312)  und  Edel- 
manne  (277).  Recolenda  findet  sich  bei  Päpsten,  Königen  und 
Bischöfen.  Für  Bischof  Berward  von  Hildesheim  haben  wir  ein- 
mal celeber  in  der  Urkunde,  worin  er  heilig  gesprochen  wird  (360). 
Der  gewöhnliche  Zusatz  bei  höher  gestellton  Laien,  bei  Herzogen 
und  Königen,  ist  illustris,  für  Grafen  kommt  neben  bona  noch 
egregia  (auch  für  Herzöge  II  8.  311a)  und  nobilis  vor  (89,  211). 
Eür  einen  Kaiser  haben  wir  einmal  praeclara  (212),  Victor  II. 
braucht  bei  den  Eltern  Heinrichs  III.  aus  Courtoisie  einmal  diva 
memoria  (24). 

Statt  memoria  wird  zumal  seit  Calixt  II.  nicht  selten  recordatio 
gesetzt  und  zwar  scheint  es  als  gewählter  angesehen  zu  sein, 
wenigstens  kommt  es  besonders  für  Päpste  vor  und  zwar  mit  den 
gleichen  Beiworten  wie  memoria  (sancta,  beata,  felix),  während  man 
für  Bischöfe  gern  bona,  für  Grafen  illustris  setzt.  Bei  einem  Herzoge 
von  Burgund  heisst  es  einmal  am  Ende  des  12.  Jahrhunderts 
clarae  recordationis  (364),  bei  Kaiser  Heinrich  II.  piissimae  (II,  68). 
In  der  älteren  Zeit  verv^andte  man  mehr  sancta,  in  der  späteren, 
vor  allem  seit  Lucius  III.,  mehr  felix. 

Vereinzelt,  namentlich  in  der  noch  nicht  durchgebildeten 
Kanzlei,  kann  das  Gedächtnisswort  ganz  fehlen  und  nur  das  Ad- 
jectiv  bleiben,  also  felix  (34),  sanctus  (94),  sanctissimus  (40)  prae- 
decessor  (antecessor),  oder  gar  nur  beatus  Urbanus  (143),  beata 
Rictrudis  (188). 

Das  unfeierlichste  Beiwort,  die  blosse  Angabe  des  Verstorben- 
seins, ist  quondam  (z.  B.  143:  Erchenraudus,  quondam  Catalaun- 
ensis  episcopus).  Es  ist  namentlich  seit  Innocenz  II.  üblich,  und 
zwar  in  erster  Linie  für  Bischöfe,  Erzbischöfe  und  hochgestellte 
Laien.  Sonst  machte  man  gewöhnlich  einen  der  obigen  Zusätze, 
oder  man  liess  Alles,  bis  auf  Namen  und  Titel  weg,  was  selbst  bei 
Kaisern  und  Königen  vorkommt.     Jenes  quondam  kann   nun    aber 


272  V.  Pflugk-Harttung: 

auch  als  Erweiterung  der  eigentlichen  Andenkenerwähnung  mit 
zu  der  Titulatur  des  Verstorbenen  treten.  Es  geschieht  dies  am 
häufigsten  bei  Bischöfen  und  Erzbischöfen,  denen  ein  bona  memoria 
beigefügt  worden,  seltener  bei  Laien  (z.  B.  320),  nie  bei  Päpsten  i); 
man  wollte  bei  diesen  wohl  nicht  das  Vergängliche,  Gewesene,  dar- 
thun,  was  im  quondam  liegt.  Ausser  bei  bona  memoria  kommt 
der  Zusatz  noch  vereinzelt  in  Anwendung  bei  praeclara  (212), 
beata  (362),  illustris  (II  354)  und  celeber  memoria  (360).  Eine 
Andenkenerwähnung  dieser  Art  lautet  dann  z.'  B.  bone  memorie 
Bernhardus,  quondam  Hildesemensis  episcopus.  Sie  ist  mehr 
der  durchgebildeten  Kanzlei  eigen,  zumal  dem  letzten  Drittel  des 
12.  Jahrhunderts. 

Die  zuletzt  beregte  Art  der  Memoration  darf  wohl  als  die 
grosse  bezeichnet  werden,  die  blos  aus  quondam  bestehende  als 
die  kleine,  die  aus  Gedächtnisswort  und  Adjectiv  zusammengesetzte 
als  feierliche,  die  nur  durch  letzteres  gebildete  als  unfeier- 
liche. 

Werden  Verstorbene  verschiedenen  Ranges  neben  einander 
genannt,  so  erhalten  sie  verschiedene  Bei  werte,  gleiche  dagegen 
gleiche.  Die  räumliche  Entfernung,  bis  zu  der  sich  diese  Regel 
erstreckt,  ist  verschieden,  z.  B.  haben  wir  S.  233  in  einem  mittel- 
grossen Zwischenräume  einen  Bischof  von  Paris  mit  bona  memoria, 
einen  andern  blos  mit  quondam.  Die  Anwendung  der  verschiedenen 
Beiworte  beruht  theils  darauf,  dass  verschiedene  Stände  und  Würden- 
träger schon  au  und  für  sich  verschiedene  Beiworte  erhielten, 
so  z.  B.,  wenn  S.  250  ein  Papst  mit  sancta  memoria  neben  einem 
Bischöfe  mit  bona  memoria  steht,  oder  vielleicht  auch  S.  373,  wo 
wir  einen  Kaiser  ohne  Zusatz,  einen  Bischof  mit  bona  memoria 
finden.  Anders  aber  liegt  der  Fall,  wenn  S.  207  ein  Bischof  mit 
bona  memoria  zu  einem  Erzbischofe  mit  recolenda  memoria  tritt, 
oder  n  S.  236,  ein  Bischof  mit  pia  memoria  zu  einem  Erzbischofe  mit 
bona  recordatio,  oder  II  S.  389,  ein  Magister  mit  pia  recordatio  zu, 
einem  Papste  mit  felix  memoria.  Hierhin  gehören  auch  sonst  die 
oben  berührten  Unregelmässigkeiten  mit  felix.  In  der  früheren 
Zeit  zeigt  sich  nämlich  dieses  Wort,  sobald  verschiedene  Würden- 
träger zusammentreffen,  als   nocb  nicht  fest  an  päpstlichen  Namen 


*)  Acta  II  S.  137    wird    quondam    nicht    zu   predecessore«,    sondern  zu 
id  censuisse  gehören. 


lieber  die  Momoration  in  päpstlichen  Urkunden.  273 

haftend,  wesswegen  S.  97  neben  einem  Papste  mit  beata  memoria 
ein  Erzbischof  mit  felix,  S.  176  neben  einem  Papste  mit  sancta  gar 
ein  Abt  mit  felix  memoria  vorkommt. 

Wie  wichtig  alle  diese  Fragen  bei  Entscheidungen  über  Edit- 
heit  und  Fälschung  einer  Urkunde  werden  können,  liegt  auf  der 
Hand;  so  z.  B.  ergiebt  sich  schon  aus  dem  felix  et  veneranda  me- 
moria n  S.  135  die  Verunechtung  des  Schrifstückes.  Vielleicht 
findet  sich  Jemand  veranlasst,  ihnen  eingehendere  Aufmerksamkeit 
zuzuwenden. 


Archlvalische  Zcitschiift  VIII.  18 


XIV.  Einrichtung  von  Archiven. 

Vom  Herausgeber. 
(Fortsetzung.) 

VIII.  Urkundenverwahrung. 

3.  Bücherweise. 

Wo  grosse  TJrkundenmengen  vorhanden  sind,  kann  man  keinen 
Augenblick  darüber  zweifelhaft  sein,  dass  die  Stücke  in  den 
Falten  und  Brüchen  und  so  zusammengelegt  zu  lassen  sind,  wie  sie 
von  Alters  her  überliefert  worden :  dann  aber  ergiebt  sich  von  selbst 
die  in  Deutschland  nergebrachte  Einhüllungsweise.  Da  aber  das 
Vorbild  für  Urkundenverwahrung  stets  eine  handliche  Bibliothek 
bleibt,  dergestalt  dass  man  ebenso  leicht  wie  ein  Buch  eine 
Urkunde  finden,  herausnehmen  und  wieder  an  ihren  Platz  thun 
könne,  so  empfehlen  sich,  wo  die  Hüllen  weise  einmal  besteht, 
jedenfalls  folgende  Massregeln  in  vorzüglicher  Weise: 

1)  Jede  Urkunde  erhält  einen  Umschlag  von  härterem  Papier, 
am  besten  von  leichtem  weissgrauen  Pappendeckel.  Das  Siegel 
wird  sorgfältig  in  den  Umschlag  eingelegt,  die  Urkunde  aber  voll- 
ständig von  diesem  umgeben.  Jede  Urkunde  bleibt  dann  für  sich  allein. 

2)  Die  Umschläge  werden  von  ganz  gleichem  Format  gebildet, 
und  zwar  in  zwei,  höchstens  drei  Grössen,  einem  Haupt-  und  einem 
Nebenformat.  Das  Hauptformat  ist  dasjenige,  zu  welchem  die  Mittel- 
grösse der  vorhandenen  Urkunden  das  Mass  giebt. 

Weitaus  die  grösste  Menge  der  Urkunden  wird  in  dieses 
Mittelformat  hinein  passen ,  wobei  nichts  darauf  ankommt,  ob  sie 
kleiner  sind.  Urkunden,  welche  sich  weiter  ausbreiten,  gehören  in 
grösserer  Menge  nur  den  vier  letzten  Jahrhunderten  an  und  lassen 
sich  jedenfalls  in  zwei  Formaten  unterbringen,  einem  örossquartformat 
und  einem  Folioformat;  bei  jeder  Gruppe  werden  ihrer  verhältnissmässig 


Einrichtung  von  Archiven.  275 

stets  nur  wenige  sein.  Jene  kleinen  archivalischen  Ungeheuer  des 
fünfzehnten  Jahrhunderts,  die  Bündnissbriefe  mit  dreissig  oder 
fünfzig  oder  hundert  und  mehr  anhängenden  Siegeln,  die  rechten 
Vertreter  der  Zeit  der  Kleinherren  und  Fehden,  erfordern  ohnehin 
ihre  besonderen  Hüllen. 

3)  Die  Urkunden  werden  in  ihren  Umschlägen  nicht  gelagert, 
sondern  in  ihrer  Reihenfolge  hinter  oder  neben  einander  aufgestellt, 
so  dass  sie  aufrecht  stehen,  jedoch  lose  genug  an  einander  gereihet, 
dass  keine  die  andere  drücken  kann.  Die  Sammlung  wird  eben 
dadurch  einer  Bibliothek  ähnlich,  in  welcher  jede  Urkunde  gleichsam 
einen  Band  vertritt,  den  man  bei  dem  ersten  Griff  herausheben  oder 
wieder  einschieben  kann.  Die  grösseren  Formate  aber  werden  in 
tiefer  angebrachten  Läden  oder  Schichten  untergebracht,  und  wo  sie 
in  den  Hauptreihen  fehlen,  an  Ort  und  Stelle  eine  Pappendeckel- 
hülle mit  einem  Hinweisblatt  oder  einer  das  Fehlen  erklärenden 
Aufschrift  eingesetzt. 

4)  Es  erleichtert  die  Uebersicht  und  Ordnung,  wenn  die 
Gruppen  und  Serien  oder  auch  die  Jahrhunderte  durch  verschiedene 
Farben  des  Umschlagpapiers  oder  durch  in  die  Augen  fallende 
Einsätze  von  Pappendeckel  markirt  werden. 

5)  Auf  der  Aussenseite  der  Umschläge  wird  wenigstens  Fol- 
gendes aufgeschrieben  oder  durch  einen  aufgeklebten  Zettel  ver- 
merkt: die  laufende  Nummer,  das  Datum,  und  das  Schlagwort, 
welches  Zweck  und  Inhalt  der  Urkunde  bezeichnet,  sei  es  vom  Orte 
oder  den  Personen  oder  der  Sache  hergenommen. 

Wie  nun  nach  vorgedachtem  System,  —  das  meines  Wissens 
zuerst  von  dem  Deutschordensarchivar  Dudik,  jetzigem  mährischen 
Landesarchivdirektor ,  angewendet  und  von  seinem  Nachfolger  in 
Wien,  Nedopihl,  vervollkommnet  wurde,  —  die  Einrichtungen  im 
Einzelnen  zu  treffen,  darüber  sind  zwei  Archivbeschreibungen  ver- 
öffentlicht, auf  welche  hier  wohl  einfaöh  darf  verwiesen  werden. 

Die  eine  ist  vom  Oberarchivar  Dr.  Burkhardt  in  Weimar  in 
der  Archivalischen  Zeitschrift  i)  gegeben,  veranschaulicht  durch  eine 
Zeichnung,  und  wurde  das  Wesentlichste  auch  schon  früher  erläutert 
in  V.  Sybel's  Historischer  Zeitschrift  2)  durch  die  Abhandlung  „Ueber 
Ordnung  und  Einrichtung  der  Archive"  vom  Universitätsprofessor 
und  Archivar  K.  Menzel.    Die  andere   Schrift  erschien  selbständig 

»)  I  207-208       «j  XXII  225-25(;. 

.     18* 


276  Löher; 

vom  steyermärkischen  Landesarchivar  Professor  Dr.  v.  Zahn,  und 
führt  den  Titel:  „üeber  die  Ordnung  der  Urkunden  am  Archive  des 
steiermärkischen  landschaftlichen  Joanneums  in  Graz.  Als  Mittheilung 
an  Freunde  des  Archiv-Wesens,"  ^)  —  in  der  Archivalischen  Zeit- 
schrift 2)  kurz  besprochen. 

Nach  dem  Weimarer  System  werden  die  zweiflügligen  Urkunden- 
schreine ganz  gleich  konstruirt*  In  jedem  befindet  sich  die  ganz 
gleiche  Zahl  von  leicht  beweglichen  Zug-  oder  Schiebfächem ,  die 
in  Falsen  laufen  und'der  Luft  reichlich  Zutritt  lassen.  Die  Urkunden 
gewöhnlicher  Grösse  stehen  in  chronologischer  Folge  hinter,  und  ihre 
dadurch  entstehenden  Reihen  neben  einander.  Jede  Urkunde  hat 
einen  Umschlag  mit  Signatur,  und  zwar  sind  sämmtliche  Urkunden 
je  nach  ihrer  Grösse  in  drei  verschiedenen  Formaten  untergebracht. 
Im  Landesarchiv  zu  Graz,  dessen  Einrichtung  das  Admonter  Stifts- 
archiv möglichst  nachahmte,  ist  das  System  fein  durchgebildet.  Die 
leicht  beweglichen  Urkundenkisten  stehen  in  Schränken,  jede  Kiste 
enthält  2  Abtheilungen,  jede  Abtheilung  4  Fächer,  jedes  Fach  hat 
25  Urkunden.  Bei  dieser  gleichmässigen  Vertheilung  lässt  sich  jede 
Urkunde,  sobald  man  Jahr  und  Datum  hat,  sofort  herausfinden, 
selbst  ohne  das  laufende  Verzeichniss  der  Hauptnummern  zur  Hand 
nehmen  zu  müssen. 

4.   Bündelweise. 

Nun  ist  auch  des  Faszikelsystems  zu  denken,  welches  in  den 
meisten  Archiven  von  alter  Herkunft,  insbesondere  auch  in  den 
bayerischen,  hergebracht  ist.  Sämmtliche  Urkunden,  geordnet  in 
ihren  Gruppen  je  nach  der  chronologischen  Reihenfolge,  sind  in 
Bündel  (Faszikel)  vertheilt.  In  dem  einen  liegen  zwei,  im  andern 
fünf,  im  dritten  zehn  und  mehr  Urkunden.  Die  Faszikel  werden 
mit  Bindfaden  umschnürt,  und  zeigen  von  aussen  mehr  oder  weniger 
genau,  sei  es  durch  Aufschrift  oder  durch  aufgebundene  Papier- 
blätter, Gruppe  und  Lagerort  an.  Meist  besagt  die  Aufschrift  des 
Bündels  auch  die  Jahreszahlen  der  Urkunden,  die  darin  einge- 
hüllt sind. 

Diese  Art  und  Weise  hat  das  Gute,  dass  sie  die  Urkunden 
vor  Staub  bewahrt,  und  die  Siegel,  wenn  sie  sorgfaltig  eingelegt 
sind,  vor  Beschädigung.     Sie  ist  wenigstens  der  erste  entschiedene 


*)  Graz  18G7,  Linscher  und  Lubonzky. 
«)  I  320-321. 


Einrichtung  von  Archiven.  277 

Schritt  zu  sorgfaltigerer  Bewahrung  der  alten  Pergamente,  die  man 
mitunter  noch  in  Kisten  und  Kasten  wild  durcheinander  liegen 
sieht,  selbst  in  berühmten  Staats-  und  Stadtarchiven. 

Allein  von  den  vorgedachten  Aufbewahrungsarten  ist  diese 
bündelweise  doch  weitaus  die  schlechteste.  Urkunden  und  Siegel 
modern,  wenn  mehrere  zusammen  in  den  Faszikeln  eingeschlossen 
sind,  viel  leichter,  als  wenn  sie  der  Luft  besser  ausgesetzt  werden. 
Fängt  im  Bündel  bei  der  einen  Urkunde  das  Verderben  an,  so 
theilt  es  sich  leicht  andern  darin  mit.  Und  da  es  in  grossen 
Archiven  vorkommt,  dass  einzelne  Faszikel  ein  Jahrzehnt,  ja  ein 
Menschenalter  lang  nicht  benützt  werden ,  so  ist  jene  Gefahr  noch 
grösser.  Der  zweite  Uebelstand  besteht  darin,  dass  die  Bündel, 
wenn  sie  im  Kasten  neben  einander  liegen,  sich  leicht  unter  ein- 
ander schieben  und  sich  gegenseitig  drücken,  wenn  sie  nicht  be- 
hutsam gelegt  sind,  und  die  Schieblade  einmal  rasch  zugeschoben 
wird.  Unter  dem  Zusammenpacken  ferner  und  bei  dem  Einschnüren 
mehrerer  Dokumente  zu  einem  Bündel  leiden  gar  öfter  die  Siegel.  Die 
geringste  Sorglosigkeit  dabei  hinterlässt  üble  Folgen.  Wie  viel  schöne 
Zeit  endlich  geht  mit  dem  Heraussuchen  der  Urkunden  aus  so  vielen 
Tausenden  von  Faszikeln  und  ihrem  Aufbinden  und  Wiederzubinden 
verloren!  Es  ist  das  keineswegs  immer  eine  saubere  Arbeit,  und 
hat  man  viele  neu  hinzugekommene  Stücke  in  die  Gruppen  und 
Serien  einzutheilen,  so  ist  des  Oeffnens  und  Schliessens  der  Bündel 
und  des  Ordnens  ihres  Inhaltes  kein  Ende. 

Allein,  wo  einmal  —  wie  im  Reichsarchiv  zu  München  —  fast 
Himderttausend  solcher  Urkundenfaszikel  überliefert  sind,  was  bleibt 
da  übrig,  als  einstweilen  noch  dabei  zu  beharren?  In  so  grossen 
Archiven  giebt  es  noch  für  lange  Jahre  drängendere  Arbeiten.  Nur 
allmählich  lässt  sich  Gruppe  für  Gruppe  in  einen  besseren  Zustand 
bringen.  Man  wird  sich  Glück  wünschen,  wenn  die  Urkunden 
wenigstens  der  geschichtlich  werthvollsten  oder  der  am  meisten 
benützten  Gruppen  in  lauter  einzelne  Stücke  aufgelöst  und  diese 
bücherweiso  hinter  oder  neben  einander  in  Reihen  gestellt  sind. 
Im  Uebrigen  muss  man  sich  begnügen,  regelmässig  in  den  Sommer- 
monaten eine  Urkundenreinigung  Statt  finden  zu  lassen,  welche 
nach  und  nach  durch  das  ganze  Archiv  führt.  Jeder  Faszikel 
muss  dabei  aufgebunden,  sein  Inhalt  genau  untersucht,  von  ge- 
schickten Händen  sauber  geputzt,  jedes  Siegelbröckchen  wieder 
festgeklebt   werden.    Von   verbleichenden  Schriftzügen   aber   musg 


278  Löhcr: 

sogleich  beglaubigte  Kopie  genommen  werden.  Diese  gründliche 
Durchsicht  und  Reinigung  wird  jedes  Jahr  höchstens  ein  paar  Säle 
umfassen,  und  ist  man  mit  dem  letzten  Saal  fertig  geworden,  muss 
man  im  ersten  wieder  anfangen. 

5.  Andere  Weisen  von  Urkundenverwahrung. 

Wollte  man  ehemals  ein  schönes  ürkundenarchiv  herstellen,  so 
wurde  an  den  Wänden  des  Saals  oder  Gewölbes  ein  Gestell-  und 
Fächerwerk  von  dicken  Brettern  errichtet,  iü  welchem  oben  und 
unten  Reihen  von  Schiebladen  Platz  fanden.  Diese  Läden  waren 
gewöhnlich  lang  und  tief,  und  eher  schmal  als  breit.  In  jeder  lag 
eine  Anzahl  Urkunden,  und  sollte  etwas  Vorzügliches  hergestellt 
werden,  so  wurden  die  Urkunden  auf  dem  Rücken,  sowie  das  Vorder- 
brett der  Läden  aussen,  mit  fortlaufenden  Buchstaben  und  Zahlen 
bezeichnet,  dass  man  wusste,  in  welche  Schieblade  eine  jede  Urkunde 
gehöre.  Diese  Aufbewahrungsweise  dauertnoch  in  einigen  deutschen 
Archiven  fort,  selbst  in  grossen  reichen  Städten,  wo  man  solche 
Verwahrlosung  weder  den  Gemeinde-  noch  den  Archiv- Vorständen 
zutrauen  sollte.  Denn  eine  Verwahrlosung  ist  es:  in  den  Schieb- 
laden liegen  die  Urkunden  in  ihren  alten  Fältelungen  und  Brüchen 
gross  und  klein  durcheinander.  Die  Entziehung  der  Luft  schadet 
ihnen  empfindlich.  Die  losen  Siegel  hängen  sich  mit  ihren  Schnüren 
oder  Bändern  in  andere  Urkunden  und  Siegel  ein.  Das  Hervor- 
suchen eines  Stückes  nimmt,  selbst  wenn  das  Repertorium  genau 
und  vollständig,  Zeit  und  Mühe  in  Anspruch,  und  man  muss  schon 
behutsam  dabei  und  bei  dem  Wiedereinlegen  zu  Werke  gehen,  wenn 
die  Siegel  nicht  anstossen  und  leiden  sollen. 

Noch  verwerflicher  ist  es,  die  Urkunden  den  Akten  beizugeben, 
indem  man  sie  entweder  zwischen  deren  Blätter  einlegt  oder  ein- 
heftet, oder  auch,  wenn  ihrer  mehrere  sind,  in  einem  Pack,  gewöhnlich 
gemeinsam  von  dürftigem  Papier  umhüllt,  in  die  Aktenfacher  ein- 
fach einschiebt.  Wie  schädlich  diese  Aufbewahrungsweise,  wurde 
bereits  oben  auseinander  gesetzt, ^)  gleichwohl  stösst  mau  noch  auf 
grosse  Reste  davon  in  alten  Archiven. 

Es  giebt  nun  in  den  europäischen  Ländern  noch  manche  ver- 
schiedene Einrichtungen,   um   die  Urkunden    zu   sammeln   und  zu 


0  Archival.  Zeitschr.  VII  13— U. 


Einrichtung  von  Archiven.  279 

verwahren.  Dass  aber  irgend  eine,  die  ausserhalb  Deutschlands  im 
Gebrauche  ist,  den  Vorzug  verdiene,  will  durchaus  nicht  ein- 
leuchten. 

Die  schlechteste  Weise  ist  wohl  das  in  einigen  Archiven 
Frankreichs  und  Italiens  hergebrachte  Zusammenbinden  von  Ur- 
kunden. Man  heftet  sie  lose  aneinander,  oder  bindet  sie  gar  in 
Bände  ein.  Das  mag  wohl  bequem  erscheinen,  um  ein  Stück  bald 
zu  finden,  —  jedoch  abgesehen  davon,  wie  schwer  alsdann  eine 
Urkunde  zum  Lesen  und  Kopiren  zu  handhaben,  so  ist  leicht  ein- 
zusehen, dass  bei  solcher  Methode  das  Zerbröckeln  und  Abbrechen 
von  Siegelstücken,  sowie  das  Zerreissen  der  Urkunden  öfter  kaum 
zu  vermeiden  ist,  und  dass  die  eingepresste  Schrift  der  Urkunden 
gar  leicht  Gefahr  läuft,  undeutlich  zu  werden. 

Das  sonderbare  Rollenwesen  der  Engländer  und  seine  grossen 
Unbequemlichkeiten  und  sonstigen  Missstände  sind  in  der  Archi- 
valischen  Zeitschrift  *)  bereits  von  geistreicher  Feder  geschildert. 
Das  Festhalten  an  solchen  Wunderlichkeiten  lässt  sich  nur  aus  der 
angebomen  Unbehülflichkeit  der  Engländer  einer-  und  ihrer  grossen 
Achtung  vor  ehrwürdigen  alten  Gebräuchen  andererseits  erklären- 
Wie  schwer  aber  die  Urkimden  unter  dem  Rollenwickeln  und  in 
der  feuchten  und  mit  Kohlendunst  dichtgeschwängerten  Londoner 
Luft  leiden,  verräth  uns  kein  englischer  Archivar. 

Verwandt  mit  den  Gitterkäfigen  und  der  RoUennoth  der  Eng- 
länder ist  die  Florentiner  Weise  im  so  schönen,  so  reichen  Archiv 
der  Uffizien.  Etwa  140,000  Pergamenturkunden  liegen  dort  blos  als 
Rollen  und  Röllchen  ohne  irgend  sonstige  Umhüllung.  Die  Fächer, 
welche  die  Urkunden  enthalten,  verbreiten  sich  durch  fünf  grosse 
Säle.  Die  ganz  grossen  Stücke  werden  abgesondert  aufbewahrt. 
Die  chronologische  Ordnung  ist  durchgeführt;  noch  nicht  einge- 
theilt  in  die  langen  Reihen  waren  vor  zwei  Jahren  nur  etwa  noch 
drei-  bis  viertausend  Urkunden;  vorhanden  ist  ein  Index  nach 
Fächern,  ein  anderer  nach  chronologischer  Folge,  ein  dritter  je 
nach  den  zahlreichen  verschiedenen  Orten  und  Stellen,  woher  die 
Urkunden  kamen.  Gleichwohl  hat  man  öfter  seine  Noth,  die  ver- 
langte Urkunde  herauszufinden :  es  ist  ja  unausbleiblich ,  dass  die 
Menge  der  Rollen  und  Röllchen  in  den  2805  Casellen  oder  Fächeni 
durcheinander  rollt. 


>)  m  236—238. 


280  Löher: 

6.   Urkundenschreine. 

Wiederholt  muss  betont  werden,  wie  das  ganze  Trlcunden- 
archiv  dergestalt  einzurichten,  dass  es  in  Fällen  der  Gefahr  sich 
leicht  wegschaffen  lässt.  Das  könnte  wohl  bei  manchen  der  zuvor 
geschilderten  Systeme  seine  Schwierigkeit  haben,  sobald  sie  auf 
grosse  Archive  angewandt  werden,  auf  Archive,  die  gegen  70,000 
Original -Urkunden  und  mehr  umfassen,  während  das  Weimarer, 
Grazer,  Admonter  und  Deutschordens-Archiv  kaum  ein  Fünftel  dieser 
Zahl  besitzen.  Es  wird  nämlich  in  der  Eile  nicht  immer  möglich 
sein,  sämmtliche  Zugkästen  oder  Schiebladen  herauszuziehen  und 
fortzutragen,  und  wo  immer  man  sie  bergen  mag,  darf  man  sie 
am  Zufluchtsorte  doch  nicht  offen  stehen  lassen,  selbst  wenn  das 
Lokal  verschlossen  ist.  Ein  Archiv  soll  aber  bei  Flüchtung  fort- 
während in  solcher  Ordnung  und  Sicherheit  bleiben,  dass  nach  der 
Rückkehr  weder  Wirrniss  noch  Verlust  zu  beklagen.  Ist  es  mm 
in  grossen  Schränken  untergebracht,  so  würde  nicht  viel  gewonnen 
sein,  wenn  man  sie  auf  Rollen  stellte  und  auf  Schienen  zum  Aus- 
gang fortschieben  könnte.  Denn  abgesehen  davon,  dass  solche 
Schränke  stets  nur  im  Erdgeschosse  dürften  Platz  finden,  so  würden 
sie,  glücklich  auf  der  Strasse  angekommen,  sich  doch  kaum  verladen 
und  fortführen  lassen,  ohne  dass  unter  der  Wucht  des  Inhalts  — 
denn  Pergament  ist  schwer  —  irgend  Gebrechen  entständen. 

Also  das  System  grosser  Schränke,  einerlei,  ob  sie  lose  stehen 
oder  an  der  Wand  befestigt  sind,  ist  ganz  zu  verlassen.  Räthlich 
erscheinen  nur  solche  Urkunden  schreine,  die  tragbar  und  gut  ver- 
schliessbar  sind.  Man  lässt  sie  am  füglichsten  von  gleicher  Grösse 
machen,  damit  sie  sich  einfach  in  der  Weise  zusammenstellen  lassen 
dass  ihre  oberen  Decken  fortlaufende  Tafeln  bilden. 

Das  im  Reichsarchiv  zu  München  durchgeführte  System,  wie 
es  früher  in  der  Archivalischen  Zeitschrift  i)  geschildert  worden, 
scheint  dem  im  Wiener  Haus-  Hof-  und  Staatsarchiv  vorhandenen 
nachgebildet,  jedoch  mit  wesentlichen  Verbesserungen.  Ihrer  bedarf 
jedoch  auch  die  Münchener  Einrichtung  noch  mehrfach.  Nach 
Durchführung  solcher  Veränderungen  würde  sie  sich  etwa  dar- 
stellen, wie  folgt: 

1)  Die  Schreine  sind  etwas  über  einen  halben  Meter  hoch 
und  breit,  die  Tiefe  kann  grösser  sein,  von  60  bis  75  Centimeter. 

')  I  129. 


Einrichtung  von  Archiven.  281 

Einer  steht  immer  auf  dem  andern.  An  der  äussern  Seite  jeden 
Schreines  befindet  sich  ein  beweglicher  eiserner  Henkel,  der  bei 
Zusammenschieben  der  Schreine  nieder-  und  in  eine  angepasste 
Vertiefung  in  die  Bretterwand  eingelassen  wird,  so  dass  sich  die 
Schreine  dicht  an  einander  fügen  lassen. 

2)  Jeder  Schrein  hat  drei  oder  vier  Schiebladen  von  ange- 
messener Höhe,  Breite,  und  Tiefe,  die  auf  Leisten  laufen.  In  jeder 
Schieblade  findet  sich  vorn  an  beiden  Seiten  ein  breiter  Ausschnitt, 
in  welchen  sich  bequem  hineinfassen  lässt.  Dieser  halbrunde  Ausschnitt 
dient  einerseits  als  Handhabe  bei  Ausziehen  und  Einschieben  der 
Lade,  andererseits  öffnet  er  der  Luft  freien  Zugang.  Ein  von  selbst 
einfallender  Holzfalz  verhindert,  dass  die  Schieblade  etwa  zu  weit 
herausgezogen  wird  und  niedersinkt.  Bei  dem  Zurückschieben  der 
Lade  geht  auch  dieser  Falz  von  selbst  wieder  in  die  Höhe. 

3)  In  den  Schiebladen  stehen  die  Urkunden  in  Reihen  hinter- 
einander. Damit  sich  die  Reihen  nicht  verschieben,  können  zwischen 
denselben  niedrige  Leistchen  angebracht  werden.  Jedoch  darf  der 
Zwischenraum  zwischen  ihnen  nicht  zu  enge  sein,  damit  die  Ur- 
kunden nicht  irgendwo  gedrückt  werden. 

4)  Die  Schreine  sind  versehen  mit  verschliessbaren  Flügel thüren, 
deren  Schloss  in  der  Mitte  nach  beiden  Seiten  hin  einen  Innern 
Riegel  bewegt,  welcher  bei  dem  Zuschliessen  in  die  Seitenwände  des 
Schreines  einfasst.  Jeder  Schrein  hat  zwar  seinen  eigenen  Schlüssel, 
jedoch  sind  die  Schlüssel  überall  dieselben,  damit  in  der  Eile,  wenn 
mehrere  verschiedene  Schlüssel  da  wären,  nicht  die  richtigen  mit 
unrichtigen  können  verwechselt  werden.  Nur  ein  paar  Schreine 
mit  kostbarstem  Inhalt  haben  ihre  besondern  Schlüssel. 

5)  Auf  zwei  Stellen  der  Thür,  sowie  gegenüber  an  der  Hinter- 
wand des  Schreines  ist  ein  kreisrundes  Loch  ausgeschnitten.  Der 
Kasten  hat  alsdann  vier  Oeffnungen.  Da  die  Schreinthüren ,  um 
Staub  abzuhalten,  in  der  Regel  verschlossen  sind,  so  dienen  die 
vier  Rundlöcher  dazu,  um  Luft  durch  den  Kasten  ziehen  zu  lassen. 
Um  aber  zu  verhindern,  dass  Insekten  und  Staub  durch  die  vier 
Löcher  eindringen,  sind  dieselben  von  der  Innern  Seite  durch  ein 
feines  Gitter  zu  verschliessen. 

Man  kann  nun  je  nach  Bedürfniss  und  Grösse  der  Archivsäle  ent- 
weder die  Schreine  immer  einen  über  einen  zweiten,  und  dann  neben 
einander,  —  oder  ausserdem  auch  je  vier  gegen  einander  stellen.  Die 
obern  Decken  der  Schreine  bilden  dann,  wie  erwähnt,  Tafeln,  um 


282  Löher: 

bei  der  Arbeit  darauf  schreiben  und  Urkunden  und  Akten  entfaltet 
uud  aufgeschlagen  ausbreiten  zu  können. 

Im  Münchener  Keichsarchiv  hat  man,  —  um  die  bei  Zusammen- 
stellen der  Urkundenschreine  zwischen  ihnen  entstehenden  Lücken 
zu  verdecken,  —  die  Schreine  in  ein  Gerüst  (Budel)  hineingesteUt, 
welches  unten  mit  seinem  Boden  auf  dem  Fussboden  aufliegt  und 
oben  von  einer  langen  und  breiten  Tafel  bedeckt  ist,  während  die 
Seitenlücken,  die  von  einem  Schrein  zum  andern  sowie  an  den 
Ecken  des  Gerüstes  sich  öffnen,  durch  eingesetzte  Leisten  verdeckt 
werden.  Letztere  aber  lassen  sich  drehen,  so  dass  es  möglich  ist,  an 
eisernen  Ringen,  die  zu  beiden  Seiten  an  den  Schreinen  befestigt 
sind,  diese  mittels  eiserner  Haken  aus  dem  Gerüste  hervor- 
zuziehen. Das  Ganze  erhält  dadurch  ein  gefalliges  und  würdiges 
Aussehen,  und  ist  sehr  bequem,  um  auf  den  Urkundenschreinen 
selbst,  welche  mitten  den  Saal  entlang  laufen,  während  die  ver- 
wandten Akten  und  Kodizes  zur  Seite  an  den  Wänden  stehen, 
Nachforschungen  anzustellen  und  das  gesammte  archivalische  Material 
dabei  vor  sich  hinzulegen.  Auch  ist  es  von  Nutzen,  dass  die 
ürkundenschroine,  weil  man  sie  in  dem  Gerüste  nicht  so  nahe  an 
einander  stellt,  überall  von  einer  breiten  Luftsäule  umgeben  sind. 
Allein  die  Schreine  selbst  sind  im  Münchener  Reichsarchiv  viel  zu 
gross  und  unbehülflich,  und,  wenn  dicht  mit  lastenden  Pergamenten 
gefüllt,  nur  mit  grosser  Kraftanstrengung  von  ein  paar  Männern  zu 
tragen  und  noch  schwieriger  aus  den  Gerüsten  oder  Budein  heraus- 
zuziehen. Schon  die  Arbeit  des  Hervorziehens  hindert  das  rasche 
Fortschaffen,  wenn  Gefahr  droht 

Will  man  also  diese  Einrichtung  des  Nutzens  und  des  schönen 
Aussehens  wegen  nachahmen,  so  muss  sie  handlicher  gemacht  werden. 
Es  müssen  also 

1)  die  Urkundenschreine  kleiner, 

2)  die  eisernen  Handhaben  zum  Tragen  möglichst  breit  sein, 
um  nöthigenfalls  mit  zwei  Händen  einfassen  zu  können; 

3)  Haken  und  Ringe  zum  Hervorziehen  sind  zu  ersetzen  durch 
einen  grösseren  Ring,  der  in  senkrechter  Stellung  vorn  an  einem  kleinen 
Eisenstabo  zu  den  Seiten  des  Schreins  in  der  Art  befestigt  wird, 
dass  er  sich  leicht  hervorziehen  und  zurückschieben  lässt. 

4)  Es  empfiehlt  sich,  die  untere  Bretterlage  des  Gerüstes  — 
statt  dicht  auf  den  Boden  —  auf  durchgehende  Latten  zu  setzen, 
damit  auch  von  unten  Luft  durchstreiche. 


Einrichtung  von  Archiven.  283 

5)  Die  Urkundenschreine  aber  kann  man,  um  die  Reibung  bei 
dem  Herausziehen  aus  dem  Budel  sowie  bei  dem  Wiederhinein- 
schieben zu  verringern,  sich  bewegen  lassen  auf  schmalen  Leisten, 
von  denen  drei  oben  auf  dem  untern  Kasten,  und  die  drei  andern 
auf  dem  Boden  des  Gerüstes  anzubringen.  Jedoch  erscheint 
dies  nicht  als  besonders  nöthig,  da  ohnehin  zu  hoffen  steht,  dass 
nur  höchst  selten  die  Urkundenschreine  müssen  mobil  gemacht 
werden. 

IX.  Verwahrung  von  Plänen  Karten  und  Grundrissen. 

Da  es  nicht  rathsam,  Blätter  dieser  Art  zwischen  den  Akten 
oder  auf  den  Gestellen  liegen  oder  aufgerollt  in  den  Ecken  stehen 
zu  lassen,  ihre  Grösse  vielmehr  sowie  ihre  Bestimmung,  da  sie  ge- 
wöhnlich zur  Erläuterung  des  Inhalts  von  mehreren  verschiedenen 
Akten  und  Urkunden  dienen,  sie  als  eigenartige  Archivstücke  kenn- 
zeichnet, so  liegt  es  nahe,  Grundrisse  Bauzeichnungen  Forstkarten 
Landkarten  und  dergleichen  zu  einer  Sammlung  zu  vereinigen. 

Nichts  ist  lästiger  bei  der  Nachsuche,  nichts  gefiihrlicher  für 
die  Blätter  selbst,  als  wenn  sie  ausgebreitet  übereinander  liegen 
oder  ohne  Hülle  in  staubigen  Winkeln  umherstehen. 

Sie  erhalten  sich  aber  am  besten,  wenn  sie  eingerollt  in  einer 
kürzeren  oder  längeren  Kapsel  oder  Rolle  von  starkem  Pappendeckel 
stecken.  Das  obere  Stück  der  Kapsel,  welches  zum  Abziehen  ge- 
macht ist,  muss  auf  seinem  Kopfe  in  aufgeklebtem  weissen  Papier 
oder  Zettel  die  Signatur  des  Stückes  oder,  wenn  mehrere  sich  darin 
befinden,  der  Stücke  anzeigen.  Wo  immer  man  die  Kapseln  hin- 
legt oder,  was  jedoch  möglichst  zu  vermeiden,  hinstellt,  müssen 
ihre  Kopfenden  hervorstehen,  so  dass  man  leicht  die  Signaturen 
abliest.  Alsdann  braucht  man  wenig  Raum;  die  Rollen  lassen  sich 
über  einander  häufen.  Mau  muss  nur  durch  Zwischenleisten  ver- 
hüten, dass  die  Stücke  aus  der  einen  Gruppe  oder  Abtheilung  in 
die  andere  hinüber  rollen. 

Entweder  werden  nun,  wie  im  Dresdener  Archiv,  die  Stücke 
in  einem  Schranke  ausgelegt,  der  viele  breite  und  tiefe  Schichten 
über  einander  enthält,  —  oder,  wie  in  den  meisten  bayerischen 
Archiven,  auf  einem  Fächergestelle,  das  mehrere  Bretterlagen  über 
einander  hat  und  am  besten  in  Mitte  eines  Saales  steht,  so  dass 
man   um  dasselbe  rings  umher  gehen  kann,  —  oder  man  richtet, 


284  Löher: 

wie  im  Münchener  Reichsarchiv,  eine  eigene  Plankammer  ein,  wie 
sie  in  der  Archivalischen  Zeitschrift  beschrieben  worden,  i)  Sinnreich 
ist  ein  Gestolle  im  Gewerbemuseum  zu  Nürnberg  ausgedacht: 
seine  Gefache  lassen  sich  leicht  gesondert  zerlegen  und  auf  Rollen 
hervorziehen. 

In  italienischen  Archiven  hat  man  auch  wohl  grosse  Papier- 
stücke nicht  anders  unterzubringen  gewusst,  als  sie  in  Rollen  und 
stehend  um  einen  Ständer  zu  versammeln  und,  damit  sie  nicht  zu 
Boden  fallen,  mit  Drathringen  zu  umziehen.  Das  ist  wenigstens 
ein  Anfang  von  Sorgfalt,  jedoch  nicht  zu  empfehlen. 

Auch  für  die  Verwahrung  von  Plänen  Grundrissen  Forst- 
und  Flurkarten,  Zeichnungen  von  Wegen  Kussläufen  Seen  An- 
siedlungen  und  dergleichen  möchte  eine  Zusammenstellung  tragbarer 
Schreine  angezeigt  erscheinen.  So  aber,  wie  sie  oben  unter  VIII 
Ziffer  6  dargestellt  ist,  lässt  sie  sich  nicht  anwenden,  weil  solche 
Grundrisse  und  Karten  gewöhnlich  von  gar  zu  verschiedener  Grosso 
sind,  und  auch,  wenn  sie  eingerollt  und  eingekapselt  wären,  die 
Länge  der  Rollen  und  Kapseln  viele  Schreine  und  Schiebläden  von 
unverhältnissmässiger  Tiefe  erfordern  würde.  Ausserdem  Hessen 
sich,  wenn  die  Kapseln  in  Schiebläden  neben  und  über  einander 
liegen  würden,  die  Signaturen  am  Kopfende  nur  schwierig  ablesen. 
Es  erscheint  desshalb  zweckmässig,  das  System  der  Urkunden- 
schreine zwar  beizubehalten,  es  aber  nach  zwei  Richtungen  hin  zu 
verändern. 

1)  Man  setze  die  Gestelle  und  Abtheilungen  zusammen 
aus  Schreinen,  deren  Tiefe  durchgängig  der  mittleren  Länge  der 
Kapseln  entspricht,  während  ein  besonderer  Schrank, ^  der  weder 
Fächer  noch  Schiebläden  enthält,  dazu  bestimmt  wird,  die  längsten 
Kapseln  in  der  Weise  aufzunehmen,  dass  sie  stehend  darin  an- 
einander lehnen. 

2)  Jede  Abtheilung  muss  tragbarer  Schrein  bleiben,  d.  h. 
ringsum  abgeschlossen  und  mit  Flügelthüren  Schiebläden  und  Luft- 
löchern ganz  so  eingerichtet  werden  ,  wie  oben  geschildert,  bloss 
mit  der  Ausnahme,  dass  die  Vordorwand  der  Schiebläden  wenigstens 
zum  Theil  aus  leichtem  Gitter  bestehen  kann,  durch  welches  hin- 
durch die  Signaturen  zu  lesen  sind. 

>)  I  125—126. 


Einrichtung  von  Archiven.  ,  285 

X.  Verwahrung  von  Kodizes  AmtsbQchern  und  Akten. 

1.    Verschiedene   Weisen. 

Als  ich  zum  erstenmal  eines  der  schönstgelegenen  Archive 
besichtigte,  wusste  der  Vorstand  nicht  genug  zu  erzählen  von  der 
streng  chronologischen  Ordnung,  mit  welcher  er  sein  Amt  verwalte. 
Er  war  seines  Standes  Offizier,  hatte  in  Adelskreisen  ein  ver- 
schwenderisches Leben  geführt,  und  als  ihm  Alter  und  Armuth 
naheten,  fand  er  seine  Versorgung  als  Archivvorstand:  der  archi- 
valische  Beruf,  so  glaubte  man  ja  ehemals,  könne  jede  verfehlte 
Lebensrichtung"  noch  aufnehmen.  "Worin  bestand  nun  die  streng 
chronologische  Ordnung?  Alle  Archival-Akten  fanden  je  nach  Tag 
und  Datum  der  Ankunft  ihren  Platz  in  den  Gestellen,  einerlei 
wohin  sie  gehörten.  Wurde  etwas  davon  an  Behörden  verschickt, 
so  wurde  am  betrefifenden  Platze  zwischen  die  Akten  ein  loser  Zettel 
eingelegt,  welcher  Tag  und  Datum  der  Absendung  angab.  Kein 
Gedanke  an  Vereinigen  des  Zusammengehörigen ,  an  Repertorisiren, 
an  Verbuchen.  Schriftstücke,  die  zur  Verwaltung  des  Airchivs 
gehörten,  legte  der  Vorstand  Bogen  für  Bogen,  Blatt  für  Blatt  sorg- 
fältig übereinander,  stets  nach  der  Folgereihe  von  Tag  und  Datum, 
an  welchem  sie  angekommen  oder  in  Reinschrift  abgegangen  waren. 
Handakten  zu  bilden,  so  dass  alle  Schriftstücke,  welche  ein  und  die- 
selbe Angelegenheit  betrafen,  in  einem  Hefte  beisammen  lagen,  war 
ihm  niemals  eingefallen.  Man  kann  sich  wohl  vorstellen,  wie  viele 
Zeit  und  Mühe  es  kostete,  das  Archiv  einzurichten. 

Li  einem  andern  Archiv  werden  nicht  nur  alle  Prozess-  und 
Rechnungsakten,  Sitzungsprotokolle  und  Geschäftstagebücher  auf- 
gehäuft, sondern  es  wird  auch  jedes  beschriebene  Papierblatt,  das 
im  Archive  liegt  oder  hineinkommt,  sei  auch  der  Inhalt  noch  so 
flüchtig  und  unbedeutend,  fleissig  unter  Umschlägen  gesammelt. 
Mit  der  Zeit  füllt  sich  jeder  Raum  im  Gebäude  mit  Aktenbündeln, 
und  die  Umschläge  schwellen  an  zu  unförmlicher  Dicke,  und  da  sie 
bunt  durch  einander  alles  Mögliche  enthalten,  so  ist  wahrlich  nicht 
glücklich  zu  schätzen,  wer  später  einmal  die  Ausscheidung  über- 
nimmt. In  einem  andern  Archiv  hat  man  sich  vor  lauter  Sammel- 
eifer sogar  darauf  verlegt,  von  allen  deutschen  Tageblättern  Exem- 
plare aufzustapeln.  Wieder  ein  anderer  Archivvorstand  ist  abgesagter 
Feind  aller  neueren  Akten,  die  er  „das  Zeug"  nennt,  und  lässt  sie 
in  Ecken  und  Winkeln  im  Staube   liegen.     Was  nicht  wenigstens 


286  Löher: 

zweihundert  Jahre  alt  ist,  findet  nimmermehr  Gnade  vor  seinen 
Augen.  Sein  Gegenfiissler  hüllt  jeden  Forstrüge-  oder  Streu ver- 
weigerungsakt  des  vorigen  Jahrhunderts  sorgfältig  in  Papier  und 
Leinen  ein,  als  wären  es  geheime  Gesandtschaftsberichte. 

Auch  in  Lagerung  oder  Aufstellung  des  Archiv-Inhalts,  soweit 
er  nicht  eigentliche  Urkunden  umfasst,  giebt  es  gar  manche  Ver- 
schiedenheiten. Das  alte  bischöfliche  Speyrer  Archiv  war  eingequetscht 
in  trag-  und  verschliessbare  Holzkasten,  in  welchen  Urkunden  und 
Akten  imter  einander  gemischt  ohne  Luft  und  licht  moderten.  Die 
Passauer  Bischöfe  hatten  dagegen  kleine  Blechkästen,  denen  die 
Aktengrösse  angepasst  war.  In  den  meisten  reichsstädtischen  und 
Ordens -Archiven  gab  es  feste  Wandgestelle  mit  einer  Unzahl  tief- 
eingehender Schiebläden  und  vielerlei  kleinen  offenen  Fächern 
darüber.  Gegenwärtig  findet  man  fast  überall  offene  Aktengestelle: 
darin  werden  die  Aktenhier  in  den  Gestellen  einfach  übereinander  gelegt^ 
ein  kleiner  Berg  neben  dem  andern,  dort  in  stehenden  Bündeln 
in  die  Fächer  eingezwängt  Eine  beliebte  Methode  besteht  auch  in 
deutschon  wie  in  französischen  Archiven  darin,  dass  man  fünf  oder 
zehn  und  noch  mehr  Aktenhefte  und  Amtsbücher  zu  einem  Pack 
zusammenschnürt,  ihm  ein  Signatur-  oder  Nummernblatt  vorn  auf- 
bindet, und  dann  einen  Pack  neben  dem  andern  in  die  Gestelle 
einschiebt,  oft  zwei  oder  drei  dieser  Ballen  hintereinander.  Dann 
bleibt  zwar  Alles  hübsch  in  der  Reihe :  braucht  man  aber  ein  Stück, 
so  müssen  die  schweren  Bündel  mit  Mühe  und  Kraftanstrengung 
aus  den  Fächern  hervorgezogen,  auseinander  gelegt  und,  nachdem 
das  Nöthige  ausgesucht  worden,  wieder  umschnürt  und  wieder  an 
ihren  Ort  gebracht  werden.  Sind  dann  die  Gestelle  hoch  und  ihre 
Fächer  tief,  so  ist  das  Handtiren  mit  den  sch\feren  Packen  nicht 
ohne  Gefahr  für  Leib  und  Leben  der  Archivdiener.  Das  unglück- 
lichste System  aber  hat  in  das  sonst  vortrefflich  eingerichtete  historische 
Hauptarchiv  zu  Moskau  Eingang  gefunden :  in  unabsehlichen  Reihen 
laufen  den  Wänden  entlang  hohe  befestigte  Schränke  mit  zahllosen 
tiefen  Schiebläden  voll  Schriften,  i) 

2)  Herrichtung. 

Ein  umsichtiger  Archivar  wird  gar  bald  die  Akten  und  Amts- 
bücher, die  für  vermögensrechtliche  oder  genealogische  oder  wissen- 


*)  Archival.  Zeitschrift  V  62—63. 


Einrichtung  von  Archiven.  287 

schaftliche  Forschungen  Ausbeute  gewähren,  scheiden  von  den  mehr 
oder  weniger  werthlosen  Heften  und  Ballen.  Die  Letzteren  wird 
er  einstweilen  bei  Seite  liegen  und  stehen  lassen,  bis  sich  Zeit 
findet  zum  Durchmustern.  Die  andern  Bestände  aber  sind  archiv- 
mässig  herzurichten  nach  den  beiden  Gesichtspunkten,  erstens  dass 
Alles  wohl  verwahrt  werde,  und  zweitens  dass  es  sich  bequem  ohne 
Zeitverlust  benutzen  lasse. 

Beiden  Zwecken  wird  am  besten  genügt  durch  Einstellen  in 
offene  Fächer,  die  von  allen  Seiten  Licht  und  Luft  haben,  und 
durch  Aufstellen  der  Akten  Amtsbücher  und  Kodizes  in  diesen 
Repositorien  ganz  in  derselben  Weise,  wie  man  Bücher  in  Biblio- 
theken ordnet,  wobei  sich  von  selbst  versteht,  dass  die  Folgeordnung 
eine  ai'chivalische  sei. 

Verhältnissmässig  werden  es  immer  nur  wenige  Stücke  sein, 
die  eine  sorgfältigere  Behandlung  verdienen,  als  da  sind:  Ver- 
handlungen aus  früherer  Zeit  über  Angelegenheiten,  die  noch  jetzt 
von  hervorragender  vermögensrechtlicher  oder  historischer  Bedeu- 
tung, seltene  Autographen  berühmter  Leute,  dem  Zerblättern  oder 
Vermodern  nahe  alte  Schriften,  die  für  das  Archiv  irgend  ein 
Interesse  haben.  Archivalien  dieser  Art  müssen  wie  Urkunden 
aufbewahrt  werden.  Man  sammele  sie  in  Kartons  von  Pappe  mit 
tibergreifendem  obern  Deckel, —  oder  in  Umschlägen,  deren  offene 
Ränder  mit  Papier  oder  Leinen  umfasst  werden,  —  oder,  wenn  der 
Stoff,  aus  welchem  die  Schriftstücke  bestehen,  es  noch  verträgt,  lasse 
man  sie  zu  festen  Bänden  oder  wenigstens  zu  festen  Heften  ver- 
einigen. Viel  Schönes  dieser  Art,  das  nachalimenswerth,  sieht  man 
auf  dem  Staatsarchiv  zu  Marburg. 

Ueberhaupt  aber  wird  man  gut  thun,  lose  Akten,  die  im 
Archiv  bleiben  sollen,  stets,  soweit  Zeit  und  Mittel  es  erlauben, 
heften  zu  lassen.  Es  ist  dann  kein  Umschnüren  mit  Bindfaden, 
die  mit  der  Zeit  einschneiden,  mehr  nöthig.  Jedenfalls  müssen  die 
zusammengehörigen  Schriften  in  Umschlägen  von  etwas  steifem 
Papier  in  Folio-  oder  Quartformat  vereinigt  und  sodann  leicht  um 
schnürt  werden. 

Die  Hefte,  Faszikel  oder  Bände  sind  sodann  in  den  Fächern 
aufrecht  neben  einander  zu  stellen,  so  dass  man  Alles  bequem  hervor- 
ziehen oder  wieder  einsetzen  kann.  Die  Ziffer  und  sonstige 
Bezeichnung  erhält  jedes  Stück  an  einer  für  alle  gleich  massigen 
Stelle,  entweder,  wenn  der  Rücken  breit  genug,   auf  diesem,  oder 


288  Löher: 

am  Rande,  und  zwar  am  föglichsten  auf  dem  vorderen  Deckel  t)der 
Umschlag  oben  links  in  der  Ecke.  Zu  dem  Ende  lässt  man  die  nöthige 
Anzahl  Blättchen  oder  Schildchen  von  etwa  anderthalb  Zoll  Grösse 
drucken,  welche  signirt  und  aufgeklebt  werden.  Werden  die  grossen 
Gruppen  durch  Schildchen  von  verschiedener  Farbe  kenntlich  ge- 
macht,  um  so  besser  fär  die  Archivdiener.  Das  Uebereinanderlegen 
aber  der  Hefte  und  Bände  wird  am  besten  ganz  vermieden.  Schrift 
und  Papier  leiden  unter  dem  Drucke,  das  Hervorsuchen  und  Wieder- 
einlegen eines  Stückes  erfordert  gewöhnlich  Zeit  und  Mühe,  die 
man  sparen  kann,  und  giebt  ausserdem  Gelegenheit  zum  Zerreissen. 
Ob  man  nun  die  alten  Kopialbücher  und  Urbarien,  sowie  die 
späteren  Amtsbücher  verschiedener  Art,  untermischt  mit  den  übrigen 
Archivalien  oder  in  gesonderten  Sammlungen  aufstellen  wUl,  das 
hängt  von  Art  der  Räumlichkeiten,  von  Menge  und  Benutzungsweise 
jener  Bände,  schliesslich  vom  Gefallen  ab.  Im  Münchener  Reichs- 
archiv ist  —  nur  wenige  grosse  und  reichbändige  Sammlungen  und 
die  Urkunden  ausgenommen  —  Alles  in  fortlaufender  Reihe  je  nach 
der  Entstehungszeit  aufgestellt  und  in  den  Repertorien  beschrieben, 
und  der  archivalische  Dienst  steht  sich  nicht  schlecht  dabei. 

3.  Für  die  Stampfmühle. 

In  fast  allen  grossen  Archiven  trifft  man  noch  auf  Aktenmassen 
von  denen  sich  kein  Archivbeamter  erinnert,  dass  sie  jemals  ge- 
braucht wären.  Durch  Unkunde  und  Fahrlässigkeit  früherer  Zeiten 
sind  sie  hergebracht  und  bleiben  dann  gewöhnlich  unberührt  an 
ihrem  Orte.  Wozu  aber  sollen  sie,  wenn  sie  keinen  Nutzen  schaffen, 
den  Platz  wegnehmen,  da  noch  so  viel  Gutes,  was  dahin  gehört, 
bei  Aemtern  und  Behörden  umher  steckt?  Weshalb  soll  man  mit 
ihrem  Abstauben  \ind  Auslüften  die  Zeit  verlieren,  weshalb  ihr 
Anblick  das  Archiv  noch  düsterer,  die  Luft  darin  ihr  leiser  Moder- 
geruch noch  dumpfer  machen? 

Untersucht  man  den  Inhalt  solcher  Aktenreihen,  so  zeigt  sich 
in  der  Regel,  dass  es  ein  ganz  gleichartiger  ist,  der  für  die  Gegen- 
wart nur  unter  besonderen  Voraussetzungen  noch  Interesse  hat 
Viel  eher  steckt  für  die  kommenden  Geschlechter  etwas  geschichtlicher 
Werth  darin,  insbesondere  von  statistischer  und  kulturhistorischer  Art 

Um  in  dieser  Beziehung  nicht  fehlzugreifen,  lege  man  sich 
zwei  Fragen  vor:  Lässt  sich,  was  in  diesen  Akten  steht,  in  der 
Zukunft  ebenso  gut  aus  Büchern  lernen?  Wenn  das  nicht  möglich  ist, 


Einrichtung  von  Archiven.  '  289 

hat  dann  der  Forscher,  statt  der  ganzen  Masse,  deren  Umfang 
und  Einförmigkeit  vielleicht  ihn  abschreckt,  genug  an  einzelnen 
Stücken  ?  In  beiden  Fällen  ist  das  Dezimiren  am  Platze  und  zwar 
lim  so  durchgreifender,  je  älter  die  Akten  sind.  Einige  Beispiele 
werden  das  klarer  machen. 

Da  sind  zuerst  die  Geschäftstagebücher  der  Behörden  und 
Stellen.  Höchstens  deren  Geschäftsgang  lernt  man  daraus  kennen: 
also  genügt  es,  von  jedem  zehnten  oder  zwanzigsten  Jahr  ein 
Tagebuch  zu  behalten. 

Rechnungen  und  Probationen  mit  Belägen,  Volks-  oder  Flur- 
beschreibungen, Zehntenregister,  Güterverzeichnisse,  Steueranlagen, 
Aushebungsrollen,  kurz  alles  Listenförmige,  können  für  mancherlei 
Pflichtigkeiten,  die  auf  Grund  und  Boden  ruhen,  Anhaltspunkte 
ergeben.  Sind  sie  aber  älter,  als  ein  bis  anderthalb  Jahrhundert,  so 
lässt  man  aus  jedem  Jahrzehnt  ein  Exemplar  stehen ,  die  andern 
werden  fortgeschafft. 

Unter  den  Akten  bürgerlicher  Prozesse  empfehlen  sich  zum 
Aufbewahren  in  der  Regel  nur  solche,  deren  Inhalt  sich  über 
umfangreiche  Immobiliarrechte ,  über  Gerechtsame  von  Gemeinden 
Pfarren  und  Stiftungen,  über  grosse  Erbschaftsprozesse  und  berühmte 
Fragen  des  Zivilrechts  erstreckt. 

Ergiebiger  für  die  Geschichte  sind  die  Kriminalprozesse,  und 
zwar  ausser  den  politischen  alle  diejenigen,  welche  über  den  Sitten- 
und  Kulturstand  eines  Zeitalters  Kunde  geben. 

Regierungsakten,  insbesondere  der  Ministerien  und  Ober- 
behörden, haben  gewöhnlich  auch  für  die  Folgezeiten  noch  Interesse, 
es  sei  denn,  dass  sie  im  Wesentlichen  nur  Listen  oder  gleichartige 
Dinge  enthalten  oder  sich  über  Unbedeutendes  verbreiten. 

Es  braucht  kaum  erinnert  zu  werden,  dass  von  Allem,  was 
man  dergestalt  aus  dem  Archive  fortschafft,  genaue  Verzeichnisse 
zurückbehalten  werden.  Auch  wird  man  wohlthun,  vor  endgültiger 
Entscheidung  diese  Verzeichnisse,  wenn  es  nicht  schon  bei  einer 
Oberbehörde  geschieht,  noch  von  einem  zweiten  kundigen  Augenpaar 
durchsehen  zu  lassen,  damit  nichts  entwische,  was  aus  irgend 
einem  Grunde  die  Aufbewahrung  lohnen  könnte. 

Was  aus  einem  Archive  kommt,  sollte  auch  nicht  an  Käse- 
krämer und  Papierhändler  verkauft  werden,  sondern  lediglich  an 
Papiermühlen,    und,    dass   das  Einstampfen   vollständig   geschieht, 

Arehivalisohe  ZeitMhiift  vm.  19 


290  Löher: 

durch  einen  Archivbeamten  überwacht  werden.   AndemfaUs  können 
leicht  unliebsame  Redereien  und  Missverständnisse  aufkommen. 

4.  Aktengestelle. 

In  den  meisten  Archiven  giebt  es  noch  altes  Schrein-  und 
Fachwerk  von  Holz,  das  man  je  eher  je  besser  fortschaffen  und 
durch  neues  ersetzen  sollte.  Denn  aus  den  alten  Brettern  und 
Ständern  sind  die  Holzwürmer  ebensowenig  zu  vertreiben,  als  der 
Modergeruch.  Wohl  aber  findet  sich  unter  dem  alten  Holzwerk 
hier  und  da  einiges,  das  wohl  ausgetrocknet  für  Musikinstrumente 
zu  brauchen  und  deshalb  gut  bezahlt  wird. 

Bezüglich  nun  der  Einrichtung  neuer  Gestelle  für  Akten, 
Amtsbücher  und  Kodizes  mögen  im  Folgenden  einige  Rathschläge 
hier  am  Platze  sein. 

1)  In  jedem  Archive  richtet  sich  Höhe,  Breite,  und  Tiefe  der 
Gestelle  nach  der  Art  der  Archivalien  und  nach  der  Fläche,  welche 
Wände  und  Pfeiler  oder  der  Pussboden  darbieten. 

2)  Es  ist  möglichst  zu  vermeiden,  Gestelle  mitten  im  Saale 
aufzustellen.  Wenn  aber  die  Menge  der  Archivalien  es  erfordert, 
so  sind  diöse  Gestelle  so  zu  richten,  dass  sie  mit  ihrer  Achse  nicht 
auf,  sondern  zwischen  Fenster  zu  stehen  kommen,  damit  die  Ein- 
strömung von  licht  und  Luft  nicht  gebrochen  werde.  Dass  beides 
genügend  in  jede  Ecke  dringt,  darauf  ist  sorgfaltig  zu  achten. 

3)  Dagegen  erscheint  es  in  reichlich  angefüllten  Archiven,  —  wo 
der  Raum  es  leicht  zulässt  und  man  das  Zusammengehörige  bei- 
sammen haben  will,  —  räthlich,  die  untern  drei  oder  vier  Schichten 
der  Gestelle  an  Wänden  und  Pfeilern  so  einzurichten,  dass  sie  zwei 
Reihen  Akten  oder  Aratsbücher,  die  eine  Reihe  hinter  der  andern, 
fassen.  Zu  diesem  Zwecke  wird  über  dem  horizontalen  Pachbrett 
hinten  an  der  Wand,  etwa  10 — 12  cm  höher,  ein  zweites  angebracht, 
welches  nur  etwa  halb  so  tief  ist  als  das  untere.  Werden  Akten 
oder  Amtsbücher  auf  diese  hintere  Lage  gestellt,  so  ragen  sie  mit 
ihren  Köpfen  über  die  vordere  Reihe  empor,  so  dass  man  sie  leicht 
merken  und  herausnehmen  kann.  Vielleicht  lässt  sich  auch  die  hintere 
Reihe  aus  selten  gebrauchten  Stücken  bilden.  Vorzüglich  für  Archival- 
bände  empfiehlt  sich  diese  Aufstellung  in  Doppelreihen. 

4)  Die  Höhe  der  Gestelle  sollte  nicht  über  2,80  bis  3  Meter 
reichen.  Für  die  Tiefe  reichen  30  bis  40  Centimeter  hin,  wenn 
das  Gestell  eine  einfache  Archivalienreihe,  und  55  bis  70  Centimeter, 


Einrichtung  Ton  Ardiiven.  291 

wenn  es  noch  eine  Reihe  hinter  der  vordem  enthält.  Länge  und 
Breite  der  Gestelle  an  Wänden  und  Pfeilern  hängt  lediglich  v(m 
der  Letzteren  Ausdehnung,  die  Länge  der  Gestelle  in  Saales  Mitte 
von  dessen  Grösse  ab. 

5)  Horizontale  Schichten  wird  jedes  Gestell  etwa  sechs  be- 
kommen, eine  jede  von  42  Centimeter  Höhe,  die  Schichten  für 
Doppelreihen  aber  von  52  Centimeter  Höhe,  —  für  Standbücher 
vielleicht  noch  etwas  höher.  Das  Fächersystem,  dass  nämlich  viele 
senkrechte  Bretter  oder  Leisten  das  Gestelle  durchkreuzen,  ist  zu 
vermeiden. 

6)  Es  ist  nicht  nöthig,  besonders  dicke  oder  harte  Bretter  zu 
nehmen,  wenn  nur  jedes  Gestelle  durch  einen  und  andern  Zwischen- 
leisten,  der  senkrecht  von  unten  nach  oben  läuft.   Halt  bekommt. 

7)  Für  blosse  Akten  empfehlen  sich  Gestelle  aus  Latten  oder 
Leisten  mit  Zwischenräumen,  statt  aus  Brettern. 

Diese  Lattengestelle  eignen  sich  besonders,  wenn  man  sie  frei 
in  der  Mitte  aufzurichten  hat.  Dann  müssen  sie  stets  von  beiden 
Seiten  Aktenreihen  haben  und  können,  wenn  das  oben  unter  Ziffer  3 
geschilderte  System  angewendet  wird,  in  jeder  Schicht  zwei  Doppel- 
reihen aufnehmen. 

8)  Alle  Verbrämung  und  Verzierung  mit  Leistchen,  Rund- 
stäbchen, Hohlkehlen  und  dergleichen  ist  als  kostspielig  und  meist 
auch  für  den  Gebrauch  hinderlich  zu  unterlassen.  Wohl  aber  sind 
die  Gestelle  mit  einer  haltbaren  Oelfarbe,  am  besten  mit  Holz- 
Naturfarbe,  anzustreichen  zum  Schutz  gegen  Moder  und  Insekten. 

XL  Foigeordnung  der  Archivalien. 

1.   Grundsätze. 

Jeder  neue  Archivar,  dem  die  Art  und  Weise,  wie  die  Be- 
stände in  dem  ihm  anvertrauten  Archiv  aufeinander  folgen,  nicht 
gefällt,  lasse  es  sich  gesagt  sein,  um  Himmels  willen  nicht  gleich  das 
ganze  Archiv  anzugreifen,  um  es  systematisch  zu  ordnen.  Wenn 
nicht  sehr  viele  und  wohlgeübte  Arbeitskräfte  zur  Hand  sind,  so 
wird  höchst  wahrscheinlich  grössere  Unordnung  Folge  des  Ordnung- 
stiftens  sein.  Der  vorletzte  Münchener  Reichsarchivdirektor  Frhr. 
V.  Hormayr,  gewiss  ein  eifriger  sehr  verdienter  Beamter  und  Ge- 
schichtsforscher, wollte  ein  gescheidteres  System  in's  Reichsarchiv 
einführen :    noch  viele  Jahre  'nach  ihm   hatte  es  an   seinem  eiligen 

19^ 


292  Löher: 

Zerreissen  der  Bestände  und  Hin  -  und  Hertragen  ihrer  Theile  zu 
leiden.  Man  mache  vielmehr  die  neue  Ordnung  erst  auf  dem  Pa- 
pier, überlege  Zeit  und  Kräfte,  und  lasse  die  Aenderungen  jedesmal 
nur  einer  Gruppe  und  nach  ihr  wieder  einer  angedeihen,  während 
die  andern  noch  in  ihrer  alten  Folgereihe  bleiben.  Diese  hat  sicher 
ihre  innern  wie  äussern  Gründe  gehabt. 

Vor  allem  ünhistorischen  ist  eine  gewisse  Scheu  von  vorn- 
herein berechtigt.  Es  soll  das  Archiv  sein  wie  ein  Geschichtssaal, 
in  welchem  jedes  Fürstenthum,  Kloster  und  Domkapitel,  jede  Reichs- 
stadt und  Ordensprovinz,  jede  grosse  Stiftung  oder  Amtsstelle  mit 
den  schriftlichen  Zeugnissen  über  vergangenes  Thun  und  Leben  sich 
darstellt.  Dadurch  ergeben  sich  von  selbst  im  Gesammtarchiv  mehrere 
grosse  und  kleine  Archive,  in  deren  jedem  sämmtliche  Archivalien 
chronologisch  zu  ordnen  und  von  Nummer  eins  an  zu  zählen. 

Die  Akten  des  norddeutschen  Bundesstaats,  so  kurz  sein  Leben 
war,  bilden  ebenso  bestimmt  ihre  eigene  Gruppe,  wie  die  der  Reichs- 
tage und  des  deutschen  Bundestags.  Das  Rheinoktroy  verlangt  nicht 
minder  seine  besondere  Aktensammlung,  als  irgend  ein  Hofrath  oder 
Geheimerath  früherer  Zeiten.  Je  nach  Umfang  und  Wichtigkeit  ihrer 
Geschäfte,  nach  der  Grösse  des  Gebiets,  über  welches  diese  sich 
erstreckten ,  nach  der  Dauer  ihrer  Wirksamkeit  werden  sich  die 
schriftlichen  Denkmale  der  Anstalten  und  Behörden,  wie  der  ehe- 
maligen Fürstenthümer  und  Herrschaften  weiter  oder  schmaler  im 
Archive  ausdehnen.  Das  Archiv  gleiche  einer  Landkarte :  wie  auf 
dieser  sich  die  weltlichen  und  geistlichen  Territorien  grösser  oder 
geringer  verbreiten  und  das  mächtigere  das  kleinere  in  sich  ein- 
schliesst,  so  zeichne  sich  die  Vergangenheit  mit  ihrem  schriftlidien 
Niederschlag  im  Archive  ab  in  mehr  oder  minder  bedeutenden 
Gruppen  und  Serien. 

Was  also  in  der  Vergangenheit  mehr  oder  minder  selbständig 
gelebt  hat,  dem  entgehe  auch  im  Archiv  sein  selbständiges  Dasein  nicht. 
Der  Zusammenhang  aber  all  der  Theile  und  Glieder,  die  jemals  ein 
Ganzes  bildeten,  muss  auch  äusserlich  erkennbar  bleiben.  Das  Archiv 
z.  B.  eines  geistlichen  Fürstenthums  wird  erst  die  allgemeinen  An- 
gelegenheiten des  Bisthums  oder  Stifts,  dann  seine  Lehns-  und 
anderen  Güter,  dann  das  Kapitel  der  Dom-  oder  Stiftsherren,  dann  die 
Klöster,  Pfarren,  milden  Stiftungen  u.  s.  w.  vorführen. 

Wo  nun  die  historischen  Gruppen  und  Serien  nicht  bereits 
von  Alters  her  bestehen,   da  ist  es  Sache  des   kundigen  Archivars, 


Einrichttmg  von  Archiven.  293 

sie  zweckmässig  und  lichtvoll  zu  bilden.  Nicht  'wird  er  dabei,  um 
etwa  ein  System,  das  er  sich  einmal  vorgesetzt  hat,  ängstlich  zu 
beobachten,  eine  Menge  Unterabtheilungen  in  einander  schachteln, 
sondern  das  allein  Entscheidende  wird  ihm  bleiben  die  historische 
Bedeutung  und  der  klare  üeberblick. 

Seine  Geschicklichkeit  wird  sich  insbesondere  bei  den  lieber- 
gangen  von  einem  Lebensgebiet  zum  andern  bekunden,  indem  er 
dafür  das  richtige  Schlagwort  wählt  und  die  feine  Begränzung  an- 
deutet. Viele  Buchstaben  zur  Bezeichnung  der  Abtheilungen  wird 
er  möglichst  vermeiden,  auch  mit  Nummern  sparsam  sein.  Drei 
Ziffern  sollten  in  der  Regel  zur  Bezeichnung  des  Lagerorts  eines 
archivalischen  Stückes  ausreichen.  Die  erste  Ziffer  giebt  den  Saal 
an,  die  zweite  den  Schrein  oder  das  Gestelle,  die  dritte  die  Nummer 
des  Schriftstücks  oder  des  Faszikels  oder  Heftes,  in  welchem  es 
sich  befindet.  Wohl  aber  trägt  zur  leichteren  Orientirung  viel 
bei,  wenn  die  Urkundenhüllen  und  Aktenschildchen  verschiedene 
Farben  zeigen. 

Im  Uebrigen  versteht  sich  von  selbst*,  dass  in  jeder  selbstän- 
digen grossen  oder  kleinen  Abtheilung  alle  Stücke  sich  in  streng 
chronologischer  Ordnung  folgen  müssen,  und  man  darf  es  sich  nicht 
nicht  verdriessen  lassen,  die  Entstehungszeit  all  der  Kodizes,  Amts- 
bücher und  Akten  auszuforschen  und  deutlich  festzustellen.  Wo  ein 
Band  oder  Heft  Stücke  aus  verschiedenen  Jahrhunderten  enthält, 
entscheidet  das  bedeutendste  seinen  Platz  in  der  Reihe,  und  hat  das 
Repertorium  auch  dem  andern  Inhalt  gerecht  zu  werden. 

2.   Urkundenreihen. 

Es  ist  vorgeschlagen,  sämmtliche  Urkunden  eines  Archivs 
einfach  chronologisch  auf  einander  folgen  zu  lassen,  und  diese 
Methode  ist  in  einigen  Archiven  wirklich  durchgeführt.  Ohne  Zweifel 
hat  sie  ihre  grossen  Vortheile;  denn  sie  ist  ungemein  einfach,  lässt 
keine  Urkunde"  sich  im  Archiv  verstecken,  und  erleichtert  das 
Herausfinden  und  Wiedereinsetzen  ganz  ungemein.  Bei  längerer 
Bekanntschaft  mit  den  Urkundenreihen  braucht  der  Archivbeamte 
nur  hineinzugreifen,  um  jedes  verlangte  Stück  ebenso  sicher  zu 
treffen,  wie  der  Buchdrucker  einen  Buchstaben  im  Setzkasten.  Die 
systematische  Eintheilung  leidet  nicht  darunter;  denn  in  Regesten 
und  Repertorien  lässt  sie  sich  auf  das  Schönste  und  für  die  ver- 
schiedensten Richtungen  der  Forschung  aufstellen. 


294  Löher: 

Allein  zu  empfehlen  ist  diese  Methode  nur  für  Archive,  in 
welchen  die  Menge  der  Urkunden  an  Zahl  verhältnissmässig  nicht 
gross,  auch  ihrem  Inhalte  nach,  weil  nur  über  ein  kleineres  Gebiet  sich 
verbreitend,  etwas  gleichartig,  endlich  ihre  Sammlung  im  Wesent- 
lichen abgeschlossen  ist. 

Ganz  anders  verhält  es  sich  bei  grossen  Staatsarchiven,  welche 
die  Urkunden  verschiedener  Fürstenthümer  und  Herrschaften,  Stift- 
ungen und  Amtstellen  umfassen,  und  deshalb  auch- noch  mannig- 
fachen Zuwachs  zu  erwarten  haben.  Für  diese  würde  das  blos 
chronologische  Aneinanderreihen  sämmtHcher  Urkunden  die  grössten 
Nachtheile  herbeiführen. 

Es  müssten  sich  für  ein  und  dasselbe  Datum  gar  häufig  lange 
Reihen  bilden,  deren  jede  wiederum,  damit  man  sich  darin  zurecht 
finde,  ihre  Abtheilungen  und  Unterabtheilungen  hätte.  Das  Einfache 
ginge  dabei  öfter  im  künstlichen  Gitterwerk  verloren. 

Bei  Nachträgen  müssten,  da  sie  nach  Tausenden  von  Stücken 
zählen,  eine  Unzahl  Unternummern  geschaflfen  werden,  zu  welchen 
zuletzt  alle  Formen  yon  Alphabeten  und  Ziffern  nicht  mehr  aus- 
reichen möchten.  Noch  schlimmer  aber,  die  ganze  Reihenfolge  der 
Urkunden  würde  sich  unaufhörlich  von  einem  Kasten  zum  andern 
verschieben,  weil  die  Ergänzung  der  vorderen  Reihen  jedesmal  alle 
hinteren  weiter  drängen  muss. 

Um  aber  in  der  endlosen  Reihe  Urkunden  aufzufinden,  müsste 
gleich  von  Anfang  an  eine  Menge  Orts-  Personen-  und  Sachr^ster 
da  sein,  deren  Aufschlagen  wie  Anfertigen  nicht  wenige  Zeit  in 
Anspruch  nehmen  würde. 

Die  langen  Zifferreihen  endlich,  denen  die  meisten  Urkunden 
zur  Bezeichnung  ihres  Lagerorts  anheim  fielen,  würden  allein  schon 
sich  zu  einem  niederdrückenden  BaUast  des  Archivs  vereinigen,  der 
den  Augen  wie  dem  Gedächtniss  zu  schaffen  machte. 

Also  gerade  der  Hauptzweck,  das  leichte  und  sichere  Treffen? 
Hervorholen,  und  Wiedereinschieben  der  einzelnen  Stücke  wäre  ausser- 
ordentlich erschwert.  Man  wird  also  in  jedem  grösseren  Archiv  bei 
der  natürlichen  Ordnung  zu  bleiben  haben,  die  auch  allein  eine 
wissenschaftliche  ist.  So  viele  selbständige  grosse  oder  kleine  Gruppen 
das  Archiv  enthält,  ebenso  viele  besondere  Urkundenreihen  gebe  es 
darin,  die  sich,  eine  jede  chronologisch  geordnet,  den  übrigen 
Archivalien  der  Gruppe  anschliessen. 

(Fortsetzung  folgt.) 


XV.  Kulturgeschichte  und  Archivar. 

Vom  Herausgeber. 


E«  nährt  sich  die  Kulturgeschichte  hauptsächlich  aus  vier 
Quellen.  Bekannte  geschichtliche  Thatsachen  erwecken  Ideenver- 
bindungen, die  sich  von  einem  Ereigniss  zum  andern  anspinnen. 
Gediegeneren  Stoflf  ergeben  die  Schilderungen,  die  einst  von  den 
Bräuchen  Sitten  und  Meinungen  ihrer  Umgebung  Zeitgenossen 
entwarfen.  Der  tiefste  Einblick  eröffnet  sich,  dringt  man  in  das 
Rechts-  und  Beligionswesen  einer  Epoche  ein  und  erkennt,  wie 
sich  daraus  die  bürgerliche  Gesellschaft  gestaltete.  Am  lebhaftesten 
aber  sprudelt  für  Jedermann  die  vierte  Quelle,  das  ist  die  An- 
schauung von  Waffen  und  Trachten,  Geräthen  und  Kunstwerken 
früherer  Zeiten.  Diese  Zeugen  lassen  die  stumme  Vergangenheit 
sprechen,  für  Jeden  haben  sie  ein  Bild,  ein  Wort,  eine  Anregung. 
Freilich  ist  auch  vorzugsweise  diesen  leibhaften  Stücken  aus  der 
Vorfahren  Besitz  und  Gebrauch  es  zu  danken,  dass  in  der  Kultur- 
geschichte, und  zwar  insbesondere  in  ihrem  feinsten  und  anzieh- 
endsten Theile,  der  Kunstgeschichte,  so  manche  Erscheinung  in 
ihrem  Ursprünge  noch  verworren  erscheint,  —  dass  gerade  dieses 
Gebiet  übersäet  worden  mit  beweislosen  oder  unzusammenhängenden 
Sätzen,  —  dass  sogar  nicht  selten  eine  Verkettung  hübscher  Einfalle 
schon  als  Geschichte  dargeboten  wird. 

Die  erste  Frage  bei  einem  Denkmal  dieser  Art  ist :  zu  welcher 
Zeit  wurde  es  geschaffen  ?  Wohl  deuten  Stil  und  Charakter  auf  die 
Entstehungszeit  hin,  sie  leisten  jedoch  nicht  immer  sichere  Bürg- 
schaft, auch  in  der  Kunst  und  im  Kunsthandwerk  giebt  es  Atavis- 
mus. Inschriften  sind  natürlich  die  besten  Beweise,  allein  sie 
enthalten  nicht  immer  Jahreszahlen,  und  auch  wo  diese  sich  finden, 
kann  sich  Zweifel  erheben,    ob  sie   nicht  später  eingesetzt  worden. 


296  I^her: 

Entscheiden  kann,  wenn  andere  deutliche  Beweise  mangeln,  nur 
dör  Charakter  der  Buchstaben  und  Ziffern,  und  dieser  lässt  sich 
für  jedes  halbe  Jahrhundert  ziemlich  bestimmt  erkennen.  Wessen 
Amt  ist  das  aber?  Kann  man  bei  Kunstgelehrten  und  all  den 
Alterthumsforschem  voraussetzen ,  dass  sie  über  die  Entstehung 
und  Aufeinanderfolge  der  Schriftarten  lange  Studien  machten  ?  Und 
wenn  sie  auch  in  diesem  Zweige  ihres  Berufs  sich  ausbildeten, 
sind  sie  dann  so  eingelebt  unter  den  verschiedenen  Schriftarten  auf 
Siegeln  und  in  Kodizes  und  Urkunden,  und  ist  ihr  Blick  auf  all 
die  charakteristischen  Schriftzüge  Abkürzungen  und  deren  leise 
Uebergänge  so  geübt,  dass  ihnen  auf  der  Stelle  jede  leichte  Ver- 
schiedenheit auffallt?  Nur  von  den  Archivaren  ist  das  zu  verlangen, 
weil  Diese  in  Urkunden  und  Siegeln  beständig  die  Muster  aus  jedem 
Jahrzehnt  vor  Augen  haben.  Es  könnte  deshalb  vielleicht  öfter  ^oq 
Nutzen  sein,  wenn  bei  solchen  Fragen  sich  die  Archivare  vernehmen 
Hessen. 

Zur  Erläuterung  wählen  wir  eine  Frage,  deren  richtige  Beant- 
wortung für  deutsche  Kulturgeschichte  von  hervorragender  Wich- 
tigkeit. 

Bekanntlich  lagert  über  der  ältesten  Geschichte  des  Christen- 
thums  in  Deutschland  ein  undurchdringliches  Dunkel.  Die  römischen 
Geschichtschreiber  berichteten  nur,  was  ihr  eigenes  Interesse  betraf. 
Keine  Nachricht,  nicht  einmal  eine  sichere  Spur  ist  uns  überliefert, 
wann  und  wo  und  wie  das  Christenthum  zuerst  in  Deutschland 
eingedrungen  ist.  Höchst  wahrscheinlich  gab  es  in  der  römischen 
Kaiserzeit  Christen  auch  in  Germanien,  soviel  davon  dem  Weltreiche 
eingefügt  war.  Kaufleute  aus  Gallien  und  Italien,  welche  den  Gränz- 
handel  betrieben,  Gutsbesitzer,  die  sich  in  den  schönen  Auen  am  Rhein 
und  der  Donau  und  in  den  erfrischenden  Landschaften  des  süd- 
deutschen See-  und  Berglandes  niederliessen,  römische  Beamte  und 
Soldaten,'  insbesondere  zur  Heimath  zurückgekehrte  germanische 
Söldner,  die  im  römischen  Heere  bekehrt  worden.  Solche  mögen 
zuerst  die  Christuslehre  nach  Deutschland  gebracht  haben.  Dann 
werden  sich  allmählig  kleine  Christengemeinden  gebildet  haben,  in 
den  ersten  drei  Jahrhunderten  aber  wohl  nur  in  den  Städten.  War 
doch  auch  in  Gallien  noch  im  letzten  Drittel  des  vierten  Jahr- 
hunderts, als  der  heUige  Martin  von  Tours  mit  einer  begeisterten 
Jüngerschaar  seine  Vertilgungsfahrten  gegen  das  Heidenthum  unter- 
nahm, die  Landbevölkerung  diesem  noch  grösstentheils  ergeben. 


Kulturgeschichte  und  An-hivar.  297 

Düi-t  war  es  Regel,  dass  in  jeder  bedeutenderen  Stadt,  welche 
den  Rang  einer  Civitas  hatte,  ein  Bischofssitz  errichtet  und  das 
städtische  Gebiet  als  seine  Diözese  angesehen  wurde:  in  der  Haupt- 
stadt der  Provinz  aber  wohnte  der  Metropolit.  Aehnlich  ist  es 
höchst  wahrscheinlich  in  Deutschland  bestellt  gewesen.  In  der 
Provinz  Germania  I  war  Köln  die  Hauptstadt,  mit  ihr  jedoch,  soviel 
wir  wissen,  nur  das  Bisthum  Tongern  verbunden.  In  Germania  11 
hatte  Mainz  den  Vorrang  und  mit  ihm  hingen  Bisthümer  zu  Worms 
Speyer  und  Strassburg  zusammen.  Wenigstens  für  diese  sechs 
Städte  ist  es  wahrscheinlich,  dass  es  dort  Bischöfe  gab  bei  Gründung 
des  Merowingerreichs.  Die  Provinz  Belgien  I  zählte  wohl  noch  ältere 
Bisthümer  zu  Trier  Metz  Toul  Verdun.  Im  deutschen  Südwesten 
war  keine  Stadt  bedeutender,  als  Augsburg:  kaum  wird  sie  einer 
grössern  Christengemeinde  und  diese  kaum  ihres  Bischofs  entbehrt 
haben ;  wir  erfahren  aber  nicht  das  Geringste  davon,  obwohl  gerade 
von  Augsburg  keine  Verwüstungen  berichtet  sind.  Zu  den  ältesten 
Bischofssitzen  gehörten  ebenfalls  Chur,  sodann  Äugst  (Basel)  und 
Windisch  (Konstanz)  und  weiter  östlich.  Lorch  Sähen  Cilli  und 
Debem  oder  Tibumia  auf  dem  kw-nthischen  Lurchfeld  an  der  Drau. 

Von  nicht  wenigen  alten  Bisthümern  besitzen  wir  nun  voll- 
ständige Bischofsreihen  von  der  Zeit  der  Gründung  an.  Wer  aber 
möchte  sich  darauf  verlassen!  In  Gallien  erwachte  schon  frühzeitig 
eine  Leidenschaft,  jede  Stiftung  dieser  Art,  wo  nicht  auf  einen  Apo- 
stel selbst,  doch  wenigstens  auf  einen  Aposteljünger  zurückzuführen: 
auch  in  Deutschland  fülilte  man  sich  im  Mittelalter  angeregt,  aus 
Legenden  und  mündlichen  Ueberlieferungen  Bischofsreihen  fertig  zu 
bringen,  die  in  den  ersten  christlichen  Zeiten  anhüben.  Ein  ehrwür- 
diger Name  des  frühesten  christlichen  Alterthums,  mindestens  ein 
heiliger  Märtyrer  musste  an  die  Spitze  gestellt  werden.  Eines  der 
ältesten  Beispiele  ist  der  Mainzer  Katalog,  welchen  Meginfried  von 
Fulda  im  zehnten  Jahrhundert  verfasste.  Die.  vollständige  Nichtigkeit 
solchen  Beginnens  konnte  der  historischen  Wissenschaft  der  Gegen- 
wart nicht  entgehen,  auch  die  Archivaliscbe  Zeitschrift  lieferte  von 
bewährten  Forschern  interessante  Belege  dazu.^)  üeberblicken 
wir  für  die  ganze  Reihe  der  ältesten  deutschen  Bisthümer  die 
urkundlichen  Zeugnisse,  so  sind  sie  äusserst  dürftig.  Nur  von 
Trier    und   Köln    haben    wir    aus    dem    Anfang   des    vierten  Jahr- 

')  1170— 83.  IXI  275 -293. 


298  Löher: 

hunderts,  nicht  früher,  bestimmte  Nachricht:  ihre  Bischöfe  sind 
im  Jahr  314  auf  der  Kirchenversammlung  zu  Arles  erschienen, 
gleichwie  der  Trienter  381  auf  dem  Konzil  zu  Aquileja.  Auch  von 
Mainz  ]ind  Genf  zeigen  sich  ziemlich  deutliche  Spuren  schon  im 
vierten  Jahrhundert.  Das  Dasein  eines  Bisthums  in  Tongern  und 
Lorch  (Passau)  wird  erst  im  fünften  Jahrhundert  beglaubigt,  in  Chur 
zu  Anfang,  Metz  um  Mitte,  Sitten  (Sion)  und  Sähen  (Brixen)  zu 
Ende  des  sechsten  Jahrhunderts.  Für  Utrecht  "Worms  Speier  Strass- 
bürg  Basel  giebt  es  keine  älteren  zweifellosen  Nachrichten,  als  aus 
dem  siebenten,  für  Augsburg  Konstanz  Freising  Regensburg  Salz- 
burg Würzburg  Lüttich  Eichstädt  Büraburg  (BWtzlar)  Erfurt  erst 
aus  dem  achten  Jahrhundert. 

Da  nun  die  geschichtlichen  Quellen  über  das  Dasein  von 
Christengemeinden  so  spärlich  fliessen,  müssen  wir  für  jede  andere 
glaubwürdige  Nachricht  um  so  dankbarer  sein.  Dass  es  in  Salzburg 
und  in  den  Donaustädten  Batavis  (Passau)  Quintanis  (Osterhofen 
zwischen  Straubing  und  Passau)  und  Favianis  (oberhalb  Pechlarn) 
in  den  letzten  Zeiten  des  fünften  ^  Jahrhundert  zahlreich  Christen 
gab,  wissen  wir  aus  der  Lebensbeschreibung  des  h.  Severin,  der 
damals  in  jenen  Gegenden  waltete  als  ein  wahrer  Apostel,  mit  Rath 
und  That  die  Christen  gegen  die  räuberischen  Schaaren  der  Germanen 
beschützte,  mit  deren  HäupÜingen  unterhandelte,  die  Flüchtigen 
sammelte  und  von  einer  Stadt  zur  andern  führte,  bis  sie  wieder  Unter- 
halt fanden.  Eine  Königin  Fritigil  bei  den  Markomannen  war  von 
einem  Römer  bekehrt  und  hatte  nun  solches  Verlangen,  den  h.  Am- 
brosius  kennen  zu  lernen,  dass  sie  nicht  bloss  Gesandte  an  ihn  schickte, 
sondern  auch  selbst  die  Reise  nach  Mailand  antrat:  er  war  aber  398 
gestorben,  ehe  sie  sein  Antlitz  gesehen.  Bei  den  Franken  muss  es 
auffallen,  dass,  sobald  ihr  König  Christ  zu  werden  begehrte,  alles 
Volk  um  ihn  her  einhellig  zustimmte,  so  dass  mit  Chlodwig  sich 
gleich  dreitausend  Mann  seines  Gefolges,  nach  einem  andern  Be- 
richt 364  Adlige,  taufen  Hessen.  Offenbar  war  damals  unter  den 
Franken  längst  eine  Menge  vom  Christenthum  innerlich  berührt 
und  ihm  hold  geworden.  Es  konnte  ja  nicht  fehlen,  dass  sie  von 
schweifenden  Priestern  und  christlichen  Kaufleuten  Offizieren  und 
Beamten  öfter  von  der  neuen  Religion  hörten  und  sich  näher  dar- 
nach erkundigten.  Das  fränkische  Königsgeschlecht  aber  hatte  fest- 
gehalten am  Glauben  der  Väter,  wie  ja  in  den  deutschen  Fürsten- 
häusern die  alte  Stammessitte  stets  am  längsten  fortlebte. 


Kulturgeschichte  und  Archivar. 


299 


Nun  hat  sich  gerade  auf  dem  deutschen  Frankenboden 
eine  Menge  christlicher  Grabsteine  gefunden  mit  germanischen 
Männernamen,  wie  Grutilo  Ludino  Sicco  Boddi  Eppo  Ivio  An- 
serico  Randoaldus  Hugdulfus  ünfachlas  Velandus,  und  Frauen- 
namen wie  Alberga 
Pauta  Duda  Berti-  f^ 
sindisIindisTheu- 
delindis  Audolen- 
dis.i)  Das  Gebiet 
dieser  Grabsteine 
reicht  von  Worms 
bis  Köln :  Worms 
seIbst,Mainz  Wies- 
baden Bingen 
Kreuznach  Hed- 
dernheim  Oestrich 
Boppard  sind  die 

vorzüglichsten 
Fundorte.  Viel  sel- 
tener Hessen  sich 
Grabsteine  sol- 
cher Art  in  Süd- 
deutschland, wie 
beiStrassburgund 
Äugst,  antreffen. 
Die  Inschriften 
lauten :  Hie  in 
pace  quiescet  Gru- 
tilo, —  oder;  In 
hunc  titolo  requi- 
iscit  bone  memo- 
riae  Bertisindis 
qui  vixxt  anius  xx 
Randoaldus  qui 
vixxit  annus  .  .  . 
(felic)  eter.  Je 
näher  dem   galli- 

*)  Abbildungen  dieser  Grabsteine  bei  Eduard  Le  Blant  Inscriptions 
chretiennes  de  la  Gaule  antorieures  au  Vlll.  siötle,  Paris  185G.  — -  J.  Becker Pie 


;&isqiM 


300  Löher: 

sehen  "Westen,  desto  mehr  verschwinden  deutsche,  und  treten 
römische  oder  romanisirte  Namen  auf,  Sie  finden  sich  stets  nur 
an  Hauptorten  der  römischen  Niederlassung,  jedoch  lässt  sich  nicht 
sagen,  dass  man  sie  an  jedem  Hauptorte  antreffen  müsse ;  denn  die 
bis  jetzt  festgestellten  sind  nur  zufallig  erhalten  worden. 

Die  Frage  ist:  aus  welchem  Jahrhundert  stammen  diese  Grab- 
steine? Da  Jahreszahlen  niemals  beigesetzt  sind,  haben  wir  zur  Be- 
antwortung niclits  als  die  Vergleichung  der  Schrift,  der  Sprache,  der 
Verzierung, und  der  etwaigen  Beigaben,  die  sich  in  den  Gräbern  fanden. 

Selten  erscheint  eine  Schrift,  die  so  gleich-  und  regelmässig, 
wie  die  schöne  Quadratschrift  an  den  Grabsteinen  römischer  Offi- 
ziere. Fast  überall  zeigt  sich,  wie  in  minder  feierliehen  römischen 
Inschriften,  z.  B.  in  dem  bekannten  Militärabschied  im  Antiquarium 
zu  München,  ein  Hang  zur  Kursive,  und  auf  den  meisten  christ- 
lichen Grabsteinen  nimmt  die  Verhässlichung  der  Schrift  mehr  und 
mehr  Ueberhand?  jedoch  ist  kaum  auf  irgend  einem  die  Schrift  so 
verworren  und  verzerrt,  so  willkührlich  in  einander  gehängt  und 
geschlungen ,  wie  sie  uns  in  der  Merowinger  Kursive  entgegen- 
tritt. Vergleicht  man  vollends  die  einzelnen  Buchstaben,  so  zeigt 
sich  kaum  bei  dem  einen  oder  andern  Aehnlichkeit  mit  der  Mero- 
winger Kursive.  Fast  dasselbe  Ergebniss  liefert  die  Vergleichung 
mit  der  Bücherschrift  zur  Merowinger  Zeit,  aus  welcher  es,  wenn 
auch  wenige,  doch  einige  Kodizes  noch  vom  fünften  Jahrhundert 
giebt.  Während  die  letztere  zur  weichen  Unzialschrift  sich  abrundet, 
hält  die  Schritt  auf  den  Grabsteinen  sich  noch  möglichst  an  die 
römische  Quadratschrift,  und  tritt  in  den  Buchstaben,  namentlich 
in  a,  e,  u,  sowie  in  mehreren  Konsonanten  die  Verschiedenheit 
scharf  hervor.  Endlich  die  zwei  oder  drei  ächten  Siegel  von  den 
Merowinger  Königen  ergeben  zusammen  nur  ein  paar  verstümmelte 
Worte,  deren  Buchstaben  zwar  den  auf  den  Grabsteinen  befind- 
lichen ähnlich,  jedoch  noch  viel  roher  aussehen.  Wären  aber  die 
Grabsteine  erst  zur  Merowinger  Zeit  entstanden,  so  würden  sie 
auch  an   der  damals   gewöhnlichen   Schriftweise  theilnehmen;    die 

ältesten  Spuren  des  ChristentlmtuB  am  Mittelrhein  in  den  Annalen  des  Vereins 
für  Nassauische  Alterthumskunde,  Wiesbaden  1864  und  imS,  VII  1—72.  IX 
132—147.  Vgl.  Münz  VIII  347  ff.  —  Linden  sc  hmit  Die  Alterthümer  unserer 
lieidnischen  Vorzeit,  Mainz  1858  und  1870,  I.  Heft  III.  Tafel  8,  II,  HeftV.  Taf .  5, 
Üerselbe  Handbuch  der  deutschen  Alterthunnkunde,  Braunschweig  1880,  Se!te 
UX)— io:>. 


Kulturgeschichte  und  Archivar.  301 

Steinmetzen  waren  ja  sicher  im  Entwerfen  der  Schriftzüge  nicht 
geübter,  als  die  gebildeten  Schreiber  der  Urkunden. 

Mit  dem  Latein  dieser  Grabsteine  verhält  es  sich  ähnlich.  So 
selten  es  rein  und  richtig,  so  häufig  ist  es  verderbt  wie  die  Vulgär- 
sprache, allein  noch  nicht  so  barbarisch,  wie  das  unter  den  Mero- 
wingem  übliche  Latein. 

Die  Zeichen  und  Bilder  aber,  die  auf  den  in  Rede  stehenden 
Denkmälern  in  Deutschland  vorkommen  —  das  Labarum,  das  Bjreuz 
mit  dem  Alpha  und  Omega,  die  Tauben  und  Pfauen,  die  Oelzweige, 
—  sind  dieselben,  durch  welche  man  in  den  römischen  Katakomben 
und  anderswo  auf  den  ältesten  christlichen  Grabsteinen  den  Glau- 
ben an  den  Erlöser  und  die  Unsterblichkeit  ausdrückte.  Eine  alt- 
germanische  Eigenthümlichkeit  sind  die  vier  Sonnenräder  auf  dem 
Denkmal  der  Bertisindis  im  Mainzer  Museum,  und  dass  auf  andern 
solchen  Grabsteinen  sich  eine  Neigung  zeigt,  das  Labarum  mit 
einem  Kreise  zu  umziehen  und  zu  einem  Sonnenrade  zu  gestalten. 
Die  Zickzackverzierungen  aber  auf  dem  Bertisindisstein  ähneln  gar 
sehr  dem  Aeltesten,  was  wir  von  germanischem  Verzierungsstil  be- 
sitzen, nämlich  an  den  Waffen  des  Westgöthenkönigs  Theodorich, 
der  in  der  grossen  Hunnenschlacht  451  fiel,  und  des  Frankenkönigs 
Chilperich,  der  481  in  Doornik  (Tournay)  begraben  wurde,  i) 

Mehreren  Christen,  denen  die  Grabsteine  angehörten,  waren 
auch  nach  altgermanischer  Art  Waffen  und  Thon-  und  Erzgefässe 
in's  Grab  gegeben,  dabei  Münzen,  in  den  Mund  gesteckt,  oder  ein 
Becher  mit  Haselnüssen  gefüllt  beigesetzt,  jenes  ein  römischer,  dieses 
ein  altgermamscher  Brauch.  Es  fanden  sich  aber  auch  Täubchen  Thon 
Ringe  Lanzen  und  sonstiges  Geräthe  mit  dem  Labarum,  Kruzifixe 
oder  Thonplättchen  mit  dem  Kreuzzeichen,  Fische  von  Glas,  ^ämmt- 
lich  Symbole,  durch  welche  man  in  den  frühesten  Zeiten  des  Christen- 
fhums,  als  seine  Bekenner  noch  mitten  unter  Leuten  eines  andern 
Glaubens  wohnten,  die  Christengräber  kenntlich  machte. 

Nimmt  man  alles  Dies  zusammen,  so  lässt  sich  nicht  zweifeln, 
dass  die  französischen  Führern  folgende  Meinung,  nach  welcher 
die  in  Rede  stehenden  Grabsteine  in  die  Merowinger  Zeit  zu 
setzen,  kaum  mehr  festzuhalten.  Sie  gehören  der  Zeit  an,  auf  welche 
der  Charakter  der  Schriftzüge  hinweist,  nämlich  dem  zweiten,  dritten, 
vierten  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung.    Die  meisten  sind  wohl 


*)  Peign^  de  la  Court  Sur  le  lieu  de  la  bataille  d  Attila.    Paris  1860. 


302  Löher: 

in  dem  Jahrhundert  nach  dem  Markomanenkriege  gesetzt  worden, 
in  einer  Epoche,  in  welcher  am  Rhein  und  an  der  Donau  Terhältniss- 
mässig  am  meisten  Ruhe  herrschte.  Deutschland  war  damals  noch 
der  altgermanischen  Religion  ergeben ,  auch  auf  römisch-deutschem 
Kulturgebiet  blieb  sie  weit  überwiegend.  Jedoch  gab  es  hier,  wenn  nicht 
in  den  meisten,  doch  in  vielen  von  den  Römern  gegründeten  Städten 
christliche  Gemeinden  und  vielleicht  auch  vereinzelt  Christen  auf 
germanischen  Höfen  und  Burgen.  Germanen  waren  ja  im  Allge- 
meinen in  Sachen  der  Religion  duldsam.  So  lange  Einer  die  ihrige 
nicht  offen  verhöhnte  und  dadurch  sie  selbst  beleidigte,  schlug  ihn 
Niemand  todt :  vor  allen  andern  Dingen  erschien  Religion  als  Hort 
und  Ausfluss  der  inneren  Freiheit. 

Die  hier  gewonnenen  Ergebnisse  kommen  der  Erklärung  eines 
Pundstückes  zu  Gute,  das  zu  den  seltensten  und  merkwürdigsten 
Schmucksachen  gehört,  die  aus  den  Gräbern  unserer  germanischen 
Vorfahren  jemals  an's  Tageslicht  kamen. 

Bei  Arbeiten  in  einem  Steinbruch  bei  dem  Dorfe  "Wittislingen, 
das  an  der  Römerstrasse  liegt,  die  von  Karlsbronn  über  Datten- 
hausen  und  Lauingen  zum  Donauübergang  bei  Faihingen  führt, 
wurde  vor  zwei  Jahren  in  einem  tief  eingehauenen  Felsengrab  ein 
Schatz  gefunden,  durch  dessen  Erwerb  für  das  Nationalmuseum  in 
München  dessen  hochverdienter  Direktor,  Herr  v.  Hefher- Alteneck, 
die  herrlichen  Sammlungen  in  der  schönsten  und  werthvollsten 
Weise  bereicherte.  Denn  nicht  allein  der  kostbare  Stoff,  aus  wel- 
chem diese  Schatzstücke  verfertigt  waren,  sondern  auch  ihre  Orna- 
mentik und  Inschrift,  sowie  die  Bestattungsart  ihrer  Besitzer,  —  es 
fanden  sich  in  dem  Grabe  deren  Skelettreste,  —  geben  höchst 
beachtenswerthe  Fingerzeige  zur  Aufhellung  germanischer  Kultur. 
Neben  Zierscheibe,  Ring,  Kapsel,  grossem  Haarnadelknopf  und  Zier- 
beschlägen für  Bücher,  Gürtel,  Gewänder  und  Riemen,  sämmtlich  aus 
feinem  Gold  und  Silber  und  zum  Theil  mit  Bandwerk  von  rothem 
Edelgestein  (Zirkonit,  genannt  Hyazinth)  besetzt,  neben  einer  Bronze- 
schale mit  Handhabe,  einer  Muschel  und  manchen  Trümmern  von 
Schmuck-  Haus-  und  Waffengeräth  aus  Bronze  und  Eisen,  das  in 
der  Länge  der  Zeit  im  feuchten  Grabe  zerging,  fand  sich  auch  eine 
Fibula  oder  Gewandspange,  die  ihrer  Grösse  und  Zierrathen  wegen  so 
ziemlich  einzig  in  ihrer  Artist,  durch  ihre  Inschrift  aber  ein  anziehendes 
Räthsel  aufgiebt.  Der  Stoff  ist  Silber,  auf  der  Hauptseite  reich  be- 
1^  mit  Gold,  goldgeflochtenem  Bandwerk  und  rothem  Edelgestein, 


Kulturgeschichte  und  Archivar. 


303 


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10 


auf  der  Rückseite  steht  die  Inschrift  eingegraben  und  mit  schwarzem 
Email  ausgefüllt.  Aus  welcher  Zeit  stammen  nun  die  Schriftzüge 
auf  dieser  Kbel? 

In  dem  schönen  "Werke  „Kunstschätze  aus  dem  k.  bayerischen 
Nationalmuseum"  heisst  es  darüber:  „Man  darf  annehmen,  dass 
diese  Schrift  von  einem  der  Schrift  nicht  Kundigen  angefertigt 
wurde;  denn  sie  enthält 
einige  nicht  leicht  er- 
kenntliche und  versetzte 
Buchstaben,  welche  eine 
verschiedenartige  Aus- 
legung zulassen.  Dem 
Wesen  nach  lautet  sie: 
üffila  vivat  in  Deo  filix 
(=  felix)  inocens  funere 
CApta  quia  vir  (e)  dum 
pottti  fui  (fui)  fidelissima 
tua.  Uffila  möge  in  Gott 
glücklich  leben.  Un- 
schuldig (bin  ich)  vom 
Tode  erfasst  worden,  weil 
ich  0  Mann  (oder  mei- 
nem Manne)  so  lange 
ich    konnte    Deine    ge- 

treueste  gewesen  bin.  —  Der  in  Abkürzungen  sich  anreihende 
Schluss  scheint  eine  Weiheformel  zu  enthalten.  (?)"  —  Es  möchte 
indessen  zu  lesen  sein: 

Uffila  vivat  in  Domino  filix  inocens  funere  capta  quia  vire 
dum  potui  fui  fui  fidelissima  tua  Tisa  in  Deo  pio.  Darunter  steht 
auf  der  einen  Seite  Via  fati  und  auf  der  andern  Wigerig  fet  (fecit). 
Der  Siegelstecher  dieses  Namens  fügte  noch  das  unenträthselte 
s .  .0 . .  m . .  a . .  f .  .e  (oder  gar  somate  ?)  hinzu  und  füllte  die  übrigen  leeren 
Stellen,  wie  es  damals  öfter  geschah,  willkürlich  mit  Buchstaben  aus. 

Wir  ziehen  zum  Vergleiche  einen  Grabstein  herbei,  der  vor 
etwa  zwanzig  Jahren  in  Köln  entdeckt  wurde  und  sich  im  Wallraf- 
Museum  befindet.  Seine  Inschrift  lautet:  Leontius  hie  jacit  fidelis 
puer  dulcissimu^  patri  pientissimus  matri  qui  vixit  annus  VII  mensis 
in  et  dies  VI  innocons  funere  raptus  beatus  mente  felix  et  in 
pace  recessit. 


304  Löher: 

Unter  dieser  Inschrift  steht  Christi  Monogramm  mit  dem 
Alpha  und  Omega  und  an  jeder  Seite  das  Täubchen.  Die  Forscher, 
welche  darüber  geschrieben,  setzen  diesen  Grabstein  an  das  Ende 
des  dritten  Jahrhunderts  oder  in's  vierte  oder  in  die  erste  Hälfte 
des  fünften.  1)  Das  Wort  fidelis  bezeichnete  auf  'den  altchrist- 
lichen Grabsteinen  die  Treue  und  Frömmigkeit  im  Glauben,  —  das 
ebenso  häufig  vorkommende  innocens,  auch  zu  inox  verderbt,  das 
sündlose  Leben,  —  felix  entspricht  unserm  selig^oder  glückselig  im 
Herrn,  —  funere  raptus  oder  captus  war  der  durch  raschen  Tod 
dahin  Geraffte. 

Demgemäss  würde  die  Uebersetzung  der  Inschrift  auf  der 
Mantolspange,  in  welcher  das  vire  offenbar  nur  eine  barbarische 
Abkürzung  für  vivere  ist,  etwa  lauten :  „üfBla  lebe  selig  im  Herrn ! 
Sündlos  bin  ich  vom  Tode  weggerafft;  denn,  so  lange  ich  leben 
konnte,  war  ich  die  Qlaubensgetreueste,  Deine  Tisa,  im  Herrn." 
Die  Spange  war  ohne  Zweifel  das  kostbarste  Schmuckstück  ihres 
Hauses,  und  als  die  Witwe  ihren  raschen  Tod  und  die  Wieder- 
vereinigung mit  ihrem  Gatten  im  Grabe  voraussah,  ordnete  sie 
an,  dass  ihr  theuerstes  Kleinod  die  Inschrift  empfange  und  dann 
in's  gemeinschaftliche  Grab  komme.  Der  Siegelstecher  Wigerig 
schrieb  noch  seinen  Namen  bei  und  die  überflüssige  Mahnung 
„Weg  des  Schicksals"  oder  „So  geht  es"  nebst  den  übrigen  Buch- 
staben. 

Der  Schriftcharacter  reihet  nun  diese  Spange  entschieden  den 
besprochenen  Grabsteinen  an.  Auf  deren  Entstehungszeit  weiset 
auch  die  Hegräbnissstätte  hin,  —  ein  einsames  Grab  tief  im  Gestein 
eingehauen,  —  während  nach  Bekehrung  der  Umgegend  zum  Christen- 
thum  sicher  der  gemeinsame  Kirchhof  benutzt  worden  wäre.  Damit 
stimmt  der  Verzierungsstil  überein,  sowohl  an  der  Spange  selbst, 
als  an  den  übrigen  Schmuckstücken,  welche  im  Grabe  lagen.  Wie 
an  diesen,  finden  sich  Stierhaupt,  Schnäbel,  und  das  Bandwerk  mit 
den  Schlangenköpfen  an  dem  ältesten  Geräth  solcher  Art  aus  ger- 
manischer Zeit,  der  Ring  mit  dem  Haupte  ähnelt  dem  Ringe  König 
Chilperich's,  und  die  Ornamentik  der  Zierscheibe  und  Kapsel  er- 
innert an  etruskische  und  römisch -griechische  Vorbilder. 


*)  Fiedler  in   den   Bonner   Jahrbüchern  XLII  76.     Becker  in   den 
Nassauischen  Annalen  IX  146. 


Knlturgesohichte  und  Archivar.  305 

Wir  werfen  noch  einen  Blick  auf  die  nächsten  sechs  Jahr- 
hunderte. Lindenschrait,  durch  dessen  Scharfsinn  und  vergleichendes 
Talent  so  Manches  im  germanischen  Alterthum  erst  in's  rechte  licht 
und  Zeitmass  gerückt  worden,  setzt  die  besprocheneu  Grabsteine 
in  die  Merowinger  Zeit  und  sagt  bei  dem  Bertisindis-Stein :  „Die 
vier  radförmigen  Figuren  zu  beiden  Seiten  des  Kreuzes  sind  nicht 
wohl  als  Symbole,  sondern  als  einfachste  Verzierungen  zu  betrachten, 
die  sich  auf  den  ürabsteinen  der  Carolingischen  Zeit  zu  förmlichen 
Rosetten  entwickelt  zeigt."  Wir  betonen  dagegen  eine  Thatsache, 
die  doch  auffallen  sollte.  Aeusserst'  selten  finden  sich  nämlich  in 
Deutschland  aus  der  ganzen  langen *Zeit  der  Merowinger,  Karolinger, 
sächsischen,  und  salischen  Kaiser  noch  Grabdenkmäler  mit  einer 
Inschrift  in  Stein  oder  Erz. 

Man  müsste  erwarten,  wenn  nicht  Königen  und  Fürsten,  wäre 
wenigstens  einigen  der  zahlreich  hervorragenden  Bischöfe  und  Aebte, 
die  zu  jener  Zeit  das  grosse  Wort  führten  und  römische  Sitte  und 
Kultur  liebten,  ein  Inschriftdenkmai  aufs  Grab  gelegt.  Es  ist  ja 
unmöglich,  dass  fast  jedes  Stück  dieser  Art,  wenn  es  einmal  her- 
gestellt worden,  im  Laufe  der  Zeiten  zerschlagen  und  zertrümmert 
wäre.  Wir  haben  die  vielen  Kirchen,  deren  Grundlagen  wenig- 
stens oder  doch  die  Krypten  noch  aus  jener  Zeit  stammen:  Diese 
m4issten  angefüllt  sein  mit  redenden  Grabdenkmälern  in  Erz  oder 
Stein.  Da  das  nicht  der  Fall  ist,  so  spricht  es  ebenfalls  dafür, 
dass  die  Grabsteine  mit  lateinischer  Inschrift,  die  sich  erhalten 
haben,  aus  der  Zeit  römischer  Herrschaft  in  Deutschland  stammen. 
Sobald  die  Germanen  wieder  Herren  im  eigenen  Hause  waren, 
Hessen  sie  ebenso  wie  im  Rechts-  und  Staatswesen  den  römischen 
Brauch  fallen  und  kehrten  zu  ihrer  nationalen  Sitte  zurück,  die 
über  dem  stummen  Todten  wohl  den  Grabhügel,  ungern  aber  eine 
Inschrift  duldete,  in  welcher  der  Leichnam  gleichsam  noch  aus  der 
Erde  heraus  schrie.  Das  war  nach  ihrem  Gefühl  mit  der  stillen 
Erhabenheit  von  Grab  und  Tod  nicht  vereinbar.  Auch  am  Grabmal 
Theodorich's  zu  Ravenna,  das  in  seiner  ganzen  Gestalt  wie  in  vielen 
Einzelheiten  weniger  das  Grabmal  des  Kaisers  Hadrian,  als  einen 
riesigen  Grabhügel  germanischer  Könige  nachahmt,  findet  sich  nicht 
die  leiseste  Andeutung  einer  Inschrift.  Erst  in  der  Hohenstaufen- 
zeit,  in  welcher,  ein  so  mächtiger  Um-  und  Aufschwung  der  ge- 
sammten  Bildung  Statt  hatte,  neigte  man  sich  auch  im  Bau  und 
Schmuck  von  Grabmälern  der  antiken  Weise  wieder  zu. 

ArchlvaliBche  Zeitschrift  VIII.  20 


306  Löher : 

Grabschriften  oder  EpitÄphien  gab  es  freilich  in  Menge,  i) 
besonders  in  den  Kreisen  der  Mönche  und  ihrer  Schüler.  Man  darf 
sich  aber  nicht  täuschen  lassen,  wenn  sie  beginnen :  Hie  jacet,  oder : 
Pars  eram,  oder  die  Nachricht  sie  begleitet:  tumulo  superscripsit. 
Denn  sie  waren  nicht  bestimmt,  dem  Denkmal  eingegraben  zu 
werden,  sondern  blieben  ein  vorübergehendes  Todtenopfer  der  Ver- 
ehrung und  der  Freundschaft,  oft  nur  der  geistreichen  Versübung. 
Schon  ihrer  Länge  wegen  eigneten  sich  die  wenigsten  zur  Aus- 
führung in  Stein  oder  Erz,  und  öfter  stehen  in  den  Kodizes  mehr 
als  ein  Epitaph  auf  dieselbe  Person  beisammen.  Fünf  Beispiele 
seien  hier  erwähnt.  2)  Es  enthält  ein  Tegernseer  Kodex  aus  dem 
Ende  des  eilften  Jahrhunderts  auf  der  Münchener  Hof-  und  Staats- 
bibliothek zu  Ende  eine  kleine  Sammlung  von  Epitaphien:  darunter 
auf  einen  gewissen  Ejo,  der  Bischof  oder  Abt  gewesen,  zuerst  eine 
Grabschrift,  die  in  der  dritten  Person  beginnt:  Nobilis  ecce  jacet 
tumuli  tellure  sepultus,  —  dann  eine  zweite  von  einer  andern 
Hand:  Ejo  eram  praesul  venerabilis  olim, — und  daran  ist  ein  drittes 
Gebet  geknüpft:  Ejoni  requiem.  Domine,  concede  perennem.  Aus 
dem  Jahre  978  wird  erwähnt,  dass  Deoderich  dem  tumulus  seines 
Neffen,  des  jungen  Everard,  epitaphium  super  addidit  aureis  exara- 
tum  literis.  Aus  der  gleichen  Zeit  erfahren  wir,  dass  zum  Andenken 
des  Bischofs  Gebhard,  der  in  der  Petershauser  Kirche  vor  dem 
Altar  begraben  wurde,  auf  diesem  ein  Täfelchen  mit  den  Bildern 
Gottes,  des  h.  Gregor,  und  Gebhard's  stand,  in  superiori  autem 
parte  ojusdem  tabulae  erant  lamine  de  cupro  factae  affixae,  in 
quibus  hoc  epitaphium  aureis  litteris  est  conscriptum.  Das  Grabmal 
aber  stand  in  einem  Kapellchen  und  war  aus  Quadersteinen  über 
der  Erde  erhöht,  zu  Häupten  erhob  sich  ein  Kruzifix  und  zur 
Rechten  das  Abbild  des  Bischofs  mit  Leviten  zur  Seite,  Alles  aus 
Gips  hergestellt.  In  derselben  "Kirche  waren  um  die  Mitte  des  eilften 
Jahrhunderts  die  Abbilder  von  vornehmen  Adligen  und  ihren  Frauen, 
die  man  darin  begraben  hatte,  an  den  Wänden  abgemalt  und  In- 
schriften daneben  zu  lesen,  gleichwie  neben  Wolfgang's  Grab  zu 
Regensburg  bloss :  „Post  sex".    Von  Denkmälern  aber,  die  in  Erz  und 


»)  z.  B.  Mon.  Germ.  SS.  IV  457.  480.  633.  636-637.  672.  673.  XIH 
575  638  6:^9  643  658.  Pez  Thesaur.  Anecdot.  I.  praef.  p.  XXVII,  und  tonL 
VI  b— 10. 

»)  Cod  lat.  no.  1940.  Pez  VI  7—8.  Mon.  Germ.  SS.  IV  480.  542.  792. 
XX  639.  644. 


Kulturgeschichte  und  Archivar.  307 

Stein  eine  Inschrift  trugen,  geschieht   um   diese  Zeit  kaum  jemals 
Erwähnung. 

Wo  sich  daher  Grabesinschriften  darbieten ,  die  aus  jenem 
langen  Zeiträume  herrühren  sollen,  sind  sie  sorgfaltig  darauf 
zu  prüfen,  ob  sie  wirklich  eine  Ausnahme  bildeten?  Den  Ausschlag 
in  der  Beurtheilung  aber  muss  die  Vergleich nng  des  Schriftcharakters 
mit  gleichzeitigen  Siegeln  und  Handschriften  geben,  wie  sie  sich 
in  Archiven  und  Bibliotheken  finden.  Mögen  sich  insbesondere  die 
Archivare  der  Prüfung  annehmen!  Anlass  zeigt  sich  genug  in 
Museen  wie  in  Kunstgeschichten.  Es  seien  hier  nur  ein  paar  Bei- 
spiele aufgeführt. 

Wie  lange  ist  nicht  am  Mainzer  Dom  der  marmorne  Grabstein 
der  Fastrada,  dritten  Gemahlin  Karl  des  Grossen,  als  ein  kostbares 
Stück  aus  des  gewaltigen  Kaisers  Zeit  gepriesen  worden  ?  Er  wurde 
von  Neuem  abgebildet  in  einer  jüngst  erschienenen  „Geschichte  der 
Deutschen  i)."  Auf  den  ersten  Blick  hätte  man  sehen  müssen,  dass 
der  Stil,  in  welchem  der  Rahmen  verziert  worden,  weit  ab  von  jener 
Zeit  lag.  Unter  den  Ruhmhexametern  stand  die  Jahreszahl  794  in 
arabischen  Ziffern.  Als  auch  dies  bedenklich  erschien,  suchte  man^ 
wenigstens  die  Inschrift  selbst  als  acht  karolingisch  festzuhalten,  ob- 
wohl der  erste  beste  Vergleich  mit  Siegel -Urkunden-  und  Bücher- 
schrift der  Karolinger  Zeit  die  Unmöglichkeit  darthun  musste. 

Am  Choreingang  des  Merseburger  Doms,  in  welchem  im 
Jahre  1080  Rudolf  von  Schwaben,  der  Gegenkönig  Heinrich  IV., 
in  einer  neben  der  Krypta  eigens  für  ihn  erbauten  kleinen  Halle 
beigesetzt  wurde,  befindet  sich  jetzt  die  bronzene  Platte,  welche 
damals  sein  Grab  bedeckt  haben  soll.  Sie  zeigt  in  leicht  erhabener 
Arbeit  sein  Bildniss,  dessen  Umschrift  lautet: 

Rex  hoc  Rudolfus,  patrum  pro  lege  peremptus, 

Plorandus  merito  conditur  in  tumulo. 

Rex  illi  similis,  si  regnet  tempore  pacis, 

Consilio  gladio  non  fuit  a  Karolo. 

Qua  vicere  sui,  ruit  hie  sacra  victima  belli. 

Mors  sibi  vita  fuit,  ecclesiae  cecidit. 
Im    Kreuzgang  des   Germanischen  Museums    ist    eine    Nach- 
bildung dieses  Denkmals  angebracht,  und   im   bekannten  Trachten- 


*)    Stacke    Deutsche   Geschichte.      Bielefeld    und    Leipzig    1880,     J, 
S.  VIU;  195. 

20* 


308  Löher: 

werk  von  Hefher-Alteneck  ^)  wird  das  Denkmal  vorgeführt  und  zu- 
gesetzt: „Das  reiche  Kostüm  erinnert  durch  seinen  Schnitt  und 
seine  Verzierungen  an  ähnliche  aus  der  spätrömischen  Zeit  des 
VI.  und  VII.  Jahrhunderts."  Wir  hätten  hier  also  schon  vor  dem 
zwölftten  Jahrhundert  ein  vollständiges  Bildniss  auf  einem  Grab 
nebst  umlaufender  Inschrift  auf  derselben  Erzplatte.  Weiss  in  seiner 
Kostümkunde  2)  nimmt  dieselbe  zum  Beweise,  dass  die  Vermischung 
und  Vermittlung  fränkischer  und  byzantinischer  Tracht  mit  dem 
Anfange  des  eilften  Jahrhunderts  begann,  gegen  Mitte  dieses  Zeit- 
raums zunahm,  „und  sich  zu  Ende  in  beständig  engerem  Anschluss 
an  die  griechische  Tracht  überhaupt  zu  jenem  Reichthum  entfaltete, 
wie  solchen  nun  die  um  1080  in  Bronze  verfertigte  Grabstätte  des 
Gegenkönigs  Kudolf  von  Schwaben  im  Dom  zu  Merseburg  wahr- 
nehmen lässt".  Bei  Lübke^)  heisst  es:  »Wie  man  in  der  zweiten 
Hälfte  des  eilften  Jahrhunderts  auch  Grabmonumente  schon  aus- 
nahmsweise aus  Erz  zu  bilden  versuchte,  beweisen  mehrere  eherne 
Grabstätten,  welche  die  Figur  der  Verstorbenen  in  flachem  Relief 
und  noch  mit  sehr  geringem  Naturgefülil  vorführen.  Die  älteste 
dieser  Platten  findet  man  im  Dom  zu  Magdeburg,  eine  andere  im 
Dom  zu  Merseburg  stellt  den  Gegenkönig  Rudolf  von  Schwaben  dar.* 
Püttrich'*)  sagt:  »Schon  der  strenge  byzantinische  Stil,  welcher  in 
seiner  ganzen  Gestalt  und  in  der  Art  der  Bearbeitung  des  Metalles 
sich  ausspricht,  sodann  die  Form  der  Buchstaben  in  der  Umschrift 
und  mehrere  andere  Gründe  bürgen  dafür,  dass  dieses  Denkmal 
unmittelbar  nach  dem  Tode  Rudolfs  verfertigt  worden  ist  Dieses 
Monument  ist  daher  als  eines  der  ältesten  plastischen  Kunstwerke 
Sachsens,  dem  in  ganz  Deutschland  hinsichtlich  der  Aechtheit  nur 
wenig  gleichzeitige  an  die  Seite  gesetzt  werden  können,  von  grösster 
Wichtigkeit.« 

Nun   ist  Rudolf  von   Schwaben   in   der  That  mit  königlicher 
Pracht   im  Cho,r  der  Merseburger  Domkirche  bestattet:    es   lag  im 


*)  V.  Hefner- Alteneck  Trachten,  Kunstwerke  und  Greräthschaften 
vom  frühen  Mittelalter  bis  Ende  des  achtzehnten  Jahrhunderts.  IT.  Aufl.  Frankfurt. 
Nr.  56. 

•)  Herrn.  Weiss  Kostümkunde.  Geschichte  der  Tracht  und  des  Ge- 
räthes  im  Mittelalter.    Stuttgart  1864.    S.  535. 

«)  Wilh.  Lübke  Grundriss  der  Kunstgeschichte.   Stuttgart  1876.  I  368. 

*)  L.  Püttrich  Denkmale  der  Baukunst  des  Mittelalters  in  Sachsen. 
Leipzig  1832—1843.    S.  19. 


Kiilturgeschiche  und  Archivar.  309 

Interesse  seiner  Partei,  sein  legitimes  Königthum  an  den  Tag  zu 
legen.  Wir  wissen  auch,  dass  wirklich  im  Jahr  1156  eine  eherne 
vergoldete  Platte  mit  seinem  Bildniss  über  der  Grabstätte  lag;  denn 
das  wollte  der  Annalist,  der  im  genannten  Jahre  die  Casus  monasterii 
Petrishusen  beendigte,  ohne  Zweifel  ausdrücken,  wenn  er  schrieb :  imago 
ex  aere  fasa  atque  deaurata  super  tumulum  transposita.  Gleich- 
wohl war  es  nicht  die  jetzige  Grabplatte.  Denn  der  Petershauser 
Mönch,  dem  wir  diese  Nachricht  verdanken,  zeigt  sich  eifrig  be- 
müht, Grabschriften  von  den  Wänden  und  von  kleinen  Tafeln  ab- 
zulesen und  vollständig  in  sein  Werk  aufzunehmen,  i)  Und  die 
Grabschrift  eines  unglücklichen  Königs,  für  welchen  er  so  ent- 
schieden Partei  nahm,  —  eine  Grabschrift,  deren  Schönheit  und 
tönender  Gehalt  gerade  für  diese  Partei  so  werthvoll  war,  —  hätte 
er  verschmähen  sollen?  Da  aber  die  Inschrift  auf  derselben  Bronze- 
platte rings  um  das  Bildniss  läuft,  und  unser  Petershauser  weder 
die  Inschrift  überhaupt  nur  erwähnt,  noch  weniger  ihre  Verse  her- 
setzt, so  bleibt  kaum  eine  andere  Annahme  übrig,  als  dasfr  die 
Grabstätte,  die  er  seiner  Zeit  sah,  von  keiner  Inschrift  umgeben 
war,  dass  sie  also  eine  andere  gewesen,  als  die  wir  jetzt  im  Merse- 
burger Chor  erblicken.  Es  ist  das  im  höchsten  Grade  zu  bedauern, 
da  ein  Portrait  in  Erz  aus  jener  frühen  Zeit  zu  haben  von  nicht 
geringem  Interesse  wäre. 

Leider  sprechen  nun  eine  Reihe  anderer  Gründe  dafür,  dass 
das  Merseburger  Erzbild  einer  viel  späteren  Zeit  seine  Entstehung 
verdankt. 

Zunächst  ist  doch  sein  Abstich  gegen  die  Plastik  des  eilften 
und  des  folgenden  Jahrhunderts  gar  zu  gross.  Im  Entwurf  wie  in 
Ausführung  und  Verzierung  fällt  dieses  Bildniss  ganz  aus  der 
organischen  Reihenfolge  der  verwandten  Kunstwerke  heraus.  Man 
vergleiche  nur  damit  die  Figuren  an  der  Kirchenpforte  und  Säule 
des  Hildesheimer  Bischofs  Bemward  und  die  Gestalt  des  Kaisers 
Rothbart  an  der  St.  Zenokirche  in  Reichenhall:  welches  derbe 
Natürgefühl  hier  wie  dort  bei  -technischer  Rohheit,  und  welche 
Feinheit  im  Rudolfsbildniss  bei  einer  Künstelei,  die  sorgsam  die 
Säume  des  Gewandes  fältelt  oder  umlegt!  Wie  dürftig  ist  dem 
gegenüber  die  Gestaltung  der  Herrscher  auf  den  Siegeln  der 
salischen    Kaiser,    und    insbesondere    auch   in    der   eckigen     und 

>)  Mon.  (;erm,  SS.  XX,  632.  <139.  ()44.  G47. 


310  Löher: 

starreu  Figur  auf  dem  Siegel  eben  dieses  Rudolf  von  Schwaben 
vom  Jahre  1079,    das   sich  im  Staatsarchiv  zu  Dresden i)  befindet! 

Nun  untersuche  man,  ob  die  Tracht  des  Königs  auf  dem 
Merseburger  Erzbild  sich  irgendwie  auf  gleichzeitigen  -Abbildungen 
finde,  —  dieser  kräftige  scharfgebogene  Schnabel,  nicht  an  Schuhen, 
sondern  gleich  an  der  Strumpfhose,  während  Schnabelschuhe  damals 
kaum  erst  auftauchten  und  nirgends  auf  Kaiserbildern  jener  Zeit 
erscheinen,  Schuhe  dagegen  sich  deutlich  auf  letzteren  markiren,  — 
diese  mächtigen  Sporen  mit  ihrer  das  Gehen  verhindernden  Be- 
festigung, —  dieser  kuriose  Beinharnisch  zu  einer  Zeit,  die  höch- 
stens Kingpanzer  kannte,  —  dieses  breite  priesterliche  Gürtelband 
um  das  Unterkleid, —  dieser  überall  bis  auf  den  Saum  des  Unterkleides 
herabwallende  Mantel,  wo  alle  Welt  einen  viel  kürzeren  üeberwurf 
trug,  —  diese  viereckig  ausgeschweifte  Agraffe  des  Mantels,  die  auch 
nicht  auf  der  Schulter,  sondern  auf  der  Brust  sitzt,  —  endlich 
diese  Kreuzchen  Sternchen  Röschen  und  Flämmchen  der  Verzierung, 
und  nicht  bloss  an  den  Gewändern-,  sondern  auch  am  Harnisch. 

Auffälliger  noch  sind  die  Insignien  gehalten.  Wenn  seine 
Partei  Rudolf  als  ihren  gesetzmässigen  König  auf  seinem  Grabe 
darstellen  wollte,  so  war  zu  erwarten,  dass  sie  das  Bildnjss  mit  den 
königlichen  Insignien  gerade  so  bekleidete,  wie  sie  damals  im  Ge- 
brauche waren.  Denn  solche  Insignien  haben  nicht  willkührüche, 
sondern  überlieferte,  feststehende,  allbekannte  Formen.  Was  aber 
erblicken  wir  hier?  Nicht  eine  Krone  mit  Zinken  und  herab- 
hängendem Schmuck,  sondern  eine  mit  Perlen  und  Edelsteinen 
verzierte  Mütze,  wie  sie  damals  die  Gebietsherren  und  jungen 
Prinzen  trugen,  z.  B.  Siboto  im  Falkensteiner  Kodex.  Den  Reichs- 
apfel drückt  Rudolf  zierlich  an  die  Brust:  niemals  zeigt  sich  auf 
Siegeln  oder  Bildern  aus  seiner  Zeit  solche  Haltung  des  Reichs- 
apfels, noch  weniger  ist  derselbe  so  geziert  und  das  Kreuz  darauf 
in  so  ausgebildeter  Gestalt  und  mit  einer  Untersatzkugel.  Das 
Szepter  der  salischen  Könige  zeigt  wohl  einmal  zwei  Lilien,  diese 
jedoch  niemals  in  solcher  Form  und  mit  Knospen,  aus  denen  sie 
aufblühen  und  in  welchen  sie  endigen.  Auch  trifft  man  niemals 
ein  Königsbild  jener  Zeit  mit  so  langem  wallenden  Mantel  über 
dem  Unterkleide,  sondern  der  König  trägt  ihn  kurz,  so  dass  der 
linke  Zipfel  der  sitzenden  Figur  ganz  in  den  Schoss  fällt. 


")  Abbildung  bei  Carl  Hef  n'er  Die  deutschen  Kaiser-  und  Königssiegel. 
Wtirzburg  1875.   Nr.  38. 


Kulturgeschichte  und  Archivar.  311 

Mögen  wir  der  Freiheit  des  Künstlers,  welcher  die  Gestalt 
schön  und  würdig  zu  geben  versuchte,  noch  so  viel  Freiheit  lassen, 
gewiss  hätte  er  am  Ende  des  eilften  Jahrhunderts  den  deutschen 
König  nicht  in  solcher  Tracht  und  mit  solchen  Insignien  dargestellt. 
Wir  haben  ein  Phantasiebild  vor  uns,  dem  man  einen  alterthümlichen' 
Ausdruck  geben  wollte,   wodurch  es  noch  mehr  verkünstelt  worden. 

Endlich  sind  die  das  Bild  umrahmenden  Verse  in  einer  Schrift 
gegeben,  welche  von  gleicher  Willkühr  und  Spielerei  deutliche  Züge 
trägt.  Am  getreuesten  ist  diese  Schrift  im  v.  Hefner'schen  Trachten- 
werk wiedergegeben.  Die  Abwechselung  von  Unzial-  und  Kapital- 
buchstaben kommt  zwar  in  jener  Zeit  vor,  kaum  aber  so  häufig  in 
wenigen  Sätzen.  Das  V  ist  mehrmals  virie  ein  umgekehrtes -D;  das 
G  und  C  und  E,  auch  einmal  das  D,  eigenthümlich  gerundet ;  besonders 
zierlich  das  M.  Solche  Buchstaben  finden  sich  weder  in  denKodizes,  noch 
in  Siegeln  aus  jener  Zeit,  am  wenigsten  das  oben  spitz  geschlossene  A. 
Ebenso  wenig  wurden  die  Abkürzungsstriche  für  per  und  um  unten 
oder  mftten  am  Buchstaben  angebracht.  Es  möchte  auch  schwer 
sein,  in  Inschriften  jener  Zeit  so  ebenmässige  glatte  und  feine  Buch- 
staben zu  finden,  ganz  abgesehen  vom  Vergleich  mit  den  derb- 
kräftigen und  ausdrucksvollen  Charakteren  auf  den  Siegeln.  Sehr 
ähnlich  ist  aber  die  Schrift  auf  der  Merseburger  Bronzeplatte  den 
Buchstaben,  in  welchen  die  Umschrift  um  die  Bildnisse  des  Grafen 
Waramund  von  Wasserburg  und  der  seligen  Aurelia  ausgeführt  ist; 
auch  die  Auffassung  und  der  Faltenwurf  der  Gestalt  ist  derselbe.  Diese 
Beiden  starben  zu  Anfang  des  eilften  Jahrhunderts,  ihre  Grabmäler 
aber  in  der  St.  Emeramkirche  zu  Kegensburg,  von  denen  sich  Ab- 
güsse im  Münchener  National museum  befinden,  wurden  sammt  den 
Inschriften  eröt  im  fünfzehnten  Jahrhundert  verfertigt.  In  dieser 
Zeit  ist  auch  wohl  des  König  Rudolf  Grabbild  entstanden. 

Verlassen  wir  jetzt  den  Merseburger  Dom  und  treten  in  den 
Magdeburger  ein.i)  Der  grosse  Kaiser  Otto  erbauete  über  dem 
Grabe  der  geliebten  Editha,  seiner  ersten  Gemahlin,  eine  kostbar 
ausgeschmückte  Kirche  und  bestimmte  sie  zu  seiner  eigenen  Ruhe- 
stätte. In  dieser  Kirche  wurden  auch  die  ersten  zehn  Erzbischöfe 
begraben.  Als  sie  im  Jahre  1207  abbrannte,  wurden  die  üeber- 
reste  der  Begrabenen,  wo  möglich  in  ihren  Särgen,  in  den  nahebei 
erbaueten  neuen  Dom  übergeführt.    Nun  fanden  sich  zwar  in  diesem 


*)  Vgl.  C.  L.  Brandt  Der  Dom  zu  Magdeburg.  Daselbst  18G3  bei  Baensch. 


312  L^l»^^»-: 

drei  Steinsärge  mit  Gebeinen,  wahrscheinlich  die  der  ersten  Erz- 
bischöfe, aber  ohne  alle  Inschrift.  Gleichwohl  steht  an  einem  Pfeiler 
im  Chorumgang  ein  Bildniss  in  Erzguss  mit  Inschrift,  welches  nach 
der  Ueberlieferung  das  Grabmal  des  noch  im  zehnten  Jahrhundert 
verstorbenen  ersten  Erzbischofs  Adalbert  gewesen  sein  soll;  nach 
Lübke  wäre  sie  die  älteste  dieser  Platten.  Die  Buchstaben  aber 
können  weder  aus  jenem,  noch  aus  den  beiden  folgenden  Jahr- 
hunderten sein :  sie  ähneln  in  Form  und  Willkühr  ganz  denen  auf 
dem  Merseburger  Erzbild  des  Königs  Rudolf,  und  stimmt  Haltung, 
Faltenwurf,  und  Verzierungsweise  des  in  halb  erhabener  Arbeit 
gegossenen  Bildnisses  ganz  mit  jenem  überein;  Um  über  die  Ent- 
stehungszeit noch  sicherer  zu  sein,  braucht  man  nur  auf  den 
Knaben  zu  Füssen  des  Bischofs  zu  blicken,  der  offenbar  eine 
Nachbildung  des  hübschen  Bronzegusses  in  Rom  ist,  des  nackten 
sitzenden  Knaben,  der  das  linke  Bein  hoch  über  das  rechte  gelegt 
hai,  um  einen  Dorn  aus  der  Sohle  zu  ziehen :  schwerlich  ist  das  römische 
Erzbild  vor  der  Zeit  der  Renaissance  in  Deutschland  so  bekannt 
geworden.  Weil  der  Hirtenstab  auf  dem  Kopf  dieser  Tragfigur 
steht,  hat  die  Sage  daraus  ein  Mädchen  gemacht,  welches  der  Erz- 
bischof im  Zorn  über  dessen  unanständige  Sitzgeberde  mit  seinem 
Hirtenstabe  erschlagen  habe.  Wie  es  scheint,  war  es  in  der  Re- 
naissancezeit unter  den  reichen  Bischöfen  und  Aebten  in  Deutsch- 
land Mode  geworden,  ihre  Kirchen  mit  solchen  Erzgussbildern 
auszuschmücken  Natürlich  musste  da  der  erste  Magdeburger 
Erzbischof  auch  sein  Bildniss  haben,  und  da  man  die  Zeit  seines 
Todes  nicht  sicher  wusste,  so  wurde  über  seinem  Haupte  in  der 
Erztafel  selbst  ein  willkührlich  gewählter  Todestag,  und  zwar  nach 
römischem  Kalender,  angegeben,  nämlich: 

Octava  decima  Februi  redeunte  Kalenda 
Quem  Dens  ascivit  praesul  venerandus  obivit. 
Kaiser  Otto's  Grabmal  bestand  in  einem  Sarg  aus  steinhartem 
Mörtel  und  war  mit  einer  antiken  Marmortafel  bedeckt.  Sobald 
im  neuen  Dom  der  Chor  fertig  war,  wurden  die  Kaisergräber  in 
diesen  hineingebracht.  Denn  für  eine  Sünde  wäre  es  erachtet,  hätte 
man  das  Grab  des  Erbauers  der  ersten  Kirche  draussen  im  zer- 
störten Gebäude  liegen  lassen.  Zweifellos  besitzt  der  Magdeburger 
Dom  noch  das  erste  Grab  Otto's:  die  grosse  Marmorplatte  aber, 
die  es  bedeckt,  ist  vollständig  leer,  niemals  stand  eine  Inschrift 
oder  nur  ein  Wort  darauf.     Hätte  <lie  SitN'  nicht  im  Jahr  973  ver- 


Kulturgeschichte  und  Archivar.  313 

boten,  das  Grab  mit  einer  Inschrift  zu  bedecken,  so  würden  wir 
sie  noch  heute  vor  uns  haben.  Erst  im  secbszehnten  und  sieb- 
zehnten Jahrhundert  wird  erwähnt:  der  Grabstein  sei  von  einer 
silbernen  Einfassung  umrahmt  gewesen,  und  darauf  hätten  in  Gold- 
buchstaben die  Verse  gestanden: 

Tres  luctus  causae  sunt  hoc  sub  marmore  clausae: 
Rex,  decus  ecclesiae,  summus  honor  patriae. 

Ist  diese  Angabe  richtig,  so  rührten  offenbar  die  silberne  Ein- 
fassung wie  die  Verse  aus  einer  viel  späteren  Zeit  her,  als  das 
Jahr  1207.  Auch  damals  hätte  man  noch  nicht  gewagt,  etwas  auf 
den  Grabstein  zu  schreiben. 

Die  Kaiserin  Editha  aber  hat  im  Dome  ein  Grabmal  mit  Eben- 
bild, Inschrift^  Wappen  und  Standfiguren.  Die  Inschrift  lautet: 
Dive  regine  Romanorum  Edit  Anglie  regis  Edmundi  filie  hie  ossa 
conduntur,  cujus  religiös!  amoris  impulsu  hoc  templura  ab  Ottone 
Magno  divo  caesare  conjuge  *  fundatum  est.  Obiit  anno  Christi 
DCCCCXLVII.  Weil  das  Todesjahr  angegeben  und  weil  die  In- 
schrift in  alterthümlichen  und  in  einander  geschriebenen  Buchstaben 
bestönd,  so  galt  es  früher  als  ausgemacht,  dass  das  Grabmal  aus 
dem  Jahr  947  herrühre.  Man  stiess  sich  nicht  daran,  dass  Otto 
schon  imeilften  Regierungsjahre  nicht  bloss  caesarund  divus,  sondern 
auch  magnus  geheissen  hätte,  —  dass  der  Kaiserin  Bild  an  der  linken 
Hand  den  Rosenkranz  trug,  der  erst  im  dreizehnten  Jahrhundert 
aufkam,  —  dass  der  Doppeladler,  die  englischen  Leoparden  und 
die  andern  Wappen  einer  viel  späteren. Zeit  angehörten.  In  Wirk- 
lichkeit aber  verweisen  der  Kunststil  wie  die  Heraldik  die  Entstehungs- 
zeit dieses  Denkmals  in  den  Anfang  des  sechszehnten  Jahrhunderts. 

Gegenüber  dem  Edithagrabmal  zeigt  sich  die  Inschrift  eines 
Steinsarges,  welche  lautet:  Nonas  Februarii  obiit  Eggela  jnater 
sancti  Annonis  Coloniensis  archiepiscopi.  Die  Buchstaben  gind  wie 
auf  Siegeln  in  der  ersten  Hälfte  des  dreizehnten  Jahrhunderts,  und 
die  Angabe  bloss  des  Todestags  entspricht  den  ersten  Aufzeich- 
nungen in  den  Nekrologen,  weil  man  zur  Abhaltung  des  alljähr- 
lichen Todtenamtes  nur  den  Sterbetag  zu  wissen  brauchte.  Zwei 
Grabsteine  im  Kreuzgang  aus  der  zweiten  Hälfte  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  zeigen  dagegen  bereits  das  Todesjahr. 

Gleich  wie  die  Magdeburger  gibt  es  noch  zahllose  Grabdenk- 
mäler, deren  hohes  Alterthum  von  jeher  feststand  und  bei  schärferer 
Prüfung   und   Vergleichung   sich   doch    nicht   festhalten  lässt.    Der 


314  Uyher: 

Archivar  möge  nur  öfter  in  unsern  alten  Kirchen  und  Domen  sich 
umsehen  und  die  Buchstaben  der  Inschriften  vergleichen  mit  der 
gleichzeitigen  Schrift  in  seinen  Siegel q  Urkunden  und  Kodizes.  Es 
wird  sich  dann  vielleicht  Manches  anders  herausstellen,  als  es  in 
den  Veröffentlichungen  der  Ortsforscher  und  Geschichtsvereine  an- 
genommen wird.  Wer  nicht  beständig  die  Schriftzüge  der  ver- 
gangenen Zeiten,  wie  sie  das  weite  Feld  der  deutschen  Kulturgeschichte 
umfasst,  vor  Augen  hat,  ist  leicht  geneigt,  Schriftcharaktere,  die  sich 
nur  ungefähr  ähneln,  für  gleichzeitig  zu  halten  und  darauf  hin 
Schlüsse  zu  bauen. 

Der  Archivar  darf  sogar  weiter  gehen  und  aufmerksam  machen, 
wo  es  ihm  scheint,  dass  der  Stil  eines  Kunstwerkes,  die  Haltung 
und  Gewandung  einer  Figur,  die  Form  und  Verzierung  eines  Ge- 
räths  nicht  recht  übereinstimmt  mit  deip  Schriftcharakter  der  an- 
geblichen Entsteh ungszeit.  Denn  es  ist  wunderbar,  wie  getreu 
sich  die  vorherrschende  Geistesrichtung  einer  Zeit  ausprägt  in  der 
Handschrift  der  damals  lebenden  Menschen.  Man  überblicke  nur 
die  allmählige  Veränderung  der  Schrift  von  den  frühesten  Zeiten 
an  bis  zu  unsern  Tagen.  In  den  verwickelten  Krit^elkratzfüssen 
der  Merowinger  Zeit  spiegelt  sich  unverkennbar,  wie  damals  germa- 
nische Sitte  und  BUdung  mit  der  antiken  und  christlichen  unbehülflich  in 
Kampfeswirren  lag.  AUmählig  lösen  erst  die  Wörter,  dann  die  Buch- 
staben sich  von  einander  ab,  und  mehr  und  mehr  wird  die  ganze 
Schrift  klarer  fester  und  gleichmässiger.  Diese  Entwicklung  beginnt 
schon  im  karolingischen  Zeitalter,  und  vollendet  sich  im  sächsischen 
und  salischen  schrittweise  nach  demselben  Gesetze,  nach  welchem 
Staat, und  Kirche  sich  stärker  und  deutlicher  in  einander  bilden 
und  die  Regel  und  die  Gleichförmigkeit  immer  weiter  greifen,  bis  sie 
mehr  und  mehr  das  ganze  Leben  beherrschen.  Die  neuen  Kultur- 
ideen, und  ihnen  entsprechend  die  grössere  Mannigfaltigkeit  selbst- 
ständiger politischer  und  gesellschaftlicher  Bildungen,  fliessen  in 
der  Hohenstaufenzeit  auch  in  die  Handschriften  ein,  und  erzeugen 
den  Hang  zum  Individuellen  und  Vielartigen,  das  im  vierzehnten  und 
vollends  im  fünfzehnten  Jahrhundert  darin  wuchert.  Die  Schrift  reinigt 
sich  wieder  in  Büchern  und  öffentlichen  Urkunden  zu  ebenmässi- 
geren  Zügen  unter  dem  Eindringen  des  antiken  Wesens  im  Zeit- 
alter der  Reformation,  während  das  Mannigfaltige,  gleichsam  das 
Persönliche,  in  den  Handschriften  der  Einzelnen  zunimmt,  gleichwie 
in   unserer  Zeit  in   der  Schrift  der   Kanzleien   und  grösseren   Ge- 


Kulturgeschichte  und  Archivar.  315 

Schäfte  ein  bestimmter  Zug  nach  Klarheit  und  Gleichmässigkeit 
sich  kundgibt,  während  in  andern  Briefen  und  Manuskripten  die  per- 
sönliche Willkühr  ihr  freies  Spiel  treibt.  Auch  bei  den  verschiedenen 
Völkern  lassen  sich  nicht  nur  nationale  Eigenthümlichkeiten  in  der 
Schrift  verfolgen,  sondern  auch  die  Noth  und  Verwirrung  schlimmer 
Kriegszeit  schattirt  sich  darin  ab :  so  bei  Franzosen  zur  Zeit  der 
Jungfrau  von  Orleans,  bei  Engländern  während  der  Kriege  der 
^•othen  und  weissen  Eose,  und  bei  den  Deutschen  erst  recht  im 
dreissigjährigen  Kriege.  Mit  dem  Frieden  stellt  sich  gewöhnlich 
alsbald  ein  energisches  Streben  nach  Abklärung  ein. 

Die  Schrift  ist  ja  die  Aeusserung,  in  welcher  sich  das  innere  Leben 
am  leichtesten  und  flüssigsten,  desshalb  auch  unbewusst  und  unwill- 
kührlich  ausdrückt,  und  wie  aus  der  Handschrift  der  Charakter  des 
Schreibenden  hervorblickt,  so  vermag  der  Kundige  aus  dem  Schrift- 
charakter einer  Zeit  diese  selbst  zu  erkennen.  Wo  also  ein  Kunstwerk 
oder  ein  Haus-  Schmuck-  oderWaffengeräth  in  seiner  ganzen  Gestaltung 
und  Verzierungsweise  mit  dem  Schriftcharakter  der  Zeit,  in  welcher 
es  entstanden  sein  soll,  in  entschiedenem  Widerspruche  steht,  da 
hat  Derjenige,  welcher  mit  diesem  Schriftcharakter  vertraut  ist, 
wohl  Anlass  und  Anrecht,  seine  Bedenken  vorzutragen,  damit  wieder- 
holte allseitige  Prüfung  Statt  finde.  Die  deutsche  Kulturgeschichte 
ist  ein  weites  Feld,  das  verschiedenartiger  Forscher  bedarf  und 
noch  keines  Einzigen  entrathen  kann.  Noch  unendlich  viel  bleibt 
näher  zu  bestimmen.  Nur  wenn  alle  Berufenen  einander  gedeihlich 
in  die  Hände  arbeiten,  werden  wir  genauer  den  Entwicklungsgang 
feststellen  können,  und  auch  in  Einzeldingen  aus  dem  Nebel  von 
Vermuthungen  und  Annahmen  auf  sichern  Boden  gelangen. 


XVI.  Literaturbericht. 


1.  Bischofs-  und  Fürstenurkunden  des  12.  und 
13.  Jahrhunderts  von  Gustav  v.  Buchwald,  Dr.  phil. 
Mit  sechs  Schrifttafehi.  Kostock,  Wilh.  Werther's  Verlag. 
1882.     8.    IV  u.  484  S. 

Seit  Fickers  epochemachenden  Beiträgen  zur  Urkundenlehre  darf  dieses 
Werk  wohl  als  die  bedeutendste  Erscheinung  auf  dem  Gebiete  der  Diplomatik 
begrUsst  werden.  In  Scharfsinn  und  Gründhchkeit  der  Forschung,  die  freilich 
auf  ein  viel  engere«  Feld  begrenzt  bleibt,  dem  Ficker'schen  Buche  ebenbürtig, 
mit  Geist  und  Gewandtheit  geschrieben,  ganz  durchdrungen  von  jugendlicher 
Lebhaftigkeit,  verpflanzt  es  die  wissenschaftliche  Untersuchung  auf  das  bisher 
sehr  vernachlässigte  Gebiet  der  Privaturkunde,  zeigt,  dass  hier  keineswegs  eine 
einfache  Anwendung  der  Kaiserdiplomatik  statthaft  sei,  wirkt  aber  auch  hier 
nicht  minder,  als  es  Fickers  Werk  für  die  Kaiserurkunden  gethan  hat,  der 
lange  verbreiteten  ,Spuriomanie'  entgegen.  Der  Verf.  ist  aus  Schirren's  Schule 
hervorgegangen  und  bringt  die  gründliche  juristische  Bildung  mit,  welche  seine 
Aufgabe  erfordert.  Nach  einer  gehaltvollen  Einleitung  über  die  bekannte  und 
die  unbekannte  Hand  untersucht  er  die  Urkunden  der  JErzbischöfe  von  Bremen, 
der  Bischöfe  von  Lübeck,  Ratzeburg,  Schwerin,  von  weltlichen  Fürsten  jene 
Heinrich  de«  Löwen,  der  Grafen  von  Schwerin,  Fürsten  von  Mecklenburg, 
Herzoge  von  Pommern,  der  Anhaltiner,  Herzoge  von  Sachsen -Lauenburg  und 
Sachsen-Wittenberg  —  im  12.  und  13.  Jahrhundert.  Um  dem  Leser  einen  Ueber- 
blick  über  die  hier  hauptsächlich  in  Betracht  kommenden  Schriftgattungen  zu 
gewähren,  sind  als  Anhang  52  vom  Verf.  mit  nicht  gewöhnlichem  Geschick 
selbst  facsimilirte  Schriftproben  mitgetheilt,  wo  man  denn  z.  B.  an  den  Urkunden 
Heinrich  (k'S  Löwen  die  Manuichfaltigkeit  gewahrt,  welche  Urkunden  eines  und 
desselben  Ausstellers  aufweisen,  anderseits  in  den  Rheinfelder  Authentikaten 
die  Gleichhändigkeit  durch  verschiedene  Archive  verfolgt.  Bucliwald's  Haupt- 
ergebniss,  durch  mühevolles,  langjähriges  Studium  gewönnen,  lautet  nun  dahin, 
dass  die  Authentizität  der  Privaturkunde  nur  in  der  Controhrbarkeit  des  Siegels 
bestanden  habe,  während  die  Schrift  völlig  beweislos  gewesen  sei.  Diese  Beweis- 
losigkeit der  Schrift  folgt   zunächst  aus  ihrer  inneren  Werthlosigkeit  vor  einem 


Literaturbericht.  317 

Forum,  das  zumeist  aus  schriftuDkundigen  Leuten  bestand;  aus  demselben 
Grunde  erklärt  sich  die  Beweiskraft  des  Siegels.  Femer  wird  die  regelmässige 
Herstellung  der  Urkunde  durch  den  Empfönger  nachgewiesen,  die  in  den 
nordischen  Ländern  gleich  mit  der  Einführung  des  Christenthums  beginnt  und 
durch  den  Stand  der  Cultur  sieb  erklärt.  Buchwald  erinnert  daran,  dass  ja 
auch  die  heilige  Schrift,  von  den  Aposteln  empfangen  und  niedergeschrieenen, 
dem  Christen  imscheltbare  Urkunde  ist.  Diese  Form  der  Fürsten-  und  Bischofe- 
urkimde  bezeichnet  der  Verf.  als  die  letzte  der  beiden  rein  mittelalterlichen 
Urkundenformen  im  Gegensatze  zur  Kaiserurkunde,  der  Papstbulle  und  dem 
gesammten  Gebiete,  in  dem  der  Beweis  durch  die  Handschrift  galt.  Die  Kaiser- 
urkunde war,  wie  B.  bemerkt,  nur  der  Form,  nicht  der  Idee  nach  mittelalterlich; 
abgesehen  von  der  Geheimschrift  der  tironischen  Noten,  die  früh  verschwindet, 
war  in  der  gesammten  Kaiserdiplomatik  keine  Idee  enthalten,  welche  nicht 
in  nuce  in  Novelle  73  liegt.  Die  Kaiserurkunde  stand  auf  dem  Prinzip  des 
römischen  Öffentlichen  Notariats  in  Form  öffentlicher  Mehrhändigkeit.  Merk- 
würdig ist  der  von  B.  geführte  Nachweis,  dass  dem  Prinzip  nach  alle  diplo- 
matische Thätigkeit  bis  auf  Objekte  unserer  Tage  schon  drei  Jahrhunderte  vor 
Justinian  von  einem  sanskritischen  Gesetzgeber  vorgezeichnet  ward.  Noch  mehr 
überraschen  dürfte  die  meisten  Leser  Buch wald's  Satz  von  der  Sangbarkeit  der 
Urkunden.  Beim  Diktiren  wurden  hiemach  im  12.  Jahrhundert  in  Norddeutsch- 
land die  Urkunden  nicht  gesprochen,  sondern  recitativisch  gesungen,  so  wie 
etwa  das  Evangelium  beim  Hochamte  in  der  Kirche;  wie  dort  war  bei  langen 
2ieilen  ein  beschleunigtes  Tempo  ♦  üblich.  Die  oft  hervortretende  Verwendung 
des  Keimes  war  bei  diesem  recitativen  Vortrage  deutlich  hörbar.  Buchwald 
nimmt  an,  dass  die  alte  Interpunktion  damit  zusammenhänge.  Bei  dem  vielen 
Urkundenabschrei ben  fand  er,  dass  dieselbe  oft  völlig  sinnlos,  ja  sinnwidrig 
sei,  wenn  man  an  sie  als  Maasstab  den  Zweck  unserer  Interpunktion  anlegt; 
sobald  man  aber,  zumal  in  stark  interpungirten ,  die  Interpunktion  als  musi- 
kalisches Zeichen  betrachtet,  hat  sie  stets  als  Merkmal  der  Athemeintheilung 
ihren  guten  Zweck.  Die  Bedeutung  des  i- Striches,  der  sich  hie  und  da  auch 
über  anderen  Vokalen  findet,  hält  Buchwald  für  die  eines  Accentes  zum  Zwecke 
dieses  recitativen  Vortrags,  bisweilen  geradezu  für  eine  Neumenform.  Selbst- 
verständlich darf  man  damit  das  Umlautzeichen  nicht  verwechseln,  das  in  Ur- 
kunden der  oberdeutschen  Dialekte,  zumal  des  schwäbischen,  vom  13.  bis  ins 
16.  Jahrhundert  hinein  in  mannigfachen  Formen,  zuweilen  eben  auch  gleich 
diesem  i- Striche  auftritt 

Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  für  ein  grösseres  süddeutsches  Gebiet 
eine  ähnliche  Untersuchung,  die  ja  in  Buchwald's  Vorbild  nun  eine  bedeutende 
Erleichterung  fände,  durchgeführt  würde,  damit  wir  erkennen,  wie  weit  diese 
Sätze  allgemeinere,  wie  weit  etwa  nur  provinziale  Geltung  haben.  Dass 
Buchwald  verstanden  hat,  seinen  trockenen  Stoff  so  anziehend  zu  behandeln, 
verdient  besonderes  Lob.  In  formeller  Beziehung  erregt  nur  des  Autors  Vorhebe 
für  Fremdwörter  Anstoss.  Viele  unvermeidliche  bringt  ja  der  Stoff  mit  sich;  um 
so  störender  wirken  daneben  die  vielen  unnöthigen;  Ausdrücke  wie  Pression, 
Fusion,  tangiren,  recurriren,  Impuls,  Chance,  adaptiren,  ausdividiren  u.  a.  sollte 
«in  deutscher  SchriftHteller,  auch  der  gelehrte,  nicht  im  Munde  führen. 

Ä. 


318  Literatiirbericlit. 

2.  Codex  diplomaticus  Salemitanus.  Urkundenbuch der 
Cisterzienserabtei  Salem,  herausgegeben  von  Dr.  Friedrich 
vonWeech,  Geheimen  Archivrath  am  grossh.  Bad.  Öeneral- 
Landesarehiv.  Erster  Band  1134—1266.  Hierzu  15  Tafeln  mit 
Siegelabbildungen  aus  der  Lichtdruck- Anstalt  von  J.  Baeck- 
mann  in  Karlsruhe.  Karlsruhe,  G.  Braun'sche  Hofbuch- 
handlung 1883.    8.    348  S. 

Seit  der  Veröffentlichung  der  „Beiträge  zur  Urkundenlehre"  von  Ficker 
1877/78  ist  auch  für  unsere  sog.  Privaturkunden  die  Zeit  einer  kritischen  Be. 
arbeitung  und  Herausgabe  herangekommen.  Soviel  aber  auch  seitdem  auf 
diesem  Gebiete  geschehen  ist,  so  bleibt  hier  dennoch  noch  viel  zu  thun.  Wollen 
wir  zu  einer  vollkommenen  Kenntniss  des  deutschen  Urkundenwesens  im  Mittel- 
alter vordringen,  so  müssen  wir  feststellen,  wie  sich  dasselbe  in  den  einzelnen 
Gegenden  verschieden  gestaltet  hat.  Ee  ist  ja  bekannt,  dass  das  Urkundenwesen 
sich  in  den  verschiedenen  Landschaften  selbst  desselben  Stammesgebietes  mehr 
oder  weniger  selbständig  entwickelt  hat,  dass  auch  in  ihm  eine  vielgestaltige 
Gliederung  zu  Tage  getreten  ist;  bis  jetzt  aber  wissen  wir  dies  nur  im  allge- 
meinen, im  einzelnen  ist  es  noch  nicht  nachgewiesen.  Zu  welchen  Erfolgen  ein 
Studiiun  gerade  auf  ctiesem  Gebiete  führt,  zeigten  G.  v.  Buchwald's  Bischofs- 
und Fürsten-Urkunden  des  12.  und  13.  Jhdt^,  welche  auf  das  niedersächsische 
IJrkundenwesen  so  viel  Licht  gebreitet  haben.  Li  Süddeutschland  aber  fehlt 
uns  meines  Wissens  bis  jetzt  eine  derartige  Untersuchung,  und  doch  gibt  es 
auch  hier  so  manche  topographische  Verschiedenheit  in  der  Form  der  Privat- 
urkunden. Es  ist  z.  B.  noch  wenig  beachtet,  dass  der  Schwarzwald  eine  Art 
diplomatische  Grenze  bildet.  Westlich  von  ihm  herrscht  nämhch  beinahe  aus- 
schliesslich das  sog.  italienische  Pergament,  östlich  von  ihm  aber  ist  die  über 
wiegende  Mehrzahl  der  Urkunden  auf  sog.  deutsches  Pergament  geschrieben. 
Auch  die  Befestigung  der  Siegel  an  den  Urkunden  ist  landschaftlich  verschieden, 
und  nicht  weniger  der  ganze  Ductus  der  Urkunden.  Solche  der  Stadt  YiUingen 
z.  B.  sind  an  ihrem  Baue  nicht  zu  verkennen.  Hiebei  wirkt  aber  nicht  nur  die 
Landschaft  ein,  sondern  ebenso  der  Zusammenhang  der  urkundeuden  Behörde 
mit  andern  Corporationen.  Alle  Urkunden  der  schwäbischen  Cisterzienserklöster 
z  B.  zeigen  eine  bestimmte  Familienähnlichkeit.  Hier  steht  also  der  Forschung 
noch  ein  weites  Gebiet  offen.  Um  dasselbe  aber  wirklich  zugänglich  zu  machen, 
haben  die  Urkundenherausgeber  alle  Förmlichkeiten  der  Urkunden  möghchst 
genau  anzugeben.  Dies  gethan  zu  hahen,  ist  ein  grosses  Verdienst  des  hier  zu 
besprechenden  Werkes,  denn  der  Herausgeber  hat,  wie  ich  aus  eigener  Prüfung 
bezeugen  kann,  seine  Teitte  nicht  nur  ganz  getreu  wiedergegeben,  sondern  auch 
alle  Förmlichkeiten  seiner  Vorlagen  bis  zu  den  Dorsalaufschriften  verzeichnet. 
Insbesondere  ist  er  den  meist  vernachlässigten  Siegeln  gerecht  geworden,  indem 
er  dieselben  genau  beschrieb  und  die  interessanteren  derselben  in  prächtigem 
Lichtdrucke  in  Originalgrösse  abbilden  Hess.  Es  verdient  dies  Anerkennung  und 
Nachahmung,  denn  das  Siegel  ist  es  ja,  was  die  Urkunde  erst  zur  Urkunde^ 
macht.    Wie  Dr.  von  Weeoh  in  dieser  Zeitschrift  Vn,  280  ff .  selbst  mittheilte, 


Literatarbericht .  319 

hat  er  dabei  entdeckt,  dass  es  wirklich  Si^el  aus  Maltha  gibt,  dass  die  aller- 
meisten Siegel  von  Salem  im  13.  Jhdt.  aus  dieser  schönen  und  dauerhaften 
Mischung  bestehen.  Ich  möchte  hier  auf  Grund  einer  mündlichen  Mittheilung 
des  Archivrathes  Stalin  in  Stuttgart  und  auf  Grund  eigener  Anschauung  hinzu- 
zufügen, dass  zu  gleicher  Zeit  auch  die  andern  oberschwäbischen  Klöster  Maltha 
mit  Vorliebe  verwendet  haben.  Die  dazu  nöthige  Boluserde  lieferte  ihnen  die 
schwäbische  Alb,  welche  gerade  bei  dem  zu  Salem  gehörigen  Orte  Frankenhofen 
reich  an  solcher  ist.  Wir  schulden  Dr.  von  Weech  für  diese  Arbeit  aber  auch 
w^en  ihres  Inhaltes  tiefen  Dank,  denn  das  Archiv  von  Salem,  das  zu  allen 
Zeiten  von  den  dortigen  Mönchen  sorgsam  gehütet  wurde,  ist  reich,  wie  kein 
zweites  Archiv  eines  schwäbischen  Klosters,  und  ist  deshalb  für  die  Geschichte, 
Genealogie,  Topographie  und  Rechtsgeschichte  Schwabens  eine  unschätzbare 
Quelle.  Den  Text  der  Urkunden  hat  Dr.  von  Weech  wörtlich  ¥riedergegeben, 
nur  bei  solciien  Papst-  und  Kaiserurkunden,  welche  im  Grunde  nur  Erneuer- 
ungen von  älteren  sind,  begnügte  er  sich  mit  kurzen  Regesten,  während  ich 
auch  hier  eine  getreue  Veröffentlichung  dieser  Diplome  imd  eine  eingehende 
Besprechung  ihrer  Form  vorgezogen  hätte.  Die  Orts-  und  Personennamen  sind 
nicht  unter  d^m  Texte,  weil  dies  au  nicht  endenden  Wiederholungen  geführt 
hätte,  sondern  im  Register  mit  ganz  besonderer  Sorgfalt  erklärt;  ich  möchte 
dieses  Register  geradezu  andern  Urkundenbüchem  zum  Muster  empfehlen.  Sein 
Werk,  das  mit  Unterstützung  des  nunmehr  verewigten  Markgrafen  Maximilian 
von  Baden  erschienen  ist,  hat  Dr.  von  Weech  auch  als  Band  35  der  Zeitschrift 
für  Geschichte  des  Oberrheins  erscheinen,  lassen;  dieser  Abdruck  entbehrt 
jedodi  des  schönen  Gewandes  der  eigentlichen  Ausgabe,  namentlich  fehlen 
ihm  die  Siegeltafeln.  Möge  bald  der  2  Band  dieses  Urkundenbuches  zu  Nutz 
und  Frommen  der  schwäbischen  Geschichtsfreunde  und  Urkundenforscher 
erscheinen ! 

Donaueschingen.  Banmann. 


3.  Iter  italicum,  unternommen  mit  Unterstützung  der 
k.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  von  Dr.  Julius 
V  Pflugk-Harttung,  Docent  an  der  Univ.  Tübingen. 
I.  Abtheilung.  Stuttgart  1883,  W.  Kohlhammer.  8.  341  Seiten. 

Ueber  Orte  und  Inhalt  italienischer  Archive  sowie  über  ihre  massgebenden 
Persönlichkeiten  ist  seit  Bethmann-HoUweg's  Reiseberichte  kaum  ein  so  belehrender 
und  vielumfassender  erschienen.  Er  verbreitet  sich  über  258  Archive  in  ganz 
Italien  und  Sicilien,  welche  der  Verfasser  besucht  und  theil weise  erst  ausgeforscht 
hat.  Unter  diejenigen,  über  welche  man  sonst  kaum  etwas  erfuhr,  gehören 
nicht  nur  die  Archive  in  Bari  und  Brindisi,  Veroli  und  Volterra  und  andere, 
sondern  selbst  solche,  wie  San  Giovanni  im  Lateran  und  viele  Privat-  imd 
Kapitelarchive  in  Rom,  —  die  erzbischöflichen  in  Turin,  Mailand,  Florenz,  —  und 
die  Kapitelarchive  in  R^gio,  Modena,  Vercelli  und  vielen  andern  Städten.  Auch 
schwer  zugängliche  Archive  wusste  unser  durchdringender  Forscher  sich  zu 
eröffnen     Regesten  von  gar  nicht  oder   wenig  bekannten  Papsturkunden  vom 


320  Literaturbericht. 

Beginn  des  zweiten  bis  zum  Ende  des  zwölften  Jahrhunderts  sind  beigegeben,  und 
zwar  mehr  als  tausend,  dazu  von  20  Kaiserurkunden  von  820  bis  131 1.  Da  es  dem 
Verfasser  hauptsächlich  um  die  Papsturkunden  des  genannten  Zeitraumes  zu 
thun  war,  betreffen  seine  Nachrichten  vorzugsweise  die  Archivbestände  für 
jene  Epoche  und  lassen  später  entstandene,  wie  z  B.  im  vaticanischen  Archiv, 
meist  ausser  Beachtung.  Zu  dem  kläglichen  Prozess  über  Archivdiebstähle, 
der  sich  im  vorigen  Jahr  in  Rom  abspielte,  gehört  auch,  w^as  zum  Staatsarchiv 
in  Rom  angemerkt  wird.  „Bei  der  Einziehung  der  meisten  Kloster-  und 
Kirchenarchive  Roms  sind  offenbar  Unterschlagungen  vorgekommen,  die  Archi- 
valien sind  grossentheils  bei  Privatleuten  untergebracht,  theilweise  weiss  man 
bei  welchen,  bezw.  behauptet  es  zu  wissen,  nennt  aber  die  Betreffenden  nicht, 
wodurch  sie  allmählig  vergessen  imd  verloren  werden." 

4.  Das  Staatsarchiv  des  Cantons  Basel-Stadt  darge- 
stellt durch  Dr.  Kudolf  Wacker nagel,  Staatsarchivar. 
Basel  1882,  Baur.    8.    35  Seiten. 

Eine  kleine  vortreffliche  Schrift,  welche  den  sich  mehrenden  Benutzern 
des  Archivs  durch  eine  gedrängte,  klar  gehaltene  Uebersicht  des  Inhalts  ent- 
gegenkommt und  dem  Sachverständigen  dessen  Gresammtlage  und  Anordnung 
aufhellt.  Nicht  genug  kann  man  anregen,  dass  nach  solchem  Muster  die  Staats- 
wie  Stadtarchive  sich  der  Oeffentlichkeit  vorstellen.  Die  Kodizes  imd  Amts- 
bticher  des  Baseler  Archivs,  —  nicht  weniger  als  1150,  —  b^innen  um  die 
Mitte  des  zwölften,  die  Urkunden  zu  Anfang  des  dreizehnten  Jahrhunderts. 
So  erfreulich  die  Reichhaltigkeit,  so  gut  und  brauchbar  die  Verzeichnisse,  die 
meist  noch  aus  früherer  Zeit  herrühren,  und  so  verständig  und  amtsbeflissen 
die  Verwaltung  des  Archivs  erscheinen,  so  betrübend  sind  die  Lokalverhält- 
nisse. Mit  vollem  Recht  darf  geklagt  werden,  dass  durch  die  grosse  Zerstreuung 
der  Archivalien  der  Dienst  sehr  gehemmt  und  erschwert  wird;  dass  die  noth- 
wendige  umfassende  Vereinigung  und  Ordnung  des  Archivs  wegen  Raum- 
mangels nicht  ausgeführt  werden  kann ;  dass  grosse  wichtige  Theile  des  Archivs 
nur  sehr  ungenügend  gegen  Feuer  gesichert  sind.  Müsste  nicht  das  althistorische 
geld-  und  ahnen-  und  ehrenreiche  Basel  bald  dazu  thun,  dass  ein  neues, 
seiner  würdiges  Archivgebäude  dastehe? 

5.  Praktisches  Handbuch  der  historischen  Chronologie 
aller  Zeiten  und  Völker.  Eine  historisch-diplomatisch- 
chronologische Anweisung,  nach  welcher  sich  alle  und  jede  Data 
und  Epochen  der  verschiedenen  Schriftsteller  und  Urkunden 
aller  Zeiten  und  Länder  leicht  und  sicher  bestimmen  und 
nach  jeder  anderen  Acre  oder  Calenderform  ausdrucken 
lassen.  Unter  besonderer  Berücksichtigung  des  Mittelalters. 
Mit  Erläuterungen,  ausführlichen  Tabellen ,  Berechnungen 
und  diplomatischen  Hinweisungen,  zur  Prüfung,  Bestimmung 


Ldteraiurbericht.  321 

und  Redaction   der  Daten  historischer  Ereignisse,  Urkunden, 
Diplome,   Chroniken,   Schriftsteller  etc.,   von    den  frühesten  • 
Zeiten   der  beglaubigten  Geschichte  an.     Von  Dr.  Eduard 
Brinckmeier,   Hofrath.     Zweite  vollständig  umgearbeitete 
und  vermehrte  Auflage.  Berlin  1882,  Hempel.  8.    504  Seiten. 

Der  lange  Titel  besagt  hinlänglich,  wozu  dieses  Hand*  und  Nachschlage- 
buch dienen  kann.  Es  ist  praktisch  eingerichtet,  und  man  findet  leicht  alle 
chronologischen  Behelfe  darin  Allein  an  geschichtlicher  Begründung  und  scharfer 
Bestimmtheit  lässt  sich,  gleichwie  in  dem  älteren  diplomatischen  Glossar  des 
in  Braunschweig  wohnenden  Verfassers,  gar  manches  vermissen.  Wie  dürftig 
ist  z.  B.  die  verschiedene  Art  und  Weise,  wie  die  Päbste  datirten,  behandelt, 
und  dass  noch  jetzt  in  gewisse^  Bullen  das  Jahr  mit  dem  25.  März  begonnen 
wird,  ist  nirgends  angegeben.  Es  wird  von  König  Heinrich  I.  erwähnt:  „Er 
l^te  sich  in  Urkunden  nie  den  Kaisertitel,  nicht  einmal  den  eines  Königs 
vonDeutschlandbei"?  War  denn  das  Letztere  seiner  Zeit  möglich?  Dass  er  sich 
aber  Imperator  und  Romanorum  rex  nannte,  darüber  wären  in  Stumpf 's  Werke 
über  die  Reichskanzler  die  Nummern  9.  24.  33.  36.  40. 53  zu  befragen  gewesen. 
Die  Ausbeute  der  historischen  Forschungen  im  letzten  Menschenalter  ist  freilich 
von  B.  über  Gebühr  vernachlässigt.  Von  Ludwig  dem  Bayer  heisst  es:  „Er 
ist  der  einzige  deutsche  Kaiser,  der  in  seinen  Siegeln  zwei  Adler  führte,"  — 
als  wenn  Karl  IV.  niemals  daran  gedacht  hätte.  Femer:  „der  Lidiktion  bediente 
er  sich  nie,"  —  während  sich  im  Reichsarchiv  zu  München  drei  von  Ludwig 
dem  Bayern  zu  Rom  ausgestellte  Urkunden  mit  Indiktionsangabe  finden.  Oder 
um  das  neueste  Beispiel  in  der  Kaiserreihe  zu  nehmen,  lässt  sich  wohl  sagen: 
„Wilhelm  l.  wurde  von  den  vor  Paris  weilenden  Reichsfürsten  zum 
deutschen  Kaiser  gewählt?" 

6.  Miscellen     zur    Geschichte    Ostfrieslands    von    Paul 
Herquet.     Norden  1883,  Braams.    8.    286  Seiten. 

„Es  ist  beinahe  unglaublich,  was  die  in  den  letzten  Jahren  „für  das 
Volk"  schreibenden  einheimischen  „Gelehrten"  an  Absurditäten  geleistet  haben 
und  welchen  Schaden  sie  dadurch  stiften.  Auf  die  Quellen  zurück  zu  gehen, 
die  ihnen  ja  keineswegs  verschlossen  sind,  verbietet  ihnen  einestheils  die  Flüch- 
tigkeit ihrer  Mache,  andemtheils  reicht  ihr  Bildungsgrad  nicht  entfernt  dafür 
aus."  Diesem  Stossseufzer  des  Staatsarchivars  von  Ostfriesland  wird  sich  wohl 
mancher  Kollege  anschliessen,  und  es  bleibt  eben  nichts  Anderes  übrig,  als 
in  so  reichhaltiger  und  anziehender  Weise,  wie  es  in  diesem  Buche  geschehen, 
dem  gebildeten  Publikum  aus  den  Archiven  wohlgewählten  kulturhistorischen 
Stoff  zu  bieten,  damit  Lust  und  Freude  an  dem,  was  sich  ehemals  auf  Grund 
und  Boden  des  Wohnortes  zutrug,  aber  auch  etwas  Verständniss  von  ächten 
Geschichtsquellen  sich  verbreite. 


Aröhivaliache  Zeitachrirt.  vni.  21 


XVU.  Kleinere  Mittheilimgen. 


1«  Naebtrag  zum  Aufsatz  ttber  gemelnscbaftllehe  Siegel«  Dr.  v.  Weech 
theilt  uns  nachstehenden  gewiss  sehr  seltenen  Fall  mit  von  der  Anwendung  eines 
„persönlichen"  in  der  Urkunde  als  „gemeinschaftlich"  bezeichneten  Siegels 
und  eines  „gemeinschaftlichen"  in  derselben  Urkunde  als  „persönlich"  bezeich- 
neten Siegels. 

Die  Urkunde  der  Brüder  Berthold,  Konrad  und  Heinrich,  Grafen  von 
Heiligenberg,  v.  J.  1267,  ist  besiegelt  jnit  dem  Sig.  IV.  A.  2  Konrads,  welches 
die  Aussteller  als  „nostrum"  bezeichnen  und  mit  dem  dreieckschildförmigen 
„gemeinschaftUchen"  Sig.  IV.  A.  2  der  Gebrüder  Egeno  und  Johann  von 
Rinkenburg,  mit  der  Legende :  f  S'egenoniset  joh'is.  frt.  de  rinkenbg.",  welches 
aber  in  der  Urkunde  als  das  Siegel  Johannas  bezeichnet  wird. 

Fürst  Hohenlohe. 

2«  Pftbstlicbe  Kundgebung  fflr  archlTalische  Gesehiehtsforsebung«  Pabst 
Iveo  Xni.  richtete  unter  dem  18.  August  dieses  Jahres  an  die  drei  Kardinäle, 
den  Vizekanzler  de  Luca,  den  Bibliothekar  Pitra,  und  den  Archivar  Hergen- 
röther  ein  Sendschreiben,  worin  es  heisst:  Wenn  jemals  früher,  könne  man 
von  unserer  Zeit  sagen,  „artem  historicam  conjurationem  hominum  videri  adversus 
veritatem".  Ganz  insbesondere  würden  die  Verdienste  des  Pabstthums  um 
Europa  und  namentlich  um  Italien  verdunkelt,  verzejrrt  und  geleugnet.  Tüchtige 
Geschichtschreiber,  frei  von  allem  Verdacht  der  Zuneigung  wie  der  Feind- 
schaft, müssten  daher  die  ungerechten  Anklagen  gegen  die  Päbste  auf  Grund 
der  Quellen  widerlegen.  „Hoc  consilio  alias  ediximus,  ut  tabularia  Nostra  praesto 
essent,  quantum  potest,  religioni  et  bonis  artibus  provehendis :  hodieque  similiter 
decemiiims,  ut  adomandis  operibus  historicis,  quae  diximus,  opportuna  ex 
bibliotheca  Nostra  Vaticana  pateat  supellex.  Nihil  dubitamus,  dilecti  filii  Nostri, 
futurum  ut  vestri  auctoritas  officii  vestrorumque  opinio  meritorum  facile  vobis 
adiungat  viros  doctos,  in  historia  scribendique  arte  exerdtatos,  quibus  recte 
possitis  pro  singulorum  facultate  suum  cuique  assignare  opus,  certis  tamen 
legibus  auctoritate  Nostra  sanciendis.  Quotquot  vero  Studium  operamque  suam 
vobjscum  w  baue  causam  coUaturi  sunt,   crecto  bonoque  aiiimo  esse  iubemus, 


Kleinere  Mittheilungen.  323 

et  singulari  benevolentia  Noetra  confidere.  Res  quippe  agitur  digna  studiis 
patrodnioque  Nostro:  in  qua  sane  spei|i  utilitatis  plurimam  collocamus".  Also 
haben  wir  auch  im  Vatikan  die  Bildung  einer  histoiischen  Kommission-  zu 
begrüssen.  Der  Pabst  ruft  in  diesem  öffentlichen,  von  ihm  selbst  verfessten 
Sendschreiben  alle  Gelehrten  zur  archivalischen  Forschung  auf.  „Atque  utinam 
quamplurimi  excitarentur  veri  investigandi  cupiditate,  et  inde  utilia  ad  recor- 
dationem  documenta  caperent!"  —  Auch  die  italienische  Regierung  hat  jüngst 
einen  Mittelpunkt  für  quellenmässige  Geschichtsforschung  ihres  Landes  in's 
Leben  gerufen,  an  welchem  fünfzehn  Gelehrte  aus  ganz  Italien  theilnehmen. 
Mögen  nun  das  päbstliche  und  das  italienische  Institut  rüstig  mit  einander 
wetteifern!    Vincit  veritas. 

8.  Durehforsehniig,  Sichtung,  lichlTolle  Ordnung  des  vatikanischen 
ArehiTS  wäre  noch  viel  Wünschenswerther,  viel  nöthiger.  Es  soll  ja  theilweise 
einem  dunkehi  Bergwerk  ähnehi,  in  welchem  manche  Gänge  halb  verschüttet 
sind.  Endlich  müssen  doch  einmal  die  Mengen  alter  Urkunden  von  der  Longo- 
barden  Zeit  an  in  feste  Gruppen  gebracht  und  regestirt,  der  Inhalt  der  Miscel- 
laneenkisten  aufgehellt,  die  Kommun-  und  Papierregister  und  andere  Amtsbticher 
der  päbstlichen  Kurie  und  Hof  Verwaltung  verzeichnet  werden.  Endlich  muss 
doch  einmal  die  natürliche  Verbindung  sämmtlicher  päbstlichen  Archive,  d.  h.  die 
organische  Einfügimg  der  Archive  der  Kongr^ationen  in  das  Hauptarchiv  her- 
gestellt werden!  Diese  päbstlichen  Ministerialarchive  sind  gegenwärtig  wie 
Glieder,  die  von  ihrem  Körper  abgetrennt  sind,  und  die  Geschichtchen,  die  über 
ihre  mittelalterlichen  Bestände  im  Umlaufe  sind,  klingen  gar  nicht  erbaulich. 
Wenn  jemals,  so  kann  jetzt  das  so  grosse,  so  schwierige  Werk  mit  einiger 
Aussicht  auf  Erfolg  ang^;riffen  werden,  jetzt  wo  Männer  von  hoher  wissen- 
schaftlicher Bildung,  wie  der  edle  Leo  XIII.,  der  Archivpräfekt  Kardinal  Hergen- 
röther,  und  sein  neuer  Unterarchivar  Dom  Tosti,  an  der  Spitze  stehen,  und 
durch  die  treffliche  Erfahrung  von  verdienten  Männern,  wie  Dom  Wenzel,  Denifle 
und  Delicati,  unterstützt  werden.  Sollten,  was  leicht  möglich,  die  Mittel  und 
Arbeitskräfte  für  die  riesenhafte  Aufgabe  nicht  ausreichen,  so  braucht  es  nur 
einer  päbstlichen  Kundgebung  und  es  werden  sich  wohl  die  berufensten 
Männer  aus  Italien,  Deutschlätid  und  Oesterreich,  vielleicht  auch  aus  England 
und  Frankreich,  zur  Ehre  rechnen,  einen  Winter  nach  dem  andern  auf  eigene 
Kosten  im  herrlichen  Rom  zu  leben  und  eifrig  mitzuarbeiten,  damit  das  ersehnte 
Werk  gelinge.  Und  dann,  welches  Glück,  wenn  ein  systematischer  Ueberblick 
über  den  G^sammt-lnhalt  der  päbstlichen  Archive  veröffentlicht  würde!  Dann 
würde  kein  Staatsarchiv  in  Europa  sich  noch  länger  des  Lebens  im  alten 
traulichen  Dunkel  getrauen. 

4.  An  die  Mitarbeiter  der  Archivalischen  Zeitschrift  muss  die  Re- 
daktion verehrungsvoll  die  inständige  Bitte  richten,  fortan  höchstens  eine  oder 
andere  seltene  oder  merkwürdige  Urkunde  für  diese  Zeitschrift  zu  bestimmen, 
da  ihr  geringer  Raum  von  zwanzig  Bogen  im  Jahr  durch  Urkunden-Edition 
nicht  gar  zu  sehr  darf  für  andere  Mittheilungen  geschmälert  werden. 


Bei  THEODOR   ACKERMANN,    königlicher  Hofbuchhändlcr  in  München, 
sind  ferner  erschienen  : 

Bezold,  Friedrich  v.,  K<mi«^  Sigmund  und  die  Reichskriogo  gegen  die  Hussiten  bis  zum  Aus- 
gang des  dritten  Kreuzzugen.     I. — IIT.  Abteilung.  ä  3  M. 

—  Zur  Geschichte  des  Ilussitentunis.    Kultiu-historische  Studien  (114  S.)  gi\  8<*.  1874.    2  M. 
iBic^ctmann,  Äarl,  ^eul|d)Innb§  trübftc  äi-'it  ober  bcr  brciöigjä^riflc  Airicg  in  (einen  golgcn  für 

\)a^  bcutid)e  .Uutturlcbcn.  (215  e.)  (\r.  8«.    Ot)nc  Sa^reSjat)!.  (1872.)  3  m. 

^altt,  3ttfo6,  2)ic  rittcrlii1)c  (55cfcn)cl)aft  im  3citalter  bci^  Sraueuhiltu^.   9ieuc  ^lu^gabc.  (172  S.) 

flr.  8^    C()nc  ^atire^.vi  1)1  (1872.)  2  m.,  elcc^.  geb.  2  m.  70  ^$f. 

%üiU,  3o6anned,  2)ic  ipanfa  al§  bcutfd)e  See*  unb  §anbel§mad)t.    92cue  Slu^tjabe.    (190  S.) 

gr.  8».  D^ne  ^aljvoÄ^al)!.  (1872.)  2  2Ä.,  eleg.  geb.  2  3)1.  70  % 

Freytag.  L,  Tiberius  und  Tacitus.  (VI  u.  370  S.)  gr.  8.  1870.  7  M.  50  Pf. 

Hundt,  Friedrich  Hektor  Graf,  Teber  die  bayerischen  Urkunden  aus  der  Zeit  der  Agilolfinger. 

Mit  Registern  über  die  vorkommenden  Personen  und  Ortsnamen.    Aus  den  Abliandlungen 

der  k.  bayer.  Akademie  d.  W.  (146  u.  IV  S.)  gr.  4«.  1873.  4  M. 

—  Die  Urkunden  des  Bistums  Froising  ans  <ler  Zeit  der  Karolinger.  Nachthlge,  "Erörter- 
ungen, Herichtigungen.  Die  Bischöfe  und  kirchlichen  AVürdentriigcr  de^  karolingischen 
Zeitraums  in  den  Urkunden  des  15istums  Freising.  Aus  den  Abhaudlmigen  der  k.  baver. 
Akademie  d.  AV.     (117  u.  IL  S.  nebst  79  S.  Urkunden.)  gr.  4«.  1875.  2"M. 

LetztKenaiiute  beide  Artikel  in  innen  Itand  vereinigt  '  6  M. 

—  llvfiinben  bc§  X.  un^  bei  crftcu  4)iilftc  bc^3  XI.  .^afjc^unbcrt^,  qu§  bcm  S3i^tum  5rci[ing. 
{%n^  bem  XXXIV.  iöanbc  beö  Dberbaljcrifc^en  ^.>tv^iu3  bcfoitberS  abgebrucft.)  (79  8.)  Scj.^"^. 
1875.  '  1  a».  20  ¥f. 

—  Bayrische  Urkunden  aus  dem  XL  und  Xll.  Jahrhundert.  Die  Bcliirm Vögte  Freisings. 
Seine  Bischöfe  bis  zum  Knde  des  XII.  Jahrhunderte.  Beiträge  zu  Scheyem-WittelBbach- 
schen  Regest<'n.  Aus  den  Abhandlungen  der  k.  l)aver.  Akademie  d.  \V.  III.  Cl.  XIV.  BA 
IL  Abteilung.  (108  S.)  4».  1878.  ^  4  M. 

müpUU  ÄüH,  taifcr  a)?ajimiliau  L    9ieue  ?luSgabc.  (202  3.)  gr.  8^  D^ne  Sa^rc^^al^I.  (1872). 

2  Tl.,  cleg.  geb.  B  9R.  75  $t. 
Htt^en,  3ofe)i^,  ^lu^5  bcr  '^c\i  beo  ficbcnjäf)vigcn  .SlTicgoö.    llmvifie   unb  53ilber  beutfd)cn  ^(\nh<% 

bcuiidjer  iljateii,   C£^arafterc   uitb  ^uftdubc.    ^IRit  fiebcii  Äilrtdjon.     ÜJeue  5(u§gabc.    (203  8.) 

gr.  feo.  c^nc  3al)ve$.^aljl.    (1872.)  3  m,.  elcg.  geb.  3  m.  75  % 

ma^tx,  Ä.  %.,  Ä'aijcr  §einrid)  IV.    9?cuc  9luä>gabc.   (306  8.)  gr.  8^    C^ne  Sa^re§,^n^L  (1872.) 

3  m.,  geb.  3  m  75  %l 
Oberhummer,   Eugen,   Thönizier  in  Akamanien.     L'ntersuchungen  zur  phönizischen  Kolonial- 

und  Handels- Ciesch ich te  mit  besonderer  Rücksicht  auf  das  westliche  Griechenland.  (84  S.) 

gr.  8.     1882.  1  K  80  Pf. 

VlcrfOÄ,  ffiiaiam,  3)cr  große  5turfiirft.    (263  @.)  gr.  8^    1873.  3  m. 

WotJ,  SrieUri^,  3lugöburgöa^eforinQtiou8gc{d)id)tc  1517-1527.  öJefrönte '^>rei§icftnft.  (II  u.  275  3.) 

gr.  h».  1881.  4  Wt.  80  f. 

^mxtmadftx,  ^xitM^,  Ä'aifer  g-ricbridj  IL  mib  ble  lejjtcn  .'po^enftauf^n.   2  Teile.  (264  u.  116  e.) 

gr.  8«.     1874.  4  Tl.  60  ^f. 

^ugen^eim,  <S.,  3)cutid)Ianb  im  ]'j3nnifd)cn  Erbfolge-  unb  imgrofecu  itorbi)e^ctttriege(  1700- 1721). 

(XVI  u.  265  S.)  gr.  8«.  1874.  3  m.  Gü  %\. 

SBa^dtttttt^,  aSil^elm,  9acDerföd)fifd}c  aJeid)ld)ten.    9kue  'i)hi§gQbc.  (254  6.)  gr  8«>.  (1872.)  3  9Ä. 

cleg.  ach.  3  m.  75  %l 
SBat^,  ®tüx^,  3)eutfd)e  ilaifcr  Don  ^arl  bcm  ©rofecn  biö  ^Utajimilian.    9?euc  ^SuSgabe.  (97  S.) 

gr.  80.    Ct)ue  SatjreÄsa^l.  (1872.)  '  1  9R. 

flBcber,  @corQ,  (i)ermauien  in  ben  crften  3^i^^f)ii"i>«^^^tc"  [cined  gcfi^ic^tüd^en  fiebciid.    3?c«c  ^u§^ 

a^abc.    (166  3.)  or.  8«.    £^ne  So^vc<^Aa!)(.    (1872.)  2  SÄ. 

SBlttmantt,  ipiufi,  5)ic  ^^^faljgrafcn  üon  53at}ent.    58ou  bcr  p:^iIo)o))I)i)(^n  gafuhät  SWünc^en  gc- 

triJntc  ^^reiöid)rift.    (VIII  u.  244  8.)  gr.  Ö^     1877.  4  3)1.  40  ${. 

In  WUh,  Werther's  Verlag  in  Rostock  erschien: 
Bischofs-  und  FUrstenurkunden  des  XIL  und  XIIL  Jahrhunderts.   Beiträge  zur  Urkunden- 
lehre.    Mit   6   (autogr.)    Schrifttafeln.      Von    Dr.    Gustav   von   BuchAvald.     Lex.  8". 
IV  und  4H4  S.     Preis  16  M. 

Der  Verfasser  hofft  auf  Fortarbeit  in  diesem  Ge))icte  seitens  der  Herren  Archivare. 
Dr.  Leopold  Janauschek  sagt  von  dem  Werke,  dass  es  „einen  umgestaltenden  Eintluss 
auf  «lie  Kritik  der  Urkunden  haben  und  unter  allen  Um.stünden  einen  dezisiven  Fort- 
schritt in  der  Wissenschaft  nach  vielen  Riclitungen  hin  markieren  werde.'* 

Kgl.  n«)f-Buchdru('kcrci  von  E.  Mühlthal  er  in  MQnehen. 


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